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Full text of "Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete"

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ARCHIV  FÜR  PAPYRÜSFORSCHÜNG 


m 


UND  VERWANDTE  GEBIETE 

UNTER  MITWIRKUNG  VON 

Otto  Gradenwitz  in  Königsberg,  Bernard  P.  Grenfell  in  Oxford, 
Arthur  S.  Hunt  in  Oxford,  Pierre  Jouguet  in  Lille,  Frederic 
G.  Kenyon  in  London,  Giacomo  Lumbroso  in  Rom,  John  P.  Mahaffy 
IN  Dublin,  Ludwig  Mitteis  in  Leipzig,  Jules  Nicole  in  Genf, 
Paul  Viereck   in   Berlin 

HERAUSGEGEBEN    VON 

ULRICH   WILCKEN 

in  wükzburg. 


ERSTER    BAND.     / 


a 


MIT  EINER  TAFEL  IN  LICHTDRUCK. 


\Tnc.S3 


LEIPZIG, 

DRÜCK  UND  VERLAG  VON  B.  G.  TEUBNER. 

19UL 
J 


PA 


Bd- 


K  EKCHTE,  EINSCHUKSSLICH  DBS  ÜBEBSKTZüKGSBECHTS,  VOKBEHALTEN. 


Inhaltsverzeichnis  des  I.  Bandes. 


I.  Aufsätze.  g^.,^ 

Bauer,  Adolf:  Heidnische  Märtyrerakten 29 

Boll,  Franz:  Astrologisches  aus  den  Münchener  Papyri 4'2'J 

Collinet  et  Jougiiet:  Un  proces  plaide  devant  le  jnridicus  Alexandreae   dans 

la  seconde  moitie  du  IV''  siecle  apres  J. -C 293 

Ei'Uian,  Heinrich:  Die  Siegehmg  der  Papyrusurkunden 68 

Die  Habe -Quittung  bei  den  Griechen 77 

Gradenwitz,  Otto:  Papyrus  und  Lexicon 92 

Zur  Petition  of  Dionysia 3l'8 

(irenfell  and  Hunt:  Ptolemaic  papyi-i  in  the  Gizeh- Museum 57 

Kenyon,  Frederic:  Some  new  fragments  of  Herodas 379 

Lumbroso,  Giacomo:  Lettere  al  signor  professore  Wilcken  I 66 

Lettere  al  signor  professore  Wilcken  H 291 

Maliaffy,  John  P. :  A  second  edition  of  some  Petrie  Papyri 285 

Moninisen,  Theodor:  Zum  ägyptischen  Münzwesen 273 

Muller,  C.  H,:   Über  die  von  Kenyon  herausgegebene  Emphyteusis  -  Urkunde 

auf  Papyrus  aus  dem  Jahre  616  n.  Chr 437 

Naher,  J.  C:  Observatiunculae  ad  papyros  juridicae 85 

Observatiunculae  ad  papyros  juridicae  (continuantur) 313 

Spiegelherg,  Wilhelm:  Buchis,  der  heilige  Stier  von  Hermonthis.    Zu  Macrob. 

Sat.  I.  SXI  20 339 

Stein,  Arthur:  Die  Jm-idici  Alexandreae 445 

Viereck,  Paul:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums 450 

V.  Wilaniowitz-Moellendorff,  Ulrich:  Zwei  Gedichte  aus  der  Zeit  Euergetes'  II  219 
Wilcken,  Ulrich:  General-Register  der  griechischen  und  lateinischen  Papyrus- 
urkunden aus  Ägypten 1 

Vgl.  Fortsetzung 548 

Eine  neue  Romanhandschrift 227 

Ein  Polybiustext  auf  Papyrus 388 

Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten 396 

Zu  den  griechischen  Papyi-i  der  Kgi.  bayerischen  Hof-  und  Staats- 
bibliothek zu  München 468 

Willrich,  Hugo:  Der  Chelkiasstein.    Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Juden  in 

Ägypten 48 

Zereteli,  (iregor:  Über  die  Nationaltypen  in  d»^r  Schrift  der  griechischen  Papyri  336 


IV  Inhaltsverzeichnis  des  I.  Bandes. 

II.   Referate   und   Besprecliungeu. 

Seite 

Crönert,  Willieliu:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen    .    .    .  104 

Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen  (Fortsetzung).  502 

Grammatik    der   griechischen   Papyri    aus    der  Ptolemäerzeit   von 

E.  Mayser  1 210 

Mitteis,  Ludwig:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos 178 

Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  (Schlufs) 343 

Schmidt,  Carl:  Christliche  Texte 120 

Christliche  Texte  (Fortsetzung) 539 

Strack,  Max  L.,  Inschriften  aus  ptolemäischer  Zeit 200 

Wilcken,  Ulrich:  Papyrus -Urkunden 122 

Papyrus -Urkunden.     (Fortsetzung) 544 

Zur  Palaeographie 354 


III.   Mitteilungen. 

Deifsinanii,  Adolf:  Über  die  Heidelberger  Papyri 560 

Grenfell  and  Hunt:  Englische  Ausgrabungen  im  Faijüm  1898/9 216 

A  large  find  of  Ptolemaic  papyri 376 

Englische  Ausgrabungen  im  Faijüm  19001 560 

Wilcken,  Ulrich:  Yorwort III 

Friedrich  Krebs  f 375 

Preisaufgabe  der  Charlottenstiftung  1899 21G 

Indices 563 


Vorwort. 

Die  Zahl  der  Fachzeitschriften,  die  das  griechisch-römische  Alter- 
tum pflegen,  ist  im  Inlande  wie  im  Auslande  schon  eine  so  aufser- 
ordentlich  grofse,  dafs  mit  Recht  ein  Wort  der  Begründung  von  dem 
erwartet  wird,  der  eine  neue  Zeitschrift  für  dies  Gebiet  ins  Leben 
rufen  will. 

Es  ist  gewifs,  dafs,  wenn  uns  die  ägyptischen  Papyri  ebenso  wie 
die  herculanensischen  Rollen  nur  litterarische  Texte  gebracht  hätten, 
ein  eigenes  Organ  für  ihre  Bearbeitung  kaum  nötig  sein  würde.  Diese 
litterarischen  Papyri  haben  zwar  ihre  gemeinsamen  Besonderheiten, 
durch  die  sie  von  gröfster  Bedeutung  für  die  Philologie  geworden 
sind,  wie  denn  v.  Wilamowitz  kürzlich  die  Forderung  erhoben  hat,  dafs 
„jeder,  der  über  die  Klassikertexte  mitreden  will",  sich  diese  aus  dem 
Altertum  selbst  stammenden  Exemplare  aagesehen  habe.  Aber  darum 
sind  sie  doch  „Handschriften"  ebensogut  wie  die  mittelalterlichen  Codices 
und  können  daher  ihren  Platz  in  den  philologischen  Zeitschriften  finden 
ohne  dafs  eine  gröfsere  Zersplitterung  als  bei  jedem  anderen  philo- 
logischen Thema  zu  befürchten  wäre. 

Bekanntlich  bilden  aber  diese  litterarischen  Texte  nur  einen  kleinen 
Prozentsatz  im  Vergleich  zu  den  gewaltigen  Funden  von  Papyrus- 
urkunden, die  im  Laufe  des  19.  Jahrhunderts,  namentlich  in  den  letzten 
drei  Decennien,  aus  den  Schutthügeln,  den  Hausruinen  und  den  Gräbern 
Ägyptens  in  ungezählten  Hunderten,  ja  Tausenden  ans  Tageslicht  ge- 
kommen sind.  Diese  Urkunden,  die  sich  von  der  Blütezeit  des  Helle- 
nismus unter  den  ersten  Ptolemäern  bis  in  die  Zeit  seines  Absterbens 
unter  der  Herrschaft  der  Araber,  vom  HL  Jahrhundert  vor  Chr.  bis  ins 
VHI.  Jahrhundert  nach  Chr.,  also  über  mehr  denn  tausend  Jahre  er- 
strecken, haben  sich  immer  mehr  als  von  universaler  Bedeutung  für 
die  verschiedensten  Zweige  der  Altertumskunde  herausgestellt.  Ja,  auch 
über  die  Grenzen  der  griechisch-römischen  Altertumskunde  hinaus  wirkt 
der  breite  Strom  neuer  Erkenntnis,  der  aus  diesem  Born  hervorquillt, 
befruchtend  und  belebend:  die  meisten  Wissenschaften,  die  in  historischer 


IV  Vorwort 

Betrachtung  ihre  Wurzeln  bis  in  das  Altertum  verfolgen,  können  aus 
dieser  neu  erschlossenen  Tradition  Nutzen  ziehen.^) 

Dies  ist  der  Grund,  weshalb  die  Arbeiten,  die  sich  an  die  Papyri 
anschliefsen,  nicht  nur  in  historischen  und  philologischen,  in  epigraphi- 
schen und  numismatischen,  in  archäologischen  und  ägyptologischen, 
sondern  auch  in  juristischen  und  theologischen  Zeitschriften  Aufnahme 
gefunden  haben.  Hierdurch  ist  eine  kolossale  Zersplitterung  der  Papyrus- 
forschungen eingetreten,  die  um  so  empfindlicher  ist,  als  zum  vollstän- 
digen Verständnis  der  Urkunden  ihre  allseitige  Aufklärung  nach  allen 
jenen  Richtungen  hin  notwendig  ist.  Was  der  Jurist  oder  der  Theologe 
von  ihrer  Seite  zum  Verständnis  beisteuern,  ist  dem  Historiker  und 
Philologen  ebenso  wichtig  wie  umgekehrt  die  Resultate  dieser  für  jene. 
Sind  diese  Arbeiten  aber  über  eine  grofse  Reihe  der  verschiedenartigsten 
Zeitschriften  des  In-  und  Auslandes  hin  zerstreut,  so  ist  eine  Übersicht 
ungemein  erschwert,  und  der  Nutzen  der  einzelnen  Forschung  kommt 
eventuell  nicht  zu  seiner  Geltung. 

Hieraus  erklärt  es  sich,  dafs  das  Verlangen  nach  einem  Central- 
organ,  das  die  verschiedenartigen  Bestrebungen  zusammenfasse,  sich  all- 
mählich immer  mehr  bemerkbar  gemacht  hat,  und  als  der  Herausgeber 
vor  zwei  Jahren  auf  dem  Dresdener  Philologentage  mit  dem  Vorschlag, 
ein  solches  Organ  begi'ünden  zu  wollen,  hervortrat,  konnte  er  aus  der 
zustimmenden  Resolution  der  Versammlung  ersehen,  dafs  er  ein  allge- 
meines Interesse  vertrat.  Iij;.  Vertrauen  auf  die  bereitwillig  zugesagte 
Mitwirkung  der  nächsten  Fachgenossen  im  Auslande  wie  im  Inlande 
ist  er  dann  an  die  Verwirklichung  des  Gedankens  herangegangen. 

Wenn  die  Zeitschrift  sich  so  entwickelt,  wie  der  Herausgeber  hofft, 
so  wird  sie  ein  Vereiniguugspunkt  werden  für  die  Papyrusforschungeu 
und  für  alle  Studien,  die  sich  mit  den  Papyri  berühren.  Die  Grund- 
lage aller  dieser  Forschungen  muls  natürlich  die  richtige  Lesung  und 
Interpretierung  der  Texte  bilden.  Bezüglich  der  Lesungen  können  wir 
nur  auf  eine  beständige  Zunahme  der  Kunst  der  Editoren  hoffen.  Von 
ihr  haben  wir  die  sicherste  Grundlage  zu  erwarten,  denn  auch  hier  gilt, 
was  Mommsen  in  der  Einleitung  zum  Monumentum  Ancyranum  gesagt 
hat:  „doda  lectio  et  docta  conicctatio  cum  ipsae  simillimae  s'mt,  co  diffe- 
runt,  quod  illa  ut  utilior  est,  ita  laudibus  sese  quodammodo  subtrahit, 
haec  minus  prodest,  magis  celehratur."'  Die  Interpretierung  aber  —  und 
eventuell  Ergänzung  —  kann  nur  unter  Heranziehung  aller  verfüg- 
baren Parallelen,  sowie   durch  eine  immer  tiefer    gehende    Erkenntnis 


1)   Um  micli   nicht  zu  wiederholen,  verweise  ich  auf  meinen  Vortrag:    „Die 
griechischen  Papynisurkunden".     Berlin  1897  (G.  Reimer). 


Vorwort  V 

des  Sprachgebrauches  gelingen.  Nach  diesen  Richtungen  hin  steht  die 
Papyrusforschung  heute  noch  in  ihren  Anfangen.  Gerade  hierin  sie  zu 
fördern,  niufs  die  nächstliegende  Aufgabe  der  Zeitschrift  sein,  die  da- 
durch dem  zukünftigen  Corpus  papyrorum  vorarbeitet. 

Aber  wo  diese  Grundlage,  der  richtige  Text,  bereits  gewonnen  ist, 
da  kann  und  soll  auch  jetzt  schon  die  allseitige  Ausnutzung  der  Papyri 
für  die  verschiedenen  Disziplinen  in  Angriff  genommen  werden.  Denn 
nicht  etwa  eine  spezialistische  Separierung  der  Papyruskunde,  wie  sie 
trotz  der  ausgezeichneten  Arbeiten  eines  Peyron,  Leemans  und  anderer 
lange  Zeit  hindurch  bestanden  hat,  sondern  gerade  ihr  inniges  Zu- 
sammenwachsen mit  den  anderen  Disziplinen  ist  das  Ziel,  das  unser 
Archiv  fördern  will,  und  wie  die  Papyri  durch  die  sonstige  Tradition 
—  die  Autoren  wie  die  Urkunden  —  Licht  empfangen,  so  wollen  wir 
auch  diese  andere  Tradition  durch  die  Papyri  besser  verstehen  lernen. 
Beide  Bemühungen  aber  dienen  nur  dem  einen,  noch  höheren  Ziele,  die 
antike  Kultur  in  allen  ihren  Erscheinungen  möglichst  lebendig  zu  er- 
fassen. 

Da  das  Archiv  gerade  der  Zersplitterung  der  Papyrusforschungen 
entgegenarbeiten  will,  so  wird  es  aufser  den  selbständigen  Aufsätzen 
auch  fortlaufende  Referate,  beziehungsweise  Rezensionen  über  alle 
in  Betracht  kommenden  Erscheinungen  bringen,  um  vor  allem  eine 
Übersicht  über  das  dem  Einzelnen  nicht  mehr  übersehbare  Gebiet  zu 
ermöglichen.  Endlich  sollen  Mitteilungen  über  neue  Funde,  Er- 
werbimgen  und  ähnliches  zur  Ergänzung  des  Gesamtbildes  hinzutreten. 
Es  versteht  sich  von  selbst,  dafs  das  Archiv,  wenn  es  auch  in  erster 
Reihe  durch  die  Bedürfnisse  der  Urkundenforschung  ins  Leben  gerufen 
worden  ist,  doch  auch  die  Förderung  der  litterarischen  Papyri  als  seine 
Aufgabe  betrachtet. 

Entsprechend  dem  Wunsch,  die  Papyri  nach  allen  Richtungen  hin 
auszunutzen,  sollen  die  Referate  sich  nicht  auf  die  speziellen  Papyrus- 
arbeiten beschränken,  sondern  auch  die  Wissensgebiete,  die  zur  Er- 
klärung der  Papyri  beitragen  oder  ihrerseits  durch  jene  verständlicher 
werden,  nach  Möglichkeit  berücksichtigen.  So  bringt  das  erste  Heft 
aufser  dem  Referat  des  Philologen  Wilhelm  Crönert  über  die  klassisch- 
litterarischen  Papyri,  des  Theologen  Carl  Schmidt  über  die  christ- 
lichen Texte  und  des  Herausgebers  über  die  Papyrusurkunden  auch  ein 
Referat  von  dem  Juristen  Ludwig  Mitteis  über  die  rechtsgeschicht- 
lichen Ergebnisse  der  Oxyrhynchos-Papyri,  von  dem  Historiker  Max 
L.  Strack  über  Inschriften  aus  der  ptolemäischen  Zeit,  endlich  wieder 
von  Crönert  über  die  dankenswerte  Arbeit  Maysers  über  die  Gram- 
matik der  ptolemäischen  Papyri.   In  ähnlicher  Weise  werden  die  späteren 


VI  Vorwort. 

Hefte  aiicli  Referate  bringen  von  Friedrich  Hultscli  über  die  metro- 
logischen Ergebnisse  der  Papyri,  von  Wilhelm  Kubitschek  über  die 
numismatischen,  von  Conrad  Cichorius  über  die  in  Betracht  kom- 
menden Inschriften  aus  der  Kaiserzeit,  endlich  auch  über  Geschichte, 
Paläographie,  Diplomatik  und  welche  Gebiete  sonst  noch  im  Fortgang 
der  Studien  hineingezogen  werden  mögen.  ^) 

Wie  weit  die  an  die  Begründung  des  Archivs  geknüpften  Hoffnungen 
sich  verwirklichen  werden,  wird  in  erster  Reihe  von  der  Mitwirkung  der 
beteiligten  Kreise  abhängen.  In  der  Geschichte  imserer  Altertumswissen- 
schaft werden  dereinst  die  Papyrusfunde  des  XIX.  Jahrhunderts  —  und 
hoffentlich  weiter  des  in  Jahresfrist  beginnenden  XX.  Jahrhunderts!  — 
als  epochemachende  Erweiterung  unserer  antiken  Tradition  eine  her- 
vorragende Rolle  spielen.  Hoffen  wir,  dafs  man  dann  von  den  heutigen 
Männern  wird  sagen  können,  dafs  sie  das  ihrige  gethan  haben,  um 
diesen  unerwarteten  Schatz  zu  einem  Segen  für  die  Wissenschaft 
werden  zu  lassen. 

Dezember  1899. 
^ Der  Herausgeber. 


1)  Dafs  in  dem  vorliegenden  ersten  Heft  die  Referate  meist  auf  das  Jahr  1898 
zurückgreifen,  ist  z.  T.  darauf  zurückzufüliren ,  dafs  die  Zeitschrift  wegen  einer 
ägy|3tischen  Reise  des  Herausgebers  imi  ein  Jahr  später  erscheint,  als  anfangs  be- 
absichtigt war.  Es  ist  dann  daran  festgehalten  worden,  zumal  sich  so  ein 
Anschlufs  an  gewisse  zusammenfassende  Arbeiten  ergab.  So  reihen  sich  die 
beiden  Referate  über  die  litterarischen  Texte  an  Haeberlin's  Übersicht  vom 
J.  1897  an,  das  Urkundem-eferat  an  die  dem  oben  erwähnten  Vortrag  des  Heraus- 
gebers beigegebene  Bibliographie  vom  J.  1898,  endlich  das  Referat  über  die  ptole- 
mäischen  Inschriften  an  die  Sammlung  in  Strack 's  „Dynastie  der  Ptolemäer" 
vom  Jahre  1897. 


Bedeutung  der  im  Archiv  für  Papyrusforschuug-  zur  Anwendung  gelaugenden 

Klannuern. 

[  ]  bedeutet  Lücke  im  Original. 

II  „         Tilgung  durch  den  Schreiber. 

<^  ^        ,,         Hinzufügung  oder  Ändervmg  durch  den  Editor. 

^  y       „         Tilgung  durch  den  Editor. 

(  )  „         Auflösung  von  Abbreviaturen. 


I.  Aufsatze. 

General-Register 
der  griechischen  und  lateinischen  Papyrusurkunden  aus 

Ägypten. 

Durch  das  Urkundeiiverzeichiiis,  mit  dem  ich  die  neue  Zeitschrift 
eröfifne,  soll  ein  von  vielen  Seiten  ausgesprochener  Wunsch  erfüllt 
werden.  Bei  dem  schnellen  Anwachsen  der  Papyruslitteratur  in  den 
letzten  zwanzig  Jahren  hat  sich  immer  lebhafter  das  Bedürfnis  nach 
Wegweisern  auf  diesem  schwer  übersehbaren  Gebiet  geltend  gemacht. 
Zu  diesem  Zweck  sind  in  letzter  Zeit  mehrere  Übersichten  über  die 
Litteratur  erschienen.^)  Was  uns  noch  fehlte,  ein  sachlich  geordnetes 
Verzeichnis  aller  publizierten  Urkunden^)  wird  im  Folgenden  gegeben. 

Das  Register  will  alle  Publikationen  bis  zum  November  1899, 
einschliefslich  des  IL  Oxyrhynchos- Bandes,  der  mir  während  des  Ab- 
schlusses der  Arbeit  zuging,  umfassen.  Es  berücksichtigt  alle  Texte,  die 
in  Transkription  oder  in  Faksimile  ediert  sind;  von  den  nur  beschriebenen 
Urkunden  mufste  abgesehen  werden.  Sollte  hier  oder  da  ein  Stück  über- 
sehen sein,  so  werde  ich  für  den  Nachweis  dankbar  sein.  Entsprechend 
dem  Fortgang  der  Publikationen  sollen  in  späteren  Jahrgängen  Nach- 
träge geliefert  werden. 

Dieses  Generalregister  giebt  sich  als  eine  Erweiterung  des  Registers 
der  Berliner  Papyri,  mit  dem  ich  vor  kurzem   den  IL  Band  der  Ber- 


1)  Eine  allgemeine  Charakteristik  der  Bedeutung  der  Papyrusurkunden  für 
die  verschiedenen  Seiten  der  Altertumskunde  gab  ich  in  einem  Vortrag  auf'  dem 
Dresdener  Philologentag.  Vgl.  Wilcken,  Die  griechischen  Pai^yrusurkunden, 
Berlin  (G.  Reimer)  1897.  Eine  sehr  dankenswerte  Übersicht  über  die  gesamten 
Publikationen  mit  genauerem  Eingehen  auf  einzelne  Texte  hat  Paul  Viereck  in 
Bursians  Jahresberichten  soeben  geliefert.  Endlich  hat  auch  Adolf  Bauer  in 
seinen  „Forschungen  zur  griechischen  Geschichte  von  1888 — 1898"  in  eingehender 
Weise  über  die  Papyruspublikationen  gehandelt. 

2)  Natüi'lich  sind  auch  die  ägyptischen  Pergamene  berücksichtigt,  wiewohl 
ich  sie  im  Titel  nicht  habe  hervortreten  lassen. 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  1,  1 


2  I.  Aufsätze 

liner  Publikation  gesclilossen  habe.  Da  die  dort  gewählte  Anordnung 
Beifall  gefunden  zu  haben  scheint,  wie  denn  auch  Viereck  sie  in  seinem 
Verzeichnis  der  älteren  Publikationen  übernommen  hat,  so  habe  ich 
sie  mit  den  für  das  gröfsere  Material  erforderlichen  Modifikationen  auch 
hier  angewendet. 

Die  Belege  sind  bei  jedem  Lemma  alphabetisch  gesondert.  Ist  ein 
Text  mehrmals  publiziert,  so  ist  die  letzte  Behandlung,  in  der  die 
früheren  Arbeiten  aufgeführt  sind,  genannt,  allein  oder  neben  der  grund- 
legenden. Eine  Aufzählung  der  Arbeiten,  die  einzelne  Verbesserungen 
zu  den  Texten  gebracht  haben,  war  hier  natürlich  nicht  möglich.  Wer 
genauere  Angaben  sucht,  ziehe  den  eingehenden  Bericht  von  Viereck 
(s.  S.  1  Anm.  1)  zu  Rate.  Eine  Liste  der  Abkürzungen  nebst  Er- 
klärungen folgt  dem  Register. 

Noch  schärfer  als  im  Berliner  Register  —  und  auch  übersicht- 
licher —  ist  die  zeitliche  Treimung  der  Urkunden  durchgeführt.  Während 
die  Scheidung  der  Texte  aus  der  Ptolemäerzeit  und  der  Kaiserzeit  sich 
von  selbst  ergiebt,  hat  die  Frage,  wo  innerhalb  des  grofsen  Zeitraumes 
von  der  römischen  bis  zu  der  arabischen  Eroberung  am  besten  ein 
Einschnitt  gemacht  wird,  verschiedene  Beantwortungen  gefunden.  Ich 
habe  auch  jetzt  wie  damals  die  neue  Periode  mit  Diokletian  beginnen 
lassen,  denn  mit  ihm  bahnt  sich  thatsächlich  wie  für  das  Reich  so 
auch  für  Ägypten  auf  allen  Gebieten  die  neue  Zeit  an.  Hat  doch  auch 
das  ägyptische  Volk  selbst  das  Epochemachende  seiner  Neuerungen  so 
tief  empfunden,  dafs  es  später  mit  Diokletian  eine  neue  Ära  begonnen 
hat.  Wenn  ich  die  Bezeichnung  der  neuen  Periode  als  der  „byzanti- 
nischen", die  sich  im  Gegensatz  zu  der  vorhergehenden  „römischen"  von 
selbst  ergiebt,  auch  schon  auf  Diokletians  Zeit  anwende,  so  wird  diesen 
bewufsten  Anachronismus  aus  den  praktischen  Bedürfnissen  des  Registers 
heraus  gut  heifsen,  wer  auf  den  Sinn,  nicht  auf  die  Buchstaben  sieht. 

Die  weitere  Scheidvuig  zwischen  der  byzantinischen  und  der 
arabischen  Periode,  die  historisch  zwingend  ist,  ist  praktisch  bei  dem 
derzeitigen  Zustande  der  Papyruspublikationen  nicht  immer  leicht  durch- 
führbar. Der  Registrator  war  da  vielfach  in  einer  üblen  Lage,  da  aus 
vielen  Editionen  jüngerer  Texte  nicht  zu  ersehen  ist,  ob  sie  vor  oder  hinter 
die  arabische  Eroberung  (ca.  642)  gehören.  Von  da  an  verschwinden  eben 
die  Kaisernamen,  die  uns  sonst  den  Weg  erleuchten;  ob  aber  anderer- 
seits ihr  Fehlen  z.  B.  in  den  Protokollen  der  Verträge  ein  sicheres 
Indicium  für  die  arabische  Zeit  ist,   ist  noch   zu  untersuchen^),  auch 

1)  Die  meisten  Fälle  scheinen  mir  dafür  zu  sprechen.  Inhaltlich  bestätigt 
wird  die  Annahme  z.  B.  in  BGU  II  366,  wo  im  Text  die  Saracenen  erwähnt 
werden.     Andererseits  entstehen  Bedenken  hei  Vergleichung  von  BGU  I  3  und  320. 


U.  Wilcken:  Gencral-Kcgister  3 

würde  dies  Indicium  nur  für  einzelne  Urkiiiidenklasseii  niafsgebend  sein. 
Das  Vorkommen  arabischer  Eigennamen  wird  im  allgemeinen  als  ein 
gutes  Argument  für  die  arabische  Zeit  betrachtet  werden  können,  doch 
mahnt  z.  B.  die  Unterschrift  eines  Osmaniu  in  BGU  11  308  vom  J.  015 
auch  hier  zur  Vorsicht.  Die  Paläographie  kann  für  die  Übergangs- 
zeit natürlich  auch  nicht  helfen,  wohl  aber  kann  sie  die  jüngeren 
arabischen  Texte  des  VII./VIII.  Jahrhunderts  selbst  von  den  jüngeren 
byzantinischen  Texten  trennen.  In  demselben  Simie  kann  die  Be- 
obachtung des  Schreibmaterials  nützen  (ob  Papyrus  oder  Pergament 
oder  gar  Papier).  Es  ist  zu  wünschen,  dafs  die  Editoren  künftig  noch 
genauer  die  verschiedenen  Gesichtspunkte  abwägen,  um  den  Leser 
wissen  zu  lassen,  ob  er  sich  in  der  byzantinischen  oder  der  arabischen 
Zeit  befindet.  So  möge  man  denn  die  im  Register  durchgeführte  Tren- 
nung mit  Vorsicht  und  auch  mit  Nachsicht  aufnehmen.^) 

Eine  andere  grofse  Schwierigkeit  bestand  darin,  dafs,  namentlich 
bei  unvollständigen  Stücken,  sich  oft  schwer  entscheiden  liefs,  ob  die 
Urkunde  als  amtliche  oder  als  private  aufzufassen  ist.  Auch  nach 
dieser  Seite  hin  werden  gelegentlich  andere  Entscheidungen  als  die 
unten  gegebenen  aufgestellt  werden.  Überhaupt  ist  bei  einem  ge- 
sunden Fortschritt  der  Studien  zu  erwarten,  dafs  bei  manchen  Ur- 
kunden die  durch  die  Einregistrierung  stillschweigend  gegebene  Inter- 
pretation geändert  wird,  indem  durch  neue  Parallelen  oder  durch  ein- 
dringenderes Studium  eine  noch  präzisere  Fassung  des  Inhalts  ermög- 
licht wird,  wie  ich  auch  selbst  schon  jetzt  manche  Texte  anders  als 
im  Berliner  Register  bewertet  habe.  Die  folgende  Arbeit,  deren  Müh- 
seligkeit der  Fachmann  nicht  verkennen  wird  ^),  ist  eben  ein  erster  Wurf. 
Mögen  auch  Mängel  ihr  anhaften,  so  darf  ich  doch  hoflfen,  dafs  sie  lin- 
den Papyrusforscher  eine  wesentliche  Förderung  der  Studien  bedeutet, 
indem  sie  ihm  ermöglicht,  beim  Edieren  wie  beim  Verarbeiten  alle 
Paralleltexte  nel)en  einander  zu  halten.  In  meinem  unten  folgenden 
Referat  wird  man  zahlreiche  Ergebnisse  dieser  synoptischen  Behandlung 
finden.  Aber  auch  den  Fernerstehenden  möge  die  folgende  Übersicht 
anregen,  zuzugreifen  und  an  der  Verarbeitung  dieses  für  fast  alle  Zweige 
der  Altertumskunde  so  wichtigen   Materials  sich  zu  beteiligen. 

1)  Bei  den  Abgabenquittungen  und  den  Privataufzeichnungen  habe  ich  mangels 
sicherer  Unterlagen  beide  zusammenfassen  müssen,  habe  aber  bei  denjenigen  Texten, 
die  sicher  oder  doch  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  in  die  arabische  Zeit  gehören, 
ein  „arab."  hinzugefügt. 

2)  Paul  Viereck,  der  in  Berlin  einige  seltenere  Editionen,  die  mir  hier 
nicht  zugänglich  waren,  für  mich  freundlichst  excerpiert  hat,  sage  ich  auch  hier 
meinen  besten  Dank. 

1* 


4  I.  Aufsätze 

A.   Behördliche  Urkiiudeii, 

I,    Amtliche  Tagebücher  {vn:o[ivr}^atL6^oi). 

Ptol. 

Vgl.  die  Gericlitsprotokolle:  Greiif.  I  11;  37  (?);  40.  —  Par.  15-,  16.  — 
Petr.  I  21  {=  GGA  1895,  143);  28  (1);  II  8  (2  u.  3);  17  (2—4); 
18  (2a,  b)  (vgl.  Introd.  S.  31);  21;  38c,  5-6.3.  —  Tor.  1;  9;  13,4ft. 
(=Rev.  Eg.  II  125£f.). 

Köm. 

Aus  den  Commentarii  des  Kaisers  oder  des  Senates  (?):  BGU  II  611  (lat.). 
Des  Präfekten:  BGU  I  114  I,  i/i3;  388.   -   Cattaoui  S.  156;   157.   — 

Oxy.  I  62  R;  II  237  VIII  18/21  (?).  —  Rev.  Mel.  357. 
Des  Präfekten  aufser  Diensten  (Tjye^ovEvaccg):  Oxy.  I  40;  II  237  VII  19/29, 
Des  Juridicus:  BGU  I  75;  245.  —  Oxy.  II  237  VII  39/ VIII  2. 
Des  Idiologus:  Cattaoui  S.  158;  159. 
Des  praefectus  cohortis:  CPR  I  18. 

Des  ccQxi'diicaatijs'  BGU  I  114  I  uff.  (?);  136.  —  Cattaoiii  S.  156  oben. 
Des  ccQXLSQSvg  xal  inl  tüv  CeQ&v:  BGU  I  82;  347. 
Des  £7ti6tQdTr}yog:  BGU  I  15  I.  —  Oxy.  II  237  VII  29/38. 
Des  6tQati]y6g:   BGU  I  163;  361;   vgl.  II  613,  2(3  ff.  —  Oxy.  I  37.   — 

Par.  69  (=  Philol.  53  N.  F.  7,  si  ff). 
Des  Nomarchen:  Leipz.  9  (?). 
Des  xQit^g:  BGU  I  19;  II  592. 
Von  Gesandten  (?) :  BGU  II 5 1 1  +  Reinacli  Gizeh. — Vgl.  Par.  68  (=  Hermes 

27,  466  ff)  und  BGU  I  341;  II  588;  Oxy.  I  33  Verso  und  dazu  Bauer 

unten  S.  29  ff.. 
Von  ungenannten  Beamten:  Berl.  Bibl.  9;  29.  —  BGU  I  5  II  11  ff ;  329; 

II  390;  587;  III  705.  —  Loiid.  II  196  (S.  152 ff.).  —  Petersb.  IIa.— 

Rev.  M61.  359f.  —  Wilck.  Taf.  12c. 

Byz. 

Der  Volksversammlung  (ixxkrjöia):  Oxy.  I  41. 

IIa.    Gesetze  und  Erlasse. 

Ptol. 
Gesetze:  Rev.  L. 
Königliche  Erlasse:  Leid.  G  1—8;  H  4—7;  J  i— G.  —  Par.  62;  63  col.  13. 

—  Petr.  II  8  (1).     Vgl.  8  (3)  Verso;  22  (?).  —  Rev.  L.  36;  37. 
Verfügungen   des   dioixrjtVjg:   Par.  61  R  (?);    63  col.  1  —  7.  —  Greiif.  II 

23,  17  ff 
Verfügungen  des  yQcc^y^utsvg  xüv  övvd^eiov:  Loild.  I  23,  53 ff".  (S.  39f.). 


U.  Wilcken:  General -Register  5 

Erlasse  von    Unbekannt:    Par.  10.  —  Pefr.  II  29  b-d.    —  Rev.   31^1. 
303.  —  Tor.  13,  1/3. 

Rom. 

Edikt  des  Triiimvir  Octavianus:  BGU  II  628  Verso  II  2  fF.  (lat.). 

Kaiser-Edikt:  BGU  II  628  R.  (lat.). 

Kaiser-Reskripte  :  BGU  I  74;  140;  267;  II  473,  1/12. 

Gesetzesfragmeut  (?):  Oxy.  I  36. 

Statthalter -Edikte:   BGU  I  288;  II  372.  —  Boissier,  5  ff.  —  Oxy.  I  34 

Verso    I-III;    II  237  VIII  7/I8;  21/27;  27/43;  43. 

Auszüge  aus  dem  statthalterlichen  t8vxog  ßißXtdtcuv:   BGU  II  525;  vgl. 

Oxy.  I  35  R. 
Erlasse  des  Präfekten:  BGU  I  15  II;  II  484,  9/10;  646;  III  747  Verso.  — 

Oxy.  II  237  VI  32/35. 
Erlasse  des  Prokurator:  Hermes  23,  593. 
„       des  KQ%iöiKa(5x)]£:  BGU  I  73. 
„         „     B7tL<5XQOitriyog:  vgl.  BGU  I  43. 

„     ötQatriyös:  BGU  1  7;  18;  II  578,  1/2. 
„       von  Unbekannt:    Berl.   Bibl.  1.   —  BGU  II  656;  659  l  (?).  — 
Gen.  1;  7,  1/12.  —  Lond.  II  379  (s.  I62).  —  Oxy.  II  238. 
Aufforderungen  zur  ccvu^ijtrjöig:  BGU  I  8  II  26 ff.;  106;  325. 

„  „    dvaTtofimr.  BGU  1 148;  II  374—376;  684.  —  Grenf. 

II  66. 
Aufforderungen    zur    Aratsausübung    (;f9?j|Ltartö'oi'):    Oxy.  I  48;    40;    II 

241—243. 

Byz. 

Kaiserreskripte:  Leid.  Z  (lat.)  (vgl.  B.  Phil.  Wocb.  1888,  1205).  —  Stobbes 

Jahrb.  VI  398  ff  (lat.). 

Verfügungen  des  Präfekten:  Oxy.  I  67,  8/11. 

„  „     loytöxrig:  Oxy.  I  42. 

„  „     öTQatrjyog:  Oxy.  I  60. 

„  von  Unbekannt:  Oxy.  I  58. 

Aufforderung  zur  nccQccdoötg:  Oxy.  I  64;  65. 


IIb.  Richterliche  Urteilssprüche  (ccTtoipKöeig^  %Qriiiati6^oi^  (SvyxQi^aTu). 

Ptol. 

Lond.  I  41,  15 ft'.  (S.  27/8).     Vgl.  die  Gerichtsprotokolle  in  A  I. 

Köm. 

BGU  I  168,  24/27;  II  578,  7/9;  614,  7/9.  —  Loiid.  II  276,  8/I6  (S.  149). 
Vgl.  die  Tagebücher  in  A  I. 

Byz. 
Wess.  Taf.  14  (lat.  gr.)  (V). 


6  I.  Aufsätze 

II  c.    Marginal-Entscheidungen  von  Gesuchen  (vTCoyQacpaC). 

Ptol. 
Grenf.  111  II  8.  —  Leid.  B  Subscr.  I-V;  D  Subscr.  —  Loiid.  I  20, 25  (S.  o); 

17a,  26  (S.  11)5  17c,  43 ff.  (S.  11);  19,  uff.  (S.  17);  34,  14/17  (S.is); 
23,  35  (S.  38);  23b,  c  (S.  39);  23,  92/93  (S.  4o).  —  Par.  25,  16  ff; 
30,  31  ff.;  36,  23 f.  —  Petr.  II  32  (1)  Verso.  —  Tor.  6,  30/35;  7,17/20.— 
Vat.  IV  446.  —  Vgl.  auch  die  Gerichtsprotokolle  in  A  I. 

Küm. 

BOU  I  5  II  17;  180,  28 f.;  256,  33/5;  II  379,  20/22;  448,  29/31;  582; 
613,  4/6;  614,  18/19  und  21 ;  648,  26/27;  III  747  Verso.  —  Loiid.  II 
359,  6/8  (S.  150)  (?);  358,  15   (S.  172).  —  Oxv.  II  237  V  7/8;  38. 

II  d.    Geld-Zahlungsanweisungen. 

Ptol. 

Grenf.  I  9  (?);  II  23.  —  Petr.  II  14  (^ib-id).  —  Rev.  Mel.  327;  343 f.  — 

Theb.  Bank.  5—7. 

Arab. 
BGU  II  675;  691. 

II  e.    Geld-Empfangsanweisungen. 
Ptol. 
Rev.  Mel.  321  f.  —  Theb.  Bank.  1—4.  —  AVien.  Kais.  S.  14,  5  ff  und 
18,  6  ff  (=  Zois  I  und  II). 

Rom. 
Oxy.  I  96. 

II  f.    Natural-Lieferungsanweisungen. 
Ptol. 
Lond.  I  17c,  b(S.  11);  31, 6/12  (S.  I6);  vgl.  27  (s.  u).  —  Petr.  II  15  (2). — 
Rev.  L.  App.  II  3. 

Rom. 
Lond.  II  256  R  (S.  96  u.  98).  —  Oxy.  I  88. 

Byz. 
Bfill  II  549.  —  Orenf.  I  63.  —  Mitt.  PR  VI  S.  115,  116.  —  Oxy.  I  141.— 
Wess.  Taf.  21  (lat.  gr.).  —  Wien.  Denk.  XXXVII  182/196;  207,  64; 
224,  72;  228  App.  575;  238  App.  866;  239  App.  106— 241,  9008. 

Arab. 

BGU  II  683-690;  692—695.  —  Lond.  I  113,  9  (b,  e)  (S.  221). 

III  a.   Amtliche  Berichte. 
Ptol. 
Vom  vo^aQxVS-  l*<'tr.  JI  30  (d). 
Vom  roTtoyQa^^atevg:  Theb.  Bank.  1  col.  2,  1/14. 


U.  Wilcken:  Glencral  Register  7 

Vom  xco^oyQcc^^Ktsvg:  Thel).  Bank.  1  col.  2,  löff'.;  3  col.  2,  ii/i9;  4  col. 

2,  3 /ig. 
Vom  ccvTcyQacpsvg:  Leid.  D  2.  —  Lond.  I  34,  off.  (S.  18). 
Vom  ßaöthKbg  tQa7Cs^iT}]g:  Parth.  Tlieb.  12. 
Von  ygcc^^atEtg:  Loiid.  I  23,  59/91  (S.  4o).  —  Petr.  II  10  (2). 
Vou  ysca^ixQai:  Leid.  L. 
Von  Unbekamit:  (^reiif.  J  41.  —  Lond.  I  17a  (S.  10/11);   34  (S.  18)-,   IH 

(S.  22/3);  41  R  (S.  27/8);  23,  1/4,  94/104,  105/143  (s.  38/42).  —  Par.  1 1 ; 

25  (?);  34;  64  (?);  65— 67.  —  Petr.  I  22  (1);  23;  S.  [66];  II  30f(?); 

36;  39c;  45;  vgl  41.  —  Rev.  Mel.  325.  —  Theb.  Bank.  4  col.  2, 1/2. 

Rom. 
Vom  oxQaxYiyog:  BGU  1  134;  II  490. 
Vom  ßaöilixog  yQuii^iateug:  BGU  I  299. 

Vom  xa^oyQafi^atsvg:   BOU  I  6  {jtQ86^diCids^);  20;  84;  91;  145;  194; 

235;  330;  II  457;  484;  512;  618;  659  II f.  —  Gen.  5.  —  Hernais 

XIII  43  Mitte.  —  Lond.  II  322  (S.  159/160). 
Vom  aQX8q)odog:  Oxy.  I  80. 
Vom  v7C7]Qstr}g:  Oxy.  I  106. 
Von  Priestern:  BGUI  16;  250;  296;  II  433;  598.  -  Lond.  II  353  (S.  112/3) 

345  (S.  114). 
Vom  iTtLTrjQrjtrig  (xataöTtoQäg?)'.  BGU  I  12.     Vgl.  Schow. 
Vom  £7tLrr}Qrjrr}g  vo^üv:  BGU  II  478 — 480. 
Vom  ii,aQLd^^i]t^g:  Lond.  II  376  (S.  77/8). 
Von  tatQor.  BGU  II  647.  —  Oxy.  I  51. 
Von  voiiLKor.  Oxy.  II  237  VIII  2/7. 
Von  ßaöLhaol  rQa7tst,ttai:  BGU  I  121. 
Von  öitoXöyoi:  BGU  I  64;  II  529;  534;  585. 
Von  TtQdxtoQsg:  BGU  I  25;  41;  42;  199  R;  II  392;  639;   652;  653.  — 

Grenf.  II  62  a.  —  Lond.  II  474  (S.  i08). 
Von  öitOTiaQaXfi^'jttaL:  BGU  I  81. 
Von  88%(X7tQ(otoi:  BGU  II  552—557;  III  743;  744. 
Von  Unbekannt:  BGU  15;  11;  88  Rand;  141;  144;  175;  283;  II  492; 

513;  560;  562;  III  703.  —  CPR  I  33.  —  Hartel  Gr.  P.  70  (=  Hermes 

23,  60o).  —  Leipz.  5. 

Byz. 

Von  eqjOQog,  jcco^aQxat  etc.:  BGU  I  21. 

Von  y,G)^ccQiai:  BGU  II  620. 

Von  iaxQoC:  Oxy.  I  52. 

Von  'noivu:  Oxy.  I  53;  85. 

Von  Unbekannt:  Grenf.  I  64.  —  Wilck.  Obs.  53. 


8  I.  Aufsätze 

III  b.    Amtliche  Bittgesuche  etc. 
Ptol.  Archiv  I  S.  61/2.   —  Leid.  A.  —  Petr.  11  10  (i). 
Rom.  BGU  III  747.  —  Loiid.  II  214  (S.  161A2). 

III  c.    Amtseide. 
Rom.  Eines  ötQcnrjyog:  Oxy.  1  82. 
Eines  TiQ^zraQ:  Oxy.  I  81. 
Eines  Getreidetrausport- Aufsehers  (?):  Loiul.  II  301  (S.  256/7). 

III  d.    Andere  amtliche  Eide. 
Rom.  Oxy.  II  240. 
Byz.  Oxy.  I  125.     Vergl.  Wieu.  Denk.  XXXVII  152  App.  474. 

IV.  Amtliche  Bescheinigungen, 
a.  Abgaben-Quittungen. 

Ptol. 

Von  der  Bank  ausgestellt:  Bnttmanu.  —  Chrest.  dem.  349/50,  — Droyseii 
l_5._O1.e11f.  I  36,  i(vi3;  27  III  lof.-,  II  15  III;  32,  12/15-,  34;  35, 
13/17.  —  Leid.  M  2,  9/i4;  N  3, 1/9;  I  377,  379;  R.  —  Loud.  I  27 
(S.  14)  (?)-,  3,  37/44  (8. 47).  —  Par.  5,  50;  15  bis  2/55  15  ter.  —  Petr.  II 
46  c  1.8/16.  —  Rev.  Eg.  II  114;  116ff.  —  Tor.  10  (V).  —  Tor.  dem.  20; 
21 ;  23;  24;  25.  —  Wieu.  Kais.  10 ;  Uff.  u.  18ff.  (=  Zois  I  u.  II).  — 
Youiig,  HierogL  33 — 36. 

Vom  xEläviov:  Proc.  BiM.  Ar.  14,  60ff'. 

Vom  Thesauros:  Loiid.  II  227  a  R  (S.  4)  (?). 

Vom  TtQKKTcoQ:  Leid.  Q. 

Von  Steuerpächtern:  Greuf.  II  39.  —  Leid.  F. 

Rom. 
Von  der  Bank  ausgestellt:   Greiif.  II  56,  15/18.  —  Oxy.  I  99,  13/19;  II 

288,  1/34  (?);  289  (?). 
Vom  Thesauros:  BGU  I  61  I;  67;  188;  218;  336;  II  579;  III  716;  755; 

787;  792.  —  «renf.  II  47.  —  Lond.  II  290  (S.  89/90);  315  (S.  90); 

471  (S.  91);  439  (S.  9i);  346  (S.  92);  217  (S.  93);    351  (S.  93/4);   180 

(S.  94/5).  —  Oxy.  I  89;  90;  II  287. 
Von  jCQCcxtoQes  aQyvQLXüv: 

a)  (Form:    duyQaxpsv)  BOU  I  49;    61  II;    62;    65  I;    66;    99;    212; 

214;  215;  219;  222;  270;  273;  II  342,  7/11;   359;  382;  391;  429; 

434;  452;  458;  645  Rand;  654;  655;  662;  III  704;  761;  779;  784; 

790;  791.  —  CPR  I  S.  8.  —  Oreiif.  II  52.  -  Loud.  II  340  (8.70); 

201a  (S  79);  319  (S.  80);  323  (S.  81);  2m  (S.  107);  337  (S.  107);  477 


U.  Wilcken:  General-Register  9 

(S.  109);  451  {H.  lio);  380  (S.  iKi);  340  (S.  llö);   ll(3a  (S.  116). 

b)  (Briefform)  ßOU  111  711. 
Von  üTQdxTOQsg  ölzixCov  (Briefform):  BOU  I  61  II  8/io  (V);  223;  II  414. 

—  Loiid.  11  307a  (S.  loi);  171a  (S.  102). 
Von  Steiierpäclitern : 

a)  (Form:  dt^yQaipsv)  BdU  I  213;  II  383;  617.  —  Oreuf.  11  60. 

b)  (Briefform)  Oreiif.  II  58.  —  Loud.  II  318  (S.  si/s);  330  (S.  88).  — 
Par.  17,  22/26. 

Vom  vonäQxris:  BGU  I  220;  221;  345;  356;  11  463;  III  748  II;  756.— 

Loiul.  II  297  b  (S.  111). 
Vom  £^r]y'y]Trjg:  Greilf.  I  50. 
Von  djiccitrjrai:  BGU  I  342,  1/6. 

Vom  fisQidocQxVS'  ^^^  HI  ^^1* 

Von  imrriQYitai:  B(jU  I  293. 

Von  nQsößvtsQOL  xconTjg:  BGU  I  334;  II  431. 

Vom  ^Lö&cotrig  t£Q(ov)  x£l(qi6^ov):  Loiid.  II  478  (S.  111/2). 

Von  den  Thorbeamten:  BGU  III  724;  763  —  768;  803;   804.  —  Greiif. 

II  50.    —    Loud.  II  307  (S.  84);    316c  (S.  84);   469a  (S.  85);    206  c 

(S.  85);  469  b  (S.  86);  206  d  (S.  86);  316  b  (S.  87). 
Von  Ungenannt:   BGU  I  63;  216;   268;    292;   328,  23/30;    346;  II  386; 

461;  518;   521;    528;   535;    622  (V);   III  718;   748  III;   770;   788; 

789;  810.  —  Greuf.  II  48;  54;  65.  —  Hawara  31b.  —  Loud.  II 

170  (S.  69);   347  (S.  71);   305  (S.  79);   312  (S.  80);  472  (S.  82);  329 

(S.  113);  352  (S.  114);  203  (S.  248). 

Byz.  und  Arab. 

BGU  II  548;  676—682  (arab.);  III  738;  739  (ar.).  —  Greiif.  I  69;  II  95; 
101;  105  (ar.);  106  (ar.).  —  Loud.  I  113,  9a,  c,  d  (S.  221)  (ar.); 
116  a,  b  (S.  222)  (ar.).  —  Mitt.  PR  III  263;  264.  —  Wieu.  Deuk. 
XXXVII  208,  64,  1—215,  9049;  217,  67—224,  71;  225,  73;  226,  73,  3 
(ar.),  4,  5;  227,  73,  7;  228,  73,  10;  229,  73,  14—232,  73,  25;  233,  73,27 
—234,  73,  32;  242,  9010;  246,  7164  (?);  247  App.  138  (?);  250  App.  477, 

456,  463;    251  App.  889;    252   App.  481,  277;   256  App.  900.   —   Wilck. 
Taf.  19c  (ar.);  20a  (ar.). 

b.  Andere  amtliclie  Bescheinigungen. 
rtoi. 

Bescheinigungen  über  Einregistrieriing 

a)  von  demotischen  Kontrakten  ('durch  das  }'Qag)£iov):  Bntt- 
mauu,  4.  —  Forshall  41;  42.  —  Leid.  I  373,  375,  380.  -  Par. 
15  Ins,  1.  —  Rev.  Eg.  II  121.  —  Tor.  dem.  23,  5.  —  AVieu. 
Kais.  10, 1. 


10  I-  Aufsätze 

b)  von    griechisclien    Kontrakten    (durch    öv^ßoXocpvXaxsg):    Leid. 
0,  36/37.  —  Petr.  II  41,  34  ff. 
Quittungen  von  Gehaltsempfängern  an  die  Kgl.  Bank:  Rev.  Mel.  329 — 

337.  —  Theb.  Bank.  9— 10a. 
Andere  amtliche  Quittungen:  Greilf.  I  22. 

Rom. 

Bescheinigung  über  Einregistrierung 

a)  von  demotischen  Kontrakten  (durch  das  yQacpBloi'):  l](ifUII580(?). 

b)  von  griechischen  Kontrakten  (gleichfalls  durch  das  yQaq)£tov): 
BGU  I  87,  33;  153,44/5;  183,  47;  350,26;  II  446,  27;  453,  I9ff(?); 
538,  38;  664,9;  III  719,  17.  —  CPR  I  4,  37/8;  27,  32.  —  Lond.  II 

154,  28   (S.  180);    289,  38/9   (S.  185)  (?);    293,   33  (S.  188);    303,  1 
(S.  195);   142,  27  (S.  -204);  143,  36  (S.  205);  277,  20/23  (S.  218);  308, 
26  (S.  219);   311,  26  (S.  220). 
Quittungen  über  XHtovQyiar.  BGU  I  264;  II  593;  658;  III  722;  723.— 

Oreiif.  II  53.  —  Lond.  II  165  (S.  103);  139b  (S.  103/4);  316a  (S.  104); 

321a— c  (S.  104/5);  325  (s.  106);  166b  (S.  106).  —  Rendic.  Ac.  Line. 

1897,  77,  1. 
Epikrisis- Bescheinigungen:    BGU  I  113;    142;    143;    265;    III  780.  — 

Oxy.  I  39. 
Apographe-ßescheinigungen:  Oxy.  I  73. 
Decharge  für  den  Vicarius:  Lond.  II  255  (S.  117/8). 
Bescheinigung  der  Reinheit  des  Opfertieres:  Grenf.  II  64. 
Quittungen   von  Gehaltsempfängern:  BGU  II  621;  III  707.   —  Hermes 

22, 143.  —  Lond.  II  295  (S.  100). 
Sonstige  amtliche   Quittungen:    BGU  I  102;   II  381;    III  760;  807.  — 

Grenf.  I  48;  II  44;  63.  —  Lond.  II  256R  (S.  99).  —  Oxy.  I  61; 

II  276. 

Byz. 

Quittungen  von  Gehaltsempfängern:  Grenf.  I  68. 

Sonstige  amtliche  Quittungen:  Grenf.  II  96;  98.  —  Lond.  I  113,  10 
(S.  222/3).  —  Oxy.  I  43  R  III  6/23,  26/28,  30/34,  IV  .5/10,  12/17,  19/23, 
26/29,  V  4/8, 12/15,  19/22,  26/31;  84;  142;  143;  145—153.  —  Wien. 
Denk.  XLII  S.  9^  (P.  Rain.  1579).   —  Wien.  Stnd.  8,  102  (M.  101) 

—106  (M.  117). 

V.    Andere  amtliche  Korrespondenzen, 
rtol. 
Alex.  2;  7  (?);  10.  —  Anton.  —  Archiv  I  S.  59/00.  —  Ashniol.  Veiso  —  Bnll. 
hel].21,i4iff  — Grenf.  I  11  II  6/22;  13;  32;  35;  66;  II  14a,  b,  c;  37.— 
Leid.  H,  1/3.  — Lond.  I  1!)  (S.  I6/17);  15  (1;^)  (s.  57).  —  Par.  42  (?).  — 


TJ.  Wilc-ken:  General -Register  11 

rarlh.  Thob.  V2,  ii  ff.  —  Petr.  1  24  (^!);  25  (-);  II  2  (2);  4  (2),  (i-c), 

(11-13);  5a,  b;  6;  9  (1— 5);  12  (l),  (4)  1/2,  3/1O;   13  ('2—16),  (l8a— 20); 

14(la),  (2);  15(1),  (3)5  16;  23(1)  (vgl.  Introd.  S.  31),  (2-4);  29e;  31; 

32  (2a)  (3);  37  (1-2);  38b,  c;  39g;  42  (a,  c);  46  (c).  -    Rev.  Mel. 

291;  302 f.;  321  f.;  323f.  — Tlu'b.  Bank.  5, 12;  6, 13 ff;  7, 10 ff;  8.— 

Tor.  12. 

Rom. 

BGU  I  8  I-II  25;  19  I  11-11  18;  231;  328,  1/22  u.  3iff ;  II  422;  432;  473; 

486;  III  742;  746.  -  Boissier.  —  (leu.  1, 13/20.  —  Grenf.  II  42; 

46a.  —  Lond.  II  276  (S.  uo);  213  Verso  (S.  160/1);  459b  (S.  I63).  — 

Oxy.  I  34  Verso  IV;  44-47;  50;  54;  57;  62  Verso;  63;  II  237  V17/19; 

242,31/34;  243,45/49;  244, 18 ff;  291.  —  Wien.  Denk.  XLII  S.  9»; 

92  (P.  Rain.  2073).  —  Z.  Savig.  XV  243  IV. 

Byz. 

BGU  II  412.  —  Gen.  (Rev.  Philol.  20,  47  lat.).  —  Lond.  II  233  (s.  273); 

415  (S.  283);  408  (S.  284);  231  (S.  285);  234  (S.  287);  409  (S.  288); 
235  (S.  289/90);  236  (S.  290/91);  414  (S.  292);  237  (S.  293);  405  (S.  294/5); 

416  (S.  295/6);    232  (S.  296/7);    239  (S.  297/8);    417  (S.  299/300);    422 

(S.  318).  —  Oxy.  I  59;  66. 

VI.    Amtliche  Abrechnungen,  Verzeichnisse  etc. 
Ptol. 

Abrechnimgen  über  Steuereingänge  u.  a.:  Lond.  II  402  R  (S.  10).  — 
Petr.  II  7;  27  (3)  (5);  28;  29a;  30c;  35c;  39b;  39e  (vgl.  Introd. 
S.  36);  39 f.;  43.  —  Rev.  L.  App.  II  5. 

Abrechnung  über  Besäung  der  Felder:  Asliniol.  Recto. 

Abrechnung  über  Aussaat-Lieferungen:  Petr.  II  39 a. 

Andere  Abrechnungen:  Forshall  23 (?).  —  Petr.  II  Introd.  S.33;  Nr.  14  (:h) 
(vgl  Introd.  S.  30);  30a;  34b;  39d,  h.  —  Rev.  L.  App.  II  1;  4. 

Auszüge  aus  den  Steuerbüchern:  Petr.  II  30  b;  39 i. 

Aktenliste:  Lond.  I  26  (S.  21). 

Verzeichnis  von  Kavalleriepferden:  Petr.  II  35a,  b,  d. 

Rom. 

Abrechnungen  über  Steuereingänge  u.  a.:  Berl.  Bibl.  10;  21;  26;  50. — 
BGU  I  199  Verso;  259;  269;  271  (?);  274;  277  (?);  343;  II  471; 
474—477;  485;  558;  559;  .561;  572—576;  642;  657;  III  753; 
754;  772;  802.  -   Leipz.  11  R.  —   Lond.  I  119  (S.  142/9);   109a 

(S.  150/1);  109  b  (S.  1.52/7);  II  460  (S.  70);  468  (S.  81/2);  175a 
(S.  120)  (?);  193  (S.  122/4)  (?);  194  (S.  124/7);  195  (S.  127/8);  188 
(S.  142/6);  181  (S.  146/8);  254  Verso  (s.  23o/2).  —  Wien.  Kais.  22 f. — 
Wilck.  Obs.  13. 


12  I-  Aufsätze 

Abrechnungen  über  Aussaat-Lieferungen:  Loild.  II  254 R  (S.  220). 
Andere  Abrechnungen:  BGU  I  178;  II  466;  567;  568;  III  812.  —  Ha- 

wara   29b;    30a  — b;    33.   —    Leipz.  1;    4;   6R;  7;    8;    11    Verso; 

12— 15R;    16;    17;   24—29;    31   Verso;    32;    33  Verso;    34;   35.— 

Loud.  II  266  (S.  234/44)  (?);  156  (S.  249).  —  Petersb.  14  a. 
Fhirbuch:  Loud.  II  267  (S.  129/141). 
Kleroslisten:  BGU  I  65  II;  165;  II  470;  III  700. 
Auszüge  aus  den  Steuerbüchern:  Oxy.  II  274. 
Dammverzeichnis :  Oxy.  II  290. 
Beamtenlisten:  Sitz.  Berl.  Ak.  1892,818f.  — BOU  I  10;  II  425;  III  715.— 

Loud.  II  189   (S.  155/158);    199  (S.  158/159). 

Bevölkerungslisten:   :^GU  I  185;   II  493—510;   533.  —  Loud.  II  257 

(S.  21/28);  258  (S.  29/36);    259  (S.  36/42);    260  (S.  46/53);   (261  S.  54/6l). 

Militärische  Listen:  BGU  II  610  (lat.);  696  (lat.).  ~  Wess.  Taf.  8  (lat.); 

9  (lat.). 
Sonstige  Personenlisten:  BGU  I  56;   83;    186;   217;   344;   II  426;  532; 

563—566;  569—571;  630;  III  734;  735.  —  Hawara  29  a,  b.  — 

Leipz.  3;  15  Verso.   —   Loud.  II  443  (S.  78);    192  (s.  222/5);    369 

(S.  265/6).  —  Mitt.  PR  II  6  An.  1  ff.;  VI  98.  —  Schow.  —  Vgl. 

Oxy.  11  288,  35  ff. 

Byz. 
Abrechnungen  über  Steuereingänge:  BGU  I  9.  —  Loud.  I  99(S.  158/62). — 

Oxy.  I  127  R.  —  Wien.  Deuk.  XXXVII  224  App.  746;  227,  73,  8. 
Andere   Abrechnungen:    Loud.  I  125  (S.  192/4);    II  249  (S.  307/9);    250 

(S.  310);  252  (S.  311);  427  (s.  312);  428  (S.  313).  —  Oxy.  I  43R;  154. 
Beamtenlisten :  Oxy.  I  43  Verso. 

Personenlisten:  BGU  II  672.  —  Loud.  II  387  (S.  33l). 
Dorf  listen:  Wieu.  Stud.  8,  107  (M.  90)— 108(M.  94). 
Strafseulisten:  Mitt.  PR  III  261—263.  —  Wieu.  Deuk.  XXXVII 227,  73,  6. 
Kircheninventar:  Greuf.  II  111. 

Arab. 

Abrechnungen:  BGU  II  539.  —  Loud.  I  113,  7  (s.  217/8);  Wess.  Prol.  68.— 

Wilck.  Taf.  19d. 
Personenlisten:  BGU  II  608. 
Strafseulisten:  Mitt.  PR  III  262  An.  3. 

VII.   Tempelakten. 
Böin. 

Priesterlisten:  BGU  I  162,  15 ff.;  258;  II  406.     Vgl.  627. 
Inventare:  BGU  I  40;  162,  i/l4;  338;  II  387;  488;  590;  III  781. 


U.  Wilckcn:  General -Register  13 

Rechnungen  u.  ä.:    BOU  1   1  (vgl.  337);    149;    337;    11  302;    489.  — 
Hermes  23,  029. 

B.   Private  Urkunden. 

1.  Eingaben  von  Privaten  an  Behörden. 
I.  Klagschril'ten  und  Bittscliriften. 

Ptol. 

An  den  König:  Alex.  9. —  Leid.  B;  G  9/22;  H  8/20,  21/3C;  J  7/24.  —  Lond. 

I  45  (S.  36/7);   23,  5/34  (S.  38);   51a  (S.  59/G());  106  (S.  GO/l).  —  Pai'.  14 

(=  Tor.  3);  2"^',  24;  2Q;  29;  35;  38;  39.  —  Petr.  II  8  (2)a;   13 
(13)  4/5;    17  (1).  —  Tor.  3.  —  Vat.  V  352f.;   35Gf.  (vgl.  Witk. 
Prodi-.  14). 
An  den  tTtLötQcctrjyog  xal  ötQatrjybg  rijg  ©Tjßa'idog:  Lond.  II  401  (S.  134). 

—  Tor.  5—7. 

An  den  ßxQat'rjybg  aal  vo^KQXi]g:  Tor.  1  I  14— III  16. 

An  den  ötQurriyog:  Oreuf.  I  38;  42.  —  Lond.  I  24  R  (S.  32/3);  44  (S.  34). 

—  Par.  12;  13;  36  (=  Vat.);  37;  40;  41.  —   Petr.  II  2  (1);  12 
(2)  (3);  S.  [32]  oben.  —  Vat.  IV  445. 

An  den  oUovo^og:  Petr.  II  18  (i);  20  col.  4;  32  (2b);  App.  S.  3. 

An  die  iQyj^atiörai:  Petr.  II  8  (2)b. 

An  den  vjiod  10 LKy]t)]g:  Dresd.  (=  Leid.  D,  1=E,  1  =  Par.  30).  —  Leid. 

D,  1;  E,  1;  E,  2  (=  Mil.  =  Par.  27  =  28).  —  Loud.  I  22  (S.  7/8); 

20 (S.  9);  33 a (S.  19/20) (=  Par.  33);  21(S.13);  35(8.24/5);  24Vevso(S.26); 

41  Verso  (S.  28/9).—  Mil.—  Par.  27;  30;  33.  -  Vat.  V  602f.;  603 f. 
An  den  eTtißrätrjg:  Par.  15  I  8— II  33.  —  Tor.  2;  8;  11;  14. 
An  den  inLiisXrjXTJg:  Par.  31.  —  Petr.  U  20  col.  1/2;  32  (1). 
An  den  xco^oyQaii^atsvg:  Petr.  II  38a. 
An  den  aQiirpvXaxCtrig:  Par.  6. 

An  den  aQiLxiKxav.  Petr.  II  4  (1);  4  (3)  (?);  4  (7)  u.  (9);  13  (1). 
An  Ungenannt:  Alex.  1.  —  Grenf.  I  11  I— II  ö;  15;  17.  —  Lond.  I  41  R 

(S.  27/8);  II  220  1 1-16  (S.  ö).  —  Par.  8;  23.  —  Passal.  1564  G.  — 

Petr.  II  1;  4  (8);  13  (17);  19;  20  coL  3. 

Rom. 

An  den  Präfekten:  BGtU  I  256;   327;  II  378,  11/28;  448,  5 ff.;  525,  loff.; 

613,  9/25.  —  CPR  I  20  IL  —  Lond.  II  354  (S.  IG4/5);  177  (s.  168/9).  — 

Oxy.  I  38;  II  237  I-VIII;  Vi  12/20. 
An  den  Juridicus:  BGU  II  378.     Vgl.  327.  —  Oen.  4.  —  Lond.  II  198 

(S.  173).  —  Z.  Savig.  XV  241  l. 
An  den  aQiLÖi'KaaxYig:  Berl.  Bibl.  8.  —  BOII  II  455;  578,  9 ff.;  614,  10 ff, 

—  Oxy.  II  281.  —  Vgl.  BGU  III  729;  741;  Oxy.  II  268. 


14  I.  Aufsätze 

An   den   iTtiaxQdxriyog:    BGU  I  1G8;    195;    291;    340;    II  448;    462.  — 

Oxy.  I  70. 
An  den  axQaxriyog'.  BGU  1^2;  22;  35;  45;  46;   72;   181;   242;   321;   II 

422, 'jft'.;  467;  491;  589;  663;   III  731;  757;  759.  —  Oeii.  6.  — 

Greiif.  II  61.  —  Lond.  II  357  (s.  leo);  445  (S.  igg/t);  363  (S.  170/1)  (?); 

176  (S.  174/5).  —  Oxy.  II  282—285. 
An  den  ßuöiXixbg  yQa^^axsvg:  BGU  II  583. 
Au  den  tjtl  xüv  xexQi^avcov:  BGU  II  613. 
An  den  Centurio:  BGU  I  4;  36;  98;  146;  275;  322;  11  436;  454;  515; 

522;  651.  —  Oeii.  3;  16.   -  Oxy.  I  69. 
An  den  Decurio  (ßexadocQx^g):  BCrlJ  I  157.  —  (ireiif.  I  47. 
An  den  Centnrio  imd  Decurio:  Gen.  17. 
An  den  Beneficiarius:  Lond.  II  342  (S.  17:5/4). 
An  den  t'l^j'^T'r;?:  Oxy.  I  56. 

An  den  n^osöxag  xilg  IIsxQcoviavflg  ovöüag:  BGU  II  650. 
An  Unbekannt:  Athen.  —   BOU  I  23  (?);  159;  176;  180;  II  481;  482; 

616;  648;  III  769;  778.  —  CPR  I  232. 
Gesuche   um   Zustellung  von  Klagschriften  u.  a.  an  die  andere  Partei: 

BGU  I  226;  239;  II  578,  3ff.;  614.  —  Lond.  II  361  R  (S.  109/70); 

358  (S.172).  —  Oxy.  I  68;  II  286. 

Byz. 

An  den  Kaiser:  Leid.  Z  (griech.). 

An  den  Präfekten:  Grenf.  II  78.  —  Oxy.  I  67,  1.^/22;  71. 

An  den  dux  Thebaidis:  Oxy.  I  130. 

An  den  Logisten:  Oxy.  I  86. 

An  den  praefectus  castrorum:  Lond.  II  410  (S.  298/9). 

An  den  praefectus  alae:  Lond.  II  245  (S.  271/2);  407  (S.  274);  242(8.275); 

403  (S.  276);   240  (S.  277/»);   241  (S.  278/9);  412  (ß.  280);  406  (S.  --Sl); 

411  (S.  281/2). 
An  den  xoTCoxrjQTjxrjg:  BGII  II  669;  670. 
An  den  jtQOTtoXixevo^svog:  CPR  I  19.  —  Oxy.  I  67,  1/2.S. 
An  Ungenannt:  CPR  I  233.  —  Lond.  1 113,  Hb  (S.  224);  113, 12d(S.227).  — 

Oxy.  I  131. 

II.  Eingaben  in  Steuerangelegenheiten. 

Ptol. 

J7toyQCi(pccL:  Alex.  6.   —   Archiv  I  s.  17.3/4.   —   Lond.  I  50  (s  49).  — 

Petr.  II  Introd.  S.  33;  36  oben. 
i:vvTi{irJ6sig:  Petr.  II  27  (1);  30e.     Vgl.  Petr.  I  16  (2). 


U.  Wilckcu:  CJenoral-Register  15 

liüiii. 

Steucrobjekts-Deklarationcii  [(x7io'y^)aq)ai) 

über  Grundbesitz:  B(;U  I  lOHll;  131);  lOS;  II  420;  536.  —  Gi-eiil'. 

II  56.  —  Oxy.  1  72;  II  248;  250. 
über  Hausbositz:  B(^IJ  1  112;  II  420;  45ü;  536.  — Oxy.  II  247—250. 
über  Viehbesitz: 

a)  Kamele:  BÖU  I  51;  52;  89;  192;  266;  352—355;  357;  358; 
II  421;  629;  III  762.  —  Greiif.  II  45;  45a.   —  Loiid.  II 

304  (S.  72);  309  (S.  73);  327  (S.  74);  328  (S.  75);  368  (S.  7ü). 

b)  Schafe  und  Ziegen:  BGU  I  133.  —  Hartel  üv.  V.  74.  — 
Oxy.  I  74;  II  245;  246. 

c)  Esel:  Loud.  II  473  (?). 
über  Schiffe:  Greuf.  I  49. 

Objekt  unbestimmt:  BGU  III  785.  —  Hawara  30 1^. 
Auszüge  aus  anoyQacpaC:  B(xU  II  545. 
Selbstanzeigen  aus  Augustus'  Zeit:  Oreilf.  I  45;  46. 
Anzeige  der  Hausbewohner  durch   die  Hauseigentümer  (yQaq)i]  rav — - 

oiKovvxav):  Oxy.  II  254 — 256. 
Steuersubjekts -Deklarationen  (itar    OLKtav  anoyQacpat):   BOU  I  53 — 55; 

57—60;  90;  95;  97;   115—120;   122;  123;   125—132;  137;  138; 

154;  182;  224;  225;  298;  302;  II  410;  430;  447;  524;  537;  577; 

III  706;  777.  —  Grenf.  II  55.  —  Lond.  II  476a  (S.  C2).  —  Oxy.  II 

171  (S.  208). 
Auszüge  aus  aar'   öUCav   KütoyQaq)cct:  BGU  I  124;   vgl.  55.  —  Loiltl.  II 

182b  (S.  62);  324,  1/29  (S.  63/4);  452  (S.  65). 
Fragmente:  BGU  I  158. 

Geburtsanzeigen  (yjto^VTJfiara  aTtLysi^vyjöscog):  BGU  128;  110;   111. 
Todesanzeigen:  Anz.  Wien.  Akad.  31,7.  —  B(^U  I  17;   79;   254;   III 

773.  —  Loud.  II  281  (S.  66);  173  (S.  66/7);  208a  (S.  67/8);  338(S.68).— 

Mitt.  PR  V  12/3.  —  Oxy.  I  79  R;  vgl.  173  (S.  24o);  II  262. 
Anzeigen  von  Erbschaften:  Oxy.  I  75. 
Steuerpacht-Angebote:  Greiif.  II  41  (=  Wilck.  Ostr.  I  587).  —  Lond.  II 

286   (S.  184). 

Byz. 

Reklamationen:  Oxy.  I  78, 

in.   Anderweitige  Eingaben  an  Behörden. 
Ptol. 
Bürgschaftserklärungen  für  Steuerpächter:  Petr.  I  28  (2)  5ff. ;  II  46b. 
Eidliche  Erklärungen:  Petr.  II  46a.  —  Rev.  L.  App.  II  2.  —  Theb.  Bank. 
11;  IIa,  b.     Vgl.  S.  64. 


16  I.  Aufsätze 

Empfangsbesclieinigungen  an  die  kgl.  Bank:  Petr.  Tl  26. 
Andere  Empfangsbescheinigungen:    Loild.  I  31,  1/5  (S.  15).   —   Peir.  II 
25;  48  (?). 

Rom. 

An  die  Epikrisis-Kommission:  BGU  I  109;  324.  —  Gen.  18.  —  Greiif. 

II  49.     Vgl.  Oxy.  II  257;  258. 
An  die   Opfer-Kommission   (libelli  libellaticorum):  BGU  I  287.  —  Sitz. 

Wien.  Ak.  1894  (=  Haniack,  Theol.  Litz.  1894,  38  f.  und  162  f.). 
An  die  drjiioßia  ßißho^yjxr]:  BGU  I  184;  243  (?);  379.  —  CPR  I  196.  — 

Hartel  Gr.  P.  64/5.  —  Lond.  II  299  (S.  i5i);  300  (S.  151/2). 
Eidliche  Versicherungen:  BGU  I  85;  92;  244;  II  543;  649;  III  730.  — 

Oxy.  I  77;  100;  II  239;  260;  263. 
Gestellungsverpflichtungen  [Tia^aötüöeig):  BGU  11  58l.  —  Grenf.  II 62.  — 

Oxy.  II  259. 
Anträge  auf  Testamentseröffnung:  BGU  I  135.  —  Lond.  II  171b  (S.  176). 
Anträge  auf  öa^azLö^og:  BGU  III  729  (?);  741  (?).  —  Oxy.  II  268. 
Domanialpacht-Angebote:   BGU  JI  640.  —  CPR  I  32;  239.  —  Lond.  II 

350  (S.  192/3).  —  Oxy.  II  279. 
Gemeindepacht-Angebote:  CPR  I  39. 
Meldungen  {TtQOöccyysh'aL):  Lond.  II  280  (S.  19.S/4). 
An  den  6rQatif]yös'.  Oxy.  I  76;  II  244. 
An  den  Tt^mc^vig:  CPR  I  20;  I  S.  110. 

An  die  TOTtoy^a^^cctslg  und  xco^oyQa^^arstg:  Oxy.  II  251 — 253. 
An  Unbekannt:  Z.  Savig.  XV  242  II;  243  III. 
Empfangsbescheinigungen   über  Aussaat:    BGU  I  31;    104;    105;    107 

152;  160;  167;  169—172;  201—211;  262;   263;  278—280;  284 

285;  294;  331;  II  438—443;  516;   517;  626;   631;  III  701;  720 

721. 
Bescheinigung  über  Zustellung  der  Klagschrift:  Oxy.  I  67,  2.3/4. 
Andere  Bescheinigungen:  Oxy.  I  55,  20/23;  107. 

Bjz. 

Gestellungsverpflichtungen  (:;rß;()aö'TKö£tg,  TTccQudööSLg^  iyyvai):  BGUI  255; 
320;  323;  II  401;  III  752  (?).  —  Lond.  I  113,  5c  +  Oxf.  (GGA 
1894,  746)  ('?);  II  246  (S.  277).  —  Wien.  Denk.  XXXVII  121,  23; 

122,24;    125,32;    139   App.  159;    146  App.  372;    163  App.  ('.C2;    172 
App.  808. 

Andere  iyyvai:  Wien.  Stud.  V  Iff". 

Eidliche  Versicherungen:  Grenf.  TI  79.  —  Oxy.  I  83;  87. 

Anträge  auf  6c3^att<)^6g:  Oxy.  I  126. 

An  den  Comes:  Oxv.  1  158. 


U.  Wilcken:  General -Register  17 

An  den  xoiiLtorQißovvog:  i)\\.  1  128. 
An  den  Logisten:  Oxy.  I  00^  i;i-2o. 
An  Ungenannt:  Oxy.  I  157. 
Gemeindepacht-Vertriige:  (!Pß  I  41. 

Arab. 
Gestellungsverpflichtimgen  (jtaQaötdösig):  BOU  II  404;  IIT  7r)() 

(B)    2.    Akten  zwischen  Privaten. 

I.   Rechtsgeschäfte. 

Ptol. 

Verträge  über  Kauf:  (^reilf.  I  25;   27;   34;   36;  44  (?);    II  15;    IG;  20; 

23a;  32;  35;  46.  — Leid.  M;  N;  P.  —  Loiid.  I  3  (s.  46).  —  Par.5.— 

Vgl.  Grenf.  I  33. 
Verträge  über  Pacht:  Loud.  II  226b  (S.  9)  (V).  —  Petr.  II  44  (?). 
Empfangserklärungeu   (Quittungen):   Orenf.  I  26;  II  19;    22]    2ö-^    30; 

31.  —  Leid.  C  Recto.  —  Loud.  I  22  Verso  (S.  8).  —  Petr.  II  47. 
Verträge  über  Darlehen  (Schuhisch eine):  Oreuf.  I  10;  18—20;  23;  28; 

29;  31;  II  18;  21;  24;  27;  29.  —  Leid.  0.  —  Loud.  II 222  (ö.  7/8); 

225  (S.  8/9);  218  (S.  15/6).  —  Par.  7. 
Verträge  über  vjrO'O'ijxat :  Greuf.  II  17. 
Auseinandersetzuugsurkuuden  (övl^vöscg):  Tor.  4. 
Verträge   über  Abtretungen  {6vyxo3Q'i]0SLs ,  äjtoßtdösig,  jtuQaxcoQrjöeig): 

Greuf.  II  25;  28;  33. 
Gestellungsverträge  (nKQaötaösig):  Loud.  II  220  II  (S.  6).  . 
Auszüge  aus  Verträgen:  Greuf.  I  33.  —  Petr.  II  27  (2). 
Testamente:  Archiv  I  S.  63/65.  —  Greuf.  I  12;  21;  24.  —  Loud.  II  219a 

Verso,  b  (S.  2/3).  —  Petr.  I  11;  13  (vgl.  GGA  1895,  134);  14—16  (t); 

17—21;  II  Introd.  S.  22;  23. 
Fragmente:  Loud.  II  226a  (S.  9).  —  Petr.  I  22  (1);  24  (2);  II  24  (?). 

Rom. 

Rechtsgeschäfte  durch  Vermittelung  von  Privatbanken:  BGU  I  70;  88; 
281;  II  415;  427;  468;  472  II;  607;  645;  III  697;  702.  —  CPR  I 
14—17;  230.  —  Greuf.  11  43;  51.  —  Hawara  31a,  b.  —  Loud.  II 
333  (S.  199);  317  (S.  209);  332  (S.  210);  336  (S.  221). 

Verträge  über  Kauf:  BGU  I  71;  87;  100;  153;  177;  193;  228;  233 
236;  282;  350;  II  413;  416;  453;  455,  sft.;  469;  527;  542;  584 
666;  667;  III  709;  710;  758;  805;  806.  —  CPR  I  1—9;  57;  59 
64;  66;  73;  80;  86;  88—90;  93;  95;  96;  102;  103;  105;  106 
108—114;  120;  122—144;  146—158;  162;   165;   167;  168;  170 

Arcliiv  f.  Papyruäfürscliuiig  1.  1.  '  2 


18  I.  Aufsätze 

172;  175;  176;  179;  180;  183;  184;  186—194;  197;  198;  200; 
203—207;  210—218;  220;  221;  223;  225  (?).  —  Leipz.  31  R.  — 
Lond.  II  262  (S.  177);  154  (S.  178/80);  140  (S.  180/81);  141  (S.  I81/2); 
282  (S.  194/5);  303  (S.  195/6);  466  (S.  190/7);  313  (S.  197/8);  320 
(S.  198/9);  339  (S.  200).  —  Oxy.  I  95;  99;  II  264.  —  Par.  17.  — 
Rev.  Et.  Or.  1894  302  IV,  303  V,  303  VI.  —  Wess.  Taf.  7  (lat.). 

Zustimmungserklärungen  zu  Käufen:  Lolul.  II  289  (S.  I84/5). 

Eidliche  Bekräftigungen  von  Kaufverträgen:  CPR  I  224.     Vgl.  225. 

Verträge  über  ocaxayQacpri:  BGU  I  50. 

Verträge  über  Pacht:  BGU  I  197;  II  526;  538;  636;  644.  —  CPR  I 
35—37;  47;  240;  242;  243.  —  Oxy.  I  101;  II  277;  280. 

Pachtangebote:  BGU  I  39;  166;  227;  237;  II  591;  603;  604;  633; 
661.  —  CPR  I  31;  34;  38;  45;  241;  244;  245.  —  Grenf.  II  57.  — 
Lond.  II  163  (S.  182/3);  216  (s.  18G/7);  438  (S.  188/9);  314  (S.  189/90); 
168  (S.  190/1).  —  Mitt.  PR  II  S.  33. 

Verpachtungsangebote :  Lond.  II  335  (S.  191/2). 

Verträge  über  Miete:  Oxy.  II  278. 

Mietsangebote:  BGU  I  253;  II  393;  407. 

Dienstvertrags-Angebote:  Grenf.  II  67.  —  Lond.  II  331  (S.  154/5).  —  Vgl. 
BGU  II  638. 

Lehrlingsverträge:  Grenf.  II  59.  —  Oxy.  II  275. 

Empfangserkläruiigen  (Quittungen):  Berl.  BibL  6.  —  BGU  I  24;  32; 
44;  68;  77;  150;  155;  187;  196;  200;  240;  260;  289;  297;  II 
394;  418;  419;  445;  446;  514;  612;  635;  III  708.  —  CPR  I  46; 
63;  82;  107;  202;  228;  246.  —  Grenf.  II  69.  —  Hawara  30a.— 
Leipz.  30.  —  Lond.  II  139  a  (S.  200/1);  285  (S.  201);  287  (s.  202); 
142  (S.  20:s);  143  (S.  204/5);  172  (S.  205);  178  (S.  207/8);  334  (S.  211); 
341(8.213);   343(8.214);   348(8.214/5);    151(8.215/6);   157b  (8.  217). 

—  Oxy.  I  91;  98.   Vgl.  II  268. 
Verträge    über  Darlehen   (Schuldscheine):  BGU  I  69;    101;    179;    189; 

190;  238;  272;  290;  339;  II  465;  472  I;  578,  11/iG;  664;  III  713; 

800.  Vgl.  741.  —  CPR  I  229.  —  Gen.  8;  8  bis;  9.  —  Lond.  II  277 

(S.  217/8);  308  (8.  218/9).  —  Mitt.  PR  II  31;  IV  61.  —  Oxy.  II  269. 
Kumulativ-Schuldscheine :  CPR  I  13. 
Nachträge  zu  Darlehen:  BGU  I  301.     Vgl.  III  782. 
Cession  von  Ansprüchen:  Lond.  II  360  (8.  216).  —  Oxy.  II  271;  272. 
Verträge  über  Deposita  (;ra()a^f;xo:0:  BGU  II  520;  637.  Vgl.  III  729.— 

CPR  I  29.  —  Lond.  II  278  (S.  206);  310  (S.  208). 
Pfandurkunden:  CPR  I  12. 
Verträge  über  Bürgschaften  {tyy{mt):  BGU  III  782.  —  Hawara  31a(?). 


U.  Wikken:  General-Register  19 

Versprechungen  zu  Gunsten  von   Bürgen:  Oxy.  H  270. 
Vollmachtsurkmiden  {Gv6tdGH^)'.  lUiU  I  191;  :')()().  —  Onif.  II  70;  71.— 
Lond.  II  306  (S.  118/9).  —  Oxy.  I  94;  97;  II  261.  —   Rev.  Et.  «r. 

1894,  301  I,  302  III. 
Auseinandersetzungsurkunden  (diciLQsösig):  BOU  I  234;  241 ;  II  444.  — 

CPR  I  11;  174;  177;  199;  222.  —  Lond.  II  293  (S.  187/«). 
Vertragsregister:  BOU  II  540.  —  Mitt.  PR  V  107.  —  Vgl.  Leipz.  (5  Verso. 
Heiratsverträge:    BGU  I  1S3;    251;    252;    III   717.   ~   €PR  1  21—28. 

234—238.  —  Oxy.  II  265;  267. 
Scheidungsurkunden:  Oxy.  II  266. 

Schenkungsurkunden:  (rrenf.  II  68;  70, off.;  71,  8 ff.  —  Oxy.  II  273. 
Freilassungsurkunden:  BGU  I  96. 

Testamente:  BGU  I  86;  326;  II  483;  600;  III  719.  —  Oxy.  I  104;  105. 
Vertragsfragmente:    Berl.    Bibl.  2  (?).   —  BGU  I  76;  232.    —    CPR  I 

48—56;  58;  60—62;   65;  67—72;  74—79;   81;  83—85;  87;  91; 

92;  94;  97—101;  104;  115—119;  121;  145;  159—161;  163;  164; 

166;    169;    171;    173;    178;    181;    185;    195;   209;    219;   231.  — 

Hermes  30, 15-2.  —  Par.  9  bis  R;  70  bis  (?).  —  Wilck.  Taf.  12b. 

Byz. 

Verträge  über  Kauf:  BGU  I  13;  94;  313;  316;  319;  II  373;  402;  456.  — 
CPR  I  10;  226-  221.  —  Grenf.  I  60;  II  74.  —  Jomard.  —  Jonr. 
Phil.  22,  27iff.  —  Lond.  II  251  (S.  317/8).  —  Par.  21 ;  21  bis;  21  ter.— 
Rev.  Et.  Gr.  III  134;  135.  —  Rev.  Phil.  20,  49.  —  Wien.  Denk. 

XXXVII  123,  26;   126,  34;   133  App.  105;   153  App.  490;   169  App.  731; 

171  App.  774.  —  Wien.  Stud.  8,  9.5  (M.  4);  96;  97  (M.  12,  13). 
Verträge  über  Pacht:  BGU  I  303;  307;  308;  349;  II  364;  409.  — 
CPR  I  40;  42—44;  247  {(itöd'aTcoxrj).  —  Gen.  10.  —  Grenf.  I  54; 
56—58.  —  Hernais  XVI  1—3;  5;  6;  11—16.  —  Lond.  I  113,3 
(S.  207/8);  4  +  Oxf.  (GGA  1894,  747);  5  a  (S.  210).  —  Wess.  Prol. 
50ff.  (vgL  Rev.  Eg.  IV  59);  56  f.  —  Wien.  Denk.  XXXVII  130 

App.  56;  134  App.  115C;  135  App.  129;  137  App.  144;  138  App.  152; 
141  App.  275;  143  App.  .307,  309;  144  App.  328;  147  App.  392;  149 
App.  422,  425;  151  App.  454,  467;  152  App.  482;  157  App.  523,  536;  160 
App.  595;  162  App.  648,  649;  166  App.  706  (?);  168  App.  722;  173 
App.  831;  174  App.  864,  867;  253,  7100.  —  Wien.  Stnd.  8,  98  (M.  23); 
99  (M.  35,  54). 

Pachtangebote:  BGU  II  519;  586.  —  Oxy.  I  102;  103. 
Verträge  über  Miete:  BGU  I  305;  306;   III  749.   Vgl.  I  3.  —  Lond.  I 
113,5b  (S.  211/2);  6a  (S.  210/1);  6b  (S.  211/2).  —  Wien.  Stud.  7,  i.35f. 

2* 


20  I-  Aufsätze 

Mietsangebote:  BGU  II  606. 

Verträge  über  Empbyteuse:  Loiid.  II  483  (S.  324/29). 

Verträge  über  Verdingimgen,  Arbeiten  etc.:  BOII  I  286;  II  305;  403.  — 
Grenf.  II  87  (?).  —  Heriials  XVI  30  (=  Schmidt  I).  —  Oxy.  I 
138;  140(?). 

Empfangserklärungeu  (Quittungen):  BGU  II  408;  411;  III  727;  799; 
808.  —  Oeil.  13.  —  Oreiif.  I  65;  75;  80;  81;  81a;  97;  99;  II  102.  — 
fleruals  XVI  7—9;  22.  —  Lond.  II  153  (S.  sio);  393  (S.  33:3);  450 
(S.  334).  —  Oxy.  I  137.  —  Reiidic.  Acc.  Line.  1897,  78,  3.  —  Rev. 
Et.  Gr.  1894,  301,  ll.  —  Wien.  Denk.  XXXVII  141  App.  265;  148 
App.  415;  149  App.  423;  176  App.  885  e;  196,9073;  201,54 — 205,62; 
215,  66—216,  66,  4;  228,  73,  11;  229,  73,  12  u.  13;  234  App.  27—237 

App.  28;   242,  217;   244  App.  247  (?),  190;    250  App.  836;    251  App.  119, 
161,  147;    253  App.  894;    254,  73,  73  (2),  75,  75  b;    255,  76;    256  App.  902, 

912, 916.  —  Wien.  Stud.  8,  loo  (M.  46). 
Verträge  über  Darleben  (Scbuldscbeine) :  BGU  I  295;  314;  318;  II  363; 
365;  III  725;  726;  736;  740;  741;  795—797.  —  CPR  I  S.  59.  — 
Gen.  12;  15.  —  Grenf.  I  59;  II  72;  86;  88—90.  —  Hernais  XVI 
17—19;  21;  S.  46  (=  Sclimidt  II);  S.  47  f.  —  Loud.  I  113,  6c 
(S.  215/6);  II  390  (S.  332);  392  (S.  333).  —  Oxy.  I  133.  —  Wien. 
Denk.  XXXVII  122,  25;  124,  29;  131  App.  09;  135  App.  137;  156  App. 

518;    157  App.  535;    165  App.  699.    —   Wien.    Stiul.  7,  123f.;    130f.;   8, 

100   (M.  50,  51). 
Verträge  über  TtaQccO'TjxaL :  Oxy.  I  144. 

Verträge  über  Bürgschaft:  Grenf.  II  99a  (?).  —  Oxy.  I  135. 
Versprecbungen  zu  Gunsten  von  Bürgen:  Oxy.  1  125. 
Auseinandersetzungsurkuncleu 

a)  diuLQhsLs:  Gen.  11  —  Lond.  II  391  (S.  329/30);  394  (S.  330/1).  — 
Vgl.  BGU  II  405. 

b)  dmAv(?£tg:  BGU  I  317.  —  Lond.  I  113, 1  (S.  200/4).  —Oxy.  I  129 
[repudium).  —  Par.  20.  —  Wien.  Denk.  XXXVII  150  App.  45i. 

c)  Gw^eßEiq:  Oxy.  I  136.  —  Wien.  Stnd.  8,  98  (M.  28). 
Kompromisse:  BGU  I  309.  —  Lond.  II  456  (S.  335).  —  Wess.  ProL  57/8; 

61.  —  Wien.  Denk.  XXXVII  127,37;  128,  37  bis. 
Versprechen,  nicht  zu  stehlen:  Oxy.  I  139. 
Vertragsformulare:  Lond.  I  113,  2  (S.  205/7). 

Heiratsverträge:  CPR  I  30.  —  Wien.  Denk.  XXXVII  170  App.  768. 
Scheidungsurkunden:  Grenf.  II  76. 

Schenkungsurkunden:  Wien.  Denk.  XXXVII  129,  7104 b. 
Freilassungsurkunden:  Hernais  XIII  47/8  (Edmonstone). 
Testamente:  Grenf.  I  (52. 


U.  Wileken:  General-Register  21 

Vertragsfragmente:  BfiU  11  397—400;  609;  608;  673.  —  Gronf.  I  55.— 
Hernais  XVI  4;  10;  20;  20b.—  Wess.  i'rol.  passim.  —  Wien. Denk. 

XXXVII  123,27;  124,28,30;  125,31,33;  126,35;  127,36;  128,38, 
App.  2;  129App.  4(?);  129  App.  20;  130  App.  51,  53;  131  App.  65,  70, 
74;  132  App.  82,  83  R;  134  App.  107;  135  App.  120,  121,  127,  136;  136 
App.  139;  139  App.  160,  171,  178;  140  Ai^p.  184,  185,  187,  188,  197,  205; 
141  App.  273;  142  App.  275,  279,  289—291;  143  App.  324,  325;  144  App. 
329,  340;  145  App.  352R,  354;  146  App.  367,  374,  386,  390;  147  App.  391; 
149  App.  420,  426;  150  App.  434,  438,  440;  *  152  App.  468;  153  App.  483, 
495;  155  App.  498,499;  156  App.  511;  157  App.  531;  160  App.  611; 
161  App.  634,  635,  641,  642;  162  App.  657,  661;  163  App.  664,  669,  672; 
164  App.  685—687;  165  App.  693,  694,  697;  166  App.  701—703,  707;  167 
App.  708  —  710;  168  App.  714,  726;  169  App.  728,  729;  170  App.  746b, 
762,  772;  171  App.  784,  787,  789;  172  App.  791,  792,  809,  821;  173  App.  822, 
823,  833;  174  App.  849,  870;  175  App.  876,  877;  176  App.  884b,  886,  888; 

243  App.  681.  —  Wien.  Stud.  8, 95  (M.  5—7),  97  (M.  8—11),  99  (M.  40—48, 

58);    102  (M.  59—65);  12,  93  unten. 

Aral). 

Hierhin  gehören  vielleicht  niiinche  der  unter  Byz.  aufgeführten  Teste. 
Verträge  über  Kauf:  BOU  II  671. 
Verträge  über  Pacht:  BGU  I  310—312. 
Verträge  über  Arbeiten  u.  dgl.:  BOU  I  304;  II  366. 
Empfangserklärungen  (Quittungen):  BOU  I  29;  47;   173;   II  367—371; 

550;  III  737  (?).  —  Oreuf.  II  100.  —  Wess.  Prol.  17  ll.  —  Wien. 

Denk.  XXXVII  232, 73,  26. 
Verträge  über  Darlehen:  BOU  III  751. 
Kompromisse:  BOU  I  315. 
Testamente:  Loud.  I  77  (S.  232/6). 
Subskription  koptischer  Kontrakte:  Wess.  Prol.  66. 
Vertragsfragmente:  BOU  II  396.  —  Wien.  Stud.  8,  99  (M.  30). 

II.  Private  Briefe. 

Ptol. 

Alex.  3;  4    —   Orenf.  I  43;  II  36;  38.   —   Leid.  K.   —   Lond.  I  33b 

(S.  20/1);  42  (S.  30/1);  28  (S.  43);  43  (S.  48).  —  Par.  31;  32;  43—49; 
58—60.  —  Passal.  1563.  —  Petr.  I  29;  30  (1);  II  2  (3),  (4);  3; 
11  (1),  (2);  40  (a),  (b);  42  (b).  —  Rev.  Mel.  295.  —  Vat.  V  60if. 
Subskriptionen  demotischer  Briefe:  Orenf.  II  14 d. 

Köm. 

Berl.  BiW.  7;  30.  —  BOU  I  27;  33;  37;  38;  48;  93;   164;  246—249; 
257;  261;  276;  332;  348;  360;  II  380;  384;  385;  417;  423;  424; 


22  I-  Aufsätze 

435-  440—451;  523;  530;  531;  544;  504—597;  601;  602;  615; 
623;  625;  632;  665;  III  698;  714;  775;  783;  794;  801;  811.  — 
(Jen.  2.  —  Greuf.  II  108  (lai).  —  Leipz.  2.  —  Loiid.  II  324,  29  ff. 

(S.  63/4);  470  (S.  212)  (?);  356(8.252);  144(8.253);  190(8.254/5); 
157a  (8.  255);  479  (8.  255/6).  —  Oxy.  I  32  (lai);  113—119;  121; 
II259;269II;292— 300.  — Par.  18;  18bis;  18  qiiat.  — Petersbil.- 
Rendic.  Acc.  Line.  1897,  77,  2.  —  Rev.Et.  Gr.  1894,  299  unten  (oder 
byz.?).—  AVess.  Taf.  1  (lat.). 
Einladungen:  BGU  I  333.  —  Oxy.  I  110;  111. 

Byz. 

BOU  I  103;  151;  335;  351;  II  546;  547;  624;  641;  643;  674;  III  728; 
798.  —  Gen.  14.  —  Grenf.  I  53;  61;  II  73;   77;  82;  91—94.  — 

Lond.  II  243  (8.  soo/i);  413  (8.  301/2);  418  (8.  302/3);  244  (8.  304); 
404  (8.  305);  248  (8.  306);  453  (8.  319/20);  480  (S.  32l).  —  Oxy.  I  120; 

122;   123;  155;  156.  —  Wess.  Taf.  16.  —  Wien.  Denk.  XXXVII 

132  App.  83  Vei-so;    145  App.  352  Verso;    153  App.  486;  174  App.  839.— 

Wien.  Stud.  12,  83 ;  91 ;  93. 
-Einladungen:  Oxy.  I  112. 

Arab. 

BGU  II  605. 

III.   Sonstige  private  Aufzeiclinungen. 

Ptol. 
Wirtschaftsbücher :  Sakkakini. 
Rechnungen:  Grenf.  I  15;  39.  —  Leid.  C  Verso  3/4;  S;  T.  —  Lond.  I  2d 

(8.  162/3);  29  (8.  163/4);    30  (S.  164/5);    II  219aR  (8.2).  —   Par.  9(V); 

39  Verso;  52—57  bis;  60  bis;  61  Verso.  —  Petr.  II  Introd.  32;  Nr.  33. 

—  Weil. 
Listen:  Grenf.  I  14.  —  Lond.  II  402  Verso- (8.  10/11). 
Träume:  Leid.  C  Verso  l/ll.  —  Par.  50;  51.  —  Vgl.  Leid.  U. 
Verfluchungen:  Wien.  Kais.  4 ff.  (Artemisia). 

Rom. 
Wirtschaftsbücher:    BGU  I  14.  —   Hawara  34  (?).   —    Lond.  I  131 R 

(8.  169/188);    131*  (8.  189/91). 

Rechnungen:  BGU  III  699;  712;  774.  —  Grenf.  I  51.  —  Lond.  II  202 

(8.  247);  206  b  (8.  248);  370  (8.  251).  —  Oxy.  I  108.  —  Wess.  Taf.  1 

(gi-iech.);  11  (lat.). 
Zahlungsanweisungen  an  Privatbanken:  BGU  I  156;  III  813  (?). 
Listen:  CPR  I  S.  125.  —  Lond.  II  191  (8.  264/5).  —  Oxy.  I  109. 
Leihhaus- Abrechnung:  Lond.  II  193  Verso  (8.  245/7). 


U.  Wilcken:  General-Register  23 

Rezepte:  (ilrcnf.  I  52. 

Bücherkataloge:  Pefersb.  13  (vgl.  Rh.  Mus.  21,  i;nfF.j. 
Horoskope:    Lond.  I  98 R  (S.  i27/3o);    110  (S.  131/2);    130  (S.  133/9).  — 
Oxy.  II  235.  —  Par.  19;  19  bis. 

Bj'z.  und  Arab. 

Rechnungen:  BGU  I  34;  II  377  (arab.);  551  (arab.);  809  (arab.).  — 
Grenf.  II  83;  104.  —  Lond.  I  113,  8  a,  b,  c,  (S.  219/20)  (arab.?);  II 
247  (S.  306);  429  (S.  314/5);  431  (S.  Slß);  432  (S.  316);  395  (S.  334). 
—  Oxy.  I  132.  —  Wien.  Denk.  XXXVII   133  App  85;   164  App. 

685  Verso;    168  App.  723  Verso;    XLIV    17,  6876.    —   Wien.   Stud.   12, 
84,  85,  88—90,  92,  93. 
Anweisungen  zu  Zahlungen  und  Lieferungen:  Orenf.  11  103.  —  Lond.  II 
454  (S.  320).  —  Oxy.  I  92;  93.  —  Wien.  Denk.  XXXVII  205,63— 

206,  63;    238  App.  886;    239  App.  819;    242  App.  578;     244  App.  235; 

245  App.  677,  863;   247  App.  448;   253,  151;   255,  206,  230. 
Gebete:  Grenf.  I  70. 
Horoskope:  Classical  Review  8,  70. 

Unbestimmte  Stücke, 

die  im  Vorstehenden  nicht  eingereiht  sind. 

Alex.  5.  —  BerL  BibL  3;  4;  11—20;  22—25;  27;  28;  31;  32.  — 
BGU  I  30;  108  Verso;  174  (vgl.  Hermes  30,  151  f.);  229;  230;  II 
428;  487;  599;  619;  660;  ni732;  733;  745;  756;  793. —  CPR  I 
182;  201;  208.  —  Grenf.  I  S.  24;  Nr.  30;  H  70, 1/5;  85;  109  (lat.); 
110  (lat.).—  Haivara  32a,  b.  —  Leipz.  10;  18R;  19;  20  Verso; 
23;  33R.I  —  Lond.  I  15  (n)  — (16)  (S.  57/9);  32  (s.  230/1);  H  220, 

17-25  (S.  6);     223   (S.  3/4);    227  a  Verso    (S.  4);     227  b  (S.  4);     197 

(S.  100/1);  475  (S.  102);   164  (S.  116);  383  (S.  117);  359  (S.  i5o);  355 

(S.  178);  371  (S.  244/5);  212b  (S.  266);  211  (S.  266).  —  Mitt.  PR  IV  52. 

—  Oxy.  135 R;  II 236.— Par.  63, 8/9,11/12;  9  bis  Verso;  18ter.— PassaL 
1564  A-F.  —  Petersb.  2—6;  8—10;  12;  14;  15.  —  Petr.  I  S.  [34] 
An.;  24  (1);  28  (2)  1/4;  30  (2,  3);  n  27  (4).  —  Rev.  Mel.  339;  345.  — 
Wess. ProL67.-Wess.Taf.l7-19; 23;  25-27.- Wien.Denk.XXXVn 

132  App.  78;  133  App.  92,  97,  100;  134  App.  115,  115b;  137  App.  141, 
145;  138  App.  154,  156a,  b,  e;  141  App.  206,  271;  143  App.  319,  320;  146 
App.  382;  148  App.  403;  150,  427,  App.  452;  151  App.  457,  459b;  154 
App.  496;  156  App.  516;  160  App.  616,  628,  630;  161  App.  643,  645;  166 
App.  700;  168  App.  712;  169  App.  743;  170  App.  763,  767;  171  App.  788; 
173  App.  824;  174  App.  868;  175  App.  871  a,  b,  c,  876;  225,72,2;  228 
73,  9;  238  App.  862;  242  App.  584;  243  App.  756,  251,  163,  817;  244 


24  I-  Aufsätze 

App.  664;  245  App.  741,  319,  869  5  246  App.  312,  712,  671;  246  App.  692; 
247  App.  257,  875;  248;  249;  250  App.  195;  251  App.  31,  523;  252 
App.  140,  226,  913,  6916;  253,  6846,  App.  45;  255  App.  846,  79;  256  App.  906; 

XLll  S.  92  (P.  Rain.  1581);  XLTV  16;  17.  --  Wien.  Kais.  S.27/8.— 
Wien.  Stnd.  8,  98  (M.  is);  12,  84  Mitte;  97  imteu.  —  Wilck.  Taf.  12d,  e. 
—  Z.  Nnmis.  XV  331. 


Lateinische  Papyri 

(sind    oben    eingereiht). 

BGU  II  610;  611;  628;  696.  —  Orenf.  II  108  —  110.  —  Leid.  Z  (vor 
der  Bittschrift).  —  Oxy.  I  32.  —  Rev.  Phil.  20,47.  —  Stobbe's  Jahrl). 

VI,  398  tf.  —  Wess.  Taf.  passim. 


Erkläruug  der  Alikürzuiigen. 

Allgemein  wird  das  Bedürfnis  empfunden,  dafs  endlich  in  der 
Zitierung  der  Papyruspublikationen  eine  Einigung  erzielt  werde.  Hoffent- 
lich wird  diese  Zeitschrift,  in  der  nur  eine  Methode,  und  zwar  die  im 
vorstehenden  Register  befolgte,  angewendet  werden  soll,  zur  Erreichung 
dieses  Zieles  beitragen. 

Mein  Prinzip  bei  Aufstellung  der  Siglen  war:  kurz,  aber  deut- 
lich! Unter  diesem  Gesichtspunkt  bin  ich  auf  den  Vorschlag,  für  die 
einzelnen  Editionen  einzelne  Anfangsbuchstaben  festzusetzen,  nicht  ein- 
gegangen, denn  bei  der  Masse  der  Editionen  würde  es  ein  Spezial- 
studium  erfordern,  sich  alle  diese  Siglen  im  Gedächtnis  zu  bewahren. 
Man  braucht  z.  B.  nur  einen  Blick  in  die  assyriologische  Litteratur  zu 
werfen  —  mit  ihren  MAP,  ASKT,  OBJ  u.  s.  w.  — ,  um  ein  Grauen 
vor  der  Übertreibung  dieser  Methode  zu  empfinden.  Nur  zwei  Aus- 
nahmen habe  ich  zugelassen,  zumal  diese  sich  schon  einer  gewissen 
Verbreitung  erfreuen,  nämlich  BGU  (=  Berliner  Griechische  Urkunden) 
und  CPR  (=  Corpus  papyrorum  Raineri).  Sonst  habe  ich  es  vorgezogen, 
immer  ein  charakteristisches  Wort,  ganz  oder  in  mäfsiger  Verkürzung, 
zu  geben,  durch  das  man  an  den  Fundort  oder  das  betreffende  Museum 
oder  den  Editor  oder  den  Finder  deutlich  erinnert  wird.  Soweit  Stadt- 
namen in  Betracht  kommen,  schien  es  mir  mit  Rücksicht  auf  den  inter- 
nationalen Gebrauch  richtig,  immer  die  Form  zu  gründe  zu  legen,  die 
die  Stadt  in  ihrer  Sprache  hat,  daher  Mil(ano),  Tor(ino),  Wien,  Gen(eve) 
u.  s.  w.  Römische  Zahlen  sind  nur  für  Bände  angewendet,  sonst  immer 
arabische.    Ein  vorgesetztes  P  (=Papyrus)  wird  sich  überall  empfehlen, 


U.  Wilcken:  General-Register  25 

WO  nicht  durch  eleu  Zusammenhaug  (wie  iui  Jvegister)  klar  ist,  dafs  es 
sich  um  Papyri  handelt. 

Ich  habe  mich  nur  mit  wenigen  Fachgenossen  vorher  besprechen 
köimen.  Es  wäre  sehr  dankenswert,  Avenn  selbst  diejenigen,  die  bessere 
Siglen  zu  haben  glauben,  im  Interesse  der  Einigkeit  sich  künftig  der 
für  diese  Zeitschrift  mafsgebenden  Methode  anschliefsen  wollten. 


P.  Alex.  ==  Botti,  Papyrus  ptolemaiques  du  Musee  d'Alexandrie,  im 
„Bulletin  de  la  Societe  archeologique  d'Alexandrie"  Nr.  2,  Alexaudrie 
189'),  S.  6öS. 

P.  Autou.  =  Classical  Review  VII  1893,  S.  476.  Vgl.  Hermes  32,  509  fi'., 
33,  422  (Schreiben  des  Triumvir  M.  Antonius). 

P.  Ashmol.  =  Mahafi'y,  On  new  papyrus-fragments  from  the  Ashmolean- 
Museum  at  Oxford,  in  „The  transactions  of  the  Royal  Irish  Aca- 
demy«  XXXI,  6  (1898),  S.  197  if.  —  Vgl.  unten  S.  165ff. 

P.  Athen.  =  E.  Egger,  Bulletin  de  la  Societe  imperiale  des  antiquaires 
de  France,  Paris  1862,  S.  128  ff.  —  Der  von  Viereck  als  Athen.  II 
aufgeführte  Text  ist  identisch  mit  P.  Sakkakini  (s.  unten). 

Berl.  Bibl.  =  Gr.  Parthey,  Frammenti  di  papiri  greci  asservati  nella 
Regia  biblioteca  di  Berlino,  in  „Memorie  dell'  Istituto  di  con^e- 
spondenza  archeologica"  II,  1865,  S.  438  ff. 

BGU  =  Ägyptische  Urkunden  aus  den  königlichen  Museen  zu  Berlin, 
herausgegeben  von  der  Generalverwaltung.  Griechische  Urkunden, 
Berlin  I  1895;  II  1898.  Von  III  sind  zur  Zeit  4  Hefte  erschienen 
(bis  Nr.  813). 

P.  Boissier  =  J.  Nicole,  Avillius  Flaccus  prefet  d'Egypte  et  Philon 
d'Alexandrie,  in  „Revue  de  philologie"  XXII,  S.  18  ff.  —  Vgl.  unten 
S.  168  ff 

P.  Buttuiann  =  H.  Buttmann,  Erklärung  der  griechischen  Beischrift  auf 
einem  ägyptischen  Papyrus  aus  der  Minutolischen  Sammlung,  in 
„Abhandl.  Berl.  Akad."  1824,  S.  89  ff. 

P.  Caftaoni  =  Vittorio  Scialoja,  II  papiro  giudiziario  Cattaoui  e  il  matri- 
monio  dei  soldati  romani,  in  „Bulletino  dell'  Istituto  di  diritto 
romano"  VIII  1895,  S.  155  ff.  —  Hiernach  ist  im  Register  zitiert, 
da  die  erste  Ausgabe  von  Botti,  Rivista  Egiziana  VI  Nr.  23,  S.  529  ff. 
mir  nicht  zugäno-lich  war. 

ehrest,  dem.  =  E.  Revillout,  Chrestomathie  demotique,  Paris  1880. 

CPR  =^  Corpus  papyrorum  Raineri  archiducis  Austriae  I  Griech.  Texte, 
herausgegeben  von  Wessely  unter  Mitwirkung  von  Mitteis,  Wien  1895. 

P.  Dresd.  =  Wessely,  Die  griechischen  Papyi-i  Sachsens,  in  den  „Be- 
richten über  die  Verhandlungen  d.  kgl.  Sachs.  Gesell,  d,  Wiss,  ph. 


26  I-  Aufsätze 

bist.  Kl.  1885,  S.  276  ff.  Vgl.  E.  Haaser,  Der  griech.  Pap.  d.  kgl. 
öffeutlichen  Bibliothek  zu  Dresden,  1885  (Weimar.  Hof- Buch- 
druckerei). 

P.  Droysen  =  J.  G.  Droysen,  Kleine  Schriften  I,  S.  1  ff.  (vgl.  S.  386/7). 

P.  Forshall  =  J.  Forshall,  Description  of  the  greek  papyri  in  the  British 
Museum,  Lond.  1839.  —  Oben  sind  nur  diejenigen  Nummern  nach 
Forshall  zitiert,  die  nicht  in  Kenyons  Catalogue  aufgenommen  sind. 

P.  Oeil.  =  J.  Nicole,  Les    papyrus  de  Geneve,   premier  fascicule  1896. 

P.  Greilf.  I  =  B.  P.  Grenfell,  An  alexandrian  erotic  fragment  and  other 
greek  papyri  chiefly  ptolemaic,  Oxford  1896. 

P.  Oreilf.  U  =  B.  P.  Grenfell  and  A.  S.  Hunt,  New  classical  fragments 
and  other  greek  and  latin  papyri,  Oxford  1897. 

Harte]  Gr.  P.  ==  W.  v.  Hartel,  Über  die  griechischen  Papyri  Erzherzog 
Rainer,  Wien  1886. 

P.  Hawara  =  Flinders  Petrie,  Hawara  Biahmu  and  Arsinoe,  Lond.  1889. 

P.  Heruals  XHI  und  XVI  =  XIII.  und  XVI.  Jahresbericht  des  k.  k.  Staats- 
gymnasiums in  Hernais,  Wien  1887  und  1890,  mit  Aufsätzen  von 
Wessely. 

P.  Jomard  =  Notices  et  extraits  des  manuscrits  de  la  bibliotheque 
impe'riale  XVIII  (2),  S.  257  ff. 

P.  Leid.  =  C.  Leemans,  Papyri  graeci  musei  antiquarii  publici  Lugduni- 
Batavi,  I,  1843;  II,  1885. 

P.  Leipz.  =  Wessely,  Die  griech.  Papyri  Sachsens,  in  den  „Berichten 
über  die  Verhandlungen  der  kgl.  Sachs.  Gesell,  d.  Wiss.  ph.  bist. 
Kl.  1885,  S.  237  ff. 

P.  Lond.  I  und  n  =  F.  G.  Kenyon,  Greek  papyri  in  the  British  Museum. 
Catalogue  with  texts,  I  Lond.  1893;  II  1898.  — Vgl.  unten  S.  131  ff 

P.  Mil.  =  Ant.  Ceriani,  Un  papiro  greco  del  162  a.  C.  in  „Reale  Istituto 
Lombardo  dei  Scienze  e  lettere,  Rendiconti,"  Ser.  II,  vol.  IX,  Milano 
1876,  S.  582  ff. 

Mitt.  PR.  =  Mitteilungen  aus  der  Sammlung  der  Papyrus  Erzherzog 
Rainer  I— VI,  Wien  1887  ff 

P.  Oxy.  I  und  II  =  B.  P.  Grenfell  and  A.  S.  Hunt,  The  Oxyrhynchos- 
Papyri,  I  1898;  II  1899,  in  „Egypt  Exploration  Fund,  Graeco- 
roman  brauch". 

P.  Par.  =  Notices  et  extraits  des  manuscrits  de  la  bibliotheque  impe- 
riale XVIII  (2),  Paris  1865  (Brunet  de  Presle). 

Parth.  Theb.  =  G.  Parthey,  Die  thebanischen  Papyrusfragmente  im 
Berliner  Museum,  in  „Abhandl.  Berl.  Akad."  1869,  S.  1  ff.  —  Hier- 
nach ist  oben  nur  das  eine  Stück  zitiert,  das  nicht  in  meine  „Theb. 
Akten."  aufgenommen  ist. 


U.  Wilcken:  General-RegiBter  27 

P.  Passal.  =  Letronne,  Lettre  h  Mr.  Passalacquu,  in  „Notices  et  extraits 

de  la  Bibl.  imp."  XVIII  (2),  S.  400  fi'. 
P.  Petersb.  =  E.  Muralt,  Catalogue  des  manuscrits  grecs  de  la  biblio- 

theque  imperiale  publique  de  Petersbourg,  1864. 
P.  Petr.  I,  II  imd  App.  =  J.  F.  Mahaffy,   The   Flinders   Pctrie  Papyri 

with  transcriptions,   commentaries   etc.,  Dublin,   I  1891;  II  1893; 

Appendix  1894. 
P.  Reiiiach  Gizeh  =  Theod.  Reinacli,  l'empereur  Claude  et  les  antisemites 

Alexandrins    d'apres   un   nouveau  papyrus,    in   „Revue    des  etudes 

Juives''  XXXI  62,  1896,  S.  161  ff. 
Rev.  L.  =  B.  P.  Grenfell,    Revenue    Laws    of  Ptolemy    Pbiladelpbus, 

Oxford  1896. 
Rev.  Mel.  =  E.  Revillout,  Melauges  sur  la  metrologie,  reconouiie  poli- 

tique  et  l'histoire  de  l'ancienne  Egypte,  Paris  1895. 
P.  Sakkakini  =  E.  Revillout,  Revue  Egyptologique  III  118  ff. 
P.  Scliow  =  Nie.  Schow,   Charta  papyracea  graece   scripta  musei  Bor- 

giani   Velitris,    qua   series   incolarum   Ptolemaidis  Arsinoiticae   in 

aggeribus  et  fossis  operantium  exhibetur,  Rom.  1788. 
P.  Schmidt  =  W.  A.  Schmidt,  Forschungen  auf  dem  Gebiet  des  Alter- 
tums.   I.  Teil:  Die  griech.  Papyrusurkunden  der  kgl.  Bibliothek  zu 

Berlin,  1842.     Oben   zitiert  nach   der  Neuedition   von  Wessely   in 

„Hernais  XVI". 
Theb.  Bank.  =  Wilcken,  Aktenstücke  aus  der  kgl.  Bank  zu  Theben  in 

den  Museen  zu  Berlin,  London,  Paris,  in  „Abhandl.  Berl.  Akad."  1886. 
P.  Tor.  =  Amadeo    Peyron,   Papyri    graeci    Regii    Taurinensis    Musei 

Aegyptii,  I  1826;  II  1827. 
P.  Tor.  dem.  =  demotische  Papyri   des   Turiner  Museums.     Nr.  20  = 

Par.  S.  215.  —  Mr.  21  =  A.  Peyron,  Pap.  di  Zoide,   S.  35  ff.  — 

Nr.  23,  24,  25  =  Lumbroso,   Documenti   Greci   del  Regio   Museo 

Egizio  di  Torino  raccolti,  1869,  S.  13  ff. 
P.  Vat.  =  Angelo    Mai,    Classicorum   auctorum    e   Vaticanis    codicibus 

editorum  tom.  IV  u.  V,  Rom.  1831—1833. 
P.  Weil  =  Henri   Weil,    Un    papyrus    inedit    de    la    bibliotheque    de 

M.  Ambroise  Firmin-Didot,  in  „Monuments  grecs  publies  par  l'Asso- 

ciation    pour   l'encouragement    des    Etudes    grecques    en    France" 

1879,  S.  35. 
Wess.  Prol.  ==  Wessely,  Prolegomena  ad  papyrorum  graecorum  novam 

coUectionem  edendam,  Wien  1883. 
Wess.  Taf.  ^=  Wessely,    Schrifttafeln    zur   älteren   lateinischen   Palaeo- 

gi'aphie,  Leipzig  1898. 
Wien.  Kais.  =  Wessely,  Die  griech.  Papyri   der  kaiserl.   Sammlungen 


28  I-  Aufsätze:  U.  Wilcken:  General-Register 

Wiens,  in  „XI.  Jaliresbericlit  über  d.  k.  k.  Franz-Joseph-Gyninasium 

in  Wien,  1885." 
Wilck.  Obs.  =  Wilcken,  Observationes  ad  historiam  Aegypti  provinciae 

Romanae,  Diss.  Berl.  1885. 
AV^ilck.  Taf.  =  Wilcken,  Tafeln  zur  älteren  griechischen  Palaeographie, 

Leipzig  1890. 
Witk.  Prodr.  =  Stanislaus  Witkowski,   Prodromus   grammaticae   pap. 

graec.  aetatis  Lagidarum,  Krakau  1897. 
Young  Hierogl.  =  Thom.  Young,  Hieroglyphics  coUected  by  the  Egypti- 

an  Society,  I  1823;  II  1828. 
P.  Zois  ==  Amadeo  Peyrou,  Papiri  Greco-Egizi   di  Zoide  dell'  Imp.  R. 

Museo  di  Vienna,   1828.     Oben   zitiert   nach   der   Neuedition   von 

Wessely  in  „Wien.  Kais". 

Die  Abkürzungen  der  Zeitschriften  bedürfen  kaum  einer  Erklärung. 
Hervorgehoben  sei  nur:  Archiv  =  Archiv  für  Papyrusforschung  und 
verwandte  Gebiete,  Bull.  hell.  =  Bulletin  de  correspondance  hellenique, 
0(JA  =  Göttingische  Gelehrte  Anzeigen,  Joiir.  Phil. = Journal  of  Philology, 
Proc.  Bibl.  Ar.  =  Proceedings  of  the  Society  of  Biblical  Archaeology, 
llev.  Eg.  =  Revue  Egyptologique,  Rev.  Et.  Or.  =  Revue  des  Etudes 
Grecques,  Rev.  Phil.  =  Revue  de  philologie,  Stohbe's  Jahrb.  =  Stobbe's 
Jahrbücher  für  das  gemeine  deutsche  Recht,  Wien.  Denk.  =  Denkschriften 
der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften,  phil.  bist.  Klasse,  Wien. 

Breslau.  Ulrich  Wilcken. 


Heidnische  Märtyrerakten. 

Die  bisher  bekannt  gewordenen  Papyri,  die  Verhandlungen  vor- 
nehmer alexandrinischer  Griechen  und  Juden  mit  römischen  Kaisern 
betreifen  (Claudius,  Trajan  und  einem  dritten,  der  entweder  Marcus, 
Verus  oder  Commodus  ist),  sind  von  den  Herausgebern  und  in  den 
darüber  vorliegenden  Abhandlungen  übereinstimmend  als  aktenmäfsige 
Wiedergabe   der  Wechselreden  und  Vorkommnisse   bezeichnet  worden. 

U.  Wilcken  (Hermes  XXX  S.  496if.)  hat,  gestützt  auf  die  Be- 
obachtung einiger  Latinismen,  die  lateinischen  Kommentarien  der  Kaiser 
Claudius  und  Trajan  als  die  von  den  Gesandten  ihren  Berichten  zu- 
grunde gelegte  und  nur  geringfügig  für  das  alexandrinische  Publikum 
zugerichtete  Vorlage  angenommeu.  Allerdiiio-s  hatte  dieser  Forscher 
mit  Rücksicht  auf  das  Vorhandensein  zweier  die  Verhandlung  mit 
Trajan  betreffender  und  nicht  völlig  übereinstimmender  Fassungen  auch 
die  Mügliclikeit  ins  Auge  gefafst,  dafs  die  eine  von  einem  griechischen, 
die  andere  von  einem  jüdischen  Teilnehmer  der  gleichzeitig  erschienenen 
Abordnungen  herrühre,  und  er  hatte  am  Schlüsse  seines  Aufsatzes  (S.  498) 
diese  Papyrustexte  als  einen  „neuen  Litteraturzweig"  bezeichnet,  dessen 
genaueres  Verständnis  von  weiteren  Funden  zu  erhoffen  sei.^) 

Th.  Reinach  (a.  u.  a.  0.)  steht  auf  demselben  Standpunkte,  er  hält 
sowohl  den  auf  Claudius  bezüglichen,  wie  den  von  Tjrajan  handelnden 
Papyrus  für  die  Wiedergabe  stenographischer  Aufzeichnungen,  die  bei 
den  Verhandlungen  selbst  gemacht  worden  sind.    - 

Wilcken's  Hoffnung  hat  sich  jüngst  erfüllt,  die  Ausgabe  der  Oxy- 
rhynchos -Papyri  I  von  Grenfell  und  Hunt,  London  1898  enthält  unter 
No.XXXHI  ein  drittes  Beispiel  eines  solchen  Berichtes  über  eine  Verhand- 
lung vor  dem  Richterstuhl  eines  römischen  Kaisers.  Die  Herausgeber 
lehnen  zwar  aus  naheliegenden  Gründen  für  diesen  Wilcken's  Annahme 
ab  und  bestreiten,  dafs  er  aus  den  kaiserlichen  Kommentarieii  geschöpft 
sei,  vermuten  aber  gleichfalls,  dafs  er  den  offiziellen  Rapport  eines  der 


1)  Zuletzt  hat  U.  Wilcken  in  dem  Verzeichnis  zu  Bd.  I  und  II  der  Berliner 
griechischen  Urkunden,  wenn  auch  mit  Vorbehalt,  diese  Papj'ri  als  Amtstage- 
bücher [v7touvr\uuxia^oi)  alexandrinischer  Gesandten  augeführt. 


30  I-  Aufsätze 

Teilnehmer  an  der  Gesandtschaft  enthalte  und  betonen  ausdrücklich, 
dafs  dessen  Inhalt,  ohschon  uns  nur  eine  Abschrift  für  private  Zwecke 
erhalten  ist,   doch  als   durchaus   aktenmäfsig   beglaubigt   gelten  müsse. 

Diese  Ansichten  über  den  urkundlichen  Charakter  der  erwähnten 
Papyri^)  müssen  meines  Erachtens  modifiziert  werden. 

Für  diese  Gattung  von  Aufzeichnungen  bietet  vielmehr  die  Schrift 
des  Philon  über  die  Gesandtschaft  an  Gaius  ein  zwar  nicht  völlig 
entsprechendes  litterarisches  Analogou^),  näher  verwandt  sind  ihnen 
aber  die  ältesten  für  echt  geltenden  und  viele  der  nacliAveislich  ge- 
fälscliten  christlichen  Märtyrerakten.  Dies  will  ich  im  folgenden  dar- 
thuu  und  daraus  einige  für  die  Beurteilung  der  neuen  Handschriften 
nahegelegte  Folgerungen  ziehen.^) 

1)  Der  Bericht  über  die  Verhandlungen  vor  Claudius  liegt  vor  in  BGU  511 
(vgl.  U.  Wilcken,  Hermes  XXX  S.  485  ff.)  und  in  dem  zur  selben  Rolle  gehörigen, 
auf  den  Berliner  Text  folgenden  Bruchstück  in  Gizeh  (Th.  Reinach,  Rev.  des 
etudes  Juives  XXXI  (1895)  S.  161  ff.,  vgl.  U.  Wilcken,  Berl.  philol.  Wochenschr. 
1896  Sp.  1617,  1897  Sp.  410). 

Von  dem  Berichte  über  die  Gesandtschaft  an  Trajan  besitzen  wir  zwei  ver- 
schiedene Fassungen.  Die  erste  setzt  sich  zusammen  aus  P.  Par.  68  und  dem 
zur  selben  Rolle  gehörigen  Londoner  Bruchstück,  das  früher  mit  No.  XLIII  jetzt 
mit  No.  I  bezeichnet  ist.  Der  Pariser  Text  ist  veröffentlicht  von  U.  Wilcken, 
Hermes  XXVII  S.  464 ff.  und  nach  neuer  Vergleichung  des  Originales  von  Th.  Rei- 
nach (Revue  des  et.  Juives  XXVE  (1893)  S.  70 ff.,  vgl.  Krebs,  Berl.  philol.  Wochen- 
schr. 1894  Sp.  1524  und  U.  Wilcken,  Hermes  XXX,  S.  481  ff.).  Der  Londoner  Text 
ist  veröffentlicht  von  U.  Wilcken,  Hermes  XXVH  a.  a.  0.  und  etwas  abweichend 
von  Kenyon  (P.  Lond.  I  S.  229,  vgl.  U.  Wilcken,  Gott.  gel.  Anzeigen  1894,  S.  749). 
Die  zweite  Fassung  dieser  vor  Trajan  geführten  Verhandlung  enthält  der  Berliner 
Papyrus  BGU  341,  veröffentlicht  von  Krebs  (vgl.  U.  Wilcken,  Hermes  XXX, 
S.  482). 

Auf  eine  ähnliche  Verhandlung  bezieht  sich  der  Berliner  Paj)yrus  BGU  588, 
der  jedoch  zu  keiner  der  bisher  bekannten  Rollen  gehört  und  infolge  seiner 
schlechten  Erhaltung  nicht  näher  bestimmt  werden  kann. 

2)  Unter  den  Papyri  der  Ptolemäevzeit  besitzen  wir  ein  mit  diesen  Verhand- 
lungsberichten vergleichbares  Dokument:  den  Bericht  eines  Teilnehmers  am  laodi- 
keischen  Kriege  (Mahafly,  P.  Petr.  II  45,  vgl.  U.  Köhler,  Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad. 
1894,  S.  445 ff.).  Auch  dieses  ist  wie  jene  Gesandtschaftsberichte  eine  „Privat- 
abschrift", es  enthält  eine  teils  in  der  3.,  teils  in  der  1.  Person  erzählte  Dar- 
stellung der  Ereignisse,  in  der  sich  Angaben  amtlichen  Charakters  finden. 

3)  Auf  die  echten  christlichen  Märtyrerakten  als  Analogie  hat,  seit  ich 
diesen  Aufsatz  geschrieben  habe,  in  einer  Besprechung  des  Papyrus  von  Oxy- 
rhynchos  auch  U.  v.  Wilamowitz  (Gott.  gel.  Anz.  1898,  S.  690)  hingewiesen. 
H.  Weil,  Rev.  des  etudes  Grecques  XI  S.  243  hat  auf  die  Wiederkehr  der  Namen 
Isidoros,  Theon  und  Lampon  in  dem  Claudiuspapyrus  und  in  der  Rede  des  Ap- 
pianos  aufmerksam  gemacht  und  gemeint,  dafs  diese  noch  ein  Jahrhundert  später 
wie   eine   Art  Märtyrer   in   Alexandricn    verehrt    worden   seien.     Deissmann,  dem 


Adolf  Bauer:  Heidnische  Märtyrerakten  31 

Ich  bestreite  durchaus  nicht,  dafs  diesen  Darstellungen  der  vor 
dem  Richterstuhle  des  Kaisers  durcho-efülirten  Verhandlungen  und  der 
Wiedergalje  der  dabei  gehaltenen  Reden  amtliche  Aufzeichnungen  und 
Berichte  der  dabei  beteiligten  Gesandten  zu  gründe  liegen.  Es  sind 
ja  jetzt  genug  Beispiele  von  solchen  Protokollen  über  Gerichtsverhand- 
lungen vor  verschiedenen  Amtspersonen  durch  die  Papyri  bekannt  ge- 
worden. In  diesen  Protokollen  war  der  Inhalt  der  Reden  kurz  ver- 
zeichnet, die  von  den  Anwälten  gehalten  worden  sind,  sie  enthielten 
Fragen  und  die  Entscheidung  des  Richters.  Wir  wissen  auch,  dafs  sie 
in  den  Archiven  hinterlegt,  und  dafs  häufig  davon  Abschi'iften  gemacht 
worden  sind,  wenn  später  ein  Anlafs  gegeben  war,  auf  die  in  einer 
Streitsache  bereits  getroffene  Entscheidung  zurückzukommen.  Es  wird 
niemandem  beifallen,  die  Urkimdlichkeit  solcher  Protokolle  von  Ge- 
richtsverhandlungen zu  bezweifeln.  Es  liegt  also  auf  der  Hand,  dafs 
ähnliche  Aufzeichnungen  auch  gemacht  worden  sind,  wemi  wie  in 
unserem  Falle  vornehme  Alexandriner  vor  dem  Kaiser  erschienen, 
als  Angeklagte  von  ihm  vernommen  wurden  mid  ihr  Urteil  erhalten 
haben. 

Allein  Audienzen  und  Gerichtsverhandlungen,  in  denen  der  Kaiser 
über  das  politische  Verhalten  der  Angeklagten  richtet,  in  denen  die 
Führer  der  alexandrinischen  Bürgerschaft  oder  Abgesandte  der  dort 
lebenden  Juden  erschienen,  haben  eine  ganz  andere  Wichtigkeit  gehabt 
als  die  Entscheidungen  eines  Strategen  in  irgend  einem  ägyptischen 
Dorf  über  eine  Erbschaftsangelegenheit.  An  dem  Ausgang  jener  Pro- 
zesse war  die  Bürgerschaft  einer  der  gröfsten  Städte  des  römischen 
Reiches  interessiert,  das  Urteil  des  Kaisers  hatte  bei  den  steten  Streitig- 
keiten  zwischen  den  dortigen  Griechen  und  Juden  grofse  prinzipielle 
Bedeutung,  kurz  solche  Verhandlungen  waren  politische  Ereignisse 
ersten  Ranges.  Darin  ist  es  begründet,  dafs  auch  die  Berichte  darüber 
dem  Schicksal  aller  politischen  Litteratur  nicht  entgangen  sind.  Sie 
haben  nämlich  keineswegs  alle  den  gleichen  Charakter  der  Urkmidlich- 
keit,  sondern  stehen  der  aktenmäfsigen  Wiedergabe  der  Vorgänge  bald 
näher,  bald  ferner,  und  entsprechen  insofern  vollständig  den  uns  be- 
kannten Berichten  über  die  Verhandlungen  gegen  angeklagte  Christen, 
von  denen  bekanntlich  einige  wenige  ebenfalls  als  durchaus  getreue 
Wiederholung  der  von  den  notarii  bei  der   Sitzung  selbst  gemachten 


P.  Viereck  zustimmt,  hat  die  meines  Erachtens  irrige  Ansicht  ausgesprochen,  dafs 
alle  diese  Papyri  Abschriften  aus  einem  vielgelesenen  Buche  seien,  das  eine 
historia  calamitatum  der  alexandrinischen  Juden  enthielt  (Theolog.  Litte raturztg. 
1898,  Sp.  602  fF.),  den  litterarischen  Charakter  dieser  Aufzeichnungen  und  die 
darin  enthaltenen  Übertreibungen  aber  richtig  hervorgehoben. 


32  !•  Aufsätze 

Aufzeiclimmgen  gelten  dürfen,  während  in  der  überwiegenden  Mehr- 
zahl der  Fälle  nur  die  Form  des  Protokolles  festgehalten  wird,  im 
übrigen  aber  der  Vorgang  ausgeschmückt  wiedergegeben  oder  ganz  er- 
funden ist.  Die  Akten  der  christlichen  Märtyrer  sind  ein  Bestandteil 
der  Litteratur  des  Christentums  geworden,  sie  dienten  der  Erbaviung 
und  als  Vorbilder  zur  Nachahmung,  werden  also  von  der  Tendenz  be- 
herrscht. Von  den  Papyri,  die  man  bisher  als  Verhandlungsberichte 
über  alexantbinische  Gesandtschaften  bezeichnet  hat,  gilt  das  Gleiche. 
Denn  auch  sie  betreffen  insgesamt,  soweit  wir  sie  kennen, 
richterliche  Entscheidungen  des  römischen  Kaisers,  ja  durch- 
weg Todesurteile  gegen  vornehme  Griechen  aus  Alexandria, 
sie  schildern  deren  mutiges  Verhalten  vor  dem  Tribunal  des 
Kaisers.  Es  wäre  seltsam,  wemi  unter  solchen  Umständen  nicht  auch 
unter  ihnen  sich  Beispiele  fänden,  deren  Unechtheit  sich  beweisen  oder 
doch  wahrscheinlich  machen  läfst. 

Der  Bericht  über  die  Verhandlung  vor  Claudius  ist  allerdings,  Avie 
Wilckeu  gezeigt  hat,  eine  nur  unwesentlich  geänderte  Wiedergabe  aus 
dem  Amtstagebuch  der  griechischen  Gesandtschaft;  es  ist  möglich,  dafs 
ihm  die  kaiserlichen  Kommentarien  zugiamde  liegen,  und  es  scheint, 
dafs  der  Redaktor  dieses  Berichtes  nichts  anderes  gethan  hat,  als  die 
ägyptischen  Daten  an  die  Stelle  der  römischen  zu  setzen.  Dieser 
griechischen  Ausfertigung  der  lateinischen  Vorlage  ist  also  derselbe 
Grad  von  Genauigkeit  eigen  wie  der  griechischen  Übersetzung  des 
lateinischen  Originales  auf  der  Inschrift  im  Tempel  des  Augustus  und 
der  Roma  in  Ancyra.  Der  Bericht  über  die  Verhandlungen  vor  Trajau 
scheint  mir  schon  im  geringeren  Mafse  von  dem  Streben  nach  Ur- 
kundlichkeit und  stärker  von  der  Tendenz  beherrscht  zu  seiii,  die 
Standhaftigkeit  des  Sprechers  der  Griechen  möglichst  wirkungsvoll  dar- 
zustellen. Diese  Darstellung  nähert  sich  ihrem  Charakter  nach  schon 
weit  mehr  den  Erzeugnissen  der  politischen  und  historischen  Litteratur, 
die  urkundliche  Fassung  der  Erzählung  ist  zur  Form  geworden^),  ihr 
Wert  als  geschichtliches  Zeugnis  ist  nicht  gröfser  als  der  der  Schrift 
des  Philon,  die  Glaubwürdigkeit  der  mitgeteilten  Reden  ist  mindestens 
teihveise  kaum  gröfser  als  die  der  Reden  in  den  Werken  der  antiken 
Historiker,  im   günstigsten  Falle  so  grofs  wie  die  der  Rede  des  Clau- 


1)  Dafs  VerhandlungsLerichte  und  in  diese  Form  gekleidete  Darstellungen 
litterarische  Verbreitung  haben  finden  können,  wie  die  späte  Abschrift  des  Clau- 
diustextes beweist,  obschon  nach  guter  antiker  Tradition  diese  Form  für  ein 
litterarisches  Erzeugnis  ganz  ungeeignet  war,  kann  im  1.  und  2.  Jahrhundert  n.  Clir. 
nicht  Wiuider  nehmen.  Damals  haben  die  früher  für  die  Stilisierung  solchen 
KohmaLeriales  verbindlichen  Gesetze  nicht  mehr  gegolten. 


Adolf  Bauer:  Heidnische  Märtyrerakten  33 

dius  über  das  Bürgerrecht  der  Gallier  bei  Tacitus,  für  deren  Zurichtung 
und  Stilisierung  durch  die  Hand  des  Tacitus  uns  in  dem  authentischen 
Verhandlungsprotokoll  auf  der  Tafel  von  Lyon  ein  Mafsstab  gegeben 
ist.  Der  auf  dem  Papyrus  von  Oxyrhynchos  erhaltene  Bericht  endlicb 
ist  meines  Erachtens  ganz  unglaubwürdig  und  ein  rhetorisches  Mach- 
werk trotz  der  protokollarischen  Form.  Diese  Aufstellimgen  habe  ich 
nun  im  folgenden  zu  begründen  und  durch  die  Analogie,  welche  die 
christlichen  Märtyrerakten  bieten,  zu  erhärten. 

Ich  schicke  eine  Bemerkung  über  den  Gresandtschaftsbericht  des 
Philon  voraus.  Diesem  Autor  ist  es  in  seiner  Darstellung  über  den 
Empfang  der  jüdischen  Gesandten  durch  Gaius  um  den  Nachweis  zu 
tliun,  dafs  alle  jene  Machthaber  ein  schlimmes  Ende  genommen  haben, 
die  gegen  die  Juden  in  Judäa  und  in  der  Diaspora  strenge  Mafsregeln 
angeraten,  angeordnet  oder  durchgeführt  hatten.  Philon  ist  wenn  auch 
abgeschmackt  und  von  unleidlicher  Breite  in  seiner  Darstellung  doch 
noch  soweit  Stilist,  dafs  er  den  persönlichen  Ermnerungen  an  seine 
Erlebnisse  als  Gesandter  nur  eine  verhältnismäfsig  untergeordnete  Stelle 
anweist  und  nicht  die  Form  der  amtlichen  lielation  dafür  gewählt  ha^. 
Überdies  war  der  Mifserfolg  der  Abordnung,  an  der  er  teilgenommen 
hatte,  zu  einer  breiteren  Ausführung  keineswegs  einladend. 

Der  Bericht  über  den  Gymnasiarcheu  Isidoros  von  Alexandrieu 
und  Lampon,  die  sich  bei  Claudius  über  den  mit  diesem  befreundeten 
jüdischen  König  Agrippa  beschweren  und  deren  Verurteilung  zum  Tode 
vom  Kaiser  nach  kurzer  Verhandlung  bestätigt  wird,  ist,  wie  bemerkt, 
eine  nur  geringfügig  veränderte  Wiedergabe  der  aktenmäfsigen  Auf- 
zeichnung. Dies  zeigt  die  genaue  Datierung  der  Verhandlungstage,  die 
Aufzählung  der  Personen,  die  als  Consilium  des  Kaisers  an  der  Ge- 
richtsverhandlung teilnehmen,  die  Angaben  über  deren  Ort,  endlich 
die  auf  der  ersten  Kolumne  enthaltene  Darstellung  der  Vorverhandlung, 
in  die  mehrere  Mitglieder  des  Consiliums  eingreifen.  Wenn  ferner  bei 
der  Verhandlung  selbst  Lampon  zu  Isidoros  sagt,  er  habe  bereits  dem 
Tode  ins  Antlitz  gesehen^)  und  der  Kaiser  dann  Isidoros  vorwirft,  dafs 
er  viele  seiner  Freunde-)  zum  Tode  gebracht  habe,  was  dieser  mit  dem 
Hinweis  rechtfertigt,  er  sei  den  Befehlen  des  damaligen  Kaisers  (Gaius', 

1)  Die  Ergänzung  des  Fragmentes  von  Gizeh  ist  an  dieser  Stelle  nicht  mit 
voller  Sicherheit  zu  gewinnen. 

2)  In  den  christlichen  Martyrien  stellen  die  die  Untersuchung  führenden 
Beamten  den  Angeklagten  überaus  häufig  vor,  dafs,  wenn  sie  opfern,  sie  den 
amici  Caesaris  beigezählt  werden.  Vgl.  die  Zusammenstellung  bei  Le  Blant,  Me- 
moires  de  l'institut  national  de  France  XXX,  2,  S.  132  ff.  Die  Benennung  besagt 
also  nicht  mehr  als  „loyaler  Unterthan", 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  1.  3 


34  I-  Aufsätze 

des  Judengegners)  gehorsam  gewesen,  und  er  würde  auch  jetzt  jedem 
kaiserlichen  Befehl  Folge  leisten,  so  erweckt  all  dies  nicht  das  mindeste 
Bedenken  dagegen,  dafs  diese  Wechselreden  aktenmäfsig  wiedergegeben 
sind.  Auch,  die  folgenden,  leider  nicht  vollständig  erhaltenen  Sätze 
sind,  da  sie  vor  dem  Tribunal  des  Claudius  gesprochen  werden,  völlig 
eüiwandfrei.  Wir  wissen  ja,  d^fs  dieser  Herrscher  sich  von  Angeklagten 
und  Advokaten  die  gröfsten  Sottisen  hat  bieten  lassen.  Dem  entspricht,^ 
wenn  Isidoros"  dem  kaiserlichen  Vorwurf,  er  sei  ungebildet,  mit  scharfe  n 
Worten  begegnet,  wenn  er  stolz  auf  seine  Würde  als  Gymnasiarch  der 
hervorragenden  Stadt  Alexandria  hinweist  und  wenn  er  endlich  daran, 
wie  Wilcken  gezeigt  hat,  eine  für  Claudius  beleidigende  Anspielung 
auf  Beziehungen  desselben  zu  einer  Jüdin  Salome  fügt.  Auch  mit  der 
Bemerkung  des  Lampon,  der  Isidoros  mit  dem  Hinweis  auf  Claudius' 
Narrheit  zur  Beendigung  seiner  Darlegung  auffordert,  wird  es  wahi-- 
scheinlich  seine  Richtigkeit  haben;  ja  es  ist  sogar  möglich,  dafs  diese 
in  den  kaiserlichen  Konnneutarien  ebenso  verzeichnet  war  wie  der 
keineswegs  schmeichelhafte  Zwischenruf  der  Senatoren  auf  der  Tafel 
von  Lyon,  der  gleichfalls  aus  dieser  Quelle  stammt.  Hierauf  giebt  aber 
Claudius  denjenigen,  denen  bereits  früher  die  Hinrichtung  des  Isidoros 
und  Lampon  aufgetragen  war,  den  Befehl,  beide  abzuführen.  Damit 
bricht  das  Erhaltene  ab.  Die  uns  vorliegende  Abschrift,  die  erst  aus 
dem  zweiten  Jahrhundert  n.  Chr.  stammt,  hat  nicht  nur  in  dem 
Interesse  ihren  Ursprung,  das  man  bei  dem  andauernden  Gegensatz 
zwischen  Griechen  und  Juden  in  Alexandrien  an  älteren  kaiserlichen 
Entscheidungen  in  dieser  Sache  gehabt  hat,  sondern  sie  zeugt  auch 
von  der  in  den  Kreisen  der  Griechen  begreiflichen  Sympathie  für  die 
beiden  Männer,  die  mit  ihrem  Leben  die  schwankende  Politik  der 
Caesaren  gegenüber  der  alexandrinischen  Judenschaft  hatten  büfsen 
müssen.  Ihr  mutiges  und  furchtloses  Auftreten  mochte  als  vorbildlich 
betrachtet  werden,  ihr  Andenken  ist,  wie  wir  aus  einem  anderen  dieser 
Papyri  erfahren  werden,  als  das  von  Blutzeugen  noch  in  viel  späterer 
Zeit  lebendig  gewesen. 

In  den  beiden  anderen  uns  erhaltenen  „Gesaudschaftsberichten" 
fehlen  jene  Anzeichen  der  Urkundlichkeit,  die  den  Claudiuspapyrus  aus- 
zeichnen. Der  Mangel  solcher  aktenmäfsiger  Angaben  ist  schwerlich 
in  der  Lückenhaftigkeit  und  Unvollständigkeit  der  Handschriften  be- 
gründet; für  die  Beurteilung  der  Glaubwürdigkeit  des  Erhaltenen  kommt 
dieser.  Umstand  jedoch  nicht  in  Betracht.  Mit  dem  Claudiuspapyrus 
haben  diese  beiden  spätere,  ähnliche  Vorkommnisse  betreifenden  Berichte 
gemein,  dafs  wiederum  griechische  Würdenträger  aus  Alexandrien  an- 
gesichts des  bereits  verhängten  Todesurteiles  nicht  nur  unerschrocken. 


Adolf  Hauer:  Ilcidiiische  Märtyrerakten  35 

sondern  sogar  niafslos  herausfordefnd  dem  Herrscher  der  Welt  ent- 
gegentreten. Höchst  wirksam  und  patlietiscli  wird  diejres  ihr  Ver- 
halten in  Wechselreden  ges(diildert. 

Ich  lasse  nun  die  Berichte  selbst  folgen.  -  Wie  Isidoros  vor  Clau- 
dius als  Angeklagter  sich  zur  Rechtfertigung  auf  die  judenfeindlichen 
Befehle  des  Gaius  berufen  hatte,  so  lassen  die  von  den  Juden  be- 
schuldigten Griechen  vor  Trajan  zunächst  den  Erlafs  des  Lupus,  des, 
Statthalters  des  Kaisers,  verlesen,  der  die  Vorführung  des  jüdischen 
Königs  befohlen,  und  diesen  darin  einen  Theaterkönig  und  Komödianten- 
sohn genannt  hatte.  Die  Antwort  des  Kaisers  hierauf,  sowie  die 
Reden,  erst  der  Juden,  dann  der  angeklagten  Griechen,  hierauf  aber- 
mals eine  der  Juden,  dann  der  angeklagten  Griechen,  hierauf  abermals 
eine  der  Juden,  in  denen  es  sich  um  die  Vertreibung  von  60  Alexan- 
drinern und  die  Tötung  ihrer  Sklaven  handelt,  sind  sehr  schlecht  er- 
halten. Nur  soviel  ist  zu  erkennen,  dafs  Trajan  die  Anklagen  der 
Juden  einmal  mit  der  Versicherung  unterbricht,  über  diesen  Gegenstand 
sei  er  unterrichtet  und  dafs  er  dann  schliefslich  zu  den  Juden  ge- 
wendet bemerkt:  „In  all  diesem  stimme  ich  euch  bei,  aber  nicht  die 
Alexandriner,  sondern  die,  welche  dieses  gethan  haben,  sind  zu  ver- 
folgen." Die  Griechen  behaupten  hierauf,  dafs  die  Verbannung  ihrer 
Mitbürger  und  die  Tötnns:  der  Sklaven  auf  einen  ungerechten  Richter- 
Spruch  hin  erfolgt  sei,  dafür  werden  sie  wiederum  von  den  Juden  der 
Lüge  bezichtigt.  Hierauf  ergreift  der  Kaiser  das  Wort  zu  einer  längeren 
Rede.  Er  hält  den  Anwesenden  vor,  dafs  sie  nicht  im  stände  seien, 
die  Schuldigen  zu  bezeichnen^),  beruft  sich  auf  einen  Bericht  seines 
Statthalters  und  herrscht  dann,  falls  die  vorgeschlagenen  Ergänzungen 
das  Richtige  treffen,  die  Juden  an,  indem  er  sich  die  Anschauungen 
der  Griechen  über  ihre  Gegner  ausdrücklich  aneignet. 

Das  Folgende  ist  leider  so  lückenhaft,  dafs  der  Zusammenhang 
ganz  verloren  geht.  Nur  soviel  ist  zu  erkeiuien,  dafs  eine  Wendung 
zu  Ungunsten  der  Griechen  eintrat,  die  zur  Verurteilung  ihres  Sprechers 
Paulus  zum  Tode  oder  zur  Bestätigung  des  über  ihn  bereits  verhängten 
Todesurteiles  durch  den  Kaiser  geführt  hat.  Diese  Vermutung  über 
den  Inhalt  des  verlorenen  Textes  scheint  mir  wahrscheinlicher  als  die 
Annahme,  dafs  Paulus  es  jetzt  erst  für  angemessen  erachtet  habe,  zu 


1)  Mit  Bezug  auf  die  Worte  des  Kaisers  in  dem  Pariser  Papyrus  Kol.  II,  11 
otiM  'AXt^]c<vÖQ£vaL  aXlci  roig  7ioi7][ßccai  tavra  ä]st  f"[jrf|]^p;^f(>['9']Ki  glaube  ich  die 
Lücke  in  der  Antwort  des  Kaisers  Kol.  III  IG  mit  ^av[8Qbv  ort  rovg  cciticorjdTove 
ov  övvaa&s  S£[Uvva&at .  .  .  ausfüllen  zu  dürfen.  Im  Berliner  Papyrus  341  scheint 
mir  Z.  4/5  mit  &Xlä  toig  TTOiTJaaat  ravta  vvv  v,cd~\  7roi[^]ajtts  iTTS^i^%£G%'cici  \8si  zu 
ergänzen. 

3* 


36  I-  Aufsätze 

erwäbnen,  dafs  er  bereits  zum  Tode  verurteilt  sei.  Hierauf  folgt  nun 
im  wesentlichen  gut  erhalten  eine  höchst  pathetische  Scene. 

Der  Verurteilte  apostrophiert  den  Kaiser  mit  den  Worten:  „In 
Alexandrien  ist  mir  das  Grab  bereitet,  das  mich  aufnehmen  soll.  Ihm 
schreite  ich  zu  imd  ich  werde  mich  darum  nicht  fürchten,  Dir  die 
Wahrheit  zu  sagen.  Vernimm,  Cäsar,  die  Worte  eines  Mannes,  der 
einen  Tag  später  nicht  mehr  am  Leben  sein  wird."  Eines  der  Mit- 
glieder der  Gesandtsghafti,  Antoninus,  unterbricht  den  Redner  mit  den 
Worten:  „Mein  Herr  und  Cäsar,  bei  deiner  Tyche,  er  redet  die  Wahr- 
heit, nach  einem  Tage  wird  er  nicht  mehr  am  Leben  sein."  Was 
Antoninus  fernerhin  noch  bemerkt,  ist,  obwohl  erträglich  gut  erhalten, 
doch  um  der  Anspielungen  auf  uns  unbekannte  Thatsachen  willen 
schwer  verständlich;  die  Antwort  des  Kaisers  darauf  und  damit  der 
weitere  Verlauf  und  das  Ende  der  Audienz  sind  infolge  der  Zerstörung 
des  Papyrus  so  gut  wie  verloren. 

So  lange  nur  diese  beiden  Beispiele  bekannt  waren,  in  denen  die 
Führer  griechischer  Abordnungen  an  den  Herren  der  Welt,  obschon 
zum  Tode  verurteilt,  ein  freies  Wort  wagten,  lag  kein  Grund  vor,  an 
der  aktenmäfsigen  Wiedergabe  der  Verhandlung  selbst  zu  zweifeln. 
Nun  ist  aber  noch  ein  dritter  ähnlicher  Bericht  bekaimt  geworden,  in 
dem  die  Einzelheiten  noch  viel  weniger  glaubwürdig  sind  als  in  dem 
Trajanpapyrus.  Darum,  scheint  mir,  mufs  auch  bei  dessen  Beurteilung 
ein  etwas  anderer  Standpunkt  eingenommen  werden  als  bisher. 

Kolumne  I  des  neuen  Papyrus  von  Oxyrhynchos  fülrrt  uns  mitten 
in  die  im  Gange  befindliche  Verhandlung  des  Kaisers  Marcus,  Verus 
oder  Commodus  mit  Appianos,  dem  Gymnasiarchen  von  Alexandrien. 
Der  Kaiser  hat  befohlen,  den  Verurteilten  abzuführen,  dieser  hat  einige 
Worte  gesprochen,  deren  Inhalt  aus  den  erhaltenen  Resten  nicht  zu 
erkennen  ist,  er  wendet  sich  dann  um  und  erblickt  Heliodoros,  wie  es 
scheint,  einen  Mitangeklagten  und  redet  ihn  an:  „Heliodoros,  ich  werde 
abgeführt  und  du  sprichst  kein  Wort."  Der  Angeredete  erwidert:  „Zu 
wem  sollen  wir  sprechen,  da  uns  keiner  hören  will,  geh',  mein  Kind, 
in  den  Tod,  dir  ist  der  Ruhm  beschieden,  für  die  süfse  Heimat  zu 
sterben^),  fürchte  dich  nicht."  Der  Text  hat  nun  eine  Lücke  von 
5  Zeilen  und  die  beiden  ersten  auf  Kol.  II  erhaltenen  Zeilen  sind  un- 
leserlich. Der  Kaiser  hat  sich  durch  das  in  der  Lücke  Erzählte  be- 
stimmt gesehen,  Appianos   nochmals   zurückrufen  zu  lassen  und  fragt 


1)  Dieselbe  Auffassung  des  von  dem  Kaiser  verhängten  Todesurteiles  durch 
die  Freunde  des  Verurteilten  war  auch  in  dem  Claudiuspapyrus  ausgesprochen, 
vgl.  Kol.  I,  5  ff.  Kol.  II,  1. 


Adolf  Bauer:  Heidnische  Märtyrerakten  37 

ihn  mm:  „Weifst  du  nicht,  mit  wem  du  sprichst?"  Appianoß  ant- 
wortet: „Ich  weil's  es,  ich  Appianos  mit  dem  Tyrannen."  Der  Kaiser 
verbessert  ihn:  „Nein  mit  dem  Herrscher."  Darauf  erwidert  der  junge 
Mann:  „Sage  das  nicht,  dein  göttlicher  Vater  Antoninus  konnte  mit 
Recht  sagen,  dafs  er  ein  Herrscher  sei.  Denn  höre  mich,  vor  allem 
war  er  ein  Philosoph,  hernach  frei  von  Habsucht  und  endlich  ein 
Freund  des  Guten.  Du  aber  hast  die  gerade  entgegengesetzten  Eigen- 
schaften, du  bist  tyrannisch,  liebst  das  Gute  nicht  und  bist  ungebildet" 
(ccTtcciöc^evöyi'a  Blass  L.  Centralblatt  1^97  Sp.  1076).^)  Der  Kaiser  befiehlt 
nun  abermals  Appianos  abzuführen,  dieser  bittet  sich  eine  Gnade  aus, 
die  ihm  der  Kaiser  auch  gewährt:  er  will  geschmückt  mit  den  Insignien 
seiner  Würde  als  Gymnasiarch  von  der  Wache  durch  die  Stadt  geführt 
werden.  Die  Leute  in  Rom  laufen  mm  zusammen,  Appianos  haranguiert 
sie  durch  Ansprachen,  das  römische  Volk  wird  unwillig.  Ein  Mann 
der  Eskorte  meldet  dies,  der  Kaiser  läfst  nun  den  Verurteilten  noch- 
mals vorführen.  Appianos  betritt  den  Verhandlungsraum  mit  den 
Worten:  „Wer  läfst  mich,  der  mm  schon  zum  zweitenmale  den  Weg 
zum  Hades  und  zu  den  vor  mir  Verurteilten,  zu  Theon,  Isidoros  und 
Lampon  betreten  hat,  abermals  rufen?  Ist's  der  Senat  oder  bist  du  es, 
Häuptling  der  Räuber?"  Der  Kaiser  erwidert:  „Appianos,  ich  bin  ge- 
wohnt. Rasende  und  Wahnwitzige  zur  Vernunft  zu  bringen.  Du  redest 
nur,  so  lange  ich  dich  reden  lasse."  Appianos:  „Bei  deiner  Tyche,  ich 
rase  nicht  und  habe  den  Verstand  nicht  verloren,  sondern  verkünde 
dir,  dafs  ich  ein  Edler  bin  und  was  mir  als  solchem  gebührt"  und  auf 
eine  Zwischenfrage  des  Kaisers  wiederholt  er:  „Ja  wohl  ein  Edler  und 
Gymnasiarch."  Das  Folgende  ist  nur  mehr  teilweise  verständlich.  Ap- 
pianos wiederholt  seinen  Ausspruch,  was  der  Kaiser  so  deutet,  als  ob 
er  ihn  damit  als  einen  Nichtadeligen  bezeichnen  wolle,  er  verlangt 
darüber  eine  Aufklärung,  die  ihm  Appianos  mit  einer  Auseinander- 
setzvmg  giebt,  von  der  nur  die  ersten  Worte  erhalten  sind^),  in  denen 
von  Kleopatra  die  Rede  war. 

Der  einzige  unter  den  römischen  Kaisern,  dem  man  allenfalls  solche 
Langmut    zutrauen   könnte,    Claudius,   ist    durch    die    Erwähnung    des 


1)  Es  ist  bemerkenswert,  dafs  umgekehrt  in  dem  Claudiuspapja-us  der  gleiche 
Vorwurf  der  änaiSsvaia  von  dem  Kaiser  gegen  Isidoros  erhoben  und  von  diesem 
zurückgewiesen  wird. 

2)  Auch  dieses  Thema  wird  in  dem  Claudiuspapyrus  behandelt;  wie  Ap- 
pianos auf  schimpfliche  Beziehungen  doch  wohl  Cäsars  zu  Kleopatra,  so  ist  Isi- 
doros auf  die  Jüdin  Salome  zu  sprechen  gekommen.  Man  müfste  also  glauben, 
dafs  Isidoros  durch  die  litterarische  Verbreitung  der  ihn  betreffenden  Gerichts- 
verhandlung Schule  gemacht  hat. 


38  I.  Aufsätze 

diviis  Äntonimis  als  Vaters  des  das  Urteil  fällenden  Imperators  aus- 
geschlossen. Allerdings  wird  auch  dem  Kaiser  Marcus  die  gleiche 
Eigenschaft  nachgerühmt,  und  aus  den  Acta  martyrum  geht  hervor, 
dafs,  wenn  auch  nicht  die  Kaiser,  —  obschon  auch  dafür  Beispiele  vor- 
liegen —  so  doch  die  Prokonsuln  und  andere  richterliche  Beamte  bei 
den  Verhören  im  allgemeinen  aulserordentliche  Geduld  und  Milde  ge- 
zeigt haben.  AUein  der  die  Verhandlung  gegen  Appianos  führende 
Kaiser  kann  nicht  Marcus  gewesen  sein,  denn  wenn  ihm  solche  Lang- 
mut den  Angriffen  des  Angeklagten  gegenüber  allenfalls  zugetraut  Averden 
könnte,  so  ist  dann  unverständlich,  wie  ihn  dieser  als  brutalen  und 
ungebildeten  Tyrannen  zu  dem  divus  Antoninus  in  Gegensatz  stellen 
kann.  Ist  hingegen  der  Angeredete  Verus  oder  Commodus,  so  wird 
zwar  diese  seine  Charakteristik  begreiflich,  dafür  aber  wird  die  Milde 
und  Güte,  mit  der  Appianos  behandelt  wird,  unglaubwürdig.^) 

Die  bereits  hervorgehobenen  zahlreichen  Übereinstimmungen  in  den 
Gedanken  und  in  Einzelheiten,  die  der  Papyrus  von  Oxyrhynchos  mit 
dem  Claudiuspapyrus  aufweist,  legen  den  Gedanken  nahe,  dafs  ein  ähn- 
licher Vorgang,  der  sieh  vor  dem  Richterstuhl  des  Claudius  wirklich 
zugetragen  hatte,  irrtümlich  oder  fälschlich  auf  einen  späteren  Herrscher 
übertragen  worden  sei.  Für  diese  Vermutung,  jedenfalls  a]3er  gegen 
die  Echtheit  dieses  Berichtes  kami  aber  noch  folgendes  geltend  ge- 
macht werden.  Appianos  erwähnt  in  seiner  Rede  drei  frühere  Opfer 
der  Justiz  der  Kaiser:  Theon,  Isidoros  und  Lampon.  Der  Name  des 
Theon  begegnet  uns  auch  auf  dem  Claudiuspapyrus,  die  beiden  anderen 
sind  als  Verfolger  der  Juden  unter  Gaius  bei  Philon  (in  Flaccum)  ge- 
nannt, sie  sind  beide,  wie  wir  aus  dem  Claudiuspapyrus  ersehen,  unter 
diesem  Kaiser  verurteilt  worden.  Nimmt  man  eine  irrtümliche  Ver- 
schiebung eines  unter  Claudius  stattgehabten  Vorganges  in  spätere 
Zeit  an,  so  würde  der  Anachronismus,  der  in  dem  Zurückgreifen  auf 
diese  längst  vergangenen  Dinge  durch  Appianos  gelegen  ist,  seine  Er- 
klärung finden.  Dann  wäre  eine  Berufung  auf  der  jüngsten  Vergangen- 
heit angehörige  Vorgänge  unbedacht  aus  der  Vorlage  herübergenommen 
worden,  denn  an  der  Identität  der  Personen  ist  kein  Zweifel  möglich. 
In  eine  Ansprache  an  Marcus,  Verus  oder  Commodus  pafst  aber  eine 
Bezugnahme  auf  Ereignisse,  die  sich  rund  hundert  Jahre  vor  der  Ver- 
handlung gegen  Appianos  zugetragen  hatten,  schwerlich.  Hinzu  kommt 
noch  ein  zweiter  Verdachtstji'und. 


1)  Da  dei-  d'ilog  'Ävrojvstvog  zu<Tloich  als  Philosoph  gerühmt  wird,  so  ist  doch 
das  wahrscheinlichste,  dal's  Commodus  als  der  zu  Gericht  sitzende  Kaiser  ge- 
meint ist. 


Adolf  Bauer:  Heidnische  Märtyrerakten  39 

Ein  Soldat  meldet  von  den  Unruhen  in  Rom,  hierauf  fragt  der 
Kaiser:  „Worüber  murren  die  Römer?"  Der  Konsul  antwortet:  „Weil 
der  Alexandriner  zum  Tode  geführt  wird."  Der  Kaiser  läfst  Appianos 
nun  nochmals  zurückrufen,  dieser  betritt  den  Ort  der  Verhandlung  mit 
den  Worten:  „Wer  läfst  mich  vorführen,  der  Senat  oder  du  (zum 
Kaiser  gewendet)  Häuptling  der  Räuber?"  Darauf,  dafs  der  Ton  dieser 
und  der  vorhergehenden  Anreden  des  Appianos  gegen  die  Echtheit 
dieses  Berichtes  spricht,  werde  ich  noch  zurückkommen.  In  diesen 
Worten  liegt  aber  auch  eine  Inkorrektheit.  In  Kapitalsachen  wird  ein 
Alexandriner  vom  Kaiser  gerichtet,  dann  kann  aber  der  Senat  nicht  als 
solcher  und  dem  Kaiser  koordiniert  an  der  Verhandlung  teilnehmen, 
sondern  Konsul  und  Senatoren  nur  als  Mitglieder  des  consilium  Cae- 
saris.  Eine  derartige  Unkenntnis  kann  dem  Gymnasiarchen  Appianos 
nicht  zugetraut  werden.  Ich  sehe  auch  darin  einen  Beweis,  dafs  dieser 
Bericht  nicht  als  aktenmäfsig  gelten  darf.  ^) 

Nach  der  Richtung,  in  der  sich  diese  Darlegung  bewegt,  war  der 
Kritik  überdies  durch  die  beiden  anderen,  länger  bekamiten  Papyri 
schon  ein  Fingerzeig  gegeben.  Da  nämlich  über  die  Verhandlung  vor 
Trajan  zwei,  was  die  Vollständigkeit  und  Einzelheiten  anlangt,  ver- 
schiedene Fassungen  vorlagen,  so  konnte  schon  daraus  gefolgert  werden, 
dafs  es  den  Verfassern  solcher  Berichte  mindestens  nicht  immer  auf 
urkundliche  Genauigkeit  ankam. 

Die  drei  bisher  bekamiten  Beispiele  solcher  Aufzeichnungen  dienen 
vielmehr,  ob  echt  oder  unecht,  in  erster  Linie  der  Verherrlichung  der 
Unerschrockenheit  und  des  Todesmutes  griechischer  Angeklagter  vor 
dem  Richterstuhl  des  Machthabers  in  Rom.  Darin  liegt  ihre  Ähnlich- 
keit mit  den  christlichen  Märtyrerakten,  mit  denen  sie  auch  die  Form 
der  Darstellung,  die  Wiedergabe  der  an  die  Angeklagten  gerichteten 
Fragen,  ihrer  Antworten  und  der  Aufserungen  des  Richters  und  ein- 
zelner Teilnehmer  an  der  Verhandlung  gemein  haben. 

Diese  Analogie  mufs  ich  schliefslich,  soweit  es  in  meinen  Kräften 
steht,  noch  näher  ausführen.  Ich  habe,  um  mir  darüber  ein  Urteil  zu 
bilden,  die  acta  sincera  et  selecta  in  der  Ausgabe  von  Ruiuart  durch- 
gelesen und,  was  ich  sonst  mit  Hilfe  von  Harnacks  Geschichte  der  alt- 
christlichen Litteratur  I  2  S.  807  ff.  und  K.  J.  Neumann,  der  römische 


1)  Unsere  Kenntnis  von  der  Politik  der  Antonine  gegenüber  Juden  und 
Griechen  in  Alexandrien  reicht  nicht  aus,  um  einen  besonderen  Anlafs  für  eine 
Fälschung  gerade  in  dieser  Zeit  zu  ermitteln,  von  der  eine  Abschrift  als  Flugblatt 
nach  dem  Landstädtchen  Oxyrhynchos  gelangt  oder  dort  auf  der  Rückseite  eines 
Verzeichnisses  von  Kontrakten  angefertigt  worden  ist. 


40  I-  Aufsätze 

Staat  und  die  allgemeine  Kirclie  I,  S.  274  ff*,  insbesouders  an  echten 
oder  für  echt  geltenden  Märtyrerakteu  erreichen  konnte,  zum  Vergleiche 
herangezogen. 

Nur  in  imglaubwürdigen  Akten  habe  ich  der  alles  Mafs  über- 
steigenden Frechheit  des  Appiano?  einigerraafsen  Entsprecljendes  ge- 
funden. M  Die  Unerschrocke.nheit  der  christlichen  Angeklagten,  die  zu- 
dem meist  nicht  vor  dem  Kaiser,  sondern  nur  vor  dessen  Beamten 
stehen^),  äuTsert  sich  in  den  echten  oder  einigermaisen  glaubAvürdigeu 
Akten  in  viel  bescheideneren  Formen.  Gegen  diesen  Vergleich  darf 
nicht  eingewendet  werden,  dafs  unsere  Papyri  Verantwortungen  vor- 
nehmer alexaudrinischer  Griechen  enthalten,  während  die  Christen  meist 
in  untergeord)ieten  Lebensstellungen  sich  befanden,  denn  dieser  Unter- 
schied wird  dadurch  aufgewogen,  dafs  es  sich  für  die  Christen  um  den 
religiösen  Glauben  handelt,  und  dafs  sie  dem  heidnischen  Richter  über- 
haupt das  Recht  nicht  zuerkennen,  darüber  zu  entscheiden.^) 

Die  christlichen  Märtyrerakteu  weisen  mit  unseren  Papyris  die  all- 
gemeine Übereinstimmung  auf,  dafs  in  den  verschiedenen  Beispielen  der 
einen  und  der  anderen  Gattung  stets  dieselben  Gegenstände  zwischen 
dem  Richter  und  den  Angeklagten  zur  Sprache  kommen,  Fragestellung 
und  Antworten  schematisch  wiederkehren.^)  Wie  die  Erörterungen 
über  die  Bildung  des  Angeklagten  in  dem  Claudius-  und  Oxyrhynchos- 
papyrus  wiederkehren,  Avie  in  beiden  der  angeklagte  Grieche  den  Kaiser 
durch  den  Hinweis  auf  Kleopatra  und  Salome  verletzt,  wie  in  beiden 
der  Tod  des  Isidoros  und  des  Appianos  als  ein  Sterben  fürs  Vaterland 
und  darum  als  ruhmvoll  bezeichnet  wird,  so  ist  auch  die  Art,  wie  die 


1)  Schon  die  Bollauclisten  und  Tillemont  haben  Martyrien,  die  solche  Aus- 
schreitungen der  Angeklagten  enthielten,  el)en  deshalb  für  unecht  erklärt.  Le 
Blant  Ca.  a.  0.),  der  in  diesem  Punkte  sehr  konservativ  ist,  hat  gleichwohl  gezeigt, 
dafs  das  Verhalten  der  Makkabäer  vor  Antiochos  für  einzelne  Martyrien  Vorbild 
war.     Le  Blants  Zusammenstellung  solcher  Äufserungen  ist  übrigens  sehr  dürftig. 

2)  Eine  Ausnahme  macht  Ignatius,  der  nach  den  in  der  erhaltenen  Form 
verdächtigen  Akten  seines  Martyriums  (vgl.  die  verschiedenen  Fassungen  bei 
Funk,  opera  patrum  apostol.  I,  225  ff.  II,  219 IF.)  vor  Trajan  steht.  Aber  weder  in 
diesen  noch  in  den  sicherlich  unechten  Akten  der  Symphorosa  und  ihrer  Söhne, 
die  von  Hadrian  gerichtet  werden ,  kommen  solche  Ausschreitungen  der  An- 
geklagten vor.  Erst  in  einem  späten  Machwerke  in  dem  martyr.  Vatican.  sagt 
Ignatius  zu  Trajan:  "Eoi^ndg  (lot  [iOQ(pi]v  ^hv  i%HV  ccvQ'QmTtov  zQOTtovg  Sh  aXäitEKog . . . 
Zwei  andere  Beispiele  für  Verhandlungen  vor  dem  Kaiser  führe  ich  später  noch 
an,  andere  giebt  Le  Blant  a.  a.  0. 

3)  Zu  beiden  Gattungen  steht  die  Unterwürfigkeit  im  Gegensatz,  die  nach 
Philon's  Darstellung  die  jüdischen  Abgesandten  vor  Gaius  an  den  Tag  legen. 

4)  Vgl.  die  Sammlung  solcher  Stellen  aus  den  Martyrien  bei  Le  Blant  a.  a.  0. 
S.  140  if. 


Adolf  Bauer:  Heidnische  Märtyrerakten  -       41 

Chiüsten  befragt  werden  imd  wie  sie  dem  dichter  antworten,  in  den 
Märtyrerakten  durchweg*  sehr  ähnlich  dargestellt.  In  den  meisten  der- 
selben sprechen  nur  der  Richter  und  die  Angeklagten,  selten  beteiligt 
sich  jemand  aus  dem  Volk  oder  einer  der  mit  der  Folterung  Beauf- 
tragten. So  wie  in  dem  Trajanpapynis,  in  dem  sich  zwei  Parteien 
gegenüberstehen,  ist  die  Situation  meines  Wissens  nur  in  der  Passio 
S.  IV  coronatorum  beschaffen,  in  der  die  coronati  und  die  phüosophi 
als  Angeklagte  und  Kläger  sich  gegenüberstehen  (ed.  Wattenbach 
bei    Büdinger,     Untersuchungen    zur    römischen    Kaisergeschichte    III 

S.  324  fe.). 

Ich  verzeichne  nun  zunächst,  was  die  allgemein  für  echt  geltenden 
Akten  der  Perpetua  und  Genossen  (Robinson,  Texts  and  studies  I  S.  60 tl'.), 
der  Märtyrer  von  Scili  (ebenda  S.  11 2  ff.),  die  von  Harnack  der  Zeit 
des  Marcus  zugewiesenen  Akten  des  Karpus,  Papylus  und  der  Agathonike 
(Grebhardt  und  Harnack,  Texte  und  Untersuchungen  zur  altchristlichen 
Litteratur  III  S.  435  ff.)  in  ihren  ältesten  Fassungen,  was  endlich  die 
ebenfalls  für  echt  geltenden  Akten  des  Polykarp  und  des  Pionius  sowie 
die  von  Eusebius  in  der  Kii-chengeschichte  benutzten  (V  21),  aus  der  \ 
Zeit  des  Commodus  stammenden  und  in  armenischer  Übersetzung  er- 
haltenen (deutsch  herausgegeben  von  Harnack,  Sitzungsber.  der  Berl. 
Akademie  1893  S.  778 ff.)  Akten  des  ApoUonios  an  Vergleichspunkten 
zur  Beurteilung  des  Tones  ergeben,  in  dem  die  angeklagten  Blutzeugen 
mit  ihrem  Richter  sprechen. 

Die  Angeklagten  von  Scili  sowie  Perpetua  beschränken  sich  auf 
die  stete  Wiederholung,  dafs  sie  Christen  seien  und  weisen  damit  alle 
Versuche  ihi-es  Richters,  sie  umzustimmen,  zurück.  Überaus  mafsvoll 
und  würdig  verantwortet  sich  ApoUonios.  Der  Verkehr  zwischen  dem 
praefectus  praetorio  Perennis  und  dem  Angeklagten  bewegt  sich  in 
den  Formen  auserlesener  Höflichkeit,  obgleich  ApoUonios  sich  weigert 
zu  schwören,  und  Perennis  ihn  deshalb  verurteilt.  Energischer  treten 
Karpus  und  Genossen  auf,  aUein  nicht  gegen  den  Vorsitzenden  der 
Verhandlung,  sondern  in  ihren  übrigens  vieUeicht  nicht  der  ursprüng- 
lichen Aufzeichnung  angehörigen  theologischen  Auseinandersetzungen 
gegen  die  heidnischen  Götter.  Freilich  war  solche  Beharrlichkeit  und 
die  Charakterisierung  der  heidnischen  Götter  vom  Standpunkte  der 
christlichen  Bekenner  an  sich  geeignet,  den  Richter  zu  verletzen  und 
um    die    Langmut    zu    bringen,    die    sehr    viele    an    den    Tag   legten.^) 


1)  Wenn  die  Richter  der  christlichen  Märtyi-er  geduldig  und  nachsichtig  vor- 
gehen, so  ist  dies  durch  das  Bestreben  begründet,  sie  zum  Opfern  oder  zum  Wider- 
ruf zu  bestimmen  und  eine  Verurteilung  zu  vermeiden. 


42  I-  Aufsätze 

Andererseits  ist  aber  diese  rückhaltslose  Aussprache  über  Sachen  des 
Glaubens  im  Munde  christlicher  Bekenner,  wenn  sie  nicht  wie  in  den 
gefälschten  Akten  alles  Mafs  überschreitet,  völlig  begreiflich.  Für  den 
Richter  persönlich  verletzende  Aufserungen  finden  sich  dagegen  erst  in 
den  Akten  des  Polykarpus.  ^)  Er  sagt  unter  anderem:  „Je  mehr  du 
dich  ärgerst,  desto  gröfser  ist  meine  Freude",  er  beleidigt  dann  das 
seinem  A^erhör  beiwohnende  Volk,  indem  er  ihm  das  Recht  abspricht, 
über  ihn  zu  urteilen.  Ich  wage  nicht  zu  entscheiden,  ob  vielleicht 
diese  Aufserungen  der  Bearbeitung,  in  der  diese  Akten  vorliegen,  zu- 
zuweisen sind  und  daher  hier  ausgeschaltet  werden  dürfen.  Aus  einer 
anderen  Stelle  derselben  Akten  ist  nämlich  ersichtlich,  dafs  Folykarpus 
bei  seiner  Verantwortung  doch  auch  bemüht  ist,  ohne  das  Christentum 
zu  vei-leugnen,  dem  Wunsche  seines  Richters  entgegenzukommen.  Da 
er  nämlich  von  diesem  aufgefordert  wird,  bei  der  Tyclie  des  Kaisers 
zu  schwören  und  den  Atheisten  zu  fluchen,  unterläfst  er  das  erste  und 
wendet  sich,  wie  die  Akten  sagen,  gegen  das  versammelte  Volk  und 
spricht  feierlich  über  dieses  die  Worte  y^iQs  rovg  d&iovg.  Dies  hält 
der  Richter  für  eine  Erfüllung  seines  Befehles,  was  nicht  ganz  un- 
begreiflich ist,  obschon  die  Akten  den  Vorgang  anders  aufgefafst  haben 
wollen.  Am  stärksten  sind  die  Herausforderungen  eines  langmütigen 
Richters  in  den  Akten  des  Pionius.''^)  Diese  Stellen  finden  sich  aber 
in  dem  ersten  Abschnitt,  für  den  nicht  wie  für  den  folgenden  die  Auf- 
zeichnungen der  notarii  als  Quelle  angeführt  werden.  Der  Märtyrer 
sagt:  „Wenn  du  den  Auftrag  hast,  entweder  mich  zu  überzeugen  oder 
mich  zu  bestrafen,  dann  mufst  du  mich  bestrafen,  da  du  mich  nicht 
überreden  kannst."  Man  wird  aber  zugeben,  dafs  alle  diese  Aufserungen 
angeklagter  Christen  nicht  entfernt  so  beleidigend  und  herausfordernd 
sind,  wie  die  Reden  des  Appianos  in  dem  Papyrus  von  Oxyrhynchos. 
Die  für  echt  geltenden  Märtyrerakten  liefern  also  keinen  Beleg  dafüi-, 
dafs  ein  Verhalten  wie  das  dieses  Alexandriners  vor  dem  römischen 
Kaiser  glaubwürdig  sei. 

Ich  füge  nnn  eine  Anzahl  von  Beispielen  aus  solchen  Märtyrer- 
ukten  au,  die,  wenn  sie  auch  nicht  als  ganz  echt  gelten,  doch  auf 
historiäche   Grundlage  zurückgeführt   werden.     Sie  sind   auf  einen   viel 

1)  Bei  Rviinart  und  Funk  opera  patrum  apostolicormn  I.  Wo  für  die  Mar- 
tyrien im  Text  keine  Ausgaben  zitiert  sind,  ist  allemal  die  Sammlung  von  Ruinart 
gemeint. 

2)  Dafs  solche  vorkamen,  bestätigt  auch  Minucius  Felix  für  das  Ende  des 
2.  Jahrhunderts,  wenn  er  schreibt  (37  ed.  Halm,  Corp.  Script,  eccles.  Lat.  II  S.  52) 
quam  pulchrum  spectacuhtm  Deo  .  .  .  cum  christianus  strepituni  mortis  et  Jwrrorem 
carnißcis  inridens  inculcat,  cum  libertatem  suam  adver sus  reges  et  principes  erigit. 


Adolf  Bauer:  Heidnische  Märtyrerakten  43 

schärferen  Ton  gestimmt.  So  sagt  Pothinvis,  einer  der  Blutzeugen  von 
Lyon,  '/AI  dem  Beamten:  falls  er  würdig  sei,  Avürde  er  den  Gott  der 
Christen  kennen  lernen.  Attalus,  ein  anderer  derselben,  wendet  unter 
Folterqualen  den  gegen  die  Christen  erhobenen  Vorwurf  der  Anthro- 
pophagie gegen  seine  Peiniger  mit  den  Worten:  „Das  heilst  Menschen 
essen."  Epipodius  sagt  zu  seinem  Richter:  „Da  du  Erhabenes  nicht 
fassen  kannst,  so  ist  dein  Geist  so  umnachtet,  dafs  du  nicht  weifst, 
dafs  der  Mensch  aus  Körper  und  Seele  besteht."  In  den  auf  eine  alte 
Grundlage  zurückgeführten,  in  der  vorliegenden  Fassung  aber  nicht 
echten  Akten  des  Achatius  sagt  der  Vorsitzende:  Entweder  opfere  oder 
stirb,  worauf  dieser  erwidert:  „Du  machst  es  wie  die  illyrischen 
Räuber,  die  das  Geld  oder  das  Leben  verlangen."  Nur  in  den  dieser 
Gruppe  angehörenden  Akten  des  Probus  und  Andronikus  finden  sich 
aber  Ausdrücke  wie  ^a^civoticbtare^  avaideörars^  ^G}Qog  il  ij^iy]v  ö^oiog 
Oov  övvrjöEßrjv  äv  6oi  oder  die  Anrede  d-rjQtcov  ävaLdeötata  rvQ(CPV{. 
Derartiges  erinnert  schon  sehr  an  die  apokryphen  Acta  apostolorum, 
die  ich  in  Tischendorfs  und  Lipsius'  Ausgaben  ebenfalls  eingesehen 
habe,  in  denen  z.  B.  Matthäus  den  Ausdruck  rvQavvs  dölis  gebraucht 
und  Petrus  den  Präfekten  Agrippa  anredet:  video  quo  tendis,  dux  libi- 
dinmn,  amator  poUutionis,  atrocitatis  inventor,  innocentium  pcrseciitor, 
deceptornm  fautor,  faUaciae  conditor,  habitaculmn  satanae. 

Aber  selbst  in  der  dritten  Gruppe  der  Acta  martyrum,  unter  deu 
zweifellos  unechten,  sind  die  Beispiele  solcher  rhetorischer  Übertreibungen 
verhältnismäfsig  selten,  in  der  Regel  verantworten  sich  die  Angeklagten 
auch  nach  diesen  Akten  mafsvoll.  Es  kommt  allerdings  häufig  vor, 
dafs  sie  im  Hinblick  auf  das  Zureden  zu  opfern  und  auf  die  drohende 
Folter  ein  rasches  Urteil  hervorrufen  wollen,  indem  sie  dem  Richter 
sagen:  „Thue  schnell,  was  du  willst."  Theonilla  ferner  beschwert  sich 
darüber,  dafs  sie  als  ingenua  und  peregrina  gefoltert  werde,  und  Lucius 
erhebt  den  gewifs  sehr  niafsvollen  Vorwurf:  Imjusmodi  forma  iudicii 
non  convenit  temportbus  Iniperatoris  Pü,  nee  pliüosoplii  Caesaris  filii 
nee  senatui  Romano.'^)     Am   stärksten   sind   die  Aufserungen  des  Sym- 


1)  Diese  Nebeneinaudersfcelhuig  von  Kaiser  und  Senat  ist  korrekt.  In  dem 
unechten  martyrium  Vaticanuni  des  Ignatius  (Funk  a.  a.  0.  II  218  ff.)  sind  gleich- 
falls Trajan  und  der  Senat  an  der  Verhandlung  beteiligt.  In  diesem  Falle  liegt 
aber  ein  Irrtum  insofern  vor,  als  genau  so  wie  in  dem  Papyrus  von  Oxyrhynchos- 
der  Senat  genannt  ist,  obwohl  nur  einzelne  seiner  Mitglieder  an  dem  Consildum 
des  Kaisers  beteiligt  sein  konnten.  Denn  sowohl  der  Kaiser  als  der  Senat  sind 
in  diesem  Kriminalfall  kompetent,  sie  können  daher  nicht  gleichzeitig  richten. 
Über  die  Kriminaljurisdiktion  des  Kaisers  und  sein  Consilium  vgl.  Mommsen, 
Staatsrecht  II  958  tf.  986  flF.  und  Sitzungsber.  der  Berl.  Akad.  1894  über  den  Pro- 


44  I-  Aufsätze 

jmorianiis,  der  den  Richter  eben,  da  dieser  milde  zu  werden  beginnt, - 
schroff  an  seine  Pflicht  ermahnt,  des  Rogatiauus,  der  den  Prokonsiü 
einen  Thoren  schilt,  des  Asterius,  der  ihn  mit  den  Worten  apostrophiert: 
„Weifst  du  nicht,  dafs  dich  Gott  dafür  bestrafen  wird,  dafs  du  die 
Christen  verfolgst"  und  dann  im  Gegensatz  zu  der  Mehrzahl  der  Ver- 
antwortungen ähnlich  wie  Vincentius  und  Theodotus  überaus  heftig 
gegen  die  heidnischen  Götter  loszieht.  Bouifatius  sagt:  ^i]  dvot^i]g  rä 
liiaQÖ.  öov  xst^rj—iöxoTcd^svs  rTj  dtavoia  6<pi:  Der  Gipfelpunkt  wird  in 
den  Erzählungen  von  Victor  von  Marseille  und  Basilius  erreicht.  Jener 
wirft  vor  dem  Präfekten  den  heidnischen  Göttern  alle  erdenklichen 
Schändlichkeiten  vor  imd  stöfst  vor  den  Kaiser  gebracht  mit  dem  Fufs 
den  Altar  um,  auf  dem  er  opfern  soll,  dieser,  vor  Julian  geführt  und 
von  diesem  milde  behandelt,  schleudert  dem  Kaiser  ein  Stück  Fleisch 
seines  gefolterten  Leibes  ins  Gesicht.^) 

Aus  dieser  allmäligen  Steigerung  sieht  mau,  wie  die  jüngeren  und 
imglaub würdigen  Erzeugnisse  einer  solchen  Märtyrerlitteratur  die  älteren 
Beispiele  zu  übertrumpfen  suchen:  die  heidnischen  Märtyrerakten  unserer 
Papyri  bieten  dasselbe  Bild;  was  bei  jenen  als  ein  Anhaltspimkt  für 
deren  Unglaubwürdigkeit  gilt,  mufs  also  auch  bei  diesen  als  solcher 
betrachtet  werden.^) 

Ich  habe  bei  der  Lektüre  der  christlichen  Akten  auch  darauf  ge- 
achtet, ob  darin  nicht  ähnliche  Gegenstände  berührt  und  in  ähnlichen 
Ausdrücken  behandelt  werden  wie  in  den  analogen,  im  ganzen  älteren 
heidnischen  Berichten.  Ich  habe  jedoch  nur  drei,  überdies  keineswegs 
für  irgend  welche  Abhängigkeit  sprechende  Parallelen  gefunden.  Eine 
direkte  Abhängigkeit  scheint  mir  übrigens  auch  an  sich  höchst  unwahr- 
scheinlich. In  den  Akten  des  Theodoretus  sagt  dieser  zu  Julian:  cor  regls 
cognoscentis  Deicm  scriptum  est  esse  in  manu  Dei  non  cor  tyranni  ado- 
rantis  idola.  Darauf  erwidert  der  Kaiser:  Stulte,  tyrannum  vocas  impera- 
torem.  Damit  läfst  sich  Pap.  Oxyrh.  Kol.  II  off.  vergleichen:  AvroxQatcoQ 
eiTtev  vvv  ovx  oidag^  ttvi  [AajAfts;  'Aiimavos'  ijttGta^ccL,  A7t[jtt]avbg  rv- 


zeis  gegen  Apollonius,  für  den  Mommsen  ein  ansnahmsweises  Verfahren  insofern 
annimmt,  dafs  der  Kaiser  den  Senat  um  ein  Rechtsgutachten  angeht. 

1)  Celsus  hatte  in  seinem  wahren  Wort  behauptet,  dafs  einzelne  Christen  die 
Statuen  des  Jupiter,  Apoll  und  anderer  Götter  beschimpft  und  geschlagen  hätten, 
um  deren  Ohnmacht  darzuthun.  Dieser  Behauptung  tritt  aber  Origenes  in  Geis. 
Vin  38  nachdrücklichst  entgegen. 

2)  Genauere  Kenner  der  Märtyrerakten  werden  sicherlich  noch  mehr  für 
diesen  Vergleich  geeignete  Parallelen  nachweisen  können ,  doch  kann  es  sich 
dabei  nur  um  solche  aus  unechten  Martyrien  handeln,  deren  Häufung  minder 
wichtig  ist. 


Adolf  Bauer:  Heidnische  Märtyrerakten  45 

r  QccvvG}.  AvtoxQatcoQ'  [ovn]  aXXvc  ßccöiXsi.  In  demselben  Papynis  wendet 
sich  später  Kol.  IV  9  ff.  der  Kaiser  an  Appianos  mit  denWorten' JjCTtLuvt^ 
l(od-afi£v  xal  rj^slg  (icavofitvovc;  xkI  a7Covsvor^^tvor)g  6G)rpQivit,Eiv.  Ähn- 
lich heifst  es  in  den  Akten  des  Tarachus:  Ma|t/u.og  rjysiiiov  alne'  iyto 
OE  7cav6ag  rijg  ^(OQcag  tavf^g  q)Q6vL^6v  0s  tcoltjöco.  In  denselben  Akten 
findet  sich  endlich  die  Aussage  des  Andronikos:  svysvVjg  el^it  xal  tCöv 
7CQ(bt(ov  Tijg  'E(pii6iav  jioltag  vi6g.  Damit  ist  die  nachdrückliche  Be- 
tonung seiner  edlen  A})kunft  durch  Appianos  in  dem  Oxyrhynchos- 
papyrus  zu  vergleichen^  und  was  Isidoros  im  Papyrus  von  Gizeh  sagt: 
iy~\(o  fi£v  ovK  ei^i  öovkog  ovde  ^ovaLxi]g  [x£v]bg^  dk^u  öiaörjaov  nökscog 
\'Jl^l£lav[dQ^Si[ag^  yv^vaöiccQxog. 

Ein  direkter  Zusammenhang  der  heidnischen  und  christlichen  Akten 
könnte  also  höchstens  darin  gefunden  werden,  dafs  man  in  christlichen 
Kreisen  durch  die  Verbreitung  solcher  Akten  und  in  deren  Aus- 
schmückung einem  heidnischen  Vorbild  gefolgt  ist.  Allein  selbst  das 
ist  unwahrscheinlich:  auch  diese  Ubereiustimmuuo;  ist  zufällie-  uud  in 
der  Natur  der  Sache  begründet;  wohl  aber  haben  die  beiden  unab- 
hängig von  einander  aus  analogen  Voraussetzungen  und  durch  gleich- 
artige Interessen  entstandenen  Litteraturzweige ,  wie  der  Vergleich  ge- 
lehrt  hat,  eine  gleichartige  Entwickelung  genommen. 

So  wenig  also  die  christlichen  Märtyrerakten,  weil  sie  in  der  Form 
urkundlicher  Aufzeichnuug  der  Verhandlungen  gehalten  sind,  als 
sclilechthin  echt  betrachtet  werden  können,  ebensowenig  können  die 
Berichte  der  Papyri  über  das  Auftreten  heidnischer  Blutzeugen,  weil 
sie  gleichfalls  die  Form  von  Akten  haben,  durchaus  für  echt  gelten 
und  als  amtliche  Gesandtschaftsberichte  bezeichnet  werden.  In  beiden 
Gruppen  finden  sich  echte  Beispiele  neben  unechten.  Den  Bericht  des 
Claudiuspapyrus  halte  ich  sicherlich  für  authentisch,  die  Darstellung 
des  Oxyrhynchospapyrus  ebenso  sicherlich  für  gefälscht,  den  Papyrus 
über  die  Verhandlungen  vor  Trajan  für  verdächtig;  er  mag  immerhin 
in  der  Hauptsache  auf  authentische  Aufzeichnungen  zurückgehen  und 
nur  die  Szene,,  in  der  Paulus  sich  als  Todeskandidat  an  den  Kaiser 
wendet,  ausgeschmückt  sein. 

An  diese  heidnischen  Märtyrerakten  niufs  somit  derselbe  kritische 
Mafsstab  gelegt  werden,  wie  an  aUe  anderen  litterarischen  Erzeugnisse, 
die  uns  aus  den  Lagern  der  verschiedenen  sich  im  römischen  Reiche 
befehdenden  Parteien  und  Bekenntnisse  vorliegen.  Sie  stellen  sich 
nicht  nur  den  chiistlicheu  Martyrien  uud  Legenden,  sondern  auch  den 
Schriften  des  Apion  und  den  Gegenschriften  Philon's  sowie  den  Bio- 
graphien des  Apollonios  von  Tyana  an  die  Seite.  Wie  diese  zeugen 
sie  dafür,  dafs  in  heidnisch-griechischen  Kreisen  das  Interesse  für  Be- 


•^ 


46  I-  Aufsätze 

kenuer  einer  religiösen  oder  politischen  Überzeugung,  die  mit  der 
römischen  Staatsgewalt  und  deren  höchstem  Yerti'eter  in  Konflikt  ge- 
raten waren,  ebenso  lebhaft  gewesen  ist,  wie  in  jüdischen  das  Interesse 
für  die  gemafsregelten  und  verfolgten  jüdischen,  in  christlichen  für  die 
verurteilten  und  standhaften  christlichen  Glaubensgenossen. 

Die  jüngsten  dieser  heidnischen  und  die  ältesten  christlichen 
Märtyrerakten  gehören  derselben  Zeit  au.  Das  Streben  für  eine  Über- 
zeugung unerschütterlich,  allen  Gewalten  zum  Trotz  einzustehen,  war 
damals  bei  Christen  und  Heiden  gleich  stark  und  verbreitet.  In  den 
Kreisen  der  Montanisten  hat  sich  diese  Neigung  bis  zur  absiclitlichen 
Herbeiführung  des  Martyriums  gesteigert,  aber  auch  in  der  Biographie 
des  Apollonios  von  Tyaua  (Philostrat.  S.  16  ff.  p.  297)  tritt  uns  derselbe 
Zug  entgegen.  Aelianus,  der  dem  Tyaneer  gewogene  praefectus  prae- 
torio,  sucht  Domitian  dadurch  für  den  Propheten  günstig  zu  stimmen, 
dafs  er  den  Kaiser  auf  das  häutige  Bestreben  der  Sophisten  hin- 
weist, absichtlich  ihre  Verurteilung  zum  Tode  herbeizuführen  ('d-avdtov 
yXiyiovxai  xal  ov  7C£Qi^tvovöcv  avrov  t6  avtö^atov,  dkk  STCKSTiüvrac 
rov  d-dvatov  ixxaXovfisvoL  rovg  e%ovTag  i>icpri).  Auch  dem  ApoUo- 
nios  wird  wiederholt  der  Rat  erteilt,  sich  vor  dem  Kaiser  mafsvoU 
und  zurückhaltend  zu  benehmen  und  ihn  nicht  zu  reizen  (jii)  vtcsq- 
oQuv  ^i]de  v7tSQq)Qovstv  avtov).  Diese  Stimmung  der  Geister  bringen 
heidnische  und  christliche  Märtyrer  zum  Ausdruck,  ihr  entspringen 
auch  solche  rhetorische  Übertreibungen,  wie  sie  die  Verantwortungen 
des  Paulus -und  Appianos  und  zahlreiche  unechte  christliche  Martyrien 
enthalten. 

Nicht  nur  religiöse  Überzeugungstreue  hat  also  Einzelnen  die  Kraft 
verliehen,  furchtlos,  ja  selbst  herausfordernd  dem  höchsten  irdischen 
Machthaber  entgegenzutreten.  ^)  Aus  den  stolzen  Worten  der  auch  an- 
gesichts des  Todesurteils  ungebeugten  Griechen,  von  denen  unsere  Papyri 
berichten,  tönt  ein  letzter  Nachhall  des  demokratischen  Tyrannenhasses 
wider,  der  die  Litteratur  der  früheren  Jahrhunderte  erfüUt.  Dies  mufs 
darum  besonders  hervorgehoben  werden,  weil  bisher  von  den  griechischen 
Unterthanen  im  römischen  Reiche  mehr  Beispiele  ihrer  Servilität  vor 
den  Herrschern  als  ihres  Unabhängigkeitssinne's  bekannt  geworden  sind. 
Für   den   selbstbewufsten   Bürgerstolz    der   alexandrinischen   Griechen") 


1)  Es  gehört  bei   den   Orientalen  noch   heute   zu   den  Erfordernissen  mann-, 
haften    Betragens,    in    der   Gefangenschaft    auch    angesichts    des    bevorstehenden 
Todesurteiles   den   Sieger  zu  schmähen.     Diese  Erfahrung  haben   noch  jüngst  die 
Engländer  an  den  gefangenen  Mahdistenführern  gemacht. 

2)  In  Alexandrien  ist  die   Herrschaft  Roms   nicht  immer   als  eine  Wohlthat 
empfunden  worden.    Die  griechische  Bevölkerung  der  Stadt  stand  bei  den  römischen 

< 


Adolf  Rauor:  Heidnische  Märtyrovakten  47 

würden  aber  diese  Berichte  aucli  dann  noch  zeugen^  wenn  sie  reine 
litterarische  Fiktionen  wären,  wofür  ich  übrigens  nicht  einmal  die 
sicherlich  uueclite  Darstellung   des  Oxyrhynchospapyrus  halte. 

Graz,  20.  September  1898.  Adolf  Bauer. 


Behörden  gewifs  nicht  grundlos  in  schlechtem  Ruf.  Allein  die  Urteile  über  die 
Beweggründe  ihrer  Unruhe  und  Widerspenstigkeit  (Seneca  ad  Helv.  l'J,  6,  Cass. 
Dio  39,  58,  vgl.  die  32.  Rede  des  Dien  von  Prusa)  sind  ganz  ausschliefslich  von 
dem  Unmut  diktiert,  den  in  den  regierenden  Kreisen  die  steten  Konflikte  mit 
dieser  leicht  eri-egbaren  und  selbstbewufsten  Bürgerschaft  erzeugt  hatten. 


Der  Chelkiasstein. 

Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Juden  in  Ägypten. 

In  der  ägyptischen  Abteilung  des  Berliner  Museums  befindet  sich 
das  Fragment  einer  Inschriftplatte  von  weifsem  Marmor.^)  Das  Stück 
ist  an  allen  Seiten  abgebrochen,  aufserdem  ist  fast  die  ganze  linke 
Hälfte  der  Inschrift  so  verwischt,  dafs  eine  Lesung  ausgeschlossen  ist. 
Die  gröfste  Länge  des  Fragments  beträgt  33  cm,  die  gröfste  Breite 
24  cm.  Die  Schrift  steht  auf  Linien,  vs^elche  35  mm  Abstand  von 
einander  haben.  Die  Buchstaben  sind  von  sehr  verschiedener  Höhe, 
11 — 19  mm,  sie  stehen  bald  enger  zusammen  bald  weiter  von  einander. 
Erhalten  sind  Reste  von  10  Zeilen;  die  2 — 3  Buchstaben,  welche  auf 
der  über  die  oberste  Linie  hinausragenden  Spitze  des  Fragments 
gestanden  haben,  sind  unleserlich,  die  zweite  Zeile  allein  geht  mit 
deutlichen  Lettern  bis  an  den  linken  Rand  des  Stückes  heran.  Bei 
der  dritten  schimmern  dort  auch  noch  einige  Buchstaben,  ich  glaubte 
övv  oder  ovg  zu  erkennen,  bin  aber  wieder  unsicher  geworden.  Hier 
gebe  ich  nur  die  sicher  erkennbaren  und  setze  die  ersten  Buchstaben 
der  Zeilen  so  untereinander,  wie  sie  auf  dem  Stein  stehen. 

2  XEAKIOYET 

TI2NENTI1ITEME 
lETETIMHKO 
5  AYTI2IAIATOYA 

GEN  EAO 

TPATHrON 
MYZHIETEtj) 
NYnOTHNB 
10  NAOz2iETI2l 


1)  Herr  Prof.  Erman,  dem  ich  für  die  Erlaubnis  zur  Veröffentlichung  ebenso 
zu  Dank  verpflichtet  bin  wie  Herrn  Dr.  Krebs  für  die  Besorgung  eines  Abklatsches, 
hat  den  Stein  von  dem  Dach  des  deutschen  Konsulatsgebiiudes  in  Kairo  mit- 
gebracht; woher  er  stammt,  ist  unbekannt. 


Hugo  Willricli:  Der  Chelkiasstein.  49 

Ich  ergänze: 

XsXxi'ov  örlQutyjyov 
rCiv  iv  r<p  Tf^tji^ft 
To|rg  tSTi^rjxolöi 
avtö  8iä  tov  d 

XeKxCav  6\tQar'\]'yhv 

V  vitb  r&v  ß 
vcc  o  de  r(p 

Dafs  der  Stein  sich  auf  den  jüdischen  General  der  Kleopatra 
Kokke,  Chelkias,  Sohn  des  Onias  und  Bruder  des  Ananias,  bezieht, 
hat  Wilcken^)  erkannt  und  danach  ist  das  Fragment  katalogisiert. 
Wilcken  trug  sich  auch  mit  dem  Gedanken,  dasselbe  zu  veröffentlichen, 
hat  aber  leider  keine  Zeit  dazu  gefunden,  so  mögen  meine  Zeilen  als 
Surrogat  für  die  kompetentere  Beurteilung  dienen. 

Die  Inschrift  ist  trotz  ihres  hoffnungslosen  Zustandes  nicht  ohne 
Interesse,  da  sie  mit  einer  der  merkwürdigsten  Erscheinungen  auf 
ägyptischem  Boden,  der  Oniaskolonie  in  Leontopolis,  in  Verbindung 
steht.  Sie  bestätigt  Dinge,  welche  Josephus  erzählt,  und  empfängt  von 
diesem  einiges  Licht. 

Josephus")  berichtet,  ant.  XIII,  284  f.,  zur  Zeit  des  Johannes 
Hyrkanos  ging  es  nicht  nur  den  Juden  daheim  gut,  sondern  auch 
denen  in  Ägypten  und  auf  Kypros.  Kleopatra  machte  in  dem  Kampfe 
gegen  ihren  Sohn  Ptolemaios  Lathuros  zu  Führern  ihres  Heeres  die 
Söhne  des  Onias,  der  den  Tempel  im  Nomos  von  Heliopolis  gebaut 
hatte,  Chelkias  und  Ananias.  Das  bezeugt  auch  Strabo,  indem  er  sagt, 
die  Truppen  der  Kleopatra  auf  Kypros  seien  zu  Lathuros  al)gefallen 
mit  Ausnahme  der  Juden  aus  dem  Oniasland,  deren  Mitbürger  Chelkias 
und  Ananias  viel  bei  der  Königin  galten. 

Etwas  später,  XIII,  320  ff.  kommt  Josephus  auf  Chelkias  zurück 
und   nennt   auch   hier   neben   Timageues   und  Nikolaos    von  Damaskos 


1)  Wilcken  ist  jetzt  allerdings  zweifelhaft  geworden,  ob  es  sich  nicht  eher 
um  einen  »Sohn  des  Chelkias  handelt.  Der  Gedanke  war  mir  bei  der  ersten 
Lektüre  auch  gekommen.  Wilcken  vermifst,  falls  Chelkias  selber  der  geehrte  war. 
die  Nennung  des  Vaters.  Allerdings  sollte  man  erwaii:eu,  diese  zu  finden,  wir 
werden  aber  doch  wohl  liei  Chelkias  selber  bleiben  müssen,  denn  der  geehrte  ist 
doch  vermutlich  der  argccTriyög  in  Zeile  7,  und  wenn  ein  Sohn  des  Chelkias  auch 
noch  diese  Würde  bekleidet  hätte,  würde  .Josephus  gewifs  seiner  rühmend  ge- 
denken. 

2)  ed.  Niese. 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  1.  4 


50  I-  Aufsätze 

den  Strabo  als  seine  Quelle.  Josephus  schildert  an  dieser  Stelle  die 
erfolgreichen  Kämpfe  des  Ptolemaios  Lathnros  gegen  den  Judenkönig 
Alexander  Jannaios  und  gegen  die  Stadt  Ptolemais.  Als  Kleopatra 
davon  hörte,  fürchtete  sie,  der  Sohn  könne  ihr  gefährlich  werden,  und 
so  ging  sie  auf  Alexanders  Bitten  um  Unterstützung  ein;  sie  selbst 
brach  mit  einem  Heer  vmd  einer  Flotte  gegen  Lathuros  auf,  Chelkias 
und  Ananias  waren  Führer  der  Armee,  mit  welcher  die  Königin 
Ptolemais  belagerte.  Auf  eine  uns  nicht  erklärte  Weise  hat  Lathuros 
jetzt  einen  Handstreich  auf  Ägypten  unternommen,  der  aber  mifslungen 
ist.  ^)  Er  muls  durch  irgendwelche  Manöver  das  feindliche  Heer,  das 
doch  zwischen  ihm  und  Ägypten  stand,  umgangen  haben.  Chelkias 
verfolgte  Lathuros,  als  man  seine  Absichten  merkte,  aber  er  starb  auf 
dem  Wege  in  Koile  Syrien;  unter  welchen  Umständen,  wird  nicht 
gesagt.  Diese  Partie  wird  bei  Josephus  merkwürdig  kurz  behandelt, 
daraus  hat  dann  v.  Gutschmid  in  den  Anmerkungen  zu  Sharpes  Ge- 
schichte Ägyptens-)  den  Verdacht  geschöpft,  Josephus  wolle  hier 
etwas  für  Chelkias  Unrühmliches  vertuschen,  v.  Gutschmid  kombiniert 
damit  die  Stelle  bei  Justin  XXXIX,  4  „wec  filium  regno  expidisse 
contenta  {Cleopatra)  hello  Cypri  exulantem  perseqiiitur.  Unde  pulso 
interficit  ducem  exercitus  sui,  qiwd  vivum  eum  e  manibus  misisset, 
quamquam  Ptoletnaeus  verecundia  materni  belli  non  viribus  minor  ab  in- 
sida  recessisset"  Dieser  Feldherr  soll  Chelkias  gewesen  sein,  Josephus 
habe  verschweigen  wollen,  dafs  er  als  Verräter  verurteilt  wurde; 
die  Unfähigkeit  der  jüdischen  Generale  allein  habe  den  plötzlichen 
Angriff  des  Lathuros  auf  Ägypten  ermöglicht.  Letzteres  ist  wohl 
richtig,  aber  müssen  wir  darum  glauben,  dafs  Chelkias  so  kläglich 
endete?  Nach  dem  Wortlaut  des  Justin  mufs  man  annehmen,  dafs 
der  betreffende  Feldherr  umgebracht  wurde,  weil  er  den  Lathuros  aus 
Kypros  entwischen  liefs;  Justin  meint,  dafs  eigentlich  von  einem  ent- 
wischen lassen  nicht  geredet  werden  könne,  da  Lathuros  ja  keineswegs 
der  schwächere  war^),  sondern  aus  Pietät  die  Insel  räumte:  die  Ver- 
urteilung sei  also  ungerecht  gewesen.  Daran  ist  zweifellos  richtig, 
dafs  Lathuros  in  Kypros  die  Oberhand  hatte,  als  er  die  Insel  verliefs, 
denn  sonst  konnte  er  nicht  daran  denken,  in  Syrien  Eroberungen  zu 
machen.  Wir  haben  ja  auch  von  Strabo  gehört,  dafs  alle  Truppen 
der  Kleopatra  auf  Kypros  zu  Lathuros  übergegangen  Avaren  mit  Aus- 
nahme der  Oniasjuden.     Demnach   kami  man  es   sich  kaum  vorstellen, 

1)  Dazu  vergl.  Strabo  XVII,  794. 

2)  Deutsch  von  Jolowicz  II,  7  f. 

3)  Also  ist  der  von  Justin  eben  gebrauchte  Ausdruck   ,,unde  pulso"  bei  ihm 
sehr  unangebracht. 


Hugo  Willrich:  Der  Chelkiasstein  51 

dafs  ein  Feldherr  der  Kleopatra  in  dieser  Zeit  aus  dem  angegebenen 
Grunde  hingerichtet  Avurde.\)  Justins  Behauptung,  Ptok'inaios  habe 
verecimdia  materni  helU  die  Insel  verlassen,  Aviderspricht  nicht  nur 
den  Thatsachen,  sondern  ist  bei  dem  Verhältnis  zwischen  Mutter  und 
Sohn  geradezu  unsinnig.  Es  wäre  also  denkbar,  dals  Justin  hier  eine 
seiner  vielen  Konfusionen  gemacht  hätte  und  das  Ende  des  Feldherrn  in 
falschem  Zusammenhang  erwähnte.  Dennoch  kann  es  sich  nicht  gut  um 
Chelkias  handeln,  wie  das  weitere,  Verhalten  des  Ananias  zeigt.  Als 
nämlich  bald  nachher  Alexander  Jannaios  der  Königin  seine  Aufwartung 
machte,  und  ihre  Vertrauten  ihr  rieten,  den  Judenkönig  zu  beseitigen, 
um  sein  Land  in  Besitz  zu  nehmen,  da  hielt  der  Widerspruch  des 
Ananias  sie  zurück.  Er  drohte,  Kleopatra  werde  sich  dadurch  alle 
Juden  zu  Feinden  machen,  und  darauf  mochte  sie  es  nicht  ankommen 
lassen.^)  Man  fragt  sich  nun,  sollte  Ananias,  der  sich  so  energisch 
für  den  Makkabäer,  also  den  Inhaber  des  von  Rechtswegen  den  Aaro- 
niden  zustehenden  Thrones,  ins  Zeug  legte,  ganz  ruhig  geblieben  sein, 
wenn  sein  eigener  Bruder  hingerichtet  wurde?  Sollten  die  Oniasjuden 
sich  nicht  für  die  Ermordung  ihres  Hauptes  gerächt  haben?  Unter 
diesen  Umständen  ist  es  doch  wahrscheinlich,  dafs  Chelkias  eines 
natürlichen  Todes  gestorben  ist,  zumal  er  als  Sohn  des  Tempel- 
gründers Onias  schon  hoch  bei  Jahren  gewesen  sein  mufs. 

Leider  sagt  unsre  Inschrift  nicht,  für  welche  Thaten  Chelkias  mit 
dem  goldenen  Kranz  geehrt  worden  ist,  ebensowenig  sehen  wir,  von 
wem  die  Ehrung  ausging.  Das  in  Zeile  3  erwähnte  ts^isvog  ist  wohl 
der  Tempelbezirk  von  Leontopolis,  dieser  wird  so  bezeichnet  bei  Jos. 
bell.  VII,  430  und  434  und  in  den  Sibyllinen^)  V,  493.  Besonders  be- 
dauerlich ist  es,  dafs  am  Anfang  der  dritten  Zeile  die  Schrift  so  ver- 
wischt ist,  es  war  dort  von  Leuten  die  Rede,  welche  in  irgendwelcher 
Beziehung  zu  dem  ray^svog  standen. 

Über  die  Stellung  dieser  jüdischen  Kolonie  im  Rahmen  des  Ptole- 
mäischen  Staatswesens  können  wir  uns  jetzt  ein  klareres  Bild  machen. 


1)  Näher  läge  es,  zu  vermuten,  dafs  er  für  den  Üljertritt  der  ihm  unter- 
stellten Truppen  büfsen  mufste. 

2)  So  stellt  es  Josephus  dar,  und  in  der  That  wäre  bei  der  von  Lathuros 
noch  immer  drohenden  Gefahr  der  Abfall  der  ägyx^tischen  Judenschaft  sehr  be- 
denklich gewesen.  Doch  hat  MahafFy,  empire  of  the  Ptolemies  pag.  412  gewifs 
Recht,  wenn  er  meint,  dafs  auch  die  Furcht  vor  Rom  dabei  mitspielte.  Rom  hatte 
es  verhindert,  dafs  Autiochos  Epiphanes  Ägypten  unterwarf,  es  hätte  ebensowenig 
geduldet,  dafs  die  Ptolemäer  in  Syrien  wieder  eine  Grofsmachtstellung  zu  ge- 
winnen suchten. 

3)  ed.  Rzach  1891. 

4* 


52  I-  Aufsätze 

als  das  bisher  möglich  war  oder  wenigstens  geschehen  ist.^)  Ptole- 
maios  Philometor  wies  dem  im  Jahre  170  v.  Chr.  aus  Jerusalem  ver- 
triebenen Hohenpriester  Onias,  Simons  Sohn,  und  dessen  Anhängern 
ein  öxvQco^a  der  wilden  Bubastis  an,  ein  verfallenes  Kastell,  das  jetzt 
erneuert  wurde.  Der  Tempel  von  Leontopolis  sollte,  wie  es  bei 
Josephus  bell.  VII,  424  f.  heilst,  ein  Zentrum  für  den  Kampf  der 
Juden  gegen  Antiochos  Epiphanes  werden,  der  den  Tempel  in  Jerusalem 
zerstört  hatte.  So  traten  die  Juden  des  Onias  in  ein  enges  Verhältnis 
zur  Dynastie  des  Ptolemaios.  Onias ')  selber  hat  nach  Apion  einmal 
ein  kleines  Heer  gegen  Alexandeia  geführt,  vermutlich  im  Interesse 
des  Philometor  gegen  Physkon.^)  Auch  noch  nach  der  Generation 
des  Chelkias  und  Ananias  bewahrten  sie  ihre  eigentümliche  militärische 
Organisation.  Als  Mithradates  von  Pergamon  den  in  Alexandreia  be- 
lagerten Caesar  entsetzen  wollte,  waren  sie  zum  Kampf  für  Ptolemaios 
gegen  Mithradates  bereit,  erst  Antipatros,  dem  Vater  Herodes  des 
Grofsen,  gelang  es,  sie  auf  Caesars  Seite  zu  ziehen,  indem  er  ihnen 
Briefe  des  Hohenpriesters  Hyrkanos  II  vorzeigte.  Jos.  bell.  I,  190. 
ant.  XIV,  131  f. 

Schon  allein  dieses  kriegerische  Auftreten  jener  Kolonisten,  das 
einen  merkwürdigen  Gegensatz  zu  dem  sonstigen  Verhalten  der  Juden 
in  der  Diaspora  bildet,  würde  darauf  hinführen,  dafs  Philometor  sie 
nach  dem  Muster  einer  makedonischen  Militärkolonie  organisierte^), 
wir  bekommen  aber  noch  eine  weitere  Bestätigung  dafür.  Ich  glaube, 
gezeigt  zu  haben  ^),  dafs  der  unter  dem  Namen  Hekataios  von  Abdera 
schreibende  jüdische  Geschichtsfälscher,  seiner  Maske  als  Zeitgenosse 
des  Ptolemaios  I  entsprechend,  diese  Ansiedelung  unter  Philometor 
und  Onias  in  eine  solche  unter  Soter  I  und  dem  eigens  für  diesen 
Zweck  erfundenen  Hohenpriester  Ezechias^)  verwandelt.     Dem  Pseudo- 

1)  Z.  B.  eben  noch  bei  Schürer,  Gesch.  des  jüd.  Volkes  im  Zeitalter  Jesu 
Christi.    3.  Aufl.  Bd.  III,  p.  97  f. 

2)  Über  diesen  Mann  und  die  Vorgeschichte  der  makkabäischen  Erhebung 
ist  Wellhausen  auf  Grund  der  von  mir  gegebenen  Quellenanalyse  zu  besseren  Er- 
gebnissen gelangt  als  ich,  Juden  und  Griechen  vor  der  makkab.  Erhebung  pg.  llSif. 
Ich  schliefse  mich  jetzt  durchaus  der  von  ihm  in  der  dritten  Auflage  der  israeli- 
tischen und  jüdischen  Geschichte  gegebenen  Darstellung  an,  p.  ÜJi?  ff.,  246  ff.  und 
Götting.  gel.  Anzeig.  1895  pg.  952  ff. 

3)  Vergl.  Juden  und  Griechen  pg.  142  ff. 

4)  Über  diese  vergl.  Schulten  im  Hermes  XXXII,  pg.  521  ff.  Dazu  E.  Meyer 
a.  a.  0.  XXXni,  pg.  C43  ff.  Lumbroso  TEgitto  dei  Greci  e  dei  Romani  2  Aufl., 
pg.  80  ff. 

5)  Juden  und  Griechen  pg.  24—32  und  126  fl'.,  dazu  Wellhausen  in  den  Gott. 
gel.  Anz.  1895  pg.  952  ff.  und  Wileken,   Berl.  philol.  Wochenschr.  1896  pg.  1461  f. 

6)  Dieser  Ezechias  läfst  sich  in  der  von  Josephus  aus  seinen  andern  Quellen 


Hugo  Willrich:  Der  Chelkiasstein  53 

Hekataios  lag  daran,  möglichst  viel  von  den  intimen  Beziehungen  der 
Juden  zu  griechischen  Fürsten  erzählen  zu  können,  zu  diesem  Zweck 
verlegte  er  auch  allerlei  geeignete  Dinge,  die  ihm  zeitlich  nahe  standen, 
mit  einigen  äufserlichen  Änderungen  in  die  Periode  Alexanders  und 
der  Diadochen^)  oder  auch  der  Perser.  Er  sagt  nun  bei  Jos.  c. 
Ap.  I,  189,  der  Hohepriester  Ezechias  habe  alle  Zwistigkeiten  unter 
den  Seinen  beigelegt  „d%8v  yccQ  tyjv  xcctoi'yjjöiv  avtäv  yial  rrjv  TtoXi- 
rsiccv  yEyQcc^fievYjv".  Die  xatoiKrjöig  ist  die  Anlegung  einer  xatoixtcc, 
dieses  Wort  kann  nun  allerdings  verschiedene  Arten  von  Ansiedelungen 
bezeichnen,  wenn  die  xaroixovvrsg  aber  militärisch  organisiert  sind,  so 
bedeutet  es  natürlich  eine  Militärkolonie.  Dafs  dies  bei  den  angeblich 
unter  Ptolemaios  I.  in  Ägypten  angelegten  jüdischen  Niederlassungen 
der  Fall  war,  zeigt  uns  Pseudo-Aristeas,  der  in  seinen  Erzählungen 
über  das  Verhältnis  der  Juden  zu  jenem  Herrscher  offenkundig  von 
dem  bei  ihm  zitierten  Pseudo  -  Hekataios  abhängt  und  also  zu  dessen 
Ergänzung  dienen  kann.  Aristeas  sagt^),  Ptolemaios  I.  habe  100  000 
Juden  nach  Ägypten  übergesiedelt,  davon  habe  er  30  000  auserlesene 
Männer  im  Lande  in  Kastellen  angesiedelt  „£ij  rijv  lä^av  xataxL^sv 
iv  rotg  cpQOVQiOiq,"  es  handelt  sich  also  um  mehrere  Militärkolonien,  vgl. 
auchp.  20  „cpQOVQia  zti'öccg  aniÖcoxsv  avtolq."^)  Auch  in  dem  gefälschten 
Brief  des  Onias  an  Philometor  und  Kleopatra  ist  aufser  von  Leonto- 
polis  im  Gau  von  Heliopolis  noch  von  äXkoi  tOTtot  rot)  id'vovg  die  Rede, 
Jos.  aut.  XIII,  65,  welche  durch  die  Tempelgründung  den  bisher 
fehlenden  religiösen  Halt  bekommen  sollen.  Nun  heifst  es  in  der  inter- 
polierten Stelle  Jesaia  19,  18  ff,  wo  vom  Tempel  von  Leontopolis  die 
Rede  ist,  es  würde  in  fünf  Städten  Ägyptens  die  Sprache  Kanaans 
geredet  und  bei  Jahve  geschworen  werden,  eine  davon  werde  heifsen 
Ir-ha-heres   d   h.   Heliopolis.     Wellhausen  "^j    nimmt   gewifs   mit   Recht 


konstruiei-ten  Liste  der  Hohenpriester  nicht  unterbringen,  vgl.  Juden  und  Griechen 
108—111. 

1)  Wer,  wie  z.  B.  Schürer  a.  a.  0.  p.  20,  noch  daran  festhält,  dafs  Ptole- 
maios I.  100,000  Juden  nach  Ägypten  brachte  und  30,000  Krieger  zu  Besatzungs- 
truppen verwendete,  der  wird  vor  die  unangenehme  Aufgabe  gestellt,  zu  erklären, 
wie  so  bedeutende  Dinge  in  dem  äufserst  sorgfältigen  Geschichtswerk  des  Zeit- 
genossen und  Statthalters  von  Syrien,  Hieronymos  von  Kardia,  einfach  übergangen 
werden  konnten.  Sollte  dieser  treffliche  Mann  wirklich  aus  Neid  und  Mifsgunst 
die  Juden  totgeschwiegen  haben,  wie  Josephus  c.  Ap.  I,  213  meint?  Die  einfachste 
Lösung  ist  doch  wohl,  dafs  er  nichts  von  ihnen  erzählte,  weil  sie  in  dieser  Zeit 
nur  eine  sehr  unbedeutende  Rolle  spielten. 

2)  pg.  15  der  Ausgabe  von  Moritz  Schmidt  in  Merx'  Archiv. 

3)  Diese  bezeichnet  schon  Lumbroso  a.  a.  0.  pg.  85  f.  als  Militärkolonien. 

4)  Israel,  u.  jüd.  Gesch.,  3.  Aufl.  pg.247. 


54  I-  Aufsätze 

an,  dafs  diese  fünf  Gemeinden  araniäisch  reden,  nicht  griechisch,  wie 
etwa  andere  Judengemeiuden  in  Ägypten,  weil  sie  erst  vor  kurzem  die 
Heimat  verlassen  und  somit  die  Muttersprache  noch  nicht  aufgegeben 
haben.    Er  weist  darauf  hin,  dafs  die  Gemeinde,  oder  sagen  wir  auroi- 
xi'a    von   Heliopolis   verschieden    ist    von    der    von    Leontopolis.     Eine 
dritte    und    vierte    Militärkolonie    müssen    nach    Jos.  bell.  I,  190    und 
aut.  XIV,  131  f.   vorausgesetzt    werden.     Als    nämlich    die    Juden    des 
Oniaslandes,    zwischen    Pelusion    und  Memphis,    sich   mit    Mithradates 
von  Pergamon  vereinbart  haben,  lassen  es  auch  die  ttsql  Me^rpiv  oder 
xarä  Ms^cptv  nicht  zum  Kampfe  kommen,   sondern   schliefsen  sich  an, 
also  auch  hier  finden  wir  Juden  in  Kriegsbereitschaft.^)   Als  dann  Mithra- 
dates über  den  Nil  gegangen   ist  und   an  der  Westseite  des  Delta  auf 
Alcxandreia   marschiert,    trifft   er   auf  die  Feinde  bei   einem  'lovdaicjv 
ötQKrÖTtsdov,  das  nur  als  Militärkolonie  anfgefafst  werden  kann.     Nun 
wird   noch    ein    vicus  ludaeormn   im   Itinerarium  Antonini   und   in  der 
notitia  dignitatum   ein  castra  ludaeorum  in  der  Provinz  Augustamnica, 
also   östlich   des  Delta   erwähnt;   wo    dieselben   gelegen    haben,   ob  sie 
mit   einander  identisch  sind   oder   eins   von  ihnen  mit   dem  Oniaslaud, 
das    ist    nicht    auszumachen.      Das    Oniasland    glaubt   Naville   bei    der 
Station  Schibin  el  Kanätir  an  der  Bahnstrecke  Kairo-Zakazik  in  einem 
Teil  el-Jahudijeh  gefunden  zu  haben-),    die  Lage  stimmt  auch  einiger- 
mafsen   zu    der  von  Josephus    angegebenen   Entfernung    von  Memphis 
und   die  Ruinen   deuten   auf  eine  ehemalige  Festung.     Ein  andrer  Teil 
el-Jahudijeh  liegt  weiter  nordöstlich  an  der  Strafse  nach  Pelusion  bei 
dem  alten  Belbeis^),  der  kommt  ebenfalls  für  uns  in  Frage.    Es  lassen 
sich   also    wirklich   fünf  jüdische  Ortschaften   nachweisen,    die  wir   als 
KcnoLxiai   bezeichnen   dürfen,    und    es   ist  gewifs  kein  Zufall,    dafs  sie 
alle  an  dem  Wege  von  Pelusion  nach  Alexandreia  liegen.    Wir  erkennen 
die  Absicht,  den  Weg  von  Syrien  nach  der  Hauptstadt  des  Landes  auf 
diese  Weise  zu  sichern,  denn  wer  Alexandreia  von  Asien  aus  angreifen 
wollte,  mufste  so  marschieren  wie  Mithradates  und  vor  ihm  Antiochos 
Epiphanes.     Dem   letzteren   und   etwaigen   gleichgesinnten  Nachfolgern 
sollte    das   Spiel    für    die   Zukunft    erschwert    werden,    und   man   kann 
nicht  leugnen,  dafs  die  jüdischen  Todfeinde  der  Syrer  zu  diesem  Zweck 
ganz  geeignet  erscheinen  konnten.     Ob  sie  sich   sonst,    wenn  ihr  reli- 


1)  In  und  um  Memphis  gab  es  auch  andere  xarommr.    Vergl.  Niese,  Geschichte 
der  griechischen  und  makedonischen  Staaten  11,  Ulf. 

2)  The  mound  of  the  jew  and  the  city   of  Onias.     VIT  mem.  des  Egypt  Ex- 
ploration fund.     London  1890  pg.  17  ff. 

.'{)   Hier    möchte   Schürer  a.  a.  0.  p.  5)8   den    Tempel    lieber    suchen.     Vergl. 
auch  Atlas  of  the  ancient  Egypt.     London  189-4.  Karte  III  u.  8. 


Hugo  Willrich:  Der  Chelkiasstein  55 

giöser  Fauatismus  nicht  in  Frage  kam,  durcli  soldatische  Tugenden  in 
so  hohem  Grade  auszeichneten,  wie  Josephus  und  seine  apologetischen 
Quellen  uns  glauben  machen  möchten,  das  wird  man  billig  bezweifeln 
dürfen,  demi  ihre  zahlreichen  uns  berichteten  Heldenthaten  im  Dienste 
hellenistischer  Fürsten  ertragen  eine  Beleuchtung  nicht.  Der  Vergleich 
der  Einleitung  des  sogenannten  dritten  Makkabäerbuches  mit  Poly- 
bios  V,  81  ist  recht  charakteristisch  für  die  befolgte  Methode,  deren 
schönstes  Ergebnis  wohl  der  mit  Gottes  Hilfe  von  SOOO  Juden  über 
120  000  Galater  bei  Babylon  erfochtene  Sieg  sein  dürfte.^) 

Aus  der  Existenz  jener  jüdischen  Militärkolonien  erklärt  sich  ohne 
Zweifel  die  mehrfach  bei  Josephus  und  seinen  Quellen  vorkommende 
befremdliche  Behauptung,  die  Ptolemaier  hätten  den  Juden  die  Festungen 
des  Landes  anvertraut.  Daran  haben  sie  gewifs  nicht  gedacht,  am  aller- 
wenigsten Soter  L,  zumal  gerade  er  es  erlebt  hatte,  dafs  die  Juden 
ihre  heilige  Stadt  Jerusalem  ohne  einen  Schwertstreich  in  seine  Hand 
fallen  liefsen,  als  er  sie  am  Sabbat  angriff.  Erst  in  dem  makkabäischen 
Befreiungskampf,  also  zu  Onias'  Zeit,  begannen  die  Juden,  wenn  sie 
direkt  angegriffen  wurden,  am  Sabbat  Waffen  anzufassen,  noch  lange 
Zeit  nachher  weigerten  sie  sich,  an  diesem  Tage  zu  marschieren.  Auch 
von  den  Oniasjuden  erfahren  wir  keine  Heldenthaten,  über  Onias  und 
Dositheos  machte  Apion  sich  lustig,  Chelkias  und  Ananias  sind  offen- 
bar keine  grofsen  Strategen  gewesen  und  ihre  Nachkommen  vermieden 
schliefslich  doch  noch  den  Kampf  für  die  Dynastie,  als  an  ihre  lands- 
mannschaftlichen Gefühle  appelliert  wurde.  Trotzdem  haben  diese  Kolo- 
nisten auf  einer  ganz  andern  Stufe  gestanden  als  die  Bewohner  des 
Ghettos  in  Alexandreia  und  anderen  Städten.  Die  Juden  stehen  übrigens 
als  imgriechische  Militärkolonisten  in  Ägypten  nicht  allein,  wir  finden 
auch  z.  B.  Thraker  und  Galater^)  als  solche.  Das  Auftreten  der  Onias- 
juden bestätigt  aufs  beste  Wilcken's'^)  Meinung,  dafs  die  Kleruchen  der 


1)  II.  Makk.  8,  20.     Vergl.  Juden  und  Griechen  28  f.  148. 

2)  Bei  Polybios  V  65;  nach  Jos.  ant.  XI,  3iö  hätte  Alexander  auch  8000  Sama- 
riter mit  nach  Ägypten  gebracht  und  daselbst  zur  Sicherung  des  Landes  angesiedelt. 
Das  kann  nicht  richtig  sein,  denn  alle  anderen  Quellen  schweigen  davon,  und  das, 
was  Curtius  Rufus  IV,  8,  10  f.  über  das  Verhalten  der  Samaritaner  berichtet,  steht 
in  direktem  Widerspruch  zu  den  freundschaftlichen  Beziehungen  zwischen  ihnen 
und  dem  König,  von  denen  Jos.  auch  a.  a.  0.  321  fi".  redet.  Josephus'  Quelle  ist 
äufserst  trübe,  aber  es  wäre  trotzdem  möglich,  dafs  in  späterer  Zeit,  als  man  sich 
mehr  und  räehr  angewiesen  fand,  barbarische  Elemente  in  das  zu  Ptolemaios  I. 
Zeit  rein  griechische  Heer  aufzunehmen,  auch  samaritanische  Militärkolonisten  in 
Ägypten  existierten,  denn  wir  wissen  ja,  dafs  auch  dieses  Volk  doi't  stark  ver- 
treten war. 

3)  Götting.  gel.  Anz.  1895  pg.  132  f.  und  D.  Litt.-Ztg  1896  pg.  1389. 


56  I-  Aufsätze :  Hugo  Willrich:  Der  Chelkiasstein 

uns  unter  den  Papyri  erhalten  Testamente  aktive  Soldaten  sind.  Dasselbe 
thut  aucli  die  Drohung  des  Ptolemaios  gegen  die  Juden  in  Jerusalem, 
j{/.kr^Qov%ri6ELV  avrav  trjv  yfiv  ....  neu  Tts'fiipaLV  tovg  evoiicr]6avrag 
öTQaricötag",  Jos.  ant.  XII,  159.  Die  Generation  des  Chelkias  und 
Ananias  bildete  die  imyovri  der  icdtoixoL  des  Onias  imd  Dositheos. 
Die  getreuen  Oniasjuden  auf  Kypros  waren  ix  rav  imyovav  ausgehoben, 
wie  es  in  der  herangezogenen  Polybiosstelle  von  den  Thrakern  und 
Galatern  heifst.  Die  von  Pseudo-Hekataios  erwähnte  nolixeia  ist  das 
Statut  der  Kolonie,  nolixag  der  Oniasjuden  nennt  Strabon  den  Chelkias 
und  Ananias,  eine  TtoXtxvrj  nach  Jerusalems  Vorbild  gründete  Onias 
nach  Jos.  bell.  I,  153.  Eine  eigentliche  Ttöhg  ist  die  Ansiedelung  ebenso- 
wenig gewesen  wie  die  sonstigen  xaTotmccL^),  wenn  sie  auch  nach 
städtischer  Weise  organisiert  waren. 

Göttingen.  Hugo  Willrich. 


1)  Vergl.  E.  Meyer  a.  a.  0.  pg.  643. 


Ptolemaic  Papyri  in  the  Gizeh- Museum. 

While  at  work  upon  the  catalogue  of  the  Greek  papyri  in  the 
Gizeh- Museum,  which  will  form  part  of  the  official  catalogue,  now  in 
course  of  preparation,  of  the  antiquities  of  the  Museum,  we  have  had 
occasion  to  copy  some  of  the  more  interesting  texts.  Of  the  documents 
in  the  collection  helonging  to  the  Ptolemaic  period,  which  are  for  the 
most  part  extremely  fragmentary,  the  three  printed  below  are  the  most 
important.  Two  of  these  (Inv.  Nos.  10351  and  10371)  are  closely 
connected  with  each  other;  and  their  historical  interest  naturally  gives 
them  the  first  place.  Their  provenance  is  Gebelen,  near  the  ancient 
Crocodilopolis;  and  their  subject  is  a  quarrel  which  occurred  between 
the  inhabitants  of  that  town  and  those  of  the  neighbouring  Hermouthis 
(Erment)  in  the  48*'»  year  of  Euergetes  II  (B.  C.  123).  Both  documents 
are  written  by  inhabitants  of  Crocodilopolis,  who  represent  the  Her- 
monthites  as  the  aggressors.  The  population  of  Hermonthis  appears  to 
have  been  particularly  restless  and  troublesome  at  this  period.  Two  other 
extant  papyri  refer  to  disputes  or  disturbances  which  took  place  there 
about  the  same  time.  The  earlier  of  these  is  an  unpublished  papyrus 
in  the  British  Museum  (DCX,  cf  Grenfell,  Gr.  Pap.  I  p.  64),  dated  in 
the  So''*  year  of  Philometor,  in  which  the  priests  of  Hermonthis  peti- 
tion  the  king  respecting  a  dispute  with  the  priests  of  Pathyris.  The 
subject  of  the  quarrel,  which  was  sufficiently  bitter  to  result  in  blood- 
shed,  was  the  ownership  of  an  island  to  which  both  sides  laid  claim. 
Our  second  source  of  Information  is  the  letter  of  a  soldier,  written  in 
the  40*''  year  of  Euergetes  II  (ReviUout,  Melanges  295;  Strack,  Dynastie 
der  Ptolemäer  46,  n.),  which  speaks  of  a  military  expedition  to  Her- 
monthis whose  inhabitants  were  in  revolt.  The  Gizeh  papyri  carry  on 
the  history  seven  years  later,  and  complete  the  picture  of  disorder  and 
misgovernment  prevailiug  in  the  Thebaid  during  these  troublous  times. 

No.  10351  is  made  up  of  four  fragments,  containing  three  columns 
of  writing,  the  last  of  which  is  upon  the  verso.  The  mutilation  of 
the  beginning  of  col.  I  and  the  end  of  col.  III  makes  it  uncertain  who 
were    the    writers   of  the    document   and    whom    thev    addressed:    and 


58  I-  Aufsätze 

also  whether  tliej  were  presenting  a  petition  or  simply  giving  infor- 
niation.  The  tone  of  the  opening  formula  aud  the  fulness  of  the 
cletails,  some  of  wliich  woulcl  be  irrelevant  in  a  petition,  favour  the 
latter  hypothesis.  Nr.  10371,  consisting  of  two  fragnieuts,  is  a  petition 
to  Amphicles,  the  vito^vri^aTO'yQdcpog  ^  from  the  priests  of  Sonchos  at 
Crocodilopolis  (Avho  may  also  be  the  writers  of  No.  10351),  relatiug 
to  the  sanie  aggression  but  with  special  reference  to  the  damage  done 
to  the  property  of  the  king  and  of  their  temple.  The  narrative  is  a 
good  deal  more  compressed  here  than  in  the  previous  document,  which 
however  it  Supplements  in  one  or  two  details.  Putting  the  two  accounts 
together  we  arrive  at  the  following  series  of  events.  About  Thoth  1 
in  the  48"'  year  (10371.  4.,  10351.  10)  the  inhabitants  @f  Hermonthis, 
aided  bv  reinforcements  from  the  surroimding  villasjes,  made  nine 
breaches  in  the  dyke  to  the  north  of  Crocodilopolis  (10351.  5flf.),  i.  e., 
on  the  side  nearest  their  own  town.  On  Thoth  3  the  attack  was  re- 
peated  on  the  further  side  of  Crocodilopolis,  where  the  Hermonthites 
effected  fifteen  more  breaches  in  the  dyke  (10351.  lOff.)^  having  pre- 
viously  killed  the  guards  stationed  there  (10371.  6).  They  then  marched 
close  up  to  Crocodilopolis  itself,  and  besieged  an  outpost  (10371.  11); 
a  general  eugagement  resulted,  in  which  the  Hermonthites  were  defeated 
(10351.  15  — 18).  On  the  thirteenth  (of  the  same  month?)  a  force 
from  Hermonthis  came  np  the  Nile  to  Crocodilopolis  in  a  boat,  and  a 
fight  took  place  on  the  river;  while  simultaneously  an  engagement  oc- 
curred  on  land  in  which  both  the  cavalry  and  infantry  of  the  rival 
eitles  took  part  (10351.  20ff.).  At  this  point  the  narrative  breaks  off. 
When  it  is  resumed  (10351.  30),  the  scene  has  shifted  to  the  sa- 
cred  island  of  Souchos,  where  another  pitched  battle  was  fought;  but 
whether  this  was  an  the  same  day  as  the  events  already  described  or 
upon  a  subsequent  occasion  cannot  be  determined.  During  this  engage- 
ment a  number  of  priests  (?)  who  were  assisting  the  Crocodilopolites  and 
were  probably  inhabitants  of  the  island,  were  routed  and  fled  to  the 
river,  where  many  of  them  were  drowned.  Apparently  the  Crocodilo- 
polites as  a  whole  wei*e  worsted  on  this  occasion;  but  in  any  case  this 
was  the  end  of  the  fighting,  for  in  the  uext  scene  (10351.  46  If.)  they 
are  represented  as  sending  a  deputation  to  Hermonthis,  on  the  invita- 
tiou  of  that  town,  to  arrange  terms  of  peace.  The  commissioners  of 
the  rival  eitles  seem  to  have  settled  their  differences  in  a  very  con- 
vivial  manner.  In  the  transcription  of  the  texts  we  have  followed  our 
usual  method.  Round  brackets  denote  expansions  of  abbreviations ; 
sr(uare  brackets,  lacunae;  double  Square  brackets,  erasures  in  the  ori- 
ginal; angular  brackets,  letters  mistakenly  omitted. 


Grenfell-Hunt :  Ptolemaic  Papyri  in  the  Gizeh-Museum.  59 

Gizeh  Museum  luv.  No.  10351, 

Col.  I. 

Frs.  (a)  +  (c). 

[Ol  iv  KqoxoöslXo^v  tioXel  7C8[ 

[ \aVl   %cäQ[£LV 

[ W^t]«    TtQOatQSÖLV   U7l\ 

\iQQG)li\i%^a  xavtol  ö'  vyudvo^L\Ev 

5  [ I  rav  1  a\i,  ^EQ\lä\v^^^t(og  mißwayu- 

yövrcov  tbv  ix  rav  7C?i[rj6io\v  xco^av  Xabv 
xal  f-jtskO'ovtcov  inl  xo  «;r[6]  ßoQQä  t%  ÄoAfcjg 
rmixsQov  ßaöilixov  xojf^uc,  TtQbg  to  aöTtoQcöca 
rä  Ttedia  tjfiäv  xcd  tijv  noXiv  anod-kißfivat^ 

10  XvQavTSi;  ixiQr'j^ara  ^^  avilv6av.     rfJL  ds  y 
rov  avtov  ^y]v[o^g  Tcäliv  TtaQuysvo^evcov 
räv  avTöv  7ch]d'cov  6vv  OTcloig  iitl  xo  äiih 
voxov  xriq  TCokEog  b^oicoq  xü^ia  xal  Xv6av- 
Tsg  ixxQrj^axa  ls  eig  nh]Qco6iv  ixxQtj^K- 

15  xcov  xÖ^  xal  xax    avxi]v  Öe  rijv  nökiv  ysvö- 
^svoL  övvatl^avxsg  tj^lv  öl    onXav  iidyriv^ 
öijv  da  Tiji  xG)[v]  ßaöiXecov  xal  xy]i  g(S]}i  T[i5];|^7;t 
(Svvißy]  xQO'Ji\w%^i]vaL\  avxovg  xal  xä  [j^Jw^tiaTo: 

Frs.  (d)  +  (b). 

avxovg   eco[ -..].[ ]  avxotg  a[ 

20  xijL  de  iy  xov  [ ol  «|]  'EQ^c6v9-\^Ecog .  .  . 

7taQaysv<^öfi£vyoi  0vv  [ÖTcXoig  x^al  i7cayay6v{xeg  xax    av- 

xriv  xijv  7t6Xi[v ....  eV ]  ßä.QSi,  xal  xcö\v  naqi' 

Tjfiäv  i^ßa[ ]a9v  iTCiTiX^l 

oxov  iy£lLo1vo[vxo .  .  .  .]  XtjV  TtoXiv  [ 

2ö  xov  de  TtaQ    rj^[^cöv  Tcst^ov]  xal  l:t7tt[xov  6vv- 

XQOv6avxcov  [xcbt  7iet,G)L]  xal  ijt7tix[c)i  av- 

xäv  6vvßfj[vaL.  .  .  .^xaxaLav[ 

{|£[ ]    XCOl    [ 

[• M---'- 

****** 

Col.  IL 

Fr.  (g).         ****** 
30  7r[E  \tovg  ^£v  £ig  äv\6(^Qag) .  in-     . 

7C£\l\g  de  /[t,  xal  dtaßdvxcov 

£ig  Xfjv  a7ioßta^o^£v\rj^i' 

VTt    avxüv  i£Qäv  vy][(3o\v 


60  I-  Aufsätze 

tov  2I0VXOV  ov6av  Tiegtxkv- 
35  tog,  xal  rjfiav  b^otcog  tm- 

Af|avTC3v  f|  tavtav 

7r£t,ovg  (p  i7i7i£ig  öe  x 

xccl  diaßcivrcov^  övvxqovökv- 

xcav  d'  aXXYiXcav  iv  tili 
40  [v]t^tf(öfc  6vvßy]V(a  rQOTCa- 

^Yivai  Tovg  hjtrjQiovg  xal 

ccxößfiag  eig  rbv  TCotafibv 

ivccXEö&ccL  x[u]i  xuxä  Ttoxa- 

(ibv  ovx  6ki<^yyq[vg^  öiaq)d'aQfiva[i 

45  [ .  .  ^axd-fjVKli 

*  *         *         * 

Col.  III. 

5}C  tfl  JjJ  Sj?  ' 

7taQaxaXi\pu\vt8g  xa\\ 

rjfiag  6v[v^7ce(i^jjaL  avtotg 

«I  iiii&v  E\C\g  'EQiiG)vK%Lvy  tovg 

I'öovg  ävd(Qag)  O-,  ovg  xccl  ijiiXs^cc- 
50  ^svcov  vEavCöKovg  %^ 

xal  tov  tayivtag  i(p    ri- 

li6)v  ^A7CoXX(ov\a\Qiov  xal 

0ccßt^  xad-ag  xal  ovtoi  JtQO- 

tsQov  s:tejroLi^xr]6av^ 
55  xal  tovtojv  0v[v]EXd'6vrcov 

[si]g  tijv  'EQ^&vd^iv  xal  6vv- 

xad^covLöd'evtGJv  xal  aXbg 

[xaji  tQaite^rjg  ^sta^y  ovrov 

[ .  .  .  ]tOLg  6pxL[ 

*  *  *  * 

3,  4.  For  the  formula  cf.  e.  g.  Petrie  Papyri  II  XI  (l)  Kakmg  noBig 
il  iQQ(x)6ta  Xf«  TU  XoiTtd  Goi  ncaa  yv(a^i]v  iariv  eQQcoi-ie&ci  de  xal  rjfistg. 
vyiaivovxeg  in  place  of  vyiaivouev  would  be  more  natural.^) 

4,  5.  The  date  has  been  lost  between  vyiaCvoi.i\ev  and  t&v;  cf.  1.  10 
and   10371.  4.     räv  is  written  over  an  erasure. 

5  if.  iniGvvaya'yovtrov  .  .  .  Xvöavreg:  the  loose  construction  is  repeated 
in  the  next  sentence. 

10.  Ivöavteg  iK%Qrjf.(,ciT(i  in  äquivalent  to  Sianoipavteg  öuiGcpaydg  („made 
breaches")  in  10371.  6,  as  is  shown  by  11.  14  and  15  below,  where  the  total 
number  of  iK^Qi^iiata  is  the  same  as  that  of  the  SiaGcpayai  in  10371.  The 
word  e'KXQr)i.iu  is  new. 

1)  Es  wird  sirj  uv  tag  |  ßovX6fi]f'd'cc  oder  ähnlich  zu  ergänzen  sein.    U.  W. 


Grenfell-Hunt :  Ptolemaic  Papyri  in  tlie  Gizeh-Museum  Gl 

ävikvaav  may  be  intransitive,  „they  returned",  or  may  refer  to  ßaai- 
kiKov  %&fi(x,  „they  destroyed  it". 

17.  (T<^r;)>i:  the  insertion  of  ?;  seems  to  be  the  siraplest  remedy,  the 
reterence  of  coui'se  being  to  the  official  to  whom  this  letter  or  petition  was 
addressed.  It  is  true  that  the  familiarity  of  the  greeting  and  the  faet  that 
the  name  of  the  addressee  has  the  inferior  position  indicate  that  he  was 
not  a  persou  whose  rvxi]  would  be  expected  to  be  much  involved  in  the 
result  of  the  fight.  But  if  he  was  worth  appealing  to  he  would  also  be 
woi'th  a  little  flattery. 

18.  rQon[(o&f]V(xi,]:  cf.  1.  40. 

19 — 29.  These  eleven  lines  are  contained  upou  two  detached  fragments, 
whose  relation  to  each  other  is  determiued  by  the  fact  that  the  second 
fragment  shows  the  junctiou  of  the  two  KoXXrj^ara  of  which  this  sheet  of 
papyrus  was  composed.  Its  position  cau  therefore  be  approximately  fixed. 
It  is  probable  that  the  verso  of  this  fragment  contains  some  letters  from  the 
ends  of  the  lost  lines  of  col.  III,  but  it  has  been  so  mounted  that  this 
cannot  be  verified. 

20.  There  is  not  sufficient  Space  for  the  natural  Supplement  zov  [^avzov 
firivog.     Probably   &cav&  (cf.  10371.  4)  was  repeated. 

21.  avv  [oTtkoig:  cf.  1.  12. 

25  ff.  The  mutilation  of  this  passage  is  too  serious  for  satisfactory 
restoration.  In  1.  23  i^ißd^vTcov  .  .  .  or  i^ßa[tev6o:vr^cor'  suggest  themselves; 
and  STcmke^  is  no  doubt  some  part  of  Inntluv.  oxov  in  1.  24  is  difficult; 
there  is  no  doubt  about  the  reading.  The  genei-al  sense  however  seems 
fairly  clear.  The  Hermouthites  divided  their  forces  and  attacked  Crocodilo- 
polis  on  two  sides,  both  by  river  (11.  23 — 4)  and  on  land  (1.  25  ff.). 

27.  övvßTiilyaL:  cf.  1.  40. 

30.  The  Upper  part  of  this  column  is  broken  away;  1.  30  is  opposite 
to  1.  5  in  col.  I. 

32.  anoßia^ofievr^v:  the  letters  sv  have  been  corrected. 

34.  TtsQtiilvrog:  7iEQlKXv<^ayrov  is  apparently  intended. 

41.  h^rrjQLOvg:  krjxTjQsg  isqoI  Gr£q)avocp6qoi^  Hesychius.  The  reading 
however  is  uncertain;  the  letters  transcribed  as  i^t  might  be  read  as  ayy 
or  lyy.  lrj<^6yr'rjQtovg  is  not  satisfactory.  Crusius  suggests  that  ähxi]Qiovg 
is  meant.     If  that  is  right,  then  the  Hermouthites  were  again  defeated. 

44.  The  second  a  in  öiacp&aQi^vcci  has  been  corrected  from  t]. 

45.  Perhaps  [xal]  cci&Tivai.     There  is  scarcely   rooni    for  [raQ]ai'd-T]vcci. 
46  ff.  This  column  is  writteu  on  the  verso  of  fr.  (c). 

51.  xov  :  leg.  rovg. 
54.  leg.  ensnoiri'/.Eaav. 

Gizeh  Museum  Inv.  No.  10371. 

'^fKpLxkel  övyysvel  xal  v7io^v)]^atoyQdq)ai, 

TtUQU    ttbV    iv    KQO}l\od£Ck\(OV    TlÖlSL    Tjjg    Sr^ßcCiÖog   l6Q£tC3V 

■nal  T(hv  a.l[Acoi']. 
xov  2;'ov;jrov.     'VndQi\ovto\q  iv  xH]  örj^aivo^ivt]  iidlsL 


62  I-  Aufsätze 

ßaGikiKOv  ^cö^arog  tTußaXovxeg     iv  tut   ^r]  (£T£i)   &(x)vd^  y 
f)  ot  £^  'EQ^cbvd'ecos  £v[oix]ol  xal  tovg  TtuQ   i)^cbv  TTQog  r\]i 

rrjQrjöSL  ovrag  icplövlevöavltagj  diaxöipccv   dia6q)ayäg  xÖ, 
aöre  äv  öiä  tavr'r][v^  r[^rf\v  aixiav  a.67tOQi\p\ai  ri]v  yijv 
aal  didcpoQa  |tJ  ovx  6U[y^a  röfc  ßaCikEi  Kai  röt  Ispöt 
avacpBQEöd'aL.     ov\ß\v\  d'   i]66ov  xal  sig  t['))]x'  TtöXiv 

Mat   «[jrTTJfMi' 

10  BTiißaXovrsg  ^u[£Ta  x\G)V  Ixccvav  TCSQLSKccd'Löav  yj^av 

S]s 
TO  (pQovQiov,  ^xaij  r\^i]v\^üjv^  tikq    yj^biv  SKTtTqdriedlv^rGiv 

•I«  «t»  "I»  •!» 

Fr.  (b).  ]£S  e^g  ro  ^^  {hog) .  .  [ ].[.]. 

JAouftf'vcoi^  tcc  roiavta   SiccTtSTtga^fötss 
]  |r^?  TtaQa  6ov  avnXrjxlJSCog'} 
r^vxovtsg  tijg  na^ä  6ov  dvtLkrulJSCjg 
15  ]  avtvx£i- 

2.  leg.  teQioov. 

6.  cpovevßavtsg  öisKoipav  has  been  altered  to  tcpovsvGav  Siay.6i\)avTeq. 
It  is  noticeable  that  no  mention  of  tlie  slaughter  of  tlie  Crocodilopolite  guai'ds 
is  made  in  the  parallel  account  (10351.  5 — 10). 

Off.  Cf.  10351.  10  ff.  The  cpqovQiov  mentioued  in  1.  11  below  does 
not  figure  in  the  previous  version. 

10.  The  doubtful  word  inserted  above  the  line  niight  also  be  read  as 

12.  £[t]?:  f  has  been  corrected  (from  to?j.  A  good  deal  has  probably 
been  lost  between  this  line  and  1.  11. 

The  following  papyrus,  Gizeh  Museum  luv.  Nr.  10388,  was  also 
fouud  at  GebeleUj  and  coutaius  the  will  of  Pachuoubis,  sou  of  Taskos, 
written  at  Pathyris  in  the  47"'  year  of  Euergetes  II  (B.  C.  123).  The 
only  other  extaut  wiUs  of  this  Century  are  that  of  Drytou  (Grenfell, 
Greek  Papyri  I  Nr.  21  =  Brit.  Mus.  Pap.  DCXVII)  Avhich  is  nearly 
complete,  and  some  fragments  also  in  the  British  Museum;  see  op.  cit. 
nos  12  and  24,  and  Kenyou,  Catalogue  II  p.  2.  The  formula  employed 
resembles  that  found  in  the  numerous  wills  among  the  Petrie  Papyri 
with  one  important  exception.  The  clause  common  in  3'''  Century 
B.  C.  wills,  by  which  the  king  and  queen  and  their  descendants  are 
appointed  executors,  disappears;  and  in  its  place  we  have  a  clause 
(lines  18 — 21  below)  similar  to  that  often  found  in  contracts,  punishing 
any  violation  of  the  will  by  two  fines,  one  to  the  injured  party  and 
one  to  the  state,  a  provision  which  occurs  also   in  Oxyrhynchus  wills 


Grenfell-Hunt:  Ptolomaic  Papyri  in  tlie  Gizeh-Museura  G3 

of  tlie  Roman  period.  The  original  of  Dryton's  will  no  doubt  con- 
tained  a  like  clause,  but  tlie  existing  document,  wbich  is  only  a  copy 
and  is  not  even  signed  by  tlie  agent  of  tlie  agoranomus,  ends  abruptly 
in  the  middle  of  a  sentence  begiiining  ot  d'   insksvGovtfg  (sie). 

Pachnoubis'  disposition  of  bis  property  is  i-emarkable  for  the  ine- 
quality  of  the  division  and  the  practical  disinheritance  of  bis  sons, 
The  heirs  are  firstly  bis  wife  Tathotes,  who  in  spite  of  her  thoroughly 
Egyptian  name  is  described  as  a  Persian,  and  secondly  bis  two  sons 
f'l  aXh]g  yvvccixög.  But  the  sons  receive  only  a  bed  apiece  (or  per- 
haps  a  mattress  and  bed  jointly),  wbile  Tathotes  inberits  not  only  the 
remainder  of  the  bousehold  furniture,  but  all  Pachnoubis'  other  pro- 
perty, consisting  of  live  stock,  a  house,  and  twelve  arourae  of  land. 
This  division  ofFers  a  striking  contrast  to  the  provisions  of  the  will  of 
Dryton.  By  that  testament  Dryton's  property  was  divided  approximately 
into  two  halves,  of  wbich  one  went  to  Estbladas,  the  son  of  Dry- 
ton's deceased  first  wife  Sarapias,  the  other  to  Drj'ton's  second  wife 
Apollonia  and  four  daughters  by  the  second  niarriage.  It  is  possible 
that  the  «AA);  yvvyj  so  curtly  mentioned  in  line  6  was  a  concubine  and 
contrasted  witb  the  lawful  wife  Tathotes.  But  the  phraseology  of 
Dryton's  will  forbids  us  to  lay  much  stress  on  the  expression  /;  övv- 
Et^L  yvvaiKl  xarä  vö^ovg^  for  thougb  it  is  applied  (witb  the  alteratiou 
of  0vvrj^r]v  for  övvsliil)  only  to  Dryton's  first  wife,  bis  second  wife 
Apollonia  was  none  the  less  knvfully  wedded;  cf.  Gr.  Pap.  I  no.  21  1.  18 
witb  19  1.  6  and  20  1.  3.  It  is  more  probable  therefore  that  the  a'AAr; 
yvvrj  in  the  present  case  was  a  previous  wife  who  had  eitber  been 
divorced  or  died,  and  that  Pachnoubis  had  quarrelled  witb  bis  sons 
by  her.  The  bequest  of  a  bed  may  well  have  been  the  Egyptian 
method  of  cutting  off  witb  a  Shilling. 

The  papyrus  concludes  witb  the  signatures  of  the  testator  and  of 
the  usual  six  witnesses  (all  of  whom  were  mercenaries),  written  by  the 
agent  of  the  agoranomus.  Thus,  like  niost  of  the  wills  in  the  Petrie 
Papyri,  the  document  is  no  doubt  only  a  copy  of  the  original  will. 

The  writing  is  clear  senii-uncial.  The  ordinary  Symbols  for  hog 
and  aQovQK  occur,  and  there  are  several  abbreviations.  ^löd-ocpÖQOjv 
and  iTtzicüv  are  represented  respectively  by  a  large  M  and  U  witb  I 
drawn  througb  the  middle.     On  the  verso  are  two  lines  of  demotic. 

"Exovg  ^t,  0[a/x]£VG)'9'  /3,  ev  UaQ^vQet  c'^'  'H^todcoQov  dyoQCivouov  tilg 

ävco  TOTiaQiCag  roi)   nad-vQtrov. 
TäÖE  öi[£0']£TO  ITccxvovßig  Taöxov.   ei'r]  (.ie^i  ^oi  vyiaivovri  rüv  saccv- 

TOV    KVQIOV    SIVUL, 


64  I-  Aufsätze 

täv  ds  t[l  ä]vd'Qc6:tivov  Ttdd'a,  KaxaXnTCco  xat  öCda^t  rä  v7idQ%ovxd 

fxoi  Eyyaid  re 
xal    £Ji[iJi^^a  xal   xryjvrj  x[a]t    ö(?a    av    nQüöslTt^iKrtjöco^aL   Tad^d)r7]L 

'AQvärov  UeQGivti 
5  /}   öv[v£i^i^  ywuLHi  v.axd  vo^ovg^  7ch)v  0rQc6^aTog  ivbg  xal  xXsiVfjg 

tOQvvsvtflg  a 
/Z(Kt[.  .  .]ft  xal   n6tE6oQdd'^]L  tSjv   na%vovßiog  rolg  i^oig  vfolg  rotg 

f'l  (^ov  xal  d^krjg 
yvvalixög^^  rd  de  koind  ndvra  üv  xh  xa%'\e\v  örj^eQov  vTroxtixac  xüv 

xs  iyyccLwv 
xal  xxrj[v]ß}V  xfii  nQOXEL^evt]  Tad'coxsi,  TCQoßaxa  ^sv  öxxo)  ßoeg  ovo  xal  xä 
i7is66yi\£i>\a    xovxoig   xal    olx\J.^av   d)txodo^rj^£V'r]v  xal   iöreyaö^evriv 

xal  xeO'VQCo- 
10  ^Evrjv  [xr}]v  ovöav  ivtavld-a]  xov  Aaxo\yioXi]xov,  ysCxovEg  vöxov  oixia 

Wsvv^Giog  xov 
naovxo[g,  ßJoQQä  QVfii]  ßa6iX[iX7j,   djtjijXltax^ov   olxCa    &a^6iog  xfjg 

üaovxog,  hßbg 
olxCa  UaxxoQ^iog,  xal  yyjg  7)[7tSLQ]ov  6ix[^o(pÖQo]v  (aQovQag)  dexddvo 

xfjg  iv  xüi  dnh  kißhg  ^igsv 
XG)H,'^\g  .  .]|ii£Cög,  iv  'fii  Aa[.  .  .  .],u^  6v^cp\^.  .  .]£i  cpQsaQ  xal  dvaxsQSiov 

f'l  ÖTCxflg 
7cli[vd-ov],  ysLXOVsg  x^jg  oA['j;g  yrlg  vö^xov  [otxog^  Ws^^LViog  xov  Kal- 

kiov  ßoQQä  6  avxbg 

15  d7t7][Xtd)XO^v  ßovi'ol  xfjg  xd}\^Yjg  Xtßog x^^alovn,iv')]  ^J^^üvog,  xal 

dn    älXrig 
6q)Q[ayl8og^^   Kalsßs^Xtovg   xov[ ]t    XQt'xov    ftf'pog,    yei- 

xovEg  xrjg  oh]g 
[i/(JTOü  'AQ^Evdaxov   ßoQQÜ    [ d^Ttrjkicoxov  ödog  ^i{ßbg) 

oQog  )]  ot  dv  d)6i  yaCxovBg 

[Tcdvtod'sv.  ^]r}  th,86xco  de  [ xif\v  diad^yjxijv  xavxr]v  dXkc)  xlvl 

[ ]c^t,  ei  da  ^i]  dx\vQov  £6xc3  xal  7iQ\o6a7toxEi(idxc)  b  i7tig)£Q(ov 

VÖTiQOV 

20  [ ]    dlXov    xyg    av\ ]    £7tLXi(^ov)    TtaQaxQfjUU 

yaXxov  xdXavxa 
[ J  xal    lEQag   ßa(6ik£vat)  dQyv^i[ov   £7ti6ri^ov   dQa]x^dg  AU. 

f}v  de  6  diaxid-E^Evog 
[Uaxvovßjtg  cjg  {ixibv)  v  £v^[£yE&rig  ^£li%Q{iog)  x^^Exavbg  dva(fdlavd^og 

^aXQOTlQÖÖCJTCOg 

[evQ^vqlv  o]vkvi. 

l}idQXVQ£]g'EQ^Lag  'A6x?^[i]Ji]idÖov  ÜEQ^rig  xSjv  ^i6&o(p\o]Qcov  iTtinEdv) 

dtg  (^ixüv)  xe 


Grenfell-Hunt:  Ptolemaic  Papyri  in  the  Gizeh-Museum.  65 

25  [siffisytd'^tjg  ^ish'xQCJi^  KX\a(jt]ui^  aaxffOTtQoöcoTtog  i:Vn^v[Qiv\  ovX(ii)  &g 

de^iibv)  TaTQ'>](^Bvog), 

[aal ^avog  'Jqsi'ov  ntQ6rj[g\  tüjv  aiiöQ'ocpOQCov)  i7i(jitiov)  cogißtCyv) 

l  [Lböog  [iitlC  \lQ(og  alaöTog  auKQOTtQiööanog) 
[ßV'^vQiv   o\vl'ii   ^ETGiiiG}^   Kai  ^Eöd'Mdag  zlQvtavog   TlroXs^aiavg  ag 

[8v^iEy£d-i]\g  nsh'xQCog  x^a\6T]bg  ^axQOTtQoöoTrog  avd-vQiv^  xal  UroXs- 

^alog  'AGxhj- 
[Tiiddov  n]8Q6^]g  xüv  ^((öd-ocpÖQCov)  i7i(nic3v)  ag  {Jrüv)  ks  j.ia6og  uf- 

lilQcog  uaxQüTiQoöojJtog  svd-vQi}\ 
30  [aal.  .  .  .  \rjrog   Msvsx^tovg   IIsQörjg  turu    Tie^iov   üg   [irüv)  Xe   ^E6og 

^sXdvxQcog  %Xa6(xog) 
[liaKQonQ{66i07iogy\  Evd-vQ(Lv\  Ol  f|  rax\x\6nL[6^oi). 

\^A^liGi(vtog^  6  ■x\aQ'  'Hk\i(oöd)Qov)\  x£XQrj(jidTixa). 

1.  Heliodorus  is  known  from  other  Gebelen  papyri  to  have  been  ago- 
ranomus  at  Patliyris,  wliich  was  close  to  Crocodilopulis,  i'rom  118 — 113  B.  C. 
The  present  document  shows  that  liis  tenure  of  office  went  back  as  far  as 
123  B.  C;  cf.  the  case  of  Pauisciis  who  is  shown  by  other  papyri  to  have 
been  agoranomus  at  both  towns  from  108 — 98  B.  C. 

2.  The  house  of  Pachnoubis,  sou  of  Taskos,  is  mentioned  in  P.  Grenf. 
I  33  1.  51. 

18.  Probably  fii^ösvi  is  lost  after  i^eövco  6e,  and  some  verb  like  naQu- 
öovvai,  governing  dlXo)  rivi  must  be  supplied  at  the  beginniug  of  line  19. 
Cf.  Pap.  Oxyrhynchus  I  105.   7. 

21.  There  is  a  difficnlty  concerning  the  amount  of  the  fine.  Of  the 
two  figures  following  öqa\ji^uq  the  first  appears  to  be  1000,  but  the  se- 
coud  is  not  much  like  200,  though  it  is  still  less  like  any  other  figure. 
The  usual  fines  imposed  by  similar  clauses  in  agreements,  e.  g.  nos  25,  26, 
28,  30  of  our  Gr.  Pap.  II,  are  10  talents  of  copper  to  the  injured  party 
and  200  silver  drachmae  to  the  state,  or  the  half  of  these  sums. 

23.  A  Space  is  left  blank  after  ovXiq. 

24.  (e'tcöi^)  %b:  ks  has  been  corrected  from  Kß. 

27.  Esthladas,  son  of  Dryton,  is  frequently  mentioned  in  Gr.  Pap.  I 
nos.  12  and  21.  Tirols iA,(XL6vg  might  mean  that  he  was  a  member  of  a  deme 
at  Ptolemais  called  after  the  city's  founder,  or  simply  that  he  was  a  Citizen 
of  Ptolemais.  His  father  Dryton  belonged  to  the  deme  of  QdonsQsioL 
in  that  city  (P.  Grenf.  1  12  1.  15,  cf.  Jouguet,  Bull.  Corr.  Hell.  1897 
p.  194 — 5),  and  therefore  the  second   explanation  is  the  more  probable. 

32.    Ammonius'  name  can  be   supplied  from  P.  Grenf.  11  21   1.  2G. 

Oxford.  B.  P.  Greiifell. 

A.  S.  Hunt. 


Archiv  f.  Papyiusforscliung  I.  1. 


Lettere  al  signor  professore  Wilcken. 


I. 

Roma,  25  maggio  '99. 
Pregiato  Amico, 

Rileggevo  ultimameute  il  „Mare  Evitreo"  di  Agatarchide,  e  giunto 
al  passo  in  cui  si  accennano  i  Tttvte  vo^oC  che  erauo  tra  Memfi  e 
Tebe,  mi  colpi  e  mi  fermö  per  la  prima  volta  il  modo  con  cui  sono 
descritti  o  qualificati:  id-vojv  s^ovreg  7toXvavd-Qd)7i[(o^v  rd^iv  (§  22).  Mi 
colpi,  voglio  dire,  e  mi  fermö  l'implicita  equivalenza  che  ne  emergeva: 
vo^ög,  sotto  mi  certo  aspetto,  potersi  chiamare  anche  sd^vog-  E  sic- 
come  questa  nuova  veduta  mi  interessava  per  la  ragione  che  Le  dirö 
poi,  mi  diedi  subito  a  ricercare  se  esistevauo  altri  indizi  ed  esempi 
della  stessa  equivalenza,  e  ne  trovai  piü  d'uno:  infatti  in  Diodoro 
(I,  90,  2),  dov'  e  detto  che  rä  rav  jiiyvTiTLGyv  ^d-vrj  veneravano  ciascimo 
un  dato  auimale,  id^vrj,  evidentemente,  val  quanto  vo^oi.  Similmente 
„populi",  i^vt]^  non  sono  altro  che  vo^ioi,  in  Pomponio  Mela  (1,9,58) 
dove  dice  „colunt  animalia,  sed  alia  alii:  Apis  populorum  omnium 
numen  est".  In  Seneca  N.  Q.  IV,  2,  il  vo^iog  (non  importa  che  si 
tratti  di  quello  dei  Tentiriti)  figura  come  un  ed-vog  distinto  „generis 
aut  sanguinis  proprietate".  Dalla  quäl  cosa  risulta  che  se  vo^iög  sotto 
un  certo  aspetto  pote  chiamarsi  anche  ed-vog,  i  vo^ccQxat  in  certo  modo 
poterono  chiamarsi  anche  id^vccQxcct.  D'altra  parte  noi  conosciamo  giä 
l'altra  equivalenza  i/o(u-dg  =  ötQutrjyicc  (Plin.  V,  49;  VI,  27),  vo^idQiai 
=  <}tQaTy]yot  (Kuhn,  Die  städt.  u.  bürgerl.  Verfass.  des  Rom.  Reichs, 
II,  p.  483 — 487),  ancorche  nei  monumenti,  ossia  nel  linguaggio  am- 
ministrativo  delF  Egitto  greco,  i  titoli  ufficiali,  usati  generalmente,  sieno 
non  giä  quei  di  von,dQ%ai,  ma  quei  di  (jtQatrjyoi  ed  ejCiötQdri^yoi.  II 
che  non  esclude  adunque  che  gli  ötQatriyoi  ed  iniöxQdTYiyoL  o  si  chia- 
massero,  o  si  potessero  chiamare,  anche  vo^dQ^ac  ed  id-vaQxui,.  Ed 
ecco  affacciarsi  un  vecchio  e  quasi  disperato  nostro  problema  (Mar- 
quardt,  Rom.  Staatsverw.,  1873,  I,  p.  297),  voglio  dire  il  testo  di  Stra- 
bone  (17,  798),  dove  parlando  töv  ijii%c3Qia)v  ccQiovtcov  xatä  tioXiv  e 
xard  Ti)r  xojquv,    e  venendo   a  questi   ultimi,    il  Geografo    alle    parole 


(iiacomo  Luiiibroso:  Lettere  al  signor  professore  Wilcken.  67 

imGTQaTiq'yovq  xiväi^  (e  lorse  yial  (TT^artjyovg)  fa  scguire  queste  altre: 
not  vofiäQX<xg  xal  t&vdQx<^£  xaXov^svovs:  testo  che  non  riceve  nessuna 
liice  da  nessiina  parte,  finclie  vi  si  vuol  ravvisare  P.  degli  epistrategi, 
2°.  dei  iiomarchi,  3".  degli  etnarchi,  inentre  non  presenta  piü  difficoltä 
se  vi  si  vegga  un'  aggiunta  dei  titoli  locali,  tradizionali ,  logici  di  iio- 
marchi  ed  etnarcbi,  ai  titoli  nffieiali  introdotti  ed  imposti  dall'  uso 
puramente  governativo  ed  amministrativo  della  Dinastia  greea.  Ne  io 
credo  che  possa  ostare  il  Ttgay^drcov  ov  ^syccXcov  tTtiöTaxBlv  rji^LCo^k' 
vovg  che  segne  imniediatamente  in  Strabone,  e  che  verrebbe  cosi  ad 
applicarsi  ai  Nomarchi  o  Strategi,  ed  anche  agli  Epistrategi  in  quanto 
erano  Nomarchi  anch'  essi  nel  piü  ampio  senso  della  parola  ( Arrian. 
III,  5),  giacche  erano  mutati  e  lontanissimi  i  tempi  in  cui  i  Ropäitou, 
i  vecchi  Nomarchi  od  Etnarchi,  erano  come  tanti  Signori  e  Principi, 
e  convenivano  nel  ßaöUeiov  ^sya  (Strab.  17,  811)  a  trattare  dei  piü 
alti  affari  dell'  Egitto. 

Ma  Ella,  pregiato  amico,  veda  e  gindichi  la  soluzione  che  pro- 
pongo,  e  gradisca  ad  ogni  modo  la  buona  volonta  di  chi  si  mette  di 
tutto  cuore  al  servigio  di  Lei  e  dei  Colleghi. 

II  Suo  deditissimo 

Oiacomo  Liimbroso. 


5* 


Die  Siegelung  der  Papyrusurkunden. 

Plinius  Hist.  nat.  XXXIII,  1  sect.  6  sagt: 

cum  .  .  .  nullosque  omnino  annlos  maior  pars  gentium  hominum- 
que,  etiam  qui  sub  imperio  nostio  degunt,  hodieque  habeat:  non 
signat  Oriens  aut  Aegyptus,  etiam  nunc  litteris  contenta  solis. 
Es    wäre    erwünscht,    wenn    die    Bearbeiter    der   PajDyrusurkunden 
auf  Grund  ihrer  Erfahi'ungen  diese  Aul'serung  des  Plinius  berichtigend 
oder  bestätigend    kommentierten.     Hierzu   den  Anlafs  und  einiges  vor- 
läufige Material  zu  bieten,  ist  der  Zweck  der  folgenden  Zeilen.^) 

Da  hier  ein  Römer  das  ägyptisch  -  orientalische  Urkundenwesen 
charakterisiert,  hat  die  Untersuchung  auszugehen  von  dem  über  das 
'signare'  bei  den  Römern  jetzt  Bekannten. 

I.  Bisher  schrieb  man  den  Römern  nur  eine  Anwendung  des 
Siegels  zu:  die  Ffrsiegelung  zum  Zweck  der  Beglaubigung  und  zugleich 
des  Verschlusses: 

1)  bei  Briefen; 

2)  bei  Verträgen,  wichtigen  Erklärungen  etc. 
Hier  in  zwei  Formen 

a)  testatio :  mündliche  Erklärung  vor  Zeugen.  Darüber 
Wachstafelurkunden  mit  'dixit',  die  von  aufsen  von  den 
(referierenden)  Zeugen,  meist  7  —  'VII  festes  cives  Ro- 
mani  puberes'  —  und  meist  auch  von  dem  Interessenten 
versiegelt  werden.  Neben  dieser  versiegelten  ^scriptura 
inferior'  steht  meist  eine  offene  'scriptura  exterior'.  Ur- 
sprünglich eine  einfache,  unbeglaubigte  Abschrift  der  dixit- 
Urkunde.  In  claudisch  -  neronischer  Zeit  aber  häufig  auch 
eine  selbständige  zweite  Urkunde,  ein  handschriftliches 
Bekenntnis  (chirographum)  dessen,  der  im  Hauptakt  münd- 
lich bekannte:  'scripsi,  me  .  .  .  '  neben:  ''dixit,  se  .  .  .  ' 
Also  dieselbe  Doppelredaktion  wie  in  den  Fayumurkunden 
mit:  ^öuoXoyst  UvQog^  und  am  Ende  ^UvQog  ö^oXoya. 


1)  Eine  Reihe  von  Thatsachen  und  Berichtigungen,  die  Herr  Professor  Wilcken 
mir  freundlich  mitteilte,  sind  bei  Korrektur  dieses  Aufsatzes  verwertet  worden. 


Heinrich  Emian:  Die  Siegelunfjf  der  Papyrusurkunden  69 

b)  chirographum :  die  handschriftliche  Erklärung  (scripsi  me) 
schon    als    scriptura    inferior.      Versiegelt    vom    Aussteller 
und    gelegentlich    von   1    bis  2  Zeugen.      Meist   mit   einer 
offenen   Abschrift  —   scriptura  exterior  —  auf  der  freien 
Seite  des  Di-  oder  Triptychon. 
IL    Jetzt    ist    durch    Zangemeisters,    nach    zwanzigjähriger    Arbeit 
erschienene,    endgültige    Ausgabe    der    1875    in    Pompeji    gefundenen 
Wachstafelquittungen   des  Bankiers   und  Auktionators  L.  Caecilius  Ju- 
cundus  (27  —  61  n.  Chr.)    im    Corp.  Inscr.  Lat.  IV   Suppl.   (1898)   im- 
zweifelhaft   festgestellt,    dafs    die   Römer    damals   ihre   Urkunden   auch 
/(«Versiegelten.     Bei  der  ältesten  Urkunde  des  Fundes  (von  15  n.  Chr.) 
ist  die  innere  testatio  untersiegelt.     Später  sind  nur  chirograplia  unter- 
siegelt, aber   diese  auch   immer.     Wo   nur   ein   äufseres  chirogi-aphum 
ist,    trägt  dieses   das  Siegel,    wo    zwei    chirographa    sind,    ist  nur  das 
innere    untersiegelt.     Dies,    obwohl   es   doch    stets    mit    dem    gleichen 
Siegel  auch  versiegelt  wurde. 

Ebenso  gewifs  auch  bei  anderen  römischen  Urkunden.  Am  nahe- 
liegendsten ist  die  Untersiegelung  (statt  oder  neben  der  Versiegelung) 
bei  den  'diplomata'  der  Kaiserverwaltung,  zumal  den  Postpassierscheinen. 
Recht  wahrscheinlich  ist  ferner  die  direkte  Forterbung  dieser  von 
Zangemeister  für  die  elaudisch-neronische  Zeit  entdeckten  Übung  bis 
zu  und  in  der  frühmittelalterlichen  Urkundenuntersiegelung,  z.  B.  in 
den  longobardischeu  Fürstenurkunden  des  10.  Jahrhunderts,  die  genau 
wie  jene  pompejanischen  chirographa  das  Siegel  mitten  auf  der  Ur- 
kunde tragen.^) 

Jedenfalls  kannte  Plinius,  der  Zeitgenosse  des  Pompejaners  Cae- 
cilius Jucundus,  das  Unter-  genau  wie  das  Versiegeln  der  Urkunden, 
als  er  sein  'non  signat  Oriens  aut  Aegyptus'  schrieb.  Wie  weit  ist 
nun  seine  Behauptung  richtig? 

Zunächst:  *nou  signat  Oriens'. 

Die  Keilschriftverträge  zeigen  bekanntlich  durchweg  Siegel,  und 
zwar  als  Be-(Unter-)siegelung  nicht  als  Versiegelung. 

Vgl.  z.  B.  Hommel  Greschichte  Babyloniens  u.  Assyriens  (Berlin  1885) 

S.  110:  Die  Kontraktstafeln   von  Teil   Sifr  um   2000  v.  Chr.  sind  von 

Thon,  in  Hhönerner  Umhüllung,  auf  welcher  der  Wortlaut  des 

Kontrakts  nebst  dem  Siegel  noch  einmal  abgedrückt  war.'  — 

(Also   C/?«fersiegelung  der  scriptura  interior,  wie  der  exterior). 

1)  Genauere  Darlegung  und  Belege  für  das  vorstehend  unter  I  und  11  Aus- 
geführte in  der  Zeitschrift  der  Savignystiftung  für  Rechtsgeschichte  1899  Roma- 
nistische Abteilung  S.  177 — 88.  Was  dort  über  die  Pliniusstelle  und  das  Siegeln 
in  Ägypten  ausgeführt  wurde,  ist  nach  dem   Folgenden  mehrfach  zu  berichtigen. 


70  I-  Aufsätze 

S.  380:    "^Zur  Beglaubigimg  unterzeicliiien  sich  eine  Reihe  von  Zeugen, 
oder   genauer:    es   werden  ihre  Namen   vom   Schreiber  notiert 
und  zu  weiterer  Bekräftigung   drücken  zwei   andere  Personen 
(offizielle  Schreiber  oder  Notare  •  •  .  )  noch  ihre  Siegel  auf.' 
Die   jede    Verfälschung    unmöglich    machende  Einrichtung    dieser 
Thonurkunden,  die  nach  der  Fertigstellung  gebrannt  wurden,  und  deren 
scriptura  interior   durch   die  zusammengebogenen   Ränder   der  exterior 
absolut  sicher  verschlossen  war,  machte  ja  eine   Fersiegelung  durchaus 
überflüssig.      Das    Siegel     sollte    hier    nicht     die    nachträgliche    Ver- 
fälschung  hindern,    sondern    lediglich    die    Echtheit    der   Urkunde  be- 
kräftigen, genauer:  die  Gegenwart  und  Zustimmung  des  Siegelinhabers. 

Fersiegelung  ist  dagegen  gemeint  bei 
Jeremias  32,  9  ff.:    ^Und   schrieb   einen  Brief   und    versiegelte   ihn,    und 
nahm   Zeugen   dazu   und  wog    das  (leid   dar   auf   einer  Wage 
und  nahm  zu  mir  den  versiegelten  Kaufbrief  nach   dem   Recht 
und  Gewohnheit  und  eine  offene  Abschrift.  .  .  .  Und  gab  den 
Kaufbrief  Baruch  ...  in   Gegenwart  .  .  der  Zeugen,    die    im 
Kaufbrief  geschrieben   standen  .  .  .  und   befahl  Baruch  .  .  .  : 
'Nimm-  diese  Briefe,   den   versiegelten   Kaufbrief  sammt  dieser 
offenen  Abschrift  und  lege  sie   in   ein   irdenes   Gefäfs,  dafs  sie 
lange  bleiben  mögen,' 
44:    .   ,  'Dennoch  wird   man   Äcker   um    Geld   kaufen   und   verbriefen, 
versiegeln  und  bezeugen.' 
Dies  ist  offenbar  genau  der  Mechanismus  der  römischen  testationes. 
Da   die   Zeugen    'im    Kaufbrief  geschrieben    stehen',    war    dieser    wohl 
nicht  als  chirographum  in  der  ersten  Person  abgefafst,  sondern  in  der 
dritten  als  Erklärung  der  Zeugen.  Die  Zeugen  versiegelten  anscheinend 
nicht,  wohl  aber  die  Parteien  oder   doch   der  Käufer.     Neben   der  ver- 
siegelten  Haupturkunde    war   eine    offene   Abschrift.     Das   Ganze    ent- 
weder auf  Wachstafeln,    Avie   nachmals   in  Rom,    oder  auf  Leder:    die 
Haupturkunde  wohl  auf  dem  Anfang   des   Blattes   eingerollt    und  ver- 
siegelt, die  Abschrift  auf   dem  Ende  des  Blattes,  wie  in  ptolemäischen 
Papyrusurkunden  (s.  u.  S.  72). 

Gleichfalls  als  Verschlufssiegel  tritt  die  Beglaubigungssiegelung 
auf  bei  den  Königsbriefen.  Wem  der  König  sein  Siegel  anvertraut, 
der  kann  gültige  Befehlsbriefe  an  seiner  Statt  erlassen,  so  z.  B.  bei 
den  Juden: 

I  Könige  21,  8 
und  bei  den  Persern: 

Esther  3,  10  ff.,  8,  2  ff',  u.  s.  w. 


Heinrich  Erman:  Die  Siegelung  der  Papyi-usurkunfien  71 

Nach  diesen  Zeugnissen  über  das  Siegeln  im  'Orient',  die  sich 
gewifs  sehr  vermehren  liefseu,  ist  für  die  alte,  vorhellenische  Zeit  das 
'non  signat  Oriens'  des  Plinius  unbedingt  falsch.  Für  die  spätere 
Zeit  bleibt  es  dagegen  einstweilen  denkbar,  dafs  in  plinianischer  Zeit, 
vielleicht  imter  dem  Einflufs  griechischer  Schreibfertigkeit  oder  in 
Folge  ausgedehnter  öffentlicher  Registrierung  von  Privatgeschäften,  die 
Gewohnheit  der  Urkundenbe-  und  -Versiegelung  wirklich  in  den  Ost- 
ländern verschwunden  oder   doch  stark  zurückgegangen  wäre. 

*Non  signat  Aegyptus.' 

Für  die  alte  Zeit  ganz  ebenso  falsch,  wie  'non  signat  Oriens.' 

Über  das  Königssiegel  im  alten  Ägypten  vgl.  z.  B.  die  Bestellung 
des  Joseph  zum  Vertreter 

Genesis  41.41 — 2:  'Und  weiter  sprach  Pharao  zu  Joseph:  'Siehe,  ich 
habe  Dich  über  ganz  Agyptenland  gesetzt'  und  that  seinen 
Ring  von   seiner  Hand   und   gab   ihn  Joseph   an   seine  Hand.' 

Entsprechend^):  ^in  dem  Grabe  eines  Hivy  in  Theben  ist  dar- 
gestellt, wie  er  in  Gegenwart  des  Königs  zum  Statthalter  von  Nubien 
eingesetzt  wird.  Dabei  wird  ihm  ein  Iling,  das  htm  n  iJ  ivt:  'Siegel- 
ring des  Amtes'  gegeben  (um  1400  v.  Chr.). 

Mit  diesem  ohrigl'eitUchen  Siegel  bei  Befehlsbriefen  wird  es  denn 
auch  zusammenhängen,  wenn:  (A.  Erman  a.  a.  0.)  'irgendwo  in  den  ur- 
alten 'Pyramidentexten'  etwa  vorkommt:  'Dein  Dekret  (mit  dem  der 
Tote  unter  die  Himmlischen  aufgenommen  wird)  trägt  nicht  das  kleine 
Siegel,  es  trägt  das  grolse  Siegel.'  So  hat  es  Maspero  auch  übersetzt; 
meiner  Erinnerung  nach  steht  das  Wort  dh/  das  mit  dh^  Finger  zu- 
sammenhängt und  eigentlich  den  Fingerabdruck  bedeuten  wird.'-) 

Ferner  a.  a.  0.:  ^Briefe  sind  wohl  immer  versiegelt  gewesen  imd 
mehrfach  erhalten. 


1)  Das  Folgende  nach  brieflicher  Auskunft  meines  Bruders  Adolf  Erman,  der 
indes  für  die  ganze  Frage  auf  Hen-n  Professor  Wilcken  verweist,  ''der  diesen 
Dingen  selbst  Beachtung  geschenkt  haben  wird,  während  ich  nur  zufällige  Er- 
innerungen habe'. 

2)  Da  der  'Fingerabdruck'  von  stets  gleicher  Gröfse  ist,  müfste  das  Wort 
hier  natürlich  in  abgeleiteter  Bedeutung  für  Tetschaft,  Siegel'  gebraucht  sein. 
Aber  die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Wortes  ergiebt  eine  neue  Frage  für  die 
Papyrusforschung:  nach  einem  in  der  Pariser  Revue  scientifique  1898  erschienenen 
Aufsatz  Bertillons  läfst  die  englische  Regierung  die  Pensions-  etc.  -Empfänger  in 
Indien  ihre  Quittungen  durch  einen  Tintenabdruck  ihres  Daumens  in  unverfälschbar 
sicherer  Weise  beglaubigen.  Nach  Bertillon  wäre  dies  eine  Erfindung  der  Eng- 
länder. Sollte  es  nicht  vielmehr  eine  im  Orient  althergebrachte  Übung  sein?  Sind 
Spuren  davon  in  den  Papyrusurkunden  erhalten? 


72  I-  Aufsätze 

Und  über  das  Siegeln  der  Kontrcüäe:  ^Verträge  heifsen  im  mittleren 
Reich  htmt,  was  von  htm  'siegeln'  hergeleitet  ist,  htm  m^:  'etwas 
siegeln  von  jemand'  wird  gebraucht  für:  'etwas  durch  Vertrag  von 
jemand  erwerben.'  — 

Wie  erfolgte  dieses  Siegeln?  Hierüber  bemerkt  A.  Erman,  unter 
dem  obigen  Vorbehalt:  'Em  ir;^fc;siegelter  Papyrus  ist  meines  Wissens 
nicht  erhalten  (vgl.  meine  Bearbeitung  der  Siutverträge,  äg.  Ztsclir.  1882, 
passim)'. 

Dagegen  darf  vielleicht  als  altägyptische  Tradition  angesehen  werden 
eine  Versiegelungsart,  die  nach  A.  Erman  und  Wilcken  bei  griechischen 
Kontrakten  der  Ptolemäerzeit  (II.  Jahrh.  v.  Chr.)  sich  findet: 

Am  Anfang  der  Rolle,  links  vor  dem  Kontrakt,  wird  der  Inhalt 
desselben  kurz  in  einem  Sätzchen  zusammengefafst,  wie  z.  B. 

„Datum,  antdoxo  6  delva  ra  dsivt  Objekt  Preis." 
Dieser  Teil  des  Papyrus  —  aber  auch  nur  dieser  —  wird  von  links 
nach  rechts  gerollt  resp.  gefaltet,  mit  einem  Papyrusband,  das  durch 
die  durchlochte  Rolle  gezogen  ist,  umwickelt  und  darauf  durch  ein 
Siegel,  das  oben  auf  das  Band  gedrückt  wird,  verschlossen.  So  zu 
sehen  an  einem  jüngst  vom  Berliner  Museum  erworbenen  Kontrakt  aus 
der  Ptolemäerzeit.^)  Daneben  kam  aber  auch  bei  Kontrakten  Ver- 
siegelmig  der  Gesamtrolle  vor,  wie  aus  Leemans'  Worten  zu  P.  Leid.  0 
hervorgeht. 

Von  wem  erfolgte  die  Versiegelung,  die  dem  Kontrakt  seinen 
ägyptischen  Namen  gab?  Zmiächst  vermutlich  von  dem  Interessenten, 
wie  in  Rom  (s.  o.).  Sodann  wohl  von  Zeugen,  so  Avenigstens  in  einem 
von  Wilcken  mir  mitgeteilten  griechischen  Vertrag  der  Ptolemäerzeit, 
wo  beide  Kontrahenten  und  die  Zeugen  siegeln: 

P.  Petr.  II  21d  7  (III.  Jahrh.  vor  Chr.  —  ergänzt  von  Wilcken):  r^g 
de  övyyQafpfig  (ein  Darlehnskontrakt)  6fpQayL0d-Ei6\rjg  vnh  re 
2J\(otidQOv    (der    Gläubiger)    xal    Zläöov    (der   Schuldner)    oicd 

iflOV    Xul    tÜV    6Vv[^E7tiyQa](pEVTüW    ^Oi    ^UQtVQOJV. 

Endlich  mochte  mitsiegeln  auch  der  (öiFentliche)  Schreiber,  der  die 
Urkunde  abfafste. 

Jedenfalls  wurde  also  im  alten  Ägypten  vielfach  gesiegelt  und  des 
Plinius:  'non  signat  .  .  Aegyptus,  etiammmc  litteris  contenta  solis'  ist 
falsch,  wie  so  vieles  andere  in  seiner  kritiklosen  Kompilation.  A))er 
sollte  dasselbe  gelten  auch  von  dem  'non  signat  Oriens  aut  Aegyptus' 
als  Bericht  über  die  eigene   Zeit  des  Plinius?     Kann  man  von  einem 


1)  Versiegelung  dieses  Teiles  ist  vom  Herausgeber  angegeben  im  P.  Leid.  N, 
einem  griechischen  Kontrakte,  nicht  Übersetzung  eines  ägyptischen. 


Heinrich  Erman:  Die  Siegelung  der  Papyrnpurkunden  73 

mitteu  iü  den  Geschäften  stehenden,  so  viel  uiiihergekommenen  Kaiser- 
beaniten  annehmen,  dafs  er  über  die  Urkuiidenpraxis  dieser  wichtifi^en 
Kaiserprovinzen  mit  solcher  Sicherheit  ganz  Falsches  berichten  sollte? 

Da  fragt  es  sich  zunächst,  ob  er  mit  'Oriens  aut  Aegyptus'  nur  die 
Landeseingeborenen  meint  oder  auch  die  dortigen  Griechen?  Da  das 
Urkundenwesen,  zumal  m  Ägypten,  zur  Kaiserzeit  von  griechischen 
Formen  überwuchert  war,  liegt  die  Ausdehnung  auf  alle,  auch  die 
griechisch-ägyptischen  Urkunden  nahe.  'Möglich'  aber  auch,  wieWilcken 
bemerkt, 

'^dass  Plinius  .  .  an  die  Griechen  in  Ägypten  ebensowenig  denkt, 
wie  an  die   dortigen  Römer.     Denn  er  hat  vorher  im  §  4  aus- 
führlicher davon    gesprochen,    dafs    die    Sitte,    Siegelringe    zu 
haben  von  den  Griechen  stammt:  'Graecia . .  imde  hie  auulorum 
usus  venit.'     Jedenfalls   weifs   er   also,    dafs   die   Griechen  seit 
alten  Zeiten  siegelten.   Auch  die  Nebeneinanderstellung  'Oriens 
aut  Aegyptus'  würde  dazu  passen.'  ^) 
Jedenfalls  ist  bei  Deutung  dieser  Notiz   auszugehen  von  dem  all- 
täglichen Siegeln  im  damaligen  römischen  Urkundenwesen,  wie  es  die 
gleichzeitigen  pompejanischen  Wachstafeln  zeigen:  bei  der  testatio  ver- 
siegeln 7  Zeugen  uud   der  Aussteller,  beim  chirographum   unter-  und 
versiegelt  der  Aussteller,  und  ein  bis  zwei  Zeugen  versiegeln  neben  ihm. 
Daher  trug  zu  Plinius'  Zeit  in  Rom  jeder,  auch  Sklaven  uud   Frauen, 
einen  Siegelring.     Des  Plinius  Bemerkung  wäre  nun  erklärlich  und  ge- 
rechtfertigt,  wenn  in  'Oriens   aut  Aegyptus'   das   Siegeln    und   Tragen 
von  Siegelringen  auch  nur  im  Vergleich   zu    diesem   römischen  Uber- 
mafs  als  selten  erschien.     Und  dieser  geringere  Gebrauch  des  Siegeins 
könnte  wiederum  sich  erklären  aus  der  viel  gröfseren  Schreibfertigkeit 
und   Schreibseligkeit,    aus    der    vielfach   die  Echtheit    gewährleistenden 
Registrierung  von  Privaturkunden,   endlich  vielleicht   daraus,   dafs   das 
Fälschen  bei  Papyrus  schwerer  war,  als  bei  Wachstafelurkunden. 

Doch  dies  alles  sind  nur  Möglichkeiten;  wie  es  wirklich  damit  war, 
kann  nur  die  Prüfung  der  Originalurkunden  selbst  auf  Siegelspuren 
hin  ergeben.    Denn,  wie  Wilcken  bemerkt,  'die  Angaben  der  bisherigen 


1)  Ganz  zwingend  ist  dies  nicht,  denn  der  Gedankengang  des  Plinius  in 
seiner  Sammlung  disparater  Notizen  ist  nie  sehr  streng,  und  überdies  scheint  er 
im  §  4  den  Griechen  nicht  die  Erfindung  der  Siegelringe  überhaupt  zuzuschreiben, 
sondern  der  goldenen,  im  Gegensatz  zu  den  eisernen,  z.  B.  der  Kömer.  —  Aber 
jedenfalls  war  es  um-ichtig,  die  Pliniusnotiz  ohne  weiteres  auch  auf  die  Griechen 
in  ''Oriens  aut  Aegyptus'  zu  deuten,  und  von  da  auf  die  Griechen  überhaupt,  wie 
ich  es  Sav.  Ztschr.  XX  S.  180  that. 


74  I-  Aufsätze 

Publikationen  sind  hierüber  sehr  dürftig,  da  eben  bisher  wenig  darauf 
geachtet  worden  ist.' 

Hier,  zum  gröfsten  Teil  nach  seinen  Mitteilungen,  eine  vorläufige 
Zusammenstellung  über  das  Siegeln  im  griechisch-römischen  Ägypten: 

1.  Nichts  zu  thun  mit  dem  'non  signat  Aegyptus'  des  Plinius  hat 
das  häufige  'öcpQKyc^SLv'  für  Stempeln  von  Tieren  z.  B.  BGU  I  15,  87, 
107,  250,  356. 

2.  Ebenso  ist  damit  vereinbar  die  Versiegelung  von  Geldbeuteln 
und  ähnlichem:  BGU  I  98,  248,  249. 

3.  Ja  auch  die  Versiegelung  wirklicher  Briefe,  die,  wie  für  die 
Ptolemäerzeit,  so  auch  für  die  Kaiserzeit  feststeht  (vgl.  Lond.  I  S.  74,  290). 

4.  Anders  dagegen  bei  Kontrakten.  Waren  bei  ihnen  Siegelungen 
einigermalsen  häufig,  so  durfte  Plinius  nicht  '^non  signat  Aegyptus' 
schreiben. 

Wie  steht  es  nun  zunächst  mit  der  ägyptischen  Bezeichnung  des 
Vertrags  als  'Siegelung'.  Dafs  sie  in  den  griechisch-ägyptischen  Sprach- 
gebrauch ül)erging  und  darin  bis  zur  christlichen  Zeit  fortdauerte, 
scheint  hervorzugehen  aus  folgendem  Citat  bei  Stephanus  (Ed.  Hase- 
Dindorf,  Paris  1848  ss.)  s.  v.  öcpQuylg: 

Kai  eQ%EtaC  xig   cpigav  öcpQuylda  TtEvtazoöicav  vo^kS^kxcov  xkI 
keysL  avra'   AdßE  rijv   ßcpQaytda   tavtrjv  xal   öts   %QBiav  6%g)^ 
TtaQaöx^g  ^oi  %ata  ^SQog. 
Die  Stelle  ist  aus:  Jo.  Carpathi   episc.   in  Narr.   Mss.  de  anacho- 
retis,    also    wohl   über   die   ägyj)tischen  Einsiedler.     Dafs    ß(pQaylg  hier 
etwa  einen  500  Solidi  werten  '^Siegelring'  bedeutete,  erscheint  mir  aus- 
geschlossen, es  ist,  wie  Stephanus  mit  Recht  annimmt,  eine  'syngrapha', 
deren  dem  gewölmlichen  Griechisch  fremder  Name  als  Übersetzung  der 
ägyptischen  Bezeichnung  gelten  darf.^) 


1)  Dagegen  ist  nicht  damit  zu  verbinden  die  stehende  Wendung  der  Fayum- 
urkunden  bei  Grundstücken:  'yilfjQog  .  .  iv  [im  GtfQccytSi''  z.  B.  BGU  I  39  (186  n.  Chr.), 
139  (201);  186  (215);  23S  (IL  Jahrh.),  240  (167),  241  (177);  282  (II.  Jahrh.).  Ich 
nahm  dies  an  und  wollte  übersetzen:  'in  einem  einzigen  Vertrage  (Siegelung)  er- 
worben', aber  diese  Deutung  ist  mehreren  Stellen  gegenüber  undurchführbar  und 
daher  anzunehmen  die  von  Wilcken,  Hermes  XXVII,  S.  237,  A.  2  und  Ostraka  I, 
S.  210,  A.  1  vorgeschlagene  als  'Rayons  der  Fluren  resp.  Flm-karten'  entsprechend 
der  Bezeichnung  der  Rayons  auf  Eratosthenes'  Erdkarte  als  G^pQaylSsg.  Denn,  dafs 
auch  in  den  obigen  Stellen  die  arpoayiStg  lokale  Gröfsen  sind  und  mit  einem 
Kontrakt  ganz  und  gar  nichts  zu  thun  haben,  zeigt  z.  B.  BGU  282,  10:  iv  dval 
aq)Qci'y[8Tai]  .  . .  ov  ysitovsg  Tfjg  nhv  TtgmTrjg  ccfgaystdog  vöxca  v.al  Xißl  v-rX.  .  .  .  ryg  öh 
ö\Ev]r^QCig  6cpQay£lSog  v.xX.  Ebenso  CPR  I  1,8:  rfig  [ihv  fuäg  acpQaytSog,  rj  iariv 
ccQovQ&v  Svo  ktX.;  vgl.  ferner  BGU.  444,  Grenf.  11  23  a,  25,  32,  vor  allem  Grenf.  I 
33,  35  S   u.  s.  w. 


Heinrich  Erman:  Die  Siegelunj?  der  Pa})yrnsnrkimden  75 

Aber  die  Beibelialtung  des  Namens  könnte  oliiie  Beibehaltung  der 
Übung  erfolgt  sein!  Lebte  zur  Kaiserzeit  das  in  ptolemäischer  Zeit 
übliche  Einrollen  und  Einsiegeln  noch  fort?  Der  Doppeltext  der  Fayüra- 
urkunden:  'o^oloyet  Uvqos'  und  '^UvQog  ö^oXoyc)''  bietet  dafür  keinen 
Beweis,  denn,  wieWilcken  bemerkt,  stehen  häufig  beide  Redaktionen  in 
einer  und  derselben  Kolonne.  Es  war  also  nicht  wie  in  den  Urkunden 
des  Pompejaners  Jucundus  (s.  o.  S.  69),  der  erste  Text,  die  testatio,  ein- 
gesiegelt. Vielmehr  bemerkt  Wilcken,  er  habe  'in  der  Litteratnr  bisher 
keine  Spur  davon  gefunden,  dafs  die  eigentlichen  Verträge  damals  ver- 
oder  untersiegelt  wären.  Auch  bieten  die  Publikationen  keinen  Hin- 
weis auf  materielle  Spuren.  Es  bleibt  freilich  die  Frage,  ob  nicht 
doch  auch  solche  Verträge,  die  als  i^aficcQtvQOt  citiert  werden  —  in 
BGU  260,  7  eine  anoxrj^  in  813  ddvsia  —  wie  jene  Testamente  (s.  u.) 
gesiegelt  gewesen  sind.  Aber  bis  jetzt  liegen  nur  diese  Citate  vor.  — 
Demotische  Kontrakte  giebt  es  auch  noch  aus  der  Kaiserzeit,  aber  über 
ihre  Siegelung  oder  Nichtsiegelung  kann  ich  nichts  aussagen.  Für  die 
Frage,  ob  Plinius  recht  hat,  sind  sie,  gleichviel  wie  man  'Aegyptus' 
auffalst,  jedenfalls  von  Bedeutung.' 

5.  Hinsichtlich  der  Testamente  kommt  nicht  gegen  Plinius  in  Be- 
tracht die  Versiegelung  der  römischen  Testamente  oder  Codicille  BGU 
m  326  (189  n.  Chr.);  361  (184  n.  Chr.).  Wohl  aber  das  Testament 
vor  sechs  Zeugen  BGU  I  86  (155  n.  Chr.),  denn,  wie  Wilcken  mit  Recht 
bemerkt,  diese  Zahl  ist  'charakteristisch  für  die  griechischen  Urkunden 
(i^a^ccQtvQog  —  die  ägyptischen  haben  16  Zeugen,  vgl.  Gott.  G.  A.  1895, 
S.  165).'  Auch  die  sämtlichen  Namen  zeigen,  dals  es  nicht  römisch 
ist.  Ferner:  'in  BGU.  592  wird  das  Testament  eines  nvsq)SQG)g  als 
icjrpQaytö^svrj  bezeichnet.  In  P.  Oxy.  I  106  (a.  135  n.  Chr.)  erhält  eine 
Frau  Utols^ä  ihr  Testament  wieder  zurück,  inl  tav  avxav  GcpQayCdcov. 
Vgl.  I  107.  In  Oxy.  I  105  (Hadrians  Zeit)  werden  die  Siegel  des  Testa- 
tors und  der  sechs  Zeugen  genau  beschrieben.  Ob  Siegelspuren  sind, 
darüber  ist  aus  der  Publikation  nichts  zu  entnehmen.  Durch  die  Be- 
schreibung versicherte  man  sich  wohl  für  den  Fall,  dafs  die  Siegel  ab- 
sprangen, oder  ist  das  ein  Übergang,  dafs  die  Beschreibung  an  die  Stelle 
der  Siegel  selbst  tritt?  —  Damit  ist  zu  vergleichen  Mitt.  PR.  V  87 
(Zeit  des  Caracalla):  iiaqrvQOdv  e^  Cov  xa  övö^ara  xal  ot  sixovtö^ol 
ei,fjs  drjXovvtai.  Doch  erfährt  man  nicht,  aus  was  für  einer  Urkunde 
dies  Citat  stammt.  —  Hiernach  ist  wohl  sicher,  dafs  die  griechischen 
Testamente  versiegelt  wurden.' 

6.  Über  anderweite  Urkunden  bemerkt  Wilcken:  'Aufserdem  habe 
ich  Siegel  gefunden  unter  gewissen  amtlichen  Quittungen  (Steuer- 
quittungen),  und   zwar  im  Original  erhalten,   z.  B.  in  BGU  463,  718, 


76  I-  Aufsätze:  Heinr.  Erman:  Die  Siegelung  d.  Papyrusmkunden 

764,  765,  803.  Sehr  interessant  ist  der  Schlnfs  einer  ähnlichen  Be- 
scheinigimg BGU  763:  x^Q^^S  x^^Q^^''^V9^S  XXXXX.  Hier  vertreten 
(he  fünf  Kreuze  die  Stelle  des  Siegels.  Auch  diese  Gruppe  mufs  jetzt 
ganz  und  gar  in  den  Originalen  auf  Siegelspuren  hin  untersucht 
werden.'  ^) 

Die  Thatsachen  unter  Nr.  5  und  6  sprechen  nicht  gerade  dafür, 
dafs  'non  signat  Aegyptus,  litteris  contenta  solis'.  Doch  wird  die  En- 
quete noch  zu  vervollständigen  sein  und  festzustellen: 

1)  Was  sagen  die  Papyrus  von  Urkundenver-  oder  untersiegelung?  ^) 

2)  Zeigen  sie  materielle  Siegelspuren: 

a)  Versiegelung  von  Urkimden  —  eingerollte  scriptura  inferior? 

b)  Untersiegelung  von  Urkunden? 

3)  Findet  sich  die  Beglaubigung  durch  Abdruck  der  Fingerfläche  mit 
Tinte  oder  auf  Siegel  wachs? 

Lausanne.  Heinrich  Ermaii. 


1)  Derselbe:  'Mit  der  Pliniusfrage  haben  nichts  zu  thun  jene  roten  Stempel 
(nebst  Beischriften) ,  die  neuerdings  mehrfach  auf  der  Rückseite  von  Ver- 
trägen und  andern  öffentlichen  Urkunden  der  Kaiserzeit  beobachtet  worden  sind. 
Vgl.  BGU  183,  748;  CPR  I  1,  11,  170  und  ein  ccvTiyQCicpov  in  CPR  I  4,  37/8,  auch 
in  Lond.  11,  S.  218,  20  flP.  (s.  unt.  d.  Ref).  Über  diese  ;^o:pK7fto;To:  vgl.  Deil'smann, 
Neue  Bibelstudien  S.  70 ff.  Der  Stempel  giebt  das  Jahresdatum,  dem  dann  mit 
Tinte  der  Tag  und  die  Registrierangsnote  des  Beamten  beigefügt  wird.  An  den 
beiden  letztgenannten  Stellen  wird  mit  einer  Verallgemeinerung  der  ursprüng- 
lichen Bedeutung  Stempelinschi'ift  plus  Beischrift  zusammen  als  x'^gccy^ia  be- 
zeichnet. —  Diese  Abstempelung  der  Kontrakte  wurde  von  den  Beamten  des 
Grapheion  vollzogen.  Es  wurde  dadurch  die  Einregistrierung  in  die  Vertrags- 
listen etc.  bestätigt  {ävocyiyQanxa.i).  Wir  werden  jetzt  die  Originale  auch  auf 
diese  roten  Stempel  hin  noch  genauer  zu  prüfen  haben.  Eine  Ähnlichkeit  mit  der 
Versiegelung  liegt  ja  vor,  insofern  hierdurch  die  Urkunde  zugleich  beglaubigt 
■wurde,  doch  fehlt  der  Verschlufs.  Dagegen  zeigt  gerade  die  Abstempelung  dieser 
Verträge  —  vorausgesetzt,  dafs  auf  den  Vorderseiten  wirklich  keinerlei  Siegelung 
gewesen  ist  — ,  dafs  die  Verträge  auch  ohne  Untersiegelung  als  gültig  beim  yQcc- 
(pslov  angenommen  wurden.  —  Aus  Obigem  geht  hervor,  in  wieweit  ich  den  Aus- 
führangen  von  Naber  (s.  unten  S.85f.)  nicht  beistimmen  kann.  Es  scheint  mir  un- 
zweifelhaft, dafs  xf^Qay^cc  ui-spninglich  den  Stempel  und  erst  übertx-agen  die  ganze 
Subscriptio  bezeichnet.  Da  aus  der  Ptolemäerzeit  bis  jetzt  solche  Stempel  nicht 
bekannt  geworden  sind,  so  halte  ich  es  nicht  für  glücklich,  jene  Subscriptionen 
der  Ptolemäerzeit  als  %uQäyyLuxcc  zu  bezeichnen.' 

2)  Versiegelte  Briefe  sind  für  alle  Perioden  bezeugt. 


Die  'Habe'-Quittung  bei  den  Griechen. 

In  dem  stehenden  i%£iv^  äni^siv  der  griechischen  Quittungen 
steckt  ein  allgemeines  Institut  des  griechisch-römischen  Verkehrslebeus: 
die  Habe-Quittung, 

d.  h.  die  Sitte  da,  wo  heutzutage  in  allen  Sprachen  der  Empfang 
bescheinigt  werden  würde,  statt  dessen  oder  doch  daneben 
das  Haben  der  geschuldeten  Leistung  zu  bekennen. 

Der  Grund  und  Ursprung  dieser  Sitte  liegt  in  dem  naheliegenden 
Gedanken,  dal's  Gehen  und  Haben  sich  entsprechen:  Geben  ist  macheu 
dafs  der  andre  hat,  vgl.  z.  B.  den  stoischen  Wortkünstler  Seneca,  de 
beneficiis  V  10:  dare  aliquid  a  se  dimittere  est  et  id  quod  tenueris 
habendum  alteri  fradere. 

Diese  Erscheinung,  deren  Erkenntnis  für  Rom  nahe  gelegt  wurde 
durch  die  1875  entdeckten  pompejanischen  Auktionsquittungen,  wies 
ich  1883  ^zur  Geschichte  der  römischen  Quittungen  und  Solutions- 
akte' S.  1  if.  zuerst  nach  und  habe  sie  nun  —  wie  ich  glaube,  end- 
gültig —  festgestellt  in  einem  in  der  Zeitschrift  der  Savignystiftung 
für  Rechtsgeschichte  XX  1899  erscheinenden  Aufsatz  über  ^die  pompe- 
janischen Wachstafeln'.  Die  Geschichte  des  Begriffspaares  'Geben  — 
Haben'  führt  von  dem  e%£iv^  &7iE%Siv  der  griechischen  Quittungen,  ent- 
sprechend dem  dtöövai  und  ccTCodidovaL^  über  das  römische:  "^spondesne 
dari^  spondeo'  und  liabesne  accei^tum?  haheo'  hinweg  bis  in  das  Mittel- 
alter mit  seinen  'Habere'-  und  'Habuisse'- Quittungen  und  mit  dem 
'Soll  geben  —  Soll  haben'  seiner  Buchführung,  heut  zusammengeschrumpft 
zu  dem  wenig  logischen  'Soll  —  Haben',  vermutlich  dem  letzten  Aus- 
läufer der  griechisch-römischen  'Habe'-Quittung. 

Wie  in  der  Savigny-Zeitschrift  die  römische,  so  ist  hier  vor  allem 
die  griechische  Seite  dieser  Erscheinung  zu  würdigen,  also  die  Quit- 
tungen mit  ex^LV  und  a7ci%Biv,  die  ja  grofsenteils  in  Papyrusurkunden 
erhalten  sind. 

Dafs  B%Biv  eine  Habequittung  ist,  liegt  auf  der  Hand,  hier  aber 
soll  gezeigt  werden,  dafs  genau  das  Gleiche  auch  für  a%i%Biv  gilt. 
Dessen  herkömmliche  Übersetzung  mit  '^Empfangen  haben'  scheint  mir 


78 


I.  Aufsätze 


ungenau  und  im  Widerspruch  mit  der  Thatsaclie,  dafs  das  griechische 
Sprachbewufstsein  bis  in  die  Kaiserzeit  hinein  in  dem  än£%£iv  das 
£%Biv  klar  und  deutlich  empfand.  ^Ano  —  £%£tv  stand  eben  zu  anh  — 
öidovai  in  genau  dem  gleichen  bewufsten  Korrespondenzverhältnis,  wie 
t%8iv  zu  didovau. 

Diese  Habe -Bedeutung  des  a7ii%£iv  äufsert  sich  in  zwei  Er- 
scheinungen, die  bei  der  Auffassung  des  (xTiiiuv  als  'Empfangen- 
haben', m.  E.,  unerklärlich  sind.  Einmal  in  dem  in  besserer  Zeit 
durchgehenden  Gebrauch  des  Präsens  für  aniiuv  genau  wie  für  h%Hv. 
Sodann  in  der  Beschränkung  des  aTti%siv  auf  Bezeugung  eines  ano- 
dtdövai,  d.  h.  grundsätzlich  eines  .^MrMCÄ^gebens. 

Der  ursprünglich  durchgehende  Gebrauch  des  Präsens,  welches 
nur  sehr  allmählich  dem  Präteritum  Platz  macht,  tritt  für  direxEiv 
genau  wie  für  s%€lv  in  den  Papyrussammlungen  sehr  deutlich  hervor. 
Noch  schärfer  aber  in  den  Scherbenquittungen,  deren  Ergebnisse  nach 
dieser  Richtung  Herr  Professor  Wilcken  auf  meine  Frage,  ob  jene  Er- 
scheinung auch  dort  sich  finde,  mir  freundlichst  übersandt  hat. 

Folgende  Tabelle    fafst    seine  Feststellungen  über  Gegenwart  und 
Vergangenheit  bei  sxca  und  cc7t£%co  zusammen: 
"Exco  oder  anijGi  stehen  in  der 


in  Ostrakaquittungen 


Gegen- 
wart 


Ver- 
gangen- 
heit 


Hierunter 


Vor  Christo 


41 


I.  Jahrh.  n.  Chr. 


II.  Jahrh.  n.  Chr. 


III.  Jahrh.  n.  Chr. 


51 


34 


10 

268 


11 


48 


35 


Summa 126  279  94 

Hiernach    ist    der  Gebrauch  der  Vergangenheit   bei  aiiiyip   genau 

wie  bei   iyja   ein   mifsbräuchlicher,   den  Ostraken   vor   Chr.  Geb.   ganz, 

denen  des  I.  Jahrh.  n.  dir    wesentlich  fremder. 

Ganz  dasselbe  ergeben  die  Papyrusquittungen. ^) 

1)  "E^siv  in  der  GegenwciH  findet  sich: 
BGU.  I  68,  4  (112—3  n.  Chr.);  69,  4  (113—4  n.  Chr.);   101,  2  (114—5  n.  Chr.); 

183,  5  (85  n.Chr.);  189,  2  (8  n.  Chr.) ;  190, 1,4(Domitian);  240,5(167— 8n.  Chr.); 

251, 3(81  n.  Chr.);  272,  3(138  n.  Chr.);  289,2(147  n.  Chr.);  290,9  (150  n.Chr.); 

339,  9  (128  n.  Chr.). 
CPß.  I  15  (149  n.  Chr.);  16  (163  n.  Chr.);  21  (230  n.  Chr.);  22  (Anton.  Pius);  23 

(s.  a.);    26  (136  n.  Chr.);    26   (Hadrian);    27    (190  n.  Chr.);    29   (184  n.  Chr.); 

198  (139  n.  Chr.);  280  (137—8  n.  Chr.);  238  (s.  a.). 


Heinrieli   Ernian  :  Die  'Ilabo'-Quittung  lioi  den  Grifichon  79 

Der  Bestand  ist  hier  tabellarisch  folsender: 


Gegenwart 

Verojan 

genheit 

Vor  Christo 

2 

1 

I.  Jahrh. 

n. 

Chr.  .    . 

4 

4 

1 

I.— n.  Jahrh. 

n. 

Chr.  .    . 

2 

II.  Jahrh. 

n. 

Chr.  .    . 

18 

18 

15  0 

5 

IL— ni.  Jahrh. 

n. 

Chr.  .    . 

1 

3 

2 

7*) 

in.  Jahrh. 

n. 
n. 

Chr.  .    . 

1 

3 

7 

IV.  Jahrh. 

Chr.  .    . 

3 

Später 

3 

1 

4 

1 

sine  anno .    . 

6 

1 

2 

11 

1)  Da  die  10  Sitologenurkunden  Abschriften  desselben  Formulars  sind,  können 
sie  eigentlich  nur  für  1  rechnen  —  also  statt  15  nur  G! 

2)  Vergl.  hierzu  die  Bemerkung  des  CPR.  I  S.  14  (in  der  vorigen  Anm.), 
wonach  unter  Severus  die  Kaufurkunden  ''geradezu  stereotyp'  mit  änscxriKevcxi  über 
den  Preis  quittieren. 

Grenf.  I  22  (118  vor  Chr.);  68  (7.  Jahrh.  n.  Chr.). 

Wessely  Denkschr.  Wien.  Akad.  1889  XXXVII  S.  101:  No.  1  (89  vor  Chr.);  2  und 

3  (2—300  n.  Chr.);   S.  199   ('häufig  wiederkehrend!'    —  647  n.  Chr.);    S.  203 

Pap.  LVII  (VI.  Jahrh.  oder  später);  S.  205,  LXII  (s.  a.);  S.  215,  LXVI(s.  a.); 

S.  251,  App.  889  (s.  a.);  S.  254  Pap.  LXXV  (s.  a.). 
P.  Par.  7  (99  v.  Chr.). 

'Ani^Hv  in  der  Gegemvart: 
BGU.  I  44  (Trajan);    71   (Commodus);    77   (Max  Aurel);    100  (Anton.  Pius);    101 

(Trajan);  153  (Anton.  Pius);  165  (Anton.  Pius);    177  (Claudius);    179  (Anton. 

Pius);    187  (Anton.    Pius)  ;    193   (Hadrian);    196   (Trajan);    200   (Commodus); 

228  (2—300  n.  Chr.);    236   (ü.  Jahrh.  n.  Chr.);   260   (Dioklet.);   281  (Trajan); 
297  (Claudius);  350  (Trajan). 

CPR.  I  1  (ter!  —  Diocletian);  p.  13  (s.  a.);  4  (bis!  —  Claudius);  14  (IGG  n.  Chr.); 

187  (1—200  n.  Chr.);  188(1—200  n.  Chr.);  194(161  n.  Chr.);  198  (139  n.  Chr.); 

220  (I.  Jahrh.  n.  Chr.);  223  (Hadrian). 
Grenf.  I  26  (113  v.  Chr.). 
Wessely,  Denkschr.  Wien.  Ak.  XXXVII  1889 :  No.  XXVI  (4.  Jahrh.  n.  Chr.  oder  später). 

"E^siv  in  der  Vergangenheit: 
BGU  I  24,  2  (s.  a.);  29  (7—800  n.  Chr.);  61,  I,  4  (199  n.  Chr.);    104;  105;  169; 

171;  172;  263;  279;  280;  284;  294  (10  'Sitologen'- Quittungen  nach  einem 

und  demselben  Formular  —  155 — 9  n.  Chr.);  150,  1  (II. — III.  Jahrh.  n.  Chr.); 

155,  4  (152—3  n.  Chr.). 
CPR.  I  p.  59  (um  300  n.  Chr.);  20  (250  n.  Chr.);  183  (35  n.  Chr.);  228  (205  n.  Chr.^- 

229  (H.-ni.  Jahrh.  n,  Chr.). 


80  I-  Aufsätze 

Die  Papyrus  ergeben  also  ganz  wie  die  Ostraka^  dafs  der  ältere, 
korrekte  Sprachgebrauch  das  aiiiiuv  genau  wie  das  ti^iv  nur  in  der 
Gegenwart  anwendet.  Dies  scheint  mir  nun  unvereinbar  mit  der  Auf- 
fassung  des  UTiixaiv  als  EmpfangshQ7.e\xgMn^.  Das  Emj)fangen  ist  eine 
abgeschlossene,  also  in  der  Vergangenheit  liegende  Thatsache.  Daher 
steht  in  allen  Sprachen  das  Empfangsbekenntnis  in  der  Vergangenheit: 
'empfangen  zu  haben',  j'ai  regu,  accepi,  recepi,  slaßov^  £d£i,cc^7]v  etc. 

Dagegen  steht  logischer  Weise  in  der  Gegenwart  das  Bekenntnis 
über  den  fortdauernden,  also  gegenwärtigen  Zustand  des  Habens.  Es 
zeugt  von  Abschwächung  des  Sprachgefühls,  wenn  auch  dies  Haben 
in  der  Vergangenheit  erscheint.  So  im  Griechischen,  wo  den  obigen 
Tabellen  nach  dieser  Umschwung  etwa  im  H.  Jahrh.  n.  Chr.  sich  voll- 
zog. Und  so  auch  im  Lateinischen,  wo  unsern  Zeugnissen  nach  die 
ganze  römische  Zeit  hindurch  das  'habere'  ausschliefslich  war,  während 
im  Mittelalter  die  'habuisse'-Quittung  auftritt.  Dies  zeugt  einmal  mehr 
von  der  schärferen  und  länger  festgehaltenen  Logik  der  römischen  Rechts- 
sprache gegenüber  der  griechischen.  Doch  ist  dabei  auch  zu  beacliten, 
dafs  unsere  Scherben-  und  Papyrusquittungen  eigentlich  'griechische' 
nicht  sind,  sondern  gutenteils  die  hellenisierter  Barbaren.  Wohl 
möglich,  dafs  z.  B.  in  athenischen  Quittungen  das  korrekte  Präsens 
von  ^%Eiv^  icntiEiv  erheblich  länger  in  Gebrauch  blieb  als  in  unsern 
helleno  -  ägyptischen ! 

Doch  wie  dem  auch  sei,  sicher  ist,  dafs  das  Präsens  bei  amistv 
genau  in  der  gleichen  Weise  auftritt  wie  bei  £%Eiv.  Man  empfand  also 
das  ccTtsiEiv   als  Bezeichnung   nicht   eines  (vergangenen)   Vorgangs,   als 


Grenf.  I  00  (5«1  n.  Chr.)  —  [No.  51  (IL — III.  Jahrh.  v.  Chr.):  iaxtv  XaiQ&g  Tvßi 
u  üß[^olovg)  y  ist  Jceine  Quittung,  sondern  die  Aufzeichnung  eines  vergangenen 
Kassenbestandes.     Das  tax^^  ist  also  am  Platz  !J 

Wessely,  Wiener  Ak.  Denkschi-.  XXXVII:  No.  XXV  (4.  Jahrh.  oder  später);  p.  201 
No.  LIV  (VI.  Jahrh.  n.  Chr.);  p.  256  App.  902  (s.  a.). 

'Antx^iv  in  der  Vergangenheit: 

BGU.  I  13  (Dioklet.);  32  (s.  a.);  282  (Mark.  Aur.);  316  (IV.  Jahrh.  n.  Chr.). 

CPli.  I  p.  14:  Cunter  Severus  .  .  .  griechisch-ägyptische  Kaufurkunde  stereotyp;  .  .  . 
der  nachfolgende  Passus  geradezu  stercotyj}-  ngoßo^oloysl  6  TtaQaxcoQihv 
ansöxriK^vcci,  rrjv  uvtrjv  rtfii^v  .  .');  No.  2  (II. — III.  Jahrh.  n.  Chr.),  3  (II.  bis 
III.  Jahrh.  n.  Chr.);  p.  19  (271);  5  (1G8  n.  Chr.);  6  (238  n.  Chr.);  9  (bis!  —  271 
n.  Chr.);  10  (bis!  —  321  n.  Chr.);  11  (bis!  —  Trajan);  46  (Caracalla);  63 
(Alex.  Sev.j;  103  (s.  a.);  109  (s.  a.);  113  (s.  n.);  120  (s.  a.);  122  (s.  a.);  138 
(s.  a.);  140  (nach  M.  Aurel),  142  (s.  a.);  149  JL— IE.  Jahrh.);  151  (III.  Jahrh.) ; 
152  (IL— III.  Jahrh.);  153  (s.  a.);  154  (M.  iur.);  155  (s.  a.);  156  (nach  M. 
Aurel.);  193  (;iGl  n.  Chr.);  225(224—5  n.  Chr.);  238  (s.  a.);  247  (347  n.  Chr.). 

GrenL  I  60,  32  (.081  n.  Chr.). 


Heinrich  Emian:  Die  'Habe'-Quittung  l)ei  den  Griechen  81 

Empfang,  sondern  eines  (gegenwärtigen)  Zustands,  als  ein  Haben:  auch 
änixELv  war  eine  'Habe'-Quittung. 

Durch  den  Zusatz  des  a:ih  hatte  also  das  E%blv  von  seiner  Habe- 
bedeutung nichts  eingebüfst.  Da  fragt  es  sich  denn,  was  dies  aith 
eigentlich  bedeutete  und  in  welchem  Sinne  es  die  Bedeutung  des  s%blv 
modifizierte? 

Aufschlufs  darüber  ergiebt  die  durchgehende  Korrespondenz:  ^äjio- 
didövcci  —  uTcaxsiv'  entsprechend  der  von  öidövaL  —  sx^iv.  Die  her- 
kömmliche Übersetzung  von  äTCodidövai  =  geschuldetes  geben  ist  nicht 
falsch,  aber  schwerlich  die  ursprüngliche.  Diese  scheint  mir  'zurück', 
'wieder'  zu  sein:  anoöidövai  —  anix^v  ==  zurückgeben  —  zurückhaben.^) 

Auszugehen  ist  von  demjenigen  Vertrag,  der  in  allen  Sprachen  wegen 
seines  Alters,  seiner  Häufigkeit  und  Wichtigkeit  die  Obligationstermino- 
logie beherrscht :  dem  Darlehn.  Hingabe  eines  Darlehns  ist  lie'm  Zuräcli- 
fjehen,  daher  hier  niemals  KTtodudovat  —  änex^uv  gesagt  wird,  sondern 
stets  nur  dtdovai  —  bxblv.  Dagegen  die  Heimzahlung  des  Darlehns 
ist  ein  Zurückgeben.  Daher  zwar  natürlich  auch  didovat  —  Bx^tv  da- 
von gesagt  werden  Tiann,  technisch  und  regelmäfsig  aber  nur  äno- 
didovai  —  änixBiv. 

Entsprechend  lateinisch   dare  —  accipere  und  reddere  —  recipere, 

am  schärfsten  wieder  bei  dem  Wortkünstler  Seneca,  de  benef.  H  17  §  7: 

Beneficium  tam  recipiendum  est,  quam  non  exigendum.    Opti- 

mus  ille  qui  dedit  facile,   numquam  exegit,   reddi  gavisus  est  .  .  . 

qui  accipientis  animo  recepit. 

Dies  wäre  griechisch  nur  durch  ^-ij^vx]]  sxovtog  uTcix^C  wieder- 
zugeben. 

Der  Begriff  des  Zurückgebens  und  -habeus  war  also  den  Römern 
selbstverständlich  geläufig,  so  zumal  beim  Darlehn:  mutuum  reddere 
und  beim  Kaufpreis  pretium  reddere  (wirtscliafüicli  ist  die  Preiszahlung 
eine  Rückgabe  des  vom  Verkäufer  empfangenen  Sachwertes  —  daher 
griechisch  stehend  tLybi]v  anodtöovai  — cctcsx^lv).  Aber  es  zeigt  sich 
hier  einmal  mehr  die  Verschiedenheit  zwischen  der  juristisch-raffinierten 
römischen  Terminologie  und  der  naiv-praktischen  der  Griechen.  Die 
technische  Rechtsterminologie  der  Römer  unterdi-ückt  ganz  systematisch 
die  dem  Leben  geläufige  Unterscheidung  zwischen  dare  —  accipere 
einerseits  und  reddere  —  recipere  andrerseits,  und  so  erscheint  in  dem 
römischen  Hauptkontrakt,  der  Stipulation,  das  BücJcgehen  eines  Dar- 
lehns als  ein  blofses  Gehen:  dari  spondes?  spondeo.    Entsprechend  die 

1)  Für  ccTtix^iv  im  Sinne  von  '"empfangen  haben'  verweist  Herr  Professor 
Wilcken  auf  die  mir  nicht  zugänglichen  Bücher  von  Sturz  de  dialecto  Mace- 
donica  et  Alexandrina  1808  p.  147  und  Deifsraann,  Neue  Bibelstudien  S.  56. 

Archiv  f.  Papyrusforschung.  i,  1.  6 


82  I-  Aiafsätze 

Quittung  darüber:    Quod  promisi,  habesne  acceptum?  (nicht  receptum) 
—  habeo. 

Ja  ein  besonderes  JRMc/iempfangsbekenntnis  bat  sich  in  Rom  über- 
haupt nicht  entwickelt^  kein  dem  anaxco  entsprechendes  redhiheo  oder 
ähnlich,  und  habesne  acceptum,  nicht  receptum.  Das  Bekenntnis  über 
ein  gewährtes  Darlehn  war  in  Rom  von  der  Quittung  über  ein  zurück- 
gezahltes nicht  zu  unterscheiden,  beide  lauteten  gleichmäfsig  auf:  se 
accepisse,  accepisse  et  habere,  accepta  habere,  habere  u.  s.  w.  Erst  im 
Mittelalter  kommt  dieser  abstrakt-juristischen  Terminologie  gegenüber 
die  praktische  Auffassung  zum  Siege:  während  der  Darlehnsempfangs- 
schein  stets  auf  se  aecepisse  abgestellt  wird,  lautet  die  Quittung  auf 
se  recepisse  (et  habuisse). 

Im  vollen  Gegensatz  zu  dem  juristischen  Raffinement  der  Römer 
kann  nun,  wie  besonders  Mitteis  gezeigt  hat,  der  Grieche  die  Obligation 
sich  nur  als  DarlehnsrwcAgabepflicht  vorstellen.  Die  Obligation  ist  ihm 
ein  wirkliches  oder  fingiertes  Darlehn.  Und  gerade  daraus  wird  der 
allgemeine  Gebrauch  von  antodidovai  —  a.-jti%Biv  für  Zahlung  einer  'jeden 
Sclmld  zu  erklären  sein;  auch  wenn  sie  nach  keiner  Richtung  hin  als 
wahre  Rückgabe  erscheint,  weder  unmittelbar:  Rückzahlung  eines  Dar- 
lehns,  einer  Mitgift  u.  s.  w.,  noch  wenigstens  materiell:  Kaufpreis- 
zahlung =  Rückgabe  des  Sachwerts. 

Von  hier  aus  dürfte  sich  auch  der  Widerspruch  erledigen,  den 
gegen  die  obige  Deutung  des  äntico  Herr  Professor  Wilckeu  bei 
freundlicher  Übersendung  der  Ostrakaergebnisse  erhoben  hat.  Er 
schreibt : 

'Meine  Sammlung  spricht   dagegen,  .  .  .  dafs  anaxoj  auf  eine 

Rückzahlung  beschränkt  sei  .  .  .,  denn  äntiELv  steht  genau  so  wie 

iy^£iv    auch    in    reinen    Steuerquittungen.      Ja    ein    und    derselbe 

Steuererheber    schreibt    bei   Empfang    derselben   Steuer  bald  i^^, 

bald  ä7iEi(o.     Vgl.  z.  B.  1085  und  1087  {Scniio)  mit  1081,  1082, 

1086  etc.  (f^co).     In  1359,  einer  Schustersteuer-Bankquittung  {xt- 

raxtac),  schreibt  der  Trapezit  an  den  Rand:  djtE%(o  %.     In  diesem 

ani%£LV   liegt    also    wohl    nur,    wofür  auch    die   Lexika    Beispiele 

geben,  das  'Empfangen  dessen,  was  einem  zukommt'.' 

Hiermit  völlig  einverstanden,  suche  ich  nur  auch  noch  die  weitere 

Frage  zu  beantworten,   woher  jene  Bedeutung  von   aniio  (und  aTCobi- 

d(oiii)   stammt.     Und    da    scheint    mir  keine   andere  Autwort  denkbar 

als:  vom  Darlehn,  also  vom  Zurückgehen.    Und  das  strenge  Vermeiden 

dieser  Ausdrücke    für   die  Darlehnsgewährung    scheint   mir  dafür  zu 

sprechen,    dafs   jene   7iyVcZ"zahlnngsidee   sehr   lange   lebendig  blieb.     So 

ist  in  den  mittelalterlichen  Quittungen  das  recepisse  auf  die  Darleims- 


Heinrich  p]rman:  Die  'ITalje'-Quittun;'  l)oi  den  Griechen  83 

rückzahlung  beschränkt,  während  der  Darlehnsempfang  durch  accepisse 
l)ekaunt  wird.  Im  modernen  Französisch  dagegen  hat  das  recevoir 
jene  ursprüngliche  Bedeutung  ganz  verloren  und  wird  anstandslos 
auch  vom  Em/pfang  eines  Darlehns  gebraucht. 

Folgendes  die  von  Professor  Wilcken  mitgeteilten  Zahlen  für  die 
Ostraka: 


h<o 

CiTtiXO} 

Vor  Christo 

30 

11 

I.  Jahrh.  n.  Chr.    .    .    . 

13 

48 

n.  Jahrh.  n.  Chr.    .    .    . 

267 

35 

III.  Jahrh.  n.  Chr.     .    .    . 

1 

Summa 

311 

1)4 

Hier  ist,  wie  immer  bei  unserm  sjDoradischen  Material,  viel  Zufall 
im  Spiel  —  zumal  in  dem  Gegensatz  der  Quittungen  des  I.  u.  IL  Jahrh.  — 
aber  die  Gesamtzahlen  und  ihnen  entsprechend  die  41  Quittungen  v.  Chr. 
ergeben  ein  Verhältnis  von  etwa  3  aico  zu  1  ccitbico.  Danach  trat  die 
Auffassung  der  Steuerleistung  als  Heimmhlung  einer  SeJadd  —  eines 
fingierten  Darlehns  —  sehr  erheblich  zurück  gegen  die  naivere,  die  diesen 
Schuldcharakter  dahingestellt  sein  liefs,  vielleicht  auch  ihn  geradezu 
leugnete. 

Die  Ergebnisse  der  Papyrusurkunden  endlich  sind  folgende: 

1)  Hinsahlung  eines  Darlehns,  einer  Mitgift,  einer  arrha:  28  (oder  37!) 

a%(x}  vom  I. — VII.  Jahrh.  n.  Chr.^),  hein  cc7ca%co. 

2)  HücTxZalilmigen,  Daiiehn  oder  Kaufpreis  (hierzu  vgl.  oben  S.  81): 

Für  Darlehnsrückzahlung:    6  oiiti%Gi    des    IL    Jahrh.    vor   und    des 
IL  Jahrh.  n.  Chr.,  1  £;t«  f^es  III.  Jahi-h.  ii.  Chr.).-) 

1)  I.  Darlehnsempfang:  BGU.  I:  69,  4  (113—4  n.  Chr.);  101  (Trajan);  155  (Anton. 

P.);  189,  2  (s.  a.);  190,  I  4  (s.  a.);  223,  5  (210—11  n.  Chr.);  272,  3  (138  n. 
Chr.);  290,  9  (150  n.  Chr.);  339,  9  (128  n.  Chr.)—  aufserdem  104,  105,  169, 
171,  172,  263,  279,  280,  284,  294  (10  Abschriften  desselben  Formulars  über 
Saatkorndai'lehen  (155 — 9  n.  Chr.)  —  nur  als  eine  No.  zu  zählen:  ob.  S.  80^) 
CPR.  I:  XV  (149  n.  Chr.);  XVI  (163);  p.  59  (300?);  p.  229  (s.  a.).  Wessely, 
Denkschr.  d.  Wien.  Ak.  1889:  S.  157:  App.  .'J3.>  (Christi.  Zt.);  S.  216  Pap. 
LXVI,  2  (s.  a.);  S.  251  App.  889  (s.  a.);  S.  254  Pap.  LXXV'(s.  a.). 

n.  Bosempfang  BGU  I:  183,  5  (85  n.  Chr.);  251,  3  (81  n.  Chr.);  252  ^98  n.  Chr.); 
CPR.  I  XXI  (230  n.  Chr.);  XXII  (Ant.  Pius);  XXIII  (s.  a.i;  XXV  (136  n.  Chr.); 
XXVI  (136  n.  Chr.);  XXVII  (190  n.  Chr.);  XXIX  (184  n.   Chr.).' 

III.  ii^^u§(ov  BGU.  I:  240.  5  (167  n.  Chr.). 

2)  Darlehnsquittungen  mit    aniivi:    BGT".    I:    44   (Trajan);    101    (Trajan);    155 

6* 


84  I-  Aufsätze:  Heinr.  Erman:  Die  'Habe' -Quittung  bei  den  Griechen 

Für  Kaufpreis:  1  aTiiiGi  des  11.  Jahrh.  n.  Chr.^  3  t%(a  des  IL  Jahrh. 
D.  Clir.\) 
3)  Andere  SclmldzaJilungen'.  9  eia  —  10  ccni%G}, 

nämlicli:  MietszaMung:  ^£%(o  des  IL — VII.  Jahrh.  n.  Chr.,  3  änixcj 

des  L— III.  Jahrh.  n.  Chr.  2) 
Sonstiges  (Zinsen  u.  s.  w.):  5  e%(o  vom  IL  Jahrh.  vor  bis  VI.  Jahrh. 

n.  Chr.,  7  ccTiEia  des  IL  Jahr.  n.  Chr.  (s.  a.).^) 
Lausanne.  Heinrich  Erman. 


(Ant.   P.);    179   (Ant.   P.);    281    (Trajan);    Grenf.  I  26   (113   vor    Chr.);    mit    ^xa: 
CPR.  I  228,  4  (205  n.  Chr.). 

1)  Kaufpreisquittungen  mit  ixa:  CPR.  I:  198,  18  (139  n.  Chr.);  230,  12 
(137—8);  Grenf.  I  22  (118  n.  Chr.);  mit  änix(o:  CPR  I  198,18  (139  n.  Chr.). 

2)  Mietsquittungen  mit  ^;^co:  BGU.  I:  150,  1  (s.  a.);  289,  2  (147  n.  Chr.). 
Grenf.  I:  22  (118  v.  Chr.);  68  (VH.  Jahrh.  n.  Chr.);  mit  &Ttix(^-  BGU.  I:  32,  2 
(s.  a.);  253,  15  (IE.  Jahrh.  n.  Chr.);  260  (Diokl.);  297  (Claudius). 

3)  Sonstige  Quittungen  mit  J^x^^-  BGU.  I:  24  (nach  Mark  Aur.) ;  68,4(113—4); 
295  (591).  Grenf.  I  23  (s.  a.);  51  (II.  Jahrh.  vor  Chr.);  mit  anix(a:  BGU.  I:  77 
(Mark  Aur.);  187  (Anton.  P.);  196  (Trajan);  200  (s.  a.;.  CPR.  I  p.  13  (s.  a.); 
No.  14  (166  n.  Chi-.);  63  (AI.  Sev.). 


Observatiunculae  ad  papyros  juridicae. 

§  1.  Norunt,  qui  papyraceis  contractibus  operam  impenderunt, 
instrumentis  vel  Graecis  vel  demoticis,  praeter  suhscriptiones  eorum, 
qui  scribendo  adfuerint,  subscriptas  haud  raro  inveniri  publicas  sub- 
notationes  („Vermerke")  binas,  quae  registra  nescio  qua  de  causa  appel- 
lavit  Peyron,  alterum  trapenficum,  alterum  grapliicuni,  sed  vera  nomiua 
bis  sunt  Ttt&^a'^)  et  %aQay^a.^)  Atque  haec  quidem  in  fronte;  ceterum 
in  tergo  ab  Augusto  utique  conspicitur^)  signum  planum  {„Stempel"), 
quae  res  praeterea  in  tota  antiquitate  inventa  nonduni  est,  siquidem 
(tö)  TCQotoxollov^),  cuius  apud  lustinianuni  fit  mentio  (Nov.  44  cap.  2) 
magis  videtur  scribi,  quam  signari,  solitum.  Quod  babere  debebat  xriv 
tov  naxcc  xuLQOV  ivdo^ordrov  x6^r]rog  t&v  ^eiGiv  rj^&v  XaQyitiovcav^) 
TiQOöiqyoQiav  ^  aal  xov  %q6vov  %a%^  ov  6  xccQtt]g  yayovs^  xal  ÖTtööa  inl 
rav  roiovtcov  ngoyQKqysrai ,  nam  non  valet  protocollum  alh]v  xivä 
yQcc(prjv  s'xov.  Sed  quod  in  papyrorum  tergis  deprebenditur,  id  babere 
solet  effigiem  imperatoris^)  et   in  orbe  literas,  quibus  principis  nomen 

1)  Droysen,  Bh.  Mus.  f.  Philol.  lU  (1829)  p.  495  (ex  papyro  Londiniensi  III 
(=  Forshall  I  =  Grey)  lin.  37). 

2)  CPR.  I  4,  37/8. 

3)  Imagines  repraesentantur  in  corp.  Rain.  I  pag.  38  et  in  pap.  Berol.  I 
pag.  192.  Habuerunt  autem  talia  BGU.  183,  748,  CPR.  I  170,  Londin.  CCXCVII 
(b),  atque  sine  dubio  alii  quam  plurimi,  unde  nunc  evanuit  signum. 

4)  Sintne  protocolla  vel  protocollorum  loco  literarum  figurationes,  quae  in- 
veniuntur  in  summa  fronte  papyrorum  Byzantini  aevi  (Marini  LXXX,  LXXXVIII, 
XCIV,  CXIII;  Führer  durch  die  Ausstellung  Rainer  (1894)  p.  17sq. ;  P.  Oxy.  (I) 
praef.  pap.  138)  necdum  legi  potuerunt  {Führer  etc.  p.  18:  „ein  sinnvenvirrendes 
Gemengsei  von  geraden  und  verschlungenen  Linien",  cf.  Spangenberg,  Tab.  negot. 
p.  142'  cum  tab.  lithogr.  I),  quaeritur.  Negat  Marini  (not.  2  ad  pap.  LXXX),  alt 
Karabacek  (Führer  etc.  p.  17)  ideo  fortasse,  quia  sub  Arabibus  iam  cernuntur, 
quae  ad  papyri  confectionem  pertineant  („d(ie)  Namen  der  Chalifen,  Statthalter, 
Steuer ver IV alter,  Arbeiter  und  d(ie)  entspi'echenden  Jahreszahlen"),  proinde  possunt 
videri  sub  Graecis  eadem  obscure  significari. 

5)  Ad  hunc  igitur  tunc  pertinuisse  chartarum  dispositio  et  cnra  videtur  Cuiacio 
(ad  R.  C.  11.  18). 

6)  Antiquissimum  exemplar  null  am  habet  effigiem,  sed  notam  FP  et  in  orbe 
(Jxovs)  Is    KaiaciQog  (pap.  Berol.  I  pag.  192). 


86  I.   Aufsätze 

et  annus  exprimitur  velut  hoc  modo:  srovg  tß'  uvtoxQchoQog  KaCduQog 
NsQova  TQcaavov  xri,  eaque  omnia  rubro  colore  signantur.  Huic  uomen 
fuisse  putat  Wilcken^)  xäQuy^a,  sed  decepit  eum  Deissmann^)  speciose 
laudando  ex  Corp.  Rain.  I  pap.  IV  lin.  37/8,  nam  dissimulat  is  anti- 
graplio,  sicut  ipse  viüt  signi,  messe  vocabuliim  avaysyQaTcrca,  quod,  ut 
a  signo  aliennm,  ita  cum  altera  subnotatione  (quam  registrum  graphicum 
appellabat  Peyron)  coniunctum  fere  est,  proinde  ex  boc  ipso  loco  du- 
citur,  xciQCiyua  nomen  esse  non  signo  illi  piano  sed  subnotationi. 
Signo  fuisse  uomen  conieeerim  yQacpr'iv^),  sed  scire  refert,  significeturne 
eo  fabricandi  an  coutrahendi  annus.  Et  quidem  lustiniana  protocolla 
fabricandi  annuni  demonstrant  (tbv  xqövov  Jiu&'  ov  6  x^Q'^VS  yiyovs), 
vetera  signa  anniversaria  contrabendi  tempus  exprimunt.  Idque  pro- 
batur  subscriptionibus  quibusdam  agoranomicis'^),  quibuscum  eoaluit 
quodammodo  signum  anniversarium,  nam  subscripsit  agoranomus  in 
fronte  dieni  {ßv  Urols^atdi,  ^aa(fi  iß'),  in  tergo  sub  signo  nomen 
(^MccQav  6£6t]y.£t(o^ca),  annum  supplente  signo,  itaque  pertinebat  ad 
contrabendi  tempus.  Proinde  vera  est  sententia  Deissmanni  ■'')  signa 
papyrorum  anniversaria  non  esse  originaria  sed  imposititia,  neque  in 
cbarta  pura  extitisse,  sed  post  contractum  addita  esse,  quamquam  in 
bona  causa  non  pretiosa  pugnat  ratione:  si  fuissent  originaria.  futurum, 
ut  scripturae  nimium  decederet  nulluni  in  usum.^)  Nam,  quia  in  fronte 
scribitur''),  signa  tergum  occupant,  scripturae  nil  sane  deperit. 

Quod  autem  attinet  ad  publicas  illas  subscriptiones,  de  quibus 
initio  dictum  est,  xagayfia  paret  esse  subnotationem  magistratus  eins 
qui  privatorum  contractibus  praesideat,  testandi  causa  publice  trans- 
scriptum  esse.  Utä^a  autem  est  apoche  publici  vectigalis  ea  pleruni- 
que  forma,  ut  subscribat  trapezita  publicus  accepisse  se  sizoörrig^) 
iyxvxXiov'')  TsXog^  quod  pro   contractu  deberetur,   narä   dtayQaqjrjv,  id 

1)  Ad  pap.  Berol.  748  col.  I. 

2)  Neue  Bibehtudien  (1897)  p.  74. 

3)  Itaque  solvendam  esse  notam  vocabuli  supervacanei  (nam  a  recentioribus 
exemplaribus  abest),  quam  invenimus  in  jjap.  Berol.  I  pag.  192  (TP). 

4)  CPR.  I,  11;  BGU  748.  I. 

5)  Neue  Bibelstudien  (1897)  p.  73. 

6)  „Für  eine  Urspningsmarlce int  der  Stempel  viel  zu  grofs,  man  ivird  doch 

nicht  eine  so  grofse  Fläche  des  wertvollen  Materials  durch  Abstempelung  ohne 
iveiteres  dem  Gebrauche  entzogen  haben." 

7)  Wilcken,  Herrn.  XXH  (1887)  i».  487— 492;  cf.  P.  Grenf.  II  p.  211  — 21G; 
Spangenberg,  Tab.  negot.  (1822)  p.  14. 

8)  Vel  Sfy.drrig. 

9)  lungendura  esse  iyv.vv.).iov  rtlog  vidit  Droysen  (Bh.  Mus.  f.  Phil.  III  (1829) 
p.  501).  lunxerat  Buttmann  iyy.vuliov  TQÜitf^ca',  et  nunc  Wilcken  {Götting.  gel. 
Am.  1894  p.  725). 


J.  C.  Naber:  Obsci'vatiunculac  arl  papyros  juridicae  87 

est  mandatiim ^) ,  tov  tsXcovov,  vcp  i]v^)  VTCoyQdrpei  6  ävtiyQa(p£vgy) 
Ergo  vTisQ  ri}^  lotnig^)  non  publicano  solvendum  est,  sed  publico  tra- 
pezitae,  nee  potest  is  accipere  solius  publicaiii  mandato,  nisi  id  habeat 
subscriptionem  contrascribae.'')  De  bis  UTSIMAEIN  quaedam  a  nobis 
observabimtur,  iit  sie  deiiide  perveniamus  ad  xaQayiidtav  materiem, 
quaedam  denique  nEgl  öiayQacp&v  subjuncturi. 

§  2.  Iltco^dtcov  fastos  confecerat  olim  Lumbroso®),  admixtis  qui- 
busdam  alterius  generis  doeumentis '') ;  post  quem  collegit  ea  nxa^dtcov 
exempla  Wessely®),  quibus  messet  principale  verbum  tetaxtcct,  id  est 
solvit.^)  Alia  nunc  demum  accesserunt,  veluti  babent  nta^a  papyri 
Londinienses  DCXXIII  (=  Grenfell  I,  21),  DCXXXII  (=  Grenfell  I,  36), 
DCLXVII  (=  Grenfell  II,  15),  DCLXXV  (=  Grenfell  II,  32),  DCLXXIX 
(=  Grenfell  II,  35),  Grenfell  II,  34;  Oxyrhyncbita,  sub  Romanis  scriptus, 
(toI.  I)  XCIX,  et  superest,  quod  indicant  articuli  vtp  tjv,  ptomatis  frustu- 
lum  in  pap.  Fl.  Petrie  (pari  II)  XXYI  (2).  Nee  erat  illi  vera  causa, 
cur  excluderet  ea,  quae  non  baberent  verbum  Tfrajcrat,  velut  Leidense 
I.  379  (p.  90),  quod  in  niodum  passivum  ita  concipitur:  nintco^ev  dg 
X.  ßo3  .  .  .  (suppleo:  sig  xißänov).  Item  Berolinensi  papyro  (41),  quod 
Tcr&^ci  est,  restituit  formam  ninzcoxEv  Droysen^*'),  et  occurrit  ea,  licet 
inde  Ttra^aöiv  nomen  est,  etiam  in  alterius  generis  apocbis,  veluti  pap. 
Zoidis  lin.  1  et  Fl.  Petrie  (ijart  II)  XXXIX  (/:)  lin.  15. 

§  3.  Diximus  in  omni  ptomate,  quod  quidem  communi  forma  sit, 
publicauum,  contrascribam,  trapezitam  inveuiri.  De  publicano  et  tra- 
pezita  nulla  quaestio  est,  sed  de  contrascriba  quaeri  potest,  qui  ävvL- 
yQatpsvg  subscribere  debeat  mandato,  quod  ad  trapezitam  publicanus 
dabit.     Non  est  utique  6  TtQog  rfi  ävayQag)fj^^),  apud  quem  contractus, 

1)  „Berechnung  der  Steuer"   vertebat  Droysen,  Bh.  Mus.  f.  Phil.  III  p.  504. 

2)  Hoc  manet  in  P.  Petr.  II  26  (2),  4. 

3)  His  nomen  sunm  non  semper  subscribit  trapezita  (Wilcken,  Jahrb.  des 
Vereins  von  Ältertumsfr.  im  Bhl.  86  (1888)  p.  236). 

4)  Bevenue  laivs  31,  16. 

5)  Contrascriba  et  contrascriptor  in  lapidibus  occurrunt. 

6)  Becherches  sur  V  economie  politique  de  l'Egypte  (1870)  p.  330  ^ 

7)  Veluti  quod  dederat  Egger,  Comptes-re'ttdus  de  l'acad.  des  inscr.  III  (1867) 
p.  314,  et  Zoidis  papyris,  et  Partheyanis  2,  3  (=  Wilcken,  Actenstücke  IX,  X) 
et  altero  Eggeri  papyro  {Memoires  d'hist.  anc.  (1863)  p.  150).  Praeterea  pro  duobus 
computat  Brugsch,  Lettre  p.  63  =  Leemans  p.  69. 

8)  Wiener  Studien  UI  (1881)  p.  3,  5,  8—11. 

9)  Droysen,  Bh.  Mus.  f.  Philol.  m  (1829)  p.  500:  „es  hat  entrichtet". 

10)  Bh.  Mus.  m  p.  540. 

11)  Wiener  Studien  DI  p.  5.  —  Idem  bis  dicitur  6  itqbs  rc5  ygacpsLa  in:  3Ie- 
morie  della  B.  A.  di  Torino  (Peyron)  XXXI  (1827)  p.  159,  tertium  in  pap.  Berol.  580, 
qi;in  immo  6  xb  yQa^fsZov  in  pap.  Berol.  379  lin.  18,  20. 


88  I.   Aufsätze 

Aegyptii  inprimis^),  publicari  debent.  Licet  enim  is  ävTiyQccq)£vg  non- 
numquam  TOcitetur^\  errore  tarnen,  et  quidem  eodem,  fit,  quo  appel- 
latnr  6  TtQog  tf]  ccvtLyQaipii.^)  Sed  nihil  obstat,  qno  minus  publicani 
mandatum  confinnare  subscribendo  intelligatur  (6)  xaraötad^elg  ävxi- 
yQCitpevg  ty]g  covrjg  "ujrö*)  rov  (ßa6i,XiXov)  oixov6}iov^  qui  nuper  innotuit 
lege  Ptolemaeornm  vectigali.^) 

§  4.  Sequitur,  ut  dicanius  qua  re  non  ipsi  publicano  vectigal  sol- 
vendum  fuerit,  sed  trapezitae,  quum  tarnen  illius  rem  sine  dubio  au- 
geret.  Fit  igitur  hoc  eandem  ob  causam,  quam  propter  rj  dzoaoiQa^) 
non  traditur  publicano  sed  in  horrea  publica  defertur^),  quia  scilicet 
sicuti  privatis  fundorum  locatoribus  expedit  xvqisvelv  tüv  xaQjtav  sag 
(av)  XU.  Kar  hog  orpEilo^LSva  ito^iö((ov)Tai^\  ita  civitati  vectigalia  elo- 
canti  tutissimum  visum  est  (ffjg)  yLyvo^evrjg  TtQodödov  xvQLSvsiv'^), 
atque  sie  (otav)  6  nanga^ivog  XQovog^^)  änag  ^tsAO'r/^),  tunc  cum 
publicano  dialoyit,£6d'aL.^^)  Quam  ob  rem  fit  etiam,  ut  non  totius  con- 
ductionis  praedes  dentur,  sed  partis  pretii^^)  atque  praeterea  täv  a(7t)EL- 
xo0tßv^'^),  quae  aliquando  facta  sunt  iTtidsxata.^^)  Etenim  pars  utique 
pretii,  civitati  xvqlevovö)]  quum  sit  omnimodo  salva  futura,  praedibus 
indigere  non  videtur. 

§  5.  Cur  vero  mandatum  publicani  ad  trapezitam  non  sufficiat, 
nisi  habeat  subscriptionem  tot)   dvTtyQaq)icog'lf     Subscribit  is,  ut  con- 


1)  Postea  quidem  etiam  Graecos  contractus  Sia  tov  yQcccpeiov  publicari  coe- 
pisse,  docebimus  infra  (§  13).  Sed  erat  initio  t6  ygacpHov  Aegyptiis  contractibus 
publicandis  institutum. 

2)  Memorie  della  E.  A.  di  Torino  (Peyron)  XXXI  (1827)  p.  159  sq.  —  In  pap. 
Leidensi  I.  380  (p.  90)  fit  6  yQacpivs. 

3)  Notices  et  extraits  XVIII  2  p.  225. 

4)  Observavit  Witkowski,  Götting.  gel.  Ans.  159  (1897)  p.  471  (ad  col.  29  lin.  4) 
in  hoc  papyi'O  {Bev.  laws)  semper  legi  ■iiccd^eatriiimg  itccQa  et  Kcctaetcc&slg  vnö. 

5)  Ben.  laivs  54,  20. 

6)  IIsqI  tiis  &no(ioiQo:g  conferendus  est  inprimis  Grenfell,  i?ey.  laws  p.  119 — 121, 
deinde  vero  Kenyon,  ad  pap.  Lond.  CXCV  lin.  9. 

7)  Bev.  laics  30;  31. 

8)  Ergo  hoc  recipit  locator  in  P.  Oxy.  I  101,  22—24;  102,  17/18.  Ex  iure 
Romano  cf.  1.  62  (61)  §  8  D.  47.  2  (et  1.  7  pr.  D.  20.  2). 

9)  Bev.  laws  col.  3. 

10)  Cf.  Bev.  laws  21/2:   slg  ov   ccl   ngöeoSoi  nBTtQccvtcci  (xqovov)  ,   atque  col.  8 
lin.  6:   iv  a»  inqiavto  ti]v  oivrjv  (;fpdrw)  pi'O:   sig  ov  .  .  .  .  y^Qovov. 

11)  Bev.  laws  col.  18  lin.  9  sq. 

12)  Bev.  laws  col.  16—20. 

13)  Cf.  Bev.  laws  17,  3:  t6  &8iiyyvov  ^tQog  tfjg  wvfjg. 

14)  Bev.  laivs  34,  3;  56,  15. 

15)  Bev.  laivs,  App.I    (=  P.  Par.  62)  I,  15. 


J.  C.  Naber:  Observatiunculae  ad  papyros  juridicae  89 

stet  exigi  «x  tojv  vö^cov^),  id  est  iie  inclebituin  exigatur^j  neve  minus 
debito,  nam  hoc  quoque  ne  fiat,  sicut  vectigalis  eius  sociorum^),  ita 
civitatis  interest  propter  rö  ddisyyvov  fitQog  rijg  wvij?.*)  Vel  magis 
illud  ne  fiat,  civitatis  interest  propter  futurorum  annorum  reditus, 
quos  perituros  certuin  est,  si  depeculari  subditos  publicanis  permit- 
tatur,  quapropter  etiaui  apud  Romanos,  qui,  quantum  novimus,  vecti- 
galia  non  subsignabant,  tarnen  publicanis  quorundam  publicorum  eorun- 
dem  publicorum  procuratores  invigilabant.^)  Quod  nominatim  traditur 
de  quatuor  publicis  Africae.") 

§  6.  Habent  autem  TtTa^ura  tarn  Graecae  cautiones  —  veluti 
pap.  Paris.  5;  Leid.  M  et  N;  Lond.  DCXXIII  (=  Grenfell  I,  27);  DCXXXII 
(=  Grenfell  I,  36):  DCLXVII  (=  Grenfell  II,  15);  DCLXXV  (=  Gren- 
fell II,  32);  DCLXXIX  (=  Grenfell  II,  35)  —  quam  demoticae,  dummodo 
vectigales  id  est  ra  iy^vx^iG)  subiectae  sint.  Vectigales  esse  constat  prae- 
diorum  et  mancipiorum '')  et  rerum  incorporalium  ^)  coväg,  avcbv  exemplo 
döösig^),  quae  pretium  quodcumque  habeant,  atque  dicaQeasig^^)^  id  est  so- 
ciorum  licitationes.^^)  Exigebatur  autem  de  bis  omuibus  initio  vicesima, 
postea  adauctis  aerarii  necessitatibus  decima.^^)  Ssöetg  perinde  pendebant 
tu  TiQuöELg^^),  id  est  initio  vicesimam  postea  decimam.^'^)   Reliqua  6vvaK- 


1)  Mev.  Imcs  15,  12.  —  Exigit  igitur  publicanus,  non  contrascriba  vel  olv.o- 
vo^og,  quae  sententia  est  Pauli  Viereck  (Berliner  phüologiscJie  Wochenschrift  1896 
p.  1652:  „die  Pächter  ivurden  kontrolliert  durch  die  von  der  Eegierung  angestellten 
Steuererheber"). 

2)  Cf.  P.  Par.  61  (adhib.  Bev.  laivs  p.  77);  Bev.  laics  12,  1—4;  Bev.  Imvs, 
app.  I  (=  P.  Par.  62)  1,  4:  kccI  ^sXlsrs  ^riQ^iva  avxocpavt'^GBiv,  quod  etiam  dicitur 
TtaQaXoysvHV  (P.  Petr.  11  38  b,  6). 

3)  Ergo  queritur  in  pap.  Fl.  Petrie,  App.  p.  3  socius  de  socio:  oti .  .  .  i^ 
^KVtov  tag  6vy%aiQrj6£ig  noistrcci  KataßXccTtTcov  ri]v  6}vt]v. 

4)  Cf.  supra  (§  4). 

5)  Willems,  Droit  public  (1880)  p.  493'. 

6)  Marquardt,  Staatsvenvaltung  II  (1884)  p.  313^.  De  textu  (lin.  4)  melius 
abesset:  und  Einnehmer. 

7)  ' EyuvKXiov  .  .  .  dovXrig  commemoratur  in  P.  Oxy.  I  95,  25 — 27;  96. 

8)  Veluti  Xoysvopiivcov  in  P.  Lond.  HI,  40. 

9)  P.  Par.  5  col.  50.  10)  Wiener  Studien  III  p.  5. 

11)  Bivisio  pro  emptione  partis  socii  etiam  legitur  1.  7  §  12  D.  10.  3. 

12)  Droysen,  Bh.  Mus.  f.  Philol.  EI  p.  512. 

13)  Pap.  Berol.  (39)  quem  edidit  Droysen ,  Bh.  Mus.  f.  Philol  III  p.  494,  535 
et  item  Wilcken  in:  Kleine  Schriften  von  Droysen  I  (1893)  p.  387.  Torsit  priorem 
editorem  (p.  537)  vox  t&sto  pro  ^&riyitv.  Atqui  in  Anecdotis  Bekkeri  I  p.  264 
(lin.  10  sq.)  habemus:  0f^svog-  xorl  6  ivsx,VQOv  &£lg  xai  6  Xaßmv  .  .  .  slg  v7to&r}-Ki]v. 
Invenitur  autem  xL&sgQ-ch  pro  xi&ivui  in  Byzantini  aevi  documentis ,  veluti :  P. 
Oxy.  I  125,  21;  138,  37;  Theoph.  paraphr.  IV  cap.  141. 

14)  In  ptomate  quod  laudavimus  decirna  est. 


90  ^    Aufsätze 

?My^aTa  ab  hoc  onere  immimia  fuisse  videntur;  uulluni  certe  sive 
ddvELOv  sive  eTiiXvfSig  (id  est  anoiiq)  habens  Tträfia  hactenus  prodiit. 
Non  tarnen  videntur  ea  prorsus  immunia  fuisse,  sed  stato  vectigali 
subieeta,  quod  ut  credam  efficit  pap.  Berol.  567,  568,  ubi  omne  genus 
oautionibus  —  veluti  ixcpoQicov  Xoi7iO'yQa(ptaLg;  aTioxcctg  ÖQaxfi&v,  xqc- 
#f;?,  tQoq)Si(ov;  TrQaGeGiv  ilaicövcov^);  vnod^riyiaig  dovlav,  a7Co%al5  67Ceq- 
[luxav;  dccveioig;  jtQdöeöLV  ovcov^  6vyyQC((pcdg  yccaav  —  minutae  sum- 
mulae,  quarum  est  maxima  sex  drachmum ")  expensae  referuntur.  Erat 
etiara  de  quibusdam  contractibus  Diis  retribuendum,  veluti  in  paj:). 
Berol.  748  III  propter  domus  emptionem  solvit  emptor  trjv  didga^^Lttv 
rov  Uovxov. 

§  7.  Quod  autem  diximus  de  quantitate  vectigalis  iyxvxh'ov,  boc 
pertinere  Lumbroso  ^)  observavit  ad  privatos  contractus  dumtaxat. 
Nam  praediatores  initio  quidem  pependerunt  ro  sixoötov^)  perinde  ut 
ex  privato  emptores,  sed  postea  hoc  remissum  est,  et  coepit  exigi  de 
praediatura  pars  sexagesima,  addita  centesima.^)  Mansit  quidem  vecti- 
gal  ordinarium  rsXäv  (oi'mg,  itaqiie  praedes  dabat  conductor,  quemad- 
modura  supra  quoque  (§  4)  diximus  rCov  E{7i)sLXo0tG)i' ,  quae  postea 
sunt  facta  ETtidexara.  Kursus  ab  omni  vectigali  excipiebantur  eorum 
vectigalium  conductiones,  quae  res  publica  elocabat  solvenda  Diis^), 
nam  sie  explendum  videtur,  quod  statuitur  lege  Ptolemaeorum  vecti- 
gali (Bev.  laws.  col.  20  (i.  f-)'  oea  de  övyyQdrpovxat  oC  oixövo^oi 

tvsqI  tav  sTg  rovg  (  •  .  .  )vg'^)  0vyxvQo(v)vr(ov,  ^lij  TCgaßöeß&cjßav  ol 
(rrjv  (hvrjv)  TtQCiy^atsvöiiEvot^) räv  övyyQacpäv ^rjdev. 

§  8.  Duo  nuper  ntco^ccra  simul  innotuerunt^)  valde  singularia, 
ut  in  quibus  vectigal  emptionis  non  solvit  emptor  ^°)  xaxä  diayQCKpriv 
reXavov  —  ergo  ne  illa   quidem   secundaria  insunt  v(p    7]v  VTCoy^äcpsi, 


1)  Apparet  ab  hoc  altero  vectigali  t6  iynvyiliov  non  liberare. 

2)  Propter  apochen  4000  drachmum. 

3)  Recherehes  sur  l'econ.  polit.  de  V  Egyptc  (1870)  p.  303 — 305. 

4)  P.  Petr.  II  46  c,  15.  —  Solvit  ibi  praediator  iy-AVAliov  nomine  de  pretio 
drachmum  6500  drachmas  325. 

5)  P.   Zoid.  lin.  4  (cf.  Wilcken,  ActenstücJce  (1886)  p.  40). 

6)  Exemplum  dedimus  §  6  (i.  f.). 

7)  Expleo:  0EOT2. 

8)  I.  e.  publicani  (cf.  Eev.  laws  p.  78  ad  col.  7  lin.  2).  Diversi  sunt  et  oi  tu 
ßaadr/.u  TtQccyiidxsvöiisvQi  (P.  Leid.  G.  lin.  4/5;  Bev.  laivs  20,  15)  et  ol  nsgl  ttjv 
v)vi]v  7rQay^iuz£v6[iiV0i  {Eev.  laws  10,  3).  Ceterum  in  P.  Oxy.  I  34  (11 12/3)  ol  TtQcxy^ia- 
rsvöiisvoL  intelligendi  sunt  oi  vo^lkoL  (III  3). 

9)  Alterum  demotico  contractui  subiectum  est  (Grenf.  11  34) ,  alterum  Graeco 
(Grenf.  11  35).     Coaeva  sunt  cum  P.  Grenf.  n  32,  qui  habet  7crw(ia  ordinarium. 

10)  Tb  iy%vv.hov  semper  solvit  emptor. 


J.  C.  Nabel":  Observatiunculae  ad  papyros  juridicae  91 

KVTiyQaq)evg  —  sed  ötä  re^covov.  Venit  iitrubique  naarotpÖQiov  ivrbg 
(tov  TtfQißöXov)  rov  iv  II.  itQov,  itaque  uoii  possumus  non  suspicari, 
in  hac  quoque  specie  sacrum  ins  vectigalium  iuri  quodammodo  dero- 
gare.  Id  quidem  ipsa  couceptio  maiiifestat,  emptorem  naGtotpoQiov 
nee,  iit  solvat  vectigal,  conveniri  posse,  et  idtro  convenire  posse,  quin 
immo  debere,  iit  is  solvat,  vectigalis  conductorem.  Verum,  quamobrem 
conductor  solvere  adstriugitur,  quod  mox  ipse  reeepturus  est  vneQ  Tfjg 
covrjg?  Scilicet,  quia  res  publica  tfjg  TtQoöodov  xvqlsvsl^),  itaque  fieri 
interest  (TCQog)  t6  ddtB'yyvov  (iSQog  trjg  tovijg,  maluerunt  reges  solvendi 
necessitatem  ab  emptore  ad  publicanum  transferre,  quam  simpliciter 
remittere. 

§  9.  Quia  autem  nulla  vectigalia  sponte  solvuntur,  videndum 
est;  quo  modo  quibusve  modis  Ptolemaei  subditos  suos  ad  solveu- 
dum'^)  compulerint.  Et  quidem  patet,  6vyyQaq)cov  rslr]  ut  exigantur, 
duplex  via,  actionis  id  est  aut  retentionis.  Actiouis  via  multa  est,  ni 
quis  intra  certum  tempus  professus  sit*,  retentionis,  quum  copia  monu- 
mentorum  publicorum  denegetur,  donec  vectigal  illatum  esse  consti- 
terit.  lila  ubique,  liaec  patet,  ubi  sine  monumentis  privatorum  con- 
tractus  stare  non  possunt.  Quod  obtinebat  sub  Ptolemaeis,  etenim 
sanctum  erat  rä  ^rj  dvaysyQa^iisva  JHyvTCtia  6vvalXdy(iarK  azvga 
SLvai^);  Graecos  autem  privatim  contractus  scriptos,  antequam  in 
publice  deponerentur  non  esse  ratos  constabat*);  proinde  poterant 
Ptolemaei  praescribere,  ue  transscriberetur  deponereturve,  antequam 
vectigal  solutum  esset.  Maluisse  eos  altera  via  uti,  ideo  demonstratur, 
quia  sunt  papyri  in  quibus  nudum  est  xaQay^a'^),  vel  praemittitur  id 
ipsum,  deinde  sequitur  tü  Ttr&fia.^)  Apparet  igitur  transscribi  per- 
missum  vectigali  non  soluto,  proinde  visam  Ptolemaeis  actionis  viam 
retentione  optabiliorem.  Nam  contrascribae  subscriptio  efficiebat  qui- 
dem ne  plus  minusve  debito,  non  vero  ut  omnino  solveretur, 

Trajecti.  (Continuabuntur.)  J.  C.  Naber. 


1)  Cf.  supra  (§  4). 

2)  Aut  in  specie,  de  qua  diximus  §  8,  ut  publicanum  cogerent. 

3)  P.  Taur.  1  IV  13—15.         4)  Cf.  infra  (§  12). 

5)  Id  est  transscriptionis  notitia. 

6)  Nudi  ^orpayfiaros  exempla:  pap.  Lond.  (Forshall)  XLI  et  XLII;  Leid.  I.  373 
(p.  88);  375  (p.  89);  380  (p.  90);  Leid.  0;  P.  Petr.  II  47;  tria  dat  Peyron,  Memorie 
della  E.  A.  di  Torino  XXXI  (1827)  p.  159  sq.  —  Praecedere  alias  t6  ffTcofta,  alias 
t6  xägayiia,  observat  Lumbroso,  Recherches  etc.  p.  330  not.  1  (i.  f.).  Deprehenditur 
autem  x^Qocy^a  ante  Jtroöfto::  Notices  et  extraits  XVIII  2  p.  225;  Wiener  Studien  DI 
p.  5;  P.  Grenf.  I  36,  nr&^cc,  deinde  ;japo:yftor,  bis:  Memorie  della  Reale  Acad.  dt 
Tor.  (Peyron)  XXXI  p.  159. 


Papyrus  und  Lexikon. 
I.  Wörterl)ucli  iiud  Wortverzeichnis. 

Weun  in  der  Sprache  q)v6ig  imd  ipvpj,  Physiologie  und  Psycho- 
logie sich  berühren^  so  bildet  die  Sprachwissenschaft  den  Übergang  von 
den  Naturwissenschaften  zu  den  humanistischen.  Während  nun  die 
Grammatik  in  einer  durch  die  Jahrhunderte  sich  hindurchziehenden 
Folge  wie  eine  exakte  Wissenschaft  bearbeitet  wurde,  fafste  man  die 
Lexikographie  bis  in  die  Mitte  des  ablaufenden  Jahrhimderts  meist  als 
Kunst  oder  als  Kunstgewerbe  auf.  In  der  That  bietet  dieser  Zweig 
der  Forschung  so  verschiedene  Seiten,  dafs  ein  methodisches  Vorgehen 
hier  die  Voraussetzung  wohl  völligen,   aber  nicht  jedes  Erfolges  war 

Gegenwärtig  sind  grofse  Gegensätze  herausgearbeitet,  und  es  sind 
mannigfache  Zwecke  gesondert,  denen  ein  Stellenverzeichnis  und,  was 
darauf  gebaut  wird,  zu  dienen  hat.  Die  Semasiologie,  die  Entwickelung 
und  das  Leben  des  Wortes  in  der  Geschichte,  ist  dem  allgemeinen 
Wörterbuch  zu  überweisen;  Speziallexika  geben  ein  Inventar  des  Wort- 
schatzes bei  einem  Autor  oder  einer  Klasse  von  Autoren  und  weisen 
den  diesem  Autor  eigentümlichen  Gebrauch  namentlich  durch  Her- 
zählung der  Verbindungen  nach  (Objekte  beim  Verbum,  Substantive 
beim  Adjektivum  u.  s.  w.),  in  denen  bei  ihm  das  Wort  sich  findet.  Voll- 
ständigkeit der  Belege  ist  dem  erstgenannten  Zwecke  ebenso  fremd, 
wie  dem  letzteren  natürlich;  und  so  steckt  in  dem  Spezial Wörterbuch 
auch  ein  verbaliter  geordnetes  Reallexikon:  für  ein  Reallexikon  aber 
ist  die  Einteilung  nach  Verbindungen  hemmend,  und  so  behauptet 
gegenüber  dem  Wörterbuch  das  einfache  Stellenverzeichnis  seinen  Platz 
welches  allerdings  dem  Benutzer  die  Mühe  auferlegt,  das  von  ihm  Ge- 
suchte selbst  auszusondern,  aber  auf  der  andern  Seite  es  ihm  ersjiart, 
eine  nicht  im  Zuge  seiner  Wünsche  liegende  Ordnung  wieder  aufzu- 
lösen. Es  mag  in  manchen  Fällen  zweifelhaft  sein,  ob  Stellenverzeichnis 
oder  Wörterbuch  wichtigeren  Interessen  dient;  in  andern  Fällen  mag 
eine  beispielweise  angeführte  Gliederung  auch  nur  einiger  Worte  ein 
wertvolles  Hilfsmittel  für  die  Benutzung  eines  Wortverzeichnisses  sein, 
—  für  ein  Material,  das  erst  gewonnen  und  stetig  vermehrt  wird,  wie 


Otto  Gradenwitz:  Papyrus  und  Lexikon  93 

die  Papyri;  sind  nur  Stellenverzeiciinisse  am  Platze^),  daneben  eine 
Übersetzung  der  Worte,  die  im  Griechisch  der  Papyri  etwas  anderes 
bedeuten,  als  im  Attischen.  Kommt  es  einmal  zu  einem  Corpus  Papy- 
rorum,  so  wird  für  die  Urkmiden  und  Briefe,  für  alle  nicht  litterarischen 
Papyri,  die  Frage  nach  der  Beschaffenheit  des  lexikographischen  Appendix 
keine  der  unwichtigsten  sein. 

II.  Die  provisoriselien  Indices  der  Soiideri)iil)likationeii. 

Das  gegenwärtige  Stadium  der  Papyruskunde  bietet  Editionen,  die, 
von  den  verschiedensten  Seiten  ausgehend,  der  Zentralstelle  entbehren: 
doch  sind  die  Indices  im  wesentlichen  nach  einem  Schema  entworfen, 
das  demjenigen  der  epigraphischeu  Arbeiten  entspricht:  Prosopograpliia, 
Realia,  Index  potiorum  verborum;  nur  ist  der  letztere  bei  den  Papyri 
auf  mehr  Worte  ausgedehnt.' 

Betrachten  wir  zimächst  den  Wortindex,  so  ist  der  Name  General- 
Index,  den  er  bei  Grenfell  und  Hunt  (Oxyrhynchos  I)  hat,  der  sach- 
gemäfse;  nur  müfste  diesem  Namen  auch  die  That  entsprechen,  und  die 
verhältnismäfsig  wenigen  kleingeschriebenen  Worte,  die  in  den  Realindices 
stehen  (Menschen-  und  Ortsnamen  natürlich  nicht),  in  diesem  General- 
Index,  mindestens  als  Lemmata,  mit  Verweisung  wiederholt  werden;  denn 
die  Grenze  für  das,  was  noch  in  die  Special ia  gehört,  ist  nicht  mit  Sicher- 
heit zu  ziehen,  und  der  Leser,  der  7]ye^ov£vc3  rjysfiovca  sieht,  und  7)y£- 
^äv  vermifst,  stutzt  ebenso  wie  der,  welcher  (Oxy.  I)  sfißoX'i]  nicht 
findet,  sondern  letzteres  unter  X:  Taxes  suchen  soll,  während  i^ßold- 
Tco^  unter  VIII:  Officials  steht.  Im  ersten  Beispiel  kann  man  noch 
einwenden,  dafs  der  Beamten  -  Index  bekannt  ist,  im  zweiten  ist  die 
Frage  brennend.     Ein  analoger  Fall  in  BGU  ist  das  Fehlen  von  öloikt]- 

1)  Es  mag  die  Bemerkung  nicht  überflüssig  sein,  dafs  ein  Stellenverzeichnis 
nicht  nur  dazu  benutzt  werden  kann,  das  Vorkommen  des  einzelnen  Wortes  zu 
konstatieren,  sondern  in  der  einfachsten  Weise  für  Wortverbindungen  benutzbar 
wird,  wenn  man,  am  besten  mit  zwei  Exemplaren  des  Verzeichnisses  arbeitend, 
die  Zahlen  der  Stellen  des  einen  Wortes  und  die  der  Stellen  des  anderen  vergleicht 
und,  wo  beide  zusammentreffen,  auf  die  Verbindung  schliefst.  Will  man  z.  B.  in 
BGU  idia  Ttlarsi  finden,  so  wäre  es  verfehlt,  in  Bd.  I  die  14  Stellen  mit  tdiog  oder 
auch  nur  die  4  Stellen  mit  Ttiarig  nachzuschlagen;  vielmehr  lehrt  eine  Ver- 
gleichung  der  Nummern  von  i'Siog  mit  denen  von  Ttiarig,  dafs  ein  und  dieselbe  bei 
beiden  Worten  sich  nicht  findet,  also  dafs  18 La  Ttlarsi  in  BGU  I  fehlt,  während 
umgekehrt  in  BGU  II  der  Index  das  Vorkommen  dieser  Verbindung  nur  für  371, 19 
und  388  II  13  zuläfst.  So  spricht  ferner  der  Umstand,  dafs  insQUiräv  in  BGU  nie 
sich  findet,  ohne  dafs  die  gleiche  oder  die  folgende  Zeile  6(ioloy£iv  hätte,  dafür, 
dafs  iTtSQoarüv  nur  in  der  Formel:  insQcorrid'sig  ä^oXoyrico:  auftritt;  indefs  ist  hier 
Vorsicht  am  Platze. 


94  I-   Aufsätze 

rrjs  neben  dtoixstv^  diotKrjötg^  während  e^ßoh'j  in  BGU,  eben  wie  bei 
Kenyon,  mit  Reclit  im  Wort-Index  steht. 

Erwägt  man,  dafs  i^ßokri  im  General-Index  Oxy.  nicht  steht,  in 
den  beiden  andern  doch,  so  empfindet  man  die  Gefahr,  dafs  der  Be- 
nutzer wähnt,  das  Wort  fehle  in  Oxy.  Daraus  ergiebt  sich  einmal, 
dafs,  wie  bemerkt,  die  Beamten  zu  rekapitulieren  sind,  und  sodann,  dafs 
Gleichmäfsigkeit  bei  der  Herstellung  erforderlich  ist.  Gewifs  sind  die 
Einzelpublikationen  der  Gegenwart,  von  der  Seite  des  Herausgebers  be- 
trachtet, selbständige  Werke,  deren  Autoren  auf  eigene  Verantwortung 
und  also  nach  eigenen  Regeln  vorgehen.  Der  eine  mag  Übersetzungen 
geben,  der  andere  Paraphrasen,  der  dritte  Inhaltübersichten,  der  vierte 
blos  den  Text;  der  eine  mag  drucken,  der  andere  autographieren,  der 
eine  accentuieren  und  interpungieren,  der  andere  nicht;  der  eine  mag 
sachlich  ordnen,  der  andere  zeitlich,  der  dritte  gar  nicht;  hier  sind  die 
Abweichungen  erträglich,  weil  die  Hauptsache,  die  Urkunde,  unter  allen 
Umständen  geboten  wird,  und  superflua  non  nocent;  aber  für  den  Be- 
nutzer sind  diese  Werke  verschiedener  Autoren  nur  Teile  eines  Ganzen, 
das  stets  anwächst,  aber  soweit  es  erschienen  ist,  vollständig  von  ihm 
verwertet  werden  soll,  und  darum  wäre  es  gerade  bei  den  Indices  von 
eminentem  Wert,  wenn  die  Verfasser  hier  eine  Verständigung  unter 
sich  erzielten,  nach  der  die  überhaupt  auszulassenden  Worte  ^)  ein  für 
alle  mal  gleichmäfsig  festgestellt  und  bekannt  gegeben  würden  (j>ro- 
hibentis  melior  conäicio  käme  hier  dem  oynittcre  prohihenü  zu),  und 
ebenso  das  Gerüst  der  ganzen  Indicistik  festgelegt  würde.  Denn  ein 
Index  ist  ein  wichtiges,  aber  auch  ein  schwerfälliges  Werkzeug,  und 
was  geschehen  kann,  ihn  handlich  zu  machen,  das  sollte  nicht  unter- 
bleiben. 

Ganz  äufserlich,  aber  ebenso  schwerwiegend  ist  folgender  Punkt: 
soll  nach  Urkunden  oder  nach  Seiten  zitiert  werden?  Wenn  Kenyon 
nach  Seiten  zitiert,  so  ist  dies  nur  aus  dem  Fehlen  laufender  Nummern 
bei  der  Edition  des  British  Museum  zu  erklären;  es  wäre  dringend  zu 
wünschen,  dafs  in  weiteren  Bänden  (wie  die  Berliner  Publikationen  dies 
thun)  neben  der  Ordnungsnammer  des  Museums  noch  die  laufenden 
Nummern  der  Publikationen,  und  zwar  in  arabischen  Ziffern^)  einge- 
schaltet würden.     Der  vortreffliche   Index  zu  Kenyons  Publikation  hat 


1)  Die  Kenyon  also  zusammenfafst :  the  commonest  words.  —  Es  ist  nicht  zu 
billigen,  dals  in  Oxyrhynchos  I  ixsiv  (bis  auf  ^;^f)  weggelassen  ist:  es  ist  oft  sehr 
"wichtig  zu  erwägen,  welches  Objekt  bei  i%£iv  in  einer  Lücke  gestanden  haben 
mag;  auch  ist  av.vQwg,  tro/fico?  ^xbiv  recht  interessant. 

2)  Oxy.  I  hat  lateinische,  was   der  Übersicht  so   sehr  Abbruch  thut,  dafs  sie 
im  Index  durch  arabische  ersetzt  sind. 


Otto  Gradenwitz:  Papyrus  und  Lexikon  95 

dadurch,  dafs  er  es  verschmäht  hat,  liehen  die  Zahl  der  Seite  noch  die 
Zeile  des  Papyrus  zu  setzen,  seine  Brauchbarkeit  vermindert,  es  würde 
sich  wohl  lohnen,  ihn  nochmals  ahzudrucken,  und  hinter  die  Seitenzahl 
die  Orduungs-Nummer  und  die  Zeilenzahl  des  Papyrus  zu  setzen,  z.  B. 
dTtelsvd'eQog  67  (CCVin,r));  87(CCCXVIII,  3  Ma.  ScTtsi^&SQog)-,  99  (CCCI, 
5),  oder,  besser:  07  (20H^  5). 

Dagegen  sollte  allgemein  angenommen  werden  die  Anstirnung  der 
den  gangbaren  Wörterbüchern  fremden  Wörter,  wie  sie  sich  bei  Kenyon 
findet;  sie  gewährt  eine  bequeme  Übersicht  über  die  neuen  Wörter  in 
dem  Griechisch  der  Papyri. 

Auch  für  die  Aufzählung  der  Stellen  mufs  davor  gewarnt  werden, 
um  der  Raumersparnis  willen  die  Brauchbarkeit  zu  schmälern.  Man  kann 
sagen,  dafs  es  minder  beschwerlich  ist,  sogar  eine  gröfsere  Zahl  von 
Stellen  im  Zuge  des  Buches  nachzuschlagen,  als  eine  kleinere  im  Hin- 
und  Herblättern,  geschweige  denn  eine  gleiche;  und  es  ist  niclit  nur 
weit  vorzuziehen,  wenn  verdienstliche  Bemerkungen,  wie  die  Kenyoiis 
über  sonderbare  Formen,  an  die  betreffende  Stelle  im  Zuge  der 
Nummern  hinter  der  Zahl  in  Klammern  beigefügt  werden,  statt  dafs 
jetzt  die  Stellen  am  Schlufs  zusammengesetzt  werden^),  sondern  es  sollte 
in  solchen  Fällen,  wo  durch  die  Einordnung  derartiger  Bemerkungen 
häufige  Wiederholung  sich  notwendig  machen  würde,  zunächst  eine 
Übersicht  aller  Stellen  gegeben  werden,  und  die  Stellen,  für  welche  die 
Bemerkungen  gelten,  nachher,  etwa  durch:  —  N.  B.  getrennt  wieder- 
holt werden,  wie  denn  überhaupt  die  wiederholte  Auffühi'ung  einiger 
Zahlen  wenig  Raum  mehr  fordert  und  sehr*  viel  Zeit  ersparen  kann. 
So  ist  bei  Kenyon  im  Artikel  isQsvg  es  überaus  dankenswert,  dafs  die 
Dienstherren  adnotiert  werden,  aber  es  sollten  darum,  dafs  die  Stellen, 
in  welchen  diese  Heiligkeiten  genannt  sind,  am  Schlüsse  gesondert  an- 
geführt werden,  diese  Stellen  in  der  Aufzählung  am  Anfang  nicht 
fehlen.^)  Es  würde  in  diesem  Falle  demjenigen,  dessen  Interesse  sich 
nicht  auf  das  Heiligtum,  sondern  auf  die  Stellung  des  Priesters  als 
solchen  (etwa   bei  Rechtsgeschäften)  richtet,   es   erspart   bleiben,   nach 

1)  ^xo^ai  wäre  praktischer:  253.  255.  291  und  292  (7]kSav).  293.  298.  299. 
301  {sav  sldovat).  303  etc.;  statt  dafs  jetzt  riX&av  291.  292,  8ixv  s2.dov6i  301  am 
Schlul's  stellt,  und  also  der  auf  Formenlehre  nicht  ausgehende  Benutzer  im  Text 
zurückblättem  mufs.  —  Ebenso  wäre  bei  r]LL£Qa  einfacher:  290.  299.  299  {avrs 
Tjfispf).  300.  —  Bei  arsQog  käme  besser  zu  Anfang,  statt  hinter  allen  Stellen:  96 
(yri  STSQu)  104.  —  In  gleicher  Weise  liefsen  sich  die  Adjektiva  anhängen  bei 
BGU  II  ovaiu.  —  Die  Verbalformen  von  SiayQätfxo  endlich  könnten  ohne  Schaden 
fortbleiben. 

3)  Es  sind:  34.  34.  68.  112.  151.  170.  201.  202.  211.  221;  im  ganzen  würde 
ihre  Aufführung  in  der  Reihe  noch  nicht  eine  Zeile  ausmachen. 


96  I-   Aufsätze 

durchblätterten!  Buche  nochmals  hin  und  wieder  zu  suchen.^)  Ebenso 
wäre  in  dem  Artikel  Xöyog  BGU  II  zunächst  eine  Übersicht  aller  Stellen 
zu  geben  (was  7  Zeilen  mehr  machen  würde)  und  dann  allenfalls  die 
notabilia  zu  bringen,  deren  Notabilität  allerdings  nur  subjektiv  ge- 
sichert erscheint:  fisvst  koyog  (651,  9)  ist  nicht  besonders  aufgeführt, 
dagegen  wohl  Xöyov  s%£lv-  Xoyov  Tcoutöd-ai  fehlt,  köyov  rdöösiv  steht 
da.  —  Vollends  bei  noislv  konnte  koyovg  Ttoiatöd-ai  im  Zug  der  Stellen 
untergebracht  werden;  472,  16.  511,  4.  511^,  3  (2.6yovs  ^oulüd-at). 
538,  17  u.  s.  f.,  indem  eben  die  Regel  ist,  dafs  die  hinter  der  Zahl  vor 
dem  Punkt  stehende  Klammer  Worte  einschliefst,  die  sich  nur  auf  die 
eine  Stelle  beziehen,  während  Rubriken,  die  für  mehrere  Stellen  gelten, 
ohne  Klammer,  mit  einem  Doppelpunkt  hinter  sich,  vor  der  Stelle 
stehen.  Bei  nXr]Qriq  (BGU)  ist  die  Sonderuug  in  TclrJQijg^  sig  ^h]Qrig^ 
tx  TtlriQovg  unnötig,  und  insofern  irreleitend,  als  die  andern  Stellen 
ebenfalls  den  Zusammenhang  haben,  in  dem  die  Formel  m  7th]Qovg 
als  die  korrekte  erscheint,  nämlich  die  völlige  Befriedigung.^) 

Eine  grofse  Erleichterung  könnte  im  Anschlufs  an  ein  Verfahren 
o-egeben  werden,  das  Wilcken  in  seiner  sachlichen  Übersicht  über  alle 
Urkunden  von  BGU  II  befolgt:  er  druckt  die  Urkunden  von  Diokletian 
an  kursiv.  Der  Benutzer,  der  nur  auf  den  Prinzipat  es  abgesehen  hat, 
wird  angenehm  empfinden,  wenn  das  Nachschlagen  der  byzantinischen 
und  arabischen  Urkunden  ihm  erspart  bleibt,  und  umgekehrt.  Will 
BGU  auch  für  den  Index  diese  Erleichterung  bieten,  so  mufs  es  auch 
da  kursive  Ziifern  wählen,  während  die  nach  Zeiträumen  geordneten 
englischen  Publikationen  einfach  durch  Querstriche  im  Index  andeuten 
könnten,  wo  die  neue  Gruppe  anfängt.  Kenyons  Publikation  hätte  vier 
Gruppen:  1.  Ptolemaic  Periode.  —  2.  Roman  Periode.  —  3.  Byzantine 
Periode.  4th.  Century.  —  4.  Late  Byzantine  papyri.  Indefs  brauchten  1 
und  2  nicht  getrennt  zu  werden,  und  z.  B.  der  Artikel  d Cd 0^11  könnte 
lauten:  dCÖco^i  3.  99.  153  (u.  s.  f.)  251.  252.  |  290  (u.  s.  f.)  319.  ||  326  u.  s.  f. 

Die  Dreiteilung  der  englischen  Publikationen  verdient  m.  E.  den 
Vorzug  vor  der  Zweiteilung;  nur  ist  es  besser,  mit  Wilcken  die  mittlere 
Periode  schon  mit  Diokletian  beginnen  zu  lassen:  sie  ist  ohnehin  die 
schmälste. 

1)  Man  halte  diese  Bemerkung  nicht  für  Pedanterie;  es  ist  nicht  blos  die 
Zeitversäumnis ,  die  man  empfindet,  wenn  man  zurückhlättem  mufs,  sondern  es 
richtet  sich  die  Aufmerksamkeit  gewissermafsen  auf  das  ganze  Buch  ein,  und  hat 
man  es  durch  und  mufs  wieder  anfangen,  so  erfordert  das  eine  neue  Anspannung. 

2)  Ebenso:  ist  einmal  ärj^iÖGiov  nach  Substantiven  geordnet,  so  mufs  z.  B. 
XQriiiciri6u.6g  nicht  nochmals  die  Verbindungen  mit  Srjuoatog  herausheben.  Dafür  ist 
das  Adjektiv  da!  Man  kann  sagen:  siehe  auch  Örmoaiog,  oder  ein  für  allemal  die 
vorkommenden  Adjektiva  in  Klammern  dem  Lemma  beifügen. 


Otto  Gradenwitz:  Papyrus  und  Lexikon  97 

In  einem  andern  Sinne  noch  können  die  Indices  ein  Bindeglied 
zwischen  den  einzelneu  Publikationen  werden:  die  Papyri  bieten  in  dem 
Teile  der  Masse,  der  die  Urkunden  umfafst,  hunderte  von  similia;  die 
Ergänzung  und  selbst  die  Lesung  der  nova  wird  vielfach  gefördert 
durch  die  Erinnerung  an  Bekanntes  und  die  Vergleichung  mit  diesem. 
Nun  ist  es  allerdings  nicht  eine  unerschwingliche  Arbeit,  in  den  nach 
sachlichen  Gesichtspunkten  geordneten  Sammlungen  alle  verwandten 
Stücke  durchzusehen,  und  wer  ein  oder  zwei  Exemplare  der  ungeordneten 
Publikationen  daran  wenden  will,  kami  sich  auch  diese  zum  gleichen 
Zweck  zurechtschneiden,  —  aber  dieser  Weg  ist  nicht  angenehm  und 
führt  sicher  nicht  zum  Ziel.  Viel  besser  ist  es,  die  auffallenden, 
kritischen  Worte  des  novum  im  Index  nachzuschlagen  und  also  die 
similia  aufzuspüren. 

So  hat  sich  Kenjon  beim  Papyrus  CCXCIII  (Brit.  Mus.  II  pag.  187/8) 
die  Mühe  nicht  verdriefsen  lassen,  das  Corpus  Papyrorum  Rainer i  nach 
analogen  Urkunden  durchzusehen  und  dabei  No.  XI  gefunden,  die  ihm 
wahrscheinlich  für  die  Ergänzung  wertvoll  war.  —  Nehmen  wir  aber 
den  Weg  durch  den  Index,  so  ist  es  leicht,  von  dem,  was  selbst  ein 
Entzifferer  wie  Kenyon  nicht  gefunden,  noch  einiges  aufzuspüren.  Wir 
müssen  zimäehst  fragen,  welches  die  dem  vorliegenden  Papyrus  eigen- 
tümlichen, seltenen  Wendungen  sind:  hier  fallen  von  juristischen  Ter- 
mini ins  Auge:  Z.  8  disLQrjöd-aL  (denn  6^ioXoyov6i,  Kvgiog^  cctto  ri'jg 
ivE6T(xiai]q  xtL,  vTtdQx^iv^  ci7toriv£Lv  und  ähnl.  sind  zu  farblos),  Z.  11 
f'l  e\vdo[)iovvT03v^  Z.  12  ETCißäkkov^  Z.  21  i7rav£tQyj6d-(XL.  —  Nehmen 
wir  hiervon  f'|  £]vdo[xovvrcov\,  so  ergiebt  der  Berliner  Index  bei  evdo- 
xetv  96,iG  und  öfter,  101,23.  193,25.  300,11.  427,21.  444,8.  543,15. 
Von  diesen  bieten  96,  101,  193,  300  die  gewöhnliche  Ratihabition,  427 
und  543  das  Versprechen,  sie  herbeiführen  zu  wollen,  aber  444,  8  zeigt: 
£^  £]vdoKovv[rog  und  giebt  so  Gelegenheit,  die  Zeilen  beider  Papyri  zu 
verbessern.^)  BGU  444  zeigt  sich  bald  als  ähnliche  Teilungsurkunde 
mit  ÖLutQSöig  und  mavEiQfiöQ'ai  und  liefert  noch  manche  sichere  Er- 
gänzung der  British -Museum -Urkunde;  so  Z.  12  hinter  ^eQog  [exrov 
TtQog  Ußa^)  ^EQOvg  TirjxsLg^)  (Zahl)  und  ebenso  Z.  16  ^8Q7j  tcsvts  ccTib 
^SQüv  [f]!  ix  [toi)  TtQog  ccTCyjlLarrjv  ^SQOvg  xccr  i^iißolriv  töj/^j],  und 
anderes,  auf  das  ich  noch  komme. 


1)  Ausführlicher  legte  ich  dies  dar:  Berl.  Philol.  Wochenschrift  1899,  S.  1571: 
Lond.  11:  i'g  ris  itsnoirivrai  £§  svSo\y.ovvxog  cimcpiovov  diaiQBascog  inccvsiQiiG^aL  tj)j^], 
d.  h.,  da  aviicpwvov  kaum  fehlen  kann,  sind  40  Buchstaben  zu  ergänzen. 

2)  Oder  die  umgekehrte  Windrichtung. 

3)  Zu  7trj;{«is  vgl.  Lond.  II  154  (II,  S.  179). 

4)  Zu  dem  Schlufs  vgl.  BGU  444,  i9. 

Archiv  f.  Papyrusforacliuug.  I.  1.  7 


98  I.   Aufsätze 

Von  nichtjuristischen  Worten  sind  selten  nnd  erlieblicli  ^btqov 
—  ^iiXvg  —  d-VQ<x-  sie  finden  sich  im  Lond.  II  alle  drei  vereint  in 
CCIV,  6  (S.  179),  und  diese  Nummer  bietet  mit  ^stqov  und  Jifixvg  nicht 
nur  den  Schlufs  von  Z.  12  (s.  oben),  sondern  in  Z.  6/7  auch  die  Er- 
gänzung von  Z.  13  r£66[ciQ  .  .  .  2.Lßbg  (oder  ^ißa)  Itc'  ä7Cr}XiC}ty]v  n^%sis 
(Zahl)],  während  wieder  das  erhaltene  votov  tjcl  ßoQQä  von  Z.  13  unseres 
Papyrus  die  Ergänzung  dort  Z.  6  und  7  £[lg]  zu  gunsten  von  i[7tl]  be- 
seitigt. &vQa,  dort  Z.  8  Xißbg  sl'goöog  koL  E^odog  aoivrj  {Z.  9)  ti^lk- 
rovg  7irj%Cj[v]  T[QLÖJi}v  [ai^g  ^v  ccv[oi]i,8i  6  QiXrj^cov  d^vQav  xal  d'VQiÖccg 
auf  unsere  Urkunde  von  Z.  18  übertragen,  bildet  einen  möglichen  Schlufs 
von  Z.  17,  während  (dort  Z.  9)  die  Fortsetzung  zur  Ergänzung  von 
Z.  13    dient:    [dt'  'ri]g   dgodevöt    %[cd\    i^odsvöL    i)    &Iq^lov^)    wohl   sig 

BGU  444,  14  lehrt  uns  noch,  dafs  Z.  15  „der  Anspruch"  der 

Qociöäg  beginnt:  BGrU  444,  14  hat  slg  to  xal  avrf]  STCißiUkov  ^sQog^^), 
während  BGU  444,  ig  {[sjig  6v^^7t[Xrj]Q(o6iv  rov  iTtißällovTog  a[vt\Yii 
rj^iLöovg  fitQOvg  uns  wenigstens  zeigt,  dafs  Z.  14  ^ktjQCod'ri  auf  eine  Er- 
gänzung des  Teils  der  Ssq^iov  hinweist. 

Z.  20  wäre  wohl  hinter  iv^evsiv  nicht  sofort  [toig  ^goysy^a^i^i- 
voig,  sondern  rag  o^oXoyovöag  rotg  TTQoy.  zu  ergänzen  und  21  viel- 
leicht —  dem  Sinne  nach  —  rrjv  ttsq!  [cbv]  und  i7iai>s[iQy}TaL  ii,ov6i'ccv 
Tov  ÖLOLXStv  cog  iäv  alQYjtaL,  vgl.  BGU  71,  i.i;  die  grammatische  Form 
finde  ich  nicht.  ^) 

Der  Schlufs  ist  mit  Hilfe  des  Wortes  e7ay£yQa[^i]^s  herzustellen: 
Kenyon  führt  uns  durch  seine  Lesung  179,  25  (S.  208)  und  die  An- 
merkung dazu,  auf  das  auch  hier  Wahrscheinliche.  i%iyQd(p£LV  kommt, 
abgesehen  von  zweifelhaften  Stellen^),  in  zwei  Bedeutungen  vor:  'zu- 
schreiben' und  ' drüberschreiben ',  nämlich  'bestellen'  und  'fälschen'. 
Der  letzte  Sinn  liegt  Oxy.  I  34,  I,  4  vor:  a.7cakiqlELnxai  r)  iniykyQanxai 
ü  [axuj^Gjg  si£i^  d.  h.  weggefälscht  oder  hinzugefälscht,  und  in  diesem 
Sinne  ist  i^TCLyQacpri  und  äkEifpccg  technisch.  —  Alle  übrigen  Stellen 
geben  die  zweite  Bedeutung  in  der  Weise,  die  Oxy.  I  56,  (12)  16  ff.  klar- 
legt: (ahov^ai)  .  .  .  i7CiyQa(py]vaC  ^ov  xvqlov  TtQog  ^övrjv  tavrrjv  xriv  ol- 
Kovo^iav  'Jiioixäv  IIXovxLcovog,  d.  h.  sie  bittet,  es  möge  ihr  für  das 
eine  negotium  (in  scriptis  hahendum)  ein  avQiog  bestellt  werden.  Die 
Unterzeichnung  eines  solchen  'KVQiog  ijiLyQacpstg  bieten  nicht  alle,  aber 


1)  Oder  @ai.a&g? 

2)  Indefs  ist  k<xI.  statt  xaji.  zu  lesen;    vielleicht  ytcu   a[vti]v   inccvtiQiioQ^cd  tu 
imßdXXovrcc  k-ut^.];/,. 

3)  Z.  28   ist  wohl   öiioXoyov^isv   öisiQfic^ai  statt    öitiQrivrai    zu   lesen   und   zu 
29  rrjv  vn[^o:QXO'v6(xv  rjiilv  v.rX.  nach  Z.  9. 

4)  BGU  293,  13;  457,2;  563,8  und  Lond.  II  408,  lu. 


Otto  Gradenwitz:  Papyrus  und  l.oxikon  99 

manche  Urkunden:  Oxy.  1  7(),  34:  11.  11.  mLysyQa^iiat  rijg  yvvaxbg 
xvQiog  ical  syQaipa  vtisq  avriig  ^ij  eidvLrjg  yQu^fiaxa.  Oxy.  I  106,  22: 
11.  K.  ijtiyiyQuyb^av  avrrjg  7cx)Qtog  xal  iyQa^a  vtiIq  ccvttjg  ^tj  eiÖvirjg 
yQ(K^(^aTa),  und  Loud.  II  CLXXVIIl,  25  (S.  20S):  F.  11.  M.  iniKiyQa[^\- 
fiai  avQiog  tilg  adsXq)i'jg  ^ov  xal  eyQ[a\ipcc  vtcIq  (cvTfjg  dyga^^drco  ovrjg., 
wozu  Kenyon  bemerkt:  „STtLxsyQa^^aL:  for  eniysyQa^^ai.  Cf.  Berl.  Pap. 
77.  1.  22,  ivhere  S7Ct,ysyQ{a^^aL)  rrjg  yv{vaixog  xvQiog  xui  syQuil^a]  x.  r.  A. 
lüould  he  read,  also  350,  1.  18  b  STttyQuipd^svog  xvQiog."  Zu  letzteren 
Stellen  kommt  jetzt  BGU  44(),  19  TnoyQacpstg  ry]g  ^[s^v  b^oXoyovörjg 
ßQads'a  yQatpovörig  6  E7iiyQaipc(.n£\vog  xvQiog.,  xov  d'  dllov  |wohl  iölk 
yQKii^uta],  zu  ersterem  BGU  GOO,  7:  A.  M.  Ä.  imyQacpyjv  x[v()i]og 
r[7ßg  7tQo[y]syQ(a^^Evrjg)  'HQaxX7]ag  xal  eyQcafjtc  vtceq  ccvtrjg  dicc  ro  ui) 
sldsvat  avtfjv  yga^^axa. 

Es  ist  klar,  dafs  in  unserem  Falle  nur  die  ;<t^^io^- Formel  in  Be- 
tracht kommt,  bei  dieser  sind  zwei  Abarten  zu  unterscheiden;  einmal 
wird  am  Schlufs  der  Haupturkunde  vor  der  Unterschrift  erwähnt,  dafs 
als  Subscribent  der  iTttyQuipd^svog  xvQtog  erscheine  (BGU  350  und  446); 
das  andremal  bemerkt  in  der  Subscriptio  der,  welcher  sie  leistet,  dafs 
er  zum  xvQLog  bestellt  ward.  Beidemal  sind  aber  zu  scheiden  das 
i7tiyQaq)i]vaL  xvQiov  und  das  yQacpsiv.^  oder  sachlich  ausgedrückt:  xvQiog 
und  vTtoyQacpavg.  Die  erste  Art  giebt  den  Unterschied  wieder  in  der 
Form,  dafs  sie  den  schon  ernannten  xvQiog  als  vjtoyQacpsvg  aufführt, 
die  zweite  so,  dafs  der  als  ernannt  sich  einführende  nachher  sich  auch 
noch  als  Schreiber  bezeichnet.  —  Es  ist  dies  wichtig:  vTtoyQarpsvg  und 
tTtiyQaxljd^evog  xvQtog  sind  nicht  notwendig  eine  Person. 

Wenn  nun   in  unserer  Urkunde   die   dritte  Hand   also   erhalten  ist 

Z.  30  yelyQaTtrat ]  [3'®  Hand ] 

31  dia  xov  fiev  2Jcox[uv\  [ßJQadsa  [yQojcpSLv  [^)  ] 

32  UsQccTiaxog  STiiyayQal^^^^E  xiqg  [  J 

33  xaO'og  7iQo\%\ixai.    (4*®  Hand)^)  £T[ovg]  Zg  avx[oxQuxoQog 

34  ft''  KaiöaQSLov  xd"  (x.  x.  A.), 

so  wird  man  bei  xrjg  (Z.  32)  an  die  Frau  zu  denken  haben,  die  mit  dem 
Ecoxccg  von  Z.  31  in  Verbindung  steht,  nämlich  ®EQ(itov  (vgl.  Z.  28),  und 
eben  diesen,  nach  Z.  31  schreibungewandten  xvQiog  von  demjenigen  viio- 
yQKCpsvg  zu  trennen  haben,  der  Z.  25  mit  vxoyQ[a(psvg  eingeführt  wird, 
und,  weil  Uaxäg  schwer  schreibt  (und  'JnCav  schreibunkundig  ist?) 
in  2'®''  Hand  das  Resume  der  P*^"  Hand  für  beide  Ausstellerinnen  liefert. 
Bei  dem  Namen  SsQUTCaxog  ist  zu  bedenken,  dafs  wir  von  dem  xvQLog 


1)  Diese  Zeile  nach  dem  Faksimile. 

2)  Z.  33  von  hieran  nach  dem  Faksimile. 


100  I.   Aufsätze 

aus  Z.  28  nur  wissen^  dafs  er  Ucoxccg  to-ö  2JaQ  [.  .]  heifst,  und  bei  dem 
Sehreibschwächling  ^)  der  3*^'"  Hand  kann  dies  sehr  wolil  zu  SsQccTcäros 
geworden  sein.  Hiernach  würde  ich  der  3*®°  Hand  von  Z.  31  nur  Z!(o- 
Tag]  vindicieren  und  in  Z.  31  die  40 — 50  Buchstaben  zwischen  der 
Schwiegermutterschaft  der  Ssq^lov  und  xal  eyQw^a  (alles  2*®  Hand) 
teilen. 

Z.  33  folgt  hinter  avT\oKQaTOQog  die  Kaiserbezeichnung ,  wenn  sie 
so  ausführlich  ist  wie  Z.  1,  mit  56  Buchstaben  in  der  \sma1l,  riqnd 
cursive',  welche  7/?e  clerFs  suhscription'  hier  darstellt. 

Man  kann  hiervon  ausgehend  auch  die  letzte  Zeile  1'®  Hand  und 
die  2'®  Hand  noch  behandeln.  Treffend  ergänzt  Kenyon  xat  [it^dav  i]66ov 
vor  XU  8i\(xi\^oXo'yriiiEva-^  geht  man  mm  alle  Stellen  mit  dio^oloyta 
durch,  so  ergiebt  sich: 

Lond.  H  289,  22  (S.  I85):  xal  ^i]dh^  i]66ov  tu  di(o^oXoy7jn[tvu  ^a]- 
v£iv  avQia'  'TicoyQiuipstg)  x.  t.  X. 

140,  12  KuC  iöxiv  TU  öicoiioXoyriiiivu  xvqiu.  2'**  Hand:  MuQxog  %.  x.  k. 

BGU  350,  17:  xul  ^)]dav  yöaov  xu  dio^oXoyi]^tva  jcvqlu  sivuL' 
VnoQUfpaig  X.  x.  X. 

In  der  That  ist  zwischen  dio^oXoyi]^£Pu  und  aivuL  zu  viel  Raum 
für  [|tt],  dagegen  genügend  für  xvqlu^  und  die  verwischten  Reste  ge- 
statten es,  diese  Buchstaben  einzusetzen.  Ferner  ist  zu  beachten,  dafs 
die  oben  genannte  Formel  (anders  xcoQlg  xov  ^avatv  xvqlu  BGU  74,  20. 
193,  28.  542,  18.  667,  is)  unmittelbar  vor  dem  Aufliören  der  V"  Hand 
oder  vor  der  Ankündigung  der  vnoyQucpatg  zu  stehen  hat.  Auch  in 
unserer  Urkunde  lassen  sich  die  Buchstaben  lesen:  vnoyQulcpaig  x\\g 
^\v  &ai6u  X.  X,  xrig  ö'    uXX')]g  6  aTttyQUii^u^avog  xvQLog}) 

Absichtlich  habe  ich  eine  Urkunde,  die  ein  Editor  von  euro- 
päischem Rufe  herausgegeben  hat,  gewählt,  um  zu  zeigen,  wie  viel  auch 
da  noch  durch  Ausnutzung  der  Indices  mit  leichter  Mühe  sich  gewinnen 
läfst,  denn  die  Inedita,  die  an  die  verschiedensten  Institute  jetzt  ab- 
geliefert sind  und  demnächst  publiziert  werden,  sollen  von  vornherein 
sich  dies  Instrument,  das  ihre  Vorgänger  geschaffen  haben,  zu  Nutze 
machen.  Eine  ganz  andere  Frage  ist  es,  ob  der  Editor  gut  thut,  Er- 
gänzungen, die  er  zeilenweise  durch  Analoga  findet,  buchstäblich  hinzu- 
schreiben, oder  ob  er  sie  nur  zitieren  soll.  —  Der  Index  ist  nicht  nur 


1)  'in  a  shcdy,  irregulär,  uncial  hand\ 

2)  Z.  19  liefsen  die  mir  zur  Verfügung  stehenden  Indices  im  Stich.  Es  heifst 
am  Schlufs  nicht  rccivtri,  sondern  rcovTrj ;  tr}  ist  offenbar  der  Genitiv,  der  in  ^vXiKrlg 
■KCil  seinen  Schlufs  findet,  und  jeder  Teilhaberin  ihr  Teil  an  den  Pertinenzen  und 
am  instrumentum  fundi  sichert;  also  entweder  ist  rrov  rrj[g  zu  lesen  oder  ein  mir 
unbekanntes  Wort  mit  rrj  zu  ergänzen. 


Otto  Graflenwitz:  Papyrus  und  Lexikon  101 

für  Ergänzungen  wertvoll,  sondern  selbst  für  die  Entzifferung  schwieriger 
Stellen:  aber  da  mufs  man  schon  seines  Auges  sicher  sein,  dafs  es 
einem  nicht  die  fata  morgana  des  erwünschten  Simile  vorspiegelt. 


III.  Stellenverzeichiiis  und  Wortverzeichnis;  Konträr-Intlex. 

Ist  von  einem  Wort  nur  ein  Teil  der  Buchstaben  erhalten,  so  ist 
es  an  sich  nicht  notwendig,  dafs  die  fehlenden  das  Vorhandene  zu 
irgend  einem  bereits  bekannten  Worte  ergänzen,  denn  die  Papyri  bringen 
viele  neue  Wörter  ans  Tageslicht;  aber  es  ist  wahrscheinlich,  dafs  das 
betreffende  Wort  im  Lexikon,  und  namentlich  in  den  Papyrus -Indices 
bereits  enthalten  ist.  Die  meisten  Worte  wird  der  Kenner  der  Papyri 
aus  dem  Gedächtnis  rekonstruieren;  wo  diese  Rekonstruktion,  die  ihre 
subjektiven  und  ihre  objektiven  Erfordernisse  hat,  nicht  gelingt,  bietet 
der  Index  ein  Hilfsmittel  für  den  Fall,  dafs  der  Anfang  erhalten  ist; 
denn  in  seinen  Lemmata  giebt  er,  wenn  z.  B.  an  erhalten,  die  Mög- 
lichkeit, alle  Worte  mit  ait  der  Reihe  nach  zur  Kenntnis  zu  nehmen, 
und  Erwägungen  über  das  zu  Ergänzende  anzustellen.  Hierzu  braucht 
man  offenbar  die  Stellen  zunächst  nicht,  sondern  eben  nur  die  Lemmata, 
die  Stellen  hindern  die  Übersicht;  aber  doch  stören  sie  nicht  so  sehr, 
dafs  es  sich  notwendig  machte,  die  Worte  noch  einmal  zu  diesem  Zweck 
ohne  Stellenzahlen  abzudrucken.  Ist  aber  ein  Teil  aus  der  Mitte  er- 
halten, so  kann  man  den  Index  nur  dann  gebrauchen,  wenn  aus  sach- 
lichen Gründen  nur  eine  bestimmte  Zahl  von  Worten  in  Frage  kommt: 
wie  z.  B.  BGU  241,  24:  at  ((nämlich  uQOVQtti))  jteQt  ttj  [.]  .  onaxo  [.] 
triv  xal  [.  .]  ysvovg  durch  folgende  Erwägung  gefunden  werden  kann. 
Da  es  sich  um  Aruren  handelt,  so  ist  mit  tieq!  die  Örtlichkeit,  wo  sie 
liegen,  eingeführt;  daher  wird  sich  die  gewünschte  Ergänzung  unter 
den  Dorfhamen  befinden;  sieht  man  diese  im  Index  BGIF  VII  B  durch, 
so  findet  sich  eine  einzige,  die  die  Lettern  .  .  .  otckto  ...  in  der  Mitte 
ihres  Namens  birgt,  nämlich  ^i/l]o:;raro[pog;  Kombinationen,  die  ich  an 
anderem  Orte  ausführe,  bringen  für  die  weiteren  Worte  auf  xriv  aal 
®\so]yivovg]  aber  den  ersten  und  wichtigsten  Namen  liefert  die  ein- 
fache Durchsicht  der  Dorfnamen.  —  Natürlich  kann  dies  nur  bei  Spezial- 
Indices  geschehen:  niemandem  kann  zugemutet  werden,  einen  General- 
Index  ganz  durchzusehen,  um  einige  Mittelbuchstaben  zu  rekonstruieren. 
Auch  wenn  der  Schlufs  eines  Wortes  erhalten  ist,  leisten  die  vor- 
handenen Indices  nicht  den  gewünschten  Dienst:  BGU  667,  16  steht  — 

«!/£/*[ ;  Krebs  ergänzt  mit  Recht  avByi[7todC6TC}g],  wahrscheinlich 

aus   dem  Gedächtnis;    indefs   konnte   auch    ein  minder  Geübter    darauf 
kommen,  wenn  er  sich  durch  den  Index  überzeugte,  dafs  äv€(i7todi(ftG)s 


102  I-    Aufsätze 

das  einzige  Wort  mit  dvs^  in  den  Pap3'ri  (die  Winde  von  Oxy.  I  100,  10 
kommen  nicht  in  Betracht);  aber  wenn  es  in  derselben  Zeile  zu  An- 
fang heifst  [vousva  c(7Cog)8Q£öd'aL^)  dg  tö  Iölov ]  Qtovvtug  xal 

dioixovvrag  xcd  olxoöo^ovvtag  tcsq!  cwrfjg^  so  können  wir  zwar  schliefsen, 
dafs  hier  ein  Yerbum  auf  qlöoj  oder  ql£03  gestanden,  aber  welches, 
können  wir  durch  kein  Wortverzeichnis  finden,  sondern  nur,  wenn  das 
Glück  gut  ist,  durch  ein  Stellen  Verzeichnis,  auf  Grund  dessen  wir  die 
Stellen  mit  diOLZSiV  und  olüodo^eiv  nachschlagen,  um  so  die  gewöhn- 
liche Nachbarschaft  dieser  Worte  durchzuprüfen.  Allein  hier  l'afst  sich 
Abhilfe  schaffen.  Sowie  nämlich  unsere  Indices  die  Worte  nach  dem 
Anfang,  dem  Vorderende,  ordnen,  kann  man  sie  auch  nach  dem  Schlufs- 
buchstaben  und  so  fort  ordnen:  hat  man  sie  in  diesem  Sinne  alphabetisch 
geordnet  vor  sich,  so  kann  man  für  das  Vorderende  ebenso  sicher  die 
Möglichkeiten  erwägen,  wie  beim  gewöhnlichen  Wörterverzeichnis  für  den 
Schlufs.  —  Ein  solches  Verzeichnis  nach  der  Ordnung  der  Wortenden 
habe  ich  für  die  Indices  zu  BGU  I  und  IL,  Lond.  II,  und  Oxy.  I  zu- 
sammenstellen lassen:  es  lehrt  uns  für  lovvrag  folgendes: 

Es    kommen   vor""):    A.  auf  lsco:    ^^^toleco    ^^sraTtoLeco    ^jtSQLTtouco 

^dvttTCOiEG)   ^^ixJtOLEOJ    ^B^nOlBCO   ^aTtOTTOlSCO   ^Xad-aQOTCOLBGJ   ^nQOÖTtOlBG).   

B.  au±  tdco:  ^ä^tocj  ^^xKTah,iÖG)  ^^s^al2.orQLÖco  ^TtQos^aXlotQioco  \^xa&o- 
öiöa]  ^'ör]^o0L6c3.  — 

Nun  ist  QLOvvtag  erhalten  und  das  q  erlaubt  uns  von  allen  an- 
geführten Worten  nur  die  Composita  von  dXkotQioa  zur  Ergänzung  zu 
benutzen.  Aber  ich  glaube,  dafs  auch  wenn  nur  Lovvrag  da  stände, 
unsere  Wahl  doch  nur  auf  diese  gefallen  wäre.  Verifiziert  man  die 
Stellen  in  K,  so  findet  man:  CLIV,  13  TCQOE^a^kotQiovv.  16.  Bi,aklo- 
xQiovv  (S.  179). 

CLIV  ist  Verkauf  einer  auAr;,  BGU  667  Verkauf  einer  otxm,  und 
in  beiden  findet  sich  die  stereotype  Entäufserungserklärung  mit  dem 
Anhang,  niemand  solle  den  Erwerber  daran  hindern,  auf  dem  Grund- 
stück als  Herr  zu  schalten  {KVQisvBiv),  Avas  dann  spezialisiert  wird,  und 
hierbei  bringt  CLIV  eben  auch  Bi,akloTQLovv^  allerdings  in  Verbindung 
mit  vTtoTLd-Bvat  am  Schlufs  in  einer  Art  Anhang,  während  avotxodo- 
fiBLV  Z.  15  im  Hauptgefüge  steht.  IJQOB^aXlotQLOvv  wiederum  steht 
Z.  13  [fiji)  VTiEQVTtoxBL^Bvrjv  ^Tjöe  7tQOBi,aXXorQL(o^Bvrjv  ölcc  ^rjdevbg  dg- 
XSiqv,  ähnlich  wie  Oxy.  I  100,  11  (auch  ein  Grundstückskauf)  sagt:  sivav 


1)  Es  mufs  ergänzt  werden  :  anocpsQotitvovg^  da  vorher  und  nachher  Parti- 
cipia  stehen. 

2)  Die  Exponenten  BOK  beziehen  sich  auf  das  Vorkommen  des  betr.  Wortes 
in  den  Indices  und  zwar  ist:  B  =  BGU,  K  =  Kenyon  11  (^fjond.  II);  0  =  Oxy- 
rliynchos  T. 


Otto  Gradenwitz:  Papyrns  und  Lexikon  103 

TS  ifiov  xal  firJTS  vjtoxelöd-Ki  ^u]ts  ireQOtg  i^rjlXoxQiaad^cii  xarä  ^rjddva 
TQÖnoir^  hier  ist  eine  andere  Nuance:  der  Verkäufer  versichert,  sub- 
jektiv weder  vorverpfändet  noch  (vor-)veräufsert  zu  haben,  während 
er  Lond.  II.  CLIV  sich  für  die  objektive  Pfandfreiheit  verbürgt. 

Es  mufs  dem  Skeptiker  überlassen  bleiben,  ob  er  die  Ergänzung 
si,aHoTQiovvTag  um  deswillen  angreifen  will,  weil  die  Verfügung,  die 
in  der  Veräufserung  enthalten,  stärker  ist,  als  die  im  dioLXstv  xal  oixodo- 
(istv  gelegene,  und  sie  also   streng  genommen   an   den  Schlufs  gehört. 

Für  derartige  ludices  nach  dem  Wortende  schlage  ich  die  Bezeich- 
nung Conträr-Indices  vor-,  es  leuchtet  ein,  dafs  ein  Conträr-Index  nicht 
nur  für  die  Zwecke  der  Ergänzung  von  Wert  ist,  sondern  auch  für 
linguistische  und  grammatische:  Der  gewöhnliche,  normale,  Index  zeigt 
uns  alle  Worte,  die  mit  einer  bestimmten  Präposition,  z.  B.  acrd,  an- 
fangen; der  Conträr-Index  umgekehrt  giebt  uns  alle  Composita  eines 
bestimmten  Verbi,  wie  das  oben  für  noiico  in  den  drei  Sammlungen 
dargelegt  wurde;  der  normale  Index  zeigt  uns  die  Worte,  die  von  einem 
Stamm,  z.  B.  |vA-  gebildet  werden,  der  Conträr-Index  giebt  uns  die 
Stämme  aus  t^A-,  wenn  wir  die  Suffixa  abziehen.  Schwierigkeiten  macht 
die  Frage  der  Media,  der  Pluralia  tantum,  der  substantivierten  Adjek- 
tiva:  man  wird  im  Zweifel  beide  Formen  zu  geben  sich  entschliefsen 
müssen. 

Natürlich  sind  entfernt  nicht  alle  lexikalischen  Beziehungen  hiermit 
erschöpft;  doch  mögen  diese  Bemerkungen  einstweilen  genügen,  vielleicht 
folgt  ihnen  später  ein  Wörterbuch- Artikel,  etwa  über  eine  Präposition,  — 
ist  doch  gerade  bei  diesen  eine  Übersicht  über  alle  Stellen  besonders 
wertvoll. 

Königsberg.  Otto  Gradeuwitz. 


II.  Referate  und  Besprechungen. 


Litterarische  Texte  mit  Aussclilufs  der  christlichen. 

Da  das  Ai'chiv  dazu  bestimmt  ist,  die  gesamte  an  die  Papyri  sich  an- 
schliefsende  Litteratur  zu  umfassen,  so  mufste  aufser  den  neuen  Funden 
auch  das  erwähnt  werden,  was  über  schon  seit  längerer  Zeit  bekannte 
Stücke  in  neuester  Zeit  veröffentlicht  worden  ist.  Gleichwohl  hat  sich  der 
vorliegende  Bericht  auf  die  neuen  Entdeckungen  beschränkt.  Bei  der  Fülle 
des  Stoffes  nämlich  schien  es  geraten,  zunächst  das  zu  bearbeiten,  was  der 
allgemeinen  Aufmerksamkeit  am  nächsten  liegt,  doch  wird  das  Versprechen 
gegeben,  dafs  die  nächsten  Hefte  auch  die  jüngsten  Arbeiten  über  früher 
veröffentlichte  Texte,  z.  B.  über  Aristoteles  und  Bakchylides,  besprechen 
werden.  Ein  Anschlufs  an  C.  Ha  eb  erlin 's  Arbeit  über  die  griechischen  Pa- 
pyri (Centralblatt  f.  Bibl.  XIV  [1897J  S.  201,  263,  337,  389,  473)  ist 
nicht  gesucht  worden.  Wer  jedoch  über  das  vor  1898  Liegende  sich  unter- 
richten will,  wird  neben  jener  Zusammenstellung  auch  Kenyon's  Catalogue 
of  Literary  Papyri  (Palaeography  of  Greek  Papyri,  Oxford  1899,  129 — 148) 
wenigstens  zum  Vergleiche  heranziehen  müssen.  Die  lateinischen  Papyri 
haben  nun  durch  Max  Ihm  (Centralbl.  f.  Bibl.  XVI  [1899]  341—357)  eine 
vortreffliche  Darstellung  erhalten. 

Eine  Übersicht  der  litterarischen  Bruchstücke,  welche  im  Jahre  1898 
aus  den  Papyrusschätzen  hervorgezogen  sind,  mufs  sich  zum  gröfsten  Teile 
mit  den  von  B.  Grenfell  und  A.  Hunt  im  1.  Bande  der  Oxyrhynchospapyri ^) 
herausgegebenen  Texten  beschäftigen.  Von  Anzeigen  dieses  Bandes  haben 
mir  vorgelegen:  F.  Blafs,  Litt.  Corr.  1898,  1074—1076;  derselbe.  Neuestes 
aus  Oxyrynchos,  Neue  Jahrb.  f.  d.  klass.  Altert.  II  (1899)  1.  Abt.  30—49  80; 
W.  Crönert,  Preufs.  Jalu-b.  1898  Band  94,  528  —  540;  0.  Crusius,  Allg. 
Zeit.  Beil.  1898  Nr.  225  (5.  Okt.);  H.  Diels  und  Th.  Mommsen,  Sitz.-Ber. 
d.  Berl.  Akad.  1898,  497—498;  K.  Schenkl,  Zeitsch.  f.  d.  öst.  Gymn.  49 
(1898)  1093—1095;  0.  Schulthess,  Woch.  f.  kl.  Phil.  1899,  1049—1058; 
P.  Viereck,  Berl.  ph.  Wochensch.  1899,  161—170;  U.  v.  Wilamowitz-Möllen- 
dorff,  Gott.  Gel.  Anz.  1898,  673 — 704.  Von  diesen  allen  ist  die  letzte 
die  eingehendste,  und  da  alle  Teile  des  Buches  ziemlich  gleichmäfsig  be- 
handelt sind,  so  ist  diese  Besprechung  eine  vorzügliche  Einführung  in  die 
Papyruswissenschaft.  Bevor  ich  an  die  einzelnen  Stücke  herantrete,  mufs 
ich  bemex'ken,  dafs  ich  bei  den  Bruchstücken  schon  bekannter  Schriftsteller 
sämtliche    Abweichungen    und    bemerkenswerten    Schreibungen    des   Papyrus 


1)  Abgekürzt  Oxy.  I. 


Wilhelm  Crönert:  Littorarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen      105 

angeben    werde.      Dabei  soll  auch  die  Kechtschreibung,  soweit  sich    darüber 
reden  läfst,  berücksichtigt  werden. 

I.  Dicliterische  Stücke. 

1.  Oxy.  I  46—47,  Nr.  20;  Tafel  V.  —  Es  sind  12  Bruchstücke  (das 
gröfste  14,5X8)  Eeste  von  4  Columnen  enthaltend.  Die  Schrift  ist  eine 
schöne  aufrechte  ünciale,  ohne  Lesezeichen;  die  Columne  hat  25  Zeilen. 
Die  Zeit  ist  dadurch  ungefähr  bestimmt,  dafs  auf  der  Rückseite  einige 
Rechnungen  in  Cursive  aus  dem  Ende  des  II.  oder  Anfang  des  III.  Jahrb. 
eingetragen  sind.  —  Inhalt:  Homor  B  7;-50— 754,  755—779,  780—803, 
804 — 828.  Schlechte  Formen  und  Schriftfehler  sind  letrjv  800,  nstvlovreg 
825,  7toi.ie[vi  772,  DICIN  (=  toiaiv)  805.  Was  die  Lesarten  angeht,  so 
geben  die  Hrgg.  nur  die  Abweichungen  von  der  La  Rocheschen  Ausgabe 
an:  793  a]vaKrog  (f.  yeQOvrog),  795  ^ö](plv  (f.  |iuV),  797  COCTenOTen 
(f.  üg  Trox  S7t\  wohl  Schreibf.),  nach  798  ist  der  Vers  F  185  eingefügt: 
k'v&a  tdov  7i[lsiatovg  0QV'yag  ccjvsgag  cdo[Xo7ta)Xovg  (es  folgt  aAA'  ov  jfco  etc.) 
welche  Einfügung  aus  der  Ähnlichkeit  der  beiden  Stellen  zu  erklären  ist, 
801  TtEQi  a[6rv,  802  aSs  6e^  803  yccQ  7T.[sQi  (?)  für  yccQ  Kcact,  823  ^AQ%f\- 
Aopg  ^Anlafiag  (es  fehlt  r). 

2.  Oxy.  I  47,  Nr.  21.  —  Breite  runde  aufrechte  Hand,  I. — 11.  Jahrh. 
Elisionszeichen  von  1.  Hand,  wohl  von  einer  späteren  Accente  (Akut) 
Spiritus  (lenis  =  "',  asper  =  ""^  ;  man  bemerke  nQoiei) ,  Punkte  (") ,  Längen- 
zeichen i^Exvyog  0rjQ')]rt[aöao)  und  Vokalpunkte  (^ttqo'Cei,^  Ka&vTceQd'ev ,  vöa- 
tog).  —  Inhalt:  Hoiuer  B  745 — 764.  Es  fehlen  allenthalben  die  Versaus- 
gänge. In  der  Schreibung  zu  bemerken:  749  AIN6IHN6C  (f.  ^Evii^veg, 
das  erste  G  getilgt),  750  övGil^eqov  (€  über  I  nachträglich  beigefügt), 
752  KalXiQoov^  753  öv^^i6yExca  1.  Hand  6vv^ —  wie  es  scheint  die  zweite, 
754  ETtiQset,  756    ij^xe.     Fast  keine  Abweichungen  von  Naucks  Text,  aufser 

dafs   754  fälschlich  statt  aXXa  AA]AA   (aAA.'a)   geschrieben  ist. 

3.  Washim  -  Papyrus ,  hrg.  von  Edgar  Johnson  Goodspeed ,  Americ. 
Journ.  of  Archaeol.  Second  Series  II  5,  1898,  347 — 356  und  Lichtdruck- 
tafel. —  22x17,4  cm,  die  Colunme  hatte  33  Zeilen.  Es  sind  Reste  von 
zwei  Col.  erhalten,  von  der  ersteren  die  rechte,  von  der  anderen  die  linke 
Hälfte.  Die  Schrift  gehört  wohl  der  ersten  Hälfte  des  II.  Jahrh.  n.  Chr. 
an;  denn  jenes  Blatt  wurde  zusammen  mit  einigen  z.  T.  datierten  Ui'kunden 
(aus  den  Jahren  144 — 159  n.  Chr.)  in  den  Ruinen  eines  im  Sande  ver- 
grabenen Hauses  bei  Washim  im  Fayum  gefunden.  Nebst  gewöhnlicheren 
Lesezeichen  (Akut,  Gravis,  Circumflex,  Elisionszeichen,  Colon)  ist  der  zwei- 
mal (ZI.  20  und  66)  an  einem  Satzende  stehende  schräge  Strich  (/)  zu 
vermerken.^)  —  Inhalt:  Homer  O  1 — 29,  35 — 68.  Die  Rechtschreibung 
ist  ziemlich  gut  (44  xQvßCrjv,  57  ;^^i[ot).  In  dem  erhaltenen  Teile  weicht 
der  Papyrus  nirgend  vom  Venetus  A  ab,  er  läfst  auch  mit  ihm  und  D  den 
Vers  6  aus.  Dafs  heute  vom  Vers  59  keine  Spur  mehr  vorhanden  ist, 
geht  vielleicht  auf  die  Zertrümmerung  der  Rolle  zurück. 

1)  Hier  ist  natürlich  der  über  der  Zeile  stehende  Strich,  der  das  Ende  eines 
Satzes  bezeichnen  soll,  als  Linie  in  gleicher  Höhe  mit  den  Buchstaben  in  die  Zeile 
aufgenommen.  Die  Herculanensischen  Papyri  831  und  1026  bieten  zu  diesem  Vor- 
gänge einige  Mittelformen. 


106  n.   Referate  und  Besprechungen 

4.  Pap.  Mus.  Brit.  732,  im  Winter  1897—98  von  B.  P.  Grenfell  er- 
worben, lirg.  von  Arthur  S.  Hiinf^  Journal  of  Philology  fasc.  51,  1898, 
25 — 59.  —  Es  sind  umfangreiche  Reste  einer  Rolle,  welche  wohl  ehedem 
eine  Ausdehnung  von  16  Fufs  hatte.  Es  waren  insgesamt  36  Columnen, 
von  denen  heute  noch  Reste  von  Col.  1 — 19  und  26 — 36  erhalten  sind. 
Die  üncialschrift  gleicht  der  des  Pap.  Mus.  Brit.  128^),  welche  aus  der  Bias  V 
und  Q  enthält  und  von  Kenyon  in  das  I.  Jahrh.  n.  Chr.  gesetzt  wird.  Die 
Columne  enthält  im  Buche  N  38 — 39,  im  Buche  ^  30—40  Zeilen.  Lese- 
zeichen sind  sehr  spärlich.  Von  erster  Hand  stammen  die  diaireti sehen  Punkte 
in  6%^£vH  N  193,  vTtEQfievEi  226,  vm  238,  ')(^qo'£  241  (hier  scheinen  in  der  Aus- 
gabe die  Punkte  aus  Versehen  zu  fehlen,  vgl.  zu  JV193)^),  Scä  286,  &v^o- 
QCii6Tr]g  544,  sodann  die  Paragraphos  in  Gestalt  von  > —  nach   iV619   und 

vielleicht     der     Spiritus     in    YneX(jüP6l     N   476    und    der    Accent    in 

AIAAIOMÄI  253,  von  späterer  der  schräge  Spiritus  asper  (^)  in  h  N  2G0 
und  vTteßrrjg  iV375,  der  Accent  in  xQoog  JV  191  (und  so  noch  fünfmal, 
vgl.  Hunt  z.  St.)  und  di-eimal  das  Elisionszeichen  (vgl.  zu  N  227).  Die 
Punkte  über  anlautendem  i  oder  v  fehlen  hingegen  vollkommen.  Kola 
sind  im  Buch  N  von  zweiter  Hand  hinzugefügt,  sie  fehlen  in  S*.  Die 
späteren  Zusätze  und  Verbesserungen  verteilen  sich  auf  drei  Hände;  die 
erste  erscheint  zuerst  N  269  und  ist  eine  schmale  Cursive,  kaum  später 
als  das  H.  Jahrh.,  vielleicht  auch  noch  dem  I.  Jahi'h.  angehörend,  die 
andere  ist  eine  rote  Unciale  aus  dem  HI.  Jahrh.  Die  Schrift  des  Papyrus 
war  schon  vom  Alter  schlecht  geworden,  sie  ist  ein-  oder  zweimal  wieder 
aufgefrischt  worden;  dabei  wurden  die  Lücken  durch  Ubei'klebung  von 
neuen  Papyrusstreifen  ausgefüllt,  doch  liefsen  sich  diese  Zusätze  wieder 
entfernen:  die  auf  diesen  Flickstücken  erscheinende  Schrift  gehört  dem  H. 
oder  m.  Jahrh.  an.^)  —  Inhalt:  Homer  N  2—12,  28—34,  38—41, 
46—50,  52,  56,  73—87,  149—653,  657—674,  740—747,  769—770, 
772—775,  ^  120—293,  332,  334—341,  343,  345—346,  348—354, 
358—476,  480—522,  im  Ganzen  demnach  die  Reste  von  936  Versen, 
wovon  am  besten  erhalten  iV  225— 417,  456—674,  5*123—293,  358—476, 
480 — 522,  ungefähr  sieben  Zehntel  des  Ganzen.  Auf  die  Rechtschreibung 
ist  im  Allgemeinen  sorglich  geachtet;  stummes  t-  ist  meist  vorhanden,  es 
fehlt  in  tw  S*  175,  id'iXrjad-a  iV  260,  i'E,£^L7T.i]  5*414,  ^gaGyMöiv  iV  589, 
d'corjv  669*),  ist  fälschlich  zugesetzt  in  rvneirjig  N  288,  eIt^i  322,  343, 
3*336,  nXriyr}t  iV  394,  xovJqpO'Tjt  405,  (pavrit  5*  400,  'A&ocot  229,  iörjua 
iV  229,  in  rcot  (pron.)  N  327  von  P  übergeschrieben.  Für  Et  erscheint  i 
in  iadiiEvog  N  206,  Uoötdccav  351  u.  s.  w.  (so  immer,  vgl.  Hunt  zur  St.), 
Ixelov  N  330,  lkJeXov  (dies  ist  sicher)  S*  386;  das  Umgekehrte  ist  der  Fall 
in  a^ELPi-jv  iV612,  ßociiELOv\a  N  529,  ßaa^Eiovog  532,  e\iiieoov  S  198,  ei^el- 
Qai\x]o  S*163,  KEivvfiEvoto  173,  hirjv  N  284  (^Xli]i'  P^),  ofiEtXov  iV  204  (so 
immer,  vgl.  307,  332,  338,  459,  498,  560),  oqeivs{v)  iV418,  468,  5*459,  Tti- 


1)  Vgl.  C.  Haeberlin,  Centralbl.  f.  Biljl.  XIV  209. 

2)  Desgleichen  scheint  ein   Versehen  von    Hunt  -iiKld-Eiat    S  204   und   v]riag 
TS  392. 

3)  Im  Folgenden  ist  die  ursprüngliche  Lesart  mit  P,   die  verbesserte  mit  P* 
bezeichnet. 

4)  Richtig  (prig  S  265. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  niif    AnsKchlnfs  der  christlichen      107 

(iedu  5*186,  7t[olv7t]siöciKog  157,  ^eivög  iV  616,  cpd'siöi^ßQorog  339,  also 
übevall  ff  = /;  auffallend  ist  n[Qici\(.iiöij\v  3*375,  wo  das  über  der  Lücke 
erhaltene  €1  eine  falsche  Verbesserung  andeutet.  In  ydvvr]ai  d'  uqu  N  493 
ist  das  c  von  P"  übergeschrieben,  wodurch  nur  ein  Versehen  verbessert 
wurde,  während  KAIMBPO[Y  3  281  f.  yMl"IfxßQov  mit  Kvöa&rivaevg  u.  s.  w. 
zu  vergleichen  ist.  Bei  den  o-Lauten  giebt  es  verschiedene  Versehen:  Tta&i 
N  309,  &g  (-dg)  34-1,  oQ^ij&i^aau  526  (coq.  P^),  prco  544,  OYrATPGÜGüN 
(f.  O-vycag&v)  365;  Vokalausfall:  ?T<^£)>di/  N  375,  d-coQ<^'rjyKO)v  342  (gleich 
von  P  vei'b.).  Bei  den  Konsonanten  ist  zu  vermerken  ANDONON  iV  239, 
ivKccx&eo  3  219  (sonst  erscheint  überall  Ausgleichung);  xendlvm^o  N  192, 
(leivs  coff  564,  6CATON  f.  £6ci&\  öv  3  178  (aus  e'öccro,  ov  zu  erklären), 
oiccrsvv[i'j\aca(iL  248,  l&i  268  (im  übrigen  wird  wie  bei  Nauck  elidiei-t); 
■Aehvö&ovg  (f.  KsXsv&ovg)  N  335,  d-coQriaßija&ov  301  P  (-rjffe-  P^),  v.avovits' 
407,  %alaTtdQ\7]v  3  447  und  wohl  auch  ■KCi\}.cm<:iqt]\v  hll ^  ovxto  N  22i')  am 
Versende.  Das  bewegliche  v  fehlt  am  Versende  vor  folgendem  Konsonant 
(entgegen  der  Nauckschen  Ausg.)  iV  175,  176,  205,  240,  298,  331,  339, 
356,  368,  372,  420,  468,  579,  S  142,  165,  182,  349,  403,  418, 
459,  491,  im  Vers  vor  Vokalen  N  354  (d^cporeQoiöi,  ofiov)  und  vor  Kon- 
sonanten, wo  es  durch  Positionslänge  gefordert  Avii'd,  N  78,  628  3  145 
(hier  von  P^  zugefügt),  vgl.  vor  langer  Muta  cum  liquida  iE,eQV6E  N  532, 
XEQGi  776,  Kojficae  456;  endlich  erscheint  es,  wo  es  bei  Nauck  des  Di- 
gammas  halber  fehlt,  N  218,  344,  524,  609,  S  150,  218,  251,  489,  492, 
aber  nur  einmal  (E'^evdQi,'^Ev  Kai  iV  6 1 9)  ist  es  gegen  das  Versmass  ein- 
gesetzt, wie  üenn  überhaupt  die  sparsame  Verwendung  dieses  Buchstabens 
bemerkt  zu  werden  verdient.  Am  mchtigsten  sind  die  Formen  XQiyXi]va 
fifto[^df]i^ra  3  183  und   vno   Xh\a\QOi<jLv   186.^) 

Ehe  ich  daran  gehe,  die  Lesungen  des  Papyrus  mit  denen  Nauck's  zu 
vergleichen,  muTs  ich  einiges  über  die  Verszählung  sagen.  Es  fehlt  N  255, 
316,  480,  602 — 606  (dabei  steht  statt  IlEiaavÖQog  601  TlEiöavSQOv;  die  Lücke 
ist  durch  Homoioarcton  entstanden)  3  269,  420,  also  zehn  Verse;  demgegen- 
über erscheint  nirgend  ein  Zuwachs,  wenn  wir  ihn  etwa  nicht  im  Anfange 
von  N  aus  einer  Lücke  erschliefsen  können.  Es  haben  sich  nämlich  von 
einer  alten  Verszähhmg  folgende  Spuren  erhalten:  B  am  Rande  von  JV  197, 
r  bei  303,  Ä  bei  407,  Z  bei  601,  B  bei  3  201,  Ä  bei  403,  6  bei  503, 
dazu  kommt  die  Unterschrift  am  Ende  von  3*: 

lAIAAOC 

r\  n 

T      ~AA 

also  520  Verse,  welche  Zahl  stimmt,  wenn  aufser  den  beiden  eben  erwähnten 
Versen   kein   Ausfall    mehr  vorkam.^)      Nach  den    Zählungen    im    Buche   3 

1)  Vgl.  C.  Haeberlin,  Centralbl.  f.  d.  Bibliotheksw.  XIV  211,  der  indessen 
nicht  die  ganze  Frage  überschaut. 

2)  Das  läfst  sich  vielleicht  auch  auf  andere  Art  ungefähr  Ijeweisen.  Seite  18 
hebt  mit  JV  654  an,  dann  beginnt  nach  einer  greisen  Lücke  eine  neue  Seite  mit 
S  126.  Dazwischen  liegen  demnach  303  Verse.  Rechnet  man  nun  für  die  Unter- 
schrift am  Ende  von  JV  fünf  Zeilen  und  für  den  Zwischenraum  und  die  Überschrift 


108  ^I-  Referate  und  Besprechungen 

scheint  es,  als  ob  immer  der  erste  Vers  eines  neuen  Hunderts  mit  einer 
Zahl  versehen  sei,  doch  ist  im  Buche  N  sichtlich  falsch  gezählt;  z.  B.  da 
der  Zwischenraum  zwischen  303  und  407  vollständig  erhalten  ist,  hätte  A 
nicht  bei  407,  sondern  bei  404  (316  ist,  wie  oben  bemerkt,  ausgelassen) 
stehen  sollen.  Und  so  ist  es  auch  nicht  ganz  sicher,  ob  im  Anfange  von 
JV  drei  neue  Verse  standen,  wenngleich  darauf  neben  der  Stellung  von  B 
der  Umstand  hinweist,  dafs  die  nun  sehr  zerrissene  zweite  Columne  nur 
35  Verse  (38 — 72)  umfafst,  während  die  sechs  folgenden  Seiten  38  Zeilen 
haben. 

Im  einzelnen  ist  zu  bemerken^):  N  9  o:^]Tjy[£jii]f^'?  41  ^Ayjcaovg^  166* 
i,vv\iriKB^  230  nsXeve  öi,  234*  og  nev  eV,  236  öTtevöeiv^  245  ekaintsv  iv(, 
249   YIOY   Schreibf.  f.  vis,  252  TGÜ  f.  toi  ebenfalls  Schreibf.,    263  i6r]ü- 

(levoi  ntoXeiJiiS,eiv,  264  über  6  in  iöri  ein  A  von  P^(wozu?),  266  über  t  in 
Tov  ein  wohl  tügender  Punkt,  269  AeAACMeNAlAAKHC  P,  OCGM- 
M6NAI  von  P^  übergeschr.,  278  evd^  ö  te  öadbg  avrjQ  og  x  aX%iiiog,  285 
iTtsiödv,  288  yc<Q  Kai  ßXeio,  301  G^YPOV '  (der  Punkt  deutet  vielleicht 
den  Rest  eines  übergeschr.  C  an),  321  oux,  327*  ife  kcci  riiiiv,  335  rs 
von  P^  übergeschr.,  338*  avaiQs^Ev,  346  '^Qaeaßi  rerevxcaov,  349  oXsGöai, 
354  7}  (jidv,  356  das  v  in  ccficpadirjv  vonP^  auspunktiert,  358  o't  ^'  egiöog 
.  .  o^oiiov,  362  TqcoeöGiv  iTtccXjisvog^  366  uvcceövov,  380*  'IXiov,  383  eiX^e, 
399  0  y,  408*  ttji  q  u[7Co,  412*  yovvara  Xvösv,  414  ov  fidv,  483  6CCI, 
484*  avÖQi  fieyi6rov,  485  6^7j]Xikl7]  P,  -xtTjt  P^,  ivl  -O'i'ju.cöt,  486  7/  xe,  490 
eCOPOGüN  (Schreibf.?),  512  fjv,  541  eW  Alveilag]  'Acpaqria,  544 
GYMOPAVCTHC,  543*  E%Xivev,  556  ^v,  565  yccirii,  572*  «>«(?«/,  583 
aviiXKEv,  584*  cniaQxriXTiv ,  589  vo  in  ^sXavöxQOtg  von  P^,  594*  ex  ö'  aqa 
xogov,  595  ccvxiKQv,  607  OA£  P,  Y  von  P^  beigefügt,  608  e^xero,  610 
^AxQeWrjg  xa/,  624  iööeiöaxE,  644  'AgnaXicov  0  [^]«,  651*  Kai  Qa  ßdXe,  652 
avxiKQv,  665  OIPeY  P,  C  über  I  von  P^,  668  xeqgiv  lvr}v6iv,  743  et  k  ; 
S*  127  «Ufi]7](Ta[trf,  152  noXe(.u^£iv,  162  e'A'&frv,  168  xbv  d'  oij  -O'Eog  aXXog  ava- 
yev,  169  iitid'ri'Ke^  172  eavai,  181  «[^Ja^vnjt,  185  *x]«A6i^  d'  ^v  P,  AJevxoi»  (J' 
^v  P^  188  ^f;  ö'i'(isv,  190  HPANMO!  (Schreibf.),  xev,  196*  xeXsßai  xs,  202 
HAATA[A]A0[N  (so  scheint  es,  doch  ist  der  Pap.  lückenhaft),  208 
KEivco  y\  209  6(ioico[&fi]vai,  210  x£,  216  iv  d'  tjtiE^og  P,  ivl  d'-  P^,  235 
TtEid-co,  249  ETtivveaev,  252  h'Xs'^a^  253*  xc<:xoju,[7J(J«o,  266  "^iJ^axi^o?,  271  aaxov, 
281  AHM]NONT6KAIMBPO[Y,  288  ne](PYIA,  290  HXeN,  376  86- 

Xixov  P,  y  f.  %  P^,  383  ind  q  s66avxo,  384*  /3av  dTfiEv,  412  ß8ßXrjKei, 
431  il^öTaöav  P,  über  der  Lücke  CAN  von  P^,  Avas  auf  einen  Fehler  von 
P  hinweist,  437  aTte^^iaaasv ^  439  i'^[sKdXvil}e  P,  darüber  N[YH  von  P'^, 
445  KO  von  ßovKoXiovxi  P^,  453  (lanQCi  ßißda&cov,  454  ov  (xdv,  455 
AAIOC,  465*  övveexi^cot-,  467  PINAC,  470  TlovXvödfia,  474*  KscpaXrjv 
ayxiGxa  ('KB^AMIHN  could  also  be  read'  Hunt),  510  h\vo6iyaio~]q,  515 
n£Qi(poiri]vV,-g)rjxrjvI'-,  520'OiXidÖ7]g,  522  cöIqotji.  Nächst  dem  obenerwähnten 


von  S  vier  Zeilen,  so  erhält  man  die  Zahl  312,  welche  durch  8  dividiert  39  er- 
giebt.  Dies  aber  ist  die  Länge  der  beiden  angrenzenden  erhaltenen  Kolumnen 
(JV  573 — 616  und  lEl  120— 158).  In  der  grofsen  Lücke  also  vi^ird  wohl  die  gewöhn- 
licne  Verszahl  gestanden  haben. 

1)  Neue  Lesarten  sind  mit  einem  Sterne  gekennzeichnet. 


Wilhelm  Cröncrt:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen.      109 

Papyrus  des  Britischen  Museums  von  T  und  ß  ist  diese  Rolle  der  umfang- 
reichste Homerpapyrus.  Ist  auch  der  Ertrag  aus  seinen  Lesungen  nicht 
sehr  bedeutend,  so  ist  doch  seine  Stellung  unter  den  Gruppen  der  Vulgat- 
überliet'erung  von  Wichtigkeit;  denn  mit  dem  Marcianus  A  allein  hat  er 
auTser  iV  362  und  der  Schreibung  Uociöccav  garnichts  gemeinsam,  am  meisten 
mit  CHDL. 

5.  Papyrus  von  Genf,  hrg.  von  Jnles  Nicole,  L'aventure  de  Zeus  et  de 
Leda,  Melanges  Henri  Weil  (Paris  1898)  290—297.  —  17X3  cm,  Reste 
einer  Seite  mit  Spuren  von  26  Zeilen;  die  Schrift  ist  von  klarer  Farbe, 
eine  ünciale  in   Schönschrift,   Zeit:    en    pleine  epoque  romaine.      Lesezeichen 

sind  nicht  vorhanden.  — Inhalt:  kärgliche  Trümmer  eiues  die  Ledasage  be- 
liaildeludeu  epischen  Stückes.  Von  den  Hexamtern  sind  immer  nur  Reste 
vom  2.,  3.  und  4.  Fufse  erhalten,  am  vollständigsten  ist  noch  -^w-  d^EÖg' 
slgI  &E&V  .  .  Vers  18.  Aus  eQcora  4  u.  15,  ttttjvov  5,  Zfpa  8  u.  11, 
Kvnvog  13,  KVKvov  14,  und  vielleicht  AijJÖEm  tt^o?  i'fi\^EQOv  16  ergiebt  sich 
der  Inhalt.  Nicole  weist  darauf  hin,  dafs  die  Sage  von  den  Dichtern  im 
Gegensatz  zu  bildlichen  Darstellungen  nicht  oft  behandelt  sei,  garnicht  bei 
Epikern,  Lyrikern  und  Elegikern;  doch  hängen  seine  Vermutungen  zum 
grofsen  Teile  in  der  Luft.  Denn  aus  der  Verkürzung  von  ndXcv  in  itaXi 
KVKVog  Vs.  13  läfst  sich  nicht  viel  gewinnen,  im  übrigen  fehlt  jeder  sichere 
Anhalt.     Die  Reste  sind  wohl  der  hellenistischen  Poesie  zuzuweisen.^) 

6.  Oxy.  I  10—13,  Nr.  7;  Tafel  IL  —  19,7x9,6  cm,  der  Rest  einer 
ganzen  Columne,  wie  es  scheint;  doch  ist  der  untere  Teil  sehr  zerrissen, 
avifserdem  fehlt  der  linke  Rand  gänzlich.  Die  Schrift,  eine  schöne  ünciale, 
die  der  des  Bakchylidespapyrus  sehr  ähnlich  ist,  wird  von  den  Hrgg.  dem 
III.  Jahrh.  n.  Chr.  zugeteilt.  Viele  Lesezeichen  (Akut,  Apostroph,  diair. 
Punkte,  Längenzeichen,  Punkte,  doch  nur  am  Versende),  keine  Verbesserungen. 

—  Inhalt:  Reste  von  fünf  Strophen  eines  Sappholiedes  (20  Zeilen),  eine 
Bitte  für  die  Rückkehr  ihres  Bruders  enthaltend,  die  Perle  der  1898  ver- 
öffentlichten Funde.  Das  Digamma  ist  noch  gewahrt  {J^olai  Vs.  6),  die  von 
einem  Graramatiker  herrührende  Accentuation  ist  äolisch.  Die  Engländer, 
denen  Blafs  an  der  Wiederherstellung  geholfen  hat,  nehmen  eine  Beziehung 
des  Gedichts  auf  den  Bruder  der  Sappho,  Charaxos,  an,  welche  von  andern 
geleugnet  wird.  Vgl.  besonders  Diels,  Sitz.-Ber.  der  Berlin.  Ak.  1898,  497, 
V.  Wilamowitz  a.  a.  0.  697,  Crusius  a.  a.  0.  3,  Blafs,  Neuestes  aus  Oxy- 
rynchos  47 — 49,    G.  Fraccaroli,  L'  ode  di  Saffo  recentemente  scoperta,  Bol- 

1)  Die  Sage  ist  zusammen  mit  anderen  Zeusverwandlungen  kurz  in  einem 
versprengten  und  bisher  übersehenen  Bruchstücke  von  Philodems  Schrift  von  der 
Frömmigkeit  gestreift,  welches  sich  in  der  photographischen  Sammlung  der  Ox- 
forder Abschriften  im  6.  Bande  auf  Blatt  20G  vorfindet.  Hier  heifst  es  oiv  jjv  y.al 
JV^fijtffts,  [tjv  I  cpriJOLv  (T)  6  T(i  Kv[7tQi(x  I  'y]Qdip(xg  (vgl.  das  längere  Bruchstück 
Nr.  6  Kinkel)  d^Oicad-fj\v]a(^ty  X^vi,  z/f'o;  <(ö^^  avT\i]v  \  8^imv.£iv  v.al  yiyfi^>[^ui,  \ 
rr]v  8~\h  dubv  rs-nnv,  \  i^]  qv  ysviaQ-ccL  Ti]\y  \  'El'\iv7\v.  Ich  mufs  gestehen,  dafs 
mir  die  Ergänzung  nicht  befriedigend  gelungen  ist,  doch  ist  daran  z.  T.  wohl  auch 
die  Uberlieferang  schuld,  wie  denn  in  der  4.  Zeile  ein  übergeschriebener  Buchstabe 
erscheint.  Das  Weitere  ist  verständlicher:  OTc;[3r]f[9  av  |  Ai]\Sag  iQoca&slg  [i\y]h'£To 
"Avyivo[g,  I  EvJQmTtrig  dh  Tav\Qog],  Aa^iiag  8h  ^|jroJi/)  (so  Prof.  Blafs),  ^ccvdrig  Sk 
'/,[Qv\6Qg\  Kai  TtaQ  'AnoX\X(i3\vi8r]]  xorl  ticxq  ILv^QC^nid^ri  Xsyerai .  .  .  Dafs  sich 
Zeus  Lamia  gegenüber  verwandelt  habe,  ist  neu;  der  selten  angeführte  Tragiker 
ApoUonides  wird  auch  S.  39,  1  in  der  Ausgabe  von  Gomperz  erwähnt. 


110  n.  Referate  und  Besprechungen. 

lettino  di  lilologia  classica  V  Nr.  4,  S.  83 — 85.  Das  Lied  ist  zuletzt  von 
Hugo  Jurenka  behandelt:  Die  neu  aufgefundene  Ode  der  Sappho,  Wien. 
Stud.  XXI  (1899)  1 — 16.  Jui-enka  giebt  die  Überlieferung  in  Minuskeln 
mit  breiter  Erörterung  der  nötigen  Ergänzungen,  darauf  eine  metrische 
Übersetzung.      An  der  Beziehung  auf  Charaxos  hält  er  fest. 

7.  Oxy.  I  13—14,  Nr.  8-  Tafel  IL  —  6,1x10,9  cm,  der  untere  Teil 
eines  Blattes.  Die  Schrift  ist  eine  kleine  Unciale  mit  zierlichen,  runden, 
etwas  geschweiften  Zügen,  Ende  des  I.  oder  Anfang  des  IL  Jahrh.  Lese- 
zeichen ähnlich  wie  in  Nr.  6,  einmal  erscheint  eine  Verbesserung.  —  Inhalt: 
Bruchstücke  von  Hexametern,  welche  die  englischen  Bearbeiter  dem  Alkman 
zuschreiben.  Zeilen  1 — 3,  sehr  verstümmelt,  enthalten  den  Schlufs  eines 
Gedichtes,  dann  hebt  ein  neues  an,  von  dem  vorigen  durch  die  Paragraphos 
am  linken  Rande  geschieden.  Vor  diesem  neuen  Stücke  stehen  auf  der 
Seite  noch  vier  bis  auf  das  letzte  Wort  vorzüglich  erhaltene  Verse,  den 
Festgang  von  9  Jimgfrauen  zum  Demeterheiligtume  schildernd.  Gegen  Diels 
('Nachahmer  Alkmans'j  und  v.  Wilamowitz  (^sehr  künstliche  Imitation') 
richtet  sich  Blafs,  Neuestes  aus  Oxyrjnchos  S.  45 — 46,  welcher  bestreitet, 
dafs  sich  aus  der  Verskunst  ein  Einwand  gegen  Alkman  gewinnen  lasse, 
der  Inhalt  liefere  weder  für  Alkman  noch  für  einen  Nachahmer  die  ge- 
nügenden Anzeichen;  im  Nachtrag  S.  80  wird  der  Gedanke  an  Erinna  sehr 
ernstlich  erwogen.  Über  das  Digamma  vgl.  noch  J.  van  Leeuwen  Mne- 
mosyne  XXVII  (1899)  S.  221  Ad  Alcmanis  (?)  Fragmentum  nuper  re- 
pertum. 

8.  Oxy.  I  47—50,  Nr.  22.  —  8X9,3  cm,  ein  Blatt  aus  einen  Pa- 
pyrusbuche, der  obere  Rand  ist  erhalten.  Die  Schrift  ist  eine  schmale, 
runde  und  aufrechte  Unciale  des  V.  Jahrb.,  die  Tinte  ist  wie  im  Genfer 
Menanderfragment  braun,  welche  Farbe  zu  byzantinischer  Zeit  in  Gebrauch 
kam.  Die  zahlreichen  Lesezeichen  aufser  dem  Apostroph  von  zweiter  Hand 
(Accente^),  Spiritus^),  Vokalpunkte,  Längenzeichen  av  Käaa[(p7i)-^  in 
AHTAN6KTA  ist  ein  ungewöhnliches  Elisionszeichen  verwandt.  Zahl- 
reiche Verbesserungen  von  2.  Hand  über  der  Zeile,  einmal  in  Punkte 
(Vs.  378)  und  einmal  in  Doppelpunkte  (Vs.  430)  eingeschaltet;  die  Para- 
graphos am  linken  Rande  giebt  den  Personenwechsel  an.  —  Inhalt:  SopllO- 
cles,  König  Oedipus  375  —  385  (Rückseite)  und  429  —  441  (Vorderseite). 
Verschiedene  Schreibfehler:  flYRANNI  380,  AfOPPOC  431,  TONeV- 
Cl  436  (in  yov.  verb.),  11010161  437  (in  -otffi  verb.);  das  stumme  i  ist 
von  1.  Hand  ausgelassen,  von  späterer  oft  übergeschrieben.  Lesarten: 
375  ßkiipm  (so  auch  der  Laurentianus,  doch  ist  hier  richtig  ßldipai,  ge- 
bessert), 376  fis  .  .  ys  6ov,  378  6ov  tuvtcc  1.  Hand,  rov  ravta  2.  Hand, 
385  OneiC[T]Oe[E]A[P]XHC  l.  Hand,  darüber  niCTOC  von  2., 
429  TOYT[OY,  schräg  rechts  über  dem  letzten  Buchstaben  ein  A 
wie  es  scheint  von  2.  Hand,  das  übrige  ist  verloren  (welcher  Art  die  Ver- 
besserung war,  läfst  sich  nicht  erkennen),  430  av  7ta]hv  1.  Hand;  die  2. 
schreibt  darüber  ON  nnd  so  die  Hss.,  434  CXOAHCf',  doch  über  H 
ein  I  von    2.  Hand    (die    Hss.    ßx^Xy  o\   Suid.  axoXy    y),    435    HM6IA6- 

1)  Der  Gravis  auf  unbetonten  Silben:  ahrog  379,  ovvh'n  3«3,  cutiitov  384, 
c(ivlv.ra  43'J. 

'2_i  U)  377,  O  382  und  385,  WC  435,  HA  438. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen       Hl 

TOlOlZ^'  1.  Hand,  über  61  ein  C  von  2.  Hand,  welche  A6  zu  tilgen 
vei-gafs.  Lag  zwischen  A  (=  375  —  385)  und  B  (=  429  —  441)  keine 
besondere  Colunme,  so  hatte  die  einzelne  Columne  54  Verse  (52  Zeilen 
der  Thucydidespapyrus  Oxy.  I  Nr.  16);  dann  mufste,  damit  ein  erträgliches 
Gröfsenverhältnis  vorhanden  war,  links  von  A  und  rechts  von  B  noch  eine 
zweite  Columne  gestanden  haben.  War  aber  rechts  von  A  und  links  von  B 
noch  eine  Columne,  so  standen  auf  der  Seite  36,  in  der  Columne  18  Verse, 
und  es  war  dann  das  ungewöhnliche  Seitenmafs  14X22  vorhanden.  Dieser 
letztere  Fall  ist  aber  unmöglich,  wenn  man  bedenkt,  dafs  rechts  oben  am 
Rande  von  A  die  Seitenzahl  PL  (sie  befand  sich  also  zwischen  110  und  119) 
steht,  eine  solche  konnte  nur  am  rechten  Rande  einer  Seite  beigeschrieben 
werden.  Die  Vermutungen,  welche  ich  in  den  PreuTs.  Jahrb.  Bd.  94,  S.  530 
über  den  Inhalt  und  die  Reihenfolge  der  Stücke  im  Papyrusbuche  aufgestellt 
habe,  sind  hinfällig,  weil  ich  damals  die  richtige  Seitenfolge  verkannt  habe; 
nur  das  ist  vorläufig  festzustellen,  dafs  in  jenem  Buche  eine  ganze  Anzahl 
von    Stücken    vereinigt  waren. 

9.  Genfer  Papyrus,  hrg.  von  Jules  Nicole,  Le  Laboureui-  de  Menandre, 
Fragments  inedits  sur  Papyrus  d'Egypte,  Basel  und  Genf  (Georg)  1898. 
—  28,5X15,7  cm.  Es  sind  die  Reste  des  Blattes  eines  Papyrusbuches; 
auf  der  Vorderseite,  welche  die  Zahl  g  trägt  und  also  die  sechste  Seite 
des  Buches  war,  sind  44  Verse,  auf  der  Rückseite  (hier  erscheint  am  oberen 
Rande  die  Zahl  Z)  43  Verse  erhalten.  Die  Schrift  ist  eine  unregelmäfsige 
Unciale,  mit  mancher  Hinneigung  zur  Cursive,  besonders  bei  den  Buch- 
staben £  X  A  ju-  V,  sie  wird  in  die  Zeit  zwischen  350  und  500  angesetzt. 
Der  Apostroph  ist  aufser  zwei  Fällen  (Vs.  29  und  84)  überall  angewandt, 
er  fehlt  bei  der  fcasis  (TAAAA  Vs.  37)  und  steht  vielleicht  Vs.  61  au 
falscher  Stelle.      Zu   bemerken    sind  die   Schreibimgen   nPAX'XOJN  Vs.    1 

KOjn'TeiN  16,  nPAPMATA  67,  AnApreAAoüN  54,  evjAp- 

rSAlCACOAl   83.^)      Doppelpunkte   erschienen   über  i:   TtQOßicov   1,   iacog 

68  79  yquWiov  54  und  v.  vtög  63,  v7ieGi[i]t]at  7 4:,  doch  fehlen  Accente  voll- 
ständig. Die  übrigen  Lesezeichen  betreffen  den  Personenwechsel,  und  zwar 
findet  sich  ein  einfacher  Punkt  (28)  oder  ein  Doppelpunkt:  (41  49  54) 
oder  die  Paragraphos  am  linken  Rande  (52)  oder  endlich  die  Koronis  -i-C 
beim  Abgang  einer  Person  (84).  Hinsichtlich  der  Rechtschreibung  sind 
viele  Fehler  begangen  worden.  Das  stumme  t  fehlt,  nur  in  yqatöiov  steht 
es,  dui-ch  die  Punkte  als  selbständiger  Vokal  gekennzeichnet,  wie  ähnlich  es 
auch  bei  anderen  Wörtern  in  der  späteren  Sprache  vorkommt  (z.  B.  ai'Gßeiv, 
K^ecadtov  u.  a.).  Sonst  sind  fünfzehnmal  Vokale  verwechselt,  in  mekr  als  der 
Hälfte  der  Fälle  o  und  co,  bei  den  Konsonanten  ist  aufser  daeveyK  ojicog  39  ^) 
nur  V  für  vv  zu  vermerken:   0iXiva  22  28,  ysvtxiq   42.      Meist  tritt  Elision 


1)  Die  Erklärung  Omonts  für  T '  T :  de  ne  pas  prendre  T  T  pom-  TT ,  an  die 
schon  Weil  nicht  recht  glaubt,  ist  falsch.  Wir  haben  es  mit  Silbentrennungs- 
zeichen zu  thun,  die  hier  zum  erstenmale  in  einem  litterarischen  Papyrus  erscheinen. 
Sie  sind  in  Urkunden  und  älteren  Bibelhandschriften  ziemlich  häufig,  treten  jedoch 
erst  mit  dem  3.  Jahrh.  n.  Chr.  auf,  vgl.  U.  Wilcken,  Observ.  ad  bist.  Aeg.  provinc. 
rem.  diss.  Berol.  1885  S.  58ff.  und  Crönert,  Quaest.  Hercul.  diss.  Gott.  1898  S.  21. 

2)  Dies  ist  nicht  etwa  falsche  Psilosis,  sondern  8iah'i:yy.£  oficog,  durch  ein 
Versehen  verkürzt. 


112  II-   Referate  und  Besprechungen  f"".";^ 

ein,  offene  Schreibung  erscheint  nur  zweimal:  d'voina  a'vöov  9,  TTQayfxara 
avciKqivEL  67.  Die  Assimilation  fehlt  am  Wortende,  nie  dagegen  im  Wort- 
innern.  —  Inhalt:  Bruchstück  aus  dem  rnüQyoq  des  Meuandros,  wie  ab- 
gesehen von  den  Anführungen  des  Stobaios  und  des  Etymologicum  auch  aus 
dem  Inhalte  hervorgeht,  und  zwar  setzt  unser  Stück,  wie  es  scheint,  mit  der 
zweiten  Szene  des  Lustspiels  ein.  Der  erste  Herausgeber  Nicole,  dessen 
Büchlein  vom  1.  Juli  1897  datiert  ist,  lieferte  zunächst  Text  und  Erklärung 
(S.  7 — 42),  dann  Bemerkungen  über  das  Stück  (S.  43 — 63)  und  endlich 
den  Versuch  einer  Wiederherstellung  des  Ganzen  (S.  67 — 79).  Nicole  hat 
übersehen,  dafs  die  von  ihm  behandelten  Bruchstücke  die  Teile  eines 
einzigen  Blattes  bildeten,  wobei  die  Endstücke  sich  gegenseitig  ergänzten. 
Dadurch,  dafs  F.  Blafs  in  seiner  Anzeige  der  Schrift  (Litter.  Centralbl. 
vom  9.  Dez.  1897)  diese  glänzende  Entdeckung  vorlegte,  ward  für  das  Ver- 
ständnis der  Reste  erst  die  richtige  Grundlage  gegeben.  Diese  neue  Ord- 
nung und  der  Umstand,  dafs  Nicole  den  Text  nur  in  Minuskeln  gegeben 
hatte,  veranlafste  die  Engländer  B.  P.  Grcnfcll  und  A.  S.  Hunt  den  Papyrus 
neu  hei'auszugebeu:  Menander's  r6GL)PrOC,  A  revised  Text  of  the  Ge- 
neva Fragment  with  a  translation  and  notes,  Oxford  (Clarendon  Press)  1898. 
Die  kleine  Schrift,  welche  nun  für  die  Verszählung  mafsgebend  geworden 
ist,  enthält  neben  einer  kurzen  paläographischen  Einleitung  den  Text  in 
Uncialen  und  Umschrift,  kritische  Noten,  zu  denen  Bury  und  Ellis  einiges 
beigesteuert  haben,  Bemerkungen  über  die  Personen  des  Stückes,  Über- 
setzung und  Anmerkungen.  Weiter  handelte  von  dem  Papyi-us  Otto  Cru- 
sius,  Allg.  Zeit.  1897,  Beil.  Nr.  294  (29.  Dezember),  Heinrich  Weil,  der 
nach  einer  kurzen  Anzeige  im  Journal  des  Savants  1897,  S.  675  ff.  in  dem 
Aufsatze  Le  ^  Campagnard'  de  Menandre,  Revue  des  et.  grecqu.  1898  (XI) 
121—137  den  Text  mit  Prosaübersetzvmg  und  Erklärung  lieferte,  v.  Wila- 
mowitz-Möllendorff  Deutsche  Litt.  Ztg.  1897,  1734,  Karl  Scheukl,  Jahres- 
heft des  österr.  archäol.  Instituts  I  (1898)  49,  besonders  aber  Georg  Kaibel: 
Menanders  TEw^yd?,  Gott.  Nachr.  pliil.  bist.  Klasse  1898  S.  146  —  166. 
Auch  hier  ist  der  Text  gegeben,  zusammen  mit  einem  umfangreichen 
kritischen  Appai*ate,  worauf  eine  sehr  eingehende  Behandlung  über  die 
Personen  und  den  mutmafslichen  Gang  des  Stückes  folgt.  Das  Bruchstück 
hat  eine  Fülle  von  Fragen  hinsichtlich  der  Anordnung  des  Ganzen  und  des 
Verständnisses  der  einzelnen  Teile  in  die  Welt  gebracht,  wozu  noch  der 
üble  Umstand  kommt,  dafs  schon  die  Vorlage  des  Schreibers  eine  sehr  ver- 
derbte gewesen  sein  mufs,  und  auf  eine  neue  Art  hat  sich  an  diesen 
Schwierigkeiten  U.  v.  Wilamowitz-Möllendorff  versucht  in  seiner  vorläufig 
als  Manuskript  erschienenen  Abhandlung:  Die  Reste  des  Landmannes  von 
Menandros,  die  den  Text  nebst  einer  metrischen  Übersetzung  enthält.  Das 
Urteil  hierüber  mufs  zurückgehalten  werden,  bis  dafs  der  Herausgeber  in 
den  Neuen  Jahrb.  für  Phil,  und  Päd.  seine  Bearbeitung  und  Erklärung 
einem  gröfseren  Kreise  vorlegt.^)  Eine  neue  Vergleichung  des  Genfer  Pa- 
pyrus ist  nicht  zu  umgehen,  wie  denn  durch  die  englische  Ausgabe  die 
Arbeit  Nicoles  nicht  völlig  ersetzt  worden  ist.    Vgl.  z.  B.  Kaibel  zu  Vs.  35*. 


1)  Dieser  Aufsatz  ist  inzwischen  erschienen:  Der  Landmann  des  Menandros, 
Neue  Jahrb.  f.  d.  kl.  Alt.  2.  Jahrg.  (1899)  1.  Abt.  S.  513—531.  Nachdem  vorher 
die  Kunstweise  des  attischen  Lustspieldichters  an  den  lateinischen  Nachbildungen 
erläutert  worden  ist,  erhalten  wir  einen  in  manchem  von  früheren  Versuchen  sich 


Wilhelm  Crönort:  Litterarische  Texte  mit  Ausscliluf's  der  christlichen       113 

10.  Oxy.  I  21—22,  Nr.  10.  —  14,4x14,2  cm.  Reste  einer  Columne, 
geschrieben  in  einer  aufrechten  zur  Cursive  hinneigenden  ünciale  mittlerer 
Gröfse,  II. — III.  Jahrh.  Sehr  wenig  Lesezeichen,  iva  Z.  lo  und  ein  Doppel- 
punkt Z.  7  zur  Anzeige  des  Personenwechsels.  —  Inhalt:  IJiiicJistück  aus 
der  neueren  Komödie;  wir  haben  die  Reste  von  20  Versen,  doch  nur  die 
letzten  9  sind  annäliei-nd  vollständig  erhalten.  Die  Rede  führt  ein  Sklave, 
vgl.  V.  Wilamowitz  a.  a.  0.  694. 

11.  Oxy.  I  22  —  25,  Nr.  11.  —  17,7x17,5  cm.  Erhalten  ist  ein 
Intercolumnium  mit  den  anschliefsenden  Rändern  der  begrenzenden  Schrift- 
reihen, welche  25  Zeilen  enthalten,  geschrieben  in  einer  runden  aufrechten 
ünciale,  etwa  Ende  des  I.  oder  Anfang  des  II.  Jahrh.  Lesezeichen:  Kolon  (•) 
am  Satzende  (zwölfmal),  Apostroph,  Akut,  :  bei  Personenwechsel  (fünfmal). 
—  Inhalt:  Bruclistück  aus  der  neueren  Komödie.  Zu  der  Rechtschreibung 
ist  zu  bemerken,  dafs  zweimal  vor  £  nicht  elidiert  ist  (Z.  5  und  43),  HfeN 
(=  elsv)  29,  ißeivi](}  1,  TtQoöSoKäg  2.  Blafs  stellte  Vers  1 — 19  und  26 — 34 
wieder  her;  über  den  Inhalt  vgl.  v.  Wilamowitz  a.  a.  0.  694  f.  Im  Mittel- 
punkt der  Rede  steht  auch  hier  ein  Sklave. 

12.  Oxy.  I  37—38,  Nr.  14.  —  18,5X7,2  cm.  Bruchstücke  einer 
Columne  mit  sehr  grofsem  Rande  am  obern  Ende  (7,8  cm),  der  nach  An- 
sicht der  Engländer  vielleicht  zur  Aufnahme  von  Schollen  dienen  sollte; 
aufrechte  klare  ünciale  aus  dem  II.  Jahrh.  n.  Chr.  Aufser  zwei  Punkten 
keine  Lesezeichen.  —  Inhalt:  Hellenistische  Elegie,  Trümmer  von  18  Versen, 
eine  Feier  des  einfachen  Lebens  der  Mensehen  in  ihrer  Urzeit  enthaltend, 
vgl.  V.  Wilamowitz  a.  a.  0.  695.  Auf  die  sinnlose  Erklärung  G.  Fracca- 
rolis  (ün'  elegia  d'  Archiloco,  Bolletino  di  fil.  class.  V,  Nr.  5,  S.  108 — 111), 
deren  einzige  Stütze  die  Ergänzung  QaG^lrig  in  Vers  7  ist ,  folgte  alsbald 
die  schöne  Behandtöng  des  Bruchstückes  von  Heinrich  Weil,  Revue  des  Et. 
grecques  XI  (1898)  S.  239 — 244.  Er  stellt  die  ersten  sechs  Distichen 
wieder  her,  den  Verfasser  sucht  er  unter  den  Alexandrinern.^) 

13.  Oxy.  I  38—39,  Nr.  15.  —  9,2X15,7.  Reste  vom  unteren  Teile 
zweier  Columnen,  doch  sind  die  beiden  äufseren  Enden  rechts  und  links 
verloren;  unregelmäfsige  schräge  Hand  des  III.  Jahrh.  (auf  der  Rückseite 
sechs  Zeilen  einer  Rechnung  in  Cursive  des  III.  Jahrh.);  zu  II  12  am  linken 


unterscheidenden  Aufbau  des  Ganges  der  Handlung,  wodurch  denn  der  Hinter- 
grund für__die  nachfolgende  metrische  Übersetzung  gebildet  ist.  Was  dann  weiter 
über  die  Überlieferung  alter  Lustspieltexte  gesagt  wird,  ist  für  jeden,  der  Lesarten 
und  Verderbnisse  zu  beurteilen  hat,  nützlich  zu  lesen,  und  die  Forderung,  dafs 
jeder,  der  über  Klassikertexte  mitreden  will,  sich  die  Schriftreste  ptolemäischer 
Zeit  angesehen  haben  müsse,  möge  das  Ihrige  dazu  thun,  dals  die  Papyruswissen- 
schaft inmaer  mehr  gepflegt  und  gefördert  werde.  Völlig  neu  ist  die  am  Schlüsse 
vorgebrachte  Ansicht,  dafs  dem  Stücke,  da  der  Prolog  unmöglich  die  fünf  ver- 
lorenen Seiten  des  Anfangs  könne  ausgefüllt  haben,  neben  einer  v7t6Q'f(>ig  auch 
ein  y8vos  MsvdvÖQOv  oder  gar  Prolegomena  voraufgegangen  seien,  und  dies  bringt 
V.  Wilamowitz  mit  dem  Umstände  in  Verbindung,  ■  dass  der  rsaQyog  in  die  engere 
noch  bis  tief  in  byzantinische  Zeit  hinein  gelesene  Auswahl  menandreischer  Stücke 
gehörte,  zusammen  mit  den  Lustspielen  Jvonolog,  ©tigccvqos,  MLaovubvog  und 
Tl£QLv.uQOnivr\.  Eine  Bestiltigung  dieses  einleuchtenden  Gedankens  werden  weitere 
Papyrusfunde  zu  bringen  haben. 

1)  AYAIAA  fafst  er  als  den  Namen  der  bekannten  Stadt  auf  und  sieht  darin 
eine  Anspielung  auf  den  trojanischen  Krieg  und  seine  Übel;  besser  'die  Hirten 
trieben  tg  a.vliÖa''  Wilamowitz. 

Archiv  f.  Papyrusforschung.  I.  1.  8 


114  II-   Referate  und  Besprechungen 

Rande  das   Zeichen  D   und   ebenda  hinter  II  14   eine  Paragraphos.  —  Inhalt: 

Skolieuartige  vierzeilige  Epigramme  aus  der  Kaiserzeit,  Moralsprüche 
enthaltend.  Das  Metrum  scheint  der  Meiouroshexameter  zu  sein,  nach  den 
Versschlüssen  der  linken  Columne  zu  schliefsen,  doch  ist  die  Kunstfertigkeit 
eine  sehr  geringe.  Die  einzelnen  Sprüche  sind  durch  das  aus  dem  Skolien- 
brauche  entlehnte  avkei-  |iiot  abgeteilt.  Vgl.  im  übrigen  Crusius  a.  a.  0.  3, 
V.  Wilamowitz  a.  a.  0.  695  f.,  G.  Fraccaroli  Boll.  di  fil.  class.  V,  Nr.  5, 
S.   112—114. 

14.  Oxy.  I  60—61,  Nr.  31;  Tafel  VIII.  —  6,6  X  5,  4.  Bruchstück 
eines  Blattes  eines  Jateinischen  Papyrusbuches,  geschrieben  in  einer  schmalen 
aufrechten  Halbunciale  des  V.  Jahi-h.,  und  zwar  mit  braxiner  Tinte.  Die 
Höhe  der  ganzen  Seite  betrug  ehedem  gegen  26  cm.  Es  finden  sich  keinerlei 
Schreibzeichen  vor,  nur  dafs  etwa  einmal  adq.  für  adque  gesetzt  ist.  —  In- 
halt: Vergll,  Aeueis  I  457  orhe]m  —  467  iuventu]s,  495  stu'li)[ef  —  507 
i[iira.  Da  auf  der  Vorderseite  nur  ganz  wenig  von  den  Versenden,  auf  der 
Rückseite  nur  einige  Worte  aus  den  Anfängen  der  Hexameter  erhalten  sind, 
so  lernt  man  aus  dem  Stückchen  fast  nichts;  von  Ribbecks  Text  (1860) 
weicht  ab:  Adiata  459,  adq(ue)  500;  im  Verse  501  hatte  der  Papyrus  wohl 
ferf  umero  g[)-adiens. 

II.  Prosastücke, 

15.  Oxy.  I  44—45,  Nr.  18.  —  18,2x8,7;  runde  sorgfältige  Uuciale, 
der  Schrift  der  alten  Bibelhandschriften  ähnelnd,  III.  Jahrh.  Das  untere 
Ende  einer  Columne  mit  sehr  breitem  Rande  ist  erhalten.  Die  Zeile  hat 
7— 10  Silben.  Zeichen:  Punkt,  Paragraphos,  lAPY[CAMeNO!.  — Inhalt: 
Herodot  I  105  iv  K[v7tQa)L  bis  106  V7t\6  ze  vßQiog.  Eigentliche  Lesarten 
fehlen  fast  ganz:  ivrsv^&ev   Z.    1,  ev£6Ki]\ipev   y)  &s6g   11,  acplv  22. 

16.  Oxy.  I  45 — 46,  Nr.  19.  —  12,5x8;  auf  der  Vorderseite  acht 
Zeilen  in  Cursive  einer  Urkunde  des  II.  Jahrh.  n.  Chr.,  auf  der  Rückseite 
ziemlich  schmale  eckige  ünciale  des  II.  oder  III.  Jahrh.  Die  Zeile  hat 
10  —  13  Silben.  Zeichen:  Paragraph,  Kolon,  IGÜNAC  Z.  6.  —  Inhalt: 
Herodot  I  76  KvQog  6s  aysi^ag  —  ilTtjeh&ovGi^g'  kccL  Auch  hier  fast  keine 
Abweichung;  denn  aufser  noXjl&v  aficpoxEQOJv  statt  a.  it.  nur  Ineiqiovxo  f. 
ETtSLQcbvTO  Und  gemeingriechischc  Schreibung  acpiKexo  und  ivxuvd'a. 

17.  Oxy.  I  44,  Nr.  17.  - —  7x5,3;  schmale  aufrechte  ünciale  des 
IL — III.  Jahrh.,  die  Zeile  hat  8 — 10  Silben.  Einmal  ein  Kolon,  zweimal 
die  Paragraphos.  —  Inhalt:  Tlinkydides^)  117,3  tJe  vn\ccQiov6cc —  8,1  xhv 
7t6]^£jti[oi'.     Nur  eine  Lesart:  xcoQia  ^aXXov  f.  ^üXlov  xcoQia. 

18.  Oxy.  I  50—51,  Nr.  23;  Tafel  VI.  —  Reste  von  drei  Columnen, 
schöne  schräge  eckige  ünciale,  nicht  früher  als  das  IH.  Jahrh.  und  wieder 
nicht  später  als  295  n.  Chr.,  denn  aus  diesem  Jahre  stammt  eine  datierte 
Urkunde  auf  der  Rückseite.  Die  Zeilen  haben  5 — 7  Silben.  Als  Lese- 
zeichen    erscheinen    Punkte,     Doppelpunkte    beim    Personenwechsel,    Para- 


1)  Den  gröfseren  Thukydidespapyrus  Oxy.  I  39—44  Nr.  160  lasse  ich  hier  fort, 
da  er  schon  im  Sommer  1897  von  A.  Hunt(Egypt  Exploration  Found,  Archaeological 
Rapport  for  189G— 1897)  bekannt  gemacht  unirde  und  nun  von  Hude  für  seine 
Ausgabe  neu  untersucht  worden  ist;  vgl.  auch  v.  Wilamowitz  a.  a.  0.  692. 


Wilhelm  Crrmort:  Littorarische  Texte  mit  Ausschluls  der  ehristlichen       Hf) 

wraphen  und  II  11  eine  Zeileiifülluno-  in  dieser  Form:  )>.  Davon  sind  die 
Punkte  von  zweiter  Hand.  —  Inhalt :  Platoil  Gesetze  IX.,  col.  I:  öVJxatwt 
tq6\ttcoi  862^*- — 7T£iQccrio\v  c/.EL  862'',  col.  II:  -iilSovcöv  862'^ — T]oio['i;TCöv 
863%  col.  III:  y.cd  Uy\siv  863"— d|t;^j>  863^  Das  Erhaltene  ist  arg  zer- 
rissen. Lesarten:  862''  ....  BAJABCN  f.  tÖ  ^ev  ußXaßig,  862"  rotg] 
v6[^ioig  1.  Hand,  darüber  TteiQcaio^v  üel  von  2.  Hand,  welche  also  die  Worte 
umstellte,  862''  6riQ'i,ca  öe  (das  letzte  £  durch  übergeschr.  Punkt  getilgt), 
862®  in  a7rcdXaTr6(ji£voi  .  .  TTaQadsiyiici  ^iv  fügt  die  2.  Hand  f.iiv  nach  aTi. 
ein  und  verbessert  das  andere  (.lÜ'  in  de,  863^  ist  die  Vermutung  der  Eng- 
länder, dafs  mit  Rücksicht  auf  die  Längen  der  Zeilen  wohl  ot'[T(a  (jlev]  öi) 
Tw]v  als  ehemalige  Lesart  zu  erschliefsen  sei,  sehr  ungewifs,  863''  (.leQog 
6V,  sodann  ravrbv  Twt  &v(iG)i  (so  die  2.  Hand,  es  stand  früher  TAYTHN 
TCOI  u.  s.  w.  da),  weiter  ß(ov  Ttgccrrsiv  1.  Hand,  AI  über  OY  2.  Hand, 
endlich  fehlt  zwar  nciv  ort,  doch  ist  es  durch  die  Lücke  gesichert,  863 '^  tqi- 

19.  Oxy.  I  52,  Nr.  24.  —  4,6X7,4;  mittlere  schöne  Unciale  des 
III.  Jahrb.;  in  der  Linie  8 — 9  Silben.  Als  Schreibzeichen  erscheinen  zwei 
Kola  und  ein  Eüllstrich  Z.  5  (».  —  Inhalt:  Platoil  Staat  X  607«  ft  6s] 
ys  (i[rj  —  608 **  iöo^e&cc  cpavfj^vai.  Gegenüber  der  Hermannschen  Ausgabe  nur 
zwei   geringfügige  Abweichungen:  ovrco  öi  und  ivysyovora. 

20.  Oxy.  I  56 — 57,  Nr.  28.  — •  Zwei  Bruchstücke,  Reste  dreier  Co- 
lumnen  enthaltend,  das  gi'öfsere  12,2X12,5.  Eine  fast  aufrechte  eckige 
Unciale,  dem  IL  Jahrb.   angehörig.      Am  oberen  Rande,    der   sehr   breit  ist, 

Scholien  in  Halbcm'sive,  wohl  von  demselben  Schreiber.    Die  Columne  hatte 

h 
43 — 44  Zeilen,  die  Zeile  6  —  9  Silben.  Lesezeichen:  GüN  II  14,  Punkt, 
Paragraph,  Füllzeichen  y  II  3,  5,  6;  bemerkenswert  der  Doppelpunkt  zu 
Beginn  eines  neuen  Satzes  I  4.-)  —  Inhalt:  XeilopllOll  Hellenika  III  1,3 
örjOho]  ccvrcöv  —  4  £t]7r;w[a',  5  öu((pv\Xdrr£i\v — 6  Aa]Keö[aii.iovcov^  7  wqvt- 
Xcv  —  £%8Qa^öv\t£g  o\J.  Aus  der  Rechtschreibung  ist  nur  zu  erwähnen 
6vvi^i\j,^av  1, 6  und  TXQOG\ßX\aßEv  v\cii  ebenda;  sonst  noch  Ti\G\<5ciCpiQvei 
und  ^A\li,6aQvmv ,    was  wegen    des  Raumes    als    sicher   angenommen  werden 

muTs.    Von  Scholien  ist  über  der  1.  Columne  erhalten:  iit\novg  na j 

.   .   .    o^iiGccvzeg^    über    der    andern    i6av    .   .   .    v7i\^e]q    | a    cpoQOv 

Iniypvtag. 

21.  Oxy.  I  56,  Nr.  27.  —  5,2x12,7;  Teile  von  zwei  Columnen, 
deren  oberer  Rand  erhalten  ist;  zierliche,  ziemlich  schmale,  aufrechte  Unciale, 
Ende  des  ei'sten  oder  zweites  Jahrb.  Die  Seite  hat  42  —  43  Zeilen,  die 
Zeile  8  — 10  Silben.  Von  Zeichen  nur  einmal  die  Paragraphos.  —  Inhalt: 
Isokrat6S  mql  avtiSÖGECog'.  11  Evs^yeaiKiv]  Kai  xCov  aXXcov — 7Ca[^Qa-;iaXovvTog 
und  81  TiEQL  nXELOvog  —  xvyiäv\ov6Lv.  Ein  blofser  Schreibfehler  ist  FPA]- 
06NXCON  81  statt  yQuq)6vzoiv^  sonst  weicht  der  Papyrus  nur  in  einem 
Zusätze  (%ai  riöv  aXXcov  kcvövvcov  11)  und  in  einem  fehlenden  Worte  {ßaQ- 
ßccQcov    11    statt  räv  ß.)  von  der  Züi-icher  Ausgabe  ab. 


1)  Dieser  Papyras  bestä,tigt  trotz  seiner  grofsen  Zerstümmeluug  manche  Sätze, 
welche  F.  Blafs,  Zur  ältesten  Geschichte  des  Platonischen  Textes,  Berichte  über 
die  Verband],  der  Kgl.  sächs.  Ges.  der  Wiss.  zu  Leipzig,  Phil. -bist.  Klasse,  50.  Bd. 
1898  V  über  den  Wert  der  Papj'rusüberlieferung  Piatons  aufgestellt  liat. 

2)  So  auch  pap.  Hercul.  1012  col.  44,  4. 

8* 


116  IL   Referate  und  Besprecliungen 

22.  Oxy.  I  52,  Nr.  25;  Tafel  IH.  —  9,5X8;  breite  dicke  Unciale 
des  in.  Jakrli.,  die  Seite  zu  11  Zeilen,  die  Zeile  zu  6 — 7  Silben,  also  sehr 
geringe  Ausdehnung.  Von  erster  Hand  sind  die  Punkte  ("),  von  zweiter 
Accente  (Akut,  Circumflex),  Apostrophe,  Spiritus  (*")  und  die  Pünktchen  über 
ysyolvvl'ucv,  sie  besserte  auch  ttqoö [^Tj]kev  Z.  5  in  ttqogTj  %sv^)  und  fügte 
zweimal  das  fehlende  stumme  t  hinzu.  —  Lihalt:  Demostheiies  Kranzrede 
244 :  oi)  ro\^LV^vv  —  o]i}[(Jci;jiioö  Ttanojre.  Die  Vernachlässigung  der  Elision 
in  diesem  letzten  Worte  ist  das  einzige,  was  nicht  mit  der  Züricher  Aus- 
gabe   übereinstimmt.     Vgl.    J.  H.  Lipsius    Leipz.   Stud.   18  (1898)    S.  320. 

23.  Oxy.  I  53—56,  Nr.  26;  Tafel  VIT.  —  Reste  von  sieben  Columnen, 
in  einer  Unciale  des  II.  Jahrh.  ^),  die  mit  der  des  Bakchylidespapyrus  viele 
Ähnlichkeit  besitzt.  Die  Columne  enthielt  24—25  Zeilen,  die  Zeile  7- — 8 
Silben.  Die  erste  Hand  schrieb  auch  Apostrophe,  Paragraphos  (desgl.  7"  JV  4 
beim  Anfang  eines  neuen  Prooimions)  und  Füllzeichen  )>  (vgl.  I  14,  16, 
VI  3,  VII  12);  woher  die  Punkte  in  ICON  und  INA  stammen,  kann  ich 
nicht  ermitteln.  Von  gleichzeitiger  oder  wenig  späterer  halbuncialer  Hand 
sind  einige  Lesarten  vermerkt  worden.  Zu  beachten  ist  die  Trennung 
ravT^liv  V  1,  6v9^  \vfitv  2,  naQvfitv  VI  1  aber  Ka^tijyoQOvvrag  7,2.^)  — 
Inhalt:  Demosthenes  Prooemia  26  —  29,  und  zwar:  ^syci]kcov  26,5  (Züi-. 
Ausg.) — tavru  olg  11,  v^ag  15  —  ccKOvGai  GYN  22,  SKa]6ra}i,  27,2  —  oipsi- 
Xeiv  9,  öuißciXövrcov  (so)  14  —  l'&og  28,  6,  6[v]voLaeLv  28, 11  —  ö6[l  18,  'A&tß- 
valoL  29,  2  — £7r[iT(pJ(T£]i£i/  8,  ej^fjv  14  —  7r^[cö]r[o]i'  20;  das  zwischen  diesen 
Grenzen  Liegende  ist  ziemlich  lückenlos  erhalten.  Zur  Rechtschi-eibung  ge- 
hört ad-(üiovg  26,20,  v^elv  26,  11;  die  Elision  ist  nicht  beachtet  in  ori  26,  19, 
oGa  av'ö'^wTrcov  22  (doch  ist  hier  OCAN-  gebessert),  ovÖETtconots  27,3,  ov- 
ÖETtors  28,  3,  hinwider  schrieb  in  növijQ  iTti&viieCv  28,  17  die  2.  Hand 
das  ausgelassene  a  wieder  hinzu;  das  bewegliche  v  steht  vor  Konsonanten 
26,11,  27,8,  28,11,  15,  29,2.  Sonst  bleibt  zu  bemerken:  26,5  kolvCov 
uTtdvrcov  (so  nach  H.Wolf  die  Ausgg.),  7  vvv  ßEßovl6vi.iiv(ov  (jiiv  fehlt), 
9  in  Twv  avT&v  ist  xüv  durch  Punkte  getilgt,  11  rccvru  oig  (mit  0  und 
Blafs),  27,7  -core  l'ßov:  am  Rande  als  Lesart  von  2.  Hand  TOYT'ICON, 
8  oGov  7TSQ  TtQiv:  am  Rande  TOYIIPIN  von  2.  Hand,  28,  15  lav  f.  av, 
29,4  TOT  f.  Torr,  nEi\&£6\ya  xovxovg  (doch  fügte  die  2.  Hand  das  fehlende 
t  hinzu),  15  xavxb  öl  toOto,  19  IVt  f.  oxiovv ^  vo(.u£hs  1.  Hand,  die  zweite 
vo^L^sxs.  Vgl.  über  die  Lesarten  und  den  nicht  geringen  Wert  dieser  neuen 
Überlieferung  J.  H.  Lipsius  a.  a.  0.  321  —  323. 

24.  Oxy.  I  36—37,  Nr.  13.  —  8,7x7,1;  schräge  Unciale  von  mittlerer 
Gröfse  aus  dem  II. —  HL  Jahrb.,  die  Zeile  hat  7  —  9  Silben,  die  wenigen 
Verbesserungen  sind  wohl  von  der  1.  Hand.  —  Inhalt:  Dem  äufseren 
Schein  nach  ein  Brief  all  eineil  makedoili scheu  Herrscher,  worin  die  Ver- 
gehen Thebens  gegen  Makedonien  aufgezählt  werden.  Franz  Rühl  (Zu  den 
Papyri  von  Oxyrhynchos  Rhein.  Mus.  54  [1899]  152 — 155)  nimmt  an,  dafs 
Alexander    den    Brief  kurz    vor    der   Zerstörung    Thebens    geschrieben   habe. 


1)  Vgl.  darüber  Crönert,  Quaest.  Hercul.  diss.  Gott.  1898,  20  Aimi.  4. 

2)  Auf  der  Rückseite  und  auch  auf  der  Vorderseite  zwischen  col.  VI  und  VII 
einige  Rechnungen  in  schmaler  Cm-sive,  wohl  noch  aus  dem  2.  Jahrb.,  spätestens 
aus  dem  dritten. 

3)  Vgl.  Quaest.  Hercul.  l'.if. 


Wilhelm  Crönert:  LitterariBche  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen       117 

Er  stellt  folgende  Möglichkeiten  auf:  1)  das  Stück  stammt  aus  einer  Samm- 
lung von  Alexanderbriefen,  2)  es  ist  aus  einem  Geschichtsschreiber  Alexanders 
entnommen,  3)  kann  es  ein  rhetorisches  Übungsstück  sein.  Wie  Alexander 
geschrieben  haben  würde,  lehren  die  erhaltenen  Briefe  Philipps  und  der 
Diadochen;  den  in  dem  Papyrus  in  Wortstellung  und  Hiatvermeidung  offen 
zu  tage  liegenden  isokrateischen  Stil  kennen  sie  nicht.  Da  blieben  nur  die 
beiden  andern  Möglichkeiten.    Wäre  nicht  Theopompos  als  Verfasser  denkbar? 

25.  Oxy.  I  14  —  21,  Nr.  9;  Tafel  HL  —  Reste  von  fünf  Columnen, 
von  denen  indes  die  erste  nur  noch  in  einigen  wenigen  rechten  Randstücken 
erhalten  ist,  das  Übrige  nur  zum  kleineren  Teile  zerstört.  Die  Schrift  ist 
eine  klare,  steile  oder  gar  auch  sich  etwas  nach  links  neigende  Unciale  der 

1.  Hälfte  des  III.  Jahrb.,  welche  Zeit  nach  unten  hin  durch  Halbuncial- 
Urkunden  auf  der  Rückseite  begrenzt  wird,  die  nach  den  Hrgg.  kaum  später 
als  320  n.  Chr.  geschrieben  sein  können.  Die  Columne  hat  35  Zeilen,  die 
Zeile  8 — 10  Silben.  Die  Satzpausen  sind  zehnmal  durch  die  Paragraphos 
angedeutet,  demselben  Zwecke  dient  ein  freier  Zwischem-aum  zwischen  End- 
und  Anfangswort,    der    neunmal    erscheint;    sonst   fehlt   Interpunktion.     Die 

2.  Hand  brachte  viele  Verbesserungen  an,  die  sie  oft  durch  Punkte  ein- 
schlofs  z.  B.  •[•  II  4,  durch  Überschreibung  von  A  und  B  bewirkt  sie  Um- 
stellung II  15  und  IV  15,    endlich    rührt  von  ihr    der    einzige    Accent    her: 

N8ANIC  IV  16.  —  Inhalt:  Bruchstücke  aus  deu  ^Pv&niTiä  aroiieta 
des  Aristoxeuos  mit  eingelegten  aus  Dithyramben  genommenen  Beispielen. 
In  der  Rechtsclu'eibung  fällt  der  attische  Brauch  in  ^vv  (so  stets)  und  yly- 
vofiat  auf.  Nachdem  v.  Wilamowitz  a.  a.  0.  698 — 703  gegen  die  allzuhohe 
Wertschätzung  jener  Reste  angekämpft  hatte,  haben  F.  Blafs,  Neuestes  aus 
Oxyrhynchos  32  —  44  und  Karl  von  Jan  Berl.  phil.  Wochenschr.  1899, 
475  —  479  und  508  —  511  eine  eingehende  Untersuchung  der  Reste  ange- 
stellt, worin  im  Allgemeinen  die  grofse  Bedeutung  jener  wenigen  Seiten 
betont  wird.  Vgl.  auch  Th.  Reinach,  Revue  des  Etud.  grecques  XI 
(1898)  389. 

26.  Oxy.  I  58,  Nr.  29.  —  8,5x15,2;  schräge,  etwas  unregelmäfsige 
Unciale,  Ende  des  HI.  oder  Anfang  des  IV.  Jahi'h.;  über  I  und  Y  am  An- 
fang eines  Wortes  erscheinen  die  zwei  Punkte.  —  Inhalt:  Eukleides  Orot- 
Xeicc  Be'  ed.  Heib.  I  128,12 — -22.  Die  Abweichungen  betreffen  nur  die 
Rechtschreibung:  ^sro'^v  und  earCv  räv  (so  auch  P).  Der  Beginn  der  fünften 
Aufgabe  ist  durch  ein  6'  am  Rande  bezeichnet.  Nach  der  Hypothesis  folgt 
im  Texte  eine  erläuternde,  doch  nicht  mit  Buchstaben  versehene  Zeichnung. 

27.  Pap.  Mus.  Brit.  256;  F.  G.  Kenyon,  Fragments  d'exercices  de 
i'hetorique  conserves  sur  un  papyinis ,  Melanges  Henri  Weil  (Paris  1898) 
243 — 248.  —  127  cm  (init  den  Bruchstücken,  welche  zusammen  37  cm 
lang  sind)  X  26  cm.  Auf  der  Vorderseite  fünf  Schriftstücke  von  ver- 
schiedenen Händen:  vier  Urkunden  (die  datierten  aus  den  Jahren  5,  11 
und  15  n.  Chr.)  und  ein  Epigi-amm  auf  den  Sieg  des  Augustus  bei  Actimn 
und  die  Eroberung  Ägyptens  (veröff.  Rev.  de  phil.  XIX  [1895]  177).  Auf 
der  Rückseite  eine  einzige  Cursivhand,  sein-  ähnlich  der,  welche  den  gröfsten 
Teil  des  Aristotelespapyrus  schrieb.  Vielfach  erscheinen  Abküi-zungen ;  da- 
von stimmen  die  für  yccQ,  üvca,  iarlv,  slatv  und  fiiv  gebrauchten  mit  denen 
des    Aristotelespapyrus    überein,    aufserdem    findet    sich    noch    r    =  yiverai, 


X]^8  II-  Referate  und  Besprechungen 

Kv_  =  Kcd  und  r\  =  TtQÖg  (so  auch  in  zwei  HercuL  Papyri).  Fehler  in 
der  Rechtschreibung  sind  aufser  zwei  Itaeismen  rjVOKlsi  und  }']QQsro  (=  i]Q£zo). 
Ül)er  Lesezeichen  und  Ausdehnung  der  Zeilen  und  Seiten  giebt  Kenyon 
nichts  an;  es  sind  die  Reste  von  recht  breiten  Coluranen  erhalten.  —  In- 
halt: Bruclistücke  von  Übungsredeu.  Drei  davon  glaubt  Kenyon  sicher  fest- 
stellen zu  können:  l)  Es  handelt  sich  um  eine  ölktj  ^eviag^  in  der  die  Frage 
der  Legitimität  erörtert  wird;  hiervon  ist  etwas  mehr  denn  eine  Columne 
erhalten.  2)  Eine  ÖL%rj  xAoTt^g  mit  folgender  vTtöd'EGig:  7t(XQ<^ayKa(rE)'d'sr6 
rig  cpikfot,  rdl[civ]rov.  iKstvog  TtaQccyei'Oi.tei'og  Gvv  [ajürcot  5:aTcu[^i;]^£i^  iv 
iöiiOL  %coQl(ot  zr]v  7iciqcc'naxa%''{]%i]\v\.  vGxeqov  eijqev  ETtel&cov  xov  naqaKaxa- 
d'Sfisvov  vcpatQOVfisvov  xb  xdXavxov.  KkoTtTjg  avxbv  KQivei.  Die  Rede  füllt 
drei  Columnen  an;  Kenyon  teilt  davon  etwa  die  erste  Hälfte  und  ein  Stück 
des  Schlusses  mit.  3)  Der  Inhalt  ist  wahrscheinlich  eine  Verteidigung 
gegen  eine  Anklage  ^sviag\  die  Erhaltung  ist  sehr  schlecht.  Dafs  wir  hier 
nur  jLieAETc«  vor  uns  haben,  mufste  Kenyon  alsbald  aus  dem  Fehlen  der 
Namen  und  dem  Umstände  schliefsen,  dafs  von  derselben  Person  bald  in 
der  ersten,  bald  in  der  dritten  Person  gesprochen  wird.  Besonders  wichtig 
ist,  dafs  die  Übungen  aus  dem  Anfange  der  Kaiserzeit  stammen,  und  darum 
ist  die  genaue  Untersuchung  und  Veröffentlichung  der  Reste  eine  notwendige 
Aufgabe,  deren  Lösung  man  trotz  der  grofsen  Schwierigkeiten  in  der  Ent- 
zifferung bald  erwartet;  denn  Kenyon's  Aufsatz  bietet  nicht  viel  mehr  denn 
ein  specimen.  Die  Sprache  ist  einfach  und  ungeschmückt ,  der  Hiat  wird 
nicht  vermieden. 

28.  Oxy.  I  25 — 36,  Nr.  12.  —  21X55,5;  Reste  von  sechs  Columnen; 
die  Schrift  ist  wohl  nicht  unter  die  Mitte  des  III.  Jahrh.  hinabzurücken, 
sie  ähnelt  der  des  oben  erwähnten  Papyrus  von  Piatons  Gesetzen;  auf  der 
Rückseite  erscheinen  Rechnungen  in  Cursive,  wohl  aus  dem  III.  Jahrh.  Die 
Columne  hat  26  Zeilen,  die  Zeile  8 — 10  Silben.  Als  Lesezeichen  erscheint 
Kolon,  Paragraphos  (vierzehnmal,  darunter  7"  II  17,  V  24,  VI  2,  26), 
und  die  Diairesis  über  i  und  Y;  KAXGJ  II  5  am  rechten  Rande  von 
2.  Hand  bedeutet,  dafs  unten  ein  jetzt  verlorener  Zusatz  war,  unverständlich 
ist  das  Zeichen  i:s.  am  linken  Rande  V  13  und  17;  die  Doppelschreibung 
III  17  — 18  iveina  üxccölov  Kleo^dvxig  KXeixoQiog  ist  durch  Einklammerung 
getilgt,  wie  es  ähnlich  auch  in  den  Herculanensischen  Rollen  vorkommt.  — 
Inhalt:  Chronologischer  Abrifs  der  griechischen,  römischen  nnd  orien- 
talischen beschichte  aus  den  Jahren  355  bis  315  v.  Chr.  In  der  Recht- 
schreibung bemerkt  man,  dafs  das  stumme  i  aufser  in  iiiai  III  14  von  1.  Hand 
fortgelassen  ist,  die  2.  Hand  zwängte  es  oft  noch  zwischen  die  Buchstaben 
ein;  falsch  steht  es  in  ivslnai.  VI  1  von  1.  Hand;  zehnmal  ei'scheint  et  für  t, 
daneben  KlenoQcog  III  16,  was  aber  von  1.  Hand  gleich  in  -eiog  geändert 
wurde.  Das  Werkchen,  der  Auszug  aus  einem  gröfseren  Buche,  ist  in  der 
Sprache  der  ersten  Kaiserzeit  ohne  jeden  Schmuck  geschrieben;  der  Ertrag 
für  die  Geschichtsforschung  ist  nur  ein  geringer,  Fehler  kommen  öfter  vor; 
vgl.  V.  Wilamowitz  a.  a.  0.  693  f.  und  die  eingehenden  Anmerkungen  der 
Engländer. 

29.  Ayerpapyrus  (jetzt  im  Field  Columbian  Museum  in  Chicago),  hrg. 
von  E.  G.  Goodspeed,  Amer.  Journ.  of  Philol.  XIX  25  —  39,  dazu  eine  vor- 
zügliche Tafel  in   Lichtdruck.    —    10,5x21,3  cm;   die  Reste  von  drei  Co- 


Willielm  Crünert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschluls  der  christlichen       ]19 

lumnen,  davon  ist  die  erste  fast  gauz  zerstümmelt.  Die  zweite  enthält  aufser 
einer  Figur  noch  24  Zeilen,  die  dritte  21  Zeilen  und  2  Figuren,  die  Länge 
der  Zeilen  ist  ziemlich  bedeutend.  Eingehend  ist  von  dem  Hsg.  die  Schrift 
besprochen  vporden:  es  ist  eine  feste  mittelgrofse  Unciale,  wohl  noch  aus 
dem  I.  christl.  Jahrh.  Die  Züge  haben  grofse  Ähnlichkeit  mit  der  Schreib- 
weise mancher  Herculanensischer  KoUen,  insbesondere  mufs  die  Kleinheit  von 
O  bemerkt  werden,  und  dafs  in  B  die  Bogen  sich  nicht  berühren.  Wichtig 
sind  die  verschiedenen  Abkürzungen,  die  ganz  an  die  Urkundenschrift  er- 
innern. Einmal  werden  Worte  nur  unvollständig  geschrieben:  :\Y  =^  uvru, 
APOY  ==  ccQOVQa,  n A6Y  =  TilsvQat,  CXH  =  Gy/i^ia,  TOIOY  ==  TOtouTO, 
oder  man  bedient  sich  besonderer  Zeichen:  n\^=loL7i6v  oder  lontü  (llmal), 
0  =  yiv£tai  oder  yivovxai  (27mal),  1j  ='k(xßi^  wie  Goodspeed  vermutet,   L  = 

riiuöv  (8mal)  und  d  =  te'w^toi/  (imal).  —  Inhalt:  Anleitung  zur  Berech- 
nung unregelmäfsiger  Landfläclien  (aQovQo),  wobei  es  sich  um  Trapeze, 
Trapezoide,  Rhomben  u.  s.  w.  handelt.  Die  Aufgaben,  von  denen  3  voll- 
ständig erhalten  sind,  während  von  einer  vierten  der  Schlafs  gerettet  ist, 
werden  durch  ein  ^Eav  dod-fj  (■7T.(x<iaXXi]X6yQa(x^ov  u.  ä.)  eingeleitet.  Ist  sie 
gelöst,  so  beschliefst  nach  der  Wendung:  to  Öe  ß'pj^ui  e'örai.  roiovto  eine  mit 
Buchstaben  versehene  Figur  den  Abschnitt.  Der  Verfasser  gehört  der  Hero- 
nischen Schule  an.  Aus  der  Rechtschreibung  möge  noch  erwähnt  werden, 
dafs  das  stumme  i  immer  in  avrcoi,  nie  in  6o&T]  steht,  wie  man  es  ähnlich 
wieder  in  den  Herk.  Rollen  beobachtet,  ferner  rQ(x7t£^Tjov  2,  3^),  k^Xv^mvcov 
2,  14  OQoyäuiOv  {=  OQd:)  3,  12.  Vgl.  meine  Anzeige  Allg.  Zeit.  1898  Beil. 
Nr.  266  vom  23.  Nov. ,  wo  ich  auf  noch  unbenutzte  mathematische  Papyri 
der  Herculanensischen  Bil^liothek  hingewiesen  habe. 

30.  Oxj.  I  59  —  60,  Nr.  30;  Tafel  Vm.  —  8,6x5;  Stück  eines 
Blattes  aus  einem  lateinischen  Pergamcnthuchc.  Die  Zeilen  sind  kaum 
zur  Hälfte  erhalten,  von  der  Seite  aber  nur  der  obere  Rand  und  ein  Teil 
des  seitlichen.  Die  Schrift  ist  eine  feste  Kapitale,  in  der  besonders  das 
offene  P  (Pj  auffällt.  Das  Bruchstück  hat  mit  dem  Herkulanensischen 
Carmen  de  hello  Äcflaco  den  starken  Gebrauch  der  worttrennenden  Punkte 
und  der  über  langen  Vokalen  erscheinenden  apices  (z.  B.  despecti,  alieuas) 
gemein.  Und  man  würde  das  Oxyrhynchosblatt  dem  I.  Jahrh.  n.  Chr.  zuw^eisen 
müssen,  nötigte  nicht  eine  zweite,  der  Unciale  schon  sehr  nahe  stehende 
Hand,  den  Schreiber  in  weit  spätere  Zeit,  etwa  das  III.  Jahrh.,  zu  setzen. 
Der  Worttrennungspunkt  in  Verbindung  mit  einem  Häkchen  (sp]ectarent.'  1,  7 
und  superat.'  2,  2)  deutet  das  Ende  eines  Satzes  an;  Q  2,  3  steht  für  que. — 
Inhalt:  Bruclistück  eiues  lateinischen  dreschichtsschreibers,  der  die  Zeit 
der  Kriege  Roms  gegen  Philipp  von  Macedonien  und  Autiochos  von  Syrien 
schilderte.  Während  die  Engländer  an  die  Historiae  Philippicae  des  Pom- 
peius  Trogus  dachten,  hat  H.  Diels,  Berl.  Sitz.-Ber.  1898,  S.  497  auf  Ennius 
hingewiesen,  dessen  Dichtung  hier  die  von  Livius  XXXVII  7  geschilderte  Zeit 
berühre.  Auf  diesen  Gedanken  ist  Diels  durch  die  Beobachtung  gekommen, 
daXs  auf  der  Vorderseite,  wo  die  rechte  Hälfte  des  Schriftraumes  erhalten 
ist,  die  Worte  nicht  getrennt  sind,  und  die  Mehrzahl  der  Zeilenausgänge 
läfst  sich  wirklich,  wenn  man  unter  7  Versen  4  spondaici  leicht  erträgt, 
in  das  Mafs  der  Hexameter  einreihen,  doch  aber  wohl  nicht  tum  imperi  1, 
-US  atque  AnfiocJi[us  4,  und  suh  dici]one  AHi[loc]il  (?)  9;  gegen  Verse 
sprechen    auch    einige  Wortstellungen   der  Rückseite.     Die    Zeilenlänge    aber 


120  II-  Referate  und  Besprecliungen 

kann  besthtinit  werden,  wenn  etwa   iti]  TJirav\Ja^in  al[(iHe  Cheys(mesmn  cii}m 

auxiJieis  [ ]  pcrvexit  Z.  8    richtig   ergänzt  ist,   vgl.   Liv. 

XXXVU  33;  rex  Incme  c[oacins  Z.  2  ist  wohl  mit  Liv.  XXXVII  32  zu 
verbinden;  der  Winter  ist  der  des  Jahres  191 — 190.  Man  wird  aus  dem 
geringen  Bruchstücke,  das  sowohl  für  die  Schriftkunde  als  auch  dem  Inhalt 
nach  so  merkwürdig  ist,  bei  eingehendem  Studium  wohl  noch  mehr  heraus- 
bekommen müssen. 

Halle  a.  d.  S.,  den  10.  Mai  1899.  Wilhelm  Cröuerf. 


Christliche  Texte. 

1.  Oxy.  II.  —   15X9,7  cm. 

Blatt  eines  Papyrusbuches,  das  Verso  von  späterer  Hand  mit  m 
paginiert,  unten  abgebrochen,  daher  unbestimmt,  wieviel  Zeilen  fehlen, 
sicherlich  mehr  als  eine  Zeile,  wie  gewöhnlich  angenommen.  Verso 
und  Recto  21  Zeilen,  aber  Recto  schlechter  erhalten. 

Schrift:  Unciale  nach  Meinung  der  Herausgeber  zwischen  150  bis 
300  n.  Chr.,  wahrscheinlich  nicht  älter  als  200  n.  Chr.  Abküi-zungen 
wie  gewöhnlich  in  bibl.  Mss.,  v  am  Ende  der  Zeile  häufig  ersetzt 
durch  einen  Horizontalstrich  über  dem  letzten  Buchstaben,  die  küi-zeren 
Linien  am  Ende  mit  einem  Füllungszeichen.  Punkte  und  Accente 
fehlen. 

Inhalt:  Erneuter  Abdruck  und  Übersetzung  der  im  Jahre  1897 
herausgegebenen  Xoyia  'hi<Jov  mit  Benutzung  der  bis  dahin  erschienenen 
Litteratur.  Nach  Harnack  Stück  des  Agypt.-Ev.,  nach  Battifol  des 
Hebr.-Ev.,  nach  Zahn  des  Ebioniten-Ev. 


2.    Oxy.  I  2,  Taf.  I  (verso).  —   14,7  X  15  cm. 

Blatt  eines  Papyrusbuches,  paginiert  a  u.  /3,  unten  abgebrochen,  dazu 
noch  ein  kleines  Fragment  mit  den  Endbuchstaben  von  vier  Zeilen  auf 
dem  Verso;  auf  dem  Recto  nur  eine  Zeile  lesbar.  Das  Recto  überhaupt 
in  schlechterem  Zustande  wie  das  Verso  mit  23  resp.  24  Zeilen.  Lücke 
zwischen  dem  Fragmente  imd  dem  gröfseren  Stücke  unbestimmt,  viel- 
leicht sechs  Zeilen. 

Schrift:  Schmale  Unciale  mit  gelegentlicher  Neigung  zur  Cursive, 
von  den  Herausgebern  auf  Anfang  des  IV.,  wahrscheinlicher  auf  das 
in.  Jahrhundert  datiert.  Die  gewöhnlichen  biblischen  Abkürzungen, 
Apostrophe  zuweilen  hinter  Eigennamen,  diakritische  Punkte  über  Jota, 
in  Zeile  17  Verso  Punkt. 

Inhalt:  Ev.-Matth.  cap.  I,  vv.  1 — 9  und  Reste  von  v.  12  und  13; 
auf  dem  Recto  vv.  14 — 20  und  23. 

Der  Text  gehört  auf  Grund  der  Varianten  zu  der  Handschriftenklasse 
Sinait.  und  Vatic.  (i?  u.  B). 


1)  D.  i.  TQaTte^tiur,  und  so  pflegt  die  beiäte  Hs.  des  Archimedes,  des  Lauren- 
tianus  F,  das  Wort  zu  schreiben,  vgl.  Ileiberg  zu  11  312,  17. 


Carl  Schmidl:  ChrisUiche  Texte  121 

Ein  kleines  Fragment  von    drei    Anfangszeilen    eines  Papyrusblattes  in 
ziemlich  grofser  Unciale,  ist  unbestimmbar,  wahrscheinlich  Bibeltext. 


3.  Oxy.  I  3.   —   4,5  X  8,3  em. 

Fragment  eines  Blattes  aus  einem  Pergamentcodex.  Recto  sieben 
Zeilen  und  Verso  acht  Zeilen. 

Schrift:  Schöne  Unciale,  wahrscheinlich  V.  oder  VI.  Jahrh.  Die 
gebräuchlichen  Abkürzungen,  Punkt  in  Zeile  3  Verso  nnd  Z.  7  Recto. 

Inhalt:  Stücke  aus  Ev.-Marc.  Verso  cap.  X,  50,  51  und  Recto 
cap.  XI,  11,  12.   Der  Text  gehört  zu  der  Klasse  des  Cod.  Alexandr.  (A). 


4.    Oxy.  14.  —   12,7  X  7,2  cm  (frag.  a). 

Drei  Fragmente  eines  Papyrusblattes,  oben  abgebrochen,  von  dem 
Recto  nur  die  Anfänge  und  Enden  einiger  Zeilen  erhalten. 

Schrift:  Das  Verso  ist  geschrieben  in  einer  mittelgrofsen  Unciale, 
wahrscheinlich  des  IV.  Jahrb.,  das  Recto  dagegen  in  einer  Cursive  des 
III.   oder  IV.  Jahrh.      Punkte  und  Abkürzungen. 

Inhalt:  Nach  den  Herausgebern  Stück  eines  theologischen  Werkes, 
wahrscheinlich  gnostischen  Charakters  ,,Über  die  obere  Ulld  untere 
Seele";  vgl.  Hamack:  Sitzungsber.  der  Berl.  Acad.  1898,  philosoph.- 
hist.  Kl.  Bd.  XXXVI.  S.  51 6  f.,  vielleicht  ein  Stück  aus  einem  gliostischeil 
Werke  der  valentinianischen  Schule. 


5.    Oxy.  I  5.  —  12  X  11,4  cm. 

Fragment  eines  Papyrusblattes,  oben  unvollständig.  Das  Verso  in 
einem  besseren  Zustande  als  das  Recto,  ersteres  16  Zeilen,  letzteres 
15  Zeüen. 

Schrift:  Mittelgrofse  unregelmäfsige  Unciale  nach  den  Herausgg.  aus 
dem  Ende  des  III.  oder  Anfang  des  IV.  Jahrh.  Die  gewöhnlichen  bib- 
lischen Abkürzungen  kommen  vor. 

Inhalt:  Nach  den  Herausgg.  Fragment  einer  christlichen  Homilie 
resp.  einer  Abhandlung  über  den  prophetischen  Geist.  Harnack: 
Sitzungsber.  der  Berl.  Akad.  philosoph.-hist.  Kl.  1898  Bd.  XXXVI, 
S.  51 7 ff.  weist  nach,  dafs  Z.  1—9  ein  Zitat  aus  dem  „Hirten  des 
Hermas'*  Mand.  XI,  9.  10;  vgl.  Conybeare  (Athenaeum,  July  9,  1898) 
u.  Bartlet  (1.  c.  Oct.  8,  1898)  der  auf  die  Anführung  von  Matth.  22,  43 
aufmerksam  macht.  Der  Text  ist  wichtig  für-  die  Kritik  des  Hermas, 
da  der  Sinaiticus  an  dieser  Stelle  fehlt;  eine  Reihe  Lesarten  des  Armeniers 
(A)  und  alten  Lateiners  (L")  werden  bestätigt.  Harnack  sieht  in  dem 
Ganzen  einen  Traktat  „Über  die  Proplietie"  und  stellt  die  Möglich- 
keit auf,  dafs  Melito,  Bischof  von  Sardes  (c.  170  n.  Chr.),  der  Ver- 
fasser sei,  da  dieser  ein  Buch  tisqI  7tQ0cpi]xsiccg  geschrieben. 


6.    Oxy.  I  6.  —   7,3  X  6,7  cm. 

Vollständig  erhaltenes  Blatt  eines  Pergamentcodex,  Recto  und  Verso 
12   Zeilen.     Das  Verso  sehr  beschmutzt. 

Schrift:  Kleine,  zum  Teil  unregelmäfsige  Unciale,  nach  der  Meinung 
der  Herausgg.  aus  dem  V.  Jahrb.;  zuweilen  Punkte,  am  Ende  kurzer 
Zeilen  Füllungszeichen. 


122  11-   Referate  und  Besiirechungen 

lubiilt:  Stück  (von  cap.  VIII  und  IX)  aus  den  Akten  des  Paulus  und 
der  Tliekla  resp.  der  alten  PaulllS-Akteu  (vgl.  Schmidt:  Neue  Heidelb. 
Jahrb.  7.  Bd.  1897,  S.  117ff.).  Der  Text  weicht  bedeutend  ab  von 
der  Ausgabe  Tischendorfs  (Acta  apostol.  apocrypha  Leipz.  1851);  leider 
ist  die  Ausgabe  von  Lipsius:  Act.  apostol.  apocr.  1891  Bd.  I,  241  if. 
nicht  benutzt.     Der  griech.   Text  scheint  stark  geglättet. 

Berlin.  Carl  Schmidt. 


Papyrus  -  Urkunden. 

Seit  1898  sind  bis  Oktober  1899   folgende   Urkundenpublikationen  er- 
schienen: 

I.  The  Oxyrh}'UCllOS-Papyri  part  I,  edited  with  translations  and  notes  by 
Bernard  P.  Grenfell  and  Arthur  S.  Hunt.  Lond.  1898.  Egypt  Ex- 
ploration Fund,  Graeco-roman  brauch  (P.  Oxy.  I). 

Aufser  den  oben  S.  l04  angeführten  Besprechungen  vgl.  Deissmann, 
Theol.  Literaturz.  1898  Nr.  23,  S.  602fF.;  Fraccaroli,  Eivist.  d.  Filol. 
XXVn  1  p.  97;  Mitteis,  Hermes  XXXV  S.  88  ff.;  F.  Eühl,  Rhein. 
Mus.  54,1  S.  152 — 155;  Wilcken,  Griech.  Ostraka  aus  Äg.  u.  Nub. 
1899  passim  (vgl.  Indices  in  I  S.  852f.);  0.  Schulthess,  Woch.  f. 
klass.  Phil.  1899  Nr.  39,  Sp.  1049  ff. 

[Über  den  IL  Band,  der  soeben  im  November  erschien,  nachdem  dies 
Referat  im  wesentlichen  abgeschlossen  war,  wird  im  nächsten  Heft  be- 
richtet werden.  Hier  konnte  nur  noch  gelegentlich  in  Anmerkungen 
darauf  Bezug  genommen  werden.  Vgl.  das  folgende  Referat  von  Mitteis]. 
Jl.  tfreek  Papyri  in  the  British  Museum,  uatalogue,  with  texts,  edited 
by  F.  G.  Kenyon,  Vol.  IL    Lond.  1898  (P.  Lond.  II). 

Vgl.  Blass,  Lit.  Centralbl.  1899  Nr.  4,  S.  130f.;  Haeb erlin,  BerL 
phil.  Woch.  1899  Nr.  9  Sp.  257 ff.,  Nr.  10  Sp.  289 ff.,  Nr.  15,  Sp.  474. 
Athenäum  1899,  3713  p.  886ff.;  Grenfell  and  Hunt,  Classical 
Review  XII  1898  Nr.  9,  S.  434 ff. 

III.  John  P.  MahafFy.  On  new  papyrus-fragments  from  the  Ashmo- 
lean -Museum  at  Oxford  in  „The  Transactions  of  the  Royal  Ivish 
Academie"  XXXI  part  VI,  März   1898.  (P.  AshmoL). 

IV.  Jules  Nicole,  AvilliusFlaccus  prefet  d'Egypte  et  Philon  dAlexandrie 

d'apres    un   papyrus   inedit,   in  Rev.   de   philol.  N.  S.  XXII  1,  S.  18ff., 
Paris  1898  (P.  Boissier). 

V.  (t.  Botti,  Papyrus  ptolemaiques  du  Musee  dAlexandrie  im  Bul- 

letin   de    la    Societe    Archeol.    dAlexandrie,    redig.    par    Botti    Nr.   2, 
Alexandrie   1899   S.  65  ff.  (P.  Alex.). 

VI.  Ägyptische  Urkunden  aus  d.  Königi.  Museen  zu  Berlin,  herausgeg. 

von  d.  General  Verwaltung.    Griech.  Urkunden  IL  Band,  12.  Heft.  III.  Band, 
1.— 4.  Heft,  Berlin  1898—1899  (BGU). 

Vgl.  Blass,  Lit.  Centralbl  1898  Nr.  44,  Sp.  1757.  Wilcken, 
Griech.  Ostr.  (vgl.  Indices  in  I  S.  850).  Gradenwitz,  Berl.  philol. 
Woch.   1899,  9.  Sept.,  Sp.  1099ff. 


Ulrich  Wilcken:  l'apyriis-Urkundeu  123 

I.  Die  Oxyrhyiichos-Papyri. 

Über  den  Papyvusfund  von  Behnesa-Oxyrhynchos,  der  in  seiner  Reich- 
haltigkeit ganz  einzig  dasteht,  und  im  besonderen  über  den  vortrefflichen 
ersten  Band  der  Oxyrhynchos-Papyri  liegt  schon  eine  grofse  Litteratur  vor. 
Zumal  V.  Wilamowitz  (GGA  1898)  mit  genialen  Sti'ichen  ein  farbenreiches  Bild 
von  dem  mannigfachen  Inhalt  dieses  Werkes  entworfen  hat,  kann  ich  auf  ein 
zusammenfassendes  Referat  hier  verzichten.  Es  sollen  nur  einzelne  Urkunden 
hervorgehoben  werden,  zu  deren  Erklärung  ich  etwas  beitragen  zu  können 
glaube.  Die  Ährennachlese  ist  freilich  ein  mühsames  und  wenig  lohnendes 
Geschäft,  wenn  so  sorgsame  Schnitter  wie  Grenfell  und  Hunt  die  Ernte  ein- 
gebracht hüben,  und  ein  Wilamowitz  danach  schon  über  das  Feld  gegangen  ist. 

Was  diese  Urkunden  föi-  die  Rechtsgeschichte  bieten,  hat  Mitteis  in 
seinem  viel  Licht  bringenden  Hermesaufsatz  gezeigt.  Was  sie  zur  Steuer- 
geschichte beitragen,  konnte  ich  noch  in  letzter  Stunde  zu  meinem  Ostrakon- 
kommentar  heranziehen.  Aus  dem  obigen  General -Register  kann  man  er- 
sehen, wie  die  Urkunden  sich  inhaltlich  auf  die  verschiedenen  Rubriken  ver- 
teilen. Dieser  Anordnung  folge  ich  auch  hier  bei  den  folgenden  Rand- 
l)emerkungen.  Ich  schicke  noch  voraus,  dafs  den  Urkunden  Faksimilia  nicht 
beigegeben  sind. 

Einen  Auszug  aus  dem  Tagebuch  (vTto^vyjfianö^og)  des  Strategen  bietet 
Nr.  37  (49  n.  Chr.)  ^).  Es  handelt  sich  um  einen  Rechtsstreit  zwischen 
einem  Manne  Pesuris  und  einer  Frau  Saraeus,  die  einen  von  jenem  ihr 
überwiesenen  Findling  genährt  hatte.  Von  den  weiteren  Verwickelungen 
kann  ich  hier  absehen,  denn  wir  brauchen  sie  nicht  zum  Verständnis  der 
folgenden  Worte  des  Rechtsanwaltes  des  Pesuris,  die  ich  erklären  möchte 
(I  8):  iyivsro  evd'ccds  tj  x^ocpuxiq  slg  viov  xov  TleßovQiog.  Die  Herausgeber 
übersetzen:  This  nurse  was  there  for  tJie  son  of  Pesouris.  Ebenso  übersetzen 
sie  in  (l9flF.)  £'xfi»['-]  Ttgärov  yQdfifia  TT]g  rQO(peittöog,  eyjio  8£vr£Qo\y\  rCov 
TQOcpslcov  ti-jv  [«Jtto^^-^v  das  Wort  rQO(peLrig  mit  nursc.  Die  Amme  heifst 
vielmehr  i]  TQ0(p6g;  zu  xQOtpuxig  dagegen  ist  övyyqacpr]  hinzuzudenken  —  wie 
es  in  GPR  I  244,  3  zu  yfi  gehört  — ,  und  wir  haben  hier  eine  Parallele  zu 
P.  Tor.  13,  9  (II.  Jahrh.  v.  Chr.):  Gvyyqacpriv  xQocpTxiv.  Mitteis  (Hermes 
32,  659)  hat  diese  letztere  Lesung  zwar  im  Hinblick  auf  die  aytop]  XQOtpdow 
in  BGU  567,  die  auch  in  dem  obigen  Text  begegnet,  in  Zweifel  gezogen, 
ja  für  unmöglich  erklärt,  und  hat  gemeint,  man  müsse  auch  im  Turiner 
Papyi'us  GvyyQacprj  XQOcpeifov  lesen.  Am  Original  in  Turin  (1887)  hat  sich 
mir  jedoch  Peyron's  Lesung  6vyyQa(pi]v  xqorpTxiv  als  durchaus  sicher  ergeben. 
Ich  glaube,  diese  Gvyyqui^'r]  und  jene  cmoyr]  xQocpsUov  sind  zwei  völlig  ver- 
schiedene Urkunden: 

1)  Die  övyyQacpr}  xQOcpixig  im  obigen  Text  (vgl.  yQanfxrc  rf^g  xQOfpEixiöog 
in  Z.  19)  ist  der  Lohnvei-trag,  durch  welchen  die  Frau  Saraeus  als  Amme 
für  den  Sohn  engagiert  worden  ist.  Wiewohl  es  sich  hier  um  eine  Amme 
handelt,  ist,  wie  P.  Tor.  13  zeigt,  bei  xQocptxig  nicht  an  i)  xQOcpog,  sondern 
an  Tj  xQoq^ri  (=  xQOcpeia)  zu  denken. 

2)  Die  anoiri  XQOrpemv  ist  die  nach  Ablauf  jedes  Jahres  von  der  Kon- 
trahentin  ausgestellte    Quittung    darüber,    dafs    sie    den   in   jener    Gvyyqacpri 

1)  I  25  ist  (>Tcc\rriQoiv  TXSQiövTOiv  unmöglich.  Davor  mufs  entweder  der  Artikel 
Twv  oder  eine  Zahl  gestanden  haben. 


124  II.   Referate  und  Besprechungen 

TQoqjhcg  festgesetzten  Lebensunterhalt  (rQoq)Sici)  empfangen  hat.  Solche  Quit- 
tungen von  Ammen  sind  uns  in  BGU  297  und  P.  Grenf.  II  75  erhalten.  Vgl. 
Ostr.  I  678.  Vgl.  auch  P.  Oxy.  I  91.  Zitiert  werden  sie  in  BGU  567  und 
in  dem  vorliegenden  Oxyrhynchostext.-^) 

Ein  Unikum  ist  das  Protokoll  der  Volksversammlung  Nr.  41 ,  das  der 
Exegese  noch  ein  weites  Feld  läfst.  Ich  will  hier  nur  zu  dem,  was  v.  Wila- 
mowitz  beigebracht  hat,  noch  den  Hinweis  auf  Pick's  Aufsatz  über  die 
„Akklamationen  auf  Münzen"  und  die  interessanten  Beigaben  dazu  von  Svo- 
ronos  hinzufügen.^)  Die  Anregungen  des  Letzteren  müssen  weiter  verfolgt 
werden.  Füi-  den  Historiker  ist  es  jedenfalls  von  grofsem  Interesse,  in 
Ägypten  einmal  einen  6i]nog  in  Alrtion  zu  sehen.  Es  handelt^ sich  hier 
—  wir  befinden  uns  im  HI./IV.  Jahrh.*^)  —  um  einen  Beschlufs  bezüglich 
einer  Ehrung  des  Prytanen,  die  bezeichnenderweise  das  Volk  nicht  selbständig, 
sondern  nur  durch  Vermittelung  des  xad-oXiKog  erteilen  kann.  Dabei  machen 
sie  ein  Geschrei,  als  wenn  sie  das  Imperium  zu  vergeben  hätten. 

Unter  den  Erlassen  ragen  vor  allem  die  Edikte  des  Präfekten  T.  Fla- 
vius  Titianus  vom  J.  127  hervor  (Nr.  84  Versol — III),  die  die  Neubegründung 
der  „Hadrianischen  Bibliothek"  als  eines  Oberarchivs  zur  Kontrolle  des  bis 
dahin  allein  bestehenden  Navatov  betreffen.  Hierzu  ist  Mitteis  S.  91fi".  zu 
vergleichen.  Nur  in  einem  Punkte  hat  er  mich  nicht  überzeugt,  nämlich 
dafs  es  in  jedem  Dorf  ein  Nanaion*),  und  in  jeder  Metropole  eine  Hadrianische 
Bibliothek  gegeben  haben  soll.  Die  gehören  beide,  wie  auch  die  Heraus- 
geber mit  Recht  annehmen,  nur  nach  Alexandrien.  Das  folgt  füi*  mich  aus 
II  8f. :  6  inixy]Qy]X'\]g  xov  Navaiov  soll  nichts  unternehmen,  bis  es  ihm  auf- 
getragen ist  VTto  \ro\v  rf]g'AdQLav7]g  ßißho&')]'K7]g  iTturjQfjrov,  inel  vnsv'd'vvog 
löXLv  (og  nciQaloyiGaßQ'at  xi  ßovlrj&elg  xcov  <(ou?)>  öeovrcov.  Diese 
letztere  Beschuldigung  mufs  auf  einen  ganz  konkreten  Fall  gehen,  den  man 
nicht  verallgemeinern  kann;  man  hätte  sonst  sicher  von  iTtixrjQrjxai  im  Plural 
gesprochen.  Vielmehr  hat  die  Unredlichkeit  dieses  alexandrinischen  Nanaion- 
vorstehers  eben  auf  das  Bedürfnis  nach  gröfserer  Kontrolle  hingewiesen. 
Ferner  werden  die  Bibliotheken  in  den  Metropolen  in  den  Texten  nach 
127  n.  Chr.  niemals  als  'AÖQiaval  bezeichnet,  sondern  nach  wie  vor  als  ör}- 
(.loßiat,  o.  ä.  Andererseits  sind  uns  in  den  Dörfern  nach  wie  vor  nur  die 
ygaqjEia  o.  ä.,  nicht  Navaia  und  überhaupt  keine  ßi.ßlio&fjaat  im  obigen  Sinne 
bekannt.  Ich  kann  daher  in  „den  beiden  Bibliotheken",  in  die  die  Kontrakte 
von  nun  an  einregistriert  werden  sollen,  mit  Grenfell-Hunt  nur  das  Nanaion 
und  die  neue  Hadrianische  Bibliothek,  beide  in  Alexandrien,  sehen  und 
nehme  an,  dafs  in  das  Nanaion  auch  schon  vorher  die  Akten  aus  der  ^coga  ein- 
registriert  worden  sind.  Die  einzige  Anwendung  dieses  Gesetzes,  die  wir 
bis  jetzt  kennen,  auf  die  schon  Mitteis  hingewiesen  hat,  BGU  578  (vom 
J.  189  n.  Chr.),  spricht  durchaus  für  diese  Auffassung:  die  Thatsache,  dafs 
dieser  Antrag  auf  Einregistrierung  des  eingereichten,  bisher  nicht  beglaubigten 


1)  Vgl.   auch  I  13:  ^ariv  ypafifiar«  (xvTrjg  Si    löv  o^oXoyH  aiXricpsvai. 

2)  Journ.  Internat,  d'archeol.  mimism.  I  1898  S.  451.     Vgl.  S.  463*. 

3)  Vgl.  Ostr.  I  431  f. 

4)  In  P.  Lond.  II  S.  114,  3  ist  zwar  jetzt  eine  '/ctg  Navcciu  für  ein  Dorf 
Nci^äv\ri'i\  bezeugt (a.  193).  Aber  solche  vereinzelten  Nachahmungen  alexandrinischer 
Kulte  in  der  Provinz  sind  nichts  Ungewöhnliches.  Dagegen  anzunehmen,  dafs  es 
in  jedem  Dorf  einen  Nana-Tempcl  gegeben  habe,  fällt  mir  sehr  schwer. 


Ulricli  Wilckoii:  Papyrus-Uikundcii  125 

Schuldscheins  mitsamt  der  Eingabe^)  an  einen  alexandrinischen  Beamten 
gerichtet  ist,  bestätigt  die  obige  Deutung  aufs  beste.    Vgl.  hierzu  unten  S.  176. 

Im  Einzelnen  möchte  ich  noch  auf  I  12  flf.  hinweisen.  Die  Eikonisten") 
sollen  die  Fascikel  darauf  hin  prüfen,  el  Ttol^v  cc7Ccdi]hi7tTca  i)  InLyiyQumaL 
XI  o  \ä%v\oioq  ipi,  d.  h.  ob  Rasur  oder  unerlaubte  Zuschrift  vorhanden  ist. 
Diese  Worte  erklären  mit  einem  Schlage  eine  mir  bisher  unverständliche 
Phrase,  die  sich  gelegentlich  am  Schlufs  von  nicht  einregistrierten  xeiQO- 
YQcecpa  findet:  Lond.  II  S.  207,  11  ft".  rb  6s  'j^siqöyqafpov  xovxo  öiGGov  yQu- 
cpEv  Ka&aQov  ano  imyQacpiig  Kai  aXCcpaöog  nvQiov  e6x(0.  Ahnlich  BGU 
578,  15;  666,  31  und  717,  24  Qy^^dcpi]  %coQlg  aXicpaxog  koI  InvyqcccpTig^. 
Ich  habe  Ostr.  I  S.  196  wegen  der  Analogie  von  Kccd'aQov  arcb  xsXeßjxäxcov 
und  der  Bedeutung  von  sniyQacprj  als  „Auflage",  wenn  auch  nur  zweifelnd, 
an  Sportein  oder  dgl.  gedacht.  Nach  den  obigen  Worten  kann  es  nur 
heifsen:  „ohne  Rasur  und  Zuschrift"  oder  genauer  „ohne  Ausstreichen  (resp. 
Abwischen)  und  Hinzuschreiben".  Für  das  Lexikon  des  Kauzlei-Griechisch 
aber  gewinnen  wir  die  bisher  nicht  belegte  Bedeutung  von  «Aftqpa^  im  Sinne 
von  aloKfi]  (=  litm'a).  ^) 

In  Ol  ccTtb  X'fig  Aiyvnzov  vo^nnoL  (III  3)  möchte  ich  nicht  mit  GH  die 
lawyers  (von  vöjuo?)  sehen,  sondern  die  Gaubeamten  (von  vo|itdg);  Gegensatz: 
die  TtoXixLKol  in  Z.  10,  d.  h.  die  Alexandriner.  Den  Rechtsgelehrten  steht 
nicht  das  YMXcciiOQi^Eiv  zu.  —  Charakteristisch  für  die  kräftige  Amtssprache 
des  Präfekten  sind  die  Asyndeta  in  I  7  und  12."^)  So  möchte  ich  auch  im 
Edikt  des  Capito  36   an  dem  überlieferten  o  iav  festhalten. 

Ein  Erlafs  eines  Präfekten  ist  neben  anderem  in  Nr.  67  enthalten,  die 
uns  in  die  byzantinische  Zeit  fülu't.  Zu  der  Form  SQavva  füi'  egswa  in 
Z.  18  verweist  v.  Wilamowitz  auf  die  theräischen  Inschriften.  Näher  noch 
liegt  ein  Hinweis  auf  die  LXX,  in  denen,  wenigstens  im  Codex  Alexandrinus, 
wenn  ich  recht  sehe,  regelmäfsig  igawäu  steht,  wofüi-  freilich  die  Heraus- 
geber, wie  Tischendorf-Nestle,  igswäu  in  den  Text  gesetzt  haben.  Vgl.  Sturz, 
de  dialecto  Maced.  et  Alex.  1808  S.  117. 

Die  Verfügung  des  Strategen  Hermeias  vom  J.  323  (Nr.  60)  ist  sprach- 
lich sehr  amüsant:  ^AKolov^-cog  xoig  nEXsvö&elöc  vnb  xrjg  äQSxf]g  roi)  Kvoiov 
(jLOv  6iaGr](ioxdxov  'r]ysi.i6vog  2aßivi.avov,  XQ^^c^Q  ov6i]g  inid . .  kaüxov  KQecog 
Xi(xQG)v)  y,  KaxaKOfiiGafiivcov  slg  t-jjv  NmoTtoXsiv  totg  vnb  OvaXsQiavbv  TCQai- 
tioGlxov  vvvl  iniGe  öiaxQißovßiy  tV  ovv  slöevai  e'^onE  Kai  rjörj  xovxov  sXo- 
(lEvoi  cpavaiqbv  ^ot  Kaxaßxrjß^ixai.  Mit  diesem  Monstrum  von  Periode  ist 
der  gute  Hermeias  vollständig  entgleist.    Man  sieht,  er  kennt  die  einzelnen 


1)  So  wird  Z.  19  zu  lesen  sein:   6vvKarax[coQi]Gcei  ccvtay  [t]m  vnoybvruLccxi. 

2)  Hierüber  vgl.  Mitteis  S.  97,  der  mit  Recht  auf  P.' Par.'  G5  hinweist.  Es 
ist  für  diese  Frage  unwesentlich,  dafs  dieser  Brief  des  Paniskos  nicht  an  den 
König  gerichtet  ist  —  dami  hätte  die  Adresse  und  der  ganze  Stil  anders  sein 
müssen  — ,  sondern  an  irgend  einen  Beamten  mit  Namen  Ptolemaios. 

3)  Dies  war  schon  geschrieben,  als  mir  Gradenwitz'  Besprechung  in  Berl.  phil. 
W.  1899  zu  Gesicht  kam,  wo  er  Sp.  1103  gleichfalls  die  richtige  Erklärung  giebt, 
ebenso  jetzt  auch  oben  S.  98. 

4)  In  I  15  schlage  ich  vor:  iv  i[yt\  xdqtrj.  Die  Eikonisten  sollen  die  auf 
dem  Original  gemachten  Randbemerkungen  auf  einem  besondern  Blatt  abschreiben, 
und  zwar  soll  jedem  rdfiog  ein  Papyi-usblatt  entsprechen.  Diese  Blätter  werden 
dann  nach  Alexandrien  eingeschickt.  —  III  12  >t[o;t]  mg  GH,  /.[aij  ä?  Wilamowitz. 
Ich  denke:  K[a)i]äi?  „böswilligerweise". 


126  II-   Referate  und  Bespreclimigeii 

Kanzleiphrasen  —  a,y,oXov&(og  xoig  nskevß&Höij  IV  ovv  elöevca  h'xrjre  — ,  er 
kann  sie  aber  nicht  zu  einer  verständlichen  Periode  vereinigen:  das  xaraxo- 
fitöa^ivüiv  schwimmt  hilflos  in  der  Mitte  umher,  und  Toinov  weist  auf  eine 
Person  hin,  an  die  er  im  Vorhergehenden  wohl  gedacht,  die  er  aber  noch 
gar  nicht  genannt  hat.  Es  ist  eigentlich  schade  darum,  einen  solchen  Satz 
in  vernünftiges  CTriechisch  zurechtrücken  zu  wollen;  den  mufs  man  geniefsen, 
wie  er  dasteht.  Wäre  er  modern,  würde  der  Briefkasten  des  Kladderadatsch 
ihn  sich  nicht  entgehen  lassen.  Die  ßovXi],  an  die  der  Brief  gerichtet  ist, 
wird  auch  Mülie  gehabt  haben,  herauszuljekommen,  was  sie  eigentlich  thun  soll. 
Ich  meine,  sie  soll  einen  Mann  wählen,  der  den  Fleischtransport  nach  Mko- 
polis  hin  zu  leiten  hat,  und  soll  den  Gewählten  dem  Strategen  präsentieren. 
An  anderes  denkt  v.  Wilamowitz,  wenn  er  rovxov  iköfievot  in  rovro  öeio- 
(.levoi  oder  avsXn^isvoi,  verändern  möchte  (S.  679).  Vgl.  zu  meiner  Auf- 
fassung Nr.  58  ^j,  wo  gleichfalls  der  Präfekt  oder  Epistrateg  den  Strategen 
beauftragt,   eine  Wahl  durch   die  j3ouA?j  vornehmen  zu  lassen. 

In  dem  ord(?r  for  paymcnt  of  winc  vom  J.  503  (Nr.  141)  erscheint 
zum  ersten  Mal  das  öijtlovv  als  Weinmafs,  das  ich  bisher  nur  aus  kopti- 
schen Texten  kannte.  Gemeint  ist  offenbar  der  öinXoKSQa^og.  Vgl.  Ostr. 
I  760.  Man  wird  nun  vielleicht  auch  in  den  griechischen  Urkunden  öi^ 
lieber  in  öi7t{ka)  auflösen.    Sachlich  kommt  es  auf  dasselbe  hinaus. 

Unter  den  amtlichen  Berichten  erweitern  Nr.  45 — 47  unsere  Kennt- 
nis von  den  naraloyia^ol  rS)v  ymxoUiov.  Mit  Recht  weist  v.  Wilamowitz 
S.  679  auf  den  urspi'ünglich  militärischen  Sinn  von  KccxaXoiiO^ög  hin.  Frei- 
lich in  der  Kaiserzeit,  wo  der  militärische  Charakter  der  Katöken  zurück- 
trat, wird  sich  diese  Bedeutung  zu  einer  „Eintragung  in  die  Katöken- 
listen"  verblafst  haben. "^)  Diese  Urkunden,  nach  denen  die  aßioloviisvoi^) 
xovg  KCixaloy^iG^ovg  die  Veränderungen  im  Besitzstande  der  Katöken  den 
Agoranomen  anzuzeigen  hatten,  lehren  uns  erst  einigermafsen  die  Ordnung 
der  verwandten  Aktensammlung  in  BGU  328  verstehen.*)  Nach  47,  4  wird 
man  jetzt  in  P.  Grenf.  II  42,  1  Schluss:  xTjg  A\iyvnxov  ergänzen.'')  In 
47,  18/20  ist  offenbar  ä%h  v,\oi\v&)V  Kcä  <[ayÖL<^cayQex(ov  gemeint. 

In  dem  Bericht  des  Strategen  an  die  öffentliche  Bank  vom  J.  221 
(Nr.  61)  kann  von  öüyQccifja  =  „ich  habe  gezahlt"  nicht  ein  Infinitiv  di.ot- 
v.(£iv)  abhängen.  Wohl:  8ioLy.[ov^£vag^  }tori>'  eavxag  —  ÖQa^^ag  x.  —  Für 
Z.  11  schlägt  V.  Wilamowitz  ßißXioov  m^xi'jßecov)  vor  (S.  687^)  und  denkt 
an  die  aus  56,  22  bekannte  Stempelsteuer  für  Gesuche.    Die  Ergänzung  ist 


1)  In  Z.  24  dieser  Urkunde  wird  rov<^gy  toTg  für  rovroig  zu  cmendieren  sein. 

2)  Vgl.  Ostr.  I  34G.    P.  Meyer  Philol.  56,  199. 

3)  Ol  cia%olovii£voi  lesen  jetzt  GH  statt  öiaa%olo{m£voi.     Vgl.  Oxy.  II  S.  319. 

4)  Wegweiser  ist  mir  die  Wiederkehr  des  eigenartigen  %Q6vog  ö  avTog  (auch 
in  Nr.  106)  in  328,  22.  Das  Ganze  enthält  verschiedene  Akten  bezüglich  zweier 
Personen,  Dioscurides  und  'AX^^ävöga  f]  y.al  'IlQaTg.  Ich  scheide  nun  folgender- 
mafsen:  I  1  — 19  Schreiben  des  yiaTaloxiG^iog -Beamten;  20 — 22:  Subskription; 
23  —  30:  Steuerquittung  (so  wegen  c:Qi&tit]6Hog  aufzufassen,  s.  unten).  Auf  die 
naheliegenden  Ergänzungen  verzichte  ich.  Von  31  an  folgen  dann  verschiedene 
Auskünfte  über  die  beiden  Personen.  In  34  lese  ich  Jtog-^ovQiörig  noth  iLcc&rjT(;^g)  uov. 
In  II  1:  isQOvsi'iicov  y-ccl  ari[Xcbv.     S.  unten. 

b)  In  Z.  2  ist  hier  NtiloCv)  toü  JkIvuov  zu  lesen,  nicht  Nsüo^g),  denn  nach 
dem  Nominativ  wiirde  es  entweder  o  zJtövjiov  oder  ü  rov  A.  oder  (gewöhnlich) 
AiÖviiov  heifsen,  mit  anderen  Worten,  der  Artikel  bezieht  sich  in  diesen  Ver- 
bindungen zurück,  nicht  vor.    Beweis:  man  sagt  NstliKiviig  xiig  AiSv\iov,  nicht  roüz/. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  127 

vielleicht  richtig  —  oder  ist  Ai(yv7triaxwv)  zu  lesen?  — ,  aber  das  Geld, 
das  der  Stratege  zahlt,  ist  nicht  eine  Stempelsteuer,  sondern,  wie  auch  GH 
richtig  sagen,  ein  Bufsgeld  (iitixi^ov) ^  das  er  dafür  zahlen  niufs,  dafs  ge- 
gewisse Akten  nicht  rechtzeitig  einregistriert  worden  waren.  Die  Höhe  der 
Bufse  —  2255  Dr.  —  spricht  für  die  strenge  Zucht  in  der  Archivverwal- 
tung (s.  oben),  als  deren  verantwortliche  Spitze  innerhalb  des  Gaues  hier 
der  Stratege  erscheint. 

In  dem  Bericht  an  den  Eirenarchen  (Nr.  80)  scheint  mir  die  Er- 
gänzung \^Aq^£vQ5)v  in  Z.  26  nicht  möglich.  Der  aQyicpoSog  kann  nur  für 
sein  Dorf,  nicht  für  ein  Dorf  im  Nachbargau  die  Garantie  übernehmen. 

Unter  den  späteren  Berichten  ist  Nr.  53  vom  J.  316  von  hervorragen- 
dem Interesse:  der  Vorstand  der  Zimmermeisterzunft  berichtet  auf  Befehl 
an  den  Logisten  über  den  Zustand  des  alten  Perseabaumes  in  Oxyrhynchos. 
Man  hat  sich  darüber  gewundert,  dafs  16  Zeilen  geschrieben  wurden,  blofs 
um  zu  konstatieren,  „dafs  ein  Pfirsichbaum  in  der  Stadt  vertrocknet  sei".-*^) 
Mit  diesem  Perseabaum  hat  es  aber  doch  seine  eigene  Bewandnis.  Die  Hei'- 
ausgeber  haben  schon  auf  das  Edikt  des  Arcadius  hingewiesen,  das  die  Persea- 
bäume  in  Ägypten  schützte  (Cod.  Just.  XI  77).  Ich  möchte  noch  auf  die 
reiche  Litteratur  hinweisen,  die  in  Sharpe's  Ägyptischer  Geschichte  (2.  Aufl. 
II  S.  253  ff.)  von  Alfred  von  Gutschmid  und  Jolowicz  über  den  Persea- 
baum zusammengetragen  ist.  Unsere  Urkunde  bestätigt,  dafs  dieser  Baum, 
dem  das  Volk  seit  alten  Zeiten  geheimnisvolle  Kräfte  zuschrieb,  damals  im 
Anfang  des  IV.  Jahrhunderts  zu  den  gröfsten  Raritäten  gehörte^)  und  sich 
daher  auch  seitens  der  Behörden  einer  ganz  besonderen  Füi'sorge  erfreute, 
etwa  wie  heute  in  der  Eeichshauptstadt  die  beiden  in  letzter  Zeit  so  viel 
genannten  Eibenbäume  in  der  Leipziger  Strafse.  Von  besonderem  Interesse 
ist,  dafs  der  Perseabaum,  der  schon  in  den  altägyptischen  Sagen  eine  Rolle 
spielt,  dann  auch  in  die  clmstlichen  Legenden  hinübergewandert  ist:  sollte 
doch  Mutter  Maria  mit  dem  Jesuskinde  auf  der  Flucht  nach  Ägypten  unter 
seinem  Schatten  geruht  haben.  Ich  weiTs  nicht,  ob  BGU  369  (vom  J.  531) 
nicht  vielleicht  ein  Zeugnis  füi-  diese  christliche  Bedeutung  des  Baumes  ent- 
hält. Nachdem  in  Z.  4  gesagt  ist,  dafs  die  eine  Partei  in  der  „Persea- 
strafse"  wohnt,  heilst  es  nachher: 

9   [ ]f<ag  xriq  ayicarccrtjg  t'nyiXv\6iaq 

10   [ ^ov^ivrig  UeQöiag  i)g  %cd 

Sicher  ist,  dafs  in  10  nicht  mehr  von  dem  Strafsennamen  gesprochen  wird, 
sondern  von  dem  Baum  selbst,  nach  dem  die  Strafse  heilst.  Nicht  sicher, 
aber  möglich  ist,  dafs  dieser  Baum  hier  in  den  Namen  der  heiligen  Kii'che 
(Z.  9)  irgendwie  hineingebort.'^) 

Die  beiden  Thesaurosquittuilgeu,  Nr.  89  und  90,  sind  zwar  den  ent- 
sprechenden   Quittungen    aus  dem   Faijüm    und    aus   Oberägypten   (Ostraka) 

1)  Viereck,  Berl.  ph.  W.  1899  a.  a.  0. 

2)  In  Oxyrhynchos  gab  es  offenbar  nur  diesen  einen  Baum,  denn  sonst  hätte 
sein  Standplatz  'genauer  angegeben  werden  müssen.  Abgesehen  von  den  littera- 
rischen Nachrichten  wird  für  Arsinoe  durch  BGU  3()9  (J.  531)  ein  Perseabaum  be- 
zeugt. Vgl.  oben.  Aufserdem  gab  es  im  Faijüm  ein  Dorf,  das  nach  einem  oder 
mehreren  Perseabäumen  TIsqö^cc  hiefs.  Vgl.  P.  Petr.  II  10(^1)9;  22(2)0  (III.  J.  v.  Chr.), 
in  der  Form  TIsQasav  in  P.  Lond.  II  S.  227  (J.  133/4). 

3)  Nach  ^v.tiXriciag  ist  in  der  Lücke  zunächst  der  Name  des  oder  der  Hei- 
ligen zu  erwarten. 


]^28  II-  Referate  und  Besprechungen 

selir  ähnlich,  zeigen  aber  doch  auch  wieder  gewisse  lokale  Eigentümlich- 
keiten. Das  erste  Wort  ist  in  beiden  Quittungen  jedenfalls  Mciie(rQ'}'iK£i>), 
nicht  MeiieixQrircci)  aufzulösen,  denn  das  würde  gerade  das  Gegenteil  be- 
deuten: „er  hat  enapfangen",  nicht  „er  hat  geliefert".  Vgl.  Ostr.  I  100.  Aber 
was  soll  TtvQov  in  M£ixi(rQr}K£v^  eig  t6  ör}(x66io(^v)  (tcv^oü)?  An  dieser 
Stelle  ist  die  Erwähnung  der  Getreideart  nicht  zu  erwarten.  Ich  vermute 
nach  Analogien:  slg  to(v)  Öi]^6gio(^v)  '9">;((jßtip6v).^)  Doch  das  läfst  sich 
nur    am  Original  entscheiden. 

In  der  Bankquittllllg  Nr.  99,  15  (vgl.  Ostr.  I  736)  ist  in  diesem  Zu- 
sammenhange neu  die  Verwendung  von  rai  öiaxL^B^ivan  (wie  vorher  Z.  9) 
im   Sinne   von  „Verkäufer".    Vgl.  Herodot  I  1;  Rev.  L.  48,  4. 

Zu  den  amtlichen  Korrespoudenzeil  habe  ich  nur  Weniges  zu  be- 
merken.") Unter  den  amtliclieil  Listen  nimmt  das  Wächterverzeichnis 
aus  dem  IV.  Jahrh.  (N.  43  Verso)  einen  hervorragenden  Platz  ein.  Das 
Stück  ist  nicht  nur  topographisch  von  gröfster  Bedeutung,  in  sofern  es  uns, 
wie  schon  GH  und  v.  Wilamowitz  hervorgehoben  haben,  mit  den  verschie- 
densten Lokalitäten  und  Bauten  der  Stadt  Oxyrhynchos  bekannt  macht,  es 
ist  auch  kultui-historisch  von  aufserordentlichem  Interesse.  Zeigt  es  uns  doch 
wieder  einmal,  was  sich  jedem,  der  Ägypten  bereist,  auf  Schritt  und  Tritt 
aufdrängt,  wie  zäh  sich  hier  oft  alte  Einrichtungen  bis  auf  den  heutigen 
Tag  erhalten  haben.  Die  Unsicherheit  namentlich  der  nach  der  Wüste  zu  ge- 
legenen Gebiete,  nicht  minder  aber  auch  die  oft  lächerliche  Ängstlichkeit  der 
Fellachen  läfst  die  Wächter,  die  (pvlamg,  oder  wie  sie  heute  heifsen,  die 
Ghafire  oder  Ghufara,  im  öflfentlichen  Leben  damals  so  wie  heute  eine  auf- 
fallend grofse  Rolle  spielen.  Wer  einmal  in  einem  ägyptischen  Dorf  gehaust 
hat,  dem  werden  diese  Ghafire,  die  „Wächter"  heifsen  und  doch  ewig 
schlafen,  unvergefslich  sein.  Nach  v.  Fircks^)  giebt  es  heute  in  den  kleinen 
Städten  und  Landgemeinden  Ägyptens  124  757  solcher  Wächter,  die  nament- 
lich während  der  Nacht  die  Wohnstätten  und  Feldfrüchte  sowie  das  Vieh 
zu  bewachen  haben.  Während  sie  heute  mit  alten  Hinterladern  bewaffnet 
sind,  trugen  sie  noch  zu  Mohammed  Ali's  Zeiten  meist  blofs  Stöcke,  wohl 
die  bekannten  Nabbüt's  —  auch  ein  Vermächtnis  der  alten  Zeit!  — ,  und 
so  haben  wir  uns  wohl  auch  diese  (pvluKtg  vorzustellen,  die  in  den  Papyri 
der  Ptolemäer-  und  Kaiserzeit  in  den  verschiedensten  Nuancen  als  ayqo- 
q^vXaKsg,  TisöiocpvXaKeg ,  vSQocpvkaKsg  und  wie  sie  alle  heifsen  entgegen- 
treten.*) Nur  die  Wüstenwächter,  die  iQ')]^ocpvXa%£g  oder  oQSocpvXaKig^  wird 
man  sich  wohl  nicht  gut  anders  denn  als  bewaffnet  vorstellen  können.''^')    Die  in 


1)  Die  Sigle    -^  müfste  statt  %'n  verlesen  sein. 

2)  In  Nr.  63,  5  vermute  ich  avv  Tcäarj  aTtovSfj,  denn  ovv  ist  hier  nicht  am 
Platz.  —  In  dem  Schreiben  Nr.  OG,  das  schon  v.  Wil.  erklärt  hat,  ist  von  Interesse 
die  Erwähnung  eines  Strategen  für  das  .1.  357.  Der  ist  zu  Ostr.  I  435''  als  z.  Z. 
jüngster  Stratege  nachzutragen.  —  In  Ni'.  59  tritt  die  privilegierte  Stellung  der 
isQOvtnai  hervor.  Hierzu  vgl.  BGU  3'28  II,  1,  wo  ich  am  Original  las:  UQOvtiHcov 
■nal  uTi[Xu)v.     Dasselbe  haben  GH  für  Lond.  II  S.  21.5,  6  hergestellt. 

3)  „Ägypten  1894"  II  S.  53.  Vgl.  auch  Ebers,  Cicerone  durch  das  alte  und 
neue  Aegypten,  II  S.  320  ff. 

4)  In  P.  Petr.  II  32  wird  ein  Ghafir  verprügelt;  man  hört  aber  nichts  da- 
von, dafs  er  Waffen  zur  Abwehr  gehabt  hätte. 

5)  Vgl.  zu  diesen  allen  aufser  0.  Hirschfeld,  Äg.  Poliz.  (Sitzungsb.  Berl. 
Ak.  1892,  815 ff.)  jetzt    Mommsen,  Rom.  Strafrecht  S.  307. 


Ulricli  Wilcken:   Papyrus-Urkmulen  129 

der  vorliegenden  Urkunde  aufgezählten  Wächter,  die  über  die  ganze  Stadt 
verteilt  sind,  wird  man  nach  P,  Grenf.  II  43  (92  n.  Chr.)  als  (pvluKsg  jiirj- 
xQO%6l£(og  bezeichnen  können.  Sie  haben  ihre  bestimmten  Plätze,  an  den 
Strafsenecken  oder  vor  dem  und  dem  Hause  oder  aber,  in  gröfserer  Zahl 
vereint,  bei  den  öffentlichen  Gebäuden,  wie  Theater,  Gymnasien  und  Tem- 
peln.^) —  Dafs  diese  cpvlaKsg  von  den  cpvXav.lxaL^  der  Gendarmerie,  scharf 
zu  trennen  sind,  zeigt  z.  B.  P.  Petr.  II  32.  Für  das  oipcoviov  der  q^vlauEg 
vgl.  P.  Grenf.  II  43  und  Ostr.  I  320. 

Der  Text  bietet  eine  noch  ungelöste  Schwierigkeit  in  dem  q'  vor  dem 
Dativ  der  Lokalangaben.  Mit  Recht  hat  v.  Wil.  (S.  676)  die  Auflösung  der 
Herausgeber  q(v^i])  als  unmöglich  zurückgewiesen,  und  das  von  ihm  vor- 
geschlagene TT^og  wüi-de  einen  vortrefflichen  Sinn  ergeben.  Aber  wenn  GH 
an  allen  Stellen  p'  gelesen  haben,   erwarte  ich  noch  eine  andere   Lösung.^) 

Von  den  KlagSChrifteil  ^)  wird  die  im  Anfang  verstümmelte  Nl\  69 
au  einen  Centurio  gerichtet  gewesen  sein  (vgl.  Mitteis,  Hermes  30  S.  567  ff.). 
Diese  Berichte  über  Diebstähle,  die  oft,  wie  auch  hier,  mit  grofser  Aus- 
führlichkeit und  Lebendigkeit  den  Vorgang  schildern,  sind  u.  a.  auch  für 
unsere  Vorstellung  von  den  Wohnstätten  der  Alten  nicht  ohne  Interesse. 
Vgl.  BGU  321,  322,  namentlich  aber  CPß  I  232,  16  ff.  Da  ist  böse 
Feindschaft  zwischen  zwei  Nachbarhäusern,  deren  Höfe  durch  eine  Mauer 
getrennt  sind.  Um  dem  Nachbar  einen  Diebstahl  zuzuschieben,  hat  die 
Nachbarin  „aus  dieser  Mauer,  die  mit  Krügen  vollgestopft  war,  den  ver- 
bindenden Lehm  und  aus  der  Mitte  einige  Krüge  herausgenommen",  damit 
es  aussehe,  als  wenn  jener  eingebrochen  sei.'^)  Damit  ist  fürs  II./III.  Jahrb. 
n.  Chr.  das  Vorkommen  derselben  Bauart  erwiesen,  die  uns  noch  heute  in 
Ägypten  vielfach  auffällt.  Auch  heute  werden  nicht  nur  die  Taubenhäuser 
(TteQiGtSQ&veg),  bei  denen  noch  eine  besondere  Absicht  damit  verbunden  ist, 
sondern  auch  die  Wände  menschlicher  Wohnstätten  vielfach  in  der  Weise 
errichtet,  dafs  man  leere  Thonkrüge  durch  Nilschlamm  verbindet. 

Als  ein  libeJlus  contradictorkis  ist  Nr.  68  von  Mitteis  S.  101  über- 
zeugend interpretiert  worden.  Schwierigkeiten  macht  nur  Z.  33  f.:  6vv  oig 
iav  ßißho^airjü}]  ngog^etccöot^sv  ovGav  d'  i^oi  z'y\v  nqog  avxov  kqlGiv  ktI. 
V.  Wilamowitz  (S.  688  A.)  vermifst  zu  dem  Optativ  ein  av  und  übersetzt: 
„Ist  er  mit  meinen  Erklärungen  nicht  zufrieden,  so  kann  ich  die  Belege 
beifügen",  und  Mitteis:  „Wenn  der  Kläger  mit  einem  weiteren  Schriftstück 
streiten  sollte,  wollen  wir  noch  etwas  hinzufügen".  Mir  ist  hierbei  anstöfsig, 
dafs  der  Schreiber  vorher  regelmäfsig  in  der  1.  Person  Singular is  von 
sich  gesprochen  hat.  Ich  trenne  daher  Tigogfisraöoi  fiivovGav  ö^  s{,iol.  Das 
TtQogiiSTadoi  mufs,  was  bei  der  Orthographie  dieses  Mannes  auch  gar  nichts 


1)  Thoeris  ist  übrigens  eine  weibliche  Gottheit  (vgl.  v.  Wil.  S.  677).  „Die 
Grofse"  bedeutet  ihr  Name,  vielleicht  als  „die  Schwangere"-  aufzufassen  nach 
ihrem  greulichen  Bilde,  einem  aufrecht  gehenden  schwangeren  Nilpferd. 

2)  Die  Auflösung  des  q  bleibt  leider  auch  nach  Oxy.  II  S.  319  dunkel.  Das 
TtajiäQiov  in  V  8  möchte  ich  nicht  mit  v.  Wil.  in  jwmerimn  verändern.  Ua^äQiov 
im  Sinne  von  Obstgarten  begegnet  z.  B.  auch  CPR  I  19,  4  (J.  330  n.  Chr.),  aber 
auch    schon  im  II.  Jahrh.  n.  Chr.     Vgl.  BGU  712.    Zu  ■jtw^Laqixrig  vgl.  Ostr.  I  693. 

3)  In  Nr.  56  lernen  wir  in  dem  wQiaiiivov  xf]g  (xtTi]a[sa]s  xsXog  eine  neue 
Abgabe   kennen,   die  zu  Ostr.  I  S.  344  nachzutragen  ist. 

4)  Tov  xsix'o^  xtpa[fio]r?  [^iaTJoißaa^itvov  rbv  \6\vv8sovTa  7t[)]l]bv  [kk!  räv 
KSQ]d(icov  xovg  ^£ao[vg  v]cp£lo^£vr],  wie  Wessely  richtig  ergänzt  hat. 

Archiv  f.  Papyrusforachung  I.  1.  9 


X30  n.  Referate  und  Besprechungen 

Auffälliges  hat,  füi-  TtQogfisraömi  stehen.  Der  Konjunktiv  in  dem  Sinne: 
„dann  will  ich  eine  neue  Eingabe  machen".  Mivovßav  braucht  nicht  weiter 
durch  Parallelen   empfohlen  zu  werden. 

Dieser  Text^)  gewinnt  noch  an  Interesse,  wenn  man  ihn  zusammen 
mit  den  formell  verwandten  BGU  578  und  614,  die  Mitteis  im  Hermes 
32,  644  ff.  erläutert  hat,  und  ferner  mit  P.  Lond.  II  S.  169/70  und  172 
betrachtet.  Allen  ist  gemeinsam,  dafs  sie  Bitten  um  Zustellung  von  Akten 
an  den  Gegner  enthalten.  Durch  die  Berliner  Texte  wird  es  wahrscheinlich, 
dafs  auch  der  Oxyrhjnchos-Text  an  einen  (XQ^iÖMaairig  gerichtet  ist.  Andrer- 
seits gewinnen  wieder  die  Berliner  Urkunden  durch  den  vorliegenden.^) 

Zu  den  Eingaben  ^)  ist  wohl  auch  Nr.  35  R  zu  rechnen ,  wegen  des 
tTiLSidcoKa  in  Z.  3,  und  zwar  gehört  es  wohl  zu  den  piivateu  Eingaben,  da 
vor  imdeöaKa  kein  Titel  steht.  Von  Z.  6  an  liegt  offenbar  die  Kopie  eines 
Schriftstückes  aus  der  Kanzlei  des  Präfekten  vor.  Die  Herausgeber  denken 
an  eine  proclamatlon.  Wegen  des  Plurals  itQoxE&evxiav  tTj  h£Ox(h\(iri  i^iiequ 
möchte  ich  lieber  an  Libelle  denken,  die  der  Präfekt  erledigt  und  der  Ord- 
nung gemäfs  —  wie  uns  Mitteis,  Hermes  32,  653  gelehrt  hat  —  publiziert 
hat.  Also  Z.  10  etwa:  ek  avvKoXX7}6l\^fjiU)i'  ßißhÖLcov^  worauf  der  Name  des 
Präfekten  folgt.    Nach  dieser  Deutung  ist  BGU  525  damit  zu  vergleichen.*) 

In  der  Eingabe  Nr.  76  ist  in  Z.  14  offenbar  Tiobg  oi'yirjaLv  statt  nqoqoi- 
y.)]Glv  zu  lesen. 

Die  Kontrakte  sind  durchgehends  prächtig  erhalten,  z.  Th.  von  un- 
gewöhnlichem Umfang,   und  da   sie   uns  offenbar   in   vortrefflicher  Lesung^) 

1)  Z.  15  ist  <^'ti]vy  ccvrov  oder  auch  avrov  <^ti]v  ccvrovy  zu  emendiei'en.  Das 
vorhergehende  x£l'cvxi]v  mag  Schuld  haben.  —  In  Z.  24:  xaXdvxoiv  tt,  %al  n^bg  inl 
TCO  avxbv  ä-Ko8o(^vyvDci  xxl.  ist  die  Übersetzmig  von  niQog  kxI.  mit  „ivith  tlie  further 
stipidation  tJiat"  unmöglich.  Da  7tQog(dLayQacp6^i8vci)  hier  ausgeschlossen  ist,  steht 
TtQog  absolut  und  es  heilst:  C  Talente  und  darüber,  unter  der  Bedingung,  dafs  etc. 

2)  Zu  614.  In  Z.  6  ist  vielleicht  di<xaxol{iiiov)  für  öia6xoX{£wg)  zu  lesen,  nach 
Oxy.  68,  33.  —  Z.  23  ff.  lese  und  konstruiere  ich  jetzt  nach  Prüfung  des  Originals: 
i'v'  siSäGi  XU  TtQOXsluBvu  y.[a^v  ^ihv  svyvcoiLOvcöai  .  .  .  rag  rjOv^iag  f-s  (i^ovxa,  £t  öh 
iLi]  .  .  .  xQTiGÖiisvov  f(f  7t(jbg  avxovg  .  .  .  co  '^^co  SiKalco.  Die  beiden  Partizipien 
hängen  von  slS&ai  ab.  'TTtavxüGi  in  Z.  23  steht  asyndetisch  erklärend  neben 
svyvcüiiovüai.  Z.  27  fahre  ich  fort:  nal  XQV  (korrigiert  aus  ixQVv)  avxovg  fir;  vnav- 
[xüvxaq  v.xX.  und  inl  xijv  iaoiibvr}v  und  28:  ötaaxoX[fj,  [Lsvovxog  xov  X6y]ov 
(tov  (^besser  wäre  iioi)  tv  olg  aXXoig  iy^ca   dixaioig  aal  nsQi  oiv  ^ot  idiag   o[qp]f /2t. 

3)  In  Nr.  74,  15  ist  xaxaXl7Tovx{ai)  zu  lesen,  nicht  KaxaXt7t6vx(a).  Das  Lokal- 
kolorit der  oxyrhynchitischen  Kanzleien  tritt  uns  wie  oben  in  d'iaxiQ'i^i:vog  so 
hier  in  xovg  i7ta^oXov&ovvx(ag)  änb  yovfjg  ccgvag  (statt  des  im  Faijüm  üblichen 
i^  iniyovfig  imysyiviqLL^vovg  o.  ä.)  entgegen. 

4)  Nach  Einsicht  des  Duplikates  lese  und  ergänze  ich  jetzt  hier  in  Z.  7f. : 
7tQo[T]£:&tvx(ov  iv  \'IovXi07f]6X£i — [iv  cp]  ßißXaidio}  KxX.  Das  ist  das  luliopolis, 
das  wir  bisher  nur  aus  Plin.  h.  n.  VI  23,  102  kennen:  cliio  milia  passuum  ah 
Alexandria  abest  oppidum  luliopolis,  inde  navigant  Nilo  Coptum  etc.  Vgl.  hierzu 
0.  Crusius,  Jahrb.  f  klass.  Phil.  1893,  S.  34  ff.  (luliopolis -Nicopolis).  Jetzt  durch  den 
Papyras  für  178  n.  Chr.  bezeugt.    Ich  hoffe  den  wichtigen  Text  bald  zu  publizieren. 

o)  Eine  crux  ist  noch  das  Wort  Sidmc^ia  in  157,  2  und  6.  Wegen  eines  8. 
an  einem  Getreidemafs  wird  die  Annahme  der  Lieferung  verweigert  in  133,  14. 
JcäitiGiia  giebt  nun  absolut  keinen  Sinn.  Der  einzige  Buchstabe,  der  von  GH 
leicht  verlesen  sein  könnte,  ist  das  tc,  von  dem  es  in  jener  Zeit  eine  mit  v  iden- 
tische Form  giebt.  Also  öidvia^ia'^  Das  wäre  von  diavit^iv  „abwaschen"  abzu- 
leiten, und  könnte  die  Verwischung  des  Aichungszeichens  bedeuten.  Darum  könnte 
der  Schreiber  aufgefordert  werden:  acpQaylaai  xb  diäviaua,  sein  Siegel  auf  die 
Stelle  zu  drücken  und  so  das  Hohlmafs  wieder  für  <?ültig  zu  erklären. 


Ulricli  Wilfkeii:  Papyrus-Urkunden  131 

und  mit  sachkundigem  Kommentar^)  vorgelegt  sind,  sind  sie  für  die  ver- 
schiedensten Seiten  des  öffentlichen  und  privaten  Lebens  aufserordentlich 
lehrreicli.  So  wird,  um  nur  ein  Beispiel  herauszugreifen,  in  Nr.  li>7,  13  vom 
J.  584  von  einer  yeoviiY.i]  (.iiYK^avi]  Kakov^iv\]  y^diov'^)  ^Aviavov  a.vxXov6a 
elg  aqo6i{Jn]v  yi]v  gesprochen,  die  wegen  des  dazu  gehörigen  alcov  sehr  wahr- 
scheinlich mit  den  Herausgebern  als  Schöpfrad,  als  Sakje  zu  fassen  ist.  Ich 
füge  hinzu,  dafs  durch  P.  Lond.  I  S.  169  ff.  auch  schon  füi*  die  Zeit  Vespa- 
sians  diese  Sakjen  bezeugt  werden^),  und  wenn  ich  nicht  iiTe,  sind  auch 
die  bei  Strabo  XVII  p.  807  genannten  tQOxoi  nichts  anderes.  Ich  hebe  diese 
Notizen  nur  hervor,  da  nach  Erman,  Ag.  u.  äg.  Leben  S.  567^,  für  die  alt- 
ägyptischen Zeiten  die  Schöpfräder  nicht  zu  belegen,  wenn  auch  wohl  an- 
zunehmen sind.  Die  ganze  Physiognomie  der  antiken  ägyptischen  Land- 
schaft wh'd  dadurch  der  heutigen  wieder  um  ein  wesentliches  Stück  ge- 
nähert, wenn  wir  uns  nun,  auf  sichere  Zeugnisse  gestützt,  aufser  den  ächzen- 
den Schadüfs  (den  Zieheimern)  auch  die  melancholisch  knairenden  Sakjen 
dort  vorstellen  düifen. 

Unter  den  privaten  Briefscliafteu*)  endlich  erwecken  die  Einladungen 
zu  Diners,  Hochzeiten  und  anderen  Festlichkeiten  ein  besonderes  Interesse: 
Nr.  110 — 112,  mit  denen  BGU  333  zu  vergleichen  ist.^)  Sprachlich  ist  der 
Gebrauch  von  igoarav  „bitten"  (einladen)  auch  für  die  Theologen  beachtens- 
wert.   Vgl.  Deissmann,  Neue  Bibelst.  S.  23. 


II.    Die  Londoner  Texte  (vgl.  S.  122). 

Der  im  Jahre  1893  von  F.  G.  Kenyon  herausgegebene  erste  Katalog 
der  GreeJc  papyri  in  the  British  Museum  brachte  die  vollständige  Publi- 
kation aller  bis  zum  Jahre  1890  dort  erworbenen  griechischen  Papp-us- 
urkunden,  eiuschliefslich  der  Zaubertexte.  Über  die  Erwerbungen  der  nächsten 
Jahi'e  berichtete  Kenyon  bald  danach  in  dankenswertester  Weise  in  dem 
Cafalogue  of  addiüons  to  the  dcpartment  of  Mss,  1888 — 189-i  S.  390^450. 
Die   Erwartungen,   die   durch   dieses   vorläufige,  kurz   und   knapp    gehaltene 


1)  Die  in  Ostr.  I  772  voi'geschlagene  Deutung  von  101,  40  f.  ziehe  ich  zu  Gmisten 
der  von  GH  gegebenen  zurück.  JlarpaAjjft^rrixfo  steht  offenbar  für  ca  v.al  TtaQsiXr}- 
(pev.     Es  ist  alles  in  Ordnung. 

2)  Nicht  Gedius  Anianus  (GH).  FriSiov  ist  ein  in  dieser  Zeit  sehr  häufiges 
Diminutivum  von  yi].     Vgl.  Ostr.  H  n.  1224. 

3)  Mit  -tiviilsvriig  in  Z.  32  ist  offenbar  der  Arbeiter  gemeint,  der  das  Wasser- 
rad bedient.  Vgl.  Z.  495:  y.vy.ltvrrj  v.vulhvovti  avv  reo  ^[r})fCi(vciQi(a)]  oder  573: 
Kvzluvrjj  KvyilsvoivTi)  t6  ÖQy(avov)  oder  ö77 :  'A^ßQvav  ccxol(ovö'et)  tw  ogy^ävai).  Wer 
ist  aber  der  ^irixavccQiog?  Kaum  ein  zweiter  Mann,  denn  einer  genügt.  Ich  denke 
mir,  ßovg  wird  zu  ergänzen  sein.  Vgl.  auch  P.  Grenf.  1  58  (a.  561):  y.vHXsvGai 
xb  avtb  yswQytov  ix  tfjg  i^i^jg  ^moig  r&v  xal  tQScpo^iEvav  tzixq'  iiiov.  —  Wenn  es 
an  anderen  Stellen  heilst:  avrlovai  ö  Suva  xat  6  Sstva,  so  kann  dabei  sowohl  an 
die  für  das  alte  Ägypten  nachgewiesenen  Schadvifs  gedacht  werden,  als  auch  an 
die  oft  bezeugte  archimedische  Schraube,  y.oxUag  (vgl.  Varges,  de  stat.  Aeg.  S.  71), 
für  die  es  übrigens  auch  heute  noch  eine  Analogie  giebt. 

4)  In  119,  2  —  4  wird  [isz'  iaov  für  jifTg  6ov  zu  lesen  sein.  Vgl.  Wessely, 
Wien.  Stud.  VII  77  und  Hatzidakis,  Einl.  in  d.  Neugr.  Gr.  S.  329.  —  Zu  114  (wor- 
über v.  Wil.)  vgl.  auch  BGU  93.  In  Z.  7  ist  hier  djAftarix^v  7]v  t;^ftg  Ilviiv  zu 
lesen,  in  11:  xa  ßaldßuQ'^QCi]  (=  ^aldßaO'QOi). 

5)  Ist  hier  Z.  4  vielleicht  nach  Oxy.  112  auch  i^]hlQ^i^iv  zu  ergänzen? 

9* 


132  II<   Referate  und  Besprechungen 

Eegister  erweckt  waren,  sind  jetzt  durch  den  vorliegenden  zweiten  Band 
des  Catalogue  of  Greek  papyri  in  tlie  British  Museum,  der  den  ersten  noch 
um  mehr  als  hundert  Seiten  überragt,  im  höchsten  Mafse  erfüllt  worden: 
er  bietet  uns  die  sorgfältige  Publikation  von  262  Papyrusurkunden,  die  in 
der  Zeit  von  1891 — 1895  vom  British  Museum  erworben  worden  sind.  Da 
die  nach  1895  gemachten  Erwerbungen  bereits  von  Mahatfy,  Grenfell  und 
Hunt  an  anderen  Orten  publiziert  sind  (P.  Petr.,  Grenf.  I,  II),  so  sind  augen- 
blicklich with  a  few  exceptions  all  the  GreeTc  papyri  in  ihc  British  Museum 
accessible  to  scholars. 

Auch  diesem  zweiten  Bande  ist  wie  dem  ersten  ein  Tafelwerk  bei- 
gefügt, das  über  jedes  Lob  erhaben  ist.  Diese  in  Grofsfolio,  in  vornehmster 
Ausstattung  ausgeführten  photographischen  Reproduktionen  —  es  sind  nicht 
weniger  als  123  Tafeln!  —  sind  ein  Schatz,  für  den  wir  der  Verwaltung 
des  British  Museum,  im  besondern  Sir  Thompsen,  unsern  wärmsten  Dank 
ausspi-echen  müssen.  Auch  mit  der  Auswahl  der  zu  reproduzierenden  Texte 
wird  man  im  allgemeinen  einverstanden  sein,  wenn  natürlich  auch  Mancher 
je  nach  seinen  Interessen  diesen  oder  jenen  Text  vorgezogen  hätte.  Als 
Prinzip  würde  ich  es  allerdings  füi'  richtiger  halten,  nicht  nur  the  best  pjre- 
servecl  papyri  zu  bevorzugen,  sondern  gerade  auch  die  schlecht  erhaltenen, 
für  deren  Entzifferung  im  Dm'chschnitt  am  meisten  zu  thun  übrig  bleibt, 
zu  reproduzieren  und  damit  der  Mitarbeit  aller  zu  erschliefsen.  So  würde 
z.  B.  ein  Faksimile  zu  der  wichtigen,  aber  schlechter  erhaltenen  Censusrolle 
260  (S.  36  ff.)  sehr  viel  wertvoller  gewesen  sein,  als  die  7  Tafeln  zu  den 
vorhergehenden  Rollen  S.  19  ff".  Doch  einer  solchen  Gabe  gegenül)er  ist  es 
unbescheiden,  auf  Desiderien  hinzuweisen. 

Die  Sammlung  des  British  Museum  hat  sich  durch  die  Ankäufe  der 
Jahre  1891 — 1895  auf  das  beste  kompletiert:  gerade  die  römische  Periode, 
die  früher  gegenüber  der  ptolemäischen  und  späteren  byzantinischen  stark 
zurückgetreten  war,  ist  jetzt  glänzend  vertreten.  Die  meisten  der  hier  publi- 
zierten Texte  gehören  den  ersten  Jahrhunderten  unserer  Zeitrechnung  an. 
Auch  das  IV.  Jahrb.,  aus  dem  wir  vor  den  Funden  von  Grenf ell-Hunt  nur 
wenige  Texte  kannten,  ist  hier,  namentlich  durch  die  Korrespondenz  des 
Abinnäus,  vortrefflich  repräsentiert. 

Mit  wenigen  Ausnahmen^)  füliren  uns  die  vorliegenden  Urkunden  nach 
dem  Faijüm.  Die  meisten  gehören  dem  epochemachenden,  noch  iimrier  nicht 
versiegenden  Funde  von  Dime  —  Soknopaiu-Nesos  an,  jenem  Dorfe  am  Nord- 
rande des  Birket  Kerün,  das  einst  im  blühenden  Fruchtlande  lag,  heute 
völlig  zur  Wüste  gehört  und  gerade  darum  —  ähnlich  wie  Behnesa-Oxy- 
hrynchos  —  uns  seine  Papiere  in  so  ausgezeichneter  Konservierung  hinter- 
lassen hat.  ^)  Mehrere  stammen  aus  der  Metropole  Arsinoe,  andere  aus  an- 
deren Dörfern  des  Gaues,  unter  denen  namentlich  JiovvGLccg  hervortritt,  das 
nach  Grenfell-Hunt  (s.  unten  S.  217)  sehr  wahrscheinlich  mit  dem  heutigen 
Kasr  Kurün  an  der  Südwestecke  des  Birket  Kerün  identisch  ist. 


1)  Vgl.  S.  1  ff.  aus  der  Thebais,  S.  323  ff.  aus  Apollinopolis  Maior  (Edfu). 

2)  Dazu  kommt,  dafs  in  Dime  die  Papyri  meist  in  Hausruinen  gefunden 
werden  sollen,  nicht  in  den  Schutthügeln.  —  Auch  Baechias  und  Karanis,  die 
gleichfalls  in  Kenyon's  Publikation  vertreten  sind,  liegen  heute  in  der  Wüste, 
beide  östlich  vom  Birket  Kerün,  jenes  das  heutige  Köm  el-Qatl,  dieses  Köm  Uashim, 
wie  Hogarth  und  Grenfell  gezeigt  haben. 


Ulrich  Wilcken:  Papyi-us-Urkundcn  133 

Es  spricht  für  den  gewaltigen  Aufschwung  der  Papyi'usfunde,  dafs 
Kenyon,  wie  auch  CJrenfell-Hunt  bei  den  Oxji-hynchos-Texten,  nur  eine  Aus- 
wahl der  erworbenen  Papyri  vorlegt  und  über  die  kleineren  Fragmente  nur 
in  dem  vorangehenden  Register  berichtet.  So  sind  von  den  410  Papyri  des 
Registers  nur  262  in  extenso  mitgeteilt.  Unter  den  obwaltenden  Verhält- 
nissen ist  dies  Verfahren  im  Interesse  der  Beschleunigung  der  Publikation  — 
denn  nichts  ist  schwieriger  und  zeitraubender  als  Fragmente  zu  edieren!  — 
gewifs  zu  billigen,  vorausgesetzt,  dafs  uns  später  einmal  auch  die  kleineren 
Stücke  in  vollständigem  Text  mitgeteilt  werden.  Vielleicht  könnten  künftig 
die  Angaben  des  Registers  über  die  nicht  publizierten  Texte  etwas  ausführ- 
licher gehalten  werden. 

In  der  Transkription  ist  Kenyon  demselben  System  wie  im  ersten  Bande 
gefolgt:  er  beabsichtigt  möglichst  engen  Anschlufs  an  das  Original,  markiert 
zwar  Worttrennung,  aber  keine  Satztrennung  und  giebt  auch  keine  Accente 
noch  sonstige  Lesezeichen.  Ich  halte  nach  wie  vor  daran  fest,  dafs  es 
wünschenswerter  ist,  dafs  der  Herausgeber  solcher  Urkunden  durch  Hinzu- 
fügung von  Interpunktion,  Accenten  etc.  den  Texten  den  äufseren  Charakter 
gebe,  den  wii*  in  unseren  gi-iechischen  Ausgaben  zu  finden  gewohnt  sind. 
Doch  da  ich  hierüber  in  meiner  Rezension  des  ersten  Bandes  ausführlicher 
gesprochen  habe^),  will  ich  heute  nicht  noch  einmal  darauf  zurückkommen. 
Gewifs  gebe  ich  zu,  dafs  eacli  editor  must  he  allowed  to  judge  for  himself 
wliat  metJiod  is  most  convenient.  Es  ist  nur  nicht  zu  leugnen,  dafs  durch 
Kenyon's  Methode  die  Benutzung  der  Texte  erschwert  wird,  da  ein  schneller 
Überblick  nicht  möglich  ist.  Man  mufs  sich  immer  wieder  erst  die  Kon- 
struktionen zusanmiensuchen,  wenigstens  wenn  man  nicht  in  der  glücklichen 
Lage  ist,  ein  eigenes  Exemplar  zu  besitzen,  in  dem  man  die  Perioden  mar- 
kieren kann. 

Eine  Neuerung  findet  sich  in  dem  vorliegenden  Bande,  für  deren  künf- 
tige Unterlassung  wir  wohl  alle  dem  verdienstvollen  Herausgeber  sehr  dank- 
bar wären.  In  seinem  Bestreben,  dem  Original  möglichst  nahe  zu  kommen, 
giebt  er  solche  Buchstaben,  die  der  Schreiber  auffallend  grofs  gemacht  hat, 
im  Druck  mit  unseren  „grofsen  Buchstaben"  wieder.  Welches  Interesse  kann 
es  für  den  Leser  haben  zu  wissen,  dafs  hier  oder  dort  der  Schreiber  aus 
irgend  einer  Marotte  einen  Buchstaben  etwas  gröfser  gemalt  hat,  da  man 
doch  damals  den  Unterschied  von  grofsen  und  kleinen  Buch- 
staben in  unserem  Sinne  gar  nicht  gekannt  hat?  Es  wirkt  aber 
auch  direkt  störend.  Wenn  z.  B.  auf  S.  179,  18  gedi-uckt  wird:  Ofxoloyco 
IIsTtQanevai,  OiXyi^ovi  TlToXefiaiov  Kccxa  rrjvöe  rrjv  O^oXoyiav  ÄTto  x)]g  Eve- 
öraGrig  7]fjLSQag  Eiti  xov  anavxa  iqovov ^  so  heifst  das  doch  wahrlich,  dem 
Leser  nicht  nur  die  Erleichterungen,  auf  die  er  m.  E.  Anspruch  hätte, 
versagen,  sondern  sogar  neu  geschaffene  Schwierigkeiten  ihm  in  den  Weg 
stellen. 

Dagegen   würde  es    eine   sehr  wünschenswei'fce  Anlehnung   an   das   Ori- 


1)  Vgl.  Gott.  GA  1894,  718  ff.  Zu  dem  Urteil  von  Waitz,  auf  das  ich  mich 
damals  bezog,  kann  ich  zu  meiner  Freude  jetzt  auch  das  von  Wilamowitz  hinzu- 
fügen, der  in  GGA  1898  S.  674  bezüglich  der  Oxyrhynchos-Texte  sagt:  „(Aufser 
den  litterarischen  Papyri)  wird  alles  nur  in  Umschrift  gegeben,  die  alle  Lese- 
zeichen ohne  weiteres  zufügt.     Das  ist  das  einzig  verständige." 


134  II-   Referate  und  Besprecliungen 

ginal  sein,  wenn  auf  eine  konsequentere  Wiedergabe  der  vom  Schreiber  be- 
hufs Trennung  der  Sätze  oder  Perioden  gelassenen  Spatien  geachtet  würde. 
Beispielshalber  hat  der  Schreiber  von  S.  276  die  Adresse  vom  Expose,  und 
dieses  wieder  vom  Petitum  deutlich  geschieden.  Darum  müTste  auch  das 
Spatium  in  Z.  5  vor  y,caa  und  in  15  vor  Siü  im  Druck  kenntlich  gemacht 
werden.     Denn  da  liegt  nicht  eine  Laune,  sondern  bewufste  Absicht  vor. 

Auch  eine  noch  genauere  und  zwar  am  besten  im  Text,  nicht  in  den 
Fufsnoten  gegebene  Bezeichnung  der  verschiedenen  Hände,  die  an  einem 
Text  gearbeitet  haben,  würde  ein  klareres  Bild  von  dem  Original  erwecken. 
Füi'  manche  Fragen  ist  es  auch  sachlich  von  grofsem  Werte  zu  wissen,  ob 
der  Text  von  einer  Hand  oder  von  mehi-eren  geschrieben  ist.  Kenyon's  An- 
gaben sind  nicht  ausreichend.  So  ist  z.  B.  nicht  angegeben,  dafs  S.  205,  26 
die  eigenhändige  Erklärung  des  Kontrahenten  beginnt,  dafs  die  Deklaration 
auf  S.  73  von  fünf  verschiedenen  Händen  geschrieben  ist,  die  auf  S.  74  von 
vier  Händen  u.  s.  w.  Eine  genaue  und  übersichtliche  Angabe  der  verschie- 
denen Hände  ist  eine  Forderung,  auf  die  nicht  verzichtet  werden  kann. 

Vor  allem  aber  bitten  wir  für  die  nächsten  Bände  um  fortlaufende 
Numerierung  der  publizierten  Texte,  und  womöglich  mit  arabischen 
Zahlen!  Dieses  Zitieren  nach  den  Museumsnummern ,  die  man  dann  vorn 
im  Register  nachschlagen  raufs,  um  herauszubekommen,  wo  sie  denn  eigent- 
lich publiziert  sind,  führt  zu  sehr  bedauerlichen  Stöningen  beim  Arbeiten. 

Doch  nun  von  den  Äufserlichkeiten  zu  dem  prächtigen  Inhalt.  Ich  folge 
bei  dieser  Übersicht  der  vom  Editor  gegebenen  Anordnung. 


A.   Ptolemaic  Period.     S.  1—16. 

Die  wenigen  Stücke,  die  hier  aus  ptolemäischer  Zeit  mitgeteilt  sind, 
stammen  aus  der  Thebais  (IL  Jahrh.  vor  Chr.).  Sie  sind  wie  die  Petrie- 
Papyri  aus  Mumienkartonagen  losgelöst.  Es  sind  meist  kleinere  Bruchstücke 
aus  Testamenten,  Klagschriften,  Kontrakten,  ferner  Abrechnungen,  Inven- 
tare  u.  ä.  Sowohl  diese  als  alle  folgenden  Stücke  sind  vom  Herausgeber 
in  einleitenden  Ausführungen  und  in  Fufsnoten  sprachlich  imd  sachlich  bestens 
kommentiert  worden.  Der  grofsen  Arbeit  gegenüber,  die  hier  von  Kenyon 
geleistet  ist,  sind  es  meist  nur  Kleinigkeiten,  die  ich  nach  meinem  bisherigen 
Studium  dieser  Texte  bessernd  oder  ergänzend  nachtragen  kann.  Anderes  haben 
schon  Grenfell -  Hunt  a.  a.  0.  angemerkt.     Im  Einzelnen  bemerke  ich: 

S.  2  (b),  2:  Tlavi6Y,o^  ög  %<u  TlErsfistvig:  einer  der  seltenen  Fälle,  in 
denen  griechisch -ägyptische  Doppelnamen  auf  Übersetzung  des  einen  Teiles 
beruhen:  Pan  entspricht  dem  Min;  TläviGY.og  Diminutivform  für  Uavoöcooog 
(=  IlEre^ivig). 

S.  3  oben   Z.  7   lies  «[jro   utej^rot'  n£\vTe]   statt  .[.... \q(ov  7r£[. .]. 

S.  3/4.  Die  Sigle  in  Z.  5,  8  und  9 ,  die  K.  mit  <(  wiedergiebt  und  als 
Drachme  erklärt,  ist  vielmehr  eine  Verbindung  von  a  mit  übergesetztem  v 
und  bedeutet  Arure.  Vgl.  Ostraka  I  775.  Daher  auch  die  Brüche  -^^  und 
fV  ('^gl-  ebendort).  —  In  Z.  2  ist  noch  nicht  alles  klar;  Schlufs  jedenfalls 
IIccvccr\^  st.  ncivacp. 

Tu  der  Quittung  S.  4  (a),  2   1.  s^/ßi  iy  •d-rjaa[vQov  st.  sy  &aißa[. 

Für  S.  5/6  nur  Vermutungen,  da  kein  Faksimile  beigegeben  ist.  Z.  8: 
Savs\t6ccfjt,evog?    Z.  10  wohl:  kc(]&^  a  ^:£^^en:cd  (.lot ')(^£tQ6yQ[a(pc<.    Z.  11:  6fK[a6Tag? 


Ulrich  Wilcken:  Papyms-Urkunden  135 

Z.  20  etwa:  Ini^wvov  eivca  \iv  xri  cpv\kav,ri.  Kol.  II  1  etwa:  y^cdQuv.  'OjU.[o- 
A.oyc5?  K.  hält  dies  für  einen  Kaufkontrakt.  Viehnehr  liegt  eine  Verpflich- 
tung zur  TtaQccOraGig  vor.  Theoxena  Avar  vielleicht  die  Gläubigerin,  deren 
Schuldner  im  Gefängnis  safs.  Der  Schreiber  will  ihn  für  drei  Tage  heraus 
haben  und  bürgt  ihr  dafüi",  dafs  er  sich  nach  drei  Tagen  wieder  stellt.^) 

S.  7,  8  1.:  zb  int-ßdllov  st.  xo  .eni  8  aXlov.  Z.  14  liest  K.  twt]  8b 
8ri^\oOL(o\i.  Ich  kenne  das  Wort  8y]i.i66Lov  als  Bezeichnung  für  die  Regie- 
rungskasse erst  für  die  Kaiserzeit.  Ich  glaube  statt  dessen  8i87]lio\TC(\i  zu 
ei'kennen.  Also  wäre  zu  lesen:  iav  8e\  firj  aitoSm  i}  fiT]  7roi7J[(jijt ?  .  .  . 
■Kad'öxi\  8B8'riX(o\xa\tj  a%ox\si,6dx(i>  yixX.  —  Z.  18/19  1.:  ].g  3t«[t?  i^eQug 
elg  [ro  ßaatltKov  aQ-yv^iov]  und  (J]pa;^ ftag  8 ia\Koaiag(?)  statt  ]g 
rjfiEQag  £tg[  und  ].a  vfiag  8co[.  Dieselbe  Phrase  steht  sicher  im  3.  Frag- 
ment Z.  26:  tEQCiS  (st.  x£Qag)  sig  xb  ßciGLXiy.\bv  dqyvqiov  8Qa'indg\  Also 
gehören  die  beiden  Fragmeute  nicht  zu  demselben  Text,  wiewohl  sie  von 
derselben  Hand  geschrieben  sind.  Diese  Wendung  ist  mir  neu,  sonst  sagt 
man:  kqag  ßaßiXst  oder  ähnlich.  Vgl.  Ostr.  I  722^.  ^AQyvqiov  ist  notwendig 
zu  ergänzen  (vgl.  ebenda).  —   Z.  21   erg.:  t%z\ld'6vxi  ay.vQo\g  saxw. 

S.  8,  7  steht  wii'klich  anoxstadzcoGav  da.  Es  ist  aber  verschrieben  für 
ajto86xcoaav  (vgl.  Z.  15),  wie  alle  Parallelen  zeigen. 

S.  10.  K.  erklärt  die  Sigle  h  als  Arure.  Es  ist  vielmehr  die  Ai-tabe; 
daher  auch  die  Bräcke  ^,  -^V,  ^V-  ^§^-  ^^tr.  I  749  f.  —  Das  zweimalige 
laamg  in  Z.  11  und  12  wird  als  Eigenname  ^l6ä%ig  (=  Isaak)  zu  fassen 
sein  (vgl.  S.  33,  151).  Auch  Za^ißad'cciog  in  Z.  9  ist  ein  jüdischer  Name. 
Vgl.  Ostr.  I  523. 

Das  Inventar  auf  S.  11  ist  lexikalisch  sehr  interessant.  In  Z.  5  wird 
nag  eq)t7t7tt{ov)  zu  lesen  sein  st.  y.aßBcpntn'".  also  ein  Fell,  das  als  Pferde- 
decke dient.  —  In  Z.  13  hat  K.  vulag  richtig  gelesen.  Aber  was  ist  das? 
Von  v(xlog  (Glas)  läfst  es  sich  kaum  ableiten.  Ich  denke,  im  Anlaut  ist 
ein  y  (=  j)  geschwunden,  und  es  steht  für  yvdXag,  worüber  Athen.  XI  467  c 
zu  vergleichen  ist.  Darauf  folgt  G'a\ci\cpLOv  oder  cjx[v]qD/ov.  Zu  y.övbv  vgl. 
Stm-z,  de  dial.  Mac.  S.  91.  Das  iviov  in  Z.  14  halte  ich  für  iviov,  das 
ägyptische  Hohlmafs  Hin.  Vgl.  Hultsch,  Metrol.^  S.  103,  367  .^  —  Z.  25  1.  ^tXa- 
vo86%ov  st.   ^uXav8oy.ov.  —  Z.  28   1.  c(.Xaßa6xQ0%^ri%ai  st.  uXcißc)cGxQo'^%^\]Y,cii. 

Die  Klagschrift  an  den  Epistrategen  Qo^ifxovg  (S.  13/14),  die  schon 
früher  von  Mahaffy  gut  ediert  war,  liegt  jetzt  in  fehlex-loser  Lesung  vor.  In 
Z.  13  hat  K,  richtig  Xrjvcovog  hergestellt,  hält  das  Wort  aber  für  unbekannt. 
Wir  kennen  es  sonst  in  der  jüngeren  volkstümlichen  Form  Xi]va(ov  (Kelter- 
ramn)  aus  den  Geop.  6,  1,  3.  Vgl.  Lobeck,  Phryn.  S.  166.  Es  kommt  aber 
auch  hier  S.  128  zweimal  als  Xi}v6v  vor.  —  In  Z.  14  ist  sicher  mit  Ma- 
haiFy  zu  ergänzen:  yT]\^g]  xsqGov  Kai  aXh]g  yrjg  iuxbg  q)o<^QoyXoy iccg.  Vgl. 
BGU   396,  7:  üyov  ini  cpoqoXoyia.  kXtiqov,  und  nachher  Z.  9:  eyeQöco&ri. 

B.    Roman  Period. 

1.  The  Census  and  Poll-tax.     S.  17  —  64. 

Dieser  Abschnitt  ist  für  die  Steuergeschichte  Ägyptens  der  wichtigste 
in  dem  Buche.     Ich  kann  hier  nur  die  Hauptpunkte  hervorheben. 


1)  Vgl.  hierzu  jetzt  Oxy.  II  259. 


136  II-    Referate  und  Besprechungen 

Es  liegen  hier  umfangreiche  Scha'iftstücke  aus  amtliehen  Büchern  vor, 
in  denen  auf  Grund  der  Subjektsdeklaratiouen  (xca''  oiy.lav  aTCoyqacpcd)  und 
anderer  Eingaben  (wie  Todes-  und  Gebui-tsanzeigen)  Personenlisten  nach 
verschiedenen  Gesichtspunkten  gefühi-t  wurden.  Sie  beziehen  sich  auf  Dörfer 
des  Faijüm  (vgl.  S.  37,  35:  ^tA-cors^idog).  Die  ersten  drei  Listen,  aus  dem 
1-4.  Jahr  des  Domitian,  haben,  abgesehen  vom  SchluTs,  das  Schema:  Haus 
—  Einwohner  (Name,  Stand,  Alter),  sind  also  zu  vergleichen  mit  den  Listen 
BGU  I  185,  11  493 — 510  und  533  (vgl.  Ostr.  I  479),  von  denen  sie  aber 
insofern  abweichen,  als  sie  nm-  Männer  und  zwar  nur  solche  im  Alter  von 
14  bis   61   Jahren  aufFühren. 

Nach  Kenyon  ergeben  sich  zwei  wichtige  Fakta  aus  diesen  Listen: 
l)  Der  Kopfsteuer  {idoy^afpicc)  waren  nur  die  Männer,  nicht  auch  die  Frauen 
unterworfen.    2)  Die  Kopfsteuerpflicht  war  auf  die  Jahre  14 — 60  beschränkt. 

Um  das  Sichere  vorweg  zu  nehmen,  so  steht  der  zweite  Punkt  aufser 
Zweifel,  nur  möchte  ich  wegen  S.  38,  64:  vnkq  xo  'E,a  statt  des  60.  das 
61.  Jahr  als  letztes  kopfsteuerpflichtiges  annehmen.  Es  hat  sich  also  nicht 
bewährt,  was  ich  auf  Grund  von  ülpian  (Dig.  50,  15,  3)  als  wahrscheinlich 
bezeichnet  habe  (Ostr.  I  242),  dafs  ebenso  wie  in  Syrien  auch  in  Ägypten 
die  Männer  bis  zum  65.  Jahre  kopfsteuerpflichtig  gewesen  seien.  Dagegen 
wird  meine  ebendorther  geschöpfte  und  auch  durch  den  14jährigen  Turnus 
der  Subjektsdeklarationen  gestützte  Annahme,  dafs  diese  Verpflichtung  mit 
dem  14.  Jahre  begonnen  habe,  auf  das  beste  bestätigt. 

Über  den  anderen  Punkt,  den  Ausschluls  der  Frauen  von  der  Kopf- 
steuer, bekenne  ich,  noch  zu  keinem  festen  Resultat  gekommen  zu  sein. 
Kenyon  kann  füi'  seine  Ansicht  anführen,  dafs  diese  langen  Männerlisten 
abgeschlossen  werden  mit  dem  Satze  (S.  38,  61):  /oi  7ta[v]r(£g)  avd(()£g)  q-a 
a.v\a]  L  [ju,]  L  (J'o)  7tQo{ß8iciyQCicp6^eva)  t-r  6vfiß6X{(av)  ivj  i-SQV.  Auch  im 
Folgenden,  wo  die  über  61jährigen  und  die  Toten  abgerechnet  werden,  be- 
gegnen  nur  Männer.     Vgl.  auch   S.  54. 

Für  Kenyons  Ansicht  kann  ich  ferner  anführen,  dafs  unter  den  zahl- 
reichen Kopfsteuerquittungen,  die  ich  in  Ostr.  I  230  ff.  behandelt  habe,  auch 
nicht  eine  Quittung  ist,  die  einer  Frau  ausgestellt  wäre.  Auch  Grenfell 
kennt,  wie  er  mir  schreibt,  kein  Beispiel. 

Trotzdem  kann  ich  mich  aus  allgemeinen  historischen  Gesichtspunkten 
noch  nicht  für  überzeugt  erklären.  Was  sollte  den  Kaiser  Augustus,  der  die 
XaoyQacpia  in  Ägypten  eingeführt  zu  haben  scheint^),  bewogen  haben,  die 
Frauen  von  der  Kopfsteuer  auszuschliefsen  und  auf  diese  grofse  Einnahme 
zu  verzichten?  Wie  sollte  er  darauf  kommen,  den  ägyptischen  Frauen  ein 
Privileg  zu  erteilen,  das  er  sonst  nur  den  Alexandi-inern  und  einigen  privi- 
legierten Klassen  zedierte?")  Es  wäre  dies  um  so  verwunderlicher,  als 
nirgends  sonst  im  römischen  Reiche,  soweit  wir  wissen,  die  Kopfsteuer 
auf  die  Männer  beschränkt  war.  Für  Afrika  bezeugt  es  Appian,  Libyc.  135, 
dafs  Männer  und  Frauen  ihr  unterworfen  waren  ^),  für  Syrien  ist  es  durch 
Ulpian  a.  a.  0.  erwiesen,  und  hätte  Dio  Cassius  62,  3  wohl  die  Brittin 
Buduica  sagen  lassen:  rcov  autfidrcov  avvcov  6a6i.ibv  izrjGiov  (psoojxsv ,  wenn 
sie  selbst  frei  gewesen  wäre  von  dieser  Kopfsteuer? 

1)  Ostraka  I  245  If. 

2)  Ostr.  I  240  f. 

3)  Vgl.  auch  Cod.  Theod.  XIII  4,  4. 


Ulrich  Wilckon:   Papynis-Urkmulcn  137 

Wenn  also  in  den  Londoner  Listen  nur  über  kopfsteuerpflichtige  Männer 
abgerechnet  wird,  so  liegt  zunächst  doch  der  Gedanke  nahe,  dafs  über  die 
Frauen  in  anderen  Eollen  Buch  geführt  ist,  dafs  also  aus  ii-gend  welchen 
Gründen  der  Geschäftspraxis  —  etwa  mit  Rücksicht  auf  die  Bedürfnisse  der 
Militärbehörden  —  über  Männer  und  Frauen  gesonderte  Listen  geführt  worden 
sind.  Dafs  noch  keine  Kopfsteuerquittuugen  für  Frauen  gefunden  sind,  könnte 
Zufall  sein.  Das  Fehlen  des  XaoyQacpoviievt]  in  den  Subjektsdeklarationen 
beweist  nichts,  da  der  entsprechende  Zusatz  auch  bei  den  erwachsenen  Söhnen 
fehlt  (vgl.  BGU  115,  117).  Dafs  endlich  die  Mädchen  nicht  in  den  vTto- 
^ivrifiarcc  iTtifsw^ßecog  aufgeführt  zu  sein  scheinen,  könnte  in  der  schon  in 
Ostr.  I  453  von  mir  proponierten  Annahme  ihre  Erklärung  finden,  dafs  diese 
Eingaben  im  militärischen  Interesse  gemacht  wurden. 

Wenn  man  Josephus  nur  genau  beim  Wort  nehmen  könnte,  würde  die 
Kopfsteuerpflichtigkeit  der  ägyptischen  Frauen  erwiesen  sein  durch  die  oft 
zitierten  Worte  im  b.  lud.  II  §  385:  (tj  Aiyvnxoq)  TtEvrrjnovra  TtQog  ralg 
STtxccKoöicciq  iypvGa  fxvQidöag  ccv&QOOTtcov  6i%cc  xav  ^ylXE'E,dvdQEiav  kuxoikovv- 
X(Ov  cog  evsöxiv  ek  xrjg  nad-  £%a6xr]v  nscpakiiv  elgcpoQccg  x Ev.^r]Qa- 
G&cii  Aber  ich  habe  selbst  gegen  seine  Berechnungsmethode  Einwendungen 
erhoben  (Ostr.  I  238  f.),  und  so  will  ich  dies  nicht  urgieren.  Das  wird  man 
allerdings  sagen  müssen,  dafs,  wenn  wirklich  die  ägyptischen  Frauen  frei 
sein  sollten  von  der  Kopfsteuer,  die  Berechnung  des  Josephus  absolut  keinen 
Wert  mehr  hätte. 

Für  ihre  Kopfsteuerpflichtigkeit  weifs  ich  nur  einen  einzigen  Text  an- 
zuführen, den  Berliner  Papyrus  P.  7097.  In  dieser  Subjektsdeklaration  vom 
J.  173/4  (Memphis)  sagt  der  Deklarant,  nachdem  er  seinen  einjährigen 
Sohn  und  seine  17jährige  Tochter  genannt  hat:  Ttccgav  öe  6  TtQoyEyQ^aii- 
fiEvog)  6xa&[fxovxog?)  ['J](T/(Ja)^[og]  Evyväxai  'i]^\ßg~\  tco|v]  ETCinstpakLcov.  Wenn 
hier  nur  nicht  das  allgemeine  i7ti,KEq)dXL0v  statt  XaoyQacpia  gesagt  wäre,  so 
wüi-den  wir  einen  sicheren  Beweis  haben,  denn  in  das  i^ftßg  kann  er  natür- 
lich nur  die  Tochter,  nicht  den  Säugling  eingeschlossen  haben.  Dafs  hier 
wii-klich  die  Xaoyqacpia  gemeint  ist,  macht  allerdings  ein  unpublizierter 
Text  im  Gizeh-Museum  (Nr.  10429),  der  gleichfalls  aus  Memphis  stammt, 
sehr  wahrscheinlich,  wo  es  heifst:  di^J^yQiccij^Ev)  —  vueq  ivoinav  avayQa- 
(pofXEvcov  sig  avxbv  XaoyQacplag  nal  cpvXÜKXQOv  xov  avxov  l'rov[?]  tixX.  Hier 
zahlt  der  Hauswirt  für  die  XaoyQacpia  seiner  Mieter,  wie  er  dort  füi-  ihre 
ETtiKEcpccXta  büi-gt.     Doch  ein  strikter  Beweis  ist  das  nicht. 

So  schliefse  ich  mit  einem  non  liquef.  Sollte  sich  durch  weiteres  Ma- 
terial die  Schlufsfolgerung  Kenyon's  als  richtig  ergeben,  so  war  es  doch 
vielleicht  nicht  überflüssig,  darauf  hinzuweisen,  eine  wie  merkwürdige  histo- 
rische Rarität  diese  Exzeption  der  ägj^ tischen  Frauen  von  der  Kopfsteuer 
innerhalb  der  griechisch-römischen  Welt  darstellen  würde. 

Abgesehen  von  ihrem  grofsen  steuergeschichtlichen  Wert  sind  diese 
Listen  nicht  nur  für  die  Eigennamen^),  sondern  auch  füi-  die  Gewerbe  von 
gi'ofsem  Interesse.  Das  gilt  namentlich  von  den  verschiedenen  Arten  von 
öffentlichen    Bodenpächtern,    die    hier    in    allen    möglichen    Variationen    als 


1)  S.  22,  52  1.  TansTE-nfaios).  S.  23,  70  Schlufs  1.  rf]g  n]ErEQ^(ov&ov) ;  ebenda 
83  1.  TJJs  ß.Xi:\^]&rog.  Nach  S.  26,  224  (JTtöxß)  vermute  ich  für  BGU  560  II  16 
die  Lesung  UeGuccg  st.  ÜEüßäg. 


138  n.   Referate  und  Bespreciimigen 

ötj^oGioi.,  ov6Ui%oi  ^),  TiQogööov  ")  yewQyot  auftreten-  Neu  ist  meines  Wissens 
der  yQaj.if.icit^Evg)  yscoi^gyäi')  ovöii^axäv)  (S.  30,  60)  und  der  dfj(fto(Ticoy) 
ov<3i{cik5)v  yEaQy&v)  yQ^a^if.iaxevg)  (S.  31,  94).  Vgl.  unten  zu  S.  98.  Das 
mag  ein  vom  Staat  ihnen  gegebener  Sekretär  sein,  wie  jene  yqafx^arsig  tov 
yivovg  rmv  vi&v  löQarjX  ot  aaraGxad'ivreg  in  avxovg  vnb  rcov  i.%iGxax&v  xov 
0a^aco  (Exod.  5,  14),  an  die  sie  mich  lebhaft  erinnern,  wenn  auch  das 
Dienstverhältnis  doi*t  ein  anderes  ist. 

Die  wichtigste  Liste,  die  dritte  (S.  36),  bedarf  noch  vielfach  der  Auf- 
klärung.    Da  kein  Faksimile  beigegeben  ist,  bringe  ich  nur  Vermutungen. 

S.  38,  56  ist  TiQog!^  nicht  7TQogßsßXr]f.ievoi,  sondern  7iQogß{ai,v6vt(ov) 
oder  ähnlich.  Vgl.  die  Eingaben  an  die  Epikrisiskommission,  aus  denen  diese 
Notiz  entnommen  ist  (BGU  109,  324  etc.).  —  Kann  Z.  63  "Hx&nßav  elg 
aTtalxTjötv  gelesen  werden?  —  In  Z.  66  vermute  ich  statt  ywv  ju./  (=  ixetk) 
vielmehr  yvcofi^  ==  yvoSfi^ovog).  Davor  vielleicht  Kavoviov  wie  in  Z.  126?  — 
Z.  73  ist  zu  trennen:  ötcc  x&v  xov  ly^  iv  iiEq)ciXal(o  (st.  evKS(pa}Mi.^  =  Iv- 
üScpciXaicoiia  S.  393)  %al  x«t'  avöga  Xoycov.  Der  Gegensatz  ist:  „summarische 
Übersicht"   und  „Spezialisierung  Mann  für  Mann". 

S.  39,  91  wird  von  K.  mit  Recht  avsTtUi^QLxog)  aufgelöst.  Danach  er- 
gänze ich  auch  in  BGU  562,  16:  kko  avsTttniQixav).^) 

Am  schwierigsten  ist  S.  40, 126  flf.*)  Ich  vermute:  Kavoviov  yv(0}io(^vog) 
ixo^[evov  (d.h..  des  folgenden)  xov  a^vaXa[iß{dvovxog)  xexeXevx\^r]^K{6- 
xag).  Z.  128  vielleicht:  XaoyQa(q)ovii.evoi)  iv  [yva^ovi]  ai'EXri(ig)'d'('r]- 
Gav).^)     Doch  hier  bleibt  noch  vieles  dunkel.^) 

Vielleicht  noch  wichtiger  sind  die  beiden  folgenden  grofsen  Urkunden 
auf  S.  42 — 61.  Es  sind  verschiedene  amtliche  Listen,  die  von  einem  Ampho- 
darchen  aus  Ai'sinoe  im  5.  Jahre  des  Vespasian  aufgestellt  sind.  Das  Kopf- 
stück der  ersten  fehlt.  Die  zweite  wird  als  aTtoXoyL6(xbg  a.(p^iXiK(av  vl6)v 
KocxoLKcov  bezeichnet  (S.  49),  die  dritte  als  aTioXoyiöfxbg  acprjXLyMV  vuov 
[X^a\^oy^Qaq)ovfji£V(X)v  (S.  55),  die  vierte  als  yQtxcprji  tcöv  xäi  e  (evei)  ßnjfiav- 
^EVx(ov  Öl  vTCoiivr)ii.dx(Ov  iTtiysyEvvrjßd'ai  xotg  VTtoyEyQd^fievoig  e'xeöi  (S.  60). 
Diese  Listen  werfen  aufserordentlich  schwierige  und  wichtige  Fragen  auf, 
denen  Kenyon  mit  grofsem  Scharfsinn  zu  Leibe  gegangen  ist.  Da  Grenfell 
mir  mitteilte,  dafs  der  II.  Oxyrhynchos-Band  neues  wichtiges  Material  hierzu 
bringen  wird,  so  verschiebe  ich  die  Besprechung  bis  zu  dem  Referat  über 
diesen  zAveiten  Band  im  nächsten  Heft.    Nur  was  die  Listen  über  die  Höhe 


1)  Kenyon  S.  .30,  44  liest  ovalas  y£coQy6g  und  erklärt  es  als  ciiltivator  of  his 
own  land  —  mit  Unrecht.   Zum  Patrimonialland  vgl.  Ostr.  I  392  f.  und  643  f.,  (346. 

2)  Auch  Kenyon,  wie  vor  ihm  Viereck  und  P.  Meyer,  setzt  (S.  22,  96  und 
224)  TCQogödov  yi)  =  idioitiiiri.  Vgl.  dagegen  Ostr.  I  657.-  Wenn  in  dem  unpubli- 
zierten  P.  Lond.  604  A  (S.  96  A.  2)  ßcoilixi] ,  hQa  und  idio^rizi]  yTy  unterschieden 
wird,  so  braucht  das  nicht  dasselbe  7ai  sein,  als  wenn  in  BGU__20  öioiKijascog  rfjg 
TU  ßaaili-afjg  -nal  liQccg  xcd  TtQogodov  imterschieden  wird.  Im  Übrigen  vgl.  unten 
S.  148/9. 

.3)  Grenfell  erinnert  mich  mit  Recht  daran,  dafs  hier  Z.  15  iTtiy.{sy.QHiivov) 
nicht  richtig  aufgelöst  ist.     Er  schlägt  iTti%(iivc(vrog  vor.     Besser  ist  vielleicht  ein 

4)  In  125  schlage  ich  vor:  mv  yvwyLo(vi)  rüi  ly'-  &v\ fX'^i^qi&rjaav)  i]y. 

5)  In  einem  unpublizierten  Papyrus  las  ich:  iv  yvö)^ovi  &vcclcc^ißd{v£iv).  Vgl. 
dagegen  S.  39,  99,  oline  iv. 

6)  Zu  coi'  öiiöloyoi  (42,  191)  vgl.  Ostr.  I  253  f. 


Ulrich  Wilcken:   Papyniö-Urkundcn  139 

der  Kopfsteuer  im  Faijüm  melden,  sei  schon  hier  hervorgehoben,  da  dieser 
Punkt  schon  jetzt  klar  ist.  Auf  S.  54  wird  über  die  Kopfsteuern  von 
385  Männern  abgerechnet.  Von  diesen  haben  330  je  20  Drachmen  gezahlt, 
3  je  40,  5  Tote  je  10,  und  47  sind  areKeig,  wie  K.  offenbar  richtig  in 
Z.  20  hergestellt  hat.  Dafs  die  Kopfsteuer  in  Ägypten  in  verschiedener 
Höhe  erhoben  wurde,  habe  ich  schon  in  Ostr.  I  S.  234 tf.  nachgewiesen,  wo 
ich  aus  den  erhaltenen  Quittungen  zeigte,  dafs  die  verschiedenen  kleinen 
Ortschaften  Oberägyptens  z.  T.  in  vei'schiedener  Höhe  belastet  waren.  Aber 
dafs  nach  dem  Londinensis  in  der  Gauhauptstadt  Ai'sinoe  sogar  die  Be- 
wohner einer  imd  derselben  Strafse  (ßiirpodov)  in  verschiedener  Höhe  zur 
Kopfsteuer  herangezogen  wurden,  das  ist  uns  neu.  Wir  werden  mit  Kenyon 
in  denen,  die  40  Drachmen  zahlen,  die  Ägypter  erkennen,  in  denen,  die  20 
zahlen,  die  Griechen,  soweit  sie  nicht  KccroiKot,  oder  sonst  Privilegierte  sind, 
und  in  den  aTsXeig  die  Letzteren.-^)  Dafs  uns  hier  zweierlei  Griechen,  auch 
griechische  XaoyQacpov^svoi  amtlich  bezeugt  werden,  ist  historisch  von 
hohem  Werte.  Diese  XaoyQacpovixEvot  sind  wohl  jene  Gi'iechen^j,  die  im 
Laufe  der  Zeit  sich  mit  den  Ägyjitern  gemischt  und  so  jene  graeco  -  ägyp- 
tische Mischbevölkerung  geschaffen  haben,  die  wie  in  der  Nomenklatur,  so 
auch   in   der   gesamten  Kultur  dieser  Zeit  uns  so  deutlich  entgegentritt.^) 

Die  von  anderer  Hand  geschriebene  Subskription  auf  S.  54  möchte  ich 
ergänzen:  .  .  .  %arccKexco(Qi6tat)  %vQ(tK>g)  de'  ^Ayad'ov  örjfiioGoov)  ßvß{Xto- 
(pvXaKog)  ....  Diese  Unterschrift  lehrt  uns,  dafs  die  vorstehenden  Ab- 
rechnungen des  Amphodarchen  in  die  Srjfioata  ßißXio&riKT]  einregistriert 
worden  sind.  Vgl.  die  ähnliche  Subskription  des  Strategen-Tagebuchs  im 
Philologus  53  N.  F.  7,  S.  99.^) 

Von  den  anderen  Urkunden,  die  Kenyon  in  diesem  Abschnitt  vorlegt, 
ist  am  interessantesten  der  Brief  des  "AvMog  an  seine  Schwester  Tamystha 
(S.  63/4),  in  dem  er  ihr  durch  Beifügung  von  Kopien  aus  den  in  der 
öri(jL06La  ßißXioQ"r]Y.)]  hinterlegten  Subjektsdeklarationen  der  beiden  letzten 
Periodenjahre  nachweist,  dafs  er  ihr  Bruder  ist."'')  Dies  ist  wichtig  für  die 
Publizität  der  in  der  dr]^G6tcc  ßißXt,od-7]K'r]  deponierten  Akten.    Vgl.  Ostr.  I  487. 

2.    Death  Certificates.    S.  65—68. 

Es  werden  hier  vier  Todesanzeigen  publiziert,  wie  wir  sie  schon 
kannten^),    doch   ist   manches  Bemerkenswerte   dai'in.     Die   obere  auf  S.  66 


1)  Die  fünf  Toten  zu  je  10  Drachmen  werden  kaum  einer  besonderen  Klasse 
angehört  haben,  sondern  man  wird  ihnen  als  Toten  nur  10  Drachmen  berechnet 
haben.  Das  würde  die  Eile  erklären,  mit  der  die  Angehörigen  die  Todesfälle 
melden.     Vgl.  Ostr.  I  455. 

2)  Die  Privilegierten  werden  sich  strßnger  abgeschlossen  haben.  Wenn  auch 
bei  ihnen  gelegentlich  Ehen  mit  Frauen  ägyptischen  Namens  begegnen,  so  mögen 
das  eher  Töchter  aus  jener  griechisch-ägyptischen  Mischbevölkerung  als  aus  rein 
ägyptischen  Familien  sein.  Doch  diese  Fragen  bedürfen  noch  sehr  einer  exakteren 
Behandlung. 

3)  Vgl.  meinen  Vortrag  ,,Die  griechischen  Papyrusurkunden"  S.  34. 

4)  Ich  glaube  nicht,  dafs  man  dies  naraicaQi^sLv  mit  Mommsen,  Rom.  Strafr. 
S.  520*  als  „anweisen"  fassen  kann. 

5)  Den  Wechsel  von  QavQ'vovcpig  und  XsvQ'vov^pig  mögen  die  Agyptologen 
beachten!     Ähnlich  wechselt  Otvcdskä?  und  XsvaU^äg  in  BGU  I  19. 

6j  Vgl.  oben  das  Generalregister  und  Ostr.  I  454  ff.     Bestätigend  tritt  jetzt 


140  II-   Referate  und  Besprechvuigen 

ist  das  erste  Beispiel  aus  dem  I.  Jahrli.  n.  Chr.  Neu  ist,  dafs  hier  der 
Tod  eines  Priesters  an  die  Tjyoviisvot  islgicov]  gemeldet  Avird,  damit  diese 
es  weiter  berichten  an  die  zuständige  Behörde  (oncog  avevs'ji&fi).  Dagegen 
wird  auf  S.  68  (vom  J.  170  n.  Chr.)  der  Tod  eines  Priesters  —  übrigens 
eines  cc<pfih'^l  —  direkt  dem  Dorfschreiber  gemeldet.  Dieses  Stück  ist 
dm'ch  den  Kontrollevermerk  des  Dorfschreibers  „I'(T;(Ov  toütou  t6  i'ßov  eig 
i^itaGiv'''',  den  wir  bisher  unter  den  ccKoyQCKpai  und  Gebui-tsanzeigen  kannten, 
bemerkenswert.  Damit  ist  zu  vergleichen  der  Schlufs  von  BGU  I  254,  den 
ich  folgendermafsen  lesen  möchte:  TovQßtov  ntX.  ...  to[v  7tQ^oyeyQa{^i- 
(.livov)    Nefießimva   [..]    ....    aXy]d'(S)g)    rereXevtt^y.^ivai.)^)     statt    to 

[ ] Nefisßioav   [(X7t6]   Tjjg  fxrjT^QondXecog)   reteXEVT'i^xie). 

Zum  Text  bemerke  ich  noch:  S.  66  oben  4  lies  TIav£(pqiii[iiog  und 
5  TavtfpQt^^iog  ^  in  9  TciVccpQ£iiii\^Log\.  In  67,  13  (ohne  Faks.)  wird  jeden- 
falls ^ylßäöKdVTog  für  AßaGxaTtrog  zu  lesen  sein. 

3.    Taxation.     S.  69—148. 

In  diesem  Abschnitt  hat  Kenyon  eine  Reihe  von  Urkunden  zusammen- 
gestellt, die  das  Steuerwesen  betreffen.  Auch  unter  diesen  befinden  sich 
einige  Nummern  von  hervorragender  Bedeutung.  Über  die  Steuern  selbst 
kann  ich  hinweggehen,  denn  es  ist  —  abgesehen  von  der  öi^otviKicc  — 
keine  darunter,  die  nicht  schon  in  meinen  Ostraka  besprochen  wäre^),  doch 
wird  das  dort  entworfene  Bild  durch  manche  neue  Züge  bereichert.  So 
wird  die  Altarsteuer  (^(poQog  ßcofimv)  sonst  direkt,  durch  TtgaKroQeg,  ein- 
getrieben (vgl.  Ostr.  I  352  u.  581),  hier  S.  111/2  durch  (iiad'coral  uq^ov) 
ysi(Qi,(j(iov).  Ich  weifs  keine  andere  Lösung  dieses  Widerspruches  als  die 
Annahme,  dafs  diese  letztgenannten  j.u6d-coral  i.  y.  nebenbei  mit  der  direkten 
Erhebung  dieser  Steuer  betraut  waren,  also  nicht  Pächter  der  Altarsteuer 
waren,  ebenso  wie  jene  iiißd'axa.l  tSQäg  nvXrjg  Soi^vrig  nicht  Pächter  der  von 
ihnen  erhobenen  Steuern,  sondern  ihre  direkten  Erheber  waren  (vgl.  Ostr. 
I  611  ff.)  —  Ferner  wird  die  von  GH  aufgestellte  und  von  mir  übernom- 
mene Ansicht,  dafs  das  reXe6(xa  Ka^'^lav  zwei  Drachmen  füi-  jedes  Kamel 
betragen  habe,  durch  die  Abrechnung  auf  S.  81/2  umgestofsen,  wonach 
auch  andere  Sätze  wie  11  oder  6  Drachmen  vorkamen.  Also  stand  die 
Abgabe  wohl  in  einem  Verhältnis  zum  Wert  des  Tieres. 

Doch  wichtiger  ist  mii%  was  ich  über  die  formale  Seite  der  auf  Papyrus 
geschriebenen  ddyQaipsv-Qnittungen^)  aus  dem  Faijixtn  durch  die  Texte  auf 
S.  110  hinzugelernt  habe.  Ich  hatte  bisher  angenommen,  dafs  diese  Quit- 
tungen den  Steuerzahlern  von  der  Bank  ausgestellt  seien,  und  hatte  sie 
daher    im   Urkundenverzeichnis    in   BGU  11    als   Bankquittungen   aufgeführt. 


zu  diesen  Ausführungen  P.  Oxy.  I  173  (description)  hinzu:  TtSQiygacpfivat,  itSQl  tfig 
XaoyQacpiag  xat  rov  ^iLQOJVcc^iov. 

i)  So  nach  flüchtiger  Revision  des  Originals.  Auch  sonst  ist  die  Publikation 
verbesserungsbedürftig.  In  Z.  2  glaube  ich  zu  sehen :  ko^  ^ß  ra|fw(?)  ngogyii. . .) 
statt  ..f|.  Ta|co(s)  TtQog(p{avrtCioig'i). 

2)  Manche  dieser  Texte  habe  ich  mit  Kenyon's  freundlicher  Erlaubnis  schon 
1895  kennen  gelernt  und  daher  für  den  Ostraken-Kommentar  verwerten  können. 

3)  Ich  meine  die  Quittungen,  die  mit  mancherlei  Varietäten  im  Durchschnitt 
folgendes  .Schema  zeigen:  Datum  —  ddyQatpsv  6  dtlva  —  dem  Erheber  (kann 
fehlen)  —  für  Abgabe  —  Summe. 


Ulrich  Wilckon:  T'iipyrus-Urkunden  141 

Da  Subskriptionen  nicht  vorhanden  waren,  hatte  ich  das  nur  aus  der 
Analogie  mit  den  sicher  bezeugten  Bankquittungen  und  aus  der  Thatsache, 
dafs  auch  im  Faijüni  die  Steuererheber  in  Briefform  quittieren,  geschlossen. 
Dieser  Schlufs  war  falsch:  diese  diiyQuiljev-Qmtinngen  sind  vielmehr  sicher 
Erheberquifctungen.  Das  zeigt  jetzt  die  Quittung  auf  S.  HO,  die  von 
zweiter  Hand  subskribiert  ist:  TQvq)(o(v)  avveaio(^v)  ag  TtQOK^eiTai).  Dafs 
dieser  Tqvcpiov  einer  der  vorher  genannten  ^ixo'/pb  nqccnxoQeq  ist,  wird  durch 
die  folgende,  aus  demselben  Jahre  stammende  Nummer  bestätigt,  in  der  es 
heifst:  8dyq{a'x\)£v)  TQvcpavL  irQaKtcoQt.  Hier  ist  also  endlich  einmal  eine 
Subskription,  die  die  Frage  entscheidet.  Danach  ist  es  kein  Zweifel,  dafs 
diese  ^is'y^ai/^ev-Quittungen  von  den  in  ihnen  genannten  Be- 
amten ausgestellt  worden  sind.  Nachträglich  finde  ich  eine  Bestätigung 
in  P.  Grenf.  I  50,.  in  der  ein  Exeget  unterschreibt.  Dafs  diese  Quittungen 
dem  Steuerzahler  ausgestellt  wurden,  habe  ich  schon  in  Ostr.  I  69^  aus 
dem  gelegentlichen  Zusatz  (itr)  ^^rjöd^svag  sviQo)  ßv^ßolco  (oder  ähnlich) 
geschlossen.^)  Wir  haben  also  zu  konstatieren,  dafs  im  Faijüm  die  Erheber 
dem  Steuerzahler  bald  in  Briefform,  bald  in  der  objektiv  stilisierten  öle- 
yQaipEv-'FoYm  quittierten,  imd  damit  haben  wir  eine  schöne  Parallele  zu 
den  Gepflogenheiten  in  Syene-Elephantine  gewonnen,  wo  —  abweichend 
z.  B.  von  Theben  —  gleichfalls  beide  Formen  für  die  Erheberquittungen 
nachweisbar  sind  (vgl.  Ostr.  I  120  ff.).  Dafs  die  TtQoaöiciyQacpo^sva  nun- 
mehr nicht  blofs  in  den  Bankquittungen,  sondern  auch  in  den  Erheber- 
quittungen begegnen,  kommt  nur  erwünscht,  denn  es  war  nicht  recht  ein- 
zusehen, weshalb  diese  Zuschläge  nicht  auch  in  den  Erheberquittungen 
notiert  werden  sollten.     Vgl.  Ostr.  I  287  f. 

Wenn  die  Entzifferung  dieser  Steuerquittungen  in  Kenyon's  Publikation 
noch  nicht  überall  gelungen  ist,  so  ist  zu  bedenken,  dafs  diese  Texte  ebenso 
wie  die  auf  den  Ostraka  meist  in  gröfster  Eile  und  Flüchtigkeit  hin- 
geworfen sind  und  daher  der  Entzifferung  ganz  besondere  Schwierigkeiten 
entgegenstellen.  Sie  erfordern  ein  Spezialstudium.  Im  einzelnen  bemerke  ich 
folgendes : 

S.  69,  3  l.  OaQi^ov&i)  Lo.  «^ti>(fi'>;(J£C()g)  0ajLt£i/a)^  8i{iyQay\>  ev^ 
statt  Oa6L  la.  .  .  Oai»\ß\v(xid'  »j.  Das  soll  heifsen,  dafs  am  11.  Pharmuthi 
auf  Rechnung  des  (vorhergehenden)  Monats  Phamenoth  gezahlt  ist.  Vgl. 
Ostr.  I  814  f.  —  In  Z.  6  Schlufs  lese  ich  nqoqißiayqacpoiiEva)  ösKa 
(seil.  oßoXovg)  statt  tt  %  ösaa.  —  Von  Z.  7  an  ist  später  geschrieben,  wenn 
auch  von  derselben  Hand.  In  7  lese  ich  '£^(4)90  a  a^i&dirjaeojg)  statt 
sni  Xa.  .  . 

S.  70  oben  Z.  2  1.  )cc6(ft>/g)  statt  ßov^.  Die  erste  Zeile  ist  schon  von 
GH  gebessert.  —  In  der  zweiten  Urkunde  auf  derselben  Seite  ist  q  mit 
folgender  Schleife  eine  häufig  vorkommende  Sigle  für  exaroöxij.  Sachlich 
hat  es  K.  schon  richtig  gedeutet.  —  Füi-  ßo^  in  Z.  3  und  5  weifs  ich 
keinen  anderen  Vorschlag  als  (3ocö(i/),  also  Rindersteuer.  Vgl.  Ostr.  I  352. 
Dafs  die  Altarsteuer  danebensteht,  spricht  nicht  dagegen.    Vgl.  BGU  I  199. 


1)  Was  ich  ebendort  S.  648  anführte,  um  die  Aushändigung-  an  die  Erheber 
zu  erweisen,  fällt  nun  hin.  Wenn  in  BGU  I  342  zwei  Zahler  genannt  werden, 
so  mag  das  so  zu  erklären  sein,  dafs  der  erste  auch  für  den  zweiten  gezahlt  hat. 
Vgl.  Kai  tig. 


142  II-  Referate  und  Besprechungen 

Ans  der  wichtigen  Urkunde  auf  S.  71  hat  K.  durch  Vergleichung  mit 
BGU  I  1  den  richtigen  Schlufs  auf  die  Kopfsteuerpfiicht  der  Priester  ge- 
zogen.    Vgl.  Ostr.  I  231/2   und  241. 

Von  den  darauf  folgenden  Objektsdeklarationen  bietet  die  auf  S.  72 
etwas  Neues,  insofern  sie  uns  zeigt,  dafs  die  Genauigkeit  im  Deklarations- 
wesen sogar  so  weit  getrieben  wurde,  dafs  diejenigen,  die  über  die  im  ver- 
gangenen Jahre  deklarierten  Güter  zur  Zeit  nicht  mehr  verfügten,  doch  in 
den  üblichen  Formen  erklären  mufsten,  dafs  sie  eben  nichts  mehr  hätten, 
und  nachweisen  mufsten,  wo  die  früher  deklarierten  Güter  geblieben  wären. 

Bei  den  folgenden  Texten  vermissen  wir  die  genaue  Angabe  der  ver- 
schiedenen Hände. 

S.  73,   15  1.  'l6ivQi(o{v).     Weiteres  bei  GH. 

S.  74,  14:  hinter  (5ta  fehlt  nichts.  Was  scheinbar  dahintersteht,  ist 
der  zur  Zahl  «  in  der  folgenden  Zeile  gehörige  Strich. 

S.  77.  Der  obere  Text  ist  noch  ganz  unvei'ständlich.  Ein  Faksimile 
ist  nicht  beigegeben.  —  Der  untere  Text  ist,  wie  K.  mit  Eecht  hervorhebt, 
o/'  a  guite  unusnal  nuturc.  Er  zeigt  uns,  dafs  zur  amtlichen  Auszählung 
des  Viehes,  die  zur  Kontrolle  der  Viehdeklarationen  erfolgte,  gewöhnlich 
Männer  aus  einem  anderen  Gau  genommen  wurden.  Hielt  man  diese  für 
unparteiischer?  Auch  dafs  der  Epistratege  diese  ernennt,  ausnahmsweise 
der  Stratege  es  thun  kann,  ist  uns  neu.  Der  Epistratege  verteilt  freilich 
auch  sonst  die  Liturgien,  und  dafs  das  Viehauszählen  zu  diesen  gehört, 
habe  ich  in  Ostr.  I  475  vermutet.  Wenn  ich  dort  hervorhob,  dafs  nach 
BGU  I  358  ein  vornehmer  Mann,  ein  zum  Gymnasiarchen  designierter,  mit 
der  Auszählung  der  Kamele  beauftragt  war,  so  bestärkt  mich  dies  in  der 
Vermutung,  dafs  hier  in  dem  vorliegenden  Londoner  Text  in  Z.  1  AyQa^ö 
für  ayoQavo^ov  verschrieben  oder  verlesen  ist.  ^)  —  In  Z.  12  steht  ypgav 
nicht  für  %qcUiv  oder  '/^OQt^yiciv  (K.),  sondern  einfach  füi-  ypqav  in  der  Be- 
deutung „Platz,  Stelle".     Vgl.  P.  Lond.  I,  S.  39,  40. 

S.  79  oben  3  wird  (Ji[c'j'^(ai/;£v)  JioG'aoQai]  zu  ergänzen  sein,  da 
für  Kai  ixiroiotg  kein  Platz  zu  sein  scheint.  Sonst  könnte  trotz  der  Sub- 
skription /lioQKOQolg]  ae6r]fi{slcoficci)  ein  anderer  Name  stehen.    Vgl. oben  S.  141. 

S.  79  unten  2  ist  noch  völlig  dunkel.  Ich  lasse  es  dahingestellt,  ob 
der  Kauf  des  Esels  oder  sein  Besitz  besteuert  wird.  In  letzterem  Falle 
wäre  das  rekog  ovov  zu  den  anderen  uns  schon  bekannten  Vei-mögens- 
steuern  hinzuzufügen  (Ostr.  I  408).  Jedenfalls  ist  aber  'jJyo(^«Gev),  nicht 
r}y6{Qa6a)  aufzulösen. 

S.  80  oben  3  ist  wohl  OaQ^ov&^t)  lö  zu  lesen.  Statt  asi  oder 
XiÜTisi)  in  Z.  7  lies  Gv(^iißoXi%ov). 

S.  80  unten  5  1.  8i(^a^  ^EQieag  statt  Tegiicog.  Letzteres  wäre,  als 
ein  weiblicher  Name,  auch  unmöglich  für  einen  Praktor. 

S.  81  unten  ist  wohl  (p*^  ß  nicht  in  q)6(Q0i)  ß,  sondern  in  (po{QKi)  ß 
aufzulösen,  im  Sinne  von  „zwei  Raten''. 

S.  82,  4:  der  Pakjsis,  der  das  rikog  fx6(}%ov  ^voiilpov  iv  tf^<^c5)>  zahlt, 
wird  ein  Priester  sein.     Vgl.  Ostr.  I  384  f. 


1)  Eine  Namensbezeichnung  wie  /lidv^ov  'AyQccy.o(v)  v'io(v)  TJccn^iötoiis)  ist 
an  sich  durchaus  unwabrscheinlicli.  Der  Urolsvater  wird  nicht  mit  v'iov  ein- 
geführt. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  143 

Es  folgen  S.  83  ff.  die  interessanten  Quittungen  über  Thorzölle.  Vgl. 
Ostr.  I  354  if.  Dafs  nach  einem  von  GH  edierten  Text  überall  rereXeötai 
statt  rExiX'exs  zu  lesen  ist,  hat  Kenyon  in  den  Corrigenda  p.  XI  angemerkt. 
S.  84  steht  nach  K.  statt  dessen  Ttadeö.  Ich  las  am  Original  naQaeg,  was 
eine  Verschreibuug  für  7taQeö(jev)  sein  könnte.     Es  ist  aber  unsicher. 

S.  85   unten   7   L   Tvßi  ißööfiy. 

S.  86  unten  3  las  ich  am  Original  NaaQay\g],  ein  auch  sonst  be- 
kannter Eigenname,  nicht  Na&Qag. 

S.  87,  2  las  ich  am  Oi'iginal  igaycoi^v)  statt  Iot".  Das  scheint  mir 
sicher,  dagegen  lasse  ich  den  Schlufs  von  Z.  3  und  Anfang  von  4,  wo  ich 
xi^^xa.  vermutete  (Ostr.  I  356"''),  dahingestellt. 

Die  beiden  Quittungen  auf  S.  87/8  bestätigen  im  wesentlichen  meine 
Ergänzung  von  P.  Grenf.  II  58  (Ostr.  I  394).  Dafs  hinter  TlqoaoiTtLxov  Kcd 
ein  Gauname  stehen  müsse,  hatte  ich  richtig  erkannt;  nur  auf  den  Ai]xo- 
7toXixr]g  konnte  ich  allerdings  nicht  verfallen.  —  S.  87,  3  haben  GH  statt 
uTtsv&SQov  gelesen:  Av .  .a  TCQay^i.iaxiKov).  Ich  möchte  lesen:  ''Avovß(.  .  .) 
7t Qayijiaxevxov)]  die  letztere  Auflösung  wird  durch  den  Paralleltext  P.  Grenf. 
II  58  an  die  Hand  gegeben. 

S.  88  oben  5  ergänze  "£;^[a)].  —  S.  88  unten  3  Schlufs  1.  naQa 
ö[o(ü)].     Der  Abkürzungsstrich  ist  noch  sichtbar. 

Es  folgt  der  Abschnitt  über  die  Naturalsteuern.  Hier  ist  Kenyon's 
Konmientar  durchweg  von  der  irrigen  Vorstellung  beherrscht,  dafs  die  Sito- 
logen  die  Erheber  der  Naturalsteuern  seien.  Die  TtQccaxoQeg  atxmCov,  meint 
er,  träten  nur  dann  ein,  wenn  statt  des  Getreides  Geld  gezahlt  werde 
(S.  101).  Ich  glaube  in  Ostr.  I  653  ff.  und  658  ff.  erwiesen  zu  haben,  dafs 
die  Sitologen  vielmehr  die  Beamten  des  Thesauros  sind,  die  die  Getreide- 
lieferungen von  den  Natm-alsteuererheberu  (den  TtQÜKxoQeg  6lxi.küv)^)  ent- 
gegennehmen und  andererseits  auch  die  nötigen  Auszahlungen  vornehmen, 
und  habe  mich  dabei  gerade  auf  die  von  Kenyon  hier  vorgelegten  Urkimden 
gestützt.  Die  Sitologen  sind  danach  in  der  Natui'alverwaltung,  was  die 
Trapeziten  in  der  Geldverwaltung  sind.  Die  Sitologenquittungen  auf  S.  91  ff. 
.sind  also  Thesaurosquittungen,  die,  wie  ich  Ostr.  I  110  f.  gezeigt  habe,  von 
den  Sitologen  den  Naturalsteuererhebern  ausgestellt  wurden;  die  in  den 
Quittungen  oft  in  gi'öfserer  Zahl  (S.  90)  genannten  Lieferanten  aber  sind 
die  Steuerzahler.  ^) 

Im  einzelnen  bemerke  ich: 

S.  89,  11  (ohne  Faksimile)  wohl  6]v6[fiaxog)  statt  ]Ao).  —  Das  tiq" 
ist  in  diesen  Urkunden,  die  von  i.iETQri[iaxcc  handeln,  nicht  in  nQo(g- 
diay'Qacpo^svci),    sondern    in  7tQo{gii£XQuvi.iEva)    aufzulösen.      Vgl.  Ostr.  I   289. 

S.  90,  8   kann   dr}   unmöglich   zu   Ö7](ii6glov   yecoQyov)    ei'gänzt   werden. 


1)  Dafs  die  TtQccKxoQsg  6itiv.&v  nicht  nur  bei  der  adaeratio  eintreten,  sondern 
auch  Naturalien  entgegennehmen,  zeigt  z.  B.  Ostr.  II  n.  301,  9G1,  1031. 

2)  Die  Richtigkeit  dieser  Deutung  wurde  mir  nachträglich  durch  ein  Ostrakon 
in  Gizeh  (n.9562j  bestätigt,  welches  beginnt:  \jivt^iyQ{cccpov)  &ttox(jis)  rjs  ^^eS6^i]v 
[TI?]uiim(vd"r] ?j  Kai  2!r}cp .  .  xal  fi(£rö;^o(ff).  Darauf  folgt  im  üblichen  Schema : 
Mt(tQri^cc)  &ri6{avQov)  u.  s.  w.,  nachher  v-jt{£Q)  X^dgccnog)  6v6[^utos),  worauf  Namen 
folgen,  die  ich  noch  nicht  entziffert  habe,  die  aber  sicher  nicht  mit  den  vorher 
genannten  Namen  übereinstimmen.  Damit  ist  er^viesen,  dafs  diese  Quittungen 
vom  Sitologen  dem  Erheber  aussfehändi^t  wurden. 


144  II.  Referate  und  Besprecliungen 

Das  hätte  notwendig  vor  BaKii^iccdog)  stehen  müssen.  Vgl.  auch  S.  91 
oben  8;  95,  22.  Ich  'sehe  hierin  vielmehr  die  Bezeichnung  der  Abgabe 
und  lese:  6i^(^(io6i(ov^  (seil.  ystoQyav)  im  Sinne  von  vnsQ  S.^)  Ähnlich  in 
den  folgenden  Nummern.  Dafs  Öy]  hier  überhaupt  auf  die  drj^oöioi  yecoQyoi 
hinweist,  hat  Kenyon  richtig  erkannt.^)  Die  Abgaben,  die  S.  90 IF.  für  die 
ö)]fi6at,oi  yecoQyoi  und  natürlich  auch  von  ihnen  gezahlt  werden  —  im  Gegensatz 
zu  v7t£Q  y.Xi]QOv%cov  S.  93,  12  —  sind  also  Natiiralabgaben  der  kaiserlichen 
Pächter.  Ich  möchte  dabei  nicht,  wie  K.  zu  thun  scheint,  in  erster  Linie 
an  die  Rückzahlung  der  ihnen  vorgeschossenen  Aussaat  denken,  sondern 
namentlich  an  die  skcpoqlcc,  den  Pachtzins,  den  sie  dem  Kaiser  schuldeten 
und  die  weiteren  Zuschläge. 

Die  folgenden  Worte  hinter  diesem  6}j  (S.  90,  8)  liest  Kenyon  öi) 
[ .  .  ]coQ.,  und  denkt  dabei  an  6ta  yscoQymv.  Grenfell-Hunt  schlagen  [xwjjna^)- 
;^(ä»v)  vor.  Ich  lese  nach  dem  Faksimile:  öicc  [rjcbv  «(tto)  2oKvoTc(^aiov) 
NijGov  (der  Abkürzungsstrich  über  a  ist  weggebrochen)  und  verweise  zur 
Stütze  auf  den  ähnlichen  Passus  in  BGÜ  I  201:  6r](iooio)v  öia  twi'  anb 
<I>iXon(^(iroQog). 

Auch  S.  91  oben  7  ist,  wie  GH  schon  für  S.  92  und  andere  Stellen 
bemerkt  haben,  '^varä  statt  ^£örc5  zu  lesen.  Es  bezeichnet  das  „abgestrichene" 
Mafs.  Die  von  K.  vorgeschlagene  Erklärung  von  'E,eöv(p  als  a  mcasure 
containing  one  '^sa trjg  (ebenso  S.  XI)  wäre  sprachlich  unmöglich.  Es 
ist  aber  überall  IikTtm  zu  lesen.     Vgl.  Ostr.  I  769^ 

S.  92  c,  4/5  1.  ^Ayyp-TtLV.  Der  Name  ist  mir  sonst  als  AyyßicpLg  be- 
kannt.     Ebenso  a  5  ^Aiv/Giiniv).     Es  ist  dieselbe  Person. 

S.  93,  12  mufs  hinter  dg  der  Name  des  Steuerzahlei'S  stehen.  Der 
Artikel  davor  ist  ausgeschlossen.     Lesung  unsicher. 

S.  94  oben  9/10  1.  Ilariio^iv)  Marast  statt  naxiG^axag.  Der  zweite 
Name,  der  auch  in  CPR  I  33,  18;  239,  3  im  Genetiv  Maxusixog  begegnet, 
erinnert  mich  an  das  koptische  M(\TO  I  (Soldat).  Ist  er  vielleicht  die 
faijümische  Form  davon? 

S.  95,  22.  Es  ist  für  die  Auffassung  von  den  öri^ÖGLOi  yscoQyol  von 
Bedeutung,  dafs  hier  ein  isQsvg  die  Abgabe  örj^(^o6icov  yscaQy&v)  zahlt.  Dafs 
wirklich  ein  Priester  zugleich  dTjßoötog  yscoQyog  sein  konnte,  wird  durch 
S.  34,   204    bestätigt,    wo    ein  [e{QEvg)  ötj^iioatog)  y^EcoQyog)  begegnet. 

Die  Urkunden  auf  S.  95  —  98  aus  der  Zeit  des  Augustus  sind  dadurch 
besonders  wichtig,  dafs  sie  uns  den  Geschäftsgang  der  kaiserlichen  Thesauren 
vor  Augen  führen.     Vgl.  Ostr.  I  657^  661  ff.,  701. 

S.  96/7.  Mit  dieser  Urkunde  ist  Rev.  L.  App.  II  3  (aus  dem  III.  Jahrh. 
V.  Chr.)  zu  vergleichen. 

S.  97,  3/4  glaubte  ich  am  Original  zu  erkennen  rik[kcov\  \  ijyovjxivav 


1)  Ich  habe  früher  bei  dem  Srf  ähnlicher  Urkunden  zwischen  Si][iÖ6ioi  und 
Sr^yböxui  geschwankt.  Dafs  ersteres  richtig  ist,  zeigt  jetzt  BGU  III  802  IX  13  if., 
wo  in    ähnlichem   Zusammenhange    dr}iioaicov   ausgeschrieben  ist    (vgl.   auch  BGU 

I  201).     Sie   zeigt  zugleich,  dafs  ich   mit  Recht  einen  Gegensatz  zu  den  xäroiKoi. 
in  BGU  G4  gesucht  habe.     S.  nächste  Anmerkung. 

2)  Dafs  öriiiÖGiog,  abgesehen  von  seinen  anderen  Bedeutungen,  auch  für  öi]- 
ftoff/og  ytoiqyög  stehen  kann,  ergiebt  die  Vergleichung  von  CPR  1  33;  BGU  I  201; 

II  598;  G5y  II. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  145 

(j  korrigiei*t),  wo  Kenyon  liest:  aX\k(ov  xmv  itu\  \  Q\a\y£vq^iiv(av.  Vgl.  Ostr. 
I  662.  Faksimile  ist  nicht  beigegeben.  Danach  würde  riyoviievoL  hier  eine 
allgemeine  Bezeichnung  für  die  Beamten  sein,  zu  denen  auch  der  Toparch 
und  der  Dorfschreiber  gezählt  werden.  Dagegen  hat  'r]yovii£vog  eine  prägnante 
Bedeutung  in  Zusammensetzungen  wie  iiyov^evoq  Kc6jii>/g,  i'jyoufifvot  tcQscov  etc. 

Ist  in  Z.  9  vielleicht  die  Lesung  ;ri;ploi)]  2vQLaKov  nQcorov  möglich? 
und  in   10  vor  der   Summe   öavsiov? 

Diese  Quittungen,  die  die  Sitologen  sich  nach  Z.  10  von  den  ötjixoOcoL 
yscoQyOL  ausstellen  lassen  sollen,  sind  eben  jene  Aussaatquittuugen ,  die  uns 
in  der  Berliner  Sammlung  so  zahlreich  erhalten  sind.  ^)  Gerade  dieser  Lon- 
doner Papyrus  war  mir  ein  Beweis  dafür,  dafs  jene  Aussaatquittungen  von 
nicht  privaten   ysioQyol  geschrieben  sind.     Vgl.  auch  unten  S.  148  f. 

S.  98,  1  ergänzt  K.  mit  Rücksicht  auf  die  uqo.  yr]:  7jyou^£v[og  lEQiciv\^ 
was  mir  sehr  unwahrscheinlich  ist.  Es  ist  hier  ein  höherer  weltlicher  Posten 
zu  erwarten^),  denn  wenn  auch  die  teQcc  yi]  gleichfalls  in  Betracht  kommt, 
so  handelt  es  sich  doch  vorwiegend  um  kaiserliche  Domäne,  und,  was  die 
Hauptsache  ist,  auch  das  Tempelland  steht  ja  in  Ägypten  in  könig- 
licher Verwaltung,  wie  für  die  Ptolemäerzeit  durch  P.  Par.  63  nahe- 
gelegt wird,  für  die  Kaiserzeit  jetzt  aber  unumstöfslich  der  vorhergehende 
Text  auf  S.  96  zeigt. 

In  Z,  3  möchte  ich  yQa^\ax(tvq)  (Jrj(jito()/cai')J  yzMQy&v  ergänzen, 
womit  S.  31,  94  zu  vergleichen  ist  und  oben  8.  138.  Jedenfalls  handelt 
es  sich  um  öffentliche,  nicht  um  private  yecoQyoL  —  Z.  5  ist  gewifs  TtaQ^cc 
(pavarov^  zu  ergänzen.^)  —  Z.  7/8  lese  ich  y£(OQyoi[^s  f^s]  |  Sc(V)ja  (= 
öccvsia)  statt  y£co^yor[g]  |  nXeiva.  —  Z.  10/11  trenne  ß<x]\6iXcK0v.  —  In 
Z.  12  ist  sehr  zu  überlegen,  ob  statt  [ßia]  nicht  [xal]  zu  ergänzen  ist.  Das 
erstere  könnte  nur  bedeuten,  dafs  der  Stratege  vertreten  sei  durch  den 
kaiserlichen  Sklaven,  was  mir  unwahrscheinlich  ist.  —  Z.  13  lautet  die 
Zahl  x^^tL  (697%),  nicht  x^tLC 

Auch  der  Text  auf  S.  99  ist  von  grofsem  Interesse:  die  Quittung  eines 
Steuermannes  eines  öffentlichen  Faln-zeuges,  durch  die  er  bekundet,  vom 
Sitologen  zum  Transport  nach  Alexandrien  so  und  so  viele  Artaben  Weizen 
empfangen  zu  haben.  Ähnliche  Quittungen  eines  vavKkrjQog  aus  dem  18.  Jahre 
des  Ptolemaios  V.  besitzen  wir  in  P.  Petr.  II  48,  die  gleichfalls  von  den 
Sitologen  ausgestellt  sind.*)  Vgl.  auch  Oxy.  I  63,  BGU  III,  802  und 
P.  Petr.  II  20.  Ln  einzelnen  bleibt  noch  manches  dunkel.  Z.  2  Anfang 
wird  ccQzdßag  x  zu  ergänzen  sein,  die  Artabensumme ,  die  das  Schiff  zu 
tragen    fähig    ist.  ^)      Gegen    Ende    wird    üinrog    (für   Sextus)    zu    verbinden 


1)  Vgl.  Viereck,  Hermes  30,  lll/'i. 

2)  Dem  Range  nach  würde  hier  der  rjyov^L£vog  tov  arQccrry/ov  passen,  der 
jetzt  durch  Oxy.  II  294,  19  bekannt  wird. 

3)  In  diesem  ^avatog  IlQlaxov  KaiaccQog  sieht  jetzt  auch  Kenyon  einen  kaiser- 
lichen Sklaven.  Vgl.  Ostr.  I  662.  Auch  in  BGU  I  102  wird  KcäauQog  {Sovlog) 
zu  verstehen  sein. 

4)  Der  in  Ostr.  I  653  als  möglich  zugestandene  Einwand,  der  Steuererheber 
habe  sich  vielleicht  das  Getreide  nach  dem  Thesauros  transportieren  lassen,  ist 
abzuweisen.  Vielmehr  tritt  ims  auch  hier  der  Sitologe  als  der  Magazinbeamte 
entgegen,  der  das  Getreide  zum  Transport  nach  Alexandrien  (vgl.  Z.  24)  dem 
VDcvKlriQog  übergiebt. 

5)  So  lese  ich  in  P.  Petr.  II  20   IV  14  (vgl.  4/5):   Xs^ßov  {aQtaßwv)  %  (900) 
Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  1.  10 


146  II-  Referate  und  Besprecliungen 

sein.^)  Der  Titel  vor  keyuovog  in  3  ist  noch  zu  entziffern;  jedenfalls  steht 
nicht  a6i](iov  da,  auch  ist  der  militärische  Titel  sicher  nicht  mit  K.  auf  den 
Steuermann,  sondern  auf  seinen  Vertreter  ((Jia),  jenen  Sextus  Atinius  zu  be- 
ziehen. —  Das  Getreide  wii-d  verladen  iitl  tov  Ka[ta  IlvoXs^^aLÖci  [oojitjov. 
Wenn  K.  meint,  dafs  damals  zur  Zeit  des  Augustus  sich  hieraus  noch  nicht 
der  Ortsname  IlTolsfiai;  "Ogfiog  entwickelt  habe,  so  hat  er  P.  Petr.  II  28 
(I)  8  übersehen,  der  aus  dem  III.  Jahrh.  v.  Chr.  stammend,  schon  UxoXe- 
jttaig  "ÖQ^og  als  Dorfnamen  erwähnt.  Trotzdem  sagt  man  auch  damals  bei 
Verladungen  inl  rov]  Kara  nro[k]£ficiLÖa  uq^ov,  wie  ich  nach  Obigem  in 
P.  Petr.  II  48,  3  (Zeit  des  Epiphanes)  ergänzen  möchte. 

In  Z.  12  haben  GH  xalKS^XoTcp  (=  xalK}]Xcir(p)  vorgeschlagen.  Ich 
glaube  iaX%eiXdx(p  zu  erkennen. 

Nach  Z.  10  wird  man  jetzt  in  P.  Petr.  II  48,  8  ergänzen:  x£K[o(rxii£i;- 
^ivovj  ebenso  in  Z.  17,  wo  ich  am  Oidginal  hinter  %ci&aQov  noch  ein  %  sah. 
Dafs  ebendort  Z.  10  %al  ov&sv  ivxaXco  zu  lesen  ist,  wo  Mahaffy  nai,  ad'rj- 
vicov?  KceXag  las,  ist  schon  in  Ostr.  I  653"^  angemerkt  und  wird  jetzt 
dui-ch  die  obige  Urkunde  Z.  17  bestätigt. 

Das  syrische  Getreide,  das  hier  und  in  der  vorhergehenden  Urkunde 
begegnet,  bedarf  noch  der  Aufklärung.  Kenyon  hält  es  für  com  of  fite 
Syrian  Jdnd  grown  in  tJie  Ärsinoite  nomc. 

S.  100  oben  2  lese  ich:  JiovvGLa8[og  y]£V)j|u.(aTog)  §^ .  —  Ebendort 
unten  Z.  1  scheint  mir  Tftf-  an  der  Spitze  einer  Naturalquittung  unwahr- 
scheinlich.    Sollte  nicht  ^Efisr^Qi^KSv)  dastehen?     Faksimile  fehlt. 

S.  101  An.  6  ergänzt  K.  richtig  ^ETQrjao^sv  in  BGU  II  414  statt  des 
yiarE%coQlGa(iEv  des  Herausgebers,  wie  auch  ich  schon  in  den  Addenda  zu 
BGU  II  S.  356   angemerkt  habe.     Zur  Sache  vgl.  Ostr.  I  666. 

Es  folgen  die  Arbeitsquittungen  über  die  fünftägigen  Frohnarbeiten 
an  Dänamen  und  Kanälen,  die  Kenyon  sachkundig  erklärt  hat.^)  Vgl.  auch 
Ostr.  I  338  ff. 

Auch  hier  genügen  nicht  die  Angaben  des  Herausgebers  über  die  ver- 
schiedenen Hände.  Die  Photographien  zeigen,  dafs  die  Arbeitsquittungen 
auf  Vorrat  geschrieben  wm-den,  so  dafs  nur  der  Name  des  Arbeiters  (von 
zweiter  Hand)  eingefügt  zu  werden  brauchte.  Meistens  folgt  dann  noch 
von  dritter  Hand  die  Subskription  des  Beamten.    Lii  einzelnen  bemerke  ich: 

S.  104   oben   6   lies   üaTtod'i.g  (?)  Ma^aaovr( .  .)   st.  TlaTtstg  MaQaöov^. 

S.  104  Mitte  4  1.  Ecog  MEöOQrj  st.  £ig  MtöOQi].  Zu  dem  Einschiebsel 
firj  7t()oaxQii'j6rj  ktX.  vgl.  Ostr.  I  79  und  dazu  S.  820.  —  In  Z.  8  wird  statt 
7]  die  aus  dem  Demotischen  übernommene  Abkürzung  1  für  (itjtQog  stehen. 
Jedenfalls  ist  TEKici6io(g)  der  Muttei'name. 

S.  105  Mitte  4  liest  K.  iv  t('»j)  'ETtayia&co?)  (Lesung  t?;  sicher  nach 
S.  106,   Mitte  6):    evidcntly    a   place    name.     Ich    möchte    den    regelmäfsig 


i(p'  ov    Kv(ß8QV'^rrig)    Tiqxis   statt  Mahaffys    F  r|l  E(pov   fiysQrig.     Vgl.    auch    BGU 
III  802  XII  13.  ' 

1)  So  jetzt  auch  GH  in  Oxy.  II  276,  die  aufserdem  nach  dem  Oxy.  davor 
iTtinX\o^v  erkennen. 

2)  Wenn  K.  es  vermifst,  dafs  der  Herausgeber  von  BGU  II  593  die  Ab- 
kürzung von  ;^tojiaTMj'  nicht  erkannt  habe,  so  mufs  ich  bemerken,  dafs  sie  hier 
thatsüchlich  nicht  vorkommt.  Nach  einer  von  Krebs  mir  geschickten  Abzeichnung 
der  schwierigen  Stelle  glaube  ich  v(ntQ)  avc^ißoX&v)  zu  erkennen. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  147 

folgenden  Gottesnamen  Eonvonatov  dazunehmen  und  verbinden:  iv  xT]  „'jEtk' 
ccyK^ü  Sovivonaiov^''^  wozu  öicoQvyi  oder  ähnliches  hinzuzudenken  ist.  Dieser 
fromme  Wunsch  ist  jedenfalls  für  einen  Kanal  oder  dergl.  im  Gebiet  von 
ZonvoTtaiov  NT]6og  ein  sehr  passender  Name.  Was  ich  in  Ostr.  I  338  über 
die  Berechtigung  des  Tempels,  Frohnarbeiten  aufzulegen,  aus  dieser  Gruppe 
geschlossen  habe,  wird  jetzt  durch  das  iv  rfj,  das  ich  damals  noch  nicht 
kannte,    hinfällig.   —  In   Z.  7    steht   vor  Ta%icc6io(g)   wieder  die  Abbreviatur 

fÜl'    fii^T^OJ. 

S.  105  unten  5:  zu  KElievö&etöav)  vgl.  Ostr.  I  822.  —  Z.  8  Teoieag 
ist  der  Muttername  (Femininum  von  'EQiicog). 

Zu  8.  106  unten  5/6   vgl.  BGU  I  264   (Corrig.). 

S.  108,   15   1.   Uavsavsvg  statt   TlaTtEGrQEmg. 

S.  109,   20   1.   yiQÖig   st.   yEQÖiog. 

S.  110  oben  3  ist  Kenyon's  Ergänzung  ^HgaKlksiag]  unrichtig,  denn  dies 
Praktorenkollegium  gehört  nach  Apias,  wie  der  nächste  Text  zeigt.  Auch 
verlangt  der  Zusammenhang  hier  den  Namen  des  Steuerzahlers,  also  'Hqk- 
rX]st6i]g,  oder  vielmehr  nach  den  Schriftspuren:  'Hoax\X^ei[ö'i}g\.  — 
Z.  4  erklärt  K.  agid-f  xar  vkov  als  ccQi&^firjrixbi')  xav  oixov.  Es  ist  viel- 
mehr zu  verbinden:  aQL&f.i(r]riKOv)  %axv%ov  (=  xßTotxroi').  Vgl.  Ostr. 
I  351.     Entsprechend  im  folgenden  Text. 

S.  110  unten  6 :  '/^cilv,Lv(^i]v)  f  .  Grenfell-Huut  postulieren ,  dafs  ^  hier 
nicht  für  5,  sondern  für  6  Obolen  stehen  müsse,  da  die  ^akKivr]  6  Obolen 
habe.  Ich  erkläre  so:  „eine  Kupferdrachme  (von  6  Obolen)  und  5  Obolen". 
Vgl.  Ostr.  I  735  und  821. 

Mit  S.  111  oben  ist  jetzt  BGU  748  II  zu  vergleichen. 

S.  113,  4  1.  aQid'{(x,rj6s(og)  MsGo^qt})  statt  .  .  Me6'\  —  5  1.  Zara- 
[ß]ovTog  st.  2a^[ß]ovrog?  —  6  1.  leQsvg  st.  iSQeiag. —  Wichtiger  ist  Z.  7 
IgKQiösa^g)  st.  ig  KQt,aeci).  Über  die  priesterliche  Abgabe  des  sianQiriKou 
vgl.  Ostr.  I  185.  Das  folgende  Wort  ist  vielleicht  tQscav  zu  lesen.  —  8.  1. 
ä^  {=  xEtaQTOv  Exovg)  st.  dQ.  Den  Schlufs  der  Zeile  lese  ich:  nigogöta- 
yQa(p6(iEva)  a -^  ^  {=1  Dr.  lYg  Ob.),  G^v^ßoliKOv)  [^  (=  3  Öbol.).  — 
9  Anfang  scheint  eq^ov  zu  stehen  st.  ßv^iß.  Lesung  unsicher.  Wenn 
richtig,  so  würde  wohl  ^Eq^ov  hier  in  Parallele  zu  dem  vorhergenannten 
ZoKvoTtalov  Q'EOv  stehen.  Den  Schlufs  dieser  Zeile  lese  ich:  n\qog8ia- 
yQc<g)6fiEva)  p  ,  a{v(A,ßokiKov)  <\   (=  ^^  Oh.). 

S.  114  oben  6  1.  ielqiö^^ov)  st.  %EtQtö  (=  xeiqlov  p.  XXXIII). 

S.  114  unten  3  (ohne  Faks.)  wird  aQt&^^iqöEcog)  Qacocpi  öüyiQccipsv) 
oder  ähnlich  zu  lesen  sein  statt  ccficpEcpiöag.  Aber  was  ist  öiy)  in  4V  Zu 
der  ETfiötaxLKov-Ahgdihe  vgl.  Ostr.  I  366. 

S.  115,  6  ist  der  Name  der  Steuer  verstünuiielt.  Die  Ergänzung  ')(^]co- 
(idxav  wiixl  von  K.  mit  Recht  in  Zweifel  gezogen  wegen  der  Summen.  Man 
könnte  auch  an  6^co(iuxcov  im  Sinne  von  „Sklavensteuer"  denken.  Vgl. 
Ostr.  I  304.  —  Z.  8  (OKxoo/tß.  Dazu  Kenyon:  anxco  written  hy  mlstake, 
the  real  numher  heing  t/3,  which  follows.  Nein,  es  folgt:  —  ''ß  =  12  Obolen. 
Also  all  riglii.  Dafs  die  Obolen  nicht  zu  Drachmen  verrechnet  werden,  koimnt 
oft  vor. 

Der  zweite  Text  auf  S.  116  bietet  grofse  Schwierigkeiten.  The  hulh 
of  ilie  (locnment  still  awaits   elncidafion.     Ich   glaube,   es   handelt  sich  hier 

10* 


148  IT-   Referate  und  Besprechungen. 

um  die  Behandlung  von  konfiszierten  Vermögen:  v7zc4Q')(^6vrcov  (so  wird 
statt  VTtaQiov  tcov  zu  lesen  sein)  yEVi]^ccroyQ(aq)OVfxivo}v)  oder  ysvrj^aroyQiacpri- 
d-ivrav)  nQog  rbv  vrjg  ÖLOLürjöscog  köyov.  Zu  dem  rätselhaften  ysvrjiiaroyQa- 
cpetv,  dessen  Etymologie  uns  nicht  weiter  hilft,  bemerke  ich  folgendes.  In 
BGÜ  I  282,  19  wird  als  Grenze  angegeben  ein  yevr]^aroyQa(povn[e]vog  iXaiav 
TCQOtEQOv  Aoyytivov  Fe^iXlov.  Dieser  Olivengarten  war  also  frülier  Privat- 
eigentum, ist  es  jetzt  aber  nicht  mehr,  ist  also  öffentliches,  wohl  kaiser- 
liches Eigentum  geworden.  In  BGU  I  291,  14  ff.  beklagt  sich  eine  Frau, 
dafs  jemand  ihre  Oliven  rauben  wolle,  indem  er  vorgebe,  avx[ovg  ijjt  xov 
dtj[jU.o](?tO'u  icovTjcT'ö'at ,  ^iri8mo\x\e  \y£vri\^\ci\xoyQC(q)y]\ß-iv\xog  \xov  iXaiävog 
(oder  ähnl.).  Auch  hier  tritt  deutlich  der  Gegensatz  des  privaten  und  des 
öffentlichen  Eigentums  entgegen.  Der  Mann  behauptet,  die  Oliven  von  der 
kaiserlichen  Verwaltung  gekauft  zu  haben,  „während  der  Garten  doch  nie- 
mals der  ysvrjjxaxoyQCKpla  verfallen  war".  Also  verliert  er  dm-ch  das  yEV}]i.iaxo- 
yqacpelGd'aL  den  privaten  Charakter  und  wird  öffentlich.  Wäre  BGU  II  599 
vollständig,  würden  wir  weiterkommen.  Es  scheint^),  dafs  hier  ein  Grund- 
stück von  Leuten,  die  für  einen  kaiserlichen  Pächter  Bürgschaft  übernommen 
hatten  und  dem  Staate  gegenüber  mit  in  Schulden  geraten  waren,  dafür 
der  y£vr]^caoyQctq)la  verfallen  war.  Der  Staat  wird  sich  also  an  die  Bürgen 
gehalten  und  ihre  als  Unterpfand  bezeichneten  Güter  konfisziert  haben. 

So  handelt  es  sich  wohl  auch  in  dem  obigen  Londoner  Text  um  Ver- 
mögensobjekte, die  auf  Rechnung  der  kaiserlichen  Sioinypig  konfisziei't  worden 
sind.  Das  Merkwürdigste  kommt  aber  nun  erst:  diese  Güter  scheinen  darauf 
versteigert  zu  sein  (vgl.  neKVQ&ßd-ai)^  und  nach  Erlegung  des  Kaufpreises^) 
heifst  es  dann:  wQLö&rj  TtQogodov  rivog.  Dainit  ist  zu  vergleichen  BGU  I  49, 
wo  der  i7tix(7]Q}-jTrjg)  yevri(jL(^axoyQag)ov(i£va)v)  —  so  oder  in  der  Aorist- 
form möchte  ich  statt  y£vr/fi(arcov)  ergänzen  —  v7TaQ')(^(6vxcov)  Kco^rjg  Nsilov- 
7rdA(£03g)  vtieq  TtQogoöcov  vTtaQyovxcov  xTjg  TtQonsi^Evyjg  iTtixrjQ^^rjöyecog  so  und 
so  viele  Drachmen  zahlt.  Auch  in  BGU  II  599  steht  nach  obiger  Ergänzung 
die  TtQogodog  in  Verbindung  mit  den  konfiszierten  Gütern.^)  Vgl.  auch 
BGU  I  61,  9. 

Man  sieht  wohl  überall  Zusammenhänge,  aber  es  ist  sehr  schwer,  von 
diesen  Andeutungen  zu  klaren  Ansichten  zu  kommen.  Ich  möchte  eine 
Vermutung  wagen,  die  ich  hiermit  zur  Diskussion  stelle. 

Das  konfiszierte  Land,  das  vom  Staat  an  einen  Privatmann  verkauft 
wird,  und  darauf  mit  einer  Abgabe,  die  als  TCQogoöog  bezeichnet  wird,  belegt 
wird,  ist  jene  vielumstrittene  TtQogööov  yrj    (vgl.   oben   S.   138^).*)      Die  Er- 

1)  Ich  schlage  mit  Vorbehalt  folgende  Ergänzungen  vor:  7[ ]vg  ZcxQa- 

Tciavog  vTtalXd^avros  ^xi  ■näXai  (vgl.  BGU  II  362  IX  12)  [tag  Kh(pä.X](ovog  yiccl 
jdbida  — y£vo[\Jbivai%>  o]v6iDc%(bv  fiLC&on&v  ^laicovog  (ccQOVQocg)  y  \n£q\  xwftJTjv 
Ei)r}utQtiav   (st.  svrj^eQaiuv)   y.al  tüv  Ttagl   rbv  K£\[cpcilcov(x  6v]vocpail[r}]ao:vra)v 

TfQog   rovg   (poQOvg  rjjg   \ ]   tkxI    yivrj^atoyQcccpTq&^vrcov ,   r;  7tQ6g\odog   KtX. 

Hier  bezieht  sich  das  Participium  auf  die  Personen,  nicht  auf  das  Grundstück 
wie  oben.     Nachher  ist  vom  i'Stog  Xöyog  die  Rede. 

2)  Mutä  —  Si,ciyQ{cccpi]v)  ri]g  raijiijg  xai  täv  tokcov.  Was  das  für  Zinsen  sein 
sollen,  verstehe  ich  nicht.  Ist  vielleicht  ^nl  rcav  roncov  gemeint  statt  xorl  räv 
TÖKOJv'^     Vgl.  BGU  II  462. 

3)  Ich  weise  noch  auf  die  Ähnlichkeit  des  Londoner  Textes  mit  BGU  II  619 
hin.     Vgl.  I  1   dQi]G&tTa(xv  TtQogodov  und  4  xar'  ayvoiccv. 

4)  Oder  allgemeiner  7rposd(Jou  vTrap^^of,  Plural:  jrpogod'ajv  vnäqiovra.  So  fasse 
ich  Z.  13  des  Lond.  auf,  BGU  I  61,  9  etc. 


Ulrich  Wilcken:  rapyrus-Urkundcu  149 

Werber  desselben  sind  nur  die  festen  Besitzer  der  gekauften  Güter,  während 
das  Eigentumsrecht  dem  Kaiser  verldeibt,  denn  sonst  würde  der  Käufer  ja 
die  übliche  Grundsteuer  zu  bezahlen  haben,  und  so  vergleiche  ich  diese 
TtQogodov  yi]  dem  römischen  agcr  quaestorius  (vgl.  Marqu.  II  S.  181/2),  und 
die  TfQogoöog,  resp.  die  TtQogoömd  (CIGr  III  4957,  26)  den  vedigalia  des  agcr 
quaestorius.  Aus  der  Abhängigkeit,  in  der  die  Besitzer  der  nqogöSov  yr] 
auch  nach  dem  Kauf  im  Verhältnis  zum  Staat  bleiben,  erklärt  sich,  dafs 
sie  ähnlich  wie  die  drmÖGioi  yEcoQyol  die  Aussaat  vom  Kaiser  erhalten  (s. 
oben  S.  145),  und  dafs  die  TtQogoöov  yi]  nach  wie  vor  zur  kaiserlichen  Sloi- 
Krjöig  gehört  (vgl.  BGU  I  20). 

Hieraus  ergiebt  sich  eine  neue  Interpretation  eines  Abschnittes  im 
Edikt  des  Ti.  Julius  Alexander,  der  mir  bisher  unklar  war.  Der  Statt- 
halter sagt  Z.  26:  iverivx'Q'rjv  6s  Kai  tieqI  r&v  axeXeLav  Kca  xoviporsleiav, 
iv  alg  iöriv  Kai  xk  TiQogodtncc.  Über  das  erstere  Thema,  aTEksia  und  xovcpo- 
riXeta,  handelt  er  von  Z.  26 — 29  bis  zu  den  Worten  xr\Qov^ivy]g  avxolg  xrig 
ccTslsictg  Kai  aovcpoxeleuig.  Wenn  er  in  dem  folgenden  Abschnitt,  Z.  29 — 32, 
bestimmt,  dafs  die  Käufer,  die  vom  Kaiser  etwas  gekauft  haben,  xa  Ka&ij- 
Kovxa  zahlen  sollen,  und  nicht  ixcpoQta,  wie  vorübergehend  dekretiert  war, 
so  scheint  mir  aus  der  ganzen  Disposition  zu  folgen,  dafs  diese  xaO'jj- 
Kovxa  eben  die  TtQogodiKcc  von  Z.  26  sind,  die  hier  ihre  Erledigung  finden. 
Es  pafst  durchaus  zu  der  obigen  Deutung,  wenn  der  Statthalter  sagt 
(Z.  31):  äÖLKOV  yaQ  Igxi  xovg  Mvrjßa^evovg  Kxrj^ctxa  Kai  xi^ag  avxav  ano- 
Sovxag j  ag  örjfioötovg  yecoQyovg  ir.cpoQia  anaixnGd'aL  x&v  i8i(ov  eöaq^&v^), 
woraus  zu  entnehmen  ist,  dafs  jene  vectigalia  (TtQogoöina)  mäfsig  bemessen 
waren  (vgl.  auch  Z.  26),  niedriger  als  die  sKcpogca.  Man  mufs  nur  an- 
nehmen, dafs  es  sich  um  Käufe  vom  Kaiser  handelt,  wie  ich  schon  oben  vor- 
wegnahm, und  das  steht  auch  im  Edikt,  wenn  man  nur  eine  an  und  füi*  sich 
naheliegende  Emendation  ausführt,  nämlich  in  Z.  31  TtQad-evtav  statt  irga^- 
■d'Evxav  liest,  also:  VTtSQ  6e  x&v  ek  xov  KaiöaQog  koyov  TtQa&ivxcov.  Diese 
Emendation  ist,  wie  ich  nachträglich  sehe,  auch  schon  von  Rudorfl'  gefordert, 
aber  von  Franz  nicht  aufgenommen  worden.  Erst  hierdm-ch  wird  aber  der 
Abschnitt  verständlich,  und  hierdurch  ist  auch  der  volle  Anschlufs  an  die 
obigen  Ausführungen  erreicht. 

Zu  Z.  8/9  des  Londoner  Textes  bemei-ke  ich  noch,  dafs  das  unver- 
ständliche iTtiSedcoKoat  wohl  durch  falsche  Auflösung  eines  Eitt'^  der  Vorlage 
entstanden  ist.     Es  kann  nur  iTtcöo&ELGaig  heifsen. 

Die  folgenden  beiden  Texte  auf  S.  117 — 119  sind  für  die  Geschichte 
der  TtQaKxoQia  von  grofser  Bedeutung.  Vgl.  Ostr.  I  286,  373,  6060".,  613, 
619,  647  und  11  \  605ff.,  645f.     Im  einzelnen  bemerke  ich: 

S.  117/8,  10  1.    'Em  (=  ETtsl)  6vvE6tayMiiEv  statt  ETtiövvsßxaKa^Ev. 

S.  119,  17  erklärt  K.  das  iaiQi]yovv  xag  %aQxag  des  Papyrus  mit  lOJQri' 
yovvxog  xag  'i-  Das  ist  unmöglich,  da  es  6  %aQxr]g  heifst.  Also  liegt  Ver- 
schreibung  für  x'(oyQr]yovvt<^oyg  %.  vor.  —  Durch  die  richtige  Lesung  [aüjrro 
6  in  Z.  18  hat  K.  die  Schwierigkeiten  beseitigt,  die  mir  nach  flüchtiger 
Kopie  aus  Jrtog  erwachsen  waren  (Ostr.  I  608). 

1)  Wenn  der  Statthalter  hier,  veranlafst  durch  den  Gegensatz  zu  den  drr 
(iöffto/.  yecoQyoi,  die  fremdes  Land  bebauen,  von  den  i'Sia  idäcpi]  der  Käufer 
redet,  so  steht  das  auf  einer  Stufe  mit  der  Bezeichnung  des  ager  quaestorius  als 
ager  privatus  vectigalisque.     Beides  ist  nur  prekäres  Eigentum. 


150  II-   Referate  und  Besprechungen 

Es  folgen  amtliche  Abrechnungen  über  Zahlungseingänge.  Die  in  der 
grofsen  Liste  S.  122  if.  genannten  Personen  zahlen  in  natura  füi-  die  Arure 
1 — 2  Artaben  Weizen,  dazu  die  uns  neue  dr/^oiviy.ia  nebst  dem  Zuschlag  jt^og- 
(jii£r^ouft£vov)  (vgl.  oben  S.  143);  aufserdem  in  Geld  füi"  vcivßiov^\  für  ein 
noch  unerkläi-tes  sva  und  den  Zuschlag  nQoqiÖLayQacpö^iBvov).  Hier  ist 
noch  das  meiste  dunkel  (Faks.  fehlt).  Kenyon  hält  die  Zahler  für-  öffent- 
liche Pächter  und  die  Naturalabgaben  von  1 — 2  Artaben  für  die  Rückzah- 
lung der  vorgeschossenen  Aussaat.  Das  ist  jedoch  sehr  unsicher.^)  Zu 
beachten  ist,  dafs  zweimal  vor  dem  Arurenzeichen,  wo  sonst  meist  %'"  steht,  x^T^t 
gesagt  ist  (Z.  27,  33).  Ich  vermute,  dafs  dies  %"'  (trotz  Z.  55)  für  vMTOiY.og 
steht.  Das  erklärt  auch  BGU  342.  Über  die  öiioivi-du  werden  wir  erst 
Klarheit  haben,  wenn  Kenyon  uns  auch  P.  Lond.  372  mitgeteilt  haben  wird. 

Die  Natural-  und  Geldabgaben  werden  in  den  von  2.H.  geschi-iebenen 
Schlufssummen  als  ^ti^xQri^axci)  und  aQ(^yvQLv,a)  unterschieden,  denn  so 
dürften  die  Gruppen  ft'  und  rp",  was  wohl  verlesen  ist,  zu  deuten  sein.  — 
In  Z.  30  und  71  ist  wohl  jit  nui-  ein  Versehen  für-  v.  Es  kann  nur 
vi^avßiov)  gemeint  sein.  —  In  Z.  34  steht  wohl  rfjg  avxi^rig^  statt  vy]  firjt. 

Grofse  Schwierigkeiten  bietet  auch  die  folgende  Liste  (S.  124/7),  auf 
deren  Erklärung  Kenyon  verzichtet.  Es  mögen  etwa  Auszüge  aus  dem 
Tagebuch  von  Sitologen  sein.  Jedenfalls  wird  hier  gebucht,  wieviel  Weizen 
Tag  für  Tag  eingegangen  ist.  Die  Hauptschwierigkeit  bieten  die  Abkürzungen 
am  Beginn  der  einzelnen  Posten.  Ich  gehe  aus  von  Z.  80:  töto'^.  Das 
kann  nur  16 LOK(trjrov)  seil,  yfig  sein.  Folglich  werden  sich  auch  die 
anderen  Abkürzungen  auf  die  verschiedenen  Arten  von  Ländereien  beziehen. 
Danach  schlage  ich  vor:  i/  =  rin^ciqov)^  dt"'  =  SioiinriGBOig),  aiy^  =^ ar/L^alov) 
(so  auch  K.).  Zu  QiXo^  vlg.  BGU  I  210,  3;  262,  3.  Das  ^^  in  den  Schlufs- 
summen ist  i)fx(^eQag). 

Sehr  interessant  sind  die  folgenden  Abrechnungen  über  die  Abgaben 
verschiedener  Güter  (S.  127/8).  Neu  ist  mir,  dafs  Gai-fcen-  und  Gemüseland 
sowohl  bei  der  Grundsteuer  (yEafxsrQia,  vgl.  Ostr.  I  147ff.,  173ff.,  313ff.) 
wie  auch  bei  der  cmö^oiQa,  die  hier  auch  für  die  Kaiserzeit  bezeugt  wird 
(vgl.  Ostr.  I  157 ff.),  halb  so  hoch  wie  Rebenland  besteuert  sind.  Im  ein- 
zelnen bleibt  auch  hier  manches  dunkel.  In  b,  11  1.  naXdixoi^v^  'ElXiq- 
{yiKOv)  nach  BGU  HI  776,  10.  So  ist  auch  BGU  H  619,  19  zu  lesen: 
YMläi^^ov)  ^EX(^Xi]vi,'/iov)  statt  des  unmöglichen  i}.{at&vog).  Den  Gegensatz 
bildet  das  indische  Rohr  auf  S.  265   (KaXd(iov  ^Ivöikov). 


1)  Die  Abgabe  vtcIq  vKvßiov  betrachte  ich  als  eine  Geldablösung  für  die  an 
dem  Boden  haftende  Verpflichtung  zu  Erdarbeiten.  Vgl.  Ostr.  I  259  ff.  In  BGU  II  .572 
möchte  ich  jetzt  das  T  nicht  in  TrtrTTjxocrTj,  sondern  in  v{cc'vßLov)  auflösen. 

2)  Er  geht  aus  von  dem  Nachweis  Vierecks,  dafs  die  Aussaat  1  Artabe  für 
die  Arure  betrug,  wobei  er  freilich  die  höheren  Sätze  von  ly»  und  2  nicht  er- 
klären kann  fS.  121).  Ich  habe  schon  in  Ostr.  I  777  darauf  hingemesen,  dafs 
jener  Satz  von  1  Artabe  bisher  nur  für  die  ß(xailty.i)  yfj  nachgewiesen  ist,  dafs 
dagegen  in  BOT"  512  für  die  ^tXadt^^cpov  ovcia  und  die  TTQoaöSov  yr)  geringere 
Sätze  begegnen.  —  Die  Vergleichung  mit  BGU  I  20  bestärkt  mich  übrigens  darin, 
in  der  'Inladtkcpov  ovcia  Tempelland  zu  sehen:  es  sind  die  Äcker,  die  einst  der 
Göttin  Philadcli)hos  gehörten.  Die  ovaia  konnte  sich  bis  in  die  Kaiserzeit  er- 
halten, da  es  sich  ja  nicht  um  die  Königin,  sondern  um  die  Göttin  handelt. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus- Urkunden  151 

Von  hervon-agender  Bedeutung  ist  die  folgende  grofse  Rolle  (S.129/4I). 
Es  ist  eine  amtliche  Urkunde,  in  der  für  das  5.  Jahr  eines  Kaisers  (wohl 
des  n.  Jahrh.s)  der  Umfang  und  die  Ertragsfähigheit  von  Ländereien  fest- 
gestellt wird.  Wegen  der  häufigen  Bezugnahme  auf  den  Zustand  im  vorher- 
gehenden Jahre  möchte  ich  die  vorliegenden  Tabellen  für  das  Resultat  der 
iTtiöKStpig  dieses  Ö.Jahreshalten^),  deren  Aufgabe  es  war,die  (JiaO'£()tg des  laufenden 
Jahres  mit  der  des  vorhergehenden  Jahres  zu  vergleichen.  ^)  Diese  ETiiG-Kstpig  be- 
deutet somit  die  jährlich  an  Ort  und  Stelle  auszuführende  Revision  des  Katasters, 
die  nach  dem  Gesetz  die  Grundlage  der  Besteuerung  bildete  und  nicht  durch  eine 
am  grünen  Tisch  vorgenommene  summarische  Vergleichung  der  ISTilometer- 
angaben  ersetzt  werden  durfte.  Das  meint  Ti.  Julius  Alexander,  wenn  er 
in  seinem  Edikt  die  Ackerbauern  mit  den  Worten  bei*uhigt,  sie  sollten  wissen, 
ort  TTQog  t6  cch]d-eg  rijg  ov6)]g  avaßaGecog  Kai  tT]g  ßEßQ[e]y[^isurjg  y^g,  ßH']  ov 
TtQog  6vv.ocpavxLCiv  xS)v  nccra  Gvvorpiv  7iaQCiyQa(fo\^(ii \vcov  7]  aTcaurjöig  eGrat 
(CIGr.  in  4597,  57 ff.).  Wie  notwendig  diese  Bestimmung  bei  den  starken 
Veränderung  n,  denen  die  ägyptischen  Felder  durch  die  jährlichen  Über- 
schwemmungen unterliegen^),  war,  wird  uns  dm-ch  den  Londoner  Text  so 
recht  vor  Augen  geführt,  denn  es  galt  nicht  nur  die  Mafse,  sondei'n  auch 
die  Kulturart  und  Ertragsfähigkeit  jeder  kleinen  Parzelle  festzustellen.  Nach 
dieser  Hinsicht  Averden  hier  von  der  GitoQov  (yi}),  dem  Saatland,  dessen 
Qualität  nach  der  Grundsteuer  in  Artaben  angegeben  wird,  die  folgenden 
Bodenarten  unterschieden,  die  für  die  Besteuerung  von  dem  Gesamtareal  in 
Abrechnung  gebracht  werden*):  aXjxr]  aipoQog,  das  ist  der  unfruchtbare  mit 
einer  Salzkruste  überzogene  Boden,  der  dem  Reisenden  in  Ägypten  aller- 
wärts  auffällt^),  ferner  '^EQGog  '8,vXhLg  acpoQog^  unfi'uchtbares  ^)  Strauchland  ^), 
wie  man  es  z.  B.  oft  als  Übergang  vom  Kulturland  zur  Wüste  sieht.  Eine 
Spezialität  hiervon  ist  die  xi^Gog  aito  iivQiv.{€ov)  ^7]Ö£v  övvafievt]  cpiqeiv^ 
d.  i.  mit  Tamariskengebüsch  bedeckter  Boden  (S.  139,  272).  Abgezogen 
wird  ferner  das  Land,  von  dem  das  Überschwemmungswasser  nicht  zurück- 
getreten ist,  xkO-'  v8c(xog^\  offenbar  dasselbe,  das  vorher  S.  97,  6  als  i^iß^oiog 


1)  Vgl.  Ostr.  I  175.     An  die  iniaTisipig  denkt  auch  Kenyon  p.  XII. 

2)  Die  iTtiaxsipig  des  vierten  Jahres  wird  ausdrücklich  in  Z.  134  erwähnt. 

3)  An  das  Strabonische  aväyxr}  6))  avaiisTQtTß&aL  ■näXiv  y.ul  TtdXiv  (XVII 
p.  787)  ^rurde  ich  in  Ägyi^ten  lebhaft  erinnert,  als  ich  im  vorigen  Winter,  sobald 
die  Wasser  zuräckgetreten  waren,  die  Geometer  —  meist  von  den  schreienden 
und  lebhaft  gestikulierenden  Fellachen  begleitet  —  mit  ihren  langen  Mefsstangen 
über  die  Felder  gehen  und  die  von  der  Überschwemmung  unsichtbar  gemachten 
Grenzen  __  wieder  festlegen  sah. 

4)  Über  solche  Abzüge  vgl.  Ostr.  I  212  V 

5)  Die  Beziehung  auf  die  Ufer  des  Moerissees,  die  Kenyon  verschlägt,  ist 
nur  eine  von  vielen  Möglichkeiten. 

6)  XsQCos  allein  bezeichnet  nicht  immer  unfruchtbares  Land,  Avie  S.  192/3 
zeigt,  sondern  auch  das  Festland,  das  nach  seiner  Lage  erfahrmigsgemäfs  nach 
der  Überschwemmung  wieder  hart  wird.  Vgl.  Diod.  I  36,  6.  Xigaog  als  unfrucht- 
bares Land  ist  z.  B.  S.  325  beschrieben. 

7)  Es  gab  auch  Strauchland,  das  kulturfähig  war,  denn  in  P.  Petr.  II  39  (a) 
wird  Kroton  zur  Aussaat  aig  ti]v  ^vlTvtv  verteilt.  —  Dies  ^vXov  erklärt  mir  nun 
auch  BGU  I  12,  27:  yEco^sTQOvvtog  iial  ^vXoiiHTQOvvtog:  wonl  der  Gegensatz  des 
Vermessens  von  Fruchtland  und  Strauchland. 

8)  Auch  BGU  II  571,  11  ist  7ca&'  vd(arog)  herzustellen,  und  CPR  I  239,  11 
ist  :iu&vTaTov  in  xa-ö"'  v<^6yät(ov  zu  emendieren.  Für  BGU  II  640,  12  vermute 
ich:  'Eäv  dt  T[ig  ct^ßQO'/^og  t)  y.u^'  vSarog,  dann  7Cc:Qa[6£^%&fjvcci. 


152  n.  Referate  imd  Besprechungen 

(im  prägnanten  Sinne)  bezeichnet  ist.  Das  können  muldenförmige  Ver- 
tiefungen sein,  wie  wir  sie  in  BGU  II  571,  12  als  kglXcc  l^ißQoxa  finden^), 
aber  auch  anderes,  z.  B.  Uferland  (alytakog).  Unbewässertes  Land  (aßQOxog)^ 
das  sonst  oft  als  steuerfrei  begegnet,  kommt  hier  nicht  vor.  Wir  haben  es 
hier  oifenbar  mit  niedrig  gelegenen  Rai-Feldern  zu  thun. 

Über  den  metrologischen  Gewinn  dieser  wie  der  anderen  Urkunden 
wird  in  dem  metrologischen  Eeferat  seiner  Zeit  berichtet  werden.  Hier 
möchte  ich  nur,  da  es  bisher  nicht  bemerkt  ist,  auf  die  eklatante  Parallele 
hinweisen,  die  zwischen  dieser  Felderveimessung  aus  dem  II.  Jahrh.  n.  Chr. 
und  dem  dui'ch  Lepsius  beriihmt  gewordenen  hieroglyphischen  Feldertext  von 
Edfu  (aus  dem  J.  82  v.  Chr.)  besteht.^)  Identisch  ist  die  Zerteilung  der  Felder 
in  kleine,  leichter  zu  berechnende  viereckige  Parzellen,  identisch  die  Be- 
rechnung dieser  Parzellen  durch  Angabe  der  4  Seiten,  wobei  in  beiden 
Texten  die  Seite  der  Arure,  das  ayoiviov^  wie  Kenyon  richtig  filr  den  Lon- 
doner Text  hervorhebt,  zugrunde  gelegt  wird,  identisch  ist  aber  auch  im 
einzelnen  das  Vorgehen  des  Geometers  und  die  Art  der  Aufzeichnung.  Der 
einzige,  Unterschied  ist  der,  dafs  der  Grieche  die  4  Mafse  um  einen  horizon- 
talen Strich  gruppiert,  was  in  dem  Hieroglyphentext  nicht  geschieht.  Ich 
gebe  zur  Probe  ein  Stück  aus  dem  griechischen  Text  in  XJbersetzung 
(S.  132,  65 ff.): 

„Von  Norden  aus:   l-^^  dito^),  macht  Salzboden   1   Arure. 

Südlich  davon:  l^-^l,  macht  Saatland  3^  3^2  Aruren. 

Südlich  davon:  f  |- -^  1^,  macht  10||^i  Aruren." 

Im  Feldertext  von  Edfu  heifst  es  an  einer  der  zahlreichen  ent- 
sprechenden Stellen^): 

„Vom  Süden  aus  (oder  an  anderen  Stellen:  wenn  du  dein  Gesicht  nach 
Norden  wendest) 

5|-  gegen  5|-^g,    4|-  gegen  4|-,  macht  ^^\j^  Aruren. S) 

Nördlich  davon: 

[5-2  j-g  gegen  8]|-,  27|^  gegen    27i,  macht  194^-  Aruren. 

Nördlich  davon:  8|  gegen  15,    46  gegen  46,  macht  546y  Aruren." 

Diese  und  andere  Übereinstimmungen^)  zeigen  uns  von  neuem,  wie 
nahe  oft  die  einheimischen  und  die   fremden   Denkmäler  einander   berühren, 

1)  Mit  Unrecht  habe  ich  es  dort  als  Eigennamen  gefafst.  —  Ebendort  wird 
man  jetzt  nach  S.  137,  190  lieber  v8Q{ayayov)  ergänzen.  Statt  G7f{oQi^ov)  könnte 
auch  67t(6Qov)  nach  obigem  gelesen  werden. 

2)  Abhandl.  Berl.  Akad.  1855  (Mathem.)  S.  69  ff. 

3)  Die  kleinen  Häkchen,  die  oiioiag  (dito)  bedeuten  und  der  gegenüberstehenden 
Zahl  korrespondieren,  hat  K.  nur  beschrieben,  nicht  im  Druck  wiedergegeben. 

4)  Vgl.  H.  Brugsch,  Thesaurus  inscr.  aeg.  III  S.  567.  Die  Übersetzung  von 
Brugsch  und  sein  scharfsinniger  Kommentar  sind  auch  sonst  aufserordentlich  lehr- 
reich für  diesen  und  andere  griechische  Texte. 

5)  Das  würde  unser  Grieche  geschrieben  haben:  f^ — ^ — t^ig/KÖ^dig. 

6)  Aus  Brugsch's  Kommentar  S.  598/9  ersehe  ich,  dafs  die  von  Eratosthenes 
und  unsei-en  Urkunden  verwendete  Bedeutung  von  acpQayig  als  Rayon  der  Flur- 
karte (vgl.  oben  H.  Erman  S.  74')  ägyptischen  Ursprungs  ist.  Die  von  Brugsch  ht 
gelesene  (Jruppe  ist,  wie  das  Determinativ  des  Siegelringes  zeigt,  offenbar  htm-t 
=  Siegel  zu  lesen  (von  Sethe  mir  bestätigt).  Nach  zwei  verschiedenen  htm-t  werden 
hier  die  Parzellen  geordnet  wie  in  griccbischen  Urkunden  nach  6vo  acpQccytdhg. 
Dafs  Eratosthenes  diesen  Ausdruck  verwendet,  ist  von  besonderem  Interesse. 


Ulrifli  Wilcken:  Pai^yrus-Urkundcn  153 

und  wie  wünsclienswert  daher  eine  gröfsere  Annäherung  der   ägyptologischen 
und  der  griechischen  Urkundenforschuag  wäre. 

Den  Abschlufs  dieser  Gruppe  bilden  einige  amtliche  Listen.  S.  145,  121 
ist  offenbar  eTti^evcov  statt  STit,  i^evoiv  zu  lesen.  Die  Fremden,  die  wohl 
meist  gewerbshalher  sich  im  Dorfe  aufhalten,  waren  hiernach  den  orts- 
üblichen Abgaben  unterworfen.  Dafs  sie  aufsei-dem  noch  eine  besondere 
„Fremdensteuer"  zahlten,  ersah  ich  aus  dem  leider  nur  flüchtig  von  mir 
kopierten  Ostrak.  Gizeh  n.  9632,  wo  quittiert  wird:  vti{eq)  TEX(ovg)  im'^i- 
vcov  Ilaxcov  Tluvvi  rov  8'-  (des  Nero)  ^(J;  also,  wie  es  scheint,  2  Drachmen 
für  den  Monat.  Den  interessanten  Nachsatz:  tav  dh  ^srad'rjg  riQyaGixivoqi^^) 
xtA.  empfehle  ich  Grenfell-Hunt's  Fürsorge. 

In  den  folgenden  Abschnitten  i.  Miscellaneous  official  documenfs 
(S.  148/63),  0.  Petitions  (S.  163/76),  6.  Sales  and  Leases  (S.  176/200), 
7.  Receipts  (S.  200/17),  8.  Loans  (S.  217/21)  stehen  meistens  juristische 
Texte,  deren  rechtsgeschichtliche  Würdigung  ich  den  Jm-isten  überlassen 
mufs.     Nur   einige   Beiträge   zu    einzelnen  Stellen   mögen   hier  Platz   finden. 

S.  149,  1 :  2s%tsiog  offenbar  verschrieben  für  E£nx£l<^^C)oq.  —  8  mit 
AlT}]Ga^isv(ot  beginnt  das  ävrlyqacpov.  —  Einen  Epistrategen  der  Heptanomis 
(K.)  gab  es  unter  Tiberius  noch  nicht.     Vgl.  Ostr.  I  423  ff. 

Mit  Recht  folgert  K.  aus  diesem  Text,  dafs  das  erste  Jahr  des  Tiberius 
in  Ägypten  erst  mit  dem  29.  Aug.  14  n.  Chr.  begonnen  hat.  Während 
die  Lücken  in  Z.  16  immerhin  noch  einen  Zweifel  übrig  lassen,  wii-d  K.s 
Ansicht  dm*ch  S.  166,  6  so  gut  wie  sicher.  Ich  füge  hinzu,  dafs  ich 
inzwischen  in  Kairo  ein  Ostrakon  gesehen  habe  (Ostr.  Gizeh  9577),  das 
datiert  ist:  La^)  Tißsqiov  KulaaQog  üsßaßvov  Xolai  id'.  Auch  hieraus  folgt, 
dafs  das  1.  Jahr  des  Kaisers  mit  dem  1.  Thot  =29.  August  14  ange- 
fangen hat.  Also  haben  Krall  und  Pick  Recht  behalten.  Vgl.  Ostr. 
I  7891 

S.  151,  19  1.  i7tiöC6o[i\^e%'^  st.  £7ttdt^oft[t].  —  Zu  diesen  TtQogayyeUca 
gehört  offenbar  auch  CPR  I  196,  die  Wessely  unter  die  Kaufcontrakte 
gesetzt  hat.  In  Z.5  wird  dort  zu  lesen  sein:  ^ATtsyQiaipaii-^v)  öia  r&v  7t [qo]- 
T(^eQcov^  ßißki,0(pvl( dii(ov). 

S.  153,  3  1.  ty.ixiov  st.  lYMvov.     Im   übrigen  sind  GH  zu  vergleichen. 

S.  154.  Der  Mietskontrakt  vom  J.  165  n.  Chr.  wirft  ein  interessantes 
Streiflicht  auf  das  heitere  Treiben,  das  sich  einst  auch  in  den  fernsten  Dör- 
fern, deren  Stätte  heute  in  der  Wüste  liegt,  bei  den  zahlreichen  Volksfesten 
entfaltet  hat.  Ein  gewisser  Satyros  aus  [Soknopaiu]  Nesos  mietet  sich  auf 
sechs  Tage  einen  Mann,  dessen  Titel  nicht  entziffert  sind,  „mit  drei  wohl- 
erprobten Gymnastikern  und  vier  Mädchen",  die  dort  in  Dime  wohl  ihre 
Kunststücke  produzieren  sollen.  So  fasse  ich  Z.  3ff.:  ßovlo^ai  naQalaßiv  as 
6vv  e7tt6ri^(^fio0i)  yv<^(i,yva6rai^g  (statt  K\^a]u7}Xircag)  xQiöl  Kai  noQaßioig^) 
xeöaaQ^ayöi  XLXovQy7]Gai  nxX.  Kenyon,  der  vielmehr  an  Kornlieferungen 
from  tJie  local  granarij  to  Alexandria  denkt,  würde  den  Text  nicht  so  völlig 
anders   aufgefafst   haben,   wenn   er   die  Verwandtschaft   mit   P.  Grenf.  II  67 


1)  Ich    schwankte    damals    zwischen  cc   und    ß.     Nach    meiner    Abzeichnung 
scheint  mir  a  richtig. 

2)  Zu  KOQdaiov,  das  K.  fälschlich  mit  lad  (Knabe)  übersetzt,  vgl.  Hatzidakis 
NeuOT.  Gr.  S.  286. 


154  ^-  Referate  und  Besprecbuugen 

bemerkt  hätte.  Das  ist  ein  formell  und  inhaltlich  ganz  ähnlicher  Kontrakt, 
durch  welchen  zwei  Tänzerinnen  füi-  ein  Volksfest  in  Bacchias  gemietet 
werden.  •') 

In  dem  interessanten  Verweis  (S.  160 ff.),  den  ein  höherer  Beamter 
einem  imehrlichen  Steuererheber  erteilt,  bedarf  Z.  11  der  Korrektur.  Kenyon 
liest:  £5t  T£  SK  rav  bmv  v7taQ'j(^ovrcov  xac  vtievO^vvojv  keXevGco  cmo'/icac(6[T](xd'r]vat 
und  bemerkt  dazu:  read  sk  re  tcov.  Ein  Faks.  fehlt.  Ich  zweifle  aber 
nicht,  dafs  zu  emendieren  ist:  sk  re  <C^x^  tcov  a&v  vitagiovrcov  xci  <(tcöv^ 
iTtev&vvav  ktX.  Ich  habe  es  schon  in  Ostr.  I  606  als  wahrscheinlich  be- 
zeichnet, dafs  die  Praktoren  mit  ihrem  Privatvermögen  füi-  die  i-ichtige  Ein- 
ziehung der  Steuern  haftbar  waren,  hatte  aber  noch  keinen  Beleg  dafür. 
Jetzt  haben  wir  hier  ein  Zeugnis  füi-  die  Steuererheber  überhaupt,  wenn  es 
auch  nicht  notwendig  gerade  auf  den  tcquktcoq  zu  beziehen  ist.  Mit  den 
VTtev&vvoi,  die  in  zweiter  Linie  mit  ihrem  Vermögen  herangezogen  werden 
sollen,  sind  wohl  die  Bürgen  gemeint. 

S.  161,  3  ist  er  nach  vielen  Analogien  sicher  in  tiqotsqov  aufzulösen. 
Vgl.  Ostr.  I  392.  —  ^EXai&va  in  Z.  10  ist  korrigiert  aus  elai&vog.  — 
Z.  15  vielleicht  öia  rag  avayKaia[g?  Hier  könnte  der  Papyrus  noch  besser 
geglättet  werden.  —  In  20  ergänze  [flvyQarpa  st.  [^Sv^vyQaipa.  Der  Beklagte 
soll  die  nötigen  Papiere  bringen.     Den  Schlufs  haben  schon  GH  hergestellt. 

S.  162  unten  1.:  (li]  TtaQEvoyX^^eyLts  ^AY.idQ<^£yi,  (Non.  pr.). 

In  der  Klagschrift  an  den  Präfekten  Turranius  heifst  es  S.  165,  17: 
x&v  vo^cov  xcoAvdvrcoi/  ölg  Tt£Q[i  to]v  a[yT]ov  [KQLv\E6^^al,.  De  cadem  re  ne 
his  agatur.    Vgl.  das  Edikt  des  Julius  Alexander  Z.  35if. 

Auf  S.  167  erfahren  wir,  dafs  die  Kaiserin  Livia  und  des  Tiberius 
Adoptivsohn  Germanicus  im  Faijiim  Güter  besessen  haben.  Zu  dem  Patri- 
monium der  ersteren  vgl.  Marquardt,  Staatsv.  11^  S.  256.  Die  ägyptische 
Reise  des  Germanicus,  an  die  auch  Kenyon  erinnert,  scheint  später  zu  fallen 
als  diese  Urkunde. 

Der  Text  ist  auch  nach  einer  anderen  Seite  von  Interesse.  Der  Petent 
nennt  sich  yEwqyov  rivcov  iöag^äv  ^lovXiag  Seßaörfjg  Kai  FE^ficcviKOv  Kcciöa- 
Qog  .  .  .  .  [.]ö.  Kai  ciTtoXvßifjLOV  rr]g  avrijg  ovöiag.  Vergleicht  man  damit 
z.  B.  den  ixiGd-corov  tlvcov  t[75g]  Nigcovog  KXavdiov  .  .  .  Maim^variavrig  ovöiag 
(BGU  I  181,  4)  oder  die  EyXrnimoqav  rivav  UQariKäv  ESa<pK)v  (Lond.  II 
S.  164.  3),  so  scheint  es  mir  gesichert,  dafs  mit  dem  yscoQyog  hier  wie  so 
häufig  nicht  der  Feldarbeiter  oder  Frohnarbeiter  —  auch  das  tcvcov  wüi-de 
schlecht  dazu  passen  — ,  sondern  der  Pächter  bezeichnet  ist.  Da  derselbe 
Mann  sich  nun  aufserdem  aTtoXvöi^iog  xfig  avrrjg  ovolag  nennt  ^),  also  abzu- 
lösen ist  von  dieser  Patrimonialverwaltung  der  Livia  und  des  Germanicus, 
so  haben  wir  hier,  wenn  ich  nicht  irre,  ein  Beispiel  für  eine  Zwangs- 
verpachtung  kaiserlicher  Domänen  vor  uns.  Denn  die  ovGia  entspricht 
hier  der  Kopfsteuer  und  der  Wehrpflicht  in  den  unten  angeführten  Beispielen. 
Vgl.  Ostr.  I  702. 


1)  Vgl.  zu  diesem  Ostr.  I  675*,  794  ff.  Nach  dem  obigen  XirovQyfjaai  liegt 
es  nahe,  auch  hier  in  Z.  6  li[rovQy]'^a<(i:yir  statt  des  unverständlichen  ät'  [ÖQx]ri- 
aiv  zu  vermuten. 

2)  Vgl.  oben  S.  114  a7tolvai{^cov)  r?}s  XccoyQ(aq)iag),  und  BGU  JI  581,  3;  645,4: 
ccTtoXvatuog  ccjtb  OTQUTtiag. 


Ulrich  Wilckon:  Pa2iynis-üikunden  155 

Auf  S.  169,  15  wird  TCQSößvTSQMTeQa  für  d:i.s  J.  40/1  belegt.  Vgl.  zu 
diesen  Bildungen,  die  sich  auch  im  Neugriechischen  finden  (wie  vöTSQooteQog) 
Hatzidakis  a.  a.  0.  177.^) 

Zu  S.  169/70  schlage  ich  folgende  Ergänzungen  vor  (Z.  3):  [^H  ^t]- 
TfjQ  ftov  .  .  .  .]tof  AnoXX(oviov  i^iiG^üyGaxo  [naqa  Nlvvov  xov  .  .  .]  (icc')(Ov 
iXaiovQytov  7r()dr£po[i']  |roi;  deivog  .  .  .]?,  kccI  rTjg  ^rjzoög  ^lov  —  hier  ist  das 
übergeschriebene  ev  oivrj6£t  avrfjg  einzuschieben  —  rereX[evr7]Kvlc<g  TtQo  ktI. — 
Z.  14  1.  t6  i'aov  statt  roig  ov.  —  Z.  16  rrj  ö[ia6toXrj  nach   S.  172. 

Von  der  Eingabe  S.  170/1  fehlt  links  wohl  mehr  als  K.  annimmt.  In 
Z.  4  kann  man  mit  ziemlicher  Sicherheit  ergänzen:  [^Htj^isqov  TjTtg  eg^tIv 
vsoj-upua.     In  Z.  3  wird  man  daher  hinter  UQStov  die  Phyle  ergänzen. 

S.  172,  11  1.  rtjg  tcsqI  xovg  :7i;od^a5  fiov  öiad-söecog  statt  r.  n.  xov 
ccTCoöaöfjiov  ö.  Der  Mann  hat  wohl  kranke  Füfse.  —  In  20  ist  7totiix{^at 
statt  7toi.')][ar]]  zu  lesen.  Vgl.  dieselbe  Phrase  in  BGü  I  226,  21  f.,  wo  ov 
iäv  entsprechend  dem  ötcov  eav  hier  zu  lesen  ist  (vgl.  Ostr.  I  500). 

In  der  Bittschrift  an  den  beneficiarius  (so  nach  GH)  auf  S.  173/4  ist 
historisch  von  hohem  Interesse  das  Bild,  das  der  Petent  von  dem  Römer 
Sempronius  entwirft,  der  in  seinem  Dorf  das  Gemeindeamt  eines  TtQSößvxsQog 
xfjg  Kco(ir}g  übernommen  hatte.  Wir  bekommen  hier  eine  Vorstellung  davon, 
wie  die  im  Lande  ansässigen  Römer  den  Fellachen  gegenübertraten.  Anlafs 
zur  Klage  bot  es,  dafs  Sempronius  zwei  Verwandte  des  Petenten  zum  Dienst 
als  ETtLTtlooi  einfangen  wollte"^);  die  aber  waren  entflohen.  Diese  eniTtXooi, 
die  auch  S.  256,  10  begegnen,  sind  nicht  so  unbekannt,  wie  K.  (und  auch 
GH)  zu  glauben  scheint;  nach  Arrian  bei  Suidas  s.  v.  minlovg  gehören  die 
%vߣQvrixai  und  TtQfpqäxai,  zu  ihnen,  nach  Harpoki'ation  s.  v.  SiOTtEvoiv  heifsen 
so  die  SchifFsaufseher  (ßnonxevoiv  xa  zaxa  ttji/  vauv),  und  das  pafst  hier, 
namentlich  S.  256,  sehr  gut,  ebenso  auch  in  P.  Grenf.  II  46a,  7,  wo  nach 
der  Anmerkung  offenbar  ETtLTtlooi  statt  ETtixiiioi  zu  lesen  ist.^) 

S.  174/5  bleibt  noch  manches  zu  entziffern.  Einstweilen  erkannte  ich  in 
Z.  17   [t]«  ßißl\i]8ia  statt  .  .\ß  .  .  .  dm,  ävuTti^ipyg  in  20. 

Zu  S.  176.  In  einem  unpublizierten  Text  aus  Ehnäs-Herakleopolis  las 
ich  KfOLxov  civco^  wohl  als  Name  einer  Toparchie.  Danach  wii'd  hier  Z.  7  zu 
lesen  sein:  iv  kco^t]   OeK[.  .Jöt  Kcoitov.'^) 

S.   177,    3    1.   TteTtQCCKSVai,    st.    TtETtqaiEVUl.    Z.  4    1.    E%    xov    TlQOg    ßoQQCi 

fiEQOvg  statt  £.  X.  Tt.  ßo^^ci\y\Ev   tug.  —   5   1.  ETtX  st.  ETtig. 

S.  178  unten  1  1.  'HQCiK}i£iö{7}g)  statt  Hqu''-  (og.  Was  davor  steht, 
ist  unsicher.  Dieser  oberhalb  des  Kaufkontraktes  angebrachte  knappe  Aus- 
zug entspricht  jenen  kurzen  Auszügen,  die  in  ptolemäischer  Zeit  links  vor 
dem  Kontrakt  geschrieben  und  zusammengeknifft  und  versiegelt  wurden. 
Vgl.  oben  H.  Erman  S.  72.  Ebenso  S.  217  unten.  In  diesen  römischen 
Kontrakten  ist  schon  durch  die  Stellung  jeder  Gedanke  an  Siegelung  aus- 
geschlossen.  —   Z.  16   1.  £XEQ[(p]  st.  avt'^. 

1)  Vgl.  auch  fitt^orspog  in  BGU  II  368,  9  vom  J.  61.5,  dasselbe  aber  auch 
schon  Ep.  Joh.  3,  4. 

2)  Kaxiibiv  im  Sinne  von  „in  Anspruch  nehmen  für  Liturgien"  auch  BGU 
II  619,  21. 

3)  Vgl.  jetzt  auch  GH  zu  Oxy.  II  276. 

4)  In  dem  verwandten  Text  BGU  I  13.5  wird  in  Z.  8/9  zu  ergänzen  sein 
nQOg  Tb(pavs]Qbv  yEvic^ca. 


156  II-   Referate  und  Besprechungen 

Der  Pachtkontrakt  S.  182/3  betrifft  einen  Weingarten,  in  dem  aufser 
den  Trauben  auch  sonst  allerlei  Gutes  gedeiht,  wie  Feigen,  und,  nach 
Kenyon's  Lesung,  auch  —  afpQoöiöial  Also  eine  Art  Liebesgarten?  Ganz 
so  romantisch  ist  es  nicht,  was  ich  an  der  Stelle  lese:  es  sind  nur  wilde 
Rosen,  immerhin  amüsant  genug,  da  uns  die  Rosen  hier  zum  ersten  Mal 
in  unseren  Urkunden  begegnen.  Statt  a9o^[o](Ji[at]cov  glaube  ich  nämlich 
«9>'  ()[.](Jt(av  zu  erkennen,    was  wohl  als  ccQy(^Cov)  ^[ojdi'cov  zu  fassen  ist. 

—  Z.  33f.  lese  ich:  Kcd  öKcc'ipOfiev  xov  a.^\TtE\XG}va  [fv?]  öxacprirotg 
övöl  y.al  ficTu  rbv  '/^[g^övov  Tt[^aQCid(o6oiiev  rbv  äiiTtsk^ava  nxX.  Zu 
Gxacprjvög   (das  Umgi'aben)  vgl.  S.  190,  11   und   CPR  I  244,  9. 

In  der  Auffassung  des  Pachtkontraktes  auf  S.  184  kann  ich  dem  Her- 
ausgeber nicht  folgen.  Vier  Walker  (yva(peig)  aus  dem  Dorfe  Soknopaiu 
Nesos  erklären  den  i]'yov^i£voi  ieqiav:  ßovlo^E'^Gy^a  fiiGd'a6aß&ai.  naq'  v^mv 

—  rr}v  yvafpi.K'qv  Kcoficov  Nsikov  TtoXeoyg  aal  EoKvoncdov  Nrjßov.  Kenyon 
meint,  sie  pachten  hierdurch  das  der  Priesterschaft  gehörige  Monopol  der 
Walkerei.  Ich  fasse  rrjv  'yvag)i%riv  vielmehr  als  Bezeichnung  der  Gewerbe- 
steuer, die  auf  den  Walkern  lastete,  und  meine,  dafs  diese  vier  Walker 
von  den  Priestern  die  Erhebung  dieser  Steuer  in  jenen  beiden  Dörfern 
pachten.  Die  Richtigkeit  dieser  Auffassung  ergiebt  sich  durch  Vergleichung 
des  formell  ganz  ähnlichen  Pachtangebotes  P.  Grenf.  II  41,  das  von  der 
Hetärensteuer  handelt  und  jede  andere  Deutung  ausschliefst.  Dies  war 
bisher  unser  einziges  Beispiel  eines  Steuerpacht- Angebotes.  Vgl.  Ostr.  I  587  f. 
Der  Londoner  Text  tritt  nun  als  zweites  Beispiel  hinzu. 

Die  Urkunde  zeigt  zugleich,  dafs  die  Walkersteuer  in  diesen  beiden 
Dörfern  jedenfalls  auch  von  den  Walkern  bezahlt  wui-de,  nicht  etwa  von 
den  Priestern,  und  damit  ist  die  Interpretation  von  BGU  I  337,  die  ich  in 
Ostr.  I  227,  369,  396,  597  ff.,  616 f.  vorgeschlagen  habe,  als __  richtig  er- 
wiesen. Dafs  es  sich  hier  um  dieselbe  Abgabe  und  dieselben  Örtlichkeiten 
und  Interessentengruppen  handelt,  ist  ein  glücklicher  Zufall.  Die  Priester 
des  Soknopaios  waren  also  mit  der  Erhebung  der  Walkersteuer  beauftragt 
und  erledigten  sich  dieser  unangenehmen  Pflicht,  indem  sie  die  Erhebung 
ihrerseits  verpachteten.  Ebenso  werden  sie  auch  die  Erhebung  der  anderen 
Steuern,  die  in  BGU  337  neben  der  Walkersteuer  genannt  werden,  ver- 
pachtet haben.  Dafs  Behörden  oder  Personen,  die  mit  der  Steuererhebung 
betraut  waren,  gelegentlich  das  Geschäft  von  sich  abwälzten,  war  uns  schon 
bekannt.  In  den  in  Ostr.  I  606  ff.  besprochenen  Fällen  geschieht  es  durch 
Bevollmächtigung  eines  Vicarius  (övötaGig). 

Wenn  in  BGU  I  337,  die  über  100  Jahre  jünger  ist  als  die  Londoner 
Urkunde  vom  J.  88,  die  yvacpEig^)  von  Neilupolis  240  Drachmen  zahlen, 
die  von  Soknopaiu  Nesos  aufserdem  noch  16,  während  nach  der  Londoner 
die  Walker  aus  beiden  Dörfern  zusammen  240  zahlen,  so  folgt  daraus  weiter 
nichts,  als  dafs  sich  in  der  Zwischenzeit  der  Ertrag  eben  ein  wenig  gehoben 
hat.  Jedenfalls  zeigen  die  Berliner  Zahlen,  dafs  Kenyon's  Deutung  der  Ur- 
kunde unmöglich  ist,  denn  die  240  Drachmen  sind  auf  alle  Fälle  als  Pacht- 
summe für  das  Monopol  viel  zu  gering. 

Bemerkenswert  ist,  dafs  die  Priester  ihre  Päcliter  aus  dem  I{j:eise  der 
von    der   Steuer   selbst   Betroffenen   nehmen.      Diese   vier   Walker,    die   von 


1)  So  wird  man  jetzt  statt  ß]c<cptav,  wie  ich  vorschlug,  lesen  müssen. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkundon  157 

ihren  Gewerbsgenossen  die  Walkerstener  erheben  sollen,  erinnern  mutatis 
mutandis  an  die  Zunftmeister  (^iTrißrccrai)  der  nachdiokletianischen  Zeit, 
deren  Aufgabe  es  war,  die  der  ganzen  Korporation  auferlegte  Steuer  von 
den  Zunftgenossen  einzutreiben.  Vgl.  Ostr.  I  227^;  Marquardt,  Staatsv. 
112  237. 

Den  Schlufs  der  Urkunde  möchte  ich  lesen:  ug  kuI  d(ßy()ßi/;Oju.£v  £i' 
civaq)OQuig  6iy.a  nara  (i[eQO^g  aiQOvv,  eav  (pcdvifirci{L  S7fiy^(0Q]fi6ai„^) 
Grenfell-Hunt,  die  aiQovv  zuerst  erkannt  haben,  lassen  davor  Kenyon's 
«ßT«  (i[r]va]  xo  stehen.  Das  a  von  ^iqog  ist  mir  allerdings  unsicher.  Die 
Ergänzung  ^Tiva  steht  aber  jedenfalls  mit  den  10  Raten  im  Widerspruch. 
Zu  dem  merkwüi-digen  aiQOvv  vgl.  aufser  S.  119,  22  (GH)  auch  P.  Grenf. 
II  23,  14:    ra    aiQOvvra    (ptol.)    und  BGU  II  405,  10:    t6    sqovv   juot  ^iQog. 

S.  184/5,  3    1.  EvrjfiSQLa    xT^g   st.   Evi]^EQLÖt   xt}.   —    Z.  31    lese    ich: 

avayeyQafi^lixivijg  xi]g  nquaeag  6ia  xov  iv  iico[ß,7j  ^iovvöi]döi  yQucpiov. 
—  Der  Schlufs  der  Registrierungsnote  des  Grapheion  in  Z.  39  ist  sehr 
schwer  lesbar.  Statt  inaytyQ^  rrjg  avxvjg  t°  tiq"  [..]..[...  .Jst  vermute 
ich:  av  uy  iy  Q  ai^Ttx  a  i^  8i(^a^  'Hq  a  kX  löl^o  v^  To(i5)  rcQoi^g)  [t]w 
YQ  [ß9']£t[a)]. 

In  dem  interessanten  Kontrakt  S.  186/7,  der  von  der  Verpachtung 
eines  Thesauros  handelt  (vgl.  Ostr.  I  651,  698,  773)  lese  ich  Z.  6  fiia&ö- 
acißd-at,  Tl.  24  ano^oG^ni.  In  Z.  27,  die  Kenyon  ungelesen  läfst,  habe 
ich  früher  am  Original  gesehen:  Iv  fiio&öctGsi.  fii6&[(0fidxa)v  und  am  Schlufs 

Dafs  uns  für  die  Geschichte  der  Landwirtschaft  in  den  Papyrusm-kunden 
eine  neue  Quelle  von  hohem  Wert  beschieden  ist,  ist  bisher  noch  wenig 
beachtet  worden.  In  dem  Pachtkontrakt  S.  189/90")  wird  ein  Problem  aus 
diesem  Gebiet  berührt,  zu  dessen  weiterer  Behandlung  die  folgenden  Be- 
merkungen anregen  wollen. 

Der  Pächter,  der  vom  kaiserlichen  Domanialpächter  7  Aruren  in  After- 
paeht  nimmt,  verpflichtet  sich  (Z.  14),  öTieiQcov  aQOVQag  fiev  nivxs  nvQÜ  nal 
rag  A[oi7rag]  cc^l^ovQ^ag  ovo  anb  voxov  dvaTtavfieör^^^  ye[ys]6t.  Kenyon  er- 
klärt die  letzten  l)eiden  Worte  als  a  Uglit  lind  of  crop,  tchich  would  not 
exhausf  Ute  soil.  Das  ist  ganz  richtig,  triift  aber  nicht  den  Kern  der  Sache. 
Der  Text  lehrt  etwas  viel  Wichtigeres,  nämlich  dafs  die  Dreifelderwirt- 
schaft vorliegt  und  zwar  die  sogenannte  „verbesserte  Dreifelderwirtschaft".^) 

Ein  paar  Worte  zur  Begründung.  Der  entscheidende  terminus  tech- 
nicus,  der  bisher  nicht  erkannt  worden  ist,  ist  das  Wort  avccTtavöig  oder 
dvdnavfia  zur  Bezeichnung  der  Brache.*)  Die  Pachtkontrakte  bestimmen 
meist  gegen  Schlufs,  in  welchem  Zustande  der  Acker  wieder  zurückgegeben 
werden  soll.     Da  finden  sich  Ausdräcke  Avie  (xaJ.  lASxa  xbv  iqovov -TcaQccddiöto^) 


1)  Ergänzt  nach  Grenf.  II  41,  22. 

2)  Z.  4  1.  avccyQ(cc(pon£vov)  st.  [aTtjoyQg.  —  Zu  cccniQ^ii  in  Z.  11  bildet 
den  Gegensatz  6vv  airsQuaCL  in  BGU  II  644.  —  In  19  ist  iSQag  nicht  als  h^äg 
yfjg  zu  fassen,  sondern  als  Dorfname  'InQ&g,  seil,  xcbfirjff. 

3)  Vgl.  L.  Elster,  Wörterbuch  der  Volkswirtschaft  I  21. 

4)  Auch  bei  den  Geoponici  findet  sich  diese  Bezeichnung  nicht.  Ursprüng- 
lich bedeutet  es  das   „Ausruhen"   des  Bodens,  sowie  ävsaig  bei   Suidas  s.  v.  inl 

KaXd^LTj    CCQOVV. 

5)  BGU  II  603,  24  ergänze:  [-TtciQcxSmcoiisv]. 


158  II-   Referate  und  Besprechungen 

rag  ccQOVQag)  ccnb  naldiiT^g  (BGÜ  II  519,  CPR  I  38  oder  mit  nvQOv 
BGU  II  661),  äno  &qvo)v  aald^ov  (BGU  I  39,  CPR  I  38  u.  47),  a%b 
ccyQcoaxscog  (CPR  I  38,  Mitt.  PR  II  S.  34),  dnb  öei6r]g  näöijg  (ibid.).  Wessely 
übersetzt  dies  (CPR  I  S.  166):  „frei  von  Schilf  und  Binsengewächs,  von 
Queckgras  und  jeglichem  Schlamm";  er  denkt  also  an  ein  (^Ka&aQugy  d.Tto. 
Ich  meine,  dafs  hier  mit  ktto,  im  Gegenteil,  das  eingeführt  wird,  was  bei 
der  Ablieferung  vorhanden  sein  soll  ^),  und  übersetze  also:  „mit  Stoppeln 
(ccTtb  y.aJid^fjgy),  mit  Feldgras  (ccTtb  dyQaöTscog).'^)  Wenn  an  anderen  Stellen 
die  Äcker  mit  Schilf  (anb  ■&Qva}v  KaXdiiov)^)  und  mit  dem  ganzen  Schlamm 
(ccnb  öelarig  Ttd6}]g)  zurückgegeben  werden  sollen,  so  erklärt  sich  das  wohl 
daraus,  dafs  die  Rückgabe  hier  während  oder  nach  der  uberschwenunung 
erfolgen  sollte.  In  anderen  Urkunden  soll  die  Rückgabe  dnb  evvxo^iörjg  er- 
folgen, wobei  <(yM&aQdgy  ausgeschlossen  ist  (BGU  II  603,  25;  CPR  I  45). ^J 
Diesen  Ausdrücken  parallel  findet  sich  nun  auch  dnb  dvanavaecog^),  womit 
nur  bezeichnet  sein  kann,  dafs  das  betreffende  Feld  als  Brachfeld  zurück- 
gegeben werden  soll.  Vgl.  auch  P.  Lond.  I  S.  176,  225:  -/^eQöoxon^ovvrog^  iv  tc5 
dvanav^a[ri)  =  „auf  dem  Brachfelde"  (lokal). 

Ich  kehre  nun  zu  den  avanav^eßi  ye[ve]6L  zm'ück.  Dafs  das  erste 
Wort  versclu'ieben  ist,  ist  klar.  Zu  erwarten  wäre  eine  Adjektivbildung  von 
dvdnav^a,  wie  dvanav [laziKog  oder  ähnlich.  Ich  wage  keinen  Vorschlag.  Soviel 
ist  aber  sicher,  dafs  diese  yerr]  Fruchtsorten  sind,  wie  man  sie  auf  Brachen  säte 
(„Brachfrüchte").  Damit  ist  erwiesen,  dafs  den  Ägyptern  bekannt  war,  welchen 
hohen  Wert  die  Besäung  der  Brachen  mit  Futterkräutern,  denn  die  können 
hier  nux  gemeint  sein,  im  Gegensatz  zu  der  reinen  Brache  hat.  Auch  andere 
Texte  bestätigen  es,  wie  CPR  I  245  (slg  anoQav  nvQOv  ymI  ;^dpToi'),  39 
(^eig  onoQav  nvQOv  aal  dvci')(^cofiariKcov  yft'GJv)^),  wo  unter  '/^OQZog  die  Futter- 
pflanzen zu  verstehen  sind.''^) 

Über  das  quantitative  Vei'hältnis  der  Brache  zum  Saatland,  bemerke 
ich  endlich  folgendes.  In  BGU  II  661,  20  heifst  es:  na^aÖ(ä6<^coy  rb  xqixov 
(lEQog  dnb  dvanavöscog  v.aX  xb  Xoinbv  Öi^ioiQOv  fieQo[g]  dnb  Kakd^ijg  nvQov. 
Also  -^  soll  als  Brache,  |  mit  den  Stoppeln  (nach  der  Ernte)  abgeliefert 
werden,  d.  h.  nur  f  soll  mit  Weizen  besät  werden.  Damit  ist  deutlich 
auf  die  Dreifelderwirtschaft  hingewiesen.  Etwa  dasselbe  Verhältnis  liegt 
nun  auch  in  unserem  Londineusis  vor,  wo  5  Aruren  mit  Weizen  und  2 
Aruren  mit  Futterkräutern  auf  Brache  besät  werden  sollen. 

In  beiden  Texten  handelt  es  sich  um  kaiserliches  Domanialland.  Auch 
für  ein  Privatgut  liegt  ein  Beleg  vor  in  CPR  I  43,  wo  ich  den  Schlufs  so 

1)  Siehe  oben  S.  151  xtQOog  ccnb  ^vqi7i{(üv).  Vgl.  z.  B.  Lucian,  Toxar.  19:  dnb 
ipiXfjg  xi]g  -nSQuidg  nXiovxag. 

2)  Vgl.  LXX  Exod.  5,  12. 

3)  Vgl.  Diod.  I  43.  Ich  vermute,  dafs  auch  in  BGU  I  197,  28  zu  lesen  ist: 
ayQmaxbcog  öicrig  Ttdarig  statt  dyQwv  .  .  s&t  .  .naXrig. 

4)  Vgl.  dnb  vtiXoxaXd^rig  in  BGU  II  633. 

5)  Auch  dies  erklären  die  Daten:  der  29.  Mai  (Getreide,  also  „auf  dem  Halm") 
und  der  28.  August  (Oliven).    Vgl.  auch  Mitt.  PR  II  S.  34. 

6)  BGU  II  644,  32;  661;  CPR  I  43. 

7)  Oder  sollte  hier  dvanocv^cctiKüv  zu  lesen  sein? 

8)  Besonders  lehrreich  ist  der  soeben  publizierte  Text  Oxy.  II  280,  der  uns 
zeigt,  dafs  die  Ägyi^ter  es  verstanden,  die  Futterpflanzen  zum  Teil  unterzui^flügen, 
also  zur  Düngung  des  Bodens  zu  benutzen.  Vgl.  Z.  16:  dQdxai,  dcp'  ov  xb  niv 
Tj^iGv  ilg  ÜQwaiv  xb  dh  txiQOv  ij^icv  tig  Komfjv. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  159 

ergänze:  rriv  (.uv  -ijlfiiösiav  ano  avccnavGsag ^  \rrjv  öe  ixLJav  [ccnb]  xalafilag. 
Ein  anderes  Verhältnis  ist  dagegen  in  CPIi  I  245 ,  wo  von  5  Aruren  die 
Hälfte  mit  Weizen,  die  andere  mit  Futterpflanzen  besät  werden  soll.  Das 
ist  Zweifelderwirtschaft,  aber  auch  hier  die  „verbesserte". 

Da  über  die  hier  berührten  Fragen  bisher  nur  ein  geringes  Material 
vorgelegen  hat  und  die  Ansichten  daher  sehr  auseinander  gegangen  sind^), 
wäre  es  sehr  erwünscht,  wenn  von  sachkundiger  Seite  unser  Urkundenmaterial 
auch  für  die  Geschichte  der  Landwirtschaft  ausgenutzt  würde. 

Die  Worte  S.  193  oben  7  ,,£v  tottco  Ka^ßaGifirog  Isya^^ivioy"  geben 
die  erwünschte  Erklärung  für  das  rätselhafte  KiaQßaaä'ig  in  BGU  I  10,  3 
und  KeQßäöLg  in  BGU  I  277,  I  7,  die  ich  in  Ostr.  I  380  als  Bezeichnung 
füi-  eine  Steuer  gefafst  habe.  Es  sind  vielmehr  nur  andere  Schreibungen 
dieses  durch  den  Londoner  Text  nun  als  Ortsnamen  erwiesenen  Wortes. 

Die  Erklärung  des  Pächters  einer  kaiserlichen  Ölfabrik  auf  S.  193/94 
fasse  ich  anders  auf  als  der  Herausgeber.  Kenyon  meint,  he  ivishes  fo 
ferminate  Ms  tenancy.  Vielmehr  zeigt  er  dem  kaiserlichen  Beamten  an, 
dafs  er  aus  eigenen  Mitteln  allerlei  Verbesserungen  in  der  Fabrik  einführen 
wolle,  und  bedingt  sich  aus,  dafs  im  Falle  der  Beendigung  der  Pacht  diese 
neuen  Einrichtungen  ihm  gehören  sollen.  Das  ergiebt  sich  aus  folgenden 
meist  neuen  Lesungen:  4  1.  [fi,t](J'9'cü[To]i)  st.  [ö»]jfi[o]ö[to]D.  —  8  erg. 
fx]  xatvijg?  —  9  ff .  1.  £x  xS)v  fujröv  d(XTtav6}\y  ^y]iciviiv  iXaiov\^Qyi'iiriv 
Kul  .  .?  t]?;?  avxfig  Qvquv  %al  xa  avrjKOVta  '^vXixa  aQyaXsil^tx^.^)  — 
12  1.  Iva  iciv  iyßaiva  Kcd.  —  13  1.  £x[ct)  cc^vxrig  e^ovöcav  äTtEv[^iy^- 
UEöd'ai  [tj^f  fiTqxl^ocvrjv  %al  &^VQCiv  %[ccl  xa  «v]7^xov[ra  .  .  .  .]  %ca 
a.QyuXB\^La.  —  21  Anfang  \.^AvxLy\^QCiq)ov  VTtoyQdcpiig?  '£7tofqo]^o(5[i]rog. 
—  In  23  erkenne  ich  ^Eitelcp  x. 

S.  197,  12  1.  9?ßfxog  statt  'ipaaog.  Der  Mann  hat  einen  Leberfleck  auf 
dem  linken  Arm. 

Nach  S.  198,  6  mag  auch  in  CPR  I  231,  2  6ro[&g~\  'A&f}[väg  zu 
lesen  sein  statt  G(a[.  .  .  .Jor-ö'»/. 

S.  202,  36/7  1.  Kccl  0'u[<5£v]  I  evnaXovjisv  Ka9'a)[g  statt  rjöco^  | 
Eßi  aXXov. 

S.  204,  5.  1.  6(pQvv  ös^cav  statt  oipQvog  da'^iag.  Schlufs  1.  XaiQn]- 
ftovo(g).    —    20  1.   Tanovxav.  —   26   1.   £'%iv  st.   aTceji^iv. 

S.  206  liefert  einen  hübschen  Beitrag  zu  den  alexandrinischen  Demen- 
namen. Kenyon  liest  Z.  7:  AiXavaßaxtco  xco  Kai  AXQ^aisi.  Der  zweite  Teil 
war  uns  schon  aus  der  Zusammensetzung  EcoßLKÖaiiiog  6  Kai  ^AX&aisvg  be- 
kannt. Vgl.  GGA  1895,  S.  142.  Aber  was  soll  der  erste  Name?  Eine 
griechische  Etymologie  wird  sich  dafür  nicht  aufstellen  lassen.  Nach  vielen 
Versuchen  glaube  ich  auf  dem  Faksimile  die  richtige  Lesung  gefunden  zu 
haben:  Tsiiavaßaxioa.  Das  ist  zwar  ein  unbekanntes,  aber  gut  gi'iechisches 
Wort:  der  Demos  hiefs  nacb  einem  Tei'/civaßdxt]g,  dem  „Mauererklimmerer". 
Das  wird  der  Kultbeiname  eines  Gottes  oder  Heros  sein.  Es  liegt  nicht 
fem,    an   den   alexandrinischen  Stadtgott   selbst,    an  Alexander,    zu  denken. 


1)  Vgl.  Röscher,  System  der  Volkswii-tschaft  II  §  35.     Büchsenschütz,  Besitz 
u.  Erwerb  S.  301.     Olck  in  Pauly-Wissowa  s.  v.  Ackerbau. 

2)  Für  i^yalsTa. 


160  II-   Referate  und  Bespreclmng-en 

Wahrscheinlich   ist   dasselbe  Demotikon    auch  in  Oxy.  I  100,  4  herzustellen, 
wo   GH  lesen:  nal   TavaßaxcUo  to5  %cd  ^AX^aisi}) 

S.  207, 7  steht  TtQooL'/J  für  TtQoiKi,  wie  öfter.  Dieselbe  Nebenform  liegt 
auch  an  der  umstrittenen  Stelle  BGU  II  592,  8  zugrunde.  Statt  des  un- 
möglichen ^«pot}C£[(j]^[^]  (Krebs)  hatte  Blass  iTtQot-möd-r)  vorgeschlagen, 
womit  er  den  Sinn  der  juristisch  sehr  wichtigen  Stelle  richtig  erkannt 
hatte.  Vgl.  Mitteis,  Hermes  32,  655.  Der  richtige  Wortlaut  des  ganzen 
Passus  ist  aber  nach  meiner  Revision  des  Originals  folgender:  £7t((TrflrjLtc'[vtj] 
iog    7t  ^  0  0  i  X  t  ö  ■9'  [  £  t  ]  (>  ?;    ovSs^la    ^alr^ovola   eGzIv    \^av  r^fj   r&v   ix£iv\ov 

S.  209  7  1.  TtaKtcp  rb  st.  TtaKxavi.  Vgl.  Oxy.  I  138,  28:  X6y(p 
Ttdnrov,  44  ettI  tc5  Ttaxrw  (=  X)actuni^.  Auch  hier  S.  327,  48  und  Ostr. 
II  n.  1224. 

S.  215,  6  (ohne  Faks.)  wird  zu  lesen  sein:  ag  8s  itQoxsQov  ktX.  Es 
folgt  dann  die  Nomenklatur  des  Mannes,  die  er  vor  der  Erlangung  des 
Bürgerrechtes  als  Grieche  gehabt  hatte.  Dafs  er  zwei  Gentilnamen  l^ekonmien 
hat,  was  mit  der  Samtherrschaft  zusammenhängt,  ist  an  sich  ein  Unding, 
kommt  aber  in  dieser  späteren   Zeit  vor. 

S.  216  oben  6/7  1.  izneTcrcoKoroii'  st.  aaTCsm.  orcov.  Vgl.  BGÜ  II 
591,  9;  603,  9;  604,  auch  CPR  I  34  u.  45,  wo  Wessely  es  fälschlich  als 
Toxog  erklärt. 

S.  217  unten  9  1.  xenov^^'^  st.  xokov. 

S.  218,  20  1.  avxiyQi^acfOV^  luqay ^<^^c(xyog  statt  avxiy^  Xaqay^og, 
Vgl.  CPR  I  4,  37/8  und  oben  S.  76.^ 

S.  220,  10  ergänze  [vn^ulkay^iaxi  st.  [Gw^aXlay^iaxi,^  denn  es  soll 
die  Hypothek  ausgedrückt  werden.  —  Z.  14  erg.  etwa  [Ttcog  iQt]^a^xiGui 
st.  \ßXEQOig  uno\xL6m. 

9.    Accounts.     S.  222  —  251. 

In  diesem  Abschnitt  sind  allerlei  Listen  und  Rechnungen  zusammen- 
gestellt, die  z.  T.  von  nicht  geringem  Interesse  sind.  Faksimilia  sind  nicht 
beigegeben. 

Gut  erhalten  sind  die  Abrechnungen  über  Aussaat  (S.  226 ff.),  die  im 
18.  Jahr  des  Hadi'ian  an  verschiedene  Dörfer  des  Faijüm  geliefert  ist.  Die 
Sitologen,  die  Kenyon  mit  Recht  als  die  Verfasser  betrachtet,  fassen  immer 
10  Tage  in  der   Rechnung  zusammen  —   ein  öeirniEQov. 

Die  Abrechnung  auf  S.  280  ff.  möchte  ich  anders  als  K.  deuten.  Er 
sieht  in  dem  beständig  wiederkehrenden  ^v"^  und  (pö^  den  Gegensatz  von 
^vxog  und  (poivit,.  Ich  glaube,  der  Text  wird  erst  verständlich  durch  die 
vorher  auf  S.  117/8  publizierte  Urkunde.  Diese  lehi-t  uns,  dafs  die  Bier- 
steuer (^urrj^a)  an  die  öyjfxoßia  xQdTTs'^a  abgeliefert  wurde,  dagegen  der  cpö- 
Qog  TtQoßdrav  %al  akXcov  siö&v  an  ein  besonderes  Bankressort  {slg  xrjv  inl 
xovxoig  xQccTis^av).  Wenn  nun  in  der  vorliegenden  Urkunde  die  Einnahmen 
aus    ^D*  und    aus  g)o     beständig  separat  gebucht  werden,    so  liegt  die  Ver- 


1)  Jetzt  lesen  GH  [.jt/Tcvrar/JßTfi'a»  (Oxy.  II  S.  .^19).  Da  wäre  nur  noch  r  statt 
y^  verlesen,  üas  neue  Demotikon  (PvXcc^i&aXuGctog  lälst  sich  auch  in  P.  Leipz. 
10,  3  herstellen. 

2)  Vgl.  zu  letzterer  Phrase  BGU  II  G14,  24. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  161 

mutung  nahe,  dafs  wir  eben  hier  eine  Abrechnung  über  jene  '^vrrjQu  und 
jenen  cpoQog  TC^oßccxav  %al  akX(ov  sldüv  vor  uns  haben.  Die  Urkunde  ist 
wichtig  für  die  Frage  nach  dem  Wesen  der  Biersteuer  (vgl.  Ostr.  I  369  ff.), 
doch  wüi-de  ein  Eingehen  hier  zu  weit  führen. 

In  dem  Namen  Neßpjg  (Gen.  NeßiBiovg)  auf  S.  237  f.  hat  sich  wohl 
wieder  einmal  ein  alter  Königsname  erhalten:  es  ist  eine  genaue  Transkription 
von  Nebka  (nb  k^),  einem  König  der  III.  Dynastie,  dessen  Totenkult  sich 
lange  erhalten  hat.  Auf  andere  Königsnamen  in  den  griechischen  Urkunden 
habe  ich  in  GGA  1895  S.  157  hingewiesen.  Hier  sei  nur  noch  jener  König 
ÄEVEqpQijg  hinzugefügt,  unter  dem  nach  jüdischen  und  christlichen  Legenden 
Moses  gelebt  haben  soll.  Dessen  Name  steckt  offenbar  in  dem  memphiti- 
schen  Dorfnamen  Taxsveq)Qii^  denn  so  ist  in  P.  Leid.  A,  4  zu  lesen:  xc6jtti/g 
TaiEVEcpQi]  rov  ME^cpLxov  (st.  TayBVEcpQTixov).  Die  griechische  Tradition 
der  ägyptischen  Königsnamen  müfste  jetzt  mit  Hilfe  unserer  Urkunden  von 
neuem  revidiert  werden.     Doch  da  müfsten  die  Agyptologen  mitthun. 

Hervorzuheben  sind  ferner  die  Abrechnungen  eines  Pfandhauses  auf 
S.  245  f.,  die  namentlich  lexikalisch  von  Interesse  sind. 

Die  Rechnung  auf  S.  248/9  hätte  unter  die  Steuerquittungen  gestellt 
werden  können,   denn  trotz   des  fehlenden  dtiy^aipEv  ist  sie  nichts  anderes. 

10.    Private  letters.     S.  252—257. 

Bekanntlich  sind  die  Privatbriefe  uns  meist  so  schwer  verständlich, 
weil  wir  die  Beziehungen  der  Personen  zu  einander  nicht  kennen.  Man 
hat  daher  mit  Recht  versucht,  aus  gewissen  Formalien  Anhaltspunkte,  die 
weiter  helfen  könnten,  zu  gewinnen.  So  operiert  Kenyon  mit  der  von  Mahaffy 
gemachten  Beobachtung,  dafs  die  Grufsformel  sqqcoGo  stehe,  wenn  der  Brief 
an  Gleichstehende  oder  Niedrigere  gerichtet  ist,  dagegen  evzv'/^ei.,  wenn  an 
Höherstehende.  In  der  That  stimmen  die  meisten  Fälle  durchaus  für  diese 
Annahme,  aber  es  handelt  sich  natürlich  bestenfalls  um  einen  Usus,  an 
den  niemand  gebunden  ist,  und  von  dem  es  daher  auch  Ausnahmen  giebt.^) 
Immerhin   ist  uns  eine  gewisse  Direktive  für  die  Erklärung  damit  gegeben. 

Ähnlich  steht  es  mit  einer  anderen  Beobachtung,  die  Kenyon  macht, 
und  die  auch  ich  schon  im  Hermes  2  2, 5  ff.  hervorgehoben  habe,  dafs  der  Brief 
als  an  eine  höher  stehende  Persönlichkeit  gerichtet  aufzufassen  ist,  sobald 
der  Adressat  in  der  Adi-esse  dem  Namen  des  Schreibers  vorangestellt  ist. 
Freilich  könnte  allzugrofse  Höflichkeit  des  Schreibers  uns  gelegentlich  ii-re- 
führen,  aber  mir  ist  noch  keine  Ausnahme  aufgefallen,  und  so  wird  uns 
auch  diese  Beobachtung  bei  der  Interpretation  der   Briefe  fördern  können.^) 


1)  So  findet  sich  z.  B.  ^qqcoöo  auch  unter  Bittschriften,  die  also  an  höhere 
Persönlichkeiten  gerichtet  sind,  deren  Gunst  der  Schreiber  erringen  möchte,  nicht 
nur  P.  Grenf.  I  11  II  5,  wo  auch  schon  Grenfell  den  Widerspruch  angemerkt  hat, 
sondern  auch  Grenf.  I  37,  14  (beide  aus  Ptolemäerzeit).  Andererseits  scheuen  sich 
z.  B.  auch  Kaiser  nicht,  eventuell  mit  svrvxi^ttE  zu  unterschreiben.  Hier  kann  man 
nach  Mahaffys  Beobachtung  nur  sagen,  dafs  damit  eine  besondere  Ehrung  zum 
Ausdruck  kommt. 

2)  Ebenso  äufserlich  kommt  die  Devotion  dadurch  zum  Ausdruck,  dafs  man 
abschriftlich  beigefügte  Kaiserbriefe  nicht  wie  die  anderen  Beilagen  dem  eigenen 
Briefe  folgen  (ynorüaGbiv) ,  sondern  vorangehen   läfst  {itgordaaEiv).     Darauf  wurde 

Archiv  f.  Papyriiaforschung  I.  1.  11 


162  n.  Referate  und  Besprechungen 

Aiach  die  Datierung  der  Privatbriefe  ist  schwierig,  da  sie  bestenfalls 
das  Jahr,  aber  selten  den  Namen  des  regierenden  Kaisers  nennen.  Kenyon 
meint,  dafs  die  erweiterte  Grufsformel  iggäad-ai  as  ev^oiiai  auf  das  IV.  Jahrh. 
n.  Chr.  weise  (S.  253).  Sie  erscheint  vielmehr  auch  schon  im  J.  201  (Bruns, 
fönt.  i.  K.ß  S.  248),  215  (BGU  362  V  12),  vgl.  Oxy.  I  114  f.  und  GH 
a.  a.  0.  S.  435,  die  schon  aus  Trajans  Zeit  ein  Beispiel  kennen.  Eine  er- 
neute Untersuchung  über  die  Entwickelung  der  Briefformalitäten  an  der  Hand 
der  Papyri,  Inschriften  und  Autores  wäre  eine  sehr  lohnende  Aufgabe. 

S.  254,  16  begegnet  t«  i7ti(xi]vLa  im  Sinne  von  „Monatsvorrat".  Vgl. 
Polyb.  31,  20,  13;  22,  12.  Die  yQacprj  £7rt|it(i;v/cov)  6t^[co]vtcov,  die  Z.  27 
folgt,  ist  nicht  ohne  Interesse:  da  sind  verschiedene  Brote  und  Kuchen,  die 
nach  Paaren  (^evyr})  berechnet  werden^),  ferner  Datteln,  Dattelbrot ^),  rohe 
Oliven,  endlich  Ole^),  Essig  und  ein  Korb  mit  Pökelwaren  vom  vorigen 
Jahre.  Es  ist  das  so  ungefähr  dasselbe,  was  noch  heute  die  Hauptnahrung 
der  Bevölkerung  ausmacht. 

Der  Text  auf  S.  256/7,  der  richtiger  in  den  nächsten  Abschnitt  ge- 
kommen wäre,  gewinnt  durch  Vergleichung  mit  P.  Oxy.  I  81  und  82.  Es 
ist  wie  diese  ein  Amtseid,  geschrieben  von  einem  Manne,  der  auf  einem 
öffentlichen  Transportschiff  einen  Posten,  wohl  als  Liturgie,  übernimmt. 
Der  Anfang  mag  auch  hier  gelautet  haben:  Elgöo&elg  kxX.  Zu  iitinXooi 
in  Z.  10  vgl.  oben  S.  155.  —  Z.  15  ist  nach  Oxy.  I  82  und  vielen  anderen 
Parallelen  i]  evol^y^^^oq  elijv  to3  üq%(o  zu  lesen  statt  t]  iv6')^£]d'£Li]v  x.  o.- 

Unter  den  Miscelloneous  Documenis  endlich,  die  S.  257 — 266  den 
Schlufs  der  römischen  Gruppe  bilden,  ist  vor  allem  der  mathematische  Pa- 
pyrus S.  257  ff.,  der  die  Umrechnung  der  verschiedenen  Artaben  in  einander 
behandelt,  von  hervoiTagendem  Werte.  Dieser  bleibt  dem  metrologischen 
Referat  vorbehalten. 

Die  ensvoyqacptu  (Inventarium)  auf  S.  264/5  ist  wieder  eine  Fundgrube 
für  das  Lexikon. 

C.    Byzantine  Period. 

1.     The  correspondence  of  Abinnaeus. 

Einer  der  interessantesten  Funde  der  letzten  Jahre  ist  ohne  Zweifel 
diese  Korrespondenz  des  praefedus  alae  Flavius  Abinnaeus,  der  in  der  Mitte 
des  IV.  Jahrh.  n.  Chi-.^)  zugleich  die  Stelle  eines  praefedus  castrorum  Dio- 
nysiadis ,  also  des  Platzkommandanten  von  Dionysias  —  nach  GH  dem 
heutigen  Kasr  Kemn  —  bekleidete.     Es  sind  im  ganzen  etwa  60  Urkunden, 


ich  durch  den  Brief  bei  Bruns  font.^  S.  247/8  aufmerksam,  und  ich  glaube,  dafs 
danach  BGU  II  473  interpretiert  werden  mufs  (vgl.  Mitteis,  Hermes  32,  651  f.). 
Voran  steht  ein  Kaiserreskript.  Dann  Z.  13  If.  ein  amtlicher  Brief,  dessen  Anfang 
Z.  14  ich  folgendermafsen  ergänzen  möchte:  'AvriyQCi(pov~\  räv  &iicov  diarä^so^v, 
worauf  weiter  in  Z.17  zu  ergänzen  ist:  tovtols  (^ov  xoig  yQÜiniasiv  TtQoirai,a. 
Die  %ttai  8iaxäh,i:ig  sind  eben  der  vorher  wiedergegebene  Brief  des  Kaisers. 

1)  Vgl.  Ostr.  I  755. 

2)  Das  wird  mit  ccQxocpoivi"  gemeint  sein.    Zu  erwarten  wäre :  ciQX(o{v)  cpoivi- 
■Kiivoiv).     Der  Plural  wegen  der  Rechnung  nach  t^vyr]. 

3)  Z.  39  ist  nicht  Hcclwv,  sondern  ilaiwv  zu  lesen,   denn   es  wird   nach  Ke- 
ramia  gemessen. 

4)  Die  Briefe  reichen  von  343  bis  351. 


Ulrich  Wilcken:  Papyvus-Urkunden  163 

von  denen  37  dem  British  Museum,  etwa  20  der  Genfer  Sammlung  ge- 
hören. Über  die  letzteren  liegt  eine  Mitteilung  von  Nicole  vor,  der  zwei 
Proben  davon  giebt  (darunter  eine  lateinische).^)  Die  ersteren  hat  uns 
Kenyon  hier  in  einer  vortrefflichen  Publikation  mit  sachkundigem  Kommentar 
vorgelegt.  Das  lebensfrische  Bild,  das  uns  aus  diesen  so  eng  zusammen- 
gehörigen Urkunden  entgegentritt,  wird  erst  seine  volle  Wirkung  ausüben 
können,  wenn  auch  die  Genfer  Texte  publiziert  sein  werden.  Aber  auch 
schon  die  jetzt  vorliegenden  lassen  uns  in  das  Leben  und  Treiben  jener 
abgeschiedenen  Gegend  einen  tiefen  Einblick  gewinnen.  Nicht  minder  wert- 
voll ist,  was  wii*  über  die  Bedeutung  des  Platzkominandauten  und  anderer- 
seits der  Dorfbehörden  füi'  den  Sicherheitsdienst  erfahren.^)  Die  Klagschi-iften 
wegen  Diebstahls,  Sachbeschädigung  u.  s.  w.  werden  auch  von  den  umlie- 
genden Dörfern  aus,  wie  in  früheren  Jahrhunderten  an  den  centurio  oder 
decui'io,  so  jetzt  an  den  praefectus  castrorum  gesandt,  mit  der  Aufforderung, 
die  Dorfbehörden  (dr/fto(Jioi)  zur  Auffindung  der  Übelthäter  zu  veranlassen, 
resp.  die  schon  bekannten  Übelthäter  festzunehmen  und  den  Fall  dem  dux 
zur  Bestrafung  zu  melden.^)  Der  militärische  Sicherheitsdienst  war  hier 
um  so  notwendiger,  als  die  Dorfbehörden  selber  nicht  immer  reine  Hände 
gehabt  zu  haben  scheinen.*)  Auf  S.  275  werden  freilich  neben  dem  Sohn 
des  Irenarchen  auch  Soldaten  aus  der  Truppe  des  Abinnaeus  beschuldigt, 
einem  Manne  bei  Nacht  seine  Schafe  geschoren  zu  haben  (vgl.  auch  S.  282), 
und  was  für  ein  Ehrenmann  Abinnaeus  selbst  gewesen  ist,  das  wissen  wir 
nicht.  Der  Brief  auf  S.  284  läfst  auch  nach  dieser  Seite  hin  dunkle 
Ahnungen  aufsteigen.  Trotz  des  guten  Systems  war  hier  jedenfalls  die 
Unsicherheit  eine  sehr  grofse. 

Indem  ich  mir  ein  weiteres  Eingehen  vorbehalte,  bis  die  Genfer  Publi- 
kation vorliegt,  beschränke  ich  mich  hier  darauf,  einige  Beiträge  zum  Text 
zu  liefern.  Hervorgehoben  sei  nur  noch,  dafs  die  Urkunden  auch  sprach- 
lich von  hervorragendem  Interesse  sind,  da  sie  fast  alle,  wie  auch  sonst 
meist  die  Privatbriefe,  in  vulgärer  Orthographie  geschrieben  sind  und  uns 
daher  die  damals  wirklich  gesprochene  Volkssprache  vor  Augen  führen.  Be- 
merkenswert ist  das  Eindringen  von  Latinismen  auch  aufserhalb  der  Titu- 
laturen, wie  TiQsöav  {= praedani)  S.  282,  15  und  Qayccxa  (=  rogaki)  S.  288, 15. 
Im  einzelnen  bemerke  ich: 

S.  272,  6  wird  OaXamidi  statt  PaluiKiSi  zu  lesen  sein.  Das  Doi-f 
war  also  nach  einem  OaluiKog  benannt.  —  Z.  10  1.  eTtTjX&a  st.  SLai]l&(x. 
Gemeint  ist  inTiX'&av. 

S.  275,  4/5  1.   EüiQ&'TjGav  st.  aKoq}&t]aav. 


1)  Revue  de  Philol.  20,  43  £F. 

2)  Vgl.  Mommsen,  Rom.  Strafrecht  S.  307,  312. 

3)  Unter  dem  heutigen  arabischem  Regiment  ist  der  Sicherheitsdienst  in  ganz 
ähnlicher  Weise  geordnet.  Als  im  vorigen  Winter  in  Ehnäs(Herakleopolis)  ein  Dieb- 
stahl begangen  war,  hatte  zunächst  der  Ortsvoarsteher ,  der  Omde  (etwa  der  y.co- 
HccQxrig)  mit  seinen  Ghafiren  (qivlaKsg)  die  Persönlichkeit  festzustellen.  Dazu 
wurde  dann  der  treffliche  Platzkommandant  des  ly^  Stunden  entfernten  Sedment 
(am  Wüstenrande)  herbeigeholt,  der  an  der  Untersuchung  teilnahm  und  dann  den 
Übelthäter  von  seinen  Soldaten  nach  Sedment  abführen  liefs.  Der  Fall  aber  wurde 
dem  Mudir  von  Beni-Suef  (entsprechend  dem  dux)  gemeldet. 

4)  Vgl.  auch  die  Schilderung  des  Dorfältesten  Sempronius  auf  S.  174. 

11* 


164  11.  Referate  und  Besprecliungen 

S.  276,  10  scheint  öitjQnsvai  st.  cKprjQnsvai  zu  stehen.  Das  ist  viel- 
leicht verschrieben  füi*  6iriQ(jtu)y,ivcii.  —  13  1.  NuQ^ovQ'£Oi{g  st.  TIocq- 
ju,oi;'9'£co[g. 

S.  277,  9   ist  avx(o(vy  (==  cuvtov)  herzustellen. 

S.  278,  9  1.  riov  (=  vov  =  vfov)  st.  yiov.  —  Zu  aTtavco&sv  Z.  12 
vgl.  neugriech.  ccTtävco  (Hatzid.  S.  36).  —  Zu  14  1.  ^i'  avro)  T[o]vrco  (=  avtb 
rovroi)  statt  diavTcav  reo. 

S.  280,  10  1.  av  sGtikerco  (=  ai/föTfiAaro)  st.    avEGztle  t«o. 

S.  284,  11  steht:  7]Q7tcc^ag  avtovg.  Da  mit  avtovg  die  Frevler  gemeint 
sind  (vgl.  nächste  Zeile:  rovxovg  UTtoßrdov),  so  scheint  r^QTia'^ag  kausative 
Bedeutung  zu  haben:  „du  hast  sie  plündern  lassen".  Ähnliches  bei  Hatzid. 
S.  200f.  —  14  1.  avaviynco^sv  (^=  ävsvey'KcofiSv^  statt  av  arsyncof-iev.  Das 
ßovXEvrT^Qiov  hier  kann  übrigens  unmöglich,  wie  K.  annimmt,  zum  Dorf 
Theoxenis  gehören,  denn  Dörfer  haben  keinen  Rat;  das  kann  nur  der  Eat 
der  Metropole  Arsinoe  sein.  —  16  Kxrjascog  ist  als  Nom.  propr.  zu  fassen. 
—   18  ist  wiederum  jcar'  iaov  st.  nate  aov  zu  lesen.     Vgl.  oben  S.  131.^. 

S.  285,  3  zu  ÖTjloiv  (=  dTjlovv)  vgl.  KaraaKrjvoiv  bei  Matth.  13,  32, 
Marc.  4,  32  und  andere  Beispiele  bei  Hatzidakis  S.  193. 

S.  292,  9  steht  t6  als  Relativum:  ro  (lot  ösdcoKsg  für  o  jitot  öiöcoKag. 
Vgl.  S.  301,  9:  [rrjv  a'y\dm]v  rrjv  Ttoistg;  S.  304,  14:  rrjv  ilqa  rr}v  öiöco- 
KEv.  —   16   steht  öidoviiEv  füi*  öiö&uev,  nicht  für  dlöo^sv. 

S.  295,  13  glaubt  Kenyon  eine  Erwähnung  der  arsino'itischen  ßovXij 
zu  finden.     Es  ist  vielmehr  zu  lesen:  nal  tteqI  av  ßovXrj  keIeve(^i}v  ^oi. 

An  den  Briefen  des  Apamios  S.  300 f.  ist  beachtenswert,  dafs  er  ent- 
gegen der  antiken  Sitte,  wie  sie  uns  bisher  bekannt  war,  zum  Schlufs  nicht 
eine  Grufsformel,  sondern  in  moderner  Weise  seinen  Namen  im  Nominativ 
darunter  schreibt.  Ist  das  nur  eine  Marotte  von  Apamios,  oder  kommt  das 
in  dieser  jüngeren  Zeit  auch  sonst  vor? 

S.  304,  14  1.  'iaäg  st.  CGag.     Ebenso  Z.  20:  6  'löag. 

2.    Miscellaneous  Fourth    Century   Documents.     S.  307  —  323. 

Auch  von  diesen  gehören  noch  mehrere  zu  den  Papieren  des  Abinnäus. 
Es  sind  Listen  und  Abrechnungen  der  verschiedensten  Art,  auf  die  ich  hier 
nicht  genauer  eingehen  will.  Auf  S.  307  unten  Col.  II,  1  ist  die  Sigle,  die 
Kenyon  als  nvqov  äQxccßri  erklärt,  vielmehr  als  xaXccvxov  zu  fassen.  Die 
eigentümliche  Form  der  Siglenatabe  auf  S.  316  oben  wird  als  Gi{xov)  -^ 
aufzulösen  sein. 

3.    Late  Byzantine  Papyri.     S.  323—335. 

Unter  diesen  letzten  Texten  ragt  an  Umfang  und  Bedeutung  die  grofse 
o^oloyici  xrig  E(i(pvxEv6£(og  aus  dem  Anfang  des  VII.  Jahrh.  n.  Chr.  hervor 
(S.  324/29),  durch  welche  das  Kloster  des  heiligen  Patois  einem  gewissen 
Johannes  12|^  Aruren  Fruchtland  und  5  Aruren  Ödland  in  Erbpacht  giebt. 
Dieses  Dokument,  das  bisher  einzig  in  seiner  Art  dasteht,  wird  hoffentlich 
von  juristischer  Seite  eingehender  intei-pretiert  werden.  Zum  Text  haben 
schon  GH  Nachträge  geliefert,  denen  ich  TtEvxE'^iaxo)  statt  TCEvxt^Eaxco  (in 
Z.  91)  hinzufüge.  Hier  sollen  nur  einige  topographische  Bemerkungen 
Platz  finden. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  165 

Die  Urkunde  stammt  aus  Edfü,  dem  alten  Apollinopolis  Maior.  Das 
Kloster  des  heiligen  Patois  gehört  zum  oQovg  xaSjur;?  Tanaldscog  (so  wohl 
besser  als  Tavald-ecog)  xov  ^ATiolliovoitoUxov  vofiov  (Z.  7).  Von  dem  Ge- 
höft, in  dem  der  Erbpächter  wohnt,  heilst  es  nachher  gleichfalls  (Z.  10): 
OQOvg  xfig  avxfig  %(b^y]g.  Ich  möchte  hervorheben,  wiewohl  es  fiü*  die 
Kenner  der  ägyptischen  Verhältnisse  wohl  selbstverständlich  ist,  dafs  OQog 
hier  nicht  Berg  oder  Gebirge,  sondern  Wüste  bedeutet.  Das  OQog  xrjg 
Koo^ir)g  ist  das  Stück  Wüste,  das  zu  dem  oflfenbar  am  Wüstenrande  gelegenen 
Dorfe  Tapaithis  gehört,  und  das  Kloster  liegt,  wie  die  meisten,  in  der 
Wüste  selbst.  Es  ist  interessant,  dafs  ebenso  der  moderne  arabische  Aus- 
druck, mit  dem  heute  im  Volksmunde  die  Wüste  bezeichnet  wird,  Gebel,  zu- 
gleich und  ursprünglich  „Berg"  bedeutet.  Es  ist  ja  klar,  dafs  der  Be- 
deutungswandel durch  den  gebirgigen  Charakter  der  Wüste  bedingt  ist, 
aber  es  ist  bemerkenswert,  dafs  sowohl  Gebel  wie  oQog  auch  den  völlig 
flachen  Wüstenrand  bezeichnen  (vgl.  Z.  16). 

Gleichfalls  aus  Edfü  stammen  die  Kontrakte,  die  Grenfell  in  seiner 
Erstlingsarbeit,  im  Journal  of  Philology  22,  268 if.,  publiziert  hat.  Auch 
sie  enthalten  eine  interessante  topographische  Notiz.  In  I  28  heifst  es  da 
von  einem  Grundstück,  es  liege  sv  rc5  vipcofiaxi  xrig  7röAe[a)j].  Wer  den  rie- 
sigen Schutthügel  (Kom)  gesehen  hat,  der  heute  als  Wahrzeichen  des  alten 
Apollinopolis  emporragt,  kann  nicht  zweifeln,  dafs  nur  an  ilin  hier  zu  denken 
ist.  Oder  genauer  gesagt:  das  vipioiia  der  Urkunde  ist  der  Kom  von  Edfü 
in  der  Gestalt,  die  er  damals  im  Anfang  des  VII.  Jahrhunderts  gehabt  hat, 
und  da  Häuser  imd  Gassen  darauf  erwälmt  werden,  so  war  er  damals 
bebaut,  wie  ja  auch  heute  gi'ofse  Teile  von  Edfü  auf  alten  Schutthügeln 
stehen,  und  so  gewährt  uns  diese  Urkunde  einen  interessanten  Einblick  in 
das  allmähliche  Werden  und  Wachsen  der  Schutthügel  von  Edfü. 

Da  das  Londoner  Tafelwerk  jetzt  die  Photographieen  dieser  Gren- 
fell'schen  Kontrakte  bringt,  mögen  hier  einige  Korrekturen  Platz  finden,  die 
sie  mii-  ermöglicht  haben. 

17  1.  -hmg  av^x&v  st.  Jrrj?.  —  36  ^vii*d  Tkvqov  und  Tßsvnr]fi(..) 
zu  lesen  sein  (Feminina).  —  57  1.  a6d-svi]6ei[jLev  st.  ao&evetusv.  — 
80  1.  Movöatog  st.  A&ovg  viog.  —  In  81  hat  Gr.  /iuvi'r]Xov  hinter  t^iov 
ausgelassen. 

ni  20  Schlufs  erg.  tvog  xqIxov].  —  21  1.  ayll,  d.  h.  l|-  Solidi,  st. 
ayV/ .  —  26  1.  iSarpovg  st.  tScccpov.  —  In  47  hat  Gr.  tckvxk  hinter 
TtQoyeyQafifxiva  ausgelassen. 


III.  Der  Papyrus  des  Ashmoleaii-Museum  (vgl.  S.  122). 

John  P.  MahaflFy  legt  uns  hier  einige  Fragmente  vor,  die  er  aus  einem 
von  Mr.  Arthur  Evans,  dem  Direktor  des  Ashmolean-Museum  ilmi  zm- 
Untersuchung  überwiesenen  Mumienpectorale  glücklich  herausgelöst  hat.  Es 
ist  dies  ein  neues  Beispiel  für  die  Verwendung  des  Papyrus  zu  Kartonnagen, 
wie  sie  uns  namentlich  durch  die  Petrie-Papyri  bekannt  geworden  war, 
und  die  Wichtigkeit  der  dui'ch  die  Zerstörung  des  Pectorale  für  die  Wissen- 
schaft geretteten  Documente  richtet  von  neuem  an  alle  Museumsverwaltimgen 
die  Mahnung,  die  Mumienkartonnagen  aus  hellenistischer  Zeit  einer  genauen 


166  IL    Referate  und  Besprechungen 

Pi'üfung   zu   unterwerfen    und    sie   eventuell   der    histonschen    Forschung   zu 
opfern. 

Das  Papyrusstück,  das  zum  Oxforder  Pectorale  verarbeitet  wurde, 
stammt  aus  einer  gröfseren  Rolle  (s.  unten  S.  168),  die,  wie  die  Schrift 
deutlich  zeigt,  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  beschrieben  worden  ist.  Die  Hände 
auf  Recto  und  Verso  sind  verschieden.  Die  Entzifferung  war  nicht  leicht, 
wie  man  aus  den  beigefügten  Tafeln  ersehen  kann,  und  wir  müssen  Mahaffy 
für  die  mühevolle  Arbeit  sehr  danken,  wenn  er  auch  noch  nicht  überall 
das  Richtige  getroffen  hat.  Das  wird  auch  kein  Sachverständiger  auf 
unserem  Gebiet  von  einer  editio  princeps  erwaiiien. 

Das  Recto  enthält  sehr  merkwürdige  und  nicht  leicht  verständliche 
Bestimmungen  über  die  Aussaat  der  Felder  verschiedener  Dörfer  des  Faijüm. 
Sie  sind  alle  nach  demselben  Schema  abgefafst.  Ich  gebe  ein  Beispiel 
(Z.  5 — 15):  'AQfjv&g  KMfirjg  öicc  Usroßaariog  (aQOVQai)  717|^j^j^.  ^^qo' 
äv  a.7Coliinov6iv  ngog  xriv  nvQocpOQOv  ^O?,^^^:^^,  kvtjkov  300,  oQoßcot,  10, 
äQccKCoi  100 /  817  l^^Yei-21  ccvravai,Qov(xivcov  öh  at  nXetco  oiaziöTtaQKev  '/.Qi&iji, 
[100|,  nataXELTtovrai,  Ti'^2^hi'>i  ^*P'  ^^  ^^''  '^'^T:f^'3nc(Qi]vai  kutixcoc  300, 
oQoßcoL  10^),  TCVQ&L  [407 1  ^  jg  ^].  Das  fasse  ich  folgendermafsen  auf:  In 
Athena-Dorf  sind  717  etc.  Aruren  durch  Petobastis  [zu  besäen].^)  Von  den 
817  etc.  Aruren^),  die  man  für  Weizen,  Saflor,  Erven  und  Arakos  (Hülsen- 
fi-ucht)  reserviert  hat,  bleiben  nach  Abzug  der  100  Aruren,  die  er  (d.  h. 
Petobastis)  schon  mit  Gerste  besät  hat,  717  etc.  Aruren  übrig,  die  nun  in 
der  hier  angegebenen  Weise  mit  Saflor,  Erven  und  Weizen  zu  besäen  sind. 

Hierbei  bleibt  vieles  unklar.  Wer  ist  der  verfügende  Beamte,  in 
dessen  Bureau  diese  Abrechnungen  aufgesetzt  sind?  Wer  ist  Petobastis? 
Mahaffy  hält  den  letzteren  für  den  Komarchen,  den  vorgesetzten  Beamten 
aber  für  den  Oikonomos.  Das  sind  zwei  Möglichkeiten,  neben  denen  auch 
andere  bestehen.  Aus  Rev.  L.  41  wissen  wir,  dafs  in  dieser  Zeit  aufser 
dem  Oikonomos  auch  der  Nomarch  und  der  Toparch  die  Oberaufsicht  über 
die  richtige  Besäung  der  Felder  ausübten  und  im  Falle  einer  Übertretung 
mit  jenem  straffällig  waren.  Ich  verweise  auch  auf  P.  Petr.  II  30  (d),  wo 
der  Nomarch  auf  Grund  der  Eingaben  der  Toparchen  (resp.  xonoyQa^naretg) 
über  die  Aussaat  des  arsinoitischen  Gaues  Bericht  erstattet.  Mit  Berück- 
sichtigung der  Rangstellung  des  Verfassers  der  vorliegenden  Bestimmungen 
und  des  ümfanges  seines  Amtsgebietes  wird  man  also  einstweilen  wohl  die 
Wahl  zwischen  dem  Oikonomos  und  dem  Nomarchen  haben.  Vgl.  nament- 
lich Rev.  L.  41,  5  f.  mit  dem  8.  Brief  auf  dem  Verso. 

Den  Petobastis  dagegen,  der  nicht  wie  jene  durch  Geometer  die  Aus- 
saat feststellen  läfst,  sondern  selbst  sie  leitet  (KarianccQKsv) ,  möchte  ich 
etwa  für  einen  Spezialbeamten  der  KatccGiiOQd  halten,  und  da  denke  ich  un- 
willkürlich an  den  in  Ostr.  I  3 40  f.  nachgewiesenen  inirriQ-rjTrjg  navaöTCOQccg, 
der  —  vielleicht  mit  Hilfe  der  Xiiivaötal  Kai  ndTaGTtoQetg  (Ostr.  I  508)  — 
die  Aussaat  zu  beaufsichticfen  und  durchzuführen  hatte.     Doch  auch  das  ist 


1)  Mah.  liest  q  statt  ^.  Danach  ändert  sich  auch  die  Ergänzung  der  folgen- 
den Zahl. 

2)  Anders  Mah.  S.  204:  fuccount  furnishedj  through  Petobastis. 

3)  Mah.  bezieht  das  a(p'  wr  auf  die  vorhergehende  Zahl  717  etc.  Das  geht 
nicht,  da  hier  und  überall  die  folgende  Summe  gröfscr  ist.  llq)'  on>  ist  vielmehr 
mit  den  folgenden  Zahlen,  in  Summa  817  etc.  zu  verbinden. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  167 

nur  ein  Vorschlag;  der  Komarch  ist  nicht  ausgeschlossen.  Wir  wissen 
nichts  über  das  Verhältnis  jenes  zu  diesem. 

Schwierig  ist  der  Mittelsatz:  c!.vvavaLQovfiev(ov^^  6e  öot  TtXsiu)  nariönaQ- 
nev  Ktl.  Was  soll  das  tiXslo)?  Mahafiy  sieht  darin  einen  excess — occurrcd 
in  the  previous  year.  Ich  meine,  der  Übergriff  kann  nur  im  laufenden 
Jahre  erfolgt  sein,  sonst  würde  er  nicht  bei  der  Abrechnung  dieses  Jahres 
in  Anschlag  kommen.  Dafs  Petobastis  durch  Besäung  der  hier  in  Abzug 
gebrachten  Felder  seine  Instruktionen  überschritten  hat,  geht  aus  C,  36 
hervor,  wo  es  hinter  y.axiGnaQ'KSv  heifst:  xSiv  HßO-dAot;  jUtj  ÖL\ayzyQ\cniidviov 
[.  .Jvov  100  (Aruren),  aQänov  50  kxX.  Hier  werden  also  diese  abzüglichen 
Arui'en  ausdrücklieh  als  solche  bezeichnet,  die  ihm  „überhaupt  gar  nicht 
vorgeschrieben"  waren  zu  besäen  (anders  Mah.  S.  205).  Dafs  also  ein 
Übergriff  des  Beamten  vorliegt,  scheint  hiernach  sicher.  Merkwürdig  ist 
nm",  dafs  ein  solcher  in  jedem  der  uns  vorliegenden  fünf  Fälle  begegnet. 
Aber  das  Ttlem  ist  noch  nicht  erklärt.  Womit  soll  dies  plus  in  Vergleich 
gestellt  werden?  Ich  finde  einen  Sinn  darin  unter  Annahme  folgender 
Situation;  Aufser  den  817  Aruren,  um  bei  obigem  Beispiel  zu  bleiben,  ge- 
hören noch  andere  zu  der  Feldmark  desselben  Dorfes,  die  vielleicht  zu  einem 
anderen  Eessort  gehören  (s.  unten).  Bei  Besäung  dieses  anderen  Teiles  hat 
Petobastis  gegen  seine  Instruktionen  in  den  hier  behandelten  Teil  über- 
gegi-iffen,  und  hat  100  Aruren  mehr,  als  er  in  jenem  anderen  Teil  sollte, 
besät,  und  zwar  mit  Gerste  statt  mit  Arakos.  Darum  müssen  diese  100 
Aruren  Gerstenland  von  dem  hier  behandelten  Komplex  in  Abzug  gebracht 
werden.  So  bleiben  nur  717  Aruren.  Diese  Erklärung  würde  dem  Wort- 
laut gerecht  werden.     Ob  sie  sachlich  zutrifft,  lasse  ich  dahingestellt. 

Wie  auch  Mahaffy  hervorgehoben  hat,  beschränkt  sich  in  den  vor- 
liegenden Fällen  die  Aufsicht  der  Regierung  über  die  Aussaat 
nicht  auf  diejenigen  Fruchtarten,  deren  Verarbeitung  sie  mono- 
polisiert hatte  (vgl.  das  Ölmonopol  im  Eevenue-Papyrus),  sondern  er- 
streckt sich  auch  auf  die  anderen.  Freilich  hätte  diese  Neuigkeit  für 
uns  nur  einen  Wert,  wenn  wii'  wüfsten,  ob  der  Text  vom  öffentlichen  oder 
vom  privaten  Boden  spricht.  Mahaffy  hat  diese  Kardinalfrage  garnicht 
berührt,  wohl  weil  er  annimmt,  dafs  die  hier  genannten  Aruren  das  Ge- 
samtareal der  betreffenden  Dörfer  darstellen.  Mein  schon  oben  angedeuteter 
Dissens  soll  unten  begründet  werden.  Handelt  es  sich  in  unserm  Text  um 
öffentliches  Land,  so  verstünde  es  sich  von  selbst,  dafs  der  Staat  auch  die 
Entscheidung  über  die  Aussaat  hat.  Denn  das  ist  natüi-lich  Sache  des 
Grundherrn.  Ist  es  aber  Privatland,  so  mülsten  wir  annehmen,  dafs  es  so 
etwas  wie  einen  Flur  zwang  in  Ägypten  gegeben  hat,  und  es  liefse  sich 
dafür  vielleicht  auf  Plin.  h.n.  19,5,79  verweisen,  wo  Plinius  in  Bezug  auf  den 
raphanus  sagt:  hoc  maxime  cupiunt  severe  si  liceat.  Freilich  liefse  sich 
die  letztere  Notiz  durch  den  Hinweis  auf  das  Ölmonopol  entkräften,  und 
auch  sonst  sind  mir  Einwände  zm-  Hand.  Doch  es  ist  hier  nur  meine  Auf- 
gabe, den    Stand   der   Frage   klarzulegen.     Da   das   Kopfstück   der   ürkimde 


1)  ^vravaiQttcQ-ai  (nicht  avtavKiQißd-ai  Mah.  S.  206)  begegnet  in  demselben 
Sinne  von  „bei  der  Rechnung  in  Abzug  gebracht  werden"  auch  in  P.  Zois  I  18,  wo 
Wessely  (Wien.  Kais.  S.  16)  es  fälschlich  mit  „dafür  erhoben  werden"  übersetzt. 
Vgl.  jetzt  auch  BGU  III  776,  18  und  GH  zu  Lond.  II  S.  116. 


]^68  II.  Referate  und  Besprechungen 

verloren  ist,  bleiben  wir  über  jene  Hauptfrage  einstweilen  im  Dunkeln.    So 
legt  der  Oxforder  Papyrus  Fragen  von   gröfster  Bedeutung  an,  ohne  sie  zu 
rösen,  und  führt  uns  so  recht  vor  Augen,  wie  wenig  wir  wissen. 
Im  einzelnen  bemerke  ich  noch  folgendes. 

B  25:  ag?'  cov  öei  [nazaöTca  ist  sachlich  unwahrscheinlich;  zu  erwarten 
ist  ag)'  mv  anoXelTiovatv,  und  nach  dem  Faksimile  scheint  mir  K7t[o]A.[£t7rot;- 
6iv  nicht  unmöglich. 

B  27.  Die  Schlufssumme  kann  nicht  vis  (315)  sein,  denn  sie  mufs 
gröfser  als  die  Summe  in  der  ersten  Zeile  (822)  sein.  Ich  sehe  auf  dem 
Faksimile  deutlich  ^  statt  t,  also  ist  es  915. 

C  32.  Das  Zeichen  hinter  q^ö  ist  die  Sigle  für  Xomov,  Idmxca  u.  dgl., 
und  entspricht  hier  dem  aTCoksmovöiv  der  anderen  Nummern. 

Das  Verso  enthält  Kopien  von  amtlichen  Briefen,  die  wohl  alle  von 
demselben  Beamten  geschrieben  sind,  der  die  Verfügungen  des  Recto  hat 
aufsetzen  lassen.  Die  Adressen  sind  in  der  Kopie,  wie  häufig,  in  der  Weise 
gekürzt,  dafs  der  Name  des  Absenders  und  iuIqbiv  ausgelassen  ist,  ebenso 
eQQaao  am  Schlufs.  Diese  Briefsammlung  war  von  nicht  geringem  Umfang, 
denn  die  Zahl  13,  die  über  der  ersten  vollständigen  Kolumne  steht,  ist 
nicht  mit  Mab.  als  Datum,  sondern  als  Paginalzahl  aufzufassen,  wie  ich  denn 
auch  über  der  nächsten  Kolumne  über  av  (von  ^AvrLoxto)  ein  tö  zu  sehen 
glaube. 

In  B  20  lese  ich  den  Schlufs,  den  Mab.  unentziffert  gelassen  hat: 
iv[tav^&ci  öriGaiiov.^)  Also  wurde  nach  Z.  21  auch  im  Dorfe  Philagris 
Sesam  gepflanzt.  Wenn  trotzdem  in  Recto  C,  in  der  Aussaat-Abrechnuug 
dieses  Dorfes,  kein  Sesam  genannt  wird,  so  spricht  das  meines  Erachtens 
dafür,  dafs  die  auf  Recto  behandelten  Bodenflächen  nicht  das 
ganze  Kulturareal  der  betreffenden  Dörfer  ausmachen  (s.  oben). 

Den  Schlufs  dieses  Briefes  möchte  ich  lesen:  vTCO[iiv(o  yccQ  öe  ojg  vv[v] 
(st.  coöxs)  ivccQ'^ciöd'ai  d-i(Xcov).  Das  letzte  Wort  (statt  as,  was  sicher  falsch) 
ist  unsicher.  Die  Spuren  würden  passen.  Jedenfalls  ist  über  den  zwei 
Buchstaben  der  Abkürzungsstrich  sichtbar. 

Der  zweite  Brief  wird  erst  verständlich,  wenn  man  Z.  25  rt  6oi  statt 
ri6i  liest.  —  Im  dritten  Brief  ist  noch  vieles  unsicher.  Aber  ich  weifs 
zur  Zeit  keinen  Rat. 

Im  fünften  Brief  fasse  ich  Z.  38flF.  folgendermafsen  auf.  Ich  schwöre 
euch  bei  allen  Göttern,  wenn  ihr  nicht  augenblicklich  nach  Empfang  dieses 
Briefes  die  vorgeschriebene  Menge  Saflor  säet,  dann  sollt  ihr  u.  s.  w:  et 
f.ir}  ajjia  xmi  Xaßsiv  vfxäg  rrjv  eTt(^i6roXr]v)    [ t?)v  öcajysyQafXfiivi^v  xtA. 

Im  achten  Brief  droht  der  Beamte  dem  säumigen  Saflor-Pflanzer,  ihn 
durch  einen  fidii^iog  arretieren  zu  lassen.  Das  ist  für  die  Geschichte  der 
ixdxifxoi  im  III.  Jahrb.  v.  Chr.  von  Interesse. 

IV.  Papyrus  Boissier  (vgl.  S.  122). 

Dafs  wir  über  die  grofsen,  wohlerhaltenen  Texte,  wie  sie  uns  in  letzter 
Zeit  glücklicher  Weise  so   reichlich  zufliefsen,  die    kleinen  Fragmente   nicht 


1)    Der  Revenue  -  Papyrus  sagt  tö  arjaa^iov.     Hier  steht  6  arjacciLog,  wie  z.  B. 
in  Geopon.  IX  18,  2. 


ITlrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  169 

vernachlässigen  sollen,  mahnt  der  von  Alfred  IJoissier  erworbene  Genfer  Pa- 
pyrus auf  das  eindringlichste.  Dieser  von  Jules  Nicole  mit  scharfsinnigem 
Kommentar  herausgegebene  Text  ist  formell  wie  inhaltlich  von  hervor- 
ragendem Interesse. 

Der  verdienstvolle  Editor  der  Genfer  Papyri,  der  die  historische  Be- 
deutung des  Fragmentes  richtig  erkannt  hat,  würde  auch  der  formalen  Seite 
noch  mehi-  gerecht  geworden  sein,  wenn  er  die  uns  sonst  bekannten  Statt- 
halter-Edikte aus  Ägypten,  im  besonderen  die  aus  der  Oase  el-Chargeh 
(CIGr.  III  4956,  4957)  zur  Erklärung  herangezogen  hätte.  Mit  Hilfe  dieser 
wird  man  die  ersten  fünf  Zeilen  folgendermafsen  ergänzen  können: 

1  HhoötOQog  6[r]Qarr}ybg  [ .  .  • 

2  T^g  'yQa(pEi6ri[g^  fxoi  vno  xov  \%VQiov  Tjyenovog  iittöroXiig  Gvv  tat  vno- 
xexay^ivoii  nQogxdynari  xh  ccvxiyQaq^a  vnoxEX(X'](^a  vfilv,  i'v  clöfjxe  oder 
ähnlich.  Datum.] 

3  (PkaKKog  'HXioöcoQcot  [öxQaxTjy&t,  .  .  .  laiQEiv.  .  .  . 

4  vo^iov  xonoig^  iva  näöi  [6r]X<x  yivrjxca  xa  vn    ifiov  KEXsvöfieva.  "EqqcoGo.^ 

5  AvXog  ^AvoviXXiog   OXccKTiog  [Xiyet' 

Es  war  offenbar,  wie  namentlich  Z.  2  zeigt,  eine  sehr  breite  Kolumne, 
von  der  uns  nur  der  linke  Rand  erhalten  ist.  Die  obigen  Vorschläge 
wollen  natürlich  nur  nach  den  bekannten  Analogien  den  Inhalt  skizzieren. 
Die  Inschrift  CIGr  4956  trägt  lediglich  die  Überschrift:  Tloatöcöviog  Gxqu- 
xfjyog.  Vielleicht  ist  daher  auch  hier  in  Z.  1  nichts  zu  ergänzen.  Doch 
ist  es  auch  sehr  gut  möglich,  mit  Nicole  anzunehmen,  dafs  dahinter  die 
Behörden  im  Dativ  und  laiqeiv  gestanden  haben,  denn  es  wäre  ja  denkbar, 
dafs  man  bei  der  Publikation  auf  dem  Stein  die  Briefadresse  geküi'zt  hätte. 
Vgl.  freilich  BGU  7  und  18. 

Der  darauf  folgende  Begleitbrief  des  Präfekten  (Z.  3 — 4)  enthielt  vor 
allem,  wie  auch  Nicole  annimmt,  den  Befehl,  das  beiliegende  Edikt  in  der 
Metropole  und  den  Dörfern  an  passendem  Orte  zu  publizieren.  Der  Wort- 
laut läfst  sich  natürlich  nicht  wiederherstellen.  Das  vofxov  xonoig  in  Z.  4 
erinnert  an  die  im  Edikt  des  Lusius  gewählte  Formel:  nqod'eg  Iv  oig  KaQi]- 
%Ei  xov  vo^ov  xonoig  (vgl.  Milne,  Hist.  of  Eg.  V  S.  186),  doch  giebt  es 
auch  andere  Möglichkeiten. 

So  imgewifs  im  einzelnen  die  Ergänzungen  der  4  ersten  Zeilen  bleiben 
müssen,  so  sicher  ist  die  von  Z.  5  wiederherzustellen.  Nicole  will  hier  die 
Strategen  der  Provinz  oder  Epistrategie  im  Dativ  ergänzen,  nimmt  also 
Briefform  an.  Dabei  hat  er  die  uns  wohlbekannte  Form  des  Edikts  aufser 
Acht  gelassen:  hier  mufs  notwendig  Hyti  (=  didt)  stehen.  Davor  könnte 
höchstens  noch  ETiaQ^og  Alyvnxov  stehen,  wie  in  BGU  288,  während  dies 
in  den  beiden  Oaseninschriften  fehlt.  Von  dem  Edikt  selbst  ist  folgendes 
erhalten: 

6  TlaGav  TtQovoidv  noiov^Evlog  .  .  . 

7  kWcc  elg  xb  XotTibv  a6g)ccke[6xeQ  .  .  . 

8  iTtnTjösicov  eQyaXeiav^  ccXla  jiit[x^?  ... 

9  Kai  (iccy^aiQOcpoQCiV  (ieycc[  .  .  . 

10  löoxifjLog  exioav.     ^O  ö    av\x  .  .  . 

11  Q'dväxfOL  evo'/pg  e6\x(oi. 


170  II-  Referate  und  Besprechungen 

Es  ist  bezeichnend  für  den  Schematismus  des  Kanzleistils,  im  beson- 
deren des  Ediktalstils ,  dafs  das  im  J.  67  n.  Chr.  erlassene  Edikt  des  Ti. 
Julius  Alexander  mit  denselben  Worten  beginnt:  IJciaav  TtQovoim'  TtoLOVfiEvogl 

Hierauf  folgen  sehr  verstüiranelte  Subskriptionen,  die  von  verschiedenen 
Händen,  offenbar  von  verschiedenen  Dorf beamten  •*)  geschrieben  sind.  Dann 
das  Datum:   (^'Erovg)  aa  TißsQLOv  KaiCciQog\^.  .  . 

Nach  der  formalen  Seite  lernen  wir  aus  diesem  Genfer  Text,  dafs  die 
Publikation  der  Statthalteredikte  durch  die  Strategen  auf  zweierlei  Art  er- 
folgte, erstens  durch  Aushängen  resp.  Eingi-avieren  an  öffentlichen  Plätzen, 
zweitens  durch  schriftliches  Cirkular  an  die  untergebenen  Behörden,  die  es  zu 
unterschreiben  hatten.  Bisher  war  uns  nur  die  erstere  Art  genauer  bekannt, 
namentlich  durch  die  beiden  grofsen  Edikte,  die  in  die  Tempelwand  in  der 
Oase  el-Chargeh  eingemeifselt  sind  (vgl.  Ostr.  I  572).  Freilich  hätte  man 
aus  dem  v7toT£r(x%a  in  dem  Anschreiben  des  Strategen  in  jenen  beiden  Inschriften 
auch  schon  auf  ein  Cirkular  schliefsen  können.  Aber  dafs  dieses  Cirkular 
wii-klich  an  die  sämtlichen  Unterbeamten  zu  schicken  und  von  diesen  zu 
subskribieren  war,  wie  es  scheint  mit  der  Versicherung,  dafs  sie  den  Vor- 
schiiften  zu  folgen  sich  verpflichteten,  oder  ähnlich  (vgl.  Z.  14  cog]  TtQOKSLrai), 
das  lernen  wir  erst  aus  dem  Genfer  Papyrus,  der  bisher  das  einzige  Original 
eines  solchen  durch  Unterschriften  erledigten  Cirkulars  ist. 

Die  historische  Bedeutung  des  Edikts  selbst  ist  schon  von  Nicole  ge- 
würdigt worden.  Der  Statthalter  ist  der  aus  Philon's  Schriften  „in  Flaccum" 
und  „legatio  ad  Gaium"  wohlbekannte  Aulus  Avillius  Flaccus.  Das  Prä- 
nomen Aulus  war  schon  durch  Lepsius,  Denk.  XH  76  n.  27  gesichert.^)  So 
winzig  auch  die  ÜbeiTeste  des  Edikts  sind,  wird  man  doch  mit  Nicole 
daraus  entnehmen  düi-fen,  dafs  Flaccus  im  21.  Jahre  des  Tiberius  durch 
das  vorliegende  Edikt  das  WafFentragen  bei  Todesstrafe'^)  verboten  hat. 
Vgl.  ixaxcti'QocpoQav^)  in  Z.  9.  Erlaubt  war  der  Gebrauch  der  notwendigen 
Werkzeuge:  initTjöeicov  SQyaXelcov  (Z.  8).  Doch  berücksichtigt  das  Edikt 
natürlich  die  verschiedenen  Schichten  der  Bevölkerung  (vgl.  Ißotifiog 
Z.  10).  Als  Motiv  wird  der  Wunsch,  gröfsere  Sicherheit  zu  schaifen,  ange- 
geben (Z.  7). 

Mehr  wird  man  aus '  den  paar  Worten  kaum  herauspressen  können. 
Doch  dies  Wenige  wird  dadm-ch  interessant,  dafs  es,  wie  Nicole  gezeigt  hat, 
zum  11.  Kapitel  von  Philon's  Schrift  „in  Flaccum"  (Mang.  II  530/1)  in 
enge  Beziehung  gesetzt  werden  kann.  Philon  erzählt  da  anläfslich  der  von 
Flaccus  in  den  jüdischen  Häusern  vorgenommenen  onXoXoyicc  (J.  37/8),  dafs 
nicht   lange   vorher   (oi)   TtQO  noXXov)  die  Ägypter  im  Lande  (t&v  xata  rrjv 


1)  Vgl.  Z.  16:  Kwfirjg  Ksqus  ...  In  17  wohl  ein  ngsaßvTSQog,  in  19  ein 
fjyov^l^svos. 

2)  In  der  Prosopographia  Imjj.  Rom.  %vird  er  trotzdem  noch  als  Lucius  an- 
gegeben. 

3)  Die  Verkündigung  der  Todesstrafe  mit  den  Worten  d-ccvätoji  'ho^og  ^6[xai 
erinnert  mich  an  die  Verurteilung  Jesu  bei  Mattli.  26,  66:  ivoiog  ^avdtov  iariv. 
Vgl.  Marc.  14,  64.  Unser  Präfekt  schreibt  ein  besseres  Griechisch  als  das  Evan- 
gelium. Oder  ist  der  unlogische  Genetiv  ^ccvärov  nur  durch  das  allmähliche  Zu- 
sammenfliefsen  des  u-  und  o-Vokals  in  der  späteren  Volkssprache  in  die  Hss.  ge- 
kommen ? 

4)  Zu  (icc^aiQo^poQci  statt  ^KxxcaQOcpoQia  vgl.  ^la&orpoQcc  neben  ^iGd^o^poQicc  und 
dazu  Jjobeck,  Phryn.  S.  491. 


Ulrich  Wilcken:   f'apynis-LTkimden  171 

liOQCiv  AiyvnxUov)  auf  Walfen  liiu  untersucht  worden  seien,  wobei  grofse 
Massen  von  Waffen  gefunden  seien.  Mir  scheint,  dafs  das  ov  nqh  noXXov 
nicht  gegen  die  Annahme  spricht,  dafs  die  von  Philon  hier  füi*  die  %(äQa 
bezeugte  bnloloylcc  eben  die  ist,  die  jedenfalls  im  Anschlufs  an  unser 
Edikt  im  J.  34/5^)  vorgenommen  sein  wird.  Ich  möchte  Nicole  nicht 
folgen,  wenn  er  vielmehr  auf  Grund  von  Philon's  späteren  Worten:  i8h 
%azci  ju/jutjCtv  Tcov  UQ&v  ayavav  TQieryjQlöag  äyeiv  Kcavag  iv  Alyvnxfp  Gvyao- 
liiöfjg  önXcov  xovg  Ttgoeßrcbtag,  Iva  rj  (irj  xaraönEvd^EG&ai,  (p&dvaGLv  i]  avtl  noXkäv 
oliya  anninamt,  dafs  alle  drei  Jahre  solche  Haussuchungen  bei  den  Ägyptern 
vorgenommen  seien,  und  dafs  Philon  sich  daher  an  der  früheren  Stelle  auf 
eine  onXoXoylcc  vom  J.  37/8  bezogen  habe.  Schon  Alfred  von  Gutschmid 
hat  ohne  Zweifel  mit  Recht  bemerkt,  dafs  diese  alle  di'ei  Jahre  zu  wieder- 
holende Haussuchung  bei  den  Ägyptern  nur  ein  frommer  Wunsch  des  Philon 
ist.^)  Das  zeigt  deutlich  der  Widerspruch,  der  sonst  zwischen  den  letzten 
Worten  rj  avrl  tcoXX&v  oXiya  und  seinem  Bericht  über  den  Erfolg  der  ägyp- 
tischen Haussuchungen  bestehen  würde.  Auch  scheint  es  mii'  unzweifelhaft, 
dafs  Philon  an  der  ersteren  Stelle  von  dieser  bnXoXoyCa  als  einem  einmaligen 
Ereignis  spricht. 

Den  historischen  Vorgang  werden  wir  uns  etwa  folgendermafsen  vor- 
zustellen haben.  Im  20.  Jahre  des  Tiberius  hatte  den  Flaccus,  wie  ich 
hier  einschalten  will,  eine  Amtsreise  bis  nach  Theben  hinaufgeführt.  Das 
zeigt  Ostrakon  II  n.  1372,  in  welchem  unter  diesem  Datum  von  der  TtuQovöia 
des  OXaKog  rjyrjfimv  gesprochen  wird  (vgl.  Ostr.  I  276).  Möglich,  dafs  er 
auf  dieser  Reise  allerlei  Dinge  gesehen  hatte,  die  ihm  mifsfielen.  Doch 
mögen  auch  andere  Vorgänge  ihn  bestimmt  haben.  ^)  Jedenfalls  erliefs  er 
im  21.  Jahre  —  das  kann  kurz  nach  jener  oberägyptischen  Reise  gewesen 
sein  —  das  Edikt,  in  dem  er  mit  gewissen  Einschränkungen  das  Waffen- 
tragen bei  Todesstrafe  verbot.  Wir  kennen  Flaccus  auch  sonst  als  einen 
vorsichtigen  und,  wo  es  die  öffentliche  Sicherheit  nach  seiner  Ansicht  gebot, 
energisch  zugreifenden  Beamten.  Hatte  er  doch  auch  in  dieser  selben  Periode 
seiner  Amtsführung  die  alexandrinischen  Klubs  aufgehoben.*)  Diese  beiden 
Mafsregeln  lassen  uns  die  Verwickelungen  der  inneren  Lage,  mit  denen  der 
damalige  Präfekt  zu  kämpfen  hatte,  mehr  ahnen  als  erkennen.  Es  ist  ein 
Jammer,  dafs  dieses  Edikt  uns  nicht  vollständig  erhalten  ist.  Hätten  wir 
den  ganzen  Text  vor  uns,  so  würden  wir  daraus  vielleicht  auch  für  manche 
Vorgänge  in  dem  bald  darauf  entbrennenden  alexandrinischen  Bürgerkrieg, 
über  den  wir  bis  jetzt  nur  einseitige  Berichte  haben,  das  richtige  Ver- 
ständnis gewinnen.  Die  regelmäfsige  Form  des  Genfer  Fragmentes  stützt 
die  Hoffnung,  dafs  eines  Tages  auch  die  gröfsere,  rechte  Seite  der  Urkunde 
wohlbehalten  in  einer  Sammlung  ans   Licht  komme.     Diese  neue  Probe  aus 


1)  Vgl.  oben  S.  153.     Nicole  berechnet  33/4. 

2)  Sharpe,  Gesch.  Äg.  II  S.  96.^  Es  ist  wohl  nur  ein  Versehen,  wenn  er  von 
Alexandrinern  spricht.     Philon  redet  deutlich  von  den  Ägyi^tern  des  Landes. 

3)  Sehr  möglich,  dafs  es  sich  nur  um  eine  Erneuerung  oder  Verschärfung 
schon  bestehender  Bestimmungen  handelt.  Es  wäre  verständlich,  wenn  nach  dem 
Aufstand,  den  Cornelius  Gallus  niederschlug,  den  Einheimischen  das  Waffentragen 
verboten  worden  wäre.  Nicole  weist  darauf  hin,  dafs  auch  die  Ptolemäer  ge- 
legentlich solche  oTcloloyiai  vornehmen  liefsen  (P.  Par.  35  und  37'). 

4)  Philo, in  Place.  1  (II  518). 


172  11.   Referate  und  Besprechungen 

den  CTenfer  Schätzen  erweckt  aber  von  neuem  den  Wunsch,  dafs  es  ihrem 
verdienstvollen  Hüter  möglich  sein  möchte,  dem  ersten  Faszikel  der  Papyrus 
de  Geneve,  der  1896  erschienen  ist,  recht  bald  weitere  Faszikel  folgen 
zu  lassen. 

V.   Die  alexaudriuischeii  Papyri  (vgl.  S.  122). 

Die  pessimistischen  Ansichten,  die  noch  bis  vor  kiu-zem  betreffs  der 
Möglichkeit  erfolgreicher  Ausgrabimgen  auf  dem  Boden  des  alten  Alexandi-ien 
bestanden,  sind  durch  die  Erfolge  der  letzten  Jahre  glücklich  überwunden 
worden,  und  neues  Leben  hat  begonnen.  Nicht  nur  sind  durch  die  deutschen 
Ausgrabungen  von  1898/9,  die  Theodor  Schreiber  und  Ferdinand  Noack 
dank  der  Liberalität  des  Herrn  Sieglin  dort  ausführen  konnten,  neue 
Perspektiven  eröffnet  worden,  sondern  auch  in  Alexandrien  selbst  haben 
hervoiTagende  Gelehrte  und  ebenso  kunstverständige  wie  opferwillige  Ver- 
treter der  Bürgerschaft  zur  Erforschung  der  ruhmreichen  Vergangenheit 
ihrer  Vaterstadt  sich  die  Hand  gereicht,  und  sind  bereits  durch  schöne  Er- 
folge belohnt  worden,  die  zu  weiteren  Hoffnungen  berechtigen.  Die  unter 
Ealli's  Leitung  stehende  Societe  archeologique  d'Alexandrie,  die 
sich  1893  zu  diesem  Zweck  dort  gebildet  hat,  kann  des  lebhaftesten  Bei- 
falls aller  Altertumsfreunde  gewifs  sein,  denn  jedes  Stück,  das  aus  dem 
alten  Alexandrien  zu  Tage  kommt,  jede  neue  Nachricht,  die  ihre  Topo- 
graphie uns  genauer  erkennen  läfst,  hat  bei  der  einzigen  Bedeutung  dieser 
Stadt  für  die  Geschichte  des  Hellenismus  auf  allgemeines  Interesse  einen 
vollen  Anspruch.  Es  war  ein  glücklicher  Gedanke  dieser  Societe,  ein 
Bulletin  zu  schaffen,  das  über  die  Arbeiten  der  Gesellschaft  und  über- 
haupt über  die  Erforschung  des  alten  Alexandriens  Bericht  erstatte.  Dafs 
die  Schaffung  eines  solchen  Organs  möglich  war,  wird  der  Opferwilligkeit 
mafsgebender  Stellen,  im  besonderen,  wie  ich  der  Vorrede  des  mir  vor- 
liegenden zweiten  Heftes^)  entnehme,  des  Herrn  Bindernagel  verdankt, 
durch  dessen  Wahl  zum  Vizepräsidenten  die  Gesellschaft  sich  selbst  geehrt 
hat.  Die  Redaktion  dieses  Bulletin  liegt  in  den  Händen  des  Herrn  Dr. 
Botti,  dem  es  in  kurzer  Zeit  gelungen  ist,  die  alexandrinischen  Sammlungen 
griechischer  und  römischer  Altertümer  zu  einem  der  lehrreichsten  Museen 
auszugestalten,  an  dem  niemand  vorübergehen  darf,  der  alexandrinische 
Kunst  studieren  wUl.  Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  auf  Botti's  Bericht  über 
die  alexandi'inischen  Zisternen,  über  den  Fund  des  prächtigen  Apisstieres, 
auf  seine  topographischen  Studien  über  die  Nekropole  von  Gabbary  u.  s.  w. 
einzugehen;  hier  soll  nur  seiner  Mitteilung  über  die  ptolemäi sehen  Pa- 
pyri des  Museums  von  Alexandrien  gedacht  werden  (S.  65  ff.). 

Das  Museum  besafs  im  Winter  1898,  wie  Botti  mir  gelegentlich 
meines  Besuches  mitteilte,  ungefähr  900  griechische  Papyri.  Unter  ihnen 
befinden  sich  gegen  50  Texte,  die  der  älteren  ptolemäischen  Periode,  wohl 
dem  ni.  Jahrh.  vor  Chr.  angehören.  Botti  hat  diese  auf  Mahaffy's  An- 
weisung aus  Mumienkax'tonnagen ,  die  Flinders  Petrie  in  Faijüm  gefunden 
hatte,  losgelöst,  und  so  gehören  diese  Texte  zeitlich  und  örtlich  zu  den 
bekannten  „Petrie  Papyi'i". 


1)  Das  erste  Heft  ist  mir  hier  noch  nicht  zugänglich  gewesen. 


Ulrich  Wilcken:  Papyius-Urkunden  173 

Es  ist  in  hohem  Mafse  anzuerkennen,  dafs  Botti  neben  seinen  vielen 
anderen  Pflichten  Zeit  gefunden  hat,  sich  in  die  Geheimnisse  der  griechischen 
Cursive  hineinzuarbeiten.  Da  zu  ihrer  Beherrschung  Jahre  intensivester 
Übung  erforderlich  sind,  wird  kein  Sachverständiger  schon  jetzt  befriedigende 
Publikationen  von  ihm  erwarten,  und  so  werden  die  Texte,  die  er  uns  hier 
in  Transkription  vorlegt,  durch  erneute  Revisionen  gewifs  noch  vielfach 
gewinnen.  Zumal  Photographien  nicht  beigegeben  sind,  ist  es  bei  manchen 
Texten,  die  zudem  noch  arg  verstümmelt  sind,  schwer,  schon  jetzt  den  Sinn 
zu  erkennen. 

Die  meisten  sind  Briefe  und  Bittschriften.  No.  9  ist  an  den  König 
Ptolemaios  gerichtet,  wohl  einen  der  ersten  Ptolemäer.  Es  ist  die  Klage 
eines  Mannes,  der  ungerechter  Weise  in  das  Gefängnis  geworfen  ist.  ^)  Wenn 
hier  zwei  Beamte  mit  Namen  Ei^wv  erscheinen,  ein  ßaGiliKoq  yQafifiarEvg 
und  ein  TtQoardrrjg ,  so  wird  dabei  eher  an  den  griechischen  Namen  (von 
6i[i6g^  stumpfnasig)  als  an  eine  Transkription  des  hebräischen  Simon  zu 
denken  sein;  denn  wenn  es  im  III.  Jahrh.  v.  Chr.  auch  schon  eine  jüdische 
Diaspora  dort  gegeben  hat,  wäre  es  doch  verwunderlich,  schon  damals  Juden 
in  solchen  Verwaltungsposten  zu  finden.  —  No.  2,  deren  Anfang  leider 
verstümmelt  ist,  scheint  von  der  Übertragung  eines  KXi^Qog^  der  durch 
Todesfall  erledigt  war,  zu  handeln.^)  —  In  No.  4,  7  ist  zu  lesen:  el  firj 
TTiv  (jLi^Koava  (Mohn)   Gvvcc^eig. 

Von  besonderem  Werte  ist  die  Steuerdeklaration  No.  6,  auf  die  ich 
schon  in  Ostr.  I  823  in  den  Nachträgen  zu  S.  456  hinweisen  konnte: 
[/fjiqfjiaQ^og  [M]aKeöoav  [t]-^?  intyoviig  [a]TtoyQcc(po[^]at  tbi'  v\7t]dQiovrd  [jiio]t 
atrov,  womit  der  Text  abbricht.  Also  eine  reine  Objektsdeklaration  aus  dem 
III.  Jahrh.  vor  Chr.  Die  beiden  anderen  Deklarationen,  auf  die  Botti  hin- 
weist, sind  gemischtevy  Subjekts-  und  Objektsdeklarationen,  über  die  eine 
habe  ich  schon  a.  a.  0.  eine  kurze  Mitteilung  gemacht.  Die  andere  ist  von 
Mahafiy  im  Bull.  hell.  18,  145  ff.  ediert.  Ich  hob  a.  a.  0.  schon  hervor, 
dafs  bei  der  Revision  des  Originals  sich  wesentliche  Änderungen  gegenüber 
Mahaffy  herausstellten.  Manches  hatte  schon  Botti  richtig  erkannt,  wie 
^löQ&i  (4),  'PaysaoßdaX  (4),  Ttoifxrjv  (5);  anderes  haben  wir  dann  bei  ge- 
meinsamer Revision  mit  einander  festgestellt.  Bei  der  hohen  Wichtigkeit  des 
Textes  drucke  ich  ihn  hier  nochmals  ab,  so  wie  Botti  und  ich  ihn  gelesen  haben: 

l_^  XoLci'ji   S  ^AöKlriTCidöfjg,  yvvi]  UaTQOcpiXa, 
viog  AnoXlocpdvi]g  tag  /.te,  AnoXXodaQog  rog  /.ty, 
Aqxe^iöoaQog  wg  /.t,  IlroXefiatog  (og  /.f,  XQOcpbg 
Koßfiicc,  yscoQyol  ^tßd'&t.  Xd^aQog,  'PaysOoßdaX^ 
5  'ledß,  KQarsQog,  EtrdXxsg  ^^'^^\  NaravßdaX,  noiixrjv 

üord^ov,  ßovKoXog  'flqog 

6(a(^(iarci)  le. 

^ÄTtoyqd- 
(po^ai  rbv  vndQ^ovrd  fioi  ßtrov  sig  xa  diovra  71v(^qov)  ///// 

1  0acocpS{?)  Mah.  —  3  /.f  deutlich.  Zahl  fehlt  bei  M.  —  4  inad-fji  M. 
PccysaßccXu  M.  —  5  NaiccvßccXa  HX^iriv  (?)  M. 

1)  Z.  4  erg.  ccno]Xv6aL.  —  13  wird  zu  lesen  sein:  &cpstQi]vTo:li  vnb  tcoi»] 
ScniGtcov  XrjiGTOQcov. 

2)  Z.  2  1.  rov  rsTtXevtrjKOTog. 


174  II-   Referate  und  Besprechungen 

10  K  a  &,  X     a  IS,  £ig  xa   diovxa  vTCo^vyloig   6  roig 

XeirovQyovöiv  Kai  ßo5)v  ^BvysGiv  £^  y.QLd^on\y^QOv 
a  ij,   ßcolonvQOV   [.iE;.iiy^£vot  kqi&Tji  a  iß.      Svviiov- 
xaL  öe  TtuQ    Efiol  ifiov  ncd  x&v  ^sxö'npv  ^ov  %Qid'oitvQOv 
a  X  TCQog  xa  iKcpöqidj  a  dq)ElXofi£v   '[NiKccvdQOv].  xov   Ev,k- 

1 5  iiccvÖQOv  v.Xriqov  x .  [ ]  iiaxa  ano  xTjg  ciXco 

Ovv  xäi  KoviOQxSti  a  t£,  ÖGTtQia  Kvdnov  a  xy,  SQEßlv- 
&0V  a  Xs,  (paKwv   a  f  Kai  e(i  7taQaKaxad")]Krjt  Ua- 
vi]GLog   cpanäv   a  y,   cpaGijXov  a  le  Kai  iv   x&i  ifi   Bov- 
ßaöxat  ßaßiXtKcöt  &7jGavQä)t  anoKa&aQGig  xov   Girov 

aitov 
20  xov    Ei,£VE'/d'EVXOg    KQL^OnvQOV    a  Q'^fjy    e'^    ov    ekoG- 

klveve\xo^  nvQog.    (Vollständig.) 

Ich  schliefse  diesen  kurzen  Bericht  über  die  alexandrinischen  Papyri 
mit  dem  Wunsche,  dafs  es  HeiTu  Dr.  Botti  vergönnt  sei,  die  Gesamt- 
publikation seiner  Papyrusschätze, ^)  die  er,  äufserlich  dem  Muster  der 
Berliner  Museumspublikation  folgend,  bereits  in  Angriff  genommen  hat,  zum 
glücklichen  Ziele  zu  führen.  Freilich  wii-d  das  ohne  eine  Fachbibliothek,  die  ihm 
zur  Zeit,  wie  er  auf  S.  72   bemerkt,  durchaus  fehlt,  nicht  gut  möglich  sein. 

YI.   Die  Berliner  Papyri.    Vgl.  S.  122. 

Seit  1898  sind  5  Hefte  der  von  der  Generalverwaltung  herausgegebenen 
Papyi-uspublikation  erschienen:  das  12.  Heft  des  H.  Bandes,  das  die  Indices 
bringt  und  vom  HL  Band  die  ersten  4  Hefte,  die  zusammen  117  neue 
Papyri  aus  dem  Berliner  Museum  in  der  bekannten  Art  mitteilen.  Den 
Indices,  die  Krebs  gearbeitet  hat,  ist  vom  Referenten  ein  sachlich  geord- 
netes Urkundenverzeichnis  für  Band  I  und  II  beige^ben.  Vgl.  oben  S.  1. 
Auch  an  den  Texten  der  4  Hefte  des  II.  Bandes  hat  Krebs  den  Haupt- 
anteil. Mit  geringen  Ausnahmen  sind  Heft  1,  3  und  4  von  ihm  gearbeitet 
worden,  während  Referent  wegen  seiner  ägyptischen  Reise  sich  diesmal,  von 
Einzelbeiträgen  zu  anderen  abgesehen,  mit  dem  zweiten  Heft  begnügen 
mufste.  Aufserdem  erscheinen  hier  als  Mitarbeiter  oder  Herausgeber  ein- 
zelner Stücke  Kurt  Sethe,  Wilhelm  Schubart  und  der  Amerikaner  Goodspeed. 
Paul  Viereck,  der  durch  andere  Pflichten  an  der  Mitarbeit  verhindert  war, 
wird  hoffentlich  auch  bald  wieder  unter  uns  erscheinen. 

Auch  in  diesen  Heften  finden  sich  wieder  einige  Urkunden,  die  über 
den  guten  Durchschnitt,  den  die  meisten  vertreten,  hinausragend  ein  ganz 
besonderes  Interesse  in  Anspruch  nehmen.     Dahin  rechne  ich  den  Brief  des 

10  Anfang:  über  dem  x  ein  nach  unten   geöffneter  Kreis,     ä  Sigle  für  Artabe.  — 

11  f|  Pap.  f  M.  —  12  ßcoXoTtvQOv  Pap.  ßo  .  .  oIvqch  M.  —  12  1.  iie\iiy{iivov.  — 
14  S  Pap.  S  M.  —  14  Niy.ävÖQOv  mehrfach  durchstrichen.  —  17  ■:taQaQ'r\Krii  M. 
—  18  die  Artabensigle  hinter  cpccy.uiv  nicht  regulär;  V  M.  —  18  qpa  .  .  lov  (V)  M.  — 
118  x&i  Pap.  xriL  M.  —  20  aixov  vielleicht  von  zweiter  Hand  nachgetragen,  fehlt 
bei  M.  —  20/1  iy.o6yiLVEva\x6]  nvQog  Pap.    elgo'kivsve  '  ^ol  (?)  M. 

1)  Bei  flüchtiger  Durchsicht  der  Sammlung  sah  ich  einige  Stücke  von  her- 
vorragendem Interesse,  so  ein  neues  Fragmentchen  zu  dem  sogenannten  Gesand- 
schaftsbericht  in  Gizeh,  femer  einen  libellus  libellatici,  der  dadurch  zu  neuen 
Fragen  anregt,  dafs  er  von  einer  Priesterin  des  Gottes  Petesuchos  geschrieben  ist. 
Doch  ich  will  hier  dem  Editor  nicht  vorgreifen. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  175 

Strategen  von  Koptos  an  den  Präfekten  Ägyptens  Avidius  Heliodorus 
(n.  747),  der  namentlich  wegen  seiner  Aussagen  über  das  Benehmen  der 
im  Gau  thätigen  „Körner,  Alexandriner  und  Veteranen"  für  die  innere  Ge- 
schichte Ägyptens  von  hohem  Werte  ist.  Für  die  Steuergeschichte  habe 
ich  ihn  schon  in  Ostr.  I  6(34,  609,  645  herangezogen.  Dahin  zähle  ich 
ferner  das  merkwürdige  Inventar  11.  781,  das  eine  genaue  Beschreibung 
zahlreicher  Silbergefäfse  bietet,  deren  Gewicht  zugleich  nach  Pfunden,  Unzen 
und  Grammen  angegeben  wii'd.  In  einem  Falle  ist  sogar  der  Ort  der 
Fabi'ikation  und  der  Name  des  Künstlers,  der  es  gefertigt  hat,  mitgeteilt 
(IV  5):  (nivdxiu)  —  KaraanevaGdevra  iv'AQ6i,vohi]i  öicc  lAnoXlcoviov  ccQylvQo]- 
KOTtov.  Es  wäre  di-ingend  zu  wünschen,  dafs  diese  Urkunde,  die  lexikalisch 
wie  kunsthistorisch  von  hohem  Werte  ist  und  jetzt  durch  den  Silberfund 
von  Hermupolis^)  vielleicht  noch  an  Interesse  gewinnt,  von  archäologischer 
Seite  eingehender  interpretiert  wüi'de. 

Hervorzuheben  sind  ferner  die  mit  Sethe's  Hilfe  edierten,  von  Blemmyem 
geschriebenen  ledernen  Quittungen  (ll.  795  —  797),  die  mit  den  von  Krall 
jüngst  herausgegebenen  Lederhandschriften  in  engen  Beziehungen  stehen. 
Auch  die  von  Krebs  sorgfältig  herausgegebene  grofse  Abrechnung  über 
Getreidetransporte  aus  dem  Faijüaii  (ll.  802)  sowie  die  Quittung  des 
römischen  Soldaten  über  das  für  die  ala  Heracliana  in  Koptos  gekaufte 
Getreide  (ll.  807)  sind  historisch  von  hohem  Interesse. 

Da  mein  Referat  durch  die  Fülle  der  Publikationen  schon  sehr  lang  ge- 
worden ist,  mufs  ich  es  mii*  für  dieses  Mal  versagen,  auf  diese  und  andere 
Texte  der  Berliner  Publikation  hier  genauer  einzugehen,  und  so  beschränke 
ich  mich  auf  einige  Nachträge,  die  sich  mit-  durch  gelegentliche  Revisionen 
oder  auch  durch  die  neuen  Publikationen  ergeben  haben. 

In  697,  6  glaube  ich  am  Original  ötutt)  =  ßxvnir^Qiag)  zu  erkennen, 
und  in  Z.  18:  tag  rrjg  6tv7t(rr]Qtag)  statt  ru .  .6rv .  .{.  .  .).  In  19  las 
ich  Qg  =  SKaroörccg  (Prozente)   statt  gi. 

In  698,  7  ist  vielleicht  Ki q ö a v  staii  keqöüv  zu  lesen.     Vgl.  auch  812. 

In  702,22/3   vermute  ich  6^\7ti]viKa  st.   .  .]vr]v  £xa. 

Nr.  703  wird  dui'ch  Vergleichung  mit  der  grofsen  'ETr/öxetptg-Urkunde, 
Lond.  II  S.  130  ff.,  verständlicher:  auch  hier  wird  die  diesjäln-ige  Beschaffen- 
heit (dtd&£6ig)  von  Grundstücken  (Z.  3,  6,  8,  10)  der  vorjährigen  (Z.  2, 
4/5,  7,  9)  gegenübergestellt. 

In  708,  11  mag  [7)  oöat  £av]  aöt  zu  ergänzen  sein,  in  12  wegen  der 
Gröfse  der  Lücke  wohl  eher  slg  GnoQav^. 

In  710,  12  1.  cog  oder  ort  s^av  alQävxai  st.  ävuLQOivxciL.  Dasselbe 
Versehen  wie  hier  Krebs  macht  Sayce  in  Rev.  Et.  Gr.  III  S.  134 ff.,  wenn 
er  öfter  oGcov  d'  av^Griv  liest  statt  oGav  d'  av  eöxiv  (Ind.!).  —  15  wohl 
^ex[rikXax6xog  ?  —  16  erg.  63g  eav  aiQ]fjxat.. 

Dafs  in  711,  6  (xovoösßfiiag  st.  ^ovo8iG^y]g  zu  lesen  ist,  erwähnte  ich 
schon  in  Ostr.  I  582  ^ 

In  715  I  8  las  ich  am  Original:  '£^£«[^«^05]  statt  £Af. [....]. 
Es  begegnen  in  diesem  Text  auch  sonst  jüdische  Namen.  In  Z.  13  lese 
ich  MiQGevagj  in  II,  11  wird  besser  Sa(ißad'(^aiog)  statt  I!a(ißa&(^la)v) 
zu  ergänzen  sein. 


1)  Vgl.  E.  Femice,  Zeitschr.  f.  bildende  Kunst  X  1899,  S.  241  ff. 


176  II-  Referate  und  Besprechungen 

In  716,  13  vermute  ich  nach  den  oben  S.  144  angeführten  Stellen 
öia  Tcöv  «710  KaQ(uvtöog)  statt  öia  xoj.  .  .  .    KaQi^aviöog). 

In  718,  3  erg.  Ne6rvi](p(iog).     Vgl.  P.  Lond.  II  S.  178,  4. 

In  719,    17   ist  ccvayeyQi^arcrat)   statt  a.vaysyQiafiiA.evov)   aufzulösen. 

In  723,  5  ist  nach  dem  oben  S.  147  Bemerkten  'jEtt'  aya^a  Eokvo- 
Ttatov  als  Lokalbezeichnung  zu  fassen. 

In  726,  3  1.  öttoj  (=  öitov)  fiil^x^Qa  statt  6tTCü(ie[T]^a).  Vgl. 
Ostr.  I  774. 

Das  einzige  Wort,  das  mir  in  der  Eingabe  der  Petronia  an  den  aQ^iöi- 
YM6ri]g  (ll.  729)  bei  der  Publikation  unklar  blieb,  das  Schlufswort  a|to\, 
glaube  ich  jetzt  durch  Oxy.  II  268,  19  zu  verstehen.  In  beiden  Fällen 
wird  dem  a.QxidiyMöTtjg  eine  GvyxooQi]acg  mitgeteilt.  Im  Oxyrh.  sagt  darauf 
die  Schreiberin:  '£v  öh  roig  TtQOKELfjLivoig  ovk  k'veGxi  6cofi(xr(^c6(i6g^.  ^A^i,ov(i£v 
mg  KC(&rjn[Ei\.  Grenfell-Hunt  sagen  richtig,  dafs  die  erbetene  sanction  consisfed 
in  tJie  aajjiixnö^og,  übersehen  aber  zur  Erklärung  des  otoiiaTtajxog  das  von 
ihnen  selbst  edierte  iitLörcdfia  roi;  öpjitcuTiöjiiou  in  Oxy.  I  126.  Der  6(oiia- 
ciöiiog  scheint  mir  die  nach  Veränderung  von  Eigentumsverhältnissen  vor- 
zunehmende Eintragung  des  Objektes  auf  die  Person  ((jöjtia)  des  neuen 
Eigentümers  zu  bedeuten.  Ein  neuer  wichtiger  Beitrag  zu  Ost.  I  483  if.  So 
wird  auch  in  der  Berliner  Urkunde  das  kurze  L4^io(i5ju.£v)  den  Antrag  auf 
CwjüßTiajttog  bedeuten.  Vergleicht  man  hiermit  11.  741,  so  wird  es  sehr  wahr- 
scheinlich, dafs  auch  dieser  Kontrakt  dem  aQ^LÖLKaarrig  zwecks  des  acifia- 
TiG^og  eingereicht  ist.  Das  a^LOVfjiev  scheint  in  Z.  48  als  selbstverständlich 
ausgelassen  zu  sein.  Im  Generalregister  habe  ich  daher  diese  Urkunden  zu- 
sammengestellt. Es  ist  weiter  zu  untersuchen,  ob  nicht  auch  BGU  542  wegen 
des  otg  c!,t,ioi  in  Z.  22  dahin  gehört.  Mit  diesem  0cojiiaTt(?(u.6g  ist  vielleicht 
identisch  die  gleichfalls  durch  den  ccQiidiKaGrijg  vorzunehmende  ör]ixo6LcoOi,g 
in  P.  Grenf.  II  71   und  den  verwandten  Urkunden.     Vgl.  auch  oben  S.  124. 

In  734  habe  ich  das  formelhafte  e  reo  nach  Mitt.  Pß  VI  98  in 
eTti^sKQL&r}?)  TW  7c(^QOKSi,nev(o)  aufgelöst.  Ob  Wessely  sich  dabei  auf 
vollständige  Schreibungen  von  eTTSKQi&rj  stützt,  weifs  ich  nicht.  Mir 
sind  nachträglich  Bedenken  gekommen.  Da  es  sich  um  Verpachtung  von 
Ländereien  handelt  (vgl.  Ostr.  I  451^),  würde  in(^sKVQ(ad"ti)  in  der 
Bedeutung  „es  wurde  dem  Obengenannten  der  Zuschlag  erteilt"  einen  guten 
Sinn  ergeben. 

Die  Ankündigung  einer  Besprechung  von  11.  743  in  Ostr.  I  Kap.  VI 
§.  2  G  ist  dort  bei  der  Ausarbeitung  übersehen  worden.  Die  erwähnten 
Ö£iiu7iQG)toi  sind  zu  den  dort  behandelten  hinzuzufügen. 

Die  Klageschrift  759  hätte  an  den  Centurio  statt  an  den  Strategen 
gerichtet  werden  sollen.  Vgl.  ä'^cä  ai&iivai  inl  ai.  Eq(io  in  Z.  1  ist  viel- 
leicht eher  in  'Eq^oinoXitov)  als  in  'EQii(a)}{yQ'iTOv)  zu  ergänzen. 

In  der  Steuerquittung  771  begegnet  zmn  erstenmal  die  Bemerkung 
üg  xov  T?j(5)  ßovXijig^  l6y{ov).  über  die  Beteiligung  des  Rates  an  der 
Steuererhebung  vgl.  Ostr.  I  625  f.  Der  Meridarch  ist  hier  der  Beamte,  der 
im  Auftrage  der  Bule  die  Steuer  erhebt. 

In  775,  11  vermute  ich  nach  BGU  III  716  TtßöqGi  ^t  TikoqGi.  Ähn- 
lich Z.  17.  Oder  aber  dort  ist  fälschlich  ß  statt  a  gelesen,  denn  es  ist 
doch  wohl  dieselbe  Persönlichkeit  hier  und  dort,  dieser  Neikog  Ti.oqai.  Dann 
gehört  auch  dieser  Brief  775  ins  III.  Jahr.  n.  Chr.,  nicht  ins  II. 


Ulrich  Wiloken:  rai)3-rus-Urkiinden  177 

Für  11.  777  schlage  ich  nach  1'.  7097  folgende  Ergänzungen  vor: 
1  ijttßVTOv].  —  2  \stg  ?)  J v  oixcö.  —  11  [i'jiiJftVTov  statt  [toi']  avrov.  — 
12  [rov].  In  7  steht  wirklich  iveax&tog.  Das  kann  natürlich  nur  ein 
Schreibfehler  für  öiElrjkvd'orog  sein.  Der  Text  stammt  übrigens  aus  Memphis, 
nicht  aus  dem  Faijum.  Den  Paralleltext  P.  7097,  auf  den  ich  schon  in 
den  Ostraka  oft  Bezug  genommen  habe,  werde  ich  im  5.  Hefte  edieren. 

In  781  (vgl.  oben  S.  175)  wird  in  I  10  nach  VI  6  ö'  [cruTofg]  zu 
ergänzen  sein.  —  I  14  naQ]oipiÖEg'^^  —  II  4/5  1.  iitinafiTCfi  statt  inl 
'Adfiiti}.  —  IV  10  (17]]  l'pi;[(>atj  hat  keinen  Sinn.  Etwa:  wxia  (.li}]  f.  — 
V  12   vielleicht  7t[o]Xv(iriKeig'!f 

In  782,  4   erg.  Kaza]   statt  sig]. 

In  786   II  7   1.   roit[aQ')(^iag. 

In  790,  10  If.  ei'gänze  Kdaro}[Qi]  acd  i.i£Ö[6{yoig)]  7r^axTa»[^(jt]  und  in 
Z.  13   wird  mit  T  der  Name  des   Zahlers  beginnen:  T[l'^  nal]. 

In  792,  15  ist  [n\(oXicov  iv  xlr'jQa  atT[o]X(6yo  g)  zu  ergänzen.  Zu 
iu  KlrjQO)  vgl.  Ostr.  I  603  und  6G0. 

Zu  793.     ^ATtoÖEKtai  d'jTVQOv  (Z.  5)  begegnen   auch  iu  Oxj.  I  43  R. 

In  801,  12  wird  mit  Rö^iLGat,  (statt  Ko^iCcai)  ein  neuer  Satz  beginnen. 
Zu  den  Pinienzapfen  {axQoßiloi),  die  hier  zum  Opfer  geschickt  werden,  vgl. 
Hermes  20,  458. 

In  802  Xn  12  1.  EsxövSov  statt  Esßavöov,  ebenso  XIV  24. 

In  803,  2  steht  qf  (=  inaToari^),  was  der  Herausgeber  postuliert, 
wirklich  da,  nicht  ej. 

Zu  805  ist  am  Rande  „Jan./Febr.  138"  (nicht  137/138)  zu  bemerken. 
Das  22.  Jahr  des  Hadrian  ist  zugleich  das  erste  Jahr  des  Antoninus. 

Zu  807.  Die  in  Koptos  stationierte  ala  Heracliana  ist  auch  aus 
den  Ostraka  bekannt.  Vgl.  Ostr.  II  n.  906.  961,  1012^)  1013,  1464.  — 
Der  Text  gewinnt  durch  Vergleichung  mit  P.  Grenf.  I  48  (vgl.  Ostr.  I  661) 
und  BGU  II  381.  Der  Geschäftsgang  ist  kurz  folgender:  Der  Präfekt 
Ägyptens  befiehlt,  dafs  für  die  Verpflegung  der  ala  Heracliana  20  000  Ar- 
taben  Gerste  im  Lande  zusammengekauft  werden  sollen  (avvtovEiö&at,  avi- 
ayoQccati.Krj  KQc&rj).  Diese  Summe  wii'd  repai-tiert  auf  die  Gaue  und  von 
den  Gaubeamten  (TTQayfiaTtKot)  wieder  auf  die  einzelnen  Orte  {iTtifxeQiöixog). 
Die  Dorfbeamten  (nQeaßvrsQOL)  liefern  die  Gerste  an  die  dazu  abgesandten 
Soldaten  ab,  wofüi-  die  Soldaten  ttjv  e^  k'&ovg  rifiriv  (P.  Grenf.),  wahrscheinlich 
einen  sehr  geringen  Preis  zahlen. 

In  811,  5  1.  [(jjou  [7t]ai8ia.  '£^03 reo  st.  [ö]oi;[v]o;f ,  öi  et  e'^cotcö.  — 
Das  rätselhafte  vEöronoixiTrjg  in  Z.  7  scheint  mir  eine  Ableitung  von  Neötov 
inoLKiov,  einer  Ortschaft  im  Faijum  zu  sein  (vgl.  BGU  I  18,  24;  II  455, 13): 
wie  von  'EQfiov  noXig  'Eo^uottoA/tt/?  abgeleitet  wii*d,  so  ist  nach  Analogie  ein 
NEaroETtotKLvrjg^  wofür  hier  NsGTOTtoiKkrjg  geschi-ieben  ist,  gebildet  worden.  — 
Z.  11  steht  'Äaraviay  (==  xazEvEynij).  —  Z.  12  erg.  [TTOtijGjy]?. 
In   812,  5   ist   (I>Eri.g  oder   ^saig  zu  lesen. 


1)  Hier  ist  wohl  eher  GTQ{ari(otiyidg)  als  orß(aTrjy/y.ag)  XP^^'^S  ^^^  ergänzen. 

Ulrich  Wilckeu. 


Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  1.  12 


178  II-   Referate  und  Besprechungen 


Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos/) 

*Neu'  sind  die  Papyrusurkunden ,  über  welche  ich  diesmal  handeln 
will,  nicht  in  dem  Sinn,  als  ob  sie  seit  dem  Erscheinen  des  ersten  Bandes 
der  Oxyrhynchos-Papyri  (1898)  frisch  dazu  erworben  worden  wären;  viel- 
mehr gehören  sie  der  gleichen  Fundmasse  an,  welche  damals  nur  zu  einem 
Bruchteil  publiziert  werden  konnte  und  bilden  demnach  von  der  Oxja-hynchos- 
Publikation  den  zweiten  Teil.  Dafs  auch  dieser  das  Vorhandene  lange  nicht 
erschöpft,  sondern  wir  noch  auf  einen  dritten,  vierten  u.  s.  w.  zu  hoffen 
haben,  ist  ein  äufserst  erfreulicher  Gedanke;  aber  der  vorliegende  Band  ist 
wie  sein  Vorgänger  nicht  blos  eine  schöne  Verheifsung,  sondern  auch  bereits 
eine  reiche  Erfüllung.  Er  bringt  uns  29  theologische  und  litterarische  und 
nicht  weniger  denn  65  juristische  und  archäologische  Stücke.  Mit  den 
letzteren,  welche  hier  allein  zur  Besprechung  stehen,  kommt  die  Rechts- 
geschichte auch  diesmal  wieder  reichlich  auf  ihre  Rechnung. 

Die  Herausgeber  haben  diesmal,  wie  sie  schon  in  dem  Vorwort  zum 
ersten  Band  in  Aussicht  gestellt  hatten,  sich  bezüglich  der  juristischen  Ur- 
kunden zu  einem  synchronistischen  System  bekannt;  während  der  erste  Band 
noch  Urkunden  aus  verschiedenen  Jahrhunderten  vereinigt,  ist  jetzt  —  mit 
einer  einzigen  Ausnahme  (Nr.  237)  —  eine  Beschränkung  auf  Stücke  aus  dem 
ersten  Jahrhundert  der  christlichen  Ära  befolgt  worden.  Vollständig  publi- 
ziert ist  zwar  der  Bestand  aus  dieser  Zeit  auch  jetzt  noch  nicht;  aber  die 
dem  voidiegenden  Band  beigegebene  Beschreibung  der  noch  restierenden 
Rechtsurkunden  gleichen  Alters,  welche  nach  Mitteilung  der  Herausgeber  (p.  V) 
das  Wesentlichste  umfafst,  ermöglicht  einen  ziemlichen  Überblick. 

Das  Gebotene  ist  überaus  wertvoll,  und  enthält  mehrere  Stücke,  die 
als  wahre  Perlen  in  unserer  Übei'lieferung  einen  dauernden  Ruf  erlangen 
werden;  zumal  die  ersten  Bearbeiter  denselben  durch  ihre  diesmal  besonders 
reich  ausgestatteten  Erläuterungen  auch  eine  glänzende  Fassung  zu  geben 
gewufst  haben. 

I.  Weitaus  die  gröfste  und  jedenfalls  auch  eine  der  wichtigsten  Ur- 
kunden in  dem  vorliegenden  Band  ist  jene,  welche  die  Herausgeber  als 
'Petition  of  Dionysia'  rubrizieii;  haben,  Nr.  237.  Diese  ist  gleichzeitig 
die  oben  erwähnte  einzige  Ausnahme  von  dem  Grundsatz,  die  Urkunden 
aus  dem  ersten  Jahrhundei-t  zusammenzustellen;  denn  diese  'Petition'  ist 
vei-fafst  i.  J.  186  p.  C.  Es  ist  ein  riesiges  Fundstück,  welches  sich  über 
mindestens  neun  Kolumnen  erstreckt,  und  auf  der  Rückseite  das  fünfte 
Buch  der  Ilias  geschrieben  zeigt;  von  dem  Recto  sind  leider  die  drei  ersten 
Spalten  und  auch  die  letzte  so  zerstört,  dafs  Grenfell  -  Hunt  von  dem  Ab- 
druck abgesehen  haben.  Demgemäfs  sind  nur  die  fünf  Kolmnnen  4 — 8 
abgedruckt;  auch  hiervon  sind  Nr.  4  und  5   arg  beschädigt  und  lassen  ihren 


1)  The  Oxyi-hynchus  Papyri,  part.  II,  edited  with  translations  and  nofces  by 
Bemard  P.  Grenfell  and  Ai-thm-  S.  Hunt.  London  1899.  Da  diese  Publikation  erst 
vor  wenigen  Wochen  (Ende  November  1899)  erschienen  ist,  war  es  mir,  namentlich 
auch  mit  Rücksicht  auf  anderweitige  Obliegenheiten,  nicht  möglich,  die  Be- 
sprechung so  früh  abzuschliefsen,  dafs  dieselbe  ohne  wesentliche  Verzögerung  dea 
Lruckes  vollständig  hätte  aufgenommen  werden  können.  Ich  gebe  daher  hier 
vorerst  einen  Bruchteil,  die  Fortsetzung  soll  im  nächsten  Heft  erscheinen. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsnrkiinden  aus  Oxyrhynchos  179 

Inhalt  nur  vermutungsweise  und  im  allgemeinen  ei-raten.  J)agegen  sind 
Nr.  6 — 8  relativ  gut  konserviert  und  eines  vollkommenen  Verständnisses 
fähig.  Der  Zufall  will  es  nun,  dafs  die  besser  überlieferte  Hälfte  des  Fund- 
stückes uns  nicht  blos  Rückschlüsse  auf  die  andere  gestattet,  sondern  auch 
sonst  die  reichste  Belehrung  bietet. 

Der  Sachverhalt,  soweit  wir  über  ihn  übei'haupt  uns  ein  Bild  herzu- 
stellen vermögen,  ist  von  Grenfell  und  Hunt  in  den  einleitenden  Bemer- 
kungen zu  dieser  Nummer  entwickelt.  Die  ^Petition'  der  Dionysia  ist  jeden- 
falls keine  Klagschrift,  sondern  eine  der  vielen  bei  den  Ägyptern  und  ägyp- 
tischen Griechen  üblichen  'Eingaben',  die  in  schwebenden  Prozessen,  oft  in 
etwas  tumultuarischer  Weise,  den  Gerichtsbehörden  zur  'Aufklärung'  des 
Sachverhalts  unterbreitet  werden.  Der  Rechtshandel  schwebt  zwischen 
Dionysia,  der  Frau  eines  Ägypters  Namens  Horion  und  ihrem  Vater  Chaire- 
mon;  bei  diesem  Familienzwist  scheint  die  Mutter  und  der  Ehegatte,  Horion, 
auf  Seiten  der  Dionysia  zu  stehen  und  der  Vater  Chairemon,  ob  mit  Recht 
oder  Unrecht,  somit  seine  ganze  Familie  gegen  sich  zu  haben.  Der  Sach- 
verhalt mag  etwa  dieser  sein.  Vater  Chairemon  hatte  seiner  Tochter  bei 
ihrer  Verheiratung  an  einem  nicht  näher  bezeichneten  Besitztum  (ovßia  6,  22) 
die  Kcaoyri  oder  Kr7]6ig  (8,  22,  34 — 36)  überlassen  (jtQoörivE'yKSv  6,  14),  den 
Fruchtgenufs  an  dem  Ertrag  dieses  Besitzes  dagegen  scheint  er  sich  vor- 
behalten zu  haben.  Als  später  Chairemon  von  einem  seiner  Gläubiger  — 
wahrscheinlich  dem  in  4,  12,  27  genannten  Asklepiades  —  wegen  einer  Dar- 
lehnsschuld  von  8  Talenten  (4,  25)  bedrängt  wurde,  gab  Dionysia  sowie 
ihre  Mutter^)  (6,  24)  die  Zustimmung,  dafs  obiges  Gut  der  Dionysia  dem 
Gläubiger  verpfändet  wurde,  und  hat  sich,  wie  sie  Avenigstens  behauptet, 
auch  sonst  um  ein  Arrangement  mit  dem  Gläubiger  bemüht.  Das  Nähere 
wissen  wir  nicht  und  können  daher  auch  nicht  feststellen ,  wie  es  kommt, 
dafs  laut  4,  33  sie  das  Recht  in  Ansprach  nahm,  die  Erträgnisse  ihi'es 
Guts,  die  ihr  offenbar  laut  des  Heiratskontraktes  vom  Vater  nicht  geschenkt 
waren  (s.  oben),  bis  zur  vollständigen  Tilgung  der  Forderung  des  Askle- 
piades zurückzubehalten;  vielleicht  hatte  sie  selbst  die  Tilguugsrente  auf 
sich  genommen.  Wie  dem  auch  sei,  ward  dies  der  Anlafs  zu  dem  ersten 
Prozefs,  den  ihr  Vater  wegen  rechtswidrigen  Besitzes  {ttsqI  ccvoixov  Karopjg^ 
7,  11)  gegen  sie  anstrengte.^) 

Der  Verlauf  dieses  Prozesses  war  nun  für  Chairemon  ein  ganz  un- 
glücklicher. Es  hatte  sich  durch  Erhebungen  bei  der  ßißXiod-r'jKr}  iynTiqösojv 
herausgestellt,  dafs  die  Rechte  der  Dionysia  auf  die  fragliche  ovaia  ord- 
nungsmäfsig  verbucht  seien,  worauf  wir  später  zurückkommen,  und  dalnit 
war    für   Chairemon   die   Aussicht   verloren,    diese   Güter  —  denn    er  hatte 


1)  Wie  diese  dazu  kommt,  wissen  wir  nicht.  Dafs,  wie  Grenfell-Hunt  zu 
6,  24  meinen,  die  von  Chairemon  gegebene  Mitgift  teilweise  aus  dem  Vermögen 
der  Mutter  entnommen  war,  stöfst  auf  mehrfache  Bedenken;  indessen  ist  es  zweck- 
los, diesen  Punkt  hier  zu  verfolgen. 

2)  Dafs  der  Vater  zuerst  geklagt  hatte,  scheint  sich,  wie  auch  die  Heraus- 
geber annehmen,  aus  col.  VI  13 — 15  zu  ergeben.  Zwar  möchte  man,  da  Dionysia, 
wie  im  folgenden  sich  zeigen  wird,  ihrem  Vater  vorwirft,  dafs  er  cpavysi  rag  xqy]- 
^LUTiiiug  SiKccg  iitl  it^otpaasi  ttigcov  iyxXrjiiccTcov  (7,  16)  diesen  im  Prozefs  über  das 
Gut  als  Beklagten  ansehn;  aber  bei  der  unpräzisen  Darstellung  darf  mau  die 
Worte  nicht  auf  die  Goklwage  legen. 

12* 


180  II-  Referate  und  Besprechungen 

offenbar  nicht  blos  seineu  Fruchtgeuufs,  sondern  die  Substanz  selbst  in  An- 
spruch genommen  (col.  6  lin.  14)  —  auf  diesem  Wege  wieder  zu  erlangen. 
Jetzt  ändert  er  seine  Taktik  und  klagt  gegen  seinen  Schwiegersohn  auf 
Rückstellung  —  seiner  Tochter,  gestützt  auf  das  Landrecht,  welches  dem 
Vater  erlaube,  die  Ehe  seiner  Tochter  jederzeit  zu  lösen,  und  dies  ist  das 
Stadimn  des  Rechtshandels  von  welchem  die  Kolumnen  6 — 8  handeln.  Be- 
greiflicherweise gerät  Dionysia,  welche  ihren  Mann  durchaus  nicht  zu  ver- 
lassen gewillt  ist,  über  die  Härte  des  Vaters  in  grofse  Ekstase  und  über- 
schüttet den  Pi'äfekten,  an  den  ihre  Eingabe  sich  richtet,  mit  einer 
beträchtlichen  Flut  von  „Präjudizien  der  Statthalter,  Prokuratoren  und 
Archidikasten,  aber  auch  Aussprüchen  der  Rechtsgelehrten".  Es  ist  für  den 
Wirrwarr,  der  in  dieser  Angelegenheit  herrscht,  bezeichnend,  dafs  diese 
Kronzeugnisse  zum  Lihalt  haben  nicht  blos  die  Frage  des  väterlichen  Schei- 
dungsrechts, sondern  wieder  die  schon  endlos  verhandelte  Frage  nach  dem 
Heiratsgut.  Vielleicht  war  dieser  erste  Prozefs  noch  nicht  formell  erledigt. 
Zwar  hat  der  Präfekt  (col.  6  bis  G  fg.)  sich  weitere  Eingaben  des  Chairemon 
in  dieser  Sache  verbeten.  Doch  ist  es  nicht  ersichtlich,  dafs  ein  eigent- 
liches abweisendes  Urteil  ergangen  war.  Es  ist  überhaupt  cum  grano  salis 
zu  nehmen,  wenn  wir  hier  von  Urteil  und  Prozefs  sprechen;  der  Sachver- 
halt ist  so  unklar,  dafs  man  auch  an  ein  blofses  Beschwerdeverfahren  (offi- 
cioses  Verfahren)  denken  könnte.  Doch  ist  es  nach  allem,  was  wir  von  diesem 
hören,  ganz  überflüssig,  dafs  Dionysia  ihre  ohnedies  schon  aufs  deutlichste 
anerkannte  Position  neuerlich  zum  Gegenstand  der  Frage  macht.  Dennoch 
müssen  wir  für  diese  Beflissenheit  dankbar  sein,  denn  sie  bringt  uns  über- 
aus wertvolle   geschichtliche  Materialien. 

Im  ganzen  läfst  sich  der  Rechtsstofi",  den  diese  letzten  Ausführungen 
der  Dionysia  umfassen,  in  drei  Gruppen  sondern. 

1)  Zunächst  wird  behauptet  und  durch  Verordnungen  belegt,  es  sei 
prozessualisch  unzulässig,  einer  vermögensrechtlichen  Klage  anderweitige 
iyKXrjiiara  entgegenzusetzen ; 

2)  dafs  ordnungsmäfsig  verbuchte  oiaroxal  der  Kinder  am  Vermögen 
ihrer  Eltern  und  der  Frauen   am  Vermögen  ihrer  Männer  unanfechtbar  sind ; 

3)  dafs  grofsjährige  Frauen  ihren  Männern  nicht  entzogen  werden 
dürfen.^) 

Dies  ist  nun  im  einzelnen  zu  erörtern.  Die  zwei  letzteren  Punkte 
werden  uns  Veranlassung  geben,  auch  andere  Papyri  dieser  Publikation  mit 
zu  besprechen. 

1.     Ovo      i(p£L%CiL    STtl    7lQ0(p(X6£t    SXSQOiV    £y « A /]  ft  ßTW  J^    (pSVySiV    T  LX  g 

Dieses  ist  die  prozessualische  Einwendung,  welche  Dionysia  gegen 
die  Scheidungsklage  ihres  Vaters  erhebt.  Ich  habe  schon  oben  (S.  179, 
Note  2)  bemerkt,  dafs,  wenn  man  diese  Worte  genau  nehmen  dürfte,  man 
daraus  schliefsen  müfste,  Dionysia  habe  im  Prozefs  über  die  nuTOxr}  ^Tjg 
ovßiag  die  Klägerrolle  inne  und  werfe  ihrem  Vater  vor,  dafs  er  eine  unzu- 


1)   Im  griechischen   Text  7,  14  f.   ist  dieser  Punkt  vorausgestellt.     Ich  habe 
der  Darstellung  wegen  die  lleihenfolge  geändert. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  181 

lässige  Widerklage  erhebt.  Jedoch  ist  es  bei  der  Inconzinnität,  welche  der 
nicht  eben  meistei-liche  Urheber  von  Dionysias  Schriftsatz  mehrfach  an  den 
Tag  legt,  auch  möglich,  dafs  ihr  Vater  auch  im  ersten  Prozefs  Kläger  war 
und  sich  die  „Widerklage"  auf  Scheidung  materiell  nur  als  eine  neue  Taktik 
gegenüber  der  sachlich  so  stai-ken  Einrede  der  Tochter  im  Prozefs  über 
das  Gut  darstellt;  und  das  ist  auch  wie  oben  (p.  179  n.  2)  bemerkt  nach 
col.  VI  13  — 15   anzunehmen. 

Der  Inhalt  der  Prozefseinrede  ist  aber  der,  es  sei  nicht  gestattet  einer 
vermögensrechtlichen  Klage  gegenüber  (denn  das  ist  offenbar  die  iQrjfiarnir] 
8Uy])  Einwendungen  zu  erheben  {cptvytiv)  gestützt  auf  den  Vorwand  „ander- 
weitiger Anklagen".  Was  mit  dieser  recht  vagen  und  unjuristischen  Rede- 
wendung gesagt  sein  soll,  ist  klar;  es  soll  offenbar  die  Klage  auf  Scheidung 
als  unstatthafte  Verbindung  nicht  zusammengehöriger  Gegenstände  stigmati- 
siert werden.  Dafs  das  irgend  eine  sachliche  Berechtigung  hätte,  ist  von 
vornherein  mehr  als  zweifelhaft;  denn  an  sich  beruht  ja  die  Scheidungs- 
klage auf  einem  selbständigen  materiellen  Klagrecht,  das  niemandem  ge- 
nommen werden  kann  und  unstatthaft  könnte  nur  das  sein,  dafs  etwa  ein 
im  Gesetz  nicht  begründetes  Forum  connexitatis  oder  eine  sachlich  nicht 
gerechtfertigte  Verbindung  heterogener  Rechtsangelegenheiten  zu  einem  ein- 
heitlichen Verfahren  beansprucht  würde.  Aber  dafs  dies  der  Fall  ge- 
wesen sei,  wii-d  nii-gends  angedeutet  und  in  der  (Col.  6  lin.  12 — 20)  in 
extenso  wiedergegebenen  Scheidungsklage  des  Chairemon  ist  kein  derartiger 
Antrag  gestellt. 

Das  zur  Unterstützung  dieses  sehr  zweifelhaften  Standpunktes  herbei- 
gezogene Material  handelt  denn  auch  von  einer  ganz  anderen  Frage  als  sie 
hier  vorliegt;  nämlich  nicht  von  den  Bedingungen  der  Widerklage,  sondern 
von  der  Statthaftigkeit  gewisser  Eim-eden  im  Prozefs  über  ^f^Qrmaxiy.cil  dlv.ai. 
Es  besteht  dieses  Material  [col.  8,  7 — 21]  in  einem  Edikt  des  Valerius 
Eudaimon  (Praef.  Aegypti  138)  der  sich  hinwiederum  auf  den  Vorgang  des 
Petronius  Mamei'tinus  (Praefect  134 — 5)  zu  berufen  weifs;  aulserdem  noch 
in  einer  Entscheidung  des  L.  Munatius  Felix  (Praef.  Aeg.  ca.  150).  Das  Edikt 
des  Eudaimon  beginnt  mit  einer  Mifsbilligung  der  Thatsache,  dafs  viele 
Schuldner,  wenn  sie  auf  Erfüllung  belangt  werden  (jQi]jj,ara  anuLTOv^uvoi 
8,  9  —  gedacht  ist  in  erster  Linie  an  Geldklagen)  sich  ihrer  Verpflichtung 
zu  entziehen  suchen  durch  „Androhung  schwererer  Anklagen",  womit  offenbar 
die  Kiiminalanklage  wegen  Fälschung  oder  Erpressung  des  Schuldscheins 
gemeint  ist;  dadurch  bestimmen  sie  ihre  Gläubiger  zum  Verzicht  auf  ihr 
Klagerecht     oder    zu     einer  .billigen     Abfindung.      Darum    '^ TCaQayyiXlio    rijg 

T0tavv7}g  TtcivovQyiag  ani{G)iBGQ'CiL cog  ei  xiq  ■)[Qf](iariKijg  .  .  .  6v6vccGr]g 

öiarjg  aTiaiti^&slg  oial  ^r]  na^avtiKa  a,()vr}6o:[A,svog  dcpelhiv,  tovr^  k'öttv,  (ir) 
TtciQccvriKcc  nXaGxcc  slvat  xa  yQa^fiaxa  sinav  %ca  naxrjyoQi'jßEtv  ygarpag  i)  ei'xe 
TiXccötcbv  yga^ficcxcov  ?}  QaöiovQylag  rj  7tEQLyQacpT]g  eynaleiv  im-ieiQT]^  i)  ovdev 
avrü  xfjg  xoiavx}]g  xi'ivrjg  oq)£leg  l'öxai  a,vayy.ci6d^)']6exaL  [^e]  aTToöovvai  evd'icog 
d  ocptiXcij  t)  TiaQaKaxa&iiiEvog  re  ro  ciQyvQiov  %v  iv  ßEßalco  xo  avalaßetv 
ocpEilö^ieva  y,  TTSQcig  xi]g  ;(^>jjU.ßTt3f^g  aficpiGßrjrijßscog  XaßovGrjg,  rot'  iäv  &aQQfi 
xoig  xi]g  KarrjyoQiag  eXeyyoLg  xov  fisi^ova  ay&va  e(^l^6eXsvaerai^  o(y)8(s)  xoxs 
a&oog  iöojxsvog^  aXXcc  xoig  xExay^ivoig  ETtixt^oig  evsio^evog.  Wenn  also 
jemand  mit  einer  Schuldklage  belangt  wii-d,  und  nicht  sofort  erklärt,  dafs 
die  Schuldurkunde  gefälscht  ist,  und  die  Anklage  erhebt,  sei  es  nun  wegen 


182  II-  Referate  und  Besprechungen 

Falsums,  oder  Caliunnia  ^) ,  oder  Betrug,  so  nützt  ihm  sein  Leugnen  nichts, 
und  er  muTs  sofoi-t  zahlen-,  andernfalls  mufs  er  die  Schuldsiunme  hinter- 
legen und  mag  dann,  wenn  er  seinen  Beweisen  vertraut,  die  Kriminalanklage 
erheben,  unter  Gefahr  der  Poena  accusatorum. 

Was  nun  au  diesem  Edikt  so  sehr  überrascht,  das  ist  seine  sachliche 
Übereinstimmung  mit  einer  Konstitution  von  Honorius  und  Theodosius 
V.  J.  421,  die  im  CTh.  2,  27,  1  aufgenommen  ist.  Dortselbst  heifst  es, 
nachdem  von  den  chirographa  mortuorum  gesprochen  ist,  in  §  3:  „Sed  si 
viventis  ante  hanc  legem  facta  cautio  proferatur,  quam  suam  neget  ille  qui 
petitur,  sequestret  pecuniam,  litigaturus  ex  falso.  Cavendum  est  enim  ne 
infitiandi  fomitem  ministremus  obnoxiis."  Hier  ist  genau  derselbe  Vorgang 
vorgeschrieben  wie  in  unserem  Papyrus;  die  Ableugnung  der  Echtheit  ])ringt 
die  Pflicht  zur  Erhebung  des  Accusatio  falsi  und  Sequestration  des  Ge- 
schuldeten mit  sich.  Dabei  mufs  es  auffallen,  dafs  dies  auch  gelten  soll 
für  cautiones  ante  hanc  legem  factae  und  weiter,  dafs  diese  überaus  wich- 
tige Vorschrift  in  solcher  Küi-ze  aufgestellt  wird;  der  Gesetzgeber  beeilt  sich 
zu  dem  ihm  offenbar  wichtigeren  Punkt  zu  kommen,  der  sofort  folgt  — 
nämlich  der  Bedeutung,  welche  der  Zeitablauf  füi'  die  Beweislast  hat. 
Es  wird  nämlich  festgestellt,  dafs  obige  Vorschrift  cessiert  für  jene,  schon 
vor  Erlassung  des  Gesetzes  ausgestellten  Schuldscheine,  welche  nicht  eher 
als  nach  zwanzig  (resp.  inter  absentes  dreifsigj  Jahren,  vom  Tag  der  Aus- 
stellung gerechnet,  geltend  gemacht  werden.  Für  alle  übrigen,  wenn  auch 
schon  vor  dem  Gesetz  ausgestellten  aber  wird  überhaupt  ein  neues  Recht 
eingeführt;    sie  müssen  je  nach   12  Jahi*en  erneuert  werden. 

Nun  scheint  mir  klar  zu  sein,  dafs  von  diesen  Vorschriften  überhaupt 
die  erste,  die  Sequestration  betreffende  nur  längst  fesstehendes  Recht  wieder- 
holen kann.  Das  folgt  zunächst  daraus,  dafs  sie  nur  ganz  kurz,  wie  eine 
bekannte  Sache  hingestellt  wird.  Ganz  schlagend  ergiebt  es  sich  ferner 
daraus,  dafs  in  §  1  von  den  Schuldscheinen  verstorbener  Schuldner  es  ein- 
fach heifst,  der  Gläubiger  mufs  die  Echtheit  beweisen  „absque  sequestrationis 
objectu":  diese  Bestiimnung  steht  noch  vor  jener  über  die  Sequestration  bei 
den  Schuldscheinen  Lebender,  —  wie  könnte  man  nun  eine  Sequestration 
für  gewisse  Fälle  verbieten,  ehe  man  noch  gesagt  hat,  dafs  sie  überhaupt 
vorkommen  kann?  Offenbar  handelt  es  sich  eben  um  eine  längst  bekannte 
Sache.  Das  ist  schliefslich  auch  schon  deswegen  wahrscheinlich,  weil  eine 
Constitution  desselben  Kaisers  schon  im  darauffolgenden  Jahr  (422)  diese 
ganze  Sequestration  abschafft  (C.  Th.  2,  28.  1),  welche  Abschaffung  „cum  juris 
ratio  tum  ipsa  aequitas  desiderat"');  das  ist  erklärlich,  wenn  es  sich  um 
altes  Recht  handelt,  welches  man  im  Vorjahr  abzuschaffen  nur  vergessen 
hat;  eine  Verordnung,  die  man  selber  erlassen  hat,  hebt  man  nicht  so  rasch 
und  jedenfalls  nicht  mit  solchen  Invectiven  auf. 

Das  alles  zu  erkennen  ist  nun  heute  leichter,  als  es  bisher  gewesen 
war;  die  Papyri  geben  uns  den  Schlüssel.    Wir  sehen  eben  aus  der  '^Petition 


1)  Dies  vemiute  ich  unter  QaäLovQyia ,  oltwohl  sonst  die  Calumnia  GVKO(pciv- 
rriiioc  heifst.     CPR  I  232  lin.  31. 

2)  Allerdings  sucht  Muther,  Sequestration  278,  dies  hinwegzuinterpretieren; 
aber  der  Wortlaut  ist  zwingend:  Ex  quolibet  contractu  sequestrationis  necessitas 
conquiescat. 


L.  Mitteis:  Neue  Reehtsurkimden  aus  Oxyrhynchos  183 

ofDionysia',  dafs  das,  was  uns  hier  im  Codex  Theodosianus,  scheinbar  ohne 
Anknüpfungspunkt  entgegentritt,  altes  Recht  ist.  Die  Constitution  von  421 
weiXs  nichts  zu  sagen,  was  nicht  Petronius  Mamertinus  und  Valerius  Eudaimon 
drei  Jahi"hundei*te  früher  gesagt  hätten,  und  auch  diese  werden  nicht  die 
Bahnbrecher  gewesen  sein.  Die  Sequestration  des  Geschuldeten,  von  der  ich 
bereits  wiederholt  Spuren  in  den  Papyri  namhaft  gemacht  habe,  mufs  alten 
Rechtens  gewesen  sein.  Wenn  nicht  in  der  Centrale  des  Reichs,  so  doch  in 
seinen  Provinzen,  welche  wie  sie  den  Strom  des  Rechtes  vom  Mutterland 
empfangen,  im  Kreislauf  rückströmend  ikr  eigenes  Recht  dorthin  entsenden. 
Wir  haben  bisher  nur  das  abströmende  stadtrömische  Recht  gekannt,  wie 
es  uns  die  Digesten  lehren;  die  Papyri  zeigen  uns  die  Gegenströmung,  die 
wir  bisher  nicht  als  solche  erkannt  haben,  sondern  für  ein  originäres  Pro- 
dukt der  nachklassischen  Zeit  halten  mufsten.  Die  Chronologie  unserer 
Rechtsgeschichte  wird  durch  diese  Beobachtungen  wesentlich  verschoben. 

2.    Die  Verbuchung  der  dinglichen  Rechte. 

Ich  habe  hier  Anlafs  auf  die  von  mir  bereits  wiederholt  (Hermes 
30,  592—605;  34,  91 — 98)  behandelte  Frage  der  Intabulierung  des  Privat- 
besitzes zurückzukommen;  ich  thue  dies  um  so  lieber  als  der  neueste  Band 
aus  Oxyrhynchus  über  das  Archivwesen  viel  Neues  bringt.  Aufserdem  sind 
die  einschlägigen  Dinge  neuei'dings  von  Wilcken  in  den  Ostraka  2,  456 — 469, 
478 — 486  mit  gewohnter  Sachkenntnis  und  Einsicht  besprochen  und  mehr- 
fach neu  beleuchtet  worden;  auch  Grenfell  und  Hunt  bringen  in  ihren  Er- 
läuterungen viel  Beachtenswertes. 

Wie  vm-  oben  (S.  179)  bereits  gehört  haben,  ist  zwischen  Dionysia 
und  ihrem  Vater  ein  Gut  streitig;  Dionysia  leitet  ihr  Recht  auf  dasselbe 
daraus  ab,  dafs  der  Vater  es  ihr  bei  ihrer  Verheii'atung  überlassen  hat. 
Eine  solche  Aussteuer  ist  in  den  Papyri  häufig;  Grenfell-Hunt  weisen  mit 
Recht  hin  auf  CPR  24  und  28  sowie  BGU  183  ^j,  251  und  252,  wo  gleich- 
falls die  Eltern  Gutsübertragungen  an  die  heii'atenden  Kinder  vollziehen. 
Dionysia  beruft  sich  aber  auch  darauf,  dafs  die  Übertragung  durch  Ein- 
verleibung ihrer  Rechte  in  die  ßLßhod-rjKTj  syKziqösiov  gesichert  sei;  ihr  Vater 
habe  selbst  diese  veranlafst  (col.  5,  24:  a  avrbg  eiöijveyKev  eig  t6  ßißXiocpv- 
XcxKiov  TtEQt  Tovrov  v7to^vri(iatci)  cf.  5,  9 — 14,  6.  9,  40 — 41.  Eine  solche 
Einverleibung  aber  begründet  unanfechtbare  Rechte.  Füi-  diese  in  col.  7,  17 
aufgestellte  These  werden  in  8,  21 — 40  die  Edikte  der  Statthalter  Marcus 
Mettius  Rufus  (Präfekt  unter  Domitian)  und  Flavius  Sulpicius  Similis 
(a.  182)  angeführt.    Das  erstere  ist  von  besonderer  Wichtigkeit. 

28.  KXavdiog  "Ageiog  6    xov  ^O^VQvyxeitov    Gxqaxriyog  id)]X(o6Ev  (.loi  (.nqxe 

T«    lÖltOTtKCi    flljte    rC(    6}]n66lCi 

29.  TtQayixara  rr]v  na&r}Kov6av  Xa^ßdveiv  §iOL'A,)]6iv  Sia  xo  in  TtoXXäv 
XQOVoav  (irj  Kad''   öv  k'ÖEt  XQOTtov  (pKOvoiifja&at  xk  iv  xrj   z&v  iy- 


1)  Wenn  in  diesem  Papyi-us  die  Mutter  sich  vorbehält,  rrjv  i^ovßiccv  räv 
idicav  nccvtojv  TtoiXelv  VTCorld'aa&at  dicc&^aO'cii  olg  iäv  (SoiUrjrat  ccTtugaTtoSiatcog ,  so 
ist  das  nicht,  wie  Grenfell-Hunt  p.  143  meinen,  auf  das  vergabte  Vermögen  zu 
beziehen,  wodurch  ja  der  ganze  Kontrakt  illusorisch  witrde,  sondern  betriflFt  nur 
das  übrige  Vermögen  der  Mutter. 


184  II-   Referate  und  Besprechungen 

30.  zTTjCfoJi/  ßißXiod^rjur]  ÖLa6rQ(o^caa,  'Kctirot  itolXcMtg  kqi&sv  v%o  xüv 
TtQO  ifiov  ETtccQicov  TTjg   6sov6r)g   ctvTCi  rv%Eiv  i7CaV0Q&(6- 

31.  Gscog'  OTtBQ  ov  'AccXäg  svöey^srat  ti  fir)  ai'co&ev  yivoiro  avxiyqacpa' 
KaXevca  ovv  navTag  rovg  KTTjxoQag  ivrbg  (irjväv  £|   {moyQa- 

32.  xl;a6&ca  rrjv  Idiav  nrrjötv  eig  ttjv  rä>v  lyy.zi]6£03v  ßi.ßkioQ"iqKr]v  y.al 
Tohg   öaveLGrag  ag  iav  k'icoGi   vnod'rjKag  aal  Tovg  aklovg 

33.  oGa  iav  syaGt  6i%aia,  ttji'  Öe  aitoyQacprjv  TCOiSiöd-coaav  ötjlovvvEg 
Ttöd'sv  enaörog  t&v   vttccq'/^ovtcov  naraßeßrjKEv  slg  avzovg 

34.  7^  UTijGig'  IlaQaTi&ercoGav  öh  %al  cd  ywainsg  rcdg  vitoördöEGi  rav 
ÜvÖq&v  iav  Kccrci  riva   iniyaQLOv   vöiiov  y.QaxEtxca,  xcc   VTtccQ- 

35.  lovxa,  ofiolcog  Öe  y.cd  xa  xinva  xaig  x&v  yovicov  iccv  jj  ^dv  yjyfjGig 
öia   ö}]i,ioGi(ov   xExijQTjxca  iQ}]iicixt.G^a)v   i]   8e  kxTj- 

36.  Gig  ju-£Ta  &ccvaxov  xoig  xEKvotg  üEXQccxrjxai,  Iva  ol  GvvaXXaGGovxEg 
f.u]   Kax     ayvoLccv  ivsÖQEVovrca.  y.xX. 

Das  heifst: 

„Es  ist  Klage  geführt  worden,  dafs  seit  langer  Zeit  die  diaGtQto^axa 
in  der  ßißkiod-rjyir]  iyKxrjGEav  nicht  ordentlich  gefiilirt  worden  sind,  wovon 
Verwiri'ung  entstanden  ist  in  den  Privat-  und  öffentlichen  Angelegen- 
heiten. 

Darum  sollen,  wie  schon  frühere  Präfekten  verordnet  haben,  alle  Be- 
sitzer (KxrjxoQEg)  innerhalb  sechs  Monaten  ihren  Besitz  bekennen  (ktto- 
yQciipciG&ai)  zu  der  ßißXio&riK)]  iyKxi]GEcov  und  ihre  Hypothekargläubiger  mit 
deren  Pfandrechten  namhaft  machen,  und  die  anderweitig  Berechtigten;  diese 
Angaben  sollen  sie  machen  unter  Nachweis  ihres  Besitztitels.  Es  sollen 
auch  die  Frauen  beim  Besitz  ihrer  Männer  es  angeben,  wenn  nach  Land- 
recht ihnen  das  Vermögen  als  Pfand  haftet,  ebenso  auch  die  Kinder  beim 
Besitz  ihrer  Eltern,  wenn  ihnen  nach  deren  Tode  an  deren  Vermögen  das 
Eigentum  durch  öffentliche  Urkunden  verfangen  ist  und  den  Eltern  nur  der 
Nutzgenuls  vorbehalten  blieb.  Dies  alles,  damit  nicht  die  (dritten)  Kon- 
trahenten durch  Unkenntnis  getäuscht  werden." 

Wir  haben  hier  eins  der  merkwürdigsten  Zeugnisse  aus  der  antiken 
Rechtsgeschichte  vor  uns,  nämlich  den  dokumentarischen  Beweis,  dafs  der 
Gedanke  der  Publizität  des  Grundbesitzes  und  der  dinglichen  Rechte  an 
Grundstücken  schon  im  Altertum  mit  Bewufstsein  erfafst  worden  war.  Die 
(Dritt- )Kontrahenten  sollen  nicht  durch  Unkenntnis  getäuscht  werden  —  der 
leitende  Gedanke  des  modernen  Grundbuchrechts,  dessen  Ausbildung  wir  als 
heutige  Errungenschaft  preisen,  ist  im  Provinzialrecht  schon  erfafst  worden. 
Auch  Mettius  Rufus  hat  ihn  nicht  zuerst  ausgesprochen,  sondern  weist 
(lin.  30:  Tialxot  TCoXlaüLg  hql^ev  vno  xoiv  nqo  i^ov  ETtaQ^^v^  auf  frühei'e  Ord- 
nungen hin.^) 

Wer  die  bisherige  Papyruslitteratur  verfolgt  hat,  wird  hier  freilich 
nicht   etwas   völlig   Neues   erfahren,   ich  habe  schon  vor  einigen  Jahren  im 


Ij  Eine  andere  Frage  ist  es,  inwiefern  diese  Ideen  auch  jm-istisch  realisiert 
worden  sind,  inwiefern  also  das  Publizitätsprinzip  im  modernen  Sinn  gegolten  hat. 
Ich  bin  in  diesem  Punkt  noch  ziemlich  skeptisch;  gelegentliche  Bemerkungen 
darüber  unten  S.  195  Anm.  1. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsurknnden  aus  Oxyrhynchoa  185 

Hermes  (30,  592)  darauf  hingewiesen,  dafs  von  das  Wilekcn  (Hermes  28, 
230  fg.)  entwickelte  System  der  anoyQC((pcd  auch  der  Evidenz  des  Besitz- 
standes dienen  mufste,  und  kürzlich  erst,  noch  vor  dem  Erscheinen  des 
vorliegenden  Bandes,  hat  Wilcken  (Ostraka  a.  a.  0.)  dasselbe  in  trefflicher 
Ausführung  unter  Herbeiziehung  des  neuesten  Materials  neuerlich  entwickelt. 
Aber  die  jetzt  bekannt  werdenden  Urkunden  geben  der  Untersuchung  doch 
eine  viel  festere  Grundlage. 

I.  Auszugehen  ist  dabei  vom  Begriff  der  ßißhod'rjKr}  iyKTrjaecov.  Diese 
ist  der  Kataster,  in  welchem  der  Immobilienbesitz  eingetragen  ist.  Bekannt- 
lich ist  schon  ^seit  Sesostris'  Zeiten'  wie  Herodot  sagt,  der  gesamte  ägyptische 
Boden  genau  vermessen  und  katastriert,  und  jedenfalls  in  ptolemäischer  und 
römischer  Zeit  dient  diese  Vermessung  vor  allem  der  Grund-  und  Gebäude- 
steuer. Die  ßtßhod-rjxr}  iyKrrjascav  ist  von  Haus  aus  der  Grund-  und  Ge- 
bäudesteuerkataster. '^Eine  Grundbuchsführung,  die  von  vornherein  im  Inter- 
esse des  privaten  Besitzstandes  gelegen  gewesen  wäre,  —  so  habe  ich  schon 
Hermes  30,  601  gesagt  und  dies  ist  noch  heute  richtig,  —  bestand  gewifs 
nicht'.  Aber  schärfer  als  früher  tritt  hervor,  was  ich  schon  damals  be- 
tonte, dafs  das  Steuerbuch  für  private  Zwecke  mitfunktionierte;  wh-  sehen 
heute,  dafs  dies  ein  bewufster  und  gewollter  Nebenvorteil  desselben  ge- 
wesen ist. 

Eine  ßtßXiod'rjKtj  iyKx^ascov  hat  sicher  in  jedem  Bezirke  bestanden,  für 
Oxyrhynchos  wie  für-  Arsinoe  ist  sie  oft  bezeugt. 

Ihre  Vorsteher  sind  die  ßi,ßhog)vXa'/,sg;  sie  werden  fast  immer  in  der 
Mehrzahl  genannt,  und  ich  vermute,  dafs  ihrer  je  zwei  waren,  denn  es  heilst 
in  einem  bei  Grenfell-Hunt  in  einer  Note  p.  180  auszugsweise  mitgeteilten 
Papyrus  aus  der  Zeit  Trajans:  UaQamav  6  6vu  Oeavi  ßt-ßhoyvla'^;  ebenso 
BGU  420,  459:  z/tcot  reo  xort  AnoXXiovUa  y.a.l'^HqmSr]  reo  y,al  ^loysvei  yeyvfiva- 
öLccQ'irjKoGi  ßißXLOcpvXa'S^i  r-^g  £v  ^Qötvoeit&v  noXsL  ö}]^o(^6LCig^  ßiß^Xio&rjKfjg] ; 
vgl.  BU  112,  379,  P.  Oxy.  1,  72,  75;  2,  247—250  u.  s.  f. 

Als  Gegenstand  der  ßißXLO&r'jKr]  syKzrjßefov  erscheinen  blos  Immobilien; 
die  Deklarationen  von  Mobilien  richten  sich  au  deii  Strategen  resp.  den 
ßaödiKog  yQaii(iarevg.  Aber  andererseits  ist  die  Bibliothek  zwar  der  Haupt- 
kataster des  Nomos,  aber  nicht  der  einzige;  es  giebt  daneben  noch  Dorf- 
oder Flurbücher;  in  Arsinoe  werden  sie  gewöhnlich  yQa(peiov  genannt,  in 
Oxyrhynchos  scheiiit  dem  das  Mnemoneion  und  vielleicht  noch  anderes  zu 
entsprechen,  auf  welche  ziemlich  schwierige  Frage  ich  unten  ausführlich 
zurückkomme.  Das  Verhältnis  der  Dorfbücher  zum  Hauptkataster  ist  nun 
unzweifelhaft  das  des  Parallelismus;  d.h.  der  Hauptkataster  enthält  zusammen 
für  den  ganzen  Bezirk  den  Inhalt,  den  jedes  Dorfbuch  nur  für  die  Dorfflur 
umfafst,  er  ist  also  gleich  der  Summe  aller  Dorfbücher.  Dafs  auf  diese 
Ai-t  eine  „doppelte  Buchführung"  besteht,  ist  wie  ich  Hermes  34,  95  ver- 
mutet habe,  natüi'lich  im  Interesse  der  lokalen  Verwaltung,  und  auch  im 
Interesse  der  Parteien  geschehen,  welchen  daran  gelegen  sein  mufste,  auch 
in  loco  ihren  Flurkataster  zu  besitzen. 

Zu  betonen  ist  aber  dabei,  dafs  die  ßißXiod'ri%'ri  iyKviqGscov  das  über- 
geordnete Amt  ist,  von  welcher  das  yqacpEiov  (und  was  ihm  gleichsteht) 
Weisungen  entgegenzunehmen  hat. 

Einen  Fingerzeig  über  den  Inhalt  dieser  Weisungen  gab  schon  früher 
z.  B.   BGU  379,    wo  jemand    einen    Ölgarien    seinem    Bruder   zediert    und 


186  11.   Referate  und  Besprechungen 

die  ßißXtotpvXaneg  an  der  ßtßX.  iynx.  bittet  onoig  i7Ti.6reiXrjTe  reo  tö  yQacpsiov 
KaQai'l$og  avyyQyjaarl^eiv  't]fietv  üg  xa^ijxet.  (Vgl.  meine  Bern,  im  Hermes 
30,  602;  34,  94,  Wilcken  Ostraka  2,  462 f);  vgl.  auch  BGU  50  und  73, 
Hermes  30,  602 — 3).  Wir  sehen  daraus,  dafs  das  Grapheion  die  Besitz- 
umschreibung nicht  vollzog,  ohne  von  der  ßcßX.  eyKTTjaecov  dazu  beauftragt 
zu  sein.  Auf  allgemeinere  Gesichtspunkte  wiu-de  diese  ims  ursprünglich 
noch  nicht  recht  verständliche  Thatsache  ziu-iickgefühi-t  durch  das  i.  J.  1898 
im  ersten  Band  der  Oxyr.  Pap.  unter  No.  34  veröffentlichte  Edikt  des  Prä- 
fectus  Ägypti  v.  J.  127,  welches  ich  Hermes   34,  91  f.  erläutei-t  habe.^) 

In  diesem  Edikt  heilst  es  nämlich,  die  Beamten  des  ^Navaiov'  haben 
keine  Veränderung  des  Buchstandes  zu  vollziehen,  so  lange  sie  ihnen  nicht 
von  den  Vorstehern  der  ^Hadrianischen  Bibliothek'  aufgetragen  ist.  Da, 
wie  ich  in  Anm.  1  neuerlich  ausführe,  diese  beiden  Amter  dem  ^yQUfpilov^ 
und  der  '^ ßtßlLod-^nt'i  syKrrjöeav'  korrespondieren,  zeigt  sich,  dafs  Papyri  wie 
die  angefühi-ten  BIT  379,  50  und  73  die  Ausführung  allgemeiner  Vorschriften 
bedeuten.  Die  Tendenz  derselben  ist  augenscheinlich  die:  Damit  nicht 
durch  die  jedenfalls  weniger  verläfsliche  Geschäftsführung  der  Dorfbuch- 
fühi-er  eine  Diskrepanz  zwischen  dem  Hauptkataster  und  Flurkataster  herbei- 
geführt  werden  kann,  soll  im  letzteren  immer  nm*  mit  Wissen  und  Zustim- 
mung der  Verwalter  des  Hauptkatasters  eine  bücherliche  Veränderung 
vollzogen  werden. 

Dieser  uns  bereits  bekannte  Sachverhalt  wird  nun  durch  das  Edikt 
des  Mettius  Rufus  neuerlich  bestätigt.  Ich  habe  dasselbe  oben  nur  in  den 
Hauptpunkten  mitgeteilt;  hier  -will  ich  eine  oben  noch  weggelassene  Be- 
stimmung hinzufügen.  Es  heifst  lin.  36:  naQayyiXlo)  \  öe  zal  xoig  övvaX- 
XayfjtaxoyQacpoig  %ca  rotg  ^vri^oöi  ^i]ÖEV  öi^a  iittGTccX^arog  xov  ßißXiOfpvXaviiov 
xsXsLäöaL  Neuerlich  wird  die  Abhängigkeit  des  Flui-buchs  vom  Bezirks- 
hauptbuch eingeschärft;  denn  dafs  die  övvaXXayjiaxoyQcccpot.  und  fivij^oveg  die 
Dorfbuchführer  sind,  sowie  dafs  andererseits  sie  mit  den  Beamten  des  Navcciov 


1)  Dieses  Edikt  nennt  zwar  nicht  die  ßißX.  iyv.r.  und  das  ygacpsiov,  sondern 
es  spricht  von  der  'ASgiavi]  ßißXio&rjxri  imd  dem  Navaiov,  alter  offenbar  haben 
diese  beiden  ganz  denselben  Inhalt,  wie  die  erstgenannten  Kataster,  und  ich  habe 
darum  angenommen,  dafs  die  'Hadrianische  Bibliothek'  identisch  ist  mit  der  ßißX. 
iyy,T.,  während  das  Navmov  nur  ein  anderer  Name  ist  fitr  yQcctpeiov.  Diese  Identi- 
fizierung wird  nun  freilich  jetzt  von  Grenfell-Hunt  182  bestritten,  weil  das  Edikt 
von  127  von  der  'Hadrianischen  Bibliothek'  und  dem  'Nanaion'  in  der  Einzahl 
spricht,  während  der  Bezirks-  und  Dorfkataster  sehr  viele  sind.  Ich  kann 
diesem  Bedenken  heute  so  wenig  Gewicht  lieilegen,  wie  ich  es  früher  (a.  a.  0.  93) 
gethan  habe;  auch  unsere  Gesetze  nehmen  keinen  Anstofs  daran,  von  'dem  Grund- 
buch' zu  sprechen,  wo  sie  alle  Grundbücher  meinen.  Übrigens  haben  Grenfell- 
Hunt  selbst  p.  73  von  jenem  Edikt  bemerkt:  the  praefect  has  a  tendency  to  prefer 
the  Singular,  where  the  plm-al  might  be  expected.  Auffallend  sind  ja  freilich  die 
besonderen  Namen;  aber  die  Nomenklatm-  ist  ja  hier  jedenfalls  mindestens  be- 
züglich der  Dorfbücher  eine  sehr  vielgestaltige  gewesen,  da  für  dieselben  in 
Faiyüm  und  Oxyrhynchos  zwei,  ja  wohl  (s.  unten  S.  190)  noch  mehr  verschiedene 
Bezeichnungen  üblich  sind.  Ich  hatte  aufserdem  schon  früher  auf  die  ganz  un- 
zweideutige Thatsache  hingewiesen,  dafs  das  Edikt  von  127  nicht  blos  für-  Alexan- 
drien  gilt,  sondern  für  das  ganze  Land  (das.  col.  2  lin.  12);  das  schliefst  den  Ge- 
danken an  ein  einheitliches  Buch  von  vornherein  völlig  aus.  Ganz  evident  wird 
aber  die  Richtigkeit  meiner  früheren  Behauptung  jetzt  durch  das  Edikt  des  Met- 
tius Rufus;  8.  das  im  Text  folgende. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  187 

identifiziert  werden  müssen,  bedarf  doch  bei  dem  inhaltlichen  Parallelismus 
dieser  Bestimmungen  mit  den  früheren  kaum  einer  Bemerkung. 

II.  Wir  gehen  nunmehr  dazu  über,  den  Inhalt  der  ßtßXio&VjXtj  iyy.xrjßemv 
genauer  zu  bezeichnen,  welche  weitaus  das  wichtigste  und  in  Streitfällen 
über  Privatrechte  das  zunächst  mafsgebende  Buch  ist. 

Die  bisherige  Annahme  ging  dahin,  dafs  die  Bibliothek  ihren  Inhalt 
dm'ch  jäkrliche  Deklarationen  (^o.TtoyQacpai)  der  Immobiliarbesitzer  empfing; 
man  stellte  dabei  die  in  den  Papyri  enthaltenen  ccTtoyQaipal  der  Grundbesitzer 
auf  eine  Linie  mit  den  änoyQucpal  des  beweglichen  Vermögens  und  suppo- 
nierte,  dafs  beides  zm*  Steuerbemessung  jährlich  einbekannt  werden  sei. 
Diese  in  Wilckens  grundlegender  Untersuchung  Hermes  28,  230  f.  enthaltene 
Voraussetzung  wird  jedoch  heute  durch  neu  hinzugekommene  Texte  teilweise 
rektifiziert,  wie  Kenyon  Cat.  2  p.  150  und  Grenfell-Hunt  P.  Oxy.  2  p.  177 
n.  31  richtig  erkannt  haben.  Die  Sache  stellt  sich  jetzt  so  dar,  dafs  nur 
das  Mobiliarvermögen  jährlich  neu  einbekannt  wiu'de,  während  man  für  die 
Besteuerung  des  weniger  fluktuierenden  iimnobiliaren  einfach  den  ständigen 
Kataster  zu  Grunde  legte,  der  etwaige  Besitzveränderungen  ohnedies  aus- 
weisen mufste,  da  die  Umschreibung  des  Besitzes  im  Fall  der  Veräufserung 
streng  vorgeschrieben  war  (s.  Hermes  28,  235  f.  30,  602,  Wilcken  Ostraka 
2,  463).  Eine  allgemeine  Fassion  (a.7CoyQaq)rj)  der  Immobiliarbesitzer  wm-de 
darum  nur  unter  besonderen  Umständen  durch  Spezialerlässe  vorgeschrieben, 
nämlich  dann,  wenn  die  ßi,ßhod-r}Kt]  in  Unordnung  geraten  war.  Dafs 
dies  vorkommen  konnte,  sagt  unser  Edikt  col.  8  lin.  28  f.,  und  istauch 
angedeutet  in  dem  statthalterlichen  Erlafs  vom  Jahr  127  (P.  Oxy.  1,  74). 
Die  Parteien  mögen  eben  manchmal  Grundübertragungen  ohne  die  vor- 
geschriebene Anzeige  beim  Katasteramt  vollzogen  haben,  oder  auch  es 
wurden  diese  Übertragungen  durch  Nachlässigkeit  der  Grundbuchführer  nicht 
oder  nicht  richtig  eingetragen;  wie  sich  in  P.  Oxy.  1,  78  jemand  über  die 
durch  ayvoia  xov  nqay^axi'KOv  versäumte  Einverleibung  seiner  Rechte  be- 
schwert. Wenn  solche  Übelstände  sich  in  gröfserem  Umfang  herausstellten, 
ergingen  dann  Edikte,  welche  eine  Revision  des  Katasters  bezweckten  und 
darirm  eine  allgemeine  anoyQacp'r]  des  Immobiliarbesitzes  anordneten.  Aus 
dieser  exzeptionellen  Natui-  der  Inunobiliar- Fassion  erklärt  sich  auch,  dafs 
die  uns  erhaltenen  Irmnohilmv -anoyqcicpai  regelmäfsig  auf  eine  ergangene 
Verordnung  Bezug  nehmen  (z.  B.  BGU  459  Kaxa  xa  vno  xov  kquxIgxov  rjys- 
(.lovog  OXaoviov  Tixiavov  nsXsvßd'ivxa  anoyQÜfpo^ai)  und  dafs  die  Erwerbs- 
titel, welche  diese  Fassionen  für  den  Besitz  anführen,  oft  um  Jahre  zurück- 
liegen-'), ohne  dafs  erwähnt  wüi-de,  sie  seien  bereits  fatieri,  während  bei 
der  Mobiliarfassion,  welche  jährlich  geschieht,  auf  das  Bekenntnis  des  Vor- 
jahres Bezug  genommen  wird  (z.  B.  BGU  51,  52,  133,  Wilcken,  Hermes 
28,  239).  Allgemeine  Katasterrevisionen  der  bezeichneten  Art  sind  oft 
genug  vorgekommen,  Nachweise  bei  Grenfell-Hunt  p.  179.  Eine  solche 
Revision  ist  es  nun  auch,  was  Mettius  Rufus  in  dem  hier  in  Rede  stehenden 
diäxctyiia  anordnet. 


1)  Sehr  schön  tritt  das  alles  hervor  in  Pap.  ER  1436,  wo  die  Fassionen  und 
die  Erwerbsdaten  aufgezählt  werden.  Fatiert  wird  das  Grundstück  a"  222,  ererbt 
ist  es  204,  der  Vorbesitzer  hat  es  gekauft  a"  197.  Fatiert  war  es  erst  wieder  bei 
seinem  Vorgänger  W^  195.     A^'gl.  Wilcken,  Ostraka  470  f. 


188  IL   Eeferate  und  Besprechungen 

Die  Besitzer  sollen  ihr  Eigentum  (-/rfjöig)  binnen  sechs  Monaten  be- 
kannt geben  (^ccTtoyQccipaö&ai)  lin.  31 — 32.  ^ATtoyQd(psöd'ai,  ist  terminus  tech- 
nicus  und  wird  häufig  verbunden  mit  cctto  rov  öelvov,  welches  den  Vormann 
bezeichnet,  von  dem  der  Besitz  erworben  wurde.  Diese  letztere  Angabe  wird 
wie  wir  jetzt  sehen,  gleichfalls  amtlich  erfordert;  es  heilst  lin.  32  die  Leute 
sollen  fatieren  ör^Xovvreg  %6&ev  eKaßrog  rav  v7TccQ')(^6vrcov  oiaxaßißrjKEv  eig 
avtoiig  rj  %T7J6cg.  Dieses  obligatorische  örjXovv  des  Erwerbstitels  bestand 
freilich  nur  in  einer  einfachen  Erklärung;  Bescheinigung  derselben  finden 
wii*  nii-gends,  ausgenommen  dafs  in  P.  Oxy.  1,  75,  wo  der  Erwerb  auf 
Erbschaft  beruht,  eine  eidesstättige  Versicherung  dieses  Erwerbs  eintritt. 
In  andern  Fällen  fehlt  jede  Bestätigung  über  die  Richtigkeit  der  Angaben; 
doch  wird  amtliche  Nachprüfung  vorbehalten  gewesen  sein,  und  es  mufs 
offenbar  immer  dann  eine  solche  stattgefunden  haben,  wenn  die  Kataster- 
lage mit  der  Erklärung  zu  Ungunsten  der  Profitenten  in  Widerspruch  stand. 

Bei  der  Angabe  des  Besitzstandes  soll  aber  der  Eigentümer  auch  nam- 
haft machen  rovg  davsißrag  ag  iav  eyjcoGi  VTCo&'^zag  Kai  rovg  aXlovg  o6a  eav 
eyfoGi  ÖLKata.  Die  Hy-pothekarbelastung  soll  somit  gleichfalls  in  Evidenz 
gehalten  werden.  Ich  habe  bereits  Hermes  30,  601  f.  auf  Grund  von  BGU  50 
die  Frage  aufgeworfen,  ob  nicht  auch  eine  Hypothekenregistrierung  statt- 
fand; wenn  ich  damals  aus  einer  in  diesen  Dingen  gebotenen  Vorsicht  die 
Frage  eher  verneinen  zu  sollen  glaubte,  so  ist  es  mir  um  so  erfreulicher, 
meine  Erwartungen  durch  die  später  publizierten  Urkunden  übei'fcrofi'en  zu 
sehen.  Dies  war  schon  angesichts  BGU  536  der  Fall(Wilcken  Ostraka  462): 
a%oyQa.(po^ai  oi'Aiibv  iv  VTCod''ri'Krj  (rjfiKJv)  ^eQog  oirJag  %ca  aijA^g,  ev  rj  i^s- 
d(^avei6a^r}v^  Tcaoa  Tlaiteixog  tov  Ilanuxog  und  ist  es  jetzt  noch  mehr. 

Und  zwar  werden,  wie  sich  gleichzeitig  herausstellt,  die  Hypotheken 
eingetragen  nicht  blos  dann,  wenn  gleichzeitig  das  Eigentum  eingetragen 
wird,  also  etwa  so,  dafs  sie  blos  als  Qualitäten  des  Eigentumsrechts  und 
in  dessen  Gefolge  ins  Buch  gelangen.  Vielmehr  bilden  sie  auch  einen  ganz 
selbständigen  Gegenstand  der  Einverleibung.  Das  ist  uns  zwar  von  Kon- 
ventionalhypotheken  nicht  besonders  bezeugt;  aber  jedenfalls  sehen  wii-  an 
einem  anderen  Punkt,  dafs  gewisse  Inhaber  von  jura  in  re  aliena  als  legi- 
timiei-t  gelten,  ihre  Rechte  selbständig  in  den  Kataster  eintragen  zu  lassen'. 
Das  ist  gesagt  1)  von  den  Ehefrauen  luv  Kura  xiva  iTTiyoiQiov  vofxov  %Qa- 
reixat  xa  VTtdgyopxa  tu)v  avÖQ&v^  wenn  ihnen  nach  Landrecht  das  Vermögen 
der  Männer  verpfändet  ist.')  2)  Ferner  dürfen  auch  die  Kinder  es  einver- 
leiben lassen,  wenn  ihnen  am  Vermögen  der  Eltern  durch  öffentliche  Ur- 
kunden^) die  Kxrjötg  eingeräumt  ist  und  die  Eltern  nur  die  XQyjßtg  haben; 
diese  Termini  bestimmt  Papinian  D  7,  8,  10,  1^):  %Qi]ßig  ist  der  Usus,  Kxi]Oi.g 


1)  Denn  KQcctBia&Ki.  heifst  hier  nach  einem  häufigen  Sprachgebrauch  'ver- 
pTändet  sein'.  So  auch  BGU  243  uridsvl  v.Qaxoviisvoi\  vgl.  Wileken,  Ostraka  2,  462. 
Allerdings  kann  das  mehrdeutige  Wort  auch  den  faktischen  Besitz  bedeuten;  vgl. 
BGU  71,  16;  282,  33  u.  a. :  v.Quxiiiv  nc:l  itvQisvbiv,  und  so  hatte  ich  es  für  BU  243 
gefalst  in  Hermes  30,  604.  Aber  die  jetzige  Sachlage  bestimmt  mich,  hier  anders 
zu  übersetzen. 

2)  Über  den  Begriff  Hermes  30,  597  f.;  dafs  bei  den  ehefräulichen  Hypo- 
theken diese  Voraussetzung  fehlt,  kann  verschieden    gedeutet  werden. 

3)  Vgl.  auch  Cicero  ad  Farn.  7.  29,  1 :  Sum  %Qria£i  iihv  tuus,  Kri]ߣi  Ss  Attici 
nostri.     Ergo  fructus  est  tuus,  mancipium  illius. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsm-kunden  ans  Oxyrhynclios  189 

das  Eigentum.^)  Wenn  demnach  diese  Hypotheken  und  Servituten  selb- 
ständige Objekte  von  Einverleibungen  bilden  konnten,  wird  dies  auch  von 
den  Hypotheken  gewöhnliche]-  Gläubiger  nicht  bezweifelt  werden  dürfen. 

in.  Damit  nun,  dafs  im  Kataster  dingliche  Rechte  Dritter  apparieren 
konnten,  erkläi-t  sich,  dafs  beim  Kauf  von  Liegenschaften  es  eine  wichtige  Frage 
ist,  ob  diese  bücherlich  belastet  sind  oder  nicht.  So  bildet  in  den  fragmentierten 
Kaufbriefen  CPR  1  und  Gi.  90.  103.  104.  lOG.  109.  112.  113.  122.  123. 
130 — 132.  141.  144  es  eine  stehende  Klausel,  dafs  das  Grundstück  frei 
ist  ciTto  T£  äXlav  itQciöecov  Kai  atiQcou  oiKOvo^t&v,  was  die  aXXut  TtQaösig  hier 
bedeuten,  bespreche  ich  später,  aber  die  'anderweitigen  Belastungen'  (denn 
otxovo/ii'a  ==  Verfügung,  bedeutet  hier  offenbar  die  belastende  Verfügung) 
werden  in  erster  Linie  die  Hypotheken  der  Gläubiger  und  die  Verfangen- 
schaftsrechte  der  Kinder  zum  Gegenstand  haben.  Immerhin  hat  die  Klausel 
Ka&uQa  ano  .  .  .  uIy.ovo^lGjv  nur  eine  deklarative  Bedeutung;  sie  besagt,  dafs 
der  Kataster  keine  solchen  Belastungen  ausweist.  Wenn  sich  trotzdem 
solche  herausstellten,  so  wurden  sie  auch  ohne  Eintragung  gültig  gewesen 
sein.  Denn  soweit  düi-fen  wii-,  jetzt  wenigstens,  noch  nicht  gehen,  zu  be- 
haupten, dafs  der  Kataster  publica  fides  genossen  hätte  und  darum  das  hier 
nicht  apparierende  Recht  dem  gutgläubigen  Erwerber  gegenüber  unwirksam 
gewesen  sei.  Unsere  Klausel  hat  gerade  auch  den  Sinn,  füi-  diesen  Fall 
eine  Eviktionshaftung  zu  begründen. 

Jetzt  kann  ich  auch  die  seinerzeit  (Hermes  30,  604)  '^nur  ungern  und 
zaghaft  namhaft  gemachte  Spur'  der  Hypothekarevidenz  in  BGÜ  50  mit 
Beruhigung  hierherstellen;  wenn  daselbst  der  Verkäufer  eines  Olgai-tenanteils 
den  Käufer,  der  die  Übertragung  durch  das  Buch  fordert  (KaxayqucpfivaL  Karu 
örjuoßiov^  um  eine  Frist  bittet  bis  zum  Monat  Phamenoth  iv  w  ^7ivl  z%a- 
vccyKOV  TCaQ^'^ai,  ^s  rr}v  ßi.ßXio&ii'jK'rjv  üa&aQccv  y.cu  ra  aXXa  aQyla  avtöd'ev^  so 
heilst  das  eben  wii-klich,  dafs  er  Zeit  braucht,  um  das  Grundbuch  zu  be- 
reinigen von  den  dinglichen  Lasten,  wie  die  Kaufkontrakte  es  verlangen. 

Durch  die  hier  dargestellte  Übersicht  über  die  Besitzverhältnisse  wurde 
die  ßißlLod-ijKrj  eyurriGetov  für  den  Bodenverkehr  von  der  gröfsten  Wichtig- 
keit. Sie  ist  es,  die  jede  Veränderung  daran  zuerst  erfahren  mufs  und 
ihre  bücherliche  Durchführung  erst  bewilligt;  infolgedessen  ist  sie  das  Aus- 
kunftsbureau für  die  Behörden,  wenn  es  sich  um  das  Vorhandensein  solcher 
Rechte  handelt,  und  auch  die  Kontrahenten  kaufen  und  verkaufen  die  Grund- 
stücke auf  der  Basis  des  derzeitigen  Buchstandes,  TtntQccaKStv  öia  r^g  ßißXio- 
'ö'ijxijg.  So  läfst  sich  auf  Grund  bekannter  formelhafter  Wendungen  in 
Bü  667  lesen  b^oXoyei  .  .  .  TCcTcgaKivai  [.  .  .  öuc  xrig  räv  f\yy,xiia£biv  ßißXio- 
'O'ijX'jjg   [«Ttö  T^g]  TtQoyeyQafxfiiviqg  '^^egag  im   xhv  anavxa    [y^qovov  xrjv   vTtccQ- 

1)  Nichts  anderes  als  diese  ztf]6ig  des  Kindes  bedeutet  es,  wenn  an  andern 
Stellen  (col.  4,  32,  col.  6,  22)  das  Gesuch  der  Dionysia  ihr  eine  KaToxv  am  Streit- 
objekt zuschreibt.  Das  Wort  ist  allerdings  vieldeutig,  BGU  140,  24  ist  es  die  bono- 
inim  possessio;  CPR  1,  228  (ocpsilo^tvov  iici  Kccroxf]  Ttccvtbg  rov  TtoQOv  aov)  die 
Pfandhaftung;  BGU  323,  11  sig  Karo'j^rjv  itoitiv  nva  =  in  Gewahrsam  nehmen.  Der 
gemeinsame  Simi  ist  der  des  Yerfangenseins,  welcher  bald  Gewahi'sam  und  Pfand- 
recht bedeuten  kann,  bald  wie  an  obigen  Stellen  unseres  Papya-us,  die  dui-eli  die 
Leibzucht  der  Eltern  suspendierten  Eigentumsansprüche  der  Kinder,  «übrigens  ge- 
braucht unser  Dionysiapapyaiis  xaT£;^itv  auch  als  Pfandbesitz  und  synonym  mit 
■K^cithlv;  man  vgl.  col.  8  lin.  34  (ralg  yvvaii}.  y.QarhlTccL  ta  vnccQj^ovta  rüv  avdQwv) 
mit  lin.  22  (tus  ÄiyvjixiaY.ug  yvvtxiKccg  y.urt](^tiv  tu  vnuQ'/^ovxa  xibv  avöqäiv). 


190  II.   Referate  und  Besprechungen 

yovGuv  avxri  iv  Ktofiy  0v]ka'iiirtKrj  Nrj6(o  olrJav  inl  roig  (^ov^Gi  avxTjg  fiir^oig 
Kai  TtriiiG^oiq  Kol  Q'£nsU\oig\  Kca  öiKaioig  7tä[(y]t  Kam  [r'ißv  i^  ocQX'fig  aal 
fiiXQt  tov  vvv  Cw^d-iav^  wegen  der  Grenzmafse  und  der  Rechtslage  der 
Grundstücke  wird  auf  das  Buch  verwiesen.     Ahnlich  BGU  94.^) 

2a.    Die  Technik  der  bücherlichen  Eintragungen. 

Schwierigeren  Fragen  als  die  bisher  besprochenen  sind,  begegnen  wir, 
sobald  wir  den  Hergang  bei  der  Eintragung  in  die  Kataster  ini  einzelnen 
uns  klar  zu  machen  suchen.  Als  feststehende  Regel  können  wii-  hierbei 
zunächst  betrachten,  dafs  die  Eintragung  nachgesucht  werden  mufs  bei  den 
ßißXiocpvXaKsg  der  ßi,ßXi,o&i]Kri  iy^rriGEcov  und  diese  sie  nur  bewilligen,  wenn 
der  Buchstand  den  Voraussetzungen  des  Kontrakts  entspricht. 

I.  Des  Weiteren  ist  vor  allem  festzustellen,  welche  Behörden  aufser 
der  ßtßhod-r'jKr]  für  die  Überschreibung  des  Besitzes  noch  in  Betracht 
kommen.  Es  wurde  oben  (S.  185)  gesagt,  dafs  es  noch  lokale  Urkunds- 
bücher gab,  welche  der  Bibliothek  untergeordnet  waren.  Hier  stofsen  wir 
aber  auf  eine  vielgestaltige  Terminologie,  denn  es  ist  die  Rede  bald  vom 
yQacpsiov,  bald  von  ^vr^f-iovstov  oder  fivi^^oveg^  von  ayoQavofxoi  oder  ccyoQa- 
vo^eiov  oder  auch  GvvaXkayfjLaroyQdcpoi.^  endlich  auch  ocQ^SiOv.  So  heifst 
es  in  Ox.  Pap.  2,  238:  xovg  e^ovrag  ^srscoQovg  oi%ovo^lag  ev  ts  räi  äyoQa- 
rofiicot  Kai  fivrjfiovEicot  Kai  yQucpltoi-^  ebenda  Nr.  237  col.  8  lin.  36  fg.:  ksXsvo) 
öh  Kai  xoig  GvvaXXayfiaroyQcccpoig  Kai  rotg  fivrjfioGL  firjöev  8i%a  iTtiGraXfiarog 
TOi?  ßi,ßXi,oq)vXa%iov  rsXsi-cöGai.  Man  wüi'de  nun,  glaube  ich,  völlig  irre  gehen, 
wollte  man  aus  dieser  bunten  Phraseologie  auf  Kompetenzverschiedenheiten 
schliefsen;  es  scheint  sich  mir  hier  immer  um  dieselbe  Behöi'de  zu  handeln. 
Man  kann  zwar  vielleicht  für  die  ptolemäische  Zeit  einen  Gegensatz  von 
ayoQavo(i£iov  und  yqacpüov  annehmen,  aber  füi*  die  Kaiserzeit  habe  ich 
schon  früher  (Hermes  30,  597)  es  für  vermutlich  angesehen,  dafs  das 
yqacpEiov  dem  äyoqavoiiHov  ein-  oder  untergeordnet  war^)  und  bin  jetzt 
inamer  mehr  der  Überzeugung,  dafs  das  yQacpsiov  mit  dem  ayoqavo^uov 
zwar  nicht  identisch,  wohl  aber  das  für  die  Urkundenaufnahme  bestimmte 
Spezialbureau  des  letzteren  war,  wobei  dem  Hauptamt  als  Ganzen  noch 
andere  Funktionen  obgelegen  haben  können.  Hierbei  wird  höchstens  das 
eine  zu  betonen  sein,  dafs  Agoranoraen  nur  in  den  Hauptorten  des  Bezirks 
genannt  werden,  während  vom  yqacpEiov^)  sowohl  in  diesen  als  auch  in  den 
Dörfern  die  Rede  ist;  das  ex-klärt  sich  leicht  bei  der  Annahme,  dafs  die 
Agoranomie  das  umfassendere  Amt  ist,  das  sowohl  in  den  Städten  Spezial- 
bureaus  als  auf  dem  Lande  Exposituren  besitzt.  —  Nichts  anderes  als  das 
yQucpsiov  ist  aber  auch  das  fxvr]jxovsiov.  Das  läfst  sich  ganz  deutlich  zeigen 
aus   dem  Vergleich  von   P.  Lond.  II  299,   wo    eine   Eingabe   an  die  ßißXto- 


1)  Dagegen  möchte  ich  nicht  mit  Wilcken,  Ostraka  2,  484  auch  F.  Oxy. 
1,  100  hieherstellen.  Denn  das  ist  kein  Kauf,  sondern  die  den  Agoranomen  er- 
stattete Anzeige  von  einem  solchen;  wenn  der  Deklarant  dabei  sagt,  dafs  die 
roTto&SGia  der  verkauften  Grandstücke  Sta  tiig  v.arayQacpfjg  SsSrjlarai ,  so  ist  hier 
v.atayQucp'q  nicht  der  Kataster,  der  m.  W.  nie  so  heifst,  sondern  der  Originalkauf- 
kontrakt. 

2)  Dies  übersehen  Grenfell-Hunt  2,  181,  wenn  sie  meinen,  dafs  ich  hier  einen 
scharfen  Gegensatz  konstatiere;  für  die  Kaiser  zeit  habe  ich  dies  nie  gethan. 

3)  BGLJ  379  ein  yQucptiov  im  Dorf  Karanis. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxjrhynchos  191 

cpvXwKsg  gerichtet  wird:  8lo  imöidajXL  orrag  eTCiGzaXfj  tc5  ^vtj^ovi  a>g  Ka&riKEi, 
welcher  ganz  genau  entspricht  BGU  379:  6lo  TtQoOayytkXofiev  uTiag 
i%i6xeih]xs  tc5  t6  yQacpstov  KagavCöog  GvyiQrj^ari'^eiv  rjfiiv  wj  KCid'i]Kei. 
rqucpsiov  und  fivrjjxovstov  sind  hier  ganz  parallel  gestellt.  Anderseits  ist 
das  fivrjfiovsiov  verwaltet  von  den  Agoranomen;  es  heifst  z.  B.  BGU  177: 
o^oXoyo)  nSTtQaKEvai  vno  FccXeqIov  rov  2(aTOV  r&t  ayoQavofiiot  ovxi  6e  xal 
^vrjfiovi.  Da  nun  der  ayoQavofiog  auch  ^vt^ficov  ist  und  das  fivrjfiovciov  die- 
selben Funktionen  versieht  wie  das  yqacpsiov^  so  ergiebt  sich  wieder  der 
Beweis  dafür,  dafs  das  yQacpsiov  und  die  Agoranomie  voneinander  nicht  zu 
unterscheiden  sind.  Und  das  wird  auch  bestätigt  durch  einen  Papyrus  aus 
Oxyrhynchos,  wovon  Grenfell  -  Hunt  nur  einen  Auszug  mitteilen:  EaQanCav 
6  6vi>  &icovi  {jißUocpvXv'E,  äyoqavo^OLg  ^rjtQonöhcog  '/^aLQStv.  "Eyei  ^A'/^iXläg 
iv  anoyQacpTi  rag  aqovQag  f^,  ^i6  iTiitsXeirs  iog  y.a&rizei',  denn  hier  erhält 
der  Agoranome  von  den  ßLßXiocpvXanEg  genau  densell)en  Auftrag  zu  einer 
Bucheintragung  wie  in  BU  o79  das  yQUfpstov. 

Es  läfst  sich  demnach  sagen,  dafs  eine  Kompetenzverschiedenheit  hier 
nirgends  nachgewiesen  werden  kann.  Ich  nehme  nur  eine  Nuance  zwischen 
dem  Agoranomen  und  den  beiden  anderen  Ämtern  an:  wenn  der  Agoranomos 
genannt  wird  „(öv  y.cd  jwi'iyfiov"  (BGU  177),  so  scheint  das  nur  eine  seiner 
Funktionen  zu  sein,  und  das  ist,  wie  ich  sagte,  die  vermutliche  Einordnung 
des  (ivy^^ovHov  und  y^acpsiov  in  die  höhere  Behörde  des  ayoQavofisiov ,  der 
auch  noch  andere  Funktionen  zukommen  als  die  Ui'kundenverwaltung. 
Daraus  ergiebt  sich  weiter,  dafs  es  kamn  mehr  als  Tautologie  ist,  wenn 
Ox.  Pap.  2,  238  von  den  ^erecoQOi  oIkovo^lch,  k'v  xs  xm  ayogavo^iicoL  y.al 
fivirjfiovsitoi  Kai  yQatpioai  spricht.  Da  es  sich  dort  um  einen  amtlichen  Erlafs 
handelt,  so  ist  es  möglich,  dafs  der  Beamte  die  verschiedenen  Titulaturen, 
welche  die  lokalen  Bücher  führten,  nebeneinander  aufzählen  zu  müssen 
glaubte,  um  in  allen  Teilen  seines  Bezirkes  richtig  verstanden  zu  werden. 
Freilich  ist  uns  derzeit  kein  sicheres  Beispiel  übei-liefert,  dafs  in  Oxyi-hynchos, 
woher  unser  Papyrus  ja  stammt,  die  Bezeichnung  ygacpsiov  für  das  Buch 
üblich  gewesen  wäre-^),  vielmelu*  ist  sie  nur  in  Faijüm  üblich;  aber  es  ist 
auch  sehr  gut  möglich,  dafs  unser  Erlafs  entweder  direkt  vom  Präfekten 
stammt,  der  eben  für  Faijüm  ebenso  sprechen  mufs  wie  für  Oxyrhynchos, 
oder,  was  noch  wahrscheinlicher  ist,  dafs  der  Strateg  von  Oxyrhynchos  einen 
Erlafs  des  Statthalters,  der  in  dieser  Weise  spricht,  wörtlich  ausschreibt, 
indem  er ,  ihn  auf  seinen  Bezirk  anwendet.  ^) 

Aufserdem  ist  noch  mehrmals  von  ccQirj  und  ccq^slov  die  Rede,  z.  B. 
BGU  50,  86;  251,  252;  P.  Grenfell  1,  21  und  26  u.  f.  Wie  ich  glaube,  ist 
auch  dieses  Amt,  welches  (Grenfell-Hunt  a.  a.  0.  1,  21)  dem  Agoranomen 
untersteht,  mit  den  früher  genannten  identisch.    Und  so  stehe  ich  nicht  an, 


1)  In  P.  Oxy.  1,  44,  23  ist  ygcccpslov  wahrscheinlich  die  Bezeichnung  einer 
Schreibgebühr. 

2)  Nur  ein  Bedenken  bleibt  bei  der  Gleichstellung  der  obigen  Termini 
zurück,  nämlich  dafs  es  in  BGU  50  heifst:  TtaQh^co  rr]v  ßtßXto&rjyiriv  ^la&ccQav  xa/, 
TU  aXXcc  aQ%ia  (Plural!)  avxöQ'tv.  Hier  sind  doch  neben  der  Bibliothek  mehrere 
Archive  ins  Auge  gefafst.  Doch  ist  es  möglich,  dafs  agista  hier  als  Plurale  tantimi 
für  &Q-j^üov  gebraucht  ist.  In  CPR  1,  22.3  lin.  20:  [;/,?)]  fjXXoxQtcou.tva  Sicc  ftTjd'frog 
&QXtiov  kann  die  Mehrzahl  so  zu  erklären  sein,  dafs  an  die  Bibliothek  mitge- 
dacht ist. 


192  II'  Referate  und  Besprechungen 

auch  das   im  Edikt   von  127  (P.  Oxy.  1,  34)    genannte  Navaiov  hierherzu- 
stellen, wie  ich  bereits  früher   ausgeführt  habe. 

Schliefslich  werden  noch  6vvaXkay^axoyqa(fOL  erwähnt  im  Edikt  des 
Mettius  Rufus  P.  Oxy.  2,  237  col.  8  liu.  36:  naquyyiXloi  öe  rotg  GvvaXlay^a- 
xoyQccq)OLq  Kai  toTg  (ivrjfioöi  [irjÖEv  Sija  IniGräX^axog  xov  ßißXiocpvXaniov 
xeXeLojßai..  Auch  diese  sind  nichts  Besonderes,  die  Unterscheidung  von  den 
fiU'/jfiovEg  ist  sicher  höchstens  eine  funktionelle.  Bedenkt  man  nämlich,  dafs 
die  Geschäftsurkunden,  welche  den  Veränderungen  im  Urkundenbuch  zu 
Grunde  lagen,  wie  Käufe,  Schenkungen,  Vergleiche  u.  s.  f.,  eben  auch  fast 
immer  instrumenta  publica  waren,  so  sind  GvvaXXayfiaxoyQacpoi  jene  Offiziale, 
welche  die  notarielle  Funktion  der  Urkundenvei-fassung  vollzogen;  im  Gegen- 
satz zu  jenen,  welche  die  Urkunden  sammelten  und  so  das  Urkundenbuch 
selbst  anlegten  und  führten.  Aber  auch  die  ersteren  gehören  zu  dem 
gleichen  Amt;  wenn  sie  unterschieden  werden,  so  ist  es  nur  ein  anderes 
Schreibpult,  an  dem  sie  funktionieren.  Oft  aber  werden  sie  gar  nicht 
unterschieden;  so  spricht  z.  B.  P.  Oxy.  2,  270  lin.  12  und  14  von  b^oXoyCai 
öia  xov  (ivtj(iov£Lov,  wo  die  iivi^jAOvsg  als  Urkundenverfasser,  nicht  als  Buch- 
führer erscheinen. 

Ganz  dunkel  bleibt  uns  nur  das  yMxaXoyetotK  Dieses  —  nicht  zu  ver- 
wechseln mit  dem  Kaxidoxiöfiog  —  kommt  auch  wohl  vor  in  der  Verbindung 
icprjfxsQlg  xov  KaxaXoyslov  P.  Oxy.  2,  271  lin.  8  und  12:  aaxa  övy^a^tiaiv 
xrjv  xsXsifo&SLöav  öta  xrjg  £(pi]fiEQiöog  xov  ■KataXoysiov.  Sonst  wird  es  noch 
genannt  in  P.  Oxy.  1,  68,  5;  73,  34  und  vor  allem  1,  34  col.  1  lin.  7. 
Einmal  koimnt  die  icpijixe^ig  allein  vor  in  2,  268,  10:  Kaxa  GvyywQviöiv  xrjv 
teXs  ta&ELötxv  Siu  xov  KaxaXoyEiov.  Offenbar  ist  auch  das  nccxaXoyEiov  ein 
Archiv  und  die  i(pr]^£QLg  das  zugehörige  Journal,  wo  die  Urkunden  legali- 
siei-t  werden;  ob  hier  dasselbe  Amt  vorliegt  wie  das  ayoQavonEiov,  yqacpEiov, 
^ivt]^ovEiov  ist  nicht  ersichtlich^),  aber  inmierhin  möglich.  Wir  hätten  dann 
für  dieselbe   Sache  schon  den  fünften  Namen. 

II.  Der  Hergang  bei  der  Grundübertragung  ist,  wie  bereits  wiederholt 
bemerkt  wm-de,  der,  dafs  zunächst  ein  Gesuch  bei  der  ßißXu)d-{]%ti  iyKxijGECüv 
eingereicht  werden  mufs^),  welche  den  Vollzug  den  untergeordneten  Urkunds- 
ämtern  aufträgt.  ^) 


1)  In  Hennes  34,  96, 1  habe  ich  dies  angenommen.  Man  könnte  auch  daran 
denken,  dafs  bei  der  ßißXiod-^xr]  iyKrijatcov  Urkunden  aufgenommen  worden  seien; 
sehr  wahrscheinlich  ist  mir  das  nicht. 

2)  Auszugehen  scheint  das  Gesuch  fast  immer  vom  VeräuTserer,  der  auch 
allein  legitimiert  ist,  über  das  Objekt  zu  verfügen.  In  BGU  243  spricht  wohl  der 
Erwerber,  hier  ist  aber  auch  ein  anomaler  Fall  gegeben  (s.  unten  S.  19(3).  —  In 
P.  Oxy.  2,  273  lin.  20  f.  heifst  es:  die  Erwerberin  solle  sich  das  Land  zuschreiben 
diLrfen,  ohne  die  Unterschi'ift  der  Veräul'serin  zu  bedürfen ;  also  eine  'Aufsandungs- 
urkunde'.  Ebenso  P.  Oxy.  373,  20  (zit.  bei  Grenfell-Hunt  zu  273).  Indessen  liegt 
hier  der  Fall  anders;  es  handelt  sich  um  Katökenland.  Bei  den  gewöhnlichen 
Grundstücken  wird  die  Anzeige  schon  vor  der  Errichtung  des  Kontrakts  erstattet; 
der  Kontrakt  macht  sie  nur  perfekt.  Auch  in  CPR  1,10  lin.  11,  wo  im  vorhinein 
die  Zustimmung  des  Veräufserers  zur  ärnipatäaig  gegeben  wird,  steht  Katökenland 
in  Frage.  Wie  übrigens  jene  einseitige  Überschreibung  durchzuführen  war,  wissen 
wir  nicht. 

3)  In  diesem  Auftrag  pflegt  dann  hervorgehoben  zu  werden,  dafs  [resp.  obj 
das  Grundstück  frei  sei  von  dinglichen  Belastungen;  so  wird  dem  Urkuudsver- 
wahrer  vom  Dürfe  Kc<(}avig  geschrieben:  xu&'  ijp  ntTtvir\vrcci.    TttQi  tö  tqUop  fttpo^ 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  ans  Oxyrhynchos  193 

Das  miifs  man  sich,  wie  bereits  gesagt  wurde,  so  vorstellen,  dafs  die 
Untei'ämter  (yQacpsiov,  iivtifxovsiov  u.  s.  f.)  überhaupt  jede  Mitwirkung  zu 
einem  auf  Grundübertragungen  gerichteten  Rechtsgeschäft  zu  verweigern 
hatten,  so  lange  sie  nicht  dazu  angewiesen  waren.  Mit  anderen  Worten 
es  durfte  vorher  Kauf,  Schenkung,  Verpfändung  u.  s.  w.  von  Grundstücken 
nicht  legalisiert,  d.  h.  nicht  notariell  beurkundet  werden.  In  der  That 
bitten  die  Parteien  die  ßißliocpvXuY.Eg ^  sie  mögen  z.  B.  dem  yqacpHov  das 
GvyxQri^iccxlt^iv  auftragen,  d.  h.  die  Mitwirkung  bei  der  Urkundsausfei-ti- 
gung.  Laut  P.  Oxy.  1,  34  col.  2  lin.  7  soll  das  Navatov  keine  oiKOvofiLa, 
d.  h.  keine  rechtsgeschäftliche  Verfügung  herbeiführen  ohne  Ordre.  So  zeigt 
denn  auch  PER.  1436  jemand  an:  ßovXofiai  it,oi.%ovoix^6ai  rjv  yriv 
aTtEyqi^ccipüiDiv)^  ich  beabsichtige  zu  verkaufen  und  BGU  112  lin.  23  heifst 
es:  oxL  d'  av  rovvcov  (die  deklarierten  Grundstücke  einer  ccTCoyQag)!])  i'^OL- 
KovofirjGo)  .  .  .  TtQOTBQOv  TtQOöccyyslw  wg  inslevöd"!],  ich  werde  den  etwaigen 
Verkauf  meiner  Grundstücke  vorher  anzeigen  wie  befohlen  ist. 

Damit  hängt  ein  merkwüi-diges  Stück  zusammen,  das  uns  in  P.  Oxy. 
2,  238,  leider  unvollkommen,  erhalten  ist. 

Tovg   h'ypvrag    (.iszEcoQovg    oiaovoiiiag    ev  re  r&v  a,yoQai'Of.u(i>i  Kai  (.iv)ii.io- 
vEtfoi   Kai  yQdtpUoi   SV   rcot    8u'ky]kvQ'6xi   xbxuqxiol   k'xsi   AvxoKQccxoQog  KaiGaQog 
OvsGJtaßiavov  2sßaGxov  7tQ0GeQ')(^eG&(xi,  xoig  ayoqcivö^oLg  Kcd  xe{X£iovv)  xavxcig 
Evxbg  .  .  ?  .  .    xov    EvEGTG)t[og)    ^rjvbg   SsßaGxov    ......   y.al   ocpEilovxag    .  .  ?  .  . 

(pEQELV    ......    \i{cixaXo\iLG^(bv    «[.  ..'{..  ]    xat    tvv.vy.li    .  .  ?  .    ftara    EXi    xca 

vv\y   .  .  .  .]   (pEQELV  ^   OTi  xotg  £>:[....? 

Wer  der  Sprecher  ist,  wissen  wir  nicht;  offenbar  eine  Amtsperson. 
Dieselbe  konstatiert,  dafs  im  ccyoQavoixEtov  —  yQaq)Eiov  —  ^vrjfxovEtov  noch 
liEXEcoQot  olKovo^iai,  liegen,  welche  nach  ihrem  Befehl  binnen  einer  be- 
stiimiiten  Frist  vollzogen  (xeXelovv)  werden  sollen.  Mexecoqoi  ohovo^tai  können 
jedenfalls  nur  schwebende,  d.  h.  unvollendete,  imperfekte  Veräufserungen 
sein,  also  Provisorien,  bezüglich  deren  der  Ordnung  halber  die  Herbeiführung 
des  Definitivums  zu  verlangen  ist.  Als  Präjudiz  mufs  man  sich  wohl 
denken,  dafs  die  Versäumung  der  Präklusivfrist  die  betreffenden  Ver- 
äufserungen hinfällig  werden  liefs. 

Das  klingt  rätselhaft  und  die  Herausgeber  der  Papyrus  haben  die 
Schvsderigkeit  richtig  gefühlt.  Dennoch  läfst  sich  für  die  Sache  eine,  wie 
ich  glaube,  ganz  einleuchtende  Erklärung  finden. 

Man  mufs  davon  ausgehen,  dafs  der  Ausdruck  (isxicoQog  ohovo^iia 
durchaus  nicht  zu  der  Annahme  zwingt,  als  ob  hier  überhaupt  schon  eine 
Kontraktsurkunde  errichtet  worden  sei,  deren  Wirkung  noch  irgendwie  sus- 
pendiert ist.  Wollte  man  das  annehmen,  so  wäre  kamn  zu  begreifen,  woher 
so  viele  suspendierte  Kontraktsurkunden  kämen.  Es  ist  vielmehr  die  Sache 
so  zu  verstehen,  dafs  die  Pai-teien  der  ßißXio&i]m]  blofs  den  bevorstehenden  Kauf 
angezeigt  hatten,  aber  mit  dem  Vollzug  beim  yQaq)£tov  nachträglich  säumten.^) 

T^g  Tov  kX'^qov  Kpot'pT]?  (ii&g  rijs  vn'  ov&8vbg  KQaroviiivrig  ysvEiß&co  (Hunt)  (hg  kch- 
&ii]KSi.  War  eine  Belastung  gegeben,  so  mufste  sie  oifenbar  dem  Erwerber  be- 
kanntgegeben werden;  und  jeder  Vollzug  mufs  ausgeschlossen  gewesen  sein,  wenn 
die  Bibliothek  den  Veräufserer  nicht  als  Eigentümer  auswies.  So  war  das  ygcc- 
cpslov  an  die  Weisungen  der  Bibliothek  gebunden. 

1)  Darum  haben  die  ^stbcoqol  oixovo^iai  nichts  zu  thun,  wie  Grenfell-Himt 
meinen  (p.  183),  mit  dem  Umstand,  dafs  in  manchen  uns  erhaltenen  Urkunden 
das  Datum  entweder  unausgefüllt  oder  von  späterer  Hand  ausgefüllt  ist. 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  1.  13 


194  n.  Referate  und  Besijrecliungen 

Ein  sehr  naheliegender  und  praktischer  Anlafs  zu  einer  solchen  Säumnis 
konnte  es  insbesondere  sein,  dafs  die  Kaufs-  und  Urkundsteuer  nicht  recht- 
zeitig gezahlt  werden  konnte.  Über  das  Nähere  sind  wir  allerdings  nicht 
genügend  unterrichtet,  insofern  wir  nicht  wissen,  ob  der  Vollzug  der  Über- 
tragung durch  den  Erlag  der  Steuer  bedingt  war.  Doch  scheint  mii-  dies 
naheliegend  nach  drei  Urkunden  aus  Oxyrhynchos,  Grenfell-Hunt  2,  241 — 243; 
ich  nehme  Nr.  242  heraus: 

lin.    1.    [^KXavdiog  Avtcovelvog  roü  ayoQavofico  ^aLQeiv.^ 
2.    l^AvccyQuijJov  wvrjv  .... 

lin.  30     KXavöiog  ^Avxovlvog  1Q'Y^lla.XL6ov^^ 

lin.  31  folgt  die  Bestätigung  eines  Trapeziten  über  die  bezahlte  Kauf- 
steuer {i.ynvnliov). 

Klaudios  Antoneinos  wird  hier  der  Pächter  des  eynvxXtov,  d.  h.  der 
Verkaufssteuer,  sein,  dem  die  Kontrahenten  den  Kauf  angemeldet  hatten. 
Derselbe  weist  den  Agoranomos  an,  die  Urkunde  zu  legalisieren  (jQ^^axiGov), 
wobei  es  anscheinend  Condicio  juris  ist,  dafs  die  Steuer  bezahlt  ist,  weshalb 
die  Parteien  am  unteren  Rande  die  Bestätigung  der  Steuerkasse  eingeholt 
haben.  ^) 

Es  ist  übrigens  ganz  gleichgültig,  ob  diese  Bestätigung  schon  vor 
Vollzug  des  Notariatsaktes  erfordert  wurde  oder  nicht;  denn  jedenfalls 
mufsten  Parteien,  welche  nicht  alsbald  in  der  Lage  waren,  die  Steuer  ein- 
zuzahlen, auf  die  Aufnalmae  des  Akts  auch  dann  verzichten,  wenn  die  vor- 
herige Steuerzahlung  nicht  Bedingung  dafür  war,  weil  sie  sonst  sich  der 
Steuerexekution  ausgesetzt  hätten.  Anderseits  wird  man  keinesfalls  an- 
nehmen dürfen,  dafs  vor  gezahlter  Steuer  der  Vollzugsauftrag  von  der 
ßißho&i^yi'ri  iynrrjöEcov  an  das  yQacpstov  überhaupt  nicht  vorliegen  konnte. 
In  den  Gesuchen  an  die  Bibliothek  ist  überhaupt  von  der  Steuer  noch  gar 
nicht  die  Rede;  natürlich,  denn  die  Bibliothek  kümmert  sich  ja  gar  nicht 
um  den  wirklichen  Abschlufs  des  Geschäfts,  sondern  erteilt  nur  die  vor- 
gängige Bestätigung,  dafs  derselbe  nach  der  Aktenlage  möglich  ist.  Die 
Bezahlung  der  Gebühr  zu  überwachen  oblag  dem  yQaq)Blov.  Anderseits  aber 
mufs  die  Bibliothek  es  in  Vormerkung  gehalten  haben,  dafs  eine  Veräufseruug 
schwebte;  denn  wenn  sie  vollzogen  wurde,  mufste  ein  Bericht  des  yqafpuov 
eintreffen  und  danach  auch  ihr  eigener  Buchstand  rektifiziert  werden.  Trat 
der  Bericht  nicht  ein,  so  mufste  darüber  Aufkläi'ung  verlangt  werden;  in 
der  Zwischenzeit  konnte  sie  weitere  Verfügungen  des  Veräufserers  nicht 
mehr  zulassen,  denn  es  wäre  diesem  ja  sonst  möglich  gewesen,  dasselbe 
Objekt  zu  wiederholten  Malen  immer  an  verschiedene  Personen  unter  Autorität 
des  Katasters  zu  veräufsei-n. 


1)  Andererseits  finde  ich  in  den  Pap.  ER  Bemerkungen,  welche  die  Ver- 
mutung nahelegen,  dafs  auch  eine  nachträgliche  Zahlung  der  Steuer  möglich  war. 
So  heilst  es  CPR  1,  Nr.  6,  21;  Nr.  15G,  t)  ö  dt  '■/^QrniccxiGnbg  irtXtiw&i]  nLvSvva  avrcav 
TtQCitoTtQa'^iccg  ovaris  xä>  drjiLoalo);  der  ^ivövvog  scheint  in  der  Haftung  für  die  Ver- 
kaufsteuer zu  bestehen  —  wenn  nicht  an  rückständige  Grundsteuer  zu  denken 
ist.  —  Dafs  in  den  massenhaft  vorliegenden  Kaufverträgen  die  Bestätigung  über 
die  gezahlte  Steuer  regelmäfsig  fehlt,  hat  mit  unserer  Frage  nichts  zu  thun,  weil 
diese  Bestätigung  nicht  gerade  auf  die  Kontraktsurkunde  geschrieben  worden  sein 
wird,  imd  übrigens  unsere  Kaufverträge  oft  nicht  einmal  das  Original  derselben 
sind,  sondern  Kopien  (avxiyqcccpcc). 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsiirkunden  aus  Oxyrhynchos  195 

Ii'gend  einmal  aber  luuJste  dieser  Zustand  ein  Ende  nehmen;  denn 
keine  Behörde  der  Welt  lälst  sich  darauf  ein,  jahrelang  un vollzogene  Auf- 
träge in  Evidenz  zu  halten.  Das  yQa(p£iov  mul'ste,  wenn  die  Parteien  nicht 
innerhalb  angemessener  Frist  die  Steuer  zahlten  und  sonach  Vollzug  des 
Kontraktes  verlangten,  den  Auftrag  der  Bibliothek  „zui-ücklegen" ;  und 
auch  die  Bibliothek,  wollte  sie  irgendwie  auf  dem  Laufenden  sein,  muTste 
wissen,  ob  das   Eigentum  gewechselt  habe  oder  nicht. 

So  sind  denn  die  (.isxäcoQOi  ohovo^ilai  eigentlich  eine  ganz  selbst- 
verständliche Sache.  Im  Grunde  genommen  war  jede  Veräufserung ,  sobald 
sie  von  den  ßißhocpvXansg  bewilligt  war,  im  Sinne  dieses  Amts  fiericoQog  so 
lange,  bis  der  Bericht  des  yQacpEiov  eintraf.  Nur  wird  dieser  Zustand  in 
der  Regel  nicht  lange  gedauert  haben;  erst  wenn  dieser  Fall  eintrat,  mufsten 
die  ßißhocpvXiXKeg  zur  Finalisierung  der  Angelegenheit  mahnen.  Allerdings 
konnten  sie  die  Parteien  nicht  zur  Steuerzahlung  verhalten;  denn  diese  konnten 
ja  noch  jederzeit  vom  Vertrag  zurücktreten.  Wohl  aber  mögen  sie  ihnen 
Präklusivfristen  gesetzt  haben,  deren  Versäumnis  bewirkte,  dafs  die  ei-teilte 
Verkaufserlaubnis  als  erloschen  galt. 

Ich  habe  im  Bisherigen  vorausgesetzt,  dafs  die  von  den  ßißXiocpvXccusg 
gerügte  Verzögerung  der  Kontraktserrichtung  hauptsächlich  in  der  Schwierig- 
keit der  Steuerzahlung  ihren  Grund  hatte.  Natüi-lich  konnte  dieser  unter 
Umständen  auch  ein  anderer  sein,  etwa  dafs  die  Parteien  nachträglich  doch 
nicht  recht  handelseins  wurden.  Aber  im  Fall  unserer  Urkunde  scheint 
mir  doch  vorwiegend  an  die  Steuer  gedacht  werden  zu  müssen;  es  ist  be- 
merkenswert, dafs  in  lin.  16  noch  die  Reste  des  Wortes  EyKVKXii^ov) 
zu  erkennen  sind;  davon  mufs  hier  irgendwie  die  Rede  gewesen  sein. 

Aus  allen  diesen  Ausiühi-ungen  ergiebt  sich  nun  aber  noch  eine  That- 
sache,  welche  für  den  Rechtshistoriker  von  Interesse  ist.  Nämlich  die,  dafs 
die  Anmeldung  der  beabsichtigten  Eintragungen  bei  der  Bibliothek  schon 
eine  provisorische  Wü-kung  zu  Gunsten  des  künftigen  Erwerbers  hat ;  sie 
wirkt  ähnlich  wie  heute  eine  bücherliche  „Vormerkung''. 

Ich  habe  oben  bemerkt  (S.  194),  dafs,  wenn  eine  bevorstehende  Über- 
tragung (oder  Pfandbestellung  u.  s.  w.)  bei  den  ßißXioq)vXc(Ksg  angezeigt  war, 
diese  eine  zweite  entgegenstehende  Verfügung  nicht  Ijewilligt  haben  können. 
Das  ist  eigentlich  selbstverständlich  und  wüi'de  auch  ohne  jeden  Nachweis 
aus  der  Natur  der  Sache  zu  folgern  sein;  denn  unmöglich  konnte  das  Amt 
sich  dazu  hergeben,  dafs  unter  seiner  Ägide  z.  B.  zwei-,  dx-eimal  hinter- 
einander an  verschiedene  Personen  verkauft  wurde.  Der  erste  Käufer  mufs 
hier  die  anderen  ausgeschlossen  haben. ^)  Ebenso  mufs  eine,  wenn  auch 
blofs  angemeldete  Verpfändung  einem  nachfolgenden  Käufer  gegenüber  ge- 
wahrt worden   sein.     Deutlich   sehen  wir   das  aber  auch  aus  den  Urkunden 


1)  Doch  ist  die  Wii-kmig  dieser  Vormerkung  nach  dem  oben  S.  184  Anna.  1  Ge- 
sagten nm"  eine  beschränkte;  es  wird  ausgeschlossen,  dafs  ein  anderer  Käufer  das 
Grundstück  jetzt  noch  dem  vorgemerkten  vorwegnimmt,  denn  keinesfalls  konnte, 
auch  nach  streng  römischem  Recht,  der  als  bona  fide  emtor  angesehen  werden,  der 
Grund  kaufte,  ohne  die  katastrale  Vormerkung  Dritter  einzusehen,  welche  sicher 
als  quasi  traditio  angesehen  wurde.  Dagegen  wirkt  die  Vormerkung  nicht  auch 
gegen  Dritte,  welche  das  Grundstück  aufserbücherlich  erworben  hatten,  ehe  sie 
eingetragen  war;  denn  ein  Publizitätsprinzip  in  dem  Sinne,  dafs  der  aufserbücher- 
liche  Erwerb  überhaupt  nicht  als  vorhanden  galt,  können  wir  derzeit  noch  nicht 
annehmen. 

13* 


196  II-   Referate  und  Besprechungen 

selbst,  wenn  die  ßißXiocpvXaKeg  z.  B.  bemerken,  das  zu  verkaufende  Grund- 
stück sei  i'Tt'  ovÖEvog  KQarovi.ievov^  diese  Bemerkung  mufs  auch  durch  eine 
blofs  vorläufig  angezeigte  Hypothekierung  ebenso  wie  durch  eine  schon  per- 
fizierte  ausgeschlossen  gewesen  sein.  Und  wie  ich  oben  sagte,  das  Bestreben, 
das  in  P.  Oxy.  238  hervortritt,  das  Kataster  frei  zu  halten  von  fisriaQoi. 
OLnovofilat.  zeigt  selbst  schon,  dafs  diese  vorderhand  in  Evidenz  gehalten 
wurden. 

So  hat  das  hochentwickelte  System  des  Katasters  zu  einer  dem  modernen 
Grundbuchverkehr  sich  annähernden-^)  Sicherheit  geführt. 

Ich  kann  nicht  umhin,  hier  noch  zwei  mir  schon  längst  interessante, 
aber  durch  das  jetzige  Material  neu  beleuchtete  Stücke  anzufühi'en,  welche, 
wenngleich  unter  etwas  anderen  Prämissen,  doch  die  Thatsache  bestätigen, 
dafs  der  Wert  der  Vormerkung  dinglicher  Rechte  schon  jener  Zeit  be- 
kannt war. 

BUG  243  (vgl.  Hermes  30,  604)  ist  ein  im  Anfang  leider  zerstörtes 
Stück,  offenbar  gerichtet  an  die  ßi,ßXiog)vkaKEg.  Jemand  hat  einen  Haus- 
anteil erworben,  der  übrigens  zum  Kataster  noch  nicht  einbekannt  ist.  Er 
bittet  nun  (nach  Ergänzung  von  Wilcken): 

dio  eTtLÖLÖa^i  eig  xo  ty^v  TtuQccd'eöiv  ysvBGd'at  ccKoXov&cog  (o  7tQos8i]X[coKa^ 
avn.yQl^Dccpfo]  rov  2Qr}fiart6ixov'  bnoxav  yccQ  xT^v  anoyqacpriv  avxov  noioy^ca^ 
ccTtoösC^co  cog  vnaQyjBt  zai  l6vL  aa&aQov  (A,r}6evl  KQaxovjievov.  El  6s  cpaveCtj 
elvat  KVQiov  xb  itQOKaxeö'/^rjuivov  )}  n^OTtaqansi^uvov  6t.a  xov  %(oX{vsiv^  TtQO 
tilg   TtaQaO'eöEag    Kai   xü    (roi)?)    k'ßsG&at   i[A,7t6öi,ou  sk   xtjöös  xTjg  TtaQaO'iöscog. 

Die  Eingabe  weist  auf  eine  schon  bestehende  Erwerbsurkunde  zu 
Gunsten  des  Gesuchstellers  hin:  ccnoXov&cog  a  TtQoedrjXi^coKa)  uviiyglacpa)]  xov 
'IQYi^axiG^ov.  Also  war,  wenn  diese  z.  B.  einen  Kauf  enthielt,  schon  vor 
der  Eingabe  gekauft.  Das  entspricht  sicher  nicht  der  obigen  Regel,  wonach 
der  Verkauf  erst  erfolgen  soll  nach  der  Anzeige  bei  der  Bibliothek.  Aber 
die  Erklärung  ist  bei  der  Hand:  Das  Kaufobjekt  war  im  Kataster  noch  gar 
nicht  eingetragen,  was  sich  leicht  erklärt  bei  einem  Haus,  das  vielleicht 
seit  der  letzten  Katasterrevision  (s.  oben  S.  187)  gebaut  worden  ist.  Nun 
könnte  man  wohl  daran  denken,  es  wäre  Sache  des  Gesuchstellers  gewesen, 
zunächst  eine  individuelle  Rektifizierung  des  Katasters  herbeizuführen.  Aber 
es  mag  wohl  sein,  dafs  man  das  hierzu  notwendige  Verfahren,  welches 
jedenfalls  eine  Ediktalladung  der  unbekannten  Interessenten  involviert  hätte, 
nicht  kannte,  sondern  nur  generelle  Revisionen  vornahm;  wenigstens  steht 
der  Gesuchsteller  auf  dem  Standpunkt,  auf  die  allgemeine  ccTtoyQaipri  warten 
zu  müssen  \^6n6xav  yccQ  xvju  aTtoyQacprjv  Ttoctöfiai.]^.  Mittlerweile  aber  bittet 
er  doch  um  eine  TtaQa&sötg,  d.  h.   Registrierung  seiner  Rechte. 

Diese  kann  nun  allerdings  nicht  den  Inhalt  haben,  den  sie  sonst  hat, 
nämlich  dafs  die  Bibliothek  den  bücherlichen  Besitzstand  „lustriert"  und  das 
Resultat  dem  y^acpiiov  mitteilt.  Überhaupt  kann  nichts  „überschrieben" 
werden,  wo  noch  nichts  eingeschrieben  ist.  Wenn  dennoch  eine  TtaQcc&eCig, 
d.  h.  eine  Registrierung  erfolgen  soll,  kann  sie  nur  den  Zweck  haben,  dafs 
die  Rechte  des  gegenwärtigen  Erwerbers  „vorgemerkt"  werden,  so  dafs 
spätere  Erwerber  ihm  nachstehen  sollen. 

Wir  finden  am  Schlufs  dieses  Gesuchs  einen  ziemlich  verworrenen  Satz. 


1)  Über  die  Unterschiede  s.  vorige  Note  und  S.  184  Anm.  1. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsurkimdcn  aus  Oxyrhynchos  197 

So  wie  derselbe  dasteht,  hat  er  überhaupt  keinen  Sinn.  Dennoch  scheint 
die  Lesung  sicher  zu  sein.  Einen  Sinn  giebt  er,  wenn  wir  in  der  vorletzten 
Zeile  die  grammatisch  nirgends  anzuknüpfenden  Worte  TtQo  rfjg  Ttaoad^eaecag 
als  Gemination  aus  der  Schlufszeile  her  weglassen.     Dann  heifst  es: 

aTto6slt,(0   cjg   vitaq-jisi  y.cd   eGxi  y.ad'aqQV   ^rjöevl  HQccrov- 

l-uvou,  el  de  opuveit]  elvcci  kvqcov  t6  TtQOKateG'irji^iivov  rj  nQOTiccQa- 
KEi^svov  diä  rov  nalvetv  [del.  ttqo  tJjg  7ror^or'9'£()£(ag]  xai  eivca 
e^moöiov  i%  xrieds  xi]g  naQad^EöEMg. 

Es  ist  davon  ausgegangen,  dafs  das  Grundstück  frei  und  niemandem 
verpfändet  ist.  Die  Übersetzung  des  Weiteren  hängt  davon  ab,  was  man 
unter  dem  elvat  kvqiov  t6  TCQOKaxeGiri^iivov  ?}  TTQOTtaQaneifiEvov  versteht.  Man 
kann  übersetzen:  'Sollte  sich  aber  doch  ein  früheres  Pfandrecht  herausstellen, 
so  soll  diese  Verpfändung  oder  Eintragung  gültig  sein.'  Das  aber  stöfst 
auf  die  doppelte  Schwierigkeit,  einerseits  dafs  dann  das  Nachfolgende  ganz 
unverständlich  wird,  zweitens  dafs  der  Käufer  gar  kein  Interesse  hat,  einen 
Vorbehalt  zu  Gunsten  fremder  Rechte  zu  machen.  Darum  würde  ich  über- 
setzen: '^Sollte  sich  aber  doch  bei  der  nächsten  Apographe  ein  Pfandgläubiger 
melden  [der  sein  Pfandrecht  ja  erst  nach  meinem  Kauf  erworben  haben 
könnte,  weil  jetzt  keines  besteht],  so  soll  die  [d.  h.  meine  jetzige]  frühere 
Rechtserwerbung  oder  Eintragung  gültig  bleiben,  weil  sie  verbietet  und  ein 
Hindernis  [füi-  spätere  Verpfändung]  entsteht  aus  dieser  Registrierung.' 

Sollte  diese  Übersetzung  des  immerhin  schauderhaft  schlechten  Stückes 
das  Richtige  treffen,  so  haben  wir  einen  ganz  vernünftigen  Vorgang  vor 
uns.  Der  aufserbücherliche  Kauf  soll  bis  zur  späteren  Richtigstellung  der 
Bücher  vorgemerkt  werden  und  schon  jetzt  jede  weitere  aufserbücherliche 
Verfügung  über  dasselbe  Objekt  ausschliefsen.  ^) 

Ich  möchte  hier  gleich  einen  zweiten  Fall  der  „Pränotation"  (Vor- 
merkung) dinglicher  Rechte  namhaft  machen;  leider  auch  wieder  aus  einem 
ganz  defekten  Fragment.  In  dem  sonst  kaum  verständlichen  Papynis  CPR  1, 
104  lin.  17  fg.   liest  man: 

Kai  l'örort  fxoi  Kad-dQcc  ^iyßi  xov  T%  KVQOiGscog  iqovov  Y,cd 

lav  (pcdvy]xca  nvQOvv.     ^Jgccqiov  \J]  Kca  E\ciQC(itLccg  ^exa  kvqcov 

]ou   öiövfiov  iTtidel^dcoAa] 

Nach  dem  e7T.LÖe[ö(x)'Ka]  wohl  ein  Gesuch  an  die  Bibliothek,  vgl.  iTti- 
öiöcofii  in  BGU  243.  Isarion  verlangt,  das  Grundstück  mufs  ihr  „frei" 
bleiben  bis  zur  Eigentumserwerljung.  Näheres  wissen  wii-  nicht,  aber  klar 
ist  einerseits,  dafs  sie  aus  irgend  einem  Grunde  nicht  Eigentümerin  wird, 
anderseits  dafs  ihre  Rechte  vorgemerkt  werden  sollen. 

III.  War  die  Bewilligung  der  ß(,ßhoq)vXaKEg  zur  Umschreilning  der 
dinglichen  Rechte  erteilt,  so  kam  es  nun  zui*  definitiven  Errichtung  des 
Kontraktes  vor  dem  y^acpstov,  fxvrjfxovEtov  u.  s.  w.  Der  errichtete  Kontrakt 
wii'd  sofort  vom  yqatpEiov  in  das  Register   der  Kontrakte   eingetragen,   was 


1)  Ob  dieses  Begehren  ziilässig  war,  ist  eine  andere  Frage.  Man  könnte 
einwenden,  dafs,  wenn  das  Haus  im  Kataster  nicht  stand,  eine  Eintragung  bezüg- 
lich desselben  nicht  möglich  ist.  Aber  anderseits  mufs  doch  das  Areal  katastriert 
gewesen  sein;  wer  also  das  Areal  später  kaufen  wollte,  muTste  doch  die  Vor- 
merkung ersehen. 


5^98  n.    Referate  und  Besprechungen 

av<x'yQaq)Eiv  heifst,  und  dieses  wird  auch  auf  dem  Kontraktkörper   vermerkt, 

z.  B.    CPE.  T,   4    lin.   37  f.:    avxlyqacpov    yuQayfiaxog civay^EyQafx^ivov^ 

öicc  rov  ev  ^H^aKlsia  yqctcpdov.     Ahnlich  CPR  T,  1   lin.  38  (6  8iiva  rrjv)  ccyo- 

5 

Qccv^ofiiav)  öiaÖE^(^d^i£vog)  (tiETsy^"*^'^'"^'.  BGU  173  [FQafifia  )evg  rov  [xtoft-jjg 
SoKv)ona[ov  {N)rjGov  (yQC{)(piov.  Auf  den  beiden  letzten  Stücken  sowie 
CPR  1,  11  ist  noch  das  Amtssiegel  zu  erkennen;  Spuren  davon  sind  über- 
haupt öfter  erhalten,  und  dafs  die  sonstigen  Bestätigungsformeln  des  ygacpeiov 
ineistens  fehlen,  ist  wohl  zum  grofsen  Teil  auf  die  schlechte  Erhaltung  der 
Stücke  zurückzuführen. 

Aufserdem  sind  uns  in  Pap.  E.  R.  2030—2034  (bei  Wessely  Mitteil.  5, 
64  f.)  auch  Reste  der  avayQacpni  erhalten;  sie  stellen  kurze  Auszüge  aus 
den  Kontrakten  vor,  welche  eine  Ül3ersicht  gestatteten;  nebstbei  wurde  auch 
das  Original  in  einer  „Urkundensammlung"  hinterlegt. 

Das  Nähere  zeigt  P.  Oxy.  1,  34,  vgl.  meine  Abhandlung  Hermes  34, 
namentlich  S.  96;  danach  ist  zu  ersehen,  dafs  auch  der  ßißXio&iqKy]  eyurrjaEcov 
ein  Exemplar  des  Auszugs  und  eine  Abschrift  jedes  Kontraktes  abgeliefert 
werden  mufste. 

Auf  Grund  dessen  fertigte  nun  die  Bibliothek  die  diaGxQco^axa  an,  von 
denen  wir-  durch  das  Edikt  des  Mettius  Rufus  zum  erstenmal  ei-fahren,  P. 
Oxy.  2,  237  col.  8  lin.  38 

iav  ö'  slölv  iv  xrj  ßißXiod'rjKr]  x&v  aTtccvco  ^qovodv  aitoyqatpai^  ^zxa 

TtccGrjg  a.KQLßslag  cpvXaööEö&coGav ,  o^oltog  6s  nal  xcc  ÖLaöxQaiiaxa^  "v  ei'  xig 
yivoixo  ^rixiiGig  elg  vGxsqov  nsQi  x&v  fir}  öeovxag  ccTtoyQatjjaijLSvcov,  e^  £K£tv(ov 
ikEyj^&coGi.  ["Iv«]  ö'[o'i']v  ßlsß^aLCi  xe  xcd  slg  aixav  öia^ivri  x&v  öiuGXQa- 
liKXoov  rj  ;(^fj(j[£]tg  TtQog  xo  ^i]  ndliv  anoyqaoprig  datj-O'^i'af ,  KaQayyilX^o  xoig 
ß(^i)ßlLO(pvlciS,iv  diu  Ttsvxasxiag  ETtavavEovG&ai  xa  diuöXQCOjxaxa  iiexa(pEQO(ievrig 
elg  xa  KaivOTtoiovfiiva  xijg  xeXsvxaiag  ekccöxov  ovoficaog  vTtoGxccGEcog  Kccxa 
Koy^fjv  Kfd  Kccx    slöog. 

Wie  der  Name  besagt,  ist  öiaüxQo^a  eine  Übersicht;  aber  man  darf 
dieselbe  durchaus  nicht  für  einen  blofsen,  etwa  zu  manipulativen  Zwecken 
angelegten  Auszug  ansehen,  sondern  sie  ist  das  Katastralblatt  selbst,  insofern 
dasselbe  über  die  Rechtslage  des  Grundstücks  eine  XJbersicht  gewährt,  wobei 
natürlich  das  „Blatt"  nicht  im  physischen  Sinne  genommen  ist,  sondern  im 
juristischen  Sinne;  als  die  Summe  aller  auf  einen  Katastralkörper  sich  be- 
ziehenden Eintragungen.  Dafs  diese  Auffassung  das  Richtige  trifft,  ergiebt 
schon  der  Zusammenhang;  der  Statthalter  kennt  nur  zweieiiei,  was  offenbar 
beides    zur   Hauptsache    gehört,    einerseits    die    Deklarationen    der    Parteien 

(lin.   38:    iav    d'   eigIv    iv    xfj  ßißkio&i^K'r] arcoy^acpaC) ^    anderseits   die 

öiaöxQcofiaxa.  Diese  letzteren  sollen  von  fünf  zu  fünf  Jahren  (man  denkt 
an  die  alte  Lustralfrist)  ^)  nach  dem  jüngsten  Vermögensstand  rektifiziert 
werden,  damit  eine  weitere  allgemeine  Katasterrevision  im  Wege  der  ccTtoyQacp'q 
nicht  mehr  nötig  wird  (lin.  41  —  43).  Damit  ist  gemeint:  Da  die  Katastral- 
lage  sich  durch  Vermögen sül)ertragungen  fortwährend  verschiebt,  sollen 
die  Katastralblätter  alle  fünf  Jahre,  nach  Mafsgabe  der  inzwischen  erfolgten 


1)  Ob  diese  fünfjährige  Katasterrevision  in  einem  Zusammenhang  steht  mit 
den  später  auftretenden  fünfjährigen  Perioden,  in  welche,  wie  Sceck  (in  der 
Deutschen  Ztsch.  für  Geschichtswissenschaft  XII  279 £)  gezeigt  hat,  der  fünfzehn- 
jährige Tndictionencyklus  zerfällt,  wage  ich  derzeit  nicbt  zu  entscheiden. 


L.  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  199 

Verschiebungen,  umgeschrieben  werden.  Natürlich  bedarf  es  hierzu  keiner 
Mitwirkung  der  Parteien,  da  ja  dem  Katasteramt  die  vollzogenen  Grundübei-- 
tragungen  vom  ygacpEiov  in  copia  mitgeteilt  werden.  Theoretisch  genommen 
milfste  eigentlich  aus  der  Durchsicht  der  Kopien  sich  immer  der  wahre 
augenblickliche  Stand  der  Besitzverhältnisse  ergeben  haben,  auch  ohne  Rek- 
tifiziei-ung  der  Katastralblätter  selbst;  praktisch  betrachtet  ist  diese  aber 
doch  wünschenswert,  weil  es  ja  zweifelhaft  war,  ob  diese  Copien  immer 
richtig  einlangten,  gehörig  aufbewahrt  waren  u.  s.  w.  Kurz,  die  periodische 
Richtigstellung  war  ein  Kontrollezwang,  ob  der  Mechanismus  richtig  funktio- 
niert hatte.  Wurde  ein  Fehler  entdeckt,  so  war  es  leicht,  auf  die  kurze 
Zeit  von  fünf  Jahren  zurück  ihn  wieder  gut  zu  machen;  ganz  anders,  wenn 
man  ihn  erst  nach  vielen  Jahren  entdeckt  hätte.  In  so  langer  Zeit  konnte 
der  ganze  Kataster  so  verlottei-t  sein,  dafs  er  überhaupt  nichts  mehr  taugte; 
dann  mufste  eine  allgemeine  «Ttoy^xvqpT],  d.  h.  aber  faktisch  eine  Neuanlegtmg 
des  Katasters  vorgenommen  werden,  und  was  das  bedeutet,  ist  dem  prak- 
tischen Juristen  zur  Genüge  bekannt.  Sehr  mit  Recht  sagt  darmn  der 
Präfekt,  die  periodische  Richtigstellung  soll  diese  Notwendigkeit  für  die 
Zukunft  ausschliefsen.  Leider  scheinen  die  guten  Absichten  nicht  verwirklicht 
worden  zu  sein,  denn  wir  finden  auch  später  noch,  dafs  allgemeine  KTtoyQacpa.i 
ausgeschrieben  wurden. 

Über  das  Aussehen  der  diaGrQcofiara  können  wir  uns  nach  den  jetzt 
vorliegenden  Urkunden  bereits  ein  ganz  gutes  Bild  machen.  Sie  sind,  wie 
Mettius  Rufus  lin.  42  sagt,  angelegt  (jiEta<pEoo^Evr}g  xf^g  rElEvraCag  ekccöxov 
6v6(j,arog  vTtcßrccöEcog  naxa  %a)fir]v  %(xl  v.ax  Ei§og.  Es  wird  also  hier  ein 
Personalfolium  gebildet  für  jedes  ovoju.«  (caput),  wie  in  P.  Ox.  1,  78  in 
dem  v.cix'  avÖQa  ßißXiov.  Zweifelhaft  ist  nur,  ob  y.axa  y.cof.u'jv  eine  Ober- 
oder Untereinteilung  der  Personalfolien  bildete,  ob  also  die  Personalfolien 
dorfweise  angelegt  waren,  oder  in  anderer  Reihenfolge,  und  nur  die  Grund- 
stücke des  Besitzers  innerhalb  des  Foliiuns  nach  den  Dörfern  zusammen- 
gestellt wurden,  in  denen  sie  lagen.  An  sich  möchte  man  das  erstere 
vermuten;  nur  hält  es  schwer,  dann  das  x^t'  slSog,  welches  jedenfalls  den 
einzelnen   Grundstückskörper  bezeichnet,  zu  übersetzen. 

Ein  Exemplar  eines  solchen  öcdöxQco^a  enthalten  jetzt  die  P.  Oxy.  2, 
274.  Es  beginnt  mit  (lExrjvix&r}^  d.  h.  Übertrag,  wohl  aus  dem  älteren 
Kataster;  es  liegt  also  hier  schon  ein  Fall  der  Katastererneuerung  vor,  wie 
sie  Mettius  Rufus  im  Auge  hat.  —  Darauf  trägt  eine  zweite  Hand  die 
Katastralobjelrte  ein,  mit  den  Hypotheken,  so  dafs  zwischen  je  zwei  Objekten 
ein  freier  Raiun  bleibt;  dieser  ist  später  von  dritter  und  vierter  Hand  mit 
nachträglichen  Eintragungen  ausgefüllt,  welche  die  späteren  rechtlichen  Schick- 
sale der  betreffenden  Objekte  vermerken.  Auch  in  margine  sind  solche 
Nachtragseinverleibungen  zu  lesen. 

(Fortsetzung  folgt.) 

Leipzig.  L.  Mitteis. 


200  II-   Refei"ate  und  Bespreclamigen 


Inschriften  aus  ptolemäischer  Zeit.  I. 

Eine  vollständige  Sammlung  der  griechischen  Inschriften  Ägyptens  aus 
der  Zeit  der  Ptolemäer  liegt  nicht  vor  seit  den  Zusammenstellungen  von 
Franz  im  Corpus  inscriptionum  graecarum  III  (1853)  und  Letronne,  recueil 
des  inscriptions  grecques  et  latines  de  l'Egypte  (1842  u.  1848).  Als  An- 
hang zu  Stracks,  Dynastie  der  Ptotemäer  (1897)  gab  ich  eine  Sammlung  der- 
jenigen griechischen  Ptolemäer-Inschriften,  die  zu  dem  Königshaus  in  dii-ekter  Be- 
ziehung stehen,  unbekümmert,  ob  sie  in  Ägypten  oder  sonstwo  gefunden  sind. 

Im  Anschlufs  an  diese  letzte  Sammlung  ist  die  folgende  Zusammen- 
stellung gemacht.  Sie  ist  in  der  Anlage  verändert  insofern,  als  nunmehr 
aus  Ägypten  alle  neuen  Inschriften  aus  der  Zeit  der  Ptolemäer  Aufnahme 
gefunden  haben,  nicht  nur  die  auf  das  Königshaus  bezüglichen.  Füi-  die 
aufserägyptischen  Länder,  mögen  sie  abhängig  oder  unabhängig  vom  Alexandri- 
nischen  Hof  gewesen  sein,  ist  die  Beschränkung  auf  die  Djmastie  in  Kraft 
geblieben.  Das  wenigstens  war  die  Absicht.  Dafs  ich  in  der  Auswahl  der 
zeitlich  unbestimmten  ägyptischen  Inschriften  nicht  manche  als  römisch  aus- 
geschlossen habe,  die  schon  unter  den  Ptolemäern  geschrieben  wurde,  ist 
wohl  möglich.  So  sind  von  den  Graffitti  am  Gebel-Tukh  (BCH  1896)  nur 
zwei  aufgenommen  (No.  26)  —  möglicherweise  auch  sie  mit  Unrecht;  viel- 
leicht gehören  aber  auch  die  Drohungen  mit  dem  Zorn  des  Pan  hierher,  die 
sich  gegen  unanständige  Leute  richten. 

Abkürzungen. 

AJofArch.  =  American  Journal  of  arcliaeology. 

BCH.  =  Bulletiu  de  con-espondance  hellenique. 

CIGrlns.  =  Inscriptiones  graecae  insularum  maris  Aegaei. 

MA.  =  Mitteilungen  des  kaiserl.  deutschen  archäologischen  Instituts  in  Athen. 

REGr.  =  Revue  des  etudes  grecques. 

Ptolemäus  I. 

1,  Bilingue  Inschrift  auf  einer  Statuenbasis.  Gize,  im  Museum  Saal  37. 
Unveröffentlicht,  mir  von  Wiedemann  gegeben. 

ßaöilsa  Iltolsficdov  UcotriQU  zitodotog  ^AiaCov. 

Unter  dem  griechischen  Text  die  demotische  Übei'setzung. 

Ptolemäus  II. 

2.  Kleine  weifse  Marmorplatte  im  Jahre  1896  im  ägyptischen  Kunst- 
handel (Händler  Ali  in  Gize).  BCH.  1896  XX  396  Jouguet.  Fundort  un- 
bestimmt; Jouguet  vermutet  Faiyüm,  "Wiedemann  ward  Luxor  genannt. 

VTUQ  ßaeiXiag  JJxoXe^aCov^  \  xov  IlToXs^aCov^  aal  ßaöLUöörjg  \ 
'^Qöivorjs  Moöxog  6  IsQSvg  \  thv  vabv  xal  tö  te^svog  \  'Jydiörsi  STCrj- 
XÖCOL  I  lÖQVöazo. 


Max  L.  Strack:  Inschriften  ans  ptolemäischer  Zeit  201 

Von  Jouguet  mit  Recht  in  die  Zeit  des  Philadelphos  gesetzt.  Der 
fehlenden  Beinamen  wegen  dürfte  die  Inschrift  in  den  Anfang  seiner  Re- 
gierung rücken,  jedenfalls  wohl  vor  270,  dem  Todesjahr  der  Königin,  ge- 
fertigt sein.  —  Die  Echtheit  der  Inschrift,  an  der  ich  zuerst  zweifelte,  hat 
sich  Wiedemann  auf  grund  des  Schriftcharakters  ausdrücklich  vermerkt. 


3.  Giebelstele  aus  Nikurgia,  einer  kleinen  Insel  bei  Amorgos.  Hoch 
1,70  m,  breit  0,32  m,  dick  0,08,  linke  Seite  sehr  beschädigt.  Vorläufige 
Anzeige  BCH.  1893  XVII  205  Prasinos-Homolle;  abschliefsend  veröffentlicht 
Revue  de  philologie  1806  XX  103  Delamarre  mit  gutem  Begleittext.  Ditten- 
berger,  Sylloge^  202;  Michel  recueil  d'insc.  gr.  373. 

edo^s^v    tolg    GvviÖQoig    räv    vr^öiojtav    vnsQ    cov  \  [^iXoxlyf\g  6 
ß<x6iksvg  IJidovicov  xal  BaK^av  6  v}]\\6iaQxog  £Qya\ipm>  Ttghg  rag  Tcoleig^ 
onag  av  a7to\\pt\£LXo36iv  övveÖQOvg  elg  Ud^iov   ottivfg  \  [%Qy]^^cicrioü6iv 
V718Q  Tijg  Q-vöiag  xal  rav  d-£(OQ\[a^v  xal  rot)  aycoi'og  ov  ttd'rjijiv  6  ßadc-   5 
2.£vg  nt[oX£]^atog  tat   Ttatgl  sv  ^AXE^avdQEtat  lc)oXvii7c\i\ov ^   xal  vvv], 
ix  TCÖXsav  TtaQaysvo^svoig  totg  6v[v\EdQ0ig^  d[iEXEyrf\6av  ^iXoxlrig  xal 
Bdxxcov^  dlsldö^Xd-ai  tau  xoivßi  räv  övveöqcov^  STtEiöi]  6  \  ßaöclEvg  xal  lo 
öatrjQ  ntoXs^aiog^  TiolXav  \  xal  ^Eydlcov  dya%-ß)v  atriog  syEVEto  rotg  j 
[r]£   vrjöLcbtaLg  xal    rotg   alloig  "EXh]0iv,    rag  xe   7i6\X£Lg   iXEvQ-EQCiöag 
xal   tovg   vo^iovg   änodovg  \  [xjal   rrj^  JcdtQLO^   noXizEia^   Tcäöiy  xata- 
6tr]6a\^g.  \  x^al   r&v  £l6q)0QC)y  xovq)L6ag,  xal  vvv  6  ßaöiXEvg  \  [TJJToAe-  i5 
jwaiog,    dtaÖE^d^Evog    trj^i    ßaötXsi'av    7rap![f(:]    tov    TiatQog,    trjv    avrijv 
Evvotav  xal  ETti^EXEiav  ^laQE^o^svog  diatEXEt  ei'g  xe  xovg  vrjöLaxag  xa[i]  \ 
xovg  äXXovg  "EXXvjVag,  xal  ^vöta^  tcolev  xäi  7raxQ\i]  |  xal  dyüva  xid-rj-  20 
6iv   l6oXv^Jttov  yv^vixoy   xa\Y\    \   fiovöixby   xal   ititcixöv^   xijv  xe  TCQog 
xovg  d-Eovg   [^E^vösß^Etav   diacpvXdxxay  xal  xtjjx  TtQog  tovg    TC^Qoy'övov^g 
EvvoLav   diaxi]QC)V,   xal   TCagaxaXEi   slg  Tß;i)T[ß;  |  xov\g    xe   v7]6L(oxag  xal  25 
xovg  dXXovg  "EXXrjvag  il^[7]\(pi0a^6d-ac   xov   ayüva   v7tdQ%ELv  löeXv^niov^ 
3tQo\\67]x^Et  TCäöi  xolg  vTqßiäxaig  xexl^7]x66l^i  :tQcb[xoig  t]öv  öcoxiJQa  Uxo- 
XE^atov  Löod-Eoig  xi^ai[g  \  xal  di]d  xdg  xot[vdg  svEQyEötag^  xal  öiä  xäg 
idio[y\g  acpEXEiag^  xät   ßaöiXEt  nxo]XE^aicoi   7iaQaxaXov[vxL   ev  xe  xolg  so 
aXXotg  övXXa^^ßdvEöd'ai  xal  vvy  xaxd  \  \xriv  avxov  a'i'QEötv  ^lExd  Ttdör^g^ 

7tQod'viiLa[^g  ■ipri(pt6a^6d'a\L]  \ [ihv  röft  7r«(?[tv] 

ccTt  \ at  xaxa^iag  xi^äg  \ 

rrflg   iavxav   avvoLa\^g  \   a7CodE%E6d-^ai   xrjv  d'vöi'ay^    xal   Tot>?  d-EcoQovg  35 
dWßoöXEXXEiv  SL\g  xb^  ndvxa  xqovov   ev   xolg   xud-{riKov6i  %Q6volg^^  xa- 
d'aTtEQ  6  ßaßiXEvg   iniöxaXxE  \  \}i\a\y\  Eivai  xov  ayäva  tGoXv^intoy^  xal 
xolg  vLxöjötv  I  [x&v    vrjöicoxav^  xäg  xtaäg  xag  avxdg  v7tdQ%Eiv^  aX7CEQ\ 
Ei6l\y  aV]  xolg  vö^otg  nag    ixdöxotg  xav  vrjöLcox&v  \  [yEyQa^^£vai\  rotg  lo 
xä  'OXvfiTtLa  VLX7]6a<3CV  6x£(pavS)[6^ai  ds  xal  xb[^  ßa^öcXm  üxoXE^alov 
ßaöiXEcog    xal  \  \6\coxYiQo\g\   IloXs^aCov    %qv[(3G)i\    6xE(pdvGii    d^i^XEt^coL 
a^ö]   6xa\xriQ]coy   i\^i\Xicov^   dQExfjg    svExsy  xal   Ev\[voi^ag  xfjg   eig  xovg  45 
vrjöLcoxag'  dvayQdipai  8e  xovg  \  [Gvv^sdQovg  xoös  ro  ip[;rj(pL](3^a  Eig  6x7]- 


202  n.   Referate  nnd  Bespreclnmgen 

X')]v  h&tvrjy  xal  \  \ötYJ6(iL  fV]  z/ifA[rot]  jiaQa  xov  ßa^bv  tov  öcjTrJQog  \ 
[  77r]oAf [jU,ß;<^]ot»  •    [x«Tß]    r«ur«   de    il''r]q)i(3cc6d'co6civ    tods  |  [rö   il^lrjil^iö^ia 

50  x«t  fa  ii^T&iovöia  rü^  noXscov  xov  0vv\ß\dQi\ov\  'Kai  avayQaipäraöuv 
eig  ötnjlccs  Xid^ivag^  \  [>i\al  ävaO'stcjöav  aig  tä  Csgä  iv  olg  aal  ccC  XoLTial 
tLlucct.  E161V  avayeyQKiipievai  tckq  ixdßtoLg'  eXiöxtai  \  [d]£  rovg  6vi>i- 
ÖQOvg  ycal  d'scoQovg  tQatg  oXxivsg  a.(p[^i\'}i\6^Bvoi  SLg'AXsi,dvdQ£i,av  Q-v6ov6i'v 

55  xs  vTTfQ  XOV  \  \oi\oLvov  xSiV  VTjöicjxßyv  TIxo^siiKicot  UcoxyjQL^  XKi  I  [tov 
<3^xeg)Kvov  ocnodäöovdiv  xS)l  ßaöikel'  xo  d\  stg  |  [x]bv  Gxicpavov  aQyv- 
Qiov  Kai  Big  i(f68ioy  Kai  7t0QB\Cal^g  xoig  ^scoQotg  siöev^yKElv  xäg  TtoXsig^ 

60  fxd6[x7]\v  Kaxä  xb  a7c]ißdXkov  avxriL^  Kai  öovvai  da   d^   BdK[x<jo\v  dno- 

ÖBi^rii]'    'HiQed-rjöav    -O-fw^ot   FXavKcov    Kvd'\vLog^   |    ag    iVa|tog, 

KlEGiKQixog  "AvÖQiog. 

Die  Rückseite  ist  sehr  beschädigt.  Einzelne  Worte  nur  sind  zu  lesen: 
TtQeaßsig  ^A^ioQyioi.  Der  Beschlufs  gehört  in  den  Regierungsanfang  des  Ptole- 
mäus  II.,  zwischen  281—274.  Vgl.  Rhein.  Mus.  1898  LIII  460  von  Prott; 
Niese,  Geschichte  der  griechischen  Staaten  seit  Chaeronea  II  (1899)  103,  113. 

4.  Marmorstele  mit  Giebel  aus  Ptolemais  in  der  Thebais  (Menschiye), 
gekauft  im  Winter  1896  in  Akhmim,  jetzt  im  Hause  der  mission  fran^aise 
au  Caire,  bestimmt  für  die  französische  Schule  in  Athen.  Hoch  0,75  m, 
breit  0,52  m,  dick  0,10  m;  unten  und  rechts  verstümmelt;  sechs  Kränze. 
BCH.   1897  XXI  189  Jouguet  mit  giitem  Begleittext.     Vgl.  No.  11  u.   12. 

i8oi,Ev  XYii  ßot^kiji  Kai  xa  dy'j^ojt,'  'E\Q]^äg  \  zloQKcovog  Msyiöxarq 
Si'Jtsv'  i7tEid['r}\  TtQvxdvatg  \  01  6vv  zIlow^Ccol  MovöaCov  xov  6[y]dö\o\v 
sxovg  I  ziLovv6Log  Movöatov  'T2,XEvg,'^l7f[7tta]g?  ^Ccovog  M8\yi6x£vg,  Kgd- 

<s  xiog  TIqokqixov  ^i[A]for«()£[i]o^,  Ki'ßöog  |  NsdQxov  ^Av\8aA^vievg^  'HI16- 
öciQog  NLKo^d%ov  /Javasvg  \  NeoTtxoXeiiog  &eodd}QOv  KaQavevg  Kal&g 
Kai  «liög  I  xrig  ndlscog  TCQOEöxrjöav  dg&vxsg  xivag  x&v  ctolixav  \  [ju,]?) 
op-O-ög  av\a6xQ\e\(p\o^ivovg  Kai  Q-oQvßov  ov  xbv  T'u^oVto;  7CaQ[£\%]ovxag 

10  £v  x\aig^  ßov[la^t[g  Kal^  iv  xatg  iKK^rjöiaig^  ^idli^xa  de  \  iv  Tft;t? 
dQ'iai\Q£]6\iaig  sig  Ttäv  d6£Xy]£Lag  TCQOElrjXvd'öxag  \  £7t£<3xr]6av  xrji  Ka- 
\KovQyiai  Kai  xaQa'fßii  xoXg\  Ik  xSjv  vo^icov  iitixiiioig^  \  di  ö  0vi.iߣßi]K£v 
xi]v  7t6\l\L[v  dvajfvoijg  xvx£iv^^  Kai  Eil)rjq)L6av[xo]  \  i^  iTttXsKxav  dvÖQiov 
xijv  ßot^Xij[v  Kai  rö]  diKa6xi]\Qiov  iXBJ^d'ai^  itp'  o[/g|]  7taQoi,vv6^£voi  ol 

15  vEoneQOi  Kai  01  dXloi  jr[o/ltr]«t  o\l^^  aiQoYvii£voi\  ßiXxiov  \'jtoXLx\£vir6d'\ai 

Kai    TTFqI    d)V    V7l£XdllßaV0V    6V^(p£Q£LV    XTji    7t6X£i    8L0iK)]d'y]VaYi   I 

()/o?]tx:'j^rr/v. 

Die  Inschrift  gehört  ins  3.  Jahrhundert,  wahrscheinlich  in  die  Regie- 
rungszeit des  Ptolemäus  IL,  möglicherweise  in  die  des  Ptolemäus  III.;  wenn 
Z.  3  das  achte  Jahr  ein  Regierungsjahr  des  Königs  bezeichnet,  was  doch 
wohl  anzunehmen,  so  gehört  die  Inschrift  in  das  Jahr  278  (bez.  240).  Die 
Datierung,  vom  Herausgeber  in  der  Hauptsache  schon  gegeben,  stützt  sich 
auf  ein  Ebrcndekret  der  dionysischen  Künstler  fStrack,  Dynastie  Anhang 
No.  35),  in  dem  Jiovvßiog  Movocdov  7T,()vt(xvig  öid  ßlov  geehi't  wird.    Freilich 


Max  L.  Strack:  Tnsfhriftcn  ans  ptolemäißcher  Zeit  203 

ist  auch  dieser  Künstlerbeschlufs  nur  mit  Wahrscheinlichkeitsgränden  in  die 
Zeit  des  Philadelphos  gesetzt,  von  denen  einer  wohl  mit  Recht  von  Wilhelm 
(Gott.  gel.  Anzeigen  1898  März  211)  abgelehnt  ist.  —  Für  die  veonsQoi- 
(Z.  15)  verweist  Th.  Reinach  (BCH  XXI  331)  auf  die  i^eor«?  von  Kreta  in 
den  von  Halbherr  herausgegebenen  Inschriften  (AJofArch.  1897,  S.  192, 
No.  19,  20);  vgl.   Ziebarth,  Vereinswesen  llOf. 

5.  Cypern.    Tuffbasis  in'Ayiog  Tvxcov  bei  Amathus.    BCH.  1896  XX  358 
Perdrizet. 

'j4Qötv6rjg  ^tXadiXcpov. 

(>.    Cypern.     Kleine   Tuffplatte   in    Limassol   in   der   Klostermauei-,   aus 
Amathus.  BCH.   1896  XX  358  Perdrizet. 

^yiQ6[^bv6y]g\   ^iXadsllcpov. 

7.  Cypern.      Cippus  aus  hartem  Kalkstein  in  Hyalasa,  eingemauert  im 
Reservoir  des  Georgis  Papajannolychnu.     BCH.   1896  XX  359  Perdrizet. 

^AQ6iv6\iqg  ^ila\dik(pov. 

8.  Cypern.     Tuffbasis  aus  Larnaka,  in  der  Sammlung  Pierides.    BCH. 
1896  XX  359  Perdrizet. 

^AQ6Lv6ri(g\   OiXad\iX\(pov. 

Wieso  Perdrizet  zu  der  Ansicht  kommt,  Mahaffy  imd  ich  hielten  diese 
Inschriften  im  dedicaces  d'objets  „voues  par  Arsinoe",  weifs  ich  nicht. 

9.  Paros.     Stein  0,19  X  0,24  XO,23  in  Parikia.    BCH.  1897  XXI  17 
de  Ridder.     Erwähnt  von  Perdrizet  BCH.   1896  XXI  360l 

'AQ<3iv6Tqig\   ^iXaöil(p6[v. 


Ptolemäus  III. 

10.  Bauinschrift,  vielleicht  aus  Memphis,  im  Jahre  1898  im  ägyptischen 
Kunsthandel  von  F.  von  Bissing  gesehen.     MA.  1898  XXIII  367  von  Prott. 

VTt'eQ  ßa6ikicöq  UtoksfiKiOv  xal  \  ßaOiXiööTjg  BsQSvixrjg  Q-eüv  \  Evsq- 
ysTÖJv  xal  tav  rexvav  UciQccTtidi,  \  'löiÖi  xov  vahv  aal  rbv  TtSQißokov  \ 
'ATtoXXchvLog  ^iXCavog  'A^^cjvisvg  \  xal  rj  yvvij  avrov  zirj^rjtQia. 

11.  Marmorplatte  aus  Ptolemais  in  der  Thebais  (Menschiye)  gekauft 
im  Winter  1896  in  Sohag,  jetzt  im  Hause  der  mission  fran9aise  au  Caire, 
bestimmt  füi'  die  französische  Schule  in  Athen.  Hoch  0,39  m,  breit  0,55  m, 
dick  0,05  m,  rechts  und  links  leicht  verstümmelt,  oben  und  unten  unvoll- 
ständig. BCH.  XXI  (1897)  187  Jouguet  mit  gutem  Begleittext.  Vgl.  No.  4 
und   12. 


204  n.   Referate  und  Besprecliungen 

.  .  .  jtoXsag'  cc7t[o]d8dax[^6]v  de  'AvtccpiXog  xov  äy\&>\vtt  ä^iov  tov 
TS  ßuöilicog  Kcd  rijg  n6Xsag\^  [o^ncog  cpatvrjrccL  {]  noXtg  (piXoti^cog  koX 
äi,C\(og  v7io8£%oiüvri  tovg  TtaQcc  rot)  ßaöiXtcog  |  [TraQuy^ivoiiavovg^  ösdöx&ai 

f)  Tcofc  dt]^cot  0lr^e\[(pai'^a)6aL  ^Avxi(piXov  ^Ayad^dvoQog  niößov  6Ts\[q)^a:v(0i 
naxQicoi  ev  Tö[i  d'ec^tQcoi  tfjL  utE^Ttrrjt  \  xcc]  elxadt^  rtjt  tov  ßcc6\i]Xsc3g 
'i]^i£Qai  q)LXotL\[^^iag  svexa  tilg  sig  xov  \^ßa6iXHi\  aal  eivai  av\[x^fiv  no- 

10  Xixrjv  xfjg  nxoX^^aisav  TCoXecog'  |  [d^sdööd'ai  d'  avxca  jcal  iyyövotg  6l- 
xr]6iv  I  [f'Jfi  TtQvxavsCaii  diä  ßiov  xa[i]  TtQoeÖQiav  iv  xolg  \  äyaöiv^  xal 
xovg  TTQVTccvsig  xaxaxcoQiöca  |  [a]vxbv  sig  (pvXriv  rixoXs[iaiCda  xal  druiov 

15  B\^EQe\\Vi'H.m^  xov  d\  yga^^axacc  xijg  ßovXijg  ävay[Qd\^ai  xo]  iprjcpiö^a 
xöds  iv  6xy]X7]c  kcu  [pxiqßai  iv  xcoi  delvcc  x6ncoi\. 

Die  Zeit  (245 — 221)  ist  von  Jouguet  riclitig  bestimmt  auf  grund  der 
Z.  7:  T^t  Tti^itrrjt,  xal  shäöi,  riji.  xov  ßaöiXscog  ij^iSQai.  Der  25.  Dios  ist 
der  Tag  des  Regierungsantrittes  des  Euergetes  I.  nach  der  Inschrift  von 
Kanopus  (Strack,  Dynastie  Anhang  38,  Z.  5),  und  dieser  25.  Tag  wird 
nicht  nur  jährlich,  sondern  monatlich  festlich  begangen  (Kanopusinschrift 
Z.  34).  Der  Brauch,  den  Regierungsantritt  monatlich  festlich  zu  begehen, 
hielt  sich  auch  in  römischer  Zeit,  vgl.  BCH.  1895  XIX  523.  Jouguet. 

12.  Syenitstele  mit  Giebel  aus  Ptolemais  in  der  Thebais  (Menschiye), 
gekauft  in  Sohag,  jetzt  im  Hause  der  mission  fran^aise  au  Caire,  bestimmt 
füi-  die  französische  Schule  in  Athen.  Hoch  0,23  m,  breit  0,24  m,  dick  0,07  m. 
Unten  und  links  gebrochen.  BCH.  1897  XXI  188  Jouguet  mit  gutem  Be- 
gleittext.    Vgl.  No.  4  und   11. 

ido^Ev  x^iji  ßovXfJL  xal  xäi  Ötj^col  \  TltoXEiiaiixov  inl  8vo  ixxXrj- 
6iag\'  [iitELdr]  NiJKo^tjdrjg?  KxiipixXiovg  \  {^Evvovg^  hv  diaxEXEi  ßa^iXet] 
[nxoX£^a]tcoL  xal  xfii  IIxoXEiiaieav  \  [TtöXsL  xal  TtQo^d-v^cav  7tciQEXExai,\  — 

Der  Schrift  wegen  von  dem  Herausgeber  in  die  gleiche  Zeit  gesetzt 
wie  No.  11.  Zu  dem  Ausdruck:  STtl  dvo  iKKXi]aiag  vgl.  roiöös  aö6d'r]6av 
7tQo£,svlat  im  filav  ixKXijötav  (Eudemos'  Denkmal;  Heberdey-Wilhelm,  Reisen 
in  Kilikien,  Denkschriften  wien.  Akad.  1896,  S.  109,  Taf.  1,  Z.  17). 

13.  Weifse  Marmorstele  aus  Thera,  gefunden  im  Gymnasium.  Hoch 
1,00  m,  breit  0,43  m,  dick  0,30  m;  auf  drei  Seiten  beschrieben.  MA.  XXI 
257  teilweise,  vollständig  CIGrIns.  III  327  und  add.  S.  320. 

Vorderseite:  ßaeiXs-vg  ITxoXEiiatog  \  ^A^oXXavCai  xklqelv'  ixo^iöd- 
(lEd^a  I  xr^v  ijiLöxoXijv^  iv  y]i  xal  xov   do&dvxog  \  vTtouvTJ^axog  TtuQä  xav 

5  iv  ©tjQca  xa6\6o^EV(ov  öxqkxicoxüv  xb  avxLyQa\q)ov  v7tEXExd%Eig\,  xal 
xaQ'ditEQ  i^ltow  I  TtQoöxExd^a^EV  zlioyevsL  xat  dioiXT^\xr]i  dovvai  avxoig 

10  xä  dvEiXrjfifiEva  vtco  \  xov  oixovo^ov  sig  xb  ßaGiXixbv  %(OQitt  \  xb  Tsißa- 
yoQEiov  xal  xb  Kuqxlvelov  xal  \  xä  xaXov^Eva  KaXXiöxQaxEia  xal  a 
Eixe  I  Ti^axQixa^  «9?'  av  xdg  TtQoöööovg  d7Cs\q)aLVEv  yivEöd'ai  v-ax  iviav- 
xbv  üxoXE^aixdg  Y  pta,  oTtag  i%iyi<5iv  sig  xe  xäg  d'v\6Lag  xal  xb  dXEi^i^a 

15  Saitavuv  \  eqqcoöo'  sxovg  m]  avövaiov  le^  inslfpi  is. 

Es  folgen  125  griechische  Namen,  zum  kleineren  Teil  mit  beigeschrie- 
benen abgeküi'zten  Vatersnamen. 


Max  L.  Strack:  Inschriften  aus  ptolemäischer  Zoit  205 

Linke  Seite:  oWs  dörivsynav  trjv  ysvo^ivrjv  |  dandviqv  sig  rriv 
£7tL6xsvr}v  Tov  yv^vccöLOV  Tf^g  Lg'  h  (dQCix^äg)  cItto  rov  nq  L  {txovg)  \  i'ag 
rov  aß'  L  (erovg). 

Es  folgen  auf  dieser  und  auf  der  rechten  Seite  168  griechische  Namen, 
gleichfalls  wie  auf  der  Vorderseite  zum  teil  mit  beigeschriebeuen  abgekürzten 
Vatersnamen.  Z.  47  und  vielleicht  Z.  310  steht  D  hinter  den  Namen;  eine 
Erklärung  weifs  ich  nicht.  Z.  14  TtroXsucuKug  V  qiu  =  111  ptolemäische 
Drachmen. 

Die  Zeit,  Regierung  des  Euergetes  I.  (245  —  221),  ist  bestimmt  auf 
grund  der  Schrift  (Hiller  im  CIGrIns.  III  327)  und  des  Doppeldatum  (29. 
VIII.  229)  (Rh.  Mus.  1898  LIH  404^  Strack).  Mahaffy,  history  of  Egypt 
IV  60^  setzt  die  Inschrift  in  die  Zeit  des  Ptolemäus  I.,  weil  unter  den  279 
Namen  nur  ein  Ptolemäus;  seine  Ansicht  wird  ihm  durch  eine  bis  jetzt 
nicht  veröffentlichte  Arbeit  Smyly's  bestärkt,  der  das  Doppeldatum  in  die 
Zeit  des  Ptolemäus  I.  setzt. 

14.  Inschrift  am  Isistempel  auf  Philae  über  dem  Nordthor,  entdeckt 
von  Lyons,  mitgeteilt  von  Mahaffy,  history  of  Egypt  IV  119;  ei*wähnt  Athe- 
näum 1896,  1.  Jan. 

ßaßiXevg  IlTols^alog^  ßaöikiag  riroXs^cciov  xal  'AQ6Lv6ii]g  \  Q'süv 
'AdeXfp&v^  >iai  ßccöihööa  BeQsvixt]  t/  ßaGikecog  \  Uroleiiaiov  ädsXcpr]  xal 
yvvi)  aal  rä  tovrav  xtni'a  xhv  vcchv  \  "löst  Tccd  'AQno%Qdxy]t. 

15.  Inschrift  aus  Philae,  gefunden  am  Aresnefer-Tempel,  jetzt  in  der 
Westaufsenmauer  der  ^Agora'.  Abgeschrieben  von  Lyons;  mir  geschickt  von 
F.  von  Bissing   im   Januar    1897.     Sandstein,   hoch  0,91  m,   breit  0,93  m. 

VTCSQ  ßaöiXbcag  \  iJroAf^atotJJ,  xov  Ilxoks^aiov^  \  xal  ßaöLXcöönjg  Bs- 
QSVixrjg  Kd£Xg)fjg  \  xal  yvvaixbg  avxov  \  'I^ovxt]g  U\.  .  .HOT. 

Der  fehlenden  Beinamen  wegen  gehört  die  Inschrift  vielleicht  in  die 
erste  Regierungszeit  des  Euergetes  I. 

16.  Inschrift  aus  Philae,  gefunden  im  Schutt  des  Hathortempels.  Ab- 
geschrieben von  Borchardt,  mii'  geschickt  von  F.  von  Bissing  im  Januar  1897. 
Sandstein,  Buchstaben  rot  ausgemalt. 

ß^aöiltl  HxoXe^aiiOiy  ßaßiXitog  \  [iTroAjf/iatou  xal  ^ÄQ^tvörig  Q'süv 
^AdaX(p&)V  I  xai]  ßaGikCßörii  BsQSvCxrjL. 

17.  Inschrift  aus  Philae,  verbaut  in  der  Westaufsenmauer  der  ^Agora'. 
Hoch  0,97  m,  breit  1,05  m.  Abgeschrieben  von  Borchardt,  mir  geschickt 
von  F.  von  Bissing  im  Januar   1897. 

ßadiXet  UxokBiLaLcoi  |  xal  ßa6Lki66^]t  BEQEvixi]i  \  d'solg  EvEQyixaig 
xal  "löidt  xal  Ua^ccTtidi  \  xal  'AQjioxQcixrjL  \  TavQivog  ^HQaxXeCdov. 

Ptolemäus  IT. 

18.  Weifse  Marmorplatte.  Fundort  unbekannt,  jetzt  im  British  Mu- 
seum,  egyptian   saloon  No.  1207.     Hoch  0,50  m,   breit  0,38  m.      Classical 


206  1^1-   Referate  und  Besprechungen 

review  1898   S.  274  Hall  mit  gutem  Begleittext;  danach  Mahaffy,  history  of 
Egypt  IV   1899,  S.  138. 

v7t£Q   ßaöLkeag   IlxokeiiaCov  xccl  ßa\6Lli66i]g  'Aqölvöyis  aal  TItoXe- 

^atov  I  tov  viov,   d'e&v   ^lXotcutoqcov^  rüv  \  ix  riroXs^uiov  aal  Beqs- 

5  vixi]g  d-£\cöv  EvEQyExCov,  "Aqtii  Ni%7](p6Q(Oi  EvayQtoi  \  'AXh^avÖQoq   2Jvv- 

datov  'ÖQoavvsvg  1 6  GvvaTfoötaXslg  dtcidoxog  \  XaQL^OQtcot  tut  ötQcctrjyai 

10  STil  I  T))v  ^r'jQUv  rüv  iXsq^ccvtcov^  xal  \  'A7ioä6ig  Mio^ßöXXov  'ExEvvEvg  | 

7jy£^c3V  xal  OL  vn    avrbv  t£ta\y^8voi  öT^anibrat. 

Zeit:  210—205.  Wilhelm,  class.  review  1899  XIII  79  weist  auf  eine 
Grabschrift  aus  Alexandrien  hin:  Pcol^ig  ''Aitodaiog  ^ExEvvevg  (Nerutsos,  l'an- 
cienne  Alexandrie  115)  und  erklärt  beide  Apoasis  mit  grofser  Wahrschein- 
lichkeit für  identisch. 

Ptolemäus  V. 

18  a.  Weifse  Marmorplatte  (?),  im  Winter  1898/9  im  Kunsthandel  in 
Cairo;  von  Wilcken  mir  geschickt. 

vTiaQ  ßaöiXiayg  llroXa^aiov  xal  \  ßaöiXCöörig  KlsoTtdtQag  'd'süv  \ 
'EjtLcpccvöJv  xal  EviaQCötcov  d'sov  j  ^syaXov  2J£fiavov(pLog  \  20e^8vovcpig 
<Pavaviog  (oder  Qavavtog?). 

Herkunft  unbekannt.  Der  Name  Semenuphis  ist  Wilcken  aus  Theben 
oder  Umgegend  bekannt.  Vgl.  Wilcken,  Gr.  Ostr.  II  n.  522  und  Ostr.  Gizeh 
9659   (IL  Jahrh.   n.  Chr.),  beide  Male  in  der  Form  Sa^avov(piq. 

Ptolemäus  YI. 

19.  Runder  Altar  auf  Thera  in  der  Nähe  der  Basilica,  geschmückt  mit 
Kränzen  und  Bukranien,  jetzt  in  zwei  Stücke  gespalten.  CIGrIns.  III  466 
Hiller  von  Gaertringen. 

vTiaQ  'AQi6\tC7t7t\ov  TOV  ®ao\i,ävov  ^AXa\i,av\8Qäo3g  t&v  dt,a\d6x(ov 
to[v   tar^ay^i'vov   anl  &t'jQag  \  ßaöiXat  ntoXa^a[t(ot    xa\l    rolg  aXXoig  j 

5  Q'aoig  xo\y  ß(o\[iov  avaxav  xfig  \  ai^av  xaXo\xaya\d-iag  ai'g  xe  xovg  6xQa\- 
xiäxag  xa\l  t]i^v  jtoXiv  xal  xä  xov  |  ßaöiXa'cog  [TtQJdy^axa  xal  alg  xovg  \ 

10  Q^aovg  av[pa^ßaiag  EiQTjvaiog  \  NixCov  ^AXa^i,'\6yavÖQavg  \  6  yQa^^a[xav]g 
tß)v  xaxä  KQyjxrjv  |  xal  @7^'^a[v  x]al  'AQöivoTjv  |  xijv  av  [^na^XoTiovviqöcoi  | 
<jXQaxno\x\G}v  xal  ^axc^cov  |  xal  Oixov[6ii]og  xüv  avxibv  xÖTtav. 

Die  Inschrift  steht  auf  einer  älteren  Inschrift,  von  der  einzebie  Worte 
für-  die  spätere  wieder  benutzt  sind;  die  übergebliebenen  Worte  sind  unter- 
strichen. 

"AqiöXLTtTtoq  Qeo'^ivov  AXe'^ccvÖQEvg  ist  noch  auf  einer  zweiten  Theräischen 
Inschrift  genannt  (CIGr.Ins.  III  467;  Strack,  Dynastie  60).  Beide  hat  Hiller 
von  Gärtringen  im  corpus,  mir  folgend,  in  die  Regierungszeit  des  Philopator 
(221 — 205)  gesetzt.  Der  Ansatz  ist  falsch.  Mahaify  hat  zuerst  (Rev.  Pap. 
XL;  Petrie  Pap.  II  S.  10  u.  anderswo)  darauf  hingewiesen,  dafs  die  ordens- 
gleichen Titel  erst  im  II.  Jahrhundert  auftreten.  Der  terminus,  post  quem, 
läfst  sich  noch  genauer  bestimmen.    Es  sind  die  achtziger  Jahre  des  II.  Jahr- 


Max  L.  Strack:  Inschriften  aus  ptolemäischer  Zeit  207 

hundert«,  die  Zeit  nach  der  Hochzeit  des  Epiphanes  mit  der  syrischen  Prin- 
zessin Kleopatra,  als  diese  ihm  schon  Kinder  geboren  hatte.  In  die  spätere 
Kegierungszeit  also  des  Epiphanes  oder  in  die  seiner  Nachfolger  gehören 
die  Inschriften,  in  denen  der  Titel  rav  öuiöoxcov  vorkommt.  Da  nun  Epi- 
phanes keinerlei  Macht  im  ägäischen  Meer  gehabt  hat,  Philometors  Macht 
aber  in  Thera  wie  in  Methana  im  Peloponnes  bezeugt  ist  (Strack,  Dynastie 
90,  91),  so  werden  die  Inschriften  in  seine  ßegierungszeit  zu  setzen  sein. 
Da  ferner  in  der  obigen  Inschrift  der  König  allein  genannt  ist,  so  gehört 
sie  wahrscheinlich  in  die  Zeit  vor  seiner  Hochzeit  (181  — 172);  CIGr.Ins.  467, 
die  Frau  und  Sohn  nennt,  gehört  in  die  Jahre  162  (spätestens)  — 145  und 
ist  zu  ergänzen  (nach  Strack,  Dynastie  59  und  82a)  [ßaöiXei:  UroXeficcicoi 
Kai  ßccöiXLöörji  \  KXeondxQui  &eoig  <PiXo(i7iroQ6i  nal  xGjl  vl(öl\  amüv  IIxoXz- 
fjtalat  %al  &soig  \E[7tiq)ccveai,v  ^A^lörcmtog]  |  @eoE,ivov  ^Ale'^avÖQSvg  tüv  d[ia- 
öö^av]  I  6  TEtayfievog  inl   Qriqug. 

Gleichzeitig  mit  mir  hat  Paul  Meyer  in  seinem  schönen  Buche  über  das 
Heerwesen  der  Ptolemäer  und  der  Römer  in  Ägypten  (S.  59  Anm.  197  und 
S.  67),  von  dem  mir  der  Verfasser  in  liebenswüi-digster  Weise  die  Druck- 
bogen vor  dem  Erscheinen  des  Buches  zm-  Einsicht  geschickt  hat,  das 
richtige  Datum  auf  grund  der  Titel  gegeben  und  diese  Datierung  noch  durch 
andere  Gründe  aus  dem  Heerwesen  gestützt. 

Ptolemäus  X. 

20.  Weifse  Marmorstele  in  Didyma.  Aus  ihr  führt  Haussoullier  an 
(Rev.  de  philologie   1899,  S.  27,  No.  28,   le   temple  d'Apollon  Didymeen): 

.  .  akkm  xiööaQEq  ( Weihgescheuke)  ßaöikEcos  nroAsficäov  xov  tcqeö- 
ßvtdtov  Viov  oXaijg  AXe^avö^siav  TKH 

Von  Haussoullier  wohl  mit  Recht  auf  Ptolemäus  X.  bezogen  im  An- 
schlufs  an  die  Inschrift:  .  .  .vtcbq  ßaadioag  Tirols ^aiov  ücotriQog,  xov  TtQsa- 
ßvxdxov  viov  ßaadioog  JJxoXeiiaiov  xov  öevxsqov  EvEQyexov  (Strack,  Dynastie 
Anhang  134).  Warum  in  beiden  Inschriften  die  Erstgeburt  so  stark  be- 
tont wird,  entzieht  sich  noch  unserer  Kenntnis.  Ist  es  der  Protest  des 
flüchtigen  in  Cyperu  residierenden  Königs  und  seiner  Anhänger?  In  Gegen- 
satz zum  TtQsößvxaxog  viog  Soter  IL  hat  man  doch  wohl  Ptolemäus  XI. 
Alexander  und  Ptolemäus  Apion,  die  Herren  von  Ägypten  und  Kyrene,  zu 
setzen. 

Ptolemäus  XIII. 

21.  Marmorstele  mit  Giebel,  gefunden  in  Hermopolis  magna  (Asch- 
munein),  jetzt  im  Museum  von  Alexandrieu.  Hoch  2,45  m,  breit  0,97  m. 
BGH.  1896  XX  267  Jouguet;  dazu  Verbesserungen  vom  Herausgeber  BGH. 
1896  XX  196,  zu  denen  auch  Wilhelm  beigesteuert  hat,  und  1897  XXI  166. 
Erwähnt  REGr.  1897  X  98   Th.  Reinach. 

VTtsQ  ßaßiWüjg  UrolE^ULOv  xal  \^ßa\6ili66Yis  [KksoTcdxQccs  xfig  xal 
TQvcpaiVYjg,  Q-iüv  0Lko7C<xx6Q\G}v  aal  0iladtlq)(x)v  o/"  7taQS(plsdQsvovTsg 
iv  'EqiiovtcoKel  xfjL  iieydlrjt  xal  xoivüg  7tQa'y^ax]tv6[X£voc  xtiöxac  mv 
xä  6v6\^axu  vjfoxsixai  lÖQvöavxo  xül  öelva  d^süi  xov  ßa^ibv  x\al  xov 
■jiBQißolov  xccl  xä  6v[vHVQ0vxcc  ndvxa. 


208  ^I-   Referate  und  Besprecliungen 

Es   folgen    Soldatennanaen   in   drei    Kolonnen,    deutlich    geteilt   in    drei 

Gruppen.     Der  Anfang  der  ersten  Gruppe  ist   zerstört,   der   zweiten  ist  ein 

grofses  B  vorgesetzt,  die  di-itte  trägt  die  Überschrift:  EFAEAÜXIZMENOI 

o  A 
MAXAIPO0  BA.     Die  letzten  Worte  löst  Jouguet  auf:  i.LCi2caQO(p6{Qoi-)  ß<x- 

(^öiXiKOL?)]  dabei  bleiben  die  übergeschriebenen  Buchstaben  unerklärt,    einen 

befriedigenden  Vorschlag   weifs   ich  nicht.  —  Die   zweite    Gruppe   nennt   zu 

Anfang   die    Offiziere    und  Unteroffiziere:   ify  =  •yjye^cov  q  avÖQ&v  =  eKcaov- 

raQ'/og,  ovQayog ,  Gi]n  =  6i]^£io(p6^og^  drei  N  =  mvx^v.övraQ'/pi^  AF  bleibt 
unerklärt.  —  Die  Namen  der  Soldaten  sind  meist  griechisch,  gleichwie  ihre 
Vatersnamen;  der  SchluTs  von  Jouguet,  dafs  damit  das  Überwiegen  der 
Griechen  in  der  ptolemäischen  Armee  bewiesen  sei,  scheint  mir  falsch.  Leute 
wie  'ArcolXofpdvijg  "A^aip,  S^ciS,  Bi&vog^  &Qo:i  EQixcdov,  rcdiaijg  Iiqci%og  ver- 
raten ihre  Heimat  noch  deutlich  trotz  des  griechischen  Bestandteiles  in  ihrem 
Namen;  ebenso  TIdi.g  ^ATtoXXoöorov,  ^A&rjvlcov  Tdov,  Tläiig  OeoÖcoqov,  JZfre- 
6ov'ii(ov(?^  XqvGtmtov^  BijGug  Bi]Gäxog  u.  a.  m.  Doppelnamen  mit  6  xai, 
tTtiKCiloviisvog  u.  s.  w.  kommen  in  der  Liste  gar  nicht  vor;  sollte  nicht  mancher 
der  Soldaten  ein  Fellache  sein  nnd  beim  Militär  einen  für  giechische  Zungen 
aussprechbaren  Namen  erhalten  haben,  der  hier  einzig  verzeichnet  ist?  Im 
Pap.  Grenf.  I  21  tragen  die  Töchter  des  Drjton  reingriechische  Namen. 
Durch  einen  anderen  Papyrus  aber,  den  Mahaify  (Hermathena  IX  1895  No.  21) 
veröffentlicht  hat,  wissen  wir,  dafs  jede  von  ihnen  noch  einen  reinägyptischen 
Namen  neben  dem  reingriechischen  führt.  Ich  meine,  dies  zufällig  erhaltene 
Beispiel  mufs  zur  Vorsicht  mahnen.  ''AnoXlcoviog  MeXayKOfxov,  MeXai'xofiag 
^ATtoXXocpdvov,  MiXag  'HXloÖcoqov  sind  vielleicht  so  zu  ihren  Namen  ge- 
kommen. Die  lange  Reihe  der  mit  Götternamen  zusammenhängenden  Namen 
ElßiöioQog^  'löLÖorog^  AitoXXaviog^  AjtoXXcog,  SaganCcov,  A&rjvoöcoQog,  Eg^iaiog, 
^loÖtoQog,  ^AQrE[iiö(OQog  u.  s.  w.  weisen  auf  Leute  hin,  die  zu  Isis  und  Horos, 
Ammon,  Sarapis  in  Beziehung  stehen;  sollten  diese  Griechen  sein?  Die 
Schwertträger  ^aiaLQOcpöqoi  haben  auch  zum  Teil  griechische  Namen;  sollte 
man  in  diese  Truppe  Griechen  eingereiht  haben?  Gegen  die  Unterschätzung 
des  einheimischen  Elements  in  der  ptolemäischen  Armee  siehe  Mahaffy,  history 
of  Egypt  IV  1889  S.  33,  145,  200.  —  Ein  kolvov  xibv  %ri6x&v  weist  Jou- 
guet in  einer  Inschrift  aus  Memphis  nach  (Rev.  arch.  1870^  108  Miller), 
die  etwa  aus  gleicher  Zeit  stammt;  in  ihr  sind  die  arLörai,  wie  es  scheint, 
auch  Soldaten.  Die  Zweifel  Lumbroso's  (Recherches  372)  an  der  Existenz 
eines  noivbv  r&v  Kxtat&v,  das  ja  allerdings  höchst  wunderlich,  werden  durch 
diese  neue  Inschrift  abgeschwächt,  wenn  auch  nicht  ganz  gehoben. 

Die  Zeit  ist  von  Jouguet  BGH.  XXI  richtig  bestimmt  (80 — 69),  der 
Name  der  Frau  des  Neos  Dionysos  mit  Recht  eingesetzt  wegen  des  erhaltenen 
Beinamen  QiXuöeXcpoi. 

Ptolemäus  XIV  oder  XY. 

22.  Ancient  greek  insc.  IV  1  No.  921  Z.  7  Hirschfeld,  angefühi-t  Rev. 
de  Philologie  1899,  S.  12  Haussoullier.  In  der  Liste  der  Propheten  des 
Apollo  von  Didyma  findet  sich  die  Notiz: 

7tQ£6ßEv6ug\  dl  xal  sts  'A^£i,avdQ)]av  rriv  TtQog  \  {^Aiyvntai  7Cq\os 
ßaailiti  IlroKe^idov  ßaOLlicog  \  \  Uroks^uiov]   d^eov   vtov  Aiovvaov  nal 


Max  L.  Strack:  Inschriften  aus  ptolemäischer  Zeit  209 

xcctayayav  |  [stg   ro]   fiaya   d'vQco^cc    iXs(pavTog    tdXccv\[ta   d£xat86]6€Qtt 
livag  et%o6i. 

Es  bleibt  fraglich,  ob  man  aus  der  Erwähnung  des  Königs  Ptolemäus 
allein  auf  die  Zeit  einer  Alleinherrschaft  schliefsen  darf  und  so  die  Reise  in 
die  Monate  Juli-August  48  datieren  kann,  in  denen  Kleopatra  VII  flüchtig  war. 

Unbestimmt. 

23.  Marmorfragment  aus  Alexandrien,  gefunden  bei  der  sogenannten 
Pompeiussäule.     Botti,   l'acropole  d'Alexandrie  et  le  Serapeum   1895   S.  19. 

.  .  .  ßaöihö^öa  BeQsvLKT] ....{....  [ßa6i]XiG)g ...  | ...  g  avtfig .  .  .  | .  .  . 
ÖQog.  .  . 

24.  Koptos.  Inschriftenfragment  aus  den  Tempeltrümmern.  Petrie,  Koptos 
pl.  22;  vgl.  S.  18: 

.  .v:i]€Q  ßadi^l^Bcig  nroXe^aCov .  .  •]  |  7CQ6nvk6[y .  .  . 

25.  Kreta,  Eleutherna  im  Hause  des  Constantinos  Zachariadakis.  Hoch 
0,17  m,  breit  0,84  m,  dick  0,20  m.     AJofArch.  1896  XI  581  Halbherr. 

ßccöiXia  IIrokE^al\ov .  .  .   |  evegye.  .  .  . 

Halbherr  ergänzt  ßaGiXia  nroXE^aio[i>  rbv  rag  TtdAfcog]   £VSQye\T(xv. 

26.  Graffitto  am  Gebel-Tukh,  dem  Steinbruch  von  Ptolemais  (Menschiye). 
Nach  Sayce  und  Bouriant  abschliefsend  veröffentlicht  von  Jouguet  BGH. 
1896  XX  248  No.  11  nxoU^aiov  \  zal  rrTOAA|.GüNI(?)  |  rov  Hzoh- 
fiaiov  I  rov  NmdvoQog  |  Gvvyevovg  Kai  orQati]yov. 

Ich  verstehe  die  Inschrift  nicht.  —  Von  den  übrigen  Graffitti  schreibe 
ich  noch  aus: 

26a.  d'sotg  UarffJQöt  \  'HgaxXrjg  AvötÖog  \  LSQOTtOibg  aal  aQ\xL7iQv- 
Tuvig  diä  ßiov  \  .     tÖTiog  Aa^ot"    IltoXs^alog  \  UarrjQ  "AQiqg  ZJagaTiicav. 

Jouguet  (BGH.  XXI  202^)  hält  die  Inschrift  für  römisch.  Er  merkt 
mit  Recht  an,  dafs  die  &sol  JSarTjQsg  in  der  Nähe  von  Ptolemais  keine  Zeit- 
bestimmung ermöglichen;  ob  man  die  Ptolemäer  in  römischer  Zeit  noch  ver- 
ehrt hat,  ist  mii-  doch  fraglich,   ebenso  ob  es  noch  einen  aQxntQvravig  gab. 

27.  Marmorblock  im  Museum  von  Alexandrien,  abgeschrieben  von 
Schmidt,  herausgegeben  Ziebarth,  Vereinswesen  213.     Fundort  imbekannt. 

tfj^t)  övvödcoi  TG)v  6vvyB0v%&v  nroXe^atog  'AXs^dvÖQOv  Alaxt- 
ds'vg,  LK. 

Aiakideus  ist  ein  Demenname,  der  nach  Wilckens  Mitteilung  auch  im 
P.  Petr.  I  21,  14  herzustellen  ist  (^laxidf  [«?]). 


Mit  den  Beziehungen  der  Ptolemäer  zum  Auslande  haben  sich  aufser- 
dem  in  dankenswerter  Weise  und  mit  schönen  Resultaten  befafst  im  An- 
schluTs  an  solche  Inschriften,  die  die  Ptolemäer  als  Stifter  von  Geschenken 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  1.  14 


210  11-  Referate  und  Besprechungen 

oder  sonst  nennen:  Holleaux  KEGr.  1897  S.  26  (Tliespiae),  S.  24  (Samos), 
1898  S.  250  (zu  Strack,  Dynastie  Anhang  No.  78:  der  Gouverneur  von 
Cypern  heifst  IIoXvKQdrijg  MvaGtdöov)-^  Haussoullier,  revue  de  philologie 
1890  (Didyma);  Wilhelm,  Gott,  gelehrt.  Anz.  1898,  S.211,  vgl.  vonWilamo- 
witz,  Hermes  33,  S.  533. 

Aus  „Botti,  plan  de  la  ville  d'Alexandrie  1898  p.  98  No.  LXIV"  habe 
ich  notiert:  decret  biliugue  —  5447  —  calcaire  compact  —  hoch  1,20  m, 
breit  0,50  m;  decret  bilingue  en  hieroglyphes  et  en  grec,  malheureusement 
illisible;  epoque  ptolemaique,  Alexandi-ie".  Vielleicht  versucht  ein  Besucher 
Alexandrieus  einmal  sein  Glück. 

Bonn,  1.  April  1899.  Max  L.  Strack. 


Grammatik  der  GriecMscken  Papyri  aus  der  Ptolemäerzeit.   I.  Teil.   Von 
Prof.  Edwin  Mayser.    Programm  des  Heilbronner  Gymnasiums.   1898. 

Der  erste  Versuch,  die  Sprache  der  Papyi-i  darzustellen,  muTs  notwendig 
dazu  auffordern,  ihn  von  allen  Seiten  zu  prüfen,  einmal  um  der  Frage 
willen,  ob  er  unter  die  anerkannten  grammatischen  Arbeiten  aufzunehmen 
sei,  dann  aber  auch,  damit  über  die  einzelnen  bei  der  Ausfühi-ung  zu  be- 
obachtenden Gesichtspunkte  eine  Einigung  erzielt  werde.  Denn  es  mufs 
doch  den  vornehmsten  Zweck  solcher  Einzelschriften  bilden,  für  den  Aufbau 
einer  geschichtlichen  Grammatik  brauchbare  Bausteine  zusammenzutragen. 
Und  wie  der  Werkmeister  mit  verschieden  behauenen  Steinen  schwer  zm-echt 
kommt,  so  wird  der  Bearbeiter  einer  allgemeinen  Grammatik  die  einheitliche 
Behandlung  in  seinen  Hilfsmitteln  sehr  ungern  vermissen. 

Maysers  Gebiet  sind  die  hellenistischen  Papyri.  Sie  vollständig  heran- 
zuziehen, ist  ihm  nicht  gelungen,  wie  ihn  ein  Blick  in  Paul  Vierecks  kürz- 
lich erschienene  Übersicht  über  die  ältere  Papyruslitteratur  belehren  wird. 
AuTser  dem  dort  Angegebenen  kenne  ich  noch  ein  von  Mahaify  im  Bulletin 
de  Corr.  Hell.  XVHI  145  herausgegebenes  Stück  aus  dem  Jahre  240  v.  Chr. 
und  einen  zweifellos  ptolemäischen  Papyrus  Eendiconti  della  Reale  Academia 
dei  Lincei  1897,  97;  während  oder  nach  dem  Erscheinen  von  Maysers 
Schrift  wurde  noch  veröffentlicht:  der  zweite,  wiederum  von  Kenyon  besorgte. 
Band  der  Papyri  des  Britischen  Museums  mit  zumeist  jüngeren  Stücken, 
sodann  die  wichtigen  Fragmente,  die  MahafFy  in  den  Transactious  of  the 
Royal  Irish  Academy  XXXI  (1898)  part.  VI  (III.  Jahrh.  v.  Chr.)  heraus- 
gegeben hat. 

Ich  bemerke  noch,  dafs  der  Herausgeber  dieser  Zeitschrift  die  grofse 
Güte  hatte,  aus  seinen  umfassenden  Sammlungen  neue,  auf  eigener  An- 
schauung beruhende  Lesarten  zui'  Verfügung  zu  stellen,  welche  in  der  Folge 
mit  W.  bezeichnet  sind.^) 


1)  Was  davon  auf  meine  Bemerkungen  keinen  Bezug  hat,  möge  hier  folgen. 
S.  X,  Anm.  8  statt  rcc  [ßJ^Xrara  1.  to;  xatu  rä;  ebenda  veiTQutet  Mayser  richtig 
rovTcov  f.  ßovTwv,  doch  ist  das  erste  r  verb.;  S.  9,  Anm.  !^7  ^sä  statt  i;&i];  S.  12, 
Anm.  7H  ^t()tov  zu  tilgen,  da  der  Pap.  x^Q'^ov  hat;  S.  23,  Anm.  169  statt  Z\o]X£l(ov 
1.  Zti.<^£viiy£ia}v ,   wie   schon  Wilhelm  vermutet  hatte;   S.  26,  Anm.  181   ist  richtig 


Wilhelm  Crönert:  Urammatik  der  Griechischen  Papyri  aus  der  Ptolemäerzeit    211 

In  dem  vorliegenden  ersten  Teile  behandelt  Mayser  die  Vokallehre.  Auf  die 
Diu'chtbrschung  des  von  ihm  gewühlten  Gebietes  hat  er  grofsen  Fleifs  verwendet, 
und  man  muTs  es  anerkennen,  dafs  er  im  Ausschreiben  der  Stellen  sorgfältig  ver- 
fahren ist.  Er  schliefst  sich  ganz  an  die  von  Meisterhans  gegebene  Anordnung 
an  und  giebt  dadurch  zu  verstehen,  dafs  es  ihm  weniger  auf  grammatische 
Scheidung  denn  auf  Übersichtlichkeit  ankomme.  So  wird  S.  8  in  einem  Atemzuge 
rj^yoXeßi^xloreg ^  öfico^oKef-iev  und  iöTQe^^iva^  evr^STcevrog  erwähnt,  wo  doch 
eigentlicher  Wandel  von  a  zu  e  nur-  in  dem  ersten  Beispiele  vorliegt;  das 
zweite  ist  nach  sTtoirjaeg  und  si'QTjKsg  zu  beurteilen,  die  andern  Wörter  aber 
zeigen  die  Beibehaltung  des  Präsensstammes,  wie  Ahnliches  selu'  zahlreich 
in  Hss.  sich  findet.  Diese  beiden  Fälle  waren  aus  der  Lautlehre  zu  ent- 
fernen, und  es  ist  überhaupt  ein  Fehler  der  Arbeit,  dafs  sie  zuviel  Fremd- 
artiges vorwegnimmt.  S.  10  war  in  einer  Reihe  zu  vermerken  ag)svQefia, 
SK&ejxa^  Tr^dff^EjLia',  vnofjLvsfia  (aber  ÖKXöTiqfKxri  Eud.  17,  6  etc.,  V7toöri(ß)ar[a 
Petr.  37,  32),  öTS^eßig  olniöerog,  TtenovEKEvai  TtaQEßre'KorEg  iEieils(p6ti.  Auf  der 
nämlichen  Seite  erscheinen  unter  haß  folgende  Wörter:  6rj  (==  ds)  öi^ovrcc 
ivviqcc  aQiLEQfjd  'Epy^o?  fxetriX&cct.  rjAtjc«  ijX&rj  rE&i'ja^ca  i]vey,ev  sv6'^ßeiav  7Jcog, 
^A^xti^iGit]  ivEGx'i]v,6xci  fi,i)  (=^|U£)  ev6i]'rig  ijrsQac  i]üv  nXrjOveEiLag  rj^r^^iorai,  6v(i- 
TCEQtEvevrjyfiivrjg  ^VVV^  {irjtrjveKCi  6(pXavyvi6rjg ^)  YoyyvXtö'rjg  (plur.)  nXfiQrjg 
(neutr.).  Ein  buntscheckiges  WiiTwar!  Alle  Fälle,  in  denen  dem  r)  ein 
Vokal  folgt,  waren  zu  entfernen^);  t/vskev  war  mit  stvensv,  dessen  Fehlen 
S.  23  ausdrücklich  angemerkt  werden  mufste,  zu  verbinden;  Umstellung 
der  Vokale^)  könnte  man  in  TtQOßEvrjiie  S.  10  Haß  und  6v(i7teQievevr]y^£vrjg 
annehmen;  in  7tXi^Qi]g  haben  wir  den  ältesten  Fall  der  indeklinablen  Adjektiv- 
form, von  der  sich  eine  Menge  Beispiele  in  den  Papyri  der  Kaiserzeit  (bes. 
sig  nXriQrig)  und  in  den  biblischen  Schriften  findet;  riX^i]  ^zxfiXd'ai  gehört 
unter    die  Verbalformen,    da   hier    das   Augment    beibehalten   ist;    die    Ver- 


6vviyLEii,cic  hergestellt,  so  hat  es  der  Pap.;  S.  30,  Anm.  222:  \ialonaQovav  findet 
sich  Petr.  11  3.5  nur  einmal,  nämlich  col.  1,  11,  aber  3,9  ist  toffavjTO)?  TtaQavciv 
(liaXoTtaQcevav  Mah.)  überl.  und  ebenso  maavTcog  TtaQccvccv  1,  5  und  aaccizas  itKQÖuv 
(so,  nvQQ&v  Mah.)  1,  3  (an  diesen  beiden  Stellen  ist  cböccvrcos  vom  Sckreiber  aus- 
gestrichen), endlich  naQovav  (nicht  — aji)  d  7;  S.  33,  Anm.  243  ist  i]t^is&(x  zu  be- 
seitigen, da  zu  lesen  ist  awEav^aaiisv  8h  Kai  Iloy.ia  avx&i  i'va  i]L  ftfr'  a\^vTov 
(t  in  ju.£t'  ist  verb.);  Anm.  245  1.  xQrmcctia&f];  S.  34,  Anm.  263  1.  -umidLa  f.  }iaii8[ccQ]ia 
(nach  8  ist  ein  Buchstabe   getilgt);  Anm.  269  1.  üvQQiai  f.  'PmiQQcoi,;  Anm.  270  1. 

7]v[mL]^aiisv  f.  av[ai.]^a  tr'jv;  S.  37,  Anm.  283  1.  svolk  {=  ivoUo{ig))  f.  iv  otKO,  vgl. 
GGA  1894,  722;  S.  41,  Anm.  322  1.  Ha/rt  Tswrog  f.  navncoXsärrig,  vgl.  GGA  1895,  137. 

1)  Die  zweimal  vorkommende  Form  aq^lavyviSsg  (Leid.  C4,  3  13)  erklärt  Lee- 
mans  durch  anXayxviSsg  'et  intelligendum  de  visceribus'.  An  der  ersten  Stelle 
steht  das  Wort  mitten  unter  Früchten ,  und  es  kann  wohl  kein  Zweifel  darüber 
sein,  dafs  hier  Spargel  gemeint  sind:  aaqxxQayog  aacpaQayyog  (vgl.  aacpaQayyov  Plut. 
Thes.  8  die  Aid.  und  Juntina,  aaTtUQÜyycav  Lucian.  v.  bist.  I  16  Gorlic,  aanaQccy- 
yiov  in  einem  mittelgriechischen  Jatrosophion  cod.  Monac.  288  s.  XIV  Blatt  87^) 
Gcpäqayyog  (vgl.  aCipälai,  Gcpälai,  u.  s.  w.,  heute  Gnaqäyyi)  ßcpQayyog  aqjXäyyog  erklärt 
sich  ohne  Schwierigkeit. 

2)  Es  mufste  zusammenstehen  cdriOsccv  Mi^rovsa  u.  s.  w.  S.  21  ,  ßaadsicog 
sldv  u.  s.  w.  23,  'AXs^av8Q-^a.  nXT]ä8a  u.  s.  w.  S.  19,    ivv^a  Tsd-t]a^ai.  u.  s.  w.  S.  10. 

3)  Ein  solches  Kapitel,  wohin  auch  MirvXrji'laLw  und  zweimaliges  8v8iiiri 
S.  15  gehörte,  fehlt  bei  Maj^ser.  Freilich  möchte  ich  nicht  verschweigen,  dass  eine 
Anzahl  von  Zeugnissen,  die  in  den  Quaestiones  Herculanenses  vorgelegt  werden 
sollen,  es  wahrscheinlich  machen,  dafs  der  kolvt]  die  jonischen  Bildungen  ijvsitia 
Tjvai^&ri  nicht  fremd  waren. 

14  H: 


212  II-   Referate  und  Besprechungen 

tauschung  von  de  und  öt]  beweist  nichts.  Von  dem  Reste  aber  ist  vielleicht 
noch  GcpXavyviSriq  yoyyvXi8i]g  abzusondern,  da  man  hier  eine  Einwii'kung  der 
Substantivformen  -evg  -elg  finden  kann-^):  was  übrig  bleibt,  zeigt  das  irrige  ?j 
nur  vor  folgendem  I- Laute:  fjAixa  svörjßeiav  AQTrj^LöLi]  iv7]6rri'/,6r<x  i]^imLoxai 
^rjrrivsaa.  Man  würde  indessen  solche  gezwungene  Zusammenstellungen  gerne 
hinnehmen,  wenn  man  im  Übrigen  ein  sicheres  grammatisches  Urteil  fände. 
Das  ist  aber  keineswegs  überall  der  Fall.  Man  erstaunt,  wenn  S.  24  und  25  in 
OiKsiag  aQeid'iiovöa  iTteiöTQeipai,  IvaiKSiGtai  VTtoXoyeiö&rjOercci  die  Dehnung  eines 
langen  i  angenoiumen  wird,  aTtoKXiqGavTEg  fehlt  bei  r}i<^£L  S.  18  und  steht 
S.  20  an  falschem  Orte  unter  cf-^ij,  ^HQccxXeicorrig  S.  23  ist  doch,  da  es 
von  'HqkkXeicc  abgeleitet  ist,  mit  ßccödeiwg  nicht  gleichzusetzen^),  ovxlvovv 
S.  42  ist  imter  Hyphairesis  statt  unter  Elision  gestellt,  d'QOionwXiov  wird 
S.  26  als  rechtmäfsige  Form  angesehen^)  u.  a.  Man  wird  ferner  in  Gvvoi- 
neaia  S.  74  nicht  den  Wandel  von  f^t,  sondern  von  rj^^e  anzvmehmen 
haben,  vgl.  auch  rcccvotKrjöia  Lond.  11255,4  (111^);  E^eAijqpora  iXricpotcav  S.  21 
mufs  man  doch  wohl  mit  iayr]%u  si'öyrjKcc  in  eine  Reihe  stellen.  Bei  Qscpa- 
vivov  Ss  S'*)  sollte  der  Verfasser  wissen,  dafs  dies  die  jonische,  von  der 
Koine  übernommene  und  noch  bis  heute  fortgepflanzte  Form  ist,  und  ypij- 
Gvavxat,  S.  9  aufzuführen,  war  nutzlos,  da  nie  ixQCiödfirjv  gesagt  wurde. 
Neben  ^&i,ov  'HQ(X)i,öi]g  ßioi^co^)  S.  34  bemerkt  man  mit  Befremden  Zw/Aog, 
sonderbar  ist  auch,  dafs  Mayser  in  einer  Sprache,  die  den  Dualis  schon 
lange  nicht  mehr  kennt,  eine  Fonn  wie  v&tv  (ebenda)  unbeanstandet  ge- 
lassen hat.^) 

Dazu  hat  Mayser  noch  eine  Menge  von  Bausteinen  unbenutzt  liegen 
gelassen.  Ich  will  zunächst  bemerken^),  worin  er  in  den  einzelnen  von 
ihm   berührten  Fragen  unvollständig  geblieben    ist.     S.  8  s  <^  a:  andvuyKov 


A 


Leid.  C  10^),  S.  9  a  ~  o:  ayy£iäv  xl  Eud.  (Blass)  14, 14  axav  18, 16  OIOAAOl 
Petr.  II  147    20,  a  '^  r]:  eiöavaXtöKovxsg  Petr.  II  6,5,   S.   10   £  ^^-^  1]:  jiiejitij^tG- 

1)  €^AAMHC  Zeile  15  dieser  Rechnung  ist  nicht  i^  f^AfiTjs,  sondern  ö^äl^irig. 
Dasselbe  Blatt  enthält  noch  andere  Merkwürdigkeiten:  ylta  74  17  vermag  ich  nicht 
zu  deuten,  aber  gkoUicc  ist  mit  dem  von  Pollux  10, 179  aufbewahrten  Antiphanes- 
bruchstück:  ayystov  äl(pitriQiov  xd/.|  zu  vergleichen,  in  cicQßia  17  steckt  wohl 
agÜHicc   (agänov  Par.  9,  28). 

2)  Die  Form  ist  zu  streichen,  da  nach  W.  an  der  einen  Stelle  (Petr.  II  35,  2,  1) 
'HgccKlsrntrig  steht,  an  der  andern  (I  19,  21)  'Hqu^IsiSIov  zu  lesen  sein  wird. 

3)  Daher  erklärt  sich,  dafs  sich  S.  29  unter  of^v  &Qoioit6liov  Par.  40,  13 
9Qoicc  16  d'QoiaS^auovg  Leid.  S  2,18,  19,  20,  21,  22,  23;  6,38  T  1,4  nicht  finden 
(die  richtige  Fonn  Q-qvov  d'QvoHOTtsiv  erscheint  erst  in  der  Kaiserzeit).  An  der- 
selben Stelle  sollte  noch  erwähnt  werden  ijvov  (=  oi'vov  wie  es  scheint)  Par.  55, 
11,  12,  14. 

4)  Es  fehlt  paqpavta  Leid.  C  4,  4  ganccvta  15. 

5)  Mit  alv^ißoXa  eNXPHMAlZCIN  Petr.  II  43,  16  weifs  ich  nichts  anzufangen; 
ein  Wort  iyji^Qri^ditca  ist  eine  zu  absonderliche  Bildung.  Vielleicht  ist  die  Fonn 
aus  iyxQTiii'CXTi^iiv  (wie  W.  vorschlägt)  verderbt. 

6)  dns  vmv  Petr.  11  15,  5;  die  Buchstaben  €ITTeN.YN  scheinen  sicher,  und 
dafs  ilitsv  ovv  zu  schreiben  sei,  ist  die  gröfste  Wahrscheinlichkeit  (NCOIN  steht 
nicht  da,  W.).  nXarsi[&6i  S.  17  ist  zu  streichen;  das  A  nach  T  ist  deutlich 
sichtbar. 

7)  Im  Folgenden  lasse  ich  solche  Dinge  fort,  die  in  meinen  Quaestiones  Her- 
culanenses  Platz  finden  sollen. 

8)  €N€AEK€TOi)l  Lond.  I  11,  44  steht  nicht  für  ivösKccrcoi,   sondern  für  ivs- 

dixSTO    (W.). 


Wilhelm  Crönert:  Grammatik  der  griechischen  Papyri  aus  der  Ptolemäerzeit.      213 

liivov  Rev.  L.  45,9,  KeQKsoatQrjcog  (so  W.  f.  -ueööt-)  Petr.  II  93,  22,  S.  11 

Y 
T^r^v:  HriHreN  Petr.  II  145,  22 1),  S.  14  coC\)ov:  ovöetvovöa  Leid.  C  2, 
27  ^),  S.  16  a<^ca:  ad  Par.  63,  11,  65,  yiyQanxa  noieiv  Lond.  I  39,  37  40,  83 
KeXQtjtiKTtßxa  (so  W.  f.  -laöra)  totg  Leid.  E  15  ncc  xexQäymva  Eud.  15,  18, 
hingegen  alöiKOvvxai  Lond.  126,9,  wenn  dies  nicht  vielmehr  zu  a^^e  ge- 
hört^), S.  17  atf^Et:  iyyai\([ov  Grenf.  I  30,18*),  S.  18  ijt'^ft:  tyuBKlEi- 
fiivov  Par.  37,  48  u.  a.,  S.  20  •jj'^ft:   slßovlofirjv   Leid.  Cl,8,  S.  21   ei^^^e: 

I 
emCTeAAC  Petr.  II  145,22,    S.  23    er^er.   uqbIcov  (=  iwv)   Petr.  II 
146,  23,    ft«'   (=  jLis)   Par.   63,   12,  93,    S.  25   i'^er.   el'va   Petr.  II  8,11 
(W.  hält  £   als  Zahlzeichen  für  möglich,   also  £  tVa),   S.  26  ei  f^  i:  yQafifiaxsi- 
8iov  Petr.  1122,6^),    üovxismi  Petr.  II  2,18   'Hg)Ciiöxiaia  Leid.   K  13  u.  a., 

o 

xvQiSiccg  Tor.  I  34,  37  40,  31,  S.  31  ov^v:  öevxigv  Eud.  13,17  YCHAN 
(==  ovGciv^  Petr.  II  48,23,  S.  32  ai-^a:  iyTiXiqixatßiv  Petr.  119,3  wofern  dies 
nicht  besser  zu  dem  eben  erwähnten  aLÖi-KOvvxai  gestellt  wii'd,  S.  33  rj^^rj: 
'))x'i^6cixo  Petr.  II  31,4,  S.  40  Krasis:    TtQoiyov6i   Petr.  1132,4.  Aphairesis: 

A  e 

TOYPCINOITOY  Petr.  I  76,2     KAinGAAYXNIOY    Eev.  L.  40,  12, 

S.  42  Hyphairesis:  xriv  vsKQ<^iyav  Par.  23,  14,  Epenthesis:  GexsQead-coöav 
Rev.  L.  50,11   (l.  Hand)  nQ06sxccyfia6i.v  Leid.  U  3,5. 

Es  wüi'de  keine  Mühe  machen,  diese  Reihe  noch  weiterzuführen,  doch  ist 
es  wichtiger,  zu  Dingen  überzugehen,  die  Mayser  garuicht  berührt  hat. 
S.  8   xsaöaQccTiovxci  Petr.  II  143,9    xe6aciQ(xy.aid[s^yi[^ccx^i]g  Eud.  3,32   u.  a.,    es 

fehlt  —  und    das    kann    nur   Zufall    sein  —  das    in    den   Papyri   der 

Kaiserzeit  und  späterhin  so  verbreitete  xiöösQa  u.  ä. 
Kvcc&ov  Petr.  II  108,  23  (vgl.  Kve&ovg  LXX  Num.  4,  7  im  Vaticanus). 
ipcMaÖLöxioig  Fetr.  II  115,5   ipaKciÖLaßcci  7  17.    Das  sind  Bezeichnungen  für 

gesprenkelte    (getröpfelte)    Pferde,     ebenso    merkwürdig,    wie    das   von 

Mayser  richtig  verstandene   iiaXoTTCiQavav. 
S.  9  'EQ(iaq)iXog  und  'EQ{ia(ptXo)t,  aber  auf  der  Rückseite  'E^ixöcpikog  Petr.  II  24, 

^AöLodcoQov  Petr.  I  75,  29,   ■d'QOtaöeafiag  neben  &Qoi07t6hov  (s.  oben)  und 

anderes    derart;    in    diesen    Kreis    gehört    «auch    em,GxoXoyQdg)og   Leid. 

G  16  u.  ö. 


1)  In  ePYMWNTOTTCiON  Petr.  II  7,  5  iqri^av  xönav  anzunehmen,  kann  ich 
mich  nur  schwer  entschliel'sen.  W.  las  Träjf  [i'\Qvuoyv  xÖTtcav,  und  damit  ward 
meine  Vermutung  'EQvyiav  x07toyQ(a(iu,ccxfcoe)  xal  tlixi60v%ov  v.a^oiyQcciLuarta}?)  hin- 
fällig. Ein  Adjektiv  '^gv^og  für  BQVfivog  ist  nur  sehr  ungewii's  belegt  (Thes.  m 
2067^),  und  SQv^og  scheint  ausgeschlossen.  So  lange  die  Sache  nicht  endgültig 
entschieden  ist,  mag  Maysers  Lesung  Geltung  haben.  —  'Eqv^kov  ist  ein  seltener 
und  nm-  aus  Papyri  (Petr.  II  88,  18;  93,  24;  96,  6)  bekannter  Eigenname,  aus  '^qv^k 
gebildet  wie  Ai'iiwv  aus  alpicc,  Ei'^cov  aus  elfia,  Kxr^^cov  aus  v.xrjiKx. 

2)  Die  von  v.  Wilamowitz  vorgeschlagene  Bessei-ung  ovqovok  statt  OPOYCA 
hat  Mayser  zu  Unrecht  verschmäht,  ein  Beweis,  dafs  er  die  anschauliche  Schilderung 
des  Traumes  nicht  verstanden  hat. 

3)  Man  bemerke,  dafs  bei  diesen  Fehlem  der  Ton  nie  auf  der  veränderten 
Silbe  ruht. 

4)  aslrivtnqoLg  und  6xc<X7]Qii'i]ag  gehört  wohl  nicht  zu  aL^^^JT]^  sondera  zu  8t  r^  r]. 
Nicht  zu  vergessen  war  die  richtigere  Form  Gslrivalcc  Eud.  3,  20. 

5)  Vielleicht  ist  doch  yQCi^^o:xbi[ov  zu  schreiben  (yp«uftKT£io[T'  las  W.),  vgl. 
yQociniaxHOv  (Brief)  53,  3. 


214  II-   Referate  und  Besprechungen 

'AöKXancovog  Petr.  II  125,13. 

Tlccvri^iog  Grenf.  I  20, 4  9   (vgl.   Schweizer,  Gr.  der  pergam.  Inschr.   50). 
ZriQcc^ßog  Petr  II  59,10  11  13  und  Vorr.  31,4  6  7. 

Das   ägyptische    Brot  erscheint   in  unattischer    Form:  rcöv    kvItjötlüv  Par. 
27,20,    KvXi]azrjL(ov  Lond.  126,13,    KvlXiiöri    (dies    scheint    keine   Ab- 
küi-zung   zu  sein)  Par.   55^\  10   12   14  u.  a. 
övrjyoi   {o[[  K]vvi]yot   las  W.)   Petr.  II  135,  16,    (va-ßg)    iXscpai'xr^yog    26, 
Xi&rjy^g  43,7  11,    47,3  8. 
S.   10   TeiQLÖan^g  (so  W.  f.  TsQQtd.)  ein  fremdländischer  Name  Petr.  II,  103, 19. 
Die  armenischen  Fürsten  des  Namens  'Dertrad'  heifsen  in  den  griechi- 
schen Hss.  TrjQiÖKtrjg  oder  TiQiSdxi]g. 
S.  12  svoa^hiov  füi'  £v(ovvi.iov  Leid.  U  2,12. 

('AneX&g  Par.   5   10,11,  ist  falsch  gelesen,  'AnoXX&g  W.). 

iTtiroöoKa  Lond.  I  38,  2  ccTtetadconu  41, 100  (Einwirkung  des  nachfolgenden 

Vokals). 
vÖQOxoog  Eud.  col.  24.     Die    später    hin   und   wieder    auftauchende   Foi-m 
vÖQT^xöog  (so  z.  B.  Lond.  I  94,  293  aus  dem  IV.  Jahrh.)  geht  wohl  auf 
den  Einflufs  der  astrologischen  Dichtung  zm-ück.^) 
S.   14  oöTtQiov  Tor.  1145,24  ( — sov  Spätere). 

ccXuvg  Par.  5,  13,6   19,2  41, 10,  Leid.  P  16  (ccXssvg  im  neuen  Testament, 
Schmiedel  §  5,  20). 
S.   15  (loXvßötva  Par.  35,28   37,39   45  }ioXv[ßd  .  .  Rev.  L.  75,8. 

ccXiKÖg   Petr.  II  14    131   und  Vorr.   36  37,    im    Ganzen    fünfzehnmal;    vgl. 
Moiris:  ccXvkov  ^Atxin&g,  uXtKov  noiviög. 
S.   16  Es  war  wohl  nicht  überflüssig,  unter  ai^a  das  häufig  vorkommende 
iXcüKov  zu  erwähnen   (für  TIXaxaMOV  Petr.   II  118,  26   ist  mit  W.   JZa- 
xaUov  zu  lesen). 
S.   28  Qom  Leid.  C  4,  12  Qoiug  4,4. 
S.  42?  £XaioovQy\ol  Rev.  L.  49, 1  von  erster  Hand.  q 

Endlich  giebt  es  noch  folgende  Vokalverschiebungen:  xoig  06IC 
(=  d-Eoig)  Petr.  I  78,  2,  tcccq  ^lovöaiov  .  .  ov  x6  ovo^a  A<xvoovXo[g  Grenf.  I 
75,6  (das  ist  doch  wohl  Daniel),  Tta^'  'AnoXXcovcog  (!)  Tifiöd-ev  Par.  60^ 
28,  tö  oidTjv  (=  cod/v?)  Leid.  C  2, 30.  Mit  dem  letzten  Beispiel  ist  aber 
^o^ovovvxsg  Petr.  II  66,  7  nicht  zu  verbinden,  da  gewifs  k'yveafiev  6(ioy[v]co- 
fiovovvxsg  mit  Wyse  zu  lesen  sein  wird.  ^) 

In  vielem  von  dem  hier  Gegebenen  soll  für  Mayser  kein  Vorwurf 
liegen,  da  auch  Dinge  vermerkt  sind,  die  erst  für-  die  spätere  Zeit  wichtiger 
werden  und  dem  aufs  Allgemeine  gerichteten  Blicke  sich  entziehen. 


1)  Sie  erscheint  dann  auch  in  den  Hss.  späterer  Prosaschriftsteller,  und  da 
hierüber  die  Wörterbücher  keine  Auskunft  geben,  so  mögen  gleich  einige  Belege 
folgen:  vÖQrixoa  Bardesanes  bei  Euseb.  pr.  ev.  276*,  v8qi%6(o  (so)  Schol.  in  Dionys. 
Perieg.  ed.  Wescher  (Dionys.  Bosp.  nav.)  107,  v8Qr\%6o?  aquarius  Corp.  Gloss.  Lat. 
n  20,  2.5  m  30,  12 ;  vÖQrixöo?  ist  die  übliche  Form  der  besten  Hs.  der  Geoponica, 
F,  vgl.  5,  3;  IG,  20;  22,  3  u.  s.  w.  ed.  Beckh,  Es  findet  sich  sogar  vöqtixosIov: 
Clem.  Roman,  homil.  XI  1  im  Ottobonianus. 

2)  In  &foasßovag  Lond.  I  38,  30,  das  für  -siag  gelesen  wird,  ist  das  k  nach 
W.  ausgelöscht  (zu  lesen:  &£06sßovg  Kvrdiliiipewg),  und  statt  öiaasiv  Leid.  G.  19 
hat  der  Pap.  diaaisiv  (W.). 


Wilhelm  Crönert:  Grammatik  der  Griechischen  Papyri  ans  der  Ptolemäerzeit     215 

Nun  ist  es  aber  nicht  unbekannt,  dafs  Stanislaus  Witkowski  in  Leni- 
berg  eine  Gramtnatik  der  Ptolemäerpapjri  in  Bearbeitunff  genommen  hat: 
in  dem  schon  erschienenen  Prodromus  liat  er  eine  Grundlage  dazu  gelegt. 
Es  liegt  nun  nahe,  in  Anbetracht  der  zahlreichen  Mängel  von  Maysers 
Schrift,  eine  bessere  Lösung  der  Aufgabe  von  Witkowski  zu  wünschen  und 
damit  jene  Arbeit  für  abgethan  zu  erachten.  Wenngleich  es  nicht  an- 
genehm ist,  die  Grammatik  der  älteren  ägyptischen  Schriftdenkmäler  in  zwei 
Büchern  suchen  zu  müssen,  so  glaube  ich  doch  die  besprochene  Leistung 
um  der  vielen  an  sie  verwendeten  Sorgfalt^)  und  um  ihrer  prunklosen 
Kürze  willen  halten  zu  müssen.  Da  sie  als  Programm  erschienen  ist,  so 
macht  es  keine  Schwierigkeit,  sie  abzuändern.  Und  für  diese  Änderungen 
darf  ich  vielleicht  noch  einige  Vorschläge  machen.  In  der  Grammatik  der 
ägyptischen  Papyri  suchen  wir  nur  die  Behandlung  der  von  Agyptei'n  ge- 
schi-i ebenen  Dinge;  alles  litterarische  kann  foi-tfallen,  ausgenommen  natüi-lich 
den  Eudoxospapyi'us.  Dafür  aber  verlangt  man  eine  sorgfältige  Berück- 
sichtigung der  ägyptischen  Inschriften  aus  der  Ptolemäerzeit.  In  der  Ein- 
leitung soll  nur  kurz  ein  Verzeichnis  der  Quellen  und  der  herangezogenen 
Werke  stehen;  allgemeine  Erörterungen  möge  man  zurückhalten.  Für  die 
Übersicht  aber  über  Laut-  und  Formenlehre  müssen  vor  allem  folgende 
Grundsätze  mafsgebend  sein:  l)  Es  ist  in  wichtigen  Dingen  ein  äufserlicher 
Unterschied  zwischen  sorgfältiger  und  nachlässiger  Schrift  zu  machen^), 
2)  bei  allen  selteneren  Erscheinungen  mufs  die  Frage  der  Analogie  die 
nächste  sein,  3)  neben  dem  Ungewöhnlichen  darf  das  Gewöhnliche  nicht 
unbeachtet  bleiben,  4)  bei  Anführung  einzelner  Stellen  ist  genau  die  Üljer- 
lieferung  wiederzugeben,  endlich,  und  das  ist  der  wichtigste,  man  soll  nicht 
einer  bequemen  äufseren  Einteilung  zu  Liebe  den  grammatischen  Zusammen- 
hang zerreifsen.  Wird  dann  diese  Arbeit,  in  der  aufser  den  Verweisen  auf 
andere  Darstellungen  nichts  zu  stehen  braucht,  was  nicht  aus  den  Ptole- 
mäerpapyri  geschöpft  ist,  mit  klarem  Inhaltsverzeichnisse  ausgestattet,  so 
werden  alle  Wünsche  befriedigt  sein.  Dann  bleibt  noch  immer  für  Wit- 
kowski ein  weites  Gebiet  übrig:  die  Syntax  und,  was  noch  weit  wichtiger 
ist,  die  Wortwahl.  Es  wird  ein  jeglicher  gestehen,  der  viele  der  Papyri 
gelesen  hat,  dafs  die  Sprache  der  Urkunden  stellenweise  von  hohem  Reize 
ist.  Diese  Feinheiten  und  Eigentümlichkeiten  wiederzugeben,  und  daneben 
die  Zwischenstufe  zwischen  der  attischen  Sprache  und  dem  Neuen  Testa^ 
ment  aufzubauen,  ist  eine  zwar  schwierige,  aber  sehr  dankbare  Aufgabe. 
Und  wenn  es  gelänge,  die  beiden  Gelehrten  in  dieser  Weise  zu  gemeinsamer 
Arbeit  zu  bestimmen,  so  wäre  der  Zweck  dieser  Anzeige  in  erfreulicher 
Weise  erreicht. 

Halle  a.  d.  S.  Wilhelm  Crönert. 


1)  AuTser  dafs  bei  Iloasdcovicoi  S.  22  die  Stelle  ausgefallen  ist,  sind  dem  Nach- 
prüfenden keine  Flüchtigkeiten  aufgefallen.  Dafs  übrigens  Mayser  bisweilen  tref- 
fende grammatische  Entdeckungen  macht ,  dafiü-  mag  die  hübsche  Erklärung  von 
iYXoti&evtcc  S.  X  zum  Beweise  dienen. 

2)  In  meinen  Quaestiones  habe  ich  mit  f  die  guten,  mit  *  die  schlechten 
Schreiber  bezeichnet. 


III.  Mitteilungen. 


Preisaufgabe  der  Charlotten-Stiftung  1899. 

Nach  dem   Statut   der   von    Frau    Charlotte  Stiepel  geb.  Freiin  von 

Ho pff garten    errichteten    Charlotten  -  Stiftung  für    Philologie    wird    am 

heutigen   Tage  (6.  Juli  1899)   eine   neue   Aufgabe  von   der   ständigen   Kom- 
mission der  Akademie  gestellt: 

„Die  griechischen  Doppelnamen  in  Ägypten,  mit  AusschluTs  der 
römischen  Vor-  und  Geschlechtsnamen,  sollen  aus  der  Litteratur,  den 
Inschiiften  und  der  Papyrus-  imd  Ostraka- Überlieferung,  soweit  sie 
veröffentlicht  ist,  zusammengestellt  und  Umfang  und  Entwickelung 
dieser  Sitte  in  den  Grundzügen  dargelegt  werden.  Man  wünscht 
durch  diese  Aufgabe  die  Anregung  zu  geben  zu  einer  späteren  zu- 
sammenfassenden Untersuchung  über  die  Nomenclatur  der  griechisch- 
römischen Epoche,  namentlich  mit  Rücksicht  auf  die  Cognomina 
(Signa). 

Die  Stiftung  ist  zm-  Förderung  junger,  dem  Deutschen  Reiche  an- 
gehöriger  Philologen  bestimmt,  welche  die  üniversitätsstudien  vollendet  und 
den  philosophischen  Doktorgrad  erlangt  oder  die  Prüfung  für  das  höhere 
Schulamt  bestanden  haben,  aber  zur  Zeit  ihrer  Bewerbung  noch  ohne  feste 
Anstellung  sind.  Privatdocenten  an  Universitäten  sind  von  der  Bewerbung 
nicht  ausgeschlossen.  Die  Arbeiten  der  Bewerber  sind  bis  zum  1.  März  1900 
an  die  Akademie  einzusenden.  Sie  sind  mit  einem  Denkspruch  zu  versehen; 
in  einem  versiegelten,  mit  demselben  Spruche  bezeichneten  Umschlage  ist  der 
Name  des  Verfassers  anzugeben  vmd  der  Nachweis  zu  liefern,  dafs  die 
statutenmäfsigen  Voraussetzungen  bei  dem  Bewerber  zutreffen.  In  der  öffent- 
lichen Sitzung  am  Leibniz-Tage  1900  (oder  in  der  an  ihre  Stelle  tretenden 
Festsitzung)  erteilt  die  Akademie  dem  Verfasser  der  des  Preises  wüi-dig  er- 
kannten Arbeit  das  Stipendium.  Dasselbe  besteht  in  dem  Genüsse  der  Jahres- 
zinsen des  Stiftungskapitals  von  30000  Mark  auf  die  Dauer  von  vier  Jahren. 


Englisclie  Ausgrabungen  im  Faijüm  1898/99. 

Mit  dem  folgenden   von  Grenfell   und   Hunt   an   die    Redaktion  ein- 
gesandten Bericht  sind  die  soeben  erschienenen  ausführlicheren  Darlegungen 


III.  Mitteilungen  217 

derselben  Gelehrten  im    „Archaeological  Report"   1898/99   S.  8 — 15   zu  ver- 
gleichen. 

Messrs  Grenfell  and  Hunt  resumed  last  winter  excavations  for  papyri 
in  the  Fayiim  which  they  began  three  years  ago  on  behalf  of  the  Egypt 
Exploration  Fund.  A  concession  was  obtained  for  excavating  over  a  con- 
siderable  strip  of  desert  in  the  north-west  of  the  district.  In  that  part  of 
the  Fayürn,  as  on  the  north-east  side,  the  margin  of  cultivation  receded 
four  or  five  miles  in  the  fourth  Century  A.  D.,  leaving  several  towns, 
situated  near  the  aucient  edge  of  the  desert,  some  distance  inside  it.  Work 
was  begun  at  the  largest  of  these  Graeco-Roman  sites,  Kasr  el  Banat,  in 
December  1898,  and  documents  found  the.re  soon  showed  that  the  ancient 
name  of  the  place  was  Euhemeria.  The  buildings,  whicb  were  denuded  to 
within  two  metres  or  less  from  the  ground  floor,  contained  papyri  of  the 
first  three  centuries  of  our  era.  One  of  these  houses,  which  belonged  in 
the  reigns  of  Domitian  and  Trajan  to  a  wealthy  Roman  Citizen  Lucius  Bel- 
lenus  Gemellus,  yielded  over  a  hundred  documents  from  its  owner's  cor- 
respondence,  while  the  doorstep  of  the  same  home  on  being  turned  over 
proved  to  be  an  inscription  with  a  petition  to  one  of  the  later  Ptolemies 
concerning  the  right  of  asylum  in  temples.  Many  ostraca  too  were  found, 
70  being  discovered  together  in  an  oven,  besides  terracottas,  coins  (silver 
and  copper)  and  numerous  objects  of  domestic  use  or  Ornament,  The  local 
temple  dedicated,  as  is  usual  in  the  Fayüm,  to  Sebek  and  Isis,  had  been 
for  the  most  part  plundered;  but  in  a  few  unopened  Chambers  some  de- 
motic  papyri  were  fovmd,  and  a  large  pot  containing  a  bronze  incense-holder 
and  other  Ornaments  belonging  to  the  temple.  After  six  weeks  work  at 
Kasr  el  Banät,  Grenfell  and  Hunt  moved  their  camp  to  a  site  about  3  kilo- 
metres  to  the  south,  called  Harit.  Here  a  considerable  cemetery  chiefly 
of  the  Ptolemaic  period  was  first  explored.  The  tombs,  having  been  placed 
in  low  ground,  were  affected  by  damp;  and  though  in  the  early  Ptolemaic 
burials  many  mummies  with  papyrus  cartonnage  were  found,  similar  to  those 
discovered  by  Flinders  Petrie  at  Gurob,  the  papyi'i  had  in  all  cases  decayed. 
Much  pottery  however  of  the  Ptolemaic  period  was  found,  both  native 
Egyptian  and  finer  imported  wäre,  together  vnth  some  alabaster  and  calcite 
vases,  beads  etc.  The  town  of  Harit,  which  proved  to  be  the  ancient  Thea- 
delphia,  yielded  papyri  and  other  antiquities  resembling  both  in  quantity 
and  quality  those  of  Kasr  el  Banat,  except  that  Ptolemaic  documents  and 
literary  fragments  were  somewhat  more  frequent.  A  third  centmy  wooden 
plough  was  discovered  in  a  remarkably  fine  state  of  preservation,  the  ropes 
being  intact.  Besides  Kasr  el  Banät  and  Harit,  two  very  much  ruined 
sites,  now  several  miles  back  in  the  desert,  were  examined.  One  of  these, 
Wadfa,  was  identified  from  documents  found  on  the  spot  as  the  ancient 
Philoteris;  at  the  other,  Kasr  Kurün,  where  there  is  a  well  preserved  late 
Ptolemaic  temple,  no  place-name  was  found;  but  papyri  found  at  Kasr  el 
Banät  make  it  extremely  probable  that  Kasr  Kurun  was  the  site  of  Diony- 
sias.  Both  that  town  and  Bacchias  are  marked  in  the  map  of  Ptolemaeus 
as  situated  respectively  near  the  two  ends  of  lake  Moeris,  a  position  which 
agrees  with  their  actual  site  near  the  two  extremities  of  the  BLrket  el  Kurün. 
All  the  sites  excavated  by  Grenfell  and  Hunt  were  in  the  i^iSQig  of  Themistes, 
which   thus   contained    the   north-west   of  the    Fayüm.     Since   the   fxsQlg   of 


218  in.  Mitteilungen 

Heraclides  occupied  the  eastern  half  of  the  province,  the  position  of  the 
remaining  (uf^/g,  that  of  Polemon,  must  have  been  confined  to  the  South- 
west part  of  the  Arsinoite  home. 

The  papyri  and  ostraca  have  been  brought  to  England  to  be  published ; 
a  selection  will  be  retm-ned  later  to  the  Gizeh  Museum,  which  has  retained 
the  most  important  of  the  other  objects  found.  A  füll  account  of  Grenfell 
and  Hunt's  excavations  in  the  Fayüm  and  publication  of  the  papyi-i  etc. 
will  be  issued  in  1900  by  the  Graeco-Roman  branch  of  the  Egypt  Explo- 
ration Fund. 


I.  Aufsätze. 


Zwei  Gedichte  aus  der  Zeit  Euergetes'  IL 

Im  Bulletin  de  correspondance  Hellenique  XX  191  liat  P.  Jouguet 
zwei  zusammeDgehörige  Grabschriften  veröÖ'entliclit,  die  angeblich  aus 
dem  Faiyum  in  das  Museum  von  Gizeh  gelangt  waren.  N.  920G  des 
neuen  Inventares.  Da  ich  ihre  Bedeutung  erkannte,  habe  ich  von 
F.  V.  Bissing  eine  Naehvergleichung  erbeten,  die  allerdings  notwendig 
war.  Derselbe  hat  vor  allem  konstatiert,  dafs  die  Steine  aus  Hassai'a, 
zwei  Stunden  südlich  von  Edfü,  Apollonopolis- Magna,  stammen.  In 
betreff*  der  Schrift  hebt  er  hervor,  dafs  der  Tüncher,  der  die  ein- 
gegrabenen Zeichen  mit  Rot  gefüllt  hat,  manche  Striche,  die  nicht 
vorgerissen  waren,  nachgetragen  hat.  Die  Schrift  ist  also  korrekter, 
als  der  erste  Herausgeber  annahm.  Ich  werde  auf  dessen  Umschrift 
nur  eingehen,  wenn  er  etwas  richtig  gefunden  hat.  Natürlich  folg-e 
ich  in  der  Orthographie  dem  Steine;  wer  solche  Dokumente  benutzen 
will,  mufs  so  viel  Griechisch  können,  dafs  er  ein  fälschlich  zu- 
geschriebenes oder  weggelassenes  Iota  hinter  langem  Vokale  verträgt; 
auch  die  Wiedergabe  des  Vokalismus  auf  unsere  Schulgrammatik  oder 
die  Etymologie  hin  umzukorrigieren  halte  ich  für  eine  Trübung  des 
Thatbestandes :  nur  was  der  Verfasser  nicht  gewollt  haben  kann,  ist 
zu  beseitigen.  Der  Schriftcharakter,  so  viel  ich  davon  weifs,  würde 
ungefähr  spätheUenistische  Zeit  bezeugen,  aber  selbst  das  ist  vielleicht 
für  Ägypten  schon  zu  bestimmt  geredet. 

I  EvayoQov  xovqtjv  övvyvovg,  ^^vs^  Tcoid^   vtco  zv^ißco 
Gxsi^e  0VV  evtv%irii  TTJöds  6t'  atQaTtLtov 
Bavd'sog  iv  önontkoLöiv  oQrjddog^  r)  ^is  ka^ovöa 
%'dX'n.Ei  0SQ6£g)6v'r}g  ■^'tö'  lequ  ükißCu 
5  KUi  xkeog  äst^vriGTov  hTtiyß'ovCoiöLV  s^ovöav^ 

yvcaöTov  o6ol  TidxQav  Ti]vd'    intßiqöav  i^rjv. 
ovvo^d  fiot  Vt',  w  ^£lv\  \4q)QodiGia^   /jv  IlxoXe^ialog 
yijfisvy  6  xccl  ßovlät  xal   ÖoqI  xtaQöa.ltog 


I.  5  xofi  scheinbar  abundierend.  Der  Gedanke,  bei  Perseplione  in  Seligkeit  weilend 
und  auf  Erden  in  ewigem  Naclii-uhm,  ist  nicht  klar  herausgebracht.  7  Dafs  nicht 
Krasis  ^ioiax' ,  sondern  Apokope  des  Anlautes  eintritt,  ist  in  den  Papjri  gewöhnlich. 

Archiv  f.  Püi)yi'usfoiscluiug  I.  i.  15 


220  I.  Aufsätze 

xa]   öTQariäi    OoCßov  dixvvg  ösXag  auv  a^aiiov 
10  OvyysvLxfjg  rs  cpoQCjp  ö6^ai>  iöovQaviav. 

bjL  ysvöarjv  svvovg  ßiorov  dtdyovd'    aua,  jcotvijt 

•aal  ysvsöSL  rtxvcov^  7]v  kCnov  iv  ngoxonalg^ 
lov  |U-'    cm&iäQLO'   6  TtccvT    ixpoQbiv  iQovog  iiÖE  övv  avrü 

Molgai  xX(o6r£LQCov  vi]6av  cctc    ad-ccvdrcjv, 
15  rov  xccQLV  i)  xkri^av  xarodvQO^ai  slv  atdao 

TiavToCcov  laQixcov  xdkXog  ivsyxa^svrjc^ 
xai  ^s  GvvdoQov  ov6av  i^bg  Tcoötg  ixrsQH^sv 

7iQO(pQovtcjg  dixvvg  svvoiav  if]v  s^e  [loi. 
CO  xaXhv  eig  kXo%ov  d's^Evog  XQSog,  c6  xakd  d-vßüi 
20  Q^^cig  J^o^t   t,d)ö7jL  %aX  TtaQcc   Q£Q6£(p6vr]i. 

tavta  iiad^cov  x^^iQovti  vocot  itagd^eißs  xtlEv&ov^ 

^Sive^  övv  evrviCiji  Ttgog  y    an  xal  öä  xtxva 
xal  Xiy    aus  xtsQi'öaöi,  „infVotr'    £7tl  yijg  d^dgaptoi,^ 

o66ov  iya  vcawi  däfiata  OsQösfpovrig.''^ 

'HQ(x)drjg  eyQailjsv. 

n  UaTJQLÖ^    ifiijv  övvyvovg  xaX  rig  tivog  ai^l  TtQOös^.d'cov 
|]£«;v£,  övv  avTv%Lrii  örel%£  dt    dtgamtov. 
sl^l  yaQ  evxlEiovg  'ATCokläviog  6  77roA£jU.«toi» 
xovQog  ov  svtQXtat  iiCrga  STtrjykdiöccv, 
5  övyysvtxijg  do^rjg  legbv  ysQag.     evvoLcc  ydg  ^lv 
ßalve  xaX  sL'ög)  yäg  aiQL  xccl  cjxsavöv. 
rovvsxa  xa^e  TtatQog  xaXhv  xXtog  slöoQOOvra 

rijg  avtr^g  ^pavetv  d-v^bg  iO'Tqy    aQsrfig 
xal  TCaxQLÖog  xalrig  rbv  istd^tov  iö^bv  iXeöd-ai, 
10  ainsLag  ^oißov  tijöd^   isQäg  nökEag^ 


11.  12  Sie  hat  die  s^voicc  bewiesen,  sowohl  durch  das  Zusammenleben  wie 
durch  die  Geburt  seiner  Kinder;  ■ncci  hellenistisch  nachgestellt.  Die  Kinder  hinter- 
liefs  sie  'in  gutem  Avancement'.  13  /ikite;^  der  Stein.  14  xAcoörr^pcov  sollte 

es  heifsen;  vielleicht  eher  ein  Fehler  des  Steinmetzen.  20  Kühn  steht  naQcc 

^SQOsqiovqL  ohne  Partizip  ovarjt  gleich  iczocpQ'iiiivrii.  24  oaaov  gewifs  nicht  im 
Wortsinne  gemeint,   sondern  gleich  iv  oacoi,  dum  ego  orcum  hahito. 

IL  1.  2  ergänzt  von  Jouguet  3  svy-lfiovg  Mifsbildung  durch  falsche  Ana- 
logie. Der  Eigenname  hat  den  Verstofs  gegen  die  Quantität  erzwungen.  4  hinter 
■AovQog  ein  Buchstabe  verloschen;  vermutlich  war  er  getilgt.  9  io^og  ist  normal 
von  iriiit  gebildet,  allgemein  gebräuchlich  nur  vom  exagmen  apium,  es  liegt  aber 
in  der  Etymologie,  dafs  es  von  der  'Direktion',  die  etwas  nimmt,  gesagt  werden 
konnte,  und  so  wird  man  diese  Stelle  und  Hesych  £G(i6g  oSog  und  so^iov  voGtifiov 
nicht  Vjeanstanden;  vermutlich  (xlossen  hellenistischer  Dichter.  10  alnvsiag  der 
Stein:  das  ist  Schreibfehler. 


Ulrich  V.  WilaTuowitz-Moellendorff:  Zwei  Gedichte  aus  der  Zeit  Euergetes' II.     221 
TtatQog  e^ov  yvorolöt  6vvsx7t^sv0avta  cpigtöta 

xal  'y£v6}ii]v  sm'ovg^  ylv^eCav  rrjQäv  a^ia  nCßttv^ 

Ttal  doQL  xal  roX^a  Ttdvrag  ivsyxcc^evog. 
15  as  ^'   i'iWfc  fiolQ'   sda^aööe  ßLoxkojötetQa,  xi  <5\  XQV 

tovto  ^adslv^  voötov  ^v7]6dfi£vov  ykvxsiov, 
rjhxirjg  äxoQrjtov^  Öt'   ovdl  cpClav  £V£7t^7]6a 

a)'v^bv  efiüv  TBXvcov  av  XiTtov  iv  d'aldfioig. 
tavta  ^ad'd)v^  cb  t,£iv8^  Xb.yoig  naxQi  tüv  xr£Qi6avti 
20  .^öavTOv  (li]  XQVi£iV  iivr]6d^£vov  ßtoxovJ''' 

xal  6ol  ö'   £vodLrjg  xgCßov  okßiov  ev^ofiac  £ivat 

TCQog  y    £Xi  xal  xixvotg  öolot  q)tko(pQo6vvotg' 

^A7toklävi£  XQr](jx£  xaiQ£ 
'HQadov. 

Aus  den  Gedichten  ergiebt  sich,  dafs  sie  von  einem  grofsen  Grab- 
mal herrühren,  das  Ptolemaios  für  seine  Frau  Aphrodisia  hatte  errichten 
lassen,  und  in  dem  er  auch  noch  seinen  Sohn  Apollonios  bestattet  hat. 
Er  nennt  das  Grabmal  ein  „Zelt  der  Persephone;^'  ich  kann  mir  dabei 
nichts  Sinnliches  vorstellen,  vermutlich  ist  aber  eine  bestimmte  Grab- 
form gemeint.  Das  Grab  lag  in  einer  bergigen  Gegend  Bauthis  (1,  o), 
die  ich  nicht  kenne,  vor  der  Stadt  des  Phoibos  (2, 10):  das  ist  eben  Edfü. 
Wenn  dort  ein  Grieche,  sogar  ein  6vyy£t'}]g^  heimatberechtigt  war,  so 
mufs  man  dort  eine  Militärkolonie,  eine  xaxoixCa^  annehmen.  Ptolemaios 
hatte  den  Rang  eines  6vyy£V7]g,  dem  Sohne  aber  kam  dieser  nicht  zu :  ein 
neuer  Beleg  dafür,  dafs  dieser  Adel  persönlich,  nicht  erblich  war.  Ferner 
lernen  wir,  dafs  der  cousln  du  roi  die  Stirnbinde  tragen  durfte,  das 
Zeichen  der  Königsherrschaft;  sie  wird  sich  wohl  in  Farbe  oder  Form 
von  der  königlichen  noch  unterschieden  haben;  immerhin  ist  das  für 
die  Deutung  von  Portraits  der  Zeit  nicht  unwichtig.  Die  Ehre  gilt 
als    „göttergleich" ^),    d.  h.    sie    erhebt    in    den    Stand    der    Majestäten. 


12  Die  Lesung  nach  Bissings  Abschrift  unzweifelhaft,  aber  es  fehlt  eine 
Sylbe.  In  der  Vorlage  des  Steinmetzen  wird  i,slvog  gestanden  haben.  i]Xv&' 
.Touguet,  [LvQ^'  der  Stein:  die  Vorlage  war  kursiv.  13  Die  Nebenform  ylvv.iog 

auch  16:  an  ylvv-slav  ist  nicht  zu  denken;  dessen  Mittelsylbe  konnte  nicht 
kurz  werden;    nur  auf  die  Orthographie  hat  es   eingewirkt.  14  Das  Medium 

ivsyv.ä[i£vog  will  besagen,  dafs  er  die  ihm  anvertrauten  väterlichen  Verwandten 
alle  heil  heimgebracht  hat.  19  Isyoig  nicht  ganz  deutlich;  statt  y  haben  beide 
Abschriften  p         20  yQv%£iv  der  Stein. 


1)  laovQuviog.     Mir  ein  erwünschter  Beleg  dafür,    dafs   ich   in   dem  Hymnus 

15* 


222  I-  Aufsätze 

Ptolemaios  hat  sich  auch  im  Rate  ausgezeichnet,  aber  vor  allem  als 
Soldat,  und  zwar  indem  er  dem  Heere  das  untadelige  Feuer  des  Phoibos 
zeigte  (1,  9).  Ich  wüfste  das  nicht  anders  zu  deuten  als  auf  die  Charge 
des  Pyrphoros^j,  möchte  dabei  aber  an  den  des  Hauptquartieres,  also 
eine  Hofcharge  denken.  Von  seinen  Expeditionen  sagt  ein  seltsamer 
Vers,  dafs  er  in  das  Innere  des  Landes  bis  an  den  Ocean  gedrungen 
wäre^):  was  ich,  wenn  es  nicht  verschrieben  ist,  nicht  anders  zu  deuten 
weifs,  als  dafs  er  etwa  von  Koptos  landeinwärts  und  dann  an  das  rote 
Meer  und  in  diesem  bis  an  den  indischen  Ocean  gedrungen  wäre.  An 
sich  würde  das  ganz  glaublich  sein.  Den  Adel  hat  er  von  den  avtQycxai^ 
d.  i.  svEQyaTai  erhalten;  das  ergiebt  die  Regierung  Euergetes'  II  (145 — 
116).  Der  Sohn  ApoUonios  hat  Verwandte  des  Vaters  nach  Syrien 
begleitet,  ist  aber  auf  der  Heimkehr,  obwohl  er  jene  sicher  heim- 
gebracht hat,  in  einer  Weise,  die  der  Dichter  in  befremdlicher  Weise 
verschweigt,  gestorben.  Jene  Expedition  nach  Syrien  ist  leider  dunkel 
in  einem  verdorbenen  Verse  angegeben  (2,  12)  ^stve  or£  öndnxQCOv 
■riXvQ-'  äQr]s  2JvQirjv.  Darin  ist  ein  Hiat,  den  der  Dichter  nicht  auf  dem 
Gewissen  haben  kann;  die  Anrede  des  Wanderers  ist  hier  auch  unan- 
gebracht. Am  nächsten  liegt  ^elvog  ors  öxccTirQCiv  ij2.v&^  ccqtjq  U.  „als  ein 
fremder  Kriegszug  um  des  Königtumes  willen  Syrien  überzog."  Das  ist 
zumal  bei  unserer  Kenntnis  der  unaufhörlichen  Thronstreitigkeiten  wenig 
genau;  passen  würde  z.  B.  die  Expedition  des  Alexandros  Zabinas  (129). 
Der  Dichter  Herodes  hat  sich  unter  beiden  Epigrammen  genannt; 
ein  gleicher  Verfasser  würde  sich  auch  sonst  aus  der  gleichen  Anlage 
der  Gedichte  ergeben.  Der  Tote  stellt  sich  dem  Wanderer  vor,  erzählt 
sein  Leben  und  schliefst  mit  einer  Bestellung  an  die  Hinterbliebenen. 
Es  ist  deutlich,  dafs  die  Komplimente  viel  mehr  dem  ApoUonios  gelten, 
der  das  Gedicht  bezahlte,  als  den  Verstorbenen.  Es  verlohnt  sich,  die 
Technik  eines  ägyptischen  Dichters  aus  der  zweiten  Hälfte  des  zweiten 
Jahrhunderts  zu  analysieren.  Wir  kennen  durch  Meleagers  Sammlung  die 


des  Aristoteles  die  tlberliefeniug  SLOa&avarov  richtig  nach  der  Analogie  von  lao- 
öai^icov  laoXv(inLos  gedeutet  habe  (Ar.  u.  Ath.  2,  409). 

1)  Xenoph.  noX.  Aan.  13,  2;  am  häufigsten  begegnet  er  in  dem  Sprichwort 
ovöh  nvQcpOQog  iXkicpQ^r]. 

2)  tvvoia  yuQ  ^liv  ßalvs  %al  sl'aco  yäg  aj^Qi  xaJ.  oj-Ktapöv.  Darin  mul's  wohl 
ßcävs,  nach  dem  homerischen  ßfjas,  transitiv  sein;  ii'aco  yäg  würde  man  lieber  einen 
der  in  das  Innere  der  Erde  steigt,  nennen,  als  einen,  der  in  das  Innere  Afrikas 
di-ingt;  und  a^Qi^  xai  mit  dem  Accusativ  ist  inkorrekt.  Da  der  Vers  auch  an- 
stöfsig  ist,  darf  man  die  Hichtigkeit  der  Überlieferung  anzweifeln;  die  Lesung 
steht  fest,  svvoia,  das  oft  gesetzte  Wort,  ist  in  hellenistischer  Zeit  die  loyale  Ge- 
sinnung des  Unterthans.  Dafs  die  Mittelsylbe  das  Iota  verklingen  läfst,  folgt  der 
damaligen  Aussprache. 


Ulrich  V.  Wiln.raowitz-Mocllenflorff:  Zwei  Gedichte  aus  der  Zeit  F^uergetes'  II.     223 

epigrammatische  Poesie  der  Alexandriner,  die  vollendetste  des  Alter- 
tums, für  das  ganze  dritte  Jahrhundert  genau,  his  auf  Dioskurides  und 
Poseidippos  herah;  wenn  der  oder  jener  der  nur  durch  ein  paar  Gedichte 
vertretenen  und  sonst  unbekannten  Dichter  in  spätere  Zeit  imd  zugleich 
nach  Ägypten  gehören  sollte,  so  würde  das  wenig  ändern:  wir  wissen 
von  keinem  bedeutenden  Dichter  aus  der  ersten  Hälfte  des  zweiten 
Jahrhunderts,  aufser  etwa  Alkaios  von  Messene,  der  im  Mutterlande 
thätig  ist.  Meleager  hat  die  älteren  und  bedeutenden  Dichter  aus  den 
Buchausgaben  ihrer  Werke  gekannt.^)  Dann  wird  es  eben  keine  be- 
deutenden mehr  in  Alexandreia  gegeben  haben,  wie  er  auf  der  anderen 
Seite  zwar  zeitgenössische  oder  wenig  ältere  Syrer  ^),  aber  keine  des 
dritten  Jahrhunderts  aufzunehmen  hatte.  Die  Poesie  Alexandreias 
welkt  wie  der  Staat  seit  Philopator.  Euergetes  IL  zerstört  auch  die 
Wissenschaften.  Moschos,  der  Freund  des  Aristarchos,  ist  schon  recht 
unbedeutend  und  hat  keine  bekannten  Nachfolger  mehr.  Da  ist  Herodes 
nicht  zu  verachten.  Dichter  ist  er  nicht,  aber  Verse  machen  kann  er 
noch.  Die  Regel,  dafs  weibliche  Cäsur  des  dritten  Fufses  oder  männ- 
liche mit  bukolischer  Diärese  gefordert  wird,  ist  nur  zweimal  verletzt. 
1,  11  ganz  leicht,  da  auf  die  männliche  Cäsur  ein  anapästisches  Wort 
und  dann  ein  überlanges  folgt:  didyovö'  afjba-^  denn  die  Elision  ver- 
bindet natürlich.  2,  13  ist  anstöfsiger,  denn  da  ist  zwar  auch  das 
anapästische  Wort,  das  die  männliche  Cäsur  des  dritten  und  des  vierten 
Fufses  erzeugt,  aber  dann  steht  ein  zweisylbiges  und  spondeisches  Wort 
in  den  fünften  Fufs  eingreifend,  zugleich  der  einzige  Spondeus  im 
vierten  Fufse  aufser  dem  überlangen  Worte  ßtox^cöGtsiQa,  das  in 
jedem  Dichter  gut  sein  würde.  Also  nur  zwei  Spondeen  im  vierten 
Fufse,  keiner  im  fünften,  und  im  dritten  nur  vier,  natürlich  nie  zwei 
in  der  zweiten  Hexameterhälfte:  das  giebt  leichtesten  Flufs.  Und  in 
der  ersten  giebt  es  zwar  recht  oft  einen,  aber  aufser  2,  21  immer  an 
zweiter  Stelle,  und  nie  zwei.  Es  ist  also  erreicht,  dafs  der  Hexameter 
mindestens  vier  Daktylen  hat,  und  zwar,  wenn  er  sie  hat,  die  beiden 
Spondeen  in  der  Mitte  stehn.  Dafs  dies  auch  in  der  ersten  Hexameter- 
hälfte bewufste  Absicht  ist,  ergiebt  sich  daraus,  dafs  der  Pentameter 
in  seiner  ersten  Hälfte  zwei  Spondeen  anstandslos  zuläfst.  Herodes 
würde  gewifs  selbst  als  Schnitzer  anerkennen,  dafs  er  im  vierten  Fufse, 


1)  Oder  aus  älteren  Epigrammensammlungen,  wie  das  Reitzenstein  für  Askle- 
piades  und  Poseidippos  gezeigt  hat. 

2)  Typen  sind  Antipatros  von  Sidon  und  Meleagros  selbst;  für  sie  war 
aufser  und  vor  den  Alexandrinern  und  Asiaten  Leonidas  von  Tarent  Vorbild,  von 
dem  sie  den  hohen  Wortschwall  haben.  Allerdings  haben  die  jüngeren  Alexan- 
driner die  Feinheit  des  Kallimachos  und  Asklepiades  zu  verlieren  begonnen. 


224  I-  Aufsätze 

2, 17,  einen  trochäisclien  Einschnitt  zugelassen  hat;  gemieden  ist  er  auch 
im  zweiten^);  findet  sich  aber  im  Hexameter  einmal,  2,7,  und  einmal  im 
Pentameter,  2,  10.  Kaum  glaublich  ist  das  Monosyllabam  vor  der 
Cäsur  des  Pentameters  in  dem  auch  dem  Sinne  nach  austöfsigen  Verse 
2,  6.  Denn  Herodes  hat  nicht  mir  den  Hexameter,  wie  sich  gebührt, 
mit  keinem  einsylbigen  Worte  geschlossen,  (wohl  aber  mit  zweien 
hinter  einander),  sondern  hat  auch  im  Petameterschlufs  entschieden 
Abneigung  gegen  zweisylbigen  Schlufs,  der  nur  zweimal  erscheint:  ein 
sehr  starker  Gegensatz  des  guten  griechischen  von  dem  klassischen 
lateinischen  Distichon.  Vokalverkürzimg  vor  vokalischem  Anlaut  ist 
sonst  korrekt  (aufser  %aC  nur  in  daktylischen  Verbalformen  auf  at, 
1,  15;  2,  21,  und  dem  Eigennamen  'A(pQodL0Ca),  nur  2,  6  ist  das  a  des 
Dativs  fit'xQK  (ehedem  äi.)  gar  in  der  zweiten  Pentameterhälfte  ver- 
kürzt. Herodes  konnte  also,  wo  er  etwas  besonderes  zu  sagen  hatte, 
die  Eleganz,  die  er  kannte  und  suchte,  nicht  immer  erreichen;  so  wird 
es  wohl  auch  2,  6  sein. 

Die  Sprache  mischt  den  epischen  und  dorischen  Vokalismus  ohne 
erkennbare  Regel.  Ich  habe  schon  bei  den  um  150  Jahre  älteren 
Gedichten  des  Isyllos  darauf  nachdrücklich  hingewiesen,  dafs  die  helle- 
nistischen Epiker  sich  im  Epigramm  und  nicht  nur  da  die  Freiheit 
genommen  haben,  je  nach  ihrem  Klanggefühle  mit  dem  Vokalismus  zu 
wechseln;  die  athenischen  Tragiker  und  die  Lyriker  hatten  es  in 
manchem  schon  so  gemacht  und  behaupteten  die  Freiheit.  Man  soll 
also  begreifen,  dafs  unsere  handschriftliche  Überlieferung,  obwohl  an 
sich  von  geringer  Zuverlässigkeit,  immer  noch  besser  ist,  als  die  Nor- 
malisierung, die  in  unseren  Texten  Mode  war  und  zum  Teil  noch 
ist.  Dafs  Herodes  nur  eine  geringe  Bildung  besafs,  zeigt  sich  am  deut- 
lichsten darin,  dafs  er  nur  wenige  gelehrte  Worte  hat,  während  die 
gleichzeitige  syrische  Dichtung  in  künstlichen  Wörtern  schwelgt,  da- 
gegen aufser  dem  Formelschatze  des  Grabepigrammes  stark  homerisiert. 
Er  mifst  xaXög  auch  in  der  Senkung  mit  Vorliebe  in  der  ersten  lang; 
Versausgänge  wie  ti  6e  iqyi  und  sv^o^at  eivm  (mit  anderer  Bedeutung) 
sind  direkte  Reminiscenzen.  Die  fehlen,  so  viel  ich  weifs,  ganz  gegen- 
über der  späteren  Poesie.  Und  wenn  er  ßalvs  im  Sinne  von  t^ys 
gesagt  hat,  so  mufs  ihm  der  transitive  Aorist  /3^(?£,  den  er  aus  Homer 
kannte,    einen    Streich    gespielt    haben.     Vulgarismen    dagegen    fehlen 


1)  Nicht  die  iambischen  Wörter  vor  der  Cäsur  werden  gemieden,  wie  es 
W.  Meyer  gel'afst  hat,  die  Wörter  an  sich  sind  harmlos,  sondern  die  Zerreifsung 
des  Fufses;  dann  ist  die  Folge,  dafs  die  Wörter  vor  der  Mittelcäsur  nicht  stehen 
sollen,    welche    den    zweiten    Fufs     zerreifsen    würden,    die    von    der    Messung 


Ulrich  V.  Wilamowitz-Moellendorff:  Zwei  Gcdichlo  aus  der  Zeit  Euergetes' II.     225 

nicht,  TtQoxoTti]  ist  stockprosaisch;  das  Adjektiv  fpilo^Qoafvvog  kaum 
schriftgeniäfs,  das  zweimalige  nQÖg  y  etl  aal  für  das  «rt  de  aaC  (atque) 
der  hellenistischen  Prosa  recht  schleppend.  Und  daneben  solche  pretiösen 
Erfindungen  oder  Entlehnungen,  wie  ßioxXcoöteiQcc,  die  Glosse  iöfiög^ 
öx^yysvLY.y]  für  „Charakter  eines  evyysvrig'^  (weil  övyysveLa  nicht  in 
den  Vers  ging)  und  vor  allem  die  Umbildung  des  Königsnamens  zu 
svsQXTcci:  das  giebt  das  rechte  Bild  der  Halbbildung  und  Decadence, 
wie  es  für  die  Zeit  des  Euergetes  IL  pafst. 

Es  wird  mancher  meinen,  ich  hätte  zu  viel  Worte  über  einen 
schlechten  Poeten  gemacht;  wer  das  Material  besser  gegenwärtig  hat 
als  ich,  wird  mit  mehr  Recht  vieles  vermissen.  Es  sollte  doch  klar 
sein,  dafs  es  mit  dem  Publizieren  der  neuen  Dokumente  nicht  gethan 
ist:  verstanden  und  in  die  Gesamtentwickelung  müssen  sie  eingereiht 
werden,  damit  wir  oder  vielmehr  eine  künftige  Generation  eine  wirk- 
liche Geschichte  der  Sprache  und  Kultur  erhalten  kann. 

Westend,  16.  März  1900. 

Ulrich  von  Wilainowitz-Moelleudorff. 


Zusatz. 

Auf  Anregung  des  Verfassers  des  vorstehenden  Aufsatzes  gestatte  ich  mir 
folgende  Bemerkungen  zu  S.  221  hinzuzufügen: 

1)  Aufser  der  fiirga,  die  hier  zum  ersten  Mal  als  Abzeichen  der  avyyev^lg 
bezeugt  wird,  kannten  wir  schon  die  goldene  Agraffe,  die  auf  der  Schulter  das 
Gewand  zusammenhält,  als  ihren  Schmuck:  nognriv  ^Qvaf]v  wg  ^&og  ierl  älSoe&aL 
rolg  Gvyysveat  tmv  ßccödsav.  Vgl.  1.  Makk.  10,  89  =  loseph.  ant.  XIII  §  102  und 
Lumbroso,  Recherches  S.  190.  Freilich  wird  das  für  die  seleukidischen  „Ver- 
wandten" bezeugt,  doch  darf  es  sicher  auch  auf  die  ptolemäischen  bezogen  werden. 
Hiermit  steht  in  Widerspruch  eine  andere  Nachricht,  die  bisher  in  diesem  Zu- 
sammenhang übersehen  worden  zu  sein  scheint:  1.  Makk.  11,  58  ^  loseph.  ant.  XUI 
§  146.  Danach  erhielt  man  schon  als  rcbv  ngcorcov  cpiXojv  (nach  dem  Text  von 
Makk.  sogar  schon  als  tcbv  cpiXav)  die  goldene  Agraffe  und  das  Purpurgewand. 
Vielleicht  löst  sich  dieser  Widerspruch  so,  dafs  man  diese  Abzeichen  bei  Ein- 
haltung des  gewöhnlichen  cursiis  honorum  (vgl.  Strack,  Rhein.  Mus.  55,  161  ff.) 
schon  als  zwv  -jtQmxav  (pilcav,  bei  aufsergewöhnlichen  Ehrangen  aber,  bei  Über- 
springung  dieses  Ranges  (vgl.  1.  Makk.  10),  als  avyysviqg  erhielt,  und  zwar,  wie 
wir  jetzt  hinzufügen  können,  in  letzterem  Falle  zugleich  mit  der  ultga,  dem 
speziellen  Abzeichen  der  avyysvslg.  Hiernach  sind  die  anregenden  Untersuchungen 
von  Georg  Ebers  (Antike  Porträts,  Lpz.  1893,  S.  45  ff.)  wieder  aufzunehmen,  der 
zuerst  die  7CÖQ%ri  für  die  Datierung  der  Grafschen  Bilder  herangezogen  hat.  Es 
wird  sich  vor  allem  fragen,  ob  der  Dichter  mit  poetischer  Freiheit  mit  dem 
Worte  ybitga  einen  goldenen  Lorbeerkranz  hat  meinen  können.  Dann  wüi-den  die 
Bilder  Nr.  4  und  22  in  der  That,  wie  Ebers  wollte,  ptolemäische  Gvyysvstg  dar- 
stellen. 


226    I.Aufsätze:  U.  v.Wilamowitz-Moellendorff:  Zwei  Gedichte  a.  d.  Zeit  Euerg.  II. 

2)  Draufsen  „vor  der  Stadt"  möchte  ich  mir  das  Grabmal,  zu  dem  die  obigen 
Gedichte  gehören,  nicht  vorstellen,  denn  das  ist  nicht  ägyptische  Sitte:  die  Toten 
werden  drüben  am  Wüstenrande  —  eventuell  meilenweit  von  der  Stadt  —  begraben. 
Dieser  Sitte  haben  sich  auch  die  Griechen  nicht  entziehen  können,  denn  sie  beruht 
auf  zwingenden  wirtschaftlichen  Gründen:  das  Fruchtland,  soweit  die  Nilüber- 
schwemmung es  erreichen  kann,  wird  zum  Begräbnis  nicht  hergegeben.  Wir  haben 
es  offenbar  mit  einem  Felsengrab  zu  thun,  im  libyschen  Gebirge  —  Eav&fog 
iv  CKonekoiGi  ÖQriäSog  — ,  wie  sich  das  für  eine  so  vornehme  Familie  schickte, 
während  die  weniger  Bemittelten  vornan  im  Wüstensande  begraben  wurden. 
Bav&is  —  mir  unbekannt,  klingt  gut  ägyptisch  —  mufs  der  Name  für  den  be- 
treifenden libyschen  Höhenzug  westlich  oder  südwestlich  von  Edfü  sein.  Die 
ccTQccTtirog  ist  der  Fufspfad,  der  zur  Grabkammer  führt.  Wegen  des  tfjods  di' 
cctQccTtiTov  ist  wohl  anzunehmen ,  dafs  die  Tafeln  an  den  Wänden  dieses  Felsen- 
ganges Aufstellung  gefunden  hatten.  „Eingelassen  waren  die  Stelen  nie",  schreibt 
mir  auf  eine  Anfrage  freundlichst  von  Bissing,  „denn  die  Profiliening  des  unteren 
Giebelrandes  geht  an  den  Schmalseiten  weiter,  hingegen  ist  die  Rückseite,  soviel 
man  sehen  kann,  ungeglättet,  war  also  durch  eine  Wand  oder  dergl.  verdeckt". 

D.  Red. 


Eine  neue  Roman-Handschrift. 

1.     Die  Fundgeschichte. 

Als  ich  im  November  1898  im  hundertthorigen  Theben  weilte, 
wurde  mir  u.  a.  ein  ganzer  Stofs  von  Pergamentblättern,  die  den  ver- 
schiedensten Codices  entstammten,  zum  Kauf  angel)oten.  Da  es  sämt- 
lich koptische  und  zwar  sehr  junge  kojjtische  Handschriften  waren, 
wollte  ich  sie  schon  bei  Seite  schieben,  als  ich  auf  einem  der  Blätter 
unter  der  dicken,  schwarzen  Schrift  der  koptischen  Hand  eine  matte, 
hellgelbe  griechische  Uncialschrift  entdeckte.  Bald  fanden  sich  noch 
mehrere  derartige  Blätter  hinzu;  im  ganzen  waren  es  sieben,  die  ich 
mir  dann  käuflich  erwarb.  Es  gehört  zu  meinen  schönsten  Reise- 
erinnerungen, wie  ich  darauf  in  meiner  Feluke  den  Nil  stromabfahrend 
mich  in  das  ehrwürdige  Pergamen  vertiefte  und  erst  einzelne  Worte, 
dann  ganze  Sätze  des  griechischen  Palimpsestes  entzifferte,  bis  mir  die 
schon  bei  der  ersten  Durchsicht  in  Theben  in  den  Sinn  gekommene 
Vermutung,  dafs  ich  einen  griechischen  Roman  vor  mir  habe,  zur  Ge- 
wifsheit  wurde.  Bald  zogen  mich  andere  Aufgaben  von  der  Hand- 
schrift ab.  Nur  vorübergehend  habe  ich  noch  im  Zelt  zu  Abusir  und 
dann  in  Cairo  Mufse  gehabt,  die  Entzifferung  des  Palimpsestes  zu 
fördern.  Wesentlich  wurde  ich  hierbei  dank  der  Liebenswürdigkeit 
des  stets  hilf  bereiten  Herrn  Dr.  von  Bissing  dadurch  imterstützt,  dafs 
er  mir  seine  Didot'sche  Ausgabe  der  Scriptores  Erotici  lieh.  Natürlich 
mufste  ich  mich  auf  die  besser  erhaltenen  Teile  des  Palimpsestes  be- 
schränken und  hoffte,  später  in  der  Heimat  mit  Hilfe  chemischer  Rea- 
gentien  auch  die  anderen  Partien  bezwingen  zu  können. 

Diese  Hoffnung  sollte  nicht  in  Erfüllung  gehen.  Durch  eine 
jener  unberechenbaren  Launen  der  Tyche,  wie  sie  die  griechischen 
Romanschi-iftsteller  nicht  müde  wurden  zu  ersinnen,  sind  die  Pergament- 
blätter für  immer  verloren  gegangen:  auf  dem  Schiffe,  das  sie  im  Früh- 
ling 1899  sicher  bis  an  die  heimatliche  Küste  gebracht  hatte,  brach 
vor  der  Ausladung  im  Hafen  von  Hamburg  Feuer  aus,  und  bei  diesem 
Brande  sind  sowohl  jene  Pergamentblätter  als  auch  die  Papyri,  die  ich 
im  Auftrage  der  Generalverwaltung  der  königlichen  Museen  zu  Berlin 


228  I-  Aufsätze 

vom  Januar  bis  März  1899  in  Ehnäs-Herakleopolis  mit  Heinrich  Schaefer 
zusammen  ausgegraben  hatte,  der  Vernichtung  anheimgefallen.  Was  wir 
durch  die  Zerstörung  der  Papyri  verloren  haben,  resp.  was  durch  meine 
Kopien  sich  davon  für  die  Wissenschaft  noch  retten  läfst,  darüber 
werde  ich  ein  anderes  Mal  berichten.  Heute  beschränke  ich  mich 
darauf,  mitzuteilen,  was  ich  über  jene  Pergamentblätter  nach  meinen 
Aufzeichnungen  und  meinen  Erinnerungen  zu  sagen  weifs.  Wenn  diese 
Mitteilungen  lückenhaft  sind,  so  wolle  man  nicht  vergessen,  dafs  alles, 
was  ich  in  Ägypten  an  der  Handschrift  gethan  habe,  nur  zur  vor- 
läufigen Orientierung  geschah,  der  die  gründliche  Durcharbeitung  zu 
Hause  folgen  sollte. 

2.     Der  Codex  Thebanus. 

Von  den  sieben  Blättern  gehörten  sechs  zu  einem  und  demselben 
Codex.  Das  bewies  das  gleiche  Format,  die  gleiche  Schrift  und  Schrift- 
anordnung, sowie  die  Verwandtschaft  des  Inhalts. 

Von  diesen  sechs  Blättern  mag  jedes  nach  nachträglicher,  rein 
approximativer  Schätzung  etwa  20  cm.  hoch  und  15  cm.  breit  gewesen 
sein.     Dagegen  war  das  siebente  Blatt  gröfser. 

Die  griechische  Palimpsestschrift  jener  sechs  Blätter  war  eine 
feine,  sorgsam  geschriebene  Unciale,  die  nach  rechts  hin  geneigt 
war.  Gewisse  Linien  der  Schrift  liefen  in  kleine  Pünktchen  aus. 
Accente  waren  nicht  vorhanden,  ebensowenig  Interpunktion  oder  son- 
stige Lesezeichen-,  gröfsere  Abschnitte  wurden  vielmehr  durch  Spatien 
getrennt.  An  Abkürzungen  habe  ich  nichts  weiter  bemerkt  als  ge- 
legentlich am  Schlufs  der  Zeilen  den  übergesetzten  Horizontalstrich 
zur  Vertretung  des  schliefsenden  v.  Der  ganze  Ductus  erinnerte  etwa 
an  die  Schrift  des  Fragmentum  Mathematicum  Bobiense  aus  dem 
VII./VIII.  Jahrh.  n.  Chr.  Als  ich  das  Original  noch  vor  mir  hatte,  habe 
ich  die  Schrift  des  Palimpsestes  in  das  VI.  oder  VII.  Jahrh.  n.  Chr. 
gesetzt.  Jetzt,  nach  Vergleichung  mancher  anderen  Texte,  ist  mir  das 
VII.  Jahrh.  wahrscheinlicher,  doch  ist  auch  das  VIII.  wohl  nicht  vöUig 
ausgeschlossen.  Noch  später  dürfte  die  Handschrift  auf  keinen  Fall 
anzusetzen  sein. 

In  der  Schrift  des  siebenten  Blattes  waren  die  Buchstaben  nicht 
schräg  geneigt,  sondern  standen  aufrecht.  Die  Linien  zeigten  an  ihren 
Enden  dicke  Punkte.  Ich  bin  nicht  in  der  Lage,  eine  genauere  zeit- 
liche Schätzung  anzugeben.  Damals  schien  mir  die  Schrift  etwas  älter 
als  die  der  sechs  Blätter  zu  sein.  Über  die  Schwierigkeit  solcher  Da- 
tierungen vgl.  unten  das  paläographische  Referat. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Boman  -  Handschrift  229 

Während  das  siebente  Blatt  in  einer  einzigen  breiten  Kolumne 
beschrieben  war,  war  die  »Schrift  auf  den  sechs  anderen  Blättern  in  der 
Weise  angeordnet,  dafs  auf  jeder  Seite  zwei  sehmale  Kolumnen  neben 
einander  standen.  Die  Kolumne  bestand  hier,  wie  ich  nachträglich 
meinen  Kopien  entnehme,  überall  aus  28  Zeilen.  Die  Zeile  hatte  im 
Durchschnitt  13 — 17  Buchstaben;  doch  kommen  auch  18  vor,  andrer- 
seits auch  12,  einmal  auch  11  (VII  9).  Die  Anfänge  der  Zeilen 
standen  genau  unter  einander,  die  Zeilenenden,  wie  häufig,  nicht  ganz 
so  genau,  doch  war  auch  hier  eine  Gleichheit  wohl  beabsichtigt,  denn 
gegen  Schlufs  der  Zeile  wurden  gelegentlich,  wenn  mich  meine  Er- 
innerung nicht  täuscht,  die  Buchstaben  kleiner  und  enger  an  einander 
gerückt;  auch  diente  demselben  Zweck  der  oben  erwähnte  Horizontal- 
strich für  V.  Über  die  Liniierung  des  Pergaments  kann  ich  nichts 
Sicheres  mehr  aussagen. 

Was  endlich  den  Inhalt  der  griechischen  Texte  betrifft,  so  ge- 
hörten vier  von  jenen  sechs  gleichartigen  Blättern  einer  Handschrift 
von  Charitons  Roman  von  Chaireas  und  Kallirrhoe  an,  zwei 
der  Handschrift  eines,  wie  mir  scheint,  bisher  unbekannten  Romans 
von  der  schönen  Chione.  Welchem  Litteraturwerk  das  siebente 
Blatt  angehört  hat,  kann  ich  nicht  sagen,  da  ich  nur  einzelne  Worte 
davon  entziffert  habe.  Ich  beschäftige  mich  daher  im  Folgenden  nur 
mit  jenen  Romanhandschriften. 

Die  oben  angeführten  Indicien  machen  es  zweifellos,  dafs  der 
Chariton-Roman  und  der  Chione-Roman  in  einem  und  demselben  Codex 
gestanden  haben.  Dieser  Codex,  in  dem  also  mindestens  zwei  griechische 
Romane  vereinigt  waren,  scheint  der  Bibliothek  eines  der  oberägyptischen 
Klöster  angehört  zu  haben.  So  berichtete  mir  wenigstens  der  Ver- 
käufer, dafs  die  mir  angebotenen  koptischen  Manuskripte  sämtlich  aus 
einem  benachbarten  Kloster  stammten.  Diese  Annahme  pafst  auch 
gut  zu  der  Thatsache,  dafs  die  griechischen  Texte  abgewaschen  wor- 
den sind,  um  das  wertvolle  Pergament  zur  Aufnahme  christlicher 
religiöser  Texte  in  koptischer  Sprache  —  Schaefer  taxierte  sie,  glaube 
ich,  auf  Homilien  —  zu  verwenden.  Wann  diese  Reskription  erfolgt 
ist,  kann  jetzt,  wo  das  Original  verloren  ist,  nicht  mehr  ausgemacht 
werden.  Ich  habe  die  koptische  Schrift  unserer  sechs  Blätter  damals 
etwa  in  das  X. — XII.  Jahrh.  gesetzt,  kann  freilich  keine  Bürgschaft 
übernehmen. 

Wie  mag  man  dazu  gekommen  sein,  die  griechischen  Romane  zu 
beseitigen?  Wenn  man  beim  Kirchenvater  Nikephoros  Kallistos  liest, 
wie  der  Bischof  Heliodor  von  der  Provinzialsynode  aufgefordert  wird, 
entweder  den  Roman   (den   er  geschrieben  haben   soll)   zu   verbrennen 


230  I-  Aufsätze 

oder  aus  dem  Amt  zu  scheiden^),  so  könnte  man  auf  den  Gedanken 
kommen,  dals  ein  ^laubenseifriger  Mönch  voll  heiligen  Eifers  über  die 
sündige  Erotik  unserer  Romane  sie  abgewaschen  und  fromme  christ- 
liche Homilien  darüber  geschrieben  habe.^)  Diese  Möglichkeit  wird 
man  nicht  leicht  bestreiten  können.  Aber  ich  könnte  mir  die  Ge- 
schichte unserer  Handschrift  auch  anders  denken:  trotz  aller  Provinzial- 
synoden  mag  man  zumal  in  der  abgelegenen  Thebais  die  griechischen 
Romane  auch  hinter  den  Klostermauern  mit  Vergnügen  gelesen  haben, 
und  so  mag  sich  auch  an  imserer  Handschrift,  die  wir  etwa  dem 
VH.  Jahrh.  zugewiesen,  noch  eine  Reihe  von  Generationen  ergötzt 
haben.  Allmählich  —  vielleicht  seit  dem  X.  Jahrhundert  —  schwand 
dann  die  Kenntnis  des  Griechischen,  und  für  diesen  Romanjargon  half 
auch  keine  „Scala".  So  mag  man  denn  schliefslich,  nachdem  der 
Romancodex  nur  noch  den  Wert  eines  Schreibstoffes  hatte,  die  kop- 
tischen Homilien  darüber  geschrieben  haben. 

Ich  habe  nicht  nachgeforscht,  ob  schon  mehrere  griechische 
Palimpseste  aus  koptischen  Klosterbibliotheken  bekannt  geworden  sind. 
Aber  auch  schon  dieser  eine  Fund  eröffnet  uns  vielleicht  eine  erfreu- 
liche Perspektive.  Sollte  es  nicht  öfter  vorgekommen  sein,  dafs  die 
griechischen  Autoren,  die  in  den  Klöstern  gelesen  wurden,  später  nach 
dem  Aussterben  der  griechischen  Sprache  koptisch  reskribiert  worden 
sind?  So  liefse  sich  hoffen,  dafs  vielleicht  noch  mancher  griechische 
Palimpsest  aus  koptischen  Klosterbibliotheken  an's  Tageslicht  käme! 


3.     Der  Roman  des  Chariten. 

Eine  neue  Handschrift  des  Chariton  wird  schon  darum  überall  auf 
besonderes  Interesse  rechnen  dürfen,  weil  uns  dieser  Dichter  bekannt- 
lich nur  in  einer  einzigen  Handschrift,  einem  Florentinus  aus  dem 
XIII. /XIV.  Jahrhundert  überliefert  ist.  Das  Interesse  wird  dadurch 
noch  gesteigert,  dafs  dieser  Florentinus  besonders  schlecht  erhalten 
und  sehr  schwer  lesbar  ist,  sodafs  erst  nach  und  nach  —  namentlich 
durch  Cobet's  Verdienst  —  die  Entzifferung  gelingen  konnte. 

Neben  diesen  Florentinus  tritt  nun  der  Codex  Thebanus  aus  dem 
VII.,  spätestens  VIII.  Jahrhundert.     Da  Chariton  nach  Rohdes  Ansatz 


1)  Vgl.  Rohde,  Gr.  Rom.  S.  432. 

2)  Nach  Rohde  wären  Achilles  Tatiiis  und  Chariton  Christen  gewesen.  Er- 
wiesen ist  es  nicht.  —  Ich  betone,  dafs  diejenigen  Schriftsteller,  die  christlichen 
Bischöfen  die  Autorschaft  von  Romanen  zuschreiben,  doch  hervorheben,  dafs  sie 
dies  gethan,  ehe  sie  Bischöfe,  resp.  Christen  geworden.  Vgl.  zu  Heliodor  Rohde 
S.  432  und  zu  Achilles  Tatius  S.  470,  Anm.  1. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman  -  Handschrift  231 

erst  im  V./VI.  Jahrhundert  gelebt  hat,  so  repräsentiert  der  Codex  The- 
banus,  der  nur  1 — 2  Jahrhunderte  jünger  ist,  eine  recht  alte  Tradition. 
Bei  der  Wichtigkeit  der  Handschrilt  hielt  ich  es  nicht  für  überflüssig, 
statt  einer  kurzen  Mitteilung  der  neuen  Lesarten  vielmehr  den  ganzen 
Text  des  Palimpsestes,  soweit  ich  über  ihn  verfuge,  mitzuteilen,  zumal 
sich  gelegentlich  erst  durch  die  Beobachtung  der  Kaumverhältnisse 
Abweichungen  zwischen  den  beiden  Handschriften  ergeben. 

Von  den  sechs  Blättern  des  Romancodex  gehören,  wie  oben  gesagt, 
vier  zum  Roman  des  Chariton.  Von  diesen  vier  habe  ich  bei  meiner 
vorläufigen  Entziflerung  in  Ägypten  nur  die  glatteren,  besser  erhaltenen 
und  leichter  lesbaren  Fleischseiten  berücksichtigt,  während  ich  die 
Haarseiten,  die  mit  blofsem  Auge  oder  auch  mit  der  Lupe  kaum  lesbar 
waren,  für  die  spätere  Behandlung  mit  Reagentien  reservierte.  So  sind 
vier  Seiten  oder  acht  Kolumnen,  also  gerade  die  Hälfte  der  von  mir 
erworbenen  Charitonhandschrift,  durch  meine  Kopie  gerettet  worden. 
Es  ist  ein  besonderes  Glück,  dafs  ich,  wie  schon  oben  bemerkt,  dank 
der  Liebenswürdigkeit  des  Herrn  von  Bissing  diese  neue  Charitonhand- 
schrift während  der  EntzifiPerung  mit  einer  Edition  des  Romanes  ver- 
gleichen konnte.  Bei  den  zahlreichen  Al)weichungen  des  Codex  The- 
banus  würde  ich  sonst  keine  völlige  Sicherheit  haben,  dafs  sie  wirklich 
so  in  der  Handschrift  stehen  und  nicht  etwa  verunglückten  Lesunsen 
ihr  Dasein  verdanken.  Nim  aber  habe  ich  schon  während  der  Ent- 
zifferung die  Abweichungen  von  der  Tradition  kennen  gelernt  imd  habe 
im  Bewufstsein  der  Verschiedenheit  die  divergierenden  Stellen  mit 
doppelter  Aufmerksamkeit  prüfen  können.  Ich  kann  daher  mit  gutem 
Gewissen  die  Fachgenossen  bitten,  der  folgenden  Kopie  der  acht  Ko- 
lumnen ilir  Vertrauen  entgegen  zu  bringen,  wenn  auch  die  Richtigkeit 
am  Original  nicht  mehr  nachgeprüft  werden  kann. 

Nur  an  wenigen  Stellen  sind  mir  Bedenken  über  die  Richtigkeit 
meiner  Kopie  gekommen.  Die  wenigen  Buchstaben,  die  ich  nachträg- 
lich vermutungsweise  geändert  habe,  sind  in  spitze  Klammern  <(  y  ein- 
geschlossen. Alles  andere  wird  so  mitgeteilt,  wie  ich  es  am  Original 
gelesen  habe,  mit  allen  Eigentümlichkeiten  und  Fehlern  des  Originals, 
unter  Hinzufügung  von  Accenten,  Spiritus,  Jota  subscripta  und  Liter- 
punktion. Die  Lücken  sind  nach  dem  Florentinus  ergänzt,  soweit  nach 
Mafsgabe  des  Raumes  Übereinstimmung  der  Traditionen  anzunehmen 
war.  Rechts  neben  dem  Thebanus  habe  ich  die  abweichenden  Lesims-en 
des  Florentinus  notiert.  Die  entsprechenden  Wörter  in  Th.  sind  fett 
gedruckt. 

Da  die  vier  Blätter  unmittelbar  hinter  einander  gehörten  und,  wie 
Gregory  gezeigt,  die  Lagen  des  Codex  so  geordnet  zu  werden  pflegten, 


232 


I.  Aufsätze 


dafs  immer  Fleischseite  neben  Fleischseite  und  Haarseite  neben  Haar- 
seite zu  stehen  kam,  so  ergiebt  sich  folgende  Anordnung  des  Hand- 
schriftenrestes : 


1.  Blatt  Haarseite:       nicht  kopiert. 

Fleischseite:  Col.  I  und  H      \ 

2.  Blatt  Fleischseite: 

Haarseite: 

3.  Blatt  Haarseite: 

Fleischseite: 

4.  Blatt  Fleischseite: 

Haarseite: 


Col.IIIundlVI-*^'""^-™''''^-'''^- 

nicht   kopiert. K.^^   ^^^^^    ^^^^,  ^jjj         ^ 

nicht  kopiert.  J 

Col.  V  und  VI      1         ^1        /-  o     r-  Q 

CoLVIIundVIIlH^'^^''*^''^-''^- 

nicht  kopiert. 


-6,  8. 


Codex  Thehanus. 

(pyjöl  zi[iOvv6tog,  Kai  iiX]- 

Qog  talg  [ßlTcCöi'  xüv] 
\yäQ  tceqI  X\aLQBav  \pv\- 

5  6h\y  'i]üti\ö\raxo,  ju.«]- 
rä  d\\  täv  uX\Xg)v  yv- 
vaix[ß)\v  idöxsi  xai 
KalhgÖTjv  TCaQHvav 
xal  ßaöilia  ')i\akBl\v  av- 

10  Tüv,  Iva  a^ioda  rrjv 
yvvalxa  ysQccg  rijg  d- 
Qiöxtag.    'Enal  öh  i^X- 
^8Vf  dLrjyrjöaro  uv- 
tä  ßaöcXsvg  iS,  «9X^§ 

1.5  «rr«i'T«  TU  yeyavrj- 
^eva.     'Ev  ixeCva  di^ 
Tc5  xccLQä  ^aXiOra  Ai- 
ovvöioq  s:rs(feii,a- 
xo  Jiaiöiav  te  x«t  (pQo- 

"Sl6JtsQ  yaQ  si  tig  xequv- 

VOV    TtSGÖVtOg    TIQO 

rdv  Ttodiöv  tcvTov 


Codex  Florentinus. 


Kolumne  I. 


4/5   i]7tC6TaT0    OVÖtV 

7  xal  fehlt. 


12/13  d'   dg7]XQ'ev 

14  et,  vcQp]g  fehlt. 

15  TtdvTU 

IC  de 

17  ^aXiöta  fehlt. 
18  tf.  (pQovrjöLV     zliovvöiog     STCe- 
dBii,aTo   xul    TtaidsLav    i^ai- 

QETOV. 

21  et  fehlt. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift 


233 


Codex  Tliebanus. 
^r]  taQw^d-Tiy  orr<o§ 
25  xccicetvog  axovöag 
Xöyovq  öxrjTitov  ßa- 
QVTSQOvqt  ort,  XaiQt- 
ag  «rtßyft  KaXXiQ6i]{v) 


Codex  Florentmus. 
24  raQuid-ELY].    Es  fehlt  ovr cog^ 

ergänzt  vou  Hercher. 
26  Xöyav  —  ßaQVtSQav 

28  f.  KuHiQQ6y]v  slg  UvQUXovöug 
anuysi 


Kolumne  II. 
\hiq  J^VQaaovffag f  ojw-ojg] 

[ovx  edo^sv  aöcpaXeg] 

5  [p'sCßrig  xfig  ßaöiXCöog^ 
['O  de  '^Qtci'itQ^r]g  ^^El  ^ev\ 

aal  K[aXhQ67]v  d^s]- 
(ftox«  ä[v  öoif  zliovv\- 
10  öi£,  %a6av  \yuQ  Evvot\- 

av    XaX    TtiGXLV    \ß7tE\- 

deii,G).     TovTov  d[6  ov]- 

rog  ddvvdrov,  dida- 

^C  6oi  Ttdörjg  'Jco[vt]- 
15  ccg  aQiELv  xal  JtQO)- 

xov  svsQY^T^ii^  st[s] 

tov  ol^ov  rov  ßadi- 

Xeioq  dvayqaifTivai. 

IlQogsxvvrjös  zJlo- 
20  vvöLog  x[at]  idQ<(ivy  6- 

lioKoyriGag  [ßeitev]- 

Ißsv  ccjtaXkayrivai] 

xal  daxQvcov  \ßi,ov\- 

oCav  £%Eiv.     '£|[idj^Tt] 
25  de  avrä  Zlxd\tEiQCi  i^]- 

Xi^v  tJtiöliöüJGiv]. 

'T7to6tQe^[ccg  de] 


8  xal  fehlt. 
8/9  av  aTtidcoxd  6ol 


11  Evvoiav  Eig  sae  xai 


18  a^ri%iwov 


15  ff. 


nQäxog  svsQyatrjg  sig  oixov 
ßaöiXsag  KvayQaq)rj6rj. 


19  rFQogexvvr^ösv  6  z/. 


21 


26  f. 


sX^iv  hinter  6^oXoyt]6ag^  vou 
Hercher  getilgt. 


trjv  s^iöroXijv  yjövxrj  didco- 
6lv. 


n  1—7  zu  den  Ergänzungen  vgl.  unten  S.  243.  —  20  meine  Kopie  hat  %aQS., 
wohl  verlesen.  —   21  für  ty^siv  scheint  kein  Platz  zu  sein. 


234 


I.  Aufsätze 


Codex  Thehanus. 


Codex  Florentinus. 


Kolumne  III. 


[xal  xaraxksiöag  s]- 
[^avrbv  yvlaQiöag  tä 
KaXXiQÖrig  yQccfiiicc- 
xa  ■jCQÜxov  rtjv  s- 
5  TiLöTohjv  ■KUtacpC- 
h]6sv  nai  ävoii,ag 
rä  öxrjd-st,  JtQO'^sjttv- 
§«To  ag  sx£ivr]v 
Ttagovöav.     'Ejfi  JtoXv(v) 

Ui  (fi  xQÖvov  x«r«xa>(r) 
avtä  «i'«y8t>'U)(Tjct  • 
^^KuXXiQoip  —  Y,axs(fi- 
X^at  xovvona  —  „Aiovv- 
aCoi  hvboytxrf''  —  „oi'^fi)>- 

15  iioi  Ttü  ävÖQi  o-üx  t- 

ynsvoq;  —  „-Lv  yccQ  f/uög 
ivhQyety]^''*  —  „rt  yuQ  ü- 

Ha  .  txo  da  rijg  sm- 
ötoXrig  ^QÖq  TT^r  «- 
jioXoyiav  xal  TtoX- 
\Xa\iiLg  avEyCvaOxs 
■ib  [xß?jr«  XU  Qt'i^axu.     'E- 
\^7ciö^}\d-y]  yaQ  öxi  äxov- 
[öa  7ia]xsXiJisi\     Ovxco 
[d»y?  (pvGH  xo\v(p6v  s6- 


7/8 


£tTK 
TtQOgSXLd'SL 

xal  ijil  itoXvv  iQovov  xaxsl- 
%av^  avayLVcaöxEiv  ^i]  dv- 
väfisvog  diä  xä  ödxQva. 
^AicoxXavßag  da  ^öXig  ccva- 
yivoiöxatv  ^'^laro,  xal  tiqü- 
x6v  ys  KalXiQQ6i]g  xovvona 
xaxacpiXrjaav.  'Ejtal  da  7]X^av 
aig  Tu  diovvöiG)  EvaQyäxr} 
^yol^ioi''''  (piqislv  ^^ovxax  ävögC.''^ 
Ui)  yaQ  avaQyax7]g  a^og.  ^^TC 
ydq  a^tov  anoCriGa  öoi;'"'' 


21  "Höd^rj 

2'2/2ti  xfi  dnoXoyia 


'i.'i/^.l  xä  avxd'   VTtadrjXov  yä^    cbsj 
äxovöa  avrbv  xaxaXCnoi. 


28  [dri  (pvöai]  fehlt. 


Kolumne  IV. 


[xc]v  6  aQcog  xal  dvanc- 
['d'i]  Qa[d]iojg  dvxaQäö^ai. 
\ßB\aödiitvov  6b  xö 
[jt]aiöiov  xöv  ctaxbQu 
b  .  aöovxa  (V)  :xQoqfiXi^f:V 


1  ü  auchF,  getilgt  von  Hercher. 

3—10  &sa6diisvog  (dö^taßdfiavog 
Hercher)  de  xb  naidCov  xal 
TtrjXag  xatg  %aQ6lv  ^^dnaXavörj 


HI.  12  ff.  die  Gedankenstriche,  die  die  Verlesung  und  die  Auslaufe  etc.  trennen 
Bolleu,  bind  meine  Zuthat.  —  15/lü  /.u  ov'k  ^-/^co  vgl.  unten  S.  240. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman  -  Handschrift 


235 


Codex  Tliehanus. 
avtip  x«t  f,IIov  iioi  std- 
xeQ^"  hl:tsv  „ij  (iYit^iq; 

„2^v  fikv  djtsXsvöaif  rs- 

10  y,voVf  ivtvfßtq  ocal 
yuQ  avtij  rovto  xexs- 
Xevksv.     'Eya  de  e^rj^og 
/3it6ö'ofi«i,  ndvtcov  al'- 
Tcog  i^avtip  ysvö^s- 

15  vog.    ^AnciXsöE  pte  xai- 
VYi  ^rjXotvTista  %al 
(jv,  Baßvkav.''^      Tavta  ei- 
Tiav  JtaQEGKSvd^s- 
xo  xriv  xaxtGtrjv  (iBiv) 

20  ß-ayav  vo^i^cov  na- 
Qu^v^iov  %olXriv  b- 
dbv  xal  JtoA^aii'  tiöXe- 
cav  Yjys^ovLav  xal 
xäg  iv  MeiXrixci}  KaX- 

•25  At()d');[g]  Hxovaq.      Tä  ^e{v) 
ovv  ^sqI  XTjv  'AöCav 
iv  xovToig  rjv.     'O  da 
Xat^eag  'tjvvös  xbv 


Codex  Florentinus. 
Ttoxi    ^loi    xal    <?v,    xsxvov^ 
TCQbg  xijv  ^ritSQu 


18   6vV€0XSvd^£XO 

19/20  xaxaßuCvsLV  elg^Icoviav,  ^eyu 

VOfll^03V 

22  nokX&v  fehlt;  TioXXav  o%Kmv 
Reiske. 

25  oixyfistg 


Kolumne  V. 


q)iXaQy\yQ ] 

nsQW[_ ] 

'EQ^oxQaxrig  dv[s7tij]- 
Srj6sv  ETtl  xrjv  [^öxrj]- 

5   VrjV    xal    TCEQLTlXV^d- 

}isvog  xriv  ^vyaxs- 

Qtt  „Z^s,  rcxroi',**  finre, 

„Xat    XOVTO    TCEJlXdvfj- 

fiat;"  „Zö,  ndxsQ,^^  si:!tsv^ 
10  dXrjd-cog,  ort  6s  t,G>vra 
T[£'9'£a/io;t]."     AdxQva  Jtä- 
6lv  (ji,e(xyä  (^yyctlQdq]  sS,s- 


1—2  entspricht  in  F  nichts. 
3  'EQfiox^dxrjg  de 


7  eiTie  „^^ff,  xexvov,  7] 

8  xalaneh  inF^v.Hercher  getilgt. 

9  £tjr£v  fehlt. 

10  vvv  dXrjd'äg.  Es  fehlt  ^üvxa. 

12  iiEixo  yLExä  %aQäg. 


V.  12  meine   Kopie    hat    ftfyor?.«  .  .  .,    wohl  verlesen,    denn   7   ist  t  ähnlich 
und  l  Y, 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  2.  16 


236 


I.  Aufsätze 


Codex  Thebanus. 
y^etro.     M£rcci,[v]  de  Tlokv- 
Xag^iog  {^eniKa^xanXEl 

15  Tat[s'  cckXuLg  XQirJQS^- 
6 IV.     Avtbg  yccQ  i]v  tie- 
Ttcßtsv^svos  tbv  6x6- 
Xov  äno  KvTtQOv  diu 
xb  fiij   XaiQEUv  uXXci 

20  xivl  övvaöd^ui  afpXd' 
^Biv  :xXi]v  fidrto  Tai 
KaXXiQÖi]q  övvBivai 
y.aXXBi.      TaxEcog  ovv  6 
Xtfirjv  STtXrjQovxo  x[at] 

25  fjV  ixEivo  xb  ^xii^cc 
xb  ^Exä  xriv  vccvficc- 
XEiav  xrjv  'Axxixrjv, 
Tcul  avxat  yuQ  al  XQirj- 


Codex  Florentinus. 


15  xutg  auch  inF;  Hercher:  avv 

xatg.     Dagegen  Cobet, 
17  xbv  aXXov  öxöXov 

19  ^rjXEXi 
20—23  6i^Xät,Eiv     dvvaö&ai     7cX))v 
KaXXL^QÖi}  ^övy. 

23  ÖS 

25  ff.  wie  F.  Vgl.  Naber,  Mnemo- 
syne  N.  S.  VIII.  S.  212-, 
Schmidt,  J.Jahrbb.l25  (1882) 
S.  194. 


Kolumne  VI. 


[QEig  EX  TioXs^ov  xuxe]- 

[tcXeOV    £6X£q)aVC3^E\- 

\yai  xQrjödfiEvaL  2Jv]- 
[qccxoölc}  öXQaxrjyä'^ 
5  [pwE^Cx^riöuv  8e  tti\ 
[(paval  xäv  aTtb  xfjg  d'o]- 
X(x[66r]g  xovg  inl  yfjg^ 
ä0zat,[o^EVG}V,  rd)i'] 
de  astö  t[^s  yijg  tovq\ 

10  hv  xaXq  XQi\riQiöiv\ 
EVfpri^Cat  \xE  xal  e^ul]- 
vo[t]  xal  svxa[l  srpög] 
äXXijXovg.     'HxE  d[E  jus]- 
Tß^v  (p6QÖnsvo[q] 

15  xal  6  XaiQEov  nax[i]Q\ 
Xino^v^Ojv  ix  t['»Js] 
7CUQaö6h,ov  xaQag.    'E- 
:xBXvXiovro  8e  aXX\ri\- 
Xoig  6vvE(prjßoi  xal 

20  6vvyv^v[a]0xac,  Xai- 
Qsav  äöTi^äöaöd'ai.  ]#£- 


8—10  xal   JtccXiv   EXEivav   Tovg  ix 
d-aXdööYjg 


12  övvEvxccl  TCvxval  nag"  a^(po- 

XEQCOV 

1.3/14  iiExa'E,v  cpEQouEvog  feiilt. 


17/18  inExXvovxo  F;  iitExsXEvovxo 
nach  Reiske  auch  Hercher. 


Ulrich  Wilcken:   Eine  neue  Roman  -  Handschrift 


237 


Codex  Thehanus. 
ÖS  al  yvvaixelg.     'Eöo]- 

25  -aaXXswiv  [ ] 

vtivxriv  (?)  [avaövo]- 
HBViiv  [iyt  TYis  ^aXda\- 
6ijg.     TlQo^g^Xd^av  Öe] 


Codex  Florentinus. 

2;^— 27  "Edo^£  ds  hl  (vüu  Cobet  neben 
iavrfig  gestrichen)  xal  (xaX- 
Xtov  Reiske)  avxalg  {ßavTfig 
Herch.)  KalXiQQ6i]v  {Kak- 
kiQQor]  Herch. )  ysyovEvat, 
äöTS  dXrjd^äg  sinsg  av  avrrjv 
oQccv  ttjv  'AcpQoöitrjv  avuövo- 

\ISVYIV 


Kolumne  VIJ. 

[XuLQsag  t<p  'EQ^oxQ](Kvr] 

[xal  tä  Tcar^Qi  ^^IlaQaXd- 

[/SJfrcct"  (py](Siv  „töv  nXov-^ 

xov  rov  fisydXov  ßa- 
5  öiXmg}''     Kai  evd-vg  i- 

xbXsvös  8xx[o]^i^s- 

(j^ccfc  ccQYVQÖi^  T&  xal 

XQvöbv  ävaQid^^riTov 

y.al  iXetpavta 
10  xal  rjXexTQOv  xal 

eöd'fjra  xal  näöav 

JtXovtov  71oXvxeX\sl\- 

av,  sjti(fETS,ai  dh  2Jv- 

[Qa]xo6toig  xal  xX£Lvrj(v) 
15  [xal]  XQdz£t,av  xov  fis- 

[yd]Xov  ßa[6t]XEa}g  xal 

[B^vvovypvq  xal  JtaX- 

[^JßjetcT«^,  dj(?T£  ivs- 

[7iX^]6d-rj  7Cä6a  tj  no- 
20  [Xig  ovx\  log  tiqoxeqov 

[ix  xov  TCoXi^ov]  xov 

[ElxeXlxov  nsviag  ^Ax]- 

[xixrig^  dXXa  xh  xatvo]- 

[xaxov  iv  siQ't]vrj  Xaq)v\- 
25  [qov  Mrjdixibv.     'A&qöov  de] 


3  scptj 


7  aQyvQLovF.ccQyvQovlieYeheY. 

X8  fehlt. 
9  sixa 


12  vXrjg  xaxvi]g  xs 

13  sTisdsi^s.     Es  fehlt  dk 


16—18  xal  svvovxovg  xal  naXXaxi- 
dag  fehlt. 


VI.  24  meine  Kopie  hat  ^svSewa .  y  .  [ ].     Das  zweite  N  mag  ich   aus 

dem  Anfang  von  AH  verlesen  haben.     Vgl.  unten  S.  246  f. 

IC* 


238 


I.  Aufsätze 


Codex  Thebanus. 
[^,'y4jtico^sv  elg  xr]v  ixxXii\- 


Codex  Florentimis. 


27  u^iov^Ev  P;    ajiCanav  Beck. 


Kolumne 
avrovg  xal  ßXBJtsiv 
Ttai  dnovstv.     'E^ti  ös  i- 

[7t^1]Q6d-7]   xb  %-ta\xQov 

[avÖQÖv  xe  nal  yvvafc]«(ö(v), 
5  ei\^s\£X%6vxog  ^ovov 

\Xai\QEOv  x«c  sidvxBq 

x«t  TiäOai  STiEßörjüccv 

^^KaXkiQÖiqv  TiaQaxcclsi.^'' 

'EQ^oxQKXiqg  de  xal 
10  rovxo  sdyj^ayayrjösiv) 

slgayaycov  xtjv  d'vya- 

XEQU.     Uqcöxov  ovv  6  df]- 

^og  eig  xhv  ovgavhv 

aTtoßkaxl^ag  svcpruit 
15  xovg  d^sovg  xal  %äQiv 

rjTCtöxaxo  ^äXXov  v- 

7C£Q  xrig  rj^EQag  xav- 

rrjg  rj  x&v  intveixi- 

av.     Eixa  noxa  ^av  a- 
20  (Jyil^eto  xal  oi  iiav  u(v)- 

ÖQag  inrivovv  XaiQa- 

av,  al  da  yvvalxag  KaX- 

XiQoriv^  JCOT8  d'   av  7td- 

kiv  a^ifoxeQOvg  xol- 
25  vfy,  xal  xovxo  ixaCvotg 

ilöiötov  i]v.     KakkiQÖ- 

rjv  ^av  cjg  ix  nkov 


[■ 


.] 


VIII. 

1/2  idatv  xal  axovöai.    Aoyov  da 
d^äxxov  i7i2.t]Q(o&rj 


5  algekd^övxog  da 
6/7  ^äßai  xal  Ttdvxag 


11  aiödyoov  xal  xrjv 


14  änoßki-^ag  auch  F;  ävaßki- 
if^ag  corr.  Hercher. 


18  xijg  xtbv 
20  i6xCt,ovxo 

23  bxs 

26  ridiov 

27  tog  av 


Die  beiden  Abschnitte,  für  die  wir  jetzt  zwei  Codices  haben,  ge- 
hören zu  denjenigen  Partien  des  Romans,  in  denen  die  Herausgeber 
an  der  Lesung  des  Florentinus  nur  wenig  Austofs  genommen  haben. 
Auch  Cobet  bringt  in  seinen  Nachträgen  zu  Herchers  Ausgabe 
(Mnemosyne     VIII  229  ff.)     für     diese    Abschnitte     nur     wenige     Be- 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift  239 

merkungen.^)  Im  Ganzen  sind  etwa  ein  Dutzend  Verbesserungen  zu 
dem  überlieferten  Text  vorgeschlagen  worden.")  Um  so  bemerkens- 
werter ist  es,  dafs  der  Codex  Thebanus  eine  solche  Fülle  von  Ab- 
weichungen bringt.  Doch  das  Wichtigste  sind  nicht  die  einzelnen 
Verbesserungen,  sondern  der  Einblick,  der  uns  in  die  Textgeschichte 
eröffnet  wird.  Wenn  ich  recht  gesehen  habe,  ergiebt  die  Vergleichung 
der  beiden  Handschriften,  dafs  der  Florentinus  und  der  Thebanus 
zwei  verschiedene  Redaktionen  des  ursprünglichen,  uns  nicht 
bekannten  Urtextes  des  Chariton  darstellen. 

Ich  greife  zunächst  die  beiden  Stellen  heraus,  die  die  stärksten 
Abweichungen  aufweisen. 

Die  eine  ist  III  9  —  20.  Dionysios  hat  den  Brief  der  Geliebten 
empfangen,  hat  ihn  geküfst,  dann  geöffnet  und  an  die  Brust  gedrückt, 
als  wäre  es  die  Geliebte  selbst.  Der  Florentinus  fährt  fort:  xal  sjil 
TCokvv  XQovov  7iatEi%sv^  ccvayLvaöxsLV  ^rj  dvvd^svog  diä  rä  ddxQva. 
'Aitoükavöag  d\  iiöltg  civayivaß'neiv  r/p|o:To.  Ahnliche  umständliche 
Schilderungen  der  Gemütsbewegungen  sind  passim  in  den  griechischen 
Romanen  zu  finden.^)  Bei  der  bekannten  Vorliebe  des  Chariton  für 
Wiederholungen  kann  die  folgende  Parallele  als  Stütze  für  die  Gesamt- 
anlage dieser  Schilderung  dienen  (Char.  IV  6,  5) :  XaiQsag  —  ijd'sXe  yQcc- 
tpEiv^  aAA'  ovx  idvvato^  daxQvcjv  iTaQQSovtav  xal  rrig  ;t£tpög  ccvrov 
tQ£(iov6rjs.  'AnonXavöag  d\  rag  iavtov  6v^(pOQäg  ^6kig  riQi,axo  toiav- 
rrjg  iniöTolrig.  Nur  das  alleinstehende  dnoxkavöag  im  Florentinus 
wird  hierdurch  verdächtigt,  denn  dnoxkalEiv  heifst  „in  Weinen  aus- 
brechen" oder  „beweinen".  Ersteres  ist  hier  wegen  des  vorhergehenden 
diä  xä  ddxQva  ausgeschlossen.  Für  die  zweite  Bedeutung  aber  fehlt 
ein  Objekt,  das  man  nach  jener  Parallele  als  (tag  iavtov  öxfficpOQccgy 
vielleicht  um  so  lieber  ergänzen  möchte,  als  dieselbe  Phrase  auch  in 
IV  7,  3  (^ccnozXavöag  de  tijv  iavtov  öv^tpOQccv)  wiederkehrt.  Noch  sinn- 
gemäfser  wäre  für  diese  Situation  die  Bedeutung  „sich  ausweinen",  die 
freilich  bisher  nur  für  das  Medium  bezeugt  ist-,  man  müfste  also  cctco- 
xXav6d<^fi£voyg  emendieren,  wenn  man  nicht  dort  auch  dem  Aktivum 
eine  durch  die  Lexica  nicht  bezeugte  Bedeutung  zutrauen  will.    Schlimm- 


1)  Vgl.  auch  Cobet,  Variae  lectiones^  1873  S.  169  ff. 

2)  Einige  von  Reiskes  Emendationen  (in  der  Editio  princ.  von  D'Orville 
1750)  sind  bei  erneuter  Revision  in  der  Hs  selbst  gefunden  worden,  so  xsrrj  (oben 
IV  15),  inmataTtlsl  (V  14),  avtbg  (V  16).  Den  Hinweis  auf  S.  A.  Naber,  Mnemo- 
syne  N.  S.  VI  (1878)  S.  190  ff.  und  F.  W.  Schmidt,  J.  Jahrbb.  125  (1882)  S.  185  ff. 
verdanke  ich  Richard  Förster. 

3)  So  schon  in  dem  ältesten  Roman,  den  wir  kennen,  dem  Ninosroman, 
A  IV  26  ff     Vgl.  Hermes  XXVIH  S.  172  f. 


240  I-  Aufsätze 

sten  Falls  steckt  also  in  dem  ccTioxlavöug^  an  dem  übrigens  die  Heraus- 
geber bisher  keinen  Anstofs  genommen  haben,  ein  Fehler.  Sonst  ist 
diese  Schilderung  durchaus  anschaulich  und  durch  jene  Parallele  gestützt. 

Statt  dessen  bietet  der  Thebanus:  'EtiI  nokvv  de  %qövov  y.atB%Giv 
uvrä  avaysivcSöxi.^)  Dieser  Satz  ist  sowohl  sprachlich  wie  sachlich 
anstöfsig.  Das  Präsens  y.axii<av  ist  hier  unmöglich:  es  müfste  xata- 
6X03V  heifsen.  Doch  das  könnte  immerhin  ein  Schreibfehler  sein.  Ferner 
ist  ccvrä  nicht  gut,  nachdem  vorher  von  der  eTCtötokr)  und  nicht  mehr 
von  den  y^d^^uta  (Z.  3)  die  Rede  war.  Sachlich  ist  es  ein  Mangel, 
dafs  nach  dieser  Version  Dionysios  beim  Lesen  des  Briefes  gar  nicht 
in  Thränen  ausbricht,  zumal  der  Dichter  kurz  vorher  ausdrücklich  ge- 
sagt hat,  dafs  Dionysios  schnell  vom  König  fortging,  um  weinen  zu 
können  [daxQvojv  eh,ov6Cav  e%siv). 

Während  a  priori  bei  derartigen  Abweichungen  die  Möglichkeit 
der  Interpolation  ebenso  wie  die  der  Verkürzung  zuzugeben  ist,  ist 
hier  kein  Zweifel,  dafs  der  vollere  Florentinus  den  ursprünglicheren 
Text  bietet,  während  der  Thebanus  eine  ungeschickte  Verkürzung  giebt. 

Dagegen  scheint  mir  das  umgekehrte  Verhältnis  in  den  unmittel- 
bar folgenden  Sätzen  vorzuliegen.  Im  Codex  Thebanus  ist  das  Lesen 
des  Briefes  in  der  Weise  dargestellt,  dafs  die  volle  Adresse  und  der 
erste  Satz  —  vgl.  Char.  VIII  4,  4/5  —  wörtlich  mitgeteilt  werden, 
mit  Hinzufügung  der  Ausrufe  oder  Liebkosungen,  mit  denen  Dionysios 
das  Lesen  begleitet.  In  dieser  Darstellung,  für  die  ich  auf  S.  234  ver- 
weise, ist  sprachlich  alles  in  Ordnung  bis  auf  einen  Punkt.  Wenn 
man  ovx  £%w  in  Z.  15/6  mit  dem  folgenden  %uiQEiv  verknüpft,  so 
würde  derselbe  Gedanke  mit  %ä<s  dvvufiai  nochmals  zum  Ausdruck 
kommen,  und  andrerseits  würde  tc3  uvÖqI  eine  Verschlechterung  gegen- 
über dem  ovxst'  uvöqI  sein.  Ich  vermute,  dafs  ovxsxa  korrumpiert 
ist  aus  ovxit'  ovtl.  Dann  ist  alles  klar  und  gut:  Ol'uoi  rä  uvögl 
ovxdt    üVTt,  worauf  mit  %aCQEiv  etwas  Neues  beginnt. 


1)  Nur  nebenbei  sei  auf  die  orthographischen  Eigentümlichkeiten  des  The- 
banus hingewiesen,  die  in  der  Schreibart  jener  Zeit,  in  der  der  Codex  entstand, 
begründet  sind  und  weder  mit  Chariton  noch  mit  der  Redaktion  etwas  zu  schaffen 
haben.  Dahin  gehören  die  damals  üblichen  Vertauschungen  von  i  für  bi  {naidiav 
I  ly,  a.v(xyi-iväiGyt.i  III  11,  ävanid'i  IV  1,  inl  VIII  2,  hvcpr'nii  VIII  14)  und  ti  für  i 
{ccvaysivway.1  III  11,  ^rilorvTisicc  IV  16,  MeiXtjtg)  IV  24,  vav^iaj^sla  V  27,  KccXXsicav 

VI  25,  Tilsivriv  VII  14,  iTtiveimmv  VIII  18),  von  cci  für  s  (xairr)  IV  15,  TtccQccXäßsxai 

VII  3)  und  s  für  ai  (dvvaii8  lU  17).  Ungewöhnlicher  ist  agiarsag  I  12  für  &qi- 
ßtsias.  Vgl.  Oxy.II  269  I  20:  crjfiFmßtoyg.  Ohne  Belang  sind  auch  die  Schreibungen 
KccXXiQori  mit  einem  q  (durchgehends)  und  oi'fiuoi  III  14/5.  Vgl.  auch  ' EQiioxQccTr] 
in  VII  1.  Das  v  i(psXy.variii6v  steht  wie  üblich  ganz  regellos,  sowohl  vor  Konso- 
nanten (12, 13,  VI  24)  wie  vor  Vokalen  (passim),  auch  fehlt  es  vor  Vokalen  (VII  5). 


Ulrich  Wilcken:   Eine  neue  Roman  -  Handschrift  241 

Dagegen  thnt  der  Florentinus  die  Verlesung  der  Briefadresse  mit 
folgenden  Worten  ab:  Kai  TiQäröv  ye  KalXiQQÖrjg  tovvo^a  xurscpCkrjösv. 
'ETtel  de  rjXd-ev  sig  t6  /JiovvgCgji  eveQyhrji,  ol'fioi  cpi^ölv  ovxtT'  avÖgl. 
Eine  wesentliche  Kürzung!  Die  Spielerei  mit  dem  xuCqsiv  der  Adresse 
ist  völlig  übergangen.  Die  Darstellung  ist  aber  auch  ungeschickt,  denn 
die  Worte  STtsl  de  ißd'ev  eig  t6  ztiowöCat  erwecken  die  Vorstellung, 
als  wenn  das  /liowöCai  wer  weifs  wie  weit  von  KcclliQQÖr]  entfernt 
wäre,  während  es  doch  unmittelbar  folgte.  Dieser  Darstellung  liest 
also  keine  anschauliche  Vorstellung  von  der  Adresse  zugrunde. 

Auch  hier  können  wir  nicht  schwanken,  wer  die  ursprüngliche 
Lesart  hat:  dieses  Mal  ist  es  der  Thebanus,  dem  wir  jetzt  zum  ersten 
Mal  die  Kenntnis  des  volleren  Wortlautes  verdanken,  während  der 
Florentinus  eine  stark,  und  zwar  ungeschickt  verkürzende  Bearbeitung 
bietet. 

In  beiden  Fällen  hat  sich  die  vollere  Form  als  die  ursprüngliche 
erwiesen.  Für  die  Annahme  einer  erweiternden  Bearbeitung  eines  ur- 
sprünglich kürzeren  Textes  hat  sich  kein  Argument  gefunden. 

Ein  ähnlicher  Unterschied  in  der  Ausführlichkeit  zeigt  sich 
Kol.  IV  3 — 10.  Der  Florentinus  erzählt  die  Begrüfsung  des  Dionysios 
mit  dem  Knaben  —  bis  zu  den  Worten  des  Vaters  —  folgender- 
mafsen:  &ecc0d^evog  —  wofür  Hercher  unter  Hinweis  auf  den  Homer- 
vers ^^avtaQ  oy  öv  tpllov  vCbv  mel  %v6e  TtriXi  te  leQßCv'"''  cc07ia6d(ievog 
schreiben  wollte  —  de  trö  naidiov  zul  jtTJXag  ratg  xe^ölv^  worauf  die 
Ansprache  folgt.  Es  ist  von  den  Herausgebern  nicht  bemerkt  worden, 
dafs  dieser  Satz  den  durch  die  vorangegangene  Erzählung  gegebenen 
Voraussetzungen  nicht  gerecht  wird.  Dionysios  hat  sich  vorher,  um 
den  Brief  ungestört  zu  lesen,  eingeschlossen  (III  1  xaranXelöag  eavrbv). 
Wie  soll  er  jetzt  den  Knaben,  selbst  angenommen,  dafs  er  ihn  von  seiner 
Klausur  aus  sehen  konnte  (d-ea6cc(ievog\  ohne  weiteres  mit  den  Händen 
streicheln  können?  Mufste  da  nicht  vorher  erzählt  sein,  wie  sie  zu 
einander  gekommen  sind?  Und  dieses  Desideratum  wird  in  der  That 
durch  den  volleren  Text  unseres  Thebanus  befriedigt,  der  sich  so  durch 
innere  Gründe  als  echt  und  ursprünglich  erweist:  [&e]a6d(ievov  de  t6 
[TCJaidLov  rbv  TtateQcc  .  aöovta  (?)  TtQogrjXd-ev  avra  xal  ^^IIov  (lOi  TtdxeQ'''' 
einev  „i^  /iijri;^;  'ATtico^ev  TiQog  avTi^(v)."  Ganz  klar  würde  die  Situation 
erst,  wenn  das  Participium  .  aöovta  mit  Sicherheit  ergänzt  würde.  Viel- 
leicht bezeichnete  dies  das  Verlassen  der  Klausur.  Meine  Lesung  kann 
kaum  richtig  sein ;  ich  wüfste  wenigstens  keine  Ergänzung  zu  .  aöovta. 
Angenommen,  dafs  ich  a  mit  X  und  6  mit  -0'  verwechselt  habe,  was 
bei  dieser  Unciale  nahe  liegt  und  bei  einem  Palimpsest  wohl  entschuld- 
bar wäre,  so  könnte  man  [i]X9'6vta  lesen.     Wie  dem  auch  sei,  in  der 


242  I-  Aufsätze 

Hauptsache  ist  der  Vorgang  klar:  Der  Knabe  läuft  auf  seinen  Vater, 
als  er  ihn  kommen  sieht,  zu  und  fragt  ihn:  „Wo  ist  die  Mutter?  Wir 
wollen  zu  ihr  gehen."  ^) 

Das  alles  hat  der  Redaktor  des  Florentinus,  denn  von  einem  sol- 
chen dürfen  wir  wohl  schon  reden,  übergangen.  Wie  ist  nun  seine 
Verkürzung  zu  erklären?  Aus  dem  angeführten  Passus  des  Thebanus 
können  nur  die  Worte  ©saöd^svog  de  t6  natdCov  stammen  (aus  Z.  3, 
mit  Veränderung  der  Konstruktion).  Woher  hat  er  die  Homerremi- 
niscenz  nrilaq  ralg  x^Q^''^  genommen?  Eine  so  gelehrte  Interpolation 
wird  man  dem  Redaktor,  der  dazu  noch  kürzen  wollte,  gewifs  nicht 
zutrauen.  Das  ist  sicher  Charitonisch.  Und  damit  ist  uns  der  Weg  für 
die  Erklärung  des  Thebanus  gewiesen:  das  Homerzitat  mufs  in  dem 
Urtext  zwischen  den  Worten  des  Knaben  und  der  Antwort  des 
Vaters  gestanden  haben.  Diese  Annahme  ist  um  so  einleuchtender, 
als  es  ungewöhnlich  wäre,  wenn  wie  jetzt  im  Thebanus  die  Worte  des 
Vaters  6v  ^sv  uTteXsvöai  xxX.  unmittelbar,  ohne  erzählende  Einleitung  auf 
die  Kindesworte  folgten.  Dafs  also  zwischen  IV  8  und  9  eine  Lücke  an- 
zunehmen, in  der  mindestens  yiai  nrilag  tcctg  %f()(?ti^  zu  ergänzen  ist, 
scheint  mir  sicher,  und  da  7irj?.ag  nicht  ohne  Beziehung  auf  ein  Objekt 
stehen  wird,  so  wird  auch  t6  tcuiölov  vorhergegangen  sein.  Es  fehlt 
uns  nur  noch  das  passende  Partizipium  zu  diesem.  Man  könnte  viel- 
leicht daran  denken  wollen,  hier  ein  'O  öe  d^saedfisvos  tb  nmdCov  zu 
ergänzen,  weil  dann  die  kürzere  Fassung  des  Florentinus  nicht  not- 
wendig eine  tiefgreifende  redaktionelle  Änderung  zu  sein  brauchte, 
sondern  einfach  ein  Schreibfehler  sein  könnte,  indem  wegen  der  Ähn- 
lichkeit der  Satzanfänge  die  erstere  Periode  überschlagen  wäre.  Aber 
abgesehen  von  der  Kakophonie,  würde  ^suödfiavog  an  der  zweiten 
SteUe  nicht  an  seinem  Platze  sein.  Denn  nachdem  der  Knabe  den 
Vater  angeredet  hat,  wird  der  Dichter  nicht  sagen,  dafs  der  Vater  ihn 
„erblickt"  oder  auch  „anblickt".  Wenn  hier  schon  einmal  erraten  wer- 
den soll,  was  der  Dichter  geschrieben  haben  könne,  so  halte  ich  mich  an 
den  Homervers,  auf  den  Hercher  hingewiesen,  und  schlage  der  Sprach- 
weise des  Chariton  gemäfs  etwa  folgendes  vor:  'O  de  xaru(piX7J6ag  tb 
Tcccidiov  xal  nrikag  xalg  %eQ6Cv.  Der  knappe  Satz  des  Florentinus  wäre 
dann  zusammengeflickt  aus  dem  leicht  veränderten  d-eaödfievov  de 
tb  TiaidCov  in  Z.  3  und  dem  in  der  Lücke  zwischen  8  und  9  anzu- 
nehmenden xat  niqXag  taig  %eQ6iv. 

Die  Antwort  des  Vaters  lautet  im  Florentinus:  dneXevöri  noxe  (lot 
xal   6Vj  XEXvov,  JiQbg  xijv    ^rjxsQa^   im   Thebanus:    (jv   fiev   ccTtdXevöai, 


1)  Dieselben  Worte  aniantv  TiQÜg  avzrjv  auch  Chariton  UI  1,  8. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift  243 

tsxvov,  £vrvx&g.  Hier  hat  offenbar  keine  der  beiden  Versionen  den 
ursprünglichen  Wortlaut.  Nicht  nur,  dafs  svtvx&S  ini  Florentinus  fehlt, 
auch  das  xal  vor  6v,  das  einen  hier  ganz  unpassenden^)  Hinweis  auf 
die  Mutter  enthält,  weist  auf  eine  Verderbnis  des  Textes  hin.  Kai  steht 
mit  Recht,  wenn  man  n^bg  tijv  (irjrsQa  davon  trennt.  Ich  möchte  die  Ver- 
mutung wagen,  dafs  das  Original  etwa  folgendermafsen  lautete:  aTcelevöri 
jtote  fioi  xccl  6v  xixvov  <«9?')?,  y^aV)  svrvxSig  TtQog  xriv  ynqxEQa  (TiX^vGeig 
resp.  TtX&vörj  oder  Optativ?),  oder  welches  Verbum  man  hier  wählen  will. 

Die  Analyse  dieser  beiden  Hauptstellen,  an  denen  die  durchgreifend- 
sten Abweichungen  vorliegen,  hat  ergeben,  dafs  weder  der  Florentinus 
noch  der  Thebanus  den  Urtext  des  Chariton  überliefern,  sondern  zwei 
verschiedene,  völlig  unabhängig  von  einander  gearbeitete 
Redaktionen  des  Charitonischen  Textes  darstellen,  denen  beiden 
die  Tendenz  innewohnt,  den  Urtext  zu  verkürzen.  Wir  haben  damit 
eine  Basis  gewonnen  für  die  Beurteilimg  der  anderen  Stellen,  an  denen 
geringfügigere  oder  aber  an  sich  schwerer  zu  erklärende  Abweichungen 
vorliegen.  Betrachten  wir  diese  der  Reihe  nach,  zunächst  soweit  sie 
Spuren  redaktioneller  Bearbeitungen  enthalten. 

Ob  n  6  —  9  hierher  gehört,  ist  fraglich.  In  dem  Text,  wie  ich 
ihn  oben  vermutungsweise  nach  F  hergestellt  habe,  ist  das  xal  vor 
KaXhQÖrjv  in  Z.  8  jedenfalls  unrichtig,  denn  etwas  anderes  als  Kallirrhoe 
hätte  der  König  ihm  gar  nicht  „zurückgeben"  können.  Es  fragt  sich 
nur,  ob  das  eine  unrichtige  Zuthat  eines  Schreibers  oder  vielleicht  ein 
Residuum  aus  einer  volleren  Gestalt  des  Satzes  ist,  aus  der  dann  die 
Worte  des  Florentinus  durch  Verkürzung  entstanden  wären.  Ich  be- 
merke, dafs  der  in  F  überlieferte  Text  für  Z.  7  etwas  zu  kurz  er- 
scheint: idvvdiirjv  Efpiq  enthält  nur  11  Buchstaben,  während  sonst  in 
dieser  Kolumne  meist  14—16  stehen.  Freilich  wäre  ein  solcher  Wechsel 
nicht  ganz  ausgeschlossen  (vgl.  VII  9,  auch  hier  II  28).  —  Auch  ob 
in  Z.  1 — 6  der  in  F  überlieferte  Text  wie  oben  unverändert  einzusetzen 
ist,  kann  fraglich  erscheinen:  es  ergeben  sich  dadurch  einmal  16,  zwei- 
mal 17  und  zweimal  18  Buchstaben.  Das  ist  für  die  Gewohnheit  dieser 
Kolumne  etwas  reichlich.  So  halte  ich  es  nicht  für  ausgeschlossen, 
dafs  hier  Abweichungen  des  Textes  vorgelegen  haben,  deren  Kenntnis 
sich  uns  jetzt  entzieht. 

Verschiedenheit  der  Konstruktionen  liegt  in  II  15 — 18  vor.  Die  Mit- 
teilung des  Königs,  dals  Dionysios  als  erster  Wohlthäter  des  königlichen 
Hauses  geführt  werden  solle,  ist  in  F  als  Hauptsatz  seiner  Ernennung  zum 

1)  Das  v.al  ist  von  den  Herausgebern  bisher  nicht  beanstandet  worden.  Da 
aufser  dem  Knaben  niemand  zur  Mutter  gehen  wird,  ist  die  jetzige  Überlieferung 
jedenfalls  verderbt. 


244  I-  Aufsätze 

Satrapen  von  Jonien  angegliedert,  während  in  Th  die  beiden  Gnadenakte 
gleichmäfsig  von  Ötda^i  abhängig  gemacht  sind.  Da  die  letztere  Kon- 
struktion die  kunstvollere  ist,  wird  sie  die  ursprüngliche  sein. 

In  F  ist  aber  nicht  nur  die  Konstruktion  geändert,  sondern  es  ist 
auch  gekürzt  worden:  vgl.  slg  ohov  ßaGiXscog  gegenüber  dem  sig  tbv 
OLXov  Tov  ßaßilscog  in  Th.  Für  rov  olnov  spricht  Char.  VII  5,  15,  wo 
dieser  selbe  Gnadenakt  angekündigt  wird  mit  den  Worten:  ccvayQccipco 
6e  svsQysTTjv  elg  tbv  oixov  tbv  i^öv.  Unrichtig  ist  andrerseits  in  Th 
der  Artikel  vor  ßa6i2,acog^  da  Chariton  sonst,  wie  üblich,  den  Perser- 
könig ßaöiXavg  zu  nennen  pflegt.  Da  er  ihn  aber  gelegentlich  auch 
6  fieyag  ßaöilsvg  nennt  (vgl.  Kol.  VII  4/5),  so  ist  es  mir  nicht  un- 
wahrscheinlich, dafs  tov  ßaöLlscog  hier  eine  fehlerhafte  Verkürzung  aus 
tov  fieydXov  ßa^iXiag  ist.  Diese  Ausdrucksweise  würde  an  dieser  Stelle 
etwas  Feierliches  haben,  was  für  die  Situation  gut  passen  würde.  Vgl. 
auch  q)iXov  tov  ^sydXov  ßaöiXsag  in  Char.  I  12,  6. 

III  7  möchte  ich  TCQogsTttv^ato  gegenüber  dem  farblosen  jtQogEtid^Et 
halten.  Die  Dürftigkeit  des  nQogtid'ivau  wird  erst  klar,  wenn  man  an 
die  Beziehung  auf  Kallirrhoe  denkt  {hg  exsLvrjv  tcccqovGccv).  Darum  ent- 
scheidet auch  nicht  die  Parallele  Chr.  II  11,  1:  trjv  lixöva  Xaigeov  tf] 
yaötQL  TiQoged^rjxe. 

Schwierig  ist  die  Beurteilung  der  Abweichungen  in  III  21 — 28.  Was 
F  im  Anfang  bietet  „^'^-O'i;  de  tilg  inLötoXvig  tfj  a^roAoym",  ist  zwar 
sprachlich  unanstöfsig,  aber  sachlich  ist  bedenklich,  dafs  dieser  Brief, 
den  wir  ja  ans  Char.  VIII  4,  5/6  kennen,  eine  wirkliche  aTto^oyia  gar 
nicht  enthält.  Mir  scheint  der  Grimdgedanke  dieses  ganzen  Passus 
vielmehr  folgender  zu  sein:  „Dionysios  liest  aus  dem  Brief  eine  Recht- 
fertigung der  Geliebten  heraus;  er  glaubt  zwischen  den  Zeilen  zu  lesen, 
dafs  sie  ihn  gezwungen  verlassen  habe,  denn  Eros  macht  die  Liebenden 
leichtgläubig."  Vielleicht  gelingt  es,  durch  Ineinanderschiebung  der 
beiden  Redaktionen  dem  ursprünglichen  Text  näher  zu  kommen.  Der 
Thebanus  weist  mit  seinem  TiQog  tijv  a.%oXoyiav  auf  den  richtigen  Ge- 
danken hin.  Es  fragt  sich  nur,  welches  Verbum  an  der  Spitze  des  Satzes, 
wo  ich  rjG.sto  las,  herzustellen  ist.  Ist  die  Lesung  richtig,  so  wüfste 
ich  keine  andere  normale  Ergänzung  als  fjö['9']£T0,  was  nicht  befriedigt. 
Aber  es  könnte  wohl  ri6%Bto  für  e6%Eto  geschrieben  sein,  wie  häufig  in 
vulgären  Texten,  und  dies  würde  einen  guten  vSinn  ergeben:  „er  hielt 
sich  an  den  Brief,  klammerte  sich  an  ihn,  um  sie  zu  rechtfertigen." 

Soll  nun  der  Redaktor  des  Florentinus  das  riÖEöd^ai  sich  selbst 
erdacht  haben?  Gewifs  nicht,  zumal  der  Begriff  hier  durchaus  am 
Platze,  ja  notwendig  ist,  nachdem  vorher  nur  von  dem  Wehklagen  des 
Dionysios   gesprochen  ist.     Man  wird   die  beiden  Redaktionen  zu  ver- 


Ulrich  Wikkcn:  Eine  neue  Roman -Handschrift  245 

binden  haben.  Vorausgesetzt,  dafs  Chariton  etwa  f'olgenderniafsen  ge- 
schrieben hätte:  „rj(?^^  de  tfj  iniötoXfi  aal  söxeto  avtr-^g  Jrpög  trjv 
anoXoyiav^\  würden  sich  die  beiden  Verkürzungen  von  F  und  Th  aufs 
beste  erklären. 

Auch  im  folgenden  Satz  sind  vielleicht  die  beiden  Redaktionen  in- 
einander zu  schieben:  xal  TtoXXdxiq  avsyivcoöxs  tä  avxä  \y.a\tä  xä  Qtj- 
^ata.  Oder  ist  in  Th  |ßt)|T«  zu  ergänzen?  Dann  würde  wohl  avtä  xa 
Qyl^ccxa  verschrieben  sein  für  xä  avxä  Qrj^ccxa. 

Stärker  gehen  die  Handschriften  wieder  im  folgenden  aus  einander. 
Der  Florentinus  hat:  vjtsdijXov  yäQ  ag  äxov6a  avxbv  TiaxaUnoL^  der 
Thebanus:  £[.  .  .J-O'r/  yäg  öxi  ä}cov[6a  xajxsXiTtev^  wo  das  Fehlen  von 
avxov  nur  Schreibfehler  ist.  Was  F  giebt,  ist  fein  und  zutreffend: 
die  Irrealität  der  Vorstellung  ist  durch  ag  mit  dem  Optativ  hervor- 
gehoben. Auch  wird  mit  Recht  nur  gesagt,  dafs  der  Brief  es  „andeute", 
dafs  sie  ihn  gegen  ihren  Willen  verlassen  habe,  denn  ausdi-ücklich  sagt 
er  es  nicht.  Der  Aorist  Passivi  in  Th  i[.  .  .]d"rj  mufs  einen  ganz  an- 
deren Gedanken  als  vjisdifjXov  ausdrücken,  da  ort  mit  dem  Indikativ 
folgt.  Wenn  ich  s[7ti6^&7jv  (für  ejtsiö^rjv)  vermute,  so  finde  ich  eine 
Stütze  in  dem  folgenden :  "Egcog  —  ävuiti&i.  Der  Urtext  das  Chariton 
wird  derartig  gewesen  sein,  dafs  sowohl  die  Lesungen  von  F  wie  von 
Th  daraus  entnommen  werden  konnten.  Ich  vermute  etwa  folgendes: 
vnsöriXov  yäQ  tog  axovöcc  avxbv  'AaxaXCnoi  xal  f7tSL6&r]  .  .  .  .^)  Der  Re- 
daktor von  F  würde  also  die  Schlufspointe,  dafs  Dionysios  es  auch 
glaubte,  ausgelassen  haben,  während  der  von  Th  auf  das  vjtoöfjXovv 
verzichtete  uüd  den  Inhalt  hiervon  vielmehr  von  ineLöd-rj  abhängig 
machte.  ^) 

In  dem  folgenden  ovxco  xoixpöv  iaxiv  in  F  liegt  wieder  eine  Ver- 
kürzung vor,  wie  die  Lücke  in  Z.  28  zeigt.  Das  von  mir  ergänzte  ^i)(?) 
(pvöEi  würde  echt  Charitonisch  sein.  Vgl.  die  Beispiele  bei  Cobet,  Mne- 
mosyne  VIII  S.  254. 

Nebenbei  sei  bemerkt,  dafs  den  4  Kolumnen,  die  zwischen  IV  und 
V  fehlen,  in  F  ungefähr  ebenso  viel  Text  entspricht  wie  den  Kol.  I — IV 
und  V — VIII.  Daraus  folgt  natürlich  nichts  für  die  Übereinstimmimg 
des  Inhaltes. 

Der  Anfang  von  Kol.  V  zeigt  eine  vollständige  Diskrepanz  gegen- 
über F.   Was  ich  in  Z.  1  imd  2  gelesen  habe,  (puXaQylyQ  .  .  und  niQ-q^l^ 


1)  Hieiinit  soll  nur  der  Gedankengang  angegeben  sein.  Vielleicht  folgte 
noch  ein  Satz  mit  ort  und  dem  Indikativ,  der  den  Gedanken  in  anderen  Worten 
wiederholte. 

2)  Ilcid-tad'ai  ort  mit  dem  Indikativ  auch  für  das  Glauben  von  Irrealem 
z.  B.  bei  Chariton  III  4,  10,  VII  5,  15. 


246  I.  Aufsätze 

kommt  in  F  in  dieser  Gegend  überhaupt  niclit  vor,  und  es  ist  schwer, 
irgend  eine  Beziehung  zu  dem  Text  von  F  zu  finden.  Der  (pt^QyvlQog, 
der  Geizige,  liefse  sich  zwar  mit  dem  Schatzfinder  zusammenbringen, 
von  dem  es  vorher  heifst:  ovte  d-rj6ccvQbv  svgäv  rtg  %qv6iov  xoßovrov 
ii,€ß67}6£v  (p.  151,  11  Hercher),  aber  ich  wüfste  nicht,  wie  das  mit 
'EQiioKQKtsi  xtA.  zu  Verbinden  wäre.  Über  die  Gestalt  des  Urtextes 
läfst  sich  hier  keine  Vermutung  aufstellen.  —  Wenn  in  Th  hinter 
'EQfioxQcctsL  das  de  fehlt,  so  braucht  das  kein  Schreibfehler  zu  sein: 
es  kann  hier  in  Th  eine  andere  Satzkonstruktion  gewesen  sein. 

Durchsichtig  ist  die  Diskrepanz  in  V  21 — 23:  hier  ist  klar,  dafs 
der  Redaktor  von  F  das  TtXrjv  KuXXlqÖ)]  ^6v)]  einfach  verkürzt  hat  aus 
TtXijv  ^6v(p  TCO  KaXhQOTjg  Ovvelvai  yiälXei^  wie  Th  wohl  in  Überein- 
stimmung mit  dem  Urtext  schreibt. 

Ebenso  liegt  der  Fall  in  VI  7 — 10:  das  kiu-ze  aal  ndliv  sks^vcov 
tovg  ix  &aXd66rig  in  F  ist  nichts  als  eine  Verkürzung  der  Fassung  des 
Thebanus,  der  auch  hier  gewifs  den  Urtext  wiedergiebt:  rcbv]  de  anb 
t[')jj  yilg  tovg^  iv  tatg  rQL[7]QEaLv].  Wie  schlecht  das  Erstere  und  wie 
gut  das  Letztere  ist,  sieht  man  erst,  wenn  man  die  vorhergehende  Parallele 
danebenstellt:  övifs^i^d-r^ffav  de  <xl  q^aval  tCov  äno  xrig  d'ccXdßörjg  tovg 
£7cl  yf}g  ccöTCa^ofiavcov. 

In  den  folgenden  Worten  VI  12  ist  dagegen  wieder  Th  kürzer:  es 
fehlt  vor  XQog  ccXXrjXovg^  wie  F  zeigt,  Ttvxval  tikq'  d^tpotEQCov^  wovon 
nvxval  notwendig,  naQ  ä^cpoxEQCov  gut  ist.  Möglicherweise  fehlt  noch 
in  beiden  Codices  ein  Verbum  finitum,  aber  nötig  ist  dies  nicht.  Vgl. 
den  ähnlichen  Satz  bei  Char.  VI  2,  2:  övvsvxccl  da  xal  incßo^ösig  fivQtat 
räv  öitavdövtcov  xrX.^  wo  ebenso  wie  dort  ein  rjöav  hinzuzudenken  ist. 
Diese  Parallele  bestärkt  uns  darin,  in  dem  einfachen  sv^al  in  Th  an 
Stelle  von  cvvavxal  in  P  eine  Verschlechterung  zu  sehen.  ^) 

Im  folgenden  Satz  endlich  (VI  13/4)  bietet  Th  mit  ^ata^v  (paQÖ- 
^avog  offenbar  den  Urtext,  wähi-end  in  F  wieder  eine  Kürzung  vorliegt. 

Über  VI  23^ — ^28  kann  ich  nicht  so  bestimmt  mrteilen,  da  hier  der 
Text  von  Th  lückenhaft  ist.  Das  ag  [cc]<^X'rj')\d-c)g  in  24  ist  nur  eine 
nachträgliche  Vermutung  für  die  Lesung  C36.v.[...  (s.  oben  S.  237). 
Ich  glaube  freilich,  zumal  dlrjd-ag  im  nächsten  Satz  auch  in  F  vor- 
kommt, dafs  meine  Lesung  damit  richtig  korrigiert  ist.  Dagegen  weifs 
ich  mit  vrivtriv  in  26  nichts  anzufangen.    Jedenfalls  liegen  hier  starke 

1)  Sw^v^cd  empfiehlt  sich  vielleicht  auch  wegen  des  Hiatus.  Vgl.  Hercher, 
J.  Jahrbb.  77  (1858)  S.  165.  Freilich  nach  dem  neuen  Einblick  in  die  Bedeutung 
des  Florentinus  müssen  wir  uns  gestehen,  über  Charitons  Verhältnis  zum  Hiatus 
ein  sicheres  Urteil  nicht  fällen  zu  können.  Vielleicht  ist  auch  Char.  HI  5,  3  oftoü 
ew^v/^al  zu  schreiben. 


Ulrich  Wileken:  Eine  neue  Roman -Handschrift  247 

Kürzungen  gegenüber  F  vor.  Angenommen,  Th  habe  als  Hauptsatz  nur 
Mo^£v  df  ag  dh^d'äg  ht  xakUcov  gebracht,  so  würde  der  Redaktor 
die  m  F  folgenden  Worte  avTatg  (dafür  lierchei':  iavTiig)  KakkiQQÖri 
ysyovtvuL  fortgelassen  haben,  die  zum  Verständnis  nicht  durchaus  not- 
wendig sind.  Vgl.  Char.  V  5,  8:  £<5o|£  XQsCtTav  eccvTfjg  (ohne  Infinitiv). 
Übrigens  halte  ich  Herchers  Vorschlag  iavrtjg^)  nicht  für  nötig.  Vgl. 
Achill.  Tat.  VI  18,  1  (in  ähnlicher  Situation):  xul  söo^sv  avtä  xoxs 
xakXCcav  yeyovsvat. 

Für  den  Nebensatz  könnte  man  vorschlagen:  [ä6t£  SiTisg]  (a^v 
(av}triv  [avadvoliiivriv  [sn  tfig  Q'aXd6\6rig.  Dies  würde  nicht  als 
künstliche  Verkürzung,  sondern  als  Schreibfehler  aufzufassen  sein,  da 
der  Schreiber  das  t')i]v  in  ^A(pQodCTriv  mit  dem  xriv  in  avtriv  verwech- 
selnd, die  nach  F  einzuschaltenden  Worte  bQäv  xiiv  ^AcpQoöCxi^v  über- 
sehen haben  müfste.  Doch  über  Mutmafsungen  komme  ich  nicht  hinaus. 
Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dafs  Th  eine  ganz  andere  Konstruktion 
als  F  geschaffen  hat.  KaXUcov  ist  übrigens  eine  schöne  Bestätigung 
für  Reiske,  der  so  statt  nal  (F)  emendierte. 

Verschiedene  Satzkonstruktionen  liegen  ferner  in  VII  5  — 18  vor 
F:  ixdXsvösv  iHxo^i^s6d-ai  —  elxa  —  fWc^fi^e-,  Th:  milEvße  ixxo^t- 
^£6&aL  —  SütLÖSi^ocL  de.  Vgl.  hierzu  II  15  ff.  Ebenso  wie  dort  glaube 
ich,  dafs  auch  hier  der  Thebanus  mit  seiner  strafferen  Konstruktion 
das  Richtige  und  Ursprüngliche  giebt.  Man  beachte  ferner,  wie  in  F 
die  Akkusative  xal  aXivrjv  xrA.  nachhinken,  während  sie  in  Th  in  einen 
wohl  berechneten  Gregensatz  zu  den  vorhergehenden  gestellt  sind: 
Silber,  Gold,  Elfenbein,  Elektron,  Kleider  und  die  ganzen  Kostbarkeiten 
läfst  Chaereas  ausladen;  besonders  zeigen  aber  läfst  er  den  Syrakusa- 
nern  das  Bett  und  den  Tisch  des  Grofskönigs  und  seine  (von  F  ganz 
übergangenen)  Eunuchen  und  Kebsweiber. ^)  Es  ist  wohl  kein  Zweifel, 
welche  Darstellung  die  ursprüngliche  ist. 

Zum  Text  dieses  Abschnittes  bemerke  ich  noch  im  Einzelnen: 
KQyvQov  (Th)  verdient  den  Vorzug  vor  ccQyvQiov  (F),  das  schon  Her- 
cher  auf  Grund  vieler  Parallelen  in  uQyvQov  geändert  hatte.  Das 
folgende  xs  (Z.  7)  ist  gleichfalls  gut,  von  F  ausgelassen.  Dagegen  wird 
man  das  xal  in  9  für  eine  Verschlechterung  halten  müssen  (vielleicht 
Schreibfehler).  Gerade  dies  dxa^  das  der  Redaktor  von  F  im  Chariton 
vorfand,  hat  ihn  zu  der  unrichtigen  Verteilung  der  Akkusative  ver- 
führt. In  12  steht  nlovxov  statt  vkrig  xi%VYig  xs  (F).  Man  könnte 
die    erstere    Lesung    durch  Char.  VI  9,  6   stützen  wollen,  wo   in    ähn- 


1)  Vgl.  dazu  Cobet,  Mnemosyne  VIII  a.  a.  0. 

2)  Sie  begegnen  auch  in  der  ähnlichen  Aufzählung  Char.  VI  9,  6. 


248  I.  Aufsätze 

licheni  Zusammenliaug  Ttkovrov  iiolvxskri  steht.  Dennoch  möchte  ich 
vXrig  rexvrjg  rs  für  die  Schreibung  Charitons  halten,  gerade  wegen  ihrer 
Kiinstlichkeit  und  Gespreiztheit.  Was  wir  bisher  als  Redaktorengriechisch 
nachgewiesen  haben,  war  immer  äufserst  simpel  und  platt.  Auch  würde 
es  gegen  die  Tendenz  zu  kürzen,  die  überall  hervorgetreten  ist,  ver- 
stofsen,  statt  jtXovrov  das  komplizierte  vkrjg  rsxvrjg  ts  zu  setzen.  Mit 
letzterem  Ausdruck  wird  offenbar  auf  die  beiden  Gruppen  hingewiesen, 
denen  die  vorhergenannten  Einzelobjekte  angehören:  Silber,  Gold, 
Elfenbein,  Elektron  gehören  zur  vXrj^  die  Kleider  zur  xi%vri.  Diese 
Spielerei  ist  echt  Charitonisch.  —  Endlich  ist  noch  die  attische  Schrei- 
bung UvQaxoöLoig  mit  o  bemerkenswert.  In  F  scheint  durchgehends 
UvQQUJCovötog  oder  2JvQaxov6iog  zu  stehen,  wie  D'Orville  schrieb.  Mit 
Recht  tadelte  es  Hercher,  dafs  Hirschig  ohne  weiteres  überall  die 
attische  Form  herstellte.  Wenn  er  hinzufügte  (J.  Jahrbb.  a.  a.  0.  155) 
„bei  einem  Spätling  wie  Chariton  durfte  die  Einführung  jenes  Atti- 
cismus  nur  auf  Grund  einer  handschriftlichen  Spur  gewagt  werden", 
so  würden  seine  Bedenken  durch  das  Zeugnis  unserer  alten  Handschrift 
wohl  jetzt  geschwunden  sein. 

Endlich  bringt  uns  auch  die  letzte  Kolumne  eine  neue  Satz- 
konstruktion. Vgl.  Vni  2  ff. :  'E7t<(syi  dh  il7tXi]Qad''rj  t6  d-£a]tQov  [dv- 
ÖQav  rs  xccl  yvvaL\xc}(v\  £l[g\£Xd'övtog  ^övov  Xatgsov  xal  navTsg  '/.cd 
näöai  £7i£ß67}6av.  Dagegen  schreibt  F :  Aoyov  Ö£  d^ärrov  iTcXrjQä&rj 
X.  %■.  a.  X.  X.  y.  EtgEkd'övxog  dh  ^ovov  Xcclqsov  näßat  xal  Ttdvxsg  ixs- 
ßorjöav.  Das  ^.öyov  d-äxxov  in  F,  eine  sehr  beliebte  Charitonische  Wen- 
dung, ist  sicherlich  auch  an  dieser  Stelle  echt,  denn  der  Dichter  wird 
nicht  versäumt  haben,  die  grofse  Schnelligkeit,  mit  der  das  Theater 
sich  füllte,  zu  schildern.  Vgl.  die  ganz  ähnliche  Darstellung  Char.  HI 
4,  3  ff.:  'ATcCca^av  £lg  xriv  ixxXrjöiav  .  .  .  Ov^to  näv  sl'Qfjxo  £7tog  xal 
ijörj  ^£6xbv  ijv  xb  d'saxQov.  Im  Chariton  mag  also  'EtisI  dh  Xöyov  d-äx- 
xov  xxL  gestanden  haben.  Der  Verzicht  auf  den  Temporalsatz  in  F 
ist  zwar  nur  eine  sehr  unbedeutende  Kürzung,  die  sich  kaum  verlohnt, 
entspricht  aber  doch  der  mehrfach  hervorgetretenen  Abneigung  dieses 
Redaktors  gegen  straffere  Konstruktionen,  resp.  seiner  Vorliebe  für  die 
Parataxe. 

Auch  die  Lesung  xal  nccvxsg  xal  nüöca  in  Th  verdient  wohl  den 
Vorzug,  nur  das  erste  xal  könnte  zweifelhaft  sein.  Die  Umstellung 
TCäöai  xal  7cdvx£g  ist  vielleicht  nur  Schreibfehler. 

Damit  wären  wohl  die  Stellen,  die  sicher  die  Hand  des  Redaktors 
verraten,  erschöpft.  Es  sei  endlich  noch  auf  diejenigen  Abweichungen, 
soweit  sie  nicht  schon  oben  zur  Sprache  kamen,  hingewiesen,  die  sicher 
oder  vermutlich  als  Schreibfehler  zu  betrachten  sind.   Freilich  ist  auch 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift  249 

bei  manchen  von  diesen  noch  die  Möglichkeit  einer  beabsichtigten 
Änderung  durch  den  Redaktor  zuzugeben. 

I)  Im  Tliehanus. 

1  12  de  yjldsv.  Die  Richtigkeit  von  ö~'  elgfikd'sv  (F)  ergiebt  sich 
durch  den  Anfang  des  vorhergehenden  Satzes  Kai  rjXd-e  raxsag,  worauf 
sein  Zustand  geschiklert  wird.  Nur  dgrjkd-sv  ergiebt  einen  Fortschritt 
der  Handlung. 

I  24  der  Konjunktiv  xaQax^'^,  sicher  Schreibfehler  für  xuQaid-sCri^ 
wie  der  Florentinus  schreibt,  dem  aber  seinerseits  wieder  das  si  fehlt. 
Das  si  in  Th  beseitigt  einen  Anstols,  den  Cobet  durch  den  Vorschlag 
G)6%SQ  —  ta^ai^Etg  zu  entfernen  suchte  (Mnemosyne  VIII  S.  302). 
Durch  Kombination  der  beiden  Handschriften  gewinnen  wir  jetzt  die 
richtige  Lesung:  ojötceq  yccg  ei'  ng  — •  raQajd'EC'Y]. 

I  26  der  Akkusativ  koyovg  —  ßaQvtaQovg  statt  des  Genetivs.  Vgl. 
Char.  IV  6,  2;  V  5,  3;  V  7,  1. 

II  11  fehlt  slg  ifiE. 

II  19  fehlt  6. 

III  6  ist  xal  statt  eltcc  fehlerhaft.  Man  könnte  freilich  in  dem  ab- 
weichend von  F  gebildeten  Satze  inl  nolvv  d\  ;^()dvov  kutexcov  (Z.  9) 
den  dem  TtQ&tov  (Z.  4)  entsprechenden  zweiten  Teil  erkennen  wollen. 
Aber  würde  dann  nicht  TCQärov  ^uv  gesagt  sein?  Jetzt  korrespondieren 
vielmehr  jtQcötov  und  eitu  auch  formell  gerade  dadurch,  dafs  ^ev  und 
de  bei  ihnen  fehlen. 

III  20  dürfte  dem  6ov  das  6oi  in  F  vorzuziehen  sein,  denn  nur 
dadurch  kommt  der  Begriff  der  Wohlthätigkeit  zum  Ausdruck. 

IV  19/20  ist  }ie{v)  d-ayav  völlig  sinnlos.  Hier  liegt  eine  stärkere 
Korruptel  unseres  Thebanus  vor,  denn  es  fehlt  nach  F  statt  dessen: 
xcctaßcciVEiv  slg  'lavLav  ^aya.  Diese  Lesung  von  F  ist  in  keinem 
Punkte  verdächtig.  Wie  die  Korruptel  in  Th  entstanden,  ist  schwer 
zu  sagen.  Man  sieht  auch  nicht,  was  der  Sckreiber  sich  dabei  gedacht 
haben  könnte.  Dies  ist  insofei*n  nicht  unwichtig,  als  es  zeigt,  dafs 
der  Schreiber  von  Th  —  jedenfalls  an  dieser  Stelle  —  keine 
Lust  zum  Erklären  und  Interpolieren  gehabt  hat.  Er  bietet 
etwas,  das  auch  für  ihn  völlig  sinnlos  gewesen  sein  mufs.  —  Das  vor- 
hergehende :taQ£6xEVK^£To  ist  hier  wohl  nicht  so  gut  wie  6vvE6KEvdt,Eto 
in  F,  das  speziell  „sich  reisefertig  machen"  bedeuten  kann.  Vgl.  Char. 
VIII  2,  5:  UvöxEvaöci^Evot  ovv  navtEg  ifißaLVETS. 

V  8  fehlt  das  notwendige  r)  vor  xal  rovro.^) 


1)  Dagegen  möchte  ich  dies  xai,  das  in  Th  wie  in  F  steht,  nicht  mit  Hercher 
streichen.     Dieselbe  Phrase  fand  ich  in  Char.  V  i),  4:    i-ntivos  i]v  Xai^iai  ov^Loq  J) 


250  I-  Aufsätze 

V  10  fehlt  vvv  vor  akrjd-äg.  Dagegen  ist  vorlier  sinsv  in  9  wohl 
als  Dittographie  (vgl.  7)  zu  streichen. 

V  17  fehlt  äUov. 

V  19  ist  das  ^rjxhi  in  F  wohl  dem  ^i]  vorzuziehen. 
VIII  11  sigayayav  statt  eigaycov  xal. 

VIII  14  hat  Th  ebenso  wie  F:  sig  tbv  ovgavbv  anoßXs^ag^  wo 
mit  Hercher  avaßkiipag  jedenfalls  korrekter  wäre. 

VIII  18  fehlt  trig  hinter  i].    Vgl.  Char.  I  1,  13. 

VIII  26  ist  ^'lÖLöTov  wohl  schlechter  als  ridiov  (F). 

//)  Im  Florentinus. 

I  14  fehlt  fc'l  ccQXTJg,  vielleicht  vom  Redaktor  ausgelassen. 

I  16  da  statt  di}  (Th). 

I  17  fehlt  ^dkiöta.  Dafs  Dionysios  die  hier  aufgeführten  Charakter- 
eigenschaften hatte,  ist  vorher  schon  mehrmals  mit  ganz  ähnlichen 
W^orten  gesagt  worden.  Vgl.  Char.  II  4,  1  und  V  5,  1.  Aber  in  diesem 
Augenblick  (iv  sastvo)  ta  jcaiQa)  bewies  er  sie  ganz  besonders. 

I  24  fehlt  ovTog,  wie  schon  Hercher  gesehen  hatte,  und  jetzt 
durch  Th  bestätigt  wird. 

II  21  £;^£iv  hinter  6ftoAoyij'(?ojg  schon  von  Hercher  als  Dittographie 
(vgl.  Z.  24)  mit  Recht  gestrichen,  wie  gleichfalls  Th  bestätigt.^) 

II  27  didoöLv  schlechter  als  ijtididcoöiv,  das  terminus  technicus 
für  das  Überreichen  von  Briefen  ist. 

IV  22  fehlt  7ConS)v. 

IV  25  erweist  sich  jetzt  olxrjöeig,  an  dem  bisher  niemand  Anstofs 
genommen  hat,  als  ein  eklatanter  Fehler  statt  elicövag.  Wie  schief  war 
der  Gedanke,  dafs  die  Wohnungen  (Plural!)  der  Kallirrhoe  dem  ver- 
lassenen Gatten  ein  Trost  sein  sollten!  Nein,  ihre  Statuen,  ihre  Bilder, 
die  er  in  Milet  wiederfinden  wird,  die  werden  ihn  trösten.  Von  einer 
goldenen  Statue,,  die  Dionysios  selbst  im  Tempel  der  Aphrodite  auf- 
gestellt hatte,  spricht  Char.  III  G,  3:  sids  nagä  Tr)v  d'sbv  slxova  Ka}.- 
kiQQÖrig  xQvGfiv  ävdd^rjfia  ^tovvßCov.  Vgl.  VIII  8,  1.  Aus  einem  un- 
deutlich gewordenen  kursiven  £t^  konnte  leicht  oi^  werden,  das  dann 
irrig  in  ol}c(7]6£tg)  aufgelöst  wurde. 

V  10  fehlt  ^üvTcc. 

V  12  ixstto  statt  s^sx^tto. 

VI  17/8  ETtexkvovro  statt  iitExvXCovxo.    Der  Vorschlag  von  Reiske, 


■nal  rovto  TtsnlävTHLui;  Auch  der  alte  Hermokrates  hatte  so  viele  p]nttäuschurigen 
durchgemacht,  dafs  Chariton  ihn  mit  besonderer  Bitterkeit  -aal  rovto  sagen  lassen 
konnte,  auch  wenn  dem  Leser  die  spezielle  Beziehung  unklar  bleibt. 

1)  Zu  %äQiv  dfioloytiv  vgl.  aulser  Achill.  Tat.  III  10,6  und  Longus  I  26,  S  auch 
die  Korrespondenzen  des  Fl.  Abinniius  aus  dem  IV.  Jalirh.  in  P.  Lond.  11  S.  272  tf. 


Ulrich  Wilcken:   Eine  neue  Roman -Handschrift  251 

ixsxsXsvovTo  zu  schreiben,  ist  auch  von  Hercher  aufgenommen.  Das 
Richtige  bringt  unser  Thebanus:  die  früheren  Spielgenossen  wälzten, 
drängten  sich  heran,  um  ihren  (Jhaereas  zu  begrüfsen!  Zu  iTtixvXuöd-ai 
vgl.  das  namentlich  in  den  Ephesiaca  des  Xenophon  so  häufige  jcqo- 
xv?.u6^aL  (Rohde  S.  407). 

VllI  20  iöx^^ovTO  statt  £(?;tt^£To.    Vgl.  Char.  V,  4,  1;  VI,  1,  2. 

VIII  23  6ts  statt  Tiors.  Schon  Reiske  hatte  ots  —  öt£  oder  Tcora 
—  jiore  verlangt.    Anders  Hercher. 

Vin  27  ccv  ist  zu  streichen,  da  es  sich  nicht  um  eine  irreale  Vor- 
stellung handelt. 


Fassen  wir  die  obigen  Beobachtungen  zusammen.  Es  hat  sich  er- 
geben, dafs  der  Thebanus  und  der  Floreutinus  zwei  völlig  unabhängig 
von  einander  durchgeführte  Bearbeitungen  des  charitonischen  Urtextes 
sind.  Es  hat  sich  ferner  ergeben,  dafs  diese  Bearbeitungen  Kürzungen 
des  Originals  darstellen,  denn  in  keinem  der  oben  angeführten  Fälle 
ist  eine  Wahrscheinlichkeit  dafür  erwiesen  worden,  dafs  etwa  die  kürzere 
Form  die  originale  sei  und  die  vollere  eine  spätere  Erweiterung  dar- 
stelle. Vielmehr  haben  überall  die  volleren  Formen  sich  als  sinn- 
gemäfs,  oft  als  notwendig  und  vielfach  auch  durch  Parallelen  als  gut 
charitonisch  erweisen  lassen,  wähi'end  die  kürzeren  Formen  sich  deut- 
lich durch  ungeschickte  Handhabung  der  Sprache,  durch  Schaffung 
sachlicher  Lücken  und  andere  Zeichen  jüngerer  Bearbeitung  als  nicht 
originell  verrieten. 

Das  Mafs  der  Verkürzungen  und  überhaupt  der  Veränderungen 
können  wir  nur  für  die  beiden  im  Thebanus  erhaltenen  Abschnitte 
konstatieren.  Hier  hat  offenbar  der  Florentinus  stärker  gekürzt  als  der 
Thebanus.  Dafs  die  beiden  Redaktoren  überall  in  diesem  selben  Ver- 
hältnis gekürzt  haben,  ist  nicht  nötig  anzvmehmen.  Bürger  (Hermes 
27)  hat  gezeigt,  wie  der  Epitomator  der  Ephesiaca  des  Xenophon 
sprungweise  vorgegangen  ist,  bald  einige  Stellen  in  vollem  Wort- 
laut hat  stehen  lassen,  dann  wieder  gröfsere  Partieen  in  kurze  Sätze 
zusammengezogen  hat.  Die  Möglichkeit  einer  solchen  Unregelmäfsig- 
keit  der  Kürzungen  ist  auch  für  unsere  beiden  Redaktionen  zuzugeben, 
wie  denn  auch  innerhalb  der  beiden  kontrollierbaren  Partieen  die  Ver- 
änderungen unregelmäfsig  verteilt  sind.  In  dem  ersten  Abschnitt  (s. 
unten)  sind  die  Veränderungen  viel  gewaltsamer  und  tiefgreifender  als 
im  zweiten.  Im  Übrigen  liegt  auf  der  Hand,  wie  verschieden  in  dem 
Grade  der  Veränderungen  diese  Redaktoren  und  jener  Epitomator  ge- 
arbeitet haben.     Auch  nach  dem  Funde   des  Codex  Thebanus    können 

Archiv  f,  Papyiuaforachung  I.  i'.  17 


252  I-  Aiifsätze 

wir  doch  daran  festhalten,  dafs  uns  im  Florentinus  in  der  Hauptsache 
das  Werk  des  Chariton  erhalten  ist,  während  in  den  Ephesiaca  ganze 
Partieen  übersprungen  sind;  nur  haben  wir  kein  Zutrauen  mehr,  dafs 
wir  überall  den  vollen  Wortlaut  besitzen,  dafs  alle  Bilder  und  Schmuck- 
stückchen des  Originals  uns  wortgetreu  wiedergegeben  sind.  Es  ist 
eine  notwendige  und  verlockende  Aufgabe,  nunmehr  den  ganzen  Text 
des  Florentinus  daraufhin  zu  untersuchen,  an  welchen  Stellen  sich  die 
Hand  des  oben  nachgewiesenen  Redaktors  erkennen  läfst.  Der  Nach- 
weis wird  nicht  so  sicher  zu  erbringen  sein,  wie  ihn  Bürger  für  die 
Epitomierung  des  Xenophon  erbracht  hat,  da  im  Florentinus  die 
Änderungen  eben  nicht  so  durchgreifende  sind.  Diese  Arbeit  mufs  ich 
Berufeneren  überlassen;  fürchte  ich  doch  schon  mit  dem  hier  Gebotenen 
mich  von  meinem  Studiengebiet  zu  weit  entfernt  zu  haben. 

Erst  nach  Abschlufs  der  obigen  Untersuchungen  bin  ich  darauf  auf- 
merksam geworden,  dafs  ich  für  Chariton  zu  einem  Resultat  gekommen 
bin,  das  mit  dem  jüngst  von  Elimar  Klebs  für  die  historia  Apollonü 
Tyrii  gewonnenen  grofse  Ähnlichkeit  zeigt.  Auf  Grund  seiner  ebenso 
mühseligen  wie  scharfsinnigen  Behandlung  der  unendlich  verwickelten 
handschriftlichen  Tradition  der  historia  ist  Klebs  (Die  Erzählung  des 
Apollonius  aus  Tyrus,  Berl.  1899)  zu  dem  Ergebnis  gekommen,  dafs 
uns  als  älteste  Überlieferung  der  historia  zwei  von  einander  unabhängige 
Redaktionen  der  verlorenen  christlichen  Überarbeitung  des  lateinischen 
Urtextes  erhalten  sind.  Doch  während  wir  hier  wegen  der  willkür- 
lichen Umarbeitungen  und  starken  Interpolationen  nicht  einmal  die 
christliche  Bearbeitung  wieder  herstellen  können,  scheint  mir  für  Cha- 
riton der  Versuch  nicht  aussichtslos,  durch  Ineinanderarbeitung  der 
beiden  Redaktionen  sogar  den  Charitonischen  Urtext  —  oder  doch 
wenigstens  etwas  diesem  sehr  nahe  kommendes  — -  wiederherzu- 
stellen. Denn  einerseits  liegen  hier  nur  Kürzungen  vor,  und  es  fehlen 
die  Interpolationen,  andererseits  sehe  ich  kein  Indicium  dafür,  dafs  etwa 
schon  die  beiden  Redaktoren  von  Th  und  F  nur  eine  Überarbeituna; 
des  Chariton  vor  sich  gehabt  hätten.  Ich  möchte  daher  einstweilen, 
bis  dieser  Nachweis  erbracht  wird,  annehmen,  dafs  der  Text  da,  wo 
Th  und  F  übereinstimmen  —  abgesehen  natürlich  von  den  überall 
vorauszusetzenden  Schreibfehlern  etc.  —  Charitons  Worte  bietet.  Wo 
Th  und  F  von  einander  abweichen,  war  es  oft  schwer,  eine  evidente 
Entscheidung  über  das  Ursprüngliche  zu  treffen.  Hier  konnte  ich  nur 
Vermutungen  geben;  gründlichere  Keimer  dieser  Litteratur  werden  viel- 
fach anders  urteilen.  —  In  dem  folgenden  Versuch,  den  Chariton  her- 
zustellen, sind  alle  Konjekturen  in  spitze  Klammern  geschlossen.  Die 
Begründungen  sind  meist  oben  gegeben. 


Ulrich  Wilcken:   Kine  neue  Roman  -  Handschrift  25B 

I.  Abschnitt.     Vgl.  Hercher  II  S.  148,  19 ff. 

(prjöl  „z/tovv(?toff".  §  10.  Kai  i]Ad-£  tax^co^  ^srsoQog  tatg  sXnCöi'  rav 
yccQ  TCSQt  XaiQaav  ovd&v  riTCtßtato  (oder  i^nLötato  ovdsv),  ^etä  de  täv 
aXXcav  yvvaixav  idöxst  xul  KaXXtQQorjv  naQEtvai  xal  ßaßtkaa  naXetv 
avtbv^  tvoc  anoöä  t^v  yvvalyca  ytQug  r^g  dQiöTSLCcg.  'Enal  Öl  slgf}Ad'e^ 
di7}y7]6ato  avr<p  ßaötXEvg  ai,  aQ%fig  änavta  ta  yayavrj^ava.  'Ev  ixacva 
drj  ta  xaiQä  ^dXtöra  ^iovv6iog  iTtadst^ato  naidaCav  ta  xccl  cp^ovrjöLv 
i^aiQStov.  §  11.  "£l07iaQ  yccQ  ai'  rig  xaQavvov  Traeövtog  Ttgb  t&v  tcoö&v 
avtov  firj  tccQax&at^r]^  ovtcog  XKxatvog  dxovßag  Xoyav  6x7]7ttov  ßa^vta- 
QC3V,  OTfc  XatQsag  andyat  KaXXiQQorjv  aig  UvQCixov6ag^  o^ag  avötad-rjg 
afiaiva  xccl  ovx  ado^av  dßcpaXag  avtoj  t6  IvTCalßd'ca^  6a)d'ai6rjg  tfjg  ßa- 
0iXidog.  §  12.  'O  da  ' AQtai^äQ^.iqg  ^,Ei  ^av  idvvdfirjv,  acpri^i)^  KaXkiQ- 
QÖrjv  av  dnedaxd  6ol^  ^lovvöia'  Jta6av  ydg  avvoiav  aig  ifia  xal  TCi'ßtiv 
inadaC^Gi'  tovrov  da  bvtog  ddvvdtov  (oder  diirjxdvov'^)  ötda^c  6oi  nd- 
örjg  'IcavCag  äQ%aiv  (t£}  xal  jtQÜtov  svaQya'trjv  aig  tbv  olxov  tov 
(^(laydXovy  ßaötkäcog  dvayQKg)rjvaL^':  ITQogaxvvy]6av  6  ^iovv6iog  xal 
Xdgiv  ö^oXoyrjöag  aßnavdsv  dnakkayrivai  xal  daxQvcov  a^ovßtav  a%aLv' 
ai,i6vtL  8a  avtr«  UrdtatQa  tjövx'fj  tijP  ajCLötoXijv  aTCiÖcdaötv.  §  18.  'Vno- 
6tQa^ag  8a  xal  xataxXaC^ag  aavrbv^  yvcjQLöag  tä  KaXXiQQÖrjg  ygd^- 
fiata  JiQätov  tijv  ajiL6toXrjv  xatacptXrjßav^  aita  dvoC^ag  tä  örrjd'aL 
ngogantv^ato  ag  axacvr^v  nagovöav^  xal  inl  noXvv  xqovov  xatai%av^ 
dvaytvaöxatv  ^ij  8vvd^avog  öid  tä  8dxQva.  'AjtoxXavöag  8a  (triv  iavtov 
6vfi<poQäv?y  (oder  dTCoxXav6d<^^avo)g  8a)  ^öXig  dvayiväöxauv  riQt,ato 
<ovroff?>-  „KAAAIPPOH''  xat  acpCXriöa  tovvofia  ^.zJIONTZmi 
ETEPFETHI''  ,,ol^ol  ta  dv8Ql  <^ovxät  öi/rt)"  ,,XAIPEIN''  „ÄÖg 
8vvafiaL  6ov  8iat£vy[iävog;''  „2;r  FAP  EM02J  ETEPrETHU''  „rt 
yaQ  d^iov  anoirj^d  (joi*/'  §  14.  'Höd^tj  8e  tf}  amötoXi]  (xal  aG%ato 
avtfigy  TCQO^  tijv  dnoXoyCav  xal  noXXdxig  dvaytvcoöxa  tä  avtä  Qijfiata 
(?  oder   tä   avtä  xata   tä  Qij^ata?)'   v7ca8rjXov   yaQ  ag  dxovöa   avtbv 

xataXCnot   xal    (anai6d"r] ?)>.     Ovtco    <^8r}  ?    (pv6ai}    xovcpov   aötiv 

aqtog  xal  dvanaC^ai  QaSicog  avtSQÜö^ai.  §  15.  GaaGa^apov  8a  tb  Tiau- 
8Cov  tbv  natSQa  <[aXd-?y6vta  TtQogijXd'av  avr«  xal  „iloii  ^ol  ndtag'"'' 
alitsv  „17  ^ritriQ;  'Ajiia^av  JiQbg  avrtjV".  <('0  8a  xataq)LXy]6ag  tb  nai- 
8iov(T)y  xal  TCtjXag  tatg  xaQölv  ^^AnaXsvdrj  nota  fiOL  xal  öv,  taxvov, 
(^Effvi  xaly  avtvi&g  ngbg  trjv  ^rjtaQa  <(7iXav6aig  resp.  nXav6f]  oder 
Optativ '?)>•  xal  yäg  avtrj  tovto  xaxaXavxsv  aya  8e  aQrj^og  ßta- 
6o^ai^  Tcdvtav  al'tiog  a^avtä  yavö^avog.  'AnäXaöa  ^a  xavij  ^rjXo- 
tvnCa  xal  <3v,  BaßvXav'^.  Tavta  alnav  övvaöxavd^ato  tijV  ta%C6triv 
xataßaCv aiv  aig  lavCav^  (laya  vo^it,cov  Tiaga^vd'LOV  TCoXXrjv  68bv  xal 
TCoXXäv    TtöXacov    iiya^ovCav    xal    tag    av    MiXT^ta    KaXXiQQOi^g    aixovag. 


254  I-  Aufsätze 

Kap.  6.    Tä   ^sv   ovv  neqü   rijv  ^AöCav   iv  tovtOLg  iiv.     'O  de  XatQaccs 

7JVV6£    TOV 

IL  Abschnitt.    Vgl.  Hercher  S.  151,  13  ff. 

.  .  .  .  ?  'EQfioxQccti^g  <^ds  ?)>  avs^i]drjöev  inl  rijv  öxrjv^iv  xal  ^sQL7ttvi,cc- 
fisvog  tr}v  'd'vyccrsQa  „Zfjg  tsjcrov""  aiTtEv  „-J)  aal  xovto  nanXdvnjiiat','''' 
^^ZGi  nuxEQ  vvv  cchjd'&g^  ort  6s  t,&vtci  tad-safiai}^  zidxQvcc  TCäöiv  ^stcc 
XUQäg  £'|£%£tTO.  §  9.  Msta^v  de  TlolviaQ^iog  e^tLxataTtXst  rcclg  akkaig 
TQiYiQEöiv  avtbg  yaQ  rjv  nsTtuGtsv^lvog  xov  dXkov  örökov  «jro  Kvttqov 
diä  t6  (ly^xetL  XaiQEuv  aXXcj  tlvI  övvaö&UL  6%oXdl£LV  xX'^v  [lova  ra 
KaXkiQQÖrjg  öwslvau  xaklsi.  §  10.  Ta%&cog  ovv  6  Xi^r}v  snkiqQOvxo 
jcal  rjv  exslvo  tb  6xi]^a  t6  fisrä  f^v  vav^a%iav  tijv  ' Art ix'r]v'  xal  avtat 
yäg  ai  tgtriQEig  ex  ^oXe^ov  xatETt^sov  Eötscpavco^Evat^  XQrjöd^svai 
2JvQaxo6i<p  öTQarrjya'  öwE^i^d-rjöav  ds  ccl  g)G)val  x6>v  Kßsvy  dno  vfjg 
d'aXdöörjg  rovg  inl  yiig  d^Ttcc^o^Evav ,  rß)v  ds  djib  rijg  yrjg  tovg  iv 
talg  xQiriQEöiv^  Evipti^iai  xe  xal  ETtaivot  xal  GvvEvial  nvxval  ;ra^'  d^- 
(foxEQcov  Tigbg  dXX'^lovg.  'Hxe  öe  fiExa^v  cpEQÖ^Evog  xal  6  XaiQEOv  7Ca- 
xijQ  XLJtotl^vx&v  EX  xrjg  :n:aQad6^ov  x^Qäg.  §  11.  ^EtcexvXCovxo  öe  dXlri- 
Xoig  övvEcprjßoi  xal  övyyv^vaGxat,  XaiQsav  a6nd6a6d'ai  ■O'f'Aovreg,  KaX- 
XiQQoriv  ÖE  aC  yvvalxEg.  "EdoiE,E  ds  ag  <(dX'r}d'S)g'}  etl  xaXXCcav  avxaig 
KaXXiQQOT]  ysyovEvai  &6xe  EiTtsg  dv  avxYjv  ögäv  xijv  'AcpQodixrjv  dva- 
dvofiEvrjv  ix  x^jg  d'aXdßöTjg.  ÜQogEXd'av  ds  XaiQEag  xä  'EgfioxQdxsi 
xal  xa  naxgl  ^^TTagaXdßsxE'''  (pri6iv  (oder  icpiq)  „röv  nXovxov  xov  ^e- 
ydXov  ßaöiXiag''''.  §  12.  Kai  svd-vg  ixaXEVöEv  ixxoiiCt,E6%-ai  agyvgöv  xe 
aal  ;^()f<?6v  dvagid'^Tjxov^  Eixa  iXicpavxa  xal  •^Xexxqov  xal  i6d"fjxa  xal 
7Cä6av  vXiqg  xE^vrig  xe  noXvxiXEiav  ^  imÖEl^ai  de  UvgaxoöLoig  xal  xXC- 
vr^v  xal  XQdnEt,av  xov  fiEydXov  ßaötXECog  xal  Evvovxovg  xal  naXXaxi- 
dag,  aöxE  ivETtXrjöd'r]  Tcäöa  rj  TtoXig  ov%  üg  TtQÖtEQov  ix  xov  tioXe^ov 
xov  UixsXixov  TCEvCag  '^rrtJtijg,  dXXd^  xb  xaivbxaxov  iv  ELQrjvfj,  Xaipv- 
Qcov  Mrjdtxav.  Kap.  7.  'Ad^QOOv  öe  xb  TcX^jd-og  dvEßörjösv  ^^A^ico^ev 
Etg  XTjv  ExxXrjöiav'"''  inEd'v^ovv  ydg  avxovg  xal  ßXETtEiv  xal  dxovEtv. 
EtceI  öe  Xöyov  d-äxxov  inXiqQcad-ri  xb  d'iaxQov  dvÖQäv  xe  xal  yvvacxcäv^ 
ElgsXd'övxog  (U^dvov  XaiQEOv  xal  (?)  ndvxEg  xal  Tiäßat  iTtsßöi^Gav  ,^KaX- 
Xlqqötjv  naQaxdXEi'"'' .  §  2.  'EQ^oxQaxrjg  ds  xal  xovxo  idrj^ayäyrjösv^ 
Eigdycov  xal  xijv  d^vyaxEQa.  llQäxov  ovv  6  dvl^og  slg  xbv  ovQavbv  Kava}- 
ßXiipag  EvcpriiiEi  xovg  Q-Eovg  xal  %dQiv  ri7tC6xaxo  ^äXXov  vjtsg  xfjg  rj^iigag 
xavxTjg  r)  xfjg  x&v  imvLxCcov.  Eixa  tvoxe  (iev  iiS%it,Exo  xal  oi  filv  dv- 
ÖQEg  in^vovv  XaiQEav  aC  de  yvvalxEg  KaXXiQQorjv,  tioxe  d'  ai)  ndXiv 
d^q)oxEQovg  xoLvfi'  xal  xovxo  ixELVotg  ^ölov  ijv.  §  3.  KaXXiQQÖtjv  (isv 
ovv  d)g  ix  TfXov. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift 


255 


4.    Der  Chione- Roman. 

Die  Fragmente  des  neuen  Romanes  kann  ich  nicht  mit  derselben 
Sicherheit  wie  die  des  Chariton  vorlegen.  Abgesehen  davon,  dafs 
mir  hier  die  Hilfe  einer  Edition  fehlte,  habe  ich  auch  weniger  Zeit 
auf  diese  beiden  Blätter  verwendet.  Trotz  der  Unsicherheit  mancher 
Lesungen  will  ich  meine  Kopie  im  Folgenden  mitteilen,  da  es  litterar- 
historisch  doch  nicht  uninteressant  ist,  einen  neuen  Roman,  wenn  auch 
nur  in  dürftigen  Fragmenten,  kennen  zu  lernen. 

Ich  bedauere,  über  die  Anordnung  der  di'ei  Fragmente  mir  nichts 
notiert  zu  haben.  Zwei  von  ihnen  müssen  ja  sicher  neben  einander 
auf  demselben  Blatt  gestanden  haben,  da  ich,  wie  oben  bemerkt,  nur 
die  Fleischseiten  berücksichtigt  habe,  also  nur  vier  Kolumnen  in  Be- 
tracht kommen.  Es  ist  lediglich  ein  nachträglicher  Schlufs  aus  dem 
Inhalt,  wenn  ich  annehme,  dafs  Kol.  I  und  II  in  dieser  Reihenfolge 
neben  einander  auf  dem  ersten  Blatt  gestanden  haben.  Wohin  das  dritte 
Fragment  gehört,  darüber  unten  eine  Vermutung. 


Fragment  I. 


[ ]«S  n 

\ß\a6iXua  sig  tavrrjv 
Tial  rbv  6vvoi7iri6o{v)- 
ta  avtf}  ^steQX^- 

TUl,    dlO^SQ    OVtG)    XQrj 

ßovXev6aöd'aL  vvv 
Yjfiäg  ag  fi'^  (isra- 


yvavaC  Ttore  dvva- 
öd-ai.    "Exofisv  de  elg 
10    ßni^iv  XQÖvov  rjue- 
^äv  tQidxovTcc  ctg 
elg  tovTO  ticcq'  avtG}(v) 
tcXeZov  Tf^vra  nov  (?) 

Darauf  fehlen  15  Zeilen. 


Fragment  II. 


Q0V6aV.       OvTOi    fl£V 

Yjöccv  3rpö<(g)  t[c5J  7fSQ[l  av]- 
tG)v  ßovXsvsöd-cci.      Ta- 
%io3g  de  dietpoirrjös 
avä  xr]v  TtoXiV  äna6a{y) 

(pag  (p'y]^['rj  zau]  ovd'£[lg^ 
aXlo  ovdsv  ikäkei  [i)] 
tibqI  tov  ydfiov.     Ildv- 


10    XEg  de  ^^ijO'ovTO  Xoyi- 
^öfisvoL  tb  jieQi  trjg 
cc7tBiX't]g  avTcbv  icTCcci- 
dsvTov  n(d  [idXiöta 
oöoL  dvvaxol  täv  x<ioy- 

15    (^Xi)XG)v  vTtaQXOvxsg 

XCcl    CCVXol    7loXiT£V£- 

öd^ai  xrjv  Xiövr^v  €- 
(leXXov  fivr}6xsv£- 


n  2  TCQOix  .  nsQ  Kopie.  —  11  14/5  7ta\vtaiv  Kopie.  Dies  nicht  nur  sachlich, 
sondern  auch  paläographisch  unwahrscheinlich,  da  7tccv\t(ov  getrennt  worden  wäre. 
Die  Verlesung  von  N  statt  AI  liegt  sehr  nahe. 


256 


I.  Aufsätze 


öd^KL.      Ov  iiBvroi  ys  KV- 
20    Töf  rtg  etokaa  [let    a- 
KeCvoxjg  aitelv  tijv 


xoQrjv.     'H  8b  Xlovy] 
d'ovoa  TavTo:  ovx  st. 


Darauf  fehlen  4  Zeilen. 


Fragment  III. 


10 


ya^y]drjg  ts  n:Qogd6- 
xsL^ög  iöxiVy  rj^lg 
de  fidxQi  vvv  ndvxa 
xakov  (?)  xsLvovvrsg 
cog  dnev  ovdsv  inl 
(jotrjQLav  vsvotjxa- 
(i£v.     AhCav  d'  ovdsfii- 
av  TtaQsGxrjxa  öoi,  Ms- 
yKfirjdrjg  Xva  anoki- 
:ti]g  avtov.    "Slots  dicc- 
loyLt,ov  ti  ögaßtEov 
rjuslv.     'Eya>  fihv  yäg 
ccTtoQco.^^     'H  de  Xiovrj  „Ot»- 


15    öcatrjQLav  ti  svql'öxco. 
'Ev  de  tovt(p  6ov  keya., 
ei  ^ij  dvvdfis^a  ^ij(v) 

fiet      Cckk7]kC3V.)    TCQOßxd- 

^avxsg  tovtG)         stc. 
20    dv 


25 


[Tö  yaQ] 

teksvtatov  yj^liv] 
anokuLTistai^  Xp'^[^r£,V] 
ovö&v  \ukko.   ziel  de?\  xal  o- 
TCCDg  Bvöiifipiovog 
yn'tjd'fj  öxoTCeiv.     As- 
kri%'6ta.g  yaQ  r^fiäg  tb 


Versuchen  wir,  diese  disiecta  membra  zu  verstehen. 

Fragment  I  führt  uns  in  eine  Versammlung  von  Männern,  die 
miteinander  beraten.  Der  Redner  sagt:  „die  Königsherrschaft  [soll] 
auf  diese  [übergehen  (?)]  und  er  beruft  ihren  künftigen  Gemahl.  Darum 
müssen  wir  jetzt  derartige  Beschlüsse  fassen,  dafs  wir  niemals  Reue 
empfinden  können.  Wir  haben  zur  Überlegung  dreifsig  Tage  Zeit"  — 
das  Weitere  verstehe  ich  nicht. 

Nach  Frg.  II  ist  es  nicht  zweifelhaft,  dafs  diese  Königstochter, 
für  die  „er"  —  das  mufs  der  Vater  sein  —  den  Eidam  beruft,  Xtövrj 
ist.  Wir  haben  also  einen  Roman  vor  uns,  der  die  Schicksale  einer 
schönen  Prinzessin  behandelt.  Die  meisten  der  uns  erhaltenen  griechi- 
schen Romane  lassen  ihre  Liebespaare  in  vornehmen,  aber  bürgerlichen 
Kreisen  aufwachsen.  Aufser  dem  Ninosroman  bietet  noch  die  Jiistoria 
Apollonii  Tyrii  Parallelen  zu  dem  unsrigen:  dieser  handelt  im  Anfang 
von  der  Tochter  des  Königs  von  Tyros,  an  deren  Stelle  dann  bald  die 
Königstochter  von  Kyrene  in  den  Mittelpunkt  tritt. 

XiovYj  heifst  die  Prinzessin.  Gewifs  wird  der  Dichter  die  Spielerei 
mit  dem  Namen   sich  nicht  haben  entgehen   lassen,  sondern  wird   den 


II  24  vielleicht  ovK£r[i].  —  III  1  erg.  Mtjyccii'^örjg. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift  257 

weifsen  Teint  dieses  „Schneewittchen"  gebührend  hervorgehoben  haben. 
Vgl.  ähnliches  bei  Itohde,  Gr.  Rom.  S.  153.  Der  Name  Xiövrj  eignet, 
abgesehen  davon,  dafs  er  auch  als  Frauenname  vorkommt,  mehreren 
Gestalten  der  griechischen  Sage,  einer  Nymphe,  einer  Tochter  des 
Boreas  u.  s.  w.,  auch  jener  Tochter  des  Daidalion,  deren  Liebesgeschichte 
Ovid  (Metamorph.  XI  301  f.)  mit  den  Worten  beginnt:  Nata  erat  huic 
Chione,  quae  dotatissima  forma  mille  procos  habiiit,  bis  Septem  nuhilis 
annis.  Mir  ist  aufgefallen,  dafs  auch  sonst  Namen  von  Heldiruien 
griechischer  Romane  in  den  Sagen  als  Namen  von  Nymphen  und  ähn- 
lichen Gestalten  wiederkehren.  So  AsvniJtXTj  bei  Achilles  Tatius,  KaX- 
Xlqqöt]  bei  Chariton,  UaQ&svoTcr}  in  dem  Berliner  Fragment  (s.  unten 
S.  264  ff.).  Sollten  nicht  trotz  des  rein  menschlichen  Charakters  dieser 
Romane  die  betreffenden  Sagengestalten  den  Romanschriftstellern  vor- 
geschwebt haben?  Freilich  würde  schliefslich  nicht  viel  mehr  als  der 
Name  übrig  geblieben  sein,  denn  dem  Romanschema  zu  Liebe  müfsten 
alle  ursprünglichen  sagenhaften  Züge  von  jenen  Gestalten  genommen 
worden  sein.  Vielleicht  ist  es  für  die  Entwickelungsgeschichte  der  Ro- 
mane nicht  ohne  Bedeutung,  dafs  der  älteste  uns  bekannte,  der  Ninos- 
roman,  trotz  starker  Änderungen,  die  dem  Romanschema  zu  Liebe 
auch  schon  bei  ihm  vorgenommen  sind  (vgl.  Hermes  28),  doch  noch 
einige  Züge  der  zugrunde  liegenden  Sage,  wie  z.  B.  Ninos  als  Welt- 
eroberer, deutlich  bewahrt  hat.  Da  dieser  Ninosroman  aber  sicher 
nicht  das  erste  Beispiel  der  neuen  Gattung  gewesen  ist,  sondern  schon 
seine  Vorläufer  gehabt  haben  mufs,  so  liegt  der  Gedanke  nahe,  dafs 
vielleicht  die  ältesten  selbständigen  erotischen  Erzählungen  in  Prosa, 
deren  Kunde  uns  verloren  ist,  sich  inhaltlich  noch  enger  an  die  Sagen, 
wie  sie  in  der  hellenistischen  Dichtung  und  andererseits  gelegentlich 
von  den  Historikern^)  verarbeitet  waren,  angeschlossen  haben,  dafs 
bei  den  Späteren  dami  das  Sagenhafte  immer  mehr  geschwunden  ist, 
bis  zuletzt  nur  noch  die  Namen  an  den  ursprünglichen  Ausgangspunkt 
erinnerten. 

Doch  kehren  wir  nach  dieser  Hypothese  wieder  zur  Chione  zurück. 
Aus  den  ersten  Worten  des  Fragmentes  ergab  sich,  dafs  ihr  Vater  für 
sie,  als  die  Erbin  des  Reiches,  einen  Gatten  sucht.  Aus  tbv  ^vvoixrj- 
0ovta  möchte  ich  nicht  folgern,  dafs  er  eine  bestimmte  Persönlichkeit 


1)  Vgl.  die  sehr  anregenden  Ausführungen  von  Ed.  Schwartz,  Fünf  Vorträge 
über  den  griechischen  Roman.  Berlin  1896.  —  Nach  Schwartz  ist  es  für  die  ero- 
tischen Erzählungen  gerade  charakteristisch,  dafs  ihre  Personen  nicht  aus  Sage 
oder  Geschichte  genommen,  sondern  frei  erfunden  sind.  Aber  wo  bleibt  da  Me- 
tiochos  und  ParthenopeV  oder  Ninos  und  Semiramis? 


258  I-  Aufsätze 

herbeiruft;  vielmehr  scheint  er  verkündet  zu  haben,  dafs  er  unter  den 
und  den  Bedingungen  nach  Ablauf  von  dreifsig  Tagen  seine  Tochter 
vermählen  wolle.  Daraufhin  haben  sich  die  Männer,  in  deren  Beratung 
wir  in  Frg.  I  eingeführt  werden  —  vielleicht  der  höchste  Adel  — ,  ver- 
sammelt. Nach  Frg.  II  haben  sie  selber  Freiergelüste  und  vielleicht  haben 
sie  sich  verbündet,  um  durchzusetzen,  dafs  einer  von  ihnen  die  Braut 
heimführe  und  das  Reich  gewinne  (vgl.  II  19  ff.).  Ist  diese  Auffassung 
zutreffend,  so  würden  wir  dadurch  an  den  Anfang  des  Charitonromanes 
erinnert  werden,  wo  die  abgewiesenen  Freier  —  allerdings  nach  der 
Hochzeit  —  sich  zu  gemeinsamen  Beratungen  zusammenfinden  (I  2,  1): 
Ot  yccQ  fivyjötfJQSg  .  .  .  timg  ovv  iia%6^Evoi  TCQog  akX^Xovg  üfiovörjöccv 
TOts  did  t£  r^v  o^ovoiav  .  .  .  övvTjXd-ov  eig  ßovksvr^Qiov  xolvöv. 
Darauf  folgen  wie  hier  ausführliche  Reden  der  Beratenden.  Für  die 
oben  angenommene  Situation  hebe  ich  folgende  Worte  daraus  hervor: 
El  HSV  Ttg  f'^  riiiGiv  (doch  wohl  verschrieben  für  vjiiwv!)  syrj^ev,  ovx 
av  cjQyC69-rjv.    Vgl.  auch  bist.  Apoll.  Tyr.  c.  19. 

Die  dreifsigtägige  Frist  ist  nicht  ohne  Interesse,  deim  sie  gehört 
zu  den  üblichen  Requisiten  der  griechischen  Romane.  Man  vergleiche 
mit  unserm  sxo^isv  d'  sig  öxeipiv^)  ^QÖvov  rj^egcbv  tQidxovta  die  fol- 
genden Stellen:  Xenoph.  II  13,  8:  der  Irenarch  Perilaos  drängt  die 
Antheia  zur  Hochzeit:  Antheia  övyxurartd'STca  ^ev  T6^'  yd^ov,  iHetsvet 
di  avTOv  avufislvat.  %q6vov  öXtyov  o6ov  ij^SQcäv  xqlkxovxu.  Vgl.  III  o,  7. 
Ferner  Charit.  V  3, 1 1 :  tQtaxoör fj  ds  vötsqov  7]^äQa  aHQociöopiaL  tilg  diynqg 
und  VI  2,  o:  nagdyy etXov  ovv  rQidxovra  tjfisQüv  CsQo^rjvtav  ioQtdt,eiv 
nä6av  rrjv  'Aöiav.  Ebenso  heifst  es  in  der  liist.  Apoll.  Tyr.,  die  ich  zwar 
nicht  für  eine  Übersetzung,  wohl  aber  für  eine  freie  Bearbeitung  eines 
ursprünglich  wohl  viel  ausführlicheren  griechischen  Original- 
romanes  halte ^),  in  c.  5  folgendermafsen:  sed  habebis  triginta  clierum 
spatium:  recogita  tecum. 


1)  Vgl.  Charit.  II  10,  7;  VI  7,  13. 

2)  So  ungern  ich  nach  nur  vorübergehender  Beschäftigung  mit  dieser  Frage 
einem  Forscher  widerspreche,  der  mehrere  Jahre  seines  Lebens  diesen  Problemen 
gewidmet  hat,  möchte  ich  es  hier  doch  aussprechen,  dafs  die  Beweisführung  von 
Elimar  Klebs  (vgl.  oben  S.  252)  mich  nicht  davon  überzeugt  hat,  dafs  wir  in  der 
bist.  Apoll,  ein  lateinisches  Originalwerk  vor  uns  haben.  Er  giebt  zwar  die  Mög- 
lichkeit zu,  dafs  der  Verfasser  sich  in  Einzelheiten  an  griechische  Vorbilder  an- 
gelehnt habe  (S.  298.  306),  hält  das  Ganze  aber  doch,  da  hier  und  da  die  Be- 
nutzung von  lateinischen  Vorbildern  wie  Vergil  und  Ovid  nachgewiesen  ist,  für 
„ein  lateinisches  Originalwerk  in  dem  Sinne,  in  welchem  diese  Bezeichnung  den 
Werken  der  römischen  Dichtung  überhaupt  zukommt"  (S.  307).  Wiewohl  die 
wirklichen  oder  angeblichen  „römischen"  Elemente  in  der  bist.  Apoll,  für  die 
Hauptfrage  m.  E.  gar  nicht  entscheidend  sind,  sei  doch  darauf  hingewiesen,  dafs 


Ulrich  VVilcken:   Eine  neue  Roman  -  Handschrift  259 

Der  Bericht    über    die   Versammlung   jeuer    Männer,    der   in   II  1 
mit    Qovöav   endet,    wird    formell    abgeschlossen    mit    den    zusammen- 


nicht  alle  seine  Nach  Weisungen  römischer  Elemente  überzeugend  sind.  So  geht 
K.  entschieden  zu  weit,  wenn  er  S.  211  in  den  Worten  (c.  7)  alia  vero  die  in 
civitate  siia  quaeritur  a  civibus  suis  ad  salutandum  eine  Anspielung  auf  den 
Morgenbesuch  beim  Kaiser  und  den  Vornehmen  sehen  will.  Denn  was  ist  natür- 
licher, als  dafs  die  Bürger  ihren  princeps  nach  seiner  Heimkehr  begrül'sen  wollen? 
Vgl.  übrigens  zu  jener  römischen  Sitte  meine  Bemerkungen  über  den  ccGitaapiög 
am  Ptolemäerhofe  in  Berl.  Phil.  Woch.  1896  Sp.  1462.  Andrerseits  scheinen  mir 
die  engen  Beziehungen  zu  den  griechischen  Romanen  nicht  scharf 
genug  herausgehoben  zu  sein.  Wenn  z.  B.  Apollonius  zum  Schlufs  sein  Leben 
aufzeichnet,  ein  Exemplar  für  sich  behält,  ein  anderes  im  Tempel  von  Ephesos 
aufbewahrt,  so  trifft  der  Hinweis  auf  den  M.  Antonius,  der  sein  Testament 
bei  den  Vestalinnen  deponiert  habe  sowie  auf  Heraklit  (S.  211),  eine  Neben- 
sache. Viel  wichtiger  ist  an  dieser  Geschichte,  dafs  derselbe  Grundgedanke, 
dafs  die  Erzählung  auf  urkundliches  autobiographisches  Material  zurückgehe, 
fast  mit  denselben  Details  sich  am  Schlufs  des  griechischen  Romanes 
des  Antonius  Diogenes  wiederfindet:  auch  doi-t  schreibt  der  Held  (durch 
einen  Redekünstler)  schliefslich  sein  Leben  auf  zwei  Tafeln  nieder,  von  denen 
eine  Kvußas  für  sich  behalten  soll,  wähi-end  die  andere  später  in  seinem  Grabe 
niedergelegt  werden  soll.  Dagegen  erweckt  der  Hinweis  auf  die  römischen  Grofsen 
und  Füi'sten,  die  seit  Sulla  ihre  Autobiographien  geschiüeben  hätten  (S.  208),  die 
irrige  Vorstellung,  als  wenn  das  etwas  speziell  Römisches  sei.  Ein  ander  Mal 
bemerkt  K.  (S.  289)  zu  der  Erzählung,  dafs  Apollonius  in  Verzweiflung  über  den 
Tod  seiner  Gattin  klagend  im  untersten  Schiffsräume  gelegen  habe:  „Nirgends 
begegnet  das  Gleiche  bei  den  griechischen  Romanschreibern"  —  was  würde  das 
übrigens  beweisen,  wo  jetzt  die  Funde  der  letzten  Jahre  uns  vor  Augen  geführt 
haben,  wie  gering  unsere  Kenntnis  dieser  Litteratur  ist?  —  und  verweist  auf 
zwei  Stellen  bei  Apuleius,  die  doch  nur  wieder  in  Nebensächlichem  mit  der  hist. 
übereinstimmen.  Da  hat  er  übersehen,  dafs  eine  viel  bessere  Parallele  sich  in  dem 
griechischen  Roman  des  Chariton  findet  (III  3,  14):  XaiQms  yccQ  iv  iioiXri 
vr\l  iyxsuaXv^^evog  '^-Aasv.  Hier  ist  genau  dieselbe  Situation  wie  in  der  historia! 
Nichts  anderes  ist  wohl  auch  Char.  I  11,  2  gemeint:  Emovaa  81  ^rj  (psQHv  rrjv 
&dX<x6eccv,  iynocXvipa^^vri  xal  öaKQvaccGcc  %%%.,  wo  zu  iynKlvipantvri  vielleicht  iv 
tioiXt^  vril  hinzuzudenken  ist.  Die  Hinweisungen  auf  Apuleius  hier  und  an  anderen 
Stellen  verlieren  übrigens  vielfach  an  ihrer  Beweiskraft  für  den  römischen  Ursprung 
der  historia,  nachdem  soeben  von  Dietze  (Philol.  N.  F.  XEI  S.  136  flf.)  erwiesen  ist, 
dafs  auch  der  apulejischen  Erzählung  von  Amor  und  Psyche  ein  griechisches  Ori- 
ginal zu  Grunde  liegt.  —  Doch  zugegeben,  dafs  mehrere  Züge  in  der  historia 
speziell  auf  römische  Verhältnisse  hinweisen,  so  ist  das  ebenso  wie  die  Benutzung 
von  Vergil  und  Ovid  durchaus  mit  der  Annahme  vereinbar,  dafs  wir  eine  latei- 
nische Überarbeitung  eines  griechischen  Originals  vor  uns  haben:  ebenso  wie  der 
Bearbeiter  für  sein  lateinisches  Publikum  statt  der  griechischen  die  römischen 
Münzen  eingeführt  hat,  so  hat  er  auch  statt  der  griechischen  Dichtercitate ,  mit 
denen  —  meist  aus  Homer  —  die  griechischen  Romane  durchsetzt  sind,  seine 
römischen  Dichter  hineingearbeitet,  und  ebenso  gut  kann  er  auch  hier  und  da 
einen   römischen  Zug    hineingebracht   haben.   —  Ebenso  wenig    wie    der   obigen 


260  I-  Aufsätze 

fassenden  Worten:  Ovroi  fiav  r}6av  Ä()ö<(g)>  t[c3]  7t£Q\l  avjröf  ßov- 
Xßvsd-ai^  worauf  der  Dichter  mit  Taxscas  ^s  discpocrrjös  xtX.  zu  der 
Schilderung  des  Eindrucks  übergeht,  den  die  Nachricht  von  der  bevor- 
stehenden Hochzeit  der  Königstochter  in  der  Stadt  hervorruft.  Das 
ist  die  auch  in  den  anderen  Romanen  übliche  Art  der  transitio. 
Bürger  hat  küi'zlich  diese  Form  des  Übergangs  im  besonderen  für  die 
Ephesiaca  des  Xenophon  ausführlich  nachgewiesen  (Hermes  21,  51  ff.). 
Aber  auch  in  den  anderen  Romanen  finde  ich  beim  Durchblättern 
überall  Beispiele.     Vgl.  Charit.  I  11,  4;  VH  6,  1;  VHI  6,  1. 

Auch  die  Art,  wie  die  schnelle  Ausbreitung  des  Gerüchtes  in  der 
Stadt  geschildert  wird,  findet  in  den  anderen  Romanen  ihre  Parallelen. 
Vgl.  Achill.  Tat.  VI  10,  3:  'H  da  (priori  di(>c7t£q)0LxrjxEv  xtA.    Vgl.  ferner 


Sehlufsfolgerung  vermag  ich  micli  der  anderen  Ansicht  von  K.  anzuschliefsen, 
dafs  die  historia  weder  von  Abenteurerfahrten  noch  von  Liebesgeschichten  genug 
bringe,  um  sie  nach  der  Rohde'schen  Definition  inhaltlich  überhaupt  den  griechi- 
schen Romanen  gleichzustellen  (S.  295 — 298).  Mir  scheint  nach  beiden  Seiten  hin, 
selbst  in  der  dürftigen  Form,  in  der  die  Geschichte  uns  jetzt  vorliegt,  vollauf 
genug  vorhanden  zu  sein.  Wenn  Apollonius  von  Tyi-os  nach  Tarsos,  von  dort 
nach  Kyrene,  dann  wieder  nach  Tarsos  geht,  darauf  nach  14 jährigem  Umher- 
streifen in  Ägypten  (!)  nach  Tarsos  zurückkehrt,  dann  durch  einen  Seesturm  nach 
Mytilene  verschlagen  wird,  um  endlich  über  Ephesos,  Antiochien,  Tyrus,  Tarsos 
wieder  nach  Kyrene  zu  kommen,  so  ist  das  Moment  des  abenteuerlichen  Umher- 
ziehens, wenn  auch  nicht  so  ausgebildet  wie  bei  Xenophon  oder  Heliodor,  so 
doch  —  von  Longus  ganz  abgesehen  —  noch  stärker  als  z.  B.  in  den  Babyloniaca 
des  Jamblichos,  wo  das  Liebespaar  aus  der  Euphrat- Tigris -Ebene  kaum  heraus- 
kommt. Und  was  die  Erotik  betrifft,  so  ist  sie  danim  nicht  schwächer,  weil 
—  von  der  Antiochus- Episode  ganz  abgesehen  —  die  üblichen  Liebesbedrängnisse 
hier  auf  Mutter  und  Tochter  verteilt  sind.  Wenn  K.  z.  B.  die  Gefährdung  der 
Keuschheit  bei  der  Mutter  vermifst,  so  darf  doch  nicht  übersehen  werden,  dafs 
dieser  beliebte  Romanzug  in  der  Geschichte  der  Tochter,  die  selbst  im  Bordell 
sich  rein  erhält,  mit  kaum  zu  überbietender  Klarheit  zum  Ausdruck  kommt.  — 
So  möchte  ich  trotz  K.s  Forschungen  an  der  herrschenden  Meinung,  dafs  der 
historia  ein  griechischer  Roman  zu  Grunde  liege,  festhalten.  Das  griechische 
Originalwerk  mag  ursprünglich  einen  Umfang  wie  der  Durchschnitt  der  uns  er- 
haltenen sophistischen  Liebesromane  gehabt  haben,  liegt  also,  wie  mir  scheint, 
in  starker  Epitomierung  vor.  Dafs  z.  B.  im  griechischen  Original  der  14jährige 
Aufenthalt  in  Ägypten,  der  so  schöne  Veranlassung  zu  den  buntesten  Abenteuern 
gab,  nicht  ausführlicher  dargestellt  sein  sollte,  ist  mir  im  höchsten  Grade  un- 
wahrscheinlich. Auch  viele  Unklarheiten  der  historia  würden  durch  diese  An- 
nahme ihre  beste  Erklärung  finden.  Ob  erst  der  lateinische  Bearbeiter  diese 
Epitomierung  vorgenommen,  oder  ob  er  bereits  eine  griechische  Epitome  über- 
arbeitet hat,  mögen  andere  entscheiden.  Der  schlichte,  volkstümliche  Ton,  der 
die  Dichtung  zu  einem  der  beliebtesten  Volksbücher  im  Abendlande  gemacht 
hat,  ist  gewifs  erst  duxch  die  Epitomierung  —  vielleicht  ungewollt  —  hinein- 
gekommen. 


Ulrich  Wilcken:   F]inc  neue  Roman -Plandschrift  261 

Chariten  I  1,  2;  I  5,  1;  Xenoph.  I  12,  1.  Ähnlich  mag  es  auch  in  dem 
griechischen  Original  zur  hist.  Apoll,  c.  49  geheifsen  haben,  wo  wir 
jetzt  lesen:  sonat  in  tota  Epheso,  Tyriuni  Äpolloniiim  rccotßiovisse  sumn 
coniugem  etc.,  womit  man  noch  Charit.  VIII  1,  11  vergleichen  möge: 
0f]fir]  Ö£  duTQEx^v  ort,  6  vavuQ%og  svQrjxs  trjv  yvvalxa. 

Aus  den  Reflexionen  der  städtischen  Bevölkerung,  die  uns  im 
Folgenden  mitgeteilt  werden,  erfahren  wir  noch  Genaueres  über  das 
Vorgehen  jener  beratenden  Männer.  Denn  auf  sie  beziehen  sich  doch 
wohl  die  Worte:  t6  jts^l  ri^g  cc:tsiXrjg  avt&v  ccTtaidevrov.  Sie  haben 
also  in  roher  Weise  Drohungen  ausgestofsen  —  wohl  schon  vor  jener 
(geheimen?)  Beratung.  Diese  Drohungen  beziehen  sich  auf  die  bevor- 
stehende Werbung  um  Chione,  und  wenn  es  Z.  19  ff.  heifst,  dafs  keiner 
von  den  Bürgern  es  wagte,  nach  jenen  —  ^st'  i^Bivovg  —  die  Jung- 
frau für  sich  zu  fordern,  so  war  mir  das  ein  Grund  für  die  oben  aus- 
gesprochene Vermutung,  dafs  jene  Beratung  eben  den  Zweck  hatte, 
einem  von  ihnen  die  Königstochter  zu  verschaffen. 

Jene  Drohungen,  die  offenbar  gegen  etwaige  Konkurrenten  aus- 
gestofsen worden  sind,  werden  von  der  Bevölkerung  mit  Entrüstung 
aufgenommen,  namentlich  von  denjenigen,  o6oi  dvvatol  tav  7t<^okiytG)v 
VTtccQXovTsg  xal  avtol  jiokitfvEtSd'ai  tijv  Xt6vr]v  s^isXXov  ^vrj^Tsvsö^cci,. 
Diese  nicht  leicht  verständlichen  Worte  werfen  ein  wenn  auch  schwaches 
Licht  auf  die  Verkündigung  des  Königs  betreffs  der  Bewerbung  um 
die  Hand  seiner  Tochter:  daraus,  dafs  sie  dvvaroi  sind  xal  avtol  ^oki- 
Tsveöd^ac  wird  die  Erwartung  abgeleitet,  dafs  sie  sich  um  Chioues 
Hand  bewerben  würden  (s^eXlovl).  Also  war  das  wohl  eine  condicio 
sine  qua  non  für  die  Bewerbung,  dafs  man  Bürger  war  und  fähig  war, 
auch  selbst  sein  Bürgerrecht  auszuüben,  oder  seinen  Bürgerpflichten 
obzuliegen,  oder  wie  man  das  vieldeutige  TtohtEvee^ccL  fassen  will.  In 
dieser  Forderung  des  Bürgerrechts  erkennt  man  den  griechischen  Autor! 
Wir  erfahren  leider  nicht,  wie  aus  dieser  grofsen  Zahl  von  Bewerbern 
der  eine  Glückliche  ausgewählt  werden  sollte,  ob  etwa  Chione  —  wie 
Odatis  in  dem  schönen  Märchen  vom  Zariadres  (Chares  fr.  37  MüUer)  — 
selbst  einen  aussuchen,  oder  ob  der  Freier  sich  etwa  durch  eine  be- 
sondere Leistung  —  wie  die  Rätsellösung  in  der  historia  Apollonii  — 
als  der  Rechte  erweisen  sollte. 

Zum  Schlufs  von  Frg.  II  erfahren  wir  dann,  dafs  Chione  über 
diese  aufregenden  Vorgänge  durch  ihre  Mutter  benachrichtigt  wird. 
Wahrscheinlich  wird  eine  sehr  thränenreiche  Unterhaltung  zwischen 
Mutter  und  Tochter  gefolgt  sein,  ähnlich  der  zwischen  der  Geliebten 
des  Ninos  und  ihrer  Tante  Thambe  (Hermes  28  S.  172).  Demi  dafs 
das  Herz  der  Jungfrau  schon  gewählt  hatte,  und  zwar  den  Wünschen 


262  I.  Aufsätze 

des  Vaters  entgegen,  dürfen  wir  aus  dem  III.  Frg.  schliefsen,  und  wird 
auch  von  dem  üblichen  Romanschema  gefordert. 

Das  III.  Frg.  ist  am  schwersten  zu  verstehen.  Ich  habe  es  zu- 
nächst unter  der  Voraussetzung  zu  deuten  gesucht,  dafs  das  zweite 
Blatt  im  Codex  unmittelbar  auf  das  erste  gefolgt  sei,  so  wie  im 
Charitonroman  die  Blätter  auf  einander  folgten.  Dies  ergab  mir  aber 
keinen  befriedigenden  Sinn.  Namentlich  bleibt  mir  dann  unverständ- 
lich: aitCav  d'  ovds^iav  ^taQSöxrjxs  6oi  Msya^TJdrjg  Iva  ccTColLXrjg  aiirdv. 
In  welchem  Verhältnis  sollte  in  dem  bisher  ins  Auge  gefafsteu  Zeit- 
punkt Chione  zu  diesem  Megamedes  gestanden  haben?  Von  ihrem 
Vater  würde  kaum  so  gesprochen  werden,  sondern  es  würde  wohl  6 
7taTi]Q  iSov  gesagt  sein. 

Es  zwingt  aber  nichts  zu  der  Annahme,  dafs  die  Blätter  un- 
mittelbar auf  einander  gefolgt  seien;  wir  können  ebenso  gut  an- 
nehmen, dafs  das  zweite  Blatt  einem  späteren  Teil  des  Codex 
angehört  hat.  Unter  dieser  Voraussetzung  schlage  ich  folgende  Er- 
klärung vor. 

Frg.  III  enthält  ein  Zwiegespräch  zwischen  Chione  und  einem 
Manne  (vgl.  xsivovvxEg  Z.  4).  Sie  sind  in  gemeinsamer  grofser  Gefahr, 
suchen  nach  Rettung,  imd  Chione  erklärt  ihm,  nicht  ohne  ihn  leben 
zu  können.  Kurz,  der  Mann,  dessen  Rede  Z.  1  — 13  angehören,  ist 
niemand  anders  als  der  Geliebte  der  Chione,  der  Held  des  Romanes. 
Wenn  ich  Z.  23  richtig  ergänzt  habe,  heifst  er  Xipijö'rog  —  ein  sehr 
passender  Name^)  für  den  Liebhaber,  der  ja  in  diesen  Romanen  ein 
Tugendbold  zu  sein  pflegt.  Vielleicht  gehörte  er  nicht  zu  jenen  Jto- 
AtTttt,  die  zu  der  Werbung  berechtigt  waren.  Wer  ist  dann  Msya- 
fii]dr]s,  dessen  Ankunft  erwartet  wird,  von  dem  der  Geliebte  sagt,  er 
habe  der  Chione  keine  Veranlassung  gegeben,  dafs  sie  ihn  verlasse? 
Ich  denke,  das  ist  der,  der  als  Sieger  aus  dem  Wettbewerb  um  Chiones 
Hand  hervorgegangen  ist,  ihr  Gemahl.  Oder  ist  er  noch  nicht  ihr 
Gemahl?  Die  Worte  aitCav  bis  änoUjtrig  avröv  legen  den  Gedanken 
nahe,  dafs  sie  schon  bei  ihm  war,  ihm  gehörte.  Andrerseits  würde  die 
Rede  der  Chione  wie  überhaupt  die  ganze  Situation  klarer,  wenn  man 
annehmen  dürfte,  dafs  dies  Gespräch  etwa  unmittelbar  vor  der  Hoch- 
zeit gehalten  wäre.     Ich  lasse  die  Frage  unentschieden. 

Auch  im  Einzelnen  bleibt  hier  Manches  unklar.  Tlavta  xcclov 
7i£iVovvtsg  d}g  sItiev  (Z.  3 — 5)  verstehe   ich  nicht.     Wahrscheinlich  ist 


1)  Als  Anrede  an  den  Geliebten  ist  %Qr]ati  wohl  kauna  passend.  Mit  %Qfi\}icc\ 
wüfste  ich  hier  nichts  anzufangen.  —  Dafs  die  Namen  gern  eine  Anspielung  auf 
den  Charakter  enthalten,  hat  schon  Rohde  hervorgehoben. 


Ulrich  Wilcken:   Eine  neue  Roman -Handschrift  263 

da  etwas  verlesen.  Etwa  näv  t6  nalbv  oder  Ttäv  tb  xaxöv?  ^)  — 
In  der  Lücke  Z.  20/1  wird  kaum  etwas  anderes  gestanden  haben,  als 
die  ultima  ratio:  „so  wollen  wir  sterben  mit  einander"^).  —  Die  Er- 
gänzungen von  Z.  21  ff.  gebe  ich  mit  um  so  gröfserem  Vorbehalt,  als 
ich  sie  nicht  angesichts  des  Originals,  sondern  erst  jetzt  am  Schreib- 
tisch gemacht  habe.  Ich  kann  daher  nicht  aussagen,  ob  die  vor- 
geschlagenen Ergänzungen  zu  den  Schriftspuren  passen. 

Die  Richtigkeit  der  Ergänzungen  vorausgesetzt  würde  der  Gedanken- 
gang dieses  Fragmentes  etwa  folgender  sein:  Der  Geliebte  [X^ijötog'^) 
spricht:  „die  Ankunft  des  Megamedes  ist  zu  erwarten,  und  wir  .... 
haben  noch  nicht  an  unsere  Rettung  gedacht.  Megamedes  hat  dir 
keine  Veranlassung  gegeben,  dafs  du  ihn  verlassest.  Drum  überlege, 
was  wir  thun  sollen,  denn  ich  bin  ratlos".  Nachdem  er  so  aus  Edel- 
mut gegen  den  edeln  Megamedes,  der  ebenso  wie  Chrestos  seinem 
Namen  Ehre  macht,  den  Gedanken  an  gemeinsame  Flucht  abgelehnt 
hat,  zieht  Chione  die  Konsequenz,  indem  sie  sagt:  „Da  wir  nicht  mit 
einander  leben  können  ....  [wollen  wir  sterben].  Denn  schliefslich 
bleibt  uns  nichts  anderes  übrig.  Wir  müssen  nur  sehen,  dafs  wir 
auch  auf  vornehme  Weise  aus  dem  Leben  gehen  .  .  .". 

Der  letzte  Gedanke  begegnet  ähnlich  bei  Charit.  VII  1,  7,  wo 
Polycharmos  zu  Chaereas  sagt:  Uxsilfansd'a  de  d-avdtov  tQOTtov,  ÖGng 
av  ysvoito  ßsXxCav  ....  svdo^ov  xal  totg  vötsqov  a<30(ievoLg  diTjyijfia 
xataksiTtovtag  xtA. 

Es  ist  nicht  viel,  was  uns  diese  dürftigen  Überreste,  die  offenbar 
dem  Anfang  des  Romanes  angehören,  über  seine  Anlage  lehren.  Doch 
sie  genügen,  uns  zu  zeigen,  dafs  auch  dieser  Roman  in  der  Charakte- 
ristik der  Personen,  der  Erfindung  der  Situationen  und  dem  Stil  der 
Darstellung,  wemi  er  natürlich  auch  wie  jeder  Roman  seine  eigentüm- 
lichen Besonderheiten  hat,  doch  im  wesentlichen  in  denselben  Geleisen 
fährt  wie  die  uns  schon  bekannten  Romane.  Bezeichnend  ist,  dafs 
von  den  drei  erhaltenen  Kolumnen  nicht  weniger  als  zwei  vollständig 
mit  Reden  ausgefüllt  sind!  Sicherlich  haben  wir  nicht  eine  Epitome, 
sondern  den  m-sprünglichen  Text  vor  uns;  höchstens  Kürzungen  im 
Stil  der  beiden  Chariton- Redaktionen  könnten  als  möglich  zugegeben 
werden.  Die  zahlreichen  oben  hervorgehobenen  Parallelen,  durch  die 
der  neue  Roman  mit  den  alten  verknüpft  wird,  ermöglichen  nicht  die 
Entstehung  des  Romanes  im  Vergleich  zu  den  anderen  zeitlich  zu 
fixieren,    was    kein  Wunder    ist,    wenn    man  bedenkt,    dafs    sogar  die 


1)  Vgl.  Achill.  Tat.  VI  16,  2:  icpoßovfiriv  iirj  ri  cot  kivi]Gco  kcckov. 

2)  Vgl.  das  ähnliche  Gespräch  bei  Xenoph.  II  1. 


264  I-  Aufsätze 

Zeitbestimmung  der  vollständig  erhaltenen  Romane  vielfach  auf  sehr 
schwachen  Füfsen  steht.  Ob  der  Chione- Roman  zu  den  älteren  oder 
den  jüngeren  gehört,  lasse  ich  dahingestellt. 


5.    Die  ältesten  Bomane. 

Von  dem  Chione -Roman  abgesehen  sind  uns  in  den  letzten  sieben 
Jahren  durch  ägyptische  Papyrusfunde  nicht  weniger  als  drei  neue 
griechische  Romane  bekannt  geworden.  So  dürftig  auch  die  Frag- 
mente sind,  haben  sie  doch  durch  ihr  relativ  hohes  Alter  —  die  Hand- 
schriften gehören  dem  I.  resp.  IL  Jahrh.  n.  Chr.  an!  —  ihre  grofse 
Bedeutung  für  die  Entwickelungsgeschichte  des  griechischen  Romanes. 
Die  weiten  Zeiträume,  durch  die  früher  die  hellenistische  Erotik  und 
die  sophistischen  Liebesromane  getrennt  waren  (Rohde  S.  165),  werden 
nun  durch  diese  neuen  Funde,  durch  die  wir  Vorläufer  der  sophistischen 
Romane  kennen  lernen,  überbrückt.  Da  ich  durch  den  thebanischen 
Palimpsest  veranlafst  wurde,  auch  diese  Stücke  von  neuem  zu  prüfen, 
sei  es  mir  gestattet,  einige  Beobachtungen,  die  sich  mir  dabei  ergeben 
haben,  kurz  hier  mitzuteilen.  Nur  den  Ninosroman  übergehe  ich,  da 
ich  seit  meiner  Edition  im  Hermes  2H  (1893)  nicht  wieder  Gelegenheit 
genommen  habe,  das  Original  zu  prüfen.  So  verweise  ich  nur  auf 
die  vielfach  vortrefflichen  Ergänzungen  und  Erläuterungen,  die  in- 
zwischen von  Ennea  Piccolomini  ^)  und  Lionello  Levi  ^)  beigebracht 
worden  sind. 


Im  Jahre  1895  edierte  Krebs,  gleichfalls  aus  den  Schätzen  des 
Berliner  Museums,  das  Fragment  eines  Romanes,  der  die  Liebesgeschichte 
von  Metiochos  und  Parthenope  erzählt  (Hermes  30  S.  144  ff.). 
Im  Anschlufs  an  diese  Arbeit,  die  sich  im  wesentlichen  auf  die  Text- 
edition beschränkte,  haben  Kaibel  und  Robert  ebendort  das  Fragment 
—  es  ist  nur  eine  Kolumne  —  ergänzt  und  erklärt.  Die  Handschrift 
stammt,  wie  Krebs  richtig  geurteilt  hat,  aus  dem  IL  Jahrh.  n.  Chr. 
Meine  um  Ostern  an  Krebs  gerichtete  Bitte,  seine  Edition  nochmals 
am  Original  zu  revidieren,  sollte  keine  Erledigung  mehr  finden:  der 
Tod  hat  ihn  plötzlich  von  seinem  Leiden  erlöst.  So  habe  ich  selbst 
nachher  das  Original  verglichen,  und  das  Wenige,  was  sich  für  den 
Text  ergeben  hat,  sei  kurz  hier  mitgeteilt. 


1)  Itendiconti  della  R.  Accademia  dei  Lincei  21.  Mai  1893. 

2)  Rivista  di  Filologia  e  d'  Istruzione  Classica  XXIII  N.  S.  I  l«y4. 


Ulrich  Wilcken:   Eine  neue  Roman -Handschrift  265 

Z.  1   1.  tjrjv  (p[t^\o66(pov  t,riti]6LV. 

Z.  2  Schlufs  1.  XriQ\   statt  ^eQ[.    Vgl.  dazu  Z.  36. 

Z.  3  Schlufs  sehe  ich  £90,  wodurch  die  Ergänzung  von  K-K, 
icp    ol$  gestützt  wird. 

Z.  5  scheint  vor  ^üd^rjötv:  otarrj  oder  orayrj  zu  stehen. 

Z.  7  1.  [r£]g  o[r]  Tf^[g  aAjf^O-ot»?,  wie  K-R  vermutet  haben. 

Z.  9  Anfang  sehe  ich  Schlufs  von  rj.  Also:  6  T]7jg  'A(pQo\d]£i- 
trjg  vCbg. 

Z.  14  sehe  ich  6vv£6rrix[av,  wie  K-R  vermutet  haben. 

Z.  15  scheint  xqövslov  zu  stehen,  ist  aber  nicht  sicher. 

Z.  20  1.  K7i£Cd-av[ov,  wie  K-R  vermutet  haben. 

Z.  21  für   die  Ergänzung  von   fidi/o]v   scheint   kein  Platz   zu  sein. 

Z.  25  scheint  hinter  jivsv^a  zu  stehen:  xat  otov  d'o[.  .|  .  .  >;  .  o[]. 
Bleibt  mir  unverständlich.  Dagegen  glaube  ich  das  Folgende  sicher 
erkannt  zu  haben: 

Z.  25  Wd'la]- 

Z.  26  [öav  Ol]   r]dr}  tov  ndd-ovs  elkricporeg  nsiQav.    'Eya  [d'  S7ia\- 

Z.  27    [O-OV?    0v\7C(O   fltjds   7t£LQad'£h]V   X06  ...    .  ot.  "EQGjg 

Z.  28  [/«()  £'ört]v  JcsiVTjficc  diavoCag  vno  \7t]ad;qvg  ytvö^£v[ov. 
Hinter  SQcog  in  Z.  27  braucht  nichts  zu  fehlen. 

Der  lange  Strich  am  Schlufs  zwischen  Z.  31/2,  den  R-K  für  die 
Paragraphos  halten,  gehört  zu  Z.  32:  er  tilgt  die  am  Ende  von  Z.  32 
geschriebenen  Worte.  Die  Paragraphos  müfste  links,  am  Anfang 
stehen.  Da  der  Papyrus  sonst  die  Worte  trennt,  in  Z.  32  aber 
sag  mit  fisXstTjg  eng  verknüpft  ist,  dürfte  ^s]Xst^6£og  zu  verbinden 
sein  (vgl.  auch  Krebs),  wenn  auch  fisXEtrjßig  sonst  nicht  belegt 
sein  sollte. 

Z.  33  steht  hinter  MrixCo%ov  vielleicht:  TCQog  rb  (lij  cofio. 

Z.  36  1.  'O  rov  i,£vov  XfiQog  xa. 


Wie  schon  Krebs  S.  144  hervorgehoben  hat,  sind  die  beiden 
Romanhelden  Metiochos  und  Parthenope  offenbar  dieselben,  von  deren 
Liebesgeschichte  Eustathios  zu  Dionys.  Perieg.  358/9  erzählt.  Freilich 
ist  a  priori  anzunehmen,  dafs  im  Roman  die  Sage  sehr  stark  ver- 
ändert worden  ist.  Denn  der  Abschlufs,  den  Eustathios  mitteilt 
(Parthenope  entstellt  sich  und  entsagt  dem  Greliebten),  pafst  nicht 
zum  griechischen  Roman,  der  kein  anderes  Ende  als  die  glückliche 
Vereinigung  der  Liebenden  kennt.  Auch  die  andere  Sage,  die  Lucian 
de  saltat.  2  kennt,  wonach  Parthenope  zu  den  berühmtesten  Buhle- 
rinnen  gehöi'te,   pafst  nicht    zu   der  Romanheldin,    die  nach   dem  üb- 


266  I-  Aufsätze 

liehen  Schema  ein  sehr  tugendhaftes  Wesen  sein  mufs.  Es  scheint 
also,  dafs  auch  schon  in  diesem  Roman  von  der  ursprünglichen 
Sage  nicht  viel  mehr  als  die  Namen  übrig  geblieben  sind.  Vgl. 
oben  S.  257. 

In  der  Art  der  Darstellung  ähnelt  das  Fragment  vielfach  den 
andern  Romanen.  Den  gröfsten  Teil  nimmt  eine  pathetische  Rede 
des  Liebhabers  ein,  und  kurz  vorher  wird,  vs^ie  Kaibel  und  Robert 
erkannt  haben,  ein  epideiktischer  Vortrag  eines  Fremden  gestanden 
haben.  Also  auch  hier  wieder  wie  schon  im  ältesten  Roman  von 
Ninos  und  wieder  in  den  späteren  die  Vorliebe  für  wohlgesetzte  Reden. 
Dafs  auch  dem  Inhalt  nach  zahlreiche  Fäden  diesen  Roman  mit  den 
anderen  verbinden,  soll  kurz  hier  dargelegt  werden. 

In  dem  vorliegenden  Fragment,  das  offenbar  dem  Anfang  des 
Romanes  angehört,  ist  Metiochos  als  der  spröde  Jüngling  gezeichnet, 
wie  ihn  auch  die  anderen  Romane  so  gern  schildern,  um  ihn  dann  in 
das  Gegenteil  umschlagen  zu  lassen.  Vgl.  Rohde  S.  146/7.  Wir  werden 
in  eine  lebhafte  Debatte  hineingeführt,  die  sich,  wie  so  häufig  in  dieser 
Litteratur,  um  das  Wesen  des  Eros  dreht.  Nachdem  jener  Fremdling 
die  herrschende  mythologische  Auffassung  vorgetragen  hat,  wendet  sich 
Metiochos,  der  den  Eros  selbst  noch  nicht  kennen  gelernt  hat,  in  Gegen- 
wart der  Parthenope  mit  rationalistischen  Gründen  dagegen.  Kaibel 
und  Robert,  die  diese  Situation  erkannt  haben,  denken  sich  als  Schau- 
platz „vielleicht  eine  Rhetorenschule  für  beiderlei  Geschlechter".  Man 
könnte  sich  auch  eine  andere  Scenerie  denken,  die  in  den  erhaltenen 
Romanen  öfter  begegnet:  das  Gespräch  hönnte  an  ein  Bild  des  Eros 
anknüpfen,  wozu  der  Roman  des  Eustathios  (II  7  ff.)  die  beste  Parallele 
bieten  würde.  Da  steht  der  Held,  der  ebenso  wie  Metiochos  noch 
nichts  von  Liebe  weifs,  vor  einem  Erosbilde  und  philosophiert  mit 
seinem  in  die  Liebe  schon  eingeweihten  Freunde  über  das  Wesen  der 
Gottheit.  ^)  Auch  auf  die  Einleitung  zum  Roman  des  Achilles  Tatius 
und  auf  das  Prooemium  des  Longus  könnte  man  hinweisen. 

Doch  mag  die  Situation  im  Parthenope -Roman  sein  wie  sie  wiU, 
jedenfalls  ist  von  Interesse,  dafs  der  Grundgedanke  hier  und  bei  dem 
Byzantiner  derselbe  ist.  Auch  bei  Eustathios  nimmt  der  Jüngling  aus 
rationalistischen  Gründen  Anstols  an  den  hergebrachten  mythologischen 
Auffassungen.  Vgl.  10, 1:  näg  ov  jtrsQvööstai  t6  ^rrjvbv  ävhco  TttSQä, 
ccXlä  öovXoyQcccpsttcci  aatvcög  ovxca  koI  vtisq  t?jv  (pvGiv;  xrL  Und  als 
der  Freund  ihm  dann  von  der  aUbezwingenden  Macht  des  Eros  spricht, 


1)  n  7,  ."j:  (piloeocpi^G(o(ifv  tb  iHriQiXKiov;   n  11,  1:  av  ^loi  rä  ti^qI  ti]v  yQcctpijv 
tpüoGotpii.    Vgl  Pap.  1.  1. 


Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift  267 

bricht  er  die  Unterhaltung  mit  den  ahnungsvollen  Worten  ab:  Mt]da 
yiyvaöxoLrö  ^oi.  Ganz  ähnlicli  sagt  Metiochos  hier  /um  Schlul's:  'Eyio 
[d'  £7iad'ov[?)  ov^TtGj  fi^df  TtSLQa&eiriv.^)  Solche  Parallelen  verlieren 
dadurch  nicht,  dal's  wir  sie  bei  einem  Byzantiner  finden.  Gerade  bei 
diesen,  denen  die  Erfindung  neuer  Situationen  und  Gedanken  am 
wenigsten  zuzutrauen  ist,  werden  wir  oft  auf  das  Gut  vergangener 
Jahrhunderte  zu  stofsen  erwarten  dürfen.  Derselbe  Gedanke  kehrt 
übrigens  etwas  versteckt  aucli  im  Prooemium  zu  Longus'  Roman 
wieder:   rj^tv  d'  6  dsbg  jiccQd6%oi  6(0(pQovov6i   tä  ribv  akXav  y^dcpstv. 

Während  bei  Eustathios  der  Jüngling  dem  Freunde  nur  verwun- 
derte Fragen  entgegenhält,  gi-eift  Metiochos  die  Auffassung  des  Fremden 
in  ihren  einzelnen  Punkten  scharf  an.  In  der  Ausführung  bietet  dieser 
Roman,  wie  zu  erwarten.  Neues,  Originelles,  doch  die  Grundgedanken  sind 
auch  den  anderen  Romanen  bekannt.  So  erklärt  Metiochos  es  für  lächer- 
lich, dafs  Eros  ewig  ein  Knabe  geblieben  sein  solle.-)  Dafs  Eros  in 
Wirklichkeit  sehr  alt  sei  und  nur  jung  erscheine,  ist  ein  auch  bei  Longus 
II  5,  2  wiederkehrender  Gedanke:  Ov  roo  Ttaig  iyco  xal  sl  ÖoxS)  jratg, 
äkXä  xal  Tov  Kqovov  ^QSßßvtSQog  xccl  avtov  tov  itavxog.  Vgl.  dazu 
Plato,  Sympos.  p.  195Bf.  ^)  Vgl.  auch  Lucian,  dial.  deor.  2,  1  und 
Apul.  Metam.  V  31.  Wenn  Metiochos  zum  Schlufs  eine  rein  natur- 
wissenschaftliche Erklärung  der  Liebe  giebt  als  eines  xivi]^u  dtavoiag, 
das  durch  Ttdd-og  entstehe  und  durch  övvtjd'SLa  wachse,  so  ähnelt  er 
in  dieser  Gottesleugnung  dem  spröden  '^ßQoxo^rjg  in  den  Ephesiaca 
des  Xenophon  I  1,  5,  der,  ehe  er  Antheia  gesehen,  "Epara  ys  fiijv  ovös 
ivo^i^sv  sivai  Q'eov.  Dafs  Metiochos  und  Parthenope  von  Jugend  auf, 
wie  es  scheint,  in  Freundschaft  miteinander  aufwuchsen,  ohne  zunächst 
von  Liebe  etwas  zu  wissen,  erinnert  an  Daphnis  und  Chloe  bei  Longus, 
während  in  den  meisten  anderen  Romanen  der  Jüngling  erst  später 
das  Mädchen  erblickt  und  dann  sofort  in  Liebe  entbrennt. 

So  finden  wir  auch  diesen  Roman,  der  wohl  spätestens  um 
100  n.  Chr.,  vielleicht  viel  früher,  entstanden  ist,  durch  mancherlei 
Parallelen  mit  den  anderen  Vertretern  dieser  Gattung  verknüpft^), 
während  sich  anderes   als   originell  erweist. 


1)  Vgl.  Heliod.  IV  10:  t6  [ihv  ansiQatov  y^vso&ai,  tijv  ccQp]v  ^Qcotog  svöaip.ov. 

2)  KoiiiS^  veog  (Z.  9)  ist  auch  in  den  Romanen  eine  beliebte  Wendung. 
Vgl.  Longus  IV  24,  1. 

3)  Dafs  manche  Gedanken  und  Ausdrücke  in  den  Romanen  auf  Plato  zurück- 
gehen, hat  speziell  für  Achilles  Tatius  gezeigt  Andreas  Stravoskiadis  ^  Ach.  Tat. 
ein  Nachahmer  des  Plato,  Aristoteles,  Plutarch  und  Aelian.    Erl.  Diss.  1889. 

4)  Zu  ■noi7\\tccl  nccl  ^coyQCccpoi  huI  '7i[ldGt(x]i  in  Z.  38  vgl.  z.  B.  Charit.  III  8,  6. 


Archiv  f.  Papyrusforachung  I.  2.  18 


268  I-  Aufsätze     ■. 

Endlicli  hat  Mahaffy  in  den  Bendieontl  della  Reale  Accademia  dei 
Lincei  vom  21.  Februar  1897  eiu  Fragment  ediert,  das  er,  wie  mir 
scheint,  mit  Recht  als  Bruchstück  aus  einem  Roman  bezeichnet  hat. 
Eine  vortreffliche  Erklärung  des  Textes  verdanken  wir  Otto  Crusius 
(Beilage  zur  Allgem.  Zeitung  1897  Nr.  145,  3.  Juli). 

Mahaffy  hat  übereinstimmend  mit  Kenyon  und  Grenfell  die  Schrift 
des  Romanes,  der  auf  dem  Verso  steht,  in  das  II.  Jahrh.  n.  Chr.,  die 
Schrift  des  Recto  (Abrechnungen  etc.)  in  das  I.  Jahrh.  n.  Chr.  gesetzt. 
Auch  ich  kann  mich  auf  Grund  der  beigefügten  Photographien  dieser 
Schätzung  nur  anschliefsen,  kann  für  den  zweiten  Ansatz  sogar  einen 
direkten  Beweis  erbringen.  In  der  unteren  Hälfte  des  Recto  lese  ich 
die  Worte:  U£ßa6tov  FsQpiavixov  0cc[.i£v[cod-.  Damit  kann  nur  Domi- 
tian  gemeint  sein,  und  wenn  ich  nicht  irre,  passen  auch  die  vorher- 
gehenden Schriftspuren  zu  zJo^^ttLavov.  Damit  ist  der  terminus  post 
quem  für  die  Romanhandschrift  gegeben.  Es  war  ein  Irrtum,  wenn 
Crönert  oben  S.  210  den  Papyrus  der  Ptolemäerzeit  zuwies. 

Erhalten  ist  vom  Roman  eine  Kolumne  von  60  Zeilen,  links  und 
rechts  davon  einige  Schlüsse  und  Anfänge  der  benachbarten  Kolumnen. 
Der  Text  ist  in  einer  an  sich  leicht  lesbaren  Kursive  geschrieben,  ist 
aber  leider  durch  Lücken  und  Beschädigungen  der  Oberfläche  derartig 
verderbt,  dafs  von  den  60  Zeilen  bis  jetzt  nur  ganz  wenige  vollständig 
und  sicher  gelesen  sind.  Viele  von  Mahaffys  Lesungen  habe  ich  auf 
der  Photographie  nicht  wiedergefunden,  ohne  doch  sagen  zu  können, 
was  wirklich  dasteht.  An  einigen  Stellen  bin  ich  etwas  weiter  ge- 
kommen, aber  meine  Hoffnung,  einen  zusammenhängenden  Text  schaffen 
zu  können,  habe  ich  bald  aufgeben  müssen.  Das  wird  nur  am  Original 
zu  machen  sein.  Hoffen  wir,  dafs  der  hochverdiente  Herausgeber  sich 
der  Mühe  unterzieht,  den,  wie  es  scheint,  in  seinem  Privatbesitz  be- 
findlichen Text  nochmals  gründlichst  zu  revidieren.  Einstweilen  teile 
ich  die  kleinen  Ergebnisse  meiner  Nachlese  mit. 

In  der  vorhergehenden  Kolumne,  die  Mahaffy  ungelesen  gelassen 
hat,  glaube  ich  in  Z.  20  ösiXr/vs  zu  erkennen.  Ist  das  richtig,  so  würde 
dort  ein  Mann  UEiXrjvög  angeredet,  also  wohl  ein  Gespräch  wieder- 
gegeben sein. 

Oberhalb  der  Hauptkolumne  erkenne  ich,  was  sich  für  die  Inter- 
pretation als  nicht  ganz  unwichtig  ergeben  wird,  die  von  zweiter  Hand 
später  hinzugefügte  Paginazahl  K&.  Wir  haben  also  die  29*"  Kolumne 
der  gesamten  Darstellung  vor  uns. 

Z.  7  sehe  ich  xuycot,  darauf  vielleicht  (iöv[os'^^  am  Schlufs  ein 
Praeteritum  mit  v  abschliefsend.  Dann  beginnt  ein  neuer  Satz:  Täv 
dl    [x\vߣQvr]rß)v.      Eine   Verbalform    wie    ^taQaivovvtav  ^    die   Mahaffy 


Ulrich  Wilcken:   Eine  neue  Roman  -  Handschrift  269 

vor  ÖS  erwartet,  würde  nicht  passen,  weil  dann  der  Artikel  hinter  dl 
zu  erwarten  wäre.  Das  Participium  mul's  vielmehr  folgen.  Darauf 
lese  ich  ö  7]fi\atEQog  (statt  .  .  evQog)  seil.  xvßsQi^rjtVig  rjTtSLysto  nXslv. 

Z.  16  erkenne  ich  7tQo[g\GiTtUt,8ro  statt  ii  .[^.  .\a7tltt,sto^  und  zum 
Schlufs  völlig  sicher  i.'^\e7c\X£v6a^sv  statt  Ecp\ß'jt\XEv6aiiev. 

Z.  11  scheint  rj  TCQod^^lg  rrjv  zu  stehen,  statt  tj  nQod-a[.] .  rxstv. 
ÜQod-^iCg  würde  vulgäre  Schreibung  sein,  mit  einer  häufig  vorkom- 
menden Metathese,  für  jtoQd-fitg. 

Z.  32  schreibt  Mahaffy:  ov  Öse  xov  Ni6vqov  XKd-0Qa[6d-ai?  Da- 
nach übersetzt  Crusius  „(Wir  werden  über  das  kretische  Meer  dahin- 
getrieben),  wo  man  Nisyros  sehen  mufs".  Befriedigender  ist  die  folgende 
Lesung,  die  mir  sicher  erscheint:  ovdhi  ov  Niövqov  xa&0Qä[v:  „wäh- 
rend es  nicht  mehr  möglich  war,  Nisyros  (vom  Schiff  aus)  zu  sehen". 
Daraus  lernen  wir,  dal's  die  Fahrt  von  Nisvros  ausgegangen  war! 

Z.  55  f.  lese  und   ergänze   ich  etwa  folgendermafsen:   \ks  t6  xv^cc. 

noXXa[%ov?  d'  £7c]l  rrjg  xsQaiag  sßdX[Xovto?]   nvQöol  ßga^slg  [ 

(partic.)]  eg  ixdtSQOv  xsQag. 

Z.  57  Schlufs  steht  nicht  mit  Abbreviatur  TtQoöavv^),  sondern 
7iQ0(3mvv^i.  Also  kann  das  Folgende  nicht  zu  dv\a7i£6]ovTEg  ergänzt 
werden.  Vielmehr  ist  zu  verbinden  7CQo6G)vv^i\av.  Das  ovteg  kann 
ich  nicht  sicher  erkennen. 


Der  Inhalt  der  Kolumne  ist  kurz  folgender:  Zwei  Personen,  von 
denen  eine  den  Hergang  erzählt,  nehmen  unter  „alkyonischen  Klagen" 
zärtlichen  Abschied  von  einander.  Beide  verlassen  den  Hafen,  wie  wir 
soeben  sahen,  von  Nisyros,  aber  auf  verschiedenen  Schiffen.  Ein  Un- 
wetter zieht  sich  zusammen,  das  allmählich  in  furchtbaren  Sturm  mit 
Blitzen  und  Regengüssen  ausartet,  bis  schliefslich  —  wie  Crusius  so 
schön  gezeigt  hat  — ■  das  Rettung  verheifsende  St.  Elmsfeuer  sich  auf 
die  Raaen  setzt,  worauf  die  Mannschaft  niederfällt  und  betet.  Damit 
bricht  der  Text  ab. 

Mahaffy  erklärt  dies  für  ein  Bruchstück  eines  griechischen  Romanes 
und  verweist  auf  den  grofsen  Seesturm  bei  Achill.  Tat.  HI  1  ff.  ^)  Crusius 
dagegen  möchte  es  lieber  der  Brief litteratur  zuweisen,  unter  Hinweis 
auf  den  schönen  Synesiusbrief,  in  dem   auch  ein  Seesturm   geschildert 


1)  Vgl.  ferner  Heliodor  V  27;  Charit.  IE  3,  lOflP.;  Eustath.  VII  7if.;  hist. 
Apoll,  c.  11,  12  und  dazu  Klebs  S.  284.  Grofse  Ähnlichkeit  mit  unserem  Frag- 
ment zeigt  in  vielen  Details  die  Sturmbeschreibung  in  Ovids  schöner  Erzählung 
von  Keyx  und  Alkyone,  die  nach  Nikander  erzählt  sein  soll.  Auch  unsere  Dar- 
stellung mag  in  letzter  Instanz  auf  hellenistische  Vorbilder  zurückgehen. 

18* 


270  I-  Aufsätze 

wird,  oder  möchte  es  wegen  der  Dioskurenepiphanie  auch  wohl  für 
ein  frommes  Traktätchen,  etwa  xsql  d'dcov  ivsQysLüv  halten. 

Ich  gebe  Crusius  zu,  dafs  ein  strikter  Beweis  für  die  Zugehörig- 
keit zu  den  Romanen  nicht  zu  erbringen  ist,  und  dafs  die  Stilverwandt- 
schaft unseres  Fragmentes  mit  den  späteren  Romanen,  die  auch  nach 
Crusius  unverkennbar  ist,  die  Frage  nicht  löst;  aber  auch  die  Ein- 
wendungen, die  er  gegen  Mahaffys  Annahme  erhebt,  scheinen  mir 
nicht  entscheidend  zu  sein. 

Sein  erster  Einwurf  betrifft  die  Personen:  „in  dem  Roman  handelt 
es  sich  um  ein  Liebespaar,  hier  ist  von  zwei  Freunden  oder  Kameraden 
die  Rede".  Die  Praemisse  ist  nicht  in  dem  Sinne  zuzugeben,  dafs  nicht 
auch  im  Roman  ausführlichst  von  den  gemeinsamen  Abenteuern  zweier 
Freunde  gehandelt  werden  könnte.  Man  denke  nur  an  Chariton,  bei 
dem  Chaereas  und  Polycharm  auf  der  Suche  nach  Kallirrhoe  die  tollsten 
Gefahren  miteinander  bestehen,  ja,  abgesehen  vom  Anfang  und  vom 
Schlufs  tritt  Chaereas  meist  mit  dem  Freunde  zusammen  auf,  nicht  mit 
der  Geliebten.  Warum  sollte  nicht  auch  hier  eine  solche  Episode  erzählt 
sein?  Vielleicht  segeln  auch  hier  die  beiden  Freunde  hinaus,  um  die 
Geliebte  des  Einen  zu  suchen.  ^)  Doch  ich  will  dieser  Vermutung  um 
so  weniger  nachgehen,  als  es  mir  garuicht  sicher  ist,  dafs  wir  wirklich 
zwei  Männer  vor  uns  haben.  'ExdtsQog  in  Z.  13,  i7t[L6]ico7tovvrsg  in 
Z.  14,  ßlüXXjovrEs  in  Z.  15  entscheiden  die  Frage  nicht:  es  würde 
nicht  anders  heifsen,  wenn  die  andere  Person  ein  Weib  wäre.  Die 
Möglichkeit  ist  jedenfalls  bei  der  jetzigen  Textgestalt  zuzugeben.^)  Ja 
ich  meine,  die  Zärtlichkeit  des  Abschiedes,  die  Handküsse,  die  sie  sich 
zuwerfen,  vor  allem  der  d-Qi^vog  'AXxvovEiog  weisen  viel  eher  auf  ein 
Liebespaar  hin.  Doch  die  Frage  mufs  offen  bleiben.  Jedenfalls  kann 
nach  obigem  aus  dem  Personenstande  ein  Kriterium  gegen  den  Roman- 
charakter des  Fragmentes  nicht  abgeleitet  werden. 

Crusius  bemerkt  ferner,  dafs  wegen  des  St.  Elmsfeuers,  das  einen 
günstigen  Ausgang  verhelfst,  der  Sturm  nicht  zu  einem  Schiffbruch 
geführt  habe,  wie  das  in  den  Romanen  geschehe.  Es  ist  richtig,  dafs 
in  den  Romanen  die  Stürme  oft  zum  Schiff'bruch  fükren,  aber  es  giebt 
auch  da  Fälle,  in  denen  das  Schiff  schliefslich  glücklich  landet.  Mir 
fällt  z.  B.  folgende  Stelle  in  der  bist.  Apoll,  c.  39  ein:  .  .  .  sublatis 
ancoris  altum  pelagus  petiit  iam  ad  Tyrum  reversurus.  Qui  dum  pro- 
speris  ventis  navigat,  subito  mutata  est  pelagi  fides,  per  diversa  discrimina 


1)  So  könnte  es  sich  erklären,   dafs  sie  aus  demselben  Hafen  auf  verschie- 
denen Schiffen  abfahren.     Ähnliches  bei  Charit.  III  3,  8. 

2)  Ist  vielleicht  Evcp^oavvri  in  Z.  5  als  Name  der  Geliebten  zu  fassen? 


Ulrich  Wilckcn:  Eine  neue  Roman -HandHchrift  271 

maris  iactantur;  omnibus  deimi  royautibm  ad  Mytüenani  civitatem  ad- 
venerunt.  In  diesem  kurzen  Auszug  (s.  oben  S.  260  Anm.)  ist  zwar  der 
Seesturm  nicht  ausführlicher  beschrieben.  Aber  wenn  mau  von  Tarsos 
ausfahrend  statt  nach  Tyros  nach  Mytilene  kommt,  mufs  es  doch  ein 
recht  bedeutender  Sturm  gewesen  sein  —  im  griechischen  Original 
mag  er  ausführlich  geschildert  gewesen  sein  ^)  — ,  und  doch  endet  er 
mit  einer  glücklichen  Landung.  Doch  hiergegen  liefse  sich  manches 
einwenden;  sicherer  beweist  Heliodor  V  27:  da  ist  ein  Seesturm  mit 
grofser  Ausführlichkeit  geschildert;  dennoch  erfolgt  kein  Schiffbruch! 
Dieses  Heliodorkapitel  zeigt  uns,  dafs  gelegentlich  auch  die  Roman- 
schriftsteller, wenn  sie  ihre  Helden  über  das  Meer  fahren  liefsen,  diese 
Gegenheit  benutzten,  einen  Seesturm  darzustellen,  auch  wenn  daraus 
keine  Folgen  für  die  Entwicklung  der  Handlmig  sich  ergeben  sollten  — 
also  aus  reiner  Freude  an  der  beliebten  snipQaöLg.  Vgl.  Dionys. 
Hai.  rhet.  10,  17.  Und  damit  würde  auch  unser  Fragment  als  Episode 
innerhalb  eines  Romanes  genügend  erklärt  sein. 

Was  andrerseits  die  positiven  Vorschläge  von  Crusius  betrifft 
(Brief  oder  Traktat),  so  gehen  sie  wohl  von  der  Vorstellung  aus,  dafs 
unsere  Erzählung  keinen  allzugrofsen  Umfang  gehabt  habe.  Sie  ver- 
lieren daher  an  Wahrscheinlichkeit,  nachdem  oben  gezeigt  ist,  dafs  die 
vorliegende  Kolumne  die  29*''  ist.  So  spricht  die  Seitenzahl  für  eine 
breite  Darstellung,  wie  die  Romane  sie  fordern.^) 

Vielleicht  wird  auch  diese  Hauptfrage  klarer  zu  erkennen  sein, 
wenn  erst  ein  zusammenhängender  Text  hergestellt  sein  wird.  Einst- 
weilen ist  es  mir  aus  den  angeführten  Gründen  wahrscheinlicher,  dafs 
wir  einen  Roman  vor  uns  haben. 


Nachdem  der  vorstehende  Aufsatz  in  den  Druck  gegeben  war, 
kam  mir  die  von  Fritz  Scholl  besorgte  zweite  Auflage  des  klassischen 
Werkes  von  Erwin  Rohde  zu  Gesicht.  Leider  haben  sich  eingehendere 
Untersuchungen  über  die  neuen  Romane  in  seinem  Nachlafs  nicht 
gefunden.    Aus  den  flüchtigen  Randbemerkungen  seines  Handexemplars 


1)  Die  Worte  omnibus  deum  roganUbus  erinnern  an  das  Gebet  zum  Schlufs 
unseres  Fragmentes.  Sie  stammen  zwar  in  dieser  Form  aus  dem  christlichen 
Bearbeiter,  aber  vorher  mag  ein  heidnisches  Gebet  dort  gestanden  haben. 

2)  In  dem  erhaltenen  Fragment  erzählt  jemand  seine  eigenen  Erlebnisse. 
Vielleicht  war  das  nur  eine  Einlage,  wie  z.  B.  bei  Heliodor  sich  sehr  ausführliche 
Ich-Erzählungen  finden.  Es  kann  aber  auch  der  ganze  Roman  dieser  Person  als 
Erzählung  in  den  Mund  gelegt  worden  sein;  dann  würden  Achilles  Tatius,  auch 
Eustathios  Parallelen  bieten,  die  gleichfalls  einen  Ich-Roman  geben. 


272  I-  Aufsätze:    Ulrich  Wilcken:  Eine  neue  Roman -Handschrift 

geht  nur  so  viel  hervor,  dafs  Rohde  zwar  die  Ninos- Geschichte  (vgl. 
S.  577  der  2.  Aufl.),  aber  nicht  die  Parthenope- Geschichte  für  einen 
Roman  gehalten  hat.  In  Bezug  auf  letztere  findet  sich  auf  S.  570 
die  Bemerkung:  „Aber  es  scheint  eher  ein  Gespräch  über  "Egcog  und 
i'pwg  zu  sein  (ä  la  "EQCJtsg  des  Pseudolucian),  mit  einiger  Scenerie: 
für  einen  Roman  würde  das  Gespräch  kaum  passen."  Mir  scheint 
aus  der  obigen  Behandlung  des  Fragmentes,  die  ich  unverändert  habe 
stehen  lassen,  im  besonderen  aus  der  oben  aufgedeckten  Parallele  mit 
Eustathios'  Roman  doch  so  viel  mit  Sicherheit  hervorzugehen,  dafs 
das  Fragment  einem  Roman  angehören  kann.  Für  die  Annahme 
eines  Gespräches  in  der  Art  des  Pseudolucian  scheint  mir  die  That- 
sache  nicht  günstig,  dafs  Metiochos  und  Parthenope  durch  ihre 
Namen  die  Erwartung  erwecken,  dafs  sie  vom  Philosophieren  zum 
Handeln  übergehen  werden.  Doch  mögen  Berufnere  die  Frage  ent- 
scheiden. 

Breslau.  Ulrich  Wilcken. 


Zum  ägyptischen  Münzwesen. 

Seit  wir  durch  das  ausdrückliclie  Zeugnis  eines  Metrologen ^), 
sowie  durch  eine  Reihe  von  Urkunden  aus  der  römischen  Kaiserzeit  ^) 
wissen,  dafs  damals  in  Ägypten  nach  einer  doppelten  Drachme  ge- 
rechnet worden  ist,  nach  der  Drachme  Kupfers  von  6  und  der  Drachme 
Silbers  gleich  7  oder  7^^  Obolen,  wird,  wie  es  scheint  allgemein,  an- 
genommen, dafs  die  Drachme  von  6  Obolen  dem  ägyptischen  Kleingeld- 
kupfer, die  Drachme  von  7  oder  1'^/^  Obolen  dem  Billontetradrachmon 
zu  Grunde  liegt.  Dies  scheint  mir  irrig;  vielmehr  ist  die  Drachme  von 
6  Obolen  die  des  ägyptischen  Billontetradrachmon  der  Kaiserzeit,  die 
Drachme  von  7  oder  77^  Obolen  die  des  römischen  ägyptisch  als  Tetra- 
drachmon  gefafsten  Denars.  Es  stützt  sich  diese  Annahme  auf  die 
folgenden  Beweise. 

1.  Die  ägyptische  Kleinmünze,  der  Obolus  und  dessen  Teilstücke 
—  Didrachnien  und  Drachmen  sind  in  Ägypten  allem  Anscheine  nach 
nur  vorübergehend  und  in  geringem  Umfange  geschlagen  worden^)  — 


1)  Grenfell  and  Hunt  the  Oxyrhynchus  Papyri  1  p.  77:  t';^/.  %aliidvir]  ößöXovg  s' 
....  %ft  Squ^ilt}  oßoXovs  STttä.  —  Die  Sga^^iii)  Alyv%xia%ri  in  der  Tafel  der  Kleo- 
patra  (Hultsch  scr.  metr.  I  c.  60,  6)  von  ^  g  der  attischen  Drachme  ist  ein  Rätsel 
(■was  ich  früher  darüber  vermutete,  Hermes  5,  135;  RG  5,  558,  ist  durch  die 
späteren  Funde  beseitigt);  die  Handschriften  geben,  wie  Herr  E.  Pernice  mir 
mitteilt,  keine  Hülfe.  Vielleicht  ist  ÄlyvTtxLav.ri  zu  streichen  und  die  spätere 
attische  Drachme  gemeint. 

2)  Die  Drachme  von  7  oder  7y^  Obolen  zeigt  sich  am  bestimmtesten  in  dem 
berühmten  Haushaltungsbuch  (Pap.  of  the  Br.  Mus.  n.  131  vol.  I  p.  166  fg.)  vom 
J.  78/9,  aus  welchem  ihre  Dopi^elgeltung  7.uerst  durch  Kenyon  festgestellt  ward. 
Hier  werden,  mit  ausdrücklicher  Angabe  des  Verhältnisses,  4  Silberdrachmen  ge- 
glichen bald  mit  28  Obolen  —  Z.  351 :  cbg  r  -<  S'  6ß.  kt]',  wonach  116  Dr.  4  Ob.  Kupfer 
umgerechnet  werden  in  100  Dr.  Silber;  Z.  529:  i^  6ßo}.{m')  tir]'  x{kIv.ov)  — ,  bald  und 
in  gleicher  Verbindung  mit  29  Obolen  —  Z.  529:  t'l  oßipXwv)  k&'  %{aly.ov),  wonach 
163  Dr.  Kupfer  umgerechnet  werden  in  135  Dr.  ly^  Ob.  Silber,  was  freilich  genau 
lauten  müfste  134  Dr.  5^%9  Ob.  Zahlreiche  andere  Belege  hat  Wilcken,  Ostraka 
I  732  zusammengestellt. 

3)  Vgl.  darüber  Poole  catalogue  of  the  coins  of  Alexandria  p.  XXIX;  Pick 
bei  Wilcken  a.  a.  0.  S.  729. 


274  I-  Aufsätze 

gehört  anerkannterniafsen  mit  dem  Billontetradrachmon  zusammen.  Nun 
kann  es  ja  vorkommen,  dafs  zwischen  dem  Grofsgeld  und  seiner  Scheide- 
münze sich  eine  Kursdifferenz  entwickelt;  aber  es  setzt  dies  voraus, 
dafs  die  letztere  auch  in  Grofszahlungen  verwendet  und  demnach  in 
Massen  geprägt  wird.  Das  erstere  wird  unbedenklich  angenommen 
werden  können;  Beschränkung  der  Kleingeldzahlung  durch  gesetzliche 
Maximalsätze  sind  dem  Altertum  wohl  fremd  gewesen.  Aber  letzteres 
trifft  bei  dem  ägyptischen  Provinzialkupfer  keineswegs  zu;  im  Gegen- 
teil hat  sich  die  Münzverschlechteruug  dort  nicht  auf  massenhafte 
Ausprägung  des  Kupfers  geworfen,  sondern  auf  Verringerung  des 
Silbergehalts  im  Billongeld,  so  dafs  dieses  zur  Kupfermünze  wird  und 
die  eigentliche  Kupfermünze  schwindet.^)  Grofszahlung  in  Obolen  und 
dessen  Teilstücken  fordert  eine  so  gewaltige  Kleingeldmenge,  wie  die 
ägyptische  Kupferprägung  gegenüber  dem  Billon  sie  keineswegs  auf- 
zuweisen scheint.  Allerdings  schliefse  ich  dies  nur  aus  den  in  dieser 
Frage  unzureichenden  Münzkatalogen;  Fundberichte  liegen  mir  nicht 
vor  und  können  allein  darüber  endgültig  entscheiden.  ^)  —  Dagegen 
leuchtet  ein  und  wird  imten  näher  ausgeführt  werden,  dafs  zwischen 
dem  römischen  Denar  und  dem  ägyptischen  Billon  füglich  ein  Diffe- 
rentialkurs von  7  oder  7y^  zu  6  eintreten  konnte. 

2.  Dafs  der  Denar  in  Ägypten  seit  der  Eroberung  des  Landes^) 
durch  die  Römer  Legalkurs  gehabt  hat,  wird  keines  Beweises  bedürfen, 
schon  darum,  weil  mit  dessen  Ausschlufs  auch  der  römische  Aureus 
ausgeschlossen  würde,  der  ja  in  der  Rechnung  nur  als  Multiplum  des 
Denars  auftritt.  Aber  in  der  aus  zahllosen  Urkunden  uns  bekannten 
ägyptischen  Rechnung  erscheint  der  Denar  unter  diesem  Namen  nicht *^); 


1)  Poole  a.  a.  0. 

2j  Übrigens  mag  bei  der  in  Ägypten  offenbar  sehr  vorgeschrittenen  Ent- 
wickelung  des  Bankwesens  die  Masse  des  umlaufenden  Geldes  relativ  gering 
gewesen  sein  und  daher  auch  die  Münzfunde  dort  in  minderem  Umfang  auftreten 
als  anderswo.  Der  selten  unterbrochene  Friedensstand  wird  weiter  dem  Ver- 
graben der  Schätze  entgegengewirkt  haben. 

3)  Dafs  in  der  Zeit  des  Antonius  und  der  Kleopatra  in  Ägypten  zum  Teil 
auf  römischen  Fufs  geprägt  worden  ist,  wenigstens  die  in  der  ägj^ptischen  Prägung 
ganz  isoliert  dastehende  Drachme  der  Kleopatra  (Poole,  Ptolemies  p.  122)  als  Denar 
anzusehen  ist  (mein  R.  M.  W.  S.  723),  kommt  weiter  nicht  in  Betracht. 

4)  Wir  kennen  bis  jetzt  nur  eine  einzige  wirkliche  Ausnahme,  das  von 
Wilcken  1,  737  aus  einem  unedierten  Pariser  Papyrus  angeführte,  auf  Siaxoeicc 
TCsvTT^xovra  Sr\vccQicc  lautende,  im  Jahre  196/7  von  einem  römischen  Beamten  ge- 
fällte Straferkenntnis,  das  aber  nachher  von  dem  Strategos  bezeichnet  wii-d  als 
lautend  auf  1000  Drachmen.  —  Dafs  BGU  276  die  Rede  ist  von  einem  ßagdog, 
der   örivaQiMv  gf'  gekauft  und,    wie  es  scheint,    für  370  Dr.  wieder  verkauft  ist, 


Theodor  Mommsen:  Zum  ägyptischen  Münzwesen  275 

hat  er  dennoch  darin  seinen  T^latz  geha})t,  so  kann  er  nur  in  der  un- 
zählige Male  begegnenden  aQyvQiov  Öqux^h]  gefunden  werden.  Dafs 
Augustus,  der  den  Denar  in  Ägypten  eingeführt  haben  mufs,  die 
römische  Bezeichnung  ausschlofs,  ist  ein  weiterer  und  wichtiger  Bei- 
trag zu  dem  Bilde  der  Äeyyptus  seposita]  so  wenig  wie  der  Proconsul 
und  der  kaiserliche  Legat  gehört  der  Denarius  der  Reichsmünze  als 
solcher  in  dieses  dem  kaiserlichen  Privatbesitz  vorbehaltene  und  mit 
eigener  Königsmünze  ausgestattete  Königreich. 

3.  Die  Benennung  aQyvQiov  oder  aQyvQiov  eTtcGri^ov  vofitöfiatog 
dgccx^rj^),  vollständiger  in  der  julisch-claudischen  Epoche  ccQyvQiov 
Ueßaötov  KoX  IltoXs^aLxov  vo^cöfiarog  dgccx^y]^),  in  den  jüngeren  Ur- 
kunden KQyvQLOv  Usßaörov  —  oder  2Jsßa6rß)v  —  vo^iö^atos^),  im 
3.  Jakrh.  auch  ocQyvQtov  na^.caov  Uto^s^uinov  voacö^iatog^)^  pafst 
'nicht  auf  die  provinziale,  sondern  nur  auf  die  Reichsprägung. 

a)  Der  Denar  ist  ein  Silberstück,  das  von  Tiberius  eingeführte 
ägyptische  Grofsstück  dagegen  eine  Billonmünze,  die  im  besten  Falle 
zu  drei  Vierteln  aus  Kupfer  besteht.  Es  ist,  ich  will  nicht  sagen  un- 
möglich,  aber  recht  unwahrscheinlich,  dafs   das  letztere   gegensätzlich 


und  dals  BGU  335  es  heilst:  BTtsiiipä  gol  .  .  .  SriväQia  ky,at6v  kommt  nicht  in 
Betracht,  ebensowenig  der  lateinische  Brief  P.  Grenfell  II 108.  —  Die  von  Wilcken 
a.  a.  0.  S.  736.  737  behandelten  Quittungen  über  drjvaQia  titrä  yial  ößokovg  shoai 
(n.  1128)  —  SrivccQia  Svo  oßoXol  öktw  (n.  1265,  vgl.  1142)  —  X  id'f  S'  n.  1169.  1170 
mit  zahlreichen  gleichartigen  Ansetzungen  —  sind  auf  die  Münzsorten  gestellt, 
in  denen  die  betreffenden  Zahlungen  ei-folgten,  Denare  und  Obolen  oder  Denare 
und  Tetrobolen.  —  Indem  diese  Zeugnisse  den  Umlauf  des  Denars  in  Ägypten 
bestätigen,  beweisen  sie  zugleich,  dafs  er  als  solcher  in  die  Rechnung 
nicht  gehört. 

1)  ^QyvQiov  inLarJiiov  Ktcpalcciov  vo/xifffiarog  Sqcc^^ccI  sßSofii^yiovta  in  einer 
Urkunde  (BGU  189)  vom  .1.  8  n.  Chr.;  ähnlich  BGU  316.  362  (III  16.  VI  73).  418. 
P.  Oxy.  I  48  —  50  und  sonst.  Das  häufig  dabeistehende  Kscpcxlaiov  soll  nur  aus- 
drücken, dafs  Kapital-,  nicht  Zinszahlung  gemeint  ist. 

2)  Diese  Formel  erscheint  in  Urkunden  von  den  Jahren  36  (P.  Oxy.  II  267), 
41  (BGU  713,  in  welchem  inkorrekt  geschriebenen  Text  es  heifst:  c:QyvQLo[v  eJäi- 
arj(ioi  [so]  yiaLq)aXaiov  xai  Iltolixi^safKOv  vo^iienaxog  Sq.),  54  (P.  Oxy.  II  264),  56 
(das.  271). 

3)  'ÄQyvQiov  Z^ßccarov  v.  Sq.  z.  B.  in  Urkunden  aus  den  Jahren  120  (BGU  69), 
137  (BGU  465  und  805),  143  (BGU  741)  und  187  (P.  Oxy.  I  91),  ocQyvQiov  ZsßaGxmv 
V.  Sq.  aus  den  Jahren  189  (BGU  578),  251  (P.  Gen.  9),  283  (P.  Oxy.  I  55),  289  (BGU  13), 
290/304  (P.  Grenf.  II  72),  302  (das.  74),  305  (das.  75),  348  (BGU  456),  337/350  (P. 
Lond.  II  251  S.  316),  348  (BGU  456).  —  Aufzulösen  ist  nach  der  vorhergehend 
erörterten  Formel  nicht  ccQyvQiov  Usßaarov,  sondern  ccQyvQiov  Seßaaröv  oder 
2Jsßcc6rmv,  moneta  Augusta  oder  Augustorum.    Vgl.  Wilcken  1,  728. 

4)  So  in  zwei  Wiener  Urkunden  von  den  Jahren  268/70  und  286/7  (Wessely, 
Mitt.  4,  146).     jQa](^^iccl  nalccLov  vo^i6\Lccxo<s  TtccXcciai:  P.  Grenf.  II  77. 


276  I.  Aufsätze 

zum  Kupfer  als  Silber  bezeichnet  worden  sein  soll.  Unwahrsclieinlicli 
ist  es  allerdings  auch,  dafs  dies  Billon  geradezu  Kupfergeld  genannt 
worden  ist;  aber  es  wird  weiterhin  gezeigt  werden,  dafs  die  Bezeich- 
nung der  Billondrachme  als  %alxLV7j  oder  xo^^^ov  im  offiziellen  Gebrauch 
vermieden  wird  und  wahrscheinlich  erst  abusiv  im  späteren  Sprach- 
gebrauch eintritt. 

b)  Für  den  römischen  Denarius  würde  in  griechisch -ägyptischer 
Rede  der  einfachste  Ausdruck  ccQyvQLov  dQa%(iy]  gewesen  sein,  und  es 
ist  wohl  möglich,  dafs  Augustus  ihn  imter  dieser  Benennung  in  Ägypten 
eingeführt  und  ihn  nur  als  ccQyvQiov  Ueßadtov  d^ax^yj  von  der 
KQyvQiov  Uto^sfiaLxov  d^axfiij  unterschieden  oder  vielmehr  nicht 
unterschieden  hat,  insofern  die  ptolemäische  Drachme,  welche  der 
von  ihm  vorgefundenen  ägyptischen  Münzordnung  zu  Grunde  lag,  von 
3,57  Gr.  normal  mit  dem  damaligen  römischen  Denarius  von  normal 
3,90  Gr.  effektiv  nahezu  zusammenfiel.  Die  wesentliche  Gleichstellung 
aber  des  vorrömischen  königlichen  und  des  römischen  Reichsgeldes 
wird  geradezu  gefordert  durch  die  offizielle  Zusammenfassung  des 
Usßaöthv  >cccl  Iltols^aLxbv  vö^iö^a.  ^)  Allerdings  ist  nach  der  Münz- 
reform unter  Tiberius  die  ägyptische  Silberdrachme  Äquivalent  nicht 
des  römischen  Denars,  sondern  eines  Viertels  desselben.  Aber  die 
Reduktion  der  Einheit,  die  Umwandlung  der  Drachme  in  ein  Vier- 
drachmenstück änderte  den  fundamentalen  Münzfuls  nicht  und  gestat- 
tete immer  noch,  wenn  der  Denar  als  der  ptolemäischen  Drachme 
gleich  in  Ägypten  Legalcours  erhalten  hatte,  auch  noch  als  Vier- 
drachmenstück ihn  mit  dem  ptolemäischen  Drachmengeld  zu  gleichen. 
Die  allgemeine  Tendenz  der  römischen  Regierung  den  Ägyptern  die 
Eroberung  als  blofsen  Dynastiewechsel  hinzustellen  hat  freilich  bei 
dieser  Verschleierung  des  fremden  Kourants  wesentlich  mitgewirkt. 
Natürlich  ist  auch  im  Lauf  der  Zeit  das  ^ptolemäische'  vö^iiöfia  mehr 
und  mehr  zurückgetreten,  aber  fast  bis  hinab  auf  die  diocletianische 
Epoche  ist  den  Ägyptern  der  Denar  Königsgeld  geblieben. 


1)  Gemeint  ist  nicht  die  sprachliche  Identität  des  vofitßiicc  Hsßußtöv  und  des 
röfj/ffftK  IltoXsfiaiKOv,  sondern  die  sachliche.  Wenn  es  in  der  Urkunde  vom  J.  36 
heifst:  oiioloyä)  ^fir  %kqcc  gov  ....  Sia  rfjg  2^aQani(ovos  Tgans^rig  kqyvqlov 
Ssßaßrov  xat  TIroXh[LcciKOv  rofiia^arog  SQa^^iag  tsaaaQäxovTa,  so  werden  das 
ptolemäische  und  das  kaiserliche  Silberstück  damit  nicht  identifiziert,  aber  wohl 
als  gleichwertig  bezeichnet,  ähnlich  wie  wenn  wir  von  Zahlung  in  Thalem  Silbers 
oder  Mark  Silbers  sprechen.  Dafs  bei  dieser  ohne  Zweifel  offiziellen  Bezeichnung 
die  zwischen  der  königlichen  Drachme  und  dem  Denar  allerdings  bestehende 
WertdiflFerenz  ignoriert  wird,  erklärt  sich  aus  dem  politischen  Motiv,  die  Fremd- 
herrschaft zu  verschleiern. 


Theodor  Moramscn:  Zum  il^yptischen  Münzwesen  277 

c)  Auf  das  tiberianischc  Tetradrachmon  palst  jene  Vollbezeich- 
nuug  der  aQyvQiov  d^ai^iri  nicht.  Die  späteren  Ptolemäer  haben 
wohl  schlechte  Silbertetradrachmen  geschlagen,  aber  niemals  Billon- 
tetradrachmen,  und  das  zwischen  dem  Ende  der  königlichen  Silber- 
und dem  Anfang  der  kaiserlichen  Billontetradrachmen  liegende  Jahr- 
hundert trennt  die  beiden  Münzgattungen  in  bestimmtester  Weise. 

4.  Es  begegnen  in  den  ägyptischen  Urkunden  nicht  selten  neben 
einander  Zahlungen  teils  in  Silber,  teils  in  Kupfer.  Diese  lassen  aller- 
dings häufig  sich  so  auffassen,  dafs  die  letzteren  Beträge  aus  Kleingeld- 
zahlungen hervorgegangen  sind,  und  sind  insofern  mit  der  gangbaren 
Annahme  vereinbar.  Aber  allgemein  trifft  dies  nicht  zu.  In  den  Frei- 
lassungsurkunden aus  domitianischer  und  traianischer  Zeit  ^)  werden 
als  kvTQa  neben  10  Drachmen  ccQyvQtov  imöiq^ov  in  Drachmen  %akKov 
TiQog  agyvQiov  ausgedrückte  gröfsere  Summen  (bis  zu  63000  solcher 
Drachmen  gleich  140  Denaren)  angesetzt.  Die  letzteren  haben  un- 
möglich in  Obolen  gezahlt  werden  können,  wohl  aber  konnte  eine 
—  vielleicht  an  die  römische  Behörde  zu  leistende  —  Nebenzahlmig 
auf  den  Denar  als  Münze  gestellt  werden,  die  Hauptzahlung  dagegen 
allgemein  auf  ägyptisches  Kourant,  mochte  dies  aus  der  Reichs-  oder 
aus  der  Provinzialprägung  hervorgegangen  sein. 

5.  In  einem  vor  kurzem  von  den  Genfer  Gelehrten  Nicole  und 
Morel  veröffentlichten  Papyrus  aus  domitianischer  Zeit  ^)  wird  das 
römische  Stipendium,  der  Viermonatsold  des  Soldaten,  der  damals  be- 
kanntlich 75  Denare  betrug,  angesetzt  auf  248  Drachmen.  Bezogen 
auf  das  Billontetradrachmon  bleibt  diese  Differenz  unerklärlich.  Wenn 
dagegen  diese  ^Drachme'  die  von  l^j^  Obolen  und  in  der  That  der 
Vierteldenar  ist,  so  sind  248  solcher  Drachmen  nahezu  (genau 
248  X  T/^  =  1798)  1800  Obolen  oder  300  ägyptische  Drachmen 
der  geringeren  Kategorie.  Die  Manipulation  hat  also  darin  bestanden, 
dafs  dem  Legionär  statt  der  ihm  eigentlich  zukommenden  300  Drach- 
men Silbers,  das  ist  75  Denare,  300  Drachmen  Billon,  also  62  Denare 
gezahlt  wurden.  Ohne  Zweifel  ist  die  Zahlung  in  römischem  Gelde 
geleistet  worden. 


1)  P.  Oxy.  I  48.  49.  50. 

2)  Archives  militaires  au  I  siecle,  Genf  1900.  Ich  habe  dieses  wichtige 
Dokument  im  Hermes  35,  437  sq.  erläutert  und  gebe  daher  hier  dessen  Inhalt  nur 
insoweit  wieder,  als  er  für  die  Münzfragen  in  Betracht  kommt. 


278  I-  Aufsätze 

Die  Entwickelung  des  ägyptischen  Münzwesens  in  der  Römerzeit 
dürfte  sich  in  der  folgenden  Weise  vollzogen  haben. 

Die  Römer  fanden  in  Ägypten  zwei  Rechnungseinheiten  vor,  die 
Silberckachme  von  normal  3,57  Gr.  und  die  Kupferdrachme  oder  nach 
dem  technischen  Ausdrucke  die  SQax^rj  ;^fi:A;co'ö  tcqoq  ccQyvQiov  von 
7450  der  Silberdrachme.  ^)  In  der  Münze  liegt  —  abgesehen  von  der 
ägyptischen  Goldprägung  —  die  erstere  der  bis  auf  das  Ende  der 
Königszeit  fortgeführten  Prägung  silberner  Tetradrachmen  zu  Grunde, 
die  zweite  ohne  Zweifel  der  kupfernen  Kleinmünze,  deren  schwer  zu 
bestimmende  Nominale  hier  aufser  Betracht  bleiben  können. 

Augustus  hat  für  Ägypten  beide  Rechnungseinheiten  beibehalten. 
Die  der  Silberwährung  ist  das  nto2.£fiaioibv  v6fit6}ia,  dessen  Fortbestehen 
sowie  dessen  wesentliche  Gleichsetzimg  mit  dem  in  die  ägyptische 
Währung  eintretenden  römischen  Denar  in  der  Kaiserzeit  vorher  ent- 
wickelt worden  ist.  Eine  vollständige  aber  ist  diese  Gleichsetzung  der 
den  königlichen  Tetradrachmen  zu  Grunde  liegenden  Drachme  und  des 
römischen  Denars  schwerlich  gewesen.  Das  Normalgewicht  des  letz- 
teren war  etwas  höher  imd  vor  allem  die  effektive  Ausmünzung  bei 
weitem  solider.  Infolge  dessen  wird  der  Vorzug  der  Reichsmünze  vor 
der  provinzialen,  wie  er  in  der  gleich  zu  erwähnenden  tiberischen  Ord- 
nung zu  Tage  tritt,  der  Sache  nach,  wenn  auch  in  anderer  Form,  wohl 
auf  Augustus  zurückgehen.  —  Die  ptolemäische  Kupferdrachme  von  y^g^ 
der  silbernen  ist  auch  unter  den  Römern  die  Rechnimgseinheit  gewesen  und 
begegnet  in  zahlreichen  Urkunden  wenigstens  bis  hinab  in  die  traianische 
Zeit.^)  —  In  der  Prägung  hat  Augustus  die  des  ptolemäischen  Silbers 


1)  Für  diese  verweise  ich  auf  Grenfell-Hunt,  Oxyrh.  1  p.  107;  2  p.  187,  denen 
entnommen  ist,  was  darüber  vorgebracht  wird. 

2)  Ausdrücklich  wird  die  Gleichung  mit  der  KQyvgiov  d'pa;ffwj  angegeben  in 
einer  Urkunde  vom  J.  79  P.  Oxy.  II  243:  tbg  rav  S'  (dpo:%ju.c5v)  ,(xco'.  Aufserdem 
finden  sich  derartige  Ansetzungen  in  Urkunden  von  den  Jahren  55  (Grenfell-Hunt, 
Oxy.  I  p.  99),  77  (das.  2,  242),  83  (das.  2,  331  p.  307),  86  (das.  1  n.  48),  89  (das.  2 
n.  333.  337.  338  p.  307.  308),  98/99  (das.  n.  340  p.  308),  100  (das.  1  n.  49),  von 
denen  die  aus  den  Jahren  77  und  79  dieselbe  Summe  auch  in  dcQyvQiov  dQcc/^iLai 
angeben.  —  Auf  diese  Rechnungsdrachme  wird  auch  das  Ostrakon  1545  aus  dem 
J.  10  n.  Chr.  zu  beziehen  sein,  da,  wie  Wilcken  1,  726  bemerkt,  ein  Betrag  von 
400  ^cc(Xv.ov)  für  die  Steuer  a»  den  a.Q%LHvvriy6q  auf  die  gewöhnliche  Kupfer- 
drachme nicht  bezogen  werden  kann.  —  Eine  ähnliche  Gleichung,  aber  gestellt 
auf  1:500,  giebt  der  Londoner  Papyrus  n.  266  (vol.  2  p.  233),  welcher  zwischen 
die  in  '^(^{ccXiiov)  geführte  Rechnung  häufig  Beträge  von  4  Drachmen,  geschrieben 
<^8,  meist  mit  dem  Vormerk  Ttapap^pfyfto;,  einschiebt  und  diese  dann  als  2000  ;]((o:Xxo'D) 
verrechnet.  Es  sieht  ganz  so  aus,  als  seien  dies  zwischen  die  in  Rechnung  ge- 
stellten und  in  Rechnungsdrachmen  angesetzten  Leistungen  eingeschobene  Baar- 


Theodor  Mommsen :  Zum  ägyptischen  Münzwesen  279 

nicht  fortgeführt,  offenbar  weil  der  Denar  nebst  dem  Aureus  jetzt  in  die 
ägyptische  Zirkulation  eintraten.  Ob  und  wann  die  ptolemäi sehen  Tetra- 
drachmen aufgerufen  worden  sind,  können  nur  Münzfunde  entscheiden; 
es  ist  sehr  zu  wünschen,  dafs  die  ägyptische  Forschung  auf  diese  mehr 
als  bisher  achte  und  namentlich  feststelle,  ob  neben  ptolemäischen 
Münzen  auch  römische  gefunden  werden.  —  Die  römische  Scheide- 
münze hat  weder  damals  noch  später  in  Ägypten  Kurs  erhalten;  von 
dem  As  oder  anderen  nicht  silbernen  römischen  Münzen  finden 
sich  weder  die  Namen  ^)  noch  in  den  Wertsetzungen  in  Ägypten 
eine  Spur.  ^)  —  Wo  neben  dem  Grofsgeld  in  Ägypten  Kleinmünze 
auftritt,  ist  dies  der  Obolus  oder  dessen  Multiplen  und  die  Quoten 
desselben,  die  Chalkus.  Eine  besondere  Festsetzung  ihres  Verhältnisses 
zu  dem  römischen  Denar  war  nicht  erforderlich,  da  dessen  legale 
Fixierung  gegenüber  den  alten  Rechnungseinheiten  sich  auch  auf  die  zu- 
gehörige Scheidemünze  erstreckte.  Dem  entsprechend  hat  Augustus, 
während  er  die  ptolemäische  Silberprägung  fallen  liefs,  die  Kupfer- 
prägung fortgeführt;  ob  er  darin  Änderungen  vorgenommen  hat,  ent- 
zieht sich  unserer  Kenntnis. 

Inwieweit  die  unter  Tiberius  im  J.  19/20  n.  Chr.  vorgenommene 
Reform  des  ägyptischen  Rechnungs-  und  Münzwesens  an  augustische 
Bestimmungen  anknüpft,  können  wir  nicht  sagen;  sie  selbst  läfst 
sich  einigermafsen  erkennen.  Zu  Grunde  liegt  ihr  die  Wiederauf- 
nahme der  seit  der  Eroberung  Ägyptens  durch  die  Römer  ruhenden 
Prägung  ägyptischer  Tetradrachmen  und  daneben  die  Behandlung 
des  Denars  gleichfalls  als  Tetradrachmon.  Die  Gleichsetzung  des 
Tetradrachmon  der  provinzialen  und  desjenigen  der  Reichsprägung 
wird  aber  modifiziert  durch  den  offenbar  auf  legaler  Anordnung; 
beruhenden  Vorzugskurs  des  letzteren,  indem  das  ägyptische  Tetra- 
drachmon 24,  das  Tetradrachmon  der  Reichsprägung  28  oder  29  Münz- 


zahlungen von  je  1  Denar.  Die  Urkunde,  der  das  Datum  fehlt,  wird  in  das 
1.  oder  2.  Jahrh.  gesetzt.  Sie  scheint  also  jünger  zu  sein  als  die  auf  die  Gleichung 
von  1 :  450  gestellten  und  könnte  sich  erklären  durch  Devalvierung  der  Rechnungs- 
drachme  von  y^g,,  auf  ^/^^^  der  Silberdi-achme. 

1)  Die  Schenkung  criatsqriov  vovn^ov  iv6g  und  das  Legat  lautend  auf 
ariarsQTiovg  vovii^ovg  (fehlerhaft  statt  criar sgriav  vov^^lcov)  S'  begegnen  in  der 
Übersetzung  eines  lateinisch  abgefafsten  Testaments  (BGU  326). 

2)  Die  römischen  Münzen  unter  dem  Denar  sind  wohl  auch  in  den  Pro- 
vinzen des  Reiches  zur  Zirkulation  nicht  zugelassen  worden.  Germanicus  ord- 
nete für  Syrien  an,  dafs  die  Steuerbeträge  unter  einem  Denar  (ivrbg  driva- 
qLov)  in  der  provinzialen  Scheidemünze  {ksquu)  zu  zahlen  seien  (Dessau,  Hermes 
19,  519). 


280  I.  Aufsätze 

obolen  gleichgesetzt  wurde.  ^)  —  Dafs  diese  Reform  der  ägyptischen 
Prägung  dem  Lande  als  Rückkehr  zu  der  alteinheimischen  Tetra- 
drachmenpräguug  erscheinen  sollte,  ist  augenscheinlich  und  geschicht- 
lich merkwürdig;  der  politisch  bedeutendste  Kaiser,  den  Rom  gehabt 
hat,  war  bemüht  in  den  Ägyptern  die  Empfindung  zu  stärken,  dafs 
sie  Königsleute  seien  und  nicht  Unterthanen  Roms.  Aber  in  der  That 
war  diese  Münzreform,  wie  schon  bemerkt  ward,  nichts  weniger  als 
eine  Wiederaufnahme  der  alten  königlichen  Ordnungen.  Die  Ersetzung 
des  alten  Silberstücks  von  14,28  Gr.  durch  eine  ungefähr  gleich  schwere, 
aber  im  Silbergehalt  normal  dem  römischen  Denar  von  3,90  Gr.  gleich- 
wertige Billonmünze  mufs  numismatisch  vielmehr  bezeichnet  werden  als 
Einführung  eines  ägyptischen  Denars  neben  dem  der  Reichsprägung.  ^) 
Eine  Finanzoperation  zum  Besten  der  kaiserlichen  Kasse  war  diese 
Mafsregel  der  Anlage  nach  keineswegs,  sondern  lediglich  die  Auf- 
stellung einer  neuen  Form  der  Wertmünze;  in  der  Handhabung  freilich 
hat  die  Ausbringung  auch  des  alexandrinischen  Grofsgeldes  durch  Ver- 
ringerung des  Silberwertes  diesen  überhaupt  das  Münzwesen  der  spä- 
teren Kaiserzeit  beherrschenden  Charakter  angenommen. 

Auf  die  ägyptische  Kupferprägung  und  Kupferrechnung  braucht 
diese  Änderung  sich  nicht  erstreckt  zu  haben.  Der  Obolus  von  Yg 
der  ägyptischen  Drachme  war  und  blieb  die  Münzeinheit,  und  der 
Denar  stand  zu  ihm  von  jeher  in  festem,  jetzt  durch  den  vor- 
her bezeichneten  legalen  Vorzugskurs  normierten  Verhältnis;  Ver- 
änderungen in  den  Nominalen  und  den  Wertungen  wurden  durch  die 
Münzreform  nicht  notwendig  gefordert.  —  Die  Rechnungsdrachme,  die 
ÖQax^ri  iccXkov  TCQog  aQyvQiov  von  y^Q  der  ptolemäischen  Silberdrachme 
wurde,  wie  wir  sahen,  in  römischer  Zeit  auf  die  Reichsprägung  bezogen 
und  der  Denar  als ,  Tetradrachmon  des  Reiches  auf  1800  und  später 
vielleicht  auf  2000  solcher  Rechnungsdrachmen  gewertet.  Das  Über- 
wiegen   des   römischen  Kourant  gegenüber  dem   provinzialen  tritt  be- 


1)  Dafs  in  der  S.  273  angeführten  metrologischen  Tafel  die  x^^lxaLvr]  von  6 
und  die  Drachme  von  7  neben  einander  aufgeführt  werden  und  dafs  bei  den 
auf  den  Denar  gestellten  ziemlich  zahlreichen  Gleichungen  ausschliefslich  die 
Ziffern  28  und  29  auftreten  —  in  dem  S.  273  bezeichneten  Hausbuch  werden  in 
einem  Monat  von  der  Gesamtsumme  (231  Dr.  3[?]0b.)  ein  Teil  (68  Dr.  41/2  [?]  Ob.) 
nach  der  Gleichung  4  :  28,  der  Rest  (163  Dr.)  nach  der  4  :  29  berechnet  — ,  dürfte 
die  Zurückführung  dieser  Difierenzen  auf  Kursschwankungen  ausschliefsen ;  der 
zuweilen  (P.  Grenf.  II  65)  erwähnte  y.oXXvßos  hat  nichts  damit  zu  schaffen.  Es 
müssen  für  die  Zulassung  der  einen  oder  der  anderen  Gleichung  Sonderbestim- 
mungen gegolten  haben,  die  wir  zur  Zeit  nicht  erkennen. 

2)  Mein  R.  M.  W.  S.  723. 


Theodor  Mommsen:  Zum  ilgyptisclien  Münzwesen  281 

sonders  darin  zu  Tage,  dals  die  Kechnungsdrachme  nicht  mit  dem 
letzteren,  sondern  mit  jenem  geglichen  wird. 

Was  die  Benennungen  des  Hilberdenars  und  des  BillontetradrachniouH 
anlangt,  so  tritt  jener  seitdem  in  der  Geschäftssprache  durchaus  auf 
als  das  Vierfache  der  uQyvQLOv  ögax^y],  im  gewöhnlichen  Gebrauch 
auch  als  aratriQ.^)  TetQaÖQax^ov  begegnet  nirgends;  das  selten  ge- 
nannte ÖLÖQax^ov  ist  wohl  der  römische  Quinar.^) 

Die  Drachme  der  Billonprägung  kann  im  Gegensatz  zu  der  d^yv- 
QLOV  d^axfi^j  bezeichnet  werden  als  %ccXxov  ÖQax^y.  Also  setzt  der 
ägyptische  Metrolog  (S.  273j  der  ÖQaxfiTJ  von  7  Obolen  die  ^^a/lxe/Vr^  von 
G  entgegen,  und  dieselbe  Bezeichnung  begegnet,  wie  es  scheint,  auch 
in  einem  Londoner  Papyrus^);  ähnlich  werden  in  dem  Hausbuch -vom 
J.  78/9  (A.  2)  die  Silber-^)  und  die  Kupferrechnung  neben  einander 
gestellt  unter  den  Vormerken  ^(ßAxo'i))  und  ac  (XQy{vQiov).  Regelmäfsig 
aber  fehlt  dieser  Drachme  in  den  Papyri  und  den  Ostraken  die  An- 
gabe des  Metalls,  ohne  Zweifel  weil  es  vielmehr  Billon  war  und 
erst  durch  Münzverschlechterung  zum  Kupfer  wurde.  Auch  war  im 
strengen  Sprachgebrauch  die  ;fß;A3coi)  d^ax^y)  eigentlich  die  vorher  er- 
örterte Kechnungsdrachme  von  y^^  des  Silberdenars,  die  allerdings 
durch  den  Zusatz  ctQog  uQyvQLov  als  'in  Silber  zahlbar'  von  der  aus 
Billon    geschlagenen    uneigentlich    als    Kupfer    bezeichneten    Drachme 


1)  Der  ägyptische  Metrolog  (S.  273)  gleicht  1500  Statere  mit  42000  Obolen, 
rechnet  also  den  Stater  zu  28  Obolen.  Genannt  wird  der  Stater  nicht  selten 
(Grenf  eil  -  Hunt,  P.  Oxy.  I  n.  114:  ronog  ttqos  atati^Qd.  tfig  n,väg;  BGU  38.  2G1.  814). 
Es  soll  nicht  geleugnet  werden,  dafs  diese  in  ptolemäischer  Zeit  für  das  Grofs- 
silberstück  von  4  Dr.  übliche  Bezeichnung  in  römischer  auch  von  dem  Billon- 
tetradrachmon  gebraucht  worden  ist;  sichere  Beweise  indefs  dafür  finde  ich  nicht. 
Dafs  in  späten  Zauberpapyri  von  dem  atccri^Q  JTroifjxaixdg  die  Rede  ist,  worauf 
Wessely  (Mitt.  4,  144)  Gewicht  legt,  beweist  natürlich  gar  nichts. 

2)  Eine  Urkunde  vom  J.  260  (P.  Grenf.  I  50)  gleicht  SiSQ(c(x^<x)  liq'  und 
8Qa%\Lal  sßSo(i7]iiovra  f|.  Auch  die  an  den  Gott  Suchos  zu  leistende  SiSgccxit^ioc 
(BGU  748;  Wilcken,  Ostr.  1,  360)  ist  wohl  so  aufzufassen.  —  Ungerade  Zahlen 
begegnen  bei  Silberdrachmen  selten  (eine  Ausnahme  Grenfell  -  Hunt ,  Oxyrh.  2 
n.  272:  249  Silberdr.)  und  ebenso  selten  diesen  angehängte  Obolen  (ebendaselbst 
947  Silberdr.  2  Ob.;  ferner  in  einer  Urkunde  vom  J.  23,  London  n.  277  vol.  2  p.  217: 
ccQyvQiov  iTtL6't]^ov  xfqpaiaiov  vo^La^arog  dQcc^^ag  £^r]KOVT(x  rsaaQog  rstQoßovXcov).  — 
Wo  DCQyvQiov  fehlt,  wie  BGU  102:  SQccj(,(iccg  zsTQdxoßiag  tsaasQccKOVTa  tQSig  tgim- 
ßolov  und  BGU  220 :  (ßQccj^^ag)  StaxoGiag  nsvT-qyiovrcc  zeaaaQag  T£rQ<oß6X[iov),  kann 
die   Billondrachme  gemeint  sein. 

3)  N.  380  vol.  2  p.  110;  Wilcken,  Ostr.  1,  731. 

4)  Dies  ist  der  Xoyog  ccQyvQfKog  Xr^iiiiurcav  xccl  ccvaXaiLccrav  (BGU  14  H  2). 
Vgl.  Xöyov  KQyvQLOv  SQa](^fiäg  ri-TQccKOGlccg  rgiaKOvra  ovo  in  dem  Genfer  Papyrus 
y,  11.  24. 


282  •  I-  Aufsätze 

des  Provinzialkourants  unterschieden  wurde.  Dagegen  wird  zuweilen, 
obwohl  nicht  häufig,  durch  das  Determinativ  tcsq^u  das  Kleingeld, 
die  Billondrachmen  wie  die  Obolenmünzen,  von  dem  Denargeld  unter- 
schieden. ^) 

Zweideutig  bleiben  also  die  Ansetzungen  in  Drachmen  und  Obolen 
da,  wo  nicht  eine  nähere  Bestimmung  hinzutritt.  Die  Drachme 
schlechthin  sollte  wohl  eigentlich  die  des  Billon  sein,  da  die  an  dem 
Begriff  haftende  Sechstelung  dieser  allein  eignet  und  auch  die  Legal- 
benennung des  Denars  ocQyvQiov  öga^^Vj  dies  zu  fordern  scheint;  allein 
dafs  d^axfirj  ohne  weiteren  Beisatz  und  auch  da,  wo  sich  dieser  nicht 
aus  dem  Zusammenhang  ergiebt,  ebenfalls  auf  die  des  Silbers  bezogen 
werden  kann,  beweist  u.  a.  sowohl  der  Sprachgebrauch  des  Metrologen 
wie  die  Söldnerrechnung  aus  domitianischer  Zeit  ^) ;  im  Grofsgeschäft 
hat  in  Ägypten  offenbar  sehr  bald  die  Denarrechnung  überwogen. 

Diese  Unsicherheit  erstreckt  sich  bis  zu  einem  gewissen  Grrade 
auch  auf  die  Obolenangaben.  Es  gab  allerdings  in  Ägypten  in  der 
Prägung  nur  einen  einzigen  Obolus  von  Yg  des  Billon-  und  ungefähr 
y^  des  Silberdenars;  aber  der  Obolus  der  Geschäftssprache  ist  nicht 
immer  der  Münzobolus  ^),  sondern  kann  auch  das  Sechstel  der  Silber- 
drachme anzeigen.  Es  gilt  dies  namentlich  von  den  Angaben  über  den 
Zinsfufs.  Wie  bei  dem  sehr  oft  begegnenden  töxog  ÖQax^ialog  zweifel- 
los der  Zins  einer  Silberdrachme  für  den  Monat  gemeint  ist^),  obwohl 


1)  Am  bestimmtesten  geschieht  dies  in  dem  Genfer  Papyrus  Nr.  77;  der  Be- 
trag: ccQyvQiov  SQaj^^cci  Siaxociai  tnaaaQccxovTa  zsaaaQtg,  yitQiiatog  (Jpajjfiai  ■jtivt'^- 
Tiovrcc  dvo  (folgen  nicht  sicher  entziiferte  Zeichen)  besteht  in  244  Dr.  Silber  (=  61 
Den.)  und  52  Dr.  Kupfer.  Ähnlich  Wilcken,  Ostr.  506:  ^vTt{(XQCcg  dQccm,a.g)  riaoagag 
x^Pft(o:)  d',  SQaxticig  S'  ■)tBQ^i{a)  S'  (andere  wesentlich  gleichartige  Formeln  in  den 
von  Wilcken  1,  731  zusammengestellten  Belegen).  Dieselbe  Bezeichnung  steht  auch 
nicht  selten  vor  Obolenziifern  bei  fehlenden  Drachmen,  wo  sie  anscheinend  über- 
flüssig ist.  —  Ob  die  den  Drachmen  zuweilen  vorgesetzten  nicht  sicher  eutziflFertcu 
Zeichen,  von  denen  Wilcken  1  p.  736  und  Grenfell,  Oxyrh.  2  p.  285  handeln,  mit 
x^Q^cc  zusammenhängen,  ist  fraglich. 

2)  Auch  Ansetzungen  wie  Ostr.  604:  öqccx-  Svo  6ß.  g  können,  wie  Wilcken 
1,  736  bemerkt,  nur  von  der  Silberdrachme  verstanden  werden. 

3)  Dieser  tritt  deutlich  zu  Tage  in  einer  Urkunde  (Grenfell-Hunt  ser.  11  n.  51) 
vom  J.  143:  ccqyvQiov  Sgccx^Lag  diy.a  f|  oßolovg  denoc  £|,  wo  die  Zahlung  von 
4  Denaren  und  16  ägyptischen  Obolen  nach  den  Münzen  ausgedrückt  ist,  wofür 
korrekt  18  Silberdrachmen  2  Obolen  gesetzt  sein  sollten.  Ebenso  BGU  220,  nur 
dafs  hier  ccQyvQiov  fehlt. 

4)  Die  ältere  Formel  dafür  geben  die  Urkunden  vom  J.  23  (London  n.  287 
vol.  2  p.  217):  tOKOV  u)g  in  ÖQu^iirj  (so)  iiiäg  ry  (iva  rbv  (ii]va  sxuarov  und  gleich- 
lautend vom  J.  41/2  (BGU  713).  Die  jüngere  kürzere  Bezeichnung  röxov  Sqccx- 
(vtat'ou  ist  häufig.     In  der  Urkunde  vom  J.  8  n.  Chr.  (BGU  489  mit  den  Verbesse- 


Theodor  Mommsen:  Zum  ägyptischen  Münzwesen  283 

nur  bei  der  Kapitalsumme  ccQyvQtov  zugesetzt  wird,  so  werden  da,  wo 
ein  minderer  Zinsfufs  in  Obolen  ausgedrückt  wiwl,  diese  zwar  zuweilen 
ausdrücklich  als  Obolen  Silbers  bezeichnet  ^),  aber  auch  wo  dies  nicht 
der  Fall  ist,  dieselben  in  gleicher  Weise  aufzufassen  sein,  tdxog  tQca- 
ßokog  also  =  67o;  rsTQCjßoXos  =  ^7o?  ^svraßoXog^)  =  107o- 

Noch  bleibt  die  Frage  zu  beantworten  oder  wenigstens  zu  stellen, 
wie  sich  Ägypten  zu  den  im  Lauf  der  Kaiserzeit  eintretenden  Ver- 
änderungen des  Reichscourants  verhalten  hat.  Dafs  mit  der  Rezeption 
des  Denars  auch  der  zu  dem  Silberdenar  in  gesetzlich  festes  Verhält- 
nis gestellte  Aureus  (1  Aur.  =  25  Denare)  Legalkurs  in  Ägypten  er- 
halten haben  mufs,  ist  schon  bemerkt  worden.  Die  legale  Verringerung 
des  Denars  unter  Nero  durch  Prägung  von  96  statt  84  auf  das  römische 
Pfund  sowie  die  illegale  namentlich  seit  Severus  durch  Ausbringung 
unter  dem  Legalfufs  hat  Ägypten  selbstverständlich  mitmachen  müssen. 
Dagegen  ist  es  keineswegs  ausgemacht,  dafs  das  von  Caracalla  einge- 
führte gröfsere  Silberstück,  der  Antoninianus,  sicher  anders  als  der 
Denar  gewertet,  vielleicht  ursprünglich  als  Doppeldenar  ausgebracht, 
auch  in  Ägypten  Kurs  erhalten  hat.  Er  hat  davon  ebenso  ausge- 
schlossen werden  können  wie  das  römische  Kleingeld,  und  die  finanz- 
politische Erwägvmg,  dafs  dies  Königreich  in  dem  Tetradrachmon 
seinen  eigenen  jetzt  zum  reinen  Kupfer  herabgesunkenen  Nebendenar 
besafs,  mochte  die  Ausschliefsung  empfehlen.  Entscheidung  können 
hier  nur  die  Funde  geben-,  hat  das  nominell  silberne  römische  Grofs- 
geld  des  di'itten  Jahrhunderts  auch  in  Ägyjjten  Geltung  gehabt,  so 
müssen  die  Spuren  davon  dort  ebenso  in  Massenfunden  zu  Tage  treten, 
wie  dies  in  den  sämtlichen  Reichsprovinzen  der  Fall  ist.  Dafs  am 
Ausgang  des  dritten  Jahrhunderts  die  aQyvQtov  d^ax^rj  als  TiaXaid 
bezeichnet  wird  (S.  275  Anm.  4),  entspricht  den  ccQiala  ör]vdQicc  einer 
ungefähr  gleichzeitigen  karischen  Inschrift:  es  braucht  also  dabei 
nicht  an  Silbermünzen  der  Ptolemäerzeit  gedacht  zu  werden,  die  da- 
mals unmöglich  noch  Kurs  gehabt  haben  können.  Ob  an  den  Denar 
überhaupt   zu    denken    ist,    dessen  Prägung    allerdings    seit   Alexander 


rungen  in  Bd.  2)  scheinen  die  inkorrekten  Worte  wg  £x  Sqccnifi  ftiä  rpio^ov[io]« 
Tfl  ftm  xov  iLiiva.  sxaatov  den  Zinsfufs  von  1  Dr.  3  Ob.  =  isy^  zu  bezeichnen. 
Zinsen  von  12,  18,  22%  neben  einander  in  dem  Londoner  Papyrus  n.  202  (vol.  2 
p.  247). 

1)  BGU  362  I  14.  XL  23.  XV  4.  fr.  IV  7 :  inl  tw  Gvvr]&£t  toxco  TQiwßoXai(a 
aQyvQLKw.  CPR  1,  12  p.  41 :  roxcp  rfj  ^vä  aQyvQi^iav  oßolüp  rsaaccgcov.  Genf  u.  26: 
ccQiyvQiov  SQCcj^^ccg)  rsGoaQäy,ovTa  xai  xdv  roxcav  aQy(vQiov  SQCc^(iccg)  SsKccdvo. 
Richtig  Wilcken,  Ostr.  1,  729.  735. 

2)  BGU  328  II  14. 

Archiv  f.  Papyrusforschuug  I.  2.  .  19 


284  I-  Aufsätze:  Theodor  Mommsen:  Zum  ägyptischen  Münzwesen 

und  Maximinus  ganz  oder  so  gut  wie  ganz  eingestellt  war  und  der 
insofern  wohl  'altes  Gteld'  genannt  werden  konnte,  oder  ob  der  vor- 
severische  normal  ausgebrachte  Denar  gegenüber  dem  faktisch  ver- 
ringerten der  späteren  Kaiser  gemeint  ist,  mufs  zur  Zeit  dahingestellt 
bleiben.  ^)  Völlige  Gleichstellung  Ägyptens  im  Münzwesen  brachte 
dann  die  Beseitigung  des  ägyptischen  Sondercourants  durch  Diocletian; 
damals  ist  Ägypten  Reichsprovinz  und  das  Königsgeld  Kaisergeld 
geworden. 

Berlin.  Theodor  Mommsen. 


1)  Tüi'   die  hier  zu  Grunde  liegenden  Ausführungen  verweise  ich  auf  mein 
römisches  Münzwesen  besonders  S.  783.  813. 


A  Second  Edition  of  some  Petrie  papyri  with  additions 
and  corrections. ') 

Bedo. 


10 


15 


Column  1. 
]  UstevovQios 
a7to]ßLa[6^a^svog  yaQ  ^s 
]SV  TCOi   ötad^^coi  ^ov 
^QOöliray^a  ovts  xara 
5  trjv  sy^doöLV  rov  natQog  .  . 

d]£o^aL  ovv  60V  ßaGilsv 
^(X7t£(3taX^£voig 

^^fj    7t[£Qi]Ld£LV    ft£    HUTa 

a\va%aX£6a^£vov 

^'!l£Ql    tOVtCOV    .  .  . 

to\v  ii£v  naQ£X7]Xvd'orog 

]tO    SVOLJCLOV   7t£Qi    d£ 

]  diayvovvai  xai  a%o 
]rat  £i6ßi(i\6ci\6%-ai 
%av\tciv  öcjTTjQa 

.  .    (O 


Column  2. 

vTto^vrj^a  Ni%oiiX£i  Jtai  [roig  alXotg'if 
%QTqiiatL<5taLg  Ttaga  Qaiirjtog  rov 
Il£X£vovQtog  n£Qi  rrjg  [£^vt£v^£cog 
rjg  £V£ßakov  xatcc  [zJrjjfirjtQiov  rov 
5  TCaQU  0avLOV  ^£Qi  rov  £^ov  Grad-^ov 

ov  a7t£ßta^£to  avxog  d 

rrjv  £vr£v^iv  avroji  dua  rov  tiuq  \v- 

(KOV    V7Cr]Q£r0V    Oi[a]t£7lX£V6£V'-     £i[g 

AX£i,av8Q£iav  nai  rov  avanXovv 
10  n£7ioiritai  xkl  cprjöLV  avtov  £ivai 

xa  ,  rj  avtov 

ö'ri'K£t£ Big  HQaxl£ovg  jioIlv 

äeo^ai  ovv  v^icov  £:t£idr]  ov  .  .  .  t 
xai  xq  ÖLuaiov  ^Oi  ano  ...  [. . .]  8 . .. 
15  £q)  v^ag  naxanBcpBvyag  ov  xov 
dixaiov  x£X£vxog  Lß  Ad-VQ  %d 


£vl(tV%£i 

Column  3. 
dovxcav  df  'micav  xo  vjio^injiia  yQacpoyßi  x\col 
Oavicct,  aoto6x£iXai  avxov  [.  .]  .  .  n{aQay£^vo^i£^iov 
8  avxov  %ai  ov  8vvayi£vov  av  .  .  op[ 
.  .  .  ^%'yi%£v  avxcoL  jtaQ£8od-rj  tj^lv  o  6xad'^[og 
5  icat  ovd-£Lg  £VG}L7C£L6xaL  £v  xcoL  öxa&^caL  an  s- 
iCBivov  aXX  rj^£tg  Zliq^iriXQiog  8£  £i,'Yixa(5\ß^ii] 
xov  ^f}  yvcoüiv  £i6X£d-[rf\vai  «AA  £7t  avxov 
8iaXv%'Yivai       Lß  Xotaa  % 

Ti^aicot  Tl£X£vovQiog  \i^a^ß8orpoQOv  nvQyog 
10  8iG}Qvcpog  ßxad'iLov'ilGii]  xa  BTttysta 


1)  The  Originals  are  now  in  the  Bodleian,  Mss.  Gr.  class  c  16  (P),  and  e  25  (P). 

19* 


286  I-  Aufsätze 

MElavO-iGii  UstsvovQLOs  Qaßdoq)OQOv  TtvQyog 
didQvcpog  avXt]  ■jtQOöd'S^a  otxrj^a  ernyl^Eiov 
6rad'^ov%(xJL  xo  JtQoöd-s^a 

Column  4. 
&8(i)vog  avccyysikavtog 
:zaQa  ZlaßXQaxov 

ßaöLlsa  TtQoöxalat  xovg  öxa&fiovg  \x(ov^  a(psLQrjfi8VG)v 
rj  am  xr]v  yrjv  sTaXsXsy^svov  ano  ft^[^'og]  üsqixlov 
5  xov  £v  xat  igL  ^rjd'sva  o:tT£t[(?^]at  y^TqSs  TtaQaXufi- 
ßavELV  7CaQ€v[QE6£t  ^Ti]de]{iicci  sag  av  o  Iß]a6ik6vg  7i[£Qt 
xovxcov  STtLöxlsi^yjxuL  stt]v  de  xivsg  \ai\xri6G3VxaYi 
rj  icaxa  7taQaxcoQ'r]ßi;v[.  .  .]  (o6iv  rj  aXXcog  nag  olxovo^tj- 
öavxat  XQOTtat  (OL[xLVi\ovv  ai  o'xovo^Lat  avxoig  UKVQali 
10  86tG)<5av  xai  7tQo6K7t[oxtv]£xc}aav  xa  Ev\o\i'Kia  navxog 

xov  XQO^ov  ov  av  oLxovo^rjöcoöLV?  xaxa  xo  [tov]  ßaöiXEcog 
7CQo6xay^a 

Verso. 

Column  1. 

ßaöLXsag  nQOöxa^avxog 
z/to]^a)()[o]v  avayysikavxog 
n[a\Qa  UaöxQaxov  ^rjxtsva 
X(ov  EJiiöxad'nsvovxav 
5  aLXSLöd^at  [itaQSVQSöeL  ^^rjd[8(i]LaL 
6xad-(iov  [sav  ös  xig  aC\xrj6rjxai 
VTiuQiovxog  \ayxGi\i  Gxa&^ov 
eXsyx&slig  öxsJQEö&a  xov 

6xad^[iov  [ ]e^i  .  ayxcoi 

10  rj  naQax\^ ^rj  ccxvQog 

[söxco       L       ]ov  g 

Column  2. 

oöot  5;tot;[^i  6xad']fiovg  sx  xov  ßccöLhxov  rj  aXlag  nag 
ent6Tad-[^£vov6L]  firj&Eva  a^yvQLOv  Xcc(ißav£LV 
xov  Gxal&fiov    ]  d£  xat 

XOV  6xa[d'(iov  ]o  d£  naqaka^ 

5  ßavav  .  [ ] d£  tag  £7Ctxiiiag  Etg  xo 

ßa6iXix[o]v  xat,  o  av  Xaßrjt  7C£vxanXovv  sl  Ö£  xiv£[g 


J.  P.  Mahaffy:  A  Second  Edition  of  some  Petric  papyri  etc.  287 

dsdG}\xa]6tv  £v  xoig  svTtQOßdsv  %Qov(ng  xofit^e- 
6d'(o6a[v]  TtUQa  \x(ov\  Eikricporcov  xo  «.QyvQiov 
(06  ....  Li  ^ioy  ü 

10  ßcc6iXsG}[g  nxol£^\aio\^f\  7tQo\6T]a^avxog 

xcov  x[ovg]  6[xad-^ov\g  sxovx\(i}v\  imtEav  ^tjd'eva 
7tG}2,ei\y  tJov  ö[x]ad'^ov  ^ilrjös^  TtQOövcd^svaL 

flT^d^S ]  .    VEöd-CCi    [aQ\yVQl,OV    £7ti    xcoi    6ta- 

d'^OL    \xQ^07tC3L    XLVLOVV    SUV    ÖS    XLVEg    STtiÖaVEL- 

15  ^(x>6lv  [.  .  .  .Jfv Ei  7tQai%'ri0ovxai  xqluXovv 

OL  yaQ  \pxaQ^ii\oi'^  \el6l]  ßaöiXixoi  Li  T7iEQßEQExaio\v  .]g 

Column  3. 

ßa6ikEVOvto\g  n]xoXE^aiov  xqv  n[xo]X£(icciOv 
2J(oxr]Q[o]g  Lia  ^rjvog  zfiov 

xcov  6xad-^cov  Kai  xav  TtEQißoXcov  toj  ^ev 
iq^^iGri  xovg  ETCiöxccd^^ovg  e^elv  xa  8e  'i](ii6r] 
5  xovg  icvQiovg  euv  öe  xig  ajtoßiaßrjxai  anoxEi- 
öaxa  o  anoßia6a^Evog  xov  oixi]^axog  sna- 
ötov  xov  ^Tjvog  l~/l  xov  öe  TCEQißoXov  [i-]! 

ßaöiXevg  IIxoXEfiaiog  ylvico(i£idr]i  iuiqelv 
xcov  xovg  xXrjQovg  acpEiQtj^Evcjv  iTtTiEcov 
10  Oi  6xa&^oi  7C£QiE6x(o6av  xcoi  ßaöilEi  Eav 
^r]  xiöiv  rj^Eig  etc  ovo^axog  £7ii0XEiX(Ofi£v 
d^i^dovai       EQQCoöo  Lxd  AgxE^iöiov  xg 

Commentary. 

These  interesting  texts,  of  which  a  part  has  already  appeared  in 
my  Petrie  Papyri  (II  8),  are  written  on  such  dark-brown  coarse  papyrus, 
and  are  so  effaced,  that  it  is  useless  to  attempt  an  autotype  facsimile. 
Chiefly  by  the  labours  of  Mr.  Smyly,  added  to  mine  own,  considerably 
more  has  been  deciphered  than  appeared  in  the  editto  princeps,  and 
this  I  have  printed  for  the  benefit  of  the  readers  of  the  archiv.^) 

Recto  col.  I.  Though  but  the  ends  of  lines  remain,  the  general 
sense  of  this  column  is  perfectly  clear.     With  the  help   of  col.  2  we 


1)  [Auf  Grund  einer  1895  von  Wilcken  gemachten  Revision  sind  diese  Texte 
z.  T.  behandelt  worden  von  Wilhelm  Schubart,  Quaestiones  de  rebus  militaribus 
quales  fuerint  in  regno  Lagidarum.    Breslau  1900.     S.  12  S.     D.  Red.] 


288  I-  Aufsätze 

find  that  one  Demetrius,  agent  of  Phanias,  who  lived  in  Alexaudria, 
liad  turned  Phames  son  of  Petenurios  out  of  the  ötad^^og  or  billet 
intended  for  soldiers  of  the  Crown.  Apparently  Demetrius  had  put 
some  other  tenant  into  the  ßtccd-fiog,  regarding  neither  the  kings  7tQo6- 
tccy^a  nor  the  gift  (by  will)  of  the  complainant's  father.  The  petition 
asks  that  Demetrius  shall  be  summoned  and  examined,  and  if  the  facts 
be  as  stated,  he  shall  pay  rent  and  fines  for  his  violent  occupation,  and 
be  forbidden  auy  such  conduct  in  future.  If  so  the  petitioner  will  con- 
tinue  to  regard  the  king  as  the  Saviour  of  his  country.  The  petition 
is  addressed  to  a  superior,  probably  to  the  king. 

Recto  col.  2.  This  is  a  minute  from  the  same  man  on  the  same 
case  to  the  assize  judges  {iQrniaxiGxai)  apparently  sitting  at  Heracleo- 
polis.  It  appears  that  Phames  sent  to  Alexandria  to  obtain  redress 
from  Phanias,  but  in  vain.  The  date  is  given  —  the  2^^  year  of  the 
3'^  Ptolemy. 

Recto  col.  3.  Gives  an  account  of  what  the  x^rj^anörat  decided. 
It  is  apparently  written  in  the  name  of  two  brothers  of  Phames,  who 
appeared  in  the  case,  while  he  was  absent.  When  these  men  presen- 
ted  their  minute  the  judges  ordered  Phanias  to  send  Demetrius  (avrov, 
referring  to  something  in  the  previous  column  which  is  lost)  to  be  exa- 
mined.  When  he  was  unable  to  justify  his  action,  he  was  ejected  from 
the  property,  and  punished  for  not  having  submitted  to  public  inquiry 
but  having  made  a  private  arrangement,  and  no  one  had  since  occupied 
the  ötad^fiog  except  them  —  7faQ£dod"r]  7][ilv,  say  they,  and  apparently 
they  carry  on  this  construction  at  the  end  of  the  document,  viz.  to  Ti- 
maeus  a  tower  of  two  storeys,  while  the  ground  floor  was  reserved  for 
the  billeted  soldier  who  might  be  quartered  on  him.  To  Melanthius  a 
twostoreyed  tower  and  courtyard,  with  an  annex  on  the  ground  floor: 
this  annex  for  the  billet.  This  is  the  interpretation  I  propose  for  the 
texts  which  refer  to  the  immediate  quarrel  in  the  L.  2  of  Euergetes  I. 

There  foUow  four  other  documents  of  far  higher  interest,  all  upon 
the  same  subject,  and  evidently  pieces  justificatives  to  guide  the  de- 
cision  of  the  xQrj^atiötaL.  They  begin  on  the  recto,  and  are  continued 
on  the  verso.  They  are  dated  in  various  years  of  the  2"^*^  Ptolemy, 
from  L  10  to  L  24.  It  is  perhaps  best  to  take  them  according  to 
their  chronological  order,  which  throws  some  light  on  the  dates  of 
the  military  colony  settled  in  the  Fayyum. 

Verso  col.  2  contains  two  documents  of  L  10  of  Philadelphus, 
which,  as  the  ordinances  on  the  point  seem  collected  by  some  lawyer  for 
the  use  of  the  ;f()ij^aTiöTat  makes  it  likely  that  the  colony  was  lately 
established  by  the  king  —  before  his  10*^  year,  and  therefore  during 


J.  P.  Mahaify:  A  Second  Edition  of  some  Petrie  papyri  etc. 


289 


the  life  of  Arsinoe  II.  We  had  suspicions  f'ormerly  that  this  coloni- 
zation  was  after  her  death.  —  It  seems  now  more  likely,  that  it  was 
part  of  tho  openiiig  policy  of  her  reign,  which  did  not  begin  tili  about 
his  5*^  or  6*^  year.  Both  ordinances  are  directed  against  the  practice 
which  was  growing  up  of  turning  the  billet  or  official  lodging,  given 
by  the  Crown  to  sohliers  who  deserved  it,  into  money.  Such  specula- 
tions  would  of  course  neutralize  the  king's  policy  of  having  a  Greek 
garrison  spread  through  the  country. 

Though  there  are  many  gaps,  and  room  for  much  conjecture,  the 
general  sense  is  quite  clear. 

Verso  col.  3  has  the  füll  date,  and  makes  the  reign  certain,  at  the 
head  of  the  first  of  its  documents.  This  document  touches  the  second 
kind  of  abuse  which  attacked  the  new  colony.  The  former  was  bribing 
with  money  or  selling  the  kings  gift.  The  latter  is  the  use  of  violence. 
Wherever  quarters  for  soldiers  were  established  only  half  was  to  be 
given  to  the  new  occupant;  the  other  half  was  to  remain  for  the  ori- 
ginal owner,  no  doubt  a  native  owner,  as  appears  in  the  case  on  the 
recto.  If  any  violence  was  used  (by  the  New-comer)  he  must  pay  a 
fine  of  30  dr.  per  month  for  each  building  and  60  dr.  for  the  enclo- 
sure  —  substantial  fines,  for  at  this  epoch  the  drachme  can  only 
mean  silver. 

Recto  col.  4  and  Verso  col.  1.  These  texts  point  to  a  time,  five 
or  six  years  later,  when  there  was  evidently  a  great  disturbance  in  the 
soldiers'  billets,  a  number  of  theni  had  been  dispossessed,  and  there  were 
attempts  made  by  the  remaining  soldiers  to  become  pluralists,  or  to 
make  private  arrangements  about  them  without  the  kings  consent.  I 
cannot  but  suspect  that  these  Orders  point  to  an  internal  disturbance 
of  which  we  have  no  other  trace.  We  now  know  that  the  queen  died 
in  L  15.  Can  her  death  have  been  the  cause  of  any  disorder?  However 
that  may  be,  it  appears  (Recto  4)  that  under  no  pretence  was  anyone 
to  occupy  the  ßrad'^oL  of  those  deprived  or  those  eTttkEkey^svoi  eitt 
TTjv  yrjv,  until  the  king  looked  into  the  matter.  Any  such  private 
occupations  or  arrangements  were  to  be  null  and  void,  and  subject  to 
fine  in  the  shape  of  rent  during  the  occupation. 

We  now  come  to  the  last  document  in  date  —  L  24  of  the  same 
reign.  This  document  is  complete  and  needs  no  translation.  But  there 
is  one  great  question  which  it  raises.  What  is  the  relation  of  the  ßtad-^ioL 
to  the  jcXrjQOi?  What  was  to  happen  to  the  'nXiqQOL^  which  were  far  more 
important,  if  the  ötud-^oi  were  to  remain  empty.  It  appears  from 
Recto  4  that  these  who  were  '^selected  for  farms'  naturally  gave  up  the 
ötad'fioi  they  possessed.     Did  they  acquire  new  ones,  and  how  could 


290     T-  Aufsätze:    J.  P.  MahaflFy:  A  Second  Edition  of  some  Petrie  papyri  etc. 

they  possibly  have  ötaxt^oi  on  their  own  farms?  Yet  in  the  last  docu- 
ment  there  appear  mosfc  certainly  to  be  ötad^^ioi  on  the  xhjQoi. 

Hence  I  feel  at  a  loss  for  any  explanation,  and  leave  the  difficulty 
for  some  more  fortimate  explorer. 

But  the  document  of  L  24  again  suggests  some  internal  disturbance, 
when  a  large  numbcr  of  the  kinghts  settled  on  land-lots  had  so  ofifen- 
ded  the  king  as  to  be  deprived.  There  is,  so  far  as  I  know,  no  other 
evidence  of  this  disturbance.  But  I  point  to  it  as  a  hint,  which  may 
some  day  put  us  on  the  track  of  Clearing  up  the  obscure  chronology 
of  the  wars  and  acts  of  the  2'^'*  Ptolemy.  There  are  many  observa- 
tions  of  detail  to  be  made  on  the  grammar  of  these  documents,  but 
any  scholar  versed  in  Papyrus  Greek  of  this  Century  will  note  these 
things  without  my  Suggestion.  The  forms  are  on  the  whole  pure,  and 
the  writing  far  more  correct  than  in  any  papyri  we  have  found  from 
the  following  Century,  or  from  other  parts  of  Egypt.  The  Fayyum 
seems  to  have  been  an  oasis  in  Greek  as  well  as  in  other  ways. 

Dublin.  J.  P.  Mahaffy. 


Lettere  al  signor  professore  Wilcken. 


IL 

Roma,  2  marzo  '900. 
Pregiato  Amico 

Le  mando  un  discorso  di  Prefetto  Romano  (probabilmente  di  Avilio 
Flacco)  ai  Giudei  di  Alessandida,  per  il  caso  che  Ella  si  trovi  nella 
condizione  mia,  cioe  di  non  averlo  conosciuto  prima  d'ora,  e  di  non 
avere  mai  veduto  accennare  da  altri  questo  curiosissimo  saggio  di  elo- 
quenza  governativa  e  vicereale.  E  in  Filone  de  Soninüs,  lib.  II  §  18 
(I,  675  M),  a  proposito  di  alcuni  xoQvcpuloL  XTJg  xevfjg  d6h,rig,  e  colla 
breve  introduzione  che  riferisco  qui  tra  parentesi  {Xd-sg  de  ov  jCQcoifjv 
ävÖQU  tivä  oida  xüv  7)ys(iovLxa}v^  ög  rrjv  TCQOßtaöCav  xal  iTCi^ikeiav 
H%av  AiyvTirov^  iTisidij  tä  nccTQia  xivstv  i^iav  duvorjd'r],  xal  öiacpSQOV- 
TGjg  xov  ayicodsörara  aal  cpQixajdEöratcc  TtEQt  tijg  ißdofirjg  VTidgiovra 
vöfiov  xataXvsiv,  xal  v7Ct]QEtelv  rjväyxc4t,ei'  avx<p,  xal  tä  äXXa  tcolslv 
nccQK  t6  xa&aötbg  ed'og^  vo^t^cov  ägyriv  eöeöd'at  xal  tilg  tieqI  tcc  aXKa 
iKdiaLttjöEcog,  xal  tf}g  tüv  öXcsv  TtaQaßKöscog,  et  t6  stiI  tT]  ißdö^i]  Ttd- 
TQiov  aveXelv  dvvrjd'eir].  Kai  ^ijd"'  ovg  Eßidt,Eto  ÖQav  ei'xovtccg  rotg 
STatccy^aöt,^  ^7]T6  trjv  dXkrjv  7th]d'vv  rjQS^ovöav^  dXXä  ßageag  xal  XQa- 
%icog  q)BQ0v6av  rö  TtQ&y^a^  xal  ag  in  dvÖganoöiöna  xal  nQ0%ri6aL 
xal  xataöxacpfj  naxQidog  Tcevd'ovvtdg  re  xal  xatr](povvtag^  tj^Cov  Xoyci 
dtddöxsLV  xagavo^istv^  cpdöxcov): 

„El  TioXe^Ccov  Bcpodog  alcpviÖiov  yevoito,  rj  xataxXvö^ov  q}OQä^  tov 
notafiov  Talg  nXrm^vQaig  7taQaQQi]^avtog  tö  %(oiia^  iq  ql-xyi  TtvQog,  7} 
xsQavvCa  9)A6|,  »)  Xi^og  i]  Xoifibg,  -JJ  öeiö^bg,  rj  Ö6a  aXXa  xaxd  %£iQO- 
7ioh]ta  xal  Q'srilara'  ^sd''  7}6v%iag  Ttdöiqg  oi'xot  d lat qixIj st e;  "i/  ^srä  rot) 
övvijd^ovg  öx^^cctog  TiQoelevösöd'S,  tYjv  ^ev  dsh,Läv  si'öcj  %slQa  övvaya- 
yovtsg  trjv  de  eteQav  vtco  x^g  dpL7C£%6vr}g  TCaQa  ralg  Xayööc  nr^avxeg^ 
'iva  firjd'  dxovxeg  xt  xüv  eig  xb  öa&TivaL  Tta^d^xv^^^'^  ^^^^  xad'edetöxe 
ev  xolg  evvaycayCoLg  v^av,  xbv  eiad'oxa  %-la(Sov  eyeiQovxeg,  xal  d6q)a- 
Xetg  xe  Cegäg  ßCßkovg  dvayivcoöxovxeg ,  xal  dv  e'C  xi  (iyj  XQaveg  ei'r] 
öiaTtxvovxeg^  xal  xfj  TCaxQic)  cpiXo^ocpLa  did  ^axQTqyoQCag  ivevxaiQovvxeg 
xe  xal  ev6%okdt,ovxeg;  ^AXld  yccQ  dno^eiod^evoi  ndvxa  xavxa^  Tcgbg  xriv 


292     I-  Aufsätze:   Giacomo  Liunbroso:  Lettere  al  signor  professore  Wilcken 

iavt&v  xal  yovicov  aal  rmvcov^  xat  räv  ällcov  OLXSicotdtcov  nal  cpil- 
TccTcov  <}C3^dtc3v,  St  dl  öst  ro  dXrjd'hg  sineiv^  xal  xtrjfidrav  jcal  XQrj- 
^Ktcov,  cog  ^rjda  xavtu  dcpaviOd-etr],  ßorjd'SLav  KJiodvaöd'6 ;  Kai  ^ijv 
ovvog  ccvtbg  iya  rä  Af^-Q-fWa,  stpri^  Ttdvva  st^C'  tvcpcog,  JtoAffiog, 
xcctccxXvöfibg,  xeQccvvog^  Xi^r^Qä  %al  Xoiiicodi]g  voöog,  6  tivdrtcov  xal 
xvxojv  tä  Ttayüog  töxäta  öeiöfibg,  sfpuQ^evTjg  dvdyx7]g  ovx  ovo^cc, 
«^A'  iii(pavi]g  iyyvg  i^räöa  dvva^ig}'' 

Perdute  nella  massa  teologico-filosofica  delle  opere  Filoniane,  ho 
trovato  due  o  tre  altre  pagliuzze  d'oro  che  fanno  per  la  nostra  Clio. 
Le  terrö  per  Lei.     Intanto  mi  ripeto 

Cordialmente  Suo 

(jiacomo  Lumbroso. 


Un  Proces  plaide  devant  le  juridicus  Alexandreae  dans  la 
secoiide  moitie  du  IV^  siecle  apres  J.-C. 

Le  document  que  nous  publions  a  ete  achete  au  Caire  par  M.  U. 
Bouriant,  alors  directeur  de  l'Institut  frau^ais  d'archeologie  Orientale. 
C'est  un  rouleau   de  papyrus  mesurant  28  centimetres   de  hauteur   et 

I  metre  44  centimetres  de  longueur.  II  est  forme  de  huit  ytolXri^axa 
d'environ  18  centimetres  de  largeur,  reunis  de  la  maniere  habituelle. 
Le  texte,  ecrit  au  recto  et  dans  le  sens  de  la  longueur,  est  dispose 
en  trois  colounes  de  46,  42,  43  centimetres  de  largeur  separees  par 
des  intervalles  d'environ  7  centimetres. 

Les  deux  dernieres  colonnes  sont  bien  conservees  malgre  la  dis- 
parition  de  quelques  lettres.  De  l'autre,  qui  au  contraire  a  beaucoup 
souffert,  il  nous  reste  5  fragments  de  tres  inegales  dimensions.  Le 
premier  constitue  ä  lui  seul  les  trois  quarts  de  cette  colonne.  II  con- 
tient  les  huit  premieres  lignes  ä  peu  pres  completemeut,  sauf  une 
lacune  de  dix  ä  douze  lettres  ä  gauche,  et  un  peu  plus  de  la  moitie 
droite  des  dix  dernieres  lignes. 

Deux  autres  fragments  appartiennent  ä  la  partie  inferieure  gauche 
du  document.  Le  plus  petit  (Haut.  14  cm;  Larg.  1  ä  3  cm  Yg)  se 
place  ä  l'extreme  bord  gauche  de  la  colonne  qui  ne  presente  plus  de 
ce  cote  qu'une  lacune  de  six  lettres  en  moyenne.  II  contient  quelques 
parcelles  des  10  dernieres  lignes.  Le  plus  grand  (Haut.  13  ä  14  cm  Yj; 
Larg.  8  ä  9  cm)  lui  fait  suite,  mais  il  en  est  separe  par  une  lacune 
de  huit  ä  dix  lettres.  Restent  enfin  deux  petits  morceaux  tombes 
pendant  qu'on  deroulait  le  papyrus  et  que  Ton  peut  retablir  ä  leur 
veri table  place.     L'un  contient  les  lettres: 

E'KtOV 

et,  au  dessous,  la  partie  superieure  des  lettres  i^,  x,  iq  qui  appar- 
tiennent evidemment  au  mot  ci7to&r]xr]g,  de  la  ligne  10.  L'autre  con- 
tient les  lettres 

vro  Novva 

II  doit  etre  reporte  ä  l'extremite  droite  de  la  ligne  10.  On  y  voit 
en  efiPet  un  vide  dont  le  fragment  epouserait  exactement  les  contours, 
et  les  mots  ainsi  formes  ä  la  fin  de  la  ligne  conviennent  au  sens. 


294  I-  Aufsätze 

Nous  avons  ainsi  ä  peu  pres  entierement  le  Compte  rendu  d'un 
proces  plaide  devant  un  certain  Flavius  Gennadius,  jiiridicus  d'Alexandrie. 
C'est  un  extrait  des  acta  (ynoiivri^aT  16^01)  rediges  selon  l'usage  durant 
radministration  de  ce  fonctionnaire  et  conserves  dans  ses  arcbives.  Notre 
exemplaire  n'est  pas  l'original  meme,  mais  ime  expedition  delivree  ä  Tun 
des  Interesses,  comme  le  montre  le  mot  exemplimi  qui  se  lit  ä  la  fin  de 
la  troisieme  colonne. 

Le  greffier  qui  a  redige  ce  proces-verbal  emploie  le  latin  chaque 
fois  qu'il  ne  rapporte  pas  les  paroles  du  juge,  d'une  des  parties,  ou  de 
leurs  avoeats.  Ceux-ci  s'expriment  en  Grec,  et  il  en  resulte  que,  dans 
le  document,  le  grec  est  la  langue  dominante.  Dans  les  formules  de 
date,  ä  cöte  des  consuls  romains  et  de  l'indication  de  mois  et  de  jour 
Selon  le  calendrier  Julien,  le  mois  et  le  jour  sont  egalement  indiques 
en  Grec  selon  le  calendrier  fixe  Alexandrin.  II  en  est  de  meme  pour 
un  acte  cite  par  un  des  avoeats  au  cours  du  debat  (Col.  I,  1.  4)  et  dont 
le  proces-verbal  nous  a  conserve  le  debut. 

Ce  n'est  pas  la  premiere  fois  que  l'on  rencontre  sur  un  papyrus 
egyptien  le  Grec  et  le  Latin  combines  de  cette  maniere.  M.  Wilcken 
a  Fobligeance  d'appeler  notre  attention  sur  le  petit  fragment  publie  par 
M.  Wessely,  Lateinische  Sclirifttafeln  No.  26.  Nous  connaissons  pour 
notre  part  le  debris  d'une  piece  semblable  a  la  notre.  C'etait  le  Compte 
rendu  encore  inedit,  d'un  proces  plaide  devant  le  praeses  TJiebaidos,  dont 
il  nous  reste  quelques  lignes  sur  un  morceau  de  papyrus  conserve  ä 
Gizeb.  M.  Wilcken  nous  signale  encore  un  papyrus  de  la  coUection  de 
Berlin  qu'il  doit  publier  dans  le  procbain  cahier  des  BGU.  Quand 
il  s'agit  d'un  proces  entre  gens  de  langue  grecque  devant  un  magistrat 
romain,  comme  le  juridicus  de  notre  texte,  il  est  naturel  que  le  latin 
soit  la  langue  du  greife,  tandis  que  les  parties  s'expriment  en  grec. 
C'est  en  grec  que  s'expriment  les  plaideurs  grecs  devant  le  tribunal 
(consistorium)  de  l'empereur.  Voyez,  par  exemple,  au  Code  Theodosien 
VIII,  15,  1.  Mais  alors  l'empereur  parle  ordinairement  en  latin. ^) 
Toutefois  dans  un  proces  de  l'an  362,  l'empereur  Julien  s'exprime  en 
Grec.  2) 

La  piece  est-elle  ecrite  tout  entiere  de  la  meme  main?  Si  la  cur- 
sive  latine  de  la  premiere  ligne,  d'un  caractere  plus  pose,  difiere  assez 
de  la  cursive  latine  qui  se  lit  dans  le  cours  de  I'acte,  il  n'y  a  pas  lieu 


1)  Cod.  lust.  IX,  47,  12  (Diocletien  et  Maximien);  X,  48  (47),  2  (iidem);  Cod. 
TJieod.  XI,  39,  8  (ann^e  381);  I,  26,  4  (anne'e  383);  IV,  20,  3  (anne'e  386).  —  De 
meme,  autant  que  nous  en  pouvons  juger,  le  magistrat  s'exprime  en  latin  dans 
le  No.  14  de  Wessely,  Lat.  Schrifttafeln,  que  nous  signale  M.  Wilcken, 

2)  Cod.  Theod.  XI,  39,  5. 


Collinet-Jouguet:  Un  Procos  plaidd  devant  lo  juridicus  Alexandreae  etc.     295 

de  s'en  etonner,  puisque  cette  ligne  qui  contient  la  formule  de  date 
doit  servir  en  quelque  sorte  de  titre  a  l'acte  tout  entier.  Les  change- 
ments  de  l'ecriture  grecque  sont  plus  interessants :  qu'elle  aille  s'epai- 
sissant  de  la  premiere  a  la  seconde  colonne,  puls  s'affinant  ä  la  troi- 
sieme,  cela  peut  tenir  ä  quelque  circonstance  materielle,  empätement 
passager  de  l'encre,  usure  du  calame  peut-etre  taille  ä  nouveau  au 
couimencement  de  la  colonne  III.  Mais  il  est  frappant  que  dans  cette 
meme  colonne  apparaissent  des  lettres  d'ime  facture  toute  nouvelle:  le 
beta,  par  exemple,  qui,  dans  les  colonnes  I  et  II,  presente  nettement 
deux  panses  anterieures,  flasques  il  est  vrai  mais  neanmoins  distinctes, 
se  trouve,  dans  la  colonne  III,  reduit  pour  la  partie  centrale  ä  un 
simple  trait,  tandis  que  la  panse  superieure  est  dessinee  dans  un  sens 
et  la  panse  inferieure  dans  l'autre  cf.  1.  1:  une  autre  fois  dans  la  meme 
colonne,  il  affecte  une  forme  voisine  de  celle  d'un  8  (cf.  1.  3).^)  L'tte 
est  dans  les  deux  premieres  colonnes  presque  toujours  forme  en  h. 
Une  seule  fois  dans  la  colonne  II,  on  lui  trouve  sa  forme  onciale  H.^) 
Dans  la  colonne  III  l'eta  en  h  et  l'eta  derive  directement  de  la  forme 
onciale  altement  egalement. 

Le  tMta  se  trouve  dans  les  deux  premieres  colonnes  tantot  sous 
sa  forme  voisine  de  la  forme  onciale,  ovale  avec  une  barre  transversale 
qui  l'unit  aux  lettres  voisines  6,  tantot  sous  sa  forme  plus  cursive  ^. 
La  premiere  seule  est  employee  ä  la  colonne  III,  et  la  lettre  y  preud 
un  aspect  plus  maigre  et  moins  rond.  Le  liappa,  dans  la  III^  colonne, 
est  souvent  forme  d'un  trait  vertical  et  d'un  trait  incurve  rempla9ant 
les  branches  obliques  qui  se  coupent  presque  partout  ailleurs  en  angles 
aigus.  Ce  trait  courbe  est  rarement  tangent  ä  la  haste  verticale  d. 
Enfin  le  calame  plus  fin  qui  a  trace  la  III®  colonne  se  plait  assez 
souvent  aux  boucles,  lä  oü  un  calame  moins  delie  aurait  produit 
un  empätement. 


1)  On  comprend  assez  bien  comment  cette  forme  est  derivee  de  celle  des  B 
usitee  dans  les  deux  precedentes  colonnes.  Nous  ne  la  trouvons  cependant  pas 
dans  les  quelques  facsimiles  de  cursive  grecque  que  nous  avons  sous  les  yeux. 
Elle  rappelle  plutot  certains  E  du  fameux  rescrit  latin  de  Leyde,  publie  en  dernier 
lieu  par  Mommsen  et  Jaffe  (Jahrbuch  des  gem.  deut.  Hechts,  VI,  p.  398)  et  en  fac- 
simile  dans  Palaeographical  Society  II,  pl.  30,  mais  que  nous  ne  pouvons  citer 
que  d' apres  le  Handhook  of  Greeh  and  Latin  Palaeography  de  M.  Maimde  Tliompson. 
Cf.  p.  212  et  la  planche  de  la  p.  216. 

2)  II  va  sans  dire  que  les  caraeteres  d'imprimerie  ne  donnent  qu'une  idee 
approcht^e  de  la  fonne  des  lettres.  Nous  renvoyons  aux  colonnes  et  lignes  du 
papyrus,  parce  qu'un  facsimile  en  sera  donnd  dans  le  facsicule  des  Memoires  de 
la  Mission  du  Caire  oü  nous  publierons  la  petite  collection  de  papyrus  Grecs 
reunis  par  M.  Bouriant. 


296  I-  Aufsätze 

Toutes  ces  differences  suffisent-elles  ä  imposer  la  conclusion,  etrange 
au  premier  abord^  que  le  scribe  de  la  col.  I  et  II  n'est  pas  le  meme 
que  celui  de  la  coloune  III?  Nous  ne  le  pensons  pas^  et,  peut-etre,  ne 
serait-il  pas  temeraire  de  les  attribuer  ä  l'iufluenee  assez  grande  que 
peut  avoir  meme  sur  la  forme  des  lettres  un  changemeut  survenu  dans 
l'instrument  de  l'ecrivain. 

Quoi  qu'il  en  soit,  le  style  de  l'ecriture  en  general  offre  assez 
nettement  les  caracteres  d'un  style  de  transition  entre  celui  de  la 
premiere  moitie  du  IV  siecle  et  celui  de  la  fin  du  V^  siecle  apres 
J.-Cb.-^)  Les  formes  de  ces  deux  epoques  s'y  trouvent  assez  melangees. 
On  notera  la  grande  variete  des  alphas,  et  particulierement,  le  type 
tout  ä  fait  cursif  constitue  par  deux  traits  obliques  se  coupant  en 
angle  obtus;  quelquefois  le  second  trait  est  tres  developpe  et  descend 
tres  bas  au  dessous  de  la  ligne.  Une  seule  fois  on  trouve  le  delta  pareil 
au  d  latin  qui  predomine  dans  les  documents  de  l'epoque  byzantine 
(Col.  II,  1.  3,  dixaötiJQLOv);  partout  aiUeurs  il  garde  les  formes  qu'il  a 
dans  la  premiere  moitie  du  IV  siecle,  et  cette  exception  peut  s'expliquer 
par  l'influence  du  voisinage  de  la  cursive  latine. 

\jepsilon  prend  ä  peu  pres  toutes  les  formes,  mais  celui  qui  parait 
dominer,  c'est  Fepsilon  fait  en  deux  parties,  et  depassant  de  beaucoup 
le  sommet  des   autres  lettres.     Nous  avons  note  les  deux  types  d^etas. 

Le  iT  et  le  ^  ont  dejä  la  plupart  du  temps  ces  bastes  obliques,  pro- 
jetees  hardiment  au  dessus  ou  au  dessous  de  la  ligne,  qui  caracterisent 
les  documents  du  IV  siecle  et  plus  encore  ceux  du  V®  et  du  VP.^) 
Jj'upsilon  a  tantot  la  forme  T*,  tantot  et  plus  frequemment  le  forme  V, 
tantot  la  forme  v,  frequente  ä  partir  du  VP  siecle.  Quant  au  caractere 
general  de  l'ecriture,  eile  ne  donne  pas  cette  impression  de  regularite 
que  Ton  ressent  en  face  des  documents  de  l'epoque  byzantine  et  si  l'on 
n'avait  pas  d'une  autre  maniere  la  date  de  notre  papyrus,  on  ne  pourrait 
pas  le  faire  remonter  plus  baut  que  la  seconde  moitie  du  IV®  siecle 
ni  sans  doute  descendre  plus  bas  que  le  commencement  du  V®. 

Mais  cette  date  nous  a  ete  conservee.  Elle  etait  indiquee  des  la 
premiere  ligne  par  les  noms  des  consuls  que,  malgi-e  nos  efforts,  nous 
n' avons  malheureusement  pas  pu  decbiffrer.  Toutefois,  des  le  debut  du 
proces,  l'avocat  de  l'une  des  parties  cite  un  mandat  (fVroAi^)  donne  par 
sa  diente  ä  une  autre  personne   et  le  greffier  a  conserve  justement  la 


1)  On  sait  que  pour  la  periode  qui  va  de  355/360  ä  487  ap.  J.-Ch.  nous 
n'avons  que  tres  peu  de  documents  dont  les  facsimiles  ne  sont  genöralement  pas 
publies.    Cf.  Kenyon  The  Palaeography  of  the  greefc  Papyri  p.  48  et  suivantes. 

2)  cf.  par  exemple  l'acte  de  vente  de  Paris  21,  ter.  Not.  et  Ext.  XVIII, 
2«  pai-tie,  pl.  XLVni  (59i)  ap.  J.-Ch.). 


Collinet-Jouguet:  Un  Proces  plaiclü  devant  le  juridicus  Alcxandreae  etc.     297 

formule  de  date  de  cette  piece.  Elle  est  de  l'annee  des  consuls  Sei-gius 
et  Nigrinianus,  c.  ä.  d.  350  apres  J.-Cli.;  or  il  est  vraisemblable  qua 
le  proces  n'a  pas  eu  lieu  longtemps  apres  la  delivrance  de  ce  mandat. 

Dans  la  transeription  qui  va  suivre  nous  avons  retabli  l'accentua- 
tioii  et  la  ponctuation  partout  absentes  dans  le  papyrus.  Nous  usons 
du  Systeme  de  crocbets  adopte  dans  cette  revue  (cf.  Archiv,  I,  p.  VI). 
Le  trait  horizontal  place  sous  la  lettre  indique  une  lettre  mutilee  mais 
de  lecture  certaine.  Nous  notons  que  l't  et  Vv  sont  souvent  surmontes 
de  deux  points  (.  .)  que  nous  n'avons  pas  representes  et  que  Vv,  ä  la 
fin  des  syllabes,  est  presque  toujours  ecrit  au  dessus  de  la  ligne.  11 
faut  aussi  remarquer  que  dans  le  papyrus  les  paroles  mises  dans  la 
bouche  du  juridicus  sont  ecrites  en  caracteres  plus  grands,  plus  espaces 
voisins  des  formes  onciales.  A  premiere  vue  on  pouvait  apercevoir 
ainsi  ce  que  le  juridicus  avait  dit.  II  est  possible,  comme  nous  le 
suggere  M.  Wilcken,  que  cette  difference  entre  la  maniere  d'ecrire  les 
paroles  du  juge  et  Celles  des  simples  mortels,  ait  ete  encore  plus 
marquee  dans  l'original  dont  nous  avons  ici  la  copie  et  il  faut  voir  lä 
une  consequence  du  caractere  de  cette  piece,  qui  est  un  fragment 
des  acta  (yno^vrjiiaöti^ov)  du  juridicus,  destines  ä  perpetuer  le  Sou- 
venir de  tous  les  actes  accomplis  par  le  magistrat  dans  l'exercice  de 
sa  Charge. 

Nous  tenons  ä  remercier  tout  d'abord  et  tout  particulierement 
M.  Bouriant.  C'est  ä  lui  que  nous  devons  l'acquisition  et  la  conser- 
vation  de  ce  papyrus,  comme  de  tous  ceux  qui  forment  la  petite  col- 
lection  de  l'Institut  archeologique  fran9ais  "  d'Egypte.  C'est  avec  son 
aide  que  nous  en  avons  commence  le  dechiffrement  au  Caire.  C'est 
gräce  ä  lui  que  nous  avons  pu  l'avoir  entre  nos  mains  et  l'etudier  tout 
ä  loisir.  M.  Omont,  conservateur  du  departement  des  manuscrits  de 
la  Bibliotheque  nationale,  a  bien  voulu  consacrer  une  partie  de  son 
temps  ä  coUationner  notre  copie  sur  le  texte.  M.  Chatelain,  directeur 
ä  l'Ecole  des  hautes  Etudes,  a  revu  quelques-unes  de  nos  transcriptions 
latines.  Enfin  nous  sommes  tres  redevables  ä  M.  Ernest  Langlois, 
doyen  de  la  faculte  des  lettres  de  Lille,  qui  nous  a  plusieurs  fois  remis 
sur  la  bonne  voie  et  fourni  de  tres  heureuses  suggestions. 

Dans  les  notes  au  bas  du  texte  nous  avons  signale  par  un  W 
quelques-unes  des  lectures  et  restitutions  dues  ä  M.  le  professeur 
Wilcken.  Nous  essaierons  de  marquer  plus  bas  les  progres  decisifs 
qu'il  a  fait  faire  ä  l'intelligence  de  notre  papyrus  et  l'on  s'apercevra 
Sans  peine,  comme  sans  etonnement,  que  c'est  ä  lui  que  revient  I'hon- 
neur  d'avoir  resolu  les  difficultes  maitresses.  Est-il  necessaire  d'ajouter 
que,   meme  ainsi,    on  n'aura  qu'une    faible    idee  de   ce    que    nous    lui 


298  I-  Aufsätze 

devons?     Que    d'erreurs    corrigees    par    lui    et    que    iious    n'avons    pu 
signaler  ici  parce  que  le  Souvenir  de  ces  faux  pas  n'a  rien  d'instructif 
que  pour  nouB. 
Cül.  I. 

1  ] 0  v(iris)  c(larissimis)  co(n)s(u- 

libus)  die  idus  Novembr(es)  'AQ'vq  it,' 

2  [praesentibus]  H[o]rq  et  Nonn[a]  et  Dionus[iJo,  Gennadius 

d(ixit) :  'TnsQ  Evlöt^ogycov  tiut'  evtoXrjv  dod-svöav  "^Qoa 
xal  a[v]ayv[c6](?ofi.o;fc  öot  tijv  ivtoXriv  xi]v  dod'elöav 

3  [ VTcb  Evl^ötoQly^iov  i]tig  iv  Tolg  v7Co^vrj^a6L\v^  rotg 

TiQayd'ElGLV   xar     ivr[oXrf\v    ixl    tfjg    (?ijg    aad'oö icböscjg 

4  [Fl(avius)  Gennadius  v(ir)  p(erfcctissimus)  ju]ridic(us)  Alex(andreae) 

ei  d(ixit):   \^A\vdyvG}&L.     Gennadius  d(ixit):  \^A]vayv(o- 

.  '■'"''? 
6o(iai  et  rec(itavit):   Sergio   et  Nigriniani  v(iris)   c(la- 

rissimis)  co(n)s(ulibus)  die  ^aücpi  ■O-'  ecc(8etera).     Or(a- 

tor)  adjecit: 

5  [Toiavtrj    ^e]y   'i)    ivtoXrj'    ä^Lov^sv   de   xriv   nagovöav   r] 

äiilo^dTYivai  tov  ^iQov\g\  toD  duatpBQOvTog  rfj  ßor}9-ov~ 
[ftfV?;],  rstccQtov  ^av  avXvÖQiov,  Tj^iösag  de 

6  [rov   aQxov^   tetdQ\xov   ds   donQEäg  Kai   ccTio&Tjxifjg ,   i)    t^v 

ccTtoxatdöraöLV    yj^tv    Ttoirjöaad-ai    tovt cov    ->)    t6    ä^iov 
0t£yav6^LOv  oitSQ  äv  naQd6%0iEV  arsQog, 

7  |.  .  .  ccQxi'TSicrolvog   i7tLd'e<^(oyQovvrog   Tts^l   rov   avXvÖQiov 

th   naQUQTKvyÖLOV   otcsq   aal   la]xov6a   ccTCodihöSL    övvä- 
örrjXEv.     Nonna  d(ixit):  Eig  rb  ^SQog  EvßroQyiov 

8  [ ^V^i^ßi   [id]d}x[a^sv]  tb  raTaQTo[v]. 

9  [Fl(avius)  Gennadjius  v(ir)  p(erfectissim.us)  ju[ridic(us)  Alex(andreae) 

d(ixit):  '^xd]Aot^['0'dv]  iönv  cclQ^i-T^exrovla  £]7c\l]  tö[v] 
TOTtav     yav6^s[vo\v     dox[^L^^d[6a]vra     OQLöat    7t6[<3o]v 
[6]g5£tA<(£t)> 
10  [.  .  .  .  vji\aQ    tov   r\^EtdQtov   r^ov    ta    avXvÖQtov    xal    [tfjg 

ajjiq^t^xrjg  Ev6t0Qy[iC3]  Növva  6Tayav6}iio[v  .  .  .].  örrj- 
d-i]\va\i  xal  Tovto  Növva 


Col.  I,   1.  1  —  u  u  c[c]  coss,  Pap. 

di 

1.  4  init.,  .  .  iu]ri  c  Pap.  —  med.,  u  u  c  coss  Pap. 

1.  5  init..!  ou  bien  [ToLuvrrj  fibv  iaTi.]v,   W.     peut-etre  un  peu   long 

pour  la  lacune. 
1.  7  HTti&bOQovvrog,  Pap.  —   TtccQaQtiSiov,  Pap.   —   ccTto6wGi:i<^vy'?  W. 
1.  9  doyi[i(i](i[aa]vta  W.  —  otpsili,  Pap. 


Collinet-.Touguet:  Un  ProcL's  plaide  ckvant  le  juridicus  Alexandreae  etc.     299 

11  I^'SIqg)  t]c5  ravtrjg  \iadixG)  jtoQ]i6ca  dtä  tu  (iccX(^L)6Ta  xal 

\Növ]vav  rovrci  tc5  köya  Gwösöga^i^xtvat  xal  \v7ti- 
6]xv<^st')6d-at  o6ov  iäv  ^re^og  ^tA?.ot 

12  [ ]qs6£iv,    T[o6ovrov    Ev^dov    oixov6av    JtaQa6x\_£^v, 

nQovoovfisvrjg  slg  rovto  tilg  rd^Eog.  [Gennajdius  (l(ixit): 
Tavtcc  ^6v  7i[sq\1  xov  ccvIvÖqlov 

13  [xal  ^£q]1  rrjg  aTtold-rjxrjg  eItzIsv  rj  öij  xa&oöccoßLg  ei\g  t6 

jiQ]ö0C37tov  Novvrjg'  cc^[ioviiE\v  ÖE  xal  [ro]]  nEQi  xov 
'^]^L[<5£cog\  xov  aQxov  xal  xov  xetccqxov  xijg  dcoQE&g 

14  [  l^L-]'^^   avx[ J    ivxohxKQi[ov\   xf]g   6vv7]- 

[yoQo^v^EVfjg,  uTCai,  ivxoXfjg  [7taQ]a6xEd'£i6r]g. 

15  [Fl(avius)  Gennadijiis  v(ir)  p(erfectissiiiius)  juri[cli(ciis)  Alex(andreae) 

d(ixit):  x]i6lv  xal  tieqI  xovxav  [N6]vva;  Nonna  d(ixit): 
^EtcI  avxCÖLXov  Xa^ßdv(Ei}v  i,..6iav.  Gennadius  d(ixit): 
^EnEidrj  d^(pißdkk<^Ei} 

16  [ ^ivridia  [ evtIoXt]  dl  ävEyvcööd-r]  xal  lyQa]fi- 

^ax£t[o]v  avxYig  e%ohev  6^oXoyov6i]g  avtf}  (pvMxx<[ELyv 
[rjavro;'  IxäJ  xatd  xr^v  EvxoXriv  anodorci. 

17  [Fl(avius)  Geimadjius  v(ir)  p(erfectissimus)  ju[ridic(us)  Alex(audreae) 

d(ixit):  rQa^iiiiaxEt\o\v  o  q)iqg  e%[el]v^  dvdyvcaQ-L.  Et 
rec(itavit):  AvqyiUo.  [N^ovva  dvya  .  .  .  tjXl,  dixat[o^'] 
naCdcov  E%ov6a  AvQri\XC^a 

18  [ ]  6vv\7ca^Q6vxog  xal  x\ov]  dv\ßQ6g^ 

6ov  AvQrjXiov  0EOV  ^AnoXkavCov  %aCQEiv.  'O^oloyov- 
^\ßv\  fiE^Löd'Cööd^at  xal  JtKQELlrjcpEvai  nagd  <3ov 

Col.  IL  ^EQog  XExaQxov  ecc(aetera).     [Or(ator)]  Gennadius  d(ixit): 

1ßfto[Ady]t^Ta:t  x,al  xo  aQx(yy8iov  8L\a\(pEQ(^£i)v  ixELvrj^ 
Xsyc}   dij   xb   ij^iöv  '(xov   ägxovy  xal   xb   xixaqxov  xf^g 
dcoQEäg 
2  xal  d^tov^EV  avtijv  djtoXvELV  7ro;t)ra  avra  xd  «pr<(v^di[o;] 

Tc3  ^8Q<^ELy  Tc5  rjfiEXEQa).  [Cur]us  d(ixit):  'O^oXoyEt  xal 
EvöxoQyiov  E%£iv  i]^i6v  (lEQog  aQXov 


Col.  I,   1.  11  iLccXsLCtu  Pap.  —  \ynLa\y^vLa%'o!.i  Pap. 
1.  12  r\o6ovxov  l^v^Sov,  conj.  W. 
1.  13  To,  efface  par  le  scribe.  W. 

1.    14    hVTOlL-AdQl[ov\.    W. 

1.  15  Xcc^ßccviv  Pap.,  —  a\i(pißalli,  Pap. 
1.  IG  xa  Pap.,  efface  par  le  scribe.  —  (pvXuttiv,  Pap. 
Col.  n,  1.  1  aQxiSLOv,  Pap.  —  diatpsQLv,  Pap. 
1.  2  uQXiSia,  Pap.  —  fifpt,  Pap. 
Archiv  f.  Papynisforschung.  I.  2.  20 


300  I-  Aufsätze 

3  '0|u.oA[o]y<(£t^  de  aal  tilg  dcoQSäg  iiEQog  tataQTOv  xccl  a^iot 

ovö^atog  ixsLVOv. 

4  Fl(avius)  Gennadius  v(ir)   p(erfectissimus)  juridic(us)  Alex(andreae) 

d(ixit):   '^xöXovd-ov   iöxiv  Kaxa  trjv  TCaQuö^E'^evSav  iv- 
toXfjv  VTcb  EvßtOQyCov  "^Q(p  xal  [ajqp'  wv  rj 

5  avdyvcjöig  rr^g   övvraxd'SLörjg  vtco  Novviqg  b^ioXoyCag  s8C- 

da^Ev  aal  rb  i]^l6v  fiEQog  [rjot)  (xqtov  xal  tilg 

6  dcoQBäg   TÖ   T&taQTOV   T(p   ixdiXG)   EvöxoQyCov  "SIqcö    naQo, 

(sie) 

Novvag   anoxaraöra&rivaL.     Gennadius    d(ixit):     Tavra 

7  zad'oöicoöLg  ccTtscprivaxo  ^    olg  xal   xb   SQyov  JtQoösvsx^'fjvat 

dliovaev    diä   xilg   xd^ecag.    'Ensidri    de    xal   ziiovvöLog 
£6xr]icsv^  a|toi)/i£V 

8  avxrjv  Einalv^  xC  ßovXsxaL  xal  tieqI  xovxov.    Curus  d(ixit): 

^Lovvßiog  fiev  xal  ddeXtpög   iöxtv'    diu   de  xb  ^ly]  exetv 
jtaQaxolovd^^öeLg 

9  xovQdxcjQ  avxa  xareötdd'ri^   6  de  ddelcpbg  ^LXddsXg)og  bg 

xal   iv   xf]  Alyvitxco   iöxlv  xal   ov   ^lex    ov  ^oXi)  ^^£i' 
xacjg  de  6  Tcaig  xal 

10  ßvv[o]ix(^ety   xf}   ddeXl^cpfj]   xal   xbv   dgxov   xo^ile\xaL\   xal 

ovdelg  cpd'ovog  e6xC\y\. 

11  Fl(avms)  Gennadius  v(ir)  p(erfeetissimus)  j[urid]ie(us)  Alex(andreae) 

d(ixit):   Tovxo  d(^ei}i,o[v\.     Curus  d(ixit):   Kov\jQdxoQ\a 
exei  bg  xal  ä7ie6xi\y\'   6  de  dvxCdixog  vnavlanYjeCyGag 

T0i5T0V 

12  xaxe6%ev  ßovXö^evog  ndXiv  axsQav  jtaQLyQacprjv  iQyaßaßd'ac 

xaxä  Tijg  ßoi]d-o[y^^av7}g. 

13  Fl(avius)  Gennadius  v(ir)  p(erfectissimus)  juridic(us)  Alex(andreae) 

d(ixit):   'ETteidri    xovQaxoQog    a^vrj^övavöag,    dvdyvad't,, 
OTKog  xovgdxcoQ 

14  yeyaviqxai    OiXddaXtpog  ZitovvöLov    xov    TCaQÖvxog.      Curus 

d(ixit):  'Ev  xf]  AlyvTCXCi  adtlv  b  xovQdxoQ,  r]  de  ddeXcpij 

15  x^Qr]yai  ^laQog  xov  dgxov  reo  ddeXtpa  xal  ov  xaXvai,  aiöi- 

övxa  avxbv  xal  otxovvxa  iv  xT]  avXfj. 

Col.  II,  1.  3  oftoloyt  Fa}). 

1.  4  [&](p'  ihv  7]  W. 

1.  9  dh  ö  Tiatg  W.     L'o   traverse  par  la  barre   horizontale   qui  vient 

de  Ff. 
1.  10  Gvvoiv.1  Pap.  —  KOfitJf[Taj].  W. 
1.   11  dii,ov  Pap.  —  vTtavaniGccg  Pap. 


Collinet-Jouguet:  Un  Proces  plaide  devant  le  juridieus  Alexandreae  etc.     301 

IG  Fl(avius)  G[en]nadius  v(ir)  p(erfectissimus)  juridic(us)  Alex(andreae) 
d(ixit):  0  xovqktcoq  ajiavtrjöccg  ov  xojXvd-TJöstai,  rovtOLg 
XQyJGccöd'aL 

17  Totg  löyoig,  oigTCSQ  xal  6v  vvv  ktysig,  el  ys  äXrj&fj  sGriv 

rä  TCaQcc  6ov  eiQrjutva.     C|u]rus  d(ixit): 

18  "Iva  ^l'fj]  6  Ttaig  vicavan(£i}6^£\g  v7to  tov  dvtidtxov  do- 

xotr]  TtSQtyQacpriv  nva  vnoa&VEiv    —   xovto   yccQ  önov- 
8d^£i  —  firjds^cav 

19  aaivoto^t'av  yiyvsöd-cci,  ccTtovtog  t\ov]  xovQatoQog'  ttoipiog 

yccQ  iöTLV  7]  dösXcpi]  %0Qriyri6<^ELyv  /1iovv6Cg)  xal  ro 

Col.  III.  ^SQog  tov  uQTOv  xal  tb  öTsyavo^iov  t6  STiCßaHov. 

2  Fl(avius)  Gennadius  v(ir)   p(erfectissimus)  juridic(us)  Alex(andreae) 

d(ixit):   TEoag  xad'^  d  iityiyy(EC}Xaxo  Növva  öTtovdaödtci 
rrjv  lOQiqyCav  rou  rs  rj^ißsag  aQXov^ 

3  ixL  ys  ^i]v  xal  xov  öxsyavo^iov  zJiOvvötca  d^Efintcjg  tcuq- 

äxl^ELvy  ei  yccQ  xdv  nQ6[g\  xi  ß^cc^v  xrjg  XOQijyi'ag 

4  xovxav  TiaQafisXrjösisv,    dvvyjösxai,  TtQÖöodov  Tton^öd^evog 

x(p  dixadxrjQLC)  zJiovvötog  xijg  6(p(£i}- 

5  Xo^iviqg   «^[rjö    STtixovQiag   xvy^allv.     Gennadius   d(ixit): 

n6x<^sy  nQOßdyiov  (pr]6tv  rjfi<^styg  yaQ  ovde  <^l:y6^£v 

6  dXojg    To[to]i)Tdv    Xi    jtSTiQay^avov    OTtolov    dtaxKsCyvsxaL^ 

xovgdxoQa  i6%')qxh>ai  xov  xal  SQQco^evov 

7  xijv  di,dv[o^Lav  xal  [tjöxöxa  [x]a[i]  dicaCxriGiv  7ioiovy\^E]vov 

räv  avtä  dia<p£Q6vx(ov.     Cur[us  d(ixit)]:  'E^tsidij  iv  rc3 

8  '^()[(?]tv[0£]i['P'?j]    iötlv    <^Ety6C0   XEÖGEQaXOVXa   ^l^EQÜV  TtQOd- 

dyo^sv  Ex^Caiyvov. 

9  Fl(avius)  Gennadius  v(ir)  [p(erfeetissimus)]  juridie(us)  Alex(andreae) 

d(ixit):    El   ^i)   <^Eiy6co   x&v   XEööSQaxovxa  yj^iSQüv   xov 
Xsy6(i£\y\ov  Eivai  xovgdxoQa  ziiowsCov 
10  nQoGaydyoi    Növva    to5    öixaöxriQiG)    -J)    avxog    8i     iavtov 

TcaQcav  Emd^jECyi^EiEV  i\a\vxov  xovQdxoQa  6vv  vö^a 


Col.  II,  1.  18  vTtavciitiGQsig,  Pap. 

1.  19  %0Qr]yr\Giv,  Pap. 
Col.  in,  1.  3  TtdQsiily]  dans  le  Pap.  W. 
1.  4 — 5  oqpi|AofiEV7j?,  Pa2). 

1.  5  Tv^siv,  l't  barre  par  le  scribe,  Pap).  —  itorcci,  Pap.  —  siaasv,  Pap. 
1.  6  SbarivsTai  Pap.  W. 
1.  8  laco,  Pap.  —  s-aivov  Pap. 
1.  9  tffo),  Pap. 
1.  10  eniSt^sisv  Pap. 

20* 


302  I-  Aufsätze 

11  avtov  yeyslyjriöd-aL,  ivrevxQ'Sii]  ts  t6  dtxccötyJQiov  avd-<^iyg 

vnb  Zliovvßiov^  töts  nQo[s]raxd-r]6staL  xal  rj  vo^t] 

(sie) 

12  vjtb  N6v\vl^ag  rov   ij^iösag  rov   ccqtov   xal  rov  rsTccQtov 

rrlg  dalojsäg  etl  ya  ^r]v  Kai  rov  TsraQtov  ^epovg 

13  rov   TS   avXvÖQLOv   zal   tTjg  d7tod-y]X7jg  ^lowöta  dzoxara- 

6xa%^fivaL. 

Exemplum. 

Traduction. 

Considat  de  ...  .  jour  des  ides  de  Novemhrc,  17  Äthyr  (13  Novembre). 
[En  p-esence]  de  Horus  et  de  Nonna  et  de  Dionysios,  Gennadius  dit: 
(Je  parle)  pour  Eustorgion  selon  le  mandat  donne  ä  Horus  et  je  vais 
te  lire  le  mandat  donne  ä  Horus  par  Eustorgion,  mandat  transcrit 
au  memorial  des  affaires  dans  lesquelles  on  agit  par  representation 
devant  ta  Saintete. 

Flavius  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d' Alexandrie,  lui  dit:  lis. 
Gennadius  dit:  je  vais  lire.  Et  ü  lut:  «Consulat  de  Sergius  et  de  Nigri- 
nianus,  clarissimes,  le  9  de  Phaoplii  etc.  .  .»  L'avocat  ajouta:  Nous  de- 
mandons  que  la  presente  (Nonna)  renonce  ä  la  part  qui  revient  ä  ma 
diente  (Eustorgion)  savoir,  le  quart  de  la  petite  cour,  le  demi  pain, 
le  quart  de  la  donation  et  de  la  boutique,  soit  qu'elle  nous  en  fasse 
remise,  soit  qu'elle  paie  un  loyer  tel  qu'un  autre  pourrait  le  payer  .  .  . 

Nonna  dit:  pour  la  part  d'Eustorgion  nous  avons  [dejä] 

donne  le  quart. 

Flavius  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d' Alexandrie,  dit:  En 
consequence,  un  arctitecte  etant  alle  sur  les  lieux  decidera,  apres  expertise, 
ä  combien  doit  s'elever  le  loyer  que  Nonna  devra  payer  ä  Eustorgion 
pour  le  quart  de  la  cour  et  de  la  boutique  et  ce  loyer  Nonna  le  [versera 
ä  Horus]  attendu  surtout  que  Nonna  a  admis  cette  maniere  de  voir 
et  promis,  liabitant  la  maison,  de  payer  le  loyer  que  l'on  pourrait 
exiger  d'un  autre.  Mes  agents  veilleront  ä  l'execution  de  cette  sentence. 
Gennadius  dit:  Cette  decision  au  sujet  de  la  cour  et  de  la  boutique, 
ta  Saintete  vient  de  l'exprimer  en  face  de  Nonna.  Nous  demandons, 
en  outre,  pour  ce  qui  concerne  le  demi  pain  et  le  quart  de  la  donation, 
qu'en  vertu  du  mandat  verse  une  fois  pour  toutes  au  debat,  [ils  soient 
delivres  au  mandataire  de  ma  diente  [evtoXlxdcqlov  ryjg  6vvr}[yoQo]v- 
Hsvrig)]. 

Flavius  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d' Alexandrie,  dit:  Nonna 
s'acquittera  aussi  ä  ce  sujet.  (?)     Nonna  dit:  obtenir  contre  l'adversaire 


Col.  ni,  1. 11  avO&ig,  Tap. 


Collinct-Jouguct:  Un  Proces  plaido  dovariL  Ic  juridicns  Alexandreae  etc.     303 

....(?)  Gcnnadi'US  dit:  Puisqu'elle  conteste  ...  et  ({ue  le  niaudat  a  ete 
lu,  nous  pouvons  encore  montrer  un  ecrit  par  lequel  olle  avoue  ä 
Eustorgion  qu'elle  a  tout  cela  en  garde.  Quo  conformement  au  uiandat, 
eile  le  rende. 

Flavius  Gcnnadius,  perfcctissimc ,  jimdicus  d'Älcxcmdrie,   dit:    Lis 

l'ecrit  que  tu  preteuds  avoir.    Et  ü  tut:  <( Aurelia  Nouna ä  Aurelia 

assistee  de  ton  mari  Aurelios  Pheos  Apollonios,  Salut.    Nous 

reconnaissons  avoir  pris  ä  bail  et  rc^-u  de  toi  le  quart  ete.  .  .  .»  L'avocat 
Gennadius  dit:  On  eonvient  donc  que  l'artudiou  revient  a  ma  diente, 
c'est  ä  dire  le  demi  pain  et  le  quart  de  la  donation:  nous  demandons 
que  Nonna  les  delivre  a  notre  partie.  Curus  dit:  Ma  diente  reconnait 
qu'Eustorgion  doit  avoir  le  demi  pain  et  le  quart  de  la  donation. 
Et  eile  demande  au  tribunal  de  fixer  a  qui  ils  doivent  etre  remis  en 
ce  nom. 

Flavius  Gennadius,  perfedissime,  juridicus  d'Älexandrie,  dit:  En  con- 
sequence  du  mandat  donne  par  Eustorgion  ä  Horus,  et  de  ce  que  la 
lecture  de  l'ade  passe  par  Nonua  nous  a  appris,  le  demi  pain  et  le 
quart  de  la  donation  doivent  etre  remis  par  Nonua  ä  Horus,  mandataire 
d'Eustorgion.  Gennadius  dit:  Teile  est  la  sentence  exprimee  par  ta  Saintete 
devant  ceux  lä  memes  qui,  nous  le  demandons,  seront  forces  par  tes 
agents  de  s'y  soumettre.  Mais  puisque  Dionysios  aussi  s'est  leve  nous 
demandons  que  Nonna  dise  ce  qu'elle  veut  a  son  sujet.  Curus  dit: 
Dionysios  est  aussi  son  frere  et  comme  il  n'a  pas  sa  raison,  un  eurateur 
lui  a  ete  donne,  son  frere  Pliiladelphos  qui  est  en  Egypte  et  qui  pourra 
se  presenter  dans  peu  de  temps.  En  attendant,  l'enfant  (Dionysios) 
habite  avec  sa  soeur,  qui  lui  fournit  le  pain,  en  sorte  que  rien  ne  lui 
manque. 

Flavius  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d'Älexandrie,  dit:  Prouve 
le.  Curus  dit:  II  a  un  eurateur  qui  est  absent  et  l'adversaire  ayant  drcon- 
venu  Dionysios  le  retient  voulant  l'entrainer  ä  quelque  autre  demarelie 
hostile  ä  ma  diente. 

Flavius  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d'Älexandrie,  dit:  Puisque 
tu  as  parle  du  eurateur,  lis  comment  Philadelphos  est  devenu  eurateur 
de  Dionysios  ici  present.  Curus  dit:  Le  eurateur  est  en  Egypte  et  la 
soeur  fournit  la  part  de  pain  ä  son  frere  et  ne  Tempedie  ni  d'entrer 
ni  d'habiter  dans  la  cour. 

Flavius  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d'Älexandrie,  dit:  Le 
eurateur  s'etant  presente  ne  laissera  pas  de  tenir  les  memes  discours 
que  toi,  si  ce  que  tu  dis  est  vrai. 

Curus  dit:  Afin  que  l'enfant  circonvenu  par  l'adversaire  ne  croit 
pas  bon   de  consentir  ä  quelque  demarelie  nouvelle  —  car  c'est  lä  ce 


304  i-  Aufsätze 

que  Ton  cherche  —  il  faut  qu'aucun  changement  u'ait  lieu  diirant 
l'absence  du  curateur.  Car  la  soeur  est  prete  ä  fournir  a  Dionysios 
la  part  de  pain  et  le  prix  du  loyer  auquel  il  a  droit. 

Flavhis  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d'Alexandrie,  dit:  Jus- 
que-lä,  que  selon  ses  declarations  Nonna  se  charge  de  fournir  le  demi 
pain  et  de  payer  loyalement  a  Dionysios  sa  part  du  prix  du  loyer. 
Car  si,  menie  sur  un  detail  de  cette  charge,  eile  se  montrait  negligente, 
Dionysios  pourrait,  s'etant  presente  au  tribunal,  obtenir  le  secours  qui 
lui  est  du.  Gennadius  dit:  A  quand  [Curus]  fixe-t-il  la  comparution 
du  curateur?  Car  nous  ignorions  qu'il  arriverait  ce  que  l'adversaire 
pretend  vrai,  je  veux  dire  que  l'on  put  donner  un  curateur  ä  un  liomnie 
dans  son  bon  sens,  qui  s'est  leve  et  a  su  reclamer  de  lui  nieme  sur  tout 
ce  qui  le  concerne. 

Curus  dit:  Puisque  le  curateur  est  dans  le  nonie  Arsinoite,  nous 
le  presenterons  dans  quarante  jours. 

Flavius  Gennadius,  perfectissime,  juridicus  d'Alexandrie,  dit:  Si  dans 
quarante  jours  Nonna  n'amene  pas  au  tribunal  le  pretendu  curateur  de 
Dionysios,  ou  si,  se  presentant  lui  nieme,  il  ne  prouve  pas  qu'il  a  ete 
legalement  nomme  curateur  de  Dionysios,  le  tribunal  pourra  etre  de 
nouveau  sollicite  par  Dionysios  et  l'on  ordonnera  que  la  possession 
du  demi  pain,  le  quart  de  la  donation,  le  quart  de  la  petite  cour  et 
le  quart  de  la  boutique  seront  remis  par  Nonna.  ä  Dionysios. 

Copie. 


Comme  on  le  voit,  l'affaire  est  plaidee  devant  Flavius  Gennadius 
juridicus  d'Alexandrie.^)  On  ne  connaissait  pas,  croyons  nous,  de  juri- 
dicus de  ce  nom.^)    Un  Gennadius  fut  praefectus  augustalis  en  396  ap. 


1)  C'est  encore  ä  M.  Wilcken  que  nous  devons  la  lecture  Fl(avius).    Les  deux 
lettres  Fl,  forment  un  groupe  toujoui-s  dans  la  marge  du  papyrus. 

2)  Voici  la  liste  des  Juridici  Alexandreae  connus: 

L.  Volusenius  Clemens,  sous  Tibcre  (Wilmans,  1610  =  lung,  Wiener  Studien^ 

1892,  p.  245). 
0^(ißQtog  (P.  Oxy,  n,  237,  col.  VE,  1.  39,  42,  43  —  87  aj).  Gh.). 
Incomm,  (BC4U,  5,  col.  II,  1.  16  et  20  —  137/138  ap.  Gh.). 
Lucius  Baebius   luncinus   (Wilmans,  1250  =  CIL,  X,  2,  6976  =  lung,  1.  c.) 

sous  Iladrien. 
[Quinct]ilius  (Wilmans,  1259  =  GIL,  VI,  1564  =  lung,  1.  c.)   sous  Antonin  le 

Pieux. 
Sextus  Gornelius  Dexter  (GIL,  VIII,  8925,  8934  =  Henzen  6924  =  Wilmans 

1254  =  lung,  1.  c.  p.  246)  probablement  sous  Antonin. 
L.  Volusius  Maecianus?  (lung,  1.  c.  p.  247)  sous  Marc  Aurele. 


Collinct-Jouguet:  Un  Proces  plaide  devant  le  juridicus  Alexandreae  etc.     305 

J.-Ch.  sous  les  empereurs  Arcaclius  et  Honorius.^)  Mais  il  est  dou- 
teux  qu'il  doive  etre  identifie  avec  celui  de  notre  papyrus.  Le  juridicus 
faisait  quelquefois  fonction  de  prefet^),  mais  il  ne  s'ensuit  pas  qu'il  düt 
forcement  devenir  prefet  et  parmi  les  cursus  honorum  de  juridici  qui 
nous  sont  parvenus,  il  n'en  est  aueun  qui  uous  le  montre  arrivant  a 
cette  haute  fouction.  ■*)  De  plus  l'annee  396,  date  de  la  prefecture  de 
Gennadius,  est  tres  eloignee  de  lannee  350,  date  du  mandat  cite  au 
cours  du  debat,  et  il  ne  nous  parait  pas  vraiseniblable  que  le  proces 
ait  eu  lieu  longtemps  ajsres  la  delivrance  de  ce  mandat.  On  connait 
uu  autre  Gennadius  contemporain  des  personnages  de  notre  document. 
C'etait  un  avocat  qui  florissait  ä  Ronie  vers  l'an  355  selon  la  Chronique 
de  Saint  Jerome.  Son  nom  complet  est  peut  etre  Flavius  Gennadius 
Torquatus.^)  Qu'a-t-il  de  commun  avec  notre  juridicus  ou  avec  l'avocat 
Gennadius  qui  parait  au  proces?  On  ne  peut,  croyons-nous,  rien  dire 
ä  ce  sujet  avec  certitude. 

On  sait  mal  quelles  etaient  les  fonctions  du  juridicus  Alexandreae. 
Sa  competence  s'etendait  -  eile  a  toute  l'Egypte,  comme  le  veut 
M.  Mommsen")  ou  etait-elle  restreinte  a  la  cite  d'Alexandrie,  comme 
le  pretend  Marquardt?*")  Fut-elle,  comme  le  pense  encore  Marquardt, 
limitee  par  Septime  Severe,  createur  de  la  curie  Alexaudrine^),  aux 
actes  de  juridiction  volontaire,  ou  doit-on  croire  avec  Hirsclifeld^)  que 


rdiog  KaiKiliog  HaXoviKvog  (BGÜ,  I,  237,  1.  1  —   166  ap.  Gh.). 

Faiavög  (ibid.  240,  1.  12  —  167  ap.  Gh.). 

KXccvSiog  Naoiivdrig  (ibid.  245,  col.  II,  1.  1  et  378  1.  17  —  IP  siecle). 

KccXnovQViuvog  (ibid.  11,  378,  1.  1,  23  —  11«  siecle). 

Inconnu  (ibid.  I,  75,  col.  II,  1.  9  —  11®  siecle). 

Inconnu  (Henzen  6923  =  CIL.  VI,  1638  —  sous  Clordien  EI). 

1)  Cod.  Theod.  14,  27,  1;  Cod.  Tust.  1,  4,  5. 

2)  CIL,  VI,  1638  =  lung,  1.  c.  p.  247:  ju[ridicus  Alexandreae]  vice  praef. 
Aeg.  BGU,  327,  1,  Tc5  •AQarißTcp  SizaioSörrj  diaSsy^oiitvio  "nal  za  Kavä  ti]v  fjy^LLOvUiv. 

3)  Un  seul  devient  prefet  du  pretoire  apres  avoir  ete  prefet  de  Mesopotamie 
(CIL,  VI,  1638).  Deux  autres  deviennent  procuratores  Asiae  (CIL,  V,  1564  =  lung, 
1.  c.  p.  245  et  CIL,  VTII,  8943  =  lung,  p.  246). 

4)  cf.  Onomasticon  de  de  Vit.  s.  v. 

5)  Mommsen,  Rom.  Gesch.  V,  p.  567—568  (trad.  Gagnat-Toutain,  XI,  p.  173). 
Staatsrecht  III,  p.  753.  Anni.  2  (trad.  Girard  VI,  2"'<=  partie  p.  391). 

6)  Marquardt,  Organisation  de  Vempire  romain,  trad.  fran9. ,  t.  II,  p.  420. 
Suivent  la  meme  opinion  que  Mommsen,  Wilcken,  Observationes  ad  hist.  Aeg.  prov. 
rem.  Berlin,  1885,  p.  8  et  suiv.,  Hirschfeld,  die  ritterlichen  Provimialstatthalter  dans 
les  Sitzungsb.  de  l'Academie  de  Berlin,  1899,  1,  p.  418.  lung,  die  römischen  Ver- 
waltungsbeamten in  Aegypten,  Wiener  Studien,  1892,  p.  227. 

7)  Spartian,  Sept.  Sev.  XVII. 

8)  Hirschfeld,  l  c. 


306  I-  Aufsätze 

la  juridiction  volontaire,  appartenant  en  principe  au  prefet,  lui  aurait 
ete  retiree  dans  le  cours  de  Fempire  et  donnee  au  juridicus?  Ce  sont 
deux  questions  qui  n'ont  pas  encore  leur  reponse.  Sur  la  seconde 
uotre  papyrus  apporte  peu  de  lumiere.  Mais  il  s'ajoute  aux  textes  qui 
nous  montrent  les  plaideurs  veuant  de  tous  les  points  de  l'Egypte  au 
tribunal  du  juridicus^)  et  corroborent  a  premiere  vue  ropiiiion  de 
M.  Mommsen.  Nos  persomiages  en  effet  paraissent  bien,  comme  nous 
le  fait  remarquer  M.  Wilcken,  habiter  le  Fayoum  (cf.  II,  9,  10,  III,  8) 
et  appartenir  ä  la  societe  greco-egyptienne  de  la  x^Q^-  ^  ^^^  ^rai 
que  les  plaideurs  grecs  venus  d'Egypte  pouvaient  en  quelque  fa^on 
appartenir  a  la  cite  alexandrine.  Est-ce  le  cas  pour  ceux  de  notre 
jiapyrus?  Nous  ne  le  pensous  pas.  Si  Nonna  avait  eu  le  droit  de  cite 
alexandrine,  eile  n'eüt  pas  inanque,  comme  l'a  vu  M.  Wilcken,  de  nous 
le  faire  savoir  dans  l'acte  cite  Col.  I,  1.  17.  Son  nom  eüt  ete  suivi 
soit  d'un  demotique  au  feminin^),  soit  plutot  du  nom  de  son  mari 
au  genitif  accompagne  de  son  demotique.  Or  l'aspect  du  texte  est 
egalement  defavorable  ä  ces  deux  liypotheses  (cf.  infra). 

Nous  ne  pouvons  guere  nous  avancer  beaucoup  plus  a  la  lumiere 
du  document  nouveau.  Au  moins  est  il  interessant  comme  exemple 
d'une  affaire  plaidee  devant  le  juridicus,  et  si  bien  des  details  du  j)roces 
nous  echappent  on  peut  cependant  en  saisir  les  traits  generaux.  Trois 
personnes  se  presentent  au  tribunal,  Horus,  Nonna  et  Dionysios.  Mais 
Horus  n'est  que  le  mandataire  d'une  quatrieme  personne  dont  le  nom 
se  trouve  seulement  sous  les  formes  EvöxoQyCov^  Evöto^yLco,  Evötö^yiov 
dans  notre  papyrus.  On  peut  donc  liesiter  sur  le  nominatif  qui  serait 
soit  EvötÖQyLog  soit  EvötÖQyiov.  M.  Wilcken  nous  a  demontre  qu'il 
s'agissait  d'une  femme.  «Aucun  exemple  du  feminin  EvötÖQyiov,  nous 
ecrit-il,  ne  nous  est  parvenu,  mais  Evörogyiov  est  ä  EvötoQyiog  ce  que 
EvcpQÖviov  est  ä  EvcpgövLogj)  Et,  de  fait,  ce  n'est  pas  simplement  la 
une  bypothese  qui  supprime  presque  toutes  les  difficultes  que  nous 
avions  rencontrees,  c'est  une  certitude  prouvee  par  la  lecture,  due  a 
M.  Wilcken,  de  la  ligne  14  (col.  I)  oü  il  est  fait  mention  'du  manda- 
taire de  la  plaignante  qui  ne  peut  etre  qu'Horus  mandataire  d'Eustorgion. 

Nonna  et  Dionysios  sont  frere  et  soeur  (Col.  II,  1.  8 — 10).  Dio- 
nysios a  un  curateur,  Philadelphos,  qui  est  aussi  son  frere.  II  est 
probable  qu'Eustorgion  appartient  a  la  meme  famille. 

Le  sujet  du  proces  parait  etre  le  partage  d'une  succession  qui 
comprend 


1)  cf.  Wilcken,  Ohservationcs  p.  8. 

2)  Nous  ne  connaissons  aucun  exemple  de  demotique  au  feminin. 


CoUinet-Jouguet:  Un  Proces  [daidu  dcvant  le  juridicus  Alcxandrcac  etc.     307 

1°  une  boutique  (dito^tlxr}). 

2°  une  petite  maison  avec  cour  (avXvdQtov).'^) 

3°  une  donation  (öojqscc). 

4"  une  rente  de  deux  pains  par  jour  (ccqtoi). 

Cette  fortune  a  ete  partagee  egalement  entre  les  quatre  enfants 
de  Sorte  qu'il  revient  li  chacun  un  "quart  de  la  boutique,  un  quart  de 
la  maison,  un  quart  de  la  donation  et  un  demi  pain.  Pour  une  raison 
qui  nous  echappe,  Nonna  occupe  la  part  d'immeuble  qui  revient  ä 
Eustorgion  et  detient  sa  part  de  donation  et  de  pain.  Au  debut  de 
l'audience,  apres  lecture  du  mandat,  Gennadius,  avocat  d'Eustorgion, 
demande  que  Nonna  renonce  a  la  part  d'Eustorgiou  soit  en  faisant 
remise  de  l'ensemble  soit  en  payant  un  loyer  {örsyavöfiiov)  pour  les 
immeubles  qu'elle  occupe.  La  sentence  de  juge  fait  droit  a  la  demande 
d'Eustorgiou,  pour  ce  qui  concerne  les  immeubles.  Un  architecte, 
apres  expertise,  fixera  le  prix  du  loyer  que  Nonna  versera  probable- 
ment  ä  Horus. 

Restent  le  quart  de  la  donation  et  le  demi  pain.  Comme  Nonna 
conteste  qu'elle  les  ait,  Favocat  Gennadius  lui  oppose  un  contrat  passe 
par  eile  et  demande  qu'elle  les  delivre  ä  sa  partie.  Sur  l'aveu  de  Curus, 
avocat  de  Nonna,  le  juridicus  decide  que  Nonna  remettra  le  pain  et 
sa  part  de  la  donation  ä  Horus. 

Alors  se  leve  Dionysios.  Nonna  pretend  qu'il  est  fou  et  qu'il  a  un 
curateur  son  frere  Pbiladelphos:  Dionysios  doit  demeurer  avec  eile  et 
eile  proniet  de  lui  fournir  sa  part  de  l'heritage  et  un  loyer  pour  la 
part  de  l'immeuble  qui  appartient  a  Dionysios  et  qu'elle  occupe  avec  lui. 

Eustorgion  et  son  avocat  pretendent  que  cette  folie  est  imaginee 
dans  l'interet  de  Nonna  et  que  la  curatelle  de  Pbiladelphos  est  illegale. 
Comme  Pbiladelphos  est  absent,  on  renvoie  l'examen  de  cette  question 
ä  40  jours.  En  attendant  Dionysios  continuera  ä  habiter  avec  Nonna 
qui  lui  fournira  loyalenient  la  part  qui  lui  revient,  comme  eile  l'a  promis. 

Teile  est,  croyons-nous,  la  marche  generale  de  l'affaire,  il  nous 
reste  pour  finir  ä  grouper  ici  quelques  observations  de  detail. 

Col.  I,  1.  1  die  idus  Novemhr(es)  'AQ'vq  l^.  —  Le  17  Athyr  coin- 
cide  avec  le  jour  des  ides  de  Novembre  (13  Nov.),  d'apres  le  calendrier 
fixe  Alexandrin  pour  toutes  les  annees  dont  le  l*''  Thoth  correspond 
au  29  aoüt. 

1.  1  et  2  triv  ivrolrjv  ti]v  dod-Eiöav  "SlQ(p  —  iv  totg  vno- 
livTq^aöiv  TCQax&stöiv  aar    ivroXriv.     Le  proces  commence  par  la 


1)  atriolum,  parva  casa,  in  apophtegmat.  Patram,   in  Gelasio  niim.  6.     Du 
Gange,  Gl.  Inf.  Graec.  s.  v. 


308  I-  Aufsätze 

lecture  du  mandat  (ivroXif)  domie  par  Eustorgion  ä  Horns,  qui  est  appele 
plus  bas  le  mandataire  (iadiKog,  svtohxccQtog)  d'Eustorgion.  La  presen- 
tation  du  mandat  ad  litem  au  commencement  des  proces  est  une  con- 
dition  necessaire  de  la  marche  de  Finstance,  ainsi  que  l'a  decide,  eu 
382,  la  Constitution  connue  de  Gratien,  Valentinien  et  Theodose.  ^) 
L'interet  que  notre  papyrus  presente  ä  ce  point  de  vue  serait,  s'il 
est  anterieur  a  382,  de  fixer  la  portee  de  la  Constitution  citee,  en  mon- 
trant  que,  dans  la  pratique,  la  regle  erigee  en  necessite  absolue  par 
les  empereurs  etait  deja  courante.  Si,  au  contraire,  il  est  posterieur 
a  382,  notre  texte  n'en  serait  pas  moins  utile,  puisqu'il  indiquerait 
que  cette  Constitution  etait  reellement  observee  a  Alexandrie.  Nous 
avons  conserve  des  exemples  de  ces  ivrolaC^  cf.  P.  Oxy.  II,  261,  p.  231; 
annee  55  ap.  Cli. 

L'expression  la  plus  ordinaire  parait  etre  roig  vjio^v7]^a6Lv  ava- 
XYi^(pd^y]vai.")  II  s'agit  ici,  comme  nous  le  fait  remarquer  M.  Wilcken, 
de  registres  particuliers  pour  les  ajäaires  oü  l'on  agissait  par  represen- 
tation.  C'est  le  sens  des  mots  toig  jCQa^d'SiöLV  %ax'  ivroXyjv.  Pour  la 
lecture  des  actes  au  debut  et  en  cours  d'audience  M.  Wilcken  nous 
renvoie  au  CPR  I,  18,  21—22. 

1.  5.  La  premiere  lettre  visible  est  soit  ^,  soit  plutot  sv,  ou  tv. 
M.  Wilcken  propose  roiavtrj  jttfV  £6ti]v  qui  parait  un  peu  long  pour 
la  lacune.     Nous  sous-entendons  eötlv. 

1.  6.  Nous  ne  comprenons  guere  comment  on  pourrait  opposer 
ccTioGtfivai  Tov  ^SQOvg  etc.  ...  et  a.7Coy.ard6ra6LV  7toiy]6a6d'aL.  II  nous 
semble  que  faire  remise  de  la  pari  d'Eustorgion,  iiuplique  la  renoncia- 
tion  ä  cette  part.  Nous  pensons  donc  malgre  le  -J)  qui  precede  ccTto- 
öxYivai  que  l'avocat  demande  une  renonciation  de  Nonna,  et  lui  ofii-e 
deux  moyens  de  renoncer,  soit  en  faisant  remise  ä  Eustorgion  de 
l'ensemble  de  ce  qui  lui  revient,  soit  en  payant  un  loyer  pour  les  im- 
meubles.     Malheureusement  la  fin  de  la  phrase  est  fort  mutilee. 

1.  7.  La  restitution  agitreztovos^  tiree  de  la  suite  du  texte  est  tres 
incertaine.  Si  eile  etait  exacte  et  si  djtoddööst  etait  correctement  Ortho- 
graphie il  serait  impossible  d'admettre  üvvböttjxev  et  l'on  attendrait 
l'infinitif  övvsörrjXEvai  regissant  l'accusatif  ötEyavö^Lov.  Or  övveörr]- 
xEv  est  tres  net  sur  le  manuscrit.  Faut-il  croire  que  ccTiodaßsi,  est 
pour  ccTtodöösi,  et  que  l'infinitif  necessaire  s'est  perdu  dans  la  lacune. 
Mais  la  phrase  önsQ  xal  exovGcc  aTCodööEo  övveörrjxev  ne  nous  parait 
guere  explicable. 

1)  Cod.  Theod.  2,  12.  de  cognit.  et  procurat.  3,  an  382  et  Si/minaque  (ed. 
Seeck)  liv.  10,  ep.  19  (al.  32;  39). 

2)  Cf.  BGU,  aux  clocuments  citcö  dans  l'Index  du  vol.  I  s.  v.  vTtö^Lvrina. 


Collinet-Jouguet:  Un  Proces  plaide  dcvant  lo  juridicus  Alexandreae  etc.     309 

Enfin  l'obscurite  du  passage  est  augmentee  par  le  mot  TtagccQTt- 
diov.  On  lit  col.  II,  1.  1  ccqtlölov  et  1.  2  ccgtLÖta.  Ce  mot  designe 
le  quart  de  la  donation  et  le  demi  pain.  Nous  avons  pense  que  t6 
TtaQUQxCdLov  designait  le  quart  de  la  cour  et  le  quart  de  la  boutique 
dont  il  est  precisement  question  dans  la  reponse  du  juridicus.  Mais  il 
est  evident,  des  lors,  qu'on  ne  peut  pas  les  rattacher  ä  la  racine  de 
aQTog  et  qu'ils  sont  mal  orthographies.  Or  on  lit  dans  Hesjchius  les 
gloses  suivants: 

aQTTj^a'  diaOi]xr]^  dtxt]  dQxyjfiatog, 

KQXv^a'  diaOrjxr],  dCniq  [aQXv^axo^Y) 

&QXvkCa'  dtaO'}]jc7]'^) 

aQXog'  övvxa^ig 

KQxvvai'  dtaOelvai 

aQxvvavxeg'  TtaQaöxsvdöavxsg,  övvxd^avxsg.^) 
Nous  rattacherions  volontiers  nos  deux  mots  a  cette  racine  et  ecririons 
Tu  ccQtvdiov^  xä  aQXvdLa,  tb  TcaQaQXvdiov.  ^Aqxvölov  designerait  un 
legs,  probablement  consistant  en  des  biens  meubles,  comme  le  quart 
de  la  donation  et  la  rente  d'un  demi  pain,  t6  TiaQaQxvdiov  serait  un 
legs  consistant  en  immeubles. 

Uxsyovö^LOV  est  donne  par  Du  Gange  avec  le  sens  de  PreUum 
condudae  domus.  Aux  auteurs  cites  par  Du  Gange  ajoutez  Poll.  I,  75, 
X,  20  (meme  sens).  Uxsyavöiiiov  dans  Hesyehius:  ((^lödbv  xijv  (sie) 
ölöö^spov  vTieQ  xr^g  ^ovfjg  xül  TiavSoxst)),  dans  Bekker,  Anecdota  302, 
28:  Uxsyavo^LOv,  6  cpÖQog  6  didö^svog  xotg  öxsyavö^oLg». 

1.  11.  debut:  ["SIqgj  r]o5  xavxrjg  [skölkc)  TtoQJiöai.  G'est  encore 
M.  Wilcken  qui  nous  a  mis  sur  la  voie  de  cette  restitution.  II  avait 
pense  que  1'«  qui  se  lit  ä  gauelie  etait  la  fin  d'un  imperatif  comme 
öTCovdaödx^oj  ou  öq)SLXEx]co^  et  il  avait  restitue  tg5  ixdixa  TiOQ^^at 
dans  la  lacune  suivante.  Mais,  verification  faite,  ces  Supplements 
sont  un  peu  longs.  L'infinitif  tcoqlökl  peut  tres  bien  dependre  de 
^Ayi6Xov%'6v  iöxi. 

1,  15.  Les  paroles  du  juridicus  et  la  reponse  de  Nonna  sont  ob- 
scures.  Faut-il  voir  dans  xueiv  l'infinitif  xl0siv?  Faut-il  Interpreter: 
Tl  <^(pYi)6iv  Kai  n£Qi  xovxcov  N6vva;(^)  A  la  fin  de  la  ligne  on  serait 
tente  de  restituer  ai,ov6iav.  Mais  nous  ne  trouvons  pas  de  place  pour 
Vs.  —  'Avxidwov  au  masculin  (cf.  II,  18)  parce  qu'il  s'agit  d'Horus, 
non  d'Eustorgion. 

1)  II  faut  evidemment  suppleer  a.QTviLa.tog  qui  est  tombe  dans  le  manuscrit. 

2)  aQxilicc  dans  Du  Gange  Gl.  inf.  graec.  s.  v.  II  cite  le  Lex.  Graec.  3fs. 
Beg.  Cod.  309. 

S)  cf.  Bekker  82,  31.  aQXvoai,  a-navciaai. 


310  I.  Aufsätze 

1.  17.  18.  Ovycc .  .  ,  rjli  —  La  premiere  restitution  qui  se  presente 
ä  l'esprit  d'vy(i{ti]Q)  [AvQ]r]U(ov)  n'est  pas  admissible.  M.  Wilcken  nous 
fait  remarquer  qii'il  n'y  a  pas  d'abreviation  dans  le  texte  gi-ec  et  que 
d'ailleurs  AvgtjlLov  ue  suffirait  pas  ä  desiguer  le  pere  de  Nonna.  La 
leeture  rih  ne  fait  pourtant  pas  de  doute.  II  faut  donc  admettre  soit 
une  abreviation  soit  im  niot  iudeclinable.  Nous  nous  demandons  si 
Ton  pourrait  songer  ä  0vyK[x7]Q]  'jF/At,  nialgre  l'etrangete  de  ce  nom 
hebraique  dans  une  famille  oü  tous  les  autres  noms  sont  grecs. 

1.  18.  Au  debut.  II  serait  tentant  de  restituer  EvGtoQyiG),  mais  cette 
Hypothese  n'a  rien  de  necessaire.  Si  eile  etait  exacte,  il  f'audrait  noter 
que  c'est  un  autre  que  le  mari  d'Eustorgion  qui  serait  son  manda- 
taire.    W. 

Col.  I,  1.  11,  dCxaiov  -jicddov.  La  derniere  mention  du  jms  liherorum 
connue  jusqu'ici  par  les  papyrus  etait  de  l'an  271.^)  Celle  que  l'on 
trouve  ici  est  plus  recente.  Malheureusement  l'acte  de  location  oü  il 
est  fait  allusion  ä  ce  droit  n'est  pas  date.  Cependant  notre  texte  des 
environs  de  350  permet  de  fixer  un  point  de  Fhistoire  du  droit  romain 
au  Bas  Empire.  II  nous  montre  le  jus  liherorum  encore  invoque  par 
Aurelia  Nonna  pour  se  dispenser  de  l'assistance  d'un  tuteur,  et  d'autre 

part   sa  co-contractante  Aurelia  [ ]  encore  assistee   de  son  tuteur 

et  mari,  Aurelios  Pheos  ApoUonios,  a  une  epoque  oü  les  auteurs  les 
plus  surs  reputaient  eteinte  la  tutelle  des  femmes  ce  qui  rendait  inutile, 
ä  ce  point  de  vue,  le  jus  liherorum.") 

La  disparition  definitive  de  la  tutelle  des  femmes  est  donc  poste- 
rieure  au  milieu  du  IV"  siecle,  date  approximative  de  notre  papyrus. 
Mais  est-elle  une  consequence  de  la  Constitution  de  410  par  laquelle 
Tfieodose  et  Honorius  concedent  le  jus  liherorum  ä  toutes  les  femmes 
de  l'empire?^)  Nous  ne  le  pensons  pas.  II  suffit  de  faire  remarquer 
que  la  Constitution  3  du  Cod.  Theod.  8,  17  (=  C.  1  cod.  lust.  S,  58) 
dont  la  portee  abolitive  du  jus  liherorum  semble  etre  absolue,  n'est 
que  la  suite  de  la  Constitution  2  qui  vise  uniquement  le  jus  lihero- 
rum dans  ses  effets  au  regard  de  la  solidi  capacitas  entre  epoux.  La 
place  meme  des  deux  titres  aux  Codes  Theodosien  et  Justinien  etait 
dejä  un  argument  contre  la  doctrine  re^ue.  D'autre  part  la  Consti- 
tution 2  (Cod.  Just.  8,  58),  emanant  de  Justinien  lui-meme,  abroge 
expressement  le   meme  jus  liherorum   requis    par   le    Senatus-consulte 


1)  Mittli.  PB.  IV  (1888),  p.  54  et  note  p.  59.  —    I.  3  x^Q^  kvqiov  ;^p?jfio:Tt- 
^ovCr]i  rt-Kvcov  öikcÜcol  v.axu  'Pcoiiccicov  ^Q"ri,  avvsßtätög  aoi  ävqtiIIov  Evöc-iiiovog. 

2)  cf.  P.  V.  Girard,  Manuel  elementaire  de  droit  romain^  p.  215. 

3)  en  ce  sens.     P.  F.  Girard,  l.  c. 


Collinet-Joiiguet:  Un  Proces  plaide  devant  le  juridicus  Alexandreae  etc.     311 

Tertullien  comme  une  condition  necessaire  pour  que  la  mere  puisse 
succeder  a  ses  enfants.  Aucunc  Constitution  en  revanche  ne  vise  la 
suppression  du  jus  liberormn  dans  le  droit  de  la  tutelle.  II  faut, 
Selon  nous,  logiquement  en  conclure  que  le  jus  liberorum,  envisage 
comme  cause  de  dispense  de  la  tutelle,  n'etait  dejä  plus  en  vigueur 
sous  Theodose,  parce  que  la  tutelle  des  femmes  etait  tombee  pratique- 
ment  en  desuetude  auparavant. 

Col.  IL  1.  9.  ov  [ist  ov  xolv  ne  signifie  rien  de  plus  que  «dans 
peu  de  temps»  cf.  Gradenwitz,  Einführung  in  d.  Fapyruslamde  I.  p.  40 
Anm.  1.  W.  —  Remarquez  l'expression  iv  tfj  AlyvittGi  pour  designer 
la  %G)Qa  par  Opposition  ä  Alexandrie. 

Ilatg.  C'est  Dionysios  qui  est  designe  ici  comme  plus  bas  par 
l'expression  de  natg. 

1.  12.  IleQLyQacpy],  que  nous  avons  traduit  par  l'expression  ge- 
nerale de  demarche  Jiostile,  implique  peut-etre  la  redaction  d'un  acte 
quelconque. 

Col.  III,  1.  10.  TW  dLxa6rr]Qi<p.  Comme  plus  baut  (Col.  II,  1.  3)  ce 
mot  desigTie  le  tribunal  du  juridicus.  C'est  devant  lui  que  Philadelphos 
doit  prouver  la  legitimite  de  sa  curatelle.  Nous  savons  que  la  juri- 
diction  gracieuse  est  du  ressort  du  juridicus. 

Lille,  fevrier-avril  1900. 

Paul  Colliiiet.    Pierre  Jouguet. 


Zusatz. 

Auf  Wunsch  der  Herren  Verfasser  verweise  ich  auf  P.  Gen.  11,  dessen  Be- 
ziehungen zu  dem  obigen  Protokoll  ich  erst  bemerkte,  nachdem  der  vorstehende 
Aufsatz  schon  gesetzt  war.  Dieser  von  Nicole  edierte  und  in  den  Akten  des 
X.  Orientalistentages  kommentierte  Teilungsvertrag  vom  Jahre  350  n.  Chr.  be- 
rührt zwar  nicht  den  in  jenem  Protokoll  behandelten  Rechtsfall,  giebt  uns  aber 
über  die  Persönlichkeiten  erwünschte  Aufschlüsse. 

Eustorgion,  hier  ausdrücklich  als  Frau  bezeichnet  (vgl.  oben  S.  306),  ist, 
wie  CoUinet-Jouguet  richtig  vermutet  haben  (S.  306),  die  Schwester,  der  Nonna, 
des  Philadelphos  und  Dionysios.  Vgl.  Gen.  11,  2  und  11.  Der  Vater  dieser  Ge- 
schwister heifst  'HXirov  (gen.),  wozu  der  Nominativ  nach  einem  unpublizierten 
Text  aus  Ehnas  'Hlixccg  heifsen  wird.  Die  Verfasser  haben  also  mit  Recht  in 
I  17  Q'vyd\tT\Q\  HIl  vermutet  (S.  310).  Es  wird  nunmehr  zu  'HXi<^rovy  zu  emen- 
dieren  sein.  Mit  Bezug  auf  S.  310  zu  1.  18  sei  hervorgehoben,  dafs  der  Mann  der 
Eustorgion  im  Genfer  Text  AvQriliov  Kovivrov  'AnoXläros  genannt  wird.  ^) 


1)  Im    Protokoll    I  18    wird    ä'iou    zu    <P<^iXyiov    zu    emendieren   sein.      Der 
Name  ^iXiccs  ist  gerade  für  das  Dorf  ^daSsltpia  bezeugt.     Vgl.  BGU  456. 


312     I.  Aufsätze:  CoUinet-Joxiguet:  Un  Proces  plaide  devant  le  juridicus  Alex.  etc. 

Wichtiger  ist,  dafs  nach  dem  Genfer  Text  die  Geschwister  zwar  in  Phila- 
delphia im  Arsinoitischen  Gau  wohnen  {^axoi^ovvrsg) ,  aber  aus  Alexandrien 
stammen  {&nb  rijs  'AXe^avöglag).  Dafs  die  Geschwister  vor  dem  Juridicus  pro- 
zessieren, ist  daher  für  die  Frage  nach  der  Kompetenz  dieses  Beamten  (S.  305  f.) 
nicht  entscheidend.  Denn  dafs  er  für  die  in  der  ^'^qcc  wohnenden  Alexandriner 
zuständig  war,  werden  auch  die  Anhänger  der  Marquardt'schen  Ansicht  nicht 
geleugnet  haben,  i)  jy  ^^^ 

1)  Dagegen  bietet  P.  Gen.  4  ein  neues  Beispiel  dafür,  dafs  die  Griechen  in 
der  x<»Qcc  sich  an  den  Juridicus  wenden  konnten.     Vgl.  Obss.  S.  8. 


Observatiunculae  ad  papyros  juridicae. 

(Continuantur.) 

§  10.  Mansisse  etiam  sub  Romanis  tö  eyxvxhov  haud  uno  ge- 
nere  documentorum  declaratur.  Veluti  supersunt  apocliae  trapezitarum  ^), 
publicanorum^),  incertorum  ^) ;  quae  partim  in  ipso  principali  instru- 
mento  subscriptae  sunt*)  veterum  mo^iKTov  exemplo,  partim  separatim 
datae  sunt,  id  est  aut  in  sua  charta^)  aut  in  testa**),  quae  proprie  di- 
cuntur  öv^ßoXa  iocdsdo^svcc'^)]  extant  diayQacpal  rsXcavGiv^),  id  est  ac- 
cipiendi  mandata  ad  trapezitam;  extant  data  ad  agoranomum  testimonia 
TÖ  iyxvxhov  solutum  esse^);  sunt  denique  huius  vectigalis  passim 
vestigia.  ^*')  Elocabatur  id  etiamtunc  publicanis,  quibus  coercendis,  ne 
quid  fraudis  comminiscerentur  operam  dabat  in  ceteris  quidem  nomis 
6  öTQaTrjyog  ^^),  in  Arsinoite  ^^)  6  vo^KQxrjg^  itaque  dicebantur  vtco  tbv 
voficcQXTjv  —  extra  Arsinoiten  vtco  tbv  GtQUTrjybv  dictum  sit  oportet  — 
äöxo^st^&cci  ^^) ,  t6  iyxvK^.LOV.  ^*)     De  pretio   etiamtunc  eo   nomine  sol- 


1)  P.  Oxy.  99,  13—19. 

2)  Cum  intrriQT]Taiv  apochis  hae  sunt:  P.  Paris.  17,  22  sqq.;  BGü  748  11; 
Ostr.  1051;   1066;  1454. 

3)  P.  Lond.  297(&);  Ostr.  473;  1378. 

4)  P.  Paris.  17.  Nam  P.  Oxy.  99  ptomatis  antigraphum  habet  sub  contractus 
antigrapho. 

5)  P.  Lond.  297  (t);  BGU  748  E. 

6)  Ostr.  473;  1051;  1066;   1378;  1454. 

7)  Cf.  P.  Oxy.  95,  29. 

8)  P.  Oxy.  96;  185. 

9)  P.  Oxy.  242,31;  243,45;  333;  343;  345;  348.  Haec  testimonia  cum  apochis 
non  esse  confundenda,  ipsis  demonstratur  (veluti  243,  46/7:  xhav-rai  ...  Jidv^og 
...  ■iia&'  rjv  ^xsi  SiaYQa(prjv  ktL). 

10)  P.  Lips.  5,  5;  P.  Oxy.  44;  95,  26;  238;  P.  bibl.  Berol.  21,  9;  P.  Paris,  ined. 
(Ostr.  I  p.  576  not.  2);  Ostr.  1599.  —  Circa  P.  Oxy.  274  nihil  promitto. 

11)  Cf.  P.  Oxy.  44. 

12)  Ubique,  putat  Wilcken,  Ostr.  I  §  597. 

13)  Cf.  Wilcken,  Ostr.  cap.  IV  p.  191. 

14)  BGU  748  II  3  —  5;  P.  Oxy.  44,  6/7,  22/3;    185.     Cf.   praeterea  Wilcken, 
Ostr.  I  p.  576. 


314  I-  Aufsätze 

vendum  erat  rb  ijtidsxatov^  veluti  P.  Oxy.  99  propter  talenta  32  exi- 
guntur  tal.  3  dr.  1200^  observatiir  autem  eadem  ratio  P.  Oxy.  242;  333, 
quamobrem  P.  Oxy.  99,  19  vocabulum  S7tLdeica(tov),  quo  coutineri  putant 
editores  alterum  vectigal  („a  further  Charge"),  equidem  cum  praecedenti- 
bus  iungendum  arbitror,  deinde  quod  solum  cernitur  (II  pag.  285  not.  1) 
S  initium  esse  nominis  subscriptionis  (UaQccTticov).  In  bypothecis  iam 
non  decima  sortis  exigebatur,  sed  quinquagesima  ^)',  erat  autem  prae- 
terea  quotannis,  ui  fallor,  bypotheearum  nomine  solvendum  reXog  ava- 
v£G)öscog.-)  Mancipiorum  ^)  et  navicularum  ^)  nunc  primum  apparet  rb 
iyxvxhov.  Contrascriba  iam  nullus  invenitur;  neque  id  fortuito  acci- 
dere  crediderim;  etenim  dtayQaq)ri  rekcbvov  ad  trapezitam,  quae  integra 
pervenit^),  contrascribae  subscriptione  munita  non  est.^)  Invenitur, 
sicut  in  aliis  quamplurimis  vectigalibus,  iTtitijQrjtijg  tslovg  iyxvxh'ov''), 
quem  contrascribae  dissimilem  fuisse  puto  magisque  sub  publicano 
vectigal  exegisse.^)  Ergo  publicanorum  et  iiiLtrjQrjt&v  apochis  demon- 
stratur  sub  Romanis  t6  syxvxXiov  recta  via,  id  est  sine  trapezitae  inter- 
ventu,  exigere  publicano  licitum  fuisse.  Non  tamen  propterea  creden- 
dum  est,  desiisse  fiscum  TTjg  TtQoöödov  xvqlsvslv,  sed  debuisse  videtur 
publicanus,  quod  exegisset,  id  apud  mensam  publicam  deponere  ad 
diaXoytßfiov^  quemadmodum  in  testa  quadam  adscribitur:  ag  xal  dia- 
yQ(xt{jo^£V  (ÖQaxiiäg)  STtl  xijv  drjfio6iav  rQd7tet,av.^)  Potuisse  utique  ex 
mandato  publicani  apud  trapezitam  satisfieri  ra  iyavxUc),  rebus  ipsis 
et  factis,  id  est  et  illorum  diayQacpalg  et  ptomate  declaratur  trapezitico. 
Apocharum  formam  quod  attinet,  ptoma  quod  a  trapezita  datum  est 
(P.  Oxy.  99)  a  prisco  more  non  prorsus  abborret;  quae  scripta  sunt 
a  publicano,  sive  sub  instrumento  principali  sive  separatim,  ea  vero 
prorsus  sunt  soluta.  Veluti  P.  Parisino  17  subscribitur:  £6%a^ev  TtaQoc 
6ov^^)  TÖ  ysLvö^svov  tsXog  trjg  TfQOXst^evrjg  avfig'^'^);  ex  diverso  BGU 
748  II,  quod   est  öv^ßolov  ixdsdo^tvovy   licet   cum   principali   instru- 


1)  P.  Oxy.  243.  2)  P.  Oxy.  274,  20. 

3)  Wilcken,  Ostr.  I  p.  182*;  P.  Oxy.  95;  96. 

4)  Ostr.  1051.     Ergo  Ostr.  106G,  2;  1454,  2   partim   suppleo,   partim   emendo 
ccvdgccTtödav  v,ccl  nXoiccQicov. 

5)  P.  Oxy.  96  (Wilcken,  Ostr.  I  p.  647). 

6)  Subscribendum  nihilominus  a  contrascriba  fuisse,  temere  auguratur  Wilcken, 
Ostr.  I  p.  648  (lin.  3—5). 

7)  Locos  dabit  Wilcken,  Ostr.  I  p.  576. 

8)  Cf.  Wilcken,  Ostr.  I  p.  599  sq. 

9)  Ostr.  662  (I  p.  87). 

10)  Cum  emptore  loquuntur  publicani. 

11)  Quae  sequitur  subscriptio  'Annwvi{o)s  6vv£Tt{s)i6&i]v  socii  est  (cf.  Wilcken, 
Ostr.  I  p.  591). 


J.  C.  Naber:  Observatiunculae  ad  papyi-os  juridicae  315 

mento  postea  conglutinatuni ,  post  annum  et  diem  continuatur:  diayi- 

yQafpev  xä aöioXov^ibva    t6    iyxvxkiov Uarvvig    Evqyj^o- 

vog  ^) (tslog)    oimag    xal    ul&qlov   dvo.     Testae    partim    similes 

sunt  Parisino  ptomati  veluti  1051,  10G6,  1454,  quae  in  hunc  fenne 
modum   conceptae    sunt:    ae^ov   (ccTtBöxov,   äTtsöxtjxtc^sv)   naQu    6ov    rb 

xad-rjxov  xiXog {avdQunödov  vel  nXoi{u)Qiov)  ov  iojvrjaa  ^)   nuQu 

Tov  dstvog',  partim  sunt  similes  Beroliuensi  öv^ißoXo},  veluti  473;  1378: 
diSfQKjjjsv  (diaysyQ(iq)i]xsv)  6  dstva  vtisq  syxvxXCov.  Est  quoque  Gv^i- 
ßoXov  ixdedoiisvov  P.  Lond.  297  (h),  sed  ad  explicandum  difficile.  Dif- 
ficultas   in   eo  consistit,  quod   solvit  ibi  dtcc^)  KXavdCov  'AnoXXivaQiov 

xal  0Xaovt'ov  {..)ov^)  ( )oi»^)  üroXXäg  "ÜQCovog  —  reXog  syxvxXCov 

non  vnkQ  ri^g  (hvijg^  sed  (eig)  vo^uqx&v  Xoyov.  Ergo  aut  per  abusum 
dictum  est,  quemadmodum  alterius  generis  apochae*")  vo^kq^u  babent, 
vetustiores  etiam  ßaacXst"^),  aut  possunt  videri  eo  tempore  quo  baee 
apoche  emitteretur  vectigalia  elocata  non  fuisse,  dvöTtsid-ovvtav  forte 
xäv  t6  iyxvxXiov  aö^oXav^svcov  xal  XLvdvvsvövtojv^)  ^Exaöxrivca^  ut 
est  in  P.  Oxy.  44,  6 — 10.  Per  Aegyptum  enim,  quia  ^aQu  xb  xoivbv 
sQ-og  xüv  ' £7tccQX£t&v^)  inviti  quoque  per  iniuriam  ad  veetigalium  con- 
ductionem  trabebantur  ^*'),  qui  buie  oneri  videbantur  idonei,  ideo  praeter 
(t6)  (pvyddag  ysveöd-ai  nibil  ab  iniuria  vindieare  poterat  xovg  TtQoößi- 
ßat,o^8vovg.^^)  —  Ipsum  vocabulum  jtxä^ia  imperatoria  aetate  inventum 
nondum  est  sed  supplendum  videtur  P.  Oxy.  238,  quo  cavetur:  xovg 
s^ovxag  ^sxsÜQovg  oixovofiiagy  id  est  contractus  incboatos^^),  sv  xs  tö 
ayoQavo^(^£)iG)  xal  ^vrj^ovsia  xal  yQaq){€)i(p  —  TiQOötQXEöd'at  xolg  äyo- 
Qavo^oig  xal  X£[X£iovv,  id  est  perficiendos  curare  ^^),  xal  iyxvxXil 


1)  Is  emptor  fuit  (III  6). 

2)  1454,  5  suppleo  [ov  i]^{sxa>QiqGco)  [nXjoiov.     IIaQci%(OQEl6&ttL  hoc  sensu  fre- 
quens  est  (veluti  P.  Oxy.  45;  4G;  47). 

3)  ziiä  incertum  est. 

4)  To  V  incertum  est. 

5)  Ergo  suppleri  nullo  modo  potest:  TslcovGiv. 

6)  Archiv  I  p.  9  (no.  3). 

7)  Wilcken,  Ostr.  I  p.  71  (5). 

8)  I.  e.  aitEilovvrcov.    Eodem  sensu  legitur  xivSvvsvoitEv  to  Isqov  izliTtslv  in 
P.  Mediol.  (ed.  Ceriani)  lin.  10.     Locum  exscripsit  Wilcken  GGÄ  1894  p.  721. 

9)  Consentit  Paul.  1.  9  §  1  D.  39.  4  (sed  cf.  etiam  1.  3  §  6  D.  49.  14  (Wilcken, 
Ostr.  I  p.  594)  et  BGU  628  (vo.)  H  19—21). 

10)  Edict.  Tib.  Alex.  (CIG  4957)  lin.  10—14  (Wilcken,  Ostr.  I  p.  592). 

11)  P.  Oxy.  44,  14  — 16  (cf.  Wilcken,  Ostr.  I  p.  593,    qui    mavult:    rovg   TtQog 
ßiccv  ayofihvovg). 

12)  De  contractibus  inchoatis  cf.  Interim  Mitteis,  Archiv  I  p.  193 — 195. 

13)  Contractus  inchoatos  non  perficere,  liberum  non  fuisse,  hinc  colligo.     Di- 
versa  sedit  sententia  Ludovico  Mitteis,  Archiv  I  p.  193. 

Archiv  f.  Papyrusforscbung  I.  2.  21 


316  I-  Aufsätze 

^ara  an  xal  vvv  cpEQEtv^  modo  lacunam  explendam  esse  concedatur 
e'y'}ivy,Xi\ov  tsAovs  7Ctc6]^atK.  lubentur  autem  haec  ideo  adferri,  quia 
imperatoria  aetate  iam  non  licebat  agoranomis  privatonim  contractus 
perficere,  nisi  antea  apud  censitorem  lecti  essent,  qua  de  re  dicemus 
§  16,  atque  solutum  esset  ro  ayxvxhov^  quae  res  huius  est  loci.  Ergo 
non  lieuisse  antequam  solutum  esset  tö  iyxvxXiov  contractum  perficere 
demonstratur^)  testimoniis  vel  trapezitarum  ^)  vel  publicanorum  ad  ago- 
ranomum  scriptis^),  quibus  testabantur  vectigal  solutum  esse.  Debebat 
igitur  qui  contractum  perfici  postulabat  aut  ptoma,  id  est  apochen 
ostendere  sibi  emissam,  aut  testimonium  ad  agorauomum  scriptum  per- 
hibere.^)  Qua  re,  sicuti  diximus,  demonstratur  sub  Imperatoribus  in 
boc  vectigali  exigendo  praeferri  coeptam  actionis  viae  retentionis  viam.'') 
Quod  ius  quamdiu  in  usu  mansit,  non  potuit  agoranomicis  utique  con- 
tractibus**)  t6  mä^a  subscribi  sed  necessario  utendum  fuit  övfißöXois 
EKÖsdo^EVOLg.  Ex  diverso  P.  Paris.  17  anni  153/4,  qui  contractus  apud 
agoranomum  initus  est  (puQ^ov&l  A',  quum  subscribatur  apoche  se- 
quentis  anni  9-üt  ii;'  documento  est  tmic  rursus  actionis  viam  esse 
praelatam.')  Neque  haec  opinio  eo  refellitur,  quod  P.  Oxy.  99  (anni  55) 
subscriptum  habeat  jiT(biia,  est  enim  et  principalis  instrumenti  et  raXäv 
diay^acpfig  (lin.  13)  avTiyQacpov  (lin.  1);  videntur  igitur  hie  describendo 
sie  esse  coniuncta,  uti  BGTJ  748  conglutinando.  Alioquin  non  hie  tan- 
tum  sed  etiam  P.  Oxy.  242,  34;  243,  47;  333  vectigalis  apoche  dta- 
yQCicpri  dicitur.  Dicebatur  etiam,  ni  fallor,  xaltovaCa^  nam  sie  explicatur, 
quod  in  P.  Cattaoui^)  taXaveta  dicitur  emtio  nxä^a  habens. 

§  11.  De  ptomatis  absolutum  est,  dicendum  igitur  TiaQi  XAPAF- 
MATSIN.  Et  est  idgay^ia  subscriptio  praescriptiove ^)  magistratus,  qui 
contractibus  praesideat  declarandi  causa  instrumentum  sibi  oblatum  et 
a  se  in  monumenta  publica  receptum  esse.  Quibuscum  %KQäy^(x6tv 
neque  est  confundenda  subscriptio  magistratus  testandi  causa  insti'u- 
mentum  apud  se  scriptum  data  (cf.  §  15),  neque  censitoris  adiutorisve 


1)  Demonstrari  vidit  Mitteis,  Archiv  I  p.  194. 

2)  Trapezita  testatur  P.  Oxy.  243,  45. 

3)  P.  Oxy.  242,  31—34;  243,  45—49;  333;  343;  345;  348.     Cf.  P.  Oxy.  50. 

4)  Eo  pertinere  puto  P.  Oxy.  238,  18 :  i)  ort  tol<s  a ;  suppleo  aa^olov- 

(i^voig,  ut  hie  sensus  sit:  rbv  rsXsimaovra  oportere   aut  ptoma  adferre,  aut  publi- 
cano  satisfecisse  se  testimonio  ad  agoranouaum  dato  comprobare. 

5)  Contrarium  obtinuisse  sub  Ptolemaeis  docuimus  §  9. 

6)  Potuit  inchoatis  vel  privatim  scriptis. 

7)  Cf.  praeterea  Mitteis,  Archiv  I  p.  194*. 

8)  BulleUino  p.  159  (lin.  10). 

9)  Praescribitur  BGU  472  I;  P.  Lond.  303. 


J.  C.  Naber:  Observatiunculae  ad  papyros  juridicae  317 

in  professionibus  posita  declarandi  causa  in  censura  delatum  esse.^) 
Fit  autem  iustum  %KQay^a  bis  verbis:  ävaysyQUTcraL^)  vcl  xsxQyj^d- 
rixa  ^)  vel  ^lEtSiXrjcpcc  (^sr£l%ov)  eig  avayqacpiqv  '^)  vel  ivrtrccxtav  ^)  vel 
(isrtyQai[;a^)  vel  7iat£%(OQC6d^ri'^),  quae  singula  plerumque  subscribuntur, 
interdum  (cf.  supra)  praescribuntur  exemplari  quod  redditur.  Eeddi 
solet  autograpbum^),  sin  antigraphum,  id  ipsum  rra  xa^dy^uxi  com- 
prebendi   oportet,  quemadmodum  praeseribitur  papyro  ex  Oasi  maiore 

(Grenfell  II  70):  6  öelva  a(nrjvayx)£Lv'-') trjv  ysvofievrjv  uvta 

XKQiv,  i]g  iötlv  avxCyQacpov  jttrA.,  quod  singulare  quideni  est,  sed  no- 
vimus  papyros  eius  regionis  a  reliquis  sui  quemque  generis  haud  uno 
modo  discrepare.  ^^)  Habere  solet  tö  xdgay^a  subscribentis  nomen, 
magistratus  eius  titulum,  annum  et  diem,  velut  boc  modo:  'AnolXavtog 
6  nQog  TG)  yQaq){£)i(p  tov  IIsQi^-'qßug  ^£t£Lkr]q)a  stg  ccvayQaq)r)v  hovg 
Ag"  Tvßt  7tä{i7iti]^^),  nisi  forte  aut  nomen  omittitur^^)  aut  titulus^^)  aut 
additur  locus.  ^^)  Annus  et  dies  non  ante  omitti  coeperunt,  quam  papy- 
rorum    tergis    inprimi   coepit  signum    planum,   quo   annus   exprimitur, 


1)  BGU  53;  95;  447;  524  (Wilcken,  Ostr.  I  p.  474).  Sicut  ibi  subscribitur, 
ita  praeseribitur  P.  Rain.  1436  (Hartel,  Gr.  Pap.  not.  14);  BGU  459;  P.  Lond. 
299;  300.     Cf.  BGU  379,  1.  —  Solemne  verbum  est  ascruisia^ai.. 

2)  Lond.  (Forshall)  41;  42;  (Kenyon)  142;  143;  154;  277;  289  (cf.  Wilcken, 
Archiv  I  p.  157);  293;  P.  Leid.  L  373  (p.  88);  380  (p.  90);  BGU  153,  44/5;  472 
II;  719  (cf.  Wilcken,  Archiv  I  p.  176);  CPR  I  4;  P.  Grenf.  I  36,  10;  P.  Vat.  demot. 
sine  no.  {Eendiconti  dei  Lincei  (V)  II  (1893)  p.  830).  —  In  P.  Forshall  42  pro 
KQSiog  1.  xQ^i^og,  ut  in  Leid.  I.  380. 

3)  Not.  et  extr.  XVIII  2  p.  225;  Wiener  Stud.  III  p.  5;  Memorie  (Torino)  XXXI 
(1827)  p.  159.  —  Alioquin  solet  v.siQ7iaüriv.a  non  transscripsi  significare  sed  scripsi. 

4)  P.  Leid.  I.  375  (p.  89).  —  Quatuor  exempla  exhibentur  in:  Memorie  {Torino) 
XXXI  p.  159  sq. 

5)  BGU  87,  33;  350;  446;  664;  P.  Lond.  303;  308;  311. 

6)  CPR  I  1,  38. 

7)  CPR  I  27,  32 :  y.(xT£io-  l  ixovg  cpc<ii£vöi&  X'  Srjaoaicos  f'i  s{v)8o(KOvvrcov). 
drifioaicog  debetur  Huntio  (qui  corrigit  etiam  cpccäxpi).  '£^  sväoyiovvTcov  ter  habet 
P.  Grenf.  I  11. 

8)  Modo  autographum  adlatum  sit  (cf.  §  18). 

9)  Quasi  esset  plusquamperfectum.    Editores  maluerunt  a(TtocpsQ)siv  supplere. 

10)  Veluti  soli  habent  subscriptionem  rov  nccQavayvovtog. 

11)  P.  Buttmann. 

12)  Veluti  ivritcciitat,  diä  yQacpsiov  {BGU  87;  350;  446),  quod  sine  dubio  re- 
stituendum  est  BGU  183,  47. 

13)  Veluti  SiXQanicav  {iBXsilricpa.  aig  ccvocyQcccp-^v  {Memorie  {Torino)  XXXI  p.  159). 
Et  nomen  et  titulus  omitti  videtur  CPR  I  27,  32  (cf.  supra). 

14)  Veluti  ccvccyeyQccTtrcct  iv  tä  'Avovßisiai:  F.  Forshall  41;  42;  Vat.  demot. 
sine  no.  {Eendiconti  dei  Lincei  1893  p.  830).  Cf.  P.  Leid.  I.  380  (p.  90):  ccvays- 
yQccntcct,  Sia  rov  iv  tm  'AvovßiBiip  ypaqp^cos. 

21* 


318  I-  Aufsätze 

qua  de  re  supra  (§  1)  et  nos  diximns  et  (p.  76  not.  1)  non  ante  nos 
Wilcken.^)  Ergo  Romanorum  aetate  iam  sine  die  cliaragmata  inve- 
niuntur^),  supplente  annum  dumtaxat  signo  anniversario.^) 

§  12.  Inveniuntur  %aQccyiiaru  contractibus  addita,  tam  Graecis 
quam  Aegyptiis^),  quod  prima  facie  mirum  videri  potest.  Etenim  de 
Aegyptiis  cautum  erat  tä  ^r}  avaysyQa^^äva  Aiyvittia  övvukXdy^ata 
axvQu  slvuL^),  inatitutumque  to  yQu^stov,  ubi  per  indicem  transscri- 
berentur.^)  Graeci  autem  contractus  fieri  solebant  inl  rov  ä^x^^ov"^), 
id  est  STt'  ccyoQuvö^ov^)  vel  inl  ryjg  (6vyyQa(po)(pvXaxrjg^),  itaque  vi 
ipsa  publice^  nee  ulla  praeterea  requirebatur  d7]^o6Lca6Lg.  Scilicet  etiam 
Graeci  contractus  nonnumquam  privatim  scribebantur^'^),  erant  igitur 
magistratibus  offerendi,  ut  possent  rati  esse.  Nam  privatim  scriptos 
Graecos  contractus,  antequam  deponerentur,  ratos  nondum  fuisse^^),  ipsa 
Actione  ^-)  demonstratur,  qua  nulla  frequentior^^):  r}  (övyyQacprj)  kvqlu 
eörco  cjg  iv  drjfioßiG)  xaraxsL^svrj.  Itaque  in  contractu  Hermopolitano 
(MiUh.  FR.  IV  (1888)  p.  54—56,  item  tribus  exemplaribus  CPR  I  9), 
qui  contractus  privatim  scriptus  est  anno  p.  Chr.  271,  venditor  Evdoxä^ 
inquit,  r/}  eöo^tvrj  Örj^oGLCoGai.^^)  Ex  diverso  BGU  61S,  17  creditor, 
non   debitor,  ßovXo^aL,   inquit,  iv  di]^o(3ic}  ysvdßd'ai,  tb  %£iQ6yQacpov. 


1)  „Der  Stempel  gieht  das  Jahresdatum,  dem  dann  mit  Tinte  der  Tag  tmd 
die  Begistrierungsnote beigefügt  loird."- 

2)  BGU  87;  183;  350;  446;  472  I;  CPR  I  1. 

3)  BGU  183;  CPR  I  1.     In  ceteris  evanuit  signuiii. 

4)  Utriusque  generis  pleraque  dantur  Archiv  I  p.  9  (no.  ult.),  p.  10  (no.  3). 
Addi  tarnen  possunt  Graecorum  contractuum  cbaragmata:  P.  Grenf.  I  36,  10;  11  70, 
1  —  5;  CPR  I  1,  38;  BGU  472  I  1,  demoticorum :  Vat.  sine  no.  {Bendiconti  dei 
Lincei  1893  p.  830). 

5)  P.  Taur.  1  IV  13—15. 

6)  Ad  hoc  institutum  pertinet  P.  Paris.  65,  quem  interpretatur  Mitteis,  Herrn. 
XXX  p.  597,  atque  mutatis  quibusdam,  ut  mihi  videtur,  in  deterius  XXXIV  p.  97. 
Cf.  praeterea  Peyron  ad  P.  Taur.  13,  9. 

7)  P.  Grenf.  I  26,  6;  28,  11;  U  19,  12/3;  alibi.  Intelligitur  hie  ubique  agora- 
nomicum  ccqx^iov.  Sed  cf.  CPR  I  223,  20;  P.  Lond.  154,  13  {öiä  (ir]8fv6g  ccqxsIov); 
BGU  50,  15;  Mitteis,  Archiv  I  p.  191  not.  1. 

8)  Locos  adferre  putidum  foret.     Cf.  Mitteis,  Herrn.  XXX  p.  596*. 

9)  P.  Leid.  0. 

10)  Exemplo  sit  P.  Grenf.  II  17. 

11)  Imperatoria  utique  aetate. 

12)  Mitteis,  Herrn.  XXX  p.  599:  „die  (Mos  phraseologische)  Bemerkung/^  Fic- 
tionem  esse  negat  Gradenwitz,  Einführung  in  die  Papyruskunde  I  (1900)  p.  92 \ 
quod  requiratur  tia&cinsQ  (non  mg). 

13)  Occurrit  CPR  I  9,  17;  10,  11;  BGU  50,  18—20;  69,  14/5;  71;  260;  272; 
620;  578;  666;  P.  Lond.  178.    Etiam  in  Oasi  maiore:  P.  Grenf.  E  68;  70;  71;  75;  76. 

14)  Eandem  formulam  habet  CPR  I  10,  11  (Mitteis,  Archiv  I  p.  192  not.  2  i.  f.). 


J.  C.  Naber:  Observatiunculac  ad  papyroR  juridicae  319 

Est  autem  adeo  vulgaris  fictio  depositionis,  ut  opponatur^)  xEiQoyQaqiov 
dedrjfioötojfievov ,  id  est  quod  fictam  habeat  drifioöiaßLV^  %Qrj(iatL6^G) 
vere  drj^oöiG). 

§  13.  Non  dubitaverunt  oi  tiqos  tcö  yQacpsicj,  licet  essent  demo- 
ticis  dumtaxat  contractibus  recipiendis  praepositi,  etiani  Graecos  con- 
tractus  privatim  scriptos  in  publica  monumenta  referre^),  quin  immo 
ne  dubitaverunt  quidem  et  Graecos  •"')  et  Aegyptios^)  contractus  ipsi 
scribere,  adeo  ut  sub  Romanis  contractus  ijtl  T'ijg  äQXTig-')  factus  iam 
intelligendus  sit  stiI  tov  yQag)siov.^)  Nihilomagis  agoranomi  plane 
desierunt  contractus  aut  scribere  aut  suscipere,  quamquam  suscipere 
putat  Mitteis')  proprium  esse  tov  yQacpeiov^  nam  ab  agoranomo  scribi 
tantum  („der  Agoranom  tritt,  so  weit  unsere  Urhmden  reichen,  uns  durch- 
aus in  der  FunJdion  eines  die  Urkunde  vollziehenden  Beamten 

entgegen").  Quem  refutavit  GrenfelP),  demonstratis  epistalmatis  ad 
agoranomum,  quibus  iubetur  ccvayQacpBLv.^)  Quae  illi  nota  esse  non- 
dum  poterant,  sed  poterat  Mitteis  vel  sie  refutari,  quia  extat  agorano- 
micum  idqay^a  ad  CPR  11:6  ÖEiva  äyoQav(6^os)  diad£i,(d}i£vos)  fiste- 
yQaipa,  id  est:  (rbv  iQ^^ariöiihv)  diadei,(d^evog),  quod  non  intellexit 
editor,  qui  sie  supplet^*^)  et  vertit^^),  acsi  ÖLadEx6^£vog^^)  restaret. 

§  14.  Supervacaneum  esse  t6  xaQdy^a,  id  est  publicationis  testi- 
monium,  in  iis  apparet  instrumentis,  quae  apud  magistratum  scribun- 
tur-,  haec  enim,  ut  supra  quoque  dictum  est  vi  ipsa  publica  sunt.  Sed 
semel  in  ea  specie  invenitur,  id  est  in  P.  Leid.  0,  quem  novis  supple- 
mentis  auxit  et  Wessely   in  Mitth.  FR  V  p.  85  (not.  1)   et  Wilcken^^*) 


1)  BGU  50,  3—10;  cf.  BGU  455,  25. 

2)  Charagmata  imperatoriae  aetatis  Graecorum  contractuum ,  quae  quidem 
habent  magistratus  titulum,  omnia  sunt  tov  yqatpe'iov  (excepto  CPR  I  1).  Cf.  Archiv 
I  p.  10  (no.  3). 

3)  BGU  297,  3  (d'jÄ  tov  nQog  xm  yQatpsia);  86, 11 ;  135,  5;  191,  5/6;  196, 18/9; 
394,  10/1;  622,  5;  P.  Lond.  142,  9;  289,  11/2;  334,  3;  348,  11;  CPR  I  215,  7,  qui 
habent  omnes  dicc  tov  yQucpsiov. 

4)  Veluti  BGU  580  (anni  2  p.  Chr.).  Horum  scriptio  speetabat  proprie  röi' 
^ovoYQcc(pov  (P.  Lond.  3,  29/30;  Grenf.  U  25,  11—13;  cf.  P.  Grenf.  I  17,  26). 

5)  BGU  86,  25;  183,  10;  251,  8;  252,  11;  Mitteis,  Herrn.  XXX  p.  596. 

6)  BGU  86,  11. 

7)  Herrn.  XXX  p.  597  (ubi  mutatum  rov  TtQog  rc5  y^acpüat  officium  exponit). 

8)  Ad  P.  Oxy.  238.  9)  Cf.  infra  (§  16). 

10)  {xi]v)  &.yoQccv(pyiiav)  diaSs^cc^svog. 

11)  „Notar iatssubstitut". 

12)  Cf.  Wilcken,  Aktenstücke  (1886)  p.  25;  id.  Herrn.  XXHI  (1888)  p.  597—600; 
jBG^  ?7  6,  4  ;  15  I  8/9 ;  18,  3 ;  82,  8 ;  168,  20,  23 ;  199  (Ro.),  3 ;  327,  1 ;  347  H  8 ;  358,  2  etc. 

13)  Non  convenit  inter  Carolum  Wessely  et  Ulricum  Wilcken  sitne  legendum 
(lin.  30)    ol  ?|  fiägtvQsg  an  oi  £^  Ma-nEdovsg  (legerat  Leemans: vsg). 


320  I-  Aufsätze 

in  GGA  1895  p.  165;  Ostr.  I  p.  722  (not.  1).  Qui  contractns  iicl  Tijg 
vTioKatGi  M£^g)scog  (pvlamig  et  scriptus  est  et  statim  in  eadem  statione 
transscriptus ,  sed  scriptus  qiiidem  ab  ipso  syngrapliophylace ,  trans- 
scriptus  ab  adiutore,  cuius  videtur  esse  ro  xd^ayfia.  Diversa  causa 
eorum  est  contractuum^  qui  a  magistratu  scripti  quidem  sunt,  sed  ita 
ut  ministerium  dumtaxat  interponeretj  non  auctoritatem,  id  est,  a  qui- 
bus  solemnis  nota  diä  tov  y^afpEiov  abest,  aliunde  tarnen  quasi  for- 
tuito  colligitur  anl  xyis  ocQ^ris  scriptos  esse/)  His  enim  quasi  privatim 
scriptis  auctoritate  publica  destitutis  non  ex  abundanti  subscribitur  t6 
%ccQay^a.  Quod  ad  cpvXaxijv  attinet,  ubi  P.  Leid.  0  scriptus  est,  6v(i- 
ßo^ocpvXazss  sub  secundo'^^),  item  övyyQaq^ocpvXanEg  sub  tertio^)  Pto- 
lemaeo  commemorantur,  iis  verbis,  ut  confundi  non  possint  cum  pri- 
vatis  contractuum  custodibus,  qui  sumi  solebant  e  testium  numero*), 
atque  ipsi  quoque  6vyy()a(po(pvXazEg  audiunt."')  Videtur  i^  q)v^ccx^  sub 
Romanis  perstitisse;  deponebantur  utique  instrumenta  etiam  tunc  (TtaQa 
t<p)  ßLßXioq)vXaxi'^)  vel  ab  eo  scribebantur. ')  Quo  cum  bibliophylace 
confundendi  non  sunt  ot  ri^g  drj^oöLas  ßtßhod'rjxy^g  vel  tav  eyxtyj(3EG)v 
ßißXiOfpvKaKEg^  qui  praeerant  non  contractibus,  sed  censibus.^) 

§  15.  Aut  suscipiunt  privatorum  contractus  magistratus  aut  scri- 
bunt  ipsi,  quod  proprie  dicitur  0vy%^rin,aTLt,Eiv'^),  nam  simplex  verbum 
lQi]^artt,Eiv  commune  est,  itaque  in  utraque  specie  subscribunt  magi- 
stratus zE'iQ'Yiiiäti'iia^^)^  sive  transscripserunt  sive  scripserunt.  Proinde 
in  Oasi  maiore  qui  iQrjfiartörrjv  se  appellat^^),  is  non  praeiudicat  officii 
a  se  praestandi  generi.     Non   debebat  profecto  Mitteis  ^^)    referre   ver- 


Priorem  formulam  esse  testatur  Wessely  (1.  1.  p.  88)  etiam  in  P.  Rain.  1576.     Sed 
habet  P.  Gizeh  10388,  31  (Archiv  I  p.  65):  oi  e|  ranroiita&oi. 

1)  Huius  generis  sunt  P.  Lond.  143  (cf.  lin.  17);  303  (cf.  lin.  30/1);  308;  311; 
313  (cf.  editoris  praef.). 

2)  Bev.  laws  10;  12;  13.  3)  P.  Petrie  E  29. 

4)  P.  Petrie  11  47,  33:  tovrav  (i.  e.  tüv  iiccqtvqcov)  GVY'yQ(xcp6(pvla^  'AnolXm- 
viog  (cf.  lin.  30).     Ibid.  lin.  37  comparet  publicus  GvyyQcccpocpvXa^. 

5)  Rectissime  MahafFy  (ad  P.  Petrie  cit.)  privatum  6vyyQa(poq)'vXaxa  appellat 
„keeper  of  tlie  contract" ,  publicum  „the  keeper  of  records". 

6)  BGU  388  n  33,  III  9. 

7)  P.  Rain.  1712  {Mitth.  PB.  V  p.  87). 

8)  „Archivbeamten"  vocat  eos  Wilcken,  Ostr.  I  p.  461,  463,  474,  quasi  vero  tj 
ßi,ßXio9"^Kri  proprie  aQXüiov  sit.  'Aq%hov  est,  ubi  contractus  depouuntur;  ßißXio- 
&rJKr},  ubi  census  habentur,  nee  nisi  semel  (BGU  50,15)  ab  imperito  confunduntur 
(ttji'  ßißXtoQ-7]iiriv yial  tu  aXXa  aQ^i^tcc). 

9)  BGU  379,  19.  Vertit  Wilcken,  Ostr.  I  p.  463:  „in  amtlichen  Verkehr  treten". 

10)  Me;^(?7]fiaTiMK  =  transscripsi  tribus  hactenus  locis  inveni,  quos  indicavi  ad 
§  11.    ICf;^prjftartjta:  ==  scripsi  innumeris  locis  exstat. 

11)  P.  Grcnf.  II  70,  24.  12)  Herrn.  XXX  p.  603. 


J.  C.  Naber:  Observatiunculae  ad  papyros  juridicae  321 

bum  6V'yxQrj^aTit,siv  ad  alienationem ^)  coiisualem,  id  est  professionis 
transscriptioncm^),  quac  fiebat  traiisscriptio  aliquaiido  (dt«  Tijg  Örjfio)- 
öLCcg^)^  aliquando  diä  vfis  täv  iyxtrjösoov'^)  ßißXio&tjxyjg'')^  sicut  ipsos 
praediorum*')  census  alias  accipiebat  r}  ÖrnioöCa"^) ,  alias  i]  täv  iyxti]- 
öscov^)  ßißhod'rjxr].'^)  Quae  iion  simul  utraque  census  accepisse  pro- 
fessiouesque  trausscripsisse  videtur  —  etenim  edicto  Mettii  Kufi^") 
omnes  iubentiir  ccjtoyQcctjjaöd'ai  trjv  idiav  xtfjötv  stg  trjv  tCov  iyxrt^öscov 
ßißXiod'7]Kr]v  nee  uUa  fit  alterius  ßLßXiod-rjxTjg  commemoratio  —  sed 
videtur  haec  provincia  olim  fuisse  ri^g  dr]^o0Lag  ßißhod'rjxrjg ,  deinde 
intra  annos  p.  Chr.  67  (BGU  319)  et  72  {BGU  184)  translata  esse  ad 
TTjv  tav  eyKTrjöscov  ßtßhod'rjxrjv.^^)  Mansit  alteri  bibliotheeae  rj  xax' 
otxtav  aiioyQafpy],  id  est  personarum  census,  cuius  exemplar  servabat 
6  xa^oyQaii^axEvg',  ergo  poterat  de  personarum  statu  referri  vel  ix 
drj^oöiag  ßtß^iod-ijurjg^''^)  vel  f|  a7toyQa(pflg  jcaiioyQccfi^ar acov.^^)  Simi- 
liter  praediorum  census  duplex  erat  alter  iv  rfi  ßiß^io&rjxr],  alter  per 
singulas  aco^ag  penes  rbv  xa^oyQa^^Ktea^^),  quod  demonstratur  BGU 
5  et  11,  ubi  non  tantum  ol  ßLßhoq)v^axsg  sed  etiam^^)  6  xco^oyQa^i- 
(larsvg  ex  vasariis  quisque  suis  de  praediorum  statu  renuntiant.  Videntur 
autem  hie  quoque  ol  rüv  iyKtyjöecav  ßißXiocpv^axsg  intelligendi  ^^),  licet 
alia  parte  eiusdem  papyri  (5  III  14)  relatio  laudari  videatur  rcov  xäv 
örj^oöLcov  Xöycov  ßißkLOfpvXdxcov.^'^)     Etiam  sub  Ptolemaeis  praediorum 


1)  Papyri  habent  olv.ovoyiiav.     Alio  sensu  mihi  sed  eodem  Ludovico  Mitteis 
{Archiv  I  p.  186,  193)  dici  videtur  oiKovo^iiv  P.  Oxy.  34  II  7. 

2)  Mitteis:  „Umschreibung  im  Kataster". 

3)  CPR  I  177,  8.  4)  BGU  94,  5;  667,  6;  CPR  I  176,  10. 

5)  Simpliciter  8ia  Ttjg  (hßlt.od''^Kng  legitur  CPR  I  198,  10;  206,  16  (cf.  Mitteis, 
Herrn.  XXX  p.  602  not.  1)  et  P.  Lond.  348,  14. 

6)  Mitteis,  Archiv  I  p.  185:  „blos  Immobilien"^.     Temere  excludit  mancipia. 

7)  BGU  112  (cf.  379,  8/9). 

8)  BGU  420;  459;  536  (cf.  184,  16/7  et  P.  Lond.  299,  15/6;  300,  6). 

9)  Simpliciter   roig    ßißUocpv}.cit,iv    editur:    P.  Oxy.  72;  75;  247  —  249.     Quae 
laudat  Wilcken,  Ostr.  I  p.  465  ea  ad  censum  non  pertinent  (cf.  P.  Oxy.  II  pag.  177). 

10)  P.  Oxy.  237  VIII  32. 

11)  Putat  Wilcken,  Ostr.  I  p.  461,  483  (ima)  trjv  xüv  ^yKt^asav  ßißXiod^')]y.riv 
alterius  bibliotheeae  quasi  scholam  {„Departement")  fuisse,  sicut  etiam  (Philol.  LIII 
p.  99  not.  18)  rrjv  rSav  Srnioßiav  Xöyav  ßißXioQ'riv,r\v . 

12)  P.  Lond.  324  (p.  Chr.  161).  13)  P.  Oxy.  288,  41. 

14)  Wilcken,  Ostr.  I  p.  486.  —  Tb  yQcctpüov  fuisse  alterum  censum  (per  sin- 
gulas v,wiibag)  opinio  est  Ludovici  Mitteis,  Archiv  I  p.  185. 

15)  'OiLoims  (5  III  4;  11,  6/7,  17).  16)  Cf.  P.  Oxy.  237  V. 

17)  Horum  fuisse  aliquam  anoyQCicprjv  novimus  {BGU  5i6);  quae  fuerit,  igno- 
ramus.  Fuerit  non  est  necesse  aut  praediorum  censendorum  aut  personarum.  Sunt 
enim  praeterea  nccii'^lcov  Ttgoßdrcov  aiywv  övcov,  sunt  denique  rißgo^rinotcov  ano- 
ygafpai. 


322  I-  Aufsätze 

census  duplex  fuisse  videtur,  hoc  discrimine,  quod  nondum  exemplar 
nacta  erat  rj  ßißlio&ijxy]^),  sed  servabatur  alterum  apud  tbv  tojioyQa^- 
liatia'^)^  quamobrem  videnius  in  P.  Taur.  1  IV  5 — 7  x{ov)  ßa6iKiK{hv) 
y^a^^ar^sa)  de  professionum  tenore  referre  in  xäv  na^ä  rov  roTtoyQaii- 
^ateag  xal  xa^oyQa^^cctaag^)  ocvsvsxd-evtav^  quod  tarnen  ipsum  est 
ambiguum,  quia  suppleri  quidem  potest  rov  toTtoyQafiiiatscog  aal  (xov) 
xco^oyQa^^atecog ,  sed  potest  etiam  xov  xoTtoyQaiiiiaxtag  (pvxog)  xal 
x(o^oyQa^^ax8(og.  Ceterum,  qualis  ibi  significatur  dva(poQa,  talem  edidit 
Wilckeu,  AdenstücJce  4  II  (cf.  ibid.  1  II  et  p.  34  sq.),  ubi  tarnen  refert 

(6)    t07toyQa^^at{svg) i^    cov    ävsvrivoisv    6    xcofioyQa^^axsvg  ^), 

qua  re  movetur  Wilcken''),  ut  neget  propria  vasaria  fuisse  -rotJ  xoTto- 
yQa^^axscog^),  sed  in  contrarium,  quia  iubetur  6  xoTtoyQa^iiaxsvg  rela- 

tioni  xov  xco^oyQU^^axBcag  ipse  v7toyQd{(pEiv)  rav-O''  ovxag  s%eiv 

xcc  x£  ^ixQU  xal  xäg  ysixviag  ivxcc(<36eLv\  quod  vix  procedere  videatur 
in  propria  vasaria  non  babente.')  Tertiuni  exemplar  apud  xov  ßaöL- 
Xlxov  yQa^fiaxecc  extitisse,  non  ideo  credere  coginiur,  quia  praediorum 
census  is  sub  Ptolemaeis  aliquando  acceperit.^)  Non  enim  est  perpe- 
tuum,  ut,  apud  quos  vasaria  erunt,  iidem  professiones  accipiant.  Veluti, 
quum  supersint  tot  xax*  oixCav  aitoyQaipaC^  nulla  tarnen  xolg  ßißXto- 
(pvXa^L  data  superest. '■*)  Atqui  fuit  hie  census  {xijg)  Örj^uöiag  ßißho- 
d-r]X7jg  (P.  Lond.  324).  lUud  utique  constat  sub  Ptolemaeis  eundem  fuisse 
penes  xov  xca^oyQUfi^axaa  et  tbv  xoTtoyQa^^axaa^  id  est  praediorum, 
non,  quod  sumebat  Lumbroso  ^")  apud  illum  personarum,  apvid  hunc 
praediorum    censuni.     Erat  quidem    priscis    illis    temporibus    öaiiccxcov 


1)  BißXiod"^Kr]  primum  comparet  p.  Chr.  59  {BGU  112). 

2)  Comparet  o  ronoyQaniLaTsvs  etiam  sub  Romanis  (veluti  in  edicto  Capi- 
tonis  (GIG  4956),  31/2  et  in  P.  Oxy.  251 — 254)  sed  non  coniunctus  cum  ullo  prae- 
diorimi  censu. 

3)  Tbv  TOTtoyQdniiatba  fuisse  superiorem,  tbv  ■nanoyQccy.^atta  inferiorem,  so- 
lide demonstravit  Wilcken,  Actenstücke  p.  34  (cf.  GGA  [1895]  p.  145). 

4)  Actenstücke  4  I  6/7  (cf.  1  I  6).  5)  Ostr.  I  p.  486  not.  1. 

6)  „(hätte)  der  Bezirksschreiber ein  besonderes  Kataster  geführt, 

dann  hätte  er  die Auskunft  nicht  an  den  Dorf  Schreiber  abgeschoben." 

7)  Hoc  verum  esse  quodammodo  fatetur  Wilcken:  „(ich)  möchte nicht 

folgern,  dass  der  Bezirksschreiber ein Kataster  geführt  habe."    Si  libe- 
rum esset,  noUet.    Invenit  tarnen  semitam  sibi:  „(der  Bezirksschreiher)  wird 

die  Daten aus  dem  Dorfkataster  entnommen  haben." 

8)  P.  Petrie  II  introd.  pag.  36  (cf  Wilcken,  Ostr.  I  p.  459).  Ex  diverso  P. 
Lond.  50  porrigitur  (reo)  i7it(isXr]Tfi. 

9)  Qui  acceperint  in  Arsinoite  secundo  saeculo  tag  v-at'  ol-niav  KTtoyQacpccg 
docere  potest  aut  Kenyon,  Catalogue  U  pag.  18  aut  Wilcken,  Ostr.  I  p.  440  sq. 
Cf  praeterea  P.  Oxy.  171  (II  pag.  208);  254—256. 

10)  Mecherches  p.  244,  p.  291  (ima). 


J.  C.  Naber:  Observatiunculac  ad  papyros  juridicae  323 

UTCoyQacpyi'^)^  cuius  in  locum  successisse  videtur  i]  yiar  olxluv,  quae 
videtur  inveniri  ^)  inde  ab  auno  p.  Chr.  20;  sed  ubi  fuerit  priscus  ille 
personarum  ccnsus,  iguoratur.  Posterior  duplex  erat:  tov  xcofioyQU^- 
(latsag  et  rijg  drj^oöLag  ßißhod-tjxrjg^),  sicut  praediorum  census  apud 
TOV  xco^oyQa^iiatEcc  et  av  rf]  räv  iyxtrjöscov  ßißXio&rjxtj,  postquam  suc- 
cessit  ea  in  locum  rijg  drj^oöLag,  quod  ad  liunc  censum  attinet.  Erat 
praeterea  proprius  census  xXrJQav  xaTOLxacäv  et  censualis  alienatio  diu 
TOV  xaTOLULKOv  XoytötrjQiov'^),  quibus  alterum  nomen  erat  tolg  xata- 
Xoxi6[ioLg^),  neque  eo  minus  horum  census  Ordinarius^)  et  professionum 
transscriptio  dtä  trjg  drj^oGiag^),  postea  vero  öiä  rrjg  täv  eyxtyjöscov^) 
ßLßXLod"t]xi]g.  Eo  tandem  ut  redeamus,  unde  deflexa  est  disputatio, 
Gvy%Qriiiatit,eiv  ideo  pertinere  non  potest  ad  censualem  alienationem, 
quia  övyxQrj^atL^SL  6  TtQog  tö  yQag)Ei(p^  porro  diä  Toi)  yQucpeCov  nulla 
est  censualis  alienatio  sed  vera.  **)  Qui  vero  övyxQTjfiati^ovöiv  ii  nomen 
subscribere  solent  et  verbum  xE%Qri^dtixa  vel  öEörj^eicafiai  neque  ad- 
dere  temporis  notam,  quia  contractui  annus  et  dies  praemittitur.  Sane, 
ubi  demotico  contractui  graece  subscribitur  ^''),  cur  tempus  exprimatur, 
intelligimus.     Alias  quoque  temporis  nota  invenitur,  veluti  P.  Oxj.  *J9: 

stovg  ösvttQOv  NsQcovog ^rjvbg  2JEßci6Tov  g'  diä  täv  deivcuv  ayo- 

Qdvo^av  x£;u^>^jii,aTtö'Tß;fc.  ^^)  Ne  illud  quidem  negligendum  est,  sub- 
scriptionem,  quae  annum  et  diem  habeat,  aliquando  coalescere  cum 
signo   anniversario  ^^) ,  boc  modo  ut  magistratus  in  fronte   diem  notet 

1)  Duo  exempla  hactenus  inventa  sunt.  Alterum  editur  Archiv  I  p.  173,  de 
altero  cf.  Wilcken,  Ostr.  I  p.  823  (436). 

2)  P.  Oxy.  II  pag.  209. 

3)  Diximus  supra.  Potest  hie  quoque  (sicut  in  praediorum  censu  diximus) 
successisse  17  ßißXio&'^Kri  in  locum  rov  toTtoYQaiijiixTswe.    Cf.  P.  Oxy.  254, 1 ;  255,  3. 

4)  CPR  I  1,  11;  188,  9. 

5)  CPR  I  1,  22  (ia.  11);  170,  12,  29;  P.  Oxy.  273,  21/2.  Vertendum  non  est 
„das  Grundhucliamt"  (Mitteis,  Herrn.  XXXII  p.  649),  sed  „d(as)  Katasteramt" 
(Mitteis,  Herm.  XXX  p.  603)  „der  Katöhen".  Cf.  Hofmann,  Beitr.  2.  Gesch.  des 
griech.  u.  röm.  Rechts  (1870)  p.  95  (cum  not.  68). 

6)  BGU  420;  536  (Wilcken,  Ostr.  I  p.  461);  P.  Oxy.  248. 

7)  BGU  379.  8)  P.  Lond.  300. 

9)  Huius  rei  testis  esto  ipse  Mitteis,  Archiv  I  p.  193  (lin.  1 — 9).  Similiter 
8ia  TOV  Navoäov  fieri  scribit  (p.  186)  censualem  alienationem,  mox  (p.  193  lin.  9/10) 
veram. 

10)  BGU  580.  —  Cf.  Hartel,  Griech.  P.  not.  20  (quam  dictavit  Krall):  „in 
allen  Jcoptischen  Contracten  (ist)  griechisch  geschrieben  a.  die  Datirung,  loelche  den 
....  Zeugenunterschriften  vorausgeht,  b.  die  Anmerkung  (1.  Namensimterschrift)  des 
Notars.''  Loquitur  de  instrumentis  saec.  VII  —  IX;  quod  nos  laudavimus  (anni  p. 
Chr.  2),  in  eo  testium  subscriptiones  non  sunt  mediae. 

11)  Prorsus  similem  subscriptionem  habet  P.  Oxy.  320. 

12)  Cf.  supra  (§  1  atque  §  11). 


324  I-  Aufsätze 

{ev  ntoXs^aidi  (paacpl  t/3'),  deinde  in  tergo  sub  signo  anniversario  ab- 
solvat  subscriptionem  {MaQcov  ösörj^sia^ai,)  annum  supplente  signo.  ^) 
Verbum  omisit  qui  subscripsit  P.  Leid.  0  {6vyyQaq)og)vlai,  'HQazlELdrjg) 
sed  intus  —  babent  enini  papyri  quoque  duplicem  scripturam^),  ob- 
signatam  alteram^)  superiore'^)  vel  sinistra^)  margine,  alterani  aper- 
tam  —  eiusdem  est  subscriptio  cum  verbo:  'HQaxXsidrjg  ösörjfiSLCO^aL.^) 
Quid  mirum  verbum  omitti^  quum  ipsa  magistratus  subscriptio  saepe'^) 
desit  veluti  P.  Taur.  4;  Leid.  M;  Paris.  5  et  17,  nondum  lata  lustiniani 

constitutione   (c.  17  pr.  C.  4.  21),    qua  contradus non   aliter 

vires  habere  sanci(t),  nisi, si  per  tabellionem  conscribantur,  etiam 

ab  ipso  completa^)  .  .  .  . ,  sint  Subscriptum  invenitur  etiam  eyQcitpT]  dtä 
tov  detvog^);  posterioribus  saeculis  frequens  fuit  subscriptio  dt  ifiov 
tov  dsLvos  «TfAftco^i^^"),  iörjUELad'rj,  iyQacpr]^  vel  sine  verbo  dt  ifiov 
TOV  dstvog.^^) 

§  16.  Non  autem  licebat  de  praediis  mancipiisque  övyxQrjfiatt- 
^Eiv;  itaque  non  poterat  in  terra  Aegypto  aut  servus^")  manumitti^^) 
aut  praedii  mancipöve^"^)  proprietas  transferri  vel  bypotheca  constitui^^) 
remittive  ^^),  antequam  praecessisset  censualis  alienatio  ^''),  id  est,  ante- 
quam  id  xatay^atp^sts)  ^®)  censitor,  quod  etiam  dicitur  :fOL7]0a6d-at  ^^) 
rä  rrig  TtaQad'EöEcog^^),  vel   apud  lustinianum ^\)   TtoiTjöKöd-at  xriv   (ietcc- 


1)  CPR  I  11.     Eodem  modo  subscriptum  est  BGU  748  I. 

2)  Schulten,  Herrn.  XXXII  p.  284. 

3)  Quam  appellat  Wessely,  Mitth.  PR  V  p.  85  —  87  „Vormerk\mg  über  den 
Inhalt"  quinque  proferens  exempla. 

4)  P.  Leid.  0  (Reuvens,  Lettre  III,  art.  2  p.  18);  P.  Lond.  229  (Schulten,  Herm. 
XXXII  p.  276). 

5)  Sinistram   semper  occupare   scripturam   interiorem  marginem   falso  putat 
Wilcken,  ÄrcJiiv  I  p.  155  (178). 

6)  Legisse  se  testatur  Wessely,   Mitth.  PR.  V  p.  85'.     Habet   idem    verbum 
P.  Rain.  1513;  1712  scriptura  exterior  (ibid.  p.  87). 

7)  Wessely,  CPR  I  pag.  17:  „vielfach". 

8)  Cf.  Brunner,  z.  Gesch.  der  Urk.  1  (1880)  p.  73/4. 

9)  BGU  580  (p.  Chr.  2).     Similem    habet    subscriptionem  (sed  nomographi) 
BGU  581.  10)  P.  Oxy.  126;  133;   134;  135;   136  etc. 

1 1)  Exemplorum  quantum  satis  est,  dabit  Wessely,  Wiener  Studien  IX  p.  245 — 247. 

12)  De  servorum  censu  hactenus  unicum  est  testimonium  P.  Oxy.  73. 

13)  Cf.  P.  Oxy.  48;  49;  349.  14)  Cf.  P.  Oxy.  327;  332;  336. 
15)  Cf.  P.  Oxy.  241;  243.             16)  P.  Lond.  348,  14. 

17)  Primus  hoc  ius  exposuit  Wilcken,  Herm.  XXVIII  p.  235  sq.  (iterum  Ostr.  I 
p.  462 — 464).  Sed  auctae  sunt  postea  copiae  nostrae  Oxyrynchiticis  maxime  do- 
cumentis.  18)  P.  Petrie  H  23  (4),  1  (cf.  infra). 

19)  Rectius  habet  noiüv  (Aristot.  de  rep.  Athen.  56  §  3;  61  §  1). 

20)  BGU  73,  16  (Mitteis,  Herm.  XXX  p.  602  not.  1). 

21)  Nov.  17  c.  8  §  1. 


J.  C.  Naber:  Obscrvatiunculao  ad  papyros  juridicae  325 

9-E6tv,  id  est:  professionem  transscribere.  Ergo  debebat  praedium 
quodcumque  alienaturiis  vel  huius  mandatu  emtor^),  debebat  item 
sei'vuni  manuniissurus  vel  hypothecam  constituturus  remissurus  hoc  cen- 
sitori  TiQoöayyeXlsiv^),  ut  is  STtiötst^^eis)^)  ra  TtQog  xä  yQacpeCci^)  vel 
XK>  ^vrj^ovi^)  vel  tc5  ayoQavöiic)^)  xal  olg  ocXXoig  xad-i]}i£t'^)  peragerent 
solemnia,  vel  saltern  ut  censitor  se  transcripsisse  illis  notum  faceret.^) 
Cui  iuri  dociimento  sunt  et  ipsae  nQoaayysXCai'-"^  alienare  praedia  vo- 
lentium  et  censitorum  ^")  vel  manumissionem  ^^)  vel  servi^^)  praediive^^) 
alienationem  ^^)  vel  liypothecae  constitutiouem  ^•'')  permittentium  ad  ago- 
ranomum    mt^tcck^aTa^^)^   et  comminatio  Mettii   liufi^^):    naQuyy^llco 

ror?  6vvaXkayiiuToyQd(poiis^^)  koX  totg  ^V7]^o6[,  (irjdav  8L%a  iiii- 

etaX^arog  tov  ßißXiocpvkaxLOv  TBlstCiöaL.  Quod  pertinet  edictum  pro- 
prio ad  ea  praedia,  quae  non  sunt  tv  xatociciicfi  td^et,  nani  xlrJQOi 
xcctoLXixol,  ut  supra  (§  15)  dictum  est,  quia  et  comniuni  censui  sub- 
iecta  erant  et  proprio,  ergo  horum  praediorum  proprietatis  trans- 
lationem  praecedere  debebat  et  diä  tilg  ßLßXLO&Vjxrjg  et  diä  rüv 
xcctaXo%i6fiCL>v  oixovofiia^  duplex  igitur  BTtiötccX^a^  id  est,  et  tav  d6%o- 
Xov^svc3v  tovg  xarccXoxLß^ovg^'*)  neque  ideo  minus  r&v  ßißXiofpvXd- 
xcov/'^^)  Poterat  tö  £7ti<3raX^a  aut  separatim  scribi  aut  subscribi  rf} 
TtQoßayysXia'^^),     quamobrem     esse    puto     eTtEötaX^svov    x^rj^iartö^bv 


1)  Cf.  P.  Oxy.  273,  19—24  (Mitteis,  Archiv  I  p.  192  not.  2). 

2)  BGU  112,  25;  379,  17. 

3)  BGU  379,  18;  P.  Lond.  299,  19;  300,  16;  P.  Oxy.  sine  no.  (II  pag.  180). 

4)  BGU  379,  18.  5)  P.  Lond.  299,  20.  Cf.  infra  (§  17). 

6)  övri  8h  yial  nvr^fiovi  (BGU  177,  6;  P.  Oxy.  11  pag.  180  sine  no.). 

7)  BGU  177,  6. 

8)  P.  Oxy.  45 — 47.     Post  genitivos  absolutes  tacite  supplendum  est  xartypa 
ipu(isv.     Eodem  redit  quod  rescribitur  P.  Oxy.  sine  no.  (11  pag.  180):  %£t  'A^dläg 
iv  KTtoyQacpfj  TÖ;g  kqovqks. 

9)  Archiv  I  p.  16  (no.  5). 

10)  Non  obstat  adiectio:  (nal)  ol  yLko%oi  (P.  Oxy.  327;  329),  nam  inveniuntur 
etiam  iiixo%oi  ayogavo^oi  (not.  ad  P.  Oxy.  241,  1). 

11)  P.  Oxy.  48;  49;  349.  12)  P.  Oxy.  327;  332;  336. 

13)  P.  Oxy.  45—47;   165;  174—176;  242;  330;  331;  334;  335;    338;  340—342; 
344;  346;  347.     Add.  P.  Oxy.  sine  no.  (II  pag.  180). 

14)  Quid  alienetur  non  apparet  P.  Oxy.  170;  328;  333;  337. 

15)  P.  Oxy.  241;  243;  329  („a  contract  of  loan");  339. 

16)  Vertit  Wilcken,  Archiv  I  p.  5:  „Aufforderungen  zur  Amtsausübumg" . 

17)  P.  Oxy.  237  VIII  36/7.  18)  Cf.  Mitteis,  Archiv  I  p.  192. 

19)  P.  Oxy.  45—47  (cf.  11  pag.  319),  etc. 

20)  Exemplum    invenire    non    potui,    sed    certa    res    est    propter    BGU   379; 
P.  Lond.  300. 

21)  Subscriptum  invenitur  BGU  379;  P.  Rain.  1436  (Hartel,  Gr.  P.  pag.  64/5); 
P.  Oxy.  sine  no.  (U  pag.  180). 


326  I.  Aufsätze 

(BGU  111 ,  11)  TtQoGayyalCav  ^)  i^Ldtal^a  liabentem.  Eorum  vero 
epistalmatum,   quibus   manumissio   permittitur,   summa   couceptio   talis 

est:  döff  ilevd'eQaöLV  rä  öalvi  öovla  rjlevd^SQOusvcj stil  Xv- 

TQots  to6ovtOLs,  quae  non  domino  solvenda  erant  sed  aerario^),  sicut 
a  cive  Romano  manumittente  vicesima.  Qua  re  solvitur,  ni  fallor,  quam 
proponit  Wilcken  ^)  quaestionem  („oh  es  eine  [der  vicesima]  entsprecliende 

Abgabe für  die  griecMsch-ägyptische  Bevölkerung  gab").  —  Ergo 

non  possunt  magistratus  qui  contractibus  praesident  negotia  perficere, 
quae  quidem  ad  servorum  praediorumve  proprietatem  pertineant  sine 
censorio  epistabnate,  ut  hactenus  videri  possint  esse  quodammodo  sub 
dispositione  censitoris.*)  Non  tamen  propterea  dici  oportet  borum 
monumental)  altera  vasaria®)  esse,  nam  toto  coelo  distant  publica  mo- 
numenta  et  vasaria'^),  licet  vasaria  possint  pro  publicis  monumentis 
adiri,  et  fiat  saepe,  ubi  publicis  monumentis  aliquid  deest.  Quamobrem, 
quia  per  Aegyptum  vasaria  sine  dubio  pro  monumentis  adire  solenme 
fuit^),  quin  immo  significatur  edicto  Mettii  Rufi^)  id  libris  censualibus 
procurari  tva  oi  övvaXMööovtsg  ^rj  otar  ayvoiav  ivsÖQSv{(o)vrai^  mo- 
numentis aliquid  ibi  defuerit  necesse  est.  Quia  autem  censitor  nibil 
transscribit  nisi  ab  eo  cuius  nomen  vasaria  retineant^"),  ergo  frustra 
beres  TtQoaccyyilXsi  vel  praedii  incensi^^)  dominus,  debent  enim  ante 
unoyQKcpBöd'ai^^)^  sie  deinde  TtQoGayyillEiv^  licet  eodem  die.^^)  Potest 
utique  qui  ex  empto  nactus  est  praedium  incensum  vel  quod  beres  pro- 
fessus  non  sit  Interim  a  ceusitore  petere  ut  libris  censualibus^*)  notetur 
emtio  conservandi  iuris  causa  („Vormerkung"),  quo  pertinere  videtur^'') 


1)  Si  potuit  7]  TtQoaccyysUa  vn6ybvr]^a  dici  (P.  Oxy.),  potuit  etiam  jjpTjfiaTic^o?. 

2)  P.  Oxy.  50.  3)  Ostr.  I  p.  362  (§  156). 

4)  Mitteis,  Herrn.  XXX  p.  603:  „das  ypaqpEtov  (war)  in  gewissem  Sinne  der 
Steuerverwaltung  ein-  (Archiv  I  p.  190:  unter-)  geordnet."  Peiiieram  addit:  „indem 
es  von  den  ßißXiocpvXcc-ntg  zu  Umschreibungen  im  Kataster  verwendet  wird."  Cf. 
supra  (§  15). 

5)  Mitteis,  Archiv  I  p.  190:  „lokale  Urkundshücher." 

6)  Mitteis,  Archiv  I  p.  185 :  „Dorffflurjbücher".  Confundit  igitur  tö  yQK(pslov 
atque  Ttjv  Tov  xcofioypojfi/xaT^&jg  ci7royQaopT]v.     Cf.  supra  (§  15). 

7)  Cf.  locus  Hofmanni,  quem  laudavi  ad  §  15. 

8)  Wilcken,  Ostr.  I  p.  484/5.  9)  P.  Oxy.  237  VEI  36. 

10)  Eo  referrem  P.  Oxy.  sine  no.  (II  pag.  180):    ^;^f/.  'A^M&g  iv   ccnoyQucpfj 
tag  KQovQdg.,  nisi  persuasum  esset  designari  emptorem. 

11)  BGU  243,  9;  832,  7. 

12)  Heredis  anoyQacprjv  sistit  P.  Oxy.  75  (cf.  Wilcken,  Ostr.  I  p.  468)  et  item 
P.  Oxy.  247—250.  13)  Eodem  die  fit  P.  Lond.  299;  300. 

14)  Si  praedium  est  incensum,  res  non  impeditur  (cf.  Mitteis,  Archiv  I  p.  197 
not.  1)  sed  inprimis  locus  vel  caput  ei  faciendum  est. 

15)  Pertinere  vidit  Mitteis,  Archiv  I  p.  196/7. 


J.  C.  Naber:  Observatiunculae  ad  papyros  juridicae  327 

BGU  243.  Item,  quia  piaccederc  (lebet  ceiisualis  alienatio,  proprie- 
tatem  nemo  transferre  jiote.st,  cui  improbe  a  censitore  resistitur.  At- 
qui  aditiis  interveniet  strategus  ^)  et  ceusitorem  transscribere  coget, 
strategum,  si  opus  fuerit,  ad  interveniendum  coget  archidicasta.  Quod 
fieri  videmus  BGU  73,  cui  similis  est  P.  Petrie  II  23  (4):  'HQaxXeiÖijg 
'AvdQoöd-iVEL  %aCQ£iv.  KccXag  av  Ttotr'iöaig  xatayQccipag^)  x^v  oIkCuv  rov 
"SIqov  rov  'y^Qd-avd-ov  sig  'y4öxh]7i:tddijv'  yeyQacpsv  de  xal  ^iXiag  Ko^avi 
jcsqI  tovtcov.  Mrj  ovv  ällcog  noir'iayg^  ubi  conicio  Androsthenem  et 
Comonem  esse  tbv  tojtoyQcc^i^atm  et  rov  xa^oyQa^^atea ,  penes  quos 
eo  tempore  fuisse  videntur  vasaria  (cf.  §  15),  Heraclidem  autem  et 
Phileam  tbv  vofiÜQXT^v  et  tbv  ötQatrjyöv,  qui  in  iurisdictione  quoque 
eoniunguntur.  ^)  Ceterum  ut  veram  alienationem  praecederet  censualis 
alienatio  in  praediis  mancipiisque  dumtaxat  constitutum  erat;  in  ceteris 
enim  rebus  praecedebat  professionis  transscriptionem  dominii  traus- 
latio^)  eratque  per  se  rata. 

Trajecti.  J.  C.  Naber. 

(Continuabuntur.) 


1)  Hunc  imaxilXat  roig  xüv  iyv.xr\6£aiv  ßißXioq)'vXcc^i  demonstratur  P.  Oxy. 
237  V  43  (cf.  VI  11),  Vn  4. 

2)  Sicut  in  censuali  alienatione  censitor  (h.  1.),  ita  in  vera  alienatione  ago- 
ranomus  (P.  Oxy.  170;  327;  328),  in  utraque  venditor  {BGU  240,  27;  446,  14,  16; 
456,  8/9;  P.  Londin.  251,  12,  20;  Plutarch.  moral.  482  C)  xatccyQd(p8i. 

3)  P.  Petrie  11  22  (3).  —  Heraclidem  eundem  esse  putat  Mahaify  {introd. 
p.  31)  atque  qui  alibi  commemoratur  oiv.ov6yLog.  De  Androsthene  cf.  P.  Petrie  11 
9  (1),  4. 

4)  BGU  87;  153;  427;  Wilcken,  Kenn.  XXVHI  p.  239  (cf.  Ostr.  I  p.  467 
not.  2);  P.  Lond.  320. 


Zur  „Petition  of  Dionysia".') 
I. 

BGU  19  ist  für  die  prozessuale  Technik  unter  Anderem  2)  auch  da- 
durch von  Wert,  dafs  diese  Urkunde  uns  den  Entscheid  des  obersten 
Richters  und  danach  den  Ausspruch  des  subalternen  xQLt'tjg  bietet,  und 
also  die  wörtliche  Anlehnung  der  Verfügung  letzterer  Kategorie  an  die 
der  ersteren  vor  Augen  führt. 

BGU  19^,  16  (Der  e^tagxog)  ....  TtQogiqxEt  ds^^)  dxolovQ-ag  totg  rov 
XVQLOV  yQcc^^aöLV 
18  (der  7iQitTi]q) 

16  XsvccXs^ä  t&v  TtatQOJCOv  iiEQog  ö  tceqlojv  av  6  TCartjQ  avrfig 

18  QBvaXBt^a  xb  Jiatqipov  [i^Qoq  o  siBQiuiv  av  6  statiiQ  «i3t[?Js 

17  slaßlsv] 

19  sXaßev^    :iiQO(SiqxBiv    öoxh^^)    aytoXovO^ojq    toiq    rov   XQatiaftov 

riyenövoq  yQa(p[Ei(Jiv].'^) 

Die  Petition  of  Dionysia  aber  ist  ein  fortwährendes  Spiel  und 
Gegenspiel  von  Eingaben,  Berichten  der  Unterbehörde,  Bescheiden 
{vTtoyQacpi]^  dvtiyQdq)SLv)  der  Oberbehörde.  Es  soll  jetzt  versucht 
werden,  den  Text  unter  Benutzung  der  an  BGU  19  erläuterten  That- 
sachen  weiter  zu  klären. 

Unzweifelhaft  ein  Bescheid  des  Präfekten  ist  Dionysia  V,  6:  (Z.  5) 


1)  Zu  einem  solchen  einzigen  Stück  wird  Mancher  seine  Beisteuer  liefern,  sie 
sei  klein  oder  grofs;  die  meinige  wurde  mir  dadurch  ermöglicht,  dafs  Herr  Bern- 
hard P.  Grenfell,  unter  freundlicher  Vermittlung  des  Herrn  Herausgebers  dieser 
Zeitschrift,  die  Güte  hatte,  meine  Vorschläge  am  Original  zu  prüfen. 

2)  Unter  Anderem:  19,"  3:  iyiyQanxo  Sh  Siä  rfjg  &7toq)ccascog  ftft'  äXXa  ovtcog. 
Dies  (ist'  äXXcc  erklärt  in  der  Petition  of  Dionysia  VE,  40  die  Crux  ftfraA^o:,  und 
ebenda  VH,  42  fisd''  trsQa,  welches  ebenfalls  besagt,  dafs  post  alia  Sabinus  also 
sprach.     [Und  danach  wieder  BGU  15  I  3  ^ii:&  =  fif'9''  s'rBQcc.    d.  Red.]. 

3)  *) '')  Bei  3*  ist  nicht  alles  in  Ordnung;  ich  möchte  annehmen,  dafs  ur- 
sprünglich auch  hier  ngog-^HSiv  doKsi  stand. 

4)  Auch  die  ebenfalls  einander  entsprechenden  Bezugnahmen  auf  die  höhei-e 
Behörde  (Z.  16  und  Z.  19)  sind  von  Wichtigkeit. 


Otto  Gradenwitz:  Zur  „Petition  of  Dionysia"  329 

Po]v(pog  (der  Expräfekt)  ivxv%üiv  ^)  .  . . .  (Z.  G)  vjtsyQa^pEV  (Z.  7)  reo  ...  oj 

.  .  ccytay  yev  ..  cc  .[..]...  to  ßißXsiöCci  tu  ßTQarrjyä  nagud-ov  ov  ii,E- 
tdöcc^gl^  idv  xi  trjg  iuris  diayvtööscog  xatuTta  .........  ejcs^  ....  a  ...  . 

.  .  .  qydav  eteqov^  otftat,  r)  drjXüv  ort  sl  tä  äXT^d-ij  (pavetri  fiifjds  xql- 
6s(og  detöd'ai,  tro  TCQäyfia. 

Dafs  die  vTtoyQacpiq  vor  ovösv  endet,  ist  von  den  Herausgebern 
mit  Recht  angemerkt,  der  Beginn  aber  mufs  mindestens  vor  ta  ötqu- 
triya  gerückt  werden:  Petentin  mufs  angewiesen  worden  sein,  dem 
Strategen  die  Sache  vorzulegen,  vgl.  VI,  16  (6  GxQarriyog)  ivTv%c3V 
qig  TtuQsd'a^riv. 

Das  zweite  ov  von  jtaQud-ov  ov  ist  nicht  als  Gemination  zu  be- 
seitigen, sondern  als  Relativum  zum  folgenden  zu  ziehen,  wohl  ver- 
schrieben für  og^)  (nämlich  6  6rQari]y6g),  denn  ov  ii,std6ag  wäre  hart. 
Es  soll  der  Strateg  nach  geschehener  Vorlegung  prüfen,  und  wenn  sich 
für  die  Cognition ^j  des  Präfekten  ....??  —  Hier  hilft  BGU  15^  in  f. 
weiter,  welches  folgenden  Entscheid  des  Epistrategen  Quintianus  bietet: 
Koivxiavog  siTtev  '^I^tQatrjybg  dLaXij^jpEtaL,  b  t&v  s^icöv  (iSQäv  xatu- 
kdßrjTai^  in'  i^e  ocvaTCE^ijJiv'.     Denn  rij?  i^yjg  diayvaßEog   ist   offenbar 

analog  den  ^eqtj   von  BGU  15,  und  iTtEfi  .  . .  a ist  an  sich  ein 

mögliches  in  i^s  dvani^tpiv.^)  Hiernach  hat  der  Präfekt  den  Stra- 
tegen angewiesen,  "^er  solle  prüfen,  und,  sollte  sich  etwas  für  statthalter- 
liches Eingreifen  eignen,  durch  dvano^nij  berichten'.  Nun  folgt  der 
Bericht  der  Petentin  über  ihre  weiteren  Schritte:  sie  begehrt  im  contra- 
dictorischen  Termin^)  beim  Strategen,  er  möge  Beweis  aufnehmen  und 
zu  diesem  Zwecke  die  Grundbuchhüter  zur  Beibringung  der  Auszüge 
veranlassen;  der  Gegner  habe  dazu  nichts  zu  sagen  gewufst,  der  Stra- 
tege aber  (Z.  14)  habe  gemeint,  er  könne  am  besten  Beweis  erheben 
durch  Befragung  der  ßußXiocpvXayiEg:    ovtc  aXXaj(^6Q'Ev  iiyriöaro  triv  i^i- 

taöLV  E6E6%'ai  ri  itc  rrlg  t&v  ßißXilocpv^Xdxcav  nQog(p(ovri6Ecog 

E7C  TYig  i^£Td0E(og  tSiv  nQogq)C}vr]d'Evt(av  rb  n^äy^cc  g)avrj<3ETat  ccv[. . .] .  ccvi^g 

d^iov  xal  ngqg xqlg  r&v  ivKti^6[E(ov  ßijßXiOcpvXa^i  tdd[E'    Hierauf 

folgt  der  Inhalt  seines  Schreibens. 


1)  Grenfell  u.  Hunt  zu  IV,  21:  irrv^mv.  'this  verb  is  used  both  of  making 
and  attending  to  a  petition',  cf.  V,  5.  30.  35.  VI,  10.  —  Es  ist  also  in  unserm 
Papyrus  ebenso  eine  vox  media  wie  sonst  ccvaitb^nsiv. 

2)  An  der  Lesung  selbst  ist,  wie  Herr  Grenfell  mitteilt,  nicht  zu  zweifeln. 

3)  didyvcaaig  =  cognitio.  Bas.  X,  1,  3:  Tfjg  cctriccg  SiKyvcoaQ'^iarjg.  —  X,  .5,  3, 
schol.  C :  iisrä  SiayvoiGscog^  Tb  'yiccvaa  noyvita^  xoiovxov  iariv. 

4)  Grenfell  bestätigt  BTtsusava,  und  erklärt  den  Schlufs  für  verlöscht;  vor  fjr 
liest  er  jetzt  «lico,  wohl  ä^iqv,  'etwas  meiner  Entscheidung  Wertes'. 

5)  V,    9    inl    TtKQOVtL    Tc5    ItCCtQl    (XOU. 


330  I-  Aufsätze 

Es  ist  zu  beacMen,  dafs  nach  der  indirekten  Rede  seines  rjy^eato 
der  Indieativ  (pavyjösrai  sich  einstellt.  Dieser  läfst  auf  direkte  Rede, 
d.  h.  Bescheid  des  Strategen,  schliessen,  und  (Z.  Iß)  vor  sk  t'Yjg  etwa 
aTtsqiijvccro  oder  ein  ähnliches  Wort  vermuten;  sein  Bescheid  ging  bis 
äi,iov;  nun  haben  wir  «^t[ov?]  und  avaTti^neiv  Z.  8  im  Entscheid  der 
Oberbehörde,  also  läfst  sich  hier  vermuten:  xb  TiQäyfia  (pavrjöstai  av[a- 
7to\^nrig  ä^LOv.^)  Hiernach  sagt  der  Strateg  mit  den  Worten  des 
Eparchen,  'die  Würdigkeit  der  Sache  für  eine  avano^Tc;^  wird  sich 
aus  der  Prüfung  des  Berichtes  ergeben'.  Man  kann,  Z.  7.  8,  da  xara- 
Xdßy]tai  aus  xaruTta  .  .  .  .  a  nicht  herauskommen  zu  sollen  scheint,  etwa 
icaTa[q)]av'^  annehmen  im  Anschlufs  an  cpavy]6stai  (Z.  16)  und  die 
dirigierende  Verfügung  und  den  Ausführungsbeschlufs  so  nebeneinander 
stellen: 

Vö  öTQatrjya  nagad^ov  ot>(?)  s^aTcißag  idv  n  tilg  i^ijg  diayvüßEcag 
xarag)(?)avfj  ä^iov^  in'  ifie  ccvaTCE^ijJSi,'. 

'ix  tilg  i^STKöEOjg  rüv  7tQog(pciviq%^ivtG)v  xo  JtQäy^a  cpavriöExat  avu- 
TCo^Ttijg  a|tov'. 

Eine  zweite  v7toyQaq)rj  bietet  V  (35.)  38:  (Z.  35)  xa[l]  6v  6  %v- 
QLog  ivxv%o)v  xal  av  (x.  x.  X.  35 — 37)  xr]  öwrilp^si  6ov  8Lxai\o\8o6La 

%Q(b^svog  VTtsQyatpag  ftot  xa  [ßißjXsidLC)     (Z.  38)  [••]■•[••-] S 

dixaCoig  ^Qijöd'at  dvvaö&at.     6  Ös  GxQuxrjyog  r^g  loiTtYjg  ah,ia)6EC)g  6ov 

xijv  .  .  jio  .  .[.  .  .  nQJovotav    (Z.  39)  [.  .] jCQo^avxsvöcc- 

fisvog   oxi   oial   T[r/]?  a[7tb]  xov  öxgaxiiyov  ßorjd'Stag  dsö^sd'a  (u.  s.  w.). 

Auf  die  Kundgebung  der  Buchverwalter  hat  der  Strateg  berichtet, 
Dionysia  als  Nebenbetreibende  hat  eine  neue  Eingabe  geliefert,  und 
der  Präfekt,  auf  dafs  ein  Ende  werde,  subskribiert.  Hier  ist  wieder 
der  terminus  ad  quem  für  die  Worte  des  Präfekten  das  Wort  jtQo- 
[lavxsvGdfisvog,  denn  das  ist  bereits  Auslegung  des  ergangenen  Be- 
scheides. Dagegen  ziehe  ich  den  Satz  6  ds  öXQaxiqyog  noch  zur  vno- 
yQacpi],  denn  gerade  dem  Präfekten  wird  die  Vorhersage  zugesprochen, 
dafs  wir  noch  strategischer  Hilfe  bedürfen,  nicht  dem  Strategen  selbst. 
Der  Präfekt  nennt  die  ^oltctj  ä^tcoöig  ('das  noch  übrige  Begehren') 
Dein  Begehren,  und  weist  dies  Begehren  zur  Erfüllung  oder  wenig- 
stens Bescheidung  an  die  tcqovoiu  des  Strategen.  Als  Präfektenwort 
kehrt  Xomrj  di^Loötg  sowohl  bei  der  Petentin  als  bei  der  weiteren 
Verfügung  des  Strategen  an  die  ßißXtoq)vXccxEg^)  wieder,  eben  wie  die 
jtQovoia. 

Der  erste  Satz  der  vTtoyQacpr'j ,  nämlich g  dixatotg 


1)  Was  Grenfell  bestätigt. 

2)  VI,  7,  vgl.  Grenfell  und  Hunt  ö.  1G5. 


Otto  Gradenwitz:  Zur  „Petition  of  Dionysia"  331 

XQfjöd'at  dvvccöd'cci  mufs  direkte  Rede  gewesen  sein  wie  der  zweite, 
und  also  wird  XQV^^^''  wohl  das  dvvaöai  der  Urschrift  attrahierend 
in  dvvtt6'(ß'ym  verwandelt  haben;  derartige  vnoyfiacpaC  sind  durchaus 
üblich,  vgl.  BGU  614,  18:  sl  ti  öCxaiov  ^x^ig  [tJovt«  ;^()75^['9'afc]  8v- 
va6a[i\.  In  unserem  Falle  wäre  etwa  tdöe  [o'ig  ex^ig  tovroLS  tol]g 
ÖLicaLoig  XQV^^^''  dvvaö^d-yuL  oder  ähnliches  zu  ergänzen;  man  kann 
auch  andere  Worte  einsetzen,  der  Sinn  der  Formel  ist  klar^);  sie 
scheint  uns  nichtssagend,  soll  aber  doch  wohl  bedeuten:  *Der  Worte 
sind  genug  gewechselt',  und  den  Prozefs  als  zur  Hauptverhandlung 
reif  bezeichnen;  darauf  kann  BGU  014  bezogen  werden,  wo  zunächst 
der  Präfekt  angefangen  wird  und  demnächst  auf  Grund  seiner  vno- 
yQacpri  der  Erzrichter  eine  Eingabe  anheimstellt,  die  erfolgt  und  gleich 
ziemlich  drohend  gehalten  wird.  Und  in  der  Dionysia -Urkunde  V,  3,  7 
legt  die  Petentin  dem  Präfekten  für  diese  'bnoyQa(pri  das  Motiv  unter, 
dafs  er  gemeint  habe,  man  bedürfe  nach  dem  Ergebnis  der  Vorverhand- 
lungen bereits  des  Spruches:  dtaAg'lföv  giebt  GrenfeU  als  wohl  möglich 
zu,  und  der  Spruch  des  Richters  wird  London  II,  pag.  153,  17/18  wohl 
durch  das  Wort  8LaXei,o\ßivov\  bezeichnet. 

II.   Mutter  und  Muttergut. 

Dafs  in  den  Zwist  zwischen  Vater  und  Tochter  auch  die  Mutter 
verwickelt  war,  ist  eine  Annahme,  die  nur  auf  VI,  24  sich  stützt, 
wo  gelesen  wird  (der  Vater  wolle  die  Tochter  dem  Gatten  entreifsen, 
weil  der  ,  sie  schlecht  behandele  — ,  ein  Gatte  wie  Er,  der  auch 
nachdem  die  Tochter  ihm  urkundlich  das  Recht  am  Gute  unbelastet 
übertragen  gleichwohl):  6vvx(OQy]<Savt6s  ftot  xccl  sjttt(x.\^.  -^(il^^tQLo  .  .  .  y- 
vov  ßvvsvdoxfjGai  ßovXrj&SLiSaL  aurco  vTCoti^ayiivci  trjv  ovötav  Tavrrjv 
nQog  öla  (raXccvtcc)  17,  d.  h.  der  Gatte  war  so  gütig,  trotzdem  freiwillig 
zu  gestatten,  dafs  seine  Frau  einwillige  in  die  durch  deren  Vater  vor- 
genommene Verpfändung  des  betr.  Gutes  für  die  ganze  Schuld  von 
8  Talenten.  ßovXr]9'£i6ca  ist  verderbt  und  die  Herausgeber  glauben 
ein  <^gy  einschieben  zu  sollen,  worauf  sie  als  Subjekte  für  den  Plural 
Tochter  und  Mutter  gewinnen,  indem  sie  E7t<iß)ita  für  aTtita  suppo- 
nieren.  Hiernach  hätte  der  Gatte  erst  der  uxor  und  dann  der  socrus 
erlaubt,  einzuwilligen  in  die  Verpfändung.  Dem  macht  eine  sachliche 
Schwierigkeit  der  Umstand,  dafs  der  gener  nicht  wohl  der  socrus  zu 
konsentieren  hat,  nachdem  ihm  seine  uxor  das  Gut  verschrieben  hat, 
sondern  eben  nur  der  uxor. 


1)  Zum  Vergleich  BGU  301,  16:  als  ^^v  fx-rj  anoStSä)  XQV''V  '^^'■S  tisqI  rovrav 
voainoig  näGi,  und  Dionysia  IV,  23  iiiov  (ihv  rw  Si-nam  %Q[i]60[iiv'r]?\l 
Arcliiv  f.  Papyruaforacliung  I.  2.  22 


332  I-  Aufsätze 

Nimmt  man  ßovXrjd'siöai  als  Homoioteleuton  von  ßvvsvdoxijöai^ 
so  kann  es  leicht  aus  ßovliqd-ECGri  entstanden  sein;  xat  btiI  kann  'auch 
für'  bedeuten^  und  der  Satz  von  nai  bis  vyoy^  in  dem  so  vieles  un- 
leserlich ist,  kann  bedeuten  "^auch  für  das  Muttergut',  wie  denn  V,  33 
es  ausdrücklich  heifst  xä  iz  filg  ^rjTQaag  ^  [ca.  30  Buchstaben]  XQV~ 
^cctiö^av  dyjXov[  wo  die  30  Buchstaben  dem  Sinne  nach  (die  Reste 
stimmen  nicht  dazu)  gedeutet  werden  dürfen:  fi[oi  ulrjQovo^iag  xarrjv- 
trjxota  xccl  dta].^)  —  VI,  24  wäre  etwa  zu  vermuten  xal  inl  t[o'u]^) 
^rjtQcoiOv  oder  TTJg  ^rjtQcoiag  ovöLccg  (zu  ^SQOvg  stimmen  die  Ductus 
nicht);  das  Einzelne  ist  vorläufig  nicht  zu  erraten;  der  Sinn  aber  wäre, 
dafs  der  Gatte  ihr  gestattet  habe  auch  für  das  Muttergut  zu  konsen- 
tieren, obwohl  dieses  ihm  bereits  als  unbelastet  verschrieben  worden. 
—  IV,  30  heifst  es  rijg  de  ^rjtl  und  die  Herausgeber  ergänzen  ^rjt[QÖg; 
sie  werden  aber  ebenso  gern  fiTjtlQaag  zugeben  wollen,  woran  sich 
dem  Sinne  nach  [ovo Lag  xQatovvra]  avtov  didystv  anschliefsen  könnte: 
der  Vater  soll  die  Erbschaft  von  der  Mutter  her  sein  nennen  (auf 
Lebenszeit)  und  der  Tochter  nur  die  lOQriyCai  oder  die  xQOfpaC 
abgeben. 

Hiernach  handelte  es  sich  nicht  um  eine  Konkurrenz  der  Mutter 
und  der  Tochter,  sondern  um  die  Verhältnisse  am  Muttergut,  die 
zwischen  Wittwer  und  Waise  entstehen.  Die  Herausgeber  sagen  zu 
VI,  24:  'it  may  be  conjectured  that  the  ovöca  in  question  Avas  ori- 
ginally  part  of  the  dovry  of  Dionysia's  mother.  Dionysia,  however, 
does  not  seem  ever  to  lay  much  stress  on  rights  derived  from  her 
mother.  The  yQccfi^ata  of  her  father,  including  the  cc-jtoyQacprj  (V,  23) 
and  S^oXoyrj^ata  (IV,  6,  36),  were  the  important  evidence  conceming 
the  xato%7f.  Aber  der  Konsens  der  Mutter,  den  sie  annehmen,  würde, 
wenn  obige  Ausführungen  richtig  sind,  sich  erübrigen. 

III.    Der  Abzahlungsvertrag  mit  Asclepiades. 

In  die  Rechtsverhältnisse  zwischen  Vater  und  Tochter  auf  der 
einen  Seite  und  dem  Gläubiger  des  Vaters  Asclepiades  (IV,  12.  27) 
weiht  uns  die  nur  lückenhaft  leserliche  Kol.  IV  insoweit  ein,  dafs  wir 
aufeinanderfolgende  Abmachungen  zwischen  Vater  und  Tochter  ver- 
folgen können  (IV,  12.  26)-,  in  diesen  wurde  die  Haftung  des  der  letz- 
teren in  Kaxo%ri  gehörigen  Gutes  für  die  Schulden  des  Vaters,  der 
veränderten  Sachlage   gemäfs,   anders  normiert,  als   ein  ursprüngliches 


1)  'Sia  möglicli'  Grenfcll.  —  Vorher  etwa:  oialccg  slg  i^ih  iXriXv&ora  XKt? 

2)  'rov  ist  wohl  möglich'  Grenfell. 


Otto  Gradenwitz:  Zur  „Petition  of  Dionysia"  333 

ö(ioX6yt]ßa  festgesetzt  hatte,  von  dem  die  Bemerkung  aal  tovrov  tov 
ö^oXoyrj^lat^og  avxä  dcä  tov  STtLöxoTtoy  7taQar8\d-8vr^og  avtov  ^Ltjd^ 
äg  e^^svr^x.[t]vat  rotg  syysyQa^^bvotg  dis  Möglichkeit  offen  läl'st,  dafs 
es  etwa  zwischen  der  Tochter  und  Asclepiades  direkt  vorgenommen 
wurde.  Einer  der  wenigen  Sätze,  die  einen  sicheren  Sinn  ergeben,  ist 
IV,  14  ]  äjtodovvccL  (tdXavtov)  a  scog  ccv  ^  7tXt]Qrjg  ixrsLörj^  ein  Pakt, 
aus  dem  sich  ergiebt,  dafs  je  ein  Talent  abzuzahlen  war,  bis  die  Summe 
von  7  Talenten  voll  würde.  Für  den  Fall,  dafs  diese  Verpflichtung 
nicht  eingehalten  werden  sollte,  hat  Dionysia  gewisse  Rechte  an  dem, 
was  sie  rä  zarsxo^svd  ^ot  v7tdQ%ovxa  nennt  (IV,  20),  eingeräumt,  und, 
sagt  sie,  (ebenda)  ö  d\E\  %al  tcuq  o[k\iyov  yeyevfjöd'cci'  und  beinahe  wäre 
es  dahin  gekommen,  nämlich  dafs  ihr  Gut  dran  glauben  mufste;  wenn 

es   nun  fortgeht:   tov  naQcc ^og  \a\7iaLTov\y\tog   xal   ^i]   octco- 

Xa^ßavovtog  rb  acp^rj^a  dvccyxccG^aL  ^s  TiaQa  x[ox>\  natQog  to  tcqo  . .  . 
60^  .[.]..,.  ajtov  .  .  iTtiöxa^Evov  ort  ov  TtSQiotpo^at  ccTtoöTtafisva  tu 
natsxo^svd  ^OL  a.  t.  A.,  so  ist  von  dvayxdöd-ai  an  offenbar  eine  War- 
nung der  Dionysia  an  ihren  Vater  (iTCiöra^tvov)  oder  gar  eine  Siche- 
rung ihrer  Rechte  gemeint;  vorher  (im  Gen.  Abs.  bis  tö  axplrjua)  die- 
jenige Konjunktur,  deren  Eintreten  zu  der  Warnung  Veranlassung  gab. 
Da  nun  das  Subjekt  ein  klagendes  und  nicht  befriedigtes  ist,  so  kann 
nicht  wohl  ein  anderer  als  der  Gläubiger  gemeint  sein,  und  man  mufs 
tov  yccQ  (statt  TtaQ)  'AöaXriTCidöov  vermuten,  was  Grenfell  mit  dem 
wichtigen  Zusatz  bestätigt,  dafs  hinter  dem  Namen  r«  %8^  steht. 
Hiernach  hat  Asclepiades  wohl  die  Rate  des  24.  Jahres  vergebens  ein- 
geklagt, und  dadurch  jene  Vorsichtsmafsregel  der  Dionysia  hervor- 
gerufen. Es  ergäbe  sich  also  ein  Abzahlungsgeschäft  mit  jährlichen 
Raten;  da  nach  diesem  Geschäft  einmal  fruchtlos  geklagt  Avurde  und 
das  in  der  yiaxoxri  der  Dionysia  stehende  Gut  dem  Gläubiger  zu  vor- 
fallen di'ohte,  entschlofs  sich  diese,  dem  Schuldner  ein  gröfseres  Dar- 
lehen zu  geben  (IV,  27),  auf  dafs  er  den  Gläubiger  befriedige  und  den 
Rest  (bis  ans  Ende  seiner  Tage   oder:   nach  seinem  Belieben)   behalte. 

IV.  Die  "natofri. 

Kaxo%iq  (detentio)  ist  possesio  wie  vo^iiq;  aber  es  findet  im  Gegen- 
satz zu  letzterem  Worte  seine  Hauptanweudung  nicht  bei  der  rerum 
possessio^):  die  bonorum  possessio  ist  in  der  Epistel  an  Simmius  vTtag- 


1)  Man  könnte  an  Labeo  (bei  Ulpian  D.  37,  1,  3,  1)  denken:  Hereditatis  bo- 
norum possessio  non  uti  rerum  possessio  accipienda  est:  est  enim  iuris  magis 
quam  coi-poris  possessio. 

22* 


334  I-  Aufsätze 

y^övTCov  xarox'i]^),  und  BGU  619  giebt  eine  stg  rrjv  rr'iQijöLV^)  TcaroiY] 
(7,  cf.  5):  diese  ist  (Ver)liaftung  eines  Menschen  custodiae  causa,  und 
der  Inhalt  des  sehr  interessanten  Fragments  ist  die  Erwägung,  dafs 
gewisse  Grundstücke,  weil  vor  der  missio  in  custodiam  vom  %atEx6- 
luvog  verkauft,  zu  Recht  verkauft,  und  einem  schwebenden  Hinter- 
ziehungsverfahren  entzogen  sein  sollen.^)  —  Auch  BGU  323,  11  läfst 
uns  eine  naToyri  erkennen. 

Aber  viel  näher  der  icaro%ri  unserer  Urkunde  kommt  BGU  8^,  3  ff. 
(ed.  Wilcken):  ^ElnEtdri  ovv  a7i£q)i^[vd^'r]]v  tov  TCQVTccvscog  '^iyad^ov 
z/o;t/i[o]voff  7t[ccQo]vrog  ccutö  :!iQogijxsLV  aal  rotg  TCQOEörüöt  rö[v]  vo- 
^aQxix.[12  Buchst.?]*)  rr]6LV  ^stä  tav  [i]7tt,yevoji8vc3v  aal  STCiysvi]- 
6o^£[y](DV   ELg  tiiv  r}}iBQav  tilg  ctTCodööEcog  xozcov^   ^qovtlGov  ■aataß'iElv 

[ ]^)  V    vo^iaQX&v    xal    r[&\v    loiTCäv    tg)v    ivExofisvcov    aal 

ro\y  x\ELQOtov7]6Kvtog  av[tovg  TCQv^tavEcog  tä  VTtaQxovta,  ^^XQi^g  ccv 
[11  Buchst.]^)  V  ocpEikoiiivcav  ylEvjrjtai,  akXä  aal  tu  vtieq  tav  ttqo- 
tEQ[(o]v  X9^^^'^  ocpEiXö^Eva  atX. 

Ferner  IV,  33  ETtiGta^ivri^)  ort  tieqI  iiiäg  [....]....  TiQogödav 
Exdötov  Etovg  xad't^co  Ecog  äv  rj  a[7t6]do[6^ig  f'l  avdyxTjg  tav  coqiö- 
^evov  yEv[i]t]ui  ;^()T;|u,Krwv  droht  dasselbe  an,  was  die  anocpaßig  des 
ETiitQOTtog  BGU  8  dekretiert.  Es  ist,  wie  auch  die  Herausgeber  an- 
nehmen, die  aatoxri  hier  eine  ^Verfangenschaft'^),  und  es  scheint,  dafs 
diese  nach  den  früheren  o^oXoytj^ata  eine  schärfere  war  als  nach  dem 
letzten,  welches  mit  der  Schuld  an  Asklepiades  ein  Ende  machte  und 
dem  Vater  eine  gröfsere  Freiheit  auch  an  dem  Muttergut  einräumte. 


1)  Die  Basiliken  sagen  für  bonorum  possessio  XL  passim  8iay,ccroxv ,  sogar 
ayad'wv  SiaKaro^i]  und  ersetzen  bei  der  b.  p.  secundum  und  contra  tabulas  das 
Wort  dui'ch  i}  iK  rf]g  Sia&r^Kiqg  ßorjd'SLa  und  r)  Karo;  rijg  diad'i^-HTig  ivccvricoaig.  — 
Für  possessio  ist  ihnen  -natoxri  so  fremd,  dafs  sie  D.  41,  2,  1  pr. :  possessio  .  .  . 
quasi  positio  quia  naturaliter  tenetur  ab  eo  qui  ei  insistit  quam  graeci  kktoj^i^v 
dicunt  mit  rj  vo^ii}  cpvßL-Aiq  iari  v.cnoyr\  wiedergeben  (Bas.  L  2,  1). 

2)  zig  rrjv  rrJQriOLv  TtaQaSod'fjvai  ist  das  Los  zweier  liberti,  die  suspect  sind, 
BGU  388"^,  7,  während  ein  ebenfalls  verdächtiger  vo^iKog  nur  l-uccvog  nccQaaxsiv 
genötigt  wird,  vgl.  D.  4,  6,  28,  1:  si  quis  nee  in  cu.stodia  nee  in  vinculis  sit,  sed 
sub  fideiussorum  satis  datione.    [BGU  619  anders  erklärt:  Ostraka  I  600.   D.  Red.]. 

3)  auch  der  ■nccnxoiitvog  BGU  372,  16  kann  hierhin  gezogen  werden;  er  wird 
detiniert  als  Landstreicher. 

4)  Wilcken  ergänzt  exempli  gratia  ^[(öv  cc6xo(Xr}iidTcovy?  trjv  &7tai?]rriaiv,  und 
trifft  sicherlich  den  Sinn.  Vielleicht  ist  voiiD:Qxi[äiv  (cf.  337,  25  ilg  tov  tyg  vo- 
LLctQ^iag  Xoyov)  tov  cpÖQOv  aTtaijrriaiv  zu  lesen.  —  Z.  9  i']vu  äh  fi7j  [i}]  ü:[7r]dqpa(Jtg 
statt  u  [7CQ]6(pccaLg? 

5)  Wilcken  ergänzt  ^ij  (lovov  rm]. 

6)  Wilcken  [?)  &n63oaig  tca]v.  7)  iTaarauivov? 
8)  Mitteis  S.  189  Note  1  1.  Heft  dieses  Archivs, 


Otto  Gradenwitz:  Zur  „Petition  of  üionysia"  335 

V.   Kleine  Textänderungen. 

VIII,  24  ff.  ist  der  Gedanke,  diils  die  Koutrahenten  der  Ehemänner 
nicht  getäuscht  werden  soUeu  durch  die  Register,  welche  die  Eventual- 
rechte  der  Frauen  wiederspiegelten,  da  nicht  immer  das  nämliche 
Archiv  für  alle  GvyyQacpaC  benutzt  wurde;  dann  empfiehlt  sich  Z.  25: 
statt  (Jtara^ff  vielmelir  diä  rb  xul^  was  Grenfell  auch  })estätigt,  Z.  24 
aber  ist  die  Rede  von  der  Täuschung  der  6  (für  oi)  rotg  ysyafirjxö^t 
övvaXldööovtsg^  und  da  zu  Anfang  y£yai.ir]x66i  steht,  erwartet  man  am 
Schlufs  eine  Bezeichnung  der  Eheweiber:  Grenfell  stellt  ysya^rj^svais 
vor  ya  fest. 

Die  zerrüttete  Stelle  VI,  25  «9?'  ov  [is  ajcsy  (9  Buchst.)  siöri  .  xa- 
öiveyxE  Tov  dvÖQog  ^£  ßxEQriöau  e%i%£iQGiv  läfst  eine  Beziehung  auf 
VI,  18  ccTtdyovTv  avtriv  äxovöav  ix  tilg  Tot>  dvdobg  oixCag  zu,  imd  in 
der  That  erklärt  Grenfell  aTca^,  also  djca^lstai]  für  möglich,  worauf 
man  auch  V,  41  an  [a;n:]a|[a^'9-at  denken  könnte. 

Nachwort.  Bei  einem  Besuch  in  Oxford  kam  ich  mit  den 
Herren  Grenfell  und  Hunt,  die  mir  die  Urkunde  in  liebenswürdigster 
Weise  zur  Verfügung  stellten,  noch  auf  folgende  Lesungen  überein: 
col.  IV,  8:  exlsyofiavrjv  für  ix^syofievav;  17  ra  'yiöxXTjjtiddrj  [aTtjo- 
dadcoxsvui  für  aöx  .  .  tcqk  ..[...].  dsdcoxEVKL;  26  y[sy]£vyj6d-aL  für 
.  .  [.^aTtrjö^ai;  32  tag  xqQiqyLag  für  T«t  .  .  .  ovrag-,  VI,  24  f*['>?]T()«[«g] 
ovöiccg  für  fi[ij]r()l  o  .  .  .  yvoy;    25  dzaXl[citt  oder   ähnlich]   für  dTtsy. 

Königsberg  i.  Pr. 

Otto  Gradenwitz. 


über  die  Nationaltypen  in  der  Schrift  der  griechischen 

Papyri. 

(Vgl.  die  Tafel.) 

Scholz  war  der  erste,  welcher  in  semem  Werke  „Biblisch -kri- 
tische Reise  (S.  XII — XIII)"  auf  das  Vorhandensein  von  Nationaltypen 
in  der  griechischen  Schrift  der  Pergament- Codices  aus  der  Byzan- 
tinischen Epoche  hinwies,  ohne  freilich  seine  Vermutung  durch  Bei- 
spiele zu  unterstützen.  Scholz's  Hinweisung  wurde  weder  zur  Zeit  der 
Herausgabe  seines  Werkes,  noch  später  genügend  beachtet.  Gardt- 
hausen  war  der  einzige,  welcher  sich  äufserte  und  zwar  gegen  Scholz's 
Meinung,  zuerst  in  der  „Griechischen  Paläographie"  und  sodann  im 
Artikel  „Differences  provinciales  de  la  minuscule  grecque"  (=  Me- 
langes  Graux),  wobei  er  Scholz's  Beobachtungen  nicht  durch  That- 
sachen,  sondern  nur  durch  allgemeine  Erwägungen  zu  widerlegen 
glaubte.  Er  behauptet  (Gr.  Pal.  S.  406  ff:),  dafs  bei  der  Welt-Herr- 
schaft des  byzantinischen  Reiches  die  unterworfenen  Völker  ihre  indi- 
viduellen Eigentümlichkeiten  auf  keine  Weise  geltend  machen  konnten, 
zumal  in  der  Schrift.  Man  kann  mit  dieser  apriorischen  Meinung 
Gardthausens  nicht  einverstanden  sein,  da  ihr  die  Thatsachen  wider- 
sprechen. Zur  Widerlegung  Gardthausens  genügt  es  auf  die  jedem 
Paläographen  bekannte  „koptische"  Schreibart  hinzuweisen,  die  nur  zu 
sehr  durch  ihre  Eigentümlichkeiten  auffällt,  als  dafs  man  ihi-e  Existenz 
leugnen  könnte.^)  Aufserdem  wäre  noch  die  „lateinische"^)  imd  die 
„syrische"  Schreibart  zu  erwähnen. 

Aber  wenn  wir  das  Vorhandensein  von  Nationaltypen  in  der  grie- 
chischen Schrift  der  Pergament-Codices  medii  aevi  anerkennen,  so  sind 
wir  auch  vollständig  berechtigt  zu  vermuten,  dafs  Spuren  von  ähn- 
lichen Eigentümlichkeiten  sich  ebenfalls  in  der  Schrift  der  griechischen 
Papyri  finden.  Da  man  mit  der  systematischen  Bearbeitimg  der  Papyri 
erst  vor  kurzer  Zeit  begonnen  hat,  so  ist  es  freilich  noch  sehr  schwer, 


1)  Montfaucon,  Palaeographia  graeca,  p.  311  sq.    WilcJcen,  Tafeln  zur  älteren 
griecli.  Paläographie,  p.  X. 

2)  Watteniach,  Scripturae  gr.  specimina,  tab.  7. 


Gregor  Zcreteli:  Über  die  Nationaltypcn  in  der  Scbi-ift  der  griech.  Papyri     337 

eine  Übersicht  über  diese  Eigeiitüiiilichkeite]!  zu  gewinnen;  aber  ein 
unlängst  von  mir  gelesener  Papyrus  giebt  die  Möglichkeit,  wenigstens 
einen  Nationaltypus  und  zwar  den  „lateinischen"  zu  konstatieren. 

Seinem  Inhalt  nach  ist  dieser  Papyrus  (Berl.  Mus.  p.  7007)  ein 
schlichter,  an  einen  gewissen  Asclates  adressierter  Brief-,  er  fängt  un- 
mittelbar mit  den  Worten  tiqo  ^tv  TtdvTav  avj^o^e  6a  vyiatvsLV  an; 
davor  fehlt  die  übliche  Adresse  (6  dstvcc  ta  dstvi  laiQSiv).^)  —  Durch 
einige  paläographische  Eigentümlichkeiten  sondert  sich  dieser  Papyrus 
von  vielen  anderen  des  Berliner  Museums  ab.  Vor  Allem  mufs  her- 
vorgehoben werden,  dafs  er  von  zwei  verschiedenen  Händen  geschrieben 
ist.  Der  ersten  Hand  gehören  die  ersten  acht  Zeilen  bis  zu  dem  Worte 
drjlcööars.  Der  Rest  ist  von  einer  anderen  Hand  geschrieben,  die  auch 
einige  Verbesserungen  iu  die  ersten  Zeilen  eingetragen  hat,  und  zwar: 
atv  st.  CO  (2.  Z.),  cc  st.  s  (4.  Z.),  ß  st.  7t  (4.  Z.).  Diese  zweite  Schrift 
trägt  einen  entschieden  nicht-griechischen  Charakter.  Die  Buchstaben 
in  den  ersten  acht  Zeilen  sind  sehr  sorgfältig  geformt,  gut  abgerundet, 
stehen  gröfstenteils  ganz  gerade  und  sind  nicht  miteinander  verbimden; 
eine  Ausnahme  machen  die  Ligaturen  sl  und  6s.  Der  zweite  Teil  des 
Briefes  —  vom  Worte  drjXcoöars  an  —  trägt  einen  ganz  anderen  Cha- 
rakter: hier  werden  die  Buchstaben  in  die  Länge  gezogen,  bekommen 


1)  Soeben  von  mir  publiziert  als  BGU  815.  —  Oben  abgebrochen. 
(1.  H.)         nQ[b  fij^v  TtävTav  sv^oy.E 

civ  (2.  H.) 
Got.  [v'jyiaivlcoj.    FsivöaKiv  6s 

&8lo),  Trj[v]  iTtiGToXriv  6ov 
a  (2.  H.)  ß  (2.  H.) 

slaßlsj.    'Eäv  InJl^Ttis,  oxv 
5     0  Z'roxpaTTjs  6  TtQO- 

\yiOv\QäTOQ    (lOV   KOTtovg 

[Tiva]g  7t(x[Q]£xrj  neQi  tfjg 
[So^^fjg  (2.  H.)  SrilmGccTE  {loi.     "Eygcc- 
[ipcc]  ayxä  tisqI  v^i&v,  ivcc 
10     v^stv  7tQ[o^a^j(r]  slg  Ttävtlcc]. 
T[i]  i7toir][a^8v ;  "AaTtccGai.  tovg 
KÖsXcpqlv^g  ^ov  Avvfjv  Kai  'Hqk- 

fKav  [xjal  tovg  iv  oinco 
15     7ravTa[s]  xar'   bvo\ia. 

'EQQ&Gd'ai  68  £i;;^Ojxat. 
El'  Tivi    xQsia  iariv,  Ttsfiipca 
Gai  Sici  TißsQiavov. 

"EQlQaeo?] 

1   1.  sv^o^ai.  —    2  60i  statt  aai  (=  6s)  \  1.  yivmaiiEiv.  —   5  —  6  1.  TtQOKOVQCC- 
tag.  —  10  1.  vulv.  —   18  aai  (=  es)  statt  aoi. 


338     I-  Aufsätze:  G.  Zereteli:  Über  die  Nationaltypen  i.  d.  Schrift  d.  griech.  Papyri 

eine  eckige  Form  und  eine  starke  Neigung  nach  rechts;  zugleich  ver- 
bindet sie  der  Schreiber  so  stark,  dafs  einige  von  ihnen  fast  gänzlich 
einzelne  ihrer  Bestandteile  verlieren  oder  aber  recht  sonderbare  Formen 
bekommen. 

Wenn  man  aber  diese  durch  den  Charakter  ihrer  Schrift  so  auf- 
fallende Urkunde  mit  dem  lateinischen  Papyrus  vergleicht,  welcher  von 
Grenfell  imd  Hunt  in  den  „New  classical  fragments  and  other  greek 
and  latin  papyri  (p.  158,  pl.  V)"  veröffentlicht  ist  und  aus  dem  Jahre 
167  n.  Chr.  stammt,  so  ergiebt  sich  zwischen  den  beiden  Papyri  eine 
so  grofse  Ähnlichkeit,  dafs  ich  in  dem  Berliner  Papyrus  ein  charakte- 
ristisches Beispiel  des  lateinischen  Typus  der  griechischen  Papyrus- 
schrift sehe.  Da  aber  der  lateinische  Papyrus  datiert  ist,  so  kann  man 
auch  den  griechischen  ungefähr  in  dieselbe  Zeit,  das  heifst  in  das 
zweite  Jahrhundert,  setzen. 

Es  ist  natürlich  unmöglich,  jeden  einzelnen  Buchstaben  des  grie- 
chischen Papyrus  mit  dem  ihm  entsprechenden  lateinischen  zu  ver- 
gleichen, um  Ähnlichkeiten  zwischen  ihnen  aufzuweisen:  denn,  wenn 
auch  einige  griechische  Buchstaben  den  entsprechenden  lateinischen 
sehr  ähnlich  sind,  so  behalten  doch  andere  ihre  griechische  Form  bei. 
Darum  werde  ich  mich  mit  der  Hinweisung  auf  solche  Formen  be- 
gnügen, welche  in  den  beiden  Papyri  identisch  sind.  Hierher  gehören 
folgende  Buchstaben:  s  (=  e)  — ^-,  ^.;  und  auch  einige  Formen  der 
Buchstaben  a,  y,  fi,  v.  Was  die  übrigen  Buchstaben  betrifft,  so  zeigen 
sie  im  einzelnen  fast  gar  keine  Ähnlichkeit  mit  den  entsprechenden 
lateinischen,  in  der  Gesamtheit  aber  bilden  sie  eine  Schrift,  deren  latei- 
nischer Charakter  nicht  zu  verkennen  ist.  Um  den  Vergleich  der  beiden 
Papyri  möglich  zu  machen,  habe  ich  eine  Tafel  beigefügt,  denn  keine 
Beschreibung  kann  den  unmittelbaren  Eindruck,  den  man  von  einem 
genauen  Faksimile  erhält,  ersetzen. 

Petersburg.  Oregor  Zereteli. 


Buchis,  der  heilige  Stier  von  Hermonthis. 
Zu  Macrobius  Sat.  I,  XXI,  20. 

Die  Bedeutung  der  ägyptischen  Eigennamen  in  griechischen  Texten 
für  die  Kenntnis  der  ägyptischen  Religion  der  Spätzeit  ist  bislang  nur 
wenig  gewürdigt  worden.  Und  doch  wird  einmal  eine  systematische 
Zusammenstellung  der  Götter  und  religiösen  Anschauungen,  welche  sich 
aus  den  von  den  Papyrusforschern  in  dankenswertester  Weise  gesam- 
melten Eigennamen  ergeben,  uns  einen  tiefen  Einblick  in  die  ägypti- 
sche Volksreligion  verschaffen,  von  welcher  wir  immer  noch  herzlich 
wenig  wissen. 

Unter  den  in  religiöser  Hinsicht  besonders  ergiebigen  Namen  stehen 
die  ilftf-bildungen  deshalb  obenan,  weil  in  ihnen  fast  stets  ein  Götter- 
name vorliegt.  Denn  überall,  wo  dieses  Präfix  auf  P-etje  „der,  wel- 
chen gegeben  hat  ..."  zurückgeht  —  und  das  ist  meist  der  Fall  ^)  — 
verbindet  es  sich  mit  dem  Namen  eines  Gottes.  Aus  solchen  Eigen- 
namen lernen  wir  nun  einen  Gott  Bov%Lg  kennen,  welcher  sich  aus 
dem  Eigennamen  nETeßov%{is)  ^),  „welchen  Buchis  gegeben  hat",  ergiebt. 
Derselbe  Gottesname  steckt  wieder  in 

Uaßovxiq  „der  des  Buchis"^)  mit  der  var.  77t/3ov%ig*)  oder  UißoxKS 
(Wilcken,  Ostr.  n.  402), 

sowie  in  nßovKig^)  „der  Bukis"  mit  dem  Artikel  vor  dem  Götter- 
namen ^)  und  dem  bekannten  Wechsel  von  x  imd  %} 
endlich  in  IIstoöoQßovxts  Wilcken,  Ostr.  n.  1196. 
Wer  dieser  Gott  Bov^tg  war,  erfahren   wir  aus  einem  Mumienetikett 


1)  Über  die  Ausnahme  s.  Spiegelberg,  Demotische  Studien  I  §  9,  3. 

2)  Wilcken:  Ostraka  n.  1172. 

3)  P.  Par.  5,  31,  1. 

4)  Wilcken:  Ostraka  Index  HI.  Zu  der  JTa-bildung,  welche  nicht  von  vorn- 
herein zu  der  Annahme  eines  theophoren  Namens  berechtigt,  vgl.  Spiegelberg, 
a.  0.  §  9,  1.  Für  IIa  ti'itt  gelegentlich  IIi  ein,  z.  B.  in  Tliyblvig  für  ücx^lvis- 
S.  ebendort. 

5)  P.  Grenf.  U  24,  7. 

6)  Zu  dem  Artikel  vor  Götternamen  s.  Spiegelberg,  a.  0.  §  10. 


340  I-  Aufsätze 

(I./II.  Jahrli.  n.  Chr.),  welches  sich  in  der  Kaiserlichen  Landesbiblio- 
thek zu  Strafsburg  i.  E.  befindet.  Ich  sah  das  Stück  im  Winter 
1895/6  in  Luxor  bei  einem  Händler  und  habe  es  drei  Jahre  später 
von  demselben  für  die  genannte  Bibliothek  ei-worben.  Über  die  Her- 
kunft liefs  sich  nichts  ermitteln. 

sie 

Eis  'EQ^üvd'iv  &ailöi 
d'vydtrjQ  Uevd'OTEvrov 
'Iva  dot  ^)  iltJttöTog  ya^ßQog 
WevsovilQi  vsxQOTKq)G)^)  xal  örj- 
5    fiaiv8L  ^)  £Lg  t6  Bovxlv 
WsvsovfjQi  7ta6toq)6QOv 

iäic 

rov  d^eov  ^coov  Bov%iv  tis- 

4) 

7th]QCi)^svog  TÖ  vavXov 

sie 

xal  TÖ  Tf'Aog  xal  TCccöag  daTtavrjg 
XoCai  X?. 

Es  handelt  sich  also  um  eine  Art  Begleitadresse  ^),  welche  der 
Mumie  der  Taesis  beigegeben  war  und  die  Bestimmung  enthielt,  dafs 
diese  Mumie  nach  Hermonthis  gebracht  werden  und  dort  durch  den 
Pastophoren  des  Buchis  in  dem  Tempel  dieses  Gottes,  dem  Bovxlv 
(=  Bov^Elov)  beigesetzt  werden  solle. 

Wer  ist  nun  der  Gott  Buchis  zu  Hermonthis? 

Aus  Macrobius'  Saturnalien  ^)  wissen  wir,  dafs  in  Hermonthis  ein 
heiliger  Stier  Bacis  verehi't  wurde,  und  auch  Strabo  XVH  p.  817  er- 
wähnt, ohne  Namensnennung,  dieses  heilige  Tier.  Seine  Identität  mit 
dem  Bh  genannten  dem  Gotte  Montu  heiligen  Stier  hat  bereits 
Brugsch^)  erkannt. 


1)  An  dieser  Stelle  befindet  sich,  wie  mich  Herr  Professor  Keil  freundlichst 
belehrte,  ein  durchgestrichenes  W.  Vermutlich  wollte  der  Schreiber  den  Namen 
W^vsovfiQi?  schreiben. 

2)  In  der  Handschrift  kein  t  adscriptum. 

3)  Das  Spatium  an  dieser  Stelle  ist  durch  eine  Unebenheit  der  Holzfaserung 
veranlafst. 

4)  Das  7j  ist  aus  to  korrigiert. 

5)  Ähnliche  Texte  bei  Le  Blant:  Tablai  egyptiennes  no.  63.  64.  65  (Rev. 
arch.  187.5). 

6)  ed.  Eyssenhardt  I,  XXI,  20  „in  oppido  Hermunthi  magnifico  Äpollinis  templo 
consecrattim  soll  colunt  taurum,  Bacin  cognominantes,  insignem  miraculis  convenien- 
tihus  nattirae  solis.  nam  et  per  singulas  horas  mutare  colores  adßnnatur  et  hirsutus 
saetis  dicitur  in  adversum  nascentihus  contra  naturam  omniuvi  animdlium." 

7)  Dictionnaire  geogi-aphique  S.  200.  Im  übrigen  vgl.  Wie demann:  Zweites 


Wilhelm  Spiegelberg:  Buchis,  der  heilige  Stier  von  Hermonthis  341 

Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  auch  unser  Bovxtq  die  Transkription 
von  Bh  ist,  und  es  ist  niclit  unwahrscheinlich,  dafs  das  Epitheton  xov 
%^aov  laov  die  altägyptischen  Attrihute  dieses  Stieres  b  >  'nh  n  K 
„lebende  Seele  des  Sonnengottes  Re'"  wiedergieht. ^)  Auch  das  „con- 
secratum  soll"  des  Macrobius  erfährt  durch  die  ägyptischen  Worte  eine 
Bestätigung.  Möglicherweise  zeigt  auch  die  bei  Schiaparelli:  Taf.  LXX 
gegebene  Abbildung  des  Bh- Stieres  den  eigentümlichen  Haarwuchs, 
welchen  Macrobius  als  „hirsutus  sactis  in  adversimi  nascentihns"  be- 
schreibt. 

Angesichts  der  oben  mitgeteilten  griechischen  Transkriptionen, 
welche  in  bh  fast  sämtlich  den  Bildungsvokal  ü  zeigen  (nur  einmal  o), 
ist  nun  meines  Erachtens  die  Lesung  Bacis  nicht  mehr  aufrecht  zu 
erhalten.  Die  griechischen  Transkriptionen  lassen  nur  die  Wahl 
zwischen  den  Bildungsvokalen  ö  und  ü.  Man  wird  daher  im  engsten 
Anschlufs  an  die  bestüberlieferte  Form  Bov%i<s  in  der  Macrobiusstelle 
Bucin  verbessern. 

Das  in  der  Inschrift  des  Strafslmrger  Etiketts  genannte  Bov^tlov 
wird  vermutlich  das  Begräbnis  der  Buchisstiere  sein,  welche  ebenso 
wie  die  Apisstiere  (in  dem  ZaganiElov)  ihre  besondere  Grabstätte 
besafsen.^)  Die  Leiche  der  Taesis  sollte  an  dieser  Stätte  beigesetzt 
werden. 

Dabei  möchte  ich  auf  einen  Fund  hinweisen,  zu  welchem  die  Aus- 
grabvmgen  fühi'ten,  welche  im  Winter  1898/9  der  Marquis  of  Nort- 
hampton  gemeinsam  mit  Percy  E.  Newberry  und  dem  Schreiber 
dieser  Zeilen  in  der  thebanischen  Necropole  unternahm.  In  Drah 
Abul  Neggah  wurde  ein  grofses  Grab  von  Ibissen  und  Sperbern  ge- 
funden, welches  in  ältere  Gräber  in  der  Ptolemäerzeit  eingebaut  war. 
Hier  lagen  in  verschiedenen  Zimmern  der  weitverzweigten  Grabanlage 
hunderte  von  Leichen,  und   die   zahlreichen  demotischen  Inschriften  ^) 


Buch  Herodot  S.  552;  Wilkinson:  Manners  and  customs  of  the  ancient  Egyp- 
tians.  1878  S.  307;  Sethe:  bei  Pauly -Wissowa  unter  Bacis;  Maspero:  Histoire 
des  peuples  de  l'Orient  I  S.  120  Anna.;  Schiaparelli:  Dizionario  di  mitologia 
S.  201. 

1)  [Oder  ist  „der  lebendige  Gott  Buchis"  der  Gegensatz  zu  dem  toten  'Ogoq- 
ßovxis^  D.  ßed.] 

2)  Wie  sich  aus  dem  Eigennamen  IIstoaoQßovxis  (s.  oben)  ergiebt,  auf 
welchen  mich  Herr  Prof.  Wilcken  freundlichst  hinwies,  hiefs  der  tote  Buchis- 
stier 'OaoQßovxis  „der  zum  Osiris  gewordene  Buchis",  ebenso  wie  der  ver- 
storbene Apisstier  zum  'OaoQäTtig  :  Sarapis,  der  verstorbene  Mnevisstier  zmn 
'O60Q0fiv£vig  wurde. 

3)  Für  alles  Nähere  verweise  ich  auf  den  in  Vorbereitung  befindlichen  Aus- 
grabungsbericht. 


342    I-  Aufsätze:  Wilhelm  Spiegelberg:  Biichis,  der  heilige  Stier  von  Hennonthis 

bewiesen,  dafs  diese  Mumien  hierher  geschafft  waren,  um  in  der  Nähe 
der  heiligen  Tiere  zu  ruhen.  ^) 

Strafsburg.  Wilhelm  Spiegelberg. 


1)  [Der  Herr  Verfasser  gestattet  mir,  hier  eine  Bemerkung  über  das  xiXog 
einzuschalten,  das  in  Z.  9  des  Strafsburger  Textes  hinter  dem  vavlov  erwähnt 
wird.  Ich  denke  dabei  an  das  xilog  tacpfig,  über  das  ich  in  Ostraka  I  S.  304  ff. 
gehandelt  habe.  Nach  dem  Strafsburger  Text  möchte  ich  die  TsQuäfiig,  die  nach 
Ostr.  n.  1463  vnbQ  xatpfiq  —  avdgbs  zahlt,  für  die  Leidtragende  halten  und  an- 
nehmen, dafs  diese  für  die  Kostümierung  der  Leichen  erhobene  Steuer  wie  von 
den  ifiatioTtwXcci,  so  auch  von  den  Leidtragenden,  die  den  Auftrag  gegeben  hatten, 
erhoben  wurde.  Freilich  bleibt  auch  dies  einstweilen  eine  Vermutung.     D.  Red.] 


II.  Referate  und  Besprechungen. 


Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos. 

(Schlufs.) 

3.    Aus  dem  ägyptischen  Eherecht. 

Weitaus  die  wichtigste  Frage  im  Rechtsstreit  der  Dionysia  ist  die,  ob 
ihr  Vater  Chairemou  die  Macht  hat,  ihre  Ehe  wider  ihren  Willen  aufzu- 
lösen. Wir  haben  gesehen  (oben  S.  180),  dafs  er,  weil  in  den  pekuniären 
Rechtsfragen  das  Blatt  sich  zu  Gunsten  seiner  Tochter  gewendet  hatte,  nun 
ihre  Person  in  seine  —  sei  es  nun  rechtliche  oder  faktische  —  Gewalt  zu 
bekommen  trachtete,  womit  er  jedenfalls  auch  ihr  Vermögen  wieder  zu  seiner 
Verfügung  gehabt  haben  würde. 

Allem  Anschein  nach  ist  Chairemon  in  diesem  Punkt  im  formalen 
Recht.  Diese  Frage  ist  von  den  Herausgebern  und  neuerlich  von  Mommsen 
(Berliner  Festgabe  für  H.  Dernburg)  eingehend  erörtert  worden,  so  dafs 
ich  mich  mit  kurzen  Bemerkungen  begnügen  kann.  Der  Status  causae 
et  controversiae  ergiebt  sich  am  besten  aus  einer  Wendung  der  Dionysia 
Col.  7  lin.  12  sq.:  ovSeig  yccQ  vo^og  anovöag  yvvaiKccg  ccTt  avdqav  anoGnav 
i(peCri6i.v,  sl  6s  nal  l'ßriv  Ttg,  ccXX'  ov  TtQog  rag  £|  syyQcccpcov  yccfiojv  ysysvi]- 
fiivag  nal  iyyQucpcog  ysy^^a^yrjfievag.  Die  Behauptung:  'Kein  Gesetz  erlaubt 
dem  Vater,  seine  Tochter  dem  Mann  zu  rauben,  wenn  es  aber  eines  giebt, 
so  bezieht  es  sich  nicht  auf  Töchter  aus  Schriftehen  und  die  auch  in  Schrift- 
ehe geheiratet  haben'  —  diese  Behauptung  enthält  offenbar  das  Zugeständnis, 
dafs  bei  Töchtern  aus  ungeschriebenen  Ehen  {ayQa(poL  yä^oi)  dieses  Recht 
des  Vaters  wirklich  vorliegt.  Und  auf  dasselbe  führt  das  Responsum  des 
Juristen  Ulpios  Dionysodoros  Col.  8  lin.  4 — 6. 

Ja  es  ist  sogar  mehr  als  fraglich,  ob  auch  nur  bei  der  eigentlichen 
Schriftehe  dieses  väterliche  Reklamationsrecht  von  Gesetzeswegen  aus- 
geschlossen wai'.  Col.  4  lin.  20 — 29  wird  allerdings  eine  Entscheidung  des 
Präfekten  Flavios  Titianos  angeführt,  der  in  einem  solchen  Fall^)  die  väter- 
liche Scheidungsklage  zurückwies;  aber  in  einem  späteren  Prozefs  vor  dem 
Epistrategen  Paconios  Felix  wii-d  dieses  Präjudikat  dahin  erläutert,  dafs 
Titianos  hier  „der  Unmenschlichkeit  der  Gesetze  keine  Folge  geleistet  habe" 
{(iri  'rjKolovd'riKivai,  rrj  totJ  vofiov  aTtav&Qcania  col.  7   lin.  34).      Es   war  also 


1)  Zwar  ist  nicht  ausdrücklich  gesagt,  dafs  es  sich  hier  um  eine  Schi-iftehe 
handelte,  aber  es  folgt  dies  wohl  daraus,  dafs  Dionysia  es  als  Beispiel  für  die 
von  ihr  in  diesem  Fall  behauptete  ünauflöslichkeit  zitiert. 


344  11-  Referate  und  Besprechungen 

nur  die  Praxis  der  römisclien  Magistrate,  welche  in  solchem  Fall  die 
äuTsersten  Kechtskonsequenzen  abwendete,  wie  man  sie  auch  in  Rom  ab- 
zuwenden suchte,  wenn  der  Vater,  gestützt  auf  seine  potestas,  unbillig  die 
Ehe  zerstörte.^) 

Dabei  scheint  übrigens  noch  eine  Komplikation  berücksichtigt  werden 
zu  müssen.  Es  konnte  der  Fall  sein,  dafs  die  Tochter  aus  einem  ayqarpoq 
yccfiog  stammte,  aber  in  einem  'iyyqacpog  ydiiog  verheiratet  war.  Nach  dem 
Responsum  des  Ulpios  Dionysodoros  ^)  (col.  8  lin.  3  sq.)  genügte  —  wohl 
auch  wieder  nicht  nach  den  Gesetzen,  sondern  nach  der  Praxis  —  auch 
dieses,  um  dem  Vater  das  Reklamationsrecht  zu  benehmen.  Die  Recht- 
sprechung wäre  dann  die  gewesen:  das  ägyptische  Recht  galt  ungebrochen, 
wenn  die  Tochter  i'^  ayQacpav  ydiicov  war  und  dyQccipcog  verehelicht.  In 
jeder  anderen  denkbaren  Kombination  —  l)  i'^  ayQccq)cov  yccjxav  und  kyyqa- 
q)cog  verehelicht  oder  2)  i'E,  iyyQcxcpcov  yd^cov  und  iyyQacpcog  oder  3)  dyQdq)0}g 
verehelicht  —  wäre  die  Ehe  der  Tochter  der  Auflösung  durch  den  Vater 
entrückt  worden.  Doch  ist  für  den  Fall  3)  diese  Annahme  zwar  nach  dem 
Ausdruck  unseres  Papyrus  nahegelegt,  aber  doch  nicht  unanfechtbar  bewiesen. 

Jede  Erklärung  dieses  seltsamen  Rechtszustandes  muTs  vom  Begriif  des 
ayQaq)og  und  eyyQaq)og  yd(i,og  ausgehen.  Der  Erstere  ist  uns  schon  bekannt 
durch  den  CPR  1  n.  18,  wo  einem  Sohn  e^  dyQdcpcov  ydfxaov  das  Recht  ab- 
gesprochen wird,  bei  Lebzeiten  seines  Vaters  ein  Testament  zu  errichten 
und  hierdurch  diesen  von  der  Erbfolge  auszuschliefsen.  Das  weist  darauf 
hin,  dafs  hier  der  Vater  weitgehende  Rechte  über  das  Kind  hat  und  damit 
stimmt  überein,  dafs  die  römische  Praxis  zwar  bei  Töchtern  aus  Schriftehe, 
nicht  aber  bei  solchen  aus  ungeschriebener  Ehe  sich  dazu  verstand,  dem 
Vater  eine  Schranke  zu  setzen.  Es  mufs  im  letzteren  Fall  das  Verhältnis, 
obwohl  es  kein  ganz  illegitimes  war,  doch  das  Kind  in  eine  sozial  zurück- 
gesetzte und  dem  Vater  gegenüber  halb  unfreie  Lage  gebracht  haben.  Es 
wird  uns  dies  begreiflicher,  wenn  wir  an  die  Rechtslage  der  unehelichen 
Kinder  im  römischen  Recht  denken.  Positiv  unterrichtet  sind  wir  darüber 
—  und  das  gehört  zu  den  Rätseln  unserer  Überlieferung  —  nicht;  aber  es 
ergiebt  sich  aus  aller  Überlieferung  mit  zwingender  Notwendigkeit,  dafs  das 
uneheliche  Kind  der  unverheirateten  Haustochter  zur  agnatischen  Familie 
nicht  gehört  haben  kann.  Da  aber  die  Geschlossenheit  des  römischen  Hauses 
die  Zugehörigkeit  zu  einer  bestimmten  Familie  für  jedes  Individuum  mit 
Notwendigkeit  voraussetzt,  kann  nur  ein  klientelartiges  Applikationsverhältnis 
angenommen  werden,  welches  das  uneheliche  Kind  zu  seinem  unehelichen 
mütterlichen  Grofsvater  in  ein  ähnliches  Verhältnis  —  Vermögensfähigkeit 
bei  vorhandener  Abhängigkeit  —  gesetzt  haben  mufs,  wie  es  beim  ägyp- 
tischen Kind  j|  dyQdcpcov  ydiimv  der  Fall  ist. 

Die  schwierigste  Frage  bleibt  immer  die  nach  der  Bedeutung  der  ayga- 
cpoi   yd^oi.     Dafs    zur    vollgültigen    Ehe    die    Schriftform    gehörte,    ist    für 


1)  Paul.  SR  2,  19,  2.   Ulp.  D.  43,  30,  1,  5.   Mommsen  a.  a.  0.  Note  16. 

2)  Die  Herausgeber  bezweifeln,  dals  die  in  diesen  Besprechungen  genannte 
Dionysia  identisch  ist  mit  der  unsi-igen,  weil  jene  bezeichnet  ist  als  i^  ayQdqxov 
ydiLcav  yiysvriiiivrj,  unsere  von  sich  das  Gegenteil  behauptet  (7, 13).  Aber  das  Re- 
ßponsum  will  nicht  besagen,  dafs  Dionysia  sicher  ayporqpog  ist,  sondern  nur,  dafs 
wenn  sie  es  auch  sein  möchte  —  was  offen  bleibt  —  dieser  Mangel  durch  die 
Verheiratung  in  einer  Schriftehe  saniert  ist. 


Ludwig  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  345 

Ägypten  und  andere  orientalische  Länder  eine  erwiesene  Thatsacho.  Aber 
ebenso  sicher  ist  es  jetzt  nach  den  Papyri,  dafs  es  auch  ein  —  gleichfalls 
ydfiog  genanntes  —  eheliches  Verhältnis  minderer  Kategorie  giebt,  das  ayqa- 
(pog  ist.  Und  wir  finden  dieselbe  Erscheinung  im  syrischen  Rechtsbuch; 
die  Londoner  Handschrift  §§  35,  36,  93  unterscheidet  genau  zwischen  der 
Ehe  mit  Schrift  und  der  ohne  solche,  welche  gleichfalls  Ehe  genannt  wird, 
aber  kein  Erbrecht  der  Kinder  begründet. 

Über  den  Zweck  des  ägyptischen  äy^acpog  yd^og  sind  wir  auf  den  Weg 
der  Hypothese  verwiesen.  Es  ist  möglich,  dafs  unser  Material  hierzu  heute 
noch  nicht  ausreicht;  möglich  aber  auch,  dafs  wir  bereits  in  den  vorliegenden 
Papyri  den  richtigen  Schlüssel  haben.  Denn  diese  deuten  bereits  auf  eine 
Erklärung  hin,  und  zwar  auf  die  sehr  einfache,  dafs  man  häufig  die  Ehe 
blos  provisorisch  —  wie  man  gesagt  hat  auf  Probe  —  begründete,  um 
erst  nach  deren  befriedigender  Vollstreckung  das  volle  eheliche  Verhältnis 
eintreten  zu  lassen. 

Längst  bekannt  ist  der  13.  Papyrus  der  Pariser  Sammlung,  in  welchem, 
wie  man  es  gewöhnlich  auffafst,  davon  die  Rede  ist,  dafs  zwischen  zwei 
Leuten  ein  iviuvrbg  övvoikiGlov  besteht.  Der  betreffende  Passus  ist  unklar 
gehalten  und  verträgt  verschiedene  Auslegungen  ■'^) ;  aber  soviel  kann  als 
unzweifelhaft  gelten,  dafs  das  Verhältnis  hier  nur  ein  vorläufiges  ist.  Jetzt 
aber  bringen  die  P.  Oxy.  in  Nr.  267  einen  Kontrakt  aus  dem  Jahr  36  p.  C, 
der  eiü  ganz  ähnliches  Provisorium  enthält:  „Tryphon  erklärt  der  Saraeus, 
von  ihr  40  Silberdrachmen,  ein  Paar  goldene  Ohrgehänge  und  ein  Kleid 
erhalten  zu  haben,  alles  in  allem  im  Wert  von  72  Drachmen,  was  er  ihr 
in  fünf  Monaten  erstatten  wü-d.  Wenn  sie  sich  aber  von  einander  scheiden, 
erhält  Saraeus  jedenfalls  die  Ohrgehänge.  Da  sie  aber  jetzt  beisammen 
sind  ccyQccg)(og,  erklärt  er  ihr,  wenn  sie  bei  der  Scheidung  schwanger  ist" .... 
Hier  bricht  der  Zusammenhang  ab. 

Das  Wichtige  an  dieser  Urkunde  ist  augenscheinlich,  dafs  von  ayQccg)a)g 
GvvsLvai  aXhjXoig  gesprochen  wird;  wahrscheinlich  stehen  wir  hier  gerade 
vor  einem  dyQacpog  ydfiog  und  wahi'scheinlich  ist  auch  im  13.  Papyrus  des 
Louvre  von  nichts  anderem  die  Rede.  Dabei  ist  sofort  die  seltsame  contra- 
dictio  in  adiecto  ersichtlich:  Man  schreibt  (beidemal)  eine  Urkunde  und  nennt 
das  einen  d-yqucpog  ydfiog.  So  wörtlich  ist  also  die  Sckriftlosigkeit  nicht  zu 
nehmen;  geschrieben  wird  auch  hier  —  wo  wird  in  Ägypten  nicht  ge- 
schrieben? —  aber  nicht  soviel  als  zur  eigentlichen  Ehe  gehört.  Das  zeigt 
sofort  die  Vergleichung  unseres  Oxyrhynchitischen  Papyrus  mit  den  eigent- 
lichen Ehekontrakten,  z.  B.  CPR1,24  u.  27;  da  wird  (24  lin.  10;  27  lin.  11) 
ausdrücklich   davon   gesprochen   „Es   sollen   die  Heiratenden   zusammenleben 


1)  In  den  entscheidenden  Worten:  '^rfjg  jXTjrpdg  ^lov  jiaxXriTiLCiSrig  6vvov6r\g 
'ißiöwQm  ....  KaO"'  rjv  ^&8ro  avtfj  avyyQccqjijv  o^oXoyiag,  öi'  rjg  8io\ioXoy£irai  aXlu 
TS  v.cd  ^'/^siv  TtdQ  o:vzf]i  rjv  TCQOosvrjvszTO  (f)SQVi]v  ....  ycccl  TtSQi  roö  Q'riOEGQ'ai  ccvrjj 
iv  ivLavTO}  awoiMialov'  ist  fraglich,  ob  avvoLxiaiov  mit  iviavTog  zu  verbinden  ist, 
was  meist  geschieht,  aber  mit  dem  Dativ  ixvtfj  nicht  vereinbar  ist,  oder  mit 
cvyygacp'qv,  wo  es  hiefse:  'er  werde  ihr  in  einem  Jahr  einen  (förmlichen)  Ehe- 
kontrakt ausstellen'  (Grenfell-Hunt  245).  Jedenfalls  ist  6vvoi%iaiov  farblos  genug, 
um  sowohl  die  schriftliche  als  die  ungeschriebene  Ehe  bezeichnen  zu  können 
(Grenfell-Hunt  a.a.O.  p.  243  n.  11);  danim  ist  auch  bei  der  GvyyQutpi]  Gvvoixiaiov 
in  Nr.  16G  es  zweifelhaft,  welches  von  beiden  eigentlich  vorliegt.  Bei  Justinian 
(Nov.  74  c.  1)  ist  ovvoixioiov  die  Bezeichnung  für  die  rechte  Ehe. 


346  II-  Referate  imd  Besprechungen 

olme  Tadel,  indem  der  Mann  nach  Kräften  der  Frau  Lebensunterhalt  und 
Kleider  giebt,  und  was  einer  Ehefrau  gebührt,  die  Frau  aber  tadellos  und 
vorwui'fsfrei  sich  benimmt".  Ebenso  in  BGU  183,  6;  251,  4.  Schon  in 
dem  jüngst  von  Nicole  (Genfer  Pap.  2,  n.  21)  veröffentlichten  ältesten  aller 
griechischen  Ehekontrakte  —  wahrscheinlich  2.  Jhd.  vor  Chr.  —  sind  diese 
Stipulationen  zu  finden:  „Es  darf  der  Mann  keine  andere  Frau  nehmen  oder 
von  ihr  lünder  erzeugen,  und  die  jetzige  nicht  verjagen  und  mifshandeln 
und  schmähen  .  .  .  und  ebenso  die  Frau  keinen  Tag  abwesend  sein  aus  dem 
Hause  und  mit  keinem  anderen  Mann  zusammengehn  und  das  gemeinsame 
Haus  schänden"  u.  s.  f.  Dementsprechend  wird  auch  in  all  diesen  Kontrakten 
eine  eigentliche  cpsQvr;  bestellt,  eine  Mitgift  im  technischen  Sinn  des  Worts 
CPR  24,  8;  27,  6;  28,  7,  zu  ergänzen  wohl  auch  in  21,  11;  21,  9;  23,  4; 
BGU  183,  6  cf.  251,  5  (erg.);  252,  6.  P.  Genf.  cit.  lin.  9.  Welche  Rolle 
hier  die  Mitgift  spielt,  das  wü-d  illustriert  durch  das  syrische  Rechtsbuch 
L.  §  93,  wonach  der  Ehekontrakt  selbst,  a  potiori,  cpegvi^  genannt  wird  und 
L.  35,  36,  wonach  die  Frauen  unterschieden  werden  in  solche  mit  und  ohne 
q)eQV7]  (=  Ehekontrakt),  das  genaue  Analogon  zum  eyyQacpoq  und  ayqacpog 
yd  flog. 

Ganz  anders  steht  es  dagegen  zwischen  Tryphon  und  der  Saraeus  in 
P.  Oxy.  267.  Da  ist  von  irgendwelchen  übernommenen  Ehepflichten  noch 
keine  Rede,  es  fehlt  der  definitive  Ehekonsens,  die  affectio  maritalis  würde 
ich  sagen,  wenn  ich  nicht  es  vermeiden  wollte,  diese  unklare  und  bislang 
immer  so  überernst  genommene  Phrase  anzuerkennen.  'Eitsl  6s  6vvi6(isv 
ciyQuq)cog  —  da  wir  nun  ohne  Schrift  zusammenleben  (lin.  18),  das  ist  alles 
was  gesagt  wird.  Demgemäfs  ist  von  einer  cpiQvri  nicht  die  Rede  —  die 
Frau  bringt  eine  Kleinigkeit  mit  oder  scheint  dies  zu  thun;  ich  komme 
darauf  gleich  zu  sprechen.  In  Pap.  Par.  13  (s.  oben  S.  345)  heifst  es 
freilich,  dafs  der  Mann  in  einer  Urkunde  bekannt  hätte  empfangen  zu  haben 
naq'  avrrig  rjv  TigoGevrivEnzo  cpSQvriv  laXKOv  {räkavta)  ß.  Aber  dieser  Pa- 
pyrus ist  nicht  das  Original  des  ayqacpog  yccfiog,  sondern  eine  Klagschrift, 
die  von  demselben  nur  berichtet;  im  P.  Oxy.  267  sehen  wir,  dafs  das 
Original  von  rpBQvr]  eben  nicht  spricht  und  der  Pariser  Papyrus  drückt  sich 
daher  wohl  untechnisch  aus,  wenn  er  trotzdem  diesen  Terminus  gebraucht. 
Das  scheint  mir  namentlich  angesichts  der  Analogie  aus  dem  sja'ischen 
Rechtsbuch  ziemlich  sicher. 

Also:  iyyqacpog  yccfiog  ist  die  in  solennem  Ehekontrakt,  mit  Zusage  des 
ehelichen  Zusammenlebens  und  Stipulationen  über  die  Mitgift  (und  ander- 
weitige Vennögensverhältnisse)  bestätigte  Verbindung,  ayQacpog  yccixog  eine 
vorläufige,  wenngleich  urkundlich  versicherte  Verabredung,  in  welcher  die 
beiden  Teile  keine  dauernden  Vei*pflichtungen  auf  sich  nehmen.  Ob  jede 
Ehe  dieses  Vorstadium  durchgemacht  hat,  wissen  wir  nicht,  und  mögen  es 
bezweifeln.^)  Ebenso  wenig  wissen  wir,  ob  füi*  dasselbe  eine  Zeitgrenze 
üblich  war,  etwa  ein  Jahr  —  der  iviavTog  GvvolkigIov.  Notwendig  war 
sie  sicher  nicht.     Wenn  im  C.  I.  de  nat.  lib.  5,  27,  10  und  11,  wo  der  Fall 


1)  Aber  man  bemerke,  dals  in  BGU  183,  G;  251,  4;  252,  7  es  immer  heifst 
cv^ßiovrcoGccv  ovv  aXXr'jXoLg  .  .  .  -na&cog  xal  itQosyäyiOvGcxv  (sie)  oder  ^livsiv  avroig 
TTji'  6vn,ßi(oaiv  Kud-6ti  yial  (nQÖtuQov).  In  den  Wiener  Heiratskontrakten  kommt 
dieser  Hinweis  auf  ein  schon  bestehendes  Zusammenleben  nicht  vor. 


Ludwig  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyi-hynchos  347 

vorausgesetzt  ist,  dafs  Jemand  eine  Frau,  von  der  er  schon  mehrere  Kinder 
hat,  nachträglieh  legitimiert,  solche  Verhältnisse  ins  Auge  gefafst  sein  sollten, 
wie  die  ägyptische  und  syrische  Ehe  ohne  Schrift^)  —  was  ich  für  sehr 
möglich  halte,  —  so  hätten  wy.'  den  dokumentarischen  Beweis  dafür,  dafs 
sie  jahrelang  bestehen  konnten.  Dagegen  giebt  es  keinen  Beweis  in  diesem 
Sinne  ab,  wenn  in  CPR  1,  18  und  der  Dionysiaurkunde  auch  erwachsene 
Kinder  i^  ccyQcccpcov  yaftwv  sind ;  denn  es  ist  sehr  zweifelhaft,  ob  ein  Kind,  das 
einmal  in  dieser  Situation  war,  es  nicht  auch  dann  blieb,  wenn  die  Eltern 
später  die  Schriftehe  eingingen.  Ja,  wenn  die  eben  zitierten  Konstitutionen 
Justinians  hierher  gehören  sollten,  so  würden  sie  beweisen,  dafs  bis  auf 
diesen  Kaiser  das  agraphische  Kind  hinter  seinen  nachgeborenen  engraphi- 
schen  Geschwistern  von  denselben  Eltern  zurückgesetzt  blieb. 

Eine  besondere  Frage  ist  übrigens  die,  ol)  die  ungeschriebene  Ehe  auch 
neben  einer  geschriebenen  —  also  als  Form  der  Polygamie  —  möglich  war. 
Nach  dem  syrischen  Rechtsbuch  S.  36  könnte  man  dies  für  Syrien  an- 
nehmen, weil  da  die  Rede  ist  davon,  dafs  „ein  Mann  zwei  Frauen  hat,  eine 
erste  ohne  cpsQvrj  und  eine  andere  in  gesetzmäfsiger  Weise."  Doch  ist  es 
auch  hier  möglich,  an  successive  Ehen  zu  denken  und  jedenfalls  daraus  für 
Ägypten,  wo  die  Polygamie  recht  zweifelhaft  ist^),  nichts  zu  folgern;  wie 
ich  denn  überhaupt  bitte,  die  Parallelisierung  der  ägyptischen  mit  den  sy- 
rischen Verhältnissen  nui-  als  eine  reservierte  und  mehr  zur  Illustration  als 
zu  sicheren  Schlüssen  herangezogene  zu  betrachten. 

n.  Ich  habe  früher  bemerkt,  dafs  in  P.  Oxy.  267  die  Saraßus  dem 
Tryphon  eine  Mitgift  zu  geben  ^scheint'.  Dies  führt  auf  die  Frage  nach 
der  fingierten  Mitgift  und  Donatio  ante  nuptias. 

In  dieser  Beziehung  haben  die  Herausgeber  unserer  Publikation  in  den 
Vorbemerkungen  zu  Nr.  266,  p.  239  —  241  einen  Vorstofs  unternommen 
gegen  die  von  Wessely  und  mii-  (Reichsrecht  Kap.  7)  aufgestellte  Theorie 
der  fingierten  Mitgift,  wonach  in  den  gräko-ägyptischen  Ehekontrakten  es 
vorkommt,  dafs  der  Mann  der  Frau  bestimmte  Wertgegenstände  oder  Geld- 
summen schenkt,  jedoch  ohne  dies  ausdrücklich  zu  sagen,  vielmehr  in  der 
Form,  dafs  sie  ihm  dieselbe  sofort  als  Mitgift  in  die  Ehe  zurückbringt  und 
er  ihre  „Rückstellung"  als  einer  „Mitgift"  für  einen  späteren  Zeitpunkt 
verspricht. 

Grenfell-Hunt  weisen  darauf  hin,  dafs  das  Hauptbeweisstück  für  obige 
Anschauung  hinfällig  geworden  sei,  seit  Hunt  im  J.  1897  die  Lesungen 
Wessely s  in  CPR  1,  23  lin.  12  rektifiziert  hat.  Nach  Wesselys  Lesimg  war 
dieser  Papyrus  eine  Art  Gegenschein  zu  Nr.  22  (wo  der  Mann  eine  Mitgift 
empfangen  zu  haben  bekennt)  und  enthält  eine  im  Zeitpunkt  der  Ehe- 
schliefsung  abgegebene  Bestätigung  der  jungen  Frau  über  den  Empfang 
ihrer  „Mitgift",  welche  danach  nm-  eine  fiktive  Mitgift,  und  in  Wahrheit 
eine ,  blofse   Brautschenkung  von   selten   des   Mannes   wäre.     Nim   behauptet 


1)  Gewöhnlich  bezieht  man  diese  Gesetze  auf  den  Konkubinat.  Aber  die 
Ausdrucksweise  derselben  ist  doch  so  eigentümlich,  dafs  man  dagegen  Bedenken 
haben  mufs.  Das  Wort  Konkubinat  ist  vennieden,  es  heifst  höchstens  (c.  11) 
''contubemium',  in  10  pr.  ist  geradezu  davon  die  Rede,  dafs  später  ex  eodem  matri- 
monio  Kinder  geboren  werden,  und  in  10,  2  wird  geradezu  auf  einen  von  vorn- 
herein bestehenden  affectus  maritalis  geschlossen. 

2)  Reichsrecht  p.  222  n.  7. 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  2.  23 


348  II-    Referate  und  Besprechungen 

aber  Hunt,  dafs  Wesselys  Lesung  —  für  die  icli  nicht  verantwortlich  bin, 
da  ich  mich  seinerzeit  ausdrücklich  nur  auf  sie  und  nicht  auf  eigene  Le- 
sung belaufen  hatte  —  unrichtig  gewesen  ist  und  es  sich  in  Wahi-heit  um 
eine  Scheidung  handelt;  dann  ist  natürlich  von  einer  ganz  gewöhnlichen 
Rückstellung  der  Mitgift  an  die  Frau  die  Rede.  Nun  bin  ich,  da  ich 
den  Papyrus  nicht  nachgeprüft  habe,  nicht  in  der  Lage,  Hunts  Textvor- 
schlägen irgendwie  etwas  Bestimmtes  entgegenzusetzen,  und  halte  es  darum 
für  sehr  gut  möglich,  dafs  auf  dieses  Beweisstück  wird  verzichtet  werden 
müssen.  Auch  kann  ich  dagegen  nichts  vorbringen,  wenn  bezüglich  der  von 
Revillout  übersetzten  demotischen  Ehekontrakte,  auf  die  ich  mich  gleichfalls 
berufen  hatte,  behauptet  wii'd,  dafs  man  HeiTU  Revillouts  Demotik  nicht 
trauen  düi-fe.  An  der  Richtigkeit  meiner  Auffassung  selbst  bin  ich  deshalb 
noch  lange  nicht  irre  geworden. 

Zunächst  schicke  ich  voraus,  dafs  die  Frage  sich  beschränkt  auf  die 
gräko-ägyptischen  Eheverträge.  Damit  ist  gesagt,  dafs,  selbst  wenn  die 
fiktive  Mitgift  hier  nicht  bestanden  hätte,  deswegen  doch  alles  übrige,  was 
ich  daiüber  (Reichsrecht  und  Volksrecht  Kap.  7)  ausgefühi-t  habe,  voll- 
kommen unbei-ührt  bleibt.  Unberührt  bleiben  vor  Allem  die  klassischen 
Zeugnisse  der  Kaiserkonstitutionen,  welche  es  als  allgemeinen  Brauch  be- 
zeichnen, dafs  res  ante  nuptias  donatae,  ut  adsolet  fieri,  in  ilotem  a  mu- 
liere  rediguntur,  Nov.  Theod.  14,  1  =  C.  I.  5,  9,  5,  1.  D.  6,  2,  12  pr.  giebt 
einen  Fall,  wo  der  Bräutigam  der  Braut  einen  Sklaven  schenkt  und  von 
ihr  als  Dos  zurückempfängt  (Reichsrecht  297  n.  8);  in  D.  24,  1,  59  — 
einer  mir  erst  nachträglich  aufgefallenen  Stelle  —  heifst  es:  ^Si  quis  uxorl 
ea  conditione  donavit,  ut  quod  donavit  in  dotem  accipiat,  defuncto  eo  do- 
natio convalescif.  Auch  C.  Th.  3,  5,  13  zeigt,  dafs  diese  Rückbringung  der 
Brautschenkung  in  der  Dos  oft  ausbedungen  wurde.  Also  die  Sitte  selbst 
ist  für  die  damalige  Zeit  unbestreitbar,  und  was  ich  danach  für  die  Ge- 
schichte der  Donatio  propter  nuptias  ermittelt  habe,  bleibt  auf  alle  Fälle 
unerschüttert.  ^)  Es  kann  sich  also  höchstens  darum  handeln,  ob  die  fiktive 
Mitgift,  oder,  um  es  mit  einem  lateinischen  Ausdi-uck  zu  bezeichnen, 
die  donatio  ante  nuptias  in  dotem  redacta,  nicht  gerade  in  Ägypten 
gefehlt  hat. 

Da  möchte  ich  nun  gerade  auf  unsern  ayQacpoq  ydfiog  zwischen  Tryphon 
und  Saraeus  hinweisen.  Wie  gesagt,  giebt  es  auch  hier  pekuniäre  Stipula- 
tionen; die  Herausgeber  beziehen  sie  auf  eine  Mitgift  der  Saraeus.  Sehen 
wir  zu.  Tryphon  bekennt  von  seiner  Frau'  Geld,  Ohrringe  und  ein  Kleid 
empfangen  zu  haben;  o^oXoyä)  'dyiiv  naqd  6ov  ....  1)  aQyvqiov  voiniG^axog 
ÖQa'i^dg  rsöödQdKovra  2)  aal  rifiTjg  ivcoriav  y^Qvßwv  ^svyovg  ivbg  aQyvQiov 
ÖQCii^ag  eiKoGi  3)  Kai  ^trcovoj  yaXaKtivov  ccQyvQiOv  5pa;(jiiag  öena  dvo  (Sununa: 
72  Drachmen  Silber).  Als  cpsQvri  ist  das  hier  nicht  bezeichnet,  und  dafs 
Pap.  Par.  13  diesen  Ausdruck  für  einen  vielleicht  ähnlich  gelagerten  Fall 
gebraucht,  kann,  wie  oben  schon  gesagt,  gegenüber  dem  Originalkonti-akt 
keine  Listanz  bilden;  ich  erinnere  daran,  dafs  auch  die  syrischen  Ehe- 
kontrakte in  solche  mit  und  ohne  q)SQvri  eingeteilt  werden,  also  gerade  der 


1)  Eine  überraschende  Bestätigung  hat  dasselbe  später  erfahren  durch  die 
Untersuchung  Brunners  über  die  fränkisch-romanische  dos,  Sitz.-Ber.  der  Berliner 
Akad.  1897,  545  f.,  bes.  554—56. 


Ludwig  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  349 

Mangel  der  technischen  cpEQviq  dort  für  die  schriftlose  Ehe  charakteristisch 
ist.  Nun  heifst  es  weiter  "rag  öe  tov  uoyvqiov  S^ai^iaq  sßSo^i'iKOvxa  ovo  — 
diese  ganzen  72  Silberdrachmen  —  cctcoöcoGco  ßot  trj  rQia%ocdi  rov  (baG)rpi 
xov  laiovtog  öevrsQOv  erovg  Fawv  KalaaQog' ;  was  ist  das  für  eine  Mitgift,  die 
auf  alle  i^'älle  der  Frau  binnen  fünf  Monaten  ausgezahlt  wii'd?  Ich  denke, 
wir  haben  gerade  hier  die  echte  und  rechte  Brautschenkung  vor  uns.  Weiter: 
iav  Öe  aTtaXlaywjXEV  ccti  ccXXriXcov  i^iarat  Goi  Eyj£iV  t6  x&v  ivcarlov  ^E'vyog  ii> 
xt]t  l'arj  ÖLaxiin^asi;  wenn  sie  sich  also  (vorher?)  scheiden,  bekommt  die  Frau 
die  goldenen  Ohi-gehänge.  Warum  nur  diese?  Wenn  es  eine  Mitgift  war, 
mufste  sie  doch  alles  bekommen.  Wie  ich  den  Kontrakt  lese,  kann  ich  mir 
gar  nichts  anderes  denken,  als  dafs  hier  eine  Donatio  ante  nuptias  vorliegt: 
40  Silberdrachmen,  ein  Paar  Ohi-ringe  und  ein  Kleid  —  nebenbei,  was  wären 
Ohrringe  und  ein,  sage  ein  Kleid,  für  eine  Mitgift!  —  bekommt  die  Frau 
binnen  fünf  Monaten,  wenn  sie  beim  Manne  bleibt,  und  auf  alle  Fälle,  schon 
prima  pro  nocte  die  Ohi-ringe.     Deutlicher  kann  das  gar  nicht  sein. 

Dann  erklärt  sich  auch  von  selbst  folgendes.  Unser  Kontrakt  hat 
einen  Anhang,  der  sieben  Jahi*e  später,  a°  43  beigesetzt  ist,  wo  Saraeus 
dem  Tryphon  bestätigt,  dafs  sie  die  72  Drachmen  wirklich  bekommen  hat. 
Nun  finden  wir  aber  in  anderen  Urkunden,  welche  die  Herausgeber  p.  244 
zusammenstellen,  dafs  dieses  Ehepaar  noch  im  Jahi*  59  verheiratet  war. 
Wieder  fragt  sich,  warum  wii'd  da  schon  a°  43  die  Mitgift  zurückgegeben, 
und  selbst  die  Herausgeber  können  sich  das  nur  so  erklären,  dafs  ^ein  zeit- 
weiliger Bruch  zwischen  den  Gatten  stattgehabt  hatte'  oder  dafs  a"  43  ein 
neuer  Ehekontrakt  (etwa  EyyQacpog  ycifiog?)  aufgesetzt  wurde.  Aber  die 
Sache  ist  sehi*  einfach;  die  Gatten  leben  ungestört  in  ihrem  ayqufpog  yu^iog 
weiter;  nur  dafs  der  gute  Tryphon,  der  schon  im  J.  36  sich  fünf  Monate 
ausbat,  um  die  Schenkung  zu  vollziehen,  erst  im  Jahi'e  43  es  zu  dem  er- 
forderlichen Bargeld  gebracht  hat.  ^) 

Danach  kann  ich  feststellen,  dafs  auch  für  Ägypten  die  Theorie  von 
der  donatio  ante  nuptias  in  dotcm  redacta,  weit  entfernt  davon,  erschüttert 
zu  sein,  gerade  durch  den  neuen  Band  der  Oxyr.-Pap.  die  schönste  Bestä- 
tigung erfahren  hat.  Wenn  sie  früher  noch  zweifelhaft  sein  konnte  — 
auch  Lenel  in  seiner  Besprechung  von  Reichsrecht  und  Volksrecht,  Ztschr. 
f.  Handelsrecht  41,  605  hat  die  Sache  nach  den  bisher  bekannten  ägy})- 
tischen  Ehekontrakten  für  noch  nicht  völlig  liquid  angesehen  — ,  so  ist  jetzt 
die  volle  Evidenz  hergestellt;  die  Beredungen  zwischen  Tryphon  und  Saraeus 
sind  weitaus  das  deutlichste,  was  uns  die  Papyri  bisher  über  diesen  Punkt 
eröffnen.     Danach   kann  auch  bezüglich  der  bereits  bekannten  Papjnri  nicht 


1)  Allerdings  heifst  es  lin.  3  fg. ,  dafs  Geld ,  Ohrringe  und  Kleid  bei  einer 
Bank  erliegen,  was  nach  meiner  Auffassung  bedeutet,  dafs  der  Bräutigam  sie 
hingelegt  hätte.  Aber  natüi-lich  steht  das  nicht  entgegen,  dafs  er  in  einem  geld- 
bedürftigen Moment  sie  wieder  für  sich  verkauft  hat  und  neu  schafFen  mufste. 
Übrigens  ist  es  wenigstens  bezüglich  der  Ohn-inge  und  der  Kleider  sehr  wahr- 
scheinlich, dafs  sie  bei  der  Eingehung  der  Ehe  gar  nicht  in  natura  vorhanden 
waren,  sonst  wären  sie  wohl  gleich  der  Frau  ausgefolgt  worden;  sondern  Tryi^hon 
hatte  nur  ein  Bai'guthaben  von  72  Drachmen,  und  auch  dieses  war,  wie  der  Er- 
folg bestätigt,  nur  ein  Notpfennig,  den  er  schliefslich  doch  erst  nach  sieben 
Jahren  zu  Luxuszwecken  verwenden  konnte.  Dafs  er  nicht  die  72  Drachmen  als 
Ganzes  seiner  Frau  schenkt,  sondern  einen  Teil  in  weiblichen  Putz  verwandeln 
zu  müssen  glaubt,  kann  jeder  Bräutigam  erklären. 

23* 


350  11-   Referate  und  Besprechungen 

mehr  gezweifelt  werden,  dafs  einzelne  Stücke  der  von  der  Frau  beigestellten 
Mitgift  aus  Brautschenkungen  herrühren.  ^) 

III.  Aufser  den  bisher  besprochenen  enthält  der  gegenwärtige  Band 
noch  einige  andere  auf  die  Ehe  bezügliche  Stücke.  Nr.  265  ist  ein  links- 
seitig stark  beschädigtes  Stück  eines  Ehekontraktes;  intei*essant  sind  daran 
namentlich  die  eingehenden  Abmachungen  betreffend  der  Kinder  und  der 
Voi-mundschaft  über  sie  beim  Tod  des  Vaters  (lin.  17 — 22,  23 — 25),  aber 
leider  alles  ganz  verstümmelt.  Nr.  266  ist  eine  Quittung  über  die  wegen 
Scheidung  zui-ückerhaltene  Mitgift.  Anregend  ist  Nr.  268;  ein  Vergleich 
zwischen  der  Frau  Ammonarion  mit  ihrer  Tochter  Ophelus  einerseits  und 
anderseits  mit  dem  Neffen  Antiphanes  des  verstorbenen  Mannes  der  Ammo- 
nai'ion,  worin  Ammonarion  ihre  Mitgift  zurückerhält  und  dafür  Ophelus  zu 
Gunsten  des  Antiphanes  auf  ihre  Erbansprüche  an  das  väterliche  Vermögen 
verzichtet.  Anscheinend  ist  der  Nefle  der  Erbe,  der  sich  auf  diese  Weise 
mit  der  Witwe  und  den  eventuellen  Erbansprüchen  der  Tochter  auseinander- 
setzt. Dieser  Vergleich  ist  aber  keine  Privatm-kunde,  sondern  hat  die  Form 
einer  Eingabe  an  den  Archidikastes,  mit  der  Schlufsbemerkung:  iv  ös  rotg 
ngoKSi^EVOLg  ovn  l'vEört  (TcojU,o;Ti[(7(U.o^] '  a^iovfisv  wg  Ka&i^Kei.  Die  eigentüm- 
liche Erscheinung,  dafs  Rechtsurkunden  dem  Archidikastes  üben-eicht  werden, 
ist  nicht  neu;  sie  findet  sich  auch  in  BGU  455  (Kauf),  741  (Darlehen) 
und  729  (Depositum).  Gradenwitz  (Einführung  p.  92)  hat  das  testamentiim 
judici  oblat/um  zur  Vergleichung  herangezogen,  und  jedenfalls  nimmt  der 
Archidikastes  ein  Exemplar  der  Urkunde  in  seine  Verwahrung.  Ich  hatte, 
als  ich  vor  zwei  Jahren  (Hermes  34,  97)  die  Nr.  34  des  ersten  Oxyi*hynchus- 
bandes  erläuterte,  diese  neuen  Berliner  Stücke  noch  nicht  zur  Verfügung; 
sonst  würde  ich  schon  damals  es  nicht  blos  auf  die  Prozefsakten  bezogen 
haben,  wenn  der  Präfekt,  von  der  Registiierung  der  Kontrakte  sprechend, 
hinzufügt:  Tcoukcoöav  t6  avtb  nal  oi  KctXovfiEvoi  iiil  rijg  öiaXoyTjg  rcbv  kutu 
y.uiQov  aQy^iSi,%aGx6}v  yQafifiareig  Kca  tag  Ttsv&rjfiEQOvg  Katai(OQi.^£t(o6av. 
Auch  das  wird  sich  jedenfalls,  wenn  nicht  ausschliefslich ,  so  doch  auf  die 
Kontraktsurkunden  mitbeziehen,  die  dem  Archidikastes  präsentiert  wurden; 
die  Einrichtung  ist  offenbar  eine  stark  frequentierte.  Im  Grunde  genommen 
ist  sie  nur  der  provinziale  Ez'satz  für  die  den  Peregriaen  fehlende  Legis 
actio;  denn  dafs  sie  nicht  von  Römischen  Bürgern  allein  benutzt  wird  (wie 
allerdings  in  BGU  729,  741  der  Fall  ist),  zeigt  unsere  Urkunde,  wo  lauter 
Nichtrömer  erscheinen.  Auch  an  das  spätere  lus  gestorum  der  Munizipal- 
magistrate wird  man  zur  Erläuterung  denken  müssen. 

Beachtenswert  ist  die  Schlufsbemerkung:  „dem  Vorstehenden  fehlt  der 
GojftßTiöjiidg;  wir  bitten  um  das  Erforderliche".  Za^axi^Biv  —  von  Wilcken, 
Ostraka  2,  465  als  unklar  bezeichnet")  —  bedeutet  m.  E.  einfach  die  Ein- 

1)  Man  beachte  auch  P.  Oxy.  282:  Die  erste  Frau  des  Tryphon  —  denn 
Saraeus  ist  erst  seine  zweite  —  ist  ihm  durchgegangen,  er  klagt:  intxoQijyriGcc 
avtfi  zu  i^yg  v.al  vtcsq  Svva[Liv  (lin.  G)  und  lin.  14  f. :  dib  d:|iw  c(%&fjvai  rccvxriv 
ini  as  ÜTioig  rvj^'^  wv  TtQoariKhi  y.ul  anodcb  jxo^  tu  rjiiktiQa  .  .  .  lin.  22:  {iGti)  8b  riäv 

v(pttiQri^^vaiv   [ \(paiov   a^Lov   (SQccx^öiv)   (i  u.  s.  f.  (abgerissen).     Der   Schlul's 

enthält  das  in  lin.  7  angekündigte  {iTt£j(^0Qriyr]au  %k  i^fig)  Verzeichnis  seiner  Braut- 
geschenke. Also  hat  er  schon  seiner  ersten  Frau  solche  gemacht.  Dafs  sie  'redada 
in  dotem'  waren,  steht  allerdings  nicht  da;  aber  dafs  er  solche  Geschenke  zu 
machen  pflegte,  ist  dadurch  neuerlich  erwiesen. 

2)  [Vgl-  jetzt  oben  S.  17G.     d.  Red.] 


Ludwig  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  351 

tragung;  wie  öm^ariov  der  Kontraktsköi-per  ist,  Nicole  P.  Gen.  1  n.  11 
lin.  18,  2  n.  68  lin.  18,  so  öcofjLati^etv  die  Einverleibung,  Einkörperung  in 
das  Buch.  Daher  heifsen  in  einer  aTtoyQacpi]  von  zwei  Aniren  dieselben 
6(o^axL^6iisvc<i  dg  Ovcdegiav  TJavUvov^  die  Patentin  selbst,  BGü  139.  In 
BGU  198  werden  Grundstücke  einbekannt  von  einer  gewissen  Oeuvwg^  ein- 
verleibt sind  sie  im  Kataster  auf  Zcot[d^]oi;g  die  Tochter  des  Petesuchos  — 
solche  Fehler  im  Grund1)uch  kommen  oft  vor  (P.  Oxy.  1,  78);  damit  er- 
ledigt sich  das  Bedenken  Wilckens  a.  a.  0.  Ein  aafiaTiö^ög  xcüt'  avÖQct 
BGÜ  141  ist  ein  Verzeichnis  Mann  für  Mann.  Also  das,  worum  der  Archi- 
dikastes  gebeten  wii-d,   ist  einfach  wieder  die  Registrierung  des  Kontraktes. 

4.    Verschiedenes. 

Ich  bin  nunmehr  mit  den  wesentlichsten  Fragen  zu  Ende,  zu  welchen 
der  Dionysia- Papyrus  Anlafs  giebt.  Ehe  ich  denselben  gänzlich  verlasse, 
weise  ich  noch  auf  zwei  Punkte  hin,  wo  er  uns  denkwürdige  Aufschlüsse 
giebt;  auf  beide  hat  zuerst  schon  Mommsen  in  der  Berliner  Festgabe  fiii- 
Heinrich  Demburg  aufmerksam  gemacht.  Einmal:  der  Papyrus  zeigt  uns 
das  Bestehen  eines  gesckriebenen  ägyptischen  Gesetzbuchs;  denn  der  Anwalt 
des  Chaii*emon  beruft  sich  auf  das  ägyptische  Gesetz  und  der  Richter  ver- 
legt den  Termin,  damit  dieses  verlesen  werden  kann,  da  es  offenbar  nicht 
zur  Hand  ist;  col.  7  lin.  33;  lin.  35  beginnt  dann  in  einem  späteren  Termin 
die  Verlesung.  Ob  das  freilich  eine  von  den  Römern  veranlafste  Aufzeich- 
nung ist  oder  ein  älteres  enchorisches  Gesetz  mufs  dahingestellt  bleiben; 
der  Umstand,  dafs  der  Richter  es  nicht  zur  Hand  hat,  spricht  eher  für 
letzteres,  aber  natürlich  nicht  entscheidend.  —  Weiter  ist  auch  das  Gut- 
achten des  vofiiKog  Ulpios  Dionysodoros  sehr  merkwürdig;  wir  ersehen  hier, 
dafs  es  respondierende  Juristen  —  natürlich  nicht  ex  aiicforitate  xnncipis 
respondierende  —  auch  in  der  Provinz  gegeben  hat. 

Im  Ganzen  giebt  die  Ausgabe  der  P.  Oxy.  dem  Referenten  weniger 
Stoff  zur  Besprechung  als  andere  Publikationen,  weil  die  Herausgeber  mit 
grofser  Energie  ihr  natürliches  Recht  handhaben,  als  Erste  die  Texte  zu 
kommentieren,  und  dies  so  trefflich  thun,  dafs  mitunter  zu  thun  nichts 
mehr  übrig  bleibt.  Zum  Glück  bleibt  immer  noch  einzelnes  zu  ergänzen 
oder  auch  zu  rektifizieren. 

So  steht  es  z.  B.  mit  Nr.  273,  wo  Julia  Herakla  ihrer  Tochter  Gaia 
ein  Grundstück  schenkt;  die  beiden  Frauen  sind  Römerinnen,  Gaia,  ovdi7t(o 
ovGa  iv  i]Xi'Kia  wird  durch  einen  gewissen  Theon  vertreten;  wenn  dies  ihr 
Vormund  ist,  so  haben  wir  ein  Beispiel  für  die  von  Erman  gemachte  wich- 
tige Bemerkung,  dafs  es  immöglich  gewesen  sein  mufs,  in  dem  damaligen 
Völkergewirr  jedem  Unmündigen,  wie  es  die  Theorie  des  Personalrechts  er- 
fordern Avürde,  einen  Volksgenossen  zum  Vormund  zu  geben.  Freilich,  an 
römischen  Bürgern  sollte  es  in  Ägypten  keinen  Mangel  gegeben  haben.  — 
Schwieriger  ist  die  Frage  nach  dem  Geschlechtsvormund  der  Mutter.  Die 
betreffenden,  teilweise  fragmentierten  Worte  scheinen  mir  von  den  Heraus- 
gebern mifsdeutet.     Es  lautet 

o^ioXoyBi  ^IovXi\a  ^II\QCiy\X\a  ^\ß\xa  kvqIov  tov  ösö^o^^ivov  kijtj} 
Kara  Tß[.  .],ua  .  .  ve  .  v  vito  Falov  2e[7tT^i^[io]v  0[y]eYi[r]ov  tov 
[^r}y]e^ovev6avrog  al^noXo^v&cog  ry  y£^[o]i!*«'[v]i7  raßikXrj  Aovmov 
^OcpsXliov  AovALOv  .  .  .  cpexsiva  AvQ^[s\6xiov  %xX. 


352  I^-  Referate  und  Besprechungen 

Die  Herausgeber  verbinden  hier  Aovniov  ^0(pEXUov  mit  kvqiov,  sehen 
die  Worte  ylovniov  .  .  .  q}8rsiva  (?)  lÄvd-eöXLOv  als  Patroiaymikon  an  und 
halten  die  raßiXkr}  für  einen  Bescheid  des  Statthalters,  durch  welchen  Lucius 
Ofilius  ziun  Vormund  bestellt  wurde.  Nun  ist  aber  raßiXXr}  in  dieser  Be- 
deutung u.  W.  in  den  Papyri  nicht  bezeugt,  und  dafs  der  Statthalter  'ano- 
Xov&cog'  seines  eigenen  Dekrets  einen  Vormund  bestellt  hat,  scheint  mir 
grammatisch  unmöglich.  TaßiXlrj  heifst  in  BGU  388  111,  11  31  der  Frei- 
lassungsbrief-,  man  wird  auch  für  das  Kodizill  und  vielleicht  sogar  das 
Testament  (tabulae)  die  Möglichkeit  dieser  Bezeichnung  ins  Auge  fassen 
dürfen.  Kann  man  letzteres,  so  wären  die  Worte  anoXov&cog  x-Tj  yevojisvri 
raßiXXrj  Aovniov  ^OrpiXXiov  doch  wohl  so  zu  verstehen,  dafs  der  Statthalter 
gemäfs  dem  letzten  Willen  des  Lucius  Ofilius  der  Julia  Herakla  einen  Tutor 
gegeben  hätte;  für  den  Namen  dieses  Letzteren  blieben  die  Worte  .  .  .  cpB- 
TEivcc  Av&sOTiov  übrig  (das  inmitten  stehende  zweite  Aovklov  kann  Patro- 
nymikon  des  L.  Ofilius  sein^)),  wobei  der  Wortrest  cpstsiva  wegen  der  un- 
möglichen Flexion  nicht  richtig  gelesen  sein  kann.^)  Sachlich  wäre  dann  ein 
tutor  confirmatus  nach  D.  26,  3,  1;  7,  1  vorhanden,  d.  h.  Lucius  Ofilius  stand 
zu  Julia  Herakla,  wie  schon  die  Namen  zeigen,  nicht  in  dem  Verhältnis, 
um  zur  tutoris  datio  berechtigt  zu  sein;  aber  ein  letztwilliger  Vorschlag 
von  seiner  Seite  war  im  Wege  der  confirmatio  zu  berücksichtigen,  wie  es 
beim  unehelichen  Vater  und  sonstigen  nahestehenden  Personen  immer  der 
Fall  ist. 

Von  den  übrigen  Rechtsurkunden  mache  ich  aufmerksam  auf  Nr.  259: 
Bürgschaft  für  die  Gestellung  eines  auf  freien  Fufs  zu  setzenden  Schuld- 
gefangenen vom  J.  23  p.  C.  Der  Büi-ge  leistet  dem  Kerkermeister  (to5 
tetay^Eva  TtQog  rrj  rov  /iioq  (pvXazfi)  einen  schriftlichen  Eid  per  genium 
principis:  ^0(xvvco  TißsQiov  KaißaQa  Neov  SsßaGxov  Avxozqccxoqu  el  firjv 
Ktriöeöd-ai  (1.  Kxrjöaßd'ai)  rjfiEQag  XQianovxa  sv  aig  ccTionaxaßxrjGco  ov  ivyeyvr}- 
(.lat  naQcc  öov  in  xfjg  TCoXtxt-nfjg  cpvXaKrjg  xü  OaCocpi,  xov  ivsöx&xog  IVovg 
EaqaTtimva.  EaQaitifavog  xov  elörjyfievov  nQog  GvyyQaif/riv  iSt6yQaq)0v  ipeXiov 
IQVöov  fi,vatrj(ov  ovo  Maycavov  elg  Xoyov  AXtvrjg  xrjg  Jiovvöiov  affr^g  dia 
BiXXov  (?  BidXov)  dioinrjriKov  vTtrjQExov.  Zwei  Punkte  sind  daran  beachtens- 
wert. Einerseits  die  Existenz  des  Schuldturms.  Dafs  es  in  Ägypten  einen 
solchen  gab,  wufsten  wir  bereits  aus  dem  Edikt  des  Tiberius  Julius  Alexander 
von  68  p.  Chr.;  dort  wird  uns  aber  berichtet,  dafs  er  schon  allgemein  be- 
seitigt sei,  ausgenommen  für  Fiskalschuldner.  Nur  hatten  die  Wucherer  es 
verstanden,  ihren  Forderungen  den  Anstrich  von  Fiskalforderungen  zu  geben  ^), 
weshalb  der  Statthalter  diese  Umgehung  des  Gesetzes  verbietet.  Unklar  war 
dabei  bisher  die  Bemerkung  des  Statthalters,  dafs  er  dies  verfüge  "^eTtofisvog  xy 
xov  0eov  Zeßaaxov  ßovXijaeL'']  ich  hatte,  Reichsrecht  447  n.  5,  im  Anschlufs  an 
Rudorfi"  angenommen,  dafs  es  sich  hier  handelt  um  eine  Konstitution  Augusts, 
welche  in  Ägypten  die  Schuldhaft  abschaffte,  während  Schrader  an  die 
l.  Julia  de  cessione  honormn  gedacht  hatte.     Nun  sehen  wir,  dafs  noch  nach 


1)  Vgl.  Nr.  270  lin.  3  Aovkicc  f}  Kai  Ocxia&g  Aovkiov. 

2)  [Ich   vermute:    Ovtpitsiva.     Also:    L.  Ofellius  L.  f.  Oufentina  Anthestius. 
d.  Red.] 

3)  Das  Nähere  habe  ich  Reichsrecht  u.  Volksrecht  448  n.  1.  527  auseinander- 
gesetzt. 


Ludwig  Mitteis:  Neue  Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  353 

August  der  Schuldthurm  fortbestand;  da  ich  in  solehen  Dingen  nie  an  abu- 
sive  Praxis  glaube,  bin  ich  jetzt  der  Meinung,  dafs  Tib.  Julius  wirklich  nur 
an  die  l.  Julia  de  cessione  hon.  gedacht  hat,  welche  ja  die  Personalexekution 
in  keinem  Punkt  beseitigt,  sondern  nur  dem  Schuldner  eine  goldene  Brücke 
baut,  ihr  durch  rechtzeitige  Konkursansage  zu  entgehen.  Dann  ist  aber  er- 
wiesen^), dal's  dieses  Gesetz  geradezu  von  Augustus,  wenn  nicht  überhaupt 
geschaffen  (es  wäre  noch  immer  C.  Julius  Cäsar  als  Schöpfer  möglich),  so 
doch  auf  Ägypten  erstreckt  worden  ist.  —  Die  weitere  Konsequenz  dieser 
Annahme  wäre  die,  dafs  Piskalschuldner  das  Recht  auf  cessio  'bonorwm  nicht 
hatten;  denn  sie  kamen  immer  noch  in  die  Schuldhaft. 

Merkwürdiger  noch  als  das  Gesagte  ist  der  Umstand,  dafs  die  Ver- 
haftung ei'folgt  war  it^og  ßvyyqafpTiv.  Ist  das  wörtlich  zu  nehmen,  so  war 
hier  eine  Exekutivklage  unangenehmster  Art  gegeben;  man  denkt  natürlich 
sofort  an  die  bekannte  Klausel  -jj  nQuS,Lg  eöra  i%  tov  SavtiGcc^ivov  (xai  ik 
t5)v  VTtdQypvxav  avxn)  %ad'ccnEQ  ix  di-Krjg.  Dafs  dieses  bis  zur  Verhaftung 
auf  Grund  einer  Urkunde  gediehen  sein  sollte,  ist  bis  jetzt  nicht  bezeugt; 
Vermögens arr est  als  Sicherungsmafsregel  kommt  ja  massenhaft  vor. 
Nun  kann  man  die  Schwierigkeit  teilweise  beseitigen,  indem  man  zu  der 
6vyyQcc(pri  ein  Urteil  oder  eine  Confessio  hinzudenkt;  aber  anderseits  legt 
doch  der  Umstand,  dafs  der  verhaftete  Schuldner  gerade  auf  dreifsig  Tage 
—  das  tempus  jitdicafi  —  gegen  Kaution  auf  freien  Fufs  gesetzt  wird, 
auch  für  diesen  Fall  die  Annahme  sehr  nahe,  dafs  er  schon  unmittelbar 
nach  dem  Urteil  oder  der  Confession  sicherungsweise  verhaftet  worden  ist  und 
nur  noch  für  das  tempus  judicaü  gegen  Bürgschaft  einen  Urlaub  erhält.  Aufser- 
dem  darf  man  aber  auch  die  Möglichkeit  nicht  aufser  Augen  lassen,  dafs 
sicherungsweiser  Ari'est  schon  vor  dem  Prozefs  auf  einseitigen  Antrag  des 
Gläubigers  verhängt  wurde.  Ob  die  eigentümliche  Typenklage,  von  der 
Philostratos  spricht  (Reichsrecht  p.  96  n.  6),  hiermit  in  Zusammenhang 
stehen  könnte,  ist  bei  dem  gegenwärtigen  Material  zwecklos  zu  untersuchen. 
Es  findet  sich  freilich  in  der  gegenwärtigen  Publikation  auch  ein  sicherungs- 
weiser Arrest  in  Nr.  294  und  die  Bitte  um  Verhängung  desselben  in  Nr.  283; 
aber  beidemal  wohl  im  Strafprozefs,  an  der  zuletzt  angeführten  Stelle  noch 
dazu  einen  Sklaven  betreffend,  also  recht  selbstverständliche  Dinge. 

Nennenswert  sind  aufserdem  noch  vor  allem  die  beiden  Cessionsurkunden 
Nr.  271  und  272,  sowie  eine  Deckungserklärung,  die  in  Nr.  270  die  Haupt- 
schuldnerin eines  Darlehns  von  3500  Silberdrachmen  einer  Person  ausstellt, 
die  sich  hierfüi-  verbüj-gt  hat.  Es  besteht  hierbei  für  die  Hauptschuld  eine 
Hypothek;  die  Schuldnerin  garantiert  dem  Bürgen,  dafs  er  nicht  zur  Zahlung 
wird  angehalten  werden,  andernfalls  soll  die  Hypothek  ihm  verfallen  sein. 
Das  ist  eine  eigentümliche  hypothekarische  Succession  mit  lex  commissaria, 
eigentümlich  namentlich  dariam,  weil  der  Verfall  sofort  mit  der  Zahlung  des 
Bürgen  eintritt. 

Von  gröfster  Bedeutung  ist  endlich  eine  xßt'  oiKtav  aitoy^acpr],  Nr.  254, 
welche  die  Herausgeber  mit  ansprechender  Argumentation  auf  das  Jahr  1 9/20 
n.  Chr.  zurückbeziehen.  Das  wäre  die  älteste  erhaltene  Volkszählungsurkunde ; 
die  bisherigen  Akten  bewiesen  die  Volkszählung  nur  bis  61/62.  Grenfell 
und  Hunt  glauben  aber  auch  noch   eine  Volkszählung  vom  Jahr  10/9  v.  Chr. 


1)  Bisher  war  das  zweifelhaft,  Reichsrecht  450  n.  3. 


354  II-   Referate  und  Besprechungen 

annehmen  zu  sollen;  daran  knüpft  sich  im  Anschlufs  an  Ramsays  Schrift 
'  Was  Christ  hörn  at  Betlehem'',  eine  sehr  schön  geführte  Untersuchung  über 
das  Gehm-tsjahr  Christi.  Mit  dem  Hinweis  darauf  ti-enne  ich  mich  füi-  dies- 
mal von  der  glänzenden  und  die  reichsten  Genüsse  bietenden  Publikation 
der  beiden  britischen  Gelehrten. 

Leipzig.  Ludwig  Mitteis. 


Zur  Paläographie. 

F.  G.  KeiiyOll,  The  palaeographie  of  Greek  Papyri,  with  twenty  facsimiles 

and  a  table  of  alphabets.     Oxford   1899. 
C.  Wessely,   Schrifttafeln    zur   älteren   lateinischen   Palaeographie.     Leipzig, 
Avenarius,   1898. 

Die  Zahl  der  Forscher,  die  sich  in  die  Schrift  der  Papyri  derartig 
hineingearbeitet  haben,  dafs  sie  auch  schwierige  Texte  selbständig  entziffern 
können,  ist  heute  noch  eine  verschwindend  kleine.  In  den  gesamten  Kultur- 
staaten werden  es  alles  in  allem  etwa  ein  Dutzend  sein.  Dagegen  wächst 
dank  der  überraschenden  Vielseitigkeit  der  Papyruslitteratur  in  erfreulicher 
Weise  die  Zahl  derer,  die  durch  ihre  Studien  gezwungen  werden,  sich  mit 
den  Papyruspublikationen  zu  beschäftigen.  Wie  gefährlich  es  ist,  solche 
Editionen  zu  benutzen,  ohne  ein  selbständiges  Urteil  über  ihre  Qualität  zu 
haben  und  ohne  im  gegebenen  Fall  die  Richtigkeit  der  Lesungen  prüfen  zu 
können,  ist  neuerdings  oft  zu  Tage  getreten.^) 

Je  gröfser  der  KJreis  der  Interessenten  wird,  desto  dringender  macht 
sich  das  Verlangen  nach  paläographischen  Anleitungen,  die  in  die  Schrift 
der  Papyri  einführen,  und  auch  nach  Reproduktionen  geltend,  denn  die 
sicherste  und  beste  Methode  werden  doch  nur  Wenige  zu  befolgen  in  der 
Lage  sein,  nämlich  sich  Monate  lang  in  eine  der  grofsen  Sammlungen  zu 
setzen  und  an  den  Originalen  zu  lernen.  Zu  diesem  Zweck  habe  ich  vor 
zehn  Jahren  die  „Tafeln  zur  älteren  griechischen  Palaeographie"^)  heraus- 
gegeben, die  ebenso  dem  Selbstunterricht  wie  dem  akademischen  Unterricht 


1)  An  diesem  Grundfehler  leidet  z.  B.  die  sonst  verdienstliche  und  fleifsige 
Arbeit  von  Paul  Meyer  über  das  „Heerwesen  der  Ptolemäer  und  Römer  in 
Ägypten"  (Lpz.  1900).  Wer  ein  solches  Thema  aus  den  Papyri  herausholen  will, 
muls  beständig  ausgleiten,  wenn  er  den  Texten  ohne  paläographische  Durch- 
bildung wie  Meyer  gegenübersteht.  Dies  verleitet  auch  zu  Konjekturen,  die 
auf  die  paUiographische__  Möglichkeit  und  Wahrscheinlichkeit  keine  Rücksicht 
nehmen,  diesem  alten  Übel,  an  dem  die  Philologie  so  schwer  gelitten  hat. 
Meyer  bemerkt  z.  B.  auf  S.  25  An.  82  zu  meiner  Deutung  von  %  als  ^L{Xi(xQj^iKg): 
„ich  möchte  eher  x^(rjpov;fia?)  annehmen."  Vgl.  S.  39.  Nein,  ein  solches  „eher" 
giebt  es  hier  nicht:  X  (nach  dem  Druck  von  Mahaffy)  ist  entweder  L  oder  f.  Im 
ersteren  Falle  ist  nach  dem  Zusammenhang  an  ii{liaQiia)  zu  denken,  im  zweiten 
an  dsv.aSaQ'ji^ia.  Aber  y.l{r\Qovy^ici)  ist,  so  schön  es  auch  in  Meyers  Ansichten  hinein 
passen  würde,  absolut  ausgeschlossen,  vorausgesetzt,  dafs  Mahaffy,  wie  auch 
Meyer  annimmt,  richtig  gelesen  hat.  —  Zu  Meyers  Buch  vgl.  auch  Wilhelm 
Sciaubart,  Quaestiones  de  rebus  militaribus  quales  fuerint  in  regno  Lagidarum. 
Diss.  Breslau  1900. 

2)  Leipzig,  Gieseckc  u.  Devrient,  1890. 


Ulrich  Wilcken:  Zur  Paläographie  355 

dienen  sollten,  und  soeben  hat  C.  Wessely  in  der  oben  genannten  Publi- 
kation ein  Pendant  hierzu  für  die  lateinischen  Texte  herausgegeben,  auf  das 
ich  unten  S.  370  ff.  noch  genauer  eingehen  werde.  Doch  während  diese  beiden 
Editionen  in  der  Hauptsache  nur  Reproduktionen  einer  Auswahl  von  Texten 
geben,  an  denen  der  Benutzer,  unterstützt  von  den  beigegebenen  Trans- 
skriptionen ^)  sich  im  Lesen  üben  soll,  hat  Frederic  Keuyon  uns  in  dem 
oben  genannten  Buch  ein  Werk  geschenkt,  in  dem  im  grofsen  Zusammen- 
hang die  Schrift  der  Papyri  beschrieben  und  erklärt  wird.  Wohl  hatte 
auch  Sir  Thompson  in  seinem  vortrefflichen  IlandhooJc  of  GreeJc  and  Latin 
Palaeographie  (Lond.  1893)  die  Schrift  der  Papyri  wie  die  der  Membrane  u.s.w. 
dargestellt^),  doch  entsprechend  der  Anlage  des  ganzen  Werkes  nur  kurz. 
Kenyon  giebt  uns  zum  erstenmal  eine  ins  Detail  eindringende  monographische 
Behandlung  der  Papyrusschrift. 

Das  Buch,  dem  zwanzig  ausgezeichnete  Lichtdrucktafeln  beigegeben  sind, 
kann  aber  nicht  nur  denen,  die  die  Papyrusschrift  lernen  wollen,  zur  prak- 
tischen Anleitung  empfohlen  werden;  es  bietet  noch  mehr:  es  ist  eine 
wissenschaftliche  Studie,  in  der  der  Verfasser  die  Entwicklung  der  Schrift 
dm'ch  die  Jahrhunderte  hindurch  bioszulegen  und  so  die  Datierung  der  Texte 
zu  fördern  bemüht  ist,  und  in  dieser  theoretischen  Seite  des  Buches  ist  ohne 
Zweifel  seine  Hauptbedeutung  zu  sehen.  Dafs  etwas  Abschliefsendes  auf 
diesem  Gebiet  heute  nicht  geleistet  werden  kann,  weifs  niemand  besser  als 
der  Verfasser.  Ich  glaube  ganz  in  seinem  Sinne  zu  handeln,  wenn  ich  die 
Zweifel  und  Vermutungen,  zu  denen  ich  z.  T.  gerade  durch  diese  erste  Zu- 
sammenfassung angeregt  worden  bin,  im  AnschluTs  an  sein  Werk  hier  zur 
Sprache  bringe.  Wenn  eine  Disziplin  so  im  Flusse  ist  wie  die  Paläographie, 
so  ist  schon  das  Gegenüberstellen  von  Meinungen  eine  Förderung. 

Nachdem  der  Verfasser  im  I.  Kapitel  {The  ränge  of  the  suhjeet  S.  1  — 13) 
über  das  gewaltige  Anwachsen  des  Materials,  namentlich  in  den  letzten  zwanzig 
Jahren,  berichtet  und  sein  Thema  genauer  umgrenzt  hat,  behandelt  er  im 
II.  Kapitel  unter  der  Überschrift  „Papyrus  as  writing  maierial"  (S.  14 — 33) 
in  Küi-ze  die  Fabrikation  des  Papyrus,  die  Herstellung  der  Rolle  und  ihre 
Eigenschaften.  Hier  ist  die  wichtige  Beobachtung,  die  die  Frage  nach  Recto 
oder  Verso  entscheidet  (vgl.  Hermes  22,  487  ff.),  nicht  klar  zum  Ausdruck 
gekommen.  Im  besonderen  ist  zu  bedauern,  die  schon  von  Grenfell  und  Hunt 
in  P.  Grenf.  H  S.  211  flf.  mit  schlagenden  Gründen  zurückgewiesene  Meinung, 
als  ob  dieser  Usus  in  der  Ptolemäerzeit  nur  occasionalhj  befolgt  worden  sei, 
nochmals  reproduziert  zu  sehen.  Zu  den  Ausführungen  von  Grenfell -Hunt 
habe  ich  nur  eines  hinzuzufügen.  Zu  P.  Petr.  II  31  hatte  Mahafify,  weil 
die  Schrift  at  rigJit  anglcs  ivith  de  fibres  steht,  bemerkt,  dies  sei  a  disünct 
exception  of  WilcJcens  lato.  Grenfell-Hunt  haben  bereits  mit  Recht  dagegen 
ausgeführt,  dafs  die  Richtung  der  Schrift  mit  der  Frage  nach  Recto  oder 
Verso  absolut  nichts  zu  schaffen  hat,  wie  ich  schon  im  Hermes  a.  a.  0.  aus- 
drücklich  erklärt  hatte.     Im   vorliegenden   Fall    bietet    der    Papyrus    selbst 


1)  Es  war  nur  ein  Versehen,  wenn  Wattenbach,  Anleit.  z.  griech.  Palaeogr. 
3.  Aufl.  1895  S.  8  von  meinen  Tafeln  sagte:  „Eine  Umschrift  ist  nicht  hinzugefügt." 
Damit  entfallen  wohl  auch  die  daraus  gezogenen  Schlüsse.  Aus  pädagogischen 
Gründen  habe  ich  von  jedem  Text  nur  einen  Teil  als  Probe  transkribiert. 

2)  Vgl.  auch  Wattenbachs  eben  angeführte  3.  Aufl.  und  Blass  in  Iwan  Müllers 
Handbuch. 


356  II-  Referate  und  Besprechungen 

den  strikten  Gegenbeweis.  Am  untern  Rande  der  bescliriebenen  Seite  ist 
nämlich,  wie  ich  durch  Autopsie  1895  feststellte,  ganz  deutlich  eine  Klebung 
zu  sehen,  wenn  sie  auch  nur  über  ca.  2  cm  hin  erhalten  ist.  Wo  aber  die 
Klebung  zu  sehen  ist,  da  ist  Recto.  Also  steht  die  Schrift  auf  Recto.  Es 
ist  also  bisher  weder  aus  der  Ptolemäerzeit  noch  aus  der  Kaiserzeit  ein 
wii-kliches  Abweichen  von  diesem  Usus  bekannt  geworden.  Wenn  Dziatzko 
in  seinen  soeben  erschienenen  anregenden  „Untersuchungen  über  ausgewählte 
Kapitel  des  antiken  Buchwesens",  deren  Besprechung  ich  mir  für  später 
vorbehalten  mufs,  einige  Beispiele  dafür  bringt,  dafs  im  VII.  Jahrhundert 
in  Pehlevi-Hss.  jenes  Gesetz  nicht  befolgt  sei,  so  folgt  daraus  nur,  dafs  eben 
die  Perser  die  Eigenarten  des  für  sie  neuen  Beschreibstoffes  nicht  richtig 
erkannt  haben,  resp.  wegen  ihrer  Pinselschrift  nicht  Rücksicht  darauf  zu 
nehmen  brauchten.  Im  übrigen  bestätigt  auch  Dziatzko  die  Gültigkeit  jenes 
Usus.  Vgl.  auch  meine  Bemerkungen  in  Ostraka  I  S.  18^,  die  gegen 
die  in-tümlichen  Auffassungen  von  Mahaffy  und  Krall  gerichtet  sind. 

In  demselben  Kapitel  behandelt  Kenyon  weiter,  was  man  unter  der  Über- 
schrift „Papyrus  as  ivriting  matcriaV  kamn  erwarten  ^vürde,  die  Accentuation^), 
Interpunktion  und  sonstige  Lesezeichen^),  endlich  die  Abküi-zungen  und  die 
Tachygraphie.  Wenn  auch  die  das  Buchwesen  streifenden  Abschnitte  in  diesem 
Zusammenhang  eine  kurze  Darstellung  vertragen,  so  ist  doch  die  aufser- 
gewöhnliche  Kürze,  mit  der  die  letztgenannten  Themata  hier  behandelt  sind 
—  die  Abbreviaturen  auf  genau  einer  Seite,  die  Tachygraphie  in  elf  Zeilen—, 
um  so  mehr  zu  bedauern,  als  wir  gerade  von  einem  so  hervorragenden 
Sachkenner  wie  Kenyon  gern  mehr  darüber  gehört  hätten.  Hier  ist  die 
Disposition  keine  glückliche.  Es  wäre  doch  erwünscht  gewesen,  wenn  über 
die  wichtigen  tachygraphischen  Skalen,  die  Wessely  in  den  Denkschriften 
der  Wiener  Akademie  1895  ediert  hat,  genauer  referiert  und  auf  das  Fak- 
simile der  ziemlich  vollständig  erhaltenen  tachygraphischen  Papyrusurkunde 
im  „Führer  durch  die  Papyrussammlung  Rainer"  n.  444  hingewiesen  wäre, 
statt  zu  sagen,  dafs  nur  kleine  Proben  dieser  Schrift  in  Wien  vorhanden 
sein  „sollen".^)  Auch  wäre  es  der  Erwähnung  wert,  dafs  in  byzantinischer 
Zeit  die  Notare  unter  den  Kontrakten  meist  nicht  nur  in  griechischer  und 
lateinischer  Schrift  (aber  immer  in  griechischer  Sprache),  sondern  auch  in 
tachygraphischen  Noten,  die  freilich  noch  nicht  entziffert  sind,  subskribieren. 
Auch  wäre  die  Frage  zu  behandeln,  in  wie  weit  etwa  das  eigenartige  Ab- 
kürzungsystem, wie  es  auch  schon  lange  vor  der  Minuskel  z.  B.  in  der 
aristotelischen  ^A&rjvaicov  noXixeia  und  dem  Londoner  Medizinischen  Papyi'us, 
gelegentlich  auch  in  Urkunden^),  begegnet,  von  der  Tachygraphie  beeinflufst 
worden  ist. 


1)  Vgl.  hiergegen  Grenfell-Hunt  in  P.  Oxy.  II  S.  ^IK 

2)  Hier  ist  das  zwischen  Doppelkonsonanz  etc.  stehende  Häkchen  übersehen 
worden,  über  das  ich  in  den  Observationes  bist.  Aeg.  S.  .57  f.  gehandelt  habe.  Ich 
kenne  auch  heute  noch  kein  Beispiel  davon,  das  vor  200  n.  Chr.  läge. 

3)  Nach  Ausweis  der  Funde  ist  der  Gebrauch  der  Tachygraphie  in  der  byzan- 
tinischen Zeit  ein  recht  verbreiteter  gewesen.  Wohl  jede  gi-öfsere  Papyrussammlung 
besitzt  Beispiele  Auch  bei  meinen  Ausgrabungen  in  Ehnäs-Herakleopolis  kamen  aiis 
byzantinischen  Schichten  tachygraphische  Texte  hervor.  So  begreifen  wir  das 
stärkere  Hervortreten    tachygraphischer  Elemente    in  der  Minuskel. 

4)  Vgl.  z.  B.  das  merkwürdige  xatfpoQ  =  xo)(p(aQovvTi  in  dem  Wirtschaftsbuch 
von  Hermupolis  (Atl.  Lond.  I  Taf.  110). 


Ulrich  Wilcken:  Zur  Paläographie  357 

Vor  allem  aber  hätten  die  verschiedenen  Methoden  der  Abbreviaturen 
gerade  in  einem  solchen  Werk  eine  gründliche  Darlegung  verlangt,  denn 
schliefslich  sind  es  doch  die  Abkürzungen,  die  uns  heute  die  gröfsten  Schwierig- 
keiten bereiten.  Hierfür  bietet  Thompson  viel  mehr  als  Kenyon.  Wenn  man 
etwa  einwendet,  dafs  die  Abbreviaturen  in  der  Hauptsache  nur  für  die  non- 
Uttcrary  palacographle  in  Betracht  kommen,  die  nach  des  Verfassers  später 
zu  beurteilender  Ansicht  Icss  imporfani  ist,  so  ist  doch  zu  bedenken,  dafs 
die  Abkürzungen  der  Kursivschrift,  wie  ich  in  den  Observationcs  ad  hist.  Ac(j. 
S.  37  ff.  gezeigt  habe^),  auch  in  der  mittelalterlichen  Minuskel  wiederkehren. 
Gerade  diese  Übereinstimmung  der  Abkürzungsmethoden,  die  durch  die  neueren 
Funde  immer  klarer  zu  Tage  tritt  ^),  war  damals  für  mich  eine  neue  und 
wichtige  Bestätigung  von  Gardthausens  Beobachtung,  dafs  die  Minuskelschrift 
nur  stilisierte  Kursive  sei.  Eine  gründliche  Kenntnis  der  kursiven  Ab- 
kürzungen fördert  daher  wesentlich  auch  das  Verständnis  der  in  mittel- 
alterlichen Minuskeln  überlieferten  litterarischen  Texte. 

Kenyon  beschränkt  sich  in  Bezug  auf  die  kursiven  Abkürzungen  auf 
wenige  unvollständige  Bemerkungen.  Als  gut  sei  hervorgehoben,  dafs  er 
mit  Recht  leugnet,  dafs  Auslassungen  der  Mitte  des  Wortes  ohne  irgend- 
welche Bezeichnung  der  Abbreviatur  als  beabsichtigte  Abkürzungen  in 
der  griechischen  Papyrusschrift  vorkommen.  Aber  auch  was  er  über  die 
Abbreviaturen  in  litterarischen  Texten  sagt,  ist  nicht  „erschöpfend",  wie  er 
meint.  So  ist  z.  B.  nicht  gesagt,  dafs  in  Uncialtexten  am  Ende  der  Zeilen 
gelegentlich  ein  schliefsendes  v  ausgelassen  und  durch  einen  übergesetzten 
Horizontalstrich  angedeutet  wird.  So  schon  in  dem  Berliner  Demosth. 
(Lept.)  aus  dem  I.  Jahrh.  n.  Chr.  („Taf.  z.  alt.  gr.  Pal."  I).  Und  wenn 
er  die  Schollen  zu  Alkman  hier  anführt,  hätten  die  zu  Epicharm  (Mitt. 
PR  V  S.  3)  nicht  fehlen  dürfen.  Die  Einsilbigkeit  in  diesen  Beschrei- 
bungen (S.  33)  wird  durch  die  beigegebene  Tafel  (S.  154/6)  nicht  aus- 
geglichen. Aus  den  non-Uüerary  papyrl  —  zu  denen  ich  übrigens  die 
magischen  Texte  nicht  gestellt  haben  würde  —  ist  eine  kleine  Auswahl 
von  Abkürzungen  und  Siglen  mitgeteilt,  ohne  dafs  hier  oder  vorher  im  Text 
ihre  Genesis  erklärt  wäre.  So  merkt  man  nichts  von  dem  grofsen  Fort- 
schritt, dafs  wir  jetzt  an  der  Hand  der  alten  Texte  (namentlich  des 
in.  Jahrh.  v.  Chr.)  die  Entstehung  dieser  Zeichen,  soweit  sie  überhaupt 
komponiert  sind,  begreifen  können.  Unsere  Schüler  brauchen  heutzutage 
nicht  mehr  die  Abbreviaturen  wie  etwas  vom  Bösen  zu  ihrem  Tort  fix  und 


1)  Vgl.  auch  meine  „Tafeln  z.  alt.  gr.  P."  S.  VI. 

2)  Dies  gilt  für  die  Grundgedanken  —  abgesehen  von  den  tachygraphischen 
Elementen  des  Mittelalters  —  sogar  schon  fürs  III.  Jahrh.  v.  Chr.,  von  dem  MahaflPy 
in  P.  Petr.  I  S.  14  sagte:  the  use  of  ahhreviations  appears  almost  unknoicn.  Eine 
merkwürdige  Einzelheit,  die  bisher  noch  nicht  erkannt  wurde,  ist  folgende.  In 
der   Minuskel   werden    gelegentlich    Zahlwörter,    auch    wenn    sie    den   Teil    einer 

Komposition  bilden,  mit  ZifiFem  geschrieben,  wie  ya  =  tQLaäyiov  und  viele  andere 
Beispiele  bei  Gardthausen,  Gr.  P.  S.  250  ff.     Genau   dasselbe  findet  sich  schon  in 

Texten  aus  dem  HI.  Jahrh.  vor  Chr.  Vgl.  P.  Petr.  II  28  IV  2  u.  16:  yx,  was  Mahaffy 
freilich  zweifelnd  in  yscogyüv  xcbftr]  auflöste,  thatsächlich  TpixMju'a  zu  lesen  ist. 
Und    wenn    Thompson    als    charakteristisch    für    die  Minuskel    Umstellimgen   wie 

o  =  Xöyog  anführt  (S.  91)  so  ist  auch  dies  schon  für  das  III.  Jahrh.  v.  Chr.  nach- 
weisbar, wo  z.  B.  fol  bald  7t6{Xig),  bald  no{U^wvog),  bald  7fo{ii]6£ig)  bedeutet. 


358  n.  Referate  und  Besprechungen 

fertig  in  die  Welt  Gesetztes  auswendig  zu  lernen:  wir  können  ihnen  alle 
Schrecknisse  nehmen,  indem  wir  ihnen  die  Urformen  nachweisen  und  ihnen 
zeigen,  wie  diese  im  Laufe  der  Jahrhunderte  entsprechend  der  allgemeinen 
Entwicklung  der  Kursive  sich  allmählich  zu  den  scheinbaren  Hieroglyphen 
ausgewachsen  haben.  ^)  Solche  Dax-legungen  vermiTst  man  ungern  in  einer 
palaeograpMc  of  greek  xKipyri. 

Die  Liste  selbst  ist  nicht  ohne  Mifsverständnisse.  Mit  dem  Zeichen  -9', 
das  er  als  xßt(?)  erklärt,  ist  wohl  jenes  Wort  gemeint,  das  in  P.  Lond.  I 
S.  142  ff.  (vgl.  Atlas)  oft  begegnet,  aber  nicht  xk/,  sondern  8lix  zu  lesen  ist, 
wie  ich  schon  in  GGA  1894  S.  736  ihm  gegenüber  erwähnt  habe.  Dieses 
Zeichen  gehört  streng  genommen  nicht  in  diese  Liste,  da  keine  Abbreviatur 
vorliegt,  sondern  nm*  Ligatur:  es  ist  nichts  als  die  Verbindung  von  Si  mit 
hochgesetztem  Hakenalpha  (s.  unten).  —  Auch  }\3  =  «tco,  das  Kenyon  wohl 
demselben  Papyrus  entnommen  hat,  gehört  nicht  hierher  (vgl.  Atlas):  es  ist 
Ligatur  von  grofsem  Hakenalpha  -\-  it  -\-  o.  —  Ebenso  ist  es  in-eleitend, 
zu  sagen,  die  Sigle  für  -|  qj  sei  a  combinafion  of  tlic  signs  of  ~  and  -|. 
Das  griechische  Bruchsystem,  das  in  diesem  Buch  nirgends  erklärt  wird, 
hat  vielmehr  das  Prinzip,  dafs  der  gröfsere  Bruch  voransteht:  es  ist  also 
-|  -|-  1^,  ursprünglich  ^ — h  d,  dann  zusammengezogen  zu  ^,  wie  ich  in 
GGA  1894  S.  735  gezeigt  habe.^)  Ebenso  ist  es  falsch  zu  sagen,  dafs  *^l  =  |- 
sei.  Es  mufs  vielmehr  notwendig  ein  gerader  oder  krimimer  Strich  über  das 
■j]  gesetzt  werden,  wie  zu  allen  anderen  Zahlen,  die  als  Brüche  gelten. 

Hier  sei  es  mir-  gestattet,  zu  meinen  früheren  Ausführungen  über  das 
Bruchsystem  eine  Bemerkung  hinzuzufügen.  Ich  zeigte,  dafs  die  Sigle  |  (ölfioiQOv) 
—  ein  ß  mit  einem  Strich  darüber  —  die  einzige  ist,  die  einen  Bruch  vertx'itt, 
dessen  Zähler  nicht  1  ist.^)  Das  ist  sachlich  richtig,  aber  doch  zu  modern 
ausgedrückt.  Wir  dürfen  bei  diesen  griechischen  Bruchbezeichnungen  überhaupt 
nicht  an  unsere  aus  Zähler  und  Nenner  bestehenden  Brüche  denken.  Griechisch 
werden  wir  sie  erst  auffassen,  wenn  wir,  abgesehen  von  ölfioiQov^  die  über- 
strichenen  Zahlen  vielmehr  immer  als  Ordinalzahl  lesen  und  ein  ^SQog  hin- 
zudenken, also:  y,  ö  {d)  =  tQlrov,  xkaqxov  (fiSQog).  Nur  ß  las  man  mit 
Kardinalzahl  ovo  fiiQr},  resp.  öI^oiqov,  während  man  für  rjfxiöv  eine  eigene 
Sigle,  Z-,  hatte. 

Im  III.  Kapitel  behandelt  K.  die  non-litterary  papyri,  worauf  er  das 
IV.  und  V.  Kapitel  den  Utferary  papyri  widmet.  Diese  aus  dem  Inhalt  des 
Geschriebenen  abgeleitete  Einteilung  der  Papyrusmassen  in  litterarische  und 
nichtlitterarische  Texte  empfiehlt  sich  für  viele  Zwecke  von  selbst  und  ist 
daher  auch  schon  oft  angewendet  worden.  Kenyon,  dem  es  in  diesem  Buch 
vor  allem  darauf  ankommt,  die  Schrift  der  litterarischen  Papyrustexte  dar- 
zustellen, hat   diese  Einteilung  auch  auf  die  Schrift  selbst  übertragen.     Ich 


1)  Durch  die  Petrie-Papyri  hat  sich  sogar  die  Anirensigle  erklären  lassen. 
Vgl.  Ostraka  I  S.  819,  wo  auch  andere  erklärt  werden.  Man  wird  sie  daher  heute 
nicht  mehr  neben  Siglen  wie  «  =  kvkIos  stellen,  wie  noch  Thompson  S.  96  thut. 

2)  Ii-rig  sagt  Thompson  S.  105,  dafs   ^  eine  Variante  von  J  (i)  sei. 

3)  Thompson  sagt  S.  105,  dafs  f  y  geschrieben  werde,  wobei  the  numerator  o 
eine  Fonn  von  ß  sei.  Das  kommt  m.  W.  nirgends  vor  und  ist  völlig  unmöglich.  Dafs 
die  Griechen  niemals  Zähler  und  Nenner  schrieben,  wie  man  früher  annahm,  habe 
ich  im  Hei-mes  19  S.  291/2  nachgewiesen. 


Ulrich  Wilckcn:  Zur  Paläographie  359 

bin  weit  entfernt  davon,  die  Berechtigung  eines  solchen  praktischen  Ziehis 
leugnen  zu  wollen.  Gewifs  ist  es  für  weite  Ki-eise  von  Interesse,  die  ver- 
schiedenen Schriftarten,  in  denen  die  Alten  ihre  litterarischen  Erzeugnisse 
publiziert  oder  privatim  vervielfältigt  haben  —  gleichviel  ob  in  Unciale 
oder  Cursive  —  neben  einander  behandelt  zu  sehen.  ^)  Aber  es  ist  mir 
doch  zweifelhaft,  ob  wir  gut  daran  thun  würden,  diese  Einteilung  auch 
in  die  paläographische  Theorie  einzuführen.  Denn  es  stehen  den  beiden 
Klassen  der  litterarischen  und  nichtlitterarischen  Texte  keine  korrespondieren- 
den paläographischen  Begriffe  gegenüber.  Vielmehr  wissen  wir  heute,  wie 
auch  K.  oft  hervorhebt,  dafs  einerseits  Urkunden  gelegentlich  in  Buchschrift 
geschrieben  wurden,  wie  andererseits  Bücher  in  Urkundenschrift.  Durch 
diese  neue  Erkenntnis  haben  die  Begriffe  Buchschrift  und  Urkundenschrift 
—  oder,  mit  K.,  litterarische  und  nichtlitterarische  —  ihre  scharfen  Konturen 
verloren,  zumal  die  cursiv  geschriebenen  Privathandschriften  von  Autoren 
eine  gröfsere  Rolle  gespielt  zu  haben  scheinen  als  wir  noch  vor  kui'zem 
ahnten.  Gewifs  wird  man  sich  auch  künftig  trotzdem  noch  mit  Hilfe  dieser 
Bezeichnungen  verständigen  können,  indem  man  sie  a  potiori  fafst.  Aber 
für  wissenschaftliche  Untersuchungen  über  die  Entwicklung  der  Schrift,  also 
für  die  paläographische  Theorie  wird  man  doch  besser  thun,  von  dem 
Inhalt  des  Geschriebenen  ganz  abzusehen  und  nur  nach  schriftgeschichtlichen 
Gesichtspunkten  die  Hauptarten  der  griechischen  Sclirift  mit  den  nur  die 
Form  selbst  treffenden,  allgemein  eingebüi-gerten  Namen  wie  Unciale,  Cm-sive 
und  Minuskel  zu  unterscheiden. 

Kenyon  ist  durch  seine  Einteilung  zu  einer  nicht  immer  glücklichen 
Disposition  geführt  worden:  die  Urkunden,  die  in  Unciale  geschrieben  sind, 
behandelt  er  unter  den  litterary  papyri  (so  den  Ariemisiapapyrus  u.  a.),  aber 
die  litterarischen  Handschriften,  die  in  Cursive  geschrieben  sind,  werden 
nicht  etwa  unter  den  non-liticrary  behandelt,  wiewohl  sie  doch  nur  in  dieser 
Umgebung  paläographisch  richtig  gewürdigt  werden  könnten,  sondern  gleich- 
falls unter  den  litterary  papyri.  In  ersterem  Fall  richtet  er  sich  nach  der 
Schrift,  im  zweiten  nach  dem  Inhalt.  Er  will  offenbar  in  der  Hauptsache 
ein  Bild  der  verschiedenen  Schriften  geben,  in  denen  die  litterarischen  Werke 
vervielfältigt  wurden. 

Aus  demselben  Grunde  giebt  K.  von  der  Cursive  nm'  einen  kurzen 
Überblick  auf  21  Seiten  {a  slietch).  Will  jemand  die  Schrift  der  litterarischen 
Papyri  ausführlicher  behandeln,  so  wird  man  ihn  deswegen  nicht  tadeln 
können.  Aber  wenn  er  es  damit  begründet,  dafs  die  Cursive  less  important 
sei  (S.  VI,  11  und  13),  und  zwar  nicht  etwa  für  sein  Thema,  sondern 
ohne  Einsckränkung  an  und  für  sich,  so  ist  das  ein  merkwürdiger  Stand- 
punkt. Offenbar  ist  dies  Urteil  wieder  durch  den  Inhalt  des  Tradierten 
beeinflufst.  Aber  selbst  in  diesem  begrenzten  Sinne  werden  vielleicht  Manche 
diese  subjektive  Wertschätzung  beanstanden,  nachdem  uns  die  aristotelische 
^A%"Yivcii(üv  Ttohteia  in  dieser  Cursive  wiedergeschenkt  worden  ist.  Meines 
Erachtens  giebt  es  für  die  Paläographie  als  Wissenschaft  überhaupt  nicht 
den  Unterschied  zwischen  important  und  less  important:  für  den  Schrift- 
forscher sind  alle  Entwicklungsreihen  von  genau  derselben  Wich- 


1)  Auch  ich  habe  unter  diesem  Gesichtspunkt  in  meinen  „Tafeln"  die  kursiv 
geschriebene  Hs.  des  Blemjerepos  unter  die  litterarischen  Texte  gestellt. 


360  II-  Referate  und  Besprechungen 

tigkeit.  Jene  Frage  gehört  nur  der  Praxis  an,  und  da  wird  sie  je  nach 
den  Zielen  des  Einzelnen  verschieden  beantwortet  werden  können.  Jedenfalls 
hat  die  Cui'sive,  was  in  K.s  Buch  nirgends  scharf  genug  hervortritt,  neuer- 
dings dadurch  gewaltig  an  praktischer  Bedeutung  gewonnen,  dafs  sie  als 
die  unmittelbare  Vorstufe  zur  mittelalterlichen  Minuskel  erwiesen  worden  ist 
(s.  oben  S.  357).  i) 

K.  gliedert  die  non-litterary  jßapyri  wie  üblich  in  die  der  ptolemäischen, 
römischen  und  byzantinischen  Zeit,  wozu  man  als  vierte  Rubrik  auch  noch 
die  der  arabischen  Zeit  um  so  mehr  wird  stellen  müssen,  als  diese  Periode 
paläogi'aphisch  etwas  Neues  hervorgebracht  hat,  die  minuskelförmige  Cursive.^) 
Die  merkwürdige  Erscheinung,  dafs  mit  den  Wandlungen  im  politischen 
Regiment  auch  Wandlungen  in  der  Schiiftentwicklung  der  Cursive  zusammen- 
zufallen scheinen,  erkläi-t  K.  daraus,  dafs  die  hohen  Regierungsbeamten  das 
Vorbild  gegeben  hätten  und  dies  verschieden  gewesen  sei,  je  nachdem  sie  aus 
Alexandrien,  Rom  oder  Byzanz  gekommen  seien  (vgl.  S.  35,  46,  72).  Es 
wird  nicht  ganz  klar,  ob  K.  meint,  dafs  z.  B.  der  Ductus  der  römischen 
Zeit  durch  Beeinflussung  des  Lateinischen  oder  aber  des  zu  Augustus'  Zeit 
in  Rom  geschriebenen  Griechischen  entstanden  sei.  Die  erstere  Annahme 
wäre  entschieden  abzulehnen,  die  zweite  ist  unbeweisbar,  da  wir  eben  nicht 
wissen,  wie  man  damals  in  Rom  griechisch  geschrieben  hat.  Ich  zweifle 
überhaupt,  ob  seine  Annahme  einer  depenäence  on  the  poUtical  capital  (S.  35) 
richtig  ist. 

Ich  habe  dies  Problem  schon  in  dem  paläographischen  Teil  meiner 
Obsei-vationes  (1885)  S.  35  ff.  hingestellt  und  zu  erkläx-en  versucht.  Ich 
habe  dort  die  Entwicklung  des  Ductus  auf  die  Einwirkungen  der  Schule 
zurückgeführt  —  ein  CTCsichtspunkt,  der  mir  in  K.s  Buch  nicht  begegnet 
ist.  Wenn  nun  seit  Beginn  der  römischen  Herrschaft  sich  thatsächlich  eine 
wesentliche  Veränderung  vollzieht,  die  nicht  etwa  in  der  Richtung  der  natür- 
lichen Entwicklung  liegt,  sondern,  wie  mir  scheint,  eine  bewufste  Rückkehr 
zu  einfacheren,  deutlicheren  Formen  zeigt,  so  ist  es  mir  nicht  unwahrschein- 
lich, dafs  eben  von  Seiten  der  neuen  Regierung  auf  eine  Reform  des  Schreib- 
unterrichts gedrungen  ist.  Dagegen  scheint  mir  die  Veränderung  der  Schrift, 
die  wir  an  Diokletians  Namen  anknüpfen,  einen  solchen  Eingriff  in  die 
natürliche  Entwicklung  nicht  zu  bedeuten.  Auch  läfst  sich  ihr  allmähliches 
Entstehen  schon  dm-ch  das  III.  Jahrh.  hin  erkennen.  Vgl.  z.  B.  Atlas  Lond.  II 
pl.  84,  vom  J.  221  v.  Chr.  Auf  diese  späteren  Wandlungen  scheint  die 
allmählich  zunehmende  Verwendung  der  lateinischen  Schrift,  die  offenbar 
dem  Vordringen  des  römischen  Elementes  in  der  Verwaltung  und  anderen 
Gebieten  parallel  geht,  nicht  ganz  ohne  Einflufs  geblieben  zu  sein.  Vgl. 
unten  S.  373. 


1)  Mein  hochverehrter  Freund  Mahaify  schreibt  mir  irrtümlich  die  Meinung 
zu,  the  ivriting  in  capitals  sei  of  inuch  less  importance  for  the  history  of  greek 
writing  (Petr.  P.  I  S.  51).  Ich  besinne  mich  nicht,  öiFentlich  oder  privatim  jemals 
diese  Meinung  geüufsert  zu  haben.  Vielleicht  bat  er  meine  Ausführungen  auf 
S.  VI  der  „Talein  z.  alt.  gr.  Pal."  mifsverstanden,  wo  ich  sage,  dafs  an  der  Unciale 
,, nicht  viel  zu  lernen  ist."  Das  sollte  natürlich  nur  heifsen,  dafs  auch  der , Ungeübte 
einen  üucialtext  lesen  kann,  während  zum  Lesen  der  Cursive  lange  Übung  er- 
forderlich ist. 

2)  Dies  auch  zur  Ergänzung  meiner  Ausführungen  in  den  „Tafeln"  S.  VI. 


■  Ulrich  Wilcken:  Zur  Paläographie  361 

Es  folgt  nun  auf  S.  35  li".  der  eigentliche  Kern  des  Buches,  die  Be- 
schreibung und  Klassifizierung  der  cursiven  und  uncialen  Schriftarten.  Ich 
kann  diese  Kapitel  III — V  allen,  die  in  die  griechische  Papyrusschrift  ein- 
dringen wollen,  auf  das  wäi-mste  empfehlen.  Denn  wenn  auch  die  Mit- 
forscher über  diese  oder  jene  theoretische  Frage  anders  denken  werden,  so 
haben  wir  doch  bisher  kein  Buch  besessen,  das  eine  so  eingehende,  auf 
gründlichster  Kenntnis  der  ganzen  Materie  beruhende  Chai'akterisierung  der 
einzelnen  Schriftarten  enthielte.  Es  stecken  aber  auch  viele  feine  Beobach- 
tungen darin,  die  die  Theorie  der  Schriftentwicklung  fördern,  und  manche 
neue  Gesichtspunkte,  die  zm-  Nachprüfung  anregen. 

Im  allgemeinen  wüi'de  ich  bei  der  Charakteristik  der  einzelnen  Jahr- 
hunderte eine  noch  stärkere  Berücksichtigung  derjenigen  Grundmotive  wün- 
schen, aus  denen  die  starke  Differenzierung  der  Cursive  hei-vorgeht,  ich 
meine  den  verschiedenen  Bildungsgrad  der  Schreiber,  den  verschiedenen 
Charakter  der  Urkunden  und  das  diesem  Charakter  entsprechende  Mafs  von 
Sorgfalt,  das  im  Einzelfall  der  Schreiber  aufwendet.  Vgl.  meine  Observationes 
S.  36  ff.  Man  müfste  also  vor  allem  die  professionellen  Schreiber  und  die 
Gelegenheitsschreiber,  die  Kanzlisten  und  die  Piivatiers  scheiden.  Auch 
Metropole  und  Dorf  machen  bei  beiden  wieder  Unterschiede.  Dann  wären 
weiter  die  grofsen  Unterschiede  des  Urkundeninhalts,  vom  königlichen  Erlafs 
bis  herab  zur  Steuerquittung  und  andrerseits  von  der  an  den  König  zu 
übergebenden  Bittschrift  bis  zum  flüchtigen  Rechnungszettel  herab  zu  unter- 
scheiden. Wichtige  Unterschiede  entstehen  ferner,  je  nachdem  Orginal  oder 
Kopie  und  andrerseits  Reinschrift  oder  Brouillon  vorliegt.^)  Nur  wenn  man 
das  Gleichartige,  das  was  unter  ähnlichen  Verhältnissen  von 
ähnlichen  Personen  geschrieben  worden  ist,  mit  einander  ver- 
gleicht, wird  man  zu  einer  richtigen  Charakteristik  der  Schrift- 
entwicklung der  verschiedenen  Perioden  gelangen.  Ungleichartiges, 
etwa  einen  vom  Kanzlisten  geschriebenen  Erlafs  mit  dem  Privatbrief  eines 
Ungebildeten  zu  vergleichen,  mufs  notwendig  in-eführen.  So  ist  es  nicht 
gut,  wenn  K.  auf  S.  37  die  Schrift  seiner  Tafel  I  a  fahiy  diaracferistic 
example  of  the  hand  of  this  period  nennt.  Nein,  nicht  of  Ute  handl  Es  ist 
nur  ein  Beipiel  einer  sorgfältig  schreibenden  Kanzlistenhand  aus  dem  III.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  Aber  wie  anders  damals  ein  solcher  Kanzlist  schrieb,  wenn 
er  in  Eile  einen  offiziellen  Bericht  im  Brouillon  entwarf,  das  zeigt  uns  die 
von  K.  nicht  wiedergegebene  Rückseite  desselben  Papyrus,  auf  der  der 
Empfänger  des  obigen  Briefes  sofort  die  Antwort  an  den  Absender  ent- 
worfen hat.  Vgl.  Tafel  XII  der  Mahaffy'schen  Edition  der  Petr.  Pap.  Das 
sieht  allerdings  total  anders  aus !  Ein  Laie  würde  es  überhaupt  kaum  für 
griechisch  halten.  Und  doch  wird  die  Reinschrift  dieser  Antwort  der  Kalli- 
graphie des  empfangenen  Briefes  wieder  sehr  ähnlich  gewesen  sein. 

Die  Berechtigung  des  Postulates,  dafs  wir  nach  den  obigen  Ge- 
sichtspunkten die  cursiven  Texte  ordnen  und  dann  immer  nur 
die  gleichartigen  vergleichen  sollen,  ist  mir  ganz  klai\  Aber  ich 
verkenne   nicht   die   Schwierigkeit    der   Ausfükrung.      Trotzdem    werden    wir 


1)  Wenn  trotz  aller  dieser  individuellen  Verschiedenheiten  ein  gemeinsamer 
Ductus  innerhalb  einer  Periode  erkennbar  ist,  so  führe  ich  das  auf  den  Einflufs 
der  Schule  zurück.     S.  oben  S.  360. 


362  II-  Referate  und  Besprechungen 

dahin  kommen  müssen.  Die  sorgfältige  Beschreibung,  die  K.  von  einzelnen 
Schriftarten  gegeben  hat,  wird  dabei  als  Vorarbeit  gute  Dienste  leisten 
können. 

Gelegentlich  macht  es  sich  geltend,  dafs  K.  vorwiegend  aus  den  aller- 
dings sehr  reichen  Beständen  des  British  Museum  schöpft,  ohne  immer  auf 
die  sonstigen  Materialien  und  Arbeiten  genügend  Bezug  zu  nehmen.  ^)  Für 
die  erste  Hälfte  des  11.  Jahrh.  v.  Chr.  vermifst  man  die  Benutzung  der 
Zoispapyii  in  Wien,  ebenso  für  die  zweite  Hälfte  die  der  Akten  des  Hermias- 
prozesses  in  Turin  und  Paris  und  der  Aktenstücke  der  königlichen  Bank  zu 
Theben  in  Berlin,  London,  Paris  und  mancher  anderen  Stücke  aus  der 
reichen  Sammlung  von  Turin.  Dafs  also  diese  letzte  Periode  vor  den  neuen 
Funden  von  Grenfell  und  Hogarth  a  hlanlc  gewesen  sei,  ist  doch  höchstens 
für  das  British  Museum  zutreffend,  und  auch  füi'  dieses  nicht  völlig. 

So  sind  denn  auch  die  Charakteristiken  der  einzelnen  Perioden  oft 
zu  eng  und  finden  durch  Heranziehung  des  weiteren  Materials  ihre  Ergänzung 
oder  auch  Widerlegung.  So  ist  es  entschieden  falsch,  von  dem  für  die 
ptolemäische  Cursive  so  charakteristischen  horizontalen  Ligaturstrich  zu 
sagen,  dafs  er  in  der  ersten  Hälfte  des  H.  Jahrh.  v.  Chr.  ceases  älmost 
entirely.  Man  vergleiche  dagegen  die  Zoispapyri  und  die  Aktenstücke  der 
Bank  und  die  Turiner  Texte.  —  Ebenso  falsch  ist,  dafs  das  Hakenalpha  Z. 
is  rarely  found  aftcr  the  iJiird  Century.  Das  mag  für  die  zufällig  in  London 
vorhandenen  Papyri  richtig  sein,  aber  sonst  stimmt  es  nicht.  Dies  Haken- 
alpha ist  sogar  in  die  römische  Zeit  hinübergegangen,  wie  wir  sogleich 
sehen  werden. 

Im  allgemeinen  ist  nicht  scharf  genug  hervorgehoben,  welche  wichtige 
Rolle  füi'  die  Umbildung  der  Buchstabenformen  die  Ligatur  und  die  Ab- 
breviatur gespielt  haben.  Die  Wirkung  dieser  beiden  Motive  an  der  Hand 
des  neuen  Mateiials  nach  allen  Seiten  zu  würdigen,  ist  noch  eine  wichtige 
Aufgabe  der  Paläographie.  Auf  die  Bedeutung  der  Ligatur  hat  schon 
Gardthausen  gebührend  hingewiesen.  Was  uns  noch  fehlt,  ist  eine  ins 
einzelne  gehende  Darlegung  der  Ligaturen,  welche  die  einzelnen  Buchstaben 
im  Laufe  der  Jahrhunderte  eingehen,  resp.  vermeiden,  und  der  Verände- 
rungen, die  im  ersteren  Fall  dadurch  hervorgerufen  werden.  Eine  genaue 
Kenntnis  hiervon  ist  die  notwendige  Vorbedingung,  um  verstümmelte  Stellen 
sicher  lesen  zu  können. 

Dafs  das  Übersetzen  der  Buchstaben  in  der  Abbreviatur  die  Formen 
beeinflufst,  hob  ich  schon  in  den  Observationes  S.  43  ff.  hervor.  Vielleicht 
sind  einige  eigentümliche  Formen  ursprünglich  in  der  erhöhten  Position,  in 
der  sie,  zwischen  den  beiden  Zeilen,  notwendig  verküi-zt  werden  mufsten, 
entstanden-  So  mag  das  Hakenalpha  Z.,  das  durch  Verstümmelung  von 
K  entstanden  ist,  zuerst  in  der  erhöhten  Position  gebildet  und  dann  auch 
auf  die   normale   Position,   in    der    es   sich   namentlich   für   Ligaturen   nach 


1)  Dafs  wir  heute  unsere  Kenntnis  von  der  Schrift  des  III.  Jahrh.  v.  Chr.  auf 
den  Petr.  F.  aufbauen,  ist  sicher.  Aber  zu  sagen,  dafs  die  schon  vorher  in  den 
Museen  vorhandenen  Dokumente  dieser  Zeit  gencraUy  tmdcrrated  (S.  3G)  waren, 
giebt  doch  ein  falsches  Bild.  Ich  hatte  sie  (mit  Ausnahme  eines  unbedeutenden 
Fragmentes)  auch  schon  vor  dem  Funde  der  Petr.  F.  als  solche  des  IE.  Jahrh.  v. 
Chr.  erkannt.  Vgl.  meine  Mitteilung  in  GGA  1894  S.  725  zu  Fap.  L.  Auch  Eugene 
Revillout  hatte  bereits  mehrere  richtig  bestimmt. 


Ulrich  Wilcken:  Zur  Paläographie  363 

rechts  hin  empfahl,  übertragen  sein.  Daraus  würde  sich  erklären,  dafs  in 
der  Abbreviatur  dies  Hakenalpha  so  sehr  häufig  (in  fliefsender  Cui-sivo 
wohl  regelmäfsig)  ^) ,  erscheint  und  gerade  in  dieser  erhöhten  Position  sich 
sogar  bis  in  die  späte  Kaiserzeit,  ja  die  byzantinische  Zeit  erhalten  hat.^) 
In  der  noi-malen  Position  dagegen  schwindet  das  Hakenalpha  in  der  Kaiser- 
zeit, nm-  in  Ligaturen  nach  rechts  hin  kommt  es  auch  hier  noch  gelegent- 
lich vor,  so  in  jedem  «Tto,  das  K.  unter  die  Siglen  gestellt  hat  (s.  oben 
S.  358). 

Während  ich  beim  Hakenalpha  zugeben  mufs,  dafs  es  auch  in  der 
normalen  Lage  entstanden  und  auf  die  erhöhte  übertragen  sein  könnte,  hat 
jene  Genesis  eine  gröfsere  Wahrscheinlichkeit  für  die  Form  V  =  -j;.  Schon 
seit  dem  HI.  Jahrh.  v.  Chr.  giebt  es  neben  H  eine  niedrige  Form  lA  (beide 
Hasten  in  halber  Höhe),  die  mit  besonderer  Vorliebe  in  erhöhter  Position 
erscheint,  freilich  auch  in  normaler.  Wenn  diese  Form  hochgesetzt  ist,  be- 
kommt sie  gern  ein  Schwänzchen  nach  unten  ^  ,  so  z.  B.  bei  K.  auf  Taf.  HI 
Z.   12   in   dem   eingeschobenen  Wort,   das  übrigens  nicht  mit  Grenfell-Hunt 

nccQax^^,  sondern  nagal^  zu  lesen  ist.^)  Dieses  V>  das  gewifs  nur  oben 
in  der  erhöhten  Position  entstehen  konnte,  hat  man  dann  später  gelegentlich 
auch  in  normaler  Position  verwendet,  imd  damit  glaube  ich  die  merkwürdige 
Form  y  erklärt  zu  haben,  die  K.  auf  S.  44  als  nur  in  der  Zeit  von  50 
bis  160  n.  Chr.  vorkommend  anführt,  ohne  ihre  Entstehung  erklären  zu 
können.  Ist  meine  Ableitung  aus  der  ptolemäischen  Abbreviatur  richtig'^), 
so  wird  schon  dadurch  diese  zeitliche  Begrenzung  von  K.  höchst  unwahr- 
scheinlich. Aus  der  Ptolemäerzeit  ist  mir  zwar  kein  Beispiel  erinnerlich, 
wo  dieses  >'  in  normaler  Position  verwendet  wäre,  wenn  auch  oft  ohne 
Schwänzchen  als  i^.  Aber  es  kommt  sicher  schon  vor  50  n.  Chr.  vor^) 
und  sicher  auch  nach  160,  z.  B.  noch  im  HI.  Jahrh.  n.   Chr.^) 

Ebensowenig  wie  ich  die  Beschränkung  von  i/  auf  50 — 160  n.  Chr. 
für  a  fact  of  palaeograpJiie  halten  kann,  scheint  mir  die  Form  (^  für  e 
an  almost  conclusive  proof  of  a  Roman  dafe  zu  sein  (S.  42).  Das  Streben, 
in  einem  Zug  zu  schreiben  —  das  übrigens,  wie  ich  entgegen  K.  hervor- 
heben möchte,  in  der  Ptolemäerzeit  genau  so  hervortritt  wie  in  der  Kaiser- 
zeit, natürlich  nur  unter  gleichen  Verhältnissen!  —  führte  beim  € 
zu  zwei  Lösungen.  Entweder  man  fängt  die  Rundung  von  oben  an:  dann 
entsteht  6-  oder  ähnliches,  oder  man  fängt  von  unten  an:  dann  entsteht  P-. 
Wenn  K.  also  die  letzte  Form  speziell  der  römischen  Zeit  zuweist,  zo  müfste 
man  in  der  Ptolemäerzeit  niemals  die  Rundung  des  €  von  unten  begonnen 
haben.  Wie  unwahrscheinlich  a  priori!  In  der  That  habe  ich  nach  kurzem 
Suchen  auch  in  ptolemäischen  Papyri  genug  Beispiele  gefunden.  Vgl.  Atlas 
Lond.  I  Taf.  3  col.  I  47  in  MsvvlÖov  (162  v.  Chr.);  Taf.  18  melmnals 
(163  V.  Chr.),  Taf.  19,  Taf.  27.  Dagegen  ist  es  wohl  charakteristisch  für 
die  römische  Zeit,  dafs  dem  0-  und  den  anderen  runden  Buchstaben  (o  6  -ö-), 


1)  Dies  wäre  noch  zu  untersuchen. 

2)  Vgl.  Observationes  S.  41. 

3)  Also  7ruQccXri{(i/7tTLyim),  gehört  zu  ybirgai.    Vgl.  Archiv  I  131^. 

4)  Formell  ist  es  sehr  klar  z.  B.  in  Atlas  Lond.  I  Taf.  107  flf. 

5)  So  in  Wien.  Stud.  IV  Taf.  aus  Augustus'  Zeit. 

6)  So  in  Atlas  Lond.  11  Taf.  84  vom  J.  221,  letzte  "Zeile :  MsaoQr].   Auch  Grenfell- 
Hunt  sagen  Oxy.  n  S.  53,  dafs  y  bis  200  n.  Chr.  ganz  gewöhnlich  sei. 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  2.  24 


364  II-  Referate  und  Besprechungen 

wenn  man  sie  von  unten  an  zeichnet,  ein  von  oben  kommender  schräger 
Anstrich  vorn  angefügt  wird:   Q-  u.  s.  w. 

Charakteristisch  für  die  Kaiserzeit  scheint  mir  vor  allem  das  Aufhören 
des  horizontalen  Ligatm-striches  zu  sein,  der  freilich  nach  K.s  irriger  An- 
sicht schon  im  11.  Jahrh.  v.  Chr.  allmählich  aufgehört  haben  soll  (s.  oben).^) 
Augustus'  Zeit  ist  auch  in  dieser  Hinsicht  eine  Übergangszeit  — ■  wie  natürlich, 
denn  die  alten  Leute  schrieben  damals  eben  noch  ptolemäisch.  ^)  Gerade  in 
dieser  Beseitigung  des  Ligaturstriches  sehe  ich  für  die  Praxis  eine  wesent- 
liche Besserung  der  Schrift.  Vielleicht  war  sie  ein  Erfolg  der  römischen 
Schulreform  (s.  oben). 

Auf  S.  50  ff.  unterscheidet  K.  die  Steilschrift  und  Schrägschrift,  und 
scheint  zu  meinen,  dafs  die  eine  oder  andere  in  bestimmten  Perioden  der 
byzantinischen  Zeit  vorwiegend  oder  gar  charakteristisch  gewesen  sei.  So 
sehr  ich  erfreut  wäre,  wenn  wir  so  sinnfällige  Merkmale  hätten,  um  die 
Zeiten  auseinander  zu  halten,  mufs  ich  doch  davor  warnen,  den  Unterschied 
von  Steil-  und  Schrägschrift  als  chronologisches  Moment  zu  verwerten.  Diese 
beiden  sind  in  der  Cursive  —  über  die  Unciale  s.  unten  S.  369  —  sicher- 
lich immer  nebeneinander  gegangen.  Ob  man  die  Buchstaben  gerade  oder 
nach  rechts  geneigt  oder  —  was  auch  oft  vorkommt  —  nach  links  geneigt 
setzen  will,  das  gehört  eben  zu  den  Freiheiten  des  Individuums,  die  man 
auch  in  der  Paläographie  ja  nicht  zu  niedi-ig  einschätzen  soll.  Man  be- 
trachte sich  nur  den  Kontrakt  vom  J.  595  n.  Chr.  im  Atlas  Lond.  I 
Taf.  136:  da  ist  das  im  voraus  verfafste  Protokoll  völlig  schräg  nach  rechts 
geschi-ieben,  während  der  Kontrakt  selbst  (von  zweiter  Hand)  kerzengerade 
dasteht ! 

Doch  es  wüi'de  mich  zu  weit  führen,  wenn  ich  allen  den  Anregungen, 
die  der  Abschnitt  über  die  non-litterary  papyri  bietet,  hier  nachgehen  wollte. 
Beschlossen  wird  dieser  Teil  durch  eine  allerdings  recht  magere^)  und  auch 
nicht  einwandfreie*)  Darstellung  der  Urkundendatierungen. 

Im  rV.  und  V.  Kapitel  (die  litierary  papyri)  ist  es  das  Hauptbestreben 
des  Verfassers,  eine  exakte  Beschreibung  der  Schrift  der  wichtigsten  Papyrushss. 
zu  geben  und  womöglich  neue  Gesichtspunkte  für  ihre  Datierung  zu  finden. 
Seine  Resultate  treten  am  klarsten  in  der  chronologischen  Anordnung  der 
Hss.  entgegen,  die  sehr  originell  ist  und  oft  im  Widerspi'uch  zu  den  bis- 
herigen Ansetzungen  steht.  Mit  mancher  dieser  Neuerungen  hat  K.  gewifs 
das  Richtige  getroffen,  andere  haben  mich  nicht  überzeugt. 

Uncialhss.  zu  datieren,  ist  eine  der  schwierigsten  Aufgaben.  Was  K. 
auf  S.  79  über  unser  Unvermögen  auf  diesem  Gebiet  sagt,  unterschreibe 
ich  imi  so  lieber,  als  ich  dieselben  Bedenken  in  anderer  Form  auch  in  der 


1)  Das  von  K.  nicht  liervorgebobene  Vorhandensein  des  horizontalen  Ligatur- 
striches in  Hyperides  in  Philippid.  (Classic.  Texts  pl.  II)  ist  für  mich  der  Haupt- 
grund, aus  dem  ich  in  Übereinstimmung  mit  K.  diese  Hs.  der  Ptolemäerzeit 
zuweise. 

2)  Ganz  ptolemäisch  ist  z.  B.  noch  das  verbundene  ;^()  in  %q6vov  in  Atlas 
Lond.  II  Taf...ll,8. 

3)  Die  Ära  Diokletians  und  die  Sonderären  von  Oxyrhynchos  sind  nicht  er- 
wähnt.    Auch  anderes  fehlt. 

4)  K.  wiederholt  den  schon  in  F.  Lond.  I  begangenen  Fehler,  zu  sagen,  dafs 
in  der  Ptolemäerzeit  der  1.  Thoth  auf  den  29.  August  falle.  Das  korrigierte  ich 
schon  in  GGA  1894. 


Ulrich  Wilcken:   Zur  Paläographie  365 

Einleitung  zu  meinen  „Tafeln"  (S.  V/VI)  vorgebracht  habe.  Es  wird  in  der 
That  durch  die  Eigenheiten  der  Unciale  als  Kopierschrift  zu  einem  ver- 
geblichen Bemühen,  lediglich  aus  paläographischen  Gesichtspunkten,  aus 
den  Formen  der  Buchstaben  eine  Hs.  datieren  zu  wollen.  Bestenfalls  können 
wir  sagen,  dafs  die  Schrift  nach  Vergleichung  mit  ähnlichen  Texten  —  die 
wir  aber,  wohlgemerkt,  auch  erst  wieder  auf  anderem  Wege  fest 
datiert  haben  müssen!  —  der  Schrift  dieses  oder  jenes  Jahrhunderts 
ähnele.  Dafs  sie  aber  auch  in  dem  betreffenden  Jahrhundert  wirklich  ge- 
sehrieben worden  sei,  können  wir  nicht  mehr  so  sicher  behaupten,  da  ja 
der  Kopist  bewufst  oder  unbewufst  von  seiner  Vorlage  abhängig  sein,  die  Hs. 
also  auch  jünger  sein  kann. 

Von  um  so  gi'öfserem  Werte  ist  es,  dafs  es  auch  andere  Indizien  giebt, 
die  ganz  unabhängig  von  der  Schrift  uns  Aufschlüsse  über  die  Daten  der 
Uncialhss.  geben  können.  K.  hat  sie  im  Einzelfall  natürlich  praktisch  ver- 
wertet, doch  ist  vielleicht  auch  eine  Zusammenstellung  nicht  unnützlich.  Es 
lassen  sich  in  der  Hauptsache  folgende  eigenartige  Indizien  unterscheiden, 
von  denen  übrigens  meist  mehrere  zusammenkommen  müssen,  um  eine 
Datierung  zu  ermöglichen: 

1.  Der  natürlichste  terminus  post  quem  wird  zunächst  durch  den  Inhalt 
der  Schrift,  resp.  die  Zeit  des  Verfassers,  wenn  bekannt,  an  die  Hand  ge- 
geben. So  spielt  z.  B.  bei  der  Datierung  der  Appolloniahs.  der  Bodleiana 
die  Erwähnung  des  Apion  eine  Rolle.    Vgl.  K.   S.  87. 

2.  Unter  Umständen  kann  die  Fundgeschichte  zu  einer  approximativen 
Schätzung  verhelfen.  So  ergiebt  sich  das  ungefähre  Alter  von  Platon's  Phaedon 
und  Laches,  Euripides'  Antiope  u.  a.  schon  dadurch,  dafs  sie  zusammen  mit 
anderen  Petrie  Papyri,  die  genaue  Datierungen  (aus  dem  HI.  und  Anfang 
des  IL  Jahrh,  v.  Chr.)  tragen,  zu  Mumiendeckeln  verarbeitet  worden  sind. 
So  haben  auch  Grenfell-Hunt  in  Oxyrhynchos  oft  die  Zeit  der  Uncialen  nach 
den  mit  ihnen  gefundenen  cursiven  Texten  bestimmen  können,  was  aller- 
dings voraussetzt,  dafs  die  Ausgrabungen  so  genau  kontrolliert  werden  wie 
sie  es  thun.  Andererseits  ergiebt  sich  aus  der  Geschichte  von  Herculaneum 
für  die  dort  gefundenen  Papyri  das  J.  79  n.  Chr.  als  terminus   ante  quem. 

3.  In  manchen  Fällen  kann  die  Beobachtung,  ob  Papyrus  oder  Per- 
gament beschrieben  sind,  die  Datierung  fördern,  wenn  auch  nur  in  allgemeinen 
Umrissen. 

4.  Ebenso  kann  unter  Umständen  die  Frage,  ob  Rolle  oder  Codexform 
vorliegt,  den  Kreis  der  Möglichkeiten  enger  ziehen. 

5.  Als  wirksamstes  äufseres  Hilfsmittel  hat  sich  bisher  die  Beobachtung 
von  Recto  und  Verso  bewährt  (s.  oben  S.  355).  Bei  opisthographen  Papyrus- 
rollen —  freilich  auch  nur  bei  diesen  —  wii'd  dadurch  ein  völlig  sicherer 
terminus  ante  resp.  post  quem  gewonnen,  sobald  auf  der  anderen  Seite  ein 
datierbarer  Text  steht.  Allerdings  tritt  das  subjektive  Ermessen  wieder  ein, 
sobald  wir  genauer  wissen  wollen,  um  wieviel  früher  oder  später  die 
Unciale  geschrieben  ist.  Diese  Frage  wird  verschieden  zu  beantworten  sein, 
je  nachdem  die  Unciale  auf  Recto  oder  auf  Verso  steht,  und  je  nach  dem 
Wert,  den  der  Inhalt  des  Recto  —  sei  er  litterarisch  oder  m-kundlich  — 
für  den  Besitzer  haben  mufste.  Das  sind  aber  für  uns  meist  inkommensu- 
rable Gröfsen.  Trotzdem  hat  es  unsere  Kenntnis  der  Unciale  schon  sehr 
gefördert,    dafs   wir    in    diesen    Fällen   mit    Sicherheit    sagen    konnten:    die 

24* 


366  II-  Referate  und  Besprechungen 

Schrift  mufs  älter  oder  aber  jünger  sein  als  der  und  der  Zeitpunkt.  Auf 
diesem  Wege  sind  bisher  die  meisten  approximativen  Zeitdatierungen  ge- 
wonnen worden,  da  die  Alten  wegen  der  Kostbarkeit  des  Papyrus  sehr 
gern  auch  die  freie  Rückseite  nachträglich  benutzt  haben.  So  mufs  das 
dialektische  Fragment  in  Paris  (K.  S.  66)  älter  als  160  v.  Chr.  sein,  der 
Ninosroman  älter  als  100  n.  Chr.,  Platon's  Gesetze  (Oxy.  I  23)  älter  als 
295   n.  Chr.  u.  s.  w. 

6.  Wenn  erst  die  Kenntnis  von  der  Entwicklung  der  Orthographie 
weiter  gefördert  sein  wird,  wird  auch  die  Beobachtung  dieser  ein  gutes 
chronologisches  Indicium  sein.  Natürlich  ist  hierbei  mit  der  Möglichkeit 
zu  rechnen,  dafs  der  Kopist  die  Orthographie  seiner  (eventuell  sehr  alten) 
Vorlage  mit  übernimmt.  Auch  ist  dabei  zu  unterscheiden,  ob  die  Hs.  füi- 
den  Buchhandel  bestimmt  ist  oder  eine  vulgäre  Privatabschrift  ist.  —  Diels 
(Sitzungsber.  Pr.  Akad.  1894  S.  356)  sagt  von  der  Orthographie,  sie  habe 
sich  bis  jetzt  noch  immer  als  das  sicherste  Mittel  zur  Bestimmung  der 
antiken  Hss.  bewährt.  Ähnlich  Blass  (Bacchyl.  praef.  p.  VIII):  Videntur 
aiiteni  mihi  ex  ortlwgrapliia  cerfiora  aetatis  indicia  sumi  quam  ex  littera- 
rum  forma.  Wenn  aber  ein  solcher  Kenner  der  antiken  Orthogi-aphie  wie 
Blass  aus  orthographischen  Gründen  den  Herondas  für  älter  als  I.  Jahrb. 
n.  Chr.,  also  wohl  für  ptolemäisch  hält,  so  zweifle  ich,  ob  wir  dies  gewifs 
sehr  wichtige  Argument  zm-  Zeit  schon  sicher  genug  zu  handhaben  wissen. 
Vgl.  hierzu  die  zutreffenden  Bemerkungen  von  K.   S.  95   Anm.  2. 

7.  Einen  terminus  ante  quem  geben  ferner  die  Beischriften  wie 
Schollen,  Subskriptionen,  Kapitelüberschriften  u.  ä.,  wenn  sie  in  datierbarer 
Cursive  geschrieben  sind.  So  ist  mit  Blass  für  die  Datierung  des  Londoner 
Hyperides  von  der  cursiven  Subskription  (Titel)  auszugehen,  die  er  richtig 
ins  II.  Jahrh.  n.  Chr.  setzt.  Freilich  bleibt  in  diesen  Fällen  wieder  unsicher, 
um  wieviel  jünger  die  Beischrift  als  der  Text  ist. 

Zur  paläographischen  Vergleichung  leitet  endlich  ein  aufserordentlich 
wichtiges  Hilfsmittel  über,  das  uns  neuerdings  in  datierten  Urkunden, 
die  in  Unciale  geschrieben  sind,  bescheert  worden  ist.  Datierte  litte- 
rarische Hss.  —  wie  Lin  Mittelalter  —  scheint  es  im  Altertum  nicht  gegeben 
zu  haben,  wenigstens  liegen  keine  Beispiele  vor.  Kenyon,  der  die  grofse 
Wichtigkeit  dieses  neuen  Arguments  gebührend  gewürdigt  hat,  verfügte  über 
zwei  Beispiele:  die  Bittschrift  an  den  Präfekten  Turranius  vom  J.  10  v.  Chr.  ca. 
(vgl.  pl.  XIV)  und  den  Kontrakt  vom  J.  88  n.  Chr.  (vgl.  pl.  XVII).  i)  In- 
zwischen sind  durch  die  glücklichen  Ausgrabungen  von  Grenf eil  -  Hunt  neue 
Beispiele  zu  Tage  gefördert:  so  eine  Bittschrift  aus  der  Zeit  des  Tiberius 
(P.  Oxy.  n  282),  eine  Steuerprofession  vom  J.  66  n.  Chr.  (P.  Oxy.  II  246) 
und  ein  Kontrakt  vom  J.  94  (P.  Oxy.  II  270).  Fürs  III.  Jahrh.  v.  Chr.  wäre 
auch  auf  den  Brief  des  Polykrates  hinzuweisen  (Mahaffy  P.  Petr.  Taf.  II  2). 
Nach  meiner  Erinnerung  giebt  es  auch  im  Berliner  Museum  solche  Stücke^), 
wahrscheinlich  auch  in  anderen  Sammlungen.  Es  würde  eine  sehr  nützliche 
Aufgabe  sein,  alle  diese  uncialgeschriebenen  und  dabei  genau  datierten  ür- 


1)  Vgl.  auch  seinen  Hinweis  auf  die  poll-tax  rolls  auf  S.  86  ff. 

2)  Unter  den  in  Faksimile  edierten  gehört  meine  „Tafel"  XII  d  hierher, 
zwar  nicht  genau  datiert  (wohl  um  200  anzusetzen).  Vgl.  auch  das  Edikt  Trajans 
BGU  I  140  Taf.  2. 


Ulrich  Wilcken:  Zur  Paläographie  367 

künden  zu  sanuneln  und  in  guten  Lichtdrucken  in  einer  besonderen  Mappe 
als  Marksteine  der  Entwicklung  der  Unciale  zu  edieren. 

Alle  diese  Gesichtspunkte,  zu  denen  nun  noch  die  paläogi'aphischen 
(Accentuation  u.  s.  w.)  hinzukommen,  sind  auch  von  K.,  wie  gesagt,  bei 
Abschätzung  der  einzelnen  Hss.  verwertet  worden.  Für  die  Theorie  der 
Paläographie  würde  vielleicht  folgendes  Vorgehen  besonderen  Erfolg  ver- 
sprechen. Man  müfste  zunächst  deutlich  herausheben  und  in  chronologischer 
Folge  für  sich  stellen  diejenigen  Uncialtexte,  die  datiert  sind  oder 
auf  Grund  der  obigen  sieben  nicht  -  paläographiscben  Gesichtspunkte  resp. 
durch  frappante  Ähnlichkeit  mit  einer  der  datierten  Uncial-Urkunden  sich 
approximativ  datieren  lassen.  Diese  müssen  das  Gerüst  füi-  den  ganzen 
Aufbau  bilden.  Nur  von  diesen  suche  man  zunächst  durch  minutiöse  Be- 
obachtung aller  paläographiscben  Eigentümlichkeiten  die  Entwicklung  der 
Unciale  durch  die  Jahrhunderte  festzulegen,  gehe  hierbei  aber  nicht  von  der 
Voraussetzung  aus,  dafs  man  durch  Ineinanderschachtelung  eine  einzige  Ent- 
wicklungsreihe herausdestillieren  müsse,  sondern  lasse  a  priori  die  Möglich- 
keit offen,  dafs  mehrere  parallele  Reihen  neben  einander  her- 
gingen, und  weise  darnach  die  einzelnen  (datierten)  Hss.  der  entsprechen- 
den Reihe  zu.  Es  gilt  eben  auch  hier,  wie  ich  es  schon  oben 
für  die  Cursive  betonte,  aus  dem  vor  uns  liegenden  Knäuel  ver- 
schiedenartiger Fäden  die  gleichartigen  herauszusuchen  und  an- 
einander zu  knüpfen.  Erst  nachdem  man  jene  sicher  oder  annähernd 
datierten  Hss.  in  dieser  Weise  geordnet  und  ein  Bild  von  der  Entwicklung 
der  Unciale  gewonnen  hat,  versuche  man  auch  denjenigen  Hss.,  für  die  die 
obigen  Gesichtspunkte  keinen  oder  keinen  genügenden  chronologischen  Anhalt 
ergeben,  nach  Mafsgabe  der  Buchstabenformen,  des  Ductus  u.  s.  w.  in  der 
entsprechenden  Reihe  ihren  Platz  zu  geben,  jedoch  mit  einem  Fragezeichen. 

Wenn  ich  hier  annehme,  dafs  die  Schrift  sich  in  mehreren  nebenein- 
ander verlaufenden  Linien  entwickelt  hat,  so  weifs  ich  wohl,  dafs  ich  einer 
herrschenden  Meinung  damit  entgegentrete.  Es  fehlt  mir  leider  die  Mufse 
und  auch  die  Gelegenheit,  in  Originalsammlungen  zu  arbeiten,  um  diese 
These  selbst  eingehend  zu  prüfen.  So  mufs  ich  die  Nachprüfung  Glück- 
licheren überlassen  und  beschi'änke  mich  darauf,  meine  Vermutung,  die  sich 
im  Augenblick  nur  auf  Faksimiles  und  auf  Erinnerungen  stützt,  zur  Diskus- 
sion zu  stellen.  Man  nimmt  gewöhnlich  an  —  und  auch  durch  Kenyons 
Buch  geht  dieser  Grundgedanke  — ,  dafs  zur  Zeit  immer  eine  Art  zu 
schreiben  herrschend  gewesen  sei,  dafs  also  die  eine  immer  die  andere  ab- 
gelöst habe.  Wo  es  nicht  ganz  stimmt,  spricht  man  von  „Ausnahmen". 
So  soll  entweder  Steilschrift  oder  Schrägschrift,  entweder  Schmalschrift  oder 
Breitschrift,  runde  oder  eckige  Schrift  geheiTScht  haben,  die  Buchstaben 
60OC  sollen  entweder  oval  oder  kreisrund  gewesen  sein  u.  s.  w.  Nach 
solchen  Gesichtspunkten  hat  man  verschiedene  Perioden  der  paläographiscben 
Entwicklung  konstruiert  und  dann  die  Neuerscheinungen  je  nach  dem  der 
betreffenden  Periode  zugewiesen.  Dafs  diese  Grundanschauung  für  die  Cursive 
nicht  zutrifft,  habe  ich  schon  oben  S.  364  angedeutet,  und  wie  sollte  es 
auch  anders  sein! 

Mit  der  Unciale  ist  es  aber,  wie  mir  scheint,  nicht  viel  anders  gewesen. 
Zwar  herrscht  hier  nicht  dieselbe  Freiheit  wie  in  der  Cursive,  denn  durch 
die  Absichtlichkeit  und  Künstlichkeit,  im  besonderen  dm-ch  das  Kopieren  von 


368  n.  Referate  und  Besprechvuigen 

Vorlagen  wird  sie  gebunden.  Aber  schon  diese  Vorlagen  können  verschiedene 
Typen  zeigen.  Bis  jetzt  hat  m.  W.  nur  Ceriani,  wenigstens  für-  einen 
Spezialfall,  Einspruch  gegen  die  herrschende  Meinung  erhoben,  indem  er 
behauptete,  dafs  im  V. — VIII.  Jahrhunderte  wenigstens  in  Ägypten  neben 
den  kreisrunden  Formen  von  €0OC  auch  schon  die  ovalen,  die  man  sonst 
als  die  jüngeren,  aus  jenen  abgeleiteten  anzusehen  pflegt,  nebenhergegangen 
seien.  ^)  Mir  scheint,  dafs  wir  diese  Erkenntnis  auf  den  ganzen  Verlauf  der 
Schriftentwicklung,  so  weit  wir  ihn  jetzt  überblicken,  also  vom  III.  Jahrh. 
V.  Chr.  an,  ausdehnen  müssen.  Ich  erkenne  nach  diesem  Gesichtspunkt 
mindestens  zwei  nebeneinander  laufende  Reihen.  Der  Klasse  mit  ovalen 
Formen  von  60OC  gehören  z.  B.  folgende  Texte  an: 

Platon's  Phaedon  (P.  Petr.  I  Taf.  V— VIII),  nach  Mahaffy  III.  Jahrh. 
V.  Chr. 

Bacchylides,  nach  K.  I.  Jahrh.  v.  Chr.,  Blass  I.  n.  Chr.,  Grenf.- 
Hunt  I/II.  n.  Chr.  2) 

Thukydides  (Oxy.  I  16,  Taf.  IV),  nach  Gr.-H.  I.  Jahrh.  n.  Chr. 

Demosthenes  JT^o'  d^  (Oxy.  I  26,  Taf.  Vn),  nach  Gr.-H.  IL  Jahrh. 

n.  Chr.,  nach  K.  (S.  77  Anm.  l)  I.  Jahrh.  n.  Chr. 
Platon's  Gesetze  (Oxy.  I  23,  Taf.  VI),  älter   als  295,  nach    Gr.-H. 

ca.  200  n.  Chr. 
Demosthenes  c.  Timocr.  (Oxy.  II  232,  Taf.  IV),  nach  Gr.-H.  H/III. 

Jahrh.  (Halbunciale). 
Sappho  (Oxy.  I  7,  Taf.  II),  nach  Gr.-H.  und  K.  (S.  109)  IE.  Jahi-h. 
Aristoxenos  (Oxy.  I  9,  Taf.  IH),  nach  Gr.-H.  HI.  Jahrh. 
Ilias  V  (Oxy.  II  223,  Taf.  I),  nach  Gr.-H.  III.  Jahrh. 
Pherekydes  (P.  Grenf.  II  11,  Taf.  IV),  nach  Gr.-H.  III.  Jahrh. 
Tragiker  (P.  Grenf.  II  12,  Taf.  HI),  nach  Gr.-H.  HI.  Jahrh. 
Pastor  Hermae  (Wilcken  „Tafeln"  HI),  nach  K.  IH.  Jahrh. 3) 
Die  hier  wiedergegebenen  Datierungen  der  Editoren  stehen  durchaus  nicht 
alle  fest.     Gerade  wenn  man  die  Texte  so  nebeneinander  hält  als  Repräsen- 
tanten einer  Entwicklungsreihe,  und  in  dem  Oval  nicht  mehr  ein  Argument 
sieht,  das   auf  die   spätere  Zeit  hinweist,  wird  man  vielleicht   noch  manche 
Umstellung  machen  wollen.^)    Doch  so  viel  scheint  mir  klar,  dafs  wir  hier 


1)  Ich  entnehme  dies  dem  Zitat  bei  Mahaffy,  F.  Petr.  I  S.  .59,  da  die  Arbeit 
Cerianis,  Einleitung  zur  Faksimile -Ausgabe  des  Cod.  Marchalianus  (Rom  1890) 
mir  nicht  zugänglich  ist. 

2)  Mü'  scheinen  die  Einwendungen  von  Gr.-H.  gegen  K.s  Ansatz  (Oxy.  I 
S.  5.3  Anm.  1)  nicht  unberechtigt.  Ob  freilich  die  Schrift  am  Rande  bis  ins  II. 
oder  gar  III.  Jahrh.  gerückt  werden  darf,  weifs  ich  nicht.  Wenn  mit-  jetzt  die 
Zuweisung  des  Bacchylides  in  den  Anfang  des  I.  Jahrh.  n.  Chr.  am  wahrscheinlichsten 
ist,  so  bewegt  mich  dazu  weniger  das  dreistrichige  Z,  an  dessen  Beschränkung 
auf  die  Ptolemäerzeit  ich  nicht  glaube,  sondern  vielmehr  die  häufige  Verwendung 
des  ptolemäischen  ~r,  mit  dem  nach  Hnks  überhängenden  Horizontalstrich.  Dies 
hört,  wenn  ich  recht  sehe,  im  I.  Jahrh.  n.  Chr.  thatsächlich  auf.  Sonst  sehe  ich 
keine  speziell  i^tolemäischen  Formen. 

3)  Ich  habe  früher  ans  V.  Jahrhundert  gedacht.  Nach  dem  obigen  neuen 
Gesichtspunkt  zögere  ich  nicht,  es  für  älter  zu  halten.  Doch  braucht  man  über 
das  IV.  Jahrh.  wohl  kaum  /zurückzugehen. 

4)  So  scheint  mir  die  Sappho  zu  spät  angesetzt  zu  sein.  Auch  den  Aristo- 
xenos würde  ich  für  älter  halten,  ja  wegen  des  ptolemäischen  T  (mit  nach  links 
überhängendem  Querstrich)  wiü'de  ich  sogar  ans  I.  Jahrh.  n.  Chr.  denken. 


Ulrich  Wilcken:  Zur  Paläographie  369 

Vertreter  einer  und  derselben  Art  zu  schreiben  vor  uns  haben,  deren  Eigen- 
heiten nicht  nur  in  den  ovalen  Formen  60OC,  sondern  auch  in  manchen 
anderen  Buchstaben,  wie  z.  B.  dem  ^^  =  gj,  entgegentreten.  Die  ovale  (resp. 
kreisrunde)  Form  jener  Buchstaben  ist  nur  eine  Wirkung  des  Gesamtductus. 
Innerhalb  dieser  Gruppe  könnte  man  noch  wieder  unterscheiden  die  rein 
uncialen  und  die  halbuncialen ,  dann  nach  den  oben  angedeuteten  Gesichts- 
punkten die  sorgfältig  und  die  flüchtiger  geschriebenen  u.  s.  w. 

Neben  dieser  Klasse  geht  nun  gleichzeitig  eine  zweite  her,  die  kreis- 
runde  oder    doch    annähernd   kreisrunde   Formen  von  60OC   bietet.     Ent- 
sprechend  ist   der   ganze  Ductus,  wie   schon  angedeutet,   ein  anderer  als  in 
der  ersten  Klasse.   Ich  hebe  z.  B.  folgende  Vertreter  der  zweiten  Klasse  hervor: 
Euripides'  Antiope  (P.  Petr.  I  Taf.  I,  11),  nach  Mahaffy  III.  Jahrh. 
V.  Chr.,  nähert  sich  mehr  den  kreisrunden  als  den  ovalen  Formen. 
Vgl.  auch  Taf.  X  ebendort. 
Hyperides   in  Athenog.  (vgl.  K.  pl.  XII),  nach  K.  IL  Jahrh.  v.  Chr. 

Hier  sind  ausgeprägte  runde  Foraien.  ^) 
Dialekt.  Fragment  in  Paris  (vgl.  K.  pl.  XI),  älter  als   160  v.  Chr., 
nach  K.  II.  Jahrh.  v.  Chr.     Auf  der  Grenze  zwischen  Kreis  und 
Oval. 
Rhetor.  Fragm.  (Oxy.  II  216,  Taf.  V),  aus  Tiberius'  Zeit. 
Odyssee-London  (K.  pl.  XV),  nach  K.  I.  Jahr.  n.  Chr. 
Kontrakt  vom  J.  88  n.  Chr.  (K.  pl.  XVII). 
Metriker  (Oxy.  H  220,  Taf.  VI),  nach  Gr.-H.  I/II.  Jahrh. 
nias  (Oxy.  I  20,  Taf.  V),  nach  Gr.-H.  IL  Jahrh. 
Eias-Bodl.  (K.  pl.  XX),  nach  Thompson  V.  Jahrb.,  nach  K.  richtiger 

n.  Jahi'h. 
Demothenes    d.   coron.  (Oxy.  I    25,    Taf.   III    unten),    nach   Gr.-H. 
III.  Jahrh. 
Auch  in  dieser  Klasse  werden  bei  genauerer  Durcharbeitung  des  Materials 
sich  Unterabteilungen  ergeben.    Diejenigen,  die  zwischen  beiden  Klassen  ver- 
mitteln, könnten  auch  als  dritte  Klasse  zusammengestellt  werden.    Das  aber 
scheint   mir    aufser    Zweifel     zu    stehen,    dafs    durch    alle    Jahr- 
hunderte   hindurch    neben    der     ovalen     Schrift     die     kreisrunde 
gegangen  ist. 

Ahnlich  wird  man  auch  finden,  dafs  Steilschrift  und  Schrägschrift 
immer  nebeneinander  gelaufen  sind.  Ich  leugne  nicht,  dafs  aus  dem 
jetzt  vorliegenden  Material  (!)  in  der  späteren  Zeit,  namentlich  im  HI.  Jakrh. 
n.  Chr.  eine  gewisse  Vorliebe  für  die  Schrägschrift  hervoi'zugehen  scheint, 
wie  die  alten  Texte  der  Ptolemäerzeit  die  Steilschrift  zu  bevorzugen  scheinen. 
Aber  Ausnahmen  giebt  es  auch  jetzt  schon.  So  hat  das  dialektische  Frag- 
ment  (n.  Jahrh.  v.  Chr.)   eine   Schriftneigung   nach   rechts,   was   namentlich 


1)  Ein  strikter  Beweis  für  das  II.  Jahrh.  liegt  nicht  vor.  Mir  scheint  nicht 
ausgeschlossen  zu  sein,  dafs  dieser  Hyperides  ins  m.  Jahrh.  v.  Chr.  gehört.  Jeden- 
falls zeigt  schon  dieser  eine  Text,  dafs  MahaflFy's  aus  dem  neuen  Material  gezogener 
Schlufs,  die  Schrift  mit  kreisrunden  Formen  von  G0OC  sei  erst  in  der  Kaiser- 
zeit mit  Rücksicht  auf  die  kleinen  dunklen  Kirchen  erfunden  worden,  nicht  zu- 
treffend ist.  Vgl.  auch  den  Kontrakt  vom  J.  88  n.  Chr.  MahaflFy  stand  eben  trotz 
Ceriani  auf  dem  Standpunkt,  dafs  die  eine  Art  die  andere  abgelöst  haben  müsse, 
und  so  nahm  er  an,  dafs  man  in  den  alten  Zeiten  immer  oval  geschrieben  habe. 


370  II-   Referate  und  Besprechungen 

auf  die  Formen  von  a  X  Ö  nicht  ohne  Einflufs  geblieben  ist.  Auch  unter 
den  herkulanensischen  Rollen^)  finden  sich  solche  mit  entschiedener  Schräg- 
schrift neben  der  Steilschrift.  Vgl.  Scott,  Frag.  Hercul.  S.  227  und  sonst. 
Andererseits  hat  es  im  III.  Jahrh.  n.  Chr.  und  später  auch  immer  Steil- 
schrift gegeben  (vgl.  Demosth.  d.  cor.),  wie  denn  überhaupt  die  voll  aus- 
gebildete Rundschrift  sich  natürlich  immer  steil  gehalten  hat. 

In  dem  VI.  und  letzten  Kapitel  (fJie  fransiüon  to  vellum)  behandelt  K. 
die  Verdrängung  des  Papyrus  durch  das  Pergament  für  die  litterarische 
Überlieferung.  K.  verficht  hier  die  These,  dafs  nach  dem  in.  Jahi-h.  n.  Chr. 
für  litterarische  Zwecke  Papyrus  nicht  mehr  verwendet  worden  sei,  oder 
doch  nur  in  wenigen  Ausnahmen.  Diese  Ausnahmen  sucht  er  dadm-ch  ab- 
zuschwächen, dafs  er  sagt,  sie  seien  in  no  case  of  much  palaeogro/pMcal  im- 
porfance  (S.  115)  oder  feiv  and  unimportcmt  (S.  111).  Das  ist  wieder  diese 
merkwürdige  Auffassung,  die  ich  schon  oben  S.  359  zurückgewiesen  habe. 
Warum  soll  z.  B.  die  Schrift  der  Zauberiexte,  die  K.  ins  IV.  Jahrh.  setzt  ^), 
von  geringerer  Bedeutung  sein  als  die  Schriften  vor  dem  IV.  Jahrh.?  Ob 
der  Sieg  des  Pergaments  über  den  Papyrus  im  IV.  Jahrh.  ein  so  voll- 
ständiger gewesen  ist,  wie  K.  annimmt,  ist  weiter  zu  untersuchen.  Ich 
hatte  jetzt  nicht  Gelegenheit,  den  in  diesem  Kapitel  aufgeworfenen  Fragen 
genauer  nachzugehen,  und  behalte  mir  vor,  eventuell  später  bei  Besprechung 
von  Dziatzkos  Buch,  das  sich  hiermit  zum  Teil  berührt,  darauf  zurück- 
zukommen. 

Ich  möchte  von  dem  Buche  Kenyons  nicht  scheiden,  ohne  nochmals 
hervorzuheben,  welche  Fülle  von  Anregungen  ich  ihm  verdanke.  Kenyon 
hat  damit  eine  Basis  füi-  alle  weiteren  Untersuchungen  gegeben.^) 


Über  Wesselys  Schrifttafeln  kann  ich  mich  kürzer  fassen,  denn  hier 
sind  nicht  die  Grundfragen  der  Paläographie  aufgerollt,  sondern  es  ist  ein 
einzelnes,  praktisches  Ziel  angestrebt  worden:  der  Herausgeber  will  in 
Ergänzung  der  bewährten  Lehrmittel,  die  meist  nur  die  späteren  Zeiten 
berücksichtigen,  durch  eine  Auswahl  von  Reproduktionen  datierbarer  oder  an- 
nähernd datierbarer  Hss.  aus  den  älteren  Jakrhunderten  dem  Anfänger  einen 
Einblick  gewähren  in  die  Entwicklung  der  lateinischen  Schrift  bis  zu  ihrer 


1)  Es  ist  eine  der  überraschendsten  Neuerungen  Kenyons,  dafs  er  die  herku- 
lanensischen Rollen  nicht  ins  I.  Jahrh.  n.  Chr.,  sondern  um  ca.  50  v.  Chr.  ansetzt 
(S.  70  ff.).  Ich  habe  diese  These  noch  nicht  nach  allen  Richtungen  präfen  können. 
An  die  Beweiskraft  von  A  und  Z  glaube  ich  allerdings  nicht.  Was  K.  auf  S.  73 
über  A  sagt,  ist  inzwischen  widerlegt  durch  die  unciale  Steuerprofession  vom 
J.  66  (Oxy.  II  246  Taf  VII):  hier  finden  sich  genau  dieselben  Formen,  auch  mit 
der  eigenartigen  Schleife  in  der  linken  Ecke,  gleichfalls  in  2  Zügen  geschrieben. 
Auch  Y  und  M  haben  hier  Ähnlichkeit  mit  den  Herculan. 

2)  Ins  IV.  Jahrh.  gehört  wohl  auch  der  Zaubertext  P.  Lond.  I  121  (Atlas 
pl.  51  ff.),  den  K.  ins  III.  setzt.  K.  selbst  sagt  S.  156  Anm.  2,  dafs  die  Fonn  d 
lui-  5  —  in  der  ich  eine  Beeinflussung  durch  das  Latein  sehen  möchte  (vgl.  oben 
S.  360)  —  nicht  vor  dem  IV.  Jahrh.  erscheint.  In  diesem  Text  begegnet  sie  aber 
sehr  häufig. 

3)  Nach  Druck  des  obigen  Aufsatzes  ging  mir  Smyly's  Besprechung  von 
Kenyon's  Buch  zu  (Hei-mathena  X  S.  425  ff.).  In  J.  Gilbart  Smyly  begrüfsen 
wir  einen  tüchtigen  neuen  Mitarbeiter  auf  unsenn  Gebiet. 


Ulrich  Wilcken:  Zur  Palilocrraphie  371 

Spaltung  in  die  NationalschriftenJ)  Zu  diesem  Zweck  sind  20  Tafeln  mit 
Schriftproben  ediert,  denen  kurze  Erläuterungen  und  Transkriptionen  der 
Texte  unter  der  Überschrift  „Wie  haben  die  alten  Römern  geschrieben?" 
vorangeschickt  sind. 

Mit  diesem  Plan  kann  ich  mich  um  so  mehr-  einverstanden  erklären, 
als  er  für  die  lateinische  Paläographie  genau  dasselbe  Ziel  verfolgt,  das 
ich  vor  zehn  Jahren  mit  meinen  „Tafeln"  für  die  griechische  angestrebt 
habe.  Auch  die  vom  Herausgeber  zur  Erreichung  seines  Zieles  aufgewandte 
Mühe  ist  des  Lobes  wert.  Nur  das  Eine  ist  sehr  zu  bedauern,  dafs  er,  zum 
Teil  wegen  der  Natur  der  Vorlagen,  nicht  photographische  Reproduktionen 
hat  bieten  können,  sondern  zur  Autographie  gegrifien  hat.  Wessely  sieht 
zwar  für  seine  isagogischen  Zwecke  in  der  Autographie  in  sofern  einen  Vor- 
teil, als  sie  „den  Anfänger  vor  den  Irrungen  bewahrt,  welche  Fasern  und 
Ritze  dem  Auge  bereiten"  (S.  5).  Da  die  Papjrusfasern  thatsächlich  auch 
Geübteren  gelegentlich  ein  Schnippchen  schlagen,  müfste  der  Anfänger,  meine 
ich,  um  so  eher  gegen  diese  äuTseren  Gefahren  von  vornherein  gewappnet 
werden.  Vor  allem  aber,  durch  autographische  Reproduktionen  bekommt 
der  Benutzer  keine  lebendige  Anschauung  von  der  Oberfläche,  von  der  die 
Schrift  sich  abhebt,  imd  die  auf  sie  nicht  ohne  Einflufs  ist;  er  weifs 
nicht,  ob  die  Lücken,  die  er  vor  sich  sieht,  beabsichtigte  Spatien  sind  oder 
gewaltsame  Unterbrechungen  der  Schrift;  er  kann  auch  mit  den  Buchstaben- 
resten in  der  Autographie  nichts  anfangen,  während  in  der  Photographie 
ein  geübtes  Auge  die  zusammengehörigen  Reste  der  Buchstaben  zu  verbinden 
lernt.  Auch  fehlen  in  der  Autographie  die  so  erwünschten  Anlässe,  um  den 
Anfänger  in  gewisse  Seiten  des  Buchwesens  einzuführen. 

Sehr  bedenklich  ist  die  Methode,  nach  der  Wessely  die  Löcher  der 
Papyri  wiedergegeben  hat:  er  umi*ändert  sie,  ohne  sie  durch  Schraffierung 
vom  übrigen  deutlich  abzuheben.  Wenn  solche  Randzeichnungen  gar,  wie 
häufig,  in  eine  Schriftzeile  hineingeraten,  so  weifs  man  garnicht,  welche 
Linien  den  Buchstaben,  welche  den  Zeichnungen  angehören.  Vgl.  z.  B.  die 
letzten  Zeilen  auf  Taf.  IV.  Wieviel  klarer  und  weniger  ii-refükrend  ist  trotz 
der  Fasern  die  gute  Photographie,  die  in  der  Palaeographical  Society  II  90 
und  bei  Arndt-Tangl  von  dieser  Urkunde  geboten  wird!  Das  gilt  von  allen 
Fällen,  in  denen  photographische  Reproduktionen  verglichen  werden  können. 
Vgl.  z.  B.  auch  Taf.  HI,  wo  die  feste,  sichere  Hand  des  Originals  in  diesen 
zittrigen  Zeichnungen  kaum  wiederzuerkennen  ist.  Selbst  ein  so  klarer  Text 
wie  Nr.  10  auf  Taf.  V  kann  den  Vergleich  mit  der  Photographie  in  P.  Grenf. 
n  pl.  V  nicht  aushalten.  Hier  zeigt  es  sich  sogar,  dafs  die  Schriftüge  zimi 
Teil  recht  ungenau  und  willkürlich  wiedergegeben  sind.  Man  vgl.  nur  ])ro- 
curator  in  Z.  2:  da  sind  in  der  Photographie  noch  charakteristische  Züge 
des  p  sichtbar,  die  bei  W.  fehlen;  das  erste  o  ist  völlig  mifslungen,  da  W. 
es  mit  dem  h  der  nächsten  Zeile,  das  seinerseits  auch  nicht  klar  heraus- 
gekommen ist,  in  ganz  mifsverständlicher  Weise  verbunden  hat.  Noch 
schlechter  ist  das  Wort  Odobrium  in  Z.  4  geraten:  die  in  der  Photographie 
deutlichen  Spuren  von  odo  fehlen  fast  ganz,  auch  m  ist  ungenau  wieder- 
gegeben,  und   von    dem   r  wird   der   Anfänger    ein   ganz    falsches    Bild   be- 


1)  Unter  den  Büchern,  die  er  neben  den  Tafeln  zu  benutzen  empfiehlt,  hätte 
vor  allen  Thompsons  Handbook  nicht  fehlen  sollen. 


372  II-   Referate  und  Besprechungen 

kommen,  zumal  es  durch  das  kleine  Loch  daneben  wie  ein  gi-iechisches  P 
aussieht.  Nach  solchen  Proben  verliert  man  das  Zutrauen  auch  zu  den 
anderen  Texten,  die  man  nicht  mit  Photographien  vergleichen  kann.  Die 
mühselige  Arbeit,  der  sich  der  Herausgeber  durch  eigenhändige  Anfertigung 
der  Zeichnungen  unterzogen  hat,  ist  gewifs  aller  Achtung  wert,  aber  das 
Resultat  kann  darum  doch  nicht  gutgeheifsen  werden. 

Die  vorgelegten  Proben,  die  chronologisch  geordnet  sind,  umfassen 
die  Zeit  von  Augustus  bis  zum  VI.  Jahrhundert  und  zeigen  sowohl  die 
Entwicklung  der  Cursive  wie  der  Unciale.  Die  meisten  Texte  waren  schon 
bekannt,  doch  begegnen  auch  einige  neue  Stücke  aus  der  Eainer-Sammlung, 
worüber  man  ja  um  so  mehi*  erfreut  ist,  als  diese  Freude  zu  den  seltenen 
gehört.  ^) 

Unter  diesen  Nova  sind  am  interessantesten  die  auf  Taf.  I  vereinten 
Stücke,  Briefe  aus  der  Zeit  des  Augustus,  wie  W.  aus  dem  römisch-gi-iechischen 
Doppeldatum  richtig  erschlossen  hat.  Es  sind  in  der  Wiener  Rolle  mehrere 
Briefe,  von  verschiedenen  Händen  an  dieselbe  Person  gerichtet,  aneinander 
geklebt  —  wie  man  die  eingegangenen  Steuerdeklarationen  in  den  Bureaus 
aneinander  klebte.  Das  war  also  die  Art,  wie  man  empfangene  Originale 
aufbewahrte.  Wie  man  andererseits  die  Briefe,  die  man  selbst  an  andere 
geschrieben  hatte,  in  Kopien  sammelte  und  ordnete,  haben  wir  im  1.  Heft 
dieser  Zeitschrift  (S.  168)  aus  dem  Ashmolean-Papyrus  gelernt.  So  haben 
wir  jetzt  eine  klare  Vorstellung  davon,  wie  man  im  Altertum  die  modernen 
„Briefordner"  und  „Kopiermaschinen"  ersetzt  hat.  Dafs  man  im  geschäft- 
lichen Leben  solche  Korrespondenzbücher,  genannt  Uhri  litterartcm  missariim, 
resp.  adlatarum  kannte,  wufsten  wir  schon  aus  Cic.  Verr.  1.  HI  71,  167.  Vgl. 
Mommsen,  Rom.  Strafr.  S.  418^;  v.  Premerstein  s.  v.  commentarii  bei  P.-Wissowa. 

Paläographisch  sind  diese  Texte  darum  so  interessant,  weil  sie  uns 
zeigen,  wie  verschiedenartig  auch  das  Latein  —  ebenso  wie  das  Griechisch  — 
zur  selben  Zeit  geschrieben  wm-de.  Ein  bilingues  Ostrakon,  das  ich  in 
Ägypten  erwarb,  aus  derselben  Zeit  wie  diese  Briefe  stammend  (19.  Juni  18 
V.  Chr.),  zeigt  in  seiner  lateinischen  Unterschrift^)  —  vielleicht  der  ältesten 
genau  datierten  lateinischen  Hs.!  —  wiederum  völlig  andere  Formen. 

Wenn  W.  im  Übergang  zu  Nr.  2  sagt,  „in  der  Folgezeit"  sei  allmählich 
durch  Ligaturen  etc.  die  Cursive  entstanden,  so  ist  die  zeitliche  Angabe 
kaum  richtig.  Wenn  uns  meines  Wissens  auch  keine  Proben  aus  älterer  Zeit 
vorliegen,  so  ist  es  doch  nicht  zweifelhaft,  dafs  man  auch  schon  in  der 
Republik  eine  ausgebildete  Cursive  gehabt  hat.  Auch  der  sehr  sauber  ge- 
schriebene Brief  auf  Taf.  I  zeigt,  dafs  dem  Schreiber,  wenn  er  weniger 
sorgfältig  schrieb,  die  Cursive  geläufig  war.  Man  sehe  nur  die  elegante 
(übrigens  vom  Griechischen  sich  nicht  unterscheidende)  Ligatur  von  me  am 
SchluTs  von  Z.  4. 

Auf  Taf.  II  giebt  W.  Proben  vom  Carmen  de  hello  Actiaco  und  von 
pompeianischen  und  dacischen  Wachstafeln.     Die  Schrift  des  carmen,  die  in 


1)  Inzwischen  sind  uns  neue  Proben  lateinischer  Unciale  und  Cursive  be- 
scheert  worden  durch  die  glänzende  Publikation  von  Jules  Nicole  et  Charles 
Morel,  Archives  militaires  du  I"  siecle,  Geneve  1900.  Die  ausgezeichneten 
Lichtdrucktafeln  lassen  auch  den  Paläographen  an  diesem  schönen  Funde  teil- 
nehmen.    Zur  Sache  vgl.  auch  Theod.  Mommsen,  Hermes  35,  443  flf. 

2)  Die  Subskription  lautet:  acc-  (=  accepij  art[abas]  frumfenti  .  .  . 


Ulrich  Wilcken:  Zur  Palüographie  373 

der  lateinischen  Paläographic  sonst  Kapitalschrift  genannt  wird,  nennt  W. 
ünciale  im  weiteren  Sinne.  In  späteren  Nummern  freilich  redet  er  wieder 
von  Kapitalschrift.  Ich  würde  gegen  den  Verzicht  auf  die  „Kapitalschrift" 
nichts  einzuwenden  haben,  schon  damit  wir  gleiche  Erscheinungen  in  der 
griechischen  und  der  lateinischen  Schrift  mit  gleichen  Namen  belegen,  denn 
auch  dort  haben  wir  Schriftarten,  die  mit  der  der  Inschriften  in  engsten 
Beziehungen  stehen  und  doch  als  Unciale  bezeichnet  werden.  Warum  soll 
denn  auch  nicht  die  an  die  Steinschrift  erinnernde  Schi-ift  eine  der  vielen 
Arten  der  Unciale  bilden?  Man  mufs  nur  auch  hier  das  Gleichartige  mit- 
einander verknüpfen. 

Bei  Nr.  10  (Taf.  V)  vom  J.  167  hat  sich  W.  darauf  beschränkt,  die 
Lesungen  der  Editoren  Grenfell-Hunt  abzudrucken,  wiewohl  sie  verbesserungs- 
bedürftig sind.  Die  Ortsbestimmung  in  Z.  9  und  11  wird  bisher  ad^)  Fiilvinos 
gelesen.  Grenfell-Hunt  haben  wohl  auf  die  Ähnlichkeit  dieses  F  mit  dem  j; 
in  imp  hingewiesen,  haben  aber  nicht  den  notwendigen  Schlufs  gezogen:  es 
heifst  vielmehr  ad  pulvinos  oder  auch  Pidvinos,  d.  h.  „bei  den  Sandbänken", 
wozu  das  folgende  ml  staüone(m)  Uhurnes  den  besten  Kommentar  giebt. 
Dagegen  hat  man  das  einzige  f,  das  in  diesem  Fragment  begegnet,  über- 
sehen. Z.  9  wird  gelesen  seides  (?)  interveniente  etc.  Statt  des  sinnlosen 
seides  lese  ich  fides.  Damit  gewinnen  wir  eine  interessante  und  neue 
juristische  Formel:  fide  —  denn  so  ist  offenbar  statt  fides  zu  emendieren, 
•vgl.  viele  andere  Deklinationsfehler  in  diesem  Text  ^)  —  intervenire  etc., 
was  mit  fide  iuhere  zu  vergleichen  ist.  ^) 

Beim  Übergang  zum  IV.  JahrhundeiH:  weist  W.  mit  Recht  auf  die  nun 
stärker  werdende  wechselseitige  Beeinflussung  des  Griechischen  imd  Latei- 
nischen hin  (vgl.  oben  S.  360).  Ein  interessantes  Beispiel  schon  aus  einem 
früheren  Jahrhundert  von  einer  griechischen  Schrift,  die  vom  lateinischen 
Ductus  beeinflufst  ist,  hat  oben  S.  336  ff.  Zereteli  mitgeteilt  und  gewüi-digt.  Aus 
dem  IV.  Jahrhundert  bietet  die  Abinnaeus-Korrespondenz  (vgl.  oben  S.  162  ff.), 
die  aus  den  Kreisen  einer  griechisch-römischen  Mischbevölkerung  hervor- 
gegangen ist,  weitere  Belege.  Da  finden  sich  manche  lateinische  Einzel- 
heiten, wie  im  Atlas  Lond.  II  98  das  ß,  vor  allem  aber  ebendort  Taf.  100, 
die  einen  völlig  lateinischen  Ductus  zeigt.  Von  den  früheren  Publikationen 
ist  mü"  immer  ein  interessantes  Beispiel  für  die  Beeinflussung  des  Griechischen 
dui'chs  Lateinische  die  Kopie  der  Bittschrift  gewesen,  die  aus  der  Kanzlei 
des  Theodosius  und  Valentinian  nach  Elephantine  zurückgeschickt  woi*den 
ist  (P.  Leid.  Z)  —  paläographisch  eine  der  interessantesten  Urkunden,  die 
gleichwohl  weder  von  Kenyon  noch  von  Wessely  herangezogen  ist. 

Weshalb  die  auf  Taf.  IX  reproduzierte  Schrift  —  der  Massman'schen 
Urkunden  —  immer    als    Kaisercursive    bezeichnet   wird,   wie    auch   hier 


1)  In  11  ist  <^ad^  zu  ergänzen. 

2)  Man   könnte  an  fide  s(ua)   denken.     Aber   nichts  spricht  für  Abbreviatur. 

3)  Auch  sonst  finden  sich  manche  Ungenauigkeiten  in  der  Transkription.  In 
Nr.  15  (Taf.  VII)  steht  im  Faks.  Costanti,  bei  W.  Constanti.  Eines  von  beiden 
ist  falsch.  —  In  Nr.  16  steht  nicht  £v%o[i(xi.,  sondern  sv^ons.  —  In  Nr.  17  ist 
clarissimus  nicht  c'  abgekürzt  (W.),  sondern  c%  wo  s  Zeichen  der  Abbreviatur  ist.  — 
In  21,  6  liest  W.  statilis,  erklärt  es  als  stativis.  Die  Erkläiaing  ist  richtig,  aber 
zu  lesen  ist  statibis.  Im  griechischen  Teil  ist  ■ii<xtEQ)^o(isv(ov  sl[g]  &[i]]ßa[Q 
unwahrscheinlich.     Ich  denke  %.  g:ä[6]  @r]ßcc[ldos?. 


374      W.   Referate  und  Besprechungen:   Ulrich  Wilcken:  Zur  Paläographie 

wieder,  ist  mir  nie  klar  geworden.  Es  ist  thatsächlich  die  Schrift  der 
kaiserlichen  Kanzlei.  Unter  einer  Kaisercursive  könnte  ich  mir  niir  eine 
Cursive  denken,  die  die  Kaiser  selbst  geschrieben  haben.  Nach  den  vor- 
liegenden Tafeln  sollte  man  denken,  dafs  wir  solche  nicht  kennen.  Und 
doch  habe  ich  schon  vor  Jahren  ein  völlig  sicheres  Beispiel  eines  kaiser- 
lichen „Autographen"  nachgewiesen.  Es  steht  in  jenem  P.  Leid.  Z  aus  der 
Zeit  des  Theodosius  und  Valentinian,  den  W.  einst  sehr  verkehrt  erklärt  hat. 
In  meiner  Ki-itik  dieser  Arbeit  (Berl.  phil.  Woch.  1888  Sp.  1205  ff.)  wies  ich 
nach,  dafs  die  von  mir  gelesenen  Worte  Bene  välere  te  cupimus  eigenhändige 
kaiserliche  Unterschrift  sein  müssen.  Dafs  sich  W.  dies  Beispiel  einer  echten 
„Kaisercui-sive"  im  vorliegenden  Heft  hat  entgelten  lassen,  ist  bedauerlich. 
Auch  für  die  mächtige  Schrift  auf  Taf.  XI  bietet  dieser  Leid.  Z  in  seinem 
Anfang  eine  lehireiche  Parallele. 

Nachdem  bis  Nr.  31  verschiedene  Arten  von  Cursive  aus  den  Raven- 
natischen  Urkunden  mitgeteilt  sind,  wendet  sich  W.  von  Taf.  XIII  an 
wieder  der  Unciale  zu,  die  in  verschiedenen  z.  T.  sehr  berühmten  Repräsen- 
tanten vorgeführt  wird.  Zum  SchluTs  kommen  noch  einige  Nachträge  aus 
den  Oxyi-hynchostexten.  Auch  von  Nr.  50,  dem  schönen  Brief  aus  dem 
II.  Jahrh.  n.  Chr.,  gilt  es  wieder,  dafs  die  Autographie  gegenüber  der  Photo- 
graphie vollständig  versagt. 

Dafs  W.  unter  Nr.  13  eine  Inschrift  bringt,  ist  nur  zu  loben.  Auch 
Gardthausen  hat  gelegentlich  Inschriften  herangezogen.  Ich  gehe  noch  weiter: 
wir  müssen  nicht  bei  einzelnen  schüchternen  Versuchen  bleiben, 
sondern  prinzipiell  die  Schrift  der  Steine  und  Bronzen  etc. 
wieder  für  die  Paläographie  zurückerobern.  Dafs  die  Trennung 
der  Paläographie  und  Epigraphik  nur  aus  praktischen  Gründen  erfolgte  und 
sich  wissenschaftlich  ganiicht  halten  läfst,  zeigen  ja  zur  Genüge  die  vergeb- 
lichen Versuche,  eine  logische  Definition  der  beiden  Disziplinen  aufzustellen. 
Vgl.  Gardthausen  S.  1.  Das  Gebot  der  Arbeitsteilung  hat  hier  auseinander 
gerissen,  was  qjvßst  zusammen  gehört.  Es  bleibt  nichts  anderes  übrig:  wenn 
wirklich  die  Paläographie  die  Wissenschaft  von  der  Schriftentwicklung  sein 
soll,  so  müssen  wii-  reuig  zu  unserm  ccQirjyezrjg^  Bernard  de  Montfaucon, 
zuriickkehren  und  ohne  Rücksicht  auf  das  Material  die  gesamten  Schrift- 
denkmäler zusammenfassen. 

Breslau.  Ulrich  Wilcken. 


ni.  Mitteilungen. 


Fritz  Krebs  '}'. 

Seit  dem  Erscheinen  des  ersten  Heftes  unseres  Archivs  hat  die 
PapyiTisforschung  einen  ilirer  eifrigsten  Jünger  verloren.  Zumal  sein 
Name  auch  unter  den  Mitherausgebern  dieser  Zeitschrift  stand,  sei 
ihni  ein  Wort  der  Erinnerung  hier  geweiht. 

Was  Fritz  Krebs,  der  im  Alter  von  zweiunddreifsig  Jahren 
durch  einen  plötzlichen  Tod  von  unheilbarem  Leiden  erlöst  wurde, 
in  den  wenigen  Jahren  wissenschaftlichen  Lebens,  die  ihm  beschieden 
waren,  als  Editor  und  Interpret  der  griechischen  Papyri  und  Inschriften 
geleistet  hat,  ist  uns  Allen  bekannt,  und  es  erübrigt  sich,  die  zahl- 
reichen Scliriften,  in  denen  er  die  Resultate  seiner  Studien  nieder- 
gelegt hat,  hier  im  Einzelnen  aufzuzählen.  Weniger  bekannt  ist,  dafs 
er  in  den  letzten  Jahren  in  beständigem  Kampf  mit  jenem  Leiden  nur 
durch  Aufwand  aller  Energie  seiner  Wissenschaft  hat  dienen  können. 
Krebs'  Name  ist  vor  allem  mit  der  Berliner  Papyrussammlung,  der  er 
seit  1889  erst  als  Hilfsarbeiter,  dann  als  Direktorial- Assistent  vorstand, 
auf  das  engste  verknüpft.  Er  hat  nicht  nur  durch  die  musterhafte 
Ordnung  der  Sammlung  und  die  sorgsame  Konsei'vierung  der  Papyri 
sich  ein  bleibendes  Verdienst  erworben,  sondern  hat  auch  an  der  Ge- 
samtpublikation dieser  Sammlung  einen  hervorragenden  Anteil  genom- 
men imd  hat,  abgesehen  von  den  Editionen,  durch  die  mnfassenden 
Indices,  die  ersten  derartigen  auf  diesem  Gebiet,  sich  unser  Aller  Dank 
verdient.  In  richtiger  Wüi-digung  der  verantwortungsvollen  Vermittler- 
stellung, die  heute  die  Hüter  solcher  Schätze  der  gelehrten  Welt  gegen- 
über einnehmen,  hat  Krebs  die  Benutzung  der  ihm  anvertrauten  Sammlung 
dui'ch  Andere  stets  gefördert  und  ist  allen  den  zahlreichen  von  aus- 
wärts kommenden  Bitten  um  Prüfung  oder  Durchpausung  einzelner 
Stellen  oder  um  Auskünfte  der  verschiedensten  Art  mit  immer  gleicher 
Bereitwilligkeit  und  Liebenswürdigkeit  nachgekommen.  Manche  der  in 
den  letzten  Jahren  auf  unserm  Gebiet  erschienenen  Arbeiten  legen  von 
dieser  stillen  Mithilfe  des  Verstorbenen  ein  beredtes  Zeugnis  ab,  und 
auch  Mancher,  der  ihn  nicht  persönlich  kennen  gelernt  hat,  wird  schon 
um  dieser  liebenswürdigen  Seite  willen  ihm  ein  freundliches  Andenken 
bewahren.  In  unserer  jungen  Wissenschaft  aber  wird  sein  Name  un- 
vergessen bleiben.  ,,,  .  ,  „,.,  , 
*=  Ulrich  Wilcken. 


376  in.  Mitteilungen 


A  large  find  of  Ptolemaic  papyri. 

Since  our  discoveries  at  Behneseh  in  1897,  it  has  naturally  been  our 
ambition  to  make  a  find  of  corresponding  value  for  the  Ptolemaic  period, 
and  in  particular  to  discover  another  cemetery  of  mumniies  with,  papyrus 
cai-tonnage  like  those  found  by  Petrie  at  Gurob.  In  1898/9  fortune  was 
unpropitious,  for  though  we  found  such  a  cemetery  (Archiv.  I  p.  217)  at 
Harit,  damp  had  ruined  the  papyri.  This  year  however  our  luck  quite 
surpassed  all  our  hopes,  and  our  new  collection  promises  to  be  of  greater 
importance  for  the  Ptolemaic  period  than  the  Oxyrhynchus  papyri  are  for 
the  Roman  and  Byzantine. 

Our  excavations  last  winter  were  conducted  on  behalf  of  the  University 
of  California.  The  site  which  we  selected  is  called  Umm  el  Baragät  and 
is  in  the  south  of  the  Fayyum  on  the  desert  side  of  the  Bahr  Gliarak,  three 
miles  south  of  the  village  of  Tutün.  The  ancient  name  of  it  proved  to  be 
Tebtunis  (or  Teptunis,  as  it  is  often  spelled  in  the  papyri),  and  the  sur- 
rounding  ^SQtg,  as  could  be  predicted  from  the  results  gained  by  our  pre- 
vious  excavations  in  the  Fayyiim  (Archiv  1.  c),  was  that  of  Polemo.  A 
map  of  the  Fayyiim  incorporating  all  the  geographical  Information  obtained 
from  our  researches  in  that  district  will  appear  in  our  next  volume  for 
the  Egypt  Exploration  Fund,  'Fayyum  Towns  and  their  Papyri'. 

So  much  digging  has  been  done  in  the  Fayyum  during  the  last  20  years, 
and  so  few  sites  have  been  left  unexamined,  at  any  rate  by  the  natives, 
that  the  obscurity  in  which  Umm  el  Baragät  has  lain  so  long,  unnoticed 
either  by  dealers  or  by  archaeologists ,  is  at  first  sight  surprising;  for  the 
ancient  town  is  one  of  the  largest  sites  in  the  Fayyum,  the  mounds  cover- 
ing  an  oval  half  a  mile  in  length.  Its  immunity  from  native  diggers  is 
due  probably  to  the  same  cause  as  that  which  preserved  Behneseh,  namely 
the  fact  that  the  major  portion  of  the  town  ruins,  including  those  nearest 
to  the  cultivation,  are  not  earlier  than  the  Arab  Invasion,  and  therefore 
the  sebakhin  had  never  found  anything  of  importance.  Only  the  southern 
part  of  the  site,  facing  the  desert,  was  Roman,  the  line  of  demarcation 
being  clearly  indicated  on  the  mounds  by  the  change  in  the  pottery.  At 
the  extreme  south  end  some  Ptolemaic  potsherds  were  mingled  with  the 
Roman,  and  we  began  work  along  that  side  on  Dec.  3,  1899.  Starting 
with  40  workmen  whom  we  had  brought  with  us,  chiefly  old  hands  at 
papyrus  digging,  we  soon  increased  the  numbers  to  100,  and  later  to  140. 

The  first  day's  excavations  yielded  a  number  of  demotic,  Greek  and 
hieroglyphic  papyrus  fragments  of  the  Roman  period,  a  combination  which 
pointed  to  the  proximity  of  a  temple;  and  it  was  not  long  before  the  plan 
of  a  large  enclosure,  110  X  60  metres  with  walls  three  metres  thick,  dis- 
closed  itself  The  north -east  corner  was  occupied  by  a  small  brick  temple 
of  Seknebtunis,  one  of  the  numerous  forms  under  which  the  crocodile  god 
Sebek  was  worshipped  in  his  nome,  while  round  the  sides  of  the  enclosure 
were  built  the  houses  of  the  priests.  The  temple  itself  had  been  destroyed 
down  to  its  foundations  and  produced  no  antiquities,  but  in  the  houses  we 
found  a  good  number  of  Greek  papyri  of  the  Roman  period,  with  a  few 
Ptolemaic   and   some   fine   demotic   rolls.     Most   of  the  documents  from  the 


Grenfell-Hunt:  A  larc^e  find  of  Ptolemaic  papyri  377 

temple  enclosure  appear  to  be  concerned  with  the  priests.  We  then  pro- 
ceeded  to  excavate  other  houses  in  the  Roman  town,  in  several  of  whicli 
papyri  were  fairly  plentiful,  noticeably  a  group  of  cellars  containing  docu- 
ments  of  Augustus'  time,  and  two  or  three  rooms  on  the  floors  of  which 
we  found  bundles  of  from  10  to  15  rolls.  Altogether  the  town  yielded  about 
200  well  preserved  Greek  papyri  mostly  of  the  first  three  centuries  A.  D. 
Literary  fragments  were  few,  and  generally  of  the  Iliad.  Besides  papyi-i 
we  found  several  small  hoards  of  Ptolemaic  and  Roman  coins,  ten-acottas, 
some  inscribed  votive  statuettes,  and  the  usual  variety  of  miscellaneous 
objects,  useful  or  ornamental.  A  week  was  devoted  to  Clearing  out  an 
early  Coptic  chmxh  with  interesting  paintings  and  inscriptions  on  the  walls, 
a  process  which  owing  to  the  cracked  condition  of  the  building  was  attended 
with  some  danger,  but  which  was  ultimately  accomplished  without  accident. 

On  Jan.  5,  1900  we  started  work  upon  the  cemetery  which  proved 
to  be  immediately  south  of  the  town  and  occupied  us  for  two  and  a  half 
months.  Four  groups  of  ancient  Egyptian  tombs  were  discovered,  proving 
that  Tebtunis  was  inhabited  as  far  back  as  the  time  of  the  twelfth  dynasty  — 
a  discovery  of  considerable  value  for  the  Lake  Moeris  question  — ,  and 
from  the  Roman  cemetery  we  obtained  a  number  of  portrait  heads,  like 
those  found  at  Hawara  and  Rubayyät;  but  we  pass  on  to  the  scene  of  our 
most  important  finds,  the  Ptolemaic  tombs. 

From  its  size  and  other  indications  the  cemeteiy  of  Tebtunis  must 
have  been  a  centre  of  bui'ial  for  other  villages  also.  The  first  group  of 
Ptolemaic  tombs  that  we  found  contained  painted  coffins  and  mummies  uni- 
formly  with  cloth  cartonnage,  and  may  be  assigned  to  the  first  half  of  the 
third  Century  B.  C,  before  the  custom  of  using  old  papyri  instead  of  cloth 
as  the  basis  of  the  cartonnage  was  adopted.  In  the  biu*ials  however  which 
belonged  to  the  next  hundred  years,  where  pottery  or  piain  wooden  coffins, 
if  any,  were  employed,  mummies  with  papyrus  cartonnage  were  very  com- 
mon. Most  of  the  larger  tombs  had  been  plundered  anciently,  and  in  many 
other  cases  damp  and  salt  had,  as  at  Harit,  spoilt  the  papyri;  nevertheless 
we  obtained  50  papyrus  mummies  in  good  condition  with  fragments  of  as 
many  more.  When  to  these  are  added  those  which  we  found  at  another 
site  (v.  inf.),  the  papyri  from  these  mummies  are  likely  to  be  quite  as 
numerous  as  the  Petrie  Papyri.  None  of  them  have  yet  been  opened,  so  it 
is  impossible  to  state  how  much  of  the  coUection  is  demotic  or  how  many 
literary  fragments  there  are.  But  one  conclusion  to  which  we  had  ah-eady 
been  led  by  the  other  evidence  and  which  is  confirmed  by  our  most  recent 
excavations  may  here  be  stated.  It  is  certain  that  the  practice  of  using 
papyrus  cartonnage  for  mummies,  which  probably  began  in  the  reign  of 
Euergetes  I,  remained  in  common  use  as  far  as  the  reign  of  Euergetes  11. 
The  bulk  of  the  Petrie  Papyri  no  doubt  belongs  to  the  reigns  of  Philadelphus 
or  Euergetes  I,  but  though  that  collection  contains  little  which  we  should 
assign  to  a  later  date  than  about  170  B.  C,  there  is  in  it,  we  think,  a 
somewhat  larger  admixture  of  papyri  belonging  to  the  reigns  of  Philopator, 
Epiphanes  and  probably  even  Philometor,  than  has  been  yet  admitted. 

The  papyrus  mummies  only  represent  half  our  total  find  of  Ptolemaic 
papyri;  the  other  half  was  discovered  in  a  mann  er  which,  so  for  as  we 
know,   is   quite   new.     Adjoining  the  Ptolemaic  burials   of  Tebtunis   was  a 


378      ni.   Mitteilungen:  Grenfell-Hunt:  A  large  find  of  Ptolemaic  papyri 

large  cemetery  of  mummied  crocodiles.  Some  thousands  of  these  creatures 
were  found  vaiying  in  size  from  fully  grown  specimens  13  feet  long  to 
baby  crocodiles  just  out  of  the  egg,  besides  many  sbam  mummies  wHch 
Lad  the  outward  shape  of  a  crocodile  but  when  opened  proved  to  contain 
a  piece  of  bona  or  some  eggs.  The  interest  of  these  crocodiles  lay  in  the 
fact  that  in  some  cases  they  were  wrapped  up  inside  one  or  more  layers 
of  imrolled  papyrus  sheets,  while  vacant  Spaces  especially  in  the  head  were 
stuflFed  with  rolls.  As  may  be  imagined,  in  Order  to  wrap  up  a  good-sized 
crocodile  in  e.  g.  five  folds  of  papyrus,  many  correspondingly  long  docu- 
ments  were  necessary;  and  though  here  too,  as  was  inevitable,  decay  frora 
within  or  damp  from  without  had  often  doue  irreparable  injury,  the  ba- 
lance  which  remains  in  a  good  or  fair  state  of  preservation  is  very  con- 
siderable.  Nearly  all  these  papyri  are  Greek,  though  occasionally  a  de- 
motic  roll  was  found  buried  beside  a  crocodile,  and,  so  far  as  we  can 
judge,  they  ränge  from  the  time  of  Philometor  to  that  of  Augustus.  Lite- 
rary  fragments  appear  to  be  rather  scarce,  but  there  are  many  long  and 
important  official  documents.  Quite  a  large  proportion  of  them  seems  to 
have  come  from  the  bureau  of  a  certain  Menches,  xtoiioyQafiiiccrEvg  of  Ker- 
keosiris  in  the  closing  decades  of  the  second  Century  B.  C,  and  another 
large  group  belongs  to  the  later  part  of  Ptolemy  Alexander's  reign.  The 
effect  of  the  Tebtunis  find  as  a  whole  is  approximately  to  double  the  extant 
amount  of  Ptolemaic  papyri  written  in  Greek. 

After  finishing  Umm  el  Baragät  a  week  was  devoted  to  exploring 
another  Ptolemaic  cemetery  belonging  to  a  much  ruined  site  six  miles  to 
the  east.  Here  a  few  more  mummies  with  papjrrus  cartonnage  were  dis- 
covered. 

The  Gizeh  Museum  has  retained,  besides  a  representative  selection  of 
the  miscellaneous  antiquities,  the  most  important  of  the  demotic  papyri, 
including  those  found  in  the  town  or  buried  beside  the  crocodiles  and  eight 
large  rolls  which  were  discovered  tied  up  together  with  a  Greek  letter  of 
clout  100  B.  C  in  some  house  rubbish  in  the  Ptolemaic  cemetery.  The 
rest  of  the  papyri  have  been  sent  to  Oxford  for  publication.  Subsequently 
they  will  be  divided  between  the  Museums  of  Gizeh  and  the  University  of 
California. 

The  editing  of  the  Greek  papyri,  even  though  we  hope  to  have  the 
assistance  of  one  or  two  other  scholars,  will  be  a  long  and  difficult  imder- 
taking,  especially  in  view  of  both  the  delicate  preliminary  task  of  preparing 
the  papyri  from  the  mummy  cartonnage  and  crocodiles  for  decipherment, 
and  the  press  of  our  other  work.  Such  time  as  we  can  this  year  spare 
from  our  annual  volume  for  the  Egypt  Exploration  Fund,  which  constitutes 
our  first  duty,  is  occupied  by  the  publication  of  the  important  collection  of 
Greek  papyri  which  we  have  formed  for  Lord  Amherst.  The  theological 
part  of  his  collection,  which  includes  a  considerable  fragment  of  the  Ascensio 
Esaiae  and  a  remarkable  Christian  hymn  of  the  time  of  Constantine,  will 
be  issued  in  a  few  weeks,  the  remainder  we  expect  to  publish  next  year. 
The  way  will  then  be  opened  for  the  editing  of  the  Tebtunis  papyri. 

Oxford.  Beruard  P.  Grenfell. 

Arthur  S.  Hunt. 


Zcre/e/i,  üb.  d.  National lypen  i.  d.  Sehr  iß  d.  griecli.  Papyri. 


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Archiv  für  Papyriisjorschjing  I.   2. 


I.  Aufsätze. 


Some  new  Fragments  of  Herodas. 

The  papyrus  of  Herodas,  originally  published  in  189i,  is,  as  is 
well  known,  imperfect  at  the  end.  Besides  the  continuous  roll,  which 
includes  seven  poems  aud  the  first  three  lines  of  the  eighth,  eleven 
detached  fragments  were  preserved,  the  text  of  which  was  published 
in  an  'Addendum'  to  the  volume  {Classical  Texts  from  Papyri  in  the 
British  Museum)  containing  the  editio  princeps.  There  was  no  reason 
to  suppose  that  any  other  fragments  existed.  In  the  course  of  1900, 
however,  a  small  box  was  sent  to  the  British  Museum,  which  was 
found  to  contain  a  quantity  of  papyrus  fragments.  The  fragments  were 
very  small,  many  of  them  being  redueed  to  mere  powder,  but  it  was 
evident  at  first  sight  that  they  formed  part  of  the  great  discovery  which 
restored  to  us  in  1891  so  many  works  of  classical  literature,  pre- 
viously  known  or  unknown.  No  doubt  they  had  remained  in  the  pos- 
session  of  some  native  of  Egypt  wlien  the  main  bulk  of  the  discovery 
was  transferred  to  the  British  Museum,  and  it  was  only  recently  that 
they  were  brought  to  light  and  sent  to  rejoin  their  fellows. 

The  largest  and  best  preserved  of  these  fragments  belong  to  the 
Herodas  papyrus,  and  they  are  here  printed  in  füll.  I  have  first  given 
the  text  of  each  fragment  separately,  numbering  them  in  succession 
with  the  eleven  previously  known.  I  have  then  given  the  results  of 
combining  a  number  of  them,  which  can  be  showu  to  form  part  of 
the  four  columns  foUowing  next  after  the  continuous  portion  of  the 
roll.  This  still  leaves  several  fragments  unaccounted  for,  and  perhaps 
the  ingenuity  of  others  wiU  carry  the  work  of  reconstruction  further. 
I  have  not  thought  it  right,  however,  to  hold  back  the  discovery 
longer  from  scholars  in  general,  and  prefer  to  submit  it  to  the  Coopera- 
tion of  all  who  are  interested  m  the  subject.  For  the  same  reason 
(and  also  from  doubts  as  to  the  possibility  of  its  success,  except  upon 
the  most  limited  scale)  I  have  made  little  attempt  at  conjectural  re- 
storation  of  the  missing  portions  of  the  reconstructed  columns. 

Archiv  f.  l'apyrusforschung.   I.  3.  25 


380 


I.  Aufsätze 


Frag.  12.    Tö  cm.  x  1.6  cm. 
yrAPNi 

NeAKIN 

Aevnw 
Belongs  to  Mim.  VIII  15—17.  1. 15 
A  slight  trace  of  the  letter  fol- 
lowing  N  remainSj  which  suits  a 
perpendicular  stroke  better  thau  a 
curved  one.  1.  18  The  letter  below 
the  A  in  1.  17  had  a  tall  pei-pen- 
dicular  stroke,  as  in  cp  or  il^.  This 
would  suit  Crusius'  conjecture  tl^rj- 
kacprjVy  though  the  fragment  con- 
taining  the  letters  (pr}v  is  now  re- 
moved  to  col.  35. 

Prag.  13.  4  cm.  X  1.3  cm.  From 
the  top  of  a  column  and  the  he- 
oinningjs  of  lines. 

K 

K 

Ol 

TO 

KA' 
Joins  frag.  3  on  one  side  and  col.  42 
on  the  other,  as  is  proved  by  the 
connection  of  the  papyrus  fibres. 
Frag.  3  therefore  (VIII  50—65  in 
Crusius)  now  becomes  col.  43  = 
VIII  22—37. 

Frag.  14.  3  cm.  X  1  cm.  Be- 
ginnings  of  lines. 

K 

CX 

03 

K 
KP 

Folio  WS  immediately  below  frag.  13, 
giving  the  first  letters  of  VIII 27—32. 

Frag.  15.   1.7  cm.  X  0.6  cm. 
Ire 

AH 


Part  of  frag.  3,  11.  3—5  (=  VIII 
24—26). 

Frag.  16.    0.7  cm.  X  1.3  cm. 
TYro 
POYXA 
The  papyrus  fibres  show  that  this 
small   fragment   is   to  be   attached 
to  frag.  3,  11.  8,  9  (=  VIII  29, 30). 

Frag.  17.  5  cm.  X  3.4  cm.  From 
the  top  of  a  column. 

-  e 

re 

n 
1 1 

rw 
<t)i 

The  surface  of  the  papyrus  has 
almost  whoUy  disappeared,  as  in 
the  case  of  frag.  4  (see  published 
facsimile  pl.  XXII),  leaving  only  a 
few  letters  along  the  right-hand 
edge  of  the  fragment.  In  11.  2,  3,  6 
the  first  letter  may  be  either  r 
or  T.  Frag.  4  foUows  immediately 
below  this  fragment,  and  frag.  18 
below  that  again,  so  that  the  entire 
height  of  the  column  is  preserved, 
with  the  exception  of  the  last  line. 
The  appearance  of  the  papyrus 
suggested  that  it  formed  part  of 
col.  43,  and  frag.  16  (in  which 
the  lower  layer  of  papyrus  is 
wanting)  appears  to  complete  the 
junction.  The  fibres  correspond, 
and  1.  2  of  frag.  4  has  a  trace  of 
the  end  of  the  A  which  occui's  in 
frag.  16. 

Frag.  18.    1.3  cm.  x  1.3  cm. 

KON 

[NOA 

TO 
FoUows    frag.  4;    see    above.     1.  1 


Frederic  G.  Kenyon:  Some  new  Frao'mentH  of  Ilerodas 


381 


The  last  letter  miglit  also  he  A. 
1. 2  The  last  letter  might  also  be  M. 
Frag.  19.  5  cm.  x  4.8  cm.  Two 
contiguous  fragments  from  the  top 
of  a  column. 

XOPOICAIONYCOY 

KOMNKOAYMBW 

eKBIHCOYAAC 

nANTAAHNANN 
Blank  Spaces  after  11.  1  and  3  sliow 
that  these  are  the  ends  of  lines. 
The  papyrus  fibres  show  (as  cer- 
tainly  as  is  possible  when  actual 
contact  is  not  obtained)  that  frag.  2 
contains  the  beginning  of  the  co- 
lumn following  col.  43,  and  this 
fragment  joins  frag.  2,  containing 
the  ends  of  the  first  4  lines  in  it 
(=  VIII  40—43).  There  is  a  slight 
lacuna  between  the  letters  in  the 
two  fragments,  but  the  upper  mar- 
gins  join  exactly. 

Frag.  20.    1.2  cm.  X  0.9  cm. 

rjXax 
vdo 
Joins  frag.  2,  11.  6—8  (=  VIII  45 
— 47).    The  first  line  contains  the 
bottoms  of  two  perpeadicular  stro- 
kes,    the    second    coming    slightly 
lower    than    the    first.     The    last 
letter  in  1.  2  might  also  be  A  or  fi. 
Frag.  21.     5.2  cm.  x  1.7  cm. 
From  the  top  of  a  column. 
nN€YCAI 
CWnOYM 
THIBA 
TAYTIC 
ePFHC 
Joins  frag.  8  a.     The  first  letter  in 
1.  4  may  also  be  T.    Before  the  € 
in  1.  5,  two   dots   are  visible,  for- 


111  ing  tlie  ends  of  a  curved  stroke, 
such  as   H,  n  or  C. 

Frag.  22.  2  cm.  X  2  cm.  From 
the  top  of  a  column. 
AAinATe 

'HCeKAI- 
Joins  frag.  21. 

Frag.  23.    16  cm.  x  2  cm. 


.THPIHIKO 
GOnAPeON 

orepwNM 

Joins  fragg.  21  and  22.  The  first 
line  contains  the  lower  parts  of 
the  letters  in  1.  2  of  frag.  22.  Be- 
fore the  T  in  1.  2  is  the  end  of  a 
letter  which  may  be  a,  X,  or  /n. 

Frag.  4.    1.3  cm.  X  0.4  cm. 
O 
O 

HA 
Fits  into  the  lacuna  between  the 
two  parts  of  frag.  5,  11.  1 — 3.  The 
top  of  each  O  is  attached  to  the 
preceding  letter  by  a  ligature  (in 
each  case  the  end  of  a  t).  Frag.  5 
belongs  to  the  same  column  as 
frag.  8,  as  shown  by  Blass  and 
Crusius. 

Frag.  25.     5.6  cm.  x  2.8  cm. 
From  the  bottom  of  a  column. 
ON 
INEK 
NTeCKAI 
nOAAOlKAPTAT 
NMOYCHICING) 
0AONCOCAOKO 
"ONAnNOYM 
"PONTIZYNer 
Joins  fragg.  5  and  8  b.    The  last  let- 
ter of  the  last  line   may   also  be 
a  n. 

Frag.  26.    2  cm.  x  1.1  cm. 

25* 


382 


I.  Aufsätze 


KBIHC 

KPeco 

TOYCC 

Aercp 

Joins  frag.  25, 11.  1 — 5.  In  1.  4,  the 
last  letter  may  also  be  a  0;  and 
in  1.  5  the  r  may  also  be  a  T. 

Frag.  27.  3  cm.  x  1.1  cm.  From 
the  bottom  of  a  colunin. 
YNex 
KWPY 

nPHz 
Joins  fragg.  25  and  26. 

Frag.  28.    1  cm.  X  0.5  cm. 
N/ 
KO! 
Joins  frag.  ^1,  11.  1  and  2. 

Frag.  29.      2.4  cm.  x  1.8  cm. 
From  the  bottom  of  a  column. 
MOV 
NHAT 
AOPINOeN 

Joins  fragg.  27  and  28,  and  is  itself 
joined  by  frag.  11,  the  letters  noc 
in  1.  7  of  that  frag.  foUowing  im- 
mediately  the  MOV  in  1.  1  of  this 
frag.  This  shows  that  frag.  11  con- 
tains  the  ends  of  11.  10 — 18  of  this 
column. 

Frag.  30.  2.8  cm.  X  1.3  cm. 
From  the  end  of  a  long  line,  or 
the  bottom  of  a  column. 

TO)N 
Joins  frag.  11,  completing  1.  8  of  it. 

Frag.  31.  3cm.x  1.5  cm.  Much 
defaced. 

CY 

ceA 

OA! 
The    colour    of   the  papyrus,    and 
the  manner  of  its  defacement,  show 


that  it  comes  from  the  neighbour- 
hood  of  frag.  7;  but  it  does  not 
appear  possible  to  establish  an  im- 
mediate  connection  between  them. 
Frag.  32.  3.3  cm.  x  5  cm.  From 
the  bottom  of  a  column;  perhaps 
near  ends  of  lines.    Much  defaced. 

eoAONezoi 

.  CYClCfieiPA 
Also    from    the  neighbourhood  of 
frag.  7.    Apparently  i]£LQa  ends  the 
line.     The   circumflex   over  the   H 
is  uncertain. 

For  the  fragments  which  follow 
no  place  has  yet  been  found. 

Frag.  33.    3.1  cm.  x  0.9  cm. 

enp 

GOCM 
KAIO) 

oiAe 

~PYn 

Yn 
The   size   of  the  writing  and    the 
colour  of  the  papyrus  resemble  those 
of  cols.  42,  43.    The  last  letters  of 
11.  5  and  6  might  perhaps  be  r. 

Frag.  34.     1  cm,  x  0.5  cm. 
O 
.Yl 
MA 
Similar  in  aj)pearance  to  frag.  33. 
The   letter  in  the   first  line  might 
also  be  w  or  m.    The  letter  before 
Y  in  1.  2  may  be  O. 

Frag.  35.     1  cm.  X  1  cm.     Be- 
ginnings  of  lines. 
T 

OP 
A  rather  large  hand. 

Frag.  36.    1.6  cm.  X  1.4  cm. 

nei 

AWPO 

AAAK 


Frederic  G.  Kenyon:  Some  new  Fro^^Tnents  oi   Horodas 


383 


Frag.  37.     1.1  cm.  X  0.9  cm. 
COL 
AIG) 
ITOI 
Frag.  38.    1  cm.  X  0.8  cm.  Be- 
ginnigs  of  lines. 
T 
T 
Frag.  39.  2  cm.  X  1.5  cm.  Ends 
of  lines  (except  1.  1) 
KATezGO 
fOMOIC 
TO 
TPHI 
A    rather    small   hand,    on    rather 
brown  papyrus. 

Frag.  40.    0.5  cm.  X  0.9  cm. 

PIKH 
Hand  and  papyrus  similar  to  frag.  39. 
Frag.  41.    1  cm.  X  0.9  cm. 

NAAH 
nie 
Medium-sized    writing,    on    brown 
papyrus. 

Frag.  42.     1  cm.  x  1  cm. 

.  YM 
,  MHAe 
.TON 
Similar  to  frag.  41. 

Frag.  43.     1.7  cm.  X  0.7  cm. 
From  the  bottom  of  a  column. 

ero 

On  rather  light  papyrus.    The  last 
letter  may  also  be  C). 

Frag.  44.    1  cm.  X.  1  cm. 
6KT 
AZAN 
There  are  traces  of  a  letter  before 
€  in  1.  1   which   might   be  A,   and 
of  a  letter    after   T   which   might 
be  O  or  A. 

Frag.  45.    0.7  cm.  X  1.9  cm. 


.  0>^BAe 

KAITANY 
On  light  papyrus.    Only  the  bottom 
portions  of  the  letters  in  1.  1  are 
preserved. 

Frag.  46.  2  cm.  x  1.7  cm.  Two 
scraps  which  fit  together. 

f^NTA  (apparently  end  of  line) 

CHCAIHC 

(jON0POJn 

ezevcAN 

TA 

In  small  writing,  on  rather  light 
papyrus. 

Frag.  47.    1  cm.  X  0.5  cm. 
CO 
TP 
Small  writing,  similar  to  frag.  46. 
Frag.  48.  1.6  cm.  X  1  cm.  Ends 
of  lines,  perhaps  from  top  of  co- 
lumn. 

C0AI 
N 
Frag.  49.    1  cm.  x  0.4  cm. 
en 
coc 

There  are  slight  traces  of  a  line 
above  the  first  of  these.  en  is 
Witten  over  IK  erased. 

Frag.  50.    0.9  cm.  x  0.6  cm. 
eCT 

.zo 

There  are  slight  traces  of  a  letter 
before    z  which   may   be  A.     The 
letter  after  z  may  also  be  w. 
Frag.  51.    1  cm.  X  1.8  cm. 

reTAiN . 

0HA 
In  1. 1  [M  is  written  over  <pp  erased. 
The  letters  in  1.  2  are  very  faint. 
The  last  might  perhaps  be  Z. 

Frag.  52.   1  cm.  X  1.7  cm.   Ap- 
parently end  of  a  long  line. 
KTIzeiN 


384 


I.  Aufsätze 


Frag.  53.    0.9  cm.  X  0.5  cm. 
HY 
There  are  traces  of  a  line  foUowing. 
Frag.  54.    0.4  cm.  X  0.7  cm. 

MC! 
Frag.  55.    1.6  cm.  X  1  cm.  Be- 
ginnings  of  lines. 
r  (or  n) 
p 
Frag.  56.     1.7  cm.  X  1.6  cm. 
Apparently  from  the  bottom  of  a 
column. 


TON 

Frag.  57.  2.7  cm.  X  1.3  cm. 
Apparently  from  the  bottom  of  a 
column. 

ACOlC 
Only  the  bottom  parts  of  the  let- 
ters are  preserved. 

Frag.  58.     2.2  cm.  X  2.4  cm. 
End  of  line,  apparently  from  top 
of  column. 
NA 


We  have  now  to  gather  up  the  results  to  be  obtained  from  this 
coUection  of  small  fragments.  It  will  be  seen  that  those  which  ean 
be  identified  belong  to  the  mutilated  eighth  mime,  entitled  'Evvjtviov, 
to  which  also  most  of  the  previously  known  fragments  have  been 
assigned.  But  before  attempting  the  reconstruction  of  this  poem  from 
the  new  materials,  it  is  necessary  to  make  two  rectifications  which 
affect  the  seventh  mime.  In  the  first  place  the  combination  of  frag.  10 
with  11.  1 — 3  of  col.  35,  suggested  by  Crusius  (ed.  2,  p.  72),  is  probably 
correct.  The  papyrus  fibres  show  that  it  must  belong  to  the  top  of 
either  col.  35  or  col.  36,  and  though  it  is  not  easy  to  restore  the  text 
in  either  position,  it  is  more  possible  to  do  so,  as  indicated  by  Cru- 
sius, if  the  fragment  is  placed  in  col.  35.  Secondly,  the  small  detached 
fragment  which  has  hitherto  been  placed  at  the  bottom  of  col.  42  is 
shown  by  the  papyrus  fibres  to  belong  to  the  bottom  of  col.  35,  the 
last  four  lines   of  which  (VIII  22 — 25)  may   consequently  be    restored 

thus: 

6Qyj&'    OTtag  -JiSTCriye  x[&}rt  0^cpr]v[CöK]oig 

ihpqQxCaxai  na6a'  iio\y  xa\  }isv  x[ak]äg 

tä  X   ovil  xaAög,  AAAAÜA  .  TICAIX....C 

25  TO  XQ^iia  d'  ovxGjg  v}i[t]v  rj  //«[Aylag]  doCr]  x.  x.  X. 

In  1.  24  the  lacuna  between  A  and  T  might  hold  two  letters.  Various 
restorations  may  probably  be  found;  perhaj)s  unccQxCöai  %(alovg^  "^such 
as  to  make  a  lame  man  walk  evenly'. 

Coming  on  to  the  eighth  mime,  which  begins  at  the  bottom  of 
col.  41,  it  will  be  convenient  to  print  the  text,  as  it  now  Stands,  con- 
tinuously.  Only  fairly  certain  conjectures  are  introduced.  Notes  on 
spelling,  etc.,  which  may  be  found  in  the  Teubner  edition,  are  not  re- 
peated  here. 


Frederic  G.  Kenyon:  Some  new  Fragments  of  Herodas  385 

'EvVTtVLOV 

aöttjd'i,  dovlr)    U^vXXcc  ^tiQi  tto  xeiöy 
Qtyiovßa^  triv  de  ^oiqov  ccvovyj  dQVJttet; 
7]  7CQo0fiEV£is  Ov  [lEXQ''  ^^^  '^Itog  d'dk^rj 
col.  42]  Tov  %\x)6ov  iödvq;  xcög  d\  ccxqvts^  xov  xd^vsLg 

5  tä  nX  \evqu  xvcbööiwö' ;  ai  de  vvxtaq  ivvsayQOt. 
aöT7j'9'|t,  (pyj^t-,  ^ccl  aipov,  sl  d'sXsig,  Iv^vor, 
xal  r^rjv  avavXov  ioiqov  ig  vo^iijv  :n:£^il>[ov. 
töv^d'QV^E  xcd  xvo)^  ^^XQ''  ^^^  ifagaörälpa 
t6]  ßQsy^a  ra  öxCnavi  ^aXd-aKov  %'GiiLa\i. 

10  dfijAr)  MeyaXXC^  xa[t]  6%)  Jtät^iiov  xvixxSöEig; 
ov]  tcc  SQtd  öS  tQvx[o\v(}Lv;  ccXXä  ^ijv  6t8a^\a 
ETc'  iQa  di^ö^E[6d-^a'  ßaibg  ovx  ^^tv 
Ev  rfj  olxttj  ETI  f{a[A]A6g  eIqlcov.     öeiXt], 
a6tri%-L'  6v  re  ^oi  t[.  .  .  .]  eI  Q'EXEig^  'Avvä^ 

15  äxovGov^  ov  yuQ  vrilTtiag^  (pQEvag  ßoöxsig. 
TQayov  Ttv    eXxelv  [ajro]  cpdqayyog  (pi6iir}\y 
^ccxQrjg^  ö  d'  EV7tco[yo3]v  xe  XEvxEQCog  [i^v  ttg. 

ETlEi  ö'   £'(j£rT[.]i/^[ ]  Tfig  ß7]66rjg 

')^[.  .]  (j^a[ ]  yccQ  Eßöa^iai 

20  <?v[ Jyfg  alitoXoi  TtXs^ 

tr}[ ]^tC3|/    T£    7C0LEV\ 

col.  43]  xrjyco  ovx  i6vXsvv[ 

xal  aXXrjg  ÖQvbg  [ ^ta[ 

oi  (5'  d^fpixaQxa  [ ]7£[ 

25  TOV  aly    inoCovv  [ ];:r[ 

xal  [7t]Xrj6Cov  iie[ ]  •  •  [ 

x[ ]v  (la  X  .  [.  .  .  .]yG>[ 

6x[-  ■  ■  .]    XQOXCOX[ ]^t[ 

(o[ ]  XETixilg  dvxvyog  .  [ 

30  6y[.  . .  .'\g  ÖE  vEßQov  ;fA«v[ 

x\^ ]v  xvna\p0  .  .  .\ia^ 

xo\^ ]   aiicpi.xy\rm,  .  .  .]i(56i\^ 

xo^Q'OQVov\^ ]  .  xa\_ 

\(o^Ev  xo\ ]^o;v[ 

35  ^(OQiqviiiY ]0't[ 

]oAcöjro[ ]jcov[ 

Col.  42  =  fragg.  1  -f-  9  -)-  12.  1.  14  The  letter  before  ei  does  not  appear 
to  be  Q,  as  read  by  Crusius.  17  The  new  frag,  confii-ms  Crusius'  conjectm-e 

in  his  first  edition. 

Col.  43  =  fragg.  3  +  4  +  13+14  +  15+16  +  17  +  18. 


386  I.  Aufsätze 


]t>(?(?£cag  co[ ]voA[ 


Jro[ 


Col.  44]  40  ÜdTCSQ    TSk£V[l£V    i^[l]    %6Q0tg    JlCOVVÖOV. 

101  (isv  astaTtoLS  ^[s]  xdvtv  xolv{ißS}[vt£g 
saoTtTov  ccQV£vti]Q[£g]  £X  ßirjg  oifdag^ 
Ol  ö'  vjiTL    £QQinx£vvTO.     %dvx'  ädfjv,  'u4vv\ä 
slg  £V  yslcog  t£  xdvCrj  [ 
45  jcccyco  doMov  ölö^vq^ 
.  .  .  .]va^£6d-aL  xrjkaxl 
]a)g  trjv  do[ 

[11.  48 — 57  are  wanting] 
col.  45]  tä  d£ivä  %v£v6ai  A«|  ncct£\^ 

£QQ     £K    7CQ06C07tOV    ^YJ    <5£    %aL7t\£Q    (x>V    TtQEößvg 

60  oXri  jcatid'x)  xfi  ßatrjQir}  xd[^^?] 
ü'^yo)  fi£tavTig,  a  7CaQE6v[t£g  (?) 
Q^av£v^'  v7i£Q  yrig  £«'(?)  6  y£Q(ov  ^[^ 
^aQTVQ\o\iiai  d£  rhv  v£riv[vriv 

0  d'  EinEV  \a]iL(pco  tbv  doQEcc[ 

65  nal  rovt    i[^S^G)v  iXYj^ato  £v  dv[o 
.  .]va(5[.  .  .^coÖe  TcovaQ  (odt 

TÖ]v  aiya  T^g  cpl^KQayyog  i^E^t^nov 
]AAov  düQov  iv[ Jv 

01  ÖS  aL]7CÖloL  iiiv  m  ßirjg  [ ^Eiwra 

70  avxtEa  XElEvvTEg  jcat  kqe&Y'^ ^^vvvto 

tu  liilEa  TfoXXol  üdQta  tovg  ö[ ]  fioxd-ovg 

tik£v6iv  Ev  Movörpiv.     (oö^  iya  [ 
To^ijv  KEd-lov  Gjg  doKovv  Exl^^v  ^ovvog^ 
noXlGiv  tbv  aTtvovv  xcSqvxov  Ttatrjöccvtcov^ 
75  xrj  tä  yigovti  t,vvE7iQrj^a  oQivd'Evtt 
******* 

The  newly   acquired  fragments  are  tlius  very  far  from  giving  us 

Col.  44  =  fragg.  2  -f  19  +  20.  40  Pap.  JIONTZOT. 

Col.  45  =  fragg.  8a  +  8b  +  21  -f  22  +  23  +  5  +  24  +  25  +  26  +  27  + 
28  -|-  29  -|-  11  -|-  30;  15  fragments  iu  all,  since  frag.  5  is  composed  of  two 
pieces.     Line  74  is  put  together  from  no  less  than  seven  fragments.  59  The 

new  frag,  confirms  tlie  restoration  of  this  line  by  Diels.  62   tt]  Pap.  /  or  q> 

or  ip.  The  height  of  the  stroke  above  the  line  suits  the  latter  Ijest,  but  ipoysQav 
would  be  lanmetrical.  68  The  remains  after  dco  resemble  the  top  of  a  p  rather 
than  G.  The  o  is  partly  in  frag.  5,  partly  in  frag.  25,  and  jiartly  lost.  75  ktj] 
perhaps  for  kcci. 


Frederic  G.  Kenyon;  Somc  new  Fraj^fments  of  Herodas  387 

back  this  poern  as  a  cojiipletc  wliolc^  but  tbey  estabiish  the  sequence 
of  it  for  perliaps  three  quarters  of  its  Iciigth,  and  enable  us  to  judge 
of  its  character  as  a  whole.  Maiiy  of  tbe  combinations  and  restora- 
tions  formerly  attempted  are  shown  to  be  unsound,  and  much  fresh 
material  is  offered  to  the  ingenuity  of  seholars.  The  Contents  of  the 
poem,  so  far  as  they  are  disccrnible  in  its  fragmeutary  condition,  are 
Gurions,  but  it  lacks  the  interest  which  the  first  six  minies  possess, 
as  pictures  of  life  and  character;  so  that  we  may  fairly  hope  and 
believe  that  the  poems  which  fortune  has  restored  to  us  intact  repre- 
sent  the  best  and  most  characteristic  work  of  the  Coan  poet. 

London.  Frederic  0.  Kenyon. 


Ein  Polybiustext  auf  Papyrus. 

Der  Erfüllung  unserer  Hoffnung,  von  den  verlorenen  Büchern  des 
Polybius  doch  noch  einmal  etwas  wiederzufinden,  werden  wir  um  einen 
kleinen  Schritt  nähergeführt  durch  ein  paar  winzige  Papyrusfragmente, 
die  jüngst  zusammen  mit  den  von  v.  Wilamowitz  behandelten  Bruch- 
stücken der  hesiodischen  Kataloge  ^)  vom  Berliner  Museum  erworben 
worden  sind:  sie  enthalten  zwar  Stücke  aus  schon  bekannten  Partieen 
des  XI.  Buches,  zeigen  uns  aber  doch,  dafs  man  im  III.  Jahrh.  n.  Chr. 
im  Faijüm  den  Polybius  gelesen  und  vervielfältigt  hat,  und  eröffnen 
uns  so  die  Perspektive,  eines  Tages  auch  einmal  unbekannte  Stücke 
dieses  einzigen  Werkes  durch  weitere  Papyrusfunde  wiedergewinnen  zu 
können. 

Mit  gütiger  Erlaubnis  des  Direktors  der  ägyptischen  Abteilung  der 
königlichen  Museen,  des  Herrn  Professor  Adolf  Erman,  teile  ich  die 
Fragmente,  die  unter  P.  9570  inventarisiert  sind,  hier  mit. 

Die  Handschrift  (auf  Recto)  ist  in  einer  grofsen,  klaren  Unciale^) 
geschrieben,  die  ich  der  Zeit  um  200  n.  Chr.  zuweisen  möchte.  Wenn 
ich  sie  eher  dem  III.  Jahrh.  zurechne,  so  bestimmt  mich  dazu  das 
Häkchen  zwischen  den  beiden  y  in  C  7,  das  bisher  wenigstens  nicht 
früher  als  für  das  III.  Jahrh.  sicher  nachgewiesen  ist.^)  Dafs  es  sich 
nur  das  eine  Mal  findet,  nicht  z.  B.  in  D  5  oder  E  2,  spricht  für  den 
Anfang  des  III.  Jahrhs.  Natürlich  ist  nicht  ausgeschlossen,  dafs  die 
Hs.  dem  Ende  des  IL  Jahrhs.  angehört. '^)  Wiewohl  sie  nach  der 
Kalligraphie  zu  schliefsen  eine  Buchhändlerausgabe  war,  ist  doch  schon 


1)  Sitzungsber.  Berl.  Akad.  38  (1900)  S.  839  ff. 

2)  Die  Schrift  macht  trotz  mancherlei  Verschiedenheiten  doch  im  Ganzen 
einen  ähnlichen  Gesamteindnick  wie  der  Berliner  Hesiod  (vgl.  die  Tafel  bei  v.  Wi- 
lamowitz).    Die  Rundungen  sind  mehr  oval  als  kreisrand. 

3)  Vgl.  meine  Observat.  ad  bist.  Aeg.  S.  57  ff. 

4)  Höchst  unwahrscheinlich  ist  mir  dagegen,  dafs  in  einem  Text  aus  Augustus' 
Zeit  dieses  Häkchen  vorkommen  soll  (P.  Wess.  Taf.  gr.  6,7).  Das  sieht  eher  wie 
ein  lapsus  calami  aus.     Doch  ist  weiteres  Material  abzuwarten. 


Ulrich  Wilcken:  Ein  rolyl)iiiHtext  auf  Pajtyrus  389 

nach  ca.  60 — 70  Jahren  ihre  Ilückseite  zur  Aufnahme  von  Rechnungen 
und  Steuerzahlerlisten  verwendet  worden.  Diese  Listen  handeln  von 
denselben  Personen  und  Steuern,  die  auf  der  Rückseite  der  Hesiod- 
handschrift  verzeichnet  sind:  diese  aber  gehören  in's  erste  Jahr  des 
Kaisers  Tacitus  (276  n.  Chr.).i) 

Nach  Ausweis  der  Listen  auf  der  Rückseite  stammt  unsere  Hs.  aus 
dem  Faijüm.  Trotzdem  ist  sie,  wie  ich  höre,  in  Keneh  in  Oberägypten 
gekauft.  Das  ist  lehrreich  für  den  heutigen  Antikenhandel  in  Ägypten. 
Unsere  Fragmente  stammen  ebensowenig  aus  Keneh  wie  die  in  Gebelen 
gekauften  Blemyschen  Lederhandschriften  aus  Gebelen,  die  vielmehr  in 
Nubien  geschrieben  sind. 

Die  Polybiushandschrift  hatte  natürlich  Rollenformat.  Die  Ko- 
lumnen sind  im  Durchschnitt  17 — 20  Buchstaben  breit.  Am  Ende  der 
Zeilen  findet  sich  häufig  das  bekannte  Füllzeichen:  7.  Accente,  Spi- 
ritus und  Interpunktionszeichen,  die  in  der  Hs.  fehlen,  sind  in  dem 
folgenden  Abdruck  von  mir  hinzugefügt.  Die  Fufsnoten  über  die 
mittelalterlichen  Codices  entnehme  ich  dem  Apparat  von  Hultsch  und 
Büttner- Wob  st. 

A.  XI  13,  8—14,  2. 
Höhe  11  cm.  Breite  6,5  cm. 

[ä0q)dkei]a  tq  \jitccQd:tav^ 
[fV  T^t  t]öv  [^ev(ov  ev  7]- 
[voiai  ii]elra[^L.     ^ih  di}  xal] 
[röts  6v^v£ß[aLV£  t6  Jta]- 
5  [qcc  täi]  Max[avidai  ^evl]- 
[abv  ov^t<o\^s]  s%d-v^(o[g]  a~ 
[ycovL^^söd-ai  xal  ßiaicoq 

[a3(?r£j  fttjTf  xovq  s(pe  7- 
\ßQBvo\vTaq  tolg  ^evotg 
10  ['IXXv^QLOvg  jcal  d-coQccict  7- 
[trag]  dvvaöd'ai  tTjv  scpo- 
[dov]  avrcbv  VTio^stvat, 
[•jtdvtlag  d'   «f/3m[(?]0;[£]v- 
\tag  q)s]vyeiv  tcqoxqo^k- 

3  hinter  -Kslxai  Codd. :  kcu  SvvdiiH.         8  das  übergesetzte  8  von  2.  Hand. 
13/14   i-n^LCLG^ivtag  nur  in  punktuellen  Sj^uren  erhalten;   i-tinisaQ-ivras  Codd. 


1)  Alle  diese  Listen,  die  ich  bald  in  BGU  zu  edieren  hoffe,  sind  eng  ver- 
wandt mit  den  in  BGÜ  9  publizierten  Listen  über  Gewerbesteuer  (vgl.  Ostr.  I 
325  if.),  und  ergänzen  diese  in  erwünschter  "Weise. 


390  I-  Aufsätze 

15  [di^v^  ag  STil  xriv  Mav- 
[tiv^siccv  ansiovCrig  7 
[rij?]  noXecog  \En\xä  6ta  7- 
\ßlovg.    ^E\v  d>\i 

15/16  xf]?  Mavtiv8iag  Codd. 

B.  XI  14,  4. 

Höhe  ca.  5  cm.  Breite  ca.  4  cm. 
[tag  7te7tQorsQrf\xs']- 
[vat  liBt    oXiyov]  tolg  [0]- 
[Aotg  E6cpak}i£vo]vg  tov[g^ 
[d'  SV  aQxcctg  dö^a]vtccg 
5  [sTtruixavac  7tdk\iv  ex 
[fistaßolilg  ura^a]  tijv  räv 

[ ayxJiyoL  7- 

[ccv  tä  oXa  7CaQad6]^(og  x[cc]- 

1   von  K  und   dem  Füllstricli   nur  punktuelle  Spuren  erhalten.  6/8  tt/v 

avrwv  Dcy^ivoiav  Codd. 

C.  XI  15,  5. 

Höhe  5  cm.  Breite  6,5  cm. 

\ic\a\  tqvg  dia[x£ichx6]- 
t[a]g  trjv  (pvyijv  'I[2.Xvql]- 
ovg  xal  d'(OQttKir\ag  ;<a^] 
fiLöd^ocpÖQOvg  6vva{d-Q0t]- 
5  öccvta  |u.£Tc!;  67iovöf}[g  s]- 

^SÖQSVSLV    tG}i    y-EQU-^i] 

trig  q)äkay  yog  xccl  trjQ^slv] 
-     BTCayodqv  \to\v  diäly^a]- 
[rog  ccvaiciQovvT^a^v 

3  cibpawtTa?  FS.  %'oiiQav.ixoig  corr.  Ursinus  176a.        4/5  evva&Qoiaccvri  Codd. 
7/8   Korrektur  [r]r]v  von  2.  Hand.  8/9   rr^v   iTiccvodov  ta>v  ix   diwyiicctog  ävcc- 

^coQOvvrcov  Codd. 

D.  XI  16, 1—2. 

Höhe  8  cm.  Breite  6  cm. 

[kov  XQ^lüOL-  ^OQcc[^EVov] 

[vn    a]v[T]ov  xa[iQ]ov  to[te  na]- 

1  xqÖvov  icoQcc^^vov  F;  ^rQOVOV  kcoQa^iivov  S  vulgo;  yi^QÖvov  7fQO£0}Qa(ihov 
coni.  Naber,  Mnemosyne  VI  S.  255;  (ohne  xqÖvov)  TtQotutQaiiivov  Hultsch;  ix  noX- 
X&v  xqÖvwv  kcoQK(iivov   Bütt.-W.  coli.  IV  17,  4. 


Ulrich  Wilcken:  Ein  Polybiustext  auf  Papyrus  391 

[öLv]  i7tKy£t,\v^  rotg  cpaXay  7- 
[yitK  \ig  xaraßakovGi  rag  7 
5  [öa]pt(?ag  7ca[Q\riyy£iX€.      Töv 
[ß'\  'Aiatav  ö^od'Vfiadbv 
[x]cd  iisrä  xuT^a^jtXrjXTixrig 
lxQ]avyfjg  7cqi[rj]6a^Evcov 
[r^\v  Icp^odov  Ol]  (i\v  tiqo- 
10  [dLal]slvxÖT£g  rag  Td^£i[g] 
\tä]v  Aax£6aLnovC(ov 
[iv  t])J  zy]g  xdcpQov  xataßd- 
[6£l]  7CQogßaLv[ov]T£s  nQog 

[v7t£Qd]£[^L0Vg 

3  vndyHv    Codd. ;    indysLv    Arcerius    ad    Aelian.    Tact.  cap.  32   p.  152. 
5  oaQLGOtxg  Codd.;  accQiaccg  Dindorf.         12  t];]  ohne  Jota  adscriptum.  13  xara- 

ßd[asi\  nQogßaiv\o\vxsg  Pap.  Statt  dessen  blofs  Haraßaivovtsg  FS;  Kurocßdast 
Reiske  546;  x.  ävaßaivovtag  Schweighäuser;  x.  äi'iovrsg  Madvig  Adv.  crit.  I  483; 
X.  nakiv   avaßaivovng  Hultsch,   Bütt.-W.  14  rovg    vTiiQSs^iovg  FS;   tovg  del. 

Schweigh.  Für  [rovg  v7i]e[Qds^lovg  kein  Platz  auch  pafst  das  Pünktchen  hinter  s 
zu  I,  aber  nicht  zu  q. 

E.  XI  16,  5—6. 

Höhe  8,5  cm.  Breite  6  cm. 

l^ßifJGErat  7^ccd-£iv  avt[cbi\ 
[t]))v  (pdXayya  xh  7tQ0£L\ßri\- 
^evov  vvv^  y£v6y.£\j]- 
vov  dl  Tor'  izl  Tijg  dkr}- 
5  d-£Lag'  £1  öh  6vkXoyL6d^\^£y 
\y\og  xo  dvGiQriGxov  xfjg 

[rdcp^QOV    xä7t£LXCC    ^£XU^[£]- 

[AT/O'Jetg  xul  [d6]^ag  ano  7- 
\ߣiXi\av  £x  ^aQax£xciy^\B\- 
10  [vc3]i/  dnoXv6£i  xal  ^a- 
[xQuv]  avxbv  ia  noQ£iat, 
\ßiaß]uX£i^  dioxL  xcoQig  6- 
\Xo6'i\£Qovg  dySivog  avxäi 
[|u.£V  t6]  vl\x&v 

2  xb  fehlt  in  Codd.,  eingesetzt  von  Casaub.  3  yivö^isvov  Codd.  4  toxs 
Codd.  6  rf^v  Sva^griarov  FS;  Tr]v  SvaxQriariav  ürsinus  176b,  danach  Hultsch, 
Bütt.-W.;    t6    dv(j;^(»r]ffTov    Casaub.  7   durch    cc^  in    TtänEira    ist  ein    kleiner 

schräger    Strich    gezogen.  11    iintogsla    F(S);    iiiitSLQiag  Casaub.;    iv  -jtoQsiu 

Schweigh.,  danach  Hultsch,  Bütt.-W.  Vgl.  Naber,  Mnem.  YI  240.  12  diaßaklu 
FS;  SiußaUl  Scalig;  8iS6vai  ^lÜIsi  Bütt.-W. 


392  I-  Aufsätze 

Der  Schreiber  unserer  Hs.  hat  sich  in  den  vorliegenden  Fragmenten 
nur  wenige  Schreibfehler  zu  Schulden  kommen  lassen.  Dahin  gehört 
die  Verwechselung  von  t  und  d  in  A  8,  die  von  2.  Hand  korrigiert  ist, 
ebenso  die  Auslassung  des  Artikels  vor  indvodov  in  C  8,  die  gleichfalls 
die  2.  Hand  korrigiert  hat.  Dagegen  mag  die  Auslassung  von  täv  ix 
in  derselben  Zeile  (vgl.  unten  S.  394)  schon  in  seiner  Vorlage  gewesen 
sein,  vielleicht  auch  die  von  aal  dvvüiiei,  in  A  3. 

Aufserdem  bedeutet  eine  Verschlechterung  der  Lesart  gegenüber 
den  Codices  der  Accusativ  ag  etiI  rijv  MavtCvEiav  in  A  15/16  statt  des 
Genetivs  ^)  und  der  Accusativ  övva&QOLöavta  in  C  5  statt  des  Dativs. 
Dagegen  kann  man  schwanken,  ob  die  Lesart  ix.ßtaöd'svrag  in  A  3, 
oder  das  überlieferte  ixTusad-evtag  den  Vorzug  verdient.  Für  ersteres 
scheint  zu  sprechen,  dafs  im  nächsten  Kapitel  auf  diesen  selben  Vor- 
gang hingewiesen  wird  mit  den  Worten:  sTtsl  öe  icoQa  tovrovg  sxßia- 
^onsvovg  (11,  15,  1).  Für  die  überlieferte  Lesung  sprechen  Parallelen 
wie  1,  28,  6  und  namentlich  18,  25,  4:  ov  dvvaasvovg  —  öreysiv  ti]v  rijg 
cpdlayyog  scpodov^  a/lA'  ix7iist,o[i8vovg.  Ich  glaube,  aus  sachlichen  Grün- 
den hier  an  der  Lesung  der  Codices  festhalten  zu  müssen:  die  Truppen 
werden  zurückgedrängt  und  flielien  darauf.  Diese  beiden  Aktionen 
werden  an  jener  späteren  Stelle  zusammengefafst  mit  ixßia^o^ivovg:  sie 
werden  überwältigt.  Vielleicht  hat  ein  Korrektor  die  erste  Stelle  nach 
der  zweiten  verbessern  wollen;  doch  könnte  ixßiaö&svtag  auch  durch 
einen  blofsen  Hörfehler  beim  Diktat  entstanden  sein;  im  Faijüm 
„sächselte"  man  ja  bekanntlich  recht  stark. 

Während  bei  den  meisten  Autoren,  von  denen  wir  jetzt  Hand- 
schriften aus  dem  Altertume  kennen  gelernt  haben,  sich  herausgestellt 
hat,  dafs  die  Corruptelen  meist  schon  im  Altertum,  nicht  erst  im 
Mittelalter  entstanden  sind,  so  gilt  das  für  die  vorliegenden  Poljbius- 
fragmente  nur  zum  kleinen  Teil. 

Dahin  gehört  Dl:  ;^pd]i'o|.  t \coQcc[ti,8vov.  Auch  wenn  man  mit 
den  jüngeren  Hss.  XQ^^^v  liest  statt  des  sinnlosen  iQ^^^v  des  Urbinas 
(F),  so  ist  doch  das  einfache  acoQa^ivov  hier,  wo  die  Bedeutung  des 
Vorhersehens  unerläfslich  ist,  kaum  richtig.  Wohl  mit  Recht  verbesserte 
daher  Naber:  TtQOScoQu^ivov.  Die  Vermutung  von  Hultsch,  dafs  xqo^^ov 
aus  jiQo  verderbt  sei,  ist  wegen  des  bei  Polybius  so  häufigen  ix  tcoX- 
lov^)  recht  wahrscheinlich,  und  wird  mir  noch  plausibler,  wenn  ich 
an  die  schon  aus  den  Herculanensischen  Rollen  bekannten  Abkürzungen 
"^  und   fi    denke. 


1)  Gerade  nach  (pfvysiv  ist  der  Genetiv  nach    iit)  bei  Polybius  das  Übliche. 

2)  Freilich  begegnet  einmal  auch  ix  -jtolXov  xQÖvov.  2,  3,  3. 


Ulrich  Wilcken:  Ein  PoljlHustext   ftuf  Papyrus  393 

Als  alte  Corruptel  erweist  sich  ferner  —  wenigstens  zum  Teil  — 
die  sinnlose  Tradition  in  11,  16,  0:  xal  (lazQccv  avtbv  i^TioQsla  öiaßdX- 
kei  (FS),  in  sofern  auch  E  10  ff.  dieselbe  Verstümmelung^)  zeigt.  Aber 
was  dasteht,  ist  im  Einzelnen  besser  als  in  der  mittelalterlichen  Tra- 
dition. Verstanden  kann  der  Schreiber  diesen  verstümmelten  Satz  ja 
nicht  haben,  aber  rein  mechanisch  hat  sich  in  i^nogaCac  —  auch  sonst 
schreibt  der  Pap.  Jota  adscriptum  —  die  gute  Lesart  herübergerettet, 
und  zwar  in  altertümlicher  Schreibart  (ji  für  v  vor  n).  Schweighäusers 
Konjektur  iv  jtoQsta  wird  damit  bestätigt.  Ebenso  bietet  der  Pap. 
in  diaßalsl^  das  schon  Scaliger  gefordert  hatte,  wenigstens  eine  futu- 
rische Form,  wie  man  sie  hier  erwarten  mufs.  Wie  der  Satz  zu  heilen 
ist,  weifs  ich  nicht. 

Dies  leitet  hinüber  zu  den  Stellen,  an  denen  der  Papyrus  statt 
der  überlieferten  Corruptelen  den  reinen  Text  bietet.  Das  gilt  vor 
allem  von  11,  16,  2,  wo  Reiskes  xaraßdösi^  das  er  aus  dem  tradierten 
xaraßatvovtsg  herausgeholt  hat,  aufs  beste  bestätigt  wird.  Dagegen 
sind  die  weiteren  Vorschläge  für  das  Verbum,  ävaßacvovtsg  (Schweigh.) 
oder  ^dhv  cc.  (Hultsch,  Bütt.-W.)  oder  ccvLovtsg  (Madvig)  gegenüber 
dem  ■jiQoqßaCvovTEg  des  Papyi'us  aufzugeben.  Man  erwartet  hier  ein 
Wort  für  das  Hinaufklettern  (aus  der  Tiefe  des  Grabens);  in  dieser 
Bedeutung  aber  begegnet  nQogßaCvELV  bei  Polybius  häufig.  Vgl. 
Schweighäusers  Lexicon.  Auch  der  Hiatus,  der  Hultsch  zur  Einschie- 
bung  von  Ttdhv  bestimmt  zu  haben  scheint,  ist  so  beseitigt. 

Auch  die  folgenden  Worte  TtQog  vTtsQÖs^tovg  tovg  nole^tovg  statt 
des  fehlerhaften  nQog  tovg  i).  r.  7t.  bieten  die  reine  Lesart  und  bestä- 
tigen Schweighäusers  Streichung  des  ersten  tovg. 

Zu  den  guten  Lesarten  des  Papyrus  rechne  ich  ferner:  to  in  E  2, 
das   in  den   Codd.  fehlt,    aber   schon  von   Casaubonus    eingesetzt    war. 

TÖ  dv6%Qi!]6tov  in  E  6  statt  des  unsinnigen  rijv  dv6xQ7]6tov  der 
Codd.  Die  Konjektur  von  Ursinus  trjv  dv6%Qr^6Tiav^  die  auch  Hultsch 
und  Büttner -Wobst  aufgenommen  haben,  hält  vor  der  überzeugenden 
Lesung  des  Papyi-us,  die  übrigens  schon  Casaubonus  vorgeschlagen  hatte, 
nicht  Stand. 

Ferner:  sTtdyEiv  in  D  2,  statt  des  überlieferten  vjtdysiv.  Abgesehen 
davon,  dafs  vjidystv  sich  nur  an  dieser  Stelle  bei  Polybius  finden  würde, 
wird  mii'  die  Richtigkeit  von  ijidysiv,  das  schon  Ai'cesius  verlangt 
hatte,  Hultsch  nicht,  wohl  aber  Büttner -Wobst  in  den  Text  aufge- 
nommen hat,  dadurch  gesichert,  dafs  in  11,  15,4  inbezug  auf  dieselbe 
militärische   Aktion    gesagt  ist:    fisvsLv^   scog    dv  naQayyEClr]  noui6%-at 


1)  Vgl.  Naber  in  Mnemosyne  VI  S.  249. 


394  I-  Aufsätze 

ttjv  inayay^v  avaai^.  Hier  entspricht  das  notElöd'ai  rijv  STiaycDyi/iv 
dera  iicdysiv  der  späteren  Stelle. 

d'OQaxiTag  in  C  3  statt  coQaxLtag,  was  schon  Ursinus  verbessert 
hatte. 

ysvo^svov  in  E  4  statt  yivöfisvov. 

Endlich  halte  ich  auch  den  Artikel  tov  vor  dtcSy^atog  in  C  8,  der 
in  den  Codd.  fehlt,  für  eine  Verbesserung,  nicht  etwa  für  einen  irr- 
tümlichen Ersatz  für  das  fehlende  täv  £x,  denn  vom  ölcokslv  ist  vorher 
gesprochen.     Vgl.  auch  11,  17,  4:  rrjv  ccTtb  tov  dicoy^arog. 

Schwieriger  ist  die  Beurteilung  von  B  6:  TtaQa  ti]v  xav  [ca.  10  Buch- 
staben äyilCvoiav  statt  des  Ttagä  xriv  avröi^  ay%Cvoiav  der  Codd.  Po- 
lybius  exemplifiziert  hier  an  der  Schlacht  von  Mantinea  (207  v.  Chr.) 
die  Richtigkeit  seiner  Anschauung,  dafs  die  i^neLgCa  resp.  aTtsiQi'a  der 
Feldherrn  meistens  die  Schlachten  entscheide.  Er  rühmt  es  beson- 
ders, wenn  der  Feldherr  nach  anfänglichem  Mifserfolg  durch  Selbst- 
beherrschung und  Beobachtung  der  Schwächen  des  Feindes  schliefslich 
doch  noch  den  Sieg  emngt.  Ich  betone,  dafs  er  hier  (c.  14,  3)  vom 
Feldherrn  im  Singular  spricht  {kaßovxa  tcxX.).  Danach  fährt  er  fort 
(nach  den  Codd.):  idstv  yovv  e6ti  noXXdxig  xovg  ^sv  7]d'r]  doxovvxag 
TCSTCQOTEQrjxivai  ^sx'  oXiyov  xolg  okoig  söcpaX^isvovg^  xovg  ö'  iv  KQj(^cäg 
ö6h,avxag  sjtxaixevaL  TcdXiv  ix  usxaßoXfjg  Tcagä  xijv  avxüv  ay%ivoiav 
xa  ola  7taQad6i,ag  xaxoQd'a'Koxag.  Der  Leser  mufs  unter  den  xovg 
trotz  des  Wechsels  des  Numerus  wegen  des  avxüv  wieder  die  Feld- 
herren verstehen,  und  das  bestätigen  die  darauf  folgenden  Worte:  ö  di] 
xal  x6x£  7tQ0(pav(ög  idöxEt  Ttsgl  xovg  riys^övag  a^cpoxsQOvg  ysyovevai, 
worauf  erzählt  wird,  wie  durch  die  Kurzsichtigkeit  des  Mu%avL8ag 
und  die  Greistesgegenwart  des  Philopoemeu  Letzterem  schliefslich  doch 
der  Sieg  zufällt.  Wenn  unser  Papyrus  nun  an  der  strittigen  Stelle 
xriv  x&v  —  ayiivoLav  hat,  so  ist  klar,  dafs  bei  dieser  Lesung  mit 
xovg  ftfv  —  xovg  de  nicht  die  Feldherrn,  sondern  die  feindlichen  Par- 
teien, die  Truppen  gemeint  sind,  denn  hinter  xdv  wird  man  kaum 
etwas  anderes  als  eine  Bezeichnung  für  die  Feldherrn  ergänzen  können. 
Ich  proponiere  xCbv  tcqoeöxcöxcov,  was  genau  der  zu  erwartenden  Buch- 
stabenzahl  entspricht,  unter  Hinweis  auf  c.  16,  4,  wo  Polybius  den  Sieg 
des  Philopoemen  charakterisiert  mit  den  Worten:  övvsßaive  de  xb  tzqo- 
ELQYluhvov  ovK  avxo^dxcjg  ovo'  ix  xov  xaiQOv^  Ötä  ös  xrjv  ay%CvoLav 
xov  jiQOEöxüxog,  doch  wäre  auch  xüv  'i]yov^evcov  denkbar. 

Haben  nun  die  Codices  oder  unser  Papyrus  Recht?  Ich  dtiike, 
wir  müssen  an  der  Lesung  der  Ersteren  festhalten,  denn  der  folgende 
Satz  o  de  xal  xoxe  TtQorpavCag  idoxsL  TteQi  Tot»g  rjys^ovag  d^g)oxeQovg 
yeyovivui    pafst    mit  voUer   logischer  Schärfe   nur  dann    zu    dem  Vor- 


Ulrich  Wilcken :  Ein  Polybiustext  auf  Papyrus  395 

hergehenden,  wenn  man  in  dem  tovg  ^tv  —  tovg  Öl  die  Feldherrn 
sieht.  Nur  dann  ist  auch  wirklich  von  beiden  Feldherrn  vorher  die 
Rede  gewesen  —  und  Polybius  hebt  ausdrücklich  dfig)ortQovs  her- 
vor — ,  während  sonst  nur  auf  den  einen,  den  Philopoemen  ausdrück- 
lich hingewiesen  wäre  und  auch  dies  nur  in  einer  Nebenbemerkung. 
Die  Lesung  des  Papyrus  ergiebt  sich  somit  entweder  als  eine  Inter- 
polation, die  dann  aus  jener  späteren  Stelle  geschöpft  wäre,  oder 
aber  als  ein  einfacher  Schreibfehler:  das  Auge  des  Schreibenden  mag 
abgeirrt  sein  auf  das  TtaQa  Trjv  rüv  Tjyov^isvcov  resp.  TCQOBötditcov^  das 
acht  Zeilen  vorher  gestanden  hat,  wenn  es  auch  in  unseren  Codices 
fehlt.  1) 

Fassen  wir  alles  zusammen,  so  hat  sich  ergeben,  dafs  der  Faijümer 
Papyrus  zwar  nicht  ohne  Fehler  ist,  auch  zwei  Korruptelen  mit  den 
Codices  gemein  hat,  andrerseits  aber  doch  an  einer  ganzen  Reihe  von 
Punkten  die  mittelalterliche  Tradition  verbessert.  Nicht  ohne  Interesse 
ist,  zu  konstatieren,  dafs  durch  diese  kleinen  Fetzen  1  Textverände- 
rung von  Scaliger,  1  von  ürsinus,  2  von  Casaubouus,  1  von  Arcesius, 
1  von  Reiske  und  2  von  Schweiffhäuser  bestätigt  werden. 


1)  c.  14,  2    TtccQcc  xi]v    Tcav    i]Yovfi£vo}v    add.    Gro.,    wozu    Schweighäuser    auf 
9,  12,  4  verweist. 

Würz  bürg.  Ulrich  Wilcken. 


Arcliiv  f   Papyiusforschiiug  I.  3.  26 


Heidnisches  und  Christliches  ans  Ägypten. 

Der  Wunsch,  von  möglichst  vielen  Seiten  aus  in  das  Verständnis 
der  Papyri  einzudringen,  hat  mich  in  letzterer  Zeit  dazu  veranlafst, 
sie  auch  einmal  unter  dem  Gesichtspunkt  der  Religionsgeschichte  zu 
betrachten,  Weim  ich  auch  noch  in  den  Anfängen  bin^  habe  ich  doch 
schon  mit  Freude  empfunden,  wie  so  mancher  Text  ein  ganz  neues 
Interesse  dadurch  für  mich  gewonnen  hat.  Ein  paar  kleine  Ergeb- 
nisse, die  vielleicht  auch  Anderen  dies  oder  jenes  Neue  bringen,  erlaube 
ich  mir  hier  mitzuteilen. 

I. 
Das  Christentum  auf  der  Insel  Pliilae. 

Seit  den  grundlegenden  Arbeiten  Letronnes,  die  unter  dem  Titel 
„Materiaux  pour  l'histoire  du  christianisme  en  Egypte,  en  Nubie  et  en 
Abessinie"  in  seinen  Oeuvres  choisies  I  S.  1  ff.  wieder  abgedi'uckt  sind^), 
wissen  wir,  dafs  auf  der  an  der  Südgrenze  Ägyptens,  unmittelbar  süd- 
lich vom  ersten  Katarrakt  gelegenen  Insel  Philae  der  Isiskultus  erst 
unter  Justinian  durcli  das  Schwert  des  Narses  zerstört  worden  ist.  Die 
Hauptzeugnisse  für  dies  lange  Fortbestehen  des  heidnischen  Kultus  sind 
in  aller  Kürze  folgende: 

Nach  Procop  (de  hello  pers.  I  19)  hat  Diokletian  die  südwärts  sich 
anschliefsenden  römischen  Besitzungen  (die  Dodekaschoinos)  preisgegeben 
und  den  Nubiern  (Noßdrai)  als  Gegengewicht  gegen  die  räuberischen 
Blemyer  überlassen "),  Philae  aber  als  südlichsten  Stützpunkt  der  rö- 
mischen Macht    von    neuem    befestigt. '')      Zugleich   hat   er   den   beiden 


1)  Vgl.  auch  Eugene  Revillout,  Memoire  sur  les  Blemmyes  (Memoires  de 
TAcademie  des  inscript.  et  belies  -  lettres  VIII  2.  371  ff.). 

2)  Ob  Procops  Nachrichten  über  diese  Völkerschiebungen  im  Einzelnen  richtig 
sind,  lasse  ich  dahingestellt.  Dieser  ganze  Bericht  ist  nur  in  den  Hauptzügen 
verläfslich,  vom  Detail  hat  er  keine  richtigen  Vorstellungen  mehr  gehabt.  Vgl. 
die  nächste  Anmerkung. 

3)  Wenn  Procop  mit  den  Worten  cpgovQiov  ts  tavrrj  öniiid^uvog  ^j^vqojtcctov 
hat  sagen  wollen,  wie  allgemein  angenommen  wird,  dafs  erst  Diokletian  die  Insel 
befestigt  habe,  so  ist  das  ebenso  unrichtig  wie  seine  Etymologie  des  Namens  ^iXcci. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten  397 

barbarischen  Völkern  abgesehen  von  einem  jährlichen  Tribut  auch  die 
Teibiahme  am  Isiskult  von  Philae  gewähren  müssen.  Die  letztere  Be- 
stimmung ist  wieder  aufgenommen  worden  in  den  Vertrag,  den  Marcians 
Feldherr  Maximinus  mit  den  Blemyern,  die  inzwischen  die  Nubier  aus 
der  Dodekaschoinos  vordrängt  hatten,  im  J.  451  auf  100  Jahre  abge- 
schlossen hat  (Priscus,  FHG  IV  S.  100).  Diese  Nachricht  findet  ihre 
Bestätigung  in  gewissen  von  Letronne  eingehend  interpretierten  grie- 
chischen Inschriften  aus  Philae  (Oeuvres  S.  57  ff.),  durch  die  für  das 
J.  452  Isispriester  auf  Philae  bezeugt  werden.  Noch  Marinus  im  Leben 
des  Proclus  (geschrieben  nach  486)  nennt  ~l6iv  xr)v  Kaxä  rag  ^Clag 
exL  ri^cofisvTjv  (cap.  19).  Nach  Procop  1.  c.  hat  endlich  dieser  Isiskult 
erst  durch  Narses  sein  Ende  gefunden. 

Mit  Rücksicht  auf  die  folgenden  Erörterungen  füge  ich  noch  einige 
weitere  urkundliche  Zeugnisse  hinzu,  die  in  diesem  Zusammenhang  noch 
nicht  verwertet  zu  sein  scheinen.  Eine  demotische  Inschrift  auf  Philae, 
die  H.  Brugsch  (Thesaurus  inscript.  aeg.  V  S.  1008)  entziffert  hat,  be- 
zeugt Isispriester  für  das  J.  110  Diokl.  ==  393/4  n.  Chr.,  und  eine  andere 
ebendort  gleichfalls  Isispriester  für  das  J.  190  Diokl.  =  473/4  n.  Chr. 
Endlich  nennt  die  griechische  Inschrift  bei  Lepsius  VI  gr.  314  (s.  unten 
S.  413)  Isispriester  für  das  J.  173  Diokl.  =  456/7  n.  Chr. 

In  chronologischer  Folge  liegen  somit  folgende  Zeugnisse  für  das 
späte  Fortbestehen  des  Isiskultus  auf  Philae  vor: 

Diokletian  —  Procop  1.  c. 

a.  393  —  demot.  Inschr. 

a.  451  —  Priscus  1.  c. 

a.  452  —  griech.  Inschr.  (Letr.  1.  c). 

a.  456/7  —  griech.  Inschr.  (Leps.  gr.  314). 

a.  473/4  —  demot.  Inschr. 

nach  486  —  Marinus  1.  c. 

Justinian  —  Procop  1.  c. 
Aus  diesem  Thatbestand  ist  nun  seit  Letronne  der  Schlufs  gezogen 
worden,  dals  das  Christentum  auf  Philae  erst  nach  der  Zerstörung  des 
Isiskultus  unter  Justinian  eingeführt  sei,  und  Letronne  fand  eine  Be- 
stätigung dieser  Annahme  in  den  S.  77  ff.  von  ihm  eingehend  behan- 
delten Inschriften  aus  der  zweiten  Hälfte  des  VI.  Jahrhunderts,  die  von 
den  Bauten  des  christlichen  Bischofs  Theodoros  von  Philae,  im  beson- 


Denn  dafs  Philae  schon  in  der  Ptolemäerzeit  befestigt  war,  zeigt  eine  m.  "W .  noch 
nicht  verwertete  Inschrift  bei  Lepsius,  Denkm.  VI  gr.  207,  die  eines  'A]7to[X]XcovLov 
xu>v  Si\ad^6%\a)v  qpjpo[v]pap;^ov  ^lXwv  gedenkt.  Letronne  a.  a.  0.  71  folgert  aus 
Procop,  dafs  die  Befestigungsreste  auf  Philae  aus  diokletianischer  Zeit  stammen. 
üas  ist  von  archäologischer  Seite  von  neuem  zu  prüfen. 

26* 


398  I-  Aufsätze 

deren  von  der  Umgestaltung  des  Isistempels  in  eine  christliche  Kirche 
handeln.^)  Dieser  Schlufs  scheint  so  zwingend  zu  sein,  dafs  man  wohl 
jeden,  der  auf  die  Möglichkeit  hingewiesen  hätte,  dafs  trotzdem  auch 
schon  im  TV.  oder  V.  Jahrhundert  neben  dem  Isiskult  das  Christentum 
auf  der  Insel  bestanden  haben  könnte,  mit  Kopfschütteln  betrachtet 
hätte.  Dennoch  würde  dieser  Skeptiker  Recht  behalten  haben,  wie 
sich  aus  dem  Leidener  Papyrus  Z  erweisen  läfst. 

Dieser  Papyrus,  der  auf  Philae  gefunden  sein  soll,  ist  nach  Vor- 
arbeiten von  Kiehl  schon  im  J.  1885  von  Conrad  Leemans  ^)  ediert, 
später  nochmals  von  K.  Wessely  behandelt  worden^),  aber  keiner  von 
ihnen  hat  in  seinem  Kommentar  auf  die  für  die  Geschichte  des  Christen- 
tums auf  Philae  so  wichtigen  neuen  Aufschlüsse  der  Urkunde  hinge- 
wiesen. *)  Daraus  erklärt  sich,  dafs  auch  die  Theologen,  so  weit  ich 
sehe,  an  ihr  vorübergegangen  sind.  So  trägt  Victor  Schnitze  in  dem 
1892  erschienenen  IL  Teil  seiner  „Geschichte  des  Unterganges  des 
griechisch-römischen  Heidentums",  der  ich  viel  Belehrung  verdanke,  in 
dem  Abschnitt  über  Ägypten  auf  S.  228  ff.  die  alte,  von  Letronne  be- 
gründete Ansicht  vor.  „Im  vierten  und  fünften  Jahrhundert",  sagt  er 
unter  anderem,  „richteten  sich  in  der  zweiten  Thebais  mehrere  Bis- 
tümer in  den  Nomenhauptstädten  ein,  auch  in  Ombos  in  kurzer  Ent- 
fernung von  Philae".  Der  Leidener  Papyrus  zeigt  aber,  dafs 
es  damals  in  noch  viel  gröfserer  Nähe,  nämlich  in  Syene- 
Elephantine    (unmittelbar    nördlich     vom    Katarrakt)     einen 


1)  Nach  Lepsius'  Abklatschen  mit  zahlreichen  Verbesserungen  wieder  ediert 
in  CIGr.  IV  8646 — 8649.  Nur  hiernach  zu  benutzen.  Ich  finde  in  Lepsius'  Denk- 
mälei-n  unter  gr.  303  noch  eine  bisher  nicht  beachtete  Inschrift,  die  sich  auch  auf 
diese  Umgestaltungen  der  Tempelräume  zu  beziehen  scheint.  Der  Anfang  dieser 
stark  verstümmelten  Inschrift  lautet: 

<^'Eyy^vSTO  6  TOTtog  ovrog 
iv   6v6[^ccri  tfj£  äyiag  %cc]l 
u^oo[vaLov  TQiddog  ■nrX. 
Das  erste  Wort  nach  Lepsius  OT6N6TO. 

2)  Papyri  graeci  Musei  antiquarii  Lugduni-Batavi,  ed.  C.  Leemans.  Leiden 
1885  S.  263  ff. 

3)  XrV.  Jahresber.  d.  k.  k.  Rtaatsgymn.  Hernais  1888  (Ein  bilingues  Majestäts- 
gesuch aus  dem  J.  391/2  n.  Chr.).  Hierzu  vgl.  meine  Besprechung:  Berliner  phil. 
Wochenschr.  1888,  29.  Sept.,  Nr.  39,  Sp.  1205  ff. 

4)  Krall  weist  in  seinem  klaren  Überblick  über  die  Geschichte  der  Blemyer 
zwar  auf  den  Papynis  hin,  zieht  aber  gleichfalls  keine  Schlüsse  daraus  nach 
obiger  Richtung,  sondern  erzählt  trotzdem  die  Geschichte  der  Christianisierung 
im  Anschlufs  an  Letronne  und  Revillout.  Vgl.  Denkschr.  Wien.  Akad.  XL  VI  (1900): 
„Beiträge  z.  Geschichte  d.  Blemyer  und  Nubier"  S.  11. 


Ulrich  Wilckcn:  HeidniHches  und  CliriKtHcliOB  auH  Äfrypten  399 

christlichen   Bischof  gegeben  hat,   ja  dal's   auf  Pliilae   selbst 
damals  christliche   Kirchen   gestanden  haben! 

Der  Papyrus  Leid.  Z,  dessen  Facsimile  man  bei  Leemans  ver- 
gleiche^), ist,  wie  ich  in  der  Berliner  philol.  Wochenschrift  1888 
Sp.  1205  ff.  gezeigt  habe,  der  Schluls  eines  Kaiserreskriptes,  das  durch  eine 
Bittschrift  des  Bischofs  Appion  von  Syene,  Contrasyene  und  Elephantine 
veranlafst  war.  Das  lateinische  Reskript  selbst,  das  wohl  in  ähnlicher 
Kanzleischrift  wie  die  örtlich  und  zeitlich  dazugehörigen  Mafsmannschen 
Urkunden  geschrieben  war,  ist  verloren  gegangen.  Die  grofsen  latei- 
nischen Buchstaben  am  Anfang  des  Leidensis  werden  der  Datierung 
desselben  angehören  (s.  unten).  Darauf  folgt  auf  einem  vom  Kanzlisten 
in  flotten  Strichen  abgetrennten  Räume  in  feiner,  eleganter  Kursive  der 
Grufs  hene  valere  te  cuphnus,  der  nach  Lage  der  Dinge  ein  kaiserliches 
Autogramm  sein  mufs  (vgl.  oben  S.  374).  Hierauf  folgt  mit  der  Über- 
schrift exewphiin  precuni  die  Abschrift  der  Eingabe,  deren  Original  also 
in  der  kaiserlichen  Kanzlei  zurückbehalten  war.  ^)  Diese  Bittschrift, 
die  uns  die  wichtigen  Aufschlüsse  über  die  Christianisierung  der  Gegend 
giebt,  teile  ich  im  folgenden  nach  meiner  Lesung  mit,  wie  sie  sich 
mir  im  Lauf  der  Jahre  ergeben  hat,  der  Kürze  wegen  ohne  die  zahl- 
reichen Abweichungen  meiner  Vorgänger  zu  notieren.  Bin  ich  auch 
in  manchen  Punkten  über  sie  hinausgekommen,  so  bleibt  doch  noch 
genug  zu  thun  übrig;  eine  nochmalige  Revision  des  Originals  wäre 
sehr  erwünscht. 

1  Totg  yijg  xal  d'aXaöörjg  xal  7tccvrb[g  äv]d'QC)7fcov  s&vloif^g  kkl  yivovg 
\ß\£6%6raLg  O\k{aovioig^^  Ssodoötc)  aal  BaXsvxivtava  rolg  \ai\c3- 
v[fc]oig  Avyo\y6toig^ 

2  Ö£r]6ig  xal  Cxsöia  :iaQ[a]  'AiiniG)vog  i7ii6yi6jto\v\  ksysövog  Zlvrivrig 
xal  KEv[rQa6v'^^v^]g  aal  'EXecpavTCviqg  litagxCag  rijg  viisx^Qag^  "Ava 
(ü)\r]\ßaCöog. 

3  El'cod'sv  r]  v^£t8Qa  cp[i,X]avd'QC07iia  TCäöSLV  totg  dsouivoig  %slQa  de- 
^lav  OQsysLVj  \o]d-sv  xäyoj  rovro  aacpüg  ^s^ad^r^xhg  iiil  rdgds  rag 
d[s]7]6sig 

1  ^^[Xl]g  Pap.       3  d[e]-^68ig  am  Orig.  gelesen,  im  Facs.  nicht  klar. 


1)  Auf  die  paläographische  Wichtigkeit  des  Textes  habe  ich  oben  S.  373/4 
hingevriesen. 

2)  Der  griechische  Text  ist  also  in  der  kaiserlichen  Kanzlei  geschrieben 
worden,  wahrscheinlich  nach  Diktat;  damit  erklären  sich  manche  orthographische 
Eigenheiten  (wie  vnovQyovasv ,  Xaysovog  =  regionis),  auch  die  Mifshandlung  der 
dem  Kanzlisten  ferner  liegenden  Eigennamen:  BXevvvav  für  BI^ilvcov  und  'Avvov- 
ßääwv  für  rcbv  Novßccöcov. 


400  I-  Aufsätze 

4  il^X{y]d-a   [t]ou  7rQdyn[arog^   ovtog  ev  [r^ovroig^   sv  ^söa  tav  alt- 

T7J^[t]cOV    ßaQß(XQ[cOV    iU.]£[T]«    XÜV   S^ÜV    i}C7(?.rj6LCÖV    Tvy%dvc3V^    X&>V  TS 

5  ^£Ta|u  aal  <(tö^v  N[o^vßddc}[v  ....  tä]g  tckq'  axsi\vo3v  .... 
]a9?[.  .  .]  x\ttt^adQO^[äg  oju  ^avofisv  ovSsvbg  öt^aTiditov  7CQOSL0t\a- 
liE^vov  xav 

6  riiisxsQcav  xoTtcov.     'Ex  xovtov £  fista7iL7i\x(o]  ^sx[cc  ta]v  ix- 

xh][6^t6j[v]  ocal  ^rj  d[vva^^sv(X)V  ^rjxh  tro[t]g  avxaig  nQo6q)£vyov6SLV 

BTta^VVElV 

7  7CQo6JTL7tx(o  TCQOXvhvöov^svog  xa)v  d-EiOv  v^äv  xal  axQK\vxG}v  t];;t[vöi^ 
w]g  xa[xa]^L0j6ui  ^eöniGai  (pQ0VQ£i6[d']aL  T«[g  sy^äg] 

8  dyiag  exxlrjöiag  vnh  xüv  ticcq'  yj^slv  <5xQaxico\xCb\v  x\aX\  hti%'i6d'\ai 
avxo\vg  s  .  .  [•  ■  •  v]7taxov£iv  tisqI  ndvxcov  xa-O'wg  ol  ev  OCXa 
[KdjöXQcc 

9  xaXov[i£v[G}l;    cpQovQLG)    XTjg    v^ExeQag   "Av\g)\    ®yißai8o\g]    xaxa\pxa- 

(sic) 

d-ivxEg^^  QxQKx'liGjxali   v7tovQyov6sv  xatg  iv  OCXa   dyiaig  roi)  i)-£o['i)] 

10  £xxh]6Ccag.    Ovxa  yuQ  ^vv■r]6\6^l]£\^^^a  ddel&g  t,Si]vx£g  [ ]£wt[.  . .]. 

xüg  ^£X£iivai  vo^od^eöiag  ....[.,.] 

11  ßuQvxdxTjg  6Q£i,o^£vrjg  xaxd  t[ö]v  7ialQ]aßdv[x(DV.^  ..[..]...[..  .]/3ög 
TiaQ^  VjtaTi?'  ^£6nL6  ....  xal  .  .  . 

12  övvaQTiayijg  xov  dt'  ivavxtag  [^^EQOvg  ysvo^^a^vrj^g^  y]fi£  .[...]'»;... 
[.  .  .^6xoXat,ov  .  .  .  d-£Lag  v^&v  [xal] 

13  iÖLKrig  x[d]QLtog  tieqI  xovxoi^  cpoixäöiqg  7iQ\o\g  xov  ^EyaXon\ߣ7t£6xa- 
t]ov  xal  TieoißkETilxov]  xdjw.tT[a]  xal  öovxo; 

14  xov  &rjßaixov  Xi^itov.  Kai  xovxov  xv^cov  v\jio\  (Jvv^'9'£[t]o;ff  *[^]- 
y^ ]  Tt3  d^sa  v7t£Q  xov  al(iovio[v  v]fiß}\y  /3]t[ov] 

15  ölcc  Tcavxög. 

4  ßXsvvva    Pap.  5  xai    avv[o]vßaS(o    Pap.    —   v    in    o]v    unsicher. 

6  1.  fi7]d£.  8  Falls  [■Kcc\6TQc:  richtig  {ovrco  Lee.  Wess.),  so  ist  gemeint:  iv  ^iXco 

<^iv  Tc5)>  KäoTQcc  y,aX.  cpQ.         9  1.  VTtovQyovaiv. 

Appion,  der  Bischof  der  Regio  ^)  von  Syene,  Contrasyene  und  Ele- 
phantine,  wendet  sich  hiermit  an  die  Kaiser  Theodosius  und  Valentinian 
mit  der  Bitte  um  militärischen  Schutz  für  sich  und  seine  Kirchen. 
Er  befinde  sich  mitten  zwischen  den  sündhaften  Barbaren,  den  Blemyern 
und  Nubaden,  deren  Angriffe  er  sich  ohne  militärische  Hülfe  nicht  er- 
wehren könne.  Er  bitte  daher  die  Kaiser,  zu  befehlen,  dafs  die  bei 
ihm  bereits  stationierten  Truppen  seine  heiligen  Kirchen  beschützten, 
wie  auch  die   Soldaten   auf  Philae,  in  der  Castra  genannten  Festung, 


1)   So  ist  Isytövog  aufzufassen,  wie  Wessely  richtig  bemerkt. 


Ulrich  Wilcken:  Heiflnisclies  und  Christliches  aus  A^yTpten  -401 

den  auf  Philae  befindlichen  heiligen  Kirchen  Gottes  zur 
Verfügung  ständen.  Die  kaiserliche  Entscheidung  möge  an  den  comes 
und  dux  des  limes  Thebaicus  gehen. 

Um  von  unserm  Hauptthema  nicht  abzuschweifen,  unterlasse  ich 
jeden  Kommentar  zu  Einzelheiten,  die  diesem  fernliegen^),  und  begnüge 
mich  zu  konstatieren,  dafs  hier  mit  aller  Deutlichkeit  bezeugt  wird: 

1)  dafs  damals  Syene,  Contrasyene  und  das  dazwischen  liegende 
Elephantine  ein  Bistum  bildeten,  und 

2)  dafs  damals  auf  Philae  sich  christliche  Kirchen  befanden. 
Diese  philensischen  Kirchen  unterstanden  offenbar  nicht  dem  Bischof 
des  benachbarten  Syene,  da  Philae  sonst  bei  der  Beschreibung  seiner 
Regio  nicht  hätte  übergangen  werden  können.  Auch  bezeichnet  der 
Bischof  die  in  seiner  Regio  befindlichen  Kirchen  als  „meine  Kirchen", 
während  er  von  den  philensischen  als  von  tatg  iv  OtX(p  äyiaig  rov 
&60V  ixKlrjöiccis  spricht.  Vielleicht  gab  es  in  Philae  einen  eigenen 
Bischof. 

In  welche  Zeit  fällt  mm  diese  denkwürdige  Bittschrift?  Man  hat 
die  Wahl  und  die  Qual,  ob  man  unter  den  genannten  Kaisern  Theo- 
dosius  I.  und  Valeutinian  II.  oder  Theodosius  IL  und  Valentiuian  III. 
verstehen  soll.  In  den  sechziger  Jahren  hat  sich  Leemans  für  die 
letztere  Alternative  entschieden,  wie  aus  Mommsens  Mitteilung  in 
Stobbes  „Jahrbüchern  des  gemeinen  deutschen  Rechts"  VI  (1863)  S.  413 
Ajim.  15  hervorgeht.  ^)  Dagegen  bei  der  Edition  im  J.  1885  hat  er 
diese  Möglichkeit  überhaupt  garnicht  erwähnt,  sondern  betrachtet  es 
als  selbstverständlich,  dafs  Theodosius  I.  mid  Valentiniau  IL  gemeint 
seien,  und  berechnet  unter  dieser  Voraussetzung  das  J.  391/2  als  das 
der  Absendung  der  Bittschrift.  Ihm  folg't  ohne  ein  Wort  der  Erklä- 
rung Wessely.  Ich  bekenne,  lange  geschwankt  zu  haben,  welches  der 
beiden  Kaiserpaare  gemeint  sei.  Für  die  Beziehung  auf  das  spätere 
schien  zu  sprechen,  dafs  misere  Urkunde  wohl  demselben  Funde  an- 
gehört wie  die  Mafsmannschen  Urkunden,  die  gleichfalls  lateinische 
Kaiserreskripte   sind    und    gleichfalls    aus    Philae    (resp.   Elephantine?) 


1)  Nur  zu  meiner  allerdings  nicht  ganz  sicheren  Lesung  [xccjatga  in  Z.  9 
(s.  oben  Fufsnote)  möchte  ich  bemerken,  dafs  diese  castra  auch  in  einer  bisher 
wohl  nicht  verwerteten  Inschrift  bei  Lepsius  gr.  198  begegnen:  iTtei&ij  xort  zb 
TiccGTQov  Tj^mv  avsvs(oö£v.  Der  Name  hat  sich  noch  bis  heute  erhalten :  die  Araber 
nennen  die  Insel  neben  Geziret  Anas  el-Wogiid  auch  Kasr. 

2)  Wessely  schlüpft  über  die  Schwierigkeit  hinweg,  indem  er  S.  43  Anm.  3 
in  einem  sonst  wörtlichen  Abdruck  der  Mommsenschen  Anmerkung  willkürlicher- 
weise den  Wortlaut  verändei-t  und  „Theodosius  und  Valentinian"  schreibt  statt 
„Theodosius  IL  und  Valentinian  III.  (425 — 450)". 


402  I-  Aiif Sätze 

stammen;  diese  aber  gehören,  wie  Mommsen  gezeigt  hat,  der  Zeit  des 
zweiten  Theodosius  an. 

Jetzt  hat  sich  mir  die  Frage  in  letzter  Stunde  durch  einen  der 
Münchener  Papyri  (s.  weiter  unten)  gelöst.  In  einer  Bttrgsehafts- 
urkunde  vom  J.  390,  die  also  ungefähr  in  dieselbe  Zeit  fällt,  in  die 
Leemans  den  Leidensis  setzen  wollte,  werden  im  Schwur  die  Kaiser  in 
folgender  Reihenfolge  aufgeführt:  Valentinian  IL,  Theodosius  I.  und 
Arcadius  (perpetui  Augusti),  darauf  Honorius  als  Caesar.  Man  nannte 
also  Valentinian  IL  vor  Theodosius  L,  offenbar  weil  Letzterer  erst  später 
als  Kaiser  hinzugetreten  war.  Ob  bei  Leemans'  Datierung  die  Bitt- 
schrift auch  an  Arcadius  hätte  gerichtet  werden  müssen,  lasse  ich 
dahingestellt;  man  kann  zugeben,  dafs  bei  einer  Bittschrift  die  Be- 
schränkung auf  die  beiden  älteren  Kaiser  immerhin  möglich  gewesen 
wäre.  Aber  da  der  Leidensis  den  Theodosius  vor  dem  Valentinian 
nennt,  so  wird  man  ihn  auf  den  zweiten  und  dritten  Kaiser  dieses 
Namens  beziehen  müssen,  weil  bei  diesem  Paar  eben  Theodosius  der- 
jenige war,  der  schon  vor  dem  Anderen  Kaiser  gewesen  war.^)  So  ist 
denn  auch  in  dem  unten  S.  308  publizierten  Text  vom  J.  426  Theo- 
dosius vor  Valentinian  genannt.  Paläographisch  wird  diese  Lesung 
voll  bestätigt,  wenn  man  den  Münchener  Papyrus  vom  J.  390  neben 
den  Leidensis  hält:  die  Schi'iftentwickelung  ist  in  dem  ersteren  doch 
etwas  altertümlicher.  Ich  betrachte  es  daher  als  ein  sicheres  Re- 
sultat, dafs  der  Leidensis  in  die  Zeit  zwischen  425  und  450  gehört. 
Das  genauere  Jahr  würde  vielleicht  bestimmen  können,  wem  es  ge- 
länge, die  grofsen  lateinischen  Buchstaben  am  Anfang  des  Papyrus  zu 
lesen:  denn  da  mögen  die  Konsulnamen  gestanden  haben.  Doch  ist 
auch  anderes  denkbar. 

Wie  werden  wir  mm  diese  neue  Thatsache,  dafs  es  zwischen  425 
und  450  auf  Pliilae  christliche  Kirchen  gegeben  hat,  mit  den  oben  zu- 
sammengestellten Zeugnissen  für  den  Fortbestand  des  Heidentums  bis 
auf  Justinian  vereinbaren?  Es  giebt  nur  zwei  Möglichkeiten:  entweder 
haben  diese  christlichen  Kirchen  unter  Theodosius  IL  nur  vorübergehend 
auf  Philae  bestanden,  indem  sie  den  Isiskult  ablösten,  um  bald  wieder 


1)  Die  richtige'  Datierung  hätten  wir  schon  aus  den  Adressen  der  Kaiser - 
reskripte  in  der  juristischen  Litteratur  gewinnen  können,  in  denen  gleichfalls 
beim  älteren  Paar  Valentinian,  beim  jüngeren  Paar  Theodosius  voransteht. 
Dafs  im  Cod.  Theod.  XVI  10,  9  (vom  J.  391)  die  Überlieferung  lidem  AAA  (d.  h. 
Gratian,  Valentinian,  Theodosius)  fehlerhaft  ist,  hat  schon  Gothofredus  ge- 
sehen. Sein  Vorschlag,  dafür  Imppp.  Valentinianus  Theodosius  et  Arcadius 
einzusetzen,  wird  durch  den  Münchener  Papyrus  bestätigt.  Vgl.  auch  CIGr. 
III  4350. 


Ulrich  Wilcken:  TTeidnisclies  und  Christlichcö  aus  Ägypten  403 

von  ihm  verdrängt  7A\  werden,  oder  aber  Heidentuio  uud  Christentum 
haben  auf  der  Insel  neben  einander  bestanden. 

Ein  Blick  auf  die  obige  Liste  der  heidnischen  Zeugnisse  könnte 
die  erstere  Annahme  zu  stützen  scheinen,  denn  zwischen  393  und  451, 
also  für  die  Zeit  des  Theodosius  II.  liegen  keine  direkten  Zeugnisse 
vor.  Aber  sieht  man  die  Testimonia  genauer  an,  so  ergiebt  sich  jene 
Annahme  als  irrig.  Nicht  nur,  dafs  Procop  versichert,  der  Isiskult 
habe  bis  auf  seine  Zeit  (fg  i^e)  bestanden,  und  dafs  im  Vertrag  vom 
J.  451  (nach  Priscus)  bestimmt  wurde  ^^sivac  de  avxoig  natä  xhv  na- 
Xcciov  vö^ov  dxcoXvtov  xriv  dg  t6  ieqov  T)jg  "löidog  diaßa^Lv''',  auch 
die  epigraphischen  Denkmäler  sprechen  für  die  Kontinuität,  denn  die 
Isispriester,  die  sie  nennen,  gehören  einer  Familie  an,  die  wir  von  452 
an  rückwärts  durch  mehrere  Grenerationen  als  Inhaberin  von  Isispriester- 
tümern  verfolgen  können.     Vgl.  H.  Brugsch,  Ag.  Z.  1888  S.  67. 

So  bleibt  nur  die  andere  Alternative  übrig,  dafs  zur  Zeit  Theo- 
dosius' IL  auf  Philae  Heidentum  und  Christentum  neben  ein- 
ander bestanden  haben.  Nach  Ausweis  des  Leidensis  hat  es  damals 
jedenfalls  mehr  als  eine  christliche  Kirche  gegeben.  Ich  denke  mir, 
man  wird  sie  auf  dem  nördlichen  Teil  der  Insel  zu  suchen  haben. 
Der  grofse,  etwa  in  der  Mitte,  doch  mehr  nach  Süden  gelegene  Isis- 
tempel, der  mit  seinen  gewaltigen  Pylonen  ins  nubische  Flufsthal 
hinaufblickt,  beherrscht  mit  den  vorgelagerten  Säulenhallen  den  ganzen 
südlichen  oder  doch  südwestlichen  Teil  der  Insel.  Dieser  Isistempel 
war  auch  damals  dem  Isiskult  geweiht,  und  nach  wie  vorher  ist  an- 
zunehmen, dafs  erst  der  Abt  Theodoros  das  Hypostyl  dieses  Tempels 
in  eine  christliche  Kirche  umgebildet  hat.  Die  Kirchen,  von  denen 
der  Bischof  Appion  spricht,  werden  sich  nördlich  vom  Isistempel  be- 
funden haben,  wo  auch  heute  noch  mehrere  Kirchen-Ruinen  zu  sehen 
sind.^)  So  zerfiel  die  kleine  Insel  in  einen  heidnischen  Süden  und 
einen  christlichen  Norden. 

Also  mindestens  von  Theodosius  IL  au  hat  das  Christentum  auf 
Philae  bestanden.  Wann  es  dort  eingeführt  ist,  darüber  wage  ich 
keine  Vermutung.  In  dem  Brief  des  Athanasius  an  die  Antiochener, 
der  sich  auf  das  Konzil  von  Alexandrien  vom  J.  362  bezieht,  erscheint 
unter  den  Subscribenten  auch  ein  Bischof  Mdg-Aog  ^lXcov.  Letronne 
(Oeuvres  I  S.  81  f.)  hat  statt  ^iXäv  vielmehr  Eildv  (kleine  Stadt  in 
der  Nähe  von  Pelusium)  proponiert,  1)  weil  damals  Philae  noch  heid- 


1)  Fünf  christliche  Kirchen  zählen  die  Bädeckergelehrten  im  Ganzen.  Vgl. 
Ägypten  4.  Aufl.  v.  SteindorflF  S.  350.  Auf  dem  Plan  ebendort  ist  im  Norden  eine 
koptische  Kirche  eingezeichnet.     Über  das  Alter  ist  nichts  mitgeteilt. 


404  I-  Aufsätze 

niseli  gewesen  sei,  und  2)  weil  aufser  ihm  nur  unterägyptisclie  Bischöfe 
unterschreiben.  Der  erste  Grund  ist  nun  hinfällig:  wenn  einmal  er- 
wiesen ist,  dafs  unter  Theodosius  IL  neben  dem  Isiskult  christliche 
Kirchen  dort  gewesen  sind,  so  kann  auch  schon  362  dort  derselbe  Zu- 
stand geherrscht  haben.  Dagegen  behält  der  zweite  Einwand  sein  Ge- 
wicht. Freilich  ist  es  ungenau,  wenn  Letronne  sagt,  dafs  nur  Bischöfe 
von  Libyen  und  dem  Delta  unterschreiben,  denn  es  befindet  sich  auch 
der  ^^Qöivoi'rrjg  darunter,  also  der  aus  dem  Faijüm!  Immerhin  würde 
der  Bischof  von  Philae  in  dieser  Gesellschaft  auffällig  sein.  Ich  mufs 
es  bessern  Kennern  dieser  Verhältnisse  überlassen  zu  entscheiden,  ob 
nicht  trotzdem  besondere  Umstände  —  wie  z.  B.  ein  Besuch  dieses 
Bischofs  in  Alexandrien  —  dazu  führen  konnten,  dafs  er  sich  dem 
Schreiben  der  nördlichen  Kollegen  anschlofs.  Ich  lasse  diese  Frage 
unentschieden.  ^) 

Welches  sind  nun  die  Gründe  gewesen,  die  zu  der  Duldung  des 
Isiskultes  auf  Philae  neben  dem  staatlich  begründeten  Christentum  ge- 
führt haben?  Eugene  Revillout  hat  in  seinem  Memoire  sur  les  Blemyes 
S.  416  ff.  abweichend  von  Letronne  das  Fortbestehen  des  Isiskultes  da- 
durch erklären  wollen,  dafs  auch  anderwärts  trotz  der  Religionsedikte 
des  Theodosius  etc.  sich  noch  lange  Zeit  Heidnisches  erhalten  habe. 
So  richtig  auch  dieser  Nachweis  im  Einzelnen  ist  (s.  unten  S.  407  ff.), 
so  möchte  ich  doch  angesichts  der  eben  erwiesenen  neuen  Thatsache 
um  so  mehr  an  der  Auffassung  Letronnes  festhalten,  dafs  die  Duldung 
des  Isiskultes  im  Hinblick  auf  die  Blemyer  und  Nubier  eine  poli- 
tische Notwendigkeit  gewesen  ist.  Es  müssen  doch  ganz  besondere 
Gründe  gewesen  sein,  die  verhinderten,  dafs  die  christlichen  Kirchen 
auf  Philae  diesen  kleinen  Flächenraum  sich  ganz  unterwarfen.  Die 
ägyptischen  imd  nubischen  Bewohner  der  kleinen  Insel  würde  man 
wohl  leicht  zum  Christentum  haben  zwingen  können.  Aber  den  ge- 
fürchteten Blemyern   und  Nubiern   gegenüber  war   die  Konzession  des 


1)  Etwa  für  dieselbe  Zeit  bietet  die  Freilassungsurkunde  bei  Young,  Hieroglyph. 
p.  46  (vom  12.  Jan.  355)  die  m.  W.  erste  Spur  christlichen  Lebens  in  dem  benach- 
barten Elephantine.  Die  Freilasserin  erklärt  hier:  cccpiKsvca  v^&g  il8v&^Q0vg  —  vitb 
yfjv  y.al  ovqccvov  xar'  svGißsiav  r\ov  Tt]av8lsr]iiovog  &sov.  Mit  dem  „allbannherzigen" 
Gott  kann  wohl  nur  der  Christengott  gemeint  sein.  Vgl.  dagegen  die  ähnliche 
heidnische  Wendung  bei  Lepsius  gr.  329  (aus  Gertassi):  vtisq  ivasßtiag  rov  [isyälov 
d-8ov  novQG£Tt(iovvBO}s-  Schr  interessant  ist,  wie  hier  die  christliche  Formel  den 
heidnischen  Gedanken,  der  in  der  vorhergehenden  juristischen  Formel  vno  yf]v 
Kccl  ovgavov  steckt,  gewissennafsen  verdecken  soll.  Dafs  eigentlich  hier  die  alt- 
griechischen Götter  rfj  und  Ovgavög  gemeint  sind,  zeigt  die  viel  besprochene 
Parallelformel  vTtb  Jicc  rfjv  "Hliov  in  P.  Oxy.  I  48,  49. 


Ulrich  Wilcken:  ITeicInisches  vmd  Christliclu;s  ans  Äf^ypten  405 

Isiskultes    eine   wertvolle   diploinatische  Handhabe,   dureli    die   man   sie 
im  Frieden  zu  erhalten  hoti'en  konnte. 

Auf  diesen  Kultus  der  Isis  will  ich  zum  Schlufs  nur  so  weit 
noch  eingehen,  als  ich  zu  den  grundlegenden  Arbeiten  der  hVüheren 
Neues  hinzuzufügen  habe. 

Procop  erzählt  1.  c.  von  Diokletian,  er  habe  den  Römern  und  jenen 
Barbaren  gemeinsam  Tempel  und  Altäre  überlassen  und  aus  beiden  die 
Priester  bestellt:  xoivovg  xivag  svravd-a  vscog  rs  xal  /3e3fiot;g  'Pa^aiOLg 
XE  aal  tovtoig  dt)  xatsöty'jöaxo  xotg  ßaQßaQotg.  Mit  den  „Kömern" 
können  hier,  wie  Letronne  richtig  gesehen  hat,  nur  die  römischen 
Uuterthanen,  d.  h.  die  ägyptischen  Bewohner  von  Philae  gemeint  sein. 
Letronne  hat  aber  nicht  gesehen,  dafs  die  von  ihm  behandelte  grofse 
Inschrift  des  U^rjxx^^  (vom  J.  452)  eine  monumentale  Bestätigung 
dafür  ist,  dafs  es  neben  den  ägyptischen  auch  blemysche  Isispriester 
gab,  die  gemeinsam  mit  jenen  bei  den  grofsen  Festen  amtierten.  Diese 
Inschrift,  die  schon  Brugsch  (Äg.  Z.  1888  S.  68)  gegenüber  Letronne 
und  Franz  (CIGr.  4945)  verbessert  hat,  lautet  nach  Lepsius  VI  gr.  292 
folgendermafsen : 

Tb  TtQoöxvvrjiia 

U^rjx%rjii  CO  TtQcoro- 

öxoXiöxrjg  ex  TcaxQog 

5    xov  ^rjXQog   Tösv- 

TCQCoxoöxoliöxrjg 

Inl  Q^e  zJioxXi]xi{avov).         a.  448/9 

'Hl%^a  Evxavd-a 
10    xal  STtOirjöa  xb 

EQyov  (lov  apia 

xal  xov  cidsXq)ov 

fiov  U^rjxb^)  diäxo- 

log  xov  TtQocpiqxov 
15    Z!i.n)x  v'ibg  Uaxovfiiov 

TiQotprjxov.     E[vx](^Qi'<^- 

[X0V]^SV    [xfj    d\£67t0LVrj 

ri^av  'löig  [xal  t]ü3  ösö- 


1)  Ich  verbinde  Z'jirjrd  statt  ^fir]r  6  (orthographisch  besser  wäre  -S/xr^Tcb)  und 
sehe  darin  die  griechische  Transcription  seines  demotischen  Namens,  der  bei  Brugsch, 
Äg.  Z.  1888  S.  67  heifst:  Ns-mt-ä,  d.  h.  Smet  der  Grofse.  Das  ist  eben  der  ältere 
Bruder  von  2^fi)irx7]^,  d.  h.  Smet  dem  Kleinen. 


406  I-  Aufsätze 

20    ijt    ayad'G)  [öiq^^EQov 

XoCay,  xy  [L^|]0//  19.  Dez.  452. 

^ioxXrj\tLa]vov. 

Man  hat  bisher  angenommen,  dafs  dieser  Protostolist  Smetchem  zu  den 
ägyptischen  Isispriestern  auf  Philae  gehört  habe.  Nur  bei  Krall  ^)  fand 
ich  nachträglich  die  richtige  Vermutung:  „Die  Priester  der  Isis,  welche 
auf  Philae  in  der  Mitte  des  fünften  Jahrhunderts  in  crriechischer  und 
demotischer  Schrift  sich  verewigten,  waren  wohl  Priester  der  Blemyer". 
Eine  Begründung  ist  nicht  gegeben.  Mir  scheint,  dafs  der  Wortlaut 
dieser  Inschrift  gestattet,  wenigstens  im  vorliegenden  Falle  von  der 
Vermutung  zur  Behauptung  überzugehen.  Denn  die  Worte  tjXd'a  sv- 
ravd'a  xal  ixoLr]6a  t6  sQyov  ^ov  setzen  m.  E.  voraus,  dafs  Smetchem 
sonst  nicht  in  diesem  Tempel,  an  dessen  Wand  er  die  Inschrift  ein- 
gegraben hat,  amtierte.  „Ich  bin  hierhergekommen"  —  so  sprechen 
die  von  auswärts  kommenden  Wallfahrer,  nicht  die  in  dem  Tempel 
selbst  dauernd  angestellten  Priester.  Smetchem  mufs  also  von  anders- 
woher gekommen  sein,  um  hier  „sein  Werk  zu  verrichten".  Ich  sehe 
daher  in  diesem  Smetchem  einen  der  von  den  Blemyern  ^)  zu  den 
gemeinsamen  Festen  abgesandten  Isispriester,  von  deren  Einsetzung 
durch  Diokletian  Procop  berichtet.  Der  rein  ägyptische  Name  darf 
uns  nicht  irritieren.  In  den  von  Brugsch  (Thesaurus  V  p.  Xflf.)  be- 
handelten demotischen  Inschriften  erscheinen  eine  ganze  Reihe  von 
Männern  mit  echt  ägyptischen  Namen,  die  im  Dienste  und  Auftrag 
der  südlichen  Nachbarn  zu  den  Isisfesten  nach  Philae  kommen,  so  z.  B. 
jener  Pasmn,  Sohn  des  Paese,  und  sein  Bruder  Har-utä  aus  der  Zeit 
des  Trebonianus  Gallus,  die  im  Dienst  des  meroitischen  Königs  Trrmn 
nach  Philae  kommen.  Diese  und  andere  Texte  —  ich  denke  auch  an 
die  von  Krall  herausgegebenen  Blemyerhandschriften  des  XaQax^jv  — 
zeigen  uns,  dafs  wie  vorher  im  meroitischen  Reich  ^),  so  auch  S]3äter  im 
blemyschen  und  nubischen  die  Ägypter  vielfach  höhere  Verwaltungs- 
stellen als  Priester,  Schreiber  u.  s.  w.  eingenommen  haben.  Dafs  die 
blemyschen  Isispriester,  die  das  wunderthätige  und  orakelnde  Götter- 
bild alljährlich  abzuholen  und  zurückzubringen  hatten,  aus  den  Ägyptern 
genommen  wurden,   ist   begreiflich   genug;   bei   der  Neuordnung  durch 


1)  Sitzungsber.  Wien.  Akad.  (1890)  121  S.  72. 

2)  Ich   spreche  von  Blemyern,   nicht  von  Nubiern,   weil  wir  aus  Olympiodor 
wissen,  dafs  im  V.  Jahrh.  die  Blemyer  in  der  Dodekaschoinos  safsen. 

3)  Vgl.  Krall,  Denkschr.  Wien.  Akad.  46  S.  11. 


Ulricli  Wilcken:  Heidnisches  und  Christlichos  aus  Ät^ypten  407 

Diokletian  mögen  die  Blemycr  Glieder  der  altansässigen  Isispriester- 
familien von  Philae  in  ihren  Dienst  genommen  haben. 

So  klar  die  Frage  der  staatlichen  Zugehörigkeit  beim  Smetchem 
selbst  liegt,  so  unsicher  bleibt  sie  bei  den  anderen  in  der  Inschrift 
genannten  Priestern.  Möglich,  dafs  sein  Vater  Uayovpnos  Prophet  der 
Göttin  auf  der  Insel  selbst  war.  Vgl.  Brugsch,  Thesaurus  V  S.  1005, 
wo  der  Vater  nQO(p7]z7]g  "lötdog  ^tk&v  genannt  wird.  Freilich  be- 
weisend ist  dieser  Zusatz  nicht,  denn  Priester  der  „Isis  von  Philae" 
werden  sich  auch  die  blemyschen  Priester  genannt  haben.  Ebenso 
bleibt  es  ungewifs,  ob  Smeto  und  der  Prophet  Smet  in  Philae  ange- 
stellt waren  oder  in  blemyschen  Diensten  standen.  Im  ersteren  Falle 
würden  die  Worte  STioirjöa  t6  SQyov  ^ov  a^a  xal  tov  adskcpov  zeigen, 
dafs  die  blemyschen  und  die  ägyptischen  Priester  —  die  ßdgßaQoc  und 
die  'Pcj^aloc  bei  Procop  —  gemeinsame  Kulthandlungen  ausübten.  Aber 
auch  die  andere  Möglichkeit  ist  zuzugeben,  und  so  ist  nicht  ausge- 
schlossen, dafs  alle  diese  Personen  in  blemyschen  Diensten  standen. 
Es  wäre  schliefslich  nicht  verwunderlich,  wenn  wir  von  keinem  der 
einheimischen  Priester  dort  solche  Inschriften  fänden,  da  eben  nur 
Auswärtige  solche  Proskyueme  zu  setzen  pflegen.  Aber  das  Faktum, 
von  dem  wir  oben  ausgingen,  würde  darum  ebenso  bestehen  bleiben, 
nämlich  dafs  diese  Inschriften  den  Fortbestand  des  Isiskultes  auf  Philae 
in  der  Mitte  des  V.  Jahrhunderts  bezeugen. 

Wir  können  nach  den  obigen  Ausfükrungen  die  Geschichte  der 
Insel  Philae  in  religionsgeschichtlicher  Hinsicht  in  folgende  Perioden 
teilen: 

1)  die  rein  heidnische  Periode. 

2)  die  heidnisch -christliche  Periode  (im  Süden  der  Isistempel,  im 
Norden  die  christlichen  Kirchen),  spätestens  seit  Theodosius  IL 

3)  die  christliche  Periode  (auch  der  Isistempel  in  eine  Kirche  ver- 
wandelt), seit  Justinian. 

4)  die  islamische  Periode. 

IL 
Heidnische  Vereine  in  christlicher  Zeit. 

Dafs  trotz  der  Religionsedikte  des  Theodosius  das  Heidentum  hier 
und  dort  noch  längere  Zeit  fortbestanden  hat,  versteht  sich  von  selbst 
und  wird  auch  mehrfach  bezeugt.^)  Zu  diesen  Testimonien  kommt  ein 
neues  hinzu,  das  um  der  Form  willen,  in  der  hier  das  Heidentum  auf- 


1)  Aufser  den  bekannten  Edikten  vgl.  speziell  für  Ägypten  Revillout  a.  a.  0. 
S.  416  ff. 


408  I-  Aufsätze 

tritt,  nicht  ohne  Interesse  ist.  Es  ist  ein  griechischer  Papyrus,  den 
ich  im  Februar  1899  in  Ehnäsje  (Herakleopolis  Magna)  ausgegraben 
habe.  Auch  dieser  Text  ist  mit  den  anderen  bei  dem  Hamburger 
Brand  zerstört  worden  (vgl.  oben  S.  227).  Was  ich  bei  vorläufigem 
Studium  des  Textes  im  Zelt  davon  transkribiert  habe,  ist  folgendes: 

1  [Mjera  rrjv  vnatCav  t[Gj\v  ösötiotöjv  i]^G3v  &£o8o6iov  xo  L(ay  Ova- 

XevxLVLavov  t6  a 

2  t[öv]  aicjvCav  AvyovöTcav  Ilaxav  s  [e'Jv  ^O^VQvyxav  d'  lvö[LXTL(ovog). 

3  [T]i]  T«|i  TYig  £^ov6Lag  rov  kvqlo  ^ov  tov  iieyalongsTieöTdrix) og 

£7taQ%Lag 

4  ['A^Qxadiccg  0laovL(o  ^AQi(jxoviy.ov  ^AXei,dv8Qov  di\ßc\   OXaovl\ov  .  .  . 

....  6  öelva] 

5  diä  0XaovLOV  Z![a]^oviß   ^ioöxovQtdov   xfjg   'O^vQvyxLtcjv   [TtöXscog 

XaiQSLV  (?).]  'O^ioXoyä 

6  ö^vvg  dsbv  rbv   TtavroKQdroQa  xal  ri^v  (^öyicjxrjQ^av  xäv  xä  tikvxu 

vsixcjvxog  (sie) 

7  dsöTtoxcjv    i}ftcüv    &sodo6Cov    <(x[aV)y    OvaXcVxiviavov    tüv    aiavicov 

Avyov6xG3v 

8  sxovöi'a  xai   uv%\aLQ\txG}   yva^i]   iyyväöd-at   xal  ccvccd[£]d[ax^<^^  ^o- 

V7i^<(^g  T^£   xal  iii(pavi(agy 

9  AvqtiXlov    Ec3xav    v'Cog    'Avov&lov     äjtb    xrjg     avxfig    'Oi,vQvy%ixS)v 

TioXscog 

10  v7ioßXri%-ivxa   ßovXsvxrjv  %al   [üjg   naxacpvyövxa   sig  Ttayavixäg  övv- 

TEXCag 

11  üul    xovTOv    t7Ct^r]xovii£vov    tovxov    s'vsxa    [■JiaQa6x7j6(o ,  bnotav  stil- 

12  eI   da   (lij^   vjtevd'vvog   eöo^ai   xi^g   avrov   jtaQCCöxdösojg  xal  [ ] 

xolg  i7ttt,rjxov- 

13  yiivoig  tiuq    avxa  djtoxQcvaöd'ccL.    Kvqlk  rj  syyvi]  [ 

xat]  ETtSQGjxri&slg 

14  d}^oX6yr]6a. 

1  Meine  Kopie  hat  hinter  Oiodoaiov:  rb  i.  Entweder  Schreibfehler  oder 
Lesefehler,  da  das  1.  Konsulat  des  Valentinian  III.  mit  dem  11.  des  Theodosius  II. 
zusammenfällt.  3  Den  Titel  las  ich  zuerst  .  .  .  v  .  ^og,  ein  ander  Mal  glaubte 

ich  ....  viog  zu  sehen.  6  Meine  Kopie  hat  £  .  .  .  .  ikv.  Es  kann  nach  Parallelen 
nur  a[cotj]Q^lav  dastehen.  7  In  der  Kopie  habe  ich  anfangs  Kai  gelesen,  dann 

durchgestrichen.  Wahrscheinlich  wird  dort  ein  winziges  _/  stehen.  8  Meine 
Kopie  hat  am  Schlufs  vTts  yial  s^cpavico.  Nach  den  unten  angeKihrten  Parallelen 
ist    diese    falsche    Lesung  wie    oben    zu    emeudieren.  11  Die  Ergänzung  des 

Schlusses  habe  ich  nachträglich  nach  den  Parallelstellen  gemacht,  nicht  mit  den 
Schriftspuren  verglichen.  14  Die  hierauf   folgenden  Subskriptionen   habe  ich 

nicht  mehr  kopiert. 


Ulrich  Wilckon:  Tleidnisches  und  Christllclies  auH  Äf^ypten  409 

Die  Urkunde,  die  am  .'50.  April  42(j  u.  Chr.^)  in  Oxyrhynchos"), 
südlich  von  Ilerakleopolis  ^),  aufgesetzt  ist,  gehört  zu  den  Texten,  die 
ich  oben  S.  16  im  General -Register  als  Gestellungsverpflichtungen  (resp. 
Gestellungsbürgschaften)  unter  den  Eingaben  von  Privaten  an  Behörden 
aufgeführt  habe.  Wie  in  BGU  581  (vom  J.  133)  und  P.  Grenf.  H  62 
(vom  J.  211)  handelt  es  sich  auch  hier  darum,  dafs  für  die  ^ovt]  und 
i^cpavCa  einer  Person  der  Behörde  *)  gegenüber  Bürgschaft  geleistet 
wird.  Also  dafs  die  Person  am  Orte  bleibt  und  erforderlichenfalls 
jederzeit  vorgeführt  werden  kann,  das  wird  durch  einen  Mitbürger 
—  freiwillig,  wie  er  versichert  —  verbürgt.  In  jenen  beiden  älteren 
Urkunden  (vgl.  auch  BGU  244,  891  V.)  geschieht  es  in  der  Form 
eines  Eides;  hier,  in  der  byzantinischen  Zeit  —  und  ebenso  P.  Lond. 
n  S.  277  vom  J.  346  —  hat  die  allmächtige  Stipulationsformel  (fjtf- 
QC3xrid'£\g  (h^oXoyrjöa)  den  Eid  in  die  bescheidenere  Stellung  eines 
Partizipialsatzes  zurückgedrängt.  Das  betreffende  Individuum,  für 
welches  die  Bürgschaft  geleistet  wird  —  Aurelius  Sotas  — ,  mufs  also 
im  Verdacht  stehen,  dafs  er  eventuell  es  vorziehen  wird,  das  Weite 
zu  suchen.  Unter  jenen  älteren  Fällen  ist  der  Anlafs  des  Verdachtes 
nur  in  BGU  244  angegeben,  und  zwar  mit  den  Worten:  avccd[sdofi8]vov 
£Lg  QaßdoviCav.  Dem  entsprechen  in  unserer  Urkunde  die  Worte: 
v7roßXi]d'8vru  ßovXsvrrjv  xal  [a>]g  naTcccpvyövrcc  elg  TtayavLxäg  öwteXcag. 

Diese  Worte  sind  nicht  leicht  zu  verstehen.  Die  Lexika  bieten 
keine  völlig  passende  Parallele  für  vitoßdllsiv.  Nach  längerem 
Schwanken  knüpfe  ich  an  die  Bedeutung  „unterschieben"  (von  Kindern 
überliefert)  an  und  fasse  VTtoßXrj&Evta  {iovXtvxriv:  er  ist  als  Buleut, 
etwa  an  Stelle  eines  anderen,  eingeschoben  worden.  Das  folgende  xat 
[co]?  y,aTa(pvy6vTa  eig  n.  6.  besagt  dann,  dafs  diese  Einschiebung  in 
die  Decurionatsliste  für  ihn  Anlafs  gewesen  ist,  zu  den  Tiayanzal  6vv- 
tsXsLKi.  seine  Zuflucht  zu  nehmen.  Wir  müssen  uns  dabei  vers'eo-en- 
wärtigen,  welche  unerträgliche  Last  damals  die  Bekleidung  des  De- 
curionats  bedeutete. 

1)  Die  Konsiün  des  Jahres  426  (Theod.  XII  und  Valent.  II)  scheinen  am 
30.  April  in  Oxyrhynchos  noch  nicht  bekannt  gewesen  zu  sein,  sodafs  der 
Schreiber  ^istä  rijv  vitccxiav  der  letztjährigen  Konsuln  (Theod.  XI  und  Valentin.  I) 
datierte.    Ein  neuer  Beitrag  zu  Ostr.  I  800  if. 

2)  Dies  ist  der  erste  Papyrustent,  in  dem  die  Zugehörigkeit  von  Oxyrhynchos 
zu  Arkadien  (der  früheren  Heptanomis)  bezeugt  wird. 

3)  Da  das  Stück  sicher  von  meinen  Arbeitern  gefunden  worden  ist,  so  mufs 
es  schon  im  Altertum  von  Oxyrhynchos  nach  Herakleopolis  gebracht  sein. 

4)  Leider  ist  meine  Lesung  des  Titels  unvollkommen  (vgl.  die  Fufsnote  zu 
Z.  3).  Einer  der  gewöhnlichen  Titel  ■nö^ixog  oder  TtayÜQxov  dürfte  es  kaum  sein, 
da  ich  diese  wohl  nicht  verkannt  hätte.     Es  mufs  etwas  Seltneres  gewesen  sein. 


410  I-  Aufsätze 

Was  sind  nun  die  TrayavLxal  GvvTsksLai^  die  hier  in  einem  mit 
der  Behörde  geschlossenen  Vertrage  als  etwas  ganz  Bekanntes  erwähnt 
werden?  Hvvrelsia  ist  einer  der  vielen  Ausdrücke,  mit  denen  die 
Vereine  bezeichnet  werden,  und  zwar  liegt  darin  ein  Hinweis  auf  die 
gemeinsamen  Beiträge.  An  die  zahllosen  gewerblichen  Vereine,  die 
damals  vom  Staat  zu  Zwangsiunungen  umgestaltet  waren,  kann  hier 
nicht  gedacht  werden,  da  diese  in  jener  Zeit  christliche  Vereine 
—  jedenfalls  offiziell  —  sein  mufsten,  ganz  abgesehen  davon,  dafs 
diese  Zwangsinnungen  damals  so  drückende  Lasten  mit  sich  brachten, 
dafs  auch  die  Collegiati  ebenso  wie  die  Decurionen  aus  den  Städten 
flüchteten.^)  Wir  werden  daher  bei  den  „heidnischen  Vereinen"  des 
Papyrus  an  Klubs  zu  denken  haben,  deren  Zweck  eben  die  Erhaltung 
und  Pflege  des  Heidentums  war.  Die  Kirchenhistoriker  werden  viel- 
leicht  weitere  Zeugnisse  über  solche  heidnischen  Konventikel  aus 
christlicher  Zeit  beibringen  können;  ich  verweise  hier  nur  auf  Crampe, 
Philopatris  (1894)  und  die  Gegenbemerkungen  von  E.  Rohde,  Byz.  Z.  V 
S.  10  f.,  auch  C.  Neumann  ebendort  S.  165  ff'.  Inwiefern  die  heidnischen 
Vereine  emem  Mann,  der  sich  gegen  den  Druck  des  Decurionats 
schützen  wollte,  „Zuflucht"  gewähren  komiten,  lasse  ich  dahingestellt.^) 
Boten  sie  etwa  auch  finanzielle  Unterstützung? 

Durch  unsern  Papyrus  werden  solche  heidnischen  Klubs  für  das 
J.  426  bezeugt.  Aus  dem  J.  423  liegen  uns  mehrere  Kaiserreskripte 
vor,  die  gegen  die  Heiden  gerichtet  sind.  In  einem  derselben  sagt 
Theodosius  IL  optimistisch:  paganos  qui  supersunt,  quamquam  iam  nul- 
los  esse  credamus!  Der  Papyrus  zeigt,  dafs  die  Regierung  auf  solche 
Konventikel  scharf  aufpafste;  wer  in  dem  Verdacht  stand,  einem  solchen 
anzugehören,  wurde,  wie  hier,  unter  dauernde  Kontrolle  gestellt,  damit 
bei  eventuellem  Vorgehen  gegen  ihn  {ßjtttpqToviiBvov  xovrov  svexa)  eine 
Flucht  unmöglich  war.  Darum  bürgt  der  Kontrahent  für  die  ^ovt] 
und  fiitpavCa  des  Verdächtigen.  Dieses  nach  den  oben  angeführten 
Urkunden  auch  schon  früher  bestehende  Spioniersystem,  wonach  ein 
Bürger  den  andern  kontrollierte,  war  also  damals  auch  in  den  Dienst 
der  kirchlichen  Interessen  gestellt.  Wie  demoralisierend  das  auf  die 
Bürgerschaft  gewirkt  haben  mufs,  liegt  auf  der  Hand. 

Unser  Papyrus  bezeugt  die  heidnischen  Konventikel  für  die  Stadt 
Oxyrhynchos.  Es  ist  nicht  uninteressant,  hiermit  die  Schilderung  zu 
vergleichen,  die  kurz  vorher  ■^)  Rufinus  in  der  historia  monacJtorum  von 

1)  Vgl.  Kornemann,  Pauly -Wissowa  IV  S.  478. 

2)  Verständlicher  ist,  dafs  die  Christen  sich  dem  Mönch  tum  zuwandten,  um 
den  munera  zu  entgehen.     Vgl.  Cod.  Theod.  XII  1,  63  (vom  J.  365). 

3)  Nach  Preuschen,  Rufinus  u.  Palladius  S.  204,  zwischen  402  und  404. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten  411 

dem  Leben  in  dieser  Stadt  entworfen  hat.  Wenn  er  auch  diese  Stadt 
in  der  von  ihm  fingierten  Reiseroute  mit  einem  sehr  verzeihlichen 
Gedächtnisfehler  ^)  nicht  an  die  richtige  Stelle  gerückt  hat,  so  ist  doch 
gerade  die  Schilderung  von  Oxyrhynchos,  die  jetzt  nach  den  Aus- 
grabungen von  Grenfell  und  Hunt  einen  besonderen  Reiz  für  uns  be- 
sitzt, so  lebendig  imd  anschaulich  —  ich  erinnere  nur  an  die  lebens- 
wahre Schilderimg,  wie  die  Mönche  den  Reisenden  vor  lauter  Liebe 
fast  die  Kleider  vom  Leibe  reifsen  — ,  dafs  gerade  hier  ganz  gewifs 
persönliche  Reiseerinnerungen  des  Verfassers  wiedergegeben  sind.  ^) 
Rufinus  beschreibt  nun  Oxyrhynchos  als  eine  Stadt,  die  von  Mönchen 
und  Nonnen  wimmelte,  mit  zwölf  Kirchen  und  unzähligen  Klöstern 
geschmückt  war,  sodafs  Tag  und  Nacht  die  frommen  Gesänge  nicht 
verstummten:  nullus  enim  ibi  invenitur  haereticus  mit  paganus,  sed 
onmes  cives  Christiani,  omnes  Catholici.  Dafs  er  bei  einem  flüchtigen 
Besuch  der  Stadt  von  den  heidnisch  gesinnten  Bürgern  und  gar  von 
jenen  Konventikeln  nichts  gehört  und  gesehen  hat,  ist  begreiflich 
genug.  Es  zeigt  aber  auch,  wie  viel  man  von  solchen  kategorischen 
Behauptungen  zu  halten  hat. 


Diese  heidnischen  Konventikel,  wie  wir  sie  für  Oxyrhynchos  kennen 
gelernt  haben,  sind  die  illegalen  Fortsetzer  der  heidnischen  Kultvereine 
der  älteren  Zeit  gewesen.  Den  Charakter  des  Geheimen  imd  Unerlaubten 
haben  sie  erst  durch  die  Religionsedikte  bekommen.  Unter  den  heid- 
nischen Verehrern  der  Isis  von  Philae,  für  die  aus  politischen  Gründen, 
wie  wir  sahen,  diese  Edikte  thatsächlich  suspendiert  waren,  haben  daher 
auch  die  heidnischen  Kultvereine  jedenfalls  bis  zur  Zeit  Justinians  als 
erlaubte  Verbände  fortbestehen  können.  Das  ist  eine  so  selbstverständ- 
liche Begleiterscheinung  des  Fortbestandes  des  Isiskultus  selbst,  dafs 
ein  spezieller  Nachweis  solcher  Isisvereine  aus  späterer  Zeit  nicht  solch 
Interesse  beanspruchen  kann  wie  der  der  heidnischen  Konventikel  im 
christianisierten  Oxyrhynchos.  Wenn  ich  trotzdem  hierbei  länger  ver- 
weile, so  geschieht  es,  weil  es  sich  um  die  Deutung  einer  griechischen 


1)  Mit  Recht  legt  Preuschen  S.  208  kein  Gewicht  darauf.  Dafs  man  trotz 
einer  ägyptischen  Reise  die  Lage  der  Städte  des  langgestreckten  Mlthales  sehr 
leicht  verwechseln  kann,  weifs  ich  leider  aus  Erfahrung. 

2)  Wenn  es  in  der  griechischen  Fassung  heifst:  oi  6h  crgatriyol  avtwv  xccl 
Ol  uQ%ovx£g  —  ■aciTcc  rag  TCvXccg  ytccl  tag  elaoSovg  anonovg  '^atriaKv  ■axl.,  so  erinnert 
das  an  die  zahlreichen  q)vXav.£g,  die  nach  P.  Oxy.  I  43  Verso  an  den  nvlcti  etc. 
stationiert  waren.  Vgl.  oben  S.  128.  Bemerkenswert  ist  hier  die  Fürsorge  der 
Wächter  für  die  Reisenden.     Vgl.  hierzu  Ebers,  Cicerone  S.  320  ff. 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  3.  27 


412  I-  Aufsätze 

Inschrift  handelt,  die  bisher  überhaupt  noch  nicht  erklärt  worden  ist. 
Ich  meine  die  Inschrift,  die  Richard  Lepsius  im  J.  1844  ,,anf  der  äufseren 
Hinterwand  der  Cella  des  Tempels  von  Kalabsche"  (dem  alten  Talmis) 
in  Nubien  entdeckt  und  in  den  Denkmälern  VI  als  gr.  378  ediert  hat. 
Eine  Abschrift  davon,  die  er  an  Boeckh  geschickt  hatte,  ist  in  den 
Monatsberichten  der  Berliner  Akademie  1844  (hinter  S.  410)  reproduziert 
worden.  Mir  hat  aufserdem  noch  in  letzter  Stunde  der  von  Lepsius 
genommene  Papierabklatsch  gute  Dienste  geleistet,  für  dessen  Zusendung 
ich  der  General -Verwaltung  der  königlichen  Museen  zu  Berlin  meinen 
ergebensten  Dank  ausspreche.  Lepsius  nannte  diese  Inschrift  in  den 
Monatschrifteu  „eine  wunderliche,  und  mir  wenigstens  nur  in  einzelnen 
Worten  und  Phrasen  verständliche  Inschrift"  und  auch  Letronne  (Rev. 
archeol.  I  S.  683)  nannte  sie  „wwe  enigme  quant  ä  present  indecJä/frable". 
Vgl.  Franz  im  CIGr.  III  5071b.  Auch  mir  bleibt  noch  manches  rätsel- 
haft. Mögen  die  Fachgenossen  weiter  helfen.  —  Folgende  Buchstaben 
sind  überliefert: 

£7iL  (povoLV  cpvlaQioyaiiaxLCpavxipEvd'a'Yiöi^ 
7tQ0(pr]taig  ^evQov  yrniTikco'i'KaQOVQ  8y\yi,^ 
ickXoßa6LX£v6£jtoi7]6€vavroxXXxcii  miöaXxi'H,^ 
7tL6ovxk-\-6vvaߣV£  ^fc^fc  7tL6a'CnXovxll6vvj(^o7cav 
6  itai,'4i£v%'a7i6£lovxavLxk\övvyLav8riQyQa(pco 
^£vdLatoTtixaKLOvTcodr]iioTal^£a67caQa 

rOV    XO^iTOÖ       OxhvaQXTjÖ    7C0l£C}Ö^£Q0Ö 
dvOKaLOtXQL<36VVodoV^£Q06^iCCa7CO 

xriG6riii£Qov£mxova£i  iqovov  £av 
10  dG)QOvovx£%(J0fi£V7iQayfiaaXla£L(3XQt(Xövv 
odov^£Qo6  a .  odri^oxktvaQXo6^£Qog  ß 

xad'036£'yQa^£v  a6(pak£6  xatxad'co6a7t7]X7] 

6a^£V^£VQ0V')(yi^7ll(01XaQ0VQ^,xk\^ 
Xai£0^VT^0fl£V£7tLfiaQXVQa)V 
15   TtaÖTjößcDX 

xaii.i£VQ:^lxakavov££jt 
xaiaxQ£xaxlQco 

10  a^  in  ulla  etwas  lädiert,  aber  doch  sicher.  Auch  die  beiden  XI  im  Ect. 
deutlich.  In  Monatsb.  gut,  in  Denkm.  ungenau.  11  hinter  a  scheint  ein  korrig. 
Buchstabe  zu  stehen ;  darüber  Schriftspuren.  Leps.  in  Monatsb.  cnroSr\,  in  Denkm. 
a  V  ooy\. 

Die  Schrift  ist  eine  Unciale,  in  die  nach  der  kursiven  Vorlage 
mehrere  kursive  Formen  eingestreut  sind,  so  h  neben  H,  das  in  einem 


Ulridi  Wilfken:  Heidnisches  uud  Christliches  aus  Ägypten  413 

Zug  gescliriebono  93  (in  ygacpco  5).^)  Diese  kursiven  Formen  begegnen 
schon  im  IV.  Jahrb.,  so  in  meinen  „Tafeln  z.  alt.  gr.  Pal."  XIV  vom 
J.  359.     Ich  setze  die  Inschrift  etwa  in  das  V.  Jahrhundert. 

Bei  der  Interpretation  der  Inschrift  gehe  ich  von  Olympiodors 
Bericht  über  den  Besuch  aus,  den  er  im  J.  421  der  damals  den  Ble- 
myern  gehörigen  Dodckaschoinos  und  so  auch  der  Stadt  Talmis,  aus 
der  die  Inschrift  stammt,  abgestattet  hat.  Er  erwähnt  da  (PHG  IV. 
S.  66):  Tovg  qivXaQiovs  xal  7tQO(p7]rag  r&v  Tcarcc  rriv  TdXuiv  ßagßagcov 
rjtoL  tav  BXs^^vcov.  Diese  selben  beiden  Behörden  finde  ich  in  Z.  1 
und  2  in  Abhängigkeit  von  f-jti,  also  als  Eponyme,  wieder.  Danach 
verbinde  ich:  'Ejtl  0ovolv  cpvlccQxo  (1-  (pvXccQxov)^  rabiat Kpavt  Wsv- 
d'a7j6i[g]  TtQocpyjraLg  (1.  7iQoq)7]ti]g^  für  7CQoq)y]T.ov).") 

Das  Verständnis  der  folgenden  Zeilen  ist  mir  durch  die  bisher 
noch  nicht  verwertete  Inschrift  Leps.  Denkm.  VI  gr.  314  (aus  Philae) 
z.  T.  erschlossen  woi'den.     Diese  lautet,  soweit  ich  sie  verstehe: 

(prjvrjs  TlaivovijiLg) 
vibg  na%viiCov  Qoy// 
^LO%Xrixi{avov).    'Eycj  d^i  6 

5   TtQCüTOXliVaQIOg. 

Die  folgenden  Zeilen  sind  mir  noch  unverständlich.  Zum  Schlufs  viel- 
leicht: ovK  iitsQaßev'^)  sog  Qoy. 

Ob  der  Oberpriester  Smet,  der  hier  als  Eponym  für  173  Diokl.  = 
456/7  n.  Chr.  angeführt  wird,  dieselbe  Person  ist,  die  nach  der  oben 
S.  405  behandelten  Inschrift  im  J.  169  Diokl.  =  452/3  n.  Chr.  als 
TCQOcprJTTjg  bezeichnet  wird,  lasse  ich  dahingestellt.  Die  Lesung  und 
Ergänzung  napwv(^ig)  —  rTA<NoY  —  habe  ich  aus  Brugsch,  Thesaur. 
V  1007  e  gewonnen,  wo  das  demotische  Proskynema  eines  „Pachnum  S. 
des  Pachome  des  Priesters  der  Isis"  mitgeteilt  wird.  Vielleicht  hat 
auch  dieser  Pachnumis,  wie  manche  andere  Glieder  dieser  Priesterfamilie, 
in  blemyschen  Diensten  gestanden  (s.  oben  S.  406).  Er  nennt  sich  hier 
mit  einem  Titel,  der  meines  Wissens  sonst  nirgends  begegnet:  tcqcoto- 


1)  Das  merkwürdige  $,  das  oben  an  der  Spitze  links  die  Schleife  hat,  ist 
nur  eine  milsglückte  Nachahmung  dieser  abgerundeten  Form. 

2)  Der  blemysche  Titel  tpvXaQ^og  begegnet  auch  in  der  unten  S.  319  be- 
sprochenen Urkunde  des  Xaga^'^v.  —  Als  Plural  kann  man  TtQocprjZKLg  nicht  fassen, 
da  sonst  ein  kkI  zwischen  den  beiden  Namen  unerläfslich  wäre.  Wsv&aiiaL[g]  (für 
WsvQ'at^aiog)  mufs  der  Vatersname  sein. 

3)  Subjekt  zu  sTtsQccGnv  ist  vielleicht  die  Göttin  Isis  oder  auch  Sarapis.  Das 
würde  sich  auf  die  Reise  des  Heiligenbildes  beziehen. 


414  I-  Aufsätze 

jckCvccQxog.  Die  Deutung  giebt  Philo  in  Flacc.  §  17  (p.  537  Mang.), 
der  uns  mitteilt,  dafs  man  in  Alexandrien  die  Kultvereine  (ß-La6oi)  im 
Volksmunde  auch  övvodoL  oder  xllvai  genannt  habe.  Danach  nennt 
er  den  Isidoros  ^^xXtvaQxrjg^''. 

Der  Klinarch  war  also  der  Vereins  Vorsitzende,  und  das  byzanti- 
nische TtQotoxXivccQxos  bezeichnet  danach  den  ersten  Vereinspräses. 
Zumal  dieser  Pachnumis  zu  der  bekannten  Isispriesterfamilie  gehört 
(s.  oben  S.  405  f.),  ist  es  mir  nicht  zweifelhaft,  dafs  die  JcUvri^  von  der 
er  seinen  Titel  trägt,  ein  Kultverein  war,  dessen  religiösen  Mittelpunkt 
die  Isis  von  Philae  bildete.^) 

Dieser  Titel  oiXtvaQxos  kehrt  nun  mehrmals  in  unserer  Inschrift 
aus  Talmis  wieder.  Voll  ausgeschrieben  ist  er  nur  in  Z.  11  in  der 
Zusammensetzung:  6  örj^oxXtvaQxog.  Das  mufs  dasselbe  sein  wie  6 
icXivaQ(xog)^)  ffjg  TtoXecog  in  Z.  7.  Damit  wird  ein  städtischer  Vereins- 
präses gemeint  sein.  Hierdurch  ist  auch  die  Lesung  und  Ergänzung 
von  Z.  2/3  hinter  jcapov^)  gegeben:  d'rj^[o\Kh'{vaQXog)-,  und  damit  ist 
das  für  die  ganze  Interpretation  der  Inschrift  entscheidende  Faktum 
gegeben,  dafs  die  Gruppe  xAx  (Z.  3)  ebenso  wie  das  mehrmalige  )cA4- 
in  xli(vuQxog)  aufzulösen  ist.'^)  Dadurch  wird  unsere  Inschrift  zu  einem 
Dokument  über  Kultvereine  im  blemyschen  Talmis. 

Fahren  wir  in  der  Entzifferung  fort,  so  ergiebt  sich  zunächst 
MevQov  in  Z.  2  als  Name  des  in  Talmis  verehrten  Gottes  Menrul, 
den  die  Griechen  mit  Mavdovkig  transkribierten.  Mit  dem  vorhergehen- 
den 7tQ0(p^raig  ist  er  jedoch  nicht  zu  verbinden,  wegen  Z.  13,  wo  ohne 
vorhergehenden  Priestertitel  (isvqov  wiederkehrt.  Vielmehr  wird  Msvqov 
als  Personenname  zu  fassen  sein*),  und  zwar  wird  hier  MevQovxri^ 
„Menru(lj  den  Jüngeren"  im  Gegensatz  zu  einem  gleichnamigen  Bruder 
„Menrul  dem  Alteren"  bezeichnen.'')  —  Das  folgende  nXaxxaQovQ  wird 
man  wohl  als  Vaternamen  dieses  Menruchem  aufzufassen  haben  ^),  denn 
nach  Z.  6  und   11    gab   es   nur   einen   drj^ozXiva^x^Sf   auch   hätte   jcal 


1)  Isis  wird  hier  zwar  nicht  ausdrücklich  genannt,  aber  schon  wegen  des 
Fundortes  (Philae)  ist  es  sehi-  wahi-scheinlich.  Vgl.  auch  das  unten  S.  318  über 
Krni  Gesagte. 

2)  Diese  Ergänzung  ergiebt  sich  jetzt  erst  aus  Z.  11.  Der  Text  hat  ^XivaQ 
ohne  Abkürzungszeichen. 

3)  Das  4-  ist  nichts  anderes  als  ein  Jota,  das  unten  vom  Abküi-zungsstrich 
durchstrichen  ist.     In  x  ist  das  Jota  schräg  gelegt. 

4)  Dafs  Göttemamen  unverändert  als  Personennamen  verwendet  werden,  be- 
gegnet sehr  häufig.     Mit  Unrecht  leugnete  ich  das  in  Äg.  Z.  1884  S.  138/9. 

5)  Vgl.  das  oben  S.  405  Anm.  1  über  ZJ^irit^rni  Gesagte. 

6)  nicü^xuQovQ  ist  wohl  ein  Compositum.  Vgl.  den  XaQaTtatxovQ  in  der 
Xagcc^-^v -Urkunde. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  ChriHtlichcB  ans  Ägypten  415 

bei  einer  Koordination  nicht  fehlen  können.  Auch  dies(;r  Menriichem,  der 
Sohn  des  Plochkarur,  wird  (von  stcI  abhängig)  als  Eponyra  zu  fassen  sein. 

Die  eigentliche  Urkunde  beginnt  danach  mit:  6  ßccöiXsvg  ijioLTjösv 
xtA.  Das  Folgende  ist  sehr  schwierig.  Ich  erkenne  in  Z.  4/5  folgende 
drei  Paare  von  Personen:  1)  IIlöov  xXCiyaQiov)  <Svv  '^ßsvs,  2)  aal 
IlißKC  nXov  kXl(vuqxo7^)  6vv  XÖTtav,  3)  xcd  Wsv&af}66  Aovxävi  xXl- 
(vuQxov)  6vv  MavdyJQ.  Diese  Namen  sind,  Avie  die  oben  besprochenen, 
teils  ägyptisch,  teils  blemysch  oder  nubisch.\)  Diese  Zweiteilung  der 
drei  Glieder  mufs  uns  bei  der  Deutung  von  Z.  3  6  ßaGiksvs  iTtoCrjasv 
avToxXxnaL  S7Ci6akxL'K~  helfen,  denn  hier  scheint  dieselbe  Zweiteilung 
vorzuliegen.  Wie  Utöov,  Ilißä'C  und  ^evd'ariös,  die  in  4/5  als  xU(vccq- 
XOi)  bezeichnet  werden,  dem  xkx  =  xli{vc<Qxo'^s)  ^^  ^  entsprechen,  so 
würden  die  drei  anderen  mit  6vv  ohne  Titel  angefügten  Personen 
C^jSfVf,  Xojcccvy  MavdrJQ)  der  Gruppe  STCLöaXrtics^  entsprechen.  öaXtLX. 
(resp.  öagrix.)  ist  ungriechisch.  Ich  bringe  es  mit  dem  lateinischen 
salticus  zusammen.  Gleichviel  ob  man  i:zl  öaXtixlfj^s)]  oder  eTttöaXTi- 
a\o(yg)7\  oder  sonstwie  lesen  will  —  kein  Barbarismus  ist  unmöglich 
bei  diesem  Schreiber  — ,  jedenfalls  möchte  ich  darin  eine  Bedeutung 
wie  „Obertänzer"  suchen.  Sachlich  scheint  es  mir  nicht  unverständlich, 
dafs  in  einem  solchen  Isisklub  neben  den  Vorsitzenden  die  „Obertänzer" 
erwähnt  werden. 

Diese  drei  Vereinsvorsteher  erklären  uns  zugleich  ol  xQlg  6vv68ov 
oder  xqCu  övvoöov^  wie  der  Schreiber  in  Z.  8  und  10  so  schön  sagt: 
das  sind  die  drei  Vereine,  an  deren  Spitze  die  in  4/5  genannten  Per- 
sonen stehen  —  eine  hübsche  Illustration  zu  den  oben  zitierten  Worten 
Philos:  övvodoi  hccI  aXlvai  Tigogovo^d^ovrat  VTvb  tüv  eyxcoQiavl 

So  bleibt  in  Z.  3  nur  noch  avto  zu  erklären.  Nach  der  hier  herr- 
schenden Orthographie  kann  man  das  ebenso  gut  als  avrov  wie  als 
avta  fassen.  Soll  man  cwxa  auf  den  König  beziehen?  oder  avxa  resp. 
«VTov  auf  den  vorhergenannten  dTj^oKXt'vccQxog?") 

Nach  obiger  Deutung  ist  also  in  Z.  1 — 5  gesagt,  dafs  in  dem  und 
dem  Jahre,  als  die  und  die  Epouyme  waren,  der  König  —  Avohl  der 
blemysche  König  ^)  —  die  drei  genannten  Paare  zu  Klinarchen  und 
Vortänzern  gemacht  habe. 

1)  Von  den  Klinarchen  haben  IIiacYL  und  Wevd^afjas  gut  ägyptische  Namen. 
Dagegen  sind  die  Namen  der  drei  „Obertänzer"  wohl  blemysch  oder  nubisch. 
MavSi]Q  ist  offenbar  wieder  der  Göttername  Menrul.  Vgl.  auch  die  Eigennamen- 
sammlung bei  Ki-all,  Denkschr.  Wien.  Akad.  XL  VI  S.  13  £F. 

2)  Oder  ist  avrovg  gemeint  im  Sinne  von  fjiiäg?  Diesen  Schreibern  kann 
man  alles  zutrauen. 

3)  Die  blemyschen  Könige  werden  zwar  sonst  als  ßaailia-aoi  bezeichnet.  Aber 
an  den  byzantinischen  Kaiser  kann  hier  nicht  gedacht  werden. 


416  I-  Aufsätze 

In  dem  folgenden  yQdq)co^EV  kann,  wie  mir  scheint ,  niemand  an- 
ders als  die  drei  Klinarclien  Pison,  Pisai  und  Psenthaese  Snbjekt  sein. 
Merkwürdig  ist  ja,  dafs  sie  vorher  ihre  Ernennung  und  zwar  in  3.  Person 
erzählen.  Man  könnte  aber  als  Analogie  hinweisen  auf  jene  philensi- 
schen  Inschriften,  die  ich  oben  S.  405  und  413  besprochen  habe.  Vgl. 
übrigens  S.  415  Anmerkung  2.  Dieser  Satz  ist  leicht  verständlich:  yga- 
(po3[iev  (1.  yQdg)0^£v)  öiä  tb  jataxiov  (1.  TCCTtaKLOv)  tu  dr^pio  (1.  tov 
dyj^ov)  Täl^Ecoq  nagä  tov  Koiiixog:  sie  schreiben  also  wegen  des  Briefes, 
den  die  Stadt  Talmis  vom  Comes^)  bekommen  hat. 

Die  folgenden  Worte  6  xh'vaQijos)  bis  xqövov  (Z.  7 — 9)  möchte 
ich  als  eine  stümperhafte  Wiedergabe  eben  des  Passus  aus  dem  Comes- 
Briefe  halten,  um  deswillen  sie  schreiben.  Erstens  aus  äufseren  Grün- 
den: die  Schrift  dieses  Abschnittes  ist  gröfser  und  weitläufiger  als  die 
der  übrigen  Urkunde,  so  dafs  er  dem  Auge  deutlich  als  etwas  Beson- 
deres entgegentritt;  auch  ist  er  vorn  durch  ein  Spatium  vom  Vorher- 
gehenden getrennt.  Zweitens  aus  inneren  Gründen:  hier  heifst  es  6 
xkLvaQ^x^s)  TTJg  TtoXecag^  während  der  Schreiber  sonst  statt  dessen  6 
öri^onlCvdQiog  sagt.  Auch  versteht  man  so  allein  die  Wiederholimg 
in  Z.  10/11.  Inhaltlich  besagt  dieser  Passus:  „der  Klinarch  der  Stadt 
zwei  Drittel,  und  die  drei  Synoden  (Vereine)  ein  Drittel  von  heute  bis 
in  Ewigkeit".  Wovon  hier  die  Hede  ist,  wird  in  dem  tuttkxiov  des 
Comes  gestanden  haben;  hier  wird  es  nicht  gesagt. 

Das  Folgende  'Eäv  d&Qov  ovx  e%co^£v  TiQccy^a  akkä  ktX.  bleibt  mir 
unverständlich.  Da  ovx  ex<^oy^£v  doch  wohl  Hauptsatz  ist,  so  scheint 
das  Verbum  zu  iäv  zu  fehlen.  Etwa  iüv  d&Qov  zum  Vorhergehenden 
zu  ziehen,  ist  wohl  nicht  gut  möglich;  ebenso  unverständlich  bliebe 
iuv  d'  coQov  (=  öXov).  Zu  ovK  E'i'Coy^sv  7t Qäy^a  vergleiche  ich 
BGU  22,  8:  ccTtlag  firjdsv  £%ov6u  TtQäyfia  Ttgbg  i^s.  Vielleicht  ist  da- 
mit die  Zustimmung  ausgedrückt:  wir  haben  nichts  dagegen,  sondern 
es  sollen  die  drei  Synoden  ein  DritteP)  und  der  Demoklinarch  zwei 
Drittel  (haben?).  Hierauf  folgt  die  Gültigkeitserklärung  der  Urkunde: 
„So   wie   wir's  geschrieben  haben,   ist  es   sicher."     Dunkel  bleibt   mir 


1)  Ich  lasse  unentschieden,  ob  hier  an  einen  römischen  oder  einen  blemyschen 
Comes  zu  denken  ist.  Die  von  Krall  herausgegebenen  Urkunden  zeigen,  dal's  diese 
Blemyerkönige  ihre  Beamten  gern  mit  byzantinischen  Titeln  belegten.  Ebenso 
könnte  auch  der  '^^aQ-^og  in  der  koptischen  Inschrift  bei  Revillout,  Memoires  sur 
les  Blemyes  S.  374  ebenso  gut  ein  nubischer  Beamter  sein  wie  ein  römischer. 

2)  Die  z.  T.  korrigierten  Zeichen  hinter  und  über  dem  Zahlzeichen  a  kann 
ich  nicht  genau  erkennen.  Vielleicht  wollte  der  Schreiber  statt  a  das  Wort  fii'a 
darüber  schreiben.  Der  Buchstabe  hinter  «  ist  wohl  ungültig  gemacht.  Nach 
dem  Zusammenhang  kann  hier  nur  die  Zahl  „eins"  ausgedrückt  sein. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten  417 

das  folgende  xccl  xad-iog  dn:7jtT]6a(i£v  MevQovyy'i^  xtX.  Man  sollte  eher 
erwarten  xa&ag  dTtt'it'rjösv^  „so  wie  es  Menruchem  von  uns  verlangt  hat". 
Darauf  folgt  der  Schwur  (1.  sjto^vvoiiEv  oder  öfivvo^sv)  vor  drei  Zeugen 
(entsprechend  den  drei  Verfassern  der  Urkunde).  Der  zweite  Zeuge 
wird  als  ovssTt  bezeichnet.  Das  wird  nichts  anderes  als  das  ägyp- 
tische Wort  für  „Priester"  sein  (kopt.  OTHiui).  In  dem  letzten  Wort 
xatlQOJ  steckt  wahrscheinlich  xccd''  uqov:  „wir  schwören  beim  Heiligtum" 
(wohl  des  Menrul  von  Talmis). 

Danach  würde  die  Inschrift  etwa  folgendermafsen  zu  interpretieren 
sein: 

'EtiI  0ovolv  (fvXccQxo,  ra^utitpävT   W£vd-ari6L\ß\ 
jtQoq)7]tatg^  MevQov%riii  IlXco'piaQOVQ  dTqiL[o\- 

xhivccQxov)^  6  ßaöiXsvg  i7iOLi]6sv  avro  (?)  xXi(vdQxovg)  xal  eTtL6aXtLx[.^ 
niöov  '/cXi{vaQ%ov)  övv  'Jßsvs  xal  nidä'C  IJXov  KlL{yaQ%ov)  övv  Xotcuv 
5  aal   Wsvd-arjös  ylovxävL  KXCiyaQiov)  övv  MavdrJQ.     rQcccpco- 
liEv  8iä  xo  TtttdxLov  rß)  drjfio   TdX^sojg  jtaQa 
Toi)  xö^iTog'  „'0  xXLvagixog)  r^g  nöXscog  ^SQog 
ovo  xal  OL  TQig  övvodov  ^SQog  ^ia  äno 
Tijg  6riiiEQov  inl  tbv  del  xqövov.'"''    'Euv 
10  dß)QOV,  ovx  £%co^sv  TtQßy^a,  aXXä  slg  tQicc  6vv- 
ödov  ^SQog  a . ,  6  ör]^oxXtvccQXog  fiBQog  ß. 
Kad-cjg  iyQcc^a^sv  döcpaXhg  xal  xad'ag  djcrjtT]- 
öa^sv  MevQov%yi^  TIXcoxxccqovq  [d'r](^o)?\xXL{vaQXO') 

Xcd    io^V7]0{l£V    £7tl    ^aQtvQav 

15  Iladrig  Bax 

xal  MevQ[ov]  KaXav  ovesTt 
xal  'j4tqI  xat    iQcb. 

Das  würde  nach  Obigem  auf  Deutsch  etwa  heifsen: 

„Als  Phonoin  Phylai-ch  war,  Gamatiphant  des  Psentaesis  Sohn 
Prophet,  und  Menruchem  des  Plochkarur  Sohn  Stadtklinarch,  da  hat 
der  König  zu  seinen  (?)  Klinarchen  und  Obertänzern  gemacht  Pison 
den  Klinarchen  mit  Abene  (NB.  als  Obertänzer)  und  Pisa'i  Plu  den 
Klinarchen  mit  Chopan  imd  Psenthaese  Lukani  den  Klinarchen  mit 
Mander.  Wir  (letztgenannten)  schreiben  wegen  des  Briefes,  den  die 
Stadt  Talmis  vom  Comes  bekommen  hat  (in  dem  es  heifst):  „„Der 
Klinarch  der  Stadt  zwei  Drittel  und  die  drei  Vereine  ein  Drittel  von 
heute  bis  in  Ewigkeit.""  Wenn  ein  Greschenk  (gegeben  wird?),  haben 
wir  nichts  (dagegen),  sondern  die  drei  Vereine  ein  Drittel,  der  Stadt- 
klinarch  zwei  Drittel.  So  wie  wir  es  geschrieben  haben,  ist  es  sicher 
und  so,  wie  wir    es   verlangt  haben  von   Menruchem    des   Plochkarur 


418  I-  Aufsätze 

Solm,  dem  Stadtklinarclien  (oder  wie  es  verlangt  hat  M.?).  Und  wir 
schwören  vor  Zeugen,  (nämlich)  vor  Pades  Bok  imd  Menru  Kalau 
dem  Priester  und  Hatre,  bei  dem  Heiligtum." 

Mag  einzelnes  von  diesem  Gestammele  —  denn  Griechisch  kann 
man  es  kaum  nennen  —  von  Anderen  auch  anders  erklärt  werden,  so 
viel  glaube  ich  aus  dieser  Inschrift  erwiesen  zu  haben,  dafs  zugleich  mit 
dem  Isiskult  auch  die  Kultvereine  sich  nach  Nubien  hinein  ausgebreitet 
haben.  Vielleicht  läfst  sich  aus  demotischen  ürkimden  erweisen,  dafs 
solche  Isisvereine  auch  schon  im  meroitischen  Reich  (I. — III.  Jahrh. 
n.  Chr.)  dieselbe  Rolle  gespielt  haben  wie  später  bei  den  Blemyern. 
In  den  von  Brugsch,  Thesaur.  V  entzifferten  Texten  begegnet  häufig 
das  bisher  unerklärte  Wort  Krni  als  Titel  von  Personen,  die  im  Namen 
des  meroitischen  Königs  nach  Philae  zogen,  um  dort  der  Isis  zu  opfern,^) 
Ich  wage  die  Hypothese,  die  die  Ägyptologen  prüfen  mögen,  dafs  dieses 
Krni  oder  Klni  von  xkivrj  abzuleiten  ist  (etwa  als  Nisbe,  woraus  sich 
die  Vokalisation  erklären  würde).  Klni  würde  danach  „den  zur  xAtVt^ 
gehörigen"  oder  spezieller  wohl  den  üXtvagxog  bezeichnen. 

Aber  der  Einflufs  von  Philae  auf  die  südlichen  Nachbarn  ist  nicht 
einseitig  ein  heidnischer  gewesen.  Wie  wir  oben  sahen,  hatte  Philae 
schon  im  V.  Jahrhundert,  wenn  nicht  früher,  neben  dem  Isistempel 
auch  christliche  Kirchen.  Diese  Thatsache  läfst  uns  besser  verstehen, 
was  wir  jüngst  aus  neuen  Urkunden  gelernt  haben,  nämlich  dafs  schon 
ehe  unter  Justinian  das  Christentum  zu  den  No baden  gebracht  wurde, 
christliche  Beamte  sich  am  heidnischen  Hofe  der  Blemyerkönige  be- 
funden haben.  Dies  zeigen  die  von  KralP)  herausgegebenen  grie- 
chischen Lederhandschriften  (etwa  aus  dem  VI.  Jahrh.),  die  zwar  in 
Gebelen  in  Oberägypten  erworben  sind,  aber  gewifs  aus  Nubien 
stammen^):  der  Schreiber  des  XaQa%rjv  ßadiXetöxog  rciv  Blsiivcav  ist 
ein  ägyptischer  Christ,  Sansnos,  der  das  Chrismon  vor  seinen  Namen 
und  auch  vor  die  Urkunde  setzt;  auch  die  beiden  domestici  des  Königs 
verwenden  das  Kreuz  in  der  Unterschrift.*)     Aber  der  König  selbst^) 


1)  Vgl.  p.  X  if .  Gesandschaft  des  Pasmn  und  seines  Bruders  Har-ut'a,  des 
Krni.  Ausführlich  ist  erzählt,  wie  sie  mit  ihren  ,, Brüdern,  den  Krni  der  Isis, 
den  Propheten"  etc.  das  Fest  feiern.  Brugsch  p.  XII  erklärt  Krni  als  „äthio- 
pisches Wort  für  eine  Priesterwürde". 

2)  Denkschr.  Wien.  Akad.  XLVI. 

3)  So  jetzt  mit  Recht  Ki-all,  Wien.  Z,  f.  d.  Kunde  d.  Morgenlandes  XIV  S.  241. 

4)  Krall  nimmt  es  nur  von  dem  zweiten  an.  Aber  auch  dem  Zeichen  des 
ersten  liegt,  wie  mir  scheint,  das  christliche  Kreuz  zu  Grunde. 

5)  Der  Text  nennt  als  seine  ausführenden  Beamten  einen  cpvXccQxog  und 
einen  vTtorvQccvvog.  Das  letztei'e  Wort  gieht  mir  eine  Emendation  zu  Priscus' 
Bericht  über  den  Blemyerfriedeu  vom  J.  451  an  die  Hand  (FHG  IV  S.  100).    Von 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Aj^ypten  419 

gebraucht  ein  imcliristliches  Zeichen:  0~-.  Doch  ich  kann  für  diese 
kirchengeschichtlich  8chr  interessanten  Urkunden  auf  die  überzeugenden 
Ausführungen  von  Krall  selbst  verweisen  (vgl.  S.  7)  und  beschränke 
mich  darauf,  in  der  Anmerkung  einige  Beiträge  zu  den  Texten  zu  liefern.^) 
Auch  darin  stimme  ich  Krall  bei,  dafs  der  viel  besprochene 
Nobadenkönig  Silko,  der  seit  Letronne  für  einen  Christen  gehalten 
wurde,  vielmehr  Heide  war.  ^)  Die  alttestamentlichen  Remiscenzen  der 
Inschrift  (vgl.  Lepsius,  Hermes  X  138)  bezeugen  bestenfalls  das  Christen- 
tum seines  koptischen  Schreibers  —  wenn  es  nicht  ein  Jude  war 
(Krall)  —  ebenso  wie  die  Kreuze  in  der  Lederhandschrift  das  Christen- 
tum der  Schreiber  des  sicher  heidnischen  Fürsten  XccQax'r]v.  Weiteres 
siehe  unten  S.  436. 

HL 
Amulette. 

Zu  den  Konzessionen,  zu  denen  das  Christentum  sich  genötigt  sah, 
um   die  heidnische  Welt  zu   gewinnen,   gehört  auch   die  Duldung  des 


den  Geiseln  heifst  es:  {rjoav  Sf  twv  ts  TVQavvtiaävtcov)  xat  vitb  tvqccvvcov  ysyo- 
voTwv,  was  man  übersetzt  hat:  aut  ex  filiis  eorum!  Ich  lese  nach  Obigem:  vtio- 
tVQCivvav.  Also  „einstmalige  Tyrannen  und  Untertyrannen"  befanden  sich  unter 
den  Geiseln. 

1)  In  Kairo  habe  ich  Gelegenheit  genommen,  diese  Lederhandschriften  im 
Original  zu  vergleichen.  Danach  lese  ich:  II  3  aTtavta  a^l  %q6vov  statt  anccvrav 
XQOvov;  4:  öl'  ifiov  iyQiäifr]}  'Aydd'ovog  yQa(^iiaTEcog).  In  III  1  steht  am  Anfang 
das  zu  erwartende  ?;^q)  (vgl.  Wessely)  wirklich  da.  Am  Schlufs  der  Zeile  ist  [«0:90;] 
nicht  zu  ergänzen.  Hinter  ccQyvQOTrXäatrjg ,  das  hier  übrigens  sicher  den  Silber- 
arbeiter bezeichnet  und  nicht  mit  Wessely  in  aQyvQonQcirrig  umzudeuten  ist,  fehlt 
nichts.  Die  Konstruktion  ist:  ?;^w  aov,  genau  so  wie  in  den  aus  demselben  Funde 
stammenden  Urkunden  BGÜ  795 — 797.  Die  von  Krall-Wessely  gegebene  Deutung 
von  KSQiia  rcov  [a]Tto  ßaQitmv  (,,an  Kleingeld  von  den  Schiffern",  worin  Wessely 
gar  eine  „Art  von  Flufszoll"  sieht)  ist  sachlich  unnaöglich.  Die  Urkunde  ist  ein 
Schuldschein,  dem  gemäfs  der  Silberarbeiter  Argon  von  Noaimek  11  Solidi  ent- 
liehen hat.  Was  soll  da  der  Flufszoll?  In  jenen  Worten  kann  nvir  die  Beschi-ei- 
bung  des  ausgeliehenen  Geldes  stecken.  Ich  vermute:  K^Q^drav  vv.oßaQtrav,  was 
etwa  für  inoßagscov  stehen  mag:  „in  ziemlich  schwerem  Kleingeld".  —  Zu  I  be- 
merke ich  noch,  dafs  die  avvrj&sia,  die  die  Römer  bei  der  Insel  Tanaro  (vielleicht 
der  damaligen  Nordgrenze?)  zahlen  sollen,  vielleicht  der  von  Diokletian  bewilligte 
Tribut  ist. 

2)  Krall  setzt  die  Silkoinschrift  mit  Wessely  ins  VI.  Jahrhundert.  Vergleiche 
ich  die  Schrift  mit  der  der  oben  besprochenen  Inschrift  von  Talmis  (beide  stehen 
neben  einander  in  Leps.  Denkm.  VI  Blatt  95),  so  will  mir  die  Silkoinschrift  alter- 
tümlicher erscheinen.  Freilich  ist  der  verschiedene  Grad  von  Sorgfalt,  der  der 
Wichtigkeit  des  Gegenstandes  entspricht,  zu  berücksichtigen.  Ich  glaube  nicht, 
dafs  die  Silkoinschrift  jünger  ist  als  V.  Jahrhundert.    Der  Sieg  des  Silko  braucht 


420  I-  Aufsätze 

Amuletts.  Das  Bedürfnis  nach  wunderkräftigen  Amuletten  wurzelte  im 
Heidentum  so  tief^  dafs  das  anfängliche  Verbot  der  Kirche  bald  auf- 
gegeben werden  mufste.^)  Auch  für  diesen  interessanten  Prozefs  der 
Umwandlung  der  heidnischen  Sitte  in  eine  christliche  bieten  die 
Papyri  wertvolles  neues  Material. 

A.   Zu  den  heidnischen  Amuletten. 

Aufser  den  grofsen  Zauberlehrbüchern  aus  heidnischer  Zeit,  die 
uns  durch  die  Publikationen  von  Parthey^  Leemans,  Wessely,  Kenyon, 
Dieterich  zugänglich  gemacht  sind,  haben  sich  auch  Urkunden  gefunden, 
in  denen  für  den  Einzelfall  praktische  Anwendungen  von  den  Vor- 
schriften jener  gemacht  sind.  Auf  diesem  Gebiet  wetteifern  mit  den 
Papyri  und  Pergamenten  die  Bleitafeln  mit  ihren  Verfluchungen  und 
Liebeszaubern.  Wie  wichtig  alle  diese  neuen  Dokumente  des  Volks- 
glaubens für  die  allgemeine  Religionsgeschichte  sind,  ist  namentlich 
durch  die  tiefdringenden  Forschungen  von  Dieterich  und  Wünsch  ge- 
zeigt worden.  Durch  die  Zugehörigkeit  zu  diesem  weiten  und  wich- 
tigen Forschungsgebiet  gewinnen  auch  ein  paar  unansehnliche  Papyrus- 
streifen an  Interesse,  die  ich  bei  meinen  Ausgrabungen  in  Ehnäsje 
(Herakleopolis  Magna)  in  Mittelägypten  zutage  gefördert  habe. 

Am  29.  Januar  1899  fanden  meine  Arbeiter  auf  dem  nach  Osten 
gelegenen  Hügel  Koni  mälidtje  ein  eng  zusammengeprefstes  Papyruscon- 
volut,  das  in  der  Mitte  wie  ein  Garnwickel  mit  einem  roten  Faden  eng 
umschnürt  war.  Als  ich  abends  im  Zelt  den  Faden  gelöst  und  durch 
Feuchtigkeit  den  Papyrus  entrollt  hatte,  lag  ein  vollständig  erhaltenes 
Amulett  vor  mir.  Es  ist  vielleicht  das  erste  Beispiel  eines  Papyrusamu- 
letts, das  in  verschlossenem  Zustande,  so  wie  es  vom  Gläubigen  getragen 
war,  gefunden  worden  ist.  Um  so  mehr  ist  zu  bedauern,  dafs  auch 
dies  Stück  bei  dem  Hamburger  Brande  (s.  oben  S.  227)  untergegangen  ist. 

Über  das  Alter  des  Papyrus  habe  ich  mir  keine  Notizen  gemacht. 
Doch  erinnere  ich  mich,  dafs  ich  ihn  damals  nach  der  Schrift  etwa  in's 


nicht  der  definitive  gewesen  zu  sein,  der  die  Blemyer  aus  Nubien  ver- 
drängte; sie  werden  sich  oft  hin  und  hergeschlagen  haben.  Die  Charachen- 
Handschriften  sind  jedenfalls  jünger  als  die  Silkoinschrift,  etwa  VI.  Jahrhundert, 
und  doch  erscheinen  die  Blemyer  hier  als  Nachbarn  der  Römer.  Silkos  Sieg  ist 
sonach  wohl  nm-  eine  Episode  in  der  blemyschen  Okkupation  von  Nubien 
gewesen.  Sonach  wäre  höchstens  auffällig,  dafs  die  Blemyer  nicht  die  Sieges- 
inschrift des  Feindes  entfernt  haben.  Doch  das  allein  kann  nicht  entscheiden, 
zumal,  wie  mir  Freund  SteindorflF  als  Augenzeuge  erzählte,  die  Silkoinschrift  an 
unscheinbarer  Stelle  steht,  sodafs  man  sie  nicht  ohne  weiteres  findet. 
1)  Vgl.  V.  Schultze,  Unterg.  d.  Heid.  I  308  flf.,  E  377  S. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten  421 

III.  Jahrh.  n.  Chr.  gesetzt  habe.  Der  Papyrus,  dessen  Mafsc  ich  nicht 
genau  anzugeben  vermag,  war  in  sclimalen  Streifen  geknifft,  zu 
einem  kleinen  Cylinder  von  ca.  2  cm.  Länge  und  1  cm.  Durchmesser 
zusammcngeprefst.  Dafs  er  mit  einem  roten  Faden  umwickelt  war, 
entspricht  den  Vorschriften  der  Zaul)erbücher.  So  heilst  es  in  P. 
Lond.  I  S.  77,  385 ff.:  Xaßcov  %dQtriv  y^dil^ov  —  xccl  —  dr'jöag  a^^axi 
q)OiViXLVG).^)  Vermutlich  war  das  Amulett  am  Halse  getragen,  wie 
es  in  einem  Pariser  Zaubertext  heifst:  xal  ^IXrpaq,  q^oivirnva  dsQ^an 
xal  ccjtaQtiöag  cpoQSL  tcsqI  rbv  xqcciyiIov  (Wien.  Denk.  3(1  S.  112,  270'j). 
War  es  an  einem  Faden  getragen,  so  hat  sich  dieser  nicht  gefunden. 
Möglich  aber  auch,  dafs  es  in  einer  Kapsel  getragen  war.  ^) 

Nach  der  vorläufigen  Kopie,  die  ich  im  Zelt  angefertigt  hatte, 
lautet  der  Text  folgendermafsen.  In  der  Mitte  standen  die  Zauber- 
worte : 

FoQyacpcovag 

OQyc3q)(ovccg 

QyG}(pG}vas 

y(Dq)C3vag 

cocpcovccg 

(fcovag 

(ovag 

vag 

CCS 

Spieralförmig  dies  Dreieck  zwei-  bis  dreimal  umschlingend,  liefen  die 
Beschwörungsworte,  die  ich  folgendermafsen  las:  '^lopjtt^o  vuccg  xat cc 
tov  äyCov  ovo^atog  d'SQccTisvöcct  rbv  zIlovvölov  rjtoi  ""Avvg^  ov  stexsv 
'Hqux^lcc^  ccTcb  7ta[v]rbg  Qtyov  not  TtvQStov  i]xoi  xat  tj^sQivov  -r)  ^i'av 
TiaQa  ^tav  waxaiQivov  xs  xal  ij^iQtrjxs  xq^  öqov  [yfjdr]  7]dr]  xa^v  xa^v. 
In  der  Mitte  steht  der  Name  des  angerufenen  Dämons.  Die  Spiele- 
rei der  allmählichen  Verkürzung  des  Namens  bis  auf  den  letzten  Buch- 
staben ist  aus  der  Zauberlitteratur  bekannt  genug,  auch  für  die  dreieck- 
förmige  Anordnung  bietet  sie  zahlreiche  Beispiele.  Der  Berliner  Zauber- 
text I  12  giebt  uns  den  terminus  tecJmicus  für  solche  Bilder:  Tioirjöccg 
dvo  xXi^<xxa^  heifst  es  da,  worauf  zwei  solche  aus  den  sieben  Vokalen 
kombinierte  Dreiecke  folgen,  von  denen  das  erste  die  Spitze  nach 
oben,  das  zweite  nach  unten  richtet.    Der  Herausgeber  Parthey  bemerkte 


1)  Weiteres  bei  Wessely,  Wien.  Denk.  36,  28. 

2)  Vgl.  Bomiann,  Führer  d.  d.  Ausstellg.  PR  S.  125. 


422  I-  Aufsätze 

hierzu  (S.  139):  „Man  erwartet  statt  xXipata  Z.  12  xXi^axsg/'  Ich 
weifs  nicht,  ob  xh'^ai,  hier  ein  besseres  Bild  wäre.  Ich  möchte  an 
dem  überlieferten  xli^axa  festhalten  und  es  als  „Abstufung"  (vgl. 
xh'fia  ÖQäv)  resp.  „Abstufungsfiguren"  fassen. 

Auch  dafs  die  Beschwörungsworte  rings  um  das  Zauberwort  herum- 
laufen, hat  zahlreiche  Parallelen.  Mein  verehrter  Breslauer  Kollege 
Wünsch  verwies  mich  z.  B.  auf  seine  „Neuen  Fluchtafeln"  (Rhein.  Mus. 
55  S.  70).  Vgl.  auch  Wünsch's  Sammlung  im  CIA  App.  p.  XXVI  (lat.), 
andererseits  die  Vorschrift  in  P.  Lond.  I  S.  99,  467fF.:  tf^yQcxcpriöov  — 
i,adLOV  Tvcpaviaxbv  xal  xvxla  ccvtov  rä  ovdftaTß:  xrL 

Der  Dämon,  der  beschworen  wird,  den  Dionysios  vom  Fieber  zu 
heilen,  wird  mit  roQyoacpavag  angerufen,  was  offenbar  vulgäre  Schrei- 
bung für  FoQyocpovag  ist.  Dafs  der  Pluralis  gemeint  ist,  zeigt  wohl 
das  folgende  v^äg  (nicht  6s)  ^  auch  ist  der  Accusativ  dem  Genetiv  vor- 
zuziehen. Die  angerufenen  Dämonen  heifsen  also  die  „Gorgotöterinnen". 
Unter  der  grofsen  Masse  der  Götter  und  Dämonen,  die  in  der  griechi- 
schen Zauberlitteratur  genannt  werden,  habe  ich  diese  Gorgophonen 
nirgends  finden  können.  Auch  der  griechischen  Mythologie  scheinen 
sie  fremd  zu  sein.  Wohl  kennt  diese  die  Athena  als  roQyocpoviq  (Eurip. 
Jon  1478),  und  FoQyocpövrj  heilst  in  der  Sage  auch  eine  Tochter  des 
Danaos  (Apollod.  ed.  Wagner  II  1,5;  Tzetz.  Hist.  7,  374)  und  eine  Toch- 
ter des  Perseus  (Apollod.  I  9,  4;  II  4,  5;  III  10,  3),  aber  mehrere  Gorgo- 
phonen, die  als  gleichartige  Göttinnen  zusammengefafst  wären,  sind 
meines  Wissens  sonst  nicht  bekannt. 

Wie  man  darauf  gekommen  ist,  den  Gorgotöterinnen  heilende  Kraft 
zuzuschreiben,  ist  nicht  schwer  zu  erkennen:  wer  die  Gorgo  bezwungen 
hat,  der  kann  auch  andere  Schrecknisse,  die  den  Menschen  bedrohen, 
überwinden.  Dies  ist  wohl  der  Grundgedanke,  der  auch  den  Gorgo- 
töter  Perseus  zum  Schutzgott  gegen  Krankheiten  gemacht  hat.  So 
notiert  Richard  Heim  in  seiner  sehr  dankenswerten  Sammlung  von 
incantamenta  magica  (Fleckeis.  Jahrbb.  Suppl.  19,  1893)  unter  n.  59 
eine  Amulettgemme,  die  den  Perseus  mit  dem  Medusenhaupt  darstellt 
und  die  Umschrift  zeigt:  cpvys  TtoSdyga  UsQösvg  6s  diaxsi.  Eine  an- 
dere Nuance  erscheint  in  der  in  Euripides'  Jon  1003  fi".  wiedergegebenen 
Erzählung  von  der  Gorgotöterin  Athena  (vgl.  Heim  S.  490):  sie  hatte 
ihrem  Sohne  Erichthonios  zwei  Tropfen  von  dem  Blute  der  Gorgo  ge- 
geben, von  denen  der  eine  totbringend,  der  andere  aber  heilbringend 
war  {axs6(p6Qov  v66(av)  und  Krankheiten  abwehrte  (y66ovg  ansiQysi 
xal  TQoq)äg  sisl  ßi'ov).  Hiernach  erscheint  die  Gorgotöterin  als  Herrin 
über  Tod  und  Leben. 

Die  Beschwörungsformel   s^oqxl^co   v^äg  xarä  rov   ayiov  övöfiarog 


Ulricli  Wilcken:  Heidniaches  und  Christliches  aus  Ägypten  423 

findet   in  der  Zauberlitteratur  so   viele  Parallelen,  dafs  Zitate  sich  er- 
übrigen. 

Die  Gorgophonen  sollen  heilen  den  /jiovvöiog  —  ov  hsxev  'Hga- 
xXCa.  Auch  diese  Determinierung  der  zu  beschützenden  Person  durch 
den  Mutternamen  ist  in  der  Zauberlitteratur  bekannt  genug.  Sie  steht 
im  Einklang  uiit  den  Zauberlehrbüchern,  die  in  solchen  Fällen  rov  Zji 
xfis  Zji,  d.  h.  Tov  ÖHva  Tijg  dstvog  zu  schreiben  pflegen.  Es  ist  be- 
merkenswert, dafs  sich  diese  Sitte  nicht  nur  in  den  aus  Ägypten  stam- 
menden, sondern  auch  in  den  in  Italien  und  Afrika  und  anderwärts 
zu  Tage  kommenden  Texten  findet.^)  Daneben  wird  freilich  gelegent- 
lich auch  der  Vater  (CIA  App.  p.  XV:  ov  hsxsv  —  ov  eöTieiQSv) 
oder  auch  der  Vater  allein  (dies  namentlich  in  den  späteren  Jahrhun- 
derten) genannt.  Aber  vorherrschend  und,  wie  gesagt,  von  den  Lehr- 
büchern vorgeschrieben  ist  die  alleinige  Nennung  der  Mutter.  Die 
Frage  nach  dem  Ursprung  dieses  Brauches  ist  neuerdings  mehrfach 
behandelt  worden.  Wessely^)  hat  ihn  mit  der  Rücksicht  auf  die  ajcd- 
roQeg,  deren  Vater  unbekannt  war,  erklären  wollen,  was  sicher  verkehrt 
ist.  Der  Prozentsatz  der  andtogsg  ist  gegenüber  denen  mit  bekanntem 
Vater  nach  den  Urkunden  ein  so  geringer,  dafs  diese  Sitte  sich  daraus 
nicht  erklären  läfst.  Auch  würden  die  Letzteren  gewifs  erst  recht  und 
mit  Stolz  den  Vater  genannt  haben,  wenn  dieser  Gesichtspunkt  in 
Frage  gekommen  wäre.  —  Eine  andere  Lösung  hat  Wünsch  vorge- 
schlagen (CIA  App.  praef.  p.  XXIII):  si  praescribitur  in  hac  papyro, 
id  quod  etiam  in  tahellis  nostris  interdum  servatur,  ut  is  qui  devoveafur 
non  e  patre,  sed  e  matre  nominetur,  hoc  e  harharorum  more  sumptum 
esse  facile  concedo;  sed.  cum  indices  praecipue  id  agerent,  ut  certe  descri- 
heretur  is,  in  quem  illas  erant  acturi,  nonne  fortasse  meminerunt  Graeco- 
rum  opinionis,  quam  Euripidei  Uli  versus  exprimunt  (fr.  1015):  atsl  ds 
^ijtrjQ  (ptXorexvog  ^äXXov  TiaxQog'  iq  fihv  yocQ  avxfig  oldsv  ovd-\  o  d' 
ot£Tat? 

Ob  man  die  Bezeichnung  nach  der  Mutter  aus  dem  Bestreben, 
möglichst  deutlich  die  betreifende  Person  zu  charakterisieren,  ableiten 
darf,  ist  mir  zweifelhaft.  Die  gröfste  Genauigkeit  wird  in  den  amtlichen 
Akten  angestrebt,  und  diese  nennen  meist  Vater,  Grofsvater,  Mutter, 
Grofsvater  mütterlicherseits  und  fügen  eventuell  noch  Alter  und  Signale- 
ment hinzu.  So  weit  ich  sehe,  begegnet  eine  derartige  Akribie  in  der 
Zauberlitteratur  niemals.     Im  Gegensatz  zu  dem  amtlicheu  Stil  ist  die 

1)  Vgl.  Deifsmann,  Bibelstud.  S.  37.  Wünsch,  Rh.  Mus.  55,  260:  qtiem  peperit 
Felicitas.  Heim  a.  a.  0.  n.  30  (S.  474):  illius  quem  peperit  illa.  Dazu  die  An- 
üierkung. 

2)  Jahresb.  Hernais  1889  S.  6. 


424  I-  Aufsätze 

Beschränkung  auf  den  Mutternamen  sogar  so  unzulänglicli,  dafs  man 
daraus  nur  folgern  kann^  dafs  man  den  Dämonen  eine  weit  gröfsere 
Findigkeit  als  den  Behörden  zutraute. 

Aber  mit  der  anderen  Annahme,  dafs  die  Sitte  von  Barbaren 
stamme,  hat  Wünsch  entschieden  Recht.  Man  kann  sogar  ffenau  be- 
stimmen,  von  welchen  Barbaren.  Es  ist  bisher  in  diesem  Zusammen- 
hange nicht  beachtet  worden,  dafs  auch  schon  in  der  altägyptischen 
Zauberlitteratur  aus  der  Pharaonenzeit  die  Person  bezeichnet  zu  werden 
pflegte  als:  „NN,  geboren  von  der  NN".  Vgl.  Erman-Krebs,  Aus  den 
Papyrus  der  kgl.  Museen  (1899)  S.  81.  Für  Ägypten  ist  die  Sitte 
damit  also  mindestens  für  das  IL  Jahrtausend  v.  Chr.  erwiesen,  und 
es  ist  mir  mehr  als  wahrscheinlich,  dafs  sie  von  hier  aus  —  mit 
so  vielem  anderen  Zauberkram  —  zu  den  anderen  Völkern  ge- 
kommen ist. 

Aber  die  Frag-e  nach  der  tieferen  Bedeutunc?  des  Brauches  ist  damit 
nur  zurückgeschoben.  Sie  wird  zu  lösen  sein,  wenn  von  ägyptologischer 
Seite  ^)  die  gesamte  Tradition  —  unter  Berücksichtigung  der  verschie- 
denen Zeiten  —  daraufhin  untersucht  wird,  in  welchen  Fällen  der 
Ägypter  nach  dem  Vater,  in  welchen  er  nach  der  Mutter  bezeichnet 
wurde.  Man  möchte  vermuten,  dafs  die  Bezeichnung  nach  der  Mutter 
in  den  matriarchalischen  Urzuständen  Ägyptens  seinen  Grund  hätte, 
und  dafs  sie  erst  allmählich  durch  den  immer  mehr  vordringenden 
Vaterrechtsgedanken  aus  dem  amtlichen  Leben  (Urkunden  etc.)  ver- 
drängt und  vielleicht  mehr  auf  das  religöse^)  Leben  (daher  auch  in 
Zaubertexten)  beschränkt  worden  wäre.^)     Aber  es  ist  müfsig  und  ge- 


1)  Mir  sind  nur  gelegentliche  Äufseriingen  zu  Gesicht  gekommen.  Vgl.  Er- 
man,  Ägypten  S.  224:  „Und  auf  den  Totenstelen  der  späteren  Zeit  ist  es  herr- 
schender Gebrauch,  die  Herkunft  des  Toten  nach  seiner  Mutter  anzugeben"  u.  s.  w. 
Er  weist  dann  auch  auf  matriarchalische  Parallelen  hin,  wenn  er  auch  das  Schlag- 
wort nicht  gebraucht.  In  Äg.  Z.  1891  S.  119  sagt  derselbe:  „dafs  der  Muttername 
so  der  Schwurfonnel  angefügt  wurde,  ist  m.  W.  neu  und  ist  wieder  ein  Beleg 
für  die  hohe  Stellung  der  Mutter  in  der  ägyptischen  Familie".  Vgl.  Steindorö", 
Äg.  Z.  1890  S.  50:  „die  Aufschrift  enthielt  urspünglich  nach  ägyijtischer  Sitte  nur 
den  Namen  des  Verstorbenen,  den  seiner  Mutter  und  die  Angabe  der  Herkunft". 

2)  So  würde  sich  erklären,  dafs  der  Tote  nach  der  Mutter  genannt  wird. 
Auch  die  Nennung  der  Königinmutter  in  der  Schwurfonnel  (s.  vorige  Anmerkung) 
würde  in  diese  Kategorie  fallen.  In  der  Mythologie,  die  das  irdische  Leben 
wiederspiegelt,  kommt  der  Gedanke  z.  B.  darin  zum  Ausdruck,  dafs  sie  zwar  den 
Horus  als  Sohn  der  Isis  und  des  Osiris  kennt,  eine  eigene  Kultgottheit  doch  aber 
nur  aus  „Homs  dem  Sohn  der  Isis"  gemacht  hat  (AQßnjaig),  während  ein  „Horus 
Sohn  des  Osiris"  in  dem  Sinne  wohl  nirgends  vorkommt. 

3)  In  der  Zauberlitteratur  begegnet  die  Nennung  nach  der  Mutter  gelegent- 
lich   noch    in    den    späten,    koptischen  Zeiten.     Vgl.  Erman,   Äg.  Z.  1895   S.  133. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Chi-istliches  aus  Ägypten  425 

fährlich,  [lypotliesen  aufzustellen,  wo  vielleicht  eine  einfache  Statistik 
entscheiden  kann. 

Wie  verhält  sich  nun  der  zu  heilende  Dionysios  zu  dem  Beschwö- 
renden, dem  Subjekt  von  «^o^xt^co?  Auf  den  ersten  Blick  glaubte 
ich,  dafs  Dionysios  etwa  das  kranke  Söhnchen  des  Beschwörenden 
sei;  doch  wird  hier  wie  in  Paralleltexten  der  mit  Namen  Genannte,  der 
zu  beschützen  ist,  mit  dem  ungenannten  Subjekt  von  t^oQZi^cj  identisch 
sein.  Vgl.  z.  B.  den  Liebeszauber  von  Hadrumetum  bei  Deifsmaim, 
Bibelstud.  S.  28  ff.     Dionysios  wird  also  der  Schreiber  selbst  sein. 

Unser  Amulett  sollte  den  Träger  vom  Fieber  heilen.  Die  Auf- 
zählung der  verschiedeneu  Arten  zeigt,  dafs  das  Amulett  nicht  nur  für 
eine  einzelne  momentane  Erkrankung,  sondern  auch  für  die  Zukimft 
helfen  soll.  Andererseits  weist  das  d^EQuitsvöai  (nicht  qpuAalat)  wohl 
darauf  hin,  dafs  eine  thatsächliche  Fiebererkrankung  des  Dionysios  den 
Anlafs  zu  diesem  Amulett  gegeben  hat.  Es  wurde  aber  so  abgefafst, 
dafs  es  zugleich  für  die  Zukunft  generell  wirken  sollte. 

Ähnliche  Fiebermittel  erwähnt  das  Londoner  Lehrbuch  P.  Lond.  I 
S.  91.  Ygl.  Z.  211:  TCQOs  QLyoJivQBr\^io\v  %xk.  Z.  213:  nQog  na^rniElQ^i- 
vov  vvxtSQivov  xtL  Z.  218:  (pvXanziqQiov  TCQog  QLyonvQenov  xad'rjfisQi- 
v6v.  Tqca\)ov  Eig  idotTqv  xa&aQOV  xal  nEQCutl^ov^  worauf  die  Zauber- 
worte folgen. 

Ein  Fieberamulett  enthält  ferner  ein  Pergamentblatt  der  Rainer- 
sammlung (V.  Jahrb.  n.  Chr.),  das  Wessely  in  Wien.  Denk.  42  S.  67/68 
folgendermafsen  ediert  hat:  t^At^/I  öxQayr^k  etQanovr^k  osog  oßcctov^sog 
oilfatovxsog  (pvla^ov  öxsTia^ov  oi  xQig  oi^eQag  ol  v^sqlvov  ol  vörj^SQi- 

vov  Ol  ae  nvQExog  xad'KQtöi  ot^ag  6aßcc  .  Wessely  übersetzt  dies  im 
Führer  d.  d.  Ausstell.  PR  S.  124:  „beschütze  dreimal  des  Tages  oder  jeden 
Tag  oder  zur  Taggleiche  oder  immer  vor  dem  Fieber.^'  Mir  scheint, 
dafs  nicht  die  Zeitpunkte  angegeben  sind,  an  denen  der  Dämon  heilen 
soll,  sondern  dafs  vielmehr  verschiedene  Fieberarten  aufgezählt  sind. 
Ich  verbinde  daher  xQigot^EQag  =  XQLgf]^£Qog  =  tertiana.  Auch  darf 
man  wohl  asnvQStog  =  ccEtnvQExog  verbinden,  womit  das  Dauerfieber 
bezeichnet  wäre.  Das  v^eqlvov  würde  der  cotidiana  entsprechen. 
Aber  was  ist  vötj^eqlvov  (für  iöyi^eqlvov)  ?  Ist  das  vielleicht  die 
meridiana  ? 

Ahnliche  Unterscheidungen  der  Fieberarten  erwähnt  z.  B.  eine 
Fluchtafel  von  der  Via  Appia  (CIA  App.  p.  XXVII  sq.):  patiatur  fehris 
frigus  tortionis  palloris  sudoris  obbripilationis  meridianas  interdianas  serii- 


Mehrere    Beispiele    füi-    die    Bezeichnung    nach    dem    Vater    aus    dieser    Zeit    bei 
Erman- Krebs,  Papyras  S.  258  AT. 


426  I-  Aufsätze 

tinas  nodurnas.    Bei  Heim  a.  a.  0.  heilst  es  unter  n.  19  (Plin.  21,  166): 

colligi  eani   tertianis  et  quartanis  remedio.     Ebenda  n.  25  (Plin.  28,  86): 

tertianae  quartanae  vel  cotidianae  febri  remedium. 

Diese  Beispiele  zeigen,  dafs  man  in  Zaubertexten  auf  eine  möglichst 

gi'ofse  Spezialisierung  der  verschiedenen  Fieberarten  ausging,  offenbar, 

damit  nur   ja   auch  jede  Art   eventuell  vom  Zauber   getroffen 

werde.     Diese  Parallelen  erleichtern  zugleich   das  Verständnis  meines 

Textes,    dessen   Schlufs   meine  vorläufige  Transkription  noch  nicht   in 

allen  Punkten  richtig  wiedergegeben  hat. 

Da   die   verschiedenen  Fieberarten   durch  >]  getrennt  werden,  wird 
?        ? 
statt  7]toL   xai   iqasQivov    zu   lesen   sein:    tj   to<^vy   xai^&yrj^EQLVOv    (vgl. 

oben  den  Lond.).  Von  diesem  täglichen  Fieber  (cotidiand)  wird  unter- 
schieden ri  ^öav  Tcaga  [iiav,  seil.  yj^tQccv,  d.  h.  das  Wechselfieber,  das 
jeden  dritten  Tag  auftritt  (tertiana),  und  zwar  gleichviel  ob  es  bei  Tage 
oder  bei  Nacht  kommt:  vvktsqlvov  re  aal  i]aeQi(vov}^  wie  zu  ergänzen 
sein  wird.  Der  unverständliche  Schluls  ti]tb  XQ^r^ÖQov  kann  wohl  nicht 
anders  als  in  iq  x£XQ\a\8(^Cyo\vy  emendiert  werden,  womit  die  quartana 
bezeichnet  ist.  Unser  Amulett  unterscheidet  also  dieselben  Fieberarten, 
die  in  der  oben  zitierten  Pliniusstelle  (2^,  86)  genannt  werden. 

Endlich  werden  die  Dämonen  gebeten,  die  Hilfe  „rasch  rasch, 
schnell  schnell"  zu  bringen.  Diese  Formel  riÖiq  fjÖi]  ta%v  xa%v  ist  so 
verbreitet  in  der  Zauberlitteratur,  dafs  Zitate  nicht  nötig  sind.  Diese 
zweimalige  Wiederholung  der  Woi'te  ist  das  übliche^);  seltener  ist  die 
einmalige  Nennung,  so  in  Karthago  (CIA  App.  p.  XVI,  XVII),  und  die 
dreimalige,  wiederum  in  Karthago  (1.  c.).-j  Bemerkenswert  ist,  dafs 
diese  griechischen  Worte  nicht  nur  in  die  koptischen  Zaubertexte  über- 
gegangen sind^),  sondern  auch  in  die  lateinischen,  denn  das  tacs  tacs 
in  CIA  App.  p.  XXVIU  hat  Wünsch  mit  xcc^tag  xa^scog  gewifs  richtig 
erklärt. 

Unser  Text  wird  somit  folgendermafsen  zu  lesen  sein:  roQ'y<^oy- 
q)(6)vag  (u.  s.  w.)  it,oQ/ÜL,(o  v^ag  xaxä  xov  ayCov  övu^atog  x)-£Qa7i6v<iac 
zJlovvölov  rjxot,  Avvg  ov  ixexav  'HQanXCa  icnb  7ta\v\t'og  ^Cyov<^gy  xal 
7CVQSX0V  7]  xo<^vy  7ia(ß'yri^EQLvov  t)  ^iuv  TtaQU  ^Cav  vvKX\£}Qivov  X£  aal 
7j^£QL(vovy  7]  xEXQ[a]d<^iyo<^vy  [rj]örj  7jÖ7j  xuj(v  xayy.  Das  heifst  etwa: 
„Euch  Gorgotöterinnen  beschwöre  ich  bei  dem  heiligen  Namen,  dafs 
ihr  heilet   den  Dionysios  (oder  Anys),   den  Heraklia  geboren  hat,   von 


1)  Oft  geschrieben:  y\8r\  ß  ra^v  ß  oder  auch  ijäri//  ra^v//,   wo  die  2  Striche 
die  Verdoppelung  andeuten.     l*aläographisch  beides  sehr  bemerkenswert! 

2)  Aber  auch  hier  sonst  die  zweimalige  Wiederholung. 

3)  Vgl.  Erman- Krebs,  Papyrus  S.  259;  Krall,  Mitt.  PR  V  121. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten  427 

jeglichem  Fieber,  kalt.-in  oder  heifsein,  gleichviel  ob  es  tägliches  Fieber 
(cotidiana)  oder  dreitägiges  Wechselfieber  (tertiana)  bei  Nacht  oder  bei 
Tage,  oder  aber  viertägiges  Fieber  (quartana)  ist,  rasch  rasch,  schnell 
schnell." 


Während  das  eben  besprochene  Amulett  ohne  Zweifel  dem  heid- 
nischen Kulturkreise  angehört,  läfst  sich  von  einem  anderen,  das  ich 
gleichfalls  in  Ehnasje  ausgegraben  habe,  nicht  so  leicht  sagen,  welchem 
Kreise   es  entstammt.     Die  Anfangsworte  desselben  lauteten  folgender- 

mafsen: 

KvQia  ZlaßaciO'^  undörQsxpov 
ccTC    sfiov  .  oxov  (?)  v66ov  rfig 

Es  mag  nach  meiner  Erinnerung  wohl  der  Zeit  des  III. — V.  Jahrhun- 
derts angehören.  Zwar  wird  in  diesem  Amulett  gegen  Kopfschmerz 
der  alttestamentliche  „Herr  Zebaoth^'  angerufen,  aber  darum  braucht 
nicht  etwa  an  einen  christlichen  Schreiber  gedacht  zu  werden.  Sind 
doch  auch  viele  jüdische  Elemente  mit  griechischen  und  ägyptischen 
vermischt  schon  im  IL  Jahrhundert  n.  Chr.  von  der  „heidnischen  Gnosis''^ 
zu  jenen  wunderlichen  synkretistischen  Systemen  verarbeitet  worden, 
von  denen  die  uns  erhaltenen  Zauberlehrbücher  uns  eine  so  deutliche 
Vorstellung  geben.  ^)  Es  läfst  sich  daher  nicht  mit  Sicherheit  ent- 
scheiden, ob  der  Schreiber  dieses  Amuletts  ein  Christ  oder  aber  ein 
Jude  oder  Grieche  oder  Ägypter  gewesen  ist. 

Dafs  die  uns  erhaltenen  Zauberlehrbücher  trotz  der  vielen  alt- 
testamentlichen  Elemente  rein  heidnisch  —  in  diesem  weiteren  Sinne 
mit  Einschlufs  des  Jüdischen  —  sind,  zeigt  nichts  deutlicher,  als  dafs 
die  einzige  griechische  Stelle,  an  der  Christus  genannt  wird,  ihn  als 
„Gott  der  Hebräer"  (rov  Q-eov  räv  'EßQcätov  'Ir]6ov  Par.  3019)  bezeichnet. 
Auch  sonst  ist  mir  nichts  Christliches  in  diesen  Büchern  aufgestofsen.  ^') 
Parthey  glaubte  zwar,  in  einem  der  Berliner  Zauberpapyrus  den  Heiligen 
Georg  wiederzufinden,  doch  ist  seine  Deutimg  schon  mit  Recht  zurück- 
gewiesen   worden.^)     Dagegen    spukt    immer    noch    seine    Behauptung, 


1)  Vgl.  vor  allem  Dieterich,  Abraxas. 

2)  Zu  der  koptischen  Stelle,  die  Christus  nennt,  vgl.  Wessely,  Wien.  Denk. 
36,  36.  Sein  Aufsatz  im  Expositor  war  mir  nicht  zugänglich.  Nachträglich  stofse 
ich  noch  auf  'Iticovs  'Avov[ßig  bei  Dieterich,  Pap.  mag.  805,  17. 

3)  Vgl.  Dieterich,  Pap.  mag.  Mus.  Lugd.  S.  780,  der  sich  schon  auf  Baudissiu, 
Stud.  z.  semit.  Religionsgesch.  S.  119, 1  dafür  benift,  dafs  ayaQ-s  yuaQyt  von  yhcoQyog, 

Archiv  f.  Papyruaforschung.  I.  3.  28 


428  I-  Aufsätze 

dafs  auf  einer  Berliner  Holztafel  aus  Athribis  dieser  Heilige  angerufen 
werde.  Es  ist  ein  Versehen  von  Dieterich,  wenn  er  Pap.  mag.  S.  780 
und  Abraxas  S.  124  annimmt,  dafs  die  Holztafel  einen  ayad-og  FscoQyog 
erwähne.  Diese  Verbindung  kommt  in  dem  Text  nicht  vor,  auch  nicht 
in  Partheys  Leseversuch  (Abh.  Berl.  Ak.  1805  S.  140),  der  ihm  vorlag. 
Irrig  ist  auch  Partheys  Annahme,  dafs  der  Ffcopydg  hier  „angerufen" 
werde.  Völlig  verstanden  habe  ich  den  Text  zwar  auch  noch  nicht, 
aber  soviel  scheint  mir  sicher,  dafs  er  nichts  als  eine  in  greulichem 
Dialekt  geschriebene  poetisch  sein  wollende  Beschreibung  der  Leiden 
des  Landmanns  ist.  Ich  habe  vor  Jahren  die  Holztafel,  die  sich  im 
Besitz  der  königlichen  Bibliothek  zu  Berlin  befindet  (Nr.  29)  —  übrigens 
eine  Schultafel,  nicht  ein  „Buchdeckel"  — ,  flüchtig  kopiert.  Die  Schrift 
mag  etwa  aus  dem  IV.  Jahr.  n.  Chr.(?)  stammen.  Folgendes  habe  ich 
einstweilen  gelesen: 

Msyag  ysoQybg  avögayccd-  .  .  .  vorv  Kaxdlayog  -f- 
^dr£  ^01  liyiv  'na.l  6ti%0i6i  ^ivsQtoi  ks^oj   -\- 
nd^noQog  yeojQyog  %av  avtovQybg  öjci'ql  mvx^  -f- 

rivKaLQüv  xa^drcov  tSQTiö^si'og  iv  dygolg -|- 

5  Zvya  dtaQ^d^o  ßöcc  xai,  evd'sro  aQcorfjQLv  -\- 
NvKtl  fieXavt]  %oQta0^a6LV  im^Elov^evog  -f- 
'Ev  ä^a&L  aöavtojg  x)]v  äöxoiöLv  noiov^tyog  -\- 
Avxog  ytiOQybg  svqlv  firi  divö^evog  -{- 
[Ovds^iav'^]  iyjav  .  .  .  ri}g  yicoyCag  i^Q\dv  -f-] 
10  [ ]t(öv  ävaO'EV  täv  xa^dtmv tav  -\-  ^) 

Vielleicht  regt  meine  noch  mangelhafte  Lesung  dieses  strafbaren  Schüler- 
gedichtes einen  Anderen  zur    genaueren  Edition  und  Interpretation  an. 


nicht  von  rsmQyiog  abzuleiten  ist.    Übrigens  würde  man  beim  Heiligen  ayLS,  nicht 
ayu9^  erwarten. 

1)  Z.  1  avSQceya&r^nivav  scheint  möglich  zu  sein.  Wenn  yscoQybg  irrtümlich 
für  yto}Qyov  steht,  könnte  es  heifsen:  „Grofs  ist  die  Liste  der  Gutthaten  des  Land- 
mannes." —  3  Tt&Qog  nach  Hesych.  =  raXcäncaQos-  Das  unbekannte  nä^TtaQoe  also 
wohl  =  ganz  elend.  —  5  Gemeint  ist  wohl  diccQ^o^ax^vy ,  da  von  4  an  lauter 
Participien.  Man  möchte  ßöa  ccQcori]Qiv  (für  ccQori'iQiov  =  &.QOxri6iov)  verbinden  im 
Sinne  von  ßovv  ccQotfiQa  (Hes.).  Zu  erwarten  wäre  freilich  der  Plural.  Aber  xai 
oder  y.aQ  tV'S'fTo  bleibt  mir  unverständlich.  —  In  7  ist  das  dorische  a^iaai  (Gegen- 
satz zu  vvv.xl)  bemerkenswert.  —  In  8  ist  y£(aQyo(^vys  gemeint:  er  kann  keine 
Feldarbeiter  finden.  —  In  9  ist  wohl  der  Sinn:  er  hat  [keine]  Freude  von  der 
Landwirtschaft.  Aber  [^x]  T?}g  steht  nicht  da.  —  Vielleicht  finden  Andere  Be- 
ziehungen zu  griechischen  Dichtern.  Mich  erinnert  der  Grundgedanke  an  die  alt- 
ägyptischen Schilderungen  des  traurigen  Fellachenlebens. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten  429 

Ich  wollte   hier  nur   konstatieren,    dafs  weder  vom  Heiligen  noch  vom 
Guten  Georg  in  diesem  Text  die  Rede  ist. 


B.    Zu  den  christlichen  Amuletten. 

Die  von  den  Christen  «j^ebrauchten  Amulette  waren  entweder  rein 
heidnisch  oder  aus  heidnischen  und  christlichen  Elementen  zusammen- 
gesetzt oder  aber  rein  christlich.^)  Ich  übergehe  die  ersteren,  bei 
denen  das  Christentum  ihrer  Träger  für  uns  meist  schwer  zu  erkennen 
sein  wird.")  Die  zweite  Klasse  der  heidnisch-christlichen  Amulette  ver- 
anschaulicht uns  z.  B.  ein  koptischer  Text  aus  dem  VII.  Jahrhundert, 
in  dem  die  Mischung  des  Heidnischen  und  Christlichen  besonders  klar 
vor  Augen  liegt.  Es  ist  ein  Zaubertext  „gegen  Leibschmerzen  eines 
Kindes"^),  in  dem  oifeubar  im  Anschlufs  an  alte  heidnische  Texte  aus- 
führlichst eine  Episode  aus  dem  Mythus  von  Isis  und  Horus  erzählt 
wird.  Anfang:  „Horus  der  Sohn  der  Isis  ging  auf  einen  Berg"  u.  s.  w. 
Zum  Schlufs  heifst  es  dann:  „Ich  bin  es,  der  redet,  der  Herr  Jesus, 
der  die  Heilung  verleiht."  Nach  Erman  (Äg.  Z.  1895  S.  45)  sind 
diese  Worte  das  Einzige,  was  hier  an  das  Christentum  erinnert.  Sollte 
nicht  aber  der  Agrippa,  dessen  Geist  sich  mit  Horus  und  Isis  unter- 
hält, der  König  Agrippa  aus  der  Apostelgeschichte  Kap.  25/26  sein? 
Auf  der  anderen  Seite  verschwindet  das  Heidnische  bis  auf  eine  kurze 
Bemerkung  in  der  von  Ad.  Jacoby  vor  kurzem  herausgegebenen  Epiklese 
von  Gizeh  (Ein  neues  Evangeliumfragment  1900  S.  32  ff.). 

Auch  für  die  dritte  Klasse  der  rein  christlichen  Amulette  bieten 
die  neueren  Papyrusfunde  weitere  Beispiele.  Dahin  gehört  der  von 
Wessely,  Wien.  Denk.  42  S.  68  f.  (etwa  aus  dem  VI.  Jahrh.)  edierte 
Text,  ein  Amulett  gegen  Gebärmutterschmerzen.  ^)  Während  man  hier 
trotz  der  rein  christlichen  Formen  doch  noch  den  inneren  Zusammen- 
hang   mit    analogen    Vorschriften    der    heidnischen    Zauberlehrbücher 


1)  Vgl.  Vict.  Schnitze,  Gesch.  d.  Unterg.  d.  Heid.  II  S.  377  if. 

2)  Der  koptische  (also  christliche)  Zauberspruch  gegen  einen  Hund,  den 
Erman  in  Äg.  Z.  1895  S.  132. ff.  behandelt  hat,  enthält  neben  der  ägyptischen 
Grundlage  („Amulett,  welches  Isis  geschrieben  hat")  allerlei  jüdische  Elemente, 
aber  nichts  speziell  Christliches. 

3)  Erman -Krebs,  Aus  d.  Papynis  d.  kgl.  Mus.  S.  257/8.  Vgl.  auch  EiToan, 
Äg.  Z.  1895  S.  45. 

4)  Eine  neue  Parallele  fand  ich  bei  Matter,  Hist.  crit.  du  guosticisme  PI.  II 
C  4  in  dem  von  Matter  mifsverstandeuen  Text:  Täaaov  rr]v  [LrjXQuv  t^g  östvu  sig 
xbv  i'Siov  Tonov  o(?)  tbv  nvulov  rov  r\ltiov.  Dies  nach  Exzerpt  aus  dem  mir  z.  Z. 
nicht  zugänglichen  Buch. 

28* 


430  I-  Aufsätze 

merkt^),  sind  rein  cliristlicli  die  weit  verbreiteten  Aufzeiclmungen 
einzelner  Bibelstelleu  zn  Zauberzwecken.  ^)  Ein  solches  Amulett  aus 
dem  Berliner  Museum  (Pergament)  publizierte  Krebs  in  den  Nachrichten 
d.  Ges.  Wiss.  Gott.  1892  S.  5  ff.  Nach  allerlei  Sprüchen  aus  den  Psal- 
men und  Evangelien  stehen  hier  zum  Schlufs  die  schwer  verständlichen 
Worte:  to  öapLa  xai  xo  ds^a  tov  xq  tpsiöai  xov  dovkov  6ov  rov  cpo- 
Qovvta  TO  q)vXaxri]Qiov  tovro.  Hier  erinnert  nur  noch  der  alte  ter- 
minus  technicus  (pvkaxTy'iQiov  an  die  heidnische  Zeit.  Krebs  erklärte 
dEy.a  mit  ds^ag^  übersetzte  aber  in  den  „PapjTus  d.  kgl.  Mus."  S.  236: 
„Schütze  du^  o  HeiT,  Leib  und  Seele  deines  Knechtes,  der  dies  Amulett 
trägt."  Ich  glaube,  man  wird  den  Anfang  to  öco^a  'Aai  xo  dsna  xov 
%Q  als  Vokativ  zu  fassen  haben,  wie  z.  B.  in  dem  altchristlichen  litur- 
gischen Stück  (Gebh.  Harn.  TU,  NF  H  S.  10,  10):  V  &ebg  —  6  xv- 
Qiog  —  svlöyrjöov  xov  dovlov.  Da  daiiag  keinen  Gegensatz  zu  ö&^cc 
giebt,  so  vermute  ich,  dafs  £^k  =  cü^a  dahintersteckt,  wodurch  der 
für  das  Abendmahl  so  wichtige  Gegensatz  von  Leib  und  Blut  Christi 
herauskommt.  Also  tö  ö&^cc  xcd  xb  d'  e^a  xov  Xq(i6xov):  „Leib  und 
Blut  Christi,  sei  gnädig  deinem  Knecht,  der  dies  Amulett  trägi." 

Eine  Zusammenstellung  von  Bibelstellen  bietet  ferner  ein  Text  im 
„Führer  d.  d.  Ausstellung  PR"  n.  528  (mit  Abbildung).  Die  letzte  Zeile, 
die  noch  unerklärt  ist,  ist,  wenn  ich  nicht  irre,  koptisch.  Auch  das 
auf  einer  Thonscherbe  aus  Megara  aufgezeichnete  Vaterunser,  das  Knopf 
soeben  in  den  Mitt.  Ath.  Inst.  25  S.  314  ff.  ediert  hat,  gehört  hierher, 
ebenso  die  von  Hiller  v.  Gärtringen  herausgegebene  rhodische  Bleitafel 
mit  dem  80.  Psalm  (Sitzungsber.  Akad.  Berl.  37,  1898,  S.  582  ff'.).  Da 
Hillers  aus  dem  Inhalt  des  Psalms  geschöpfte  Vermutung,  dafs  diese 
Tafel  wohl  zum  Schutze  des  Weinberges  ihres  Besitzers  dienen  sollte, 
Zustimmung  gefunden  hat,  weise  ich  auf  die  Arbeit  von  Kayser  hin, 
über  den  „Gebrauch  von  Psalmen  zur  Zauberei"  (Z.  D.  Morg  Ges.  42, 
1888,  S.  456  ff.),  der  auf  Grund  der  von  ihm  mitgeteilten  syrischen 
Handschrift  zu  dem  Resultat  kommt:  „Es  ist  umsonst,  bei  solchem 
Unsinn  wie  dem  vorliegenden  nach  einem  vernünftigen  Grunde  zu 
suchen,  und  so  lassen  sich  auch  hier  keine  bestimmten  Beziehungen 
zwischen  den  einzelnen  Psalmen  und  den  Dingen,  wofür  oder  wogegen 
sie  gut  sein  sollen,  nachweisen."    Speziell  für  den  80.  Psalm  lautet  die 


1)  Vgl.  Wesselys  Hinweis  auf  den  Londinensis  Z.  268.  —  Schon  Deifsmann, 
Neue  Bibelst.  S.  58  hat  vennutet,  dafs  Wessely  in  CPR  30,  4  fälschlich  svXoyov 
statt  &8oX6yov  gelesen  habe.  Diese  Vermutung  wird  durch  den  obigen  gleich- 
zeitigen Text  bestätigt,  wo  in  demselben  Zusammenhange  steht:  xai  &soX6y[ov] 
'laävvov  rov  ivayyuXicxov. 

2)  Vgl.  Deifsmann,  Bibelst.  S.  49. 


Ulrich  Wilcken:  ITcidniHflies  und  Cliristliches  ans  Ägypten  431 

Vorschrift  des  syrischen  Büchleins:  „Lies  ihn  üher  Wasser,  wasch  dein 
Gesicht  damit  und  gehe  so  zum  Sultan.  Lies  ilin  auch  in  jeder  Nacht 
für  Einen,  der  an  einem  fernen  Ort  ist."  Damit  soll  die  Möglichkeit 
von  Hillers  Deutung  für  den  einzelnen  Fall  natürlich  nicht  bestritten 
werden,  zumal  diese  Vorschriften  viel  jünger  sind  und  aus  einer  anderen 
Gegend  stammen.  Aber  nach  diesem  Syrer  giebt  man  es  wohl  besser 
auf,  sich  überhaupt  den  Kopf  darüber  zu  zerbrechen. 

Diesen  rein  christlichen  Texten  füge  ich  einen  neuen  hinzu,  den 
ich  in  Ehnäsje  ausgegraben  habe.  Am  20.  Febr.  1899  fanden  meine 
Arbeiter  auf  dem  nach  S.  0.  gelegenen  Kom  hllafr  el-holedi  ein  eng 
zusammengeprefstes  Papyrusconvolut  von  ca.  2  cm.  Länge  und  1  cm. 
Breite,  das  mit  einem  braunen  Faden  umwickelt  war.  Leider  gelang 
es  nicht,  wie  bei  dem  anderen  Amulett  (s.  oben  S.  420),  es  in  völlig 
unversehrtem  Zustande  zu  entwickeln.  Die  Kniffe  waren  so  tief,  dafs 
trotz  der  angewandten  Feuchtigkeit  die  Ränder  vielfach  brachen,  sodafs 
das  Blatt  in  eine  grolse  Zahl  winziger  Rechtecke  zerfiel.  Doch  waren 
sie  sämtlich  vorhanden  und  ergaben  neben  einander  gelegt  den  voll- 
ständigen Text.  Immerhin  Avar  das  Entziffern  hierdurch  aufserordent- 
lich  erschwert,  da  schon  ein  Atemzug  genügte,  alles  durcheinander  zu 
werfen  (dazu  die  Fliegenqual!),  und  so  kann  ich  nach  dem  Verlust  des 
Originals  (s.  oben  S.  227)  meine  Transkription,  die  ja  auch  nur  eine 
vorläufige  war,  nur  mit  Vorbehalt  geben. 

Die  Schrift  war  eine  sorgfältige,  etwas  nach  rechts  geneigte  Un- 
ciale,  die  dem  6i,vQvy%og  xvTtog  augehörte  (vgl.  Hermes  36,  315  ff.). 
Die  runden  Buchstaben  f,  O-,  o,  6  zeigten  das  Oval,  nicht  den  Kreis. 
Ich  habe  den  Text  damals  approximativ  ins  VI.  Jahrh.  gesetzt.  Wenn 
die  Theologen  Gründe  haben,  ihn  in  etwas  ältere  oder  jüngere  Zeit  zu 
setzen,  so  kann  ich  dem  bei  der  Unsicherheit  der  paläographischen 
Datierung  nicht   widersprechen.     Folgendes  meine  Abschrift: 

-\-  ds^jtotad'STtavtoxQatcjQ 
07tarrj[.^tov  xv  xai  Go  daiaav 
TT.  ....  ayiSöBQYivs 
eviaQiötcoEycoöiXovavoövioö 

yc£(pah]v\^.  ^(vxaiSvconLov6ox) 
aiX(ovaai7taQay.aXcovo7tco6di(o 
^rjöaTts^ovTovdovlovßovTov 
daL^ovKTrQoßaöxavtaöxai 
10  rovz  .  .  .  .  e  .  7ia6  .  xaitovt7](S 
ccridiaßxa  .  jiaöavdavoöov 


432  I-  Aufsätze 

a:t€[iovo7CC36v'ytavc}Xg .  .  [.] 

X  .  .  .  siJtSLVtrjvayyeXLxrjv 

15  £vxr}v 

ovv toovo^ccöov  eXd' 

tayrjßa ovysvrjd^rjtcarod' . 

Xrj  .  a evovv(x»CgE7tiy7)  .... 

CCQtOVf] vsTtiovöLOvdoörj  .  .  . 

20  6rj^eQovxaiccq)S(3'r]^LVTao(p£tX  . 
liatarj^cqv  .  .  d'ax.rjiiSLöacpeLöl    ] 

roLöocpEi zat  .  .  ay8 

rjfiaöeiöJisiQaö^ovxscc  .  .  .  qv[     ] 

^a0a7totrj67to\^J{riQ ^^o|  .  . 

25  rovöKLcov xcaTjtcovl 

evaQ%riEi6v ößißXoGHS 


OCpG}6£X(p(OTO0d^6aXr]d'lVO6XCCQL6OV 

£^£tovdovkov6ovto(pco6ayts6£QrjV6 

30   7lQ067t£6£V7t£QSllOV'Cvat£XElC36vyiaVC}. 

Versuchen  wir  ziinäclist  eine  Erklärung  des  Wortlautes. 

Z.  1 — 3  enthalten  die  Namen  der  angerufenen  Mächte.  Als  Erster 
wird  Gott  der  Vater  angerufen:  dsöTrota  d'{£)£  TtavroxQcctcoQ  6  ;n:aTi^[()] 
tov  '}t(vQio)v  xal  —  soweit  ist  alles  klar.  Damals  glaubte  ich  hinter 
dem  nun  folgenden  öö,  das  man  6(cotylQ)o(g)  hätte  fassen  müssen, 
deutlich  dm^cov  zu  lesen;  und  gerade  um  dieses  dai^cov  willen  schien 
mir  die  Stelle  sehr  bemerkenswert.  Aber  nachträglich  kommt  mir  die 
Vermutung,  dafs  ich  öodmiiav  verlesen  habe  für  öog  (=  öottIqos) 
rj^üv.  Denn  erstens  würde  So  eine  fehlerhafte  Abbreviatur  für  6(o- 
TTlQog  sein,  da  diese  christlichen  Abkürzungen  stets  mit  dem  Endlaut 
schliefsen,  und  zweitens  verlangt  der  Begriif  xvQtog  und  auch  6cot^]q 
eine  nähere  Determinierung  durch  tj^üv.  Andrerseits  würde  durch 
dcci^cov  eine  crux  interpretum  entstehen.  Aus  diesen  Gründen  glaube 
ich  mit  meiner  Selbstverbesserung  dög  rj^üv  das  Richtige  getroÖen  zu 
haben.  Daraus  ergiebt  sich  zugleich  die  Ergänzung  der  folgenden  Lücke 
mit  Tvj(v  =  'hjöov  Xqkjtov.  Der  Querstrich  der  Abbreviatur  ist  erhalten. 
Dahinter  ist  noch  Platz  für  ca.  2 — 3  Buchstaben,  deren  Ende  etwa  wie  N 
aussah.  Vielleicht  ist  das  der  Rest  von  at,  und  wir  haben  aal  zu  lesen. 
Aber  ganz  sicher  ist  es  mir  nicht.  —  Nächst  Gott  dem  Vater  wird  der 
heilige  Serenus  angerufen.  Ich  habe  unter  den  bekannten  Heiligen  dieses 
Namens   einen,    der  hier  in  Betracht   kommen  könnte,  nicht  gefunden. 


Ulrich  Wilcken:  Heidnisches  und  Christliches  aus  Ägypten  433 

Ich  denke,  es  wird  der  Ortsheilige  von  Herakleopolis  Magna,  dem  Fund- 
ort des  Stückes,  gewesen  sein.  Wiewohl  im  Eingang  Gott  und  Sereuus 
neben  einander  genannt  werden,  wendet  sich  der  Betende  im  folgenden 
mit  6v  doch  immer  nur  an  Gott  und  spricht  erst  in  der  letzten  Zeile 
zu  Serenus.  —  In  Z.  4  beginnt  die  eigentliche  Epiklese.  Hier  ist  der 
Text  ganz  klar,  nur  vermute  ich,  dafs  in  Z.  G  statt  xai  (mit  Frage- 
zeichen!) svamov  zu  lesen  sein  wird:  xatsvcoTitov.  Vgl.  Ephes.  1,4;  Col. 
1,  22-,  Judas  24.  Auch  in  2.  Cor.  2,  17  und  12,  19  hat  der  Alexandri- 
nus  xatsvcoTiLov  statt  xarsvavtL.  —  Die  ursprüngliche  Bedeutung  des 
„Dankens"  kann  Ev%aQi6rCo  (Z.  4)  kaum  haben,  denn  Silvanus  dankt 
nicht  für  schon  Empfangenes,  sondern  bittet  für  die  Zukunft.  Man 
erwartet  die  Bedeutung  des  „Betens"  [Evio^iat).  In  dieser  Bedeutung 
steht  8v%aQi6xüv  thatsächlich  in  P.  Lond.  II  S.  301,  3  und  303,  3,  wo 
Grenfell-Hunt  £t';^[o;]()t(>[T]cL)  resp.  eviaQiörovp.s  lesen.  Hier,  wo  Iva 
folgt,  steht  es  an  der  Stelle,  wo  sonst  in  diesen  Briefen  svio^iai  steht 
(vgl.  ebendort  S.  305).  So  möchte  ich  auch  in  unserm  Text  sviaQL6xCo 
übersetzen:  „ich  bete".  —  Silvanus  bezeichnet  sich  nicht  nach  der 
Mutter,  sondern,  wie  das  in  diesen  späteren  Zeiten  häufiger  wird,  nach 
dem  Vater.     Vgl.  hierzu  oben  S.  324  Anm.  3. 

Gott  wird  angerufen  zum  Schutz  gegen  den  Dämon  der  Behexung  ^) 
und  des  x . . .  .£  .Ttag^  was  ich  nicht  zu  deuten  weifs  (Lesung  unsicher), 
und  den  der  drjdtcc.^)  Der  folgenden  Bitte  näöav  de  vöGov  xal  Tcäaav 
liaXaxCav  cl(p£Xe  an  s^iov,  öjrcog  vyiavco  liegt  vielleicht  die  Erinnerung 
an  Matth.  4,  23  zu  Grunde,  wo  es  von  Christus  heifst:  dsQccTC&vcov  Ttäßav 
vöüov  xal  Ttäöav  ^aXaxcav.^) 

Was  unserm  Text  nun  ein  besonderes  Interesse  verleiht,  ist,  dafs 
der  Betende  diesen  speziellen  Bitten  das  Vaterunser  hinzufügt 
(Z.  15 — 25).  Leider  ist  es  mir  damals  nicht  gelungen,  Z.  13/14  völlig 
zu  lesen,  sodafs  ich  nicht  sagen  kann,  in  welcher  Weise  das  Vaterunser 
mit  dem  Vorhergehenden  verknüpft  ist.  Silvanus  hatte  das  Vaterunser 
anfangs  als  rrjv  ayyeXixijv  evi^v  bezeichnet.     Dann  aber  verbesserte  er 


1)  Z.  9  las  ich  anfangs  TtQoßaöKavta,  dann  verbesserte  ich  es  in  itQoßa.ay.ci- 
viag.  Bisher  ist,  so  weit  ich  sehe,  nur  das  Neutrum  ■JtQoßaaycccviov  bekannt.  Dies 
bedeutet  aber  das  Mittel  gegen  die  Behexung,  das  Amulett,  was  hier  hinter 
daiiLcov  keinen  guten  Sinn  ergiebt.  Also  wird  hier  Ttgoßaa-naviccg  richtig  gelesen 
sein  und  in  dem  Sinne  des  einfachen  ßaa^iavla  =  Behexung  stehen. 

2)  Zu  &T]&La  vgl.  P.  Leid.  V  11,  23:   ccriSiccv   '^x^Qav  und  Luc.  23,  12. 

3)  Auch  in  dem  Gebet  des  Sarapion  von  Thmuis  steht:  sig  a.Ttoßol7]v  näarig 
voaov  Kccl  -JtäG7\g  ^aXaiiiag.  Vgl.  Wobbermin,  Altchristi,  liturg.  Stücke  in  Geb. 
Har.  TU,  N.  F.  11.  Hier  fand  ich  auch  viele  andere  Parallelen  zu  den  oben  be- 
handelten Texten. 


434  ^-  Aufsätze 

sich  und  schrieb  ein  sv  darüber,  sodafs  es  nun  heilst:  tijv  evayyskLxrjv 
8vx^v.  „Das  Gebet  des  Evangeliums"  heifst  das  Vaterunser  z.  B.  auch 
in  der  von  Steindorff  herausgegebenen  koptischen  Geschichte  vom  Ge- 
sios  und  Isidoros  (Äg.  Z.  1883  S.  154). 

Wie  das  Vaterunser  auf  der  Zaubertafel  von  Megara  schliefst  auch 
unser  Text  sich  an  Matth.  6,  9  ff .  an,  doch  finden  sich  hier  mehr  Ab- 
weichungen von  der  Tradition  als  auf  jener  Scherbe:  [jfaj'9'a  in  Z.  21 
statt  ag;  äys  in  Z.  22  statt  siösviymjs',  in  23  ist  xe  (offenbar  verlesen 
für  HS  =  xvQie)  hinzugefügt;  24  ryjg  7Colv]y]Q[iag  statt  roi)  jiovrjQOv. 
Wenn  ich  mich  hier  nicht  verlesen  habe,  so  ist  diese  Variante  im 
Hinblick  auf  den  bekannten  Streit  um  die  Deutung  von  tov  7tovt]QOv 
von  Interesse:  unser  Schreiber  hat  darunter  (wie  Augustin  und  Luther) 
das  Böse  verstanden,  nicht  (wie  Tertullian  u.  a.)  den  Bösen,  den  Teufel. 
In  21  ist  a(puö  offenbar  verlesen  für  cccpELS  (€  und  C  gleichen  einander 
bis  auf  den  Querstrich).  Also  a(psU[^i£v]  für  acpte^sv.  —  Während  in 
dem  Megarischen  Text,  der  älter  ist  als  unser  Papyrus,  die  Doxologie 
noch  fehlt,  steht  sie  hier,  wenn  auch  etwas  verkürzt  (Z.  24):  ort  6ov 
iötLv]  7]  d6^\a  dg^  tovg  aicöv[ag. 

Sehr  zu  bedauern  ist,  dafs  der  weitere  Wortlaut  Z.  25  —  27  nur 
sehr  mangelhaft  gelesen  ist.  Hoffentlich  finden  Kundigere  Parallelen, 
nach  denen  auch  diese  Trümmer  noch  gedeutet  werden  können.  Nach 
dieser  Lücke  folgt:  6  q)cdg  ix  g)corbg  0-(sb)g  aX7}9-iv6g^  d.  i.  die  durch 
das  Nikänische  Symbolum  festgesetzte  Bezeichnung  für  Christus.  Xccql- 
60V  (statt  xaQLöai  Z.  28)  auch  bei  Porphyr,  de  Caer.  II  151  und  im 
Neugriechischen.  Auch  zu  dem  Accusativ  (i^i)  bietet  das  Mittel-  und 
Neugriechische  Parallelen.  Vgl.  Hatzidakis,  Einl.  Neugr.  Gr.  198  und  222. 
Man  darf  hier  nicht  von  Fehlern  sprechen:  wir  haben  die  damalige 
Volkssprache  vor  uns. 

Hiemach  möchte  ich  den  Text  etwa  folgendermafsen  lesen: 

6  :;raTij[^]  tov  x(vqlo)v  xccl  6[cot'riQ)o(^g  riy^äv 
Yl{i!]6o)v  X{Qi6ro)v  x]at(?)  ayie  Usqtjvs^ 
sv%ccQL6ra)  iyco  Uikovavbg  vCbg 
5  2JaQcc7ficovog  xal  xXCvg)  rrjv 

XE(pKhjV    \ß.o]v    Xa'^x)>£V(Xi7li6v    6ov 

ccixCov  xal  TtKQaxaXav,  OTtcog  di(b- 
^l/g  ccTi    i^oi)  TOV  dovXov  öov  tbv 
öaCiiova  TCQoßaGHKVLCcg  xal 
10  tbv  X  . . .  .s  .  Trag  xal  tbv  r^g 
dyjdtag  xa[l]  (?)  näöav  Öa  voGov 


Ulrich  Wilckon:  ]I('i(]ni.sch(!K  und  Christliches  aus  Ägypten  435 

xal  Ttäöav  ^akaniccv  äcpelE 

an    f{iov^  oTCGjg  vyiavü  aal  .  .  [.] 

A  .  .  .  .  eiTtElv  triv  avayyeXix^v 

15  svxrjv  [ovrcog?  TldtsQ  rj^äv  6  fv  roig\ 

ov{Qa)v[oLg^  ayiaod-rjTco]  t6  ovo^d  öov  iX9[cc]- 
t(D  t)  ßa[ötXeia  0]oi>,  ytt^rjd-rito}  t6  -^[fc'l- 
A7/[|u.]a  [öov  ü)g\  iv  ou(pa)vaJ  xal  im  yfjlg'  tov] 
ccQtov  rj^iiüv  rb\v  stclovölov  dbg  rj\ßiv^ 

20  örj^SQOv  xal  äcpeg  rj^iv  tä  6g)£tA['>j]- 

^ata  yj^üv  {xajd'ä  xal  rj^sl'g  äq)SL<^£)\^}i6v] 

toig  6(p£ilX£Tai,g  rj^&v]  xal  [fii)]  ays 

Yj^äg  slg  7CeiQaß^6v^  x(yQL)s^  a[lla\  Qv[^ai  y]]- 

^äg  ccTtb  rfig  7io\y\riQ\^iag.    Hov  yccQ  f'ö'Tti/]  rj  dd|[a  sig] 

25  tovg  aiG}v[ag ]  xal  r]  rav  [.  .  . 

iv  aQXV  ^^^^  [ ]s  ß^'ßXog  xs 

.r[...'...].o.  [......]    ^ 

6  q)ß)g  ix  cpatbg,  &{sb)g  äXfjd'ivbg  laQiGov 
i(i£  tbv  dovlöv  00V  t6  q)a)g.    "Ayu  Z!aQy]ve^ 

30  TtQÖgneös  vtisq  ifiov^  "va  xsXsCcog  vyiavä. 

Das  keifst  etwa  auf  Deutseh:  „0  Herr,  allmächtiger  Gott,  Vater 
unseres  Herrn  und  Heilandes  Jesus  Christus  und  du,  o  heiliger  Se- 
renus!  Ich,  Silvanus,  Sohn  des  Sarapion,  ich  bete  und  neige  mein 
Haupt  vor  dir,  indem  ich  inständig  bitte,  dafs  du  Yon  mir,  deinem 
Knechte,  vertreibest  den  Dämon  der  Behexung und  der  Feind- 
schaft .  .  .     Nimm  jede  Krankheit  und  jede  Schlaffheit  von  mir,    auf 

dafs   ich   gesund   werde sprechen  das  Gebet    des   Evangeliums 

(also):  Vater  unser,  der  du  bist  im  Himmel,  geheiliget  werde  dein 
Name,  zu  uns  komme  dein  Reich,  dein  Wille  geschehe  wie  im  Himmel, 
also  auch  auf  Erden.  Unser  täglich  Brot  gieb  uns  heute  und  vergieb 
uns  unsere  Schulden,  so  wie  auch  wir  vergeben  unsern  Schuldigern, 
und  führe  uns  nicht  in  Versuchung,   o  Herr,   sondern  erlöse  uns  von 

dem  Übel,  denn  dein  ist  die  Herrlichkeit  in  Ewigkeit 0  Licht 

vom  Licht,  wahrhaftiger  Gott,  schenke  mir  das  Licht.  Heiliger  Se- 
renus,  thue  einen  Fufsfall  für  mich,  auf  dafs  ich  gesunde." 

Dem  Wortlaut  nach  ist  es  ein  rein  christliches  Gebet,  das  da  der 
kranke  Silvanus  in  der  Hoffnung  auf  göttliche  Hilfe  niedergeschrieben 
hat,  und  doch  wird  es  durch  mancherlei  Fäden  mit  den  heidnischen 
Zaubertexten  verknüpft.  Einmal  ist  die  Art,  wie  er  das  Gebet  benutzte, 
der  heidnischen  Sitte  entnommen:  er  hat  es  auf  ein  Stück  Papyrus 
geschrieben,    hat    dieses    eng    zusammengeknifft,    mit    einem    braunen 


436  I-  Aufsätze 

Faden,  der  damals  vielleicht  noch  rot  war  (s.  oben  S.  421),  umwunden 
und  dann  wahrscheinlich  am  Körper,  etwa  am  Halse  getragen.  Es 
ist  also   durchaus   in  der  Weise   der   heidnischen  Amulette   verwendet 

* 

worden.  Aber  auch  in  der  Form,  in  der  die  christlichen  Gedanken 
auftreten,  läfst  sich  die  Einwirkung  der  alten  heidnischen  Zauber- 
traditionen noch  erkennen,  wie  die  Vergleichung  mit  diesen  zeigt. 
Nur  ist  der  christliche  Polytheismus  —  Gott  der  Vater  und  der  Orts- 
heilige und  später  Jesus  Christus  —  an  die  Stelle  der  heidnischen 
Gottheiten  getreten,  auch  in  der  Häufung  der  Epitheta  an  diese  er- 
innernd, und  das  Vaterunser  füllt  den  Platz,  an  dem  im  heidnischen 
Amulett  sinnlose  Zauberworte  oder  aber  auch  Hymnen  an  die  Götter 
(gleichfalls  Evytd  genannt)  stehen  würden.  Dafs  das  Vaterunser  als 
Zaubermittel  verwertet  wurde,  hat  soeben  Knopf  in  seiner  sach- 
kundigen Publikation  der  Megarischen  Scherbe  dargethan.  Unser 
Papyrus  ist  eine  vortreffliche  Bestätigung  seiner  Deutung  jenes  Textes. 

Würz  bürg.  Ulrich  Wilcken. 


Nachtrag  zu  S.  410. 

Ich  benutze  den  freien  Raum,  um  ein  von  Letronne  für  das  Christen- 
tum Silkos  angeführtes  Argument  zu  entkräften.  Letronne  (Oeuvres  I 
S.  8)  bemerkte  zu  den  Worten  %otX  6  ■O'fög  edaxsv  uol  rö  VLxrjfia: 
„dans  les  inscriptions  paiennes  de  VEgypte,  les  mots  6  d'sbg  sont  toujours 
accompagnes  du  nom  de  la  divinite,  "An^av^  Udgamg^  'EQjxrjg^  ou  tout 
autre.  'O  -O'fog,  pris  dbsolument  et  sans  designation  quelconque,  ne  se 
rencontre  que  dans  les  documents  cJireticns."  Die  Papyri  bieten  jetzt 
Beispiele  dieses  Gebrauches  von  6  d^eog  auch  in  heidnischen  Doku- 
menten Ägyptens.  In  BGU  27,  das  sicher  heidnisch  ist  (vgl.  BGU  38) 
schreibt  der  Absender  Z.  lOfiP.:  xal  TcaQEdi^aro  y]iiäg  6  xönog  oog  6  d'sbg 
•^d-akev.  Vgl.  auch  BGU  246,  das  sehr  wahrscheinlich  heidnisch  ist, 
Z.  12ff.:  ivxvv%dvc3  ta  ^sa  vtcIq  vacov.  Obiges  Argument  war  in 
seiner  Bezugnahme  auf  Ägypten  von  Franz  CIGr.  III  S.  487  noch  nicht 
widerlegt.  Im  Übrigen  vgl.  die  Ausführungen  von  Krall,  Sitz.  Wien. 
Ak.  121  (1890)  S.  72  f.  U.  W. 


über  die  von  Kenyon  herausgegebene  Emphyteusis -Urkunde 
auf  Papyrus  aus  dem  J.  616  n.  Chr. 

In  Kenyons  Gr.  Pap.  in  the  Brit.  Mus.  1898  II  323  sqq.  findet  sich 
ein  scheinbares  Unicum,  eine  Emphyteusis-Urkunde,  deren  wesentKchen 
Inhalt  ich  übersetze,  um  nachher  einige  (philol.  und  jurid.)  Bemerkungen 
folgen  zu  lassen^): 

Im  Namen  der  heiligen  und  lebenbringenden  Dreieiniglceit  des  Vaters, 
des  Sohnes  und  des  heiligen  Geistes,  unter  der  Regierung  des  durchlauch- 
tigen und  gottgekrönten  Herrschers  Flavios  HeraJdios,  Äugustus  Perpetuus 
Imperator,  im  sechsten  Jahre  und  unter  dem  Konsidate  des  nämlichen 
frommen  Herrschers  im  fünften  Jahre,  am  12'^'^  Mesore^)  der  fünften  In- 
diJction.  Es  machen  mit  einander^)  die  nachfolgende  geschriebene  .  .  .  . 
Erbpachtsübereinhmft  .  .  .  .  ,  einerseits  die  Korporation  des  heiligen 
Klosters  des  Abt  Patois  in  der  Wüste  beim  Dorf  Tapaithis  ^)  im  Gau  von 
Apollonopolis ,  durch  mich,  Menas,  Sohn  des  Paneis(?),  Vorstands  und 
Mönchs  des  nl.  Klosters,  und  durch  Ändere,  welche  von  ihm  zeitweilig 
die  Führung  des  nl.  Klosters  übernehmen  werden,  und  andererseits  Aure- 
lios  loannes,  Sohn  des  Phoebammon  und  der  Hypatia,  aus  dem,  Gehöft 
genannt  Bespdiom  in  der  Wüste  beim  näml.  Dorfe  Tapaithis  im  nl.  Gau 
von  Apollonopolis,  und  sie  Ixommen  überein  wie  folgt:  Der  genannte  loannes, 
Sohn  Phoebammons,  hat  verabredet  mit  dem.  Kloster,  durch  (Vermittlung) 
des  genannten  Vorstehers  Menas,  nach  seinem  Wunsch  da  er  in  Erbpacht 
nehmen  will  12'^/^  Hufen  Saatland  ^),  dazu  5  Hufen  wüstes  Land,  vom 
Saatland  und  vom  ivüsten  Lande,  frei  von  Abgaben  und  ivasserlos,  welches 


1)  Late  Byzantine  Papyri.  —  Papyrus  CCCCLXXXIII.  A.  D.  616. 

2)  Nach    Soph.   Lex.    [LsaoQiq,  -p/,    oder    -wpt?    Aber  vgl.  Wilcken,  Gr.  Ostr. 
I  805. 

3)  L.  kavtovg  für  IxaöTOfg:  Class.  Rev.  XII,  1898. 

4)  So  vermutet  Wilcken  statt  Tanaithis. 

5)  L.  GnoQiiia  (so  schon  Ken.)  y-^Stcc  statt  67tOQi(iri  (Pap.)  yqSia. 


438  I-  Aufsätze 

es  [das  Kloster]  hesiUt,  nach  dem  durch  die  Erhpachtsgesetze  dehre- 
tierten  Typus'^),  auch  vom  Land  in  der  nl.  Wüste  des  nl.  Dorfes  rings 
um  ^)  das  nl.  Kloster,  welches  dem  nl.  Kloster  rechtmäfsig  angehört; 
nachdem  die  Verabredung  beiderseits  gefallen  hat,  sind  sie  freiwillig,  ohne 

irgendtvelche  List  und  Betrug zu  der  nachfolgenden  geschriebenen 

Erbpachtsdbereinkunft  ^)  gelangt:    Die   Korporation   des   h.  Klosters   etc. 

gesteht  ein  dem  vorgenannten  Joannes,  Sohn  des  Phoebammon, 

ausgegeben  und  eingeschrieben  zu  haben  von  jetzt  an  auf  immerfort,  nach 
dem  Erbpachtsrecht,  für  die  Zeit  seines  Lebens,  und  seiner  Erben^),  die 
vorgenannten  12'^/^  Hufen  Saatland  u.  s.  iv [vgl.  oben];  benach- 
bart sind  diesen  til.  12^/2  Hufen  Saatland:  [folgt  eine  genaue  Umschrei- 
bung der  Grenzen  u.  s.  w.,  dann  fährt  das  Dokument  Z.  38  fort:]  so  dafs 
der  genannte  Joannes,  Sohn  des  PJioebammon,  die  vorgenannten  12^/^  Hufen 
Saatland  u  s.  w.  .  .  .  [vgl.  oben]  darf  beuwhnen  und  verwalten  und  ver- 
ändern und  verbessern  ^),  tvie  er  ivill,  und  jede  Verschönerung  darin 
machen,  und  einen  Weinstoch  darin  aufführen,  und  Gruben  darin  graben, 
und  alles  darin  thun,  was  die  Gesetze  der  Erbpacht  erlauben,   zu  haben 

und  zu  hinterlassen^)  seinen  Erben u.  s.  iv.,  und  dafs  er  dem  heiligen 

Kloster  als  jährlichen  und  fortdauernden  Tribut  gehen  soll  u.  s.  w.  [folgt 
eine  genaue  Umschreibung  des  zu  bezahlenden  Tributs]  (Z.  70):  Wenn 
es  aber  geschehen  sollte,  dafs  der  nämliche  Joannes  oder  seine  Erben  in 
Säumnis  gelangt  der  Abgabe  des  genannten  Tributs,  oder  eines  Teiles  davon, 
tvährend  zweier  oder  dreier  Jahre  hinter  einander'^),  und  wenn  einige  ehren- 
werte Männer  dieses  bezeugen,  tvird  das  Kloster  Erlaubnis  haben  dem 
vorgenannten  Joannes  zu  entziehen  das  Saatland  und  das   Wüstland  so- 


1)  Also  vor  allem  Cod.  Just.  Uli  66  (ed.  Krüger)  p.  398  ff. :  contractum,  in  quo 
cuncta,  quae  inter  utrasque  contrahentiuin  partes  super  omnibus  vel  etiam  for- 
tuitis  casibus  pactionibus  scriptura  interveniente  habitis  placuerint,  finna  ilii- 
bataque  perpetua  stabilitate  modis  omnibus  debeant  custodiri  etc.  etc.  [474 — 491]. 
Dann  die  Verordnungen  Justinians,  daselbst  [527  —  534],  cf.  Gai.  III  145,  3. 
Inst,  m  24. 

2)  7tsQi}ivKla&£v,  ungebräuchlich. 

3)  i(i(pvtsvT.  oiLoloyia. 

4)  Im  Texte:  -ulriQOvoiiwv  (heredes)  xal  diaSöxoav  (successores)  v.ccl  diaxcit6%cov 
(bonorum  possessores). 

5)  oitislv  y.cu  diomtlv  xai  iyatoiHv  xccl  iiSTccnoistv  xcct  (piloKCilsaKi  ktX. 

6)  Der  Text  hat:  ^^ovaiv  xkJ  TtccQccitiintEiv  inl  nXriQovö^ovg  xrX.,  aber  soll 
man  nicht  statt  ^^'^volv  lesen  '^j^siv?  lc%ov6iv  giebt  keinen  Sinn.  [Es  ist  zu  emen- 
dieren:  oea  oi  vö^oi  irntQ^TtovOLv  Ttoiniv  x<^oiyg  iyiq)vxeva&<^i)g  i%ovaii>.       d.  Red.] 

7)  Verwirkung  des  Berechtigten  ....  bei  kirchlichen  Emphyteusen  genügt 
in  betreff  der  dem  Eigentümer  zu  leistenden  Abgabe  schon  zweijähi-ige  Säumnis, 
vgl.  die  Stellen  bei  Windscheid  P  (1879)  S.  710. 


C.  H.  Mullor:  Über  eine  Emphyteusis-Urkunde  439 

viel  es  verbessert  ist,  mit  aller  Verbesserung ^)  ii.  s.  w.  [folgen  verschiedene 
Nebenbestiramungen] ;  eiullich  folgt  noch  am  Sclilufs  ein  Zusatz  zum 
Haupt  vertrage^),  und  dann  die  Unterschriften  des  loannes  und  der 
Zeugen  u.  s.  w. 


Zum  Text  dieser  Urkunde  sind  einige  Bemerkungen  geliefert  von 
Kenyon  selbst  (1.  c),  von  Grenfell-Hunt,  Corrections  to  Kenyon's  Cata- 
logue,  Class.  Rev.  XII  (Lond.)  1898,  und  von  Wilcken  oben  S.  164 — 5. 
Vieles  habe  ich  nicht  nachzutragen.  Merkwürdig  ist  in  1.  0  der  Aus- 
druck TO  dixaLov,  wozu  Ken.  bemerkt:  „evidently  a  phrase  representing 
ihe  corporate  unity  of  tlie  monastery,  as  distinct  from  the  individual,  ivlio 
happens  at  any  given  time  to  rcpresent  it  as  a  prior^'  (ibid.).  Ngr.  ist 
6(D(iarsiov  (6cb^a)  =  die  Korporation,  die  Körperschaft.  —  Die  Sprache 
befindet  sich  schon  in  der  Übergangsperiode  von  altgr.  zu  neugr.,  vgl. 
TiaQaXrj^ipo^avcov  (1.  8),  nidöai  (=  kaßsiv)  (1.  76),  dij^ccQia  (1.  77),  dexa- 
oKtco  (1.  51)  u.  s.  w.  —  Was  die  obengenannten  Verbesserungen  in  der 
Lesimg  anbetrifft,  so  bemerke  ich  nur,  dafs  nagaßaacag  ebensogut  wie 
TtuQaßdiSEog  (1.  >i&)  zulässig  ist*  (Const.  53G,  1089  C.  in  Soph.  Lex.  s.  v.), 
und  dafs  ^ov6%^ov  (1.  91)  fehlerhaft  ist  statt  ^ov6tov  (vgl.  latein.  mustus, 
mustum). 

Wenn  die  Urkunde,  philologisch  betrachtet,  nur  ein  mäfsiges  Inter- 
esse bietet,  und  auch  vom  juristischen  Standpunkt  über  viele  Fragen, 
teilweise  Streitfragen  des  emphyteutischen  Rechtes  (vgl.  z.  B.  Glück, 
Fand.,  oder  Arndts  Civil.  Schriften  I,  1873)  keine  neuen  Aufschlüsse 
bietet,  so  ist  sie  doch  jedenfalls  historisch  interessant.  Der  Aus- 
druck: xal  oixstv  xal  diotKEiv  xal  axTtotSiV  xal  iisraTfOielv  xal 
(pikoxakEöai  naQ-'  ov  av  ßovhjd-dri  xQonov  xal  Tcäöav  (ptXoxaXCav  iv 
avratg  Ttotrjöccöd'aL  rijv  avrcp  doxovGav  ^  xal  afiTtsXov  iv  avtutg  dva^ai 
xal  Mxxovg  ivogv^ao  xxl.  (1.  41  sq.)  ist,  auf  griechische  Weise,  zu  ver- 
gleichen mit  der  ziemlich  allgemein  gehaltenen  latein.  Formula,  wie  sie 
schon  Cujacius  wiedergiebt:  Et  est  contractus,  quo  dominus  fundi  sui 
deserti  forte  et  squalidi  usum  et  fructum  plenissimuni  et  quasi  dominium 
alteri  concedit,  ea  lege  ut  inserendo,  plantando,  arando,  poliendo,  colendo, 


1)  Hier  (pilo-naXica  und  cpiXoyiaXici  (17),  dem  Sinne  nach  übereinkommend  mit 
dem  term.  techn.  i^Lnovico  und  i^7tovt]^<xrci  (lust.  Nov.). 

2)  Anfangend  mit  den  Worten  (Z.  89):  SriXovöti  ag  avcorigco  siQr\tai ,  inl 
TM  rbv  avruv  'Iciävvriv  tpayüv  nxl.y  wozu  Ken.  richtig  bemerkt:  „TJiis  appears  to 
he  of  the  nature  of  an  afterthought  or  codicü." 

*  [Aber  TtaQcißdascog  steht  in  der  Hs.     Vgl.  Grenf.  Hunt.    d.  Red.] 


440  ^-  Aufsätze 

meliorem  eum  et  fructuosiorem  faciat,  proque  eo  pendat  pretium  seu 
vectigal  annuum.  ^)  Jedenfalls  giebt  uns  dieses  Dokument  wieder  einen 
besseren  Blick  in  die  Art  und  Weise,  wie  Reichsrecht  und  Volksrecht 
in  den  Provinzen  des  römischen  Weltreiches  allmählich  verschmolzen 
sind.  ^)  Und  jedenfalls  ist  es  eine  der  ältesten  Erbpachtsurkunden,  zwar 
nicht  aus  der  Zeit  Zenos  (474 — 491),  aber  älter  als  die  ältesten,  uns 
von  Marini  und  von  Spangenberg  mitgeteilten  Aktenstücke.  Im  J.  1857 
hat  Jules  Tardif  eine  ziemlich  schlecht  erhaltene  emphyteutische  Ur- 
kunde neu  herausgegeben  [Marini  hatte  dieselbe  schon  publiziert,  aber 
nicht  nach  dem  Originale,  sondern  nach  einer  von  Dionigi  gemachten 
Kopie,  Pap.  Dipl.  201],  welche  er  dem  6.  Jahrh.  zuschreibt,  aber  seine 
Argumentation  ist  eine  schwache,  und  Marini  selbst  schrieb  dieses 
Dokument  dem  10.  Jahrh.  zu.  ^)  Im  offiziellen  römischen  Recht  hat 
sich  erst  ganz  langsam  die  Erbpacht,  griechisch  Emphyteuse  [vgl.  später 
französ.  complant],  neben  der  gewöhnlichen  Pacht  entwickelt,  wie  ein 
historischer  und  vergleichende]*  Überblick  zeigen  kann.  Aus  meinem 
Materiale  erlaube  ich  mir  darüber  noch  Folgendes  mitzuteilen. 

Im  griechischen  Recht,  welches  zuerst  verglichen  werden  mufs, 
schon  weil  der  Name  dieses  Vertrags  aus  Griechenland  stammt*),  be- 
sitzen wir  emphyteutische  Urkunden,  dem  Begriffe  nach,  schon  aus 
dem  5.  Jahrh.  v.  Chr.^)  Aus  dem  4.  Jahrh.  giebt  es  ebenso  viele  dgl. 
Inschriften,  besonders  bekannt  sind  darunter  die  ausführlichen  Tabulae 
Heracleenses  aus  Süditalien,  wir  finden  aber  auch  Dokumente  aus  ver- 


1;  Parat,  in  Lib.  IV.  Cod.  Just.  p.  307  (Opp.  tom.  IT  Neap.  1722  foL).  — 
Über  die  Verpflichtung,  das  Grundstück  in  gutem  Stande  zu  erhalten,  und  über 
die  Verbesserung  des  Grundstücks  durch  den  Empfänger,  worauf  die  Emphyteusis 
berechnet  ist,  vgl.  Nov.  120,  c.  8,  Nov.  7,  c.  3  §.  2  „verum  si  emphyteuta  praedium 
mit  suburbanum  mit  aedificium  deterius  fecerit,  cogatur  de  suo  damnum  resar- 
eire"  etc.  und  Windscheid  I  (1879)  S.  220. 

2)  Mitteis  und  dazu  Gilson,  L'etude  du  droit  romain  (1899),  passim. 

3)  Bibl.  de  FEcole  des  Chartes,  XVIIP  annee,  tom.  III,  4"*  serie,  Paris  1857, 
p.  45:  Demande  de  concession  emphyteotique ,  adressee  ä  l'eglise  de  Ravenne.  — 
Diese  Urkunde  spricht  von:  cultare,  runcare,  pastenare,  defensm'e,  et  in  omnibus 
meliorare  (Ueo  debeamus  etc.).  Das  einzige  Argument  J.  Tardifs  ist:  „Ce  bau 
emphyt.  offre  .  .  .  dans  ses  caracteres  extrinseques  une  assez  grande  ressemblance 
aoec  les  actes  du  6"  siede,  donnes  par  Marini,  pour  qu'il  soit  permis  de  la  faire 
remonter  jusqu'ä  cette  epoque"  etc.  (1.  c). 

4)  „Das  Justin.  Recht  der  E.  hat  eine  doppelte  Wurzel,  eine  vreströmische 
und  eine  oströmische;  die  Bezeichnung  E.  gehört  der  oströmischen  Bildung  an, 
während  in  dem  weströmischen  Teil  des  Reiches  das  entsprechende  Recht  jus  in 
fundo  vectigali  genannt  wurde"  (Windscheid  a.  a.  0.  S.  700). 

.5)  Michel,  luscr.  Gr.  p.  911  =  Inscr.  Jur.  Gr.  von  D.  H.  R.,  S.  256. 


C.  H.  Muller:  Über  eine  Emphyteusis-Urkunde  441 

schiedenen  Teilen  Kleinasiens  und  Griechenlands.  ^)  Aus  dem  Ende 
des  3.  Jalirli.  ungefähr  besitzen  wir  eine  besonders  von  Ditten berger 
sehr  sorgfältig  herausgegebene  Urkunde  aus  Thisbe,  wobei  diese  Stadt, 
wie  es  scheint,  Ländereien  in  Erbpacht  ausgiebt,  um  dadurch  eine 
Schuld  zu  decken. ')  In  den  folgenden  Jahrhunderten  bietet  jedoch 
unsere  Kenntnis  des  Erbpachtsrechtes,  was  die  Urkunden  botrifit,  eine 
öTofse   Lücke:    wir    finden    zwar    in    ziemlich    grofser   Anzahl    einfache 

0  7  o 

Pachtkontrakte,  welche  die  neueren  Papyrusfunde  uns  geliefert  haben, 
aber  nicht  Kontrakte  auf  unbestimmte  Zeit  und  vererblich.  ■^)  Es  hängt 
wohl  mit  den  ökonomischen  und  sozialen  Zuständen  der  griechischen 
und  römischen  Welt  eng  zusammen,  dafs  die  echte  Emphyteuse  sich 
iu  den  uichtorientalischen  Kreisen  des  Weltreiches  verhältnismäfsig 
viel  später  entwickelt.  ^')  Die  Urkunden  aus  den  ersten  christlichen 
Jahrhunderten,  welche  die  bekannten  Werke  von  Bruns  und  Girard 
darbieten,  bringen  uns  überhaupt  wenige  Beispiele  der  locatio  rei,  auch 
die  Papyrusfuude  aus  diesen  Zeiten  bringen  ausschliefslich  Pachturkunden 
und  noch  keine  Emphyteuse '').  Wie  ich  also  schon  bemerkt  habe, 
historisch  betrachtet  ist  die  von  Kenyon  zuerst  herausgegebene  Emphy- 
teusis-Urkunde ein  wichtiges  Dokument. 


1)  Z.  B.  Inscr.  Jur.  Gr.  S.  2.54,  Michel  S.  905  (Piree),  S.  909  (Athenes),  S.  907 
=  Recueil  Xm'^'^  S.  912  u.  s.  w. 

2)  Dittenb.  Index  Schol.  Halensis  1891.  Inscr.  Jur.  Gr.  S.  253  u.  s.  w. 

3)  Vgl.  New  Class.  Fragm.  ed.  by  Grenfell  and  Hunt,   Oxf.  1897,  S.  57  (100 

B.  G.):  „Deed  of  cession  by  which  P cedes  to  H a  piece  of  Isqu  yf], 

ichich  P.  had  leased  froni  the  priests  for  a  period  of  ten  years",  etc. 

4)  „Apres  avoir  eii  des  commencenients  modestes,  (l'institution)  devint  tres-fre- 
quente  ä  partir  du  IIP  siede,  et  aux  epoques  suivantes  on  put  voir  se  multiplier 
les  dispositions  legislatives  le  concernant;  le  Code  theodosien,  pour  sa  pari,  men- 
tionne  12  constitutions  rendues  entre  les  annees  317  et  423"  (J.  Lefort,  Hist.  des 
contrats  de  location  perpötuelle,  Paris  1895,  S.  66,  dessen  ganze  Darstellung 
man  vergleiche). 

5)  1.  Jahrh.  n.  Chr.  Girard,  Textes  762  f.  =  Bruns  270  f.  —  2.  Jahrh.  n.  Chr. 
(Superficies),  ebendas.  —  Oxyrh.  Pap.  I  164  (Pachtkontrakt).  —  3.  Jahrh.  n.  Chr. 
(227  ?)  Anfrage  eines  colonus  hortorum  olitoriorum.  —  4.  Jahrh.  n.  Chr.  Pacht- 
kontrakte, z.  B.  Oxyrh.  Pap.  I  167.  168,  Grenfell,  An  Alex.  erot.  fr.  S.  89.  — 
6.  Jahrh.  n.  Chr.  Grenfell  ibid.  S.  91  (a.  536),  S.  92  —  94  (a.  561)  u.  s.  w.  —  Auch 
der  Wortlaut  der  Inscription  über  die  lex  Hadriana,  welche  leider  etwas  ver- 
stümmelt  ist,   bietet  einige  Parallele  zur  Vergleichung.     Ich  zitiere  besonders  die 

Worte :  „ in  Ulis  partihus  sunt,  quae  ex  saltu  Lamiano  et  Domitiano  iunctae 

Thusdritano  sunt  nee  a  conductoribus  exercentur,  isque  qui  occupaverint  possidendi 
ac  fruendi  heredique  suo   relinquendi  id  ins  datur,  quod  est  lege  Hadriana  cotn- 

prehensum  de  rudibus  agris  et  iis,  qui  per  X  annos  continuos  inculti  sunt 

De  oleis,    quas  quisque  e  possessoribus  posuerit  aut  oleastris  inseruerit"  etc.  etc. 
(Girard,  Textes  S.  163). 


442  I-  Aufsätze 

Erst  im  Verlaufe  der  Zeit  hat  sich  für  die  emphyteutiseheu  Kon- 
trakte eine  gewisse  bestimmte  Form  entwickelt,  eine  Thatsache,  welche 
ich  hier  jedoch  nur  streifen  kann.  Unsere  Urkunde  spricht  nur  ganz 
allgemein  von  dem  ,,über  die  Anpflanzung  dekretierten  Gesetze"  {%atä 
rbv  dLTjyoQsvfiEvov  toig  vö^oig  TtSQL  i^ipvTsvasGig  tvnov),  und  so  finden 
wir  in  der  chronologisch  nächsten  Urkunde  aus  den  Jahren  648  —  6G6: 
„per  piam  eins  dispositionem  ....  enfeteuticario  modo  postulastis  lar- 
(/iri''-^),  und  über  das  Bebauen  und  besonders  das  Verbessern,  welches 
fortan  einen  integrierenden  Bestandteil  der  Emphyteuse  bildet,  lesen 
wir  hier  weiter:  „ea  conditione,  ut  predictas  domos  ....  fahricare, 
restaurore,  sed  et  .  .  .  fundora  vel  dicta  loca  ....  pastinare,  propagi- 
nare,  defensare  et  in  omnihus  meliorare  ....  'deheatis."  ^) 

Für  die'  Rechtsgeschichte  lohnt  es  sich  jedenfalls  die  emphyteu- 
tiseheu Urkunden  auch  in  den  folgenden  Zeiten  zu  betrachten  und  zu 
vergleichen;  schon  Marini  bemerkt,  dafs  für  die  späteren  Jahrhunderte 
die  Dokumente  unzählbar  sind  und  dafs  dieselben  allmählich  nach 
einem  gewissen  Modelle  verfafst  wurden  („le  stesse  cose  ripetendo  e 
chi  chiede,  e  chi  accorda").  Die  Ravemiatischeu  Urkunden,  von  Fan- 
tuzzi  herausgegeben,  bilden  allein  schon  gewissermafsen  eine  Geschichte 
der  Emphyteuse  in  Italien,  dieselben  laufen  von  903 — 1200  und  sind 
in  verschiedenen  Bänden  publiziert.  Ein  merkwürdiges  Unicum  ist 
aufserdem  die  römische  Papyrusurkunde  im  Staatsarchiv  zu  Marburg.^) 
Hier  heifst  es:  „ita  ut  .  .  .  suprascripti cum  omnibus  ad  eum 


1)  Spangenberg,  Tab.  Neg.  1822,  S.  29.Sf.,   Marini,  Pap.  Dipl.  Nr.  CXXXII. 

2)  ibid.  —  Marini  bemerkt:  „E  qiiesta  una  delle  antichissime  concessioni 
enfiteutiche  ecclesiastiche ,  che  io  mi  conosco,  e  sarehhe  la  prima  forse",  und  weiter: 
„per  ^yiü  secoli  furono  coteste  carte  enfiteutiche  in  Bavenna  descritte  quasi  sempre 
ex  eodem  exemplo"  (S.  362  f.  seiner  Ausg.).  —  Vgl.  noch  bei  Marini  Nr.  CXXXV 
(Verone,  forse  del  sec.  X"):  culturare,  runcare,  puntenare,  defensare  et  in  omnibus 
meliorare  ....  debcamus  u.  s.  w.  Daraus  bildete  sich,  wie  es  scheint,  allmählich 
die  modifizierte  Form:  habendum ,  tenendum,  possidendum,  defensandum,  et  in 
omnibus  meliorandum  (Fantuzzi  a.  844,  zitiert  bei  Anselm.  de  Orto,  rec.  Jacobi, 
Wimar.  1854,  S.  27  Note). 

3)  Kehr  in  den  Abh.  d.  kgl.  Ges.  zu  Gütt.  N.  F.  Bd.  I,  Nr.  1  (Berlin  1896). 
Wie  schon  der  Schreibstoif  zeigt,  gehört  die  Urkunde  noch  dem  10.  Jahrh.  an,  da 
nach  dem  J.  984  Papyinis  als  Material  für  römische  Privaturkunden  nicht  mehr 
nachweisbar  ist.  Die  Schrift  ....  läfst  sich  als  die  Notariatsschrift  des  10.  und 
beginnenden  11.  Jahrh.  charakterisieren.  Der  Scriniar,  von  dem  sie  wahrscheinlich 
hen-ührt,  ist  in  den  Jahren  949  bis  988  auch  sonst  nachweisbar.  Wir  werden  also 
nicht  irren,  wenn  wir  unsere  Fragmente  in  die  Zeit  der  Ottonen  setzen  (ibid.  S.  24). 
Über  die  Weise,  wie  dieses  Dokument  nach  Hersield  (Marburg)  gekommen  sei, 
ibid.  S.  25.  —  Über  den  (noch  späten)  Gebrauch  des  Papyrus  vgl.  Thompson,  Gr. 
and  Lat.  jjalaeography  (Lond.  1894)  S.  33 — 34. 


C.  H.  Muller:  über  eine  Emphyteusis-Urkuncle.  443 

pertinentibus  teuere  et  xwssidere  debeant,  et  ad  meliorem  faciendum  deo 
iuraute  adtum  perducant  ipsis  heredibusque  ipsorum  profuturum  usque 

in   tertium   gradum Completa  vero    tertia   goncratione, 

tune  fuiidus  ipse  cum  omnibus  ad  eum  pertinentibus,  sicuti  fuerit  eultus 
et  mclioratus,  ad  ius  suprascripti  ven.  monasterii,  (mIus  est  proprietas 
....  revertatur",  etc. 

Zur  Vergleichung  bringe  ich  hier  nur  noch  einige  wenige  Beispiele, 
denn  eine  erschö])tbnde  Sammlung  des  reichen  Materiales  würde  ganz 
und  gar  aus  dem  Rahmen  dieser  der  Papyruskunde  und  verwandten 
Gebieten  speziell  gewidmeten  Zeitschrift  heraustreten.^)  Eine  Urkunde 
vom  J.  1088  bietet  z.  B.  Folgendes:  „Quod  si  de  hoc  seculo  ohiero  sine 
filiis  legitimis,  inferins  dicenda  res  cadat  et  deveniat  in  meis  filiis  natii- 
ralibus,  aut  in  meo  successore,  qualem  mihi  placuerit  designare  in  vita, 
vel  ad  ohitum,  tarnen  mediocris  persone,  per  enfiteuticario  iure  a  presenti 

die  concedis  et  largiris,  seu   confirmas  nohis"  etc und   weiter: 

„concedis  nobis  predictam  rem  hahendum,  tenendum"  etc.  (Monum.  Ravenn. 
tom.  I.  Ven.  1801,  p.  307,  vgl.  über  die  hier  erwähnte  „mediocris  per- 
sona" Anseiminus  de  Orto  ed.  Jacobi  S.  32  Note).  - —  Eine  Schenkungs- 
und Erbpachtsurkunde  aus  dem  J.  1174  bringt  uns  folgenden  Wort- 
laut: „Et  abhas  Girardus locationis  nomine  in  perpetuo  investivit 

supradictmn  Homizonem nominative  de  iamdicta  petia    de   terra 

cum  casa  et  area  et  orto  ....  quas  ipse  erat  solitus  Jiabere  et  teuere  a 

sancto  Zenone" und  weiter:   „quod  ....  habere  et  teuere  debent 

perpetuo  suprascriptas  terras et  amodo  debent  solvere  fictum  pro 

suprascriptis  terris"  etc.  etc.  ^)  —  Wenn  in  unserer  griechischen  Ur- 
kunde die  Freiheit  gestattet  wird  aal  ä^nskov  ....  dvd^at^  xal  Xdx- 
xovg  ivoQv^at  u.  s.  w.  (1.  42  —  43),  so  wäre  damit  der  Wortlaut  zu 
vergleichen  einer  mittelalterlichen  deutschen  Urkunde  aus  dem  J.  1260, 
wobei:  „Decanus  et  capitidum  ecclcsie  sancte  Marie  de  gradilms  Mogun- 

tine Cunrado et  suis  heredibus  duo  iugera  vinearum 

concessisse  iure  hereditario  possidenda:  .  ...  et  hoc  modo,  ut  easdem 


1)  Für  eine  (Rechts)geschichte  der  Emphyteuse  giebt  es  umfassendes  Material, 
die  meisten  Werke  berücksichtigen  jedoch  die  Urkunden  selbst  entweder  nicht, 
oder  nur  ganz  indirekt  in  zweiter  Reihe.  Eine  Ausnahme  macht  Jacobi  in  seiner 
Ausgabe  des  Anseiminus  de  Orto.  Aus  der  übrigen,  sehr  reichen  Litteratur  er- 
wähne ich  nur  das  klargeschriebene  Werk  von  Pepin  le  Halleur  (1843),  das  italien. 
Buch  von  Perna  (1892),  welches  besonders  Italien  behandelt,  die  historische  Über- 
sicht von  Lefort  (1875,  vgl.  oben)  und  die  bekannte  v.  Wächtersche  Abhandlung 
über  das  der  Emph.  sehr  verwandte  Superficiarrecht  (Leipz.  1868). 

2)  J.  Kohler,  Urk.  aus  den  Aut.  Arch.  Veron.  Würzb.  1883,  S.  44  f.,  dessen 
Anm.  man  vergleiche. 

Archiv,  f.  Papyrusforscbung  I.  3.  29 


444  I-  Aufsätze 

vineas  extirpet  et  de  novo  rcplantet nee  aliquam  dcbitarum  omittere 

cuUurarum" (vgl.   in   der   griechischen  Urkunde:    xccl  Jiccvra   iv 

avtalg  ■jtQcctreiv  o6a  ol  v6[iot  STtitQSTtovöLV  xtA.).^)  Einen  Anfang  mit 
diesen  Parallelen  hat  schon  R.  Jacobi  gemacht,  als  er  in  Weimar  1854 
den  Text  des  Anseiminus  de  Orto,  Super  contractibus  emphyteosis  et 
precarii  et  libelli  atque  investiture,  mit  einem  reichhaltigen  und  vor- 
treiflichen  Kommentare  herausgab.  Wir  müssen  uns  jedoch  an  dieser 
Stelle  auf  diese  Andeutungen  beschränken. 

Utrecht,  März  1901.  H.  C.  Muller. 

1)  Loersch- Schröder,  Urk.  z.  Gesch.  d.  deutschen  Privatrechtes,  2.  Aufl.,  Bonn 
1881,  S.  102  [aus  Bodmann,  Rheingau- Altert.  919]. 


Die  luridici  Alexandreae. 

Grelegentlich  der  Besprechung  eines  interessanten  Bruchstückes  aus 
dem  Amtsjournal  des  luridicus  Alexandreae  Flavius  Gennadius  stellt 
Jouguet  in  dieser  Zeitschrift  S.  304  f.  die  bisher  bekannten  Juridici  zu- 
sammen; da  Einzelheiten  hinzuzufügen  wären,  sei  nachfolgend  versucht, 
die  Liste  nochmals  zu  geben. 

Eine  Erwähnung  dieses  Amtes  vor  Tiberius  finden  wir  nicht. 
Zum  ersten  Mal  weist  darauf  hin  die  Inschrift  des 

L.  Volusenus  L.  f.  Clu(stumina)  Clemens,  der  seine  Amterlauf  bahn 
unter  Augustus  und  Tiberius  durchmachte.  Er  wurde  von  Tiberius 
nach  Ägypten  ad  iur(is)  dict(ionem)  geschickt;  doch  hat  er  sein  Amt 
nicht  angetreten,  da  er  vor  seiner  Ankunft  in  Ägypten  starb.') 

2)  JJmbrius.  In  der  Eingabe  der  Dionysia  wird  aus  den  Tage- 
büchern des  diTiaiodoty]^  Umbrius  eine  Entscheidung  zitiert,  die  im 
6.  Jahr  Domitians,  im  Monat  Phamenoth,  das  ist  25.  Febr./26.  März 
87  u.  Chr.,  erlassen  ist  (Oxy.  II  237  p.  161  Col.  VII  39.  42  f.). 

3)  L.  Baebius  L.  f.  Gal(eria)  luncinus.  In  seinem  Cursus  bonorum 
(CIL.  X  6976)  steht  an  letzter  Stelle  iuridicus  Aegypti^);  er  hat  dieses 
Amt  nach  der  Praefectura  vehiculorum  innegehabt.  Der  Zeitpunkt 
seiner  Thätigkeit  in  Ägypten  ist  nach  beiden  Seiten  abgegrenzt:  die 
Bekleidung  seiner  militärischen  Chargen  fällt  noch  vor  oder  unter 
Hadrian,  da  er  noch  in  der  von  Hadrian  kassierten  legio  XXII  Deio- 
tariana^)  diente,  praefectus  vehiculorum  aber  war  er  als  Ritter  frühestens 
unter  Hadrian.*) 

4)  Ein  ungenannter  dvKaioöoxrig^  BGU  I  5  Col.  II  16.  20  aus 
dem  Jahre  137/8  n.  Chr. 


1)  CIL.  XI  6020  =  Dessau,  inscr.  Lat.  sei.  2691.  Zu  diesem  uud  den  folgenden 
Männern  mag  auch  die  Prosopogr.  imp.  Rom.  verglichen  werden. 

2)  Man  wird  kaum  anzunehmen  haben,  dafs  dies  etwas  anderes  ist  als  der 
iuridicus  Alexandriae,  da  nirgends  eine  Spur  von  einer  Unterscheidung  der  iuri- 
dici  zu  finden  ist. 

3)  Vgl.  P.  Meyer,  Jahrb.  f.  Phil.  CLV  (1897)  583. 

4)  Vgl.  Hirschfeld,  Verw.-G.  100,  3. 

29* 


446  I-  Aufsätze 

5)  Sex.  Cornelius  Sex.  f.  Arn(ensis)  Dexter  war  im  jüdischen  Krieg 
Hadrians  (132 — 135  n.  Chr.)  Befehlshaber  der  syrischen  Flotte;  dann 
kam  er  nach  Alexandria  als  proc(nrator)  Neaspoleos  et  mausolei  und 
blieb  gleich  hier,  als  er  zum  iuridicus  Alexandreae  befördert  wurde. 
In  den  ersten  Regierungsjahren  des  Antoninus  Pius  scheint  er  in  dieser 
Stellung  gewesen  zu  sein.  Sein  nächstes  Avancement  verschaffte  ihm 
die  Procuratur  von  Asia.  ^) 

6)  Claudius  Neocydes  war  als  dizcuodör'rjg  aus  zwei  Papyri,  BGU 

I  245  und  II  378,  bekannt,  die  sich  zeitlich  nicht  genau  festsetzen 
liefsen:  bei  jenem  ist  die  Datierung  überhaupt  nicht  erhalten,  bei 
diesem  nur  das  10.  Jahr  eines  Kaisers  angegeben,  dessen  Name  nicht 
genannt  ist.  Die  Lösung  bot  P.  Lond.  II  152,  nr.  196;  der  hier  ge- 
nannte Nsoxvdijg  6  HQdriötog  ist  unstreitig  Claudius  Neocydes,  was 
sich   auch    aus   der  Wiederkehr    des   Namens   Julius   Agrippinus    (BGU 

II  378)  in  dieser  Urkunde  ergiebt.  Da  der  Papyrus  des  britischen 
Museums  der  Zeit  des  Pius  angehört,  so  ist  auch  der  Kaiser,  nach 
dessen  10.  Jahr  der  andere  Papyrus  (378)  datiert  ist,  Pius.  Es  ist 
daher  jene  Urkunde  mit  dem  April  147  zu  datieren.  Damals  war 
Calpurnianus  dtxaiodötTjg,  und  Claudius  Neocydes  wird  als  sein  Vor- 
gänger erwähnt.  Entscheidungen  dieser  beiden  und  des  Maximianus 
sind  in  dem  nicht  genauer  datierten  Papyrus  Grenfell  und  Hunt,  Fayüm 
towns  and  their  papyri  (London  1900)  300,  nr.  203  enthalten. 

7)  Maximianus  wird  durch  den  nur  dem  Inhalt  nach  mitgeteilten 
Papyrus  Fayüm  a.  a.  0.  bekannt;  er  ist  zwischen  Neocydes  und  Cal- 
purnianus genannt,  seine  Amtszeit  fällt  daher  wohl  auch  zwischen  die 
dieser  Beiden. 

8)  Calpurnianus  ist  im  April  147  di%aiod6trig^  BGU  II  378,  ge- 
nannt auch  Fayüm  a.  a.  0.,  s.  zu  Nr.  6. 

9)  Calvisius  PatropJdliis  ist  im  folgenden  (11.)  Jahr  (des  Pius), 
d.  i.  147/8,  üQCiTiörog  diotaLoö6T7jg,  erwähnt  in  einem  Papyrus  Rev.  arch. 
XXIV  (1894)  70,  wird  also  Calpurnianus'  unmittelbarer  Nachfolger 
gewesen  sein. 

10)   ilius  C.  f. CIL.  VI  1564  =  Dessau  1452;    vgl. 

ProsojDogr.  imp.  Rom.  III  501,  50.  Die  Ergänzung  [Quintjilius  beruht 
auf  der  unsichern  Vermutung,  dafs  an  der  Fundstelle  der  Inschrift  die 
Villa  der  Quintilier  gelegen  habe.^)    Auch  auf  [C.  Caecjilius  [Salvianus] 


1)  CIL.  Vni  8925.  8934  =  Dessau,   inscr.  1400;    vgl.    auch    Pauly-Wissowa, 
Realencyklopädie  s.  v. 

2)  Über  eine   andere  Villa   der  Quintilier    vgl.    F.  Grossi-Gondi,   Bull.  com. 
1898,  313—338. 


Arthur  Stein:  Die  Turidici  Alexandreae.  447 

(nr.  13)  wird  kaum  zu  raten  sein.  Bevor  er  iuridicus  Alexandreae 
wurde,  war  er  in  irgend  einer  (aber  niclit  in  leitender)  Stellung  beim 
lateinischen  Sekretariat  am  kaiserlichen  Hofe  beschäftigt^),  nachher 
wurde  er  gerade  so  wie  Cornelius  Dexter  Procurator  von  Asia.  Der 
Begimi  seiner  Carriere  fällt  in  die  Zeit,  als  Cornelius  Re[pentinus] 
die  Garde  befehligte,  d.  i.  zwischen  15<S  und  161^);  so  kann  er 
frühestens  unter  Marcus  und  Verus  in  Ägypten  seines  Amtes  ge- 
waltet haben. 

11)  (TJlbius?)  Gaianus.  In  BGU  I  240  ist  ein  Gaianus  6  Tcgccnötog 
dixaiodötyjg  genannt,  der  im  <S.  Jahre  der  Kaiser  Marcus  und  Verus, 
d.  i.  167/8,  oder  wenig  später  im  Amte  war.  P.  Meyer,  Herm.  XXXII 
226,  2  setzt  ihn  mit  Ulb(ius)  Gaianus  gleich,  der  als  Praefectus  vehi- 
culorum  durch  zwei  gleichlautende  Weihinschriften  (CIL.  III  4802. 
V  5797)  bekannt  ist.  Dami  wäre  seine  Laufbahn  ähnlich  wie  bei 
Baebius  luncinus. 

12)  Maecianus.  An  dem  Aufstand  des  Avidius  Cassius  im  J.  175 
beteiligten  sich  sowohl  der  damalige  Präfekt  von  Ägypten,  C.  Flavius 
Calvisius  Statianus,  als  auch  Maecianus,  cui  Alexandria  erat  commissa 
(Hist.  Aug.  Marc.  25,  4.  Avid.  Cass.  7,  4;  an  der  ersten  Stelle  wird  er 
—  ohne  Zweifel  irrtümlich  —  als  Sohn  des  Cassius  bezeichnet);  jener 
wurde  später  verbannt,  dieser  sogleich  von  dem  kaisertreuen  Heer  ge- 
tötet. Dafs  der  zitierte  Ausdruck  besage,  Maecianus  sei  iuridicus 
Alexandreae  gewesen,  ist  nicht  einmal  völlig  sicher.^)  Keinesfalls  ist 
er  der  Präfekt  von  Ägypten  [L.  Voljusius  Maecianus,  der  BGU  II  613 
genannt  ist;  denn  dieser  war,  wie  wir  jetzt  endlich  wissen,  im  J.  161 
Präfekt.^) 

13)  C.  Caecilius  Salvianus  war  Juridicus  in  Ägypten  zu  der  Zeit, 
als  Avidius  Cassius  seinen  Aufstand  erhob  oder  unmittelbar  danach. 
Als  der  an  dieser  Verschwörung  beteiligte  Präfekt  von  Ägypten,  C.  Fla- 
vius Calvisius  Statianus,  seines  Amtes  enthoben  und  verbannt  worden 
war,  trat  der  Iuridicus  Salvianus  provisorisch  an  seine  Stelle;  dies 
drückt  die  Urkunde  BGU  I  327  aus  durch  die  Bezeichnung  6  KQKZiörog 
dixcaodötTjg  diadExofisvog  xccl  rä  xara  Ty)v  rjys^ovLav.^)    Gewifs  richtig 


1)  Monunsen  ergänzt  ab  epistulis  [Latinis  adiutori];  Hirschfelds  (Verw.-G. 
I  34,  1)  Vemiutung,  er  sei  Sekretär  des  Cäsars  M.  Aurelius  gewesen,  ist  kaum 
richtig,  da  zu  dieser  Zeit  Pius  nicht  mehr  gelebt  haben  dürfte. 

2)  S.  Pauly-Wissowa  s.  v.  Cornelius  Repentinus. 

3)  Er  könnte  z.  B.  auch  procurator  ad  dioecesin  Alexandreae  gewesen  sein. 

4)  Genf.  Pap.  35;  vgl.  Jahreshefte  des  österr.  arch.  Inst.  HI  Beibl.  221.  Ajch.- 
epigr.  Mitt.  XIX  151  S. 

5)  Vgl.  Arch.-epigr.  Mitt.  a.  a.  0. 


448  !•  Aufsätze 

hat  P.  Meyer  ^)   den  Namensrest nus  in  P.  Lond.  II  173,  nr.  198 

ebenfalls  auf  Salvianus  bezogen;  vielleicht  erklärt  sieh  so,  dafs  die 
Petition    an    ihn    statt    an    den  Präfekten    gerichtet    ist.     Man   könnte 

auch    bei    dem    Fatog dixaiodotrjs    im    Genf.  Pap.  I  4    an    ihn 

denken.^)  Vgl.  auch  Nr.  10.  Vor  Ende  August  176  war  er  schon 
durch  T.  Pactumeius  Magnus  in  der  Statthalterschaft  ersetzt,  P.  Fay. 
159;  ob   er  dann  noch  Juridicus   geblieben  ist,  wissen  wir  nicht. 

14)  BGU  I  361  Col.  II  4  wird  ein  xQaTLßtos  diitaiodÖTrjg  erwähnt 
in  einem  Fragment  aus  den  Tagebüchern  des  Strategen  Apollonius  im 
J.  184.  ^)  Da  keiner  der  uns  Bekannten  für  dieses  Jahr  bezeugt  ist, 
können  wir  diesem  luridicus  vorläufig  keinen  Namen  geben. 

15)  Weder  dem  Namen  noch  genau  der  Zeit*)  nach  zu  bestimmen 
ist  der  BGU  I  75  II  9  zitierte  dLxatodotTjg. 

16)  Der  bisher  namenlose  iuridicus  auf  der  stadtrömischen  In- 
schrift VI  1638  =  Dessau  1331  ist,  wie  wir  jetzt  sehen,  niemand 
anders  als  C.  Julius  Priscus,  der  Bruder  des  Kaisers  Philippus.  ^)  Aus 
seinem  Cursus  bonorum  ergiebt  sich,  dafs  er,  nachdem  er  [proc(urator)] 
von  Macedonia  gewesen  war,  iu[ridicus  Alexandreae]  wurde  und  hier 
wahrscheinlich  gerade  so  wie  Caecilius  Salvianus  wegen  einer  Vakanz 
in  der  Präfektur  Ägyptens  auch  als  provisorischer  Statthalter,  vice 
praef(ecti)  Aeg[ypti],  fimgierte.  Wohl  noch  unter  Gordian  hat  er  dies 
Amt  verwaltet;  denn  zu  Beginn  der  Regierung  seines  Bruders  war  er 
Praefectus  Mesopotamiae. 

17)  Der  nachdiocletianischen  Zeit  gehört  an  Fl(avius)  Gennadius, 
v(ir)  p(erfectissimus),  iuridic(us)  Alex(andreae)  im  J.  350,  den  wir  aus 
dem  von  Jouguet  a.  a.  0.  mitgeteilten  Papyrus  kennen  lernen. 


Über  die  Stellung  dieser  Beamten  in  der  ritterlichen  Carriere  läfst 
sich,  da  wir  nur  von  ganz  wenigen  derselben  den  Cursus  bonorum 
kennen,  wenig  sagen.    Die  darauf  bezüglichen  Beobachtungen  erschöpfen 


1)  Das  Heerwesen  der  Ptolemäer  und  Römer  in  Ägypten  146. 

2)  Ist  dies  richtig,  dann  bietet  auch  dieser  Papyrus  kein  Beispiel  für  die 
Kompetenz  des  Juridicus  gegenüber  den  Bewohnern  der  %mQa.,  vgl.  Archiv  312,  1. 

3)  Denn  der  folgende  Abschnitt  ist  bezeichnet  als  'Ällov  oiioiag  i^  vTtofiv^- 
^ccTiG^iäv  jiTtoXXwvlov  ktX. 

4)  Im  Nachtrag  zum  I.  Band  wird  der  Papyrus  dem  2.  Jahrb.  n.  Chr.  zu- 
gewiesen. 

5)  Diese  schon  von  Waddington  zu  nr.  2077  f  seines  Inschriftenwerkes  ge- 
äufserte  Vermutung  wird  jetzt  durch  eine  neugefundene  Inschrift  aus  Suhba  im 
Haurän  (Philippopolis)  bestätigt,  vgl.  v.  Domaszewski,  Rhein.  Mus.  1899,  159  f. 


Arthur  Stein:  Die  luridici  Alexandreae.  449 

sich  damit,  clafs  wir  zwei  Fälle  (nr.  5  und  10)  keimen,  in  welchen  der 
Juridicus  ron  Ägypten  Prokurator  von  Asia  und  einen  (nr.  16),  in 
welchem  er  Präfekt  von  Mesopotamia  wird;  die  Ernennung  /Aim  Juri- 
dicus erfolgt  von  der  Stellung  eines  Praefectus  vehiculorum  (nr.  3  und 
vielleicht  auch  nr.  11),  eines  procurator  Neaspoleos  et  mausolei  Alexan- 
dreae (nr.  5),  eines  ab  epistulis  [Latinis  adiutor?]  (nr.  10)  und  eines 
Procurators  von  Macedonia  (nr.  16).  In  zwei  Fällen  (nr.  13  und  16) 
sehen  wir,  dafs  der  Juridicus  zur  Stellvertretung  des  Präfekten  berufen 
ist.  —  Das  Prädikat,  das  dem  Juridicus  in  ägyptischen  Urkunden  (seit 
dem  2.  Jahrh.)  gewöhnlich  gegeben  wird,  ist  XQatiörog  =  egregius; 
das  früheste  Vorkommen  dieses  Beiwortes  für  den  diKaiodotrjg  ist  bei 
Claudius  Neocydes  (nr.  6)  belegt:  P.  Lond.  II  152,  nr.  196  aus  dem 
J.  147.  Dafs  Flavius  Gennadius  vir  perfectissimus  heifst,  entspricht 
der  Titulatur  im  4.  Jahrh.,  wo  dieses  Prädikat  an  unterscheidender 
Kraft  viel  eingebüfst  hat.  ^) 

Wien.  Arthur  Stein. 


1)  Vgl.  Hirschfeld  Sitzungsber.  der  Berl.  Akad.  1901,  589  ff. 


Die  Ostraka  des  Berliner  Museums. 
1,  Paläograpliisches. 

(Hierzu  eine  Tafel.) 

Bei  der  Vergleichimg  der  von  Wilcken  publizierten  Berliner  Ostraka 
mit  den  Originalen  habe  icli  eine  Reihe  Beobachtungen  gemacht,  die 
für  den  Paläographen  vielleicht  interessant,  für  diejenigen,  die  an  die 
Herausgabe  der  zahllosen  noch  unpublizierten  Ostraka  gehen,  auch  nütz- 
lich sein  könnten.  Die  Mitteilung  dieser  Beobachtungen  hat  zugleich 
den  Zweck,  womöglich  in  einigen  Punkten  eine  gieichmäfsigere  Tran- 
skription auch  der  Papyri  zu  veranlassen.  Was  ich  hier  vorbringe, 
sind  z.  T.  Sachen,  die  auch  Wilcken  nicht  entgangen  sind,  die  aber  für 
die  Zwecke  seiner  Arbeit  nicht  in  Betracht  kamen,  z.  T.  auch  solche, 
die  Wilcken,  wenn  der  Druck  der  Ostraka  sich  nicht  durch  zehn  Jahre 
hingezogen  hätte  und  nicht  mit  so  grofsen  äufserlichen  Schwierigkeiten 
verknüpft  gewesen  wäre,  ohne  weiteres  hätte  erledigen  können. 

Es  ist  selbstverständlich,  dafs  bei  solchen  Quittungen,  wie  sie  die 
Ostraka  uns  überliefert  haben,  die  zu  Himderten  und  Tausenden  aus- 
gestellt wurden,  in  denen  immer  dieselben  Formeln  wiederkehren,  zahl- 
reiche Sigleu  und  Al>kürzungen  verwandt  sind,  dafs  sich  meist  auch 
auf  ihnen  eine  sehr  flüchtige  Km-sive  zeigt,  so  flüchtig,  dafs  ein  grofser 
Teil  der  Ostraka  von  Wilcken  nur  durch  den  Vergleich  mit  deutlicher 
geschriebenen  desselben  Inhalts  hat  entziflert  werden  können.  Ich  gehe 
gleich  medias  in  res. 

Die  Drachmenzeichen  hat  W.  im  Druck  nicht  immer  genau 
wiedergeben  können,  selbst  niclit  einmal  in  Übereinstimmung  mit  der 
erst  später  erfolgten  Zusammenstellung  der  „Durchschnittsformen"  der 
Siglen  in  Buch  I,  S.  818.  Ich  habe  mir  bei  der  Durchsicht  der  Ostraka 
notiert,  wo  Wilckens  Druck  von  den  auf  den  Ostraka  gebrauchten  For- 
men der  Siglen  abweicht.  Dabei  kann  ich  diese  oder  jene  Stelle  frei- 
lich übersehen  haben,  das  fällt  jedoch  für  die  Sache  nicht  ins  Gewicht. 
Die  Nummern   der  betrefienden  Ostraka  habe  ich  in  den  erläuternden 


Viereck,  Die  Berliner  Ostraka 


A.  :tKao^-^^w>-^c|W:  1.)J-  /-  .  2.)  4"   -f-  /-  .    5.)  -^.^^^ 

<      .   i.    <     ^'    (  ;    ^^     ^     )    j   .    ^.    L_   L    6    [  y  %.     (^  ^eW«.   5.A, 
Co.   -y^lrz^.   CA].    ^.)  ^'u  ^-  ,  '^.  h  •,    ^'{  •,  -<^-    i     ^     .,    -^-  <^  •,  |-   ^;  • 

~  z.  ^  X  .  4.  --^  ~7 . 3.}  zi!r4.x  s  H.)  %\  (r^.  ^  .  ^.j^k 
0(.  /r"^  6.)  5i  04..  I\  .   -|..)  3^25^,  Vk  c^^.  V7l_^^. 

C.  J-^ütoc.6^^  (  WaXa^  ) :     i)    ^   .    2.)    -JT-  .    3.)    ^71,^1.^. 

-f--^]  ,  H.)  -^   ,   5.)  -—  .ictt  ^  .   (r  )  4-U  . 


V^-^*^'    N.506,5-|..     9.)   ^.w^Kf.258,X.     wi^    N.^56,5, 

^^•).2<J/-7:      N.  ^1)3,1.  .2::J^^/   N>fO(^,^.,-.^%^ 
12,.)    J*...--9^V^  N.  5r6,Ä.      13.)    jO-^^—y^    N.  ^^5-, 

^(.(h^!).^   iH.)  ^M^-H^  N. 635,1.    15;)  r1^N-^iS,i. 

619,1. 


c 


Archiv  für    Pap^rusforschung  1,3. 


ol:  )(  /^  y^  ?r  -y^  y6  ?()  xS   -   y-i^<-^^^^; 

Ktv)    N.HI9,I.    T°V\~  -   rov   oc(3xou)     N.b"<3ü,f\^      ^^      N.  829,1 
^:    ^^jAtvO-  =  Tr<NL^c^v  9(0U)  N.^*?!,  5'. 

^  ;  onT  .  ovocO  N.iiie,  b^.   i^)  »  'Axi'(cov)CV)  N.<38b,6. 

^/öÖ.|)  N.9  5-1,1   [v^,  v^,  v^  ,  ^"^    ^^l     v4  ]■ 
A  :^  .   ^X(Aoc)  N  bS^,'^  .  M^  ^  A^oA(A^v.os)N.503,f. 

vio^veic,)  N.  b3'3,  I. 

r    :   >iaFr'f^'iTC(^Ö0N.13f.,3.  /r7//^<iTrcc.TC>|TXL)N.61|,i, 

933,1.    rvQ  -  TTo'c^Ct.O   N.3HS-,3.)ai^"^  =TTiKu(ros) 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  451 

Bemerkungen  zu  der  diesem  Aufsatz  beigegeh enen  Tafel  zusammen- 
gestellt (vgl.  S.  456),  die  Siglen  selbst  finden  sicli  auf  der  Tafel  unter  A. 
Obwohl  nun  diese  Zusammenstellung  nur  einen  kleinen  Teil  der  Ostraka 
berücksichtigt,  so  gewinnen  wir  doch  schon  aus  ihr  ein  ganz  klares 
Bild  der  Entwicklung  der  Drachmensiglen,  der  Entstehung  der  einen 
Form  aus  der  andern,  ein  Bild,  das  kaum  durch  neu  hinzukommendes 
Material  in  seinen  wesentlichen  Zügen  geändert  werden  wird. 

Ebenso  sind  auf  der  Tafel  unter  B  einige  Abweichungen  im  Druck 
der  Obolensiglen  verzeichnet.  Auch  das  Zeichen  für  aQtdßuL  resp. 
nvQov  ciQxdßat  ist  nicht  immer  genau  wiedergegeben  worden  (vgl. 
Tafel  C).  Anstatt  durch  gerade  Striche  ist  die  Bruchzahl  bisweilen 
durch  Häkchen  oder  durch  Striche  und  Häkchen  angedeutet  (vgl.  Tafel  D). 
Die  Siglen  für  etog,  ein  rechter  Winkel  oder  eine  geschwungene  Linie, 
sind  ab  und  zu  vertauscht.  So  steht  der  rechte  Winkel  Nr.  380,  1; 
466,7;  476,1;  616,3;  1028,5;  1285,3  zu  Anfang,  die  geschwungene 
Linie  dagegen  1077,  2.  Diese  ist  offenbar  nur  eine  flüchtigere  Form 
des  rechten  Winkels,  wie  die  Vergieichimg  mit  der  Entwicklung  des 
Hakenalphas  zeigt  (vgl.  unten  S.  454).  Die  Gleichsetznng  der  ausge- 
schriebenen und  durch  Buchstaben  bezeichneten  Summe  geschieht  meist 
durch  einen  etwas  mehr  oder  weniger  schräg  liegenden  Strich,  seltener 
als  in  den  Papyri  erscheint  das  ursprüngliche  y  (=  yCvsTaC),  so 
Nr.  137,  4,  während  es  373,  3  zu  einem  fast  geraden,  ein  wenig  nach 
oben  gezogenen  Strich  geworden  ist. 

Für  eine  Reihe  von  Wörtern,  die  häufig  vorkommen,  findet  sich 
eine  sehr  flüchtige  Schreibung,  so  dafs  Wilcken  sie  bald  als  Sigle,  bald 
als  nur  halb,  bald  als  vollständig  ausgeschriebene  Wörter  aufgefafst 
hat,  jedoch  wie  es  natürlich  ist,  wenn  man  zu  verschiedenen  Zeiten 
transkribiert,  nicht  gleichmässig.  Zu  diesen  Wörtern  gehört  die  Kon- 
junktion Kai.  Die  auf  der  Tafel  unter  E  nebeneinander  gestellten 
Formen,  die  ohne  Ausnahme  auch  in  den  Papyri  begegnen,  würde  ich 
alle  gleichmäfsig  %a.l  transkribieren,  da  die  verschiedenen  Formen  alle 
Stadien  zwischen  einem  deutlich  und  einem  sehr  flüchtig  geschriebenen 
icav^  das  schliefslich  zu  einem  einfachen  Bogen  wird,  repräsentieren, 
und  da  zweitens  die  verschiedenen  Formen  auch  durch  die  grölsere 
Deutlichkeit  oder  Flüchtigkeit  der  übrigen  Schrift  bedingt  sind. 

Ahnlich  ist  es  mit  dtd.  Das  8  ist  besonders  bei  flüchtiger  Kursive 
sehr  klein  gemacht,  häufig  wird  es  zu  einem  ganz  kleinen  Dreieck  oder 
Punkt  oder  Bogen,  woran  sich  das  t  als  Strich  nach  unten  ansetzt; 
darüber  steht  der  rechte  Winkel,  der  a  bedeutet.  Dieser  rechte  Winkel 
ist,  je  flüchtiger  die  Schrift,  um  so  mehr  nach  unten  gezogen,  und  wird 
bisweilen    vor  dem   mit    ihm   verbundenen  y  —  in  der  Wendimg   diä 


452  I-  Aufsätze 

■y(ecoQyov)  —  fast  zu  einer  geraden  Linie.  Vgl.  die  Nachzeichnungen 
auf  der  Tafel  und  in  den  Erläuterungen  dazu  Wilckens  Umschriften. 
Ich  würde  es  vorziehen,  überall  diä  zu  transkribieren,  nur  1103  und 
1108  d(L)ä. 

ofiotwg  ist,  wie  ich  mir  notierte,  häufiger  durch  einen  Haken, 
nicht  durch  ein  o,  mit  einem  Strich  darüber  bezeichnet  (vgl.  Tafel  E). 

Diese  Wörter  führen  uns  weiter  zu  der  prinzipiellen  Frage,  die 
auch  für  die  Papyri  immer  wieder  inbetracht  kommt  und  immer  wie- 
der von  den  einzelnen  Herausgebern  verschieden  behandelt  wird,  wie 
sehr  undeutlich  und  sehr  flüchtig  geschriebene,  stark  zusammengezogene 
Wörter  zu  transkribieren  sind.  Dabei  spielen  in  den  Quittungen  die 
immer  wiederkehrenden  Kaiser-  und  Monatsnamen,  die  ägyptischen 
Eigennamen,  formelhafte  Wendungen  wie  diayByQacprixsv^  iiEiiiTQrixai 
£ig  d'fjöavQÖv^  xal  fihoxoL  u.  a.  eine  grofse  Rolle. 

Bisweilen  sind  die  einzelnen  Buchstaben  deutlich  zu  erkennen, 
z.  B.  959,  1  Kodov,  freilich  ist  das  zweite  o  nur  durch  eine  kleine 
Schleife  angedeutet;  hier  wäre  also  zu  schreiben  Ko(ß(i6)doi^  (vgl. 
Tafel  E,  1);  bisweilen  sind  die  ersten  Buchstaben  deutlich  ausgeschrie- 
ben, es  folgt  dann  aber  eine  geschwungene  oder  eine  Zickzack-Linie, 
so  dafs  die  einzelnen  Buchstaben  nicht  mehr  unterschieden  werden 
können.  Da  hat  Wilcken  manchmal  den  Namen  vollständig  transkri- 
biert, wie  ich  es  auch  thun  würde,  z.  B.  437,  3  OvsöTtaöLavov  (vgl. 
Tafel  E,  2),  oder  er  hat  einzelne  Buchstaben  eingeklammert,  so  452,  3 
T(tT)ov,  wo  wohl  sicher  Tltov  zu  schreiben  ist  (vgl.  Tafel  E,  3),  463,  3 
und  465,  2  ^{o)^{LtLav)ov^  obwohl  ganz  deutlich  z/o^  zu  lesen  ist, 
woran  sich  der  Rest  des  Wortes  als  eine  ziemlich  lange  geschwungene 
Linie  anschliefst.  485,  3  ist  dagegen  das  ähnlich  geschriebene  Wort 
zJo^(itLav)ov  transkribiert  (vgl.  Tafel  E,  4).  Ebenso  finden  sich  alle 
möglichen  Zusammenziehungen  von  anderen  Kaisernamen,  TQaiavov 
tov  xvqIov  789,  4,  'Avxovivov  625,  3;  643,  3;  864,  3  (vgl.  Tafel  E,  5); 
922,  1;  944,  1;  963,2,  Ko^^odov  'AvtavCvov  949,  1  (vgl.  Tafel  E,  6); 
950,  1  f.;  957,  1  f.;  960,  1;  964,  1;  968,  1,  Aovxiov  UenttfiLOv  2Jsov7]qov 
xal  MaQxov  AvqijXlov  Avxavivov  982,  1  fF.  (vgl.  Tafel  E,  7),  von 
Mkqxov  AvQtjliov  AvtiovCvov  KcäöuQog  tov  xvqCov  992,  1  f.  u.  s.  w. 
Meist  sind  auch  Titel  und  Beinamen  in  solchen  Fällen  ebenso  flüchtig 
geschrieben.  Wilcken  ist  hier  nicht  einem  bestimmten  Gesichtspunkte 
gefolgt,  sonderu  ist  bald  so,  bald  so  verfahren.  Ich  würde  es  vor- 
ziehen, in  all  diesen  Fällen  die  Namen  auszuschreiben  und  als  leitende 
Regel,  soweit  sich  eine  solche  überhaupt  formulieren  läfst,  empfehlen: 
Überall,  wo  der  Schreiber  bei  Namen  und  formelhaften  Wen- 
dungen  nur    einzelne    Buchstaben    deutlich    geschrieben,    die 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  453 

übrigen  aber  infolge  der  Eile  und  Flüchtigkeit  durch  eine 
geschwungene,  wellenförmige  oder  durch  eine  Zickzacklinie 
angedeutet  hat,  sind  die  Worte  auszuschreiben,  da  der  Schrei- 
ber wohl  meist  nicht  das  Bewufstsein  und  auch  nicht  die  Ab- 
sicht gehabt  hat,  ganz  bestimmte  Buchstaben  auszulassen. 
Selbst  wenn  man  sich  an  diese  Regel  hält,  kann  man  unter  Umständen 
in  Zweifel  sein,  was  man  thun  soll.  50G,  5  f.  ist  TQcaavov  xov  xvqCov 
so  geschrieben,  dafs  man  erkennt  tqk  und  v,  lavo  ist  durch  eine  ganz 
kleine  wellenförmige  Linie  mit  einer  Erhebung  angedeutet  (Wilcken 
schreibt  TQa(iav)ov)-,  von  tov  zvqCov^  dessen  Lesung  mati,  wie  so  oft, 
nur  aus  dem  Zusammenhang  erschliefst,  kann  man  hinterher  t  und  das 
letzte  V  erkennen,  dazwischen  geht  die  Linie  viermal  auf  und  nieder 
(vgl.  Tafel  E,  8).  Ich  würde  auch  hier  lieber  schreiben  TQaiavov  xov 
xvQLov  imd  gegebenen  Falls  unter  dem  Text  die  Bemerkung  hinzufügen, 
dafs  diese  Worte  eng  zusammengezogen  sind.  Unter  dem  aufgestellten 
Gesichtspunkte  zöge  ich  vor  258,  2  und  280,  3  'ElscpavTiCvrig)  zu  schrei- 
ben, denn  nach  der  Meinung  des  Schreibers  sollte  das,  was  zwischen 
dem  ersten  E  und  dem  (p  steht,  Ae  sein  (vgl.  Tafel  E,  9).  403,  1  steht 
deutlich  da  dta  und  q  mit  a  darüber;  zwischen  dia  und  q  ist  eine 
Linie  mit  zwei  oder  drei  Erhebungen:  das  war  nach  Absicht  des  Schrei- 
bers ysy.  Daher  ist  hier  zu  schreiben  zlLa'ys}'Qd((p'r]xsv),  wie  Wilcken 
es  auch  bei  ganz  ähnlicher  Schreibung  400,  1  gethan  hat.  Ebenso  ist 
452,  1  zu  schreiben  ^]i£yQCi(ipsv)^  wie  es  sich  auch  463,  1  gedruckt 
findet  (vgl.  Tafel  E,  10).  Ich  schriebe  463, 6  ^a^evü^  (vgl.  Tafel  E,  11), 
506, 2  mviichv^ov  (vgl.  Tafel  E,  12),  785, 2  (bis)  nstsxco{v<3Si)  (vgl.  Tafel 
E,  13).  So  hat  Wilcken  auch  635,  1  'J^evcb&r}  geschrieben  (vgl.  Tafel 
E,  14),  obwohl  sva  nicht  zu  erkennen  ist,  953,  4  IJaaav&ov^  ebenso 
818,  864  u.  ö.  napiC3vd^{  ),  obwohl  ^uov  nicht  deutlich  ausgeschrieben 
ist,  wie  es  z.  B.  815,  1  der  Fall  ist.  Abweichend  von  Wilckens  Tran- 
skription würde  ich  auch  618,  1;  619,  1  etc.  ncc^(h(vQ'y]g) ,  nicht  n(a- 
^d)v)d'(7]g)  schreiben  (vgl.  Tafel  E,  15). 

Nicht  leicht  ist  endlich  die  Frage  der  Wiedergabe  von  Abkür- 
zungen zu  regeln.  Ich  stimme  im  allgemeinen  mit  der  Praxis  überein, 
wie  wir  sie  bisher  in  der  Berliner  Papyruspublikation  geübt  haben,  dafs 
nämlich  auch  die  Buchstaben,  die  in  einer  älteren  oder  auch  etwas  weniger 
scharfen  Form  für  Abkürzungen  verwandt  sind,  wie  z.  B.  der  Bogen,  der 
(i  oder  TC  bedeutet,  aufserhalb  der  runden  Klammern  zu  setzen  sind 
und  dafs  in  der  Regel  nur  der  gerade  wagerechte  oder  schräg  aufwärts 
gehende  Strich  als  Abkürzungszeichen  angesehen  wird.  Wenn  jedes 
Abkürzungsmerkmal  fehlt,  müfste  dies  in  der  Anmerkung  angegeben 
werden,    so  190, 5   bei    &LV7tsT0Q^iirj^   508,  1   bei   TavQov^    1004,  1   bei 


454  I-  Aufsätze 

d-r]ö  r=  d-r]6avQ0v)  ^  oder  auch  auf  eine  andere  Weise  bemerkbar  ge- 
macht werden,  wie  es  Wilckeu  beispielsweise  416,  3;  421,  5  gethan  hat. 
Da  Wilcken  im  2.  Teil  seiner  Dissertation,  den  Observationes  pa- 
laeographicae  S.  43ff.,  über  alle  diese  Sachen  ausführlich  gehandelt 
hat,  beschränke  ich  mich  darauf,  einzelne  Nachträge  zu  liefern,  die 
auf  der  Tafel  unter  F  zusammengestellt  sind.  Nur  wenige  Bemer- 
kungen zu  dieser  und  jener  Abkürzung  mögen  Wilckens  Auseinander- 
setzungen ergänzen. 

Für  a  wird  nicht  nur  der  gerade  Strich  gebraucht,  sondern  auch 
der  rechte  Winkel^),  der  allmählich  zu  dem  Bogen  wird,  den  wir  aus 
den  Papjri  nach  q  kennen.  Dafs  der  auf  q  folgende  Bogen  a  be- 
zeiclmet  ixnd  nicht,  wie  Wilcken,  Obs.  S.  46,  annahm,  ein  nach  q  hinzu- 
gefügtes Abkürzungszeichen  ist,  geht  aus  zwei  Thatsachen  hervor. 
Erstens  ist  dies  Zeichen  nur  dann  verwandt,  wenn  cc  auf  q  folgt, 
zweitens  zeigt  das  Wort  XaQaxog^  das  sehr  häufig  in  der  abgekürzten 
Form  in  den  Ostraka  begegnet,  wie  dieser  Bogen  aus  dem  a  bezeich- 
nenden rechten  Winkel  geworden  ist  (vgl.  Tafel  F  unter  a).  Wir  haben 
demnach  in  den  Ostraka  stets  zu  umschreiben  Xd(QaKog)^  nicht  wie 
Wilcken  es  ungleichmäfsig  gethan  hat,  bald  Xd{Qaxog)  z.  B.  623,  1; 
637,  1;  849,  4  u.  ö.,  bald  X{ciQaxog),  z.  B.  821,  4;  831,  4  u.  ö.  Ebenso 
ist  regelmäfsig  zu  schreiben  tov  ci(vtov)  o.  ä.,  z.  B.  590,  7;  820,  7; 
859,4  u.  5;  862,4;  900,4,  wo  Wilcken  bald  das  a  in  die  Klammer, 
bald  vor  die  Klammer  gesetzt  hat.  897,  2  würde  ich  schreiben  Ke- 
Qal^^BLCOv)^  582,  3  laoyQaicpiccg)^  419,  1  d LayB'yQK{(priKBi'),  auch  vielleicht 
noch  834,  5  f.  xva(ficov),  obwohl  hier  der  das  a  bezeichnende  Bogen 
viel  von  seiner  ursprünglichen  Gestalt  verloren  hätte.  Nach  Analogie 
der  angeführten  Beispiele  müssen  wir  also  nun  auch  entgegen 
unserer  bisherigen  Praxis,  die  wir  bei  der  Berliner  Papyrus- 
publikation befolgt  haben,  stets  transkribieren  ccTtoyQdicpO' 
(ttat),  vTCoyQaifpBvg)^  XaoyQa{q)ov^Evog)  etc.  etc.  Auffälliger  und 
abweichend  von  den  übrigen  Formen  sind  die  Abkürzungsbezeich- 
nungen 1013,  3  bei  xu(afiG3v),  wo  über  dem  v  ein  nach  iinten  ge- 
öjßfeieter  Bogen  steht  und  829,  1  bei  d'ri6{avQ6v),  wo  ein  von  links  oben 
nach  rechts  unten  gehender  Haken  die  Abkürzung  andeutet  (vgl.  die 
Tafel). 

Bei  £  (vgl.  hierzu  und  zu  dem  Folgenden  Tafel  F)  werden  die 
Bogen  und  Striche  wohl  als  Abkürzungszeichen   zu  fassen  und   nicht 


1)  707,  2  ist  das  a  auch  mitten  im  Wort  mit  dem  rechten  Winkel  geschrie- 
ben jtccgSfS^,  ebenso  567,  2  Ttficovd'ri.  Vgl.  übrigens  zu  diesem  Hakenalpha 
Wilcken,  oben  S.  362  f. 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  455 

auf  s  zurückzuführen  sein,  während  bei  tj  eine  flüchtige  Form  dieses 
Buchstabens  erhalten  ist.  Das  übergesetzte  -9-  ist,  mit  dem  letzten  auf 
der  Zeile  stehenden  Buchstaben  verbunden,  hänfio-  zu  einem  Ilaken  Qe- 
worden,  wie  in  Ila^avd^ijjg),  und  ist  dann  in  der  Form  vielfach  gleich 
den  bei  Abkürzungen  verwendeten  Formen  des  a,  z  und  co.  Bei  x 
läfst  sich  der  Bogen  wohl  auf  ein  flüchtiges  übergesetztes  a  zurück- 
führen, selbst  bei  naQEx{o^L6d-ti).  Die  Erklärung  findet  man,  wenn  man 
berücksichtigt,  Avie  oc  bei  einem  flüchtig  geschriebenen  jcal  wiedergegeben 
und  wie  auch  der  das  a  bezeichnende  Winkel  allmählich  zum  Bösen 
geworden  ist.  Die  Abkürzungen  bei  X  bieten  keine  Schwierigkeiten, 
bei  öv6{iatog  ist  der  Bogen  wohl  der  sonst  häufig  über  das  Wort  ge- 
setzte, welcher  die  alte  Form  des  ^  wiedergiebt;  wir  haben  also  wohl 
zu  schreiben  6v6^(aTog).  Freilich  kehrt  auch  bei  v,  wo  sich  sonst  ein 
gerader  Strich  findet,  der  Bogen  wieder;  hier  wird  er  aber  wohl  nur 
als  Abkürzungszeichen  anzusehen  sein,  jr  habe  ich  zweimal  durch 
Striche  bezeichnet  gefunden;  t  ist  in  den  ersten  drei  angeführten  Fällen 
vor  die  Hammer  zu  setzen  —  beachte  übrigens  2Js ßa6r(üv)l  — ,  in 
den  übrigen  Fällen,  wo  es  durch  einen  Bogen  über  oder  neben  dem 
letzten  Buchstaben  bezeichnet  ist,  in  die  Klammer,  da  der  Bogen  hier 
wohl  auch  nur,  wie  beim  v,  als  Abkürzungszeichen  dient,  v  ist  durch 
einen  gleichen  Querstrich,  wie  er  bei  a  einmal  auftritt,  bezeichnet,  cj 
meist  durch  den  Haken,  der  dem  d-  gleich  ist  (cf.  oben),  in  einem 
zweifelhaften  Falle,  1245,  2,  wo  Wilcken  aG%{ov)^  ich  s%co  schreiben 
möchte,  durch  einen  neben  den  letzten  Buchstaben  gesetzten  Bogen. 
Es  zeigt  sich  also,  dafs  in  den  Ostraka  bei  abgekürzten  Wörtern  häu- 
figer als  in  den  Papyri  auch  der  Bogen  als  wirkliches  Abkürzungs- 
zeichen verwendet  ist.  Diese  Beobachtung  kann  zugleich  als  eine  Stütze 
für  meine  Auflösung  von  tiqo)  in  den  Quittungen  über  Lieferung  von 
Saatkorn  in  7CQ0{%QSLa)  dienen  (vgl.  meinen  Aufsatz  Hermes  XXX,  107  ff.). 
Thatsächlich  steht  denn  auch  BGrU  631  (P.  8650)  deutlich  ngoX^  so  dafs 
also  nichts  hindert,  tcqo)  überall  so  aufzulösen.  Weim  BGU  279,  1  f. 
(P.  7029)  an  Stelle  von  TiQoiQEia  TtQoßcp^  —  deim  das  bietet  der  Pa- 
pyrus —  und  bei  Grenfell-Hunt-Hogarth,  Faij.  towns  1  IST.  LXXX,  TiQocp^'^ 
steht,  so  dürfen  wir  wohl  schliefsen,  dafs  beides  denselben  Sinn  haben 
mufs  wie  atQoxQei'a.  Diese  beiden  Worte  möchte  ich  nun  lieber  in 
7fQoq)G)(Qccv)  und  7CQO0(pa(Qäv)  für  ^QotpoQav  und  TtQoacpoQdv  aufgelöst 
wissen,  als  in  TCQOcpcovrjöLv  resp.  JtQoGcpcbvrjöiv^  die  mir  keine  rechte 
Deutung  zuzulassen  scheinen,  weil  ich  auch  BGU  720  (P.  8454)  deutlich 
TtQoöfpO  ZU  lesen  glaube,  nicht,  wie  der  Herausgeber  wollte,  :iQ06(p^. 
IlQofpoQK  und  7CQO(}(pOQK  müsscn  dann  in  diesen  Quittungen  ebenso 
wie  TiQoyQBia  „Vorschufs,  Darlehen"  bedeuten. 


456  I-  Aufsätze 

Erläuternde  Bemerkungen  zu  der  Tafel. 
A.  Drachmensiglen: 

1)  III.  Jahrh.  v.  Chr.  Nr.  305;  312. 

2)  n.  Jahrh.  v.  Chr.  — Mitte  des  I.  Jahrh.  n.  Chr.  Nr.  4;  356;  358 
360;  370;  373,2;  374;  380;  381;  382;  384;  385;  386;  392,6;  397;  1089 

3)  I.— III.  Jahrh.  n.  Chi«,  a)  Nr.  33;  167;  211(?);  265;  286;  390 
392;  393;  399,2;  407;  415;  416;  417;  421;  443;  446;  447;  448;  450 
525;  537;  549;  552;  590;  606;  617;  625;  627;  643;  653;  675;  676 
688;  691;  697,7;  1178;  1206;  1247;  1248;  1279;  1288.  b)  Nr.  265,  4 
450,7;  506,4;  514.     Diese  Formen  zeigen  den  Übergang  von  3a  zu  3c. 

c)  In  den  meisten  übrigen  Ostraka.  d)  Diese  Formen  finden  sich  in 
mehreren  Ostraka  der  80er  Jahre  des  I.  Jahrh.  n.  Chr.,  die  alle  von 
gleicher  Hand  geschrieben  sind,  besonders  oft  vor  d,  aber  auch  vor  /3,  tj 
und  g:  Nr.  461;  463;  465;  466;  1282;  1285  und  auch  423,5.  Ent- 
standen sind  sie  aus  der  vorigen,  indem  das  untere  Ende  derselben 
nach  rechts  umgebogen  wurde. 

4)  Diese  Formen  nähern  sich  bald  den  unter  2,  bald  den  unter  3 
wiedergegebeuen.     a)  Nr.  357;  365;  399,6.     b)  Nr.  375.     c)  Nr.  368. 

d)  Nr.  465.  3;  419,  6.  e)  und  f)  Nr.  535.  Mit  Ausnahme  des  letzten 
Ostrakons  stammen  alle  aus  dem  I.  Jahrh.  n.  Chr.;  Nr.  535  ist  aus 
dem  J.  125/126. 

Mehrfach  finden  sich  in  den  Ostraka  verschiedene  Formen  neben- 
einander, z.  B.  2  und  3a  in  Nr.  392;  2  und  3c  in  Nr.  373;  3a  und  4a 
in  Nr.  399;  3  a  und  3  c  in  Nr.  450  und  675;  3d  und  3  c  in  Nr.  463. 

B.   Obolensiglen: 
1)   a)  Nr.  154;  570;  583;  615;  617(?);  620;  654;  696;  1174;  1247. 
b)  Nr.  367,2,4;  547.         2)  a)  Nr.  367,  3;  370,  3;  372,  3;  373,  3;  374,3; 
375,  2  u.  ö.     b)  Nr.  391,  3;  399;  448;  463;  469  u.  ö.         3)  Nr.  443,  3. 

4)  Nr.  470,  3.       5)  Nr.  546,  4.       6)  Nr.  423,  5.       7)  Nr.  466,  6. 

C.  Artaben  (Weizen): 
1)  Nr.  1095;  IUI;  1121.     2)  Nr.  716;  972;  1018,  2;  1097;  1109; 
1110;  1112;  1114;  1117;  1120;  1176;   1308,2    und    mit    dem  Punkte 
links  unten  1200,  3,  4,  5.       3)  Nr.  701  (vgl.  720,  5).       4)  Nr.  733. 

5)  Nr.  724,  4.      6)  Nr.  799,  5  (--  tivqov  ScQtdßai   l   |). 

E.  Varia: 
did:  1)  Nr.  593,  3;  897,  3;  899,  3;  921,  3  mit  diä,  Nr.  614,  6  mit 
d{Lä),  Nr.  587,9;  594,2;  820,  7(?)  mit  [dia)  von  Wilcken  wiedergegeben. 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  457 

2)  Nr.  616,  6  mit  d(ta),   904,  4;   991,  5   mit  (diä)   wiedergegeben. 

3)  Nr.  911,  5  und  935,  4  mit  öi(a)  'y{sa)Qyov),  Nr.  953,  4  mit  öiä 
'y{ec)Qyov)  wiedergegeben. 

4)  Die  erste  Form  steht  1109,3  und  1121,2  mit  dt«,  die  zweite 
1103,  2  mit  diä  und  die  dritte  1108,  3  mit  di    umschrieben. 

ofioiag  findet  sich  Nr.  506,2;  648,2;  802,3;  1057,4  u.  ö.  so  ab- 


gekürzt. 


II.  Die  Texte. 


Die  Schrift  der  Ostraka,  die  sich  unter  dem  Sande  Ägyptens  vor- 
trefflich gehalten  hat,  kann,  wie  schon  Wilcken  hervorhob,  den  Ein- 
flüssen der  Witterung  und  der  Luft  bei  uns  nicht  widerstehen.  Auf 
einzelnen  Ostraka,  und  zwar  auch  auf  solchen,  die  zur  besseren 
Konservierung  mit  Firnifs  überstrichen  sind,  ist  die  Schrift  jetzt  schon 
völlig  verschwunden.  So  bei  den  Ostraka  Nr.  294,  915,  1041,  1050  u.  a. 
Einzelne  sind  nur  teilweise  noch  zu  lesen,  z.  B.  Nr.  871,  wo  ein  grolses 
Stück  abgekratzt  zu  sein  scheint,  Nr.  520,  633,  160  und  viele  andere. 
Wer  sich  der  mühseligen  Arbeit  unterziehen  will,  die  noch  nicht  publi- 
zierten Ostraka  abzuschreiben,  der  thue  es  bald!  Je  eher,  je  besser! 
Ich  selbst  habe  die  Berliner  Ostraka  mit  Wilckens  Texten  verglichen, 
eigentlich  nur,  um  Ostraka  lesen  zu  lernen  und  für  das  Lesen  der  Pa- 
pyri daraus  Nutzen  zu  schöpfen.  Wenn  ich  nun  die  folgenden  Zusätze 
und  Berichtigungen  veröffentliche  ^),  so  glaube  niemand,  dafs  durch  diese 
im  Vergleich  zum  Ganzen  unwesentlichen  Änderungen  das  grofse  Ver- 
dienst,  das  sich  Wilcken  erworben  hat,  irgendwie  geschmälert  werden 
könnte.  Ich  rücke  nur  einen  Stein  in  dem  von  ihm  errichteten  Bau 
zurecht.  Ich  habe  in  das  folgende  Verzeichnis  im  wesentlichen  nur 
wirkliche  Änderungen  des  Textes  aufgenommen.  Die  Stellen,  wo  ich 
einen  Buchstaben  mehr  oder  weniger  zu  lesen  glaubte,  wo,  wie  es 
bisweilen  der  Fall  ist,  die  runden  und  eckigen  Klammern  nicht 
richtig  gesetzt  sind,  vielleicht  nur  infolge  eines  Druckfehlers,  wo  ich 
ferner  glaubte,  dafs  abgekürzte  Worte  anders  zu  transkribieren  sind 
als  es  Wilcken  gethan  hat,  habe  ich  fast  alle  übergangen.  Auch  Le- 
sungen, die  mir  zweifelhaft  erschienen,  habe  ich  meist  unerwähnt  ge- 
lassen.    Unter  halb   erhaltene  Buchstaben  habe  ich  Striche,  unter  un- 


1)  Wilcken  schreibt  Ostr.  I  S.  28 :  „Meine  Kopieen  der  Berliner  Texte  stammen 
meist  aus  der  Zeit,  da  ich  als  Hilfsarbeiter  in  der  ägyptischen  Abteilung  der  kgl. 
Museen  beschäftigt  war  (1885 — 1889).  Doch  habe  ich  hinterher  mehi-fach  Gelegen- 
heit genommen,  die  alten  Lesungen  zu  revidieren  —  freilich  lange  nicht  in  ge- 
nügendem Mafse." 


458  I-  Aufsätze 

sichere  Punkte  gesetzt,  wie  wir  es  iu  der  Berliner  Papyruspublikation 
zu  thun  gewohnt  sind. 

In  dem  Verzeichnisse  der  Ostraka  (Buch  I,  S.  28  ff.)  sind  einige 
Druckfehler  und  Versehen  mit  untergelaufen.  Nicht  P.  4392,  sondern 
4372  ist  gleich  Nr.  1291,  ebenso  nicht  P.  4863,  sondern  P.  4883  gleich 
Nr.  923,  endlich  ist  nicht  P.  4564,  sondern  P.  4549  gleich  Nr.  1302, 
während  P.  4564  gleich  Nr.  1284  ist  (vgl.  übrigens  die  richtigen  Zahlen 
in  Buch  II).  Als  Versehen  bemerkte  ich,  ohne  das  Richtige  feststellen 
zu  können,  P.  1183  =  Nr.  812,  P.  4474  =  Nr.  770  und  P.  4488  = 
Nr.  528.1) 

Nicht  unerwähnt  möchte  ich  lassen,  dafs  es  mir  nicht  als  ganz 
sicher  erscheint,  ob  überall  an  den  von  Wilcken  Buch  I,  S.  132  ange- 
führten Stellen  wirklich  ccc^  zu  lesen  ist.  Eine  Erklärung  kann  ich 
ebenso  wenig  wie  Kenyon  (Class.  Rev.  XIV,  1900,  S.  170)  beibringen. 
Es  handelt  sich  um  eine  Zuschlagssteuer.  Ich  las  in  den  Berliner 
Ostraka  meist  xl^,  seltener  a,  a^,  a^^  ein-  oder  zweimal  glaubte  ich  at^ 
zu  erkennen  (z.  B.  423,  3, 5).  Wenn  Wilcken  nun  auf  Londoner  Ostraka 
deutlich  at^^  gelesen  hat,  so  bleibt  es  mir,  wie  gesagt,  doch  noch 
zweifelhaft,  ob  deswegen  überall  gleichmäfsig  so  zu  lesen  ist.  Aber 
vielleicht  hat  Wilcken  Recht.  An  den  Stellen,  wo  es  im  folgenden 
vorkommt,  werde  ich  aix{?)  schreiben. 

4,  6  scheinen  mir  die  Reste  zu  stimmen  zu  (xq  und  ox,  daher  ist 
wohl,  wie  Wilcken  (vgl.  die  Anm.  zu  dieser  Stelle)  vermutete,  zu  schrei- 
ben: aQlyiyQLOv)^]  öx(t(6);  33,  3  dQax{^äg),  das  %  steht  über  dem  q^ 
wie  auch  Z.  6;  6  älag  (sie!).  Die  Reste  des  zweiten  Vokals  bilden 
oben  einen  spitzen  Winkel,  daher  ist  o  nicht  möglich;  77,  2  1.  sßdov 
(==  ißd6{iio)v)  für  tov  iß[d6(jio)]v.  Für  den  Artikel,  der  meist  weg- 
bleibt (vgl.  Nr.  60  ff.),  fehlt  der  Platz.  Die  wenigen,  schwer  zu  erken- 
nenden Überreste  stimmen   zu   sßdov  ]   7  Anf.  03   scheint   korrigiert  zu 


1)  Hiei'  mögen  auch  gleich  einige  andere  Versehen  aus  dem  nach  Formularen 
geordneten  Verzeichnisse  der  Ostraka  in  Buch  I,  S.  58  Ü'.  berichtigt  werden.  S.  70 
ist  Nr.  1491  unter  3  b  zu  streichen,  da  es  unter  4  gehört.  S.  81  gehört  Nr.  1069, 
das  unter  2  steht,  unter  4.  Unter  4  ist  auch  Nr.  597  einzuschieben.  S.  88  setze 
Nr.  357  und  358  statt  unter  1''  unter  1",  jedoch  beachte,  dafs  der  Zahler  voran- 
steht. S.  93  schiebe  unter  6"  Nr.  378—380  und  Nr.  397  ein.  S.  101  hat  das  For- 
mular 3*  nach  dem  Datum  noch  /tffit'-rprjxtr  oder  tifffitfi^rpjjMfj'.  HinzuzAifügen  ist 
Nr.  712.  S.  103  schreibe  unter  2  785—787  statt  784—787.  S.  111.  In  Nr.  764 
fehlt  das  Datum  nicht,  sondern  steht  am  Ende.  S.  113  fehlt  bei  den  unter  4" 
aufgeiiihrten  Nummern  die  Subskription  in  Nr.  768,  774,  779,  ebenso  unter  4'^  bei 
Nr.  831  und  1017 (V).  Unter  4'"  füge  Nr.  808  hinzu.  In  Nr.  1471  steht  nicht  öv6- 
(iKTog,  sondern  nur  der  Name  der  Zahlerin. 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  459 

sein;  107,5  0t£%[.  ..;  137,2  ist  ra\6a(pd-6Qog  (vgl.  Corrig.^))  ausge- 
schlossen. Es  ist,  wie  im  Text  steht,  jra[.  .  .  oder  auch  vcc[.  .  .  zu  lesen; 
225,  3  na%ac)\  258,  4  ZEvneroQ\l^Yi{TLO(s)  {rj  über  ^)  und  neQL(3n(üv)] 
286,  1  las  ich  "AöLTtTtog  oder  "Aöivvos,  Wilcken  schlägt  "^vLTiTtog^)  vor, 
das  auch  ich  jetzt  für  richtig  halte;  2  A^vig^  nicht  J^iovig  steht  auf 
dem  Ostrakon;  296,5  liest  Wilcken,  Corrig.,  yf^rj^iAccTog)  il  5,  ich  er- 
kenne nur  Tcni^  it,  S'i  305,  3  h"  7  statt  |—  a  scheint  mir  sicher;  312,  6 
\-  A,  ebenso  wie  in  Z.  7  (vgl.  Corrig.);  auch  313,  5  ist  die  Summe  \-  X 
als  Salzsteuer  angegeben  (vgl.  Corrig.);  317,  4  IlitoXs^aiog)  tQains^Ltrjg). 
Das  Q  ist  durch  die  nach  unten  gehende  Linie  hinter  r  bezeichnet; 
321,  3  scheint  mir  nach  'A^iavog  xal  zu  stehen;  326,  4  fügt  Wilcken, 
Corrig.,  hinzu:  Vor  a  ein  korrigiertes  r  (für  7^?).  Ich  glaube  sicher 
zu  lesen  7^  a;  339,  3  rstQaxiag  wohl  verschrieben  für  Tfra^rr^g;  351,  4 
x{qV^V)  statt  ;K[?^'^fj]5  »^^^j  ^  ^^^  Ki(pa{kog)  rQa(7C£^n7]g)  sicher  statt 
Kscpa^Xog)  o/^  zu  lesen;  357,  2  T:tSLavTir  (oder  IlrEiavrtr)  für  üeiav- 
TtT(?);  381,2  ^vo  statt  d-uo,  obwohl  das  o  oben  offen  gelassen  ist; 
385,  2  dvo'/3oA(ov);  391,  6  könnte  vielleicht  ' E'Xiy.Qdixrig)  gelesen  werden, 
wie  auch  nach  Wilckens  jetziger  Lesung  392,  4;  392,  6  steht  nach  A: 
'ETt^iycQaTrjg)  nia(ß)rog);  unter  TQiäxovra  stehen  zwei  Buchstaben,  ^o 
(=  770?);  403,  5  wird  Eeyiiag  oder,  wie  Wilcken  jetzt  zweifelnd  vor- 
schlägt, Esxsvg  statt  Usxrjg  zu  lesen  sein;  407,  1  ^LaysyQd{cp7jX£)  KaX- 
Aot>^ij(vä?);  ibid.  Wevvyi{  )  ist  mir  sehr  unwahrscheinlich;  408,  2  liest 
Wilcken,  Corrig.,  Ms^voivsiav).  Ich  las  im  Original  ysvvrj  (d.  wäre 
y£vi](^aTog))  und  will  hinzufügen,  dafs  ys  mir  sicher  scheint,  so  dafs 
Me^vo(v£ic}v)    ausgeschlossen  wäre.     416.  Die  linke  Hälfte  fehlt  jetzt; 


1)  Der  Kürze  halber  zitiere  ich  so  die  Zusätze  und  Berichtigungen  von 
Wilcken,  Ostr.  H,  S.  430  ff. 

2)  Nach  freundlicher  Dui'chsicht*)  meines  Manuskripts,  für  die  ich  Herrn 
Prof.  Wilcken  dankbar  bin,  teilte  er  mir  diese  wie  manche  andere  Vei-mutung  mit 
und  veranlafste  mich,  eine  Reihe  von  meinen  Lesungen  an  den  Originalen  noch 
einmal  nachzuprüfen.     Infolge  davon  habe  ich  einige  nachträglich  auch  geändert. 

*)  Meine  Prüfung  der  obigen  sehr  dankenswerten  Revision  mufste  meist  auf 
diejenigen  Fälle  beschränkt  bleiben,  für  die  mir  Abzeichnungen  o.  ä.  vorlagen. 
Eine  sichere  Beui-teilung  derselben,  soweit  sie  nicht  schon  jetzt  evident  erscheinen, 
wird  mir  erst  angesichts  der  Originale  möglich  sein.  Manche  Vorschläge  Vierecks 
sind  mir  freilich  auch  jetzt  schon  zweifelhaft,  so  in  der  nächsten  Nummer  (296,  5), 
wo  ich  an  meiner  Lesung  'y£v'r]ii{ccrog)  festhalten  möchte  gegenüber  Vierecks  Le- 
sung Tt.v.L^,  die  mir  sprachlich  und  paläographisch  gleich  unwahrscheinlich  ist; 
ebenso  in  408,  2 ,  wo  ich  gleichfalls  an  M£^vo{vsLav)  oder  Msiivcaiysicov)  —  ftr 
sind  verschliffen  —  festhalte  gegenüber  Vierecks  Lesung  ysvvri ,  die  hier  in  einer 
Geldquittung  auch  sachlich  mir  unverständlich  wäre;  so  auch  die  Deutung  von 
618,  3—4,  manche  ägyptische  Eigennamen  u.  a.  D.  Red. 

Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  3/4.  30 


460  I-  Aufsätze 

423,  4  aal   sielit  aus   wie  ein   in   die  Länge   gezogenes  co,   es   ist  wohl 

xa{l)   zu   schreiben;    429,  2   Nötov   x(cc\)   Ai{ßog).     Das  A    steht    über 

dem  t;  438,  4  x%'  statt  %£;  443,  1  &a^o^  nach  einem  Vorschlage  von 

Wilcken,  freilich  wäre  ich  versucht,   statt  a   eher  %  zu  lesen;   3  [o]l, 

i  ist  erhalten,  o  verblafst;  6  'A^lg)(v)  ist  sehr  unsicher;  448,  7  wohl  %o 

=  xalxoi  /?;    452,  2  iVdTo(i')    für   iV(dTo)v   (xat  Acßag);  454,  5  Bdööog 

A 
'A^^iavLOv)  für  Bd(36o{ß)  6£6rj(fi£Lco^ai)',  7  jto)  vor  ^:7ro;   460,  2  scheint 

nach  XaoiyQacpCag)  noch  jcat  ßaX^avixov)  gestanden  zu  haben;  463,  7 
6ju-0(co(g)  'E7cl(p(y)  X?;  470,4  ist  xat  TiQoQStayQucpö^eva  ebenso  abge- 
kürzt wie  485,  3,  und  es  wird  wohl  zu  lesen  sein  x{al)  7iQo(ödiayQa- 
cpöfiiva)^  vgl.  auch  489,  3;  5  MsacoQ')];  471,  2  zfointiavov;  472,  5  2.0- 
yisCag)  t,  S  und  Z.  6  —  (===  1  Obol);  477,  2  ^o^ixiavov;  479, 1  zfo^ir- 
xiavov  (sie!);  2  M£;^£(i())  ty,  das  oben  an  das  %  angesetzte  e  ist  ebenso 
gemacht  Avie  bei  navK^£(vg);  500,  2  'U7r(£())  Aaoj'^ß;(9mg)  Xa(^axog), 
doch  ist  XaoyQa^cpLccg)  so  zusammengezogen,  dafs  oy  nicht  zu  erkennen 
sind;  504,  2  %a{iQEiv).  "E6xco(ii£v),  vgl.  1057,  4  'A7tiiio{ß,£v)'^  507,  1  xal 
^{ttoioi)  jiQdx{roQ£g)  dQyiyQLxijg)  ^r](rQ07t6X£cog);  6  ist  wohl  eher  zu 
lesen  A(  )  6£6ri{^£L(o^ca);  508,  2  ßaliavLKOv)  für  a{llciv)^  doch  ist  es 
sehr  flüchtig  geschrieben;  509,5  nach  x/3  ^(  )  (3(£(j)'fj(fi.ft£oju.at);  510,  1 
^La^ysyQacprjxaöt,)^  über  d^t  steht  ein  Haken -a;  513,  2  ITsTEipl  nach  einer 
Vermutung  Wilckens.  Das  t£  ist  nur  durch  eine  kleine  geschwungene 
Linie  angedeutet,  vgl.  Tafel  E,  9ff.;  3  A.-  (etwa  '^^to  ?)  dccc.  [.  .  .  (?); 
4  y£a)(ii£T()t«g);   6   M  ist   korrigiert  aus   0  (und  X);   525,  6  ^«jUei/wO" 

Ad Was  hinter  dem  d  steht,  gleicht  Zahlzeichen,   worauf  auch 

der  lange  Strich  hindeutet.  Wilcken,  Corrig.,  liest  AA  n£x(y6ig)  oder 
77£/3(ög),  was  mir  sehr  zweifelhaft  erscheint;  535,4  vn:(£Q)  XaoyQiafpCag) 
x{al)  ßak(aviXov)  (?)  Xd^Quxog),  sehr  eng  und  flüchtig  geschrieben; 
537,  6  für  X7j  lies  jca;  543,  4  td  ^  steht  auf  dem  Ostrakon,  t  ist  etwas 
verlöscht,  doch  sieht  man  das  obere  und  untere  Ende  deutlich;  streiche 
daher  die  Anmerkung;  552,  1  ist  Xd(Qaxog)  zu  streichen;  557,  3  £v  ist 
höchst  unsicher,  vielleicht  £7i{  )  wie  533,  3(?);  559,  2  Ende  IIov^  3  Auf. 
söd'ov;  563,  1  .  .  .]q)£i;  566,  6  M£6oQr}  i[.  .  .  ]  567,  2  Ende  Ua^avd-r]^ 
mit  Haken-ß;  geschrieben  (vgl.  S.  454  Anm.  1);  575,  7  A^iävio{g).  Auch 
unter  'Aöqluvov  zeigen  sich  noch  Buchstabenreste;  der  erste  Buchstabe 
davon  ist  a.  578,  2  "Ex(ofi£v)  '6:;r(£p),  doch  ist  %  in  das  v  hineinge- 
schrieben und  der  als  Abkürzungszeichen  (=  jt)  rechts  neben  v  gesetzte 
Bogen  sollte  nun  vvolil  als  Abkürzungszeichen  für  £%  dienen,  wie  1245,2 
(Tafel  F  unter  ca);  v:t(£Q)  ist  dann  vom  Schreiber  Z.  3  wiederholt; 
583,  6  'A^a(viog);  585,  9  steht  dieselbe  Unterschrift  wie  858,4;  586,  2 
'AQßyJxioiß);   589,  7  ist  mir  L  Q-  wahrscheinlicher;   590,  6  ÜEvvßd-ig  6£- 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  461 

örj^Lo^ai;  9  ns]vvßd'ig,  jedenfalls  derselbe  Name  wie  Z.  6;  auch  die 
Schrift  ist  gleich;  592,  2  IJfrai^Tft'g;  593,  G  A....  | . . . ;  594,  4  Kotu . .  g 
6(e6)r]{^Eic}^aL) ;  599,  4  nach  ^a(b(pv  t,  fehlt  nichts,  nur  die  Sigle  ^  greift 
von  Z.  3  über;  601,4  xi<3aQ{ag)]  602,4  Ka-  6{£<s)ri{ß,HcoiiaC);  606,1 
wird  man  höchst  wahrscheinlich  AsXovg  (ev.  auch  AbXovtl)  in  Über- 
einstimmung mit  Z.  9  lesen  müssen.  Die  Tinte  ist  auseinandergelaufen, 
so  dafs  die  Buchstaben  nicht  sehr  scharf  zu  erkennen  sind.  Ebenso 
ist  es  Z.  2  bei  IIstoöLQi,  so  dafs  es  mir  nicht  nötig  scheint,  ÜEtoöL- 
Qio{g)  zu  lesen;  608,  2  steht  auf  dem  Ostrakon  covcov  für  avoav;  610,  2 
^SQi6{^ov)  .  .  ;  618,  3  f.  stehen  die  Striche,  die  nach  Wilcken  einen  Obol 
bezeichnen  sollen,  über  Ttavte  und  über  £,  nicht  daneben  (jiEvte  's),  so 
dafs  es  zweifelhaft  ist,  ob  sie  so  aufzufassen  sind,  wie  Wilcken  es  thut. 
Vielleicht  ist  der  Strich  über  ^8vts  nur  aus  Versehen  gesetzt;  624,  2 
wohl  'jQßrjxiqg;  630,  1  lese  ich  Xd^Qaxog)  ....  Ust 67JQLo(g)',  3  Schlufs 
Oa(  )    6{s6)r]{(i£L(x)fiai)  (?) ;    632,  4  Avtovelvv   (sie !) ;    633,  2  A^isvad-rj. 

Der  Name  war  abgekürzt  A^sv  oder  A^sva^  und  dann  ist  rj  (ebenso 
631,2  geschrieben)  hinzugefügt;  637,3  E{  )  6{ea)7]{(iEia)^aL);  641,2 
n£rsa(  );  5  an  Wavcc^  ist  ein  senkrechter,  gerader  Strich  noch  ange- 
knüpft, der  nicht  wie  ein  Abkürzungsstrich  aussieht.  Vielleicht  wäre 
Weva^i^  )  zu  schreiben;  649,  2  erscheint  mir  %  S  als  sehr  zweifel- 
haft*); 653,  5  Der  Name  des  Subskribierenden  ist  derselbe  wie  655,  6; 
655,  3  Der  Anfang  der  Zeile  ist  wie  der  der  übrigen  verlöscht.  Ziem- 
lich sicher  scheint  mir  nur  ^ov  Xcc(Qaxog).  Die  Buchstabenreste 
vor  fiov  passen  nicht  zu  ^£ql6;  672,12  IIstoöLQSccig;  679,4  ^•(  ) 
6{£6)r}(n£tafiai),  vielleicht  0i,X{  );  682,  4  <>  d  n^QoödiayQacpo^Eva) 
=  (d.  i.  2  Obolen)  M£%{hq)  iT;  688,  1  möchte  ich  Taii6Q6io{g) 
für  Ta^EQ0io{g)  lesen,  vgl.  Wilcken,  Corrig.;  4  Xcc{Qazog)  und  am 
Schlufs  r  mit  einem  nach  unten  gehenden  Abkürzungsstrich;  689,  3 
nach  £l'xo6L  ein  lädiertes  y  (=  j/tVfTat);  691,  4  nach  der  Summe  r{  ); 
697,  2  könnte  man  wohl  statt  0ay]{QLog)  eher  lesen  Qam]{  );  699,  2 
schlägt  Wilcken,    Corrig.,  vor  ZevO-co.'-,   ich  lese  ZEviäto^g);    706,2 

bietet  das  Ostrakon  ät;  710,  6  .  .  .]  -f-  dma  I  -\-  t;  713,  5  steht  neben  « 
noch  ein  Buchstabe  (jf?),  darüber  ein  Strich  oder  wahrscheinlicher  co. 
Neben  dem  o  steht,  wie  ich  las,  ein  y^  während  Wilcken  ein  Haken-a 
vermutet  und  6  aiyrog)  vorschlägt;  742,  3  roTtiov)^  geschrieben  i  wie 
734,2  und  748,2;  762,2  und  3  steht  tg,  d.  i.  j^  statt  iß,  d.  i.  i. 
Dadurch    wird    sicher,    dafs    abgesehen   von   der   Drittelung    auch    die 


*)  Nach  Vierecks  Abzeichnung  lese  ich  jetzt  UQCc{riv.(bv).    Vgl.  Ostr.  I  S.  315. 

D.  Red. 
30* 


462  I.  Aufsätze 

Zweiteilung  der  Artaben,  wie  ich  Hermes  XXX  S.  114  annaliin,  weiter 
geführt  werden  kann  als  bis  ~ .  Danach  ist  Wilcken,  Ostr.  I  S.  749 
Aum.  1  zu  berichtigen*);  776,  1  nava%{^  )  0O-ot;/^tVt(og),  das  letzte  t 
ist  wohl  zum  Zeichen  der  Abkürzung  recht  grofs  gemacht;  779,  1 
nBv7i\t]ov  (mit  einem  Bogen,  wie  ich  ihn  Tafel  F  unter  %■  und  a  ange- 
geben habe);  780,  1  ilt(?d'[tg  yial  '*-F\sv^fi{yiis)^  wie  Wilcken  jetzt  auch 
781, 1  liest  oder  W£v^El{yig).  784, 1  ist  auch  WEviiri{vtq)  oder  Wsv^Etiyig) 
zu  lesen;  785,  3  t6  ß^aliaviKov)]  ist  sehr  wahrscheinlich;  786,  2  'Ani- 
6x(o^sv)-^  4  xd'  wohl  statt  xß;  787, 1  ^.axa  korrigiert  aus  Aao;  4  ysogystg^ 
das  zweite  e  sieht  ungeschickt  aus,  da  die  Tinte  etwas  auseinander- 
gelaufen ist;  9  zJo^itLavov  Usßa6{rov)  (so  auch  Wilcken)  t(o'ü)  xvqlov, 
alles  sehr  zusammengezogen  und  abgekürzt;   789,  3  nagä  (öov)  ist  auf 

dem  Ostrakon  geschrieben  TtaQ;  793,  4  OyoQßy];  799,  4  Ilov^ixi  (ov  ist 
genau  so  wie  in  TQuiavov  Z.  2  geschrieben);  800,4  löX,  wohl' l6x(vQicov); 
808,  3  Wsva  .  .  a&o^v)^  wohl  Weva^8VGid'o(y);  5  77a(  )  6(^e6 jrj^^ELCO^ai.)  -, 
815,  2  0&ov^{ivi)  —  an  das  (i  ist  ein  nach  links  geöffneter  Bogen  ange- 
knüpft, vielleicht  das  t  —  'j4ßa){rog)  und  über  der  Linie  vor  'Jß&(tog) 
ist  ov  nachgetragen;  daher  ist  zu  lesen  öv{öiiarog)  'AßS){rog).  0&ov- 
[itvig  ist  der  Überbringer  der  Badsteuer  für  'Aßcog;  817,  5  UsvsQiEvg 
eher  als  ZlsvEQikog;  823,  2  Von  dem  Kaisernamen  sind  nur  wenig 
Überreste,  die  mir  nicht  zu  'AÖQiavov  zu  passen  scheinen;  824,  1  ist 
xci{}LS)v)  mir  wenig  wahrscheinlich;  829,2  Uexätpiog;  3  Tlixiag)  al^eö)?]- 
{^ELCj^ai).  Nach  dem  x  ist  noch  eine  geschwungene  Linie,  oben  und 
unten  mit  einem  Abkürzungsstrich  versehen,  wie  es  häufig  bei  6(£6)'}]- 
(jiBicoiiui)  geschehen  ist,  ebenso  ist  auch  wohl  832,  6  zu  schreiben,  wo 
das  61]  fast  zu  einer  geraden  Linie  geworden  ist;  831,  2  ist  in  ^a&tpt 
Qcc  aus  003  korrigiert;  4  ©ixatog,  das  &  ist  nur  halb  erhalten,  ist 
aber  sicher,  da  auch  der  Querstrich  noch  da  ist  und  da  es  mit  dem  -O- 
in  &rj0(^avQbv)  und  Usvd'cötTjg  (Z.  1  und  3)  in  der  Form  genau  über- 
einstimmt. Darüber  steht  'Aßaro^g);  838,  5  Schlufs  6{s6)'rj{^Eico^aL); 
839,  2  ^d^oviil  Wsvxrjl.  .  .  d.  i.  0d-ovfii(vL)  ''^^Evird^Log.     Über  den  Na- 


*)  Vielmehr  folgt  aus  diesen  meinen  Ausführungen,  die  ich  aufrecht  erhalten 
mufs,  dafs  es  sich  in  dem  vorliegenden  Falle  eben  nicht  um  Artaben,  sondern 
um  Aruren  handelt,  da  wirklich,  wie  ich  aus  Vierecks  Durchzeichnung,  die 
er  mir  freundlichst  sandte,  ersehe,  ^'^  im  Text  steht.  Der  Dativ  nvQ&L  weist  uns 
den  Weg  zur  Erklärung:  Pa.achumis  hat  1  Arure,  die  mit  Weizen,  und  3^  ]  -jtg- 
Aruren,  die  mit  Gerste  —  lies  xpt'9'i5(t)  —  besät  worden  sind  (resp.  zu  be&äen  sind). 
Vgl.  Pap.  Ashmol.  oben  S.  166,  wo  z.  B.  opö^coi  i  bedeutet:  10  Aruren,  die  mit 
Kichererbsen  zu  besäen  sind.  Danach  gehört  der  Text  überhaupt  nicht  zu  den 
Steuerquittungen,  unter  denen  er  auch  thatsächlich  keine  völlig  übereinstimmende 
Parallele  findet  (vgl.  Ostr.  I  S.  112),  sondern  zu  den  Notizen.  D.  Eed. 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  463 

men,  nach  dem  über  l  stehenden  Abkürzungsstrich  steht  ein  jr  oder 
TTt,  wohl  Anfangsbuchstaben  eines  Namens,  jedoch  als  falsch  wieder 
durchgestrichen;  5  X..  6(£a)rj(^£L03{iaL);  843,3  tov  t,  L,  d.  i.  122/123 
u.  Chr.,  wie  Nr.  815,4;  844,3  Ilccavcofi ' .  Der  etwas  höher  gesetzte 
Buchstabe  sieht  aus  wie  x;  4  t6  ßaX(aviaov);  848,  5  wohl  77ao'öTo(g); 
6  ist  Mcoxi  )  mir  wahrscheinlicher  als  Aotoii  ),  vgl.  Wilcken,  Cor- 
rig.;  850,  4  f.  n£t£voßd6(ig)  W£[va]^ovvLo{g);  854,5  ist  'Ad^Qiuvov 
auch  schon  deswegen  zu  lesen,  weil  vom  q  Überreste  da  sind;  856,  2 
IIstoöiQSiog]  857,  7  'flQo(g)  vor  reK^ävrjg);  858,  4  steht  dieselbe  Unter- 
schrift wie  585,  9;  859,  3  habe  auch  ich  jetzt  noch  'ETclrp  zÖ  gelesen 
(vgl.  Corrig.);  864,  2  "Eöioijisv)  oder  a^iaiiiEv).  An  das  %  ist  ein 
kleiner  nach  oben  geöffneter  Halbkreis  angesetzt;  865,  6  würde  ich 
schreiben  A  .  .  .6  6(£ö)i](^6/ico^at);  867,  6  'A^cb(vLog);  868,  4  aß  v7t(6Q) 
Xd(Qaxog);  5  lese  ich  E.'  statt  ^.•;  875,4  nach  xvqiov  'ETi£[i](p[. . , ; 
884,  6  6£6r](^£i(aiiaL)',  898,  1  f .  lese  ich  auf  dem  Ostrakon  db^a)  iTtitQÖ- 
Ttov  (vgl.  Corrig.);  900,  2  steht,  soweit  ich  sehe,  über  vo  und  ovo  kein 
Buchstabe   oder  Abkürzungsstrich.     Es   wird   daher  nur   N6(rov)    övo- 

X 
(fiatog)  zu  lesen  sein;  4  scheint  mir  paläographisch  tco  wahrscheinlicher 

als  1/0,  das  mit  Wilcken,  Corrig.,  in  N6(tov  xal)  Aiißog)  aufzulösen 
wäre.  Diese  Auflösung  ist  aber  wohl  falsch,  weil  in  Z.  2  nur  N6(%ov) 
steht.  Es  kommt  weiter  hinzu,  dafs  die  Worte  v7c(£q)  Nö(tov  xal) 
A{ißog)  auch  beim  19.  Jahr  nicht  wiederholt  sind.  1005  hat  Wilcken 
zuerst  auch  n^  wie  hier  gelesen  und  später  N{6tov  xal)  A(iß6g)  ge- 
ändert; 5  . .  .J-j-  '  ovo  ri^i<5v;  901,2  V7t6xav6vv  tov  ßaXav£i'ov;  7  Ende 
^acog)i(?)'^  902,  5  ist  Eaß{ivog)  sehr  unsicher,  vgl.  911,  6,  wo  es  anders  ge 
schrieben  ist;  903, 4  niX£iS}xo{g)  (?);  904,  3  W£va7iox.\^. . .,  vielleicht  xq[.  . .; 
4  diä  yi^EcoQyov)  'A^£VQc6(pL[og].  Das  Ostrakon  war  vordem  schon  einmal  als 
Quittung  benutzt,  es  zeigen  sich  viele  Spuren  der  ausgelöschten  Schrift; 
914,  2  'Anp.covi[G)  vgl.  die  Anm.  dazu;  917,  4  VTrihg)  Xd(Qaxog)  für  övo- 
{^atog);  921,4  Wa^o  oder  Qa^o.  922,5  Z.(  )  0{£0)rj{^£to3^ai)',  929,6 
ist  infolge  eines  Druckfehlers  a  nach  -\-  ausgefallen;  933,  1  ff.  ist  zu 
lesen  MiitQiqaa)  ^TjixQonökEcog)  'y£V'i^(^atog)  [.  L  AvQr]Xicov^  'Avtcjvl- 
vo[v  xal  Ko^^ödov]  KatödQCJV  etc.  d'r][6avQ0v)  steht  nicht  auf  dem 
Ostrakon.  Von  AvqtjIuov  sind  Schriftspuren  noch  da.  Erst  durch 
Hinzufügung  des  Namens  wird  auch  die  Zeile  ausgefüllt.  Schliefslich 
spricht  für  diese  Datierung,  dafs  der  941  unterzeichnende  'A^Evad'rjg 
auch  hier  unterzeichnet  hat;  5  und  6  Anfang  zeigen  eine  feinere  Schrift 
als  der  Rest  des  Ostrakons.  Der  Name  und  die  Artaben  sind  wohl 
nicht  gleich  mit  eingetragen  gewesen.  Die  Unterschrift  'A^£{  ),  nicht 
^(icbir'Log)^  6{£6)r}(^H£ico^ai)  ist  wieder  von  andrer  Hand,  vgl.  941 ;  934,  3, 


464  I-  Aufsätze 

.  ']7faxvoviiio{s);  939,  4  Wsviia  (das  a  ist  sicher);  941,  7  '^jli(  )  6{e6)ri- 
(^aCapicct,);  11  ebenso  oder  nur  ^(  ),  vielleiclit  '^^(svcod'rjg)^  vgl.  933. 
Der  Ductus  der  Schrift  ist  in  allen  drei  Fällen  derselbe.  943,  6  Schlufs 

A 

Lt^^  .  6€6rj((i6tafiat);   949,  3  liest  Wilcken,  Corrig.,  Ano  (?),  doch  steht 

an  Stelle  des  et  ein  y  mit  dem  Bogen,  wie  er  nach  q  zur  Bezeichnung 
des  a  (cf.  oben)  gebraucht  wird;  950,  4  ^  .  •  wohl  'J^a(vLog);  959,  4 
fehlt  jetzt  der  Name  und  Z.  5  fehlt  vollständig;  960,7  Schlufs  F;  962,  4 
.  .  .^x";  964,  4  wohl  na^(pLl(ov).  Zwischen  a  und  (p  steht  ein  etwas 
verschwommener  Buchstabe;  967  Die  linke  Hälfte  des  Ostrakons  ist  ab- 
gebrochen, es  fehlen  in  den  einzelnen  Zeilen  3 — 6  Buchstaben;  974,  5 
AoX{ovg)  ö(£<3)r]((i£ia^ai)-^  977,4  ist  die  Tinte  etwas  auseinandergelaufen, 
doch  sind  die  Lesungen,  auch  dC^oiQov,  sicher;  982,  5  dia  .  [  ]  ^far** 
steht  auf  dem  Ostrakon,  wie  mir  scheint  di'  A  mit  folgendem  Abkür- 
zungszeichen oder  -buchstaben;  Q  A{)  6(£6)rj(^£tco^ccL)  statt  'Atiö-^  986, 
6  (2.  H.)  A%'i  mit  Haken-o;  geschrieben,  wohl  'A7ii((ov);  988,  5  und  7 
ist  MeqO  kaum  richtig;  989,  6  'A^£(  )  statt  A^  ' ;  992,  3  und  4  lese  ich 
^rj  statt  xd  (vgl.  Wilcken,  Ostr.  I  S.  749);  994,  2  sind  nach  AIe^ccvöqov 
noch  Schriftspuren,  die  jedoch  zu  KaCöagog  nicht  recht  zu  passen  schei- 
nen; 3  6v6{^axog)  ns^ii[.  .  .;  1004,  4  öv6{^atog)  Qa^ive^  und  über  dem 
«,  wo  das  Ostrakon  etwas  lädiert  ist,  wird  ein  C3  gestanden  haben,  so 
dafs  0afiiV£C3{g)  zu  lesen  ist;  1009,  1  "Hqcov  no  (n  steht  als  Bogen  über 

dem  o)  YQEiE  oder  ele  .  Es  scheint  mir  nicht  unwahrscheinlich,  dafs 
statt  des  v  von  "Hgcov  zu  lesen  ist  ro.  Während  der  Schreiber  des 
Ostrakons  sonst,  z.  B.  in  fxatoV,  das  v  spitz  und  fein  auslaufen  läfst, 
kann  man  hier  die  Verdickung  der  Linie  am  Ende  wie  sonst  häufig 
als  o  lesen.  Dann  wäre  zu  schreiben  "H^aiv)  roTioyQ^a^^arEvg);  im 
Folgenden  müfste  eine  Ortsbezeichnung  stecken;  1010,6  EJt{(x6r .)  öXQaxX 
mit  einem  Haken  über  dem  i,  den  ich  als  a  las,  während  Wilcken 
jetzt  vermutet  ia^döra})  6TQatiä{ti])  oder  event.  einen  andern  Kasus; 
1013,  6  ist  von  Wilcken  die  Unterschrift  fortgelassen:  (2.  H.)  ^OvvütpQig 
öEörj^fiELGJlicct);  1018,4  zum  Schlufs  wohl  -{-  ^t,  S  (/";  1021,3  Uoeql^  . 
Wilcken  zieht  das  d  zur  2.  Zeile  und  hält  es  für  ein  korrigiertes  <?(?); 
1022,  Verso  vermute  ich  nach  den  schwachen  Überresten  ''HQtt(xlEidy]g) 
nEt£VEq)cbtrji;  1023,  2  roTtcoi  statt  roftcot;  1030,  1  KoQvrjliog  —  xal  etc. 
Ich  dachte  früher  (Berl.  Philol.  Woch.  1900  Nr.  25),  dafs  der  Strich  als 
oiioCcog^  das  wäre  Koqvt^Uov,  zu  fassen  sei,  wahrscheinlich  soll  er  aber 
nur  den  Namen  KoQvrjUog  von  den  ^£To%oi  trennen;  1034,  1  ist  iq 
sicher;  1038,  5  Kai6aQog  2J£ßa6tov  t[ov  zvqCov\;  6  AvroyQcctoQog  KaC- 
öccQog,  wo  KalßaQog  aus  Versehen  wiederholt  ist.  Zu  Z.  5  vgl.  1281,4; 
1042,  2  ^UQa  öoi);    1043  ff.  y]Qy{a6aL)    statt   TqQyiaöo);    1046,  1   Tlaficov- 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  465 

t(£G)s);  1054,  1  scheint  mir  'I[iovd-\ri(s)  falsch  zu  sein;  4  TtccQcc  6(ov) 
t6  etc.;  1057,  8  f.  MsöovfjQ^ig)  öeörj^ECj^^ai,).  Über  dem  £  ist  ein  Bogen, 
mit  dem  bei  Abkürzungen  o  angedeutet  wird;  1060,  1  .  .  .]rjQco(v);  3  tb 
t'\e(Xog)  kann  ich  nicht  mehr  lesen;  1066,2  wohl  Ä'[.  .  .  .  ;^a/'p£n^]; 
4  erscheint  Wilcken,  wie  auch  mir  nach  erneuter  Prüfung,  seine  frühere 
Lesung  Tla  . .  cotLog  besser  als  das  in  den  Corrig.  vorgeschlagene  Ucv- 
tavog-^  6  nax6vio[g;  1075,  1  'J^^^av  .  ..;  1089,  1  'EQfiööcoQoig)  cbliAtj- 
tpag;    co    scheint    aus    g    und    o    durch    Korrektur   hergestellt   zu   sein; 

1095,  1  dm;  1117,  1  eher  MsöoQrj  ß-  1126,  3  y  (sie!);  1155,  3  ^fa^^ftr 
(vom  zweiten  i  sieht  man  die  Reste);  4  1.  t6  dlaö^a  (Ostr.  öidö^ata) 
To-ÖTo;  1163,2  ist  wohl 'Eö';^o(v)  zu  lesen.  Das  von  Wilcken  nach  Krebs' 
Durchzeichnung  gelesene  t  (vgl.  Corrig.)  ist  der  mittlere  Querstrich 
des  £.  Am  %  oben  ist  ein  o  hinzugefügt,  aber  nach  Schlufs  des  Kreises 
ist  die  Linie  nach  rechts  weiter  geführt,  so  dafs  das  Ganze  dem  Haken-« 
gleicht;  1174,  1  Usv&otövT'rig^)',  4  f^  1188,  6  UvQog;  1202,  2  vor  der 
Zeile  ein  Punkt  wie  5 ff.;  7  Utäg;  1224,  5  xaQZiTtov  (sie!);  7  zwischen 
ndxtov  und  rovt  hat  nichts  gestanden;  am  Schlufs  der  Zeile  steht 
Toti;  9  äxcoyo'^^  danach  auch  wohl  Z.  1  rnrpcoToxcoyo''^;  1231,  6  "EyQcctijev 
'y4ßaiovg,  doch  ist  ev  über  xfj  geschrieben;  1238, 1  IlscotorJ  (sie!);  2  71qo6- 
d(LayQa<p6^6vcc)  ß  —  ^  (=  2  Dr.  1|  Ob.);  1240,3  /  statt  \;  1242,6  ^; 
1245,  2  "Ex{a)  (cf.  oben  S.  455);  1246,  2  'HQaxl7]ov(g)  .  .;  1247,  1  Ka- 
0Lttvb(g)',  4  lese  ich  xvvr]  mit  einem  Bogen  über  dem  ^,  wie  er  für  a 
gebraucht  wird,  und  doga  mit  einer  längeren,  an  das  a  sich  anschliefsen- 
den  geschweiften  Linie.  Ich  würde  daher  Wilckens  Auflösung,  die  er 
auf  Grund  eines  Ostrakons  im  Louvre  giebt,  KVVTjyBXL'Käv  öogccrav 
(vgl.  Ostr.  I  S.  228  f.)  lieber  ersetzen  durch  %vv'ti{ys<si)a{g)  oder  xvvrj- 
(yi)cc(g)  doQcctGJV,  7  Kaijiavbg  ....  stvov  S  ß  ^  (/'■>  1250,  4  "Exo{^ev); 
1258,4  xvqeCov;  zu  Anfang  wohl  toy  Eß  ^L,  so  dafs  der  Schreiber, 
statt  xov  ißdö^ov  auszuschreiben,  t,  L  dafür  gesetzt  hätte.  Doch  ist 
die  Lesung  der  ersten  Buchstaben  sehr  unsicher;  1260,  5  zum  Schlufs, 
freilich  sehr  flüchtig  geschrieben,  wohl  6{E6)rj(jieiai.Lai);  1261,  3  %ci(L- 
QEiv).  2Jvva[nE(3X0^EV? ;  1262,6  ...]..  ßalslv  aig  (das  a  gleicht  dem 
zweiten    a    von    nagä    in  Z.  2);    auch    von  Z.  7    sind    noch  Reste   da; 

X 

1265,  2    (>  =  {ixatovTa)Qx(iag);  1271,  2  sieht  das,  was  Wilcken  als  IJor; 

liest,  aus  wie  XS;  1272,  3  BaQßccQOv  .[...;  6  ößoX(bv)  xy  ...[..  .  (Es 
müfste  nach  %>'  folgen  y{iVEtai)  ^  a  —  x^)-  Wilckens  Kopie  (vgl.  die 
Anm.)  war  nicht  deutlich;    1273,  5  ist  dQax{(iccg)  sicher;    6  'Avtcjvlvov; 


1)  Der  Name  findet  sich  auch,  worauf  mich  Herr  Dr.  Schubart  aufmerksam 
machte,  in  demotischen  Papyri. 


466  I-  Aufsätze 

1275,  3  %asi%v .  [. . .  (vielleicht  a  nach  v)\  4  ^iCav  rQ[irov  .  .  .;  5  'ETielq)  d; 
1278,  4  würde  ich  eher  t  (oder  x)  für  &  lesen;  1279,  2  sind  die  beiden 
ersten  Buchstaben  korrigiert,  dann  folgt  ^cov[.  .  . ;  3  steht  das  Jahres- 
zeichen über  x;  8  f .  x  L  c^  a,  6/u,ot(G)g)  v[7t(}Q)  .  .  I]  c>{  a /^ ;  1280,1 
scheint  mir  sqk  sicher;  1282,1  ^..  (oder  .  .  .)  uqov;  5  &&&■  (?)jf/3; 
6  vermutet  Kenyon,  Class.  Rev.  XIV,  1900,  S.  170  dvo  statt  dexa.  Ich 
lese  x£  S  ^,  dann  dieselbe  Gruppe  wie  419,  8;  466,  6;  480,  7;  1283,  5 
u.  6,  das  wäre  au^  (?),  und  dann  S  V  /^ '•,  Z-  7  steht  genau  genommen 
nur  a'^  (vgl.  oben  S.  458);  1283,  ein  Ostrakon,  das  von  Wilcken  nur 
flüchtig  gelesen  werden  konnte,  würde  ich  Z.  4  ff.  von  der  2.  H.  an 
lesen: 

5  Oaacpt  A  %G}((ittnxov)  S  ^t  «'■'^  (?)  S  7  /^  ^5  6}ioia(g)  ^aatpc 

T  £ a-f  s  ^-,  o^t'^  (y)  S  y  ?  S , 

bfioLa(g)  'Jd'VQ  (letzteres  scheint  korrigiert)  xy  .  .  .  . 
«  •  ß  —  "^  X",  6^oC(o{g)  vx(€q)  q)vl{dxcov) 

Z.  6  ist  Wilcken  durch  etwas  Schmutz  veranlafst  worden  Ae  zu  lesen; 
weiter    dürfte    vielleicht   ico^at{L%ov)  zu   schreiben  sein,   dasselbe  ver- 
mutet man  nebst  der  Summe  Z.  7  am  Ende.    Z.  8  ist  vielleicht  ai^(^) 
zu  lesen  (das  a  ist  sicher),  die  Summe,  die  dahinter  angegeben  ist,  be- 
trägt 2  Dr.  1|  Ob.  2  Gh.;  1284,  das  sehr  flüchtig  geschrieben  ist,  bietet 
Z.  5  S<^,  oci'^ai)  Sv  P^,    o^oi{G)g)   n  <^««^^  ^  W/'(??);    7   Die 
Lesung  der  Unterschrift  ist  mir  sehr   zweifelhaft;    1285,  2   Norov  %al 
A{i)ß{og);    7  ai>^(?)  ^  r  Z'  L;  8  S  ff /*,  (pvl{dxG)v)  S^-     Darauf  scheint 
dieselbe  Unterschrift  zu  folgen  wie   1284,  6,   nur  noch  flüchtiger   ge- 
schrieben.   <3E6y](ii£icoiiaL)  ist  mir  übrigens  in  beiden  Fällen  zweifelhaft; 
was  Wilcken  1284  so  liest,  sieht  aus  wie  ^S —  (d.  i.  7.  Jahr);   1288,  3 
jcal  ßccX(avLKOv)  i  L.     Es  scheint  freilich    zwischen  ßak   und  t  L  noch 
etwas  zu   stehen,   doch  ist  das  nicht  recht  zu   erkennen,  da  die  Ober- 
fläche des  Ostrakons   an  dieser  SteUe  sehr  rauh  und  lädiert  ist.     Z.  4 
lese  ich  nun  I  Sl  /^  %"  {l°  ist  freilich  sehr  zweifelhaft) ;  da  diese  Summe 
nicht  zu  der  vorhergehenden  S   ^'^'^^  ößoX(6v)  stimmt,  so  könnte  oben 
vielleicht    /"  %'^   (resp.  /*)    gestanden   haben.      Die   Überreste    vor    i  L 
ähneln  dem  ptolemäischen  Zeichen  für  2  Chalkus  6  (vgl.  Wilcken,  Ostr. 
I  S.  818),     Die  Summe  müfste  dann  nachträglich  mit  aal  ßaXiavixov) 
an  unpassender  Stelle   hinzugefügt   sein;    1289,  2   Kaiiring;   3  tu  ""^^oü 
Od-oviiE([vLog;    4  tri  S  Q\vii{aQäg)  8Qai{^äg)\;   5  sjtta  [/^  %" /  S  t]  /^  %"'■> 
1290,  5  (3.  H.);  1294,  5  Esvi^  statt  ZsvX£l{ovtog\  wahrscheinlich  Zev- 
%(b{y6Log);    1295   fehlt  jetzt   die   rechte   Hälfte;    1297,  3  Auf.   ^ariQt{og) 
und  Schlufs  ^aYiQio{g)\  4  Ende  6fio(fc(ög);  1300,  4  Hiii^a"^',  1301,  4  aßik 


Paul  Viereck:  Die  Ostraka  des  Berliner  Museums  467 

ist  sicher;  1805,  2  na6[.  .  .;  l.'KIG,  ^  / ')  itj  <^  xrj  ^  g;  6  6axxo<p(6Qov)  (?). 
Am  Schlufs  scheint  nach  x  nichts  zu  fehlen;  1307,  1   UeQfjvog  2Jd-.[... 

oder  weniger  wahrscheinlich  UsQfjvog  &.[...;  1308,2  n  vtbg;  3  für 
xal  (jiBtoioi)  etc.  hq  -{-,  ß  (J .  Wilcken  vermutet  demnach  yiQixfOTivQov 
uQtdßas;  4  ^  statt  t;  5  xd,  denn  das  d,  als  kleiner  Kreis  gemacht,  ist 
an  das  x  angeschlossen;  6  Wilcken  vermutet  KgovQig^  eventuell  eine 
Zusammensetzung  damit.  Die  Überreste  stimmen  zu  x;  8  lese  ich 
.  .  .^Exav  -\-  -r-  ay  iß;  9  .  .  .]  .^  -|-  <^'  ;  Die  2.  Kolumne,  von  der  Über- 
reste da  sind,  ist  von  anderer  Hand  geschrieben;  1309,  4  Aoörcov,  etwa 
Dittographie  von  'Jyovörcjv?  (vgl.  Wilcken,  Ostr.  I  S.  807). 

Zum  Schlufs  möchte  ich  noch  hinzufügen,  dafs  ich  nicht  überall, 
wo  ich  6(£ö)i](^€Lco^aL)  transkribiert  habe,  von  der  Richtigkeit  dieser 
Transkription  überzeugt  bin.  Vielleicht  ist  an  manchen  Stellen  i(s(r}- 
fietaöd^irjv)   zu  schreiben. 

Berlin.  Paul  Viereck. 


Zu  den  griechischen  Papyri  der  königlich  bayerischen 
Hof-  und  Staatsbibliothek  zu  München. 

Unerscliöpflich  sclieinen  die  Papyrusmassen  zu  sein,  die  der  Boden 
Ägyptens  seit  Jahrtausenden  birgt.  Unübersehbare  Mengen  sind  seit 
1877  zu  den  zählbaren  Funden  der  früheren  Dezennien  hinzugekommen. 
Neben  den  grofsen  Papyrussammlungen  von  Berlin,  Wien^  London, 
Oxford,  Paris  fangen  allmählich  hier  und  dort  auch  kleinere  Samm- 
lungen sich  zu  bilden  an.  In  Deutschland  haben  in  letzter  Zeit  die 
Bibliotheken  von  Strafsburg  im  Elsafs  und  Heidelberg  sich  wertvolle 
Sammlungen  zugelegt,  und  immer  wieder  hören  wir  von  neuen  Er- 
werbungen an  den  verschiedensten  Orten.  So  sind  erst  kürzlich  wieder 
einzelne  Papyri  in  Florenz  (s.  Urkimdenreferat) ,  in  Kopenhagen^)  und 
in  Graz^)  erworben  worden. 

Man  kann  diese  Zersplitterung  der  Funde  insofern  bedauern,  als 
dadurch  eine  zusammenfassende  Behandlung  sehr  erschwert  wird,  zumal 
nicht  nur  die  bei  einander  gefundenen  und  oft  im  innigsten  Zusammen- 
hang mit  einander  stehenden  Stücke  dadurch  von  einander  getrennt 
werden,  sondern  oft  genug  sogar  die  Fragmente  einer  und  derselben 
Urkunde  in  verschiedene  Sammlungen  gelangen  (s.  unten  S.  484).  Auf- 
gabe des  künftigen  Corpus  papyrorum  wird  es  sein,  äufserlich  und 
innerlich  wieder  zusammenzuschliefsen,  was  gewaltsam  auseinander  ge- 
rissen ist. 

Aber  die  Zersplitterung  hat  auch  ihre  guten  Seiten.  Vor  allem 
ist  es  dadurch  einer  gröfseren  Zahl  von  Gelehrten  ermöglicht,  mitzu- 
forschen,  und  ob  wir  heute  so  weit  wären,  wie  wir  sind,  wenn  etwa  durch 
ein  strenges  Ausfuhrverbot  die  sämtlichen  Funde  in  Gizeh  festgehalten 

1)  Nach  einer  freundlichen  Mitteilung  des  Hen-n  Dr.  Chr.  Blinkenberg  ist 
ein  Kaufvertrag  auf  Papyrus  aus  ptolemäischer  Zeit  für  die  Antiken -Sammlung 
des  Nationalmuseums  zu  Kopenhagen  erworben  worden,  dessen  Publikation  dem- 
nächst zu  erwarten  ist.     [Ist  soeben  erschienen.     S.  Urkundenreferat.]  . 

2)  Dui'ch  Strzygowsky  wurde  in  Ashmunen  ein  eigenartiger  Text  aus  später 
Zeit  erworben.  Mit  seiner  Erlaubnis  werde  ich  dank  freundlicher  Vermittelung 
von  Adolf  Bauer  im  nächsten  Heft  genauere  Mitteilung  darüber  machen  können. 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  469 

oder  sonst  irgendwo  monopolisiert  wären,  ist  sehr  zu  bezweifeln.  Aber 
auch  vom  wissenschaftlichen  Ergebnis  abgesehen,  wird  es  erst  durch 
die  Verteilung  der  Funde  möglich,  die  anregende  Kraft,  die  von  diesen 
handgreiflichen  Resten  antiker  Geisteskultur  ausgeht,  einem  gröfsercn 
Kreise,  im  besonderen  auch  der  akademischen  Jugend,  zugänglich  zu 
machen.  Der  pädagogische  Wert,  den  die  Papyri  für  die  Einführung 
in  die  mannigfachsten  Zweige  der  Altertumsforschung  —  und  nicht  nur 
der  nächstliegenden:  der  Geschichte  der  Texttradition,  des  antiken  Buch- 
wesens, der  Paläographie  und  Diplomatik  —  haben,  kann  nicht  hoch 
genug  angeschlagen  werden.  So  ist  es  ein  begehrenswertes  Ziel,  dafs 
nach  und  nach  möglichst  viele  Universitäten  über  Papyrussammlungen 
als  Unterrichtsmaterial  verfügten. 

Es  ist  daher  mit  grofser  Freude  zu  begrüfsen,  dafs  seit  kurzem 
auch  München  sich  anschickt,  den  Grund  zu  einer  Papyrussammlung 
zu  legen.  Wir  verdanken  das  der  weitsichtigen  Initiative  des  Direktors 
der  königlichen  Hof-  und  Staatsbibliothek,  des  Herrn  Geheimrat  Dr. 
von  Laubmann,  der  aus  den  Mitteln  seines  Ressorts  mit  offener 
Hand  eine  Summe  für  Papyrusankäufe  angewiesen  hat.  Mit  seiner 
gütigen  Erlaubnis  hatte  ich  im  letzten  März  Gelegenheit,  die  erste 
Sendung,  die  im  Herbst  vorigen  Jahres  in  München  eingetroffen  war, 
kennen  zu  lernen.  Mit  einer  Liberalität,  für  die  ich  nicht  genug  danken 
kann,  hat  er  mir  darauf  die  sämtlichen  Ankäufe  —  mit  Ausnahme 
einiger  von  Herrn  Dr.  Franz  Boll  schon  vorher  untersuchten  Perga- 
mente (s.  unten)  —  zum  genaueren  Studium  nach  Würzburg  übersandt, 
und  wiederum  dank  seiner  Erlaubnis  bin  ich  in  der  Lage,  hier  einen 
ersten  vorläufigen  Bericht  über  die  Münchener  Papyri  zu  veröffent- 
lichen. Es  sei  mir  gestattet,  auch  an  dieser  Stelle  ihm  meinen  er- 
gebensten Dank  auszusprechen. 

Der  Archaeologe  Dr.  Hermann  Thiersch,  dem  anläfslich  einer  ägyp- 
tischen Reise  der  Ankauf  der  Papyi-i  übertragen  war,  hat  sich  seiner 
Aufgabe  mit  ebenso  viel  Glück  wie  Geschick  unterzogen.  Schon  mit 
dieser  ersten  Sendung  ist  —  ganz  abgesehen  von  dem  wissenschaft- 
lichen Wert  einzelner  Stücke  —  für  München  der  erste  Grimd  zu  einem 
Unten-ichtsmaterial  für  die  Einführung  in  die  Papyi'uskunde  gelegt  worden. 

Bei  meiner  bisher  allerdings  nur  oberflächlichen  Durchsicht  der 
Papyri  habe  ich,  von  wertlosen  Petzen  abgesehen,  etwa  150  Stücke 
gezählt.  Die  meisten  sind,  wie  gewöhnlich,  nur  Fragmente,  doch  sind 
auch  mehrere  vollständige  Urkunden  darunter.  Die  ältesten  gehören 
dem  HL  Jahrhundert  vor  Chr.  an,  die  jüngsten  etwa  dem  VIH — IX. 
Jahrhundert  nach  Chr.  Dazwischen  sind  nur  wenige  Jahrhunderte  (wie 
das  I.  Jahrh.   vor   Chr.),   die  nicht  durch  irgend  einen  Text  vertreten 


470  I-  Aufsätze 

wären.  So  erstrecken  sich  diese  Münchener  Papyri  über  einen  Zeit- 
raum von  mehr  als  tausend  Jahren  und  bilden  so  die  Brücke  zwischen 
den  altägyptischen  Papyri  der  königlichen  Bibliothek  und  ihren  kost- 
baren Keimelien  mittelalterlichen  Schrifttums. 

Die  Hauptmasse  der  Papyri  besteht  aus  griechischen  Texten.  Ich 
habe  darunter  etwa  16  litterarische  Fragmente  gezählt  und  etwa  110 
Urkunden,  resp.  Urkundenfragmente.  Neben  2  lateinischen  Fetzen 
sah  ich  ferner  3  demotische,  15  koptische,  2  koptisch-griechische, 
4  arabische  und  1  arabisch-griechisches  Stück.  Die  hebräischen  Perga- 
mentblätter, die  zugleich  erworben  wurden,  gehören  nicht  zu  den  an- 
tiken Funden. 

Soweit  ich  überhaupt  die  Herkiinft  der  griechischen  Texte  be- 
stimmen konnte,  stammen  sie,  wie  begreiflich,  zum  guten  Teil  aus  den 
Orten,  in  denen  in  den  letzten  Jahren  gegraben  worden  ist.  So  sah 
ich  2  Stücke  aus  Arsinoe,  1  aus  Karanis,  1  aus  Theadelphia,  5  aus 
Soknopaiu  Nesos,  1  aus  Bacchias,  1  aus  Philadelphia,  1  aus  Ptolemais 
Euergetis,  1  aus  Teptynis  —  also  aus  den  verschiedensten  Teilen  des 
Faijüm.  Aufserdem  bemerkte  ich  1  Urkunde  aus  Memphis,  5  aus 
Hermupolis  Magna,  1  aus  Oxyrhynchos.  Ob  das  Stück,  das  den  Kvvo- 
nolBitriq  nennt,  auch  aus  diesem  stammt,  lasse  ich  dahingestellt. 

Liegt  auch  das  Hauptinteresse  in  der  Schrift  und  dem  Geschrie- 
benen, so  ist  doch  auch  das  Schreibmaterial  und  die  Art  seiner  Be- 
nutzung zur  Einführung  in  das  antike  Buchwesen  von  Nutzen.  Die 
meisten  Stücke  sind  Papyri,  einige  sind  Pergamente,  und  auch  von 
jenem  Hadernpapier,  das  dann  der  Papyrusfabrikation  den  Todesstofs 
gegeben  hat,  befinden  sich  ein  paar  Proben  darunter.  Ein  merk- 
würdiges Schriftstück,  das  in  einer  wunderlichen  Schrift  auf  einem 
Schilf blatt  geschrieben  ist,  scheint  mir  eine  moderne  Fälschung 
zu  sein.  Ebenso  lassen  sich  die  verschiedenen  Formen  des  antiken 
Buches  —  Rolle  und  Codex  ^)  —  an  einem  solchen  Material  erläutern, 
und  einige  gut  erhaltene  Briefe  veranschaulichen  die  epistolographischen 
Gepflogenheiten.  Vier  Thonsiegel,  die  noch  in  situ  sind  —  darunter 
ein  hübscher  griechischer  Männerkopf  aus  dem  HL/H.  Jahrh.  vor  Chr. 
und  ein  Monogramm  aus  christlicher  Zeit  — -,  können  Anlafs  geben,  in 
die  Anfänge  der  Siegelkunde  einzuführen.  Auch  von  den  roten  Stempeln, 
wie  wir  sie  auf  dem  Rücken  von  Contracten  finden,  ist  ein  Beispiel 
darunter. 

Ich  schliefse  meinen  vorläufigen  allgemeinen  Überblick  mit  dem 
Ausdruck    der   Hoffnung,    dafs    der   glückliche    Anfang,    der    ge- 


1)  Auch  ein  Beispiel  der  selteneren  Papyruscodices  (Ilias)  liegt  vor. 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  471 

macht  ist,  zu  weiterem  Fortschreiten  auf  dieser  Bahn  er- 
mutigen möge,  und  wende  mich  zur  Mitteilung  einzehaer  Stücke, 
die  von  wissenschaftlichem  Wert  sind. 

I.  Litterarische  Texte. 

Unter  den  litterarischen  Stücken,  die  meistens  leider  recht  winzig 
sind,  habe  ich  aufser  den  drei  hier  unten  mitgeteilten  Autoren  einst- 
weilen noch  zwei  Septuagintatexte  (aus  Levit.  1,  14  und  Jud.  5)  und  ein 
Iliasfragment  (aus  F)  bestimmt.  Zwei  andere  Fragmente  scheinen  medi- 
cinischen  Inhaltes  zu  sein.  Ferner  hat  Herr  Dr.  Franz  BolP),  der 
Vorstand  der  Handschriften -Abteilung  der  Hof-  und  Staatsbibliothek, 
aufser  den  beiden  astronomischen  Texten,  die  er  in  dem  folgenden  Auf- 
satz behandelt,  ein  Biasfragment  (aus  O)  und  ein  Septuagintastückchen 
(aus  Gen.  37  und  38)  identifiziert.  Da  das  Schlufsheft  Beschränkung 
des  Raumes  fordert,  behalten  wir  uns  vor,  die  jetzigen  Mitteilungen 
durch  einen  weiteren  Bericht  zu  ergänzen. 

1.  Herodot  I  c.  115—116. 

Vor  kurzem  haben  Grenfell  und  Hunt  in  Oxyrhynchos  Reste  von 
zwei  Herodot-Handschriften  gefunden,  von  denen  die  eine  dem  III.  Jahrh. 
n.  Chr.,  die  andere  dem  II./III.  n.  Chr.  angehörte.  Vgl.  P.  Oxy.  I  18 
imd  19.  Beide  Fragmente  enthalten  Stücke  aus  dem  ersten  Buch 
Herodots  (c.  105/6  und  c.  76).  Diesem  selben  ersten  Buch  gehört 
auch  ein  Fragment  der  Münchener  Sammlung  an^),  das  wohl  noch 
etwas  älter  ist  als  jene  Oxyrhynchos -Texte.  Es  ist  in  einer  sorg- 
fältigen, ja  eleganten,  nach  links  geneigten  Unciale  geschrieben,  die 
wohl  ins  I.  oder  IL  Jahrh.  n.  Chr.  gehört.  Das  Stück  bedarf  noch 
sehr  der  Reinigung  und  Glättung;  erst  dann  wird  die  Schrift  zu  ihrer 
Geltung  kommen.  Auf  dem  Verso  stehen  cursive  Notizen,  die  wohl 
aus  dem  II.  oder  III.  Jahrh.  n.  Chr.  stammen.  Sind  meine  Alters- 
schätzungen richtig,  so  ist  dies  Münchener  Fragment  zur  Zeit 
die  älteste  Handschrift  des  Herodot.  Es  ist  ungefähr  800  Jahre 
älter  als  die  älteste  Handschrift,  die  wir  bisher  von  dieser 
Stelle  hatten. 

Die  Rolle  war  in  sehr  schmalen  Columnen  beschrieben.  Die  Zeilen 
unseres  Fragmentes  haben  11  bis  17  Buchstaben.  Während  die  Zeilen- 
anfänge   genau    unter  einander  stehen,    bilden  die  Ausgänge   eine   be- 

1)  Ich  ergreife  gern  die  Gelegenheit,  ihm  für  die  freundliche  Förderung 
meiner  Untersuchungen  in  der  Münchener  Bibliothek  meinen  aufrichtigen  Dank 
auszusprechen. 

2)  Der  Papyrus  mifst  10  cm  H.  und  6  cm  Br. 


472  I-  Aufsätze 

wegte  Curve,  An  Interpunktionen  findet  sich  nur  der  Punkt  in  der 
Höhe  und  die  Paragraphos  (unter  Z.  4,  7,  10,  13).  Die  Buchstaben  folgen 
einander  unmittelbar  ohne  irgend  welche  Abhebung  der  Satzteile  oder 
gar  der  Worte.  Der  Übersichtlichkeit  wegen  führe  ich  Worttrennung 
ein.  über  die  Abweichungen  von  den  Codices  referiere  ich  nach 
Steins  kritischer  Ausgabe.     Oben  ist  ein  freier  Rand. 

trjGccvto  ßaöiXEcc'  s 
doxsov  yuQ  6cpi  sg  \t^o{y] 

tatog'  OL  ftfv  VW  aX 
5  Aofc  TtaiÖEg  TU  £jrtTa[<?] 

öo^ava  STteteXs 

ov  ovtog  de  ccvt] 

aovßtsa  TS  xat  Xoyov 

£L%B  ovöava  eg  o  sXu 
10  ßs  rrjv  ÖLxrjv  st  (ov 

drj  rovrov  slvejisv 

a^Log  TSV  xaxov  el^l 

ods  rot,  ^uQSLfiL  tav 

ta  Xayovrog  rov  Ttav 
15  8og  rov  ccövvayaa  aö 

7] La  avayvoGig  av 

Tov  %ai  o  ta  %ccQa}ct7]Q 

TOV    7lQO0G}7tOV 

7tQog(paQa6d'cci  ado 
20  xaa  ag  avrovg  xai  rj  v 
TtoxQLöig  aXavd'aQLG) 
t£Qr]  a^Lvai  o  ta  %Q\g 
vo{g  %tX 

2/3  ilvoci  ig  towo  Codd.  —  11  tovSa  si'vsHa  Codd.  —  15/6  ^ö^tt  ABRd,  slqrjiSL 
CP,  ^sryf^  z;  ^gjjtt  Stein.  —  17  xat  ol  o  Codd.  —  20  cavxbv  R,  ccvtbv  C,  ccvrovg 
AB.  —  21/2  iXsvd'BQootiQrj  Codd.;  iXsvd'SQiwr^Qri  Portus. 

Im  Allgemeinen  ist  die  grofse  Sorgfalt  der  Hs.,  vor  allem  das  Fern- 
halten jeglicher  vulgärer  Orthographie  hervorzuheben.  Als  Schreib- 
fehler ist  vielleicht  das  Fehlen  des  ot  in  Z.  17  auszuscheiden.  Was  die 
sonstigen  Abweichungen  betrifft,  so  klingt  ag  tovto  alvai  in  Z.  2/3 
meinem  Ohr  natürlicher  als  das  überlieferte  alvav  ag  tovto.  Auch 
tovrov  aivaxav  verdient  wohl  den  Vorzug  vor  tovda  aivaica,  aivaxav 
wegen  der  Vermeidung  des  Hiatus,  tovrov,  weil  auf  das  Vorhergehende 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  473 

hingewiesen  wird.  Vjjl.  VIII  112:  tovtov  eivsxa  tov  xaxov  mit  Be- 
Ziehung  auf  das  Vorhergehende.  Dagegen  z.  B.  I  136:  tovöe  Ös  hvsxcc, 
Xva.  —  lu  Z.  15  ist  in  igriie  die  dialektisch  reine  Form  erhalten,  die 
an  dieser  Stelle  keine  der  mittelalterlichen  Codices  bietet,  seit  Bekker 
aber  schon  in  den  Text  gesetzt  ist.  —  Das  Interessanteste  an  dem 
kleinen  Fragment  ist  wohl,  dafs  es  in  Z.  20  die  Corruptel  tq  avrovg 
(statt  ig  eavtbv),  die  unsere  besten  Codices  AB  haben,  schon  für  das 
I./II.  Jahrh.  n.  Chr.  bezeugt!  —  Ob  unser  iksvd^sQKovaQrj^  das  schon  von 
Portus  conjiciert  war,  oder  das  bisher  überlieferte  iXevd^sQoteQr]  den 
Vorzug  verdient,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  —  Alles  in  allem  zeigt 
sich  das  Münchener  Fragment  doch  in  einigen  Funkten  als  besser 
denn  die  mittelalterliche  Tradition. 

2.  Xenophons  IIöqoi  1,  5 — 6. 

Die  Papyrusfunde  haben  uns  alte  Handschriften  von  verschiedenen 
Werken  Xenophons  gebracht,  von  den  Hellenica,  der  Kyropaedie,  den 
Apomnemoneumata  und  neuerdings  auch  vom  Oeconomicus.  Ein 
Münchener  Fragment  bringt  uns  jetzt  zum  ersten  Mal  ein  Stück  aus 
den  IloQOi.  —  H.  18  cm.  Br.  10  cm. 

Die  Papyrusrolle,  der  das  Fragment  angehörte,  war  eine  Buch- 
händlerausgabe von  hervorragender  Schönheit.  Die  Schrift  —  eine 
rofse  monumentale  Unciale  —  hat  eine  aufserordentlich  grofse  Ähnlich- 
keit mit  dem  Bodleian  Homer  bei  Kenyon,  The  palaeographie  of  greek 
papyri  S.  101,  von  dem  Kenyon  mit  Recht  sagt,  es  sei  handsomer  than 
any  that  has  hitherto  heen  mentioned.  Danach  dürfen  wir  auch  unsere  Hs. 
mit  Sicherheit  in  das  IL  Jahr,  nach  Chr.  setzen.  Sie  ist  also  etwa 
1100  Jahre  älter  als  der  älteste  bisher  bekannte  Codex  dieser 
Schrift  (Vat.  1335  Saec.  XIII). 

Wie  die  schöne  Homerrolle  P.  Oxy.  I  20,  die  gleichfalls  eine  ganz 
ähnliche  Schrift  hat  (vgl.  Kenyon  a.  a.  0.  S.  103  Anm.  1),  hat  auch 
unsere  Hs.  nur  25  Zeilen  in  der  Columne.  Die  Zeile  hat  8  bis  12 
Buchstaben.  Um  die  Zeilenlängen  auszugleichen,  ist  bald  ein  Winkel  > 
zum  Ausfüllen  an  den  Schlufs  gesetzt,  bald  sind  die  Endbuchstaben 
stark  verkleinert  (so  Col.  I  Z.  1  und  8).  An  Lesezeichen  begegnen  nur 
der  Punkt  in  der  Höhe  und  die  Paragraphos  (unter  II 5  u.  21).  Aufserdem 
findet  sich  in  Col.  II  14  und  24  am  Schlufs  ein  mir  sonst  nicht  bekanntes 
Zeichen  Y.  Die  Worttrennung  in  der  folgenden  Transscription  ist  von 
mir  eingeführt.  In  I  6,  II  14  und  25  sind  Correcturen,  deren  Tinte 
sich  von  der  der  ersten  Schrift  nicht  unterscheidet.  Die  Abweichungen 
von  der  mittelalterlichen  Tradition  gebe  ich  nach  der  Separatausgabe 
von  Zurborg,  unter  Heranziehung  von  Dindorf. 


474 


I.  Atifsätze 


Col.  I. 


\7tOV    0QV\<560 

5  \Xa7cXa6i\ov$ 


ÖE^l^bav  tov\ 
tav  \ovde  (il] 

5  %£t'  o[yx  av  a] 
Aoyw[g  de  rtg] 
OLrj§^[sLr}  trjg] 
£Xlad[os  Kai] 
TiaörjQ  [de  rrjg] 
10  oixov[^Evr]g\ 
afi(pt  T[a  }iE0a] 

OLXELGd-Ca    t[7;v] 

noXiv  o(?co[i] 


Col.  II. 


\xQ£(pEV    Tj    El]6-e-t 
[rOV    ECpEQ^EV 

[xai  inqv  ]v7iaQ 
\yvQo$  e6t\iv 
10  [ffa^ojg  d-E^iai 


AfOVV   tiVEg  \ 

15  tiXeiov  ajiE 
IdQiv  avxy\g 
roöovTcoi,  %a, 

lETCatEQOLg 

Yj  xIjv%e6lv  fj 

20  ^aXllEGlV    EV 

tvyyavovGLV 
OJ10601  r  av  > 
av  ßovXrid-GJ 
6iv  an  E\6]ia  Y 
25  toav  XY\sy  eX  > 


Col.  I  (oben  und  unten  abgebrochen):  3  6qv66o\iivr\  Codd.  oqvxro^ivt\  Dind. 
Zurb.  —  6  das  z  in  atitov  ist  durchstrichen,  darüber  ein  Punkt;  airov  Codd.  — 
7  icpsQS  Codd.  —  9  sari  Codd.  —  Col.  II  (oben  und  unten  vollständig):  12  anfj- 
c&ai  ABbCJ.;  (pKia&dL  Dindorf.  —  14  Anfang  IXI  d.  i.  ein  durchstrichenes  Ny. 
oacp  yocQ  oiv  Tivsg  B,  ovv  XLvsg  AbC^;  oaa  yccg  av  tivsg  Schneider.  —  25  ttji' 
mit  durchstrichenem  v:    y\. 


Wir  haben  ein  durchcorrigiei-tes  Exemplar  vor  uns.  In  I  6  ist 
durch  Strich  und  Punkt  die  vulgäre  Orthographie  beseitigt.  Während 
hier  durch  Entfernung  des  e  zugleich  die  richtige  Lesung  gegeben  ist, 
ist  in  II  14  und  25  zwar  das  falsche  v  gestrichen,  aber  das  Richtige, 
d.  h.  in  14  das  fehlende  yccQ,  in  25  6  statt  v,  nicht  an  die  Stelle 
gesetzt.  Der  Corrector  ist  also  auf  halbem  Wege  in  seiner  Arbeit 
stehen  geblieben.  In  Z.  14  könnte  das  Zeichen  P  am  Rande  auf  den 
Fehler  hinweisen;  demnach  würde  man  es  allerdings  wieder  in  25, 
nicht  in  24  erwarten. 

Lassen  wir  das  Nebensächliche  bei  Seite,  wie  das  v  E(pEX'av6tiz6v 
in  I  7  und  9    (hier    sogar   vor    dem    Consonanten),    so    bleiben    zwei 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  475 

Lesarten,  die  von  gröfserem  Interesse  sind.  Xenophon  führt  den  Ge- 
danken aus:  Athen  liegt  im  Mittelpunkt  der  Erde.  Dafs  in  diesem 
Zusammenhang  das  bisher  überlieferte  axiiö&ut  unmöglich  is.t,  liegt 
auf  der  Hand.  Dindorf  hatte  dafür  axCöd^at  eingeführt,  was  auch 
Zurborg  aufgenommen  hat.  Unsere  alte  Handschrift  bietet  nun  ol- 
xstßO'aL,  und  damit  scheint  mir  die  richtige  Lesung  gegeben  zai  sein. 
Vgl.  Xenophon  Anab.  I  4,  1:  jcöhv  inl  tf]  d'aXdrtr}  oixov^avi]v,  d.  h. 
„eine  Stadt,  die  am  Meere  gelegen  ist."  In  derselben,  etwas  abge- 
blafsteu  Bedeutung  steht  oixslöd-ccL  an  unserer  Stelle. 

Andererseits  bietet  uns  II  14  wiederum  das  Schauspiel,  dafs  eine 
Corruptel  der  mittelalterlichen  Codices  dem  Altertume  selbst  zuge- 
schoben wird:  das  ovv  oder  ovv,  das  alle  Codices  statt  des  notwen- 
digen av  haben,  steht  auch  schon  in  unserem  Fragment.  Der  Schreiber, 
der  Anfangs  vovv  schrieb  statt  yä^  ovv  (resp.  yaQ  av),  kann  die 
Stelle  überhaupt  nicht  mehr  verstanden  haben.  —  Auch  die  gemein- 
griechische Form  ÖQv66ofi£vrj  findet  sich  schon  in  der  alten  Hand- 
schiift. 

So  bietet  unser  Stück  neben  manchen  Ungenauigkeiten  eine  alte 
Corruptel,  aber  auch  eine  gute  neue  Lesart. 


3.  Eiu  Fragment  aus  der  älteren  Akademie  (?). 

Die  folgenden  drei  kleinen  Fetzen,  die  derart  zusammengeklebt 
waren,  dafs  die  Schriftseiten  von  b  und  c  auf  der  Schrift  von  a 
lagen,  habe  ich  von  einander  losgelöst.  Die  Reste  einer  Bemalung 
auf  der  Rückseite  von  a  (H.  6  cm.  Br.  6,5  cm.)  zeigen,  dafs  diese 
Stücke  —  nebst  anderen  —  zu  einem  praktischen  Zweck  künstlich 
zusammengeklebt  waren.  Der  Form  nach  würde  ich  am  ehesten 
an  eine  Sandale  denken  (vgl.  die  vitodruiaxa  ßvßXiva  bei  Herod. 
II  37).  Die  Fragmente  gehören  zu  derselben  Handschrift,  doch  giebt 
ihre  äufsere  Beschaffenheit  über  ihre  gegenseitige  Lage  zu  einander 
keinen  Aufschlufs.  Die  sehr  altertümliche  Unciale^)  weist  die  Hs. 
mit  Sicherheit  in  das  III.  Jahrhundert  vor  Chr.  Am  meisten  scheint 
sie  mir  der  Schrift  der  Petrie  Papyri  zu  ähneln,  die  der  Zeit  des 
Euergetes  I.  (246 — 221)  angehören.  An  Interpunktion  findet  sich  nur 
die  Paragraphos  (unter  II  6).  Im  übrigen  sind  die  Sätze  durch  Spatien 
getrennt. 


1)  Ich  hebe  z.  B.   hervor  das  tt  mit  den  ungleichen  Schenkeln:   F.     Merk- 
würdig ist  das  nach  rechts  geöffnete  o»  durch  einen  Aufstrich  am  Anfang. 

Archiv  f-  Papyrusforachung  I.  3/4.  31 


476 


I.  Aufsätze 

Fragment  a. 

Col.  I. 

Col.  IL 

]ra  .  £9-qovel[  ]  <? 
^&avatov£^a 

5  ].  .  ad-avata 

4... 

5  9  .  [.  .  . 

]'r]xl}Vxrj£7t£Ldr] 

OLOV  .  [.  .  . 

^TOVEÖTfKaia 

aQ..[... 

l^Q\_^vav£iri  JtQOö 
10  ^coonriil^vxrjad'a 
]riv  aQay[.^ 
]Q£r[ 

]x[ 

OV/i[.  .  . 
10  £tv[.  .  . 
TO  .  .  [.  .  . 

Fragment  b. 

Fragment  e. 

]exad-£vdov 

]va  .  .  [ 

^(l£V0VX£6tlV 

Schluls  einer 

].  V£ir'[.]  .  tovd£ 

Columne. 

}tLV 

Die  erste  Columne  von  a  erinnerte  mich  durch  die  häufige  Wieder- 
kehr der  Begriife  äd-dvarog  und  dvGyXsd-Qog  sofort  an  jene  Stellen  in 
Piatons  Phaidon,  an  denen  Sokrates  darlegt,  dafs  die  Seele,  wenn  sie 
dd'dvarog  ist,  auch  dväkEd-Qog  sein  müsse.  Ich  meine  namentlich 
folgende  Sätze:  El  fiav  xb  dd'dvatov  aal  dvaXEd'QÖv  iötiv^  ddvvatov 
i^vxfj^  OTUV  ^dvarog  £ii  avtijv  i'rj^  d:cöllv6&ai  (p.  106  B).  Ovxovv  aal 
vvv  tceqI  tov  dd'avdtov,  eI  ^av  rj^lv  ö^oXoyElrat  accl  dvaXs&Qov  Eivai, 
Tpvyii  dv  Etrj  TiQog  t&  d&dvatog  Eivat  xal  dvcoXa&Qog  (p.  106  C).  'Otcöte 
ÖYj  TO  d&dvarov  xal  ddidq)d-0Q6v  eötlv^  dXXo  xi  tpvx^  '*),  e^  dQ-dvaxog 
tvyidvEi  ov6a^  Kai  dvtb^E&Qog  dv  Etiq;  (p.  106 E).  Versuchen  wir 
zunächst  eine  Reconstruction  des  Textes. 

Indem  ich  vom  Sicheren  zum  Unsicheren  vorschreite,  interpretiere 
ich  zuerst  Z.  7 — 9  nach  jenen  Piatonstellen  folgendermafsen:  i]  ipvxri 
ETCEidi}  I  [dd'dva]x6v  iöxt,  xal  d\\ycik£d-^Q\o\v  dv  eI'tj.  Zu  ijtEtdrj  vgl. 
p.  107  C:  vvv  (5'   ETiEidij  d&dvaxog  cpaCvExai  ov6a. 

Schwieriger  ist  das  Verständnis  des  vorhergehenden  Satzes,  der  in 
Z.  4  nach  dem  Spatium  mit  Iöe  beginnt.  Der  Schlufs  ist  offenbar: 
dd-dvaxcc  [xal  dvG}]kEd'Qd  eöxiv.     Nach  jenen  Platonischen  Parallelen  ist 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  477 

es  wahrscheinlich,  dafs  hier  der  allgemeine  Gedanke  „das  Unsterbliche 
ist  auch  unvergänglich"  jener  Anwendung  auf  den  Einzelfall  der  Seele 
vorangeht.  Die  Schriftspuren  vor  dd'ävuru  sind  sehr  schwer  zu  be- 
stimmen: zunächst  ein  Horizontalstrich  auf  der  Linie,  darüber  vielleicht 
noch  eine  Spur  in  derselben  Richtung,  darauf  eine  Rundung  nach 
rechts  geöffnet,  unter  ihr  ein  Punkt.  Also  ist  das  nächstliegende  rä  — 
etwa  idh  [xoivvv?]  tä  ccd-dvata  xrL  —  sicher  ausgeschlossen.  Möglich 
scheint  mir,  soweit  meine  Augen  und  meine  Lupe  ausreichen,  die 
Lesung  sq,  wenn  auch  nicht  völlig  sicher.  Das  ergiebt  die  Ergänzung: 
'lös  [Partikel  utc^sq  dd-ccvara^  [xal  av(o]lad-Qd  iötiv.  Der  Plural,  der 
bei  Piaton  in  den  Parallelstellen  nicht  vorkommt,  würde  durch  eine 
solche  Ergänzung  seine  Erklärung  finden.  —  Das  folgende  a6  ((?  sicher, 
cj  möglich),  würde  hiernach  wohl  zu  tö(j[avTa)g]  zu  ergänzen  sein, 
wodurch  der  allgemeine  und  der  spezielle  Satz  passend  verknüpft  wären. 

Ich  wende  mich  zu  den  ersten  vier  Zeilen,  in  denen  es  sich  gleich- 
falls um   ad^dvarog  und  dvcölsQ-Qos  dreht.     Doch  hier  wird    das  dva- 

2.S&Q0V  bewiesen  für  r}[ ]  rij?  ^oijg.     Nach  dem  Gedankengang  im 

vorhergehenden  Kapitel  (p.  105  D:  dsl  yjxst  1%  ixslvo  cpiQovöu  ^coriv) 
möchte  ich  in  der  Lücke  einen  Begiiff  wie  „die  Bringerin"  (des  Lebens) 
erwarten,  weifs  aber  kein  passendes  Substantivum.  Man  könnte  nach 
anderen  platonischen  Stellen  an  Tnqyri  oder  dQ%ri  denken,  die  freilich 
etwas  kurz  wären.  Der  vorliegende  Text  besagt  nun:  „Wenn  das  Un- 
vergängliche unsterblich  ist,  so  ist  notwendig  die  [Bringerin]  des 
Lebens  unvergänglich."  Darin  steckt  ohne  Zweifel  ein  Fehler.  Die 
Logik  und  auch  jene  Parallelen  verlangen  im  Bedingungssatz  das  Um- 
gekehrte: „Wenn  das  Unsterbliche  unvergänglich  ist."  Also  mufs  der 
Schreiber  die  beiden  Worte  dväke^Qov  und  dd'dvaxov  dort  vertauscht 
haben,  was  bei  ihrer  häufigen  Wiederkehr  kein  Wunder  wäre.  In  dieser 
Annahme  werde  ich  noch  bestärkt  durch  das  Zeichen  c*,  das  sich  am 
rechten  Rande  von  Z.  1,  in  der  der  Fehler  steckt,  findet:  nach  dem 
soeben  dargelegten  Thatbestande  ist  es  mir  sehr  wahrscheinlich,  dafs 
diese  Schleife  bedeuten  soll,  dafs  hier  eine  Umstellunor  vorzunehmen 
ist  —  wie  wir  ja  auch  bei  unseren  Druckcorrecturen  uns  zu  demselben 
Zweck  ähnlicher  Schleifen  bedienen.^) 

In  der  dritten  Periode  Z.  9 — 11,  die  wieder  durch  ein  Spatium 
getrennt  ist,  sind  klar  die  Worte:  ort  r]  ipvxi]  dd'dlvatöv  aö]rLV. 
Die    Ergänzung    des    Vorhergehenden    zu   jr^og[oftoAoy]ö    ist   nur    ein 


1)  Formell  stimmt  das  Zeichen  überein  mit  dem  in  P.  Par.  2  (d.  dialek- 
tische Fragment)  aus  dem  IQ./II.  Jahrh.  v.  Chr.  Dort  steht  es  aber  am  Anfang 
der  Zeilen  und  hat  eine  andere  Bedeutung. 

31* 


478  I-  Aufsätze 

Vorschlag,  auf  den  ich  kein  Gewicht  lege.  Aufserlich  würde  sie ' 
passen.  Der  Satz  mit  ort  würde  dann  natürlich  nicht  den  Inhalt  der 
Zustimmung  ausdrücken,  denn  das  hätte  mit  einer  Infinitivconstruction 
gegeben  werden  müssen,  auch  hätte  es  dann  avcöXs&Qov  hier  heifsen 
müssen;  es  kann  also  nur  der  Grund  sein:  „Ich  stimme  zu^),  weil  die 
Seele  unsterblich  ist."  Das  würde  also  als  Zustimmung  der  im 
Vorhergehenden  mit  lös  angeredeten  Person  aufzufassen  sein.  Dafs 
wir  einen  Dialog  vor  uns  haben,  zeigt  ja  auf  alle  Fälle  das  folgende 
aQ(x  ^[f]  zur  Genüge.  Doch  werden  Andere  vielleicht  eine  bessere  Er- 
gänzung vorschlagen. 

Somit  würden  wir  Col.  I  folgendermafsen  zu  lesen  haben:  tö  .  .  .? 

ccv^aksd'Qov  El  [(Jf^?  t6tLv\  äd'dvarov,  i^  dlvdyxi^g^  dvco^Ed'QOv  rj  [ ] 

ryjg  t^fjg.  'lös  [.  .  .  .  aTi^sQ  d^dvaxa^  \%ccl  dva\XEd'Qd  iörtv,  djö^avtcjg^ 
rj  il)v%ri  eTtEidij  [^dd'dvcc\t6v  löxi^  'xal  d\}>d)XE%f\QOV  clv  Ett]}'' .  ^^Ugog- 
[o|[ioAo7?]ö,  oTt  r]  il^vyß]  dO'dlyatöi'  E6]tiv}''     ^^AQd  ^^[f]  ktX. 

Über  Columne  II  und  die  beiden  anderen  Fragmente  will  ich  mich 
der  Vermutungen  enthalten. 

Ist  im  Einzelnen  auch  viel  Unsicheres  in  meinen  Ergänzungen, 
das  von  Anderen  hoffentlich  durch  Besseres  ersetzt  wird,  so  können 
wir  uns  doch  über  die  Art  und  Bedeutung  unserer  Schrift  auf  Grund 
der  vorhergehenden  Vergleichung  mit  dem  Phaidon  ein  Urteil  bilden. 
Dafs  das  etwa  Piaton  selbst  sei,  in  furchtbar  verwildertem  Text,  scheint 
mir  ausgeschlossen.  Vielmehr  haben  wir  einen  Autor  vor  uns,  der 
platonische  Gedanken  wiedergiebt,  und  zwar  breit  und  ungeschickt. 
Inhaltlich  könnte  man  die  Schrift  als  eine  Paraphrase  oder  einen  aus- 
führlichen Erklärungsversuch  zu  jenen  Platoustellen  bezeichnen,  und  in 
dieser  Hinsicht  erinnert  sie  uns  an  die  späteren  Kommentare  der 
Kaiserzeit,  die  gerade  auch  über  dieses  Thema,  über  den  Unterschied  von 
dO'dvatog  und  dvälE^Qog  vielfach  gehandelt  haben.  ^)  Aber  formell 
unterscheidet  sie  sich  wesentlich  von  diesen,  insofern  sie  die  platonische 
Form  des  Dialoges  beibehalten  hat.  Wir  haben  also  einen  Dialog 
vor  uns,  der  im  engen  Anschlufs  an  Piaton  Gedanken  aus 
dem  Phaidon  breit  behandelt. 

Was  unserem  Stück  nun  seinen  besonderen  litterarhistorischen 
Wert  giebt,  ist  die  Thatsache,  dafs  es  dem  III.  Jahrli.  vor  Chr.,  etwa 
der  Zeit  des  Euergetes  I.,  entstammt.  Nach  dem  Inhalt  wird  man  den 
Verfasser  in  den  Kreisen  der  Akademie  zu  suchen  haben,  und  nach 
diesem  chronologischen  Befund  wird  man  eher  an  die  ältere  als  an  die 

1)  ÜQogoiioloyitv  steht  auch  in  abgeblafster  Bedeutung  synonym  mit 
dnoXoyslv. 

2)  Vgl    z.  B.  Wyttenbachs  Phaedon  1810  S.  280  ff. 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  479 

mittlere  Akademie  denken,  zumal  ein  solches  philosophisches  Werk 
doch  gewLfs  nicht  unmittelbar  nach  seinem  Erscheinen  bis  nach  dem 
Faijüm  hin  vorgedrungen  ist.  Als  Zeuge  von  dieser  dunklen,  durch  keine 
Originalwerke  bisher  für  uns  belegten  Periode  platonischer  Studien 
hat  das  kleine  Münchener  Papyrusfragment,  das  einst  zur  Sandale  ver- 
arbeitet war,  allen  Anspruch  darauf,  heute  wieder  zu  Ehren  zu 
kommen. 

II.  Urkunden. 

Bei  dem  beschränkten  Raum  mufs  ich  mich  damit  begnügen,  aus 
den  Urkunden,  die  zum  Teil  sehr  interessant  sind,  nur  zwei  Proben  in 
extenso  mitzuteilen.  Unter  den  Urkunden,  soweit  ich  sie  bis  jetzt 
untersuchen  konnte,  habe  ich  unter  anderem  folgende  Rubriken  vertreten 
gefunden: 

Amtliche  Tagebücher.  Darunter  ein  Auszug  aus  den  Akten 
eines  Flavius  Aelius  Gessius,  6  XafiTtQotarog  rjys^av  vom  J.  378  n.  Chr. 
Ein  anderes  von  einem  (jtQatrjyög  mit  der  Unterschrift  'Ä\v^yvGiv. 

Ein  Erlafs  an  Beamte  des  Faijüm,  unter  denen  zum  ersten 
Mal  die  vvxro6tQccTi]yoi  erscheinen.  Vgl.  Strabo  XVII  p.  797  (für 
Alexandrien). 

Steuerquittungen,  Steuerlisten  und  ähnliches.  Darunter  neues 
Material  zur  sl'gxQLöLg  und  zur  Berechnung  der  jiQogdLayQa(p6[iEva  (als 
Procente).  Das  zum  ersten  Mal  voll  ausgeschriebene  v7i(}q)  ßakavt- 
xav  ist  eine  Bestätigung  meines  Vorschlages  in  den  Griech.  Ostr.  I 
S.  165.  Von  Interesse  ist  auch,  dafs  eine  „Arbeitsquittung"  hier  zum 
ersten  Mal  den  Titel  des  quittierenden  Beamten  giebt,  nämlich  i7ax{iq- 
Qrjtrjg)  n]ttta67t(oQÜg),  was  gleichfalls  bestätigend  zu  meinen  Ausfüh- 
rungen in  den  Griech.  Ostr.  I  S.  340  hinzutritt. 

Klagschriften  und  Bittschriften  an  Behörden. 

Eine  sehr  wertvolle  ayyvt]  vom  J.  390  (s.  oben  S.  402). 

Eine  Subjectsdeklaration  aus  Memphis,  woher  bis  jetzt  nur 
zwei  bekannt  waren. 

Rechtsgeschäfte,    darunter    dvayQacpaC   von   Banken,    ein  Kauf- 

(sic) 

kontrakt  mit  der  seltenen  Schlufsformel  •aal  6v  ccTtBlaßog  xtA.,  ferner 
Pachtangebote,  Darlehen,  eine  ixöraöig,  ein  Testament,  das  ein  neues 
Beispiel  dafür  bringt,  dafs  der  älteste  Sohn  zwei  Drittel  erhielt^)  (Aijji- 

(sie) 

ilJSTat  6  TtQsößvtsQog  vlbg  'Ayiacpig  rüv  f'l  a^\(poxeQ(ov]  rizva  ^aQrj 
dvo  axo^iOvd'ag  tf}  tav  yo[v]£CJV  yvcb^rf). 


1)  Vgl.  Gradenwitz,  Hermes  28,  321  ff. 


480  I-  -Ä-ufsätze 

Endlich  Privatbriefe  und  sonstige  private  Aufzeichnungen.  Da- 
runter ein  ßQEoviov  i^atCav  mit  seltenen  Vokabeln. 

Zur  genaueren  Besprechung  habe  ich  zwei  Texte  ausgesucht,  die 
es  verdienen,  bald  bekannt  gegeben  zu  werden. 

1.  Eine  ägyptisclie  Königstitulatur  in  griechischer  Übersetzung. 

Es  giebt  m.  W.  nur  eine  einzige  Urkunde^),  in  der  eine  ägyptische 
Königstitulatur  in  griechischer  Übersetzung  wiedergegeben  wird:  das 
ist  die  berühmte  dreisprachige  Inschrift  von  Rosette,  deren  griechischer 
Teil  mit  der  Übersetzung  der  Titulaturen  des  Ptolemaios  V.  Epiphanes 
beginnt.  In  der  dreisprachigen  Inschrift  von  Kanopus  aus  der  Zeit  des 
dritten  Ptolemäers  steht  bekanntlich  statt  dessen  eine  kurze  Datierung 
nach  griechischer  Art.  Um  so  interessanter  ist,  dafs  ein  Münchener 
Papyrusfragment  ganz  nach  Art  der  Rosettana  die  vollständige  Über- 
setzung der  ägyptischen  Titulaturen  des  Ptolemaios  IV.  Philopator 
(221—205  V.  Chr.)  bietet.^) 

Es  steht  dies  auf  einem  Fragment  (H.  ca.  12  cm.,  B.  8,5  cm.), 
das  mit  anderen  zusammen  zu  Pappe  verarbeitet  war,  ähnlich  wie 
das  oben  beschriebene  philosophische  Stück.  Anfangs  waren  nur  in 
Z.  3  imd  4  einige  Buchstaben  freiliegend:  das  seltene  VTteQtsQog,  das 
mir  aus  der  Rosettana  erinnerlich  war,  brachte  mich  auf  die  richtige 
Spur.  Nach  Reinigung  und  Beseitigung  der  oben  aufliegenden  Schicht, 
die  allerdings  nur  zum  Teil  gelangt),  habe  ich  folgendes  auf  dem  Stück 
gelesen : 

]  .  .  VCJLO  .  [ 

]  .  .  [ ]  .  vxvQi.o6ßa\^ 

^ßl]6ta7CQ06d'£0V6av[.]Q[ 
^CC^C)VV7C£Qt8Q060t7]l^ 

^V7tOtOV^£yL6TOVZai^[ 

^covxvQioöTQiaxovtatrj^ 
^^EyaößaöL^svöxad'aTteQl^ 
^coxait(ovKatco%coQ[ 

1)  Litterarisch  sind  uns  Übersetzungen  aus  dem  Buch  des  Hermapion  bei 
Ammianus  Marc.  XVIl  4,  18  ff.  erhalten. 

2)  Die  Schrift  pafst  zu  der  Annahme,  dafs  der  Text  aus  der  Zeit  des  Philo- 
pator stammt.  Die  beiden  Schenkel  des  n  sind  auch  hier  verschieden  lang,  aber 
die  Differenz  ist  nicht  so  grofs  wie  oben  im  philosophischen  Fragment. 

3)  Dadurch,  dafs  der  andere  Text  oben  darauf  liegt,  ist  unser  Text  aufser- 
ordentlich  schwer  zu  lesen.  Es  gelang  mir  nur,  indem  ich  den  Papyrus  trans- 
parent gegen  die  Sonne  hielt. 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  481 

10        \t03vovor}(pai6toösdoxl 

\o0ai(ovoßio6i]ya[ 
]  .  .  .  XvQcovl 

Dafs  dies  die  Titulatur  des  Philopator  ist,  zeigt  die  folgende  Ver- 
gleichung  mit  den  hieroglyphisch  erhaltenen  Titeln  dieses  Königs. 
Meine  Übersetzung  derselben  beruht  auf  dem  in  Lepsius'  Königsbuch 
Taf.  Lin  edierten  Text.  Von  der  Wiedergabe  der  Hieroglyphen  sehe 
ich  ab,  da  sie  dem  Leserkreis,  an  den  ich  mich  hier  in  erster  Reihe 
wende,  nichts  nützen  würden.  Ich  trenne  die  Titel  nach  den  fünf 
Gruppen,  in  die  sie  nach  ägyptischer  Auffassung  zerfallen. 

I.  Als  „Horus"  (König)  heifst  Philopator:  „der  kräftige  Jüng- 
ling, den  sein  Vater  auf  den  Thron  gesetzt  hat."  Diese  Periode 
schliefst  mit  dem  v  vor  xvQLog  in  Z.  2.  Vielleicht  kann  man  in  Z.  1 
erkennen:  «t  6  7t[ati}Q,  doch  ist  mir  dies  unsicher. 

IL  Als  „Herr  der  Diademe"  —  avQiog  ßa[6iXetS)v  in  Z.  2  —  heifst 
Philopator:  „(a)  grofs  an  Heldenkraft,  (b)  wohlthätig  im  Herzen 
gegen  alle  Götter,  (c)  der  Retter  der  Menschen."  (a)  wird  in 
der  Rosettana  mit  ^syaXodö^ov  wiedergegeben.  Danach  ist  hier  Z.  2 
Schlufs  ^syaXodö^og  zu  ergänzen.  —  (b)  begegnet  gleichfalls  (abgesehen 
von  „alle")  beim  Epiphanes  und  ist  in  der  Rosettana  mit  ra  ^Qog  rovg 
dsovg  evöeßovg  wiedergegeben.  Danach  ergiebt  sich  die  Ergänzung  von 
Z.  3 :  [6  ft><?£]/3i)s  tä  %Qog  %-£ovg.  Dabei  ist  der  Begriff  „alle"  nicht  mit 
übersetzt.  —  Von  (c),  das  beim  Epiphanes  nicht  vorkommt,  ist  nm-  av .  q 
erhalten,  worin  unschwer  av['9']^[a:7rog  zu  erkennen  ist.  Man  kann  etwa 
avlp'^QläTKav  de  ßcorrjQ  oder  ähnlich  vermuten. 

in.  Als  „Überwinder  der  Widersacher"  —  [ävTL7c]dXav  vtceqts- 
Qog  in  Z,  4  —  heifst  Philopator:  „(a)  der  Ägypten  blühend  gemacht 
hat,  (b)  der  erleuchtet  hat  (oder  glänzend  gemacht  hat)  die 
Tempel,  (c)  der  die  Gesetze  befestigt^)  gleichwie  Thwti  der 
zweimal  Grofse,  (d)  der  Herr  der  dreifsigjährigen  Feste  gleich- 
wie Ptah,  (e)  der  Grofsfürst  gleichwie  Re."  (a)  ergiebt  die  Er- 
gänzung von  Z.  4:  6  trj[v  Alyvmov^  worauf  ein  passendes  Verbum  als 
Participium  folgt.  Es  erinnert  hieran  das  toü  xi]v  Al'yvjiTov  Karaörrjöa- 
fiBvov  im  IL  Titel  des  Epiphanes  (Ros.),  aber  die  Verben  sind  nicht 
die  gleichen.  —  Während  (b)  in  unserm  Text  mit  [xal  t]«  isQa  e^cc- 
voQd-cböag    ganz    gut    wiedergegeben   wird,   zeigt  sich  in  (^c)   eine  Ab- 


1)  So  nach  einer  freundlichen  Mitteilung  Heinrich  Schäfers. 


482  I-  Aufsätze 

weichung  vom   ägyptischen   Original.      Zwar  kann   man   in   Z.  5  T[oi'g 

vöfiovg    und    in    Z.  7    ein    dazu    passendes  Participium    auf  [ ^av 

ergänzen,  aber  Z.  6  zeigt,  dafs  hier  nicht  wie  im  Ägyptischen  eine 
Vergleichung  mit  Thwti- Hermes  vorliegt,  sondern  vielmehr  die  Ge- 
setze als  von  Hermes  gegeben  —  6/7  etwa  tovg  xaTaötaO'svTag] 
vTcb  xrL  —  bezeichnet  werden.  Das  setzt  voraus,  dafs  in  der  ägypti- 
schen Vorlage  die  nachgestellte  Vergleichungspartikel  hinter  „zweimal 
grofs"  gefehlt  hat.  Denn  sowie  diese  fehlt,  kann  man  nach  ägyptischer 
Grammatik  nur  übersetzen:  „der  da  befestigt  die  Gesetze  des  Hermes, 
des  zweimal  Grofsen". 

Bemerkenswert  ist  der  Titel  des  Hermes.  In  der  Rosettana  wird 
an  einer  späteren  Stelle  (Z,  19)  dieselbe  ägyptische  Vorlage  wieder- 
gegeben mit  'EQ^iris  6  fisyas  icccl  ^syag.  Im  Münchener  Fragment  ist 
dagegen  der  Superlativ  gewählt:  tov  ^syCötov  %al  [il^^yCöTov.  Ich 
schwanke  nur,  ob  man  nicht  ein  drittes  Jtat  iieyißxov  folgen  lassen 
soll.  Aufserlich  spricht  nichts  dagegen,  denn  Gleichheit  der  Zeilen- 
schlüsse ist  nicht  nötig  anzunehmen.  Mit  diesem  dreimaligen  fieyiörov 
würden  wir  zum  ersten  Mal  die  Vorstufe  für  das  erst  für  spätere  Zeit 
(vgl.  Letronne,  FHG  I  S.  20/1)  belegte  tQLß^Eyiörog  vor  uns  haben. 
Ich  wage  die  Vermutung,  dafs  in  der  ägyptischen  Vorlage  statt  der 
Vergleichungspartikel  noch  ein  drittes  „grofs"  gestanden  hat:  damit 
würde  zugleich  das  Rätsel  gelöst  sein,  weshalb  der  Grieche  V7tb  — 
'Eq^ov  sagt,  statt  xad'dTrsQ  —  'EQ^ijg.  (d)  ist  wie  in  der  Rosettana 
correct  wiedergegeben  mit  xvQiog  TQiaxovtEtr]Q[idG)v  xad-ccnsQ  "H(pai6tog 
6]  lisyag  (7/8),  und  ebenso  (e)  mit  ßaöiXsvg  yia^-anEQ  [6  "Hliog. 

IV.  Als  „König  von  Ober-  und  Unterägypten  —  (Z.  8)  iiiyag 
ßaßikevg^  \tCbv  ts  äv^a  xal  tüv  xdta  %(oq[g)v  nach  der  Rossettana  — 
heilst  Philopator:  „(a)  Spröfsling  der  beiden  wohlthuenden  Götter, 
(b)  auserwählt  von  Ptah,  (c)  woser  ke  re,  (d)  lebendes  Abbild 
des  Ptah."  (a)  ist  nach  der  Rosettana  zu  ergänzen:  sxyovog  d'sav 
Ev£Qys]tG)v  (9/10).  Dies  letzte  r  giebt  uns  glücklicherweise  die  Sicher- 
heit, dafs  wir  Philopator  vor  uns  haben.  —  (b)  ist  wie  in  der  Rosettana 
wiedergegeben  mit:  bv  6  "Hcpaiöxog  idoK[i{ia6sv.  —  (c)  der  Titel  ivoser 
ke  re  ist  in  der  Rosettana  übersetzt  mit:  d)  6  "Hhog  sdaxsv  triv 
vCktjv.  In  Wirklichkeit  heilst  es:  „mächtig  ist  der  Ka  des  Re",  und 
das  ist  gar  kein  Titel  sondern  ein  Name.  Diesen  uralten  Namen,  den 
schon  der  König  Ati  der  VI.  Dynastie  geführt  hat^),  haben  die  Priester 
der  Ptolemäerzeit  offenbar  nicht  mehr  verstanden,  sonst  hätte  man  ihn 


1)  Die  griechische  Transcription,  OvGSQx^QVe-,  ist  bei  Manetho  durch  falsche 
Analogiebildung  dem  ersten  König  der  V.  Dynastie  zugeschrieben.  Der  heifst 
vielmehr  woser  ke-f,  das  wäre  griechisch  OvasQxfig- 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  483 

nicht  unter  diese  Titel  eingereiht  und  auch  nicht  wie  oben  über- 
setzt. Vielleicht  hat  man  die  Hieroglyphe  für  den  Ka  —  zwei  aus- 
gestreckte Arme  —  als  Zeichen  für  „geben"  aufgefafst;  dann  sind 
wenigstens  die  einzelnen  Bestandteile  der  obigen  Übersetzung  vorhanden, 
wenn  auch  die  Grammatik  gegen  diese  Einspruch  erhebt.  Unser 
Münchener  Text  begeht  denselben  Fehler,  denn  nach  Analogie  der 
Rosettana  wird  man  ergänzen  müssen  (Z.  10/11):  at  6  "Hhog  sdcoxsv 
tb  xQl^atog.  Der  Stamm  tvoser  ist  mit  xQaros  besser  wiedergegeben  als 
mit  viXTj.  —  (d)  heifst  in  der  Rosettana:  eixövog  ^coörjg  rov  z/tdg. 
In  imserm  Fragment  fehlt  ^cöörj,  denn  hinter  z]i[6g  wird  man  es  kaum 
stellen  können. 

V.  Als  „Sohn  des  Re"  —  nach  der  Rosettana  vlog  rov  'HXtov] 
in  Z.  11  zu  ergänzen  —  heifst  Philopator:  „Ptolemaios,  der  ewig 
lebende,  geliebt  von  Isis".  Hiernach  ergänzt  sich  Z.  12:  UtoXs- 
^al]og  ccloovößiog  riyaljcrj^evog  vTto  tfig  "l6L8og\  In  der  Rosettana 
ebenso,  nur  steht  dort  (P-O-«  statt  "lötdog. 

Z.  13  ist  durch  einen  etwas  gröfseren  Zwischenraum  vom  Vorher- 
gehenden getrennt.  Ich  erkenne  dort  nur  Xvqov,  was  der  Eigenname 
AvQcov  sein  mag. 

Hiernach  würde  unser  Fragment  etwa  folgendermafsen  zu  ergänzen 
sein: 

[ ]  .  .  V  coL  6  7t[atriQ? ] 

[...]  ..  [....].v,  xvQLog  ßa[6iXsLcbv  6  iieyccXodö^og^ 
[6  evöilßrjg  tä  TCQog  dsovg^  av[d-]Q[(h7tcov  ds  öcarrjQ] 

Yavri7c]a.kcov  VTtSQreQog  6  rr}[v  Ai'yv:ixov ] 

5  [xal  x\ä  LEQCC  ETtavoQd'iüöag  xccl  r[ovg  vö^ovg  rovg  xaraöra]- 
[d-Evtag?]  vjtb  rov  ^eybötov  xal  [i[€yi<3rov  xal  (isyLötov  'EQfioif] 
[  .  .  .  .  ]c3v,  xvQtog  TQiccxovrsti^lQCdcov  xad-KTCEQ  6  "Hcpai]- 
[ötog  6]  ^ayag,  ßaöiXsvg  xad'd'jiSQ  [6  "Hhog^  fisyag  ßaöiXsvg] 
[t&v  TS  av\(o  xccl  Tüv  xdtco  xcoq[(öv,  exyovog  Q'E&v] 
10  \Ev£QyB\xciv^  ov  6  "HcpaiöTog  8dox[t^K(fev,  ai  6  "Hhog  s8(o\- 
[xsv  xb  XQ^äxog,  slxcav  xov  z/t.[6j,  vibg  xov  'i/Atou,] 
[nxoXe^al]og  alcovoßtog  riyalTCiq^hvog  vnb  xfig  "löidog^ 

[ ]  .  .  .  .  AvQ(ov\^  .  .  . 

Zum  Schluls  noch  ein  Wort  über  die  Bedeutung  der  Urkunde. 
In  der  Rosettana  stehen  die  gesamten  Titel  im  Genetiv,  abhängig  von 
ßaöckEvovxog^  und  bilden  so  nur  einen  Teil  des  Datums.  Im  Münchener 
Text  dagegen  stehen  sie  im  Nominativ.  Hier  ist  also  der  Zweck  der 
Datierung  ausgeschlossen.     Am  nächsten  liegt  die  Annahme,  dafs  wir 


484  I-  Aufsätze 

den  Anfang  eines  königlichen  Erlasses  vor  uns  haben.  Doch  wären  auch 
andere  Möglichkeiten  wohl  denkbar.  Wenn  wirklich  der  König  selbst 
hier  spräche,  so  würde  das  dadurch  bemerkenswert,  dafs  diese  griechische 
Übersetzung  eine  Publication  des  Textes  in  drei  Sprachen  regp.  Schriften 
—  im  Hieroglyphischen,  Demotischen  und  Griechischen  —  voraussetzt. 
Nach  allem,  was  wir  bisher  über  diese  Zeiten  wissen,  wäre  es  aller- 
dings mehr  als  auffällig,  wenn  der  König  —  selbst  an  den  Klerus  — 
einen  Befehl  in  ägyptischer  Sprache  erliefse.  Man  könnte  vielleicht 
darauf  hinweisen,  dafs  Philopator  es  auch  war,  der  zuerst  die  ein- 
geborenen Ägypter  im  Heer  verwendete,  oder  auch  darauf,  dafs  unter 
ihm  der  erste  nationale  Aufstand  ausbrach,  und  könnte  vermuten,  dafs 
solch  ägyptisches  Regierungsschreiben  Ol  auf  die  Wogen  giefsen  sollte. 
Doch  das  sind  alles  unsichere  Hypothesen.  Bei  der  Lückenhaftigkeit 
des  Textes  werden  sich  diese  Fragen  nicht  sicher  beantworten  lassen. 
Aber  auch  so  bleibt  das  Münchener  Fragment  ein  nach  vielen  Seiten 
hin  interessantes  Unicum. 

2.   Ein  Ehevertrag  aus  dem  II.  Jahrhundert  vor  Chr. 

Während  die  Papyri  aus  der  römischen  Kaiserzeit  uns  eine  gröfsere 
Zahl  von  Heirats-  und  Scheidungsurkunden  beschert  haben,  besafsen 
wir  bis  jetzt  aus  der  ptolemäischen  Periode  nur  einen  einzigen  Ehe- 
vertrag in  dem  von  Jules  Nicole  im  vorigen  Jahre  edierten  Genfer 
Papyrus  no.  21.  Bei  der  grofsen  rechtsgeschichtlichen  Wichtigkeit  dieser 
Urkunde  war  es  um  so  mehr  zu  bedauern,  dals  nicht  nur  Anfang  und 
Ende,  sondern  auch  von  dem  erhaltenen  Mittelstück  rechts  die  sämt- 
lichen Zeilenschlüsse  fehlten.  Es  war  daher  eine  freudige  Überraschung, 
als  ich  gleich  bei  der  ersten  Durchsicht  der  Münchener  Papyri  ein 
ptolemäisches  Fragment  fand^),  das  sich  auf  dieselben  Personen,  Mene- 
krates  und  Arsinoe,  bezog,  deren  Ehevertrag  in  jenem  Genfer  Stück 
festgesetzt  wird.  Bei  genauerer  Untersuchung  ergab  sich  mir  dann, 
dafs  das  Münchener  Fragment  zu  derselben  Urkunde  wie  das 
Genfer  gehört  und  die  gesuchten  Zeilenschlüsse  zu  jenem 
enthält.  Die  Ränder  des  Münchener  Stückes  sind  so  glatt,  dafs  die 
Vermutung  nahe  liegt,  dafs  die  barbarischen  Händler  die  Urkunde, 
die  sie  wohl  noch  vollständig  gefunden  hatten,  absichtlich  in  mehrere 
Stücke  zerschnitten  haben,  um  von  verschiedenen  Käufern  mehr  Geld 
herauszuschlagen.  Zwischen  dem  Genfer  und  dem  Münchener  Fragment 
fehlt  noch  ein  drittes  Stück,  das  durchschnittlich  6 — 9  Buchstaben 
enthalten    hat.      Trotzdem    läfst    sich   jetzt,   von   einzelnen  Stellen  ab- 


1)  Es  mifst  ca.  9  cm  Höhe  und  6,5  cm  Breite. 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  485 

gesehen,  der  Text  ziemlich  sicher  feststellen.  Es  hat  sich  bei  der  Zu- 
sammensetzung gezeigt,  dafs  dem  Genfer  Stück  rechts  sehr  viel  mehr 
fehlte,  als  der  verdienstvolle  Herausgeber  ahnen  konnte.  Herrn  Jules 
Nicole  bin  ich  für  die  grofse  Liebenswürdigkeit,  mit  der  er  auf  meine 
Bitte  mehrere  Stellen  des  Genfer  Textes  nochmals  geprüft  und  zahl- 
reiche Anfragen  beantAvortet  hat,  zu  grofsem  Dank  verpflichtet.  Mit 
seiner  freundlichen  Erlaubnis  mache  ich  von  seinen  Mitteilungen  hier 
Gebrauch.  In  dem  folgenden  Wiederherstellungs versuch  steht  links  vor 
dem  dicken  Vertikalstrich  der  Genfer  Text,  rechts  folgt  erst  die  Er- 
gänzung der  Lücke,  dann  der  Münchener  Text. 

1  •  •  •  P?[  •  •  • 

2  [rjdjv  v7taQx[6vt^(ov  [r]ä  [  .  .  . 

3  [y]a^srfji  naQe%ixco  MevexQcctrjg  '^Q[6]tv\6]rji[ .  .  . 

4  [xat?]    }irj  i^eörco   Mevex^ätsi   yvvalK    kXXtiv   STCayccyEöd-at   eis  t\[.  . 

lirf\ds  TtaXl^Xax^rjv  |it[  .  .  .  .  ]dt  .  [ .  •  ] 

5  [..]öiv  [lYjds  t£)cvojtoi£i6Q-ai   i^   äXXrjg   ywatnog  ^(oörjg  'j4Q6tv\[6rjg, 

^Tjd'   aX]Xr]v  oIxluv  ol>i[etv  rj  -^g  övjyxvQtsv- 

6  [si]  'AQGivori^   ybi]   iyßdXXEiv  firjds   vßQCt,ELV  ^rjde  xa}tovx£i\[v   avtrjv 

^rf\Ö€  rüv  VTtaQxqvtav  ^rj'&ev 

7  [i^^aXXoTQiovv  avBV  tov   STtLyQacpTjvca   zrjv  'Aqölvotjv  ߣßccL\[^cötQtav. 

'Eäv]  de  TL  TOVTCOr  iTttdstxd'fjL 

8  [jrjotwv   rj   tä   diovta   r)   toi'    i^anG^bv  rj   täXXcc  ^rj  naQ£%riL  \  [xa^ä 

yf\yQunxai^  ccnotBiödtco  Msvsxqcc- 

9  TYjg  '^QöivÖYji   TtaQKXQfj^a    Ti]v   (pEQvriv   rj^ioXiov.     Katä   ta\\ytä  ös 

^ri\8\  'j4Q6iv6r}i  ih,£6ta  dnoxottov 

10  ^ride    aq)7]^£Qov    ysvBöd-at    djtb    tilg    MsvsxQcitov    olxiag    a\[v£v    trjg 

M^evExgdtov  yvcb^rjg  ^rjd^   äXXoji 

11  ccvöqI    0vv£tv[^ui]    ^ride    qy&sCQSiv    tbv    xoivbv    oixov    ^ri\[ße    %ouiv 

M£v\EXQdxriv  ööa  (pBQEi  dvÖQi  al6%v- 

12  vtiv.     ^Eäv    8e   ^AYQ\div6ri    ixov6a    ßovXrjtai    ccTtaXXdööBd^ca    a\[vrov 

d7t]odovg  avTTjL  Mev£XQdt'r]g 

13  trjv   (fEQvriv   aTcXriv^   dcp'   rig   äv  't]^£Qccg  dnaitrid-YiL  \  [ßv  rj^SQaig   X] 

dnoTCEiiipdrca  avrriv. 

14  ^Eav   8%   ^Y]    aTCod&i    xad-d    yiyQantai^    d7totB\L\6dT(o  \  [ri^v    g)£Qvi]v 

')^ft]t[d]Atov.     Ell]  ^£v  vylEta. 

15  ^Eäv  8b  ttg  avrcöv  dvd'QcoTtLvöv  n  Ttdd'r]  xal  TfA£VT7jö|[^t,   sötco  tä] 

xatccXBLTto^BVK  VTidQ^ovra 

16  tov  t,G)vtog  avtäv  xal  rcöv  tixvcw  täv  i^ofievcov  |  [^ccvrotg  f'|  dX]Xy]Xcor>. 

Mi}  ovtcov 

17  8'  avtolg  tixvav  «l  dXXtjXayv  tJ  Jfß^^  yBvoiiivav  xal  tov\{t(ov  aTtoy^Evo- 

fiBvav  TtQb  tov 


486  I-  Aufsätze 

18  iv  rjhxiaL  yevdö&cct   i^toi   d(i<fotEQ(ov  %eql6vx(ov  rj   3caj[t   iiexä   ri)v] 

OTCOtSQOVOVV   avTcbv 

19  rsXsvf^v^  iäv  ^sv'^Qöivörj  TtQotSQa  xi  ndd'rjt,  cc7iod6x\\c)  MsvEXQccjXTjg 

xriv  cpsQVTjv  TCäöav 

20  O^  .  ju.  .  .  di  Tij[t  ^^fjXQi  avxrig,  iäv  i;^i,  Idv  8\  ^rj,  xots  f'l 

[ ^ovöL  ccvxrig  ^AQGivoiqg 

21  [ ]  iäv  da  fi[^  ccTtod&i]^  aTCOTBißdxca 

nccQaxQrj^cc  [rj^LÖhov  .  .  . 

4  Genf  Schlufs:  x  (statt  l)  nach  Nie.  möglicli.  Ergänze  etwa  x\riv  oiiiiav 
oder  t\ov  ycc^iov.     Münch.  hinter  Si  ein  a  oder  l  oder  h.  10  Genf  Schlufs  a 

(statt  ;/.)  nach  Nie.  möglich.  18  iv  rjXi.KLai,  (statt  AtjUtjxtki)  Nie.  20  Genf 

statt  8l  vielleicht  cct.     Meine  Anfrage,   ob  der  Muttername  'OfiolcolSt.  sein  könne, 
von  Nie.  verneint.  21  Genf  Schlufs  n  (statt  f|)  nach  Nie.  möglieh. 

Nach  den  römischen  Analogien^)  hat  am  Eingang  nach  der  An- 
gabe von  Ort  und  Zeit  vermutlich  die  Quittung  gestanden,  in  der 
Menekrates  den  Empfang  der  Mitgift  bestätigte.  Nennen  wir  dies  §  1. 
Darauf  folgte  (§  2)  die  Verpflichtung  des  Menekrates,  der  Arsinoe 
Lebensunterhalt,  Kleidung  und  alles  andere,  was  einer  Ehefrau  zu- 
kommt, zu  liefern.  Hiervon  haben  sich  in  Z.  2 — 3  einige  Spuren  er- 
halten.^)    Nun  fährt  der  Text  fort: 

§  3  (Z.  4 — 7):  „Nicht  soll  es  dem  Menekrates  erlaubt  sein,  noch 
eine  andere  Frau  in  [sein  Haus  resp.  in  die  Ehe]  einzuführen  oder  ein 
Kebsweib  zu  [....?]  oder  Kinder  zu  zeugen  mit  einer  anderen  Frau, 
so  lange  Arsinoe  lebt,  oder  ein  anderes  Haus  zu  bewohnen  als  das, 
deren  Miteigentümerin  Arsinoe  ist.  Nicht  soll  er  sie  verstofsen  oder 
mifshandeln  oder  ihr  Böses  thun,  noch  soll  er  irgend  etwas  von  dem 
Vermögen  veräufsern  dürfen,  ohne  dafs  Arsinoe  als  Garantin  (in  die 
Veräufserungsurkunde)  eingeschrieben  ist." 

§  4  (Z.  7 — 9):  „Wenn  aber  nachgewiesen  wird,  dafs  er  etwas  der- 
artiges thut  oder  ihr  den  Lebensunterhalt  oder  die  Kleidung  oder  das 
übrige  nicht  liefert,  wie  es  (oben)  geschrieben  steht,  so  soll  Menekrates 
der  Arsinoe  .zur  Bufse  sofort  die  Mitgift  mit  50  Prozent  Aufschlag 
auszahlen." 

§  5  (Z.  9 — 12):  „Ebenso  soll  es  aber  auch  der  Arsinoe  nicht  er- 
laubt sein,  aufserhalb  des  Hauses  des  Menekrates  Nachts  zu  schlafen 
oder  den  Tag  zuzubringen  ohne  Wissen  des  Menekrates,  noch  mit 
einem  anderen  Manne  Umgang  zu  haben,  noch  den  gemeinsamen  Haus- 


1)  Aus  ptolemäischer  Zeit  vgl.  P.  Par.  13,  6. 

2)  Vgl.  Nicoles  Edition. 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bil)liothek  487 

halt  zu  schädigen,  noch  irgend  etwas  dem  Menekrates  zu  thun,  was 
einem  Manne  Schande  bringt." 

§  6  (Z.  12 — 14):  „Wenn  aber  Arsinoe  auf  eigenen  Wunsch  sich 
trennen  will,  so  soll  Menekrates  sie  unter  Rückgabe  der  einfachen 
Mitgift  binnen  30  Tagen  nach  der  Kündigung  entlassen.  Giebt  er  (die 
Mitgift)  nicht  zurück,  so  wie  geschrieben  steht,  so  soll  er  sie  zur  Bufse 
mit  50  Prozent  Aufschlag  auszahlen." 

§  7  (Z.  14  —  Schlufs):  „Möchte  Gesundheit  (bei  ihnen)  herrschen! 
Wenn  aber  einer  von  ihnen  etwas  Menschliches  erleidet  und  stirbt,  so 
soll  das  hinterlassene  Vermögen  dem  Überlebenden  von  ihnen  gehören 
und  den  Kindern,  die  sie  mit  einander  haben  werden.  Wenn  sie  aber 
keine  Kinder  haben,  oder  die  Kinder,  die  da  waren,  gestorben  sind, 
ehe  sie  erwachsen  waren,  sei  es  bei  Lebzeiten  Beider  oder  auch  nach 
dem    Tode    eines    von    Beiden,    so    soll,    wenn    Arsinoe    zuerst    stirbt, 

Menekrates    die   ganze  Mitgift  der ,    ihrer   Mutter,    zurückgeben, 

falls   diese  lebt,  falls   sie  nicht  lebt,  den Wenn   er   sie    aber 

nicht  zurückgiebt,  so  soll  er  sie  sofort  zur  Bufse  [mit  50  Prozent 
Aufschlag]  auszahlen"  .... 

Ich  beschränke  mich  hier  auf  wenige  Worte  zur*  Begründung 
meiner  Auffassung.  Ich  gehe  von  der  Aufschrift  auf  der  Rückseite 
des  Genfer  Stückes  aus,  die  in  der  Edition  also  gelesen  war:  avriyqa- 
(pov  tov  öwoimöl^^ov^  ^^QöivÖTjg  aal  MsvsxQatov.  Auf  meine  Ver- 
mutung hin,  dafs  övvoiXL6[iov]  zu  ergänzen  sei,  teilte  Mr.  Nicole  mir 
mit,  dafs  er  öwolklölov  erkenne.  Auf  meine  weitere  Anfrage,  die  sich 
namentlich  auf  P.  Par.  13  stützte,  ob  nicht  statt  tov  vielmehr  ri^g 
gelesen  werden  könne,  wozu  CvyyQatprig  hinzuzudenken  sei,  antwortete 
derselbe:  „A  la  rigueur  on  pourrait  lire  avTiyQiacpov)  övyyQiacpfis) 
6vvoL}tL6ioy.  Mais  je  rCen  reponds  pas  du  tout."  Der  Wortlaut  dieser 
äufserst  schwer  lesbaren  Stelle  steht  also  nicht  ganz  fest.  Steht  tov 
övvoLocißCov  da,  so  bedeutet  das  hier  den  ^woix/^^ioi' -Vertrag,  so  wie 
^C6d-(D6is  auch  den  Pachtvertrag  bezeichnen  kann.  Jedenfalls  steht 
jetzt  aber  fest,  dafs  die  in  unserm  Vertrage  festgesetzte  Ehe  als  ein 
GvvoLXLöLov^)  bezeichnet  wird.  Damit  haben  wir  einen  terminus  tech- 
nicus   für   die   vollgültige   Ehe,    die   Schi-iftehe   (den   yd^og  eyyacpog)^), 


1)  So  mit  i  auch  in  P.  Par.  13, 10  (nach  dem  Original).  Die  jüngere  Form 
ist  evvoi-K.i6iov.     So  schon  P.  Oxy.  11  250,  16  vom  J.  61  ('?). 

2)  Vgl.  Grenfell-Hunt,  Oxy.  IT  S.  243  und  Mitteis  oben  S.  345.  Die  von 
ihnen  noch  offengelassene  Frage,  ob  cwovaIgiov  nicht  auch  die  schriftlose  Ehe 
bedeutet,  wird  m.  E.  durch  P.  Par.  13  verneint,  wo  die  früher  angenommene 
Verbindung  von  iv  iviavrm  evvoiKiciov  ausgeschlossen  wird  dui-ch  den  Begi'iff  des 
^rjasad-ai  (Z.  9),  der  notwendig  das  Hinzudenken  von  (^avyyQcctpijvy  zu  gwolkigiov 


488  I-  Aufsätze 

die  im  Gegensatz  steht  zu  der  loseren  Verbindung  der  schriftlosen 
Ehe  (des  yd^os  äyQcccpog),  die  der  definitiven  Ehe  häufig,  aber  nicht 
notwendig  vorausging,  wie  sie  andrerseits  auch  nicht  notwendig  in 
eine  Sehriftehe  überzugehen  brauchte.  Der  Inhalt  unserer  Urkunde 
bestätigt  die  auf  dem  Verso  gegebene  Definition  durchaus,  da  sie  so- 
wohl Bestimmungen  über  die  q)EQV't]  wie  auch  über  das  eheliche  Zu- 
sammenleben bringt.  Vgl.  die  klärenden  Ausführungen  von  Mitteis 
oben  S.  345  ff. 

Eine  derartige  Definierung  der  Monogamie^),  wie  sie  hier  in  §  3 
gegeben  wird,  findet  sich  in  keiner  der  verwandten  Urkunden.  Drei 
Arten  der  Übertretungen  werden  ins  Auge  gefafst.  Erstens  wird  ver- 
boten eine  zweite  rechtmäfsige  Ehe  mit  einer  anderen  Frau,  also  die 
Bigamie.  Die  zweite  Bestimmung  über  das  Konkubinat  (TtaXXax'^) 
bleibt  leider  durch  die  Lücken  unverständlich.  Wenn  drittens  das 
Kinderzeugen  mit  einer  anderen  Frau  verboten  wird,  so  mag  darin  im 
allgemeinen  die  eheliche  Untreue  getroffen  sein,  im  besonderen  aber 
fällt  unter  diesen  ParagTaphen  jedenfalls  auch  das  Verbot  einer  gleich- 
zeitigen schriftlosen  Ehe  mit  einer  anderen  Frau,  und  damit  ist  eine 
Antwort  auf  die  von  Mitteis  oben  S.  347  angeregte  Frage  gegeben. 

Ebenso  findet  sich  in  keinem  der  parallelen  Texte  die  folgende 
Bestimmung,  dafs  der  Ehemann  in  keinem  anderen  Hause  wohnen 
dürfe  als  in  dem,  dessen  Miteigentümerin  die  Ehefrau  ist.  Hier  wie 
auch  in  Z.  10,  wonach  die  Frau  nicht  ohne  Wissen  des  Mannes  bei 
Nacht  oder  Tage  aus  dem  Hause  entfernt  sein  darf,  tritt  die  Bedeutung 
des  Hauses  für  die  Ehe  so  auffallend  hervor,  dafs  der  Gedanke  nahe 
liegt,  dafs  mit  dem  Wort  övvoikIölov  (wörtlich  „Zusammenhausen") 
eine  wichtige  Seite  dieser  vollgültigen  Schriftehe  hervorgehoben  ist. 
Ich  habe  in  meinen  Griech.  Ostraka  I  S.  446/7  aus  den  Volkszählungs- 
listen mehrere  FäUe  namhaft  gemacht,  in  denen  Mann  und  Frau  nicht 
bei  einander  wohnten  trotz  des  besten  Einvernehmens,  sondern  jeder 
bei  seinen  Eltern  wohnte.  Sollten  das  vielleicht  Fälle  von  schriftloser 
Ehe  sein?  Nicht  als  ob  die  schriftlos  Verbundenen  nicht  auch  schon 
hätten  zusammenwohnen  können,  wenn  nämlich  die  wirtschaftlichen 
Verhältnisse  es  ihnen  gestatteten^),  aber  eine  Schriftehe  ohne  gemein- 
verlangt. Hier  steht  also  sicher  das  ßwoi-niaiov  im  Gegensatz  zu  der  loseren 
Ehe-Verbindung  in  Z.  6.  Wo  überhaupt  gwoiv-Igiov  bisher  vorkommt,  bezeichnet 
es  die  vollgültige  Ehe.  —  Eine  „Probeehe"  hat  es  also  bei  den  Ägyptern  gegeben, 
aber  nicht  ein  „Probejahr".  Ein  allgemeiner  Termin  für  den  Übergang  in  die 
Schriftehe  existierte  nicht. 

1)  Vgl.  Mitteis,  Reichsrecht  u.  Volksr.  S.  222. 

2)  So  erklärt  sich  wohl  auch  der  Ausdruck   ay^äcpag    evvayii^ßs    in    P.  Oxy. 
n  237  Vin  4/5. 


Ulrich  Wilcken:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  489 

sames  Zusammenwohuen  scheint  nach  unserer  Urkunde,  die  das  Leben 
im  Hause  mit  so  strengen  Kegeln  umgiebt,  ausgeschlossen  zu  sein. 
Wenn  sich  das  bestätigt,  hätten  wir  damit  einen  neuen  wichtigen  In- 
halt für  den  ydfiog  eyyQacpog  neben  den  schon  bekannten  Punkten  ge- 
wonnen. 

Von  den  folgenden  Bestimmungen  ^ij  iyßdXXeLv^)  ^rjÖe  vßQCt,£tv 
^Yjds  xaxovxsiv  findet  sich  die  letztere  in  einem  Ehekontrakt  vom 
J.  74/5  n.  Chr.  wieder  (P.  Oxy.  II  372),  von  dem  Grenfell-Hunt  bisher 
nur  einzelne  Phrasen  auf  S.  238  mitgeteilt  haben.  Zumal  dieser  Text 
auch  sonst  dem  unsrigen  am  nächsten  kommt,  wäre  eine  vollständige 
Publication  desselben  sehr  erwünscht. 

Die  Gütergemeinschaft,  die  schon  in  Z.  5  in  6v]yxvQi£V£i^)  her- 
vortritt, findet  ihren  schärfsten  Ausdruck  in  der  nun  folgenden  Be- 
stimmung, dafs  bei  jeder  Veräufserung  eines  Vermögensteiles  durch  den 
Mann  die  Frau  als  ßsßaLlcotQia  einzutragen  sei.  Wenn  ich  nicht  irre, 
steht  das  auch  in  P.  Oxy.  II  2G5  (aus  Domitians  Zeit),  wo  ich  Z.  11 
ergänzen  möchte:  avsv  rov  6vvE'JtLyQaq)Yivai  ti)[v  ZluQanovv  ßsßaia- 
XQiav. 

Ich  hebe  noch  hervor,  dafs  nur  in  diesen  beiden  Oxyrhynchos- 
Urkunden  aus  dem  I.  Jahrh.  n.  Chr.  sich  einige  Anklänge  an  den  §  3 
unserer  Urkunde  finden.  In  den  späteren  Texten  —  freilich  auch  schon 
in  BGU  183  vom  J.  85  —  findet  sich  nichts  mehr  von  Verpflichtungen 
des  Mannes  betreffs  seines  Lebenswandels,  nur  seine  Pflicht  den  Unter- 
halt zu  liefern  etc.,  also  das  Materielle  wird  dort  hervorgehoben.  In 
CPR  27  (vom  J.  190)  heifst  es  zwar  von  Beiden:  övußiovtcoöav  ovv 
ccfis^Ttras,  aber  für  den  Mann  wird  es  sogleich  beschränkt:  rov  'Iöl- 
dcoQov  ETiLioQiqyovvTos  ccvtfj  rä  deovta.  Erst  in  den  christlichen  Heirats- 
verträgen  wird  wieder,  offenbar  unter  dem  Einflufs  der  christlichen 
Lehre,  das  sittliche  Verhalten  des  Mannes  gegenüber  der  Frau  gewähr- 
leistet. Vgl.  CPR  30  (VL  Jahrh.)  Z.  18:  aAA«  Ttdvrcc  rä  TtQajtovra 
iXsvd'SQatg  ywai^lv  TtccQcc  dvÖQaöi  ös^votg  ivdsC^ccßd-ai  sig  avrtjv. 
Damit  ist  kurz  und  würdig  zusammengefafst,  was  in  uuserm  ptole- 
mäischen  Text  im  Detail  ausgeführt  ist. 

§  4  enthält  die  Strafbestimmungen  für  die  Übertretungen  von  §  2 
und  3.  Ganz  ähnlich  lautet  es  in  P.  Par.  13,  13,  wo  es  sich  freilich 
nach  Mitteis'  Darlegungen  um  eine  schriftlose  Ehe  handelt. 


1)  Vgl.  CPR  237,8:  ccv]rrjv  in^älrj. 

2)  Gütergemeinschaft  konnte  auch  schon  bei  dem  ayqacpog  yd^og  verabredet 
werden.  Vgl.  P.  Par.  13,  wo  ich  nvQLSvovarjg  für  verschrieben  halte,  statt  kvqi- 
SV0V61  (auf  avxoig  bezüglich):  „indem  sie  gemeinsam  über  das  Vermögen  verfügen." 
So  wohl  auch  Oxy.  II  265,13:  v.vqisvitoiaa\v  xoivf]. 


490  I-  Aufsätze 

Die  Bestimmungen  über  das  sittliche  Verhalten  der  Frau  in  §  5 
bieten  ein  Detail,  wie  wir  es  bisher  nicht  kannten.  Auch  hierzu  geben 
die  beiden  Oxyrhynchos- Texte  die  nächsten  Parallelen^),  während  die 
späteren  Texte  sich  meist  darauf  beschränken  zu  sagen,  dafs  die  Frau 
einen  „untadeligen"  Lebenswandel  führen  soll  (^äxatrjyÖQrjtov^  ä^s^tpi- 
^ioCqtjtov  u.  a.).  Auch  dieser  Gedanke  kommt  erst  wieder  in  christlicher 
Zeit  zu  vollerem  Ausdruck.  Vgl.  CPR  30,  20:  TtQog  tc5  xal  avtriv 
ayaitäv  xal  Q-dX7t£tv  xal  Qsqutievslv  avx6v  —  vTtaxoveiv  de  avra  xaQ-ä 
Tcä  vö^a  xal  tf}  axolovd'Lcc  öv^ßatvei^v]  oiös.  Dies  letztere  Gebot  des 
Gehorsams  wird  zwar  in  dieser  Allgemeinheit  in  unserm  Text  nicht 
erwähnt,  wohl  aber  wird  ein  eklatanter  Einzelfall  hervorgehoben  in 
dem  Verbot  des  Hausverlassens  „ohne  Wissen  des  Mannes".  Dagegen 
findet  es  sich  z.  B.  in  P.  Oxy.  II  265 :  off[a  ö]eI  7isi%-aQ%£LV  ya^Etrjv 
yvvalxa  avÖQÖg.  Diodor  war  jedenfalls  sehr  im  Irrtum,  wenn  er  (I  27) 
erzählte,  dafs  in  den  ägjrptischen  Ehekontrakten  der  Mann  gelobe,  der 
Frau  zu  gehorchen:  iv  rfj  xrjg  TCQoixbg  övyyQacpfj  TtQoöo^oXoyovvtav 
tav  yaiiovvrcov  anavta  TCSL&aQxrjösiv  rfj  ya^ov^svrj. 

Auf  §  5  folgen  in  §  6  unmittelbar  die  Bestimmungen  für  den  Fall, 
dafs  Arsinoe  freiwillig  die  Ehe  lösen  will.  Ich  vermisse  dazwischen 
einen  Paragraphen,  in  dem  gesagt  wäre,  welche  Strafen  die  Frau 
treffen,  wenn  sie  gegen  §  5  verstöfst.  Was  geschieht  denn  mit  Arsinoe, 
wenn  sie  dem  Manne  Schande  bringt?  Das  ist  hier  nirgends  gesagt. 
In  dieser  Annahme  einer  Lücke  könnten  die  Texte  aus  römischer 
Zeit  uns  bestärken.  Diese  unterscheiden  zwei  Fälle  von  Scheidung. 
Im  Falle  der  Zwietracht  (dia(poQa)  soll  der  Mann  die  Mitgift  (einfach) 
zurückzahlen,  und  zwar,  wenn  er  die  Frau  entläfst  [sTtl  ^sv  rijg  ccTto- 
Tto^Tiiig  BGU  252,  8^)  oder  iäv  fiev  avtbg  avtijv  d[7io]7feii7ti]rai  Hunt 
zu  CPR  22,  24)  sofort,  wenn  sie  aber  freiwillig  sich  trennen  will, 
dann  binnen  30  Tagen  nach  der  Kündigung.  Man  sieht  deutlich,  die 
letztere  Bestimmung  entspricht  unserm  §  6^),  dagegen  fehlt  in  unserm 
Text  die  erstere  Eventualität,  dafs  der  Mann  die  Frau  wegschickt.  Da 
nun  andrerseits  die  Straf bestimmungen  gegen  §  5,  wie  gesagt,  fehlen, 
so  scheint  der  Schlufs  naheliegend,  dafs  eben  die  Entlassung  durch  den 
Mann  die  Strafe  für  die  Übertretung  des  §  5  ist.     Also  fehlt  ein  §  5  a, 


1)  In  P.  Oxy.  II  372  wird  zu    ergänzen    sein    (vgl.  S.  238):    firj  i]^i6t(o    a%6~ 

2)  So  ist  natürlich  auch  in  CPR  236,  8  zu  ergänzen  statt  des  unmöglichen 
inl  8h  rrjg  ktiovaLa]s  anono^nfig,  das  Wessely  ergänzt.  Darauf  folgt  dann:  inl 
dh  [^Kovaiccg  ccTtcclXayJig. 

3)  Ich  habe  die  30  Tage  ergänzt,  weil  sie  auch  in  den  gleichzeitigen  demo- 
tischen Texten  begegnen. 


Ulrich  Wilckcn:  Zu  den  Papyri  der  Münchener  Bibliothek  491 

der  etwa  so  geheifsen  hätte:  ^Eäv  dt  n  rovrcov  t7adHy%iii  ^Aqöivoyi 
Ttoiovöa^  aTiodovg  avtr^i  Mav£}{()dty]s  rijv  (peQvrjv  UTilijv  TtuQUXQii^a 
ccTto^tSfitpocTco  'jQöivörjv.  Und  weiter  könnte  man  die  Lücke  in  Z.  12 
mit  ö^oCag  ausfüllen,  das  eben  auf  den  vorher  versehentlich  aus- 
gelassenen Satz  hinwiese.  Aber  mit  Rücksicht  auf  P.  Oxy.  II  265,  17, 
wo  gleichfalls  die  erstere  Eventualität  zu  fehlen  scheint,  beschränke 
ich  mich  einstweilen  auf  den  Hinweis,  dafs  man  logischerweise  zwischen 
§  5  und  6  noch  einen  §  5a  erwarten  sollte. 

In  §  7  folgen  endlich  die  testamentarischen  Bestimmungen  der 
Eheleute  für  den  Fall  des  Ablebens.  Eine  solche  Verbindung  von  Ehe- 
kontrakt und  Testament  ist  uns  unter  dem  Namen  övyyQacpodiaO^jjxrj 
auch  sonst  mehrfach  bekannt.  ^)  Auf  eine  Besprechung  der  Bestimmungen 
verzichte  ich,  da  nur  der  Anfang  erhalten  ist.^) 

Meine  Bemerkungen  haben  nur  die  nächstliegenden  Fragen  berührt. 
Möchte  bald  von  juristischer  Seite  diese  bis  jetzt  einzigartige  Urkunde  für 
die  Rechtsgeschichte  verwertet  werden.  Möchte  sie  aber  auch  den  Anlafs 
bieten,  dafs  die  Übersetzungen  der  demotischen  Ehekontrakte,  um  deren 
Verständnis  sich  Eugene  Revillout  besonders  verdient  gemacht  hat, 
an  der  Hand  dieses  neuen  sicheren  Materials  einer  Revision  unterzogen 
werden.  Ich  habe  mich  oben  absichtlich  von  diesen  fern  gehalten,  um 
zunächst  nur  das  Griechische  aus  dem  Griechischen  zu  erklären,  und 
habe  darum  auch  ein  Eingehen  auf  die  Frage  unterlassen,  inwiefern 
das  ägyptische  Recht  auf  diesen  Heiratsvertrag  des  Menekrates  und 
der  Arsinoe,  die  wahrscheinlich  Griechen  sind,  Einflufs  gehabt  hat. 

Würzburg.  Ulrich  Wilcken. 


1)  Auch  in  CPR  28  ergänze  ich :  ['AvtiyQaq)ov  6VYyQcccpoSL<x&'iQ]Kr}g,  wo  Wessely 
\^A.  GvyyQacpfjg  ya^i\yiT]s  ergänzt. 

2)  Zu  TtQO  Toü  iv  r}Xi,7iica  ysviaO'ai  vgl.  Oxy.  11  265,  28:  a.(pr(kiv,(av  bvxoiv. 
Aus  dem  Futurum  Texvcor  r&v  ico^^vcov  folgt  nicht  notwendig,  dafs  diesem  Gvvot- 
■Kiaiov  keine  Probeehe  voraufgegangen  war.  Vielleicht  war  Arsinoe  zur  Zeit  des 
Kontraktes  schwanger. 


Archiv  f.  Papyrusforachung  I.  S/i.  32 


Astrologisches  aus  den  Münchener  Papyri. 

I. 

Unter  den  von  H.  Thierscli  für  die  K.  Hof-  und  Staatsbibliothek 
in  München  erworbenen  Papyrus-  und  Pergamentstücken  befindet  sich 
auch  ein  altes  Pergamentblatt  astronomisch -astrologischen  Inhalts,  auf 
das  mich  Thiersch  sogleich  bei  der  Übermittelung  der  ganzen  Serie  freund- 
lich aufmerksam  machte.  Er  hatte  auch  Zeit  gefunden,  die  zwei  Seiten 
bald  nach  dem  Ankauf  vorläufig  zu  kopieren;  eine  Vorsicht,  die  sich  als 
gut  angebracht  erwies,  da  das  Blatt  äufserst  spröde  ist  und  daher  ein 
Stückchen  beim  Transport  absplitterte  und  verloren  ging.  Der  Inhalt 
des  Blattes  ist,  wie  schon  bemerkt,  astrologisch;  er  darf  insofern  ein 
besonderes  Interesse  beanspruchen,  als  ein  unmittelbar  mit  ihm  zu  ver- 
gleichender Abschnitt  in  den  uns  bisher  bekannten  Texten  nicht  vor- 
zukommen scheint.  Leider  ist  die  astronomische  Terminologie  von  einer 
Verschwommenheit,  die  auch  bei  Astrologen  keineswegs  üblich  ist  und 
das  Verständnis  sehr  erschwert. 

Das  Blatt  ist  auf  der  Vorderseite  dunkel  gebräunt  und  die  Schrift 
hier  stellenweise  bis  auf  spärliche  Reste  ausgelöscht,  während  auf 
der  Rückseite  das  Pergament  ziemlich  weifs  geblieben  ist  und  über 
den  Text  an  den  erhaltenen  Stellen  kein  Zweifel  entstehen  kann.  Die 
Höhe  des  Blattes  beträgt  19,  die  Breite  W/^  cm;  der  obere  und  untere 
Rand  und  der  äufsere  Seitenrand  ist  erhalten.  An  6  Stellen  sind 
gröfsere  Stücke  des  Textes  herausgebrochen.  Die  Schrift  ist  eine  etwas 
nach  rechts  geneigte  ünciale,  nicht  so  schräg  wie  die  des  fragmentum 
mathematicum  Bobiense;  die  Buchstaben  sind  ungefähr  so  grofs  wie  auf 
diesem.     Ligaturen  sind  häufig.     Es   werden  jedesmal   at,  «£,  a^,  «7, 

ßX,    aV,    UQ^    «T,    J^£,    yr;,    yt,    ta,    ££,    £t,    £y,    £71^    £V,    ft,    £V,    £^,    £^,    £0,    £(ö, 

Ai,  <?T,  To:,  tri^  TCO,  Ti,  to,  t^,  xe  verbunden,  ohne  Rücksicht  darauf,  ob 
sie  verschiedenen  Worten  angehören  (ähnlich  z.  B.  auf  dem  Londoner 
Hyperides-Papyrus,  Wattenbach  Taf.  II).  Die  Buchstaben  6  und  K  er- 
scheinen manchmal  in  cursiven  Formen.  Das  I  zieht  sich  in  der  Ligatur 
mit    6    und  A    meist    unter    die  Zeile.     Accente    und  Spiritus    fehlen 


Franz  Boll:  Astrologisches  aus  den  Münchener  Papyri  493 

durchaus,  desgleichen  Interpunktion.  Das  stumme  Jota  wird  nicht  ge- 
schrieben. Auf  der  Vorderseite  finden  sich  zwei  Schreibfehler,  einmal 
0  statt  O  (Z.  8)  und  F  statt  T  (Z.  10);  auf  der  Rückseite  ist  oydorj- 
xov  statt  öydoy]xovTa  geschrieben  (Z.  10).  Auch  ist  auf  der  Rückseite 
zweimal  korrigiert:  An[0]  KÄTHCeCOC  (Z.  2)  und  wohl  auch 
6[A]TTO  (Z.  9;  zwischen  6  imd  TT  ist  ein  kleines  Stückchen  aus- 
gebrochen). Abkürzungen  kommen  nicht  vor.  Eine  Zeitbestimmung 
nach  der  Schrift  wage  ich  nicht;  aus  sachlichen  Gründen  —  wegen 
des  Erlöschens  des  astronomischen  und  astrologischen  Interesses  nach 
Kaiser  Herakleios  —  wird  man  jedenfalls  nicht  gern  über  den  Anfang 
des  7.  Jahrhunderts  heruntergehen. 

Die  Länge  der  Zeilen  beträgt  zwischen  11  und  17  Silben,  zu  29 
bis  36  Buchstaben.  Die  Anfangszeile  jedes  Abschnittes  tritt  vor  die 
übrigen  Zeilen  an  den  Rand  heraus.  Die  als  Überschrift  dienenden 
Zahlen  IH,  10  stehen  nicht  in  besonderen  Zeilen.  Worttrennung  und 
Interpunktion  sind  von  mir  eingeführt. 

I.  Vorderseite. 
rriv  xaTo:  tcov  E%d^QGiv  xoXaöiv  diaöxs 
ntovrai  avtoxstQEg  trjg  xat  avtav  £ 
Jtißovkrjs  £7Ct%eLQ0vvtsg  ysvsöd'ccL'  £ 
av  d£  o  XQTj^at L^cov  XQr]^aTL6i],  «tg  vjto 
5  GtQotprjlv  rjt^g  avtrjs  6v^ßi(o6£C3g  xcdqovv 
X£g  ccii[vrf\6tLav  xcov  rj^aQTifjfiEvcav  L6%a 

VOVÖLV.  Tt] 

O  d£  <^oyxtco[x]aLd£xaTog^)  d'£og  £(!tl[v  uö^tqov  £v 

TCJ    ß0Q£iG}    noka    %£L^£VOV    UVU    ^\£6o\v    tOV 

10  d'£QLVov  (tyQOTiixov^)'  ovtog  df  trjv  a7t[o]  tov  ccTcrj 
Xlcotov  £7ti  rov  AijSo;  %ata(pOQav  nounai  £7it, 
fi£vcov  £v  fY]  avtr]  (pavtaötcc  ano  trjg  £V  öi 
dvfioLg  (ywodov  £v  ruiEQUig  x£TQa'K06Lai\g  f]t 
üoGl  (OQaLg  d(od£ica  .  noL£i  öe  7tciQavar£[^i 

15  Aag]  xcctg  y£V£6\£6v  xzri6£(x)\v^)  y£y£vr}}i£VG)v 
£i6odLa6^ov,  7tah[v  £^o]dicic6^o[vg  £igY)  ^^^ 


1)  GKTOOKAIAEKATOC  mit  Schreibfehler. 

2)  rPOniKOY  mit  Schreibfehler. 

3)  Von  K  und  G)  noch  ein  paar  Spuren  zu  sehen.    Für  kuqtccov  ist  der  Raum 
zu  grofs ,  für  v,rri^axcov  zu  klein. 

4)  Von  €IC  glaube  ich  noch  Spuren  zu  erkennen. 

32* 


494  ^-  Aufsätze 

[6]iTsX£Lg  avaX(o[6sig  xai]  7CQo[6^x[o:tag]  jtQo6[o] 
dov  TS  £K  d'avarcolv  ov]h  av£JtLd[o^G}v  ajöd'svEL^) 
ag  6vvE%SLg  ot>c£ico[v  iq  xkl]  7taLd\^(ov  .  .  .]  axiv\ßv^  ^) 
20        ^'og  o  t7]g  t,Girjg  g)[ ]  ^^rj6[avQ 

.  .jl  7t  .  tEKvav   it[ai    6v]^ßiG}6[ 

[ : ] 

xrrj[.  .]coTcoi>  %q[v6i(o]v  (pvXa66o^s[vaiv] 

25  X07CC3V  aXyrjdovccg  driloi,  xca  njg  6v[^ß]L0v 
örjg  ay,ata6ra6i[(xv\  cc^qv  Ei,o8ov  xao  naXtv 
vnoöxQocpiqg  %(x)Q\ov6ttv  a\lvöLXEKeis  rs  (pt 
Acjv  6vfißi[(o68Lg  jijali  EL6^odia6fiov  [ ] 


n.  Rückseite. 

XUL  roTtcov  aXXayag  örj^mvEi'  o^XQt  ycai  a7i\o\ 
%t7)6EG)g^)  xivog  %coQEi  Eig  xETivav  ^ExakX\a\ 
yi^v  %coQov67]g  ex  ^EQOi^g  xai  xiqg  xmv  aXkav 
E^odia^o^Evcov  avaXcoGEcog.      tO- 

b  O  8e  EvvaxaiÖExaxog  ^Eog  E6x[iv\  aöxQov^) 
jiQog  TW  voxsKo  noXca  XEi^Ev\ov\'  ovxog  ds 
XTjv  a7i[o]  rov  ajtfjXLCoxov  etil  xov  \XL\ßa  xata 

(pOQaV    {7tOi\ElXai    ETti^EVCOV    EV    XTj    UVXl]    (pUV 

xa6ia  [aj'Jto^)  rrjg  ev  atyoxEQCo  övvodov  ev 
10        rjfiEQULg  TEtQuxoöiaig  oydorjxov^jay^)  tzevxe 
(OQaig  EJixa  .  tcoiei  öe  naQavaxEiXag  xai^g  j^e] 
vEöEGi  ^fj^iag  EV  vdaöL  xai  vuvxXtjqlcov  ö[t] 
aXvöEig  ai(pvi8iovg  vavayucav  xe  6v^q)0Q\ag^ 
EV  aig  xai  aXXoxQ\^i\o3v  XQTjuaxwv  xat  nE\ß  .  .] 
15        vicoöiv^')  Eig  avxov\g\  x£%G)Qrjxoxav'  (pd'av[ov] 


1)  Von  Z.  17  und  18  ist  jetzt  der  Rand  abgesprungen  und  verloren,  den 
Thiersch  noch  vorfand;  die  obigen  Lesungen  Gdsvet  und  aaiv  beruhen  also  auf 
Thiersch'  Angaben. 

2)  In  der  Hs.  die  schon  oben  bemerkte  Korrektur. 

3)  Vom  a  nur  noch  ein  Rest  zu  sehen. 

4)  Im  Original  wie  schon  oben  bemerkt  6[A]TTO. 

5)  Die  zwei  letzten  Buchstaben  im  Original  ausgelassen. 

6)  Ich  kann  kein  zur  Ergänzung  passendes  Wort  finden.  Vielleicht  ver- 
schrieben statt  TtSQinTcoGiv?  Airol  müssen  wohl  die  Seefahrer  sein,  die  unter 
jener  Konstellation  geboren  sind. 


Franz  Boll:  Astrologisches  aus  den  Münchener  Papyri  495 

6iv  ts  vc%Qi  ava\<ßr\aGLag  xai  rr^g  rov  ;^pa»^a[TOj] 

7taQaTtXGlGEG}£^^    SVLOt    X(Xt    ^r]    :!tl<3tEV0ll\^£\ 

voi  rrjv^)  [ysy^svrj^svrjv  rcov  xaxav  [zata] 
q)OQ[av^)  (iXQ^ig  dov[X]ov^)  7tQ07tf^[ov]d'Svai-  o\l  ds] 

20  Ei[g  ^£i^o]va  Xv7tr}v  x^QOvvts[g]  jici[i  ^st] 
OLXE103V  ßovXevfSa^svoi  Eyil^EiQYi^^alxa] 
v\oo\vvTaL  rriv  tl^vxrjv  rrjg  q)Qov[ri6s](j3g  £[;rt] 
r[r]Ql^r]<Savtag  öwa^sf  xul  ovto[i  e^ig  TiQa 
yiiatsiag  uqxW  ^v^ßoXag  TtOLOvvraL  svTto 

25  Qrjöavtsg  xai  tovg  dvva^evovg  avroig  6vv 
a^yccöaed-ui'  £xX[sLili\eci)g  ds  ystvo^svrjg  [.  .] 

Das  Fragment  handelt,  wie  man  sieht,  von  Sternen  oder  Stern- 
bildern —  denn  ccötqov  heifst  zwar  in  der  Regel  das  Sternbild,  manch- 
mal aber  auch  blofs  ein  Einzelstern ^)  —  die  als  Götter  bezeichnet 
werden,  und  beschreibt  ihre  Bedeutung  für  die  unter  ihrem  Einflufs 
geborenen  Menschen.  Wir  haben  den  Schlufs  des  Abschnittes  über 
den  17.  „Gott",  den  ganzen  18.  und  den  Anfang  des  19.  Abschnittes. 
Es  mufs  also  mindestens  19  derartige  Gestirne  am  Himmel  geben. 
Damit  ist  der  Gedanke  an  Planeten  sofort  ausgeschlossen,  deren  die 
Alten  bekanntlich  nur  fünf  oder,  mit  Einschlufs  der  gpöra  Sonne 
und  Mond,  sieben  kannten.  Auch  Kometen  können  nicht  wohl  o-e- 
meint  sein.  Man  könnte  auf  sie  die  övvoÖog  I  13.  II  9  beziehen;  denn 
nach  der  Lehre  des  Anaxagoras  und  Demokrit  (vgl.  Aristoteles  me- 
teorol.  I  6;  Aetius  ed.  Diels  Doxogr.  p.  366,  13;  Seneca  N.  Q.  VII  11) 
entsteht  der  Anschein  von  Kometen  durch  eine  6vvodog  von  Planeten. 
Allein  gegen  eine  Deutung  auf  Kometen  sprechen  schon  die  Praeseutia, 
die  doch  eine  gleichzeitige  Sichtbarkeit  dieser  Gestirne  voraussetzen; 
ferner  das  Fehlen  von  Andeutungen  über  die  äufsere  Gestalt,  die  in 
der  alten  Astrologie  die  eigentlichen  Anhaltspunkte  für  die  Bedeutimg 
der  Kometen  gab  (Nechepso-Petosiris  fr.  9 — 11  Riefs;  Ptolem.  Tetrab. 
II  10,  danach  Hephaist.  I  24);  endlich  ganz  besonders  die  angegebene 
Dauer  der  (favTaöCa  von  mehr  als  einem  Jahr:  denn  Seneca  hebt  mehr- 
fach schon  die  Sichtbarkeitsdauer  eines  unter  Nero  erschienenen  Ko- 
meten hervor,  der  6  Monate  am  Himmel  blieb  (N.  Q.  VII  12.  21.  29). 

Es  bleiben  also  nur  Fixsterne  oder  Sternbilder.    Die  Schrift  spricht 

1)  In  Zeile  17,  18  und  19  ist  ttot,  vot  rrjv  und  cpoQ  jetzt  nicht  mehi'  vorhanden, 
also  nur  nach  Thiersch'  Abschrift  gegeben. 

2)  Von  TÖ  dovXov  =  i]  SovXsia? 

3)  Achilles  c.  14   (p.  41  Maafs):   ccXXcc   ö   (ihv  acxriQ  ■kccl  kgxqov,   omizi  dh  xb 
ccvccjtccXiv  KxX. 


496  ^-  Aufsätze 

wunderlich   geheimnisvoll  von  diesen  Gestirnen.     Man  würde  erwarten, 
einfach    zu    hören,    dafs    der   eine   Stern  etwa  in  der  Kassiopeia,    der 
andere  im  Krebs  liege,   oder  dafs  das  eine  Sternbild  Orion  heifse,  das 
andere    Leier   u.    dgl.      Diese    Orientierung    an    den    griechischen    Be- 
nennungen wird  hier  vermieden:  der  Verfasser  spricht  in  einer  Art,  als 
ob  der  griechische  Himmel,  abgesehen  von  den  Parallelkreisen  und  dem 
Zodiacus,  für  ihn  nicht  vorhanden  sei.    Beginnen  wir  mit  dem  18.  „Gott". 
Nach   unserm   Text   ist  er  ein   Gestirn  (die  Unbestimmtheit  des  Aus- 
drucks  beginnt  schon  hier  mit  dem  zweideutigen  ccötqov),  das  iv  ta 
ßoQSia  jrd/laj  liegt.     Wie  sich  aus  dem  Folgenden  klar  ergiebt,  heifst 
das  nicht  „am  Nordpol",    sondern  vielmehr  am  nördlichen   Himmel.^) 
Der  Text  fährt  fort:  avä  ^[£6o]v  tov  'O'f^tvoi)  tQOTCixov.    Die  gegebene 
Ergänzung  ist  wohl  die  einzig  mögliche;  der  Ausdruck  ist  aber  so,  wie 
er  dasteht,  verkehrt,   da  eine  Kreislinie  in  sich    keine  Mitte  hat.     Es 
mufs   ergänzt  werden   entweder   avä  ^£6ov  tov  <^te  aQxtixov  aal  tovy 
d'SQivov  tQOTtiTcov  (so  Eratosth.  Catast.  c.  15  vom  Kepheus:  üg  xo  avä 
li£6ov  TiCxTEi   avrov   tov   ts   aQXtixov  xal  O'EQlvov  tQo:tiXov)  oder  avä 
lisdov  tov  <(t£  l(jrj{isQtvov  xal  tovy  O'Sqlvov  tQon:Lxov,  was  sich  wegen 
der  später  erwähnten  övvoÖog  mit  einem  Planeten  mehr  empfiehlt.    Bis 
hierher  ist  also  noch  immer  nichts  weiter  gesagt,  als  dafs  jenes  Ge- 
stirn am  Nordhimmel  liegt  und  zwar  vermutlich  zwischen  Wendekreis 
und  Äquator.    Der  Verfasser  fährt  fort:  er  („der  Gott"  also,  statt  „das 
Gestirn",  was  wiederum  eine  auffällige  Redeweise  ist)  macht  seine  Um- 
drehung von  Ost  nach  West  in  der  nämlichen  tpavtaöia  verharrend  von 
der  Konjunktion  in   den  Zwillingen  in  420  Tagen   12  Stunden.      Die 
Grammatik  würde  darauf  hinführen,  die  Worte  iv  Tj^sQais  tst^anoöiaig 
cögaig   dädexa   zu  %ata(poQäv  ^oultaL   zu  beziehen:    aber  was   soll  es 
heifsen,    dafs    ein  Fixstern   oder  Sternbild   seine  Umdrehung  von  Ost 
nach  West,  statt  in  24  Stunden,  vielmehr  in  420y2  Tagen  macht?    So 
scheint    trotz    des    grammatischen  Bedenkens    iv   rj^sQaLg  vielmehr  zu 
ETtt^ivcov  bezogen  werden  zu  müssen.     Der  Sinn  wäre   also,  dafs  das 
Gestirn    die    gleiche  „Erscheinung"  in  420  Tagen   12   Stunden  behält, 
von  der  Konjunktion  in  den  Zwillingen  ab.     Man  vermifst  wiederum 
die  Angabe,  zu  welchem  Planeten  jenes  Gestirn  in  Konjunktion  tritt; 
vielleicht    mufs  man  die  Aufklärung  darüber  am  Anfang  des  ganzen 
Stückes    voraussetzen.     Die    lange  Periode,    die  sich  an  jene   6vvodog 
knüpft,  läfst  an  einen  der  oberen  Planeten  denken,  und  die  im  ganzen 
ungünstige  astrologische  Deutung  spricht  mehr  für  Mars  oder  Saturn 


1)  Vgl.  über  diese  Bedeutung  von  noXog  die  Zusammenstellung  von  E.  Maafs, 
Aratea  p.  124  sqq. 


Franz  Boll:  Astrologisches  aus  den  Münchener  Papyri  497 

als  für  Jupiter.  Diese  Synodos  findet  also  in  den  Zwillingen  statt; 
folglich  hat  der  Fixstern  oder  das  Sternbild  eine  Länge  von  Xf  0  —  30°. 
Was  soll  man  sich  aber  unter  jener  Periode  von  420 Yg  Tagen 
vorstellen,  in  welcher  das  Gestirn  nach  der  Konjunktion  verharrt? 
Man  könnte  durch  den  Ausdruck  iv  rf;  avti]  (pavraöi'a  an  licht- 
veränderliche Sterne  erinnert  werden;  allein  wir  wissen  nichts  davon, 
dafs  ii-gend  jemand  vor  dem  17.  Jahrhundert  solche  Beobachtungen 
gemacht  hat,  und  die  kurzen  Perioden  des  Lichtwechsels  bei  den  mit 
blofsem  Auge  sichtbaren  veränderlichen  Sternen  schliefsen  die  Annahme 
vollends  aus.  Es  scheint  sich  also  nicht  um  astronomische,  sondern 
um  astrologische  Perioden  zu  handeln.  Ein  unmittelbares  Zeugnis 
kenne  ich  nicht,  wohl  aber  eine  Analogie.  Manilius  handelt  am  Schlufs 
des  vierten  Buches  (v.  818  ff.)  von  den  sog.  signa  ecliptica  (vgl.  auch 
Nechepso-Petosiris  ed.  Riefs  p.  361,  25).  Die  periodische  Wandel- 
barkeit aller  Dinge  im  Kosmos  teilen,  wie  der  Dichter  erklärt,  auch 
die  Zeichen  des  Tierkreises:  wenn  nämlich  in  ihnen  eine  Mondsfinsternis 
eingetreten  ist,  so  verlieren  sie  für  eine  bestimmte  Zeit  ihre  Kraft. 
Diese  Perioden  sind  von  verschiedener  Gröfse  (v.  853  ff.),  bald  länger, 
bald  kürzer  als  ein  Jahr: 

Nee  tarnen  aequali  languescunt  tempore  cuneta 
sed  modo  in  affectus  totus  producitur  annus, 
855  nunc  brevius  lassata  manent,  nunc  longius  astra, 
exceduntque  suo  Phoebeia  tempora  casu. 
Ahnliche  rein  astrologische  Perioden  sind  anscheinend,  unter  dem 
Namen  cpavtKöia,  in  unserm  Fragment  beschrieben;  wie  dort  von  Monds- 
finsternissen, so  gehen  sie  hier  von  Konjunktionen  von  Fixsternen  imd 
Planeten  aus.    Aristoteles  (meteorol.  I  343b  28)  berichtet,  dafs  die  alten 
Ägypter  solche    Konjunktionen  beachtet  haben,  und  fügt   eine   eigene 
Beobachtung  dieser  Art  hinzu  ^);   und  aus   dem   KaQTiog  des  Ps.-Ptole- 
maios    (§  ^ri'^    geht   hervor,    dafs    die    Astrologen    Gewicht    auf   diese 
ßvvodoi  legten.  ^)     Am  Ende  unseres  Fragmentes  ist  der  Eintritt  einer 
sxlsijjjtg  erwähnt;  vermutlich  ist  darunter  weder  Monds-  noch  Sonnen- 
finsternis, sondern  eine  Bedeckung  des  betreffenden  Fixsterns  durch  den 
Planeten  zu  verstehen. 


1)  JTpog  Sh  TovToig  nal  ol  Alyvittioi  cpaGi  xccl  tcav  nlav^tcov  Kai  ngog  ccvtovg 
Kccl  Ttgbg  tovg  anXavslg  yiyvsed'ai,  avvodovg,  kkI  avtol  iwQccKCi^iv  rbv  ccar^ga  tbv 
tov  ^ibg  rmv  iv  rolg  ^didv^LOig  avveX&ovra  tivl  älg  rjdi]  nccl  atpavidavta ,  ccXX'  ov 
XOftTJTTJV  ysvofisvov. 

2)  "Orav  (or£  cod.)  ov  Svvrid'^g  TtoiTJeat  rr]v  2BXrjvriv  gvvo&svslv  &6TQCcet 
övoi,  7Coir}aov  Tcivxr\v  Gvvodsvsiv  ccTtXccvst  aötQa  (^ocnXavstg  acrqov  cod.)  itpäfftv 
üxovn  Twv  ovo  (der  Text  nach  Vindob.  phil.  gr.  108). 


498  I-  Aufsätze 

Nach  diesen  Vorbemerkungen  werden  in  dem  Fragment  nun  die 
Wirkungen  jenes  Gestirnes  oder  Sternes  geschildert,  wenn  er  neben 
dem  aufgellenden  Zeichen  am  Himmel  erscheint.  Der  Ausdruck  lautet 
jiaQUvatSLXag  rats  ysvaösöi.  Ich  habe  zu  anderem  Zweck  eine  möglichst 
vollständige  Zusammenstellung  der  zahlreichen  Stellen,  an  denen  das 
Wort  TtuQavccTElleiv  vorkommt,  gemacht  und  dabei  gefunden,  dafs  es 
ausschliefslich  von  Fixsternen  oder  Sternbildern,  nicht  auch  von  Pla- 
neten gebraucht  wird^),  und  zwar  in  der  Regel  von  Sternen  aufser- 
halb  des  Tierkreises:  oi  TtuQavcctsXXovtsg  oder  rä  Ttagavatslkovra  heifsen 
in  der  griechischen  Astronomie  häufig  die  Sterne  oder  Sternbilder  nörd- 
lich und  südlich  der  Ekliptik.  Die  Anwendung  des  Wortes  nuQava- 
xilleiv  liefert  also  eine  weitere  Bestätigung,  dafs  hier  von  Fixsternen 
oder  Sternbildern  die  Rede  ist. 

Auf  die  Einzelheiten  der  astrologischen  Deutung  ist  näheres  Ein- 
gehen nicht  erforderlich,  Sie  dreht  sich  zumeist  um  die  xv^ri  xzrjTLJiy] 
(Ftolem.  Tetrab.  IV  2)  und  um  die  öwag^oyaC  oder  öv^ßLcjGsLg 
(ib.  IV  5),  dann  um  xExva^  q)iloi  und  E%d-QOL,  ^evtreia  (ib.  IV  6 — 8), 
auch  um  die  Ttäd'r]  öco^atiKcc  (ib.  III  13).  Die  Ausdrucksweise  des 
Verfassers  ist  merkwürdig  geschraubt  und  oft  kaum  verständlich  (be- 
sonders I  4  slg  vTCOöTQOcprjv  tilg  avxfig  öv^ßLaöacog  xcjQovvtsg^  auch 
II  1 — 4).  Seltsam  ist  die  Wendung  (I  3):  iäv  de  6  %Qrj^att^cav  XQV' 
^axCöri.  Bei  Nechepso-Petosiris  (p.  365,  366  u.  ö.)  findet  sich  xqtjiiu- 
xit,ovxa  t,(pdia  und  %Qrj^axit,ovxeg  ccöxeQsg,  bei  Porphyrios  (p.  193) 
ebenfalls  XQrj^atit,ovxcc  t^dca;  bei  Paulus  von  Alexandria  (H  4"^)  steht 
XQrj^axi^SLV  in  der  Wendung  aal  xvQLog  xfjg  rj^SQag  6  "Hliog  XQrjfia- 
xiöag^  fast  wie  xvyxdvsiv.  Der  genaue  Sinn  ist  in  den  übrigen  Fällen 
schwer  zu  bestimmen;  doch  scheint  es  sich  allemal  um  die  Bedeutung 
„mafsgebend,  wirksam  sein"  zu  handeln.  Hier  ist  zu  6  XQrjiiaxL^cjv 
wohl  hinzuzudenken  6  xöjiog  und  zu  übersetzen:  wenn  der  entscheidende 
Ort,  d.  h.  in  erster  Linie  das  aufsteigende  Zeichen  wirksam  ist  (näm- 
lich durch  einen  Planeten). 

Beim  19.  Gestirn  ist  alles  ganz  analog  wie  beim  18.;  nur  dafs  es 
am  südlichen  Himmel  und  zwar  sehr  südlich  (jtQog  xä  voxsCg}  nöka: 
die  Präposition  fordert  hier  den  bestimmteren  Sinn  von  Südpol,  nicht 
blofs  von  südlichem  Himmel)  liegt  und  dafs  seine  cpavxaata  von  der 
Konjunktion  im  Steinbock  an  485  Tage  7  Stunden  beträgt.     Nach  der 


1)  Die  in  der  Pariser  Ausgabe  des  griechischen  Thesaurus  verzeichnete  Stelle 
Tetrab.  11  7,  p.  77,  22,  wo  anscheinend  nagocvarillHv  von  Planeten  gebraucht  wird, 
fällt  weg;  in  der  guten  Überlieferung  (Vatic.  1038)  steht  wie  bei  Proklos  Trccpodtar, 
nicht  ■nccQuvutsXXövtüiv . 


Franz  Boll:  Astrologisches  aus  den  Münchener  Papyri  499 

Konjunktion  im  Steinbock  hat  dieses  Gestirn  eine  Länge  von  /?  0"  —  30". 
Der  strenge  Parallelismus  des  Ausdrucks,  der  sich  in  der  Beschreibung 
des  18.  und  19.  Gottes  äufsert,  mufs  beabsichtigt  sein,  obgleich  aller- 
dings der  Sprachschatz  des  Verfassers  auch  sonst  beschränkt  ist^), 
und  erlaubt  vielleicht  etwas  weitergehende  Schlüsse  über  den  Zusammen- 
hang und  die  Absicht  des  Ganzen.  Wie  schon  bemerkt,  gehört  das 
18.  Gestirn  dem  nördlichen,  das  19.  dem  südlichen  Himmel  an.  War 
diese  Abwechslunsr  von  südlichen  und  nördlichen  Gestirnen,  wie  es  nahe- 
liegt,  überhaupt  das  Prinzip  der  ganzen  Aufzählung,  so  mufs  die  Reihe 
mit  einem  südlichen  Stern  begonnen  haben  und  jedesmal  an  den  un- 
geraden Stellen  ein  südlicher,  an  den  geraden  ein  nördlicher  Stern  ge- 
nannt gewesen  sein.  Beachtet  man  nun  weiter,  dafs  die  griechischen 
Sternbezeichnungen  hier  in  auffälliger  Weise  vermieden  sind,  und  dafs 
in  den  uns  vorliegenden  Texten  griechischer  Astrologen  eine  solche 
Liste  von  „Göttern"  nicht  enthalten  ist,  so  darf  man  die  Lösung  auf 
orientalischem  Boden  suchen.  Diodor  spricht  in  seiner  berühmten  Dar- 
stellung der  Astronomie  und  Astrologie  der  Chaldaeer  (II  31  f )  zuerst 
von  den  Planeten,  dann  vom  Tierkreis,  in  welchem  die  Chaldaeer 
30  Sterne  als  dsol  ßovXaloi  unterscheiden,  und  zuletzt  von  einer  weiteren 
Reihe  von  24  nördlichen  und  südlichen  Sternbildern :  ^£tu  da  tbv 
^(pdiccxbv  xvxkov  si'xoöL  xal  xtTxaQag  äg)OQL^ov6iv  äötSQccs,  cov  tovg 
fiev  rjfiLöELg  iv  rots  ßoQeioig  fiSQSöi^  tovg  d'  rj^tösig  iv  totg  vottoig 
tExdyjQ-ai  qpaöt,  ^al  tovtcov  tovg  ^ev  OQCJ^evovg  xäv  t,(ovxcov  slvai 
xaxccQid'iiovöL,  xovg  d'  acpavstg  xolg  x£xeX£vx'r]XÖöL  TtQOöcoQiGxtai  vo^t- 
t,ov6LV  ovg  ÖLxaöxäg  xav  öAcov  7tQo6uyoQBvov6iv.  Die  Auffassung  und 
Bezeichnung  der  Sterne  als  Götter,  die  in  unserm  Fragment  angewendet 
wird,  erinnert  an  jene  30  ^sol  ßovlaioi:  die  Reihe  selbst  aber,  aus 
der  wir  den  18.  und  19.  Stern,  einen  nördlichen  und  einen  südlichen, 
kennen  lernen,  dürfte  wohl  jene  24  nördlichen  und  südlichen  Sterne 
umfafst  haben,  die  bei  Diodor  dixaöxal  xav  okcov  heifsen. 

Nun  ist  das  18.  Gestirn  unseres  Fragmentes  im  HimmelszwölfteP) 

1)  Er  hat  eine  merkwürdige  Vorliebe  fiir  %oigHv,  das  in  dem  kleinen 
Stück  nicht  weniger  als  fünfmal  vorkommt  (I  5.  11  2.  3.  15.  20).  ElaoSiaöfiog 
kommt  zweimal  vor  (I  16  und  vermutlich  I  27);  i^oäid^co  11  4  und  jedenfalls  eine 
Zusammensetzung  mit  öSlcc^co,  wenn  ich  richtig  ergänzt  habe,  i^oÖLaa^iög,  I  16 
{siaodici^siv  auch  bei  Nech.-Petos.  gebraucht^  p.  372,  268).  Hv^ßLcoaig  steht  I  5. 
22.  27;  7]  Gv^ßiovacc  I  25;  ccvdXcoaLg  I  17.  11  4;  aws^BiS  I  19-  24;  vno6TQO<fri  I 
4.  27;  a.Xv6ix£lrjg  I  17.  27:  für  ein  so  kleines  Stück  ist  das  eine  auffallend  häufige 
Wiederholung  der  gleichen  Worte. 

2)  Vgl.  über  diese  Abteilimg  nicht  nur  des  Tierkreises,  sondern  der  ganzen 
Sphäre,  die  sich  aus  Diodor  notwendig  ergiebt,  Letronne,  Journal  des  savants 
1839,  p.  585. 


500  I-  Aufsätze 

der  Zwillinge,  das  19.  in  dem  des  Steinbocks  gelegen.  Diese  Sterne 
liegen  sich  also  am  Himmel  fast  gegenüber.  Wenn  der  17.,  als  ein 
südlicher  Stern,  dem  19.  am  Himmel  zunächst  voranging,  so  miiTste 
er  im  Himmelszwölftel  des  Schützen  liegen:  als  ein  Paar  stellen  sich 
somit  ein  südlicher  Stern  in  der  Nähe  des  Schützen  (der  17.)  und  ein 
nördlicher  in  der  Nähe  der  Zwillinge  (der  18.)  heraus.  Diese  beiden 
Teile  der  Ekliptik  aber  liegen  sich  genau  gegenüber.  Es  scheint  also, 
dafs  ein  doppelter  Gegensatz  innerhalb  der  Stempaare  besteht:  der 
südliche  liegt  dem  nördlichen  Stern  zugleich  auch  als  der  östliche 
dem  westlichen  gegenüber.  Wunderlicher  Weise  hat,  wie  ich  aus 
Bouche-Leclercq,  L'astrologie  grecque  p.  44  Anm.  sehe,  Sayce  gemeint, 
Diodor  habe  nicht  nördliche  und  südliche,  sondern  vielmehr  östliche 
und  westliche  Sterne  sagen  wollen.  Ich  kann  die  nicht  näher  bezeich- 
nete Stelle  bei  Sayce  nicht  finden  und  kann  daher  seine  Gründe  nur 
vermuten;  aber  in  der  That  scheint  die  Anordnung  in  unserm  Frag- 
ment Sayce  Recht  zu  geben,  ohne  dafs  doch  bei  Diodor  eine  Textver- 
derbnis oder  ein  Irrtum  vorläge. 

Für  weitere  Schlüsse  aus  dem  kleinen  Bruchstück  wird  die  Basis 
gar  zu  schmal.  Höchstens  läfst  sich  noch  die  Vermutung  wagen,  dafs 
wir  unmittelbar  oder  in  einem  Excerpt  ein  Stück  aus  einer  jener 
Schriften  vor  uns  haben,  in  denen  Kritodemos,  Epigenes  u.  a.  den 
Griechen  die  Lehren  späterer  chaldaeischer  Astrologenschulen  vermittelten. 
Werke  ähnlicher  Art  mufs  auch  Manilius  vor  sich  gehabt  haben. 

n. 

Unter  den  Papyrusfragmenten  hat  Herr  Professor  Wilcken  ebenfalls 
ein  kleines  astrologisches  Stück  gefunden,  das  ich  nach  seiner  Trans- 
skription mit  meinen  Ergänzungen  hier  mitteile.  Die  Schrift  gehört 
nach  Wilckens  Bestimmung  dem  IL  Jahrhundert  n.  Chr.  an;  auf  der 
Rückseite  ist  eine  andere  Schrift,  wohl  ebenfalls  noch  aus  dem  IL  Jahr- 
hundert. Unsere  Vorderseite  ist  der  Schluls  einer  Columne;  rechts 
und  unten  freier  Rand. 

1  ]...[ 

2  tov]t(ov  rav  t03tco[v 

3  e:n:i^^aQrvQ0v6t  tovtotg  [ 

4  ro]v  avTov  tQOTtov  [ovv  de 

5  7]6£i  xui  :tQo]g  TTjv  in:lrjQog)OQ[Lav  tceql 

6  a7toxEXs6iia\tGiv  TtQaxtLxav  ta[v  te  stcl 

7  xsiQrjfiarav^  xai  tav  ev  ßuo  övvßatvoy 

8  tav  |u.£Tßj3oAa)]v  e^  avrrjs  trjg  rovrav  na 


Franz  Boll:  Astrologisches  aus  den  Münchener  Papyri  501 

9  Qodov  xaraJTtEQaiovßd-ai  rag  xad'  exccörrj 

10  xataQxrjv  x]QOvoyQaq)iag  oxav  rjtot  o  tco 

11  X&VCOV  rj  nQog]  Övöiv  rj  &  7i[qo6]  d  rj  xai  o  6vv 

12  TtaQov  (^  xatcc\  rrjv  \x\vQLoXo['yia]v  UTtoge^ri 

7  „nur  ein  Strich  von  x  und  darnach  X  zu  lesen:  vielleicht  doch  xal"  (W.) 
9  vom  zweiten  cc  in  v.ccxcinsQuiovG9aL  noch  ein  Stück  zu  sehen  11  a   «[pös]^ : 

die  Ergänzung  unsicher,    n   glaube   ich  zu    sehen,    aber   q    ist   zweifelhaft 
12  „vQioX  sicher.     Vorher  der  Buchstabe,  der  hoch  hinaufgeht  zum  T,  kann  wohl 
nur  A'  sein"  (W.) 

Die  ersten  drei  Zeilen  habe  ich  nicht  zu  ergänzen  versucht;  der 
ergänzte  Satz  von  Z.  4  an  wird  durch  eine  Übersetzung  wohl  am 
einfachsten  erklärt:  „Und  in  der  nämlichen  Weise  wird  man  auch  zur 
Gewifsheit  über  günstige  Ausgänge  der  Unternehmungen  und  der  im 
Leben  begegnenden  Veränderungen  aus  dem  Lauf  eben  jener  (Gestirne) 
die  Zeitberechnung  für  jedes  Beginnen  durchführen  müssen,  wenn  ent- 
weder der  71oXevg3v  in  der  Dysis  steht  oder  die  Sonne  beim  Mond  oder 
auch  der  dem  Mond  nahestehende  Planet  nach  dem  Terminus  'weg- 
schleicht'": also  eine  subtile  Vorschrift  für  Berechnung  von  v,axag%aL 
Die  Zeilenlänge  habe  ich  nach  v.  11  und  12  angenommen,  wo  die  vor- 
geschlagene Ergänzung  ziemlich  sicher  scheint.  IlQaxrLxcc  (v.  6)  findet 
sich  im  gleichen  Sinn  bei  Valens  (Nechepso-Petosiris,  fragm.  ed.  Riefs 
p.  366,  40);  xQovoyQcciptag  (v.  10)  ebenda  (aus  Nechepso-Petosiris, 
p.  366,  44);  öv^TiaQElvai  Usltjvr}  (v.  12)  ebenda  (aus  Nech.  p.  371,  223; 
in:L]fiaQtvQov6L  (v.  3)  ebenda  (ebenfalls  aus  Nech.,  p.  366,  47;  367,  58); 
zu  xataj^isQaiovöd'cci^  wie  ich  ergänzt  habe,  vgl.  ebenda,  gleichfalls 
im  Citat  aus  Nech.  (p.  367,  63),  öv^jcsgaiovöd'at.  Auch  inhaltlich  be- 
rührt sich  unser  Fragment  eng  mit  jenem  Stück  bei  Nechepso-Petosiris 
(fr.  21  Riefs);  es  kann  also  wohl  aus  diesem  Werk  oder  einem  darauf 
zurückführenden  stammen.  —  Tbv  avtbv  tQO^tov  xcd  STtl  rijg  täv  %q6- 
vcov  diULQeösag  öxoTtslv  dsrjöEi^  hat  Valens  ebenda  p.  366,  38.  Über 
den  Begriff  TioXevav  vgl.  Paul.  Alexandr.  H  3\  KvQiokoyCu  ist  mir  als 
astrologischer  BegriflP  nicht  bekannt;  das  Wort  wird  seiner  gewöhn- 
lichen Bedeutung  entsprechend  auch  hier  soviel  wie  „terminus  tech- 
nicus"  heifsen  und  den  Ausdruck  anoQB^ri  einleiten.  Diesen  glaube 
ich  schon  gelesen  zu  haben,  kann  ihn  aber  im  Augenblick  nicht  nach- 
weisen; auf  alle  Fälle  entspricht  er  dem  häufiger  vorkommenden 
icnoQQBlv  (z.  B.  Manetho  VI  665,  lateinisch  defluere  Firmicus  IV  9 
p.  209,  1  Kroll). 

München.  Franz  Boll. 


IL  Referate  und  Besprechungen. 

Litter  arische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen. 

(Vgl.  oben  S.  104—120.) 

Die  in  diesem  Bericht  angekündigten  Papyri  sind  zum  gröfsten  Teile 
in  dem  zweiten  Bande  der  Oxyrhynchos-Papyri  ^)  enthalten,  eine  Reihe  von 
Stücken  gehört  der  von  R.  Reitzenstein  in  Ägypten  zusammengebrachten 
Strafsbui-ger  Sammlung  an  (33,  34,  38,  41,  42,  50,  52,  60,  67);  vereinzelt 
steht  ein  Papyrus  aus  Berlin  (32),  aus  Dublin  (49),  aus  Wien  (68),  end- 
lich eine  Berliner  Wachstafel  (44)  und  Wilckensche  Palimpsestblätter  (61,  62). 
Ausgeschlossen  wurden  die  inzwischen  aus  der  Sammlung  der  herkulanensischen 
Rollen  bekannt  gemachten  neuen  Texte,  da  hierüber  bald  im  besonderen 
gehandelt  werden  soll.  Lateinische  Papyri  waren  nicht  zu  verzeichnen. 
Wenn  in  den  folgenden  Zeilen  die  Darstellung  der  Zeichen-  imd  Wortformen 
den  breitesten  Raum  einnimmt,  so  liegt  das  zwar  an  einer  persönlichen 
Neigung  des  Verfassers,  wird  aber  auch  durch  den  Zweck  des  Berichtes 
gerechtfertigt.  Vielfach  wünschte  man,  dafs  die  Herausgeber  mehr  Abbil- 
dungen beigegeben  hätten,  denn  die  Beschreibung  durch  blofse  Worte  ist  in 
vielen  Fällen  ganz  unzulänglich.  Von  F.  G.  Kenyon  ist  diesmal  keine  neue 
Ausgabe  zu  besprechen  gewesen,  obwohl  man  noch  eine  wichtige  Arbeit  von 
ihm  erhofft.  In  der  Einleitung  seines  zweiten  Bandes  der  Greek  papyi'i 
in  the  Biitish  Museum  werden  unter  den  neuen  Erwerbungen  aus  den  Jahren 
1891—1895  eine  ganze  Reihe  litterarischer  Papyri  aufgezählt,  von  denen 
erst  der  kleinere,  freilich  der  weitaus  wichtigere  Teil  herausgegeben  ist. 
Die  zahkeichen  kleinen  Stückchen  liefsen  sich  wohl  zu  einem  hübschen 
Bändchen  vereinigen. 

I.    Dichterische  Stücke. 

31.  Oxy.  II  96—114,  Nr.  223;  dazu  Tafel  I  (Col.  10).  Langes  Stück 
einer  Papyrusrolle  (26  X  209,5  die  ersten  10  Columnen),  auf  deren  Vorder- 
seite  die   Bittschrift   der  Dionysia  (186  n.  Chr.)   und   andere  Urkunden   ge- 


1)  Part,  n,  London  1899;  s.  oben  S.  104.  Von  Anzeigen  dieses  Bandes  sind 
benutzt  worden  F.  Blafs  (Litterar.  Centralbl.  1899,  1657—1660),  A.  Ludwich  (Ber- 
liner philoL  Wochenschr.  1900,  353  —  360  und  385  —  394),  Hans  Raeder  (Nordisk 
Tidskrift  for  filologi  1900,  29 — 41),  Henri  Weil  (Nouveaux  fragments  de  Menandi-e 
et  d'autres  classiques  grecs,  Jom-nal  des  savants  1900,  48  —  54,  95  — 106)  und 
U.  V.  Wilamowitz  -  MoellendorfF  (Göttingische  gelehrte  Anzeigen  1900,  28  —  58). 
Wiederum  ist  es  die  letzte  Anzeige,  welche  für  Text  und  Erklärung  der  ein- 
zelnen Papyri  das  Meiste  und  Wichtigste  beiträgt. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen      503 

schrieben  waren.  Dann  wurden  diese  Teile  zusammengeklebt,  um  auf  der 
Rückseite  den  vorliegenden  Text  zu  erhalten.  Die  Schrift  ist  eine  grofse, 
schräge  Unziale,  in  der  besonders  die  lang  nach  unten  durchgezogenen  Striche 
von  r  P  T  Y  0  X  auffallen;  sie  gehört  etwa  den  ersten  Jahrzehnten  des 
ni.  Jahrhunderts  n.  Chr.  an.  Die  einzelne  Seite  enthielt  25  Zeilen.  Eine 
gewisse  Beachtung  verdient  es,  dafs  uns  dieser  Papyrus  einen  vollständig 
erhaltenen  Rollenanfang  bietet.  Denn  dies  läfst  sich  nicht  bezweifeln,  da 
die  erste  Zeile  der  ersten  Columne  mit  E  1  der  Ilias  beginnt  und  da  eine 
späte  Hand  einen  leichten  Verlust  am  linken  Rande  dieser  Seite  durch  An- 
kleben eines  neuen  Papyrusstückes  wieder  ersetzte,  was  doch  nur  an  einem 
Endstücke  vorkommen  konnte.  Wir  sehen  nun,  dafs  die  erste  Seite  eines 
Papyi'us  keinen  Titel  trug,  sondern  sofort  mit  dem  Texte  anfing.  So  mufs 
es  auch  im  Washim- Papyrus  gewesen  sein  (s.  oben  S.  106),  wo  sich  durch 
die  Bei'echnung  der  fehlenden  Verse  sicher  feststellen  läfst,  dafs  die  erste 
Seite  einen  Titel  nicht  enthielt.  Die  Accente  sind  recht  häufig  angewendet 
('^  "),  bei  Diphthongen  trägt  gewöhnlich  der  erste,  seltener  der  zweite  Vokal 
das  Zeichen.  Ganz  eigenartig  ist  der  Gebrauch  des  Gravis.  Dieser  Accent 
wird  nämlich  nur  bei  oxytonen  Wörtern  gebraucht  und  steht  dann  regel- 
mäfsig  auf  der  vorletzten  Silbe  (eg&Iov  3  KQarog  7  ds^lov  45  ßgorokolys  31 
TS  «[ßjiißTa  (=  reo)  237  u.  s.  w.),  während  die  betonte  Endsilbe  nur  bei 
einsilbigen  Worten  den  Gravis  erhält  (z.  B.  (jt«?  112,  Zsvg  265),  den  Akut 
aber    vor    einer    Pause    (z.  B.    ^sßöYiyvg'    41)     und    vor    einem    enklitischen 

Wörtchen  (z.  B.  ttotc  fioi  116,  kIv&i  fioi  115)^);    M^TA   CppeNGÜ  zeigt 

an,  dafs  man  hier  zwei  Worte  lesen  soll,  in  TTPH[N]HC'  APABHC6 
sieht  man,  dafs  der  Schreiber  die  Pause  zuerst  nicht  bemerkt  hatte,  eine 
Besonderheit  ist  aq)veiog  9,  ein  Fehler  ai^ricov  92,  sficov  221,  kqeI  196,  £tv' 
245,  wozu  noch  einige  andere  kommen:  eyco  190  aQvvro  47,  Aiuiovg  264, 
nvSog  33.  ^)  I-Punkte  sind  fleifsig  über  t  und  v  zu  Anfang  eines  Wortes 
oder  nach  einem  Vokale  gesetzt,  merkwürdig  ist  FYIA  122;  das  Silben- 
trennungszeichen (s.  oben  S.  111)  erscheint  in  £y'''iEog  17  und  wohl  auch 
in  £%ßct\E  39,  wo  die  Engländer  in  einem  undeutlichen  daneben  geschi'ie- 
benen  Zeichen  ein  y  vermutet  hatten;  Länge  und  Kürze  der  Silbe  ist  öfter 


1)  Diese  Anwendung  des  Gravis  mufs  auf  einer  wohlausgesonnenen  Gramma- 
tikerregel beruhen,  von  der  sich  in  einem  Falle  noch  die  deutlichen  Spuren  auf- 
weisen lassen.  Wird  ein  zweisilbiges  Oxytonen  elidiert,  so  erhält  die  übrig  blei- 
bende Silbe  die  ßagsla,  wie  z.  B.  in  dem  oben  erwähnten  Falle  t^'  ägfiara  E  237, 
wozu  die  Schollen  im  Ä  bemerken:  t6  nXfjQ^g  ^«'T'-  ^fo^'  Slo  ßaqvxovr\tiov.  So  steht 
-ncd,'  im  Bankesianus  (La  Roche,  Homerische  Textkritik  S.  440)  als  einziges  Bei- 
spiel dieser  Art,  aber  sehr  vieler  im  Venetus  A,  z.  B.  v,al'  J  147.  E  92,  y.äx' 
E  787.  Z  157  0  228,  dollx  H  255,  aßlrjxQ'  &  178,  vgl.  La  Roche,  Text,  Zeichen 
und  Schollen  des  berühmten  Codex  Venetus  der  Ilias  (Wiesb.  1862)  S.  5.  Es  findet 
sich  aber  noch  anderes:  avrccQ  IL  iV"164  im  Papyrus  Von  Elephantine  (La  Roche, 
Textkritik  449,  der  hier  in-tümlich  einen  Spiritus  vennutet),  avtog  im  Sophokles- 
papynis  Oxy.  I  22  (s.  oben  S.  110)  Vers  379  cclzj]tov  384,  Kn^ixra  439,  daneben 
freilich  auch  Fehler:  owIk  t^v  syböi  nöXig  383,  jiTj  x[aX£t,g  431.  IJberhaupt  ist 
dieses  Blatt  unsrer  Rolle  noch  in  andern  Dingen  ähnlich,  denn  es  hat  auch  nur 
die  Bezeichnung  des  starken  Hauches  (5  Fälle),  weist  ebenfalls  Länge-  und  Kürze- 
zeichen auf  und  trennt  ovn  durch  ein  Häkchen  von  dem  folgenden  Worte  (384, 
430;  dies  hatte  ich  oben  anzuführen  unterlassen). 

2)  228  ist  von  den  Engländern  falsch  d  ^fioi  abgeteilt  worden, 


504  11-  Referate  und  Besprechungeü 

bezeichnet,  z.  B.  in  KPÄTOC  6,  ÄPGC  APGC  37.  Beim  Spiritus  ist 
auffällig,  dafs  er  auch  in  der  Mitte  des  Wortes  auftritt:  TtQO'iei  15,  asKovxag 
164,  sißoootov  183.^)  Noch  mehr  aber  ist  zu  bemerken,  dafs  der  Spiritus 
asper  (  ^,  aber  270  und  441  ist  *"  gedruckt)  in  den  meisten  Fällen,  wo  er 
stehen  soll,  auch  gesetzt  wird  (86x),  nur  einmal  hingegen  der  lenis,  und 
das  in  einer  Form  {'idov  27),  welche  im  gewöhnlichen  Leben  den  asper 
hatte. ^)  Man  ersieht  daraus,  wie  der  Hauch  in  der  lebendigen  Sprache 
schon  sekr  im  Schwinden  begiiffen  war,  eine  Thatsache,  die  sich  auch  schon 
aus  andern  Beobachtungen  hat  erkennen  lassen.  Beim  Elisionszeichen  bleibt 
noch  01»;^'  aXtov  18  zu  erwähnen.^)  Die  Paragraphos  wird  oft  gesetzt  ( — 
und  > — ),  daneben  Punkte  oben  und  unten,  von  denen  die  av(o  ariy^iri  die 
häufigere  ist,  ohne  dafs  man  einen  Unterschied  bemerkt.  Ein  ausgelassener 
Vers  wird  zweimal  (83  und  126)  am  Rande  hinzugefügt,  wobei  die  Zeichen 
zu  beobachten  sind.  Der  Vers  nämlich,  hinter  welchem  die  Ergänzung  ein- 
gefügt werden  soll,  erhält  an  seinem  rechten  Ende  KATGü,  am  linken  T, 
falls  der  Vers  am  untern  Rande  gesucht  werden  soll,  im  andern  Falle 
ÄNGü  und  vi/,  und  der  neue  Vers  wird  mit  ähnlichen  Zeichen  ÄNOü  (KATOJ) 
und  vi»  ('p)  an  seine  Stelle  verwiesen.  Über  einige  Bemerkungen  am  linken 
Rande  wird  unten  noch  besonders  gehandelt  werden.  Die  Lesezeichen  aber 
verteilen  sich  auf  zwei  spätere  Hände  (der  erste  Schreiber  hat  wenig  ein- 
gesetzt), und  zwar  hinterliefs  die  frühere  von  diesen  einen  Teil  der  Ver- 
besserungen und  die  Punkte  und  Buchstabenzeichen.  Die  zweite  hat  ein 
verloren  gegangenes  Stück  am  linken  Rande  der  ersten  Columne  ersetzt, 
mancherlei  Verschiebungen  angebracht  und  von  104  an  die  Sprecher  am 
linken  Rande  angegeben  (IZ'av(ö)ßp(o?)  jr^(6g)  Aivelav^  noijjr'^g),  Aivdag 
nccv8äQ[(üt)  u.  s.  w.). 

Homer,  Ilias  £  1—278,  284—303,  329—351,  353—374,  397—406, 
420 — 421,  425 — 442,  544 — 548,  701 — 705.  Die  Rolle  hatte,  wenn  sie 
nur  das  £  enthielt,  37  Colunmen-,  davon  sind  vollständig  oder  zum  Teil 
erhalten  1—12,  14 — 15,  17—18,  23  und  29,  von  909  Versen  im  Ganzen 
380.  Was  die  Rechtschreibung  betrifft,  so  sind  h  und  z,  f  und  et  ziemlich 
häufig  mit  einander  vertauscht;  kurzes  t  ist  nur  in  blös  171  (l.  Hand)  und 
in  a(/l)A  sya  ov  ttei'&ojlitjv  201  durch  Diphthong  wiedergegeben,  ecpeikaro  61 
hat  die  2.  Hand  aus  ecplXaro  hergestellt,  vets  152  (=  vis)  ist  die  Schrei- 
bimg der  Ungelehrten  (ystög  sehr  oft  die  Grabsteine  und  Urkunden  späterer 
Zeit),  e^Lx^i]  134  entspricht  ebenfalls  dem  Zeitgebrauche;  t]  und  et  wechseln 
in  6IM6N  (=  i)  fiiv)  128,  r}  und  t  in  avirjöretvai  140  und  AH  (=  öi') 
370;  etwas  auffällig  ist  Hcp^]atoq  23,  und  in  metrischer  Hinsicht  ««[i  434 
(=  ahi  der  Hss.).     Weniger   ist  auf  dem  Gebiet   der  Konsonanten  gefehlt: 

1)  Vgl.  über  die  „Interaspiration"  Kühner-Blafs  I  113 — 114.  Sie  ist  schon  in 
zwei  anderen  Homerpapyri  beobachtet  worden,  nämlich  ■KQO'in  Oxy.  I  21  (s.  oben 
S.  105)  und  Sikn'  im  Bankesianus  (La  Roche,  homerische  Textkritik  440).  Im 
Venetus  A  ist  sie  gar  nicht  selten,  und  zwar  erscheint  sie  vorzüglich  bei  aiy,(ov 
und  bei  Kompositis  von  irj/xt,  vgl.  La  Roche,  Text,  Zeichen  und  Schollen  des  Ve- 
netus S.  40,  wo  auch  auf  die  zahlreichen  Stellen  hingewiesen  wird,  an  denen  die 
Schollen  von  diesem  Innenhauche  reden. 

2)  Z.  B.  itpidövra  Oxy.  I  44,12  (I.  Jahrh.  n.  Chr.),  i(pi8£lv  51,7  (137  n.  Chr.), 
i(fiSiv  icptöov  53,  7.  9  (316  n.  Chr.). 

3)  Vgl.  Anm.  1  und  Quaest.  Hercul.  (diss.  Gott.  1898)  S.  13. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen       505 

6  und  r  gehen  öfter  nach  ägyptischer  Weise  in  einander  über  (183,  185, 
213),  sxoxa  für  e^oxa  61  1.  Hand,  vJTt  T/v[to;^a>  231,  6(ok  v\i,og  266,  &iö- 
■jtaxa  64;  a6dt]v  203  ist  nach  der  Vorschrift  des  Nikias  für  aörjv  geschrieben 
(vgl.  die  Scholien  zu  der  Stelle).  Das  bewegliche  v  steht  im  Versinnem 
zweimal,  wo  das  Metrmn  seine  Anwesenheit  nicht  verträgt  (33,  195;  die 
2.  Hand  tilgte  es)  und  fehlte  einmal  (ßgas'  imixa  139,  ebenfalls  später 
verb.),  am  Ausgange  steht  es  immer,  auch  wenn  der  folgende  Vers  mit 
einem  Konsonanten  (47,  68,  151,  212)  beginnt,  nur  in  iXvas  ||  ev  176 — 177 
ist  es  fortgelassen.^)  Jene  380  Verse  zeigen  im  allgemeinen  den  gewöhn- 
lichen Bestand,  nm-  fehlt  Vers  42  mit  dem  Venetus  A  und  dem  Townlejanus, 
75  ist  von  erster  Hand  fortgelassen  und  von  zweiter  irrtümlich  nach  83 
(dort  pafst  er  garnicht)  wieder  eingefügt,  und  derselbe  Leser  hat  auch  126 
am  Rande  ergänzt;  diese  beiden  letzten  Auslassungen  sind  ohne  grofse  Be- 
deutung. Sonst  ist  aus  der  Zahl  der  wirklichen  Lesarten  (vgl.  die  langen 
Zusammenstellungen  in  der  Oxforder  Ausgabe  S.  111 — 114),  und  deren  giebt 
es  eigentlich  nur  zwölf,  das  allermeiste  zu  verwerfen,  weil  es  entweder  gegen 
das  Metrum  fehlt  oder  einen  schlechten  Sinn  giebt;  von  Wichtigkeit  ist  nur, 
dafs  in  dem  Verse  141  cct  (liv  x  ay^iOxlvai  in  akXriXoiöt  kexvi'xcii  statt  des 
letzten  Wortes  xixuvxai  steht  („an  sich  gut"  Wilamowitz),  und  dafs  nun 
bestätigt  wird,  was  die  Genfer  Iliashandschrift  von  dem  Vers  104  lehrte, 
nämlich  dafs  die  von  Aristarch  verworfene  Lesart  iiivoq  gewesen  ist,  denn 
so  hat  der  Papyrus. 

Wenn  nun  somit  der  Ertrag  für  die  Textkritik  aus  den  vielen  Versen 
ein  recht  geringer  ist,  so  verlangen  doch  einige  Randzeichen  des  Papyrus 
etwas  mehr  Aufmerksamkeit.  Zuerst  ist  einiges  über  die  Verszählung  zu 
beachten.  Am  linken  Rande  von  99  steht  A,  was  richtig  ist,  denn  es  fehlt 
Vers  75,  bei  200  steht  B  (es  müfste  bei  199  stehen),  bei  296  F  (war  bei 
299  gefordert),  so  dafs  man  also  sieht,  wie  der  erste  oder  2.  Verbesserer, 
denn  dieser  schrieb  die  Zahlen  ein,  recht  nachlässig  zu  Werke  gegangen  ist; 
vgl.  über  den  Washimpapyi*us  oben  S.  107.  Von  gröfserer  Bedeutung  sind 
andere  Zeichen.  Der  wagerechte  Strich,  mit  anderen  Worten  der  Obelos, 
findet  sich  81  und  102  am  linken  Rande  eingezeichnet,  ebendort  ein  auf- 
rechter Strich  (I)  4,  8,  11,  14,  71,  141,  142,  157,  236,  237^)  und  das- 
selbe Zeichen  am  rechten  Rande  41,  ferner  IC  zu  67  und  11  zu  147,  beides 
wiederum  auf  der  linken  Seite.  Damit  die  Sache  übersichtlicher  werde, 
sollen  die  Verse  hier  folgen: 

I  4  Sali  ol  1%  Y,6qv&6g  xs  aal  aöTCLÖog  andfiaxov  nvq 

I  8  ÜGE  öi  fiiv  Kaxcc  ^liöGov,   o&t  TtXetßxot  nloviovxo 

I  11  0'rj'yEvg  ^löatog  xe,  ^dxrjg  £v  slöoxs  Tcaßrjg 

I  14:  dt  6    oxs  6r}  ö^sSov  ijGav  in    aXkriXoLai.v  iovxeg 

41  «ftüot  ^eaar^'yvg,  öi,a  6s  öxri&sGcpiv  sXaaaev     I 

IC  67  ävxLKQvg  Kaxa  kvGxiv  vn    oGxeov  rjXv&^  äKCOKr} 

I  71  löcc  cplXotat  XEKS66C,  xaQi^o^ivT}  noösC  cot 

—  81  <pa6ydv(oi  al^ag^  dno   d'  £|£G£  yßiQa  ßaQstav 

—  102   OQVvG&E^  TQ&eg  iiEyd&v^oi,  HEvxoQsg  imtoav 


1)  Assimiliert  wird  nie,  und  so  steht  auch  av  tieSlov  87. 

2)  So  auch  einmal  in  den  Homerscholien,  s.  unten  Nr,  66, 


506  II-  Referate  und  Besprechungen 

I  141  a[  (lev  t'  ayiiöxivai  i%    alXriloiGt,  niyvvrca  (retavrat  Pap.) 

I  142  avraQ  6  ifi^s^awg  ßa&STjg  e^dXXstai  avXT^g 

"11  147  TtA^s',  ccTtb   ö'  avy^ivog  ü^ov  EEQyad'Sv  tjÖ^  anb  vcotov 

I  157  XsLJt\  eTtsl  ov  ^coovre  ficcirjg  iavoötrjöavre 

I  236  avxco  XE  %xEivrjt  kuI  iXccöGt]!,  (latw/^ag  imtovg 

I  237  ccXXcc  6v  y    avxbg  k'XavvE  xi    aQfiaxa  kccI  xeo)  iTtnco 

Dazu  kommen  noch  zwei  Stellen  aus  dem  Washim-Papyrus  (s.  oben  S.  105), 
die  ich  früher  falsch  erklärt  habe: 

0   20    TCdvXEg    t'    £^CC7tXE6&£    &£0l    7lä6ai    XE    &£aLVCCl        i 

66   ocpQa  fiEv  Tjojff  i]v  nal  M^exo  ieqov  ii^aQ      I 

Ich  habe  nicht  finden  können,  was  die  Zeichen  bedeuten  sollen^):  von  allen 
Stellen  sind  es  nur  zwei,  welche  in  den  Schollen  A  die  öitiXt}  haben,  näm- 
lich £  141  und  0  66,  der  Obelos  aber  stimmt  gar  nicht  mit  A  überein; 
überhaupt  sind  es  mit  wenigen  Ausnahmen  Verse,  zu  denen  die  Schollen 
nichts  besonderes  zu  sagen  wissen.  Man  darf  wohl  hoffen ,  dafs  weitere 
Funde  die  Frage  etwas  aufklären  werden.  Unter  allen  Homerpapyri  ist  es, 
soviel  ich  sehe,  nur  einer,  der  wirklich  Aristarchische  Zeichen  enthält,  näm- 
lich der  Papyrus  des  W  und  ü  im  Britischen  Museum  Nr.  128  aus  dem 
I.  Jahrhundert  vor  Christi.^)  Da  haben  wir  die  Diple  'f  486,  *550,  551, 
574,  *680,  850,  863,  872;  Ä  228,  232,  *544,  die  nur  an  den  mit  Sternchen 
bezeichneten  Versen  in  A  sich  nicht  wiederfindet,  und  den  Asteriskos  (>i<^) 
'P"  657.  Es  ist  aber  weiter  eine  Bemerkung  über  das  Zeichen  nötig,  das 
die  Zusätze  vermitteln  soll,  vb  und  'p.  Man  könnte  es  mit  dem  CO  tcXcc- 
yiov  (3)  verbinden,  was  der  Grammaticus  Venetus  anführt,  Nauck  Lex. 
Vindob.  274^);  näher  aber  liegt  es,  an  die  ancora  superior  (T)  und  die 
ancora  inferior  (vb)  des  Grammaticus  Parisinus  zu  denken  (Nauck  281), 
wenn  auch  die  Erklärung  der  Bedeutung^)  gar  nicht  zu  unserer  Anwendung 
pafst.^)  Es  bleibt  noch  ein  letztes  Zeichen  übrig.  Nach  Vers  134  stöfst 
man  auf  >=,  was  jedoch  so  gedruckt  ist,  als  ob  es  eine  doppelte  Para- 
graphos  vorstellen  sollte.  Während  hier  ein  sicheres  Urteil  erst  auf  eine 
Nachvergleichung  des  Papyrus  gegründet  werden  kann,  sei  inzwischen  be- 
merkt, dafs  es  ein  ähnliches  Zeichen  im  Altertum  gegeben  hat,  wenn  es 
auch  beinahe  verschollen  ist,  ^) 


1)  Sie  gehen  auf  den  2.  Korrektor  zurück,  da  sie  auch  bei  4,  8  und  11  auf- 
treten, in  Stücken,  die  diese  Hand  wieder  ersetzt  hat. 

2)  Hrg.  von  Kenyon  in  seinen  Classical  Texts  in  the  British  Museum  S.  100  ff. 

3)  Nauck  wäre  der  Sinn  des  Namens  nicht  entgangen,  wenn  er  ein  Uncial- 
omega  nlayicog  gestellt  hätte. 

4)  ancora  supei'ior  ad  aliquid  praecipue  dictum  und  ancora  inferior  ad  hu- 
milius  vel  inconveuientius  quid  enuntiatum. 

5)  Im  Thesaurus  steht  unter  ayv.vQa  nichts  derart  veiinerkt;  denn  dafs  so 
auch  ein  Werkzeug  der  Ärzte  geheifsen  hat,  hilft  nicht  weiter.  Doch  haben  den 
„Anker"  vielfach  die  byzantinischen  Schreiber  angewendet,  wenn  sie  nämlich  Text 
und  Scholien  mit  einander  verbinden  wollten  (im  Venetus  des  Aristophanes ,  von 
dem  eine  Seite  bei  Wattenbach-Velsen  auf  Tafel  47  wiedergegeben  ist,  findet  man 
etwa  ein  Dutzend  verschiedener  Arten  dieser  Scholienzeichen,  unseres  nicht),  und 
es  wird  sich  hoffentlich  noch  einmal  zeigen  lassen,  dafs  zwischen  dem  Papyi'us 
und  den  Byzantinern  ein  Zusammenhang  besteht. 

6)  Jener  Grarmnaticus  Parisinus  führt  noch  auf  derselben  Seite  an:  >:  diple 
superne  oblata  (zu  schreiben  obelata)  ponitur  ad  condicionem  locorum  vel  tempo- 


Wilhelm  Crönert:  Litterariöche  Texte  mit  Ausschlul'!^  der  christlichen       507 

32.  Ashmunen-Papyrus,  jetzt  im  Gizeh-Museura,  hrg.  von  G.  J.  Goodspeed 
im  American  Journal  of  Phiiology  Bd.  XXI  (1900)  S.  310—314,  wieder- 
gegeben auf  einer  Lichtdrucktafel. 

Schmales  Papyrusstückchen  (9,5  X  4,8),  auf  seiner  Vorderseite  von 
einer  mittelgrofsen,  runden,  etwas  nach  links  geneigten  Unciale  beschrieben, 
etwa  in  der  Mitte  oder  am  Ende  des  2.  nachchristlichen  Jahrb.,  wie  Grenfell 
und  Hunt  dem  Herausgeber  versicherten.  Zu  bemei-ken  ist  der  sehr  weit 
nach  oben  ausladende  HauiDtstrich  im  A.  Lesezeichen,  meist  auf  die  erste 
Hand  zui'ückgehend,  treten  häufig  auf,  nämlich  die  o^eta,  der  starke  Hauch 

(840),  das  Elisionshäkchen,  der  Doppelpunkt  in  APHI  829  und  das  Längen- 
zeichen (829,  830,  836;  jedesmal  über  Ä),  dazu  die  avco  önyfiri.  Das 
Zeichen  •!•  nach  ßQtd-^oavvrj  839  scheint,  wie  Goodspeed  vermutet,  auf  eine 
Randbemerkung  hinzuweisen.  Auf  der  Rückseite  bemerkt  man  die  Reste 
zweier  Columnen,  von  einer  Cursivhand  geschrieben.  Links,  wo  etwa  3 — 8 
Bruchstücke  der  Zeilenenden  erhalten  sind,  liest  man  ^OQ]aevovq)iv  11  und 
slTtev  13.     Vielleicht  enthielt  das  Stück  eine  Gerichtsverhandlung. 

Ilias  E  824 — 841.  Die  linken  und  rechten  Enden  fehlen,  das  Erhal- 
tene beschi'änkt  sich  ganz  auf  den  2. — 4.  Fufs.     In  der  Rechtschreibung  ist 

TtQJmjv  832  nicht  unwichtig;  (io:6rs[t)ya  840  schrieb  die  1.  Hand,  während 
eine  andere  das  s  tilgte.  Der  wirkliche  Ertrag  ist  ein  recht  geringer.  Denn 
yivcoaJKcov  824  und  2:&ivsXog  835  sind  Schreibfehler,  rd  ye  827,  Aa^ftjo  6e 
840  sind  nicht  von  Belang,  nur  ^ayipBö^cci  834  (so  die  zweite  Hand  für 
-aGd'cit)  ist  etwa  hervorzuheben,  weil  hieraus  hervorgeht,  dafs  die  der  ge- 
meinen Sprache  geläufige  Umwandlung  des  Infinitivs  des  Futurs  in  den  des 
Aorist  (z.  B.  iXsyov  ilevöaad-ai)  sehr  frühe  in  die  Homertexte  eindi'ang. 

33.  Papyrus  aus  den  Königlichen  Museen  zu  Berlin,  hrg.  von  Wilamo- 
witz,  Neue  Bruchstücke  der  hesiodischen  Kataloge,  Sitzungsb.  der  Berl.  Ak. 
1900,  839 — 848,  mit  vorzüglicher  Lichtdrucktafel  (Kol.  4  und  5). 

Längeres  Stück  von  der  oberen  Hälfte  einer  Papyrusrolle,  Reste  von 
5  Columnen  (durchschnittlich  etwa  10  Verse)  enthaltend,  mit  recht  breitem 
oberen  Rande.  Auf  dem  Blatte  zeigt  sich  eine  prächtige  Schönschrift  des 
IL  nachchristlichen  Jahrhunderts,  die  den  Tafeln  16  und  17  in  Kenyons 
Palaeography  ähnlich  sieht.  Von  Lesezeichen  erscheinen  die  Punkte  bei  i 
und  V  immer,  ein  Accent  (Akut  oder  Circumflex)  nur,  wenn  einem  falschen 
Verständnis  vorgebeugt  werden  soll.    Die  Paragraphos  ist  nicht  geschrieben. 

Bruchstück  aus  Hesiods  Katalogen,  sehr  reinlich  geschrieben.^)  Von 
den  Resten  der  51  Verse  läfst  sich  weit  über  die  Hälfte  noch  sicher  wieder 
herstellen,  so  dafs  der  Inhalt  recht  klar  ist.  Es  wird  nämlich  von  der 
Werbung  um  Helena  erzählt:  in  den  erhaltenen  Stücken  ist  von  nicht 
weniger  denn  neun  Freiern  die  Rede.  Die  Eintönigkeit  der  Aufzählung  aber 
hat  der  Dichter  durch  eine  lebendige  Schilderung  der  einzelnen  Helden  und 
ihrer  Werbung  geschickt  durchbrochen.     Er  lehnt  sich  stark  an  Homer  an. 


rum  vel  personarum  mutatam.     Ähnlich  (>=)  hat  es  Curt  Waehsmuth  einmal  im 
Venetus  A  (zu  A  346)  gefunden,  vgl.  Rhein.  Mus.  18  (1863)  180. 

1)  Das  i  ist  stets   gesetzt;  nur  ist  dreimal  si  für  l  und  25  vfixTjffrj  für  vLX'i]a£i 
gegeben. 

Archiv  f.  Papyrugforschung  I.  3/4.  33 


508  II-  Referate  und  Besprechungen 

auch  die  Kyprien  kennt  er^),  schrieb  aber  wiederum  vor  Stesichoros  und 
dem  Verfasser  des  Schiifskatalogs,  er  gehört  also  etwa  dem  VII.  Jahrhundert 
an.  Vielleicht  hat  Quintos  Smyrnaios  die  Verse  noch  gehabt,  denn  was 
Vers  22  von  Odysseus  steht:  TCoXvKQOza  firjösa  eiöcog,  heifst  bei  ihm  ähnlich: 
TtokvTQoncc  ^i'jösa  vwjuwv  V  237,  Die  Metrik  der  Verse  zeigt  grofse  Sorg- 
falt, an  einer  Stelle  (^slöog  ovrt  töcov  1,  33)  ist  der  Ausfall  eines  Digamma  (J-'  = 
J-e)  augenscheinlich.  Wie  die  einzelnen  Verse  zu  ergänzen  sind,  auf  welche 
Weise  ihr  Inhalt  zu  schon  bekannten  Angaben  stimmt,  hat  Wilamowitz  in 
umfassender  Weise  ausgeführt.  Die  Bruchstücke  bilden  das  Schönste,  was 
an  alter  Epik  bis  jetzt  aus  Papyri  hervorgezogen  worden  ist. 

34.  Pap.  graec.  55  der  Strafsburger  Bibliothek,  hrg.  zuerst  von  R. 
Eeitzenstein,  die  Hochzeit  des  Peleus  und  der  Thetis,  Hermes  XXXV  (1900) 
73 — 105,  dann  von  Wilamowitz,  Sitzungsber.  der  Berl.  Ak.  1900,  848 — 
851,  wo  auch  eine  vorzügliche  Tafel  beigefügt  ist. 

Es  sind  zwei  aneinander  schliefsende  Papyiiisstreifen  einer  Columne. 
Die  schöne,  grofse,  runde  Schi-ift  gehöi-t  ins  IL  Jahi-h.,  und  ist  etwas  älter 
als  die  des  Berliner  Papyrus.  Von  Schriftzeichen  findet  sich  die  6s,SLa  und 
der   Circumflex^),  der  Spiritus  (^j,  die  I-punkte  und  die  ävco  GTiyur'j. 

Ein  weiteres  Bruchstück  aus  den  Katalogen  des  Hesiod,  das  in  seiner 
Rechtschreibung  aufser  der  Form  eq)\^LÖ^ovai,v  4^)  nichts  bemerkenswertes 
zeigt.  Die  13  Verse,  die  in  ihren  Anfängen  sämtlich  stärker  oder  geringer 
verstümmelt,  nun  aber  fast  alle  mit  Sicherheit  ergänzt  sind,  haben  die 
Hochzeit  des  Peleus  und  der  Thetis  zum  Gegenstand,  und  zwar  sind 
sie  in  der  Hauptsache  ein  Lobpreis  auf  den  tapfern  Helden,  dafs  er  die 
vielumworbene  Nereide  heimgeführt  hat.  Dafs  das  Stück  zu  den  dem  Hesiod 
zugeschriebenen  Katalogen  gehört,  liefs  schon  die  Form  und  der  Inhalt  er- 
schliefsen,  ist  aber  auch  durch  Tzetzes  bezeugt,  der  in  seiner  Vorrede  zu 
den  Lykophronscholien  Vers  6 — 7  (vgl.  Marksch.  fr.  94,  Rzach.  fr.  102)  an- 
führt.*) Pindar  hat  die  Verse  benutzt,  wie  sowohl  Reitzenstein  als  auch 
Wilamowitz  annehmen,  der  Verfasser  aber  ist,  wenn  es  auch  vielleicht  nicht 
Hesiod  ist,  so  doch  derselbe,  auf  den  der  Berliner  Papyrus  zurückgeht. 

35.  Pap.  graec.  31  der  Strafsburger  Bibliothek,  hrg.  von  R.  Reitzenstein, 
Zwei  neue  Fragmente  der  Epoden  des  Archilochos.  Sitzungsber.  der  Berl. 
Ak.  1889,  857  ff.  (dazu  eine  Tafel),  sodann  von  F.  Blafs,  Rhein.  Mus.  LV 
(1900)  341—347. 

Es  sind  zwei  unzusammenhängende  Papyrusblätter  (12,5  X  9,6  und 
6  X  6,2),  beschrieben  mit  einer  mittelgrofsen ,  wohl  ausgeprägten  Unciale, 
die  dem  IL  Jahrh.  n.  Chr.  angehört.     Man  findet  folgende  Lesezeichen:  den 


1)  Der  Vers  KdetoQi  &'  Imtoöd^ai,  kccI  aed'XocpoQcoi.  UolvdsvKSL  27,  31  findet 
sich  in  den  Kyprien  fr.  9. 

2)  Dies  Zeichen  ist  über  die  Mitte  beider  Vokale  gesetzt  (Vers  4,  G);  wenn 
es  Wilamowitz  an  der  ersten  Stelle  leugnet,  so  läfst  sich  dies  mit  seiner  Abbil- 
dung nicht  vereinigen. 

3)  Dies  Wort  hat  Wilamowitz  mit  Recht  hergestellt;  über  den  bei  ddov  in 
der  späteren  Zeit  üblichen  starken  Hauch  vgl.  oben  Nr.  31. 

4)  Tzetzes  fand  die  Verse  unter  dem  Namen  'Haiödov  vor,  machte  aber  daraus 
in  seinem  bekannten  Aberwitz  ein  ini^alü^iov  und  aus  Hesiod  einen  iniQ'ala- 
iiioyQcccpog.  Aber  schon  Markschelfel  hat  die  Verse  zu  den  Resten  der  Kataloge 
gestellt. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen       509 

Akut^),  den  Gravis  (%av  2i'aAfit'(5|  ))(7(j]tot),  den  Circumflex,  der  bei  Diphthongen 
immer  über  der  Mitte  der  beiden  Buchstaben  steht  (1,12.  14;  2,2.3.4), 
die  I-punkte,  jedoch  nur  im  Innern  des  Wortes  (Ggi^meg  1,  4,  iiöe  2,  6),  die 
Apostrophos,  den  Spiritus  asper  ^  (l,  13,  2,  1.  5),  die  avta  Gxiy^ri  2,  7  und 
die  Paragraphos  als  Trennungsstrich  zwischen  zwei  Gedichten  (vgl.  oben 
S.  110  Nr.  7).  Eine  spätere  Hand  fügt  zwischen  den  Zeilen  und  am 
rechten  Rande  ein  Scholion  hinzu;  sie  bedient  sich  des  Abkürzungszeichen  I 
für  i6xl  (zu   1,3.7;  2,  9). 

Reste  von  Epoden  eines  joniseheu  Dichters.^)  Auf  dem  ersten  Blatte 
sind  die  Überbleibsel  von  18  Versen  sichtbar,  unter  denen  13  nur  gering- 
fügige Lücken  aufweisen,  nach  Vers  14  aber  folgt  eine  neue  Epode;  auf 
dem  zweiten  Blatte  erscheinen  nur  10  Verse,  in  etwas  schlechterer  Erhaltung. 
Dort  wünscht  ein  Dichter  seinem  Freunde  eine  schi-eckliche  Seereise,  denn 
dieser  hat  ihm  die  Treue  gebrochen;  hier  ist  der  Inhalt  nicht  so  klar,  doch 
ist  es  sicher,  dafs  wiederum  gegen  einen  Gegner  losgefahren  wird.  Nun  hat 
Reitzenstein  die  Stücke  dem  Archilochos  zugeschrieben.  Diese  Vermutung 
hat  darin  ihre  stärkste  Stütze,  dafs  Horaz  in  seiner  dem  abwesenden  Maevius 
nachgesandten  10.  Epode  ohne  allen  Zweifal  das  1.  Bruchstück  nachgeahmt, 
welche  Nachahmung  doch  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nur  durch  Archi- 
lochos, das  Stilmuster  des  Horaz,  hervorgerufen  werden  konnte.  A.  Gercke 
(Zwei  neue  Fragmente  der  Epoden  des  Archilochos,  Wochenschr.  f.  klass. 
Phil.  1900,  28 — 30)  hält  an  Archilochos  fest  und  setzt  die  Blätter  so  zu- 
sammen, dafs  er  auf  das  zweite  das  erste  folgen  läfst  und  beide  demselben 
Gedicht  zuteilt,  um  dieselbe  Zeit  aber  hatte  F.  Blafs  (Rhein.  Mus.  XV 
(1900)  102  Anm.  1)  den  Archilochos  als  Verfasser  verworfen  und  den  Ge- 
danken an  Hippoiiax  angeregt.  F.  Leo  in  seiner  Abhandlung  de  Horatio 
et  Archilocho  (üniversitätsschrift  zur  Preisverteilung  am  30.  Mai  1900, 
Göttingen)  schlägt  die  Bedeutung  des  Fundes  sehr  hoch  an,  da  nun  endlich 
ein  vielgehegter  Wunsch,  ein  Vorbild  der  Epoden  des  Horaz  zu  besitzen,  in 
Erfüllung  gegangen  sei.  Die  Ansicht  von  Blafs  weist  er  als  allzu  unge- 
nügend gestützt  zurück  (S.  7).  Doch  die  stärkeren  Stützen  sind  inzwischen 
hinzugekommen.  Da  Blafs  die  Sache  sehr  wichtig  erschien,  so  liefs  er  die 
Bruchstücke  nach  Halle  kommen  und  nahm  dort  eine  gründliche  Nachver- 
gieichung  vor,  die  manches  neue  Ergebnis  brachte.  Darüber  hat  er  in  dem 
Aufsatz:  Die  neuen  Fragmente  griechischer  Epoden  (Rhein.  Mus.  LV  (1900) 
341—347)  berichtet.  War  es  schon  immerhin  recht  auffallend,  dafs  auf  dem 
zweiten  Bruchstück  der  Name  des  Hipponax  selbst  steht:  xavta  d'  'Inn(bva\i, 
^_  o]lÖ£v  aQiöra  ßQoz&v^),  wie  denn  Hipponax  in  seinen  Bruchstücken  öfter 


1)  Eine  wichtige  Zugabe  2,6  MHAAMAKQCeiA€,  wo  nicht  Kcog  födf,  sondern 

■um  a'  E'lSs  (so  Gercke  und  Blafs)  geschrieben  werden  mufs;  der  Versanfang  KATA . . . 
1, 15  wird  von  Blafs  so  gedeutet,  dafs  hier  ■kutcc  in  Tmesis  steht  und  wohl  nach 
einer  unbekannten  Grammatikerregel  auch  vor  dem  Wort,  von  dem  es  getrennt  ist, 
barytoniert  wird. 

2)  In  der  Rechtschreibung  ist  kein  Fehler  zu  bemerken.  Für  ;^vrp£f  2,  7 
möchte  man  Kv&gtl  erwarten;  zu  ^qp'  ÖQ-Kioig  ist  Blafs  S.  345  zu  vergleichen. 

3)  ' l7tTf(övci[^  6y,c(cpsvg  ergänzte  Reitzenstein,  der  eine  rechts  von  der  Zeile 
stehende  Glosse  ybcoro^  .  .  .  dazu  benutzte,  doch  weist  Blafs  darauf  hin,  dafs 
man  in  einem  dichterischen  Werke  keine  Glosse  vei-muten  könne.  Für  Hipponax 
sprechen  noch  andere  Dinge,  die  freilich  für  sich  genommen  nicht  sehr  gewichtig 

33* 


510  n.   Referate  und  Besprechungen 

sich  selbst  nennt,  so  ist  die  Frage  dadurch  entschieden,  dafs  Blafs  zu  dem 
Sehlufsverse  auf  dem  ersten  Blatte:  dg  fi  'r]dlm]aE,  ka^  d'  sqp'  oQntoig  l'ßy], 
xo  TtQtv  itaiQog  iav,  die  Randbemerkung  las:  6r}](iaivei,  rbv  [Bov^7taX(^ov), 
denn  Bupalos  ist  oft  von  Hipponax  in  seinen  Gedichten  angegriffen  worden, 
vgl.  fr.  11,  12,  13,  14,  83.  Zu  Beginn  des  neuen  Gedichtes  auf  dem  ersten 
Blatte  hält  Blafs  die  Lesung  'l7t7t\covaKtidL  nicht  für  unmöglich,  doch  ist 
hier  noch  eine  Nachvergleich ung  anzustellen.^) 

36.  Oxy.  II  303,  Nr.  301. 

Ein  langer  schmaler  öikXvßog  (2,8  X  12,5),  der  an  einer  Rolle  befestigt 
den  Titel  angeben  sollte,  ähnlich  wie  Oxy.  II  313  Nr.  381,  wo  sich  der 
Titel  einer  Aktensammlung  erhalten  hat.  Die  Worte  CGÜ^PONOC  MIMOI 
TYNAlKfelül  sind  in  einer  Unciale  geschrieben,  die  dem  Ende  des  I.  oder 
dem  Anfang  des  II.  Jahrh.  angehört.  Sonst  hat  sich  von  dem  Papyrus  des 
Sophron  keine  Spur  gefunden.  Aber  dafs  man  das  Werk  noch  in  der 
flavischen   Zeit  abschrieb,  ist  eine  wichtige  Beobachtung. 

37.  Oxy.  n  114—116  Nr.  224. 

Papyrusblatt  (23,5  X  21,3)  mit  den  Resten  zweier  Kolumnen.  Breite 
Unciale  ähnlich  der  der  ältesten  Bibelhandschriften,  wohl  aus  dem  III.  Jahr- 
hundert. Zur  Abteilung  der  Sätze  erscheint  meist  der  Punkt  oben,  zweimal 
unten  (1020.  1023),  ohne  dafs  ein  unterschied  gemacht  ist,  in  CT6- 
[NjAF'MOC  treffen  wir  das  Häkchen  wieder,  über  welches  oben  S.  111 
Anm.  1    gesprochen    wurde.      Eine    blassere    Hand    schrieb    einige    Accente 

(-ÄXAl  1040,  was  verderbt  scheint,  und  TTTePÖYCCA  1042),  tilgte 
zweimal  Überflüssiges  dm-ch  rechts  und  links  angebrachte  Pünktchen 
(IHIHrHrON  1035  und  1036)  und  schrieb  1067  ayy]sX{og)  an  den  linken 
Rand.  Es  verdient  noch  eine  Bemerkung,  dafs  die  lyrischen  Verse  des 
Tragikertextes  etwa  um  den  Raum  von  5  Buchstaben  nach  rechts  ein- 
gerückt sind. 

Euripides'  Plioinissen  1017—1043  und  1064—1071.  In  der  Recht- 
schreibung ist  aufser  einem  Fehler  (a[i  7t6\hg  1017)  die  Form  msQovGßa 
1019  und  1042  für  das  schon  von  Isaak  Vofs  verbesserte  handschriftliche 
TtreQovßa  zu  bemerken.  IAA8Z!^6M0I  1033  und  1034  wird  für  einen 
gewöhnlichen  Fehler  gehalten.  Der  Papyrus  hat  für  die  Wiederherstellung 
des  Textes  einen  hohen  Wert,  besonders  gegen  Ende  der  ersten  Strophe. 
Hierüber  sind  die  genauen  Ausführungen  von  Wilamowitz  zu  vergleichen. 

38.  Oxy.  n  23—27,  Nr.  213;  dazu  Tafel  IV. 

2  Bruchstücke    (8  X  11,3    und    7,8  X  S)    eines    Papyrusblattes,    das 


sind.  Mit  SovXiov  aQXOv  ist  rhv  Svcmwiiov  agtov  fr.  14,  3  Bgk.''  zu  vergleichen, 
glysi  1,  7  und  'j^lcclva  2,  1  erinnern  an  das  öftere  Vorkommen  dieser  Worte  Lei 
Hipponax  {Qiyü  17,1  Qiysvg  19,2  QLyTjXi]  21,  j^Xcäva  17.  18.  19),  zu  q)a}Qa  2,7  läfst 
sich  cpwQüv  itaiQS  fr.  1,  3  hei'anziehen.  Die  Tmesis,  die  Blafs  1,  15  am  Anfang 
eines  neuen  Verses  feststellt,  trifft  man  bei  Hipponax  zweimal  bei  änö  an  der 
nämlichen  Stelle:  und  g'  öX^ötiev  31,1  an'  ovv  ^doaav  61,2.  Hipponax  endlich 
ist  ein  recht  seltener  Eigenname;  in  den  Indices  der  Inschriftensammlungen  sucht 
man  vergebens ;  der  Name  findet  sich  nur  noch  in  Kyzikos  (iTtnävah,  'Av.i6aio  BCH 
XIV  .036;  und  in  Abdera  (Hippokrat.  Epid.  IV.  178  L  und  Coins  of  the  Brit.  Mus. 
Abdera  Nr.  64). 

1)  Nicht  eingesehen  habe  ich  E.  Piccolomini,  un  frammento  nuovo  di  Archi- 
locho,  Nuova  Antologia  1900,  1.  Heft. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen      511 

zunächst  auf  der  Vorderseite  eine  Urkunde  erhielt,  deren  Schrift  in  das 
I.  Jahrh.  n.  Chr.  gehört,  und  später  auf  der  Rückseite  den  vorliegenden 
Text.  Der  Schreiber  schrieb  ziemlich  grofse  und  dicke  Buchstaben,  mit 
einiger  Hinneigvmg  zur  Cursive;  er  gehört  etwa  in  die  2.  Hälfte  des  IL  Jahrh. 
Aufser  den  I-Punkten  in  IK6AOC  1,  4  .sind  keine  Lesezeichen  vorhanden. 
Der  Umfang  einer  Columne  läfst  sich  nicht  mehr  berechnen. 

Bruchstück  eines  unbckanufen  Tragikers.  Die  Worte  zeigen  so 
viele  Formfehler,  dafs  man  dem  Schreiber  auch  nur  ein  leidliches  Ver- 
ständnis der  griechischen  Sprachregeln  nicht  zumuten  kann.  So  ist  denn 
an  diesen  Dingen  nichts  der  Erwähnung  wert  aufser  etwa  (rxJrjTr^a  1^,  2 
und  G'KriTCQOv%Lca  3,  wozu  man  aus  den  byzantinischen  Handschriften  die  nicht 
seltene  Form  GKriitgov  und  Au^nqiEvg  vergleiche.^)  Auf  beiden  Blättern 
ist  der  untere  Rand  und  der  Raum  zwischen  zwei  Kolumnen  erhalten,  links 
finden  sich  dann  jedesmal  gröfsere  Reste  von  Jamben,  rechts  ganz  verein- 
zelte Buchstaben.  Die  beiden  Stücke  links,  zusammen  22  Verse,  enthalten 
nach  den  Engländern  Worte  des  Tantalos  an  die  versteinerte  Niobe,  seine 
Tochter,  {li\Q-ovQy£(;  iiKoviG^a  £idrj<(^i>y  rragd  (X€PA),  wenn  auch  durch 
die  entsetzliche  Entstellung  der  Worte  (z.B.  KAMArOYCTTAFAC,  wo- 
raus die  englische  Ausgabe  iKhjjLfiavoarayetg  macht)  vieles  unsicher  oder  gar 
unlösbar  ist.  Da  der  Sprachgebrauch  dem  des  Sophokles  in  mancher  Hin- 
sicht verwandt  ist,  so  möchte  Blals  das  Stück  der  Niobe  des  Sophokles 
zuweisen,  nicht  der  Niobe  des  Aeschylos,  denn  hier  fand  er  nur  geringe 
Ähnlichkeiten.  Wecklein  hingegen  (Berl.  phil.  Wochenschr.  1900,  508)  hält 
im  Gegenteil  Aeschylos  für  den  Verfasser,  indem  er  die  Färbung  für  ganz 
aeschyleisch,  die  Eigentümlichkeiten  aber  in  der  Wortwahl  für  Zufall  er- 
klärt. Darüber  wird  wohl  noch  mehr  gestritten  werden,  aber  nicht  gut  zu 
bestreiten  ist  eine  andere  Ansicht  von  Wecklein,  dafs  wir  auf  dem  ersten 
Blatt  einen  Botenbericht  haben,  keine  Rede  des  Tantalos.  Es  werden  dann 
noch  einige  der  Beachtung  werte  Verbesserungen  vorgebracht. 

39.  Pap.  graec.  621  der  Strafsburger  Bibliothek,  hrg.  von  K,  Reitzen- 
stein  im  Hermes  XXXV  602—604.  Pergamentblatt  (12  X  10,5),  geschi-ieben 
in  etwas  schrägliegender  Unciale,  die  in  das  V. — VII.  Jahrh.  gehört.  Die 
Zeilen  sind  eingeritzt  und  bilden  die  obere  Grenze  füi'  die  Buchstaben.^) 
Die  Seite  enthält  36  Buchstaben.  Man  findet  von  Lesezeichen  den  Akut 
und  den  Circumflex,  das  Elisionshäkchen  und  den  Punkt  in  mittlerer  Höhe 
(MH'KAI),  während  der  Personenwechsel  durch  die  Paragraphen  angegeben 
vnrd.  Das  Einzeichnen  der  Accente  und  die  Wiederauffrischimg  der  ver- 
blafsten  Stellen  besorgte  eine  zweite  Hand,  welche  auch  die  Randbemer- 
kungen zum  Teil  schrieb. 

Aus  den  Wolken  des  Aristophanes  1371 — 1385,  1391  (Vorderseite) 
und  1407 — 1428  (Rückseite).  Das  Jota  mutum  fehlt,  imörjTtsQ  schrieb  die 
1.  Hand  1472.^)     Aus  den  Lesarten,   die   Reitzenstein   sorgfältig  bespricht, 

ist  nur  BYGeCüCAPPÄTOÜ  1373  von  Wichtigkeit,  weil  hier  die  richtige. 


1)  Man  vermifst  darüber  nähere  Angaben  in  Karl  Dieterichs  Untersuchungen 
zur  griechischen  Sprache. 

2)  Dies    ist  wohl    das    älteste  Beispiel  des  in  den  Handschriften   der  Paläo- 
logenzeit  allgemein  üblichen  Gebrauches. 

3)  Den  Fehler  tid-'  oJutws    i7ic.v(X7t7]Sä  1391    erklärt  man   leicht    durch    den 


512  n.  Referate  und  Bespreclmngen 

von  Meineke  vermutete  und  später  von  Blaydes  aus  einem  jungen  Canta- 
brigensis  hervorgezogene  Fassung  eine  wertvolle  Bestätigung  erfährt,  denn 
aus  dem  leicht  verderbten  APPATCO  leuchtet  sofort  das  Richtige  hervor.  ■'^) 
Die  eigenen  Lesarten  des  Palimpsests  haben  wohl  nirgends  einen  Wert: 
1383  stand  statt  cpigcov  ein  anderes  Zeitwort,  das  auf  AGüN  endete,  1413 
war  erst  6oi  geschrieben  worden,  aber  es  ist  dem  Verbessern  nicht  ent- 
gangen, 1421  fehlt  6  vor  t6v  und  1426  findet  sich  aq)[s]Liisv  für  acpüiiev. 
Dem  Ravennas  steht  das  Blatt  näher  denn  dem  Venetus,  auch  eine  kurze 
Glosse  findet  sich  im  Ravennas  wieder^),  aber  das  Wesentliche,  was  er  uns 
mitzuteilen  hat,  ist  doch  eben,  dafs  die  Überlieferung  in  eine  bestimmte 
Verästelung  nicht  hineinzubringen  ist  und  dafs  die  zeitliche  Anordnung  in 
der  Wertschätzung  der  Handschriften  wieder  einmal  über  den  Haufen  ge- 
worfen wird. 

40.  Oxy.  n  20—22,  Nr.  212. 

Drei  Papyrusstücke,  von  denen  das  erste  (21,9  X  11,6)  wenigstens 
eine  leidlich  erhaltene  Columne  bietet.  Die  Schrift,  bei  der  das  altertüm- 
liche I  =  ^  auffällt,  ist  eine  grofse,  runde,  aufrechte  Unciale,  wie  die  Mehr- 
zahl der  litterarischen  Papyri  des  2.  Oxforder  Bandes  dem  Ende  des  I.  Jrh. 
oder  dem  Anfang  des  11.  zugeteilt.  Die  Columne  hatte  nur  20  Zeilen,  ein 
sehr  geringer  Inhalt.  Ein  paar  Buchstabenzeichen  (Akut,  Circumflex  und 
Apostroph^),  und  reichlich  Punkte,  meist  oben,  manchmal  auch  in  der  Mitte. 
Die  auftretenden  Personen  werden  durch  den  Doppelpunkt  (:),  womit  so- 
gleich ein  freier  Raum  verbunden  ist,  und  durch  die  Paragraphos  getrennt, 
Columne  2,  15  findet  sich  am  linken  Rande  ein  X  eingezeichnet,  wahr- 
scheinlich zur  Hervorhebung  des  Verses.  Die  einfachen  Punkte  und  zahl- 
reichen Verbesserungen  gehen  auf  zwei  spätere  Hände  zurück. 

Bruchstücke  aus  der  alten  Komödie.  Die  Schreibung  ist  sorgfältig, 
stummes  t  steht  überall,  auch  in  läd'QaL  (2,  9).  Aus  tjv  2,  2  schlössen  die 
Herausgeber,  dafs  der  Verfasser  der  alten  Komödie  angehört^),   und   weiter 

aus  der  Vergleichung  von  ]TArA0(jO[  fr.  b  4  und  EKcpegErs  TCsvKag,  (ix£t' 
^Aydd'cova  (pcoöcpoQovg^  dafs  der  Papyrus  denselben  Vers  und  also  ein  Stück 
aus  Aristophanes  (Arist.  bei  Athen.  XV  701^  =  fr.  599  K)  enthalte.  In- 
dessen die  Verse  gehören  sicher  nicht  zusammen.  Denn  eine  Beobachtung 
der  fehlenden  Enden  im  fr.  b  lehrt  sogleich,  dafs  nur  der  letzte  Fufs  zer- 
stört ist,  (es  geht  vorher  XQayLKColtava  ||  und  folgt  bötIv  aacpalig  ||  und 
]t'  anaig  co  ^yla&i  \\  ).  Gleichwohl  sind  die  Reste  ohne  Zweifel  dem  Ari- 
stophanes  zuzuweisen,  wie  der  Stil  und  der  Inhalt  ergiebt,  und  Agathon, 
der  in  jenem  kleinen  Stückchen  um  des  Accentes  willen  notwendig  gefordert 
wird,  weist  ebenfalls  auf  Aristophanes  hin.  Die  Engländer  gehen  noch 
weiter    und    erklären    die    zweiten    Thesmophoriazusen    für    das    hier 


Umstand,  dafs  die  Wendung  std"'  ovtcog  in  der  späteren  und  vollends  in  der  by- 
zantinischen Zeit  sehr  gebräuchlich  war.  Genaue  Beobachtungen  sind  darüber 
noch  nicht  gemacht  worden. 

1)  Den  Fehler   sah    auch    der    diOQ&covi^g;    dafs  er  TAPATTG)  an  den  Rand 
schrieb,  zeigt,  dafs  dies  Wort  seiner  Sprachkenntnis  näher  gelegen  hat. 

2)  rb  TVTtrsaQ-cci  zu  1416;    sonst  liest   man  noch    i^  AtoXov  zu  1371,  dfnalcog 
zu  1379,  während  ein  längeres  Scholion  zu  1381  ganz  verwischt  ist. 

3)  Bezeichnet  in  03  r[A06  fr.  b.  6  auch  die  Aphairesis. 

4)  av  sagt  die  vice. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen      513 

vorliegende  Stück,  weil  aus  jenem  Lustspiel  die  Wendung  xct'  ^Aycc&cova, 
freilich  vom  Anfang  eines  Verses  stammend,  überliefert  ist  (fr.  326  K),  und 
nach  dem  Inhalte  mufs  man  diese  Vermutung  füi-  sehr  wahrscheinlich  halten. 
Auf  der  linken  Seite  des  ersten  Blattes  bemerkt  man  noch  zehn  unergiebige 
Versenden,  aus  denen  nur  etwa  d)]  yvvai  hervorzuheben  ist.  Dann  folgt 
rechts  eine  bis  weit  über  die  Mitte  erhaltene  Columne,  die  letzte  Dipodie 
fehlt  gewöhnlich.  Hier  unterhalten  sich  zwei  Frauen  über  den  okiaßog^), 
werden  aber  bald  darüber  eins,  dafs  man  doch  damit  nicht  auskommen 
kann.  Da  wird  denn  auf  die  Sklaven  geraten.  Bruchstück  b  zeigt  erst 
fünf  Jambenreste,  in  denen  wieder  einmal  der  Tragiker  Agathon  erscheint, 
und  dann  das  rechte  Ende  zweier  lyrischer  Verse,  c  endlich  die  mittlere 
Dipodie  von  6  Jamben.^) 

41.    Oxy.  n  11—20,  Nr.  221;  dazu  Tafel  III. 

Ziemlich  grofses  Papyrusblatt  (33,4  X  13,2),  der  Rest  eines  Buch- 
händlerexemplares  (Dziatzko),  mit  erhaltenem  oberen  und  unteren  Rande. 
Die  Schrift  ist  eine  grofse,  runde  Unciale,  und  mag  etwa  an  das  Ende  des 
I.  oder  an  den  Anfang  des  11.  Jahrh.  gehören.  Dazu  kommt,  dafs  der 
Papyrus  mit  einer  grofsen  Anzahl  von  Urkunden  aus  der  Zeit  des  Vespasian, 
Domitian  und  Trajan  zusammen  gefunden  worden  ist.  Die  ausgedehnte 
Columne  hat  51  Zeilen.  Accente  und  Spiritus  fehlen,  einige  Male  steht 
der  Apostroph.  Einiges  Auffallende  aber  sieht  man  bei  den  anderen  Zeichen. 
Zunächst  ist  der  Personenwechsel  sowohl  durch  die  Paragraphos  am  linken 
Rande  als  durch  den  Doppelpunkt  (: ,  vgl.  oben  Nr.  9.  10.  11.  18)  be- 
zeichnet, aber  nicht  genau  ^),  wie  auch  ein  späterer  Leser  gemerkt  hat. 
Wo  ihm  nämlich  die  Paragraphos  nicht  richtig  zu  stehen  schien,  hat  er 
sie  eingeklammert:  ( )*),  wieder  eine  neue  Erscheinung  auf  dem  Ge- 
biete der  alten  Schriftkunde.  Die  Punkte  aber,  welche  alle  auf  eine  zweite 
Hand  zurückgehen,  stehen,  abgesehen  von  den  Doppelpunkten,  teils  am 
oberen  Rande  ^),  teils,  bei  kleineren  Pausen,  am  unteren  (32.  47).^) 


1)  Vers  5  und  6  sind  von  Wilamowitz  so  ergänzt:  ri  ian  tovQ-'  o  liyovßi 
x[a.g  MiXriöiccg  \\  Tra/g'JfH'  f';^oi'fTa's,  aftz/JoAco,  [rb  a%vTivov  und  ziemlich  gleichzeitig 
haben  H.  Weil  (Journal  des  Savants  1900,  95—96)  und  Arthur  Platt  (Class.  Rev. 
1899,  439)  ebenfalls  den  obszönen  Sinn  erschlossen. 

2)  Vgl.  noch  H.  van  Herwerden,  Mnemosyne  1901,  122 — 125,  Postgate  Class. 
Rev.  1899,  441,  G.  Fraccaroli  Riv.  di  fil.  class.  XXVIII  1—3. 

3)  Über  einzelne  Fehler  s.  auch  Wilamowitz  S.  33. 

4)  Von  diesem  Zeichen,  das  sechsmal  erscheint  und  zu  mancherlei  Fragen 
Anlafs  giebt,  handeln  eingehend  die  Engländer  S.  18 — 19. 

5)  Hier  ragen  sie  öfter  über  den  Rand  hinaus. 

6)  Das  tritt  noch  deutlicher  bei  dem  Xenophonpapyrus  Oxy.  H  226  (Nr.  47) 
zu  Tage,  vgl.  z.  B.  Insl  ovv.iti  avtolg  oi  ivccvxioi  i-jtexsl'Qovv.  fjav^i-civ  sixov  tj&qol- 
eybivoi-  v-oä  itäXai  (isv  u.  s.  w. ,  auch  in  dem  Demosthenespapyrus  Oxy.  II  231 
(Nr.  54)  findet  er  sich  (dreimal  die  ävco  atiyn'^,  einmal  bei  geringerer  Satzpause 
die  nccrco).  Anders  ist  es  im  Lachespapyrus  Oxy.  H  228  (Nr.  50).  Hier  findet  man 
nämlich  recht  häufig  den  Doppelpunkt  (:),  und  zwar  beim  Personenwechsel,  ein- 
mal aber  den  einzelnen  oberen  Punkt  in  einer  geringeren  Pause  (3,  14).  Ohne 
Unterschied  sind  avco  und  -kcctco  anyi^Li]  verwendet  in  Nr.  31  und  36.  Jene  Unter- 
scheidung zwischen  Hoch-  und  Tiefpunkt  aber  ist  noch  bis  ins  Zeitalter  der  Mi- 
nuskelschrift beibehalten  worden,  wovon  man  sich  durch  einen  Blick  in  die 
Schrifttafeln  von  Wattenbach  und  Velsen  überzeugen  kann.  Der  Tiefpunkt  be- 
ginnt dann  allgemach  sich  in  das  Komma  zu  verwandeln. 


514  II.   Referate  und  Besprechungen 

Aus  Meiiander's  IleQiKSiQOiiBVri  51  zum  gröfsten  Teil  gerettete 
Jamben  (es  fehlt  überall  das  rechte  Versende)  und  geringfügige  Überbleibsel 
von  sechs  Versen  der  vorhergehenden  Columne.  I-  und  E-Laute  sind  öfters 
verwechselt,  stummes  i  fehlt,  ^vuytUa  17  ist  wohl  nur  ein  Versehen.  Für 
die  alte  Schreibung  ist  von  Wichtigkeit  ovQ^iv  6^),  tc5  yaq  va  X(x(x,ßd[v(i}  50, 
endlich  die  Verkürzung  des  Diphthongs  von  Ttoifco,  und  zwar  nicht  nur  vor 
1]  (aXXd  XI  [Ttjo-ijao)  2),  sondern  auch  vor  o  (xcAcog  ttowv  14),  was  auf 
attischen  Steinen  nie  vorkommt  (Meist.^  57),  bei  den  Komikern  aber  durch 
die  Metrik  gefordert  und  oft  auch  in  den  Handschriften  überliefert  ist. 
Merkwürdig  sind  zwei  Besserungen  der  späteren  Hand:  vri  xov  Jia'  OQd'&g 
yccQ  Xeysig  aus  vrj  rbv  Ji  u.  s.  w.  und  evrvxTqKVtrjg  19  aus  —  %vlccg.  Das 
ist  im  letzteren  Falle  sicher  eine  Einwirkung  der  Volkssprache,  die  ysyo- 
vvir\g  sagte  wie  d^ovQ}]g  ßnelQrjg  u.  s.  w.,  und  auch  wohl  in  dem  anderen, 
denn  es  läfst  sich  z.  B.  aus  den  ägyptischen  Urkunden  der  Kaiserzeit  er- 
klären, welche  sehr  wenig  Neigung  zur  Elision  zeigen.  Die  Verse  gehören 
dem  Menander  an,  denn  11 — 12  werden  diesem  im  Etymologicum  Magnum 
zugeschrieben,  und  der  Titel  des  Stücks  ergiebt  sich  aus  dem  Epigramm 
des  Agathias  Anth.  Pal.  V  217.  Wir  sind  ziemlich  am  Ende  des  Lust- 
spiels: der  Krieger  Polemon  erhält  seine  Glykera,  der  er  aus  Eifersucht  die 
Haare  abgeschnitten  hatte,  nach  bitteren  Reuequalen  wieder.  Pataikos^), 
ein  reicher  Bauer,  der  Vater  der  einst  in  Kriegsgefangenschaft  verschleppten 
und  vor  kurzem  wiedergefundenen  Glykera,  giebt  nun  seine  Tochter  dem 
Polemon  zur  Frau  und  will  dann  noch  eine  zweite  Hochzeit  zurechtbringen: 
da,  eine  oder  zwei  Szenen  vor  dem  Schlüsse  des  Stückes,  bricht  der  Papy- 
rus ab.  Ein  Glück  ist  es  zu  nennen,  dafs  gerade  die  allerwichtigsten  Verse 
des  Lustspiels  erhalten  sind,  wenn  wir  auch  über  die  Art  und  die  Lösung 
des  andern  Liebesverhältnisses  nichts  erfahren.^) 

42.  Strafsburger  Papyrus,  hrsg.  von  G.  Kaibel,  ein  Komödienprolog, 
Nachrichten  der  Ges.  der  Wiss.  zu  Göttingen  1899,  S.  549 — 555.  Dazu 
eine  Tafel. 


1)  So  schrieb  Menander,  wie  z.  B.  die  zahlreichen  Beispiele  aus  dem  Mar- 
cianus  des  Athenaios  bezeugen;  vgl.  auch  Nr.  41. 

2)  Wilamowitz  S.  31  nennt  ihn  einen  barbarischen  Metoiken,  was  sein  Name 
zeige.  Der  Stamm  mag  freilich  ungriechisch  sein,  der  Name  selbst  aber  ist  all- 
gemein bei  den  Hellenen  verbreitet;  er  findet  sich  in  Akragas,  in  Dyme,  auf 
Thasos,  in  Seleukeia  imd  ziemlich  häufig  in  Athen,  und  zwar  hier  nur  in  dem 
Zeiträume  des  CIA  IL  Was  den  besonderen  Wohnort  in  Attika  betrifft,  so  ist  ein 
Pataikos  aus  Eleusis,  ein  anderer  aus  dem  Demos  Pitthos,  ein  dritter  (Wünsch 
Defix.  81,  4)  aus  dem  Demos  Phrean-oi.  Dann  giebt  es  auch  noch  eine  nccxuiv.a 
CIA  IV  3722'"  und  endlich  unter  Weibern  niederen  Standes  eine  TluxaUiov ^  bei 
Wünsch  Defix.  .55  und  bei  Herodot  1,50;  vgl.  F.  Bechtel  Spitznamen  S.  11. 

3)  Über  diesen  Papyrus  ist  nach  der  tüchtigen  Bearbeitung  in  der  Oxforder 
Ausgabe,  woran  Blafs  stark  mitgeholfen  hat,  besonders  Wilamowitz  (30 — 33)  und 
K.  Dziatzko  fdas  neue  Fragment  der  UeQLKsiQo^svri  des  Menand.  Jahrb.  fvü-  klass. 
Philologie  XXVII  Suppl.  (1900)  123—134,  wo  eine  sorgfältige  Textausgabe  beige- 
geben ist)  zu  vergleichen.  Dziatzko  meint,  dafs  die  andere  Liebschaft  die  des 
Pataikos  mit  der  Glykera  gewesen  sei,  als  der  Vater  seine  Tochter  noch  nicht 
wiedererkannt  hatte,  worüber  man  jedoch  wird  streiten  können.  Weiter  hatte 
noch  darüber  gehandelt  H.  Weil  Journal  des  Savants  1900,  48—54  =  £tudes  sur 
l'antiquite  grecque  (Paris  Hachette  1900)  273—281  (ebenfalls  mit  Angabe  des 
Textes),  H.  van  Herwerden  Mnemosyne  1900,  118—122  und  E.  Piccolomini  ün 
framento  nuovo  di  Menandro,  Atene  e  Roma  1900,  41 — 54. 


Wilhelm  Crönerfc:  Litterarische  Texte  mit  AueBchlufs  der  christlichen       515 

Einzelne  Columnen  (15,5  X  10)  aus  einer  Rolle.  Sie  ist  auf  der 
linken  Seite  zerstört,  so  dafs  jetzt  alle  Versanfänge  fehlen.  Die  Schrift  ist 
grofs  und  rund,  öfter  werden  einzelne  Buchstaben  mit  einander  verbunden. 
Der  Herausgeber  spricht  von  dem  Alter  nicht,  doch  glaube  ich,  dafs  man 
etwa  an  das  Ende  des  I.  christlichen  Jahrh.  zu  denken  hat.')  Zweimal  ist 
beim  Satzende  im  Verse  eine  Lücke  gelassen,  einmal  ein  Punkt  gesetzt; 
dann  erscheint  noch  fast  stets  der  Apostroph  (auch  bei  der  Krasis:  0'AX6- 
POY).  Es  ist  durch  Ausstreichen  und  Überschreiben  sehr  viel  nachträglich 
verbessert  worden. 

Prolog  eines  Stückes  der  neuern  attischen  Komödie.  Einige  Fehler 
gegen  die  Rechtschreibung  {yeCvixcci  7.  18.  (prjöLev  28;  stummes  t  fehlt); 
über  ov&iv  11  vgl.  den  vorigen  Papyrus.  Der  Verfasser  verspottet  zunächst 
die  andern  Prologdichter,  die  eine  lange  unerquickliche  Vorrede  halten,  um 
die  Vorgeschichte  der  Handlung  zu  erzählen.  Das  will  er  selbst  kurz  und 
anregend  machen  und  beginnt  mit  Vers  10  die  Exposition.  Zwei  Brüder, 
Sosthenes  und  Demeas,  Nachbarn  in  Athen,  der  eine  Vater  eines  Sohnes, 
der  andere  einer  Tochter,  reisen  nach  Asien,  müssen  dort  viel  Mifsgeschick 
bestehen  und  kommen  erst  nach  16  Jahren  heim:  hier  verläfst  uns  der 
Papyrus.  Den  Sprecher  dieser  Rede  hält  Kaibel  für  Dionysos,  nach  Vers  15, 
wo  er  überzeugend  Ji,ov]y6co  ergänzt,  während  der  Redner  der  verspotteten 
Prologe  als  fiaxQoloyog  '9'£[(5g  1  gekennzeichnet  wird.  Auf  dem  vorhergehen- 
den Blatte  stand,  nach  Kaibel,  wenn  nicht  eben  ein  anderes  Stück  voraus- 
ging, Titel,  Personenverzeichnis,  vielleicht  auch  noch  die  Hypothesis  und 
dann  der  Anfang.  R.  Reitzenstein  giebt  im  Hermes  XXXV  (1900)  622 — 626 
den  Text  noch  einmal,  nachdem  er  den  Papyrus  von  neuem  verglichen  hat, 
und  handelt  dann  ganz  besonders  über  die  Prologarten.  Es  scheint,  dafs 
man  den  Papyrus  abermals  an  seinem  linken  Rande  mit  ganz  scharfem 
Glase  wird  imtersuchen  müssen,  an  einzelnen  Orten  auch  die  Tafel,  z.  B. 
Z.  5  steht  ein  Rest  eines  von  Kaibel  nicht  verzeichneten  Buchstabens.^) 
Menander  als  Verfasser  der  Stücke  ist  nur  möglich,  keineswegs  irgendwie 
gesichert;  das  Wichtigste  aber,  das  die  Verse  bringen,  ist  die  Erkenntnis, 
dafs  die  Prologe  des  Terenz  ganz  den  griechischen  nachgebildet  sind. 

43.  Pap.  graec.  173  der  Strafsburger  Bibliothek,  hrsg.  von  R.  Reitzen- 
stein im  Hermes  XXXV  605 — 607.  Restchen  aus  einem  Pergamentbuche, 
mit  roher  ünciale,  die  etwa  aus  dem  8.  oder  9.  Jahrh.  stammt.  Als  Lese- 
zeichen erscheinen  die  drei  Accentarten  Spiritus,  Elisionszeichen  und  I-Punkte 

(IOAOKHN),  dann  je  einmal  ein  Punkt  (0H-)  und  eine  geradlinige  Para- 
graphos.  Der  Buchstabe  v  am  Versende  wird  durch  eine  wagerechte  Linie 
über  dem  vorletzten  Buchstaben  angedeutet  (zwei  Beispiele);  war  der  Vers 
länger  als  der  Zeilenraum,  so  wurden  die  überschüssigen  Buchstaben  über 
die  Zeile  geschrieben  und  durch  einen  gewölbten  Strich  von  dem  vorher- 
gehenden Verse  getrennt.  Einmal  trifft  man  eine  übergeschriebene  Ver- 
besserung, sie  zeigt  eine  dünnere,  steife  Schrift. 

1)  Sie  ist  sehr  ähnlich  der  prächtigen  breiten  ünciale,  in  der  Phüodems 
Rolle  tisqI  svGtßiiag  geschi-ieben  ist  (Vol.  Herc.  Coli,  altera,  vol.  II). 

2)  Auch  ist  vielleicht  eine  genaue  Beobachtung  der  einzelnen  Buchstaben 
von  Nutzen.  Denn  am  linken  Rande  vor  8  steht  wohl  KAN  (XAN)  für  CAN,  weil 
eine  Prüfung  ergiebt,  dafs  das  C  stets  mit  zwei  Strichen  geschrieben  wird;  der 
obere  Bogen  wird  entweder  verlängert  oder  nach  unten  gezogen. 


516  ^I-   Referate  und  Besprechungen 

Vers  145 — 161  (Vorderseite)  und  173 — 191  (Rückseite)  aus  dem 
dritten  Buche  der  Argonautika  des  Apollonios  Rhodios.  Die  Vorder- 
seite enthielt  nur  Versanfänge  von  mäfsiger  Ausdehnung,  die  Rückseite  noch 
spärlichere  Versenden.  Das  stumme  t  fehlt  (154.  157),  sonst  steht  noch  rj 
für  si  ((nqX[ia  146)  und  'rj  für  t  (£vtö'x7]ju,['j|;aT0  148).  Trotz  der  Kleinheit 
leistet  das  Stückchen  einen  wichtigen  Dienst  für  die  Erkenntnis  der  Über- 
lieferung. Denn  Vers  158,  der  bislang  ß-rj  6e  Öisk  fisyaQOLO  Jibg  ndyKccQTiov 
aXarjv  lautete,  hiefs  im  Papyrus  zunächst  /3^  de  ^tbg  ixeyaXoio  0[;  dann 
macht  eine  zweite  Hand  AIGK  aus  Z^IOC.  Da  aber  dies  keinen  guten 
Sinn  gab,  so  muTste  bald  mit  leichter  Änderung  iisyccQOio  geschrieben  wer- 
den, und  so  liest  man  es  in  den  byzantinischen  Handschriften.  Sonst  ist 
noch  zu  bemerken   STthaaL   185,    was  der  Papyrus   mit    allen  Handschriften 

irrtümlich  für  irceßGi  bietet,  und  MIMN€T6KHAOI.  Dies  letztere  nennt 
Reitzenstein  eine  orthographische  Absonderlichkeit,  doch  wohl  mit  Recht. 
Entstanden  ist  die  Lesart  ohne  Zweifel  aus  MIMN6TeeKHAOI,  was 
dann  ein  Abschreiber,  der  wohl  skandieren  konnte,  aber  einer  grammatischen 
Kenntnis  ermangelte,  zu  [li^vex'  s'k^]Xoi,  machte.  Dafs  Herodian  (I  52,34; 
72,  31  Lentz)  bei  exriXog  den  Hauch  besonders  erwähnt,  beweist  für  ein 
Vorkommen  der  Psilosis  nichts,  da  jener  Sprachmeister  eben  alle  mit  6K 
beginnenden  Worte  der  Reihe  nach  durchnimmt. 

44.  Oxy.  n  27—29,  Nr.  214. 

Blatt  eines  Papyrusbuches  (11  X  7,9),  beschrieben  von  einer  schmalen 
Uncialhand,  die  dem  Aussehen  nach  in  das  IH.  Jahrh.  n.  Chr.  gehört;  auch 
ist  das  Stück  mit  vielen  Urkunden  aus  dieser  Zeit  zusammen  gefunden 
worden.  Der  obere  Rand  ist  erhalten,  nach  Zeile  22  bricht  das  Blatt 
unten  ab.  Von  Lesezeichen  sieht  man  nur  die  fast  regelmäfsig  gesetzten 
I-Punkte,  die  Paragraphos  fehlt,  Verbesserungen  sind  nicht  vorgenommen 
worden. 

Bruchstück  eines  unbekannten  Epos,  ohne  Eigentümlichkeit  in  der 
Rechtschi-eibung  (st  2  X  =  7).  Kein  Vers  ist  vollständig  erhalten,  doch 
haben  die  Engländer  auf  der  Vorderseite  wenigstens  11  wieder  herstellen 
können.  Hier  redet  eine  weibliche  Person  davon,  dafs,  wenn  nicht  Dionysos 
geholfen  hätte,  die  Achaier  von  Telephos  vernichtet  worden  wären;  dann 
bittet  sie  die  Götter,  die  Friedensverhandlungen  zwischen  Troern  und  Ar- 
geiem  zu  einem  guten  Ende  zu  führen,  damit  nicht  der  Xanthos  und  der 
Kaikos  sich  wieder  vom  Blute  röte.  Auf  der  Rückseite  des  Blattes  spricht 
dieselbe  Person  (kkI  noßßiv  iroifir]  .  .  .  enl  i'^ovbg  el&i)6ni(jii)  von  den 
Schrecken  der  Seefahrt,  es  scheint  also,  dafs  ein  ihr  Nahestehender  (^vi^itcog 
o[g  11)  übers  Meer  gegangen  ist  und  entweder  betrauert  oder  ersehnt  wird. 
Robert  vermutete,  dafs  der  Ort  der  Handlung  in  Italien  liegt  und  dafs 
Astyoche,  die  mit  ihrer  Schwester  Aithylla  und  Medesikaste  unter  den  ge- 
fangenen Trojanerinnen  sich  befand,  den  Rat  giebt,  die  Schiffe  zu  ver- 
brennen, vgl.  Tzetz.  zu  Lyk.  921.  1075,  was  inde.ssen  die  Engländer  mit 
Recht  wegen  der  auf  der  Vorderseite  ausgesprochenen  Bitte  nicht  ange- 
nommen haben.  So  viel  scheint  mir  sicher,  dafs  die  Telephossage  in  dem 
Stücke,  wenn  nicht  die  erste,  so  doch  eine  hervorragende  Rolle  spielte,  und 
dafs  die  Zeit  der  geschilderten  Ereignisse  die  der  kleinen  Hias  ist.  Den 
Verfasser  suchen  die  Engländer  und  Weil  (Journal  des  Savants  1900,  96 — 98) 


WilheLm  Crönert:  Litterariache  Texte  mit  AusschlufB  der  christlichen      517 

unter  den  Alexandrinern,  Wilamowitz  möchte  auch  nicht  bis  auf  die  Kaiser- 
zeit hinuntergehen.  Anders  Arthur  Platt  (Class.  Rev.  1899,  439  f.),  der  den 
Dichter  zwischen  den  Alexandi-inern  und  Nonnos  ansetzt.  Diese  Ansicht 
scheint  begründeter,  denn  wenn  auch  die  Verse  ohne  Tadel  sind,  so  kann 
man  doch  wegen  vollständigen  Fehlens  allen  gelehrten  Krames  und  aller 
eigenartigen  Worte  und  Bildungen^)  nicht  mehr  an  die  Zeit  der  alexandri- 
nischen  Dichter  denken.^) 

45.  Wachstafel  des  Ägyptischen  Museums  zu  Berlin,  hrg.  von  H.  Diels, 
die  Elegie  des  Poseidippos  aus  Theben,  Berl.  Sitzungsber.  1898,  847 — 858; 
dazu  eine  Lichtdrucktafel.  ■*) 

Es  sind  zwei  zu  einem  Diptychon  vereinigte  Wachstafeln,  ein  hübsches 
Beispiel  des  alten  Notizbuches.  Fast  die  ganzen  beiden  Innenseiten  sind 
beschrieben,  die  AuTsenseite,  die  mit  einer  weit  dünneren  Wachsschicht 
überzogen  ist,  zeigt  nur  ein  einzelnes  Wort,  über  das  noch  unten  gesprochen 
werden  soll.  Die  Schrift,  dem  I.  nachchristlichen  Jahrhundert  angehörig, 
ist  zunächst  eine  feste,  ausgeprägte  Unciale,  geht  aber  später  in  die  Cursive 
über.  Der  Text  wimmelt  von  Verbesserungen,  eine  Erscheinung,  die  in 
dem  Zwecke  der  Schrift  ihre  Erklärung  findet. 

Elegie  eines  unbekannten  PoseidippoS  von  Theben.  Die  Rechtschrei- 
bung, über  welche  Diels  ausführlich  handelt,  ist  furchtbar  verwildert,  immer- 
hin merkwürdig  ist  die  Vertauschung  von  w  und  ou*),  die  willkürliche 
Behandlung  des  Nasal  ^)  und  azlvv  19,  axQL  24,  Vers  5  giebt  neben  dem 
Verfasser  auch  den  Inhalt  des  Gedichtes  an,  denn  der  Dichter  wünscht  von 
den  Musen:  vvv  ös  TJoGtiSinnai  (-TTTTOY  überl.)  Gxvyeqov  avvaeCöazs 
(-CAA6)  yiJQCig.  Es  ist  ein  Lied  auf  das  Alter,  aber  ohne  jede  Kunst  und 
verständige  Anordnung  der  Gedanken.  Poseidippos,  mit  mancherlei  von 
den  früheren  Dichtern  erborgten  Fedei'n  sich  schmückend,  ohne  dabei  von 
richtiger  Silbenmessung  eine  Ahnung  zu  haben,  wechselt  zwischen  hohlem 
Pathos  und  niedrigen  Gedanken;  erträglich  ist  noch  der  Schlufs,  in  dem  er 
sich  ein  glückliches  und  friedliches  Lebensende  wünscht.  Die  Tafeln  haben 
insofern  eine  ganz  einzige  Bedeutung,  als  sie  gewissermafsen  das  Unreine 
des  Gedichtes  geben:  zahlreich  sind  die  Verbesserungen  und,  denn  das  Stück 
ist  invita  Minerva  gefertigt,  Verschlechterungen,  so  dafs  man  sich  hieran 
klar  machen  kann,  wie  etwa  Kallimachos  oder  Euphorion  ihre  Werke  zu 
stände  brachten.  Anfang  und  Ende  der  Elegie  sind  wohl  erhalten,  in  der 
Mitte  sind  viele  Lücken,  die  aber  der  Schi-eiber  selbst   gelassen  oder   durch 


1)  Alles  stimmt  mit  der  homerischen  Sprache  überein^  nur  lx&v6ßoro[g  2, 15 
ist  erst  bei  Oppian  belegt. 

2)  Viele  Verbesserungen  und  Erklärungen  giebt  A.  Ludwich,  Berl.  phil. 
Wochenschr.  1900,  357,  eine  blofse  Darstellung  des  Thatbestandes  G.  Fraccaroli 
Riv.  di  fil.  class.  XXVIII  3—6. 

3)  Ist  zu  Unrecht  in  dem  ersten  Berichte  ausgelassen  worden. 

4)  noasiSinnov  für  -cot  5,  IJaXlaiov  fiü'  -cot  16,  itaga  ^oißcat  für  -ov  1.  Dafs 
dies  auf  der  Aussprache  beruht,  zeigen  die  Beispiele,  welche  die  ägyptischen 
Urkunden  aus  den  ersten  christlichen  Jahrhunderten  in  nicht  geringer  Anzahl 
bieten. 

5)  'OliTCWi  16,  li^TtccvEvzs  (=  -vExs)  7.  Zur  letzten  Form  giebt  es  eine  An- 
zahl von  ähnlichen  Fällen,  z.  B.  Ttoioiiisv&a.  ccTto-nQVTttöybSvQ'a  dvväfisvd'oc  aus  dem 
bekannten  Palatinus  des  Lysias  (s.  XII)  Hermes  X  257,  a^iovvfiev  Lond.  I  26,  11 
(161  V.  Chr.)  äiLÖv^s  (=  -ovfiat)  124,  15  (s.  IV— V)  ü(x.lr]vaev  ev.  Math.  13,  34 
codex  Bezae  s.  VI  u.  a. 


518  II-   Referate  und  Besprechungen 

Tilgung  hervorgerufen  hat;  im  Ganzen  sind  die  Eeste  von  14  Distichen  zu 
lesen.  Ein  seltsames  Wort  steht  auf  einer  der  Vorderseiten:  ANTACMO- 
AIAN.  Darin  findet  Diels,  wenn  auch  mit  Zögern,  ccvraiG^aiSiav,  indem 
er  an  unbekanntes  ai6^ai,6etv  anknüpft,  und  die  Elegie  als  einen  Gegen- 
gesang in  einem  Wettstreit  bezeichnet.  Der  Gedanke  ist  vortrefflich,  aber 
die  Bildung  ungeheuerlich,  und  wenn  man  eine  bei  einem  so  schlechten 
Schreiber  nicht  auffällige  Vertauschung  zweier  Vokale  annimmt,  so  erhält 
man  avTaiü^driov^),  was  eine  richtige  Erweiterung  des  schon  bekannten 
Ki,G(icctiov  ist.  ^) 

46.  Oxy.  II  39—41,  Nr.  219. 

Zwei  Bruchstücke  (das  gröfsere  12,2  X  18,4),  mit  Urkunden  aus  der 
ersten  Hälfte  des  I.  Jahrh.  n.  Chr.  zusammen  entdeckt;  die  auf  den  Blättern 
erscheinende  Cm'sive  ist  wohl  auch  in  dieser  Zeit  geschrieben.  Auf  dem 
ersten  Bruchstück  hat  sich  der  untere  Eand  erhalten,  hier  zählt  man  nach 
oben   20  Zeilen.     Lesezeichen  fehlen  vollständig. 

Klag;e  über  einen  entlaufenen  Hahn,  ein  rohes  Gemisch  von  Prosa 
und  Dichtung,  von  hochtrabenden  Ausdrücken ^)  und  von  Worten  und  Formen*) 
des  gemeinen  Lebens,  das  eine  Aufnahme  unter  die  Litteraturstücke  nicht 
verdiente,  wenn  es  nicht  zur  Erkenntnis  dichterischer  Bethätigungen  etwas 
beitrüge,  wie  doch  auch  die  schlimmsten  christlichen  Grabverse  mit  den 
andern  zugleich  gesammelt  werden.  „Der  Hahn,  den  ein  Freund  des  Klagen- 
den namens  Tryphon  in  Verwahrung  hatte,  hat  wohl  die  Henne  Thakothal- 
pas^)  verfolgt  und  ist  jetzt  auf  und  davon.  Ich,  einst  glücklich  gepriesen 
unter  den  Hahnenzüchtern  ^),  bin  in  Verzweiflung.  Aber  ich  lege  einen  Stein 
auf  mein   Herz^),    das  wird  mir  Ruhe    bringen.     Lebt    wohl    ihr  Freunde!" 


1)  r  und  8  hat  Poseidippos  wie  viele  Urkunden  seiner  Zeit  oft  verwechselt, 
z.  B.  in  awasicads. 

2)  An  demselben  Orte  (S.  857 — 858)  hat  Diels  noch  eine  andere  Wachstafel 
veröffentlicht  (Britisches  Museum  Nr.  29527),  die  schon  seit  längerer  Zeit  bekannt 
(vgl.  Rumpf,  Verhandl.  der  Würzb.  Philologenvers.  1869,  239),  aber  noch  nicht 
verstanden  ist.  Es  ist  ein  Rätsel  in  zwei  Distichen;  Selrog,  die  Wachstafel  selbst, 
ist  die  gewünschte  Antwort.  Der  Dichter  gehört  in  die  Kaiserzeit,  der  Schreiber, 
der  etwa  im  n.  oder  III.  Jahrh.  lebte,  hat  sich  das  Epigramm  als  Schreibübung 
aufgezeichnet. 

3)  z.  B.  cchSgoGoig  11  ein  neues,  sicher  einem  Dichter  entlehntes  Wort;  i] 
vccvg  ftov  iQQayr}  15  („ich  bin  verloren"). 

4)  ipv^o^ax&i  21,  r]6r6%7\v.i  ftov  21,  i[ilv  iv%(xxiUnE  22  (diese  Form  liefs  sich 
bis  jetzt  erst  seit  dem  III.  christlichen  Jahrh.  feststellen,  vgl.  K.  Dieterich,  Unter- 
suchungen, 190),  i[iatov  23. 

5)  Blafs,  dem  Wilamowitz  zustimmt,  glaubt  in  dem  seltsamen  ©AKAOAATTA- 
AOC  Q-ä%a  für  rä%a  zu  erkennen  (diese  Umstellung  der  Aspirate  ist  gar  nicht 
selten  in  ägyptischen  Urkunden),  letzterer  sucht  noch  in  OAATTAAOC  einen  Eigen- 
namen, dessen  Accent  und  Bedeutung  dunkel  sei.  Andere,  nämlich  Postgate 
(Class.  Rev.  1899,  441)  und  A.  Platt  (1900,  19)  kommen  der  Sache  mehr  auf  die 
Spur,  da  sie  an  Q'älnHv  (brüten)  erinnern,  und  F;  Bechtel  (Hermes  1900,  348)  hat 
sie  wohl  erledigt,  indem  er  Qay.oQ-aliiäg  (die  Sitzwärmerin)  schreibt.  Das  Wort 
ist  dann  sicher  aus  der  alexandrinischen  Dichtung  aufgegriffen. 

O 

6)  €NTOIC  <t>IAOTPO<l>l  (das  O  unsicher)  wird  als  tpiloxqocpioig  von  den 
Engländern  und  Wilamowitz  ausgelegt,  doch  stimmt  cpiXoxQÖfpoig  von  Ludwich 
(Berlin,  phil.  Wochenschr.  1900,  358)  mehr  zur  Überlieferung  und,  wenn  man  so 
sagen  darf,  zur  Metrik. 

7)  Das  ist  entweder  eine  unbekannte  Sitte  oder  eine  Hindeutung  auf  den  Selbst- 
mord des  weinerlichen  Jungen.     Wozu  nimmt  er  denn  Abschied  von  seinen  Freunden? 


Wilhelm  Cröuert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen       519 

Die  Worte  sollen  Verse  darstellen,  ein  paar  Trimeter,  in  denen  aber  weder 
Länge  und  Kürze  noch  auch  Silbenzühlung  beobachtet  wurde,  auch  ist  der 
Hiat  nicht  anstöfsig.  ^)  Nur  ein  Gesetz  hat  der  Schreiber  ungefähr  durch- 
geführt, nämlich  die  vorletzte  Silbe  kurz  zu  machen.^)  Über  Einzelheiten 
sind  im  übrigen  noch  Wilamowitz  (S.  50 — 51)^)  und  A.  Ludwich,  Berl. 
phil.  Wochenschr.   1900,  358  zu  vergleichen. 

II.  Prosastücke. 

47.  Oxy.  II  117—118,  Nr.  225;  dazu  Tafel  V. 

Schmaler  Streifen  einer  Papyrusrolle  (13  X  5,4)  mit  erhaltenem  oberen 
Rande  und  Eesten  zweier  Columnen.  Der  Schreiber,  noch  dem  I.  christ- 
lichen Jahrhundert  angehörend,  hat  die  Neigung,  wo  es  angeht,  den  einen 
Buchstaben  an  den  andern  zu  knüpfen,  auch  verwendet  er  kein  anderes 
Zeichen  als  den  bekannten  Füllstrich  (7)  am  Ende  einer  Zeile.  Der  arixog 
enthält  17 — 20  Buchstaben,  die  Seite  genau  25  Gxi%OL. 

Thnkydides  II  90,  5  i%iv.arciXcc^6v\x£q  —  6  ano  t]&v  und  91,  1  t-^v 
i7Ci6rQog)r}v  —  2  jwtav  vavv  t\&v.  Bei  den  Wortformen  läfst  sich  nur  eine 
Bemerkung  machen:  (p&dvov]6i  avrov[g  91,  1.  In  dem  schönen  Thukydides- 
papyrus  Oxy.  I  16  fehlte  das  v  durchgängig  auch  vor  Vokalen,  bis  es  die 
2.  Hand  wieder  einsetzte,  und  wenn  z.  B.  eben  in  jenem  Thukydidesstück 
der  Palatinus  tiXecoGi.  ol  (II  92,  l)  schreibt,  so  wissen  wir  nun,  dafs  das 
alte  Überlieferung  ist.*)  Die  Lesarten  des  Papyrus  bieten  aufser  dem  wenig 
passenden  cc^wov^isvai  für  cciiwov^svot  91,  1  nichts  Neues,  sie  zeigen  aber 
die  Güte  des  Laurentianus  C  (mit  diesem  stimmen  sie  in  inLGXQOcpijv  90,  6, 
t6  'ATfolXcovLOv  und  ai.ivvov(isi'at  91,  1  überein)  und  bringen  daneben  den 
Nachweis,  dafs  der  von  Hude  zuerst  herangezogene  Londinensis  M  selb- 
ständige, vortreffliche  Überlieferung  birgt  (vgl.  öxovßat  91,  3  und  die  Be- 
merkungen von  W^ilamowitz  a.  a.  0.  46).^) 

48.  Oxy.  II   118—220,  Nr.  226. 

Papyrusblatt  (14  X  12)  mit  den  Resten  von  drei  Columnen,  welche 
in  mittlerer  Unciale  beschrieben  sind,  Ende  des  I.  oder  11.  Jahrh.  Die  Zeilen 
sind  recht  schmal  (13 — 16  Buchst.),  etwa  25 — 26  von  ihnen  bilden  eine 
Columne.  Grammatische  Bezeichnung  der  Buchstaben  fehlt  aufser  in  YTTO 
2,  9,   zur  Zeilenausfüllung    dient    das    bekannte    Häkchen  7   1,  7,  19.   2,  12, 

1)  Ein  Muster: 

rov  ^[ax]ly-Ov,   rov  insQÜctov,  tov  'EXXrivLiiov, 
^dgl^iv  rjovrov  iKaXov^iriv  iiiyag  iv  rä  ßicoi. 

2)  Die  Messung  von  KAAIO)!  (16)  als  ^_  kann  in  der  Volkssprache,  die  Kläco 
kannte  {yiXuovaag  F.  Paris.  34,  7  (157  n.  Chr.)  und  KXdyco  51,  16  (160  v.  Chr.)  nicht 
befremden. 

3)  „Eine  schnui-rige  Expektoration,  das  Sekundanerpathos  eines  halbgebildeten 
Bengels,  der  mit  dem  Weltschmerz  spielt,  weil  ihm  sein  Kampfhahn  fortge- 
kommen .ist." 

4)  Über  die  vielen  Zeugnisse  dieses  Brauches,  die  noch  heute  in  den  Hand- 
schriften, besonders  in  B  und  C,  aufzutreiben  sind,  und  über  die  merkwiü-dige 
Erscheinung,  dafs  Prokop,  der  sklavische  Nachahmer  des  Thukydides,  nach  Aus- 
weis seiner  Handschriften  auch  diese  Kleinigkeit  nachgemacht  hat,  wird  an  einer 
anderen  Stelle  ausführlicher  zu  reden  sein. 

5)  Die  Bemerkung  der  Engländer  über  Si[^cp&£i.Qav  90,  5  ist  hinfällig,  da  sie 
aus  Versehen  die  Lesarten  zu  di^cpQ^eLQccv  91, 1  herangezogen  haben. 


520  II-  Referate  und  Besprechungen 

17,  19,  und  daneben  der  wagerechte  Strich:  eTTeXei  —  ]  POYN  2,  13.^) 
Während  die  Pai-agraphos  nur  selten  erscheint,  findet  man  eine  sorgfältige 
Punktierung,  die  nach  den  Engländern  von  dem  Schreiber  selbst  später  hin- 
zugefügt wurde.     Über  die  Interpunktion  s.  Nr.  40. 

Helleiiika  des  Xenophou  VI  5,  7  nQ]6'^eu[ov  Kai  KaUßLo]v  —  8  oi 

MavTlivfjLg  und  9  Ta[g  inl  t6  —  o[\  ök  jilsraöico'^avteg.  Wo  die  Recht- 
schreibung mit  der  Ausgabe  im  Widerspruch  steht,  kann  man  immer  etwas 
leraen:  Kaki\ßi.ov  2,  7  beweist,  dafs  schon  in  ziemlich  früher  Zeit  der  ein- 
fache Konsonant  sich  in  diese  Form  eindrängte');  a7to]y.reLvvvct[i,  bietet  die 
rechtmäfsige,  in  den  Text  zu  setzende  Sckreibweise  (vgl.  Kühner-Blafs  II  469); 
ETteno^cpoöav  2,  16  ist  wohl  eine  verschollene  ältere  Nebenbildung,  die  unter 
der  Einwirkung  des  „chalkidischen"  l'öioßav  sl'7to6ai>  entstand;  und  endlich 
MavT\iif]ig  2,  25  giebt  einen  willkommenen  Beleg  dafür,  dafs  die  ähnlichen 
Schreibungen  in  den  Handschriften  des  Xenophon^)  schon  ein  ziemliches 
Alter  haben.  Da  die  Behandlung  des  Textes  nicht  ganz  genau  ausgefallen 
ist,  so  möge  sie  hier  besser  versucht  werden.  VI  5,  7  (Col.  1,  3)  wird 
stillschweigend  -ö'ea^otjg  gedruckt,  obwohl  dies  erst  von  Dobree  für  &edrQoig 
eingesetzt  worden  ist:  ob  es  wirklich  im  Papyi'us  stand,  mufs  eine  Nach- 
vergleichung  feststellen;  das  beanstandete  ov^  vor  iläxzovg  hat  auch  der 
Papyrus;  d  akkovg]  de  äXkovg;  roLOvrog  vor  6  ^xccaimtog  fehlt  („darin  wird 
eine  arge  Interpolation  entfernt"  Wilamowitz  47);  5,  8  jr^og  MavrcvsLav] 
-slai,  eine  fehlerhafte  Lesart;  Kskevovrsg  ßorj&siv]  im  Pap.  umgestellt;  5,  9 
KaTaq)ev'yoi'rsg  BJ  -cpvyövTsg  CFMDV  und  der  Papyrus;  eyKl[si6^Bvoi  ist  ein 
Druckfehler  statt  f yxA[  fiGajiifvot.  Aufser  der  Beseitigung  des  eingedrungenen 
Glossems  liefert  der  Papyrus  auch  die  Erkenntnis,  dafs  die  Lesarten  der 
sogenannten  schlechteren  Handschriften  schon  recht  alt  sein  können. 

49.  Oxy.  II  120—123,  Nr.  227. 

Längeres  Papyrusstück,  fünf  Columnen  enthaltend,  mit  dem  oberen 
und  unteren  Rand  26  cm  hoch.  Die  Schrift  ist  eine  regelmäfsige ,  grofse, 
aufrechte  Unciale,  nach  den  Herausgebern  ähnlich  der  des  Papyrus  vom  y 
der  Odyssee  (Brit.  Mus.  271,  Facsimile  bei  Kenyon  Palaeographie  7.  XV) 
und  gehört  an  das  Ende  des  I.  oder  spätestens  an  den  Anfang  des  II.  Jahrh. 
11 — 14  Buchstaben  machen  einen  ßriiog  aus,  dreifsig  Zeilen  eine  Seite. 
Von  Lesezeichen  ist  nur  die  Paragraphos,  einmal  auch  ein  Punkt  am  oberen 
Rande  (5,  9)  angewandt;  die  Zeilenausfüllung  geschieht  durch  das  nach 
links  geöffnete  Häkchen  1,  14.  15.     Falsch  ist  getrennt  in  a[Gi;v]  |  £(7/a   1,  17. 

Aus  dem  Oikouomikos  des  Xeuopliou  VIII17  iaivQ&g  \o\^[o3g — 1X2 

t\v  £Y.u6{x(i)L.  In  der  grammatischen  Schreibweise,  die  einen  recht  sorg- 
fältigen Schreiber  verrät,  ist  aufser  avunELitroi  4,  12  zu  bemerken  öiEiQtj- 
lji[e\vc3v   1,  7^)  und  xv-O'^ag   1)  12,   von  zweiter  Hand  in  y^vQ'Qccg  geändert.^) 

1)  Nicht  etwa  ein  Trennungsstrich,  s.  unten  Nr.  53  und  69.  Ähnliches  in 
den  Herk.  Rollen. 

2)  KäXiTtTiog  findet  man  in  den  Handschriften  an  recht  vielen  Orten. 

3)  Mit  den  Beispielen  aus  der  Thukydides-  und  Dio  Cassiusüberlieferung  zu- 
sammengestellt in  den  Wiener  Stud.  XXI  (1899)  57. 

4)  Dies  die  attische  Form,  die  sich  schon  in  dem  grofsen  Thukydidespapyrus 
(Oxy.  116.  2,  4)  gefunden  hat  und  für  welche  in  der  Göttinger  Dissertation  Quaest. 
Herculan.  (1898)  S.  41  eine  Menge  Beispiele  aus  ägyptischen  Urkunden  und  aus 
der  besseren  handschriftlichen  Überlieferung  zusammengetragen  sind. 

5)  Es  hätte  wenigstens  ivxqug  verbessert  werden  sollen.     Es  ist  indessen  die 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen       521 

Was  die  Lesarten  anlangt,  so  zeigt  der  Papyrus,  wie  schlecht  es  mit  der 
Überlieferung  des  Xenophontischen  Buches  bestellt  war;  auf  eine  Zusammen- 
stellung jedoch  der  Ergebnisse  kann  verzichtet  werden,  nachdem  Wilamowitz 
a.  a.  0.  S.  46—47  das  Nötige  ausgeführt  hat. 

50.  Dubliner  Papyrus  aus  der  Sammlung  Flinders  Petrie,  hrg.  von 
J.  Gilbart  Smyly,  a  new  fragment  of  the  Laches  of  Plato,  Hermathena  X 
(1899)  407—408. 

Kleines  Stückchen  von  etwa  10  cm  Breite,  aus  ptolemäischer  Zeit. 
Die  Zeile  enthielt  16 — 20  Buchstaben,  die  Seite  gegen  35  Zeilen.  Von 
Lesezeichen  findet  sich  nichts  als  ein  wagerechter  mit  der  Höhe  der  Buch- 
staben gleichlaufender  Strich  (AOKJHI  ~  TTeiCTGON  1,4),  eine,  wie 
es  scheint,  bis  jezt  unbekannte  Art   der  Bezeichnung   des  Personenwechsels. 

Die  Mitte  des  Stückes  nimmt  der  Randstreifen  ein,  die  linken  Reste 
bieten  aus  dem  Laches  des  Platoil  189*^  aKojvaag  —  189^  6\xs66lv,  die 
rechten  190^*  naQccyei-ol^ivlrj  —  axo\liit.  Die  wenigen  Buchstaben  geben 
einen  ziemlichen  Ertrag:  189^*  oTi  a  v(.üu  \  [dojcjfjt^)  unter  Auslassung  des 
Hat,  nach  av;  ntißxiov  \  [w  cpiX\oi  ylv6i.f.i.dicot,  statt  co  Ntnla  xe  nal  ylccpjg^)-^ 
riveg  rj  [6i,öd6}ia]koi.  für  rlvsg  ol  ö.,  wiederum  eine  Verschlecbtei'ung;  190° 
ov  5t]axK>j  sl^s  für  e'xsi;  ilg  ravrbv  g)EQei\  'Aal  ßx^ööv  [xi  ^äklov  l^\  oiQxTjg 
sir)  av  für  cpsQSi,  öisdbv  de  xi  xal  fiälkov.  Rechts,  wo  nur  sehr  wenige 
Buchstaben  gerettet  sind,  scheint  alles  in  Ordnung  zu  sein.  Denn  die 
Zeilenanfänge  ||  •  06  •,  ||  •  •  N,  ||  CXO,  1|  M|  ergänzen  sich  gut,  wenn  man 
annimmt,  dafs  bei  der  grofsen  Zertrümmerung  des  Papyrus  nach  der  ersten 
Zeile  eine  andere  zerstört  worden  ist:  %xi!]6ai,  \  t]o.  c[i  yaq  fxrjö^  avxb  xov- 
xo  I  ELÖstrjfiEv,  0  xi  nox^  f'<y|u]v[  t]  o  xi  eöxlv  aKor\\  \  (>;^o[Afji  u.  s.  w.,  die 
letzten  Buchstaben  aber  möchte  ich  nicht  für  richtig  gelesen  halten. 

51.  Oxy.  II  123—126,  Nr.  228. 

Papyrusblatt  (25,5  X  15),  eine  vollständige  Columne  mit  Resten  der 
angrenzenden  enthaltend.  Die  Schrift  ist  eine  gerade,  zierliche  Unciale,  von 
dem  Hrg.   ins  H.    christliche  Jahi-h.   verwiesen.     Die    Zeile   enthält    16 — 20 

Buchstaben,    die    Seite    32 — 33    Zeilen.     Schriftzeichen:    A   1,  6  j6[Y   2,4 

Äl— Gl)N6Ä  17  0[N  32,  zwei  Punkte  (:)  zur  Bezeichnung  des  Personen- 
wechsels und  damit  stets  verbunden  die  Paragraphos  am  linken  Rande;  vgl. 
noch  Nr.  40. 

Aus  dem  Laches  des  Piaton  197^  %\ai  ev  A[£'y]a[g  —  198^  cip'  ovv 
a[7iSQ,  dazu  auf  einem  versprengten  Restchen  der  nächsten  Columne  198*^ 
&aQQ\aXia  [^6e  x]cc  ^i]  nand.  Aufser  'r]6<&rj6&ai.  2,  21  imd  ajteJx^Eivco  3,  27 
verstöfst  nichts  gegen  die  Grammatik,  denn  cpfjg  1,16  2, 17  ist  die  richtige 
Form,  wenn  auch  T  immer  und  B   meist    g)}]Lg   überliefern,    und   indem   in 


jonische  Form  wieder  in  den  Text  einzusetzen,  und  mit  ihr  zugleich  noch  manches 
andere,  was  sich  in  den  Handschriften  erhalten  hat,  bis  jetzt  aber  verschmäht 
worden  ist,  z.  B.  xpTjTJJpa  Anab.  IV  5,22  A  cpgrirgcc  Kyrup.  I  6,33  AGpr.  ^stvog 
Anab.  I  3,3  A  inl  ^sivia  VI  1,  3  A  ^v  Kovltm  Kyrup.  I  2,  9  BD*  TtuQaLßdzag  VII 
1,29  AG  ccvTLg  IV  2,  36  A  5,56  A  VIE  3,  :^2  D  Anab.  V  4,  20  C  6,25  BC  VH 
3,18  BC. 

1)  Es    scheint,    dafs  vor  d  noch  zwei    oder  drei  Buchstaben    standen,    doch 
läfst  sich  das  erst  am  Original  ausmachen. 

2)  Es  war  [fi^vTJot  ergänzt,  was  gar  nicht  pafst. 


522  II-  Referate  und  Besprechungen 

ccTtQO^^rj&sl^ccg  1,  27  der  Schreiber  nachträglich  das  £  tilgte,  folgte  er  dem 
Sprachgebrauch  seiner  Zeit,  den  es  noch  näher  zu  untersuchen  gilt.  Auch 
in  avfnt[avra  3,  30  merkt  man  den  Einflufs  der  späteren  Sprache.  Die 
Lesarten,  über  welche  das  genaue  Verzeichnis  der  Engländer  zu  vergleichen 
ist,  zeigen  eine  Reihe  von  Umstellungen,  geringfügige  Erweiterungen  und 
Auslassungen.  Der  Papyrus  geht  dabei  einige  Male  mit  einigen  Hand- 
schriften zusammen,  welche  Übereinstimmung  aber  2,  13  zufällig  ist,  da 
AAvLlAXON  sehr  leicht  zu  AXIAXON  werden  konnte.  Die  einzige 
wichtigere  Neuigkeit  ist  ovkovv  ßi  ys  197'^  füi*  ovkovv  sycoys,  was  die  Eng- 
länder vorziehen  und  Wilamowitz  a.  a.  0.  49,  der  auch  sonst  zu  vergleichen 
ist,  gar  eine  Lesart  nennt,  die  man  sich  schämen  solle,  nicht  durch  Ver- 
mutung gefunden  zu  haben. 

52.  Oxy.  II  126—127,  Nr.  229. 

Papyrusblatt  17  X  4,9,  beschrieben  von  einer  Uncialhand  des  II.  Jahrh. 
n.  Chr.     Die  Zeile  enthielt  19 — 23  Buchstaben,  die  Columne,  von  der  nur 

h  h 

der  obere  Rand  erhalten  ist,  über  30  Linien.     Lesezeichen:  OY   2   OPGüN 

12  AN  8^),  der  Doppelpunkt  zum  Zeichen  einer  gröfseren,  der  einfache 
Punkt  zum  Zeichen  einer  kleineren  Satzpause  ^),  dann  die  Satzfüllstriche  (7) 
2,  7,  25.  Auf  dem  oberen  Rand  steht  ein  Scholion  in  einer  Cursive  des  IL 
oder  III.  Jahrh. 

Platou,  Pliaidon  109''  7toXXov]g  r&v  —  109*^  ovQav]ov  ovrog.  Aus  der 
Rechtschreibung  ist  zu  bemerken  §i;v[^£r]v  3  und  eco^axcog  18  ecoQan[6rog 
24.^)  Eine  neue  Lesart  zeigt  sich  nirgend,  denn  dafs  der  Papyrus  109*^ 
ccvaKVTpag  in  \  ['&aXdTrrj]g  geschrieben  habe  unter  Auslassung  von  Tf;g,  ist, 
da  die  benachbarten  Zeilenenden  alle  verstümmelt  sind,  sehr  unwahrschein- 
lich. Die  kurze  Erklärung  am  oberen  Rande:  (Jt'  vöarog  \  ag  ol  iyO'veg 
xov  ovQavYov  OQÜi],  I  im-ug  8l    asQog  ist  sehr  oberflächlicher  Art. 

53.  Pap.  graec.  92  der  Strafsburger  Bibliothek,  hrg.  von  R.  Reitzen- 
stein  im  Hermes  XXXV  607—608. 

Kleines,  mit  der  Scheere  zurechtgeschnittenes  Blatt  aus  einer  Papyrus- 
rolle, geschrieben  in  grofser  prächtiger  üncialschrift  des  beginnenden  dritten 
Jahrhunderts.  Eine  Eigentümlichkeit  der  Sclu-ift  ist  es,  dafs  die  Zeilen  un- 
gewöhnlich schmal  sind,  sie  enthalten  meist  nur  acht  bis  zehn  Buchstaben. 
Dabei  hat  der  Schreiber  so  sehr  auf  ein  Ebenmafs  der  Columnen  geachtet, 
dafs  er  die  etwa  überschiefsenden  Buchstaben  kleiner  schrieb,  um  die  Zeilen- 
länge nicht  zu  ungleich  zu  machen.  Eine  solche  Columne  aber  enthielt 
nur  23  Zeilen,  also  kaum  über  5  Teubnerzeilen ! *)  Von  Lesezeichen  ist 
nichts  zu  bemerken. 


1)  Wie  die  Engländer  bemerken,  eine  ganz  ungewöhnliche  Erscheinung.  Der 
Schreiber  hatte  wohl  im  Sinne,  dadurch  (oOTttQ  av  von  wg  itigav  zu  scheiden. 

2)  Der  Doppelpunkt  (:)  in  dieser  Bedeutung  ist  ebenfalls  nicht  gewöhnlich; 
er  findet  sich  ähnlich  in  dem  Herkulanensischen  Papyrus  1012.  44,  4. 

3)  Plato  hat  doch  wie  die  attischen  Dichter  k6Qav,a  geschrieben.     In  seiner 

Überlieferung  findet  es  sich   noch  Soph.  239''  {toiQav.wg  T)    und  Leg.  905''    in    der 
Handschrift  B  s.  XI  des  Theodoretos  (graec.  afi".  cur.  93,  50). 

4)  Die  ganze  Rede  nahm  somit  etwa  66  Seiten  ein.  Ob  damit  die  Rolle 
abgeschlossen  war,  läfst  sich  nicht 'sagen,  zur  Erreichung  der  Durchschnittslänge 
war  mindestens  noch  die  Rede  an  Nikokles  nötig,  vielleicht  waren  auch  alle  drei 
moralischen  Reden  des  Isokrates  vereinigt. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen       523 

Das  Blatt  enthält  auf  der  Vorderseite  (über  die  Rückseite  s.  Nr.  60) 
Isokrates'  Rede  an  DemOllikos  45,  und  zwar  auf  der  linken  Seite  rvy]- 
1(x\v(ü  —  %a\i\Qovrccg  und  auf  der  andern  y^Qw^itvog  —  d%oq  Kai.  Das 
stumme  t  fehlt.  Der  Zettel  liefert  nur  eine  Bemerkung:  in  rsKfi^^Qiai.  %Q(o- 
^evog  xrii  neql  x-i]v  äkXriv  6ov  ncctösiav  cpikoTtoviai  wird  aov  vom  Papyrus 
mit  r  ausgelassen. 

54.  Oxy.  II  128—130,  Nr.  230. 

Papyrusblatt  (28  X  21)  mit  einer  vollständigen  Columne  und  Resten 
der  beiden  benachbai-ten.  Die  runde,  unregelmäfsige  Unciale  stammt  aus 
der  Mitte  des  11.  Jahrh.  n.  Chr.  In  der  Zeile  sind  21 — 24  Buchstaben,  in 
der  Columne  36  Zeilen.  Einige  wenige  Lesezeichen:  Öfter  Punkte  über 
anlautendem  i  und  v,  Elisionszeichen  3,  14  und  alte  Form  des  Spiritus 
asper  '"  2,  36.  3,  14.  Während  diese  Zuthaten  von  einer  späteren  Hand 
herrühren,  hinterliefs  noch  die  erste  die  Paragraphos  und,  was  eine  Eigen- 
tümlichkeit des  Schreibers  ist,  an  nicht  weniger  als  14  Stellen  den  wage- 
rechten Füllstrich  ( — )  zur  Ergänzung  der  Zeilenenden  (s.  oben  Nr.  47). 

Demostheues,  Kranzrede  40  «xovtcoJi^  'Ad'[r]vaicov  —  44  tote  nd[v]rs[g 
und  45  Ktvjdvvcov  [xd  —  47  TtQLrjtaL  A€|  (?).  Aus  der  Rechtschreibung  ver- 
dient bemerkt  zu  werden,  ovd'ev  45,  was  Demosthenes  recht  wohl  gesckrieben 
haben  kann^)  und  nal  &eoiaiv  ix^^QOi  46,  wo  iv  von  der  2.  Hand  getilgt 
wurde. ^)  Dann  wäre  nützlich,  wenn  einmal  ganz  genau  untersucht  würde, 
ob  nach  TTePI[lOL)N  44  (Col.  2,  18)  wirklieb  ein  I  folgte  oder  nicht  viel- 
mehr gleich  das  Cü.^)  Die  Herausgeber  haben  zui-  Vergleichung  des  Textes 
hier,  wie  in  den  folgenden  Stücken,  die  Ausgabe  von  Blafs  herangezogen, 
welche  nur  eine  Auswahl  der  Lesarten  bietet,  wo  sie  doch  auf  die  Din- 
dorfsche  Ausgabe  hätten  zurückgreifen  müssen.  Wenn  man  den  Papyrus 
mit  den  beiden  Hauptvertretern  der  Demosthenesüberlieferung,  dem  guten 
grammatischen  Text  im  Parisinus  S  und  der  Vulgata  in  A^)  zusammen- 
hält, so  findet  man,  dafs  er  zwischen  beiden  Zeugen  steht,  so  jedoch,  dafs 
er  in  den  5  Fällen,  in  denen  Übereinstimmung  mit  S  vorhanden  ist,  vier 
Mal  mit  dieser  Handschrift    ein  Glossem    ausläfst^),    während  er    hingegen, 


1)  Vgl.  Meisterhans^  259  (von  378—300  34  x  Fennen  mit  S,  23  x  mit  #). 
Die  Aspirate  ist  schon  in  einem  andern  Demosthenespapyrus  aufgetaucht:  ov&ivcc 
epist.  3, 33  {Lri&Hg  34  im  Pap.  133  des  Brit.  Mus.  aus  dem  11.  oder  I.  Jahrh. 
V.  Chr. 

2)  Es  ist  schon  irgendwo  einmal  beobachtet  worden,  dafs  diese  altertüm- 
lichen Endungen  noch  hie  mid  da  bei  Attikern  sich  vorfinden.  Ich  habe  augen- 
blicklich nur  einen  ähnlichen  Fall  zur  Hand:  nloioi6iv  Xenoph.  Anab.  I  4,  18 
ACD. 

3)  Dafs  die  Attiker  in  mQu^vm  tibqucov  und  ähnlichen  Formen  das  andere  i 
unterdrückten,  lehrten  zunächst  die  Komikerstellen,  und  jetzt  hat  man  die  Bil- 
dungen auch  schon  in  der  Isokrates-  und  Platonüberlieferung  erkannt.  Preufs  in 
seinem  Index  Demosthenicus  führt  bei  Tcsgisi^i  29  Stellen  an,  welche  hierher  ge- 
hören, und  wenn  die  Handschriften  noch  an  15  Stellen  die  verkürzte  Fonn  zeigen, 
so  kann  das  kein  Zufall  und  keine  Schreiberlaune  sein.  Die  Stellen  sind:  nsQiTixs 
(7tEQLf]X8  die  Hss.)  prooem.  55,2,  ithQiwv  19,242  YO  (geschrieben  nsQl  av)  21,104 
S^  198  AYO  25,  74  F  57,  33  SFQ  ep.  3,  28  SBQ,  TtEQiovta  21,  36  S  23,  80  SFYO, 
nsQwvTsg  4,1  S'F  48  SFB  6,14  F  14,12  S  57,64  SFQ  58,63  FQ.  Der  Marcianus 
F  hat  auch  in  anderen  Fällen  neben  dem  Parisinus  S  am  besten  die  alten  Formen 
bewahrt. 

4)  Vgl.  Drerup  im  VE.  Supplementband  des  Philologus  S.  535. 

5)  c:Si,yiri(iccxa  42  S*  Pap.,  aS.  ^al  d(OQO$OKi]nocxa  S*A;  siQrjvriv  43  S  Pap.,  sIq. 
Archiv  f.  Papyrusforschung  I.  3/4.  34 


524  II-   Referate  und  Besprechungen 

wo  er  mit  A  zusammenfällt,  meist  einen  Zusatz  bestätigt.^)  Die  neuen 
Lesarten  aber,  die  das  Blatt  aus  Oxyrhynchos  bietet,  zeigen  wiederum  Aus- 
lassungen^)  oder  Zusätze^)   oder  endlich  Umstellungen^);   M6(jÜC   oder 

AA6GÜC  scheint  41  für  Ttiörjecog  zu  stehen  (^Övvdjfisag  die  Engl.);  lehr- 
reich aber  ist  die  neue  Lesart  fiLa&ioßdvtcov  iavTOvg  [exe/Jvoj  42  für  die 
Textgeschichte.  Das  Wort  eneifou,  das  dem  Demosthenes  zurückzugeben 
ist,  ward  zunächst  dm-ch  z&i  QiXlnncüv  erklärt  (so  S),  worauf  dann  ein 
anderer  aufmerksamer  Leser  das  x&l  OdcTtTtcot  strich  (so  A),  weil  der  Name 
schon  kurz  vorher  genannt  war  und  eine  Wiederholung  anstöfsig  schien. 

55.  Oxy.  II  130—131,  Nr.  231. 

Kleines  Papyrusblatt  (9,2  X  7,3),  beschrieben  von  einer  mittelgrofsen 
Uncialhand,  die  der  des  Thukydides  Oxy.  II  225  (s.  Nr.  47)  ähnlich  sieht 
und  etwa  an  das  Ende  des  I.  oder  an  den  Anfang  des  IL  Jahrb.  gehört. 
Die  Zeile  hatte  24 — 29  Buchstaben;  aber  die  Ausdehnung  der  Columne 
läfst  sich  nicht  feststellen,  da  weder  der  untere  noch  der  obere  Eand  ge- 
rettet ist.  Von  Lesezeichen  erscheint  zweimal  der  Circumflex  (merkwürdig 
Hl  =  -^i);  von  der  Interpunktion  ist  zu  bemerken,  dafs  nach  dem  Punkt 
gewöhnlich  ein  kleiner  freier  Eaum  gelassen  wii'd;  über  die  beiden  Punkt- 
arten s.  Nr.  40. 

Demostheues ,  Kraiizrede  227  sjoilnsv  k'a\rLv  q)[v6ei.  —  229  ©[■»j]- 
ßai[ovg.  Die  Rechtschreibung  liefert  nichts  Bemerkenswertes,  aufser  dafs 
man  in  dva^a(.ivrj6yi(x)v  229  das  erwähnte  stumme  i  nicht  findet.  Der  Text 
des  Papyrus,  mit  der  lectionum  discrepantia  verglichen,  zeigt  an  zwei  Stellen 
eine  Übereinstimmung  mit  S  gegen  A  ^),  wo  er  Worte  der  Handschrift  nicht 
hat,  bietet  er  nichts  Gutes ^),  aber  sav[r6v  228  lehrt,  dafs  das  überlieferte 
ciVTOv  in  avrov  zu  verwandeln  ist,  auch  o['u];^t  öUaia  229  für  ov  öUaicc 
ist  aufzunehmen. 

56.  Oxy.  II  132—133,  Nr.  232;  dazu  Tafel  IV  (Col.  2). 

Der  untere  Teil  zweier  zusammenhängender  Columnen  eines  Papyrus- 
blattes (13  X  14).  Die  Schrift,  eine  mittelgrofse  Unciale,  gehört  etwa  in 
die  2.  Hälfte  des  II.  Jahrb.  n.  Chr.,  während  eine  Cm-sivhand  auf  der  Rück- 
seite (hier  steht  vielleicht  ein  Brief)  an  das  Ende  des  11.  oder  an  den  An- 
fang des  III.  Jahrhunderts  gehört.  Die  Zeilen  hatten  22 — 26  Buchstaben, 
die  Columnen,  wie  sich  aus  einer  Berechnung  des  fehlenden  Teiles  ergiebt, 
die  stattliche  Anzahl  von  etwa  47  Zeilen.  Aufser  den  etwas  merkwürdigen 
I-Pimkten   in    OYTOCl    29    erscheinen    keine  Buchstabenzeichen,    bei  der 


aß^EvoL  v.ai  A,  Gp]6hiv  45  S  Pap.,  e^.  vnoXccfißavovrcov  A;   aliAÖrwg  47   fehlt   in    S 
und  im  Pap.;  sonst  noch  dävQÖ^svog  vvv  S  Pap.,  vvv  dSvQÖntvog  A. 

1)  Ol  raXcÜTtcoQOi.  @r]ßaToL  41  A  Pap.,  ol  taX.  S;  ovtog  iariv  6  xä  A.  und  ziem- 
lich sicher  der  Pap.,  ovtoal  6  rä  S';  w  avÖQsg  47  A  Pap.,  avÖQsg  S;  dazu  ferner 
v,rri^KTa  41  A  und  nach  der  Lücke  zu  urteilen,  der  Pap.,  yirf]^a  S;  4G  r]i,6&i)a&ai 
A  Pap.,  aiaii-ia&ccL  S. 

2)  ^äXXov  ccQ^6]6ii  42  sicher  (fehlt  iacog),  GcorfjQcc  '^i[X]i7t7iov  43  (f.  töv),  xiveg 
iv.  xSiV  TtöXscov  44  (f.  xwv  vor  ^x). 

3)  di]  v\vv  7ta\Xiv  42  (vvv  vermuten  die  Engl.,  da  der  Raum  für  itäXiv  zu 
klein  ist);  y^QOvov  nach  i-a  noXXov  43. 

4)  v^üv  a.Xr\[Q'ig  42  und  yial  xivug  xäav  'FAXr'jvow  44  für  xivag  Sh  yial  x.  '£. 

5)  Mfi-oAoyrjxf  vvv  y'  227  S  und  sicher  der  Pap.,  cbfio^oyTjxt  A;  xoTg  kkovov6lv 
229  steht  in  S  und  im  Pap.,  fehlt  in  A. 

6)  ovßrig  '^'Js  fehlt  228  vor  vnagxovorjg;  afia  fehlt  229  nach  XoyLaxatg. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarisclie  Texto  mit  Ausschluls  der  christlichen       525 

Interpunktion  trifft  man  nur  die  Paragraplios.  Der  in  54  eingelegte  Wort- 
laut des  Gesetzes  wird  mit  NOMOC  eingeleitet,  wobei  rechts  und  links 
ein  freier  Raum  gelassen  ist. 

Demostheues  ge^en  Timokrates  53   Ttov  \v6(iov  —  54   (ir}]8'  iTttiprj- 

cpi^siv  und  56  67t6[6a  —  58  ravtcc  alÖLKij^ava.  Wenn  54  für  ?)  löiat. 
HZ^IAl  gelesen  wird,  so  läfst  sich  daraus  kaum  ein  unerhörtes  ■?)  'dt'at  ent- 
nehmen, zumal  da  die  Lesung  recht  unsicher  ist.  Der  Papyrus  vereinigt 
sich  dreimal  mit  S  gegen  A-^),  einmal  tritt  vielleicht  der  umgekehrte  Fall 
ein.")  Dafs  57  die  Lesart  £kslvg)v  für  räv  in  bkeIvcov  (so  die  Vulgata, 
£7t'  in.  SA)  auftritt,  verdient  keine  Berücksichtigung,  aber  aufzunehmen  ist 
wohl  das  neue  y'  in  wg  y'  ifioi  öokei  57. 

57.  Oxy.  II  133—134,  Nr.  233. 

Ein  etwas  kleineres  Papyrusblatt  (lO,8  X  9,3),  ebenfalls  mit  den 
Resten  zweier  Columneu,  auf  denen  eine  schmale  Unciale  des  HI.  Jahrh. 
n.  Chr.  erscheint.  Der  Griioq  enthält  17 — 23  Buchstaben,  die  GEllg  die 
ganz  aufsergewöhnliche  Zahl  von  62  ctIioi.  Daran  läfst  sich  gar  nicht 
zweifeln,  wenn  die  Engländer  die  Bruchstücke  der  2.  Columne  an  der 
richtige  Stelle  der  ersten  gegenübergestellt  haben;  die  Rolle  war  dann  etwa 
30 — 32  cm  hoch,  was  in  den  Herkulanensischen  Rollen  das  gewöhnliche 
ist.     Von  Lesezeichen  findet  sich  nur  die  avco  Gxiy^'t]. 

Demosthenes  gegen  Timokrates    145  8i\a   xh  §iö[^E6%'ai — 146  xilri 

wvov\^ii[yovQ  und  150  o\yÖkva  idßco — £vvi\^a  ccqiovxcov.  Dafs  wir  auch  in 
dem  Papyrus  146  ATTOTICAl  lesen,  ist  bei  der  Zeit,  aus  der  er  stammt, 
nicht  zu  verwundern.  Ebenda  hat  der  Papyrus  (ort  iqt]  naQ'Eiv  ^  anoxiGat) 
OTIXPHTTA  I  •  HC  AI,  wo  also  die  späte  Bildung  Enä&y]6a^^  auch  wohl 
unter  der  Einwirkung  der  folgenden  gleichklingenden  Infinitivendung  sich  in 
den  Text  verin-t  hat.  Im  Übrigen  wird  einmal  die  Lesart  von  A  gegen  S 
in  einer  gleichgültigen  Umstellung  bestätigt^),  das  Einzige,  was  sich  als  Neuig- 
keit ergiebt,  ist  146  tog  örj  für  wg  Si.  Es  kann  noch  erwähnt  werden, 
dafs  dieser  Papyrus  wie  auch  Oxy.  11  230  (oben  Nr.  54)  offene  Formen 
giebt,  wo  Blafs  die  Elision  einführt.  Es  liegt  kein  Grund  vor,  zu  ändern, 
wenn  der  antike  Leser  keinen  Anstofs  nahm. 

58.  Oxy.  II  34—35,  Nr.  217. 

Kleines  Papyrusstück  (13,1  X  7,3)  mit  den  Resten  einer  in  das 
in.  Jahrh.  n.  Chr.  gesetzten  Schrift.  Die  Columne  umfafst,  was  ebenso 
wie  die  aufserordentlich  lange  Seite  der  vorigen  Nummer  eine  ungewöhn- 
liche Erscheinung  ist,  nur  9  Zeilen  (zu  14 — 17  Buchstaben),  während  der 
obere  Rand  um  vieles  breiter  als  der  Schriftraum  ist  (7,2  cm).  Aufser  den 
I-Punkten  und  dem  Füllstrich  7  (l,  3.  6.  7)  ist  kein  Lesezeichen  zu  er- 
wähnen. 

Der  Text  hat  eine  so  geringe  Ausdehnung,  dafs  es  sich  lohnt,  ihn 
herzusetzen:  insiör)]  ||  naxi^st  xa.  nqci.yna\xa    \    noXv  afisivov  (-NCON)  ccTta  j 


1)  57  -TtccvTsg  S  Pap.,  an.  A;  tu  TtQa^&ivra  in'  iKsivcov  S  Pap.,  tu  nQa%Q'ivta 
A;  58  KaiTOi  S  Pap.,  v,aixoi  ys  A. 

2)  57  m[o:1  TL  fx-a^iffjr'  civ  der  Pap.  in  Rücksicht  auf  die  Lücke,  rt  fehlt  in  S^ 

3)  Wie    mgriaa,    rjyccyriGa,    i]\LccQrr\6a   entstanden,    worüber  Winer-Schmiedel 
Grammatik  des  neutest.  Sprachidioms  109  zu  vergleichen  ist. 

4)  146  ih,'r]v  v^Iv  rifiär  S,  rtfiäv  i^fjv  v^iv  A  Pap. 

34* 


526  II'   Referate  und  Besprechungen 

Gäv  rotg  TtcoTtors  |  yevofiivcov  i)  (Jr)  ßa\6i,XEici,  rbv  ravtrjg  tq6\7Cov  Kai 
'Qcoy  r&v  aai  |  qS)v  xovrcov  i'öiov  \  vo^iov  eivai,  öet,  %ccl  (luXißra  xoig  "C^^!)" 
%ara  \  noliv  aQypv6LV  ilqo  \  ro\yy]\xaq  c>:Q'j(ocg  7t(o\g\  \  vnoYti^ivai  y^QT].  Die 
Herausgeber  nennen  dies  Reste  eines  an  einen  König,  wohl  an  Philipp 
oder  Alexander  gerichteten  Briefes,  worin  Regierungsgrundsätze  erörtert 
werden,  und  denken  an  die  Schrift  des  Aristoteles  über  die  ßaßiXeia  oder 
an  ein  ähnliches  Werk  des  Theopompos  (Cic.  ad.  Att.  12,  40).  Wilamo- 
witz  S.  36  weist  Theopomp  wegen  des  Hiats  TtoXv  ix^sivov  zurück^),  und 
läfst  die  Worte  nicht  vor  der  Diadochenzeit  gesagt  sein,  da  auch  für  frühere 
Zeit  noch  nicht  viele  Königsherrschaften  zum  Vergleich  herangezogen  werden 
konnten,  während  die  erwähnte  städtische  Wahlverfassung  hingegen  ein 
zu  tiefes  Herabgehen  vei'biete.  Die  Frage  wird  sich  wohl  wegen  des  allzu 
geringen  Inhalts  des  Stückes  nicht  gut  entscheiden  lassen.^) 

59.  Oxy.  n   33—34,  Nr.  116;  dazu  Tafel  V. 

Reste  zweier  Columnen  (17,5  X  19,4),  deren  Schrift  nach  den  Fund- 
umständen und  mit  Rücksicht  auf  einen  Brief  auf  der  Rückseite  (l.  Hälfte 
des  I.  christl.  Jahrh.)  nicht  unter  das  Jahr  50  nach  Chr.  herabgesetzt 
werden  kann,  und  etwa  in  die  Zeit  des  Augustus  oder  Tiberius  gehört. 
Die  Zeile  hat  17 — 22  Buchstaben,  die  Colimme,  deren  oberer  Rand  nur 
erhalten  ist,  über  23  Zeilen.  Den  Füllstrich  (7  1,  5)  ausgenommen,  ver- 
mifst  man  jegliche  Lesezeichen,  auch  die  Paragraphos. 

Brnchstück  einer  uachattisclien  Rede^j,  in  der  die  Athener  dazu 
angefeuert  werden,  Widerstand  zu  leisten  gegen  die  durchsichtigen  Um- 
garnungsversuche  eines  makedonischen  Herrschers,  höchstwahrscheinlich  des 
Alexander.^)  Dafs  der  Verfasser  der  Rede  der  Diadochenzeit  angehörte, 
lehrt  die  sprachliche  Beobachtung.^)  Zweck  der  Schrift  war  nach  Wila- 
mowitz  S.  36  entweder,  sie  als  eine  alte  unterzuschieben  oder  rhetorische 
Übung,  und  wenn  er  auch  eine  feste  Entscheidung  nicht  geben  zu  können 
meint,  so  neigt  er  doch  mehr  zum  ersten  Falle  hin.  Die  Engländer  aber 
finden  in  den  Sätzen  einen  blühenden,  asiatischen  Stil.  Dafs  sie  sehr 
schwülstig  sind,  läfst  sich  nicht  sagen;  der  Hiat  ist  vermieden^),  aber  kein 
deutlicher  Tonfall  in  den  Satzschlüssen  angewendet. '')     Eine  Eigentümlichkeit 


1)  Es  wäre  indessen  möglich,  dafs  dieser  Hiat  von  dem  betreffenden  Schrift- 
steller als  erlaubt  angesehen  wurde. 

2)  Dafs  die  Rolle  mit  Freilassung  eines  so  winzigen  Randes  geschrieben  ist, 
legt  den  Gedanken  an  ein  geschätztes  Werk  nahe.  Der  iSiog  vöybog  wird  bei 
Aristoteles  Rhet.  1,10.  1368'',  8  von  dem  v.0Lv6g  unterschieden,  und  %UQOxovr\xccl 
aQiai  kehren  in  der  freilich  unechten  Rhetorik  au  Alexandros  3.  1424%  14  wieder. 

3)  Einige  Formfehler:  stummes  t  schwindet  und  erscheint  willkürlich,  jjiislv  1,  8. 

4)  'Ev  xols  öitXoig  virnfjöccg  vsciviyf.Bvi6^(ai^  rcxig  d  ano  xcav  im  GxoXäv  ansi- 
Xcclg  (1,  1  ist  a]7t£LXr]v  ein  Druckfehler  statt  -Xfjs)  xovg  ßo![Qß]dQOvg  E^anaxäxcoi.  i]  dt 
töäv  'A&rivaitov  noXtg  i-jiitdxtsiv,  ov^  vnlayijovsiv  [inlaxcixca  2,  17. 

5)  Schon  von  Wilamowitz  S.  3G  Anm.  1  gemacht:  i7ti.S]r]xä>  mit  folgendem 
Nachsatze  (hier  fi)  ist  erst  seit  Polybios  bekannt,  ■jtSQiyQdtpsiv  Tt,  „etwas  ver- 
nichten" gar  erst  seit  Plutarch  und  Apollonios  Dyskolos  (hier  in  der  ganz  unge- 
wohnten Wendung  av^gconoi,  7t£Qiy8y[QCi]ii^ivoi  Ttdoccg  rag  iXTti[6a]g  2,  7),  iv[xav]&a 
„in  diesem  Falle"  2,6,  dazu  ein  sehr  gesuchter  Ausdruck  dnoQ&rirog  ör}^o>iQ(xria 
2, 10  (ccn.  sonst  nur  von  einem  Orte,  vereinzelt  von  einem  Volke  gebraucht). 

6)  So  sehr,  dafs  im  Satzinnern  selbst  erlaubte  Hiate  nicht  vorkommen,  wenn 
dies  kein  Zufall  ist. 

7)  Auch  findet  sich  keine    deutliche  Nachahmung   klassischer  Reden.     Dafs 


Wilhelm  Crönert:  Littcrarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christliclien       527 

ist  es,  dafs  mit  Vorliebe  kurze  Sätze  gebildet  und  ohne  Verbindung  neben 
einander  gestellt  werden.  Den  Verfasser  wird  man  wohl  in  das  dntte  oder 
zweite  Jahrhundert  v.  Chr.  setzen  müssen. 

60.  Oxy.  II  30—33,  Nr.  215. 

Papyrusblatt  (23,2  X  18,3)  mit  den  umfangreichen  Resten  dreier  Co- 
lumnen.  Die  Schrift  sieht  nach  den  Engländern  einigen  Ptolemäerpapyri, 
z.  B.  dem  Pap.  Didot  des  Euripides,  ziemlich  ähnlich,  mufs  aber  gleichwohl 
in  die  Kaiserzeit  gesetzt  werden,  da  das  Stück  zusammen  mit  Urkunden  aus 
römischer  Zeit  gefunden  wurde.  Jedenfalls  kann  man  unter  die  Mitte  des 
I.  Jahrh.  nach  Chr.  nicht  hinabgehen.  Die  Zeile  hatte  17 — 23  Buchstaben, 
die  Seite  mindestens  (denn  es  fehlt  überall  der  obere  Rand)  38  Zeilen. 
An  Lesezeichen  ist  nm*  die  Interpunktion  vorhanden.  Diese  bestehen  in 
der  Paragraplios ,  womit  meist  ein  freier  Raum  im  Text  verbunden  gewesen 
ist,  und  einmal  dem  Doppelpunkt  (:  2,  19),  während  eine  zweite  Hand 
bei  einigen  andern  Pausen  ein  Häkchen  über  der  Zeile  (')  einfügte.^) 

Bruchstück^)  ans  einer  epikureischen  Schrift.  Der  Verfasser  redet 
zu  einer  andern  Person^),  um  sie  über  ihr  Verhältnis  zu  den  Göttern  auf- 
zuklären. Die  freie,  unabhängige  Ansicht  von  der  Gottesverehrung  und  die 
philosophischen  Ausdrücke*)  lassen  über  den  Epikureer  keinen  Zweifel  auf- 
kommen, nur  hat  die  Sätze  das  Schulhaupt  nicht  selbst  geschrieben.  Die 
beigeschriebene  varia  lectio,  auf  welche  Wilamowitz  als  auf  ein  Zeichen, 
dafs  der  Verfasser  ein  Klassiker  war,  aufmerksam  macht,  beweist  nichts^), 
hingegen  spricht  gegen  Epikur  die  Wendung  xi  yaq  qo  nQoq  Jtog,  xo  öi] 
keyofisvov  2,  12®),  mehr  noch,  dafs  der  Hiat  vennieden  wird,  was  Epikm* 
nicht  thut,  und  dann  zeigt  auch  der  Ausdruck  vielfache  Berührung  mit  der 
Sprache  Philodems.  ^)  Die  Schrift  mag  etwa  in  die  Zeit  des  Gartentyrannen 
Apollodoros  oder  des  Zenon  von  Sidon  gehören,  den  Urheber  selbst  zu  er- 
schliefsen  giebt  es  wohl  keine  Möglichkeit.^) 


vom  cpQÖvrifia  der  Athener  gesprochen  wird  (nov  t6  7tBQi\Läxr\rov  oi'xsrat  (pQovTiua 
rfig  riys^ioviag  1,4),  ist  zu  naheliegend,  um  es  als  von  Herodot  entlehnt  zu  er- 
achten, der  das  Wort  von  demselben  Volke  braucht  7, 109.  9,  7. 

1)  Die  Beschreibung  pafst  sehr  gut  auf  viele  herkulanensische  Rollen,  doch 
hat  die  Oxforder  Ausgabe  leider  keine  Tafel  beigegeben. 

2)  Richtig  geschrieben,  nur  ist  das  wesenlose  i  willkürlich  behandelt  (ravrrj 
1,  15,  ovto3i  1,  5  Q'scoiQia  u.  a.). 

3)  6v  [^'  co]  a.v%'Q()i'K£  .  .  .  vö^ii^i  1?  1'^  usw.;  1,25  ist  ttjv  [6av]tov  svScci^o- 
viccv  zu  schreiben. 

4)  Es  ist  noch  zu  ergänzen  ;^[ap/i']  aS[iCi(poQici\g  2,  20.  Die  Worte  a^^vä^a- 
Tog  1,  30  und  vitö]nrsv^cc  3, 12  (eine  neue  Bildung)  weisen  ebenfalls  auf  epiku- 
rische Ausdrucksweise  hin.  ai^vwiia  hat,  wie  schon  die  Engländer  sahen,  Epikur 
selbst  gebraucht  (DL  X  77)  und  Kleomedes  führt  als  xarci;  trjv  sQ^iqvsiciv  discp^ogöta 
aus  Epikur  an  hiTttafia  liTta6[La  avaKQavydaiicira  ArjicTjfiaTo:  (158  Ziegl.).  Eine  Ge- 
schichte der  Wörter  auf  -(la  wäre  eine  schöne  Aufgabe. 

5)  Viermal  sind  Schreibfehler  richtig  gestellt,  aus  einem  übergeschriebenen 
Hat  ergiebt  sich  nichts. 

6)  Den  häufigen  Gebrauch  von  vi}  Jia,  ^ä  Jla  und  ngog  ^•scbv  hat  der 
Bischof  Dionysios  bei  Euseb.  pr.  ev.  XIV  27, 15.  783"  (fr.  259  Us.)  an  Epikur  ge- 
tadelt. 

7)  Z.  B.  [7t(xv]ccQi6rov  1,20  (Philod.  Rhet.  ed.  Sudh.  H  178)  x<xQ'-^<^'^^[qo]v  11,1 
(ein  Lieblingswort  Philodems)  iav  ivKcnQfji,  2,2  (Rhet.  11  64,  14);  avint^QKpoQÖ.  (2,7) 
und  avuniQKptQiaQ-ai  gebraucht  Philodem  öfter. 

8)  Vgl.  noch  H.  von  Herwerden  Mnemosyne  1900,  125,  der  aus  'jiaQiorwivdag 


528  II'    Referate  und  Besprechungen 

61.  Pap.  graec.  92  der  Strafsburger  Bibliothek  (Rückseite),  hrg.  von 
R.  Reitzenstein,  Hermes  XXXV  (1900)   608—611. 

Auf  der  Rückseite  des  Isokratespapyrus  (Nr.  52)  geschrieben,  in  einer 
steifen  Unciale  des  III.  Jahrh.  Die  Zeile  scheint  ungewöhnlich  lang  ge- 
wesen zu  sein,  sie  hatte  wenigstens  über  30  Buchstaben.-^)  Als  Lesezeichen 
kommen  die  I-Punkte  (7)  und  die  öriy^i]  in  mittlerer  Höhe  (4)  zur  An- 
wendung, dazu  am  Ende  eines  Absatzes  die  Paragraphos. 

Bruchstücke  eines  Florilegiums  ^),  mit  den  Resten  zweier  Ausschnitte. 
Im  ersten  wird  gegen  die  TtoQvsUi  und  den  ya^og  angekämpft  und  die  Ent- 
haltung jeglichen  fleischlichen  Umgangs  gepriesen,  im  zweiten,  der  die  Über- 
schrift: OaßoQsivov  trägt,  liest  man  von  Epameinondas.  Hier  sind  nur 
die  Reste  zweier  Zeilen  erhalten,  doch  scheint  so  viel  sicher,  dafs  ein  Aus- 
spruch des  sittenstrengen  Thebaners  gegen  die  Unzucht  angeführt  wurde. 
Weder  dies  Stück  noch  das  andere,  dessen  Verfasser  von  Reitzenstein  in 
Apollonios  von  Tyana  oder  anderen  Neupythagoräem  gesucht  wird,  findet 
sich  bei  Stobaios,  das  Werkchen  aber  mag  etwa  um  die  Wende  des  II.  Jahrh. 
zusammengestellt  sein. 

62.  Codex  Thebanus,  hrg.  von  U.  Wilcken  in  dieser  Ztschr.  228 — 254. 
Pergamentblätter  mit  Palimpsestschrift ,  erworben  vom  Herausgeber  im 

November  1898  in  Theben,  später  jedoch  mit  den  gesamten  in  Herakleo- 
polis  ausgegrabenen  Papyri  vor  dem  Ausladen  in  Hamburg  verbrannt. 
Alle  Mitteilungen  über  sie  beruhen  auf  den  von  Wilcken  noch  in  Ägypten 
gemachten  Aufzeichnungen.  Die  alte  griechische  Schrift,  die  etwa  aus  dem 
Vn.,  spätestens  aus  dem  VIH.  Jahrh.  stammt,  ist  später  durch  einen  kop- 
tischen Text  verdeckt  worden,  der  aber  doch  noch  recht  viel  dui'chschimmern 
liefs.  Über  die  Art  und  Weise  der  Schrift  vgl.  die  Angaben  oben  auf 
S.  229. 

Charitons  Chaireas  und  Kallirrlioe  vni  5, 9  cprjd  ^[tovvaiog  —  6,1 
i]vvßs  xov  und  'EQ^oxQccvrjg  6,  8  —  7,  3  cog  1%  nlov.  Über  die  Rechtschrei- 
bung vgl.  Wilcken  S.  240  Anm.;  doch  ist  oififtoi  gar  nicht  belanglos^), 
KuXXiQor]  wohl  die  vom  Verfasser  herrührende  Form,  aqLaziag  (=  -eiag) 
hingegen  nichts  als  eine  Verdumpfung  des  t,  da  es  aus  zeitlichen  Gründen 
nicht  angeht,  den  Fall  mit  dem  attischen  ini^EXiag  TiQvraviag  zu  verbinden. 
Wie  nun  die  Charitonüberlieferung  in  einem  neuen  unerwarteten  Lichte  er- 
scheint, wie  man  sieht,  dafs  der  ursprüngliche  Text  zum  wenigsten  zwei 
Beai'beitungen  erfahren  hat,  von  denen  die  schlechtere  im  Florentinus,  die 
bessere  im  Thebanus  erscheint,  das  hat  Wilcken  sehr  eingehend  erörtert. 
Die  ohne  Hülfsmittel    vorgenommene  Aufzeichnimg  der  Schriftreste  und  die 


2,10  mit  Recht  %ciQix(aviccq  herstellt.  Eine  Abhandlung  von  G.  Fraccaroli:  ün 
frammento  d'Epicuro  Atti  della  R.  Accademia  delle  Scienze  di  Torino  vom 
18.  Febr.  1900  (Band  XXXV)  ist  wertlos.  Man  darf  doch  nicht  t6  yaQ  v.cixa.[vv- 
rov  TTjv]  ßläßriv  (3,  2)  „cio  che  gli  reca  danno"  vorschlagen  und  weitläufig  be- 
gründen. 

1)  Nach  Reitzensteins  Ergänzungen  sogar  37 — 44,  doch  wird  man  die  Her- 
stellung ein  wenig  verkürzen  müssen,  was  nicht  so  schwer  ist.  Bis  zu  23  Buch- 
staben sind  von  einer  Zeile  erhalten. 

2)  Nicht  sorgfältig  geschrieben:  ei  =  /,  ^aßoQslvov  15. 

3)  Ein  neues  Beispiel  jener  eigentümlichen  nachklassischen  Schreibweise, 
die  sich  an  vielen  Orten  auf  Inschriften,  in  Papyri  und  Handschriften  findet,  ganz 
besonders  aber  im  Sinaiticus  und  im  Vaticanus  der  Bibel. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Außschlufs  der  christlichen      529 

vielen  Lücken  haben  für  den  nachfolgenden  Bearbeiter  noch  manches  Rätsel 
ungelöst  gelassen.  Einige  unmafsgebliche  Lösungsversuche  mögen  den  Be- 
schlufs  machen:  4,  8  7t\aQ6vra  TtQOöTjXdsv,  5,  1  ff.  (die  Fassung  war  eine 
von  Florentinus  grundverschiedene)  oms  &ti6avQbv  svqojv  ^qvOlov  roGovrov 
tig]  (ptXccQyl^VQog  ißoa,  wöJtte^  HM  .  .  .  .,  6,  25  KaXXelcov  [xal  vneQ  iKei^vriv 
vrjv  [ai'aövo^fievtjv. 

63.  Vgl.  die  vorige  Nummer. 

Es  vraren  zwei  Blätter;  von  drei  Columnen  hat  Wilcken  die  Reste 
aufgezeichnet.  , 

Uubekailllter  Roman,  dessen  Heldin  Chioiie  heifst.  Hatten  wir  bei 
Chariton  das  Ende  des  Werkes  vor  uns,  so  sehen  wir  uns  hier  in  den  An- 
fang der  Erzählung  versetzt,  die  Blätter  lagen  also  nicht  weit  auseinander. 
Die  Exposition  war  eben  gegeben,  wir  sind  nun  Zeugen,  wie  die  Verwick- 
lung anhebt.  Die  Namen,  die  Wilcken  den  beiden  Hauptliebhabern  der 
Chione  beilegt,  Chrestos  und  Megamedes,  lassen  sich  anzweifeln.  Den  Haupt- 
helden konnte  der  Verfasser  nicht  gut,  um  es  ins  Deutsche  zu  übersetzen, 
Ehrlich  oder  Fürchtegott  nennen,  und  dafs  der  Geliebte  der  Chione  seinen 
vornehmen  Nebenbuhler  so  hochschätzt,  dafs  er  sagt,  sie  habe  keine  Ver- 
anlassung, den  ihr  vom  hohen  Rat  zugesprochenen  Bräutigam  zu  verlassen, 
pafst  nicht  für  eine  Person,  deren  ijd'og  der  Leser  doch  bewundern  soll. 
Vielmehr  wird  Megamedes  der  Vater  der  Chione  sein.  Die  Geliebten  haben 
lange  überlegt-^),  wobei  sie  natürlich  auch  auf  den  Gedanken  kamen,  durch 
Flucht  sich  der  drohenden  Trennung  zu  entziehen.  Dem  Plan,  den  be- 
sonders die  Chione  erwogen  hatte,  standen  grofse  Schwierigkeiten  entgegen, 
und  wie  sie  hier  die  Unmöglichkeit  einer  Rettung  einsahen,  meint  noch  der 
Held,  dafs  der  Vater  durch  sein  Verhalten  der  Chione  gar  keinen  Grund 
zum  Fliehen  gegeben  hätte.  Dann,  sagt  Chione,  bleibt  uns  nur  noch  das 
Äufserste  übrig.  Das  folgende  6NA6TOYTCjüA6rCL)  ist  nicht  iv  de 
rovtco  Uyco,  sondern  'ev  öh  rovTo  Xeyo),  es  ist  hier  also  schon  das  zweite 
Beispiel  einer  Vertauschung  von  o  und  co.  Auch  sonst  ist  die  Rechtschrei- 
bung recht  fehlerhaft,  ov&e[^ig  aber  2,  7  scheint  darauf  hinzudeuten,  dafs 
man  den  Verfasser  nicht  unter  das  5.  Jahrb.  herunterdrücken  darf,  denn 
später  ist  die  in  der  Schriftsprache  ziemlich  lang  fortgepflanzte  Form  (die 
ägyptischen  Urkunden  verlassen  sie  schon  in  der  ersten  Kaiserzeit)  ganz 
verschollen.  Eine  genaue  Fesstellung  aller  Zeugnisse  würde  wie  in  dieser 
Frage  so  auch  in  mancher  anderen  der  zeitlichen  Bestimmung  einen  nicht 
zu  verachtenden  Anhalt  gewähren. 

64.  Oxy.  n  35—39,  Nr.  218. 

Fünf  Papyrusstücke,  von  denen  das  gröfste  13,6  X  12,4  mifst,  mit 
einer  ünciale  aus  dem  HI.  Jahrh.  Für  diesen  Ansatz  spricht  auch  der 
Gebrauch  des  Striches  zur  Bezeichnung  des  v  am  Versende  (z.  B.  Evs7tor]6e 
1,  10),  sonst  fehlen  jegliche  Lesezeichen,  auch  Punkte  und  Paragraphoi, 
ausgenommen  den  Füllstrich  (7)  fr.  6,  5.  Die  Zeile  hatte  21 — 25  Buch- 
staben.    Die  Seite  (s.  unten)  über  40  Zeilen. 


1)  Ttdvroc  ■näXav  (KAAON  das  Perg.)  Y,Hvovvrsg,  über  welches  Sprüchwort  die 
zahlreichen  Belege  im  Thesaurus  IV  899*  zu  vergleichen  sind.  Dann  folgt  nicht 
oag  sLTtsv,  sondern  ag  slns<(iyv,  ein  Fehler,  dem  man  in  Handschriften  oft  be- 
gegnet. 


530  II-   Referate  und  Besprechimgen 

Bruchstück    aus   einer   Schrift   Über    merkwürdige   Bräuche^),    der 

paradoxographisclien  Litteratur  angehörend.  Aus  Col.  1  ist  KTfeKxsivsv  13 
und  cc7toT£fivEtc(i.  Tov]?  QELval^g  16  zu  bemerken;  in  der  zum  gröfsern  Teil 
erhaltenen  2.  Col.  wird  zunächst  eine  Probe  auf  die  eheliche  Treue  vor 
der  Leiche  der  Frau  beschrieben.  Zeigt  das  Ordal,  dafs  der  Gatte  die  Ehe 
gebrochen  hat,  so  ccnorsfAVE[T<xi]  za  ^ioqicc  5,  worauf  mit  iötoqovöl  ZconvQog 
aal  KlekaQxog  die  Quelle  angegeben  wird.  Es  folgt  ein  anderer  schauriger 
Brauch,  um  die  Reinheit  eines  verstorbenen  Arespriesters  festzustellen;  das 
thut  sein  Nachfolger  (^aico^og),  indem  er  der  Leiche  einen  Spruch  unter- 
legt, worauf  der  Verstorbene  im  Falle  seiner  Schuld  wieder  auflebt  und 
seine  Sünde  bekennt.  Die  Quelle  ist  Archelaos  und  Zen[odotos.  ^)  Im  folgen- 
den ist  vielleicht  von  einem  die  Rede,  der  ein  Mädchen  vergewaltigt  hat 
(/3ia:(jaft[£vog) ,  der  dann  (hier  fehlt  das  meiste)  seine  Strafe  (xoXaß^iv)  er- 
hält. In  der  3.  Col.  wird  von  Gefangenen  (c(Lx^d]Xoit[.  .)  und  von  einer 
Tochter  (rr}v  &v'yalr£Qa)  gesprochen.  Bruchstück  b  zeigt  wiederum  weib- 
liche Wesen  (rf;  TtaQ  |  [-O-svw  sicher),  und  ebenfalls  einen  schaurigen  Brauch 
(^XoTtt^et^)  T'Jjv);  aus  d  und  e  ersieht  man  nichts.  Das  Volk,  dessen  un- 
heimliche Sitten  so  erzählt  werden,  ist  auf  jeden  Fall  ein  barbarisches^), 
und  zwar  ein  und  dasselbe,  denn  in  Col.  2  heifst  es  nach  Beendimg  einer 
Geschichte:  iav  leQSvg  ayio&dvr]  tov  "A^Ecog.  Von  den  angeführten  Schrift- 
stellern läfst  sich  Zopyros  nicht  gut  unterbringen,  über  Archelaos  vgl. 
Susemihl  I  465,  Kleitarchos  mufs  der  Geschichtsschreiber  Alexanders  sein 
und  Zenodotos  scheint  von  den  Engländern,  denen  Wilamowitz  zustimmt, 
richtig  ergänzt  zu  sein.  Der  Verfasser  mag  etwa  im  2.  oder  1.  Jahrb. 
geschrieben  haben,  den  Hiat  hat  er  vermieden.^) 

65.  Oxy.  II  303,  Nr.  302. 

Kleines  Papyi-usstück  (6  X  8,6),  die  Schrift  aus  der  1.  Hälfte  des 
I.  Jahrh.  n.  Chr.  Es  sind  nur  die  Anfänge  von  7  und  die  Enden  von 
8  Zeilen  erhalten.  Aus  der  Angabe,  dafs  die  Engländer  das  wenige,  was 
sie  aus  den  Papyrus  mitteilen,  col.  II  nennen,  mufs  man  schliefsen,  dafs 
jene  Schriftreste  ein  Randstück  einfassen.  Jenes  wenige  aber  ist  folgendes 
(2,  3 — 7):  Xi;]  II  ^txtjvcöi' —  ||  TrlTjQcoGai  Ta[g  vavg —  ||  M6N  r'qi  noX^Ei- — j| 
anb  K —  ||  Ei[g  XIqv&ottoXiv.  Grenfell  und  Hunt  geben  nur  an,  dafs  es 
Reste  aus  einem  Geschiclltswerke  seien;  vielleicht  aber  kann  man  doch 
den  Inhalt  etwas  näher  bestimmen.     Die  bithynische  Stadt  Chrysopolis  wird 


1)  Stummes  i  fehlt,  tig  tr\vä  2,  10  ist  dui-ch  die  späte  Zeit  entschuldigt. 

2)  Vortreiflich  haben  die  Engländer  das  Bruchstück  c  an  diese  Stelle  ange- 
gliedert. Es  ist  dies  nicht  nur  möglich,  sondern  vollständig  gesichert,  denn  es 
passen  auch  noch  andere  Zeilen  zusammen  (die  Columne  erhält  dadurch  wenigstens 
40  Zeilen,  was  nicht  zu  viel  ist): 

vtiIq  tI1['??]  olr\g  [afriorg  ovtcog 

'Aq^^X  II  [ao]s  xaJ.  Zr]v[6Sotog 

[iv  rolg]  nsgl  tvcpov  (?)  [.  .  . 
Der  Tvq)og  wird  von  Dionys  von  Halikarnafs   (A.  R.  2,9)  bei    den   ^&ri  tieqI  %s&v 
dem  tvTtQEnig  entgegengesetzt. 

3)  Die  ältere  Form,  vgl.  Xoiti^w,  ov  XsTti^ca  Phot. 

4)  Aus  dem  Arespriester  dnrften  die  Engländer  nicht  auf  Hellenen  schliefsen. 
Mit  dem  alleinstehenden  ^Ji-nflav  fr.  b  9  läfst  sich  wohl  nichts  anfangen. 

5)  Vgl.  auch  Haussoullier  Note  sur  le  papyrus  CCXVIII  d'Oxyrynchos  (Rev. 
de  phil.  1900,  65—67)  A.  Ludwich  Berl.  phil.  Wochenschr.  1900,  358. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen      531 

von  Xenophon,  Polybios,  Diodor  und  Strabon  erwähnt,  am  nächsten  aber 
steht  dem  Papyrus  eine  Stelle  in  Xen.  Hell.  I  1.  Hier  liefst  man  20  Kv^i- 
Kfjv&v^  gleich  darauf  egyaöccfisvog  iv  xfji  noXsi  und  22  eig  XQvödnoXtv. 
Freilich  passen  die  andern  Worte  nicht,  aber  jene  Übereinstimmung  ist  recht 
auffallend,  und  nimmt  man  das  sicher  ergänzte  nh]Qw6ai  tag  vavg  hinzu, 
was  ganz  in  den  Sinn  der  Xenophontischen  Erzählung  pafst,  so  ist  man 
sehr  versucht,  in  dem  Papyrus  die  Schilderung  gleicher  oder  ähnlicher  Vor- 
gänge zu  vermuten.  Auf  jeden  Fall  ist  das  kleine  Blättchen  ganz  genau 
zu  untersuchen.^) 

66.  Oxy.  II  85—95,  Nr.  222. 

Papyrusblatt  (18  X  9,5),  das  auf  der  Vorderseite  eine  Rechnung  etwa 
aus  der  Zeit  des  Mark  Aurel  oder  des  Septimius  Severus  zeigt.  Der  vor- 
liegende Text,  der  sich  auf  der  Rückseite  befindet,  ist  in  einer  schmalen 
Halbcursive  geschrieben,  wohl  um  die  Mitte  des  HI.  Jahrh.  Die  Zeilen- 
länge ist  durch  den  Umfang  des  angeführten  Namens  bestimmt.  Die  Seite 
aber  mufs  53 — 54  Zeilen  enthalten  haben,  was  bei  einer  Cursivschrift  nicht 
auffallen  darf.  Die  Zahlen  sind  durch  übergeschriebene  Striche  bezeichnet, 
verschiedene  Male  sieht  man  die  aus  Urkunden  bekannte  Art  der  Abkürzung, 

z.  B.  TTÄI^  Tiaiöav,  rreNTA®  Ttivra&Xov,  O  1,  17.  36.  41  heifst  wohl 
o-vTog,  KPÄTIC  1,  17  KQdrtörog  u.  s.  w.,  s.  unten.  Sonst  erscheinen  keine 
Lesezeichen. 

Olynipionikenliste  aus  den  Jahren  480 — 468  und  456 — 448  n.  Chr. 
Bei  den  Wortformen  ist  et  =  7,  'IiicuQiog  1,  22  =  'IfiSQaiog  und  Adncov  2, 18 
=  Aäy(ov  gleichgültig;  aber  UaQfieveLÖrjg  1,  33.  34  ist  kein  Fehler,  sondern 
vielmehr  die  rechtmäfsige  Form,  die  auch  der  Philosoph  aus  Elea  geführt 
hat.  ^)  Die  erste  Columne  beginnt  an  ihrem  oberen  Rande  mit  Sel^voitL^'Tjg 
Xuog  7taLÖ(a)v)  ördÖLOv  (75.  Ol.)  und  bricht  unten  ab  mit  'legcojvvnov^) 
SvQaKo[6iov  t£&Qi]n7iov  (78.  OL).  Der  Rest  der  ersten  imd  der  Anfang 
der    zweiten    Columne   ist    verloren,    dann    setzt    die  Liste    wieder    ein    mit 

.  .  NOU.OC  [ Ttivrci'&Xov    (81.  Ol.)    und    endet    am    untern  Rand 

mit  AvKEtvog  Aldnav  oTtAemjv  (83.  OL).  Es  werden  alle  Sieger  aufgezählt, 
und  zwar  in  folgender  Ordnung:  öxccöiov,  öiavXog,  öoXtiog,  nivrcc&Xov^  TtaXrj^ 
Ttvh,^  TtayKQariov,  nalSwv  ndXrj,  Ttaldcov  nvi,,  onXlvrjg^  tsd-Qcnnov^  neXrjg.  Die 
hohe  Bedeutung  des  Fundes  ist  am  besten  von  Carl  Robert  dargestellt: 
Die  Ordnimg  der  Olympischen  Spiele  und  die  Sieger  der  75. — 83.  Olympiade, 
XXXV  (1900)  141—195.  Während  schon  die  Engländer  an  Phlegon 
von  Tralles  dachten,  vermag  Robert  nun  mit  ziemlicher  GewiXsheit  zu 
zeigen,  dafs  diese  Schriftsteller  der  Kaiserzeit,  aus  dessen  Olympionikenliste 
wichtige  Reste  bei  Photios  cod.  97  aufbewahrt  sind,  der  Verfasser  gewesen 


1)  ATTOK  könnte  anb  KccX^riSovog  sein,  vgl.  Xenoph. 

1)  Vgl.  über  die  inschriftlichen  Zeugnisse  W.  Schulze  Quaest.  epic.  ind. 
Jener  olympische  Sieger  führt  auch  bei  Diodor  den  Diphthong  TlagasvEidrig  TLo- 
GsiSaviatrig  11,  65  in  der  besten  Handschrift,  dem  Patmiacus. 

2)  Gewifs  =  ^UQOivog.  Es  ist  aber  für  die  Namengeschichte  wichtig,  dafs 
aus  der  Kurzform  ein  Schreiber  wieder  die  volle  herstellen  konnte.  Der  Maler 
Ztv^ig  heifst  Zsv^tmtog  bei  Piaton  Protag.  SIS''  (aber  ZfD|is  Gorg.  453"^),  und  für 
Zsv^iv  Plut.  Per.  13,  2  setzt  die  Handschrift  V  Zsv^ntTtov  ein. 


532  II-   Referate  und  Besprechungen 

ist^),  und  zwar  stützt  sich  der  Beweis  in  der  Hauptsache  auf  die  völlige 
Übereinstimmung  in  der  Ordnung  der  Spiele.  Sehr  merkwürdig  sind  die 
Zusätze  OKPATIC  •  Ä  1,  17  Ü^IAIC  36  OKAAAIC  41,  worunter  die 
Engländer  ovrog  K^driötog  Ttdvrcov,  ovrog  (piXiörog,  ovrog  ndlXiaxog  verstehen, 
also  ein  Urteil  der  Kampfrichter  über  den  schönsten  Sieg,  wie  es  Paus. 
VI  3,  6  von  einem  Sieger  heifst:  tote  iyevsxo  K(xkXi,6rog.  Weniger  gefällt 
der  Vorschlag  von  Ludwich  (Berl.  phil.  Woch.  1900,  390),  das  erste 
Zeichen  mit  ovoiia  xQaxLavrjv  rcav^yvQiv  wiederzugeben,  und  so  ähnlich  die 
übrigen.^)  Eine  Reihe  bestimmter  Zeitangaben  ist  nun  für  die  Geschichte 
der  Dichter^)  und  Künstler'^)  gewonnen,  olympische  Siege,  die  man  bis  jetzt 
nur  sehr  unsicher  festsetzen  konnte,  sind  jetzt,  worüber  Eobert  sehr  scharf- 
sinnig handelt,  in  die  Lücke  zwischen  Ol.  78  und  81   zu  bringen.^) 

67.  Oxy.  II  41—52  Nr.  220,  dazu  Tafel  VI. 

Die  Schrift  ist  eine  grofse,  breite  Unciale  aus  dem  Ende  des  ersten 
oder  besser  aus  dem  Anfang  des  zweiten  Jahi-h.  (s.  auch  Nr.  68).  Die 
Zeile  enthält  etwa  16 — 20  Buchstaben,  zur  Zeilenausfüllung  ist  3,  3,  8. 
11,  11,  13,  20  das  bekannte  Zeichen  7  verwendet;  die  Seite,  deren  unterer 
Rand  nicht  erhalten  ist,  zählte  über  21  Zeilen.^)  Wenn  Musterbeispiele 
aus  Dichtem  gegeben  werden,  setzt  der  Schreiber  die  Zeile  öfter  in  der 
Mitte  ab,  z.  B.  7,  1.  8,  10,  12,  14.  Sehr  zu  bemerken  ist  die  Art  und 
Weise,  wie  7,  2.  13,  13.  14,  12  die  Versmafse  angegeben  werden,  vgl. 
z.  B.  13,  13: 

auch  7,  2  ist  die  syllaba  anceps  des  Schlusses  mit  "-'  bezeichnet.  Von  der 
ersten  Hand  stammt  sonst  noch  die  Paragraphos  ( —  und  seltener  > — ), 
eine  spätere  beschäftigt  sich  besonders'')  mit  der  Interpunktion.  Wähi-end 
der  erste  Schreiber  die  einzelnen  Gedanken  durch  die  Paragraphos  trennte, 
fügt  die  zweite  sehr  oft  den  Punkt  am  obern  Rande  (OJ^lOlGüC  9,  11 
u.  s.  w.)  ein,  und  dabei  fällt  auf,  dafs  auch  die  Partizipialsätze  auf  solche 
Weise  abgetrennt  werden,  nämlich  rovrav  y{ci)Q  ovzcov  (paXatn'lEijcov'  dito- 
K07trsG&(o\a]av    kl    nqCoxat    avlXaßal  8,  15;    na&oXov    6s    nartl    rovrov    Ttdaccg 


1)  Der  Papyrus   stammt    nach  Robert  wohl  aus    der  'EwtTOfi^  'Olvybitiov i-awv 

iv   ßißXioig  ß,  nicht  aus  der  grösseren  Fassung. 

2)  Vgl.  jetzt  darüber  den  Nachtrag  im  Specialindex  dieses  Bandes. 

3)  Pindar  Ol.  1—3,  10,  11,  14  im  Jahr  476,  Ol.  9  im  J.  468,  Bakchylides  6 
und  7  im  J.  452  (bis  jetzt  war  468  das  späteste  bekannte  Jahr  des  B.)  gedichtet. 

4)  Myron:  Siegerstatue  des  Timanthes  456,  des  Lykinos  448;  Pythagoras  von 
Rhegion:  Statue  des  Mnaseas  456,  desLeontiskos  452;  Polyklet  (vgl.  Robert  185—193), 
Statue  des  Pythokles  und  des  Ariston  452;  Mikon  Statue  des  Kallias  472;  Pto- 
lichos  Statue  des  Theognetos  476. 

5)  Vgl.  noch  Th.  Reinach  Revue  archeologique  1899,399—412;  T.W.  Beasley 
Revue  de  philologie  1900,  61—65;  H.  Weil  Jom-nal  des  Savants  1900,  101—104; 
Hans  Raeder,  Nordisk  Tidsskrift  for  filologi  1900,  33—37. 

6)  Wenn  die  auf  Tafel  VI  gegebenen  Gröfsenverhältnisse  richtig  sind,  so 
hatten  die  auf  der  Rückseite  von  dieser  Rolle  stehenden  Iliasscholien  eine  weit 
geringere  Höhenausdehnung.  Daraus  mufs  dann  notwendig  geschlossen  werden, 
dafs  durch  Zerstörung  des  unteren  Teiles  die  Schrift  der  Rolle  unvollständig  und 
dadurch  wertlos  wurde',  worauf  man  dann  den  verkürzten  Schreibstoff  in  einer 
andern  Weise  ausnützte.     Dies  mufs  man  am  Original  selbst  untersuchen. 

7)  Sonst  stammt  noch  von  ihr  TÖY  7,  8  6  ..  13,  5    INa  6, 1  (vgl.  9, 18). 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen      533 

acpeXcov  rtg  rag  ek  vfjg  TtQcoTrjg  ypqag  naQu  filav  ^qw^^hccv'  anoteXeöEi,  x6 
^ETQOv  ofiOLag'  ö/.OTtBi  yovv  Tade'  %araXEloi.7t6ra  rag  noonag  avXXaßccg'  9,  6ff. ; 
doch  sind  diese  Zeichen  nicht  überall  eingesetzt.  Am  oberen  Rande  von  5 
hat  diesel])e  Hand  eine  Bemerkung  zum  Texte  eingefügt,  über  deren  Ort 
das  am  Ende  beigesetzte  KATCÜ  aufklären  sollte;  das  diesem  entsprechende 
AN  Gl)  im  Texte  selbst  ist  bei  der  grofsen  Verstümmlung  nicht  erhalten 

Ein  metrisches  Handbuch,  ohne  besondere  Fehler  in  der  Rechtschrei- 
bung.^) Der  Verfasser  ist  „ein  dilettirender  Poet,  dem  die  Metrik  als  Teil 
der  Poetik  am  Herzen  lag"  (Leo^));  von  bekannten  Mafsen  bespricht  er  das 
^AvciKQEÖvxELOv  oder  naqi(üVL%öv  7,  3  flf.,  das  OaXaUsiov  8,  8  flf.,  das  TIqu^LX- 
Xeiov  9,  2,  das  KvQi]vci'iy.6v  11,  9,  das  Ua^d-ivstov  12,  15  und  das  Aa^Xt]- 
TtLaÖELov  14,  9.  Unbekannt  ist  das  NtnccQXELOv  3,  16  (!=^^  -  uu  _  u_  u^)  bis 
jetzt  gewesen.  Eine  nicht  zu  verachtende  Ausbeute  an  neuen  Dichterstellen 
hat  der  Papyrus  gebracht,  freilich  keine  langem  Beispiele,  wie  die  Aristo- 
xenosrolle,  sondern  nur  kurze  Zeilen.  Angeführt  werden  Sappho  8,  9,  11, 
13.  9,  14  (Bergk  53),  15,  16,  Anakreon  7,  5  (B.  62,  1)  10,  1  (B.  92,  1), 
Aischylos  5,  6  (die  Worte  selbst  sind  zerstört)  11,  2  und  iv  reo  nQ0^r]d-st 
(neu)  11,3,  Kallimachos  10,6  (Wil.  ep.  37,1)  Sotades  7,  17  (Hephaist.  XI), 
ein  Unbekannter  11,  15,  dann  werden  noch  die  Namen  erwähnt  Alkman 
und  Simonides  5  (am  Rande)  und  Pindar  12,  17.  Der  Verfasser  hat  sein 
Werk  nicht  ohne  einige  Sorgfalt  geschrieben^);  gerichtet  ist  es  an  einen 
Freund,  der,  wie  z.  B.  öfter  bei  Philodem,  mit  ro  cpiXrarE  angeredet  wird 
(1,10.  3,17.  11,16).  Auf  unsere  Rolle  folgt  wenigstens  noch  eine  zweite.*) 
Aufser  Leo  ist  noch  zu  vergleichen  H.  Weil  (Journal  des  Savants  1900, 
98—101)  und  A.  Ludwich  (Berl.  phil.  Wochenschr.  1900,  358  —  360).^) 

68.  Oxy.  n  52—85,  Nr.  221;  Tafel  VI  (col.  X). 

Eine  längerer,  16,6  cm  hoher  Papyrusstreifen,  der  zunächst  auf  der 
Vorderseite  von  dem  metrischen  Handbuch  (Nr.  67)  beschrieben  ist,  dann 
auf  der  Rückseite  die  jetzt  besprochene  Schrift  erhielt.  Der  Schreiber 
schrieb  eine  kleine,  gedrungene,  feste  und  bestimmte  Unciale,  die  nach  den 
Engländern  der  des  Herodaspapyrus  ähnlich  sein  soll.  Man  stelle  indessen 
die  beigegebene  Tafel  (VI)  der  vorzüglichen  Wiedergabe  einer  Herodasseite 
bei  Kenyon  The  palaeography  of  Greek  papyri  (Oxford  1899)  S.  94  gegen- 
über und  man  wird  alsbald  einsehen,  dafs  der  Vergleich  in  keiner  besonderen 
Eigentümlichkeit  zutrifft.  Die  Zeit,  deren  richtige  Feststellung  des  Inhaltes 
wegen  sehr  notwendig  ist,  wird  auf  das  Ende  des  2.  nachchristlichen  Jahr- 
hunderts bestimmt;  vor  allen  Dingen  kann  man  über  100  n.  Chr.  nicht 
hinaufgehen,    da   die  Schrift   der  Vorderseite   aus   dieser  Zeit    stammt.     Die 


1)  ysivsad'ca  3,1;  9,19  'AcpQoSsircc  8,13  ngoEisrca  13,19  ist  für  die  Zeit  kein 
eigentlicher  Fehler;  das  wesenlose  t.  fehlt. 

2)  Dessen  Aufsatz  über  diese  Reste  (Ein  metrisches  Handbuch  aus  Oxy- 
rhynchos,  Nachr.  von  der  Gott.  Ges.  der  Wissensch.  1899,  495 — 507)  den  ganzen 
Fund  in  gründlicher  Weise  behandelt  und  besonders  auf  das  Verhältnis  des  Buches 
zu  bekannten  Systemen  (der  Verfasser  benutzt  ein  später  auch  von  Hephaistion 
herangezogenes  Handbuch)  eingeht. 

3)  Der  Hiat  ist  vermieden,  vgl.  Leo  495  Anm.  3. 

4)  iv  reo  [i^isra  rccvro  v^TCOfivri^arL  12,  4. 

5)  63  i'vu  d6^[ca(it^  .  .  .  ngog  rovrco  yiciiv[6ßo](pog  sivcci  ist    doch  wohl    %aiv{^0 
yQCi]cpog  zu  ergänzen,  denn   der  Verfasser    dachte    sicher  an   das   stolze  Wort  des 
Philikos  KaLvoyQacptjs  ßvv&Easae  Hephaist.  53  Gaisf. 


534  II-   Referate  und  Besprechungen 

Zeile  enthält  gegen  24—27  Buchstaben,  die  Seite  38  Zeilen,  der  oben  und 
unten  freigelassene  Rand  ist  von  mittlerer  Breite.  Die  etwas  nachlässig 
geschriebene  Schrift  ist  an  vielen  Orten  teils  von  dem  ursprünglichen 
Schreiber  teils  von  einer  zweiten,  gleichzeitigen  Hand  verbessert  worden; 
Tilgung  fehlerhafter  Buchstaben  geschab,  wie  die  Tafel  lehrt,  durch  Aus- 
streichen, in  15,  11  indefs  durch  darübergesetzte  Punkte.  An  Lesezeichen 
ist  die  Paragraphos  ziemlich  oft  am  linken  Rande  zugefügt,  wenn  auch 
nicht  nach  bestimmten  Gesetzen,  und  zwar  hat  das  Zeichen  meist  eine 
gabelförmige  Gestalt  (> — )  ^),  selten  ist  es  eine  gerade  Linie.  Einige  Male 
werden  Sätze  durch  einen  am  oberen  Rande  angebrachten  Punkt  getrennt, 
z.  B.  TTBAlOül  '  15,  6;  Zwischenräume  zur  Angabe  von  Satzpausen  sind 
auf  der  Tafel  nicht  zu  bemerken.     Von  Accenten  finden  sich  alle  drei  Arten, 

wenn  auch  nur  vereinzelt,  der  Gravis  nur  an  einer  Stelle:  0X6A[H  1,  2 
(es  wird  richtig  bemerkt,  dafs  dies  auf  die  Schreibung  orsörj  in  einem  Worte 

hindeutet),  der  Spiritus  in  (jjC  3,  1  H  12,36,  dann  wieder  recht  häufig 
das  Elisionshäkchen.  Das  i  und  v  zu  Anfang  eines  Wortes  oder  im  Worte 
nach  einem  andern  Vokale  wird  mit  den  bekannten  zwei  Punkten  ausge- 
zeichnet. Zahlen  und  einzelne  herausgegriffene  und  zu  Substantiven  erhobene 
Wortformen  erhalten,  wie  es  schon  aus  dem  Tryphonpapyrus  bekannt  ist, 
eine  darübergezogene  Linie,  also  rj  DEPI  6,  13,  "EcpoQog  d'  iv  B  9,  21; 
weshalb  tc5  O.T6  %Qovi,-Ka)  £7ti[^()ijju-cTt  1,  5  geschrieben  ist,  läfst  sich  nicht 
erkennen.  11,  34  erscheint  am  linken  Rande  ein  schräger  Strich  (/),  viel- 
leicht zur  Bezeichnung  der  Anführung  (es  wird  ein  Homervers  erwähnt), 
vgl.  oben  Nr,  31.  Die  Worttrennung  ist  überall  richtig  beobachtet,  nur 
IN'  I  6IC  12,  23  ist  ein  Fehler.  Noch  ist  zu  erwähnen,  dafs  am  oberen 
Rande  von  Col.  17  nichtssagende  Reste  einer  Cursivhand  erscheinen;  die 
Einzeichnung  zwischen  10  und  11   wird  unten  besprochen  werden. 

Scholien  zum  O  der  Dias.  Aufser  zwölf  nur  geringe  Buchstaben 
bietenden  und  darum  zum  guten  Teil  wertlosen  Bruchstücken  zählt  man 
17  Columnen,  von  denen  einzelne,  wie  11 — 13  und  15,  kleine  unschwer 
zu  ergänzende  Lücken  abgerechnet,  prächtig  erhalten  sind.  Folgende  Verse 
werden  in  den  Scholien  behandelt:  1,  63—65,  111  —  126,  145—156,  162, 
195—252,  282—293,  327—337,  351—363.  Zur  Erkenntnis  der  Ent- 
stehung und  Fortpflanzung  der  Homerscholien  ist  der  Papyrus  von  hoher 
Wichtigkeit,  denn  er  bietet  weder  das  heutzutage  berühmteste  Scholiencorpus 
des  Venetianus  A  noch  die  mit  D  bezeichneten  Vulgatscholien ,  sondern 
schliefst  sich  der  durch  den  Venetus  B,  den  Townleyanus  T  und  die  Genfer 
Scholien  G  gebildete  Gruppe  an.  Es  war  aber  doppelt  erwünscht,  dafs  die 
Scholien  zum  Buche  O  gefunden  wurden,  weil  gerade  in  diesem  Nicole 
prächtige  Zusätze  in  Genf  entdeckte,  die  durch  den  Papyrus  Bestätigung, 
Verbesserung  und  Erweiterung  erhalten.  Und  diese  Erweiterungen  findet 
man  in  Mengen,  so  dafs  es  nützlich  sein  wird,  davon  eine  Übersicht  zu 
geben.  Unter  den  neuen  Dichterstellen,  von  denen  die  wichtigsten  von 
Wüamowitz  (S.  41 — 44)  eingehend  besprochen  werden,  erscheint  Hesiod 
oder    besser    ein    unbekannter    Epiker   (vgl.  Wil.  41)  3,  3,  Stesichoros  (vgl. 

1)  Von  den  Engländern  im  Texte  falsch  wiedergegeben.  Die  beiden  Zeichen 
wechseln  auch  in  der  Herkulanensischen  Rolle  fast  allenthalben. 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  rait  Ausschlufs  der  christlichen      535 

Wil.  42")  2,11,  Archilochos  fr.  e,  Alkaios  11,9,  '^i'ßx[^£cav]  iv  FlaQ^s- 
veioig  (so  ergänzen  gleichzeitig  Ludwich  S.  389  und  Arthur  Platt  Class. 
Eev.  1900,  19)  7,  5,  Panyassis  (vgl.  Wil.  42)  h  s'  'HqcmUiaq  9,  8,  Pinda- 
ros  9,11,  der  Tragiker  Phrynichos  Iv  0oiviaaat.g  3,5  und  Sophokles  11,13. 
Es  folgen  Prosastellen  aus  Hippeus  von  Rhegion  (vgl.  Wil.  40)  6,  3,  dem 
Abderiten  Protagoras  (vgl.  Wil.  40)  12,  20,  Ephoros  f'v  ß'  9,  21  (freilich 
schon  aus  Macrob.  Sat.  5,  18  bekannt),  Aristoteles  (doch  wohl  aus  den 
'ATtoQTinara  '0(i7jQL7id)  14,  30  und  Istros  6,  29.  Endlich  aus  der  Schar  der 
Homererklärer  und  Grammatiker  Aristarchos  9,  6.  10,  31.  14,  16  (ot  'Aqi- 
axccQ%ioi  11,15),  Aristophanes  1,18.  10,36,  Aristonikos  3,30,  Athenokles? 
fr.  a^),  Didymos  10,12.  17,27,  (Dionysios)  6  &Qäi'E,  14,20,  (Dionysios) 
6  ZLÖavLog  11,  1,  Hermapias  3,  17,  Ptolemaios  1,  18.  16,  3^)  und  Seleukos 
f.v  TÖ  y  Kara  rüv  ^AQtßraQiov  armsLav  (vgl.  Ludwich  389)  15,  16,  iv  tco 
E  Tc5v  ÖLOQ&artK&v  15,  24,  aufserdem  6,  15.  9,  8.  Die  Kretische  Ausgabe 
des  Homer  (r)  KQrjTiKrj)  wird  erwähnt  15,  27  und  vielleicht  auch  17,  9, 
ferner  die  Ausgabe  des  Euripides  6,  17:  iv  xi]  xat^  E^vQijjttörjv  (so  Blafs) 
Kut]  iv  tiGiV  älXaig  xai.  iv  ÖLaKOß^co  c'\7tavrä  (so  zu  sehr.)  AjGrSQOitatog. 
Man  würde  nach  dem  Verfasser  der  Schollen  nicht  sehr  fragen,  da  es  be- 
kannt ist,  dafs  schon  in  sehr  früher  Zeit  bei  den  Homerscholien  das  Sammeln 
und  Zusammenschieben  aus  den  verschiedenen  Erklärungen  begonnen  hat, 
wenn  nicht  zwischen  Col.  10  und  11  eine  Halbcursive  die  Worte  'AjxfKoviog 
^A^^aviov  yQai.i(iaTiKbg  iaijfietcüGccixTjv  hinzugefügt  hätte.  Nun  sind  drei 
Fragen  zu  beantworten:  wer  ist  dieser  Ammonios?  was  bedeutet  iöijiiei- 
coödfirjv?  und  warum  ist  die  Bemerkung  gerade  an  diese  Stelle  geschrieben? 
Betrachtet  man  zunächst  den  zweiten  Punkt,  so  kann  das  Wort  nicht  gut 
eine  andere  Bedeutung  haben  als:  ich  bin  der  Verfasser  der  Anmerkungen, 
oder  besser:  ich  habe  mir  diese  Anmerkungen  gemacht,  wobei  man  unter 
dem  Verfassen  in  erster  Linie  das  Zusammenstellen  zu  verstehen  hat. 
Schwieriger  ist  die  erste  Frage.  Denn  gewifs  ist  ein  ^A(ificovtog  ^A^^mvIov 
bekannt,  er  ist  sogar  Homererklärer,  aber  da  er  der  Nachfolger  Aristarchs 
ist,  so  darf  man  nicht  an  ihn  denken,  es  müTste  denn  sein,  dafs  man  an- 
nimmt, dafs  die  Hauptmasse  der  Schollen  auf  ihn  zurükgeht  und  dafs  von 
einem  andern  hier  und  da  die  Ansichten  der  Späteren  nachgetragen  sind. 
Die  Engländer  erinnern  weiter  an  einen  Ammonios,  der  neben  Apion  und 
Herodoros  in  Odysseescholien  des  Papyrus  Nr.  271   des  Britischen  Museums 

erscheint  (wenn  A  eben  diesen  Namen  bedeuten  soll),  doch  ist  damit  nicht 
viel  anzufangen,  da  hier  auch  der  Aristarcheer  gemeint  sein  kann.  Wila- 
mowitz  nimmt  einen  unbekannten  Ammonios  an,  der  auf  der  hohen  Schule 
in  Alexandria  den  Schreibstoff  des  für  ihn  unbrauchbar  gewordenen  me- 
trischen Handbuches  dazu  benutzte,  um  Vorlesungen  über  das  0  der  Ilias 
aufzuzeichnen.  Die  Ansicht  hat  viel  Bestechendes,  doch  wird  man  einwenden, 
dafs  jene  Randbemerkung  eine  von  dem  Schreiber  der  Rolle  verschiedene 
Hand  zeigt  ^),  dafs,  wie  schon  die  Engländer  erinnern,  es  seltsam  erscheint, 

1)  FAPOAOH  läfst  sich  zu  qprjffi]  yaQ  6  'A&ri[vov.h~jg  ergänzen  (vgl.  über  diesen 
Homererklärer  Pauly-Wissowa  I  2019);   ein  Gewinn  freilich  erwächst  daraus  nicht. 

2)  Ptolemaios  Pindarion,  vgl.  Wil.  39  Anm.  2,  der  soeben  im  Hei-mes  XXXV 
566  die  Bemerkungen  über  den  Asteropaios  7, 17 — 30  (zu  ^  155)  auf  Grund  der 
Suidasvita  demselben  Verfasser  zuweist. 

3)  Freilich  ist  dies  nur  ein   schwacher  Grund,    da,  wie  die  Wachstafeln  des 


536  II-  Referate  und  Besprechungeii 

warum  der  Mann  seinen  Namen  an  eine  so  ungewohnte  Stelle  setzte,  just 
als  habe  er  das  spätere  Schicksal  seiner  Rolle  vorausgesehen,  auch  sind  die 
Scholien  nicht  nach  dem  Gehör  aufgenommen,  wie  einige  Schreibfehler  be- 
weisen (TT  für  H  11,36.  14,13  A  füi-  A  10,9,  A  für  A  11,36).  Auf 
die  dritte  Frage  ist  schon  angespielt  worden;  sie  ist  um  so  schwieriger, 
als  sich  bis  jetzt  keine  zweite  ähnlich  angebrachte  Bemerkung  auf  Papyri 
gefunden  hat.  Mufs  man  auch  so  die  Angelegenheit  vorläufig  mit  einem 
non  liquet  verlassen,  so  kann  doch  über  das  Unbefriedigende  dieses  Er- 
gebnisses der  Gedanke  recht  gut  hinweghelfen,  dafs  der  reiche,  wertvolle 
Inhalt  der  Scholien  bei  weitem  das  Wichtigste  an  dem  Funde  bildet. 

Aus  dem  Gebiete  der  Rechtschreibung  mufs  angeführt  werden,  dafs 
das  stumme  t  meist  fehlt,  dafs  ft  und  7  öfters  vertauscht  werden,  endlich 
066X01  11,  37  ==  ^  23,  1  (also  nicht  og  roi  zu  schreiben),  i^v6&evrog 
(=  f'jc^-)  10,  7,  KSQ6l  für  xiQ6i  7,  8  die  erste  Hand,  und  in  Homerversen 
das  merkwüi-dige  ßs^ßhro  11,  35  (=  fii^ißXsro  ^  5,  15)  wozu  die  Eng- 
länder richtig  ßefilsro  des  Hesychios  vergleichen.  Für  den  Text  ist  noch 
aufser  Wilamowitz  und  Ludwich  H.  Weil  (Journal  des  Savants  1900, 101 — 103), 
Arthur  Platt  (Class.  Rev.  1900,  19—20)  und  Rutherford  (ebenda  18)  her- 
anzuziehen. Eine  tüchtige  Arbeit  bleibt  zu  thun,  vor  allen  Dingen  eine 
peinliche  Nachprüfung  des  Papyrus,  auch  mufs  versucht  werden,  von  den 
Bruchstücken  a — n  die  Versstellen  zu  finden,  zu  denen  sie  gehören.^)  Und 
dann  wäre  es  eine  lobenswerte  Arbeit,  alle  auf  Papyri  gefundenen  Scholien- 
und  Glossenreste  zusammenzustellen,  wie  es  in  gleicher  Weise  ein  tüchtiger 
Fortschritt  der  Homerforschung  wäre,  wenn  nach  so  vielen  Funden  nun 
einmal  alle  auf  Papyri  erhaltenen  Homertexte  vereinigt  und  beleuchtet 
würden. 

69.  Pap.  graec.  33  der  Strafsburger  Bibliothek,  hrg.  von  R.  Reitzen- 
stein  in  Hermes  XXXV  611  ff. 

Ein  ziemlich  langes  Stück  aus  einer  Papyrusrolle  (20,3  X  80,5),  be- 
schrieben mit  einer  unregelmäfsigen  Schrift  des  HI.  Jahrb.  n.  Chr.  Die 
Columne  hatte  20  Zeilen,  Reste  von  10  Columnen  sind  erhalten;  Lesezeichen 
fehlen  ganz. 

Homerglossen,  aufser  einigen  Vokal  vertauschungen  ^)  ohne  Fehler  ge- 
schrieben. Die  Glossen  gehören  zum  A  des  Ilias,  und  stammen  aus  dem- 
selben Buche,  aus  dem  U.  Wilcken  Sitzungsb.  der  Berl.  Ak.  1887,  817  Pa- 
pyrusreste, die  sich  in  Paris  und  Berlin  befinden,  herausgegeben  hat.  Fast 
alles  findet  sich  in  den  handschriftlich  erhaltenen  Glossen  wieder,  es  fehlt 
jegliche  Erwähnung  von  Grammatikern,  ja  auch  jede  eigenartige  Bemerkung, 
so  dafs  der  Wert  des  Fundes  nur  darin  besteht,  dafs  er  für  die  Geschichte 
der  flachen  glossographischen  Erklärung  des  Homer  eine  neue  Quelle  dar- 
bringt. In  der  Wiederherstellung  der  Lücken  ist  Reitzenstein  mit  viel  Ge- 
schick vorgegangen.^) 

70.  Wiener  Papyrus,  hrg.  von    C.  Wessely,  Bruchstücke   einer   antiken 


Poseidippos  (Nr.  44)  zeigen,  der  Schreiber  leicht  an  Stelle  der  Unciale  die  Cursive 
verwenden  konnte. 

1)  Vielleicht    hilft  eine  Vergleichung    der  Farbe    des  Papyrus,    womit  Blafa 
im  Bakchylides  so  schöne  Ergebnisse  erzielt  hat. 

2)  si  =  l,  aiaaai  (=  ^ocaui)  7,  20,  yi^iaacoöi  G,  26. 

3)  7,13  ist  zu  schreiben  ^^iloqs-  (i.fT[^ia^]f,  [ft'J^^JXf- 


Wilhelm  Crönert:  Litterarische  Texte  mit  Ausschlufs  der  christlichen      537 

Schrift  über  Wetterzeichen.  Sitzungsbericht  der  Wiener  Akad.,  phil.  bist. 
Classe.  Band  CXII  (1900,  17.  März),  auch  im  Sonderabdruck  (Wien,  Ge- 
rold's  Sohn,  41   S.)  erschienen. 

„Ein  kleiner  Antiquitätensammler  fand,  einer  zerstückelten  Mumie  bei- 
gelegt, eine  griechische  Rolle,  die  alsbald  in  Bruchstücke  zei-fiel,  welche 
Staub  und  Moder  unleserlich  gemacht  haben".  ^)  Es  sind  7  Bruchstücke 
(12,4X11,5;  12,5X12,8  u.  s.  w.),  die  sich  zum  Teil  wieder  zusammen- 
legen liefsen  und  so  eine  Columne  ergaben,  die  etwa  24,2  cm  hoch  war  und 
30 — 32  Zeilen  enthielt  (der  axLxog  zu  15 — 22  Buchstaben).  Die  Schrift 
gehört  in  das  II.  Jahrb.  v.  Chr.,  ihre  Buchstaben  werden  von  Wessely  mit 
denen  bei  Kenyon  Palaeography  S.  128  Nr.  4  und  5  verglichen.  Gröfsere 
Schriftzüge  erschienen  in  fr.  I,  wo  der  erste  Buchstabe  jedes  neuen  Satzes 
(stets  O  =^  6)  die  andern  überragt  und  zugleich  an  den  linken  Eand  hin- 
ausgerückt ist,  II  2,18  VI  1,24  und  VII  1,14.  15  bei  Kapitelüberschriften, 
welche  eingerückt  sind.  Von  Interpunktion  steht  nur  die  Paragraphos; 
fr.  I  1,  wo  sie  fehlt,  werden  Absätze  gemacht,  so  dafs  der  neue  Satz  auch 
mit  einer  neuen  Zeile  anfängt.  Zu  sfifietöiv  I  1,  2  sagt  Wessely:  „in  Z.  2 
scheint  zwischen  Doppel-,a  ein  die  Consonantenhäufung  bezeichnendes  Häkchen 
zu  stehen."  Da  der  Strich  als  ein  Häkchen  bezeichnet  wird,  so  kann  kein 
Zweifel  darüber  obwalten,  dafs  ein  Beispiel  von  Worttrennung  vorliegt,  das 
älteste,  denn  erst  in  der  römischen  Zeit^)  findet  es  sich  wieder.  Am  Ende 
eines  Satzes  erscheint  in  der  Zeile  ^^  II  2,  19;  eine  „Randverzierung"  links 
VI  2,  13  macht  den  Anfang  eines  gröfseren  Abschnittes  bemerkbar.  Zahl- 
zeichen erhalten  einmal  den  üblichen   Strich,   KA   I   1,  11   sonst  nicht.  ^) 

Rest  eines  knappen  astrologisch-meteorologischen  Handbuches  aus 
Ptolemäerzeit.  Der  Text  ist  fehlerlos  geschrieben,  so  dafs  die  auffälligen 
Erscheinungen  um  so  mehr  Wichtigkeit  erhalten,  nämlich  immer  ift  iiztoLv 
I  2.  6.  11.  15*)  und  dann  6  81  xov  ^tbg  (nämlich  aßTrjQ)  fil^co  tön  I  3 
und    6  81  xov  "AQScog   iöxtv    iov&Qog    %(u    ikaößa)    8  ^) ;    der   Zeit    entspricht 

1)  So  Wessely  S.  2  des  Sonderabdrucks;  wo  sich  das  Stück  nun  befindet, 
wird  nicht  gesagt. 

2)  Das  Häkchen,  wohl  von  den  Alexandrinern  eingeführt,  diente  zunächst 
zur  Wort.trennung.  So  findet  es  sich  in  der  Homerüberlieferung,  nämlich  im  Pap. 
Mus.  Brit.  126  des  BFA  aus  dem  IV — V.  Jahrb.  Kenyon  Classical  texts  in  the  Br. 
m.  82  (AY  ■  enOPOYCe,  eiPOKO.A\(jOI  ■  H  und  a.)  und  im  Venetus  A:  La  Roche 
Text,  Zeichen  und  Schollen  des  berühmten  Codex  Venetus  der  Ilias  15  {Sovgi, 
kXvtSs-.,  ^%b,  vriSv^og  u.  s.  w.),  dann  im  Pap.  Massil.  des  Isokrates  aus  dem  ersten 
nachchr.  Jahrb.  (Br.  Keil,  Hermes  XIX  612),  ganz  besonders  aber  bei  den  Wörtchen 
ov%  und  ovi^  vielleicht  schon  in  den  herkul.  Rolle,  sicher  aber  vom  II.  Jahi-h.  an. 
Es  ist  dann  in  späterer  Zeit,  erst  vom  IE.  Jahrb.  an,  auch  zur  Silbentrennung 
verwandt  worden,  z.  B.  er'  TONOC,  vgl.  oben  Nr.  9.  31.  36. 

3)  Wessely  giebt  den  Text  nur  in  kleinen  Lettern;  eine  Tafel,  welche  ein 
Bild  der  Schrift  in  der  Erhaltung  gewähren  könnte,  ist  nicht  beigegeben.  Aus 
diesem  Grunde,  und  um  der  grofsen  Wichtigkeit  des  Inhalts  wäre  eine  neue  Her- 
ausgabe dringend  gewünscht,  die  um  so  eher  erfolgen  mufs,  als,  wie  Wessely 
angiebt,  der  Zustand  der  Rolle  kein  guter  ist. 

4)  Wenn  man  auch  wufste,  dafs  f/fi'g  noch  in  ptolemäischer  Zeit  gebraucht 
wurde  (so  schreibt  die  pseudotheophrastische  Schrift  de  signis,  dem  II.  Jahrh.  vor 
Chr.  angehörend,  und  der  Eudoxospapyrus :  6  fift's  290),  so  war  es  doch  zweifel- 
haft, ob  auch  im  Dativ  des  Plural  derselbe  Diphthong  erscheinen  würde;  das  ist 
nun  festgestellt. 

ö)  Diese  Beispiele  kommen   sehr   erwünscht,    denn  nun  ist  es    unumstöfslicb 


538  II-  Referate  und  Besprechungen 

TToetzai  I  1,  5.  10.  14.  17.  Ganz  absonderlich  ist  cc^avQäxl^ai,  doch  scheint 
hier  Wessely  ganz  sicher  ergänzt  zu  haben.  Was  vom  Inhalte  erhalten  ist, 
zerfällt  in  drei  Hauptteile.  In  dem  ersten  (I)  werden  die  Planeten  be- 
schrieben, im  zweiten  (II — VI  2, 12)  handelt  der  Verfasser  von  den  Wetter- 
zeichen (Mondhöfe,  Mondphasen,  Nebelfleck  in  der  (Darvr/,  die  hier  Odrviov 
heifst,  Meteore,  ^Xiog  Kav(iazlag,  rote  Wolke  in  Lichtstrahlen  vor  Sonnen- 
aufgang, Zeichen  des  Meeres  und  der  Sonne),  in  dem  dritten  folgt  ein 
7caQcc7ir]yixa^),  ein  astronomischer  Kalender. ^)  Die  nicht  eben  umfangreichen 
Ausführungen  lassen  nun  Arat  und  die  Schrift  de  signis  üi  einem  ganz 
neuen  Lichte  erscheinen.^)  Wenn  Wessely  richtig  annimmt,  so  ist  die 
Schrift  im  11.  Jahrh.  v.  Chr.  in  Ägypten  geschrieben.  Eine  Beurteilung  der 
eingehenden  und  viele  neue  Gesichtspunkte  enthaltenden  Ausführungen 
Wesselys  wird  wohl  bald  von  berufener  Seite  erfolgen. 

11.  Oxy.  n  303,  Nr.  303. 

Geringfügiges  Papyrusstück  (7X7),  dessen  Uncialschrift  in  das 
I.  Jahrh.  n.  Chr.  gehört,  aber  kaum  unter  Nero  herabzudrücken  ist.  Die 
Anlange  von  9  Zeilen  erhalten,  darunter  Gf]  |j  Atjvjj?  kvkXov  og  in —  ||  tXd- 
XiöTog  ano  x&v  — .  Reste  eines  astrologischen  Werkes;  eine  vollständige 
Mitteilung  der  erhaltenen  Buchstaben  wird  vielleicht  zu  wichtigen  Ergän- 
zungen führen. 

72.  Oxy.  II  134—136,  Nr.  234. 

Längeres  Papyrusstück  (30,6  X  8,2)  auf  der  Vorderseite  Reste  von 
Urkunden  enthaltend,  die  etwa  aus  dem  Ende  des  II.  oder  dem  Anfang  des 
in.  Jahrh.  stammen,  auf  der  Rückseite  den  vorliegenden  Text.  Dieser  ist 
in  einer  runden,  aufrechten  Unciale  gesckrieben  und  gehört  wohl  in  dieselbe 
Zeit,  wie  die  Urkunde.  Die  Zeile  hat  14 — 17  Buchstaben,  die  Columne 
(es  ist  eine  vollständig,  eine  andere  nur  in  bedeutungslosen  Trümmern  er- 
halten) 50  Zeilen.  Bei  der  Schrift  ist  zu  bemerken,  dafs  kurze  Zeilen 
durch  wagerechte  Striche  am  Ende  auf  das  gewöhnliche  Mafs  gebracht 
werden  (vgl.  oben  Nr.  48)  und  dafs  einmal  (ANAAABG'  2,  19)  ein  Punkt 
erscheint,  damit  natürlich  auch  die  Paragraphos.  Kapitelüberschriften  wer- 
den in  die  Mitte  der  Zeilen  gestellt. 

Heilmittelbuch  fm-  den  täglichen  Gebrauch,  in  schlechtem  Stile  ge- 
schrieben, doch  ohne  Hinneigung  zur  Volkssprache.  Aus  der  Rechtschrei- 
bung ist  zu  erwähnen  xaffro^jjou  2,  1,  was  auf  xaUTo'^ftov  {-qiov  die  gew. 
Form)  hindeutet,  jr^oöfti^ov  2,  9   und  cpioGag   2,  2.^)     d]6rQccKov   .  .   ^coiVJwxoü 

sicher,  dafs  die  kurze  Comparativform  auf  co  (ö  nXsico,  t6  itXsico,  dann  auch  rmt 
■jtXsico,  Ol  TcXsica  u.  s.  w.)  in  ptolemäischer  Zeit  gebraucht  war.  Von  hier  aus  hat 
sie  sich  im  Schriftgebrauch  bis  zum  Beginn  der  liyzantinischen  Zeit  erhalten. 
Eine  vollständige  Sammlung  aller  Belegstellen  wird  in  der  Grammatik  der  her- 
kulanensischen  Papyin  gegeben  werden. 

1)  Sicher  ist  11  2, 14  oder  15  ^[orpajrrjyixo:  zu  ergänzen. 

2)  Für  das  ägyptische  Jahr,  denn  das  naqüitriyiLa  beginnt  mit  dem  ägyptischen 
Neujahr,  dem  1.  Thoyth. 

3)  S.  33  wird  eine  Vermutung  Kaisers,  dafs  de  signis  Einwirkungen  des 
Arat  zeige,  bestätigt. 

4)  Dies  seltene  Wort  schwankt  zwischen  dem  Gutturalstamm  (^qpm|a  Ttsqxa- 
y^iBvog)  und  dem  sigmatischen.  Wenn  in  der  Geoponika  nur  die  letzten  Formen 
stehen  {ntcpaa^^vrig  VI  6,  2  n^cpcoa^tvav  XX  2,3.  3,1),  so  deutet  dies  darauf  hin, 
dafs  diese  Bildungen  volkstümliche  waren,  was  nun  durch  den  Papyrus  bestätigt 
wird. 


Carl  Schmidt:  Christliche  Texte  539 

2,  5  ist  nicht  leicht  verständlich.  Das  seltsame  Wort  mufs  mit  ^o'itoi  „ein 
Pferd  in  die  Schwemme  führen,  abspülen"  zusammengestellt  werden,  so  dafs 
der  Gegenstand  etwa  ein  Spülgefäfs  vorstellen  könnte;  doch  scheint  vielmehr 
das  oaxQaKov  Qoi'ariKov^  da  darauf  geröstet  werden  soll,  eine  besondere 
Pfannenai't  der  spätgricchischen  Küche  zu  sein.  In  der  gerretteten  Columne 
wird  von  Mitteln  gegen  Ohrenleiden  gehandelt;  die  beiden  erhaltenen  Kapitel- 
überschriften lauten:  evd'eta  eig  r\o\  ovg  itQog  %6vovg  und  nlva^iol  onbg 
[ngog^  novovg.  Die  Angaben  sind  recht  kurz,  und  lösen  sich  mit  aXlo  ab, 
z.  B.  werden  für  die  Ausspülung  bei  Ohrenschmerzen  vier  Mittel  angegeben. 
Der  Papyrus  wird  der  byzantinischen  Litteraturgeschichte  recht  erwünscht 
kommen,  denn  er  zeigt,  dafs  die  zahlreichen,  ganz  ähnlich  angelegten  latro- 
sophien  der  späteren  Zeit  (XI — XV.  Jahrb.)  Ausläufer  einer  ziemlich  alten 
Litteraturgattung  sind. 

Bonn.  Wilhelm  Crönert. 


Christliche  Texte. 

(Vgl.  oben  S.  120—122.) 

7.  Oxy.  II  1.   —   21,2  X  7,5  cm. 

Eine  Lage,  d.  h.  2  Blätter  eines  Papyrusbuches,  von  denen  der 
rechte  Rand  abgebrochen.  Ferner  ist  der  untere  Teil  nicht  erhalten, 
und  sind  in  der  Mitte  3  Zeilen  ausgefallen.  Blatt  1  recto  25  Z., 
verso  23  Z.,  Blatt  2  recto  21  Z.  und  verso   17  Z. 

Schrift:  Runde  aufrechtstehende  ünciale  von  mittlerer  Gröfse,  die 
mit  Sicherheit  auf  das  III.  Jahrh.  zu  datieren  ist.  Die  üblichen  Ab- 
kürzungen in  bibl.  Mss.  kommen  vor,  doch  keine  Punkte  und  Accente, 
nuj-  an   2  Stellen  Apostrophen. 

Inhalt:  Das  1.  Blatt  enthält  Ev.  Joll.  Cap.  I  vv.  23  —  31  und 
33—41,  das  2.  Blatt  Cap.  XX,  vv.  11—17  und  19—25.  Der  Bibel- 
text ist  mit  dem  Cod.  Sinait.  eng  verwandt,  da  er  in  manchen  sin- 
gulären  Lesarten  mit  diesem  tibereinstimmt.  Leider  sind  von  jeder 
Zeile  nur  einige  Worte  oder  Buchstaben  erhalten,  sodafs  der  Gewinn 
füi'  die  Textkritik  gering  ist. 

Wichtiger  ist  das  Stück  für  die  Untersuchungen  über  das  antike 
Buchwesen.  Denn  einerseits  zeigt  es  das  hohe  Alter  des  Papyrus- 
buches an  Stelle  der  Rollenform,  andererseits  ist  die  Form  des  Buches 
selbst  von  Interesse.  Eine  Lage  wird  nämlich  in  der  Mitte  zu  zwei 
Blättern  gebrochen  und  eine  Lage  über  die  andere  gelegt.  Wenn 
nun  die  eine  Lage  Stücke  von  Cap.  I  und  XX  enthält,  so  füllen 
die  übrigen  18  Capitel  des  Joh.-Ev.  ungefähr  22  derartige  Lagen, 
so  dafs  das  ganze  Papyrusbuch,  wenn  es  allein  dieses  Ev.  umfafst  hat, 
ca.  25  Lagen  enthalten  haben  mufs. 


Archiv  f.  Papyrusforschung  I,  3/4.  35 


540  II-  Referate  und  Besprechungen 

8.  Oxy.  II  2,  Tafel  II  —  25,1X19,9  cm. 

Stück  einer  alten  Papyrusrolle,  wahrsclieinlich  einer  griech.  Urkunde, 
die  später  von  einem  chi-istlichen  ScMler  zu  Schreibübungen  benutzt 
ist,  nur  das  Recto  beschrieben  mit  10  Z. 

Schrift:  Grofse  ungeschickte  Uncialschrift ,  ganz  unten  noch  2 
schwer  lesbare  Zeilen  in  Cursive  sichtbar.  Die  Unciale  fällt  mit  aller 
Bestimmtheit  in  die  1.  Hälfte  des  IV.  Jahrb.  Die  gewöhnlichen  Ab- 
kürzungen. 

Inhalt:  Römerbrief  Cap.  I  w.  1 — 7,  doch  mehrere  orthographische 
Versehen  und  ein  Teil  von  vs.  6  ausgelassen. 


9.  Oxy.  II  3.  —  17,3X8,7  cm. 

Fragment  eines  Blattes  von  einem  Papyruscodex.  Das  Recto  be- 
findet sich  in  einem  sehr  schlechten  Zustande,  auf  dem  Verso  28  Z. 
erhalten,  aber  auf  jeder  Zeile  nur  wenige  Buchstaben,  so  dafs  man  den 
Zusammenhang  wie  den  Inhalt  gar  nicht  erkennen  kann. 

Schrift:  Ziemlich  unregelmäfsige  Unciale,  vielleicht  III.  Jahi-h.  Die 
gewöhnlichen  Kontraktionen  kommen  vor. 

Inhalt:  Tlieolog.  Werk,  ob  historischen  oder  homiletischen  Charakters 
bleibt  ganz  zweifelhaft.  Die  Zeilen  14^ — 17  des  Verso  klingen  an 
Matth.  VII,  17 — 19  resp.  Luc.  VI,  43,  44  an.  Bei  iym  h^l  .  .  .  eI(iI 
dncbv  Ti]g . . .  in  Z.  17  verso  denkt  man  an  einen  Ausspruch  Jesu  in  der 
1.  Pers.  singuL,  doch  wird  es  nur  ein  Citat  sein.  Die  Worte  in  Z.  19 
dg  iv  i^oQcpt]  ■&eov  weisen  auf  Philipp.  II,  6. 


10.  Jacoby:  Ein  neues  Evangelienfragment,  Strafsburg  1900,  S.  32 ff.  — 
Gröfse  des  Papyrus  nicht  angegeben. 

Papyrusstreifen  im  Museum  zu  Gizeh,  Pap.  10263,  nm-  das  Recto 
beschrieben  mit  18  Z.,  einige  Stellen  beschädigt.  Der  Text  beruht  auf 
einer  Abschrift  von  Reitzenstein. 

Schrift:  Nach  Grenfells  Schätzung  soll  die  Schrift  aus  dem  IV. 
oder  V.  Jahrh.  stammen;  leider  sind  weitere  Angaben  über  den  Schrift- 
charakter  nicht   gemacht,   wie   auch   ein  Faksimile  sehr  vermifst  wird. 

Inhalt:  Der  Papyrusstreifen  enthält  eine  Epiklese  all  JesUS  gegen 
Krankheiten,  z.  B.  heifses  Fieber  oder  Wechselfieber  und  gegen  die 
bösen  Geister  und  Dämonen,  wie  aus  Z.  15  — 17  deutlich  erkennbar 
ist.  In  den  vorhergehenden  Zeilen  werden  die  einzelnen  Stücke  des 
Bekenntnisses  zu  Jesus  Christus  ganz  im  Stile  der  Symbole  resp.  der 
Liturgien  aufgeführt. 

Jacoby  versucht  die  evangelischen  Stücke  auf  eine  alte  Quelle  und 
zwar  auf  das  Agypter-Evang.  zurückzuführen  und  stützt  sich  auf  die 
Ausdrücke  6  narccxkaGag  rbv  ovu;^«  rov  XaQOvrog  in  Z.  2  und  6  noiipcig 
xhv  Xdqovxa  äoTtoQov.  Er  glaubt  nämlich  in  den  vorher  publizierten 
koptischen  Fragmenten  eines  bisher  unbekannten  Ev.  aus  der  Strafs- 
burger  Sammlung  Stücke  des  alten  Äg.-Ev.  wiedergefunden  zu  haben, 
und  findet  dort  den  merkwürdigen  Ausdruck  von  Christus  gebraucht, 
dafs  er  „die  Kralle  des  Todes"  vernichtet  habe.  Leider  ist  die  Über- 
setzung des  Textes  falsch,  denn  die  kopt.  Worte  geben  den  griech. 
Ausdruck  %ivxqov  xov  ^avdxov  1.  Cor.  15,  55.  56  wieder;  damit  fallen 


Carl  Schmidt:  Christliche  Texte  541 

alle  Kombinationen  mit  dem  Ag.-Ev.  dahin.  Auch  das  griech.  Stück 
ist  eine  ganz  einfache  Epiklese,  die  ihren  evangel.  Stoff'  aus  dem  N.  T. 
geschöpft  hat;  immerhin  ist  sie  von  grofsem  Interesse. 


11.  Amherst^)  I,  1,  Taf.  III— IX  —  23x26,5  cm. 

3  Lagen  resp.  6  Blätter,  dazu  ein  7.  stärker  beschädigtes  Blatt  eines 
Papyrusbuches.  Die  ersten  6  Blätter  sind  mit  Ausnahme  des  unteren 
Randes  ziemlich  gut  erhalten,  jede  Seite  ist  in  einer  Columne  beschrieben 
und  abgesehen  von  den  ersten  beiden  fortlaufend  mit  0  —  x  paginiert,  so 
dafs  4  beschriebene  Seiten  zu  Anfang  verloren  sind.  Die  Seiten  enthalten 
26 — 29  Z.,  die  von  zweiter  Hand  geschriebene  Col.  II  32  Z. 

Schrift:  Der  Papyrus  ist  von  2  Händen  geschrieben.  Der  ersten 
Hand,  die  sich  durch  eine  quadi-atische  regelmäfsige  Unciale  auszeichnet, 
gehören  an  Col.  I  und  Col.  III — XIV.  Die  zweite  Hand,  welche  Col.  U 
geschrieben,  bietet  eine  schlechtere  und  unregelmäfsigere  Unciale,  auch  ist  die 
Col.  nicht  nur  enger,  sondern  auch  länger  beschrieben.  Doch  sind  beide 
Hände  gleichzeitig  und  werden  bei  der  Schwierigkeit  der  Datierung  von 
Uncialhandschriften  der  Byzantinischen  Zeit  von  den  Herausgebern  auf  das 
V.  oder  VI.  Jahrb.  fixiert.  Ein  Corrector  hat  am  oberen  Rande  von 
Col.  III,  IV  und  XI  einige  Zeilen,  die  von  der  ersten  Hand  ausgelassen 
waren,  hinzugefügt  in  schmaler  und  schräger  Unciale,  wahrscheinlich  nicht 
später  als  Ende  des  VI.  Jahrh.  Dagegen  stammen  die  Correcturen  im 
Texte  selbst  wahrscheinlich  von  der  ersten  Hand.  Letztei'e  gebraucht 
Punkte,  Apostrophe  und  Füllungszeichen  bei  kürzeren  Linien,  während  die 
zweite  Hand  derartige  Zeichen  überhaupt  nicht  bietet.  Daneben  die  ge- 
wöhnlichen biblischen  Abkürzungen. 

Inhalt:  Die  Blätter  enthalten  Stücke  des  bis  dahin  ganz  verlorenen 
griechischen  Textes  der  Asceiisio  Jesaiae  und  zwar  ungefähr-  ein  Sechstel 
des  ganzen  Werkes,  das  uns  nur  aus  einer  äthiopischen  Übersetzung  (vergl. 
die  Ausgabe  von  Dillmann,  Leipzig  1877)  bekannt  war,  zu  der  eine  latei- 
nische und  slavische  Übersetzung  der  6  letzten  Capitel  hinzutraten.  In  den 
jetzt  publizierten  Blättern  beginnt  der  Text  mit  Cap.  H  §  4  (nach  Dillmanns 
Ausgabe)  und  geht  mit  kleineren  Lücken  bis  Cap.  IV  §  4 ;  der  Text  geht 
also  genau  parallel  mit  dem  äthiopischen  und  enthält  dieselbe  Verbindung 
der  griechischen  Grundschi-ift  mit  der  christlichen  Apocaly^Dse.  Wichtig  sind 
die  Papyrusblätter  einerseits  für  die  Texterklärung,  besonders  für  die  Stelle 
Cap.  IV  §  3  über  die  neronische  Verfolgung  (Märtyrertod  des  Petrus),  an- 
dererseits für  die  Wertbeurteilung  des  äthiopischen  Textes,  dessen  Über- 
setzung sich  als  eine  genaue,  sclavisch  wörtliche  herausstellt  (vgl.  Hamack: 
Sitzungsber.  der  Beri.  Acad.   1900,  philosoph.-hist.  Kl.  Bd.  XLHI,  S.  984ff. 


12.  Amherst  I,  2,  Taf.  II  —  26,4  X  31,3  cm. 

Grofses  Papyrusblatt,  teilweise  stark    zerstört,  mit  25   Zeilen   (60 — 67 
Buchstaben  auf  der  Zeile). 


1)  The  Amherst  Papyri,  being  an  account  of  the  Greek  Papyri  in  the 
collection  of  Lord  Amherst  of  Hackney,  F.  S.  A.  at  Didlington  Hall,  Norfolk,  by 
Bern.  P.  Grenfell  and  Ai-th.  S.  Hunt  Part.  I.  The  Ascension  of  Isaiah  and  other 
theological  Fragments.     With  nine  plates.     London  1900. 

35* 


542  II-  Referate  und  Besprechungen 

Schrift:  Das  Stück  ist  geschrieben  in  sorgfältiger  Cursive,  etwa  aus 
der  ersten  Hälfte  des  IV.  Jahrh.  Jede  Zeile  ist  durch  Doppelpunkte  in 
3  Teile  zerlegt.     Daneben  die  gewöhnlichen  Abkürzungen. 

Inhalt:  Ein  altcliristlicher  Hymnus  und  zwar  ein  akrostichisches 
Gedicht    (nach    den    Buchstaben   des   Alphabetes,    mit    einer    überschüssigen 

Zeile,  im  Ganzen  also  25  Zeilen)  in  dem  Schema  ^ ^y ww^i ,  welches 

sich  dreimal  auf  jeder  Zeile  wiederholt  (auf  der  letzten  nur  zweimal). 
Nach  Hamack  1.  c.  S.  986  ein  zur  Einprägung  bestimmtes  Tauflied,  dessen 
Inhalt  sich  zum  Teil  mit  Didache  cap.  1 — 5  berührt  und  als  Mahnung  für 
den  Täufling  gedacht  ist.  Seine  Abfassungszeit  setzt  Harnack  aus  inneren 
Gründen  auf  die  Jahre  250  —  330;  Preuschen  „ein  altchristlicher  Hymnus" 
in  der  „Z.  f.  d.  neutestam.  Wissenschaft  u.  d.  Kunde  d.  Urchristentums", 
1901,  Bd.  2,  H.  1  S.  73 ff.  erblickt  in  dem  Stück  eine  Malmrede,  keinen 
Lobgesang,  deren  Abfassungszeit  noch  in  das  IL.  Jahrh.  zurückzudatieren 
sei,  so  dafs  wir  in  ihm  ein  Stück  der  ältesten  christlichen  Gemeindepoesie 
vor  uns  haben. 


13.  Amherst  I,  3,  Taf.  I  (verso)  —  20,9  X  23,5  cm. 

Papyrusblatt,  recto  und  verso  beschrieben,  leider  sehr  zerstört;  von  den 
3  Columnen  des  Recto  ist  die  1.  Col.  bis  auf  die  Endbuchstaben  der  letzten 
10  Zeilen  vollständig  verloren,  deshalb  auch  nicht  abgeschrieben;  die  2.  Col. 
ist  noch  am  besten  erhalten,  während  von  der  3.  Col.  der  rechte  Rand  ab- 
gebrochen ist.  Die  2.  Col.  enthält  25  Zeilen,  die  3.  Col.  26  Zeilen,  doch 
ist  unten  die  Datierung  abgefallen. 

Schrift:  Ungeschickte  Halbunciale,  nach  den  Herausgebern  geschrieben 
zwischen  250  und  285  auf  Grund  der  Unterschrift  in  der  2.  Col.,  da  von 
den  J.  285  bis  323  die  Papyri  entweder  durch  Consulats-  oder  Kaiserjahre 
datiert  sind.  Diese  Datierung  wird  durch  den  Inhalt  bestätigt.  Leider  ist 
kein  Faksimile  des  Recto  gegeben. 

Inhalt:  Harnack  hat  1.  c.  S.  987  ff.  den  Nachweis  geliefert,  dafs  man 
ein  Fragment  eines  Briefes  aus  Rolll  vor  sich  hat,  der  von  einem  ägyp- 
tischen Christen  an  die  Brüder  im  Arsinoitischen  Gau  (Fajum)  gerichtet 
ist.  Es  handelt  sich  um  die  Sendung  einer  Geldsumme  an  einen  gewissen 
Primitinus  in  Alexandrien.  Von  besonderem  Interesse  ist  aber  der  Brief 
wegen  des  Vorkommens  von  ndnag  Ma^iiiog  (Col.  HI,  5  und  9)  d.  h.  des 
Bischofs  von  Alexandrien  zwischen  264  (265)  —  282  (281)  und  von  Osoväg, 
(Col.  III,  14)  des  späteren  Nachfolgers  des  Maximus  im  Bischofsamte  von 
282(281)  — 300.  Darnach  ist  der  Brief  zwischen  264  (265)  —  282  (281) 
verfafst.  Es  ist  aber  nicht  ausgeschlossen,  dafs  es  sich  um  zwei  Briefe 
handelt. 

Am  oberen  Rande  von  Col.  11  stehen  auf  3  Zeilen  die  13  ersten  Worte 
des  Hebräerbriefes,  geschrieben  in  schmalen  Uncialen  zu  Ende  des  III.  oder 
Anfang  des  IV.  Jahrh. 

Auf  dem  Verso  des  Blattes  findet  sich  Gen.  I,  1 — 5,  u.  zw.  zuerst  in 
der  Übersetzung  der  LXX  und  sodann  in  der  Übersetzung  des  Aquila  auf 
16  Zeilen,  geschrieben  von  mehr  cursiver  Hand,  wahrscheinlich  aus  der  Zeit 
Constantins.     Bemerkenswert  am  Texte  ist  das  Fehlen  von  v.  5^  an  beiden 


Carl  Schmidt:  ChriHtliche  Texte  543 

Stellen,  und  in  der  Übersetzung  des  Aquila  das  Fehlen  von  v.  2*"^.  Die 
vv.  4*^  und  5^'  lernt  man  hier  zum  ersten  Mal  aus  der  Übersetzung  des 
Aquila  kennen. 

14.  Ajnherst  I,  4  —  6,7  X  6,7  cm. 

Kleines  Fragment  eines  Papyrusblattes  aus  einem  Papyruscodex,  7  Zeilen 
auf  der  Vorder-  und  Rückseite  erhalten. 

Schrift:  Ziemlich  grofse  i-unde  Uncialhandschrift  etwa  des  VII.  Jahrh. 

Inhalt:  Hiob   1,  21.  22   (recto)  und  2,  3  (verso). 


15.  Amherst  1,5  —  12,6x6,5  cm. 

Blatt  eines  Papyrusbuches,  von  dem  der  rechte  Rand  abgebrochen  ist, 
14  Zeilen  auf  jeder  Seite. 

Schrift:  Runde  gerade  Unciale  etwa  des  V.  oder  VI.  Jahrh. 

Inhalt:  Psalm  5,6  — 12.  Die  Verse  sind  fortlaufend  geschrieben, 
doch  die  einzelnen  Gxiyoi  durch  kurze  Diagonalstriche  markiert.  Der  Text 
scheint  dem  Sinaiticus  nahe  zu  stehen. 


16.  Amherst  I,  6    —   fragm.  b.   21,1x25,5  cm. 

4  verschiedene  Papyrusblätter  eines  Buches,  beschrieben  in  einer 
breiten  Columne,  teilweise  sehr  schlecht  erhalten. 

Schrift:  Breite  gerade  ünciale  in  der  typischen  Form  der  späteren 
Byzantinischen  Zeit,  nicht  vor  dem  VII.  Jahrh.,  vielleicht  1  oder  2  Jahr- 
hunderte später. 

Inhalt:  Psalm  107,14  und  108,1  und  vs.  12  und  13  (Fragm.  a)  — 
Psalm  118,  115  —  122  und  126  —  135  (Fragm.  b)  —  Psalm  135,  18—26; 
136,  1  und  6—10;  137,  1—3  (Fragm.  c)  —  Psalm  138,  20—24;  139, 
1—6  und  9—14;  140,  1—4  (Fragm.  d). 

Die  Psalmen  sind  stichisch  geschrieben,  indem  eine  neue  Linie  stets 
einen  Gxiypq  beginnt  und  der  Anfangsbuchstabe  bedeutend  breiter  geschrieben 
ist;  wo  ein  GTl%og  über  eine  Zeile  hinausgeht,  sind  die  Zeilen  eingerückt. 
Die  Überschriften  der  einzelnen  Psalmen  sind  durch  kleine  keilförmige 
Zeichen  eingeschlossen  und  links  davon  steht  die  Nummer  des  betreffenden 
Psalms.  Der  Text  stimmt  nicht  überein  mit  Sinait.  u.  Vatic,  sondern  mit 
dem  Alexandlinus,  Verona-Psalter  und  zweiten  Corrector  des  Sinait. 


17.  Amherst  I,  7   —    10,5  X  10,6  cm. 

Oberer  Teil  eines  Pergamentblattes  eines  Psalters,  nicht  besonders  er- 
halten,  1 6   Zeilen. 

Schrift:  Schmale,  runde  und  schöne  Uncialhandschrift,  vielleicht  aus 
dem  V.  Jahrh. 

Inhalt:  Psalm  58,  7 — 13  und  16 — 18;  Psalm  59,  1—3.  Der  Text, 
stichisch  gesckrieben,  zeigt  eine  gewisse  Verwandtschaft  mit  dem  Verona- 
Psalter  und  dem  zweiten  CoiTector  des  Sinaiticus. 


18.  Amherst  I,  8  —  17,9X17,6  cm. 

Pergamentblatt  eines  Buches,  stark  abgeblafst  auf  beiden  Seiten,   jede 
Seite  in  zwei  schmalen  Columnen  beschrieben  zu  je  23   Zeilen. 


544  11-  Referate  und  Besprechungen 

Schrift:  Sorgfältige  gerade  und  mittelgrofse  Unciale,  wahrscheinlich 
aus  dem  V.  oder  VI.  Jahi-h. 

Inhalt:  Acta  Apost.  II,  11 — 22  mit  einer  Reihe  Abweichungen,  be- 
sonders bemerkenswert  in.  vs.  13  (^i')i)leva^ov  Xeyovreg  mit  Cod.  D  gegenüber 
allen  andern  Handschriften. 


19.  Amherst  I,  9  —  11  X  25,5  cm  (a)  und  8  X  33,7  cm  (b). 

Zwei  schmale  und  lange  Papyrusstreifen  (a  imd  b),  der  zweite  schlecht 
erhalten,  der  erste  recto  und  verso  beschiieben. 

Schrift:  Gute  Unciale,  mit  einer  Tendenz  zur  Cursive  bei  a,  wahr- 
scheinlich YII.  oder  VIII.  Jahrh. 

Inhalt:  Liturgische  Stücke,  wahrscheinlich  für  den  Kirchenchor.  Die 
beiden  Stücke  auf  Fragm.  a  tragen  die  musikalische  Bezeichnung  Kd&i6(ia 
GTLyriQov  TtXdyiov  8'  resp.  %ad'.  nXay.  6'.  Dogmengeschichtlich  wichtig  ist 
die  Beziehung  des  Trishagion  auf  Christus  mit  dem  Zusatz  ei  6  Ka&ri(ievog 
iv  ös'^iä  xov  TiaxQog.  Das  dritte  Gedicht  auf  Fragm.  b  trägt  die  Aufschrift: 
jiiir  xov  xijg  ccyiag  ^soxonov  accl  aeiTtaQ&Evov  MaQiag  xal  xov  ayiov  Aoyyivov 
xov  tKCixovxa.Q'jipv '^  wahrscheinlich  handelt  es  sich  nicht  um  ein  Gedicht  auf 
Maria  und  Longinus,  sondern  auf  Phokas,  den  Heiligen  von  Sinope,  welchen 
die  Griechen  auch  am  23.  Juli,  d.  h.  am  Longinustage  feierten  (vergl. 
Harnack  1.  c,  S.  995). 

Berlin.  Carl  Schmidt. 


Papyrus-Urkunden. 

Seit  meinem  ersten  Bericht  (oben  S.  122- — 177)  sind  folgende  Papyrus- 
Urkundenpublikationen  erschienen : 

I.   Fa}Tiin   tOAVllS   aud   theyr   papyri  by  Bernard  P.  Grenfell,   Arthur 
S.  Hunt    und    David   G.  Hogarth    with    a    chapter   by   J.  Grafton 
Mi  Ine.      London    1900.      Egypt.  Explor.  Fund,   Graeco-roman   brauch 
(P.  Fay). 
Vgl.  V.  Wilamowitz,  GGA.  1901  S.  30—45.    B(lafs),  Litt.  Centralb. 

1901    S.  23.      Bücheier,  Rh.  Mus.  56,  324 ff.      Viereck,    Berl. 

ph.  Woch.  1901,  22.  Juni  Sp.  776ff.     Wilcken,  Deutsch.  Litteratz. 

1901   (wird  erst  erscheinen). 

IL  Les  papyrus  de  Greueve  transcrits  et  publies  par  Jules  Nicole.  Pre- 
mier Volume,  deuxieme  fascicule,  Geneve  1900  (P.  GrCD.). 
S.  Reinach,  Rev.  Archeol.  37  (1900)  S.  333.  Beilage  z.  Allgem. 
Zeitg.  1900  n.  168  S.  8.  Zereteli,  Byz.  Zeitschr.  10  (1901) 
S.  299.  Wessely,  Woch.  f.  klass.  Phil.  17  (1900)  S.  425ff.  Bidez, 
Rev.  de  l'Inst.  publ.  en  Belgique  43  (1900)  S.  180.  My,  Rev. 
crit.  51  (1901)  S.  189.  Seymour  de  Ricci,  Rev.  Et.  Grecq. 
1901   S.  197. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  545 

III.  Arcilives  militaires  du  I*'"  Sichele.  Texte  inedit  du  Papyrus  latin 
de  Geneve  No.  1,  publio  sous  las  auspices  de  la  societe  academique 
de  Geneve  avec  facsimile,  description  et  commentaire  par  Jules  Nicole 
et  Charles  Morel.     Geneve   1900  (P.   Geil.  lat.  1). 

Vgl.  Th.  Mommsen,  Hermes  35,  443  ff.  H.  Blümner,  N.  Jahrbb.  f. 
d.  klass.  Alt.  III  432 ff.  Cagnat,  Rev.  crit.  50  (1900)  S.  124f., 
derselbe  Journ.  d.  Savants  1900  S.  375  f.  S.  Reinach,  Rev. 
Arch.  38  (1901)  S.  161  f.  Esperandieu,  Comp.  Rend.  Acad.  Inscr. 
1900  S.  442ff.     Heron  de  Villefosse  ibid.  S.  27off. 

IV.  Ägyptische  Urkuiideu  aus  d.  köuigl.  Museen  zu  Berlin,  herausgeg. 

von  d.  Generalverwaltung.  Griech.  Urkunden  III.  Band,  5.-7.  Heft, 
BerHn  1900—1901   (BGU). 

V.  Edgar  Johnson  Ooodspeed,  Papyri  from  Karanis,  Studios  in  class. 

Philologie  III,  Chicago   1900  (P.  Chic). 

VI.  G.  Vitelli,  Da  Papii-i  greci  deU'  Egitto,  Atene  e  Roma  PV  n.  27,  Marzo 

1901,  S.  73—81  (P.  Fir.). 

VII.  C.  Wessely,  Papyrorum  scripturae  graecae  specimina  isagogica,  Leipz. 
Avenarius   1900  (P.  Wess.  Taf.  gr.). 

Vgl.  W.  Schubart,  Deutsche  Litteraturz.  1901   Sp.  1689ff. 

VIII.  Chr.  Blinkenberg,  ün  contrat  de  vente  de  l'epoque  ptolemaique,  Acad. 
roy.  de  Danemark,  Bulletin   1901   S.  119  ff.   (P.  Cop.). 

IX.  F.  G.  Kenyon,    Papyi-i  acquired  in  the   years    1894—1899,    Additional 

Catalogue  of  the  British  Museum. 

X.  The  Amherst  Papyri,    beeing  an   account   of  the    greek    papyi-i  in  the 

collection  of  the  r.  h.  Lord  Amherst  by  B.  P.  Grenfell  and  Arthur 
S.  Hunt.  Part  I  (1900)  (P.  Amh.)  Vgl.  oben  S.  542  Schmidt  unter 
Nr.   13   (zu  3  a,  der  einzigen  Urkunde). 

An  sonstigen  Arbeiten,  die  zur  Erklärung  der  Papyrusurkunden  nach 
irgend  welcher  Richtung  beitragen,  sind  mir  aus  demselben  Zeitraum  folgende 
bekannt  geworden: 

1.  Allgemeines. 

L.  Mitteis,  Aus  den  griechischen  Papyrusurkunden.  Ein  Vortrag,  gehalten 
auf  der  VI.  Versammlung    deutscher  Historiker    zu  Halle  a.  S.      1900. 

Felix  Stähelin,  Neuere  Papyrusfunde.  Vortrag,  gehalten  auf  der  40.  Jahres- 
versammlung des  Vereins  schweizerischer  Gymnasiallehrer  in  Luzern. 
Aarau  1901. 

Archaeological  Report  (Egypt  Exploration  Fund)   1899/1900. 

Seymour  de  Ricci,  Bulletin  Papyrologique  in  der  Revue  des  Etudes 
grecques  1901  S.  163  ff,  Theodor  Reinach's  Zeitschrift  soll  von 
jetzt  an  zweimal  im  Jahre  solche  nützlichen  Bibliographien  biingen. 
Ich  habe  diesem  ersten  Bulletin  einige  Einzelheiten  entnommen,  na- 
mentlich über  ausländische  Erscheinungen,  die  mir  nicht  zugänglich 
waren. 

2.  Juristisches. 

Otto  Graden witz,  Einführung  in  die  Papyruskunde.  1.  Heft:  Erklärung 
ausgewählter  Urkunden.  Leipz.  1900.  Vgl.  Mitteis,  Lit.  Centralbl. 
1900,  Sp.  770  f.,  Wilcken,  Deutsche  Litteratm-zeitung  1900,  Sp.  2463 ff. 


546  II-  Referate  und  Besprechungen 

Wessely,   Woch.  f.  kl.  Phil.   1900  Sp.  400  ff.      Kenyon,    Class.   Rev. 

1900  Sp.  365  f.    Ad.  Bauer,  Hist.  Z.  1900  S.  472  ff.     Schulten  Bari. 

ph.  Woch.   1900  Sp.  1457  ff.       Eine     eingehende    Besprechung    dieser 

wichtigen  Erscheinung  aus  der  Feder  Heinrich  Ermans    hoffen  wir  im 

nächsten  Heft  des  Archivs  zu  bringen. 
Theodor  Mommseil,  Das  ägyptische  Gesetzbuch  (in  der  Pestgabe  für  Heia- 

rich  Dernburg). 
Stephan  Brassloff,     Zur   Geschichte    des    römischen    Compensationsrechtes. 

Zeitschr.  d.  Savigny-St.  f.  R.   1900. 
Bonfante  e  Rnggiero,  „La  petizione  di  Dionysia."     Bull.  d.  Istit.  d.  Diritto 

Rom.   13  (1900)  fasc.  1. 
(Tregor  Zereteli,   ot,^.  Kiaccni.  (|)h.io.i.     1901    S.  63  ff.    (über  die  donatio 

ante  nuptias,  russisch). 

3.  Wirtschaftsgeschichtliches. 

Curt  Wachsmut,  Wü-tschaftliche  Zustände  in  Ägypten  während  der  griechisch- 
römischen Periode.     Jakrb.  f.  Nationalök.  u.  Statist.    1900.    S.  771  ff. 

Georg  Schanz,   Studien  z.  Geschichte  u.  Theorie  d.  Erbschaftssteuer.     Finanz- 
archiv XVn.   1.  Band. 

U.  Wilcken,  Die  Steuern    (der  von  Erman    erklärten    Naukratisstele),    Äg. 
Zeitschi-.  38. 
Vgl.  auch  die  oben  angeführten  Schriften  von  Mitteis  und  Stähelin. 

Auf  die  Besprechungen  meiner  „Griechischen  Ostraka"  komme  ich  nächstens 

gelegentlich  einer  Übersicht  über  Ostrakastudien  zurück. 

4.  Historisches. 

B.  Niese,    Die    Welt    des   Hellenismus.     Rede,    gehalten    beim    Antritt    des 

Rektorats  am  14.  Oktober  1900. 
Hugo  Willricll,    ludaica,    Forschungen    zur    heilenist.   jüd.  Geschichte   und 

Litteratur,    Gott.   1900.     Vgl.  E.  Schürer,    Theol.  Litteraturz.    1900. 

Nr.  21   Sp.  585  ff. 
M.  L.  Strack,  Griechische  Titel  im  Ptolemäerreich.     Rhein.  Mus.  55  (1900) 

S.  161  ff. 
P.  Meyer,  Das  Heerwesen  d.  Ptolemäer  u.  Römer  in  Ägypten.     Leipz.  1900. 

Vgl.  Beloch,  Litt.  Centralbl.  1901  Sp.  69  f.     Strack,  Deutsch.  Lite- 

raturz.    1900   Sp.  1446  ff.     Ad.  Bauer,    Beri.  phil.  Woch.    1900    Sp. 

1327  ff.     Cagnat,  Rev.  crit.  1900  S.  407  ff.     Vgl.  auch  oben  S.  354,1. 

Eine   ausführliche   Besprechung   von  W.  Schubart   mufste   leider   wegen 

Raummangels  für  das  nächste  Heft  zurückgestellt  werden. 
Wilhelm  Schubart,     Quaestiones    de    rebus    militaribus    quales    fuerint  in 

regno  Lagidarum.     Diss.  Bresl.   1900. 

C.  Wessely,  Epikiisis.     Eine  Untersuchung  zur  hellenistischen  Amtssprache. 

Sitz.  Wien.    Akad.   142    (1900).      Vgl.    P.  Meyer,    Beri.  phil.  Woch. 

23.  Febr.   1901. 
E.  Kornemann,  Zur  Geschichte  d.  antiken  Herrscherkulte.     Beiträge  z.  alt. 

Gesch.  I  S.  51  ff. 
E.  Schürer,   Zu  H  Macc.   6,7   (monatliche  Geburtstagsfeier).     Zeitschr.  f.  d. 

neutest.   Wiss.  II  1901   S.  48  ff. 


Ulrich  Wilcken:  Papyras-Urkunden  547 

Otto  Seeck,      Decemprimat    und     Dekaprotie.      Beiträge    z.    alt.    Gesch.     I 

S.  147  flf. 
Otto  Hirschfeld,  Die  Rangtitel  der  römischen  Kaiserzeit.     Sitz.  Berl.  Akad. 

25  (1901)  S.  579  ff'. 

5.  Sprachliches. 

Edwin  Mayser,   Grammatik  der  griechischen  Papyri  aus  der  Ptolemäerzeit. 

n.  Teil:     Konsonantismus.        Programmbeilage    f.    d.    Karlsgymnasium 

Stuttg.   1900. 
Franz  Völker,    Papyrorum    graecarum    syntaxis    speciinen    (de  accusativo; 

acced.  II  tract.  de  -v  et  -g  finali).     Diss.  Bonn   1900. 
Panl  Wendland,    Aristeae    ad    Philocratem    epistula.     Leipz.    1900.     Vgl. 

E.  Schürer,    Theol.  Literaturz.    1900    Nr.  21    Sp.  583  ff",      v.  Wila- 

mowitz,  Deutsche  Litteraturz.   1900  Sp.  3320  ff". 
Panl   Kretschmer,     Die    Entstehung    der    Koine.     Sitz.  Wien.  Akad.    143 

(1900). 
Albert   Thnmb,     Die    griechische    Sprache    im    Zeitalter    des    Hellenismus. 

Beiträge    zur  Geschichte    und  Beurteilung    der    Koivrj.     Strafsb.   1901. 

Vgl.  P.  Kretschmer,  Deutsche  Litteraturz.   1901   Sp.  1048  ff". 
James  Hope  Monlton.    Grammatical    notes    from    the    papyri.      Class.  Rev. 

1901   S.  31  ff". 


6.  Palaeographisches  und  Verwandtes. 

Karl  Dziatzko,  Untersuchungen  über  ausgewählte  Kapitel  des  antiken  Buch- 
wesens. Leipz.  1900.  Vgl.  Theodor  Birt,  Zur  Geschichte  des  an- 
tiken Buchwesens.  Centralblatt  f.  Bibliothekswesen  XVII,  12.  S.  545  ff". 
Wissowa,  Deutsche  Literaturz.   1900  Sp.  3037  ff". 

Wilhelm  Weinberger,  Bericht  über  Palaeographie  und  Handschriftenkunde 
(1897  —  1900).  Jahresb.  f.  d.  Fortschritte  der  klass.  Alt.  106  III 
S.  168  ff. 

U.  Wilcken,  O  OEYPVrXOZ  XAPAKTHP.  Hermes  36  (1901) 
S.  315  ff. 

Cnrt  Dewischeit,  Griechische  Tachygraphie  in  ägyptischen  Papyrusurkunden 
aus  dem  königlichen  Museum  zu  Berlin.  Der  Schriftwart  VH.  Febr. 
1900.  S.  9  ff.  Vgl.  unten  S.  555.  —  Dr.  Dewischeit  hat' jetzt  die 
Redaktion  des  „Archivs  für  Stenographie"  übernommen  und  be- 
absichtigt, darin  auch  die  antike  Tachygraphie  zu  fördern.  Vgl.  den 
Bericht  von  Rubensohn  über  die  beiden  ersten  Hefte  im  Archaeol.  An- 
zeiger 1901  I  S.  16. 

Die  sachliche  Erklärung  der  obigen  Publikationen  glaube  ich  am 
besten  dadurch  zu  fördern,  dafs  ich  in  Ergänzung  des  oben  auf  S.  4  —  24 
aufgestellten  General -Registers  mitteile,  welchen  Rubriken  die  neu  edierten 
Texte  angehören.  Ich  gebrauche  dieselben  Zahlen,  Stich worte  etc.  wie  dort; 
Rubriken,  die  oben  noch  nicht  vorkommen,  habe  ich  durch  einen  vor- 
gesetzten Stern  gekennzeichnet.  Zugleich  bringe  ich  einige  Korrekturen  zum 
obigen  Register,  die  sich  inzwischen  als  notwendig  erwiesen  haben. 


548  n.  Referate  und  Besprechungen 

A.  Behördliche  Urkunden. 

I.  Amtliclie  Tagebücher  (vgl.  S.  4). 

Rom.    Aus  den  Commentarii  des  Idiologus:  Wess.  Taf.  gr.  11,  19  (?). 
Unbestünmt:  BGU  III  893.   —   Fay.  106,  1-5. 

IIa.  Gesetze  und  Erlasse  (vgl.  S.  4/5). 

Ptol.     Gesetze:  Fay.  22. 

Rom.    Kaiser -Rescripte:  Fay.  20. 

Statthalter -Edikte:  Fay.  21. 

Erlasse  des  aQit8L%a6xrig:  BGU  11  578,  7—8;  614,  7—8;  III  888. 

Erlasse  von  Unbekannt:  BGU  III  820  (?);  832  (?). 

Aufforderungen  zur  avano^nri:  Fay.  37. 
*Befehl  eines  Centurio:  Fay.  38. 

Ilf.  Natural -Lieferungsanweisungen  (vgl.  S.  6). 

Ptol.     Fay.  16;  18. 
Byz.      BGU  III  849. 

Illa.  Amtliche  Berichte  (vgl.  S.  7). 
Rom.  *Von     den    ygafifiaTStg    Tijg    ^rjXQondXecog     und     den    K(OfioyQa(iiiarEig: 

Fay.  26. 

Vom  K(0(xoyQa^[i(xrEvg:  Fay.  25;   40.    —   Gen.  37. 
*Von  TiQsößvuQor.  Fay.  39. 
Von  atrokoyoi:  BGU  III  835. 
Von  TCQaKTOQeg:  Fay.  41;  42;  42a. 
Von  Unbekannt:  Wess.  Taf.  gr.  7,  9(?);  7,10(?);  9,13(?);  9, 14  (?). 

Illb.  Amtliche  Bittgesuche  (vgl.  S.  8). 
Byz.    *BGU  III  836. 

Illd.  Andere  amtliche  Eide  (vgl.  S.  8). 
Rom.    Fay.  24. 

IV a.  Abgabenquittungen  (vgl.  S.  8). 

Ptol.     Von  der  Bank  ausgestellt:  Fay.  17;  18. 
Vom  Praktor:  Fay.  14. 
Von  Steuerpäcbtern:  Fay.  13. 
*Von  Ungenannt:  Fay.  15. 
Rom.     Vom  Thesauros:  Fay.  81—85.   —   Gen.  39  (?). 

Von   TCQanroQsg  aQyvQtn&v  (öiiyQatpsv):  BGU  III  817;  819;  881.    — 
Fay.  47a;  51;  53—57;  61;  64.   —   Gen.  40. 
*Von  TtQaKtOQEg  ovöiaK&v:  Gen.  38. 
Von   Steuerpächtern  (diiyQailjev):  Fay.  58;   59. 
Vom  voiiDCQirjg:  Fay.  88. 
Von  TiQBößvreQOt  Kcofirig:  BGU  III  880. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  549 

Von    den    Thorbeamten:   B(iU  III  867.    —    Fay.  67-72;   75— 76a. 
*'AvTiavfißoXa:  BGtU  Jll  882.   —   Fay.  73;   74. 

Von  Ungenannt:  Fay.  43—47;  49;  50;  52;  o2a;  60;  62;  65. 
*Vom  iTCi,xi]Q7]xrig  yevrji^fxaToyQacpoviievcov)  VTtaQiövzoov:  B(tU  III  851  (V). 
*Vom  xEiQtörrjg:  Fay.  63.   —   Oeil.  77. 
*Vom  yQafi^^aTEvg):  Fay.  48. 

IV b.  Andere  amtliche  Bescheinigungen  (vgl.  S.  9). 

Rom.     Bescheinigung  von  Einregistrierungen 

a)  von  demotischen  Kontrakten:  Wess.  Taf.  gr.  lab,  1—2; 
6,  6,  11—13;  5,  5,  11—13;  9,  15,  10—12;  13,  29,  22—23;  14, 
30,  34—37. 

b)  von  griechischen  Kontrakten:  Fay.  89,  G;  91,46—47;  92,31; 
97,  45—47;    98,  28—29. 

Quittungen  über  XsirovQyiai:  BOU  III  875 — 879.    —    Fay.  77  —  79. 

Epikrisis-  Bescheinigungen:  B(xU  III  847. 

Bescheinigung  der  Reinheit  des  Opfertieres:  Grell.  32. 

Quittungen  von  Gehaltsempfängern:  Fay.  35. 

Sonstige  amtliche  Quittungen:  BGU  III  834;  842.  —  Gen.  41. 

V.   Andere  amtliche  Korrespondenzen  (vgl.  S.  10). 
Rom.    BGU  III  848.  —  Wess.  Taf.  gr.  11,  18. 

Byz.      Oeil.  45   (=  Rev.  Phil.  20,47  lat.);   50. 

VI.   Amtliche  Abrechnungen,  Verzeichnisse  etc. 
(vgl.  S.  11). 

Rom.    Abrechnungen    über    Steuereingänge   u.  a.:    BGfU  III  897;   898.    — 
Fay.  66;  86;  86a. 
Beamtenlisten:  Fay.  23;  23a. 
Militärische  Listen:  Fay.  105   (lat.).   —   Gcü.  lat.  1. 

*  Dorf  listen:  Geil.  81. 

*  Pachtlisten:  BGU  HI  889  (?);  890  (?). 

*  Auszüge   aus  der  örnioaia  ßi.ßXio&rjKri:  BGU  III  861;   870. 

*  Auszüge  aus  den  KcaaXoxiö(x.or.  BGU  III  866. 
Byz.      Andere  Abrechnungen:  Geil.  65. 

*Brevia:  Gen.  63;  64. 


B.  Private  Urkiindeii  (vgl.  S  13). 

1.  Eingaben  von  Privaten  an  Behörden. 

I.  Klagsclirifteii  und  Bittscliriften. 

Ptol.     An  den  König:  Fay.  11;   12. 

Rom.     An  den  Präfekten:  BGU  III  823.   —  Fay.  106,  6ff. 

An  den  ^t^txacTTTjg :  BGU  I  241;   282;  II  542;  III  825. 

*An  den  Idiologus:  BGU  III  868.  —  Wess.  Taf.  gr.  7,  8  (?). 

An  den  fTrtöT^aTojyoj :  Gen.  31. 


550  II-  Referate  und  Besiirechungen 

An  den  arQarrjyos:   Fay.  108.    —    Oeil.  28.   —   Wess.  Taf.  gr.   11, 

20—23. 
An  den  Centurio:  Fay.  107.   —  Wess.  Taf.  gr.  11,  17. 
An  Unbekannt:  BGU  III  871.  —  Wess.  Taf.  gr.  8,  11  u.  12;  12,  28. 
Gesuche  um  Zustellung  von  Klagschriften  u.  a.:  BGU  III  832, 15 fF.  (?); 
888,  5ff. 
Byz.      An  den  praefectus  alae:  Gen.  47;  49. 

II.  Eingaben  in  Steuerangelegenheiten  (vgl.  S.  14). 

Rom.     Steuerobjekts  -  Deklarationen 

über  Grundbesitz:  Fay.  33. 

über  Hausbesitz:  Fay.  32.   —   Geil.  27. 

über  Viehbesitz  (Kamele):  BGU  III  852;  869. 

Steuersubjekts -Deklarationen:  BGU  III  833. 

Geburtsanzeigen:  Fay.  28.   —   Gen.  33. 

Todesanzeigen:  Fay.  29.  30. 

Steuerpacht -Angebote:   streiche  Lond.  II  286    (s.  Andere  Pacht-An- 
gebote). 

III.  Anderweitige  Eingaben  an  Behörden  (vgl.  S.  15). 

Rom.     An  die  Epikrisis  -  Kommission :  Fay.  27.    —   Gen.  19. 

An    die    Örjfioaia    ßi,ßhod-i]Kr}:    BGU  I   243  (ohne  Fragezeichen).   — 

Fay.  31.  —  Gen.  44. 
Eidliche  Versicherungen:    BGU  III    891   Recto.    Streiche:  BGU  I  244 

(s.  f.). 
Gestellungsverpflichtungen:  BGU  1  244;  III  891  Verse. 
Anträge  auf  öcoiiaTiö^og:  BGU  I  241;  282;  II  542  (?). 
Domanialpacht- Angebote:  BGU  III  831. 
*Andere  Pacht -Angebote:  Fay.  36.   —   Lond.  II  286  (S.  184). 

Empfangsbeseheinigungen  über  Aussaat:  Chic.  1 — 91.  —  Fay.  80. 
*Übemahme  amtlicher  Befugnisse  (?) :  Fay.  34. 
Byz.      Gestellungsverpflichtungen:  Arch.  I  S.  408. 

(B)  2.  Akten  zwisclieii  Privaten  (vgl.  S.  17). 

I.  Recbtsgeschäfte. 

Ptol.     Verträge  über  Kauf:  Cop.  —  Streiche  Grenf.  II  46   (s.  röm.). 
Empfangserklärungen:  Gen.  20. 
Verträge  über  Abtretungen:  Vgl.  Grenf.  II  27. 
*  Heiratsverträge:  Geu.  21.   +  Münch.  (=  Arch.  I  S.  484  ff.). 
Röm.     Rechtsgeschäfte  durch  Vermittelung  von  Privatbanken:  Fay.  87;  96.  — 
Fir.  1  (b). 
Verträge  über  Kauf:  BGU  III  825,  1-12;  853  Verso;  854;  859;  864; 
883  (=  236);    887;    901.    —    Fay.  92.   —    Gen.  23;  29;  30; 
35.  —  Grenf.  II  46.  —  Wess.  Taf.  gr.  6,  6  u.  7;  5,  5;  9, 15; 
10,  16;   12,  24;   13,  29;  14,  36. 
Verträge  über  Pacht:  streiche  CPR  242  (s.  Miete). 
Pachtangebote:  BGU  III  860;  862.   —  Fay.  95.   —   Gen.  34. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  551 

Verträge  über  Miete:  CPR  242. 

Dienstvertrags -Angebote:   Gcil.  73. 

Lehrlingsvertrilge:  Vgl.  B(ilU  JII  855. 

Empfangserklärungen:   Kay.  94;   97 — 99;   100,  18—29.    —    Geil.  22; 

25;  26.    Streiche:  BGU  II  446  (s.  Arrha);  Lond.  II  143  (s.  Arrha), 

178  (s.  Scheidung),   334  (s.  Arrha). 

*  Verträge  über  Ai-rha:  BGU  II  446.  —   Fay.  91.    —    Loild.  II  143 

(S.  204/5);    334  (S.  211). 
Verträge  über  Darlehen:  BGU  III  853  Recto;  857.  —  Fay.  89;  90.  — 

Fir.  1  (a).    —   Gen.  24;  43.    —    Lond.  II  311  (ö.  219/20).  — 

Wess.  Taf.  gr.  12,  25  u.  27. 
Verträge  über  Depositar  BGU  III  856. 
^Zvv&eaeig:  BGU  III  865.  —  Gen.  42. 
Vollmaehtsurkunden:  Vgl.  BGU  III  710,  13 ff. 
Heiratsvei-träge :  streiche  CPR  23   (s.  Scheidung). 
Scheidungsurkunden:  CPR  23.  —  Lond.  II  178  (S.  207/8). 
Testamente:  BGU  III  895;  896. 
Byz.      Verträge  über  Kauf:  Gen.  48;  60. 

Verträge  über  Pacht:  BGU  III  840;  900.  —  Gen.  66;  67.    Streiche: 

Gen.  10  (s.  Miete);  Lond.  I  113,  5a  (s.  Miete). 
Pachtangebote:  Fay.  93.   —   Gen.  69;  70;   78. 
Verträge  über  Miete:  BGU  III  841.  —  Gen.  10.  —  Loild.  I  113,  5  a 

(S.  210). 
Empfangserklärungen:  BGU  III  858;  899.  —  Gen.  68. 
Verträge  über  Darlehen:  BGU  III  837—839;  873.    Streiche  741. 

II.  Private  Briefe  (vgl.  S.  21). 

Köm.     BGU  III  814  — 816;  821;  822;  824;  826;  827;  829;  830;  843—846; 
850;  884—886;  892.  —  Fay.  109  —  131.  —   Gen.  72;  74. 

*  Kaiserlicher  Privatbrief:  Fay.  19   (oder  litter.?). 
Einladungen:  Fay.  132. 

Byz.     Amh.  I  3a.    —    BGU  III  818  (?);  874.    —    Fay.  133—136.  — 
Gen.51  — 59;  61;   62;   75;  76;  79  (?). 

III.  Sonstige  private  Auf  Zeichnungen  (vgl.  S.  22). 

Rom.     Wirtschaftsbücher:  Fay.  101;   102.   —   Gen.  71. 

Rechnungen:  Fay.  103;   104. 

Zahlungsanweisungen  an  Privatbanken:  Fay.  100. 

ArbeiterHste:  BGU  III  894  (priv.?); 

Horoskope:  Fay.  189. 

Amulette:  Arch.  I  S.  421  ff. 

Fi-agen  an  Orakel:  BGU  I  229;  230.  —  Fay.  137;  138.  —  Wess. 
Taf.  gr.  12,  26. 
Byz.    *  Kleiderverzeichnisse  etc.:  Gen.  80. 

*  Privatquittungen:  BGU  III  828. 
*Amulette:  Arcll.  I  S.  427;  431  ff 


552  JI-  Referate  und  Besprechungen 

Unbestimmte  Stücke  (vgl.  S.  23). 

BGU  III  825;  832;  863;  872;  891,  25fF.     Streiche:  BGHJ  I  229;  230  (s.  u. 
Orakelfragen).   —  Münch.  (Arch.  I  S.  480  ff.). 

Lateinische  Papyri. 

Fay.  105.  —  (reu.  45  (=  Rev.  Phil.  20,  47);  vgl.  62,  19-20.  —  Oeu.  lat.  1. 


Mit  Rücksicht  auf  den  im  Schlufsheft  begrenzten  Raum  beschränke  ich 
mich  darauf,  einige  Beiträge  zur  Erklärung  der  obigen  Texte  mitzuteilen. 

I.  P.  Fay. 

11,  22.      t[6]  xo;[A.]c5?  £%ov'^ 

14.     Numenios  kann  nicht  der  in  P.  Grenf.  I  38  Genannte  sein,  wenn  Gren- 

fell  diesen  Papyrus  mit  Recht  in  die  Zeit  des  Auletes  gesetzt  hat.    Die 

ungewöhnliche   Ehrung  würde  für  den   jüngeren  der    beiden   Numenios 

in  der  Inschrift  bei  Neroutsos-Bey,  L'anc.  Alex.  S.  98  passen. 
15  Anm.  S.  108.     In  BGU  66,  5  ist  nicht  Ba%ii(x8og  A6vyo\v\  als  Dorfname 

zu  verbinden,  da  vi6vj'o[g]  zu  lesen  ist.     Vgl.  die  Add.  dort. 
20,  5   1.  xovg  KatQOvg  statt  rovg  Kai  rovg. 
28a  Verso.  rvilfinijg,  das  GH  mit  Recht  auch  für  BGU  471,  15  fordern,  las 

ich   auch   in  P.  Gizeh   10449    zwischen    anderen,   z.  T.    neuen    Steuern 

(wie  laQtrjQ&g,  i^tr^^ßg). 
24,  2  Schlufs  erg.  rca^a].     Zur  Sache  vgl.  auch  P.  Boissier  (s.  oben  S.  168 ff.). 
26,  16 f.    erg.    etwa:    Kvaö&xs  [?]    ev7t6Qov[g   sig]    Xix[ovQyLav^    [reo    vfiExeQco] 

Kivövvo).     Vgl.  Griech.  Ostr.  I  S.  508  f. 

42  a  I  10.      Die  richtige   Deutung   des   xiXog   d'vi&v   (Ölpressensteuer)   giebt 

jetzt  ein  Text  bei  Wess.  Taf.  gr.  11,20.    Mein  Breslauer  Schüler  Walter 
Otto  hatte  sie  schon  vorher  erkannt. 

43  I  3  und  II  3 1.   TtQoyo^vog)  =  Stiefsohn,  nicht  7tQoy6(vov)  =  grandfather. 
50,  5.      Ist  ^laCov  J(o(i(axog?)  verlesen  für  'iffiW  <5^öft(oi;)? 

58  und  54  1.   6vvx(a^inov) ,  nicht  6vvx{a!^l(iov).     Vgl.  45,  3. 

63,  9   erg.      x£k(ovg),  nicht  x£X(s6jji,axog)  oi\vov.  i 

78,  1  und  74,  1.  Abweichend  von  Viereck  a.  a.  0.  sehe  ich  in  avxsavußo 
nach  BGU  882  eine  Verbalform  (Praeteritum).  Das  folgende  x£X{.  .  .) 
dürfte  nach  demselben  Text  eher  in  xsX((ov7}Gc(fi£vog)  od.  ä.  aufzulösen 
sein  als  xE(xf)X{£axat)  Volle  Klarheit  werden  erst  weitere  Funde 
bringen.  Mit  Recht  lehnt  Viereck  die  Gleichsetzung  von  ccvxt6v(ißoXov 
mit  ccvxiyQcccpov  ßvfißoXov  ab. 

77  und  78.  Nach  einem  Münchener  Text  vermute  ich,  dafs  ^tvaXei,XQiai(^  ) 
verlesen  ist  für    WivaXEi,x(^.  .V)   ötco^Qvyt). 

82.  Ich  würde  Z.  13  die  Ergänzung  [kö"  streichen,  dafür  in  14  schreiben: 
'AÖQi,avii[g  (jtvQOv  aQxdßag)  %ö'\  wodurch  diese  Steuer  getrennt  wird 
von  der  folgenden,  die  ich  etwa  ov6ta.\K{ß)v)\   fiiö&^toräv)  lesen  würde. 

89  beseitigt  definitiv  die  Einwendung  Gardthausens  (Aug.  11  457)  gegen 
meine  „Alex.  Aera"  (Hermes  33,  151  ff.),  dafs  die  beiden  Daten  in 
BGU  174  nicht  identisch  seien. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  553 

90  (S.  225  Anm.  16).  iietqo)  IvSEna^ttqa  ist  ein  Handmafs,  das  11  Metra 
umfafst.     Damit  ist  über  die  Grülse  der  Artabe  nichts  ausgesagt. 

y5.  Wenn  Oliven-  und  Kaphanusöl  im  Rev.  Pap.  nicht  begegnen,  so  folgt 
daraus  vielleicht  nur,  dafs  ihre  Produktion  nicht  monopolisiert  war. 
Vgl.  Griech.  Ostr.  I  188,  5.  Dann  wüi-den  diese  Texte  noch  nicht  be- 
weisen, dafs  das  ptolemäische  Ölmonopol  in  der  Kaiserzeit  verändert 
sei.     Die  Frage  ist  weiter  zu  untersuchen. 

Aus  96  folgern  GH,  dafs  hier  die  Bank  eine  Naturallieferung  verabfolge. 
Ich  glaube,  sie  ist  nur  der  Vermittler,  durch  den  ihr  Kunde  sich  die 
Quittung  über  die  Naturallieferung  einfordern  läfst. 

100.  Ähnliche  Checks  sind  BGU  156  und  813.  In  813,  12  erg.  l^iaait 
ccQyvQiov  ÖQai^ag  %rX. 

106,  8.  Die  ccTfrjyoQSVfiEva  sind  nicht  mit  GH  auf  den  vTCOfivrjjiariGixog,  son- 
dern auf  die  kaiserlichen  Erlasse  zu  beziehen,  die  den  Ärzten  Be- 
freiungen zusagten.  Vgl.  zur  Sache  E.  Kuhn,  Stadt,  u.  bürg.  Verf. 
I  83 ff.  Unser  Arzt  beruft  sich  nur  auf  seine  Approbation,  nicht  auf 
den  numerus.  Das  Edikt  des  Pius  (Dig.  27,  1,  G,  2)  war  also  wohl 
damals  (ca.  140)  in  Ägypten  noch  nicht  eingeführt,  vielleicht  noch 
nicht  erlassen. 

137  und  138.  Zu  diesen  Orakelfragen,  die  im  Tempel  von  Bacchias  gefunden 
wurden,  vgl.  den  Bericht  des  Ammian.  Marc,  über  das  Besaorakel  in 
Abydos  (a.  359  n.  Chr,):  chartulae  seu  mcmbranae,  conüncntes  quae 
petehantur,  post  data  quoque  responsa  interdum  remanebant  in  fano. 

345.  Durch  die  Worte  %aQ'uQ[ov]  ano  Q'qvov  %ala^ov  modifizieren  sich  z.  T. 
meine  obigen  Ausführungen  auf  S.  158. 

II.  P.  Gen. 

Herrn  Prof.  Nicole  bin  ich  für  zahlreiche  Auskünfte  über  die  Genfer 
Texte  zu  lebhaftem  Dank  verpflichtet.  Ich  greife  hier  auch  auf  das  erste 
Fascikel  von  1896   zurück.      Zu  Nr.  11  vgl.  oben  S.  311,  zu  Nr.  21  S.  484  ff. 

1,  12  liest  Nie.  jetzt  tKxaQaöGEiv  statt  GvvtaQaöGsiv. 

4,  1.  Auf  meine  Frage,  ob  nach  Stein's  Vorschlag  (oben  S.  448)  C.  Caecilius 
Salvianus  hier  zu  lesen  sei,  antwortete  Nie.  verneinend. 

6,  10  bestätigt  Nie.  meine  Vermutung  [%a]raßeßX7iK£vai,. 

7,  12  und  201.     0a&(pi  (Nie). 

8,  29  erg.    <yv[vat%bg^. 

9  I  9  etc.  1.     6vv  öcacpoQov  statt  6vvöi,a(p6Qov. 

10,  81.    [otxt'Jag  TQi,axeyd(Grov)   statt   [aQOVQ\ag  zQig  rEra(^QTOv).  —  151.  ockoi- 

Xdvrcog  statt  oi'not  Ttdvrmg.  —    18  erg.   etwa   [k'ist  [i]ovaiov.  —    19  erg. 

[dijftoff]/«.   —   21   ist  td'  vor  le'  ein  Druckfehler  (Nie). 

13,  9  zwischen  le'  und  Avqi]Xiog  keine  Lücke  (Nie). 

14,  1  etc.  halte  ich  Kvqo)  füi-  den  Eigennamen,  d'eocpvXd'Kra  für  das  Adjectivum. 
16,  13  erg.    anoKaXv[(f)d'fj]. 

20,  3  1.  iTtTtstüv  statt  yevecovj  wie  Nie.  mii'  bestätigt.  Jetzt  auch  so  bei 
Seymour  de  Ricci  a.  a.  0.  nach  einer  Heidelberger  Copie. 

27,  3  1.    Jioyevei  statt  Jtofiriösi.    Vgl.  BGU  420.     So  auch  GH  zu  Fay.  32,3. 

28,  6  1.    'Sl^icov  T[tg  sig]sX&03v  (Nie). 
33,  8  1.    'laiov  (Nie). 


554  n.  Referate  und  Besprechungen 

34,  9  erg.     [fxiö^d-ai,,  verschi-ieben  für  fjLia&<^G)6yai. 

35,  4  erg.    xQei[agy  dazu  vielleicht  ein  Adj.  wie  KVQtanag  o.  ä. 

36  schon  vorher  von  Wessely,  Eev.  Egypt.  VIII  (1898)  9  ff.  ediert.  — 
1  liest  Mc.  jetzt  Ttags*.  —  2  ^EqcoöIkov  (Wess.)  falsch  nach  Nie,  der 
'^Eqixs'I'ökov  für  möglich  hält.  —  7  nQog  Krj[6Eu<Jv  (Wess.)  nach  Nie. 
falsch.  Der  letzte  Buchstabe  sicher  <x.  Vielleicht  x?][^£tja?  Mcole's 
%QogKvv[r}]fia  giebt  keinen  befriedigenden  Sinn.  —  11  lesen  Nie.  und 
Wess.  Kai  aXlav  vawv  tcöv,  was  einen  guten  Sinn  giebt.  Meine  Frage, 
ob  trotzdem  vielleicht  kccI  r&v  Ovvvkcov  d-eav  dastehe,  wurde  von  Nie. 
bejaht.  —  19  enTcc  xal  (Wess.)  nach  Nie.  falsch.  —  20  0(oQ-  %'  fehlt 
bei  Wess.  —  Neu  ist  hier  das  Amt  des  biä^o-jjig  oQuasiag.  Hängt  das 
mit  oQaöig  =  Vision  zusammen? 

37,  13  vermute  ich  elg  kXi^qov  (^slg  von  Nie.  gesehen)  statt  ßovXsvrdg.  Vgl. 
Griech.  Ostr.  I  S.  603.  —  Für  19/20  bestätigt  Nie.  meine  Emendation: 

V  ovX(ri)  (i,sra)7t(^(o)    £|  a,QL6r(^SQa)v)  statt  2vov  (itiXQo)  i'^  aqLGximv). 

39,  11   fjteiiia&oiiE  wohl  versehrieben  für  fA.e(jierQr]j.iai,. 

43,  8  Anfang  vermute  ich  ^Aks'^avÖQEcov  (event.  abgekürzt). 

44  imd  BGU  243  (vgl.  oben  Mitteis  S.  196  f.)  ergänzen  sieh  gegenseitig 
aufs  Schönste.  44,  20  erg.  [t6  zr]v  TtaQccdsßiv  y^svle&at,  21  [qpo)  rov 
IQfjfiuriöfiov.  'O^notav  yccQ  trjv  anoyqcitpriv  avrov  noL&^ai^  22  \ano8£ii,oi 
ag  vndQyEi\^  23  [vs/tj,  sivai  kvqiov  xo  Tt\Qoy,axE6iYi^ivov.^  24  \%cd  ^i} 
e'6E6d'ai  ijjLTtoÖLOv  in]  xrjgÖE  xTjg  kxX.  Aufserdem  vermute  ich  15/6 
dyo[Qavofji{.  .  .)  nal  ag  iQ'ri^ax](t£t  öiaKEL(jL£vo[v  (letzteres  auf  fiSQog  be- 
züglich). In  301.  Kaxex(o{Qi,6a).  —  Andererseits  1.  in  BGU  243,  10:  ccko- 
(^Xovd'oyg)  (o  7tccQE&£fjL('rjv)  dvxiy^{d(p(o)  jcrA.,  15  ßißXi^iocpvXaKiov)  statt 
■KfoXiyEiv).  Die  beiden  im  Einzelnen  immer  noch  lückenhaften  Urkunden 
illustrieren,  wie  mir  scheint,  die  Verfügungen  des  Mettius  ßufus  über 
die  nagcc^BGig.     Vgl.  P.  Oxy.  II  237  VIH  34ff.  und  oben  S.  184ff. 

48,  4  1.    dn    o[9)9)i]}ct(ov)  =  ab  officio.     Ebenso  54,  16. 

49,  12    ziehe  ich  'Aydiicovog  dem  'Axdfivi)i>og  vor  (beides  möglich  nach  Nie.). 

50,  3  hinter  AovTtTttKivog  setze  einen  Punkt.  —  In  7  1.  Ay([(i(i,y(ovog.     Vgl.  die 

vorige  Bemerkung. 
67,  5  d.^q)oxEQ03v  im  Sinne  von  Ttdvrtov.    Vgl.  Kenyon  zu  Lond.  II  S.  221. 

73,  7  1.  dlojiciicov  E7tl  statt  a%^i(o  .  .  e.    Nach  9/10  ist  in  P.  Grenf.  II  67, 11/2 

zu  lesen  i^ju,f^7;[()/]cög  statt  Tj^i^njlg]   [iii]dg. 

74,  7  1.   ofiojg  statt  oXcag. 

77  ist  schon  von  GH  in  P.  Fay.  S.  192  Anm.  7  korrigiert.  Es  bleibt  nur 
noch  xiX^ovg)  statt  xsX(^E6iiaxog)  zu  ändern. 

78,  2  1.   ß^;^(t£^a)T(£u(Tß:vTO?). 

79,  11   %r|o[o;]v  steht  im  Sinne  von  ^(^eiQoyQcccpov. 

81,  1  erg.  ötTtx[(oi']  öid  [yE^wQy&v.  —  5  erg.  d)]v  xo.  —  19  1.  dno  .  [.  .  statt 
dnoi\Kiov.     Hiernach  corr.  P.  Fay.  S.  210  und  320. 

IV.  BGU. 

Die  87  neuen  Nummern  sind  gearbeitet  von  Krebs,  Sehubart,  Viereck, 
Wilcken,  Zereteli.  Einzelne  Beiträge  von  Graden witz.  Bei  den  folgenden 
Addenda  et  corrigeuda  hat  Dr.  Sehubart  mich  durch  freundliche  Auskünfte 
und  Beiträge   unterstützt. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus- Urkunden  555 

Zu  815  vgl.  die  Besprechung  oben  auf  S.  336 ff. 

823  erg.  nach  BGU  525:  1  |  T/tm]  TlaKzofiifia  Mdylyco  titäq'jia)  Alyvjcrov], 
2  [Tto;^)]«  TaTts&icog  IlToXeficciov  rov  [Zrjvä  ano  y,o)^r]g  KaQaviöog  xrk. 
Auch  in  525   ist  nach  dem  Duplicat  Tla7tE&]e(og  zu  lesen. 

825,  13  vielleicht  ßovX6fi£<^vyog  7tQ\og\a'yyeXd'ijvat?  —  15  1.  t  =  to(v) 
statt  t6. 

827.  Die  Worte  to  nQogavvrKicc  Gov  naga  reo  z/i  tc5  Kaaioi  sind  dadurch 
von  Interesse,  dafs  dieser  Brief  in  Pelusium  geschrieben  ist.  Dafs  in 
dem  berühmten  Pelusium  an  der  NO  Grenze  Ägyptens  der  Zeus  des  be- 
nachbarten Mons  Casius  verehrt  wurde,  ist  bekannt  genug.  Es  ist  aber 
fraglich,  ob  unser  im  Faijiim  gefundener  Brief  aus  diesem  fernen  Pe- 
lusium stammt  und  nicht  vielmehr-  aus  dem  gleichnamigen  Dorf  im 
Themistes-Bezirk.  Der  Empfänger  ^AnoXivdQtog  wohnte  nach  BGü  261 
in  der  Nähe  von  KiQKeaov^fov.  Ist  aber  dies  Dorf  gemeint,  so  lernen 
wir,  dafs  es  nicht  nur  den  Namen,  sondern  auch  den  Kult  von 
jenem  Pelusium  empfangen  hat.  Dies  wirft  ein  ganz  neues  Licht 
auf  die  Beziehungen  zwischen  den  alten  Städten  Ägyptens  und  den 
zahlreichen  ihnen  homonymen  Dörfern,  wie  z.  B.  im  Faijüm  Bov- 
ßdövog,  Mificpig,  Usßevvvxog  etc.,  oder  auch  auf  Dorfnamen  wie 
L^^^vat  und  2a(idQ£LK. 

832,  1    wohl  aTcniXsi,,  nicht  sTtneXu. 

In  840  und  841  habe  ich  die  tachygrapbischen  Noten  des  Notars  in  den 
Unterschriften  wiederzugeben  versucht,  angeregt  durch  die  oben  S.  547 
zitierte  Arbeit  von  Dewischeit,  der  seinen  Vorwurf  freilich  nicht  gegen  die 
Berliner  Publikation  hätte  beschränken  sollen.  Diese  hat  wenigstens 
immer  genau  angegeben,  wo  die  tachygrapbischen  Noten  stehen,  während 
andere  (vgl.  z.  B.  Wessely,  Wien.  Denk.  37)  nur  Punkte  setzen,  ohne 
auf  das  Tachygraphische  hinzuweisen.  Wir  werden  Dewischeits  Wunsch, 
dafs  die  tachygrapbischen  Zeichen  wiedergegeben  werden,  gern  nach- 
kommen, soweit  es  sich  ausführen  läfst. 

842  bestätigt,  was  ich  schon  seit  einiger  Zeit  vermutete,  dafs  BGÜ  552 — 557 
nicht  nach  Herakleopolis,  sondern  nach  Hermupolis  gehören.  Vgl.  Col.  VH 
MoyKavsl  mit  BGU  553  B  II  3.  Vgl.  auch  unten  den  Florentiner  Text. 
Auch  Grenfell  teilte  mii'  inzwischen  mit,  dafs  die  Amherst  Papyri  das- 
selbe Resultat  ergeben. 

In  843,  5   steht  ^ccgig  roig  dsoig  absolut  wie  unser  „Gott  sei  Dank". 

847,  nach  den  Paralleltexten  ergänzt,  giebt  uns  in  Z.  3  in  Veturius  Macrinus 
einen  neuen  Statthalter  (für  182/3).  —  In  4  1.  OvaQov  lEiXiqaQxov 
(Schub.). 

849,  5  |3qp  =  ßsvsqiiMaQLov.  Meine  Vermutung,  dafs  in  ipctGar.^  (in  7)  cpa- 
GrjXov  stecke,  bestätigt  Schubart,  der  liest:  (pal^ß^rji^Xov)  aya.^  vielleicht 

=  aya^iov). 

850,  7   erg.  avsAOe  jr^og  \j]\ii\iQav  ^iav. 

851,  6  1.  yEvti^^moyQacpov^ivoiv).  —  8  liest  Schubart:  ini,xriQrix[oxi\  ysyi]- 
(juarog)  y  L  iXalKäv. 

In  853  Liest  Schubart:  4  und  10  TLa^^iig  st.  naj.iv6rr}g.  —  6  l';(Oju[£v].  — 
7  aTtoöco6o{iiEv).  —  12  ccyQ[^a]^fxdxov  st.  Are  .  ft  .  .  toi'.  —  13  erg, 
[rag].   —    14   T[i5]g  ;f^7^(>[£a)g]  d^yv^Ql^i^ov).  —   17   dXXrjXsvyvtjg. 

Archiv  f.  Papyrusfoischung  I.  3/4.  36 


556  n.  Referate  und  Besprechungen 

854,  2  1.  d)v  yir^ov^eg  coXrjg  (==  okrig),  entsprecliend  in   7. 

855,  5/6  1.  £qo'   iviavrbv  sva  Kai  fA'jjvo:(g)  s^,  wie   Schub,  bestätigt. 

856,  5/6  Schlufs  ovlrj].  —  6  1.  .  .  .  t/[  st.  ovli]  nach  Schub.  —  8  1.  vno 
(Schub.)  st.  v6  .  .  —  9  erg.  £yy[voi  Eig  hriöiv  IIa].  —  10  Schlufs 
ovkr)].  —  11  i'xlsiv  (bestätigt  von  Schub.)  rovg  ofto].  —  12  Xoyovv- 
ra<[gy.  —  12  [ccQyvQlov  ÖQaifiag].  —  13  TtaQa&i^urjly  oixivdvvov  nav- 
TogJ.  —  14  xivdi;iyo[f]  und  [ncivxbg  vnoX6yov\.  —  15  OTtoxav  o.  ä.]. 
—  16  TTl^döfjg  (tc  nach  Schub.)  öCoii^g  nal  KQtastog  %ai].  —  17  [kteo- 
dcööiv  Kad'a  yeyQaTtxai].  —  18  [ot  oixoXoyovvzsg  rrjv  TtaQo].  —  19  [cog 
Tc5  Troi/  ■7taQad"}]K(I)v  vojuco,  Tf;g].  —  20  [tl  ek  xe  tcöv  oftoAo].  — 
21   yovv(xya)v  %[al  f]x  Tro[v]   VTtaQ')(\6vx(ov   (Schub.)    ai;rc3    Ttavxav].    — 

23  1.     L  v^  03V     (=  ovlrf).  —    24  ^Al^QJTtaycc&lrjg. 
857  1.  'H  ylQ   (^=  ^(^eIq  =  ')(^EiQ6yQa(pov)   6g  (=  rog)   statt  H  XiQog. 

859,  21  statt  des  unmöglichen  nEvxa^riy  .  .  vermutete  ich  etwas  wie  yEysvvyi- 
fiEvov.      Schubart  liest  darnach  yEyoi'og  fioc. 

860,  9  1.  I  Ev  ro\7to  ^A^mvovcpiv  ek  xov  ^Ayat,i]Xov  }tA7;^ou  statt  a.]%o  afinivov 
0ii'EKxov  a.ya^'rj)iOv  kXtjqov.  —  11/12  ccvanav(iaxL\%ä)]v  yEv&v  eine  schöne 
Bestätigung  zu  meinen  obigen  Ausführungen  auf  S.  158.  —  11  [nai]  av. 

861,  1/2    erg.  nach  870:  [örjfjboßLcov  koycov  i^\  und  (i[e&'   EtSQa]. 

862,  9   EKTtLnxovxog  Pap.      Lies  EKninxovx^^ayg  seil.  Kaqnovg. 

863  erg.  (Tro  öeivt)  1  [tt«^«  AvQ}]kia]g  —  y^Qfjiiati^i^ovörjg  Kxk.  Die  Ein- 
gabe beginnt  mit  IlavrjyvlQEcog  ovö^rjg,  wie  ich  ergänzen  möchte. 

864,  7   erg.   EK  nk\rjQOvg  statt  2o\t]QOvg. 

865,  3  erg.  K.EQ\aiiL(ov  st.  rJcifAicov.  —  4  1.  aA[Aja,  nicht  ßA[Aja.  —  12  ver- 
mute ich  ein  neues  Adj.  EgEvLavxa  (=  6  Jahre  hindurch).  Der  Schlufs 
ist  metrologisch  interessant.  Es  werden  verschiedene  Keramien  unter- 
schieden, nicht  nach  der  Zahl  der  ^ovg  (vgl.  Ostr.  I  S.  757  ff),  sondern 
der  v,6xvkaL.  Die  Zahl  der  lovg  wird  für  diese  Verwendung  constaut 
gewesen  sein.  —  14  1.  ek  Kox\vk5)v  8(a[8EKa.  —  15  1.  e]k  Koxv\kG)v 
ojcjrw  KEQa\^La  eiko\6i.  Der  Text  nennt  also  Keramien,  deren  ypvg  8, 
12  oder  16  Kotylen  fassen.      14  1.  Kovcpoi\g. 

868,  3   wird  TCQogo(8oy 7X0 iög  zu  emendieren  sein.  —  7  erg.  a\v]xtKaxa\6xä6£i. 

869,  13  1.   [xajj.  Eig  (nach   Schub,  möglich). 

870,  5   ^EÖEXEQa  Pap.      Lies  fted''   EXEQa  (füi*  ^eQ-'). 

871,  13  1.    nQOgKa\QXc]Q')']GLV    GOv[    Tc3    KQLXTqQia    o.    ä. 

872,  4  EioiQy]QEvxoiv  Pap.      Lies    EyaQii]d-Evx(ov  (für  EK')(aqyi%'Evx(xiv)   statt  eho 

Qrj&EVXOJV. 

873,  Die  Beziehungen,  die  hier  zwischen  dem  Flachs  und  den  Wergarbeiteru 
[öxiTtnovgyog  für  GxvTTjiovQyog)  bestehen,  bringt  mich  auf  die  Vermu- 
tung, dafs  das  rätselhafte  Gmniov,  das  ich  gelegentlich  in  der  Nähe 
von  hvoKakdiirj  fand,  eine  vulgäre  Form  für  Grlnniov  ist.  Vgl.  Kalb- 
fleisch, Pap.  Argent.  gr.   (Rostock  Progr.  1901)  S.  8. 

874,  1   wohl   NaQfAov&iv  eher  als  Ilag^ov&Lv.     Vgl.   P.  Fay.   36,  5. 
Zu  881  vgl.  Vierecks  Selbstverbesserungen  a.  a.  0. 

882  nach  Schubarts  Schätzung  aus  dem  III.  Jahrh.  n.  Chr. 

887  von  hervorragender  Bedeutung,  da  aufserhalb  Ägyptens  geschrieben, 
im  pamphylischen  Side.  Z.  1  und  12  schreibe  daher  etcI  Stj^wvq- 
yov    (vgl.    Inschriften).    —    2    erkenne    ich    nach    Schubarts    Abzeich- 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  557 

nung  ]>coii  Ji]jxovEL%ov  .  .  oqov.  —  3  zum  Namen  ^A&rjvatg,  den  die 
Sklavin  in  Side,  wie  es  scheint,  empfing,  vgl.  Strabo  14  p.  667  über 
den  Athenatempel  in  Side.   —    17  wohl  r)  \iit\a(pr}. 

888,  2  1.  öe6ofiev\ov.  —  13  1.  e](p^  v[7c\cilXccyiiaai.  —  18  I.  ^i]  ysvofiilvrjg. 
—  22  Schlufs  erg.  r)  £LÖ\(J)ai.  Ebenso  in  BGU  578,  21  ^  si\öri  st. 
si   <Je?]ju,r/. 

889,  2  etc.  erg.  vitiöi^Ero)  st.  vniöiiov).  —  2  1.  «[  .  J.  st.  iya  (Schub.).  — 
3  1.  dg  L  (=  I't?j)  g  statt  leJiGt  ?.  Entsprechend  19  etc.  —  Von 
historischem  Interesse  ist  Z.  23/4  der  Hinweis  auf  den  7of(^(at- 
jcog)  xaqciyog.  Bezieht  man  das  21.  Jahr  (ebcndort)  auf  Hadrian,  so 
war  136/7  in  Ägypten  ein  jüdischer  Aufstand,  infolgedessen,  wie  es 
scheint,  das  betreffende  Landstück  verwüstet  war.  Dieses  sonst  unbe- 
kannte Ereignis  stand  vielleicht  mit  dem  jüdischen  Krieg  im  Zusammen- 
hang, der  in  Palästina  135  sein  Ende  fand. 

890,  6  1.  wieder  Lg.  —  20  1.  ci.yQ(ü6r\ßoig  st.  Ky^w(vV)  6x\^.  .  .  .  —  11  5 
vielleicht  Kvquva  =  Quirina? 

891,  23  1.  nQ06'n.ciQ\x£Q'r]Gti,v.   —   30/1   erg.   \rcc\  nliöxa. 

892,  10  erg.   [fTcJEi.     Die  Dorfnamen  begegnen  auch  BGU  553. 

894.  Wirtschaftsgeschichtlich  ist  sehr  interessant,  dafs  hier  bei  einem 
Hausbau  neben  den  Maurern  etc.  auch  Mädchen  (naq^ivoi)  zur  Ar- 
beit verwendet  werden. 

895  scheint  mir  aufserhalb  Ägyptens,  etwa  in  Syrien  geschrieben  zu  sein. 
Dafür  sprechen  die  Schreibung  qk  Z.  7,  die  (pvXi]  'AöxaQxrjg  Z.  9,  die 
Eechnung  nach  Denaren  Z.  14,  die  Eigennamen  '£fiftai;co['j;A?  Z.  28 
und  MaQOEjijjLa  Z.  29  (vgl.  den  Araberfttrsten  MaQovdfi). 

896,  17  1.   6q)QaycG)  ylvfxaxc. 

897,  3  K^''  =^  x(c<:T)o/(xfdv).  —  A  e)  =  inil  xo  avxo)  statt  el(6lv).  Ebenso 
11,   16,   19.   —   6   erg.  iötoKx(rjxov),  ebenso   17. 

898,  2  ist  das  erste  -^  nach  Schub,  falsch.     Schlufs  -^  ig,  darauf  Brüche 

1      ^A^..     11 


24 


oder  ~~g.    —    11   TtQog'^  =  TiQog  x(b). 


899,  1   vgl.  Not.  dign.  Or.  28,  14:  legio  quinta  Macedonica,  Memfi.   —    4  1. 
v[nb  .\vfi,ov  XQißovvoi^v)  'AxqUo  vtü  'Anio  (so  mit  Schubarts  Hilfe). 

V.  P.  Chic. 

Eine  sehr  nützliche  Monographie,  die  füi'  weitere  Arbeiten  über  die 
Verteilung  der  kaiserlichen  Patrimonialländereien  im  Faijüm  u.  a.  eine  gute 
Unterlage  bietet.  Goodspeed  pul)liciert  hier  91  neue  Aussaatquittuugen 
aus  Chicago  und  druckt  die  43  Bei-liner  Texte  nochmals  ab,  und  zwar 
nach  der  Reihe  der  Kleruchie-Nummern.  Vom  Kommentar  ist  Einiges  in- 
zwischen überholt.  Im  Einzelnen  bemerke  ich:  req^avi^  wii'd  r£QiiavLY,{Lavyi) 
zu  lesen  sein.  Ich  denke  dabei  an  die  oben  S.  154  erwähnten  Güter  des 
Germanicus.  Zu  ^AvTcoviavi]  vgl.  P.  Fay.  40.  Darnach  verändere  Gr.  Ostr. 
I  392  f.  Mat^  ist  wohl  nach  BGU  181  in  Ma(,K(rjU(xixiavri)  aufzulösen. 
Vgl.  dazu  Ostr.  a.  a.  0. 

VI.  P.  Fir. 

Diese  von  Vitelli  sachkundig  edierte  Urkunde  ist  durch  ihre  vortreff- 
liche Erhaltung   und  die  Ausführlichkeit  der  Diction   nach   mehreren  Seiten 

36* 


558  Tl.  Referate  und  Besprechungen 

von  hohem  Werte.  Es  ist  ein  Darlehenskontrakt  aus  Hermupolis  vom  J.  153 
n.  Chr.,  dem  die  Bankakten  über  die  Auszahlung  des  Darlehens  sich  an- 
schliefsen.  Herrn  Vitelli  bin  ich  für  manche  Auskünfte  sehr  zu  Dank  ver- 
pflichtet. 

a  22  ßELK(p  Evl  retaQtcp  bedeutet  l|^  /Ssixo?  (=  vicus?).  Vgl.  BGü  112,15. 
—  25  T£KSQ'KE&d>d'Et.  Tov  AEvxoTtvQyEirov  xßTco:  ein  neuer  Beweis,  dafs 
BGU  552  ff.  aus  Hermupolis  stammen  (s.  oben  S.  555).  • —  41  ver- 
binde ETtiKaraßoXtjv.  —  Die  vielbehandelte  Streitfrage,  wie  aw^Q^fici- 
xi'^ELv  ^01  in  BGU  379,19,  P.  Fay.  31,21  zu  deuten  ist,  erhält  neues 
Licht  durch  Z.  72:  kcu  övvE'iQTj^aTLöd'rj  i)  ÖEÖaviöi-iEvr]  EniGxEiXccvxcov 
x5>v  xTjg  iyKxrjöcOjg  ßißXiog)vXcc%cov,  d.  h.  mit  der  Schuldnerin  wurde  der 
IQri^axiG^og  (d.  i.  der  vorhergehende  agoranomische  Kontrakt)  aufge- 
setzt, nachdem  u.  s.  w.  Diese  Deutung  pafst  auch  für  jene  Stellen. 
a^  ist  nach  Vitellis  Mitteilungen  von  3  Händen  geschrieben:  94 — 97, 
98 — 101,  101  — 102.  —  102  ist  nach  Vitelli  Enixiqqovl^ilEvrig  sehr 
wahrscheinlich.  Die  Kreuze  sind  Ersatz  für  die  Siegelung.  Vgl.  oben 
S.  76. 
b^  7  und  15  1.  8i  ayo^QavofiiOv)  statt  8iayQ\  wie  Vitelli  bestätigt.  Vgl. 
P.  Gen.  22. 

YII.  P.  Wess.  Taf.  gr. 

Ich  kann  hier  nur  kurz  darauf  hinweisen,  dafs  die  Bedenken,  die  ich 
oben  S.  371  f.  gegen  die  Reproduktionen  von  Wessely's  lateinischen  Tafeln 
erhoben  habe,  auch  gegenüber  dieser  Publikation  bestehen.  Die  Auto- 
graphie,  wie  sie  hier  angewendet  ist,  ist  durchaus  ungeeignet 
für  solche  Übungstafeln.  Selbst  der  Schriftkundige  kann  sich  nur  mit 
Mühe  darin  zurecht  finden.  Über  den  Grad  der  Genauigkeit  der  Nach- 
zeichnungen habe  ich  kein  Urteil.  Da  der  Herausgeber  Fortsetzungen  be- 
absichtigt, wäre  es  dringend  erwünscht,  wenn  er  künftig  mechanische 
Reproduktionen  brächte.  Inhaltlich  sind  die  Texte  z.  T.  von  hohem  Wert. 
Die  Transkription  hätte  aber  sorgfältiger  gemacht  werden  müssen,  zumal 
sie  zur  Anleitung  dienen  soll.  Nach  flüchtiger  Durchsicht  habe  ich  folgende 
Korrekturen  zu  notieren: 

6,  6,  11  kann  £']TOv[g  ft]«  yEyqa\p    nicht   richtig  sein.     Es    mufs    dastehen: 

"Exovq  oder  L  Evog  ■neu  xE6GciQCi\Ko6xov.   —    20  ^ovo\yQacpfig  ist  spi'ach- 
lich  nicht  zulässig:    es  müfste    ^ovoyqacpiccg  heifsen.      Wess.    stützt    sich 
wohl   auf    9,  10,  9,    wo   er    fto [voy^aqojf^g    liest,    ich    aber  v%oy\j^a\(pi]g 
sehe.      Dies  ist  auch  dort  einzusetzen. 
11,  17,  15  1.   dLKat,oloyri&\Ev\xijiv  statt   8inai,oÖoxri%^[Ev\xüiv. 

8,  12,  10  ist  [KA£]i(T'  fVo[;^]Ac5v  unrichtig.     Ich  sehe  Jt^gev  oder  ejiöfi'  oXfiov. 

9,  13,  8  f.  1.      TÖi]   T^[t]Ta)t   [aal  xEöGaQaJKoGrä^i    exei    statt    xbv    a\vxov   [xcoi 

xE66ciqci\y.o6xä\j,  xqixwi  exei,  was  auch  sprachlich  unzulässig  ist. 
9,  14,  4  1.      cb]v  vTfEG'jiEio   statt  Y^cd  V. 
8,  11,  7   enthält  wohl  mehrere  Fehler.     Steht  Anfang  x&l    (i}-  (=  40.  Jahi-) 

statt  wvtj&EJvTcov?    —    Das  Übergeschriebene  lese  ich  ['»^]yo^a[(>],t(£voi;g 

statt    aj/Jo^a[^oJju,iVcüv.   —    10  oben     steht     wohl     anoXov&cog    alg    statt 

\l\)i\Sp\ct]aatg. 

7,  8,  9   wohl  ߣßai\ov6iig  statt  övi>\ov6ijg.  —  36  1.  fiiöOTtoutjiJoxEQOi'  statt  ai 

Eig  TCovrjQore^ov. 


Ulrich  Wilcken:  Papyrus-Urkunden  559 

11,  18,  8  1.      airr]6(xiJbiv\(o]i  statt  alrrjGafiiv\o\v. 

11,  20.     Zum  TsXog    d-vuov    vgl.  oben    S.  552.     Hiernach    ist    oben    S.  159 

(zu  S.  193/4)  &v(ci  statt  d'vQcc  einzusetzen.  —  Zu  Narkissos  vgl.  Griech. 
Ostr.  I  392,   wo  ich  mich  auf  denselben  Text  bezogen  habe. 

12,  27,  1.     Wenn  das  a  am  Schlufs  sicher  ist,  und  nicht  vielmehr  y.  dasteht, 

könnte  man  statt  A\lyvnxov  auch  ^A\XtS,uv8qiLag  KQccvi^aecog  (event.  mit 
Abkürzungen)  ergänzen,  was  zu  meiner  Deutung  der  Alexandrinischen 
Ära  noch  genauer  passen  würde.  Aber  ich  trage  wegen  der  Wort- 
stellung überhaupt  Bedenken,  ob  hier  ein  derartiger  Zusatz  gemacht 
ist.  Sollte  hier  einmal  Alvyovörov  statt  KcdoaQog  gesagt  sein?  Das  « 
ist  am  Original  nochmals  zu  prüfen. 

YIII.  P.  Cop. 

Ein  wohlerhaltener  Kaufkontrakt  aus  Krokodilopolis  vom  J.  99  v.  Chr., 
den  Dr.  Blinkenberg  gut  gelesen  und  erläutert  hat.  Nach  der  Phototjpie 
habe  ich  nur  Kleinigkeiten  hinzuzufügen.      Z.  4   steht  ^sUiQUiig^  nicht  ^eXL- 

XQ(ov.  4  und  5  ivd'VQ  =  evd^vQi  (. .).  In  9  kann  ich  dvw  nicht  erkennen, 
mir  scheint  6^  =  4|-  dazustehen.  Zu  dem  Kommentar  bemerke  ich,  dafs 
der  Tag  irrig  berechnet  ist ,  da  der  Verf.  nicht  das  Wandeljahr  in  Betracht 
gezogen  hat.  IJevöoviog  in  P.  Grenf.  I  25,  5  ist  ebenso  Femininum  wie  hier 
ZevöGviig.  Der  Nominativ  ovXcd  in  Z.  10  zeigt,  dafs  wir  in  anderen  Fällen 
mit  Recht  ovXrji,  nicht  oijAfJt  lesen. 

Würzburff.  Ulrich  Wilcke«. 


ni.  Mitteilungen. 


Die  Heidelberger  Universifätsbibliotliek  hat,  nach  einer  freund- 
lichen Mitteilung  Deifsnianns,  zu  ihren  reichen  Papyrusschätzen  kürzlich 
27  Blätter  eines  Septuaginta-Uncial- Kodex  auf  Papyrus  erworben.  Dieses 
umfangreiche  Fragment,  das  gröfste  zm-  Zeit  in  Deutschland  befindliche 
LXX-Fragment  in  üncialschrift,  ist  vor  etwa  zehn  Jahren  von  Theodor 
Graf  in  Ägypten  angekauft  worden.  In  den  Transactions  des  Londoner 
Orientalistenkongresses  von  1892  hat  Hechler  kurz  auf  die  Fragmente  ver- 
wiesen, von  denen  er  16  Blätter  gesehen  hatte.  Die  Heidelberger  27  Blätter 
sind  doppelseitig  beschrieben  und  stamjtnen  aus  dem  6/7.  Jahrb.  Sie  ent- 
halten die  alexandrinische  Übersetzung  der  Propheten  Sacharja  cap.  4 — 14 
und  Maleachi  1 — 4.  Für  die  Geschichte  des  Textes  sind  die  Lesarten  des 
Heidelberger  Kodex  sehr  interessant,  besonders  die  vielbehandelte,  im  Johannes- 
Evangelium  citierte  Stelle  Sach.  12,10.  Nach  einer  vorläufigen  Prüfung 
scheint  er  mit  dem  Propheten-Palimpsest  von  Grotta-Ferrata  in  eine  Gruppe 
zu  gehören. 

Die  Fragmente  werden  demnächst  mit  einem  textkritischen  Kommentar, 
zusammen  mit  christlichen  Papyri  der  Heidelberger  Universitätsbibliothek 
von  Professor  Adolf  Deifsmann  herausgegeben  werden.  Diese  Veröjffent- 
lichung  wird  voraussichtlich  Band  I  der  Publikation  der  Heidelberger 
griechischen  Papyri  bilden. 


Englische  Ausgrabungen  im  Faijüm  1900/01. 

Cur  excavations  in  the  Fayum  last  winter  for  the  Egypt  Exploration 
Fund  were  chiefly  directed  to  the  discovery  of  early  Ptolemaic  papyri  in 
the  cartonnage  of  mummies  like  those  found  by  Petrie  at  Gurob  and  by 
ourselves  in  1899 — 1900  at  Umm  el  Baragat  (Tebtunis).  With  this  object 
we  started  work  on  Dec.  17  1900  at  Kom  Ushim,  where  five  years  ago 
we  failed  to  find  the  Ptolemaic  cemetery.  On  this  occasion  we  ■w^ere  more 
successful,  and  some  mummies  with  papyrus  cartonnage  tumed  up  immedia- 
tely;  but  as  everything  in  the  cemetery  was  in  very  bad  condition  and  the 
tombs  had  been  much  plundered  anciently,  we  moved  after  ten  days  to 
Dirne,  where,  though  we  knew  tbat  the  town  had  been  practically  ex- 
hausted,  the  cemetery  had  not  yet  been  discovered.     The  excavations   there 


ril.  Mitteilungen  561 

entailed  oonsiderable  hardsliip  and  expense,  since  we  were  sixteen  miles  by 
land  from  the  nearest  point  of  the  cultivation,  and  every  thing,  including 
cven  fresh  water,  liad  to  be  brought  l)y  boat  across  the  Birket  el  Kurun 
which  is  too  Salt  to  drink  and  liable  to  be  closed  for  navigation  for  a  day 
or  two  owing  to  storms.  A  brief  search  disclosed  several  Ptolemaic  ceme- 
teries  at  Dirne.  In  one  of  these,  situated  close  to  the  town  on  the  South- 
west, the  larger  tombs  had,  as  might  be  expected,  been  opened  anciently 
and  the  miimniies  broken  up.  Further  to  the  south-west  in  low  ground  on 
the  west  side  of  an  isolated  hill  was  a  small  group  of  crocodile  tombs. 
A  few  of  these  animals  had  a  demotic  papyrus  roll  buried  beside  them,  as 
at  Tebtunis;  but  the  practice  at  Tebtunis  of  wrapping  the  crocodiles  in 
sheets  of  papyrus  was  not  employed  at  Dirne.  Adjoining  the  crocodile 
tombs  on  the  west  were  numerous  well  tombs  of  the  early  Ptolemaic 
period.  A  shaft  two  to  four  metres  deep  led  to  one  or  more  Chambers, 
each  containing  sometimes  one  or  two,  often  five  to  ten,  mummies.  In  about 
half  the  cases  the  cartonnage  consisted  of  papyrus,  but  unfortunately  the 
dampness  of  the  ground  in  that  part  of  the  Fayüm  had  caused  it  to  decay, 
and  in  only  two  or  three  instances  of  the  shallowest  graves  did  we  find 
any  papyrus  strong  enough  to  bear  touching.  Near  the  town  on  the  north- 
west  was  yet  another  Ptolemaic  cemetery,  though  of  a  later  period  (second 
or  first  Century  B.  C),  and  here  too  many  of  the  mummies  had  had  pa- 
pyrus cartonnage,  but  in  all  cases  it  had  been  reduced  to  the  condition 
of  powder. 

The  houses  at  Dirne,  the  provenance  of  the  countless  documents  from 
Socnopaei  Nesus  in  the  museums  of  Em-ope,  proved,  as  we  had  anticipated, 
all  but  exhausted.  Only  in  one  cellar  of  a  house  which  had  already  been 
dug  down  to  the  ground  floor  did  we  make  a  large  find  of  rolls;  but  these, 
fortunately,  are  of  more  than  usual  interest  on  account  of  their  date,  which 
is  the  first  Century  B.  C.  No  traces  of  a  pre-Ptolemaic  settlement  were 
found  at  Dime  itself,  and  the  level  of  many  of  the  Ptolemaic  tombs  shows 
that  the  site  was  no  longer  on  an  island  in  Graeco-Koman  times.  It  is 
highly  improbable  that  the  stone  causeway  which  runs  through  the  middle 
of  the  town  and  of  which  the  lower  end  has  been  supposed  to  have  served 
as  a  quay,  is  anything  more  than  a  dromos  leading  to  the  temple,  like 
that  at  Bubastis.  On  rising  ground  about  three  quarters  of  a  mile  north- 
west  of  the  temple  were  some  very  shallow  remains  of  houses  in  which 
we  found  some  pottery  and  amulets  of  the  late  New  Empire,  and  near 
Schweinfurth's  temple  we  discovered  a  number  of  Middle  Empire  rock 
tombs.  Nearly  all  there  had  been  opened  long  ago,  but  one  large  one  was 
untouched.  It  was  entered  by  a  sloping  passage  eighteen  metres  long,  and 
contained  a  handsome  painted  sarcophagus  (now  at  Gizeh)  besides  many 
small  antiquities. 

Early  in  February  1901  we  moved  our  camp  to  the  west  end  of  the 
Birket  el  Kurun  in  order  to  cxcavate  at  Yäküta,  a  small  site  six  miles 
west  from  the  lake,  discovered  in  1898  by  Daressy,  who  chiefly  on  the 
evidence  of  a  fragmentary  Greek  inscription  identified  it  with  Dionysias 
(Annales  du  Service  des  antiquites  i.  p.  26).  We  recovered  some  more 
pieces  of  this  inscription,  making  it  practically  complete,  and  the  mutilated 
Word  restored  by  Daressy  as  AlO[NYZIAAI  proved' to  be  AiOLKOY- 


562  ni.  Mitteilungen 

POm.  This  argument  therefore  for  placing  Dionysias  at  Yäküta  falls  to 
the  ground;  and  since  the  few  papyri  which  we  found  there  give  no  con- 
clusive  evidence  for  the  ancient  name  of  the  village,  we  prefer  to  adhere 
to  our  previous  Identification  of  Dionysias  with  Kasr  Kurün  (Fajrom  Towns, 
p.  11).  Our  Chief  find  at  Yäküta  was  a  fine  head  of  Alexander  (?)  in 
marble  of  Ptolemaic  workmanship. 

On  Febr.  14  we  left  the  picturesque  but  swampy  region  on  the  edge 
of  the  lake  and  settled  at  Rubayyät  on  the  east  side  of  the  Fayüni,  a 
site  famous  for  the  numerous  portraits  of  the  Roman  period  which  have 
been  found  in  its  tombs.  The  Ptolemaic  cemetery,  which  was  to  the  east 
of  the  Eoman,  proved  very  extensive.  Though  small  antiquities  were  com- 
mon, papyrus  cartonnage  was  sparingly  used,  and  most  of  the  larger  tombs 
had  been  opened  anciently.  In  a  few  cases  where  the  graves  were  very 
shallow,  the  cartonnage  was  well  preserved,  but  as  a  whole  the  cemetery 
of  Rubayyät  proved  almost  as  disappointing  as  that  of  Dirne  owing  to  the 
decay  of  the  papyrus.  About  five  miles  to  the  south  however,  on  the  edge 
of  the  desert  near  the  ruins  of  an  ancient  village  (perhaps  Tanis)  now 
called  Manashinshäneh,  we  found  another  large  Ptolemaic  cemetery  which 
at  length  brought  us  to  the  goal  of  our  researches.  Here  mummies  with 
papyrus  cartonnage  were  not  only  numerous,  but  in  part  of  the  cemetery, 
in  good  or  fair  condition,  so  that  we  obtained  a  large  quantity  of  Greek 
and  demotic  papyri,  mostly  of  the  third  Century  B.  C,  though  in  what 
Proportion  it  is  impossible  as  yet  to  say.  The  process  of  undoing  the 
cartonnage  and  separating  the  individual  layers  of  papyri  will  be  very 
difficult,  since  gum  and  not  water  was  generally  employed  for  adhesive 
purposes. 

A  short  examination  of  the  Roman  cemetery  at  Rubayyät,  which 
yielded  a  few  more  portraits,  and  of  the  town  site,  which  proved,  as  we 
had  supposed  (Payiim  towns,  p.  11),  to  be  the  ancient  Philadelphia,  concluded 
a  long  and  arduous  season,  which,  if  less  productive  than  the  campaign 
of  the  preceding  winter,  has  resulted  in  a  large  addition  to  the  extant 
stock  of  early  Ptolemaic  papyri.  The  fii-st  instalment  of  our  finds,  which 
are  now  all  at  Oxford  pending  a  subsequent  division  with  the  Gizeh  museum, 
will  probably  form  the  annual  volume  of  the  Graeco-Roman  Branch  of 
the  Egypt  Exploration  Fund  for  1902/3.  This  summ  er  we  are  publishing 
Part.  II  of  the  Amherst  papyri,  and  shall  devote  the  rest  of  the  year  to 
editing  the  first  volume  of  the  Tebtunis  papyri,  containing  late  Ptolemaic 
texts,  while  next  year  there  will  be  another  volume  of  Oxyrhynchus  papyri. 

Oxford.  Bernard  P.  Grenfell. 

Arthur  S.  Hnnt. 


I.  Sachregister/) 


Abinnaeus,  Correspondenz  des  162  tf. 

Abkürzungen  (d.  griech.  Schrift)  356  if. ; 
451  ff. 

Abkürzungen  (für  d.  Papyruspublika- 
tionen) 24  ff.;  544  f. 

Acta  Apostol.  543  f. 

Ägyptologisches  71ff. ;  131;  139,5;  152; 
161;  339  ff.;  397;  405,1;  414  ff.;  418; 
429;  480  ff.;  491. 

Ärzte,  ihre  Befreiungen  553. 

ager  quaestorius  149. 

Agraffe,  goldene,  Abzeichen  d.  avyysvsig 
225. 

Akademie,  Fragment  aus  d.  älteren  475  ff. 

Akklamationen  124. 

Akten  des  Paulus  und  der  Thekla  122. 

ala  Heracliana  177. 

Alexandrien,    Ausgrabungen  in  172. 

Alexandrinische  Ära  552;  559. 

Alexandi-inische  Klubs  171. 

Alexandrinische  Demennamen  159. 

Alexandrinische  Papyri  173  ff. 

Altarsteuer  140/1. 

Ampho darchen  138  f. 

Amulette  419  ff. 

Antonia,  Güter  der  557. 

Arabische  Urkunden,  ihre  Datierung  2  ff. 

Arbeitsquittungen  146;  479. 

Archimedische  Schraube  131, 

Archivwesen  183  ff. 

Arkadien  (Provinz)  409,2. 

Artabensigle  135. 

Artaben,  Teile  der  462. 

Arurensigle  134. 

Ascensio  Jesaiae  541. 

Ashmolean-Museum,  Pap.  des  165. 

Astrologisches  aus  den  Münchener  Pa- 
pyri 492  ff. 

Ausgrabungen  in  Alexandrien  172. 

Ausgrabungen  in  Ehnäsje  226  ff. ;  408; 
420;  431. 

Ausgrabungen  im  Faijüm  216 ff.;  376 ff. ; 
560  ff. 

Aussaat  166  f.;  557. 


Bacis  340. 

Berechnung  unregelmäfsiger  Landflächen 
119. 

Bibliographische  Notizen  545  tf. 

Bischof  von  Alexandrien  542. 

Bischof  von  Philae  403. 

Bischof  von  Syene  399  tf. 

Blemyer  175;  396  ff. 

Bodenpächter,  öffentliche  137  f.;  144  f.; 
154. 

Boissier,  Pap.  168  f. 

Brache  157;  556  (zu  860). 

Brief  aus  Rom  542. 

Briefe  131;  161  f. 

British  Museum,  Papyrussammlung  des 
131  ff. 

Brüche  358. 

Buchis,  heiliger  Stier  von  Hermonthis 
339  ff. 

Byzantinische  Urkunden,  ihre  Datie- 
rung 2  f. 

Census  135  ff. 

Charachen-Urkunden  418  f. 

Chariton's  Roman  227  ff. ;  vgl.  528. 

Checks  553. 

Chelkias  48  ff.  (vgl.  Th.  Reinach). 

Chione-Roman  255  ff. ;  vgl.  529. 

chirographum  69. 

Cod.  Theod.  II  27,1:  182. 

Demennamen  159. 

Dirne  (Soknopaiu  Nesos)  132;  560  f. 

Diodor  E  31  f.:  499. 

Dionysias  (Kasr  Kunm?)   162;  217;  562. 

donatio  ante  nuptias  347  ff. ;  546. 

Doppelnamen  134;  216. 

Drachmensiglen  450  f.;  456. 

Dreifelderwirtschaft  157. 

Dryton  63. 

Edfü,  Feldertext  von  152. 
Edfu,    Grabgedicht  aus  d.  Gegend  von 
219  ff. 


1)  Bei  I.  und  11.  sind  die  Crönert'schen  Referate  nicht  berücksichtigt, 
diese  vgl.  in. 


Für 


564 


Sachreffister 


Edfu,  Militärkolonie  in  221. 

Edfii,  Urkunden  aus  165. 

Edikt  des  Ti.  Jul.  Alexander   149;  151. 

Eherecht,  ägyptisches  63;  343  tf.;  484  £F. 

Ehevertrag  aus  d.  II.  Jahrh.  v.Chr.  484 ff. 

Ehnäsje,  Ausgrabungen   in    226  f.;  408; 

420;  431. 
Eikonisten  125. 
Eingaben  130. 
Elephantine,    Christentum    auf    399  ff. ; 

404,1. 
Emphyteuse  164;  437  ff. 
Epigraphik ,    Verbindung    mit    Palaeo- 

graphie  374. 
Epiklese  an  Jesus  429;  540. 
Erbpacht  im  griech.  Recht  440  ff. 
Erheberquittungen  (mit  Sisygaipiv)  141. 
Erlasse  124. 

Euhemeria  (Kasr  el-Banät)  217. 
Evangelium    Matth.    120;    Marcus  121; 

Joh.  539. 

Faijüm,  Ausgrabungen  im  216  ff. ;  376  ff. ; 

560  ff. 
Feldertext  von  Edfü  152. 
Feldervermessung  151. 
Fieberarten  425. 
Flaccus  (Praefecf)   169  1'. 
Flavius  Aelius  Gessius  (rjyffirov)  479. 
Flurzwang  167. 
Frohnarbeiten  146  f.;  479. 

Gebel  165. 

Gedichte,  aus  d.  Zeit  Euergetes'  II.  219. 

General-Register     der     Urkunden    1  ff. ; 

548  ff. 
Genesis  I  1—5:  542  f. 
Germanicus,  Patrimonium  des  154;  557. 
Gesetzbuch,  ägyptisches  351;  546. 
Gestellungsbürgschaften  352;  408  f. 
Gewerbesteuerlisten  389. 
Ghafir  128. 

Gizeh-Museum,  Papyri  des  57  ff. 
Gnosis,  heidnische  427. 
Gnostisches  Werk  121. 
Gorgophonen  421  ff". 
Gräber  226. 
Grazer  Papyrus  468. 
Gütergemeinschaft  488. 

Habe-Quittung  bei  den  Griechen  77  ff. 
Hadrianische  Bibliothek  124;  186. 
Häkchen  zwischen  Consonanten  388. 
Hakenalpha  362  f.;  454. 
Harit  (Theadelphia)  217. 
Hausbau,  mit  Krügen  129. 
Hebräerbrief  542. 
Heidelberger  Papyi-i  560. 
Heidnisches  und  Christliches  396  ff. 
Heiliger  Georg  427  ff. 
Heiliger  Serenus  432  ff. 


Hekataeus  von  Abdera  52  f. 
Hei-mes  Trismegistos  482. 
Hermonthis,  Stier  von  339  ff. 
Hermonthis,    Streit    mit    Krokodilopolis 

57  ff. 
Herodas^  neue  Fragmente  von  379  ff. 
Herodes,  Dichter  222. 
Herodot  I  c.  115—116:  471  f. 
Hiob  543. 

Hirt  des  Hermas  121. 
Hochzeitseinladungen   131. 
historia  Apollonii  Tyrii  252;  258,2. 
Hymnus,  altchristlicher  542. 
Hyjiothekarevidenz  189. 
Hyijothekenregistrierung  188. 

Immobiliardeklarationen ,    nicht  jähr- 
lich 187. 
Indices  93  ff. 

Inschriften  aus  ptolemäischer  Zeit  200  ff. 
Isiskult  auf  Philae  396  ff.;  405  ff. 

Jüdischer  Aufstand  (a.  136/7)  557. 

Jüdische  Militärkolonien  52  ff. 

Jüdische  Namen  135;  173. 

Juden  in  Ägypten  48  ff. 

Juden  in  Alexandrien  29  ff. 

Juliopolis  130,4. 

Juridicus     Alexandreae    293  ff. ;    304  ff. ; 

445  ff. 
ius  liberorum  310. 

Kaisercursive  373. 
Kamelsteuer  140. 
Kasr  el-Banät  (Euhemeria)  217. 
Kasr  Kurün  (Dionysias?)  132;  217;  561  f 
Kataster  151;  185  ff.;  198. 
Katöken  126;  192,2. 
Keramien,  verschiedener  Gröfse  556. 
Klageschriften  129. 
Kleruchien  557. 
Klinarchen  414  ff. 
Klni  (oder  Kmi)  418. 
Klubs,  in  Alexandrien  171. 
Klubs,  heidnische  407  ff. 
Königsnamen,  ägyptische  161. 
Köm  Ushim  (Karanis)  132;  560. 
Konträr-Index  101. 
Kontrakte  130. 
Kopfsteuer  136  f.;  139. 
Krebs,  Nachruf  auf  375. 
Kreuze  statt  des  Siegels  76. 
Krokodilmumien,  mit  Papyri  378;  561. 
Krokodilopolis,    Streit   mit  Hermonthis 
57  ff. 

Landwirtschaft  157;  166  ff. 
Lateinische  Briefe  372. 
Latinismen  im  TV.  Jahrh.  163. 
Leontopolis,  Tempel  von  51  f. 
lex  Julia  de  cessione  bonorum  352  f. 


Sachregister 


565 


libellus   contradictorius  129. 
libellus  libellatici  174,1. 
Liturgien  14'J. 
Liturgische  Stücke  544. 
Livia,  Patrimonium  der  154. 
Logia  Jesu  120. 

Lokale  Eigentfimlichkeiten  des  Kanzlei- 
stils 13ü,3. 

Maecenas,  Güter  des  557. 

Mädchen  als  Arbeiterinnen  557. 

Märtyrerakten,  christliche  30  ff. ;  3'J  ff. 

Märtyrerakten,  heidnische  29  ff. 

Maleachi  1—4:  560. 

Manilius  IV  818  ff.: 497. 

Matriarchat  424. 

Maximus,  Bischof  von  Alexandrien  542. 

Menrul  von  Talmis  414. 

Metiochos  und  Parthenope  264. 

Metrologisches  126;  131,1 ;  135;  144;  146; 

150;  152;  273  ff.;  462;  553;  556. 
Mischbevölkerung,  äg.-griech.  139. 
Münchener  Papyri  402;  468' ff.;  492  ff. 
Münzwesen,  ägyptisches  273  ff. 
Münzwesen,  Reform  des  (unter  Tiberius) 

279. 
Mutter,  Benennung  nach  der  423  f. 
Muttergut  331  f. 

Nanaion  124;  186. 

Nationaltypen    in    d.    griech.    Papyrus- 
schrift 336  ff. 
Naturalsteuern  143. 
Nechepso-Petosiris  501. 
Ninosroman  264. 
Numenios  552. 
Numismatisches  147;  273  ff. 

Ölfabrik,  kaiserliche  159. 
ölmonopol  553. 
Ölpressensteuer  552. 
Olympiodor  über  die  Blemyer  413. 
Orakelfragen  553. 

Orthographie    als    palaeograph.    Hilfs- 
mittel 366. 
Ostraka  78;  82;  450  ff. 

Palaeographie  336  ff. ;  354  ff. ;  450  ff. 
Pap.  Leid.  Z:  398  ff. 
Patrimonium  154;   557. 
Pelusium,  Kult  von  555. 
Perseabaum  127. 

Petition  of  Dionysia  178  ff.;  328  ff. 
Petrie  Papyri  285  ff. 
Philadelphos,  die  Göttin  150,2. 
Philae,  Christentum  auf  396  ff. 
Philon  33;  170  f.;  291. 
Philoteris  (Wadfa)  217. 
Polybius  auf  Papyrus  388  ff. 
Pompeianische  Wachstafeln  69;  77. 
Porträts,  hellenistische  225;  562. 


Probeehe  345;  487,2. 
Probejahr,  kein  487,2. 
Prophetie,  liber  die  121. 
ProzefsprotokoU  des  Jurid.  Alex.  293  ff. 
Psalmen  543. 

Psalmen  als  Zaubersprüche  430. 
Ptolemaios  IV.     Philopator,  seine  Titu- 
latur 480  ff. 
Publicität  der  dinglichen  Rechte  184. 
Pyrphoros  222. 

Kasur  125. 

Rechtsurkunden  aus  Oxyrhynchos  178  ff. 

Recto  und  Verso  355. 

Regierungsantritt,  Feier  des  204. 

Register,  trapezitische  und  graphische  84. 

Registrierung  der  Kontrakte  197. 

Rindersteuer  141. 

Römer  in  den  Dörfern  155. 

Römerbrief  11—7:  540. 

Romane  im  Kloster  230. 

Rosen,  wilde  156. 

Rubayyät  (Philadelphia)  562. 

Rufinus  über  Oxyrhynchos  410  f. 

Sacharja  4—14:  560. 

Sakje  (Schöpfrad)  131. 

Sankt  Elmsfeuer  270. 

Schadüf  (Zieheimer)  131. 

Schi-iftehe  344  ff.;  487  ff. 

Schi-iftlose  Ehe  344  ff^;  488  ff: 

Schuldturm  352. 

Schule,  ihre  Einwii-kung  auf  die  Schrift 

360. 
Schultafel  der  Berliner  Kgl.  Bibliothek 

428.  ,. 
Seele,   Über  die  obere  und   untere  121. 
Seesturm,  im  Roman  268  ff. 
Sequestration  des  Geschuldeten  182  f. 
Side  in  Pamphylien,  Papyrus  aus  556  f. 
Siegelung  der  Papyrusurkunden  68  ff. 
Silbergefäfse,  Inventar  175. 
Silko,  ein  Heide  419;  436. 
Sitologen  143  ff. 

Societe  archeologique  d'Alexandrie  172. 
Statthalteredikte  169  f.;  181;  183. 
Steilschrift  364;  369  f. 
Stempel,  rote  76;  85;  470. 
Steuern  140  ff.;  479. 
Steuerquittungen  141  ff. 
Stirnbinde,     Abzeichen     der     avyyivelg 

221;  225. 
Subjektsdeklarationen  136;  173. 
Subjektsdeklarationen  aus  Memphis  137 ; 

479. 
Syrien,  Papyrus  aus  557. 

Tachygraphie  356;  547;  555. 
Tagebücher  29  ff.;  123. 
Talmis,  Inschrift  aus  412  ff. 
Tebtynis  (Umm  el-Baragät)  376;  561. 


566 


Griechisches  Wörterverzeichnis 


Tempelland  145;  150,'2. 
Testament,  aus  Gebelen  62  if. 
Testament,  Siegelung  des  75. 
testatio  68. 

Theadelphia  (Harit)  217. 
Theologisches  Werk    (histor.    oder   ho- 

milet.)  540. 
Theonas,  Bischof  v.  Alexandrien  542. 
Thesaurosquittungen  127  if. 
Thoeris  129,1. 
Thonsiegel  470. 
Thorzölle  143;  552. 
Titel,  im  E.  Jahrh.  v.  Chr.  206. 
Todesanzeigen  139  f. 
Transkriptionsmethoden  133;  452  flf. 

Umm  el-Baragät  (Tebtynis)  376;  561. 
Uncialschrift,  Datierung  der  364  ff. 

Vaterunser  als  Zauberspruch  430;  433  f. 


Verbuchung  der  dinglichen  Rechte  183. 

Vereine,  heidnische  in  christl.  Zeit  407  ff. 

Veturius  Macrinus  (Praefect)  555. 

Volksfeste  153  f." 

Volkssprache  434. 

Vormerkung,  bücherliche  195;  197;  326. 

Wadfa  (Philoteris)  217. 
Wächterverzeichnis  128. 
Waffentragen,  Verbot  des  170. 
Walkerabgabe  156  (vgl.  P.  Fay  36). 
Wortverzeichnisse  92. 

Xenophons  IIöqoi  1,5 — 6:   473  f. 

Takuta  561  f. 

Zebaoth  427. 
Zeus  Kasios  555. 
Zwangsverpachtung  154. 


IL  Griechisches  Wörterverzeichnis. 


'AyoQavo^isTov  190. 

äygacpog  yäiiog  344  ff. ;  488  f. 

adisyyvog  89;  91. 

asinvQBTOs  425. 

arjdta  433. 

cciQovv,  TÖ  157  (vgl.  Bücheler  Rh.  Mus 

56,324). 
aif^oswg  (rsXog)  129,3. 
äXHcpag  98;  125. 
ciXiir]   151. 
(i[ia6i  428. 

ccvccyiyQccTtraL  76;  86. 
ciV(xyQ(i(pai  198. 
civc{yQcc(pri,  6  ngbg  tjj  a.  87  f. 
ccvcÜTtccviia  157  f. 

ccvaTtav^atL^ä  yevri   158;  556  (zu  860). 
ccvravaiQ8i6&aL   167. 
avTiyQaq)Svg  87. 
avr iGviißoX{£tv)  552. 
ccnaiSsvcia  37. 
ccTtdv(oQ'£v  164. 
6cni%£LV  17  S. 
ccTtoyQarpai  187. 
ccTiodiSövai  81. 

ccTcb  naXdiLTig  etc.  158;   vgl.  jedoch 
dnöfioiQcc  150. 

CCTtOQ^TtSlV^  501. 

ccQyvQonXdatrig  419,1. 
ccgnü^siv  (caus.)  164. 
ccQxslov  191. 

BccXccvikÖv  479. 
ßaöiXiGKog  415,3. 
ßsßuimTQicc  488. 


553. 


ßißXioQ-'^iir}  iyy.rr\6fon'  183  ff. ;  320. 
ßißXiocpvXayisg  185. 
ßio%Xm6X£iQC(  223. 
Bov%Lg  339  ff. 

rsvri^iaroyQacpslv  148. 

yXvmog  221. 

yvarpLKT]  156  (vgl.  P.  Fay  36). 

yvco[Lcov  138. 

ropyoqpovat  421. 

ygatpsiov  190;  321,14. 

yv^^yvaatcä  153. 

yvil)LXT]  552. 

/ir](ioyiXLvaQxog  414  ff. 

&fj(iog  124. 

dri^öatoi.  yscuQyoi  138;   144;  145. 

druLOGiov  135. 

dmioßiaaig  318. 

öiayQccfpcil  Tf^fovwi'  313  f. 

SiccviGiia  130,5. 

diccTnß^a,  verlesen  für  SidvLß^cc  130,5. 

Sid6XQ(o[icc  199. 

diaaqjayr;  60. 

dt.ari&f6&ai  128. 

SiKKiov  439. 

8iy.cciov  naiScov  310. 

8t7tXovv  126. 

jEyypccqpog  yd^iog  344  ff. ;  487  f. 
iyKVxXiov  86;  90;  313  flF.     Vgl.  P. 
id^vdQ^rig  66. 
^&vog  66. 
ttßKQißLg  479. 


Fir. 


Griechisches  Wörterverzeichnis 


567 


^xxQriiLcc  60. 

ivroXi]  308. 

i^ccXXoTQiovv  102. 

i^a^ccQtVQog  75. 

k^8viavTog  556. 

En'  aya&((p)  146  f.    (corr.    'ETtccya&iccvji 

nach  BG'U  876). 
imyQcccpsiv  98. 
^TTiypaqpr)  98;   125. 
inLKsq)(xXiov  137. 
iTtilirjVLa  162. 

iiti^evot  153.     Vgl.  Fay.  24,13. 
inLnXovg  155;  162 
^7rKjoriTix[.  .]  415. 
iniaiisipig  151. 

i7fi.T{r]Qr]n)g)  xjcctaaTi^OQccg)  166;  479. 
^pavi'äi'  125. 
^pwTäj^  131. 
£(»;ids  220. 
Effo-ö  131,4;   164. 
svayysXi.y.')]  svxr]  433. 
svdoK£iv  (g'l  fixJ'ojto'üi'rog)  97. 
fv^ßxrat  222. 
svtvxst,  161. 
sv%aQi6xüv  433. 
Ij;fiv  77  if. 

Zrfug  Kdct-og  555. 

Hyo-v^isvog  145. 

t;^7]  rfcJ'Tj  Ta;^-«  Ta;jii  426. 

©ftai  öiard^stg  162. 
■©■fol  /JovAaiot  499. 
•9'viw»'  (r^Xog)  552. 

j£pov?xo:j.  128. 
'IriGovg  'Avovlßig  427. 
'Irioovg,  ö  Q'sög  xwv  'Eßgalav  427. 
mov  135. 

lovSioc'Ciiög)  TaQcc^og  552. 
'/ffig  Nccvcäcc   124. 

Äa'ö''  iJö^aTOg  151. 
xaiaftoff  'EÜTjvixdg  150. 
KcxQßuafjig  iKioigßcca&'Cg,  KsQßäGig)  159. 
Ttug  itpimtiiov)  135. 
KdcLog  (Zfrg)  555. 
xaffTpa  401. 
^{aTaioyEroj'  192. 
■ncczccXo^iOiiög  126. 
TiarccGTiOQä  166;  479. 
nccTSvwTtiov  433. 
xarfc';^£«'  155,2;  189. 
v.uxoiv.rfiig  53. 
xaTOixto:  53  f. 
xaTOtxog   126. 
xaTo;^rj  333  ff. 
x^p^K  282. 
■nißmrLov  87. 
x/.ifia  422. 


xir'va();{Os  414  ff. 
nXivrj  414  ff. 
xotia  ^fißQOxoi  152. 
y.otv6v  rwv  xtiGtibv  208. 
Kogäaiov  153,2. 
xo;^iias  131,3. 
xparfrC'S'at  188,1. 
xr7}ffts  188. 
KVnXsvf^g  131,3. 
xvQLoXoyia  501. 

^aoypaqpt'a  136  ff. 
Asytdvos  (=  regionis)  399  f. 
Xrivdov  135. 
Xr\rriQiovg  61. 

Jirajjat()oqpo()a  170,4. 

^axocLQOCpOQOi  208. 

Marafi  144. 

lLS\iirQ7]xcci.  128. 

^sx^coQOi  oiy.ovo{uai  193. 

^exQov  sv&SKd^STQov  553. 

jxrjrpa:  429. 

ftrj^^aj'aptos  131,3. 

fiiff-^wrat  i£()(oi))  %£i(pt(yfiOt))  140. 

^ixQa  225. 

^vriiiovilov  190. 

Nccvalov  124;   186. 
vccvßiov  150. 
JVf|?;^j]s  161. 
NsaxoTtoizixrig  177. 
vsmxSQOi  203. 
vo^Lxoi  125. 
rvxTOöTparjjyoi  479. 

SvXtxt-g  151. 
^vaxbv  (^STQOV)  144. 

OUitaQ-uL  475. 

d|i;()U)';^og  ri;:ros  431. 

ögaGsia  554. 

ößog  166. 

'OcoQßovxig  341. 

ov  fisr'  o-u  jroW  311. 

ovdicc  154. 

Ovcpaxsiva  (=  Oufentina)  352,2. 

üayaviiial  avvxsXtiai   410. 

JTÜiXTOl'    160. 

Ttd^Ttcü^og  428. 

Traßtt'ö'fCi-g  196;  554. 

TtaQaXrnLnxfKcp  (^stqco)   131,1. 

Trapavart'Aifij'  498. 

■KuqaQxiSiov  309. 

TTfptypaqpr^  311. 

■jtidocii  439. 

TTpäy/xo;  (^%£tj'  tt.)  416. 

jTp^fJß  (=  praeda)  163. 

7tQ£6ßvX8QCOXBQCC    155. 

TiQoßacxavia  433,1. 


568 


Spezialindex  für  Crönerts  Referate 


TtQOyovog  552. 

■KQOOIM    160. 

■jt^ocpaigä)  455. 

TtQO^Qsiu  455. 

TtQÖs  (absolut)  130,1. 

TtQoaoSixcc  149. 

TtQoaodov  yfj  138,2;   148;  150,2. 

■7tQOC(pco(Qd)  455. 

TtQcoToyiXivccQxos  413. 

TiQcotoxoXlov  85. 

ÜTols^ats  'Opftog  146. 

Tttw^a  85  if. 

TfCO^CCQlOV    129,2. 

'PaSiovQyia  182,1. 
qayäxco  (=  rogatu)  163. 

SiTiniov  556  (zu  873). 

6v.bvoyQcc(f)ia.   162. 

2^^rir6  405. 

CTa-ö'jxö?  288. 

öTtyafOiitoj^   309. 

Gximtiov  556  (zu  873). 

cvyyfj'Tjff  221. 

cruyypaqjo^ta'ö'rjxr]  491. 

(»uyypacpoqp'i'^axsg  320. 

ffyj'ornay/iKToypaqpo»   192. 

(Jurod'o^  414;  495. 

6vvoi%L6iov  345;  487  f. 

Gva'Tt'^f/ci:  410. 

avr%Qimcczi^tLv  193;  320;  323;  55^ 

GcpQayL^Biv  74  ff. 

acpQayig  74;   152,6. 

G'jl^oiviov   152. 

(TwfAKrtc/iiög  176;  350. 


TaqDTy?  (teIos)   342. 
Ta^ivucpQT]  161. 
Tfij^avaßo:T8uo  159. 
TpK)7;ftf()os  425. 
TQiayiiyiGrog  482. 
TQocpsiav  ianoii])  123. 
T^JOqpm?  ((Juyyporqpr;')   123. 

'TaXag  135. 

vTtoßcclXuLv  409. 

VTfoßaQircov  419. 

VTtoyQcccpevg  99. 

v7toyQaq)rj  330  f. 

vito^LvriiLaTia^oi  29  ff. 

VTtouvri^aroyQdcpog  58  ff.      Vgl.    P.    Fay. 

S.  49. 
vnoTVQccvpog  (bei  Priscus)  418,5. 
vipcoiiK  165. 

^avvaaia  497. 

^t^oxa^fif  439,1. 

$/lo7raroßog  i^  xai  Qeoyivovg  101. 

qpvAaxfg  128. 

XccXv.sivri  281. 

XCCQay^K  76,1;  85  ff. ;   160;  316  ff. 

;Ua()D;xr7]p  (;i;cdpJ.g  ;^.)   76. 

;^apis  ToTg  -ö^for?  555. 

%^pcog  151. 

XQr](icKzi^8Lv  498. 

%QrnicitL6tcci  288. 

XQfjGiS  188. 

;Updi'og  ö  alJTÖg  126,4. 

;^ar9o;  142. 

u.  w. 


III.  Spezialindex  für  Crönerts  Referate. 


A.    Zur  Schriftkunde. 

Abkürzungen  von  Wörtern  119  531,  be- 
sondere Zeichen  (Sigel)  117  119. 

Accent :  eigentümliche  Accentgesetze , 
bes.  beim  Gravis  503,  der  Circumflex 
zwischen  beiden  Buchstaben  508  509. 

Buchstaben:  altertümliches  J(X)  512, 
V  am  Versende  durch  einen  wage- 
rechten Strich  angedeutet  515  529, 
gröfsere  B.  am  Anfang  eines  Ab- 
schnittes (ausgerückt)  und  Ijei  Kapitel- 
überschriften 537. 

Doppelpunkt:  s.  Personenwechsel,  Satz- 
pause. 

Elisionszeichen  "  (?)  110. 

Hauch:  Der  asper  steht,  während  der 
lenis  fast  ganz  fehlt  504,  Innenhauch 
105  504. 


Kapitelüberschriften  537    538  vgl.   525. 
Längen-  und  Kürzenzeichen :  '  und  ~  105 

110  504,  Längenzeichen  über  cc  507, 
Kürzenzeichen  (äv)  in  einem  Prosatext 
522. 

Personenwechsel :  bezeichnet  durch  einen 
Pmikt  111,  durch  einen  Doppelpunkt 

111  113  (Nr.  10  und  11)  114,  durch 
Doppelpunkt  und  Paragraphos  511 
512,  durch  einen  wagerechten  Strich 
am  oberen  Rande  521 ,  durch  die 
Paragraphos  511,  durch  die  Koronis 
(~C)  111. 

Rollenanfang  erhalten  503. 

Satzpause  (die  Paragraphos  und  die 
ffTTtyjXTj  im  Allgem.  nicht  erwähnt) :  be- 
zeichnet durch  einen  freien  Raima  117 
515  527,  durch  GTiyin]  und  freien 
Raum   524,    durch    den   Doppelpunkt 


Spezialindex  für  Crönerts  Referate 


569 


115  522  527,  durch  ein  Häkchen  (von 
2.  Hand)  527,  tritt  auch  zwischen  Haupt- 
und  Partizipalsatz  ein  5;}2;  Unter- 
schied zwischen  avco  und  xdro)  ariy^it] 
513,  ein  gröfserer  Absatz  durch  eine 
Rand  Verzierung  links  gekennzeichnet 
537;  Satzpause  in  einem  lateinischen 
Papyrus  119. 

aiXXvßog  510. 

Tilgung:  durch  Einklammerung  118 
513  (hier  bei  der  Paragraphos),  durch 
rechts  und  links  gestellte  Punkte  510. 

Trennung:  Silbentrennungshäkchen  111 
503  510,  Worttrennungshäkchen  504 
{ovx')  537  (tft'  ^iialv),  vgl.  über  die 
Geschichte  dieses  Häkchens  537; 
Eigentümlichkeiten  und  Fehler  in  der 
Worttrennung    zwischen    den    Zahlen 

116  520  534. 

Umstellung  der  Worte  durch  Darüber- 
schreiben von  A  und  B  117. 

Unterschrift  am  Ende  eines  Buches  der 
Ilias  107. 

Verbesserung:  über  die  Zeile  durch 
Punkte  eingeschlossen  117,  durch 
Doppelpunkte  110. 

Versmafse:  bildliche  Angabe  derselben 
532. 

Wiederaufgefrischte  Schrift  511. 

Zahlen:  Striche  darüber  531  534  (hier 
auch  bei  einzelnen  Worten)  537. 

Zählung:  der  Verse  im  Homer  107  505, 
der  Seiten  eines  Papyrusbuches  111. 

Zeile:  eingeritzte  Zeilenlinien  511,  ein- 
gerückte Zeilen  bei  lyrischen  Stellen 
510,  Absetzung  der  Zeilen  bei  Stellen- 
anführungen 532. 

Zeilenlänge:  a)  die  Buchstabenzahl  ist 
zu  klein,  so  wird  angewendet  das 
Füllzeichen  7  519  (Nr.  47  und  48) 
526  529  532,  >  115  (Nr.  19  und  20) 
116  519  —  520  523  538.  ß)  die  Buch- 
stabenzahl ist  zu  grofs,  so  werden  die 
letzten  Buchstaben  kleiner  geschrie- 
ben (522)  oder  erhalten  über  der  Zeile 
ihren  Platz  (515). 

Zeichen:  1  IC  11  _  am  Rande  von  Homer- 
versen 505,  I  534,  ::i.  118,  ^=  506, 
D  114,  -_  (in  der  Zeile)  537,  X  512, 
■  |-  (auf  eine  Randbemerkung  hindeu- 
tend?) 507;  aneora  superior  und  oj 
Ttldyiov  506,  der  Anker  als  Scholien- 
zeichen  bei  Byzantinern  506,  aristar- 
chische  Zeichen  506. 

Zusätze:  avco  und  xdrco  mit  den  dazu 
gehörigen  Ankern  (T  vL.)  bilden  die 
Verbindung  zwischen  Randbemerkun- 
gen und  dem  Texte  504,  vgl.  K(xrco 
118  533. 


B.    Zur  Spraehkunde. 

Elision:  von  der  zweiten  Hand  einge- 
führt 116,  beseitigt  514. 

Grammatische  Arbeiten:  Grundsätze  da- 
für 215. 

Nasal:  willkfirlich  Ijehandelt  517. 

Verbalformen:  itu&i'jaat  525,  tvrv^ri- 
xviag  in  -virig  verbessert  514. 

Verdoppelung  von  Liquiden  am  Wort- 
anfang (fifi-opotira,  IXidqüiGt)  107. 

aSdriv  515. 

dO'abwg  116. 

alQBco:   SisiQTi^^vog  520. 

cchsvg  214. 

aXiKog  214. 

cc[iuvQdco  538. 

dfiXvywviov  119. 

ccvrciia^driov  {'^)  518. 

&7rQ0^ri&£ia  in  -d'ia  verbessert  522. 

uQßiov  (apctxjov?)  212. 

'A6yiXdTt(x>v  214. 

cc67t(ccßcp-)dQ(xy'yog  211. 

avXüi  fio/   leitet  jedes  neue  Skolion  ein 

114. 
avr ig  bei  Xenophon  521. 
ßtXtccta  irrtümlich  gelesene  Fonn  210. 
ßt^ßXsto  {=  iii^ißX.)  536. 
yiyvo^KL  bei  Aristoxenos   117. 
ylrov  (Bedeutung?)  212. 
diScoiit:    iTtix68ov.cc  und  ccTiixwdoiyia  214. 
-iug  für  -sicig  528. 
ivriXog:  über  den  Hauch  516. 
iXccitiög  214. 
iXciioovQyög  (?)  214. 
ivrccvO-a  „in  diesem  Falle"  526. 
eNXPHMAIZeiN?  212. 
i^dX^T}  (=  6|.)  212. 
i^va&svrog  (=  fx|.)  536. 
ioQKTia  bei  Piaton  522. 
i-jti6toXoyQdq)og  213. 
^EQ^d{-\i6-)cpiXog  213. 
svv.cciQsiv  bei  den  epik.  Philosophen  527. 
tsd  210. 

Zuv^ig  und   Z£vi,nmog  531. 
-riyög  214. 
-f]ig  für  -fig  bei   den  Wörtern  auf  -£vg 

520. 
i]ilLsQ-a  falsch  gelesen  211. 
Qav.oQ'aXTidg  518. 
&Qoiov,    &QOiccSiGnog,   Q-Qüionmliov    212 

213. 
idslv  der  Koine  504  508. 
'IsQüivv^ov  für  'IfQcovog  531. 
?c  für  ^  vor  Liquiden  118   (/jvdxift)   517, 

(diiQi,  ditXvv),  weiter  xfpfft  536. 
KaXißiog  520. 
KaXXiQori  528. 
xaßroQSLOv  538. 
xAaito  (y  _)  519. 


570 


Spezialindex  für  Crönerts  Referate 


v.ovXs6g  bei  Xenophon  521. 

v.QriTr\Q   bei  Xenophon  521. 

v.rsLvvvcci  bei  Xenophon  520. 

v.vt^oq  213. 

%v&Qcc  bei  Xenophon  520. 

v.vXX7]Grig  214. 

xwiSiov  211. 

Id&QaL  512. 

-(la:   Wörter  mit  dieser  Endsilbe  liebt 

Epikur  527. 
^£v&a  für    iis&cc  im  Palatinos  des  Ly- 

sias  517. 
fift^co  (iXäaaco)  für  ^si^oav  (iXdaacav)  537. 
litig:  dat.  plur.  ^tiaiv  537. 

flfTO^i;    117. 

^iLlivrJGKco  524. 

ILoXvßdLVK    214. 

V    jrapofy&jytxöv     in     Homerpapyri     107 

505,  fehlt  bei   Thukydides  und  Pro- 

kopios  519. 
vcat.v  falsche  Lesung  212. 
^ttvog  bei  Xenophon  521. 
oi'jttfiot  528. 

-ol6iv  altertümlich  für  -otg  523. 
ÖQoywviov  119. 

-oaav  für  -sGav  (iitsnoiicpoaccv)  520. 
öanQLOv  214. 
ovd-sig    bei   Demosthenes   523,    bei   Me- 

nander  514  515,  in  späterer  Prosa  529. 
^vv  bei  Aristoxenos  117, 
^vvQ£tv  bei  Piaton  522. 
Ilccvriiiog  214. 

Ttam^iKJTo?  bei  Epikureern  527. 
TtaQaßätrig  bei  Xenophon  521. 
Ttapava,  nccgöa,  tcccqovcc,  ^aXoTCccgova  211. 
IIuQii8vsldrig  531. 

JTaTautoff:  Verbreitung  des  Namens  514. 
TttQLyQcccptLv  „Vernichten"  526. 
TttQLtvai  (=  TtiiQuivai)  bei  Demosthenes 

528. 
■Klr]Qr\g  indeclinabile  211. 
Tto{i)^<x>:  Ttomv  bei  Menander  514. 
TtQog    /iiög,    wie    vr\    dia    und    jxd:   z/ia 

Lieblingsausdruck  des  Epikur  527. 
■3TQw(i)riv  507. 
poia  214. 
^oiffrtxös  (y)  539. 
öf^Tjvaroi'  213. 

criiisi.w6cxa&<xL:  Bedeutung  535. 
2^'^QCxiißog  214. 
ayifjTTQOv  und  ov.7]TtQOv%ia  511. 

CKoCmOV    (=  KOIKLOV)    212. 

6vii7t8Qi(poQcc  bci  Epikureem  527. 

(T^XKvyridfg  211. 

TtffffapaxovTK  213. 

TsiQiSccrrig  214. 

TpaTTf^fiOT'  119  120  Anm.  1. 

vd'po  (vdp7]-);^oog  214. 

-üttoff  504,  -yo?  bei  Menander  514. 

qpjy?  ohne  t  21G  521. 

(pQiJTQa  bei  Xenophon  521. 


(pmyco:   tpcoGag  538. 

;^o:pi£'t;r£pog  bei  Epikureern  527. 

^KQLTCOviK    528. 

i/)o:xa(5'Kr()Ci:,  ij^a-Kaäla^iog  213. 

w  und  ov  vertauscht  517. 


C.    Sachliches. 

Aischylos  angeführt  533. 

Alkaios  angef.  535. 

Alkman[?]  {Oxij.  8)  110,  angef.  533. 

'A^^mvtog  'Afi^coviov  yQa^tiiccrsvg  535. 

Anakreon  tv  IIccQ&svsioig  535,  sonst  noch 
angef.  533. 

Apollonides  der  Tragiker  angef.  109. 

Apollonios  Rhodios  III 145—191  {Strafsb. 
173)  515. 

Archelaos  (Paradoxograph)  ang.  530. 

Archilochos  ang.  535;  s.  Epodendichter. 

Aristarch  und  ol  'AQiaxäQ^stoi  ang.  535. 

Aristonikos  (Grammat.)  ang.  535. 

Aristophanes:Wolkenl371-1428(/S'ira/s&. 
621)  511;  s.  Komödie. 

Aristophanes  der  Grammatiker  ang.  535. 

Aristoteles  {ccnoQrjiiata  'Oft?]ptxa'?)  ang. 
535. 

Aristoxenos:  längeres  Bruchstück  aus 
den  Qvd'iLiy.a  6xoi%8la  {Oxy.   9)  117. 

Astrologisch-meteorologiscTies  Handbuch 
{Wiener  Papyrus)  537. 

Astrologisches  Werk  {Oxy.  303)  538. 

Athenokles  der  Grammatiker  (?)  ang.  535. 

Briefe  an  einen  makedonischen  Herr- 
scher {Oxy.  13)  116,   {Oxy.  217)  525. 

Chariten  VIH  5 — 7  {Papyrus  aus  The- 
ben) 528. 

Chioneroman:  Rest  davon  {Pajiyrus  aus 
Theben)  529. 

Chrysopolis  in  Bithynien  530. 

Demosthenes  Kranzr.  40 — 47  {Oxy.  230) 
523,  227—229  {Oxy.  231)  524,  244 
{Oxy.  25)  116,  gegen  Timokr.  53 — 58 
{Oxy.  232)  524,  145—150  {Oxy.  233) 
525,  Prooimia   26—29  {Oxy.  26)  116. 

Dichterische  Stücke  geringerer  Bedeu- 
tung: Klage  über  den  Verlust  eines 
Hahnes  {Oxy.  219)  518,  Rätsel  auf 
einer  Wachstafel  518 ;  vgl.  Poseidippos. 

Didymos  (Chalkenteros;  ang.  535. 

Dionysios  6  @QäL^  ang.  535. 

Dionysios  6  HiSwviog  ang.  535. 

Elegie:  Reste  einer  hellenistischen  E. 
{Oxy.  14)  113;  s.  Poseidippos. 

Epameinondas :  ein  Spruch  von  ihm  528. 

Ephoros  iv  ß  ang.  535. 

Epos:  Bruchstücke  eines  unbekannten 
Verfassers  {Oxy.  214)  516  und  {Pap. 
von  Genf)  109;  Anführung  einer  epi- 
schen Stelle  534. 

Epikureische  Philosophie:  {Oxy. 215)  527. 


Spczialindcx  i'ür  Crönerts  Referate 


571 


Epodenclichter  (Sl:r(ißb.  31)  508;  vgl. 
ArehilochoH  und  llipponax. 

Euripides  rhoin.  1017  —  1071  {0xy.H2-l) 
510;  ang.   109. 

Eukleides  I  128  Heib.  (üxy.  20)  117. 

Favorinus  ang.  528. 

Florilegium :  Reste  aus  einem  Fl.  spä- 
terer Zeit  {Strafsb.  92)  528. 

Grammaticus  Parisinus  verbessert  50G. 

Geschichtswerke:  Reste  aus  einem  älte- 
ren G.  {Oxy.  302)  530,  (leschichtsbuch 
in  chronologischer  Fassung  {Oxy.  12) 
118,  lateinischer  Geschichtsschreiber 
{Oxy.  30)  119. 

Heilmittelbuch  {Oxy.  234)  538. 

Hennapias  der  Grammatiker  ang.  535. 

Herodot  I  7G  {Oxy.  19)  114,  I  105—106 
{Oxy.  IS)  114. 

Hesiod:  Reste  aus  seinen  (?)  Katalogen 
{Pap.  Berl.)  507  und  {Strafsb.  55)  508. ') 

Hippeus  von  Rhegion  ang.  535. 

Hipponax?  509;  über  die  Seltenheit  des 
Namens  510. 

Homer  llias  B  730—828  (Oxy.  20)  105, 
B  745—764  {Oxy.  21)  105"  E  1—705 
{Oxy.  223)  502,  E  824—841  {Gizeh- 
papyrus)  507,  0  1 — 68  (Washimpupy- 
rus)  105,  N  2  —  S522  (Land.  Nr.  732) 
106;  Homerglossen  (s.  auch  Scholien) 
zu  A  {Strafsburg  33)  536,  die  Kqti- 
tiKi]  der  llias  ang.  535,  die  Ausgabe 
des  Euripides  ang.  535;  über  den  Ve- 
netus  der  llias  503  504. 

latrosophien  der  Byzantiner:  Vorstufe 
dazu  539. 

Isokrates  an  Dem.  45  {Strafsb.  92)  522, 
irsQi  awt^.  77  und  81  {Oxy.  27)  115. 

Istros  ang.  535. 

Kallimachos  ang.  533. 

Kallistratos  s.  Olympionikenliste. 

Kleitarchos  (einParadoxograph?)  ang.  29. 

Komödie:  Bruchstück  aus  der  alten  K., 
wohl  Aristophanes  {Oxy.  212)  512, 
aus  der  neuen  K.  {Oxy.  10)  113,  {Oxy. 
11)  113;  Prolog  eines  Stückes  der 
neuen  K.  {Strafsb.  Pap.)  514. 

Krates  s.  Olympionikenliste. 

Kyprien  ang.  109. 

Landmessungsbüchlein,  Rest  daraus  {PajJ. 
in  Chicago)  118 

Lamia,  Geliebte  des  Zeus  109. 

Ledasage  109. 


Meiuroshexameter  114. 

Menander:  Reste  der  rhQiy.itQo^kvri{Oxy. 

221)  513,  Reste  des  FtojQyög  {Pap.  in 

Genf)  111. 
Metrisches  Handbuch  {Oxy.  220)  532. 
Mikon  der  Bildhauer:  seine  Zeit  532. 
Myron :  Zeitbestimmung  532. 
Nixa-Q^iiov  ein  bisher  unbekanntes  Vers- 

mai's  533. 
Olynipionikenliste:    beträchtliche   Reste 

daraus  und  zwar  wohl   von  Phlegon 

von  Tralles  herstammend  {Oxy.  222) 

531.-) 
Panyassis  iv  i  'IlQa-iiXtiag  535. 
Paradoxograph  (Oxy.  21S)  530. 
Petrie-Papyri :  von  Wilcken  herrührende 

Verbesserungen  fehlerhafter  Lesungen 

210  ir. 

Philistos  s.  Olympionikenliste. 

Philodem  TtiQt  svGsßeiag:  neues  Bruch- 
stück 109. 

Phlegon  von  Tralles  s.  Olympioniken- 
liste. 

Phrynichos  iv  (Doiviaacag  535. 

Pindaros  ang.  533;  535. 

Piaton  Phaidon  109"— 109''  {Oxy.  229) 
522,  Laches  189''— 190»  {Pap.  Petrie) 
521,  197*— 198<^  {Oxy.  228)  521,  Staat 
X  607"— 608*  {Oxy.  24)  115,  Gesetze 
IX  862"— 863"  {Oxy.  23)  114. 

Polykletos:  Zeitbestimmung  532. 

Poseidippos  von  Theban:  Elegien  {Ber- 
liner Wachstafcl)  517. 

Prokopios  Nachahmer  des  Thukydides 
519. 

Protagoras  von  Abdera  ang.  535. 

Ptolemaios  (Pindarion)  ang.  535. 

Ptolichos  (Bildhauer) :  Zeitbestimmung 
532. 

Pythagoras  von  Rhegion  (Bildhauer): 
Zeitbestimmung  532. 

Redner:  Bruchstück  eines  nachattischen 
Redners  (^)xy.  216)  526,  ziemliche 
Reste  von  Ubungsreden  {Lond.  Nr.  256) 
117. 

Sappho:  Reste  eines  Liedes  {Oxy.  7) 
109;  ang.  533. 

Scholien:  zu  Aristophanes  512,  zu  einem 
Epodendichter  509,  zu  Homer  llias  ^ 
{Oxy.  221)  533,  zu  Piaton  522,  zu 
Xenophon  115. 

Seleukos  (Grammatiker)  ang.  535. 


1)  Vgl.  dazu  den  inzwischen  erschienenen  Aufsatz  von  F.  Blafs,  Zu  den 
neuen  Fragmenten  aus  Hesiods  Katalogen,  Hermes  1901,  S.  157 — 159. 

2)  Die  rätselhaften  Zeichen  ö  KAAAIC  u.  s.  w.  hat  nun  Diels  (die  Olympio- 
nikenliste aus  Oxyrynchos,  Hermes  1891,  S.  72—80)  auf  eine  glänzende  Weise 
erklärt.  Er  löst  sie  in  o{vT(ag)  Kalli6{rQcctog) ,  o{vtü}g)  ^iXia{xog),  o{vxcag)  KQätri[g 
iv]  ü  auf  und  weist  eingehend  nach,  weshalb  an  diesen  drei  Stellen  der  Name 
des  Siegers  durch  die  Quelle  gestützt  wurde. 

Archiv  f.  Papyrusforscliung  I.  3/4.  37 


572 


Spezialindex  für  Crönerts  Referate 


Simonides  ang.  533. 

Sophokles  Oid.  auf  Kol.  375—441  {Oxy. 

22)  110,  vgl.  503;  ang.  535. 
Sophxons   lüyuOi  yvvccLxsloL:    Titel  {Oxy. 

301)  510. 
Sotades  ang.  533. 
Telephossage  510. 
Thukydides  II   7—8   {Oxy.  17)   114,    II 

90—91  {Oxy.  18)  519,  V  36—41  {Oxy. 

16)  114. 
Tragiker:  Bruchstück  {Oxy.  213)  510. 


Vergil  Aeneis  I  457—507  {Oxy.  31)  114. 
St.  Witkowski,  Prodromus  215. 
Xenophon    Hell.    III   1 ,  3—7   {Oxy.   28) 

115,  VI  5,  7—9  {Oxy.  226)  519,  Oikon. 

Vni   17  — IX  2    {Oxy.  227)   520,    vgl. 

noch   531;   jonische   Formen    in    den 

Handschriften  520—21. 
Zenodotos  Paradoxograph  ang.  530. 
Zopyros  Paradoxograph  ang.  530. 

W.  Ct. 


Druckfeliler. 

S.  393  (4.  Z.  von  unten)  und  395  (2.  Z.  von  unten)  lies  Arcerius  statt  Arcesius 


0 


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