ARCHIV FÜR PAPYRÜSFORSCHÜNG
m
UND VERWANDTE GEBIETE
UNTER MITWIRKUNG VON
Otto Gradenwitz in Königsberg, Bernard P. Grenfell in Oxford,
Arthur S. Hunt in Oxford, Pierre Jouguet in Lille, Frederic
G. Kenyon in London, Giacomo Lumbroso in Rom, John P. Mahaffy
IN Dublin, Ludwig Mitteis in Leipzig, Jules Nicole in Genf,
Paul Viereck in Berlin
HERAUSGEGEBEN VON
ULRICH WILCKEN
in wükzburg.
ERSTER BAND. /
a
MIT EINER TAFEL IN LICHTDRUCK.
\Tnc.S3
LEIPZIG,
DRÜCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER.
19UL
J
PA
Bd-
K EKCHTE, EINSCHUKSSLICH DBS ÜBEBSKTZüKGSBECHTS, VOKBEHALTEN.
Inhaltsverzeichnis des I. Bandes.
I. Aufsätze. g^.,^
Bauer, Adolf: Heidnische Märtyrerakten 29
Boll, Franz: Astrologisches aus den Münchener Papyri 4'2'J
Collinet et Jougiiet: Un proces plaide devant le jnridicus Alexandreae dans
la seconde moitie du IV'' siecle apres J. -C 293
Ei'Uian, Heinrich: Die Siegehmg der Papyrusurkunden 68
Die Habe -Quittung bei den Griechen 77
Gradenwitz, Otto: Papyrus und Lexicon 92
Zur Petition of Dionysia 3l'8
(irenfell and Hunt: Ptolemaic papyi-i in the Gizeh- Museum 57
Kenyon, Frederic: Some new fragments of Herodas 379
Lumbroso, Giacomo: Lettere al signor professore Wilcken I 66
Lettere al signor professore Wilcken H 291
Maliaffy, John P. : A second edition of some Petrie Papyri 285
Moninisen, Theodor: Zum ägyptischen Münzwesen 273
Muller, C. H,: Über die von Kenyon herausgegebene Emphyteusis - Urkunde
auf Papyrus aus dem Jahre 616 n. Chr 437
Naher, J. C: Observatiunculae ad papyros juridicae 85
Observatiunculae ad papyros juridicae (continuantur) 313
Spiegelherg, Wilhelm: Buchis, der heilige Stier von Hermonthis. Zu Macrob.
Sat. I. SXI 20 339
Stein, Arthur: Die Jm-idici Alexandreae 445
Viereck, Paul: Die Ostraka des Berliner Museums 450
V. Wilaniowitz-Moellendorff, Ulrich: Zwei Gedichte aus der Zeit Euergetes' II 219
Wilcken, Ulrich: General-Register der griechischen und lateinischen Papyrus-
urkunden aus Ägypten 1
Vgl. Fortsetzung 548
Eine neue Romanhandschrift 227
Ein Polybiustext auf Papyrus 388
Heidnisches und Christliches aus Ägypten 396
Zu den griechischen Papyi-i der Kgi. bayerischen Hof- und Staats-
bibliothek zu München 468
Willrich, Hugo: Der Chelkiasstein. Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in
Ägypten 48
Zereteli, (iregor: Über die Nationaltypen in d»^r Schrift der griechischen Papyri 336
IV Inhaltsverzeichnis des I. Bandes.
II. Referate und Besprecliungeu.
Seite
Crönert, Willieliu: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen . . . 104
Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen (Fortsetzung). 502
Grammatik der griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit von
E. Mayser 1 210
Mitteis, Ludwig: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 178
Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos (Schlufs) 343
Schmidt, Carl: Christliche Texte 120
Christliche Texte (Fortsetzung) 539
Strack, Max L., Inschriften aus ptolemäischer Zeit 200
Wilcken, Ulrich: Papyrus -Urkunden 122
Papyrus -Urkunden. (Fortsetzung) 544
Zur Palaeographie 354
III. Mitteilungen.
Deifsinanii, Adolf: Über die Heidelberger Papyri 560
Grenfell and Hunt: Englische Ausgrabungen im Faijüm 1898/9 216
A large find of Ptolemaic papyri 376
Englische Ausgrabungen im Faijüm 19001 560
Wilcken, Ulrich: Yorwort III
Friedrich Krebs f 375
Preisaufgabe der Charlottenstiftung 1899 21G
Indices 563
Vorwort.
Die Zahl der Fachzeitschriften, die das griechisch-römische Alter-
tum pflegen, ist im Inlande wie im Auslande schon eine so aufser-
ordentlich grofse, dafs mit Recht ein Wort der Begründung von dem
erwartet wird, der eine neue Zeitschrift für dies Gebiet ins Leben
rufen will.
Es ist gewifs, dafs, wenn uns die ägyptischen Papyri ebenso wie
die herculanensischen Rollen nur litterarische Texte gebracht hätten,
ein eigenes Organ für ihre Bearbeitung kaum nötig sein würde. Diese
litterarischen Papyri haben zwar ihre gemeinsamen Besonderheiten,
durch die sie von gröfster Bedeutung für die Philologie geworden
sind, wie denn v. Wilamowitz kürzlich die Forderung erhoben hat, dafs
„jeder, der über die Klassikertexte mitreden will", sich diese aus dem
Altertum selbst stammenden Exemplare aagesehen habe. Aber darum
sind sie doch „Handschriften" ebensogut wie die mittelalterlichen Codices
und können daher ihren Platz in den philologischen Zeitschriften finden
ohne dafs eine gröfsere Zersplitterung als bei jedem anderen philo-
logischen Thema zu befürchten wäre.
Bekanntlich bilden aber diese litterarischen Texte nur einen kleinen
Prozentsatz im Vergleich zu den gewaltigen Funden von Papyrus-
urkunden, die im Laufe des 19. Jahrhunderts, namentlich in den letzten
drei Decennien, aus den Schutthügeln, den Hausruinen und den Gräbern
Ägyptens in ungezählten Hunderten, ja Tausenden ans Tageslicht ge-
kommen sind. Diese Urkunden, die sich von der Blütezeit des Helle-
nismus unter den ersten Ptolemäern bis in die Zeit seines Absterbens
unter der Herrschaft der Araber, vom HL Jahrhundert vor Chr. bis ins
VHI. Jahrhundert nach Chr., also über mehr denn tausend Jahre er-
strecken, haben sich immer mehr als von universaler Bedeutung für
die verschiedensten Zweige der Altertumskunde herausgestellt. Ja, auch
über die Grenzen der griechisch-römischen Altertumskunde hinaus wirkt
der breite Strom neuer Erkenntnis, der aus diesem Born hervorquillt,
befruchtend und belebend: die meisten Wissenschaften, die in historischer
IV Vorwort
Betrachtung ihre Wurzeln bis in das Altertum verfolgen, können aus
dieser neu erschlossenen Tradition Nutzen ziehen.^)
Dies ist der Grund, weshalb die Arbeiten, die sich an die Papyri
anschliefsen, nicht nur in historischen und philologischen, in epigraphi-
schen und numismatischen, in archäologischen und ägyptologischen,
sondern auch in juristischen und theologischen Zeitschriften Aufnahme
gefunden haben. Hierdurch ist eine kolossale Zersplitterung der Papyrus-
forschungen eingetreten, die um so empfindlicher ist, als zum vollstän-
digen Verständnis der Urkunden ihre allseitige Aufklärung nach allen
jenen Richtungen hin notwendig ist. Was der Jurist oder der Theologe
von ihrer Seite zum Verständnis beisteuern, ist dem Historiker und
Philologen ebenso wichtig wie umgekehrt die Resultate dieser für jene.
Sind diese Arbeiten aber über eine grofse Reihe der verschiedenartigsten
Zeitschriften des In- und Auslandes hin zerstreut, so ist eine Übersicht
ungemein erschwert, und der Nutzen der einzelnen Forschung kommt
eventuell nicht zu seiner Geltung.
Hieraus erklärt es sich, dafs das Verlangen nach einem Central-
organ, das die verschiedenartigen Bestrebungen zusammenfasse, sich all-
mählich immer mehr bemerkbar gemacht hat, und als der Herausgeber
vor zwei Jahren auf dem Dresdener Philologentage mit dem Vorschlag,
ein solches Organ begi'ünden zu wollen, hervortrat, konnte er aus der
zustimmenden Resolution der Versammlung ersehen, dafs er ein allge-
meines Interesse vertrat. Iij;. Vertrauen auf die bereitwillig zugesagte
Mitwirkung der nächsten Fachgenossen im Auslande wie im Inlande
ist er dann an die Verwirklichung des Gedankens herangegangen.
Wenn die Zeitschrift sich so entwickelt, wie der Herausgeber hofft,
so wird sie ein Vereiniguugspunkt werden für die Papyrusforschungeu
und für alle Studien, die sich mit den Papyri berühren. Die Grund-
lage aller dieser Forschungen muls natürlich die richtige Lesung und
Interpretierung der Texte bilden. Bezüglich der Lesungen können wir
nur auf eine beständige Zunahme der Kunst der Editoren hoffen. Von
ihr haben wir die sicherste Grundlage zu erwarten, denn auch hier gilt,
was Mommsen in der Einleitung zum Monumentum Ancyranum gesagt
hat: „doda lectio et docta conicctatio cum ipsae simillimae s'mt, co diffe-
runt, quod illa ut utilior est, ita laudibus sese quodammodo subtrahit,
haec minus prodest, magis celehratur."' Die Interpretierung aber — und
eventuell Ergänzung — kann nur unter Heranziehung aller verfüg-
baren Parallelen, sowie durch eine immer tiefer gehende Erkenntnis
1) Um micli nicht zu wiederholen, verweise ich auf meinen Vortrag: „Die
griechischen Papynisurkunden". Berlin 1897 (G. Reimer).
Vorwort V
des Sprachgebrauches gelingen. Nach diesen Richtungen hin steht die
Papyrusforschung heute noch in ihren Anfangen. Gerade hierin sie zu
fördern, niufs die nächstliegende Aufgabe der Zeitschrift sein, die da-
durch dem zukünftigen Corpus papyrorum vorarbeitet.
Aber wo diese Grundlage, der richtige Text, bereits gewonnen ist,
da kann und soll auch jetzt schon die allseitige Ausnutzung der Papyri
für die verschiedenen Disziplinen in Angriff genommen werden. Denn
nicht etwa eine spezialistische Separierung der Papyruskunde, wie sie
trotz der ausgezeichneten Arbeiten eines Peyron, Leemans und anderer
lange Zeit hindurch bestanden hat, sondern gerade ihr inniges Zu-
sammenwachsen mit den anderen Disziplinen ist das Ziel, das unser
Archiv fördern will, und wie die Papyri durch die sonstige Tradition
— die Autoren wie die Urkunden — Licht empfangen, so wollen wir
auch diese andere Tradition durch die Papyri besser verstehen lernen.
Beide Bemühungen aber dienen nur dem einen, noch höheren Ziele, die
antike Kultur in allen ihren Erscheinungen möglichst lebendig zu er-
fassen.
Da das Archiv gerade der Zersplitterung der Papyrusforschungen
entgegenarbeiten will, so wird es aufser den selbständigen Aufsätzen
auch fortlaufende Referate, beziehungsweise Rezensionen über alle
in Betracht kommenden Erscheinungen bringen, um vor allem eine
Übersicht über das dem Einzelnen nicht mehr übersehbare Gebiet zu
ermöglichen. Endlich sollen Mitteilungen über neue Funde, Er-
werbimgen und ähnliches zur Ergänzung des Gesamtbildes hinzutreten.
Es versteht sich von selbst, dafs das Archiv, wenn es auch in erster
Reihe durch die Bedürfnisse der Urkundenforschung ins Leben gerufen
worden ist, doch auch die Förderung der litterarischen Papyri als seine
Aufgabe betrachtet.
Entsprechend dem Wunsch, die Papyri nach allen Richtungen hin
auszunutzen, sollen die Referate sich nicht auf die speziellen Papyrus-
arbeiten beschränken, sondern auch die Wissensgebiete, die zur Er-
klärung der Papyri beitragen oder ihrerseits durch jene verständlicher
werden, nach Möglichkeit berücksichtigen. So bringt das erste Heft
aufser dem Referat des Philologen Wilhelm Crönert über die klassisch-
litterarischen Papyri, des Theologen Carl Schmidt über die christ-
lichen Texte und des Herausgebers über die Papyrusurkunden auch ein
Referat von dem Juristen Ludwig Mitteis über die rechtsgeschicht-
lichen Ergebnisse der Oxyrhynchos-Papyri, von dem Historiker Max
L. Strack über Inschriften aus der ptolemäischen Zeit, endlich wieder
von Crönert über die dankenswerte Arbeit Maysers über die Gram-
matik der ptolemäischen Papyri. In ähnlicher Weise werden die späteren
VI Vorwort.
Hefte aiicli Referate bringen von Friedrich Hultscli über die metro-
logischen Ergebnisse der Papyri, von Wilhelm Kubitschek über die
numismatischen, von Conrad Cichorius über die in Betracht kom-
menden Inschriften aus der Kaiserzeit, endlich auch über Geschichte,
Paläographie, Diplomatik und welche Gebiete sonst noch im Fortgang
der Studien hineingezogen werden mögen. ^)
Wie weit die an die Begründung des Archivs geknüpften Hoffnungen
sich verwirklichen werden, wird in erster Reihe von der Mitwirkung der
beteiligten Kreise abhängen. In der Geschichte imserer Altertumswissen-
schaft werden dereinst die Papyrusfunde des XIX. Jahrhunderts — und
hoffentlich weiter des in Jahresfrist beginnenden XX. Jahrhunderts! —
als epochemachende Erweiterung unserer antiken Tradition eine her-
vorragende Rolle spielen. Hoffen wir, dafs man dann von den heutigen
Männern wird sagen können, dafs sie das ihrige gethan haben, um
diesen unerwarteten Schatz zu einem Segen für die Wissenschaft
werden zu lassen.
Dezember 1899.
^ Der Herausgeber.
1) Dafs in dem vorliegenden ersten Heft die Referate meist auf das Jahr 1898
zurückgreifen, ist z. T. darauf zurückzufüliren , dafs die Zeitschrift wegen einer
ägy|3tischen Reise des Herausgebers imi ein Jahr später erscheint, als anfangs be-
absichtigt war. Es ist dann daran festgehalten worden, zumal sich so ein
Anschlufs an gewisse zusammenfassende Arbeiten ergab. So reihen sich die
beiden Referate über die litterarischen Texte an Haeberlin's Übersicht vom
J. 1897 an, das Urkundem-eferat an die dem oben erwähnten Vortrag des Heraus-
gebers beigegebene Bibliographie vom J. 1898, endlich das Referat über die ptole-
mäischen Inschriften an die Sammlung in Strack 's „Dynastie der Ptolemäer"
vom Jahre 1897.
Bedeutung der im Archiv für Papyrusforschuug- zur Anwendung gelaugenden
Klannuern.
[ ] bedeutet Lücke im Original.
II „ Tilgung durch den Schreiber.
<^ ^ ,, Hinzufügung oder Ändervmg durch den Editor.
^ y „ Tilgung durch den Editor.
( ) „ Auflösung von Abbreviaturen.
I. Aufsatze.
General-Register
der griechischen und lateinischen Papyrusurkunden aus
Ägypten.
Durch das Urkundeiiverzeichiiis, mit dem ich die neue Zeitschrift
eröfifne, soll ein von vielen Seiten ausgesprochener Wunsch erfüllt
werden. Bei dem schnellen Anwachsen der Papyruslitteratur in den
letzten zwanzig Jahren hat sich immer lebhafter das Bedürfnis nach
Wegweisern auf diesem schwer übersehbaren Gebiet geltend gemacht.
Zu diesem Zweck sind in letzter Zeit mehrere Übersichten über die
Litteratur erschienen.^) Was uns noch fehlte, ein sachlich geordnetes
Verzeichnis aller publizierten Urkunden^) wird im Folgenden gegeben.
Das Register will alle Publikationen bis zum November 1899,
einschliefslich des IL Oxyrhynchos- Bandes, der mir während des Ab-
schlusses der Arbeit zuging, umfassen. Es berücksichtigt alle Texte, die
in Transkription oder in Faksimile ediert sind; von den nur beschriebenen
Urkunden mufste abgesehen werden. Sollte hier oder da ein Stück über-
sehen sein, so werde ich für den Nachweis dankbar sein. Entsprechend
dem Fortgang der Publikationen sollen in späteren Jahrgängen Nach-
träge geliefert werden.
Dieses Generalregister giebt sich als eine Erweiterung des Registers
der Berliner Papyri, mit dem ich vor kurzem den IL Band der Ber-
1) Eine allgemeine Charakteristik der Bedeutung der Papyrusurkunden für
die verschiedenen Seiten der Altertumskunde gab ich in einem Vortrag auf' dem
Dresdener Philologentag. Vgl. Wilcken, Die griechischen Pai^yrusurkunden,
Berlin (G. Reimer) 1897. Eine sehr dankenswerte Übersicht über die gesamten
Publikationen mit genauerem Eingehen auf einzelne Texte hat Paul Viereck in
Bursians Jahresberichten soeben geliefert. Endlich hat auch Adolf Bauer in
seinen „Forschungen zur griechischen Geschichte von 1888 — 1898" in eingehender
Weise über die Papyruspublikationen gehandelt.
2) Natüi'lich sind auch die ägyptischen Pergamene berücksichtigt, wiewohl
ich sie im Titel nicht habe hervortreten lassen.
Archiv f. Papyrusforschung I. 1, 1
2 I. Aufsätze
liner Publikation gesclilossen habe. Da die dort gewählte Anordnung
Beifall gefunden zu haben scheint, wie denn auch Viereck sie in seinem
Verzeichnis der älteren Publikationen übernommen hat, so habe ich
sie mit den für das gröfsere Material erforderlichen Modifikationen auch
hier angewendet.
Die Belege sind bei jedem Lemma alphabetisch gesondert. Ist ein
Text mehrmals publiziert, so ist die letzte Behandlung, in der die
früheren Arbeiten aufgeführt sind, genannt, allein oder neben der grund-
legenden. Eine Aufzählung der Arbeiten, die einzelne Verbesserungen
zu den Texten gebracht haben, war hier natürlich nicht möglich. Wer
genauere Angaben sucht, ziehe den eingehenden Bericht von Viereck
(s. S. 1 Anm. 1) zu Rate. Eine Liste der Abkürzungen nebst Er-
klärungen folgt dem Register.
Noch schärfer als im Berliner Register — und auch übersicht-
licher — ist die zeitliche Treimung der Urkunden durchgeführt. Während
die Scheidung der Texte aus der Ptolemäerzeit und der Kaiserzeit sich
von selbst ergiebt, hat die Frage, wo innerhalb des grofsen Zeitraumes
von der römischen bis zu der arabischen Eroberung am besten ein
Einschnitt gemacht wird, verschiedene Beantwortungen gefunden. Ich
habe auch jetzt wie damals die neue Periode mit Diokletian beginnen
lassen, denn mit ihm bahnt sich thatsächlich wie für das Reich so
auch für Ägypten auf allen Gebieten die neue Zeit an. Hat doch auch
das ägyptische Volk selbst das Epochemachende seiner Neuerungen so
tief empfunden, dafs es später mit Diokletian eine neue Ära begonnen
hat. Wenn ich die Bezeichnung der neuen Periode als der „byzanti-
nischen", die sich im Gegensatz zu der vorhergehenden „römischen" von
selbst ergiebt, auch schon auf Diokletians Zeit anwende, so wird diesen
bewufsten Anachronismus aus den praktischen Bedürfnissen des Registers
heraus gut heifsen, wer auf den Sinn, nicht auf die Buchstaben sieht.
Die weitere Scheidvuig zwischen der byzantinischen und der
arabischen Periode, die historisch zwingend ist, ist praktisch bei dem
derzeitigen Zustande der Papyruspublikationen nicht immer leicht durch-
führbar. Der Registrator war da vielfach in einer üblen Lage, da aus
vielen Editionen jüngerer Texte nicht zu ersehen ist, ob sie vor oder hinter
die arabische Eroberung (ca. 642) gehören. Von da an verschwinden eben
die Kaisernamen, die uns sonst den Weg erleuchten; ob aber anderer-
seits ihr Fehlen z. B. in den Protokollen der Verträge ein sicheres
Indicium für die arabische Zeit ist, ist noch zu untersuchen^), auch
1) Die meisten Fälle scheinen mir dafür zu sprechen. Inhaltlich bestätigt
wird die Annahme z. B. in BGU II 366, wo im Text die Saracenen erwähnt
werden. Andererseits entstehen Bedenken hei Vergleichung von BGU I 3 und 320.
U. Wilcken: Gencral-Kcgister 3
würde dies Indicium nur für einzelne Urkiiiidenklasseii niafsgebend sein.
Das Vorkommen arabischer Eigennamen wird im allgemeinen als ein
gutes Argument für die arabische Zeit betrachtet werden können, doch
mahnt z. B. die Unterschrift eines Osmaniu in BGU 11 308 vom J. 015
auch hier zur Vorsicht. Die Paläographie kann für die Übergangs-
zeit natürlich auch nicht helfen, wohl aber kann sie die jüngeren
arabischen Texte des VII./VIII. Jahrhunderts selbst von den jüngeren
byzantinischen Texten trennen. In demselben Simie kann die Be-
obachtung des Schreibmaterials nützen (ob Papyrus oder Pergament
oder gar Papier). Es ist zu wünschen, dafs die Editoren künftig noch
genauer die verschiedenen Gesichtspunkte abwägen, um den Leser
wissen zu lassen, ob er sich in der byzantinischen oder der arabischen
Zeit befindet. So möge man denn die im Register durchgeführte Tren-
nung mit Vorsicht und auch mit Nachsicht aufnehmen.^)
Eine andere grofse Schwierigkeit bestand darin, dafs, namentlich
bei unvollständigen Stücken, sich oft schwer entscheiden liefs, ob die
Urkunde als amtliche oder als private aufzufassen ist. Auch nach
dieser Seite hin werden gelegentlich andere Entscheidungen als die
unten gegebenen aufgestellt werden. Überhaupt ist bei einem ge-
sunden Fortschritt der Studien zu erwarten, dafs bei manchen Ur-
kunden die durch die Einregistrierung stillschweigend gegebene Inter-
pretation geändert wird, indem durch neue Parallelen oder durch ein-
dringenderes Studium eine noch präzisere Fassung des Inhalts ermög-
licht wird, wie ich auch selbst schon jetzt manche Texte anders als
im Berliner Register bewertet habe. Die folgende Arbeit, deren Müh-
seligkeit der Fachmann nicht verkennen wird ^), ist eben ein erster Wurf.
Mögen auch Mängel ihr anhaften, so darf ich doch hoflfen, dafs sie lin-
den Papyrusforscher eine wesentliche Förderung der Studien bedeutet,
indem sie ihm ermöglicht, beim Edieren wie beim Verarbeiten alle
Paralleltexte nel)en einander zu halten. In meinem unten folgenden
Referat wird man zahlreiche Ergebnisse dieser synoptischen Behandlung
finden. Aber auch den Fernerstehenden möge die folgende Übersicht
anregen, zuzugreifen und an der Verarbeitung dieses für fast alle Zweige
der Altertumskunde so wichtigen Materials sich zu beteiligen.
1) Bei den Abgabenquittungen und den Privataufzeichnungen habe ich mangels
sicherer Unterlagen beide zusammenfassen müssen, habe aber bei denjenigen Texten,
die sicher oder doch mit hoher Wahrscheinlichkeit in die arabische Zeit gehören,
ein „arab." hinzugefügt.
2) Paul Viereck, der in Berlin einige seltenere Editionen, die mir hier
nicht zugänglich waren, für mich freundlichst excerpiert hat, sage ich auch hier
meinen besten Dank.
1*
4 I. Aufsätze
A. Behördliche Urkiiudeii,
I, Amtliche Tagebücher {vn:o[ivr}^atL6^oi).
Ptol.
Vgl. die Gericlitsprotokolle: Greiif. I 11; 37 (?); 40. — Par. 15-, 16. —
Petr. I 21 {= GGA 1895, 143); 28 (1); II 8 (2 u. 3); 17 (2—4);
18 (2a, b) (vgl. Introd. S. 31); 21; 38c, 5-6.3. — Tor. 1; 9; 13,4ft.
(=Rev. Eg. II 125£f.).
Köm.
Aus den Commentarii des Kaisers oder des Senates (?): BGU II 611 (lat.).
Des Präfekten: BGU I 114 I, i/i3; 388. - Cattaoui S. 156; 157. —
Oxy. I 62 R; II 237 VIII 18/21 (?). — Rev. Mel. 357.
Des Präfekten aufser Diensten (Tjye^ovEvaccg): Oxy. I 40; II 237 VII 19/29,
Des Juridicus: BGU I 75; 245. — Oxy. II 237 VII 39/ VIII 2.
Des Idiologus: Cattaoui S. 158; 159.
Des praefectus cohortis: CPR I 18.
Des ccQxi'diicaatijs' BGU I 114 I uff. (?); 136. — Cattaoiii S. 156 oben.
Des ccQXLSQSvg xal inl tüv CeQ&v: BGU I 82; 347.
Des £7ti6tQdTr}yog: BGU I 15 I. — Oxy. II 237 VII 29/38.
Des 6tQati]y6g: BGU I 163; 361; vgl. II 613, 2(3 ff. — Oxy. I 37. —
Par. 69 (= Philol. 53 N. F. 7, si ff).
Des Nomarchen: Leipz. 9 (?).
Des xQit^g: BGU I 19; II 592.
Von Gesandten (?) : BGU II 5 1 1 + Reinacli Gizeh. — Vgl. Par. 68 (= Hermes
27, 466 ff) und BGU I 341; II 588; Oxy. I 33 Verso und dazu Bauer
unten S. 29 ff..
Von ungenannten Beamten: Berl. Bibl. 9; 29. — BGU I 5 II 11 ff ; 329;
II 390; 587; III 705. — Loiid. II 196 (S. 152 ff.). — Petersb. IIa.—
Rev. M61. 359f. — Wilck. Taf. 12c.
Byz.
Der Volksversammlung (ixxkrjöia): Oxy. I 41.
IIa. Gesetze und Erlasse.
Ptol.
Gesetze: Rev. L.
Königliche Erlasse: Leid. G 1—8; H 4—7; J i— G. — Par. 62; 63 col. 13.
— Petr. II 8 (1). Vgl. 8 (3) Verso; 22 (?). — Rev. L. 36; 37.
Verfügungen des dioixrjtVjg: Par. 61 R (?); 63 col. 1 — 7. — Greiif. II
23, 17 ff
Verfügungen des yQcc^y^utsvg xüv övvd^eiov: Loild. I 23, 53 ff". (S. 39f.).
U. Wilcken: General -Register 5
Erlasse von Unbekannt: Par. 10. — Pefr. II 29 b-d. — Rev. 31^1.
303. — Tor. 13, 1/3.
Rom.
Edikt des Triiimvir Octavianus: BGU II 628 Verso II 2 fF. (lat.).
Kaiser-Edikt: BGU II 628 R. (lat.).
Kaiser-Reskripte : BGU I 74; 140; 267; II 473, 1/12.
Gesetzesfragmeut (?): Oxy. I 36.
Statthalter -Edikte: BGU I 288; II 372. — Boissier, 5 ff. — Oxy. I 34
Verso I-III; II 237 VIII 7/I8; 21/27; 27/43; 43.
Auszüge aus dem statthalterlichen t8vxog ßißXtdtcuv: BGU II 525; vgl.
Oxy. I 35 R.
Erlasse des Präfekten: BGU I 15 II; II 484, 9/10; 646; III 747 Verso. —
Oxy. II 237 VI 32/35.
Erlasse des Prokurator: Hermes 23, 593.
„ des KQ%iöiKa(5x)]£: BGU I 73.
„ „ B7tL<5XQOitriyog: vgl. BGU I 43.
„ ötQatriyös: BGU 1 7; 18; II 578, 1/2.
„ von Unbekannt: Berl. Bibl. 1. — BGU II 656; 659 l (?). —
Gen. 1; 7, 1/12. — Lond. II 379 (s. I62). — Oxy. II 238.
Aufforderungen zur ccvu^ijtrjöig: BGU I 8 II 26 ff.; 106; 325.
„ „ dvaTtofimr. BGU 1 148; II 374—376; 684. — Grenf.
II 66.
Aufforderungen zur Aratsausübung (;f9?j|Ltartö'oi'): Oxy. I 48; 40; II
241—243.
Byz.
Kaiserreskripte: Leid. Z (lat.) (vgl. B. Phil. Wocb. 1888, 1205). — Stobbes
Jahrb. VI 398 ff (lat.).
Verfügungen des Präfekten: Oxy. I 67, 8/11.
„ „ loytöxrig: Oxy. I 42.
„ „ öTQatrjyog: Oxy. I 60.
„ von Unbekannt: Oxy. I 58.
Aufforderung zur nccQccdoötg: Oxy. I 64; 65.
IIb. Richterliche Urteilssprüche (ccTtoipKöeig^ %Qriiiati6^oi^ (SvyxQi^aTu).
Ptol.
Lond. I 41, 15 ft'. (S. 27/8). Vgl. die Gerichtsprotokolle in A I.
Köm.
BGU I 168, 24/27; II 578, 7/9; 614, 7/9. — Loiid. II 276, 8/I6 (S. 149).
Vgl. die Tagebücher in A I.
Byz.
Wess. Taf. 14 (lat. gr.) (V).
6 I. Aufsätze
II c. Marginal-Entscheidungen von Gesuchen (vTCoyQacpaC).
Ptol.
Grenf. 111 II 8. — Leid. B Subscr. I-V; D Subscr. — Loiid. I 20, 25 (S. o);
17a, 26 (S. 11)5 17c, 43 ff. (S. 11); 19, uff. (S. 17); 34, 14/17 (S.is);
23, 35 (S. 38); 23b, c (S. 39); 23, 92/93 (S. 4o). — Par. 25, 16 ff;
30, 31 ff.; 36, 23 f. — Petr. II 32 (1) Verso. — Tor. 6, 30/35; 7,17/20.—
Vat. IV 446. — Vgl. auch die Gerichtsprotokolle in A I.
Küm.
BOU I 5 II 17; 180, 28 f.; 256, 33/5; II 379, 20/22; 448, 29/31; 582;
613, 4/6; 614, 18/19 und 21 ; 648, 26/27; III 747 Verso. — Loiid. II
359, 6/8 (S. 150) (?); 358, 15 (S. 172). — Oxv. II 237 V 7/8; 38.
II d. Geld-Zahlungsanweisungen.
Ptol.
Grenf. I 9 (?); II 23. — Petr. II 14 (^ib-id). — Rev. Mel. 327; 343 f. —
Theb. Bank. 5—7.
Arab.
BGU II 675; 691.
II e. Geld-Empfangsanweisungen.
Ptol.
Rev. Mel. 321 f. — Theb. Bank. 1—4. — AVien. Kais. S. 14, 5 ff und
18, 6 ff (= Zois I und II).
Rom.
Oxy. I 96.
II f. Natural-Lieferungsanweisungen.
Ptol.
Lond. I 17c, b(S. 11); 31, 6/12 (S. I6); vgl. 27 (s. u). — Petr. II 15 (2). —
Rev. L. App. II 3.
Rom.
Lond. II 256 R (S. 96 u. 98). — Oxy. I 88.
Byz.
Bfill II 549. — Orenf. I 63. — Mitt. PR VI S. 115, 116. — Oxy. I 141.—
Wess. Taf. 21 (lat. gr.). — Wien. Denk. XXXVII 182/196; 207, 64;
224, 72; 228 App. 575; 238 App. 866; 239 App. 106— 241, 9008.
Arab.
BGU II 683-690; 692—695. — Lond. I 113, 9 (b, e) (S. 221).
III a. Amtliche Berichte.
Ptol.
Vom vo^aQxVS- l*<'tr. JI 30 (d).
Vom roTtoyQa^^atevg: Theb. Bank. 1 col. 2, 1/14.
U. Wilcken: Glencral Register 7
Vom xco^oyQcc^^Ktsvg: Thel). Bank. 1 col. 2, löff'.; 3 col. 2, ii/i9; 4 col.
2, 3 /ig.
Vom ccvTcyQacpsvg: Leid. D 2. — Lond. I 34, off. (S. 18).
Vom ßaöthKbg tQa7Cs^iT}]g: Parth. Tlieb. 12.
Von ygcc^^atEtg: Loiid. I 23, 59/91 (S. 4o). — Petr. II 10 (2).
Vou ysca^ixQai: Leid. L.
Von Unbekamit: (^reiif. J 41. — Lond. I 17a (S. 10/11); 34 (S. 18)-, IH
(S. 22/3); 41 R (S. 27/8); 23, 1/4, 94/104, 105/143 (s. 38/42). — Par. 1 1 ;
25 (?); 34; 64 (?); 65— 67. — Petr. I 22 (1); 23; S. [66]; II 30f(?);
36; 39c; 45; vgl 41. — Rev. Mel. 325. — Theb. Bank. 4 col. 2, 1/2.
Rom.
Vom oxQaxYiyog: BGU 1 134; II 490.
Vom ßaöilixog yQuii^iateug: BGU I 299.
Vom xa^oyQafi^atsvg: BOU I 6 {jtQ86^diCids^); 20; 84; 91; 145; 194;
235; 330; II 457; 484; 512; 618; 659 II f. — Gen. 5. — Hernais
XIII 43 Mitte. — Lond. II 322 (S. 159/160).
Vom aQX8q)odog: Oxy. I 80.
Vom v7C7]Qstr}g: Oxy. I 106.
Von Priestern: BGUI 16; 250; 296; II 433; 598. - Lond. II 353 (S. 112/3)
345 (S. 114).
Vom iTtLTrjQrjtrig (xataöTtoQäg?)'. BGU I 12. Vgl. Schow.
Vom £7tLrr}Qrjrr}g vo^üv: BGU II 478 — 480.
Vom ii,aQLd^^i]t^g: Lond. II 376 (S. 77/8).
Von tatQor. BGU II 647. — Oxy. I 51.
Von voiiLKor. Oxy. II 237 VIII 2/7.
Von ßaöLhaol rQa7tst,ttai: BGU I 121.
Von öitoXöyoi: BGU I 64; II 529; 534; 585.
Von TtQdxtoQsg: BGU I 25; 41; 42; 199 R; II 392; 639; 652; 653. —
Grenf. II 62 a. — Lond. II 474 (S. i08).
Von öitOTiaQaXfi^'jttaL: BGU I 81.
Von 88%(X7tQ(otoi: BGU II 552—557; III 743; 744.
Von Unbekannt: BGU 15; 11; 88 Rand; 141; 144; 175; 283; II 492;
513; 560; 562; III 703. — CPR I 33. — Hartel Gr. P. 70 (= Hermes
23, 60o). — Leipz. 5.
Byz.
Von eqjOQog, jcco^aQxat etc.: BGU I 21.
Von y,G)^ccQiai: BGU II 620.
Von iaxQoC: Oxy. I 52.
Von 'noivu: Oxy. I 53; 85.
Von Unbekannt: Grenf. I 64. — Wilck. Obs. 53.
8 I. Aufsätze
III b. Amtliche Bittgesuche etc.
Ptol. Archiv I S. 61/2. — Leid. A. — Petr. 11 10 (i).
Rom. BGU III 747. — Loiid. II 214 (S. 161A2).
III c. Amtseide.
Rom. Eines ötQcnrjyog: Oxy. 1 82.
Eines TiQ^zraQ: Oxy. I 81.
Eines Getreidetrausport- Aufsehers (?): Loiul. II 301 (S. 256/7).
III d. Andere amtliche Eide.
Rom. Oxy. II 240.
Byz. Oxy. I 125. Vergl. Wieu. Denk. XXXVII 152 App. 474.
IV. Amtliche Bescheinigungen,
a. Abgaben-Quittungen.
Ptol.
Von der Bank ausgestellt: Bnttmanu. — Chrest. dem. 349/50, — Droyseii
l_5._O1.e11f. I 36, i(vi3; 27 III lof.-, II 15 III; 32, 12/15-, 34; 35,
13/17. — Leid. M 2, 9/i4; N 3, 1/9; I 377, 379; R. — Loud. I 27
(S. 14) (?)-, 3, 37/44 (8. 47). — Par. 5, 50; 15 bis 2/55 15 ter. — Petr. II
46 c 1.8/16. — Rev. Eg. II 114; 116ff. — Tor. 10 (V). — Tor. dem. 20;
21 ; 23; 24; 25. — Wieu. Kais. 10 ; Uff. u. 18ff. (= Zois I u. II). —
Youiig, HierogL 33 — 36.
Vom xEläviov: Proc. BiM. Ar. 14, 60ff'.
Vom Thesauros: Loiid. II 227 a R (S. 4) (?).
Vom TtQKKTcoQ: Leid. Q.
Von Steuerpächtern: Greuf. II 39. — Leid. F.
Rom.
Von der Bank ausgestellt: Greiif. II 56, 15/18. — Oxy. I 99, 13/19; II
288, 1/34 (?); 289 (?).
Vom Thesauros: BGU I 61 I; 67; 188; 218; 336; II 579; III 716; 755;
787; 792. — «renf. II 47. — Lond. II 290 (S. 89/90); 315 (S. 90);
471 (S. 91); 439 (S. 9i); 346 (S. 92); 217 (S. 93); 351 (S. 93/4); 180
(S. 94/5). — Oxy. I 89; 90; II 287.
Von jCQCcxtoQes aQyvQLXüv:
a) (Form: duyQaxpsv) BOU I 49; 61 II; 62; 65 I; 66; 99; 212;
214; 215; 219; 222; 270; 273; II 342, 7/11; 359; 382; 391; 429;
434; 452; 458; 645 Rand; 654; 655; 662; III 704; 761; 779; 784;
790; 791. — CPR I S. 8. — Oreiif. II 52. - Loud. II 340 (8.70);
201a (S 79); 319 (S. 80); 323 (S. 81); 2m (S. 107); 337 (S. 107); 477
U. Wilcken: General-Register 9
(S. 109); 451 {H. lio); 380 (S. iKi); 340 (S. llö); ll(3a (S. 116).
b) (Briefform) ßOU 111 711.
Von üTQdxTOQsg ölzixCov (Briefform): BOU I 61 II 8/io (V); 223; II 414.
— Loiid. 11 307a (S. loi); 171a (S. 102).
Von Steiierpäclitern :
a) (Form: dt^yQaipsv) BdU I 213; II 383; 617. — Oreuf. 11 60.
b) (Briefform) Oreiif. II 58. — Loud. II 318 (S. si/s); 330 (S. 88). —
Par. 17, 22/26.
Vom vonäQxris: BGU I 220; 221; 345; 356; 11 463; III 748 II; 756.—
Loiul. II 297 b (S. 111).
Vom £^r]y'y]Trjg: Greilf. I 50.
Von djiccitrjrai: BGU I 342, 1/6.
Vom fisQidocQxVS' ^^^ HI ^^1*
Von imrriQYitai: B(jU I 293.
Von nQsößvtsQOL xconTjg: BGU I 334; II 431.
Vom ^Lö&cotrig t£Q(ov) x£l(qi6^ov): Loiid. II 478 (S. 111/2).
Von den Thorbeamten: BGU III 724; 763 — 768; 803; 804. — Greiif.
II 50. — Loud. II 307 (S. 84); 316c (S. 84); 469a (S. 85); 206 c
(S. 85); 469 b (S. 86); 206 d (S. 86); 316 b (S. 87).
Von Ungenannt: BGU I 63; 216; 268; 292; 328, 23/30; 346; II 386;
461; 518; 521; 528; 535; 622 (V); III 718; 748 III; 770; 788;
789; 810. — Greuf. II 48; 54; 65. — Hawara 31b. — Loud. II
170 (S. 69); 347 (S. 71); 305 (S. 79); 312 (S. 80); 472 (S. 82); 329
(S. 113); 352 (S. 114); 203 (S. 248).
Byz. und Arab.
BGU II 548; 676—682 (arab.); III 738; 739 (ar.). — Greiif. I 69; II 95;
101; 105 (ar.); 106 (ar.). — Loud. I 113, 9a, c, d (S. 221) (ar.);
116 a, b (S. 222) (ar.). — Mitt. PR III 263; 264. — Wieu. Deuk.
XXXVII 208, 64, 1—215, 9049; 217, 67—224, 71; 225, 73; 226, 73, 3
(ar.), 4, 5; 227, 73, 7; 228, 73, 10; 229, 73, 14—232, 73, 25; 233, 73,27
—234, 73, 32; 242, 9010; 246, 7164 (?); 247 App. 138 (?); 250 App. 477,
456, 463; 251 App. 889; 252 App. 481, 277; 256 App. 900. — Wilck.
Taf. 19c (ar.); 20a (ar.).
b. Andere amtliclie Bescheinigungen.
rtoi.
Bescheinigungen über Einregistrieriing
a) von demotischen Kontrakten ('durch das }'Qag)£iov): Bntt-
mauu, 4. — Forshall 41; 42. — Leid. I 373, 375, 380. - Par.
15 Ins, 1. — Rev. Eg. II 121. — Tor. dem. 23, 5. — AVieu.
Kais. 10, 1.
10 I- Aufsätze
b) von griechisclien Kontrakten (durch öv^ßoXocpvXaxsg): Leid.
0, 36/37. — Petr. II 41, 34 ff.
Quittungen von Gehaltsempfängern an die Kgl. Bank: Rev. Mel. 329 —
337. — Theb. Bank. 9— 10a.
Andere amtliche Quittungen: Greilf. I 22.
Rom.
Bescheinigung über Einregistrierung
a) von demotischen Kontrakten (durch das yQacpBloi'): l](ifUII580(?).
b) von griechischen Kontrakten (gleichfalls durch das yQaq)£tov):
BGU I 87, 33; 153,44/5; 183, 47; 350,26; II 446, 27; 453, I9ff(?);
538, 38; 664,9; III 719, 17. — CPR I 4, 37/8; 27, 32. — Lond. II
154, 28 (S. 180); 289, 38/9 (S. 185) (?); 293, 33 (S. 188); 303, 1
(S. 195); 142, 27 (S. -204); 143, 36 (S. 205); 277, 20/23 (S. 218); 308,
26 (S. 219); 311, 26 (S. 220).
Quittungen über XHtovQyiar. BGU I 264; II 593; 658; III 722; 723.—
Oreiif. II 53. — Lond. II 165 (S. 103); 139b (S. 103/4); 316a (S. 104);
321a— c (S. 104/5); 325 (s. 106); 166b (S. 106). — Rendic. Ac. Line.
1897, 77, 1.
Epikrisis- Bescheinigungen: BGU I 113; 142; 143; 265; III 780. —
Oxy. I 39.
Apographe-ßescheinigungen: Oxy. I 73.
Decharge für den Vicarius: Lond. II 255 (S. 117/8).
Bescheinigung der Reinheit des Opfertieres: Grenf. II 64.
Quittungen von Gehaltsempfängern: BGU II 621; III 707. — Hermes
22, 143. — Lond. II 295 (S. 100).
Sonstige amtliche Quittungen: BGU I 102; II 381; III 760; 807. —
Grenf. I 48; II 44; 63. — Lond. II 256R (S. 99). — Oxy. I 61;
II 276.
Byz.
Quittungen von Gehaltsempfängern: Grenf. I 68.
Sonstige amtliche Quittungen: Grenf. II 96; 98. — Lond. I 113, 10
(S. 222/3). — Oxy. I 43 R III 6/23, 26/28, 30/34, IV .5/10, 12/17, 19/23,
26/29, V 4/8, 12/15, 19/22, 26/31; 84; 142; 143; 145—153. — Wien.
Denk. XLII S. 9^ (P. Rain. 1579). — Wien. Stnd. 8, 102 (M. 101)
—106 (M. 117).
V. Andere amtliche Korrespondenzen,
rtol.
Alex. 2; 7 (?); 10. — Anton. — Archiv I S. 59/00. — Ashniol. Veiso — Bnll.
hel].21,i4iff — Grenf. I 11 II 6/22; 13; 32; 35; 66; II 14a, b, c; 37.—
Leid. H, 1/3. — Lond. I 1!) (S. I6/17); 15 (1;^) (s. 57). — Par. 42 (?). —
TJ. Wilc-ken: General -Register 11
rarlh. Thob. V2, ii ff. — Petr. 1 24 (^!); 25 (-); II 2 (2); 4 (2), (i-c),
(11-13); 5a, b; 6; 9 (1— 5); 12 (l), (4) 1/2, 3/1O; 13 ('2—16), (l8a— 20);
14(la), (2); 15(1), (3)5 16; 23(1) (vgl. Introd. S. 31), (2-4); 29e; 31;
32 (2a) (3); 37 (1-2); 38b, c; 39g; 42 (a, c); 46 (c). - Rev. Mel.
291; 302 f.; 321 f.; 323f. — Tlu'b. Bank. 5, 12; 6, 13 ff; 7, 10 ff; 8.—
Tor. 12.
Rom.
BGU I 8 I-II 25; 19 I 11-11 18; 231; 328, 1/22 u. 3iff ; II 422; 432; 473;
486; III 742; 746. - Boissier. — (leu. 1, 13/20. — Grenf. II 42;
46a. — Lond. II 276 (S. uo); 213 Verso (S. 160/1); 459b (S. I63). —
Oxy. I 34 Verso IV; 44-47; 50; 54; 57; 62 Verso; 63; II 237 V17/19;
242,31/34; 243,45/49; 244, 18 ff; 291. — Wien. Denk. XLII S. 9»;
92 (P. Rain. 2073). — Z. Savig. XV 243 IV.
Byz.
BGU II 412. — Gen. (Rev. Philol. 20, 47 lat.). — Lond. II 233 (s. 273);
415 (S. 283); 408 (S. 284); 231 (S. 285); 234 (S. 287); 409 (S. 288);
235 (S. 289/90); 236 (S. 290/91); 414 (S. 292); 237 (S. 293); 405 (S. 294/5);
416 (S. 295/6); 232 (S. 296/7); 239 (S. 297/8); 417 (S. 299/300); 422
(S. 318). — Oxy. I 59; 66.
VI. Amtliche Abrechnungen, Verzeichnisse etc.
Ptol.
Abrechnimgen über Steuereingänge u. a.: Lond. II 402 R (S. 10). —
Petr. II 7; 27 (3) (5); 28; 29a; 30c; 35c; 39b; 39e (vgl. Introd.
S. 36); 39 f.; 43. — Rev. L. App. II 5.
Abrechnung über Besäung der Felder: Asliniol. Recto.
Abrechnung über Aussaat-Lieferungen: Petr. II 39 a.
Andere Abrechnungen: Forshall 23 (?). — Petr. II Introd. S.33; Nr. 14 (:h)
(vgl Introd. S. 30); 30a; 34b; 39d, h. — Rev. L. App. II 1; 4.
Auszüge aus den Steuerbüchern: Petr. II 30 b; 39 i.
Aktenliste: Lond. I 26 (S. 21).
Verzeichnis von Kavalleriepferden: Petr. II 35a, b, d.
Rom.
Abrechnungen über Steuereingänge u. a.: Berl. Bibl. 10; 21; 26; 50. —
BGU I 199 Verso; 259; 269; 271 (?); 274; 277 (?); 343; II 471;
474—477; 485; 558; 559; .561; 572—576; 642; 657; III 753;
754; 772; 802. - Leipz. 11 R. — Lond. I 119 (S. 142/9); 109a
(S. 150/1); 109 b (S. 1.52/7); II 460 (S. 70); 468 (S. 81/2); 175a
(S. 120) (?); 193 (S. 122/4) (?); 194 (S. 124/7); 195 (S. 127/8); 188
(S. 142/6); 181 (S. 146/8); 254 Verso (s. 23o/2). — Wien. Kais. 22 f. —
Wilck. Obs. 13.
12 I- Aufsätze
Abrechnungen über Aussaat-Lieferungen: Loild. II 254 R (S. 220).
Andere Abrechnungen: BGU I 178; II 466; 567; 568; III 812. — Ha-
wara 29b; 30a — b; 33. — Leipz. 1; 4; 6R; 7; 8; 11 Verso;
12— 15R; 16; 17; 24—29; 31 Verso; 32; 33 Verso; 34; 35.—
Loud. II 266 (S. 234/44) (?); 156 (S. 249). — Petersb. 14 a.
Fhirbuch: Loud. II 267 (S. 129/141).
Kleroslisten: BGU I 65 II; 165; II 470; III 700.
Auszüge aus den Steuerbüchern: Oxy. II 274.
Dammverzeichnis : Oxy. II 290.
Beamtenlisten: Sitz. Berl. Ak. 1892,818f. — BOU I 10; II 425; III 715.—
Loud. II 189 (S. 155/158); 199 (S. 158/159).
Bevölkerungslisten: :^GU I 185; II 493—510; 533. — Loud. II 257
(S. 21/28); 258 (S. 29/36); 259 (S. 36/42); 260 (S. 46/53); (261 S. 54/6l).
Militärische Listen: BGU II 610 (lat.); 696 (lat.). ~ Wess. Taf. 8 (lat.);
9 (lat.).
Sonstige Personenlisten: BGU I 56; 83; 186; 217; 344; II 426; 532;
563—566; 569—571; 630; III 734; 735. — Hawara 29 a, b. —
Leipz. 3; 15 Verso. — Loud. II 443 (S. 78); 192 (s. 222/5); 369
(S. 265/6). — Mitt. PR II 6 An. 1 ff.; VI 98. — Schow. — Vgl.
Oxy. 11 288, 35 ff.
Byz.
Abrechnungen über Steuereingänge: BGU I 9. — Loud. I 99(S. 158/62). —
Oxy. I 127 R. — Wien. Deuk. XXXVII 224 App. 746; 227, 73, 8.
Andere Abrechnungen: Loud. I 125 (S. 192/4); II 249 (S. 307/9); 250
(S. 310); 252 (S. 311); 427 (s. 312); 428 (S. 313). — Oxy. I 43R; 154.
Beamtenlisten : Oxy. I 43 Verso.
Personenlisten: BGU II 672. — Loud. II 387 (S. 33l).
Dorf listen: Wieu. Stud. 8, 107 (M. 90)— 108(M. 94).
Strafseulisten: Mitt. PR III 261—263. — Wieu. Deuk. XXXVII 227, 73, 6.
Kircheninventar: Greuf. II 111.
Arab.
Abrechnungen: BGU II 539. — Loud. I 113, 7 (s. 217/8); Wess. Prol. 68.—
Wilck. Taf. 19d.
Personenlisten: BGU II 608.
Strafseulisten: Mitt. PR III 262 An. 3.
VII. Tempelakten.
Böin.
Priesterlisten: BGU I 162, 15 ff.; 258; II 406. Vgl. 627.
Inventare: BGU I 40; 162, i/l4; 338; II 387; 488; 590; III 781.
U. Wilckcn: General -Register 13
Rechnungen u. ä.: BOU 1 1 (vgl. 337); 149; 337; 11 302; 489. —
Hermes 23, 029.
B. Private Urkunden.
1. Eingaben von Privaten an Behörden.
I. Klagschril'ten und Bittscliriften.
Ptol.
An den König: Alex. 9. — Leid. B; G 9/22; H 8/20, 21/3C; J 7/24. — Lond.
I 45 (S. 36/7); 23, 5/34 (S. 38); 51a (S. 59/G()); 106 (S. GO/l). — Pai'. 14
(= Tor. 3); 2"^', 24; 2Q; 29; 35; 38; 39. — Petr. II 8 (2)a; 13
(13) 4/5; 17 (1). — Tor. 3. — Vat. V 352f.; 35Gf. (vgl. Witk.
Prodi-. 14).
An den tTtLötQcctrjyog xal ötQatrjybg rijg ©Tjßa'idog: Lond. II 401 (S. 134).
— Tor. 5—7.
An den ßxQat'rjybg aal vo^KQXi]g: Tor. 1 I 14— III 16.
An den ötQurriyog: Oreuf. I 38; 42. — Lond. I 24 R (S. 32/3); 44 (S. 34).
— Par. 12; 13; 36 (= Vat.); 37; 40; 41. — Petr. II 2 (1); 12
(2) (3); S. [32] oben. — Vat. IV 445.
An den oUovo^og: Petr. II 18 (i); 20 col. 4; 32 (2b); App. S. 3.
An die iQyj^atiörai: Petr. II 8 (2)b.
An den vjiod 10 LKy]t)]g: Dresd. (= Leid. D, 1=E, 1 = Par. 30). — Leid.
D, 1; E, 1; E, 2 (= Mil. = Par. 27 = 28). — Loud. I 22 (S. 7/8);
20 (S. 9); 33 a (S. 19/20) (= Par. 33); 21(S.13); 35(8.24/5); 24Vevso(S.26);
41 Verso (S. 28/9).— Mil.— Par. 27; 30; 33. - Vat. V 602f.; 603 f.
An den eTtißrätrjg: Par. 15 I 8— II 33. — Tor. 2; 8; 11; 14.
An den inLiisXrjXTJg: Par. 31. — Petr. U 20 col. 1/2; 32 (1).
An den xco^oyQaii^atsvg: Petr. II 38a.
An den aQiirpvXaxCtrig: Par. 6.
An den aQiLxiKxav. Petr. II 4 (1); 4 (3) (?); 4 (7) u. (9); 13 (1).
An Ungenannt: Alex. 1. — Grenf. I 11 I— II ö; 15; 17. — Lond. I 41 R
(S. 27/8); II 220 1 1-16 (S. ö). — Par. 8; 23. — Passal. 1564 G. —
Petr. II 1; 4 (8); 13 (17); 19; 20 coL 3.
Rom.
An den Präfekten: BGtU I 256; 327; II 378, 11/28; 448, 5 ff.; 525, loff.;
613, 9/25. — CPR I 20 IL — Lond. II 354 (S. IG4/5); 177 (s. 168/9). —
Oxy. I 38; II 237 I-VIII; Vi 12/20.
An den Juridicus: BGU II 378. Vgl. 327. — Oen. 4. — Lond. II 198
(S. 173). — Z. Savig. XV 241 l.
An den aQiLÖi'KaaxYig: Berl. Bibl. 8. — BOII II 455; 578, 9 ff.; 614, 10 ff,
— Oxy. II 281. — Vgl. BGU III 729; 741; Oxy. II 268.
14 I. Aufsätze
An den iTtiaxQdxriyog: BGU I 1G8; 195; 291; 340; II 448; 462. —
Oxy. I 70.
An den axQaxriyog'. BGU 1^2; 22; 35; 45; 46; 72; 181; 242; 321; II
422, 'jft'.; 467; 491; 589; 663; III 731; 757; 759. — Oeii. 6. —
Greiif. II 61. — Lond. II 357 (s. leo); 445 (S. igg/t); 363 (S. 170/1) (?);
176 (S. 174/5). — Oxy. II 282—285.
An den ßuöiXixbg yQa^^axsvg: BGU II 583.
Au den tjtl xüv xexQi^avcov: BGU II 613.
An den Centurio: BGU I 4; 36; 98; 146; 275; 322; 11 436; 454; 515;
522; 651. — Oeii. 3; 16. - Oxy. I 69.
An den Decurio (ßexadocQx^g): BCrlJ I 157. — (ireiif. I 47.
An den Centnrio imd Decurio: Gen. 17.
An den Beneficiarius: Lond. II 342 (S. 17:5/4).
An den t'l^j'^T'r;?: Oxy. I 56.
An den n^osöxag xilg IIsxQcoviavflg ovöüag: BGU II 650.
An Unbekannt: Athen. — BOU I 23 (?); 159; 176; 180; II 481; 482;
616; 648; III 769; 778. — CPR I 232.
Gesuche um Zustellung von Klagschriften u. a. an die andere Partei:
BGU I 226; 239; II 578, 3ff.; 614. — Lond. II 361 R (S. 109/70);
358 (S.172). — Oxy. I 68; II 286.
Byz.
An den Kaiser: Leid. Z (griech.).
An den Präfekten: Grenf. II 78. — Oxy. I 67, 1.^/22; 71.
An den dux Thebaidis: Oxy. I 130.
An den Logisten: Oxy. I 86.
An den praefectus castrorum: Lond. II 410 (S. 298/9).
An den praefectus alae: Lond. II 245 (S. 271/2); 407 (S. 274); 242(8.275);
403 (S. 276); 240 (S. 277/»); 241 (S. 278/9); 412 (ß. 280); 406 (S. --Sl);
411 (S. 281/2).
An den xoTCoxrjQTjxrjg: BGII II 669; 670.
An den jtQOTtoXixevo^svog: CPR I 19. — Oxy. I 67, 1/2.S.
An Ungenannt: CPR I 233. — Lond. 1 113, Hb (S. 224); 113, 12d(S.227). —
Oxy. I 131.
II. Eingaben in Steuerangelegenheiten.
Ptol.
J7toyQCi(pccL: Alex. 6. — Archiv I s. 17.3/4. — Lond. I 50 (s 49). —
Petr. II Introd. S. 33; 36 oben.
i:vvTi{irJ6sig: Petr. II 27 (1); 30e. Vgl. Petr. I 16 (2).
U. Wilckcu: CJenoral-Register 15
liüiii.
Steucrobjekts-Deklarationcii [(x7io'y^)aq)ai)
über Grundbesitz: B(;U I lOHll; 131); lOS; II 420; 536. — Gi-eiil'.
II 56. — Oxy. 1 72; II 248; 250.
über Hausbositz: B(^IJ 1 112; II 420; 45ü; 536. — Oxy. II 247—250.
über Viehbesitz:
a) Kamele: BÖU I 51; 52; 89; 192; 266; 352—355; 357; 358;
II 421; 629; III 762. — Greiif. II 45; 45a. — Loiid. II
304 (S. 72); 309 (S. 73); 327 (S. 74); 328 (S. 75); 368 (S. 7ü).
b) Schafe und Ziegen: BGU I 133. — Hartel üv. V. 74. —
Oxy. I 74; II 245; 246.
c) Esel: Loud. II 473 (?).
über Schiffe: Greuf. I 49.
Objekt unbestimmt: BGU III 785. — Hawara 30 1^.
Auszüge aus anoyQacpaC: B(xU II 545.
Selbstanzeigen aus Augustus' Zeit: Oreilf. I 45; 46.
Anzeige der Hausbewohner durch die Hauseigentümer (yQaq)i] rav — -
oiKovvxav): Oxy. II 254 — 256.
Steuersubjekts -Deklarationen (itar OLKtav anoyQacpat): BOU I 53 — 55;
57—60; 90; 95; 97; 115—120; 122; 123; 125—132; 137; 138;
154; 182; 224; 225; 298; 302; II 410; 430; 447; 524; 537; 577;
III 706; 777. — Grenf. II 55. — Lond. II 476a (S. C2). — Oxy. II
171 (S. 208).
Auszüge aus aar' öUCav KütoyQaq)cct: BGU I 124; vgl. 55. — Loiltl. II
182b (S. 62); 324, 1/29 (S. 63/4); 452 (S. 65).
Fragmente: BGU I 158.
Geburtsanzeigen (yjto^VTJfiara aTtLysi^vyjöscog): BGU 128; 110; 111.
Todesanzeigen: Anz. Wien. Akad. 31,7. — B(^U I 17; 79; 254; III
773. — Loud. II 281 (S. 66); 173 (S. 66/7); 208a (S. 67/8); 338(S.68).—
Mitt. PR V 12/3. — Oxy. I 79 R; vgl. 173 (S. 24o); II 262.
Anzeigen von Erbschaften: Oxy. I 75.
Steuerpacht-Angebote: Greiif. II 41 (= Wilck. Ostr. I 587). — Lond. II
286 (S. 184).
Byz.
Reklamationen: Oxy. I 78,
in. Anderweitige Eingaben an Behörden.
Ptol.
Bürgschaftserklärungen für Steuerpächter: Petr. I 28 (2) 5ff. ; II 46b.
Eidliche Erklärungen: Petr. II 46a. — Rev. L. App. II 2. — Theb. Bank.
11; IIa, b. Vgl. S. 64.
16 I. Aufsätze
Empfangsbesclieinigungen an die kgl. Bank: Petr. Tl 26.
Andere Empfangsbescheinigungen: Loild. I 31, 1/5 (S. 15). — Peir. II
25; 48 (?).
Rom.
An die Epikrisis-Kommission: BGU I 109; 324. — Gen. 18. — Greiif.
II 49. Vgl. Oxy. II 257; 258.
An die Opfer-Kommission (libelli libellaticorum): BGU I 287. — Sitz.
Wien. Ak. 1894 (= Haniack, Theol. Litz. 1894, 38 f. und 162 f.).
An die drjiioßia ßißho^yjxr]: BGU I 184; 243 (?); 379. — CPR I 196. —
Hartel Gr. P. 64/5. — Lond. II 299 (S. i5i); 300 (S. 151/2).
Eidliche Versicherungen: BGU I 85; 92; 244; II 543; 649; III 730. —
Oxy. I 77; 100; II 239; 260; 263.
Gestellungsverpflichtungen [Tia^aötüöeig): BGU 11 58l. — Grenf. II 62. —
Oxy. II 259.
Anträge auf Testamentseröffnung: BGU I 135. — Lond. II 171b (S. 176).
Anträge auf öa^azLö^og: BGU III 729 (?); 741 (?). — Oxy. II 268.
Domanialpacht-Angebote: BGU JI 640. — CPR I 32; 239. — Lond. II
350 (S. 192/3). — Oxy. II 279.
Gemeindepacht-Angebote: CPR I 39.
Meldungen {TtQOöccyysh'aL): Lond. II 280 (S. 19.S/4).
An den 6rQatif]yös'. Oxy. I 76; II 244.
An den Tt^mc^vig: CPR I 20; I S. 110.
An die TOTtoy^a^^cctslg und xco^oyQa^^arstg: Oxy. II 251 — 253.
An Unbekannt: Z. Savig. XV 242 II; 243 III.
Empfangsbescheinigungen über Aussaat: BGU I 31; 104; 105; 107
152; 160; 167; 169—172; 201—211; 262; 263; 278—280; 284
285; 294; 331; II 438—443; 516; 517; 626; 631; III 701; 720
721.
Bescheinigung über Zustellung der Klagschrift: Oxy. I 67, 2.3/4.
Andere Bescheinigungen: Oxy. I 55, 20/23; 107.
Bjz.
Gestellungsverpflichtungen (:;rß;()aö'TKö£tg, TTccQudööSLg^ iyyvai): BGUI 255;
320; 323; II 401; III 752 (?). — Lond. I 113, 5c + Oxf. (GGA
1894, 746) ('?); II 246 (S. 277). — Wien. Denk. XXXVII 121, 23;
122,24; 125,32; 139 App. 159; 146 App. 372; 163 App. ('.C2; 172
App. 808.
Andere iyyvai: Wien. Stud. V Iff".
Eidliche Versicherungen: Grenf. TI 79. — Oxy. I 83; 87.
Anträge auf 6c3^att<)^6g: Oxy. I 126.
An den Comes: Oxv. 1 158.
U. Wilcken: General -Register 17
An den xoiiLtorQißovvog: i)\\. 1 128.
An den Logisten: Oxy. I 00^ i;i-2o.
An Ungenannt: Oxy. I 157.
Gemeindepacht-Vertriige: (!Pß I 41.
Arab.
Gestellungsverpflichtimgen (jtaQaötdösig): BOU II 404; IIT 7r)()
(B) 2. Akten zwischen Privaten.
I. Rechtsgeschäfte.
Ptol.
Verträge über Kauf: (^reilf. I 25; 27; 34; 36; 44 (?); II 15; IG; 20;
23a; 32; 35; 46. — Leid. M; N; P. — Loiid. I 3 (s. 46). — Par.5.—
Vgl. Grenf. I 33.
Verträge über Pacht: Loud. II 226b (S. 9) (V). — Petr. II 44 (?).
Empfangserklärungeu (Quittungen): Orenf. I 26; II 19; 22] 2ö-^ 30;
31. — Leid. C Recto. — Loud. I 22 Verso (S. 8). — Petr. II 47.
Verträge über Darlehen (Schuhisch eine): Oreuf. I 10; 18—20; 23; 28;
29; 31; II 18; 21; 24; 27; 29. — Leid. 0. — Loud. II 222 (ö. 7/8);
225 (S. 8/9); 218 (S. 15/6). — Par. 7.
Verträge über vjrO'O'ijxat : Greuf. II 17.
Auseinandersetzuugsurkuuden (övl^vöscg): Tor. 4.
Verträge über Abtretungen {6vyxo3Q'i]0SLs , äjtoßtdösig, jtuQaxcoQrjöeig):
Greuf. II 25; 28; 33.
Gestellungsverträge (nKQaötaösig): Loud. II 220 II (S. 6). .
Auszüge aus Verträgen: Greuf. I 33. — Petr. II 27 (2).
Testamente: Archiv I S. 63/65. — Greuf. I 12; 21; 24. — Loud. II 219a
Verso, b (S. 2/3). — Petr. I 11; 13 (vgl. GGA 1895, 134); 14—16 (t);
17—21; II Introd. S. 22; 23.
Fragmente: Loud. II 226a (S. 9). — Petr. I 22 (1); 24 (2); II 24 (?).
Rom.
Rechtsgeschäfte durch Vermittelung von Privatbanken: BGU I 70; 88;
281; II 415; 427; 468; 472 II; 607; 645; III 697; 702. — CPR I
14—17; 230. — Greuf. 11 43; 51. — Hawara 31a, b. — Loud. II
333 (S. 199); 317 (S. 209); 332 (S. 210); 336 (S. 221).
Verträge über Kauf: BGU I 71; 87; 100; 153; 177; 193; 228; 233
236; 282; 350; II 413; 416; 453; 455, sft.; 469; 527; 542; 584
666; 667; III 709; 710; 758; 805; 806. — CPR I 1—9; 57; 59
64; 66; 73; 80; 86; 88—90; 93; 95; 96; 102; 103; 105; 106
108—114; 120; 122—144; 146—158; 162; 165; 167; 168; 170
Arcliiv f. Papyruäfürscliuiig 1. 1. ' 2
18 I. Aufsätze
172; 175; 176; 179; 180; 183; 184; 186—194; 197; 198; 200;
203—207; 210—218; 220; 221; 223; 225 (?). — Leipz. 31 R. —
Lond. II 262 (S. 177); 154 (S. 178/80); 140 (S. 180/81); 141 (S. I81/2);
282 (S. 194/5); 303 (S. 195/6); 466 (S. 190/7); 313 (S. 197/8); 320
(S. 198/9); 339 (S. 200). — Oxy. I 95; 99; II 264. — Par. 17. —
Rev. Et. Or. 1894 302 IV, 303 V, 303 VI. — Wess. Taf. 7 (lat.).
Zustimmungserklärungen zu Käufen: Lolul. II 289 (S. I84/5).
Eidliche Bekräftigungen von Kaufverträgen: CPR I 224. Vgl. 225.
Verträge über ocaxayQacpri: BGU I 50.
Verträge über Pacht: BGU I 197; II 526; 538; 636; 644. — CPR I
35—37; 47; 240; 242; 243. — Oxy. I 101; II 277; 280.
Pachtangebote: BGU I 39; 166; 227; 237; II 591; 603; 604; 633;
661. — CPR I 31; 34; 38; 45; 241; 244; 245. — Grenf. II 57. —
Lond. II 163 (S. 182/3); 216 (s. 18G/7); 438 (S. 188/9); 314 (S. 189/90);
168 (S. 190/1). — Mitt. PR II S. 33.
Verpachtungsangebote : Lond. II 335 (S. 191/2).
Verträge über Miete: Oxy. II 278.
Mietsangebote: BGU I 253; II 393; 407.
Dienstvertrags-Angebote: Grenf. II 67. — Lond. II 331 (S. 154/5). — Vgl.
BGU II 638.
Lehrlingsverträge: Grenf. II 59. — Oxy. II 275.
Empfangserkläruiigen (Quittungen): Berl. BibL 6. — BGU I 24; 32;
44; 68; 77; 150; 155; 187; 196; 200; 240; 260; 289; 297; II
394; 418; 419; 445; 446; 514; 612; 635; III 708. — CPR I 46;
63; 82; 107; 202; 228; 246. — Grenf. II 69. — Hawara 30a.—
Leipz. 30. — Lond. II 139 a (S. 200/1); 285 (S. 201); 287 (s. 202);
142 (S. 20:s); 143 (S. 204/5); 172 (S. 205); 178 (S. 207/8); 334 (S. 211);
341(8.213); 343(8.214); 348(8.214/5); 151(8.215/6); 157b (8. 217).
— Oxy. I 91; 98. Vgl. II 268.
Verträge über Darlehen (Schuldscheine): BGU I 69; 101; 179; 189;
190; 238; 272; 290; 339; II 465; 472 I; 578, 11/iG; 664; III 713;
800. Vgl. 741. — CPR I 229. — Gen. 8; 8 bis; 9. — Lond. II 277
(S. 217/8); 308 (8. 218/9). — Mitt. PR II 31; IV 61. — Oxy. II 269.
Kumulativ-Schuldscheine : CPR I 13.
Nachträge zu Darlehen: BGU I 301. Vgl. III 782.
Cession von Ansprüchen: Lond. II 360 (8. 216). — Oxy. II 271; 272.
Verträge über Deposita (;ra()a^f;xo:0: BGU II 520; 637. Vgl. III 729.—
CPR I 29. — Lond. II 278 (S. 206); 310 (S. 208).
Pfandurkunden: CPR I 12.
Verträge über Bürgschaften {tyy{mt): BGU III 782. — Hawara 31a(?).
U. Wikken: General-Register 19
Versprechungen zu Gunsten von Bürgen: Oxy. H 270.
Vollmachtsurkmiden {Gv6tdGH^)'. lUiU I 191; :')()(). — Onif. II 70; 71.—
Lond. II 306 (S. 118/9). — Oxy. I 94; 97; II 261. — Rev. Et. «r.
1894, 301 I, 302 III.
Auseinandersetzungsurkunden (diciLQsösig): BOU I 234; 241 ; II 444. —
CPR I 11; 174; 177; 199; 222. — Lond. II 293 (S. 187/«).
Vertragsregister: BOU II 540. — Mitt. PR V 107. — Vgl. Leipz. (5 Verso.
Heiratsverträge: BGU I 1S3; 251; 252; III 717. ~ €PR 1 21—28.
234—238. — Oxy. II 265; 267.
Scheidungsurkunden: Oxy. II 266.
Schenkungsurkunden: (rrenf. II 68; 70, off.; 71, 8 ff. — Oxy. II 273.
Freilassungsurkunden: BGU I 96.
Testamente: BGU I 86; 326; II 483; 600; III 719. — Oxy. I 104; 105.
Vertragsfragmente: Berl. Bibl. 2 (?). — BGU I 76; 232. — CPR I
48—56; 58; 60—62; 65; 67—72; 74—79; 81; 83—85; 87; 91;
92; 94; 97—101; 104; 115—119; 121; 145; 159—161; 163; 164;
166; 169; 171; 173; 178; 181; 185; 195; 209; 219; 231. —
Hermes 30, 15-2. — Par. 9 bis R; 70 bis (?). — Wilck. Taf. 12b.
Byz.
Verträge über Kauf: BGU I 13; 94; 313; 316; 319; II 373; 402; 456. —
CPR I 10; 226- 221. — Grenf. I 60; II 74. — Jomard. — Jonr.
Phil. 22, 27iff. — Lond. II 251 (S. 317/8). — Par. 21 ; 21 bis; 21 ter.—
Rev. Et. Gr. III 134; 135. — Rev. Phil. 20, 49. — Wien. Denk.
XXXVII 123, 26; 126, 34; 133 App. 105; 153 App. 490; 169 App. 731;
171 App. 774. — Wien. Stud. 8, 9.5 (M. 4); 96; 97 (M. 12, 13).
Verträge über Pacht: BGU I 303; 307; 308; 349; II 364; 409. —
CPR I 40; 42—44; 247 {(itöd'aTcoxrj). — Gen. 10. — Grenf. I 54;
56—58. — Hernais XVI 1—3; 5; 6; 11—16. — Lond. I 113,3
(S. 207/8); 4 + Oxf. (GGA 1894, 747); 5 a (S. 210). — Wess. Prol.
50ff. (vgL Rev. Eg. IV 59); 56 f. — Wien. Denk. XXXVII 130
App. 56; 134 App. 115C; 135 App. 129; 137 App. 144; 138 App. 152;
141 App. 275; 143 App. .307, 309; 144 App. 328; 147 App. 392; 149
App. 422, 425; 151 App. 454, 467; 152 App. 482; 157 App. 523, 536; 160
App. 595; 162 App. 648, 649; 166 App. 706 (?); 168 App. 722; 173
App. 831; 174 App. 864, 867; 253, 7100. — Wien. Stnd. 8, 98 (M. 23);
99 (M. 35, 54).
Pachtangebote: BGU II 519; 586. — Oxy. I 102; 103.
Verträge über Miete: BGU I 305; 306; III 749. Vgl. I 3. — Lond. I
113,5b (S. 211/2); 6a (S. 210/1); 6b (S. 211/2). — Wien. Stud. 7, i.35f.
2*
20 I- Aufsätze
Mietsangebote: BGU II 606.
Verträge über Empbyteuse: Loiid. II 483 (S. 324/29).
Verträge über Verdingimgen, Arbeiten etc.: BOII I 286; II 305; 403. —
Grenf. II 87 (?). — Heriials XVI 30 (= Schmidt I). — Oxy. I
138; 140(?).
Empfangserklärungeu (Quittungen): BGU II 408; 411; III 727; 799;
808. — Oeil. 13. — Oreiif. I 65; 75; 80; 81; 81a; 97; 99; II 102. —
fleruals XVI 7—9; 22. — Lond. II 153 (S. sio); 393 (S. 33:3); 450
(S. 334). — Oxy. I 137. — Reiidic. Acc. Line. 1897, 78, 3. — Rev.
Et. Gr. 1894, 301, ll. — Wien. Denk. XXXVII 141 App. 265; 148
App. 415; 149 App. 423; 176 App. 885 e; 196,9073; 201,54 — 205,62;
215, 66—216, 66, 4; 228, 73, 11; 229, 73, 12 u. 13; 234 App. 27—237
App. 28; 242, 217; 244 App. 247 (?), 190; 250 App. 836; 251 App. 119,
161, 147; 253 App. 894; 254, 73, 73 (2), 75, 75 b; 255, 76; 256 App. 902,
912, 916. — Wien. Stud. 8, loo (M. 46).
Verträge über Darleben (Scbuldscbeine) : BGU I 295; 314; 318; II 363;
365; III 725; 726; 736; 740; 741; 795—797. — CPR I S. 59. —
Gen. 12; 15. — Grenf. I 59; II 72; 86; 88—90. — Hernais XVI
17—19; 21; S. 46 (= Sclimidt II); S. 47 f. — Loud. I 113, 6c
(S. 215/6); II 390 (S. 332); 392 (S. 333). — Oxy. I 133. — Wien.
Denk. XXXVII 122, 25; 124, 29; 131 App. 09; 135 App. 137; 156 App.
518; 157 App. 535; 165 App. 699. — Wien. Stiul. 7, 123f.; 130f.; 8,
100 (M. 50, 51).
Verträge über TtaQccO'TjxaL : Oxy. I 144.
Verträge über Bürgschaft: Grenf. II 99a (?). — Oxy. I 135.
Versprecbungen zu Gunsten von Bürgen: Oxy. 1 125.
Auseinandersetzungsurkuncleu
a) diuLQhsLs: Gen. 11 — Lond. II 391 (S. 329/30); 394 (S. 330/1). —
Vgl. BGU II 405.
b) dmAv(?£tg: BGU I 317. — Lond. I 113, 1 (S. 200/4). —Oxy. I 129
[repudium). — Par. 20. — Wien. Denk. XXXVII 150 App. 45i.
c) Gw^eßEiq: Oxy. I 136. — Wien. Stnd. 8, 98 (M. 28).
Kompromisse: BGU I 309. — Lond. II 456 (S. 335). — Wess. ProL 57/8;
61. — Wien. Denk. XXXVII 127,37; 128, 37 bis.
Versprechen, nicht zu stehlen: Oxy. I 139.
Vertragsformulare: Lond. I 113, 2 (S. 205/7).
Heiratsverträge: CPR I 30. — Wien. Denk. XXXVII 170 App. 768.
Scheidungsurkunden: Grenf. II 76.
Schenkungsurkunden: Wien. Denk. XXXVII 129, 7104 b.
Freilassungsurkunden: Hernais XIII 47/8 (Edmonstone).
Testamente: Grenf. I (52.
U. Wileken: General-Register 21
Vertragsfragmente: BfiU 11 397—400; 609; 608; 673. — Gronf. I 55.—
Hernais XVI 4; 10; 20; 20b.— Wess. i'rol. passim. — Wien. Denk.
XXXVII 123,27; 124,28,30; 125,31,33; 126,35; 127,36; 128,38,
App. 2; 129App. 4(?); 129 App. 20; 130 App. 51, 53; 131 App. 65, 70,
74; 132 App. 82, 83 R; 134 App. 107; 135 App. 120, 121, 127, 136; 136
App. 139; 139 App. 160, 171, 178; 140 Ai^p. 184, 185, 187, 188, 197, 205;
141 App. 273; 142 App. 275, 279, 289—291; 143 App. 324, 325; 144 App.
329, 340; 145 App. 352R, 354; 146 App. 367, 374, 386, 390; 147 App. 391;
149 App. 420, 426; 150 App. 434, 438, 440; * 152 App. 468; 153 App. 483,
495; 155 App. 498,499; 156 App. 511; 157 App. 531; 160 App. 611;
161 App. 634, 635, 641, 642; 162 App. 657, 661; 163 App. 664, 669, 672;
164 App. 685—687; 165 App. 693, 694, 697; 166 App. 701—703, 707; 167
App. 708 — 710; 168 App. 714, 726; 169 App. 728, 729; 170 App. 746b,
762, 772; 171 App. 784, 787, 789; 172 App. 791, 792, 809, 821; 173 App. 822,
823, 833; 174 App. 849, 870; 175 App. 876, 877; 176 App. 884b, 886, 888;
243 App. 681. — Wien. Stud. 8, 95 (M. 5—7), 97 (M. 8—11), 99 (M. 40—48,
58); 102 (M. 59—65); 12, 93 unten.
Aral).
Hierhin gehören vielleicht niiinche der unter Byz. aufgeführten Teste.
Verträge über Kauf: BOU II 671.
Verträge über Pacht: BGU I 310—312.
Verträge über Arbeiten u. dgl.: BOU I 304; II 366.
Empfangserklärungen (Quittungen): BOU I 29; 47; 173; II 367—371;
550; III 737 (?). — Oreuf. II 100. — Wess. Prol. 17 ll. — Wien.
Denk. XXXVII 232, 73, 26.
Verträge über Darlehen: BOU III 751.
Kompromisse: BOU I 315.
Testamente: Loud. I 77 (S. 232/6).
Subskription koptischer Kontrakte: Wess. Prol. 66.
Vertragsfragmente: BOU II 396. — Wien. Stud. 8, 99 (M. 30).
II. Private Briefe.
Ptol.
Alex. 3; 4 — Orenf. I 43; II 36; 38. — Leid. K. — Lond. I 33b
(S. 20/1); 42 (S. 30/1); 28 (S. 43); 43 (S. 48). — Par. 31; 32; 43—49;
58—60. — Passal. 1563. — Petr. I 29; 30 (1); II 2 (3), (4); 3;
11 (1), (2); 40 (a), (b); 42 (b). — Rev. Mel. 295. — Vat. V 60if.
Subskriptionen demotischer Briefe: Orenf. II 14 d.
Köm.
Berl. BiW. 7; 30. — BOU I 27; 33; 37; 38; 48; 93; 164; 246—249;
257; 261; 276; 332; 348; 360; II 380; 384; 385; 417; 423; 424;
22 I- Aufsätze
435- 440—451; 523; 530; 531; 544; 504—597; 601; 602; 615;
623; 625; 632; 665; III 698; 714; 775; 783; 794; 801; 811. —
(Jen. 2. — Greuf. II 108 (lai). — Leipz. 2. — Loiid. II 324, 29 ff.
(S. 63/4); 470 (S. 212) (?); 356(8.252); 144(8.253); 190(8.254/5);
157a (8. 255); 479 (8. 255/6). — Oxy. I 32 (lai); 113—119; 121;
II259;269II;292— 300. — Par. 18; 18bis; 18 qiiat. — Petersbil.-
Rendic. Acc. Line. 1897, 77, 2. — Rev.Et. Gr. 1894, 299 unten (oder
byz.?).— AVess. Taf. 1 (lat.).
Einladungen: BGU I 333. — Oxy. I 110; 111.
Byz.
BOU I 103; 151; 335; 351; II 546; 547; 624; 641; 643; 674; III 728;
798. — Gen. 14. — Grenf. I 53; 61; II 73; 77; 82; 91—94. —
Lond. II 243 (8. soo/i); 413 (8. 301/2); 418 (8. 302/3); 244 (8. 304);
404 (8. 305); 248 (8. 306); 453 (8. 319/20); 480 (S. 32l). — Oxy. I 120;
122; 123; 155; 156. — Wess. Taf. 16. — Wien. Denk. XXXVII
132 App. 83 Vei-so; 145 App. 352 Verso; 153 App. 486; 174 App. 839.—
Wien. Stud. 12, 83 ; 91 ; 93.
-Einladungen: Oxy. I 112.
Arab.
BGU II 605.
III. Sonstige private Aufzeiclinungen.
Ptol.
Wirtschaftsbücher : Sakkakini.
Rechnungen: Grenf. I 15; 39. — Leid. C Verso 3/4; S; T. — Lond. I 2d
(8. 162/3); 29 (8. 163/4); 30 (S. 164/5); II 219aR (8.2). — Par. 9(V);
39 Verso; 52—57 bis; 60 bis; 61 Verso. — Petr. II Introd. 32; Nr. 33.
— Weil.
Listen: Grenf. I 14. — Lond. II 402 Verso- (8. 10/11).
Träume: Leid. C Verso l/ll. — Par. 50; 51. — Vgl. Leid. U.
Verfluchungen: Wien. Kais. 4 ff. (Artemisia).
Rom.
Wirtschaftsbücher: BGU I 14. — Hawara 34 (?). — Lond. I 131 R
(8. 169/188); 131* (8. 189/91).
Rechnungen: BGU III 699; 712; 774. — Grenf. I 51. — Lond. II 202
(8. 247); 206 b (8. 248); 370 (8. 251). — Oxy. I 108. — Wess. Taf. 1
(gi-iech.); 11 (lat.).
Zahlungsanweisungen an Privatbanken: BGU I 156; III 813 (?).
Listen: CPR I S. 125. — Lond. II 191 (8. 264/5). — Oxy. I 109.
Leihhaus- Abrechnung: Lond. II 193 Verso (8. 245/7).
U. Wilcken: General-Register 23
Rezepte: (ilrcnf. I 52.
Bücherkataloge: Pefersb. 13 (vgl. Rh. Mus. 21, i;nfF.j.
Horoskope: Lond. I 98 R (S. i27/3o); 110 (S. 131/2); 130 (S. 133/9). —
Oxy. II 235. — Par. 19; 19 bis.
Bj'z. und Arab.
Rechnungen: BGU I 34; II 377 (arab.); 551 (arab.); 809 (arab.). —
Grenf. II 83; 104. — Lond. I 113, 8 a, b, c, (S. 219/20) (arab.?); II
247 (S. 306); 429 (S. 314/5); 431 (S. Slß); 432 (S. 316); 395 (S. 334).
— Oxy. I 132. — Wien. Denk. XXXVII 133 App 85; 164 App.
685 Verso; 168 App. 723 Verso; XLIV 17, 6876. — Wien. Stud. 12,
84, 85, 88—90, 92, 93.
Anweisungen zu Zahlungen und Lieferungen: Orenf. 11 103. — Lond. II
454 (S. 320). — Oxy. I 92; 93. — Wien. Denk. XXXVII 205,63—
206, 63; 238 App. 886; 239 App. 819; 242 App. 578; 244 App. 235;
245 App. 677, 863; 247 App. 448; 253, 151; 255, 206, 230.
Gebete: Grenf. I 70.
Horoskope: Classical Review 8, 70.
Unbestimmte Stücke,
die im Vorstehenden nicht eingereiht sind.
Alex. 5. — BerL BibL 3; 4; 11—20; 22—25; 27; 28; 31; 32. —
BGU I 30; 108 Verso; 174 (vgl. Hermes 30, 151 f.); 229; 230; II
428; 487; 599; 619; 660; ni732; 733; 745; 756; 793. — CPR I
182; 201; 208. — Grenf. I S. 24; Nr. 30; H 70, 1/5; 85; 109 (lat.);
110 (lat.).— Haivara 32a, b. — Leipz. 10; 18R; 19; 20 Verso;
23; 33R.I — Lond. I 15 (n) — (16) (S. 57/9); 32 (s. 230/1); H 220,
17-25 (S. 6); 223 (S. 3/4); 227 a Verso (S. 4); 227 b (S. 4); 197
(S. 100/1); 475 (S. 102); 164 (S. 116); 383 (S. 117); 359 (S. i5o); 355
(S. 178); 371 (S. 244/5); 212b (S. 266); 211 (S. 266). — Mitt. PR IV 52.
— Oxy. 135 R; II 236.— Par. 63, 8/9,11/12; 9 bis Verso; 18ter.— PassaL
1564 A-F. — Petersb. 2—6; 8—10; 12; 14; 15. — Petr. I S. [34]
An.; 24 (1); 28 (2) 1/4; 30 (2, 3); n 27 (4). — Rev. Mel. 339; 345. —
Wess. ProL67.-Wess.Taf.l7-19; 23; 25-27.- Wien.Denk.XXXVn
132 App. 78; 133 App. 92, 97, 100; 134 App. 115, 115b; 137 App. 141,
145; 138 App. 154, 156a, b, e; 141 App. 206, 271; 143 App. 319, 320; 146
App. 382; 148 App. 403; 150, 427, App. 452; 151 App. 457, 459b; 154
App. 496; 156 App. 516; 160 App. 616, 628, 630; 161 App. 643, 645; 166
App. 700; 168 App. 712; 169 App. 743; 170 App. 763, 767; 171 App. 788;
173 App. 824; 174 App. 868; 175 App. 871 a, b, c, 876; 225,72,2; 228
73, 9; 238 App. 862; 242 App. 584; 243 App. 756, 251, 163, 817; 244
24 I- Aufsätze
App. 664; 245 App. 741, 319, 869 5 246 App. 312, 712, 671; 246 App. 692;
247 App. 257, 875; 248; 249; 250 App. 195; 251 App. 31, 523; 252
App. 140, 226, 913, 6916; 253, 6846, App. 45; 255 App. 846, 79; 256 App. 906;
XLll S. 92 (P. Rain. 1581); XLTV 16; 17. -- Wien. Kais. S.27/8.—
Wien. Stnd. 8, 98 (M. is); 12, 84 Mitte; 97 imteu. — Wilck. Taf. 12d, e.
— Z. Nnmis. XV 331.
Lateinische Papyri
(sind oben eingereiht).
BGU II 610; 611; 628; 696. — Orenf. II 108 — 110. — Leid. Z (vor
der Bittschrift). — Oxy. I 32. — Rev. Phil. 20,47. — Stobbe's Jahrl).
VI, 398 tf. — Wess. Taf. passim.
Erkläruug der Alikürzuiigen.
Allgemein wird das Bedürfnis empfunden, dafs endlich in der
Zitierung der Papyruspublikationen eine Einigung erzielt werde. Hoffent-
lich wird diese Zeitschrift, in der nur eine Methode, und zwar die im
vorstehenden Register befolgte, angewendet werden soll, zur Erreichung
dieses Zieles beitragen.
Mein Prinzip bei Aufstellung der Siglen war: kurz, aber deut-
lich! Unter diesem Gesichtspunkt bin ich auf den Vorschlag, für die
einzelnen Editionen einzelne Anfangsbuchstaben festzusetzen, nicht ein-
gegangen, denn bei der Masse der Editionen würde es ein Spezial-
studium erfordern, sich alle diese Siglen im Gedächtnis zu bewahren.
Man braucht z. B. nur einen Blick in die assyriologische Litteratur zu
werfen — mit ihren MAP, ASKT, OBJ u. s. w. — , um ein Grauen
vor der Übertreibung dieser Methode zu empfinden. Nur zwei Aus-
nahmen habe ich zugelassen, zumal diese sich schon einer gewissen
Verbreitung erfreuen, nämlich BGU (= Berliner Griechische Urkunden)
und CPR (= Corpus papyrorum Raineri). Sonst habe ich es vorgezogen,
immer ein charakteristisches Wort, ganz oder in mäfsiger Verkürzung,
zu geben, durch das man an den Fundort oder das betreffende Museum
oder den Editor oder den Finder deutlich erinnert wird. Soweit Stadt-
namen in Betracht kommen, schien es mir mit Rücksicht auf den inter-
nationalen Gebrauch richtig, immer die Form zu gründe zu legen, die
die Stadt in ihrer Sprache hat, daher Mil(ano), Tor(ino), Wien, Gen(eve)
u. s. w. Römische Zahlen sind nur für Bände angewendet, sonst immer
arabische. Ein vorgesetztes P (=Papyrus) wird sich überall empfehlen,
U. Wilcken: General-Register 25
WO nicht durch eleu Zusammenhaug (wie iui Jvegister) klar ist, dafs es
sich um Papyri handelt.
Ich habe mich nur mit wenigen Fachgenossen vorher besprechen
köimen. Es wäre sehr dankenswert, Avenn selbst diejenigen, die bessere
Siglen zu haben glauben, im Interesse der Einigkeit sich künftig der
für diese Zeitschrift mafsgebenden Methode anschliefsen wollten.
P. Alex. == Botti, Papyrus ptolemaiques du Musee d'Alexandrie, im
„Bulletin de la Societe archeologique d'Alexandrie" Nr. 2, Alexaudrie
189'), S. 6öS.
P. Autou. = Classical Review VII 1893, S. 476. Vgl. Hermes 32, 509 fi'.,
33, 422 (Schreiben des Triumvir M. Antonius).
P. Ashmol. = Mahafi'y, On new papyrus-fragments from the Ashmolean-
Museum at Oxford, in „The transactions of the Royal Irish Aca-
demy« XXXI, 6 (1898), S. 197 if. — Vgl. unten S. 165ff.
P. Athen. = E. Egger, Bulletin de la Societe imperiale des antiquaires
de France, Paris 1862, S. 128 ff. — Der von Viereck als Athen. II
aufgeführte Text ist identisch mit P. Sakkakini (s. unten).
Berl. Bibl. = Gr. Parthey, Frammenti di papiri greci asservati nella
Regia biblioteca di Berlino, in „Memorie dell' Istituto di con^e-
spondenza archeologica" II, 1865, S. 438 ff.
BGU = Ägyptische Urkunden aus den königlichen Museen zu Berlin,
herausgegeben von der Generalverwaltung. Griechische Urkunden,
Berlin I 1895; II 1898. Von III sind zur Zeit 4 Hefte erschienen
(bis Nr. 813).
P. Boissier = J. Nicole, Avillius Flaccus prefet d'Egypte et Philon
d'Alexandrie, in „Revue de philologie" XXII, S. 18 ff. — Vgl. unten
S. 168 ff
P. Buttuiann = H. Buttmann, Erklärung der griechischen Beischrift auf
einem ägyptischen Papyrus aus der Minutolischen Sammlung, in
„Abhandl. Berl. Akad." 1824, S. 89 ff.
P. Caftaoni = Vittorio Scialoja, II papiro giudiziario Cattaoui e il matri-
monio dei soldati romani, in „Bulletino dell' Istituto di diritto
romano" VIII 1895, S. 155 ff. — Hiernach ist im Register zitiert,
da die erste Ausgabe von Botti, Rivista Egiziana VI Nr. 23, S. 529 ff.
mir nicht zugäno-lich war.
ehrest, dem. = E. Revillout, Chrestomathie demotique, Paris 1880.
CPR =^ Corpus papyrorum Raineri archiducis Austriae I Griech. Texte,
herausgegeben von Wessely unter Mitwirkung von Mitteis, Wien 1895.
P. Dresd. = Wessely, Die griechischen Papyi-i Sachsens, in den „Be-
richten über die Verhandlungen d. kgl. Sachs. Gesell, d, Wiss, ph.
26 I- Aufsätze
bist. Kl. 1885, S. 276 ff. Vgl. E. Haaser, Der griech. Pap. d. kgl.
öffeutlichen Bibliothek zu Dresden, 1885 (Weimar. Hof- Buch-
druckerei).
P. Droysen = J. G. Droysen, Kleine Schriften I, S. 1 ff. (vgl. S. 386/7).
P. Forshall = J. Forshall, Description of the greek papyri in the British
Museum, Lond. 1839. — Oben sind nur diejenigen Nummern nach
Forshall zitiert, die nicht in Kenyons Catalogue aufgenommen sind.
P. Oeil. = J. Nicole, Les papyrus de Geneve, premier fascicule 1896.
P. Greilf. I = B. P. Grenfell, An alexandrian erotic fragment and other
greek papyri chiefly ptolemaic, Oxford 1896.
P. Oreilf. U = B. P. Grenfell and A. S. Hunt, New classical fragments
and other greek and latin papyri, Oxford 1897.
Harte] Gr. P. == W. v. Hartel, Über die griechischen Papyri Erzherzog
Rainer, Wien 1886.
P. Hawara = Flinders Petrie, Hawara Biahmu and Arsinoe, Lond. 1889.
P. Heruals XHI und XVI = XIII. und XVI. Jahresbericht des k. k. Staats-
gymnasiums in Hernais, Wien 1887 und 1890, mit Aufsätzen von
Wessely.
P. Jomard = Notices et extraits des manuscrits de la bibliotheque
impe'riale XVIII (2), S. 257 ff.
P. Leid. = C. Leemans, Papyri graeci musei antiquarii publici Lugduni-
Batavi, I, 1843; II, 1885.
P. Leipz. = Wessely, Die griech. Papyri Sachsens, in den „Berichten
über die Verhandlungen der kgl. Sachs. Gesell, d. Wiss. ph. bist.
Kl. 1885, S. 237 ff.
P. Lond. I und n = F. G. Kenyon, Greek papyri in the British Museum.
Catalogue with texts, I Lond. 1893; II 1898. — Vgl. unten S. 131 ff
P. Mil. = Ant. Ceriani, Un papiro greco del 162 a. C. in „Reale Istituto
Lombardo dei Scienze e lettere, Rendiconti," Ser. II, vol. IX, Milano
1876, S. 582 ff.
Mitt. PR. = Mitteilungen aus der Sammlung der Papyrus Erzherzog
Rainer I— VI, Wien 1887 ff
P. Oxy. I und II = B. P. Grenfell and A. S. Hunt, The Oxyrhynchos-
Papyri, I 1898; II 1899, in „Egypt Exploration Fund, Graeco-
roman brauch".
P. Par. = Notices et extraits des manuscrits de la bibliotheque impe-
riale XVIII (2), Paris 1865 (Brunet de Presle).
Parth. Theb. = G. Parthey, Die thebanischen Papyrusfragmente im
Berliner Museum, in „Abhandl. Berl. Akad." 1869, S. 1 ff. — Hier-
nach ist oben nur das eine Stück zitiert, das nicht in meine „Theb.
Akten." aufgenommen ist.
U. Wilcken: General-RegiBter 27
P. Passal. = Letronne, Lettre h Mr. Passalacquu, in „Notices et extraits
de la Bibl. imp." XVIII (2), S. 400 fi'.
P. Petersb. = E. Muralt, Catalogue des manuscrits grecs de la biblio-
theque imperiale publique de Petersbourg, 1864.
P. Petr. I, II imd App. = J. F. Mahaffy, The Flinders Pctrie Papyri
with transcriptions, commentaries etc., Dublin, I 1891; II 1893;
Appendix 1894.
P. Reiiiach Gizeh = Theod. Reinacli, l'empereur Claude et les antisemites
Alexandrins d'apres un nouveau papyrus, in „Revue des etudes
Juives'' XXXI 62, 1896, S. 161 ff.
Rev. L. = B. P. Grenfell, Revenue Laws of Ptolemy Pbiladelpbus,
Oxford 1896.
Rev. Mel. = E. Revillout, Melauges sur la metrologie, reconouiie poli-
tique et l'histoire de l'ancienne Egypte, Paris 1895.
P. Sakkakini = E. Revillout, Revue Egyptologique III 118 ff.
P. Scliow = Nie. Schow, Charta papyracea graece scripta musei Bor-
giani Velitris, qua series incolarum Ptolemaidis Arsinoiticae in
aggeribus et fossis operantium exhibetur, Rom. 1788.
P. Schmidt = W. A. Schmidt, Forschungen auf dem Gebiet des Alter-
tums. I. Teil: Die griech. Papyrusurkunden der kgl. Bibliothek zu
Berlin, 1842. Oben zitiert nach der Neuedition von Wessely in
„Hernais XVI".
Theb. Bank. = Wilcken, Aktenstücke aus der kgl. Bank zu Theben in
den Museen zu Berlin, London, Paris, in „Abhandl. Berl. Akad." 1886.
P. Tor. = Amadeo Peyron, Papyri graeci Regii Taurinensis Musei
Aegyptii, I 1826; II 1827.
P. Tor. dem. = demotische Papyri des Turiner Museums. Nr. 20 =
Par. S. 215. — Mr. 21 = A. Peyron, Pap. di Zoide, S. 35 ff. —
Nr. 23, 24, 25 = Lumbroso, Documenti Greci del Regio Museo
Egizio di Torino raccolti, 1869, S. 13 ff.
P. Vat. = Angelo Mai, Classicorum auctorum e Vaticanis codicibus
editorum tom. IV u. V, Rom. 1831—1833.
P. Weil = Henri Weil, Un papyrus inedit de la bibliotheque de
M. Ambroise Firmin-Didot, in „Monuments grecs publies par l'Asso-
ciation pour l'encouragement des Etudes grecques en France"
1879, S. 35.
Wess. Prol. == Wessely, Prolegomena ad papyrorum graecorum novam
coUectionem edendam, Wien 1883.
Wess. Taf. ^= Wessely, Schrifttafeln zur älteren lateinischen Palaeo-
gi'aphie, Leipzig 1898.
Wien. Kais. = Wessely, Die griech. Papyri der kaiserl. Sammlungen
28 I- Aufsätze: U. Wilcken: General-Register
Wiens, in „XI. Jaliresbericlit über d. k. k. Franz-Joseph-Gyninasium
in Wien, 1885."
Wilck. Obs. = Wilcken, Observationes ad historiam Aegypti provinciae
Romanae, Diss. Berl. 1885.
AV^ilck. Taf. = Wilcken, Tafeln zur älteren griechischen Palaeographie,
Leipzig 1890.
Witk. Prodr. = Stanislaus Witkowski, Prodromus grammaticae pap.
graec. aetatis Lagidarum, Krakau 1897.
Young Hierogl. = Thom. Young, Hieroglyphics coUected by the Egypti-
an Society, I 1823; II 1828.
P. Zois == Amadeo Peyrou, Papiri Greco-Egizi di Zoide dell' Imp. R.
Museo di Vienna, 1828. Oben zitiert nach der Neuedition von
Wessely in „Wien. Kais".
Die Abkürzungen der Zeitschriften bedürfen kaum einer Erklärung.
Hervorgehoben sei nur: Archiv = Archiv für Papyrusforschung und
verwandte Gebiete, Bull. hell. = Bulletin de correspondance hellenique,
0(JA = Göttingische Gelehrte Anzeigen, Joiir. Phil. = Journal of Philology,
Proc. Bibl. Ar. = Proceedings of the Society of Biblical Archaeology,
llev. Eg. = Revue Egyptologique, Rev. Et. Or. = Revue des Etudes
Grecques, Rev. Phil. = Revue de philologie, Stohbe's Jahrb. = Stobbe's
Jahrbücher für das gemeine deutsche Recht, Wien. Denk. = Denkschriften
der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, phil. bist. Klasse, Wien.
Breslau. Ulrich Wilcken.
Heidnische Märtyrerakten.
Die bisher bekannt gewordenen Papyri, die Verhandlungen vor-
nehmer alexandrinischer Griechen und Juden mit römischen Kaisern
betreifen (Claudius, Trajan und einem dritten, der entweder Marcus,
Verus oder Commodus ist), sind von den Herausgebern und in den
darüber vorliegenden Abhandlungen übereinstimmend als aktenmäfsige
Wiedergabe der Wechselreden und Vorkommnisse bezeichnet worden.
U. Wilcken (Hermes XXX S. 496if.) hat, gestützt auf die Be-
obachtung einiger Latinismen, die lateinischen Kommentarien der Kaiser
Claudius und Trajan als die von den Gesandten ihren Berichten zu-
grunde gelegte und nur geringfügig für das alexandrinische Publikum
zugerichtete Vorlage angenommeu. Allerdiiio-s hatte dieser Forscher
mit Rücksicht auf das Vorhandensein zweier die Verhandlung mit
Trajan betreffender und nicht völlig übereinstimmender Fassungen auch
die Mügliclikeit ins Auge gefafst, dafs die eine von einem griechischen,
die andere von einem jüdischen Teilnehmer der gleichzeitig erschienenen
Abordnungen herrühre, und er hatte am Schlüsse seines Aufsatzes (S. 498)
diese Papyrustexte als einen „neuen Litteraturzweig" bezeichnet, dessen
genaueres Verständnis von weiteren Funden zu erhoffen sei.^)
Th. Reinach (a. u. a. 0.) steht auf demselben Standpunkte, er hält
sowohl den auf Claudius bezüglichen, wie den von Tjrajan handelnden
Papyrus für die Wiedergabe stenographischer Aufzeichnungen, die bei
den Verhandlungen selbst gemacht worden sind. -
Wilcken's Hoffnung hat sich jüngst erfüllt, die Ausgabe der Oxy-
rhynchos -Papyri I von Grenfell und Hunt, London 1898 enthält unter
No.XXXHI ein drittes Beispiel eines solchen Berichtes über eine Verhand-
lung vor dem Richterstuhl eines römischen Kaisers. Die Herausgeber
lehnen zwar aus naheliegenden Gründen für diesen Wilcken's Annahme
ab und bestreiten, dafs er aus den kaiserlichen Kommentarieii geschöpft
sei, vermuten aber gleichfalls, dafs er den offiziellen Rapport eines der
1) Zuletzt hat U. Wilcken in dem Verzeichnis zu Bd. I und II der Berliner
griechischen Urkunden, wenn auch mit Vorbehalt, diese Papj'ri als Amtstage-
bücher [v7touvr\uuxia^oi) alexandrinischer Gesandten augeführt.
30 I- Aufsätze
Teilnehmer an der Gesandtschaft enthalte und betonen ausdrücklich,
dafs dessen Inhalt, ohschon uns nur eine Abschrift für private Zwecke
erhalten ist, doch als durchaus aktenmäfsig beglaubigt gelten müsse.
Diese Ansichten über den urkundlichen Charakter der erwähnten
Papyri^) müssen meines Erachtens modifiziert werden.
Für diese Gattung von Aufzeichnungen bietet vielmehr die Schrift
des Philon über die Gesandtschaft an Gaius ein zwar nicht völlig
entsprechendes litterarisches Analogou^), näher verwandt sind ihnen
aber die ältesten für echt geltenden und viele der nacliAveislich ge-
fälscliten christlichen Märtyrerakten. Dies will ich im folgenden dar-
thuu und daraus einige für die Beurteilung der neuen Handschriften
nahegelegte Folgerungen ziehen.^)
1) Der Bericht über die Verhandlungen vor Claudius liegt vor in BGU 511
(vgl. U. Wilcken, Hermes XXX S. 485 ff.) und in dem zur selben Rolle gehörigen,
auf den Berliner Text folgenden Bruchstück in Gizeh (Th. Reinach, Rev. des
etudes Juives XXXI (1895) S. 161 ff., vgl. U. Wilcken, Berl. philol. Wochenschr.
1896 Sp. 1617, 1897 Sp. 410).
Von dem Berichte über die Gesandtschaft an Trajan besitzen wir zwei ver-
schiedene Fassungen. Die erste setzt sich zusammen aus P. Par. 68 und dem
zur selben Rolle gehörigen Londoner Bruchstück, das früher mit No. XLIII jetzt
mit No. I bezeichnet ist. Der Pariser Text ist veröffentlicht von U. Wilcken,
Hermes XXVII S. 464 ff. und nach neuer Vergleichung des Originales von Th. Rei-
nach (Revue des et. Juives XXVE (1893) S. 70 ff., vgl. Krebs, Berl. philol. Wochen-
schr. 1894 Sp. 1524 und U. Wilcken, Hermes XXX, S. 481 ff.). Der Londoner Text
ist veröffentlicht von U. Wilcken, Hermes XXVH a. a. 0. und etwas abweichend
von Kenyon (P. Lond. I S. 229, vgl. U. Wilcken, Gott. gel. Anzeigen 1894, S. 749).
Die zweite Fassung dieser vor Trajan geführten Verhandlung enthält der Berliner
Papyrus BGU 341, veröffentlicht von Krebs (vgl. U. Wilcken, Hermes XXX,
S. 482).
Auf eine ähnliche Verhandlung bezieht sich der Berliner Paj)yrus BGU 588,
der jedoch zu keiner der bisher bekannten Rollen gehört und infolge seiner
schlechten Erhaltung nicht näher bestimmt werden kann.
2) Unter den Papyri der Ptolemäevzeit besitzen wir ein mit diesen Verhand-
lungsberichten vergleichbares Dokument: den Bericht eines Teilnehmers am laodi-
keischen Kriege (Mahafly, P. Petr. II 45, vgl. U. Köhler, Sitzungsber. d. Berl. Akad.
1894, S. 445 ff.). Auch dieses ist wie jene Gesandtschaftsberichte eine „Privat-
abschrift", es enthält eine teils in der 3., teils in der 1. Person erzählte Dar-
stellung der Ereignisse, in der sich Angaben amtlichen Charakters finden.
3) Auf die echten christlichen Märtyrerakten als Analogie hat, seit ich
diesen Aufsatz geschrieben habe, in einer Besprechung des Papyrus von Oxy-
rhynchos auch U. v. Wilamowitz (Gott. gel. Anz. 1898, S. 690) hingewiesen.
H. Weil, Rev. des etudes Grecques XI S. 243 hat auf die Wiederkehr der Namen
Isidoros, Theon und Lampon in dem Claudiuspapyrus und in der Rede des Ap-
pianos aufmerksam gemacht und gemeint, dafs diese noch ein Jahrhundert später
wie eine Art Märtyrer in Alexandricn verehrt worden seien. Deissmann, dem
Adolf Bauer: Heidnische Märtyrerakten 31
Ich bestreite durchaus nicht, dafs diesen Darstellungen der vor
dem Richterstuhle des Kaisers durcho-efülirten Verhandlungen und der
Wiedergalje der dabei gehaltenen Reden amtliche Aufzeichnungen und
Berichte der dabei beteiligten Gesandten zu gründe liegen. Es sind
ja jetzt genug Beispiele von solchen Protokollen über Gerichtsverhand-
lungen vor verschiedenen Amtspersonen durch die Papyri bekannt ge-
worden. In diesen Protokollen war der Inhalt der Reden kurz ver-
zeichnet, die von den Anwälten gehalten worden sind, sie enthielten
Fragen und die Entscheidung des Richters. Wir wissen auch, dafs sie
in den Archiven hinterlegt, und dafs häufig davon Abschi'iften gemacht
worden sind, wenn später ein Anlafs gegeben war, auf die in einer
Streitsache bereits getroffene Entscheidung zurückzukommen. Es wird
niemandem beifallen, die Urkimdlichkeit solcher Protokolle von Ge-
richtsverhandlungen zu bezweifeln. Es liegt also auf der Hand, dafs
ähnliche Aufzeichnungen auch gemacht worden sind, wemi wie in
unserem Falle vornehme Alexandriner vor dem Kaiser erschienen,
als Angeklagte von ihm vernommen wurden mid ihr Urteil erhalten
haben.
Allein Audienzen und Gerichtsverhandlungen, in denen der Kaiser
über das politische Verhalten der Angeklagten richtet, in denen die
Führer der alexandrinischen Bürgerschaft oder Abgesandte der dort
lebenden Juden erschienen, haben eine ganz andere Wichtigkeit gehabt
als die Entscheidungen eines Strategen in irgend einem ägyptischen
Dorf über eine Erbschaftsangelegenheit. An dem Ausgang jener Pro-
zesse war die Bürgerschaft einer der gröfsten Städte des römischen
Reiches interessiert, das Urteil des Kaisers hatte bei den steten Streitig-
keiten zwischen den dortigen Griechen und Juden grofse prinzipielle
Bedeutung, kurz solche Verhandlungen waren politische Ereignisse
ersten Ranges. Darin ist es begründet, dafs auch die Berichte darüber
dem Schicksal aller politischen Litteratur nicht entgangen sind. Sie
haben nämlich keineswegs alle den gleichen Charakter der Urkmidlich-
keit, sondern stehen der aktenmäfsigen Wiedergabe der Vorgänge bald
näher, bald ferner, und entsprechen insofern vollständig den uns be-
kannten Berichten über die Verhandlungen gegen angeklagte Christen,
von denen bekanntlich einige wenige ebenfalls als durchaus getreue
Wiederholung der von den notarii bei der Sitzung selbst gemachten
P. Viereck zustimmt, hat die meines Erachtens irrige Ansicht ausgesprochen, dafs
alle diese Papyri Abschriften aus einem vielgelesenen Buche seien, das eine
historia calamitatum der alexandrinischen Juden enthielt (Theolog. Litte raturztg.
1898, Sp. 602 fF.), den litterarischen Charakter dieser Aufzeichnungen und die
darin enthaltenen Übertreibungen aber richtig hervorgehoben.
32 !• Aufsätze
Aufzeiclimmgen gelten dürfen, während in der überwiegenden Mehr-
zahl der Fälle nur die Form des Protokolles festgehalten wird, im
übrigen aber der Vorgang ausgeschmückt wiedergegeben oder ganz er-
funden ist. Die Akten der christlichen Märtyrer sind ein Bestandteil
der Litteratur des Christentums geworden, sie dienten der Erbaviung
und als Vorbilder zur Nachahmung, werden also von der Tendenz be-
herrscht. Von den Papyri, die man bisher als Verhandlungsberichte
über alexantbinische Gesandtschaften bezeichnet hat, gilt das Gleiche.
Denn auch sie betreffen insgesamt, soweit wir sie kennen,
richterliche Entscheidungen des römischen Kaisers, ja durch-
weg Todesurteile gegen vornehme Griechen aus Alexandria,
sie schildern deren mutiges Verhalten vor dem Tribunal des
Kaisers. Es wäre seltsam, wemi unter solchen Umständen nicht auch
unter ihnen sich Beispiele fänden, deren Unechtheit sich beweisen oder
doch wahrscheinlich machen läfst.
Der Bericht über die Verhandlung vor Claudius ist allerdings, Avie
Wilckeu gezeigt hat, eine nur unwesentlich geänderte Wiedergabe aus
dem Amtstagebuch der griechischen Gesandtschaft; es ist möglich, dafs
ihm die kaiserlichen Kommentarien zugiamde liegen, und es scheint,
dafs der Redaktor dieses Berichtes nichts anderes gethan hat, als die
ägyptischen Daten an die Stelle der römischen zu setzen. Dieser
griechischen Ausfertigung der lateinischen Vorlage ist also derselbe
Grad von Genauigkeit eigen wie der griechischen Übersetzung des
lateinischen Originales auf der Inschrift im Tempel des Augustus und
der Roma in Ancyra. Der Bericht über die Verhandlungen vor Trajau
scheint mir schon im geringeren Mafse von dem Streben nach Ur-
kundlichkeit und stärker von der Tendenz beherrscht zu seiii, die
Standhaftigkeit des Sprechers der Griechen möglichst wirkungsvoll dar-
zustellen. Diese Darstellung nähert sich ihrem Charakter nach schon
weit mehr den Erzeugnissen der politischen und historischen Litteratur,
die urkundliche Fassung der Erzählung ist zur Form geworden^), ihr
Wert als geschichtliches Zeugnis ist nicht gröfser als der der Schrift
des Philon, die Glaubwürdigkeit der mitgeteilten Reden ist mindestens
teihveise kaum gröfser als die der Reden in den Werken der antiken
Historiker, im günstigsten Falle so grofs wie die der Rede des Clau-
1) Dafs VerhandlungsLerichte und in diese Form gekleidete Darstellungen
litterarische Verbreitung haben finden können, wie die späte Abschrift des Clau-
diustextes beweist, obschon nach guter antiker Tradition diese Form für ein
litterarisches Erzeugnis ganz ungeeignet war, kann im 1. und 2. Jahrhundert n. Clir.
nicht Wiuider nehmen. Damals haben die früher für die Stilisierung solchen
KohmaLeriales verbindlichen Gesetze nicht mehr gegolten.
Adolf Bauer: Heidnische Märtyrerakten 33
dius über das Bürgerrecht der Gallier bei Tacitus, für deren Zurichtung
und Stilisierung durch die Hand des Tacitus uns in dem authentischen
Verhandlungsprotokoll auf der Tafel von Lyon ein Mafsstab gegeben
ist. Der auf dem Papyrus von Oxyrhynchos erhaltene Bericht endlicb
ist meines Erachtens ganz unglaubwürdig und ein rhetorisches Mach-
werk trotz der protokollarischen Form. Diese Aufstellimgen habe ich
nun im folgenden zu begründen und durch die Analogie, welche die
christlichen Märtyrerakten bieten, zu erhärten.
Ich schicke eine Bemerkung über den Gresandtschaftsbericht des
Philon voraus. Diesem Autor ist es in seiner Darstellung über den
Empfang der jüdischen Gesandten durch Gaius um den Nachweis zu
tliun, dafs alle jene Machthaber ein schlimmes Ende genommen haben,
die gegen die Juden in Judäa und in der Diaspora strenge Mafsregeln
angeraten, angeordnet oder durchgeführt hatten. Philon ist wenn auch
abgeschmackt und von unleidlicher Breite in seiner Darstellung doch
noch soweit Stilist, dafs er den persönlichen Ermnerungen an seine
Erlebnisse als Gesandter nur eine verhältnismäfsig untergeordnete Stelle
anweist und nicht die Form der amtlichen lielation dafür gewählt ha^.
Überdies war der Mifserfolg der Abordnung, an der er teilgenommen
hatte, zu einer breiteren Ausführung keineswegs einladend.
Der Bericht über den Gymnasiarcheu Isidoros von Alexandrieu
und Lampon, die sich bei Claudius über den mit diesem befreundeten
jüdischen König Agrippa beschweren und deren Verurteilung zum Tode
vom Kaiser nach kurzer Verhandlung bestätigt wird, ist, wie bemerkt,
eine nur geringfügig veränderte Wiedergabe der aktenmäfsigen Auf-
zeichnung. Dies zeigt die genaue Datierung der Verhandlungstage, die
Aufzählung der Personen, die als Consilium des Kaisers an der Ge-
richtsverhandlung teilnehmen, die Angaben über deren Ort, endlich
die auf der ersten Kolumne enthaltene Darstellung der Vorverhandlung,
in die mehrere Mitglieder des Consiliums eingreifen. Wenn ferner bei
der Verhandlung selbst Lampon zu Isidoros sagt, er habe bereits dem
Tode ins Antlitz gesehen^) und der Kaiser dann Isidoros vorwirft, dafs
er viele seiner Freunde-) zum Tode gebracht habe, was dieser mit dem
Hinweis rechtfertigt, er sei den Befehlen des damaligen Kaisers (Gaius',
1) Die Ergänzung des Fragmentes von Gizeh ist an dieser Stelle nicht mit
voller Sicherheit zu gewinnen.
2) In den christlichen Martyrien stellen die die Untersuchung führenden
Beamten den Angeklagten überaus häufig vor, dafs, wenn sie opfern, sie den
amici Caesaris beigezählt werden. Vgl. die Zusammenstellung bei Le Blant, Me-
moires de l'institut national de France XXX, 2, S. 132 ff. Die Benennung besagt
also nicht mehr als „loyaler Unterthan",
Archiv f. Papyrusforschung I. 1. 3
34 I- Aufsätze
des Judengegners) gehorsam gewesen, und er würde auch jetzt jedem
kaiserlichen Befehl Folge leisten, so erweckt all dies nicht das mindeste
Bedenken dagegen, dafs diese Wechselreden aktenmäfsig wiedergegeben
sind. Auch, die folgenden, leider nicht vollständig erhaltenen Sätze
sind, da sie vor dem Tribunal des Claudius gesprochen werden, völlig
eüiwandfrei. Wir wissen ja, d^fs dieser Herrscher sich von Angeklagten
und Advokaten die gröfsten Sottisen hat bieten lassen. Dem entspricht,^
wenn Isidoros" dem kaiserlichen Vorwurf, er sei ungebildet, mit scharfe n
Worten begegnet, wenn er stolz auf seine Würde als Gymnasiarch der
hervorragenden Stadt Alexandria hinweist und wenn er endlich daran,
wie Wilcken gezeigt hat, eine für Claudius beleidigende Anspielung
auf Beziehungen desselben zu einer Jüdin Salome fügt. Auch mit der
Bemerkung des Lampon, der Isidoros mit dem Hinweis auf Claudius'
Narrheit zur Beendigung seiner Darlegung auffordert, wird es wahi--
scheinlich seine Richtigkeit haben; ja es ist sogar möglich, dafs diese
in den kaiserlichen Konnneutarien ebenso verzeichnet war wie der
keineswegs schmeichelhafte Zwischenruf der Senatoren auf der Tafel
von Lyon, der gleichfalls aus dieser Quelle stammt. Hierauf giebt aber
Claudius denjenigen, denen bereits früher die Hinrichtung des Isidoros
und Lampon aufgetragen war, den Befehl, beide abzuführen. Damit
bricht das Erhaltene ab. Die uns vorliegende Abschrift, die erst aus
dem zweiten Jahrhundert n. Chr. stammt, hat nicht nur in dem
Interesse ihren Ursprung, das man bei dem andauernden Gegensatz
zwischen Griechen und Juden in Alexandrien an älteren kaiserlichen
Entscheidungen in dieser Sache gehabt hat, sondern sie zeugt auch
von der in den Kreisen der Griechen begreiflichen Sympathie für die
beiden Männer, die mit ihrem Leben die schwankende Politik der
Caesaren gegenüber der alexandrinischen Judenschaft hatten büfsen
müssen. Ihr mutiges und furchtloses Auftreten mochte als vorbildlich
betrachtet werden, ihr Andenken ist, wie wir aus einem anderen dieser
Papyri erfahren werden, als das von Blutzeugen noch in viel späterer
Zeit lebendig gewesen.
In den beiden anderen uns erhaltenen „Gesaudschaftsberichten"
fehlen jene Anzeichen der Urkundlichkeit, die den Claudiuspapyrus aus-
zeichnen. Der Mangel solcher aktenmäfsiger Angaben ist schwerlich
in der Lückenhaftigkeit und Unvollständigkeit der Handschriften be-
gründet; für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Erhaltenen kommt
dieser. Umstand jedoch nicht in Betracht. Mit dem Claudiuspapyrus
haben diese beiden spätere, ähnliche Vorkommnisse betreifenden Berichte
gemein, dafs wiederum griechische Würdenträger aus Alexandrien an-
gesichts des bereits verhängten Todesurteiles nicht nur unerschrocken.
Adolf Hauer: Ilcidiiische Märtyrerakten 35
sondern sogar niafslos herausfordefnd dem Herrscher der Welt ent-
gegentreten. Höchst wirksam und patlietiscli wird diejres ihr Ver-
halten in Wechselreden ges(diildert.
Ich lasse nun die Berichte selbst folgen. - Wie Isidoros vor Clau-
dius als Angeklagter sich zur Rechtfertigung auf die judenfeindlichen
Befehle des Gaius berufen hatte, so lassen die von den Juden be-
schuldigten Griechen vor Trajan zunächst den Erlafs des Lupus, des,
Statthalters des Kaisers, verlesen, der die Vorführung des jüdischen
Königs befohlen, und diesen darin einen Theaterkönig und Komödianten-
sohn genannt hatte. Die Antwort des Kaisers hierauf, sowie die
Reden, erst der Juden, dann der angeklagten Griechen, hierauf aber-
mals eine der Juden, dann der angeklagten Griechen, hierauf abermals
eine der Juden, in denen es sich um die Vertreibung von 60 Alexan-
drinern und die Tötung ihrer Sklaven handelt, sind sehr schlecht er-
halten. Nur soviel ist zu erkennen, dafs Trajan die Anklagen der
Juden einmal mit der Versicherung unterbricht, über diesen Gegenstand
sei er unterrichtet und dafs er dann schliefslich zu den Juden ge-
wendet bemerkt: „In all diesem stimme ich euch bei, aber nicht die
Alexandriner, sondern die, welche dieses gethan haben, sind zu ver-
folgen." Die Griechen behaupten hierauf, dafs die Verbannung ihrer
Mitbürger und die Tötnns: der Sklaven auf einen ungerechten Richter-
Spruch hin erfolgt sei, dafür werden sie wiederum von den Juden der
Lüge bezichtigt. Hierauf ergreift der Kaiser das Wort zu einer längeren
Rede. Er hält den Anwesenden vor, dafs sie nicht im stände seien,
die Schuldigen zu bezeichnen^), beruft sich auf einen Bericht seines
Statthalters und herrscht dann, falls die vorgeschlagenen Ergänzungen
das Richtige treffen, die Juden an, indem er sich die Anschauungen
der Griechen über ihre Gegner ausdrücklich aneignet.
Das Folgende ist leider so lückenhaft, dafs der Zusammenhang
ganz verloren geht. Nur soviel ist zu erkeiuien, dafs eine Wendung
zu Ungunsten der Griechen eintrat, die zur Verurteilung ihres Sprechers
Paulus zum Tode oder zur Bestätigung des über ihn bereits verhängten
Todesurteiles durch den Kaiser geführt hat. Diese Vermutung über
den Inhalt des verlorenen Textes scheint mir wahrscheinlicher als die
Annahme, dafs Paulus es jetzt erst für angemessen erachtet habe, zu
1) Mit Bezug auf die Worte des Kaisers in dem Pariser Papyrus Kol. II, 11
otiM 'AXt^]c<vÖQ£vaL aXlci roig 7ioi7][ßccai tavra ä]st f"[jrf|]^p;^f(>['9']Ki glaube ich die
Lücke in der Antwort des Kaisers Kol. III IG mit ^av[8Qbv ort rovg cciticorjdTove
ov övvaa&s S£[Uvva&at . . . ausfüllen zu dürfen. Im Berliner Papyrus 341 scheint
mir Z. 4/5 mit &Xlä toig TTOiTJaaat ravta vvv v,cd~\ 7roi[^]ajtts iTTS^i^%£G%'cici \8si zu
ergänzen.
3*
36 I- Aufsätze
erwäbnen, dafs er bereits zum Tode verurteilt sei. Hierauf folgt nun
im wesentlichen gut erhalten eine höchst pathetische Scene.
Der Verurteilte apostrophiert den Kaiser mit den Worten: „In
Alexandrien ist mir das Grab bereitet, das mich aufnehmen soll. Ihm
schreite ich zu imd ich werde mich darum nicht fürchten, Dir die
Wahrheit zu sagen. Vernimm, Cäsar, die Worte eines Mannes, der
einen Tag später nicht mehr am Leben sein wird." Eines der Mit-
glieder der Gesandtsghafti, Antoninus, unterbricht den Redner mit den
Worten: „Mein Herr und Cäsar, bei deiner Tyche, er redet die Wahr-
heit, nach einem Tage wird er nicht mehr am Leben sein." Was
Antoninus fernerhin noch bemerkt, ist, obwohl erträglich gut erhalten,
doch um der Anspielungen auf uns unbekannte Thatsachen willen
schwer verständlich; die Antwort des Kaisers darauf und damit der
weitere Verlauf und das Ende der Audienz sind infolge der Zerstörung
des Papyrus so gut wie verloren.
So lange nur diese beiden Beispiele bekannt waren, in denen die
Führer griechischer Abordnungen an den Herren der Welt, obschon
zum Tode verurteilt, ein freies Wort wagten, lag kein Grund vor, an
der aktenmäfsigen Wiedergabe der Verhandlung selbst zu zweifeln.
Nun ist aber noch ein dritter ähnlicher Bericht bekaimt geworden, in
dem die Einzelheiten noch viel weniger glaubwürdig sind als in dem
Trajanpapyrus. Darum, scheint mir, mufs auch bei dessen Beurteilung
ein etwas anderer Standpunkt eingenommen werden als bisher.
Kolumne I des neuen Papyrus von Oxyrhynchos fülrrt uns mitten
in die im Gange befindliche Verhandlung des Kaisers Marcus, Verus
oder Commodus mit Appianos, dem Gymnasiarchen von Alexandrien.
Der Kaiser hat befohlen, den Verurteilten abzuführen, dieser hat einige
Worte gesprochen, deren Inhalt aus den erhaltenen Resten nicht zu
erkennen ist, er wendet sich dann um und erblickt Heliodoros, wie es
scheint, einen Mitangeklagten und redet ihn an: „Heliodoros, ich werde
abgeführt und du sprichst kein Wort." Der Angeredete erwidert: „Zu
wem sollen wir sprechen, da uns keiner hören will, geh', mein Kind,
in den Tod, dir ist der Ruhm beschieden, für die süfse Heimat zu
sterben^), fürchte dich nicht." Der Text hat nun eine Lücke von
5 Zeilen und die beiden ersten auf Kol. II erhaltenen Zeilen sind un-
leserlich. Der Kaiser hat sich durch das in der Lücke Erzählte be-
stimmt gesehen, Appianos nochmals zurückrufen zu lassen und fragt
1) Dieselbe Auffassung des von dem Kaiser verhängten Todesurteiles durch
die Freunde des Verurteilten war auch in dem Claudiuspapyrus ausgesprochen,
vgl. Kol. I, 5 ff. Kol. II, 1.
Adolf Bauer: Heidnische Märtyrerakten 37
ihn mm: „Weifst du nicht, mit wem du sprichst?" Appianoß ant-
wortet: „Ich weil's es, ich Appianos mit dem Tyrannen." Der Kaiser
verbessert ihn: „Nein mit dem Herrscher." Darauf erwidert der junge
Mann: „Sage das nicht, dein göttlicher Vater Antoninus konnte mit
Recht sagen, dafs er ein Herrscher sei. Denn höre mich, vor allem
war er ein Philosoph, hernach frei von Habsucht und endlich ein
Freund des Guten. Du aber hast die gerade entgegengesetzten Eigen-
schaften, du bist tyrannisch, liebst das Gute nicht und bist ungebildet"
(ccTtcciöc^evöyi'a Blass L. Centralblatt 1^97 Sp. 1076).^) Der Kaiser befiehlt
nun abermals Appianos abzuführen, dieser bittet sich eine Gnade aus,
die ihm der Kaiser auch gewährt: er will geschmückt mit den Insignien
seiner Würde als Gymnasiarch von der Wache durch die Stadt geführt
werden. Die Leute in Rom laufen mm zusammen, Appianos haranguiert
sie durch Ansprachen, das römische Volk wird unwillig. Ein Mann
der Eskorte meldet dies, der Kaiser läfst nun den Verurteilten noch-
mals vorführen. Appianos betritt den Verhandlungsraum mit den
Worten: „Wer läfst mich, der mm schon zum zweitenmale den Weg
zum Hades und zu den vor mir Verurteilten, zu Theon, Isidoros und
Lampon betreten hat, abermals rufen? Ist's der Senat oder bist du es,
Häuptling der Räuber?" Der Kaiser erwidert: „Appianos, ich bin ge-
wohnt. Rasende und Wahnwitzige zur Vernunft zu bringen. Du redest
nur, so lange ich dich reden lasse." Appianos: „Bei deiner Tyche, ich
rase nicht und habe den Verstand nicht verloren, sondern verkünde
dir, dafs ich ein Edler bin und was mir als solchem gebührt" und auf
eine Zwischenfrage des Kaisers wiederholt er: „Ja wohl ein Edler und
Gymnasiarch." Das Folgende ist nur mehr teilweise verständlich. Ap-
pianos wiederholt seinen Ausspruch, was der Kaiser so deutet, als ob
er ihn damit als einen Nichtadeligen bezeichnen wolle, er verlangt
darüber eine Aufklärung, die ihm Appianos mit einer Auseinander-
setzvmg giebt, von der nur die ersten Worte erhalten sind^), in denen
von Kleopatra die Rede war.
Der einzige unter den römischen Kaisern, dem man allenfalls solche
Langmut zutrauen könnte, Claudius, ist durch die Erwähnung des
1) Es ist bemerkenswert, dafs umgekehrt in dem Claudiuspapja-us der gleiche
Vorwurf der änaiSsvaia von dem Kaiser gegen Isidoros erhoben und von diesem
zurückgewiesen wird.
2) Auch dieses Thema wird in dem Claudiuspapyrus behandelt; wie Ap-
pianos auf schimpfliche Beziehungen doch wohl Cäsars zu Kleopatra, so ist Isi-
doros auf die Jüdin Salome zu sprechen gekommen. Man müfste also glauben,
dafs Isidoros durch die litterarische Verbreitung der ihn betreffenden Gerichts-
verhandlung Schule gemacht hat.
38 I. Aufsätze
diviis Äntonimis als Vaters des das Urteil fällenden Imperators aus-
geschlossen. Allerdings wird auch dem Kaiser Marcus die gleiche
Eigenschaft nachgerühmt, und aus den Acta martyrum geht hervor,
dafs, wenn auch nicht die Kaiser, — obschon auch dafür Beispiele vor-
liegen — so doch die Prokonsuln und andere richterliche Beamte bei
den Verhören im allgemeinen aulserordentliche Geduld und Milde ge-
zeigt haben. AUein der die Verhandlung gegen Appianos führende
Kaiser kann nicht Marcus gewesen sein, denn wenn ihm solche Lang-
mut den Angriffen des Angeklagten gegenüber allenfalls zugetraut Averden
könnte, so ist dann unverständlich, wie ihn dieser als brutalen und
ungebildeten Tyrannen zu dem divus Antoninus in Gegensatz stellen
kann. Ist hingegen der Angeredete Verus oder Commodus, so wird
zwar diese seine Charakteristik begreiflich, dafür aber wird die Milde
und Güte, mit der Appianos behandelt wird, unglaubwürdig.^)
Die bereits hervorgehobenen zahlreichen Übereinstimmungen in den
Gedanken und in Einzelheiten, die der Papyrus von Oxyrhynchos mit
dem Claudiuspapyrus aufweist, legen den Gedanken nahe, dafs ein ähn-
licher Vorgang, der sieh vor dem Richterstuhl des Claudius wirklich
zugetragen hatte, irrtümlich oder fälschlich auf einen späteren Herrscher
übertragen worden sei. Für diese Vermutung, jedenfalls a]3er gegen
die Echtheit dieses Berichtes kami aber noch folgendes geltend ge-
macht werden. Appianos erwähnt in seiner Rede drei frühere Opfer
der Justiz der Kaiser: Theon, Isidoros und Lampon. Der Name des
Theon begegnet uns auch auf dem Claudiuspapyrus, die beiden anderen
sind als Verfolger der Juden unter Gaius bei Philon (in Flaccum) ge-
nannt, sie sind beide, wie wir aus dem Claudiuspapyrus ersehen, unter
diesem Kaiser verurteilt worden. Nimmt man eine irrtümliche Ver-
schiebung eines unter Claudius stattgehabten Vorganges in spätere
Zeit an, so würde der Anachronismus, der in dem Zurückgreifen auf
diese längst vergangenen Dinge durch Appianos gelegen ist, seine Er-
klärung finden. Dann wäre eine Berufung auf der jüngsten Vergangen-
heit angehörige Vorgänge unbedacht aus der Vorlage herübergenommen
worden, denn an der Identität der Personen ist kein Zweifel möglich.
In eine Ansprache an Marcus, Verus oder Commodus pafst aber eine
Bezugnahme auf Ereignisse, die sich rund hundert Jahre vor der Ver-
handlung gegen Appianos zugetragen hatten, schwerlich. Hinzu kommt
noch ein zweiter Verdachtstji'und.
1) Da dei- d'ilog 'Ävrojvstvog zu<Tloich als Philosoph gerühmt wird, so ist doch
das wahrscheinlichste, dal's Commodus als der zu Gericht sitzende Kaiser ge-
meint ist.
Adolf Bauer: Heidnische Märtyrerakten 39
Ein Soldat meldet von den Unruhen in Rom, hierauf fragt der
Kaiser: „Worüber murren die Römer?" Der Konsul antwortet: „Weil
der Alexandriner zum Tode geführt wird." Der Kaiser läfst Appianos
nun nochmals zurückrufen, dieser betritt den Ort der Verhandlung mit
den Worten: „Wer läfst mich vorführen, der Senat oder du (zum
Kaiser gewendet) Häuptling der Räuber?" Darauf, dafs der Ton dieser
und der vorhergehenden Anreden des Appianos gegen die Echtheit
dieses Berichtes spricht, werde ich noch zurückkommen. In diesen
Worten liegt aber auch eine Inkorrektheit. In Kapitalsachen wird ein
Alexandriner vom Kaiser gerichtet, dann kann aber der Senat nicht als
solcher und dem Kaiser koordiniert an der Verhandlung teilnehmen,
sondern Konsul und Senatoren nur als Mitglieder des consilium Cae-
saris. Eine derartige Unkenntnis kann dem Gymnasiarchen Appianos
nicht zugetraut werden. Ich sehe auch darin einen Beweis, dafs dieser
Bericht nicht als aktenmäfsig gelten darf. ^)
Nach der Richtung, in der sich diese Darlegung bewegt, war der
Kritik überdies durch die beiden anderen, länger bekamiten Papyri
schon ein Fingerzeig gegeben. Da nämlich über die Verhandlung vor
Trajan zwei, was die Vollständigkeit und Einzelheiten anlangt, ver-
schiedene Fassungen vorlagen, so konnte schon daraus gefolgert werden,
dafs es den Verfassern solcher Berichte mindestens nicht immer auf
urkundliche Genauigkeit ankam.
Die drei bisher bekamiten Beispiele solcher Aufzeichnungen dienen
vielmehr, ob echt oder unecht, in erster Linie der Verherrlichung der
Unerschrockenheit und des Todesmutes griechischer Angeklagter vor
dem Richterstuhl des Machthabers in Rom. Darin liegt ihre Ähnlich-
keit mit den christlichen Märtyrerakten, mit denen sie auch die Form
der Darstellung, die Wiedergabe der an die Angeklagten gerichteten
Fragen, ihrer Antworten und der Aufserungen des Richters und ein-
zelner Teilnehmer an der Verhandlung gemein haben.
Diese Analogie mufs ich schliefslich, soweit es in meinen Kräften
steht, noch näher ausführen. Ich habe, um mir darüber ein Urteil zu
bilden, die acta sincera et selecta in der Ausgabe von Ruiuart durch-
gelesen und, was ich sonst mit Hilfe von Harnacks Geschichte der alt-
christlichen Litteratur I 2 S. 807 ff. und K. J. Neumann, der römische
1) Unsere Kenntnis von der Politik der Antonine gegenüber Juden und
Griechen in Alexandrien reicht nicht aus, um einen besonderen Anlafs für eine
Fälschung gerade in dieser Zeit zu ermitteln, von der eine Abschrift als Flugblatt
nach dem Landstädtchen Oxyrhynchos gelangt oder dort auf der Rückseite eines
Verzeichnisses von Kontrakten angefertigt worden ist.
40 I- Aufsätze
Staat und die allgemeine Kirclie I, S. 274 ff*, insbesouders an echten
oder für echt geltenden Märtyrerakteu erreichen konnte, zum Vergleiche
herangezogen.
Nur in imglaubwürdigen Akten habe ich der alles Mafs über-
steigenden Frechheit des Appiano? einigerraafsen Entsprecljendes ge-
funden. M Die Unerschrocke.nheit der christlichen Angeklagten, die zu-
dem meist nicht vor dem Kaiser, sondern nur vor dessen Beamten
stehen^), äuTsert sich in den echten oder einigermaisen glaubAvürdigeu
Akten in viel bescheideneren Formen. Gegen diesen Vergleich darf
nicht eingewendet werden, dafs unsere Papyri Verantwortungen vor-
nehmer alexaudrinischer Griechen enthalten, während die Christen meist
in untergeord)ieten Lebensstellungen sich befanden, denn dieser Unter-
schied wird dadurch aufgewogen, dafs es sich für die Christen um den
religiösen Glauben handelt, und dafs sie dem heidnischen Richter über-
haupt das Recht nicht zuerkennen, darüber zu entscheiden.^)
Die christlichen Märtyrerakteu weisen mit unseren Papyris die all-
gemeine Übereinstimmung auf, dafs in den verschiedenen Beispielen der
einen und der anderen Gattung stets dieselben Gegenstände zwischen
dem Richter und den Angeklagten zur Sprache kommen, Fragestellung
und Antworten schematisch wiederkehren.^) Wie die Erörterungen
über die Bildung des Angeklagten in dem Claudius- und Oxyrhynchos-
papyrus wiederkehren, Avie in beiden der angeklagte Grieche den Kaiser
durch den Hinweis auf Kleopatra und Salome verletzt, wie in beiden
der Tod des Isidoros und des Appianos als ein Sterben fürs Vaterland
und darum als ruhmvoll bezeichnet wird, so ist auch die Art, wie die
1) Schon die Bollauclisten und Tillemont haben Martyrien, die solche Aus-
schreitungen der Angeklagten enthielten, el)en deshalb für unecht erklärt. Le
Blant Ca. a. 0.), der in diesem Punkte sehr konservativ ist, hat gleichwohl gezeigt,
dafs das Verhalten der Makkabäer vor Antiochos für einzelne Martyrien Vorbild
war. Le Blants Zusammenstellung solcher Äufserungen ist übrigens sehr dürftig.
2) Eine Ausnahme macht Ignatius, der nach den in der erhaltenen Form
verdächtigen Akten seines Martyriums (vgl. die verschiedenen Fassungen bei
Funk, opera patrum apostol. I, 225 ff. II, 219 IF.) vor Trajan steht. Aber weder in
diesen noch in den sicherlich unechten Akten der Symphorosa und ihrer Söhne,
die von Hadrian gerichtet werden , kommen solche Ausschreitungen der An-
geklagten vor. Erst in einem späten Machwerke in dem martyr. Vatican. sagt
Ignatius zu Trajan: "Eoi^ndg (lot [iOQ(pi]v ^hv i%HV ccvQ'QmTtov zQOTtovg Sh aXäitEKog . . .
Zwei andere Beispiele für Verhandlungen vor dem Kaiser führe ich später noch
an, andere giebt Le Blant a. a. 0.
3) Zu beiden Gattungen steht die Unterwürfigkeit im Gegensatz, die nach
Philon's Darstellung die jüdischen Abgesandten vor Gaius an den Tag legen.
4) Vgl. die Sammlung solcher Stellen aus den Martyrien bei Le Blant a. a. 0.
S. 140 if.
Adolf Bauer: Heidnische Märtyrerakten - 41
Chiüsten befragt werden imd wie sie dem dichter antworten, in den
Märtyrerakten durchweg* sehr ähnlich dargestellt. In den meisten der-
selben sprechen nur der Richter und die Angeklagten, selten beteiligt
sich jemand aus dem Volk oder einer der mit der Folterung Beauf-
tragten. So wie in dem Trajanpapynis, in dem sich zwei Parteien
gegenüberstehen, ist die Situation meines Wissens nur in der Passio
S. IV coronatorum beschaffen, in der die coronati und die phüosophi
als Angeklagte und Kläger sich gegenüberstehen (ed. Wattenbach
bei Büdinger, Untersuchungen zur römischen Kaisergeschichte III
S. 324 fe.).
Ich verzeichne nun zunächst, was die allgemein für echt geltenden
Akten der Perpetua und Genossen (Robinson, Texts and studies I S. 60 tl'.),
der Märtyrer von Scili (ebenda S. 11 2 ff.), die von Harnack der Zeit
des Marcus zugewiesenen Akten des Karpus, Papylus und der Agathonike
(Grebhardt und Harnack, Texte und Untersuchungen zur altchristlichen
Litteratur III S. 435 ff.) in ihren ältesten Fassungen, was endlich die
ebenfalls für echt geltenden Akten des Polykarp und des Pionius sowie
die von Eusebius in der Kii-chengeschichte benutzten (V 21), aus der \
Zeit des Commodus stammenden und in armenischer Übersetzung er-
haltenen (deutsch herausgegeben von Harnack, Sitzungsber. der Berl.
Akademie 1893 S. 778 ff.) Akten des ApoUonios an Vergleichspunkten
zur Beurteilung des Tones ergeben, in dem die angeklagten Blutzeugen
mit ihrem Richter sprechen.
Die Angeklagten von Scili sowie Perpetua beschränken sich auf
die stete Wiederholung, dafs sie Christen seien und weisen damit alle
Versuche ihi-es Richters, sie umzustimmen, zurück. Überaus mafsvoll
und würdig verantwortet sich ApoUonios. Der Verkehr zwischen dem
praefectus praetorio Perennis und dem Angeklagten bewegt sich in
den Formen auserlesener Höflichkeit, obgleich ApoUonios sich weigert
zu schwören, und Perennis ihn deshalb verurteilt. Energischer treten
Karpus und Genossen auf, aUein nicht gegen den Vorsitzenden der
Verhandlung, sondern in ihren übrigens vieUeicht nicht der ursprüng-
lichen Aufzeichnung angehörigen theologischen Auseinandersetzungen
gegen die heidnischen Götter. Freilich war solche Beharrlichkeit und
die Charakterisierung der heidnischen Götter vom Standpunkte der
christlichen Bekenner an sich geeignet, den Richter zu verletzen und
um die Langmut zu bringen, die sehr viele an den Tag legten.^)
1) Wenn die Richter der christlichen Märtyi-er geduldig und nachsichtig vor-
gehen, so ist dies durch das Bestreben begründet, sie zum Opfern oder zum Wider-
ruf zu bestimmen und eine Verurteilung zu vermeiden.
42 I- Aufsätze
Andererseits ist aber diese rückhaltslose Aussprache über Sachen des
Glaubens im Munde christlicher Bekenner, wenn sie nicht wie in den
gefälschten Akten alles Mafs überschreitet, völlig begreiflich. Für den
Richter persönlich verletzende Aufserungen finden sich dagegen erst in
den Akten des Polykarpus. ^) Er sagt unter anderem: „Je mehr du
dich ärgerst, desto gröfser ist meine Freude", er beleidigt dann das
seinem A^erhör beiwohnende Volk, indem er ihm das Recht abspricht,
über ihn zu urteilen. Ich wage nicht zu entscheiden, ob vielleicht
diese Aufserungen der Bearbeitung, in der diese Akten vorliegen, zu-
zuweisen sind und daher hier ausgeschaltet werden dürfen. Aus einer
anderen Stelle derselben Akten ist nämlich ersichtlich, dafs Folykarpus
bei seiner Verantwortung doch auch bemüht ist, ohne das Christentum
zu vei-leugnen, dem Wunsche seines Richters entgegenzukommen. Da
er nämlich von diesem aufgefordert wird, bei der Tyclie des Kaisers
zu schwören und den Atheisten zu fluchen, unterläfst er das erste und
wendet sich, wie die Akten sagen, gegen das versammelte Volk und
spricht feierlich über dieses die Worte y^iQs rovg d&iovg. Dies hält
der Richter für eine Erfüllung seines Befehles, was nicht ganz un-
begreiflich ist, obschon die Akten den Vorgang anders aufgefafst haben
wollen. Am stärksten sind die Herausforderungen eines langmütigen
Richters in den Akten des Pionius.''^) Diese Stellen finden sich aber
in dem ersten Abschnitt, für den nicht wie für den folgenden die Auf-
zeichnungen der notarii als Quelle angeführt werden. Der Märtyrer
sagt: „Wenn du den Auftrag hast, entweder mich zu überzeugen oder
mich zu bestrafen, dann mufst du mich bestrafen, da du mich nicht
überreden kannst." Man wird aber zugeben, dafs alle diese Aufserungen
angeklagter Christen nicht entfernt so beleidigend und herausfordernd
sind, wie die Reden des Appianos in dem Papyrus von Oxyrhynchos.
Die für echt geltenden Märtyrerakten liefern also keinen Beleg dafüi-,
dafs ein Verhalten wie das dieses Alexandriners vor dem römischen
Kaiser glaubwürdig sei.
Ich füge nnn eine Anzahl von Beispielen aus solchen Märtyrer-
ukten au, die, wenn sie auch nicht als ganz echt gelten, doch auf
historiäche Grundlage zurückgeführt werden. Sie sind auf einen viel
1) Bei Rviinart und Funk opera patrum apostolicormn I. Wo für die Mar-
tyrien im Text keine Ausgaben zitiert sind, ist allemal die Sammlung von Ruinart
gemeint.
2) Dafs solche vorkamen, bestätigt auch Minucius Felix für das Ende des
2. Jahrhunderts, wenn er schreibt (37 ed. Halm, Corp. Script, eccles. Lat. II S. 52)
quam pulchrum spectacuhtm Deo . . . cum christianus strepituni mortis et Jwrrorem
carnißcis inridens inculcat, cum libertatem suam adver sus reges et principes erigit.
Adolf Bauer: Heidnische Märtyrerakten 43
schärferen Ton gestimmt. So sagt Pothinvis, einer der Blutzeugen von
Lyon, '/AI dem Beamten: falls er würdig sei, Avürde er den Gott der
Christen kennen lernen. Attalus, ein anderer derselben, wendet unter
Folterqualen den gegen die Christen erhobenen Vorwurf der Anthro-
pophagie gegen seine Peiniger mit den Worten: „Das heilst Menschen
essen." Epipodius sagt zu seinem Richter: „Da du Erhabenes nicht
fassen kannst, so ist dein Geist so umnachtet, dafs du nicht weifst,
dafs der Mensch aus Körper und Seele besteht." In den auf eine alte
Grundlage zurückgeführten, in der vorliegenden Fassung aber nicht
echten Akten des Achatius sagt der Vorsitzende: Entweder opfere oder
stirb, worauf dieser erwidert: „Du machst es wie die illyrischen
Räuber, die das Geld oder das Leben verlangen." Nur in den dieser
Gruppe angehörenden Akten des Probus und Andronikus finden sich
aber Ausdrücke wie ^a^civoticbtare^ avaideörars^ ^G}Qog il ij^iy]v ö^oiog
Oov övvrjöEßrjv äv 6oi oder die Anrede d-rjQtcov ävaLdeötata rvQ(CPV{.
Derartiges erinnert schon sehr an die apokryphen Acta apostolorum,
die ich in Tischendorfs und Lipsius' Ausgaben ebenfalls eingesehen
habe, in denen z. B. Matthäus den Ausdruck rvQavvs dölis gebraucht
und Petrus den Präfekten Agrippa anredet: video quo tendis, dux libi-
dinmn, amator poUutionis, atrocitatis inventor, innocentium pcrseciitor,
deceptornm fautor, faUaciae conditor, habitaculmn satanae.
Aber selbst in der dritten Gruppe der Acta martyrum, unter deu
zweifellos unechten, sind die Beispiele solcher rhetorischer Übertreibungen
verhältnismäfsig selten, in der Regel verantworten sich die Angeklagten
auch nach diesen Akten mafsvoll. Es kommt allerdings häufig vor,
dafs sie im Hinblick auf das Zureden zu opfern und auf die drohende
Folter ein rasches Urteil hervorrufen wollen, indem sie dem Richter
sagen: „Thue schnell, was du willst." Theonilla ferner beschwert sich
darüber, dafs sie als ingenua und peregrina gefoltert werde, und Lucius
erhebt den gewifs sehr niafsvollen Vorwurf: Imjusmodi forma iudicii
non convenit temportbus Iniperatoris Pü, nee pliüosoplii Caesaris filii
nee senatui Romano.'^) Am stärksten sind die Aufserungen des Sym-
1) Diese Nebeneinaudersfcelhuig von Kaiser und Senat ist korrekt. In dem
unechten martyrium Vaticanuni des Ignatius (Funk a. a. 0. II 218 ff.) sind gleich-
falls Trajan und der Senat an der Verhandlung beteiligt. In diesem Falle liegt
aber ein Irrtum insofern vor, als genau so wie in dem Papyrus von Oxyrhynchos-
der Senat genannt ist, obwohl nur einzelne seiner Mitglieder an dem Consildum
des Kaisers beteiligt sein konnten. Denn sowohl der Kaiser als der Senat sind
in diesem Kriminalfall kompetent, sie können daher nicht gleichzeitig richten.
Über die Kriminaljurisdiktion des Kaisers und sein Consilium vgl. Mommsen,
Staatsrecht II 958 tf. 986 flF. und Sitzungsber. der Berl. Akad. 1894 über den Pro-
44 I- Aufsätze
jmorianiis, der den Richter eben, da dieser milde zu werden beginnt, -
schroff an seine Pflicht ermahnt, des Rogatiauus, der den Prokonsiü
einen Thoren schilt, des Asterius, der ihn mit den Worten apostrophiert:
„Weifst du nicht, dafs dich Gott dafür bestrafen wird, dafs du die
Christen verfolgst" und dann im Gegensatz zu der Mehrzahl der Ver-
antwortungen ähnlich wie Vincentius und Theodotus überaus heftig
gegen die heidnischen Götter loszieht. Bouifatius sagt: ^i] dvot^i]g rä
liiaQÖ. öov xst^rj—iöxoTcd^svs rTj dtavoia 6<pi: Der Gipfelpunkt wird in
den Erzählungen von Victor von Marseille und Basilius erreicht. Jener
wirft vor dem Präfekten den heidnischen Göttern alle erdenklichen
Schändlichkeiten vor imd stöfst vor den Kaiser gebracht mit dem Fufs
den Altar um, auf dem er opfern soll, dieser, vor Julian geführt und
von diesem milde behandelt, schleudert dem Kaiser ein Stück Fleisch
seines gefolterten Leibes ins Gesicht.^)
Aus dieser allmäligen Steigerung sieht mau, wie die jüngeren und
imglaub würdigen Erzeugnisse einer solchen Märtyrerlitteratur die älteren
Beispiele zu übertrumpfen suchen: die heidnischen Märtyrerakten unserer
Papyri bieten dasselbe Bild; was bei jenen als ein Anhaltspimkt für
deren Unglaubwürdigkeit gilt, mufs also auch bei diesen als solcher
betrachtet werden.^)
Ich habe bei der Lektüre der christlichen Akten auch darauf ge-
achtet, ob darin nicht ähnliche Gegenstände berührt und in ähnlichen
Ausdrücken behandelt werden wie in den analogen, im ganzen älteren
heidnischen Berichten. Ich habe jedoch nur drei, überdies keineswegs
für irgend welche Abhängigkeit sprechende Parallelen gefunden. Eine
direkte Abhängigkeit scheint mir übrigens auch an sich höchst unwahr-
scheinlich. In den Akten des Theodoretus sagt dieser zu Julian: cor regls
cognoscentis Deicm scriptum est esse in manu Dei non cor tyranni ado-
rantis idola. Darauf erwidert der Kaiser: Stulte, tyrannum vocas impera-
torem. Damit läfst sich Pap. Oxyrh. Kol. II off. vergleichen: AvroxQatcoQ
eiTtev vvv ovx oidag^ ttvi [AajAfts; 'Aiimavos' ijttGta^ccL, A7t[jtt]avbg rv-
zeis gegen Apollonius, für den Mommsen ein ansnahmsweises Verfahren insofern
annimmt, dafs der Kaiser den Senat um ein Rechtsgutachten angeht.
1) Celsus hatte in seinem wahren Wort behauptet, dafs einzelne Christen die
Statuen des Jupiter, Apoll und anderer Götter beschimpft und geschlagen hätten,
um deren Ohnmacht darzuthun. Dieser Behauptung tritt aber Origenes in Geis.
Vin 38 nachdrücklichst entgegen.
2) Genauere Kenner der Märtyrerakten werden sicherlich noch mehr für
diesen Vergleich geeignete Parallelen nachweisen können , doch kann es sich
dabei nur um solche aus unechten Martyrien handeln, deren Häufung minder
wichtig ist.
Adolf Bauer: Heidnische Märtyrerakten 45
r QccvvG}. AvtoxQatcoQ' [ovn] aXXvc ßccöiXsi. In demselben Papynis wendet
sich später Kol. IV 9 ff. der Kaiser an Appianos mit denWorten' JjCTtLuvt^
l(od-afi£v xal rj^slg (icavofitvovc; xkI a7Covsvor^^tvor)g 6G)rpQivit,Eiv. Ähn-
lich heifst es in den Akten des Tarachus: Ma|t/u.og rjysiiiov alne' iyto
OE 7cav6ag rijg ^(OQcag tavf^g q)Q6vL^6v 0s tcoltjöco. In denselben Akten
findet sich endlich die Aussage des Andronikos: svysvVjg el^it xal tCöv
7CQ(bt(ov Tijg 'E(pii6iav jioltag vi6g. Damit ist die nachdrückliche Be-
tonung seiner edlen A})kunft durch Appianos in dem Oxyrhynchos-
papyrus zu vergleichen^ und was Isidoros im Papyrus von Gizeh sagt:
iy~\(o fi£v ovK ei^i öovkog ovde ^ovaLxi]g [x£v]bg^ dk^u öiaörjaov nökscog
\'Jl^l£lav[dQ^Si[ag^ yv^vaöiccQxog.
Ein direkter Zusammenhang der heidnischen und christlichen Akten
könnte also höchstens darin gefunden werden, dafs man in christlichen
Kreisen durch die Verbreitung solcher Akten und in deren Aus-
schmückung einem heidnischen Vorbild gefolgt ist. Allein selbst das
ist unwahrscheinlich: auch diese Ubereiustimmuuo; ist zufällie- uud in
der Natur der Sache begründet; wohl aber haben die beiden unab-
hängig von einander aus analogen Voraussetzungen und durch gleich-
artige Interessen entstandenen Litteraturzweige , wie der Vergleich ge-
lehrt hat, eine gleichartige Entwickelung genommen.
So wenig also die christlichen Märtyrerakten, weil sie in der Form
urkundlicher Aufzeichnuug der Verhandlungen gehalten sind, als
sclilechthin echt betrachtet werden können, ebensowenig können die
Berichte der Papyri über das Auftreten heidnischer Blutzeugen, weil
sie gleichfalls die Form von Akten haben, durchaus für echt gelten
und als amtliche Gesandtschaftsberichte bezeichnet werden. In beiden
Gruppen finden sich echte Beispiele neben unechten. Den Bericht des
Claudiuspapyrus halte ich sicherlich für authentisch, die Darstellung
des Oxyrhynchospapyrus ebenso sicherlich für gefälscht, den Papyrus
über die Verhandlungen vor Trajan für verdächtig; er mag immerhin
in der Hauptsache auf authentische Aufzeichnungen zurückgehen und
nur die Szene,, in der Paulus sich als Todeskandidat an den Kaiser
wendet, ausgeschmückt sein.
An diese heidnischen Märtyrerakten niufs somit derselbe kritische
Mafsstab gelegt werden, wie an aUe anderen litterarischen Erzeugnisse,
die uns aus den Lagern der verschiedenen sich im römischen Reiche
befehdenden Parteien und Bekenntnisse vorliegen. Sie stellen sich
nicht nur den chiistlicheu Martyrien uud Legenden, sondern auch den
Schriften des Apion und den Gegenschriften Philon's sowie den Bio-
graphien des Apollonios von Tyana an die Seite. Wie diese zeugen
sie dafür, dafs in heidnisch-griechischen Kreisen das Interesse für Be-
•^
46 I- Aufsätze
kenuer einer religiösen oder politischen Überzeugung, die mit der
römischen Staatsgewalt und deren höchstem Yerti'eter in Konflikt ge-
raten waren, ebenso lebhaft gewesen ist, wie in jüdischen das Interesse
für die gemafsregelten und verfolgten jüdischen, in christlichen für die
verurteilten und standhaften christlichen Glaubensgenossen.
Die jüngsten dieser heidnischen und die ältesten christlichen
Märtyrerakten gehören derselben Zeit au. Das Streben für eine Über-
zeugung unerschütterlich, allen Gewalten zum Trotz einzustehen, war
damals bei Christen und Heiden gleich stark und verbreitet. In den
Kreisen der Montanisten hat sich diese Neigung bis zur absiclitlichen
Herbeiführung des Martyriums gesteigert, aber auch in der Biographie
des Apollonios von Tyaua (Philostrat. S. 16 ff. p. 297) tritt uns derselbe
Zug entgegen. Aelianus, der dem Tyaneer gewogene praefectus prae-
torio, sucht Domitian dadurch für den Propheten günstig zu stimmen,
dafs er den Kaiser auf das häutige Bestreben der Sophisten hin-
weist, absichtlich ihre Verurteilung zum Tode herbeizuführen ('d-avdtov
yXiyiovxai xal ov 7C£Qi^tvovöcv avrov t6 avtö^atov, dkk STCKSTiüvrac
rov d-dvatov ixxaXovfisvoL rovg e%ovTag i>icpri). Auch dem ApoUo-
nios wird wiederholt der Rat erteilt, sich vor dem Kaiser mafsvoU
und zurückhaltend zu benehmen und ihn nicht zu reizen (jii) vtcsq-
oQuv ^i]de v7tSQq)Qovstv avtov). Diese Stimmung der Geister bringen
heidnische und christliche Märtyrer zum Ausdruck, ihr entspringen
auch solche rhetorische Übertreibungen, wie sie die Verantwortungen
des Paulus -und Appianos und zahlreiche unechte christliche Martyrien
enthalten.
Nicht nur religiöse Überzeugungstreue hat also Einzelnen die Kraft
verliehen, furchtlos, ja selbst herausfordernd dem höchsten irdischen
Machthaber entgegenzutreten. ^) Aus den stolzen Worten der auch an-
gesichts des Todesurteils ungebeugten Griechen, von denen unsere Papyri
berichten, tönt ein letzter Nachhall des demokratischen Tyrannenhasses
wider, der die Litteratur der früheren Jahrhunderte erfüUt. Dies mufs
darum besonders hervorgehoben werden, weil bisher von den griechischen
Unterthanen im römischen Reiche mehr Beispiele ihrer Servilität vor
den Herrschern als ihres Unabhängigkeitssinne's bekannt geworden sind.
Für den selbstbewufsten Bürgerstolz der alexandrinischen Griechen")
1) Es gehört bei den Orientalen noch heute zu den Erfordernissen mann-,
haften Betragens, in der Gefangenschaft auch angesichts des bevorstehenden
Todesurteiles den Sieger zu schmähen. Diese Erfahrung haben noch jüngst die
Engländer an den gefangenen Mahdistenführern gemacht.
2) In Alexandrien ist die Herrschaft Roms nicht immer als eine Wohlthat
empfunden worden. Die griechische Bevölkerung der Stadt stand bei den römischen
<
Adolf Rauor: Heidnische Märtyrovakten 47
würden aber diese Berichte aucli dann noch zeugen^ wenn sie reine
litterarische Fiktionen wären, wofür ich übrigens nicht einmal die
sicherlich uueclite Darstellung des Oxyrhynchospapyrus halte.
Graz, 20. September 1898. Adolf Bauer.
Behörden gewifs nicht grundlos in schlechtem Ruf. Allein die Urteile über die
Beweggründe ihrer Unruhe und Widerspenstigkeit (Seneca ad Helv. l'J, 6, Cass.
Dio 39, 58, vgl. die 32. Rede des Dien von Prusa) sind ganz ausschliefslich von
dem Unmut diktiert, den in den regierenden Kreisen die steten Konflikte mit
dieser leicht eri-egbaren und selbstbewufsten Bürgerschaft erzeugt hatten.
Der Chelkiasstein.
Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Ägypten.
In der ägyptischen Abteilung des Berliner Museums befindet sich
das Fragment einer Inschriftplatte von weifsem Marmor.^) Das Stück
ist an allen Seiten abgebrochen, aufserdem ist fast die ganze linke
Hälfte der Inschrift so verwischt, dafs eine Lesung ausgeschlossen ist.
Die gröfste Länge des Fragments beträgt 33 cm, die gröfste Breite
24 cm. Die Schrift steht auf Linien, vs^elche 35 mm Abstand von
einander haben. Die Buchstaben sind von sehr verschiedener Höhe,
11 — 19 mm, sie stehen bald enger zusammen bald weiter von einander.
Erhalten sind Reste von 10 Zeilen; die 2 — 3 Buchstaben, welche auf
der über die oberste Linie hinausragenden Spitze des Fragments
gestanden haben, sind unleserlich, die zweite Zeile allein geht mit
deutlichen Lettern bis an den linken Rand des Stückes heran. Bei
der dritten schimmern dort auch noch einige Buchstaben, ich glaubte
övv oder ovg zu erkennen, bin aber wieder unsicher geworden. Hier
gebe ich nur die sicher erkennbaren und setze die ersten Buchstaben
der Zeilen so untereinander, wie sie auf dem Stein stehen.
2 XEAKIOYET
TI2NENTI1ITEME
lETETIMHKO
5 AYTI2IAIATOYA
GEN EAO
TPATHrON
MYZHIETEtj)
NYnOTHNB
10 NAOz2iETI2l
1) Herr Prof. Erman, dem ich für die Erlaubnis zur Veröffentlichung ebenso
zu Dank verpflichtet bin wie Herrn Dr. Krebs für die Besorgung eines Abklatsches,
hat den Stein von dem Dach des deutschen Konsulatsgebiiudes in Kairo mit-
gebracht; woher er stammt, ist unbekannt.
Hugo Willricli: Der Chelkiasstein. 49
Ich ergänze:
XsXxi'ov örlQutyjyov
rCiv iv r<p Tf^tji^ft
To|rg tSTi^rjxolöi
avtö 8iä tov d
XeKxCav 6\tQar'\]'yhv
V vitb r&v ß
vcc o de r(p
Dafs der Stein sich auf den jüdischen General der Kleopatra
Kokke, Chelkias, Sohn des Onias und Bruder des Ananias, bezieht,
hat Wilcken^) erkannt und danach ist das Fragment katalogisiert.
Wilcken trug sich auch mit dem Gedanken, dasselbe zu veröffentlichen,
hat aber leider keine Zeit dazu gefunden, so mögen meine Zeilen als
Surrogat für die kompetentere Beurteilung dienen.
Die Inschrift ist trotz ihres hoffnungslosen Zustandes nicht ohne
Interesse, da sie mit einer der merkwürdigsten Erscheinungen auf
ägyptischem Boden, der Oniaskolonie in Leontopolis, in Verbindung
steht. Sie bestätigt Dinge, welche Josephus erzählt, und empfängt von
diesem einiges Licht.
Josephus") berichtet, ant. XIII, 284 f., zur Zeit des Johannes
Hyrkanos ging es nicht nur den Juden daheim gut, sondern auch
denen in Ägypten und auf Kypros. Kleopatra machte in dem Kampfe
gegen ihren Sohn Ptolemaios Lathuros zu Führern ihres Heeres die
Söhne des Onias, der den Tempel im Nomos von Heliopolis gebaut
hatte, Chelkias und Ananias. Das bezeugt auch Strabo, indem er sagt,
die Truppen der Kleopatra auf Kypros seien zu Lathuros al)gefallen
mit Ausnahme der Juden aus dem Oniasland, deren Mitbürger Chelkias
und Ananias viel bei der Königin galten.
Etwas später, XIII, 320 ff. kommt Josephus auf Chelkias zurück
und nennt auch hier neben Timageues und Nikolaos von Damaskos
1) Wilcken ist jetzt allerdings zweifelhaft geworden, ob es sich nicht eher
um einen »Sohn des Chelkias handelt. Der Gedanke war mir bei der ersten
Lektüre auch gekommen. Wilcken vermifst, falls Chelkias selber der geehrte war.
die Nennung des Vaters. Allerdings sollte man erwaii:eu, diese zu finden, wir
werden aber doch wohl liei Chelkias selber bleiben müssen, denn der geehrte ist
doch vermutlich der argccTriyög in Zeile 7, und wenn ein Sohn des Chelkias auch
noch diese Würde bekleidet hätte, würde .Josephus gewifs seiner rühmend ge-
denken.
2) ed. Niese.
Archiv f. Papyrusforschung I. 1. 4
50 I- Aufsätze
den Strabo als seine Quelle. Josephus schildert an dieser Stelle die
erfolgreichen Kämpfe des Ptolemaios Lathnros gegen den Judenkönig
Alexander Jannaios und gegen die Stadt Ptolemais. Als Kleopatra
davon hörte, fürchtete sie, der Sohn könne ihr gefährlich werden, und
so ging sie auf Alexanders Bitten um Unterstützung ein; sie selbst
brach mit einem Heer vmd einer Flotte gegen Lathuros auf, Chelkias
und Ananias waren Führer der Armee, mit welcher die Königin
Ptolemais belagerte. Auf eine uns nicht erklärte Weise hat Lathuros
jetzt einen Handstreich auf Ägypten unternommen, der aber mifslungen
ist. ^) Er muls durch irgendwelche Manöver das feindliche Heer, das
doch zwischen ihm und Ägypten stand, umgangen haben. Chelkias
verfolgte Lathuros, als man seine Absichten merkte, aber er starb auf
dem Wege in Koile Syrien; unter welchen Umständen, wird nicht
gesagt. Diese Partie wird bei Josephus merkwürdig kurz behandelt,
daraus hat dann v. Gutschmid in den Anmerkungen zu Sharpes Ge-
schichte Ägyptens-) den Verdacht geschöpft, Josephus wolle hier
etwas für Chelkias Unrühmliches vertuschen, v. Gutschmid kombiniert
damit die Stelle bei Justin XXXIX, 4 „wec filium regno expidisse
contenta {Cleopatra) hello Cypri exulantem perseqiiitur. Unde pulso
interficit ducem exercitus sui, qiwd vivum eum e manibus misisset,
quamquam Ptoletnaeus verecundia materni belli non viribus minor ab in-
sida recessisset" Dieser Feldherr soll Chelkias gewesen sein, Josephus
habe verschweigen wollen, dafs er als Verräter verurteilt wurde;
die Unfähigkeit der jüdischen Generale allein habe den plötzlichen
Angriff des Lathuros auf Ägypten ermöglicht. Letzteres ist wohl
richtig, aber müssen wir darum glauben, dafs Chelkias so kläglich
endete? Nach dem Wortlaut des Justin mufs man annehmen, dafs
der betreffende Feldherr umgebracht wurde, weil er den Lathuros aus
Kypros entwischen liefs; Justin meint, dafs eigentlich von einem ent-
wischen lassen nicht geredet werden könne, da Lathuros ja keineswegs
der schwächere war^), sondern aus Pietät die Insel räumte: die Ver-
urteilung sei also ungerecht gewesen. Daran ist zweifellos richtig,
dafs Lathuros in Kypros die Oberhand hatte, als er die Insel verliefs,
denn sonst konnte er nicht daran denken, in Syrien Eroberungen zu
machen. Wir haben ja auch von Strabo gehört, dafs alle Truppen
der Kleopatra auf Kypros zu Lathuros übergegangen Avaren mit Aus-
nahme der Oniasjuden. Demnach kami man es sich kaum vorstellen,
1) Dazu vergl. Strabo XVII, 794.
2) Deutsch von Jolowicz II, 7 f.
3) Also ist der von Justin eben gebrauchte Ausdruck ,,unde pulso" bei ihm
sehr unangebracht.
Hugo Willrich: Der Chelkiasstein 51
dafs ein Feldherr der Kleopatra in dieser Zeit aus dem angegebenen
Grunde hingerichtet Avurde.\) Justins Behauptung, Ptok'inaios habe
verecimdia materni helU die Insel verlassen, Aviderspricht nicht nur
den Thatsachen, sondern ist bei dem Verhältnis zwischen Mutter und
Sohn geradezu unsinnig. Es wäre also denkbar, dals Justin hier eine
seiner vielen Konfusionen gemacht hätte und das Ende des Feldherrn in
falschem Zusammenhang erwähnte. Dennoch kann es sich nicht gut um
Chelkias handeln, wie das weitere, Verhalten des Ananias zeigt. Als
nämlich bald nachher Alexander Jannaios der Königin seine Aufwartung
machte, und ihre Vertrauten ihr rieten, den Judenkönig zu beseitigen,
um sein Land in Besitz zu nehmen, da hielt der Widerspruch des
Ananias sie zurück. Er drohte, Kleopatra werde sich dadurch alle
Juden zu Feinden machen, und darauf mochte sie es nicht ankommen
lassen.^) Man fragt sich nun, sollte Ananias, der sich so energisch
für den Makkabäer, also den Inhaber des von Rechtswegen den Aaro-
niden zustehenden Thrones, ins Zeug legte, ganz ruhig geblieben sein,
wenn sein eigener Bruder hingerichtet wurde? Sollten die Oniasjuden
sich nicht für die Ermordung ihres Hauptes gerächt haben? Unter
diesen Umständen ist es doch wahrscheinlich, dafs Chelkias eines
natürlichen Todes gestorben ist, zumal er als Sohn des Tempel-
gründers Onias schon hoch bei Jahren gewesen sein mufs.
Leider sagt unsre Inschrift nicht, für welche Thaten Chelkias mit
dem goldenen Kranz geehrt worden ist, ebensowenig sehen wir, von
wem die Ehrung ausging. Das in Zeile 3 erwähnte ts^isvog ist wohl
der Tempelbezirk von Leontopolis, dieser wird so bezeichnet bei Jos.
bell. VII, 430 und 434 und in den Sibyllinen^) V, 493. Besonders be-
dauerlich ist es, dafs am Anfang der dritten Zeile die Schrift so ver-
wischt ist, es war dort von Leuten die Rede, welche in irgendwelcher
Beziehung zu dem ray^svog standen.
Über die Stellung dieser jüdischen Kolonie im Rahmen des Ptole-
mäischen Staatswesens können wir uns jetzt ein klareres Bild machen.
1) Näher läge es, zu vermuten, dafs er für den Üljertritt der ihm unter-
stellten Truppen büfsen mufste.
2) So stellt es Josephus dar, und in der That wäre bei der von Lathuros
noch immer drohenden Gefahr der Abfall der ägyx^tischen Judenschaft sehr be-
denklich gewesen. Doch hat MahafFy, empire of the Ptolemies pag. 412 gewifs
Recht, wenn er meint, dafs auch die Furcht vor Rom dabei mitspielte. Rom hatte
es verhindert, dafs Autiochos Epiphanes Ägypten unterwarf, es hätte ebensowenig
geduldet, dafs die Ptolemäer in Syrien wieder eine Grofsmachtstellung zu ge-
winnen suchten.
3) ed. Rzach 1891.
4*
52 I- Aufsätze
als das bisher möglich war oder wenigstens geschehen ist.^) Ptole-
maios Philometor wies dem im Jahre 170 v. Chr. aus Jerusalem ver-
triebenen Hohenpriester Onias, Simons Sohn, und dessen Anhängern
ein öxvQco^a der wilden Bubastis an, ein verfallenes Kastell, das jetzt
erneuert wurde. Der Tempel von Leontopolis sollte, wie es bei
Josephus bell. VII, 424 f. heilst, ein Zentrum für den Kampf der
Juden gegen Antiochos Epiphanes werden, der den Tempel in Jerusalem
zerstört hatte. So traten die Juden des Onias in ein enges Verhältnis
zur Dynastie des Ptolemaios. Onias ') selber hat nach Apion einmal
ein kleines Heer gegen Alexandeia geführt, vermutlich im Interesse
des Philometor gegen Physkon.^) Auch noch nach der Generation
des Chelkias und Ananias bewahrten sie ihre eigentümliche militärische
Organisation. Als Mithradates von Pergamon den in Alexandreia be-
lagerten Caesar entsetzen wollte, waren sie zum Kampf für Ptolemaios
gegen Mithradates bereit, erst Antipatros, dem Vater Herodes des
Grofsen, gelang es, sie auf Caesars Seite zu ziehen, indem er ihnen
Briefe des Hohenpriesters Hyrkanos II vorzeigte. Jos. bell. I, 190.
ant. XIV, 131 f.
Schon allein dieses kriegerische Auftreten jener Kolonisten, das
einen merkwürdigen Gegensatz zu dem sonstigen Verhalten der Juden
in der Diaspora bildet, würde darauf hinführen, dafs Philometor sie
nach dem Muster einer makedonischen Militärkolonie organisierte^),
wir bekommen aber noch eine weitere Bestätigung dafür. Ich glaube,
gezeigt zu haben ^), dafs der unter dem Namen Hekataios von Abdera
schreibende jüdische Geschichtsfälscher, seiner Maske als Zeitgenosse
des Ptolemaios I entsprechend, diese Ansiedelung unter Philometor
und Onias in eine solche unter Soter I und dem eigens für diesen
Zweck erfundenen Hohenpriester Ezechias^) verwandelt. Dem Pseudo-
1) Z. B. eben noch bei Schürer, Gesch. des jüd. Volkes im Zeitalter Jesu
Christi. 3. Aufl. Bd. III, p. 97 f.
2) Über diesen Mann und die Vorgeschichte der makkabäischen Erhebung
ist Wellhausen auf Grund der von mir gegebenen Quellenanalyse zu besseren Er-
gebnissen gelangt als ich, Juden und Griechen vor der makkab. Erhebung pg. llSif.
Ich schliefse mich jetzt durchaus der von ihm in der dritten Auflage der israeli-
tischen und jüdischen Geschichte gegebenen Darstellung an, p. ÜJi? ff., 246 ff. und
Götting. gel. Anzeig. 1895 pg. 952 ff.
3) Vergl. Juden und Griechen pg. 142 ff.
4) Über diese vergl. Schulten im Hermes XXXII, pg. 521 ff. Dazu E. Meyer
a. a. 0. XXXni, pg. C43 ff. Lumbroso TEgitto dei Greci e dei Romani 2 Aufl.,
pg. 80 ff.
5) Juden und Griechen pg. 24—32 und 126 fl'., dazu Wellhausen in den Gott.
gel. Anz. 1895 pg. 952 ff. und Wileken, Berl. philol. Wochenschr. 1896 pg. 1461 f.
6) Dieser Ezechias läfst sich in der von Josephus aus seinen andern Quellen
Hugo Willrich: Der Chelkiasstein 53
Hekataios lag daran, möglichst viel von den intimen Beziehungen der
Juden zu griechischen Fürsten erzählen zu können, zu diesem Zweck
verlegte er auch allerlei geeignete Dinge, die ihm zeitlich nahe standen,
mit einigen äufserlichen Änderungen in die Periode Alexanders und
der Diadochen^) oder auch der Perser. Er sagt nun bei Jos. c.
Ap. I, 189, der Hohepriester Ezechias habe alle Zwistigkeiten unter
den Seinen beigelegt „d%8v yccQ tyjv xcctoi'yjjöiv avtäv yial rrjv TtoXi-
rsiccv yEyQcc^fievYjv". Die xatoiKrjöig ist die Anlegung einer xatoixtcc,
dieses Wort kann nun allerdings verschiedene Arten von Ansiedelungen
bezeichnen, wenn die xaroixovvrsg aber militärisch organisiert sind, so
bedeutet es natürlich eine Militärkolonie. Dafs dies bei den angeblich
unter Ptolemaios I. in Ägypten angelegten jüdischen Niederlassungen
der Fall war, zeigt uns Pseudo-Aristeas, der in seinen Erzählungen
über das Verhältnis der Juden zu jenem Herrscher offenkundig von
dem bei ihm zitierten Pseudo - Hekataios abhängt und also zu dessen
Ergänzung dienen kann. Aristeas sagt^), Ptolemaios I. habe 100 000
Juden nach Ägypten übergesiedelt, davon habe er 30 000 auserlesene
Männer im Lande in Kastellen angesiedelt „£ij rijv lä^av xataxL^sv
iv rotg cpQOVQiOiq," es handelt sich also um mehrere Militärkolonien, vgl.
auchp. 20 „cpQOVQia zti'öccg aniÖcoxsv avtolq."^) Auch in dem gefälschten
Brief des Onias an Philometor und Kleopatra ist aufser von Leonto-
polis im Gau von Heliopolis noch von äXkoi tOTtot rot) id'vovg die Rede,
Jos. aut. XIII, 65, welche durch die Tempelgründung den bisher
fehlenden religiösen Halt bekommen sollen. Nun heifst es in der inter-
polierten Stelle Jesaia 19, 18 ff, wo vom Tempel von Leontopolis die
Rede ist, es würde in fünf Städten Ägyptens die Sprache Kanaans
geredet und bei Jahve geschworen werden, eine davon werde heifsen
Ir-ha-heres d h. Heliopolis. Wellhausen "^j nimmt gewifs mit Recht
konstruiei-ten Liste der Hohenpriester nicht unterbringen, vgl. Juden und Griechen
108—111.
1) Wer, wie z. B. Schürer a. a. 0. p. 20, noch daran festhält, dafs Ptole-
maios I. 100,000 Juden nach Ägypten brachte und 30,000 Krieger zu Besatzungs-
truppen verwendete, der wird vor die unangenehme Aufgabe gestellt, zu erklären,
wie so bedeutende Dinge in dem äufserst sorgfältigen Geschichtswerk des Zeit-
genossen und Statthalters von Syrien, Hieronymos von Kardia, einfach übergangen
werden konnten. Sollte dieser treffliche Mann wirklich aus Neid und Mifsgunst
die Juden totgeschwiegen haben, wie Josephus c. Ap. I, 213 meint? Die einfachste
Lösung ist doch wohl, dafs er nichts von ihnen erzählte, weil sie in dieser Zeit
nur eine sehr unbedeutende Rolle spielten.
2) pg. 15 der Ausgabe von Moritz Schmidt in Merx' Archiv.
3) Diese bezeichnet schon Lumbroso a. a. 0. pg. 85 f. als Militärkolonien.
4) Israel, u. jüd. Gesch., 3. Aufl. pg.247.
54 I- Aufsätze
an, dafs diese fünf Gemeinden araniäisch reden, nicht griechisch, wie
etwa andere Judengemeiuden in Ägypten, weil sie erst vor kurzem die
Heimat verlassen und somit die Muttersprache noch nicht aufgegeben
haben. Er weist darauf hin, dafs die Gemeinde, oder sagen wir auroi-
xi'a von Heliopolis verschieden ist von der von Leontopolis. Eine
dritte und vierte Militärkolonie müssen nach Jos. bell. I, 190 und
aut. XIV, 131 f. vorausgesetzt werden. Als nämlich die Juden des
Oniaslandes, zwischen Pelusion und Memphis, sich mit Mithradates
von Pergamon vereinbart haben, lassen es auch die ttsql Me^rpiv oder
xarä Ms^cptv nicht zum Kampfe kommen, sondern schliefsen sich an,
also auch hier finden wir Juden in Kriegsbereitschaft.^) Als dann Mithra-
dates über den Nil gegangen ist und an der Westseite des Delta auf
Alcxandreia marschiert, trifft er auf die Feinde bei einem 'lovdaicjv
ötQKrÖTtsdov, das nur als Militärkolonie anfgefafst werden kann. Nun
wird noch ein vicus ludaeormn im Itinerarium Antonini und in der
notitia dignitatum ein castra ludaeorum in der Provinz Augustamnica,
also östlich des Delta erwähnt; wo dieselben gelegen haben, ob sie
mit einander identisch sind oder eins von ihnen mit dem Oniaslaud,
das ist nicht auszumachen. Das Oniasland glaubt Naville bei der
Station Schibin el Kanätir an der Bahnstrecke Kairo-Zakazik in einem
Teil el-Jahudijeh gefunden zu haben-), die Lage stimmt auch einiger-
mafsen zu der von Josephus angegebenen Entfernung von Memphis
und die Ruinen deuten auf eine ehemalige Festung. Ein andrer Teil
el-Jahudijeh liegt weiter nordöstlich an der Strafse nach Pelusion bei
dem alten Belbeis^), der kommt ebenfalls für uns in Frage. Es lassen
sich also wirklich fünf jüdische Ortschaften nachweisen, die wir als
KcnoLxiai bezeichnen dürfen, und es ist gewifs kein Zufall, dafs sie
alle an dem Wege von Pelusion nach Alexandreia liegen. Wir erkennen
die Absicht, den Weg von Syrien nach der Hauptstadt des Landes auf
diese Weise zu sichern, denn wer Alexandreia von Asien aus angreifen
wollte, mufste so marschieren wie Mithradates und vor ihm Antiochos
Epiphanes. Dem letzteren und etwaigen gleichgesinnten Nachfolgern
sollte das Spiel für die Zukunft erschwert werden, und man kann
nicht leugnen, dafs die jüdischen Todfeinde der Syrer zu diesem Zweck
ganz geeignet erscheinen konnten. Ob sie sich sonst, wenn ihr reli-
1) In und um Memphis gab es auch andere xarommr. Vergl. Niese, Geschichte
der griechischen und makedonischen Staaten 11, Ulf.
2) The mound of the jew and the city of Onias. VIT mem. des Egypt Ex-
ploration fund. London 1890 pg. 17 ff.
.'{) Hier möchte Schürer a. a. 0. p. 5)8 den Tempel lieber suchen. Vergl.
auch Atlas of the ancient Egypt. London 189-4. Karte III u. 8.
Hugo Willrich: Der Chelkiasstein 55
giöser Fauatismus nicht in Frage kam, durcli soldatische Tugenden in
so hohem Grade auszeichneten, wie Josephus und seine apologetischen
Quellen uns glauben machen möchten, das wird man billig bezweifeln
dürfen, demi ihre zahlreichen uns berichteten Heldenthaten im Dienste
hellenistischer Fürsten ertragen eine Beleuchtung nicht. Der Vergleich
der Einleitung des sogenannten dritten Makkabäerbuches mit Poly-
bios V, 81 ist recht charakteristisch für die befolgte Methode, deren
schönstes Ergebnis wohl der mit Gottes Hilfe von SOOO Juden über
120 000 Galater bei Babylon erfochtene Sieg sein dürfte.^)
Aus der Existenz jener jüdischen Militärkolonien erklärt sich ohne
Zweifel die mehrfach bei Josephus und seinen Quellen vorkommende
befremdliche Behauptung, die Ptolemaier hätten den Juden die Festungen
des Landes anvertraut. Daran haben sie gewifs nicht gedacht, am aller-
wenigsten Soter L, zumal gerade er es erlebt hatte, dafs die Juden
ihre heilige Stadt Jerusalem ohne einen Schwertstreich in seine Hand
fallen liefsen, als er sie am Sabbat angriff. Erst in dem makkabäischen
Befreiungskampf, also zu Onias' Zeit, begannen die Juden, wenn sie
direkt angegriffen wurden, am Sabbat Waffen anzufassen, noch lange
Zeit nachher weigerten sie sich, an diesem Tage zu marschieren. Auch
von den Oniasjuden erfahren wir keine Heldenthaten, über Onias und
Dositheos machte Apion sich lustig, Chelkias und Ananias sind offen-
bar keine grofsen Strategen gewesen und ihre Nachkommen vermieden
schliefslich doch noch den Kampf für die Dynastie, als an ihre lands-
mannschaftlichen Gefühle appelliert wurde. Trotzdem haben diese Kolo-
nisten auf einer ganz andern Stufe gestanden als die Bewohner des
Ghettos in Alexandreia und anderen Städten. Die Juden stehen übrigens
als imgriechische Militärkolonisten in Ägypten nicht allein, wir finden
auch z. B. Thraker und Galater^) als solche. Das Auftreten der Onias-
juden bestätigt aufs beste Wilcken's'^) Meinung, dafs die Kleruchen der
1) II. Makk. 8, 20. Vergl. Juden und Griechen 28 f. 148.
2) Bei Polybios V 65; nach Jos. ant. XI, 3iö hätte Alexander auch 8000 Sama-
riter mit nach Ägypten gebracht und daselbst zur Sicherung des Landes angesiedelt.
Das kann nicht richtig sein, denn alle anderen Quellen schweigen davon, und das,
was Curtius Rufus IV, 8, 10 f. über das Verhalten der Samaritaner berichtet, steht
in direktem Widerspruch zu den freundschaftlichen Beziehungen zwischen ihnen
und dem König, von denen Jos. auch a. a. 0. 321 fi". redet. Josephus' Quelle ist
äufserst trübe, aber es wäre trotzdem möglich, dafs in späterer Zeit, als man sich
mehr und räehr angewiesen fand, barbarische Elemente in das zu Ptolemaios I.
Zeit rein griechische Heer aufzunehmen, auch samaritanische Militärkolonisten in
Ägypten existierten, denn wir wissen ja, dafs auch dieses Volk doi't stark ver-
treten war.
3) Götting. gel. Anz. 1895 pg. 132 f. und D. Litt.-Ztg 1896 pg. 1389.
56 I- Aufsätze : Hugo Willrich: Der Chelkiasstein
uns unter den Papyri erhalten Testamente aktive Soldaten sind. Dasselbe
thut aucli die Drohung des Ptolemaios gegen die Juden in Jerusalem,
j{/.kr^Qov%ri6ELV avrav trjv yfiv .... neu Tts'fiipaLV tovg evoiicr]6avrag
öTQaricötag", Jos. ant. XII, 159. Die Generation des Chelkias und
Ananias bildete die imyovri der icdtoixoL des Onias imd Dositheos.
Die getreuen Oniasjuden auf Kypros waren ix rav imyovav ausgehoben,
wie es in der herangezogenen Polybiosstelle von den Thrakern und
Galatern heifst. Die von Pseudo-Hekataios erwähnte nolixeia ist das
Statut der Kolonie, nolixag der Oniasjuden nennt Strabon den Chelkias
und Ananias, eine TtoXtxvrj nach Jerusalems Vorbild gründete Onias
nach Jos. bell. I, 153. Eine eigentliche Ttöhg ist die Ansiedelung ebenso-
wenig gewesen wie die sonstigen xaTotmccL^), wenn sie auch nach
städtischer Weise organisiert waren.
Göttingen. Hugo Willrich.
1) Vergl. E. Meyer a. a. 0. pg. 643.
Ptolemaic Papyri in the Gizeh- Museum.
While at work upon the catalogue of the Greek papyri in the
Gizeh- Museum, which will form part of the official catalogue, now in
course of preparation, of the antiquities of the Museum, we have had
occasion to copy some of the more interesting texts. Of the documents
in the collection helonging to the Ptolemaic period, which are for the
most part extremely fragmentary, the three printed below are the most
important. Two of these (Inv. Nos. 10351 and 10371) are closely
connected with each other; and their historical interest naturally gives
them the first place. Their provenance is Gebelen, near the ancient
Crocodilopolis; and their subject is a quarrel which occurred between
the inhabitants of that town and those of the neighbouring Hermouthis
(Erment) in the 48*'» year of Euergetes II (B. C. 123). Both documents
are written by inhabitants of Crocodilopolis, who represent the Her-
monthites as the aggressors. The population of Hermonthis appears to
have been particularly restless and troublesome at this period. Two other
extant papyri refer to disputes or disturbances which took place there
about the same time. The earlier of these is an unpublished papyrus
in the British Museum (DCX, cf Grenfell, Gr. Pap. I p. 64), dated in
the So''* year of Philometor, in which the priests of Hermonthis peti-
tion the king respecting a dispute with the priests of Pathyris. The
subject of the quarrel, which was sufficiently bitter to result in blood-
shed, was the ownership of an island to which both sides laid claim.
Our second source of Information is the letter of a soldier, written in
the 40*'' year of Euergetes II (ReviUout, Melanges 295; Strack, Dynastie
der Ptolemäer 46, n.), which speaks of a military expedition to Her-
monthis whose inhabitants were in revolt. The Gizeh papyri carry on
the history seven years later, and complete the picture of disorder and
misgovernment prevailiug in the Thebaid during these troublous times.
No. 10351 is made up of four fragments, containing three columns
of writing, the last of which is upon the verso. The mutilation of
the beginning of col. I and the end of col. III makes it uncertain who
were the writers of the document and whom thev addressed: and
58 I- Aufsätze
also whether tliej were presenting a petition or simply giving infor-
niation. The tone of the opening formula aud the fulness of the
cletails, some of wliich woulcl be irrelevant in a petition, favour the
latter hypothesis. Nr. 10371, consisting of two fragnieuts, is a petition
to Amphicles, the vito^vri^aTO'yQdcpog ^ from the priests of Sonchos at
Crocodilopolis (Avho may also be the writers of No. 10351), relatiug
to the sanie aggression but with special reference to the damage done
to the property of the king and of their temple. The narrative is a
good deal more compressed here than in the previous document, which
however it Supplements in one or two details. Putting the two accounts
together we arrive at the following series of events. About Thoth 1
in the 48"' year (10371. 4., 10351. 10) the inhabitants @f Hermonthis,
aided bv reinforcements from the surroimding villasjes, made nine
breaches in the dyke to the north of Crocodilopolis (10351. 5flf.), i. e.,
on the side nearest their own town. On Thoth 3 the attack was re-
peated on the further side of Crocodilopolis, where the Hermonthites
effected fifteen more breaches in the dyke (10351. lOff.)^ having pre-
viously killed the guards stationed there (10371. 6). They then marched
close up to Crocodilopolis itself, and besieged an outpost (10371. 11);
a general eugagement resulted, in which the Hermonthites were defeated
(10351. 15 — 18). On the thirteenth (of the same month?) a force
from Hermonthis came np the Nile to Crocodilopolis in a boat, and a
fight took place on the river; while simultaneously an engagement oc-
curred on land in which both the cavalry and infantry of the rival
eitles took part (10351. 20ff.). At this point the narrative breaks off.
When it is resumed (10351. 30), the scene has shifted to the sa-
cred island of Souchos, where another pitched battle was fought; but
whether this was an the same day as the events already described or
upon a subsequent occasion cannot be determined. During this engage-
ment a number of priests (?) who were assisting the Crocodilopolites and
were probably inhabitants of the island, were routed and fled to the
river, where many of them were drowned. Apparently the Crocodilo-
polites as a whole wei*e worsted on this occasion; but in any case this
was the end of the fighting, for in the uext scene (10351. 46 If.) they
are represented as sending a deputation to Hermonthis, on the invita-
tiou of that town, to arrange terms of peace. The commissioners of
the rival eitles seem to have settled their differences in a very con-
vivial manner. In the transcription of the texts we have followed our
usual method. Round brackets denote expansions of abbreviations ;
sr(uare brackets, lacunae; double Square brackets, erasures in the ori-
ginal; angular brackets, letters mistakenly omitted.
Grenfell-Hunt : Ptolemaic Papyri in the Gizeh-Museum. 59
Gizeh Museum luv. No. 10351,
Col. I.
Frs. (a) + (c).
[Ol iv KqoxoöslXo^v tioXel 7C8[
[ \aVl %cäQ[£LV
[ W^t]« TtQOatQSÖLV U7l\
\iQQG)li\i%^a xavtol ö' vyudvo^L\Ev
5 [ I rav 1 a\i, ^EQ\lä\v^^^t(og mißwayu-
yövrcov tbv ix rav 7C?i[rj6io\v xco^av Xabv
xal f-jtskO'ovtcov inl xo «;r[6] ßoQQä t% ÄoAfcjg
rmixsQov ßaöilixov xojf^uc, TtQbg to aöTtoQcöca
rä Ttedia tjfiäv xcd tijv noXiv anod-kißfivat^
10 XvQavTSi; ixiQr'j^ara ^^ avilv6av. rfJL ds y
rov avtov ^y]v[o^g Tcäliv TtaQuysvo^evcov
räv avTöv 7ch]d'cov 6vv OTcloig iitl xo äiih
voxov xriq TCokEog b^oicoq xü^ia xal Xv6av-
Tsg ixxQrj^axa ls eig nh]Qco6iv ixxQtj^K-
15 xcov xÖ^ xal xax avxi]v Öe rijv nökiv ysvö-
^svoL övvatl^avxsg tj^lv öl onXav iidyriv^
öijv da Tiji xG)[v] ßaöiXecov xal xy]i g(S]}i T[i5];|^7;t
(Svvißy] xQO'Ji\w%^i]vaL\ avxovg xal xä [j^Jw^tiaTo:
Frs. (d) + (b).
avxovg eco[ -..].[ ] avxotg a[
20 xijL de iy xov [ ol «|] 'EQ^c6v9-\^Ecog . . .
7taQaysv<^öfi£vyoi 0vv [ÖTcXoig x^al i7cayay6v{xeg xax av-
xriv xijv 7t6Xi[v .... eV ] ßä.QSi, xal xcö\v naqi'
Tjfiäv i^ßa[ ]a9v iTCiTiX^l
oxov iy£lLo1vo[vxo . . . .] XtjV TtoXiv [
2ö xov de TtaQ rj^[^cöv Tcst^ov] xal l:t7tt[xov 6vv-
XQOv6avxcov [xcbt 7iet,G)L] xal ijt7tix[c)i av-
xäv 6vvßfj[vaL. . . .^xaxaLav[
{|£[ ] XCOl [
[• M---'-
******
Col. IL
Fr. (g). ******
30 7r[E \tovg ^£v £ig äv\6(^Qag) . in- .
7C£\l\g de /[t, xal dtaßdvxcov
£ig Xfjv a7ioßta^o^£v\rj^i'
VTt avxüv i£Qäv vy][(3o\v
60 I- Aufsätze
tov 2I0VXOV ov6av Tiegtxkv-
35 tog, xal rjfiav b^otcog tm-
Af|avTC3v f| tavtav
7r£t,ovg (p i7i7i£ig öe x
xccl diaßcivrcov^ övvxqovökv-
xcav d' aXXYiXcav iv tili
40 [v]t^tf(öfc 6vvßy]V(a rQOTCa-
^Yivai Tovg hjtrjQiovg xal
ccxößfiag eig rbv TCotafibv
ivccXEö&ccL x[u]i xuxä Ttoxa-
(ibv ovx 6ki<^yyq[vg^ öiaq)d'aQfiva[i
45 [ . . ^axd-fjVKli
* * * *
Col. III.
5}C tfl JjJ Sj? '
7taQaxaXi\pu\vt8g xa\\
rjfiag 6v[v^7ce(i^jjaL avtotg
«I iiii&v E\C\g 'EQiiG)vK%Lvy tovg
I'öovg ävd(Qag) O-, ovg xccl ijiiXs^cc-
50 ^svcov vEavCöKovg %^
xal tov tayivtag i(p ri-
li6)v ^A7CoXX(ov\a\Qiov xal
0ccßt^ xad-ag xal ovtoi JtQO-
tsQov s:tejroLi^xr]6av^
55 xal tovtojv 0v[v]EXd'6vrcov
[si]g tijv 'EQ^&vd^iv xal 6vv-
xad^covLöd'evtGJv xal aXbg
[xaji tQaite^rjg ^sta^y ovrov
[ . . . ]tOLg 6pxL[
* * * *
3, 4. For the formula cf. e. g. Petrie Papyri II XI (l) Kakmg noBig
il iQQ(x)6ta Xf« TU XoiTtd Goi ncaa yv(a^i]v iariv eQQcoi-ie&ci de xal rjfistg.
vyiaivovxeg in place of vyiaivouev would be more natural.^)
4, 5. The date has been lost between vyiaCvoi.i\ev and t&v; cf. 1. 10
and 10371. 4. räv is written over an erasure.
5 if. iniGvvaya'yovtrov . . . Xvöavreg: the loose construction is repeated
in the next sentence.
10. Ivöavteg iK%Qrjf.(,ciT(i in äquivalent to Sianoipavteg öuiGcpaydg („made
breaches") in 10371. 6, as is shown by 11. 14 and 15 below, where the total
number of iK^Qi^iiata is the same as that of the SiaGcpayai in 10371. The
word e'KXQr)i.iu is new.
1) Es wird sirj uv tag | ßovX6fi]f'd'cc oder ähnlich zu ergänzen sein. U. W.
Grenfell-Hunt : Ptolemaic Papyri in tlie Gizeh-Museum Gl
ävikvaav may be intransitive, „they returned", or may refer to ßaai-
kiKov %&fi(x, „they destroyed it".
17. (T<^r;)>i: the insertion of ?; seems to be the siraplest remedy, the
reterence of coui'se being to the official to whom this letter or petition was
addressed. It is true that the familiarity of the greeting and the faet that
the name of the addressee has the inferior position indicate that he was
not a persou whose rvxi] would be expected to be much involved in the
result of the fight. But if he was worth appealing to he would also be
woi'th a little flattery.
18. rQon[(o&f]V(xi,]: cf. 1. 40.
19 — 29. These eleven lines are contained upou two detached fragments,
whose relation to each other is determiued by the fact that the second
fragment shows the junctiou of the two KoXXrj^ara of which this sheet of
papyrus was composed. Its position cau therefore be approximately fixed.
It is probable that the verso of this fragment contains some letters from the
ends of the lost lines of col. III, but it has been so mounted that this
cannot be verified.
20. There is not sufficient Space for the natural Supplement zov [^avzov
firivog. Probably &cav& (cf. 10371. 4) was repeated.
21. avv [oTtkoig: cf. 1. 12.
25 ff. The mutilation of this passage is too serious for satisfactory
restoration. In 1. 23 i^ißd^vTcov . . . or i^ßa[tev6o:vr^cor' suggest themselves;
and STcmke^ is no doubt some part of Inntluv. oxov in 1. 24 is difficult;
there is no doubt about the reading. The genei-al sense however seems
fairly clear. The Hermouthites divided their forces and attacked Crocodilo-
polis on two sides, both by river (11. 23 — 4) and on land (1. 25 ff.).
27. övvßTiilyaL: cf. 1. 40.
30. The Upper part of this column is broken away; 1. 30 is opposite
to 1. 5 in col. I.
32. anoßia^ofievr^v: the letters sv have been corrected.
34. TtsQtiilvrog: 7iEQlKXv<^ayrov is apparently intended.
41. h^rrjQLOvg: krjxTjQsg isqoI Gr£q)avocp6qoi^ Hesychius. The reading
however is uncertain; the letters transcribed as i^t might be read as ayy
or lyy. lrj<^6yr'rjQtovg is not satisfactory. Crusius suggests that ähxi]Qiovg
is meant. If that is right, then the Hermouthites were again defeated.
44. The second a in öiacp&aQi^vcci has been corrected from t].
45. Perhaps [xal] cci&Tivai. There is scarcely rooni for [raQ]ai'd-T]vcci.
46 ff. This column is writteu on the verso of fr. (c).
51. xov : leg. rovg.
54. leg. ensnoiri'/.Eaav.
Gizeh Museum Inv. No. 10371.
'^fKpLxkel övyysvel xal v7io^v)]^atoyQdq)ai,
TtUQU ttbV iv KQO}l\od£Ck\(OV TlÖlSL Tjjg Sr^ßcCiÖog l6Q£tC3V
■nal T(hv a.l[Acoi'].
xov 2;'ov;jrov. 'VndQi\ovto\q iv xH] örj^aivo^ivt] iidlsL
62 I- Aufsätze
ßaGikiKOv ^cö^arog tTußaXovxeg iv tut ^r] (£T£i) &(x)vd^ y
f) ot £^ 'EQ^cbvd'ecos £v[oix]ol xal tovg TtuQ i)^cbv TTQog r\]i
rrjQrjöSL ovrag icplövlevöavltagj diaxöipccv dia6q)ayäg xÖ,
aöre äv öiä tavr'r][v^ r[^rf\v aixiav a.67tOQi\p\ai ri]v yijv
aal didcpoQa |tJ ovx 6U[y^a röfc ßaCikEi Kai röt Ispöt
avacpBQEöd'aL. ov\ß\v\ d' i]66ov xal sig t['))]x' TtöXiv
Mat «[jrTTJfMi'
10 BTiißaXovrsg ^u[£Ta x\G)V Ixccvav TCSQLSKccd'Löav yj^av
S]s
TO (pQovQiov, ^xaij r\^i]v\^üjv^ tikq yj^biv SKTtTqdriedlv^rGiv
•I« «t» "I» •!»
Fr. (b). ]£S e^g ro ^^ {hog) . . [ ].[.].
JAouftf'vcoi^ tcc roiavta SiccTtSTtga^fötss
] |r^? TtaQa 6ov avnXrjxlJSCog'}
r^vxovtsg tijg na^ä 6ov dvtLkrulJSCjg
15 ] avtvx£i-
2. leg. teQioov.
6. cpovevßavtsg öisKoipav has been altered to tcpovsvGav Siay.6i\)avTeq.
It is noticeable that no mention of tlie slaughter of tlie Crocodilopolite guai'ds
is made in the parallel account (10351. 5 — 10).
Off. Cf. 10351. 10 ff. The cpqovQiov mentioued in 1. 11 below does
not figure in the previous version.
10. The doubtful word inserted above the line niight also be read as
12. £[t]?: f has been corrected (from to?j. A good deal has probably
been lost between this line and 1. 11.
The following papyrus, Gizeh Museum luv. Nr. 10388, was also
fouud at GebeleUj and coutaius the will of Pachuoubis, sou of Taskos,
written at Pathyris in the 47"' year of Euergetes II (B. C. 123). The
only other extaut wiUs of this Century are that of Drytou (Grenfell,
Greek Papyri I Nr. 21 = Brit. Mus. Pap. DCXVII) Avhich is nearly
complete, and some fragments also in the British Museum; see op. cit.
nos 12 and 24, and Kenyou, Catalogue II p. 2. The formula employed
resembles that found in the numerous wills among the Petrie Papyri
with one important exception. The clause common in 3''' Century
B. C. wills, by which the king and queen and their descendants are
appointed executors, disappears; and in its place we have a clause
(lines 18 — 21 below) similar to that often found in contracts, punishing
any violation of the will by two fines, one to the injured party and
one to the state, a provision which occurs also in Oxyrhynchus wills
Grenfell-Hunt: Ptolomaic Papyri in tlie Gizeh-Museura G3
of tlie Roman period. The original of Dryton's will no doubt con-
tained a like clause, but tlie existing document, wbich is only a copy
and is not even signed by tlie agent of tlie agoranomus, ends abruptly
in the middle of a sentence begiiining ot d' insksvGovtfg (sie).
Pachnoubis' disposition of bis property is i-emarkable for the ine-
quality of the division and the practical disinheritance of bis sons,
The heirs are firstly bis wife Tathotes, who in spite of her thoroughly
Egyptian name is described as a Persian, and secondly bis two sons
f'l aXh]g yvvccixög. But the sons receive only a bed apiece (or per-
haps a mattress and bed jointly), wbile Tathotes inberits not only the
remainder of the bousehold furniture, but all Pachnoubis' other pro-
perty, consisting of live stock, a house, and twelve arourae of land.
This division ofFers a striking contrast to the provisions of the will of
Dryton. By that testament Dryton's property was divided approximately
into two halves, of wbich one went to Estbladas, the son of Dry-
ton's deceased first wife Sarapias, the other to Drj'ton's second wife
Apollonia and four daughters by the second niarriage. It is possible
that the «AA); yvvyj so curtly mentioned in line 6 was a concubine and
contrasted witb the lawful wife Tathotes. But the phraseology of
Dryton's will forbids us to lay much stress on the expression /; övv-
Et^L yvvaiKl xarä vö^ovg^ for thougb it is applied (witb the alteratiou
of 0vvrj^r]v for övvsliil) only to Dryton's first wife, bis second wife
Apollonia was none the less knvfully wedded; cf. Gr. Pap. I no. 21 1. 18
witb 19 1. 6 and 20 1. 3. It is more probable therefore that the a'AAr;
yvvrj in the present case was a previous wife who had eitber been
divorced or died, and that Pachnoubis had quarrelled witb bis sons
by her. The bequest of a bed may well have been the Egyptian
method of cutting off witb a Shilling.
The papyrus concludes witb the signatures of the testator and of
the usual six witnesses (all of whom were mercenaries), written by the
agent of the agoranomus. Thus, like niost of the wills in the Petrie
Papyri, the document is no doubt only a copy of the original will.
The writing is clear senii-uncial. The ordinary Symbols for hog
and aQovQK occur, and there are several abbreviations. ^löd-ocpÖQOjv
and iTtzicüv are represented respectively by a large M and U witb I
drawn througb the middle. On the verso are two lines of demotic.
"Exovg ^t, 0[a/x]£VG)'9' /3, ev UaQ^vQet c'^' 'H^todcoQov dyoQCivouov tilg
ävco TOTiaQiCag roi) nad-vQtrov.
TäÖE öi[£0']£TO ITccxvovßig Taöxov. ei'r] (.ie^i ^oi vyiaivovri rüv saccv-
TOV KVQIOV SIVUL,
64 I- Aufsätze
täv ds t[l ä]vd'Qc6:tivov Ttdd'a, KaxaXnTCco xat öCda^t rä v7idQ%ovxd
fxoi Eyyaid re
xal £Ji[iJi^^a xal xryjvrj x[a]t ö(?a av nQüöslTt^iKrtjöco^aL Tad^d)r7]L
'AQvärov UeQGivti
5 /} öv[v£i^i^ ywuLHi v.axd vo^ovg^ 7ch)v 0rQc6^aTog ivbg xal xXsiVfjg
tOQvvsvtflg a
/Z(Kt[. . .]ft xal n6tE6oQdd'^]L tSjv na%vovßiog rolg i^oig vfolg rotg
f'l (^ov xal d^krjg
yvvalixög^^ rd de koind ndvra üv xh xa%'\e\v örj^eQov vTroxtixac xüv
xs iyyccLwv
xal xxrj[v]ß}V xfii nQOXEL^evt] Tad'coxsi, TCQoßaxa ^sv öxxo) ßoeg ovo xal xä
i7is66yi\£i>\a xovxoig xal olx\J.^av d)txodo^rj^£V'r]v xal iöreyaö^evriv
xal xeO'VQCo-
10 ^Evrjv [xr}]v ovöav ivtavld-a] xov Aaxo\yioXi]xov, ysCxovEg vöxov oixia
Wsvv^Giog xov
naovxo[g, ßJoQQä QVfii] ßa6iX[iX7j, djtjijXltax^ov olxCa &a^6iog xfjg
üaovxog, hßbg
olxCa UaxxoQ^iog, xal yyjg 7)[7tSLQ]ov 6ix[^o(pÖQo]v (aQovQag) dexddvo
xfjg iv xüi dnh kißhg ^igsv
XG)H,'^\g . .]|ii£Cög, iv 'fii Aa[. . . .],u^ 6v^cp\^. . .]£i cpQsaQ xal dvaxsQSiov
f'l ÖTCxflg
7cli[vd-ov], ysLXOVsg x^jg oA['j;g yrlg vö^xov [otxog^ Ws^^LViog xov Kal-
kiov ßoQQä 6 avxbg
15 d7t7][Xtd)XO^v ßovi'ol xfjg xd}\^Yjg Xtßog x^^alovn,iv')] ^J^^üvog, xal
dn älXrig
6q)Q[ayl8og^^ Kalsßs^Xtovg xov[ ]t XQt'xov ftf'pog, yei-
xovEg xrjg oh]g
[i/(JTOü 'AQ^Evdaxov ßoQQÜ [ d^Ttrjkicoxov ödog ^i{ßbg)
oQog )] ot dv d)6i yaCxovBg
[Tcdvtod'sv. ^]r} th,86xco de [ xif\v diad^yjxijv xavxr]v dXkc) xlvl
[ ]c^t, ei da ^i] dx\vQov £6xc3 xal 7iQ\o6a7toxEi(idxc) b i7tig)£Q(ov
VÖTiQOV
20 [ ] dlXov xyg av\ ] £7tLXi(^ov) TtaQaxQfjUU
yaXxov xdXavxa
[ J xal lEQag ßa(6ik£vat) dQyv^i[ov £7ti6ri^ov dQa]x^dg AU.
f}v de 6 diaxid-E^Evog
[Uaxvovßjtg cjg {ixibv) v £v^[£yE&rig ^£li%Q{iog) x^^Exavbg dva(fdlavd^og
^aXQOTlQÖÖCJTCOg
[evQ^vqlv o]vkvi.
l}idQXVQ£]g'EQ^Lag 'A6x?^[i]Ji]idÖov ÜEQ^rig xSjv ^i6&o(p\o]Qcov iTtinEdv)
dtg (^ixüv) xe
Grenfell-Hunt: Ptolemaic Papyri in the Gizeh-Museum. 65
25 [siffisytd'^tjg ^ish'xQCJi^ KX\a(jt]ui^ aaxffOTtQoöcoTtog i:Vn^v[Qiv\ ovX(ii) &g
de^iibv) TaTQ'>](^Bvog),
[aal ^avog 'Jqsi'ov ntQ6rj[g\ tüjv aiiöQ'ocpOQCov) i7i(jitiov) cogißtCyv)
l [Lböog [iitlC \lQ(og alaöTog auKQOTtQiööanog)
[ßV'^vQiv o\vl'ii ^ETGiiiG}^ Kai ^Eöd'Mdag zlQvtavog TlroXs^aiavg ag
[8v^iEy£d-i]\g nsh'xQCog x^a\6T]bg ^axQOTtQoöoTrog avd-vQiv^ xal UroXs-
^alog 'AGxhj-
[Tiiddov n]8Q6^]g xüv ^((öd-ocpÖQCov) i7i(nic3v) ag {Jrüv) ks j.ia6og uf-
lilQcog uaxQüTiQoöojJtog svd-vQi}\
30 [aal. . . . \rjrog Msvsx^tovg IIsQörjg turu Tie^iov üg [irüv) Xe ^E6og
^sXdvxQcog %Xa6(xog)
[liaKQonQ{66i07iogy\ Evd-vQ(Lv\ Ol f| rax\x\6nL[6^oi).
\^A^liGi(vtog^ 6 ■x\aQ' 'Hk\i(oöd)Qov)\ x£XQrj(jidTixa).
1. Heliodorus is known from other Gebelen papyri to have been ago-
ranomus at Patliyris, wliich was close to Crocodilopulis, i'rom 118 — 113 B. C.
The present document shows that liis tenure of office went back as far as
123 B. C; cf. the case of Pauisciis who is shown by other papyri to have
been agoranomus at both towns from 108 — 98 B. C.
2. The house of Pachnoubis, sou of Taskos, is mentioned in P. Grenf.
I 33 1. 51.
18. Probably fii^ösvi is lost after i^eövco 6e, and some verb like naQu-
öovvai, governing dlXo) rivi must be supplied at the beginniug of line 19.
Cf. Pap. Oxyrhynchus I 105. 7.
21. There is a difficnlty concerning the amount of the fine. Of the
two figures following öqa\ji^uq the first appears to be 1000, but the se-
coud is not much like 200, though it is still less like any other figure.
The usual fines imposed by similar clauses in agreements, e. g. nos 25, 26,
28, 30 of our Gr. Pap. II, are 10 talents of copper to the injured party
and 200 silver drachmae to the state, or the half of these sums.
23. A Space is left blank after ovXiq.
24. (e'tcöi^) %b: ks has been corrected from Kß.
27. Esthladas, son of Dryton, is frequently mentioned in Gr. Pap. I
nos. 12 and 21. Tirols iA,(XL6vg might mean that he was a member of a deme
at Ptolemais called after the city's founder, or simply that he was a Citizen
of Ptolemais. His father Dryton belonged to the deme of QdonsQsioL
in that city (P. Grenf. 1 12 1. 15, cf. Jouguet, Bull. Corr. Hell. 1897
p. 194 — 5), and therefore the second explanation is the more probable.
32. Ammonius' name can be supplied from P. Grenf. 11 21 1. 2G.
Oxford. B. P. Greiifell.
A. S. Hunt.
Archiv f. Papyiusforscliung I. 1.
Lettere al signor professore Wilcken.
I.
Roma, 25 maggio '99.
Pregiato Amico,
Rileggevo ultimameute il „Mare Evitreo" di Agatarchide, e giunto
al passo in cui si accennano i Tttvte vo^oC che erauo tra Memfi e
Tebe, mi colpi e mi fermö per la prima volta il modo con cui sono
descritti o qualificati: id-vojv s^ovreg 7toXvavd-Qd)7i[(o^v rd^iv (§ 22). Mi
colpi, voglio dire, e mi fermö l'implicita equivalenza che ne emergeva:
vo^ög, sotto mi certo aspetto, potersi chiamare anche sd^vog- E sic-
come questa nuova veduta mi interessava per la ragione che Le dirö
poi, mi diedi subito a ricercare se esistevauo altri indizi ed esempi
della stessa equivalenza, e ne trovai piü d'uno: infatti in Diodoro
(I, 90, 2), dov' e detto che rä rav jiiyvTiTLGyv ^d-vrj veneravano ciascimo
un dato auimale, id^vrj, evidentemente, val quanto vo^oi. Similmente
„populi", i^vt]^ non sono altro che vo^ioi, in Pomponio Mela (1,9,58)
dove dice „colunt animalia, sed alia alii: Apis populorum omnium
numen est". In Seneca N. Q. IV, 2, il vo^iog (non importa che si
tratti di quello dei Tentiriti) figura come un ed-vog distinto „generis
aut sanguinis proprietate". Dalla quäl cosa risulta che se vo^iög sotto
un certo aspetto pote chiamarsi anche ed-vog, i vo^ccQxat in certo modo
poterono chiamarsi anche id^vccQxcct. D'altra parte noi conosciamo giä
l'altra equivalenza i/o(u-dg = ötQutrjyicc (Plin. V, 49; VI, 27), vo^idQiai
= <}tQaTy]yot (Kuhn, Die städt. u. bürgerl. Verfass. des Rom. Reichs,
II, p. 483 — 487), ancorche nei monumenti, ossia nel linguaggio am-
ministrativo delF Egitto greco, i titoli ufficiali, usati generalmente, sieno
non giä quei di von,dQ%ai, ma quei di (jtQatrjyoi ed ejCiötQdri^yoi. II
che non esclude adunque che gli ötQatriyoi ed iniöxQdTYiyoL o si chia-
massero, o si potessero chiamare, anche vo^dQ^ac ed id-vaQxui,. Ed
ecco affacciarsi un vecchio e quasi disperato nostro problema (Mar-
quardt, Rom. Staatsverw., 1873, I, p. 297), voglio dire il testo di Stra-
bone (17, 798), dove parlando töv ijii%c3Qia)v ccQiovtcov xatä tioXiv e
xard Ti)r xojquv, e venendo a questi ultimi, il Geografo alle parole
(iiacomo Luiiibroso: Lettere al signor professore Wilcken. 67
imGTQaTiq'yovq xiväi^ (e lorse yial (TT^artjyovg) fa scguire queste altre:
not vofiäQX<xg xal t&vdQx<^£ xaXov^svovs: testo che non riceve nessuna
liice da nessiina parte, finclie vi si vuol ravvisare P. degli epistrategi,
2°. dei iiomarchi, 3". degli etnarchi, inentre non presenta piü difficoltä
se vi si vegga un' aggiunta dei titoli locali, tradizionali , logici di iio-
marchi ed etnarcbi, ai titoli nffieiali introdotti ed imposti dall' uso
puramente governativo ed amministrativo della Dinastia greea. Ne io
credo che possa ostare il Ttgay^drcov ov ^syccXcov tTtiöTaxBlv rji^LCo^k'
vovg che segne imniediatamente in Strabone, e che verrebbe cosi ad
applicarsi ai Nomarchi o Strategi, ed anche agli Epistrategi in quanto
erano Nomarchi anch' essi nel piü ampio senso della parola ( Arrian.
III, 5), giacche erano mutati e lontanissimi i tempi in cui i Ropäitou,
i vecchi Nomarchi od Etnarchi, erano come tanti Signori e Principi,
e convenivano nel ßaöUeiov ^sya (Strab. 17, 811) a trattare dei piü
alti affari dell' Egitto.
Ma Ella, pregiato amico, veda e gindichi la soluzione che pro-
pongo, e gradisca ad ogni modo la buona volonta di chi si mette di
tutto cuore al servigio di Lei e dei Colleghi.
II Suo deditissimo
Oiacomo Liimbroso.
5*
Die Siegelung der Papyrusurkunden.
Plinius Hist. nat. XXXIII, 1 sect. 6 sagt:
cum . . . nullosque omnino annlos maior pars gentium hominum-
que, etiam qui sub imperio nostio degunt, hodieque habeat: non
signat Oriens aut Aegyptus, etiam nunc litteris contenta solis.
Es wäre erwünscht, wenn die Bearbeiter der PajDyrusurkunden
auf Grund ihrer Erfahi'ungen diese Aul'serung des Plinius berichtigend
oder bestätigend kommentierten. Hierzu den Anlafs und einiges vor-
läufige Material zu bieten, ist der Zweck der folgenden Zeilen.^)
Da hier ein Römer das ägyptisch - orientalische Urkundenwesen
charakterisiert, hat die Untersuchung auszugehen von dem über das
'signare' bei den Römern jetzt Bekannten.
I. Bisher schrieb man den Römern nur eine Anwendung des
Siegels zu: die Ffrsiegelung zum Zweck der Beglaubigung und zugleich
des Verschlusses:
1) bei Briefen;
2) bei Verträgen, wichtigen Erklärungen etc.
Hier in zwei Formen
a) testatio : mündliche Erklärung vor Zeugen. Darüber
Wachstafelurkunden mit 'dixit', die von aufsen von den
(referierenden) Zeugen, meist 7 — 'VII festes cives Ro-
mani puberes' — und meist auch von dem Interessenten
versiegelt werden. Neben dieser versiegelten ^scriptura
inferior' steht meist eine offene 'scriptura exterior'. Ur-
sprünglich eine einfache, unbeglaubigte Abschrift der dixit-
Urkunde. In claudisch - neronischer Zeit aber häufig auch
eine selbständige zweite Urkunde, ein handschriftliches
Bekenntnis (chirographum) dessen, der im Hauptakt münd-
lich bekannte: 'scripsi, me . . . ' neben: ''dixit, se . . . '
Also dieselbe Doppelredaktion wie in den Fayumurkunden
mit: ^öuoXoyst UvQog^ und am Ende ^UvQog ö^oXoya.
1) Eine Reihe von Thatsachen und Berichtigungen, die Herr Professor Wilcken
mir freundlich mitteilte, sind bei Korrektur dieses Aufsatzes verwertet worden.
Heinrich Emian: Die Siegelunfjf der Papyrusurkunden 69
b) chirographum : die handschriftliche Erklärung (scripsi me)
schon als scriptura inferior. Versiegelt vom Aussteller
und gelegentlich von 1 bis 2 Zeugen. Meist mit einer
offenen Abschrift — scriptura exterior — auf der freien
Seite des Di- oder Triptychon.
IL Jetzt ist durch Zangemeisters, nach zwanzigjähriger Arbeit
erschienene, endgültige Ausgabe der 1875 in Pompeji gefundenen
Wachstafelquittungen des Bankiers und Auktionators L. Caecilius Ju-
cundus (27 — 61 n. Chr.) im Corp. Inscr. Lat. IV Suppl. (1898) im-
zweifelhaft festgestellt, dafs die Römer damals ihre Urkunden auch
/(«Versiegelten. Bei der ältesten Urkunde des Fundes (von 15 n. Chr.)
ist die innere testatio untersiegelt. Später sind nur chirograplia unter-
siegelt, aber diese auch immer. Wo nur ein äufseres chirogi-aphum
ist, trägt dieses das Siegel, wo zwei chirographa sind, ist nur das
innere untersiegelt. Dies, obwohl es doch stets mit dem gleichen
Siegel auch versiegelt wurde.
Ebenso gewifs auch bei anderen römischen Urkunden. Am nahe-
liegendsten ist die Untersiegelung (statt oder neben der Versiegelung)
bei den 'diplomata' der Kaiserverwaltung, zumal den Postpassierscheinen.
Recht wahrscheinlich ist ferner die direkte Forterbung dieser von
Zangemeister für die elaudisch-neronische Zeit entdeckten Übung bis
zu und in der frühmittelalterlichen Urkundenuntersiegelung, z. B. in
den longobardischeu Fürstenurkunden des 10. Jahrhunderts, die genau
wie jene pompejanischen chirographa das Siegel mitten auf der Ur-
kunde tragen.^)
Jedenfalls kannte Plinius, der Zeitgenosse des Pompejaners Cae-
cilius Jucundus, das Unter- genau wie das Versiegeln der Urkunden,
als er sein 'non signat Oriens aut Aegyptus' schrieb. Wie weit ist
nun seine Behauptung richtig?
Zunächst: *nou signat Oriens'.
Die Keilschriftverträge zeigen bekanntlich durchweg Siegel, und
zwar als Be-(Unter-)siegelung nicht als Versiegelung.
Vgl. z. B. Hommel Greschichte Babyloniens u. Assyriens (Berlin 1885)
S. 110: Die Kontraktstafeln von Teil Sifr um 2000 v. Chr. sind von
Thon, in Hhönerner Umhüllung, auf welcher der Wortlaut des
Kontrakts nebst dem Siegel noch einmal abgedrückt war.' —
(Also C/?«fersiegelung der scriptura interior, wie der exterior).
1) Genauere Darlegung und Belege für das vorstehend unter I und 11 Aus-
geführte in der Zeitschrift der Savignystiftung für Rechtsgeschichte 1899 Roma-
nistische Abteilung S. 177 — 88. Was dort über die Pliniusstelle und das Siegeln
in Ägypten ausgeführt wurde, ist nach dem Folgenden mehrfach zu berichtigen.
70 I- Aufsätze
S. 380: "^Zur Beglaubigimg unterzeicliiien sich eine Reihe von Zeugen,
oder genauer: es werden ihre Namen vom Schreiber notiert
und zu weiterer Bekräftigung drücken zwei andere Personen
(offizielle Schreiber oder Notare • • . ) noch ihre Siegel auf.'
Die jede Verfälschung unmöglich machende Einrichtung dieser
Thonurkunden, die nach der Fertigstellung gebrannt wurden, und deren
scriptura interior durch die zusammengebogenen Ränder der exterior
absolut sicher verschlossen war, machte ja eine Fersiegelung durchaus
überflüssig. Das Siegel sollte hier nicht die nachträgliche Ver-
fälschung hindern, sondern lediglich die Echtheit der Urkunde be-
kräftigen, genauer: die Gegenwart und Zustimmung des Siegelinhabers.
Fersiegelung ist dagegen gemeint bei
Jeremias 32, 9 ff.: ^Und schrieb einen Brief und versiegelte ihn, und
nahm Zeugen dazu und wog das (leid dar auf einer Wage
und nahm zu mir den versiegelten Kaufbrief nach dem Recht
und Gewohnheit und eine offene Abschrift. . . . Und gab den
Kaufbrief Baruch ... in Gegenwart . . der Zeugen, die im
Kaufbrief geschrieben standen . . . und befahl Baruch . . . :
'Nimm- diese Briefe, den versiegelten Kaufbrief sammt dieser
offenen Abschrift und lege sie in ein irdenes Gefäfs, dafs sie
lange bleiben mögen,'
44: . , 'Dennoch wird man Äcker um Geld kaufen und verbriefen,
versiegeln und bezeugen.'
Dies ist offenbar genau der Mechanismus der römischen testationes.
Da die Zeugen 'im Kaufbrief geschrieben stehen', war dieser wohl
nicht als chirographum in der ersten Person abgefafst, sondern in der
dritten als Erklärung der Zeugen. Die Zeugen versiegelten anscheinend
nicht, wohl aber die Parteien oder doch der Käufer. Neben der ver-
siegelten Haupturkunde war eine offene Abschrift. Das Ganze ent-
weder auf Wachstafeln, Avie nachmals in Rom, oder auf Leder: die
Haupturkunde wohl auf dem Anfang des Blattes eingerollt und ver-
siegelt, die Abschrift auf dem Ende des Blattes, wie in ptolemäischen
Papyrusurkunden (s. u. S. 72).
Gleichfalls als Verschlufssiegel tritt die Beglaubigungssiegelung
auf bei den Königsbriefen. Wem der König sein Siegel anvertraut,
der kann gültige Befehlsbriefe an seiner Statt erlassen, so z. B. bei
den Juden:
I Könige 21, 8
und bei den Persern:
Esther 3, 10 ff., 8, 2 ff', u. s. w.
Heinrich Erman: Die Siegelung der Papyi-usurkunfien 71
Nach diesen Zeugnissen über das Siegeln im 'Orient', die sich
gewifs sehr vermehren liefseu, ist für die alte, vorhellenische Zeit das
'non signat Oriens' des Plinius unbedingt falsch. Für die spätere
Zeit bleibt es dagegen einstweilen denkbar, dafs in plinianischer Zeit,
vielleicht imter dem Einflufs griechischer Schreibfertigkeit oder in
Folge ausgedehnter öffentlicher Registrierung von Privatgeschäften, die
Gewohnheit der Urkundenbe- und -Versiegelung wirklich in den Ost-
ländern verschwunden oder doch stark zurückgegangen wäre.
*Non signat Aegyptus.'
Für die alte Zeit ganz ebenso falsch, wie 'non signat Oriens.'
Über das Königssiegel im alten Ägypten vgl. z. B. die Bestellung
des Joseph zum Vertreter
Genesis 41.41 — 2: 'Und weiter sprach Pharao zu Joseph: 'Siehe, ich
habe Dich über ganz Agyptenland gesetzt' und that seinen
Ring von seiner Hand und gab ihn Joseph an seine Hand.'
Entsprechend^): ^in dem Grabe eines Hivy in Theben ist dar-
gestellt, wie er in Gegenwart des Königs zum Statthalter von Nubien
eingesetzt wird. Dabei wird ihm ein Iling, das htm n iJ ivt: 'Siegel-
ring des Amtes' gegeben (um 1400 v. Chr.).
Mit diesem ohrigl'eitUchen Siegel bei Befehlsbriefen wird es denn
auch zusammenhängen, wenn: (A. Erman a. a. 0.) 'irgendwo in den ur-
alten 'Pyramidentexten' etwa vorkommt: 'Dein Dekret (mit dem der
Tote unter die Himmlischen aufgenommen wird) trägt nicht das kleine
Siegel, es trägt das grolse Siegel.' So hat es Maspero auch übersetzt;
meiner Erinnerung nach steht das Wort dh/ das mit dh^ Finger zu-
sammenhängt und eigentlich den Fingerabdruck bedeuten wird.'-)
Ferner a. a. 0.: ^Briefe sind wohl immer versiegelt gewesen imd
mehrfach erhalten.
1) Das Folgende nach brieflicher Auskunft meines Bruders Adolf Erman, der
indes für die ganze Frage auf Hen-n Professor Wilcken verweist, ''der diesen
Dingen selbst Beachtung geschenkt haben wird, während ich nur zufällige Er-
innerungen habe'.
2) Da der 'Fingerabdruck' von stets gleicher Gröfse ist, müfste das Wort
hier natürlich in abgeleiteter Bedeutung für Tetschaft, Siegel' gebraucht sein.
Aber die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ergiebt eine neue Frage für die
Papyrusforschung: nach einem in der Pariser Revue scientifique 1898 erschienenen
Aufsatz Bertillons läfst die englische Regierung die Pensions- etc. -Empfänger in
Indien ihre Quittungen durch einen Tintenabdruck ihres Daumens in unverfälschbar
sicherer Weise beglaubigen. Nach Bertillon wäre dies eine Erfindung der Eng-
länder. Sollte es nicht vielmehr eine im Orient althergebrachte Übung sein? Sind
Spuren davon in den Papyrusurkunden erhalten?
72 I- Aufsätze
Und über das Siegeln der Kontrcüäe: ^Verträge heifsen im mittleren
Reich htmt, was von htm 'siegeln' hergeleitet ist, htm m^: 'etwas
siegeln von jemand' wird gebraucht für: 'etwas durch Vertrag von
jemand erwerben.' —
Wie erfolgte dieses Siegeln? Hierüber bemerkt A. Erman, unter
dem obigen Vorbehalt: 'Em ir;^fc;siegelter Papyrus ist meines Wissens
nicht erhalten (vgl. meine Bearbeitung der Siutverträge, äg. Ztsclir. 1882,
passim)'.
Dagegen darf vielleicht als altägyptische Tradition angesehen werden
eine Versiegelungsart, die nach A. Erman und Wilcken bei griechischen
Kontrakten der Ptolemäerzeit (II. Jahrh. v. Chr.) sich findet:
Am Anfang der Rolle, links vor dem Kontrakt, wird der Inhalt
desselben kurz in einem Sätzchen zusammengefafst, wie z. B.
„Datum, antdoxo 6 delva ra dsivt Objekt Preis."
Dieser Teil des Papyrus — aber auch nur dieser — wird von links
nach rechts gerollt resp. gefaltet, mit einem Papyrusband, das durch
die durchlochte Rolle gezogen ist, umwickelt und darauf durch ein
Siegel, das oben auf das Band gedrückt wird, verschlossen. So zu
sehen an einem jüngst vom Berliner Museum erworbenen Kontrakt aus
der Ptolemäerzeit.^) Daneben kam aber auch bei Kontrakten Ver-
siegelmig der Gesamtrolle vor, wie aus Leemans' Worten zu P. Leid. 0
hervorgeht.
Von wem erfolgte die Versiegelung, die dem Kontrakt seinen
ägyptischen Namen gab? Zmiächst vermutlich von dem Interessenten,
wie in Rom (s. o.). Sodann wohl von Zeugen, so Avenigstens in einem
von Wilcken mir mitgeteilten griechischen Vertrag der Ptolemäerzeit,
wo beide Kontrahenten und die Zeugen siegeln:
P. Petr. II 21d 7 (III. Jahrh. vor Chr. — ergänzt von Wilcken): r^g
de övyyQafpfig (ein Darlehnskontrakt) 6fpQayL0d-Ei6\rjg vnh re
2J\(otidQOv (der Gläubiger) xal Zläöov (der Schuldner) oicd
iflOV Xul tÜV 6Vv[^E7tiyQa](pEVTüW ^Oi ^UQtVQOJV.
Endlich mochte mitsiegeln auch der (öiFentliche) Schreiber, der die
Urkunde abfafste.
Jedenfalls wurde also im alten Ägypten vielfach gesiegelt und des
Plinius: 'non signat . . Aegyptus, etiammmc litteris contenta solis' ist
falsch, wie so vieles andere in seiner kritiklosen Kompilation. A))er
sollte dasselbe gelten auch von dem 'non signat Oriens aut Aegyptus'
als Bericht über die eigene Zeit des Plinius? Kann man von einem
1) Versiegelung dieses Teiles ist vom Herausgeber angegeben im P. Leid. N,
einem griechischen Kontrakte, nicht Übersetzung eines ägyptischen.
Heinrich Erman: Die Siegelung der Papyrnpurkunden 73
mitteu iü den Geschäften stehenden, so viel uiiihergekommenen Kaiser-
beaniten annehmen, dafs er über die Urkuiidenpraxis dieser wichtifi^en
Kaiserprovinzen mit solcher Sicherheit ganz Falsches berichten sollte?
Da fragt es sich zunächst, ob er mit 'Oriens aut Aegyptus' nur die
Landeseingeborenen meint oder auch die dortigen Griechen? Da das
Urkundenwesen, zumal m Ägypten, zur Kaiserzeit von griechischen
Formen überwuchert war, liegt die Ausdehnung auf alle, auch die
griechisch-ägyptischen Urkunden nahe. 'Möglich' aber auch, wieWilcken
bemerkt,
'^dass Plinius . . an die Griechen in Ägypten ebensowenig denkt,
wie an die dortigen Römer. Denn er hat vorher im § 4 aus-
führlicher davon gesprochen, dafs die Sitte, Siegelringe zu
haben von den Griechen stammt: 'Graecia . . imde hie auulorum
usus venit.' Jedenfalls weifs er also, dafs die Griechen seit
alten Zeiten siegelten. Auch die Nebeneinanderstellung 'Oriens
aut Aegyptus' würde dazu passen.' ^)
Jedenfalls ist bei Deutung dieser Notiz auszugehen von dem all-
täglichen Siegeln im damaligen römischen Urkundenwesen, wie es die
gleichzeitigen pompejanischen Wachstafeln zeigen: bei der testatio ver-
siegeln 7 Zeugen uud der Aussteller, beim chirographum unter- und
versiegelt der Aussteller, und ein bis zwei Zeugen versiegeln neben ihm.
Daher trug zu Plinius' Zeit in Rom jeder, auch Sklaven uud Frauen,
einen Siegelring. Des Plinius Bemerkung wäre nun erklärlich und ge-
rechtfertigt, wenn in 'Oriens aut Aegyptus' das Siegeln und Tragen
von Siegelringen auch nur im Vergleich zu diesem römischen Uber-
mafs als selten erschien. Und dieser geringere Gebrauch des Siegeins
könnte wiederum sich erklären aus der viel gröfseren Schreibfertigkeit
und Schreibseligkeit, aus der vielfach die Echtheit gewährleistenden
Registrierung von Privaturkunden, endlich vielleicht daraus, dafs das
Fälschen bei Papyrus schwerer war, als bei Wachstafelurkunden.
Doch dies alles sind nur Möglichkeiten; wie es wirklich damit war,
kann nur die Prüfung der Originalurkunden selbst auf Siegelspuren
hin ergeben. Denn, wie Wilcken bemerkt, 'die Angaben der bisherigen
1) Ganz zwingend ist dies nicht, denn der Gedankengang des Plinius in
seiner Sammlung disparater Notizen ist nie sehr streng, und überdies scheint er
im § 4 den Griechen nicht die Erfindung der Siegelringe überhaupt zuzuschreiben,
sondern der goldenen, im Gegensatz zu den eisernen, z. B. der Kömer. — Aber
jedenfalls war es um-ichtig, die Pliniusnotiz ohne weiteres auch auf die Griechen
in ''Oriens aut Aegyptus' zu deuten, und von da auf die Griechen überhaupt, wie
ich es Sav. Ztschr. XX S. 180 that.
74 I- Aufsätze
Publikationen sind hierüber sehr dürftig, da eben bisher wenig darauf
geachtet worden ist.'
Hier, zum gröfsten Teil nach seinen Mitteilungen, eine vorläufige
Zusammenstellung über das Siegeln im griechisch-römischen Ägypten:
1. Nichts zu thun mit dem 'non signat Aegyptus' des Plinius hat
das häufige 'öcpQKyc^SLv' für Stempeln von Tieren z. B. BGU I 15, 87,
107, 250, 356.
2. Ebenso ist damit vereinbar die Versiegelung von Geldbeuteln
und ähnlichem: BGU I 98, 248, 249.
3. Ja auch die Versiegelung wirklicher Briefe, die, wie für die
Ptolemäerzeit, so auch für die Kaiserzeit feststeht (vgl. Lond. I S. 74, 290).
4. Anders dagegen bei Kontrakten. Waren bei ihnen Siegelungen
einigermalsen häufig, so durfte Plinius nicht '^non signat Aegyptus'
schreiben.
Wie steht es nun zunächst mit der ägyptischen Bezeichnung des
Vertrags als 'Siegelung'. Dafs sie in den griechisch-ägyptischen Sprach-
gebrauch ül)erging und darin bis zur christlichen Zeit fortdauerte,
scheint hervorzugehen aus folgendem Citat bei Stephanus (Ed. Hase-
Dindorf, Paris 1848 ss.) s. v. öcpQuylg:
Kai eQ%EtaC xig cpigav öcpQuylda TtEvtazoöicav vo^kS^kxcov xkI
keysL avra' AdßE rijv ßcpQaytda tavtrjv xal öts %QBiav 6%g)^
TtaQaöx^g ^oi %ata ^SQog.
Die Stelle ist aus: Jo. Carpathi episc. in Narr. Mss. de anacho-
retis, also wohl über die ägyj)tischen Einsiedler. Dafs ß(pQaylg hier
etwa einen 500 Solidi werten '^Siegelring' bedeutete, erscheint mir aus-
geschlossen, es ist, wie Stephanus mit Recht annimmt, eine 'syngrapha',
deren dem gewölmlichen Griechisch fremder Name als Übersetzung der
ägyptischen Bezeichnung gelten darf.^)
1) Dagegen ist nicht damit zu verbinden die stehende Wendung der Fayum-
urkunden bei Grundstücken: 'yilfjQog . . iv [im GtfQccytSi'' z. B. BGU I 39 (186 n. Chr.),
139 (201); 186 (215); 23S (IL Jahrh.), 240 (167), 241 (177); 282 (II. Jahrh.). Ich
nahm dies an und wollte übersetzen: 'in einem einzigen Vertrage (Siegelung) er-
worben', aber diese Deutung ist mehreren Stellen gegenüber undurchführbar und
daher anzunehmen die von Wilcken, Hermes XXVII, S. 237, A. 2 und Ostraka I,
S. 210, A. 1 vorgeschlagene als 'Rayons der Fluren resp. Flm-karten' entsprechend
der Bezeichnung der Rayons auf Eratosthenes' Erdkarte als G^pQaylSsg. Denn, dafs
auch in den obigen Stellen die arpoayiStg lokale Gröfsen sind und mit einem
Kontrakt ganz und gar nichts zu thun haben, zeigt z. B. BGU 282, 10: iv dval
aq)Qci'y[8Tai] . . . ov ysitovsg Tfjg nhv TtgmTrjg ccfgaystdog vöxca v.al Xißl v-rX. . . . ryg öh
ö\Ev]r^QCig 6cpQay£lSog v.xX. Ebenso CPR I 1,8: rfig [ihv fuäg acpQaytSog, rj iariv
ccQovQ&v Svo ktX.; vgl. ferner BGU. 444, Grenf. 11 23 a, 25, 32, vor allem Grenf. I
33, 35 S u. s. w.
Heinrich Erman: Die Siegelunj? der Pa})yrnsnrkimden 75
Aber die Beibelialtung des Namens könnte oliiie Beibehaltung der
Übung erfolgt sein! Lebte zur Kaiserzeit das in ptolemäischer Zeit
übliche Einrollen und Einsiegeln noch fort? Der Doppeltext der Fayüra-
urkunden: 'o^oloyet Uvqos' und '^UvQog ö^oXoyc)'' bietet dafür keinen
Beweis, denn, wieWilcken bemerkt, stehen häufig beide Redaktionen in
einer und derselben Kolonne. Es war also nicht wie in den Urkunden
des Pompejaners Jucundus (s. o. S. 69), der erste Text, die testatio, ein-
gesiegelt. Vielmehr bemerkt Wilcken, er habe 'in der Litteratnr bisher
keine Spur davon gefunden, dafs die eigentlichen Verträge damals ver-
oder untersiegelt wären. Auch bieten die Publikationen keinen Hin-
weis auf materielle Spuren. Es bleibt freilich die Frage, ob nicht
doch auch solche Verträge, die als i^aficcQtvQOt citiert werden — in
BGU 260, 7 eine anoxrj^ in 813 ddvsia — wie jene Testamente (s. u.)
gesiegelt gewesen sind. Aber bis jetzt liegen nur diese Citate vor. —
Demotische Kontrakte giebt es auch noch aus der Kaiserzeit, aber über
ihre Siegelung oder Nichtsiegelung kann ich nichts aussagen. Für die
Frage, ob Plinius recht hat, sind sie, gleichviel wie man 'Aegyptus'
auffalst, jedenfalls von Bedeutung.'
5. Hinsichtlich der Testamente kommt nicht gegen Plinius in Be-
tracht die Versiegelung der römischen Testamente oder Codicille BGU
m 326 (189 n. Chr.); 361 (184 n. Chr.). Wohl aber das Testament
vor sechs Zeugen BGU I 86 (155 n. Chr.), denn, wie Wilcken mit Recht
bemerkt, diese Zahl ist 'charakteristisch für die griechischen Urkunden
(i^a^ccQtvQog — die ägyptischen haben 16 Zeugen, vgl. Gott. G. A. 1895,
S. 165).' Auch die sämtlichen Namen zeigen, dals es nicht römisch
ist. Ferner: 'in BGU. 592 wird das Testament eines nvsq)SQG)g als
icjrpQaytö^svrj bezeichnet. In P. Oxy. I 106 (a. 135 n. Chr.) erhält eine
Frau Utols^ä ihr Testament wieder zurück, inl tav avxav GcpQayCdcov.
Vgl. I 107. In Oxy. I 105 (Hadrians Zeit) werden die Siegel des Testa-
tors und der sechs Zeugen genau beschrieben. Ob Siegelspuren sind,
darüber ist aus der Publikation nichts zu entnehmen. Durch die Be-
schreibung versicherte man sich wohl für den Fall, dafs die Siegel ab-
sprangen, oder ist das ein Übergang, dafs die Beschreibung an die Stelle
der Siegel selbst tritt? — Damit ist zu vergleichen Mitt. PR. V 87
(Zeit des Caracalla): iiaqrvQOdv e^ Cov xa övö^ara xal ot sixovtö^ol
ei,fjs drjXovvtai. Doch erfährt man nicht, aus was für einer Urkunde
dies Citat stammt. — Hiernach ist wohl sicher, dafs die griechischen
Testamente versiegelt wurden.'
6. Über anderweite Urkunden bemerkt Wilcken: 'Aufserdem habe
ich Siegel gefunden unter gewissen amtlichen Quittungen (Steuer-
quittungen), und zwar im Original erhalten, z. B. in BGU 463, 718,
76 I- Aufsätze: Heinr. Erman: Die Siegelung d. Papyrusmkunden
764, 765, 803. Sehr interessant ist der Schlnfs einer ähnlichen Be-
scheinigimg BGU 763: x^Q^^S x^^Q^^''^V9^S XXXXX. Hier vertreten
(he fünf Kreuze die Stelle des Siegels. Auch diese Gruppe mufs jetzt
ganz und gar in den Originalen auf Siegelspuren hin untersucht
werden.' ^)
Die Thatsachen unter Nr. 5 und 6 sprechen nicht gerade dafür,
dafs 'non signat Aegyptus, litteris contenta solis'. Doch wird die En-
quete noch zu vervollständigen sein und festzustellen:
1) Was sagen die Papyrus von Urkundenver- oder untersiegelung? ^)
2) Zeigen sie materielle Siegelspuren:
a) Versiegelung von Urkimden — eingerollte scriptura inferior?
b) Untersiegelung von Urkunden?
3) Findet sich die Beglaubigung durch Abdruck der Fingerfläche mit
Tinte oder auf Siegel wachs?
Lausanne. Heinrich Ermaii.
1) Derselbe: 'Mit der Pliniusfrage haben nichts zu thun jene roten Stempel
(nebst Beischriften) , die neuerdings mehrfach auf der Rückseite von Ver-
trägen und andern öffentlichen Urkunden der Kaiserzeit beobachtet worden sind.
Vgl. BGU 183, 748; CPR I 1, 11, 170 und ein ccvTiyQCicpov in CPR I 4, 37/8, auch
in Lond. 11, S. 218, 20 flP. (s. unt. d. Ref). Über diese ;^o:pK7fto;To: vgl. Deil'smann,
Neue Bibelstudien S. 70 ff. Der Stempel giebt das Jahresdatum, dem dann mit
Tinte der Tag und die Registrierangsnote des Beamten beigefügt wird. An den
beiden letztgenannten Stellen wird mit einer Verallgemeinerung der ursprüng-
lichen Bedeutung Stempelinschi'ift plus Beischrift zusammen als x'^gccy^ia be-
zeichnet. — Diese Abstempelung der Kontrakte wurde von den Beamten des
Grapheion vollzogen. Es wurde dadurch die Einregistrierung in die Vertrags-
listen etc. bestätigt {ävocyiyQanxa.i). Wir werden jetzt die Originale auch auf
diese roten Stempel hin noch genauer zu prüfen haben. Eine Ähnlichkeit mit der
Versiegelung liegt ja vor, insofern hierdurch die Urkunde zugleich beglaubigt
■wurde, doch fehlt der Verschlufs. Dagegen zeigt gerade die Abstempelung dieser
Verträge — vorausgesetzt, dafs auf den Vorderseiten wirklich keinerlei Siegelung
gewesen ist — , dafs die Verträge auch ohne Untersiegelung als gültig beim yQcc-
(pslov angenommen wurden. — Aus Obigem geht hervor, in wieweit ich den Aus-
führangen von Naber (s. unten S.85f.) nicht beistimmen kann. Es scheint mir un-
zweifelhaft, dafs xf^Qay^cc ui-spninglich den Stempel und erst übertx-agen die ganze
Subscriptio bezeichnet. Da aus der Ptolemäerzeit bis jetzt solche Stempel nicht
bekannt geworden sind, so halte ich es nicht für glücklich, jene Subscriptionen
der Ptolemäerzeit als %uQäyyLuxcc zu bezeichnen.'
2) Versiegelte Briefe sind für alle Perioden bezeugt.
Die 'Habe'-Quittung bei den Griechen.
In dem stehenden i%£iv^ äni^siv der griechischen Quittungen
steckt ein allgemeines Institut des griechisch-römischen Verkehrslebeus:
die Habe-Quittung,
d. h. die Sitte da, wo heutzutage in allen Sprachen der Empfang
bescheinigt werden würde, statt dessen oder doch daneben
das Haben der geschuldeten Leistung zu bekennen.
Der Grund und Ursprung dieser Sitte liegt in dem naheliegenden
Gedanken, dal's Gehen und Haben sich entsprechen: Geben ist macheu
dafs der andre hat, vgl. z. B. den stoischen Wortkünstler Seneca, de
beneficiis V 10: dare aliquid a se dimittere est et id quod tenueris
habendum alteri fradere.
Diese Erscheinung, deren Erkenntnis für Rom nahe gelegt wurde
durch die 1875 entdeckten pompejanischen Auktionsquittungen, wies
ich 1883 ^zur Geschichte der römischen Quittungen und Solutions-
akte' S. 1 if. zuerst nach und habe sie nun — wie ich glaube, end-
gültig — festgestellt in einem in der Zeitschrift der Savignystiftung
für Rechtsgeschichte XX 1899 erscheinenden Aufsatz über ^die pompe-
janischen Wachstafeln'. Die Geschichte des Begriffspaares 'Geben —
Haben' führt von dem e%£iv^ &7iE%Siv der griechischen Quittungen, ent-
sprechend dem dtöövai und ccTCodidovaL^ über das römische: "^spondesne
dari^ spondeo' und liabesne accei^tum? haheo' hinweg bis in das Mittel-
alter mit seinen 'Habere'- und 'Habuisse'- Quittungen und mit dem
'Soll geben — Soll haben' seiner Buchführung, heut zusammengeschrumpft
zu dem wenig logischen 'Soll — Haben', vermutlich dem letzten Aus-
läufer der griechisch-römischen 'Habe'-Quittung.
Wie in der Savigny-Zeitschrift die römische, so ist hier vor allem
die griechische Seite dieser Erscheinung zu würdigen, also die Quit-
tungen mit ex^LV und a7ci%Biv, die ja grofsenteils in Papyrusurkunden
erhalten sind.
Dafs B%Biv eine Habequittung ist, liegt auf der Hand, hier aber
soll gezeigt werden, dafs genau das Gleiche auch für a%i%Biv gilt.
Dessen herkömmliche Übersetzung mit '^Empfangen haben' scheint mir
78
I. Aufsätze
ungenau und im Widerspruch mit der Thatsaclie, dafs das griechische
Sprachbewufstsein bis in die Kaiserzeit hinein in dem än£%£iv das
£%Biv klar und deutlich empfand. ^Ano — £%£tv stand eben zu anh —
öidovai in genau dem gleichen bewufsten Korrespondenzverhältnis, wie
t%8iv zu didovau.
Diese Habe -Bedeutung des a7ii%£iv äufsert sich in zwei Er-
scheinungen, die bei der Auffassung des (xTiiiuv als 'Empfangen-
haben', m. E., unerklärlich sind. Einmal in dem in besserer Zeit
durchgehenden Gebrauch des Präsens für aniiuv genau wie für h%Hv.
Sodann in der Beschränkung des aTti%siv auf Bezeugung eines ano-
dtdövai, d. h. grundsätzlich eines .^MrMCÄ^gebens.
Der ursprünglich durchgehende Gebrauch des Präsens, welches
nur sehr allmählich dem Präteritum Platz macht, tritt für direxEiv
genau wie für s%€lv in den Papyrussammlungen sehr deutlich hervor.
Noch schärfer aber in den Scherbenquittungen, deren Ergebnisse nach
dieser Richtung Herr Professor Wilcken auf meine Frage, ob jene Er-
scheinung auch dort sich finde, mir freundlichst übersandt hat.
Folgende Tabelle fafst seine Feststellungen über Gegenwart und
Vergangenheit bei sxca und cc7t£%co zusammen:
"Exco oder anijGi stehen in der
in Ostrakaquittungen
Gegen-
wart
Ver-
gangen-
heit
Hierunter
Vor Christo
41
I. Jahrh. n. Chr.
II. Jahrh. n. Chr.
III. Jahrh. n. Chr.
51
34
10
268
11
48
35
Summa 126 279 94
Hiernach ist der Gebrauch der Vergangenheit bei aiiiyip genau
wie bei iyja ein mifsbräuchlicher, den Ostraken vor Chr. Geb. ganz,
denen des I. Jahrh. n. dir wesentlich fremder.
Ganz dasselbe ergeben die Papyrusquittungen. ^)
1) "E^siv in der GegenwciH findet sich:
BGU. I 68, 4 (112—3 n. Chr.); 69, 4 (113—4 n. Chr.); 101, 2 (114—5 n. Chr.);
183, 5 (85 n.Chr.); 189, 2 (8 n. Chr.) ; 190, 1,4(Domitian); 240,5(167— 8n. Chr.);
251, 3(81 n. Chr.); 272, 3(138 n. Chr.); 289,2(147 n. Chr.); 290,9 (150 n.Chr.);
339, 9 (128 n. Chr.).
CPß. I 15 (149 n. Chr.); 16 (163 n. Chr.); 21 (230 n. Chr.); 22 (Anton. Pius); 23
(s. a.); 26 (136 n. Chr.); 26 (Hadrian); 27 (190 n. Chr.); 29 (184 n. Chr.);
198 (139 n. Chr.); 280 (137—8 n. Chr.); 238 (s. a.).
Heinrieli Ernian : Die 'Ilabo'-Quittung lioi den Grifichon 79
Der Bestand ist hier tabellarisch folsender:
Gegenwart
Verojan
genheit
Vor Christo
2
1
I. Jahrh.
n.
Chr. . .
4
4
1
I.— n. Jahrh.
n.
Chr. . .
2
II. Jahrh.
n.
Chr. . .
18
18
15 0
5
IL— ni. Jahrh.
n.
Chr. . .
1
3
2
7*)
in. Jahrh.
n.
n.
Chr. . .
1
3
7
IV. Jahrh.
Chr. . .
3
Später
3
1
4
1
sine anno . .
6
1
2
11
1) Da die 10 Sitologenurkunden Abschriften desselben Formulars sind, können
sie eigentlich nur für 1 rechnen — also statt 15 nur G!
2) Vergl. hierzu die Bemerkung des CPR. I S. 14 (in der vorigen Anm.),
wonach unter Severus die Kaufurkunden ''geradezu stereotyp' mit änscxriKevcxi über
den Preis quittieren.
Grenf. I 22 (118 vor Chr.); 68 (7. Jahrh. n. Chr.).
Wessely Denkschr. Wien. Akad. 1889 XXXVII S. 101: No. 1 (89 vor Chr.); 2 und
3 (2—300 n. Chr.); S. 199 ('häufig wiederkehrend!' — 647 n. Chr.); S. 203
Pap. LVII (VI. Jahrh. oder später); S. 205, LXII (s. a.); S. 215, LXVI(s. a.);
S. 251, App. 889 (s. a.); S. 254 Pap. LXXV (s. a.).
P. Par. 7 (99 v. Chr.).
'Ani^Hv in der Gegemvart:
BGU. I 44 (Trajan); 71 (Commodus); 77 (Max Aurel); 100 (Anton. Pius); 101
(Trajan); 153 (Anton. Pius); 165 (Anton. Pius); 177 (Claudius); 179 (Anton.
Pius); 187 (Anton. Pius) ; 193 (Hadrian); 196 (Trajan); 200 (Commodus);
228 (2—300 n. Chr.); 236 (ü. Jahrh. n. Chr.); 260 (Dioklet.); 281 (Trajan);
297 (Claudius); 350 (Trajan).
CPR. I 1 (ter! — Diocletian); p. 13 (s. a.); 4 (bis! — Claudius); 14 (IGG n. Chr.);
187 (1—200 n. Chr.); 188(1—200 n. Chr.); 194(161 n. Chr.); 198 (139 n. Chr.);
220 (I. Jahrh. n. Chr.); 223 (Hadrian).
Grenf. I 26 (113 v. Chr.).
Wessely, Denkschr. Wien. Ak. XXXVII 1889 : No. XXVI (4. Jahrh. n. Chr. oder später).
"E^siv in der Vergangenheit:
BGU I 24, 2 (s. a.); 29 (7—800 n. Chr.); 61, I, 4 (199 n. Chr.); 104; 105; 169;
171; 172; 263; 279; 280; 284; 294 (10 'Sitologen'- Quittungen nach einem
und demselben Formular — 155 — 9 n. Chr.); 150, 1 (II. — III. Jahrh. n. Chr.);
155, 4 (152—3 n. Chr.).
CPR. I p. 59 (um 300 n. Chr.); 20 (250 n. Chr.); 183 (35 n. Chr.); 228 (205 n. Chr.^-
229 (H.-ni. Jahrh. n, Chr.).
80 I- Aufsätze
Die Papyrus ergeben also ganz wie die Ostraka^ dafs der ältere,
korrekte Sprachgebrauch das aiiiiuv genau wie das ti^iv nur in der
Gegenwart anwendet. Dies scheint mir nun unvereinbar mit der Auf-
fassung des UTiixaiv als EmpfangshQ7.e\xgMn^. Das Emj)fangen ist eine
abgeschlossene, also in der Vergangenheit liegende Thatsache. Daher
steht in allen Sprachen das Empfangsbekenntnis in der Vergangenheit:
'empfangen zu haben', j'ai regu, accepi, recepi, slaßov^ £d£i,cc^7]v etc.
Dagegen steht logischer Weise in der Gegenwart das Bekenntnis
über den fortdauernden, also gegenwärtigen Zustand des Habens. Es
zeugt von Abschwächung des Sprachgefühls, wenn auch dies Haben
in der Vergangenheit erscheint. So im Griechischen, wo den obigen
Tabellen nach dieser Umschwung etwa im H. Jahrh. n. Chr. sich voll-
zog. Und so auch im Lateinischen, wo unsern Zeugnissen nach die
ganze römische Zeit hindurch das 'habere' ausschliefslich war, während
im Mittelalter die 'habuisse'-Quittung auftritt. Dies zeugt einmal mehr
von der schärferen und länger festgehaltenen Logik der römischen Rechts-
sprache gegenüber der griechischen. Doch ist dabei auch zu beacliten,
dafs unsere Scherben- und Papyrusquittungen eigentlich 'griechische'
nicht sind, sondern gutenteils die hellenisierter Barbaren. Wohl
möglich, dafs z. B. in athenischen Quittungen das korrekte Präsens
von ^%Eiv^ icntiEiv erheblich länger in Gebrauch blieb als in unsern
helleno - ägyptischen !
Doch wie dem auch sei, sicher ist, dafs das Präsens bei amistv
genau in der gleichen Weise auftritt wie bei £%Eiv. Man empfand also
das ccTtsiEiv als Bezeichnung nicht eines (vergangenen) Vorgangs, als
Grenf. I 00 (5«1 n. Chr.) — [No. 51 (IL — III. Jahrh. v. Chr.): iaxtv XaiQ&g Tvßi
u üß[^olovg) y ist Jceine Quittung, sondern die Aufzeichnung eines vergangenen
Kassenbestandes. Das tax^^ ist also am Platz !J
Wessely, Wiener Ak. Denkschi-. XXXVII: No. XXV (4. Jahrh. oder später); p. 201
No. LIV (VI. Jahrh. n. Chr.); p. 256 App. 902 (s. a.).
'Antx^iv in der Vergangenheit:
BGU. I 13 (Dioklet.); 32 (s. a.); 282 (Mark. Aur.); 316 (IV. Jahrh. n. Chr.).
CPli. I p. 14: Cunter Severus . . . griechisch-ägyptische Kaufurkunde stereotyp; . . .
der nachfolgende Passus geradezu stercotyj}- ngoßo^oloysl 6 TtaQaxcoQihv
ansöxriK^vcci, rrjv uvtrjv rtfii^v . .'); No. 2 (II. — III. Jahrh. n. Chr.), 3 (II. bis
III. Jahrh. n. Chr.); p. 19 (271); 5 (1G8 n. Chr.); 6 (238 n. Chr.); 9 (bis! — 271
n. Chr.); 10 (bis! — 321 n. Chr.); 11 (bis! — Trajan); 46 (Caracalla); 63
(Alex. Sev.j; 103 (s. a.); 109 (s. a.); 113 (s. n.); 120 (s. a.); 122 (s. a.); 138
(s. a.); 140 (nach M. Aurel), 142 (s. a.); 149 JL— IE. Jahrh.); 151 (III. Jahrh.) ;
152 (IL— III. Jahrh.); 153 (s. a.); 154 (M. iur.); 155 (s. a.); 156 (nach M.
Aurel.); 193 (;iGl n. Chr.); 225(224—5 n. Chr.); 238 (s. a.); 247 (347 n. Chr.).
GrenL I 60, 32 (.081 n. Chr.).
Heinrich Emian: Die 'Habe'-Quittung l)ei den Griechen 81
Empfang, sondern eines (gegenwärtigen) Zustands, als ein Haben: auch
änixELv war eine 'Habe'-Quittung.
Durch den Zusatz des a:ih hatte also das E%blv von seiner Habe-
bedeutung nichts eingebüfst. Da fragt es sich denn, was dies aith
eigentlich bedeutete und in welchem Sinne es die Bedeutung des s%blv
modifizierte?
Aufschlufs darüber ergiebt die durchgehende Korrespondenz: ^äjio-
didövcci — uTcaxsiv' entsprechend der von öidövaL — sx^iv. Die her-
kömmliche Übersetzung von äTCodidövai = geschuldetes geben ist nicht
falsch, aber schwerlich die ursprüngliche. Diese scheint mir 'zurück',
'wieder' zu sein: anoöidövai — anix^v == zurückgeben — zurückhaben.^)
Auszugehen ist von demjenigen Vertrag, der in allen Sprachen wegen
seines Alters, seiner Häufigkeit und Wichtigkeit die Obligationstermino-
logie beherrscht : dem Darlehn. Hingabe eines Darlehns ist lie'm Zuräcli-
fjehen, daher hier niemals KTtodudovat — änex^uv gesagt wird, sondern
stets nur dtdovai — bxblv. Dagegen die Heimzahlung des Darlehns
ist ein Zurückgeben. Daher zwar natürlich auch didovat — Bx^tv da-
von gesagt werden Tiann, technisch und regelmäfsig aber nur äno-
didovai — änixBiv.
Entsprechend lateinisch dare — accipere und reddere — recipere,
am schärfsten wieder bei dem Wortkünstler Seneca, de benef. H 17 § 7:
Beneficium tam recipiendum est, quam non exigendum. Opti-
mus ille qui dedit facile, numquam exegit, reddi gavisus est . . .
qui accipientis animo recepit.
Dies wäre griechisch nur durch ^-ij^vx]] sxovtog uTcix^C wieder-
zugeben.
Der Begriff des Zurückgebens und -habeus war also den Römern
selbstverständlich geläufig, so zumal beim Darlehn: mutuum reddere
und beim Kaufpreis pretium reddere (wirtscliafüicli ist die Preiszahlung
eine Rückgabe des vom Verkäufer empfangenen Sachwertes — daher
griechisch stehend tLybi]v anodtöovai — cctcsx^lv). Aber es zeigt sich
hier einmal mehr die Verschiedenheit zwischen der juristisch-raffinierten
römischen Terminologie und der naiv-praktischen der Griechen. Die
technische Rechtsterminologie der Römer unterdi-ückt ganz systematisch
die dem Leben geläufige Unterscheidung zwischen dare — accipere
einerseits und reddere — recipere andrerseits, und so erscheint in dem
römischen Hauptkontrakt, der Stipulation, das BücJcgehen eines Dar-
lehns als ein blofses Gehen: dari spondes? spondeo. Entsprechend die
1) Für ccTtix^iv im Sinne von '"empfangen haben' verweist Herr Professor
Wilcken auf die mir nicht zugänglichen Bücher von Sturz de dialecto Mace-
donica et Alexandrina 1808 p. 147 und Deifsraann, Neue Bibelstudien S. 56.
Archiv f. Papyrusforschung. i, 1. 6
82 I- Aiafsätze
Quittung darüber: Quod promisi, habesne acceptum? (nicht receptum)
— habeo.
Ja ein besonderes JRMc/iempfangsbekenntnis bat sich in Rom über-
haupt nicht entwickelt^ kein dem anaxco entsprechendes redhiheo oder
ähnlich, und habesne acceptum, nicht receptum. Das Bekenntnis über
ein gewährtes Darlehn war in Rom von der Quittung über ein zurück-
gezahltes nicht zu unterscheiden, beide lauteten gleichmäfsig auf: se
accepisse, accepisse et habere, accepta habere, habere u. s. w. Erst im
Mittelalter kommt dieser abstrakt-juristischen Terminologie gegenüber
die praktische Auffassung zum Siege: während der Darlehnsempfangs-
schein stets auf se aecepisse abgestellt wird, lautet die Quittung auf
se recepisse (et habuisse).
Im vollen Gegensatz zu dem juristischen Raffinement der Römer
kann nun, wie besonders Mitteis gezeigt hat, der Grieche die Obligation
sich nur als DarlehnsrwcAgabepflicht vorstellen. Die Obligation ist ihm
ein wirkliches oder fingiertes Darlehn. Und gerade daraus wird der
allgemeine Gebrauch von antodidovai — a.-jti%Biv für Zahlung einer 'jeden
Sclmld zu erklären sein; auch wenn sie nach keiner Richtung hin als
wahre Rückgabe erscheint, weder unmittelbar: Rückzahlung eines Dar-
lehns, einer Mitgift u. s. w., noch wenigstens materiell: Kaufpreis-
zahlung = Rückgabe des Sachwerts.
Von hier aus dürfte sich auch der Widerspruch erledigen, den
gegen die obige Deutung des äntico Herr Professor Wilckeu bei
freundlicher Übersendung der Ostrakaergebnisse erhoben hat. Er
schreibt :
'Meine Sammlung spricht dagegen, . . . dafs anaxoj auf eine
Rückzahlung beschränkt sei . . ., denn äntiELv steht genau so wie
iy^£iv auch in reinen Steuerquittungen. Ja ein und derselbe
Steuererheber schreibt bei Empfang derselben Steuer bald i^^,
bald ä7iEi(o. Vgl. z. B. 1085 und 1087 {Scniio) mit 1081, 1082,
1086 etc. (f^co). In 1359, einer Schustersteuer-Bankquittung {xt-
raxtac), schreibt der Trapezit an den Rand: djtE%(o %. In diesem
ani%£LV liegt also wohl nur, wofür auch die Lexika Beispiele
geben, das 'Empfangen dessen, was einem zukommt'.'
Hiermit völlig einverstanden, suche ich nur auch noch die weitere
Frage zu beantworten, woher jene Bedeutung von aniio (und aTCobi-
d(oiii) stammt. Und da scheint mir keine andere Autwort denkbar
als: vom Darlehn, also vom Zurückgehen. Und das strenge Vermeiden
dieser Ausdrücke für die Darlehnsgewährung scheint mir dafür zu
sprechen, dafs jene 7iyVcZ"zahlnngsidee sehr lange lebendig blieb. So
ist in den mittelalterlichen Quittungen das recepisse auf die Darleims-
Heinrich p]rman: Die 'ITalje'-Quittun;' l)oi den Griechen 83
rückzahlung beschränkt, während der Darlehnsempfang durch accepisse
l)ekaunt wird. Im modernen Französisch dagegen hat das recevoir
jene ursprüngliche Bedeutung ganz verloren und wird anstandslos
auch vom Em/pfang eines Darlehns gebraucht.
Folgendes die von Professor Wilcken mitgeteilten Zahlen für die
Ostraka:
h<o
CiTtiXO}
Vor Christo
30
11
I. Jahrh. n. Chr. . . .
13
48
n. Jahrh. n. Chr. . . .
267
35
III. Jahrh. n. Chr. . . .
1
Summa
311
1)4
Hier ist, wie immer bei unserm sjDoradischen Material, viel Zufall
im Spiel — zumal in dem Gegensatz der Quittungen des I. u. IL Jahrh. —
aber die Gesamtzahlen und ihnen entsprechend die 41 Quittungen v. Chr.
ergeben ein Verhältnis von etwa 3 aico zu 1 ccitbico. Danach trat die
Auffassung der Steuerleistung als Heimmhlung einer SeJadd — eines
fingierten Darlehns — sehr erheblich zurück gegen die naivere, die diesen
Schuldcharakter dahingestellt sein liefs, vielleicht auch ihn geradezu
leugnete.
Die Ergebnisse der Papyrusurkunden endlich sind folgende:
1) Hinsahlung eines Darlehns, einer Mitgift, einer arrha: 28 (oder 37!)
a%(x} vom I. — VII. Jahrh. n. Chr.^), hein cc7ca%co.
2) HücTxZalilmigen, Daiiehn oder Kaufpreis (hierzu vgl. oben S. 81):
Für Darlehnsrückzahlung: 6 oiiti%Gi des IL Jahrh. vor und des
IL Jahrh. n. Chr., 1 £;t« f^es III. Jahi-h. ii. Chr.).-)
1) I. Darlehnsempfang: BGU. I: 69, 4 (113—4 n. Chr.); 101 (Trajan); 155 (Anton.
P.); 189, 2 (s. a.); 190, I 4 (s. a.); 223, 5 (210—11 n. Chr.); 272, 3 (138 n.
Chr.); 290, 9 (150 n. Chr.); 339, 9 (128 n. Chr.)— aufserdem 104, 105, 169,
171, 172, 263, 279, 280, 284, 294 (10 Abschriften desselben Formulars über
Saatkorndai'lehen (155 — 9 n. Chr.) — nur als eine No. zu zählen: ob. S. 80^)
CPR. I: XV (149 n. Chr.); XVI (163); p. 59 (300?); p. 229 (s. a.). Wessely,
Denkschr. d. Wien. Ak. 1889: S. 157: App. .'J3.> (Christi. Zt.); S. 216 Pap.
LXVI, 2 (s. a.); S. 251 App. 889 (s. a.); S. 254 Pap. LXXV'(s. a.).
n. Bosempfang BGU I: 183, 5 (85 n. Chr.); 251, 3 (81 n. Chr.); 252 ^98 n. Chr.);
CPR. I XXI (230 n. Chr.); XXII (Ant. Pius); XXIII (s. a.i; XXV (136 n. Chr.);
XXVI (136 n. Chr.); XXVII (190 n. Chr.); XXIX (184 n. Chr.).'
III. ii^^u§(ov BGU. I: 240. 5 (167 n. Chr.).
2) Darlehnsquittungen mit aniivi: BGT". I: 44 (Trajan); 101 (Trajan); 155
6*
84 I- Aufsätze: Heinr. Erman: Die 'Habe' -Quittung bei den Griechen
Für Kaufpreis: 1 aTiiiGi des 11. Jahrh. n. Chr.^ 3 t%(a des IL Jahrh.
D. Clir.\)
3) Andere SclmldzaJilungen'. 9 eia — 10 ccni%G},
nämlicli: MietszaMung: ^£%(o des IL — VII. Jahrh. n. Chr., 3 änixcj
des L— III. Jahrh. n. Chr. 2)
Sonstiges (Zinsen u. s. w.): 5 e%(o vom IL Jahrh. vor bis VI. Jahrh.
n. Chr., 7 ccTiEia des IL Jahr. n. Chr. (s. a.).^)
Lausanne. Heinrich Erman.
(Ant. P.); 179 (Ant. P.); 281 (Trajan); Grenf. I 26 (113 vor Chr.); mit ^xa:
CPR. I 228, 4 (205 n. Chr.).
1) Kaufpreisquittungen mit ixa: CPR. I: 198, 18 (139 n. Chr.); 230, 12
(137—8); Grenf. I 22 (118 n. Chr.); mit änix(o: CPR I 198,18 (139 n. Chr.).
2) Mietsquittungen mit ^;^co: BGU. I: 150, 1 (s. a.); 289, 2 (147 n. Chr.).
Grenf. I: 22 (118 v. Chr.); 68 (VH. Jahrh. n. Chr.); mit &Ttix(^- BGU. I: 32, 2
(s. a.); 253, 15 (IE. Jahrh. n. Chr.); 260 (Diokl.); 297 (Claudius).
3) Sonstige Quittungen mit J^x^^- BGU. I: 24 (nach Mark Aur.) ; 68,4(113—4);
295 (591). Grenf. I 23 (s. a.); 51 (II. Jahrh. vor Chr.); mit anix(a: BGU. I: 77
(Mark Aur.); 187 (Anton. P.); 196 (Trajan); 200 (s. a.;. CPR. I p. 13 (s. a.);
No. 14 (166 n. Chi-.); 63 (AI. Sev.).
Observatiunculae ad papyros juridicae.
§ 1. Norunt, qui papyraceis contractibus operam impenderunt,
instrumentis vel Graecis vel demoticis, praeter suhscriptiones eorum,
qui scribendo adfuerint, subscriptas haud raro inveniri publicas sub-
notationes („Vermerke") binas, quae registra nescio qua de causa appel-
lavit Peyron, alterum trapenficum, alterum grapliicuni, sed vera nomiua
bis sunt Ttt&^a'^) et %aQay^a.^) Atque haec quidem in fronte; ceterum
in tergo ab Augusto utique conspicitur^) signum planum {„Stempel"),
quae res praeterea in tota antiquitate inventa nonduni est, siquidem
(tö) TCQotoxollov^), cuius apud lustinianuni fit mentio (Nov. 44 cap. 2)
magis videtur scribi, quam signari, solitum. Quod babere debebat xriv
tov naxcc xuLQOV ivdo^ordrov x6^r]rog t&v ^eiGiv rj^&v XaQyitiovcav^)
TiQOöiqyoQiav ^ aal xov %q6vov %a%^ ov 6 xccQtt]g yayovs^ xal ÖTtööa inl
rav roiovtcov ngoyQKqysrai , nam non valet protocollum alh]v xivä
yQcc(prjv s'xov. Sed quod in papyrorum tergis deprebenditur, id babere
solet effigiem imperatoris^) et in orbe literas, quibus principis nomen
1) Droysen, Bh. Mus. f. Philol. lU (1829) p. 495 (ex papyro Londiniensi III
(= Forshall I = Grey) lin. 37).
2) CPR. I 4, 37/8.
3) Imagines repraesentantur in corp. Rain. I pag. 38 et in pap. Berol. I
pag. 192. Habuerunt autem talia BGU. 183, 748, CPR. I 170, Londin. CCXCVII
(b), atque sine dubio alii quam plurimi, unde nunc evanuit signum.
4) Sintne protocolla vel protocollorum loco literarum figurationes, quae in-
veniuntur in summa fronte papyrorum Byzantini aevi (Marini LXXX, LXXXVIII,
XCIV, CXIII; Führer durch die Ausstellung Rainer (1894) p. 17sq. ; P. Oxy. (I)
praef. pap. 138) necdum legi potuerunt {Führer etc. p. 18: „ein sinnvenvirrendes
Gemengsei von geraden und verschlungenen Linien", cf. Spangenberg, Tab. negot.
p. 142' cum tab. lithogr. I), quaeritur. Negat Marini (not. 2 ad pap. LXXX), alt
Karabacek (Führer etc. p. 17) ideo fortasse, quia sub Arabibus iam cernuntur,
quae ad papyri confectionem pertineant („d(ie) Namen der Chalifen, Statthalter,
Steuer ver IV alter, Arbeiter und d(ie) entspi'echenden Jahreszahlen"), proinde possunt
videri sub Graecis eadem obscure significari.
5) Ad hunc igitur tunc pertinuisse chartarum dispositio et cnra videtur Cuiacio
(ad R. C. 11. 18).
6) Antiquissimum exemplar null am habet effigiem, sed notam FP et in orbe
(Jxovs) Is KaiaciQog (pap. Berol. I pag. 192).
86 I. Aufsätze
et annus exprimitur velut hoc modo: srovg tß' uvtoxQchoQog KaCduQog
NsQova TQcaavov xri, eaque omnia rubro colore signantur. Huic uomen
fuisse putat Wilcken^) xäQuy^a, sed decepit eum Deissmann^) speciose
laudando ex Corp. Rain. I pap. IV lin. 37/8, nam dissimulat is anti-
graplio, sicut ipse viüt signi, messe vocabuliim avaysyQaTcrca, quod, ut
a signo aliennm, ita cum altera subnotatione (quam registrum graphicum
appellabat Peyron) coniunctum fere est, proinde ex boc ipso loco du-
citur, xciQCiyua nomen esse non signo illi piano sed subnotationi.
Signo fuisse uomen conieeerim yQacpr'iv^), sed scire refert, significeturne
eo fabricandi an coutrahendi annus. Et quidem lustiniana protocolla
fabricandi annuni demonstrant (tbv xqövov Jiu&' ov 6 x^Q'^VS yiyovs),
vetera signa anniversaria contrabendi tempus exprimunt. Idque pro-
batur subscriptionibus quibusdam agoranomicis'^), quibuscum eoaluit
quodammodo signum anniversarium, nam subscripsit agoranomus in
fronte dieni {ßv Urols^atdi, ^aa(fi iß'), in tergo sub signo nomen
(^MccQav 6£6t]y.£t(o^ca), annum supplente signo, itaque pertinebat ad
contrabendi tempus. Proinde vera est sententia Deissmanni ■'') signa
papyrorum anniversaria non esse originaria sed imposititia, neque in
cbarta pura extitisse, sed post contractum addita esse, quamquam in
bona causa non pretiosa pugnat ratione: si fuissent originaria. futurum,
ut scripturae nimium decederet nulluni in usum.^) Nam, quia in fronte
scribitur''), signa tergum occupant, scripturae nil sane deperit.
Quod autem attinet ad publicas illas subscriptiones, de quibus
initio dictum est, xagayfia paret esse subnotationem magistratus eins
qui privatorum contractibus praesideat, testandi causa publice trans-
scriptum esse. Utä^a autem est apoche publici vectigalis ea pleruni-
que forma, ut subscribat trapezita publicus accepisse se sizoörrig^)
iyxvxXiov'') TsXog^ quod pro contractu deberetur, narä dtayQaqjrjv, id
1) Ad pap. Berol. 748 col. I.
2) Neue Bibehtudien (1897) p. 74.
3) Itaque solvendam esse notam vocabuli supervacanei (nam a recentioribus
exemplaribus abest), quam invenimus in jjap. Berol. I pag. 192 (TP).
4) CPR. I, 11; BGU 748. I.
5) Neue Bibelstudien (1897) p. 73.
6) „Für eine Urspningsmarlce int der Stempel viel zu grofs, man ivird doch
nicht eine so grofse Fläche des wertvollen Materials durch Abstempelung ohne
iveiteres dem Gebrauche entzogen haben."
7) Wilcken, Herrn. XXH (1887) i». 487— 492; cf. P. Grenf. II p. 211 — 21G;
Spangenberg, Tab. negot. (1822) p. 14.
8) Vel Sfy.drrig.
9) lungendura esse iyv.vv.).iov rtlog vidit Droysen (Bh. Mus. f. Phil. III (1829)
p. 501). lunxerat Buttmann iyy.vuliov TQÜitf^ca', et nunc Wilcken {Götting. gel.
Am. 1894 p. 725).
J. C. Naber: Obsci'vatiunculac arl papyros juridicae 87
est mandatiim ^) , tov tsXcovov, vcp i]v^) VTCoyQdrpei 6 ävtiyQa(p£vgy)
Ergo vTisQ ri}^ lotnig^) non publicano solvendum est, sed publico tra-
pezitae, nee potest is accipere solius publicaiii mandato, nisi id habeat
subscriptionem contrascribae.'') De bis UTSIMAEIN quaedam a nobis
observabimtur, iit sie deiiide perveniamus ad xaQayiidtav materiem,
quaedam denique nEgl öiayQacp&v subjuncturi.
§ 2. Iltco^dtcov fastos confecerat olim Lumbroso®), admixtis qui-
busdam alterius generis doeumentis '') ; post quem collegit ea nxa^dtcov
exempla Wessely®), quibus messet principale verbum tetaxtcct, id est
solvit.^) Alia nunc demum accesserunt, veluti babent nta^a papyri
Londinienses DCXXIII (= Grenfell I, 21), DCXXXII (= Grenfell I, 36),
DCLXVII (= Grenfell II, 15), DCLXXV (= Grenfell II, 32), DCLXXIX
(= Grenfell II, 35), Grenfell II, 34; Oxyrhyncbita, sub Romanis scriptus,
(toI. I) XCIX, et superest, quod indicant articuli vtp tjv, ptomatis frustu-
lum in pap. Fl. Petrie (pari II) XXYI (2). Nee erat illi vera causa,
cur excluderet ea, quae non baberent verbum Tfrajcrat, velut Leidense
I. 379 (p. 90), quod in niodum passivum ita concipitur: nintco^ev dg
X. ßo3 . . . (suppleo: sig xißänov). Item Berolinensi papyro (41), quod
Tcr&^ci est, restituit formam ninzcoxEv Droysen^*'), et occurrit ea, licet
inde Ttra^aöiv nomen est, etiam in alterius generis apocbis, veluti pap.
Zoidis lin. 1 et Fl. Petrie (ijart II) XXXIX (/:) lin. 15.
§ 3. Diximus in omni ptomate, quod quidem communi forma sit,
publicauum, contrascribam, trapezitam inveuiri. De publicano et tra-
pezita nulla quaestio est, sed de contrascriba quaeri potest, qui ävvL-
yQatpsvg subscribere debeat mandato, quod ad trapezitam publicanus
dabit. Non est utique 6 TtQog rfi ävayQag)fj^^), apud quem contractus,
1) „Berechnung der Steuer" vertebat Droysen, Bh. Mus. f. Phil. III p. 504.
2) Hoc manet in P. Petr. II 26 (2), 4.
3) His nomen sunm non semper subscribit trapezita (Wilcken, Jahrb. des
Vereins von Ältertumsfr. im Bhl. 86 (1888) p. 236).
4) Bevenue laivs 31, 16.
5) Contrascriba et contrascriptor in lapidibus occurrunt.
6) Becherches sur V economie politique de l'Egypte (1870) p. 330 ^
7) Veluti quod dederat Egger, Comptes-re'ttdus de l'acad. des inscr. III (1867)
p. 314, et Zoidis papyris, et Partheyanis 2, 3 (= Wilcken, Actenstücke IX, X)
et altero Eggeri papyro {Memoires d'hist. anc. (1863) p. 150). Praeterea pro duobus
computat Brugsch, Lettre p. 63 = Leemans p. 69.
8) Wiener Studien UI (1881) p. 3, 5, 8—11.
9) Droysen, Bh. Mus. f. Philol. m (1829) p. 500: „es hat entrichtet".
10) Bh. Mus. m p. 540.
11) Wiener Studien DI p. 5. — Idem bis dicitur 6 itqbs rc5 ygacpsLa in: 3Ie-
morie della B. A. di Torino (Peyron) XXXI (1827) p. 159, tertium in pap. Berol. 580,
qi;in immo 6 xb yQa^fsZov in pap. Berol. 379 lin. 18, 20.
88 I. Aufsätze
Aegyptii inprimis^), publicari debent. Licet enim is ävTiyQccq)£vg non-
numquam TOcitetur^\ errore tarnen, et quidem eodem, fit, quo appel-
latnr 6 TtQog tf] ccvtLyQaipii.^) Sed nihil obstat, qno minus publicani
mandatum confinnare subscribendo intelligatur (6) xaraötad^elg ävxi-
yQCitpevg ty]g covrjg "ujrö*) rov (ßa6i,XiXov) oixov6}iov^ qui nuper innotuit
lege Ptolemaeornm vectigali.^)
§ 4. Sequitur, ut dicanius qua re non ipsi publicano vectigal sol-
vendum fuerit, sed trapezitae, quum tarnen illius rem sine dubio au-
geret. Fit igitur hoc eandem ob causam, quam propter rj dzoaoiQa^)
non traditur publicano sed in horrea publica defertur^), quia scilicet
sicuti privatis fundorum locatoribus expedit xvqisvelv tüv xaQjtav sag
(av) XU. Kar hog orpEilo^LSva ito^iö((ov)Tai^\ ita civitati vectigalia elo-
canti tutissimum visum est (ffjg) yLyvo^evrjg TtQodödov xvQLSvsiv'^),
atque sie (otav) 6 nanga^ivog XQovog^^) änag ^tsAO'r/^), tunc cum
publicano dialoyit,£6d'aL.^^) Quam ob rem fit etiam, ut non totius con-
ductionis praedes dentur, sed partis pretii^^) atque praeterea täv a(7t)EL-
xo0tßv^'^), quae aliquando facta sunt iTtidsxata.^^) Etenim pars utique
pretii, civitati xvqlevovö)] quum sit omnimodo salva futura, praedibus
indigere non videtur.
§ 5. Cur vero mandatum publicani ad trapezitam non sufficiat,
nisi habeat subscriptionem tot) dvTtyQaq)icog'lf Subscribit is, ut con-
1) Postea quidem etiam Graecos contractus Sia tov yQcccpeiov publicari coe-
pisse, docebimus infra (§ 13). Sed erat initio t6 ygacpHov Aegyptiis contractibus
publicandis institutum.
2) Memorie della E. A. di Torino (Peyron) XXXI (1827) p. 159 sq. — In pap.
Leidensi I. 380 (p. 90) fit 6 yQacpivs.
3) Notices et extraits XVIII 2 p. 225.
4) Observavit Witkowski, Götting. gel. Ans. 159 (1897) p. 471 (ad col. 29 lin. 4)
in hoc papyi'O {Bev. laws) semper legi ■iiccd^eatriiimg itccQa et Kcctaetcc&slg vnö.
5) Ben. laivs 54, 20.
6) IIsqI tiis &no(ioiQo:g conferendus est inprimis Grenfell, i?ey. laws p. 119 — 121,
deinde vero Kenyon, ad pap. Lond. CXCV lin. 9.
7) Bev. laics 30; 31.
8) Ergo hoc recipit locator in P. Oxy. I 101, 22—24; 102, 17/18. Ex iure
Romano cf. 1. 62 (61) § 8 D. 47. 2 (et 1. 7 pr. D. 20. 2).
9) Bev. laws col. 3.
10) Cf. Bev. laws 21/2: slg ov ccl ngöeoSoi nBTtQccvtcci (xqovov) , atque col. 8
lin. 6: iv a» inqiavto ti]v oivrjv (;fpdrw) pi'O: sig ov . . . . y^Qovov.
11) Bev. laws col. 18 lin. 9 sq.
12) Bev. laws col. 16—20.
13) Cf. Bev. laws 17, 3: t6 &8iiyyvov ^tQog tfjg wvfjg.
14) Bev. laivs 34, 3; 56, 15.
15) Bev. laivs, App.I (= P. Par. 62) I, 15.
J. C. Naber: Observatiunculae ad papyros juridicae 89
stet exigi «x tojv vö^cov^), id est iie inclebituin exigatur^j neve minus
debito, nam hoc quoque ne fiat, sicut vectigalis eius sociorum^), ita
civitatis interest propter rö ddisyyvov fitQog rijg wvij?.*) Vel magis
illud ne fiat, civitatis interest propter futurorum annorum reditus,
quos perituros certuin est, si depeculari subditos publicanis permit-
tatur, quapropter etiaui apud Romanos, qui, quantum novimus, vecti-
galia non subsignabant, tarnen publicanis quorundam publicorum eorun-
dem publicorum procuratores invigilabant.^) Quod nominatim traditur
de quatuor publicis Africae.")
§ 6. Habent autem TtTa^ura tarn Graecae cautiones — veluti
pap. Paris. 5; Leid. M et N; Lond. DCXXIII (= Grenfell I, 27); DCXXXII
(= Grenfell I, 36): DCLXVII (= Grenfell II, 15); DCLXXV (= Gren-
fell II, 32); DCLXXIX (= Grenfell II, 35) — quam demoticae, dummodo
vectigales id est ra iy^vx^iG) subiectae sint. Vectigales esse constat prae-
diorum et mancipiorum '') et rerum incorporalium ^) coväg, avcbv exemplo
döösig^), quae pretium quodcumque habeant, atque dicaQeasig^^)^ id est so-
ciorum licitationes.^^) Exigebatur autem de bis omuibus initio vicesima,
postea adauctis aerarii necessitatibus decima.^^) Ssöetg perinde pendebant
tu TiQuöELg^^), id est initio vicesimam postea decimam.^'^) Reliqua 6vvaK-
1) Mev. Imcs 15, 12. — Exigit igitur publicanus, non contrascriba vel olv.o-
vo^og, quae sententia est Pauli Viereck (Berliner phüologiscJie Wochenschrift 1896
p. 1652: „die Pächter ivurden kontrolliert durch die von der Eegierung angestellten
Steuererheber").
2) Cf. P. Par. 61 (adhib. Bev. laivs p. 77); Bev. laics 12, 1—4; Bev. Imvs,
app. I (= P. Par. 62) 1, 4: kccI ^sXlsrs ^riQ^iva avxocpavt'^GBiv, quod etiam dicitur
TtaQaXoysvHV (P. Petr. 11 38 b, 6).
3) Ergo queritur in pap. Fl. Petrie, App. p. 3 socius de socio: oti . . . i^
^KVtov tag 6vy%aiQrj6£ig noistrcci KataßXccTtTcov ri]v 6}vt]v.
4) Cf. supra (§ 4).
5) Willems, Droit public (1880) p. 493'.
6) Marquardt, Staatsvenvaltung II (1884) p. 313^. De textu (lin. 4) melius
abesset: und Einnehmer.
7) ' EyuvKXiov . . . dovXrig commemoratur in P. Oxy. I 95, 25 — 27; 96.
8) Veluti Xoysvopiivcov in P. Lond. HI, 40.
9) P. Par. 5 col. 50. 10) Wiener Studien III p. 5.
11) Bivisio pro emptione partis socii etiam legitur 1. 7 § 12 D. 10. 3.
12) Droysen, Bh. Mus. f. Philol. EI p. 512.
13) Pap. Berol. (39) quem edidit Droysen , Bh. Mus. f. Philol III p. 494, 535
et item Wilcken in: Kleine Schriften von Droysen I (1893) p. 387. Torsit priorem
editorem (p. 537) vox t&sto pro ^&riyitv. Atqui in Anecdotis Bekkeri I p. 264
(lin. 10 sq.) habemus: 0f^svog- xorl 6 ivsx,VQOv &£lg xai 6 Xaßmv . . . slg v7to&r}-Ki]v.
Invenitur autem xL&sgQ-ch pro xi&ivui in Byzantini aevi documentis , veluti : P.
Oxy. I 125, 21; 138, 37; Theoph. paraphr. IV cap. 141.
14) In ptomate quod laudavimus decirna est.
90 ^ Aufsätze
?My^aTa ab hoc onere immimia fuisse videntur; uulluni certe sive
ddvELOv sive eTiiXvfSig (id est anoiiq) habens Tträfia hactenus prodiit.
Non tarnen videntur ea prorsus immunia fuisse, sed stato vectigali
subieeta, quod ut credam efficit pap. Berol. 567, 568, ubi omne genus
oautionibus — veluti ixcpoQicov Xoi7iO'yQa(ptaLg; aTioxcctg ÖQaxfi&v, xqc-
#f;?, tQoq)Si(ov; TrQaGeGiv ilaicövcov^); vnod^riyiaig dovlav, a7Co%al5 67Ceq-
[luxav; dccveioig; jtQdöeöLV ovcov^ 6vyyQC((pcdg yccaav — minutae sum-
mulae, quarum est maxima sex drachmum ") expensae referuntur. Erat
etiara de quibusdam contractibus Diis retribuendum, veluti in paj:).
Berol. 748 III propter domus emptionem solvit emptor trjv didga^^Lttv
rov Uovxov.
§ 7. Quod autem diximus de quantitate vectigalis iyxvxh'ov, boc
pertinere Lumbroso ^) observavit ad privatos contractus dumtaxat.
Nam praediatores initio quidem pependerunt ro sixoötov^) perinde ut
ex privato emptores, sed postea hoc remissum est, et coepit exigi de
praediatura pars sexagesima, addita centesima.^) Mansit quidem vecti-
gal ordinarium rsXäv (oi'mg, itaqiie praedes dabat conductor, quemad-
modura supra quoque (§ 4) diximus rCov E{7i)sLXo0tG)i' , quae postea
sunt facta ETtidexara. Kursus ab omni vectigali excipiebantur eorum
vectigalium conductiones, quae res publica elocabat solvenda Diis^),
nam sie explendum videtur, quod statuitur lege Ptolemaeorum vecti-
gali (Bev. laws. col. 20 (i. f-)' oea de övyyQdrpovxat oC oixövo^oi
tvsqI tav sTg rovg ( • . . )vg'^) 0vyxvQo(v)vr(ov, ^lij TCgaßöeß&cjßav ol
(rrjv (hvrjv) TtQCiy^atsvöiiEvot^) räv övyyQacpäv ^rjdev.
§ 8. Duo nuper ntco^ccra simul innotuerunt^) valde singularia,
ut in quibus vectigal emptionis non solvit emptor ^°) xaxä diayQCKpriv
reXavov — ergo ne illa quidem secundaria insunt v(p 7]v VTCoy^äcpsi,
1) Apparet ab hoc altero vectigali t6 iynvyiliov non liberare.
2) Propter apochen 4000 drachmum.
3) Recherehes sur l'econ. polit. de V Egyptc (1870) p. 303 — 305.
4) P. Petr. II 46 c, 15. — Solvit ibi praediator iy-AVAliov nomine de pretio
drachmum 6500 drachmas 325.
5) P. Zoid. lin. 4 (cf. Wilcken, ActenstücJce (1886) p. 40).
6) Exemplum dedimus § 6 (i. f.).
7) Expleo: 0EOT2.
8) I. e. publicani (cf. Eev. laws p. 78 ad col. 7 lin. 2). Diversi sunt et oi tu
ßaadr/.u TtQccyiidxsvöiisvQi (P. Leid. G. lin. 4/5; Bev. laivs 20, 15) et ol nsgl ttjv
v)vi]v 7rQay^iuz£v6[iiV0i {Eev. laws 10, 3). Ceterum in P. Oxy. I 34 (11 12/3) ol TtQcxy^ia-
rsvöiisvoL intelligendi sunt oi vo^lkoL (III 3).
9) Alterum demotico contractui subiectum est (Grenf. 11 34) , alterum Graeco
(Grenf. 11 35). Coaeva sunt cum P. Grenf. n 32, qui habet 7crw(ia ordinarium.
10) Tb iy%vv.hov semper solvit emptor.
J. C. Nabel": Observatiunculae ad papyros juridicae 91
KVTiyQaq)evg — sed ötä re^covov. Venit iitrubique naarotpÖQiov ivrbg
(tov TtfQißöXov) rov iv II. itQov, itaque uoii possumus non suspicari,
in hac quoque specie sacrum ins vectigalium iuri quodammodo dero-
gare. Id quidem ipsa couceptio maiiifestat, emptorem naGtotpoQiov
nee, iit solvat vectigal, conveniri posse, et idtro convenire posse, quin
immo debere, iit is solvat, vectigalis conductorem. Verum, quamobrem
conductor solvere adstriugitur, quod mox ipse reeepturus est vneQ Tfjg
covrjg? Scilicet, quia res publica tfjg TtQoöodov xvqlsvsl^), itaque fieri
interest (TCQog) t6 ddtB'yyvov (iSQog trjg tovijg, maluerunt reges solvendi
necessitatem ab emptore ad publicanum transferre, quam simpliciter
remittere.
§ 9. Quia autem nulla vectigalia sponte solvuntur, videndum
est; quo modo quibusve modis Ptolemaei subditos suos ad solveu-
dum'^) compulerint. Et quidem patet, 6vyyQaq)cov rslr] ut exigantur,
duplex via, actionis id est aut retentionis. Actiouis via multa est, ni
quis intra certum tempus professus sit*, retentionis, quum copia monu-
mentorum publicorum denegetur, donec vectigal illatum esse consti-
terit. lila ubique, liaec patet, ubi sine monumentis privatorum con-
tractus stare non possunt. Quod obtinebat sub Ptolemaeis, etenim
sanctum erat rä ^rj dvaysyQa^iisva JHyvTCtia 6vvalXdy(iarK azvga
SLvai^); Graecos autem privatim contractus scriptos, antequam in
publice deponerentur non esse ratos constabat*); proinde poterant
Ptolemaei praescribere, ue transscriberetur deponereturve, antequam
vectigal solutum esset. Maluisse eos altera via uti, ideo demonstratur,
quia sunt papyri in quibus nudum est xaQay^a'^), vel praemittitur id
ipsum, deinde sequitur tü Ttr&fia.^) Apparet igitur transscribi per-
missum vectigali non soluto, proinde visam Ptolemaeis actionis viam
retentione optabiliorem. Nam contrascribae subscriptio efficiebat qui-
dem ne plus minusve debito, non vero ut omnino solveretur,
Trajecti. (Continuabuntur.) J. C. Naber.
1) Cf. supra (§ 4).
2) Aut in specie, de qua diximus § 8, ut publicanum cogerent.
3) P. Taur. 1 IV 13—15. 4) Cf. infra (§ 12).
5) Id est transscriptionis notitia.
6) Nudi ^orpayfiaros exempla: pap. Lond. (Forshall) XLI et XLII; Leid. I. 373
(p. 88); 375 (p. 89); 380 (p. 90); Leid. 0; P. Petr. II 47; tria dat Peyron, Memorie
della E. A. di Torino XXXI (1827) p. 159 sq. — Praecedere alias t6 ffTcofta, alias
t6 xägayiia, observat Lumbroso, Recherches etc. p. 330 not. 1 (i. f.). Deprehenditur
autem x^Qocy^a ante Jtroöfto:: Notices et extraits XVIII 2 p. 225; Wiener Studien DI
p. 5; P. Grenf. I 36, nr&^cc, deinde ;japo:yftor, bis: Memorie della Reale Acad. dt
Tor. (Peyron) XXXI p. 159.
Papyrus und Lexikon.
I. Wörterl)ucli iiud Wortverzeichnis.
Weun in der Sprache q)v6ig imd ipvpj, Physiologie und Psycho-
logie sich berühren^ so bildet die Sprachwissenschaft den Übergang von
den Naturwissenschaften zu den humanistischen. Während nun die
Grammatik in einer durch die Jahrhunderte sich hindurchziehenden
Folge wie eine exakte Wissenschaft bearbeitet wurde, fafste man die
Lexikographie bis in die Mitte des ablaufenden Jahrhimderts meist als
Kunst oder als Kunstgewerbe auf. In der That bietet dieser Zweig
der Forschung so verschiedene Seiten, dafs ein methodisches Vorgehen
hier die Voraussetzung wohl völligen, aber nicht jedes Erfolges war
Gegenwärtig sind grofse Gegensätze herausgearbeitet, und es sind
mannigfache Zwecke gesondert, denen ein Stellenverzeichnis und, was
darauf gebaut wird, zu dienen hat. Die Semasiologie, die Entwickelung
und das Leben des Wortes in der Geschichte, ist dem allgemeinen
Wörterbuch zu überweisen; Speziallexika geben ein Inventar des Wort-
schatzes bei einem Autor oder einer Klasse von Autoren und weisen
den diesem Autor eigentümlichen Gebrauch namentlich durch Her-
zählung der Verbindungen nach (Objekte beim Verbum, Substantive
beim Adjektivum u. s. w.), in denen bei ihm das Wort sich findet. Voll-
ständigkeit der Belege ist dem erstgenannten Zwecke ebenso fremd,
wie dem letzteren natürlich; und so steckt in dem Spezial Wörterbuch
auch ein verbaliter geordnetes Reallexikon: für ein Reallexikon aber
ist die Einteilung nach Verbindungen hemmend, und so behauptet
gegenüber dem Wörterbuch das einfache Stellenverzeichnis seinen Platz
welches allerdings dem Benutzer die Mühe auferlegt, das von ihm Ge-
suchte selbst auszusondern, aber auf der andern Seite es ihm ersjiart,
eine nicht im Zuge seiner Wünsche liegende Ordnung wieder aufzu-
lösen. Es mag in manchen Fällen zweifelhaft sein, ob Stellenverzeichnis
oder Wörterbuch wichtigeren Interessen dient; in andern Fällen mag
eine beispielweise angeführte Gliederung auch nur einiger Worte ein
wertvolles Hilfsmittel für die Benutzung eines Wortverzeichnisses sein,
— für ein Material, das erst gewonnen und stetig vermehrt wird, wie
Otto Gradenwitz: Papyrus und Lexikon 93
die Papyri; sind nur Stellenverzeiciinisse am Platze^), daneben eine
Übersetzung der Worte, die im Griechisch der Papyri etwas anderes
bedeuten, als im Attischen. Kommt es einmal zu einem Corpus Papy-
rorum, so wird für die Urkmiden und Briefe, für alle nicht litterarischen
Papyri, die Frage nach der Beschaffenheit des lexikographischen Appendix
keine der unwichtigsten sein.
II. Die provisoriselien Indices der Soiideri)iil)likationeii.
Das gegenwärtige Stadium der Papyruskunde bietet Editionen, die,
von den verschiedensten Seiten ausgehend, der Zentralstelle entbehren:
doch sind die Indices im wesentlichen nach einem Schema entworfen,
das demjenigen der epigraphischeu Arbeiten entspricht: Prosopograpliia,
Realia, Index potiorum verborum; nur ist der letztere bei den Papyri
auf mehr Worte ausgedehnt.'
Betrachten wir zimächst den Wortindex, so ist der Name General-
Index, den er bei Grenfell und Hunt (Oxyrhynchos I) hat, der sach-
gemäfse; nur müfste diesem Namen auch die That entsprechen, und die
verhältnismäfsig wenigen kleingeschriebenen Worte, die in den Realindices
stehen (Menschen- und Ortsnamen natürlich nicht), in diesem General-
Index, mindestens als Lemmata, mit Verweisung wiederholt werden; denn
die Grenze für das, was noch in die Special ia gehört, ist nicht mit Sicher-
heit zu ziehen, und der Leser, der 7]ye^ov£vc3 rjysfiovca sieht, und 7)y£-
^äv vermifst, stutzt ebenso wie der, welcher (Oxy. I) sfißoX'i] nicht
findet, sondern letzteres unter X: Taxes suchen soll, während i^ßold-
Tco^ unter VIII: Officials steht. Im ersten Beispiel kann man noch
einwenden, dafs der Beamten - Index bekannt ist, im zweiten ist die
Frage brennend. Ein analoger Fall in BGU ist das Fehlen von öloikt]-
1) Es mag die Bemerkung nicht überflüssig sein, dafs ein Stellenverzeichnis
nicht nur dazu benutzt werden kann, das Vorkommen des einzelnen Wortes zu
konstatieren, sondern in der einfachsten Weise für Wortverbindungen benutzbar
wird, wenn man, am besten mit zwei Exemplaren des Verzeichnisses arbeitend,
die Zahlen der Stellen des einen Wortes und die der Stellen des anderen vergleicht
und, wo beide zusammentreffen, auf die Verbindung schliefst. Will man z. B. in
BGU idia Ttlarsi finden, so wäre es verfehlt, in Bd. I die 14 Stellen mit tdiog oder
auch nur die 4 Stellen mit Ttiarig nachzuschlagen; vielmehr lehrt eine Ver-
gleichung der Nummern von i'Siog mit denen von Ttiarig, dafs ein und dieselbe bei
beiden Worten sich nicht findet, also dafs 18 La Ttlarsi in BGU I fehlt, während
umgekehrt in BGU II der Index das Vorkommen dieser Verbindung nur für 371, 19
und 388 II 13 zuläfst. So spricht ferner der Umstand, dafs insQUiräv in BGU nie
sich findet, ohne dafs die gleiche oder die folgende Zeile 6(ioloy£iv hätte, dafür,
dafs iTtSQoarüv nur in der Formel: insQcorrid'sig ä^oXoyrico: auftritt; indefs ist hier
Vorsicht am Platze.
94 I- Aufsätze
rrjs neben dtoixstv^ diotKrjötg^ während e^ßoh'j in BGU, eben wie bei
Kenyon, mit Reclit im Wort-Index steht.
Erwägt man, dafs i^ßokri im General-Index Oxy. nicht steht, in
den beiden andern doch, so empfindet man die Gefahr, dafs der Be-
nutzer wähnt, das Wort fehle in Oxy. Daraus ergiebt sich einmal,
dafs, wie bemerkt, die Beamten zu rekapitulieren sind, und sodann, dafs
Gleichmäfsigkeit bei der Herstellung erforderlich ist. Gewifs sind die
Einzelpublikationen der Gegenwart, von der Seite des Herausgebers be-
trachtet, selbständige Werke, deren Autoren auf eigene Verantwortung
und also nach eigenen Regeln vorgehen. Der eine mag Übersetzungen
geben, der andere Paraphrasen, der dritte Inhaltübersichten, der vierte
blos den Text; der eine mag drucken, der andere autographieren, der
eine accentuieren und interpungieren, der andere nicht; der eine mag
sachlich ordnen, der andere zeitlich, der dritte gar nicht; hier sind die
Abweichungen erträglich, weil die Hauptsache, die Urkunde, unter allen
Umständen geboten wird, und superflua non nocent; aber für den Be-
nutzer sind diese Werke verschiedener Autoren nur Teile eines Ganzen,
das stets anwächst, aber soweit es erschienen ist, vollständig von ihm
verwertet werden soll, und darum wäre es gerade bei den Indices von
eminentem Wert, wenn die Verfasser hier eine Verständigung unter
sich erzielten, nach der die überhaupt auszulassenden Worte ^) ein für
alle mal gleichmäfsig festgestellt und bekannt gegeben würden (j>ro-
hibentis melior conäicio käme hier dem oynittcre prohihenü zu), und
ebenso das Gerüst der ganzen Indicistik festgelegt würde. Denn ein
Index ist ein wichtiges, aber auch ein schwerfälliges Werkzeug, und
was geschehen kann, ihn handlich zu machen, das sollte nicht unter-
bleiben.
Ganz äufserlich, aber ebenso schwerwiegend ist folgender Punkt:
soll nach Urkunden oder nach Seiten zitiert werden? Wenn Kenyon
nach Seiten zitiert, so ist dies nur aus dem Fehlen laufender Nummern
bei der Edition des British Museum zu erklären; es wäre dringend zu
wünschen, dafs in weiteren Bänden (wie die Berliner Publikationen dies
thun) neben der Ordnungsnammer des Museums noch die laufenden
Nummern der Publikationen, und zwar in arabischen Ziffern^) einge-
schaltet würden. Der vortreffliche Index zu Kenyons Publikation hat
1) Die Kenyon also zusammenfafst : the commonest words. — Es ist nicht zu
billigen, dals in Oxyrhynchos I ixsiv (bis auf ^;^f) weggelassen ist: es ist oft sehr
"wichtig zu erwägen, welches Objekt bei i%£iv in einer Lücke gestanden haben
mag; auch ist av.vQwg, tro/fico? ^xbiv recht interessant.
2) Oxy. I hat lateinische, was der Übersicht so sehr Abbruch thut, dafs sie
im Index durch arabische ersetzt sind.
Otto Gradenwitz: Papyrus und Lexikon 95
dadurch, dafs er es verschmäht hat, liehen die Zahl der Seite noch die
Zeile des Papyrus zu setzen, seine Brauchbarkeit vermindert, es würde
sich wohl lohnen, ihn nochmals ahzudrucken, und hinter die Seitenzahl
die Orduungs-Nummer und die Zeilenzahl des Papyrus zu setzen, z. B.
dTtelsvd'eQog 67 (CCVin,r)); 87(CCCXVIII, 3 Ma. ScTtsi^&SQog)-, 99 (CCCI,
5), oder, besser: 07 (20H^ 5).
Dagegen sollte allgemein angenommen werden die Anstirnung der
den gangbaren Wörterbüchern fremden Wörter, wie sie sich bei Kenyon
findet; sie gewährt eine bequeme Übersicht über die neuen Wörter in
dem Griechisch der Papyri.
Auch für die Aufzählung der Stellen mufs davor gewarnt werden,
um der Raumersparnis willen die Brauchbarkeit zu schmälern. Man kann
sagen, dafs es minder beschwerlich ist, sogar eine gröfsere Zahl von
Stellen im Zuge des Buches nachzuschlagen, als eine kleinere im Hin-
und Herblättern, geschweige denn eine gleiche; und es ist niclit nur
weit vorzuziehen, wenn verdienstliche Bemerkungen, wie die Kenyoiis
über sonderbare Formen, an die betreffende Stelle im Zuge der
Nummern hinter der Zahl in Klammern beigefügt werden, statt dafs
jetzt die Stellen am Schlufs zusammengesetzt werden^), sondern es sollte
in solchen Fällen, wo durch die Einordnung derartiger Bemerkungen
häufige Wiederholung sich notwendig machen würde, zunächst eine
Übersicht aller Stellen gegeben werden, und die Stellen, für welche die
Bemerkungen gelten, nachher, etwa durch: — N. B. getrennt wieder-
holt werden, wie denn überhaupt die wiederholte Auffühi'ung einiger
Zahlen wenig Raum mehr fordert und sehr* viel Zeit ersparen kann.
So ist bei Kenyon im Artikel isQsvg es überaus dankenswert, dafs die
Dienstherren adnotiert werden, aber es sollten darum, dafs die Stellen,
in welchen diese Heiligkeiten genannt sind, am Schlüsse gesondert an-
geführt werden, diese Stellen in der Aufzählung am Anfang nicht
fehlen.^) Es würde in diesem Falle demjenigen, dessen Interesse sich
nicht auf das Heiligtum, sondern auf die Stellung des Priesters als
solchen (etwa bei Rechtsgeschäften) richtet, es erspart bleiben, nach
1) ^xo^ai wäre praktischer: 253. 255. 291 und 292 (7]kSav). 293. 298. 299.
301 {sav sldovat). 303 etc.; statt dafs jetzt riX&av 291. 292, 8ixv s2.dov6i 301 am
Schlul's stellt, und also der auf Formenlehre nicht ausgehende Benutzer im Text
zurückblättem mufs. — Ebenso wäre bei r]LL£Qa einfacher: 290. 299. 299 {avrs
Tjfispf). 300. — Bei arsQog käme besser zu Anfang, statt hinter allen Stellen: 96
(yri STSQu) 104. — In gleicher Weise liefsen sich die Adjektiva anhängen bei
BGU II ovaiu. — Die Verbalformen von SiayQätfxo endlich könnten ohne Schaden
fortbleiben.
3) Es sind: 34. 34. 68. 112. 151. 170. 201. 202. 211. 221; im ganzen würde
ihre Aufführung in der Reihe noch nicht eine Zeile ausmachen.
96 I- Aufsätze
durchblätterten! Buche nochmals hin und wieder zu suchen.^) Ebenso
wäre in dem Artikel Xöyog BGU II zunächst eine Übersicht aller Stellen
zu geben (was 7 Zeilen mehr machen würde) und dann allenfalls die
notabilia zu bringen, deren Notabilität allerdings nur subjektiv ge-
sichert erscheint: fisvst koyog (651, 9) ist nicht besonders aufgeführt,
dagegen wohl Xöyov s%£lv- Xoyov Tcoutöd-ai fehlt, köyov rdöösiv steht
da. — Vollends bei noislv konnte koyovg Ttoiatöd-ai im Zug der Stellen
untergebracht werden; 472, 16. 511, 4. 511^, 3 (2.6yovs ^oulüd-at).
538, 17 u. s. f., indem eben die Regel ist, dafs die hinter der Zahl vor
dem Punkt stehende Klammer Worte einschliefst, die sich nur auf die
eine Stelle beziehen, während Rubriken, die für mehrere Stellen gelten,
ohne Klammer, mit einem Doppelpunkt hinter sich, vor der Stelle
stehen. Bei nXr]Qriq (BGU) ist die Sonderuug in TclrJQijg^ sig ^h]Qrig^
tx TtlriQovg unnötig, und insofern irreleitend, als die andern Stellen
ebenfalls den Zusammenhang haben, in dem die Formel m 7th]Qovg
als die korrekte erscheint, nämlich die völlige Befriedigung.^)
Eine grofse Erleichterung könnte im Anschlufs an ein Verfahren
o-egeben werden, das Wilcken in seiner sachlichen Übersicht über alle
Urkunden von BGU II befolgt: er druckt die Urkunden von Diokletian
an kursiv. Der Benutzer, der nur auf den Prinzipat es abgesehen hat,
wird angenehm empfinden, wenn das Nachschlagen der byzantinischen
und arabischen Urkunden ihm erspart bleibt, und umgekehrt. Will
BGU auch für den Index diese Erleichterung bieten, so mufs es auch
da kursive Ziifern wählen, während die nach Zeiträumen geordneten
englischen Publikationen einfach durch Querstriche im Index andeuten
könnten, wo die neue Gruppe anfängt. Kenyons Publikation hätte vier
Gruppen: 1. Ptolemaic Periode. — 2. Roman Periode. — 3. Byzantine
Periode. 4th. Century. — 4. Late Byzantine papyri. Indefs brauchten 1
und 2 nicht getrennt zu werden, und z. B. der Artikel d Cd 0^11 könnte
lauten: dCÖco^i 3. 99. 153 (u. s. f.) 251. 252. | 290 (u. s. f.) 319. || 326 u. s. f.
Die Dreiteilung der englischen Publikationen verdient m. E. den
Vorzug vor der Zweiteilung; nur ist es besser, mit Wilcken die mittlere
Periode schon mit Diokletian beginnen zu lassen: sie ist ohnehin die
schmälste.
1) Man halte diese Bemerkung nicht für Pedanterie; es ist nicht blos die
Zeitversäumnis , die man empfindet, wenn man zurückhlättem mufs, sondern es
richtet sich die Aufmerksamkeit gewissermafsen auf das ganze Buch ein, und hat
man es durch und mufs wieder anfangen, so erfordert das eine neue Anspannung.
2) Ebenso: ist einmal ärj^iÖGiov nach Substantiven geordnet, so mufs z. B.
XQriiiciri6u.6g nicht nochmals die Verbindungen mit Srjuoatog herausheben. Dafür ist
das Adjektiv da! Man kann sagen: siehe auch Örmoaiog, oder ein für allemal die
vorkommenden Adjektiva in Klammern dem Lemma beifügen.
Otto Gradenwitz: Papyrus und Lexikon 97
In einem andern Sinne noch können die Indices ein Bindeglied
zwischen den einzelneu Publikationen werden: die Papyri bieten in dem
Teile der Masse, der die Urkunden umfafst, hunderte von similia; die
Ergänzung und selbst die Lesung der nova wird vielfach gefördert
durch die Erinnerung an Bekanntes und die Vergleichung mit diesem.
Nun ist es allerdings nicht eine unerschwingliche Arbeit, in den nach
sachlichen Gesichtspunkten geordneten Sammlungen alle verwandten
Stücke durchzusehen, und wer ein oder zwei Exemplare der ungeordneten
Publikationen daran wenden will, kami sich auch diese zum gleichen
Zweck zurechtschneiden, — aber dieser Weg ist nicht angenehm und
führt sicher nicht zum Ziel. Viel besser ist es, die auffallenden,
kritischen Worte des novum im Index nachzuschlagen und also die
similia aufzuspüren.
So hat sich Kenjon beim Papyrus CCXCIII (Brit. Mus. II pag. 187/8)
die Mühe nicht verdriefsen lassen, das Corpus Papyrorum Rainer i nach
analogen Urkunden durchzusehen und dabei No. XI gefunden, die ihm
wahrscheinlich für die Ergänzung wertvoll war. — Nehmen wir aber
den Weg durch den Index, so ist es leicht, von dem, was selbst ein
Entzifferer wie Kenyon nicht gefunden, noch einiges aufzuspüren. Wir
müssen zimäehst fragen, welches die dem vorliegenden Papyrus eigen-
tümlichen, seltenen Wendungen sind: hier fallen von juristischen Ter-
mini ins Auge: Z. 8 disLQrjöd-aL (denn 6^ioXoyov6i, Kvgiog^ cctto ri'jg
ivE6T(xiai]q xtL, vTtdQx^iv^ ci7toriv£Lv und ähnl. sind zu farblos), Z. 11
f'l e\vdo[)iovvT03v^ Z. 12 ETCißäkkov^ Z. 21 i7rav£tQyj6d-(XL. — Nehmen
wir hiervon f'| £]vdo[xovvrcov\, so ergiebt der Berliner Index bei evdo-
xetv 96,iG und öfter, 101,23. 193,25. 300,11. 427,21. 444,8. 543,15.
Von diesen bieten 96, 101, 193, 300 die gewöhnliche Ratihabition, 427
und 543 das Versprechen, sie herbeiführen zu wollen, aber 444, 8 zeigt:
£^ £]vdoKovv[rog und giebt so Gelegenheit, die Zeilen beider Papyri zu
verbessern.^) BGU 444 zeigt sich bald als ähnliche Teilungsurkunde
mit ÖLutQSöig und mavEiQfiöQ'ai und liefert noch manche sichere Er-
gänzung der British -Museum -Urkunde; so Z. 12 hinter ^eQog [exrov
TtQog Ußa^) ^EQOvg TirjxsLg^) (Zahl) und ebenso Z. 16 ^8Q7j tcsvts ccTib
^SQüv [f]! ix [toi) TtQog ccTCyjlLarrjv ^SQOvg xccr i^iißolriv töj/^j], und
anderes, auf das ich noch komme.
1) Ausführlicher legte ich dies dar: Berl. Philol. Wochenschrift 1899, S. 1571:
Lond. 11: i'g ris itsnoirivrai £§ svSo\y.ovvxog cimcpiovov diaiQBascog inccvsiQiiG^aL tj)j^],
d. h., da aviicpwvov kaum fehlen kann, sind 40 Buchstaben zu ergänzen.
2) Oder die umgekehrte Windrichtung.
3) Zu 7trj;{«is vgl. Lond. II 154 (II, S. 179).
4) Zu dem Schlufs vgl. BGU 444, i9.
Archiv f. Papyrusforacliuug. I. 1. 7
98 I. Aufsätze
Von nichtjuristischen Worten sind selten nnd erlieblicli ^btqov
— ^iiXvg — d-VQ<x- sie finden sich im Lond. II alle drei vereint in
CCIV, 6 (S. 179), und diese Nummer bietet mit ^stqov und Jifixvg nicht
nur den Schlufs von Z. 12 (s. oben), sondern in Z. 6/7 auch die Er-
gänzung von Z. 13 r£66[ciQ . . . 2.Lßbg (oder ^ißa) Itc' ä7Cr}XiC}ty]v n^%sis
(Zahl)], während wieder das erhaltene votov tjcl ßoQQä von Z. 13 unseres
Papyrus die Ergänzung dort Z. 6 und 7 £[lg] zu gunsten von i[7tl] be-
seitigt. &vQa, dort Z. 8 Xißbg sl'goöog koL E^odog aoivrj {Z. 9) ti^lk-
rovg 7irj%Cj[v] T[QLÖJi}v [ai^g ^v ccv[oi]i,8i 6 QiXrj^cov d^vQav xal d'VQiÖccg
auf unsere Urkunde von Z. 18 übertragen, bildet einen möglichen Schlufs
von Z. 17, während (dort Z. 9) die Fortsetzung zur Ergänzung von
Z. 13 dient: [dt' 'ri]g dgodevöt %[cd\ i^odsvöL i) &Iq^lov^) wohl sig
BGU 444, 14 lehrt uns noch, dafs Z. 15 „der Anspruch" der
Qociöäg beginnt: BGrU 444, 14 hat slg to xal avrf] STCißiUkov ^sQog^^),
während BGU 444, ig {[sjig 6v^^7t[Xrj]Q(o6iv rov iTtißällovTog a[vt\Yii
rj^iLöovg fitQOvg uns wenigstens zeigt, dafs Z. 14 ^ktjQCod'ri auf eine Er-
gänzung des Teils der Ssq^iov hinweist.
Z. 20 wäre wohl hinter iv^evsiv nicht sofort [toig ^goysy^a^i^i-
voig, sondern rag o^oXoyovöag rotg TTQoy. zu ergänzen und 21 viel-
leicht — dem Sinne nach — rrjv ttsq! [cbv] und i7iai>s[iQy}TaL ii,ov6i'ccv
Tov ÖLOLXStv cog iäv alQYjtaL, vgl. BGU 71, i.i; die grammatische Form
finde ich nicht. ^)
Der Schlufs ist mit Hilfe des Wortes e7ay£yQa[^i]^s herzustellen:
Kenyon führt uns durch seine Lesung 179, 25 (S. 208) und die An-
merkung dazu, auf das auch hier Wahrscheinliche. i%iyQd(p£LV kommt,
abgesehen von zweifelhaften Stellen^), in zwei Bedeutungen vor: 'zu-
schreiben' und ' drüberschreiben ', nämlich 'bestellen' und 'fälschen'.
Der letzte Sinn liegt Oxy. I 34, I, 4 vor: a.7cakiqlELnxai r) iniykyQanxai
ü [axuj^Gjg si£i^ d. h. weggefälscht oder hinzugefälscht, und in diesem
Sinne ist i^TCLyQacpri und äkEifpccg technisch. — Alle übrigen Stellen
geben die zweite Bedeutung in der Weise, die Oxy. I 56, (12) 16 ff. klar-
legt: (ahov^ai) . . . i7CiyQa(py]vaC ^ov xvqlov TtQog ^övrjv tavrrjv xriv ol-
Kovo^iav 'Jiioixäv IIXovxLcovog, d. h. sie bittet, es möge ihr für das
eine negotium (in scriptis hahendum) ein avQiog bestellt werden. Die
Unterzeichnung eines solchen 'KVQiog ijiLyQacpstg bieten nicht alle, aber
1) Oder @ai.a&g?
2) Indefs ist k<xI. statt xaji. zu lesen; vielleicht ytcu a[vti]v inccvtiQiioQ^cd tu
imßdXXovrcc k-ut^.];/,.
3) Z. 28 ist wohl öiioXoyov^isv öisiQfic^ai statt öitiQrivrai zu lesen und zu
29 rrjv vn[^o:QXO'v6(xv rjiilv v.rX. nach Z. 9.
4) BGU 293, 13; 457,2; 563,8 und Lond. II 408, lu.
Otto Gradenwitz: Papyrus und l.oxikon 99
manche Urkunden: Oxy. 1 7(), 34: 11. 11. mLysyQa^iiat rijg yvvaxbg
xvQiog ical syQaipa vtisq avriig ^ij eidvLrjg yQu^fiaxa. Oxy. I 106, 22:
11. K. ijtiyiyQuyb^av avrrjg 7cx)Qtog xal iyQa^a vtiIq ccvttjg ^tj eiÖvirjg
yQ(K^(^aTa), und Loud. II CLXXVIIl, 25 (S. 20S): F. 11. M. iniKiyQa[^\-
fiai avQiog tilg adsXq)i'jg ^ov xal eyQ[a\ipcc vtcIq (cvTfjg dyga^^drco ovrjg.,
wozu Kenyon bemerkt: „STtLxsyQa^^aL: for eniysyQa^^ai. Cf. Berl. Pap.
77. 1. 22, ivhere S7Ct,ysyQ{a^^aL) rrjg yv{vaixog xvQiog xui syQuil^a] x. r. A.
lüould he read, also 350, 1. 18 b STttyQuipd^svog xvQiog." Zu letzteren
Stellen kommt jetzt BGU 44(), 19 TnoyQacpstg ry]g ^[s^v b^oXoyovörjg
ßQads'a yQatpovörig 6 E7iiyQaipc(.n£\vog xvQiog., xov d' dllov |wohl iölk
yQKii^uta], zu ersterem BGU GOO, 7: A. M. Ä. imyQacpyjv x[v()i]og
r[7ßg 7tQo[y]syQ(a^^Evrjg) 'HQaxX7]ag xal eyQcafjtc vtceq ccvtrjg dicc ro ui)
sldsvat avtfjv yga^^axa.
Es ist klar, dafs in unserem Falle nur die ;<t^^io^- Formel in Be-
tracht kommt, bei dieser sind zwei Abarten zu unterscheiden; einmal
wird am Schlufs der Haupturkunde vor der Unterschrift erwähnt, dafs
als Subscribent der iTttyQuipd^svog xvQtog erscheine (BGU 350 und 446);
das andremal bemerkt in der Subscriptio der, welcher sie leistet, dafs
er zum xvQLog bestellt ward. Beidemal sind aber zu scheiden das
i7tiyQaq)i]vaL xvQiov und das yQacpsiv.^ oder sachlich ausgedrückt: xvQiog
und vTtoyQacpavg. Die erste Art giebt den Unterschied wieder in der
Form, dafs sie den schon ernannten xvQiog als vjtoyQacpsvg aufführt,
die zweite so, dafs der als ernannt sich einführende nachher sich auch
noch als Schreiber bezeichnet. — Es ist dies wichtig: vTtoyQarpsvg und
tTtiyQaxljd^evog xvQtog sind nicht notwendig eine Person.
Wenn nun in unserer Urkunde die dritte Hand also erhalten ist
Z. 30 yelyQaTtrat ] [3'® Hand ]
31 dia xov fiev 2Jcox[uv\ [ßJQadsa [yQojcpSLv [^) ]
32 UsQccTiaxog STiiyayQal^^^^E xiqg [ J
33 xaO'og 7iQo\%\ixai. (4*® Hand)^) £T[ovg] Zg avx[oxQuxoQog
34 ft'' KaiöaQSLov xd" (x. x. A.),
so wird man bei xrjg (Z. 32) an die Frau zu denken haben, die mit dem
Ecoxccg von Z. 31 in Verbindung steht, nämlich ®EQ(itov (vgl. Z. 28), und
eben diesen, nach Z. 31 schreibungewandten xvQiog von demjenigen viio-
yQKCpsvg zu trennen haben, der Z. 25 mit vxoyQ[a(psvg eingeführt wird,
und, weil Uaxäg schwer schreibt (und 'JnCav schreibunkundig ist?)
in 2'®'' Hand das Resume der P*^" Hand für beide Ausstellerinnen liefert.
Bei dem Namen SsQUTCaxog ist zu bedenken, dafs wir von dem xvQLog
1) Diese Zeile nach dem Faksimile.
2) Z. 33 von hieran nach dem Faksimile.
100 I. Aufsätze
aus Z. 28 nur wissen^ dafs er Ucoxccg to-ö 2JaQ [. .] heifst, und bei dem
Sehreibschwächling ^) der 3*^'" Hand kann dies sehr wolil zu SsQccTcäros
geworden sein. Hiernach würde ich der 3*®° Hand von Z. 31 nur Z!(o-
Tag] vindicieren und in Z. 31 die 40 — 50 Buchstaben zwischen der
Schwiegermutterschaft der Ssq^lov und xal eyQw^a (alles 2*® Hand)
teilen.
Z. 33 folgt hinter avT\oKQaTOQog die Kaiserbezeichnung , wenn sie
so ausführlich ist wie Z. 1, mit 56 Buchstaben in der \sma1l, riqnd
cursive', welche 7/?e clerFs suhscription' hier darstellt.
Man kann hiervon ausgehend auch die letzte Zeile 1'® Hand und
die 2'® Hand noch behandeln. Treffend ergänzt Kenyon xat [it^dav i]66ov
vor XU 8i\(xi\^oXo'yriiiEva-^ geht man mm alle Stellen mit dio^oloyta
durch, so ergiebt sich:
Lond. H 289, 22 (S. I85): xal ^i]dh^ i]66ov tu di(o^oXoy7jn[tvu ^a]-
v£iv avQia' 'TicoyQiuipstg) x. t. X.
140, 12 KuC iöxiv TU öicoiioXoyriiiivu xvqiu. 2'** Hand: MuQxog %. x. k.
BGU 350, 17: xul ^)]dav yöaov xu dio^oXoyi]^tva jcvqlu sivuL'
VnoQUfpaig X. x. X.
In der That ist zwischen dio^oXoyi]^£Pu und aivuL zu viel Raum
für [|tt], dagegen genügend für xvqlu^ und die verwischten Reste ge-
statten es, diese Buchstaben einzusetzen. Ferner ist zu beachten, dafs
die oben genannte Formel (anders xcoQlg xov ^avatv xvqlu BGU 74, 20.
193, 28. 542, 18. 667, is) unmittelbar vor dem Aufliören der V" Hand
oder vor der Ankündigung der vnoyQucpatg zu stehen hat. Auch in
unserer Urkunde lassen sich die Buchstaben lesen: vnoyQulcpaig x\\g
^\v &ai6u X. X, xrig ö' uXX')]g 6 aTttyQUii^u^avog xvQLog})
Absichtlich habe ich eine Urkunde, die ein Editor von euro-
päischem Rufe herausgegeben hat, gewählt, um zu zeigen, wie viel auch
da noch durch Ausnutzung der Indices mit leichter Mühe sich gewinnen
läfst, denn die Inedita, die an die verschiedensten Institute jetzt ab-
geliefert sind und demnächst publiziert werden, sollen von vornherein
sich dies Instrument, das ihre Vorgänger geschaffen haben, zu Nutze
machen. Eine ganz andere Frage ist es, ob der Editor gut thut, Er-
gänzungen, die er zeilenweise durch Analoga findet, buchstäblich hinzu-
schreiben, oder ob er sie nur zitieren soll. — Der Index ist nicht nur
1) 'in a shcdy, irregulär, uncial hand\
2) Z. 19 liefsen die mir zur Verfügung stehenden Indices im Stich. Es heifst
am Schlufs nicht rccivtri, sondern rcovTrj ; tr} ist offenbar der Genitiv, der in ^vXiKrlg
■KCil seinen Schlufs findet, und jeder Teilhaberin ihr Teil an den Pertinenzen und
am instrumentum fundi sichert; also entweder ist rrov rrj[g zu lesen oder ein mir
unbekanntes Wort mit rrj zu ergänzen.
Otto Graflenwitz: Papyrus und Lexikon 101
für Ergänzungen wertvoll, sondern selbst für die Entzifferung schwieriger
Stellen: aber da mufs man schon seines Auges sicher sein, dafs es
einem nicht die fata morgana des erwünschten Simile vorspiegelt.
III. Stellenverzeichiiis und Wortverzeichnis; Konträr-Intlex.
Ist von einem Wort nur ein Teil der Buchstaben erhalten, so ist
es an sich nicht notwendig, dafs die fehlenden das Vorhandene zu
irgend einem bereits bekannten Worte ergänzen, denn die Papyri bringen
viele neue Wörter ans Tageslicht; aber es ist wahrscheinlich, dafs das
betreffende Wort im Lexikon, und namentlich in den Papyrus -Indices
bereits enthalten ist. Die meisten Worte wird der Kenner der Papyri
aus dem Gedächtnis rekonstruieren; wo diese Rekonstruktion, die ihre
subjektiven und ihre objektiven Erfordernisse hat, nicht gelingt, bietet
der Index ein Hilfsmittel für den Fall, dafs der Anfang erhalten ist;
denn in seinen Lemmata giebt er, wenn z. B. an erhalten, die Mög-
lichkeit, alle Worte mit ait der Reihe nach zur Kenntnis zu nehmen,
und Erwägungen über das zu Ergänzende anzustellen. Hierzu braucht
man offenbar die Stellen zunächst nicht, sondern eben nur die Lemmata,
die Stellen hindern die Übersicht; aber doch stören sie nicht so sehr,
dafs es sich notwendig machte, die Worte noch einmal zu diesem Zweck
ohne Stellenzahlen abzudrucken. Ist aber ein Teil aus der Mitte er-
halten, so kann man den Index nur dann gebrauchen, wenn aus sach-
lichen Gründen nur eine bestimmte Zahl von Worten in Frage kommt:
wie z. B. BGU 241, 24: at ((nämlich uQOVQtti)) jteQt ttj [.] . onaxo [.]
triv xal [. .] ysvovg durch folgende Erwägung gefunden werden kann.
Da es sich um Aruren handelt, so ist mit tieq! die Örtlichkeit, wo sie
liegen, eingeführt; daher wird sich die gewünschte Ergänzung unter
den Dorfhamen befinden; sieht man diese im Index BGIF VII B durch,
so findet sich eine einzige, die die Lettern . . . otckto ... in der Mitte
ihres Namens birgt, nämlich ^i/l]o:;raro[pog; Kombinationen, die ich an
anderem Orte ausführe, bringen für die weiteren Worte auf xriv aal
®\so]yivovg] aber den ersten und wichtigsten Namen liefert die ein-
fache Durchsicht der Dorfnamen. — Natürlich kann dies nur bei Spezial-
Indices geschehen: niemandem kann zugemutet werden, einen General-
Index ganz durchzusehen, um einige Mittelbuchstaben zu rekonstruieren.
Auch wenn der Schlufs eines Wortes erhalten ist, leisten die vor-
handenen Indices nicht den gewünschten Dienst: BGU 667, 16 steht —
«!/£/*[ ; Krebs ergänzt mit Recht avByi[7todC6TC}g], wahrscheinlich
aus dem Gedächtnis; indefs konnte auch ein minder Geübter darauf
kommen, wenn er sich durch den Index überzeugte, dafs äv€(i7todi(ftG)s
102 I- Aufsätze
das einzige Wort mit dvs^ in den Pap3'ri (die Winde von Oxy. I 100, 10
kommen nicht in Betracht); aber wenn es in derselben Zeile zu An-
fang heifst [vousva c(7Cog)8Q£öd'aL^) dg tö Iölov ] Qtovvtug xal
dioixovvrag xcd olxoöo^ovvtag tcsq! cwrfjg^ so können wir zwar schliefsen,
dafs hier ein Yerbum auf qlöoj oder ql£03 gestanden, aber welches,
können wir durch kein Wortverzeichnis finden, sondern nur, wenn das
Glück gut ist, durch ein Stellen Verzeichnis, auf Grund dessen wir die
Stellen mit diOLZSiV und olüodo^eiv nachschlagen, um so die gewöhn-
liche Nachbarschaft dieser Worte durchzuprüfen. Allein hier l'afst sich
Abhilfe schaffen. Sowie nämlich unsere Indices die Worte nach dem
Anfang, dem Vorderende, ordnen, kann man sie auch nach dem Schlufs-
buchstaben und so fort ordnen: hat man sie in diesem Sinne alphabetisch
geordnet vor sich, so kann man für das Vorderende ebenso sicher die
Möglichkeiten erwägen, wie beim gewöhnlichen Wörterverzeichnis für den
Schlufs. — Ein solches Verzeichnis nach der Ordnung der Wortenden
habe ich für die Indices zu BGU I und IL, Lond. II, und Oxy. I zu-
sammenstellen lassen: es lehrt uns für lovvrag folgendes:
Es kommen vor""): A. auf lsco: ^^^toleco ^^sraTtoLeco ^jtSQLTtouco
^dvttTCOiEG) ^^ixJtOLEOJ ^B^nOlBCO ^aTtOTTOlSCO ^Xad-aQOTCOLBGJ ^nQOÖTtOlBG).
B. au± tdco: ^ä^tocj ^^xKTah,iÖG) ^^s^al2.orQLÖco ^TtQos^aXlotQioco \^xa&o-
öiöa] ^'ör]^o0L6c3. —
Nun ist QLOvvtag erhalten und das q erlaubt uns von allen an-
geführten Worten nur die Composita von dXkotQioa zur Ergänzung zu
benutzen. Aber ich glaube, dafs auch wenn nur Lovvrag da stände,
unsere Wahl doch nur auf diese gefallen wäre. Verifiziert man die
Stellen in K, so findet man: CLIV, 13 TCQOE^a^kotQiovv. 16. Bi,aklo-
xQiovv (S. 179).
CLIV ist Verkauf einer auAr;, BGU 667 Verkauf einer otxm, und
in beiden findet sich die stereotype Entäufserungserklärung mit dem
Anhang, niemand solle den Erwerber daran hindern, auf dem Grund-
stück als Herr zu schalten {KVQisvBiv), Avas dann spezialisiert wird, und
hierbei bringt CLIV eben auch Bi,akloTQLovv^ allerdings in Verbindung
mit vTtoTLd-Bvat am Schlufs in einer Art Anhang, während avotxodo-
fiBLV Z. 15 im Hauptgefüge steht. IJQOB^aXlotQLOvv wiederum steht
Z. 13 [fiji) VTiEQVTtoxBL^Bvrjv ^Tjöe 7tQOBi,aXXorQL(o^Bvrjv ölcc ^rjdevbg dg-
XSiqv, ähnlich wie Oxy. I 100, 11 (auch ein Grundstückskauf) sagt: sivav
1) Es mufs ergänzt werden : anocpsQotitvovg^ da vorher und nachher Parti-
cipia stehen.
2) Die Exponenten BOK beziehen sich auf das Vorkommen des betr. Wortes
in den Indices und zwar ist: B = BGU, K = Kenyon 11 (^fjond. II); 0 = Oxy-
rliynchos T.
Otto Gradenwitz: Papyrns und Lexikon 103
TS ifiov xal firJTS vjtoxelöd-Ki ^u]ts ireQOtg i^rjlXoxQiaad^cii xarä ^rjddva
TQÖnoir^ hier ist eine andere Nuance: der Verkäufer versichert, sub-
jektiv weder vorverpfändet noch (vor-)veräufsert zu haben, während
er Lond. II. CLIV sich für die objektive Pfandfreiheit verbürgt.
Es mufs dem Skeptiker überlassen bleiben, ob er die Ergänzung
si,aHoTQiovvTag um deswillen angreifen will, weil die Verfügung, die
in der Veräufserung enthalten, stärker ist, als die im dioLXstv xal oixodo-
(istv gelegene, und sie also streng genommen an den Schlufs gehört.
Für derartige ludices nach dem Wortende schlage ich die Bezeich-
nung Conträr-Indices vor-, es leuchtet ein, dafs ein Conträr-Index nicht
nur für die Zwecke der Ergänzung von Wert ist, sondern auch für
linguistische und grammatische: Der gewöhnliche, normale, Index zeigt
uns alle Worte, die mit einer bestimmten Präposition, z. B. acrd, an-
fangen; der Conträr-Index umgekehrt giebt uns alle Composita eines
bestimmten Verbi, wie das oben für noiico in den drei Sammlungen
dargelegt wurde; der normale Index zeigt uns die Worte, die von einem
Stamm, z. B. |vA- gebildet werden, der Conträr-Index giebt uns die
Stämme aus t^A-, wenn wir die Suffixa abziehen. Schwierigkeiten macht
die Frage der Media, der Pluralia tantum, der substantivierten Adjek-
tiva: man wird im Zweifel beide Formen zu geben sich entschliefsen
müssen.
Natürlich sind entfernt nicht alle lexikalischen Beziehungen hiermit
erschöpft; doch mögen diese Bemerkungen einstweilen genügen, vielleicht
folgt ihnen später ein Wörterbuch- Artikel, etwa über eine Präposition, —
ist doch gerade bei diesen eine Übersicht über alle Stellen besonders
wertvoll.
Königsberg. Otto Gradeuwitz.
II. Referate und Besprechungen.
Litterarische Texte mit Aussclilufs der christlichen.
Da das Ai'chiv dazu bestimmt ist, die gesamte an die Papyri sich an-
schliefsende Litteratur zu umfassen, so mufste aufser den neuen Funden
auch das erwähnt werden, was über schon seit längerer Zeit bekannte
Stücke in neuester Zeit veröffentlicht worden ist. Gleichwohl hat sich der
vorliegende Bericht auf die neuen Entdeckungen beschränkt. Bei der Fülle
des Stoffes nämlich schien es geraten, zunächst das zu bearbeiten, was der
allgemeinen Aufmerksamkeit am nächsten liegt, doch wird das Versprechen
gegeben, dafs die nächsten Hefte auch die jüngsten Arbeiten über früher
veröffentlichte Texte, z. B. über Aristoteles und Bakchylides, besprechen
werden. Ein Anschlufs an C. Ha eb erlin 's Arbeit über die griechischen Pa-
pyri (Centralblatt f. Bibl. XIV [1897J S. 201, 263, 337, 389, 473) ist
nicht gesucht worden. Wer jedoch über das vor 1898 Liegende sich unter-
richten will, wird neben jener Zusammenstellung auch Kenyon's Catalogue
of Literary Papyri (Palaeography of Greek Papyri, Oxford 1899, 129 — 148)
wenigstens zum Vergleiche heranziehen müssen. Die lateinischen Papyri
haben nun durch Max Ihm (Centralbl. f. Bibl. XVI [1899] 341—357) eine
vortreffliche Darstellung erhalten.
Eine Übersicht der litterarischen Bruchstücke, welche im Jahre 1898
aus den Papyrusschätzen hervorgezogen sind, mufs sich zum gröfsten Teile
mit den von B. Grenfell und A. Hunt im 1. Bande der Oxyrhynchospapyri ^)
herausgegebenen Texten beschäftigen. Von Anzeigen dieses Bandes haben
mir vorgelegen: F. Blafs, Litt. Corr. 1898, 1074—1076; derselbe. Neuestes
aus Oxyrynchos, Neue Jahrb. f. d. klass. Altert. II (1899) 1. Abt. 30—49 80;
W. Crönert, Preufs. Jalu-b. 1898 Band 94, 528 — 540; 0. Crusius, Allg.
Zeit. Beil. 1898 Nr. 225 (5. Okt.); H. Diels und Th. Mommsen, Sitz.-Ber.
d. Berl. Akad. 1898, 497—498; K. Schenkl, Zeitsch. f. d. öst. Gymn. 49
(1898) 1093—1095; 0. Schulthess, Woch. f. kl. Phil. 1899, 1049—1058;
P. Viereck, Berl. ph. Wochensch. 1899, 161—170; U. v. Wilamowitz-Möllen-
dorff, Gott. Gel. Anz. 1898, 673 — 704. Von diesen allen ist die letzte
die eingehendste, und da alle Teile des Buches ziemlich gleichmäfsig be-
handelt sind, so ist diese Besprechung eine vorzügliche Einführung in die
Papyruswissenschaft. Bevor ich an die einzelnen Stücke herantrete, mufs
ich bemex'ken, dafs ich bei den Bruchstücken schon bekannter Schriftsteller
sämtliche Abweichungen und bemerkenswerten Schreibungen des Papyrus
1) Abgekürzt Oxy. I.
Wilhelm Crönert: Littorarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 105
angeben werde. Dabei soll auch die Kechtschreibung, soweit sich darüber
reden läfst, berücksichtigt werden.
I. Dicliterische Stücke.
1. Oxy. I 46—47, Nr. 20; Tafel V. — Es sind 12 Bruchstücke (das
gröfste 14,5X8) Eeste von 4 Columnen enthaltend. Die Schrift ist eine
schöne aufrechte ünciale, ohne Lesezeichen; die Columne hat 25 Zeilen.
Die Zeit ist dadurch ungefähr bestimmt, dafs auf der Rückseite einige
Rechnungen in Cursive aus dem Ende des II. oder Anfang des III. Jahrb.
eingetragen sind. — Inhalt: Homor B 7;-50— 754, 755—779, 780—803,
804 — 828. Schlechte Formen und Schriftfehler sind letrjv 800, nstvlovreg
825, 7toi.ie[vi 772, DICIN (= toiaiv) 805. Was die Lesarten angeht, so
geben die Hrgg. nur die Abweichungen von der La Rocheschen Ausgabe
an: 793 a]vaKrog (f. yeQOvrog), 795 ^ö](plv (f. |iuV), 797 COCTenOTen
(f. üg Trox S7t\ wohl Schreibf.), nach 798 ist der Vers F 185 eingefügt:
k'v&a tdov 7i[lsiatovg 0QV'yag ccjvsgag cdo[Xo7ta)Xovg (es folgt aAA' ov jfco etc.)
welche Einfügung aus der Ähnlichkeit der beiden Stellen zu erklären ist,
801 TtEQi a[6rv, 802 aSs 6e^ 803 yccQ 7T.[sQi (?) für yccQ Kcact, 823 ^AQ%f\-
Aopg ^Anlafiag (es fehlt r).
2. Oxy. I 47, Nr. 21. — Breite runde aufrechte Hand, I. — 11. Jahrh.
Elisionszeichen von 1. Hand, wohl von einer späteren Accente (Akut)
Spiritus (lenis = "', asper = ""^ ; man bemerke nQoiei) , Punkte (") , Längen-
zeichen i^Exvyog 0rjQ')]rt[aöao) und Vokalpunkte (^ttqo'Cei,^ Ka&vTceQd'ev , vöa-
tog). — Inhalt: Hoiuer B 745 — 764. Es fehlen allenthalben die Versaus-
gänge. In der Schreibung zu bemerken: 749 AIN6IHN6C (f. ^Evii^veg,
das erste G getilgt), 750 övGil^eqov (€ über I nachträglich beigefügt),
752 KalXiQoov^ 753 öv^^i6yExca 1. Hand 6vv^ — wie es scheint die zweite,
754 ETtiQset, 756 ij^xe. Fast keine Abweichungen von Naucks Text, aufser
dafs 754 fälschlich statt aXXa AA]AA (aAA.'a) geschrieben ist.
3. Washim - Papyrus , hrg. von Edgar Johnson Goodspeed , Americ.
Journ. of Archaeol. Second Series II 5, 1898, 347 — 356 und Lichtdruck-
tafel. — 22x17,4 cm, die Colunme hatte 33 Zeilen. Es sind Reste von
zwei Col. erhalten, von der ersteren die rechte, von der anderen die linke
Hälfte. Die Schrift gehört wohl der ersten Hälfte des II. Jahrh. n. Chr.
an; denn jenes Blatt wurde zusammen mit einigen z. T. datierten Ui'kunden
(aus den Jahren 144 — 159 n. Chr.) in den Ruinen eines im Sande ver-
grabenen Hauses bei Washim im Fayum gefunden. Nebst gewöhnlicheren
Lesezeichen (Akut, Gravis, Circumflex, Elisionszeichen, Colon) ist der zwei-
mal (ZI. 20 und 66) an einem Satzende stehende schräge Strich (/) zu
vermerken.^) — Inhalt: Homer O 1 — 29, 35 — 68. Die Rechtschreibung
ist ziemlich gut (44 xQvßCrjv, 57 ;^^i[ot). In dem erhaltenen Teile weicht
der Papyrus nirgend vom Venetus A ab, er läfst auch mit ihm und D den
Vers 6 aus. Dafs heute vom Vers 59 keine Spur mehr vorhanden ist,
geht vielleicht auf die Zertrümmerung der Rolle zurück.
1) Hier ist natürlich der über der Zeile stehende Strich, der das Ende eines
Satzes bezeichnen soll, als Linie in gleicher Höhe mit den Buchstaben in die Zeile
aufgenommen. Die Herculanensischen Papyri 831 und 1026 bieten zu diesem Vor-
gänge einige Mittelformen.
106 n. Referate und Besprechungen
4. Pap. Mus. Brit. 732, im Winter 1897—98 von B. P. Grenfell er-
worben, lirg. von Arthur S. Hiinf^ Journal of Philology fasc. 51, 1898,
25 — 59. — Es sind umfangreiche Reste einer Rolle, welche wohl ehedem
eine Ausdehnung von 16 Fufs hatte. Es waren insgesamt 36 Columnen,
von denen heute noch Reste von Col. 1 — 19 und 26 — 36 erhalten sind.
Die üncialschrift gleicht der des Pap. Mus. Brit. 128^), welche aus der Bias V
und Q enthält und von Kenyon in das I. Jahrh. n. Chr. gesetzt wird. Die
Columne enthält im Buche N 38 — 39, im Buche ^ 30—40 Zeilen. Lese-
zeichen sind sehr spärlich. Von erster Hand stammen die diaireti sehen Punkte
in 6%^£vH N 193, vTtEQfievEi 226, vm 238, ')(^qo'£ 241 (hier scheinen in der Aus-
gabe die Punkte aus Versehen zu fehlen, vgl. zu JV193)^), Scä 286, &v^o-
QCii6Tr]g 544, sodann die Paragraphos in Gestalt von > — nach iV619 und
vielleicht der Spiritus in YneX(jüP6l N 476 und der Accent in
AIAAIOMÄI 253, von späterer der schräge Spiritus asper (^) in h N 2G0
und vTteßrrjg iV375, der Accent in xQoog JV 191 (und so noch fünfmal,
vgl. Hunt z. St.) und di-eimal das Elisionszeichen (vgl. zu N 227). Die
Punkte über anlautendem i oder v fehlen hingegen vollkommen. Kola
sind im Buch N von zweiter Hand hinzugefügt, sie fehlen in S*. Die
späteren Zusätze und Verbesserungen verteilen sich auf drei Hände; die
erste erscheint zuerst N 269 und ist eine schmale Cursive, kaum später
als das H. Jahrh., vielleicht auch noch dem I. Jahi'h. angehörend, die
andere ist eine rote Unciale aus dem HI. Jahrh. Die Schrift des Papyrus
war schon vom Alter schlecht geworden, sie ist ein- oder zweimal wieder
aufgefrischt worden; dabei wurden die Lücken durch Ubei'klebung von
neuen Papyrusstreifen ausgefüllt, doch liefsen sich diese Zusätze wieder
entfernen: die auf diesen Flickstücken erscheinende Schrift gehört dem H.
oder m. Jahrh. an.^) — Inhalt: Homer N 2—12, 28—34, 38—41,
46—50, 52, 56, 73—87, 149—653, 657—674, 740—747, 769—770,
772—775, ^ 120—293, 332, 334—341, 343, 345—346, 348—354,
358—476, 480—522, im Ganzen demnach die Reste von 936 Versen,
wovon am besten erhalten iV 225— 417, 456—674, 5*123—293, 358—476,
480 — 522, ungefähr sieben Zehntel des Ganzen. Auf die Rechtschreibung
ist im Allgemeinen sorglich geachtet; stummes t- ist meist vorhanden, es
fehlt in tw S* 175, id'iXrjad-a iV 260, i'E,£^L7T.i] 5*414, ^gaGyMöiv iV 589,
d'corjv 669*), ist fälschlich zugesetzt in rvneirjig N 288, eIt^i 322, 343,
3*336, nXriyr}t iV 394, xovJqpO'Tjt 405, (pavrit 5* 400, 'A&ocot 229, iörjua
iV 229, in rcot (pron.) N 327 von P übergeschrieben. Für Et erscheint i
in iadiiEvog N 206, Uoötdccav 351 u. s. w. (so immer, vgl. Hunt zur St.),
Ixelov N 330, lkJeXov (dies ist sicher) S* 386; das Umgekehrte ist der Fall
in a^ELPi-jv iV612, ßociiELOv\a N 529, ßaa^Eiovog 532, e\iiieoov S 198, ei^el-
Qai\x]o S*163, KEivvfiEvoto 173, hirjv N 284 (^Xli]i' P^), ofiEtXov iV 204 (so
immer, vgl. 307, 332, 338, 459, 498, 560), oqeivs{v) iV418, 468, 5*459, Tti-
1) Vgl. C. Haeberlin, Centralbl. f. Biljl. XIV 209.
2) Desgleichen scheint ein Versehen von Hunt -iiKld-Eiat S 204 und v]riag
TS 392.
3) Im Folgenden ist die ursprüngliche Lesart mit P, die verbesserte mit P*
bezeichnet.
4) Richtig (prig S 265.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte niif AnsKchlnfs der christlichen 107
(iedu 5*186, 7t[olv7t]siöciKog 157, ^eivög iV 616, cpd'siöi^ßQorog 339, also
übevall ff = /; auffallend ist n[Qici\(.iiöij\v 3*375, wo das über der Lücke
erhaltene €1 eine falsche Verbesserung andeutet. In ydvvr]ai d' uqu N 493
ist das c von P" übergeschrieben, wodurch nur ein Versehen verbessert
wurde, während KAIMBPO[Y 3 281 f. yMl"IfxßQov mit Kvöa&rivaevg u. s. w.
zu vergleichen ist. Bei den o-Lauten giebt es verschiedene Versehen: Tta&i
N 309, &g (-dg) 34-1, oQ^ij&i^aau 526 (coq. P^), prco 544, OYrATPGÜGüN
(f. O-vycag&v) 365; Vokalausfall: ?T<^£)>di/ N 375, d-coQ<^'rjyKO)v 342 (gleich
von P vei'b.). Bei den Konsonanten ist zu vermerken ANDONON iV 239,
ivKccx&eo 3 219 (sonst erscheint überall Ausgleichung); xendlvm^o N 192,
(leivs coff 564, 6CATON f. £6ci&\ öv 3 178 (aus e'öccro, ov zu erklären),
oiccrsvv[i'j\aca(iL 248, l&i 268 (im übrigen wird wie bei Nauck elidiei-t);
■Aehvö&ovg (f. KsXsv&ovg) N 335, d-coQriaßija&ov 301 P (-rjffe- P^), v.avovits'
407, %alaTtdQ\7]v 3 447 und wohl auch ■KCi\}.cm<:iqt]\v hll ^ ovxto N 22i') am
Versende. Das bewegliche v fehlt am Versende vor folgendem Konsonant
(entgegen der Nauckschen Ausg.) iV 175, 176, 205, 240, 298, 331, 339,
356, 368, 372, 420, 468, 579, S 142, 165, 182, 349, 403, 418,
459, 491, im Vers vor Vokalen N 354 (d^cporeQoiöi, ofiov) und vor Kon-
sonanten, wo es durch Positionslänge gefordert Avii'd, N 78, 628 3 145
(hier von P^ zugefügt), vgl. vor langer Muta cum liquida iE,eQV6E N 532,
XEQGi 776, Kojficae 456; endlich erscheint es, wo es bei Nauck des Di-
gammas halber fehlt, N 218, 344, 524, 609, S 150, 218, 251, 489, 492,
aber nur einmal (E'^evdQi,'^Ev Kai iV 6 1 9) ist es gegen das Versmass ein-
gesetzt, wie üenn überhaupt die sparsame Verwendung dieses Buchstabens
bemerkt zu werden verdient. Am mchtigsten sind die Formen XQiyXi]va
fifto[^df]i^ra 3 183 und vno Xh\a\QOi<jLv 186.^)
Ehe ich daran gehe, die Lesungen des Papyrus mit denen Nauck's zu
vergleichen, muTs ich einiges über die Verszählung sagen. Es fehlt N 255,
316, 480, 602 — 606 (dabei steht statt IlEiaavÖQog 601 TlEiöavSQOv; die Lücke
ist durch Homoioarcton entstanden) 3 269, 420, also zehn Verse; demgegen-
über erscheint nirgend ein Zuwachs, wenn wir ihn etwa nicht im Anfange
von N aus einer Lücke erschliefsen können. Es haben sich nämlich von
einer alten Verszähhmg folgende Spuren erhalten: B am Rande von JV 197,
r bei 303, Ä bei 407, Z bei 601, B bei 3 201, Ä bei 403, 6 bei 503,
dazu kommt die Unterschrift am Ende von 3*:
lAIAAOC
r\ n
T ~AA
also 520 Verse, welche Zahl stimmt, wenn aufser den beiden eben erwähnten
Versen kein Ausfall mehr vorkam.^) Nach den Zählungen im Buche 3
1) Vgl. C. Haeberlin, Centralbl. f. d. Bibliotheksw. XIV 211, der indessen
nicht die ganze Frage überschaut.
2) Das läfst sich vielleicht auch auf andere Art ungefähr Ijeweisen. Seite 18
hebt mit JV 654 an, dann beginnt nach einer greisen Lücke eine neue Seite mit
S 126. Dazwischen liegen demnach 303 Verse. Rechnet man nun für die Unter-
schrift am Ende von JV fünf Zeilen und für den Zwischenraum und die Überschrift
108 ^I- Referate und Besprechungen
scheint es, als ob immer der erste Vers eines neuen Hunderts mit einer
Zahl versehen sei, doch ist im Buche N sichtlich falsch gezählt; z. B. da
der Zwischenraum zwischen 303 und 407 vollständig erhalten ist, hätte A
nicht bei 407, sondern bei 404 (316 ist, wie oben bemerkt, ausgelassen)
stehen sollen. Und so ist es auch nicht ganz sicher, ob im Anfange von
JV drei neue Verse standen, wenngleich darauf neben der Stellung von B
der Umstand hinweist, dafs die nun sehr zerrissene zweite Columne nur
35 Verse (38 — 72) umfafst, während die sechs folgenden Seiten 38 Zeilen
haben.
Im einzelnen ist zu bemerken^): N 9 o:^]Tjy[£jii]f^'? 41 ^Ayjcaovg^ 166*
i,vv\iriKB^ 230 nsXeve öi, 234* og nev eV, 236 öTtevöeiv^ 245 ekaintsv iv(,
249 YIOY Schreibf. f. vis, 252 TGÜ f. toi ebenfalls Schreibf., 263 i6r]ü-
(levoi ntoXeiJiiS,eiv, 264 über 6 in iöri ein A von P^(wozu?), 266 über t in
Tov ein wohl tügender Punkt, 269 AeAACMeNAlAAKHC P, OCGM-
M6NAI von P^ übergeschr., 278 evd^ ö te öadbg avrjQ og x aX%iiiog, 285
iTtsiödv, 288 yc<Q Kai ßXeio, 301 G^YPOV ' (der Punkt deutet vielleicht
den Rest eines übergeschr. C an), 321 oux, 327* ife kcci riiiiv, 335 rs
von P^ übergeschr., 338* avaiQs^Ev, 346 '^Qaeaßi rerevxcaov, 349 oXsGöai,
354 7} (jidv, 356 das v in ccficpadirjv vonP^ auspunktiert, 358 o't ^' egiöog
. . o^oiiov, 362 TqcoeöGiv iTtccXjisvog^ 366 uvcceövov, 380* 'IXiov, 383 eiX^e,
399 0 y, 408* ttji q u[7Co, 412* yovvara Xvösv, 414 ov fidv, 483 6CCI,
484* avÖQi fieyi6rov, 485 6^7j]Xikl7] P, -xtTjt P^, ivl -O'i'ju.cöt, 486 7/ xe, 490
eCOPOGüN (Schreibf.?), 512 fjv, 541 eW Alveilag] 'Acpaqria, 544
GYMOPAVCTHC, 543* E%Xivev, 556 ^v, 565 yccirii, 572* «>«(?«/, 583
aviiXKEv, 584* cniaQxriXTiv , 589 vo in ^sXavöxQOtg von P^, 594* ex ö' aqa
xogov, 595 ccvxiKQv, 607 OA£ P, Y von P^ beigefügt, 608 e^xero, 610
^AxQeWrjg xa/, 624 iööeiöaxE, 644 'AgnaXicov 0 [^]«, 651* Kai Qa ßdXe, 652
avxiKQv, 665 OIPeY P, C über I von P^, 668 xeqgiv lvr}v6iv, 743 et k ;
S* 127 «Ufi]7](Ta[trf, 152 noXe(.u^£iv, 162 e'A'&frv, 168 xbv d' oij -O'Eog aXXog ava-
yev, 169 iitid'ri'Ke^ 172 eavai, 181 «[^Ja^vnjt, 185 *x]«A6i^ d' ^v P, AJevxoi» (J'
^v P^ 188 ^f; ö'i'(isv, 190 HPANMO! (Schreibf.), xev, 196* xeXsßai xs, 202
HAATA[A]A0[N (so scheint es, doch ist der Pap. lückenhaft), 208
KEivco y\ 209 6(ioico[&fi]vai, 210 x£, 216 iv d' tjtiE^og P, ivl d'- P^, 235
TtEid-co, 249 ETtivveaev, 252 h'Xs'^a^ 253* xc<:xoju,[7J(J«o, 266 "^iJ^axi^o?, 271 aaxov,
281 AHM]NONT6KAIMBPO[Y, 288 ne](PYIA, 290 HXeN, 376 86-
Xixov P, y f. % P^, 383 ind q s66avxo, 384* /3av dTfiEv, 412 ß8ßXrjKei,
431 il^öTaöav P, über der Lücke CAN von P^, Avas auf einen Fehler von
P hinweist, 437 aTte^^iaaasv ^ 439 i'^[sKdXvil}e P, darüber N[YH von P'^,
445 KO von ßovKoXiovxi P^, 453 (lanQCi ßißda&cov, 454 ov (xdv, 455
AAIOC, 465* övveexi^cot-, 467 PINAC, 470 TlovXvödfia, 474* KscpaXrjv
ayxiGxa ('KB^AMIHN could also be read' Hunt), 510 h\vo6iyaio~]q, 515
n£Qi(poiri]vV,-g)rjxrjvI'-, 520'OiXidÖ7]g, 522 cöIqotji. Nächst dem obenerwähnten
von S vier Zeilen, so erhält man die Zahl 312, welche durch 8 dividiert 39 er-
giebt. Dies aber ist die Länge der beiden angrenzenden erhaltenen Kolumnen
(JV 573 — 616 und lEl 120— 158). In der grofsen Lücke also vi^ird wohl die gewöhn-
licne Verszahl gestanden haben.
1) Neue Lesarten sind mit einem Sterne gekennzeichnet.
Wilhelm Cröncrt: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen. 109
Papyrus des Britischen Museums von T und ß ist diese Rolle der umfang-
reichste Homerpapyrus. Ist auch der Ertrag aus seinen Lesungen nicht
sehr bedeutend, so ist doch seine Stellung unter den Gruppen der Vulgat-
überliet'erung von Wichtigkeit; denn mit dem Marcianus A allein hat er
auTser iV 362 und der Schreibung Uociöccav garnichts gemeinsam, am meisten
mit CHDL.
5. Papyrus von Genf, hrg. von Jnles Nicole, L'aventure de Zeus et de
Leda, Melanges Henri Weil (Paris 1898) 290—297. — 17X3 cm, Reste
einer Seite mit Spuren von 26 Zeilen; die Schrift ist von klarer Farbe,
eine ünciale in Schönschrift, Zeit: en pleine epoque romaine. Lesezeichen
sind nicht vorhanden. — Inhalt: kärgliche Trümmer eiues die Ledasage be-
liaildeludeu epischen Stückes. Von den Hexamtern sind immer nur Reste
vom 2., 3. und 4. Fufse erhalten, am vollständigsten ist noch -^w- d^EÖg'
slgI &E&V . . Vers 18. Aus eQcora 4 u. 15, ttttjvov 5, Zfpa 8 u. 11,
Kvnvog 13, KVKvov 14, und vielleicht AijJÖEm tt^o? i'fi\^EQOv 16 ergiebt sich
der Inhalt. Nicole weist darauf hin, dafs die Sage von den Dichtern im
Gegensatz zu bildlichen Darstellungen nicht oft behandelt sei, garnicht bei
Epikern, Lyrikern und Elegikern; doch hängen seine Vermutungen zum
grofsen Teile in der Luft. Denn aus der Verkürzung von ndXcv in itaXi
KVKVog Vs. 13 läfst sich nicht viel gewinnen, im übrigen fehlt jeder sichere
Anhalt. Die Reste sind wohl der hellenistischen Poesie zuzuweisen.^)
6. Oxy. I 10—13, Nr. 7; Tafel IL — 19,7x9,6 cm, der Rest einer
ganzen Columne, wie es scheint; doch ist der untere Teil sehr zerrissen,
avifserdem fehlt der linke Rand gänzlich. Die Schrift, eine schöne ünciale,
die der des Bakchylidespapyrus sehr ähnlich ist, wird von den Hrgg. dem
III. Jahrh. n. Chr. zugeteilt. Viele Lesezeichen (Akut, Apostroph, diair.
Punkte, Längenzeichen, Punkte, doch nur am Versende), keine Verbesserungen.
— Inhalt: Reste von fünf Strophen eines Sappholiedes (20 Zeilen), eine
Bitte für die Rückkehr ihres Bruders enthaltend, die Perle der 1898 ver-
öffentlichten Funde. Das Digamma ist noch gewahrt {J^olai Vs. 6), die von
einem Graramatiker herrührende Accentuation ist äolisch. Die Engländer,
denen Blafs an der Wiederherstellung geholfen hat, nehmen eine Beziehung
des Gedichts auf den Bruder der Sappho, Charaxos, an, welche von andern
geleugnet wird. Vgl. besonders Diels, Sitz.-Ber. der Berlin. Ak. 1898, 497,
V. Wilamowitz a. a. 0. 697, Crusius a. a. 0. 3, Blafs, Neuestes aus Oxy-
rynchos 47 — 49, G. Fraccaroli, L' ode di Saffo recentemente scoperta, Bol-
1) Die Sage ist zusammen mit anderen Zeusverwandlungen kurz in einem
versprengten und bisher übersehenen Bruchstücke von Philodems Schrift von der
Frömmigkeit gestreift, welches sich in der photographischen Sammlung der Ox-
forder Abschriften im 6. Bande auf Blatt 20G vorfindet. Hier heifst es oiv jjv y.al
JV^fijtffts, [tjv I cpriJOLv (T) 6 T(i Kv[7tQi(x I 'y]Qdip(xg (vgl. das längere Bruchstück
Nr. 6 Kinkel) d^Oicad-fj\v]a(^ty X^vi, z/f'o; <(ö^^ avT\i]v \ 8^imv.£iv v.al yiyfi^>[^ui, \
rr]v 8~\h dubv rs-nnv, \ i^] qv ysviaQ-ccL Ti]\y \ 'El'\iv7\v. Ich mufs gestehen, dafs
mir die Ergänzung nicht befriedigend gelungen ist, doch ist daran z. T. wohl auch
die Uberlieferang schuld, wie denn in der 4. Zeile ein übergeschriebener Buchstabe
erscheint. Das Weitere ist verständlicher: OTc;[3r]f[9 av | Ai]\Sag iQoca&slg [i\y]h'£To
"Avyivo[g, I EvJQmTtrig dh Tav\Qog], Aa^iiag 8h ^|jroJi/) (so Prof. Blafs), ^ccvdrig Sk
'/,[Qv\6Qg\ Kai TtaQ 'AnoX\X(i3\vi8r]] xorl ticxq ILv^QC^nid^ri Xsyerai . . . Dafs sich
Zeus Lamia gegenüber verwandelt habe, ist neu; der selten angeführte Tragiker
ApoUonides wird auch S. 39, 1 in der Ausgabe von Gomperz erwähnt.
110 n. Referate und Besprechungen.
lettino di lilologia classica V Nr. 4, S. 83 — 85. Das Lied ist zuletzt von
Hugo Jurenka behandelt: Die neu aufgefundene Ode der Sappho, Wien.
Stud. XXI (1899) 1 — 16. Jui-enka giebt die Überlieferung in Minuskeln
mit breiter Erörterung der nötigen Ergänzungen, darauf eine metrische
Übersetzung. An der Beziehung auf Charaxos hält er fest.
7. Oxy. I 13—14, Nr. 8- Tafel IL — 6,1x10,9 cm, der untere Teil
eines Blattes. Die Schrift ist eine kleine Unciale mit zierlichen, runden,
etwas geschweiften Zügen, Ende des I. oder Anfang des IL Jahrh. Lese-
zeichen ähnlich wie in Nr. 6, einmal erscheint eine Verbesserung. — Inhalt:
Bruchstücke von Hexametern, welche die englischen Bearbeiter dem Alkman
zuschreiben. Zeilen 1 — 3, sehr verstümmelt, enthalten den Schlufs eines
Gedichtes, dann hebt ein neues an, von dem vorigen durch die Paragraphos
am linken Rande geschieden. Vor diesem neuen Stücke stehen auf der
Seite noch vier bis auf das letzte Wort vorzüglich erhaltene Verse, den
Festgang von 9 Jimgfrauen zum Demeterheiligtume schildernd. Gegen Diels
('Nachahmer Alkmans'j und v. Wilamowitz (^sehr künstliche Imitation')
richtet sich Blafs, Neuestes aus Oxyrjnchos S. 45 — 46, welcher bestreitet,
dafs sich aus der Verskunst ein Einwand gegen Alkman gewinnen lasse,
der Inhalt liefere weder für Alkman noch für einen Nachahmer die ge-
nügenden Anzeichen; im Nachtrag S. 80 wird der Gedanke an Erinna sehr
ernstlich erwogen. Über das Digamma vgl. noch J. van Leeuwen Mne-
mosyne XXVII (1899) S. 221 Ad Alcmanis (?) Fragmentum nuper re-
pertum.
8. Oxy. I 47—50, Nr. 22. — 8X9,3 cm, ein Blatt aus einen Pa-
pyrusbuche, der obere Rand ist erhalten. Die Schrift ist eine schmale,
runde und aufrechte Unciale des V. Jahrb., die Tinte ist wie im Genfer
Menanderfragment braun, welche Farbe zu byzantinischer Zeit in Gebrauch
kam. Die zahlreichen Lesezeichen aufser dem Apostroph von zweiter Hand
(Accente^), Spiritus^), Vokalpunkte, Längenzeichen av Käaa[(p7i)-^ in
AHTAN6KTA ist ein ungewöhnliches Elisionszeichen verwandt. Zahl-
reiche Verbesserungen von 2. Hand über der Zeile, einmal in Punkte
(Vs. 378) und einmal in Doppelpunkte (Vs. 430) eingeschaltet; die Para-
graphos am linken Rande giebt den Personenwechsel an. — Inhalt: SopllO-
cles, König Oedipus 375 — 385 (Rückseite) und 429 — 441 (Vorderseite).
Verschiedene Schreibfehler: flYRANNI 380, AfOPPOC 431, TONeV-
Cl 436 (in yov. verb.), 11010161 437 (in -otffi verb.); das stumme i ist
von 1. Hand ausgelassen, von späterer oft übergeschrieben. Lesarten:
375 ßkiipm (so auch der Laurentianus, doch ist hier richtig ßldipai, ge-
bessert), 376 fis . . ys 6ov, 378 6ov tuvtcc 1. Hand, rov ravta 2. Hand,
385 OneiC[T]Oe[E]A[P]XHC l. Hand, darüber niCTOC von 2.,
429 TOYT[OY, schräg rechts über dem letzten Buchstaben ein A
wie es scheint von 2. Hand, das übrige ist verloren (welcher Art die Ver-
besserung war, läfst sich nicht erkennen), 430 av 7ta]hv 1. Hand; die 2.
schreibt darüber ON nnd so die Hss., 434 CXOAHCf', doch über H
ein I von 2. Hand (die Hss. ßx^Xy o\ Suid. axoXy y), 435 HM6IA6-
1) Der Gravis auf unbetonten Silben: ahrog 379, ovvh'n 3«3, cutiitov 384,
c(ivlv.ra 43'J.
'2_i U) 377, O 382 und 385, WC 435, HA 438.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen Hl
TOlOlZ^' 1. Hand, über 61 ein C von 2. Hand, welche A6 zu tilgen
vei-gafs. Lag zwischen A (= 375 — 385) und B (= 429 — 441) keine
besondere Colunme, so hatte die einzelne Columne 54 Verse (52 Zeilen
der Thucydidespapyrus Oxy. I Nr. 16); dann mufste, damit ein erträgliches
Gröfsenverhältnis vorhanden war, links von A und rechts von B noch eine
zweite Columne gestanden haben. War aber rechts von A und links von B
noch eine Columne, so standen auf der Seite 36, in der Columne 18 Verse,
und es war dann das ungewöhnliche Seitenmafs 14X22 vorhanden. Dieser
letztere Fall ist aber unmöglich, wenn man bedenkt, dafs rechts oben am
Rande von A die Seitenzahl PL (sie befand sich also zwischen 110 und 119)
steht, eine solche konnte nur am rechten Rande einer Seite beigeschrieben
werden. Die Vermutungen, welche ich in den PreuTs. Jahrb. Bd. 94, S. 530
über den Inhalt und die Reihenfolge der Stücke im Papyrusbuche aufgestellt
habe, sind hinfällig, weil ich damals die richtige Seitenfolge verkannt habe;
nur das ist vorläufig festzustellen, dafs in jenem Buche eine ganze Anzahl
von Stücken vereinigt waren.
9. Genfer Papyrus, hrg. von Jules Nicole, Le Laboureui- de Menandre,
Fragments inedits sur Papyrus d'Egypte, Basel und Genf (Georg) 1898.
— 28,5X15,7 cm. Es sind die Reste des Blattes eines Papyrusbuches;
auf der Vorderseite, welche die Zahl g trägt und also die sechste Seite
des Buches war, sind 44 Verse, auf der Rückseite (hier erscheint am oberen
Rande die Zahl Z) 43 Verse erhalten. Die Schrift ist eine unregelmäfsige
Unciale, mit mancher Hinneigung zur Cursive, besonders bei den Buch-
staben £ X A ju- V, sie wird in die Zeit zwischen 350 und 500 angesetzt.
Der Apostroph ist aufser zwei Fällen (Vs. 29 und 84) überall angewandt,
er fehlt bei der fcasis (TAAAA Vs. 37) und steht vielleicht Vs. 61 au
falscher Stelle. Zu bemerken sind die Schreibimgen nPAX'XOJN Vs. 1
KOjn'TeiN 16, nPAPMATA 67, AnApreAAoüN 54, evjAp-
rSAlCACOAl 83.^) Doppelpunkte erschienen über i: TtQOßicov 1, iacog
68 79 yquWiov 54 und v. vtög 63, v7ieGi[i]t]at 7 4:, doch fehlen Accente voll-
ständig. Die übrigen Lesezeichen betreffen den Personenwechsel, und zwar
findet sich ein einfacher Punkt (28) oder ein Doppelpunkt: (41 49 54)
oder die Paragraphos am linken Rande (52) oder endlich die Koronis -i-C
beim Abgang einer Person (84). Hinsichtlich der Rechtschreibung sind
viele Fehler begangen worden. Das stumme t fehlt, nur in yqatöiov steht
es, dui-ch die Punkte als selbständiger Vokal gekennzeichnet, wie ähnlich es
auch bei anderen Wörtern in der späteren Sprache vorkommt (z. B. ai'Gßeiv,
K^ecadtov u. a.). Sonst sind fünfzehnmal Vokale verwechselt, in mekr als der
Hälfte der Fälle o und co, bei den Konsonanten ist aufser daeveyK ojicog 39 ^)
nur V für vv zu vermerken: 0iXiva 22 28, ysvtxiq 42. Meist tritt Elision
1) Die Erklärung Omonts für T ' T : de ne pas prendre T T pom- TT , an die
schon Weil nicht recht glaubt, ist falsch. Wir haben es mit Silbentrennungs-
zeichen zu thun, die hier zum erstenmale in einem litterarischen Papyrus erscheinen.
Sie sind in Urkunden und älteren Bibelhandschriften ziemlich häufig, treten jedoch
erst mit dem 3. Jahrh. n. Chr. auf, vgl. U. Wilcken, Observ. ad bist. Aeg. provinc.
rem. diss. Berol. 1885 S. 58ff. und Crönert, Quaest. Hercul. diss. Gott. 1898 S. 21.
2) Dies ist nicht etwa falsche Psilosis, sondern 8iah'i:yy.£ oficog, durch ein
Versehen verkürzt.
112 II- Referate und Besprechungen f"".";^
ein, offene Schreibung erscheint nur zweimal: d'voina a'vöov 9, TTQayfxara
avciKqivEL 67. Die Assimilation fehlt am Wortende, nie dagegen im Wort-
innern. — Inhalt: Bruchstück aus dem rnüQyoq des Meuandros, wie ab-
gesehen von den Anführungen des Stobaios und des Etymologicum auch aus
dem Inhalte hervorgeht, und zwar setzt unser Stück, wie es scheint, mit der
zweiten Szene des Lustspiels ein. Der erste Herausgeber Nicole, dessen
Büchlein vom 1. Juli 1897 datiert ist, lieferte zunächst Text und Erklärung
(S. 7 — 42), dann Bemerkungen über das Stück (S. 43 — 63) und endlich
den Versuch einer Wiederherstellung des Ganzen (S. 67 — 79). Nicole hat
übersehen, dafs die von ihm behandelten Bruchstücke die Teile eines
einzigen Blattes bildeten, wobei die Endstücke sich gegenseitig ergänzten.
Dadurch, dafs F. Blafs in seiner Anzeige der Schrift (Litter. Centralbl.
vom 9. Dez. 1897) diese glänzende Entdeckung vorlegte, ward für das Ver-
ständnis der Reste erst die richtige Grundlage gegeben. Diese neue Ord-
nung und der Umstand, dafs Nicole den Text nur in Minuskeln gegeben
hatte, veranlafste die Engländer B. P. Grcnfcll und A. S. Hunt den Papyrus
neu hei'auszugebeu: Menander's r6GL)PrOC, A revised Text of the Ge-
neva Fragment with a translation and notes, Oxford (Clarendon Press) 1898.
Die kleine Schrift, welche nun für die Verszählung mafsgebend geworden
ist, enthält neben einer kurzen paläographischen Einleitung den Text in
Uncialen und Umschrift, kritische Noten, zu denen Bury und Ellis einiges
beigesteuert haben, Bemerkungen über die Personen des Stückes, Über-
setzung und Anmerkungen. Weiter handelte von dem Papyi-us Otto Cru-
sius, Allg. Zeit. 1897, Beil. Nr. 294 (29. Dezember), Heinrich Weil, der
nach einer kurzen Anzeige im Journal des Savants 1897, S. 675 ff. in dem
Aufsatze Le ^ Campagnard' de Menandre, Revue des et. grecqu. 1898 (XI)
121—137 den Text mit Prosaübersetzvmg und Erklärung lieferte, v. Wila-
mowitz-Möllendorff Deutsche Litt. Ztg. 1897, 1734, Karl Scheukl, Jahres-
heft des österr. archäol. Instituts I (1898) 49, besonders aber Georg Kaibel:
Menanders TEw^yd?, Gott. Nachr. pliil. bist. Klasse 1898 S. 146 — 166.
Auch hier ist der Text gegeben, zusammen mit einem umfangreichen
kritischen Appai*ate, worauf eine sehr eingehende Behandlung über die
Personen und den mutmafslichen Gang des Stückes folgt. Das Bruchstück
hat eine Fülle von Fragen hinsichtlich der Anordnung des Ganzen und des
Verständnisses der einzelnen Teile in die Welt gebracht, wozu noch der
üble Umstand kommt, dafs schon die Vorlage des Schreibers eine sehr ver-
derbte gewesen sein mufs, und auf eine neue Art hat sich an diesen
Schwierigkeiten U. v. Wilamowitz-Möllendorff versucht in seiner vorläufig
als Manuskript erschienenen Abhandlung: Die Reste des Landmannes von
Menandros, die den Text nebst einer metrischen Übersetzung enthält. Das
Urteil hierüber mufs zurückgehalten werden, bis dafs der Herausgeber in
den Neuen Jahrb. für Phil, und Päd. seine Bearbeitung und Erklärung
einem gröfseren Kreise vorlegt.^) Eine neue Vergleichung des Genfer Pa-
pyrus ist nicht zu umgehen, wie denn durch die englische Ausgabe die
Arbeit Nicoles nicht völlig ersetzt worden ist. Vgl. z. B. Kaibel zu Vs. 35*.
1) Dieser Aufsatz ist inzwischen erschienen: Der Landmann des Menandros,
Neue Jahrb. f. d. kl. Alt. 2. Jahrg. (1899) 1. Abt. S. 513—531. Nachdem vorher
die Kunstweise des attischen Lustspieldichters an den lateinischen Nachbildungen
erläutert worden ist, erhalten wir einen in manchem von früheren Versuchen sich
Wilhelm Crönort: Litterarische Texte mit Ausscliluf's der christlichen 113
10. Oxy. I 21—22, Nr. 10. — 14,4x14,2 cm. Reste einer Columne,
geschrieben in einer aufrechten zur Cursive hinneigenden ünciale mittlerer
Gröfse, II. — III. Jahrh. Sehr wenig Lesezeichen, iva Z. lo und ein Doppel-
punkt Z. 7 zur Anzeige des Personenwechsels. — Inhalt: IJiiicJistück aus
der neueren Komödie; wir haben die Reste von 20 Versen, doch nur die
letzten 9 sind annäliei-nd vollständig erhalten. Die Rede führt ein Sklave,
vgl. V. Wilamowitz a. a. 0. 694.
11. Oxy. I 22 — 25, Nr. 11. — 17,7x17,5 cm. Erhalten ist ein
Intercolumnium mit den anschliefsenden Rändern der begrenzenden Schrift-
reihen, welche 25 Zeilen enthalten, geschrieben in einer runden aufrechten
ünciale, etwa Ende des I. oder Anfang des II. Jahrh. Lesezeichen: Kolon (•)
am Satzende (zwölfmal), Apostroph, Akut, : bei Personenwechsel (fünfmal).
— Inhalt: Bruclistück aus der neueren Komödie. Zu der Rechtschreibung
ist zu bemerken, dafs zweimal vor £ nicht elidiert ist (Z. 5 und 43), HfeN
(= elsv) 29, ißeivi](} 1, TtQoöSoKäg 2. Blafs stellte Vers 1 — 19 und 26 — 34
wieder her; über den Inhalt vgl. v. Wilamowitz a. a. 0. 694 f. Im Mittel-
punkt der Rede steht auch hier ein Sklave.
12. Oxy. I 37—38, Nr. 14. — 18,5X7,2 cm. Bruchstücke einer
Columne mit sehr grofsem Rande am obern Ende (7,8 cm), der nach An-
sicht der Engländer vielleicht zur Aufnahme von Schollen dienen sollte;
aufrechte klare ünciale aus dem II. Jahrh. n. Chr. Aufser zwei Punkten
keine Lesezeichen. — Inhalt: Hellenistische Elegie, Trümmer von 18 Versen,
eine Feier des einfachen Lebens der Mensehen in ihrer Urzeit enthaltend,
vgl. V. Wilamowitz a. a. 0. 695. Auf die sinnlose Erklärung G. Fracca-
rolis (ün' elegia d' Archiloco, Bolletino di fil. class. V, Nr. 5, S. 108 — 111),
deren einzige Stütze die Ergänzung QaG^lrig in Vers 7 ist , folgte alsbald
die schöne Behandtöng des Bruchstückes von Heinrich Weil, Revue des Et.
grecques XI (1898) S. 239 — 244. Er stellt die ersten sechs Distichen
wieder her, den Verfasser sucht er unter den Alexandrinern.^)
13. Oxy. I 38—39, Nr. 15. — 9,2X15,7. Reste vom unteren Teile
zweier Columnen, doch sind die beiden äufseren Enden rechts und links
verloren; unregelmäfsige schräge Hand des III. Jahrh. (auf der Rückseite
sechs Zeilen einer Rechnung in Cursive des III. Jahrh.); zu II 12 am linken
unterscheidenden Aufbau des Ganges der Handlung, wodurch denn der Hinter-
grund für__die nachfolgende metrische Übersetzung gebildet ist. Was dann weiter
über die Überlieferung alter Lustspieltexte gesagt wird, ist für jeden, der Lesarten
und Verderbnisse zu beurteilen hat, nützlich zu lesen, und die Forderung, dafs
jeder, der über Klassikertexte mitreden will, sich die Schriftreste ptolemäischer
Zeit angesehen haben müsse, möge das Ihrige dazu thun, dals die Papyruswissen-
schaft inmaer mehr gepflegt und gefördert werde. Völlig neu ist die am Schlüsse
vorgebrachte Ansicht, dafs dem Stücke, da der Prolog unmöglich die fünf ver-
lorenen Seiten des Anfangs könne ausgefüllt haben, neben einer v7t6Q'f(>ig auch
ein y8vos MsvdvÖQOv oder gar Prolegomena voraufgegangen seien, und dies bringt
V. Wilamowitz mit dem Umstände in Verbindung, ■ dass der rsaQyog in die engere
noch bis tief in byzantinische Zeit hinein gelesene Auswahl menandreischer Stücke
gehörte, zusammen mit den Lustspielen Jvonolog, ©tigccvqos, MLaovubvog und
Tl£QLv.uQOnivr\. Eine Bestiltigung dieses einleuchtenden Gedankens werden weitere
Papyrusfunde zu bringen haben.
1) AYAIAA fafst er als den Namen der bekannten Stadt auf und sieht darin
eine Anspielung auf den trojanischen Krieg und seine Übel; besser 'die Hirten
trieben tg a.vliÖa'' Wilamowitz.
Archiv f. Papyrusforschung. I. 1. 8
114 II- Referate und Besprechungen
Rande das Zeichen D und ebenda hinter II 14 eine Paragraphos. — Inhalt:
Skolieuartige vierzeilige Epigramme aus der Kaiserzeit, Moralsprüche
enthaltend. Das Metrum scheint der Meiouroshexameter zu sein, nach den
Versschlüssen der linken Columne zu schliefsen, doch ist die Kunstfertigkeit
eine sehr geringe. Die einzelnen Sprüche sind durch das aus dem Skolien-
brauche entlehnte avkei- |iiot abgeteilt. Vgl. im übrigen Crusius a. a. 0. 3,
V. Wilamowitz a. a. 0. 695 f., G. Fraccaroli Boll. di fil. class. V, Nr. 5,
S. 112—114.
14. Oxy. I 60—61, Nr. 31; Tafel VIII. — 6,6 X 5, 4. Bruchstück
eines Blattes eines Jateinischen Papyrusbuches, geschrieben in einer schmalen
aufrechten Halbunciale des V. Jahi-h., und zwar mit braxiner Tinte. Die
Höhe der ganzen Seite betrug ehedem gegen 26 cm. Es finden sich keinerlei
Schreibzeichen vor, nur dafs etwa einmal adq. für adque gesetzt ist. — In-
halt: Vergll, Aeueis I 457 orhe]m — 467 iuventu]s, 495 stu'li)[ef — 507
i[iira. Da auf der Vorderseite nur ganz wenig von den Versenden, auf der
Rückseite nur einige Worte aus den Anfängen der Hexameter erhalten sind,
so lernt man aus dem Stückchen fast nichts; von Ribbecks Text (1860)
weicht ab: Adiata 459, adq(ue) 500; im Verse 501 hatte der Papyrus wohl
ferf umero g[)-adiens.
II. Prosastücke,
15. Oxy. I 44—45, Nr. 18. — 18,2x8,7; runde sorgfältige Uuciale,
der Schrift der alten Bibelhandschriften ähnelnd, III. Jahrh. Das untere
Ende einer Columne mit sehr breitem Rande ist erhalten. Die Zeile hat
7— 10 Silben. Zeichen: Punkt, Paragraphos, lAPY[CAMeNO!. — Inhalt:
Herodot I 105 iv K[v7tQa)L bis 106 V7t\6 ze vßQiog. Eigentliche Lesarten
fehlen fast ganz: ivrsv^&ev Z. 1, ev£6Ki]\ipev y) &s6g 11, acplv 22.
16. Oxy. I 45 — 46, Nr. 19. — 12,5x8; auf der Vorderseite acht
Zeilen in Cursive einer Urkunde des II. Jahrh. n. Chr., auf der Rückseite
ziemlich schmale eckige ünciale des II. oder III. Jahrh. Die Zeile hat
10 — 13 Silben. Zeichen: Paragraph, Kolon, IGÜNAC Z. 6. — Inhalt:
Herodot I 76 KvQog 6s aysi^ag — ilTtjeh&ovGi^g' kccL Auch hier fast keine
Abweichung; denn aufser noXjl&v aficpoxEQOJv statt a. it. nur Ineiqiovxo f.
ETtSLQcbvTO Und gemeingriechischc Schreibung acpiKexo und ivxuvd'a.
17. Oxy. I 44, Nr. 17. - — 7x5,3; schmale aufrechte ünciale des
IL — III. Jahrh., die Zeile hat 8 — 10 Silben. Einmal ein Kolon, zweimal
die Paragraphos. — Inhalt: Tlinkydides^) 117,3 tJe vn\ccQiov6cc — 8,1 xhv
7t6]^£jti[oi'. Nur eine Lesart: xcoQia ^aXXov f. ^üXlov xcoQia.
18. Oxy. I 50—51, Nr. 23; Tafel VI. — Reste von drei Columnen,
schöne schräge eckige ünciale, nicht früher als das IH. Jahrh. und wieder
nicht später als 295 n. Chr., denn aus diesem Jahre stammt eine datierte
Urkunde auf der Rückseite. Die Zeilen haben 5 — 7 Silben. Als Lese-
zeichen erscheinen Punkte, Doppelpunkte beim Personenwechsel, Para-
1) Den gröfseren Thukydidespapyrus Oxy. I 39—44 Nr. 160 lasse ich hier fort,
da er schon im Sommer 1897 von A. Hunt(Egypt Exploration Found, Archaeological
Rapport for 189G— 1897) bekannt gemacht unirde und nun von Hude für seine
Ausgabe neu untersucht worden ist; vgl. auch v. Wilamowitz a. a. 0. 692.
Wilhelm Crrmort: Littorarische Texte mit Ausschluls der ehristlichen Hf)
wraphen und II 11 eine Zeileiifülluno- in dieser Form: )>. Davon sind die
Punkte von zweiter Hand. — Inhalt : Platoil Gesetze IX., col. I: öVJxatwt
tq6\ttcoi 862^*- — 7T£iQccrio\v c/.EL 862'', col. II: -iilSovcöv 862'^ — T]oio['i;TCöv
863% col. III: y.cd Uy\siv 863"— d|t;^j> 863^ Das Erhaltene ist arg zer-
rissen. Lesarten: 862'' .... BAJABCN f. tÖ ^ev ußXaßig, 862" rotg]
v6[^ioig 1. Hand, darüber TteiQcaio^v üel von 2. Hand, welche also die Worte
umstellte, 862'' 6riQ'i,ca öe (das letzte £ durch übergeschr. Punkt getilgt),
862® in a7rcdXaTr6(ji£voi . . TTaQadsiyiici ^iv fügt die 2. Hand f.iiv nach aTi.
ein und verbessert das andere (.lÜ' in de, 863^ ist die Vermutung der Eng-
länder, dafs mit Rücksicht auf die Längen der Zeilen wohl ot'[T(a (jlev] öi)
Tw]v als ehemalige Lesart zu erschliefsen sei, sehr ungewifs, 863'' (.leQog
6V, sodann ravrbv Twt &v(iG)i (so die 2. Hand, es stand früher TAYTHN
TCOI u. s. w. da), weiter ß(ov Ttgccrrsiv 1. Hand, AI über OY 2. Hand,
endlich fehlt zwar nciv ort, doch ist es durch die Lücke gesichert, 863 '^ tqi-
19. Oxy. I 52, Nr. 24. — 4,6X7,4; mittlere schöne Unciale des
III. Jahrb.; in der Linie 8 — 9 Silben. Als Schreibzeichen erscheinen zwei
Kola und ein Eüllstrich Z. 5 (». — Inhalt: Platoil Staat X 607« ft 6s]
ys (i[rj — 608 ** iöo^e&cc cpavfj^vai. Gegenüber der Hermannschen Ausgabe nur
zwei geringfügige Abweichungen: ovrco öi und ivysyovora.
20. Oxy. I 56 — 57, Nr. 28. — • Zwei Bruchstücke, Reste dreier Co-
lumnen enthaltend, das gi'öfsere 12,2X12,5. Eine fast aufrechte eckige
Unciale, dem IL Jahrb. angehörig. Am oberen Rande, der sehr breit ist,
Scholien in Halbcm'sive, wohl von demselben Schreiber. Die Columne hatte
h
43 — 44 Zeilen, die Zeile 6 — 9 Silben. Lesezeichen: GüN II 14, Punkt,
Paragraph, Füllzeichen y II 3, 5, 6; bemerkenswert der Doppelpunkt zu
Beginn eines neuen Satzes I 4.-) — Inhalt: XeilopllOll Hellenika III 1,3
örjOho] ccvrcöv — 4 £t]7r;w[a', 5 öu((pv\Xdrr£i\v — 6 Aa]Keö[aii.iovcov^ 7 wqvt-
Xcv — £%8Qa^öv\t£g o\J. Aus der Rechtschreibung ist nur zu erwähnen
6vvi^i\j,^av 1, 6 und TXQOG\ßX\aßEv v\cii ebenda; sonst noch Ti\G\<5ciCpiQvei
und ^A\li,6aQvmv , was wegen des Raumes als sicher angenommen werden
muTs. Von Scholien ist über der 1. Columne erhalten: iit\novg na j
. . . o^iiGccvzeg^ über der andern i6av . . . v7i\^e]q | a cpoQOv
Iniypvtag.
21. Oxy. I 56, Nr. 27. — 5,2x12,7; Teile von zwei Columnen,
deren oberer Rand erhalten ist; zierliche, ziemlich schmale, aufrechte Unciale,
Ende des ei'sten oder zweites Jahrb. Die Seite hat 42 — 43 Zeilen, die
Zeile 8 — 10 Silben. Von Zeichen nur einmal die Paragraphos. — Inhalt:
Isokrat6S mql avtiSÖGECog'. 11 Evs^yeaiKiv] Kai xCov aXXcov — 7Ca[^Qa-;iaXovvTog
und 81 TiEQL nXELOvog — xvyiäv\ov6Lv. Ein blofser Schreibfehler ist FPA]-
06NXCON 81 statt yQuq)6vzoiv^ sonst weicht der Papyrus nur in einem
Zusätze (%ai riöv aXXcov kcvövvcov 11) und in einem fehlenden Worte {ßaQ-
ßccQcov 11 statt räv ß.) von der Züi-icher Ausgabe ab.
1) Dieser Papyras bestä,tigt trotz seiner grofsen Zerstümmeluug manche Sätze,
welche F. Blafs, Zur ältesten Geschichte des Platonischen Textes, Berichte über
die Verband], der Kgl. sächs. Ges. der Wiss. zu Leipzig, Phil. -bist. Klasse, 50. Bd.
1898 V über den Wert der Papj'rusüberlieferung Piatons aufgestellt liat.
2) So auch pap. Hercul. 1012 col. 44, 4.
8*
116 IL Referate und Besprecliungen
22. Oxy. I 52, Nr. 25; Tafel IH. — 9,5X8; breite dicke Unciale
des in. Jakrli., die Seite zu 11 Zeilen, die Zeile zu 6 — 7 Silben, also sehr
geringe Ausdehnung. Von erster Hand sind die Punkte ("), von zweiter
Accente (Akut, Circumflex), Apostrophe, Spiritus (*") und die Pünktchen über
ysyolvvl'ucv, sie besserte auch ttqoö [^Tj]kev Z. 5 in ttqogTj %sv^) und fügte
zweimal das fehlende stumme t hinzu. — Lihalt: Demostheiies Kranzrede
244 : oi) ro\^LV^vv — o]i}[(Jci;jiioö Ttanojre. Die Vernachlässigung der Elision
in diesem letzten Worte ist das einzige, was nicht mit der Züricher Aus-
gabe übereinstimmt. Vgl. J. H. Lipsius Leipz. Stud. 18 (1898) S. 320.
23. Oxy. I 53—56, Nr. 26; Tafel VIT. — Reste von sieben Columnen,
in einer Unciale des II. Jahrh. ^), die mit der des Bakchylidespapyrus viele
Ähnlichkeit besitzt. Die Columne enthielt 24—25 Zeilen, die Zeile 7- — 8
Silben. Die erste Hand schrieb auch Apostrophe, Paragraphos (desgl. 7" JV 4
beim Anfang eines neuen Prooimions) und Füllzeichen )> (vgl. I 14, 16,
VI 3, VII 12); woher die Punkte in ICON und INA stammen, kann ich
nicht ermitteln. Von gleichzeitiger oder wenig späterer halbuncialer Hand
sind einige Lesarten vermerkt worden. Zu beachten ist die Trennung
ravT^liv V 1, 6v9^ \vfitv 2, naQvfitv VI 1 aber Ka^tijyoQOvvrag 7,2.^) —
Inhalt: Demosthenes Prooemia 26 — 29, und zwar: ^syci]kcov 26,5 (Züi-.
Ausg.) — tavru olg 11, v^ag 15 — ccKOvGai GYN 22, SKa]6ra}i, 27,2 — oipsi-
Xeiv 9, öuißciXövrcov (so) 14 — l'&og 28, 6, 6[v]voLaeLv 28, 11 — ö6[l 18, 'A&tß-
valoL 29, 2 — £7r[iT(pJ(T£]i£i/ 8, ej^fjv 14 — 7r^[cö]r[o]i' 20; das zwischen diesen
Grenzen Liegende ist ziemlich lückenlos erhalten. Zur Rechtschi-eibung ge-
hört ad-(üiovg 26,20, v^elv 26, 11; die Elision ist nicht beachtet in ori 26, 19,
oGa av'ö'^wTrcov 22 (doch ist hier OCAN- gebessert), ovÖETtconots 27,3, ov-
ÖETtors 28, 3, hinwider schrieb in növijQ iTti&viieCv 28, 17 die 2. Hand
das ausgelassene a wieder hinzu; das bewegliche v steht vor Konsonanten
26,11, 27,8, 28,11, 15, 29,2. Sonst bleibt zu bemerken: 26,5 kolvCov
uTtdvrcov (so nach H.Wolf die Ausgg.), 7 vvv ßEßovl6vi.iiv(ov (jiiv fehlt),
9 in Twv avT&v ist xüv durch Punkte getilgt, 11 rccvru oig (mit 0 und
Blafs), 27,7 -core l'ßov: am Rande als Lesart von 2. Hand TOYT'ICON,
8 oGov 7TSQ TtQiv: am Rande TOYIIPIN von 2. Hand, 28, 15 lav f. av,
29,4 TOT f. Torr, nEi\&£6\ya xovxovg (doch fügte die 2. Hand das fehlende
t hinzu), 15 xavxb öl toOto, 19 IVt f. oxiovv ^ vo(.u£hs 1. Hand, die zweite
vo^L^sxs. Vgl. über die Lesarten und den nicht geringen Wert dieser neuen
Überlieferung J. H. Lipsius a. a. 0. 321 — 323.
24. Oxy. I 36—37, Nr. 13. — 8,7x7,1; schräge Unciale von mittlerer
Gröfse aus dem II. — HL Jahrb., die Zeile hat 7 — 9 Silben, die wenigen
Verbesserungen sind wohl von der 1. Hand. — Inhalt: Dem äufseren
Schein nach ein Brief all eineil makedoili scheu Herrscher, worin die Ver-
gehen Thebens gegen Makedonien aufgezählt werden. Franz Rühl (Zu den
Papyri von Oxyrhynchos Rhein. Mus. 54 [1899] 152 — 155) nimmt an, dafs
Alexander den Brief kurz vor der Zerstörung Thebens geschrieben habe.
1) Vgl. darüber Crönert, Quaest. Hercul. diss. Gott. 1898, 20 Aimi. 4.
2) Auf der Rückseite und auch auf der Vorderseite zwischen col. VI und VII
einige Rechnungen in schmaler Cm-sive, wohl noch aus dem 2. Jahrb., spätestens
aus dem dritten.
3) Vgl. Quaest. Hercul. l'.if.
Wilhelm Crönert: LitterariBche Texte mit Ausschlufs der christlichen 117
Er stellt folgende Möglichkeiten auf: 1) das Stück stammt aus einer Samm-
lung von Alexanderbriefen, 2) es ist aus einem Geschichtsschreiber Alexanders
entnommen, 3) kann es ein rhetorisches Übungsstück sein. Wie Alexander
geschrieben haben würde, lehren die erhaltenen Briefe Philipps und der
Diadochen; den in dem Papyrus in Wortstellung und Hiatvermeidung offen
zu tage liegenden isokrateischen Stil kennen sie nicht. Da blieben nur die
beiden andern Möglichkeiten. Wäre nicht Theopompos als Verfasser denkbar?
25. Oxy. I 14 — 21, Nr. 9; Tafel HL — Reste von fünf Columnen,
von denen indes die erste nur noch in einigen wenigen rechten Randstücken
erhalten ist, das Übrige nur zum kleineren Teile zerstört. Die Schrift ist
eine klare, steile oder gar auch sich etwas nach links neigende Unciale der
1. Hälfte des III. Jahrb., welche Zeit nach unten hin durch Halbuncial-
Urkunden auf der Rückseite begrenzt wird, die nach den Hrgg. kaum später
als 320 n. Chr. geschrieben sein können. Die Columne hat 35 Zeilen, die
Zeile 8 — 10 Silben. Die Satzpausen sind zehnmal durch die Paragraphos
angedeutet, demselben Zwecke dient ein freier Zwischem-aum zwischen End-
und Anfangswort, der neunmal erscheint; sonst fehlt Interpunktion. Die
2. Hand brachte viele Verbesserungen an, die sie oft durch Punkte ein-
schlofs z. B. •[• II 4, durch Überschreibung von A und B bewirkt sie Um-
stellung II 15 und IV 15, endlich rührt von ihr der einzige Accent her:
N8ANIC IV 16. — Inhalt: Bruchstücke aus deu ^Pv&niTiä aroiieta
des Aristoxeuos mit eingelegten aus Dithyramben genommenen Beispielen.
In der Rechtsclu'eibung fällt der attische Brauch in ^vv (so stets) und yly-
vofiat auf. Nachdem v. Wilamowitz a. a. 0. 698 — 703 gegen die allzuhohe
Wertschätzung jener Reste angekämpft hatte, haben F. Blafs, Neuestes aus
Oxyrhynchos 32 — 44 und Karl von Jan Berl. phil. Wochenschr. 1899,
475 — 479 und 508 — 511 eine eingehende Untersuchung der Reste ange-
stellt, worin im Allgemeinen die grofse Bedeutung jener wenigen Seiten
betont wird. Vgl. auch Th. Reinach, Revue des Etud. grecques XI
(1898) 389.
26. Oxy. I 58, Nr. 29. — 8,5x15,2; schräge, etwas unregelmäfsige
Unciale, Ende des HI. oder Anfang des IV. Jahi'h.; über I und Y am An-
fang eines Wortes erscheinen die zwei Punkte. — Inhalt: Eukleides Orot-
Xeicc Be' ed. Heib. I 128,12 — -22. Die Abweichungen betreffen nur die
Rechtschreibung: ^sro'^v und earCv räv (so auch P). Der Beginn der fünften
Aufgabe ist durch ein 6' am Rande bezeichnet. Nach der Hypothesis folgt
im Texte eine erläuternde, doch nicht mit Buchstaben versehene Zeichnung.
27. Pap. Mus. Brit. 256; F. G. Kenyon, Fragments d'exercices de
i'hetorique conserves sur un papyinis , Melanges Henri Weil (Paris 1898)
243 — 248. — 127 cm (init den Bruchstücken, welche zusammen 37 cm
lang sind) X 26 cm. Auf der Vorderseite fünf Schriftstücke von ver-
schiedenen Händen: vier Urkunden (die datierten aus den Jahren 5, 11
und 15 n. Chr.) und ein Epigi-amm auf den Sieg des Augustus bei Actimn
und die Eroberung Ägyptens (veröff. Rev. de phil. XIX [1895] 177). Auf
der Rückseite eine einzige Cursivhand, sein- ähnlich der, welche den gröfsten
Teil des Aristotelespapyrus schrieb. Vielfach erscheinen Abküi-zungen ; da-
von stimmen die für yccQ, üvca, iarlv, slatv und fiiv gebrauchten mit denen
des Aristotelespapyrus überein, aufserdem findet sich noch r = yiverai,
X]^8 II- Referate und Besprechungen
Kv_ = Kcd und r\ = TtQÖg (so auch in zwei HercuL Papyri). Fehler in
der Rechtschreibung sind aufser zwei Itaeismen rjVOKlsi und }']QQsro (= i]Q£zo).
Ül)er Lesezeichen und Ausdehnung der Zeilen und Seiten giebt Kenyon
nichts an; es sind die Reste von recht breiten Coluranen erhalten. — In-
halt: Bruclistücke von Übungsredeu. Drei davon glaubt Kenyon sicher fest-
stellen zu können: l) Es handelt sich um eine ölktj ^eviag^ in der die Frage
der Legitimität erörtert wird; hiervon ist etwas mehr denn eine Columne
erhalten. 2) Eine ÖL%rj xAoTt^g mit folgender vTtöd'EGig: 7t(XQ<^ayKa(rE)'d'sr6
rig cpikfot, rdl[civ]rov. iKstvog TtaQccyei'Oi.tei'og Gvv [ajürcot 5:aTcu[^i;]^£i^ iv
iöiiOL %coQl(ot zr]v 7iciqcc'naxa%''{]%i]\v\. vGxeqov eijqev ETtel&cov xov naqaKaxa-
d'Sfisvov vcpatQOVfisvov xb xdXavxov. KkoTtTjg avxbv KQivei. Die Rede füllt
drei Columnen an; Kenyon teilt davon etwa die erste Hälfte und ein Stück
des Schlusses mit. 3) Der Inhalt ist wahrscheinlich eine Verteidigung
gegen eine Anklage ^sviag\ die Erhaltung ist sehr schlecht. Dafs wir hier
nur jLieAETc« vor uns haben, mufste Kenyon alsbald aus dem Fehlen der
Namen und dem Umstände schliefsen, dafs von derselben Person bald in
der ersten, bald in der dritten Person gesprochen wird. Besonders wichtig
ist, dafs die Übungen aus dem Anfange der Kaiserzeit stammen, und darum
ist die genaue Untersuchung und Veröffentlichung der Reste eine notwendige
Aufgabe, deren Lösung man trotz der grofsen Schwierigkeiten in der Ent-
zifferung bald erwartet; denn Kenyon's Aufsatz bietet nicht viel mehr denn
ein specimen. Die Sprache ist einfach und ungeschmückt , der Hiat wird
nicht vermieden.
28. Oxy. I 25 — 36, Nr. 12. — 21X55,5; Reste von sechs Columnen;
die Schrift ist wohl nicht unter die Mitte des III. Jahrh. hinabzurücken,
sie ähnelt der des oben erwähnten Papyrus von Piatons Gesetzen; auf der
Rückseite erscheinen Rechnungen in Cursive, wohl aus dem III. Jahrh. Die
Columne hat 26 Zeilen, die Zeile 8 — 10 Silben. Als Lesezeichen erscheint
Kolon, Paragraphos (vierzehnmal, darunter 7" II 17, V 24, VI 2, 26),
und die Diairesis über i und Y; KAXGJ II 5 am rechten Rande von
2. Hand bedeutet, dafs unten ein jetzt verlorener Zusatz war, unverständlich
ist das Zeichen i:s. am linken Rande V 13 und 17; die Doppelschreibung
III 17 — 18 iveina üxccölov Kleo^dvxig KXeixoQiog ist durch Einklammerung
getilgt, wie es ähnlich auch in den Herculanensischen Rollen vorkommt. —
Inhalt: Chronologischer Abrifs der griechischen, römischen nnd orien-
talischen beschichte aus den Jahren 355 bis 315 v. Chr. In der Recht-
schreibung bemerkt man, dafs das stumme i aufser in iiiai III 14 von 1. Hand
fortgelassen ist, die 2. Hand zwängte es oft noch zwischen die Buchstaben
ein; falsch steht es in ivslnai. VI 1 von 1. Hand; zehnmal ei'scheint et für t,
daneben KlenoQcog III 16, was aber von 1. Hand gleich in -eiog geändert
wurde. Das Werkchen, der Auszug aus einem gröfseren Buche, ist in der
Sprache der ersten Kaiserzeit ohne jeden Schmuck geschrieben; der Ertrag
für die Geschichtsforschung ist nur ein geringer, Fehler kommen öfter vor;
vgl. V. Wilamowitz a. a. 0. 693 f. und die eingehenden Anmerkungen der
Engländer.
29. Ayerpapyrus (jetzt im Field Columbian Museum in Chicago), hrg.
von E. G. Goodspeed, Amer. Journ. of Philol. XIX 25 — 39, dazu eine vor-
zügliche Tafel in Lichtdruck. — 10,5x21,3 cm; die Reste von drei Co-
Willielm Crünert: Litterarische Texte mit Ausschluls der christlichen ]19
lumnen, davon ist die erste fast gauz zerstümmelt. Die zweite enthält aufser
einer Figur noch 24 Zeilen, die dritte 21 Zeilen und 2 Figuren, die Länge
der Zeilen ist ziemlich bedeutend. Eingehend ist von dem Hsg. die Schrift
besprochen vporden: es ist eine feste mittelgrofse Unciale, wohl noch aus
dem I. christl. Jahrh. Die Züge haben grofse Ähnlichkeit mit der Schreib-
weise mancher Herculanensischer KoUen, insbesondere mufs die Kleinheit von
O bemerkt werden, und dafs in B die Bogen sich nicht berühren. Wichtig
sind die verschiedenen Abkürzungen, die ganz an die Urkundenschrift er-
innern. Einmal werden Worte nur unvollständig geschrieben: :\Y =^ uvru,
APOY == ccQOVQa, n A6Y = TilsvQat, CXH = Gy/i^ia, TOIOY == TOtouTO,
oder man bedient sich besonderer Zeichen: n\^=loL7i6v oder lontü (llmal),
0 = yiv£tai oder yivovxai (27mal), 1j ='k(xßi^ wie Goodspeed vermutet, L =
riiuöv (8mal) und d = te'w^toi/ (imal). — Inhalt: Anleitung zur Berech-
nung unregelmäfsiger Landfläclien (aQovQo), wobei es sich um Trapeze,
Trapezoide, Rhomben u. s. w. handelt. Die Aufgaben, von denen 3 voll-
ständig erhalten sind, während von einer vierten der Schlafs gerettet ist,
werden durch ein ^Eav dod-fj (■7T.(x<iaXXi]X6yQa(x^ov u. ä.) eingeleitet. Ist sie
gelöst, so beschliefst nach der Wendung: to Öe ß'pj^ui e'örai. roiovto eine mit
Buchstaben versehene Figur den Abschnitt. Der Verfasser gehört der Hero-
nischen Schule an. Aus der Rechtschreibung möge noch erwähnt werden,
dafs das stumme i immer in avrcoi, nie in 6o&T] steht, wie man es ähnlich
wieder in den Herk. Rollen beobachtet, ferner rQ(x7t£^Tjov 2, 3^), k^Xv^mvcov
2, 14 OQoyäuiOv {= OQd:) 3, 12. Vgl. meine Anzeige Allg. Zeit. 1898 Beil.
Nr. 266 vom 23. Nov. , wo ich auf noch unbenutzte mathematische Papyri
der Herculanensischen Bil^liothek hingewiesen habe.
30. Oxj. I 59 — 60, Nr. 30; Tafel Vm. — 8,6x5; Stück eines
Blattes aus einem lateinischen Pergamcnthuchc. Die Zeilen sind kaum
zur Hälfte erhalten, von der Seite aber nur der obere Rand und ein Teil
des seitlichen. Die Schrift ist eine feste Kapitale, in der besonders das
offene P (Pj auffällt. Das Bruchstück hat mit dem Herkulanensischen
Carmen de hello Äcflaco den starken Gebrauch der worttrennenden Punkte
und der über langen Vokalen erscheinenden apices (z. B. despecti, alieuas)
gemein. Und man würde das Oxyrhynchosblatt dem I. Jahrh. n. Chr. zuw^eisen
müssen, nötigte nicht eine zweite, der Unciale schon sehr nahe stehende
Hand, den Schreiber in weit spätere Zeit, etwa das III. Jahrh., zu setzen.
Der Worttrennungspunkt in Verbindung mit einem Häkchen (sp]ectarent.' 1, 7
und superat.' 2, 2) deutet das Ende eines Satzes an; Q 2, 3 steht für que. —
Inhalt: Bruclistück eiues lateinischen dreschichtsschreibers, der die Zeit
der Kriege Roms gegen Philipp von Macedonien und Autiochos von Syrien
schilderte. Während die Engländer an die Historiae Philippicae des Pom-
peius Trogus dachten, hat H. Diels, Berl. Sitz.-Ber. 1898, S. 497 auf Ennius
hingewiesen, dessen Dichtung hier die von Livius XXXVII 7 geschilderte Zeit
berühre. Auf diesen Gedanken ist Diels durch die Beobachtung gekommen,
daXs auf der Vorderseite, wo die rechte Hälfte des Schriftraumes erhalten
ist, die Worte nicht getrennt sind, und die Mehrzahl der Zeilenausgänge
läfst sich wirklich, wenn man unter 7 Versen 4 spondaici leicht erträgt,
in das Mafs der Hexameter einreihen, doch aber wohl nicht tum imperi 1,
-US atque AnfiocJi[us 4, und suh dici]one AHi[loc]il (?) 9; gegen Verse
sprechen auch einige Wortstellungen der Rückseite. Die Zeilenlänge aber
120 II- Referate und Besprecliungen
kann besthtinit werden, wenn etwa iti] TJirav\Ja^in al[(iHe Cheys(mesmn cii}m
auxiJieis [ ] pcrvexit Z. 8 richtig ergänzt ist, vgl. Liv.
XXXVU 33; rex Incme c[oacins Z. 2 ist wohl mit Liv. XXXVII 32 zu
verbinden; der Winter ist der des Jahres 191 — 190. Man wird aus dem
geringen Bruchstücke, das sowohl für die Schriftkunde als auch dem Inhalt
nach so merkwürdig ist, bei eingehendem Studium wohl noch mehr heraus-
bekommen müssen.
Halle a. d. S., den 10. Mai 1899. Wilhelm Cröuerf.
Christliche Texte.
1. Oxy. II. — 15X9,7 cm.
Blatt eines Papyrusbuches, das Verso von späterer Hand mit m
paginiert, unten abgebrochen, daher unbestimmt, wieviel Zeilen fehlen,
sicherlich mehr als eine Zeile, wie gewöhnlich angenommen. Verso
und Recto 21 Zeilen, aber Recto schlechter erhalten.
Schrift: Unciale nach Meinung der Herausgeber zwischen 150 bis
300 n. Chr., wahrscheinlich nicht älter als 200 n. Chr. Abküi-zungen
wie gewöhnlich in bibl. Mss., v am Ende der Zeile häufig ersetzt
durch einen Horizontalstrich über dem letzten Buchstaben, die küi-zeren
Linien am Ende mit einem Füllungszeichen. Punkte und Accente
fehlen.
Inhalt: Erneuter Abdruck und Übersetzung der im Jahre 1897
herausgegebenen Xoyia 'hi<Jov mit Benutzung der bis dahin erschienenen
Litteratur. Nach Harnack Stück des Agypt.-Ev., nach Battifol des
Hebr.-Ev., nach Zahn des Ebioniten-Ev.
2. Oxy. I 2, Taf. I (verso). — 14,7 X 15 cm.
Blatt eines Papyrusbuches, paginiert a u. /3, unten abgebrochen, dazu
noch ein kleines Fragment mit den Endbuchstaben von vier Zeilen auf
dem Verso; auf dem Recto nur eine Zeile lesbar. Das Recto überhaupt
in schlechterem Zustande wie das Verso mit 23 resp. 24 Zeilen. Lücke
zwischen dem Fragmente imd dem gröfseren Stücke unbestimmt, viel-
leicht sechs Zeilen.
Schrift: Schmale Unciale mit gelegentlicher Neigung zur Cursive,
von den Herausgebern auf Anfang des IV., wahrscheinlicher auf das
in. Jahrhundert datiert. Die gewöhnlichen biblischen Abkürzungen,
Apostrophe zuweilen hinter Eigennamen, diakritische Punkte über Jota,
in Zeile 17 Verso Punkt.
Inhalt: Ev.-Matth. cap. I, vv. 1 — 9 und Reste von v. 12 und 13;
auf dem Recto vv. 14 — 20 und 23.
Der Text gehört auf Grund der Varianten zu der Handschriftenklasse
Sinait. und Vatic. (i? u. B).
1) D. i. TQaTte^tiur, und so pflegt die beiäte Hs. des Archimedes, des Lauren-
tianus F, das Wort zu schreiben, vgl. Ileiberg zu 11 312, 17.
Carl Schmidl: ChrisUiche Texte 121
Ein kleines Fragment von drei Anfangszeilen eines Papyrusblattes in
ziemlich grofser Unciale, ist unbestimmbar, wahrscheinlich Bibeltext.
3. Oxy. I 3. — 4,5 X 8,3 em.
Fragment eines Blattes aus einem Pergamentcodex. Recto sieben
Zeilen und Verso acht Zeilen.
Schrift: Schöne Unciale, wahrscheinlich V. oder VI. Jahrh. Die
gebräuchlichen Abkürzungen, Punkt in Zeile 3 Verso nnd Z. 7 Recto.
Inhalt: Stücke aus Ev.-Marc. Verso cap. X, 50, 51 und Recto
cap. XI, 11, 12. Der Text gehört zu der Klasse des Cod. Alexandr. (A).
4. Oxy. 14. — 12,7 X 7,2 cm (frag. a).
Drei Fragmente eines Papyrusblattes, oben abgebrochen, von dem
Recto nur die Anfänge und Enden einiger Zeilen erhalten.
Schrift: Das Verso ist geschrieben in einer mittelgrofsen Unciale,
wahrscheinlich des IV. Jahrb., das Recto dagegen in einer Cursive des
III. oder IV. Jahrh. Punkte und Abkürzungen.
Inhalt: Nach den Herausgebern Stück eines theologischen Werkes,
wahrscheinlich gnostischen Charakters ,,Über die obere Ulld untere
Seele"; vgl. Hamack: Sitzungsber. der Berl. Acad. 1898, philosoph.-
hist. Kl. Bd. XXXVI. S. 51 6 f., vielleicht ein Stück aus einem gliostischeil
Werke der valentinianischen Schule.
5. Oxy. I 5. — 12 X 11,4 cm.
Fragment eines Papyrusblattes, oben unvollständig. Das Verso in
einem besseren Zustande als das Recto, ersteres 16 Zeilen, letzteres
15 Zeüen.
Schrift: Mittelgrofse unregelmäfsige Unciale nach den Herausgg. aus
dem Ende des III. oder Anfang des IV. Jahrh. Die gewöhnlichen bib-
lischen Abkürzungen kommen vor.
Inhalt: Nach den Herausgg. Fragment einer christlichen Homilie
resp. einer Abhandlung über den prophetischen Geist. Harnack:
Sitzungsber. der Berl. Akad. philosoph.-hist. Kl. 1898 Bd. XXXVI,
S. 51 7 ff. weist nach, dafs Z. 1—9 ein Zitat aus dem „Hirten des
Hermas'* Mand. XI, 9. 10; vgl. Conybeare (Athenaeum, July 9, 1898)
u. Bartlet (1. c. Oct. 8, 1898) der auf die Anführung von Matth. 22, 43
aufmerksam macht. Der Text ist wichtig für- die Kritik des Hermas,
da der Sinaiticus an dieser Stelle fehlt; eine Reihe Lesarten des Armeniers
(A) und alten Lateiners (L") werden bestätigt. Harnack sieht in dem
Ganzen einen Traktat „Über die Proplietie" und stellt die Möglich-
keit auf, dafs Melito, Bischof von Sardes (c. 170 n. Chr.), der Ver-
fasser sei, da dieser ein Buch tisqI 7tQ0cpi]xsiccg geschrieben.
6. Oxy. I 6. — 7,3 X 6,7 cm.
Vollständig erhaltenes Blatt eines Pergamentcodex, Recto und Verso
12 Zeilen. Das Verso sehr beschmutzt.
Schrift: Kleine, zum Teil unregelmäfsige Unciale, nach der Meinung
der Herausgg. aus dem V. Jahrb.; zuweilen Punkte, am Ende kurzer
Zeilen Füllungszeichen.
122 11- Referate und Besiirechungen
lubiilt: Stück (von cap. VIII und IX) aus den Akten des Paulus und
der Tliekla resp. der alten PaulllS-Akteu (vgl. Schmidt: Neue Heidelb.
Jahrb. 7. Bd. 1897, S. 117ff.). Der Text weicht bedeutend ab von
der Ausgabe Tischendorfs (Acta apostol. apocrypha Leipz. 1851); leider
ist die Ausgabe von Lipsius: Act. apostol. apocr. 1891 Bd. I, 241 if.
nicht benutzt. Der griech. Text scheint stark geglättet.
Berlin. Carl Schmidt.
Papyrus - Urkunden.
Seit 1898 sind bis Oktober 1899 folgende Urkundenpublikationen er-
schienen:
I. The Oxyrh}'UCllOS-Papyri part I, edited with translations and notes by
Bernard P. Grenfell and Arthur S. Hunt. Lond. 1898. Egypt Ex-
ploration Fund, Graeco-roman brauch (P. Oxy. I).
Aufser den oben S. l04 angeführten Besprechungen vgl. Deissmann,
Theol. Literaturz. 1898 Nr. 23, S. 602fF.; Fraccaroli, Eivist. d. Filol.
XXVn 1 p. 97; Mitteis, Hermes XXXV S. 88 ff.; F. Eühl, Rhein.
Mus. 54,1 S. 152 — 155; Wilcken, Griech. Ostraka aus Äg. u. Nub.
1899 passim (vgl. Indices in I S. 852f.); 0. Schulthess, Woch. f.
klass. Phil. 1899 Nr. 39, Sp. 1049 ff.
[Über den IL Band, der soeben im November erschien, nachdem dies
Referat im wesentlichen abgeschlossen war, wird im nächsten Heft be-
richtet werden. Hier konnte nur noch gelegentlich in Anmerkungen
darauf Bezug genommen werden. Vgl. das folgende Referat von Mitteis].
Jl. tfreek Papyri in the British Museum, uatalogue, with texts, edited
by F. G. Kenyon, Vol. IL Lond. 1898 (P. Lond. II).
Vgl. Blass, Lit. Centralbl. 1899 Nr. 4, S. 130f.; Haeb erlin, BerL
phil. Woch. 1899 Nr. 9 Sp. 257 ff., Nr. 10 Sp. 289 ff., Nr. 15, Sp. 474.
Athenäum 1899, 3713 p. 886ff.; Grenfell and Hunt, Classical
Review XII 1898 Nr. 9, S. 434 ff.
III. John P. MahafFy. On new papyrus-fragments from the Ashmo-
lean -Museum at Oxford in „The Transactions of the Royal Ivish
Academie" XXXI part VI, März 1898. (P. AshmoL).
IV. Jules Nicole, AvilliusFlaccus prefet d'Egypte et Philon dAlexandrie
d'apres un papyrus inedit, in Rev. de philol. N. S. XXII 1, S. 18ff.,
Paris 1898 (P. Boissier).
V. (t. Botti, Papyrus ptolemaiques du Musee dAlexandrie im Bul-
letin de la Societe Archeol. dAlexandrie, redig. par Botti Nr. 2,
Alexandrie 1899 S. 65 ff. (P. Alex.).
VI. Ägyptische Urkunden aus d. Königi. Museen zu Berlin, herausgeg.
von d. General Verwaltung. Griech. Urkunden IL Band, 12. Heft. III. Band,
1.— 4. Heft, Berlin 1898—1899 (BGU).
Vgl. Blass, Lit. Centralbl 1898 Nr. 44, Sp. 1757. Wilcken,
Griech. Ostr. (vgl. Indices in I S. 850). Gradenwitz, Berl. philol.
Woch. 1899, 9. Sept., Sp. 1099ff.
Ulrich Wilcken: l'apyriis-Urkundeu 123
I. Die Oxyrhyiichos-Papyri.
Über den Papyvusfund von Behnesa-Oxyrhynchos, der in seiner Reich-
haltigkeit ganz einzig dasteht, und im besonderen über den vortrefflichen
ersten Band der Oxyrhynchos-Papyri liegt schon eine grofse Litteratur vor.
Zumal V. Wilamowitz (GGA 1898) mit genialen Sti'ichen ein farbenreiches Bild
von dem mannigfachen Inhalt dieses Werkes entworfen hat, kann ich auf ein
zusammenfassendes Referat hier verzichten. Es sollen nur einzelne Urkunden
hervorgehoben werden, zu deren Erklärung ich etwas beitragen zu können
glaube. Die Ährennachlese ist freilich ein mühsames und wenig lohnendes
Geschäft, wenn so sorgsame Schnitter wie Grenfell und Hunt die Ernte ein-
gebracht hüben, und ein Wilamowitz danach schon über das Feld gegangen ist.
Was diese Urkunden föi- die Rechtsgeschichte bieten, hat Mitteis in
seinem viel Licht bringenden Hermesaufsatz gezeigt. Was sie zur Steuer-
geschichte beitragen, konnte ich noch in letzter Stunde zu meinem Ostrakon-
kommentar heranziehen. Aus dem obigen General -Register kann man er-
sehen, wie die Urkunden sich inhaltlich auf die verschiedenen Rubriken ver-
teilen. Dieser Anordnung folge ich auch hier bei den folgenden Rand-
l)emerkungen. Ich schicke noch voraus, dafs den Urkunden Faksimilia nicht
beigegeben sind.
Einen Auszug aus dem Tagebuch (vTto^vyjfianö^og) des Strategen bietet
Nr. 37 (49 n. Chr.) ^). Es handelt sich um einen Rechtsstreit zwischen
einem Manne Pesuris und einer Frau Saraeus, die einen von jenem ihr
überwiesenen Findling genährt hatte. Von den weiteren Verwickelungen
kann ich hier absehen, denn wir brauchen sie nicht zum Verständnis der
folgenden Worte des Rechtsanwaltes des Pesuris, die ich erklären möchte
(I 8): iyivsro evd'ccds tj x^ocpuxiq slg viov xov TleßovQiog. Die Herausgeber
übersetzen: This nurse was there for tJie son of Pesouris. Ebenso übersetzen
sie in (l9flF.) £'xfi»['-] Ttgärov yQdfifia TT]g rQO(peittöog, eyjio 8£vr£Qo\y\ rCov
TQOcpslcov ti-jv [«Jtto^^-^v das Wort rQO(peLrig mit nursc. Die Amme heifst
vielmehr i] TQ0(p6g; zu xQOtpuxig dagegen ist övyyqacpr] hinzuzudenken — wie
es in GPR I 244, 3 zu yfi gehört — , und wir haben hier eine Parallele zu
P. Tor. 13, 9 (II. Jahrh. v. Chr.): Gvyyqacpriv xQocpTxiv. Mitteis (Hermes
32, 659) hat diese letztere Lesung zwar im Hinblick auf die aytop] XQOtpdow
in BGU 567, die auch in dem obigen Text begegnet, in Zweifel gezogen,
ja für unmöglich erklärt, und hat gemeint, man müsse auch im Turiner
Papyi'us GvyyQacprj XQOcpeifov lesen. Am Original in Turin (1887) hat sich
mir jedoch Peyron's Lesung 6vyyQa(pi]v xqorpTxiv als durchaus sicher ergeben.
Ich glaube, diese Gvyyqui^'r] und jene cmoyr] xQocpsUov sind zwei völlig ver-
schiedene Urkunden:
1) Die övyyQacpr} xQOcpixig im obigen Text (vgl. yQanfxrc rf^g xQOfpEixiöog
in Z. 19) ist der Lohnvei-trag, durch welchen die Frau Saraeus als Amme
für den Sohn engagiert worden ist. Wiewohl es sich hier um eine Amme
handelt, ist, wie P. Tor. 13 zeigt, bei xQocptxig nicht an i) xQOcpog, sondern
an Tj xQoq^ri (= xQOcpeia) zu denken.
2) Die anoiri XQOrpemv ist die nach Ablauf jedes Jahres von der Kon-
trahentin ausgestellte Quittung darüber, dafs sie den in jener Gvyyqacpri
1) I 25 ist (>Tcc\rriQoiv TXSQiövTOiv unmöglich. Davor mufs entweder der Artikel
Twv oder eine Zahl gestanden haben.
124 II. Referate und Besprechungen
TQoqjhcg festgesetzten Lebensunterhalt (rQoq)Sici) empfangen hat. Solche Quit-
tungen von Ammen sind uns in BGU 297 und P. Grenf. II 75 erhalten. Vgl.
Ostr. I 678. Vgl. auch P. Oxy. I 91. Zitiert werden sie in BGU 567 und
in dem vorliegenden Oxyrhynchostext.-^)
Ein Unikum ist das Protokoll der Volksversammlung Nr. 41 , das der
Exegese noch ein weites Feld läfst. Ich will hier nur zu dem, was v. Wila-
mowitz beigebracht hat, noch den Hinweis auf Pick's Aufsatz über die
„Akklamationen auf Münzen" und die interessanten Beigaben dazu von Svo-
ronos hinzufügen.^) Die Anregungen des Letzteren müssen weiter verfolgt
werden. Füi- den Historiker ist es jedenfalls von grofsem Interesse, in
Ägypten einmal einen 6i]nog in Alrtion zu sehen. Es handelt^ sich hier
— wir befinden uns im HI./IV. Jahrh.*^) — um einen Beschlufs bezüglich
einer Ehrung des Prytanen, die bezeichnenderweise das Volk nicht selbständig,
sondern nur durch Vermittelung des xad-oXiKog erteilen kann. Dabei machen
sie ein Geschrei, als wenn sie das Imperium zu vergeben hätten.
Unter den Erlassen ragen vor allem die Edikte des Präfekten T. Fla-
vius Titianus vom J. 127 hervor (Nr. 84 Versol — III), die die Neubegründung
der „Hadrianischen Bibliothek" als eines Oberarchivs zur Kontrolle des bis
dahin allein bestehenden Navatov betreffen. Hierzu ist Mitteis S. 91fi". zu
vergleichen. Nur in einem Punkte hat er mich nicht überzeugt, nämlich
dafs es in jedem Dorf ein Nanaion*), und in jeder Metropole eine Hadrianische
Bibliothek gegeben haben soll. Die gehören beide, wie auch die Heraus-
geber mit Recht annehmen, nur nach Alexandrien. Das folgt füi* mich aus
II 8f. : 6 inixy]Qy]X'\]g xov Navaiov soll nichts unternehmen, bis es ihm auf-
getragen ist VTto \ro\v rf]g'AdQLav7]g ßißho&')]'K7]g iTturjQfjrov, inel vnsv'd'vvog
löXLv (og nciQaloyiGaßQ'at xi ßovlrj&elg xcov <(ou?)> öeovrcov. Diese
letztere Beschuldigung mufs auf einen ganz konkreten Fall gehen, den man
nicht verallgemeinern kann; man hätte sonst sicher von iTtixrjQrjxai im Plural
gesprochen. Vielmehr hat die Unredlichkeit dieses alexandrinischen Nanaion-
vorstehers eben auf das Bedürfnis nach gröfserer Kontrolle hingewiesen.
Ferner werden die Bibliotheken in den Metropolen in den Texten nach
127 n. Chr. niemals als 'AÖQiaval bezeichnet, sondern nach wie vor als ör}-
(.loßiat, o. ä. Andererseits sind uns in den Dörfern nach wie vor nur die
ygaqjEia o. ä., nicht Navaia und überhaupt keine ßi.ßlio&fjaat im obigen Sinne
bekannt. Ich kann daher in „den beiden Bibliotheken", in die die Kontrakte
von nun an einregistriert werden sollen, mit Grenfell-Hunt nur das Nanaion
und die neue Hadrianische Bibliothek, beide in Alexandrien, sehen und
nehme an, dafs in das Nanaion auch schon vorher die Akten aus der ^coga ein-
registriert worden sind. Die einzige Anwendung dieses Gesetzes, die wir
bis jetzt kennen, auf die schon Mitteis hingewiesen hat, BGU 578 (vom
J. 189 n. Chr.), spricht durchaus für diese Auffassung: die Thatsache, dafs
dieser Antrag auf Einregistrierung des eingereichten, bisher nicht beglaubigten
1) Vgl. auch I 13: ^ariv ypafifiar« (xvTrjg Si löv o^oXoyH aiXricpsvai.
2) Journ. Internat, d'archeol. mimism. I 1898 S. 451. Vgl. S. 463*.
3) Vgl. Ostr. I 431 f.
4) In P. Lond. II S. 114, 3 ist zwar jetzt eine '/ctg Navcciu für ein Dorf
Nci^äv\ri'i\ bezeugt (a. 193). Aber solche vereinzelten Nachahmungen alexandrinischer
Kulte in der Provinz sind nichts Ungewöhnliches. Dagegen anzunehmen, dafs es
in jedem Dorf einen Nana-Tempcl gegeben habe, fällt mir sehr schwer.
Ulricli Wilckoii: Papyrus-Uikundcii 125
Schuldscheins mitsamt der Eingabe^) an einen alexandrinischen Beamten
gerichtet ist, bestätigt die obige Deutung aufs beste. Vgl. hierzu unten S. 176.
Im Einzelnen möchte ich noch auf I 12 flf. hinweisen. Die Eikonisten")
sollen die Fascikel darauf hin prüfen, el Ttol^v cc7Ccdi]hi7tTca i) InLyiyQumaL
XI o \ä%v\oioq ipi, d. h. ob Rasur oder unerlaubte Zuschrift vorhanden ist.
Diese Worte erklären mit einem Schlage eine mir bisher unverständliche
Phrase, die sich gelegentlich am Schlufs von nicht einregistrierten xeiQO-
YQcecpa findet: Lond. II S. 207, 11 ft". rb 6s 'j^siqöyqafpov xovxo öiGGov yQu-
cpEv Ka&aQov ano imyQacpiig Kai aXCcpaöog nvQiov e6x(0. Ahnlich BGU
578, 15; 666, 31 und 717, 24 Qy^^dcpi] %coQlg aXicpaxog koI InvyqcccpTig^.
Ich habe Ostr. I S. 196 wegen der Analogie von Kccd'aQov arcb xsXeßjxäxcov
und der Bedeutung von sniyQacprj als „Auflage", wenn auch nur zweifelnd,
an Sportein oder dgl. gedacht. Nach den obigen Worten kann es nur
heifsen: „ohne Rasur und Zuschrift" oder genauer „ohne Ausstreichen (resp.
Abwischen) und Hinzuschreiben". Für das Lexikon des Kauzlei-Griechisch
aber gewinnen wir die bisher nicht belegte Bedeutung von «Aftqpa^ im Sinne
von aloKfi] (= litm'a). ^)
In Ol ccTtb X'fig Aiyvnzov vo^nnoL (III 3) möchte ich nicht mit GH die
lawyers (von vöjuo?) sehen, sondern die Gaubeamten (von vo|itdg); Gegensatz:
die TtoXixLKol in Z. 10, d. h. die Alexandriner. Den Rechtsgelehrten steht
nicht das YMXcciiOQi^Eiv zu. — Charakteristisch für die kräftige Amtssprache
des Präfekten sind die Asyndeta in I 7 und 12."^) So möchte ich auch im
Edikt des Capito 36 an dem überlieferten o iav festhalten.
Ein Erlafs eines Präfekten ist neben anderem in Nr. 67 enthalten, die
uns in die byzantinische Zeit fülu't. Zu der Form SQavva füi' egswa in
Z. 18 verweist v. Wilamowitz auf die theräischen Inschriften. Näher noch
liegt ein Hinweis auf die LXX, in denen, wenigstens im Codex Alexandrinus,
wenn ich recht sehe, regelmäfsig igawäu steht, wofüi- freilich die Heraus-
geber, wie Tischendorf-Nestle, igswäu in den Text gesetzt haben. Vgl. Sturz,
de dialecto Maced. et Alex. 1808 S. 117.
Die Verfügung des Strategen Hermeias vom J. 323 (Nr. 60) ist sprach-
lich sehr amüsant: ^AKolov^-cog xoig nEXsvö&elöc vnb xrjg äQSxf]g roi) Kvoiov
(jLOv 6iaGr](ioxdxov 'r]ysi.i6vog 2aßivi.avov, XQ^^c^Q ov6i]g inid . . kaüxov KQecog
Xi(xQG)v) y, KaxaKOfiiGafiivcov slg t-jjv NmoTtoXsiv totg vnb OvaXsQiavbv TCQai-
tioGlxov vvvl iniGe öiaxQißovßiy tV ovv slöevai e'^onE Kai rjörj xovxov sXo-
(lEvoi cpavaiqbv ^ot Kaxaßxrjß^ixai. Mit diesem Monstrum von Periode ist
der gute Hermeias vollständig entgleist. Man sieht, er kennt die einzelnen
1) So wird Z. 19 zu lesen sein: 6vvKarax[coQi]Gcei ccvtay [t]m vnoybvruLccxi.
2) Hierüber vgl. Mitteis S. 97, der mit Recht auf P.' Par.' G5 hinweist. Es
ist für diese Frage unwesentlich, dafs dieser Brief des Paniskos nicht an den
König gerichtet ist — dami hätte die Adresse und der ganze Stil anders sein
müssen — , sondern an irgend einen Beamten mit Namen Ptolemaios.
3) Dies war schon geschrieben, als mir Gradenwitz' Besprechung in Berl. phil.
W. 1899 zu Gesicht kam, wo er Sp. 1103 gleichfalls die richtige Erklärung giebt,
ebenso jetzt auch oben S. 98.
4) In I 15 schlage ich vor: iv i[yt\ xdqtrj. Die Eikonisten sollen die auf
dem Original gemachten Randbemerkungen auf einem besondern Blatt abschreiben,
und zwar soll jedem rdfiog ein Papyi-usblatt entsprechen. Diese Blätter werden
dann nach Alexandrien eingeschickt. — III 12 >t[o;t] mg GH, /.[aij ä? Wilamowitz.
Ich denke: K[a)i]äi? „böswilligerweise".
126 II- Referate und Bespreclimigeii
Kanzleiphrasen — a,y,oXov&(og xoig nskevß&Höij IV ovv elöevca h'xrjre — , er
kann sie aber nicht zu einer verständlichen Periode vereinigen: das xaraxo-
fitöa^ivüiv schwimmt hilflos in der Mitte umher, und Toinov weist auf eine
Person hin, an die er im Vorhergehenden wohl gedacht, die er aber noch
gar nicht genannt hat. Es ist eigentlich schade darum, einen solchen Satz
in vernünftiges CTriechisch zurechtrücken zu wollen; den mufs man geniefsen,
wie er dasteht. Wäre er modern, würde der Briefkasten des Kladderadatsch
ihn sich nicht entgehen lassen. Die ßovXi], an die der Brief gerichtet ist,
wird auch Mülie gehabt haben, herauszuljekommen, was sie eigentlich thun soll.
Ich meine, sie soll einen Mann wählen, der den Fleischtransport nach Mko-
polis hin zu leiten hat, und soll den Gewählten dem Strategen präsentieren.
An anderes denkt v. Wilamowitz, wenn er rovxov iköfievot in rovro öeio-
(.levoi oder avsXn^isvoi, verändern möchte (S. 679). Vgl. zu meiner Auf-
fassung Nr. 58 ^j, wo gleichfalls der Präfekt oder Epistrateg den Strategen
beauftragt, eine Wahl durch die j3ouA?j vornehmen zu lassen.
In dem ord(?r for paymcnt of winc vom J. 503 (Nr. 141) erscheint
zum ersten Mal das öijtlovv als Weinmafs, das ich bisher nur aus kopti-
schen Texten kannte. Gemeint ist offenbar der öinXoKSQa^og. Vgl. Ostr.
I 760. Man wird nun vielleicht auch in den griechischen Urkunden öi^
lieber in öi7t{ka) auflösen. Sachlich kommt es auf dasselbe hinaus.
Unter den amtlichen Berichten erweitern Nr. 45 — 47 unsere Kennt-
nis von den naraloyia^ol rS)v ymxoUiov. Mit Recht weist v. Wilamowitz
S. 679 auf den urspi'ünglich militärischen Sinn von KccxaXoiiO^ög hin. Frei-
lich in der Kaiserzeit, wo der militärische Charakter der Katöken zurück-
trat, wird sich diese Bedeutung zu einer „Eintragung in die Katöken-
listen" verblafst haben. "^) Diese Urkunden, nach denen die aßioloviisvoi^)
xovg KCixaloy^iG^ovg die Veränderungen im Besitzstande der Katöken den
Agoranomen anzuzeigen hatten, lehren uns erst einigermafsen die Ordnung
der verwandten Aktensammlung in BGU 328 verstehen.*) Nach 47, 4 wird
man jetzt in P. Grenf. II 42, 1 Schluss: xTjg A\iyvnxov ergänzen.'') In
47, 18/20 ist offenbar ä%h v,\oi\v&)V Kcä <[ayÖL<^cayQex(ov gemeint.
In dem Bericht des Strategen an die öffentliche Bank vom J. 221
(Nr. 61) kann von öüyQccifja = „ich habe gezahlt" nicht ein Infinitiv di.ot-
v.(£iv) abhängen. Wohl: 8ioLy.[ov^£vag^ }tori>' eavxag — ÖQa^^ag x. — Für
Z. 11 schlägt V. Wilamowitz ßißXioov m^xi'jßecov) vor (S. 687^) und denkt
an die aus 56, 22 bekannte Stempelsteuer für Gesuche. Die Ergänzung ist
1) In Z. 24 dieser Urkunde wird rov<^gy toTg für rovroig zu cmendieren sein.
2) Vgl. Ostr. I 34G. P. Meyer Philol. 56, 199.
3) Ol cia%olovii£voi lesen jetzt GH statt öiaa%olo{m£voi. Vgl. Oxy. II S. 319.
4) Wegweiser ist mir die Wiederkehr des eigenartigen %Q6vog ö avTog (auch
in Nr. 106) in 328, 22. Das Ganze enthält verschiedene Akten bezüglich zweier
Personen, Dioscurides und 'AX^^ävöga f] y.al 'IlQaTg. Ich scheide nun folgender-
mafsen: I 1 — 19 Schreiben des yiaTaloxiG^iog -Beamten; 20 — 22: Subskription;
23 — 30: Steuerquittung (so wegen c:Qi&tit]6Hog aufzufassen, s. unten). Auf die
naheliegenden Ergänzungen verzichte ich. Von 31 an folgen dann verschiedene
Auskünfte über die beiden Personen. In 34 lese ich Jtog-^ovQiörig noth iLcc&rjT(;^g) uov.
In II 1: isQOvsi'iicov y-ccl ari[Xcbv. S. unten.
b) In Z. 2 ist hier NtiloCv) toü JkIvuov zu lesen, nicht Nsüo^g), denn nach
dem Nominativ wiirde es entweder o zJtövjiov oder ü rov A. oder (gewöhnlich)
AiÖviiov heifsen, mit anderen Worten, der Artikel bezieht sich in diesen Ver-
bindungen zurück, nicht vor. Beweis: man sagt NstliKiviig xiig AiSv\iov, nicht roüz/.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 127
vielleicht richtig — oder ist Ai(yv7triaxwv) zu lesen? — , aber das Geld,
das der Stratege zahlt, ist nicht eine Stempelsteuer, sondern, wie auch GH
richtig sagen, ein Bufsgeld (iitixi^ov) ^ das er dafür zahlen niufs, dafs ge-
gewisse Akten nicht rechtzeitig einregistriert worden waren. Die Höhe der
Bufse — 2255 Dr. — spricht für die strenge Zucht in der Archivverwal-
tung (s. oben), als deren verantwortliche Spitze innerhalb des Gaues hier
der Stratege erscheint.
In dem Bericht an den Eirenarchen (Nr. 80) scheint mir die Er-
gänzung \^Aq^£vQ5)v in Z. 26 nicht möglich. Der aQyicpoSog kann nur für
sein Dorf, nicht für ein Dorf im Nachbargau die Garantie übernehmen.
Unter den späteren Berichten ist Nr. 53 vom J. 316 von hervorragen-
dem Interesse: der Vorstand der Zimmermeisterzunft berichtet auf Befehl
an den Logisten über den Zustand des alten Perseabaumes in Oxyrhynchos.
Man hat sich darüber gewundert, dafs 16 Zeilen geschrieben wurden, blofs
um zu konstatieren, „dafs ein Pfirsichbaum in der Stadt vertrocknet sei".-*^)
Mit diesem Perseabaum hat es aber doch seine eigene Bewandnis. Die Hei'-
ausgeber haben schon auf das Edikt des Arcadius hingewiesen, das die Persea-
bäume in Ägypten schützte (Cod. Just. XI 77). Ich möchte noch auf die
reiche Litteratur hinweisen, die in Sharpe's Ägyptischer Geschichte (2. Aufl.
II S. 253 ff.) von Alfred von Gutschmid und Jolowicz über den Persea-
baum zusammengetragen ist. Unsere Urkunde bestätigt, dafs dieser Baum,
dem das Volk seit alten Zeiten geheimnisvolle Kräfte zuschrieb, damals im
Anfang des IV. Jahrhunderts zu den gröfsten Raritäten gehörte^) und sich
daher auch seitens der Behörden einer ganz besonderen Füi'sorge erfreute,
etwa wie heute in der Eeichshauptstadt die beiden in letzter Zeit so viel
genannten Eibenbäume in der Leipziger Strafse. Von besonderem Interesse
ist, dafs der Perseabaum, der schon in den altägyptischen Sagen eine Rolle
spielt, dann auch in die clmstlichen Legenden hinübergewandert ist: sollte
doch Mutter Maria mit dem Jesuskinde auf der Flucht nach Ägypten unter
seinem Schatten geruht haben. Ich weiTs nicht, ob BGU 369 (vom J. 531)
nicht vielleicht ein Zeugnis füi- diese christliche Bedeutung des Baumes ent-
hält. Nachdem in Z. 4 gesagt ist, dafs die eine Partei in der „Persea-
strafse" wohnt, heilst es nachher:
9 [ ]f<ag xriq ayicarccrtjg t'nyiXv\6iaq
10 [ ^ov^ivrig UeQöiag i)g %cd
Sicher ist, dafs in 10 nicht mehr von dem Strafsennamen gesprochen wird,
sondern von dem Baum selbst, nach dem die Strafse heilst. Nicht sicher,
aber möglich ist, dafs dieser Baum hier in den Namen der heiligen Kii'che
(Z. 9) irgendwie hineingebort.'^)
Die beiden Thesaurosquittuilgeu, Nr. 89 und 90, sind zwar den ent-
sprechenden Quittungen aus dem Faijüm und aus Oberägypten (Ostraka)
1) Viereck, Berl. ph. W. 1899 a. a. 0.
2) In Oxyrhynchos gab es offenbar nur diesen einen Baum, denn sonst hätte
sein Standplatz 'genauer angegeben werden müssen. Abgesehen von den littera-
rischen Nachrichten wird für Arsinoe durch BGU 3()9 (J. 531) ein Perseabaum be-
zeugt. Vgl. oben. Aufserdem gab es im Faijüm ein Dorf, das nach einem oder
mehreren Perseabäumen TIsqö^cc hiefs. Vgl. P. Petr. II 10(^1)9; 22(2)0 (III. J. v. Chr.),
in der Form TIsQasav in P. Lond. II S. 227 (J. 133/4).
3) Nach ^v.tiXriciag ist in der Lücke zunächst der Name des oder der Hei-
ligen zu erwarten.
]^28 II- Referate und Besprechungen
selir ähnlich, zeigen aber doch auch wieder gewisse lokale Eigentümlich-
keiten. Das erste Wort ist in beiden Quittungen jedenfalls Mciie(rQ'}'iK£i>),
nicht MeiieixQrircci) aufzulösen, denn das würde gerade das Gegenteil be-
deuten: „er hat enapfangen", nicht „er hat geliefert". Vgl. Ostr. I 100. Aber
was soll TtvQov in M£ixi(rQr}K£v^ eig t6 ör}(x66io(^v) (tcv^oü)? An dieser
Stelle ist die Erwähnung der Getreideart nicht zu erwarten. Ich vermute
nach Analogien: slg to(v) Öi]^6gio(^v) '9">;((jßtip6v).^) Doch das läfst sich
nur am Original entscheiden.
In der Bankquittllllg Nr. 99, 15 (vgl. Ostr. I 736) ist in diesem Zu-
sammenhange neu die Verwendung von rai öiaxL^B^ivan (wie vorher Z. 9)
im Sinne von „Verkäufer". Vgl. Herodot I 1; Rev. L. 48, 4.
Zu den amtlichen Korrespoudenzeil habe ich nur Weniges zu be-
merken.") Unter den amtliclieil Listen nimmt das Wächterverzeichnis
aus dem IV. Jahrh. (N. 43 Verso) einen hervorragenden Platz ein. Das
Stück ist nicht nur topographisch von gröfster Bedeutung, in sofern es uns,
wie schon GH und v. Wilamowitz hervorgehoben haben, mit den verschie-
densten Lokalitäten und Bauten der Stadt Oxyrhynchos bekannt macht, es
ist auch kultui-historisch von aufserordentlichem Interesse. Zeigt es uns doch
wieder einmal, was sich jedem, der Ägypten bereist, auf Schritt und Tritt
aufdrängt, wie zäh sich hier oft alte Einrichtungen bis auf den heutigen
Tag erhalten haben. Die Unsicherheit namentlich der nach der Wüste zu ge-
legenen Gebiete, nicht minder aber auch die oft lächerliche Ängstlichkeit der
Fellachen läfst die Wächter, die (pvlamg, oder wie sie heute heifsen, die
Ghafire oder Ghufara, im öflfentlichen Leben damals so wie heute eine auf-
fallend grofse Rolle spielen. Wer einmal in einem ägyptischen Dorf gehaust
hat, dem werden diese Ghafire, die „Wächter" heifsen und doch ewig
schlafen, unvergefslich sein. Nach v. Fircks^) giebt es heute in den kleinen
Städten und Landgemeinden Ägyptens 124 757 solcher Wächter, die nament-
lich während der Nacht die Wohnstätten und Feldfrüchte sowie das Vieh
zu bewachen haben. Während sie heute mit alten Hinterladern bewaffnet
sind, trugen sie noch zu Mohammed Ali's Zeiten meist blofs Stöcke, wohl
die bekannten Nabbüt's — auch ein Vermächtnis der alten Zeit! — , und
so haben wir uns wohl auch diese (pvluKtg vorzustellen, die in den Papyri
der Ptolemäer- und Kaiserzeit in den verschiedensten Nuancen als ayqo-
q^vXaKsg, TisöiocpvXaKeg , vSQocpvkaKsg und wie sie alle heifsen entgegen-
treten.*) Nur die Wüstenwächter, die iQ')]^ocpvXa%£g oder oQSocpvXaKig^ wird
man sich wohl nicht gut anders denn als bewaffnet vorstellen können.''^') Die in
1) Die Sigle -^ müfste statt %'n verlesen sein.
2) In Nr. 63, 5 vermute ich avv Tcäarj aTtovSfj, denn ovv ist hier nicht am
Platz. — In dem Schreiben Nr. OG, das schon v. Wil. erklärt hat, ist von Interesse
die Erwähnung eines Strategen für das .1. 357. Der ist zu Ostr. I 435'' als z. Z.
jüngster Stratege nachzutragen. — In Ni'. 59 tritt die privilegierte Stellung der
isQOvtnai hervor. Hierzu vgl. BGU 3'28 II, 1, wo ich am Original las: UQOvtiHcov
■nal uTi[Xu)v. Dasselbe haben GH für Lond. II S. 21.5, 6 hergestellt.
3) „Ägypten 1894" II S. 53. Vgl. auch Ebers, Cicerone durch das alte und
neue Aegypten, II S. 320 ff.
4) In P. Petr. II 32 wird ein Ghafir verprügelt; man hört aber nichts da-
von, dafs er Waffen zur Abwehr gehabt hätte.
5) Vgl. zu diesen allen aufser 0. Hirschfeld, Äg. Poliz. (Sitzungsb. Berl.
Ak. 1892, 815 ff.) jetzt Mommsen, Rom. Strafrecht S. 307.
Ulricli Wilcken: Papyrus-Urkmulen 129
der vorliegenden Urkunde aufgezählten Wächter, die über die ganze Stadt
verteilt sind, wird man nach P, Grenf. II 43 (92 n. Chr.) als (pvluKsg jiirj-
xQO%6l£(og bezeichnen können. Sie haben ihre bestimmten Plätze, an den
Strafsenecken oder vor dem und dem Hause oder aber, in gröfserer Zahl
vereint, bei den öffentlichen Gebäuden, wie Theater, Gymnasien und Tem-
peln.^) — Dafs diese cpvlaKsg von den cpvXav.lxaL^ der Gendarmerie, scharf
zu trennen sind, zeigt z. B. P. Petr. II 32. Für das oipcoviov der q^vlauEg
vgl. P. Grenf. II 43 und Ostr. I 320.
Der Text bietet eine noch ungelöste Schwierigkeit in dem q' vor dem
Dativ der Lokalangaben. Mit Recht hat v. Wil. (S. 676) die Auflösung der
Herausgeber q(v^i]) als unmöglich zurückgewiesen, und das von ihm vor-
geschlagene TT^og wüi-de einen vortrefflichen Sinn ergeben. Aber wenn GH
an allen Stellen p' gelesen haben, erwarte ich noch eine andere Lösung.^)
Von den KlagSChrifteil ^) wird die im Anfang verstümmelte Nl\ 69
au einen Centurio gerichtet gewesen sein (vgl. Mitteis, Hermes 30 S. 567 ff.).
Diese Berichte über Diebstähle, die oft, wie auch hier, mit grofser Aus-
führlichkeit und Lebendigkeit den Vorgang schildern, sind u. a. auch für
unsere Vorstellung von den Wohnstätten der Alten nicht ohne Interesse.
Vgl. BGU 321, 322, namentlich aber CPß I 232, 16 ff. Da ist böse
Feindschaft zwischen zwei Nachbarhäusern, deren Höfe durch eine Mauer
getrennt sind. Um dem Nachbar einen Diebstahl zuzuschieben, hat die
Nachbarin „aus dieser Mauer, die mit Krügen vollgestopft war, den ver-
bindenden Lehm und aus der Mitte einige Krüge herausgenommen", damit
es aussehe, als wenn jener eingebrochen sei.'^) Damit ist fürs II./III. Jahrb.
n. Chr. das Vorkommen derselben Bauart erwiesen, die uns noch heute in
Ägypten vielfach auffällt. Auch heute werden nicht nur die Taubenhäuser
(TteQiGtSQ&veg), bei denen noch eine besondere Absicht damit verbunden ist,
sondern auch die Wände menschlicher Wohnstätten vielfach in der Weise
errichtet, dafs man leere Thonkrüge durch Nilschlamm verbindet.
Als ein libeJlus contradictorkis ist Nr. 68 von Mitteis S. 101 über-
zeugend interpretiert worden. Schwierigkeiten macht nur Z. 33 f.: 6vv oig
iav ßißho^airjü}] ngog^etccöot^sv ovGav d' i^oi z'y\v nqog avxov kqlGiv ktI.
V. Wilamowitz (S. 688 A.) vermifst zu dem Optativ ein av und übersetzt:
„Ist er mit meinen Erklärungen nicht zufrieden, so kann ich die Belege
beifügen", und Mitteis: „Wenn der Kläger mit einem weiteren Schriftstück
streiten sollte, wollen wir noch etwas hinzufügen". Mir ist hierbei anstöfsig,
dafs der Schreiber vorher regelmäfsig in der 1. Person Singular is von
sich gesprochen hat. Ich trenne daher Tigogfisraöoi fiivovGav ö^ s{,iol. Das
TtQogiiSTadoi mufs, was bei der Orthographie dieses Mannes auch gar nichts
1) Thoeris ist übrigens eine weibliche Gottheit (vgl. v. Wil. S. 677). „Die
Grofse" bedeutet ihr Name, vielleicht als „die Schwangere"- aufzufassen nach
ihrem greulichen Bilde, einem aufrecht gehenden schwangeren Nilpferd.
2) Die Auflösung des q bleibt leider auch nach Oxy. II S. 319 dunkel. Das
TtajiäQiov in V 8 möchte ich nicht mit v. Wil. in jwmerimn verändern. Ua^äQiov
im Sinne von Obstgarten begegnet z. B. auch CPR I 19, 4 (J. 330 n. Chr.), aber
auch schon im II. Jahrh. n. Chr. Vgl. BGU 712. Zu ■jtw^Laqixrig vgl. Ostr. I 693.
3) In Nr. 56 lernen wir in dem wQiaiiivov xf]g (xtTi]a[sa]s xsXog eine neue
Abgabe kennen, die zu Ostr. I S. 344 nachzutragen ist.
4) Tov xsix'o^ xtpa[fio]r? [^iaTJoißaa^itvov rbv \6\vv8sovTa 7t[)]l]bv [kk! räv
KSQ]d(icov xovg ^£ao[vg v]cp£lo^£vr], wie Wessely richtig ergänzt hat.
Archiv f. Papyrusforachung I. 1. 9
X30 n. Referate und Besprechungen
Auffälliges hat, füi- TtQogfisraömi stehen. Der Konjunktiv in dem Sinne:
„dann will ich eine neue Eingabe machen". Mivovßav braucht nicht weiter
durch Parallelen empfohlen zu werden.
Dieser Text^) gewinnt noch an Interesse, wenn man ihn zusammen
mit den formell verwandten BGU 578 und 614, die Mitteis im Hermes
32, 644 ff. erläutert hat, und ferner mit P. Lond. II S. 169/70 und 172
betrachtet. Allen ist gemeinsam, dafs sie Bitten um Zustellung von Akten
an den Gegner enthalten. Durch die Berliner Texte wird es wahrscheinlich,
dafs auch der Oxyrhjnchos-Text an einen (XQ^iÖMaairig gerichtet ist. Andrer-
seits gewinnen wieder die Berliner Urkunden durch den vorliegenden.^)
Zu den Eingaben ^) ist wohl auch Nr. 35 R zu rechnen , wegen des
tTiLSidcoKa in Z. 3, und zwar gehört es wohl zu den piivateu Eingaben, da
vor imdeöaKa kein Titel steht. Von Z. 6 an liegt offenbar die Kopie eines
Schriftstückes aus der Kanzlei des Präfekten vor. Die Herausgeber denken
an eine proclamatlon. Wegen des Plurals itQoxE&evxiav tTj h£Ox(h\(iri i^iiequ
möchte ich lieber an Libelle denken, die der Präfekt erledigt und der Ord-
nung gemäfs — wie uns Mitteis, Hermes 32, 653 gelehrt hat — publiziert
hat. Also Z. 10 etwa: ek avvKoXX7}6l\^fjiU)i' ßißhÖLcov^ worauf der Name des
Präfekten folgt. Nach dieser Deutung ist BGU 525 damit zu vergleichen.*)
In der Eingabe Nr. 76 ist in Z. 14 offenbar Tiobg oi'yirjaLv statt nqoqoi-
y.)]Glv zu lesen.
Die Kontrakte sind durchgehends prächtig erhalten, z. Th. von un-
gewöhnlichem Umfang, und da sie uns offenbar in vortrefflicher Lesung^)
1) Z. 15 ist <^'ti]vy ccvrov oder auch avrov <^ti]v ccvrovy zu emendiei'en. Das
vorhergehende x£l'cvxi]v mag Schuld haben. — In Z. 24: xaXdvxoiv tt, %al n^bg inl
TCO avxbv ä-Ko8o(^vyvDci xxl. ist die Übersetzmig von niQog kxI. mit „ivith tlie further
stipidation tJiat" unmöglich. Da 7tQog(dLayQacp6^i8vci) hier ausgeschlossen ist, steht
TtQog absolut und es heilst: C Talente und darüber, unter der Bedingung, dafs etc.
2) Zu 614. In Z. 6 ist vielleicht di<xaxol{iiiov) für öia6xoX{£wg) zu lesen, nach
Oxy. 68, 33. — Z. 23 ff. lese und konstruiere ich jetzt nach Prüfung des Originals:
i'v' siSäGi XU TtQOXsluBvu y.[a^v ^ihv svyvcoiLOvcöai . . . rag rjOv^iag f-s (i^ovxa, £t öh
iLi] . . . xQTiGÖiisvov f(f 7t(jbg avxovg . . . co '^^co SiKalco. Die beiden Partizipien
hängen von slS&ai ab. 'TTtavxüGi in Z. 23 steht asyndetisch erklärend neben
svyvcüiiovüai. Z. 27 fahre ich fort: nal XQV (korrigiert aus ixQVv) avxovg fir; vnav-
[xüvxaq v.xX. und inl xijv iaoiibvr}v und 28: ötaaxoX[fj, [Lsvovxog xov X6y]ov
(tov (^besser wäre iioi) tv olg aXXoig iy^ca dixaioig aal nsQi oiv ^ot idiag o[qp]f /2t.
3) In Nr. 74, 15 ist xaxaXl7Tovx{ai) zu lesen, nicht KaxaXt7t6vx(a). Das Lokal-
kolorit der oxyrhynchitischen Kanzleien tritt uns wie oben in d'iaxiQ'i^i:vog so
hier in xovg i7ta^oXov&ovvx(ag) änb yovfjg ccgvag (statt des im Faijüm üblichen
i^ iniyovfig imysyiviqLL^vovg o. ä.) entgegen.
4) Nach Einsicht des Duplikates lese und ergänze ich jetzt hier in Z. 7f. :
7tQo[T]£:&tvx(ov iv \'IovXi07f]6X£i — [iv cp] ßißXaidio} KxX. Das ist das luliopolis,
das wir bisher nur aus Plin. h. n. VI 23, 102 kennen: cliio milia passuum ah
Alexandria abest oppidum luliopolis, inde navigant Nilo Coptum etc. Vgl. hierzu
0. Crusius, Jahrb. f klass. Phil. 1893, S. 34 ff. (luliopolis -Nicopolis). Jetzt durch den
Papyras für 178 n. Chr. bezeugt. Ich hoffe den wichtigen Text bald zu publizieren.
o) Eine crux ist noch das Wort Sidmc^ia in 157, 2 und 6. Wegen eines 8.
an einem Getreidemafs wird die Annahme der Lieferung verweigert in 133, 14.
JcäitiGiia giebt nun absolut keinen Sinn. Der einzige Buchstabe, der von GH
leicht verlesen sein könnte, ist das tc, von dem es in jener Zeit eine mit v iden-
tische Form giebt. Also öidvia^ia'^ Das wäre von diavit^iv „abwaschen" abzu-
leiten, und könnte die Verwischung des Aichungszeichens bedeuten. Darum könnte
der Schreiber aufgefordert werden: acpQaylaai xb diäviaua, sein Siegel auf die
Stelle zu drücken und so das Hohlmafs wieder für <?ültig zu erklären.
Ulricli Wilfkeii: Papyrus-Urkunden 131
und mit sachkundigem Kommentar^) vorgelegt sind, sind sie für die ver-
schiedensten Seiten des öffentlichen und privaten Lebens aufserordentlich
lehrreicli. So wird, um nur ein Beispiel herauszugreifen, in Nr. li>7, 13 vom
J. 584 von einer yeoviiY.i] (.iiYK^avi] Kakov^iv\] y^diov'^) ^Aviavov a.vxXov6a
elg aqo6i{Jn]v yi]v gesprochen, die wegen des dazu gehörigen alcov sehr wahr-
scheinlich mit den Herausgebern als Schöpfrad, als Sakje zu fassen ist. Ich
füge hinzu, dafs durch P. Lond. I S. 169 ff. auch schon füi* die Zeit Vespa-
sians diese Sakjen bezeugt werden^), und wenn ich nicht iiTe, sind auch
die bei Strabo XVII p. 807 genannten tQOxoi nichts anderes. Ich hebe diese
Notizen nur hervor, da nach Erman, Ag. u. äg. Leben S. 567^, für die alt-
ägyptischen Zeiten die Schöpfräder nicht zu belegen, wenn auch wohl an-
zunehmen sind. Die ganze Physiognomie der antiken ägyptischen Land-
schaft wh'd dadurch der heutigen wieder um ein wesentliches Stück ge-
nähert, wenn wir uns nun, auf sichere Zeugnisse gestützt, aufser den ächzen-
den Schadüfs (den Zieheimern) auch die melancholisch knairenden Sakjen
dort vorstellen düifen.
Unter den privaten Briefscliafteu*) endlich erwecken die Einladungen
zu Diners, Hochzeiten und anderen Festlichkeiten ein besonderes Interesse:
Nr. 110 — 112, mit denen BGU 333 zu vergleichen ist.^) Sprachlich ist der
Gebrauch von igoarav „bitten" (einladen) auch für die Theologen beachtens-
wert. Vgl. Deissmann, Neue Bibelst. S. 23.
II. Die Londoner Texte (vgl. S. 122).
Der im Jahre 1893 von F. G. Kenyon herausgegebene erste Katalog
der GreeJc papyri in the British Museum brachte die vollständige Publi-
kation aller bis zum Jahre 1890 dort erworbenen griechischen Papp-us-
urkunden, eiuschliefslich der Zaubertexte. Über die Erwerbungen der nächsten
Jahi'e berichtete Kenyon bald danach in dankenswertester Weise in dem
Cafalogue of addiüons to the dcpartment of Mss, 1888 — 189-i S. 390^450.
Die Erwartungen, die durch dieses vorläufige, kurz und knapp gehaltene
1) Die in Ostr. I 772 voi'geschlagene Deutung von 101, 40 f. ziehe ich zu Gmisten
der von GH gegebenen zurück. JlarpaAjjft^rrixfo steht offenbar für ca v.al TtaQsiXr}-
(pev. Es ist alles in Ordnung.
2) Nicht Gedius Anianus (GH). FriSiov ist ein in dieser Zeit sehr häufiges
Diminutivum von yi]. Vgl. Ostr. H n. 1224.
3) Mit -tiviilsvriig in Z. 32 ist offenbar der Arbeiter gemeint, der das Wasser-
rad bedient. Vgl. Z. 495: y.vy.ltvrrj v.vulhvovti avv reo ^[r})fCi(vciQi(a)] oder 573:
Kvzluvrjj KvyilsvoivTi) t6 ÖQy(avov) oder ö77 : 'A^ßQvav ccxol(ovö'et) tw ogy^ävai). Wer
ist aber der ^irixavccQiog? Kaum ein zweiter Mann, denn einer genügt. Ich denke
mir, ßovg wird zu ergänzen sein. Vgl. auch P. Grenf. 1 58 (a. 561): y.vHXsvGai
xb avtb yswQytov ix tfjg i^i^jg ^moig r&v xal tQScpo^iEvav tzixq' iiiov. — Wenn es
an anderen Stellen heilst: avrlovai ö Suva xat 6 Sstva, so kann dabei sowohl an
die für das alte Ägypten nachgewiesenen Schadvifs gedacht werden, als auch an
die oft bezeugte archimedische Schraube, y.oxUag (vgl. Varges, de stat. Aeg. S. 71),
für die es übrigens auch heute noch eine Analogie giebt.
4) In 119, 2 — 4 wird [isz' iaov für jifTg 6ov zu lesen sein. Vgl. Wessely,
Wien. Stud. VII 77 und Hatzidakis, Einl. in d. Neugr. Gr. S. 329. — Zu 114 (wor-
über v. Wil.) vgl. auch BGU 93. In Z. 7 ist hier djAftarix^v 7]v t;^ftg Ilviiv zu
lesen, in 11: xa ßaldßuQ'^QCi] (= ^aldßaO'QOi).
5) Ist hier Z. 4 vielleicht nach Oxy. 112 auch i^]hlQ^i^iv zu ergänzen?
9*
132 II< Referate und Besprechungen
Eegister erweckt waren, sind jetzt durch den vorliegenden zweiten Band
des Catalogue of Greek papyri in tlie British Museum, der den ersten noch
um mehr als hundert Seiten überragt, im höchsten Mafse erfüllt worden:
er bietet uns die sorgfältige Publikation von 262 Papyrusurkunden, die in
der Zeit von 1891 — 1895 vom British Museum erworben worden sind. Da
die nach 1895 gemachten Erwerbungen bereits von Mahatfy, Grenfell und
Hunt an anderen Orten publiziert sind (P. Petr., Grenf. I, II), so sind augen-
blicklich with a few exceptions all the GreeTc papyri in ihc British Museum
accessible to scholars.
Auch diesem zweiten Bande ist wie dem ersten ein Tafelwerk bei-
gefügt, das über jedes Lob erhaben ist. Diese in Grofsfolio, in vornehmster
Ausstattung ausgeführten photographischen Reproduktionen — es sind nicht
weniger als 123 Tafeln! — sind ein Schatz, für den wir der Verwaltung
des British Museum, im besondern Sir Thompsen, unsern wärmsten Dank
ausspi-echen müssen. Auch mit der Auswahl der zu reproduzierenden Texte
wird man im allgemeinen einverstanden sein, wenn natürlich auch Mancher
je nach seinen Interessen diesen oder jenen Text vorgezogen hätte. Als
Prinzip würde ich es allerdings füi' richtiger halten, nicht nur the best pjre-
servecl papyri zu bevorzugen, sondern gerade auch die schlecht erhaltenen,
für deren Entzifferung im Dm'chschnitt am meisten zu thun übrig bleibt,
zu reproduzieren und damit der Mitarbeit aller zu erschliefsen. So würde
z. B. ein Faksimile zu der wichtigen, aber schlechter erhaltenen Censusrolle
260 (S. 36 ff.) sehr viel wertvoller gewesen sein, als die 7 Tafeln zu den
vorhergehenden Rollen S. 19 ff". Doch einer solchen Gabe gegenül)er ist es
unbescheiden, auf Desiderien hinzuweisen.
Die Sammlung des British Museum hat sich durch die Ankäufe der
Jahre 1891 — 1895 auf das beste kompletiert: gerade die römische Periode,
die früher gegenüber der ptolemäischen und späteren byzantinischen stark
zurückgetreten war, ist jetzt glänzend vertreten. Die meisten der hier publi-
zierten Texte gehören den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung an.
Auch das IV. Jahrb., aus dem wir vor den Funden von Grenf ell-Hunt nur
wenige Texte kannten, ist hier, namentlich durch die Korrespondenz des
Abinnäus, vortrefflich repräsentiert.
Mit wenigen Ausnahmen^) füliren uns die vorliegenden Urkunden nach
dem Faijüm. Die meisten gehören dem epochemachenden, noch iimrier nicht
versiegenden Funde von Dime — Soknopaiu-Nesos an, jenem Dorfe am Nord-
rande des Birket Kerün, das einst im blühenden Fruchtlande lag, heute
völlig zur Wüste gehört und gerade darum — ähnlich wie Behnesa-Oxy-
hrynchos — uns seine Papiere in so ausgezeichneter Konservierung hinter-
lassen hat. ^) Mehrere stammen aus der Metropole Arsinoe, andere aus an-
deren Dörfern des Gaues, unter denen namentlich JiovvGLccg hervortritt, das
nach Grenfell-Hunt (s. unten S. 217) sehr wahrscheinlich mit dem heutigen
Kasr Kurün an der Südwestecke des Birket Kerün identisch ist.
1) Vgl. S. 1 ff. aus der Thebais, S. 323 ff. aus Apollinopolis Maior (Edfu).
2) Dazu kommt, dafs in Dime die Papyri meist in Hausruinen gefunden
werden sollen, nicht in den Schutthügeln. — Auch Baechias und Karanis, die
gleichfalls in Kenyon's Publikation vertreten sind, liegen heute in der Wüste,
beide östlich vom Birket Kerün, jenes das heutige Köm el-Qatl, dieses Köm Uashim,
wie Hogarth und Grenfell gezeigt haben.
Ulrich Wilcken: Papyi-us-Urkundcn 133
Es spricht für den gewaltigen Aufschwung der Papyi'usfunde, dafs
Kenyon, wie auch CJrenfell-Hunt bei den Oxji-hynchos-Texten, nur eine Aus-
wahl der erworbenen Papyri vorlegt und über die kleineren Fragmente nur
in dem vorangehenden Register berichtet. So sind von den 410 Papyri des
Registers nur 262 in extenso mitgeteilt. Unter den obwaltenden Verhält-
nissen ist dies Verfahren im Interesse der Beschleunigung der Publikation —
denn nichts ist schwieriger und zeitraubender als Fragmente zu edieren! —
gewifs zu billigen, vorausgesetzt, dafs uns später einmal auch die kleineren
Stücke in vollständigem Text mitgeteilt werden. Vielleicht könnten künftig
die Angaben des Registers über die nicht publizierten Texte etwas ausführ-
licher gehalten werden.
In der Transkription ist Kenyon demselben System wie im ersten Bande
gefolgt: er beabsichtigt möglichst engen Anschlufs an das Original, markiert
zwar Worttrennung, aber keine Satztrennung und giebt auch keine Accente
noch sonstige Lesezeichen. Ich halte nach wie vor daran fest, dafs es
wünschenswerter ist, dafs der Herausgeber solcher Urkunden durch Hinzu-
fügung von Interpunktion, Accenten etc. den Texten den äufseren Charakter
gebe, den wii* in unseren gi-iechischen Ausgaben zu finden gewohnt sind.
Doch da ich hierüber in meiner Rezension des ersten Bandes ausführlicher
gesprochen habe^), will ich heute nicht noch einmal darauf zurückkommen.
Gewifs gebe ich zu, dafs eacli editor must he allowed to judge for himself
wliat metJiod is most convenient. Es ist nur nicht zu leugnen, dafs durch
Kenyon's Methode die Benutzung der Texte erschwert wird, da ein schneller
Überblick nicht möglich ist. Man mufs sich immer wieder erst die Kon-
struktionen zusanmiensuchen, wenigstens wenn man nicht in der glücklichen
Lage ist, ein eigenes Exemplar zu besitzen, in dem man die Perioden mar-
kieren kann.
Eine Neuerung findet sich in dem vorliegenden Bande, für deren künf-
tige Unterlassung wir wohl alle dem verdienstvollen Herausgeber sehr dank-
bar wären. In seinem Bestreben, dem Original möglichst nahe zu kommen,
giebt er solche Buchstaben, die der Schreiber auffallend grofs gemacht hat,
im Druck mit unseren „grofsen Buchstaben" wieder. Welches Interesse kann
es für den Leser haben zu wissen, dafs hier oder dort der Schreiber aus
irgend einer Marotte einen Buchstaben etwas gröfser gemalt hat, da man
doch damals den Unterschied von grofsen und kleinen Buch-
staben in unserem Sinne gar nicht gekannt hat? Es wirkt aber
auch direkt störend. Wenn z. B. auf S. 179, 18 gedi-uckt wird: Ofxoloyco
IIsTtQanevai, OiXyi^ovi TlToXefiaiov Kccxa rrjvöe rrjv O^oXoyiav ÄTto x)]g Eve-
öraGrig 7]fjLSQag Eiti xov anavxa iqovov ^ so heifst das doch wahrlich, dem
Leser nicht nur die Erleichterungen, auf die er m. E. Anspruch hätte,
versagen, sondern sogar neu geschaffene Schwierigkeiten ihm in den Weg
stellen.
Dagegen würde es eine sehr wünschenswei'fce Anlehnung an das Ori-
1) Vgl. Gott. GA 1894, 718 ff. Zu dem Urteil von Waitz, auf das ich mich
damals bezog, kann ich zu meiner Freude jetzt auch das von Wilamowitz hinzu-
fügen, der in GGA 1898 S. 674 bezüglich der Oxyrhynchos-Texte sagt: „(Aufser
den litterarischen Papyri) wird alles nur in Umschrift gegeben, die alle Lese-
zeichen ohne weiteres zufügt. Das ist das einzig verständige."
134 II- Referate und Besprecliungen
ginal sein, wenn auf eine konsequentere Wiedergabe der vom Schreiber be-
hufs Trennung der Sätze oder Perioden gelassenen Spatien geachtet würde.
Beispielshalber hat der Schreiber von S. 276 die Adresse vom Expose, und
dieses wieder vom Petitum deutlich geschieden. Darum müTste auch das
Spatium in Z. 5 vor y,caa und in 15 vor Siü im Druck kenntlich gemacht
werden. Denn da liegt nicht eine Laune, sondern bewufste Absicht vor.
Auch eine noch genauere und zwar am besten im Text, nicht in den
Fufsnoten gegebene Bezeichnung der verschiedenen Hände, die an einem
Text gearbeitet haben, würde ein klareres Bild von dem Original erwecken.
Füi' manche Fragen ist es auch sachlich von grofsem Werte zu wissen, ob
der Text von einer Hand oder von mehi-eren geschrieben ist. Kenyon's An-
gaben sind nicht ausreichend. So ist z. B. nicht angegeben, dafs S. 205, 26
die eigenhändige Erklärung des Kontrahenten beginnt, dafs die Deklaration
auf S. 73 von fünf verschiedenen Händen geschrieben ist, die auf S. 74 von
vier Händen u. s. w. Eine genaue und übersichtliche Angabe der verschie-
denen Hände ist eine Forderung, auf die nicht verzichtet werden kann.
Vor allem aber bitten wir für die nächsten Bände um fortlaufende
Numerierung der publizierten Texte, und womöglich mit arabischen
Zahlen! Dieses Zitieren nach den Museumsnummern , die man dann vorn
im Register nachschlagen raufs, um herauszubekommen, wo sie denn eigent-
lich publiziert sind, führt zu sehr bedauerlichen Stöningen beim Arbeiten.
Doch nun von den Äufserlichkeiten zu dem prächtigen Inhalt. Ich folge
bei dieser Übersicht der vom Editor gegebenen Anordnung.
A. Ptolemaic Period. S. 1—16.
Die wenigen Stücke, die hier aus ptolemäischer Zeit mitgeteilt sind,
stammen aus der Thebais (IL Jahrh. vor Chr.). Sie sind wie die Petrie-
Papyri aus Mumienkartonagen losgelöst. Es sind meist kleinere Bruchstücke
aus Testamenten, Klagschriften, Kontrakten, ferner Abrechnungen, Inven-
tare u. ä. Sowohl diese als alle folgenden Stücke sind vom Herausgeber
in einleitenden Ausführungen und in Fufsnoten sprachlich imd sachlich bestens
kommentiert worden. Der grofsen Arbeit gegenüber, die hier von Kenyon
geleistet ist, sind es meist nur Kleinigkeiten, die ich nach meinem bisherigen
Studium dieser Texte bessernd oder ergänzend nachtragen kann. Anderes haben
schon Grenfell - Hunt a. a. 0. angemerkt. Im Einzelnen bemerke ich:
S. 2 (b), 2: Tlavi6Y,o^ ög %<u TlErsfistvig: einer der seltenen Fälle, in
denen griechisch -ägyptische Doppelnamen auf Übersetzung des einen Teiles
beruhen: Pan entspricht dem Min; TläviGY.og Diminutivform für Uavoöcooog
(= IlEre^ivig).
S. 3 oben Z. 7 lies «[jro utej^rot' n£\vTe] statt .[.... \q(ov 7r£[. .].
S. 3/4. Die Sigle in Z. 5, 8 und 9 , die K. mit <( wiedergiebt und als
Drachme erklärt, ist vielmehr eine Verbindung von a mit übergesetztem v
und bedeutet Arure. Vgl. Ostraka I 775. Daher auch die Brüche -^^ und
fV ('^gl- ebendort). — In Z. 2 ist noch nicht alles klar; Schlufs jedenfalls
IIccvccr\^ st. ncivacp.
Tu der Quittung S. 4 (a), 2 1. s^/ßi iy •d-rjaa[vQov st. sy &aißa[.
Für S. 5/6 nur Vermutungen, da kein Faksimile beigegeben ist. Z. 8:
Savs\t6ccfjt,evog? Z. 10 wohl: kc(]&^ a ^:£^^en:cd (.lot ')(^£tQ6yQ[a(pc<. Z. 11: 6fK[a6Tag?
Ulrich Wilcken: Papyms-Urkunden 135
Z. 20 etwa: Ini^wvov eivca \iv xri cpv\kav,ri. Kol. II 1 etwa: y^cdQuv. 'OjU.[o-
A.oyc5? K. hält dies für einen Kaufkontrakt. Viehnehr liegt eine Verpflich-
tung zur TtaQccOraGig vor. Theoxena Avar vielleicht die Gläubigerin, deren
Schuldner im Gefängnis safs. Der Schreiber will ihn für drei Tage heraus
haben und bürgt ihr dafüi", dafs er sich nach drei Tagen wieder stellt.^)
S. 7, 8 1.: zb int-ßdllov st. xo .eni 8 aXlov. Z. 14 liest K. twt] 8b
8ri^\oOL(o\i. Ich kenne das Wort 8y]i.i66Lov als Bezeichnung für die Regie-
rungskasse erst für die Kaiserzeit. Ich glaube statt dessen 8i87]lio\TC(\i zu
ei'kennen. Also wäre zu lesen: iav 8e\ firj aitoSm i} fiT] 7roi7J[(jijt ? . . .
■Kad'öxi\ 8B8'riX(o\xa\tj a%ox\si,6dx(i> yixX. — Z. 18/19 1.: ].g 3t«[t? i^eQug
elg [ro ßaatltKov aQ-yv^iov] und (J]pa;^ ftag 8 ia\Koaiag(?) statt ]g
rjfiEQag £tg[ und ].a vfiag 8co[. Dieselbe Phrase steht sicher im 3. Frag-
ment Z. 26: tEQCiS (st. x£Qag) sig xb ßciGLXiy.\bv dqyvqiov 8Qa'indg\ Also
gehören die beiden Fragmeute nicht zu demselben Text, wiewohl sie von
derselben Hand geschrieben sind. Diese Wendung ist mir neu, sonst sagt
man: kqag ßaßiXst oder ähnlich. Vgl. Ostr. I 722^. ^AQyvqiov ist notwendig
zu ergänzen (vgl. ebenda). — Z. 21 erg.: t%z\ld'6vxi ay.vQo\g saxw.
S. 8, 7 steht wii'klich anoxstadzcoGav da. Es ist aber verschrieben für
ajto86xcoaav (vgl. Z. 15), wie alle Parallelen zeigen.
S. 10. K. erklärt die Sigle h als Arure. Es ist vielmehr die Ai-tabe;
daher auch die Bräcke ^, -^V, ^V- ^§^- ^^tr. I 749 f. — Das zweimalige
laamg in Z. 11 und 12 wird als Eigenname ^l6ä%ig (= Isaak) zu fassen
sein (vgl. S. 33, 151). Auch Za^ißad'cciog in Z. 9 ist ein jüdischer Name.
Vgl. Ostr. I 523.
Das Inventar auf S. 11 ist lexikalisch sehr interessant. In Z. 5 wird
nag eq)t7t7tt{ov) zu lesen sein st. y.aßBcpntn'". also ein Fell, das als Pferde-
decke dient. — In Z. 13 hat K. vulag richtig gelesen. Aber was ist das?
Von v(xlog (Glas) läfst es sich kaum ableiten. Ich denke, im Anlaut ist
ein y (= j) geschwunden, und es steht für yvdXag, worüber Athen. XI 467 c
zu vergleichen ist. Darauf folgt G'a\ci\cpLOv oder cjx[v]qD/ov. Zu y.övbv vgl.
Stm-z, de dial. Mac. S. 91. Das iviov in Z. 14 halte ich für iviov, das
ägyptische Hohlmafs Hin. Vgl. Hultsch, Metrol.^ S. 103, 367 .^ — Z. 25 1. ^tXa-
vo86%ov st. ^uXav8oy.ov. — Z. 28 1. c(.Xaßa6xQ0%^ri%ai st. uXcißc)cGxQo'^%^\]Y,cii.
Die Klagschrift an den Epistrategen Qo^ifxovg (S. 13/14), die schon
früher von Mahaffy gut ediert war, liegt jetzt in fehlex-loser Lesung vor. In
Z. 13 hat K, richtig Xrjvcovog hergestellt, hält das Wort aber für unbekannt.
Wir kennen es sonst in der jüngeren volkstümlichen Form Xi]va(ov (Kelter-
ramn) aus den Geop. 6, 1, 3. Vgl. Lobeck, Phryn. S. 166. Es kommt aber
auch hier S. 128 zweimal als Xi}v6v vor. — In Z. 14 ist sicher mit Ma-
haiFy zu ergänzen: yT]\^g] xsqGov Kai aXh]g yrjg iuxbg q)o<^QoyXoy iccg. Vgl.
BGU 396, 7: üyov ini cpoqoXoyia. kXtiqov, und nachher Z. 9: eyeQöco&ri.
B. Roman Period.
1. The Census and Poll-tax. S. 17 — 64.
Dieser Abschnitt ist für die Steuergeschichte Ägyptens der wichtigste
in dem Buche. Ich kann hier nur die Hauptpunkte hervorheben.
1) Vgl. hierzu jetzt Oxy. II 259.
136 II- Referate und Besprechungen
Es liegen hier umfangreiche Scha'iftstücke aus amtliehen Büchern vor,
in denen auf Grund der Subjektsdeklaratiouen (xca'' oiy.lav aTCoyqacpcd) und
anderer Eingaben (wie Todes- und Gebui-tsanzeigen) Personenlisten nach
verschiedenen Gesichtspunkten gefühi-t wurden. Sie beziehen sich auf Dörfer
des Faijüm (vgl. S. 37, 35: ^tA-cors^idog). Die ersten drei Listen, aus dem
1-4. Jahr des Domitian, haben, abgesehen vom SchluTs, das Schema: Haus
— Einwohner (Name, Stand, Alter), sind also zu vergleichen mit den Listen
BGU I 185, 11 493 — 510 und 533 (vgl. Ostr. I 479), von denen sie aber
insofern abweichen, als sie nm- Männer und zwar nur solche im Alter von
14 bis 61 Jahren aufFühren.
Nach Kenyon ergeben sich zwei wichtige Fakta aus diesen Listen:
l) Der Kopfsteuer {idoy^afpicc) waren nur die Männer, nicht auch die Frauen
unterworfen. 2) Die Kopfsteuerpflicht war auf die Jahre 14 — 60 beschränkt.
Um das Sichere vorweg zu nehmen, so steht der zweite Punkt aufser
Zweifel, nur möchte ich wegen S. 38, 64: vnkq xo 'E,a statt des 60. das
61. Jahr als letztes kopfsteuerpflichtiges annehmen. Es hat sich also nicht
bewährt, was ich auf Grund von ülpian (Dig. 50, 15, 3) als wahrscheinlich
bezeichnet habe (Ostr. I 242), dafs ebenso wie in Syrien auch in Ägypten
die Männer bis zum 65. Jahre kopfsteuerpflichtig gewesen seien. Dagegen
wird meine ebendorther geschöpfte und auch durch den 14jährigen Turnus
der Subjektsdeklarationen gestützte Annahme, dafs diese Verpflichtung mit
dem 14. Jahre begonnen habe, auf das beste bestätigt.
Über den anderen Punkt, den Ausschluls der Frauen von der Kopf-
steuer, bekenne ich, noch zu keinem festen Resultat gekommen zu sein.
Kenyon kann füi' seine Ansicht anführen, dafs diese langen Männerlisten
abgeschlossen werden mit dem Satze (S. 38, 61): /oi 7ta[v]r(£g) avd(()£g) q-a
a.v\a] L [ju,] L (J'o) 7tQo{ß8iciyQCicp6^eva) t-r 6vfiß6X{(av) ivj i-SQV. Auch im
Folgenden, wo die über 61jährigen und die Toten abgerechnet werden, be-
gegnen nur Männer. Vgl. auch S. 54.
Für Kenyons Ansicht kann ich ferner anführen, dafs unter den zahl-
reichen Kopfsteuerquittungen, die ich in Ostr. I 230 ff. behandelt habe, auch
nicht eine Quittung ist, die einer Frau ausgestellt wäre. Auch Grenfell
kennt, wie er mir schreibt, kein Beispiel.
Trotzdem kann ich mich aus allgemeinen historischen Gesichtspunkten
noch nicht für überzeugt erklären. Was sollte den Kaiser Augustus, der die
XaoyQacpia in Ägypten eingeführt zu haben scheint^), bewogen haben, die
Frauen von der Kopfsteuer auszuschliefsen und auf diese grofse Einnahme
zu verzichten? Wie sollte er darauf kommen, den ägyptischen Frauen ein
Privileg zu erteilen, das er sonst nur den Alexandi-inern und einigen privi-
legierten Klassen zedierte?") Es wäre dies um so verwunderlicher, als
nirgends sonst im römischen Reiche, soweit wir wissen, die Kopfsteuer
auf die Männer beschränkt war. Für Afrika bezeugt es Appian, Libyc. 135,
dafs Männer und Frauen ihr unterworfen waren ^), für Syrien ist es durch
Ulpian a. a. 0. erwiesen, und hätte Dio Cassius 62, 3 wohl die Brittin
Buduica sagen lassen: rcov autfidrcov avvcov 6a6i.ibv izrjGiov (psoojxsv , wenn
sie selbst frei gewesen wäre von dieser Kopfsteuer?
1) Ostraka I 245 If.
2) Ostr. I 240 f.
3) Vgl. auch Cod. Theod. XIII 4, 4.
Ulrich Wilckon: Papynis-Urkmulcn 137
Wenn also in den Londoner Listen nur über kopfsteuerpflichtige Männer
abgerechnet wird, so liegt zunächst doch der Gedanke nahe, dafs über die
Frauen in anderen Eollen Buch geführt ist, dafs also aus ii-gend welchen
Gründen der Geschäftspraxis — etwa mit Rücksicht auf die Bedürfnisse der
Militärbehörden — über Männer und Frauen gesonderte Listen geführt worden
sind. Dafs noch keine Kopfsteuerquittuugen für Frauen gefunden sind, könnte
Zufall sein. Das Fehlen des XaoyQacpoviievt] in den Subjektsdeklarationen
beweist nichts, da der entsprechende Zusatz auch bei den erwachsenen Söhnen
fehlt (vgl. BGU 115, 117). Dafs endlich die Mädchen nicht in den vTto-
^ivrifiarcc iTtifsw^ßecog aufgeführt zu sein scheinen, könnte in der schon in
Ostr. I 453 von mir proponierten Annahme ihre Erklärung finden, dafs diese
Eingaben im militärischen Interesse gemacht wurden.
Wenn man Josephus nur genau beim Wort nehmen könnte, würde die
Kopfsteuerpflichtigkeit der ägyptischen Frauen erwiesen sein durch die oft
zitierten Worte im b. lud. II § 385: (tj Aiyvnxoq) TtEvrrjnovra TtQog ralg
STtxccKoöicciq iypvGa fxvQidöag ccv&QOOTtcov 6i%cc xav ^ylXE'E,dvdQEiav kuxoikovv-
X(Ov cog evsöxiv ek xrjg nad- £%a6xr]v nscpakiiv elgcpoQccg x Ev.^r]Qa-
G&cii Aber ich habe selbst gegen seine Berechnungsmethode Einwendungen
erhoben (Ostr. I 238 f.), und so will ich dies nicht urgieren. Das wird man
allerdings sagen müssen, dafs, wenn wirklich die ägyptischen Frauen frei
sein sollten von der Kopfsteuer, die Berechnung des Josephus absolut keinen
Wert mehr hätte.
Für ihre Kopfsteuerpflichtigkeit weifs ich nur einen einzigen Text an-
zuführen, den Berliner Papyrus P. 7097. In dieser Subjektsdeklaration vom
J. 173/4 (Memphis) sagt der Deklarant, nachdem er seinen einjährigen
Sohn und seine 17jährige Tochter genannt hat: Ttccgav öe 6 TtQoyEyQ^aii-
fiEvog) 6xa&[fxovxog?) ['J](T/(Ja)^[og] Evyväxai 'i]^\ßg~\ tco|v] ETCinstpakLcov. Wenn
hier nur nicht das allgemeine i7ti,KEq)dXL0v statt XaoyQacpia gesagt wäre, so
wüi-den wir einen sicheren Beweis haben, denn in das i^ftßg kann er natür-
lich nur die Tochter, nicht den Säugling eingeschlossen haben. Dafs hier
wii-klich die Xaoyqacpia gemeint ist, macht allerdings ein unpublizierter
Text im Gizeh-Museum (Nr. 10429), der gleichfalls aus Memphis stammt,
sehr wahrscheinlich, wo es heifst: di^J^yQiccij^Ev) — vueq ivoinav avayQa-
(pofXEvcov sig avxbv XaoyQacplag nal cpvXÜKXQOv xov avxov l'rov[?] tixX. Hier
zahlt der Hauswirt für die XaoyQacpia seiner Mieter, wie er dort füi- ihre
ETtiKEcpccXta büi-gt. Doch ein strikter Beweis ist das nicht.
So schliefse ich mit einem non liquef. Sollte sich durch weiteres Ma-
terial die Schlufsfolgerung Kenyon's als richtig ergeben, so war es doch
vielleicht nicht überflüssig, darauf hinzuweisen, eine wie merkwürdige histo-
rische Rarität diese Exzeption der ägj^ tischen Frauen von der Kopfsteuer
innerhalb der griechisch-römischen Welt darstellen würde.
Abgesehen von ihrem grofsen steuergeschichtlichen Wert sind diese
Listen nicht nur für die Eigennamen^), sondern auch füi- die Gewerbe von
gi'ofsem Interesse. Das gilt namentlich von den verschiedenen Arten von
öffentlichen Bodenpächtern, die hier in allen möglichen Variationen als
1) S. 22, 52 1. TansTE-nfaios). S. 23, 70 Schlufs 1. rf]g n]ErEQ^(ov&ov) ; ebenda
83 1. TJJs ß.Xi:\^]&rog. Nach S. 26, 224 (JTtöxß) vermute ich für BGU 560 II 16
die Lesung UeGuccg st. ÜEüßäg.
138 n. Referate und Bespreciimigen
ötj^oGioi., ov6Ui%oi ^), TiQogööov ") yewQyot auftreten- Neu ist meines Wissens
der yQaj.if.icit^Evg) yscoi^gyäi') ovöii^axäv) (S. 30, 60) und der dfj(fto(Ticoy)
ov<3i{cik5)v yEaQy&v) yQ^a^if.iaxevg) (S. 31, 94). Vgl. unten zu S. 98. Das
mag ein vom Staat ihnen gegebener Sekretär sein, wie jene yqafx^arsig tov
yivovg rmv vi&v löQarjX ot aaraGxad'ivreg in avxovg vnb rcov i.%iGxax&v xov
0a^aco (Exod. 5, 14), an die sie mich lebhaft erinnern, wenn auch das
Dienstverhältnis doi*t ein anderes ist.
Die wichtigste Liste, die dritte (S. 36), bedarf noch vielfach der Auf-
klärung. Da kein Faksimile beigegeben ist, bringe ich nur Vermutungen.
S. 38, 56 ist TiQog!^ nicht 7TQogßsßXr]f.ievoi, sondern 7iQogß{ai,v6vt(ov)
oder ähnlich. Vgl. die Eingaben an die Epikrisiskommission, aus denen diese
Notiz entnommen ist (BGU 109, 324 etc.). — Kann Z. 63 "Hx&nßav elg
aTtalxTjötv gelesen werden? — In Z. 66 vermute ich statt ywv ju./ (= ixetk)
vielmehr yvcofi^ == yvoSfi^ovog). Davor vielleicht Kavoviov wie in Z. 126? —
Z. 73 ist zu trennen: ötcc x&v xov ly^ iv iiEq)ciXal(o (st. evKS(pa}Mi.^ = Iv-
üScpciXaicoiia S. 393) %al x«t' avöga Xoycov. Der Gegensatz ist: „summarische
Übersicht" und „Spezialisierung Mann für Mann".
S. 39, 91 wird von K. mit Recht avsTtUi^QLxog) aufgelöst. Danach er-
gänze ich auch in BGU 562, 16: kko avsTttniQixav).^)
Am schwierigsten ist S. 40, 126 flf.*) Ich vermute: Kavoviov yv(0}io(^vog)
ixo^[evov (d.h.. des folgenden) xov a^vaXa[iß{dvovxog) xexeXevx\^r]^K{6-
xag). Z. 128 vielleicht: XaoyQa(q)ovii.evoi) iv [yva^ovi] ai'EXri(ig)'d'('r]-
Gav).^) Doch hier bleibt noch vieles dunkel.^)
Vielleicht noch wichtiger sind die beiden folgenden grofsen Urkunden
auf S. 42 — 61. Es sind verschiedene amtliche Listen, die von einem Ampho-
darchen aus Ai'sinoe im 5. Jahre des Vespasian aufgestellt sind. Das Kopf-
stück der ersten fehlt. Die zweite wird als aTtoXoyL6(xbg a.(p^iXiK(av vl6)v
KocxoLKcov bezeichnet (S. 49), die dritte als aTioXoyiöfxbg acprjXLyMV vuov
[X^a\^oy^Qaq)ovfji£V(X)v (S. 55), die vierte als yQtxcprji tcöv xäi e (evei) ßnjfiav-
^EVx(ov Öl vTCoiivr)ii.dx(Ov iTtiysyEvvrjßd'ai xotg VTtoyEyQd^fievoig e'xeöi (S. 60).
Diese Listen werfen aufserordentlich schwierige und wichtige Fragen auf,
denen Kenyon mit grofsem Scharfsinn zu Leibe gegangen ist. Da Grenfell
mir mitteilte, dafs der II. Oxyrhynchos-Band neues wichtiges Material hierzu
bringen wird, so verschiebe ich die Besprechung bis zu dem Referat über
diesen zAveiten Band im nächsten Heft. Nur was die Listen über die Höhe
1) Kenyon S. .30, 44 liest ovalas y£coQy6g und erklärt es als ciiltivator of his
own land — mit Unrecht. Zum Patrimonialland vgl. Ostr. I 392 f. und 643 f., (346.
2) Auch Kenyon, wie vor ihm Viereck und P. Meyer, setzt (S. 22, 96 und
224) TCQogödov yi) = idioitiiiri. Vgl. dagegen Ostr. I 657.- Wenn in dem unpubli-
zierten P. Lond. 604 A (S. 96 A. 2) ßcoilixi] , hQa und idio^rizi] yTy unterschieden
wird, so braucht das nicht dasselbe 7ai sein, als wenn in BGU__20 öioiKijascog rfjg
TU ßaaili-afjg -nal liQccg xcd TtQogodov imterschieden wird. Im Übrigen vgl. unten
S. 148/9.
.3) Grenfell erinnert mich mit Recht daran, dafs hier Z. 15 iTtiy.{sy.QHiivov)
nicht richtig aufgelöst ist. Er schlägt iTti%(iivc(vrog vor. Besser ist vielleicht ein
4) In 125 schlage ich vor: mv yvwyLo(vi) rüi ly'- &v\ fX'^i^qi&rjaav) i]y.
5) In einem unpublizierten Papyrus las ich: iv yvö)^ovi &vcclcc^ißd{v£iv). Vgl.
dagegen S. 39, 99, oline iv.
6) Zu coi' öiiöloyoi (42, 191) vgl. Ostr. I 253 f.
Ulrich Wilcken: Papyniö-Urkundcn 139
der Kopfsteuer im Faijüm melden, sei schon hier hervorgehoben, da dieser
Punkt schon jetzt klar ist. Auf S. 54 wird über die Kopfsteuern von
385 Männern abgerechnet. Von diesen haben 330 je 20 Drachmen gezahlt,
3 je 40, 5 Tote je 10, und 47 sind areKeig, wie K. offenbar richtig in
Z. 20 hergestellt hat. Dafs die Kopfsteuer in Ägypten in verschiedener
Höhe erhoben wurde, habe ich schon in Ostr. I S. 234 tf. nachgewiesen, wo
ich aus den erhaltenen Quittungen zeigte, dafs die verschiedenen kleinen
Ortschaften Oberägyptens z. T. in vei'schiedener Höhe belastet waren. Aber
dafs nach dem Londinensis in der Gauhauptstadt Ai'sinoe sogar die Be-
wohner einer imd derselben Strafse (ßiirpodov) in verschiedener Höhe zur
Kopfsteuer herangezogen wurden, das ist uns neu. Wir werden mit Kenyon
in denen, die 40 Drachmen zahlen, die Ägypter erkennen, in denen, die 20
zahlen, die Griechen, soweit sie nicht KccroiKot, oder sonst Privilegierte sind,
und in den aTsXeig die Letzteren.-^) Dafs uns hier zweierlei Griechen, auch
griechische XaoyQacpov^svoi amtlich bezeugt werden, ist historisch von
hohem Werte. Diese XaoyQacpovixEvot sind wohl jene Gi'iechen^j, die im
Laufe der Zeit sich mit den Ägyjitern gemischt und so jene graeco - ägyp-
tische Mischbevölkerung geschaffen haben, die wie in der Nomenklatur, so
auch in der gesamten Kultur dieser Zeit uns so deutlich entgegentritt.^)
Die von anderer Hand geschriebene Subskription auf S. 54 möchte ich
ergänzen: . . . %arccKexco(Qi6tat) %vQ(tK>g) de' ^Ayad'ov örjfiioGoov) ßvß{Xto-
(pvXaKog) .... Diese Unterschrift lehrt uns, dafs die vorstehenden Ab-
rechnungen des Amphodarchen in die Srjfioata ßißXio&riKT] einregistriert
worden sind. Vgl. die ähnliche Subskription des Strategen-Tagebuchs im
Philologus 53 N. F. 7, S. 99.^)
Von den anderen Urkunden, die Kenyon in diesem Abschnitt vorlegt,
ist am interessantesten der Brief des "AvMog an seine Schwester Tamystha
(S. 63/4), in dem er ihr durch Beifügung von Kopien aus den in der
öri(jL06La ßißXioQ"r]Y.)] hinterlegten Subjektsdeklarationen der beiden letzten
Periodenjahre nachweist, dafs er ihr Bruder ist."'') Dies ist wichtig für die
Publizität der in der dr]^G6tcc ßißXt,od-7]K'r] deponierten Akten. Vgl. Ostr. I 487.
2. Death Certificates. S. 65—68.
Es werden hier vier Todesanzeigen publiziert, wie wir sie schon
kannten^), doch ist manches Bemerkenswerte dai'in. Die obere auf S. 66
1) Die fünf Toten zu je 10 Drachmen werden kaum einer besonderen Klasse
angehört haben, sondern man wird ihnen als Toten nur 10 Drachmen berechnet
haben. Das würde die Eile erklären, mit der die Angehörigen die Todesfälle
melden. Vgl. Ostr. I 455.
2) Die Privilegierten werden sich strßnger abgeschlossen haben. Wenn auch
bei ihnen gelegentlich Ehen mit Frauen ägyptischen Namens begegnen, so mögen
das eher Töchter aus jener griechisch-ägyptischen Mischbevölkerung als aus rein
ägyptischen Familien sein. Doch diese Fragen bedürfen noch sehr einer exakteren
Behandlung.
3) Vgl. meinen Vortrag ,,Die griechischen Papyrusurkunden" S. 34.
4) Ich glaube nicht, dafs man dies naraicaQi^sLv mit Mommsen, Rom. Strafr.
S. 520* als „anweisen" fassen kann.
5) Den Wechsel von QavQ'vovcpig und XsvQ'vov^pig mögen die Agyptologen
beachten! Ähnlich wechselt Otvcdskä? und XsvaU^äg in BGU I 19.
6j Vgl. oben das Generalregister und Ostr. I 454 ff. Bestätigend tritt jetzt
140 II- Referate und Besprechvuigen
ist das erste Beispiel aus dem I. Jahrli. n. Chr. Neu ist, dafs hier der
Tod eines Priesters an die Tjyoviisvot islgicov] gemeldet Avird, damit diese
es weiter berichten an die zuständige Behörde (oncog avevs'ji&fi). Dagegen
wird auf S. 68 (vom J. 170 n. Chr.) der Tod eines Priesters — übrigens
eines cc<pfih'^l — direkt dem Dorfschreiber gemeldet. Dieses Stück ist
dm'ch den Kontrollevermerk des Dorfschreibers „I'(T;(Ov toütou t6 i'ßov eig
i^itaGiv'''', den wir bisher unter den ccKoyQCKpai und Gebui-tsanzeigen kannten,
bemerkenswert. Damit ist zu vergleichen der Schlufs von BGU I 254, den
ich folgendermafsen lesen möchte: TovQßtov ntX. ... to[v 7tQ^oyeyQa{^i-
(.livov) Nefießimva [..] .... aXy]d'(S)g) rereXevtt^y.^ivai.)^) statt to
[ ] Nefisßioav [(X7t6] Tjjg fxrjT^QondXecog) reteXEVT'i^xie).
Zum Text bemerke ich noch: S. 66 oben 4 lies TIav£(pqiii[iiog und
5 TavtfpQt^^iog ^ in 9 TciVccpQ£iiii\^Log\. In 67, 13 (ohne Faks.) wird jeden-
falls ^ylßäöKdVTog für AßaGxaTtrog zu lesen sein.
3. Taxation. S. 69—148.
In diesem Abschnitt hat Kenyon eine Reihe von Urkunden zusammen-
gestellt, die das Steuerwesen betreffen. Auch unter diesen befinden sich
einige Nummern von hervorragender Bedeutung. Über die Steuern selbst
kann ich hinweggehen, denn es ist — abgesehen von der öi^otviKicc —
keine darunter, die nicht schon in meinen Ostraka besprochen wäre^), doch
wird das dort entworfene Bild durch manche neue Züge bereichert. So
wird die Altarsteuer (^(poQog ßcofimv) sonst direkt, durch TtgaKroQeg, ein-
getrieben (vgl. Ostr. I 352 u. 581), hier S. 111/2 durch (iiad'coral uq^ov)
ysi(Qi,(j(iov). Ich weifs keine andere Lösung dieses Widerspruches als die
Annahme, dafs diese letztgenannten j.u6d-coral i. y. nebenbei mit der direkten
Erhebung dieser Steuer betraut waren, also nicht Pächter der Altarsteuer
waren, ebenso wie jene iiißd'axa.l tSQäg nvXrjg Soi^vrig nicht Pächter der von
ihnen erhobenen Steuern, sondern ihre direkten Erheber waren (vgl. Ostr.
I 611 ff.) — Ferner wird die von GH aufgestellte und von mir übernom-
mene Ansicht, dafs das reXe6(xa Ka^'^lav zwei Drachmen füi- jedes Kamel
betragen habe, durch die Abrechnung auf S. 81/2 umgestofsen, wonach
auch andere Sätze wie 11 oder 6 Drachmen vorkamen. Also stand die
Abgabe wohl in einem Verhältnis zum Wert des Tieres.
Doch wichtiger ist mii% was ich über die formale Seite der auf Papyrus
geschriebenen ddyQaipsv-Qnittungen^) aus dem Faijixtn durch die Texte auf
S. 110 hinzugelernt habe. Ich hatte bisher angenommen, dafs diese Quit-
tungen den Steuerzahlern von der Bank ausgestellt seien, und hatte sie
daher im Urkundenverzeichnis in BGU 11 als Bankquittungen aufgeführt.
zu diesen Ausführungen P. Oxy. I 173 (description) hinzu: TtSQiygacpfivat, itSQl tfig
XaoyQacpiag xat rov ^iLQOJVcc^iov.
i) So nach flüchtiger Revision des Originals. Auch sonst ist die Publikation
verbesserungsbedürftig. In Z. 2 glaube ich zu sehen : ko^ ^ß ra|fw(?) ngogyii. . .)
statt ..f|. Ta|co(s) TtQog(p{avrtCioig'i).
2) Manche dieser Texte habe ich mit Kenyon's freundlicher Erlaubnis schon
1895 kennen gelernt und daher für den Ostraken-Kommentar verwerten können.
3) Ich meine die Quittungen, die mit mancherlei Varietäten im Durchschnitt
folgendes .Schema zeigen: Datum — ddyQatpsv 6 dtlva — dem Erheber (kann
fehlen) — für Abgabe — Summe.
Ulrich Wilckon: T'iipyrus-Urkunden 141
Da Subskriptionen nicht vorhanden waren, hatte ich das nur aus der
Analogie mit den sicher bezeugten Bankquittungen und aus der Thatsache,
dafs auch im Faijüni die Steuererheber in Briefform quittieren, geschlossen.
Dieser Schlufs war falsch: diese diiyQuiljev-Qmtinngen sind vielmehr sicher
Erheberquifctungen. Das zeigt jetzt die Quittung auf S. HO, die von
zweiter Hand subskribiert ist: TQvq)(o(v) avveaio(^v) ag TtQOK^eiTai). Dafs
dieser Tqvcpiov einer der vorher genannten ^ixo'/pb nqccnxoQeq ist, wird durch
die folgende, aus demselben Jahre stammende Nummer bestätigt, in der es
heifst: 8dyq{a'x\)£v) TQvcpavL irQaKtcoQt. Hier ist also endlich einmal eine
Subskription, die die Frage entscheidet. Danach ist es kein Zweifel, dafs
diese ^is'y^ai/^ev-Quittungen von den in ihnen genannten Be-
amten ausgestellt worden sind. Nachträglich finde ich eine Bestätigung
in P. Grenf. I 50,. in der ein Exeget unterschreibt. Dafs diese Quittungen
dem Steuerzahler ausgestellt wurden, habe ich schon in Ostr. I 69^ aus
dem gelegentlichen Zusatz (itr) ^^rjöd^svag sviQo) ßv^ßolco (oder ähnlich)
geschlossen.^) Wir haben also zu konstatieren, dafs im Faijüm die Erheber
dem Steuerzahler bald in Briefform, bald in der objektiv stilisierten öle-
yQaipEv-'FoYm quittierten, imd damit haben wir eine schöne Parallele zu
den Gepflogenheiten in Syene-Elephantine gewonnen, wo — abweichend
z. B. von Theben — gleichfalls beide Formen für die Erheberquittungen
nachweisbar sind (vgl. Ostr. I 120 ff.). Dafs die TtQoaöiciyQacpo^sva nun-
mehr nicht blofs in den Bankquittungen, sondern auch in den Erheber-
quittungen begegnen, kommt nur erwünscht, denn es war nicht recht ein-
zusehen, weshalb diese Zuschläge nicht auch in den Erheberquittungen
notiert werden sollten. Vgl. Ostr. I 287 f.
Wenn die Entzifferung dieser Steuerquittungen in Kenyon's Publikation
noch nicht überall gelungen ist, so ist zu bedenken, dafs diese Texte ebenso
wie die auf den Ostraka meist in gröfster Eile und Flüchtigkeit hin-
geworfen sind und daher der Entzifferung ganz besondere Schwierigkeiten
entgegenstellen. Sie erfordern ein Spezialstudium. Im einzelnen bemerke ich
folgendes :
S. 69, 3 l. OaQi^ov&i) Lo. «^ti>(fi'>;(J£C()g) 0ajLt£i/a)^ 8i{iyQay\> ev^
statt Oa6L la. . . Oai»\ß\v(xid' »j. Das soll heifsen, dafs am 11. Pharmuthi
auf Rechnung des (vorhergehenden) Monats Phamenoth gezahlt ist. Vgl.
Ostr. I 814 f. — In Z. 6 Schlufs lese ich nqoqißiayqacpoiiEva) ösKa
(seil. oßoXovg) statt tt % ösaa. — Von Z. 7 an ist später geschrieben, wenn
auch von derselben Hand. In 7 lese ich '£^(4)90 a a^i&dirjaeojg) statt
sni Xa. . .
S. 70 oben Z. 2 1. )cc6(ft>/g) statt ßov^. Die erste Zeile ist schon von
GH gebessert. — In der zweiten Urkunde auf derselben Seite ist q mit
folgender Schleife eine häufig vorkommende Sigle für exaroöxij. Sachlich
hat es K. schon richtig gedeutet. — Füi- ßo^ in Z. 3 und 5 weifs ich
keinen anderen Vorschlag als (3ocö(i/), also Rindersteuer. Vgl. Ostr. I 352.
Dafs die Altarsteuer danebensteht, spricht nicht dagegen. Vgl. BGU I 199.
1) Was ich ebendort S. 648 anführte, um die Aushändigung- an die Erheber
zu erweisen, fällt nun hin. Wenn in BGU I 342 zwei Zahler genannt werden,
so mag das so zu erklären sein, dafs der erste auch für den zweiten gezahlt hat.
Vgl. Kai tig.
142 II- Referate und Besprechungen
Ans der wichtigen Urkunde auf S. 71 hat K. durch Vergleichung mit
BGU I 1 den richtigen Schlufs auf die Kopfsteuerpfiicht der Priester ge-
zogen. Vgl. Ostr. I 231/2 und 241.
Von den darauf folgenden Objektsdeklarationen bietet die auf S. 72
etwas Neues, insofern sie uns zeigt, dafs die Genauigkeit im Deklarations-
wesen sogar so weit getrieben wurde, dafs diejenigen, die über die im ver-
gangenen Jahre deklarierten Güter zur Zeit nicht mehr verfügten, doch in
den üblichen Formen erklären mufsten, dafs sie eben nichts mehr hätten,
und nachweisen mufsten, wo die früher deklarierten Güter geblieben wären.
Bei den folgenden Texten vermissen wir die genaue Angabe der ver-
schiedenen Hände.
S. 73, 15 1. 'l6ivQi(o{v). Weiteres bei GH.
S. 74, 14: hinter (5ta fehlt nichts. Was scheinbar dahintersteht, ist
der zur Zahl « in der folgenden Zeile gehörige Strich.
S. 77. Der obere Text ist noch ganz unvei'ständlich. Ein Faksimile
ist nicht beigegeben. — Der untere Text ist, wie K. mit Eecht hervorhebt,
o/' a guite unusnal nuturc. Er zeigt uns, dafs zur amtlichen Auszählung
des Viehes, die zur Kontrolle der Viehdeklarationen erfolgte, gewöhnlich
Männer aus einem anderen Gau genommen wurden. Hielt man diese für
unparteiischer? Auch dafs der Epistratege diese ernennt, ausnahmsweise
der Stratege es thun kann, ist uns neu. Der Epistratege verteilt freilich
auch sonst die Liturgien, und dafs das Viehauszählen zu diesen gehört,
habe ich in Ostr. I 475 vermutet. Wenn ich dort hervorhob, dafs nach
BGU I 358 ein vornehmer Mann, ein zum Gymnasiarchen designierter, mit
der Auszählung der Kamele beauftragt war, so bestärkt mich dies in der
Vermutung, dafs hier in dem vorliegenden Londoner Text in Z. 1 AyQa^ö
für ayoQavo^ov verschrieben oder verlesen ist. ^) — In Z. 12 steht ypgav
nicht für %qcUiv oder '/^OQt^yiciv (K.), sondern einfach füi- ypqav in der Be-
deutung „Platz, Stelle". Vgl. P. Lond. I, S. 39, 40.
S. 79 oben 3 wird (Ji[c'j'^(ai/;£v) JioG'aoQai] zu ergänzen sein, da
für Kai ixiroiotg kein Platz zu sein scheint. Sonst könnte trotz der Sub-
skription /lioQKOQolg] ae6r]fi{slcoficci) ein anderer Name stehen. Vgl. oben S. 141.
S. 79 unten 2 ist noch völlig dunkel. Ich lasse es dahingestellt, ob
der Kauf des Esels oder sein Besitz besteuert wird. In letzterem Falle
wäre das rekog ovov zu den anderen uns schon bekannten Vei-mögens-
steuern hinzuzufügen (Ostr. I 408). Jedenfalls ist aber 'jJyo(^«Gev), nicht
r}y6{Qa6a) aufzulösen.
S. 80 oben 3 ist wohl OaQ^ov&^t) lö zu lesen. Statt asi oder
XiÜTisi) in Z. 7 lies Gv(^iißoXi%ov).
S. 80 unten 5 1. 8i(^a^ ^EQieag statt Tegiicog. Letzteres wäre, als
ein weiblicher Name, auch unmöglich für einen Praktor.
S. 81 unten ist wohl (p*^ ß nicht in q)6(Q0i) ß, sondern in (po{QKi) ß
aufzulösen, im Sinne von „zwei Raten''.
S. 82, 4: der Pakjsis, der das rikog fx6(}%ov ^voiilpov iv tf^<^c5)> zahlt,
wird ein Priester sein. Vgl. Ostr. I 384 f.
1) Eine Namensbezeichnung wie /lidv^ov 'AyQccy.o(v) v'io(v) TJccn^iötoiis) ist
an sich durchaus unwabrscheinlicli. Der Urolsvater wird nicht mit v'iov ein-
geführt.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 143
Es folgen S. 83 ff. die interessanten Quittungen über Thorzölle. Vgl.
Ostr. I 354 if. Dafs nach einem von GH edierten Text überall rereXeötai
statt rExiX'exs zu lesen ist, hat Kenyon in den Corrigenda p. XI angemerkt.
S. 84 steht nach K. statt dessen Ttadeö. Ich las am Original naQaeg, was
eine Verschreibuug für 7taQeö(jev) sein könnte. Es ist aber unsicher.
S. 85 unten 7 L Tvßi ißööfiy.
S. 86 unten 3 las ich am Original NaaQay\g], ein auch sonst be-
kannter Eigenname, nicht Na&Qag.
S. 87, 2 las ich am Oi'iginal igaycoi^v) statt Iot". Das scheint mir
sicher, dagegen lasse ich den Schlufs von Z. 3 und Anfang von 4, wo ich
xi^^xa. vermutete (Ostr. I 356"''), dahingestellt.
Die beiden Quittungen auf S. 87/8 bestätigen im wesentlichen meine
Ergänzung von P. Grenf. II 58 (Ostr. I 394). Dafs hinter TlqoaoiTtLxov Kcd
ein Gauname stehen müsse, hatte ich richtig erkannt; nur auf den Ai]xo-
7toXixr]g konnte ich allerdings nicht verfallen. — S. 87, 3 haben GH statt
uTtsv&SQov gelesen: Av . .a TCQay^i.iaxiKov). Ich möchte lesen: ''Avovß(. . .)
7t Qayijiaxevxov)] die letztere Auflösung wird durch den Paralleltext P. Grenf.
II 58 an die Hand gegeben.
S. 88 oben 5 ergänze "£;^[a)]. — S. 88 unten 3 Schlufs 1. naQa
ö[o(ü)]. Der Abkürzungsstrich ist noch sichtbar.
Es folgt der Abschnitt über die Naturalsteuern. Hier ist Kenyon's
Konmientar durchweg von der irrigen Vorstellung beherrscht, dafs die Sito-
logen die Erheber der Naturalsteuern seien. Die TtQccaxoQeg atxmCov, meint
er, träten nur dann ein, wenn statt des Getreides Geld gezahlt werde
(S. 101). Ich glaube in Ostr. I 653 ff. und 658 ff. erwiesen zu haben, dafs
die Sitologen vielmehr die Beamten des Thesauros sind, die die Getreide-
lieferungen von den Natm-alsteuererheberu (den TtQÜKxoQeg 6lxi.küv)^) ent-
gegennehmen und andererseits auch die nötigen Auszahlungen vornehmen,
und habe mich dabei gerade auf die von Kenyon hier vorgelegten Urkimden
gestützt. Die Sitologen sind danach in der Natui'alverwaltung, was die
Trapeziten in der Geldverwaltung sind. Die Sitologenquittungen auf S. 91 ff.
.sind also Thesaurosquittungen, die, wie ich Ostr. I 110 f. gezeigt habe, von
den Sitologen den Naturalsteuererhebern ausgestellt wurden; die in den
Quittungen oft in gi'öfserer Zahl (S. 90) genannten Lieferanten aber sind
die Steuerzahler. ^)
Im einzelnen bemerke ich:
S. 89, 11 (ohne Faksimile) wohl 6]v6[fiaxog) statt ]Ao). — Das tiq"
ist in diesen Urkunden, die von i.iETQri[iaxcc handeln, nicht in nQo(g-
diay'Qacpo^svci), sondern in 7tQo{gii£XQuvi.iEva) aufzulösen. Vgl. Ostr. I 289.
S. 90, 8 kann dr} unmöglich zu Ö7](ii6glov yecoQyov) ei'gänzt werden.
1) Dafs die TtQccKxoQsg 6itiv.&v nicht nur bei der adaeratio eintreten, sondern
auch Naturalien entgegennehmen, zeigt z. B. Ostr. II n. 301, 9G1, 1031.
2) Die Richtigkeit dieser Deutung wurde mir nachträglich durch ein Ostrakon
in Gizeh (n.9562j bestätigt, welches beginnt: \jivt^iyQ{cccpov) &ttox(jis) rjs ^^eS6^i]v
[TI?]uiim(vd"r] ?j Kai 2!r}cp . . xal fi(£rö;^o(ff). Darauf folgt im üblichen Schema :
Mt(tQri^cc) &ri6{avQov) u. s. w., nachher v-jt{£Q) X^dgccnog) 6v6[^utos), worauf Namen
folgen, die ich noch nicht entziffert habe, die aber sicher nicht mit den vorher
genannten Namen übereinstimmen. Damit ist er^viesen, dafs diese Quittungen
vom Sitologen dem Erheber aussfehändi^t wurden.
144 II. Referate und Besprecliungen
Das hätte notwendig vor BaKii^iccdog) stehen müssen. Vgl. auch S. 91
oben 8; 95, 22. Ich 'sehe hierin vielmehr die Bezeichnung der Abgabe
und lese: 6i^(^(io6i(ov^ (seil. ystoQyav) im Sinne von vnsQ S.^) Ähnlich in
den folgenden Nummern. Dafs Öy] hier überhaupt auf die drj^oöioi yecoQyoi
hinweist, hat Kenyon richtig erkannt.^) Die Abgaben, die S. 90 IF. für die
ö)]fi6at,oi yecoQyoi und natürlich auch von ihnen gezahlt werden — im Gegensatz
zu v7t£Q y.Xi]QOv%cov S. 93, 12 — sind also Natiiralabgaben der kaiserlichen
Pächter. Ich möchte dabei nicht, wie K. zu thun scheint, in erster Linie
an die Rückzahlung der ihnen vorgeschossenen Aussaat denken, sondern
namentlich an die skcpoqlcc, den Pachtzins, den sie dem Kaiser schuldeten
und die weiteren Zuschläge.
Die folgenden Worte hinter diesem 6}j (S. 90, 8) liest Kenyon öi)
[ . . ]coQ., und denkt dabei an 6ta yscoQymv. Grenfell-Hunt schlagen [xwjjna^)-
;^(ä»v) vor. Ich lese nach dem Faksimile: öicc [rjcbv «(tto) 2oKvoTc(^aiov)
NijGov (der Abkürzungsstrich über a ist weggebrochen) und verweise zur
Stütze auf den ähnlichen Passus in BGÜ I 201: 6r](iooio)v öia twi' anb
<I>iXon(^(iroQog).
Auch S. 91 oben 7 ist, wie GH schon für S. 92 und andere Stellen
bemerkt haben, '^varä statt ^£örc5 zu lesen. Es bezeichnet das „abgestrichene"
Mafs. Die von K. vorgeschlagene Erklärung von 'E,eöv(p als a mcasure
containing one '^sa trjg (ebenso S. XI) wäre sprachlich unmöglich. Es
ist aber überall IikTtm zu lesen. Vgl. Ostr. I 769^
S. 92 c, 4/5 1. ^Ayyp-TtLV. Der Name ist mir sonst als AyyßicpLg be-
kannt. Ebenso a 5 ^Aiv/Giiniv). Es ist dieselbe Person.
S. 93, 12 mufs hinter dg der Name des Steuerzahlei'S stehen. Der
Artikel davor ist ausgeschlossen. Lesung unsicher.
S. 94 oben 9/10 1. Ilariio^iv) Marast statt naxiG^axag. Der zweite
Name, der auch in CPR I 33, 18; 239, 3 im Genetiv Maxusixog begegnet,
erinnert mich an das koptische M(\TO I (Soldat). Ist er vielleicht die
faijümische Form davon?
S. 95, 22. Es ist für die Auffassung von den öri^ÖGLOi yscoQyol von
Bedeutung, dafs hier ein isQsvg die Abgabe örj^(^o6icov yscaQy&v) zahlt. Dafs
wirklich ein Priester zugleich dTjßoötog yscoQyog sein konnte, wird durch
S. 34, 204 bestätigt, wo ein [e{QEvg) ötj^iioatog) y^EcoQyog) begegnet.
Die Urkunden auf S. 95 — 98 aus der Zeit des Augustus sind dadurch
besonders wichtig, dafs sie uns den Geschäftsgang der kaiserlichen Thesauren
vor Augen führen. Vgl. Ostr. I 657^ 661 ff., 701.
S. 96/7. Mit dieser Urkunde ist Rev. L. App. II 3 (aus dem III. Jahrh.
V. Chr.) zu vergleichen.
S. 97, 3/4 glaubte ich am Original zu erkennen rik[kcov\ \ ijyovjxivav
1) Ich habe früher bei dem Srf ähnlicher Urkunden zwischen Si][iÖ6ioi und
Sr^yböxui geschwankt. Dafs ersteres richtig ist, zeigt jetzt BGU III 802 IX 13 if.,
wo in ähnlichem Zusammenhange dr}iioaicov ausgeschrieben ist (vgl. auch BGU
I 201). Sie zeigt zugleich, dafs ich mit Recht einen Gegensatz zu den xäroiKoi.
in BGU G4 gesucht habe. S. nächste Anmerkung.
2) Dafs öriiiÖGiog, abgesehen von seinen anderen Bedeutungen, auch für öi]-
ftoff/og ytoiqyög stehen kann, ergiebt die Vergleichung von CPR 1 33; BGU I 201;
II 598; G5y II.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 145
(j korrigiei*t), wo Kenyon liest: aX\k(ov xmv itu\ \ Q\a\y£vq^iiv(av. Vgl. Ostr.
I 662. Faksimile ist nicht beigegeben. Danach würde riyoviievoL hier eine
allgemeine Bezeichnung für die Beamten sein, zu denen auch der Toparch
und der Dorfschreiber gezählt werden. Dagegen hat 'r]yovii£vog eine prägnante
Bedeutung in Zusammensetzungen wie iiyov^evoq Kc6jii>/g, i'jyoufifvot tcQscov etc.
Ist in Z. 9 vielleicht die Lesung ;ri;ploi)] 2vQLaKov nQcorov möglich?
und in 10 vor der Summe öavsiov?
Diese Quittungen, die die Sitologen sich nach Z. 10 von den ötjixoOcoL
yscoQyOL ausstellen lassen sollen, sind eben jene Aussaatquittuugen , die uns
in der Berliner Sammlung so zahlreich erhalten sind. ^) Gerade dieser Lon-
doner Papyrus war mir ein Beweis dafür, dafs jene Aussaatquittungen von
nicht privaten ysioQyol geschrieben sind. Vgl. auch unten S. 148 f.
S. 98, 1 ergänzt K. mit Rücksicht auf die uqo. yr]: 7jyou^£v[og lEQiciv\^
was mir sehr unwahrscheinlich ist. Es ist hier ein höherer weltlicher Posten
zu erwarten^), denn wenn auch die teQcc yi] gleichfalls in Betracht kommt,
so handelt es sich doch vorwiegend um kaiserliche Domäne, und, was die
Hauptsache ist, auch das Tempelland steht ja in Ägypten in könig-
licher Verwaltung, wie für die Ptolemäerzeit durch P. Par. 63 nahe-
gelegt wird, für die Kaiserzeit jetzt aber unumstöfslich der vorhergehende
Text auf S. 96 zeigt.
In Z, 3 möchte ich yQa^\ax(tvq) (Jrj(jito()/cai')J yzMQy&v ergänzen,
womit S. 31, 94 zu vergleichen ist und oben 8. 138. Jedenfalls handelt
es sich um öffentliche, nicht um private yecoQyoL — Z. 5 ist gewifs TtaQ^cc
(pavarov^ zu ergänzen.^) — Z. 7/8 lese ich y£(OQyoi[^s f^s] | Sc(V)ja (=
öccvsia) statt y£co^yor[g] | nXeiva. — Z. 10/11 trenne ß<x]\6iXcK0v. — In
Z. 12 ist sehr zu überlegen, ob statt [ßia] nicht [xal] zu ergänzen ist. Das
erstere könnte nur bedeuten, dafs der Stratege vertreten sei durch den
kaiserlichen Sklaven, was mir unwahrscheinlich ist. — Z. 13 lautet die
Zahl x^^tL (697%), nicht x^tLC
Auch der Text auf S. 99 ist von grofsem Interesse: die Quittung eines
Steuermannes eines öffentlichen Faln-zeuges, durch die er bekundet, vom
Sitologen zum Transport nach Alexandrien so und so viele Artaben Weizen
empfangen zu haben. Ähnliche Quittungen eines vavKkrjQog aus dem 18. Jahre
des Ptolemaios V. besitzen wir in P. Petr. II 48, die gleichfalls von den
Sitologen ausgestellt sind.*) Vgl. auch Oxy. I 63, BGU III, 802 und
P. Petr. II 20. Ln einzelnen bleibt noch manches dunkel. Z. 2 Anfang
wird ccQzdßag x zu ergänzen sein, die Artabensumme , die das Schiff zu
tragen fähig ist. ^) Gegen Ende wird üinrog (für Sextus) zu verbinden
1) Vgl. Viereck, Hermes 30, lll/'i.
2) Dem Range nach würde hier der rjyov^L£vog tov arQccrry/ov passen, der
jetzt durch Oxy. II 294, 19 bekannt wird.
3) In diesem ^avatog IlQlaxov KaiaccQog sieht jetzt auch Kenyon einen kaiser-
lichen Sklaven. Vgl. Ostr. I 662. Auch in BGU I 102 wird KcäauQog {Sovlog)
zu verstehen sein.
4) Der in Ostr. I 653 als möglich zugestandene Einwand, der Steuererheber
habe sich vielleicht das Getreide nach dem Thesauros transportieren lassen, ist
abzuweisen. Vielmehr tritt ims auch hier der Sitologe als der Magazinbeamte
entgegen, der das Getreide zum Transport nach Alexandrien (vgl. Z. 24) dem
VDcvKlriQog übergiebt.
5) So lese ich in P. Petr. II 20 IV 14 (vgl. 4/5): Xs^ßov {aQtaßwv) % (900)
Archiv f. Papyrusforschung I. 1. 10
146 II- Referate und Besprecliungen
sein.^) Der Titel vor keyuovog in 3 ist noch zu entziffern; jedenfalls steht
nicht a6i](iov da, auch ist der militärische Titel sicher nicht mit K. auf den
Steuermann, sondern auf seinen Vertreter ((Jia), jenen Sextus Atinius zu be-
ziehen. — Das Getreide wii-d verladen iitl tov Ka[ta IlvoXs^^aLÖci [oojitjov.
Wenn K. meint, dafs damals zur Zeit des Augustus sich hieraus noch nicht
der Ortsname IlTolsfiai; "Ogfiog entwickelt habe, so hat er P. Petr. II 28
(I) 8 übersehen, der aus dem III. Jahrh. v. Chr. stammend, schon UxoXe-
jttaig "ÖQ^og als Dorfnamen erwähnt. Trotzdem sagt man auch damals bei
Verladungen inl rov] Kara nro[k]£ficiLÖa uq^ov, wie ich nach Obigem in
P. Petr. II 48, 3 (Zeit des Epiphanes) ergänzen möchte.
In Z. 12 haben GH xalKS^XoTcp (= xalK}]Xcir(p) vorgeschlagen. Ich
glaube iaX%eiXdx(p zu erkennen.
Nach Z. 10 wird man jetzt in P. Petr. II 48, 8 ergänzen: x£K[o(rxii£i;-
^ivovj ebenso in Z. 17, wo ich am Oidginal hinter %ci&aQov noch ein % sah.
Dafs ebendort Z. 10 %al ov&sv ivxaXco zu lesen ist, wo Mahaffy nai, ad'rj-
vicov? KceXag las, ist schon in Ostr. I 653"^ angemerkt und wird jetzt
dui-ch die obige Urkunde Z. 17 bestätigt.
Das syrische Getreide, das hier und in der vorhergehenden Urkunde
begegnet, bedarf noch der Aufklärung. Kenyon hält es für com of fite
Syrian Jdnd grown in tJie Ärsinoite nomc.
S. 100 oben 2 lese ich: JiovvGLa8[og y]£V)j|u.(aTog) §^ . — Ebendort
unten Z. 1 scheint mir Tftf- an der Spitze einer Naturalquittung unwahr-
scheinlich. Sollte nicht ^Efisr^Qi^KSv) dastehen? Faksimile fehlt.
S. 101 An. 6 ergänzt K. richtig ^ETQrjao^sv in BGU II 414 statt des
yiarE%coQlGa(iEv des Herausgebers, wie auch ich schon in den Addenda zu
BGU II S. 356 angemerkt habe. Zur Sache vgl. Ostr. I 666.
Es folgen die Arbeitsquittungen über die fünftägigen Frohnarbeiten
an Dänamen und Kanälen, die Kenyon sachkundig erklärt hat.^) Vgl. auch
Ostr. I 338 ff.
Auch hier genügen nicht die Angaben des Herausgebers über die ver-
schiedenen Hände. Die Photographien zeigen, dafs die Arbeitsquittungen
auf Vorrat geschrieben wm-den, so dafs nur der Name des Arbeiters (von
zweiter Hand) eingefügt zu werden brauchte. Meistens folgt dann noch
von dritter Hand die Subskription des Beamten. Lii einzelnen bemerke ich:
S. 104 oben 6 lies üaTtod'i.g (?) Ma^aaovr( . .) st. TlaTtstg MaQaöov^.
S. 104 Mitte 4 1. Ecog MEöOQrj st. £ig MtöOQi]. Zu dem Einschiebsel
firj 7t()oaxQii'j6rj ktX. vgl. Ostr. I 79 und dazu S. 820. — In Z. 8 wird statt
7] die aus dem Demotischen übernommene Abkürzung 1 für (itjtQog stehen.
Jedenfalls ist TEKici6io(g) der Muttei'name.
S. 105 Mitte 4 liest K. iv t('»j) 'ETtayia&co?) (Lesung t?; sicher nach
S. 106, Mitte 6): evidcntly a place name. Ich möchte den regelmäfsig
i(p' ov Kv(ß8QV'^rrig) Tiqxis statt Mahaffys F r|l E(pov fiysQrig. Vgl. auch BGU
III 802 XII 13. '
1) So jetzt auch GH in Oxy. II 276, die aufserdem nach dem Oxy. davor
iTtinX\o^v erkennen.
2) Wenn K. es vermifst, dafs der Herausgeber von BGU II 593 die Ab-
kürzung von ;^tojiaTMj' nicht erkannt habe, so mufs ich bemerken, dafs sie hier
thatsüchlich nicht vorkommt. Nach einer von Krebs mir geschickten Abzeichnung
der schwierigen Stelle glaube ich v(ntQ) avc^ißoX&v) zu erkennen.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 147
folgenden Gottesnamen Eonvonatov dazunehmen und verbinden: iv xT] „'jEtk'
ccyK^ü Sovivonaiov^''^ wozu öicoQvyi oder ähnliches hinzuzudenken ist. Dieser
fromme Wunsch ist jedenfalls für einen Kanal oder dergl. im Gebiet von
ZonvoTtaiov NT]6og ein sehr passender Name. Was ich in Ostr. I 338 über
die Berechtigung des Tempels, Frohnarbeiten aufzulegen, aus dieser Gruppe
geschlossen habe, wird jetzt durch das iv rfj, das ich damals noch nicht
kannte, hinfällig. — In Z. 7 steht vor Ta%icc6io(g) wieder die Abbreviatur
fÜl' fii^T^OJ.
S. 105 unten 5: zu KElievö&etöav) vgl. Ostr. I 822. — Z. 8 Teoieag
ist der Muttername (Femininum von 'EQiicog).
Zu 8. 106 unten 5/6 vgl. BGU I 264 (Corrig.).
S. 108, 15 1. Uavsavsvg statt TlaTtEGrQEmg.
S. 109, 20 1. yiQÖig st. yEQÖiog.
S. 110 oben 3 ist Kenyon's Ergänzung ^HgaKlksiag] unrichtig, denn dies
Praktorenkollegium gehört nach Apias, wie der nächste Text zeigt. Auch
verlangt der Zusammenhang hier den Namen des Steuerzahlers, also 'Hqk-
rX]st6i]g, oder vielmehr nach den Schriftspuren: 'Hoax\X^ei[ö'i}g\. —
Z. 4 erklärt K. agid-f xar vkov als ccQi&^firjrixbi') xav oixov. Es ist viel-
mehr zu verbinden: aQL&f.i(r]riKOv) %axv%ov (= xßTotxroi'). Vgl. Ostr.
I 351. Entsprechend im folgenden Text.
S. 110 unten 6 : '/^cilv,Lv(^i]v) f . Grenfell-Huut postulieren , dafs ^ hier
nicht für 5, sondern für 6 Obolen stehen müsse, da die ^akKivr] 6 Obolen
habe. Ich erkläre so: „eine Kupferdrachme (von 6 Obolen) und 5 Obolen".
Vgl. Ostr. I 735 und 821.
Mit S. 111 oben ist jetzt BGU 748 II zu vergleichen.
S. 113, 4 1. aQid'{(x,rj6s(og) MsGo^qt}) statt . . Me6'\ — 5 1. Zara-
[ß]ovTog st. 2a^[ß]ovrog? — 6 1. leQsvg st. iSQeiag. — Wichtiger ist Z. 7
IgKQiösa^g) st. ig KQt,aeci). Über die priesterliche Abgabe des sianQiriKou
vgl. Ostr. I 185. Das folgende Wort ist vielleicht tQscav zu lesen. — 8. 1.
ä^ {= xEtaQTOv Exovg) st. dQ. Den Schlufs der Zeile lese ich: nigogöta-
yQa(p6(iEva) a -^ ^ {=1 Dr. lYg Ob.), G^v^ßoliKOv) [^ (= 3 Öbol.). —
9 Anfang scheint eq^ov zu stehen st. ßv^iß. Lesung unsicher. Wenn
richtig, so würde wohl ^Eq^ov hier in Parallele zu dem vorhergenannten
ZoKvoTtalov Q'EOv stehen. Den Schlufs dieser Zeile lese ich: n\qog8ia-
yQc<g)6fiEva) p , a{v(A,ßokiKov) <\ (= ^^ Oh.).
S. 114 oben 6 1. ielqiö^^ov) st. %EtQtö (= xeiqlov p. XXXIII).
S. 114 unten 3 (ohne Faks.) wird aQt&^^iqöEcog) Qacocpi öüyiQccipsv)
oder ähnlich zu lesen sein statt ccficpEcpiöag. Aber was ist öiy) in 4V Zu
der ETfiötaxLKov-Ahgdihe vgl. Ostr. I 366.
S. 115, 6 ist der Name der Steuer verstünuiielt. Die Ergänzung ')(^]co-
(idxav wiixl von K. mit Recht in Zweifel gezogen wegen der Summen. Man
könnte auch an 6^co(iuxcov im Sinne von „Sklavensteuer" denken. Vgl.
Ostr. I 304. — Z. 8 (OKxoo/tß. Dazu Kenyon: anxco written hy mlstake,
the real numher heing t/3, which follows. Nein, es folgt: — ''ß = 12 Obolen.
Also all riglii. Dafs die Obolen nicht zu Drachmen verrechnet werden, koimnt
oft vor.
Der zweite Text auf S. 116 bietet grofse Schwierigkeiten. The hulh
of ilie (locnment still awaits elncidafion. Ich glaube, es handelt sich hier
10*
148 IT- Referate und Besprechungen.
um die Behandlung von konfiszierten Vermögen: v7zc4Q')(^6vrcov (so wird
statt VTtaQiov tcov zu lesen sein) yEVi]^ccroyQ(aq)OVfxivo}v) oder ysvrj^aroyQiacpri-
d-ivrav) nQog rbv vrjg ÖLOLürjöscog köyov. Zu dem rätselhaften ysvrjiiaroyQa-
cpetv, dessen Etymologie uns nicht weiter hilft, bemerke ich folgendes. In
BGÜ I 282, 19 wird als Grenze angegeben ein yevr]^aroyQa(povn[e]vog iXaiav
TCQOtEQOv Aoyytivov Fe^iXlov. Dieser Olivengarten war also frülier Privat-
eigentum, ist es jetzt aber nicht mehr, ist also öffentliches, wohl kaiser-
liches Eigentum geworden. In BGU I 291, 14 ff. beklagt sich eine Frau,
dafs jemand ihre Oliven rauben wolle, indem er vorgebe, avx[ovg ijjt xov
dtj[jU.o](?tO'u icovTjcT'ö'at , ^iri8mo\x\e \y£vri\^\ci\xoyQC(q)y]\ß-iv\xog \xov iXaiävog
(oder ähnl.). Auch hier tritt deutlich der Gegensatz des privaten und des
öffentlichen Eigentums entgegen. Der Mann behauptet, die Oliven von der
kaiserlichen Verwaltung gekauft zu haben, „während der Garten doch nie-
mals der ysvrjjxaxoyQCKpla verfallen war". Also verliert er dm-ch das yEV}]i.iaxo-
yqacpelGd'aL den privaten Charakter und wird öffentlich. Wäre BGU II 599
vollständig, würden wir weiterkommen. Es scheint^), dafs hier ein Grund-
stück von Leuten, die für einen kaiserlichen Pächter Bürgschaft übernommen
hatten und dem Staate gegenüber mit in Schulden geraten waren, dafür
der y£vr]^caoyQctq)la verfallen war. Der Staat wird sich also an die Bürgen
gehalten und ihre als Unterpfand bezeichneten Güter konfisziert haben.
So handelt es sich wohl auch in dem obigen Londoner Text um Ver-
mögensobjekte, die auf Rechnung der kaiserlichen Sioinypig konfisziei't worden
sind. Das Merkwürdigste kommt aber nun erst: diese Güter scheinen darauf
versteigert zu sein (vgl. neKVQ&ßd-ai)^ und nach Erlegung des Kaufpreises^)
heifst es dann: wQLö&rj TtQogodov rivog. Dainit ist zu vergleichen BGU I 49,
wo der i7tix(7]Q}-jTrjg) yevri(jL(^axoyQag)ov(i£va)v) — so oder in der Aorist-
form möchte ich statt y£vr/fi(arcov) ergänzen — v7TaQ')(^(6vxcov) Kco^rjg Nsilov-
7rdA(£03g) vtieq TtQogoöcov vTtaQyovxcov xTjg TtQonsi^Evyjg iTtixrjQ^^rjöyecog so und
so viele Drachmen zahlt. Auch in BGU II 599 steht nach obiger Ergänzung
die TtQogodog in Verbindung mit den konfiszierten Gütern.^) Vgl. auch
BGU I 61, 9.
Man sieht wohl überall Zusammenhänge, aber es ist sehr schwer, von
diesen Andeutungen zu klaren Ansichten zu kommen. Ich möchte eine
Vermutung wagen, die ich hiermit zur Diskussion stelle.
Das konfiszierte Land, das vom Staat an einen Privatmann verkauft
wird, und darauf mit einer Abgabe, die als TCQogoöog bezeichnet wird, belegt
wird, ist jene vielumstrittene TtQogööov yrj (vgl. oben S. 138^).*) Die Er-
1) Ich schlage mit Vorbehalt folgende Ergänzungen vor: 7[ ]vg ZcxQa-
Tciavog vTtalXd^avros ^xi ■näXai (vgl. BGU II 362 IX 12) [tag Kh(pä.X](ovog yiccl
jdbida — y£vo[\Jbivai%> o]v6iDc%(bv fiLC&on&v ^laicovog (ccQOVQocg) y \n£q\ xwftJTjv
Ei)r}utQtiav (st. svrj^eQaiuv) y.al tüv Ttagl rbv K£\[cpcilcov(x 6v]vocpail[r}]ao:vra)v
TfQog rovg (poQOvg rjjg \ ] tkxI yivrj^atoyQcccpTq&^vrcov , r; 7tQ6g\odog KtX.
Hier bezieht sich das Participium auf die Personen, nicht auf das Grundstück
wie oben. Nachher ist vom i'Stog Xöyog die Rede.
2) Mutä — Si,ciyQ{cccpi]v) ri]g raijiijg xai täv tokcov. Was das für Zinsen sein
sollen, verstehe ich nicht. Ist vielleicht ^nl rcav roncov gemeint statt xorl räv
TÖKOJv'^ Vgl. BGU II 462.
3) Ich weise noch auf die Ähnlichkeit des Londoner Textes mit BGU II 619
hin. Vgl. I 1 dQi]G&tTa(xv TtQogodov und 4 xar' ayvoiccv.
4) Oder allgemeiner 7rposd(Jou vTrap^^of, Plural: jrpogod'ajv vnäqiovra. So fasse
ich Z. 13 des Lond. auf, BGU I 61, 9 etc.
Ulrich Wilcken: rapyrus-Urkundcu 149
Werber desselben sind nur die festen Besitzer der gekauften Güter, während
das Eigentumsrecht dem Kaiser verldeibt, denn sonst würde der Käufer ja
die übliche Grundsteuer zu bezahlen haben, und so vergleiche ich diese
TtQogodov yi] dem römischen agcr quaestorius (vgl. Marqu. II S. 181/2), und
die TfQogoöog, resp. die TtQogoömd (CIGr III 4957, 26) den vedigalia des agcr
quaestorius. Aus der Abhängigkeit, in der die Besitzer der nqogöSov yr]
auch nach dem Kauf im Verhältnis zum Staat bleiben, erklärt sich, dafs
sie ähnlich wie die drmÖGioi yEcoQyol die Aussaat vom Kaiser erhalten (s.
oben S. 145), und dafs die TtQogoöov yi] nach wie vor zur kaiserlichen Sloi-
Krjöig gehört (vgl. BGU I 20).
Hieraus ergiebt sich eine neue Interpretation eines Abschnittes im
Edikt des Ti. Julius Alexander, der mir bisher unklar war. Der Statt-
halter sagt Z. 26: iverivx'Q'rjv 6s Kai tieqI r&v axeXeLav Kca xoviporsleiav,
iv alg iöriv Kai xk TiQogodtncc. Über das erstere Thema, aTEksia und xovcpo-
riXeta, handelt er von Z. 26 — 29 bis zu den Worten xr\Qov^ivy]g avxolg xrig
ccTslsictg Kai aovcpoxeleuig. Wenn er in dem folgenden Abschnitt, Z. 29 — 32,
bestimmt, dafs die Käufer, die vom Kaiser etwas gekauft haben, xa Ka&ij-
Kovxa zahlen sollen, und nicht ixcpoQta, wie vorübergehend dekretiert war,
so scheint mir aus der ganzen Disposition zu folgen, dafs diese xaO'jj-
Kovxa eben die TtQogodiKcc von Z. 26 sind, die hier ihre Erledigung finden.
Es pafst durchaus zu der obigen Deutung, wenn der Statthalter sagt
(Z. 31): äÖLKOV yaQ Igxi xovg Mvrjßa^evovg Kxrj^ctxa Kai xi^ag avxav ano-
Sovxag j ag örjfioötovg yecoQyovg ir.cpoQia anaixnGd'aL x&v i8i(ov eöaq^&v^),
woraus zu entnehmen ist, dafs jene vectigalia (TtQogoöina) mäfsig bemessen
waren (vgl. auch Z. 26), niedriger als die sKcpogca. Man mufs nur an-
nehmen, dafs es sich um Käufe vom Kaiser handelt, wie ich schon oben vor-
wegnahm, und das steht auch im Edikt, wenn man nur eine an und füi* sich
naheliegende Emendation ausführt, nämlich in Z. 31 TtQad-evtav statt irga^-
■d'Evxav liest, also: VTtSQ 6e x&v ek xov KaiöaQog koyov TtQa&ivxcov. Diese
Emendation ist, wie ich nachträglich sehe, auch schon von Rudorfl' gefordert,
aber von Franz nicht aufgenommen worden. Erst hierdm-ch wird aber der
Abschnitt verständlich, und hierdurch ist auch der volle Anschlufs an die
obigen Ausführungen erreicht.
Zu Z. 8/9 des Londoner Textes bemei-ke ich noch, dafs das unver-
ständliche iTtiSedcoKoat wohl durch falsche Auflösung eines Eitt'^ der Vorlage
entstanden ist. Es kann nur iTtcöo&ELGaig heifsen.
Die folgenden beiden Texte auf S. 117 — 119 sind für die Geschichte
der TtQaKxoQia von grofser Bedeutung. Vgl. Ostr. I 286, 373, 6060"., 613,
619, 647 und 11 \ 605ff., 645f. Im einzelnen bemerke ich:
S. 117/8, 10 1. 'Em (= ETtsl) 6vvE6tayMiiEv statt ETtiövvsßxaKa^Ev.
S. 119, 17 erklärt K. das iaiQi]yovv xag %aQxag des Papyrus mit lOJQri'
yovvxog xag 'i- Das ist unmöglich, da es 6 %aQxr]g heifst. Also liegt Ver-
schreibung für x'(oyQr]yovvt<^oyg %. vor. — Durch die richtige Lesung [aüjrro
6 in Z. 18 hat K. die Schwierigkeiten beseitigt, die mir nach flüchtiger
Kopie aus Jrtog erwachsen waren (Ostr. I 608).
1) Wenn der Statthalter hier, veranlafst durch den Gegensatz zu den drr
(iöffto/. yecoQyoi, die fremdes Land bebauen, von den i'Sia idäcpi] der Käufer
redet, so steht das auf einer Stufe mit der Bezeichnung des ager quaestorius als
ager privatus vectigalisque. Beides ist nur prekäres Eigentum.
150 II- Referate und Besprechungen
Es folgen amtliche Abrechnungen über Zahlungseingänge. Die in der
grofsen Liste S. 122 if. genannten Personen zahlen in natura füi- die Arure
1 — 2 Artaben Weizen, dazu die uns neue dr/^oiviy.ia nebst dem Zuschlag jt^og-
(jii£r^ouft£vov) (vgl. oben S. 143); aufserdem in Geld füi" vcivßiov^\ für ein
noch unerkläi-tes sva und den Zuschlag nQoqiÖLayQacpö^iBvov). Hier ist
noch das meiste dunkel (Faks. fehlt). Kenyon hält die Zahler für- öffent-
liche Pächter und die Naturalabgaben von 1 — 2 Artaben für die Rückzah-
lung der vorgeschossenen Aussaat. Das ist jedoch sehr unsicher.^) Zu
beachten ist, dafs zweimal vor dem Arurenzeichen, wo sonst meist %'" steht, x^T^t
gesagt ist (Z. 27, 33). Ich vermute, dafs dies %"' (trotz Z. 55) für vMTOiY.og
steht. Das erklärt auch BGU 342. Über die öiioivi-du werden wir erst
Klarheit haben, wenn Kenyon uns auch P. Lond. 372 mitgeteilt haben wird.
Die Natural- und Geldabgaben werden in den von 2.H. geschi-iebenen
Schlufssummen als ^ti^xQri^axci) und aQ(^yvQLv,a) unterschieden, denn so
dürften die Gruppen ft' und rp", was wohl verlesen ist, zu deuten sein. —
In Z. 30 und 71 ist wohl jit nui- ein Versehen für- v. Es kann nur
vi^avßiov) gemeint sein. — In Z. 34 steht wohl rfjg avxi^rig^ statt vy] firjt.
Grofse Schwierigkeiten bietet auch die folgende Liste (S. 124/7), auf
deren Erklärung Kenyon verzichtet. Es mögen etwa Auszüge aus dem
Tagebuch von Sitologen sein. Jedenfalls wird hier gebucht, wieviel Weizen
Tag für Tag eingegangen ist. Die Hauptschwierigkeit bieten die Abkürzungen
am Beginn der einzelnen Posten. Ich gehe aus von Z. 80: töto'^. Das
kann nur 16 LOK(trjrov) seil, yfig sein. Folglich werden sich auch die
anderen Abkürzungen auf die verschiedenen Arten von Ländereien beziehen.
Danach schlage ich vor: i/ = rin^ciqov)^ dt"' = SioiinriGBOig), aiy^ =^ ar/L^alov)
(so auch K.). Zu QiXo^ vlg. BGU I 210, 3; 262, 3. Das ^^ in den Schlufs-
summen ist i)fx(^eQag).
Sehr interessant sind die folgenden Abrechnungen über die Abgaben
verschiedener Güter (S. 127/8). Neu ist mir, dafs Gai-fcen- und Gemüseland
sowohl bei der Grundsteuer (yEafxsrQia, vgl. Ostr. I 147ff., 173ff., 313ff.)
wie auch bei der cmö^oiQa, die hier auch für die Kaiserzeit bezeugt wird
(vgl. Ostr. I 157 ff.), halb so hoch wie Rebenland besteuert sind. Im ein-
zelnen bleibt auch hier manches dunkel. In b, 11 1. naXdixoi^v^ 'ElXiq-
{yiKOv) nach BGU HI 776, 10. So ist auch BGU H 619, 19 zu lesen:
YMläi^^ov) ^EX(^Xi]vi,'/iov) statt des unmöglichen i}.{at&vog). Den Gegensatz
bildet das indische Rohr auf S. 265 (KaXd(iov ^Ivöikov).
1) Die Abgabe vtcIq vKvßiov betrachte ich als eine Geldablösung für die an
dem Boden haftende Verpflichtung zu Erdarbeiten. Vgl. Ostr. I 259 ff. In BGU II .572
möchte ich jetzt das T nicht in TrtrTTjxocrTj, sondern in v{cc'vßLov) auflösen.
2) Er geht aus von dem Nachweis Vierecks, dafs die Aussaat 1 Artabe für
die Arure betrug, wobei er freilich die höheren Sätze von ly» und 2 nicht er-
klären kann fS. 121). Ich habe schon in Ostr. I 777 darauf hingemesen, dafs
jener Satz von 1 Artabe bisher nur für die ß(xailty.i) yfj nachgewiesen ist, dafs
dagegen in BOT" 512 für die ^tXadt^^cpov ovcia und die TTQoaöSov yr) geringere
Sätze begegnen. — Die Vergleichung mit BGU I 20 bestärkt mich übrigens darin,
in der 'Inladtkcpov ovcia Tempelland zu sehen: es sind die Äcker, die einst der
Göttin Philadcli)hos gehörten. Die ovaia konnte sich bis in die Kaiserzeit er-
halten, da es sich ja nicht um die Königin, sondern um die Göttin handelt.
Ulrich Wilcken: Papyrus- Urkunden 151
Von hervon-agender Bedeutung ist die folgende grofse Rolle (S.129/4I).
Es ist eine amtliche Urkunde, in der für das 5. Jahr eines Kaisers (wohl
des n. Jahrh.s) der Umfang und die Ertragsfähigheit von Ländereien fest-
gestellt wird. Wegen der häufigen Bezugnahme auf den Zustand im vorher-
gehenden Jahre möchte ich die vorliegenden Tabellen für das Resultat der
iTtiöKStpig dieses Ö.Jahreshalten^), deren Aufgabe es war,die (JiaO'£()tg des laufenden
Jahres mit der des vorhergehenden Jahres zu vergleichen. ^) Diese ETiiG-Kstpig be-
deutet somit die jährlich an Ort und Stelle auszuführende Revision des Katasters,
die nach dem Gesetz die Grundlage der Besteuerung bildete und nicht durch eine
am grünen Tisch vorgenommene summarische Vergleichung der ISTilometer-
angaben ersetzt werden durfte. Das meint Ti. Julius Alexander, wenn er
in seinem Edikt die Ackerbauern mit den Worten bei*uhigt, sie sollten wissen,
ort TTQog t6 cch]d-eg rijg ov6)]g avaßaGecog Kai tT]g ßEßQ[e]y[^isurjg y^g, ßH'] ov
TtQog 6vv.ocpavxLCiv xS)v nccra Gvvorpiv 7iaQCiyQa(fo\^(ii \vcov 7] aTcaurjöig eGrat
(CIGr. in 4597, 57 ff.). Wie notwendig diese Bestimmung bei den starken
Veränderung n, denen die ägyptischen Felder durch die jährlichen Über-
schwemmungen unterliegen^), war, wird uns dm-ch den Londoner Text so
recht vor Augen geführt, denn es galt nicht nur die Mafse, sondei'n auch
die Kulturart und Ertragsfähigkeit jeder kleinen Parzelle festzustellen. Nach
dieser Hinsicht Averden hier von der GitoQov (yi}), dem Saatland, dessen
Qualität nach der Grundsteuer in Artaben angegeben wird, die folgenden
Bodenarten unterschieden, die für die Besteuerung von dem Gesamtareal in
Abrechnung gebracht werden*): aXjxr] aipoQog, das ist der unfruchtbare mit
einer Salzkruste überzogene Boden, der dem Reisenden in Ägypten aller-
wärts auffällt^), ferner '^EQGog '8,vXhLg acpoQog^ unfi'uchtbares ^) Strauchland ^),
wie man es z. B. oft als Übergang vom Kulturland zur Wüste sieht. Eine
Spezialität hiervon ist die xi^Gog aito iivQiv.{€ov) ^7]Ö£v övvafievt] cpiqeiv^
d. i. mit Tamariskengebüsch bedeckter Boden (S. 139, 272). Abgezogen
wird ferner das Land, von dem das Überschwemmungswasser nicht zurück-
getreten ist, xkO-' v8c(xog^\ offenbar dasselbe, das vorher S. 97, 6 als i^iß^oiog
1) Vgl. Ostr. I 175. An die iniaTisipig denkt auch Kenyon p. XII.
2) Die iTtiaxsipig des vierten Jahres wird ausdrücklich in Z. 134 erwähnt.
3) An das Strabonische aväyxr} 6)) avaiisTQtTß&aL ■näXiv y.ul TtdXiv (XVII
p. 787) ^rurde ich in Ägyi^ten lebhaft erinnert, als ich im vorigen Winter, sobald
die Wasser zuräckgetreten waren, die Geometer — meist von den schreienden
und lebhaft gestikulierenden Fellachen begleitet — mit ihren langen Mefsstangen
über die Felder gehen und die von der Überschwemmung unsichtbar gemachten
Grenzen __ wieder festlegen sah.
4) Über solche Abzüge vgl. Ostr. I 212 V
5) Die Beziehung auf die Ufer des Moerissees, die Kenyon verschlägt, ist
nur eine von vielen Möglichkeiten.
6) XsQCos allein bezeichnet nicht immer unfruchtbares Land, Avie S. 192/3
zeigt, sondern auch das Festland, das nach seiner Lage erfahrmigsgemäfs nach
der Überschwemmung wieder hart wird. Vgl. Diod. I 36, 6. Xigaog als unfrucht-
bares Land ist z. B. S. 325 beschrieben.
7) Es gab auch Strauchland, das kulturfähig war, denn in P. Petr. II 39 (a)
wird Kroton zur Aussaat aig ti]v ^vlTvtv verteilt. — Dies ^vXov erklärt mir nun
auch BGU I 12, 27: yEco^sTQOvvtog iial ^vXoiiHTQOvvtog: wonl der Gegensatz des
Vermessens von Fruchtland und Strauchland.
8) Auch BGU II 571, 11 ist 7ca&' vd(arog) herzustellen, und CPR I 239, 11
ist :iu&vTaTov in xa-ö"' v<^6yät(ov zu emendieren. Für BGU II 640, 12 vermute
ich: 'Eäv dt T[ig ct^ßQO'/^og t) y.u^' vSarog, dann 7Cc:Qa[6£^%&fjvcci.
152 n. Referate imd Besprechungen
(im prägnanten Sinne) bezeichnet ist. Das können muldenförmige Ver-
tiefungen sein, wie wir sie in BGU II 571, 12 als kglXcc l^ißQoxa finden^),
aber auch anderes, z. B. Uferland (alytakog). Unbewässertes Land (aßQOxog)^
das sonst oft als steuerfrei begegnet, kommt hier nicht vor. Wir haben es
hier oifenbar mit niedrig gelegenen Rai-Feldern zu thun.
Über den metrologischen Gewinn dieser wie der anderen Urkunden
wird in dem metrologischen Eeferat seiner Zeit berichtet werden. Hier
möchte ich nur, da es bisher nicht bemerkt ist, auf die eklatante Parallele
hinweisen, die zwischen dieser Felderveimessung aus dem II. Jahrh. n. Chr.
und dem dui'ch Lepsius beriihmt gewordenen hieroglyphischen Feldertext von
Edfu (aus dem J. 82 v. Chr.) besteht.^) Identisch ist die Zerteilung der Felder
in kleine, leichter zu berechnende viereckige Parzellen, identisch die Be-
rechnung dieser Parzellen durch Angabe der 4 Seiten, wobei in beiden
Texten die Seite der Arure, das ayoiviov^ wie Kenyon richtig filr den Lon-
doner Text hervorhebt, zugrunde gelegt wird, identisch ist aber auch im
einzelnen das Vorgehen des Geometers und die Art der Aufzeichnung. Der
einzige, Unterschied ist der, dafs der Grieche die 4 Mafse um einen horizon-
talen Strich gruppiert, was in dem Hieroglyphentext nicht geschieht. Ich
gebe zur Probe ein Stück aus dem griechischen Text in XJbersetzung
(S. 132, 65 ff.):
„Von Norden aus: l-^^ dito^), macht Salzboden 1 Arure.
Südlich davon: l^-^l, macht Saatland 3^ 3^2 Aruren.
Südlich davon: f |- -^ 1^, macht 10||^i Aruren."
Im Feldertext von Edfu heifst es an einer der zahlreichen ent-
sprechenden Stellen^):
„Vom Süden aus (oder an anderen Stellen: wenn du dein Gesicht nach
Norden wendest)
5|- gegen 5|-^g, 4|- gegen 4|-, macht ^^\j^ Aruren. S)
Nördlich davon:
[5-2 j-g gegen 8]|-, 27|^ gegen 27i, macht 194^- Aruren.
Nördlich davon: 8| gegen 15, 46 gegen 46, macht 546y Aruren."
Diese und andere Übereinstimmungen^) zeigen uns von neuem, wie
nahe oft die einheimischen und die fremden Denkmäler einander berühren,
1) Mit Unrecht habe ich es dort als Eigennamen gefafst. — Ebendort wird
man jetzt nach S. 137, 190 lieber v8Q{ayayov) ergänzen. Statt G7f{oQi^ov) könnte
auch 67t(6Qov) nach obigem gelesen werden.
2) Abhandl. Berl. Akad. 1855 (Mathem.) S. 69 ff.
3) Die kleinen Häkchen, die oiioiag (dito) bedeuten und der gegenüberstehenden
Zahl korrespondieren, hat K. nur beschrieben, nicht im Druck wiedergegeben.
4) Vgl. H. Brugsch, Thesaurus inscr. aeg. III S. 567. Die Übersetzung von
Brugsch und sein scharfsinniger Kommentar sind auch sonst aufserordentlich lehr-
reich für diesen und andere griechische Texte.
5) Das würde unser Grieche geschrieben haben: f^ — ^ — t^ig/KÖ^dig.
6) Aus Brugsch's Kommentar S. 598/9 ersehe ich, dafs die von Eratosthenes
und unsei-en Urkunden verwendete Bedeutung von acpQayig als Rayon der Flur-
karte (vgl. oben H. Erman S. 74') ägyptischen Ursprungs ist. Die von Brugsch ht
gelesene (Jruppe ist, wie das Determinativ des Siegelringes zeigt, offenbar htm-t
= Siegel zu lesen (von Sethe mir bestätigt). Nach zwei verschiedenen htm-t werden
hier die Parzellen geordnet wie in griccbischen Urkunden nach 6vo acpQccytdhg.
Dafs Eratosthenes diesen Ausdruck verwendet, ist von besonderem Interesse.
Ulrifli Wilcken: Pai^yrus-Urkundcn 153
und wie wünsclienswert daher eine gröfsere Annäherung der ägyptologischen
und der griechischen Urkundenforschuag wäre.
Den Abschlufs dieser Gruppe bilden einige amtliche Listen. S. 145, 121
ist offenbar eTti^evcov statt STit, i^evoiv zu lesen. Die Fremden, die wohl
meist gewerbshalher sich im Dorfe aufhalten, waren hiernach den orts-
üblichen Abgaben unterworfen. Dafs sie aufsei-dem noch eine besondere
„Fremdensteuer" zahlten, ersah ich aus dem leider nur flüchtig von mir
kopierten Ostrak. Gizeh n. 9632, wo quittiert wird: vti{eq) TEX(ovg) im'^i-
vcov Ilaxcov Tluvvi rov 8'- (des Nero) ^(J; also, wie es scheint, 2 Drachmen
für den Monat. Den interessanten Nachsatz: tav dh ^srad'rjg riQyaGixivoqi^^)
xtA. empfehle ich Grenfell-Hunt's Fürsorge.
In den folgenden Abschnitten i. Miscellaneous official documenfs
(S. 148/63), 0. Petitions (S. 163/76), 6. Sales and Leases (S. 176/200),
7. Receipts (S. 200/17), 8. Loans (S. 217/21) stehen meistens juristische
Texte, deren rechtsgeschichtliche Würdigung ich den Jm-isten überlassen
mufs. Nur einige Beiträge zu einzelnen Stellen mögen hier Platz finden.
S. 149, 1 : 2s%tsiog offenbar verschrieben für E£nx£l<^^C)oq. — 8 mit
AlT}]Ga^isv(ot beginnt das ävrlyqacpov. — Einen Epistrategen der Heptanomis
(K.) gab es unter Tiberius noch nicht. Vgl. Ostr. I 423 ff.
Mit Recht folgert K. aus diesem Text, dafs das erste Jahr des Tiberius
in Ägypten erst mit dem 29. Aug. 14 n. Chr. begonnen hat. Während
die Lücken in Z. 16 immerhin noch einen Zweifel übrig lassen, wii-d K.s
Ansicht dm*ch S. 166, 6 so gut wie sicher. Ich füge hinzu, dafs ich
inzwischen in Kairo ein Ostrakon gesehen habe (Ostr. Gizeh 9577), das
datiert ist: La^) Tißsqiov KulaaQog üsßaßvov Xolai id'. Auch hieraus folgt,
dafs das 1. Jahr des Kaisers mit dem 1. Thot =29. August 14 ange-
fangen hat. Also haben Krall und Pick Recht behalten. Vgl. Ostr.
I 7891
S. 151, 19 1. i7tiöC6o[i\^e%'^ st. £7ttdt^oft[t]. — Zu diesen TtQogayyeUca
gehört offenbar auch CPR I 196, die Wessely unter die Kaufcontrakte
gesetzt hat. In Z.5 wird dort zu lesen sein: ^ATtsyQiaipaii-^v) öia r&v 7t [qo]-
T(^eQcov^ ßißki,0(pvl( dii(ov).
S. 153, 3 1. ty.ixiov st. lYMvov. Im übrigen sind GH zu vergleichen.
S. 154. Der Mietskontrakt vom J. 165 n. Chr. wirft ein interessantes
Streiflicht auf das heitere Treiben, das sich einst auch in den fernsten Dör-
fern, deren Stätte heute in der Wüste liegt, bei den zahlreichen Volksfesten
entfaltet hat. Ein gewisser Satyros aus [Soknopaiu] Nesos mietet sich auf
sechs Tage einen Mann, dessen Titel nicht entziffert sind, „mit drei wohl-
erprobten Gymnastikern und vier Mädchen", die dort in Dime wohl ihre
Kunststücke produzieren sollen. So fasse ich Z. 3ff.: ßovlo^ai naQalaßiv as
6vv e7tt6ri^(^fio0i) yv<^(i,yva6rai^g (statt K\^a]u7}Xircag) xQiöl Kai noQaßioig^)
xeöaaQ^ayöi XLXovQy7]Gai nxX. Kenyon, der vielmehr an Kornlieferungen
from tJie local granarij to Alexandria denkt, würde den Text nicht so völlig
anders aufgefafst haben, wenn er die Verwandtschaft mit P. Grenf. II 67
1) Ich schwankte damals zwischen cc und ß. Nach meiner Abzeichnung
scheint mir a richtig.
2) Zu KOQdaiov, das K. fälschlich mit lad (Knabe) übersetzt, vgl. Hatzidakis
NeuOT. Gr. S. 286.
154 ^- Referate und Besprecbuugen
bemerkt hätte. Das ist ein formell und inhaltlich ganz ähnlicher Kontrakt,
durch welchen zwei Tänzerinnen füi- ein Volksfest in Bacchias gemietet
werden. •')
In dem interessanten Verweis (S. 160 ff.), den ein höherer Beamter
einem imehrlichen Steuererheber erteilt, bedarf Z. 11 der Korrektur. Kenyon
liest: £5t T£ SK rav bmv v7taQ'j(^ovrcov xac vtievO^vvojv keXevGco cmo'/icac(6[T](xd'r]vat
und bemerkt dazu: read sk re tcov. Ein Faks. fehlt. Ich zweifle aber
nicht, dafs zu emendieren ist: sk re <C^x^ tcov a&v vitagiovrcov xci <(tcöv^
iTtev&vvav ktX. Ich habe es schon in Ostr. I 606 als wahrscheinlich be-
zeichnet, dafs die Praktoren mit ihrem Privatvermögen füi- die i-ichtige Ein-
ziehung der Steuern haftbar waren, hatte aber noch keinen Beleg dafür.
Jetzt haben wir hier ein Zeugnis füi- die Steuererheber überhaupt, wenn es
auch nicht notwendig gerade auf den tcquktcoq zu beziehen ist. Mit den
VTtev&vvoi, die in zweiter Linie mit ihrem Vermögen herangezogen werden
sollen, sind wohl die Bürgen gemeint.
S. 161, 3 ist er nach vielen Analogien sicher in tiqotsqov aufzulösen.
Vgl. Ostr. I 392. — ^EXai&va in Z. 10 ist korrigiert aus elai&vog. —
Z. 15 vielleicht öia rag avayKaia[g? Hier könnte der Papyrus noch besser
geglättet werden. — In 20 ergänze [flvyQarpa st. [^Sv^vyQaipa. Der Beklagte
soll die nötigen Papiere bringen. Den Schlufs haben schon GH hergestellt.
S. 162 unten 1.: (li] TtaQEvoyX^^eyLts ^AY.idQ<^£yi, (Non. pr.).
In der Klagschrift an den Präfekten Turranius heifst es S. 165, 17:
x&v vo^cov xcoAvdvrcoi/ ölg Tt£Q[i to]v a[yT]ov [KQLv\E6^^al,. De cadem re ne
his agatur. Vgl. das Edikt des Julius Alexander Z. 35if.
Auf S. 167 erfahren wir, dafs die Kaiserin Livia und des Tiberius
Adoptivsohn Germanicus im Faijiim Güter besessen haben. Zu dem Patri-
monium der ersteren vgl. Marquardt, Staatsv. 11^ S. 256. Die ägyptische
Reise des Germanicus, an die auch Kenyon erinnert, scheint später zu fallen
als diese Urkunde.
Der Text ist auch nach einer anderen Seite von Interesse. Der Petent
nennt sich yEwqyov rivcov iöag^äv ^lovXiag Seßaörfjg Kai FE^ficcviKOv Kcciöa-
Qog . . . . [.]ö. Kai ciTtoXvßifjLOV rr]g avrijg ovöiag. Vergleicht man damit
z. B. den ixiGd-corov tlvcov t[75g] Nigcovog KXavdiov . . . Maim^variavrig ovöiag
(BGU I 181, 4) oder die EyXrnimoqav rivav UQariKäv ESa<pK)v (Lond. II
S. 164. 3), so scheint es mir gesichert, dafs mit dem yscoQyog hier wie so
häufig nicht der Feldarbeiter oder Frohnarbeiter — auch das tcvcov wüi-de
schlecht dazu passen — , sondern der Pächter bezeichnet ist. Da derselbe
Mann sich nun aufserdem aTtoXvöi^iog xfig avrrjg ovolag nennt ^), also abzu-
lösen ist von dieser Patrimonialverwaltung der Livia und des Germanicus,
so haben wir hier, wenn ich nicht irre, ein Beispiel für eine Zwangs-
verpachtung kaiserlicher Domänen vor uns. Denn die ovGia entspricht
hier der Kopfsteuer und der Wehrpflicht in den unten angeführten Beispielen.
Vgl. Ostr. I 702.
1) Vgl. zu diesem Ostr. I 675*, 794 ff. Nach dem obigen XirovQyfjaai liegt
es nahe, auch hier in Z. 6 li[rovQy]'^a<(i:yir statt des unverständlichen ät' [ÖQx]ri-
aiv zu vermuten.
2) Vgl. oben S. 114 a7tolvai{^cov) r?}s XccoyQ(aq)iag), und BGU JI 581, 3; 645,4:
ccTtoXvatuog ccjtb OTQUTtiag.
Ulrich Wilckon: Pa2iynis-üikunden 155
Auf S. 169, 15 wird TCQSößvTSQMTeQa für d:i.s J. 40/1 belegt. Vgl. zu
diesen Bildungen, die sich auch im Neugriechischen finden (wie vöTSQooteQog)
Hatzidakis a. a. 0. 177.^)
Zu S. 169/70 schlage ich folgende Ergänzungen vor (Z. 3): [^H ^t]-
TfjQ ftov . . . .]tof AnoXX(oviov i^iiG^üyGaxo [naqa Nlvvov xov . . .] (icc')(Ov
iXaiovQytov 7r()dr£po[i'] |roi; deivog . . .]?, kccI rTjg ^rjzoög ^lov — hier ist das
übergeschriebene ev oivrj6£t avrfjg einzuschieben — rereX[evr7]Kvlc<g TtQo ktI. —
Z. 14 1. t6 i'aov statt roig ov. — Z. 16 rrj ö[ia6toXrj nach S. 172.
Von der Eingabe S. 170/1 fehlt links wohl mehr als K. annimmt. In
Z. 4 kann man mit ziemlicher Sicherheit ergänzen: [^Htj^isqov TjTtg eg^tIv
vsoj-upua. In Z. 3 wird man daher hinter UQStov die Phyle ergänzen.
S. 172, 11 1. rtjg tcsqI xovg :7i;od^a5 fiov öiad-söecog statt r. n. xov
ccTCoöaöfjiov ö. Der Mann hat wohl kranke Füfse. — In 20 ist 7totiix{^at
statt 7toi.')][ar]] zu lesen. Vgl. dieselbe Phrase in BGü I 226, 21 f., wo ov
iäv entsprechend dem ötcov eav hier zu lesen ist (vgl. Ostr. I 500).
In der Bittschrift an den beneficiarius (so nach GH) auf S. 173/4 ist
historisch von hohem Interesse das Bild, das der Petent von dem Römer
Sempronius entwirft, der in seinem Dorf das Gemeindeamt eines TtQSößvxsQog
xfjg Kco(ir}g übernommen hatte. Wir bekommen hier eine Vorstellung davon,
wie die im Lande ansässigen Römer den Fellachen gegenübertraten. Anlafs
zur Klage bot es, dafs Sempronius zwei Verwandte des Petenten zum Dienst
als ETtLTtlooi einfangen wollte"^); die aber waren entflohen. Diese eniTtXooi,
die auch S. 256, 10 begegnen, sind nicht so unbekannt, wie K. (und auch
GH) zu glauben scheint; nach Arrian bei Suidas s. v. minlovg gehören die
%vߣQvrixai und TtQfpqäxai, zu ihnen, nach Harpoki'ation s. v. SiOTtEvoiv heifsen
so die SchifFsaufseher (ßnonxevoiv xa zaxa ttji/ vauv), und das pafst hier,
namentlich S. 256, sehr gut, ebenso auch in P. Grenf. II 46a, 7, wo nach
der Anmerkung offenbar ETtLTtlooi statt ETtixiiioi zu lesen ist.^)
S. 174/5 bleibt noch manches zu entziffern. Einstweilen erkannte ich in
Z. 17 [t]« ßißl\i]8ia statt . .\ß . . . dm, ävuTti^ipyg in 20.
Zu S. 176. In einem unpublizierten Text aus Ehnäs-Herakleopolis las
ich KfOLxov civco^ wohl als Name einer Toparchie. Danach wii'd hier Z. 7 zu
lesen sein: iv kco^t] OeK[. .Jöt Kcoitov.'^)
S. 177, 3 1. TteTtQCCKSVai, st. TtETtqaiEVUl. Z. 4 1. E% xov TlQOg ßoQQCi
fiEQOvg statt £. X. Tt. ßo^^ci\y\Ev tug. — 5 1. ETtX st. ETtig.
S. 178 unten 1 1. 'HQCiK}i£iö{7}g) statt Hqu''- (og. Was davor steht,
ist unsicher. Dieser oberhalb des Kaufkontraktes angebrachte knappe Aus-
zug entspricht jenen kurzen Auszügen, die in ptolemäischer Zeit links vor
dem Kontrakt geschrieben und zusammengeknifft und versiegelt wurden.
Vgl. oben H. Erman S. 72. Ebenso S. 217 unten. In diesen römischen
Kontrakten ist schon durch die Stellung jeder Gedanke an Siegelung aus-
geschlossen. — Z. 16 1. £XEQ[(p] st. avt'^.
1) Vgl. auch fitt^orspog in BGU II 368, 9 vom J. 61.5, dasselbe aber auch
schon Ep. Joh. 3, 4.
2) Kaxiibiv im Sinne von „in Anspruch nehmen für Liturgien" auch BGU
II 619, 21.
3) Vgl. jetzt auch GH zu Oxy. II 276.
4) In dem verwandten Text BGU I 13.5 wird in Z. 8/9 zu ergänzen sein
nQOg Tb(pavs]Qbv yEvic^ca.
156 II- Referate und Besprechungen
Der Pachtkontrakt S. 182/3 betrifft einen Weingarten, in dem aufser
den Trauben auch sonst allerlei Gutes gedeiht, wie Feigen, und, nach
Kenyon's Lesung, auch — afpQoöiöial Also eine Art Liebesgarten? Ganz
so romantisch ist es nicht, was ich an der Stelle lese: es sind nur wilde
Rosen, immerhin amüsant genug, da uns die Rosen hier zum ersten Mal
in unseren Urkunden begegnen. Statt a9o^[o](Ji[at]cov glaube ich nämlich
«9>' ()[.](Jt(av zu erkennen, was wohl als ccQy(^Cov) ^[ojdi'cov zu fassen ist.
— Z. 33f. lese ich: Kcd öKcc'ipOfiev xov a.^\TtE\XG}va [fv?] öxacprirotg
övöl y.al ficTu rbv '/^[g^övov Tt[^aQCid(o6oiiev rbv äiiTtsk^ava nxX. Zu
Gxacprjvög (das Umgi'aben) vgl. S. 190, 11 und CPR I 244, 9.
In der Auffassung des Pachtkontraktes auf S. 184 kann ich dem Her-
ausgeber nicht folgen. Vier Walker (yva(peig) aus dem Dorfe Soknopaiu
Nesos erklären den i]'yov^i£voi ieqiav: ßovlo^E'^Gy^a fiiGd'a6aß&ai. naq' v^mv
— rr}v yvafpi.K'qv Kcoficov Nsikov TtoXeoyg aal EoKvoncdov Nrjßov. Kenyon
meint, sie pachten hierdurch das der Priesterschaft gehörige Monopol der
Walkerei. Ich fasse rrjv 'yvag)i%riv vielmehr als Bezeichnung der Gewerbe-
steuer, die auf den Walkern lastete, und meine, dafs diese vier Walker
von den Priestern die Erhebung dieser Steuer in jenen beiden Dörfern
pachten. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergiebt sich durch Vergleichung
des formell ganz ähnlichen Pachtangebotes P. Grenf. II 41, das von der
Hetärensteuer handelt und jede andere Deutung ausschliefst. Dies war
bisher unser einziges Beispiel eines Steuerpacht- Angebotes. Vgl. Ostr. I 587 f.
Der Londoner Text tritt nun als zweites Beispiel hinzu.
Die Urkunde zeigt zugleich, dafs die Walkersteuer in diesen beiden
Dörfern jedenfalls auch von den Walkern bezahlt wui-de, nicht etwa von
den Priestern, und damit ist die Interpretation von BGU I 337, die ich in
Ostr. I 227, 369, 396, 597 ff., 616 f. vorgeschlagen habe, als __ richtig er-
wiesen. Dafs es sich hier um dieselbe Abgabe und dieselben Örtlichkeiten
und Interessentengruppen handelt, ist ein glücklicher Zufall. Die Priester
des Soknopaios waren also mit der Erhebung der Walkersteuer beauftragt
und erledigten sich dieser unangenehmen Pflicht, indem sie die Erhebung
ihrerseits verpachteten. Ebenso werden sie auch die Erhebung der anderen
Steuern, die in BGU 337 neben der Walkersteuer genannt werden, ver-
pachtet haben. Dafs Behörden oder Personen, die mit der Steuererhebung
betraut waren, gelegentlich das Geschäft von sich abwälzten, war uns schon
bekannt. In den in Ostr. I 606 ff. besprochenen Fällen geschieht es durch
Bevollmächtigung eines Vicarius (övötaGig).
Wenn in BGU I 337, die über 100 Jahre jünger ist als die Londoner
Urkunde vom J. 88, die yvacpEig^) von Neilupolis 240 Drachmen zahlen,
die von Soknopaiu Nesos aufserdem noch 16, während nach der Londoner
die Walker aus beiden Dörfern zusammen 240 zahlen, so folgt daraus weiter
nichts, als dafs sich in der Zwischenzeit der Ertrag eben ein wenig gehoben
hat. Jedenfalls zeigen die Berliner Zahlen, dafs Kenyon's Deutung der Ur-
kunde unmöglich ist, denn die 240 Drachmen sind auf alle Fälle als Pacht-
summe für das Monopol viel zu gering.
Bemerkenswert ist, dafs die Priester ihre Päcliter aus dem I{j:eise der
von der Steuer selbst Betroffenen nehmen. Diese vier Walker, die von
1) So wird man jetzt statt ß]c<cptav, wie ich vorschlug, lesen müssen.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkundon 157
ihren Gewerbsgenossen die Walkerstener erheben sollen, erinnern mutatis
mutandis an die Zunftmeister (^iTrißrccrai) der nachdiokletianischen Zeit,
deren Aufgabe es war, die der ganzen Korporation auferlegte Steuer von
den Zunftgenossen einzutreiben. Vgl. Ostr. I 227^; Marquardt, Staatsv.
112 237.
Den Schlufs der Urkunde möchte ich lesen: ug kuI d(ßy()ßi/;Oju.£v £i'
civaq)OQuig 6iy.a nara (i[eQO^g aiQOvv, eav (pcdvifirci{L S7fiy^(0Q]fi6ai„^)
Grenfell-Hunt, die aiQovv zuerst erkannt haben, lassen davor Kenyon's
«ßT« (i[r]va] xo stehen. Das a von ^iqog ist mir allerdings unsicher. Die
Ergänzung ^Tiva steht aber jedenfalls mit den 10 Raten im Widerspruch.
Zu dem merkwüi-digen aiQOvv vgl. aufser S. 119, 22 (GH) auch P. Grenf.
II 23, 14: ra aiQOvvra (ptol.) und BGU II 405, 10: t6 sqovv juot ^iQog.
S. 184/5, 3 1. EvrjfiSQLa xT^g st. Evi]^EQLÖt xt}. — Z. 31 lese ich:
avayeyQafi^lixivijg xi]g nquaeag 6ia xov iv iico[ß,7j ^iovvöi]döi yQucpiov.
— Der Schlufs der Registrierungsnote des Grapheion in Z. 39 ist sehr
schwer lesbar. Statt inaytyQ^ rrjg avxvjg t° tiq" [..]..[... .Jst vermute
ich: av uy iy Q ai^Ttx a i^ 8i(^a^ 'Hq a kX löl^o v^ To(i5) rcQoi^g) [t]w
YQ [ß9']£t[a)].
In dem interessanten Kontrakt S. 186/7, der von der Verpachtung
eines Thesauros handelt (vgl. Ostr. I 651, 698, 773) lese ich Z. 6 fiia&ö-
acißd-at, Tl. 24 ano^oG^ni. In Z. 27, die Kenyon ungelesen läfst, habe
ich früher am Original gesehen: Iv fiio&öctGsi. fii6&[(0fidxa)v und am Schlufs
Dafs uns für die Geschichte der Landwirtschaft in den Papyrusm-kunden
eine neue Quelle von hohem Wert beschieden ist, ist bisher noch wenig
beachtet worden. In dem Pachtkontrakt S. 189/90") wird ein Problem aus
diesem Gebiet berührt, zu dessen weiterer Behandlung die folgenden Be-
merkungen anregen wollen.
Der Pächter, der vom kaiserlichen Domanialpächter 7 Aruren in After-
paeht nimmt, verpflichtet sich (Z. 14), öTieiQcov aQOVQag fiev nivxs nvQÜ nal
rag A[oi7rag] cc^l^ovQ^ag ovo anb voxov dvaTtavfieör^^^ ye[ys]6t. Kenyon er-
klärt die letzten l)eiden Worte als a Uglit lind of crop, tchich would not
exhausf Ute soil. Das ist ganz richtig, triift aber nicht den Kern der Sache.
Der Text lehrt etwas viel Wichtigeres, nämlich dafs die Dreifelderwirt-
schaft vorliegt und zwar die sogenannte „verbesserte Dreifelderwirtschaft".^)
Ein paar Worte zur Begründung. Der entscheidende terminus tech-
nicus, der bisher nicht erkannt worden ist, ist das Wort avccTtavöig oder
dvdnavfia zur Bezeichnung der Brache.*) Die Pachtkontrakte bestimmen
meist gegen Schlufs, in welchem Zustande der Acker wieder zurückgegeben
werden soll. Da finden sich Ausdräcke Avie (xaJ. lASxa xbv iqovov -TcaQccddiöto^)
1) Ergänzt nach Grenf. II 41, 22.
2) Z. 4 1. avccyQ(cc(pon£vov) st. [aTtjoyQg. — Zu cccniQ^ii in Z. 11 bildet
den Gegensatz 6vv airsQuaCL in BGU II 644. — In 19 ist iSQag nicht als h^äg
yfjg zu fassen, sondern als Dorfname 'InQ&g, seil, xcbfirjff.
3) Vgl. L. Elster, Wörterbuch der Volkswirtschaft I 21.
4) Auch bei den Geoponici findet sich diese Bezeichnung nicht. Ursprüng-
lich bedeutet es das „Ausruhen" des Bodens, sowie ävsaig bei Suidas s. v. inl
KaXd^LTj CCQOVV.
5) BGU II 603, 24 ergänze: [-TtciQcxSmcoiisv].
158 II- Referate und Besprechungen
rag ccQOVQag) ccnb naldiiT^g (BGÜ II 519, CPR I 38 oder mit nvQOv
BGU II 661), äno &qvo)v aald^ov (BGU I 39, CPR I 38 u. 47), a%b
ccyQcoaxscog (CPR I 38, Mitt. PR II S. 34), dnb öei6r]g näöijg (ibid.). Wessely
übersetzt dies (CPR I S. 166): „frei von Schilf und Binsengewächs, von
Queckgras und jeglichem Schlamm"; er denkt also an ein (^Ka&aQugy d.Tto.
Ich meine, dafs hier mit ktto, im Gegenteil, das eingeführt wird, was bei
der Ablieferung vorhanden sein soll ^), und übersetze also: „mit Stoppeln
(ccTtb y.aJid^fjgy), mit Feldgras (ccTtb dyQaöTscog).'^) Wenn an anderen Stellen
die Äcker mit Schilf (anb ■&Qva}v KaXdiiov)^) und mit dem ganzen Schlamm
(ccnb öelarig Ttd6}]g) zurückgegeben werden sollen, so erklärt sich das wohl
daraus, dafs die Rückgabe hier während oder nach der uberschwenunung
erfolgen sollte. In anderen Urkunden soll die Rückgabe dnb evvxo^iörjg er-
folgen, wobei <(yM&aQdgy ausgeschlossen ist (BGU II 603, 25; CPR I 45). ^J
Diesen Ausdrücken parallel findet sich nun auch dnb dvanavaecog^), womit
nur bezeichnet sein kann, dafs das betreffende Feld als Brachfeld zurück-
gegeben werden soll. Vgl. auch P. Lond. I S. 176, 225: -/^eQöoxon^ovvrog^ iv tc5
dvanav^a[ri) = „auf dem Brachfelde" (lokal).
Ich kehre nun zu den avanav^eßi ye[ve]6L zm'ück. Dafs das erste
Wort versclu'ieben ist, ist klar. Zu erwarten wäre eine Adjektivbildung von
dvdnav^a, wie dvanav [laziKog oder ähnlich. Ich wage keinen Vorschlag. Soviel
ist aber sicher, dafs diese yerr] Fruchtsorten sind, wie man sie auf Brachen säte
(„Brachfrüchte"). Damit ist erwiesen, dafs den Ägyptern bekannt war, welchen
hohen Wert die Besäung der Brachen mit Futterkräutern, denn die können
hier nux gemeint sein, im Gegensatz zu der reinen Brache hat. Auch andere
Texte bestätigen es, wie CPR I 245 (slg anoQav nvQOv ymI ;^dpToi'), 39
(^eig onoQav nvQOv aal dvci')(^cofiariKcov yft'GJv)^), wo unter '/^OQZog die Futter-
pflanzen zu verstehen sind.''^)
Über das quantitative Vei'hältnis der Brache zum Saatland, bemerke
ich endlich folgendes. In BGU II 661, 20 heifst es: na^aÖ(ä6<^coy rb xqixov
(lEQog dnb dvanavöscog v.aX xb Xoinbv Öi^ioiQOv fieQo[g] dnb Kakd^ijg nvQov.
Also -^ soll als Brache, | mit den Stoppeln (nach der Ernte) abgeliefert
werden, d. h. nur f soll mit Weizen besät werden. Damit ist deutlich
auf die Dreifelderwirtschaft hingewiesen. Etwa dasselbe Verhältnis liegt
nun auch in unserem Londineusis vor, wo 5 Aruren mit Weizen und 2
Aruren mit Futterkräutern auf Brache besät werden sollen.
In beiden Texten handelt es sich um kaiserliches Domanialland. Auch
für ein Privatgut liegt ein Beleg vor in CPR I 43, wo ich den Schlufs so
1) Siehe oben S. 151 xtQOog ccnb ^vqi7i{(üv). Vgl. z. B. Lucian, Toxar. 19: dnb
ipiXfjg xi]g -nSQuidg nXiovxag.
2) Vgl. LXX Exod. 5, 12.
3) Vgl. Diod. I 43. Ich vermute, dafs auch in BGU I 197, 28 zu lesen ist:
ayQmaxbcog öicrig Ttdarig statt dyQwv . . s&t . .naXrig.
4) Vgl. dnb vtiXoxaXd^rig in BGU II 633.
5) Auch dies erklären die Daten: der 29. Mai (Getreide, also „auf dem Halm")
und der 28. August (Oliven). Vgl. auch Mitt. PR II S. 34.
6) BGU II 644, 32; 661; CPR I 43.
7) Oder sollte hier dvanocv^cctiKüv zu lesen sein?
8) Besonders lehrreich ist der soeben publizierte Text Oxy. II 280, der uns
zeigt, dafs die Ägyi^ter es verstanden, die Futterpflanzen zum Teil unterzui^flügen,
also zur Düngung des Bodens zu benutzen. Vgl. Z. 16: dQdxai, dcp' ov xb niv
Tj^iGv ilg ÜQwaiv xb dh txiQOv ij^icv tig Komfjv.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 159
ergänze: rriv (.uv -ijlfiiösiav ano avccnavGsag ^ \rrjv öe ixLJav [ccnb] xalafilag.
Ein anderes Verhältnis ist dagegen in CPIi I 245 , wo von 5 Aruren die
Hälfte mit Weizen, die andere mit Futterpflanzen besät werden soll. Das
ist Zweifelderwirtschaft, aber auch hier die „verbesserte".
Da über die hier berührten Fragen bisher nur ein geringes Material
vorgelegen hat und die Ansichten daher sehr auseinander gegangen sind^),
wäre es sehr erwünscht, wenn von sachkundiger Seite unser Urkundenmaterial
auch für die Geschichte der Landwirtschaft ausgenutzt würde.
Die Worte S. 193 oben 7 ,,£v tottco Ka^ßaGifirog Isya^^ivioy" geben
die erwünschte Erklärung für das rätselhafte KiaQßaaä'ig in BGU I 10, 3
und KeQßäöLg in BGU I 277, I 7, die ich in Ostr. I 380 als Bezeichnung
füi- eine Steuer gefafst habe. Es sind vielmehr nur andere Schreibungen
dieses durch den Londoner Text nun als Ortsnamen erwiesenen Wortes.
Die Erklärung des Pächters einer kaiserlichen Ölfabrik auf S. 193/94
fasse ich anders auf als der Herausgeber. Kenyon meint, he ivishes fo
ferminate Ms tenancy. Vielmehr zeigt er dem kaiserlichen Beamten an,
dafs er aus eigenen Mitteln allerlei Verbesserungen in der Fabrik einführen
wolle, und bedingt sich aus, dafs im Falle der Beendigung der Pacht diese
neuen Einrichtungen ihm gehören sollen. Das ergiebt sich aus folgenden
meist neuen Lesungen: 4 1. [fi,t](J'9'cü[To]i) st. [ö»]jfi[o]ö[to]D. — 8 erg.
fx] xatvijg? — 9 ff . 1. £x xS)v fujröv d(XTtav6}\y ^y]iciviiv iXaiov\^Qyi'iiriv
Kul . .? t]?;? avxfig Qvquv %al xa avrjKOVta '^vXixa aQyaXsil^tx^.^) —
12 1. Iva iciv iyßaiva Kcd. — 13 1. £x[ct) cc^vxrig e^ovöcav äTtEv[^iy^-
UEöd'ai [tj^f fiTqxl^ocvrjv %al &^VQCiv %[ccl xa «v]7^xov[ra . . . .] %ca
a.QyuXB\^La. — 21 Anfang \.^AvxLy\^QCiq)ov VTtoyQdcpiig? '£7tofqo]^o(5[i]rog.
— In 23 erkenne ich ^Eitelcp x.
S. 197, 12 1. 9?ßfxog statt 'ipaaog. Der Mann hat einen Leberfleck auf
dem linken Arm.
Nach S. 198, 6 mag auch in CPR I 231, 2 6ro[&g~\ 'A&f}[väg zu
lesen sein statt G(a[. . . .Jor-ö'»/.
S. 202, 36/7 1. Kccl 0'u[<5£v] I evnaXovjisv Ka9'a)[g statt rjöco^ |
Eßi aXXov.
S. 204, 5. 1. 6(pQvv ös^cav statt oipQvog da'^iag. Schlufs 1. XaiQn]-
ftovo(g). — 20 1. Tanovxav. — 26 1. £'%iv st. aTceji^iv.
S. 206 liefert einen hübschen Beitrag zu den alexandrinischen Demen-
namen. Kenyon liest Z. 7: AiXavaßaxtco xco Kai AXQ^aisi. Der zweite Teil
war uns schon aus der Zusammensetzung EcoßLKÖaiiiog 6 Kai ^AX&aisvg be-
kannt. Vgl. GGA 1895, S. 142. Aber was soll der erste Name? Eine
griechische Etymologie wird sich dafür nicht aufstellen lassen. Nach vielen
Versuchen glaube ich auf dem Faksimile die richtige Lesung gefunden zu
haben: Tsiiavaßaxioa. Das ist zwar ein unbekanntes, aber gut gi'iechisches
Wort: der Demos hiefs nacb einem Tei'/civaßdxt]g, dem „Mauererklimmerer".
Das wird der Kultbeiname eines Gottes oder Heros sein. Es liegt nicht
fem, an den alexandrinischen Stadtgott selbst, an Alexander, zu denken.
1) Vgl. Röscher, System der Volkswii-tschaft II § 35. Büchsenschütz, Besitz
u. Erwerb S. 301. Olck in Pauly-Wissowa s. v. Ackerbau.
2) Für i^yalsTa.
160 II- Referate und Bespreclmng-en
Wahrscheinlich ist dasselbe Demotikon auch in Oxy. I 100, 4 herzustellen,
wo GH lesen: nal TavaßaxcUo to5 %cd ^AX^aisi})
S. 207, 7 steht TtQooL'/J für TtQoiKi, wie öfter. Dieselbe Nebenform liegt
auch an der umstrittenen Stelle BGU II 592, 8 zugrunde. Statt des un-
möglichen ^«pot}C£[(j]^[^] (Krebs) hatte Blass iTtQot-möd-r) vorgeschlagen,
womit er den Sinn der juristisch sehr wichtigen Stelle richtig erkannt
hatte. Vgl. Mitteis, Hermes 32, 655. Der richtige Wortlaut des ganzen
Passus ist aber nach meiner Revision des Originals folgender: £7t((TrflrjLtc'[vtj]
iog 7t ^ 0 0 i X t ö ■9' [ £ t ] (> ?; ovSs^la ^alr^ovola eGzIv \^av r^fj r&v ix£iv\ov
S. 209 7 1. TtaKtcp rb st. TtaKxavi. Vgl. Oxy. I 138, 28: X6y(p
Ttdnrov, 44 ettI tc5 Ttaxrw (= X)actuni^. Auch hier S. 327, 48 und Ostr.
II n. 1224.
S. 215, 6 (ohne Faks.) wird zu lesen sein: ag 8s itQoxsQov ktX. Es
folgt dann die Nomenklatur des Mannes, die er vor der Erlangung des
Bürgerrechtes als Grieche gehabt hatte. Dafs er zwei Gentilnamen l^ekonmien
hat, was mit der Samtherrschaft zusammenhängt, ist an sich ein Unding,
kommt aber in dieser späteren Zeit vor.
S. 216 oben 6/7 1. izneTcrcoKoroii' st. aaTCsm. orcov. Vgl. BGÜ II
591, 9; 603, 9; 604, auch CPR I 34 u. 45, wo Wessely es fälschlich als
Toxog erklärt.
S. 217 unten 9 1. xenov^^'^ st. xokov.
S. 218, 20 1. avxiyQi^acfOV^ luqay ^<^^c(xyog statt avxiy^ Xaqay^og,
Vgl. CPR I 4, 37/8 und oben S. 76.^
S. 220, 10 ergänze [vn^ulkay^iaxi st. [Gw^aXlay^iaxi,^ denn es soll
die Hypothek ausgedrückt werden. — Z. 14 erg. etwa [Ttcog iQt]^a^xiGui
st. \ßXEQOig uno\xL6m.
9. Accounts. S. 222 — 251.
In diesem Abschnitt sind allerlei Listen und Rechnungen zusammen-
gestellt, die z. T. von nicht geringem Interesse sind. Faksimilia sind nicht
beigegeben.
Gut erhalten sind die Abrechnungen über Aussaat (S. 226 ff.), die im
18. Jahr des Hadi'ian an verschiedene Dörfer des Faijüm geliefert ist. Die
Sitologen, die Kenyon mit Recht als die Verfasser betrachtet, fassen immer
10 Tage in der Rechnung zusammen — ein öeirniEQov.
Die Abrechnung auf S. 280 ff. möchte ich anders als K. deuten. Er
sieht in dem beständig wiederkehrenden ^v"^ und (pö^ den Gegensatz von
^vxog und (poivit,. Ich glaube, der Text wird erst verständlich durch die
vorher auf S. 117/8 publizierte Urkunde. Diese lehi-t uns, dafs die Bier-
steuer (^urrj^a) an die öyjfxoßia xQdTTs'^a abgeliefert wurde, dagegen der cpö-
Qog TtQoßdrav %al akXcov siö&v an ein besonderes Bankressort {slg xrjv inl
xovxoig xQccTis^av). Wenn nun in der vorliegenden Urkunde die Einnahmen
aus ^D* und aus g)o beständig separat gebucht werden, so liegt die Ver-
1) Jetzt lesen GH [.jt/Tcvrar/JßTfi'a» (Oxy. II S. .^19). Da wäre nur noch r statt
y^ verlesen, üas neue Demotikon (PvXcc^i&aXuGctog lälst sich auch in P. Leipz.
10, 3 herstellen.
2) Vgl. zu letzterer Phrase BGU II G14, 24.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 161
mutung nahe, dafs wir eben hier eine Abrechnung über jene '^vrrjQu und
jenen cpoQog TC^oßccxav %al akX(ov sldüv vor uns haben. Die Urkunde ist
wichtig für die Frage nach dem Wesen der Biersteuer (vgl. Ostr. I 369 ff.),
doch wüi-de ein Eingehen hier zu weit führen.
In dem Namen Neßpjg (Gen. NeßiBiovg) auf S. 237 f. hat sich wohl
wieder einmal ein alter Königsname erhalten: es ist eine genaue Transkription
von Nebka (nb k^), einem König der III. Dynastie, dessen Totenkult sich
lange erhalten hat. Auf andere Königsnamen in den griechischen Urkunden
habe ich in GGA 1895 S. 157 hingewiesen. Hier sei nur noch jener König
ÄEVEqpQijg hinzugefügt, unter dem nach jüdischen und christlichen Legenden
Moses gelebt haben soll. Dessen Name steckt offenbar in dem memphiti-
schen Dorfnamen Taxsveq)Qii^ denn so ist in P. Leid. A, 4 zu lesen: xc6jtti/g
TaiEVEcpQi] rov ME^cpLxov (st. TayBVEcpQTixov). Die griechische Tradition
der ägyptischen Königsnamen müfste jetzt mit Hilfe unserer Urkunden von
neuem revidiert werden. Doch da müfsten die Agyptologen mitthun.
Hervorzuheben sind ferner die Abrechnungen eines Pfandhauses auf
S. 245 f., die namentlich lexikalisch von Interesse sind.
Die Rechnung auf S. 248/9 hätte unter die Steuerquittungen gestellt
werden können, denn trotz des fehlenden dtiy^aipEv ist sie nichts anderes.
10. Private letters. S. 252—257.
Bekanntlich sind die Privatbriefe uns meist so schwer verständlich,
weil wir die Beziehungen der Personen zu einander nicht kennen. Man
hat daher mit Recht versucht, aus gewissen Formalien Anhaltspunkte, die
weiter helfen könnten, zu gewinnen. So operiert Kenyon mit der von Mahaffy
gemachten Beobachtung, dafs die Grufsformel sqqcoGo stehe, wenn der Brief
an Gleichstehende oder Niedrigere gerichtet ist, dagegen evzv'/^ei., wenn an
Höherstehende. In der That stimmen die meisten Fälle durchaus für diese
Annahme, aber es handelt sich natürlich bestenfalls um einen Usus, an
den niemand gebunden ist, und von dem es daher auch Ausnahmen giebt.^)
Immerhin ist uns eine gewisse Direktive für die Erklärung damit gegeben.
Ähnlich steht es mit einer anderen Beobachtung, die Kenyon macht,
und die auch ich schon im Hermes 2 2, 5 ff. hervorgehoben habe, dafs der Brief
als an eine höher stehende Persönlichkeit gerichtet aufzufassen ist, sobald
der Adressat in der Adi-esse dem Namen des Schreibers vorangestellt ist.
Freilich könnte allzugrofse Höflichkeit des Schreibers uns gelegentlich ii-re-
führen, aber mir ist noch keine Ausnahme aufgefallen, und so wird uns
auch diese Beobachtung bei der Interpretation der Briefe fördern können.^)
1) So findet sich z. B. ^qqcoöo auch unter Bittschriften, die also an höhere
Persönlichkeiten gerichtet sind, deren Gunst der Schreiber erringen möchte, nicht
nur P. Grenf. I 11 II 5, wo auch schon Grenfell den Widerspruch angemerkt hat,
sondern auch Grenf. I 37, 14 (beide aus Ptolemäerzeit). Andererseits scheuen sich
z. B. auch Kaiser nicht, eventuell mit svrvxi^ttE zu unterschreiben. Hier kann man
nach Mahaffys Beobachtung nur sagen, dafs damit eine besondere Ehrung zum
Ausdruck kommt.
2) Ebenso äufserlich kommt die Devotion dadurch zum Ausdruck, dafs man
abschriftlich beigefügte Kaiserbriefe nicht wie die anderen Beilagen dem eigenen
Briefe folgen (ynorüaGbiv) , sondern vorangehen läfst {itgordaaEiv). Darauf wurde
Archiv f. Papyriiaforschung I. 1. 11
162 n. Referate und Besprechungen
Aiach die Datierung der Privatbriefe ist schwierig, da sie bestenfalls
das Jahr, aber selten den Namen des regierenden Kaisers nennen. Kenyon
meint, dafs die erweiterte Grufsformel iggäad-ai as ev^oiiai auf das IV. Jahrh.
n. Chr. weise (S. 253). Sie erscheint vielmehr auch schon im J. 201 (Bruns,
fönt. i. K.ß S. 248), 215 (BGU 362 V 12), vgl. Oxy. I 114 f. und GH
a. a. 0. S. 435, die schon aus Trajans Zeit ein Beispiel kennen. Eine er-
neute Untersuchung über die Entwickelung der Briefformalitäten an der Hand
der Papyri, Inschriften und Autores wäre eine sehr lohnende Aufgabe.
S. 254, 16 begegnet t« i7ti(xi]vLa im Sinne von „Monatsvorrat". Vgl.
Polyb. 31, 20, 13; 22, 12. Die yQacprj £7rt|it(i;v/cov) 6t^[co]vtcov, die Z. 27
folgt, ist nicht ohne Interesse: da sind verschiedene Brote und Kuchen, die
nach Paaren (^evyr}) berechnet werden^), ferner Datteln, Dattelbrot ^), rohe
Oliven, endlich Ole^), Essig und ein Korb mit Pökelwaren vom vorigen
Jahre. Es ist das so ungefähr dasselbe, was noch heute die Hauptnahrung
der Bevölkerung ausmacht.
Der Text auf S. 256/7, der richtiger in den nächsten Abschnitt ge-
kommen wäre, gewinnt durch Vergleichung mit P. Oxy. I 81 und 82. Es
ist wie diese ein Amtseid, geschrieben von einem Manne, der auf einem
öffentlichen Transportschiff einen Posten, wohl als Liturgie, übernimmt.
Der Anfang mag auch hier gelautet haben: Elgöo&elg kxX. Zu iitinXooi
in Z. 10 vgl. oben S. 155. — Z. 15 ist nach Oxy. I 82 und vielen anderen
Parallelen i] evol^y^^^oq elijv to3 üq%(o zu lesen statt t] iv6')^£]d'£Li]v x. o.-
Unter den Miscelloneous Documenis endlich, die S. 257 — 266 den
Schlufs der römischen Gruppe bilden, ist vor allem der mathematische Pa-
pyrus S. 257 ff., der die Umrechnung der verschiedenen Artaben in einander
behandelt, von hervoiTagendem Werte. Dieser bleibt dem metrologischen
Referat vorbehalten.
Die ensvoyqacptu (Inventarium) auf S. 264/5 ist wieder eine Fundgrube
für das Lexikon.
C. Byzantine Period.
1. The correspondence of Abinnaeus.
Einer der interessantesten Funde der letzten Jahre ist ohne Zweifel
diese Korrespondenz des praefedus alae Flavius Abinnaeus, der in der Mitte
des IV. Jahrh. n. Chi-.^) zugleich die Stelle eines praefedus castrorum Dio-
nysiadis , also des Platzkommandanten von Dionysias — nach GH dem
heutigen Kasr Kemn — bekleidete. Es sind im ganzen etwa 60 Urkunden,
ich durch den Brief bei Bruns font.^ S. 247/8 aufmerksam, und ich glaube, dafs
danach BGU II 473 interpretiert werden mufs (vgl. Mitteis, Hermes 32, 651 f.).
Voran steht ein Kaiserreskript. Dann Z. 13 If. ein amtlicher Brief, dessen Anfang
Z. 14 ich folgendermafsen ergänzen möchte: 'AvriyQCi(pov~\ räv &iicov diarä^so^v,
worauf weiter in Z.17 zu ergänzen ist: tovtols (^ov xoig yQÜiniasiv TtQoirai,a.
Die %ttai 8iaxäh,i:ig sind eben der vorher wiedergegebene Brief des Kaisers.
1) Vgl. Ostr. I 755.
2) Das wird mit ccQxocpoivi" gemeint sein. Zu erwarten wäre : ciQX(o{v) cpoivi-
■Kiivoiv). Der Plural wegen der Rechnung nach t^vyr].
3) Z. 39 ist nicht Hcclwv, sondern ilaiwv zu lesen, denn es wird nach Ke-
ramia gemessen.
4) Die Briefe reichen von 343 bis 351.
Ulrich Wilcken: Papyvus-Urkunden 163
von denen 37 dem British Museum, etwa 20 der Genfer Sammlung ge-
hören. Über die letzteren liegt eine Mitteilung von Nicole vor, der zwei
Proben davon giebt (darunter eine lateinische).^) Die ersteren hat uns
Kenyon hier in einer vortrefflichen Publikation mit sachkundigem Kommentar
vorgelegt. Das lebensfrische Bild, das uns aus diesen so eng zusammen-
gehörigen Urkunden entgegentritt, wird erst seine volle Wirkung ausüben
können, wenn auch die Genfer Texte publiziert sein werden. Aber auch
schon die jetzt vorliegenden lassen uns in das Leben und Treiben jener
abgeschiedenen Gegend einen tiefen Einblick gewinnen. Nicht minder wert-
voll ist, was wii* über die Bedeutung des Platzkominandauten und anderer-
seits der Dorfbehörden füi' den Sicherheitsdienst erfahren.^) Die Klagschi-iften
wegen Diebstahls, Sachbeschädigung u. s. w. werden auch von den umlie-
genden Dörfern aus, wie in früheren Jahrhunderten an den centurio oder
decui'io, so jetzt an den praefectus castrorum gesandt, mit der Aufforderung,
die Dorfbehörden (dr/fto(Jioi) zur Auffindung der Übelthäter zu veranlassen,
resp. die schon bekannten Übelthäter festzunehmen und den Fall dem dux
zur Bestrafung zu melden.^) Der militärische Sicherheitsdienst war hier
um so notwendiger, als die Dorfbehörden selber nicht immer reine Hände
gehabt zu haben scheinen.*) Auf S. 275 werden freilich neben dem Sohn
des Irenarchen auch Soldaten aus der Truppe des Abinnaeus beschuldigt,
einem Manne bei Nacht seine Schafe geschoren zu haben (vgl. auch S. 282),
und was für ein Ehrenmann Abinnaeus selbst gewesen ist, das wissen wir
nicht. Der Brief auf S. 284 läfst auch nach dieser Seite hin dunkle
Ahnungen aufsteigen. Trotz des guten Systems war hier jedenfalls die
Unsicherheit eine sehr grofse.
Indem ich mir ein weiteres Eingehen vorbehalte, bis die Genfer Publi-
kation vorliegt, beschränke ich mich hier darauf, einige Beiträge zum Text
zu liefern. Hervorgehoben sei nur noch, dafs die Urkunden auch sprach-
lich von hervorragendem Interesse sind, da sie fast alle, wie auch sonst
meist die Privatbriefe, in vulgärer Orthographie geschrieben sind und uns
daher die damals wirklich gesprochene Volkssprache vor Augen führen. Be-
merkenswert ist das Eindringen von Latinismen auch aufserhalb der Titu-
laturen, wie TiQsöav {= praedani) S. 282, 15 und Qayccxa (= rogaki) S. 288, 15.
Im einzelnen bemerke ich:
S. 272, 6 wird OaXamidi statt PaluiKiSi zu lesen sein. Das Doi-f
war also nach einem OaluiKog benannt. — Z. 10 1. eTtTjX&a st. SLai]l&(x.
Gemeint ist inTiX'&av.
S. 275, 4/5 1. EüiQ&'TjGav st. aKoq}&t]aav.
1) Revue de Philol. 20, 43 £F.
2) Vgl. Mommsen, Rom. Strafrecht S. 307, 312.
3) Unter dem heutigen arabischem Regiment ist der Sicherheitsdienst in ganz
ähnlicher Weise geordnet. Als im vorigen Winter in Ehnäs(Herakleopolis) ein Dieb-
stahl begangen war, hatte zunächst der Ortsvoarsteher , der Omde (etwa der y.co-
HccQxrig) mit seinen Ghafiren (qivlaKsg) die Persönlichkeit festzustellen. Dazu
wurde dann der treffliche Platzkommandant des ly^ Stunden entfernten Sedment
(am Wüstenrande) herbeigeholt, der an der Untersuchung teilnahm und dann den
Übelthäter von seinen Soldaten nach Sedment abführen liefs. Der Fall aber wurde
dem Mudir von Beni-Suef (entsprechend dem dux) gemeldet.
4) Vgl. auch die Schilderung des Dorfältesten Sempronius auf S. 174.
11*
164 11. Referate und Besprecliungen
S. 276, 10 scheint öitjQnsvai st. cKprjQnsvai zu stehen. Das ist viel-
leicht verschrieben füi* 6iriQ(jtu)y,ivcii. — 13 1. NuQ^ovQ'£Oi{g st. TIocq-
ju,oi;'9'£co[g.
S. 277, 9 ist avx(o(vy (== cuvtov) herzustellen.
S. 278, 9 1. riov (= vov = vfov) st. yiov. — Zu aTtavco&sv Z. 12
vgl. neugriech. ccTtävco (Hatzid. S. 36). — Zu 14 1. ^i' avro) T[o]vrco (= avtb
rovroi) statt diavTcav reo.
S. 280, 10 1. av sGtikerco (= ai/föTfiAaro) st. avEGztle t«o.
S. 284, 11 steht: 7]Q7tcc^ag avtovg. Da mit avtovg die Frevler gemeint
sind (vgl. nächste Zeile: rovxovg UTtoßrdov), so scheint r^QTia'^ag kausative
Bedeutung zu haben: „du hast sie plündern lassen". Ähnliches bei Hatzid.
S. 200f. — 14 1. avaviynco^sv (^= ävsvey'KcofiSv^ statt av arsyncof-iev. Das
ßovXEvrT^Qiov hier kann übrigens unmöglich, wie K. annimmt, zum Dorf
Theoxenis gehören, denn Dörfer haben keinen Rat; das kann nur der Eat
der Metropole Arsinoe sein. — 16 Kxrjascog ist als Nom. propr. zu fassen.
— 18 ist wiederum jcar' iaov st. nate aov zu lesen. Vgl. oben S. 131.^.
S. 285, 3 zu ÖTjloiv (= dTjlovv) vgl. KaraaKrjvoiv bei Matth. 13, 32,
Marc. 4, 32 und andere Beispiele bei Hatzidakis S. 193.
S. 292, 9 steht t6 als Relativum: ro (lot ösdcoKsg für o jitot öiöcoKag.
Vgl. S. 301, 9: [rrjv a'y\dm]v rrjv Ttoistg; S. 304, 14: rrjv ilqa rr}v öiöco-
KEv. — 16 steht öidoviiEv füi* öiö&uev, nicht für dlöo^sv.
S. 295, 13 glaubt Kenyon eine Erwähnung der arsino'itischen ßovXij
zu finden. Es ist vielmehr zu lesen: nal tteqI av ßovXrj keIeve(^i}v ^oi.
An den Briefen des Apamios S. 300 f. ist beachtenswert, dafs er ent-
gegen der antiken Sitte, wie sie uns bisher bekannt war, zum Schlufs nicht
eine Grufsformel, sondern in moderner Weise seinen Namen im Nominativ
darunter schreibt. Ist das nur eine Marotte von Apamios, oder kommt das
in dieser jüngeren Zeit auch sonst vor?
S. 304, 14 1. 'iaäg st. CGag. Ebenso Z. 20: 6 'löag.
2. Miscellaneous Fourth Century Documents. S. 307 — 323.
Auch von diesen gehören noch mehrere zu den Papieren des Abinnäus.
Es sind Listen und Abrechnungen der verschiedensten Art, auf die ich hier
nicht genauer eingehen will. Auf S. 307 unten Col. II, 1 ist die Sigle, die
Kenyon als nvqov äQxccßri erklärt, vielmehr als xaXccvxov zu fassen. Die
eigentümliche Form der Siglenatabe auf S. 316 oben wird als Gi{xov) -^
aufzulösen sein.
3. Late Byzantine Papyri. S. 323—335.
Unter diesen letzten Texten ragt an Umfang und Bedeutung die grofse
o^oloyici xrig E(i(pvxEv6£(og aus dem Anfang des VII. Jahrh. n. Chr. hervor
(S. 324/29), durch welche das Kloster des heiligen Patois einem gewissen
Johannes 12|^ Aruren Fruchtland und 5 Aruren Ödland in Erbpacht giebt.
Dieses Dokument, das bisher einzig in seiner Art dasteht, wird hoffentlich
von juristischer Seite eingehender intei-pretiert werden. Zum Text haben
schon GH Nachträge geliefert, denen ich TtEvxE'^iaxo) statt TCEvxt^Eaxco (in
Z. 91) hinzufüge. Hier sollen nur einige topographische Bemerkungen
Platz finden.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 165
Die Urkunde stammt aus Edfü, dem alten Apollinopolis Maior. Das
Kloster des heiligen Patois gehört zum oQovg xaSjur;? Tanaldscog (so wohl
besser als Tavald-ecog) xov ^ATiolliovoitoUxov vofiov (Z. 7). Von dem Ge-
höft, in dem der Erbpächter wohnt, heilst es nachher gleichfalls (Z. 10):
OQOvg xfig avxfig %(b^y]g. Ich möchte hervorheben, wiewohl es fiü* die
Kenner der ägyptischen Verhältnisse wohl selbstverständlich ist, dafs OQog
hier nicht Berg oder Gebirge, sondern Wüste bedeutet. Das OQog xrjg
Koo^ir)g ist das Stück Wüste, das zu dem oflfenbar am Wüstenrande gelegenen
Dorfe Tapaithis gehört, und das Kloster liegt, wie die meisten, in der
Wüste selbst. Es ist interessant, dafs ebenso der moderne arabische Aus-
druck, mit dem heute im Volksmunde die Wüste bezeichnet wird, Gebel, zu-
gleich und ursprünglich „Berg" bedeutet. Es ist ja klar, dafs der Be-
deutungswandel durch den gebirgigen Charakter der Wüste bedingt ist,
aber es ist bemerkenswert, dafs sowohl Gebel wie oQog auch den völlig
flachen Wüstenrand bezeichnen (vgl. Z. 16).
Gleichfalls aus Edfü stammen die Kontrakte, die Grenfell in seiner
Erstlingsarbeit, im Journal of Philology 22, 268 if., publiziert hat. Auch
sie enthalten eine interessante topographische Notiz. In I 28 heifst es da
von einem Grundstück, es liege sv rc5 vipcofiaxi xrig 7röAe[a)j]. Wer den rie-
sigen Schutthügel (Kom) gesehen hat, der heute als Wahrzeichen des alten
Apollinopolis emporragt, kann nicht zweifeln, dafs nur an ilin hier zu denken
ist. Oder genauer gesagt: das vipioiia der Urkunde ist der Kom von Edfü
in der Gestalt, die er damals im Anfang des VII. Jahrhunderts gehabt hat,
und da Häuser imd Gassen darauf erwälmt werden, so war er damals
bebaut, wie ja auch heute gi'ofse Teile von Edfü auf alten Schutthügeln
stehen, und so gewährt uns diese Urkunde einen interessanten Einblick in
das allmähliche Werden und Wachsen der Schutthügel von Edfü.
Da das Londoner Tafelwerk jetzt die Photographieen dieser Gren-
fell'schen Kontrakte bringt, mögen hier einige Korrekturen Platz finden, die
sie mii- ermöglicht haben.
17 1. -hmg av^x&v st. Jrrj?. — 36 ^vii*d Tkvqov und Tßsvnr]fi(..)
zu lesen sein (Feminina). — 57 1. a6d-svi]6ei[jLev st. ao&evetusv. —
80 1. Movöatog st. A&ovg viog. — In 81 hat Gr. /iuvi'r]Xov hinter t^iov
ausgelassen.
ni 20 Schlufs erg. tvog xqIxov]. — 21 1. ayll, d. h. l|- Solidi, st.
ayV/ . — 26 1. iSarpovg st. tScccpov. — In 47 hat Gr. tckvxk hinter
TtQoyeyQafifxiva ausgelassen.
III. Der Papyrus des Ashmoleaii-Museum (vgl. S. 122).
John P. MahaflFy legt uns hier einige Fragmente vor, die er aus einem
von Mr. Arthur Evans, dem Direktor des Ashmolean-Museum ilmi zm-
Untersuchung überwiesenen Mumienpectorale glücklich herausgelöst hat. Es
ist dies ein neues Beispiel für die Verwendung des Papyrus zu Kartonnagen,
wie sie uns namentlich durch die Petrie-Papyri bekannt geworden war,
und die Wichtigkeit der dui'ch die Zerstörung des Pectorale für die Wissen-
schaft geretteten Documente richtet von neuem an alle Museumsverwaltimgen
die Mahnung, die Mumienkartonnagen aus hellenistischer Zeit einer genauen
166 IL Referate und Besprechungen
Pi'üfung zu unterwerfen und sie eventuell der histonschen Forschung zu
opfern.
Das Papyrusstück, das zum Oxforder Pectorale verarbeitet wurde,
stammt aus einer gröfseren Rolle (s. unten S. 168), die, wie die Schrift
deutlich zeigt, im III. Jahrh. v. Chr. beschrieben worden ist. Die Hände
auf Recto und Verso sind verschieden. Die Entzifferung war nicht leicht,
wie man aus den beigefügten Tafeln ersehen kann, und wir müssen Mahaffy
für die mühevolle Arbeit sehr danken, wenn er auch noch nicht überall
das Richtige getroffen hat. Das wird auch kein Sachverständiger auf
unserem Gebiet von einer editio princeps erwaiiien.
Das Recto enthält sehr merkwürdige und nicht leicht verständliche
Bestimmungen über die Aussaat der Felder verschiedener Dörfer des Faijüm.
Sie sind alle nach demselben Schema abgefafst. Ich gebe ein Beispiel
(Z. 5 — 15): 'AQfjv&g KMfirjg öicc Usroßaariog (aQOVQai) 717|^j^j^. ^^qo'
äv a.7Coliinov6iv ngog xriv nvQocpOQOv ^O?,^^^:^^, kvtjkov 300, oQoßcot, 10,
äQccKCoi 100 / 817 l^^Yei-21 ccvravai,Qov(xivcov öh at nXetco oiaziöTtaQKev '/.Qi&iji,
[100|, nataXELTtovrai, Ti'^2^hi'>i ^*P' ^^ ^^'' '^'^T:f^'3nc(Qi]vai kutixcoc 300,
oQoßcoL 10^), TCVQ&L [407 1 ^ jg ^]. Das fasse ich folgendermafsen auf: In
Athena-Dorf sind 717 etc. Aruren durch Petobastis [zu besäen].^) Von den
817 etc. Aruren^), die man für Weizen, Saflor, Erven und Arakos (Hülsen-
fi-ucht) reserviert hat, bleiben nach Abzug der 100 Aruren, die er (d. h.
Petobastis) schon mit Gerste besät hat, 717 etc. Aruren übrig, die nun in
der hier angegebenen Weise mit Saflor, Erven und Weizen zu besäen sind.
Hierbei bleibt vieles unklar. Wer ist der verfügende Beamte, in
dessen Bureau diese Abrechnungen aufgesetzt sind? Wer ist Petobastis?
Mahaffy hält den letzteren für den Komarchen, den vorgesetzten Beamten
aber für den Oikonomos. Das sind zwei Möglichkeiten, neben denen auch
andere bestehen. Aus Rev. L. 41 wissen wir, dafs in dieser Zeit aufser
dem Oikonomos auch der Nomarch und der Toparch die Oberaufsicht über
die richtige Besäung der Felder ausübten und im Falle einer Übertretung
mit jenem straffällig waren. Ich verweise auch auf P. Petr. II 30 (d), wo
der Nomarch auf Grund der Eingaben der Toparchen (resp. xonoyQa^naretg)
über die Aussaat des arsinoitischen Gaues Bericht erstattet. Mit Berück-
sichtigung der Rangstellung des Verfassers der vorliegenden Bestimmungen
und des ümfanges seines Amtsgebietes wird man also einstweilen wohl die
Wahl zwischen dem Oikonomos und dem Nomarchen haben. Vgl. nament-
lich Rev. L. 41, 5 f. mit dem 8. Brief auf dem Verso.
Den Petobastis dagegen, der nicht wie jene durch Geometer die Aus-
saat feststellen läfst, sondern selbst sie leitet (KarianccQKsv) , möchte ich
etwa für einen Spezialbeamten der KatccGiiOQd halten, und da denke ich un-
willkürlich an den in Ostr. I 3 40 f. nachgewiesenen inirriQ-rjTrjg navaöTCOQccg,
der — vielleicht mit Hilfe der Xiiivaötal Kai ndTaGTtoQetg (Ostr. I 508) —
die Aussaat zu beaufsichticfen und durchzuführen hatte. Doch auch das ist
1) Mah. liest q statt ^. Danach ändert sich auch die Ergänzung der folgen-
den Zahl.
2) Anders Mah. S. 204: fuccount furnishedj through Petobastis.
3) Mah. bezieht das a(p' wr auf die vorhergehende Zahl 717 etc. Das geht
nicht, da hier und überall die folgende Summe gröfscr ist. llq)' on> ist vielmehr
mit den folgenden Zahlen, in Summa 817 etc. zu verbinden.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 167
nur ein Vorschlag; der Komarch ist nicht ausgeschlossen. Wir wissen
nichts über das Verhältnis jenes zu diesem.
Schwierig ist der Mittelsatz: c!.vvavaLQovfiev(ov^^ 6e öot TtXsiu) nariönaQ-
nev Ktl. Was soll das tiXslo)? Mahafiy sieht darin einen excess — occurrcd
in the previous year. Ich meine, der Übergriff kann nur im laufenden
Jahre erfolgt sein, sonst würde er nicht bei der Abrechnung dieses Jahres
in Anschlag kommen. Dafs Petobastis durch Besäung der hier in Abzug
gebrachten Felder seine Instruktionen überschritten hat, geht aus C, 36
hervor, wo es hinter y.axiGnaQ'KSv heifst: xSiv HßO-dAot; jUtj ÖL\ayzyQ\cniidviov
[. .Jvov 100 (Aruren), aQänov 50 kxX. Hier werden also diese abzüglichen
Arui'en ausdrücklieh als solche bezeichnet, die ihm „überhaupt gar nicht
vorgeschrieben" waren zu besäen (anders Mah. S. 205). Dafs also ein
Übergriff des Beamten vorliegt, scheint hiernach sicher. Merkwürdig ist
nm", dafs ein solcher in jedem der uns vorliegenden fünf Fälle begegnet.
Aber das Ttlem ist noch nicht erklärt. Womit soll dies plus in Vergleich
gestellt werden? Ich finde einen Sinn darin unter Annahme folgender
Situation; Aufser den 817 Aruren, um bei obigem Beispiel zu bleiben, ge-
hören noch andere zu der Feldmark desselben Dorfes, die vielleicht zu einem
anderen Eessort gehören (s. unten). Bei Besäung dieses anderen Teiles hat
Petobastis gegen seine Instruktionen in den hier behandelten Teil über-
gegi-iffen, und hat 100 Aruren mehr, als er in jenem anderen Teil sollte,
besät, und zwar mit Gerste statt mit Arakos. Darum müssen diese 100
Aruren Gerstenland von dem hier behandelten Komplex in Abzug gebracht
werden. So bleiben nur 717 Aruren. Diese Erklärung würde dem Wort-
laut gerecht werden. Ob sie sachlich zutrifft, lasse ich dahingestellt.
Wie auch Mahaffy hervorgehoben hat, beschränkt sich in den vor-
liegenden Fällen die Aufsicht der Regierung über die Aussaat
nicht auf diejenigen Fruchtarten, deren Verarbeitung sie mono-
polisiert hatte (vgl. das Ölmonopol im Eevenue-Papyrus), sondern er-
streckt sich auch auf die anderen. Freilich hätte diese Neuigkeit für
uns nur einen Wert, wenn wii' wüfsten, ob der Text vom öffentlichen oder
vom privaten Boden spricht. Mahaffy hat diese Kardinalfrage garnicht
berührt, wohl weil er annimmt, dafs die hier genannten Aruren das Ge-
samtareal der betreffenden Dörfer darstellen. Mein schon oben angedeuteter
Dissens soll unten begründet werden. Handelt es sich in unserm Text um
öffentliches Land, so verstünde es sich von selbst, dafs der Staat auch die
Entscheidung über die Aussaat hat. Denn das ist natüi-lich Sache des
Grundherrn. Ist es aber Privatland, so mülsten wir annehmen, dafs es so
etwas wie einen Flur zwang in Ägypten gegeben hat, und es liefse sich
dafür vielleicht auf Plin. h.n. 19,5,79 verweisen, wo Plinius in Bezug auf den
raphanus sagt: hoc maxime cupiunt severe si liceat. Freilich liefse sich
die letztere Notiz durch den Hinweis auf das Ölmonopol entkräften, und
auch sonst sind mir Einwände zm- Hand. Doch es ist hier nur meine Auf-
gabe, den Stand der Frage klarzulegen. Da das Kopfstück der ürkimde
1) ^vravaiQttcQ-ai (nicht avtavKiQißd-ai Mah. S. 206) begegnet in demselben
Sinne von „bei der Rechnung in Abzug gebracht werden" auch in P. Zois I 18, wo
Wessely (Wien. Kais. S. 16) es fälschlich mit „dafür erhoben werden" übersetzt.
Vgl. jetzt auch BGU III 776, 18 und GH zu Lond. II S. 116.
]^68 II. Referate und Besprechungen
verloren ist, bleiben wir über jene Hauptfrage einstweilen im Dunkeln. So
legt der Oxforder Papyrus Fragen von gröfster Bedeutung an, ohne sie zu
rösen, und führt uns so recht vor Augen, wie wenig wir wissen.
Im einzelnen bemerke ich noch folgendes.
B 25: ag?' cov öei [nazaöTca ist sachlich unwahrscheinlich; zu erwarten
ist ag)' mv anoXelTiovatv, und nach dem Faksimile scheint mir K7t[o]A.[£t7rot;-
6iv nicht unmöglich.
B 27. Die Schlufssumme kann nicht vis (315) sein, denn sie mufs
gröfser als die Summe in der ersten Zeile (822) sein. Ich sehe auf dem
Faksimile deutlich ^ statt t, also ist es 915.
C 32. Das Zeichen hinter q^ö ist die Sigle für Xomov, Idmxca u. dgl.,
und entspricht hier dem aTCoksmovöiv der anderen Nummern.
Das Verso enthält Kopien von amtlichen Briefen, die wohl alle von
demselben Beamten geschrieben sind, der die Verfügungen des Recto hat
aufsetzen lassen. Die Adressen sind in der Kopie, wie häufig, in der Weise
gekürzt, dafs der Name des Absenders und iuIqbiv ausgelassen ist, ebenso
eQQaao am Schlufs. Diese Briefsammlung war von nicht geringem Umfang,
denn die Zahl 13, die über der ersten vollständigen Kolumne steht, ist
nicht mit Mab. als Datum, sondern als Paginalzahl aufzufassen, wie ich denn
auch über der nächsten Kolumne über av (von ^AvrLoxto) ein tö zu sehen
glaube.
In B 20 lese ich den Schlufs, den Mab. unentziffert gelassen hat:
iv[tav^&ci öriGaiiov.^) Also wurde nach Z. 21 auch im Dorfe Philagris
Sesam gepflanzt. Wenn trotzdem in Recto C, in der Aussaat-Abrechnuug
dieses Dorfes, kein Sesam genannt wird, so spricht das meines Erachtens
dafür, dafs die auf Recto behandelten Bodenflächen nicht das
ganze Kulturareal der betreffenden Dörfer ausmachen (s. oben).
Den Schlufs dieses Briefes möchte ich lesen: vTCO[iiv(o yccQ öe ojg vv[v]
(st. coöxs) ivccQ'^ciöd'ai d-i(Xcov). Das letzte Wort (statt as, was sicher falsch)
ist unsicher. Die Spuren würden passen. Jedenfalls ist über den zwei
Buchstaben der Abkürzungsstrich sichtbar.
Der zweite Brief wird erst verständlich, wenn man Z. 25 rt 6oi statt
ri6i liest. — Im dritten Brief ist noch vieles unsicher. Aber ich weifs
zur Zeit keinen Rat.
Im fünften Brief fasse ich Z. 38flF. folgendermafsen auf. Ich schwöre
euch bei allen Göttern, wenn ihr nicht augenblicklich nach Empfang dieses
Briefes die vorgeschriebene Menge Saflor säet, dann sollt ihr u. s. w: et
f.ir} ajjia xmi Xaßsiv vfxäg rrjv eTt(^i6roXr]v) [ t?)v öcajysyQafXfiivi^v xtA.
Im achten Brief droht der Beamte dem säumigen Saflor-Pflanzer, ihn
durch einen fidii^iog arretieren zu lassen. Das ist für die Geschichte der
ixdxifxoi im III. Jahrb. v. Chr. von Interesse.
IV. Papyrus Boissier (vgl. S. 122).
Dafs wir über die grofsen, wohlerhaltenen Texte, wie sie uns in letzter
Zeit glücklicher Weise so reichlich zufliefsen, die kleinen Fragmente nicht
1) Der Revenue - Papyrus sagt tö arjaa^iov. Hier steht 6 arjacciLog, wie z. B.
in Geopon. IX 18, 2.
ITlrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 169
vernachlässigen sollen, mahnt der von Alfred IJoissier erworbene Genfer Pa-
pyrus auf das eindringlichste. Dieser von Jules Nicole mit scharfsinnigem
Kommentar herausgegebene Text ist formell wie inhaltlich von hervor-
ragendem Interesse.
Der verdienstvolle Editor der Genfer Papyri, der die historische Be-
deutung des Fragmentes richtig erkannt hat, würde auch der formalen Seite
noch mehi- gerecht geworden sein, wenn er die uns sonst bekannten Statt-
halter-Edikte aus Ägypten, im besonderen die aus der Oase el-Chargeh
(CIGr. III 4956, 4957) zur Erklärung herangezogen hätte. Mit Hilfe dieser
wird man die ersten fünf Zeilen folgendermafsen ergänzen können:
1 HhoötOQog 6[r]Qarr}ybg [ . . •
2 T^g 'yQa(pEi6ri[g^ fxoi vno xov \%VQiov Tjyenovog iittöroXiig Gvv tat vno-
xexay^ivoii nQogxdynari xh ccvxiyQaq^a vnoxEX(X'](^a vfilv, i'v clöfjxe oder
ähnlich. Datum.]
3 (PkaKKog 'HXioöcoQcot [öxQaxTjy&t, . . . laiQEiv. . . .
4 vo^iov xonoig^ iva näöi [6r]X<x yivrjxca xa vn ifiov KEXsvöfieva. "EqqcoGo.^
5 AvXog ^AvoviXXiog OXccKTiog [Xiyet'
Es war offenbar, wie namentlich Z. 2 zeigt, eine sehr breite Kolumne,
von der uns nur der linke Rand erhalten ist. Die obigen Vorschläge
wollen natürlich nur nach den bekannten Analogien den Inhalt skizzieren.
Die Inschrift CIGr 4956 trägt lediglich die Überschrift: Tloatöcöviog Gxqu-
xfjyog. Vielleicht ist daher auch hier in Z. 1 nichts zu ergänzen. Doch
ist es auch sehr gut möglich, mit Nicole anzunehmen, dafs dahinter die
Behörden im Dativ und laiqeiv gestanden haben, denn es wäre ja denkbar,
dafs man bei der Publikation auf dem Stein die Briefadresse geküi'zt hätte.
Vgl. freilich BGU 7 und 18.
Der darauf folgende Begleitbrief des Präfekten (Z. 3 — 4) enthielt vor
allem, wie auch Nicole annimmt, den Befehl, das beiliegende Edikt in der
Metropole und den Dörfern an passendem Orte zu publizieren. Der Wort-
laut läfst sich natürlich nicht wiederherstellen. Das vofxov xonoig in Z. 4
erinnert an die im Edikt des Lusius gewählte Formel: nqod'eg Iv oig KaQi]-
%Ei xov vo^ov xonoig (vgl. Milne, Hist. of Eg. V S. 186), doch giebt es
auch andere Möglichkeiten.
So imgewifs im einzelnen die Ergänzungen der 4 ersten Zeilen bleiben
müssen, so sicher ist die von Z. 5 wiederherzustellen. Nicole will hier die
Strategen der Provinz oder Epistrategie im Dativ ergänzen, nimmt also
Briefform an. Dabei hat er die uns wohlbekannte Form des Edikts aufser
Acht gelassen: hier mufs notwendig Hyti (= didt) stehen. Davor könnte
höchstens noch ETiaQ^og Alyvnxov stehen, wie in BGU 288, während dies
in den beiden Oaseninschriften fehlt. Von dem Edikt selbst ist folgendes
erhalten:
6 TlaGav TtQovoidv noiov^Evlog . . .
7 kWcc elg xb XotTibv a6g)ccke[6xeQ . . .
8 iTtnTjösicov eQyaXeiav^ ccXla jiit[x^? ...
9 Kai (iccy^aiQOcpoQCiV (ieycc[ . . .
10 löoxifjLog exioav. ^O ö av\x . . .
11 Q'dväxfOL evo'/pg e6\x(oi.
170 II- Referate und Besprechungen
Es ist bezeichnend für den Schematismus des Kanzleistils, im beson-
deren des Ediktalstils , dafs das im J. 67 n. Chr. erlassene Edikt des Ti.
Julius Alexander mit denselben Worten beginnt: IJciaav TtQovoim' TtoLOVfiEvogl
Hierauf folgen sehr verstüiranelte Subskriptionen, die von verschiedenen
Händen, offenbar von verschiedenen Dorf beamten •*) geschrieben sind. Dann
das Datum: (^'Erovg) aa TißsQLOv KaiCciQog\^. . .
Nach der formalen Seite lernen wir aus diesem Genfer Text, dafs die
Publikation der Statthalteredikte durch die Strategen auf zweierlei Art er-
folgte, erstens durch Aushängen resp. Eingi-avieren an öffentlichen Plätzen,
zweitens durch schriftliches Cirkular an die untergebenen Behörden, die es zu
unterschreiben hatten. Bisher war uns nur die erstere Art genauer bekannt,
namentlich durch die beiden grofsen Edikte, die in die Tempelwand in der
Oase el-Chargeh eingemeifselt sind (vgl. Ostr. I 572). Freilich hätte man
aus dem v7toT£r(x%a in dem Anschreiben des Strategen in jenen beiden Inschriften
auch schon auf ein Cirkular schliefsen können. Aber dafs dieses Cirkular
wii-klich an die sämtlichen Unterbeamten zu schicken und von diesen zu
subskribieren war, wie es scheint mit der Versicherung, dafs sie den Vor-
schiiften zu folgen sich verpflichteten, oder ähnlich (vgl. Z. 14 cog] TtQOKSLrai),
das lernen wir erst aus dem Genfer Papyrus, der bisher das einzige Original
eines solchen durch Unterschriften erledigten Cirkulars ist.
Die historische Bedeutung des Edikts selbst ist schon von Nicole ge-
würdigt worden. Der Statthalter ist der aus Philon's Schriften „in Flaccum"
und „legatio ad Gaium" wohlbekannte Aulus Avillius Flaccus. Das Prä-
nomen Aulus war schon durch Lepsius, Denk. XH 76 n. 27 gesichert.^) So
winzig auch die ÜbeiTeste des Edikts sind, wird man doch mit Nicole
daraus entnehmen düi-fen, dafs Flaccus im 21. Jahre des Tiberius durch
das vorliegende Edikt das WafFentragen bei Todesstrafe'^) verboten hat.
Vgl. ixaxcti'QocpoQav^) in Z. 9. Erlaubt war der Gebrauch der notwendigen
Werkzeuge: initTjöeicov SQyaXelcov (Z. 8). Doch berücksichtigt das Edikt
natürlich die verschiedenen Schichten der Bevölkerung (vgl. Ißotifiog
Z. 10). Als Motiv wird der Wunsch, gröfsere Sicherheit zu schaifen, ange-
geben (Z. 7).
Mehr wird man aus ' den paar Worten kaum herauspressen können.
Doch dies Wenige wird dadm-ch interessant, dafs es, wie Nicole gezeigt hat,
zum 11. Kapitel von Philon's Schrift „in Flaccum" (Mang. II 530/1) in
enge Beziehung gesetzt werden kann. Philon erzählt da anläfslich der von
Flaccus in den jüdischen Häusern vorgenommenen onXoXoyicc (J. 37/8), dafs
nicht lange vorher (oi) TtQO noXXov) die Ägypter im Lande (t&v xata rrjv
1) Vgl. Z. 16: Kwfirjg Ksqus ... In 17 wohl ein ngsaßvTSQog, in 19 ein
fjyov^l^svos.
2) In der Prosopographia Imjj. Rom. %vird er trotzdem noch als Lucius an-
gegeben.
3) Die Verkündigung der Todesstrafe mit den Worten d-ccvätoji 'ho^og ^6[xai
erinnert mich an die Verurteilung Jesu bei Mattli. 26, 66: ivoiog ^avdtov iariv.
Vgl. Marc. 14, 64. Unser Präfekt schreibt ein besseres Griechisch als das Evan-
gelium. Oder ist der unlogische Genetiv ^ccvärov nur durch das allmähliche Zu-
sammenfliefsen des u- und o-Vokals in der späteren Volkssprache in die Hss. ge-
kommen ?
4) Zu (icc^aiQo^poQci statt ^KxxcaQOcpoQia vgl. ^la&orpoQcc neben ^iGd^o^poQicc und
dazu Jjobeck, Phryn. S. 491.
Ulrich Wilcken: f'apynis-LTkimden 171
liOQCiv AiyvnxUov) auf Walfen liiu untersucht worden seien, wobei grofse
Massen von Waffen gefunden seien. Mir scheint, dafs das ov nqh noXXov
nicht gegen die Annahme spricht, dafs die von Philon hier füi* die %(äQa
bezeugte bnloloylcc eben die ist, die jedenfalls im Anschlufs an unser
Edikt im J. 34/5^) vorgenommen sein wird. Ich möchte Nicole nicht
folgen, wenn er vielmehr auf Grund von Philon's späteren Worten: i8h
%azci ju/jutjCtv Tcov UQ&v ayavav TQieryjQlöag äyeiv Kcavag iv Alyvnxfp Gvyao-
liiöfjg önXcov xovg Ttgoeßrcbtag, Iva rj (irj xaraönEvd^EG&ai, (p&dvaGLv i] avtl noXkäv
oliya anninamt, dafs alle drei Jahre solche Haussuchungen bei den Ägyptern
vorgenommen seien, und dafs Philon sich daher an der früheren Stelle auf
eine onXoXoylcc vom J. 37/8 bezogen habe. Schon Alfred von Gutschmid
hat ohne Zweifel mit Recht bemerkt, dafs diese alle di'ei Jahre zu wieder-
holende Haussuchung bei den Ägyptern nur ein frommer Wunsch des Philon
ist.^) Das zeigt deutlich der Widerspruch, der sonst zwischen den letzten
Worten rj avrl tcoXX&v oXiya und seinem Bericht über den Erfolg der ägyp-
tischen Haussuchungen bestehen würde. Auch scheint es mii' unzweifelhaft,
dafs Philon an der ersteren Stelle von dieser bnXoXoyCa als einem einmaligen
Ereignis spricht.
Den historischen Vorgang werden wir uns etwa folgendermafsen vor-
zustellen haben. Im 20. Jahre des Tiberius hatte den Flaccus, wie ich
hier einschalten will, eine Amtsreise bis nach Theben hinaufgeführt. Das
zeigt Ostrakon II n. 1372, in welchem unter diesem Datum von der TtuQovöia
des OXaKog rjyrjfimv gesprochen wird (vgl. Ostr. I 276). Möglich, dafs er
auf dieser Reise allerlei Dinge gesehen hatte, die ihm mifsfielen. Doch
mögen auch andere Vorgänge ihn bestimmt haben. ^) Jedenfalls erliefs er
im 21. Jahre — das kann kurz nach jener oberägyptischen Reise gewesen
sein — das Edikt, in dem er mit gewissen Einschränkungen das Waffen-
tragen bei Todesstrafe verbot. Wir kennen Flaccus auch sonst als einen
vorsichtigen und, wo es die öffentliche Sicherheit nach seiner Ansicht gebot,
energisch zugreifenden Beamten. Hatte er doch auch in dieser selben Periode
seiner Amtsführung die alexandrinischen Klubs aufgehoben.*) Diese beiden
Mafsregeln lassen uns die Verwickelungen der inneren Lage, mit denen der
damalige Präfekt zu kämpfen hatte, mehr ahnen als erkennen. Es ist ein
Jammer, dafs dieses Edikt uns nicht vollständig erhalten ist. Hätten wir
den ganzen Text vor uns, so würden wir daraus vielleicht auch für manche
Vorgänge in dem bald darauf entbrennenden alexandrinischen Bürgerkrieg,
über den wir bis jetzt nur einseitige Berichte haben, das richtige Ver-
ständnis gewinnen. Die regelmäfsige Form des Genfer Fragmentes stützt
die Hoffnung, dafs eines Tages auch die gröfsere, rechte Seite der Urkunde
wohlbehalten in einer Sammlung ans Licht komme. Diese neue Probe aus
1) Vgl. oben S. 153. Nicole berechnet 33/4.
2) Sharpe, Gesch. Äg. II S. 96.^ Es ist wohl nur ein Versehen, wenn er von
Alexandrinern spricht. Philon redet deutlich von den Ägyi^tern des Landes.
3) Sehr möglich, dafs es sich nur um eine Erneuerung oder Verschärfung
schon bestehender Bestimmungen handelt. Es wäre verständlich, wenn nach dem
Aufstand, den Cornelius Gallus niederschlug, den Einheimischen das Waffentragen
verboten worden wäre. Nicole weist darauf hin, dafs auch die Ptolemäer ge-
legentlich solche oTcloloyiai vornehmen liefsen (P. Par. 35 und 37').
4) Philo, in Place. 1 (II 518).
172 11. Referate und Besprechungen
den CTenfer Schätzen erweckt aber von neuem den Wunsch, dafs es ihrem
verdienstvollen Hüter möglich sein möchte, dem ersten Faszikel der Papyrus
de Geneve, der 1896 erschienen ist, recht bald weitere Faszikel folgen
zu lassen.
V. Die alexaudriuischeii Papyri (vgl. S. 122).
Die pessimistischen Ansichten, die noch bis vor kiu-zem betreffs der
Möglichkeit erfolgreicher Ausgrabimgen auf dem Boden des alten Alexandi-ien
bestanden, sind durch die Erfolge der letzten Jahre glücklich überwunden
worden, und neues Leben hat begonnen. Nicht nur sind durch die deutschen
Ausgrabungen von 1898/9, die Theodor Schreiber und Ferdinand Noack
dank der Liberalität des Herrn Sieglin dort ausführen konnten, neue
Perspektiven eröffnet worden, sondern auch in Alexandrien selbst haben
hervoiTagende Gelehrte und ebenso kunstverständige wie opferwillige Ver-
treter der Bürgerschaft zur Erforschung der ruhmreichen Vergangenheit
ihrer Vaterstadt sich die Hand gereicht, und sind bereits durch schöne Er-
folge belohnt worden, die zu weiteren Hoffnungen berechtigen. Die unter
Ealli's Leitung stehende Societe archeologique d'Alexandrie, die
sich 1893 zu diesem Zweck dort gebildet hat, kann des lebhaftesten Bei-
falls aller Altertumsfreunde gewifs sein, denn jedes Stück, das aus dem
alten Alexandrien zu Tage kommt, jede neue Nachricht, die ihre Topo-
graphie uns genauer erkennen läfst, hat bei der einzigen Bedeutung dieser
Stadt für die Geschichte des Hellenismus auf allgemeines Interesse einen
vollen Anspruch. Es war ein glücklicher Gedanke dieser Societe, ein
Bulletin zu schaffen, das über die Arbeiten der Gesellschaft und über-
haupt über die Erforschung des alten Alexandriens Bericht erstatte. Dafs
die Schaffung eines solchen Organs möglich war, wird der Opferwilligkeit
mafsgebender Stellen, im besonderen, wie ich der Vorrede des mir vor-
liegenden zweiten Heftes^) entnehme, des Herrn Bindernagel verdankt,
durch dessen Wahl zum Vizepräsidenten die Gesellschaft sich selbst geehrt
hat. Die Redaktion dieses Bulletin liegt in den Händen des Herrn Dr.
Botti, dem es in kurzer Zeit gelungen ist, die alexandrinischen Sammlungen
griechischer und römischer Altertümer zu einem der lehrreichsten Museen
auszugestalten, an dem niemand vorübergehen darf, der alexandrinische
Kunst studieren wUl. Es ist hier nicht der Ort, auf Botti's Bericht über
die alexandi'inischen Zisternen, über den Fund des prächtigen Apisstieres,
auf seine topographischen Studien über die Nekropole von Gabbary u. s. w.
einzugehen; hier soll nur seiner Mitteilung über die ptolemäi sehen Pa-
pyri des Museums von Alexandrien gedacht werden (S. 65 ff.).
Das Museum besafs im Winter 1898, wie Botti mir gelegentlich
meines Besuches mitteilte, ungefähr 900 griechische Papyri. Unter ihnen
befinden sich gegen 50 Texte, die der älteren ptolemäischen Periode, wohl
dem ni. Jahrh. vor Chr. angehören. Botti hat diese auf Mahaffy's An-
weisung aus Mumienkax'tonnagen , die Flinders Petrie in Faijüm gefunden
hatte, losgelöst, und so gehören diese Texte zeitlich und örtlich zu den
bekannten „Petrie Papyi'i".
1) Das erste Heft ist mir hier noch nicht zugänglich gewesen.
Ulrich Wilcken: Papyius-Urkunden 173
Es ist in hohem Mafse anzuerkennen, dafs Botti neben seinen vielen
anderen Pflichten Zeit gefunden hat, sich in die Geheimnisse der griechischen
Cursive hineinzuarbeiten. Da zu ihrer Beherrschung Jahre intensivester
Übung erforderlich sind, wird kein Sachverständiger schon jetzt befriedigende
Publikationen von ihm erwarten, und so werden die Texte, die er uns hier
in Transkription vorlegt, durch erneute Revisionen gewifs noch vielfach
gewinnen. Zumal Photographien nicht beigegeben sind, ist es bei manchen
Texten, die zudem noch arg verstümmelt sind, schwer, schon jetzt den Sinn
zu erkennen.
Die meisten sind Briefe und Bittschriften. No. 9 ist an den König
Ptolemaios gerichtet, wohl einen der ersten Ptolemäer. Es ist die Klage
eines Mannes, der ungerechter Weise in das Gefängnis geworfen ist. ^) Wenn
hier zwei Beamte mit Namen Ei^wv erscheinen, ein ßaGiliKoq yQafifiarEvg
und ein TtQoardrrjg , so wird dabei eher an den griechischen Namen (von
6i[i6g^ stumpfnasig) als an eine Transkription des hebräischen Simon zu
denken sein; denn wenn es im III. Jahrh. v. Chr. auch schon eine jüdische
Diaspora dort gegeben hat, wäre es doch verwunderlich, schon damals Juden
in solchen Verwaltungsposten zu finden. — No. 2, deren Anfang leider
verstümmelt ist, scheint von der Übertragung eines KXi^Qog^ der durch
Todesfall erledigt war, zu handeln.^) — In No. 4, 7 ist zu lesen: el firj
TTiv (jLi^Koava (Mohn) Gvvcc^eig.
Von besonderem Werte ist die Steuerdeklaration No. 6, auf die ich
schon in Ostr. I 823 in den Nachträgen zu S. 456 hinweisen konnte:
[/fjiqfjiaQ^og [M]aKeöoav [t]-^? intyoviig [a]TtoyQcc(po[^]at tbi' v\7t]dQiovrd [jiio]t
atrov, womit der Text abbricht. Also eine reine Objektsdeklaration aus dem
III. Jahrh. vor Chr. Die beiden anderen Deklarationen, auf die Botti hin-
weist, sind gemischtevy Subjekts- und Objektsdeklarationen, über die eine
habe ich schon a. a. 0. eine kurze Mitteilung gemacht. Die andere ist von
Mahafiy im Bull. hell. 18, 145 ff. ediert. Ich hob a. a. 0. schon hervor,
dafs bei der Revision des Originals sich wesentliche Änderungen gegenüber
Mahaffy herausstellten. Manches hatte schon Botti richtig erkannt, wie
^löQ&i (4), 'PaysaoßdaX (4), Ttoifxrjv (5); anderes haben wir dann bei ge-
meinsamer Revision mit einander festgestellt. Bei der hohen Wichtigkeit des
Textes drucke ich ihn hier nochmals ab, so wie Botti und ich ihn gelesen haben:
l_^ XoLci'ji S ^AöKlriTCidöfjg, yvvi] UaTQOcpiXa,
viog AnoXlocpdvi]g tag /.te, AnoXXodaQog rog /.ty,
Aqxe^iöoaQog wg /.t, IlroXefiatog (og /.f, XQOcpbg
Koßfiicc, yscoQyol ^tßd'&t. Xd^aQog, 'PaysOoßdaX^
5 'ledß, KQarsQog, EtrdXxsg ^^'^^\ NaravßdaX, noiixrjv
üord^ov, ßovKoXog 'flqog
6(a(^(iarci) le.
^ÄTtoyqd-
(po^ai rbv vndQ^ovrd fioi ßtrov sig xa diovra 71v(^qov) /////
1 0acocpS{?) Mah. — 3 /.f deutlich. Zahl fehlt bei M. — 4 inad-fji M.
PccysaßccXu M. — 5 NaiccvßccXa HX^iriv (?) M.
1) Z. 4 erg. ccno]Xv6aL. — 13 wird zu lesen sein: &cpstQi]vTo:li vnb tcoi»]
ScniGtcov XrjiGTOQcov.
2) Z. 2 1. rov rsTtXevtrjKOTog.
174 II- Referate und Besprechungen
10 K a &, X a IS, £ig xa diovxa vTCo^vyloig 6 roig
XeirovQyovöiv Kai ßo5)v ^BvysGiv £^ y.QLd^on\y^QOv
a ij, ßcolonvQOV [.iE;.iiy^£vot kqi&Tji a iß. Svviiov-
xaL öe TtuQ Efiol ifiov ncd x&v ^sxö'npv ^ov %Qid'oitvQOv
a X TCQog xa iKcpöqidj a dq)ElXofi£v '[NiKccvdQOv]. xov Ev,k-
1 5 iiccvÖQOv v.Xriqov x . [ ] iiaxa ano xTjg ciXco
Ovv xäi KoviOQxSti a t£, ÖGTtQia Kvdnov a xy, SQEßlv-
&0V a Xs, (paKwv a f Kai e(i 7taQaKaxad")]Krjt Ua-
vi]GLog cpanäv a y, cpaGijXov a le Kai iv x&i ifi Bov-
ßaöxat ßaßiXtKcöt &7jGavQä)t anoKa&aQGig xov Girov
aitov
20 xov Ei,£VE'/d'EVXOg KQL^OnvQOV a Q'^fjy e'^ ov ekoG-
klveve\xo^ nvQog. (Vollständig.)
Ich schliefse diesen kurzen Bericht über die alexandrinischen Papyri
mit dem Wunsche, dafs es HeiTu Dr. Botti vergönnt sei, die Gesamt-
publikation seiner Papyrusschätze, ^) die er, äufserlich dem Muster der
Berliner Museumspublikation folgend, bereits in Angriff genommen hat, zum
glücklichen Ziele zu führen. Freilich wii-d das ohne eine Fachbibliothek, die ihm
zur Zeit, wie er auf S. 72 bemerkt, durchaus fehlt, nicht gut möglich sein.
YI. Die Berliner Papyri. Vgl. S. 122.
Seit 1898 sind 5 Hefte der von der Generalverwaltung herausgegebenen
Papyi-uspublikation erschienen: das 12. Heft des H. Bandes, das die Indices
bringt und vom HL Band die ersten 4 Hefte, die zusammen 117 neue
Papyri aus dem Berliner Museum in der bekannten Art mitteilen. Den
Indices, die Krebs gearbeitet hat, ist vom Referenten ein sachlich geord-
netes Urkundenverzeichnis für Band I und II beige^ben. Vgl. oben S. 1.
Auch an den Texten der 4 Hefte des II. Bandes hat Krebs den Haupt-
anteil. Mit geringen Ausnahmen sind Heft 1, 3 und 4 von ihm gearbeitet
worden, während Referent wegen seiner ägyptischen Reise sich diesmal, von
Einzelbeiträgen zu anderen abgesehen, mit dem zweiten Heft begnügen
mufste. Aufserdem erscheinen hier als Mitarbeiter oder Herausgeber ein-
zelner Stücke Kurt Sethe, Wilhelm Schubart und der Amerikaner Goodspeed.
Paul Viereck, der durch andere Pflichten an der Mitarbeit verhindert war,
wird hoffentlich auch bald wieder unter uns erscheinen.
Auch in diesen Heften finden sich wieder einige Urkunden, die über
den guten Durchschnitt, den die meisten vertreten, hinausragend ein ganz
besonderes Interesse in Anspruch nehmen. Dahin rechne ich den Brief des
10 Anfang: über dem x ein nach unten geöffneter Kreis, ä Sigle für Artabe. —
11 f| Pap. f M. — 12 ßcoXoTtvQOv Pap. ßo . . oIvqch M. — 12 1. iie\iiy{iivov. —
14 S Pap. S M. — 14 Niy.ävÖQOv mehrfach durchstrichen. — 17 ■:taQaQ'r\Krii M.
— 18 die Artabensigle hinter cpccy.uiv nicht regulär; V M. — 18 qpa . . lov (V) M. —
118 x&i Pap. xriL M. — 20 aixov vielleicht von zweiter Hand nachgetragen, fehlt
bei M. — 20/1 iy.o6yiLVEva\x6] nvQog Pap. elgo'kivsve ' ^ol (?) M.
1) Bei flüchtiger Durchsicht der Sammlung sah ich einige Stücke von her-
vorragendem Interesse, so ein neues Fragmentchen zu dem sogenannten Gesand-
schaftsbericht in Gizeh, femer einen libellus libellatici, der dadurch zu neuen
Fragen anregt, dafs er von einer Priesterin des Gottes Petesuchos geschrieben ist.
Doch ich will hier dem Editor nicht vorgreifen.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 175
Strategen von Koptos an den Präfekten Ägyptens Avidius Heliodorus
(n. 747), der namentlich wegen seiner Aussagen über das Benehmen der
im Gau thätigen „Körner, Alexandriner und Veteranen" für die innere Ge-
schichte Ägyptens von hohem Werte ist. Für die Steuergeschichte habe
ich ihn schon in Ostr. I 6(34, 609, 645 herangezogen. Dahin zähle ich
ferner das merkwürdige Inventar 11. 781, das eine genaue Beschreibung
zahlreicher Silbergefäfse bietet, deren Gewicht zugleich nach Pfunden, Unzen
und Grammen angegeben wii'd. In einem Falle ist sogar der Ort der
Fabi'ikation und der Name des Künstlers, der es gefertigt hat, mitgeteilt
(IV 5): (nivdxiu) — KaraanevaGdevra iv'AQ6i,vohi]i öicc lAnoXlcoviov ccQylvQo]-
KOTtov. Es wäre di-ingend zu wünschen, dafs diese Urkunde, die lexikalisch
wie kunsthistorisch von hohem Werte ist und jetzt durch den Silberfund
von Hermupolis^) vielleicht noch an Interesse gewinnt, von archäologischer
Seite eingehender interpretiert wüi'de.
Hervorzuheben sind ferner die mit Sethe's Hilfe edierten, von Blemmyem
geschriebenen ledernen Quittungen (ll. 795 — 797), die mit den von Krall
jüngst herausgegebenen Lederhandschriften in engen Beziehungen stehen.
Auch die von Krebs sorgfältig herausgegebene grofse Abrechnung über
Getreidetransporte aus dem Faijüaii (ll. 802) sowie die Quittung des
römischen Soldaten über das für die ala Heracliana in Koptos gekaufte
Getreide (ll. 807) sind historisch von hohem Interesse.
Da mein Referat durch die Fülle der Publikationen schon sehr lang ge-
worden ist, mufs ich es mii* für dieses Mal versagen, auf diese und andere
Texte der Berliner Publikation hier genauer einzugehen, und so beschränke
ich mich auf einige Nachträge, die sich mit- durch gelegentliche Revisionen
oder auch durch die neuen Publikationen ergeben haben.
In 697, 6 glaube ich am Original ötutt) = ßxvnir^Qiag) zu erkennen,
und in Z. 18: tag rrjg 6tv7t(rr]Qtag) statt ru . .6rv . .{. . .). In 19 las
ich Qg = SKaroörccg (Prozente) statt gi.
In 698, 7 ist vielleicht Ki q ö a v staii keqöüv zu lesen. Vgl. auch 812.
In 702,22/3 vermute ich 6^\7ti]viKa st. . .]vr]v £xa.
Nr. 703 wird dui'ch Vergleichung mit der grofsen 'ETr/öxetptg-Urkunde,
Lond. II S. 130 ff., verständlicher: auch hier wird die diesjäln-ige Beschaffen-
heit (dtd&£6ig) von Grundstücken (Z. 3, 6, 8, 10) der vorjährigen (Z. 2,
4/5, 7, 9) gegenübergestellt.
In 708, 11 mag [7) oöat £av] aöt zu ergänzen sein, in 12 wegen der
Gröfse der Lücke wohl eher slg GnoQav^.
In 710, 12 1. cog oder ort s^av alQävxai st. ävuLQOivxciL. Dasselbe
Versehen wie hier Krebs macht Sayce in Rev. Et. Gr. III S. 134 ff., wenn
er öfter oGcov d' av^Griv liest statt oGav d' av eöxiv (Ind.!). — 15 wohl
^ex[rikXax6xog ? — 16 erg. 63g eav aiQ]fjxat..
Dafs in 711, 6 (xovoösßfiiag st. ^ovo8iG^y]g zu lesen ist, erwähnte ich
schon in Ostr. I 582 ^
In 715 I 8 las ich am Original: '£^£«[^«^05] statt £Af. [....].
Es begegnen in diesem Text auch sonst jüdische Namen. In Z. 13 lese
ich MiQGevagj in II, 11 wird besser Sa(ißad'(^aiog) statt I!a(ißa&(^la)v)
zu ergänzen sein.
1) Vgl. E. Femice, Zeitschr. f. bildende Kunst X 1899, S. 241 ff.
176 II- Referate und Besprechungen
In 716, 13 vermute ich nach den oben S. 144 angeführten Stellen
öia Tcöv «710 KaQ(uvtöog) statt öia xoj. . . . KaQi^aviöog).
In 718, 3 erg. Ne6rvi](p(iog). Vgl. P. Lond. II S. 178, 4.
In 719, 17 ist ccvayeyQi^arcrat) statt a.vaysyQiafiiA.evov) aufzulösen.
In 723, 5 ist nach dem oben S. 147 Bemerkten 'jEtt' aya^a Eokvo-
Ttatov als Lokalbezeichnung zu fassen.
In 726, 3 1. öttoj (= öitov) fiil^x^Qa statt 6tTCü(ie[T]^a). Vgl.
Ostr. I 774.
Das einzige Wort, das mir in der Eingabe der Petronia an den aQ^iöi-
YM6ri]g (ll. 729) bei der Publikation unklar blieb, das Schlufswort a|to\,
glaube ich jetzt durch Oxy. II 268, 19 zu verstehen. In beiden Fällen
wird dem a.QxidiyMöTtjg eine GvyxooQi]acg mitgeteilt. Im Oxyrh. sagt darauf
die Schreiberin: '£v öh roig TtQOKELfjLivoig ovk k'veGxi 6cofi(xr(^c6(i6g^. ^A^i,ov(i£v
mg KC(&rjn[Ei\. Grenfell-Hunt sagen richtig, dafs die erbetene sanction consisfed
in tJie aajjiixnö^og, übersehen aber zur Erklärung des otoiiaTtajxog das von
ihnen selbst edierte iitLörcdfia roi; öpjitcuTiöjiiou in Oxy. I 126. Der 6(oiia-
ciöiiog scheint mir die nach Veränderung von Eigentumsverhältnissen vor-
zunehmende Eintragung des Objektes auf die Person ((jöjtia) des neuen
Eigentümers zu bedeuten. Ein neuer wichtiger Beitrag zu Ost. I 483 if. So
wird auch in der Berliner Urkunde das kurze L4^io(i5ju.£v) den Antrag auf
CwjüßTiajttog bedeuten. Vergleicht man hiermit 11. 741, so wird es sehr wahr-
scheinlich, dafs auch dieser Kontrakt dem aQ^LÖLKaarrig zwecks des acifia-
TiG^og eingereicht ist. Das a^LOVfjiev scheint in Z. 48 als selbstverständlich
ausgelassen zu sein. Im Generalregister habe ich daher diese Urkunden zu-
sammengestellt. Es ist weiter zu untersuchen, ob nicht auch BGU 542 wegen
des otg c!,t,ioi in Z. 22 dahin gehört. Mit diesem 0cojiiaTt(?(u.6g ist vielleicht
identisch die gleichfalls durch den ccQiidiKaGrijg vorzunehmende ör]ixo6LcoOi,g
in P. Grenf. II 71 und den verwandten Urkunden. Vgl. auch oben S. 124.
In 734 habe ich das formelhafte e reo nach Mitt. Pß VI 98 in
eTti^sKQL&r}?) TW 7c(^QOKSi,nev(o) aufgelöst. Ob Wessely sich dabei auf
vollständige Schreibungen von eTTSKQi&rj stützt, weifs ich nicht. Mir
sind nachträglich Bedenken gekommen. Da es sich um Verpachtung von
Ländereien handelt (vgl. Ostr. I 451^), würde in(^sKVQ(ad"ti) in der
Bedeutung „es wurde dem Obengenannten der Zuschlag erteilt" einen guten
Sinn ergeben.
Die Ankündigung einer Besprechung von 11. 743 in Ostr. I Kap. VI
§. 2 G ist dort bei der Ausarbeitung übersehen worden. Die erwähnten
Ö£iiu7iQG)toi sind zu den dort behandelten hinzuzufügen.
Die Klageschrift 759 hätte an den Centurio statt an den Strategen
gerichtet werden sollen. Vgl. ä'^cä ai&iivai inl ai. Eq(io in Z. 1 ist viel-
leicht eher in 'Eq^oinoXitov) als in 'EQii(a)}{yQ'iTOv) zu ergänzen.
In der Steuerquittung 771 begegnet zmn erstenmal die Bemerkung
üg xov T?j(5) ßovXijig^ l6y{ov). über die Beteiligung des Rates an der
Steuererhebung vgl. Ostr. I 625 f. Der Meridarch ist hier der Beamte, der
im Auftrage der Bule die Steuer erhebt.
In 775, 11 vermute ich nach BGU III 716 TtßöqGi ^t TikoqGi. Ähn-
lich Z. 17. Oder aber dort ist fälschlich ß statt a gelesen, denn es ist
doch wohl dieselbe Persönlichkeit hier und dort, dieser Neikog Ti.oqai. Dann
gehört auch dieser Brief 775 ins III. Jahr. n. Chr., nicht ins II.
Ulrich Wiloken: rai)3-rus-Urkiinden 177
Für 11. 777 schlage ich nach 1'. 7097 folgende Ergänzungen vor:
1 ijttßVTOv]. — 2 \stg ?) J v oixcö. — 11 [i'jiiJftVTov statt [toi'] avrov. —
12 [rov]. In 7 steht wirklich iveax&tog. Das kann natürlich nur ein
Schreibfehler für öiElrjkvd'orog sein. Der Text stammt übrigens aus Memphis,
nicht aus dem Faijum. Den Paralleltext P. 7097, auf den ich schon in
den Ostraka oft Bezug genommen habe, werde ich im 5. Hefte edieren.
In 781 (vgl. oben S. 175) wird in I 10 nach VI 6 ö' [cruTofg] zu
ergänzen sein. — I 14 naQ]oipiÖEg'^^ — II 4/5 1. iitinafiTCfi statt inl
'Adfiiti}. — IV 10 (17]] l'pi;[(>atj hat keinen Sinn. Etwa: wxia (.li}] f. —
V 12 vielleicht 7t[o]Xv(iriKeig'!f
In 782, 4 erg. Kaza] statt sig].
In 786 II 7 1. roit[aQ')(^iag.
In 790, 10 If. ei'gänze Kdaro}[Qi] acd i.i£Ö[6{yoig)] 7r^axTa»[^(jt] und in
Z. 13 wird mit T der Name des Zahlers beginnen: T[l'^ nal].
In 792, 15 ist [n\(oXicov iv xlr'jQa atT[o]X(6yo g) zu ergänzen. Zu
iu KlrjQO) vgl. Ostr. I 603 und 6G0.
Zu 793. ^ATtoÖEKtai d'jTVQOv (Z. 5) begegnen auch iu Oxj. I 43 R.
In 801, 12 wird mit Rö^iLGat, (statt Ko^iCcai) ein neuer Satz beginnen.
Zu den Pinienzapfen {axQoßiloi), die hier zum Opfer geschickt werden, vgl.
Hermes 20, 458.
In 802 Xn 12 1. EsxövSov statt Esßavöov, ebenso XIV 24.
In 803, 2 steht qf (= inaToari^), was der Herausgeber postuliert,
wirklich da, nicht ej.
Zu 805 ist am Rande „Jan./Febr. 138" (nicht 137/138) zu bemerken.
Das 22. Jahr des Hadrian ist zugleich das erste Jahr des Antoninus.
Zu 807. Die in Koptos stationierte ala Heracliana ist auch aus
den Ostraka bekannt. Vgl. Ostr. II n. 906. 961, 1012^) 1013, 1464. —
Der Text gewinnt durch Vergleichung mit P. Grenf. I 48 (vgl. Ostr. I 661)
und BGU II 381. Der Geschäftsgang ist kurz folgender: Der Präfekt
Ägyptens befiehlt, dafs für die Verpflegung der ala Heracliana 20 000 Ar-
taben Gerste im Lande zusammengekauft werden sollen (avvtovEiö&at, avi-
ayoQccati.Krj KQc&rj). Diese Summe wii'd repai-tiert auf die Gaue und von
den Gaubeamten (TTQayfiaTtKot) wieder auf die einzelnen Orte {iTtifxeQiöixog).
Die Dorfbeamten (nQeaßvrsQOL) liefern die Gerste an die dazu abgesandten
Soldaten ab, wofüi- die Soldaten ttjv e^ k'&ovg rifiriv (P. Grenf.), wahrscheinlich
einen sehr geringen Preis zahlen.
In 811, 5 1. [(jjou [7t]ai8ia. '£^03 reo st. [ö]oi;[v]o;f , öi et e'^cotcö. —
Das rätselhafte vEöronoixiTrjg in Z. 7 scheint mir eine Ableitung von Neötov
inoLKiov, einer Ortschaft im Faijum zu sein (vgl. BGU I 18, 24; II 455, 13):
wie von 'EQfiov noXig 'Eo^uottoA/tt/? abgeleitet wii*d, so ist nach Analogie ein
NEaroETtotKLvrjg^ wofür hier NsGTOTtoiKkrjg geschi-ieben ist, gebildet worden. —
Z. 11 steht 'Äaraviay (== xazEvEynij). — Z. 12 erg. [TTOtijGjy]?.
In 812, 5 ist (I>Eri.g oder ^saig zu lesen.
1) Hier ist wohl eher GTQ{ari(otiyidg) als orß(aTrjy/y.ag) XP^^'^S ^^^ ergänzen.
Ulrich Wilckeu.
Archiv f. Papyrusforschung I. 1. 12
178 II- Referate und Besprechungen
Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos/)
*Neu' sind die Papyrusurkunden , über welche ich diesmal handeln
will, nicht in dem Sinn, als ob sie seit dem Erscheinen des ersten Bandes
der Oxyrhynchos-Papyri (1898) frisch dazu erworben worden wären; viel-
mehr gehören sie der gleichen Fundmasse an, welche damals nur zu einem
Bruchteil publiziert werden konnte und bilden demnach von der Oxja-hynchos-
Publikation den zweiten Teil. Dafs auch dieser das Vorhandene lange nicht
erschöpft, sondern wir noch auf einen dritten, vierten u. s. w. zu hoffen
haben, ist ein äufserst erfreulicher Gedanke; aber der vorliegende Band ist
wie sein Vorgänger nicht blos eine schöne Verheifsung, sondern auch bereits
eine reiche Erfüllung. Er bringt uns 29 theologische und litterarische und
nicht weniger denn 65 juristische und archäologische Stücke. Mit den
letzteren, welche hier allein zur Besprechung stehen, kommt die Rechts-
geschichte auch diesmal wieder reichlich auf ihre Rechnung.
Die Herausgeber haben diesmal, wie sie schon in dem Vorwort zum
ersten Band in Aussicht gestellt hatten, sich bezüglich der juristischen Ur-
kunden zu einem synchronistischen System bekannt; während der erste Band
noch Urkunden aus verschiedenen Jahrhunderten vereinigt, ist jetzt — mit
einer einzigen Ausnahme (Nr. 237) — eine Beschränkung auf Stücke aus dem
ersten Jahrhundert der christlichen Ära befolgt worden. Vollständig publi-
ziert ist zwar der Bestand aus dieser Zeit auch jetzt noch nicht; aber die
dem voidiegenden Band beigegebene Beschreibung der noch restierenden
Rechtsurkunden gleichen Alters, welche nach Mitteilung der Herausgeber (p. V)
das Wesentlichste umfafst, ermöglicht einen ziemlichen Überblick.
Das Gebotene ist überaus wertvoll, und enthält mehrere Stücke, die
als wahre Perlen in unserer Übei'lieferung einen dauernden Ruf erlangen
werden; zumal die ersten Bearbeiter denselben durch ihre diesmal besonders
reich ausgestatteten Erläuterungen auch eine glänzende Fassung zu geben
gewufst haben.
I. Weitaus die gröfste und jedenfalls auch eine der wichtigsten Ur-
kunden in dem vorliegenden Band ist jene, welche die Herausgeber als
'Petition of Dionysia' rubrizieii; haben, Nr. 237. Diese ist gleichzeitig
die oben erwähnte einzige Ausnahme von dem Grundsatz, die Urkunden
aus dem ersten Jahrhundei-t zusammenzustellen; denn diese 'Petition' ist
vei-fafst i. J. 186 p. C. Es ist ein riesiges Fundstück, welches sich über
mindestens neun Kolumnen erstreckt, und auf der Rückseite das fünfte
Buch der Ilias geschrieben zeigt; von dem Recto sind leider die drei ersten
Spalten und auch die letzte so zerstört, dafs Grenfell - Hunt von dem Ab-
druck abgesehen haben. Demgemäfs sind nur die fünf Kolmnnen 4 — 8
abgedruckt; auch hiervon sind Nr. 4 und 5 arg beschädigt und lassen ihren
1) The Oxyi-hynchus Papyri, part. II, edited with translations and nofces by
Bemard P. Grenfell and Ai-thm- S. Hunt. London 1899. Da diese Publikation erst
vor wenigen Wochen (Ende November 1899) erschienen ist, war es mir, namentlich
auch mit Rücksicht auf anderweitige Obliegenheiten, nicht möglich, die Be-
sprechung so früh abzuschliefsen, dafs dieselbe ohne wesentliche Verzögerung dea
Lruckes vollständig hätte aufgenommen werden können. Ich gebe daher hier
vorerst einen Bruchteil, die Fortsetzung soll im nächsten Heft erscheinen.
L. Mitteis: Neue Rechtsnrkiinden aus Oxyrhynchos 179
Inhalt nur vermutungsweise und im allgemeinen ei-raten. J)agegen sind
Nr. 6 — 8 relativ gut konserviert und eines vollkommenen Verständnisses
fähig. Der Zufall will es nun, dafs die besser überlieferte Hälfte des Fund-
stückes uns nicht blos Rückschlüsse auf die andere gestattet, sondern auch
sonst die reichste Belehrung bietet.
Der Sachverhalt, soweit wir über ihn übei'haupt uns ein Bild herzu-
stellen vermögen, ist von Grenfell und Hunt in den einleitenden Bemer-
kungen zu dieser Nummer entwickelt. Die ^Petition' der Dionysia ist jeden-
falls keine Klagschrift, sondern eine der vielen bei den Ägyptern und ägyp-
tischen Griechen üblichen 'Eingaben', die in schwebenden Prozessen, oft in
etwas tumultuarischer Weise, den Gerichtsbehörden zur 'Aufklärung' des
Sachverhalts unterbreitet werden. Der Rechtshandel schwebt zwischen
Dionysia, der Frau eines Ägypters Namens Horion und ihrem Vater Chaire-
mon; bei diesem Familienzwist scheint die Mutter und der Ehegatte, Horion,
auf Seiten der Dionysia zu stehen und der Vater Chairemon, ob mit Recht
oder Unrecht, somit seine ganze Familie gegen sich zu haben. Der Sach-
verhalt mag etwa dieser sein. Vater Chairemon hatte seiner Tochter bei
ihrer Verheiratung an einem nicht näher bezeichneten Besitztum (ovßia 6, 22)
die Kcaoyri oder Kr7]6ig (8, 22, 34 — 36) überlassen (jtQoörivE'yKSv 6, 14), den
Fruchtgenufs an dem Ertrag dieses Besitzes dagegen scheint er sich vor-
behalten zu haben. Als später Chairemon von einem seiner Gläubiger —
wahrscheinlich dem in 4, 12, 27 genannten Asklepiades — wegen einer Dar-
lehnsschuld von 8 Talenten (4, 25) bedrängt wurde, gab Dionysia sowie
ihre Mutter^) (6, 24) die Zustimmung, dafs obiges Gut der Dionysia dem
Gläubiger verpfändet wurde, und hat sich, wie sie Avenigstens behauptet,
auch sonst um ein Arrangement mit dem Gläubiger bemüht. Das Nähere
wissen wir nicht und können daher auch nicht feststellen , wie es kommt,
dafs laut 4, 33 sie das Recht in Ansprach nahm, die Erträgnisse ihi'es
Guts, die ihr offenbar laut des Heiratskontraktes vom Vater nicht geschenkt
waren (s. oben), bis zur vollständigen Tilgung der Forderung des Askle-
piades zurückzubehalten; vielleicht hatte sie selbst die Tilguugsrente auf
sich genommen. Wie dem auch sei, ward dies der Anlafs zu dem ersten
Prozefs, den ihr Vater wegen rechtswidrigen Besitzes {ttsqI ccvoixov Karopjg^
7, 11) gegen sie anstrengte.^)
Der Verlauf dieses Prozesses war nun für Chairemon ein ganz un-
glücklicher. Es hatte sich durch Erhebungen bei der ßißXiod-r'jKr} iynTiqösojv
herausgestellt, dafs die Rechte der Dionysia auf die fragliche ovaia ord-
nungsmäfsig verbucht seien, worauf wir später zurückkommen, und dalnit
war für Chairemon die Aussicht verloren, diese Güter — denn er hatte
1) Wie diese dazu kommt, wissen wir nicht. Dafs, wie Grenfell-Hunt zu
6, 24 meinen, die von Chairemon gegebene Mitgift teilweise aus dem Vermögen
der Mutter entnommen war, stöfst auf mehrfache Bedenken; indessen ist es zweck-
los, diesen Punkt hier zu verfolgen.
2) Dafs der Vater zuerst geklagt hatte, scheint sich, wie auch die Heraus-
geber annehmen, aus col. VI 13 — 15 zu ergeben. Zwar möchte man, da Dionysia,
wie im folgenden sich zeigen wird, ihrem Vater vorwirft, dafs er cpavysi rag xqy]-
^LUTiiiug SiKccg iitl it^otpaasi ttigcov iyxXrjiiccTcov (7, 16) diesen im Prozefs über das
Gut als Beklagten ansehn; aber bei der unpräzisen Darstellung darf mau die
Worte nicht auf die Goklwage legen.
12*
180 II- Referate und Besprechungen
offenbar nicht blos seineu Fruchtgeuufs, sondern die Substanz selbst in An-
spruch genommen (col. 6 lin. 14) — auf diesem Wege wieder zu erlangen.
Jetzt ändert er seine Taktik und klagt gegen seinen Schwiegersohn auf
Rückstellung — seiner Tochter, gestützt auf das Landrecht, welches dem
Vater erlaube, die Ehe seiner Tochter jederzeit zu lösen, und dies ist das
Stadimn des Rechtshandels von welchem die Kolumnen 6 — 8 handeln. Be-
greiflicherweise gerät Dionysia, welche ihren Mann durchaus nicht zu ver-
lassen gewillt ist, über die Härte des Vaters in grofse Ekstase und über-
schüttet den Pi'äfekten, an den ihre Eingabe sich richtet, mit einer
beträchtlichen Flut von „Präjudizien der Statthalter, Prokuratoren und
Archidikasten, aber auch Aussprüchen der Rechtsgelehrten". Es ist für den
Wirrwarr, der in dieser Angelegenheit herrscht, bezeichnend, dafs diese
Kronzeugnisse zum Lihalt haben nicht blos die Frage des väterlichen Schei-
dungsrechts, sondern wieder die schon endlos verhandelte Frage nach dem
Heiratsgut. Vielleicht war dieser erste Prozefs noch nicht formell erledigt.
Zwar hat der Präfekt (col. 6 bis G fg.) sich weitere Eingaben des Chairemon
in dieser Sache verbeten. Doch ist es nicht ersichtlich, dafs ein eigent-
liches abweisendes Urteil ergangen war. Es ist überhaupt cum grano salis
zu nehmen, wenn wir hier von Urteil und Prozefs sprechen; der Sachver-
halt ist so unklar, dafs man auch an ein blofses Beschwerdeverfahren (offi-
cioses Verfahren) denken könnte. Doch ist es nach allem, was wir von diesem
hören, ganz überflüssig, dafs Dionysia ihre ohnedies schon aufs deutlichste
anerkannte Position neuerlich zum Gegenstand der Frage macht. Dennoch
müssen wir für diese Beflissenheit dankbar sein, denn sie bringt uns über-
aus wertvolle geschichtliche Materialien.
Im ganzen läfst sich der Rechtsstofi", den diese letzten Ausführungen
der Dionysia umfassen, in drei Gruppen sondern.
1) Zunächst wird behauptet und durch Verordnungen belegt, es sei
prozessualisch unzulässig, einer vermögensrechtlichen Klage anderweitige
iyKXrjiiara entgegenzusetzen ;
2) dafs ordnungsmäfsig verbuchte oiaroxal der Kinder am Vermögen
ihrer Eltern und der Frauen am Vermögen ihrer Männer unanfechtbar sind ;
3) dafs grofsjährige Frauen ihren Männern nicht entzogen werden
dürfen.^)
Dies ist nun im einzelnen zu erörtern. Die zwei letzteren Punkte
werden uns Veranlassung geben, auch andere Papyri dieser Publikation mit
zu besprechen.
1. Ovo i(p£L%CiL STtl 7lQ0(p(X6£t SXSQOiV £y « A /] ft ßTW J^ (pSVySiV T LX g
Dieses ist die prozessualische Einwendung, welche Dionysia gegen
die Scheidungsklage ihres Vaters erhebt. Ich habe schon oben (S. 179,
Note 2) bemerkt, dafs, wenn man diese Worte genau nehmen dürfte, man
daraus schliefsen müfste, Dionysia habe im Prozefs über die nuTOxr} ^Tjg
ovßiag die Klägerrolle inne und werfe ihrem Vater vor, dafs er eine unzu-
1) Im griechischen Text 7, 14 f. ist dieser Punkt vorausgestellt. Ich habe
der Darstellung wegen die lleihenfolge geändert.
L. Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 181
lässige Widerklage erhebt. Jedoch ist es bei der Inconzinnität, welche der
nicht eben meistei-liche Urheber von Dionysias Schriftsatz mehrfach an den
Tag legt, auch möglich, dafs ihr Vater auch im ersten Prozefs Kläger war
und sich die „Widerklage" auf Scheidung materiell nur als eine neue Taktik
gegenüber der sachlich so stai-ken Einrede der Tochter im Prozefs über
das Gut darstellt; und das ist auch wie oben (p. 179 n. 2) bemerkt nach
col. VI 13 — 15 anzunehmen.
Der Inhalt der Prozefseinrede ist aber der, es sei nicht gestattet einer
vermögensrechtlichen Klage gegenüber (denn das ist offenbar die iQrjfiarnir]
8Uy]) Einwendungen zu erheben {cptvytiv) gestützt auf den Vorwand „ander-
weitiger Anklagen". Was mit dieser recht vagen und unjuristischen Rede-
wendung gesagt sein soll, ist klar; es soll offenbar die Klage auf Scheidung
als unstatthafte Verbindung nicht zusammengehöriger Gegenstände stigmati-
siert werden. Dafs das irgend eine sachliche Berechtigung hätte, ist von
vornherein mehr als zweifelhaft; denn an sich beruht ja die Scheidungs-
klage auf einem selbständigen materiellen Klagrecht, das niemandem ge-
nommen werden kann und unstatthaft könnte nur das sein, dafs etwa ein
im Gesetz nicht begründetes Forum connexitatis oder eine sachlich nicht
gerechtfertigte Verbindung heterogener Rechtsangelegenheiten zu einem ein-
heitlichen Verfahren beansprucht würde. Aber dafs dies der Fall ge-
wesen sei, wii-d nii-gends angedeutet und in der (Col. 6 lin. 12 — 20) in
extenso wiedergegebenen Scheidungsklage des Chairemon ist kein derartiger
Antrag gestellt.
Das zur Unterstützung dieses sehr zweifelhaften Standpunktes herbei-
gezogene Material handelt denn auch von einer ganz anderen Frage als sie
hier vorliegt; nämlich nicht von den Bedingungen der Widerklage, sondern
von der Statthaftigkeit gewisser Eim-eden im Prozefs über ^f^Qrmaxiy.cil dlv.ai.
Es besteht dieses Material [col. 8, 7 — 21] in einem Edikt des Valerius
Eudaimon (Praef. Aegypti 138) der sich hinwiederum auf den Vorgang des
Petronius Mamei'tinus (Praefect 134 — 5) zu berufen weifs; aulserdem noch
in einer Entscheidung des L. Munatius Felix (Praef. Aeg. ca. 150). Das Edikt
des Eudaimon beginnt mit einer Mifsbilligung der Thatsache, dafs viele
Schuldner, wenn sie auf Erfüllung belangt werden (jQi]jj,ara anuLTOv^uvoi
8, 9 — gedacht ist in erster Linie an Geldklagen) sich ihrer Verpflichtung
zu entziehen suchen durch „Androhung schwererer Anklagen", womit offenbar
die Kiiminalanklage wegen Fälschung oder Erpressung des Schuldscheins
gemeint ist; dadurch bestimmen sie ihre Gläubiger zum Verzicht auf ihr
Klagerecht oder zu einer .billigen Abfindung. Darum '^ TCaQayyiXlio rijg
T0tavv7}g TtcivovQyiag ani{G)iBGQ'CiL cog ei xiq ■)[Qf](iariKijg . . . 6v6vccGr]g
öiarjg aTiaiti^&slg oial ^r] na^avtiKa a,()vr}6o:[A,svog dcpelhiv, tovr^ k'öttv, (ir)
TtciQccvriKcc nXaGxcc slvat xa yQa^fiaxa sinav %ca naxrjyoQi'jßEtv ygarpag i) ei'xe
TiXccötcbv yga^ficcxcov ?} QaöiovQylag rj 7tEQLyQacpT]g eynaleiv im-ieiQT]^ i) ovdev
avrü xfjg xoiavx}]g xi'ivrjg oq)£leg l'öxai a,vayy.ci6d^)']6exaL [^e] aTToöovvai evd'icog
d ocptiXcij t) TiaQaKaxa&iiiEvog re ro ciQyvQiov %v iv ßEßalco xo avalaßetv
ocpEilö^ieva y, TTSQcig xi]g ;(^>jjU.ßTt3f^g aficpiGßrjrijßscog XaßovGrjg, rot' iäv &aQQfi
xoig xi]g KarrjyoQiag eXeyyoLg xov fisi^ova ay&va e(^l^6eXsvaerai^ o(y)8(s) xoxs
a&oog iöojxsvog^ aXXcc xoig xExay^ivoig ETtixt^oig evsio^evog. Wenn also
jemand mit einer Schuldklage belangt wii-d, und nicht sofort erklärt, dafs
die Schuldurkunde gefälscht ist, und die Anklage erhebt, sei es nun wegen
182 II- Referate und Besprechungen
Falsums, oder Caliunnia ^) , oder Betrug, so nützt ihm sein Leugnen nichts,
und er muTs sofoi-t zahlen-, andernfalls mufs er die Schuldsiunme hinter-
legen und mag dann, wenn er seinen Beweisen vertraut, die Kriminalanklage
erheben, unter Gefahr der Poena accusatorum.
Was nun au diesem Edikt so sehr überrascht, das ist seine sachliche
Übereinstimmung mit einer Konstitution von Honorius und Theodosius
V. J. 421, die im CTh. 2, 27, 1 aufgenommen ist. Dortselbst heifst es,
nachdem von den chirographa mortuorum gesprochen ist, in § 3: „Sed si
viventis ante hanc legem facta cautio proferatur, quam suam neget ille qui
petitur, sequestret pecuniam, litigaturus ex falso. Cavendum est enim ne
infitiandi fomitem ministremus obnoxiis." Hier ist genau derselbe Vorgang
vorgeschrieben wie in unserem Papyrus; die Ableugnung der Echtheit ])ringt
die Pflicht zur Erhebung des Accusatio falsi und Sequestration des Ge-
schuldeten mit sich. Dabei mufs es auffallen, dafs dies auch gelten soll
für cautiones ante hanc legem factae und weiter, dafs diese überaus wich-
tige Vorschrift in solcher Küi-ze aufgestellt wird; der Gesetzgeber beeilt sich
zu dem ihm offenbar wichtigeren Punkt zu kommen, der sofort folgt —
nämlich der Bedeutung, welche der Zeitablauf füi' die Beweislast hat.
Es wird nämlich festgestellt, dafs obige Vorschrift cessiert für jene, schon
vor Erlassung des Gesetzes ausgestellten Schuldscheine, welche nicht eher
als nach zwanzig (resp. inter absentes dreifsigj Jahren, vom Tag der Aus-
stellung gerechnet, geltend gemacht werden. Für alle übrigen, wenn auch
schon vor dem Gesetz ausgestellten aber wird überhaupt ein neues Recht
eingeführt; sie müssen je nach 12 Jahi*en erneuert werden.
Nun scheint mir klar zu sein, dafs von diesen Vorschriften überhaupt
die erste, die Sequestration betreffende nur längst fesstehendes Recht wieder-
holen kann. Das folgt zunächst daraus, dafs sie nur ganz kurz, wie eine
bekannte Sache hingestellt wird. Ganz schlagend ergiebt es sich ferner
daraus, dafs in § 1 von den Schuldscheinen verstorbener Schuldner es ein-
fach heifst, der Gläubiger mufs die Echtheit beweisen „absque sequestrationis
objectu": diese Bestiimnung steht noch vor jener über die Sequestration bei
den Schuldscheinen Lebender, — wie könnte man nun eine Sequestration
für gewisse Fälle verbieten, ehe man noch gesagt hat, dafs sie überhaupt
vorkommen kann? Offenbar handelt es sich eben um eine längst bekannte
Sache. Das ist schliefslich auch schon deswegen wahrscheinlich, weil eine
Constitution desselben Kaisers schon im darauffolgenden Jahr (422) diese
ganze Sequestration abschafft (C. Th. 2, 28. 1), welche Abschaffung „cum juris
ratio tum ipsa aequitas desiderat"'); das ist erklärlich, wenn es sich um
altes Recht handelt, welches man im Vorjahr abzuschaffen nur vergessen
hat; eine Verordnung, die man selber erlassen hat, hebt man nicht so rasch
und jedenfalls nicht mit solchen Invectiven auf.
Das alles zu erkennen ist nun heute leichter, als es bisher gewesen
war; die Papyri geben uns den Schlüssel. Wir sehen eben aus der '^Petition
1) Dies vemiute ich unter QaäLovQyia , oltwohl sonst die Calumnia GVKO(pciv-
rriiioc heifst. CPR I 232 lin. 31.
2) Allerdings sucht Muther, Sequestration 278, dies hinwegzuinterpretieren;
aber der Wortlaut ist zwingend: Ex quolibet contractu sequestrationis necessitas
conquiescat.
L. Mitteis: Neue Reehtsurkimden aus Oxyrhynchos 183
ofDionysia', dafs das, was uns hier im Codex Theodosianus, scheinbar ohne
Anknüpfungspunkt entgegentritt, altes Recht ist. Die Constitution von 421
weiXs nichts zu sagen, was nicht Petronius Mamertinus und Valerius Eudaimon
drei Jahi"hundei*te früher gesagt hätten, und auch diese werden nicht die
Bahnbrecher gewesen sein. Die Sequestration des Geschuldeten, von der ich
bereits wiederholt Spuren in den Papyri namhaft gemacht habe, mufs alten
Rechtens gewesen sein. Wenn nicht in der Centrale des Reichs, so doch in
seinen Provinzen, welche wie sie den Strom des Rechtes vom Mutterland
empfangen, im Kreislauf rückströmend ikr eigenes Recht dorthin entsenden.
Wir haben bisher nur das abströmende stadtrömische Recht gekannt, wie
es uns die Digesten lehren; die Papyri zeigen uns die Gegenströmung, die
wir bisher nicht als solche erkannt haben, sondern für ein originäres Pro-
dukt der nachklassischen Zeit halten mufsten. Die Chronologie unserer
Rechtsgeschichte wird durch diese Beobachtungen wesentlich verschoben.
2. Die Verbuchung der dinglichen Rechte.
Ich habe hier Anlafs auf die von mir bereits wiederholt (Hermes
30, 592—605; 34, 91 — 98) behandelte Frage der Intabulierung des Privat-
besitzes zurückzukommen; ich thue dies um so lieber als der neueste Band
aus Oxyrhynchus über das Archivwesen viel Neues bringt. Aufserdem sind
die einschlägigen Dinge neuei'dings von Wilcken in den Ostraka 2, 456 — 469,
478 — 486 mit gewohnter Sachkenntnis und Einsicht besprochen und mehr-
fach neu beleuchtet worden; auch Grenfell und Hunt bringen in ihren Er-
läuterungen viel Beachtenswertes.
Wie vm- oben (S. 179) bereits gehört haben, ist zwischen Dionysia
und ihrem Vater ein Gut streitig; Dionysia leitet ihr Recht auf dasselbe
daraus ab, dafs der Vater es ihr bei ihrer Verheii'atung überlassen hat.
Eine solche Aussteuer ist in den Papyri häufig; Grenfell-Hunt weisen mit
Recht hin auf CPR 24 und 28 sowie BGU 183 ^j, 251 und 252, wo gleich-
falls die Eltern Gutsübertragungen an die heii'atenden Kinder vollziehen.
Dionysia beruft sich aber auch darauf, dafs die Übertragung durch Ein-
verleibung ihrer Rechte in die ßLßhod-rjKTj syKziqösiov gesichert sei; ihr Vater
habe selbst diese veranlafst (col. 5, 24: a avrbg eiöijveyKev eig t6 ßißXiocpv-
XcxKiov TtEQt Tovrov v7to^vri(iatci) cf. 5, 9 — 14, 6. 9, 40 — 41. Eine solche
Einverleibung aber begründet unanfechtbare Rechte. Füi- diese in col. 7, 17
aufgestellte These werden in 8, 21 — 40 die Edikte der Statthalter Marcus
Mettius Rufus (Präfekt unter Domitian) und Flavius Sulpicius Similis
(a. 182) angeführt. Das erstere ist von besonderer Wichtigkeit.
28. KXavdiog "Ageiog 6 xov ^O^VQvyxeitov Gxqaxriyog id)]X(o6Ev (.loi (.nqxe
T« lÖltOTtKCi flljte rC( 6}]n66lCi
29. TtQayixara rr]v na&r}Kov6av Xa^ßdveiv §iOL'A,)]6iv Sia xo in TtoXXäv
XQOVoav (irj Kad'' öv k'ÖEt XQOTtov (pKOvoiifja&at xk iv xrj z&v iy-
1) Wenn in diesem Papyi-us die Mutter sich vorbehält, rrjv i^ovßiccv räv
idicav nccvtojv TtoiXelv VTCorld'aa&at dicc&^aO'cii olg iäv (SoiUrjrat ccTtugaTtoSiatcog , so
ist das nicht, wie Grenfell-Hunt p. 143 meinen, auf das vergabte Vermögen zu
beziehen, wodurch ja der ganze Kontrakt illusorisch witrde, sondern betriflFt nur
das übrige Vermögen der Mutter.
184 II- Referate und Besprechungen
30. zTTjCfoJi/ ßißXiod^rjur] ÖLa6rQ(o^caa, 'Kctirot itolXcMtg kqi&sv v%o xüv
TtQO ifiov ETtccQicov TTjg 6sov6r)g ctvTCi rv%Eiv i7CaV0Q&(6-
31. Gscog' OTtBQ ov 'AccXäg svöey^srat ti fir) ai'co&ev yivoiro avxiyqacpa'
KaXevca ovv navTag rovg KTTjxoQag ivrbg (irjväv £| {moyQa-
32. xl;a6&ca rrjv Idiav nrrjötv eig ttjv rä>v lyy.zi]6£03v ßi.ßkioQ"iqKr]v y.al
Tohg öaveLGrag ag iav k'icoGi vnod'rjKag aal Tovg aklovg
33. oGa iav syaGt 6i%aia, ttji' Öe aitoyQacprjv TCOiSiöd-coaav ötjlovvvEg
Ttöd'sv enaörog t&v vttccq'/^ovtcov naraßeßrjKEv slg avzovg
34. 7^ UTijGig' IlaQaTi&ercoGav öh %al cd ywainsg rcdg vitoördöEGi rav
ÜvÖq&v iav Kccrci riva iniyaQLOv vöiiov y.QaxEtxca, xcc VTtccQ-
35. lovxa, ofiolcog Öe y.cd xa xinva xaig x&v yovicov iccv jj ^dv yjyfjGig
öia ö}]i,ioGi(ov xExijQTjxca iQ}]iicixt.G^a)v i] 8e kxTj-
36. Gig ju-£Ta &ccvaxov xoig xEKvotg üEXQccxrjxai, Iva ol GvvaXXaGGovxEg
f.u] Kax ayvoLccv ivsÖQEVovrca. y.xX.
Das heifst:
„Es ist Klage geführt worden, dafs seit langer Zeit die diaGtQto^axa
in der ßißkiod-rjyir] iyKxrjGEav nicht ordentlich gefiilirt worden sind, wovon
Verwiri'ung entstanden ist in den Privat- und öffentlichen Angelegen-
heiten.
Darum sollen, wie schon frühere Präfekten verordnet haben, alle Be-
sitzer (KxrjxoQEg) innerhalb sechs Monaten ihren Besitz bekennen (ktto-
yQciipciG&ai) zu der ßißXio&riK)] iyKxi]GEcov und ihre Hypothekargläubiger mit
deren Pfandrechten namhaft machen, und die anderweitig Berechtigten; diese
Angaben sollen sie machen unter Nachweis ihres Besitztitels. Es sollen
auch die Frauen beim Besitz ihrer Männer es angeben, wenn nach Land-
recht ihnen das Vermögen als Pfand haftet, ebenso auch die Kinder beim
Besitz ihrer Eltern, wenn ihnen nach deren Tode an deren Vermögen das
Eigentum durch öffentliche Urkunden verfangen ist und den Eltern nur der
Nutzgenuls vorbehalten blieb. Dies alles, damit nicht die (dritten) Kon-
trahenten durch Unkenntnis getäuscht werden."
Wir haben hier eins der merkwürdigsten Zeugnisse aus der antiken
Rechtsgeschichte vor uns, nämlich den dokumentarischen Beweis, dafs der
Gedanke der Publizität des Grundbesitzes und der dinglichen Rechte an
Grundstücken schon im Altertum mit Bewufstsein erfafst worden war. Die
(Dritt- )Kontrahenten sollen nicht durch Unkenntnis getäuscht werden — der
leitende Gedanke des modernen Grundbuchrechts, dessen Ausbildung wir als
heutige Errungenschaft preisen, ist im Provinzialrecht schon erfafst worden.
Auch Mettius Rufus hat ihn nicht zuerst ausgesprochen, sondern weist
(lin. 30: Tialxot TCoXlaüLg hql^ev vno xoiv nqo i^ov ETtaQ^^v^ auf frühei'e Ord-
nungen hin.^)
Wer die bisherige Papyruslitteratur verfolgt hat, wird hier freilich
nicht etwas völlig Neues erfahren, ich habe schon vor einigen Jahren im
Ij Eine andere Frage ist es, inwiefern diese Ideen auch jm-istisch realisiert
worden sind, inwiefern also das Publizitätsprinzip im modernen Sinn gegolten hat.
Ich bin in diesem Punkt noch ziemlich skeptisch; gelegentliche Bemerkungen
darüber unten S. 195 Anm. 1.
L. Mitteis: Neue Rechtsurknnden aus Oxyrhynchoa 185
Hermes (30, 592) darauf hingewiesen, dafs von das Wilekcn (Hermes 28,
230 fg.) entwickelte System der anoyQC((pcd auch der Evidenz des Besitz-
standes dienen mufste, und kürzlich erst, noch vor dem Erscheinen des
vorliegenden Bandes, hat Wilcken (Ostraka a. a. 0.) dasselbe in trefflicher
Ausführung unter Herbeiziehung des neuesten Materials neuerlich entwickelt.
Aber die jetzt bekannt werdenden Urkunden geben der Untersuchung doch
eine viel festere Grundlage.
I. Auszugehen ist dabei vom Begriff der ßißhod'rjKr} iyKTrjaecov. Diese
ist der Kataster, in welchem der Immobilienbesitz eingetragen ist. Bekannt-
lich ist schon ^seit Sesostris' Zeiten' wie Herodot sagt, der gesamte ägyptische
Boden genau vermessen und katastriert, und jedenfalls in ptolemäischer und
römischer Zeit dient diese Vermessung vor allem der Grund- und Gebäude-
steuer. Die ßtßhod-rjxr} iyKrrjascav ist von Haus aus der Grund- und Ge-
bäudesteuerkataster. '^Eine Grundbuchsführung, die von vornherein im Inter-
esse des privaten Besitzstandes gelegen gewesen wäre, — so habe ich schon
Hermes 30, 601 gesagt und dies ist noch heute richtig, — bestand gewifs
nicht'. Aber schärfer als früher tritt hervor, was ich schon damals be-
tonte, dafs das Steuerbuch für private Zwecke mitfunktionierte; wh- sehen
heute, dafs dies ein bewufster und gewollter Nebenvorteil desselben ge-
wesen ist.
Eine ßtßXiod'rjKtj iyKx^ascov hat sicher in jedem Bezirke bestanden, für
Oxyrhynchos wie für- Arsinoe ist sie oft bezeugt.
Ihre Vorsteher sind die ßi,ßhog)vXa'/,sg; sie werden fast immer in der
Mehrzahl genannt, und ich vermute, dafs ihrer je zwei waren, denn es heilst
in einem bei Grenfell-Hunt in einer Note p. 180 auszugsweise mitgeteilten
Papyrus aus der Zeit Trajans: UaQamav 6 6vu Oeavi ßt-ßhoyvla'^; ebenso
BGU 420, 459: z/tcot reo xort AnoXXiovUa y.a.l'^HqmSr] reo y,al ^loysvei yeyvfiva-
öLccQ'irjKoGi ßißXLOcpvXa'S^i r-^g £v ^Qötvoeit&v noXsL ö}]^o(^6LCig^ ßiß^Xio&rjKfjg] ;
vgl. BU 112, 379, P. Oxy. 1, 72, 75; 2, 247—250 u. s. f.
Als Gegenstand der ßißXLO&r'jKr] syKzrjßefov erscheinen blos Immobilien;
die Deklarationen von Mobilien richten sich au deii Strategen resp. den
ßaödiKog yQaii(iarevg. Aber andererseits ist die Bibliothek zwar der Haupt-
kataster des Nomos, aber nicht der einzige; es giebt daneben noch Dorf-
oder Flurbücher; in Arsinoe werden sie gewöhnlich yQa(peiov genannt, in
Oxyrhynchos scheiiit dem das Mnemoneion und vielleicht noch anderes zu
entsprechen, auf welche ziemlich schwierige Frage ich unten ausführlich
zurückkomme. Das Verhältnis der Dorfbücher zum Hauptkataster ist nun
unzweifelhaft das des Parallelismus; d.h. der Hauptkataster enthält zusammen
für den ganzen Bezirk den Inhalt, den jedes Dorfbuch nur für die Dorfflur
umfafst, er ist also gleich der Summe aller Dorfbücher. Dafs auf diese
Ai-t eine „doppelte Buchführung" besteht, ist wie ich Hermes 34, 95 ver-
mutet habe, natüi'lich im Interesse der lokalen Verwaltung, und auch im
Interesse der Parteien geschehen, welchen daran gelegen sein mufste, auch
in loco ihren Flurkataster zu besitzen.
Zu betonen ist aber dabei, dafs die ßißXiod'ri%'ri iyKviqGscov das über-
geordnete Amt ist, von welcher das yqacpEiov (und was ihm gleichsteht)
Weisungen entgegenzunehmen hat.
Einen Fingerzeig über den Inhalt dieser Weisungen gab schon früher
z. B. BGU 379, wo jemand einen Ölgarien seinem Bruder zediert und
186 11. Referate und Besprechungen
die ßißXtotpvXaneg an der ßtßX. iynx. bittet onoig i7Ti.6reiXrjTe reo tö yQacpsiov
KaQai'l$og avyyQyjaarl^eiv 't]fietv üg xa^ijxet. (Vgl. meine Bern, im Hermes
30, 602; 34, 94, Wilcken Ostraka 2, 462 f); vgl. auch BGU 50 und 73,
Hermes 30, 602 — 3). Wir sehen daraus, dafs das Grapheion die Besitz-
umschreibung nicht vollzog, ohne von der ßcßX. eyKTTjaecov dazu beauftragt
zu sein. Auf allgemeinere Gesichtspunkte wiu-de diese ims ursprünglich
noch nicht recht verständliche Thatsache ziu-iickgefühi-t durch das i. J. 1898
im ersten Band der Oxyr. Pap. unter No. 34 veröffentlichte Edikt des Prä-
fectus Ägypti v. J. 127, welches ich Hermes 34, 91 f. erläutei-t habe.^)
In diesem Edikt heilst es nämlich, die Beamten des ^Navaiov' haben
keine Veränderung des Buchstandes zu vollziehen, so lange sie ihnen nicht
von den Vorstehern der ^Hadrianischen Bibliothek' aufgetragen ist. Da,
wie ich in Anm. 1 neuerlich ausführe, diese beiden Amter dem ^yQUfpilov^
und der '^ ßtßlLod-^nt'i syKrrjöeav' korrespondieren, zeigt sich, dafs Papyri wie
die angefühi-ten BIT 379, 50 und 73 die Ausführung allgemeiner Vorschriften
bedeuten. Die Tendenz derselben ist augenscheinlich die: Damit nicht
durch die jedenfalls weniger verläfsliche Geschäftsführung der Dorfbuch-
fühi-er eine Diskrepanz zwischen dem Hauptkataster und Flurkataster herbei-
geführt werden kann, soll im letzteren immer nm* mit Wissen und Zustim-
mung der Verwalter des Hauptkatasters eine bücherliche Veränderung
vollzogen werden.
Dieser uns bereits bekannte Sachverhalt wird nun durch das Edikt
des Mettius Rufus neuerlich bestätigt. Ich habe dasselbe oben nur in den
Hauptpunkten mitgeteilt; hier -will ich eine oben noch weggelassene Be-
stimmung hinzufügen. Es heifst lin. 36: naQayyiXlo) \ öe zal xoig övvaX-
XayfjtaxoyQacpoig %ca rotg ^vri^oöi ^i]ÖEV öi^a iittGTccX^arog xov ßißXiOfpvXaviiov
xsXsLäöaL Neuerlich wird die Abhängigkeit des Flui-buchs vom Bezirks-
hauptbuch eingeschärft; denn dafs die övvaXXayjiaxoyQcccpot. und fivij^oveg die
Dorfbuchführer sind, sowie dafs andererseits sie mit den Beamten des Navcciov
1) Dieses Edikt nennt zwar nicht die ßißX. iyv.r. und das ygacpsiov, sondern
es spricht von der 'ASgiavi] ßißXio&rjxri imd dem Navaiov, alter offenbar haben
diese beiden ganz denselben Inhalt, wie die erstgenannten Kataster, und ich habe
darum angenommen, dafs die 'Hadrianische Bibliothek' identisch ist mit der ßißX.
iyy,T., während das Navmov nur ein anderer Name ist fitr yQcctpeiov. Diese Identi-
fizierung wird nun freilich jetzt von Grenfell-Hunt 182 bestritten, weil das Edikt
von 127 von der 'Hadrianischen Bibliothek' und dem 'Nanaion' in der Einzahl
spricht, während der Bezirks- und Dorfkataster sehr viele sind. Ich kann
diesem Bedenken heute so wenig Gewicht lieilegen, wie ich es früher (a. a. 0. 93)
gethan habe; auch unsere Gesetze nehmen keinen Anstofs daran, von 'dem Grund-
buch' zu sprechen, wo sie alle Grundbücher meinen. Übrigens haben Grenfell-
Hunt selbst p. 73 von jenem Edikt bemerkt: the praefect has a tendency to prefer
the Singular, where the plm-al might be expected. Auffallend sind ja freilich die
besonderen Namen; aber die Nomenklatm- ist ja hier jedenfalls mindestens be-
züglich der Dorfbücher eine sehr vielgestaltige gewesen, da für dieselben in
Faiyüm und Oxyrhynchos zwei, ja wohl (s. unten S. 190) noch mehr verschiedene
Bezeichnungen üblich sind. Ich hatte aufserdem schon früher auf die ganz un-
zweideutige Thatsache hingewiesen, dafs das Edikt von 127 nicht blos für- Alexan-
drien gilt, sondern für das ganze Land (das. col. 2 lin. 12); das schliefst den Ge-
danken an ein einheitliches Buch von vornherein völlig aus. Ganz evident wird
aber die Richtigkeit meiner früheren Behauptung jetzt durch das Edikt des Met-
tius Rufus; 8. das im Text folgende.
L. Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 187
identifiziert werden müssen, bedarf doch bei dem inhaltlichen Parallelismus
dieser Bestimmungen mit den früheren kaum einer Bemerkung.
II. Wir gehen nunmehr dazu über, den Inhalt der ßtßXio&VjXtj iyy.xrjßemv
genauer zu bezeichnen, welche weitaus das wichtigste und in Streitfällen
über Privatrechte das zunächst mafsgebende Buch ist.
Die bisherige Annahme ging dahin, dafs die Bibliothek ihren Inhalt
dm'ch jäkrliche Deklarationen (^o.TtoyQacpai) der Immobiliarbesitzer empfing;
man stellte dabei die in den Papyri enthaltenen ccTtoyQaipal der Grundbesitzer
auf eine Linie mit den änoyQucpal des beweglichen Vermögens und suppo-
nierte, dafs beides zm* Steuerbemessung jährlich einbekannt werden sei.
Diese in Wilckens grundlegender Untersuchung Hermes 28, 230 f. enthaltene
Voraussetzung wird jedoch heute durch neu hinzugekommene Texte teilweise
rektifiziert, wie Kenyon Cat. 2 p. 150 und Grenfell-Hunt P. Oxy. 2 p. 177
n. 31 richtig erkannt haben. Die Sache stellt sich jetzt so dar, dafs nur
das Mobiliarvermögen jährlich neu einbekannt wiu'de, während man für die
Besteuerung des weniger fluktuierenden iimnobiliaren einfach den ständigen
Kataster zu Grunde legte, der etwaige Besitzveränderungen ohnedies aus-
weisen mufste, da die Umschreibung des Besitzes im Fall der Veräufserung
streng vorgeschrieben war (s. Hermes 28, 235 f. 30, 602, Wilcken Ostraka
2, 463). Eine allgemeine Fassion (a.7CoyQaq)rj) der Immobiliarbesitzer wm-de
darum nur unter besonderen Umständen durch Spezialerlässe vorgeschrieben,
nämlich dann, wenn die ßi,ßhod-r}Kt] in Unordnung geraten war. Dafs
dies vorkommen konnte, sagt unser Edikt col. 8 lin. 28 f., und istauch
angedeutet in dem statthalterlichen Erlafs vom Jahr 127 (P. Oxy. 1, 74).
Die Parteien mögen eben manchmal Grundübertragungen ohne die vor-
geschriebene Anzeige beim Katasteramt vollzogen haben, oder auch es
wurden diese Übertragungen durch Nachlässigkeit der Grundbuchführer nicht
oder nicht richtig eingetragen; wie sich in P. Oxy. 1, 78 jemand über die
durch ayvoia xov nqay^axi'KOv versäumte Einverleibung seiner Rechte be-
schwert. Wenn solche Übelstände sich in gröfserem Umfang herausstellten,
ergingen dann Edikte, welche eine Revision des Katasters bezweckten und
darirm eine allgemeine anoyQacp'r] des Immobiliarbesitzes anordneten. Aus
dieser exzeptionellen Natui- der Inunobiliar- Fassion erklärt sich auch, dafs
die uns erhaltenen Irmnohilmv -anoyqcicpai regelmäfsig auf eine ergangene
Verordnung Bezug nehmen (z. B. BGU 459 Kaxa xa vno xov kquxIgxov rjys-
(.lovog OXaoviov Tixiavov nsXsvßd'ivxa anoyQÜfpo^ai) und dafs die Erwerbs-
titel, welche diese Fassionen für den Besitz anführen, oft um Jahre zurück-
liegen-'), ohne dafs erwähnt wüi-de, sie seien bereits fatieri, während bei
der Mobiliarfassion, welche jährlich geschieht, auf das Bekenntnis des Vor-
jahres Bezug genommen wird (z. B. BGU 51, 52, 133, Wilcken, Hermes
28, 239). Allgemeine Katasterrevisionen der bezeichneten Art sind oft
genug vorgekommen, Nachweise bei Grenfell-Hunt p. 179. Eine solche
Revision ist es nun auch, was Mettius Rufus in dem hier in Rede stehenden
diäxctyiia anordnet.
1) Sehr schön tritt das alles hervor in Pap. ER 1436, wo die Fassionen und
die Erwerbsdaten aufgezählt werden. Fatiert wird das Grundstück a" 222, ererbt
ist es 204, der Vorbesitzer hat es gekauft a" 197. Fatiert war es erst wieder bei
seinem Vorgänger W^ 195. A^'gl. Wilcken, Ostraka 470 f.
188 IL Eeferate und Besprechungen
Die Besitzer sollen ihr Eigentum (-/rfjöig) binnen sechs Monaten be-
kannt geben (^ccTtoyQccipaö&ai) lin. 31 — 32. ^ATtoyQd(psöd'ai, ist terminus tech-
nicus und wird häufig verbunden mit cctto rov öelvov, welches den Vormann
bezeichnet, von dem der Besitz erworben wurde. Diese letztere Angabe wird
wie wir jetzt sehen, gleichfalls amtlich erfordert; es heilst lin. 32 die Leute
sollen fatieren ör^Xovvreg %6&ev eKaßrog rav v7TccQ')(^6vrcov oiaxaßißrjKEv eig
avtoiig rj %T7J6cg. Dieses obligatorische örjXovv des Erwerbstitels bestand
freilich nur in einer einfachen Erklärung; Bescheinigung derselben finden
wii* nii-gends, ausgenommen dafs in P. Oxy. 1, 75, wo der Erwerb auf
Erbschaft beruht, eine eidesstättige Versicherung dieses Erwerbs eintritt.
In andern Fällen fehlt jede Bestätigung über die Richtigkeit der Angaben;
doch wird amtliche Nachprüfung vorbehalten gewesen sein, und es mufs
offenbar immer dann eine solche stattgefunden haben, wenn die Kataster-
lage mit der Erklärung zu Ungunsten der Profitenten in Widerspruch stand.
Bei der Angabe des Besitzstandes soll aber der Eigentümer auch nam-
haft machen rovg davsißrag ag iav eyjcoGi VTCo&'^zag Kai rovg aXlovg o6a eav
eyfoGi ÖLKata. Die Hy-pothekarbelastung soll somit gleichfalls in Evidenz
gehalten werden. Ich habe bereits Hermes 30, 601 f. auf Grund von BGU 50
die Frage aufgeworfen, ob nicht auch eine Hypothekenregistrierung statt-
fand; wenn ich damals aus einer in diesen Dingen gebotenen Vorsicht die
Frage eher verneinen zu sollen glaubte, so ist es mir um so erfreulicher,
meine Erwartungen durch die später publizierten Urkunden übei'fcrofi'en zu
sehen. Dies war schon angesichts BGU 536 der Fall(Wilcken Ostraka 462):
a%oyQa.(po^ai oi'Aiibv iv VTCod''ri'Krj (rjfiKJv) ^eQog oirJag %ca aijA^g, ev rj i^s-
d(^avei6a^r}v^ Tcaoa Tlaiteixog tov Ilanuxog und ist es jetzt noch mehr.
Und zwar werden, wie sich gleichzeitig herausstellt, die Hypotheken
eingetragen nicht blos dann, wenn gleichzeitig das Eigentum eingetragen
wird, also etwa so, dafs sie blos als Qualitäten des Eigentumsrechts und
in dessen Gefolge ins Buch gelangen. Vielmehr bilden sie auch einen ganz
selbständigen Gegenstand der Einverleibung. Das ist uns zwar von Kon-
ventionalhypotheken nicht besonders bezeugt; aber jedenfalls sehen wii- an
einem anderen Punkt, dafs gewisse Inhaber von jura in re aliena als legi-
timiei-t gelten, ihre Rechte selbständig in den Kataster eintragen zu lassen'.
Das ist gesagt 1) von den Ehefrauen luv Kura xiva iTTiyoiQiov vofxov %Qa-
reixat xa VTtdgyopxa tu)v avÖQ&v^ wenn ihnen nach Landrecht das Vermögen
der Männer verpfändet ist.') 2) Ferner dürfen auch die Kinder es einver-
leiben lassen, wenn ihnen am Vermögen der Eltern durch öffentliche Ur-
kunden^) die Kxrjötg eingeräumt ist und die Eltern nur die XQyjßtg haben;
diese Termini bestimmt Papinian D 7, 8, 10, 1^): %Qi]ßig ist der Usus, Kxi]Oi.g
1) Denn KQcctBia&Ki. heifst hier nach einem häufigen Sprachgebrauch 'ver-
pTändet sein'. So auch BGU 243 uridsvl v.Qaxoviisvoi\ vgl. Wileken, Ostraka 2, 462.
Allerdings kann das mehrdeutige Wort auch den faktischen Besitz bedeuten; vgl.
BGU 71, 16; 282, 33 u. a. : v.Quxiiiv nc:l itvQisvbiv, und so hatte ich es für BU 243
gefalst in Hermes 30, 604. Aber die jetzige Sachlage bestimmt mich, hier anders
zu übersetzen.
2) Über den Begriff Hermes 30, 597 f.; dafs bei den ehefräulichen Hypo-
theken diese Voraussetzung fehlt, kann verschieden gedeutet werden.
3) Vgl. auch Cicero ad Farn. 7. 29, 1 : Sum %Qria£i iihv tuus, Kri]ߣi Ss Attici
nostri. Ergo fructus est tuus, mancipium illius.
L. Mitteis: Neue Rechtsm-kunden ans Oxyrhynclios 189
das Eigentum.^) Wenn demnach diese Hypotheken und Servituten selb-
ständige Objekte von Einverleibungen bilden konnten, wird dies auch von
den Hypotheken gewöhnliche]- Gläubiger nicht bezweifelt werden dürfen.
in. Damit nun, dafs im Kataster dingliche Rechte Dritter apparieren
konnten, erkläi-t sich, dafs beim Kauf von Liegenschaften es eine wichtige Frage
ist, ob diese bücherlich belastet sind oder nicht. So bildet in den fragmentierten
Kaufbriefen CPR 1 und Gi. 90. 103. 104. lOG. 109. 112. 113. 122. 123.
130 — 132. 141. 144 es eine stehende Klausel, dafs das Grundstück frei
ist ciTto T£ äXlav itQciöecov Kai atiQcou oiKOvo^t&v, was die aXXut TtQaösig hier
bedeuten, bespreche ich später, aber die 'anderweitigen Belastungen' (denn
otxovo/ii'a == Verfügung, bedeutet hier offenbar die belastende Verfügung)
werden in erster Linie die Hypotheken der Gläubiger und die Verfangen-
schaftsrechte der Kinder zum Gegenstand haben. Immerhin hat die Klausel
Ka&uQa ano . . . uIy.ovo^lGjv nur eine deklarative Bedeutung; sie besagt, dafs
der Kataster keine solchen Belastungen ausweist. Wenn sich trotzdem
solche herausstellten, so wurden sie auch ohne Eintragung gültig gewesen
sein. Denn soweit düi-fen wii-, jetzt wenigstens, noch nicht gehen, zu be-
haupten, dafs der Kataster publica fides genossen hätte und darum das hier
nicht apparierende Recht dem gutgläubigen Erwerber gegenüber unwirksam
gewesen sei. Unsere Klausel hat gerade auch den Sinn, füi- diesen Fall
eine Eviktionshaftung zu begründen.
Jetzt kann ich auch die seinerzeit (Hermes 30, 604) '^nur ungern und
zaghaft namhaft gemachte Spur' der Hypothekarevidenz in BGÜ 50 mit
Beruhigung hierherstellen; wenn daselbst der Verkäufer eines Olgai-tenanteils
den Käufer, der die Übertragung durch das Buch fordert (KaxayqucpfivaL Karu
örjuoßiov^ um eine Frist bittet bis zum Monat Phamenoth iv w ^7ivl z%a-
vccyKOV TCaQ^'^ai, ^s rr}v ßi.ßXio&ii'jK'rjv üa&aQccv y.cu ra aXXa aQyla avtöd'ev^ so
heilst das eben wii-klich, dafs er Zeit braucht, um das Grundbuch zu be-
reinigen von den dinglichen Lasten, wie die Kaufkontrakte es verlangen.
Durch die hier dargestellte Übersicht über die Besitzverhältnisse wurde
die ßißlLod-ijKrj eyurriGetov für den Bodenverkehr von der gröfsten Wichtig-
keit. Sie ist es, die jede Veränderung daran zuerst erfahren mufs und
ihre bücherliche Durchführung erst bewilligt; infolgedessen ist sie das Aus-
kunftsbureau für die Behörden, wenn es sich um das Vorhandensein solcher
Rechte handelt, und auch die Kontrahenten kaufen und verkaufen die Grund-
stücke auf der Basis des derzeitigen Buchstandes, TtntQccaKStv öia r^g ßißXio-
'ö'ijxijg. So läfst sich auf Grund bekannter formelhafter Wendungen in
Bü 667 lesen b^oXoyei . . . TCcTcgaKivai [. . . öuc xrig räv f\yy,xiia£biv ßißXio-
'O'ijX'jjg [«Ttö T^g] TtQoyeyQafxfiiviqg '^^egag im xhv anavxa [y^qovov xrjv vTtccQ-
1) Nichts anderes als diese ztf]6ig des Kindes bedeutet es, wenn an andern
Stellen (col. 4, 32, col. 6, 22) das Gesuch der Dionysia ihr eine KaToxv am Streit-
objekt zuschreibt. Das Wort ist allerdings vieldeutig, BGU 140, 24 ist es die bono-
inim possessio; CPR 1, 228 (ocpsilo^tvov iici Kccroxf] Ttccvtbg rov TtoQOv aov) die
Pfandhaftung; BGU 323, 11 sig Karo'j^rjv itoitiv nva = in Gewahrsam nehmen. Der
gemeinsame Simi ist der des Yerfangenseins, welcher bald Gewahi'sam und Pfand-
recht bedeuten kann, bald wie an obigen Stellen unseres Papya-us, die dui-eli die
Leibzucht der Eltern suspendierten Eigentumsansprüche der Kinder, «übrigens ge-
braucht unser Dionysiapapyaiis xaT£;^itv auch als Pfandbesitz und synonym mit
■K^cithlv; man vgl. col. 8 lin. 34 (ralg yvvaii}. y.QarhlTccL ta vnccQj^ovta rüv avdQwv)
mit lin. 22 (tus ÄiyvjixiaY.ug yvvtxiKccg y.urt](^tiv tu vnuQ'/^ovxa xibv avöqäiv).
190 II. Referate und Besprechungen
yovGuv avxri iv Ktofiy 0v]ka'iiirtKrj Nrj6(o olrJav inl roig (^ov^Gi avxTjg fiir^oig
Kai TtriiiG^oiq Kol Q'£nsU\oig\ Kca öiKaioig 7tä[(y]t Kam [r'ißv i^ ocQX'fig aal
fiiXQt tov vvv Cw^d-iav^ wegen der Grenzmafse und der Rechtslage der
Grundstücke wird auf das Buch verwiesen. Ahnlich BGU 94.^)
2a. Die Technik der bücherlichen Eintragungen.
Schwierigeren Fragen als die bisher besprochenen sind, begegnen wir,
sobald wir den Hergang bei der Eintragung in die Kataster ini einzelnen
uns klar zu machen suchen. Als feststehende Regel können wii- hierbei
zunächst betrachten, dafs die Eintragung nachgesucht werden mufs bei den
ßißXiocpvXaKsg der ßi,ßXi,o&i]Kri iy^rriGEcov und diese sie nur bewilligen, wenn
der Buchstand den Voraussetzungen des Kontrakts entspricht.
I. Des Weiteren ist vor allem festzustellen, welche Behörden aufser
der ßtßhod-r'jKr] für die Überschreibung des Besitzes noch in Betracht
kommen. Es wurde oben (S. 185) gesagt, dafs es noch lokale Urkunds-
bücher gab, welche der Bibliothek untergeordnet waren. Hier stofsen wir
aber auf eine vielgestaltige Terminologie, denn es ist die Rede bald vom
yQacpsiov, bald von ^vr^f-iovstov oder fivi^^oveg^ von ayoQavofxoi oder ccyoQa-
vo^eiov oder auch GvvaXkayfjLaroyQdcpoi.^ endlich auch ocQ^SiOv. So heifst
es in Ox. Pap. 2, 238: xovg e^ovrag ^srscoQovg oi%ovo^lag ev ts räi äyoQa-
rofiicot Kai fivrjfiovEicot Kai yQucpltoi-^ ebenda Nr. 237 col. 8 lin. 36 fg.: ksXsvo)
öh Kai xoig GvvaXXayfiaroyQcccpoig Kai rotg fivrjfioGL firjöev 8i%a iTtiGraXfiarog
TOi? ßi,ßXi,oq)vXa%iov rsXsi-cöGai. Man wüi'de nun, glaube ich, völlig irre gehen,
wollte man aus dieser bunten Phraseologie auf Kompetenzverschiedenheiten
schliefsen; es scheint sich mir hier immer um dieselbe Behöi'de zu handeln.
Man kann zwar vielleicht für die ptolemäische Zeit einen Gegensatz von
ayoQavo(i£iov und yqacpüov annehmen, aber füi* die Kaiserzeit habe ich
schon früher (Hermes 30, 597) es für vermutlich angesehen, dafs das
yqacpEiov dem äyoqavoiiHov ein- oder untergeordnet war^) und bin jetzt
inamer mehr der Überzeugung, dafs das yQacpsiov mit dem ayoqavo^uov
zwar nicht identisch, wohl aber das für die Urkundenaufnahme bestimmte
Spezialbureau des letzteren war, wobei dem Hauptamt als Ganzen noch
andere Funktionen obgelegen haben können. Hierbei wird höchstens das
eine zu betonen sein, dafs Agoranoraen nur in den Hauptorten des Bezirks
genannt werden, während vom yqacpEiov^) sowohl in diesen als auch in den
Dörfern die Rede ist; das ex-klärt sich leicht bei der Annahme, dafs die
Agoranomie das umfassendere Amt ist, das sowohl in den Städten Spezial-
bureaus als auf dem Lande Exposituren besitzt. — Nichts anderes als das
yQucpsiov ist aber auch das fxvr]jxovsiov. Das läfst sich ganz deutlich zeigen
aus dem Vergleich von P. Lond. II 299, wo eine Eingabe an die ßißXto-
1) Dagegen möchte ich nicht mit Wilcken, Ostraka 2, 484 auch F. Oxy.
1, 100 hieherstellen. Denn das ist kein Kauf, sondern die den Agoranomen er-
stattete Anzeige von einem solchen; wenn der Deklarant dabei sagt, dafs die
roTto&SGia der verkauften Grandstücke Sta tiig v.arayQacpfjg SsSrjlarai , so ist hier
v.atayQucp'q nicht der Kataster, der m. W. nie so heifst, sondern der Originalkauf-
kontrakt.
2) Dies übersehen Grenfell-Hunt 2, 181, wenn sie meinen, dafs ich hier einen
scharfen Gegensatz konstatiere; für die Kaiser zeit habe ich dies nie gethan.
3) BGLJ 379 ein yQucptiov im Dorf Karanis.
L. Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxjrhynchos 191
cpvXwKsg gerichtet wird: 8lo imöidajXL orrag eTCiGzaXfj tc5 ^vtj^ovi a>g Ka&riKEi,
welcher ganz genau entspricht BGU 379: 6lo TtQoOayytkXofiev uTiag
i%i6xeih]xs tc5 t6 yQacpstov KagavCöog GvyiQrj^ari'^eiv rjfiiv wj KCid'i]Kei.
rqucpsiov und fivrjjxovstov sind hier ganz parallel gestellt. Anderseits ist
das fivrjfiovsiov verwaltet von den Agoranomen; es heifst z. B. BGU 177:
o^oXoyo) nSTtQaKEvai vno FccXeqIov rov 2(aTOV r&t ayoQavofiiot ovxi 6e xal
^vrjfiovi. Da nun der ayoQavofiog auch ^vt^ficov ist und das fivrjfiovciov die-
selben Funktionen versieht wie das yqacpsiov^ so ergiebt sich wieder der
Beweis dafür, dafs das yQacpsiov und die Agoranomie voneinander nicht zu
unterscheiden sind. Und das wird auch bestätigt durch einen Papyrus aus
Oxyrhynchos, wovon Grenfell - Hunt nur einen Auszug mitteilen: EaQanCav
6 6vi> &icovi {jißUocpvXv'E, äyoqavo^OLg ^rjtQonöhcog '/^aLQStv. "Eyei ^A'/^iXläg
iv anoyQacpTi rag aqovQag f^, ^i6 iTiitsXeirs iog y.a&rizei', denn hier erhält
der Agoranome von den ßLßXiocpvXanEg genau densell)en Auftrag zu einer
Bucheintragung wie in BU o79 das yQUfpstov.
Es läfst sich demnach sagen, dafs eine Kompetenzverschiedenheit hier
nirgends nachgewiesen werden kann. Ich nehme nur eine Nuance zwischen
dem Agoranomen und den beiden anderen Ämtern an: wenn der Agoranomos
genannt wird „(öv y.cd jwi'iyfiov" (BGU 177), so scheint das nur eine seiner
Funktionen zu sein, und das ist, wie ich sagte, die vermutliche Einordnung
des (ivy^^ovHov und y^acpsiov in die höhere Behörde des ayoQavofisiov , der
auch noch andere Funktionen zukommen als die Ui'kundenverwaltung.
Daraus ergiebt sich weiter, dafs es kamn mehr als Tautologie ist, wenn
Ox. Pap. 2, 238 von den ^erecoQOi oIkovo^lch, k'v xs xm ayogavo^iicoL y.al
fivirjfiovsitoi Kai yQatpioai spricht. Da es sich dort um einen amtlichen Erlafs
handelt, so ist es möglich, dafs der Beamte die verschiedenen Titulaturen,
welche die lokalen Bücher führten, nebeneinander aufzählen zu müssen
glaubte, um in allen Teilen seines Bezirkes richtig verstanden zu werden.
Freilich ist uns derzeit kein sicheres Beispiel übei-liefert, dafs in Oxyi-hynchos,
woher unser Papyrus ja stammt, die Bezeichnung ygacpsiov für das Buch
üblich gewesen wäre-^), vielmelu* ist sie nur in Faijüm üblich; aber es ist
auch sehr gut möglich, dafs unser Erlafs entweder direkt vom Präfekten
stammt, der eben für Faijüm ebenso sprechen mufs wie für Oxyrhynchos,
oder, was noch wahrscheinlicher ist, dafs der Strateg von Oxyrhynchos einen
Erlafs des Statthalters, der in dieser Weise spricht, wörtlich ausschreibt,
indem er , ihn auf seinen Bezirk anwendet. ^)
Aufserdem ist noch mehrmals von ccQirj und ccq^slov die Rede, z. B.
BGU 50, 86; 251, 252; P. Grenfell 1, 21 und 26 u. f. Wie ich glaube, ist
auch dieses Amt, welches (Grenfell-Hunt a. a. 0. 1, 21) dem Agoranomen
untersteht, mit den früher genannten identisch. Und so stehe ich nicht an,
1) In P. Oxy. 1, 44, 23 ist ygcccpslov wahrscheinlich die Bezeichnung einer
Schreibgebühr.
2) Nur ein Bedenken bleibt bei der Gleichstellung der obigen Termini
zurück, nämlich dafs es in BGU 50 heifst: TtaQh^co rr]v ßtßXto&rjyiriv ^la&ccQav xa/,
TU aXXcc aQ%ia (Plural!) avxöQ'tv. Hier sind doch neben der Bibliothek mehrere
Archive ins Auge gefafst. Doch ist es möglich, dafs agista hier als Plurale tantimi
für &Q-j^üov gebraucht ist. In CPR 1, 22.3 lin. 20: [;/,?)] fjXXoxQtcou.tva Sicc ftTjd'frog
&QXtiov kann die Mehrzahl so zu erklären sein, dafs an die Bibliothek mitge-
dacht ist.
192 II' Referate und Besprechungen
auch das im Edikt von 127 (P. Oxy. 1, 34) genannte Navaiov hierherzu-
stellen, wie ich bereits früher ausgeführt habe.
Schliefslich werden noch 6vvaXkay^axoyqa(fOL erwähnt im Edikt des
Mettius Rufus P. Oxy. 2, 237 col. 8 liu. 36: naquyyiXloi öe rotg GvvaXlay^a-
xoyQccq)OLq Kai toTg (ivrjfioöi [irjÖEv Sija IniGräX^axog xov ßißXiocpvXaniov
xeXeLojßai.. Auch diese sind nichts Besonderes, die Unterscheidung von den
fiU'/jfiovEg ist sicher höchstens eine funktionelle. Bedenkt man nämlich, dafs
die Geschäftsurkunden, welche den Veränderungen im Urkundenbuch zu
Grunde lagen, wie Käufe, Schenkungen, Vergleiche u. s. f., eben auch fast
immer instrumenta publica waren, so sind GvvaXXayfiaxoyQacpoi jene Offiziale,
welche die notarielle Funktion der Urkundenvei-fassung vollzogen; im Gegen-
satz zu jenen, welche die Urkunden sammelten und so das Urkundenbuch
selbst anlegten und führten. Aber auch die ersteren gehören zu dem
gleichen Amt; wenn sie unterschieden werden, so ist es nur ein anderes
Schreibpult, an dem sie funktionieren. Oft aber werden sie gar nicht
unterschieden; so spricht z. B. P. Oxy. 2, 270 lin. 12 und 14 von b^oXoyCai
öia xov (ivtj(iov£Lov, wo die iivi^jAOvsg als Urkundenverfasser, nicht als Buch-
führer erscheinen.
Ganz dunkel bleibt uns nur das yMxaXoyetotK Dieses — nicht zu ver-
wechseln mit dem Kaxidoxiöfiog — kommt auch wohl vor in der Verbindung
icprjfxsQlg xov KaxaXoyslov P. Oxy. 2, 271 lin. 8 und 12: aaxa övy^a^tiaiv
xrjv xsXsifo&SLöav öta xrjg £(pi]fiEQiöog xov ■KataXoysiov. Sonst wird es noch
genannt in P. Oxy. 1, 68, 5; 73, 34 und vor allem 1, 34 col. 1 lin. 7.
Einmal koimnt die icpijixe^ig allein vor in 2, 268, 10: Kaxa GvyywQviöiv xrjv
teXs ta&ELötxv Siu xov KaxaXoyEiov. Offenbar ist auch das nccxaXoyEiov ein
Archiv und die i(pr]^£QLg das zugehörige Journal, wo die Urkunden legali-
siei-t werden; ob hier dasselbe Amt vorliegt wie das ayoQavonEiov, yqacpEiov,
^ivt]^ovEiov ist nicht ersichtlich^), aber inmierhin möglich. Wir hätten dann
für dieselbe Sache schon den fünften Namen.
II. Der Hergang bei der Grundübertragung ist, wie bereits wiederholt
bemerkt wm-de, der, dafs zunächst ein Gesuch bei der ßißXu)d-{]%ti iyKxijGECüv
eingereicht werden mufs^), welche den Vollzug den untergeordneten Urkunds-
ämtern aufträgt. ^)
1) In Hennes 34, 96, 1 habe ich dies angenommen. Man könnte auch daran
denken, dafs bei der ßißXiod-^xr] iyKrijatcov Urkunden aufgenommen worden seien;
sehr wahrscheinlich ist mir das nicht.
2) Auszugehen scheint das Gesuch fast immer vom VeräuTserer, der auch
allein legitimiert ist, über das Objekt zu verfügen. In BGU 243 spricht wohl der
Erwerber, hier ist aber auch ein anomaler Fall gegeben (s. unten S. 19(3). — In
P. Oxy. 2, 273 lin. 20 f. heifst es: die Erwerberin solle sich das Land zuschreiben
diLrfen, ohne die Unterschi'ift der Veräul'serin zu bedürfen ; also eine 'Aufsandungs-
urkunde'. Ebenso P. Oxy. 373, 20 (zit. bei Grenfell-Hunt zu 273). Indessen liegt
hier der Fall anders; es handelt sich um Katökenland. Bei den gewöhnlichen
Grundstücken wird die Anzeige schon vor der Errichtung des Kontrakts erstattet;
der Kontrakt macht sie nur perfekt. Auch in CPR 1,10 lin. 11, wo im vorhinein
die Zustimmung des Veräufserers zur ärnipatäaig gegeben wird, steht Katökenland
in Frage. Wie übrigens jene einseitige Überschreibung durchzuführen war, wissen
wir nicht.
3) In diesem Auftrag pflegt dann hervorgehoben zu werden, dafs [resp. obj
das Grundstück frei sei von dinglichen Belastungen; so wird dem Urkuudsver-
wahrer vom Dürfe Kc<(}avig geschrieben: xu&' ijp ntTtvir\vrcci. TttQi tö tqUop fttpo^
L. Mitteis: Neue Rechtsurkunden ans Oxyrhynchos 193
Das miifs man sich, wie bereits gesagt wurde, so vorstellen, dafs die
Untei'ämter (yQacpsiov, iivtifxovsiov u. s. f.) überhaupt jede Mitwirkung zu
einem auf Grundübertragungen gerichteten Rechtsgeschäft zu verweigern
hatten, so lange sie nicht dazu angewiesen waren. Mit anderen Worten
es durfte vorher Kauf, Schenkung, Verpfändung u. s. w. von Grundstücken
nicht legalisiert, d. h. nicht notariell beurkundet werden. In der That
bitten die Parteien die ßißliocpvXuY.Eg ^ sie mögen z. B. dem yqacpHov das
GvyxQri^iccxlt^iv auftragen, d. h. die Mitwirkung bei der Urkundsausfei-ti-
gung. Laut P. Oxy. 1, 34 col. 2 lin. 7 soll das Navatov keine oiKOvofiLa,
d. h. keine rechtsgeschäftliche Verfügung herbeiführen ohne Ordre. So zeigt
denn auch PER. 1436 jemand an: ßovXofiai it,oi.%ovoix^6ai rjv yriv
aTtEyqi^ccipüiDiv)^ ich beabsichtige zu verkaufen und BGU 112 lin. 23 heifst
es: oxL d' av rovvcov (die deklarierten Grundstücke einer ccTCoyQag)!]) i'^OL-
KovofirjGo) . . . TtQOTBQOv TtQOöccyyslw wg inslevöd"!], ich werde den etwaigen
Verkauf meiner Grundstücke vorher anzeigen wie befohlen ist.
Damit hängt ein merkwüi-diges Stück zusammen, das uns in P. Oxy.
2, 238, leider unvollkommen, erhalten ist.
Tovg h'ypvrag (.iszEcoQovg oiaovoiiiag ev re r&v a,yoQai'Of.u(i>i Kai (.iv)ii.io-
vEtfoi Kai yQdtpUoi SV rcot 8u'ky]kvQ'6xi xbxuqxiol k'xsi AvxoKQccxoQog KaiGaQog
OvsGJtaßiavov 2sßaGxov 7tQ0GeQ')(^eG&(xi, xoig ayoqcivö^oLg Kcd xe{X£iovv) xavxcig
Evxbg . . ? . . xov EvEGTG)t[og) ^rjvbg SsßaGxov ...... y.al ocpEilovxag . . ? . .
(pEQELV ...... \i{cixaXo\iLG^(bv «[. ..'{.. ] xat tvv.vy.li . . ? . ftara EXi xca
vv\y . . . .] (pEQELV ^ OTi xotg £>:[....?
Wer der Sprecher ist, wissen wir nicht; offenbar eine Amtsperson.
Dieselbe konstatiert, dafs im ccyoQavoixEtov — yQaq)Eiov — ^vrjfxovEtov noch
liEXEcoQot olKovo^iai, liegen, welche nach ihrem Befehl binnen einer be-
stiimiiten Frist vollzogen (xeXelovv) werden sollen. Mexecoqoi ohovo^tai können
jedenfalls nur schwebende, d. h. unvollendete, imperfekte Veräufserungen
sein, also Provisorien, bezüglich deren der Ordnung halber die Herbeiführung
des Definitivums zu verlangen ist. Als Präjudiz mufs man sich wohl
denken, dafs die Versäumung der Präklusivfrist die betreffenden Ver-
äufserungen hinfällig werden liefs.
Das klingt rätselhaft und die Herausgeber der Papyrus haben die
Schvsderigkeit richtig gefühlt. Dennoch läfst sich für die Sache eine, wie
ich glaube, ganz einleuchtende Erklärung finden.
Man mufs davon ausgehen, dafs der Ausdruck (isxicoQog ohovo^iia
durchaus nicht zu der Annahme zwingt, als ob hier überhaupt schon eine
Kontraktsurkunde errichtet worden sei, deren Wirkung noch irgendwie sus-
pendiert ist. Wollte man das annehmen, so wäre kamn zu begreifen, woher
so viele suspendierte Kontraktsurkunden kämen. Es ist vielmehr die Sache
so zu verstehen, dafs die Pai-teien der ßißXio&i]m] blofs den bevorstehenden Kauf
angezeigt hatten, aber mit dem Vollzug beim yQaq)£tov nachträglich säumten.^)
T^g Tov kX'^qov Kpot'pT]? (ii&g rijs vn' ov&8vbg KQaroviiivrig ysvEiß&co (Hunt) (hg kch-
&ii]KSi. War eine Belastung gegeben, so mufste sie oifenbar dem Erwerber be-
kanntgegeben werden; und jeder Vollzug mufs ausgeschlossen gewesen sein, wenn
die Bibliothek den Veräufserer nicht als Eigentümer auswies. So war das ygcc-
cpslov an die Weisungen der Bibliothek gebunden.
1) Darum haben die ^stbcoqol oixovo^iai nichts zu thun, wie Grenfell-Himt
meinen (p. 183), mit dem Umstand, dafs in manchen uns erhaltenen Urkunden
das Datum entweder unausgefüllt oder von späterer Hand ausgefüllt ist.
Archiv f. Papyrusforschung I. 1. 13
194 n. Referate und Besijrecliungen
Ein sehr naheliegender und praktischer Anlafs zu einer solchen Säumnis
konnte es insbesondere sein, dafs die Kaufs- und Urkundsteuer nicht recht-
zeitig gezahlt werden konnte. Über das Nähere sind wir allerdings nicht
genügend unterrichtet, insofern wir nicht wissen, ob der Vollzug der Über-
tragung durch den Erlag der Steuer bedingt war. Doch scheint mii- dies
naheliegend nach drei Urkunden aus Oxyrhynchos, Grenfell-Hunt 2, 241 — 243;
ich nehme Nr. 242 heraus:
lin. 1. [^KXavdiog Avtcovelvog roü ayoQavofico ^aLQeiv.^
2. l^AvccyQuijJov wvrjv ....
lin. 30 KXavöiog ^Avxovlvog 1Q'Y^lla.XL6ov^^
lin. 31 folgt die Bestätigung eines Trapeziten über die bezahlte Kauf-
steuer {i.ynvnliov).
Klaudios Antoneinos wird hier der Pächter des eynvxXtov, d. h. der
Verkaufssteuer, sein, dem die Kontrahenten den Kauf angemeldet hatten.
Derselbe weist den Agoranomos an, die Urkunde zu legalisieren (jQ^^axiGov),
wobei es anscheinend Condicio juris ist, dafs die Steuer bezahlt ist, weshalb
die Parteien am unteren Rande die Bestätigung der Steuerkasse eingeholt
haben. ^)
Es ist übrigens ganz gleichgültig, ob diese Bestätigung schon vor
Vollzug des Notariatsaktes erfordert wurde oder nicht; denn jedenfalls
mufsten Parteien, welche nicht alsbald in der Lage waren, die Steuer ein-
zuzahlen, auf die Aufnalmae des Akts auch dann verzichten, wenn die vor-
herige Steuerzahlung nicht Bedingung dafür war, weil sie sonst sich der
Steuerexekution ausgesetzt hätten. Anderseits wird man keinesfalls an-
nehmen dürfen, dafs vor gezahlter Steuer der Vollzugsauftrag von der
ßißho&i^yi'ri iynrrjöEcov an das yQacpstov überhaupt nicht vorliegen konnte.
In den Gesuchen an die Bibliothek ist überhaupt von der Steuer noch gar
nicht die Rede; natürlich, denn die Bibliothek kümmert sich ja gar nicht
um den wirklichen Abschlufs des Geschäfts, sondern erteilt nur die vor-
gängige Bestätigung, dafs derselbe nach der Aktenlage möglich ist. Die
Bezahlung der Gebühr zu überwachen oblag dem yQaq)Blov. Anderseits aber
mufs die Bibliothek es in Vormerkung gehalten haben, dafs eine Veräufseruug
schwebte; denn wenn sie vollzogen wurde, mufste ein Bericht des yqafpuov
eintreffen und danach auch ihr eigener Buchstand rektifiziert werden. Trat
der Bericht nicht ein, so mufste darüber Aufkläi'ung verlangt werden; in
der Zwischenzeit konnte sie weitere Verfügungen des Veräufserers nicht
mehr zulassen, denn es wäre diesem ja sonst möglich gewesen, dasselbe
Objekt zu wiederholten Malen immer an verschiedene Personen unter Autorität
des Katasters zu veräufsei-n.
1) Andererseits finde ich in den Pap. ER Bemerkungen, welche die Ver-
mutung nahelegen, dafs auch eine nachträgliche Zahlung der Steuer möglich war.
So heilst es CPR 1, Nr. 6, 21; Nr. 15G, t) ö dt '■/^QrniccxiGnbg irtXtiw&i] nLvSvva avrcav
TtQCitoTtQa'^iccg ovaris xä> drjiLoalo); der ^ivövvog scheint in der Haftung für die Ver-
kaufsteuer zu bestehen — wenn nicht an rückständige Grundsteuer zu denken
ist. — Dafs in den massenhaft vorliegenden Kaufverträgen die Bestätigung über
die gezahlte Steuer regelmäfsig fehlt, hat mit unserer Frage nichts zu thun, weil
diese Bestätigung nicht gerade auf die Kontraktsurkunde geschrieben worden sein
wird, imd übrigens unsere Kaufverträge oft nicht einmal das Original derselben
sind, sondern Kopien (avxiyqcccpcc).
L. Mitteis: Neue Rechtsiirkunden aus Oxyrhynchos 195
Ii'gend einmal aber luuJste dieser Zustand ein Ende nehmen; denn
keine Behörde der Welt lälst sich darauf ein, jahrelang un vollzogene Auf-
träge in Evidenz zu halten. Das yQa(p£iov mul'ste, wenn die Parteien nicht
innerhalb angemessener Frist die Steuer zahlten und sonach Vollzug des
Kontraktes verlangten, den Auftrag der Bibliothek „zui-ücklegen" ; und
auch die Bibliothek, wollte sie irgendwie auf dem Laufenden sein, muTste
wissen, ob das Eigentum gewechselt habe oder nicht.
So sind denn die (.isxäcoQOi ohovo^ilai eigentlich eine ganz selbst-
verständliche Sache. Im Grunde genommen war jede Veräufserung , sobald
sie von den ßißhocpvXansg bewilligt war, im Sinne dieses Amts fiericoQog so
lange, bis der Bericht des yQacpEiov eintraf. Nur wird dieser Zustand in
der Regel nicht lange gedauert haben; erst wenn dieser Fall eintrat, mufsten
die ßißhocpvXiXKeg zur Finalisierung der Angelegenheit mahnen. Allerdings
konnten sie die Parteien nicht zur Steuerzahlung verhalten; denn diese konnten
ja noch jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Wohl aber mögen sie ihnen
Präklusivfristen gesetzt haben, deren Versäumnis bewirkte, dafs die ei-teilte
Verkaufserlaubnis als erloschen galt.
Ich habe im Bisherigen vorausgesetzt, dafs die von den ßißXiocpvXccusg
gerügte Verzögerung der Kontraktserrichtung hauptsächlich in der Schwierig-
keit der Steuerzahlung ihren Grund hatte. Natüi-lich konnte dieser unter
Umständen auch ein anderer sein, etwa dafs die Parteien nachträglich doch
nicht recht handelseins wurden. Aber im Fall unserer Urkunde scheint
mir doch vorwiegend an die Steuer gedacht werden zu müssen; es ist be-
merkenswert, dafs in lin. 16 noch die Reste des Wortes EyKVKXii^ov)
zu erkennen sind; davon mufs hier irgendwie die Rede gewesen sein.
Aus allen diesen Ausiühi-ungen ergiebt sich nun aber noch eine That-
sache, welche für den Rechtshistoriker von Interesse ist. Nämlich die, dafs
die Anmeldung der beabsichtigten Eintragungen bei der Bibliothek schon
eine provisorische Wü-kung zu Gunsten des künftigen Erwerbers hat ; sie
wirkt ähnlich wie heute eine bücherliche „Vormerkung''.
Ich habe oben bemerkt (S. 194), dafs, wenn eine bevorstehende Über-
tragung (oder Pfandbestellung u. s. w.) bei den ßißXioq)vXc(Ksg angezeigt war,
diese eine zweite entgegenstehende Verfügung nicht Ijewilligt haben können.
Das ist eigentlich selbstverständlich und wüi'de auch ohne jeden Nachweis
aus der Natur der Sache zu folgern sein; denn unmöglich konnte das Amt
sich dazu hergeben, dafs unter seiner Ägide z. B. zwei-, dx-eimal hinter-
einander an verschiedene Personen verkauft wurde. Der erste Käufer mufs
hier die anderen ausgeschlossen haben. ^) Ebenso mufs eine, wenn auch
blofs angemeldete Verpfändung einem nachfolgenden Käufer gegenüber ge-
wahrt worden sein. Deutlich sehen wir das aber auch aus den Urkunden
1) Doch ist die Wii-kmig dieser Vormerkung nach dem oben S. 184 Anna. 1 Ge-
sagten nm" eine beschränkte; es wird ausgeschlossen, dafs ein anderer Käufer das
Grundstück jetzt noch dem vorgemerkten vorwegnimmt, denn keinesfalls konnte,
auch nach streng römischem Recht, der als bona fide emtor angesehen werden, der
Grund kaufte, ohne die katastrale Vormerkung Dritter einzusehen, welche sicher
als quasi traditio angesehen wurde. Dagegen wirkt die Vormerkung nicht auch
gegen Dritte, welche das Grundstück aufserbücherlich erworben hatten, ehe sie
eingetragen war; denn ein Publizitätsprinzip in dem Sinne, dafs der aufserbücher-
liche Erwerb überhaupt nicht als vorhanden galt, können wir derzeit noch nicht
annehmen.
13*
196 II- Referate und Besprechungen
selbst, wenn die ßißXiocpvXaKeg z. B. bemerken, das zu verkaufende Grund-
stück sei i'Tt' ovÖEvog KQarovi.ievov^ diese Bemerkung mufs auch durch eine
blofs vorläufig angezeigte Hypothekierung ebenso wie durch eine schon per-
fizierte ausgeschlossen gewesen sein. Und wie ich oben sagte, das Bestreben,
das in P. Oxy. 238 hervortritt, das Kataster frei zu halten von fisriaQoi.
OLnovofilat. zeigt selbst schon, dafs diese vorderhand in Evidenz gehalten
wurden.
So hat das hochentwickelte System des Katasters zu einer dem modernen
Grundbuchverkehr sich annähernden-^) Sicherheit geführt.
Ich kann nicht umhin, hier noch zwei mir schon längst interessante,
aber durch das jetzige Material neu beleuchtete Stücke anzufühi'en, welche,
wenngleich unter etwas anderen Prämissen, doch die Thatsache bestätigen,
dafs der Wert der Vormerkung dinglicher Rechte schon jener Zeit be-
kannt war.
BUG 243 (vgl. Hermes 30, 604) ist ein im Anfang leider zerstörtes
Stück, offenbar gerichtet an die ßi,ßXiog)vkaKEg. Jemand hat einen Haus-
anteil erworben, der übrigens zum Kataster noch nicht einbekannt ist. Er
bittet nun (nach Ergänzung von Wilcken):
dio eTtLÖLÖa^i eig xo ty^v TtuQccd'eöiv ysvBGd'at ccKoXov&cog (o 7tQos8i]X[coKa^
avn.yQl^Dccpfo] rov 2Qr}fiart6ixov' bnoxav yccQ xT^v anoyqacpriv avxov noioy^ca^
ccTtoösC^co cog vnaQyjBt zai l6vL aa&aQov (A,r}6evl KQaxovjievov. El 6s cpaveCtj
elvat KVQiov xb itQOKaxeö'/^rjuivov )} n^OTtaqansi^uvov 6t.a xov %(oX{vsiv^ TtQO
tilg TtaQaO'eöEag Kai xü (roi)?) k'ßsG&at i[A,7t6öi,ou sk xtjöös xTjg TtaQaO'iöscog.
Die Eingabe weist auf eine schon bestehende Erwerbsurkunde zu
Gunsten des Gesuchstellers hin: ccnoXov&cog a TtQoedrjXi^coKa) uviiyglacpa)] xov
'IQYi^axiG^ov. Also war, wenn diese z. B. einen Kauf enthielt, schon vor
der Eingabe gekauft. Das entspricht sicher nicht der obigen Regel, wonach
der Verkauf erst erfolgen soll nach der Anzeige bei der Bibliothek. Aber
die Erklärung ist bei der Hand: Das Kaufobjekt war im Kataster noch gar
nicht eingetragen, was sich leicht erklärt bei einem Haus, das vielleicht
seit der letzten Katasterrevision (s. oben S. 187) gebaut worden ist. Nun
könnte man wohl daran denken, es wäre Sache des Gesuchstellers gewesen,
zunächst eine individuelle Rektifizierung des Katasters herbeizuführen. Aber
es mag wohl sein, dafs man das hierzu notwendige Verfahren, welches
jedenfalls eine Ediktalladung der unbekannten Interessenten involviert hätte,
nicht kannte, sondern nur generelle Revisionen vornahm; wenigstens steht
der Gesuchsteller auf dem Standpunkt, auf die allgemeine ccTtoyQaipri warten
zu müssen \^6n6xav yccQ xvju aTtoyQacprjv Ttoctöfiai.]^. Mittlerweile aber bittet
er doch um eine TtaQa&sötg, d. h. Registrierung seiner Rechte.
Diese kann nun allerdings nicht den Inhalt haben, den sie sonst hat,
nämlich dafs die Bibliothek den bücherlichen Besitzstand „lustriert" und das
Resultat dem y^acpiiov mitteilt. Überhaupt kann nichts „überschrieben"
werden, wo noch nichts eingeschrieben ist. Wenn dennoch eine TtaQcc&eCig,
d. h. eine Registrierung erfolgen soll, kann sie nur den Zweck haben, dafs
die Rechte des gegenwärtigen Erwerbers „vorgemerkt" werden, so dafs
spätere Erwerber ihm nachstehen sollen.
Wir finden am Schlufs dieses Gesuchs einen ziemlich verworrenen Satz.
1) Über die Unterschiede s. vorige Note und S. 184 Anm. 1.
L. Mitteis: Neue Rechtsurkimdcn aus Oxyrhynchos 197
So wie derselbe dasteht, hat er überhaupt keinen Sinn. Dennoch scheint
die Lesung sicher zu sein. Einen Sinn giebt er, wenn wir in der vorletzten
Zeile die grammatisch nirgends anzuknüpfenden Worte TtQo rfjg Ttaoad^eaecag
als Gemination aus der Schlufszeile her weglassen. Dann heifst es:
aTto6slt,(0 cjg vitaq-jisi y.cd eGxi y.ad'aqQV ^rjöevl HQccrov-
l-uvou, el de opuveit] elvcci kvqcov t6 TtQOKateG'irji^iivov rj nQOTiccQa-
KEi^svov diä rov nalvetv [del. ttqo tJjg 7ror^or'9'£()£(ag] xai eivca
e^moöiov i% xrieds xi]g naQad^EöEMg.
Es ist davon ausgegangen, dafs das Grundstück frei und niemandem
verpfändet ist. Die Übersetzung des Weiteren hängt davon ab, was man
unter dem elvat kvqiov t6 TCQOKaxeGiri^iivov ?} TTQOTtaQaneifiEvov versteht. Man
kann übersetzen: 'Sollte sich aber doch ein früheres Pfandrecht herausstellen,
so soll diese Verpfändung oder Eintragung gültig sein.' Das aber stöfst
auf die doppelte Schwierigkeit, einerseits dafs dann das Nachfolgende ganz
unverständlich wird, zweitens dafs der Käufer gar kein Interesse hat, einen
Vorbehalt zu Gunsten fremder Rechte zu machen. Darum würde ich über-
setzen: '^Sollte sich aber doch bei der nächsten Apographe ein Pfandgläubiger
melden [der sein Pfandrecht ja erst nach meinem Kauf erworben haben
könnte, weil jetzt keines besteht], so soll die [d. h. meine jetzige] frühere
Rechtserwerbung oder Eintragung gültig bleiben, weil sie verbietet und ein
Hindernis [füi- spätere Verpfändung] entsteht aus dieser Registrierung.'
Sollte diese Übersetzung des immerhin schauderhaft schlechten Stückes
das Richtige treffen, so haben wir einen ganz vernünftigen Vorgang vor
uns. Der aufserbücherliche Kauf soll bis zur späteren Richtigstellung der
Bücher vorgemerkt werden und schon jetzt jede weitere aufserbücherliche
Verfügung über dasselbe Objekt ausschliefsen. ^)
Ich möchte hier gleich einen zweiten Fall der „Pränotation" (Vor-
merkung) dinglicher Rechte namhaft machen; leider auch wieder aus einem
ganz defekten Fragment. In dem sonst kaum verständlichen Papynis CPR 1,
104 lin. 17 fg. liest man:
Kai l'örort fxoi Kad-dQcc ^iyßi xov T% KVQOiGscog iqovov Y,cd
lav (pcdvy]xca nvQOvv. ^Jgccqiov \J] Kca E\ciQC(itLccg ^exa kvqcov
]ou öiövfiov iTtidel^dcoAa]
Nach dem e7T.LÖe[ö(x)'Ka] wohl ein Gesuch an die Bibliothek, vgl. iTti-
öiöcofii in BGU 243. Isarion verlangt, das Grundstück mufs ihr „frei"
bleiben bis zur Eigentumserwerljung. Näheres wissen wii- nicht, aber klar
ist einerseits, dafs sie aus irgend einem Grunde nicht Eigentümerin wird,
anderseits dafs ihre Rechte vorgemerkt werden sollen.
III. War die Bewilligung der ß(,ßhoq)vXaKEg zur Umschreilning der
dinglichen Rechte erteilt, so kam es nun zui* definitiven Errichtung des
Kontraktes vor dem y^acpstov, fxvrjfxovEtov u. s. w. Der errichtete Kontrakt
wii'd sofort vom yqatpEiov in das Register der Kontrakte eingetragen, was
1) Ob dieses Begehren ziilässig war, ist eine andere Frage. Man könnte
einwenden, dafs, wenn das Haus im Kataster nicht stand, eine Eintragung bezüg-
lich desselben nicht möglich ist. Aber anderseits mufs doch das Areal katastriert
gewesen sein; wer also das Areal später kaufen wollte, muTste doch die Vor-
merkung ersehen.
5^98 n. Referate und Besprechungen
av<x'yQaq)Eiv heifst, und dieses wird auch auf dem Kontraktkörper vermerkt,
z. B. CPE. T, 4 lin. 37 f.: avxlyqacpov yuQayfiaxog civay^EyQafx^ivov^
öicc rov ev ^H^aKlsia yqctcpdov. Ahnlich CPR T, 1 lin. 38 (6 8iiva rrjv) ccyo-
5
Qccv^ofiiav) öiaÖE^(^d^i£vog) (tiETsy^"*^'^'"^'. BGU 173 [FQafifia )evg rov [xtoft-jjg
SoKv)ona[ov {N)rjGov (yQC{)(piov. Auf den beiden letzten Stücken sowie
CPR 1, 11 ist noch das Amtssiegel zu erkennen; Spuren davon sind über-
haupt öfter erhalten, und dafs die sonstigen Bestätigungsformeln des ygacpeiov
ineistens fehlen, ist wohl zum grofsen Teil auf die schlechte Erhaltung der
Stücke zurückzuführen.
Aufserdem sind uns in Pap. E. R. 2030—2034 (bei Wessely Mitteil. 5,
64 f.) auch Reste der avayQacpni erhalten; sie stellen kurze Auszüge aus
den Kontrakten vor, welche eine Ül3ersicht gestatteten; nebstbei wurde auch
das Original in einer „Urkundensammlung" hinterlegt.
Das Nähere zeigt P. Oxy. 1, 34, vgl. meine Abhandlung Hermes 34,
namentlich S. 96; danach ist zu ersehen, dafs auch der ßißXio&iqKy] eyurrjaEcov
ein Exemplar des Auszugs und eine Abschrift jedes Kontraktes abgeliefert
werden mufste.
Auf Grund dessen fertigte nun die Bibliothek die diaGxQco^axa an, von
denen wir- durch das Edikt des Mettius Rufus zum erstenmal ei-fahren, P.
Oxy. 2, 237 col. 8 lin. 38
iav ö' slölv iv xrj ßißXiod'rjKr] x&v aTtccvco ^qovodv aitoyqatpai^ ^zxa
TtccGrjg a.KQLßslag cpvXaööEö&coGav , o^oltog 6s nal xcc ÖLaöxQaiiaxa^ "v ei' xig
yivoixo ^rixiiGig elg vGxsqov nsQi x&v fir} öeovxag ccTtoyQatjjaijLSvcov, e^ £K£tv(ov
ikEyj^&coGi. ["Iv«] ö'[o'i']v ßlsß^aLCi xe xcd slg aixav öia^ivri x&v öiuGXQa-
liKXoov rj ;(^fj(j[£]tg TtQog xo ^i] ndliv anoyqaoprig datj-O'^i'af , KaQayyilX^o xoig
ß(^i)ßlLO(pvlciS,iv diu Ttsvxasxiag ETtavavEovG&ai xa diuöXQCOjxaxa iiexa(pEQO(ievrig
elg xa KaivOTtoiovfiiva xijg xeXsvxaiag ekccöxov ovoficaog vTtoGxccGEcog Kccxa
Koy^fjv Kfd Kccx slöog.
Wie der Name besagt, ist öiaüxQo^a eine Übersicht; aber man darf
dieselbe durchaus nicht für einen blofsen, etwa zu manipulativen Zwecken
angelegten Auszug ansehen, sondern sie ist das Katastralblatt selbst, insofern
dasselbe über die Rechtslage des Grundstücks eine XJbersicht gewährt, wobei
natürlich das „Blatt" nicht im physischen Sinne genommen ist, sondern im
juristischen Sinne; als die Summe aller auf einen Katastralkörper sich be-
ziehenden Eintragungen. Dafs diese Auffassung das Richtige trifft, ergiebt
schon der Zusammenhang; der Statthalter kennt nur zweieiiei, was offenbar
beides zur Hauptsache gehört, einerseits die Deklarationen der Parteien
(lin. 38: iav d' eigIv iv xfj ßißkio&i^K'r] arcoy^acpaC) ^ anderseits die
öiaöxQcofiaxa. Diese letzteren sollen von fünf zu fünf Jahren (man denkt
an die alte Lustralfrist) ^) nach dem jüngsten Vermögensstand rektifiziert
werden, damit eine weitere allgemeine Katasterrevision im Wege der ccTtoyQacp'q
nicht mehr nötig wird (lin. 41 — 43). Damit ist gemeint: Da die Katastral-
lage sich durch Vermögen sül)ertragungen fortwährend verschiebt, sollen
die Katastralblätter alle fünf Jahre, nach Mafsgabe der inzwischen erfolgten
1) Ob diese fünfjährige Katasterrevision in einem Zusammenhang steht mit
den später auftretenden fünfjährigen Perioden, in welche, wie Sceck (in der
Deutschen Ztsch. für Geschichtswissenschaft XII 279 £) gezeigt hat, der fünfzehn-
jährige Tndictionencyklus zerfällt, wage ich derzeit nicbt zu entscheiden.
L. Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 199
Verschiebungen, umgeschrieben werden. Natürlich bedarf es hierzu keiner
Mitwirkung der Parteien, da ja dem Katasteramt die vollzogenen Grundübei--
tragungen vom ygacpEiov in copia mitgeteilt werden. Theoretisch genommen
milfste eigentlich aus der Durchsicht der Kopien sich immer der wahre
augenblickliche Stand der Besitzverhältnisse ergeben haben, auch ohne Rek-
tifiziei-ung der Katastralblätter selbst; praktisch betrachtet ist diese aber
doch wünschenswert, weil es ja zweifelhaft war, ob diese Copien immer
richtig einlangten, gehörig aufbewahrt waren u. s. w. Kurz, die periodische
Richtigstellung war ein Kontrollezwang, ob der Mechanismus richtig funktio-
niert hatte. Wurde ein Fehler entdeckt, so war es leicht, auf die kurze
Zeit von fünf Jahren zurück ihn wieder gut zu machen; ganz anders, wenn
man ihn erst nach vielen Jahren entdeckt hätte. In so langer Zeit konnte
der ganze Kataster so verlottei-t sein, dafs er überhaupt nichts mehr taugte;
dann mufste eine allgemeine «Ttoy^xvqpT], d. h. aber faktisch eine Neuanlegtmg
des Katasters vorgenommen werden, und was das bedeutet, ist dem prak-
tischen Juristen zur Genüge bekannt. Sehr mit Recht sagt darmn der
Präfekt, die periodische Richtigstellung soll diese Notwendigkeit für die
Zukunft ausschliefsen. Leider scheinen die guten Absichten nicht verwirklicht
worden zu sein, denn wir finden auch später noch, dafs allgemeine KTtoyQacpa.i
ausgeschrieben wurden.
Über das Aussehen der diaGrQcofiara können wir uns nach den jetzt
vorliegenden Urkunden bereits ein ganz gutes Bild machen. Sie sind, wie
Mettius Rufus lin. 42 sagt, angelegt (jiEta<pEoo^Evr}g xf^g rElEvraCag ekccöxov
6v6(j,arog vTtcßrccöEcog naxa %a)fir]v %(xl v.ax Ei§og. Es wird also hier ein
Personalfolium gebildet für jedes ovoju.« (caput), wie in P. Ox. 1, 78 in
dem v.cix' avÖQa ßißXiov. Zweifelhaft ist nur, ob y.axa y.cof.u'jv eine Ober-
oder Untereinteilung der Personalfolien bildete, ob also die Personalfolien
dorfweise angelegt waren, oder in anderer Reihenfolge, und nur die Grund-
stücke des Besitzers innerhalb des Foliiuns nach den Dörfern zusammen-
gestellt wurden, in denen sie lagen. An sich möchte man das erstere
vermuten; nur hält es schwer, dann das x^t' slSog, welches jedenfalls den
einzelnen Grundstückskörper bezeichnet, zu übersetzen.
Ein Exemplar eines solchen öcdöxQco^a enthalten jetzt die P. Oxy. 2,
274. Es beginnt mit (lExrjvix&r}^ d. h. Übertrag, wohl aus dem älteren
Kataster; es liegt also hier schon ein Fall der Katastererneuerung vor, wie
sie Mettius Rufus im Auge hat. — Darauf trägt eine zweite Hand die
Katastralobjelrte ein, mit den Hypotheken, so dafs zwischen je zwei Objekten
ein freier Raiun bleibt; dieser ist später von dritter und vierter Hand mit
nachträglichen Eintragungen ausgefüllt, welche die späteren rechtlichen Schick-
sale der betreffenden Objekte vermerken. Auch in margine sind solche
Nachtragseinverleibungen zu lesen.
(Fortsetzung folgt.)
Leipzig. L. Mitteis.
200 II- Refei"ate und Bespreclamigen
Inschriften aus ptolemäischer Zeit. I.
Eine vollständige Sammlung der griechischen Inschriften Ägyptens aus
der Zeit der Ptolemäer liegt nicht vor seit den Zusammenstellungen von
Franz im Corpus inscriptionum graecarum III (1853) und Letronne, recueil
des inscriptions grecques et latines de l'Egypte (1842 u. 1848). Als An-
hang zu Stracks, Dynastie der Ptotemäer (1897) gab ich eine Sammlung der-
jenigen griechischen Ptolemäer-Inschriften, die zu dem Königshaus in dii-ekter Be-
ziehung stehen, unbekümmert, ob sie in Ägypten oder sonstwo gefunden sind.
Im Anschlufs an diese letzte Sammlung ist die folgende Zusammen-
stellung gemacht. Sie ist in der Anlage verändert insofern, als nunmehr
aus Ägypten alle neuen Inschriften aus der Zeit der Ptolemäer Aufnahme
gefunden haben, nicht nur die auf das Königshaus bezüglichen. Füi- die
aufserägyptischen Länder, mögen sie abhängig oder unabhängig vom Alexandri-
nischen Hof gewesen sein, ist die Beschränkung auf die Djmastie in Kraft
geblieben. Das wenigstens war die Absicht. Dafs ich in der Auswahl der
zeitlich unbestimmten ägyptischen Inschriften nicht manche als römisch aus-
geschlossen habe, die schon unter den Ptolemäern geschrieben wurde, ist
wohl möglich. So sind von den Graffitti am Gebel-Tukh (BCH 1896) nur
zwei aufgenommen (No. 26) — möglicherweise auch sie mit Unrecht; viel-
leicht gehören aber auch die Drohungen mit dem Zorn des Pan hierher, die
sich gegen unanständige Leute richten.
Abkürzungen.
AJofArch. = American Journal of arcliaeology.
BCH. = Bulletiu de con-espondance hellenique.
CIGrlns. = Inscriptiones graecae insularum maris Aegaei.
MA. = Mitteilungen des kaiserl. deutschen archäologischen Instituts in Athen.
REGr. = Revue des etudes grecques.
Ptolemäus I.
1, Bilingue Inschrift auf einer Statuenbasis. Gize, im Museum Saal 37.
Unveröffentlicht, mir von Wiedemann gegeben.
ßaöilsa Iltolsficdov UcotriQU zitodotog ^AiaCov.
Unter dem griechischen Text die demotische Übei'setzung.
Ptolemäus II.
2. Kleine weifse Marmorplatte im Jahre 1896 im ägyptischen Kunst-
handel (Händler Ali in Gize). BCH. 1896 XX 396 Jouguet. Fundort un-
bestimmt; Jouguet vermutet Faiyüm, "Wiedemann ward Luxor genannt.
VTUQ ßaeiXiag JJxoXe^aCov^ \ xov IlToXs^aCov^ aal ßaöLUöörjg \
'^Qöivorjs Moöxog 6 IsQSvg \ thv vabv xal tö te^svog \ 'Jydiörsi STCrj-
XÖCOL I lÖQVöazo.
Max L. Strack: Inschriften ans ptolemäischer Zeit 201
Von Jouguet mit Recht in die Zeit des Philadelphos gesetzt. Der
fehlenden Beinamen wegen dürfte die Inschrift in den Anfang seiner Re-
gierung rücken, jedenfalls wohl vor 270, dem Todesjahr der Königin, ge-
fertigt sein. — Die Echtheit der Inschrift, an der ich zuerst zweifelte, hat
sich Wiedemann auf grund des Schriftcharakters ausdrücklich vermerkt.
3. Giebelstele aus Nikurgia, einer kleinen Insel bei Amorgos. Hoch
1,70 m, breit 0,32 m, dick 0,08, linke Seite sehr beschädigt. Vorläufige
Anzeige BCH. 1893 XVII 205 Prasinos-Homolle; abschliefsend veröffentlicht
Revue de philologie 1806 XX 103 Delamarre mit gutem Begleittext. Ditten-
berger, Sylloge^ 202; Michel recueil d'insc. gr. 373.
edo^s^v tolg GvviÖQoig räv vr^öiojtav vnsQ cov \ [^iXoxlyf\g 6
ß<x6iksvg IJidovicov xal BaK^av 6 v}]\\6iaQxog £Qya\ipm> Ttghg rag Tcoleig^
onag av a7to\\pt\£LXo36iv övveÖQOvg elg Ud^iov ottivfg \ [%Qy]^^cicrioü6iv
V718Q Tijg Q-vöiag xal rav d-£(OQ\[a^v xal rot) aycoi'og ov ttd'rjijiv 6 ßadc- 5
2.£vg nt[oX£]^atog tat Ttatgl sv ^AXE^avdQEtat lc)oXvii7c\i\ov ^ xal vvv],
ix TCÖXsav TtaQaysvo^svoig totg 6v[v\EdQ0ig^ d[iEXEyrf\6av ^iXoxlrig xal
Bdxxcov^ dlsldö^Xd-ai tau xoivßi räv övveöqcov^ STtEiöi] 6 \ ßaöclEvg xal lo
öatrjQ ntoXs^aiog^ TiolXav \ xal ^Eydlcov dya%-ß)v atriog syEVEto rotg j
[r]£ vrjöLcbtaLg xal rotg alloig "EXh]0iv, rag xe 7i6\X£Lg iXEvQ-EQCiöag
xal tovg vo^iovg änodovg \ [xjal rrj^ JcdtQLO^ noXizEia^ Tcäöiy xata-
6tr]6a\^g. \ x^al r&v £l6q)0QC)y xovq)L6ag, xal vvv 6 ßaöiXEvg \ [TJJToAe- i5
jwaiog, dtaÖE^d^Evog trj^i ßaötXsi'av 7rap![f(:] tov TiatQog, trjv avrijv
Evvotav xal ETti^EXEiav ^laQE^o^svog diatEXEt ei'g xe xovg vrjöLaxag xa[i] \
xovg äXXovg "EXXvjVag, xal ^vöta^ tcolev xäi 7raxQ\i] | xal dyüva xid-rj- 20
6iv l6oXv^Jttov yv^vixoy xa\Y\ \ fiovöixby xal ititcixöv^ xijv xe TCQog
xovg d-Eovg [^E^vösß^Etav diacpvXdxxay xal xtjjx TtQog tovg TC^Qoy'övov^g
EvvoLav diaxi]QC)V, xal TCagaxaXEi slg Tß;i)T[ß; | xov\g xe v7]6L(oxag xal 25
xovg dXXovg "EXXrjvag il^[7]\(pi0a^6d-ac xov ayüva v7tdQ%ELv löeXv^niov^
3tQo\\67]x^Et TCäöi xolg vTqßiäxaig xexl^7]x66l^i :tQcb[xoig t]öv öcoxiJQa Uxo-
XE^atov Löod-Eoig xi^ai[g \ xal di]d xdg xot[vdg svEQyEötag^ xal öiä xäg
idio[y\g acpEXEiag^ xät ßaöiXEt nxo]XE^aicoi 7iaQaxaXov[vxL ev xe xolg so
aXXotg övXXa^^ßdvEöd'ai xal vvy xaxd \ \xriv avxov a'i'QEötv ^lExd Ttdör^g^
7tQod'viiLa[^g ■ipri(pt6a^6d'a\L] \ [ihv röft 7r«(?[tv]
ccTt \ at xaxa^iag xi^äg \
rrflg iavxav avvoLa\^g \ a7CodE%E6d-^ai xrjv d'vöi'ay^ xal Tot>? d-EcoQovg 35
dWßoöXEXXEiv SL\g xb^ ndvxa xqovov ev xolg xud-{riKov6i %Q6volg^^ xa-
d'aTtEQ 6 ßaßiXEvg iniöxaXxE \ \}i\a\y\ Eivai xov ayäva tGoXv^intoy^ xal
xolg vLxöjötv I [x&v vrjöicoxav^ xäg xtaäg xag avxdg v7tdQ%Eiv^ aX7CEQ\
Ei6l\y aV] xolg vö^otg nag ixdöxotg xav vrjöLcox&v \ [yEyQa^^£vai\ rotg lo
xä 'OXvfiTtLa VLX7]6a<3CV 6x£(pavS)[6^ai ds xal xb[^ ßa^öcXm üxoXE^alov
ßaöiXEcog xal \ \6\coxYiQo\g\ IloXs^aCov %qv[(3G)i\ 6xE(pdvGii d^i^XEt^coL
a^ö] 6xa\xriQ]coy i\^i\Xicov^ dQExfjg svExsy xal Ev\[voi^ag xfjg eig xovg 45
vrjöLcoxag' dvayQdipai 8e xovg \ [Gvv^sdQovg xoös ro ip[;rj(pL](3^a Eig 6x7]-
202 n. Referate nnd Bespreclnmgen
X')]v h&tvrjy xal \ \ötYJ6(iL fV] z/ifA[rot] jiaQa xov ßa^bv tov öcjTrJQog \
[ 77r]oAf [jU,ß;<^]ot» • [x«Tß] r«ur« de il''r]q)i(3cc6d'co6civ tods | [rö il^lrjil^iö^ia
50 x«t fa ii^T&iovöia rü^ noXscov xov 0vv\ß\dQi\ov\ 'Kai avayQaipäraöuv
eig ötnjlccs Xid^ivag^ \ [>i\al ävaO'stcjöav aig tä Csgä iv olg aal ccC XoLTial
tLlucct. E161V avayeyQKiipievai tckq ixdßtoLg' eXiöxtai \ [d]£ rovg 6vi>i-
ÖQOvg ycal d'scoQovg tQatg oXxivsg a.(p[^i\'}i\6^Bvoi SLg'AXsi,dvdQ£i,av Q-v6ov6i'v
55 xs vTTfQ XOV \ \oi\oLvov xSiV VTjöicjxßyv TIxo^siiKicot UcoxyjQL^ XKi I [tov
<3^xeg)Kvov ocnodäöovdiv xS)l ßaöikel' xo d\ stg | [x]bv Gxicpavov aQyv-
Qiov Kai Big i(f68ioy Kai 7t0QB\Cal^g xoig ^scoQotg siöev^yKElv xäg TtoXsig^
60 fxd6[x7]\v Kaxä xb a7c]ißdXkov avxriL^ Kai öovvai da d^ BdK[x<jo\v dno-
ÖBi^rii]' 'HiQed-rjöav -O-fw^ot FXavKcov Kvd'\vLog^ | ag iVa|tog,
KlEGiKQixog "AvÖQiog.
Die Rückseite ist sehr beschädigt. Einzelne Worte nur sind zu lesen:
TtQeaßsig ^A^ioQyioi. Der Beschlufs gehört in den Regierungsanfang des Ptole-
mäus II., zwischen 281—274. Vgl. Rhein. Mus. 1898 LIII 460 von Prott;
Niese, Geschichte der griechischen Staaten seit Chaeronea II (1899) 103, 113.
4. Marmorstele mit Giebel aus Ptolemais in der Thebais (Menschiye),
gekauft im Winter 1896 in Akhmim, jetzt im Hause der mission fran^aise
au Caire, bestimmt für die französische Schule in Athen. Hoch 0,75 m,
breit 0,52 m, dick 0,10 m; unten und rechts verstümmelt; sechs Kränze.
BCH. 1897 XXI 189 Jouguet mit giitem Begleittext. Vgl. No. 11 u. 12.
i8oi,Ev XYii ßot^kiji Kai xa dy'j^ojt,' 'E\Q]^äg \ zloQKcovog Msyiöxarq
Si'Jtsv' i7tEid['r}\ TtQvxdvatg \ 01 6vv zIlow^Ccol MovöaCov xov 6[y]dö\o\v
sxovg I ziLovv6Log Movöatov 'T2,XEvg,'^l7f[7tta]g? ^Ccovog M8\yi6x£vg, Kgd-
<s xiog TIqokqixov ^i[A]for«()£[i]o^, Ki'ßöog | NsdQxov ^Av\8aA^vievg^ 'HI16-
öciQog NLKo^d%ov /Javasvg \ NeoTtxoXeiiog &eodd}QOv KaQavevg Kal&g
Kai «liög I xrig ndlscog TCQOEöxrjöav dg&vxsg xivag x&v ctolixav \ [ju,]?)
op-O-ög av\a6xQ\e\(p\o^ivovg Kai Q-oQvßov ov xbv T'u^oVto; 7CaQ[£\%]ovxag
10 £v x\aig^ ßov[la^t[g Kal^ iv xatg iKK^rjöiaig^ ^idli^xa de \ iv Tft;t?
dQ'iai\Q£]6\iaig sig Ttäv d6£Xy]£Lag TCQOElrjXvd'öxag \ £7t£<3xr]6av xrji Ka-
\KovQyiai Kai xaQa'fßii xoXg\ Ik xSjv vo^icov iitixiiioig^ \ di ö 0vi.iߣßi]K£v
xi]v 7t6\l\L[v dvajfvoijg xvx£iv^^ Kai Eil)rjq)L6av[xo] \ i^ iTttXsKxav dvÖQiov
xijv ßot^Xij[v Kai rö] diKa6xi]\Qiov iXBJ^d'ai^ itp' o[/g|] 7taQoi,vv6^£voi ol
15 vEoneQOi Kai 01 dXloi jr[o/ltr]«t o\l^^ aiQoYvii£voi\ ßiXxiov \'jtoXLx\£vir6d'\ai
Kai TTFqI d)V V7l£XdllßaV0V 6V^(p£Q£LV XTji 7t6X£i 8L0iK)]d'y]VaYi I
()/o?]tx:'j^rr/v.
Die Inschrift gehört ins 3. Jahrhundert, wahrscheinlich in die Regie-
rungszeit des Ptolemäus IL, möglicherweise in die des Ptolemäus III.; wenn
Z. 3 das achte Jahr ein Regierungsjahr des Königs bezeichnet, was doch
wohl anzunehmen, so gehört die Inschrift in das Jahr 278 (bez. 240). Die
Datierung, vom Herausgeber in der Hauptsache schon gegeben, stützt sich
auf ein Ebrcndekret der dionysischen Künstler fStrack, Dynastie Anhang
No. 35), in dem Jiovvßiog Movocdov 7T,()vt(xvig öid ßlov geehi't wird. Freilich
Max L. Strack: Tnsfhriftcn ans ptolemäißcher Zeit 203
ist auch dieser Künstlerbeschlufs nur mit Wahrscheinlichkeitsgränden in die
Zeit des Philadelphos gesetzt, von denen einer wohl mit Recht von Wilhelm
(Gott. gel. Anzeigen 1898 März 211) abgelehnt ist. — Für die veonsQoi-
(Z. 15) verweist Th. Reinach (BCH XXI 331) auf die i^eor«? von Kreta in
den von Halbherr herausgegebenen Inschriften (AJofArch. 1897, S. 192,
No. 19, 20); vgl. Ziebarth, Vereinswesen llOf.
5. Cypern. Tuffbasis in'Ayiog Tvxcov bei Amathus. BCH. 1896 XX 358
Perdrizet.
'j4Qötv6rjg ^tXadiXcpov.
(>. Cypern. Kleine Tuffplatte in Limassol in der Klostermauei-, aus
Amathus. BCH. 1896 XX 358 Perdrizet.
^yiQ6[^bv6y]g\ ^iXadsllcpov.
7. Cypern. Cippus aus hartem Kalkstein in Hyalasa, eingemauert im
Reservoir des Georgis Papajannolychnu. BCH. 1896 XX 359 Perdrizet.
^AQ6iv6\iqg ^ila\dik(pov.
8. Cypern. Tuffbasis aus Larnaka, in der Sammlung Pierides. BCH.
1896 XX 359 Perdrizet.
^AQ6Lv6ri(g\ OiXad\iX\(pov.
Wieso Perdrizet zu der Ansicht kommt, Mahaffy imd ich hielten diese
Inschriften im dedicaces d'objets „voues par Arsinoe", weifs ich nicht.
9. Paros. Stein 0,19 X 0,24 XO,23 in Parikia. BCH. 1897 XXI 17
de Ridder. Erwähnt von Perdrizet BCH. 1896 XXI 360l
'AQ<3iv6Tqig\ ^iXaöil(p6[v.
Ptolemäus III.
10. Bauinschrift, vielleicht aus Memphis, im Jahre 1898 im ägyptischen
Kunsthandel von F. von Bissing gesehen. MA. 1898 XXIII 367 von Prott.
VTt'eQ ßa6ikicöq UtoksfiKiOv xal \ ßaOiXiööTjg BsQSvixrjg Q-eüv \ Evsq-
ysTÖJv xal tav rexvav UciQccTtidi, \ 'löiÖi xov vahv aal rbv TtSQißokov \
'ATtoXXchvLog ^iXCavog 'A^^cjvisvg \ xal rj yvvij avrov zirj^rjtQia.
11. Marmorplatte aus Ptolemais in der Thebais (Menschiye) gekauft
im Winter 1896 in Sohag, jetzt im Hause der mission fran9aise au Caire,
bestimmt füi' die französische Schule in Athen. Hoch 0,39 m, breit 0,55 m,
dick 0,05 m, rechts und links leicht verstümmelt, oben und unten unvoll-
ständig. BCH. XXI (1897) 187 Jouguet mit gutem Begleittext. Vgl. No. 4
und 12.
204 n. Referate und Besprecliungen
. . . jtoXsag' cc7t[o]d8dax[^6]v de 'AvtccpiXog xov äy\&>\vtt ä^iov tov
TS ßuöilicog Kcd rijg n6Xsag\^ [o^ncog cpatvrjrccL {] noXtg (piXoti^cog koX
äi,C\(og v7io8£%oiüvri tovg TtaQcc rot) ßaöiXtcog | [TraQuy^ivoiiavovg^ ösdöx&ai
f) Tcofc dt]^cot 0lr^e\[(pai'^a)6aL ^Avxi(piXov ^Ayad^dvoQog niößov 6Ts\[q)^a:v(0i
naxQicoi ev Tö[i d'ec^tQcoi tfjL utE^Ttrrjt \ xcc] elxadt^ rtjt tov ßcc6\i]Xsc3g
'i]^i£Qai q)LXotL\[^^iag svexa tilg sig xov \^ßa6iXHi\ aal eivai av\[x^fiv no-
10 Xixrjv xfjg nxoX^^aisav TCoXecog' | [d^sdööd'ai d' avxca jcal iyyövotg 6l-
xr]6iv I [f'Jfi TtQvxavsCaii diä ßiov xa[i] TtQoeÖQiav iv xolg \ äyaöiv^ xal
xovg TTQVTccvsig xaxaxcoQiöca | [a]vxbv sig (pvXriv rixoXs[iaiCda xal druiov
15 B\^EQe\\Vi'H.m^ xov d\ yga^^axacc xijg ßovXijg ävay[Qd\^ai xo] iprjcpiö^a
xöds iv 6xy]X7]c kcu [pxiqßai iv xcoi delvcc x6ncoi\.
Die Zeit (245 — 221) ist von Jouguet riclitig bestimmt auf grund der
Z. 7: T^t Tti^itrrjt, xal shäöi, riji. xov ßaöiXscog ij^iSQai. Der 25. Dios ist
der Tag des Regierungsantrittes des Euergetes I. nach der Inschrift von
Kanopus (Strack, Dynastie Anhang 38, Z. 5), und dieser 25. Tag wird
nicht nur jährlich, sondern monatlich festlich begangen (Kanopusinschrift
Z. 34). Der Brauch, den Regierungsantritt monatlich festlich zu begehen,
hielt sich auch in römischer Zeit, vgl. BCH. 1895 XIX 523. Jouguet.
12. Syenitstele mit Giebel aus Ptolemais in der Thebais (Menschiye),
gekauft in Sohag, jetzt im Hause der mission fran^aise au Caire, bestimmt
füi- die französische Schule in Athen. Hoch 0,23 m, breit 0,24 m, dick 0,07 m.
Unten und links gebrochen. BCH. 1897 XXI 188 Jouguet mit gutem Be-
gleittext. Vgl. No. 4 und 11.
ido^Ev x^iji ßovXfJL xal xäi Ötj^col \ TltoXEiiaiixov inl 8vo ixxXrj-
6iag\' [iitELdr] NiJKo^tjdrjg? KxiipixXiovg \ {^Evvovg^ hv diaxEXEi ßa^iXet]
[nxoX£^a]tcoL xal xfii IIxoXEiiaieav \ [TtöXsL xal TtQo^d-v^cav 7tciQEXExai,\ —
Der Schrift wegen von dem Herausgeber in die gleiche Zeit gesetzt
wie No. 11. Zu dem Ausdruck: STtl dvo iKKXi]aiag vgl. roiöös aö6d'r]6av
7tQo£,svlat im filav ixKXijötav (Eudemos' Denkmal; Heberdey-Wilhelm, Reisen
in Kilikien, Denkschriften wien. Akad. 1896, S. 109, Taf. 1, Z. 17).
13. Weifse Marmorstele aus Thera, gefunden im Gymnasium. Hoch
1,00 m, breit 0,43 m, dick 0,30 m; auf drei Seiten beschrieben. MA. XXI
257 teilweise, vollständig CIGrIns. III 327 und add. S. 320.
Vorderseite: ßaeiXs-vg ITxoXEiiatog \ ^A^oXXavCai xklqelv' ixo^iöd-
(lEd^a I xr^v ijiLöxoXijv^ iv y]i xal xov do&dvxog \ vTtouvTJ^axog TtuQä xav
5 iv ©tjQca xa6\6o^EV(ov öxqkxicoxüv xb avxLyQa\q)ov v7tEXExd%Eig\, xal
xaQ'ditEQ i^ltow I TtQoöxExd^a^EV zlioyevsL xat dioiXT^\xr]i dovvai avxoig
10 xä dvEiXrjfifiEva vtco \ xov oixovo^ov sig xb ßaGiXixbv %(OQitt \ xb Tsißa-
yoQEiov xal xb Kuqxlvelov xal \ xä xaXov^Eva KaXXiöxQaxEia xal a
Eixe I Ti^axQixa^ «9?' av xdg TtQoöööovg d7Cs\q)aLVEv yivEöd'ai v-ax iviav-
xbv üxoXE^aixdg Y pta, oTtag i%iyi<5iv sig xe xäg d'v\6Lag xal xb dXEi^i^a
15 Saitavuv \ eqqcoöo' sxovg m] avövaiov le^ inslfpi is.
Es folgen 125 griechische Namen, zum kleineren Teil mit beigeschrie-
benen abgeküi'zten Vatersnamen.
Max L. Strack: Inschriften aus ptolemäischer Zoit 205
Linke Seite: oWs dörivsynav trjv ysvo^ivrjv | dandviqv sig rriv
£7tL6xsvr}v Tov yv^vccöLOV Tf^g Lg' h (dQCix^äg) cItto rov nq L {txovg) \ i'ag
rov aß' L (erovg).
Es folgen auf dieser und auf der rechten Seite 168 griechische Namen,
gleichfalls wie auf der Vorderseite zum teil mit beigeschriebeuen abgekürzten
Vatersnamen. Z. 47 und vielleicht Z. 310 steht D hinter den Namen; eine
Erklärung weifs ich nicht. Z. 14 TtroXsucuKug V qiu = 111 ptolemäische
Drachmen.
Die Zeit, Regierung des Euergetes I. (245 — 221), ist bestimmt auf
grund der Schrift (Hiller im CIGrIns. III 327) und des Doppeldatum (29.
VIII. 229) (Rh. Mus. 1898 LIH 404^ Strack). Mahaffy, history of Egypt
IV 60^ setzt die Inschrift in die Zeit des Ptolemäus I., weil unter den 279
Namen nur ein Ptolemäus; seine Ansicht wird ihm durch eine bis jetzt
nicht veröffentlichte Arbeit Smyly's bestärkt, der das Doppeldatum in die
Zeit des Ptolemäus I. setzt.
14. Inschrift am Isistempel auf Philae über dem Nordthor, entdeckt
von Lyons, mitgeteilt von Mahaffy, history of Egypt IV 119; ei*wähnt Athe-
näum 1896, 1. Jan.
ßaßiXevg IlTols^alog^ ßaöikiag riroXs^cciov xal 'AQ6Lv6ii]g \ Q'süv
'AdeXfp&v^ >iai ßccöihööa BeQsvixt] t/ ßaGikecog \ Uroleiiaiov ädsXcpr] xal
yvvi) aal rä tovrav xtni'a xhv vcchv \ "löst Tccd 'AQno%Qdxy]t.
15. Inschrift aus Philae, gefunden am Aresnefer-Tempel, jetzt in der
Westaufsenmauer der ^Agora'. Abgeschrieben von Lyons; mir geschickt von
F. von Bissing im Januar 1897. Sandstein, hoch 0,91 m, breit 0,93 m.
VTCSQ ßaöiXbcag \ iJroAf^atotJJ, xov Ilxoks^aiov^ \ xal ßaöLXcöönjg Bs-
QSVixrjg Kd£Xg)fjg \ xal yvvaixbg avxov \ 'I^ovxt]g U\. . .HOT.
Der fehlenden Beinamen wegen gehört die Inschrift vielleicht in die
erste Regierungszeit des Euergetes I.
16. Inschrift aus Philae, gefunden im Schutt des Hathortempels. Ab-
geschrieben von Borchardt, mii' geschickt von F. von Bissing im Januar 1897.
Sandstein, Buchstaben rot ausgemalt.
ß^aöiltl HxoXe^aiiOiy ßaßiXitog \ [iTroAjf/iatou xal ^ÄQ^tvörig Q'süv
^AdaX(p&)V I xai] ßaGikCßörii BsQSvCxrjL.
17. Inschrift aus Philae, verbaut in der Westaufsenmauer der ^Agora'.
Hoch 0,97 m, breit 1,05 m. Abgeschrieben von Borchardt, mir geschickt
von F. von Bissing im Januar 1897.
ßadiXet UxokBiLaLcoi | xal ßa6Lki66^]t BEQEvixi]i \ d'solg EvEQyixaig
xal "löidt xal Ua^ccTtidi \ xal 'AQjioxQcixrjL \ TavQivog ^HQaxXeCdov.
Ptolemäus IT.
18. Weifse Marmorplatte. Fundort unbekannt, jetzt im British Mu-
seum, egyptian saloon No. 1207. Hoch 0,50 m, breit 0,38 m. Classical
206 1^1- Referate und Besprechungen
review 1898 S. 274 Hall mit gutem Begleittext; danach Mahaffy, history of
Egypt IV 1899, S. 138.
v7t£Q ßaöLkeag IlxokeiiaCov xccl ßa\6Lli66i]g 'Aqölvöyis aal TItoXe-
^atov I tov viov, d'e&v ^lXotcutoqcov^ rüv \ ix riroXs^uiov aal Beqs-
5 vixi]g d-£\cöv EvEQyExCov, "Aqtii Ni%7](p6Q(Oi EvayQtoi \ 'AXh^avÖQoq 2Jvv-
datov 'ÖQoavvsvg 1 6 GvvaTfoötaXslg dtcidoxog \ XaQL^OQtcot tut ötQcctrjyai
10 STil I T))v ^r'jQUv rüv iXsq^ccvtcov^ xal \ 'A7ioä6ig Mio^ßöXXov 'ExEvvEvg |
7jy£^c3V xal OL vn avrbv t£ta\y^8voi öT^anibrat.
Zeit: 210—205. Wilhelm, class. review 1899 XIII 79 weist auf eine
Grabschrift aus Alexandrien hin: Pcol^ig ''Aitodaiog ^ExEvvevg (Nerutsos, l'an-
cienne Alexandrie 115) und erklärt beide Apoasis mit grofser Wahrschein-
lichkeit für identisch.
Ptolemäus V.
18 a. Weifse Marmorplatte (?), im Winter 1898/9 im Kunsthandel in
Cairo; von Wilcken mir geschickt.
vTiaQ ßaöiXiayg llroXa^aiov xal \ ßaöiXCöörig KlsoTtdtQag 'd'süv \
'EjtLcpccvöJv xal EviaQCötcov d'sov j ^syaXov 2J£fiavov(pLog \ 20e^8vovcpig
<Pavaviog (oder Qavavtog?).
Herkunft unbekannt. Der Name Semenuphis ist Wilcken aus Theben
oder Umgegend bekannt. Vgl. Wilcken, Gr. Ostr. II n. 522 und Ostr. Gizeh
9659 (IL Jahrh. n. Chr.), beide Male in der Form Sa^avov(piq.
Ptolemäus YI.
19. Runder Altar auf Thera in der Nähe der Basilica, geschmückt mit
Kränzen und Bukranien, jetzt in zwei Stücke gespalten. CIGrIns. III 466
Hiller von Gaertringen.
vTiaQ 'AQi6\tC7t7t\ov TOV ®ao\i,ävov ^AXa\i,av\8Qäo3g t&v dt,a\d6x(ov
to[v tar^ay^i'vov anl &t'jQag \ ßaöiXat ntoXa^a[t(ot xa\l rolg aXXoig j
5 Q'aoig xo\y ß(o\[iov avaxav xfig \ ai^av xaXo\xaya\d-iag ai'g xe xovg 6xQa\-
xiäxag xa\l t]i^v jtoXiv xal xä xov | ßaöiXa'cog [TtQJdy^axa xal alg xovg \
10 Q^aovg av[pa^ßaiag EiQTjvaiog \ NixCov ^AXa^i,'\6yavÖQavg \ 6 yQa^^a[xav]g
tß)v xaxä KQyjxrjv | xal @7^'^a[v x]al 'AQöivoTjv | xijv av [^na^XoTiovviqöcoi |
<jXQaxno\x\G}v xal ^axc^cov | xal Oixov[6ii]og xüv avxibv xÖTtav.
Die Inschrift steht auf einer älteren Inschrift, von der einzebie Worte
für- die spätere wieder benutzt sind; die übergebliebenen Worte sind unter-
strichen.
"AqiöXLTtTtoq Qeo'^ivov AXe'^ccvÖQEvg ist noch auf einer zweiten Theräischen
Inschrift genannt (CIGr.Ins. III 467; Strack, Dynastie 60). Beide hat Hiller
von Gärtringen im corpus, mir folgend, in die Regierungszeit des Philopator
(221 — 205) gesetzt. Der Ansatz ist falsch. Mahaify hat zuerst (Rev. Pap.
XL; Petrie Pap. II S. 10 u. anderswo) darauf hingewiesen, dafs die ordens-
gleichen Titel erst im II. Jahrhundert auftreten. Der terminus, post quem,
läfst sich noch genauer bestimmen. Es sind die achtziger Jahre des II. Jahr-
Max L. Strack: Inschriften aus ptolemäischer Zeit 207
hundert«, die Zeit nach der Hochzeit des Epiphanes mit der syrischen Prin-
zessin Kleopatra, als diese ihm schon Kinder geboren hatte. In die spätere
Kegierungszeit also des Epiphanes oder in die seiner Nachfolger gehören
die Inschriften, in denen der Titel rav öuiöoxcov vorkommt. Da nun Epi-
phanes keinerlei Macht im ägäischen Meer gehabt hat, Philometors Macht
aber in Thera wie in Methana im Peloponnes bezeugt ist (Strack, Dynastie
90, 91), so werden die Inschriften in seine ßegierungszeit zu setzen sein.
Da ferner in der obigen Inschrift der König allein genannt ist, so gehört
sie wahrscheinlich in die Zeit vor seiner Hochzeit (181 — 172); CIGr.Ins. 467,
die Frau und Sohn nennt, gehört in die Jahre 162 (spätestens) — 145 und
ist zu ergänzen (nach Strack, Dynastie 59 und 82a) [ßaöiXei: UroXeficcicoi
Kai ßccöiXLöörji \ KXeondxQui &eoig <PiXo(i7iroQ6i nal xGjl vl(öl\ amüv IIxoXz-
fjtalat %al &soig \E[7tiq)ccveai,v ^A^lörcmtog] | @eoE,ivov ^Ale'^avÖQSvg tüv d[ia-
öö^av] I 6 TEtayfievog inl Qriqug.
Gleichzeitig mit mir hat Paul Meyer in seinem schönen Buche über das
Heerwesen der Ptolemäer und der Römer in Ägypten (S. 59 Anm. 197 und
S. 67), von dem mir der Verfasser in liebenswüi-digster Weise die Druck-
bogen vor dem Erscheinen des Buches zm- Einsicht geschickt hat, das
richtige Datum auf grund der Titel gegeben und diese Datierung noch durch
andere Gründe aus dem Heerwesen gestützt.
Ptolemäus X.
20. Weifse Marmorstele in Didyma. Aus ihr führt Haussoullier an
(Rev. de philologie 1899, S. 27, No. 28, le temple d'Apollon Didymeen):
. . akkm xiööaQEq ( Weihgescheuke) ßaöikEcos nroAsficäov xov tcqeö-
ßvtdtov Viov oXaijg AXe^avö^siav TKH
Von Haussoullier wohl mit Recht auf Ptolemäus X. bezogen im An-
schlufs an die Inschrift: . . .vtcbq ßaadioag Tirols ^aiov ücotriQog, xov TtQsa-
ßvxdxov viov ßaadioog JJxoXeiiaiov xov öevxsqov EvEQyexov (Strack, Dynastie
Anhang 134). Warum in beiden Inschriften die Erstgeburt so stark be-
tont wird, entzieht sich noch unserer Kenntnis. Ist es der Protest des
flüchtigen in Cyperu residierenden Königs und seiner Anhänger? In Gegen-
satz zum TtQsößvxaxog viog Soter IL hat man doch wohl Ptolemäus XI.
Alexander und Ptolemäus Apion, die Herren von Ägypten und Kyrene, zu
setzen.
Ptolemäus XIII.
21. Marmorstele mit Giebel, gefunden in Hermopolis magna (Asch-
munein), jetzt im Museum von Alexandrieu. Hoch 2,45 m, breit 0,97 m.
BGH. 1896 XX 267 Jouguet; dazu Verbesserungen vom Herausgeber BGH.
1896 XX 196, zu denen auch Wilhelm beigesteuert hat, und 1897 XXI 166.
Erwähnt REGr. 1897 X 98 Th. Reinach.
VTtsQ ßaßiWüjg UrolE^ULOv xal \^ßa\6ili66Yis [KksoTcdxQccs xfig xal
TQvcpaiVYjg, Q-iüv 0Lko7C<xx6Q\G}v aal 0iladtlq)(x)v o/" 7taQS(plsdQsvovTsg
iv 'EqiiovtcoKel xfjL iieydlrjt xal xoivüg 7tQa'y^ax]tv6[X£voc xtiöxac mv
xä 6v6\^axu vjfoxsixai lÖQvöavxo xül öelva d^süi xov ßa^ibv x\al xov
■jiBQißolov xccl xä 6v[vHVQ0vxcc ndvxa.
208 ^I- Referate und Besprecliungen
Es folgen Soldatennanaen in drei Kolonnen, deutlich geteilt in drei
Gruppen. Der Anfang der ersten Gruppe ist zerstört, der zweiten ist ein
grofses B vorgesetzt, die di-itte trägt die Überschrift: EFAEAÜXIZMENOI
o A
MAXAIPO0 BA. Die letzten Worte löst Jouguet auf: i.LCi2caQO(p6{Qoi-) ß<x-
(^öiXiKOL?)] dabei bleiben die übergeschriebenen Buchstaben unerklärt, einen
befriedigenden Vorschlag weifs ich nicht. — Die zweite Gruppe nennt zu
Anfang die Offiziere und Unteroffiziere: ify = •yjye^cov q avÖQ&v = eKcaov-
raQ'/og, ovQayog , Gi]n = 6i]^£io(p6^og^ drei N = mvx^v.övraQ'/pi^ AF bleibt
unerklärt. — Die Namen der Soldaten sind meist griechisch, gleichwie ihre
Vatersnamen; der SchluTs von Jouguet, dafs damit das Überwiegen der
Griechen in der ptolemäischen Armee bewiesen sei, scheint mir falsch. Leute
wie 'ArcolXofpdvijg "A^aip, S^ciS, Bi&vog^ &Qo:i EQixcdov, rcdiaijg Iiqci%og ver-
raten ihre Heimat noch deutlich trotz des griechischen Bestandteiles in ihrem
Namen; ebenso TIdi.g ^ATtoXXoöorov, ^A&rjvlcov Tdov, Tläiig OeoÖcoqov, JZfre-
6ov'ii(ov(?^ XqvGtmtov^ BijGug Bi]Gäxog u. a. m. Doppelnamen mit 6 xai,
tTtiKCiloviisvog u. s. w. kommen in der Liste gar nicht vor; sollte nicht mancher
der Soldaten ein Fellache sein nnd beim Militär einen für giechische Zungen
aussprechbaren Namen erhalten haben, der hier einzig verzeichnet ist? Im
Pap. Grenf. I 21 tragen die Töchter des Drjton reingriechische Namen.
Durch einen anderen Papyrus aber, den Mahaify (Hermathena IX 1895 No. 21)
veröffentlicht hat, wissen wir, dafs jede von ihnen noch einen reinägyptischen
Namen neben dem reingriechischen führt. Ich meine, dies zufällig erhaltene
Beispiel mufs zur Vorsicht mahnen. ''AnoXlcoviog MeXayKOfxov, MeXai'xofiag
^ATtoXXocpdvov, MiXag 'HXloÖcoqov sind vielleicht so zu ihren Namen ge-
kommen. Die lange Reihe der mit Götternamen zusammenhängenden Namen
ElßiöioQog^ 'löLÖorog^ AitoXXaviog^ AjtoXXcog, SaganCcov, A&rjvoöcoQog, Eg^iaiog,
^loÖtoQog, ^AQrE[iiö(OQog u. s. w. weisen auf Leute hin, die zu Isis und Horos,
Ammon, Sarapis in Beziehung stehen; sollten diese Griechen sein? Die
Schwertträger ^aiaLQOcpöqoi haben auch zum Teil griechische Namen; sollte
man in diese Truppe Griechen eingereiht haben? Gegen die Unterschätzung
des einheimischen Elements in der ptolemäischen Armee siehe Mahaffy, history
of Egypt IV 1889 S. 33, 145, 200. — Ein kolvov xibv %ri6x&v weist Jou-
guet in einer Inschrift aus Memphis nach (Rev. arch. 1870^ 108 Miller),
die etwa aus gleicher Zeit stammt; in ihr sind die arLörai, wie es scheint,
auch Soldaten. Die Zweifel Lumbroso's (Recherches 372) an der Existenz
eines noivbv r&v Kxtat&v, das ja allerdings höchst wunderlich, werden durch
diese neue Inschrift abgeschwächt, wenn auch nicht ganz gehoben.
Die Zeit ist von Jouguet BGH. XXI richtig bestimmt (80 — 69), der
Name der Frau des Neos Dionysos mit Recht eingesetzt wegen des erhaltenen
Beinamen QiXuöeXcpoi.
Ptolemäus XIV oder XY.
22. Ancient greek insc. IV 1 No. 921 Z. 7 Hirschfeld, angefühi-t Rev.
de Philologie 1899, S. 12 Haussoullier. In der Liste der Propheten des
Apollo von Didyma findet sich die Notiz:
7tQ£6ßEv6ug\ dl xal sts 'A^£i,avdQ)]av rriv TtQog \ {^Aiyvntai 7Cq\os
ßaailiti IlroKe^idov ßaOLlicog \ \ Uroks^uiov] d^eov vtov Aiovvaov nal
Max L. Strack: Inschriften aus ptolemäischer Zeit 209
xcctayayav | [stg ro] fiaya d'vQco^cc iXs(pavTog tdXccv\[ta d£xat86]6€Qtt
livag et%o6i.
Es bleibt fraglich, ob man aus der Erwähnung des Königs Ptolemäus
allein auf die Zeit einer Alleinherrschaft schliefsen darf und so die Reise in
die Monate Juli-August 48 datieren kann, in denen Kleopatra VII flüchtig war.
Unbestimmt.
23. Marmorfragment aus Alexandrien, gefunden bei der sogenannten
Pompeiussäule. Botti, l'acropole d'Alexandrie et le Serapeum 1895 S. 19.
. . . ßaöihö^öa BeQsvLKT] ....{.... [ßa6i]XiG)g ... | ... g avtfig . . . | . . .
ÖQog. . .
24. Koptos. Inschriftenfragment aus den Tempeltrümmern. Petrie, Koptos
pl. 22; vgl. S. 18:
. .v:i]€Q ßadi^l^Bcig nroXe^aCov . . •] | 7CQ6nvk6[y . . .
25. Kreta, Eleutherna im Hause des Constantinos Zachariadakis. Hoch
0,17 m, breit 0,84 m, dick 0,20 m. AJofArch. 1896 XI 581 Halbherr.
ßccöiXia IIrokE^al\ov . . . | evegye. . . .
Halbherr ergänzt ßaGiXia nroXE^aio[i> rbv rag TtdAfcog] £VSQye\T(xv.
26. Graffitto am Gebel-Tukh, dem Steinbruch von Ptolemais (Menschiye).
Nach Sayce und Bouriant abschliefsend veröffentlicht von Jouguet BGH.
1896 XX 248 No. 11 nxoU^aiov \ zal rrTOAA|.GüNI(?) | rov Hzoh-
fiaiov I rov NmdvoQog | Gvvyevovg Kai orQati]yov.
Ich verstehe die Inschrift nicht. — Von den übrigen Graffitti schreibe
ich noch aus:
26a. d'sotg UarffJQöt \ 'HgaxXrjg AvötÖog \ LSQOTtOibg aal aQ\xL7iQv-
Tuvig diä ßiov \ . tÖTiog Aa^ot" IltoXs^alog \ UarrjQ "AQiqg ZJagaTiicav.
Jouguet (BGH. XXI 202^) hält die Inschrift für römisch. Er merkt
mit Recht an, dafs die &sol JSarTjQsg in der Nähe von Ptolemais keine Zeit-
bestimmung ermöglichen; ob man die Ptolemäer in römischer Zeit noch ver-
ehrt hat, ist mii- doch fraglich, ebenso ob es noch einen aQxntQvravig gab.
27. Marmorblock im Museum von Alexandrien, abgeschrieben von
Schmidt, herausgegeben Ziebarth, Vereinswesen 213. Fundort imbekannt.
tfj^t) övvödcoi TG)v 6vvyB0v%&v nroXe^atog 'AXs^dvÖQOv Alaxt-
ds'vg, LK.
Aiakideus ist ein Demenname, der nach Wilckens Mitteilung auch im
P. Petr. I 21, 14 herzustellen ist (^laxidf [«?]).
Mit den Beziehungen der Ptolemäer zum Auslande haben sich aufser-
dem in dankenswerter Weise und mit schönen Resultaten befafst im An-
schluTs an solche Inschriften, die die Ptolemäer als Stifter von Geschenken
Archiv f. Papyrusforschung I. 1. 14
210 11- Referate und Besprechungen
oder sonst nennen: Holleaux KEGr. 1897 S. 26 (Tliespiae), S. 24 (Samos),
1898 S. 250 (zu Strack, Dynastie Anhang No. 78: der Gouverneur von
Cypern heifst IIoXvKQdrijg MvaGtdöov)-^ Haussoullier, revue de philologie
1890 (Didyma); Wilhelm, Gott, gelehrt. Anz. 1898, S.211, vgl. vonWilamo-
witz, Hermes 33, S. 533.
Aus „Botti, plan de la ville d'Alexandrie 1898 p. 98 No. LXIV" habe
ich notiert: decret biliugue — 5447 — calcaire compact — hoch 1,20 m,
breit 0,50 m; decret bilingue en hieroglyphes et en grec, malheureusement
illisible; epoque ptolemaique, Alexandi-ie". Vielleicht versucht ein Besucher
Alexandrieus einmal sein Glück.
Bonn, 1. April 1899. Max L. Strack.
Grammatik der GriecMscken Papyri aus der Ptolemäerzeit. I. Teil. Von
Prof. Edwin Mayser. Programm des Heilbronner Gymnasiums. 1898.
Der erste Versuch, die Sprache der Papyi-i darzustellen, muTs notwendig
dazu auffordern, ihn von allen Seiten zu prüfen, einmal um der Frage
willen, ob er unter die anerkannten grammatischen Arbeiten aufzunehmen
sei, dann aber auch, damit über die einzelnen bei der Ausfühi-ung zu be-
obachtenden Gesichtspunkte eine Einigung erzielt werde. Denn es mufs
doch den vornehmsten Zweck solcher Einzelschriften bilden, für den Aufbau
einer geschichtlichen Grammatik brauchbare Bausteine zusammenzutragen.
Und wie der Werkmeister mit verschieden behauenen Steinen schwer zm-echt
kommt, so wird der Bearbeiter einer allgemeinen Grammatik die einheitliche
Behandlung in seinen Hilfsmitteln sehr ungern vermissen.
Maysers Gebiet sind die hellenistischen Papyri. Sie vollständig heran-
zuziehen, ist ihm nicht gelungen, wie ihn ein Blick in Paul Vierecks kürz-
lich erschienene Übersicht über die ältere Papyruslitteratur belehren wird.
AuTser dem dort Angegebenen kenne ich noch ein von Mahaify im Bulletin
de Corr. Hell. XVHI 145 herausgegebenes Stück aus dem Jahre 240 v. Chr.
und einen zweifellos ptolemäischen Papyrus Eendiconti della Reale Academia
dei Lincei 1897, 97; während oder nach dem Erscheinen von Maysers
Schrift wurde noch veröffentlicht: der zweite, wiederum von Kenyon besorgte.
Band der Papyri des Britischen Museums mit zumeist jüngeren Stücken,
sodann die wichtigen Fragmente, die MahafFy in den Transactious of the
Royal Irish Academy XXXI (1898) part. VI (III. Jahrh. v. Chr.) heraus-
gegeben hat.
Ich bemerke noch, dafs der Herausgeber dieser Zeitschrift die grofse
Güte hatte, aus seinen umfassenden Sammlungen neue, auf eigener An-
schauung beruhende Lesarten zui' Verfügung zu stellen, welche in der Folge
mit W. bezeichnet sind.^)
1) Was davon auf meine Bemerkungen keinen Bezug hat, möge hier folgen.
S. X, Anm. 8 statt rcc [ßJ^Xrara 1. to; xatu rä; ebenda veiTQutet Mayser richtig
rovTcov f. ßovTwv, doch ist das erste r verb.; S. 9, Anm. !^7 ^sä statt i;&i]; S. 12,
Anm. 7H ^t()tov zu tilgen, da der Pap. x^Q'^ov hat; S. 23, Anm. 169 statt Z\o]X£l(ov
1. Zti.<^£viiy£ia}v , wie schon Wilhelm vermutet hatte; S. 26, Anm. 181 ist richtig
Wilhelm Crönert: Urammatik der Griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit 211
In dem vorliegenden ersten Teile behandelt Mayser die Vokallehre. Auf die
Diu'chtbrschung des von ihm gewühlten Gebietes hat er grofsen Fleifs verwendet,
und man muTs es anerkennen, dafs er im Ausschreiben der Stellen sorgfältig ver-
fahren ist. Er schliefst sich ganz an die von Meisterhans gegebene Anordnung
an und giebt dadurch zu verstehen, dafs es ihm weniger auf grammatische
Scheidung denn auf Übersichtlichkeit ankomme. So wird S. 8 in einem Atemzuge
rj^yoXeßi^xloreg ^ öfico^oKef-iev und iöTQe^^iva^ evr^STcevrog erwähnt, wo doch
eigentlicher Wandel von a zu e nur- in dem ersten Beispiele vorliegt; das
zweite ist nach sTtoirjaeg und si'QTjKsg zu beurteilen, die andern Wörter aber
zeigen die Beibehaltung des Präsensstammes, wie Ahnliches selu' zahlreich
in Hss. sich findet. Diese beiden Fälle waren aus der Lautlehre zu ent-
fernen, und es ist überhaupt ein Fehler der Arbeit, dafs sie zuviel Fremd-
artiges vorwegnimmt. S. 10 war in einer Reihe zu vermerken ag)svQefia,
SK&ejxa^ Tr^dff^EjLia', vnofjLvsfia (aber ÖKXöTiqfKxri Eud. 17, 6 etc., V7toöri(ß)ar[a
Petr. 37, 32), öTS^eßig olniöerog, TtenovEKEvai TtaQEßre'KorEg iEieils(p6ti. Auf der
nämlichen Seite erscheinen unter haß folgende Wörter: 6rj (== ds) öi^ovrcc
ivviqcc aQiLEQfjd 'Epy^o? fxetriX&cct. rjAtjc« ijX&rj rE&i'ja^ca i]vey,ev sv6'^ßeiav 7Jcog,
^A^xti^iGit] ivEGx'i]v,6xci fi,i) (=^|U£) ev6i]'rig ijrsQac i]üv nXrjOveEiLag rj^r^^iorai, 6v(i-
TCEQtEvevrjyfiivrjg ^VVV^ {irjtrjveKCi 6(pXavyvi6rjg ^) YoyyvXtö'rjg (plur.) nXfiQrjg
(neutr.). Ein buntscheckiges WiiTwar! Alle Fälle, in denen dem r) ein
Vokal folgt, waren zu entfernen^); t/vskev war mit stvensv, dessen Fehlen
S. 23 ausdrücklich angemerkt werden mufste, zu verbinden; Umstellung
der Vokale^) könnte man in TtQOßEvrjiie S. 10 Haß und 6v(i7teQievevr]y^£vrjg
annehmen; in 7tXi^Qi]g haben wir den ältesten Fall der indeklinablen Adjektiv-
form, von der sich eine Menge Beispiele in den Papyri der Kaiserzeit (bes.
sig nXriQrig) und in den biblischen Schriften findet; riX^i] ^zxfiXd'ai gehört
unter die Verbalformen, da hier das Augment beibehalten ist; die Ver-
6vviyLEii,cic hergestellt, so hat es der Pap.; S. 30, Anm. 222: \ialonaQovav findet
sich Petr. 11 3.5 nur einmal, nämlich col. 1, 11, aber 3,9 ist toffavjTO)? TtaQavciv
(liaXoTtaQcevav Mah.) überl. und ebenso maavTcog TtaQccvccv 1, 5 und aaccizas itKQÖuv
(so, nvQQ&v Mah.) 1, 3 (an diesen beiden Stellen ist cböccvrcos vom Sckreiber aus-
gestrichen), endlich naQovav (nicht — aji) d 7; S. 33, Anm. 243 ist i]t^is&(x zu be-
seitigen, da zu lesen ist awEav^aaiisv 8h Kai Iloy.ia avx&i i'va i]L ftfr' a\^vTov
(t in ju.£t' ist verb.); Anm. 245 1. xQrmcctia&f]; S. 34, Anm. 263 1. -umidLa f. }iaii8[ccQ]ia
(nach 8 ist ein Buchstabe getilgt); Anm. 269 1. üvQQiai f. 'PmiQQcoi,; Anm. 270 1.
7]v[mL]^aiisv f. av[ai.]^a tr'jv; S. 37, Anm. 283 1. svolk {= ivoUo{ig)) f. iv otKO, vgl.
GGA 1894, 722; S. 41, Anm. 322 1. Ha/rt Tswrog f. navncoXsärrig, vgl. GGA 1895, 137.
1) Die zweimal vorkommende Form aq^lavyviSsg (Leid. C4, 3 13) erklärt Lee-
mans durch anXayxviSsg 'et intelligendum de visceribus'. An der ersten Stelle
steht das Wort mitten unter Früchten , und es kann wohl kein Zweifel darüber
sein, dafs hier Spargel gemeint sind: aaqxxQayog aacpaQayyog (vgl. aacpaQayyov Plut.
Thes. 8 die Aid. und Juntina, aaTtUQÜyycav Lucian. v. bist. I 16 Gorlic, aanaQccy-
yiov in einem mittelgriechischen Jatrosophion cod. Monac. 288 s. XIV Blatt 87^)
Gcpäqayyog (vgl. aCipälai, Gcpälai, u. s. w., heute Gnaqäyyi) ßcpQayyog aqjXäyyog erklärt
sich ohne Schwierigkeit.
2) Es mufste zusammenstehen cdriOsccv Mi^rovsa u. s. w. S. 21 , ßaadsicog
sldv u. s. w. 23, 'AXs^av8Q-^a. nXT]ä8a u. s. w. S. 19, ivv^a Tsd-t]a^ai. u. s. w. S. 10.
3) Ein solches Kapitel, wohin auch MirvXrji'laLw und zweimaliges 8v8iiiri
S. 15 gehörte, fehlt bei Maj^ser. Freilich möchte ich nicht verschweigen, dass eine
Anzahl von Zeugnissen, die in den Quaestiones Herculanenses vorgelegt werden
sollen, es wahrscheinlich machen, dafs der kolvt] die jonischen Bildungen ijvsitia
Tjvai^&ri nicht fremd waren.
14 H:
212 II- Referate und Besprechungen
tauschung von de und öt] beweist nichts. Von dem Reste aber ist vielleicht
noch GcpXavyviSriq yoyyvXi8i]g abzusondern, da man hier eine Einwii'kung der
Substantivformen -evg -elg finden kann-^): was übrig bleibt, zeigt das irrige ?j
nur vor folgendem I- Laute: fjAixa svörjßeiav AQTrj^LöLi] iv7]6rri'/,6r<x i]^imLoxai
^rjrrivsaa. Man würde indessen solche gezwungene Zusammenstellungen gerne
hinnehmen, wenn man im Übrigen ein sicheres grammatisches Urteil fände.
Das ist aber keineswegs überall der Fall. Man erstaunt, wenn S. 24 und 25 in
OiKsiag aQeid'iiovöa iTteiöTQeipai, IvaiKSiGtai VTtoXoyeiö&rjOercci die Dehnung eines
langen i angenoiumen wird, aTtoKXiqGavTEg fehlt bei r}i<^£L S. 18 und steht
S. 20 an falschem Orte unter cf-^ij, ^HQccxXeicorrig S. 23 ist doch, da es
von 'HqkkXeicc abgeleitet ist, mit ßccödeiwg nicht gleichzusetzen^), ovxlvovv
S. 42 ist imter Hyphairesis statt unter Elision gestellt, d'QOionwXiov wird
S. 26 als rechtmäfsige Form angesehen^) u. a. Man wird ferner in Gvvoi-
neaia S. 74 nicht den Wandel von f^t, sondern von rj^^e anzvmehmen
haben, vgl. auch rcccvotKrjöia Lond. 11255,4 (111^); E^eAijqpora iXricpotcav S. 21
mufs man doch wohl mit iayr]%u si'öyrjKcc in eine Reihe stellen. Bei Qscpa-
vivov Ss S'*) sollte der Verfasser wissen, dafs dies die jonische, von der
Koine übernommene und noch bis heute fortgepflanzte Form ist, und ypij-
Gvavxat, S. 9 aufzuführen, war nutzlos, da nie ixQCiödfirjv gesagt wurde.
Neben ^&i,ov 'HQ(X)i,öi]g ßioi^co^) S. 34 bemerkt man mit Befremden Zw/Aog,
sonderbar ist auch, dafs Mayser in einer Sprache, die den Dualis schon
lange nicht mehr kennt, eine Fonn wie v&tv (ebenda) unbeanstandet ge-
lassen hat.^)
Dazu hat Mayser noch eine Menge von Bausteinen unbenutzt liegen
gelassen. Ich will zunächst bemerken^), worin er in den einzelnen von
ihm berührten Fragen unvollständig geblieben ist. S. 8 s <^ a: andvuyKov
A
Leid. C 10^), S. 9 a ~ o: ayy£iäv xl Eud. (Blass) 14, 14 axav 18, 16 OIOAAOl
Petr. II 147 20, a '^ r]: eiöavaXtöKovxsg Petr. II 6,5, S. 10 £ ^^-^ 1]: jiiejitij^tG-
1) €^AAMHC Zeile 15 dieser Rechnung ist nicht i^ f^AfiTjs, sondern ö^äl^irig.
Dasselbe Blatt enthält noch andere Merkwürdigkeiten: ylta 74 17 vermag ich nicht
zu deuten, aber gkoUicc ist mit dem von Pollux 10, 179 aufbewahrten Antiphanes-
bruchstück: ayystov äl(pitriQiov xd/.| zu vergleichen, in cicQßia 17 steckt wohl
agÜHicc (agänov Par. 9, 28).
2) Die Form ist zu streichen, da nach W. an der einen Stelle (Petr. II 35, 2, 1)
'HgccKlsrntrig steht, an der andern (I 19, 21) 'Hqu^IsiSIov zu lesen sein wird.
3) Daher erklärt sich, dafs sich S. 29 unter of^v &Qoioit6liov Par. 40, 13
9Qoicc 16 d'QoiaS^auovg Leid. S 2,18, 19, 20, 21, 22, 23; 6,38 T 1,4 nicht finden
(die richtige Fonn Q-qvov d'QvoHOTtsiv erscheint erst in der Kaiserzeit). An der-
selben Stelle sollte noch erwähnt werden ijvov (= oi'vov wie es scheint) Par. 55,
11, 12, 14.
4) Es fehlt paqpavta Leid. C 4, 4 ganccvta 15.
5) Mit alv^ißoXa eNXPHMAlZCIN Petr. II 43, 16 weifs ich nichts anzufangen;
ein Wort iyji^Qri^ditca ist eine zu absonderliche Bildung. Vielleicht ist die Fonn
aus iyxQTiii'CXTi^iiv (wie W. vorschlägt) verderbt.
6) dns vmv Petr. 11 15, 5; die Buchstaben €ITTeN.YN scheinen sicher, und
dafs ilitsv ovv zu schreiben sei, ist die gröfste Wahrscheinlichkeit (NCOIN steht
nicht da, W.). nXarsi[&6i S. 17 ist zu streichen; das A nach T ist deutlich
sichtbar.
7) Im Folgenden lasse ich solche Dinge fort, die in meinen Quaestiones Her-
culanenses Platz finden sollen.
8) €N€AEK€TOi)l Lond. I 11, 44 steht nicht für ivösKccrcoi, sondern für ivs-
dixSTO (W.).
Wilhelm Crönert: Grammatik der griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit. 213
liivov Rev. L. 45,9, KeQKsoatQrjcog (so W. f. -ueööt-) Petr. II 93, 22, S. 11
Y
T^r^v: HriHreN Petr. II 145, 22 1), S. 14 coC\)ov: ovöetvovöa Leid. C 2,
27 ^), S. 16 a<^ca: ad Par. 63, 11, 65, yiyQanxa noieiv Lond. I 39, 37 40, 83
KeXQtjtiKTtßxa (so W. f. -laöra) totg Leid. E 15 ncc xexQäymva Eud. 15, 18,
hingegen alöiKOvvxai Lond. 126,9, wenn dies nicht vielmehr zu a^^e ge-
hört^), S. 17 atf^Et: iyyai\([ov Grenf. I 30,18*), S. 18 ijt'^ft: tyuBKlEi-
fiivov Par. 37, 48 u. a., S. 20 •jj'^ft: slßovlofirjv Leid. Cl,8, S. 21 ei^^^e:
I
emCTeAAC Petr. II 145,22, S. 23 er^er. uqbIcov (= iwv) Petr. II
146, 23, ft«' (= jLis) Par. 63, 12, 93, S. 25 i'^er. el'va Petr. II 8,11
(W. hält £ als Zahlzeichen für möglich, also £ tVa), S. 26 ei f^ i: yQafifiaxsi-
8iov Petr. 1122,6^), üovxismi Petr. II 2,18 'Hg)Ciiöxiaia Leid. K 13 u. a.,
o
xvQiSiccg Tor. I 34, 37 40, 31, S. 31 ov^v: öevxigv Eud. 13,17 YCHAN
(== ovGciv^ Petr. II 48,23, S. 32 ai-^a: iyTiXiqixatßiv Petr. 119,3 wofern dies
nicht besser zu dem eben erwähnten aLÖi-KOvvxai gestellt wii'd, S. 33 rj^^rj:
'))x'i^6cixo Petr. II 31,4, S. 40 Krasis: TtQoiyov6i Petr. 1132,4. Aphairesis:
A e
TOYPCINOITOY Petr. I 76,2 KAinGAAYXNIOY Eev. L. 40, 12,
S. 42 Hyphairesis: xriv vsKQ<^iyav Par. 23, 14, Epenthesis: GexsQead-coöav
Rev. L. 50,11 (l. Hand) nQ06sxccyfia6i.v Leid. U 3,5.
Es wüi'de keine Mühe machen, diese Reihe noch weiterzuführen, doch ist
es wichtiger, zu Dingen überzugehen, die Mayser garuicht berührt hat.
S. 8 xsaöaQccTiovxci Petr. II 143,9 xe6aciQ(xy.aid[s^yi[^ccx^i]g Eud. 3,32 u. a., es
fehlt — und das kann nur Zufall sein — das in den Papyri der
Kaiserzeit und späterhin so verbreitete xiöösQa u. ä.
Kvcc&ov Petr. II 108, 23 (vgl. Kve&ovg LXX Num. 4, 7 im Vaticanus).
ipcMaÖLöxioig Fetr. II 115,5 ipaKciÖLaßcci 7 17. Das sind Bezeichnungen für
gesprenkelte (getröpfelte) Pferde, ebenso merkwürdig, wie das von
Mayser richtig verstandene iiaXoTTCiQavav.
S. 9 'EQ(iaq)iXog und 'EQ{ia(ptXo)t, aber auf der Rückseite 'E^ixöcpikog Petr. II 24,
^AöLodcoQov Petr. I 75, 29, ■d'QOtaöeafiag neben &Qoi07t6hov (s. oben) und
anderes derart; in diesen Kreis gehört «auch em,GxoXoyQdg)og Leid.
G 16 u. ö.
1) In ePYMWNTOTTCiON Petr. II 7, 5 iqri^av xönav anzunehmen, kann ich
mich nur schwer entschliel'sen. W. las Träjf [i'\Qvuoyv xÖTtcav, und damit ward
meine Vermutung 'EQvyiav x07toyQ(a(iu,ccxfcoe) xal tlixi60v%ov v.a^oiyQcciLuarta}?) hin-
fällig. Ein Adjektiv '^gv^og für BQVfivog ist nur sehr ungewii's belegt (Thes. m
2067^), und SQv^og scheint ausgeschlossen. So lange die Sache nicht endgültig
entschieden ist, mag Maysers Lesung Geltung haben. — 'Eqv^kov ist ein seltener
und nm- aus Papyri (Petr. II 88, 18; 93, 24; 96, 6) bekannter Eigenname, aus '^qv^k
gebildet wie Ai'iiwv aus alpicc, Ei'^cov aus elfia, Kxr^^cov aus v.xrjiKx.
2) Die von v. Wilamowitz vorgeschlagene Bessei-ung ovqovok statt OPOYCA
hat Mayser zu Unrecht verschmäht, ein Beweis, dafs er die anschauliche Schilderung
des Traumes nicht verstanden hat.
3) Man bemerke, dafs bei diesen Fehlem der Ton nie auf der veränderten
Silbe ruht.
4) aslrivtnqoLg und 6xc<X7]Qii'i]ag gehört wohl nicht zu aL^^^JT]^ sondera zu 8t r^ r].
Nicht zu vergessen war die richtigere Form Gslrivalcc Eud. 3, 20.
5) Vielleicht ist doch yQCi^^o:xbi[ov zu schreiben (yp«uftKT£io[T' las W.), vgl.
yQociniaxHOv (Brief) 53, 3.
214 II- Referate und Besprechungen
'AöKXancovog Petr. II 125,13.
Tlccvri^iog Grenf. I 20, 4 9 (vgl. Schweizer, Gr. der pergam. Inschr. 50).
ZriQcc^ßog Petr II 59,10 11 13 und Vorr. 31,4 6 7.
Das ägyptische Brot erscheint in unattischer Form: rcöv kvItjötlüv Par.
27,20, KvXi]azrjL(ov Lond. 126,13, KvlXiiöri (dies scheint keine Ab-
küi-zung zu sein) Par. 55^\ 10 12 14 u. a.
övrjyoi {o[[ K]vvi]yot las W.) Petr. II 135, 16, (va-ßg) iXscpai'xr^yog 26,
Xi&rjy^g 43,7 11, 47,3 8.
S. 10 TeiQLÖan^g (so W. f. TsQQtd.) ein fremdländischer Name Petr. II, 103, 19.
Die armenischen Fürsten des Namens 'Dertrad' heifsen in den griechi-
schen Hss. TrjQiÖKtrjg oder TiQiSdxi]g.
S. 12 svoa^hiov füi' £v(ovvi.iov Leid. U 2,12.
('AneX&g Par. 5 10,11, ist falsch gelesen, 'AnoXX&g W.).
iTtiroöoKa Lond. I 38, 2 ccTtetadconu 41, 100 (Einwirkung des nachfolgenden
Vokals).
vÖQOxoog Eud. col. 24. Die später hin und wieder auftauchende Foi-m
vÖQT^xöog (so z. B. Lond. I 94, 293 aus dem IV. Jahrh.) geht wohl auf
den Einflufs der astrologischen Dichtung zm-ück.^)
S. 14 oöTtQiov Tor. 1145,24 ( — sov Spätere).
ccXuvg Par. 5, 13,6 19,2 41, 10, Leid. P 16 (ccXssvg im neuen Testament,
Schmiedel § 5, 20).
S. 15 (loXvßötva Par. 35,28 37,39 45 }ioXv[ßd . . Rev. L. 75,8.
ccXiKÖg Petr. II 14 131 und Vorr. 36 37, im Ganzen fünfzehnmal; vgl.
Moiris: ccXvkov ^Atxin&g, uXtKov noiviög.
S. 16 Es war wohl nicht überflüssig, unter ai^a das häufig vorkommende
iXcüKov zu erwähnen (für TIXaxaMOV Petr. II 118, 26 ist mit W. JZa-
xaUov zu lesen).
S. 28 Qom Leid. C 4, 12 Qoiug 4,4.
S. 42? £XaioovQy\ol Rev. L. 49, 1 von erster Hand. q
Endlich giebt es noch folgende Vokalverschiebungen: xoig 06IC
(= d-Eoig) Petr. I 78, 2, tcccq ^lovöaiov . . ov x6 ovo^a A<xvoovXo[g Grenf. I
75,6 (das ist doch wohl Daniel), Tta^' 'AnoXXcovcog (!) Tifiöd-ev Par. 60^
28, tö oidTjv (= cod/v?) Leid. C 2, 30. Mit dem letzten Beispiel ist aber
^o^ovovvxsg Petr. II 66, 7 nicht zu verbinden, da gewifs k'yveafiev 6(ioy[v]co-
fiovovvxsg mit Wyse zu lesen sein wird. ^)
In vielem von dem hier Gegebenen soll für Mayser kein Vorwurf
liegen, da auch Dinge vermerkt sind, die erst für- die spätere Zeit wichtiger
werden und dem aufs Allgemeine gerichteten Blicke sich entziehen.
1) Sie erscheint dann auch in den Hss. späterer Prosaschriftsteller, und da
hierüber die Wörterbücher keine Auskunft geben, so mögen gleich einige Belege
folgen: vÖQrixoa Bardesanes bei Euseb. pr. ev. 276*, v8qi%6(o (so) Schol. in Dionys.
Perieg. ed. Wescher (Dionys. Bosp. nav.) 107, v8Qr\%6o? aquarius Corp. Gloss. Lat.
n 20, 2.5 m 30, 12 ; vÖQrixöo? ist die übliche Form der besten Hs. der Geoponica,
F, vgl. 5, 3; IG, 20; 22, 3 u. s. w. ed. Beckh, Es findet sich sogar vöqtixosIov:
Clem. Roman, homil. XI 1 im Ottobonianus.
2) In &foasßovag Lond. I 38, 30, das für -siag gelesen wird, ist das k nach
W. ausgelöscht (zu lesen: &£06sßovg Kvrdiliiipewg), und statt öiaasiv Leid. G. 19
hat der Pap. diaaisiv (W.).
Wilhelm Crönert: Grammatik der Griechischen Papyri ans der Ptolemäerzeit 215
Nun ist es aber nicht unbekannt, dafs Stanislaus Witkowski in Leni-
berg eine Gramtnatik der Ptolemäerpapjri in Bearbeitunff genommen hat:
in dem schon erschienenen Prodromus liat er eine Grundlage dazu gelegt.
Es liegt nun nahe, in Anbetracht der zahlreichen Mängel von Maysers
Schrift, eine bessere Lösung der Aufgabe von Witkowski zu wünschen und
damit jene Arbeit für abgethan zu erachten. Wenngleich es nicht an-
genehm ist, die Grammatik der älteren ägyptischen Schriftdenkmäler in zwei
Büchern suchen zu müssen, so glaube ich doch die besprochene Leistung
um der vielen an sie verwendeten Sorgfalt^) und um ihrer prunklosen
Kürze willen halten zu müssen. Da sie als Programm erschienen ist, so
macht es keine Schwierigkeit, sie abzuändern. Und für diese Änderungen
darf ich vielleicht noch einige Vorschläge machen. In der Grammatik der
ägyptischen Papyri suchen wir nur die Behandlung der von Agyptei'n ge-
schi-i ebenen Dinge; alles litterarische kann foi-tfallen, ausgenommen natüi-lich
den Eudoxospapyi'us. Dafür aber verlangt man eine sorgfältige Berück-
sichtigung der ägyptischen Inschriften aus der Ptolemäerzeit. In der Ein-
leitung soll nur kurz ein Verzeichnis der Quellen und der herangezogenen
Werke stehen; allgemeine Erörterungen möge man zurückhalten. Für die
Übersicht aber über Laut- und Formenlehre müssen vor allem folgende
Grundsätze mafsgebend sein: l) Es ist in wichtigen Dingen ein äufserlicher
Unterschied zwischen sorgfältiger und nachlässiger Schrift zu machen^),
2) bei allen selteneren Erscheinungen mufs die Frage der Analogie die
nächste sein, 3) neben dem Ungewöhnlichen darf das Gewöhnliche nicht
unbeachtet bleiben, 4) bei Anführung einzelner Stellen ist genau die Üljer-
lieferung wiederzugeben, endlich, und das ist der wichtigste, man soll nicht
einer bequemen äufseren Einteilung zu Liebe den grammatischen Zusammen-
hang zerreifsen. Wird dann diese Arbeit, in der aufser den Verweisen auf
andere Darstellungen nichts zu stehen braucht, was nicht aus den Ptole-
mäerpapyri geschöpft ist, mit klarem Inhaltsverzeichnisse ausgestattet, so
werden alle Wünsche befriedigt sein. Dann bleibt noch immer für Wit-
kowski ein weites Gebiet übrig: die Syntax und, was noch weit wichtiger
ist, die Wortwahl. Es wird ein jeglicher gestehen, der viele der Papyri
gelesen hat, dafs die Sprache der Urkunden stellenweise von hohem Reize
ist. Diese Feinheiten und Eigentümlichkeiten wiederzugeben, und daneben
die Zwischenstufe zwischen der attischen Sprache und dem Neuen Testa^
ment aufzubauen, ist eine zwar schwierige, aber sehr dankbare Aufgabe.
Und wenn es gelänge, die beiden Gelehrten in dieser Weise zu gemeinsamer
Arbeit zu bestimmen, so wäre der Zweck dieser Anzeige in erfreulicher
Weise erreicht.
Halle a. d. S. Wilhelm Crönert.
1) AuTser dafs bei Iloasdcovicoi S. 22 die Stelle ausgefallen ist, sind dem Nach-
prüfenden keine Flüchtigkeiten aufgefallen. Dafs übrigens Mayser bisweilen tref-
fende grammatische Entdeckungen macht , dafiü- mag die hübsche Erklärung von
iYXoti&evtcc S. X zum Beweise dienen.
2) In meinen Quaestiones habe ich mit f die guten, mit * die schlechten
Schreiber bezeichnet.
III. Mitteilungen.
Preisaufgabe der Charlotten-Stiftung 1899.
Nach dem Statut der von Frau Charlotte Stiepel geb. Freiin von
Ho pff garten errichteten Charlotten - Stiftung für Philologie wird am
heutigen Tage (6. Juli 1899) eine neue Aufgabe von der ständigen Kom-
mission der Akademie gestellt:
„Die griechischen Doppelnamen in Ägypten, mit AusschluTs der
römischen Vor- und Geschlechtsnamen, sollen aus der Litteratur, den
Inschiiften und der Papyrus- imd Ostraka- Überlieferung, soweit sie
veröffentlicht ist, zusammengestellt und Umfang und Entwickelung
dieser Sitte in den Grundzügen dargelegt werden. Man wünscht
durch diese Aufgabe die Anregung zu geben zu einer späteren zu-
sammenfassenden Untersuchung über die Nomenclatur der griechisch-
römischen Epoche, namentlich mit Rücksicht auf die Cognomina
(Signa).
Die Stiftung ist zm- Förderung junger, dem Deutschen Reiche an-
gehöriger Philologen bestimmt, welche die üniversitätsstudien vollendet und
den philosophischen Doktorgrad erlangt oder die Prüfung für das höhere
Schulamt bestanden haben, aber zur Zeit ihrer Bewerbung noch ohne feste
Anstellung sind. Privatdocenten an Universitäten sind von der Bewerbung
nicht ausgeschlossen. Die Arbeiten der Bewerber sind bis zum 1. März 1900
an die Akademie einzusenden. Sie sind mit einem Denkspruch zu versehen;
in einem versiegelten, mit demselben Spruche bezeichneten Umschlage ist der
Name des Verfassers anzugeben vmd der Nachweis zu liefern, dafs die
statutenmäfsigen Voraussetzungen bei dem Bewerber zutreffen. In der öffent-
lichen Sitzung am Leibniz-Tage 1900 (oder in der an ihre Stelle tretenden
Festsitzung) erteilt die Akademie dem Verfasser der des Preises wüi-dig er-
kannten Arbeit das Stipendium. Dasselbe besteht in dem Genüsse der Jahres-
zinsen des Stiftungskapitals von 30000 Mark auf die Dauer von vier Jahren.
Englisclie Ausgrabungen im Faijüm 1898/99.
Mit dem folgenden von Grenfell und Hunt an die Redaktion ein-
gesandten Bericht sind die soeben erschienenen ausführlicheren Darlegungen
III. Mitteilungen 217
derselben Gelehrten im „Archaeological Report" 1898/99 S. 8 — 15 zu ver-
gleichen.
Messrs Grenfell and Hunt resumed last winter excavations for papyri
in the Fayiim which they began three years ago on behalf of the Egypt
Exploration Fund. A concession was obtained for excavating over a con-
siderable strip of desert in the north-west of the district. In that part of
the Fayürn, as on the north-east side, the margin of cultivation receded
four or five miles in the fourth Century A. D., leaving several towns,
situated near the aucient edge of the desert, some distance inside it. Work
was begun at the largest of these Graeco-Roman sites, Kasr el Banat, in
December 1898, and documents found the.re soon showed that the ancient
name of the place was Euhemeria. The buildings, whicb were denuded to
within two metres or less from the ground floor, contained papyri of the
first three centuries of our era. One of these houses, which belonged in
the reigns of Domitian and Trajan to a wealthy Roman Citizen Lucius Bel-
lenus Gemellus, yielded over a hundred documents from its owner's cor-
respondence, while the doorstep of the same home on being turned over
proved to be an inscription with a petition to one of the later Ptolemies
concerning the right of asylum in temples. Many ostraca too were found,
70 being discovered together in an oven, besides terracottas, coins (silver
and copper) and numerous objects of domestic use or Ornament, The local
temple dedicated, as is usual in the Fayüm, to Sebek and Isis, had been
for the most part plundered; but in a few unopened Chambers some de-
motic papyri were fovmd, and a large pot containing a bronze incense-holder
and other Ornaments belonging to the temple. After six weeks work at
Kasr el Banät, Grenfell and Hunt moved their camp to a site about 3 kilo-
metres to the south, called Harit. Here a considerable cemetery chiefly
of the Ptolemaic period was first explored. The tombs, having been placed
in low ground, were affected by damp; and though in the early Ptolemaic
burials many mummies with papyrus cartonnage were found, similar to those
discovered by Flinders Petrie at Gurob, the papyi'i had in all cases decayed.
Much pottery however of the Ptolemaic period was found, both native
Egyptian and finer imported wäre, together vnth some alabaster and calcite
vases, beads etc. The town of Harit, which proved to be the ancient Thea-
delphia, yielded papyri and other antiquities resembling both in quantity
and quality those of Kasr el Banat, except that Ptolemaic documents and
literary fragments were somewhat more frequent. A third centmy wooden
plough was discovered in a remarkably fine state of preservation, the ropes
being intact. Besides Kasr el Banät and Harit, two very much ruined
sites, now several miles back in the desert, were examined. One of these,
Wadfa, was identified from documents found on the spot as the ancient
Philoteris; at the other, Kasr Kurün, where there is a well preserved late
Ptolemaic temple, no place-name was found; but papyri found at Kasr el
Banät make it extremely probable that Kasr Kurun was the site of Diony-
sias. Both that town and Bacchias are marked in the map of Ptolemaeus
as situated respectively near the two ends of lake Moeris, a position which
agrees with their actual site near the two extremities of the BLrket el Kurün.
All the sites excavated by Grenfell and Hunt were in the i^iSQig of Themistes,
which thus contained the north-west of the Fayüm. Since the fxsQlg of
218 in. Mitteilungen
Heraclides occupied the eastern half of the province, the position of the
remaining (uf^/g, that of Polemon, must have been confined to the South-
west part of the Arsinoite home.
The papyri and ostraca have been brought to England to be published ;
a selection will be retm-ned later to the Gizeh Museum, which has retained
the most important of the other objects found. A füll account of Grenfell
and Hunt's excavations in the Fayüm and publication of the papyi-i etc.
will be issued in 1900 by the Graeco-Roman branch of the Egypt Explo-
ration Fund.
I. Aufsätze.
Zwei Gedichte aus der Zeit Euergetes' IL
Im Bulletin de correspondance Hellenique XX 191 liat P. Jouguet
zwei zusammeDgehörige Grabschriften veröÖ'entliclit, die angeblich aus
dem Faiyum in das Museum von Gizeh gelangt waren. N. 920G des
neuen Inventares. Da ich ihre Bedeutung erkannte, habe ich von
F. V. Bissing eine Naehvergleichung erbeten, die allerdings notwendig
war. Derselbe hat vor allem konstatiert, dafs die Steine aus Hassai'a,
zwei Stunden südlich von Edfü, Apollonopolis- Magna, stammen. In
betreff* der Schrift hebt er hervor, dafs der Tüncher, der die ein-
gegrabenen Zeichen mit Rot gefüllt hat, manche Striche, die nicht
vorgerissen waren, nachgetragen hat. Die Schrift ist also korrekter,
als der erste Herausgeber annahm. Ich werde auf dessen Umschrift
nur eingehen, wenn er etwas richtig gefunden hat. Natürlich folg-e
ich in der Orthographie dem Steine; wer solche Dokumente benutzen
will, mufs so viel Griechisch können, dafs er ein fälschlich zu-
geschriebenes oder weggelassenes Iota hinter langem Vokale verträgt;
auch die Wiedergabe des Vokalismus auf unsere Schulgrammatik oder
die Etymologie hin umzukorrigieren halte ich für eine Trübung des
Thatbestandes : nur was der Verfasser nicht gewollt haben kann, ist
zu beseitigen. Der Schriftcharakter, so viel ich davon weifs, würde
ungefähr spätheUenistische Zeit bezeugen, aber selbst das ist vielleicht
für Ägypten schon zu bestimmt geredet.
I EvayoQov xovqtjv övvyvovg, ^^vs^ Tcoid^ vtco zv^ißco
Gxsi^e 0VV evtv%irii TTJöds 6t' atQaTtLtov
Bavd'sog iv önontkoLöiv oQrjddog^ r) ^is ka^ovöa
%'dX'n.Ei 0SQ6£g)6v'r}g ■^'tö' lequ ükißCu
5 KUi xkeog äst^vriGTov hTtiyß'ovCoiöLV s^ovöav^
yvcaöTov o6ol TidxQav Ti]vd' intßiqöav i^rjv.
ovvo^d fiot Vt', w ^£lv\ \4q)QodiGia^ /jv IlxoXe^ialog
yijfisvy 6 xccl ßovlät xal ÖoqI xtaQöa.ltog
I. 5 xofi scheinbar abundierend. Der Gedanke, bei Perseplione in Seligkeit weilend
und auf Erden in ewigem Naclii-uhm, ist nicht klar herausgebracht. 7 Dafs nicht
Krasis ^ioiax' , sondern Apokope des Anlautes eintritt, ist in den Papjri gewöhnlich.
Archiv f. Püi)yi'usfoiscluiug I. i. 15
220 I. Aufsätze
xa] öTQariäi OoCßov dixvvg ösXag auv a^aiiov
10 OvyysvLxfjg rs cpoQCjp ö6^ai> iöovQaviav.
bjL ysvöarjv svvovg ßiorov dtdyovd' aua, jcotvijt
•aal ysvsöSL rtxvcov^ 7]v kCnov iv ngoxonalg^
lov |U-' cm&iäQLO' 6 TtccvT ixpoQbiv iQovog iiÖE övv avrü
Molgai xX(o6r£LQCov vi]6av cctc ad-ccvdrcjv,
15 rov xccQLV i) xkri^av xarodvQO^ai slv atdao
TiavToCcov laQixcov xdkXog ivsyxa^svrjc^
xai ^s GvvdoQov ov6av i^bg Tcoötg ixrsQH^sv
7iQO(pQovtcjg dixvvg svvoiav if]v s^e [loi.
CO xaXhv eig kXo%ov d's^Evog XQSog, c6 xakd d-vßüi
20 Q^^cig J^o^t t,d)ö7jL %aX TtaQcc Q£Q6£(p6vr]i.
tavta iiad^cov x^^iQovti vocot itagd^eißs xtlEv&ov^
^Sive^ övv evrviCiji Ttgog y an xal öä xtxva
xal Xiy aus xtsQi'öaöi, „infVotr' £7tl yijg d^dgaptoi,^
o66ov iya vcawi däfiata OsQösfpovrig.''^
'HQ(x)drjg eyQailjsv.
n UaTJQLÖ^ ifiijv övvyvovg xaX rig tivog ai^l TtQOös^.d'cov
|]£«;v£, övv avTv%Lrii örel%£ dt dtgamtov.
sl^l yaQ evxlEiovg 'ATCokläviog 6 77roA£jU.«toi»
xovQog ov svtQXtat iiCrga STtrjykdiöccv,
5 övyysvtxijg do^rjg legbv ysQag. evvoLcc ydg ^lv
ßalve xaX sL'ög) yäg aiQL xccl cjxsavöv.
rovvsxa xa^e TtatQog xaXhv xXtog slöoQOOvra
rijg avtr^g ^pavetv d-v^bg iO'Tqy aQsrfig
xal TCaxQLÖog xalrig rbv istd^tov iö^bv iXeöd-ai,
10 ainsLag ^oißov tijöd^ isQäg nökEag^
11. 12 Sie hat die s^voicc bewiesen, sowohl durch das Zusammenleben wie
durch die Geburt seiner Kinder; ■ncci hellenistisch nachgestellt. Die Kinder hinter-
liefs sie 'in gutem Avancement'. 13 /ikite;^ der Stein. 14 xAcoörr^pcov sollte
es heifsen; vielleicht eher ein Fehler des Steinmetzen. 20 Kühn steht naQcc
^SQOsqiovqL ohne Partizip ovarjt gleich iczocpQ'iiiivrii. 24 oaaov gewifs nicht im
Wortsinne gemeint, sondern gleich iv oacoi, dum ego orcum hahito.
IL 1. 2 ergänzt von Jouguet 3 svy-lfiovg Mifsbildung durch falsche Ana-
logie. Der Eigenname hat den Verstofs gegen die Quantität erzwungen. 4 hinter
■AovQog ein Buchstabe verloschen; vermutlich war er getilgt. 9 io^og ist normal
von iriiit gebildet, allgemein gebräuchlich nur vom exagmen apium, es liegt aber
in der Etymologie, dafs es von der 'Direktion', die etwas nimmt, gesagt werden
konnte, und so wird man diese Stelle und Hesych £G(i6g oSog und so^iov voGtifiov
nicht Vjeanstanden; vermutlich (xlossen hellenistischer Dichter. 10 alnvsiag der
Stein: das ist Schreibfehler.
Ulrich V. WilaTuowitz-Moellendorff: Zwei Gedichte aus der Zeit Euergetes' II. 221
TtatQog e^ov yvorolöt 6vvsx7t^sv0avta cpigtöta
xal 'y£v6}ii]v sm'ovg^ ylv^eCav rrjQäv a^ia nCßttv^
Ttal doQL xal roX^a Ttdvrag ivsyxcc^evog.
15 as ^' i'iWfc fiolQ' sda^aööe ßLoxkojötetQa, xi <5\ XQV
tovto ^adslv^ voötov ^v7]6dfi£vov ykvxsiov,
rjhxirjg äxoQrjtov^ Öt' ovdl cpClav £V£7t^7]6a
a)'v^bv efiüv TBXvcov av XiTtov iv d'aldfioig.
tavta ^ad'd)v^ cb t,£iv8^ Xb.yoig naxQi tüv xr£Qi6avti
20 .^öavTOv (li] XQVi£iV iivr]6d^£vov ßtoxovJ'''
xal 6ol ö' £vodLrjg xgCßov okßiov ev^ofiac £ivat
TCQog y £Xi xal xixvotg öolot q)tko(pQo6vvotg'
^A7toklävi£ XQr](jx£ xaiQ£
'HQadov.
Aus den Gedichten ergiebt sich, dafs sie von einem grofsen Grab-
mal herrühren, das Ptolemaios für seine Frau Aphrodisia hatte errichten
lassen, und in dem er auch noch seinen Sohn Apollonios bestattet hat.
Er nennt das Grabmal ein „Zelt der Persephone;^' ich kann mir dabei
nichts Sinnliches vorstellen, vermutlich ist aber eine bestimmte Grab-
form gemeint. Das Grab lag in einer bergigen Gegend Bauthis (1, o),
die ich nicht kenne, vor der Stadt des Phoibos (2, 10): das ist eben Edfü.
Wenn dort ein Grieche, sogar ein 6vyy£t'}]g^ heimatberechtigt war, so
mufs man dort eine Militärkolonie, eine xaxoixCa^ annehmen. Ptolemaios
hatte den Rang eines 6vyy£V7]g, dem Sohne aber kam dieser nicht zu : ein
neuer Beleg dafür, dafs dieser Adel persönlich, nicht erblich war. Ferner
lernen wir, dafs der cousln du roi die Stirnbinde tragen durfte, das
Zeichen der Königsherrschaft; sie wird sich wohl in Farbe oder Form
von der königlichen noch unterschieden haben; immerhin ist das für
die Deutung von Portraits der Zeit nicht unwichtig. Die Ehre gilt
als „göttergleich" ^), d. h. sie erhebt in den Stand der Majestäten.
12 Die Lesung nach Bissings Abschrift unzweifelhaft, aber es fehlt eine
Sylbe. In der Vorlage des Steinmetzen wird i,slvog gestanden haben. i]Xv&'
.Touguet, [LvQ^' der Stein: die Vorlage war kursiv. 13 Die Nebenform ylvv.iog
auch 16: an ylvv-slav ist nicht zu denken; dessen Mittelsylbe konnte nicht
kurz werden; nur auf die Orthographie hat es eingewirkt. 14 Das Medium
ivsyv.ä[i£vog will besagen, dafs er die ihm anvertrauten väterlichen Verwandten
alle heil heimgebracht hat. 19 Isyoig nicht ganz deutlich; statt y haben beide
Abschriften p 20 yQv%£iv der Stein.
1) laovQuviog. Mir ein erwünschter Beleg dafür, dafs ich in dem Hymnus
15*
222 I- Aufsätze
Ptolemaios hat sich auch im Rate ausgezeichnet, aber vor allem als
Soldat, und zwar indem er dem Heere das untadelige Feuer des Phoibos
zeigte (1, 9). Ich wüfste das nicht anders zu deuten als auf die Charge
des Pyrphoros^j, möchte dabei aber an den des Hauptquartieres, also
eine Hofcharge denken. Von seinen Expeditionen sagt ein seltsamer
Vers, dafs er in das Innere des Landes bis an den Ocean gedrungen
wäre^): was ich, wenn es nicht verschrieben ist, nicht anders zu deuten
weifs, als dafs er etwa von Koptos landeinwärts und dann an das rote
Meer und in diesem bis an den indischen Ocean gedrungen wäre. An
sich würde das ganz glaublich sein. Den Adel hat er von den avtQycxai^
d. i. svEQyaTai erhalten; das ergiebt die Regierung Euergetes' II (145 —
116). Der Sohn ApoUonios hat Verwandte des Vaters nach Syrien
begleitet, ist aber auf der Heimkehr, obwohl er jene sicher heim-
gebracht hat, in einer Weise, die der Dichter in befremdlicher Weise
verschweigt, gestorben. Jene Expedition nach Syrien ist leider dunkel
in einem verdorbenen Verse angegeben (2, 12) ^stve or£ öndnxQCOv
■riXvQ-' äQr]s 2JvQirjv. Darin ist ein Hiat, den der Dichter nicht auf dem
Gewissen haben kann; die Anrede des Wanderers ist hier auch unan-
gebracht. Am nächsten liegt ^elvog ors öxccTirQCiv ij2.v&^ ccqtjq U. „als ein
fremder Kriegszug um des Königtumes willen Syrien überzog." Das ist
zumal bei unserer Kenntnis der unaufhörlichen Thronstreitigkeiten wenig
genau; passen würde z. B. die Expedition des Alexandros Zabinas (129).
Der Dichter Herodes hat sich unter beiden Epigrammen genannt;
ein gleicher Verfasser würde sich auch sonst aus der gleichen Anlage
der Gedichte ergeben. Der Tote stellt sich dem Wanderer vor, erzählt
sein Leben und schliefst mit einer Bestellung an die Hinterbliebenen.
Es ist deutlich, dafs die Komplimente viel mehr dem ApoUonios gelten,
der das Gedicht bezahlte, als den Verstorbenen. Es verlohnt sich, die
Technik eines ägyptischen Dichters aus der zweiten Hälfte des zweiten
Jahrhunderts zu analysieren. Wir kennen durch Meleagers Sammlung die
des Aristoteles die tlberliefeniug SLOa&avarov richtig nach der Analogie von lao-
öai^icov laoXv(inLos gedeutet habe (Ar. u. Ath. 2, 409).
1) Xenoph. noX. Aan. 13, 2; am häufigsten begegnet er in dem Sprichwort
ovöh nvQcpOQog iXkicpQ^r].
2) tvvoia yuQ ^liv ßalvs %al sl'aco yäg aj^Qi xaJ. oj-Ktapöv. Darin mul's wohl
ßcävs, nach dem homerischen ßfjas, transitiv sein; ii'aco yäg würde man lieber einen
der in das Innere der Erde steigt, nennen, als einen, der in das Innere Afrikas
di-ingt; und a^Qi^ xai mit dem Accusativ ist inkorrekt. Da der Vers auch an-
stöfsig ist, darf man die Hichtigkeit der Überlieferung anzweifeln; die Lesung
steht fest, svvoia, das oft gesetzte Wort, ist in hellenistischer Zeit die loyale Ge-
sinnung des Unterthans. Dafs die Mittelsylbe das Iota verklingen läfst, folgt der
damaligen Aussprache.
Ulrich V. Wiln.raowitz-Mocllenflorff: Zwei Gedichte aus der Zeit F^uergetes' II. 223
epigrammatische Poesie der Alexandriner, die vollendetste des Alter-
tums, für das ganze dritte Jahrhundert genau, his auf Dioskurides und
Poseidippos herah; wenn der oder jener der nur durch ein paar Gedichte
vertretenen und sonst unbekannten Dichter in spätere Zeit imd zugleich
nach Ägypten gehören sollte, so würde das wenig ändern: wir wissen
von keinem bedeutenden Dichter aus der ersten Hälfte des zweiten
Jahrhunderts, aufser etwa Alkaios von Messene, der im Mutterlande
thätig ist. Meleager hat die älteren und bedeutenden Dichter aus den
Buchausgaben ihrer Werke gekannt.^) Dann wird es eben keine be-
deutenden mehr in Alexandreia gegeben haben, wie er auf der anderen
Seite zwar zeitgenössische oder wenig ältere Syrer ^), aber keine des
dritten Jahrhunderts aufzunehmen hatte. Die Poesie Alexandreias
welkt wie der Staat seit Philopator. Euergetes IL zerstört auch die
Wissenschaften. Moschos, der Freund des Aristarchos, ist schon recht
unbedeutend und hat keine bekannten Nachfolger mehr. Da ist Herodes
nicht zu verachten. Dichter ist er nicht, aber Verse machen kann er
noch. Die Regel, dafs weibliche Cäsur des dritten Fufses oder männ-
liche mit bukolischer Diärese gefordert wird, ist nur zweimal verletzt.
1, 11 ganz leicht, da auf die männliche Cäsur ein anapästisches Wort
und dann ein überlanges folgt: didyovö' afjba-^ denn die Elision ver-
bindet natürlich. 2, 13 ist anstöfsiger, denn da ist zwar auch das
anapästische Wort, das die männliche Cäsur des dritten und des vierten
Fufses erzeugt, aber dann steht ein zweisylbiges und spondeisches Wort
in den fünften Fufs eingreifend, zugleich der einzige Spondeus im
vierten Fufse aufser dem überlangen Worte ßtox^cöGtsiQa, das in
jedem Dichter gut sein würde. Also nur zwei Spondeen im vierten
Fufse, keiner im fünften, und im dritten nur vier, natürlich nie zwei
in der zweiten Hexameterhälfte: das giebt leichtesten Flufs. Und in
der ersten giebt es zwar recht oft einen, aber aufser 2, 21 immer an
zweiter Stelle, und nie zwei. Es ist also erreicht, dafs der Hexameter
mindestens vier Daktylen hat, und zwar, wenn er sie hat, die beiden
Spondeen in der Mitte stehn. Dafs dies auch in der ersten Hexameter-
hälfte bewufste Absicht ist, ergiebt sich daraus, dafs der Pentameter
in seiner ersten Hälfte zwei Spondeen anstandslos zuläfst. Herodes
würde gewifs selbst als Schnitzer anerkennen, dafs er im vierten Fufse,
1) Oder aus älteren Epigrammensammlungen, wie das Reitzenstein für Askle-
piades und Poseidippos gezeigt hat.
2) Typen sind Antipatros von Sidon und Meleagros selbst; für sie war
aufser und vor den Alexandrinern und Asiaten Leonidas von Tarent Vorbild, von
dem sie den hohen Wortschwall haben. Allerdings haben die jüngeren Alexan-
driner die Feinheit des Kallimachos und Asklepiades zu verlieren begonnen.
224 I- Aufsätze
2, 17, einen trochäisclien Einschnitt zugelassen hat; gemieden ist er auch
im zweiten^); findet sich aber im Hexameter einmal, 2,7, und einmal im
Pentameter, 2, 10. Kaum glaublich ist das Monosyllabam vor der
Cäsur des Pentameters in dem auch dem Sinne nach austöfsigen Verse
2, 6. Denn Herodes hat nicht mir den Hexameter, wie sich gebührt,
mit keinem einsylbigen Worte geschlossen, (wohl aber mit zweien
hinter einander), sondern hat auch im Petameterschlufs entschieden
Abneigung gegen zweisylbigen Schlufs, der nur zweimal erscheint: ein
sehr starker Gegensatz des guten griechischen von dem klassischen
lateinischen Distichon. Vokalverkürzimg vor vokalischem Anlaut ist
sonst korrekt (aufser %aC nur in daktylischen Verbalformen auf at,
1, 15; 2, 21, und dem Eigennamen 'A(pQodL0Ca), nur 2, 6 ist das a des
Dativs fit'xQK (ehedem äi.) gar in der zweiten Pentameterhälfte ver-
kürzt. Herodes konnte also, wo er etwas besonderes zu sagen hatte,
die Eleganz, die er kannte und suchte, nicht immer erreichen; so wird
es wohl auch 2, 6 sein.
Die Sprache mischt den epischen und dorischen Vokalismus ohne
erkennbare Regel. Ich habe schon bei den um 150 Jahre älteren
Gedichten des Isyllos darauf nachdrücklich hingewiesen, dafs die helle-
nistischen Epiker sich im Epigramm und nicht nur da die Freiheit
genommen haben, je nach ihrem Klanggefühle mit dem Vokalismus zu
wechseln; die athenischen Tragiker und die Lyriker hatten es in
manchem schon so gemacht und behaupteten die Freiheit. Man soll
also begreifen, dafs unsere handschriftliche Überlieferung, obwohl an
sich von geringer Zuverlässigkeit, immer noch besser ist, als die Nor-
malisierung, die in unseren Texten Mode war und zum Teil noch
ist. Dafs Herodes nur eine geringe Bildung besafs, zeigt sich am deut-
lichsten darin, dafs er nur wenige gelehrte Worte hat, während die
gleichzeitige syrische Dichtung in künstlichen Wörtern schwelgt, da-
gegen aufser dem Formelschatze des Grabepigrammes stark homerisiert.
Er mifst xaXög auch in der Senkung mit Vorliebe in der ersten lang;
Versausgänge wie ti 6e iqyi und sv^o^at eivm (mit anderer Bedeutung)
sind direkte Reminiscenzen. Die fehlen, so viel ich weifs, ganz gegen-
über der späteren Poesie. Und wenn er ßalvs im Sinne von t^ys
gesagt hat, so mufs ihm der transitive Aorist /3^(?£, den er aus Homer
kannte, einen Streich gespielt haben. Vulgarismen dagegen fehlen
1) Nicht die iambischen Wörter vor der Cäsur werden gemieden, wie es
W. Meyer gel'afst hat, die Wörter an sich sind harmlos, sondern die Zerreifsung
des Fufses; dann ist die Folge, dafs die Wörter vor der Mittelcäsur nicht stehen
sollen, welche den zweiten Fufs zerreifsen würden, die von der Messung
Ulrich V. Wilamowitz-Moellendorff: Zwei Gcdichlo aus der Zeit Euergetes' II. 225
nicht, TtQoxoTti] ist stockprosaisch; das Adjektiv fpilo^Qoafvvog kaum
schriftgeniäfs, das zweimalige nQÖg y etl aal für das «rt de aaC (atque)
der hellenistischen Prosa recht schleppend. Und daneben solche pretiösen
Erfindungen oder Entlehnungen, wie ßioxXcoöteiQcc, die Glosse iöfiög^
öx^yysvLY.y] für „Charakter eines evyysvrig'^ (weil övyysveLa nicht in
den Vers ging) und vor allem die Umbildung des Königsnamens zu
svsQXTcci: das giebt das rechte Bild der Halbbildung und Decadence,
wie es für die Zeit des Euergetes IL pafst.
Es wird mancher meinen, ich hätte zu viel Worte über einen
schlechten Poeten gemacht; wer das Material besser gegenwärtig hat
als ich, wird mit mehr Recht vieles vermissen. Es sollte doch klar
sein, dafs es mit dem Publizieren der neuen Dokumente nicht gethan
ist: verstanden und in die Gesamtentwickelung müssen sie eingereiht
werden, damit wir oder vielmehr eine künftige Generation eine wirk-
liche Geschichte der Sprache und Kultur erhalten kann.
Westend, 16. März 1900.
Ulrich von Wilainowitz-Moelleudorff.
Zusatz.
Auf Anregung des Verfassers des vorstehenden Aufsatzes gestatte ich mir
folgende Bemerkungen zu S. 221 hinzuzufügen:
1) Aufser der fiirga, die hier zum ersten Mal als Abzeichen der avyyev^lg
bezeugt wird, kannten wir schon die goldene Agraffe, die auf der Schulter das
Gewand zusammenhält, als ihren Schmuck: nognriv ^Qvaf]v wg ^&og ierl älSoe&aL
rolg Gvyysveat tmv ßccödsav. Vgl. 1. Makk. 10, 89 = loseph. ant. XIII § 102 und
Lumbroso, Recherches S. 190. Freilich wird das für die seleukidischen „Ver-
wandten" bezeugt, doch darf es sicher auch auf die ptolemäischen bezogen werden.
Hiermit steht in Widerspruch eine andere Nachricht, die bisher in diesem Zu-
sammenhang übersehen worden zu sein scheint: 1. Makk. 11, 58 ^ loseph. ant. XUI
§ 146. Danach erhielt man schon als rcbv ngcorcov cpiXojv (nach dem Text von
Makk. sogar schon als tcbv cpiXav) die goldene Agraffe und das Purpurgewand.
Vielleicht löst sich dieser Widerspruch so, dafs man diese Abzeichen bei Ein-
haltung des gewöhnlichen cursiis honorum (vgl. Strack, Rhein. Mus. 55, 161 ff.)
schon als zwv -jtQmxav (pilcav, bei aufsergewöhnlichen Ehrangen aber, bei Über-
springung dieses Ranges (vgl. 1. Makk. 10), als avyysviqg erhielt, und zwar, wie
wir jetzt hinzufügen können, in letzterem Falle zugleich mit der ultga, dem
speziellen Abzeichen der avyysvslg. Hiernach sind die anregenden Untersuchungen
von Georg Ebers (Antike Porträts, Lpz. 1893, S. 45 ff.) wieder aufzunehmen, der
zuerst die 7CÖQ%ri für die Datierung der Grafschen Bilder herangezogen hat. Es
wird sich vor allem fragen, ob der Dichter mit poetischer Freiheit mit dem
Worte ybitga einen goldenen Lorbeerkranz hat meinen können. Dann wüi-den die
Bilder Nr. 4 und 22 in der That, wie Ebers wollte, ptolemäische Gvyysvstg dar-
stellen.
226 I.Aufsätze: U. v.Wilamowitz-Moellendorff: Zwei Gedichte a. d. Zeit Euerg. II.
2) Draufsen „vor der Stadt" möchte ich mir das Grabmal, zu dem die obigen
Gedichte gehören, nicht vorstellen, denn das ist nicht ägyptische Sitte: die Toten
werden drüben am Wüstenrande — eventuell meilenweit von der Stadt — begraben.
Dieser Sitte haben sich auch die Griechen nicht entziehen können, denn sie beruht
auf zwingenden wirtschaftlichen Gründen: das Fruchtland, soweit die Nilüber-
schwemmung es erreichen kann, wird zum Begräbnis nicht hergegeben. Wir haben
es offenbar mit einem Felsengrab zu thun, im libyschen Gebirge — Eav&fog
iv CKonekoiGi ÖQriäSog — , wie sich das für eine so vornehme Familie schickte,
während die weniger Bemittelten vornan im Wüstensande begraben wurden.
Bav&is — mir unbekannt, klingt gut ägyptisch — mufs der Name für den be-
treifenden libyschen Höhenzug westlich oder südwestlich von Edfü sein. Die
ccTQccTtirog ist der Fufspfad, der zur Grabkammer führt. Wegen des tfjods di'
cctQccTtiTov ist wohl anzunehmen , dafs die Tafeln an den Wänden dieses Felsen-
ganges Aufstellung gefunden hatten. „Eingelassen waren die Stelen nie", schreibt
mir auf eine Anfrage freundlichst von Bissing, „denn die Profiliening des unteren
Giebelrandes geht an den Schmalseiten weiter, hingegen ist die Rückseite, soviel
man sehen kann, ungeglättet, war also durch eine Wand oder dergl. verdeckt".
D. Red.
Eine neue Roman-Handschrift.
1. Die Fundgeschichte.
Als ich im November 1898 im hundertthorigen Theben weilte,
wurde mir u. a. ein ganzer Stofs von Pergamentblättern, die den ver-
schiedensten Codices entstammten, zum Kauf angel)oten. Da es sämt-
lich koptische und zwar sehr junge kojjtische Handschriften waren,
wollte ich sie schon bei Seite schieben, als ich auf einem der Blätter
unter der dicken, schwarzen Schrift der koptischen Hand eine matte,
hellgelbe griechische Uncialschrift entdeckte. Bald fanden sich noch
mehrere derartige Blätter hinzu; im ganzen waren es sieben, die ich
mir dann käuflich erwarb. Es gehört zu meinen schönsten Reise-
erinnerungen, wie ich darauf in meiner Feluke den Nil stromabfahrend
mich in das ehrwürdige Pergamen vertiefte und erst einzelne Worte,
dann ganze Sätze des griechischen Palimpsestes entzifferte, bis mir die
schon bei der ersten Durchsicht in Theben in den Sinn gekommene
Vermutung, dafs ich einen griechischen Roman vor mir habe, zur Ge-
wifsheit wurde. Bald zogen mich andere Aufgaben von der Hand-
schrift ab. Nur vorübergehend habe ich noch im Zelt zu Abusir und
dann in Cairo Mufse gehabt, die Entzifferung des Palimpsestes zu
fördern. Wesentlich wurde ich hierbei dank der Liebenswürdigkeit
des stets hilf bereiten Herrn Dr. von Bissing dadurch imterstützt, dafs
er mir seine Didot'sche Ausgabe der Scriptores Erotici lieh. Natürlich
mufste ich mich auf die besser erhaltenen Teile des Palimpsestes be-
schränken und hoffte, später in der Heimat mit Hilfe chemischer Rea-
gentien auch die anderen Partien bezwingen zu können.
Diese Hoffnung sollte nicht in Erfüllung gehen. Durch eine
jener unberechenbaren Launen der Tyche, wie sie die griechischen
Romanschi-iftsteller nicht müde wurden zu ersinnen, sind die Pergament-
blätter für immer verloren gegangen: auf dem Schiffe, das sie im Früh-
ling 1899 sicher bis an die heimatliche Küste gebracht hatte, brach
vor der Ausladung im Hafen von Hamburg Feuer aus, und bei diesem
Brande sind sowohl jene Pergamentblätter als auch die Papyri, die ich
im Auftrage der Generalverwaltung der königlichen Museen zu Berlin
228 I- Aufsätze
vom Januar bis März 1899 in Ehnäs-Herakleopolis mit Heinrich Schaefer
zusammen ausgegraben hatte, der Vernichtung anheimgefallen. Was wir
durch die Zerstörung der Papyri verloren haben, resp. was durch meine
Kopien sich davon für die Wissenschaft noch retten läfst, darüber
werde ich ein anderes Mal berichten. Heute beschränke ich mich
darauf, mitzuteilen, was ich über jene Pergamentblätter nach meinen
Aufzeichnungen und meinen Erinnerungen zu sagen weifs. Wenn diese
Mitteilungen lückenhaft sind, so wolle man nicht vergessen, dafs alles,
was ich in Ägypten an der Handschrift gethan habe, nur zur vor-
läufigen Orientierung geschah, der die gründliche Durcharbeitung zu
Hause folgen sollte.
2. Der Codex Thebanus.
Von den sieben Blättern gehörten sechs zu einem und demselben
Codex. Das bewies das gleiche Format, die gleiche Schrift und Schrift-
anordnung, sowie die Verwandtschaft des Inhalts.
Von diesen sechs Blättern mag jedes nach nachträglicher, rein
approximativer Schätzung etwa 20 cm. hoch und 15 cm. breit gewesen
sein. Dagegen war das siebente Blatt gröfser.
Die griechische Palimpsestschrift jener sechs Blätter war eine
feine, sorgsam geschriebene Unciale, die nach rechts hin geneigt
war. Gewisse Linien der Schrift liefen in kleine Pünktchen aus.
Accente waren nicht vorhanden, ebensowenig Interpunktion oder son-
stige Lesezeichen-, gröfsere Abschnitte wurden vielmehr durch Spatien
getrennt. An Abkürzungen habe ich nichts weiter bemerkt als ge-
legentlich am Schlufs der Zeilen den übergesetzten Horizontalstrich
zur Vertretung des schliefsenden v. Der ganze Ductus erinnerte etwa
an die Schrift des Fragmentum Mathematicum Bobiense aus dem
VII./VIII. Jahrh. n. Chr. Als ich das Original noch vor mir hatte, habe
ich die Schrift des Palimpsestes in das VI. oder VII. Jahrh. n. Chr.
gesetzt. Jetzt, nach Vergleichung mancher anderen Texte, ist mir das
VII. Jahrh. wahrscheinlicher, doch ist auch das VIII. wohl nicht vöUig
ausgeschlossen. Noch später dürfte die Handschrift auf keinen Fall
anzusetzen sein.
In der Schrift des siebenten Blattes waren die Buchstaben nicht
schräg geneigt, sondern standen aufrecht. Die Linien zeigten an ihren
Enden dicke Punkte. Ich bin nicht in der Lage, eine genauere zeit-
liche Schätzung anzugeben. Damals schien mir die Schrift etwas älter
als die der sechs Blätter zu sein. Über die Schwierigkeit solcher Da-
tierungen vgl. unten das paläographische Referat.
Ulrich Wilcken: Eine neue Boman - Handschrift 229
Während das siebente Blatt in einer einzigen breiten Kolumne
beschrieben war, war die »Schrift auf den sechs anderen Blättern in der
Weise angeordnet, dafs auf jeder Seite zwei sehmale Kolumnen neben
einander standen. Die Kolumne bestand hier, wie ich nachträglich
meinen Kopien entnehme, überall aus 28 Zeilen. Die Zeile hatte im
Durchschnitt 13 — 17 Buchstaben; doch kommen auch 18 vor, andrer-
seits auch 12, einmal auch 11 (VII 9). Die Anfänge der Zeilen
standen genau unter einander, die Zeilenenden, wie häufig, nicht ganz
so genau, doch war auch hier eine Gleichheit wohl beabsichtigt, denn
gegen Schlufs der Zeile wurden gelegentlich, wenn mich meine Er-
innerung nicht täuscht, die Buchstaben kleiner und enger an einander
gerückt; auch diente demselben Zweck der oben erwähnte Horizontal-
strich für V. Über die Liniierung des Pergaments kann ich nichts
Sicheres mehr aussagen.
Was endlich den Inhalt der griechischen Texte betrifft, so ge-
hörten vier von jenen sechs gleichartigen Blättern einer Handschrift
von Charitons Roman von Chaireas und Kallirrhoe an, zwei
der Handschrift eines, wie mir scheint, bisher unbekannten Romans
von der schönen Chione. Welchem Litteraturwerk das siebente
Blatt angehört hat, kann ich nicht sagen, da ich nur einzelne Worte
davon entziffert habe. Ich beschäftige mich daher im Folgenden nur
mit jenen Romanhandschriften.
Die oben angeführten Indicien machen es zweifellos, dafs der
Chariton-Roman und der Chione-Roman in einem und demselben Codex
gestanden haben. Dieser Codex, in dem also mindestens zwei griechische
Romane vereinigt waren, scheint der Bibliothek eines der oberägyptischen
Klöster angehört zu haben. So berichtete mir wenigstens der Ver-
käufer, dafs die mir angebotenen koptischen Manuskripte sämtlich aus
einem benachbarten Kloster stammten. Diese Annahme pafst auch
gut zu der Thatsache, dafs die griechischen Texte abgewaschen wor-
den sind, um das wertvolle Pergament zur Aufnahme christlicher
religiöser Texte in koptischer Sprache — Schaefer taxierte sie, glaube
ich, auf Homilien — zu verwenden. Wann diese Reskription erfolgt
ist, kann jetzt, wo das Original verloren ist, nicht mehr ausgemacht
werden. Ich habe die koptische Schrift unserer sechs Blätter damals
etwa in das X. — XII. Jahrh. gesetzt, kann freilich keine Bürgschaft
übernehmen.
Wie mag man dazu gekommen sein, die griechischen Romane zu
beseitigen? Wenn man beim Kirchenvater Nikephoros Kallistos liest,
wie der Bischof Heliodor von der Provinzialsynode aufgefordert wird,
entweder den Roman (den er geschrieben haben soll) zu verbrennen
230 I- Aufsätze
oder aus dem Amt zu scheiden^), so könnte man auf den Gedanken
kommen, dals ein ^laubenseifriger Mönch voll heiligen Eifers über die
sündige Erotik unserer Romane sie abgewaschen und fromme christ-
liche Homilien darüber geschrieben habe.^) Diese Möglichkeit wird
man nicht leicht bestreiten können. Aber ich könnte mir die Ge-
schichte unserer Handschrift auch anders denken: trotz aller Provinzial-
synoden mag man zumal in der abgelegenen Thebais die griechischen
Romane auch hinter den Klostermauern mit Vergnügen gelesen haben,
und so mag sich auch an imserer Handschrift, die wir etwa dem
VH. Jahrh. zugewiesen, noch eine Reihe von Generationen ergötzt
haben. Allmählich — vielleicht seit dem X. Jahrhundert — schwand
dann die Kenntnis des Griechischen, und für diesen Romanjargon half
auch keine „Scala". So mag man denn schliefslich, nachdem der
Romancodex nur noch den Wert eines Schreibstoffes hatte, die kop-
tischen Homilien darüber geschrieben haben.
Ich habe nicht nachgeforscht, ob schon mehrere griechische
Palimpseste aus koptischen Klosterbibliotheken bekannt geworden sind.
Aber auch schon dieser eine Fund eröffnet uns vielleicht eine erfreu-
liche Perspektive. Sollte es nicht öfter vorgekommen sein, dafs die
griechischen Autoren, die in den Klöstern gelesen wurden, später nach
dem Aussterben der griechischen Sprache koptisch reskribiert worden
sind? So liefse sich hoffen, dafs vielleicht noch mancher griechische
Palimpsest aus koptischen Klosterbibliotheken an's Tageslicht käme!
3. Der Roman des Chariten.
Eine neue Handschrift des Chariton wird schon darum überall auf
besonderes Interesse rechnen dürfen, weil uns dieser Dichter bekannt-
lich nur in einer einzigen Handschrift, einem Florentinus aus dem
XIII. /XIV. Jahrhundert überliefert ist. Das Interesse wird dadurch
noch gesteigert, dafs dieser Florentinus besonders schlecht erhalten
und sehr schwer lesbar ist, sodafs erst nach und nach — namentlich
durch Cobet's Verdienst — die Entzifferung gelingen konnte.
Neben diesen Florentinus tritt nun der Codex Thebanus aus dem
VII., spätestens VIII. Jahrhundert. Da Chariton nach Rohdes Ansatz
1) Vgl. Rohde, Gr. Rom. S. 432.
2) Nach Rohde wären Achilles Tatiiis und Chariton Christen gewesen. Er-
wiesen ist es nicht. — Ich betone, dafs diejenigen Schriftsteller, die christlichen
Bischöfen die Autorschaft von Romanen zuschreiben, doch hervorheben, dafs sie
dies gethan, ehe sie Bischöfe, resp. Christen geworden. Vgl. zu Heliodor Rohde
S. 432 und zu Achilles Tatius S. 470, Anm. 1.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman - Handschrift 231
erst im V./VI. Jahrhundert gelebt hat, so repräsentiert der Codex The-
banus, der nur 1 — 2 Jahrhunderte jünger ist, eine recht alte Tradition.
Bei der Wichtigkeit der Handschrilt hielt ich es nicht für überflüssig,
statt einer kurzen Mitteilung der neuen Lesarten vielmehr den ganzen
Text des Palimpsestes, soweit ich über ihn verfuge, mitzuteilen, zumal
sich gelegentlich erst durch die Beobachtung der Kaumverhältnisse
Abweichungen zwischen den beiden Handschriften ergeben.
Von den sechs Blättern des Romancodex gehören, wie oben gesagt,
vier zum Roman des Chariton. Von diesen vier habe ich bei meiner
vorläufigen Entziflerung in Ägypten nur die glatteren, besser erhaltenen
und leichter lesbaren Fleischseiten berücksichtigt, während ich die
Haarseiten, die mit blofsem Auge oder auch mit der Lupe kaum lesbar
waren, für die spätere Behandlung mit Reagentien reservierte. So sind
vier Seiten oder acht Kolumnen, also gerade die Hälfte der von mir
erworbenen Charitonhandschrift, durch meine Kopie gerettet worden.
Es ist ein besonderes Glück, dafs ich, wie schon oben bemerkt, dank
der Liebenswürdigkeit des Herrn von Bissing diese neue Charitonhand-
schrift während der EntzifiPerung mit einer Edition des Romanes ver-
gleichen konnte. Bei den zahlreichen Al)weichungen des Codex The-
banus würde ich sonst keine völlige Sicherheit haben, dafs sie wirklich
so in der Handschrift stehen und nicht etwa verunglückten Lesunsen
ihr Dasein verdanken. Nim aber habe ich schon während der Ent-
zifferung die Abweichungen von der Tradition kennen gelernt imd habe
im Bewufstsein der Verschiedenheit die divergierenden Stellen mit
doppelter Aufmerksamkeit prüfen können. Ich kann daher mit gutem
Gewissen die Fachgenossen bitten, der folgenden Kopie der acht Ko-
lumnen ilir Vertrauen entgegen zu bringen, wenn auch die Richtigkeit
am Original nicht mehr nachgeprüft werden kann.
Nur an wenigen Stellen sind mir Bedenken über die Richtigkeit
meiner Kopie gekommen. Die wenigen Buchstaben, die ich nachträg-
lich vermutungsweise geändert habe, sind in spitze Klammern <( y ein-
geschlossen. Alles andere wird so mitgeteilt, wie ich es am Original
gelesen habe, mit allen Eigentümlichkeiten und Fehlern des Originals,
unter Hinzufügung von Accenten, Spiritus, Jota subscripta und Liter-
punktion. Die Lücken sind nach dem Florentinus ergänzt, soweit nach
Mafsgabe des Raumes Übereinstimmung der Traditionen anzunehmen
war. Rechts neben dem Thebanus habe ich die abweichenden Lesims-en
des Florentinus notiert. Die entsprechenden Wörter in Th. sind fett
gedruckt.
Da die vier Blätter unmittelbar hinter einander gehörten und, wie
Gregory gezeigt, die Lagen des Codex so geordnet zu werden pflegten,
232
I. Aufsätze
dafs immer Fleischseite neben Fleischseite und Haarseite neben Haar-
seite zu stehen kam, so ergiebt sich folgende Anordnung des Hand-
schriftenrestes :
1. Blatt Haarseite: nicht kopiert.
Fleischseite: Col. I und H \
2. Blatt Fleischseite:
Haarseite:
3. Blatt Haarseite:
Fleischseite:
4. Blatt Fleischseite:
Haarseite:
Col.IIIundlVI-*^'""^-™''''^-'''^-
nicht kopiert. K.^^ ^^^^^ ^^^^, ^jjj ^
nicht kopiert. J
Col. V und VI 1 ^1 /- o r- Q
CoLVIIundVIIlH^'^^''*^''^-''^-
nicht kopiert.
-6, 8.
Codex Thehanus.
(pyjöl zi[iOvv6tog, Kai iiX]-
Qog talg [ßlTcCöi' xüv]
\yäQ tceqI X\aLQBav \pv\-
5 6h\y 'i]üti\ö\raxo, ju.«]-
rä d\\ täv uX\Xg)v yv-
vaix[ß)\v idöxsi xai
KalhgÖTjv TCaQHvav
xal ßaöilia ')i\akBl\v av-
10 Tüv, Iva a^ioda rrjv
yvvalxa ysQccg rijg d-
Qiöxtag. 'Enal öh i^X-
^8Vf dLrjyrjöaro uv-
tä ßaöcXsvg iS, «9X^§
1.5 «rr«i'T« TU yeyavrj-
^eva. 'Ev ixeCva di^
Tc5 xccLQä ^aXiOra Ai-
ovvöioq s:rs(feii,a-
xo Jiaiöiav te x«t (pQo-
"Sl6JtsQ yaQ si tig xequv-
VOV TtSGÖVtOg TIQO
rdv Ttodiöv tcvTov
Codex Florentinus.
Kolumne I.
4/5 i]7tC6TaT0 OVÖtV
7 xal fehlt.
12/13 d' dg7]XQ'ev
14 et, vcQp]g fehlt.
15 TtdvTU
IC de
17 ^aXiöta fehlt.
18 tf. (pQovrjöLV zliovvöiog STCe-
dBii,aTo xul TtaidsLav i^ai-
QETOV.
21 et fehlt.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift
233
Codex Tliebanus.
^r] taQw^d-Tiy orr<o§
25 xccicetvog axovöag
Xöyovq öxrjTitov ßa-
QVTSQOvqt ort, XaiQt-
ag «rtßyft KaXXiQ6i]{v)
Codex Florentmus.
24 raQuid-ELY]. Es fehlt ovr cog^
ergänzt vou Hercher.
26 Xöyav — ßaQVtSQav
28 f. KuHiQQ6y]v slg UvQUXovöug
anuysi
Kolumne II.
\hiq J^VQaaovffag f ojw-ojg]
[ovx edo^sv aöcpaXeg]
5 [p'sCßrig xfig ßaöiXCöog^
['O de '^Qtci'itQ^r]g ^^El ^ev\
aal K[aXhQ67]v d^s]-
(ftox« ä[v öoif zliovv\-
10 öi£, %a6av \yuQ Evvot\-
av XaX TtiGXLV \ß7tE\-
deii,G). TovTov d[6 ov]-
rog ddvvdrov, dida-
^C 6oi Ttdörjg 'Jco[vt]-
15 ccg aQiELv xal JtQO)-
xov svsQY^T^ii^ st[s]
tov ol^ov rov ßadi-
Xeioq dvayqaifTivai.
IlQogsxvvrjös zJlo-
20 vvöLog x[at] idQ<(ivy 6-
lioKoyriGag [ßeitev]-
Ißsv ccjtaXkayrivai]
xal daxQvcov \ßi,ov\-
oCav £%Eiv. '£|[idj^Tt]
25 de avrä Zlxd\tEiQCi i^]-
Xi^v tJtiöliöüJGiv].
'T7to6tQe^[ccg de]
8 xal fehlt.
8/9 av aTtidcoxd 6ol
11 Evvoiav Eig sae xai
18 a^ri%iwov
15 ff.
nQäxog svsQyatrjg sig oixov
ßaöiXsag KvayQaq)rj6rj.
19 rFQogexvvr^ösv 6 z/.
21
26 f.
sX^iv hinter 6^oXoyt]6ag^ vou
Hercher getilgt.
trjv s^iöroXijv yjövxrj didco-
6lv.
n 1—7 zu den Ergänzungen vgl. unten S. 243. — 20 meine Kopie hat %aQS.,
wohl verlesen. — 21 für ty^siv scheint kein Platz zu sein.
234
I. Aufsätze
Codex Thehanus.
Codex Florentinus.
Kolumne III.
[xal xaraxksiöag s]-
[^avrbv yvlaQiöag tä
KaXXiQÖrig yQccfiiicc-
xa ■jCQÜxov rtjv s-
5 TiLöTohjv ■KUtacpC-
h]6sv nai ävoii,ag
rä öxrjd-st, JtQO'^sjttv-
§«To ag sx£ivr]v
Ttagovöav. 'Ejfi JtoXv(v)
Ui (fi xQÖvov x«r«xa>(r)
avtä «i'«y8t>'U)(Tjct •
^^KuXXiQoip — Y,axs(fi-
X^at xovvona — „Aiovv-
aCoi hvboytxrf'' — „oi'^fi)>-
15 iioi Ttü ävÖQi o-üx t-
ynsvoq; — „-Lv yccQ f/uög
ivhQyety]^''* — „rt yuQ ü-
Ha . txo da rijg sm-
ötoXrig ^QÖq TT^r «-
jioXoyiav xal TtoX-
\Xa\iiLg avEyCvaOxs
■ib [xß?jr« XU Qt'i^axu. 'E-
\^7ciö^}\d-y] yaQ öxi äxov-
[öa 7ia]xsXiJisi\ Ovxco
[d»y? (pvGH xo\v(p6v s6-
7/8
£tTK
TtQOgSXLd'SL
xal ijil itoXvv iQovov xaxsl-
%av^ avayLVcaöxEiv ^i] dv-
väfisvog diä xä ödxQva.
^AicoxXavßag da ^öXig ccva-
yivoiöxatv ^'^laro, xal tiqü-
x6v ys KalXiQQ6i]g xovvona
xaxacpiXrjaav. 'Ejtal da 7]X^av
aig Tu diovvöiG) EvaQyäxr}
^yol^ioi'''' (piqislv ^^ovxax ävögC.''^
Ui) yaQ avaQyax7]g a^og. ^^TC
ydq a^tov anoCriGa öoi;'"''
21 "Höd^rj
2'2/2ti xfi dnoXoyia
'i.'i/^.l xä avxd' VTtadrjXov yä^ cbsj
äxovöa avrbv xaxaXCnoi.
28 [dri (pvöai] fehlt.
Kolumne IV.
[xc]v 6 aQcog xal dvanc-
['d'i] Qa[d]iojg dvxaQäö^ai.
\ßB\aödiitvov 6b xö
[jt]aiöiov xöv ctaxbQu
b . aöovxa (V) :xQoqfiXi^f:V
1 ü auchF, getilgt von Hercher.
3—10 &sa6diisvog (dö^taßdfiavog
Hercher) de xb naidCov xal
TtrjXag xatg %aQ6lv ^^dnaXavörj
HI. 12 ff. die Gedankenstriche, die die Verlesung und die Auslaufe etc. trennen
Bolleu, bind meine Zuthat. — 15/lü /.u ov'k ^-/^co vgl. unten S. 240.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman - Handschrift
235
Codex Tliehanus.
avtip x«t f,IIov iioi std-
xeQ^" hl:tsv „ij (iYit^iq;
„2^v fikv djtsXsvöaif rs-
10 y,voVf ivtvfßtq ocal
yuQ avtij rovto xexs-
Xevksv. 'Eya de e^rj^og
/3it6ö'ofi«i, ndvtcov al'-
Tcog i^avtip ysvö^s-
15 vog. ^AnciXsöE pte xai-
VYi ^rjXotvTista %al
(jv, Baßvkav.''^ Tavta ei-
Tiav JtaQEGKSvd^s-
xo xriv xaxtGtrjv (iBiv)
20 ß-ayav vo^i^cov na-
Qu^v^iov %olXriv b-
dbv xal JtoA^aii' tiöXe-
cav Yjys^ovLav xal
xäg iv MeiXrixci} KaX-
•25 At()d');[g] Hxovaq. Tä ^e{v)
ovv ^sqI XTjv 'AöCav
iv xovToig rjv. 'O da
Xat^eag 'tjvvös xbv
Codex Florentinus.
Ttoxi ^loi xal <?v, xsxvov^
TCQbg xijv ^ritSQu
18 6vV€0XSvd^£XO
19/20 xaxaßuCvsLV elg^Icoviav, ^eyu
VOfll^03V
22 nokX&v fehlt; TioXXav o%Kmv
Reiske.
25 oixyfistg
Kolumne V.
q)iXaQy\yQ ]
nsQW[_ ]
'EQ^oxQaxrig dv[s7tij]-
Srj6sv ETtl xrjv [^öxrj]-
5 VrjV xal TCEQLTlXV^d-
}isvog xriv ^vyaxs-
Qtt „Z^s, rcxroi',** finre,
„Xat XOVTO TCEJlXdvfj-
fiat;" „Zö, ndxsQ,^^ si:!tsv^
10 dXrjd-cog, ort 6s t,G>vra
T[£'9'£a/io;t]." AdxQva Jtä-
6lv (ji,e(xyä (^yyctlQdq] sS,s-
1—2 entspricht in F nichts.
3 'EQfiox^dxrjg de
7 eiTie „^^ff, xexvov, 7]
8 xalaneh inF^v.Hercher getilgt.
9 £tjr£v fehlt.
10 vvv dXrjd'äg. Es fehlt ^üvxa.
12 iiEixo yLExä %aQäg.
V. 12 meine Kopie hat ftfyor?.« . . ., wohl verlesen, denn 7 ist t ähnlich
und l Y,
Archiv f. Papyrusforschung I. 2. 16
236
I. Aufsätze
Codex Thebanus.
y^etro. M£rcci,[v] de Tlokv-
Xag^iog {^eniKa^xanXEl
15 Tat[s' cckXuLg XQirJQS^-
6 IV. Avtbg yccQ i]v tie-
Ttcßtsv^svos tbv 6x6-
Xov äno KvTtQOv diu
xb fiij XaiQEUv uXXci
20 xivl övvaöd^ui afpXd'
^Biv :xXi]v fidrto Tai
KaXXiQÖi]q övvBivai
y.aXXBi. TaxEcog ovv 6
Xtfirjv STtXrjQovxo x[at]
25 fjV ixEivo xb ^xii^cc
xb ^Exä xriv vccvficc-
XEiav xrjv 'Axxixrjv,
Tcul avxat yuQ al XQirj-
Codex Florentinus.
15 xutg auch inF; Hercher: avv
xatg. Dagegen Cobet,
17 xbv aXXov öxöXov
19 ^rjXEXi
20—23 6i^Xät,Eiv dvvaö&ai 7cX))v
KaXXL^QÖi} ^övy.
23 ÖS
25 ff. wie F. Vgl. Naber, Mnemo-
syne N. S. VIII. S. 212-,
Schmidt, J.Jahrbb.l25 (1882)
S. 194.
Kolumne VI.
[QEig EX TioXs^ov xuxe]-
[tcXeOV £6X£q)aVC3^E\-
\yai xQrjödfiEvaL 2Jv]-
[qccxoölc} öXQaxrjyä'^
5 [pwE^Cx^riöuv 8e tti\
[(paval xäv aTtb xfjg d'o]-
X(x[66r]g xovg inl yfjg^
ä0zat,[o^EVG}V, rd)i']
de astö t[^s yijg tovq\
10 hv xaXq XQi\riQiöiv\
EVfpri^Cat \xE xal e^ul]-
vo[t] xal svxa[l srpög]
äXXijXovg. 'HxE d[E jus]-
Tß^v (p6QÖnsvo[q]
15 xal 6 XaiQEov nax[i]Q\
Xino^v^Ojv ix t['»Js]
7CUQaö6h,ov xaQag. 'E-
:xBXvXiovro 8e aXX\ri\-
Xoig 6vvE(prjßoi xal
20 6vvyv^v[a]0xac, Xai-
Qsav äöTi^äöaöd'ai. ]#£-
8—10 xal JtccXiv EXEivav Tovg ix
d-aXdööYjg
12 övvEvxccl TCvxval nag" a^(po-
XEQCOV
1.3/14 iiExa'E,v cpEQouEvog feiilt.
17/18 inExXvovxo F; iitExsXEvovxo
nach Reiske auch Hercher.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman - Handschrift
237
Codex Thehanus.
ÖS al yvvaixelg. 'Eöo]-
25 -aaXXswiv [ ]
vtivxriv (?) [avaövo]-
HBViiv [iyt TYis ^aXda\-
6ijg. TlQo^g^Xd^av Öe]
Codex Florentinus.
2;^— 27 "Edo^£ ds hl (vüu Cobet neben
iavrfig gestrichen) xal (xaX-
Xtov Reiske) avxalg {ßavTfig
Herch.) KalXiQQ6i]v {Kak-
kiQQor] Herch. ) ysyovEvat,
äöTS dXrjd^äg sinsg av avrrjv
oQccv ttjv 'AcpQoöitrjv avuövo-
\ISVYIV
Kolumne VIJ.
[XuLQsag t<p 'EQ^oxQ](Kvr]
[xal tä Tcar^Qi ^^IlaQaXd-
[/SJfrcct" (py](Siv „töv nXov-^
xov rov fisydXov ßa-
5 öiXmg}'' Kai evd-vg i-
xbXsvös 8xx[o]^i^s-
(j^ccfc ccQYVQÖi^ T& xal
XQvöbv ävaQid^^riTov
y.al iXetpavta
10 xal rjXexTQOv xal
eöd'fjra xal näöav
JtXovtov 71oXvxeX\sl\-
av, sjti(fETS,ai dh 2Jv-
[Qa]xo6toig xal xX£Lvrj(v)
15 [xal] XQdz£t,av xov fis-
[yd]Xov ßa[6t]XEa}g xal
[B^vvovypvq xal JtaX-
[^JßjetcT«^, dj(?T£ ivs-
[7iX^]6d-rj 7Cä6a tj no-
20 [Xig ovx\ log tiqoxeqov
[ix xov TCoXi^ov] xov
[ElxeXlxov nsviag ^Ax]-
[xixrig^ dXXa xh xatvo]-
[xaxov iv siQ't]vrj Xaq)v\-
25 [qov Mrjdixibv. 'A&qöov de]
3 scptj
7 aQyvQLovF.ccQyvQovlieYeheY.
X8 fehlt.
9 sixa
12 vXrjg xaxvi]g xs
13 sTisdsi^s. Es fehlt dk
16—18 xal svvovxovg xal naXXaxi-
dag fehlt.
VI. 24 meine Kopie hat ^svSewa . y . [ ]. Das zweite N mag ich aus
dem Anfang von AH verlesen haben. Vgl. unten S. 246 f.
IC*
238
I. Aufsätze
Codex Thebanus.
[^,'y4jtico^sv elg xr]v ixxXii\-
Codex Florentimis.
27 u^iov^Ev P; ajiCanav Beck.
Kolumne
avrovg xal ßXBJtsiv
Ttai dnovstv. 'E^ti ös i-
[7t^1]Q6d-7] xb %-ta\xQov
[avÖQÖv xe nal yvvafc]«(ö(v),
5 ei\^s\£X%6vxog ^ovov
\Xai\QEOv x«c sidvxBq
x«t TiäOai STiEßörjüccv
^^KaXkiQÖiqv TiaQaxcclsi.^''
'EQ^oxQKXiqg de xal
10 rovxo sdyj^ayayrjösiv)
slgayaycov xtjv d'vya-
XEQU. Uqcöxov ovv 6 df]-
^og eig xhv ovgavhv
aTtoßkaxl^ag svcpruit
15 xovg d^sovg xal %äQiv
rjTCtöxaxo ^äXXov v-
7C£Q xrig rj^EQag xav-
rrjg rj x&v intveixi-
av. Eixa noxa ^av a-
20 (Jyil^eto xal oi iiav u(v)-
ÖQag inrivovv XaiQa-
av, al da yvvalxag KaX-
XiQoriv^ JCOT8 d' av 7td-
kiv a^ifoxeQOvg xol-
25 vfy, xal xovxo ixaCvotg
ilöiötov i]v. KakkiQÖ-
rjv ^av cjg ix nkov
[■
.]
VIII.
1/2 idatv xal axovöai. Aoyov da
d^äxxov i7i2.t]Q(o&rj
5 algekd^övxog da
6/7 ^äßai xal Ttdvxag
11 aiödyoov xal xrjv
14 änoßki-^ag auch F; ävaßki-
if^ag corr. Hercher.
18 xijg xtbv
20 i6xCt,ovxo
23 bxs
26 ridiov
27 tog av
Die beiden Abschnitte, für die wir jetzt zwei Codices haben, ge-
hören zu denjenigen Partien des Romans, in denen die Herausgeber
an der Lesung des Florentinus nur wenig Austofs genommen haben.
Auch Cobet bringt in seinen Nachträgen zu Herchers Ausgabe
(Mnemosyne VIII 229 ff.) für diese Abschnitte nur wenige Be-
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 239
merkungen.^) Im Ganzen sind etwa ein Dutzend Verbesserungen zu
dem überlieferten Text vorgeschlagen worden.") Um so bemerkens-
werter ist es, dafs der Codex Thebanus eine solche Fülle von Ab-
weichungen bringt. Doch das Wichtigste sind nicht die einzelnen
Verbesserungen, sondern der Einblick, der uns in die Textgeschichte
eröffnet wird. Wenn ich recht gesehen habe, ergiebt die Vergleichung
der beiden Handschriften, dafs der Florentinus und der Thebanus
zwei verschiedene Redaktionen des ursprünglichen, uns nicht
bekannten Urtextes des Chariton darstellen.
Ich greife zunächst die beiden Stellen heraus, die die stärksten
Abweichungen aufweisen.
Die eine ist III 9 — 20. Dionysios hat den Brief der Geliebten
empfangen, hat ihn geküfst, dann geöffnet und an die Brust gedrückt,
als wäre es die Geliebte selbst. Der Florentinus fährt fort: xal sjil
TCokvv XQovov 7iatEi%sv^ ccvayLvaöxsLV ^rj dvvd^svog diä rä ddxQva.
'Aitoükavöag d\ iiöltg civayivaß'neiv r/p|o:To. Ahnliche umständliche
Schilderungen der Gemütsbewegungen sind passim in den griechischen
Romanen zu finden.^) Bei der bekannten Vorliebe des Chariton für
Wiederholungen kann die folgende Parallele als Stütze für die Gesamt-
anlage dieser Schilderung dienen (Char. IV 6, 5) : XaiQsag — ijd'sXe yQcc-
tpEiv^ aAA' ovx idvvato^ daxQvcjv iTaQQSovtav xal rrig ;t£tpög ccvrov
tQ£(iov6rjs. 'AnonXavöag d\ rag iavtov 6v^(pOQäg ^6kig riQi,axo toiav-
rrjg iniöTolrig. Nur das alleinstehende dnoxkavöag im Florentinus
wird hierdurch verdächtigt, denn dnoxkalEiv heifst „in Weinen aus-
brechen" oder „beweinen". Ersteres ist hier wegen des vorhergehenden
diä xä ddxQva ausgeschlossen. Für die zweite Bedeutung aber fehlt
ein Objekt, das man nach jener Parallele als (tag iavtov öxfficpOQccgy
vielleicht um so lieber ergänzen möchte, als dieselbe Phrase auch in
IV 7, 3 (^ccnozXavöag de tijv iavtov öv^tpOQccv) wiederkehrt. Noch sinn-
gemäfser wäre für diese Situation die Bedeutung „sich ausweinen", die
freilich bisher nur für das Medium bezeugt ist-, man müfste also cctco-
xXav6d<^fi£voyg emendieren, wenn man nicht dort auch dem Aktivum
eine durch die Lexica nicht bezeugte Bedeutung zutrauen will. Schlimm-
1) Vgl. auch Cobet, Variae lectiones^ 1873 S. 169 ff.
2) Einige von Reiskes Emendationen (in der Editio princ. von D'Orville
1750) sind bei erneuter Revision in der Hs selbst gefunden worden, so xsrrj (oben
IV 15), inmataTtlsl (V 14), avtbg (V 16). Den Hinweis auf S. A. Naber, Mnemo-
syne N. S. VI (1878) S. 190 ff. und F. W. Schmidt, J. Jahrbb. 125 (1882) S. 185 ff.
verdanke ich Richard Förster.
3) So schon in dem ältesten Roman, den wir kennen, dem Ninosroman,
A IV 26 ff Vgl. Hermes XXVIH S. 172 f.
240 I- Aufsätze
sten Falls steckt also in dem ccTioxlavöug^ an dem übrigens die Heraus-
geber bisher keinen Anstofs genommen haben, ein Fehler. Sonst ist
diese Schilderung durchaus anschaulich und durch jene Parallele gestützt.
Statt dessen bietet der Thebanus: 'EtiI nokvv de %qövov y.atB%Giv
uvrä avaysivcSöxi.^) Dieser Satz ist sowohl sprachlich wie sachlich
anstöfsig. Das Präsens y.axii<av ist hier unmöglich: es müfste xata-
6X03V heifsen. Doch das könnte immerhin ein Schreibfehler sein. Ferner
ist ccvrä nicht gut, nachdem vorher von der eTCtötokr) und nicht mehr
von den y^d^^uta (Z. 3) die Rede war. Sachlich ist es ein Mangel,
dafs nach dieser Version Dionysios beim Lesen des Briefes gar nicht
in Thränen ausbricht, zumal der Dichter kurz vorher ausdrücklich ge-
sagt hat, dafs Dionysios schnell vom König fortging, um weinen zu
können [daxQvojv eh,ov6Cav e%siv).
Während a priori bei derartigen Abweichungen die Möglichkeit
der Interpolation ebenso wie die der Verkürzung zuzugeben ist, ist
hier kein Zweifel, dafs der vollere Florentinus den ursprünglicheren
Text bietet, während der Thebanus eine ungeschickte Verkürzung giebt.
Dagegen scheint mir das umgekehrte Verhältnis in den unmittel-
bar folgenden Sätzen vorzuliegen. Im Codex Thebanus ist das Lesen
des Briefes in der Weise dargestellt, dafs die volle Adresse und der
erste Satz — vgl. Char. VIII 4, 4/5 — wörtlich mitgeteilt werden,
mit Hinzufügung der Ausrufe oder Liebkosungen, mit denen Dionysios
das Lesen begleitet. In dieser Darstellung, für die ich auf S. 234 ver-
weise, ist sprachlich alles in Ordnung bis auf einen Punkt. Wenn
man ovx £%w in Z. 15/6 mit dem folgenden %uiQEiv verknüpft, so
würde derselbe Gedanke mit %ä<s dvvufiai nochmals zum Ausdruck
kommen, und andrerseits würde tc3 uvÖqI eine Verschlechterung gegen-
über dem ovxst' uvöqI sein. Ich vermute, dafs ovxsxa korrumpiert
ist aus ovxit' ovtl. Dann ist alles klar und gut: Ol'uoi rä uvögl
ovxdt üVTt, worauf mit %aCQEiv etwas Neues beginnt.
1) Nur nebenbei sei auf die orthographischen Eigentümlichkeiten des The-
banus hingewiesen, die in der Schreibart jener Zeit, in der der Codex entstand,
begründet sind und weder mit Chariton noch mit der Redaktion etwas zu schaffen
haben. Dahin gehören die damals üblichen Vertauschungen von i für bi {naidiav
I ly, a.v(xyi-iväiGyt.i III 11, ävanid'i IV 1, inl VIII 2, hvcpr'nii VIII 14) und ti für i
{ccvaysivway.1 III 11, ^rilorvTisicc IV 16, MeiXtjtg) IV 24, vav^iaj^sla V 27, KccXXsicav
VI 25, Tilsivriv VII 14, iTtiveimmv VIII 18), von cci für s (xairr) IV 15, TtccQccXäßsxai
VII 3) und s für ai (dvvaii8 lU 17). Ungewöhnlicher ist agiarsag I 12 für &qi-
ßtsias. Vgl. Oxy.II 269 I 20: crjfiFmßtoyg. Ohne Belang sind auch die Schreibungen
KccXXiQori mit einem q (durchgehends) und oi'fiuoi III 14/5. Vgl. auch ' EQiioxQccTr]
in VII 1. Das v i(psXy.variii6v steht wie üblich ganz regellos, sowohl vor Konso-
nanten (12, 13, VI 24) wie vor Vokalen (passim), auch fehlt es vor Vokalen (VII 5).
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman - Handschrift 241
Dagegen thnt der Florentinus die Verlesung der Briefadresse mit
folgenden Worten ab: Kai TiQäröv ye KalXiQQÖrjg tovvo^a xurscpCkrjösv.
'ETtel de rjXd-ev sig t6 /JiovvgCgji eveQyhrji, ol'fioi cpi^ölv ovxtT' avÖgl.
Eine wesentliche Kürzung! Die Spielerei mit dem xuCqsiv der Adresse
ist völlig übergangen. Die Darstellung ist aber auch ungeschickt, denn
die Worte STtsl de ißd'ev eig t6 ztiowöCat erwecken die Vorstellung,
als wenn das /liowöCai wer weifs wie weit von KcclliQQÖr] entfernt
wäre, während es doch unmittelbar folgte. Dieser Darstellung liest
also keine anschauliche Vorstellung von der Adresse zugrunde.
Auch hier können wir nicht schwanken, wer die ursprüngliche
Lesart hat: dieses Mal ist es der Thebanus, dem wir jetzt zum ersten
Mal die Kenntnis des volleren Wortlautes verdanken, während der
Florentinus eine stark, und zwar ungeschickt verkürzende Bearbeitung
bietet.
In beiden Fällen hat sich die vollere Form als die ursprüngliche
erwiesen. Für die Annahme einer erweiternden Bearbeitung eines ur-
sprünglich kürzeren Textes hat sich kein Argument gefunden.
Ein ähnlicher Unterschied in der Ausführlichkeit zeigt sich
Kol. IV 3 — 10. Der Florentinus erzählt die Begrüfsung des Dionysios
mit dem Knaben — bis zu den Worten des Vaters — folgender-
mafsen: &ecc0d^evog — wofür Hercher unter Hinweis auf den Homer-
vers ^^avtaQ oy öv tpllov vCbv mel %v6e TtriXi te leQßCv'"'' cc07ia6d(ievog
schreiben wollte — de trö naidiov zul jtTJXag ratg xe^ölv^ worauf die
Ansprache folgt. Es ist von den Herausgebern nicht bemerkt worden,
dafs dieser Satz den durch die vorangegangene Erzählung gegebenen
Voraussetzungen nicht gerecht wird. Dionysios hat sich vorher, um
den Brief ungestört zu lesen, eingeschlossen (III 1 xaranXelöag eavrbv).
Wie soll er jetzt den Knaben, selbst angenommen, dafs er ihn von seiner
Klausur aus sehen konnte (d-ea6cc(ievog\ ohne weiteres mit den Händen
streicheln können? Mufste da nicht vorher erzählt sein, wie sie zu
einander gekommen sind? Und dieses Desideratum wird in der That
durch den volleren Text unseres Thebanus befriedigt, der sich so durch
innere Gründe als echt und ursprünglich erweist: [&e]a6d(ievov de t6
[TCJaidLov rbv TtateQcc . aöovta (?) TtQogrjXd-ev avra xal ^^IIov (lOi TtdxeQ''''
einev „i^ /iijri;^; 'ATtico^ev TiQog avTi^(v)." Ganz klar würde die Situation
erst, wenn das Participium . aöovta mit Sicherheit ergänzt würde. Viel-
leicht bezeichnete dies das Verlassen der Klausur. Meine Lesung kann
kaum richtig sein ; ich wüfste wenigstens keine Ergänzung zu . aöovta.
Angenommen, dafs ich a mit X und 6 mit -0' verwechselt habe, was
bei dieser Unciale nahe liegt und bei einem Palimpsest wohl entschuld-
bar wäre, so könnte man [i]X9'6vta lesen. Wie dem auch sei, in der
242 I- Aufsätze
Hauptsache ist der Vorgang klar: Der Knabe läuft auf seinen Vater,
als er ihn kommen sieht, zu und fragt ihn: „Wo ist die Mutter? Wir
wollen zu ihr gehen." ^)
Das alles hat der Redaktor des Florentinus, denn von einem sol-
chen dürfen wir wohl schon reden, übergangen. Wie ist nun seine
Verkürzung zu erklären? Aus dem angeführten Passus des Thebanus
können nur die Worte ©saöd^svog de t6 natdCov stammen (aus Z. 3,
mit Veränderung der Konstruktion). Woher hat er die Homerremi-
niscenz nrilaq ralg x^Q^''^ genommen? Eine so gelehrte Interpolation
wird man dem Redaktor, der dazu noch kürzen wollte, gewifs nicht
zutrauen. Das ist sicher Charitonisch. Und damit ist uns der Weg für
die Erklärung des Thebanus gewiesen: das Homerzitat mufs in dem
Urtext zwischen den Worten des Knaben und der Antwort des
Vaters gestanden haben. Diese Annahme ist um so einleuchtender,
als es ungewöhnlich wäre, wenn wie jetzt im Thebanus die Worte des
Vaters 6v ^sv uTteXsvöai xxX. unmittelbar, ohne erzählende Einleitung auf
die Kindesworte folgten. Dafs also zwischen IV 8 und 9 eine Lücke an-
zunehmen, in der mindestens yiai nrilag tcctg %f()(?ti^ zu ergänzen ist,
scheint mir sicher, und da 7irj?.ag nicht ohne Beziehung auf ein Objekt
stehen wird, so wird auch t6 tcuiölov vorhergegangen sein. Es fehlt
uns nur noch das passende Partizipium zu diesem. Man könnte viel-
leicht daran denken wollen, hier ein 'O öe d^saedfisvos tb nmdCov zu
ergänzen, weil dann die kürzere Fassung des Florentinus nicht not-
wendig eine tiefgreifende redaktionelle Änderung zu sein brauchte,
sondern einfach ein Schreibfehler sein könnte, indem wegen der Ähn-
lichkeit der Satzanfänge die erstere Periode überschlagen wäre. Aber
abgesehen von der Kakophonie, würde ^suödfiavog an der zweiten
SteUe nicht an seinem Platze sein. Denn nachdem der Knabe den
Vater angeredet hat, wird der Dichter nicht sagen, dafs der Vater ihn
„erblickt" oder auch „anblickt". Wenn hier schon einmal erraten wer-
den soll, was der Dichter geschrieben haben könne, so halte ich mich an
den Homervers, auf den Hercher hingewiesen, und schlage der Sprach-
weise des Chariton gemäfs etwa folgendes vor: 'O de xaru(piX7J6ag tb
Tcccidiov xal nrikag xalg %eQ6Cv. Der knappe Satz des Florentinus wäre
dann zusammengeflickt aus dem leicht veränderten d-eaödfievov de
tb TiaidCov in Z. 3 und dem in der Lücke zwischen 8 und 9 anzu-
nehmenden xat niqXag taig %eQ6iv.
Die Antwort des Vaters lautet im Florentinus: dneXevöri noxe (lot
xal 6Vj XEXvov, JiQbg xijv ^rjxsQa^ im Thebanus: (jv fiev ccTtdXevöai,
1) Dieselben Worte aniantv TiQÜg avzrjv auch Chariton UI 1, 8.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 243
tsxvov, £vrvx&g. Hier hat offenbar keine der beiden Versionen den
ursprünglichen Wortlaut. Nicht nur, dafs svtvx&S ini Florentinus fehlt,
auch das xal vor 6v, das einen hier ganz unpassenden^) Hinweis auf
die Mutter enthält, weist auf eine Verderbnis des Textes hin. Kai steht
mit Recht, wenn man n^bg tijv (irjrsQa davon trennt. Ich möchte die Ver-
mutung wagen, dafs das Original etwa folgendermafsen lautete: aTcelevöri
jtote fioi xccl 6v xixvov <«9?')?, y^aV) svrvxSig TtQog xriv ynqxEQa (TiX^vGeig
resp. TtX&vörj oder Optativ?), oder welches Verbum man hier wählen will.
Die Analyse dieser beiden Hauptstellen, an denen die durchgreifend-
sten Abweichungen vorliegen, hat ergeben, dafs weder der Florentinus
noch der Thebanus den Urtext des Chariton überliefern, sondern zwei
verschiedene, völlig unabhängig von einander gearbeitete
Redaktionen des Charitonischen Textes darstellen, denen beiden
die Tendenz innewohnt, den Urtext zu verkürzen. Wir haben damit
eine Basis gewonnen für die Beurteilimg der anderen Stellen, an denen
geringfügigere oder aber an sich schwerer zu erklärende Abweichungen
vorliegen. Betrachten wir diese der Reihe nach, zunächst soweit sie
Spuren redaktioneller Bearbeitungen enthalten.
Ob n 6 — 9 hierher gehört, ist fraglich. In dem Text, wie ich
ihn oben vermutungsweise nach F hergestellt habe, ist das xal vor
KaXhQÖrjv in Z. 8 jedenfalls unrichtig, denn etwas anderes als Kallirrhoe
hätte der König ihm gar nicht „zurückgeben" können. Es fragt sich
nur, ob das eine unrichtige Zuthat eines Schreibers oder vielleicht ein
Residuum aus einer volleren Gestalt des Satzes ist, aus der dann die
Worte des Florentinus durch Verkürzung entstanden wären. Ich be-
merke, dafs der in F überlieferte Text für Z. 7 etwas zu kurz er-
scheint: idvvdiirjv Efpiq enthält nur 11 Buchstaben, während sonst in
dieser Kolumne meist 14—16 stehen. Freilich wäre ein solcher Wechsel
nicht ganz ausgeschlossen (vgl. VII 9, auch hier II 28). — Auch ob
in Z. 1 — 6 der in F überlieferte Text wie oben unverändert einzusetzen
ist, kann fraglich erscheinen: es ergeben sich dadurch einmal 16, zwei-
mal 17 und zweimal 18 Buchstaben. Das ist für die Gewohnheit dieser
Kolumne etwas reichlich. So halte ich es nicht für ausgeschlossen,
dafs hier Abweichungen des Textes vorgelegen haben, deren Kenntnis
sich uns jetzt entzieht.
Verschiedenheit der Konstruktionen liegt in II 15 — 18 vor. Die Mit-
teilung des Königs, dals Dionysios als erster Wohlthäter des königlichen
Hauses geführt werden solle, ist in F als Hauptsatz seiner Ernennung zum
1) Das v.al ist von den Herausgebern bisher nicht beanstandet worden. Da
aufser dem Knaben niemand zur Mutter gehen wird, ist die jetzige Überlieferung
jedenfalls verderbt.
244 I- Aufsätze
Satrapen von Jonien angegliedert, während in Th die beiden Gnadenakte
gleichmäfsig von Ötda^i abhängig gemacht sind. Da die letztere Kon-
struktion die kunstvollere ist, wird sie die ursprüngliche sein.
In F ist aber nicht nur die Konstruktion geändert, sondern es ist
auch gekürzt worden: vgl. slg ohov ßaGiXscog gegenüber dem sig tbv
OLXov Tov ßaßilscog in Th. Für rov olnov spricht Char. VII 5, 15, wo
dieser selbe Gnadenakt angekündigt wird mit den Worten: ccvayQccipco
6e svsQysTTjv elg tbv oixov tbv i^öv. Unrichtig ist andrerseits in Th
der Artikel vor ßa6i2,acog^ da Chariton sonst, wie üblich, den Perser-
könig ßaöiXavg zu nennen pflegt. Da er ihn aber gelegentlich auch
6 fieyag ßaöilsvg nennt (vgl. Kol. VII 4/5), so ist es mir nicht un-
wahrscheinlich, dafs tov ßaöLlscog hier eine fehlerhafte Verkürzung aus
tov fieydXov ßa^iXiag ist. Diese Ausdrucksweise würde an dieser Stelle
etwas Feierliches haben, was für die Situation gut passen würde. Vgl.
auch q)iXov tov ^sydXov ßaöiXsag in Char. I 12, 6.
III 7 möchte ich TCQogsTttv^ato gegenüber dem farblosen jtQogEtid^Et
halten. Die Dürftigkeit des nQogtid'ivau wird erst klar, wenn man an
die Beziehung auf Kallirrhoe denkt {hg exsLvrjv tcccqovGccv). Darum ent-
scheidet auch nicht die Parallele Chr. II 11, 1: trjv lixöva Xaigeov tf]
yaötQL TiQoged^rjxe.
Schwierig ist die Beurteilung der Abweichungen in III 21 — 28. Was
F im Anfang bietet „^'^-O'i; de tilg inLötoXvig tfj a^roAoym", ist zwar
sprachlich unanstöfsig, aber sachlich ist bedenklich, dafs dieser Brief,
den wir ja ans Char. VIII 4, 5/6 kennen, eine wirkliche aTto^oyia gar
nicht enthält. Mir scheint der Grimdgedanke dieses ganzen Passus
vielmehr folgender zu sein: „Dionysios liest aus dem Brief eine Recht-
fertigung der Geliebten heraus; er glaubt zwischen den Zeilen zu lesen,
dafs sie ihn gezwungen verlassen habe, denn Eros macht die Liebenden
leichtgläubig." Vielleicht gelingt es, durch Ineinanderschiebung der
beiden Redaktionen dem ursprünglichen Text näher zu kommen. Der
Thebanus weist mit seinem TiQog tijv a.%oXoyiav auf den richtigen Ge-
danken hin. Es fragt sich nur, welches Verbum an der Spitze des Satzes,
wo ich rjG.sto las, herzustellen ist. Ist die Lesung richtig, so wüfste
ich keine andere normale Ergänzung als fjö['9']£T0, was nicht befriedigt.
Aber es könnte wohl ri6%Bto für e6%Eto geschrieben sein, wie häufig in
vulgären Texten, und dies würde einen guten vSinn ergeben: „er hielt
sich an den Brief, klammerte sich an ihn, um sie zu rechtfertigen."
Soll nun der Redaktor des Florentinus das riÖEöd^ai sich selbst
erdacht haben? Gewifs nicht, zumal der Begriff hier durchaus am
Platze, ja notwendig ist, nachdem vorher nur von dem Wehklagen des
Dionysios gesprochen ist. Man wird die beiden Redaktionen zu ver-
Ulrich Wikkcn: Eine neue Roman -Handschrift 245
binden haben. Vorausgesetzt, dafs Chariton etwa f'olgenderniafsen ge-
schrieben hätte: „rj(?^^ de tfj iniötoXfi aal söxeto avtr-^g Jrpög trjv
anoXoyiav^\ würden sich die beiden Verkürzungen von F und Th aufs
beste erklären.
Auch im folgenden Satz sind vielleicht die beiden Redaktionen in-
einander zu schieben: xal TtoXXdxiq avsyivcoöxs tä avxä \y.a\tä xä Qtj-
^ata. Oder ist in Th |ßt)|T« zu ergänzen? Dann würde wohl avtä xa
Qyl^ccxa verschrieben sein für xä avxä Qrj^ccxa.
Stärker gehen die Handschriften wieder im folgenden aus einander.
Der Florentinus hat: vjtsdijXov yäQ ag äxov6a avxbv TiaxaUnoL^ der
Thebanus: £[. . .J-O'r/ yäg öxi ä}cov[6a xajxsXiTtev^ wo das Fehlen von
avxov nur Schreibfehler ist. Was F giebt, ist fein und zutreffend:
die Irrealität der Vorstellung ist durch ag mit dem Optativ hervor-
gehoben. Auch wird mit Recht nur gesagt, dafs der Brief es „andeute",
dafs sie ihn gegen ihren Willen verlassen habe, denn ausdi-ücklich sagt
er es nicht. Der Aorist Passivi in Th i[. . .]d"rj mufs einen ganz an-
deren Gedanken als vjisdifjXov ausdrücken, da ort mit dem Indikativ
folgt. Wenn ich s[7ti6^&7jv (für ejtsiö^rjv) vermute, so finde ich eine
Stütze in dem folgenden : "Egcog — ävuiti&i. Der Urtext das Chariton
wird derartig gewesen sein, dafs sowohl die Lesungen von F wie von
Th daraus entnommen werden konnten. Ich vermute etwa folgendes:
vnsöriXov yäQ tog axovöcc avxbv 'AaxaXCnoi xal f7tSL6&r] . . . .^) Der Re-
daktor von F würde also die Schlufspointe, dafs Dionysios es auch
glaubte, ausgelassen haben, während der von Th auf das vjtoöfjXovv
verzichtete uüd den Inhalt hiervon vielmehr von ineLöd-rj abhängig
machte. ^)
In dem folgenden ovxco xoixpöv iaxiv in F liegt wieder eine Ver-
kürzung vor, wie die Lücke in Z. 28 zeigt. Das von mir ergänzte ^i)(?)
(pvöEi würde echt Charitonisch sein. Vgl. die Beispiele bei Cobet, Mne-
mosyne VIII S. 254.
Nebenbei sei bemerkt, dafs den 4 Kolumnen, die zwischen IV und
V fehlen, in F ungefähr ebenso viel Text entspricht wie den Kol. I — IV
und V — VIII. Daraus folgt natürlich nichts für die Übereinstimmimg
des Inhaltes.
Der Anfang von Kol. V zeigt eine vollständige Diskrepanz gegen-
über F. Was ich in Z. 1 imd 2 gelesen habe, (puXaQylyQ . . und niQ-q^l^
1) Hieiinit soll nur der Gedankengang angegeben sein. Vielleicht folgte
noch ein Satz mit ort und dem Indikativ, der den Gedanken in anderen Worten
wiederholte.
2) Ilcid-tad'ai ort mit dem Indikativ auch für das Glauben von Irrealem
z. B. bei Chariton III 4, 10, VII 5, 15.
246 I. Aufsätze
kommt in F in dieser Gegend überhaupt niclit vor, und es ist schwer,
irgend eine Beziehung zu dem Text von F zu finden. Der (pt^QyvlQog,
der Geizige, liefse sich zwar mit dem Schatzfinder zusammenbringen,
von dem es vorher heifst: ovte d-rj6ccvQbv svgäv rtg %qv6iov xoßovrov
ii,€ß67}6£v (p. 151, 11 Hercher), aber ich wüfste nicht, wie das mit
'EQiioKQKtsi xtA. zu Verbinden wäre. Über die Gestalt des Urtextes
läfst sich hier keine Vermutung aufstellen. — Wenn in Th hinter
'EQfioxQcctsL das de fehlt, so braucht das kein Schreibfehler zu sein:
es kann hier in Th eine andere Satzkonstruktion gewesen sein.
Durchsichtig ist die Diskrepanz in V 21 — 23: hier ist klar, dafs
der Redaktor von F das TtXrjv KuXXlqÖ)] ^6v)] einfach verkürzt hat aus
TtXijv ^6v(p TCO KaXhQOTjg Ovvelvai yiälXei^ wie Th wohl in Überein-
stimmung mit dem Urtext schreibt.
Ebenso liegt der Fall in VI 7 — 10: das kiu-ze aal ndliv sks^vcov
tovg ix &aXd66rig in F ist nichts als eine Verkürzung der Fassung des
Thebanus, der auch hier gewifs den Urtext wiedergiebt: rcbv] de anb
t[')jj yilg tovg^ iv tatg rQL[7]QEaLv]. Wie schlecht das Erstere und wie
gut das Letztere ist, sieht man erst, wenn man die vorhergehende Parallele
danebenstellt: övifs^i^d-r^ffav de <xl q^aval tCov äno xrig d'ccXdßörjg tovg
£7cl yf}g ccöTCa^ofiavcov.
In den folgenden Worten VI 12 ist dagegen wieder Th kürzer: es
fehlt vor XQog ccXXrjXovg^ wie F zeigt, Ttvxval tikq' d^tpotEQCov^ wovon
nvxval notwendig, naQ ä^cpoxEQCov gut ist. Möglicherweise fehlt noch
in beiden Codices ein Verbum finitum, aber nötig ist dies nicht. Vgl.
den ähnlichen Satz bei Char. VI 2, 2: övvsvxccl da xal incßo^ösig fivQtat
räv öitavdövtcov xrX.^ wo ebenso wie dort ein rjöav hinzuzudenken ist.
Diese Parallele bestärkt uns darin, in dem einfachen sv^al in Th an
Stelle von cvvavxal in P eine Verschlechterung zu sehen. ^)
Im folgenden Satz endlich (VI 13/4) bietet Th mit ^ata^v (paQÖ-
^avog offenbar den Urtext, wähi-end in F wieder eine Kürzung vorliegt.
Über VI 23^ — ^28 kann ich nicht so bestimmt mrteilen, da hier der
Text von Th lückenhaft ist. Das ag [cc]<^X'rj')\d-c)g in 24 ist nur eine
nachträgliche Vermutung für die Lesung C36.v.[... (s. oben S. 237).
Ich glaube freilich, zumal dlrjd-ag im nächsten Satz auch in F vor-
kommt, dafs meine Lesung damit richtig korrigiert ist. Dagegen weifs
ich mit vrivtriv in 26 nichts anzufangen. Jedenfalls liegen hier starke
1) Sw^v^cd empfiehlt sich vielleicht auch wegen des Hiatus. Vgl. Hercher,
J. Jahrbb. 77 (1858) S. 165. Freilich nach dem neuen Einblick in die Bedeutung
des Florentinus müssen wir uns gestehen, über Charitons Verhältnis zum Hiatus
ein sicheres Urteil nicht fällen zu können. Vielleicht ist auch Char. HI 5, 3 oftoü
ew^v/^al zu schreiben.
Ulrich Wileken: Eine neue Roman -Handschrift 247
Kürzungen gegenüber F vor. Angenommen, Th habe als Hauptsatz nur
Mo^£v df ag dh^d'äg ht xakUcov gebracht, so würde der Redaktor
die m F folgenden Worte avTatg (dafür lierchei': iavTiig) KakkiQQÖri
ysyovtvuL fortgelassen haben, die zum Verständnis nicht durchaus not-
wendig sind. Vgl. Char. V 5, 8: £<5o|£ XQsCtTav eccvTfjg (ohne Infinitiv).
Übrigens halte ich Herchers Vorschlag iavrtjg^) nicht für nötig. Vgl.
Achill. Tat. VI 18, 1 (in ähnlicher Situation): xul söo^sv avtä xoxs
xakXCcav yeyovsvat.
Für den Nebensatz könnte man vorschlagen: [ä6t£ SiTisg] (a^v
(av}triv [avadvoliiivriv [sn tfig Q'aXd6\6rig. Dies würde nicht als
künstliche Verkürzung, sondern als Schreibfehler aufzufassen sein, da
der Schreiber das t')i]v in ^A(pQodCTriv mit dem xriv in avtriv verwech-
selnd, die nach F einzuschaltenden Worte bQäv xiiv ^AcpQoöCxi^v über-
sehen haben müfste. Doch über Mutmafsungen komme ich nicht hinaus.
Es ist nicht ausgeschlossen, dafs Th eine ganz andere Konstruktion
als F geschaffen hat. KaXUcov ist übrigens eine schöne Bestätigung
für Reiske, der so statt nal (F) emendierte.
Verschiedene Satzkonstruktionen liegen ferner in VII 5 — 18 vor
F: ixdXsvösv iHxo^i^s6d-ai — elxa — fWc^fi^e-, Th: milEvße ixxo^t-
^£6&aL — SütLÖSi^ocL de. Vgl. hierzu II 15 ff. Ebenso wie dort glaube
ich, dafs auch hier der Thebanus mit seiner strafferen Konstruktion
das Richtige und Ursprüngliche giebt. Man beachte ferner, wie in F
die Akkusative xal aXivrjv xrA. nachhinken, während sie in Th in einen
wohl berechneten Gregensatz zu den vorhergehenden gestellt sind:
Silber, Gold, Elfenbein, Elektron, Kleider und die ganzen Kostbarkeiten
läfst Chaereas ausladen; besonders zeigen aber läfst er den Syrakusa-
nern das Bett und den Tisch des Grofskönigs und seine (von F ganz
übergangenen) Eunuchen und Kebsweiber. ^) Es ist wohl kein Zweifel,
welche Darstellung die ursprüngliche ist.
Zum Text dieses Abschnittes bemerke ich noch im Einzelnen:
KQyvQov (Th) verdient den Vorzug vor ccQyvQiov (F), das schon Her-
cher auf Grund vieler Parallelen in uQyvQov geändert hatte. Das
folgende xs (Z. 7) ist gleichfalls gut, von F ausgelassen. Dagegen wird
man das xal in 9 für eine Verschlechterung halten müssen (vielleicht
Schreibfehler). Gerade dies dxa^ das der Redaktor von F im Chariton
vorfand, hat ihn zu der unrichtigen Verteilung der Akkusative ver-
führt. In 12 steht nlovxov statt vkrig xi%VYig xs (F). Man könnte
die erstere Lesung durch Char. VI 9, 6 stützen wollen, wo in ähn-
1) Vgl. dazu Cobet, Mnemosyne VIII a. a. 0.
2) Sie begegnen auch in der ähnlichen Aufzählung Char. VI 9, 6.
248 I. Aufsätze
licheni Zusammenliaug Ttkovrov iiolvxskri steht. Dennoch möchte ich
vXrig rexvrjg rs für die Schreibung Charitons halten, gerade wegen ihrer
Kiinstlichkeit und Gespreiztheit. Was wir bisher als Redaktorengriechisch
nachgewiesen haben, war immer äufserst simpel und platt. Auch würde
es gegen die Tendenz zu kürzen, die überall hervorgetreten ist, ver-
stofsen, statt jtXovrov das komplizierte vkrjg rsxvrjg ts zu setzen. Mit
letzterem Ausdruck wird offenbar auf die beiden Gruppen hingewiesen,
denen die vorhergenannten Einzelobjekte angehören: Silber, Gold,
Elfenbein, Elektron gehören zur vXrj^ die Kleider zur xi%vri. Diese
Spielerei ist echt Charitonisch. — Endlich ist noch die attische Schrei-
bung UvQaxoöLoig mit o bemerkenswert. In F scheint durchgehends
UvQQUJCovötog oder 2JvQaxov6iog zu stehen, wie D'Orville schrieb. Mit
Recht tadelte es Hercher, dafs Hirschig ohne weiteres überall die
attische Form herstellte. Wenn er hinzufügte (J. Jahrbb. a. a. 0. 155)
„bei einem Spätling wie Chariton durfte die Einführung jenes Atti-
cismus nur auf Grund einer handschriftlichen Spur gewagt werden",
so würden seine Bedenken durch das Zeugnis unserer alten Handschrift
wohl jetzt geschwunden sein.
Endlich bringt uns auch die letzte Kolumne eine neue Satz-
konstruktion. Vgl. Vni 2 ff. : 'E7t<(syi dh il7tXi]Qad''rj t6 d-£a]tQov [dv-
ÖQav rs xccl yvvaL\xc}(v\ £l[g\£Xd'övtog ^övov Xatgsov xal navTsg '/.cd
näöai £7i£ß67}6av. Dagegen schreibt F : Aoyov Ö£ d^ärrov iTcXrjQä&rj
X. %■. a. X. X. y. EtgEkd'övxog dh ^ovov Xcclqsov näßat xal Ttdvxsg ixs-
ßorjöav. Das ^.öyov d-äxxov in F, eine sehr beliebte Charitonische Wen-
dung, ist sicherlich auch an dieser Stelle echt, denn der Dichter wird
nicht versäumt haben, die grofse Schnelligkeit, mit der das Theater
sich füllte, zu schildern. Vgl. die ganz ähnliche Darstellung Char. HI
4, 3 ff.: 'ATcCca^av £lg xriv ixxXrjöiav . . . Ov^to näv sl'Qfjxo £7tog xal
ijörj ^£6xbv ijv xb d'saxQov. Im Chariton mag also 'EtisI dh Xöyov d-äx-
xov xxL gestanden haben. Der Verzicht auf den Temporalsatz in F
ist zwar nur eine sehr unbedeutende Kürzung, die sich kaum verlohnt,
entspricht aber doch der mehrfach hervorgetretenen Abneigung dieses
Redaktors gegen straffere Konstruktionen, resp. seiner Vorliebe für die
Parataxe.
Auch die Lesung xal nccvxsg xal nüöca in Th verdient wohl den
Vorzug, nur das erste xal könnte zweifelhaft sein. Die Umstellung
TCäöai xal 7cdvx£g ist vielleicht nur Schreibfehler.
Damit wären wohl die Stellen, die sicher die Hand des Redaktors
verraten, erschöpft. Es sei endlich noch auf diejenigen Abweichungen,
soweit sie nicht schon oben zur Sprache kamen, hingewiesen, die sicher
oder vermutlich als Schreibfehler zu betrachten sind. Freilich ist auch
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 249
bei manchen von diesen noch die Möglichkeit einer beabsichtigten
Änderung durch den Redaktor zuzugeben.
I) Im Tliehanus.
1 12 de yjldsv. Die Richtigkeit von ö~' elgfikd'sv (F) ergiebt sich
durch den Anfang des vorhergehenden Satzes Kai rjXd-e raxsag, worauf
sein Zustand geschiklert wird. Nur dgrjkd-sv ergiebt einen Fortschritt
der Handlung.
I 24 der Konjunktiv xaQax^'^, sicher Schreibfehler für xuQaid-sCri^
wie der Florentinus schreibt, dem aber seinerseits wieder das si fehlt.
Das si in Th beseitigt einen Anstols, den Cobet durch den Vorschlag
G)6%SQ — ta^ai^Etg zu entfernen suchte (Mnemosyne VIII S. 302).
Durch Kombination der beiden Handschriften gewinnen wir jetzt die
richtige Lesung: ojötceq yccg ei' ng — • raQajd'EC'Y].
I 26 der Akkusativ koyovg — ßaQvtaQovg statt des Genetivs. Vgl.
Char. IV 6, 2; V 5, 3; V 7, 1.
II 11 fehlt slg ifiE.
II 19 fehlt 6.
III 6 ist xal statt eltcc fehlerhaft. Man könnte freilich in dem ab-
weichend von F gebildeten Satze inl nolvv d\ ;^()dvov kutexcov (Z. 9)
den dem TtQ&tov (Z. 4) entsprechenden zweiten Teil erkennen wollen.
Aber würde dann nicht TCQärov ^uv gesagt sein? Jetzt korrespondieren
vielmehr jtQcötov und eitu auch formell gerade dadurch, dafs ^ev und
de bei ihnen fehlen.
III 20 dürfte dem 6ov das 6oi in F vorzuziehen sein, denn nur
dadurch kommt der Begriff der Wohlthätigkeit zum Ausdruck.
IV 19/20 ist }ie{v) d-ayav völlig sinnlos. Hier liegt eine stärkere
Korruptel unseres Thebanus vor, denn es fehlt nach F statt dessen:
xcctaßcciVEiv slg 'lavLav ^aya. Diese Lesung von F ist in keinem
Punkte verdächtig. Wie die Korruptel in Th entstanden, ist schwer
zu sagen. Man sieht auch nicht, was der Sckreiber sich dabei gedacht
haben könnte. Dies ist insofei*n nicht unwichtig, als es zeigt, dafs
der Schreiber von Th — jedenfalls an dieser Stelle — keine
Lust zum Erklären und Interpolieren gehabt hat. Er bietet
etwas, das auch für ihn völlig sinnlos gewesen sein mufs. — Das vor-
hergehende :taQ£6xEVK^£To ist hier wohl nicht so gut wie 6vvE6KEvdt,Eto
in F, das speziell „sich reisefertig machen" bedeuten kann. Vgl. Char.
VIII 2, 5: UvöxEvaöci^Evot ovv navtEg ifißaLVETS.
V 8 fehlt das notwendige r) vor xal rovro.^)
1) Dagegen möchte ich dies xai, das in Th wie in F steht, nicht mit Hercher
streichen. Dieselbe Phrase fand ich in Char. V i), 4: i-ntivos i]v Xai^iai ov^Loq J)
250 I- Aufsätze
V 10 fehlt vvv vor akrjd-äg. Dagegen ist vorlier sinsv in 9 wohl
als Dittographie (vgl. 7) zu streichen.
V 17 fehlt äUov.
V 19 ist das ^rjxhi in F wohl dem ^i] vorzuziehen.
VIII 11 sigayayav statt eigaycov xal.
VIII 14 hat Th ebenso wie F: sig tbv ovgavbv anoßXs^ag^ wo
mit Hercher avaßkiipag jedenfalls korrekter wäre.
VIII 18 fehlt trig hinter i]. Vgl. Char. I 1, 13.
VIII 26 ist ^'lÖLöTov wohl schlechter als ridiov (F).
//) Im Florentinus.
I 14 fehlt fc'l ccQXTJg, vielleicht vom Redaktor ausgelassen.
I 16 da statt di} (Th).
I 17 fehlt ^dkiöta. Dafs Dionysios die hier aufgeführten Charakter-
eigenschaften hatte, ist vorher schon mehrmals mit ganz ähnlichen
W^orten gesagt worden. Vgl. Char. II 4, 1 und V 5, 1. Aber in diesem
Augenblick (iv sastvo) ta jcaiQa) bewies er sie ganz besonders.
I 24 fehlt ovTog, wie schon Hercher gesehen hatte, und jetzt
durch Th bestätigt wird.
II 21 £;^£iv hinter 6ftoAoyij'(?ojg schon von Hercher als Dittographie
(vgl. Z. 24) mit Recht gestrichen, wie gleichfalls Th bestätigt.^)
II 27 didoöLv schlechter als ijtididcoöiv, das terminus technicus
für das Überreichen von Briefen ist.
IV 22 fehlt 7ConS)v.
IV 25 erweist sich jetzt olxrjöeig, an dem bisher niemand Anstofs
genommen hat, als ein eklatanter Fehler statt elicövag. Wie schief war
der Gedanke, dafs die Wohnungen (Plural!) der Kallirrhoe dem ver-
lassenen Gatten ein Trost sein sollten! Nein, ihre Statuen, ihre Bilder,
die er in Milet wiederfinden wird, die werden ihn trösten. Von einer
goldenen Statue,, die Dionysios selbst im Tempel der Aphrodite auf-
gestellt hatte, spricht Char. III G, 3: sids nagä Tr)v d'sbv slxova Ka}.-
kiQQÖrig xQvGfiv ävdd^rjfia ^tovvßCov. Vgl. VIII 8, 1. Aus einem un-
deutlich gewordenen kursiven £t^ konnte leicht oi^ werden, das dann
irrig in ol}c(7]6£tg) aufgelöst wurde.
V 10 fehlt ^üvTcc.
V 12 ixstto statt s^sx^tto.
VI 17/8 ETtexkvovro statt iitExvXCovxo. Der Vorschlag von Reiske,
■nal rovto TtsnlävTHLui; Auch der alte Hermokrates hatte so viele p]nttäuschurigen
durchgemacht, dafs Chariton ihn mit besonderer Bitterkeit -aal rovto sagen lassen
konnte, auch wenn dem Leser die spezielle Beziehung unklar bleibt.
1) Zu %äQiv dfioloytiv vgl. aulser Achill. Tat. III 10,6 und Longus I 26, S auch
die Korrespondenzen des Fl. Abinniius aus dem IV. Jalirh. in P. Lond. 11 S. 272 tf.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 251
ixsxsXsvovTo zu schreiben, ist auch von Hercher aufgenommen. Das
Richtige bringt unser Thebanus: die früheren Spielgenossen wälzten,
drängten sich heran, um ihren (Jhaereas zu begrüfsen! Zu iTtixvXuöd-ai
vgl. das namentlich in den Ephesiaca des Xenophon so häufige jcqo-
xv?.u6^aL (Rohde S. 407).
VllI 20 iöx^^ovTO statt £(?;tt^£To. Vgl. Char. V, 4, 1; VI, 1, 2.
VIII 23 6ts statt Tiors. Schon Reiske hatte ots — öt£ oder Tcora
— jiore verlangt. Anders Hercher.
Vin 27 ccv ist zu streichen, da es sich nicht um eine irreale Vor-
stellung handelt.
Fassen wir die obigen Beobachtungen zusammen. Es hat sich er-
geben, dafs der Thebanus und der Floreutinus zwei völlig unabhängig
von einander durchgeführte Bearbeitungen des charitonischen Urtextes
sind. Es hat sich ferner ergeben, dafs diese Bearbeitungen Kürzungen
des Originals darstellen, denn in keinem der oben angeführten Fälle
ist eine Wahrscheinlichkeit dafür erwiesen worden, dafs etwa die kürzere
Form die originale sei und die vollere eine spätere Erweiterung dar-
stelle. Vielmehr haben überall die volleren Formen sich als sinn-
gemäfs, oft als notwendig und vielfach auch durch Parallelen als gut
charitonisch erweisen lassen, wähi'end die kürzeren Formen sich deut-
lich durch ungeschickte Handhabung der Sprache, durch Schaffung
sachlicher Lücken und andere Zeichen jüngerer Bearbeitung als nicht
originell verrieten.
Das Mafs der Verkürzungen und überhaupt der Veränderungen
können wir nur für die beiden im Thebanus erhaltenen Abschnitte
konstatieren. Hier hat offenbar der Florentinus stärker gekürzt als der
Thebanus. Dafs die beiden Redaktoren überall in diesem selben Ver-
hältnis gekürzt haben, ist nicht nötig anzvmehmen. Bürger (Hermes
27) hat gezeigt, wie der Epitomator der Ephesiaca des Xenophon
sprungweise vorgegangen ist, bald einige Stellen in vollem Wort-
laut hat stehen lassen, dann wieder gröfsere Partieen in kurze Sätze
zusammengezogen hat. Die Möglichkeit einer solchen Unregelmäfsig-
keit der Kürzungen ist auch für unsere beiden Redaktionen zuzugeben,
wie denn auch innerhalb der beiden kontrollierbaren Partieen die Ver-
änderungen unregelmäfsig verteilt sind. In dem ersten Abschnitt (s.
unten) sind die Veränderungen viel gewaltsamer und tiefgreifender als
im zweiten. Im Übrigen liegt auf der Hand, wie verschieden in dem
Grade der Veränderungen diese Redaktoren und jener Epitomator ge-
arbeitet haben. Auch nach dem Funde des Codex Thebanus können
Archiv f, Papyiuaforachung I. i'. 17
252 I- Aiifsätze
wir doch daran festhalten, dafs uns im Florentinus in der Hauptsache
das Werk des Chariton erhalten ist, während in den Ephesiaca ganze
Partieen übersprungen sind; nur haben wir kein Zutrauen mehr, dafs
wir überall den vollen Wortlaut besitzen, dafs alle Bilder und Schmuck-
stückchen des Originals uns wortgetreu wiedergegeben sind. Es ist
eine notwendige und verlockende Aufgabe, nunmehr den ganzen Text
des Florentinus daraufhin zu untersuchen, an welchen Stellen sich die
Hand des oben nachgewiesenen Redaktors erkennen läfst. Der Nach-
weis wird nicht so sicher zu erbringen sein, wie ihn Bürger für die
Epitomierung des Xenophon erbracht hat, da im Florentinus die
Änderungen eben nicht so durchgreifende sind. Diese Arbeit mufs ich
Berufeneren überlassen; fürchte ich doch schon mit dem hier Gebotenen
mich von meinem Studiengebiet zu weit entfernt zu haben.
Erst nach Abschlufs der obigen Untersuchungen bin ich darauf auf-
merksam geworden, dafs ich für Chariton zu einem Resultat gekommen
bin, das mit dem jüngst von Elimar Klebs für die historia Apollonü
Tyrii gewonnenen grofse Ähnlichkeit zeigt. Auf Grund seiner ebenso
mühseligen wie scharfsinnigen Behandlung der unendlich verwickelten
handschriftlichen Tradition der historia ist Klebs (Die Erzählung des
Apollonius aus Tyrus, Berl. 1899) zu dem Ergebnis gekommen, dafs
uns als älteste Überlieferung der historia zwei von einander unabhängige
Redaktionen der verlorenen christlichen Überarbeitung des lateinischen
Urtextes erhalten sind. Doch während wir hier wegen der willkür-
lichen Umarbeitungen und starken Interpolationen nicht einmal die
christliche Bearbeitung wieder herstellen können, scheint mir für Cha-
riton der Versuch nicht aussichtslos, durch Ineinanderarbeitung der
beiden Redaktionen sogar den Charitonischen Urtext — oder doch
wenigstens etwas diesem sehr nahe kommendes — - wiederherzu-
stellen. Denn einerseits liegen hier nur Kürzungen vor, und es fehlen
die Interpolationen, andererseits sehe ich kein Indicium dafür, dafs etwa
schon die beiden Redaktoren von Th und F nur eine Überarbeituna;
des Chariton vor sich gehabt hätten. Ich möchte daher einstweilen,
bis dieser Nachweis erbracht wird, annehmen, dafs der Text da, wo
Th und F übereinstimmen — abgesehen natürlich von den überall
vorauszusetzenden Schreibfehlern etc. — Charitons Worte bietet. Wo
Th und F von einander abweichen, war es oft schwer, eine evidente
Entscheidung über das Ursprüngliche zu treffen. Hier konnte ich nur
Vermutungen geben; gründlichere Keimer dieser Litteratur werden viel-
fach anders urteilen. — In dem folgenden Versuch, den Chariton her-
zustellen, sind alle Konjekturen in spitze Klammern geschlossen. Die
Begründungen sind meist oben gegeben.
Ulrich Wilcken: Kine neue Roman - Handschrift 25B
I. Abschnitt. Vgl. Hercher II S. 148, 19 ff.
(prjöl „z/tovv(?toff". § 10. Kai i]Ad-£ tax^co^ ^srsoQog tatg sXnCöi' rav
yccQ TCSQt XaiQaav ovd&v riTCtßtato (oder i^nLötato ovdsv), ^etä de täv
aXXcav yvvaixav idöxst xul KaXXtQQorjv naQEtvai xal ßaßtkaa naXetv
avtbv^ tvoc anoöä t^v yvvalyca ytQug r^g dQiöTSLCcg. 'Enal Öl slgf}Ad'e^
di7}y7]6ato avr<p ßaötXEvg ai, aQ%fig änavta ta yayavrj^ava. 'Ev ixacva
drj ta xaiQä ^dXtöra ^iovv6iog iTtadst^ato naidaCav ta xccl cp^ovrjöLv
i^aiQStov. § 11. "£l07iaQ yccQ ai' rig xaQavvov Traeövtog Ttgb t&v tcoö&v
avtov firj tccQax&at^r]^ ovtcog XKxatvog dxovßag Xoyav 6x7]7ttov ßa^vta-
QC3V, OTfc XatQsag andyat KaXXiQQorjv aig UvQCixov6ag^ o^ag avötad-rjg
afiaiva xccl ovx ado^av dßcpaXag avtoj t6 IvTCalßd'ca^ 6a)d'ai6rjg tfjg ßa-
0iXidog. § 12. 'O da ' AQtai^äQ^.iqg ^,Ei ^av idvvdfirjv, acpri^i)^ KaXkiQ-
QÖrjv av dnedaxd 6ol^ ^lovvöia' Jta6av ydg avvoiav aig ifia xal TCi'ßtiv
inadaC^Gi' tovrov da bvtog ddvvdtov (oder diirjxdvov'^) ötda^c 6oi nd-
örjg 'IcavCag äQ%aiv (t£} xal jtQÜtov svaQya'trjv aig tbv olxov tov
(^(laydXovy ßaötkäcog dvayQKg)rjvaL^': ITQogaxvvy]6av 6 ^iovv6iog xal
Xdgiv ö^oXoyrjöag aßnavdsv dnakkayrivai xal daxQvcov a^ovßtav a%aLv'
ai,i6vtL 8a avtr« UrdtatQa tjövx'fj tijP ajCLötoXijv aTCiÖcdaötv. § 18. 'Vno-
6tQa^ag 8a xal xataxXaC^ag aavrbv^ yvcjQLöag tä KaXXiQQÖrjg ygd^-
fiata JiQätov tijv ajiL6toXrjv xatacptXrjßav^ aita dvoC^ag tä örrjd'aL
ngogantv^ato ag axacvr^v nagovöav^ xal inl noXvv xqovov xatai%av^
dvaytvaöxatv ^ij 8vvd^avog öid tä 8dxQva. 'AjtoxXavöag 8a (triv iavtov
6vfi<poQäv?y (oder dTCoxXav6d<^^avo)g 8a) ^öXig dvayiväöxauv riQt,ato
<ovroff?>- „KAAAIPPOH'' xat acpCXriöa tovvofia ^.zJIONTZmi
ETEPFETHI'' ,,ol^ol ta dv8Ql <^ovxät öi/rt)" ,,XAIPEIN'' „ÄÖg
8vvafiaL 6ov 8iat£vy[iävog;'' „2;r FAP EM02J ETEPrETHU'' „rt
yaQ d^iov anoirj^d (joi*/' § 14. 'Höd^tj 8e tf} amötoXi] (xal aG%ato
avtfigy TCQO^ tijv dnoXoyCav xal noXXdxig dvaytvcoöxa tä avtä Qijfiata
(? oder tä avtä xata tä Qij^ata?)' v7ca8rjXov yaQ ag dxovöa avtbv
xataXCnot xal (anai6d"r] ?)>. Ovtco <^8r} ? (pv6ai} xovcpov aötiv
aqtog xal dvanaC^ai QaSicog avtSQÜö^ai. § 15. GaaGa^apov 8a tb Tiau-
8Cov tbv natSQa <[aXd-?y6vta TtQogijXd'av avr« xal „iloii ^ol ndtag'"''
alitsv „17 ^ritriQ; 'Ajiia^av JiQbg avrtjV". <('0 8a xataq)LXy]6ag tb nai-
8iov(T)y xal TCtjXag tatg xaQölv ^^AnaXsvdrj nota fiOL xal öv, taxvov,
(^Effvi xaly avtvi&g ngbg trjv ^rjtaQa <(7iXav6aig resp. nXav6f] oder
Optativ '?)>• xal yäg avtrj tovto xaxaXavxsv aya 8e aQrj^og ßta-
6o^ai^ Tcdvtav al'tiog a^avtä yavö^avog. 'AnäXaöa ^a xavij ^rjXo-
tvnCa xal <3v, BaßvXav'^. Tavta alnav övvaöxavd^ato tijV ta%C6triv
xataßaCv aiv aig lavCav^ (laya vo^it,cov Tiaga^vd'LOV TCoXXrjv 68bv xal
TCoXXäv TtöXacov iiya^ovCav xal tag av MiXT^ta KaXXiQQOi^g aixovag.
254 I- Aufsätze
Kap. 6. Tä ^sv ovv neqü rijv ^AöCav iv tovtOLg iiv. 'O de XatQaccs
7JVV6£ TOV
IL Abschnitt. Vgl. Hercher S. 151, 13 ff.
. . . . ? 'EQfioxQccti^g <^ds ?)> avs^i]drjöev inl rijv öxrjv^iv xal ^sQL7ttvi,cc-
fisvog tr}v 'd'vyccrsQa „Zfjg tsjcrov"" aiTtEv „-J) aal xovto nanXdvnjiiat',''''
^^ZGi nuxEQ vvv cchjd'&g^ ort 6s t,&vtci tad-safiai}^ zidxQvcc TCäöiv ^stcc
XUQäg £'|£%£tTO. § 9. Msta^v de TlolviaQ^iog e^tLxataTtXst rcclg akkaig
TQiYiQEöiv avtbg yaQ rjv nsTtuGtsv^lvog xov dXkov örökov «jro Kvttqov
diä t6 (ly^xetL XaiQEuv aXXcj tlvI övvaö&UL 6%oXdl£LV xX'^v [lova ra
KaXkiQQÖrjg öwslvau xaklsi. § 10. Ta%&cog ovv 6 Xi^r}v snkiqQOvxo
jcal rjv exslvo tb 6xi]^a t6 fisrä f^v vav^a%iav tijv ' Art ix'r]v' xal avtat
yäg ai tgtriQEig ex ^oXe^ov xatETt^sov Eötscpavco^Evat^ XQrjöd^svai
2JvQaxo6i<p öTQarrjya' öwE^i^d-rjöav ds ccl g)G)val x6>v Kßsvy dno vfjg
d'aXdöörjg rovg inl yiig d^Ttcc^o^Evav , rß)v ds djib rijg yrjg tovg iv
talg xQiriQEöiv^ Evipti^iai xe xal ETtaivot xal GvvEvial nvxval ;ra^' d^-
(foxEQcov Tigbg dXX'^lovg. 'Hxe öe fiExa^v cpEQÖ^Evog xal 6 XaiQEOv 7Ca-
xijQ XLJtotl^vx&v EX xrjg :n:aQad6^ov x^Qäg. § 11. ^EtcexvXCovxo öe dXlri-
Xoig övvEcprjßoi xal övyyv^vaGxat, XaiQsav a6nd6a6d'ai ■O'f'Aovreg, KaX-
XiQQoriv ÖE aC yvvalxEg. "EdoiE,E ds ag <(dX'r}d'S)g'} etl xaXXCcav avxaig
KaXXiQQOT] ysyovEvai &6xe EiTtsg dv avxYjv ögäv xijv 'AcpQodixrjv dva-
dvofiEvrjv ix x^jg d'aXdßöTjg. ÜQogEXd'av ds XaiQEag xä 'EgfioxQdxsi
xal xa naxgl ^^TTagaXdßsxE''' (pri6iv (oder icpiq) „röv nXovxov xov ^e-
ydXov ßaöiXiag''''. § 12. Kai svd-vg ixaXEVöEv ixxoiiCt,E6%-ai agyvgöv xe
aal ;^()f<?6v dvagid'^Tjxov^ Eixa iXicpavxa xal •^Xexxqov xal i6d"fjxa xal
7Cä6av vXiqg xE^vrig xe noXvxiXEiav ^ imÖEl^ai de UvgaxoöLoig xal xXC-
vr^v xal XQdnEt,av xov fiEydXov ßaötXECog xal Evvovxovg xal naXXaxi-
dag, aöxE ivETtXrjöd'r] Tcäöa rj TtoXig ov% üg TtQÖtEQov ix xov tioXe^ov
xov UixsXixov TCEvCag '^rrtJtijg, dXXd^ xb xaivbxaxov iv ELQrjvfj, Xaipv-
Qcov Mrjdtxav. Kap. 7. 'Ad^QOOv öe xb TcX^jd-og dvEßörjösv ^^A^ico^ev
Etg XTjv ExxXrjöiav'"'' inEd'v^ovv ydg avxovg xal ßXETtEiv xal dxovEtv.
EtceI öe Xöyov d-äxxov inXiqQcad-ri xb d'iaxQov dvÖQäv xe xal yvvacxcäv^
ElgsXd'övxog (U^dvov XaiQEOv xal (?) ndvxEg xal Tiäßat iTtsßöi^Gav ,^KaX-
Xlqqötjv naQaxdXEi'"'' . § 2. 'EQ^oxQaxrjg ds xal xovxo idrj^ayäyrjösv^
Eigdycov xal xijv d^vyaxEQa. llQäxov ovv 6 dvl^og slg xbv ovQavbv Kava}-
ßXiipag EvcpriiiEi xovg Q-Eovg xal %dQiv ri7tC6xaxo ^äXXov vjtsg xfjg rj^iigag
xavxTjg r) xfjg x&v imvLxCcov. Eixa tvoxe (iev iiS%it,Exo xal oi filv dv-
ÖQEg in^vovv XaiQEav aC de yvvalxEg KaXXiQQorjv, tioxe d' ai) ndXiv
d^q)oxEQovg xoLvfi' xal xovxo ixELVotg ^ölov ijv. § 3. KaXXiQQÖtjv (isv
ovv d)g ix TfXov.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift
255
4. Der Chione- Roman.
Die Fragmente des neuen Romanes kann ich nicht mit derselben
Sicherheit wie die des Chariton vorlegen. Abgesehen davon, dafs
mir hier die Hilfe einer Edition fehlte, habe ich auch weniger Zeit
auf diese beiden Blätter verwendet. Trotz der Unsicherheit mancher
Lesungen will ich meine Kopie im Folgenden mitteilen, da es litterar-
historisch doch nicht uninteressant ist, einen neuen Roman, wenn auch
nur in dürftigen Fragmenten, kennen zu lernen.
Ich bedauere, über die Anordnung der di'ei Fragmente mir nichts
notiert zu haben. Zwei von ihnen müssen ja sicher neben einander
auf demselben Blatt gestanden haben, da ich, wie oben bemerkt, nur
die Fleischseiten berücksichtigt habe, also nur vier Kolumnen in Be-
tracht kommen. Es ist lediglich ein nachträglicher Schlufs aus dem
Inhalt, wenn ich annehme, dafs Kol. I und II in dieser Reihenfolge
neben einander auf dem ersten Blatt gestanden haben. Wohin das dritte
Fragment gehört, darüber unten eine Vermutung.
Fragment I.
[ ]«S n
\ß\a6iXua sig tavrrjv
Tial rbv 6vvoi7iri6o{v)-
ta avtf} ^steQX^-
TUl, dlO^SQ OVtG) XQrj
ßovXev6aöd'aL vvv
Yjfiäg ag fi'^ (isra-
yvavaC Ttore dvva-
öd-ai. "Exofisv de elg
10 ßni^iv XQÖvov rjue-
^äv tQidxovTcc ctg
elg tovTO ticcq' avtG}(v)
tcXeZov Tf^vra nov (?)
Darauf fehlen 15 Zeilen.
Fragment II.
Q0V6aV. OvTOi fl£V
Yjöccv 3rpö<(g) t[c5J 7fSQ[l av]-
tG)v ßovXsvsöd-cci. Ta-
%io3g de dietpoirrjös
avä xr]v TtoXiV äna6a{y)
(pag (p'y]^['rj zau] ovd'£[lg^
aXlo ovdsv ikäkei [i)]
tibqI tov ydfiov. Ildv-
10 XEg de ^^ijO'ovTO Xoyi-
^öfisvoL tb jieQi trjg
cc7tBiX't]g avTcbv icTCcci-
dsvTov n(d [idXiöta
oöoL dvvaxol täv x<ioy-
15 (^Xi)XG)v vTtaQXOvxsg
XCcl CCVXol 7loXiT£V£-
öd^ai xrjv Xiövr^v €-
(leXXov fivr}6xsv£-
n 2 TCQOix . nsQ Kopie. — 11 14/5 7ta\vtaiv Kopie. Dies nicht nur sachlich,
sondern auch paläographisch unwahrscheinlich, da 7tccv\t(ov getrennt worden wäre.
Die Verlesung von N statt AI liegt sehr nahe.
256
I. Aufsätze
öd^KL. Ov iiBvroi ys KV-
20 Töf rtg etokaa [let a-
KeCvoxjg aitelv tijv
xoQrjv. 'H 8b Xlovy]
d'ovoa TavTo: ovx st.
Darauf fehlen 4 Zeilen.
Fragment III.
10
ya^y]drjg ts n:Qogd6-
xsL^ög iöxiVy rj^lg
de fidxQi vvv ndvxa
xakov (?) xsLvovvrsg
cog dnev ovdsv inl
(jotrjQLav vsvotjxa-
(i£v. AhCav d' ovdsfii-
av TtaQsGxrjxa öoi, Ms-
yKfirjdrjg Xva anoki-
:ti]g avtov. "Slots dicc-
loyLt,ov ti ögaßtEov
rjuslv. 'Eya> fihv yäg
ccTtoQco.^^ 'H de Xiovrj „Ot»-
15 öcatrjQLav ti svql'öxco.
'Ev de tovt(p 6ov keya.,
ei ^ij dvvdfis^a ^ij(v)
fiet Cckk7]kC3V.) TCQOßxd-
^avxsg tovtG) stc.
20 dv
25
[Tö yaQ]
teksvtatov yj^liv]
anokuLTistai^ Xp'^[^r£,V]
ovö&v \ukko. ziel de?\ xal o-
TCCDg Bvöiifipiovog
yn'tjd'fj öxoTCeiv. As-
kri%'6ta.g yaQ r^fiäg tb
Versuchen wir, diese disiecta membra zu verstehen.
Fragment I führt uns in eine Versammlung von Männern, die
miteinander beraten. Der Redner sagt: „die Königsherrschaft [soll]
auf diese [übergehen (?)] und er beruft ihren künftigen Gemahl. Darum
müssen wir jetzt derartige Beschlüsse fassen, dafs wir niemals Reue
empfinden können. Wir haben zur Überlegung dreifsig Tage Zeit" —
das Weitere verstehe ich nicht.
Nach Frg. II ist es nicht zweifelhaft, dafs diese Königstochter,
für die „er" — das mufs der Vater sein — den Eidam beruft, Xtövrj
ist. Wir haben also einen Roman vor uns, der die Schicksale einer
schönen Prinzessin behandelt. Die meisten der uns erhaltenen griechi-
schen Romane lassen ihre Liebespaare in vornehmen, aber bürgerlichen
Kreisen aufwachsen. Aufser dem Ninosroman bietet noch die Jiistoria
Apollonii Tyrii Parallelen zu dem unsrigen: dieser handelt im Anfang
von der Tochter des Königs von Tyros, an deren Stelle dann bald die
Königstochter von Kyrene in den Mittelpunkt tritt.
XiovYj heifst die Prinzessin. Gewifs wird der Dichter die Spielerei
mit dem Namen sich nicht haben entgehen lassen, sondern wird den
II 24 vielleicht ovK£r[i]. — III 1 erg. Mtjyccii'^örjg.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 257
weifsen Teint dieses „Schneewittchen" gebührend hervorgehoben haben.
Vgl. ähnliches bei Itohde, Gr. Rom. S. 153. Der Name Xiövrj eignet,
abgesehen davon, dafs er auch als Frauenname vorkommt, mehreren
Gestalten der griechischen Sage, einer Nymphe, einer Tochter des
Boreas u. s. w., auch jener Tochter des Daidalion, deren Liebesgeschichte
Ovid (Metamorph. XI 301 f.) mit den Worten beginnt: Nata erat huic
Chione, quae dotatissima forma mille procos habiiit, bis Septem nuhilis
annis. Mir ist aufgefallen, dafs auch sonst Namen von Heldiruien
griechischer Romane in den Sagen als Namen von Nymphen und ähn-
lichen Gestalten wiederkehren. So AsvniJtXTj bei Achilles Tatius, KaX-
Xlqqöt] bei Chariton, UaQ&svoTcr} in dem Berliner Fragment (s. unten
S. 264 ff.). Sollten nicht trotz des rein menschlichen Charakters dieser
Romane die betreffenden Sagengestalten den Romanschriftstellern vor-
geschwebt haben? Freilich würde schliefslich nicht viel mehr als der
Name übrig geblieben sein, denn dem Romanschema zu Liebe müfsten
alle ursprünglichen sagenhaften Züge von jenen Gestalten genommen
worden sein. Vielleicht ist es für die Entwickelungsgeschichte der Ro-
mane nicht ohne Bedeutung, dafs der älteste uns bekannte, der Ninos-
roman, trotz starker Änderungen, die dem Romanschema zu Liebe
auch schon bei ihm vorgenommen sind (vgl. Hermes 28), doch noch
einige Züge der zugrunde liegenden Sage, wie z. B. Ninos als Welt-
eroberer, deutlich bewahrt hat. Da dieser Ninosroman aber sicher
nicht das erste Beispiel der neuen Gattung gewesen ist, sondern schon
seine Vorläufer gehabt haben mufs, so liegt der Gedanke nahe, dafs
vielleicht die ältesten selbständigen erotischen Erzählungen in Prosa,
deren Kunde uns verloren ist, sich inhaltlich noch enger an die Sagen,
wie sie in der hellenistischen Dichtung und andererseits gelegentlich
von den Historikern^) verarbeitet waren, angeschlossen haben, dafs
bei den Späteren dami das Sagenhafte immer mehr geschwunden ist,
bis zuletzt nur noch die Namen an den ursprünglichen Ausgangspunkt
erinnerten.
Doch kehren wir nach dieser Hypothese wieder zur Chione zurück.
Aus den ersten Worten des Fragmentes ergab sich, dafs ihr Vater für
sie, als die Erbin des Reiches, einen Gatten sucht. Aus tbv ^vvoixrj-
0ovta möchte ich nicht folgern, dafs er eine bestimmte Persönlichkeit
1) Vgl. die sehr anregenden Ausführungen von Ed. Schwartz, Fünf Vorträge
über den griechischen Roman. Berlin 1896. — Nach Schwartz ist es für die ero-
tischen Erzählungen gerade charakteristisch, dafs ihre Personen nicht aus Sage
oder Geschichte genommen, sondern frei erfunden sind. Aber wo bleibt da Me-
tiochos und ParthenopeV oder Ninos und Semiramis?
258 I- Aufsätze
herbeiruft; vielmehr scheint er verkündet zu haben, dafs er unter den
und den Bedingungen nach Ablauf von dreifsig Tagen seine Tochter
vermählen wolle. Daraufhin haben sich die Männer, in deren Beratung
wir in Frg. I eingeführt werden — vielleicht der höchste Adel — , ver-
sammelt. Nach Frg. II haben sie selber Freiergelüste und vielleicht haben
sie sich verbündet, um durchzusetzen, dafs einer von ihnen die Braut
heimführe und das Reich gewinne (vgl. II 19 ff.). Ist diese Auffassung
zutreffend, so würden wir dadurch an den Anfang des Charitonromanes
erinnert werden, wo die abgewiesenen Freier — allerdings nach der
Hochzeit — sich zu gemeinsamen Beratungen zusammenfinden (I 2, 1):
Ot yccQ fivyjötfJQSg . . . timg ovv iia%6^Evoi TCQog akX^Xovg üfiovörjöccv
TOts did t£ r^v o^ovoiav . . . övvTjXd-ov eig ßovksvr^Qiov xolvöv.
Darauf folgen wie hier ausführliche Reden der Beratenden. Für die
oben angenommene Situation hebe ich folgende Worte daraus hervor:
El HSV Ttg f'^ riiiGiv (doch wohl verschrieben für vjiiwv!) syrj^ev, ovx
av cjQyC69-rjv. Vgl. auch bist. Apoll. Tyr. c. 19.
Die dreifsigtägige Frist ist nicht ohne Interesse, deim sie gehört
zu den üblichen Requisiten der griechischen Romane. Man vergleiche
mit unserm sxo^isv d' sig öxeipiv^) ^QÖvov rj^egcbv tQidxovta die fol-
genden Stellen: Xenoph. II 13, 8: der Irenarch Perilaos drängt die
Antheia zur Hochzeit: Antheia övyxurartd'STca ^ev T6^' yd^ov, iHetsvet
di avTOv avufislvat. %q6vov öXtyov o6ov ij^SQcäv xqlkxovxu. Vgl. III o, 7.
Ferner Charit. V 3, 1 1 : tQtaxoör fj ds vötsqov 7]^äQa aHQociöopiaL tilg diynqg
und VI 2, o: nagdyy etXov ovv rQidxovra tjfisQüv CsQo^rjvtav ioQtdt,eiv
nä6av rrjv 'Aöiav. Ebenso heifst es in der liist. Apoll. Tyr., die ich zwar
nicht für eine Übersetzung, wohl aber für eine freie Bearbeitung eines
ursprünglich wohl viel ausführlicheren griechischen Original-
romanes halte ^), in c. 5 folgendermafsen: sed habebis triginta clierum
spatium: recogita tecum.
1) Vgl. Charit. II 10, 7; VI 7, 13.
2) So ungern ich nach nur vorübergehender Beschäftigung mit dieser Frage
einem Forscher widerspreche, der mehrere Jahre seines Lebens diesen Problemen
gewidmet hat, möchte ich es hier doch aussprechen, dafs die Beweisführung von
Elimar Klebs (vgl. oben S. 252) mich nicht davon überzeugt hat, dafs wir in der
bist. Apoll, ein lateinisches Originalwerk vor uns haben. Er giebt zwar die Mög-
lichkeit zu, dafs der Verfasser sich in Einzelheiten an griechische Vorbilder an-
gelehnt habe (S. 298. 306), hält das Ganze aber doch, da hier und da die Be-
nutzung von lateinischen Vorbildern wie Vergil und Ovid nachgewiesen ist, für
„ein lateinisches Originalwerk in dem Sinne, in welchem diese Bezeichnung den
Werken der römischen Dichtung überhaupt zukommt" (S. 307). Wiewohl die
wirklichen oder angeblichen „römischen" Elemente in der bist. Apoll, für die
Hauptfrage m. E. gar nicht entscheidend sind, sei doch darauf hingewiesen, dafs
Ulrich VVilcken: Eine neue Roman - Handschrift 259
Der Bericht über die Versammlung jeuer Männer, der in II 1
mit Qovöav endet, wird formell abgeschlossen mit den zusammen-
nicht alle seine Nach Weisungen römischer Elemente überzeugend sind. So geht
K. entschieden zu weit, wenn er S. 211 in den Worten (c. 7) alia vero die in
civitate siia quaeritur a civibus suis ad salutandum eine Anspielung auf den
Morgenbesuch beim Kaiser und den Vornehmen sehen will. Denn was ist natür-
licher, als dafs die Bürger ihren princeps nach seiner Heimkehr begrül'sen wollen?
Vgl. übrigens zu jener römischen Sitte meine Bemerkungen über den ccGitaapiög
am Ptolemäerhofe in Berl. Phil. Woch. 1896 Sp. 1462. Andrerseits scheinen mir
die engen Beziehungen zu den griechischen Romanen nicht scharf
genug herausgehoben zu sein. Wenn z. B. Apollonius zum Schlufs sein Leben
aufzeichnet, ein Exemplar für sich behält, ein anderes im Tempel von Ephesos
aufbewahrt, so trifft der Hinweis auf den M. Antonius, der sein Testament
bei den Vestalinnen deponiert habe sowie auf Heraklit (S. 211), eine Neben-
sache. Viel wichtiger ist an dieser Geschichte, dafs derselbe Grundgedanke,
dafs die Erzählung auf urkundliches autobiographisches Material zurückgehe,
fast mit denselben Details sich am Schlufs des griechischen Romanes
des Antonius Diogenes wiederfindet: auch doi-t schreibt der Held (durch
einen Redekünstler) schliefslich sein Leben auf zwei Tafeln nieder, von denen
eine Kvußas für sich behalten soll, wähi-end die andere später in seinem Grabe
niedergelegt werden soll. Dagegen erweckt der Hinweis auf die römischen Grofsen
und Füi'sten, die seit Sulla ihre Autobiographien geschiüeben hätten (S. 208), die
irrige Vorstellung, als wenn das etwas speziell Römisches sei. Ein ander Mal
bemerkt K. (S. 289) zu der Erzählung, dafs Apollonius in Verzweiflung über den
Tod seiner Gattin klagend im untersten Schiffsräume gelegen habe: „Nirgends
begegnet das Gleiche bei den griechischen Romanschreibern" — was würde das
übrigens beweisen, wo jetzt die Funde der letzten Jahre uns vor Augen geführt
haben, wie gering unsere Kenntnis dieser Litteratur ist? — und verweist auf
zwei Stellen bei Apuleius, die doch nur wieder in Nebensächlichem mit der hist.
übereinstimmen. Da hat er übersehen, dafs eine viel bessere Parallele sich in dem
griechischen Roman des Chariton findet (III 3, 14): XaiQms yccQ iv iioiXri
vr\l iyxsuaXv^^evog '^-Aasv. Hier ist genau dieselbe Situation wie in der historia!
Nichts anderes ist wohl auch Char. I 11, 2 gemeint: Emovaa 81 ^rj (psQHv rrjv
&dX<x6eccv, iynocXvipa^^vri xal öaKQvaccGcc %%%., wo zu iynKlvipantvri vielleicht iv
tioiXt^ vril hinzuzudenken ist. Die Hinweisungen auf Apuleius hier und an anderen
Stellen verlieren übrigens vielfach an ihrer Beweiskraft für den römischen Ursprung
der historia, nachdem soeben von Dietze (Philol. N. F. XEI S. 136 flf.) erwiesen ist,
dafs auch der apulejischen Erzählung von Amor und Psyche ein griechisches Ori-
ginal zu Grunde liegt. — Doch zugegeben, dafs mehrere Züge in der historia
speziell auf römische Verhältnisse hinweisen, so ist das ebenso wie die Benutzung
von Vergil und Ovid durchaus mit der Annahme vereinbar, dafs wir eine latei-
nische Überarbeitung eines griechischen Originals vor uns haben: ebenso wie der
Bearbeiter für sein lateinisches Publikum statt der griechischen die römischen
Münzen eingeführt hat, so hat er auch statt der griechischen Dichtercitate , mit
denen — meist aus Homer — die griechischen Romane durchsetzt sind, seine
römischen Dichter hineingearbeitet, und ebenso gut kann er auch hier und da
einen römischen Zug hineingebracht haben. — Ebenso wenig wie der obigen
260 I- Aufsätze
fassenden Worten: Ovroi fiav r}6av Ä()ö<(g)> t[c3] 7t£Q\l avjröf ßov-
Xßvsd-ai^ worauf der Dichter mit Taxscas ^s discpocrrjös xtX. zu der
Schilderung des Eindrucks übergeht, den die Nachricht von der bevor-
stehenden Hochzeit der Königstochter in der Stadt hervorruft. Das
ist die auch in den anderen Romanen übliche Art der transitio.
Bürger hat küi'zlich diese Form des Übergangs im besonderen für die
Ephesiaca des Xenophon ausführlich nachgewiesen (Hermes 21, 51 ff.).
Aber auch in den anderen Romanen finde ich beim Durchblättern
überall Beispiele. Vgl. Charit. I 11, 4; VH 6, 1; VHI 6, 1.
Auch die Art, wie die schnelle Ausbreitung des Gerüchtes in der
Stadt geschildert wird, findet in den anderen Romanen ihre Parallelen.
Vgl. Achill. Tat. VI 10, 3: 'H da (priori di(>c7t£q)0LxrjxEv xtA. Vgl. ferner
Sehlufsfolgerung vermag ich micli der anderen Ansicht von K. anzuschliefsen,
dafs die historia weder von Abenteurerfahrten noch von Liebesgeschichten genug
bringe, um sie nach der Rohde'schen Definition inhaltlich überhaupt den griechi-
schen Romanen gleichzustellen (S. 295 — 298). Mir scheint nach beiden Seiten hin,
selbst in der dürftigen Form, in der die Geschichte uns jetzt vorliegt, vollauf
genug vorhanden zu sein. Wenn Apollonius von Tyi-os nach Tarsos, von dort
nach Kyrene, dann wieder nach Tarsos geht, darauf nach 14 jährigem Umher-
streifen in Ägypten (!) nach Tarsos zurückkehrt, dann durch einen Seesturm nach
Mytilene verschlagen wird, um endlich über Ephesos, Antiochien, Tyrus, Tarsos
wieder nach Kyrene zu kommen, so ist das Moment des abenteuerlichen Umher-
ziehens, wenn auch nicht so ausgebildet wie bei Xenophon oder Heliodor, so
doch — von Longus ganz abgesehen — noch stärker als z. B. in den Babyloniaca
des Jamblichos, wo das Liebespaar aus der Euphrat- Tigris -Ebene kaum heraus-
kommt. Und was die Erotik betrifft, so ist sie danim nicht schwächer, weil
— von der Antiochus- Episode ganz abgesehen — die üblichen Liebesbedrängnisse
hier auf Mutter und Tochter verteilt sind. Wenn K. z. B. die Gefährdung der
Keuschheit bei der Mutter vermifst, so darf doch nicht übersehen werden, dafs
dieser beliebte Romanzug in der Geschichte der Tochter, die selbst im Bordell
sich rein erhält, mit kaum zu überbietender Klarheit zum Ausdruck kommt. —
So möchte ich trotz K.s Forschungen an der herrschenden Meinung, dafs der
historia ein griechischer Roman zu Grunde liege, festhalten. Das griechische
Originalwerk mag ursprünglich einen Umfang wie der Durchschnitt der uns er-
haltenen sophistischen Liebesromane gehabt haben, liegt also, wie mir scheint,
in starker Epitomierung vor. Dafs z. B. im griechischen Original der 14jährige
Aufenthalt in Ägypten, der so schöne Veranlassung zu den buntesten Abenteuern
gab, nicht ausführlicher dargestellt sein sollte, ist mir im höchsten Grade un-
wahrscheinlich. Auch viele Unklarheiten der historia würden durch diese An-
nahme ihre beste Erklärung finden. Ob erst der lateinische Bearbeiter diese
Epitomierung vorgenommen, oder ob er bereits eine griechische Epitome über-
arbeitet hat, mögen andere entscheiden. Der schlichte, volkstümliche Ton, der
die Dichtung zu einem der beliebtesten Volksbücher im Abendlande gemacht
hat, ist gewifs erst duxch die Epitomierung — vielleicht ungewollt — hinein-
gekommen.
Ulrich Wilcken: F]inc neue Roman -Plandschrift 261
Chariten I 1, 2; I 5, 1; Xenoph. I 12, 1. Ähnlich mag es auch in dem
griechischen Original zur hist. Apoll, c. 49 geheifsen haben, wo wir
jetzt lesen: sonat in tota Epheso, Tyriuni Äpolloniiim rccotßiovisse sumn
coniugem etc., womit man noch Charit. VIII 1, 11 vergleichen möge:
0f]fir] Ö£ duTQEx^v ort, 6 vavuQ%og svQrjxs trjv yvvalxa.
Aus den Reflexionen der städtischen Bevölkerung, die uns im
Folgenden mitgeteilt werden, erfahren wir noch Genaueres über das
Vorgehen jener beratenden Männer. Denn auf sie beziehen sich doch
wohl die Worte: t6 jts^l ri^g cc:tsiXrjg avt&v ccTtaidevrov. Sie haben
also in roher Weise Drohungen ausgestofsen — wohl schon vor jener
(geheimen?) Beratung. Diese Drohungen beziehen sich auf die bevor-
stehende Werbung um Chione, und wenn es Z. 19 ff. heifst, dafs keiner
von den Bürgern es wagte, nach jenen — ^st' i^Bivovg — die Jung-
frau für sich zu fordern, so war mir das ein Grund für die oben aus-
gesprochene Vermutung, dafs jene Beratung eben den Zweck hatte,
einem von ihnen die Königstochter zu verschaffen.
Jene Drohungen, die offenbar gegen etwaige Konkurrenten aus-
gestofsen worden sind, werden von der Bevölkerung mit Entrüstung
aufgenommen, namentlich von denjenigen, o6oi dvvatol tav 7t<^okiytG)v
VTtccQXovTsg xal avtol jiokitfvEtSd'ai tijv Xt6vr]v s^isXXov ^vrj^Tsvsö^cci,.
Diese nicht leicht verständlichen Worte werfen ein wenn auch schwaches
Licht auf die Verkündigung des Königs betreffs der Bewerbung um
die Hand seiner Tochter: daraus, dafs sie dvvaroi sind xal avtol ^oki-
Tsveöd^ac wird die Erwartung abgeleitet, dafs sie sich um Chioues
Hand bewerben würden (s^eXlovl). Also war das wohl eine condicio
sine qua non für die Bewerbung, dafs man Bürger war und fähig war,
auch selbst sein Bürgerrecht auszuüben, oder seinen Bürgerpflichten
obzuliegen, oder wie man das vieldeutige TtohtEvee^ccL fassen will. In
dieser Forderung des Bürgerrechts erkennt man den griechischen Autor!
Wir erfahren leider nicht, wie aus dieser grofsen Zahl von Bewerbern
der eine Glückliche ausgewählt werden sollte, ob etwa Chione — wie
Odatis in dem schönen Märchen vom Zariadres (Chares fr. 37 MüUer) —
selbst einen aussuchen, oder ob der Freier sich etwa durch eine be-
sondere Leistung — wie die Rätsellösung in der historia Apollonii —
als der Rechte erweisen sollte.
Zum Schlufs von Frg. II erfahren wir dann, dafs Chione über
diese aufregenden Vorgänge durch ihre Mutter benachrichtigt wird.
Wahrscheinlich wird eine sehr thränenreiche Unterhaltung zwischen
Mutter und Tochter gefolgt sein, ähnlich der zwischen der Geliebten
des Ninos und ihrer Tante Thambe (Hermes 28 S. 172). Demi dafs
das Herz der Jungfrau schon gewählt hatte, und zwar den Wünschen
262 I. Aufsätze
des Vaters entgegen, dürfen wir aus dem III. Frg. schliefsen, und wird
auch von dem üblichen Romanschema gefordert.
Das III. Frg. ist am schwersten zu verstehen. Ich habe es zu-
nächst unter der Voraussetzung zu deuten gesucht, dafs das zweite
Blatt im Codex unmittelbar auf das erste gefolgt sei, so wie im
Charitonroman die Blätter auf einander folgten. Dies ergab mir aber
keinen befriedigenden Sinn. Namentlich bleibt mir dann unverständ-
lich: aitCav d' ovds^iav ^taQSöxrjxs 6oi Msya^TJdrjg Iva ccTColLXrjg aiirdv.
In welchem Verhältnis sollte in dem bisher ins Auge gefafsteu Zeit-
punkt Chione zu diesem Megamedes gestanden haben? Von ihrem
Vater würde kaum so gesprochen werden, sondern es würde wohl 6
7taTi]Q iSov gesagt sein.
Es zwingt aber nichts zu der Annahme, dafs die Blätter un-
mittelbar auf einander gefolgt seien; wir können ebenso gut an-
nehmen, dafs das zweite Blatt einem späteren Teil des Codex
angehört hat. Unter dieser Voraussetzung schlage ich folgende Er-
klärung vor.
Frg. III enthält ein Zwiegespräch zwischen Chione und einem
Manne (vgl. xsivovvxEg Z. 4). Sie sind in gemeinsamer grofser Gefahr,
suchen nach Rettung, imd Chione erklärt ihm, nicht ohne ihn leben
zu können. Kurz, der Mann, dessen Rede Z. 1 — 13 angehören, ist
niemand anders als der Geliebte der Chione, der Held des Romanes.
Wenn ich Z. 23 richtig ergänzt habe, heifst er Xipijö'rog — ein sehr
passender Name^) für den Liebhaber, der ja in diesen Romanen ein
Tugendbold zu sein pflegt. Vielleicht gehörte er nicht zu jenen Jto-
AtTttt, die zu der Werbung berechtigt waren. Wer ist dann Msya-
fii]dr]s, dessen Ankunft erwartet wird, von dem der Geliebte sagt, er
habe der Chione keine Veranlassung gegeben, dafs sie ihn verlasse?
Ich denke, das ist der, der als Sieger aus dem Wettbewerb um Chiones
Hand hervorgegangen ist, ihr Gemahl. Oder ist er noch nicht ihr
Gemahl? Die Worte aitCav bis änoUjtrig avröv legen den Gedanken
nahe, dafs sie schon bei ihm war, ihm gehörte. Andrerseits würde die
Rede der Chione wie überhaupt die ganze Situation klarer, wenn man
annehmen dürfte, dafs dies Gespräch etwa unmittelbar vor der Hoch-
zeit gehalten wäre. Ich lasse die Frage unentschieden.
Auch im Einzelnen bleibt hier Manches unklar. Tlavta xcclov
7i£iVovvtsg d}g sItiev (Z. 3 — 5) verstehe ich nicht. Wahrscheinlich ist
1) Als Anrede an den Geliebten ist %Qr]ati wohl kauna passend. Mit %Qfi\}icc\
wüfste ich hier nichts anzufangen. — Dafs die Namen gern eine Anspielung auf
den Charakter enthalten, hat schon Rohde hervorgehoben.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 263
da etwas verlesen. Etwa näv t6 nalbv oder Ttäv tb xaxöv? ^) —
In der Lücke Z. 20/1 wird kaum etwas anderes gestanden haben, als
die ultima ratio: „so wollen wir sterben mit einander"^). — Die Er-
gänzungen von Z. 21 ff. gebe ich mit um so gröfserem Vorbehalt, als
ich sie nicht angesichts des Originals, sondern erst jetzt am Schreib-
tisch gemacht habe. Ich kann daher nicht aussagen, ob die vor-
geschlagenen Ergänzungen zu den Schriftspuren passen.
Die Richtigkeit der Ergänzungen vorausgesetzt würde der Gedanken-
gang dieses Fragmentes etwa folgender sein: Der Geliebte [X^ijötog'^)
spricht: „die Ankunft des Megamedes ist zu erwarten, und wir ....
haben noch nicht an unsere Rettung gedacht. Megamedes hat dir
keine Veranlassung gegeben, dafs du ihn verlassest. Drum überlege,
was wir thun sollen, denn ich bin ratlos". Nachdem er so aus Edel-
mut gegen den edeln Megamedes, der ebenso wie Chrestos seinem
Namen Ehre macht, den Gedanken an gemeinsame Flucht abgelehnt
hat, zieht Chione die Konsequenz, indem sie sagt: „Da wir nicht mit
einander leben können .... [wollen wir sterben]. Denn schliefslich
bleibt uns nichts anderes übrig. Wir müssen nur sehen, dafs wir
auch auf vornehme Weise aus dem Leben gehen . . .".
Der letzte Gedanke begegnet ähnlich bei Charit. VII 1, 7, wo
Polycharmos zu Chaereas sagt: Uxsilfansd'a de d-avdtov tQOTtov, ÖGng
av ysvoito ßsXxCav .... svdo^ov xal totg vötsqov a<30(ievoLg diTjyijfia
xataksiTtovtag xtA.
Es ist nicht viel, was uns diese dürftigen Überreste, die offenbar
dem Anfang des Romanes angehören, über seine Anlage lehren. Doch
sie genügen, uns zu zeigen, dafs auch dieser Roman in der Charakte-
ristik der Personen, der Erfindung der Situationen und dem Stil der
Darstellung, wemi er natürlich auch wie jeder Roman seine eigentüm-
lichen Besonderheiten hat, doch im wesentlichen in denselben Geleisen
fährt wie die uns schon bekannten Romane. Bezeichnend ist, dafs
von den drei erhaltenen Kolumnen nicht weniger als zwei vollständig
mit Reden ausgefüllt sind! Sicherlich haben wir nicht eine Epitome,
sondern den m-sprünglichen Text vor uns; höchstens Kürzungen im
Stil der beiden Chariton- Redaktionen könnten als möglich zugegeben
werden. Die zahlreichen oben hervorgehobenen Parallelen, durch die
der neue Roman mit den alten verknüpft wird, ermöglichen nicht die
Entstehung des Romanes im Vergleich zu den anderen zeitlich zu
fixieren, was kein Wunder ist, wenn man bedenkt, dafs sogar die
1) Vgl. Achill. Tat. VI 16, 2: icpoßovfiriv iirj ri cot kivi]Gco kcckov.
2) Vgl. das ähnliche Gespräch bei Xenoph. II 1.
264 I- Aufsätze
Zeitbestimmung der vollständig erhaltenen Romane vielfach auf sehr
schwachen Füfsen steht. Ob der Chione- Roman zu den älteren oder
den jüngeren gehört, lasse ich dahingestellt.
5. Die ältesten Bomane.
Von dem Chione -Roman abgesehen sind uns in den letzten sieben
Jahren durch ägyptische Papyrusfunde nicht weniger als drei neue
griechische Romane bekannt geworden. So dürftig auch die Frag-
mente sind, haben sie doch durch ihr relativ hohes Alter — die Hand-
schriften gehören dem I. resp. IL Jahrh. n. Chr. an! — ihre grofse
Bedeutung für die Entwickelungsgeschichte des griechischen Romanes.
Die weiten Zeiträume, durch die früher die hellenistische Erotik und
die sophistischen Liebesromane getrennt waren (Rohde S. 165), werden
nun durch diese neuen Funde, durch die wir Vorläufer der sophistischen
Romane kennen lernen, überbrückt. Da ich durch den thebanischen
Palimpsest veranlafst wurde, auch diese Stücke von neuem zu prüfen,
sei es mir gestattet, einige Beobachtungen, die sich mir dabei ergeben
haben, kurz hier mitzuteilen. Nur den Ninosroman übergehe ich, da
ich seit meiner Edition im Hermes 2H (1893) nicht wieder Gelegenheit
genommen habe, das Original zu prüfen. So verweise ich nur auf
die vielfach vortrefflichen Ergänzungen und Erläuterungen, die in-
zwischen von Ennea Piccolomini ^) und Lionello Levi ^) beigebracht
worden sind.
Im Jahre 1895 edierte Krebs, gleichfalls aus den Schätzen des
Berliner Museums, das Fragment eines Romanes, der die Liebesgeschichte
von Metiochos und Parthenope erzählt (Hermes 30 S. 144 ff.).
Im Anschlufs an diese Arbeit, die sich im wesentlichen auf die Text-
edition beschränkte, haben Kaibel und Robert ebendort das Fragment
— es ist nur eine Kolumne — ergänzt und erklärt. Die Handschrift
stammt, wie Krebs richtig geurteilt hat, aus dem IL Jahrh. n. Chr.
Meine um Ostern an Krebs gerichtete Bitte, seine Edition nochmals
am Original zu revidieren, sollte keine Erledigung mehr finden: der
Tod hat ihn plötzlich von seinem Leiden erlöst. So habe ich selbst
nachher das Original verglichen, und das Wenige, was sich für den
Text ergeben hat, sei kurz hier mitgeteilt.
1) Itendiconti della R. Accademia dei Lincei 21. Mai 1893.
2) Rivista di Filologia e d' Istruzione Classica XXIII N. S. I l«y4.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 265
Z. 1 1. tjrjv (p[t^\o66(pov t,riti]6LV.
Z. 2 Schlufs 1. XriQ\ statt ^eQ[. Vgl. dazu Z. 36.
Z. 3 Schlufs sehe ich £90, wodurch die Ergänzung von K-K,
icp ol$ gestützt wird.
Z. 5 scheint vor ^üd^rjötv: otarrj oder orayrj zu stehen.
Z. 7 1. [r£]g o[r] Tf^[g aAjf^O-ot»?, wie K-R vermutet haben.
Z. 9 Anfang sehe ich Schlufs von rj. Also: 6 T]7jg 'A(pQo\d]£i-
trjg vCbg.
Z. 14 sehe ich 6vv£6rrix[av, wie K-R vermutet haben.
Z. 15 scheint xqövslov zu stehen, ist aber nicht sicher.
Z. 20 1. K7i£Cd-av[ov, wie K-R vermutet haben.
Z. 21 für die Ergänzung von fidi/o]v scheint kein Platz zu sein.
Z. 25 scheint hinter jivsv^a zu stehen: xat otov d'o[. .| . . >; . o[].
Bleibt mir unverständlich. Dagegen glaube ich das Folgende sicher
erkannt zu haben:
Z. 25 Wd'la]-
Z. 26 [öav Ol] r]dr} tov ndd-ovs elkricporeg nsiQav. 'Eya [d' S7ia\-
Z. 27 [O-OV? 0v\7C(O fltjds 7t£LQad'£h]V X06 ... . ot. "EQGjg
Z. 28 [/«() £'ört]v JcsiVTjficc diavoCag vno \7t]ad;qvg ytvö^£v[ov.
Hinter SQcog in Z. 27 braucht nichts zu fehlen.
Der lange Strich am Schlufs zwischen Z. 31/2, den R-K für die
Paragraphos halten, gehört zu Z. 32: er tilgt die am Ende von Z. 32
geschriebenen Worte. Die Paragraphos müfste links, am Anfang
stehen. Da der Papyrus sonst die Worte trennt, in Z. 32 aber
sag mit fisXstTjg eng verknüpft ist, dürfte ^s]Xst^6£og zu verbinden
sein (vgl. auch Krebs), wenn auch fisXEtrjßig sonst nicht belegt
sein sollte.
Z. 33 steht hinter MrixCo%ov vielleicht: TCQog rb (lij cofio.
Z. 36 1. 'O rov i,£vov XfiQog xa.
Wie schon Krebs S. 144 hervorgehoben hat, sind die beiden
Romanhelden Metiochos und Parthenope offenbar dieselben, von deren
Liebesgeschichte Eustathios zu Dionys. Perieg. 358/9 erzählt. Freilich
ist a priori anzunehmen, dafs im Roman die Sage sehr stark ver-
ändert worden ist. Denn der Abschlufs, den Eustathios mitteilt
(Parthenope entstellt sich und entsagt dem Greliebten), pafst nicht
zum griechischen Roman, der kein anderes Ende als die glückliche
Vereinigung der Liebenden kennt. Auch die andere Sage, die Lucian
de saltat. 2 kennt, wonach Parthenope zu den berühmtesten Buhle-
rinnen gehöi'te, pafst nicht zu der Romanheldin, die nach dem üb-
266 I- Aufsätze
liehen Schema ein sehr tugendhaftes Wesen sein mufs. Es scheint
also, dafs auch schon in diesem Roman von der ursprünglichen
Sage nicht viel mehr als die Namen übrig geblieben sind. Vgl.
oben S. 257.
In der Art der Darstellung ähnelt das Fragment vielfach den
andern Romanen. Den gröfsten Teil nimmt eine pathetische Rede
des Liebhabers ein, und kurz vorher wird, vs^ie Kaibel und Robert
erkannt haben, ein epideiktischer Vortrag eines Fremden gestanden
haben. Also auch hier wieder wie schon im ältesten Roman von
Ninos und wieder in den späteren die Vorliebe für wohlgesetzte Reden.
Dafs auch dem Inhalt nach zahlreiche Fäden diesen Roman mit den
anderen verbinden, soll kurz hier dargelegt werden.
In dem vorliegenden Fragment, das offenbar dem Anfang des
Romanes angehört, ist Metiochos als der spröde Jüngling gezeichnet,
wie ihn auch die anderen Romane so gern schildern, um ihn dann in
das Gegenteil umschlagen zu lassen. Vgl. Rohde S. 146/7. Wir werden
in eine lebhafte Debatte hineingeführt, die sich, wie so häufig in dieser
Litteratur, um das Wesen des Eros dreht. Nachdem jener Fremdling
die herrschende mythologische Auffassung vorgetragen hat, wendet sich
Metiochos, der den Eros selbst noch nicht kennen gelernt hat, in Gegen-
wart der Parthenope mit rationalistischen Gründen dagegen. Kaibel
und Robert, die diese Situation erkannt haben, denken sich als Schau-
platz „vielleicht eine Rhetorenschule für beiderlei Geschlechter". Man
könnte sich auch eine andere Scenerie denken, die in den erhaltenen
Romanen öfter begegnet: das Gespräch hönnte an ein Bild des Eros
anknüpfen, wozu der Roman des Eustathios (II 7 ff.) die beste Parallele
bieten würde. Da steht der Held, der ebenso wie Metiochos noch
nichts von Liebe weifs, vor einem Erosbilde und philosophiert mit
seinem in die Liebe schon eingeweihten Freunde über das Wesen der
Gottheit. ^) Auch auf die Einleitung zum Roman des Achilles Tatius
und auf das Prooemium des Longus könnte man hinweisen.
Doch mag die Situation im Parthenope -Roman sein wie sie wiU,
jedenfalls ist von Interesse, dafs der Grundgedanke hier und bei dem
Byzantiner derselbe ist. Auch bei Eustathios nimmt der Jüngling aus
rationalistischen Gründen Anstols an den hergebrachten mythologischen
Auffassungen. Vgl. 10, 1: näg ov jtrsQvööstai t6 ^rrjvbv ävhco TttSQä,
ccXlä öovXoyQcccpsttcci aatvcög ovxca koI vtisq t?jv (pvGiv; xrL Und als
der Freund ihm dann von der aUbezwingenden Macht des Eros spricht,
1) n 7, ."j: (piloeocpi^G(o(ifv tb iHriQiXKiov; n 11, 1: av ^loi rä ti^qI ti]v yQcctpijv
tpüoGotpii. Vgl Pap. 1. 1.
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift 267
bricht er die Unterhaltung mit den ahnungsvollen Worten ab: Mt]da
yiyvaöxoLrö ^oi. Ganz ähnlicli sagt Metiochos hier /um Schlul's: 'Eyio
[d' £7iad'ov[?) ov^TtGj fi^df TtSLQa&eiriv.^) Solche Parallelen verlieren
dadurch nicht, dal's wir sie bei einem Byzantiner finden. Gerade bei
diesen, denen die Erfindung neuer Situationen und Gedanken am
wenigsten zuzutrauen ist, werden wir oft auf das Gut vergangener
Jahrhunderte zu stofsen erwarten dürfen. Derselbe Gedanke kehrt
übrigens etwas versteckt aucli im Prooemium zu Longus' Roman
wieder: rj^tv d' 6 dsbg jiccQd6%oi 6(0(pQovov6i tä ribv akXav y^dcpstv.
Während bei Eustathios der Jüngling dem Freunde nur verwun-
derte Fragen entgegenhält, gi-eift Metiochos die Auffassung des Fremden
in ihren einzelnen Punkten scharf an. In der Ausführung bietet dieser
Roman, wie zu erwarten. Neues, Originelles, doch die Grundgedanken sind
auch den anderen Romanen bekannt. So erklärt Metiochos es für lächer-
lich, dafs Eros ewig ein Knabe geblieben sein solle.-) Dafs Eros in
Wirklichkeit sehr alt sei und nur jung erscheine, ist ein auch bei Longus
II 5, 2 wiederkehrender Gedanke: Ov roo Ttaig iyco xal sl ÖoxS) jratg,
äkXä xal Tov Kqovov ^QSßßvtSQog xccl avtov tov itavxog. Vgl. dazu
Plato, Sympos. p. 195Bf. ^) Vgl. auch Lucian, dial. deor. 2, 1 und
Apul. Metam. V 31. Wenn Metiochos zum Schlufs eine rein natur-
wissenschaftliche Erklärung der Liebe giebt als eines xivi]^u dtavoiag,
das durch Ttdd-og entstehe und durch övvtjd'SLa wachse, so ähnelt er
in dieser Gottesleugnung dem spröden '^ßQoxo^rjg in den Ephesiaca
des Xenophon I 1, 5, der, ehe er Antheia gesehen, "Epara ys fiijv ovös
ivo^i^sv sivai Q'eov. Dafs Metiochos und Parthenope von Jugend auf,
wie es scheint, in Freundschaft miteinander aufwuchsen, ohne zunächst
von Liebe etwas zu wissen, erinnert an Daphnis und Chloe bei Longus,
während in den meisten anderen Romanen der Jüngling erst später
das Mädchen erblickt und dann sofort in Liebe entbrennt.
So finden wir auch diesen Roman, der wohl spätestens um
100 n. Chr., vielleicht viel früher, entstanden ist, durch mancherlei
Parallelen mit den anderen Vertretern dieser Gattung verknüpft^),
während sich anderes als originell erweist.
1) Vgl. Heliod. IV 10: t6 [ihv ansiQatov y^vso&ai, tijv ccQp]v ^Qcotog svöaip.ov.
2) KoiiiS^ veog (Z. 9) ist auch in den Romanen eine beliebte Wendung.
Vgl. Longus IV 24, 1.
3) Dafs manche Gedanken und Ausdrücke in den Romanen auf Plato zurück-
gehen, hat speziell für Achilles Tatius gezeigt Andreas Stravoskiadis ^ Ach. Tat.
ein Nachahmer des Plato, Aristoteles, Plutarch und Aelian. Erl. Diss. 1889.
4) Zu ■noi7\\tccl nccl ^coyQCccpoi huI '7i[ldGt(x]i in Z. 38 vgl. z. B. Charit. III 8, 6.
Archiv f. Papyrusforachung I. 2. 18
268 I- Aufsätze ■.
Endlicli hat Mahaffy in den Bendieontl della Reale Accademia dei
Lincei vom 21. Februar 1897 eiu Fragment ediert, das er, wie mir
scheint, mit Recht als Bruchstück aus einem Roman bezeichnet hat.
Eine vortreffliche Erklärung des Textes verdanken wir Otto Crusius
(Beilage zur Allgem. Zeitung 1897 Nr. 145, 3. Juli).
Mahaffy hat übereinstimmend mit Kenyon und Grenfell die Schrift
des Romanes, der auf dem Verso steht, in das II. Jahrh. n. Chr., die
Schrift des Recto (Abrechnungen etc.) in das I. Jahrh. n. Chr. gesetzt.
Auch ich kann mich auf Grund der beigefügten Photographien dieser
Schätzung nur anschliefsen, kann für den zweiten Ansatz sogar einen
direkten Beweis erbringen. In der unteren Hälfte des Recto lese ich
die Worte: U£ßa6tov FsQpiavixov 0cc[.i£v[cod-. Damit kann nur Domi-
tian gemeint sein, und wenn ich nicht irre, passen auch die vorher-
gehenden Schriftspuren zu zJo^^ttLavov. Damit ist der terminus post
quem für die Romanhandschrift gegeben. Es war ein Irrtum, wenn
Crönert oben S. 210 den Papyrus der Ptolemäerzeit zuwies.
Erhalten ist vom Roman eine Kolumne von 60 Zeilen, links und
rechts davon einige Schlüsse und Anfänge der benachbarten Kolumnen.
Der Text ist in einer an sich leicht lesbaren Kursive geschrieben, ist
aber leider durch Lücken und Beschädigungen der Oberfläche derartig
verderbt, dafs von den 60 Zeilen bis jetzt nur ganz wenige vollständig
und sicher gelesen sind. Viele von Mahaffys Lesungen habe ich auf
der Photographie nicht wiedergefunden, ohne doch sagen zu können,
was wirklich dasteht. An einigen Stellen bin ich etwas weiter ge-
kommen, aber meine Hoffnung, einen zusammenhängenden Text schaffen
zu können, habe ich bald aufgeben müssen. Das wird nur am Original
zu machen sein. Hoffen wir, dafs der hochverdiente Herausgeber sich
der Mühe unterzieht, den, wie es scheint, in seinem Privatbesitz be-
findlichen Text nochmals gründlichst zu revidieren. Einstweilen teile
ich die kleinen Ergebnisse meiner Nachlese mit.
In der vorhergehenden Kolumne, die Mahaffy ungelesen gelassen
hat, glaube ich in Z. 20 ösiXr/vs zu erkennen. Ist das richtig, so würde
dort ein Mann UEiXrjvög angeredet, also wohl ein Gespräch wieder-
gegeben sein.
Oberhalb der Hauptkolumne erkenne ich, was sich für die Inter-
pretation als nicht ganz unwichtig ergeben wird, die von zweiter Hand
später hinzugefügte Paginazahl K&. Wir haben also die 29*" Kolumne
der gesamten Darstellung vor uns.
Z. 7 sehe ich xuycot, darauf vielleicht (iöv[os'^^ am Schlufs ein
Praeteritum mit v abschliefsend. Dann beginnt ein neuer Satz: Täv
dl [x\vߣQvr]rß)v. Eine Verbalform wie ^taQaivovvtav ^ die Mahaffy
Ulrich Wilcken: Eine neue Roman - Handschrift 269
vor ÖS erwartet, würde nicht passen, weil dann der Artikel hinter dl
zu erwarten wäre. Das Participium mul's vielmehr folgen. Darauf
lese ich ö 7]fi\atEQog (statt . . evQog) seil. xvßsQi^rjtVig rjTtSLysto nXslv.
Z. 16 erkenne ich 7tQo[g\GiTtUt,8ro statt ii .[^. .\a7tltt,sto^ und zum
Schlufs völlig sicher i.'^\e7c\X£v6a^sv statt Ecp\ß'jt\XEv6aiiev.
Z. 11 scheint rj TCQod^^lg rrjv zu stehen, statt tj nQod-a[.] . rxstv.
ÜQod-^iCg würde vulgäre Schreibung sein, mit einer häufig vorkom-
menden Metathese, für jtoQd-fitg.
Z. 32 schreibt Mahaffy: ov Öse xov Ni6vqov XKd-0Qa[6d-ai? Da-
nach übersetzt Crusius „(Wir werden über das kretische Meer dahin-
getrieben), wo man Nisyros sehen mufs". Befriedigender ist die folgende
Lesung, die mir sicher erscheint: ovdhi ov Niövqov xa&0Qä[v: „wäh-
rend es nicht mehr möglich war, Nisyros (vom Schiff aus) zu sehen".
Daraus lernen wir, dal's die Fahrt von Nisvros ausgegangen war!
Z. 55 f. lese und ergänze ich etwa folgendermafsen: \ks t6 xv^cc.
noXXa[%ov? d' £7c]l rrjg xsQaiag sßdX[Xovto?] nvQöol ßga^slg [
(partic.)] eg ixdtSQOv xsQag.
Z. 57 Schlufs steht nicht mit Abbreviatur TtQoöavv^), sondern
7iQ0(3mvv^i. Also kann das Folgende nicht zu dv\a7i£6]ovTEg ergänzt
werden. Vielmehr ist zu verbinden 7CQo6G)vv^i\av. Das ovteg kann
ich nicht sicher erkennen.
Der Inhalt der Kolumne ist kurz folgender: Zwei Personen, von
denen eine den Hergang erzählt, nehmen unter „alkyonischen Klagen"
zärtlichen Abschied von einander. Beide verlassen den Hafen, wie wir
soeben sahen, von Nisyros, aber auf verschiedenen Schiffen. Ein Un-
wetter zieht sich zusammen, das allmählich in furchtbaren Sturm mit
Blitzen und Regengüssen ausartet, bis schliefslich — wie Crusius so
schön gezeigt hat — ■ das Rettung verheifsende St. Elmsfeuer sich auf
die Raaen setzt, worauf die Mannschaft niederfällt und betet. Damit
bricht der Text ab.
Mahaffy erklärt dies für ein Bruchstück eines griechischen Romanes
und verweist auf den grofsen Seesturm bei Achill. Tat. HI 1 ff. ^) Crusius
dagegen möchte es lieber der Brief litteratur zuweisen, unter Hinweis
auf den schönen Synesiusbrief, in dem auch ein Seesturm geschildert
1) Vgl. ferner Heliodor V 27; Charit. IE 3, lOflP.; Eustath. VII 7if.; hist.
Apoll, c. 11, 12 und dazu Klebs S. 284. Grofse Ähnlichkeit mit unserem Frag-
ment zeigt in vielen Details die Sturmbeschreibung in Ovids schöner Erzählung
von Keyx und Alkyone, die nach Nikander erzählt sein soll. Auch unsere Dar-
stellung mag in letzter Instanz auf hellenistische Vorbilder zurückgehen.
18*
270 I- Aufsätze
wird, oder möchte es wegen der Dioskurenepiphanie auch wohl für
ein frommes Traktätchen, etwa xsql d'dcov ivsQysLüv halten.
Ich gebe Crusius zu, dafs ein strikter Beweis für die Zugehörig-
keit zu den Romanen nicht zu erbringen ist, und dafs die Stilverwandt-
schaft unseres Fragmentes mit den späteren Romanen, die auch nach
Crusius unverkennbar ist, die Frage nicht löst; aber auch die Ein-
wendungen, die er gegen Mahaffys Annahme erhebt, scheinen mir
nicht entscheidend zu sein.
Sein erster Einwurf betrifft die Personen: „in dem Roman handelt
es sich um ein Liebespaar, hier ist von zwei Freunden oder Kameraden
die Rede". Die Praemisse ist nicht in dem Sinne zuzugeben, dafs nicht
auch im Roman ausführlichst von den gemeinsamen Abenteuern zweier
Freunde gehandelt werden könnte. Man denke nur an Chariton, bei
dem Chaereas und Polycharm auf der Suche nach Kallirrhoe die tollsten
Gefahren miteinander bestehen, ja, abgesehen vom Anfang und vom
Schlufs tritt Chaereas meist mit dem Freunde zusammen auf, nicht mit
der Geliebten. Warum sollte nicht auch hier eine solche Episode erzählt
sein? Vielleicht segeln auch hier die beiden Freunde hinaus, um die
Geliebte des Einen zu suchen. ^) Doch ich will dieser Vermutung um
so weniger nachgehen, als es mir garuicht sicher ist, dafs wir wirklich
zwei Männer vor uns haben. 'ExdtsQog in Z. 13, i7t[L6]ico7tovvrsg in
Z. 14, ßlüXXjovrEs in Z. 15 entscheiden die Frage nicht: es würde
nicht anders heifsen, wenn die andere Person ein Weib wäre. Die
Möglichkeit ist jedenfalls bei der jetzigen Textgestalt zuzugeben.^) Ja
ich meine, die Zärtlichkeit des Abschiedes, die Handküsse, die sie sich
zuwerfen, vor allem der d-Qi^vog 'AXxvovEiog weisen viel eher auf ein
Liebespaar hin. Doch die Frage mufs offen bleiben. Jedenfalls kann
nach obigem aus dem Personenstande ein Kriterium gegen den Roman-
charakter des Fragmentes nicht abgeleitet werden.
Crusius bemerkt ferner, dafs wegen des St. Elmsfeuers, das einen
günstigen Ausgang verhelfst, der Sturm nicht zu einem Schiffbruch
geführt habe, wie das in den Romanen geschehe. Es ist richtig, dafs
in den Romanen die Stürme oft zum Schiff'bruch fükren, aber es giebt
auch da Fälle, in denen das Schiff schliefslich glücklich landet. Mir
fällt z. B. folgende Stelle in der bist. Apoll, c. 39 ein: . . . sublatis
ancoris altum pelagus petiit iam ad Tyrum reversurus. Qui dum pro-
speris ventis navigat, subito mutata est pelagi fides, per diversa discrimina
1) So könnte es sich erklären, dafs sie aus demselben Hafen auf verschie-
denen Schiffen abfahren. Ähnliches bei Charit. III 3, 8.
2) Ist vielleicht Evcp^oavvri in Z. 5 als Name der Geliebten zu fassen?
Ulrich Wilckcn: Eine neue Roman -HandHchrift 271
maris iactantur; omnibus deimi royautibm ad Mytüenani civitatem ad-
venerunt. In diesem kurzen Auszug (s. oben S. 260 Anm.) ist zwar der
Seesturm nicht ausführlicher beschrieben. Aber wenn mau von Tarsos
ausfahrend statt nach Tyros nach Mytilene kommt, mufs es doch ein
recht bedeutender Sturm gewesen sein — im griechischen Original
mag er ausführlich geschildert gewesen sein ^) — , und doch endet er
mit einer glücklichen Landung. Doch hiergegen liefse sich manches
einwenden; sicherer beweist Heliodor V 27: da ist ein Seesturm mit
grofser Ausführlichkeit geschildert; dennoch erfolgt kein Schiffbruch!
Dieses Heliodorkapitel zeigt uns, dafs gelegentlich auch die Roman-
schriftsteller, wenn sie ihre Helden über das Meer fahren liefsen, diese
Gegenheit benutzten, einen Seesturm darzustellen, auch wenn daraus
keine Folgen für die Entwicklung der Handlmig sich ergeben sollten —
also aus reiner Freude an der beliebten snipQaöLg. Vgl. Dionys.
Hai. rhet. 10, 17. Und damit würde auch unser Fragment als Episode
innerhalb eines Romanes genügend erklärt sein.
Was andrerseits die positiven Vorschläge von Crusius betrifft
(Brief oder Traktat), so gehen sie wohl von der Vorstellung aus, dafs
unsere Erzählung keinen allzugrofsen Umfang gehabt habe. Sie ver-
lieren daher an Wahrscheinlichkeit, nachdem oben gezeigt ist, dafs die
vorliegende Kolumne die 29*'' ist. So spricht die Seitenzahl für eine
breite Darstellung, wie die Romane sie fordern.^)
Vielleicht wird auch diese Hauptfrage klarer zu erkennen sein,
wenn erst ein zusammenhängender Text hergestellt sein wird. Einst-
weilen ist es mir aus den angeführten Gründen wahrscheinlicher, dafs
wir einen Roman vor uns haben.
Nachdem der vorstehende Aufsatz in den Druck gegeben war,
kam mir die von Fritz Scholl besorgte zweite Auflage des klassischen
Werkes von Erwin Rohde zu Gesicht. Leider haben sich eingehendere
Untersuchungen über die neuen Romane in seinem Nachlafs nicht
gefunden. Aus den flüchtigen Randbemerkungen seines Handexemplars
1) Die Worte omnibus deum roganUbus erinnern an das Gebet zum Schlufs
unseres Fragmentes. Sie stammen zwar in dieser Form aus dem christlichen
Bearbeiter, aber vorher mag ein heidnisches Gebet dort gestanden haben.
2) In dem erhaltenen Fragment erzählt jemand seine eigenen Erlebnisse.
Vielleicht war das nur eine Einlage, wie z. B. bei Heliodor sich sehr ausführliche
Ich-Erzählungen finden. Es kann aber auch der ganze Roman dieser Person als
Erzählung in den Mund gelegt worden sein; dann würden Achilles Tatius, auch
Eustathios Parallelen bieten, die gleichfalls einen Ich-Roman geben.
272 I- Aufsätze: Ulrich Wilcken: Eine neue Roman -Handschrift
geht nur so viel hervor, dafs Rohde zwar die Ninos- Geschichte (vgl.
S. 577 der 2. Aufl.), aber nicht die Parthenope- Geschichte für einen
Roman gehalten hat. In Bezug auf letztere findet sich auf S. 570
die Bemerkung: „Aber es scheint eher ein Gespräch über "Egcog und
i'pwg zu sein (ä la "EQCJtsg des Pseudolucian), mit einiger Scenerie:
für einen Roman würde das Gespräch kaum passen." Mir scheint
aus der obigen Behandlung des Fragmentes, die ich unverändert habe
stehen lassen, im besonderen aus der oben aufgedeckten Parallele mit
Eustathios' Roman doch so viel mit Sicherheit hervorzugehen, dafs
das Fragment einem Roman angehören kann. Für die Annahme
eines Gespräches in der Art des Pseudolucian scheint mir die That-
sache nicht günstig, dafs Metiochos und Parthenope durch ihre
Namen die Erwartung erwecken, dafs sie vom Philosophieren zum
Handeln übergehen werden. Doch mögen Berufnere die Frage ent-
scheiden.
Breslau. Ulrich Wilcken.
Zum ägyptischen Münzwesen.
Seit wir durch das ausdrückliclie Zeugnis eines Metrologen ^),
sowie durch eine Reihe von Urkunden aus der römischen Kaiserzeit ^)
wissen, dafs damals in Ägypten nach einer doppelten Drachme ge-
rechnet worden ist, nach der Drachme Kupfers von 6 und der Drachme
Silbers gleich 7 oder 7^^ Obolen, wird, wie es scheint allgemein, an-
genommen, dafs die Drachme von 6 Obolen dem ägyptischen Kleingeld-
kupfer, die Drachme von 7 oder 1'^/^ Obolen dem Billontetradrachmon
zu Grunde liegt. Dies scheint mir irrig; vielmehr ist die Drachme von
6 Obolen die des ägyptischen Billontetradrachmon der Kaiserzeit, die
Drachme von 7 oder 77^ Obolen die des römischen ägyptisch als Tetra-
drachmon gefafsten Denars. Es stützt sich diese Annahme auf die
folgenden Beweise.
1. Die ägyptische Kleinmünze, der Obolus und dessen Teilstücke
— Didrachnien und Drachmen sind in Ägypten allem Anscheine nach
nur vorübergehend und in geringem Umfange geschlagen worden^) —
1) Grenfell and Hunt the Oxyrhynchus Papyri 1 p. 77: t';^/. %aliidvir] ößöXovg s'
.... %ft Squ^ilt} oßoXovs STttä. — Die Sga^^iii) Alyv%xia%ri in der Tafel der Kleo-
patra (Hultsch scr. metr. I c. 60, 6) von ^ g der attischen Drachme ist ein Rätsel
(■was ich früher darüber vermutete, Hermes 5, 135; RG 5, 558, ist durch die
späteren Funde beseitigt); die Handschriften geben, wie Herr E. Pernice mir
mitteilt, keine Hülfe. Vielleicht ist ÄlyvTtxLav.ri zu streichen und die spätere
attische Drachme gemeint.
2) Die Drachme von 7 oder 7y^ Obolen zeigt sich am bestimmtesten in dem
berühmten Haushaltungsbuch (Pap. of the Br. Mus. n. 131 vol. I p. 166 fg.) vom
J. 78/9, aus welchem ihre Dopi^elgeltung 7.uerst durch Kenyon festgestellt ward.
Hier werden, mit ausdrücklicher Angabe des Verhältnisses, 4 Silberdrachmen ge-
glichen bald mit 28 Obolen — Z. 351 : cbg r -< S' 6ß. kt]', wonach 116 Dr. 4 Ob. Kupfer
umgerechnet werden in 100 Dr. Silber; Z. 529: i^ 6ßo}.{m') tir]' x{kIv.ov) — , bald und
in gleicher Verbindung mit 29 Obolen — Z. 529: t'l oßipXwv) k&' %{aly.ov), wonach
163 Dr. Kupfer umgerechnet werden in 135 Dr. ly^ Ob. Silber, was freilich genau
lauten müfste 134 Dr. 5^%9 Ob. Zahlreiche andere Belege hat Wilcken, Ostraka
I 732 zusammengestellt.
3) Vgl. darüber Poole catalogue of the coins of Alexandria p. XXIX; Pick
bei Wilcken a. a. 0. S. 729.
274 I- Aufsätze
gehört anerkannterniafsen mit dem Billontetradrachmon zusammen. Nun
kann es ja vorkommen, dafs zwischen dem Grofsgeld und seiner Scheide-
münze sich eine Kursdifferenz entwickelt; aber es setzt dies voraus,
dafs die letztere auch in Grofszahlungen verwendet und demnach in
Massen geprägt wird. Das erstere wird unbedenklich angenommen
werden können; Beschränkung der Kleingeldzahlung durch gesetzliche
Maximalsätze sind dem Altertum wohl fremd gewesen. Aber letzteres
trifft bei dem ägyptischen Provinzialkupfer keineswegs zu; im Gegen-
teil hat sich die Münzverschlechteruug dort nicht auf massenhafte
Ausprägung des Kupfers geworfen, sondern auf Verringerung des
Silbergehalts im Billongeld, so dafs dieses zur Kupfermünze wird und
die eigentliche Kupfermünze schwindet.^) Grofszahlung in Obolen und
dessen Teilstücken fordert eine so gewaltige Kleingeldmenge, wie die
ägyptische Kupferprägung gegenüber dem Billon sie keineswegs auf-
zuweisen scheint. Allerdings schliefse ich dies nur aus den in dieser
Frage unzureichenden Münzkatalogen; Fundberichte liegen mir nicht
vor und können allein darüber endgültig entscheiden. ^) — Dagegen
leuchtet ein und wird imten näher ausgeführt werden, dafs zwischen
dem römischen Denar und dem ägyptischen Billon füglich ein Diffe-
rentialkurs von 7 oder 7y^ zu 6 eintreten konnte.
2. Dafs der Denar in Ägypten seit der Eroberung des Landes^)
durch die Römer Legalkurs gehabt hat, wird keines Beweises bedürfen,
schon darum, weil mit dessen Ausschlufs auch der römische Aureus
ausgeschlossen würde, der ja in der Rechnung nur als Multiplum des
Denars auftritt. Aber in der aus zahllosen Urkunden uns bekannten
ägyptischen Rechnung erscheint der Denar unter diesem Namen nicht *^);
1) Poole a. a. 0.
2j Übrigens mag bei der in Ägypten offenbar sehr vorgeschrittenen Ent-
wickelung des Bankwesens die Masse des umlaufenden Geldes relativ gering
gewesen sein und daher auch die Münzfunde dort in minderem Umfang auftreten
als anderswo. Der selten unterbrochene Friedensstand wird weiter dem Ver-
graben der Schätze entgegengewirkt haben.
3) Dafs in der Zeit des Antonius und der Kleopatra in Ägypten zum Teil
auf römischen Fufs geprägt worden ist, wenigstens die in der ägj^ptischen Prägung
ganz isoliert dastehende Drachme der Kleopatra (Poole, Ptolemies p. 122) als Denar
anzusehen ist (mein R. M. W. S. 723), kommt weiter nicht in Betracht.
4) Wir kennen bis jetzt nur eine einzige wirkliche Ausnahme, das von
Wilcken 1, 737 aus einem unedierten Pariser Papyrus angeführte, auf Siaxoeicc
TCsvTT^xovra Sr\vccQicc lautende, im Jahre 196/7 von einem römischen Beamten ge-
fällte Straferkenntnis, das aber nachher von dem Strategos bezeichnet wii-d als
lautend auf 1000 Drachmen. — Dafs BGU 276 die Rede ist von einem ßagdog,
der örivaQiMv gf' gekauft und, wie es scheint, für 370 Dr. wieder verkauft ist,
Theodor Mommsen: Zum ägyptischen Münzwesen 275
hat er dennoch darin seinen T^latz geha})t, so kann er nur in der un-
zählige Male begegnenden aQyvQiov Öqux^h] gefunden werden. Dafs
Augustus, der den Denar in Ägypten eingeführt haben mufs, die
römische Bezeichnung ausschlofs, ist ein weiterer und wichtiger Bei-
trag zu dem Bilde der Äeyyptus seposita] so wenig wie der Proconsul
und der kaiserliche Legat gehört der Denarius der Reichsmünze als
solcher in dieses dem kaiserlichen Privatbesitz vorbehaltene und mit
eigener Königsmünze ausgestattete Königreich.
3. Die Benennung aQyvQiov oder aQyvQiov eTtcGri^ov vofitöfiatog
dgccx^rj^), vollständiger in der julisch-claudischen Epoche ccQyvQiov
Ueßaötov KoX IltoXs^aLxov vo^cöfiarog dgccx^y]^), in den jüngeren Ur-
kunden KQyvQLOv Usßaörov — oder 2Jsßa6rß)v — vo^iö^atos^), im
3. Jakrh. auch ocQyvQtov na^.caov Uto^s^uinov voacö^iatog^)^ pafst
'nicht auf die provinziale, sondern nur auf die Reichsprägung.
a) Der Denar ist ein Silberstück, das von Tiberius eingeführte
ägyptische Grofsstück dagegen eine Billonmünze, die im besten Falle
zu drei Vierteln aus Kupfer besteht. Es ist, ich will nicht sagen un-
möglich, aber recht unwahrscheinlich, dafs das letztere gegensätzlich
und dals BGU 335 es heilst: BTtsiiipä gol . . . SriväQia ky,at6v kommt nicht in
Betracht, ebensowenig der lateinische Brief P. Grenfell II 108. — Die von Wilcken
a. a. 0. S. 736. 737 behandelten Quittungen über drjvaQia titrä yial ößokovg shoai
(n. 1128) — SrivccQia Svo oßoXol öktw (n. 1265, vgl. 1142) — X id'f S' n. 1169. 1170
mit zahlreichen gleichartigen Ansetzungen — sind auf die Münzsorten gestellt,
in denen die betreffenden Zahlungen ei-folgten, Denare und Obolen oder Denare
und Tetrobolen. — Indem diese Zeugnisse den Umlauf des Denars in Ägypten
bestätigen, beweisen sie zugleich, dafs er als solcher in die Rechnung
nicht gehört.
1) ^QyvQiov inLarJiiov Ktcpalcciov vo/xifffiarog Sqcc^^ccI sßSofii^yiovta in einer
Urkunde (BGU 189) vom .1. 8 n. Chr.; ähnlich BGU 316. 362 (III 16. VI 73). 418.
P. Oxy. I 48 — 50 und sonst. Das häufig dabeistehende Kscpcxlaiov soll nur aus-
drücken, dafs Kapital-, nicht Zinszahlung gemeint ist.
2) Diese Formel erscheint in Urkunden von den Jahren 36 (P. Oxy. II 267),
41 (BGU 713, in welchem inkorrekt geschriebenen Text es heifst: c:QyvQLo[v eJäi-
arj(ioi [so] yiaLq)aXaiov xai Iltolixi^safKOv vo^iienaxog Sq.), 54 (P. Oxy. II 264), 56
(das. 271).
3) 'ÄQyvQiov Z^ßccarov v. Sq. z. B. in Urkunden aus den Jahren 120 (BGU 69),
137 (BGU 465 und 805), 143 (BGU 741) und 187 (P. Oxy. I 91), ocQyvQiov ZsßaGxmv
V. Sq. aus den Jahren 189 (BGU 578), 251 (P. Gen. 9), 283 (P. Oxy. I 55), 289 (BGU 13),
290/304 (P. Grenf. II 72), 302 (das. 74), 305 (das. 75), 348 (BGU 456), 337/350 (P.
Lond. II 251 S. 316), 348 (BGU 456). — Aufzulösen ist nach der vorhergehend
erörterten Formel nicht ccQyvQiov Usßaarov, sondern ccQyvQiov Seßaaröv oder
2Jsßcc6rmv, moneta Augusta oder Augustorum. Vgl. Wilcken 1, 728.
4) So in zwei Wiener Urkunden von den Jahren 268/70 und 286/7 (Wessely,
Mitt. 4, 146). jQa](^^iccl nalccLov vo^i6\Lccxo<s TtccXcciai: P. Grenf. II 77.
276 I. Aufsätze
zum Kupfer als Silber bezeichnet worden sein soll. Unwahrsclieinlicli
ist es allerdings auch, dafs dies Billon geradezu Kupfergeld genannt
worden ist; aber es wird weiterhin gezeigt werden, dafs die Bezeich-
nung der Billondrachme als %alxLV7j oder xo^^^ov im offiziellen Gebrauch
vermieden wird und wahrscheinlich erst abusiv im späteren Sprach-
gebrauch eintritt.
b) Für den römischen Denarius würde in griechisch -ägyptischer
Rede der einfachste Ausdruck ccQyvQLov dQa%(iy] gewesen sein, und es
ist wohl möglich, dafs Augustus ihn imter dieser Benennung in Ägypten
eingeführt und ihn nur als ccQyvQiov Ueßadtov d^ax^yj von der
KQyvQiov Uto^sfiaLxov d^axfiij unterschieden oder vielmehr nicht
unterschieden hat, insofern die ptolemäische Drachme, welche der
von ihm vorgefundenen ägyptischen Münzordnung zu Grunde lag, von
3,57 Gr. normal mit dem damaligen römischen Denarius von normal
3,90 Gr. effektiv nahezu zusammenfiel. Die wesentliche Gleichstellung
aber des vorrömischen königlichen und des römischen Reichsgeldes
wird geradezu gefordert durch die offizielle Zusammenfassung des
Usßaöthv >cccl Iltols^aLxbv vö^iö^a. ^) Allerdings ist nach der Münz-
reform unter Tiberius die ägyptische Silberdrachme Äquivalent nicht
des römischen Denars, sondern eines Viertels desselben. Aber die
Reduktion der Einheit, die Umwandlung der Drachme in ein Vier-
drachmenstück änderte den fundamentalen Münzfuls nicht und gestat-
tete immer noch, wenn der Denar als der ptolemäischen Drachme
gleich in Ägypten Legalcours erhalten hatte, auch noch als Vier-
drachmenstück ihn mit dem ptolemäischen Drachmengeld zu gleichen.
Die allgemeine Tendenz der römischen Regierung den Ägyptern die
Eroberung als blofsen Dynastiewechsel hinzustellen hat freilich bei
dieser Verschleierung des fremden Kourants wesentlich mitgewirkt.
Natürlich ist auch im Lauf der Zeit das ^ptolemäische' vö^iiöfia mehr
und mehr zurückgetreten, aber fast bis hinab auf die diocletianische
Epoche ist den Ägyptern der Denar Königsgeld geblieben.
1) Gemeint ist nicht die sprachliche Identität des vofitßiicc Hsßußtöv und des
röfj/ffftK IltoXsfiaiKOv, sondern die sachliche. Wenn es in der Urkunde vom J. 36
heifst: oiioloyä) ^fir %kqcc gov .... Sia rfjg 2^aQani(ovos Tgans^rig kqyvqlov
Ssßaßrov xat TIroXh[LcciKOv rofiia^arog SQa^^iag tsaaaQäxovTa, so werden das
ptolemäische und das kaiserliche Silberstück damit nicht identifiziert, aber wohl
als gleichwertig bezeichnet, ähnlich wie wenn wir von Zahlung in Thalem Silbers
oder Mark Silbers sprechen. Dafs bei dieser ohne Zweifel offiziellen Bezeichnung
die zwischen der königlichen Drachme und dem Denar allerdings bestehende
WertdiflFerenz ignoriert wird, erklärt sich aus dem politischen Motiv, die Fremd-
herrschaft zu verschleiern.
Theodor Moramscn: Zum il^yptischen Münzwesen 277
c) Auf das tiberianischc Tetradrachmon palst jene Vollbezeich-
nuug der aQyvQiov d^ai^iri nicht. Die späteren Ptolemäer haben
wohl schlechte Silbertetradrachmen geschlagen, aber niemals Billon-
tetradrachmen, und das zwischen dem Ende der königlichen Silber-
und dem Anfang der kaiserlichen Billontetradrachmen liegende Jahr-
hundert trennt die beiden Münzgattungen in bestimmtester Weise.
4. Es begegnen in den ägyptischen Urkunden nicht selten neben
einander Zahlungen teils in Silber, teils in Kupfer. Diese lassen aller-
dings häufig sich so auffassen, dafs die letzteren Beträge aus Kleingeld-
zahlungen hervorgegangen sind, und sind insofern mit der gangbaren
Annahme vereinbar. Aber allgemein trifft dies nicht zu. In den Frei-
lassungsurkunden aus domitianischer und traianischer Zeit ^) werden
als kvTQa neben 10 Drachmen ccQyvQtov imöiq^ov in Drachmen %akKov
TiQog agyvQiov ausgedrückte gröfsere Summen (bis zu 63000 solcher
Drachmen gleich 140 Denaren) angesetzt. Die letzteren haben un-
möglich in Obolen gezahlt werden können, wohl aber konnte eine
— vielleicht an die römische Behörde zu leistende — Nebenzahlmig
auf den Denar als Münze gestellt werden, die Hauptzahlung dagegen
allgemein auf ägyptisches Kourant, mochte dies aus der Reichs- oder
aus der Provinzialprägung hervorgegangen sein.
5. In einem vor kurzem von den Genfer Gelehrten Nicole und
Morel veröffentlichten Papyrus aus domitianischer Zeit ^) wird das
römische Stipendium, der Viermonatsold des Soldaten, der damals be-
kanntlich 75 Denare betrug, angesetzt auf 248 Drachmen. Bezogen
auf das Billontetradrachmon bleibt diese Differenz unerklärlich. Wenn
dagegen diese ^Drachme' die von l^j^ Obolen und in der That der
Vierteldenar ist, so sind 248 solcher Drachmen nahezu (genau
248 X T/^ = 1798) 1800 Obolen oder 300 ägyptische Drachmen
der geringeren Kategorie. Die Manipulation hat also darin bestanden,
dafs dem Legionär statt der ihm eigentlich zukommenden 300 Drach-
men Silbers, das ist 75 Denare, 300 Drachmen Billon, also 62 Denare
gezahlt wurden. Ohne Zweifel ist die Zahlung in römischem Gelde
geleistet worden.
1) P. Oxy. I 48. 49. 50.
2) Archives militaires au I siecle, Genf 1900. Ich habe dieses wichtige
Dokument im Hermes 35, 437 sq. erläutert und gebe daher hier dessen Inhalt nur
insoweit wieder, als er für die Münzfragen in Betracht kommt.
278 I- Aufsätze
Die Entwickelung des ägyptischen Münzwesens in der Römerzeit
dürfte sich in der folgenden Weise vollzogen haben.
Die Römer fanden in Ägypten zwei Rechnungseinheiten vor, die
Silberckachme von normal 3,57 Gr. und die Kupferdrachme oder nach
dem technischen Ausdrucke die SQax^rj ;^fi:A;co'ö tcqoq ccQyvQiov von
7450 der Silberdrachme. ^) In der Münze liegt — abgesehen von der
ägyptischen Goldprägung — die erstere der bis auf das Ende der
Königszeit fortgeführten Prägung silberner Tetradrachmen zu Grunde,
die zweite ohne Zweifel der kupfernen Kleinmünze, deren schwer zu
bestimmende Nominale hier aufser Betracht bleiben können.
Augustus hat für Ägypten beide Rechnungseinheiten beibehalten.
Die der Silberwährung ist das nto2.£fiaioibv v6fit6}ia, dessen Fortbestehen
sowie dessen wesentliche Gleichsetzimg mit dem in die ägyptische
Währung eintretenden römischen Denar in der Kaiserzeit vorher ent-
wickelt worden ist. Eine vollständige aber ist diese Gleichsetzung der
den königlichen Tetradrachmen zu Grunde liegenden Drachme und des
römischen Denars schwerlich gewesen. Das Normalgewicht des letz-
teren war etwas höher imd vor allem die effektive Ausmünzung bei
weitem solider. Infolge dessen wird der Vorzug der Reichsmünze vor
der provinzialen, wie er in der gleich zu erwähnenden tiberischen Ord-
nung zu Tage tritt, der Sache nach, wenn auch in anderer Form, wohl
auf Augustus zurückgehen. — Die ptolemäische Kupferdrachme von y^g^
der silbernen ist auch unter den Römern die Rechnimgseinheit gewesen und
begegnet in zahlreichen Urkunden wenigstens bis hinab in die traianische
Zeit.^) — In der Prägung hat Augustus die des ptolemäischen Silbers
1) Für diese verweise ich auf Grenfell-Hunt, Oxyrh. 1 p. 107; 2 p. 187, denen
entnommen ist, was darüber vorgebracht wird.
2) Ausdrücklich wird die Gleichung mit der KQyvgiov d'pa;ffwj angegeben in
einer Urkunde vom J. 79 P. Oxy. II 243: tbg rav S' (dpo:%ju.c5v) ,(xco'. Aufserdem
finden sich derartige Ansetzungen in Urkunden von den Jahren 55 (Grenfell-Hunt,
Oxy. I p. 99), 77 (das. 2, 242), 83 (das. 2, 331 p. 307), 86 (das. 1 n. 48), 89 (das. 2
n. 333. 337. 338 p. 307. 308), 98/99 (das. n. 340 p. 308), 100 (das. 1 n. 49), von
denen die aus den Jahren 77 und 79 dieselbe Summe auch in dcQyvQiov dQcc/^iLai
angeben. — Auf diese Rechnungsdrachme wird auch das Ostrakon 1545 aus dem
J. 10 n. Chr. zu beziehen sein, da, wie Wilcken 1, 726 bemerkt, ein Betrag von
400 ^cc(Xv.ov) für die Steuer a» den a.Q%LHvvriy6q auf die gewöhnliche Kupfer-
drachme nicht bezogen werden kann. — Eine ähnliche Gleichung, aber gestellt
auf 1:500, giebt der Londoner Papyrus n. 266 (vol. 2 p. 233), welcher zwischen
die in '^(^{ccXiiov) geführte Rechnung häufig Beträge von 4 Drachmen, geschrieben
<^8, meist mit dem Vormerk Ttapap^pfyfto;, einschiebt und diese dann als 2000 ;]((o:Xxo'D)
verrechnet. Es sieht ganz so aus, als seien dies zwischen die in Rechnung ge-
stellten und in Rechnungsdrachmen angesetzten Leistungen eingeschobene Baar-
Theodor Mommsen : Zum ägyptischen Münzwesen 279
nicht fortgeführt, offenbar weil der Denar nebst dem Aureus jetzt in die
ägyptische Zirkulation eintraten. Ob und wann die ptolemäi sehen Tetra-
drachmen aufgerufen worden sind, können nur Münzfunde entscheiden;
es ist sehr zu wünschen, dafs die ägyptische Forschung auf diese mehr
als bisher achte und namentlich feststelle, ob neben ptolemäischen
Münzen auch römische gefunden werden. — Die römische Scheide-
münze hat weder damals noch später in Ägypten Kurs erhalten; von
dem As oder anderen nicht silbernen römischen Münzen finden
sich weder die Namen ^) noch in den Wertsetzungen in Ägypten
eine Spur. ^) — Wo neben dem Grofsgeld in Ägypten Kleinmünze
auftritt, ist dies der Obolus oder dessen Multiplen und die Quoten
desselben, die Chalkus. Eine besondere Festsetzung ihres Verhältnisses
zu dem römischen Denar war nicht erforderlich, da dessen legale
Fixierung gegenüber den alten Rechnungseinheiten sich auch auf die zu-
gehörige Scheidemünze erstreckte. Dem entsprechend hat Augustus,
während er die ptolemäische Silberprägung fallen liefs, die Kupfer-
prägung fortgeführt; ob er darin Änderungen vorgenommen hat, ent-
zieht sich unserer Kenntnis.
Inwieweit die unter Tiberius im J. 19/20 n. Chr. vorgenommene
Reform des ägyptischen Rechnungs- und Münzwesens an augustische
Bestimmungen anknüpft, können wir nicht sagen; sie selbst läfst
sich einigermafsen erkennen. Zu Grunde liegt ihr die Wiederauf-
nahme der seit der Eroberung Ägyptens durch die Römer ruhenden
Prägung ägyptischer Tetradrachmen und daneben die Behandlung
des Denars gleichfalls als Tetradrachmon. Die Gleichsetzung des
Tetradrachmon der provinzialen und desjenigen der Reichsprägung
wird aber modifiziert durch den offenbar auf legaler Anordnung;
beruhenden Vorzugskurs des letzteren, indem das ägyptische Tetra-
drachmon 24, das Tetradrachmon der Reichsprägung 28 oder 29 Münz-
zahlungen von je 1 Denar. Die Urkunde, der das Datum fehlt, wird in das
1. oder 2. Jahrh. gesetzt. Sie scheint also jünger zu sein als die auf die Gleichung
von 1 : 450 gestellten und könnte sich erklären durch Devalvierung der Rechnungs-
drachme von y^g,, auf ^/^^^ der Silberdi-achme.
1) Die Schenkung criatsqriov vovn^ov iv6g und das Legat lautend auf
ariarsQTiovg vovii^ovg (fehlerhaft statt criar sgriav vov^^lcov) S' begegnen in der
Übersetzung eines lateinisch abgefafsten Testaments (BGU 326).
2) Die römischen Münzen unter dem Denar sind wohl auch in den Pro-
vinzen des Reiches zur Zirkulation nicht zugelassen worden. Germanicus ord-
nete für Syrien an, dafs die Steuerbeträge unter einem Denar (ivrbg driva-
qLov) in der provinzialen Scheidemünze {ksquu) zu zahlen seien (Dessau, Hermes
19, 519).
280 I. Aufsätze
obolen gleichgesetzt wurde. ^) — Dafs diese Reform der ägyptischen
Prägung dem Lande als Rückkehr zu der alteinheimischen Tetra-
drachmenpräguug erscheinen sollte, ist augenscheinlich und geschicht-
lich merkwürdig; der politisch bedeutendste Kaiser, den Rom gehabt
hat, war bemüht in den Ägyptern die Empfindung zu stärken, dafs
sie Königsleute seien und nicht Unterthanen Roms. Aber in der That
war diese Münzreform, wie schon bemerkt ward, nichts weniger als
eine Wiederaufnahme der alten königlichen Ordnungen. Die Ersetzung
des alten Silberstücks von 14,28 Gr. durch eine ungefähr gleich schwere,
aber im Silbergehalt normal dem römischen Denar von 3,90 Gr. gleich-
wertige Billonmünze mufs numismatisch vielmehr bezeichnet werden als
Einführung eines ägyptischen Denars neben dem der Reichsprägung. ^)
Eine Finanzoperation zum Besten der kaiserlichen Kasse war diese
Mafsregel der Anlage nach keineswegs, sondern lediglich die Auf-
stellung einer neuen Form der Wertmünze; in der Handhabung freilich
hat die Ausbringung auch des alexandrinischen Grofsgeldes durch Ver-
ringerung des Silberwertes diesen überhaupt das Münzwesen der spä-
teren Kaiserzeit beherrschenden Charakter angenommen.
Auf die ägyptische Kupferprägung und Kupferrechnung braucht
diese Änderung sich nicht erstreckt zu haben. Der Obolus von Yg
der ägyptischen Drachme war und blieb die Münzeinheit, und der
Denar stand zu ihm von jeher in festem, jetzt durch den vor-
her bezeichneten legalen Vorzugskurs normierten Verhältnis; Ver-
änderungen in den Nominalen und den Wertungen wurden durch die
Münzreform nicht notwendig gefordert. — Die Rechnungsdrachme, die
ÖQax^ri iccXkov TCQog aQyvQiov von y^Q der ptolemäischen Silberdrachme
wurde, wie wir sahen, in römischer Zeit auf die Reichsprägung bezogen
und der Denar als , Tetradrachmon des Reiches auf 1800 und später
vielleicht auf 2000 solcher Rechnungsdrachmen gewertet. Das Über-
wiegen des römischen Kourant gegenüber dem provinzialen tritt be-
1) Dafs in der S. 273 angeführten metrologischen Tafel die x^^lxaLvr] von 6
und die Drachme von 7 neben einander aufgeführt werden und dafs bei den
auf den Denar gestellten ziemlich zahlreichen Gleichungen ausschliefslich die
Ziffern 28 und 29 auftreten — in dem S. 273 bezeichneten Hausbuch werden in
einem Monat von der Gesamtsumme (231 Dr. 3[?]0b.) ein Teil (68 Dr. 41/2 [?] Ob.)
nach der Gleichung 4 : 28, der Rest (163 Dr.) nach der 4 : 29 berechnet — , dürfte
die Zurückführung dieser Difierenzen auf Kursschwankungen ausschliefsen ; der
zuweilen (P. Grenf. II 65) erwähnte y.oXXvßos hat nichts damit zu schaffen. Es
müssen für die Zulassung der einen oder der anderen Gleichung Sonderbestim-
mungen gegolten haben, die wir zur Zeit nicht erkennen.
2) Mein R. M. W. S. 723.
Theodor Mommsen: Zum ilgyptisclien Münzwesen 281
sonders darin zu Tage, dals die Kechnungsdrachme nicht mit dem
letzteren, sondern mit jenem geglichen wird.
Was die Benennungen des Hilberdenars und des BillontetradrachniouH
anlangt, so tritt jener seitdem in der Geschäftssprache durchaus auf
als das Vierfache der uQyvQLOv ögax^y], im gewöhnlichen Gebrauch
auch als aratriQ.^) TetQaÖQax^ov begegnet nirgends; das selten ge-
nannte ÖLÖQax^ov ist wohl der römische Quinar.^)
Die Drachme der Billonprägung kann im Gegensatz zu der d^yv-
QLOV d^axfi^j bezeichnet werden als %ccXxov ÖQax^y. Also setzt der
ägyptische Metrolog (S. 273j der ÖQaxfiTJ von 7 Obolen die ^^a/lxe/Vr^ von
G entgegen, und dieselbe Bezeichnung begegnet, wie es scheint, auch
in einem Londoner Papyrus^); ähnlich werden in dem Hausbuch -vom
J. 78/9 (A. 2) die Silber-^) und die Kupferrechnung neben einander
gestellt unter den Vormerken ^(ßAxo'i)) und ac (XQy{vQiov). Regelmäfsig
aber fehlt dieser Drachme in den Papyri und den Ostraken die An-
gabe des Metalls, ohne Zweifel weil es vielmehr Billon war und
erst durch Münzverschlechterung zum Kupfer wurde. Auch war im
strengen Sprachgebrauch die ;fß;A3coi) d^ax^y) eigentlich die vorher er-
örterte Kechnungsdrachme von y^^ des Silberdenars, die allerdings
durch den Zusatz ctQog uQyvQLov als 'in Silber zahlbar' von der aus
Billon geschlagenen uneigentlich als Kupfer bezeichneten Drachme
1) Der ägyptische Metrolog (S. 273) gleicht 1500 Statere mit 42000 Obolen,
rechnet also den Stater zu 28 Obolen. Genannt wird der Stater nicht selten
(Grenf eil - Hunt, P. Oxy. I n. 114: ronog ttqos atati^Qd. tfig n,väg; BGU 38. 2G1. 814).
Es soll nicht geleugnet werden, dafs diese in ptolemäischer Zeit für das Grofs-
silberstück von 4 Dr. übliche Bezeichnung in römischer auch von dem Billon-
tetradrachmon gebraucht worden ist; sichere Beweise indefs dafür finde ich nicht.
Dafs in späten Zauberpapyri von dem atccri^Q JTroifjxaixdg die Rede ist, worauf
Wessely (Mitt. 4, 144) Gewicht legt, beweist natürlich gar nichts.
2) Eine Urkunde vom J. 260 (P. Grenf. I 50) gleicht SiSQ(c(x^<x) liq' und
8Qa%\Lal sßSo(i7]iiovra f|. Auch die an den Gott Suchos zu leistende SiSgccxit^ioc
(BGU 748; Wilcken, Ostr. 1, 360) ist wohl so aufzufassen. — Ungerade Zahlen
begegnen bei Silberdrachmen selten (eine Ausnahme Grenfell - Hunt , Oxyrh. 2
n. 272: 249 Silberdr.) und ebenso selten diesen angehängte Obolen (ebendaselbst
947 Silberdr. 2 Ob.; ferner in einer Urkunde vom J. 23, London n. 277 vol. 2 p. 217:
ccQyvQiov iTtL6't]^ov xfqpaiaiov vo^La^arog dQcc^^ag £^r]KOVT(x rsaaQog rstQoßovXcov). —
Wo DCQyvQiov fehlt, wie BGU 102: SQccj(,(iccg zsTQdxoßiag tsaasQccKOVTa tQSig tgim-
ßolov und BGU 220 : (ßQccj^^ag) StaxoGiag nsvT-qyiovrcc zeaaaQag T£rQ<oß6X[iov), kann
die Billondrachme gemeint sein.
3) N. 380 vol. 2 p. 110; Wilcken, Ostr. 1, 731.
4) Dies ist der Xoyog ccQyvQfKog Xr^iiiiurcav xccl ccvaXaiLccrav (BGU 14 H 2).
Vgl. Xöyov KQyvQLOv SQa](^fiäg ri-TQccKOGlccg rgiaKOvra ovo in dem Genfer Papyrus
y, 11. 24.
282 • I- Aufsätze
des Provinzialkourants unterschieden wurde. Dagegen wird zuweilen,
obwohl nicht häufig, durch das Determinativ tcsq^u das Kleingeld,
die Billondrachmen wie die Obolenmünzen, von dem Denargeld unter-
schieden. ^)
Zweideutig bleiben also die Ansetzungen in Drachmen und Obolen
da, wo nicht eine nähere Bestimmung hinzutritt. Die Drachme
schlechthin sollte wohl eigentlich die des Billon sein, da die an dem
Begriff haftende Sechstelung dieser allein eignet und auch die Legal-
benennung des Denars ocQyvQiov öga^^Vj dies zu fordern scheint; allein
dafs d^axfirj ohne weiteren Beisatz und auch da, wo sich dieser nicht
aus dem Zusammenhang ergiebt, ebenfalls auf die des Silbers bezogen
werden kann, beweist u. a. sowohl der Sprachgebrauch des Metrologen
wie die Söldnerrechnung aus domitianischer Zeit ^) ; im Grofsgeschäft
hat in Ägypten offenbar sehr bald die Denarrechnung überwogen.
Diese Unsicherheit erstreckt sich bis zu einem gewissen Grrade
auch auf die Obolenangaben. Es gab allerdings in Ägypten in der
Prägung nur einen einzigen Obolus von Yg des Billon- und ungefähr
y^ des Silberdenars; aber der Obolus der Geschäftssprache ist nicht
immer der Münzobolus ^), sondern kann auch das Sechstel der Silber-
drachme anzeigen. Es gilt dies namentlich von den Angaben über den
Zinsfufs. Wie bei dem sehr oft begegnenden töxog ÖQax^ialog zweifel-
los der Zins einer Silberdrachme für den Monat gemeint ist^), obwohl
1) Am bestimmtesten geschieht dies in dem Genfer Papyrus Nr. 77; der Be-
trag: ccQyvQiov SQaj^^cci Siaxociai tnaaaQccxovTa zsaaaQtg, yitQiiatog (Jpajjfiai ■jtivt'^-
Tiovrcc dvo (folgen nicht sicher entziiferte Zeichen) besteht in 244 Dr. Silber (= 61
Den.) und 52 Dr. Kupfer. Ähnlich Wilcken, Ostr. 506: ^vTt{(XQCcg dQccm,a.g) riaoagag
x^Pft(o:) d', SQaxticig S' ■)tBQ^i{a) S' (andere wesentlich gleichartige Formeln in den
von Wilcken 1, 731 zusammengestellten Belegen). Dieselbe Bezeichnung steht auch
nicht selten vor Obolenziifern bei fehlenden Drachmen, wo sie anscheinend über-
flüssig ist. — Ob die den Drachmen zuweilen vorgesetzten nicht sicher eutziflFertcu
Zeichen, von denen Wilcken 1 p. 736 und Grenfell, Oxyrh. 2 p. 285 handeln, mit
x^Q^cc zusammenhängen, ist fraglich.
2) Auch Ansetzungen wie Ostr. 604: öqccx- Svo 6ß. g können, wie Wilcken
1, 736 bemerkt, nur von der Silberdrachme verstanden werden.
3) Dieser tritt deutlich zu Tage in einer Urkunde (Grenfell-Hunt ser. 11 n. 51)
vom J. 143: ccqyvQiov Sgccx^Lag diy.a f| oßolovg denoc £|, wo die Zahlung von
4 Denaren und 16 ägyptischen Obolen nach den Münzen ausgedrückt ist, wofür
korrekt 18 Silberdrachmen 2 Obolen gesetzt sein sollten. Ebenso BGU 220, nur
dafs hier ccQyvQiov fehlt.
4) Die ältere Formel dafür geben die Urkunden vom J. 23 (London n. 287
vol. 2 p. 217): tOKOV u)g in ÖQu^iirj (so) iiiäg ry (iva rbv (ii]va sxuarov und gleich-
lautend vom J. 41/2 (BGU 713). Die jüngere kürzere Bezeichnung röxov Sqccx-
(vtat'ou ist häufig. In der Urkunde vom J. 8 n. Chr. (BGU 489 mit den Verbesse-
Theodor Mommsen: Zum ägyptischen Münzwesen 283
nur bei der Kapitalsumme ccQyvQtov zugesetzt wird, so werden da, wo
ein minderer Zinsfufs in Obolen ausgedrückt wiwl, diese zwar zuweilen
ausdrücklich als Obolen Silbers bezeichnet ^), aber auch wo dies nicht
der Fall ist, dieselben in gleicher Weise aufzufassen sein, tdxog tQca-
ßokog also = 67o; rsTQCjßoXos = ^7o? ^svraßoXog^) = 107o-
Noch bleibt die Frage zu beantworten oder wenigstens zu stellen,
wie sich Ägypten zu den im Lauf der Kaiserzeit eintretenden Ver-
änderungen des Reichscourants verhalten hat. Dafs mit der Rezeption
des Denars auch der zu dem Silberdenar in gesetzlich festes Verhält-
nis gestellte Aureus (1 Aur. = 25 Denare) Legalkurs in Ägypten er-
halten haben mufs, ist schon bemerkt worden. Die legale Verringerung
des Denars unter Nero durch Prägung von 96 statt 84 auf das römische
Pfund sowie die illegale namentlich seit Severus durch Ausbringung
unter dem Legalfufs hat Ägypten selbstverständlich mitmachen müssen.
Dagegen ist es keineswegs ausgemacht, dafs das von Caracalla einge-
führte gröfsere Silberstück, der Antoninianus, sicher anders als der
Denar gewertet, vielleicht ursprünglich als Doppeldenar ausgebracht,
auch in Ägypten Kurs erhalten hat. Er hat davon ebenso ausge-
schlossen werden können wie das römische Kleingeld, und die finanz-
politische Erwägvmg, dafs dies Königreich in dem Tetradrachmon
seinen eigenen jetzt zum reinen Kupfer herabgesunkenen Nebendenar
besafs, mochte die Ausschliefsung empfehlen. Entscheidung können
hier nur die Funde geben-, hat das nominell silberne römische Grofs-
geld des di'itten Jahrhunderts auch in Ägyjjten Geltung gehabt, so
müssen die Spuren davon dort ebenso in Massenfunden zu Tage treten,
wie dies in den sämtlichen Reichsprovinzen der Fall ist. Dafs am
Ausgang des dritten Jahrhunderts die aQyvQtov d^ax^rj als TiaXaid
bezeichnet wird (S. 275 Anm. 4), entspricht den ccQiala ör]vdQicc einer
ungefähr gleichzeitigen karischen Inschrift: es braucht also dabei
nicht an Silbermünzen der Ptolemäerzeit gedacht zu werden, die da-
mals unmöglich noch Kurs gehabt haben können. Ob an den Denar
überhaupt zu denken ist, dessen Prägung allerdings seit Alexander
rungen in Bd. 2) scheinen die inkorrekten Worte wg £x Sqccnifi ftiä rpio^ov[io]«
Tfl ftm xov iLiiva. sxaatov den Zinsfufs von 1 Dr. 3 Ob. = isy^ zu bezeichnen.
Zinsen von 12, 18, 22% neben einander in dem Londoner Papyrus n. 202 (vol. 2
p. 247).
1) BGU 362 I 14. XL 23. XV 4. fr. IV 7 : inl tw Gvvr]&£t toxco TQiwßoXai(a
aQyvQLKw. CPR 1, 12 p. 41 : roxcp rfj ^vä aQyvQi^iav oßolüp rsaaccgcov. Genf u. 26:
ccQiyvQiov SQCcj^^ccg) rsGoaQäy,ovTa xai xdv roxcav aQy(vQiov SQCc^(iccg) SsKccdvo.
Richtig Wilcken, Ostr. 1, 729. 735.
2) BGU 328 II 14.
Archiv f. Papyrusforschuug I. 2. . 19
284 I- Aufsätze: Theodor Mommsen: Zum ägyptischen Münzwesen
und Maximinus ganz oder so gut wie ganz eingestellt war und der
insofern wohl 'altes Gteld' genannt werden konnte, oder ob der vor-
severische normal ausgebrachte Denar gegenüber dem faktisch ver-
ringerten der späteren Kaiser gemeint ist, mufs zur Zeit dahingestellt
bleiben. ^) Völlige Gleichstellung Ägyptens im Münzwesen brachte
dann die Beseitigung des ägyptischen Sondercourants durch Diocletian;
damals ist Ägypten Reichsprovinz und das Königsgeld Kaisergeld
geworden.
Berlin. Theodor Mommsen.
1) Tüi' die hier zu Grunde liegenden Ausführungen verweise ich auf mein
römisches Münzwesen besonders S. 783. 813.
A Second Edition of some Petrie papyri with additions
and corrections. ')
Bedo.
10
15
Column 1.
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]rat £i6ßi(i\6ci\6%-ai
%av\tciv öcjTTjQa
. . (O
Column 2.
vTto^vrj^a Ni%oiiX£i Jtai [roig alXotg'if
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Il£X£vovQtog n£Qi rrjg [£^vt£v^£cog
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rrjv £vr£v^iv avroji dua rov tiuq \v-
(KOV V7Cr]Q£r0V Oi[a]t£7lX£V6£V'- £i[g
AX£i,av8Q£iav nai rov avanXovv
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xa , rj avtov
ö'ri'K£t£ Big HQaxl£ovg jioIlv
äeo^ai ovv v^icov £:t£idr] ov . . . t
xai xq ÖLuaiov ^Oi ano ... [. . .] 8 . ..
15 £q) v^ag naxanBcpBvyag ov xov
dixaiov x£X£vxog Lß Ad-VQ %d
£vl(tV%£i
Column 3.
dovxcav df 'micav xo vjio^injiia yQacpoyßi x\col
Oavicct, aoto6x£iXai avxov [. .] . . n{aQay£^vo^i£^iov
8 avxov %ai ov 8vvayi£vov av . . op[
. . . ^%'yi%£v avxcoL jtaQ£8od-rj tj^lv o 6xad'^[og
5 icat ovd-£Lg £VG}L7C£L6xaL £v xcoL öxa&^caL an s-
iCBivov aXX rj^£tg Zliq^iriXQiog 8£ £i,'Yixa(5\ß^ii]
xov ^f} yvcoüiv £i6X£d-[rf\vai «AA £7t avxov
8iaXv%'Yivai Lß Xotaa %
Ti^aicot Tl£X£vovQiog \i^a^ß8orpoQOv nvQyog
10 8iG}Qvcpog ßxad'iLov'ilGii] xa BTttysta
1) The Originals are now in the Bodleian, Mss. Gr. class c 16 (P), and e 25 (P).
19*
286 I- Aufsätze
MElavO-iGii UstsvovQLOs Qaßdoq)OQOv TtvQyog
didQvcpog avXt] ■jtQOöd'S^a otxrj^a ernyl^Eiov
6rad'^ov%(xJL xo JtQoöd-s^a
Column 4.
&8(i)vog avccyysikavtog
:zaQa ZlaßXQaxov
ßaöLlsa TtQoöxalat xovg öxa&fiovg \x(ov^ a(psLQrjfi8VG)v
rj am xr]v yrjv sTaXsXsy^svov ano ft^[^'og] üsqixlov
5 xov £v xat igL ^rjd'sva o:tT£t[(?^]at y^TqSs TtaQaXufi-
ßavELV 7CaQ€v[QE6£t ^Ti]de]{iicci sag av o Iß]a6ik6vg 7i[£Qt
xovxcov STtLöxlsi^yjxuL stt]v de xivsg \ai\xri6G3VxaYi
rj icaxa 7taQaxcoQ'r]ßi;v[. . .] (o6iv rj aXXcog nag olxovo^tj-
öavxat XQOTtat (OL[xLVi\ovv ai o'xovo^Lat avxoig UKVQali
10 86tG)<5av xai 7tQo6K7t[oxtv]£xc}aav xa Ev\o\i'Kia navxog
xov XQO^ov ov av oLxovo^rjöcoöLV? xaxa xo [tov] ßaöiXEcog
7CQo6xay^a
Verso.
Column 1.
ßaöLXsag nQOöxa^avxog
z/to]^a)()[o]v avayysikavxog
n[a\Qa UaöxQaxov ^rjxtsva
X(ov EJiiöxad'nsvovxav
5 aLXSLöd^at [itaQSVQSöeL ^^rjd[8(i]LaL
6xad-(iov [sav ös xig aC\xrj6rjxai
VTiuQiovxog \ayxGi\i Gxa&^ov
eXsyx&slig öxsJQEö&a xov
6xad^[iov [ ]e^i . ayxcoi
10 rj naQax\^ ^rj ccxvQog
[söxco L ]ov g
Column 2.
oöot 5;tot;[^i 6xad']fiovg sx xov ßccöLhxov rj aXlag nag
ent6Tad-[^£vov6L] firj&Eva a^yvQLOv Xcc(ißav£LV
xov Gxal&fiov ] d£ xat
XOV 6xa[d'(iov ]o d£ naqaka^
5 ßavav . [ ] d£ tag £7Ctxiiiag Etg xo
ßa6iXix[o]v xat, o av Xaßrjt 7C£vxanXovv sl Ö£ xiv£[g
J. P. Mahaffy: A Second Edition of some Petric papyri etc. 287
dsdG}\xa]6tv £v xoig svTtQOßdsv %Qov(ng xofit^e-
6d'(o6a[v] TtUQa \x(ov\ Eikricporcov xo «.QyvQiov
(06 .... Li ^ioy ü
10 ßcc6iXsG}[g nxol£^\aio\^f\ 7tQo\6T]a^avxog
xcov x[ovg] 6[xad-^ov\g sxovx\(i}v\ imtEav ^tjd'eva
7tG}2,ei\y tJov ö[x]ad'^ov ^ilrjös^ TtQOövcd^svaL
flT^d^S ] . VEöd-CCi [aQ\yVQl,OV £7ti xcoi 6ta-
d'^OL \xQ^07tC3L XLVLOVV SUV ÖS XLVEg STtiÖaVEL-
15 ^(x>6lv [. . . .Jfv Ei 7tQai%'ri0ovxai xqluXovv
OL yaQ \pxaQ^ii\oi'^ \el6l] ßaöiXixoi Li T7iEQßEQExaio\v .]g
Column 3.
ßa6ikEVOvto\g n]xoXE^aiov xqv n[xo]X£(icciOv
2J(oxr]Q[o]g Lia ^rjvog zfiov
xcov 6xad-^cov Kai xav TtEQißoXcov toj ^ev
iq^^iGri xovg ETCiöxccd^^ovg e^elv xa 8e 'i](ii6r]
5 xovg icvQiovg euv öe xig ajtoßiaßrjxai anoxEi-
öaxa o anoßia6a^Evog xov oixi]^axog sna-
ötov xov ^Tjvog l~/l xov öe TCEQißoXov [i-]!
ßaöiXevg IIxoXEfiaiog ylvico(i£idr]i iuiqelv
xcov xovg xXrjQovg acpEiQtj^Evcjv iTtTiEcov
10 Oi 6xa&^oi 7C£QiE6x(o6av xcoi ßaöilEi Eav
^r] xiöiv rj^Eig etc ovo^axog £7ii0XEiX(Ofi£v
d^i^dovai EQQCoöo Lxd AgxE^iöiov xg
Commentary.
These interesting texts, of which a part has already appeared in
my Petrie Papyri (II 8), are written on such dark-brown coarse papyrus,
and are so effaced, that it is useless to attempt an autotype facsimile.
Chiefly by the labours of Mr. Smyly, added to mine own, considerably
more has been deciphered than appeared in the editto princeps, and
this I have printed for the benefit of the readers of the archiv.^)
Recto col. I. Though but the ends of lines remain, the general
sense of this column is perfectly clear. With the help of col. 2 we
1) [Auf Grund einer 1895 von Wilcken gemachten Revision sind diese Texte
z. T. behandelt worden von Wilhelm Schubart, Quaestiones de rebus militaribus
quales fuerint in regno Lagidarum. Breslau 1900. S. 12 S. D. Red.]
288 I- Aufsätze
find that one Demetrius, agent of Phanias, who lived in Alexaudria,
liad turned Phames son of Petenurios out of the ötad^^og or billet
intended for soldiers of the Crown. Apparently Demetrius had put
some other tenant into the ßtccd-fiog, regarding neither the kings 7tQo6-
tccy^a nor the gift (by will) of the complainant's father. The petition
asks that Demetrius shall be summoned and examined, and if the facts
be as stated, he shall pay rent and fines for his violent occupation, and
be forbidden auy such conduct in future. If so the petitioner will con-
tinue to regard the king as the Saviour of his country. The petition
is addressed to a superior, probably to the king.
Recto col. 2. This is a minute from the same man on the same
case to the assize judges {iQrniaxiGxai) apparently sitting at Heracleo-
polis. It appears that Phames sent to Alexandria to obtain redress
from Phanias, but in vain. The date is given — the 2^^ year of the
3'^ Ptolemy.
Recto col. 3. Gives an account of what the x^rj^anörat decided.
It is apparently written in the name of two brothers of Phames, who
appeared in the case, while he was absent. When these men presen-
ted their minute the judges ordered Phanias to send Demetrius (avrov,
referring to something in the previous column which is lost) to be exa-
mined. When he was unable to justify his action, he was ejected from
the property, and punished for not having submitted to public inquiry
but having made a private arrangement, and no one had since occupied
the ötad^fiog except them — 7faQ£dod"r] 7][ilv, say they, and apparently
they carry on this construction at the end of the document, viz. to Ti-
maeus a tower of two storeys, while the ground floor was reserved for
the billeted soldier who might be quartered on him. To Melanthius a
twostoreyed tower and courtyard, with an annex on the ground floor:
this annex for the billet. This is the interpretation I propose for the
texts which refer to the immediate quarrel in the L. 2 of Euergetes I.
There foUow four other documents of far higher interest, all upon
the same subject, and evidently pieces justificatives to guide the de-
cision of the xQrj^atiötaL. They begin on the recto, and are continued
on the verso. They are dated in various years of the 2"^*^ Ptolemy,
from L 10 to L 24. It is perhaps best to take them according to
their chronological order, which throws some light on the dates of
the military colony settled in the Fayyum.
Verso col. 2 contains two documents of L 10 of Philadelphus,
which, as the ordinances on the point seem collected by some lawyer for
the use of the ;f()ij^aTiöTat makes it likely that the colony was lately
established by the king — before his 10*^ year, and therefore during
J. P. Mahaify: A Second Edition of some Petrie papyri etc.
289
the life of Arsinoe II. We had suspicions f'ormerly that this coloni-
zation was after her death. — It seems now more likely, that it was
part of tho openiiig policy of her reign, which did not begin tili about
his 5*^ or 6*^ year. Both ordinances are directed against the practice
which was growing up of turning the billet or official lodging, given
by the Crown to sohliers who deserved it, into money. Such specula-
tions would of course neutralize the king's policy of having a Greek
garrison spread through the country.
Though there are many gaps, and room for much conjecture, the
general sense is quite clear.
Verso col. 3 has the füll date, and makes the reign certain, at the
head of the first of its documents. This document touches the second
kind of abuse which attacked the new colony. The former was bribing
with money or selling the kings gift. The latter is the use of violence.
Wherever quarters for soldiers were established only half was to be
given to the new occupant; the other half was to remain for the ori-
ginal owner, no doubt a native owner, as appears in the case on the
recto. If any violence was used (by the New-comer) he must pay a
fine of 30 dr. per month for each building and 60 dr. for the enclo-
sure — substantial fines, for at this epoch the drachme can only
mean silver.
Recto col. 4 and Verso col. 1. These texts point to a time, five
or six years later, when there was evidently a great disturbance in the
soldiers' billets, a number of theni had been dispossessed, and there were
attempts made by the remaining soldiers to become pluralists, or to
make private arrangements about them without the kings consent. I
cannot but suspect that these Orders point to an internal disturbance
of which we have no other trace. We now know that the queen died
in L 15. Can her death have been the cause of any disorder? However
that may be, it appears (Recto 4) that under no pretence was anyone
to occupy the ßrad'^oL of those deprived or those eTttkEkey^svoi eitt
TTjv yrjv, until the king looked into the matter. Any such private
occupations or arrangements were to be null and void, and subject to
fine in the shape of rent during the occupation.
We now come to the last document in date — L 24 of the same
reign. This document is complete and needs no translation. But there
is one great question which it raises. What is the relation of the ßtad-^ioL
to the jcXrjQOi? What was to happen to the 'nXiqQOL^ which were far more
important, if the ötud-^oi were to remain empty. It appears from
Recto 4 that these who were '^selected for farms' naturally gave up the
ötad'fioi they possessed. Did they acquire new ones, and how could
290 T- Aufsätze: J. P. MahaflFy: A Second Edition of some Petrie papyri etc.
they possibly have ötaxt^oi on their own farms? Yet in the last docu-
ment there appear mosfc certainly to be ötad^^ioi on the xhjQoi.
Hence I feel at a loss for any explanation, and leave the difficulty
for some more fortimate explorer.
But the document of L 24 again suggests some internal disturbance,
when a large numbcr of the kinghts settled on land-lots had so ofifen-
ded the king as to be deprived. There is, so far as I know, no other
evidence of this disturbance. But I point to it as a hint, which may
some day put us on the track of Clearing up the obscure chronology
of the wars and acts of the 2'^'* Ptolemy. There are many observa-
tions of detail to be made on the grammar of these documents, but
any scholar versed in Papyrus Greek of this Century will note these
things without my Suggestion. The forms are on the whole pure, and
the writing far more correct than in any papyri we have found from
the following Century, or from other parts of Egypt. The Fayyum
seems to have been an oasis in Greek as well as in other ways.
Dublin. J. P. Mahaffy.
Lettere al signor professore Wilcken.
IL
Roma, 2 marzo '900.
Pregiato Amico
Le mando un discorso di Prefetto Romano (probabilmente di Avilio
Flacco) ai Giudei di Alessandida, per il caso che Ella si trovi nella
condizione mia, cioe di non averlo conosciuto prima d'ora, e di non
avere mai veduto accennare da altri questo curiosissimo saggio di elo-
quenza governativa e vicereale. E in Filone de Soninüs, lib. II § 18
(I, 675 M), a proposito di alcuni xoQvcpuloL XTJg xevfjg d6h,rig, e colla
breve introduzione che riferisco qui tra parentesi {Xd-sg de ov jCQcoifjv
ävÖQU tivä oida xüv 7)ys(iovLxa}v^ ög rrjv TCQOßtaöCav xal iTCi^ikeiav
H%av AiyvTirov^ iTisidij tä nccTQia xivstv i^iav duvorjd'r], xal öiacpSQOV-
TGjg xov ayicodsörara aal cpQixajdEöratcc TtEQt tijg ißdofirjg VTidgiovra
vöfiov xataXvsiv, xal v7Ct]QEtelv rjväyxc4t,ei' avx<p, xal tä äXXa tcolslv
nccQK t6 xa&aötbg ed'og^ vo^t^cov ägyriv eöeöd'at xal tilg tieqI tcc aXKa
iKdiaLttjöEcog, xal tf}g tüv öXcsv TtaQaßKöscog, et t6 stiI tT] ißdö^i] Ttd-
TQiov aveXelv dvvrjd'eir]. Kai ^ijd"' ovg Eßidt,Eto ÖQav ei'xovtccg rotg
STatccy^aöt,^ ^7]T6 trjv dXkrjv 7th]d'vv rjQS^ovöav^ dXXä ßageag xal XQa-
%icog q)BQ0v6av rö TtQ&y^a^ xal ag in dvÖganoöiöna xal nQ0%ri6aL
xal xataöxacpfj naxQidog Tcevd'ovvtdg re xal xatr](povvtag^ tj^Cov Xoyci
dtddöxsLV xagavo^istv^ cpdöxcov):
„El TioXe^Ccov Bcpodog alcpviÖiov yevoito, rj xataxXvö^ov q}OQä^ tov
notafiov Talg nXrm^vQaig 7taQaQQi]^avtog tö %(oiia^ iq ql-xyi TtvQog, 7}
xsQavvCa 9)A6|, ») Xi^og i] Xoifibg, -JJ öeiö^bg, rj Ö6a aXXa xaxd %£iQO-
7ioh]ta xal Q'srilara' ^sd'' 7}6v%iag Ttdöiqg oi'xot d lat qixIj st e; "i/ ^srä rot)
övvijd^ovg öx^^cctog TiQoelevösöd'S, tYjv ^ev dsh,Läv si'öcj %slQa övvaya-
yovtsg trjv de eteQav vtco x^g dpL7C£%6vr}g TCaQa ralg Xayööc nr^avxeg^
'iva firjd' dxovxeg xt xüv eig xb öa&TivaL Tta^d^xv^^^'^ ^^^^ xad'edetöxe
ev xolg evvaycayCoLg v^av, xbv eiad'oxa %-la(Sov eyeiQovxeg, xal d6q)a-
Xetg xe Cegäg ßCßkovg dvayivcoöxovxeg , xal dv e'C xi (iyj XQaveg ei'r]
öiaTtxvovxeg^ xal xfj TCaxQic) cpiXo^ocpLa did ^axQTqyoQCag ivevxaiQovvxeg
xe xal ev6%okdt,ovxeg; ^AXld yccQ dno^eiod^evoi ndvxa xavxa^ Tcgbg xriv
292 I- Aufsätze: Giacomo Liunbroso: Lettere al signor professore Wilcken
iavt&v xal yovicov aal rmvcov^ xat räv ällcov OLXSicotdtcov nal cpil-
TccTcov <}C3^dtc3v, St dl öst ro dXrjd'hg sineiv^ xal xtrjfidrav jcal XQrj-
^Ktcov, cog ^rjda xavtu dcpaviOd-etr], ßorjd'SLav KJiodvaöd'6 ; Kai ^ijv
ovvog ccvtbg iya rä Af^-Q-fWa, stpri^ Ttdvva st^C' tvcpcog, JtoAffiog,
xcctccxXvöfibg, xeQccvvog^ Xi^r^Qä %al Xoiiicodi]g voöog, 6 tivdrtcov xal
xvxojv tä Ttayüog töxäta öeiöfibg, sfpuQ^evTjg dvdyx7]g ovx ovo^cc,
«^A' iii(pavi]g iyyvg i^räöa dvva^ig}''
Perdute nella massa teologico-filosofica delle opere Filoniane, ho
trovato due o tre altre pagliuzze d'oro che fanno per la nostra Clio.
Le terrö per Lei. Intanto mi ripeto
Cordialmente Suo
(jiacomo Lumbroso.
Un Proces plaide devant le juridicus Alexandreae dans la
secoiide moitie du IV^ siecle apres J.-C.
Le document que nous publions a ete achete au Caire par M. U.
Bouriant, alors directeur de l'Institut frau^ais d'archeologie Orientale.
C'est un rouleau de papyrus mesurant 28 centimetres de hauteur et
I metre 44 centimetres de longueur. II est forme de huit ytolXri^axa
d'environ 18 centimetres de largeur, reunis de la maniere habituelle.
Le texte, ecrit au recto et dans le sens de la longueur, est dispose
en trois colounes de 46, 42, 43 centimetres de largeur separees par
des intervalles d'environ 7 centimetres.
Les deux dernieres colonnes sont bien conservees malgre la dis-
parition de quelques lettres. De l'autre, qui au contraire a beaucoup
souffert, il nous reste 5 fragments de tres inegales dimensions. Le
premier constitue ä lui seul les trois quarts de cette colonne. II con-
tient les huit premieres lignes ä peu pres completemeut, sauf une
lacune de dix ä douze lettres ä gauche, et un peu plus de la moitie
droite des dix dernieres lignes.
Deux autres fragments appartiennent ä la partie inferieure gauche
du document. Le plus petit (Haut. 14 cm; Larg. 1 ä 3 cm Yg) se
place ä l'extreme bord gauche de la colonne qui ne presente plus de
ce cote qu'une lacune de six lettres en moyenne. II contient quelques
parcelles des 10 dernieres lignes. Le plus grand (Haut. 13 ä 14 cm Yj;
Larg. 8 ä 9 cm) lui fait suite, mais il en est separe par une lacune
de huit ä dix lettres. Restent enfin deux petits morceaux tombes
pendant qu'on deroulait le papyrus et que Ton peut retablir ä leur
veri table place. L'un contient les lettres:
E'KtOV
et, au dessous, la partie superieure des lettres i^, x, iq qui appar-
tiennent evidemment au mot ci7to&r]xr]g, de la ligne 10. L'autre con-
tient les lettres
vro Novva
II doit etre reporte ä l'extremite droite de la ligne 10. On y voit
en efiPet un vide dont le fragment epouserait exactement les contours,
et les mots ainsi formes ä la fin de la ligne conviennent au sens.
294 I- Aufsätze
Nous avons ainsi ä peu pres entierement le Compte rendu d'un
proces plaide devant un certain Flavius Gennadius, jiiridicus d'Alexandrie.
C'est un extrait des acta (ynoiivri^aT 16^01) rediges selon l'usage durant
radministration de ce fonctionnaire et conserves dans ses arcbives. Notre
exemplaire n'est pas l'original meme, mais ime expedition delivree ä Tun
des Interesses, comme le montre le mot exemplimi qui se lit ä la fin de
la troisieme colonne.
Le greffier qui a redige ce proces-verbal emploie le latin chaque
fois qu'il ne rapporte pas les paroles du juge, d'une des parties, ou de
leurs avoeats. Ceux-ci s'expriment en Grec, et il en resulte que, dans
le document, le grec est la langue dominante. Dans les formules de
date, ä cöte des consuls romains et de l'indication de mois et de jour
Selon le calendrier Julien, le mois et le jour sont egalement indiques
en Grec selon le calendrier fixe Alexandrin. II en est de meme pour
un acte cite par un des avoeats au cours du debat (Col. I, 1. 4) et dont
le proces-verbal nous a conserve le debut.
Ce n'est pas la premiere fois que l'on rencontre sur un papyrus
egyptien le Grec et le Latin combines de cette maniere. M. Wilcken
a Fobligeance d'appeler notre attention sur le petit fragment publie par
M. Wessely, Lateinische Sclirifttafeln No. 26. Nous connaissons pour
notre part le debris d'une piece semblable a la notre. C'etait le Compte
rendu encore inedit, d'un proces plaide devant le praeses TJiebaidos, dont
il nous reste quelques lignes sur un morceau de papyrus conserve ä
Gizeb. M. Wilcken nous signale encore un papyrus de la coUection de
Berlin qu'il doit publier dans le procbain cahier des BGU. Quand
il s'agit d'un proces entre gens de langue grecque devant un magistrat
romain, comme le juridicus de notre texte, il est naturel que le latin
soit la langue du greife, tandis que les parties s'expriment en grec.
C'est en grec que s'expriment les plaideurs grecs devant le tribunal
(consistorium) de l'empereur. Voyez, par exemple, au Code Theodosien
VIII, 15, 1. Mais alors l'empereur parle ordinairement en latin. ^)
Toutefois dans un proces de l'an 362, l'empereur Julien s'exprime en
Grec. 2)
La piece est-elle ecrite tout entiere de la meme main? Si la cur-
sive latine de la premiere ligne, d'un caractere plus pose, difiere assez
de la cursive latine qui se lit dans le cours de I'acte, il n'y a pas lieu
1) Cod. lust. IX, 47, 12 (Diocletien et Maximien); X, 48 (47), 2 (iidem); Cod.
TJieod. XI, 39, 8 (ann^e 381); I, 26, 4 (anne'e 383); IV, 20, 3 (anne'e 386). — De
meme, autant que nous en pouvons juger, le magistrat s'exprime en latin dans
le No. 14 de Wessely, Lat. Schrifttafeln, que nous signale M. Wilcken,
2) Cod. Theod. XI, 39, 5.
Collinet-Jouguet: Un Procos plaidd devant lo juridicus Alexandreae etc. 295
de s'en etonner, puisque cette ligne qui contient la formule de date
doit servir en quelque sorte de titre a l'acte tout entier. Les change-
ments de l'ecriture grecque sont plus interessants : qu'elle aille s'epai-
sissant de la premiere a la seconde colonne, puls s'affinant ä la troi-
sieme, cela peut tenir ä quelque circonstance materielle, empätement
passager de l'encre, usure du calame peut-etre taille ä nouveau au
couimencement de la colonne III. Mais il est frappant que dans cette
meme colonne apparaissent des lettres d'ime facture toute nouvelle: le
beta, par exemple, qui, dans les colonnes I et II, presente nettement
deux panses anterieures, flasques il est vrai mais neanmoins distinctes,
se trouve, dans la colonne III, reduit pour la partie centrale ä un
simple trait, tandis que la panse superieure est dessinee dans un sens
et la panse inferieure dans l'autre cf. 1. 1: une autre fois dans la meme
colonne, il affecte une forme voisine de celle d'un 8 (cf. 1. 3).^) L'tte
est dans les deux premieres colonnes presque toujours forme en h.
Une seule fois dans la colonne II, on lui trouve sa forme onciale H.^)
Dans la colonne III l'eta en h et l'eta derive directement de la forme
onciale altement egalement.
Le tMta se trouve dans les deux premieres colonnes tantot sous
sa forme voisine de la forme onciale, ovale avec une barre transversale
qui l'unit aux lettres voisines 6, tantot sous sa forme plus cursive ^.
La premiere seule est employee ä la colonne III, et la lettre y preud
un aspect plus maigre et moins rond. Le liappa, dans la III^ colonne,
est souvent forme d'un trait vertical et d'un trait incurve rempla9ant
les branches obliques qui se coupent presque partout ailleurs en angles
aigus. Ce trait courbe est rarement tangent ä la haste verticale d.
Enfin le calame plus fin qui a trace la III® colonne se plait assez
souvent aux boucles, lä oü un calame moins delie aurait produit
un empätement.
1) On comprend assez bien comment cette forme est derivee de celle des B
usitee dans les deux precedentes colonnes. Nous ne la trouvons cependant pas
dans les quelques facsimiles de cursive grecque que nous avons sous les yeux.
Elle rappelle plutot certains E du fameux rescrit latin de Leyde, publie en dernier
lieu par Mommsen et Jaffe (Jahrbuch des gem. deut. Hechts, VI, p. 398) et en fac-
simile dans Palaeographical Society II, pl. 30, mais que nous ne pouvons citer
que d' apres le Handhook of Greeh and Latin Palaeography de M. Maimde Tliompson.
Cf. p. 212 et la planche de la p. 216.
2) II va sans dire que les caraeteres d'imprimerie ne donnent qu'une idee
approcht^e de la fonne des lettres. Nous renvoyons aux colonnes et lignes du
papyrus, parce qu'un facsimile en sera donnd dans le facsicule des Memoires de
la Mission du Caire oü nous publierons la petite collection de papyrus Grecs
reunis par M. Bouriant.
296 I- Aufsätze
Toutes ces differences suffisent-elles ä imposer la conclusion, etrange
au premier abord^ que le scribe de la col. I et II n'est pas le meme
que celui de la coloune III? Nous ne le pensons pas^ et, peut-etre, ne
serait-il pas temeraire de les attribuer ä l'iufluenee assez grande que
peut avoir meme sur la forme des lettres un changemeut survenu dans
l'instrument de l'ecrivain.
Quoi qu'il en soit, le style de l'ecriture en general offre assez
nettement les caracteres d'un style de transition entre celui de la
premiere moitie du IV siecle et celui de la fin du V^ siecle apres
J.-Cb.-^) Les formes de ces deux epoques s'y trouvent assez melangees.
On notera la grande variete des alphas, et particulierement, le type
tout ä fait cursif constitue par deux traits obliques se coupant en
angle obtus; quelquefois le second trait est tres developpe et descend
tres bas au dessous de la ligne. Une seule fois on trouve le delta pareil
au d latin qui predomine dans les documents de l'epoque byzantine
(Col. II, 1. 3, dixaötiJQLOv); partout aiUeurs il garde les formes qu'il a
dans la premiere moitie du IV siecle, et cette exception peut s'expliquer
par l'influence du voisinage de la cursive latine.
\jepsilon prend ä peu pres toutes les formes, mais celui qui parait
dominer, c'est Fepsilon fait en deux parties, et depassant de beaucoup
le sommet des autres lettres. Nous avons note les deux types d^etas.
Le iT et le ^ ont dejä la plupart du temps ces bastes obliques, pro-
jetees hardiment au dessus ou au dessous de la ligne, qui caracterisent
les documents du IV siecle et plus encore ceux du V® et du VP.^)
Jj'upsilon a tantot la forme T*, tantot et plus frequemment le forme V,
tantot la forme v, frequente ä partir du VP siecle. Quant au caractere
general de l'ecriture, eile ne donne pas cette impression de regularite
que Ton ressent en face des documents de l'epoque byzantine et si l'on
n'avait pas d'une autre maniere la date de notre papyrus, on ne pourrait
pas le faire remonter plus baut que la seconde moitie du IV® siecle
ni sans doute descendre plus bas que le commencement du V®.
Mais cette date nous a ete conservee. Elle etait indiquee des la
premiere ligne par les noms des consuls que, malgi-e nos efforts, nous
n' avons malheureusement pas pu decbiffrer. Toutefois, des le debut du
proces, l'avocat de l'une des parties cite un mandat (fVroAi^) donne par
sa diente ä une autre personne et le greffier a conserve justement la
1) On sait que pour la periode qui va de 355/360 ä 487 ap. J.-Ch. nous
n'avons que tres peu de documents dont les facsimiles ne sont genöralement pas
publies. Cf. Kenyon The Palaeography of the greefc Papyri p. 48 et suivantes.
2) cf. par exemple l'acte de vente de Paris 21, ter. Not. et Ext. XVIII,
2« pai-tie, pl. XLVni (59i) ap. J.-Ch.).
Collinet-Jouguet: Un Proces plaiclü devant le juridicus Alcxandreae etc. 297
formule de date de cette piece. Elle est de l'annee des consuls Sei-gius
et Nigrinianus, c. ä. d. 350 apres J.-Cli.; or il est vraisemblable qua
le proces n'a pas eu lieu longtemps apres la delivrance de ce mandat.
Dans la transeription qui va suivre nous avons retabli l'accentua-
tioii et la ponctuation partout absentes dans le papyrus. Nous usons
du Systeme de crocbets adopte dans cette revue (cf. Archiv, I, p. VI).
Le trait horizontal place sous la lettre indique une lettre mutilee mais
de lecture certaine. Nous notons que l't et Vv sont souvent surmontes
de deux points (. .) que nous n'avons pas representes et que Vv, ä la
fin des syllabes, est presque toujours ecrit au dessus de la ligne. 11
faut aussi remarquer que dans le papyrus les paroles mises dans la
bouche du juridicus sont ecrites en caracteres plus grands, plus espaces
voisins des formes onciales. A premiere vue on pouvait apercevoir
ainsi ce que le juridicus avait dit. II est possible, comme nous le
suggere M. Wilcken, que cette difference entre la maniere d'ecrire les
paroles du juge et Celles des simples mortels, ait ete encore plus
marquee dans l'original dont nous avons ici la copie et il faut voir lä
une consequence du caractere de cette piece, qui est un fragment
des acta (yno^vrjiiaöti^ov) du juridicus, destines ä perpetuer le Sou-
venir de tous les actes accomplis par le magistrat dans l'exercice de
sa Charge.
Nous tenons ä remercier tout d'abord et tout particulierement
M. Bouriant. C'est ä lui que nous devons l'acquisition et la conser-
vation de ce papyrus, comme de tous ceux qui forment la petite col-
lection de l'Institut archeologique fran9ais " d'Egypte. C'est avec son
aide que nous en avons commence le dechiffrement au Caire. C'est
gräce ä lui que nous avons pu l'avoir entre nos mains et l'etudier tout
ä loisir. M. Omont, conservateur du departement des manuscrits de
la Bibliotheque nationale, a bien voulu consacrer une partie de son
temps ä coUationner notre copie sur le texte. M. Chatelain, directeur
ä l'Ecole des hautes Etudes, a revu quelques-unes de nos transcriptions
latines. Enfin nous sommes tres redevables ä M. Ernest Langlois,
doyen de la faculte des lettres de Lille, qui nous a plusieurs fois remis
sur la bonne voie et fourni de tres heureuses suggestions.
Dans les notes au bas du texte nous avons signale par un W
quelques-unes des lectures et restitutions dues ä M. le professeur
Wilcken. Nous essaierons de marquer plus bas les progres decisifs
qu'il a fait faire ä l'intelligence de notre papyrus et l'on s'apercevra
Sans peine, comme sans etonnement, que c'est ä lui que revient I'hon-
neur d'avoir resolu les difficultes maitresses. Est-il necessaire d'ajouter
que, meme ainsi, on n'aura qu'une faible idee de ce que nous lui
298 I- Aufsätze
devons? Que d'erreurs corrigees par lui et que iious n'avons pu
signaler ici parce que le Souvenir de ces faux pas n'a rien d'instructif
que pour nouB.
Cül. I.
1 ] 0 v(iris) c(larissimis) co(n)s(u-
libus) die idus Novembr(es) 'AQ'vq it,'
2 [praesentibus] H[o]rq et Nonn[a] et Dionus[iJo, Gennadius
d(ixit) : 'TnsQ Evlöt^ogycov tiut' evtoXrjv dod-svöav "^Qoa
xal a[v]ayv[c6](?ofi.o;fc öot tijv ivtoXriv xi]v dod'elöav
3 [ VTcb Evl^ötoQly^iov i]tig iv Tolg v7Co^vrj^a6L\v^ rotg
TiQayd'ElGLV xar ivr[oXrf\v ixl tfjg (?ijg aad'oö icböscjg
4 [Fl(avius) Gennadius v(ir) p(erfcctissimus) ju]ridic(us) Alex(andreae)
ei d(ixit): \^A\vdyvG}&L. Gennadius d(ixit): \^A]vayv(o-
. '■'"''?
6o(iai et rec(itavit): Sergio et Nigriniani v(iris) c(la-
rissimis) co(n)s(ulibus) die ^aücpi ■O-' ecc(8etera). Or(a-
tor) adjecit:
5 [Toiavtrj ^e]y 'i) ivtoXrj' ä^Lov^sv de xriv nagovöav r]
äiilo^dTYivai tov ^iQov\g\ toD duatpBQOvTog rfj ßor}9-ov~
[ftfV?;], rstccQtov ^av avXvÖQiov, Tj^iösag de
6 [rov aQxov^ tetdQ\xov ds donQEäg Kai ccTio&Tjxifjg , i) t^v
ccTtoxatdöraöLV yj^tv Ttoirjöaad-ai tovt cov ->) t6 ä^iov
0t£yav6^LOv oitSQ äv naQd6%0iEV arsQog,
7 |. . . ccQxi'TSicrolvog i7tLd'e<^(oyQovvrog Tts^l rov avXvÖQiov
th naQUQTKvyÖLOV otcsq aal la]xov6a ccTCodihöSL övvä-
örrjXEv. Nonna d(ixit): Eig rb ^SQog EvßroQyiov
8 [ ^V^i^ßi [id]d}x[a^sv] tb raTaQTo[v].
9 [Fl(avius) Gennadjius v(ir) p(erfectissim.us) ju[ridic(us) Alex(andreae)
d(ixit): '^xd]Aot^['0'dv] iönv cclQ^i-T^exrovla £]7c\l] tö[v]
TOTtav yav6^s[vo\v dox[^L^^d[6a]vra OQLöat 7t6[<3o]v
[6]g5£tA<(£t)>
10 [. . . . vji\aQ tov r\^EtdQtov r^ov ta avXvÖQtov xal [tfjg
ajjiq^t^xrjg Ev6t0Qy[iC3] Növva 6Tayav6}iio[v . . .]. örrj-
d-i]\va\i xal Tovto Növva
Col. I, 1. 1 — u u c[c] coss, Pap.
di
1. 4 init., . . iu]ri c Pap. — med., u u c coss Pap.
1. 5 init..! ou bien [ToLuvrrj fibv iaTi.]v, W. peut-etre un peu long
pour la lacune.
1. 7 HTti&bOQovvrog, Pap. — TtccQaQtiSiov, Pap. — ccTto6wGi:i<^vy'? W.
1. 9 doyi[i(i](i[aa]vta W. — otpsili, Pap.
Collinet-.Touguet: Un ProcL's plaide ckvant le juridicus Alexandreae etc. 299
11 I^'SIqg) t]c5 ravtrjg \iadixG) jtoQ]i6ca dtä tu (iccX(^L)6Ta xal
\Növ]vav rovrci tc5 köya Gwösöga^i^xtvat xal \v7ti-
6]xv<^st')6d-at o6ov iäv ^re^og ^tA?.ot
12 [ ]qs6£iv, T[o6ovrov Ev^dov oixov6av JtaQa6x\_£^v,
nQovoovfisvrjg slg rovto tilg rd^Eog. [Gennajdius (l(ixit):
Tavtcc ^6v 7i[sq\1 xov ccvIvÖqlov
13 [xal ^£q]1 rrjg aTtold-rjxrjg eItzIsv rj öij xa&oöccoßLg ei\g t6
jiQ]ö0C37tov Novvrjg' cc^[ioviiE\v ÖE xal [ro]] nEQi xov
'^]^L[<5£cog\ xov aQxov xal xov xetccqxov xijg dcoQE&g
14 [ l^L-]'^^ avx[ J ivxohxKQi[ov\ xf]g 6vv7]-
[yoQo^v^EVfjg, uTCai, ivxoXfjg [7taQ]a6xEd'£i6r]g.
15 [Fl(avius) Gennadijiis v(ir) p(erfectissiiiius) juri[cli(ciis) Alex(andreae)
d(ixit): x]i6lv xal tieqI xovxav [N6]vva; Nonna d(ixit):
^EtcI avxCÖLXov Xa^ßdv(Ei}v i,..6iav. Gennadius d(ixit):
^EnEidrj d^(pißdkk<^Ei}
16 [ ^ivridia [ evtIoXt] dl ävEyvcööd-r] xal lyQa]fi-
^ax£t[o]v avxYig e%ohev 6^oXoyov6i]g avtf} (pvMxx<[ELyv
[rjavro;' IxäJ xatd xr^v EvxoXriv anodorci.
17 [Fl(avius) Geimadjius v(ir) p(erfectissimus) ju[ridic(us) Alex(audreae)
d(ixit): rQa^iiiiaxEt\o\v o q)iqg e%[el]v^ dvdyvcaQ-L. Et
rec(itavit): AvqyiUo. [N^ovva dvya . . . tjXl, dixat[o^']
naCdcov E%ov6a AvQri\XC^a
18 [ ] 6vv\7ca^Q6vxog xal x\ov] dv\ßQ6g^
6ov AvQrjXiov 0EOV ^AnoXkavCov %aCQEiv. 'O^oloyov-
^\ßv\ fiE^Löd'Cööd^at xal JtKQELlrjcpEvai nagd <3ov
Col. IL ^EQog XExaQxov ecc(aetera). [Or(ator)] Gennadius d(ixit):
1ßfto[Ady]t^Ta:t x,al xo aQx(yy8iov 8L\a\(pEQ(^£i)v ixELvrj^
Xsyc} dij xb ij^iöv '(xov ägxovy xal xb xixaqxov xf^g
dcoQEäg
2 xal d^tov^EV avtijv djtoXvELV 7ro;t)ra avra xd «pr<(v^di[o;]
Tc3 ^8Q<^ELy Tc5 rjfiEXEQa). [Cur]us d(ixit): 'O^oXoyEt xal
EvöxoQyiov E%£iv i]^i6v (lEQog aQXov
Col. I, 1. 11 iLccXsLCtu Pap. — \ynLa\y^vLa%'o!.i Pap.
1. 12 r\o6ovxov l^v^Sov, conj. W.
1. 13 To, efface par le scribe. W.
1. 14 hVTOlL-AdQl[ov\. W.
1. 15 Xcc^ßccviv Pap., — a\i(pißalli, Pap.
1. IG xa Pap., efface par le scribe. — (pvXuttiv, Pap.
Col. n, 1. 1 aQxiSLOv, Pap. — diatpsQLv, Pap.
1. 2 uQXiSia, Pap. — fifpt, Pap.
Archiv f. Papynisforschung. I. 2. 20
300 I- Aufsätze
3 '0|u.oA[o]y<(£t^ de aal tilg dcoQSäg iiEQog tataQTOv xccl a^iot
ovö^atog ixsLVOv.
4 Fl(avius) Gennadius v(ir) p(erfectissimus) juridic(us) Alex(andreae)
d(ixit): '^xöXovd-ov iöxiv Kaxa trjv TCaQuö^E'^evSav iv-
toXfjv VTcb EvßtOQyCov "^Q(p xal [ajqp' wv rj
5 avdyvcjöig rr^g övvraxd'SLörjg vtco Novviqg b^ioXoyCag s8C-
da^Ev aal rb i]^l6v fiEQog [rjot) (xqtov xal tilg
6 dcoQBäg TÖ T&taQTOV T(p ixdiXG) EvöxoQyCov "SIqcö naQo,
(sie)
Novvag anoxaraöra&rivaL. Gennadius d(ixit): Tavra
7 zad'oöicoöLg ccTtscprivaxo ^ olg xal xb SQyov JtQoösvsx^'fjvat
dliovaev diä xilg xd^ecag. 'Ensidri de xal ziiovvöLog
£6xr]icsv^ a|toi)/i£V
8 avxrjv Einalv^ xC ßovXsxaL xal tieqI xovxov. Curus d(ixit):
^Lovvßiog fiev xal ddeXtpög iöxtv' diu de xb ^ly] exetv
jtaQaxolovd^^öeLg
9 xovQdxcjQ avxa xareötdd'ri^ 6 de ddelcpbg ^LXddsXg)og bg
xal iv xf] Alyvitxco iöxlv xal ov ^lex ov ^oXi) ^^£i'
xacjg de 6 Tcaig xal
10 ßvv[o]ix(^ety xf} ddeXl^cpfj] xal xbv dgxov xo^ile\xaL\ xal
ovdelg cpd'ovog e6xC\y\.
11 Fl(avms) Gennadius v(ir) p(erfeetissimus) j[urid]ie(us) Alex(andreae)
d(ixit): Tovxo d(^ei}i,o[v\. Curus d(ixit): Kov\jQdxoQ\a
exei bg xal ä7ie6xi\y\' 6 de dvxCdixog vnavlanYjeCyGag
T0i5T0V
12 xaxe6%ev ßovXö^evog ndXiv axsQav jtaQLyQacprjv iQyaßaßd'ac
xaxä Tijg ßoi]d-o[y^^av7}g.
13 Fl(avius) Gennadius v(ir) p(erfectissimus) juridic(us) Alex(andreae)
d(ixit): 'ETteidri xovQaxoQog a^vrj^övavöag, dvdyvad't,,
OTKog xovgdxcoQ
14 yeyaviqxai OiXddaXtpog ZitovvöLov xov TCaQÖvxog. Curus
d(ixit): 'Ev xf] AlyvTCXCi adtlv b xovQdxoQ, r] de ddeXcpij
15 x^Qr]yai ^laQog xov dgxov reo ddeXtpa xal ov xaXvai, aiöi-
övxa avxbv xal otxovvxa iv xT] avXfj.
Col. II, 1. 3 oftoloyt Fa}).
1. 4 [&](p' ihv 7] W.
1. 9 dh ö Tiatg W. L'o traverse par la barre horizontale qui vient
de Ff.
1. 10 Gvvoiv.1 Pap. — KOfitJf[Taj]. W.
1. 11 dii,ov Pap. — vTtavaniGccg Pap.
Collinet-Jouguet: Un Proces plaide devant le juridieus Alexandreae etc. 301
IG Fl(avius) G[en]nadius v(ir) p(erfectissimus) juridic(us) Alex(andreae)
d(ixit): 0 xovqktcoq ajiavtrjöccg ov xojXvd-TJöstai, rovtOLg
XQyJGccöd'aL
17 Totg löyoig, oigTCSQ xal 6v vvv ktysig, el ys äXrj&fj sGriv
rä TCaQcc 6ov eiQrjutva. C|u]rus d(ixit):
18 "Iva ^l'fj] 6 Ttaig vicavan(£i}6^£\g v7to tov dvtidtxov do-
xotr] TtSQtyQacpriv nva vnoa&VEiv — xovto yccQ önov-
8d^£i — firjds^cav
19 aaivoto^t'av yiyvsöd-cci, ccTtovtog t\ov] xovQatoQog' ttoipiog
yccQ iöTLV 7] dösXcpi] %0Qriyri6<^ELyv /1iovv6Cg) xal ro
Col. III. ^SQog tov uQTOv xal tb öTsyavo^iov t6 STiCßaHov.
2 Fl(avius) Gennadius v(ir) p(erfectissimus) juridic(us) Alex(andreae)
d(ixit): TEoag xad'^ d iityiyy(EC}Xaxo Növva öTtovdaödtci
rrjv lOQiqyCav rou rs rj^ißsag aQXov^
3 ixL ys ^i]v xal xov öxsyavo^iov zJiOvvötca d^Efintcjg tcuq-
äxl^ELvy ei yccQ xdv nQ6[g\ xi ß^cc^v xrjg XOQijyi'ag
4 xovxav TiaQafisXrjösisv, dvvyjösxai, TtQÖöodov Tton^öd^evog
x(p dixadxrjQLC) zJiovvötog xijg 6(p(£i}-
5 Xo^iviqg «^[rjö STtixovQiag xvy^allv. Gennadius d(ixit):
n6x<^sy nQOßdyiov (pr]6tv rjfi<^styg yaQ ovde <^l:y6^£v
6 dXojg To[to]i)Tdv Xi jtSTiQay^avov OTtolov dtaxKsCyvsxaL^
xovgdxoQa i6%')qxh>ai xov xal SQQco^evov
7 xijv di,dv[o^Lav xal [tjöxöxa [x]a[i] dicaCxriGiv 7ioiovy\^E]vov
räv avtä dia<p£Q6vx(ov. Cur[us d(ixit)]: 'E^tsidij iv rc3
8 '^()[(?]tv[0£]i['P'?j] iötlv <^Ety6C0 XEÖGEQaXOVXa ^l^EQÜV TtQOd-
dyo^sv Ex^Caiyvov.
9 Fl(avius) Gennadius v(ir) [p(erfeetissimus)] juridie(us) Alex(andreae)
d(ixit): El ^i) <^Eiy6co x&v XEööSQaxovxa yj^iSQüv xov
Xsy6(i£\y\ov Eivai xovgdxoQa ziiowsCov
10 nQoGaydyoi Növva to5 öixaöxriQiG) -J) avxog 8i iavtov
TcaQcav Emd^jECyi^EiEV i\a\vxov xovQdxoQa 6vv vö^a
Col. II, 1. 18 vTtavciitiGQsig, Pap.
1. 19 %0Qr]yr\Giv, Pap.
Col. in, 1. 3 TtdQsiily] dans le Pap. W.
1. 4 — 5 oqpi|AofiEV7j?, Pa2).
1. 5 Tv^siv, l't barre par le scribe, Pap). — itorcci, Pap. — siaasv, Pap.
1. 6 SbarivsTai Pap. W.
1. 8 laco, Pap. — s-aivov Pap.
1. 9 tffo), Pap.
1. 10 eniSt^sisv Pap.
20*
302 I- Aufsätze
11 avtov yeyslyjriöd-aL, ivrevxQ'Sii] ts t6 dtxccötyJQiov avd-<^iyg
vnb Zliovvßiov^ töts nQo[s]raxd-r]6staL xal rj vo^t]
(sie)
12 vjtb N6v\vl^ag rov ij^iösag rov ccqtov xal rov rsTccQtov
rrlg dalojsäg etl ya ^r]v Kai rov TsraQtov ^epovg
13 rov TS avXvÖQLOv zal tTjg d7tod-y]X7jg ^lowöta dzoxara-
6xa%^fivaL.
Exemplum.
Traduction.
Considat de ... . jour des ides de Novemhrc, 17 Äthyr (13 Novembre).
[En p-esence] de Horus et de Nonna et de Dionysios, Gennadius dit:
(Je parle) pour Eustorgion selon le mandat donne ä Horus et je vais
te lire le mandat donne ä Horus par Eustorgion, mandat transcrit
au memorial des affaires dans lesquelles on agit par representation
devant ta Saintete.
Flavius Gennadius, perfectissime, juridicus d' Alexandrie, lui dit: lis.
Gennadius dit: je vais lire. Et ü lut: «Consulat de Sergius et de Nigri-
nianus, clarissimes, le 9 de Phaoplii etc. . .» L'avocat ajouta: Nous de-
mandons que la presente (Nonna) renonce ä la part qui revient ä ma
diente (Eustorgion) savoir, le quart de la petite cour, le demi pain,
le quart de la donation et de la boutique, soit qu'elle nous en fasse
remise, soit qu'elle paie un loyer tel qu'un autre pourrait le payer . . .
Nonna dit: pour la part d'Eustorgion nous avons [dejä]
donne le quart.
Flavius Gennadius, perfectissime, juridicus d' Alexandrie, dit: En
consequence, un arctitecte etant alle sur les lieux decidera, apres expertise,
ä combien doit s'elever le loyer que Nonna devra payer ä Eustorgion
pour le quart de la cour et de la boutique et ce loyer Nonna le [versera
ä Horus] attendu surtout que Nonna a admis cette maniere de voir
et promis, liabitant la maison, de payer le loyer que l'on pourrait
exiger d'un autre. Mes agents veilleront ä l'execution de cette sentence.
Gennadius dit: Cette decision au sujet de la cour et de la boutique,
ta Saintete vient de l'exprimer en face de Nonna. Nous demandons,
en outre, pour ce qui concerne le demi pain et le quart de la donation,
qu'en vertu du mandat verse une fois pour toutes au debat, [ils soient
delivres au mandataire de ma diente [evtoXlxdcqlov ryjg 6vvr}[yoQo]v-
Hsvrig)].
Flavius Gennadius, perfectissime, juridicus d' Alexandrie, dit: Nonna
s'acquittera aussi ä ce sujet. (?) Nonna dit: obtenir contre l'adversaire
Col. ni, 1. 11 avO&ig, Tap.
Collinct-Jouguct: Un Proces plaido dovariL Ic juridicns Alexandreae etc. 303
....(?) Gcnnadi'US dit: Puisqu'elle conteste ... et ({ue le niaudat a ete
lu, nous pouvons encore montrer un ecrit par lequel olle avoue ä
Eustorgion qu'elle a tout cela en garde. Quo conformement au uiandat,
eile le rende.
Flavius Gcnnadius, perfcctissimc , jimdicus d'Älcxcmdrie, dit: Lis
l'ecrit que tu preteuds avoir. Et ü tut: <( Aurelia Nouna ä Aurelia
assistee de ton mari Aurelios Pheos Apollonios, Salut. Nous
reconnaissons avoir pris ä bail et rc^-u de toi le quart ete. . . .» L'avocat
Gennadius dit: On eonvient donc que l'artudiou revient a ma diente,
c'est ä dire le demi pain et le quart de la donation: nous demandons
que Nonna les delivre a notre partie. Curus dit: Ma diente reconnait
qu'Eustorgion doit avoir le demi pain et le quart de la donation.
Et eile demande au tribunal de fixer a qui ils doivent etre remis en
ce nom.
Flavius Gennadius, perfedissime, juridicus d'Älexandrie, dit: En con-
sequence du mandat donne par Eustorgion ä Horus, et de ce que la
lecture de l'ade passe par Nonua nous a appris, le demi pain et le
quart de la donation doivent etre remis par Nonua ä Horus, mandataire
d'Eustorgion. Gennadius dit: Teile est la sentence exprimee par ta Saintete
devant ceux lä memes qui, nous le demandons, seront forces par tes
agents de s'y soumettre. Mais puisque Dionysios aussi s'est leve nous
demandons que Nonna dise ce qu'elle veut a son sujet. Curus dit:
Dionysios est aussi son frere et comme il n'a pas sa raison, un eurateur
lui a ete donne, son frere Pliiladelphos qui est en Egypte et qui pourra
se presenter dans peu de temps. En attendant, l'enfant (Dionysios)
habite avec sa soeur, qui lui fournit le pain, en sorte que rien ne lui
manque.
Flavius Gennadius, perfectissime, juridicus d'Älexandrie, dit: Prouve
le. Curus dit: II a un eurateur qui est absent et l'adversaire ayant drcon-
venu Dionysios le retient voulant l'entrainer ä quelque autre demarelie
hostile ä ma diente.
Flavius Gennadius, perfectissime, juridicus d'Älexandrie, dit: Puisque
tu as parle du eurateur, lis comment Philadelphos est devenu eurateur
de Dionysios ici present. Curus dit: Le eurateur est en Egypte et la
soeur fournit la part de pain ä son frere et ne Tempedie ni d'entrer
ni d'habiter dans la cour.
Flavius Gennadius, perfectissime, juridicus d'Älexandrie, dit: Le
eurateur s'etant presente ne laissera pas de tenir les memes discours
que toi, si ce que tu dis est vrai.
Curus dit: Afin que l'enfant circonvenu par l'adversaire ne croit
pas bon de consentir ä quelque demarelie nouvelle — car c'est lä ce
304 i- Aufsätze
que Ton cherche — il faut qu'aucun changement u'ait lieu diirant
l'absence du curateur. Car la soeur est prete ä fournir a Dionysios
la part de pain et le prix du loyer auquel il a droit.
Flavhis Gennadius, perfectissime, juridicus d'Alexandrie, dit: Jus-
que-lä, que selon ses declarations Nonna se charge de fournir le demi
pain et de payer loyalement a Dionysios sa part du prix du loyer.
Car si, menie sur un detail de cette charge, eile se montrait negligente,
Dionysios pourrait, s'etant presente au tribunal, obtenir le secours qui
lui est du. Gennadius dit: A quand [Curus] fixe-t-il la comparution
du curateur? Car nous ignorions qu'il arriverait ce que l'adversaire
pretend vrai, je veux dire que l'on put donner un curateur ä un liomnie
dans son bon sens, qui s'est leve et a su reclamer de lui nieme sur tout
ce qui le concerne.
Curus dit: Puisque le curateur est dans le nonie Arsinoite, nous
le presenterons dans quarante jours.
Flavius Gennadius, perfectissime, juridicus d'Alexandrie, dit: Si dans
quarante jours Nonna n'amene pas au tribunal le pretendu curateur de
Dionysios, ou si, se presentant lui nieme, il ne prouve pas qu'il a ete
legalement nomme curateur de Dionysios, le tribunal pourra etre de
nouveau sollicite par Dionysios et l'on ordonnera que la possession
du demi pain, le quart de la donation, le quart de la petite cour et
le quart de la boutique seront remis par Nonna. ä Dionysios.
Copie.
Comme on le voit, l'affaire est plaidee devant Flavius Gennadius
juridicus d'Alexandrie.^) On ne connaissait pas, croyons nous, de juri-
dicus de ce nom.^) Un Gennadius fut praefectus augustalis en 396 ap.
1) C'est encore ä M. Wilcken que nous devons la lecture Fl(avius). Les deux
lettres Fl, forment un groupe toujoui-s dans la marge du papyrus.
2) Voici la liste des Juridici Alexandreae connus:
L. Volusenius Clemens, sous Tibcre (Wilmans, 1610 = lung, Wiener Studien^
1892, p. 245).
0^(ißQtog (P. Oxy, n, 237, col. VE, 1. 39, 42, 43 — 87 aj). Gh.).
Incomm, (BC4U, 5, col. II, 1. 16 et 20 — 137/138 ap. Gh.).
Lucius Baebius luncinus (Wilmans, 1250 = CIL, X, 2, 6976 = lung, 1. c.)
sous Iladrien.
[Quinct]ilius (Wilmans, 1259 = GIL, VI, 1564 = lung, 1. c.) sous Antonin le
Pieux.
Sextus Gornelius Dexter (GIL, VIII, 8925, 8934 = Henzen 6924 = Wilmans
1254 = lung, 1. c. p. 246) probablement sous Antonin.
L. Volusius Maecianus? (lung, 1. c. p. 247) sous Marc Aurele.
Collinct-Jouguet: Un Proces plaide devant le juridicus Alexandreae etc. 305
J.-Ch. sous les empereurs Arcaclius et Honorius.^) Mais il est dou-
teux qu'il doive etre identifie avec celui de notre papyrus. Le juridicus
faisait quelquefois fonction de prefet^), mais il ne s'ensuit pas qu'il düt
forcement devenir prefet et parmi les cursus honorum de juridici qui
nous sont parvenus, il n'en est aueun qui uous le montre arrivant a
cette haute fouction. ■*) De plus l'annee 396, date de la prefecture de
Gennadius, est tres eloignee de lannee 350, date du mandat cite au
cours du debat, et il ne nous parait pas vraiseniblable que le proces
ait eu lieu longtemps ajsres la delivrance de ce mandat. On connait
uu autre Gennadius contemporain des personnages de notre document.
C'etait un avocat qui florissait ä Ronie vers l'an 355 selon la Chronique
de Saint Jerome. Son nom complet est peut etre Flavius Gennadius
Torquatus.^) Qu'a-t-il de commun avec notre juridicus ou avec l'avocat
Gennadius qui parait au proces? On ne peut, croyons-nous, rien dire
ä ce sujet avec certitude.
On sait mal quelles etaient les fonctions du juridicus Alexandreae.
Sa competence s'etendait - eile a toute l'Egypte, comme le veut
M. Mommsen") ou etait-elle restreinte a la cite d'Alexandrie, comme
le pretend Marquardt?*") Fut-elle, comme le pense encore Marquardt,
limitee par Septime Severe, createur de la curie Alexaudrine^), aux
actes de juridiction volontaire, ou doit-on croire avec Hirsclifeld^) que
rdiog KaiKiliog HaXoviKvog (BGÜ, I, 237, 1. 1 — 166 ap. Gh.).
Faiavög (ibid. 240, 1. 12 — 167 ap. Gh.).
KXccvSiog Naoiivdrig (ibid. 245, col. II, 1. 1 et 378 1. 17 — IP siecle).
KccXnovQViuvog (ibid. 11, 378, 1. 1, 23 — 11« siecle).
Inconnu (ibid. I, 75, col. II, 1. 9 — 11® siecle).
Inconnu (Henzen 6923 = CIL. VI, 1638 — sous Clordien EI).
1) Cod. Theod. 14, 27, 1; Cod. Tust. 1, 4, 5.
2) CIL, VI, 1638 = lung, 1. c. p. 247: ju[ridicus Alexandreae] vice praef.
Aeg. BGU, 327, 1, Tc5 •AQarißTcp SizaioSörrj diaSsy^oiitvio "nal za Kavä ti]v fjy^LLOvUiv.
3) Un seul devient prefet du pretoire apres avoir ete prefet de Mesopotamie
(CIL, VI, 1638). Deux autres deviennent procuratores Asiae (CIL, V, 1564 = lung,
1. c. p. 245 et CIL, VTII, 8943 = lung, p. 246).
4) cf. Onomasticon de de Vit. s. v.
5) Mommsen, Rom. Gesch. V, p. 567—568 (trad. Gagnat-Toutain, XI, p. 173).
Staatsrecht III, p. 753. Anni. 2 (trad. Girard VI, 2"'<= partie p. 391).
6) Marquardt, Organisation de Vempire romain, trad. fran9. , t. II, p. 420.
Suivent la meme opinion que Mommsen, Wilcken, Observationes ad hist. Aeg. prov.
rem. Berlin, 1885, p. 8 et suiv., Hirschfeld, die ritterlichen Provimialstatthalter dans
les Sitzungsb. de l'Academie de Berlin, 1899, 1, p. 418. lung, die römischen Ver-
waltungsbeamten in Aegypten, Wiener Studien, 1892, p. 227.
7) Spartian, Sept. Sev. XVII.
8) Hirschfeld, l c.
306 I- Aufsätze
la juridiction volontaire, appartenant en principe au prefet, lui aurait
ete retiree dans le cours de Fempire et donnee au juridicus? Ce sont
deux questions qui n'ont pas encore leur reponse. Sur la seconde
uotre papyrus apporte peu de lumiere. Mais il s'ajoute aux textes qui
nous montrent les plaideurs veuant de tous les points de l'Egypte au
tribunal du juridicus^) et corroborent a premiere vue ropiiiion de
M. Mommsen. Nos persomiages en effet paraissent bien, comme nous
le fait remarquer M. Wilcken, habiter le Fayoum (cf. II, 9, 10, III, 8)
et appartenir ä la societe greco-egyptienne de la x^Q^- ^ ^^^ ^rai
que les plaideurs grecs venus d'Egypte pouvaient en quelque fa^on
appartenir a la cite alexandrine. Est-ce le cas pour ceux de notre
jiapyrus? Nous ne le pensous pas. Si Nonna avait eu le droit de cite
alexandrine, eile n'eüt pas inanque, comme l'a vu M. Wilcken, de nous
le faire savoir dans l'acte cite Col. I, 1. 17. Son nom eüt ete suivi
soit d'un demotique au feminin^), soit plutot du nom de son mari
au genitif accompagne de son demotique. Or l'aspect du texte est
egalement defavorable ä ces deux liypotheses (cf. infra).
Nous ne pouvons guere nous avancer beaucoup plus a la lumiere
du document nouveau. Au moins est il interessant comme exemple
d'une affaire plaidee devant le juridicus, et si bien des details du j)roces
nous echappent on peut cependant en saisir les traits generaux. Trois
personnes se presentent au tribunal, Horus, Nonna et Dionysios. Mais
Horus n'est que le mandataire d'une quatrieme personne dont le nom
se trouve seulement sous les formes EvöxoQyCov^ Evöto^yLco, Evötö^yiov
dans notre papyrus. On peut donc liesiter sur le nominatif qui serait
soit EvötÖQyLog soit EvötÖQyiov. M. Wilcken nous a demontre qu'il
s'agissait d'une femme. «Aucun exemple du feminin EvötÖQyiov, nous
ecrit-il, ne nous est parvenu, mais Evörogyiov est ä EvötoQyiog ce que
EvcpQÖviov est ä EvcpgövLogj) Et, de fait, ce n'est pas simplement la
une bypothese qui supprime presque toutes les difficultes que nous
avions rencontrees, c'est une certitude prouvee par la lecture, due a
M. Wilcken, de la ligne 14 (col. I) oü il est fait mention 'du manda-
taire de la plaignante qui ne peut etre qu'Horus mandataire d'Eustorgion.
Nonna et Dionysios sont frere et soeur (Col. II, 1. 8 — 10). Dio-
nysios a un curateur, Philadelphos, qui est aussi son frere. II est
probable qu'Eustorgion appartient a la meme famille.
Le sujet du proces parait etre le partage d'une succession qui
comprend
1) cf. Wilcken, Ohservationcs p. 8.
2) Nous ne connaissons aucun exemple de demotique au feminin.
CoUinet-Jouguet: Un Proces [daidu dcvant le juridicus Alcxandrcac etc. 307
1° une boutique (dito^tlxr}).
2° une petite maison avec cour (avXvdQtov).'^)
3° une donation (öojqscc).
4" une rente de deux pains par jour (ccqtoi).
Cette fortune a ete partagee egalement entre les quatre enfants
de Sorte qu'il revient li chacun un "quart de la boutique, un quart de
la maison, un quart de la donation et un demi pain. Pour une raison
qui nous echappe, Nonna occupe la part d'immeuble qui revient ä
Eustorgion et detient sa part de donation et de pain. Au debut de
l'audience, apres lecture du mandat, Gennadius, avocat d'Eustorgion,
demande que Nonna renonce a la part d'Eustorgiou soit en faisant
remise de l'ensemble soit en payant un loyer {örsyavöfiiov) pour les
immeubles qu'elle occupe. La sentence de juge fait droit a la demande
d'Eustorgiou, pour ce qui concerne les immeubles. Un architecte,
apres expertise, fixera le prix du loyer que Nonna versera probable-
ment ä Horus.
Restent le quart de la donation et le demi pain. Comme Nonna
conteste qu'elle les ait, Favocat Gennadius lui oppose un contrat passe
par eile et demande qu'elle les delivre ä sa partie. Sur l'aveu de Curus,
avocat de Nonna, le juridicus decide que Nonna remettra le pain et
sa part de la donation ä Horus.
Alors se leve Dionysios. Nonna pretend qu'il est fou et qu'il a un
curateur son frere Pbiladelphos: Dionysios doit demeurer avec eile et
eile proniet de lui fournir sa part de l'heritage et un loyer pour la
part de l'immeuble qui appartient a Dionysios et qu'elle occupe avec lui.
Eustorgion et son avocat pretendent que cette folie est imaginee
dans l'interet de Nonna et que la curatelle de Pbiladelphos est illegale.
Comme Pbiladelphos est absent, on renvoie l'examen de cette question
ä 40 jours. En attendant Dionysios continuera ä habiter avec Nonna
qui lui fournira loyalenient la part qui lui revient, comme eile l'a promis.
Teile est, croyons-nous, la marche generale de l'affaire, il nous
reste pour finir ä grouper ici quelques observations de detail.
Col. I, 1. 1 die idus Novemhr(es) 'AQ'vq l^. — Le 17 Athyr coin-
cide avec le jour des ides de Novembre (13 Nov.), d'apres le calendrier
fixe Alexandrin pour toutes les annees dont le l*'' Thoth correspond
au 29 aoüt.
1. 1 et 2 triv ivrolrjv ti]v dod-Eiöav "SlQ(p — iv totg vno-
livTq^aöiv TCQax&stöiv aar ivroXriv. Le proces commence par la
1) atriolum, parva casa, in apophtegmat. Patram, in Gelasio niim. 6. Du
Gange, Gl. Inf. Graec. s. v.
308 I- Aufsätze
lecture du mandat (ivroXif) domie par Eustorgion ä Horns, qui est appele
plus bas le mandataire (iadiKog, svtohxccQtog) d'Eustorgion. La presen-
tation du mandat ad litem au commencement des proces est une con-
dition necessaire de la marche de Finstance, ainsi que l'a decide, eu
382, la Constitution connue de Gratien, Valentinien et Theodose. ^)
L'interet que notre papyrus presente ä ce point de vue serait, s'il
est anterieur a 382, de fixer la portee de la Constitution citee, en mon-
trant que, dans la pratique, la regle erigee en necessite absolue par
les empereurs etait deja courante. Si, au contraire, il est posterieur
a 382, notre texte n'en serait pas moins utile, puisqu'il indiquerait
que cette Constitution etait reellement observee a Alexandrie. Nous
avons conserve des exemples de ces ivrolaC^ cf. P. Oxy. II, 261, p. 231;
annee 55 ap. Cli.
L'expression la plus ordinaire parait etre roig vjio^v7]^a6Lv ava-
XYi^(pd^y]vai.") II s'agit ici, comme nous le fait remarquer M. Wilcken,
de registres particuliers pour les ajäaires oü l'on agissait par represen-
tation. C'est le sens des mots toig jCQa^d'SiöLV %ax' ivroXyjv. Pour la
lecture des actes au debut et en cours d'audience M. Wilcken nous
renvoie au CPR I, 18, 21—22.
1. 5. La premiere lettre visible est soit ^, soit plutot sv, ou tv.
M. Wilcken propose roiavtrj jttfV £6ti]v qui parait un peu long pour
la lacune. Nous sous-entendons eötlv.
1. 6. Nous ne comprenons guere comment on pourrait opposer
ccTioGtfivai Tov ^SQOvg etc. ... et a.7Coy.ard6ra6LV 7toiy]6a6d'aL. II nous
semble que faire remise de la pari d'Eustorgion, iiuplique la renoncia-
tion ä cette part. Nous pensons donc malgre le -J) qui precede ccTto-
öxYivai que l'avocat demande une renonciation de Nonna, et lui ofii-e
deux moyens de renoncer, soit en faisant remise ä Eustorgion de
l'ensemble de ce qui lui revient, soit en payant un loyer pour les im-
meubles. Malheureusement la fin de la phrase est fort mutilee.
1. 7. La restitution agitreztovos^ tiree de la suite du texte est tres
incertaine. Si eile etait exacte et si djtoddööst etait correctement Ortho-
graphie il serait impossible d'admettre üvvböttjxev et l'on attendrait
l'infinitif övvsörrjXEvai regissant l'accusatif ötEyavö^Lov. Or övveörr]-
xEv est tres net sur le manuscrit. Faut-il croire que ccTiodaßsi, est
pour ccTtodöösi, et que l'infinitif necessaire s'est perdu dans la lacune.
Mais la phrase önsQ xal exovGcc aTCodööEo övveörrjxev ne nous parait
guere explicable.
1) Cod. Theod. 2, 12. de cognit. et procurat. 3, an 382 et Si/minaque (ed.
Seeck) liv. 10, ep. 19 (al. 32; 39).
2) Cf. BGU, aux clocuments citcö dans l'Index du vol. I s. v. vTtö^Lvrina.
Collinet-Jouguet: Un Proces plaide dcvant lo juridicus Alexandreae etc. 309
Enfin l'obscurite du passage est augmentee par le mot TtagccQTt-
diov. On lit col. II, 1. 1 ccqtlölov et 1. 2 ccgtLÖta. Ce mot designe
le quart de la donation et le demi pain. Nous avons pense que t6
TtaQUQxCdLov designait le quart de la cour et le quart de la boutique
dont il est precisement question dans la reponse du juridicus. Mais il
est evident, des lors, qu'on ne peut pas les rattacher ä la racine de
aQTog et qu'ils sont mal orthographies. Or on lit dans Hesjchius les
gloses suivants:
aQTTj^a' diaOi]xr]^ dtxt] dQxyjfiatog,
KQXv^a' diaOrjxr], dCniq [aQXv^axo^Y)
&QXvkCa' dtaO'}]jc7]'^)
aQXog' övvxa^ig
KQxvvai' dtaOelvai
aQxvvavxeg' TtaQaöxsvdöavxsg, övvxd^avxsg.^)
Nous rattacherions volontiers nos deux mots a cette racine et ecririons
Tu ccQtvdiov^ xä aQXvdLa, tb TcaQaQXvdiov. ^Aqxvölov designerait un
legs, probablement consistant en des biens meubles, comme le quart
de la donation et la rente d'un demi pain, t6 TiaQaQxvdiov serait un
legs consistant en immeubles.
Uxsyovö^LOV est donne par Du Gange avec le sens de PreUum
condudae domus. Aux auteurs cites par Du Gange ajoutez Poll. I, 75,
X, 20 (meme sens). Uxsyavöiiiov dans Hesyehius: ((^lödbv xijv (sie)
ölöö^spov vTieQ xr^g ^ovfjg xül TiavSoxst)), dans Bekker, Anecdota 302,
28: Uxsyavo^LOv, 6 cpÖQog 6 didö^svog xotg öxsyavö^oLg».
1. 11. debut: ["SIqgj r]o5 xavxrjg [skölkc) TtoQJiöai. G'est encore
M. Wilcken qui nous a mis sur la voie de cette restitution. II avait
pense que 1'« qui se lit ä gauelie etait la fin d'un imperatif comme
öTCovdaödx^oj ou öq)SLXEx]co^ et il avait restitue tg5 ixdixa TiOQ^^at
dans la lacune suivante. Mais, verification faite, ces Supplements
sont un peu longs. L'infinitif tcoqlökl peut tres bien dependre de
^Ayi6Xov%'6v iöxi.
1, 15. Les paroles du juridicus et la reponse de Nonna sont ob-
scures. Faut-il voir dans xueiv l'infinitif xl0siv? Faut-il Interpreter:
Tl <^(pYi)6iv Kai n£Qi xovxcov N6vva;(^) A la fin de la ligne on serait
tente de restituer ai,ov6iav. Mais nous ne trouvons pas de place pour
Vs. — 'Avxidwov au masculin (cf. II, 18) parce qu'il s'agit d'Horus,
non d'Eustorgion.
1) II faut evidemment suppleer a.QTviLa.tog qui est tombe dans le manuscrit.
2) aQxilicc dans Du Gange Gl. inf. graec. s. v. II cite le Lex. Graec. 3fs.
Beg. Cod. 309.
S) cf. Bekker 82, 31. aQXvoai, a-navciaai.
310 I. Aufsätze
1. 17. 18. Ovycc . . , rjli — La premiere restitution qui se presente
ä l'esprit d'vy(i{ti]Q) [AvQ]r]U(ov) n'est pas admissible. M. Wilcken nous
fait remarquer qii'il n'y a pas d'abreviation dans le texte gi-ec et que
d'ailleurs AvgtjlLov ue suffirait pas ä desiguer le pere de Nonna. La
leeture rih ne fait pourtant pas de doute. II faut donc admettre soit
une abreviation soit im niot iudeclinable. Nous nous demandons si
Ton pourrait songer ä 0vyK[x7]Q] 'jF/At, nialgre l'etrangete de ce nom
hebraique dans une famille oü tous les autres noms sont grecs.
1. 18. Au debut. II serait tentant de restituer EvGtoQyiG), mais cette
Hypothese n'a rien de necessaire. Si eile etait exacte, il f'audrait noter
que c'est un autre que le mari d'Eustorgion qui serait son manda-
taire. W.
Col. I, 1. 11, dCxaiov -jicddov. La derniere mention du jms liherorum
connue jusqu'ici par les papyrus etait de l'an 271.^) Celle que l'on
trouve ici est plus recente. Malheureusement l'acte de location oü il
est fait allusion ä ce droit n'est pas date. Cependant notre texte des
environs de 350 permet de fixer un point de Fhistoire du droit romain
au Bas Empire. II nous montre le jus liherorum encore invoque par
Aurelia Nonna pour se dispenser de l'assistance d'un tuteur, et d'autre
part sa co-contractante Aurelia [ ] encore assistee de son tuteur
et mari, Aurelios Pheos ApoUonios, a une epoque oü les auteurs les
plus surs reputaient eteinte la tutelle des femmes ce qui rendait inutile,
ä ce point de vue, le jus liherorum.")
La disparition definitive de la tutelle des femmes est donc poste-
rieure au milieu du IV" siecle, date approximative de notre papyrus.
Mais est-elle une consequence de la Constitution de 410 par laquelle
Tfieodose et Honorius concedent le jus liherorum ä toutes les femmes
de l'empire?^) Nous ne le pensons pas. II suffit de faire remarquer
que la Constitution 3 du Cod. Theod. 8, 17 (= C. 1 cod. lust. S, 58)
dont la portee abolitive du jus liherorum semble etre absolue, n'est
que la suite de la Constitution 2 qui vise uniquement le jus lihero-
rum dans ses effets au regard de la solidi capacitas entre epoux. La
place meme des deux titres aux Codes Theodosien et Justinien etait
dejä un argument contre la doctrine re^ue. D'autre part la Consti-
tution 2 (Cod. Just. 8, 58), emanant de Justinien lui-meme, abroge
expressement le meme jus liherorum requis par le Senatus-consulte
1) Mittli. PB. IV (1888), p. 54 et note p. 59. — I. 3 x^Q^ kvqiov ;^p?jfio:Tt-
^ovCr]i rt-Kvcov öikcÜcol v.axu 'Pcoiiccicov ^Q"ri, avvsßtätög aoi ävqtiIIov Evöc-iiiovog.
2) cf. P. V. Girard, Manuel elementaire de droit romain^ p. 215.
3) en ce sens. P. F. Girard, l. c.
Collinet-Joiiguet: Un Proces plaide devant le juridicus Alexandreae etc. 311
Tertullien comme une condition necessaire pour que la mere puisse
succeder a ses enfants. Aucunc Constitution en revanche ne vise la
suppression du jus liberormn dans le droit de la tutelle. II faut,
Selon nous, logiquement en conclure que le jus liberorum, envisage
comme cause de dispense de la tutelle, n'etait dejä plus en vigueur
sous Theodose, parce que la tutelle des femmes etait tombee pratique-
ment en desuetude auparavant.
Col. IL 1. 9. ov [ist ov xolv ne signifie rien de plus que «dans
peu de temps» cf. Gradenwitz, Einführung in d. Fapyruslamde I. p. 40
Anm. 1. W. — Remarquez l'expression iv tfj AlyvittGi pour designer
la %G)Qa par Opposition ä Alexandrie.
Ilatg. C'est Dionysios qui est designe ici comme plus bas par
l'expression de natg.
1. 12. IleQLyQacpy], que nous avons traduit par l'expression ge-
nerale de demarche Jiostile, implique peut-etre la redaction d'un acte
quelconque.
Col. III, 1. 10. TW dLxa6rr]Qi<p. Comme plus baut (Col. II, 1. 3) ce
mot desigTie le tribunal du juridicus. C'est devant lui que Philadelphos
doit prouver la legitimite de sa curatelle. Nous savons que la juri-
diction gracieuse est du ressort du juridicus.
Lille, fevrier-avril 1900.
Paul Colliiiet. Pierre Jouguet.
Zusatz.
Auf Wunsch der Herren Verfasser verweise ich auf P. Gen. 11, dessen Be-
ziehungen zu dem obigen Protokoll ich erst bemerkte, nachdem der vorstehende
Aufsatz schon gesetzt war. Dieser von Nicole edierte und in den Akten des
X. Orientalistentages kommentierte Teilungsvertrag vom Jahre 350 n. Chr. be-
rührt zwar nicht den in jenem Protokoll behandelten Rechtsfall, giebt uns aber
über die Persönlichkeiten erwünschte Aufschlüsse.
Eustorgion, hier ausdrücklich als Frau bezeichnet (vgl. oben S. 306), ist,
wie CoUinet-Jouguet richtig vermutet haben (S. 306), die Schwester, der Nonna,
des Philadelphos und Dionysios. Vgl. Gen. 11, 2 und 11. Der Vater dieser Ge-
schwister heifst 'HXirov (gen.), wozu der Nominativ nach einem unpublizierten
Text aus Ehnas 'Hlixccg heifsen wird. Die Verfasser haben also mit Recht in
I 17 Q'vyd\tT\Q\ HIl vermutet (S. 310). Es wird nunmehr zu 'HXi<^rovy zu emen-
dieren sein. Mit Bezug auf S. 310 zu 1. 18 sei hervorgehoben, dafs der Mann der
Eustorgion im Genfer Text AvQriliov Kovivrov 'AnoXläros genannt wird. ^)
1) Im Protokoll I 18 wird ä'iou zu <P<^iXyiov zu emendieren sein. Der
Name ^iXiccs ist gerade für das Dorf ^daSsltpia bezeugt. Vgl. BGU 456.
312 I. Aufsätze: CoUinet-Joxiguet: Un Proces plaide devant le juridicus Alex. etc.
Wichtiger ist, dafs nach dem Genfer Text die Geschwister zwar in Phila-
delphia im Arsinoitischen Gau wohnen {^axoi^ovvrsg) , aber aus Alexandrien
stammen {&nb rijs 'AXe^avöglag). Dafs die Geschwister vor dem Juridicus pro-
zessieren, ist daher für die Frage nach der Kompetenz dieses Beamten (S. 305 f.)
nicht entscheidend. Denn dafs er für die in der ^'^qcc wohnenden Alexandriner
zuständig war, werden auch die Anhänger der Marquardt'schen Ansicht nicht
geleugnet haben, i) jy ^^^
1) Dagegen bietet P. Gen. 4 ein neues Beispiel dafür, dafs die Griechen in
der x<»Qcc sich an den Juridicus wenden konnten. Vgl. Obss. S. 8.
Observatiunculae ad papyros juridicae.
(Continuantur.)
§ 10. Mansisse etiam sub Romanis tö eyxvxhov haud uno ge-
nere documentorum declaratur. Veluti supersunt apocliae trapezitarum ^),
publicanorum^), incertorum ^) ; quae partim in ipso principali instru-
mento subscriptae sunt*) veterum mo^iKTov exemplo, partim separatim
datae sunt, id est aut in sua charta^) aut in testa**), quae proprie di-
cuntur öv^ßoXa iocdsdo^svcc'^)] extant diayQacpal rsXcavGiv^), id est ac-
cipiendi mandata ad trapezitam; extant data ad agoranomum testimonia
TÖ iyxvxhov solutum esse^); sunt denique huius vectigalis passim
vestigia. ^*') Elocabatur id etiamtunc publicanis, quibus coercendis, ne
quid fraudis comminiscerentur operam dabat in ceteris quidem nomis
6 öTQaTrjyog ^^), in Arsinoite ^^) 6 vo^KQxrjg^ itaque dicebantur vtco tbv
voficcQXTjv — extra Arsinoiten vtco tbv GtQUTrjybv dictum sit oportet —
äöxo^st^&cci ^^) , t6 iyxvK^.LOV. ^*) De pretio etiamtunc eo nomine sol-
1) P. Oxy. 99, 13—19.
2) Cum intrriQT]Taiv apochis hae sunt: P. Paris. 17, 22 sqq.; BGü 748 11;
Ostr. 1051; 1066; 1454.
3) P. Lond. 297(&); Ostr. 473; 1378.
4) P. Paris. 17. Nam P. Oxy. 99 ptomatis antigraphum habet sub contractus
antigrapho.
5) P. Lond. 297 (t); BGU 748 E.
6) Ostr. 473; 1051; 1066; 1378; 1454.
7) Cf. P. Oxy. 95, 29.
8) P. Oxy. 96; 185.
9) P. Oxy. 242,31; 243,45; 333; 343; 345; 348. Haec testimonia cum apochis
non esse confundenda, ipsis demonstratur (veluti 243, 46/7: xhav-rai ... Jidv^og
... ■iia&' rjv ^xsi SiaYQa(prjv ktL).
10) P. Lips. 5, 5; P. Oxy. 44; 95, 26; 238; P. bibl. Berol. 21, 9; P. Paris, ined.
(Ostr. I p. 576 not. 2); Ostr. 1599. — Circa P. Oxy. 274 nihil promitto.
11) Cf. P. Oxy. 44.
12) Ubique, putat Wilcken, Ostr. I § 597.
13) Cf. Wilcken, Ostr. cap. IV p. 191.
14) BGU 748 II 3 — 5; P. Oxy. 44, 6/7, 22/3; 185. Cf. praeterea Wilcken,
Ostr. I p. 576.
314 I- Aufsätze
vendum erat rb ijtidsxatov^ veluti P. Oxy. 99 propter talenta 32 exi-
guntur tal. 3 dr. 1200^ observatiir autem eadem ratio P. Oxy. 242; 333,
quamobrem P. Oxy. 99, 19 vocabulum S7tLdeica(tov), quo coutineri putant
editores alterum vectigal („a further Charge"), equidem cum praecedenti-
bus iungendum arbitror, deinde quod solum cernitur (II pag. 285 not. 1)
S initium esse nominis subscriptionis (UaQccTticov). In bypothecis iam
non decima sortis exigebatur, sed quinquagesima ^)', erat autem prae-
terea quotannis, ui fallor, bypotheearum nomine solvendum reXog ava-
v£G)öscog.-) Mancipiorum ^) et navicularum ^) nunc primum apparet rb
iyxvxhov. Contrascriba iam nullus invenitur; neque id fortuito acci-
dere crediderim; etenim dtayQaq)ri rekcbvov ad trapezitam, quae integra
pervenit^), contrascribae subscriptione munita non est.^) Invenitur,
sicut in aliis quamplurimis vectigalibus, iTtitijQrjtijg tslovg iyxvxh'ov''),
quem contrascribae dissimilem fuisse puto magisque sub publicano
vectigal exegisse.^) Ergo publicanorum et iiiLtrjQrjt&v apochis demon-
stratur sub Romanis t6 syxvxXiov recta via, id est sine trapezitae inter-
ventu, exigere publicano licitum fuisse. Non tamen propterea creden-
dum est, desiisse fiscum TTjg TtQoöödov xvqlsvslv, sed debuisse videtur
publicanus, quod exegisset, id apud mensam publicam deponere ad
diaXoytßfiov^ quemadmodum in testa quadam adscribitur: ag xal dia-
yQ(xt{jo^£V (ÖQaxiiäg) STtl xijv drjfio6iav rQd7tet,av.^) Potuisse utique ex
mandato publicani apud trapezitam satisfieri ra iyavxUc), rebus ipsis
et factis, id est et illorum diayQacpalg et ptomate declaratur trapezitico.
Apocharum formam quod attinet, ptoma quod a trapezita datum est
(P. Oxy. 99) a prisco more non prorsus abborret; quae scripta sunt
a publicano, sive sub instrumento principali sive separatim, ea vero
prorsus sunt soluta. Veluti P. Parisino 17 subscribitur: £6%a^ev TtaQoc
6ov^^) TÖ ysLvö^svov tsXog trjg TfQOXst^evrjg avfig'^'^); ex diverso BGU
748 II, quod est öv^ßolov ixdsdo^tvovy licet cum principali instru-
1) P. Oxy. 243. 2) P. Oxy. 274, 20.
3) Wilcken, Ostr. I p. 182*; P. Oxy. 95; 96.
4) Ostr. 1051. Ergo Ostr. 106G, 2; 1454, 2 partim suppleo, partim emendo
ccvdgccTtödav v,ccl nXoiccQicov.
5) P. Oxy. 96 (Wilcken, Ostr. I p. 647).
6) Subscribendum nihilominus a contrascriba fuisse, temere auguratur Wilcken,
Ostr. I p. 648 (lin. 3—5).
7) Locos dabit Wilcken, Ostr. I p. 576.
8) Cf. Wilcken, Ostr. I p. 599 sq.
9) Ostr. 662 (I p. 87).
10) Cum emptore loquuntur publicani.
11) Quae sequitur subscriptio 'Annwvi{o)s 6vv£Tt{s)i6&i]v socii est (cf. Wilcken,
Ostr. I p. 591).
J. C. Naber: Observatiunculae ad papyi-os juridicae 315
mento postea conglutinatuni , post annum et diem continuatur: diayi-
yQafpev xä aöioXov^ibva t6 iyxvxkiov Uarvvig Evqyj^o-
vog ^) (tslog) oimag xal ul&qlov dvo. Testae partim similes
sunt Parisino ptomati veluti 1051, 10G6, 1454, quae in hunc fenne
modum conceptae sunt: ae^ov (ccTtBöxov, äTtsöxtjxtc^sv) naQu 6ov rb
xad-rjxov xiXog {avdQunödov vel nXoi{u)Qiov) ov iojvrjaa ^) nuQu
Tov dstvog', partim sunt similes Beroliuensi öv^ißoXo}, veluti 473; 1378:
diSfQKjjjsv (diaysyQ(iq)i]xsv) 6 dstva vtisq syxvxXCov. Est quoque Gv^i-
ßoXov ixdedoiisvov P. Lond. 297 (h), sed ad explicandum difficile. Dif-
ficultas in eo consistit, quod solvit ibi dtcc^) KXavdCov 'AnoXXivaQiov
xal 0Xaovt'ov {..)ov^) ( )oi»^) üroXXäg "ÜQCovog — reXog syxvxXCov
non vnkQ ri^g (hvijg^ sed (eig) vo^uqx&v Xoyov. Ergo aut per abusum
dictum est, quemadmodum alterius generis apochae*") vo^kq^u babent,
vetustiores etiam ßaacXst"^), aut possunt videri eo tempore quo baee
apoche emitteretur vectigalia elocata non fuisse, dvöTtsid-ovvtav forte
xäv t6 iyxvxXiov aö^oXav^svcov xal XLvdvvsvövtojv^) ^Exaöxrivca^ ut
est in P. Oxy. 44, 6 — 10. Per Aegyptum enim, quia ^aQu xb xoivbv
sQ-og xüv ' £7tccQX£t&v^) inviti quoque per iniuriam ad veetigalium con-
ductionem trabebantur ^*'), qui buie oneri videbantur idonei, ideo praeter
(t6) (pvyddag ysveöd-ai nibil ab iniuria vindieare poterat xovg TtQoößi-
ßat,o^8vovg.^^) — Ipsum vocabulum jtxä^ia imperatoria aetate inventum
nondum est sed supplendum videtur P. Oxy. 238, quo cavetur: xovg
s^ovxag ^sxsÜQovg oixovofiiagy id est contractus incboatos^^), sv xs tö
ayoQavo^(^£)iG) xal ^vrj^ovsia xal yQaq){€)i(p — TiQOötQXEöd'at xolg äyo-
Qavo^oig xal X£[X£iovv, id est perficiendos curare ^^), xal iyxvxXil
1) Is emptor fuit (III 6).
2) 1454, 5 suppleo [ov i]^{sxa>QiqGco) [nXjoiov. IIaQci%(OQEl6&ttL hoc sensu fre-
quens est (veluti P. Oxy. 45; 4G; 47).
3) ziiä incertum est.
4) To V incertum est.
5) Ergo suppleri nullo modo potest: TslcovGiv.
6) Archiv I p. 9 (no. 3).
7) Wilcken, Ostr. I p. 71 (5).
8) I. e. aitEilovvrcov. Eodem sensu legitur xivSvvsvoitEv to Isqov izliTtslv in
P. Mediol. (ed. Ceriani) lin. 10. Locum exscripsit Wilcken GGÄ 1894 p. 721.
9) Consentit Paul. 1. 9 § 1 D. 39. 4 (sed cf. etiam 1. 3 § 6 D. 49. 14 (Wilcken,
Ostr. I p. 594) et BGU 628 (vo.) H 19—21).
10) Edict. Tib. Alex. (CIG 4957) lin. 10—14 (Wilcken, Ostr. I p. 592).
11) P. Oxy. 44, 14 — 16 (cf. Wilcken, Ostr. I p. 593, qui mavult: rovg TtQog
ßiccv ayofihvovg).
12) De contractibus inchoatis cf. Interim Mitteis, Archiv I p. 193 — 195.
13) Contractus inchoatos non perficere, liberum non fuisse, hinc colligo. Di-
versa sedit sententia Ludovico Mitteis, Archiv I p. 193.
Archiv f. Papyrusforscbung I. 2. 21
316 I- Aufsätze
^ara an xal vvv cpEQEtv^ modo lacunam explendam esse concedatur
e'y'}ivy,Xi\ov tsAovs 7Ctc6]^atK. lubentur autem haec ideo adferri, quia
imperatoria aetate iam non licebat agoranomis privatonim contractus
perficere, nisi antea apud censitorem lecti essent, qua de re dicemus
§ 16, atque solutum esset ro ayxvxhov^ quae res huius est loci. Ergo
non lieuisse antequam solutum esset tö iyxvxXiov contractum perficere
demonstratur^) testimoniis vel trapezitarum ^) vel publicanorum ad ago-
ranomum scriptis^), quibus testabantur vectigal solutum esse. Debebat
igitur qui contractum perfici postulabat aut ptoma, id est apochen
ostendere sibi emissam, aut testimonium ad agorauomum scriptum per-
hibere.^) Qua re, sicuti diximus, demonstratur sub Imperatoribus in
boc vectigali exigendo praeferri coeptam actionis viae retentionis viam.'')
Quod ius quamdiu in usu mansit, non potuit agoranomicis utique con-
tractibus**) t6 mä^a subscribi sed necessario utendum fuit övfißöXois
EKÖsdo^EVOLg. Ex diverso P. Paris. 17 anni 153/4, qui contractus apud
agoranomum initus est (puQ^ov&l A', quum subscribatur apoche se-
quentis anni 9-üt ii;' documento est tmic rursus actionis viam esse
praelatam.') Neque haec opinio eo refellitur, quod P. Oxy. 99 (anni 55)
subscriptum habeat jiT(biia, est enim et principalis instrumenti et raXäv
diay^acpfig (lin. 13) avTiyQacpov (lin. 1); videntur igitur hie describendo
sie esse coniuncta, uti BGTJ 748 conglutinando. Alioquin non hie tan-
tum sed etiam P. Oxy. 242, 34; 243, 47; 333 vectigalis apoche dta-
yQCicpri dicitur. Dicebatur etiam, ni fallor, xaltovaCa^ nam sie explicatur,
quod in P. Cattaoui^) taXaveta dicitur emtio nxä^a habens.
§ 11. De ptomatis absolutum est, dicendum igitur TiaQi XAPAF-
MATSIN. Et est idgay^ia subscriptio praescriptiove ^) magistratus, qui
contractibus praesideat declarandi causa instrumentum sibi oblatum et
a se in monumenta publica receptum esse. Quibuscum %KQäy^(x6tv
neque est confundenda subscriptio magistratus testandi causa insti'u-
mentum apud se scriptum data (cf. § 15), neque censitoris adiutorisve
1) Demonstrari vidit Mitteis, Archiv I p. 194.
2) Trapezita testatur P. Oxy. 243, 45.
3) P. Oxy. 242, 31—34; 243, 45—49; 333; 343; 345; 348. Cf. P. Oxy. 50.
4) Eo pertinere puto P. Oxy. 238, 18 : i) ort tol<s a ; suppleo aa^olov-
(i^voig, ut hie sensus sit: rbv rsXsimaovra oportere aut ptoma adferre, aut publi-
cano satisfecisse se testimonio ad agoranouaum dato comprobare.
5) Contrarium obtinuisse sub Ptolemaeis docuimus § 9.
6) Potuit inchoatis vel privatim scriptis.
7) Cf. praeterea Mitteis, Archiv I p. 194*.
8) BulleUino p. 159 (lin. 10).
9) Praescribitur BGU 472 I; P. Lond. 303.
J. C. Naber: Observatiunculae ad papyros juridicae 317
in professionibus posita declarandi causa in censura delatum esse.^)
Fit autem iustum %KQay^a bis verbis: ävaysyQUTcraL^) vcl xsxQyj^d-
rixa ^) vel ^lEtSiXrjcpcc (^sr£l%ov) eig avayqacpiqv '^) vel ivrtrccxtav ^) vel
(isrtyQai[;a^) vel 7iat£%(OQC6d^ri'^), quae singula plerumque subscribuntur,
interdum (cf. supra) praescribuntur exemplari quod redditur. Eeddi
solet autograpbum^), sin antigraphum, id ipsum rra xa^dy^uxi com-
prebendi oportet, quemadmodum praeseribitur papyro ex Oasi maiore
(Grenfell II 70): 6 öelva a(nrjvayx)£Lv'-') trjv ysvofievrjv uvta
XKQiv, i]g iötlv avxCyQacpov jttrA., quod singulare quideni est, sed no-
vimus papyros eius regionis a reliquis sui quemque generis haud uno
modo discrepare. ^^) Habere solet tö xdgay^a subscribentis nomen,
magistratus eius titulum, annum et diem, velut boc modo: 'AnolXavtog
6 nQog TG) yQaq){£)i(p tov IIsQi^-'qßug ^£t£Lkr]q)a stg ccvayQaq)r)v hovg
Ag" Tvßt 7tä{i7iti]^^), nisi forte aut nomen omittitur^^) aut titulus^^) aut
additur locus. ^^) Annus et dies non ante omitti coeperunt, quam papy-
rorum tergis inprimi coepit signum planum, quo annus exprimitur,
1) BGU 53; 95; 447; 524 (Wilcken, Ostr. I p. 474). Sicut ibi subscribitur,
ita praeseribitur P. Rain. 1436 (Hartel, Gr. Pap. not. 14); BGU 459; P. Lond.
299; 300. Cf. BGU 379, 1. — Solemne verbum est ascruisia^ai..
2) Lond. (Forshall) 41; 42; (Kenyon) 142; 143; 154; 277; 289 (cf. Wilcken,
Archiv I p. 157); 293; P. Leid. L 373 (p. 88); 380 (p. 90); BGU 153, 44/5; 472
II; 719 (cf. Wilcken, Archiv I p. 176); CPR I 4; P. Grenf. I 36, 10; P. Vat. demot.
sine no. {Eendiconti dei Lincei (V) II (1893) p. 830). — In P. Forshall 42 pro
KQSiog 1. xQ^i^og, ut in Leid. I. 380.
3) Not. et extr. XVIII 2 p. 225; Wiener Stud. III p. 5; Memorie (Torino) XXXI
(1827) p. 159. — Alioquin solet v.siQ7iaüriv.a non transscripsi significare sed scripsi.
4) P. Leid. I. 375 (p. 89). — Quatuor exempla exhibentur in: Memorie {Torino)
XXXI p. 159 sq.
5) BGU 87, 33; 350; 446; 664; P. Lond. 303; 308; 311.
6) CPR I 1, 38.
7) CPR I 27, 32 : y.(xT£io- l ixovg cpc<ii£vöi& X' Srjaoaicos f'i s{v)8o(KOvvrcov).
drifioaicog debetur Huntio (qui corrigit etiam cpccäxpi). '£^ sväoyiovvTcov ter habet
P. Grenf. I 11.
8) Modo autographum adlatum sit (cf. § 18).
9) Quasi esset plusquamperfectum. Editores maluerunt a(TtocpsQ)siv supplere.
10) Veluti soli habent subscriptionem rov nccQavayvovtog.
11) P. Buttmann.
12) Veluti ivritcciitat, diä yQacpsiov {BGU 87; 350; 446), quod sine dubio re-
stituendum est BGU 183, 47.
13) Veluti SiXQanicav {iBXsilricpa. aig ccvocyQcccp-^v {Memorie {Torino) XXXI p. 159).
Et nomen et titulus omitti videtur CPR I 27, 32 (cf. supra).
14) Veluti ccvccyeyQccTtrcct iv tä 'Avovßisiai: F. Forshall 41; 42; Vat. demot.
sine no. {Eendiconti dei Lincei 1893 p. 830). Cf. P. Leid. I. 380 (p. 90): ccvays-
yQccntcct, Sia rov iv tm 'AvovßiBiip ypaqp^cos.
21*
318 I- Aufsätze
qua de re supra (§ 1) et nos diximns et (p. 76 not. 1) non ante nos
Wilcken.^) Ergo Romanorum aetate iam sine die cliaragmata inve-
niuntur^), supplente annum dumtaxat signo anniversario.^)
§ 12. Inveniuntur %aQccyiiaru contractibus addita, tam Graecis
quam Aegyptiis^), quod prima facie mirum videri potest. Etenim de
Aegyptiis cautum erat tä ^r} avaysyQa^^äva Aiyvittia övvukXdy^ata
axvQu slvuL^), inatitutumque to yQu^stov, ubi per indicem transscri-
berentur.^) Graeci autem contractus fieri solebant inl rov ä^x^^ov"^),
id est STt' ccyoQuvö^ov^) vel inl ryjg (6vyyQa(po)(pvXaxrjg^), itaque vi
ipsa publice^ nee ulla praeterea requirebatur d7]^o6Lca6Lg. Scilicet etiam
Graeci contractus nonnumquam privatim scribebantur^'^), erant igitur
magistratibus offerendi, ut possent rati esse. Nam privatim scriptos
Graecos contractus, antequam deponerentur, ratos nondum fuisse^^), ipsa
Actione ^-) demonstratur, qua nulla frequentior^^): r} (övyyQacprj) kvqlu
eörco cjg iv drjfioßiG) xaraxsL^svrj. Itaque in contractu Hermopolitano
(MiUh. FR. IV (1888) p. 54—56, item tribus exemplaribus CPR I 9),
qui contractus privatim scriptus est anno p. Chr. 271, venditor Evdoxä^
inquit, r/} eöo^tvrj Örj^oGLCoGai.^^) Ex diverso BGU 61S, 17 creditor,
non debitor, ßovXo^aL, inquit, iv di]^o(3ic} ysvdßd'ai, tb %£iQ6yQacpov.
1) „Der Stempel gieht das Jahresdatum, dem dann mit Tinte der Tag tmd
die Begistrierungsnote beigefügt loird."-
2) BGU 87; 183; 350; 446; 472 I; CPR I 1.
3) BGU 183; CPR I 1. In ceteris evanuit signuiii.
4) Utriusque generis pleraque dantur Archiv I p. 9 (no. ult.), p. 10 (no. 3).
Addi tarnen possunt Graecorum contractuum cbaragmata: P. Grenf. I 36, 10; 11 70,
1 — 5; CPR I 1, 38; BGU 472 I 1, demoticorum : Vat. sine no. {Bendiconti dei
Lincei 1893 p. 830).
5) P. Taur. 1 IV 13—15.
6) Ad hoc institutum pertinet P. Paris. 65, quem interpretatur Mitteis, Herrn.
XXX p. 597, atque mutatis quibusdam, ut mihi videtur, in deterius XXXIV p. 97.
Cf. praeterea Peyron ad P. Taur. 13, 9.
7) P. Grenf. I 26, 6; 28, 11; U 19, 12/3; alibi. Intelligitur hie ubique agora-
nomicum ccqx^iov. Sed cf. CPR I 223, 20; P. Lond. 154, 13 {öiä (ir]8fv6g ccqxsIov);
BGU 50, 15; Mitteis, Archiv I p. 191 not. 1.
8) Locos adferre putidum foret. Cf. Mitteis, Herrn. XXX p. 596*.
9) P. Leid. 0.
10) Exemplo sit P. Grenf. II 17.
11) Imperatoria utique aetate.
12) Mitteis, Herrn. XXX p. 599: „die (Mos phraseologische) Bemerkung/^ Fic-
tionem esse negat Gradenwitz, Einführung in die Papyruskunde I (1900) p. 92 \
quod requiratur tia&cinsQ (non mg).
13) Occurrit CPR I 9, 17; 10, 11; BGU 50, 18—20; 69, 14/5; 71; 260; 272;
620; 578; 666; P. Lond. 178. Etiam in Oasi maiore: P. Grenf. E 68; 70; 71; 75; 76.
14) Eandem formulam habet CPR I 10, 11 (Mitteis, Archiv I p. 192 not. 2 i. f.).
J. C. Naber: Observatiunculac ad papyroR juridicae 319
Est autem adeo vulgaris fictio depositionis, ut opponatur^) xEiQoyQaqiov
dedrjfioötojfievov , id est quod fictam habeat drifioöiaßLV^ %Qrj(iatL6^G)
vere drj^oöiG).
§ 13. Non dubitaverunt oi tiqos tcö yQacpsicj, licet essent demo-
ticis dumtaxat contractibus recipiendis praepositi, etiani Graecos con-
tractus privatim scriptos in publica monumenta referre^), quin immo
ne dubitaverunt quidem et Graecos •"') et Aegyptios^) contractus ipsi
scribere, adeo ut sub Romanis contractus ijtl T'ijg äQXTig-') factus iam
intelligendus sit stiI tov yQag)siov.^) Nihilomagis agoranomi plane
desierunt contractus aut scribere aut suscipere, quamquam suscipere
putat Mitteis') proprium esse tov yQacpeiov^ nam ab agoranomo scribi
tantum („der Agoranom tritt, so weit unsere Urhmden reichen, uns durch-
aus in der FunJdion eines die Urkunde vollziehenden Beamten
entgegen"). Quem refutavit GrenfelP), demonstratis epistalmatis ad
agoranomum, quibus iubetur ccvayQacpBLv.^) Quae illi nota esse non-
dum poterant, sed poterat Mitteis vel sie refutari, quia extat agorano-
micum idqay^a ad CPR 11:6 ÖEiva äyoQav(6^os) diad£i,(d}i£vos) fiste-
yQaipa, id est: (rbv iQ^^ariöiihv) diadei,(d^evog), quod non intellexit
editor, qui sie supplet^*^) et vertit^^), acsi ÖLadEx6^£vog^^) restaret.
§ 14. Supervacaneum esse t6 xaQdy^a, id est publicationis testi-
monium, in iis apparet instrumentis, quae apud magistratum scribun-
tur-, haec enim, ut supra quoque dictum est vi ipsa publica sunt. Sed
semel in ea specie invenitur, id est in P. Leid. 0, quem novis supple-
mentis auxit et Wessely in Mitth. FR V p. 85 (not. 1) et Wilcken^^*)
1) BGU 50, 3—10; cf. BGU 455, 25.
2) Charagmata imperatoriae aetatis Graecorum contractuum , quae quidem
habent magistratus titulum, omnia sunt tov yqatpe'iov (excepto CPR I 1). Cf. Archiv
I p. 10 (no. 3).
3) BGU 297, 3 (d'jÄ tov nQog xm yQatpsia); 86, 11 ; 135, 5; 191, 5/6; 196, 18/9;
394, 10/1; 622, 5; P. Lond. 142, 9; 289, 11/2; 334, 3; 348, 11; CPR I 215, 7, qui
habent omnes dicc tov yQucpsiov.
4) Veluti BGU 580 (anni 2 p. Chr.). Horum scriptio speetabat proprie röi'
^ovoYQcc(pov (P. Lond. 3, 29/30; Grenf. U 25, 11—13; cf. P. Grenf. I 17, 26).
5) BGU 86, 25; 183, 10; 251, 8; 252, 11; Mitteis, Herrn. XXX p. 596.
6) BGU 86, 11.
7) Herrn. XXX p. 597 (ubi mutatum rov TtQog rc5 y^acpüat officium exponit).
8) Ad P. Oxy. 238. 9) Cf. infra (§ 16).
10) {xi]v) &.yoQccv(pyiiav) diaSs^cc^svog.
11) „Notar iatssubstitut".
12) Cf. Wilcken, Aktenstücke (1886) p. 25; id. Herrn. XXHI (1888) p. 597—600;
jBG^ ?7 6, 4 ; 15 I 8/9 ; 18, 3 ; 82, 8 ; 168, 20, 23 ; 199 (Ro.), 3 ; 327, 1 ; 347 H 8 ; 358, 2 etc.
13) Non convenit inter Carolum Wessely et Ulricum Wilcken sitne legendum
(lin. 30) ol ?| fiägtvQsg an oi £^ Ma-nEdovsg (legerat Leemans: vsg).
320 I- Aufsätze
in GGA 1895 p. 165; Ostr. I p. 722 (not. 1). Qui contractns iicl Tijg
vTioKatGi M£^g)scog (pvlamig et scriptus est et statim in eadem statione
transscriptus , sed scriptus qiiidem ab ipso syngrapliophylace , trans-
scriptus ab adiutore, cuius videtur esse ro xd^ayfia. Diversa causa
eorum est contractuum^ qui a magistratu scripti quidem sunt, sed ita
ut ministerium dumtaxat interponeretj non auctoritatem, id est, a qui-
bus solemnis nota diä tov y^afpEiov abest, aliunde tarnen quasi for-
tuito colligitur anl xyis ocQ^ris scriptos esse/) His enim quasi privatim
scriptis auctoritate publica destitutis non ex abundanti subscribitur t6
%ccQay^a. Quod ad cpvXaxijv attinet, ubi P. Leid. 0 scriptus est, 6v(i-
ßo^ocpvXazss sub secundo'^^), item övyyQaq^ocpvXanEg sub tertio^) Pto-
lemaeo commemorantur, iis verbis, ut confundi non possint cum pri-
vatis contractuum custodibus, qui sumi solebant e testium numero*),
atque ipsi quoque 6vyy()a(po(pvXazEg audiunt."') Videtur i^ q)v^ccx^ sub
Romanis perstitisse; deponebantur utique instrumenta etiam tunc (TtaQa
t<p) ßLßXioq)vXaxi'^) vel ab eo scribebantur. ') Quo cum bibliophylace
confundendi non sunt ot ri^g drj^oöLas ßtßhod'rjxy^g vel tav eyxtyj(3EG)v
ßißXiOfpvKaKEg^ qui praeerant non contractibus, sed censibus.^)
§ 15. Aut suscipiunt privatorum contractus magistratus aut scri-
bunt ipsi, quod proprie dicitur 0vy%^rin,aTLt,Eiv'^), nam simplex verbum
lQi]^artt,Eiv commune est, itaque in utraque specie subscribunt magi-
stratus zE'iQ'Yiiiäti'iia^^)^ sive transscripserunt sive scripserunt. Proinde
in Oasi maiore qui iQrjfiartörrjv se appellat^^), is non praeiudicat officii
a se praestandi generi. Non debebat profecto Mitteis ^^) referre ver-
Priorem formulam esse testatur Wessely (1. 1. p. 88) etiam in P. Rain. 1576. Sed
habet P. Gizeh 10388, 31 (Archiv I p. 65): oi e| ranroiita&oi.
1) Huius generis sunt P. Lond. 143 (cf. lin. 17); 303 (cf. lin. 30/1); 308; 311;
313 (cf. editoris praef.).
2) Bev. laws 10; 12; 13. 3) P. Petrie E 29.
4) P. Petrie 11 47, 33: tovrav (i. e. tüv iiccqtvqcov) GVY'yQ(xcp6(pvla^ 'AnolXm-
viog (cf. lin. 30). Ibid. lin. 37 comparet publicus GvyyQcccpocpvXa^.
5) Rectissime MahafFy (ad P. Petrie cit.) privatum 6vyyQa(poq)'vXaxa appellat
„keeper of tlie contract" , publicum „the keeper of records".
6) BGU 388 n 33, III 9.
7) P. Rain. 1712 {Mitth. PB. V p. 87).
8) „Archivbeamten" vocat eos Wilcken, Ostr. I p. 461, 463, 474, quasi vero tj
ßi,ßXio9"^Kri proprie aQXüiov sit. 'Aq%hov est, ubi contractus depouuntur; ßißXio-
&rJKr}, ubi census habentur, nee nisi semel (BGU 50,15) ab imperito confunduntur
(ttji' ßißXtoQ-7]iiriv yial tu aXXa aQ^i^tcc).
9) BGU 379, 19. Vertit Wilcken, Ostr. I p. 463: „in amtlichen Verkehr treten".
10) Me;^(?7]fiaTiMK = transscripsi tribus hactenus locis inveni, quos indicavi ad
§ 11. ICf;^prjftartjta: == scripsi innumeris locis exstat.
11) P. Grcnf. II 70, 24. 12) Herrn. XXX p. 603.
J. C. Naber: Observatiunculae ad papyros juridicae 321
bum 6V'yxQrj^aTit,siv ad alienationem ^) coiisualem, id est professionis
transscriptioncm^), quac fiebat traiisscriptio aliquaiido (dt« Tijg Örjfio)-
öLCcg^)^ aliquando diä vfis täv iyxtrjösoov'^) ßißXio&tjxyjg'')^ sicut ipsos
praediorum*') census alias accipiebat r} ÖrnioöCa"^) , alias i] täv iyxti]-
öscov^) ßißhod'rjxr].'^) Quae iion simul utraque census accepisse pro-
fessiouesque trausscripsisse videtur — etenim edicto Mettii Kufi^")
omnes iubentiir ccjtoyQcctjjaöd'ai trjv idiav xtfjötv stg trjv tCov iyxrt^öscov
ßißXiod'7]Kr]v nee uUa fit alterius ßLßXiod-rjxTjg commemoratio — sed
videtur haec provincia olim fuisse ri^g dr]^o0Lag ßißhod'rjxrjg , deinde
intra annos p. Chr. 67 (BGU 319) et 72 {BGU 184) translata esse ad
TTjv tav eyKTrjöscov ßtßhod'rjxrjv.^^) Mansit alteri bibliotheeae rj xax'
otxtav aiioyQafpy], id est personarum census, cuius exemplar servabat
6 xa^oyQaii^axEvg', ergo poterat de personarum statu referri vel ix
drj^oöiag ßtß^iod-ijurjg^''^) vel f| a7toyQa(pflg jcaiioyQccfi^ar acov.^^) Simi-
liter praediorum census duplex erat alter iv rfi ßiß^io&rjxr], alter per
singulas aco^ag penes rbv xa^oyQa^^Ktea^^), quod demonstratur BGU
5 et 11, ubi non tantum ol ßLßhoq)v^axsg sed etiam^^) 6 xco^oyQa^i-
(larsvg ex vasariis quisque suis de praediorum statu renuntiant. Videntur
autem hie quoque ol rüv iyKtyjöecav ßißXiocpv^axsg intelligendi ^^), licet
alia parte eiusdem papyri (5 III 14) relatio laudari videatur rcov xäv
örj^oöLcov Xöycov ßißkLOfpvXdxcov.^'^) Etiam sub Ptolemaeis praediorum
1) Papyri habent olv.ovoyiiav. Alio sensu mihi sed eodem Ludovico Mitteis
{Archiv I p. 186, 193) dici videtur oiKovo^iiv P. Oxy. 34 II 7.
2) Mitteis: „Umschreibung im Kataster".
3) CPR I 177, 8. 4) BGU 94, 5; 667, 6; CPR I 176, 10.
5) Simpliciter 8ia Ttjg (hßlt.od''^Kng legitur CPR I 198, 10; 206, 16 (cf. Mitteis,
Herrn. XXX p. 602 not. 1) et P. Lond. 348, 14.
6) Mitteis, Archiv I p. 185: „blos Immobilien"^. Temere excludit mancipia.
7) BGU 112 (cf. 379, 8/9).
8) BGU 420; 459; 536 (cf. 184, 16/7 et P. Lond. 299, 15/6; 300, 6).
9) Simpliciter roig ßißUocpv}.cit,iv editur: P. Oxy. 72; 75; 247 — 249. Quae
laudat Wilcken, Ostr. I p. 465 ea ad censum non pertinent (cf. P. Oxy. II pag. 177).
10) P. Oxy. 237 VIII 32.
11) Putat Wilcken, Ostr. I p. 461, 483 (ima) trjv xüv ^yKt^asav ßißXiod^')]y.riv
alterius bibliotheeae quasi scholam {„Departement") fuisse, sicut etiam (Philol. LIII
p. 99 not. 18) rrjv rSav Srnioßiav Xöyav ßißXioQ'riv,r\v .
12) P. Lond. 324 (p. Chr. 161). 13) P. Oxy. 288, 41.
14) Wilcken, Ostr. I p. 486. — Tb yQcctpüov fuisse alterum censum (per sin-
gulas v,wiibag) opinio est Ludovici Mitteis, Archiv I p. 185.
15) 'OiLoims (5 III 4; 11, 6/7, 17). 16) Cf. P. Oxy. 237 V.
17) Horum fuisse aliquam anoyQCicprjv novimus {BGU 5i6); quae fuerit, igno-
ramus. Fuerit non est necesse aut praediorum censendorum aut personarum. Sunt
enim praeterea nccii'^lcov Ttgoßdrcov aiywv övcov, sunt denique rißgo^rinotcov ano-
ygafpai.
322 I- Aufsätze
census duplex fuisse videtur, hoc discrimine, quod nondum exemplar
nacta erat rj ßißlio&ijxy]^), sed servabatur alterum apud tbv tojioyQa^-
liatia'^)^ quamobrem videnius in P. Taur. 1 IV 5 — 7 x{ov) ßa6iKiK{hv)
y^a^^ar^sa) de professionum tenore referre in xäv na^ä rov roTtoyQaii-
^ateag xal xa^oyQa^^cctaag^) ocvsvsxd-evtav^ quod tarnen ipsum est
ambiguum, quia suppleri quidem potest rov toTtoyQafiiiatscog aal (xov)
xco^oyQa^^atecog , sed potest etiam xov xoTtoyQaiiiiaxtag (pvxog) xal
x(o^oyQa^^ax8(og. Ceterum, qualis ibi significatur dva(poQa, talem edidit
Wilckeu, AdenstücJce 4 II (cf. ibid. 1 II et p. 34 sq.), ubi tarnen refert
(6) t07toyQa^^at{svg) i^ cov ävsvrivoisv 6 xcofioyQa^^axsvg ^),
qua re movetur Wilcken''), ut neget propria vasaria fuisse -rotJ xoTto-
yQa^^axscog^), sed in contrarium, quia iubetur 6 xoTtoyQa^iiaxsvg rela-
tioni xov xco^oyQU^^axBcag ipse v7toyQd{(pEiv) rav-O'' ovxag s%eiv
xcc x£ ^ixQU xal xäg ysixviag ivxcc(<36eLv\ quod vix procedere videatur
in propria vasaria non babente.') Tertiuni exemplar apud xov ßaöL-
Xlxov yQa^fiaxecc extitisse, non ideo credere coginiur, quia praediorum
census is sub Ptolemaeis aliquando acceperit.^) Non enim est perpe-
tuum, ut, apud quos vasaria erunt, iidem professiones accipiant. Veluti,
quum supersint tot xax* oixCav aitoyQaipaC^ nulla tarnen xolg ßißXto-
(pvXa^L data superest. '■*) Atqui fuit hie census {xijg) Örj^uöiag ßißho-
d-r]X7jg (P. Lond. 324). lUud utique constat sub Ptolemaeis eundem fuisse
penes xov xca^oyQUfi^axaa et tbv xoTtoyQa^^axaa^ id est praediorum,
non, quod sumebat Lumbroso ^") apud illum personarum, apvid hunc
praediorum censuni. Erat quidem priscis illis temporibus öaiiccxcov
1) BißXiod"^Kr] primum comparet p. Chr. 59 {BGU 112).
2) Comparet o ronoyQaniLaTsvs etiam sub Romanis (veluti in edicto Capi-
tonis (GIG 4956), 31/2 et in P. Oxy. 251 — 254) sed non coniunctus cum ullo prae-
diorimi censu.
3) Tbv TOTtoyQdniiatba fuisse superiorem, tbv ■nanoyQccy.^atta inferiorem, so-
lide demonstravit Wilcken, Actenstücke p. 34 (cf. GGA [1895] p. 145).
4) Actenstücke 4 I 6/7 (cf. 1 I 6). 5) Ostr. I p. 486 not. 1.
6) „(hätte) der Bezirksschreiber ein besonderes Kataster geführt,
dann hätte er die Auskunft nicht an den Dorf Schreiber abgeschoben."
7) Hoc verum esse quodammodo fatetur Wilcken: „(ich) möchte nicht
folgern, dass der Bezirksschreiber ein Kataster geführt habe." Si libe-
rum esset, noUet. Invenit tarnen semitam sibi: „(der Bezirksschreiher) wird
die Daten aus dem Dorfkataster entnommen haben."
8) P. Petrie II introd. pag. 36 (cf Wilcken, Ostr. I p. 459). Ex diverso P.
Lond. 50 porrigitur (reo) i7it(isXr]Tfi.
9) Qui acceperint in Arsinoite secundo saeculo tag v-at' ol-niav KTtoyQacpccg
docere potest aut Kenyon, Catalogue U pag. 18 aut Wilcken, Ostr. I p. 440 sq.
Cf praeterea P. Oxy. 171 (II pag. 208); 254—256.
10) Mecherches p. 244, p. 291 (ima).
J. C. Naber: Observatiunculac ad papyros juridicae 323
UTCoyQacpyi'^)^ cuius in locum successisse videtur i] yiar olxluv, quae
videtur inveniri ^) inde ab auno p. Chr. 20; sed ubi fuerit priscus ille
personarum ccnsus, iguoratur. Posterior duplex erat: tov xcofioyQU^-
(latsag et rijg drj^oöLag ßißhod-tjxrjg^), sicut praediorum census apud
TOV xco^oyQa^iiatEcc et av rf] räv iyxtrjöscov ßißXio&rjxtj, postquam suc-
cessit ea in locum rijg drj^oöLag, quod ad liunc censum attinet. Erat
praeterea proprius census xXrJQav xaTOLxacäv et censualis alienatio diu
TOV xaTOLULKOv XoytötrjQiov'^), quibus alterum nomen erat tolg xata-
Xoxi6[ioLg^), neque eo minus horum census Ordinarius^) et professionum
transscriptio dtä trjg drj^oGiag^), postea vero öiä rrjg täv eyxtyjöscov^)
ßLßXLod"t]xi]g. Eo tandem ut redeamus, unde deflexa est disputatio,
Gvy%Qriiiatit,eiv ideo pertinere non potest ad censualem alienationem,
quia övyxQrj^atL^SL 6 TtQog tö yQag)Ei(p^ porro diä Toi) yQucpeCov nulla
est censualis alienatio sed vera. **) Qui vero övyxQTjfiati^ovöiv ii nomen
subscribere solent et verbum xE%Qri^dtixa vel öEörj^eicafiai neque ad-
dere temporis notam, quia contractui annus et dies praemittitur. Sane,
ubi demotico contractui graece subscribitur ^''), cur tempus exprimatur,
intelligimus. Alias quoque temporis nota invenitur, veluti P. Oxj. *J9:
stovg ösvttQOv NsQcovog ^rjvbg 2JEßci6Tov g' diä täv deivcuv ayo-
Qdvo^av x£;u^>^jii,aTtö'Tß;fc. ^^) Ne illud quidem negligendum est, sub-
scriptionem, quae annum et diem habeat, aliquando coalescere cum
signo anniversario ^^) , boc modo ut magistratus in fronte diem notet
1) Duo exempla hactenus inventa sunt. Alterum editur Archiv I p. 173, de
altero cf. Wilcken, Ostr. I p. 823 (436).
2) P. Oxy. II pag. 209.
3) Diximus supra. Potest hie quoque (sicut in praediorum censu diximus)
successisse 17 ßißXio&'^Kri in locum rov toTtoYQaiijiixTswe. Cf. P. Oxy. 254, 1 ; 255, 3.
4) CPR I 1, 11; 188, 9.
5) CPR I 1, 22 (ia. 11); 170, 12, 29; P. Oxy. 273, 21/2. Vertendum non est
„das Grundhucliamt" (Mitteis, Herrn. XXXII p. 649), sed „d(as) Katasteramt"
(Mitteis, Herm. XXX p. 603) „der Katöhen". Cf. Hofmann, Beitr. 2. Gesch. des
griech. u. röm. Rechts (1870) p. 95 (cum not. 68).
6) BGU 420; 536 (Wilcken, Ostr. I p. 461); P. Oxy. 248.
7) BGU 379. 8) P. Lond. 300.
9) Huius rei testis esto ipse Mitteis, Archiv I p. 193 (lin. 1 — 9). Similiter
8ia TOV Navoäov fieri scribit (p. 186) censualem alienationem, mox (p. 193 lin. 9/10)
veram.
10) BGU 580. — Cf. Hartel, Griech. P. not. 20 (quam dictavit Krall): „in
allen Jcoptischen Contracten (ist) griechisch geschrieben a. die Datirung, loelche den
.... Zeugenunterschriften vorausgeht, b. die Anmerkung (1. Namensimterschrift) des
Notars.'' Loquitur de instrumentis saec. VII — IX; quod nos laudavimus (anni p.
Chr. 2), in eo testium subscriptiones non sunt mediae.
11) Prorsus similem subscriptionem habet P. Oxy. 320.
12) Cf. supra (§ 1 atque § 11).
324 I- Aufsätze
{ev ntoXs^aidi (paacpl t/3'), deinde in tergo sub signo anniversario ab-
solvat subscriptionem {MaQcov ösörj^sia^ai,) annum supplente signo. ^)
Verbum omisit qui subscripsit P. Leid. 0 {6vyyQaq)og)vlai, 'HQazlELdrjg)
sed intus — babent enini papyri quoque duplicem scripturam^), ob-
signatam alteram^) superiore'^) vel sinistra^) margine, alterani aper-
tam — eiusdem est subscriptio cum verbo: 'HQaxXsidrjg ösörjfiSLCO^aL.^)
Quid mirum verbum omitti^ quum ipsa magistratus subscriptio saepe'^)
desit veluti P. Taur. 4; Leid. M; Paris. 5 et 17, nondum lata lustiniani
constitutione (c. 17 pr. C. 4. 21), qua contradus non aliter
vires habere sanci(t), nisi, si per tabellionem conscribantur, etiam
ab ipso completa^) . . . . , sint Subscriptum invenitur etiam eyQcitpT] dtä
tov detvog^); posterioribus saeculis frequens fuit subscriptio dt ifiov
tov dsLvos «TfAftco^i^^"), iörjUELad'rj, iyQacpr]^ vel sine verbo dt ifiov
TOV dstvog.^^)
§ 16. Non autem licebat de praediis mancipiisque övyxQrjfiatt-
^Eiv; itaque non poterat in terra Aegypto aut servus^") manumitti^^)
aut praedii mancipöve^"^) proprietas transferri vel bypotheca constitui^^)
remittive ^^), antequam praecessisset censualis alienatio ^''), id est, ante-
quam id xatay^atp^sts) ^®) censitor, quod etiam dicitur :fOL7]0a6d-at ^^)
rä rrig TtaQad'EöEcog^^), vel apud lustinianum ^\) TtoiTjöKöd-at xriv (ietcc-
1) CPR I 11. Eodem modo subscriptum est BGU 748 I.
2) Schulten, Herrn. XXXII p. 284.
3) Quam appellat Wessely, Mitth. PR V p. 85 — 87 „Vormerk\mg über den
Inhalt" quinque proferens exempla.
4) P. Leid. 0 (Reuvens, Lettre III, art. 2 p. 18); P. Lond. 229 (Schulten, Herm.
XXXII p. 276).
5) Sinistram semper occupare scripturam interiorem marginem falso putat
Wilcken, ÄrcJiiv I p. 155 (178).
6) Legisse se testatur Wessely, Mitth. PR. V p. 85'. Habet idem verbum
P. Rain. 1513; 1712 scriptura exterior (ibid. p. 87).
7) Wessely, CPR I pag. 17: „vielfach".
8) Cf. Brunner, z. Gesch. der Urk. 1 (1880) p. 73/4.
9) BGU 580 (p. Chr. 2). Similem habet subscriptionem (sed nomographi)
BGU 581. 10) P. Oxy. 126; 133; 134; 135; 136 etc.
1 1) Exemplorum quantum satis est, dabit Wessely, Wiener Studien IX p. 245 — 247.
12) De servorum censu hactenus unicum est testimonium P. Oxy. 73.
13) Cf. P. Oxy. 48; 49; 349. 14) Cf. P. Oxy. 327; 332; 336.
15) Cf. P. Oxy. 241; 243. 16) P. Lond. 348, 14.
17) Primus hoc ius exposuit Wilcken, Herm. XXVIII p. 235 sq. (iterum Ostr. I
p. 462 — 464). Sed auctae sunt postea copiae nostrae Oxyrynchiticis maxime do-
cumentis. 18) P. Petrie H 23 (4), 1 (cf. infra).
19) Rectius habet noiüv (Aristot. de rep. Athen. 56 § 3; 61 § 1).
20) BGU 73, 16 (Mitteis, Herm. XXX p. 602 not. 1).
21) Nov. 17 c. 8 § 1.
J. C. Naber: Obscrvatiunculao ad papyros juridicae 325
9-E6tv, id est: professionem transscribere. Ergo debebat praedium
quodcumque alienaturiis vel huius mandatu emtor^), debebat item
sei'vuni manuniissurus vel hypothecam constituturus remissurus hoc cen-
sitori TiQoöayyeXlsiv^), ut is STtiötst^^eis)^) ra TtQog xä yQacpeCci^) vel
XK> ^vrj^ovi^) vel tc5 ayoQavöiic)^) xal olg ocXXoig xad-i]}i£t'^) peragerent
solemnia, vel saltern ut censitor se transcripsisse illis notum faceret.^)
Cui iuri dociimento sunt et ipsae nQoaayysXCai'-"^ alienare praedia vo-
lentium et censitorum ^") vel manumissionem ^^) vel servi^^) praediive^^)
alienationem ^^) vel liypothecae constitutiouem ^•'') permittentium ad ago-
ranomum mt^tcck^aTa^^)^ et comminatio Mettii liufi^^): naQuyy^llco
ror? 6vvaXkayiiuToyQd(poiis^^) koX totg ^V7]^o6[, (irjdav 8L%a iiii-
etaX^arog tov ßißXiocpvkaxLOv TBlstCiöaL. Quod pertinet edictum pro-
prio ad ea praedia, quae non sunt tv xatociciicfi td^et, nani xlrJQOi
xcctoLXixol, ut supra (§ 15) dictum est, quia et comniuni censui sub-
iecta erant et proprio, ergo horum praediorum proprietatis trans-
lationem praecedere debebat et diä tilg ßLßXLO&Vjxrjg et diä rüv
xcctaXo%i6fiCL>v oixovofiia^ duplex igitur BTtiötccX^a^ id est, et tav d6%o-
Xov^svc3v tovg xarccXoxLß^ovg^'*) neque ideo minus r&v ßißXiofpvXd-
xcov/'^^) Poterat tö £7ti<3raX^a aut separatim scribi aut subscribi rf}
TtQoßayysXia'^^), quamobrem esse puto eTtEötaX^svov x^rj^iartö^bv
1) Cf. P. Oxy. 273, 19—24 (Mitteis, Archiv I p. 192 not. 2).
2) BGU 112, 25; 379, 17.
3) BGU 379, 18; P. Lond. 299, 19; 300, 16; P. Oxy. sine no. (II pag. 180).
4) BGU 379, 18. 5) P. Lond. 299, 20. Cf. infra (§ 17).
6) övri 8h yial nvr^fiovi (BGU 177, 6; P. Oxy. 11 pag. 180 sine no.).
7) BGU 177, 6.
8) P. Oxy. 45 — 47. Post genitivos absolutes tacite supplendum est xartypa
ipu(isv. Eodem redit quod rescribitur P. Oxy. sine no. (11 pag. 180): %£t 'A^dläg
iv KTtoyQacpfj TÖ;g kqovqks.
9) Archiv I p. 16 (no. 5).
10) Non obstat adiectio: (nal) ol yLko%oi (P. Oxy. 327; 329), nam inveniuntur
etiam iiixo%oi ayogavo^oi (not. ad P. Oxy. 241, 1).
11) P. Oxy. 48; 49; 349. 12) P. Oxy. 327; 332; 336.
13) P. Oxy. 45—47; 165; 174—176; 242; 330; 331; 334; 335; 338; 340—342;
344; 346; 347. Add. P. Oxy. sine no. (II pag. 180).
14) Quid alienetur non apparet P. Oxy. 170; 328; 333; 337.
15) P. Oxy. 241; 243; 329 („a contract of loan"); 339.
16) Vertit Wilcken, Archiv I p. 5: „Aufforderungen zur Amtsausübumg" .
17) P. Oxy. 237 VIII 36/7. 18) Cf. Mitteis, Archiv I p. 192.
19) P. Oxy. 45—47 (cf. 11 pag. 319), etc.
20) Exemplum invenire non potui, sed certa res est propter BGU 379;
P. Lond. 300.
21) Subscriptum invenitur BGU 379; P. Rain. 1436 (Hartel, Gr. P. pag. 64/5);
P. Oxy. sine no. (U pag. 180).
326 I. Aufsätze
(BGU 111 , 11) TtQoGayyalCav ^) i^Ldtal^a liabentem. Eorum vero
epistalmatum, quibus manumissio permittitur, summa couceptio talis
est: döff ilevd'eQaöLV rä öalvi öovla rjlevd^SQOusvcj stil Xv-
TQots to6ovtOLs, quae non domino solvenda erant sed aerario^), sicut
a cive Romano manumittente vicesima. Qua re solvitur, ni fallor, quam
proponit Wilcken ^) quaestionem („oh es eine [der vicesima] entsprecliende
Abgabe für die griecMsch-ägyptische Bevölkerung gab"). — Ergo
non possunt magistratus qui contractibus praesident negotia perficere,
quae quidem ad servorum praediorumve proprietatem pertineant sine
censorio epistabnate, ut hactenus videri possint esse quodammodo sub
dispositione censitoris.*) Non tamen propterea dici oportet borum
monumental) altera vasaria®) esse, nam toto coelo distant publica mo-
numenta et vasaria'^), licet vasaria possint pro publicis monumentis
adiri, et fiat saepe, ubi publicis monumentis aliquid deest. Quamobrem,
quia per Aegyptum vasaria sine dubio pro monumentis adire solenme
fuit^), quin immo significatur edicto Mettii Rufi^) id libris censualibus
procurari tva oi övvaXMööovtsg ^rj otar ayvoiav ivsÖQSv{(o)vrai^ mo-
numentis aliquid ibi defuerit necesse est. Quia autem censitor nibil
transscribit nisi ab eo cuius nomen vasaria retineant^"), ergo frustra
beres TtQoaccyyilXsi vel praedii incensi^^) dominus, debent enim ante
unoyQKcpBöd'ai^^)^ sie deinde TtQoGayyillEiv^ licet eodem die.^^) Potest
utique qui ex empto nactus est praedium incensum vel quod beres pro-
fessus non sit Interim a ceusitore petere ut libris censualibus^*) notetur
emtio conservandi iuris causa („Vormerkung"), quo pertinere videtur^'')
1) Si potuit 7] TtQoaccyysUa vn6ybvr]^a dici (P. Oxy.), potuit etiam jjpTjfiaTic^o?.
2) P. Oxy. 50. 3) Ostr. I p. 362 (§ 156).
4) Mitteis, Herrn. XXX p. 603: „das ypaqpEtov (war) in gewissem Sinne der
Steuerverwaltung ein- (Archiv I p. 190: unter-) geordnet." Peiiieram addit: „indem
es von den ßißXiocpvXcc-ntg zu Umschreibungen im Kataster verwendet wird." Cf.
supra (§ 15).
5) Mitteis, Archiv I p. 190: „lokale Urkundshücher."
6) Mitteis, Archiv I p. 185 : „Dorffflurjbücher". Confundit igitur tö yQK(pslov
atque Ttjv Tov xcofioypojfi/xaT^&jg ci7royQaopT]v. Cf. supra (§ 15).
7) Cf. locus Hofmanni, quem laudavi ad § 15.
8) Wilcken, Ostr. I p. 484/5. 9) P. Oxy. 237 VEI 36.
10) Eo referrem P. Oxy. sine no. (II pag. 180): ^;^f/. 'A^M&g iv ccnoyQucpfj
tag KQovQdg., nisi persuasum esset designari emptorem.
11) BGU 243, 9; 832, 7.
12) Heredis anoyQacprjv sistit P. Oxy. 75 (cf. Wilcken, Ostr. I p. 468) et item
P. Oxy. 247—250. 13) Eodem die fit P. Lond. 299; 300.
14) Si praedium est incensum, res non impeditur (cf. Mitteis, Archiv I p. 197
not. 1) sed inprimis locus vel caput ei faciendum est.
15) Pertinere vidit Mitteis, Archiv I p. 196/7.
J. C. Naber: Observatiunculae ad papyros juridicae 327
BGU 243. Item, quia piaccederc (lebet ceiisualis alienatio, proprie-
tatem nemo transferre jiote.st, cui improbe a censitore resistitur. At-
qui aditiis interveniet strategus ^) et ceusitorem transscribere coget,
strategum, si opus fuerit, ad interveniendum coget archidicasta. Quod
fieri videmus BGU 73, cui similis est P. Petrie II 23 (4): 'HQaxXeiÖijg
'AvdQoöd-iVEL %aCQ£iv. KccXag av Ttotr'iöaig xatayQccipag^) x^v oIkCuv rov
"SIqov rov 'y^Qd-avd-ov sig 'y4öxh]7i:tddijv' yeyQacpsv de xal ^iXiag Ko^avi
jcsqI tovtcov. Mrj ovv ällcog noir'iayg^ ubi conicio Androsthenem et
Comonem esse tbv tojtoyQcc^i^atm et rov xa^oyQa^^atea , penes quos
eo tempore fuisse videntur vasaria (cf. § 15), Heraclidem autem et
Phileam tbv vofiÜQXT^v et tbv ötQatrjyöv, qui in iurisdictione quoque
eoniunguntur. ^) Ceterum ut veram alienationem praecederet censualis
alienatio in praediis mancipiisque dumtaxat constitutum erat; in ceteris
enim rebus praecedebat professionis transscriptionem dominii traus-
latio^) eratque per se rata.
Trajecti. J. C. Naber.
(Continuabuntur.)
1) Hunc imaxilXat roig xüv iyv.xr\6£aiv ßißXioq)'vXcc^i demonstratur P. Oxy.
237 V 43 (cf. VI 11), Vn 4.
2) Sicut in censuali alienatione censitor (h. 1.), ita in vera alienatione ago-
ranomus (P. Oxy. 170; 327; 328), in utraque venditor {BGU 240, 27; 446, 14, 16;
456, 8/9; P. Londin. 251, 12, 20; Plutarch. moral. 482 C) xatccyQd(p8i.
3) P. Petrie 11 22 (3). — Heraclidem eundem esse putat Mahaify {introd.
p. 31) atque qui alibi commemoratur oiv.ov6yLog. De Androsthene cf. P. Petrie 11
9 (1), 4.
4) BGU 87; 153; 427; Wilcken, Kenn. XXVHI p. 239 (cf. Ostr. I p. 467
not. 2); P. Lond. 320.
Zur „Petition of Dionysia".')
I.
BGU 19 ist für die prozessuale Technik unter Anderem 2) auch da-
durch von Wert, dafs diese Urkunde uns den Entscheid des obersten
Richters und danach den Ausspruch des subalternen xQLt'tjg bietet, und
also die wörtliche Anlehnung der Verfügung letzterer Kategorie an die
der ersteren vor Augen führt.
BGU 19^, 16 (Der e^tagxog) .... TtQogiqxEt ds^^) dxolovQ-ag totg rov
XVQLOV yQcc^^aöLV
18 (der 7iQitTi]q)
16 XsvccXs^ä t&v TtatQOJCOv iiEQog ö tceqlojv av 6 TCartjQ avrfig
18 QBvaXBt^a xb Jiatqipov [i^Qoq o siBQiuiv av 6 statiiQ «i3t[?Js
17 slaßlsv]
19 sXaßev^ :iiQO(SiqxBiv öoxh^^) aytoXovO^ojq toiq rov XQatiaftov
riyenövoq yQa(p[Ei(Jiv].'^)
Die Petition of Dionysia aber ist ein fortwährendes Spiel und
Gegenspiel von Eingaben, Berichten der Unterbehörde, Bescheiden
{vTtoyQacpi]^ dvtiyQdq)SLv) der Oberbehörde. Es soll jetzt versucht
werden, den Text unter Benutzung der an BGU 19 erläuterten That-
sachen weiter zu klären.
Unzweifelhaft ein Bescheid des Präfekten ist Dionysia V, 6: (Z. 5)
1) Zu einem solchen einzigen Stück wird Mancher seine Beisteuer liefern, sie
sei klein oder grofs; die meinige wurde mir dadurch ermöglicht, dafs Herr Bern-
hard P. Grenfell, unter freundlicher Vermittlung des Herrn Herausgebers dieser
Zeitschrift, die Güte hatte, meine Vorschläge am Original zu prüfen.
2) Unter Anderem: 19," 3: iyiyQanxo Sh Siä rfjg &7toq)ccascog ftft' äXXa ovtcog.
Dies (ist' äXXcc erklärt in der Petition of Dionysia VE, 40 die Crux ftfraA^o:, und
ebenda VH, 42 fisd'' trsQa, welches ebenfalls besagt, dafs post alia Sabinus also
sprach. [Und danach wieder BGU 15 I 3 ^ii:& = fif'9'' s'rBQcc. d. Red.].
3) *) '') Bei 3* ist nicht alles in Ordnung; ich möchte annehmen, dafs ur-
sprünglich auch hier ngog-^HSiv doKsi stand.
4) Auch die ebenfalls einander entsprechenden Bezugnahmen auf die höhei-e
Behörde (Z. 16 und Z. 19) sind von Wichtigkeit.
Otto Gradenwitz: Zur „Petition of Dionysia" 329
Po]v(pog (der Expräfekt) ivxv%üiv ^) . . . . (Z. G) vjtsyQa^pEV (Z. 7) reo ... oj
. . ccytay yev .. cc .[..]... to ßißXsiöCci tu ßTQarrjyä nagud-ov ov ii,E-
tdöcc^gl^ idv xi trjg iuris diayvtööscog xatuTta ......... ejcs^ .... a ... .
. . . qydav eteqov^ otftat, r) drjXüv ort sl tä äXT^d-ij (pavetri fiifjds xql-
6s(og detöd'ai, tro TCQäyfia.
Dafs die vTtoyQacpiq vor ovösv endet, ist von den Herausgebern
mit Recht angemerkt, der Beginn aber mufs mindestens vor ta ötqu-
triya gerückt werden: Petentin mufs angewiesen worden sein, dem
Strategen die Sache vorzulegen, vgl. VI, 16 (6 GxQarriyog) ivTv%c3V
qig TtuQsd'a^riv.
Das zweite ov von jtaQud-ov ov ist nicht als Gemination zu be-
seitigen, sondern als Relativum zum folgenden zu ziehen, wohl ver-
schrieben für og^) (nämlich 6 6rQari]y6g), denn ov ii,std6ag wäre hart.
Es soll der Strateg nach geschehener Vorlegung prüfen, und wenn sich
für die Cognition ^j des Präfekten ....?? — Hier hilft BGU 15^ in f.
weiter, welches folgenden Entscheid des Epistrategen Quintianus bietet:
Koivxiavog siTtev '^I^tQatrjybg dLaXij^jpEtaL, b t&v s^icöv (iSQäv xatu-
kdßrjTai^ in' i^e ocvaTCE^ijJiv'. Denn rij? i^yjg diayvaßEog ist offenbar
analog den ^eqtj von BGU 15, und iTtEfi . . . a ist an sich ein
mögliches in i^s dvani^tpiv.^) Hiernach hat der Präfekt den Stra-
tegen angewiesen, "^er solle prüfen, und, sollte sich etwas für statthalter-
liches Eingreifen eignen, durch dvano^nij berichten'. Nun folgt der
Bericht der Petentin über ihre weiteren Schritte: sie begehrt im contra-
dictorischen Termin^) beim Strategen, er möge Beweis aufnehmen und
zu diesem Zwecke die Grundbuchhüter zur Beibringung der Auszüge
veranlassen; der Gegner habe dazu nichts zu sagen gewufst, der Stra-
tege aber (Z. 14) habe gemeint, er könne am besten Beweis erheben
durch Befragung der ßußXiocpvXayiEg: ovtc aXXaj(^6Q'Ev iiyriöaro triv i^i-
taöLV E6E6%'ai ri itc rrlg t&v ßißXilocpv^Xdxcav nQog(p(ovri6Ecog
E7C TYig i^£Td0E(og tSiv nQogq)C}vr]d'Evt(av rb n^äy^cc g)avrj<3ETat ccv[. . .] . ccvi^g
d^iov xal ngqg xqlg r&v ivKti^6[E(ov ßijßXiOcpvXa^i tdd[E' Hierauf
folgt der Inhalt seines Schreibens.
1) Grenfell u. Hunt zu IV, 21: irrv^mv. 'this verb is used both of making
and attending to a petition', cf. V, 5. 30. 35. VI, 10. — Es ist also in unserm
Papyrus ebenso eine vox media wie sonst ccvaitb^nsiv.
2) An der Lesung selbst ist, wie Herr Grenfell mitteilt, nicht zu zweifeln.
3) didyvcaaig = cognitio. Bas. X, 1, 3: Tfjg cctriccg SiKyvcoaQ'^iarjg. — X, .5, 3,
schol. C : iisrä SiayvoiGscog^ Tb 'yiccvaa noyvita^ xoiovxov iariv.
4) Grenfell bestätigt BTtsusava, und erklärt den Schlufs für verlöscht; vor fjr
liest er jetzt «lico, wohl ä^iqv, 'etwas meiner Entscheidung Wertes'.
5) V, 9 inl TtKQOVtL Tc5 ItCCtQl (XOU.
330 I- Aufsätze
Es ist zu beacMen, dafs nach der indirekten Rede seines rjy^eato
der Indieativ (pavyjösrai sich einstellt. Dieser läfst auf direkte Rede,
d. h. Bescheid des Strategen, schliessen, und (Z. Iß) vor sk t'Yjg etwa
aTtsqiijvccro oder ein ähnliches Wort vermuten; sein Bescheid ging bis
äi,iov; nun haben wir «^t[ov?] und avaTti^neiv Z. 8 im Entscheid der
Oberbehörde, also läfst sich hier vermuten: xb TiQäyfia (pavrjöstai av[a-
7to\^nrig ä^LOv.^) Hiernach sagt der Strateg mit den Worten des
Eparchen, 'die Würdigkeit der Sache für eine avano^Tc;^ wird sich
aus der Prüfung des Berichtes ergeben'. Man kann, Z. 7. 8, da xara-
Xdßy]tai aus xaruTta . . . . a nicht herauskommen zu sollen scheint, etwa
icaTa[q)]av'^ annehmen im Anschlufs an cpavy]6stai (Z. 16) und die
dirigierende Verfügung und den Ausführungsbeschlufs so nebeneinander
stellen:
Vö öTQatrjya nagad^ov ot>(?) s^aTcißag idv n tilg i^ijg diayvüßEcag
xarag)(?)avfj ä^iov^ in' ifie ccvaTCE^ijJSi,'.
'ix tilg i^STKöEOjg rüv 7tQog(pciviq%^ivtG)v xo JtQäy^a cpavriöExat avu-
TCo^Ttijg a|tov'.
Eine zweite v7toyQaq)rj bietet V (35.) 38: (Z. 35) xa[l] 6v 6 %v-
QLog ivxv%o)v xal av (x. x. X. 35 — 37) xr] öwrilp^si 6ov 8Lxai\o\8o6La
%Q(b^svog VTtsQyatpag ftot xa [ßißjXsidLC) (Z. 38) [••]■•[••-] S
dixaCoig ^Qijöd'at dvvaö&at. 6 Ös GxQuxrjyog r^g loiTtYjg ah,ia)6EC)g 6ov
xijv . . jio . .[. . . nQJovotav (Z. 39) [. .] jCQo^avxsvöcc-
fisvog oxi oial T[r/]? a[7tb] xov öxgaxiiyov ßorjd'Stag dsö^sd'a (u. s. w.).
Auf die Kundgebung der Buchverwalter hat der Strateg berichtet,
Dionysia als Nebenbetreibende hat eine neue Eingabe geliefert, und
der Präfekt, auf dafs ein Ende werde, subskribiert. Hier ist wieder
der terminus ad quem für die Worte des Präfekten das Wort jtQo-
[lavxsvGdfisvog, denn das ist bereits Auslegung des ergangenen Be-
scheides. Dagegen ziehe ich den Satz 6 ds öXQaxiqyog noch zur vno-
yQacpi], denn gerade dem Präfekten wird die Vorhersage zugesprochen,
dafs wir noch strategischer Hilfe bedürfen, nicht dem Strategen selbst.
Der Präfekt nennt die ^oltctj ä^tcoöig ('das noch übrige Begehren')
Dein Begehren, und weist dies Begehren zur Erfüllung oder wenig-
stens Bescheidung an die tcqovoiu des Strategen. Als Präfektenwort
kehrt Xomrj di^Loötg sowohl bei der Petentin als bei der weiteren
Verfügung des Strategen an die ßißXtoq)vXccxEg^) wieder, eben wie die
jtQovoia.
Der erste Satz der vTtoyQacpr'j , nämlich g dixatotg
1) Was Grenfell bestätigt.
2) VI, 7, vgl. Grenfell und Hunt ö. 1G5.
Otto Gradenwitz: Zur „Petition of Dionysia" 331
XQfjöd'at dvvccöd'cci mufs direkte Rede gewesen sein wie der zweite,
und also wird XQV^^^'' wohl das dvvaöai der Urschrift attrahierend
in dvvtt6'(ß'ym verwandelt haben; derartige vnoyfiacpaC sind durchaus
üblich, vgl. BGU 614, 18: sl ti öCxaiov ^x^ig [tJovt« ;^()75^['9'afc] 8v-
va6a[i\. In unserem Falle wäre etwa tdöe [o'ig ex^ig tovroLS tol]g
ÖLicaLoig XQV^^^'' dvvaö^d-yuL oder ähnliches zu ergänzen; man kann
auch andere Worte einsetzen, der Sinn der Formel ist klar^); sie
scheint uns nichtssagend, soll aber doch wohl bedeuten: *Der Worte
sind genug gewechselt', und den Prozefs als zur Hauptverhandlung
reif bezeichnen; darauf kann BGU 014 bezogen werden, wo zunächst
der Präfekt angefangen wird und demnächst auf Grund seiner vno-
yQacpri der Erzrichter eine Eingabe anheimstellt, die erfolgt und gleich
ziemlich drohend gehalten wird. Und in der Dionysia -Urkunde V, 3, 7
legt die Petentin dem Präfekten für diese 'bnoyQa(pri das Motiv unter,
dafs er gemeint habe, man bedürfe nach dem Ergebnis der Vorverhand-
lungen bereits des Spruches: dtaAg'lföv giebt GrenfeU als wohl möglich
zu, und der Spruch des Richters wird London II, pag. 153, 17/18 wohl
durch das Wort 8LaXei,o\ßivov\ bezeichnet.
II. Mutter und Muttergut.
Dafs in den Zwist zwischen Vater und Tochter auch die Mutter
verwickelt war, ist eine Annahme, die nur auf VI, 24 sich stützt,
wo gelesen wird (der Vater wolle die Tochter dem Gatten entreifsen,
weil der , sie schlecht behandele — , ein Gatte wie Er, der auch
nachdem die Tochter ihm urkundlich das Recht am Gute unbelastet
übertragen gleichwohl): 6vvx(OQy]<Savt6s ftot xccl sjttt(x.\^. -^(il^^tQLo . . . y-
vov ßvvsvdoxfjGai ßovXrj&SLiSaL aurco vTCoti^ayiivci trjv ovötav Tavrrjv
nQog öla (raXccvtcc) 17, d. h. der Gatte war so gütig, trotzdem freiwillig
zu gestatten, dafs seine Frau einwillige in die durch deren Vater vor-
genommene Verpfändung des betr. Gutes für die ganze Schuld von
8 Talenten. ßovXr]9'£i6ca ist verderbt und die Herausgeber glauben
ein <^gy einschieben zu sollen, worauf sie als Subjekte für den Plural
Tochter und Mutter gewinnen, indem sie E7t<iß)ita für aTtita suppo-
nieren. Hiernach hätte der Gatte erst der uxor und dann der socrus
erlaubt, einzuwilligen in die Verpfändung. Dem macht eine sachliche
Schwierigkeit der Umstand, dafs der gener nicht wohl der socrus zu
konsentieren hat, nachdem ihm seine uxor das Gut verschrieben hat,
sondern eben nur der uxor.
1) Zum Vergleich BGU 301, 16: als ^^v fx-rj anoStSä) XQV''V '^^'■S tisqI rovrav
voainoig näGi, und Dionysia IV, 23 iiiov (ihv rw Si-nam %Q[i]60[iiv'r]?\l
Arcliiv f. Papyruaforacliung I. 2. 22
332 I- Aufsätze
Nimmt man ßovXrjd'siöai als Homoioteleuton von ßvvsvdoxijöai^
so kann es leicht aus ßovliqd-ECGri entstanden sein; xat btiI kann 'auch
für' bedeuten^ und der Satz von nai bis vyoy^ in dem so vieles un-
leserlich ist, kann bedeuten "^auch für das Muttergut', wie denn V, 33
es ausdrücklich heifst xä iz filg ^rjTQaag ^ [ca. 30 Buchstaben] XQV~
^cctiö^av dyjXov[ wo die 30 Buchstaben dem Sinne nach (die Reste
stimmen nicht dazu) gedeutet werden dürfen: fi[oi ulrjQovo^iag xarrjv-
trjxota xccl dta].^) — VI, 24 wäre etwa zu vermuten xal inl t[o'u]^)
^rjtQcoiOv oder TTJg ^rjtQcoiag ovöLccg (zu ^SQOvg stimmen die Ductus
nicht); das Einzelne ist vorläufig nicht zu erraten; der Sinn aber wäre,
dafs der Gatte ihr gestattet habe auch für das Muttergut zu konsen-
tieren, obwohl dieses ihm bereits als unbelastet verschrieben worden.
— IV, 30 heifst es rijg de ^rjtl und die Herausgeber ergänzen ^rjt[QÖg;
sie werden aber ebenso gern fiTjtlQaag zugeben wollen, woran sich
dem Sinne nach [ovo Lag xQatovvra] avtov didystv anschliefsen könnte:
der Vater soll die Erbschaft von der Mutter her sein nennen (auf
Lebenszeit) und der Tochter nur die lOQriyCai oder die xQOfpaC
abgeben.
Hiernach handelte es sich nicht um eine Konkurrenz der Mutter
und der Tochter, sondern um die Verhältnisse am Muttergut, die
zwischen Wittwer und Waise entstehen. Die Herausgeber sagen zu
VI, 24: 'it may be conjectured that the ovöca in question Avas ori-
ginally part of the dovry of Dionysia's mother. Dionysia, however,
does not seem ever to lay much stress on rights derived from her
mother. The yQccfi^ata of her father, including the cc-jtoyQacprj (V, 23)
and S^oXoyrj^ata (IV, 6, 36), were the important evidence conceming
the xato%7f. Aber der Konsens der Mutter, den sie annehmen, würde,
wenn obige Ausführungen richtig sind, sich erübrigen.
III. Der Abzahlungsvertrag mit Asclepiades.
In die Rechtsverhältnisse zwischen Vater und Tochter auf der
einen Seite und dem Gläubiger des Vaters Asclepiades (IV, 12. 27)
weiht uns die nur lückenhaft leserliche Kol. IV insoweit ein, dafs wir
aufeinanderfolgende Abmachungen zwischen Vater und Tochter ver-
folgen können (IV, 12. 26)-, in diesen wurde die Haftung des der letz-
teren in Kaxo%ri gehörigen Gutes für die Schulden des Vaters, der
veränderten Sachlage gemäfs, anders normiert, als ein ursprüngliches
1) 'Sia möglicli' Grenfcll. — Vorher etwa: oialccg slg i^ih iXriXv&ora XKt?
2) 'rov ist wohl möglich' Grenfell.
Otto Gradenwitz: Zur „Petition of Dionysia" 333
ö(ioX6yt]ßa festgesetzt hatte, von dem die Bemerkung aal tovrov tov
ö^oXoyrj^lat^og avxä dcä tov STtLöxoTtoy 7taQar8\d-8vr^og avtov ^Ltjd^
äg e^^svr^x.[t]vat rotg syysyQa^^bvotg dis Möglichkeit offen läl'st, dafs
es etwa zwischen der Tochter und Asclepiades direkt vorgenommen
wurde. Einer der wenigen Sätze, die einen sicheren Sinn ergeben, ist
IV, 14 ] äjtodovvccL (tdXavtov) a scog ccv ^ 7tXt]Qrjg ixrsLörj^ ein Pakt,
aus dem sich ergiebt, dafs je ein Talent abzuzahlen war, bis die Summe
von 7 Talenten voll würde. Für den Fall, dafs diese Verpflichtung
nicht eingehalten werden sollte, hat Dionysia gewisse Rechte an dem,
was sie rä zarsxo^svd ^ot v7tdQ%ovxa nennt (IV, 20), eingeräumt, und,
sagt sie, (ebenda) ö d\E\ %al tcuq o[k\iyov yeyevfjöd'cci' und beinahe wäre
es dahin gekommen, nämlich dafs ihr Gut dran glauben mufste; wenn
es nun fortgeht: tov naQcc ^og \a\7iaLTov\y\tog xal ^i] octco-
Xa^ßavovtog rb acp^rj^a dvccyxccG^aL ^s TiaQa x[ox>\ natQog to tcqo . . .
60^ .[.]..,. ajtov . . iTtiöxa^Evov ort ov TtSQiotpo^at ccTtoöTtafisva tu
natsxo^svd ^OL a. t. A., so ist von dvayxdöd-ai an offenbar eine War-
nung der Dionysia an ihren Vater (iTCiöra^tvov) oder gar eine Siche-
rung ihrer Rechte gemeint; vorher (im Gen. Abs. bis tö axplrjua) die-
jenige Konjunktur, deren Eintreten zu der Warnung Veranlassung gab.
Da nun das Subjekt ein klagendes und nicht befriedigtes ist, so kann
nicht wohl ein anderer als der Gläubiger gemeint sein, und man mufs
tov yccQ (statt TtaQ) 'AöaXriTCidöov vermuten, was Grenfell mit dem
wichtigen Zusatz bestätigt, dafs hinter dem Namen r« %8^ steht.
Hiernach hat Asclepiades wohl die Rate des 24. Jahres vergebens ein-
geklagt, und dadurch jene Vorsichtsmafsregel der Dionysia hervor-
gerufen. Es ergäbe sich also ein Abzahlungsgeschäft mit jährlichen
Raten; da nach diesem Geschäft einmal fruchtlos geklagt Avurde und
das in der yiaxoxri der Dionysia stehende Gut dem Gläubiger zu vor-
fallen di'ohte, entschlofs sich diese, dem Schuldner ein gröfseres Dar-
lehen zu geben (IV, 27), auf dafs er den Gläubiger befriedige und den
Rest (bis ans Ende seiner Tage oder: nach seinem Belieben) behalte.
IV. Die "natofri.
Kaxo%iq (detentio) ist possesio wie vo^iiq; aber es findet im Gegen-
satz zu letzterem Worte seine Hauptanweudung nicht bei der rerum
possessio^): die bonorum possessio ist in der Epistel an Simmius vTtag-
1) Man könnte an Labeo (bei Ulpian D. 37, 1, 3, 1) denken: Hereditatis bo-
norum possessio non uti rerum possessio accipienda est: est enim iuris magis
quam coi-poris possessio.
22*
334 I- Aufsätze
y^övTCov xarox'i]^), und BGU 619 giebt eine stg rrjv rr'iQijöLV^) TcaroiY]
(7, cf. 5): diese ist (Ver)liaftung eines Menschen custodiae causa, und
der Inhalt des sehr interessanten Fragments ist die Erwägung, dafs
gewisse Grundstücke, weil vor der missio in custodiam vom %atEx6-
luvog verkauft, zu Recht verkauft, und einem schwebenden Hinter-
ziehungsverfahren entzogen sein sollen.^) — Auch BGU 323, 11 läfst
uns eine naToyri erkennen.
Aber viel näher der icaro%ri unserer Urkunde kommt BGU 8^, 3 ff.
(ed. Wilcken): ^ElnEtdri ovv a7i£q)i^[vd^'r]]v tov TCQVTccvscog '^iyad^ov
z/o;t/i[o]voff 7t[ccQo]vrog ccutö :!iQogijxsLV aal rotg TCQOEörüöt rö[v] vo-
^aQxix.[12 Buchst.?]*) rr]6LV ^stä tav [i]7tt,yevoji8vc3v aal STCiysvi]-
6o^£[y](DV ELg tiiv r}}iBQav tilg ctTCodööEcog xozcov^ ^qovtlGov ■aataß'iElv
[ ]^) V vo^iaQX&v xal r[&\v loiTCäv tg)v ivExofisvcov aal
ro\y x\ELQOtov7]6Kvtog av[tovg TCQv^tavEcog tä VTtaQxovta, ^^XQi^g ccv
[11 Buchst.]^) V ocpEikoiiivcav ylEvjrjtai, akXä aal tu vtieq tav ttqo-
tEQ[(o]v X9^^^'^ ocpEiXö^Eva atX.
Ferner IV, 33 ETtiGta^ivri^) ort tieqI iiiäg [....].... TiQogödav
Exdötov Etovg xad't^co Ecog äv rj a[7t6]do[6^ig f'l avdyxTjg tav coqiö-
^evov yEv[i]t]ui ;^()T;|u,Krwv droht dasselbe an, was die anocpaßig des
ETiitQOTtog BGU 8 dekretiert. Es ist, wie auch die Herausgeber an-
nehmen, die aatoxri hier eine ^Verfangenschaft'^), und es scheint, dafs
diese nach den früheren o^oXoytj^ata eine schärfere war als nach dem
letzten, welches mit der Schuld an Asklepiades ein Ende machte und
dem Vater eine gröfsere Freiheit auch an dem Muttergut einräumte.
1) Die Basiliken sagen für bonorum possessio XL passim 8iay,ccroxv , sogar
ayad'wv SiaKaro^i] und ersetzen bei der b. p. secundum und contra tabulas das
Wort dui'ch i} iK rf]g Sia&r^Kiqg ßorjd'SLa und r) Karo; rijg diad'i^-HTig ivccvricoaig. —
Für possessio ist ihnen -natoxri so fremd, dafs sie D. 41, 2, 1 pr. : possessio . . .
quasi positio quia naturaliter tenetur ab eo qui ei insistit quam graeci kktoj^i^v
dicunt mit rj vo^ii} cpvßL-Aiq iari v.cnoyr\ wiedergeben (Bas. L 2, 1).
2) zig rrjv rrJQriOLv TtaQaSod'fjvai ist das Los zweier liberti, die suspect sind,
BGU 388"^, 7, während ein ebenfalls verdächtiger vo^iKog nur l-uccvog nccQaaxsiv
genötigt wird, vgl. D. 4, 6, 28, 1: si quis nee in cu.stodia nee in vinculis sit, sed
sub fideiussorum satis datione. [BGU 619 anders erklärt: Ostraka I 600. D. Red.].
3) auch der ■nccnxoiitvog BGU 372, 16 kann hierhin gezogen werden; er wird
detiniert als Landstreicher.
4) Wilcken ergänzt exempli gratia ^[(öv cc6xo(Xr}iidTcovy? trjv &7tai?]rriaiv, und
trifft sicherlich den Sinn. Vielleicht ist voiiD:Qxi[äiv (cf. 337, 25 ilg tov tyg vo-
LLctQ^iag Xoyov) tov cpÖQOv aTtaijrriaiv zu lesen. — Z. 9 i']vu äh fi7j [i}] ü:[7r]dqpa(Jtg
statt u [7CQ]6(pccaLg?
5) Wilcken ergänzt ^ij (lovov rm].
6) Wilcken [?) &n63oaig tca]v. 7) iTaarauivov?
8) Mitteis S. 189 Note 1 1. Heft dieses Archivs,
Otto Gradenwitz: Zur „Petition of üionysia" 335
V. Kleine Textänderungen.
VIII, 24 ff. ist der Gedanke, diils die Koutrahenten der Ehemänner
nicht getäuscht werden soUeu durch die Register, welche die Eventual-
rechte der Frauen wiederspiegelten, da nicht immer das nämliche
Archiv für alle GvyyQacpaC benutzt wurde; dann empfiehlt sich Z. 25:
statt (Jtara^ff vielmelir diä rb xul^ was Grenfell auch })estätigt, Z. 24
aber ist die Rede von der Täuschung der 6 (für oi) rotg ysyafirjxö^t
övvaXldööovtsg^ und da zu Anfang y£yai.ir]x66i steht, erwartet man am
Schlufs eine Bezeichnung der Eheweiber: Grenfell stellt ysya^rj^svais
vor ya fest.
Die zerrüttete Stelle VI, 25 «9?' ov [is ajcsy (9 Buchst.) siöri . xa-
öiveyxE Tov dvÖQog ^£ ßxEQriöau e%i%£iQGiv läfst eine Beziehung auf
VI, 18 ccTtdyovTv avtriv äxovöav ix tilg Tot> dvdobg oixCag zu, imd in
der That erklärt Grenfell aTca^, also djca^lstai] für möglich, worauf
man auch V, 41 an [a;n:]a|[a^'9-at denken könnte.
Nachwort. Bei einem Besuch in Oxford kam ich mit den
Herren Grenfell und Hunt, die mir die Urkunde in liebenswürdigster
Weise zur Verfügung stellten, noch auf folgende Lesungen überein:
col. IV, 8: exlsyofiavrjv für ix^syofievav; 17 ra 'yiöxXTjjtiddrj [aTtjo-
dadcoxsvui für aöx . . tcqk ..[...]. dsdcoxEVKL; 26 y[sy]£vyj6d-aL für
. . [.^aTtrjö^ai; 32 tag xqQiqyLag für T«t . . . ovrag-, VI, 24 f*['>?]T()«[«g]
ovöiccg für fi[ij]r()l o . . . yvoy; 25 dzaXl[citt oder ähnlich] für dTtsy.
Königsberg i. Pr.
Otto Gradenwitz.
über die Nationaltypen in der Schrift der griechischen
Papyri.
(Vgl. die Tafel.)
Scholz war der erste, welcher in semem Werke „Biblisch -kri-
tische Reise (S. XII — XIII)" auf das Vorhandensein von Nationaltypen
in der griechischen Schrift der Pergament- Codices aus der Byzan-
tinischen Epoche hinwies, ohne freilich seine Vermutung durch Bei-
spiele zu unterstützen. Scholz's Hinweisung wurde weder zur Zeit der
Herausgabe seines Werkes, noch später genügend beachtet. Gardt-
hausen war der einzige, welcher sich äufserte und zwar gegen Scholz's
Meinung, zuerst in der „Griechischen Paläographie" und sodann im
Artikel „Differences provinciales de la minuscule grecque" (= Me-
langes Graux), wobei er Scholz's Beobachtungen nicht durch That-
sachen, sondern nur durch allgemeine Erwägungen zu widerlegen
glaubte. Er behauptet (Gr. Pal. S. 406 ff:), dafs bei der Welt-Herr-
schaft des byzantinischen Reiches die unterworfenen Völker ihre indi-
viduellen Eigentümlichkeiten auf keine Weise geltend machen konnten,
zumal in der Schrift. Man kann mit dieser apriorischen Meinung
Gardthausens nicht einverstanden sein, da ihr die Thatsachen wider-
sprechen. Zur Widerlegung Gardthausens genügt es auf die jedem
Paläographen bekannte „koptische" Schreibart hinzuweisen, die nur zu
sehr durch ihre Eigentümlichkeiten auffällt, als dafs man ihi-e Existenz
leugnen könnte.^) Aufserdem wäre noch die „lateinische"^) imd die
„syrische" Schreibart zu erwähnen.
Aber wenn wir das Vorhandensein von Nationaltypen in der grie-
chischen Schrift der Pergament-Codices medii aevi anerkennen, so sind
wir auch vollständig berechtigt zu vermuten, dafs Spuren von ähn-
lichen Eigentümlichkeiten sich ebenfalls in der Schrift der griechischen
Papyri finden. Da man mit der systematischen Bearbeitimg der Papyri
erst vor kurzer Zeit begonnen hat, so ist es freilich noch sehr schwer,
1) Montfaucon, Palaeographia graeca, p. 311 sq. WilcJcen, Tafeln zur älteren
griecli. Paläographie, p. X.
2) Watteniach, Scripturae gr. specimina, tab. 7.
Gregor Zcreteli: Über die Nationaltypcn in der Scbi-ift der griech. Papyri 337
eine Übersicht über diese Eigeiitüiiilichkeite]! zu gewinnen; aber ein
unlängst von mir gelesener Papyrus giebt die Möglichkeit, wenigstens
einen Nationaltypus und zwar den „lateinischen" zu konstatieren.
Seinem Inhalt nach ist dieser Papyrus (Berl. Mus. p. 7007) ein
schlichter, an einen gewissen Asclates adressierter Brief-, er fängt un-
mittelbar mit den Worten tiqo ^tv TtdvTav avj^o^e 6a vyiatvsLV an;
davor fehlt die übliche Adresse (6 dstvcc ta dstvi laiQSiv).^) — Durch
einige paläographische Eigentümlichkeiten sondert sich dieser Papyrus
von vielen anderen des Berliner Museums ab. Vor Allem mufs her-
vorgehoben werden, dafs er von zwei verschiedenen Händen geschrieben
ist. Der ersten Hand gehören die ersten acht Zeilen bis zu dem Worte
drjlcööars. Der Rest ist von einer anderen Hand geschrieben, die auch
einige Verbesserungen iu die ersten Zeilen eingetragen hat, und zwar:
atv st. CO (2. Z.), cc st. s (4. Z.), ß st. 7t (4. Z.). Diese zweite Schrift
trägt einen entschieden nicht-griechischen Charakter. Die Buchstaben
in den ersten acht Zeilen sind sehr sorgfältig geformt, gut abgerundet,
stehen gröfstenteils ganz gerade und sind nicht miteinander verbimden;
eine Ausnahme machen die Ligaturen sl und 6s. Der zweite Teil des
Briefes — vom Worte drjXcoöars an — trägt einen ganz anderen Cha-
rakter: hier werden die Buchstaben in die Länge gezogen, bekommen
1) Soeben von mir publiziert als BGU 815. — Oben abgebrochen.
(1. H.) nQ[b fij^v TtävTav sv^oy.E
civ (2. H.)
Got. [v'jyiaivlcoj. FsivöaKiv 6s
&8lo), Trj[v] iTtiGToXriv 6ov
a (2. H.) ß (2. H.)
slaßlsj. 'Eäv InJl^Ttis, oxv
5 0 Z'roxpaTTjs 6 TtQO-
\yiOv\QäTOQ (lOV KOTtovg
[Tiva]g 7t(x[Q]£xrj neQi tfjg
[So^^fjg (2. H.) SrilmGccTE {loi. "Eygcc-
[ipcc] ayxä tisqI v^i&v, ivcc
10 v^stv 7tQ[o^a^j(r] slg Ttävtlcc].
T[i] i7toir][a^8v ; "AaTtccGai. tovg
KÖsXcpqlv^g ^ov Avvfjv Kai 'Hqk-
fKav [xjal tovg iv oinco
15 7ravTa[s] xar' bvo\ia.
'EQQ&Gd'ai 68 £i;;^Ojxat.
El' Tivi xQsia iariv, Ttsfiipca
Gai Sici TißsQiavov.
"EQlQaeo?]
1 1. sv^o^ai. — 2 60i statt aai (= 6s) \ 1. yivmaiiEiv. — 5 — 6 1. TtQOKOVQCC-
tag. — 10 1. vulv. — 18 aai (= es) statt aoi.
338 I- Aufsätze: G. Zereteli: Über die Nationaltypen i. d. Schrift d. griech. Papyri
eine eckige Form und eine starke Neigung nach rechts; zugleich ver-
bindet sie der Schreiber so stark, dafs einige von ihnen fast gänzlich
einzelne ihrer Bestandteile verlieren oder aber recht sonderbare Formen
bekommen.
Wenn man aber diese durch den Charakter ihrer Schrift so auf-
fallende Urkunde mit dem lateinischen Papyrus vergleicht, welcher von
Grenfell imd Hunt in den „New classical fragments and other greek
and latin papyri (p. 158, pl. V)" veröffentlicht ist und aus dem Jahre
167 n. Chr. stammt, so ergiebt sich zwischen den beiden Papyri eine
so grofse Ähnlichkeit, dafs ich in dem Berliner Papyrus ein charakte-
ristisches Beispiel des lateinischen Typus der griechischen Papyrus-
schrift sehe. Da aber der lateinische Papyrus datiert ist, so kann man
auch den griechischen ungefähr in dieselbe Zeit, das heifst in das
zweite Jahrhundert, setzen.
Es ist natürlich unmöglich, jeden einzelnen Buchstaben des grie-
chischen Papyrus mit dem ihm entsprechenden lateinischen zu ver-
gleichen, um Ähnlichkeiten zwischen ihnen aufzuweisen: denn, wenn
auch einige griechische Buchstaben den entsprechenden lateinischen
sehr ähnlich sind, so behalten doch andere ihre griechische Form bei.
Darum werde ich mich mit der Hinweisung auf solche Formen be-
gnügen, welche in den beiden Papyri identisch sind. Hierher gehören
folgende Buchstaben: s (= e) — ^-, ^.; und auch einige Formen der
Buchstaben a, y, fi, v. Was die übrigen Buchstaben betrifft, so zeigen
sie im einzelnen fast gar keine Ähnlichkeit mit den entsprechenden
lateinischen, in der Gesamtheit aber bilden sie eine Schrift, deren latei-
nischer Charakter nicht zu verkennen ist. Um den Vergleich der beiden
Papyri möglich zu machen, habe ich eine Tafel beigefügt, denn keine
Beschreibung kann den unmittelbaren Eindruck, den man von einem
genauen Faksimile erhält, ersetzen.
Petersburg. Oregor Zereteli.
Buchis, der heilige Stier von Hermonthis.
Zu Macrobius Sat. I, XXI, 20.
Die Bedeutung der ägyptischen Eigennamen in griechischen Texten
für die Kenntnis der ägyptischen Religion der Spätzeit ist bislang nur
wenig gewürdigt worden. Und doch wird einmal eine systematische
Zusammenstellung der Götter und religiösen Anschauungen, welche sich
aus den von den Papyrusforschern in dankenswertester Weise gesam-
melten Eigennamen ergeben, uns einen tiefen Einblick in die ägypti-
sche Volksreligion verschaffen, von welcher wir immer noch herzlich
wenig wissen.
Unter den in religiöser Hinsicht besonders ergiebigen Namen stehen
die ilftf-bildungen deshalb obenan, weil in ihnen fast stets ein Götter-
name vorliegt. Denn überall, wo dieses Präfix auf P-etje „der, wel-
chen gegeben hat ..." zurückgeht — und das ist meist der Fall ^) —
verbindet es sich mit dem Namen eines Gottes. Aus solchen Eigen-
namen lernen wir nun einen Gott Bov%Lg kennen, welcher sich aus
dem Eigennamen nETeßov%{is) ^), „welchen Buchis gegeben hat", ergiebt.
Derselbe Gottesname steckt wieder in
Uaßovxiq „der des Buchis"^) mit der var. 77t/3ov%ig*) oder UißoxKS
(Wilcken, Ostr. n. 402),
sowie in nßovKig^) „der Bukis" mit dem Artikel vor dem Götter-
namen ^) und dem bekannten Wechsel von x imd %}
endlich in IIstoöoQßovxts Wilcken, Ostr. n. 1196.
Wer dieser Gott Bov^tg war, erfahren wir aus einem Mumienetikett
1) Über die Ausnahme s. Spiegelberg, Demotische Studien I § 9, 3.
2) Wilcken: Ostraka n. 1172.
3) P. Par. 5, 31, 1.
4) Wilcken: Ostraka Index HI. Zu der JTa-bildung, welche nicht von vorn-
herein zu der Annahme eines theophoren Namens berechtigt, vgl. Spiegelberg,
a. 0. § 9, 1. Für IIa ti'itt gelegentlich IIi ein, z. B. in Tliyblvig für ücx^lvis-
S. ebendort.
5) P. Grenf. U 24, 7.
6) Zu dem Artikel vor Götternamen s. Spiegelberg, a. 0. § 10.
340 I- Aufsätze
(I./II. Jahrli. n. Chr.), welches sich in der Kaiserlichen Landesbiblio-
thek zu Strafsburg i. E. befindet. Ich sah das Stück im Winter
1895/6 in Luxor bei einem Händler und habe es drei Jahre später
von demselben für die genannte Bibliothek ei-worben. Über die Her-
kunft liefs sich nichts ermitteln.
sie
Eis 'EQ^üvd'iv &ailöi
d'vydtrjQ Uevd'OTEvrov
'Iva dot ^) iltJttöTog ya^ßQog
WevsovilQi vsxQOTKq)G)^) xal örj-
5 fiaiv8L ^) £Lg t6 Bovxlv
WsvsovfjQi 7ta6toq)6QOv
iäic
rov d^eov ^coov Bov%iv tis-
4)
7th]QCi)^svog TÖ vavXov
sie
xal TÖ Tf'Aog xal TCccöag daTtavrjg
XoCai X?.
Es handelt sich also um eine Art Begleitadresse ^), welche der
Mumie der Taesis beigegeben war und die Bestimmung enthielt, dafs
diese Mumie nach Hermonthis gebracht werden und dort durch den
Pastophoren des Buchis in dem Tempel dieses Gottes, dem Bovxlv
(= Bov^Elov) beigesetzt werden solle.
Wer ist nun der Gott Buchis zu Hermonthis?
Aus Macrobius' Saturnalien ^) wissen wir, dafs in Hermonthis ein
heiliger Stier Bacis verehi't wurde, und auch Strabo XVH p. 817 er-
wähnt, ohne Namensnennung, dieses heilige Tier. Seine Identität mit
dem Bh genannten dem Gotte Montu heiligen Stier hat bereits
Brugsch^) erkannt.
1) An dieser Stelle befindet sich, wie mich Herr Professor Keil freundlichst
belehrte, ein durchgestrichenes W. Vermutlich wollte der Schreiber den Namen
W^vsovfiQi? schreiben.
2) In der Handschrift kein t adscriptum.
3) Das Spatium an dieser Stelle ist durch eine Unebenheit der Holzfaserung
veranlafst.
4) Das 7j ist aus to korrigiert.
5) Ähnliche Texte bei Le Blant: Tablai egyptiennes no. 63. 64. 65 (Rev.
arch. 187.5).
6) ed. Eyssenhardt I, XXI, 20 „in oppido Hermunthi magnifico Äpollinis templo
consecrattim soll colunt taurum, Bacin cognominantes, insignem miraculis convenien-
tihus nattirae solis. nam et per singulas horas mutare colores adßnnatur et hirsutus
saetis dicitur in adversum nascentihus contra naturam omniuvi animdlium."
7) Dictionnaire geogi-aphique S. 200. Im übrigen vgl. Wie demann: Zweites
Wilhelm Spiegelberg: Buchis, der heilige Stier von Hermonthis 341
Es liegt auf der Hand, dafs auch unser Bovxtq die Transkription
von Bh ist, und es ist niclit unwahrscheinlich, dafs das Epitheton xov
%^aov laov die altägyptischen Attrihute dieses Stieres b > 'nh n K
„lebende Seele des Sonnengottes Re'" wiedergieht. ^) Auch das „con-
secratum soll" des Macrobius erfährt durch die ägyptischen Worte eine
Bestätigung. Möglicherweise zeigt auch die bei Schiaparelli: Taf. LXX
gegebene Abbildung des Bh- Stieres den eigentümlichen Haarwuchs,
welchen Macrobius als „hirsutus sactis in adversimi nascentihns" be-
schreibt.
Angesichts der oben mitgeteilten griechischen Transkriptionen,
welche in bh fast sämtlich den Bildungsvokal ü zeigen (nur einmal o),
ist nun meines Erachtens die Lesung Bacis nicht mehr aufrecht zu
erhalten. Die griechischen Transkriptionen lassen nur die Wahl
zwischen den Bildungsvokalen ö und ü. Man wird daher im engsten
Anschlufs an die bestüberlieferte Form Bov%i<s in der Macrobiusstelle
Bucin verbessern.
Das in der Inschrift des Strafslmrger Etiketts genannte Bov^tlov
wird vermutlich das Begräbnis der Buchisstiere sein, welche ebenso
wie die Apisstiere (in dem ZaganiElov) ihre besondere Grabstätte
besafsen.^) Die Leiche der Taesis sollte an dieser Stätte beigesetzt
werden.
Dabei möchte ich auf einen Fund hinweisen, zu welchem die Aus-
grabvmgen fühi'ten, welche im Winter 1898/9 der Marquis of Nort-
hampton gemeinsam mit Percy E. Newberry und dem Schreiber
dieser Zeilen in der thebanischen Necropole unternahm. In Drah
Abul Neggah wurde ein grofses Grab von Ibissen und Sperbern ge-
funden, welches in ältere Gräber in der Ptolemäerzeit eingebaut war.
Hier lagen in verschiedenen Zimmern der weitverzweigten Grabanlage
hunderte von Leichen, und die zahlreichen demotischen Inschriften ^)
Buch Herodot S. 552; Wilkinson: Manners and customs of the ancient Egyp-
tians. 1878 S. 307; Sethe: bei Pauly -Wissowa unter Bacis; Maspero: Histoire
des peuples de l'Orient I S. 120 Anna.; Schiaparelli: Dizionario di mitologia
S. 201.
1) [Oder ist „der lebendige Gott Buchis" der Gegensatz zu dem toten 'Ogoq-
ßovxis^ D. ßed.]
2) Wie sich aus dem Eigennamen IIstoaoQßovxis (s. oben) ergiebt, auf
welchen mich Herr Prof. Wilcken freundlichst hinwies, hiefs der tote Buchis-
stier 'OaoQßovxis „der zum Osiris gewordene Buchis", ebenso wie der ver-
storbene Apisstier zum 'OaoQäTtig : Sarapis, der verstorbene Mnevisstier zmn
'O60Q0fiv£vig wurde.
3) Für alles Nähere verweise ich auf den in Vorbereitung befindlichen Aus-
grabungsbericht.
342 I- Aufsätze: Wilhelm Spiegelberg: Biichis, der heilige Stier von Hennonthis
bewiesen, dafs diese Mumien hierher geschafft waren, um in der Nähe
der heiligen Tiere zu ruhen. ^)
Strafsburg. Wilhelm Spiegelberg.
1) [Der Herr Verfasser gestattet mir, hier eine Bemerkung über das xiXog
einzuschalten, das in Z. 9 des Strafsburger Textes hinter dem vavlov erwähnt
wird. Ich denke dabei an das xilog tacpfig, über das ich in Ostraka I S. 304 ff.
gehandelt habe. Nach dem Strafsburger Text möchte ich die TsQuäfiig, die nach
Ostr. n. 1463 vnbQ xatpfiq — avdgbs zahlt, für die Leidtragende halten und an-
nehmen, dafs diese für die Kostümierung der Leichen erhobene Steuer wie von
den ifiatioTtwXcci, so auch von den Leidtragenden, die den Auftrag gegeben hatten,
erhoben wurde. Freilich bleibt auch dies einstweilen eine Vermutung. D. Red.]
II. Referate und Besprechungen.
Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos.
(Schlufs.)
3. Aus dem ägyptischen Eherecht.
Weitaus die wichtigste Frage im Rechtsstreit der Dionysia ist die, ob
ihr Vater Chairemou die Macht hat, ihre Ehe wider ihren Willen aufzu-
lösen. Wir haben gesehen (oben S. 180), dafs er, weil in den pekuniären
Rechtsfragen das Blatt sich zu Gunsten seiner Tochter gewendet hatte, nun
ihre Person in seine — sei es nun rechtliche oder faktische — Gewalt zu
bekommen trachtete, womit er jedenfalls auch ihr Vermögen wieder zu seiner
Verfügung gehabt haben würde.
Allem Anschein nach ist Chairemon in diesem Punkt im formalen
Recht. Diese Frage ist von den Herausgebern und neuerlich von Mommsen
(Berliner Festgabe für H. Dernburg) eingehend erörtert worden, so dafs
ich mich mit kurzen Bemerkungen begnügen kann. Der Status causae
et controversiae ergiebt sich am besten aus einer Wendung der Dionysia
Col. 7 lin. 12 sq.: ovSeig yccQ vo^og anovöag yvvaiKccg ccTt avdqav anoGnav
i(peCri6i.v, sl 6s nal l'ßriv Ttg, ccXX' ov TtQog rag £| syyQcccpcov yccfiojv ysysvi]-
fiivag nal iyyQucpcog ysy^^a^yrjfievag. Die Behauptung: 'Kein Gesetz erlaubt
dem Vater, seine Tochter dem Mann zu rauben, wenn es aber eines giebt,
so bezieht es sich nicht auf Töchter aus Schriftehen und die auch in Schrift-
ehe geheiratet haben' — diese Behauptung enthält offenbar das Zugeständnis,
dafs bei Töchtern aus ungeschriebenen Ehen {ayQa(poL yä^oi) dieses Recht
des Vaters wirklich vorliegt. Und auf dasselbe führt das Responsum des
Juristen Ulpios Dionysodoros Col. 8 lin. 4 — 6.
Ja es ist sogar mehr als fraglich, ob auch nur bei der eigentlichen
Schriftehe dieses väterliche Reklamationsrecht von Gesetzeswegen aus-
geschlossen wai'. Col. 4 lin. 20 — 29 wird allerdings eine Entscheidung des
Präfekten Flavios Titianos angeführt, der in einem solchen Fall^) die väter-
liche Scheidungsklage zurückwies; aber in einem späteren Prozefs vor dem
Epistrategen Paconios Felix wii-d dieses Präjudikat dahin erläutert, dafs
Titianos hier „der Unmenschlichkeit der Gesetze keine Folge geleistet habe"
{(iri 'rjKolovd'riKivai, rrj totJ vofiov aTtav&Qcania col. 7 lin. 34). Es war also
1) Zwar ist nicht ausdrücklich gesagt, dafs es sich hier um eine Schi-iftehe
handelte, aber es folgt dies wohl daraus, dafs Dionysia es als Beispiel für die
von ihr in diesem Fall behauptete ünauflöslichkeit zitiert.
344 11- Referate und Besprechungen
nur die Praxis der römisclien Magistrate, welche in solchem Fall die
äuTsersten Kechtskonsequenzen abwendete, wie man sie auch in Rom ab-
zuwenden suchte, wenn der Vater, gestützt auf seine potestas, unbillig die
Ehe zerstörte.^)
Dabei scheint übrigens noch eine Komplikation berücksichtigt werden
zu müssen. Es konnte der Fall sein, dafs die Tochter aus einem ayqarpoq
yccfiog stammte, aber in einem 'iyyqacpog ydiiog verheiratet war. Nach dem
Responsum des Ulpios Dionysodoros ^) (col. 8 lin. 3 sq.) genügte — wohl
auch wieder nicht nach den Gesetzen, sondern nach der Praxis — auch
dieses, um dem Vater das Reklamationsrecht zu benehmen. Die Recht-
sprechung wäre dann die gewesen: das ägyptische Recht galt ungebrochen,
wenn die Tochter i'^ ayQacpav ydiicov war und dyQccipcog verehelicht. In
jeder anderen denkbaren Kombination — l) i'^ ayQccq)cov yccjxav und kyyqa-
q)cog verehelicht oder 2) i'E, iyyQcxcpcov yd^cov und iyyQacpcog oder 3) dyQdq)0}g
verehelicht — wäre die Ehe der Tochter der Auflösung durch den Vater
entrückt worden. Doch ist für den Fall 3) diese Annahme zwar nach dem
Ausdruck unseres Papyrus nahegelegt, aber doch nicht unanfechtbar bewiesen.
Jede Erklärung dieses seltsamen Rechtszustandes muTs vom Begriif des
ayQaq)og und eyyQaq)og yd(i,og ausgehen. Der Erstere ist uns schon bekannt
durch den CPR 1 n. 18, wo einem Sohn e^ dyQdcpcov ydfxaov das Recht ab-
gesprochen wird, bei Lebzeiten seines Vaters ein Testament zu errichten
und hierdurch diesen von der Erbfolge auszuschliefsen. Das weist darauf
hin, dafs hier der Vater weitgehende Rechte über das Kind hat und damit
stimmt überein, dafs die römische Praxis zwar bei Töchtern aus Schriftehe,
nicht aber bei solchen aus ungeschriebener Ehe sich dazu verstand, dem
Vater eine Schranke zu setzen. Es mufs im letzteren Fall das Verhältnis,
obwohl es kein ganz illegitimes war, doch das Kind in eine sozial zurück-
gesetzte und dem Vater gegenüber halb unfreie Lage gebracht haben. Es
wird uns dies begreiflicher, wenn wir an die Rechtslage der unehelichen
Kinder im römischen Recht denken. Positiv unterrichtet sind wir darüber
— und das gehört zu den Rätseln unserer Überlieferung — nicht; aber es
ergiebt sich aus aller Überlieferung mit zwingender Notwendigkeit, dafs das
uneheliche Kind der unverheirateten Haustochter zur agnatischen Familie
nicht gehört haben kann. Da aber die Geschlossenheit des römischen Hauses
die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie für jedes Individuum mit
Notwendigkeit voraussetzt, kann nur ein klientelartiges Applikationsverhältnis
angenommen werden, welches das uneheliche Kind zu seinem unehelichen
mütterlichen Grofsvater in ein ähnliches Verhältnis — Vermögensfähigkeit
bei vorhandener Abhängigkeit — gesetzt haben mufs, wie es beim ägyp-
tischen Kind j| dyQdcpcov ydiimv der Fall ist.
Die schwierigste Frage bleibt immer die nach der Bedeutung der ayga-
cpoi yd^oi. Dafs zur vollgültigen Ehe die Schriftform gehörte, ist für
1) Paul. SR 2, 19, 2. Ulp. D. 43, 30, 1, 5. Mommsen a. a. 0. Note 16.
2) Die Herausgeber bezweifeln, dals die in diesen Besprechungen genannte
Dionysia identisch ist mit der unsi-igen, weil jene bezeichnet ist als i^ ayQdqxov
ydiLcav yiysvriiiivrj, unsere von sich das Gegenteil behauptet (7, 13). Aber das Re-
ßponsum will nicht besagen, dafs Dionysia sicher ayporqpog ist, sondern nur, dafs
wenn sie es auch sein möchte — was offen bleibt — dieser Mangel durch die
Verheiratung in einer Schriftehe saniert ist.
Ludwig Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 345
Ägypten und andere orientalische Länder eine erwiesene Thatsacho. Aber
ebenso sicher ist es jetzt nach den Papyri, dafs es auch ein — gleichfalls
ydfiog genanntes — eheliches Verhältnis minderer Kategorie giebt, das ayqa-
(pog ist. Und wir finden dieselbe Erscheinung im syrischen Rechtsbuch;
die Londoner Handschrift §§ 35, 36, 93 unterscheidet genau zwischen der
Ehe mit Schrift und der ohne solche, welche gleichfalls Ehe genannt wird,
aber kein Erbrecht der Kinder begründet.
Über den Zweck des ägyptischen äy^acpog yd^og sind wir auf den Weg
der Hypothese verwiesen. Es ist möglich, dafs unser Material hierzu heute
noch nicht ausreicht; möglich aber auch, dafs wir bereits in den vorliegenden
Papyri den richtigen Schlüssel haben. Denn diese deuten bereits auf eine
Erklärung hin, und zwar auf die sehr einfache, dafs man häufig die Ehe
blos provisorisch — wie man gesagt hat auf Probe — begründete, um
erst nach deren befriedigender Vollstreckung das volle eheliche Verhältnis
eintreten zu lassen.
Längst bekannt ist der 13. Papyrus der Pariser Sammlung, in welchem,
wie man es gewöhnlich auffafst, davon die Rede ist, dafs zwischen zwei
Leuten ein iviuvrbg övvoikiGlov besteht. Der betreffende Passus ist unklar
gehalten und verträgt verschiedene Auslegungen ■'^) ; aber soviel kann als
unzweifelhaft gelten, dafs das Verhältnis hier nur ein vorläufiges ist. Jetzt
aber bringen die P. Oxy. in Nr. 267 einen Kontrakt aus dem Jahr 36 p. C,
der eiü ganz ähnliches Provisorium enthält: „Tryphon erklärt der Saraeus,
von ihr 40 Silberdrachmen, ein Paar goldene Ohrgehänge und ein Kleid
erhalten zu haben, alles in allem im Wert von 72 Drachmen, was er ihr
in fünf Monaten erstatten wü-d. Wenn sie sich aber von einander scheiden,
erhält Saraeus jedenfalls die Ohrgehänge. Da sie aber jetzt beisammen
sind ccyQccg)(og, erklärt er ihr, wenn sie bei der Scheidung schwanger ist" ....
Hier bricht der Zusammenhang ab.
Das Wichtige an dieser Urkunde ist augenscheinlich, dafs von ayQccg)a)g
GvvsLvai aXhjXoig gesprochen wird; wahrscheinlich stehen wir hier gerade
vor einem dyQacpog ydfiog und wahi'scheinlich ist auch im 13. Papyrus des
Louvre von nichts anderem die Rede. Dabei ist sofort die seltsame contra-
dictio in adiecto ersichtlich: Man schreibt (beidemal) eine Urkunde und nennt
das einen d-yqucpog ydfiog. So wörtlich ist also die Sckriftlosigkeit nicht zu
nehmen; geschrieben wird auch hier — wo wird in Ägypten nicht ge-
schrieben? — aber nicht soviel als zur eigentlichen Ehe gehört. Das zeigt
sofort die Vergleichung unseres Oxyrhynchitischen Papyrus mit den eigent-
lichen Ehekontrakten, z. B. CPR1,24 u. 27; da wird (24 lin. 10; 27 lin. 11)
ausdrücklich davon gesprochen „Es sollen die Heiratenden zusammenleben
1) In den entscheidenden Worten: '^rfjg jXTjrpdg ^lov jiaxXriTiLCiSrig 6vvov6r\g
'ißiöwQm .... KaO"' rjv ^&8ro avtfj avyyQccqjijv o^oXoyiag, öi' rjg 8io\ioXoy£irai aXlu
TS v.cd ^'/^siv TtdQ o:vzf]i rjv TCQOosvrjvszTO (f)SQVi]v .... ycccl TtSQi roö Q'riOEGQ'ai ccvrjj
iv ivLavTO} awoiMialov' ist fraglich, ob avvoLxiaiov mit iviavTog zu verbinden ist,
was meist geschieht, aber mit dem Dativ ixvtfj nicht vereinbar ist, oder mit
cvyygacp'qv, wo es hiefse: 'er werde ihr in einem Jahr einen (förmlichen) Ehe-
kontrakt ausstellen' (Grenfell-Hunt 245). Jedenfalls ist 6vvoi%iaiov farblos genug,
um sowohl die schriftliche als die ungeschriebene Ehe bezeichnen zu können
(Grenfell-Hunt a.a.O. p. 243 n. 11); danim ist auch bei der GvyyQutpi] Gvvoixiaiov
in Nr. 16G es zweifelhaft, welches von beiden eigentlich vorliegt. Bei Justinian
(Nov. 74 c. 1) ist ovvoixioiov die Bezeichnung für die rechte Ehe.
346 II- Referate imd Besprechungen
olme Tadel, indem der Mann nach Kräften der Frau Lebensunterhalt und
Kleider giebt, und was einer Ehefrau gebührt, die Frau aber tadellos und
vorwui'fsfrei sich benimmt". Ebenso in BGU 183, 6; 251, 4. Schon in
dem jüngst von Nicole (Genfer Pap. 2, n. 21) veröffentlichten ältesten aller
griechischen Ehekontrakte — wahrscheinlich 2. Jhd. vor Chr. — sind diese
Stipulationen zu finden: „Es darf der Mann keine andere Frau nehmen oder
von ihr lünder erzeugen, und die jetzige nicht verjagen und mifshandeln
und schmähen . . . und ebenso die Frau keinen Tag abwesend sein aus dem
Hause und mit keinem anderen Mann zusammengehn und das gemeinsame
Haus schänden" u. s. f. Dementsprechend wird auch in all diesen Kontrakten
eine eigentliche cpsQvr; bestellt, eine Mitgift im technischen Sinn des Worts
CPR 24, 8; 27, 6; 28, 7, zu ergänzen wohl auch in 21, 11; 21, 9; 23, 4;
BGU 183, 6 cf. 251, 5 (erg.); 252, 6. P. Genf. cit. lin. 9. Welche Rolle
hier die Mitgift spielt, das wü-d illustriert durch das syrische Rechtsbuch
L. § 93, wonach der Ehekontrakt selbst, a potiori, cpegvi^ genannt wird und
L. 35, 36, wonach die Frauen unterschieden werden in solche mit und ohne
q)eQV7] (= Ehekontrakt), das genaue Analogon zum eyyQacpoq und ayqacpog
yd flog.
Ganz anders steht es dagegen zwischen Tryphon und der Saraeus in
P. Oxy. 267. Da ist von irgendwelchen übernommenen Ehepflichten noch
keine Rede, es fehlt der definitive Ehekonsens, die affectio maritalis würde
ich sagen, wenn ich nicht es vermeiden wollte, diese unklare und bislang
immer so überernst genommene Phrase anzuerkennen. 'Eitsl 6s 6vvi6(isv
ciyQuq)cog — da wir nun ohne Schrift zusammenleben (lin. 18), das ist alles
was gesagt wird. Demgemäfs ist von einer cpiQvri nicht die Rede — die
Frau bringt eine Kleinigkeit mit oder scheint dies zu thun; ich komme
darauf gleich zu sprechen. In Pap. Par. 13 (s. oben S. 345) heifst es
freilich, dafs der Mann in einer Urkunde bekannt hätte empfangen zu haben
naq' avrrig rjv TigoGevrivEnzo cpSQvriv laXKOv {räkavta) ß. Aber dieser Pa-
pyrus ist nicht das Original des ayqacpog yccfiog, sondern eine Klagschrift,
die von demselben nur berichtet; im P. Oxy. 267 sehen wir, dafs das
Original von rpBQvr] eben nicht spricht und der Pariser Papyrus drückt sich
daher wohl untechnisch aus, wenn er trotzdem diesen Terminus gebraucht.
Das scheint mir namentlich angesichts der Analogie aus dem sja'ischen
Rechtsbuch ziemlich sicher.
Also: iyyqacpog yccfiog ist die in solennem Ehekontrakt, mit Zusage des
ehelichen Zusammenlebens und Stipulationen über die Mitgift (und ander-
weitige Vennögensverhältnisse) bestätigte Verbindung, ayQacpog yccixog eine
vorläufige, wenngleich urkundlich versicherte Verabredung, in welcher die
beiden Teile keine dauernden Vei*pflichtungen auf sich nehmen. Ob jede
Ehe dieses Vorstadium durchgemacht hat, wissen wir nicht, und mögen es
bezweifeln.^) Ebenso wenig wissen wir, ob füi* dasselbe eine Zeitgrenze
üblich war, etwa ein Jahr — der iviavTog GvvolkigIov. Notwendig war
sie sicher nicht. Wenn im C. I. de nat. lib. 5, 27, 10 und 11, wo der Fall
1) Aber man bemerke, dals in BGU 183, G; 251, 4; 252, 7 es immer heifst
cv^ßiovrcoGccv ovv aXXr'jXoLg . . . -na&cog xal itQosyäyiOvGcxv (sie) oder ^livsiv avroig
TTji' 6vn,ßi(oaiv Kud-6ti yial (nQÖtuQov). In den Wiener Heiratskontrakten kommt
dieser Hinweis auf ein schon bestehendes Zusammenleben nicht vor.
Ludwig Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyi-hynchos 347
vorausgesetzt ist, dafs Jemand eine Frau, von der er schon mehrere Kinder
hat, nachträglieh legitimiert, solche Verhältnisse ins Auge gefafst sein sollten,
wie die ägyptische und syrische Ehe ohne Schrift^) — was ich für sehr
möglich halte, — so hätten wy.' den dokumentarischen Beweis dafür, dafs
sie jahrelang bestehen konnten. Dagegen giebt es keinen Beweis in diesem
Sinne ab, wenn in CPR 1, 18 und der Dionysiaurkunde auch erwachsene
Kinder i^ ccyQcccpcov yaftwv sind ; denn es ist sehr zweifelhaft, ob ein Kind, das
einmal in dieser Situation war, es nicht auch dann blieb, wenn die Eltern
später die Schriftehe eingingen. Ja, wenn die eben zitierten Konstitutionen
Justinians hierher gehören sollten, so würden sie beweisen, dafs bis auf
diesen Kaiser das agraphische Kind hinter seinen nachgeborenen engraphi-
schen Geschwistern von denselben Eltern zurückgesetzt blieb.
Eine besondere Frage ist übrigens die, ol) die ungeschriebene Ehe auch
neben einer geschriebenen — also als Form der Polygamie — möglich war.
Nach dem syrischen Rechtsbuch S. 36 könnte man dies für Syrien an-
nehmen, weil da die Rede ist davon, dafs „ein Mann zwei Frauen hat, eine
erste ohne cpsQvrj und eine andere in gesetzmäfsiger Weise." Doch ist es
auch hier möglich, an successive Ehen zu denken und jedenfalls daraus für
Ägypten, wo die Polygamie recht zweifelhaft ist^), nichts zu folgern; wie
ich denn überhaupt bitte, die Parallelisierung der ägyptischen mit den sy-
rischen Verhältnissen nui- als eine reservierte und mehr zur Illustration als
zu sicheren Schlüssen herangezogene zu betrachten.
n. Ich habe früher bemerkt, dafs in P. Oxy. 267 die Saraßus dem
Tryphon eine Mitgift zu geben ^scheint'. Dies führt auf die Frage nach
der fingierten Mitgift und Donatio ante nuptias.
In dieser Beziehung haben die Herausgeber unserer Publikation in den
Vorbemerkungen zu Nr. 266, p. 239 — 241 einen Vorstofs unternommen
gegen die von Wessely und mii- (Reichsrecht Kap. 7) aufgestellte Theorie
der fingierten Mitgift, wonach in den gräko-ägyptischen Ehekontrakten es
vorkommt, dafs der Mann der Frau bestimmte Wertgegenstände oder Geld-
summen schenkt, jedoch ohne dies ausdrücklich zu sagen, vielmehr in der
Form, dafs sie ihm dieselbe sofort als Mitgift in die Ehe zurückbringt und
er ihre „Rückstellung" als einer „Mitgift" für einen späteren Zeitpunkt
verspricht.
Grenfell-Hunt weisen darauf hin, dafs das Hauptbeweisstück für obige
Anschauung hinfällig geworden sei, seit Hunt im J. 1897 die Lesungen
Wessely s in CPR 1, 23 lin. 12 rektifiziert hat. Nach Wesselys Lesimg war
dieser Papyrus eine Art Gegenschein zu Nr. 22 (wo der Mann eine Mitgift
empfangen zu haben bekennt) und enthält eine im Zeitpunkt der Ehe-
schliefsung abgegebene Bestätigung der jungen Frau über den Empfang
ihrer „Mitgift", welche danach nm- eine fiktive Mitgift, und in Wahrheit
eine , blofse Brautschenkung von selten des Mannes wäre. Nim behauptet
1) Gewöhnlich bezieht man diese Gesetze auf den Konkubinat. Aber die
Ausdrucksweise derselben ist doch so eigentümlich, dafs man dagegen Bedenken
haben mufs. Das Wort Konkubinat ist vennieden, es heifst höchstens (c. 11)
''contubemium', in 10 pr. ist geradezu davon die Rede, dafs später ex eodem matri-
monio Kinder geboren werden, und in 10, 2 wird geradezu auf einen von vorn-
herein bestehenden affectus maritalis geschlossen.
2) Reichsrecht p. 222 n. 7.
Archiv f. Papyrusforschung I. 2. 23
348 II- Referate und Besprechungen
aber Hunt, dafs Wesselys Lesung — für die icli nicht verantwortlich bin,
da ich mich seinerzeit ausdrücklich nur auf sie und nicht auf eigene Le-
sung belaufen hatte — unrichtig gewesen ist und es sich in Wahi-heit um
eine Scheidung handelt; dann ist natürlich von einer ganz gewöhnlichen
Rückstellung der Mitgift an die Frau die Rede. Nun bin ich, da ich
den Papyrus nicht nachgeprüft habe, nicht in der Lage, Hunts Textvor-
schlägen irgendwie etwas Bestimmtes entgegenzusetzen, und halte es darum
für sehr gut möglich, dafs auf dieses Beweisstück wird verzichtet werden
müssen. Auch kann ich dagegen nichts vorbringen, wenn bezüglich der von
Revillout übersetzten demotischen Ehekontrakte, auf die ich mich gleichfalls
berufen hatte, behauptet wii'd, dafs man HeiTU Revillouts Demotik nicht
trauen düi-fe. An der Richtigkeit meiner Auffassung selbst bin ich deshalb
noch lange nicht irre geworden.
Zunächst schicke ich voraus, dafs die Frage sich beschränkt auf die
gräko-ägyptischen Eheverträge. Damit ist gesagt, dafs, selbst wenn die
fiktive Mitgift hier nicht bestanden hätte, deswegen doch alles übrige, was
ich daiüber (Reichsrecht und Volksrecht Kap. 7) ausgefühi-t habe, voll-
kommen unbei-ührt bleibt. Unberührt bleiben vor Allem die klassischen
Zeugnisse der Kaiserkonstitutionen, welche es als allgemeinen Brauch be-
zeichnen, dafs res ante nuptias donatae, ut adsolet fieri, in ilotem a mu-
liere rediguntur, Nov. Theod. 14, 1 = C. I. 5, 9, 5, 1. D. 6, 2, 12 pr. giebt
einen Fall, wo der Bräutigam der Braut einen Sklaven schenkt und von
ihr als Dos zurückempfängt (Reichsrecht 297 n. 8); in D. 24, 1, 59 —
einer mir erst nachträglich aufgefallenen Stelle — heifst es: ^Si quis uxorl
ea conditione donavit, ut quod donavit in dotem accipiat, defuncto eo do-
natio convalescif. Auch C. Th. 3, 5, 13 zeigt, dafs diese Rückbringung der
Brautschenkung in der Dos oft ausbedungen wurde. Also die Sitte selbst
ist für die damalige Zeit unbestreitbar, und was ich danach für die Ge-
schichte der Donatio propter nuptias ermittelt habe, bleibt auf alle Fälle
unerschüttert. ^) Es kann sich also höchstens darum handeln, ob die fiktive
Mitgift, oder, um es mit einem lateinischen Ausdi-uck zu bezeichnen,
die donatio ante nuptias in dotem redacta, nicht gerade in Ägypten
gefehlt hat.
Da möchte ich nun gerade auf unsern ayQacpoq ydfiog zwischen Tryphon
und Saraeus hinweisen. Wie gesagt, giebt es auch hier pekuniäre Stipula-
tionen; die Herausgeber beziehen sie auf eine Mitgift der Saraeus. Sehen
wir zu. Tryphon bekennt von seiner Frau' Geld, Ohrringe und ein Kleid
empfangen zu haben; o^oXoyä) 'dyiiv naqd 6ov .... 1) aQyvqiov voiniG^axog
ÖQa'i^dg rsöödQdKovra 2) aal rifiTjg ivcoriav y^Qvßwv ^svyovg ivbg aQyvQiov
ÖQCii^ag eiKoGi 3) Kai ^trcovoj yaXaKtivov ccQyvQiOv 5pa;(jiiag öena dvo (Sununa:
72 Drachmen Silber). Als cpsQvri ist das hier nicht bezeichnet, und dafs
Pap. Par. 13 diesen Ausdruck für einen vielleicht ähnlich gelagerten Fall
gebraucht, kann, wie oben schon gesagt, gegenüber dem Originalkonti-akt
keine Listanz bilden; ich erinnere daran, dafs auch die syrischen Ehe-
kontrakte in solche mit und ohne q)SQvri eingeteilt werden, also gerade der
1) Eine überraschende Bestätigung hat dasselbe später erfahren durch die
Untersuchung Brunners über die fränkisch-romanische dos, Sitz.-Ber. der Berliner
Akad. 1897, 545 f., bes. 554—56.
Ludwig Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 349
Mangel der technischen cpEQviq dort für die schriftlose Ehe charakteristisch
ist. Nun heifst es weiter "rag öe tov uoyvqiov S^ai^iaq sßSo^i'iKOvxa ovo —
diese ganzen 72 Silberdrachmen — cctcoöcoGco ßot trj rQia%ocdi rov (baG)rpi
xov laiovtog öevrsQOv erovg Fawv KalaaQog' ; was ist das für eine Mitgift, die
auf alle i^'älle der Frau binnen fünf Monaten ausgezahlt wii'd? Ich denke,
wir haben gerade hier die echte und rechte Brautschenkung vor uns. Weiter:
iav Öe aTtaXlaywjXEV ccti ccXXriXcov i^iarat Goi Eyj£iV t6 x&v ivcarlov ^E'vyog ii>
xt]t l'arj ÖLaxiin^asi; wenn sie sich also (vorher?) scheiden, bekommt die Frau
die goldenen Ohi-gehänge. Warum nur diese? Wenn es eine Mitgift war,
mufste sie doch alles bekommen. Wie ich den Kontrakt lese, kann ich mir
gar nichts anderes denken, als dafs hier eine Donatio ante nuptias vorliegt:
40 Silberdrachmen, ein Paar Ohi-ringe und ein Kleid — nebenbei, was wären
Ohrringe und ein, sage ein Kleid, für eine Mitgift! — bekommt die Frau
binnen fünf Monaten, wenn sie beim Manne bleibt, und auf alle Fälle, schon
prima pro nocte die Ohi-ringe. Deutlicher kann das gar nicht sein.
Dann erklärt sich auch von selbst folgendes. Unser Kontrakt hat
einen Anhang, der sieben Jahi*e später, a° 43 beigesetzt ist, wo Saraeus
dem Tryphon bestätigt, dafs sie die 72 Drachmen wirklich bekommen hat.
Nun finden wir aber in anderen Urkunden, welche die Herausgeber p. 244
zusammenstellen, dafs dieses Ehepaar noch im Jahi* 59 verheiratet war.
Wieder fragt sich, warum wii'd da schon a° 43 die Mitgift zurückgegeben,
und selbst die Herausgeber können sich das nur so erklären, dafs ^ein zeit-
weiliger Bruch zwischen den Gatten stattgehabt hatte' oder dafs a" 43 ein
neuer Ehekontrakt (etwa EyyQacpog ycifiog?) aufgesetzt wurde. Aber die
Sache ist sehi* einfach; die Gatten leben ungestört in ihrem ayqufpog yu^iog
weiter; nur dafs der gute Tryphon, der schon im J. 36 sich fünf Monate
ausbat, um die Schenkung zu vollziehen, erst im Jahi'e 43 es zu dem er-
forderlichen Bargeld gebracht hat. ^)
Danach kann ich feststellen, dafs auch für Ägypten die Theorie von
der donatio ante nuptias in dotcm redacta, weit entfernt davon, erschüttert
zu sein, gerade durch den neuen Band der Oxyr.-Pap. die schönste Bestä-
tigung erfahren hat. Wenn sie früher noch zweifelhaft sein konnte —
auch Lenel in seiner Besprechung von Reichsrecht und Volksrecht, Ztschr.
f. Handelsrecht 41, 605 hat die Sache nach den bisher bekannten ägy})-
tischen Ehekontrakten für noch nicht völlig liquid angesehen — , so ist jetzt
die volle Evidenz hergestellt; die Beredungen zwischen Tryphon und Saraeus
sind weitaus das deutlichste, was uns die Papyri bisher über diesen Punkt
eröffnen. Danach kann auch bezüglich der bereits bekannten Papjnri nicht
1) Allerdings heifst es lin. 3 fg. , dafs Geld , Ohrringe und Kleid bei einer
Bank erliegen, was nach meiner Auffassung bedeutet, dafs der Bräutigam sie
hingelegt hätte. Aber natüi-lich steht das nicht entgegen, dafs er in einem geld-
bedürftigen Moment sie wieder für sich verkauft hat und neu schafFen mufste.
Übrigens ist es wenigstens bezüglich der Ohn-inge und der Kleider sehr wahr-
scheinlich, dafs sie bei der Eingehung der Ehe gar nicht in natura vorhanden
waren, sonst wären sie wohl gleich der Frau ausgefolgt worden; sondern Tryi^hon
hatte nur ein Bai'guthaben von 72 Drachmen, und auch dieses war, wie der Er-
folg bestätigt, nur ein Notpfennig, den er schliefslich doch erst nach sieben
Jahren zu Luxuszwecken verwenden konnte. Dafs er nicht die 72 Drachmen als
Ganzes seiner Frau schenkt, sondern einen Teil in weiblichen Putz verwandeln
zu müssen glaubt, kann jeder Bräutigam erklären.
23*
350 11- Referate und Besprechungen
mehr gezweifelt werden, dafs einzelne Stücke der von der Frau beigestellten
Mitgift aus Brautschenkungen herrühren. ^)
III. Aufser den bisher besprochenen enthält der gegenwärtige Band
noch einige andere auf die Ehe bezügliche Stücke. Nr. 265 ist ein links-
seitig stark beschädigtes Stück eines Ehekontraktes; intei*essant sind daran
namentlich die eingehenden Abmachungen betreffend der Kinder und der
Voi-mundschaft über sie beim Tod des Vaters (lin. 17 — 22, 23 — 25), aber
leider alles ganz verstümmelt. Nr. 266 ist eine Quittung über die wegen
Scheidung zui-ückerhaltene Mitgift. Anregend ist Nr. 268; ein Vergleich
zwischen der Frau Ammonarion mit ihrer Tochter Ophelus einerseits und
anderseits mit dem Neffen Antiphanes des verstorbenen Mannes der Ammo-
nai'ion, worin Ammonarion ihre Mitgift zurückerhält und dafür Ophelus zu
Gunsten des Antiphanes auf ihre Erbansprüche an das väterliche Vermögen
verzichtet. Anscheinend ist der Nefle der Erbe, der sich auf diese Weise
mit der Witwe und den eventuellen Erbansprüchen der Tochter auseinander-
setzt. Dieser Vergleich ist aber keine Privatm-kunde, sondern hat die Form
einer Eingabe an den Archidikastes, mit der Schlufsbemerkung: iv ös rotg
ngoKSi^EVOLg ovn l'vEört (TcojU,o;Ti[(7(U.o^] ' a^iovfisv wg Ka&i^Kei. Die eigentüm-
liche Erscheinung, dafs Rechtsurkunden dem Archidikastes üben-eicht werden,
ist nicht neu; sie findet sich auch in BGU 455 (Kauf), 741 (Darlehen)
und 729 (Depositum). Gradenwitz (Einführung p. 92) hat das testamentiim
judici oblat/um zur Vergleichung herangezogen, und jedenfalls nimmt der
Archidikastes ein Exemplar der Urkunde in seine Verwahrung. Ich hatte,
als ich vor zwei Jahren (Hermes 34, 97) die Nr. 34 des ersten Oxyi*hynchus-
bandes erläuterte, diese neuen Berliner Stücke noch nicht zur Verfügung;
sonst würde ich schon damals es nicht blos auf die Prozefsakten bezogen
haben, wenn der Präfekt, von der Registiierung der Kontrakte sprechend,
hinzufügt: Tcoukcoöav t6 avtb nal oi KctXovfiEvoi iiil rijg öiaXoyTjg rcbv kutu
y.uiQov aQy^iSi,%aGx6}v yQafifiareig Kca tag Ttsv&rjfiEQOvg Katai(OQi.^£t(o6av.
Auch das wird sich jedenfalls, wenn nicht ausschliefslich , so doch auf die
Kontraktsurkunden mitbeziehen, die dem Archidikastes präsentiert wurden;
die Einrichtung ist offenbar eine stark frequentierte. Im Grunde genommen
ist sie nur der provinziale Ez'satz für die den Peregriaen fehlende Legis
actio; denn dafs sie nicht von Römischen Bürgern allein benutzt wird (wie
allerdings in BGU 729, 741 der Fall ist), zeigt unsere Urkunde, wo lauter
Nichtrömer erscheinen. Auch an das spätere lus gestorum der Munizipal-
magistrate wird man zur Erläuterung denken müssen.
Beachtenswert ist die Schlufsbemerkung: „dem Vorstehenden fehlt der
GojftßTiöjiidg; wir bitten um das Erforderliche". Za^axi^Biv — von Wilcken,
Ostraka 2, 465 als unklar bezeichnet") — bedeutet m. E. einfach die Ein-
1) Man beachte auch P. Oxy. 282: Die erste Frau des Tryphon — denn
Saraeus ist erst seine zweite — ist ihm durchgegangen, er klagt: intxoQijyriGcc
avtfi zu i^yg v.al vtcsq Svva[Liv (lin. G) und lin. 14 f. : dib d:|iw c(%&fjvai rccvxriv
ini as ÜTioig rvj^'^ wv TtQoariKhi y.ul anodcb jxo^ tu rjiiktiQa . . . lin. 22: {iGti) 8b riäv
v(pttiQri^^vaiv [ \(paiov a^Lov (SQccx^öiv) (i u. s. f. (abgerissen). Der Schlul's
enthält das in lin. 7 angekündigte {iTt£j(^0Qriyr]au %k i^fig) Verzeichnis seiner Braut-
geschenke. Also hat er schon seiner ersten Frau solche gemacht. Dafs sie 'redada
in dotem' waren, steht allerdings nicht da; aber dafs er solche Geschenke zu
machen pflegte, ist dadurch neuerlich erwiesen.
2) [Vgl- jetzt oben S. 17G. d. Red.]
Ludwig Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 351
tragung; wie öm^ariov der Kontraktsköi-per ist, Nicole P. Gen. 1 n. 11
lin. 18, 2 n. 68 lin. 18, so öcofjLati^etv die Einverleibung, Einkörperung in
das Buch. Daher heifsen in einer aTtoyQacpi] von zwei Aniren dieselben
6(o^axL^6iisvc<i dg Ovcdegiav TJavUvov^ die Patentin selbst, BGü 139. In
BGU 198 werden Grundstücke einbekannt von einer gewissen Oeuvwg^ ein-
verleibt sind sie im Kataster auf Zcot[d^]oi;g die Tochter des Petesuchos —
solche Fehler im Grund1)uch kommen oft vor (P. Oxy. 1, 78); damit er-
ledigt sich das Bedenken Wilckens a. a. 0. Ein aafiaTiö^ög xcüt' avÖQct
BGÜ 141 ist ein Verzeichnis Mann für Mann. Also das, worum der Archi-
dikastes gebeten wii-d, ist einfach wieder die Registrierung des Kontraktes.
4. Verschiedenes.
Ich bin nunmehr mit den wesentlichsten Fragen zu Ende, zu welchen
der Dionysia- Papyrus Anlafs giebt. Ehe ich denselben gänzlich verlasse,
weise ich noch auf zwei Punkte hin, wo er uns denkwürdige Aufschlüsse
giebt; auf beide hat zuerst schon Mommsen in der Berliner Festgabe fiii-
Heinrich Demburg aufmerksam gemacht. Einmal: der Papyrus zeigt uns
das Bestehen eines gesckriebenen ägyptischen Gesetzbuchs; denn der Anwalt
des Chaii*emon beruft sich auf das ägyptische Gesetz und der Richter ver-
legt den Termin, damit dieses verlesen werden kann, da es offenbar nicht
zur Hand ist; col. 7 lin. 33; lin. 35 beginnt dann in einem späteren Termin
die Verlesung. Ob das freilich eine von den Römern veranlafste Aufzeich-
nung ist oder ein älteres enchorisches Gesetz mufs dahingestellt bleiben;
der Umstand, dafs der Richter es nicht zur Hand hat, spricht eher für
letzteres, aber natürlich nicht entscheidend. — Weiter ist auch das Gut-
achten des vofiiKog Ulpios Dionysodoros sehr merkwürdig; wir ersehen hier,
dafs es respondierende Juristen — natürlich nicht ex aiicforitate xnncipis
respondierende — auch in der Provinz gegeben hat.
Im Ganzen giebt die Ausgabe der P. Oxy. dem Referenten weniger
Stoff zur Besprechung als andere Publikationen, weil die Herausgeber mit
grofser Energie ihr natürliches Recht handhaben, als Erste die Texte zu
kommentieren, und dies so trefflich thun, dafs mitunter zu thun nichts
mehr übrig bleibt. Zum Glück bleibt immer noch einzelnes zu ergänzen
oder auch zu rektifizieren.
So steht es z. B. mit Nr. 273, wo Julia Herakla ihrer Tochter Gaia
ein Grundstück schenkt; die beiden Frauen sind Römerinnen, Gaia, ovdi7t(o
ovGa iv i]Xi'Kia wird durch einen gewissen Theon vertreten; wenn dies ihr
Vormund ist, so haben wir ein Beispiel für die von Erman gemachte wich-
tige Bemerkung, dafs es immöglich gewesen sein mufs, in dem damaligen
Völkergewirr jedem Unmündigen, wie es die Theorie des Personalrechts er-
fordern Avürde, einen Volksgenossen zum Vormund zu geben. Freilich, an
römischen Bürgern sollte es in Ägypten keinen Mangel gegeben haben. —
Schwieriger ist die Frage nach dem Geschlechtsvormund der Mutter. Die
betreffenden, teilweise fragmentierten Worte scheinen mir von den Heraus-
gebern mifsdeutet. Es lautet
o^ioXoyBi ^IovXi\a ^II\QCiy\X\a ^\ß\xa kvqIov tov ösö^o^^ivov kijtj}
Kara Tß[. .],ua . . ve . v vito Falov 2e[7tT^i^[io]v 0[y]eYi[r]ov tov
[^r}y]e^ovev6avrog al^noXo^v&cog ry y£^[o]i!*«'[v]i7 raßikXrj Aovmov
^OcpsXliov AovALOv . . . cpexsiva AvQ^[s\6xiov %xX.
352 I^- Referate und Besprechungen
Die Herausgeber verbinden hier Aovniov ^0(pEXUov mit kvqiov, sehen
die Worte ylovniov . . . q}8rsiva (?) lÄvd-eöXLOv als Patroiaymikon an und
halten die raßiXkr} für einen Bescheid des Statthalters, durch welchen Lucius
Ofilius ziun Vormund bestellt wurde. Nun ist aber raßiXXr} in dieser Be-
deutung u. W. in den Papyri nicht bezeugt, und dafs der Statthalter 'ano-
Xov&cog' seines eigenen Dekrets einen Vormund bestellt hat, scheint mir
grammatisch unmöglich. TaßiXlrj heifst in BGU 388 111, 11 31 der Frei-
lassungsbrief-, man wird auch für das Kodizill und vielleicht sogar das
Testament (tabulae) die Möglichkeit dieser Bezeichnung ins Auge fassen
dürfen. Kann man letzteres, so wären die Worte anoXov&cog x-Tj yevojisvri
raßiXXrj Aovniov ^OrpiXXiov doch wohl so zu verstehen, dafs der Statthalter
gemäfs dem letzten Willen des Lucius Ofilius der Julia Herakla einen Tutor
gegeben hätte; für den Namen dieses Letzteren blieben die Worte . . . cpB-
TEivcc Av&sOTiov übrig (das inmitten stehende zweite Aovklov kann Patro-
nymikon des L. Ofilius sein^)), wobei der Wortrest cpstsiva wegen der un-
möglichen Flexion nicht richtig gelesen sein kann.^) Sachlich wäre dann ein
tutor confirmatus nach D. 26, 3, 1; 7, 1 vorhanden, d. h. Lucius Ofilius stand
zu Julia Herakla, wie schon die Namen zeigen, nicht in dem Verhältnis,
um zur tutoris datio berechtigt zu sein; aber ein letztwilliger Vorschlag
von seiner Seite war im Wege der confirmatio zu berücksichtigen, wie es
beim unehelichen Vater und sonstigen nahestehenden Personen immer der
Fall ist.
Von den übrigen Rechtsurkunden mache ich aufmerksam auf Nr. 259:
Bürgschaft für die Gestellung eines auf freien Fufs zu setzenden Schuld-
gefangenen vom J. 23 p. C. Der Büi-ge leistet dem Kerkermeister (to5
tetay^Eva TtQog rrj rov /iioq (pvXazfi) einen schriftlichen Eid per genium
principis: ^0(xvvco TißsQiov KaißaQa Neov SsßaGxov Avxozqccxoqu el firjv
Ktriöeöd-ai (1. Kxrjöaßd'ai) rjfiEQag XQianovxa sv aig ccTionaxaßxrjGco ov ivyeyvr}-
(.lat naQcc öov in xfjg TCoXtxt-nfjg cpvXaKrjg xü OaCocpi, xov ivsöx&xog IVovg
EaqaTtimva. EaQaitifavog xov elörjyfievov nQog GvyyQaif/riv iSt6yQaq)0v ipeXiov
IQVöov fi,vatrj(ov ovo Maycavov elg Xoyov AXtvrjg xrjg Jiovvöiov affr^g dia
BiXXov (? BidXov) dioinrjriKov vTtrjQExov. Zwei Punkte sind daran beachtens-
wert. Einerseits die Existenz des Schuldturms. Dafs es in Ägypten einen
solchen gab, wufsten wir bereits aus dem Edikt des Tiberius Julius Alexander
von 68 p. Chr.; dort wird uns aber berichtet, dafs er schon allgemein be-
seitigt sei, ausgenommen für Fiskalschuldner. Nur hatten die Wucherer es
verstanden, ihren Forderungen den Anstrich von Fiskalforderungen zu geben ^),
weshalb der Statthalter diese Umgehung des Gesetzes verbietet. Unklar war
dabei bisher die Bemerkung des Statthalters, dafs er dies verfüge "^eTtofisvog xy
xov 0eov Zeßaaxov ßovXijaeL''] ich hatte, Reichsrecht 447 n. 5, im Anschlufs an
Rudorfi" angenommen, dafs es sich hier handelt um eine Konstitution Augusts,
welche in Ägypten die Schuldhaft abschaffte, während Schrader an die
l. Julia de cessione honormn gedacht hatte. Nun sehen wir, dafs noch nach
1) Vgl. Nr. 270 lin. 3 Aovkicc f} Kai Ocxia&g Aovkiov.
2) [Ich vermute: Ovtpitsiva. Also: L. Ofellius L. f. Oufentina Anthestius.
d. Red.]
3) Das Nähere habe ich Reichsrecht u. Volksrecht 448 n. 1. 527 auseinander-
gesetzt.
Ludwig Mitteis: Neue Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 353
August der Schuldthurm fortbestand; da ich in solehen Dingen nie an abu-
sive Praxis glaube, bin ich jetzt der Meinung, dafs Tib. Julius wirklich nur
an die l. Julia de cessione hon. gedacht hat, welche ja die Personalexekution
in keinem Punkt beseitigt, sondern nur dem Schuldner eine goldene Brücke
baut, ihr durch rechtzeitige Konkursansage zu entgehen. Dann ist aber er-
wiesen^), dal's dieses Gesetz geradezu von Augustus, wenn nicht überhaupt
geschaffen (es wäre noch immer C. Julius Cäsar als Schöpfer möglich), so
doch auf Ägypten erstreckt worden ist. — Die weitere Konsequenz dieser
Annahme wäre die, dafs Piskalschuldner das Recht auf cessio 'bonorwm nicht
hatten; denn sie kamen immer noch in die Schuldhaft.
Merkwürdiger noch als das Gesagte ist der Umstand, dafs die Ver-
haftung ei'folgt war it^og ßvyyqafpTiv. Ist das wörtlich zu nehmen, so war
hier eine Exekutivklage unangenehmster Art gegeben; man denkt natürlich
sofort an die bekannte Klausel -jj nQuS,Lg eöra i% tov SavtiGcc^ivov (xai ik
t5)v VTtdQypvxav avxn) %ad'ccnEQ ix di-Krjg. Dafs dieses bis zur Verhaftung
auf Grund einer Urkunde gediehen sein sollte, ist bis jetzt nicht bezeugt;
Vermögens arr est als Sicherungsmafsregel kommt ja massenhaft vor.
Nun kann man die Schwierigkeit teilweise beseitigen, indem man zu der
6vyyQcc(pri ein Urteil oder eine Confessio hinzudenkt; aber anderseits legt
doch der Umstand, dafs der verhaftete Schuldner gerade auf dreifsig Tage
— das tempus jitdicafi — gegen Kaution auf freien Fufs gesetzt wird,
auch für diesen Fall die Annahme sehr nahe, dafs er schon unmittelbar
nach dem Urteil oder der Confession sicherungsweise verhaftet worden ist und
nur noch für das tempus judicaü gegen Bürgschaft einen Urlaub erhält. Aufser-
dem darf man aber auch die Möglichkeit nicht aufser Augen lassen, dafs
sicherungsweiser Ari'est schon vor dem Prozefs auf einseitigen Antrag des
Gläubigers verhängt wurde. Ob die eigentümliche Typenklage, von der
Philostratos spricht (Reichsrecht p. 96 n. 6), hiermit in Zusammenhang
stehen könnte, ist bei dem gegenwärtigen Material zwecklos zu untersuchen.
Es findet sich freilich in der gegenwärtigen Publikation auch ein sicherungs-
weiser Arrest in Nr. 294 und die Bitte um Verhängung desselben in Nr. 283;
aber beidemal wohl im Strafprozefs, an der zuletzt angeführten Stelle noch
dazu einen Sklaven betreffend, also recht selbstverständliche Dinge.
Nennenswert sind aufserdem noch vor allem die beiden Cessionsurkunden
Nr. 271 und 272, sowie eine Deckungserklärung, die in Nr. 270 die Haupt-
schuldnerin eines Darlehns von 3500 Silberdrachmen einer Person ausstellt,
die sich hierfüi- verbüj-gt hat. Es besteht hierbei für die Hauptschuld eine
Hypothek; die Schuldnerin garantiert dem Bürgen, dafs er nicht zur Zahlung
wird angehalten werden, andernfalls soll die Hypothek ihm verfallen sein.
Das ist eine eigentümliche hypothekarische Succession mit lex commissaria,
eigentümlich namentlich dariam, weil der Verfall sofort mit der Zahlung des
Bürgen eintritt.
Von gröfster Bedeutung ist endlich eine xßt' oiKtav aitoy^acpr], Nr. 254,
welche die Herausgeber mit ansprechender Argumentation auf das Jahr 1 9/20
n. Chr. zurückbeziehen. Das wäre die älteste erhaltene Volkszählungsurkunde ;
die bisherigen Akten bewiesen die Volkszählung nur bis 61/62. Grenfell
und Hunt glauben aber auch noch eine Volkszählung vom Jahr 10/9 v. Chr.
1) Bisher war das zweifelhaft, Reichsrecht 450 n. 3.
354 II- Referate und Besprechungen
annehmen zu sollen; daran knüpft sich im Anschlufs an Ramsays Schrift
' Was Christ hörn at Betlehem'', eine sehr schön geführte Untersuchung über
das Gehm-tsjahr Christi. Mit dem Hinweis darauf ti-enne ich mich füi- dies-
mal von der glänzenden und die reichsten Genüsse bietenden Publikation
der beiden britischen Gelehrten.
Leipzig. Ludwig Mitteis.
Zur Paläographie.
F. G. KeiiyOll, The palaeographie of Greek Papyri, with twenty facsimiles
and a table of alphabets. Oxford 1899.
C. Wessely, Schrifttafeln zur älteren lateinischen Palaeographie. Leipzig,
Avenarius, 1898.
Die Zahl der Forscher, die sich in die Schrift der Papyri derartig
hineingearbeitet haben, dafs sie auch schwierige Texte selbständig entziffern
können, ist heute noch eine verschwindend kleine. In den gesamten Kultur-
staaten werden es alles in allem etwa ein Dutzend sein. Dagegen wächst
dank der überraschenden Vielseitigkeit der Papyruslitteratur in erfreulicher
Weise die Zahl derer, die durch ihre Studien gezwungen werden, sich mit
den Papyruspublikationen zu beschäftigen. Wie gefährlich es ist, solche
Editionen zu benutzen, ohne ein selbständiges Urteil über ihre Qualität zu
haben und ohne im gegebenen Fall die Richtigkeit der Lesungen prüfen zu
können, ist neuerdings oft zu Tage getreten.^)
Je gröfser der KJreis der Interessenten wird, desto dringender macht
sich das Verlangen nach paläographischen Anleitungen, die in die Schrift
der Papyri einführen, und auch nach Reproduktionen geltend, denn die
sicherste und beste Methode werden doch nur Wenige zu befolgen in der
Lage sein, nämlich sich Monate lang in eine der grofsen Sammlungen zu
setzen und an den Originalen zu lernen. Zu diesem Zweck habe ich vor
zehn Jahren die „Tafeln zur älteren griechischen Palaeographie"^) heraus-
gegeben, die ebenso dem Selbstunterricht wie dem akademischen Unterricht
1) An diesem Grundfehler leidet z. B. die sonst verdienstliche und fleifsige
Arbeit von Paul Meyer über das „Heerwesen der Ptolemäer und Römer in
Ägypten" (Lpz. 1900). Wer ein solches Thema aus den Papyri herausholen will,
muls beständig ausgleiten, wenn er den Texten ohne paläographische Durch-
bildung wie Meyer gegenübersteht. Dies verleitet auch zu Konjekturen, die
auf die paUiographische__ Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit keine Rücksicht
nehmen, diesem alten Übel, an dem die Philologie so schwer gelitten hat.
Meyer bemerkt z. B. auf S. 25 An. 82 zu meiner Deutung von % als ^L{Xi(xQj^iKg):
„ich möchte eher x^(rjpov;fia?) annehmen." Vgl. S. 39. Nein, ein solches „eher"
giebt es hier nicht: X (nach dem Druck von Mahaffy) ist entweder L oder f. Im
ersteren Falle ist nach dem Zusammenhang an ii{liaQiia) zu denken, im zweiten
an dsv.aSaQ'ji^ia. Aber y.l{r\Qovy^ici) ist, so schön es auch in Meyers Ansichten hinein
passen würde, absolut ausgeschlossen, vorausgesetzt, dafs Mahaffy, wie auch
Meyer annimmt, richtig gelesen hat. — Zu Meyers Buch vgl. auch Wilhelm
Sciaubart, Quaestiones de rebus militaribus quales fuerint in regno Lagidarum.
Diss. Breslau 1900.
2) Leipzig, Gieseckc u. Devrient, 1890.
Ulrich Wilcken: Zur Paläographie 355
dienen sollten, und soeben hat C. Wessely in der oben genannten Publi-
kation ein Pendant hierzu für die lateinischen Texte herausgegeben, auf das
ich unten S. 370 ff. noch genauer eingehen werde. Doch während diese beiden
Editionen in der Hauptsache nur Reproduktionen einer Auswahl von Texten
geben, an denen der Benutzer, unterstützt von den beigegebenen Trans-
skriptionen ^) sich im Lesen üben soll, hat Frederic Keuyon uns in dem
oben genannten Buch ein Werk geschenkt, in dem im grofsen Zusammen-
hang die Schrift der Papyri beschrieben und erklärt wird. Wohl hatte
auch Sir Thompson in seinem vortrefflichen IlandhooJc of GreeJc and Latin
Palaeographie (Lond. 1893) die Schrift der Papyri wie die der Membrane u.s.w.
dargestellt^), doch entsprechend der Anlage des ganzen Werkes nur kurz.
Kenyon giebt uns zum erstenmal eine ins Detail eindringende monographische
Behandlung der Papyrusschrift.
Das Buch, dem zwanzig ausgezeichnete Lichtdrucktafeln beigegeben sind,
kann aber nicht nur denen, die die Papyrusschrift lernen wollen, zur prak-
tischen Anleitung empfohlen werden; es bietet noch mehr: es ist eine
wissenschaftliche Studie, in der der Verfasser die Entwicklung der Schrift
dm'ch die Jahrhunderte hindurch bioszulegen und so die Datierung der Texte
zu fördern bemüht ist, und in dieser theoretischen Seite des Buches ist ohne
Zweifel seine Hauptbedeutung zu sehen. Dafs etwas Abschliefsendes auf
diesem Gebiet heute nicht geleistet werden kann, weifs niemand besser als
der Verfasser. Ich glaube ganz in seinem Sinne zu handeln, wenn ich die
Zweifel und Vermutungen, zu denen ich z. T. gerade durch diese erste Zu-
sammenfassung angeregt worden bin, im AnschluTs an sein Werk hier zur
Sprache bringe. Wenn eine Disziplin so im Flusse ist wie die Paläographie,
so ist schon das Gegenüberstellen von Meinungen eine Förderung.
Nachdem der Verfasser im I. Kapitel {The ränge of the suhjeet S. 1 — 13)
über das gewaltige Anwachsen des Materials, namentlich in den letzten zwanzig
Jahren, berichtet und sein Thema genauer umgrenzt hat, behandelt er im
II. Kapitel unter der Überschrift „Papyrus as writing maierial" (S. 14 — 33)
in Küi-ze die Fabrikation des Papyrus, die Herstellung der Rolle und ihre
Eigenschaften. Hier ist die wichtige Beobachtung, die die Frage nach Recto
oder Verso entscheidet (vgl. Hermes 22, 487 ff.), nicht klar zum Ausdruck
gekommen. Im besonderen ist zu bedauern, die schon von Grenfell und Hunt
in P. Grenf. H S. 211 flf. mit schlagenden Gründen zurückgewiesene Meinung,
als ob dieser Usus in der Ptolemäerzeit nur occasionalhj befolgt worden sei,
nochmals reproduziert zu sehen. Zu den Ausführungen von Grenfell -Hunt
habe ich nur eines hinzuzufügen. Zu P. Petr. II 31 hatte Mahafify, weil
die Schrift at rigJit anglcs ivith de fibres steht, bemerkt, dies sei a disünct
exception of WilcJcens lato. Grenfell-Hunt haben bereits mit Recht dagegen
ausgeführt, dafs die Richtung der Schrift mit der Frage nach Recto oder
Verso absolut nichts zu schaffen hat, wie ich schon im Hermes a. a. 0. aus-
drücklich erklärt hatte. Im vorliegenden Fall bietet der Papyrus selbst
1) Es war nur ein Versehen, wenn Wattenbach, Anleit. z. griech. Palaeogr.
3. Aufl. 1895 S. 8 von meinen Tafeln sagte: „Eine Umschrift ist nicht hinzugefügt."
Damit entfallen wohl auch die daraus gezogenen Schlüsse. Aus pädagogischen
Gründen habe ich von jedem Text nur einen Teil als Probe transkribiert.
2) Vgl. auch Wattenbachs eben angeführte 3. Aufl. und Blass in Iwan Müllers
Handbuch.
356 II- Referate und Besprechungen
den strikten Gegenbeweis. Am untern Rande der bescliriebenen Seite ist
nämlich, wie ich durch Autopsie 1895 feststellte, ganz deutlich eine Klebung
zu sehen, wenn sie auch nur über ca. 2 cm hin erhalten ist. Wo aber die
Klebung zu sehen ist, da ist Recto. Also steht die Schrift auf Recto. Es
ist also bisher weder aus der Ptolemäerzeit noch aus der Kaiserzeit ein
wii-kliches Abweichen von diesem Usus bekannt geworden. Wenn Dziatzko
in seinen soeben erschienenen anregenden „Untersuchungen über ausgewählte
Kapitel des antiken Buchwesens", deren Besprechung ich mir für später
vorbehalten mufs, einige Beispiele dafür bringt, dafs im VII. Jahrhundert
in Pehlevi-Hss. jenes Gesetz nicht befolgt sei, so folgt daraus nur, dafs eben
die Perser die Eigenarten des für sie neuen Beschreibstoffes nicht richtig
erkannt haben, resp. wegen ihrer Pinselschrift nicht Rücksicht darauf zu
nehmen brauchten. Im übrigen bestätigt auch Dziatzko die Gültigkeit jenes
Usus. Vgl. auch meine Bemerkungen in Ostraka I S. 18^, die gegen
die in-tümlichen Auffassungen von Mahaffy und Krall gerichtet sind.
In demselben Kapitel behandelt Kenyon weiter, was man unter der Über-
schrift „Papyrus as ivriting matcriaV kamn erwarten ^vürde, die Accentuation^),
Interpunktion und sonstige Lesezeichen^), endlich die Abküi-zungen und die
Tachygraphie. Wenn auch die das Buchwesen streifenden Abschnitte in diesem
Zusammenhang eine kurze Darstellung vertragen, so ist doch die aufser-
gewöhnliche Kürze, mit der die letztgenannten Themata hier behandelt sind
— die Abbreviaturen auf genau einer Seite, die Tachygraphie in elf Zeilen—,
um so mehr zu bedauern, als wir gerade von einem so hervorragenden
Sachkenner wie Kenyon gern mehr darüber gehört hätten. Hier ist die
Disposition keine glückliche. Es wäre doch erwünscht gewesen, wenn über
die wichtigen tachygraphischen Skalen, die Wessely in den Denkschriften
der Wiener Akademie 1895 ediert hat, genauer referiert und auf das Fak-
simile der ziemlich vollständig erhaltenen tachygraphischen Papyrusurkunde
im „Führer durch die Papyrussammlung Rainer" n. 444 hingewiesen wäre,
statt zu sagen, dafs nur kleine Proben dieser Schrift in Wien vorhanden
sein „sollen".^) Auch wäre es der Erwähnung wert, dafs in byzantinischer
Zeit die Notare unter den Kontrakten meist nicht nur in griechischer und
lateinischer Schrift (aber immer in griechischer Sprache), sondern auch in
tachygraphischen Noten, die freilich noch nicht entziffert sind, subskribieren.
Auch wäre die Frage zu behandeln, in wie weit etwa das eigenartige Ab-
kürzungsystem, wie es auch schon lange vor der Minuskel z. B. in der
aristotelischen ^A&rjvaicov noXixeia und dem Londoner Medizinischen Papyi'us,
gelegentlich auch in Urkunden^), begegnet, von der Tachygraphie beeinflufst
worden ist.
1) Vgl. hiergegen Grenfell-Hunt in P. Oxy. II S. ^IK
2) Hier ist das zwischen Doppelkonsonanz etc. stehende Häkchen übersehen
worden, über das ich in den Observationes bist. Aeg. S. .57 f. gehandelt habe. Ich
kenne auch heute noch kein Beispiel davon, das vor 200 n. Chr. läge.
3) Nach Ausweis der Funde ist der Gebrauch der Tachygraphie in der byzan-
tinischen Zeit ein recht verbreiteter gewesen. Wohl jede gi-öfsere Papyrussammlung
besitzt Beispiele Auch bei meinen Ausgrabungen in Ehnäs-Herakleopolis kamen aiis
byzantinischen Schichten tachygraphische Texte hervor. So begreifen wir das
stärkere Hervortreten tachygraphischer Elemente in der Minuskel.
4) Vgl. z. B. das merkwürdige xatfpoQ = xo)(p(aQovvTi in dem Wirtschaftsbuch
von Hermupolis (Atl. Lond. I Taf. 110).
Ulrich Wilcken: Zur Paläographie 357
Vor allem aber hätten die verschiedenen Methoden der Abbreviaturen
gerade in einem solchen Werk eine gründliche Darlegung verlangt, denn
schliefslich sind es doch die Abkürzungen, die uns heute die gröfsten Schwierig-
keiten bereiten. Hierfür bietet Thompson viel mehr als Kenyon. Wenn man
etwa einwendet, dafs die Abbreviaturen in der Hauptsache nur für die non-
Uttcrary palacographle in Betracht kommen, die nach des Verfassers später
zu beurteilender Ansicht Icss imporfani ist, so ist doch zu bedenken, dafs
die Abkürzungen der Kursivschrift, wie ich in den Observationcs ad hist. Ac(j.
S. 37 ff. gezeigt habe^), auch in der mittelalterlichen Minuskel wiederkehren.
Gerade diese Übereinstimmung der Abkürzungsmethoden, die durch die neueren
Funde immer klarer zu Tage tritt ^), war damals für mich eine neue und
wichtige Bestätigung von Gardthausens Beobachtung, dafs die Minuskelschrift
nur stilisierte Kursive sei. Eine gründliche Kenntnis der kursiven Ab-
kürzungen fördert daher wesentlich auch das Verständnis der in mittel-
alterlichen Minuskeln überlieferten litterarischen Texte.
Kenyon beschränkt sich in Bezug auf die kursiven Abkürzungen auf
wenige unvollständige Bemerkungen. Als gut sei hervorgehoben, dafs er
mit Recht leugnet, dafs Auslassungen der Mitte des Wortes ohne irgend-
welche Bezeichnung der Abbreviatur als beabsichtigte Abkürzungen in
der griechischen Papyrusschrift vorkommen. Aber auch was er über die
Abbreviaturen in litterarischen Texten sagt, ist nicht „erschöpfend", wie er
meint. So ist z. B. nicht gesagt, dafs in Uncialtexten am Ende der Zeilen
gelegentlich ein schliefsendes v ausgelassen und durch einen übergesetzten
Horizontalstrich angedeutet wird. So schon in dem Berliner Demosth.
(Lept.) aus dem I. Jahrh. n. Chr. („Taf. z. alt. gr. Pal." I). Und wenn
er die Schollen zu Alkman hier anführt, hätten die zu Epicharm (Mitt.
PR V S. 3) nicht fehlen dürfen. Die Einsilbigkeit in diesen Beschrei-
bungen (S. 33) wird durch die beigegebene Tafel (S. 154/6) nicht aus-
geglichen. Aus den non-Uüerary papyrl — zu denen ich übrigens die
magischen Texte nicht gestellt haben würde — ist eine kleine Auswahl
von Abkürzungen und Siglen mitgeteilt, ohne dafs hier oder vorher im Text
ihre Genesis erklärt wäre. So merkt man nichts von dem grofsen Fort-
schritt, dafs wir jetzt an der Hand der alten Texte (namentlich des
in. Jahrh. v. Chr.) die Entstehung dieser Zeichen, soweit sie überhaupt
komponiert sind, begreifen können. Unsere Schüler brauchen heutzutage
nicht mehr die Abbreviaturen wie etwas vom Bösen zu ihrem Tort fix und
1) Vgl. auch meine „Tafeln z. alt. gr. P." S. VI.
2) Dies gilt für die Grundgedanken — abgesehen von den tachygraphischen
Elementen des Mittelalters — sogar schon fürs III. Jahrh. v. Chr., von dem MahaflPy
in P. Petr. I S. 14 sagte: the use of ahhreviations appears almost unknoicn. Eine
merkwürdige Einzelheit, die bisher noch nicht erkannt wurde, ist folgende. In
der Minuskel werden gelegentlich Zahlwörter, auch wenn sie den Teil einer
Komposition bilden, mit ZifiFem geschrieben, wie ya = tQLaäyiov und viele andere
Beispiele bei Gardthausen, Gr. P. S. 250 ff. Genau dasselbe findet sich schon in
Texten aus dem HI. Jahrh. vor Chr. Vgl. P. Petr. II 28 IV 2 u. 16: yx, was Mahaffy
freilich zweifelnd in yscogyüv xcbftr] auflöste, thatsächlich TpixMju'a zu lesen ist.
Und wenn Thompson als charakteristisch für die Minuskel Umstellimgen wie
o = Xöyog anführt (S. 91) so ist auch dies schon für das III. Jahrh. v. Chr. nach-
weisbar, wo z. B. fol bald 7t6{Xig), bald no{U^wvog), bald 7fo{ii]6£ig) bedeutet.
358 n. Referate und Besprechungen
fertig in die Welt Gesetztes auswendig zu lernen: wir können ihnen alle
Schrecknisse nehmen, indem wir ihnen die Urformen nachweisen und ihnen
zeigen, wie diese im Laufe der Jahrhunderte entsprechend der allgemeinen
Entwicklung der Kursive sich allmählich zu den scheinbaren Hieroglyphen
ausgewachsen haben. ^) Solche Dax-legungen vermiTst man ungern in einer
palaeograpMc of greek xKipyri.
Die Liste selbst ist nicht ohne Mifsverständnisse. Mit dem Zeichen -9',
das er als xßt(?) erklärt, ist wohl jenes Wort gemeint, das in P. Lond. I
S. 142 ff. (vgl. Atlas) oft begegnet, aber nicht xk/, sondern 8lix zu lesen ist,
wie ich schon in GGA 1894 S. 736 ihm gegenüber erwähnt habe. Dieses
Zeichen gehört streng genommen nicht in diese Liste, da keine Abbreviatur
vorliegt, sondern nm* Ligatur: es ist nichts als die Verbindung von Si mit
hochgesetztem Hakenalpha (s. unten). — Auch }\3 = «tco, das Kenyon wohl
demselben Papyrus entnommen hat, gehört nicht hierher (vgl. Atlas): es ist
Ligatur von grofsem Hakenalpha -\- it -\- o. — Ebenso ist es in-eleitend,
zu sagen, die Sigle für -| qj sei a combinafion of tlic signs of ~ and -|.
Das griechische Bruchsystem, das in diesem Buch nirgends erklärt wird,
hat vielmehr das Prinzip, dafs der gröfsere Bruch voransteht: es ist also
-| -|- 1^, ursprünglich ^ — h d, dann zusammengezogen zu ^, wie ich in
GGA 1894 S. 735 gezeigt habe.^) Ebenso ist es falsch zu sagen, dafs *^l = |-
sei. Es mufs vielmehr notwendig ein gerader oder krimimer Strich über das
■j] gesetzt werden, wie zu allen anderen Zahlen, die als Brüche gelten.
Hier sei es mir- gestattet, zu meinen früheren Ausführungen über das
Bruchsystem eine Bemerkung hinzuzufügen. Ich zeigte, dafs die Sigle | (ölfioiQOv)
— ein ß mit einem Strich darüber — die einzige ist, die einen Bruch vertx'itt,
dessen Zähler nicht 1 ist.^) Das ist sachlich richtig, aber doch zu modern
ausgedrückt. Wir dürfen bei diesen griechischen Bruchbezeichnungen überhaupt
nicht an unsere aus Zähler und Nenner bestehenden Brüche denken. Griechisch
werden wir sie erst auffassen, wenn wir, abgesehen von ölfioiQov^ die über-
strichenen Zahlen vielmehr immer als Ordinalzahl lesen und ein ^SQog hin-
zudenken, also: y, ö {d) = tQlrov, xkaqxov (fiSQog). Nur ß las man mit
Kardinalzahl ovo fiiQr}, resp. öI^oiqov, während man für rjfxiöv eine eigene
Sigle, Z-, hatte.
Im III. Kapitel behandelt K. die non-litterary papyri, worauf er das
IV. und V. Kapitel den Utferary papyri widmet. Diese aus dem Inhalt des
Geschriebenen abgeleitete Einteilung der Papyrusmassen in litterarische und
nichtlitterarische Texte empfiehlt sich für viele Zwecke von selbst und ist
daher auch schon oft angewendet worden. Kenyon, dem es in diesem Buch
vor allem darauf ankommt, die Schrift der litterarischen Papyrustexte dar-
zustellen, hat diese Einteilung auch auf die Schrift selbst übertragen. Ich
1) Durch die Petrie-Papyri hat sich sogar die Anirensigle erklären lassen.
Vgl. Ostraka I S. 819, wo auch andere erklärt werden. Man wird sie daher heute
nicht mehr neben Siglen wie « = kvkIos stellen, wie noch Thompson S. 96 thut.
2) Ii-rig sagt Thompson S. 105, dafs ^ eine Variante von J (i) sei.
3) Thompson sagt S. 105, dafs f y geschrieben werde, wobei the numerator o
eine Fonn von ß sei. Das kommt m. W. nirgends vor und ist völlig unmöglich. Dafs
die Griechen niemals Zähler und Nenner schrieben, wie man früher annahm, habe
ich im Hei-mes 19 S. 291/2 nachgewiesen.
Ulrich Wilckcn: Zur Paläographie 359
bin weit entfernt davon, die Berechtigung eines solchen praktischen Ziehis
leugnen zu wollen. Gewifs ist es für weite Ki-eise von Interesse, die ver-
schiedenen Schriftarten, in denen die Alten ihre litterarischen Erzeugnisse
publiziert oder privatim vervielfältigt haben — gleichviel ob in Unciale
oder Cursive — neben einander behandelt zu sehen. ^) Aber es ist mir
doch zweifelhaft, ob wir gut daran thun würden, diese Einteilung auch
in die paläographische Theorie einzuführen. Denn es stehen den beiden
Klassen der litterarischen und nichtlitterarischen Texte keine korrespondieren-
den paläographischen Begriffe gegenüber. Vielmehr wissen wir heute, wie
auch K. oft hervorhebt, dafs einerseits Urkunden gelegentlich in Buchschrift
geschrieben wurden, wie andererseits Bücher in Urkundenschrift. Durch
diese neue Erkenntnis haben die Begriffe Buchschrift und Urkundenschrift
— oder, mit K., litterarische und nichtlitterarische — ihre scharfen Konturen
verloren, zumal die cursiv geschriebenen Privathandschriften von Autoren
eine gröfsere Rolle gespielt zu haben scheinen als wir noch vor kui'zem
ahnten. Gewifs wird man sich auch künftig trotzdem noch mit Hilfe dieser
Bezeichnungen verständigen können, indem man sie a potiori fafst. Aber
für wissenschaftliche Untersuchungen über die Entwicklung der Schrift, also
für die paläographische Theorie wird man doch besser thun, von dem
Inhalt des Geschriebenen ganz abzusehen und nur nach schriftgeschichtlichen
Gesichtspunkten die Hauptarten der griechischen Sclirift mit den nur die
Form selbst treffenden, allgemein eingebüi-gerten Namen wie Unciale, Cm-sive
und Minuskel zu unterscheiden.
Kenyon ist durch seine Einteilung zu einer nicht immer glücklichen
Disposition geführt worden: die Urkunden, die in Unciale geschrieben sind,
behandelt er unter den litterary papyri (so den Ariemisiapapyrus u. a.), aber
die litterarischen Handschriften, die in Cursive geschrieben sind, werden
nicht etwa unter den non-liticrary behandelt, wiewohl sie doch nur in dieser
Umgebung paläographisch richtig gewürdigt werden könnten, sondern gleich-
falls unter den litterary papyri. In ersterem Fall richtet er sich nach der
Schrift, im zweiten nach dem Inhalt. Er will offenbar in der Hauptsache
ein Bild der verschiedenen Schriften geben, in denen die litterarischen Werke
vervielfältigt wurden.
Aus demselben Grunde giebt K. von der Cursive nm' einen kurzen
Überblick auf 21 Seiten {a slietch). Will jemand die Schrift der litterarischen
Papyri ausführlicher behandeln, so wird man ihn deswegen nicht tadeln
können. Aber wenn er es damit begründet, dafs die Cursive less important
sei (S. VI, 11 und 13), und zwar nicht etwa für sein Thema, sondern
ohne Einsckränkung an und für sich, so ist das ein merkwürdiger Stand-
punkt. Offenbar ist dies Urteil wieder durch den Inhalt des Tradierten
beeinflufst. Aber selbst in diesem begrenzten Sinne werden vielleicht Manche
diese subjektive Wertschätzung beanstanden, nachdem uns die aristotelische
^A%"Yivcii(üv Ttohteia in dieser Cursive wiedergeschenkt worden ist. Meines
Erachtens giebt es für die Paläographie als Wissenschaft überhaupt nicht
den Unterschied zwischen important und less important: für den Schrift-
forscher sind alle Entwicklungsreihen von genau derselben Wich-
1) Auch ich habe unter diesem Gesichtspunkt in meinen „Tafeln" die kursiv
geschriebene Hs. des Blemjerepos unter die litterarischen Texte gestellt.
360 II- Referate und Besprechungen
tigkeit. Jene Frage gehört nur der Praxis an, und da wird sie je nach
den Zielen des Einzelnen verschieden beantwortet werden können. Jedenfalls
hat die Cui'sive, was in K.s Buch nirgends scharf genug hervortritt, neuer-
dings dadurch gewaltig an praktischer Bedeutung gewonnen, dafs sie als
die unmittelbare Vorstufe zur mittelalterlichen Minuskel erwiesen worden ist
(s. oben S. 357). i)
K. gliedert die non-litterary jßapyri wie üblich in die der ptolemäischen,
römischen und byzantinischen Zeit, wozu man als vierte Rubrik auch noch
die der arabischen Zeit um so mehr wird stellen müssen, als diese Periode
paläogi'aphisch etwas Neues hervorgebracht hat, die minuskelförmige Cursive.^)
Die merkwürdige Erscheinung, dafs mit den Wandlungen im politischen
Regiment auch Wandlungen in der Schiiftentwicklung der Cursive zusammen-
zufallen scheinen, erkläi-t K. daraus, dafs die hohen Regierungsbeamten das
Vorbild gegeben hätten und dies verschieden gewesen sei, je nachdem sie aus
Alexandrien, Rom oder Byzanz gekommen seien (vgl. S. 35, 46, 72). Es
wird nicht ganz klar, ob K. meint, dafs z. B. der Ductus der römischen
Zeit durch Beeinflussung des Lateinischen oder aber des zu Augustus' Zeit
in Rom geschriebenen Griechischen entstanden sei. Die erstere Annahme
wäre entschieden abzulehnen, die zweite ist unbeweisbar, da wir eben nicht
wissen, wie man damals in Rom griechisch geschrieben hat. Ich zweifle
überhaupt, ob seine Annahme einer depenäence on the poUtical capital (S. 35)
richtig ist.
Ich habe dies Problem schon in dem paläographischen Teil meiner
Obsei-vationes (1885) S. 35 ff. hingestellt und zu erkläx-en versucht. Ich
habe dort die Entwicklung des Ductus auf die Einwirkungen der Schule
zurückgeführt — ein CTCsichtspunkt, der mir in K.s Buch nicht begegnet
ist. Wenn nun seit Beginn der römischen Herrschaft sich thatsächlich eine
wesentliche Veränderung vollzieht, die nicht etwa in der Richtung der natür-
lichen Entwicklung liegt, sondern, wie mir scheint, eine bewufste Rückkehr
zu einfacheren, deutlicheren Formen zeigt, so ist es mir nicht unwahrschein-
lich, dafs eben von Seiten der neuen Regierung auf eine Reform des Schreib-
unterrichts gedrungen ist. Dagegen scheint mir die Veränderung der Schrift,
die wir an Diokletians Namen anknüpfen, einen solchen Eingriff in die
natürliche Entwicklung nicht zu bedeuten. Auch läfst sich ihr allmähliches
Entstehen schon dm-ch das III. Jahrh. hin erkennen. Vgl. z. B. Atlas Lond. II
pl. 84, vom J. 221 v. Chr. Auf diese späteren Wandlungen scheint die
allmählich zunehmende Verwendung der lateinischen Schrift, die offenbar
dem Vordringen des römischen Elementes in der Verwaltung und anderen
Gebieten parallel geht, nicht ganz ohne Einflufs geblieben zu sein. Vgl.
unten S. 373.
1) Mein hochverehrter Freund Mahaify schreibt mir irrtümlich die Meinung
zu, the ivriting in capitals sei of inuch less importance for the history of greek
writing (Petr. P. I S. 51). Ich besinne mich nicht, öiFentlich oder privatim jemals
diese Meinung geüufsert zu haben. Vielleicht bat er meine Ausführungen auf
S. VI der „Talein z. alt. gr. Pal." mifsverstanden, wo ich sage, dafs an der Unciale
,, nicht viel zu lernen ist." Das sollte natürlich nur heifsen, dafs auch der , Ungeübte
einen üucialtext lesen kann, während zum Lesen der Cursive lange Übung er-
forderlich ist.
2) Dies auch zur Ergänzung meiner Ausführungen in den „Tafeln" S. VI.
■ Ulrich Wilcken: Zur Paläographie 361
Es folgt nun auf S. 35 li". der eigentliche Kern des Buches, die Be-
schreibung und Klassifizierung der cursiven und uncialen Schriftarten. Ich
kann diese Kapitel III — V allen, die in die griechische Papyrusschrift ein-
dringen wollen, auf das wäi-mste empfehlen. Denn wenn auch die Mit-
forscher über diese oder jene theoretische Frage anders denken werden, so
haben wir doch bisher kein Buch besessen, das eine so eingehende, auf
gründlichster Kenntnis der ganzen Materie beruhende Chai'akterisierung der
einzelnen Schriftarten enthielte. Es stecken aber auch viele feine Beobach-
tungen darin, die die Theorie der Schriftentwicklung fördern, und manche
neue Gesichtspunkte, die zm- Nachprüfung anregen.
Im allgemeinen wüi'de ich bei der Charakteristik der einzelnen Jahr-
hunderte eine noch stärkere Berücksichtigung derjenigen Grundmotive wün-
schen, aus denen die starke Differenzierung der Cursive hei-vorgeht, ich
meine den verschiedenen Bildungsgrad der Schreiber, den verschiedenen
Charakter der Urkunden und das diesem Charakter entsprechende Mafs von
Sorgfalt, das im Einzelfall der Schreiber aufwendet. Vgl. meine Observationes
S. 36 ff. Man müfste also vor allem die professionellen Schreiber und die
Gelegenheitsschreiber, die Kanzlisten und die Piivatiers scheiden. Auch
Metropole und Dorf machen bei beiden wieder Unterschiede. Dann wären
weiter die grofsen Unterschiede des Urkundeninhalts, vom königlichen Erlafs
bis herab zur Steuerquittung und andrerseits von der an den König zu
übergebenden Bittschrift bis zum flüchtigen Rechnungszettel herab zu unter-
scheiden. Wichtige Unterschiede entstehen ferner, je nachdem Orginal oder
Kopie und andrerseits Reinschrift oder Brouillon vorliegt.^) Nur wenn man
das Gleichartige, das was unter ähnlichen Verhältnissen von
ähnlichen Personen geschrieben worden ist, mit einander ver-
gleicht, wird man zu einer richtigen Charakteristik der Schrift-
entwicklung der verschiedenen Perioden gelangen. Ungleichartiges,
etwa einen vom Kanzlisten geschriebenen Erlafs mit dem Privatbrief eines
Ungebildeten zu vergleichen, mufs notwendig in-eführen. So ist es nicht
gut, wenn K. auf S. 37 die Schrift seiner Tafel I a fahiy diaracferistic
example of the hand of this period nennt. Nein, nicht of Ute handl Es ist
nur ein Beipiel einer sorgfältig schreibenden Kanzlistenhand aus dem III. Jahr-
hundert V. Chr. Aber wie anders damals ein solcher Kanzlist schrieb, wenn
er in Eile einen offiziellen Bericht im Brouillon entwarf, das zeigt uns die
von K. nicht wiedergegebene Rückseite desselben Papyrus, auf der der
Empfänger des obigen Briefes sofort die Antwort an den Absender ent-
worfen hat. Vgl. Tafel XII der Mahaffy'schen Edition der Petr. Pap. Das
sieht allerdings total anders aus ! Ein Laie würde es überhaupt kaum für
griechisch halten. Und doch wird die Reinschrift dieser Antwort der Kalli-
graphie des empfangenen Briefes wieder sehr ähnlich gewesen sein.
Die Berechtigung des Postulates, dafs wir nach den obigen Ge-
sichtspunkten die cursiven Texte ordnen und dann immer nur
die gleichartigen vergleichen sollen, ist mir ganz klai\ Aber ich
verkenne nicht die Schwierigkeit der Ausfükrung. Trotzdem werden wir
1) Wenn trotz aller dieser individuellen Verschiedenheiten ein gemeinsamer
Ductus innerhalb einer Periode erkennbar ist, so führe ich das auf den Einflufs
der Schule zurück. S. oben S. 360.
362 II- Referate und Besprechungen
dahin kommen müssen. Die sorgfältige Beschreibung, die K. von einzelnen
Schriftarten gegeben hat, wird dabei als Vorarbeit gute Dienste leisten
können.
Gelegentlich macht es sich geltend, dafs K. vorwiegend aus den aller-
dings sehr reichen Beständen des British Museum schöpft, ohne immer auf
die sonstigen Materialien und Arbeiten genügend Bezug zu nehmen. ^) Für
die erste Hälfte des 11. Jahrh. v. Chr. vermifst man die Benutzung der
Zoispapyii in Wien, ebenso für die zweite Hälfte die der Akten des Hermias-
prozesses in Turin und Paris und der Aktenstücke der königlichen Bank zu
Theben in Berlin, London, Paris und mancher anderen Stücke aus der
reichen Sammlung von Turin. Dafs also diese letzte Periode vor den neuen
Funden von Grenfell und Hogarth a hlanlc gewesen sei, ist doch höchstens
für das British Museum zutreffend, und auch füi' dieses nicht völlig.
So sind denn auch die Charakteristiken der einzelnen Perioden oft
zu eng und finden durch Heranziehung des weiteren Materials ihre Ergänzung
oder auch Widerlegung. So ist es entschieden falsch, von dem für die
ptolemäische Cursive so charakteristischen horizontalen Ligaturstrich zu
sagen, dafs er in der ersten Hälfte des H. Jahrh. v. Chr. ceases älmost
entirely. Man vergleiche dagegen die Zoispapyri und die Aktenstücke der
Bank und die Turiner Texte. — Ebenso falsch ist, dafs das Hakenalpha Z.
is rarely found aftcr the iJiird Century. Das mag für die zufällig in London
vorhandenen Papyri richtig sein, aber sonst stimmt es nicht. Dies Haken-
alpha ist sogar in die römische Zeit hinübergegangen, wie wir sogleich
sehen werden.
Im allgemeinen ist nicht scharf genug hervorgehoben, welche wichtige
Rolle füi' die Umbildung der Buchstabenformen die Ligatur und die Ab-
breviatur gespielt haben. Die Wirkung dieser beiden Motive an der Hand
des neuen Mateiials nach allen Seiten zu würdigen, ist noch eine wichtige
Aufgabe der Paläographie. Auf die Bedeutung der Ligatur hat schon
Gardthausen gebührend hingewiesen. Was uns noch fehlt, ist eine ins
einzelne gehende Darlegung der Ligaturen, welche die einzelnen Buchstaben
im Laufe der Jahrhunderte eingehen, resp. vermeiden, und der Verände-
rungen, die im ersteren Fall dadurch hervorgerufen werden. Eine genaue
Kenntnis hiervon ist die notwendige Vorbedingung, um verstümmelte Stellen
sicher lesen zu können.
Dafs das Übersetzen der Buchstaben in der Abbreviatur die Formen
beeinflufst, hob ich schon in den Observationes S. 43 ff. hervor. Vielleicht
sind einige eigentümliche Formen ursprünglich in der erhöhten Position, in
der sie, zwischen den beiden Zeilen, notwendig verküi-zt werden mufsten,
entstanden- So mag das Hakenalpha Z., das durch Verstümmelung von
K entstanden ist, zuerst in der erhöhten Position gebildet und dann auch
auf die normale Position, in der es sich namentlich für Ligaturen nach
1) Dafs wir heute unsere Kenntnis von der Schrift des III. Jahrh. v. Chr. auf
den Petr. F. aufbauen, ist sicher. Aber zu sagen, dafs die schon vorher in den
Museen vorhandenen Dokumente dieser Zeit gencraUy tmdcrrated (S. 3G) waren,
giebt doch ein falsches Bild. Ich hatte sie (mit Ausnahme eines unbedeutenden
Fragmentes) auch schon vor dem Funde der Petr. F. als solche des IE. Jahrh. v.
Chr. erkannt. Vgl. meine Mitteilung in GGA 1894 S. 725 zu Fap. L. Auch Eugene
Revillout hatte bereits mehrere richtig bestimmt.
Ulrich Wilcken: Zur Paläographie 363
rechts hin empfahl, übertragen sein. Daraus würde sich erklären, dafs in
der Abbreviatur dies Hakenalpha so sehr häufig (in fliefsender Cui-sivo
wohl regelmäfsig) ^) , erscheint und gerade in dieser erhöhten Position sich
sogar bis in die späte Kaiserzeit, ja die byzantinische Zeit erhalten hat.^)
In der noi-malen Position dagegen schwindet das Hakenalpha in der Kaiser-
zeit, nm- in Ligaturen nach rechts hin kommt es auch hier noch gelegent-
lich vor, so in jedem «Tto, das K. unter die Siglen gestellt hat (s. oben
S. 358).
Während ich beim Hakenalpha zugeben mufs, dafs es auch in der
normalen Lage entstanden und auf die erhöhte übertragen sein könnte, hat
jene Genesis eine gröfsere Wahrscheinlichkeit für die Form V = -j;. Schon
seit dem HI. Jahrh. v. Chr. giebt es neben H eine niedrige Form lA (beide
Hasten in halber Höhe), die mit besonderer Vorliebe in erhöhter Position
erscheint, freilich auch in normaler. Wenn diese Form hochgesetzt ist, be-
kommt sie gern ein Schwänzchen nach unten ^ , so z. B. bei K. auf Taf. HI
Z. 12 in dem eingeschobenen Wort, das übrigens nicht mit Grenfell-Hunt
nccQax^^, sondern nagal^ zu lesen ist.^) Dieses V> das gewifs nur oben
in der erhöhten Position entstehen konnte, hat man dann später gelegentlich
auch in normaler Position verwendet, imd damit glaube ich die merkwürdige
Form y erklärt zu haben, die K. auf S. 44 als nur in der Zeit von 50
bis 160 n. Chr. vorkommend anführt, ohne ihre Entstehung erklären zu
können. Ist meine Ableitung aus der ptolemäischen Abbreviatur richtig'^),
so wird schon dadurch diese zeitliche Begrenzung von K. höchst unwahr-
scheinlich. Aus der Ptolemäerzeit ist mir zwar kein Beispiel erinnerlich,
wo dieses >' in normaler Position verwendet wäre, wenn auch oft ohne
Schwänzchen als i^. Aber es kommt sicher schon vor 50 n. Chr. vor^)
und sicher auch nach 160, z. B. noch im HI. Jahrh. n. Chr.^)
Ebensowenig wie ich die Beschränkung von i/ auf 50 — 160 n. Chr.
für a fact of palaeograpJiie halten kann, scheint mir die Form (^ für e
an almost conclusive proof of a Roman dafe zu sein (S. 42). Das Streben,
in einem Zug zu schreiben — das übrigens, wie ich entgegen K. hervor-
heben möchte, in der Ptolemäerzeit genau so hervortritt wie in der Kaiser-
zeit, natürlich nur unter gleichen Verhältnissen! — führte beim €
zu zwei Lösungen. Entweder man fängt die Rundung von oben an: dann
entsteht 6- oder ähnliches, oder man fängt von unten an: dann entsteht P-.
Wenn K. also die letzte Form speziell der römischen Zeit zuweist, zo müfste
man in der Ptolemäerzeit niemals die Rundung des € von unten begonnen
haben. Wie unwahrscheinlich a priori! In der That habe ich nach kurzem
Suchen auch in ptolemäischen Papyri genug Beispiele gefunden. Vgl. Atlas
Lond. I Taf. 3 col. I 47 in MsvvlÖov (162 v. Chr.); Taf. 18 melmnals
(163 V. Chr.), Taf. 19, Taf. 27. Dagegen ist es wohl charakteristisch für
die römische Zeit, dafs dem 0- und den anderen runden Buchstaben (o 6 -ö-),
1) Dies wäre noch zu untersuchen.
2) Vgl. Observationes S. 41.
3) Also 7ruQccXri{(i/7tTLyim), gehört zu ybirgai. Vgl. Archiv I 131^.
4) Formell ist es sehr klar z. B. in Atlas Lond. I Taf. 107 flf.
5) So in Wien. Stud. IV Taf. aus Augustus' Zeit.
6) So in Atlas Lond. 11 Taf. 84 vom J. 221, letzte "Zeile : MsaoQr]. Auch Grenfell-
Hunt sagen Oxy. n S. 53, dafs y bis 200 n. Chr. ganz gewöhnlich sei.
Archiv f. Papyrusforschung I. 2. 24
364 II- Referate und Besprechungen
wenn man sie von unten an zeichnet, ein von oben kommender schräger
Anstrich vorn angefügt wird: Q- u. s. w.
Charakteristisch für die Kaiserzeit scheint mir vor allem das Aufhören
des horizontalen Ligatm-striches zu sein, der freilich nach K.s irriger An-
sicht schon im 11. Jahrh. v. Chr. allmählich aufgehört haben soll (s. oben).^)
Augustus' Zeit ist auch in dieser Hinsicht eine Übergangszeit — ■ wie natürlich,
denn die alten Leute schrieben damals eben noch ptolemäisch. ^) Gerade in
dieser Beseitigung des Ligaturstriches sehe ich für die Praxis eine wesent-
liche Besserung der Schrift. Vielleicht war sie ein Erfolg der römischen
Schulreform (s. oben).
Auf S. 50 ff. unterscheidet K. die Steilschrift und Schrägschrift, und
scheint zu meinen, dafs die eine oder andere in bestimmten Perioden der
byzantinischen Zeit vorwiegend oder gar charakteristisch gewesen sei. So
sehr ich erfreut wäre, wenn wir so sinnfällige Merkmale hätten, um die
Zeiten auseinander zu halten, mufs ich doch davor warnen, den Unterschied
von Steil- und Schrägschrift als chronologisches Moment zu verwerten. Diese
beiden sind in der Cursive — über die Unciale s. unten S. 369 — sicher-
lich immer nebeneinander gegangen. Ob man die Buchstaben gerade oder
nach rechts geneigt oder — was auch oft vorkommt — nach links geneigt
setzen will, das gehört eben zu den Freiheiten des Individuums, die man
auch in der Paläographie ja nicht zu niedi-ig einschätzen soll. Man be-
trachte sich nur den Kontrakt vom J. 595 n. Chr. im Atlas Lond. I
Taf. 136: da ist das im voraus verfafste Protokoll völlig schräg nach rechts
geschi-ieben, während der Kontrakt selbst (von zweiter Hand) kerzengerade
dasteht !
Doch es wüi'de mich zu weit führen, wenn ich allen den Anregungen,
die der Abschnitt über die non-litterary papyri bietet, hier nachgehen wollte.
Beschlossen wird dieser Teil durch eine allerdings recht magere^) und auch
nicht einwandfreie*) Darstellung der Urkundendatierungen.
Im rV. und V. Kapitel (die litierary papyri) ist es das Hauptbestreben
des Verfassers, eine exakte Beschreibung der Schrift der wichtigsten Papyrushss.
zu geben und womöglich neue Gesichtspunkte für ihre Datierung zu finden.
Seine Resultate treten am klarsten in der chronologischen Anordnung der
Hss. entgegen, die sehr originell ist und oft im Widerspi'uch zu den bis-
herigen Ansetzungen steht. Mit mancher dieser Neuerungen hat K. gewifs
das Richtige getroffen, andere haben mich nicht überzeugt.
Uncialhss. zu datieren, ist eine der schwierigsten Aufgaben. Was K.
auf S. 79 über unser Unvermögen auf diesem Gebiet sagt, unterschreibe
ich imi so lieber, als ich dieselben Bedenken in anderer Form auch in der
1) Das von K. nicht liervorgebobene Vorhandensein des horizontalen Ligatur-
striches in Hyperides in Philippid. (Classic. Texts pl. II) ist für mich der Haupt-
grund, aus dem ich in Übereinstimmung mit K. diese Hs. der Ptolemäerzeit
zuweise.
2) Ganz ptolemäisch ist z. B. noch das verbundene ;^() in %q6vov in Atlas
Lond. II Taf...ll,8.
3) Die Ära Diokletians und die Sonderären von Oxyrhynchos sind nicht er-
wähnt. Auch anderes fehlt.
4) K. wiederholt den schon in F. Lond. I begangenen Fehler, zu sagen, dafs
in der Ptolemäerzeit der 1. Thoth auf den 29. August falle. Das korrigierte ich
schon in GGA 1894.
Ulrich Wilcken: Zur Paläographie 365
Einleitung zu meinen „Tafeln" (S. V/VI) vorgebracht habe. Es wird in der
That durch die Eigenheiten der Unciale als Kopierschrift zu einem ver-
geblichen Bemühen, lediglich aus paläographischen Gesichtspunkten, aus
den Formen der Buchstaben eine Hs. datieren zu wollen. Bestenfalls können
wir sagen, dafs die Schrift nach Vergleichung mit ähnlichen Texten — die
wir aber, wohlgemerkt, auch erst wieder auf anderem Wege fest
datiert haben müssen! — der Schrift dieses oder jenes Jahrhunderts
ähnele. Dafs sie aber auch in dem betreffenden Jahrhundert wirklich ge-
sehrieben worden sei, können wir nicht mehr so sicher behaupten, da ja
der Kopist bewufst oder unbewufst von seiner Vorlage abhängig sein, die Hs.
also auch jünger sein kann.
Von um so gi'öfserem Werte ist es, dafs es auch andere Indizien giebt,
die ganz unabhängig von der Schrift uns Aufschlüsse über die Daten der
Uncialhss. geben können. K. hat sie im Einzelfall natürlich praktisch ver-
wertet, doch ist vielleicht auch eine Zusammenstellung nicht unnützlich. Es
lassen sich in der Hauptsache folgende eigenartige Indizien unterscheiden,
von denen übrigens meist mehrere zusammenkommen müssen, um eine
Datierung zu ermöglichen:
1. Der natürlichste terminus post quem wird zunächst durch den Inhalt
der Schrift, resp. die Zeit des Verfassers, wenn bekannt, an die Hand ge-
geben. So spielt z. B. bei der Datierung der Appolloniahs. der Bodleiana
die Erwähnung des Apion eine Rolle. Vgl. K. S. 87.
2. Unter Umständen kann die Fundgeschichte zu einer approximativen
Schätzung verhelfen. So ergiebt sich das ungefähre Alter von Platon's Phaedon
und Laches, Euripides' Antiope u. a. schon dadurch, dafs sie zusammen mit
anderen Petrie Papyri, die genaue Datierungen (aus dem HI. und Anfang
des IL Jahrh, v. Chr.) tragen, zu Mumiendeckeln verarbeitet worden sind.
So haben auch Grenfell-Hunt in Oxyrhynchos oft die Zeit der Uncialen nach
den mit ihnen gefundenen cursiven Texten bestimmen können, was aller-
dings voraussetzt, dafs die Ausgrabungen so genau kontrolliert werden wie
sie es thun. Andererseits ergiebt sich aus der Geschichte von Herculaneum
für die dort gefundenen Papyri das J. 79 n. Chr. als terminus ante quem.
3. In manchen Fällen kann die Beobachtung, ob Papyrus oder Per-
gament beschrieben sind, die Datierung fördern, wenn auch nur in allgemeinen
Umrissen.
4. Ebenso kann unter Umständen die Frage, ob Rolle oder Codexform
vorliegt, den Kreis der Möglichkeiten enger ziehen.
5. Als wirksamstes äufseres Hilfsmittel hat sich bisher die Beobachtung
von Recto und Verso bewährt (s. oben S. 355). Bei opisthographen Papyrus-
rollen — freilich auch nur bei diesen — wii'd dadurch ein völlig sicherer
terminus ante resp. post quem gewonnen, sobald auf der anderen Seite ein
datierbarer Text steht. Allerdings tritt das subjektive Ermessen wieder ein,
sobald wir genauer wissen wollen, um wieviel früher oder später die
Unciale geschrieben ist. Diese Frage wird verschieden zu beantworten sein,
je nachdem die Unciale auf Recto oder auf Verso steht, und je nach dem
Wert, den der Inhalt des Recto — sei er litterarisch oder m-kundlich —
für den Besitzer haben mufste. Das sind aber für uns meist inkommensu-
rable Gröfsen. Trotzdem hat es unsere Kenntnis der Unciale schon sehr
gefördert, dafs wir in diesen Fällen mit Sicherheit sagen konnten: die
24*
366 II- Referate und Besprechungen
Schrift mufs älter oder aber jünger sein als der und der Zeitpunkt. Auf
diesem Wege sind bisher die meisten approximativen Zeitdatierungen ge-
wonnen worden, da die Alten wegen der Kostbarkeit des Papyrus sehr
gern auch die freie Rückseite nachträglich benutzt haben. So mufs das
dialektische Fragment in Paris (K. S. 66) älter als 160 v. Chr. sein, der
Ninosroman älter als 100 n. Chr., Platon's Gesetze (Oxy. I 23) älter als
295 n. Chr. u. s. w.
6. Wenn erst die Kenntnis von der Entwicklung der Orthographie
weiter gefördert sein wird, wird auch die Beobachtung dieser ein gutes
chronologisches Indicium sein. Natürlich ist hierbei mit der Möglichkeit
zu rechnen, dafs der Kopist die Orthographie seiner (eventuell sehr alten)
Vorlage mit übernimmt. Auch ist dabei zu unterscheiden, ob die Hs. füi-
den Buchhandel bestimmt ist oder eine vulgäre Privatabschrift ist. — Diels
(Sitzungsber. Pr. Akad. 1894 S. 356) sagt von der Orthographie, sie habe
sich bis jetzt noch immer als das sicherste Mittel zur Bestimmung der
antiken Hss. bewährt. Ähnlich Blass (Bacchyl. praef. p. VIII): Videntur
aiiteni mihi ex ortlwgrapliia cerfiora aetatis indicia sumi quam ex littera-
rum forma. Wenn aber ein solcher Kenner der antiken Orthogi-aphie wie
Blass aus orthographischen Gründen den Herondas für älter als I. Jahrb.
n. Chr., also wohl für ptolemäisch hält, so zweifle ich, ob wir dies gewifs
sehr wichtige Argument zm- Zeit schon sicher genug zu handhaben wissen.
Vgl. hierzu die zutreffenden Bemerkungen von K. S. 95 Anm. 2.
7. Einen terminus ante quem geben ferner die Beischriften wie
Schollen, Subskriptionen, Kapitelüberschriften u. ä., wenn sie in datierbarer
Cursive geschrieben sind. So ist mit Blass für die Datierung des Londoner
Hyperides von der cursiven Subskription (Titel) auszugehen, die er richtig
ins II. Jahrh. n. Chr. setzt. Freilich bleibt in diesen Fällen wieder unsicher,
um wieviel jünger die Beischrift als der Text ist.
Zur paläographischen Vergleichung leitet endlich ein aufserordentlich
wichtiges Hilfsmittel über, das uns neuerdings in datierten Urkunden,
die in Unciale geschrieben sind, bescheert worden ist. Datierte litte-
rarische Hss. — wie Lin Mittelalter — scheint es im Altertum nicht gegeben
zu haben, wenigstens liegen keine Beispiele vor. Kenyon, der die grofse
Wichtigkeit dieses neuen Arguments gebührend gewürdigt hat, verfügte über
zwei Beispiele: die Bittschrift an den Präfekten Turranius vom J. 10 v. Chr. ca.
(vgl. pl. XIV) und den Kontrakt vom J. 88 n. Chr. (vgl. pl. XVII). i) In-
zwischen sind durch die glücklichen Ausgrabungen von Grenf eil - Hunt neue
Beispiele zu Tage gefördert: so eine Bittschrift aus der Zeit des Tiberius
(P. Oxy. n 282), eine Steuerprofession vom J. 66 n. Chr. (P. Oxy. II 246)
und ein Kontrakt vom J. 94 (P. Oxy. II 270). Fürs III. Jahrh. v. Chr. wäre
auch auf den Brief des Polykrates hinzuweisen (Mahaffy P. Petr. Taf. II 2).
Nach meiner Erinnerung giebt es auch im Berliner Museum solche Stücke^),
wahrscheinlich auch in anderen Sammlungen. Es würde eine sehr nützliche
Aufgabe sein, alle diese uncialgeschriebenen und dabei genau datierten ür-
1) Vgl. auch seinen Hinweis auf die poll-tax rolls auf S. 86 ff.
2) Unter den in Faksimile edierten gehört meine „Tafel" XII d hierher,
zwar nicht genau datiert (wohl um 200 anzusetzen). Vgl. auch das Edikt Trajans
BGU I 140 Taf. 2.
Ulrich Wilcken: Zur Paläographie 367
künden zu sanuneln und in guten Lichtdrucken in einer besonderen Mappe
als Marksteine der Entwicklung der Unciale zu edieren.
Alle diese Gesichtspunkte, zu denen nun noch die paläogi'aphischen
(Accentuation u. s. w.) hinzukommen, sind auch von K., wie gesagt, bei
Abschätzung der einzelnen Hss. verwertet worden. Für die Theorie der
Paläographie würde vielleicht folgendes Vorgehen besonderen Erfolg ver-
sprechen. Man müfste zunächst deutlich herausheben und in chronologischer
Folge für sich stellen diejenigen Uncialtexte, die datiert sind oder
auf Grund der obigen sieben nicht - paläographiscben Gesichtspunkte resp.
durch frappante Ähnlichkeit mit einer der datierten Uncial-Urkunden sich
approximativ datieren lassen. Diese müssen das Gerüst füi- den ganzen
Aufbau bilden. Nur von diesen suche man zunächst durch minutiöse Be-
obachtung aller paläographiscben Eigentümlichkeiten die Entwicklung der
Unciale durch die Jahrhunderte festzulegen, gehe hierbei aber nicht von der
Voraussetzung aus, dafs man durch Ineinanderschachtelung eine einzige Ent-
wicklungsreihe herausdestillieren müsse, sondern lasse a priori die Möglich-
keit offen, dafs mehrere parallele Reihen neben einander her-
gingen, und weise darnach die einzelnen (datierten) Hss. der entsprechen-
den Reihe zu. Es gilt eben auch hier, wie ich es schon oben
für die Cursive betonte, aus dem vor uns liegenden Knäuel ver-
schiedenartiger Fäden die gleichartigen herauszusuchen und an-
einander zu knüpfen. Erst nachdem man jene sicher oder annähernd
datierten Hss. in dieser Weise geordnet und ein Bild von der Entwicklung
der Unciale gewonnen hat, versuche man auch denjenigen Hss., für die die
obigen Gesichtspunkte keinen oder keinen genügenden chronologischen Anhalt
ergeben, nach Mafsgabe der Buchstabenformen, des Ductus u. s. w. in der
entsprechenden Reihe ihren Platz zu geben, jedoch mit einem Fragezeichen.
Wenn ich hier annehme, dafs die Schrift sich in mehreren nebenein-
ander verlaufenden Linien entwickelt hat, so weifs ich wohl, dafs ich einer
herrschenden Meinung damit entgegentrete. Es fehlt mir leider die Mufse
und auch die Gelegenheit, in Originalsammlungen zu arbeiten, um diese
These selbst eingehend zu prüfen. So mufs ich die Nachprüfung Glück-
licheren überlassen und beschi'änke mich darauf, meine Vermutung, die sich
im Augenblick nur auf Faksimiles und auf Erinnerungen stützt, zur Diskus-
sion zu stellen. Man nimmt gewöhnlich an — und auch durch Kenyons
Buch geht dieser Grundgedanke — , dafs zur Zeit immer eine Art zu
schreiben herrschend gewesen sei, dafs also die eine immer die andere ab-
gelöst habe. Wo es nicht ganz stimmt, spricht man von „Ausnahmen".
So soll entweder Steilschrift oder Schrägschrift, entweder Schmalschrift oder
Breitschrift, runde oder eckige Schrift geheiTScht haben, die Buchstaben
60OC sollen entweder oval oder kreisrund gewesen sein u. s. w. Nach
solchen Gesichtspunkten hat man verschiedene Perioden der paläographiscben
Entwicklung konstruiert und dann die Neuerscheinungen je nach dem der
betreffenden Periode zugewiesen. Dafs diese Grundanschauung für die Cursive
nicht zutrifft, habe ich schon oben S. 364 angedeutet, und wie sollte es
auch anders sein!
Mit der Unciale ist es aber, wie mir scheint, nicht viel anders gewesen.
Zwar herrscht hier nicht dieselbe Freiheit wie in der Cursive, denn durch
die Absichtlichkeit und Künstlichkeit, im besonderen dm-ch das Kopieren von
368 n. Referate und Besprechvuigen
Vorlagen wird sie gebunden. Aber schon diese Vorlagen können verschiedene
Typen zeigen. Bis jetzt hat m. W. nur Ceriani, wenigstens für- einen
Spezialfall, Einspruch gegen die herrschende Meinung erhoben, indem er
behauptete, dafs im V. — VIII. Jahrhunderte wenigstens in Ägypten neben
den kreisrunden Formen von €0OC auch schon die ovalen, die man sonst
als die jüngeren, aus jenen abgeleiteten anzusehen pflegt, nebenhergegangen
seien. ^) Mir scheint, dafs wir diese Erkenntnis auf den ganzen Verlauf der
Schriftentwicklung, so weit wir ihn jetzt überblicken, also vom III. Jahrh.
V. Chr. an, ausdehnen müssen. Ich erkenne nach diesem Gesichtspunkt
mindestens zwei nebeneinander laufende Reihen. Der Klasse mit ovalen
Formen von 60OC gehören z. B. folgende Texte an:
Platon's Phaedon (P. Petr. I Taf. V— VIII), nach Mahaffy III. Jahrh.
V. Chr.
Bacchylides, nach K. I. Jahrh. v. Chr., Blass I. n. Chr., Grenf.-
Hunt I/II. n. Chr. 2)
Thukydides (Oxy. I 16, Taf. IV), nach Gr.-H. I. Jahrh. n. Chr.
Demosthenes JT^o' d^ (Oxy. I 26, Taf. Vn), nach Gr.-H. IL Jahrh.
n. Chr., nach K. (S. 77 Anm. l) I. Jahrh. n. Chr.
Platon's Gesetze (Oxy. I 23, Taf. VI), älter als 295, nach Gr.-H.
ca. 200 n. Chr.
Demosthenes c. Timocr. (Oxy. II 232, Taf. IV), nach Gr.-H. H/III.
Jahrh. (Halbunciale).
Sappho (Oxy. I 7, Taf. II), nach Gr.-H. und K. (S. 109) IE. Jahi-h.
Aristoxenos (Oxy. I 9, Taf. IH), nach Gr.-H. HI. Jahrh.
Ilias V (Oxy. II 223, Taf. I), nach Gr.-H. III. Jahrh.
Pherekydes (P. Grenf. II 11, Taf. IV), nach Gr.-H. III. Jahrh.
Tragiker (P. Grenf. II 12, Taf. HI), nach Gr.-H. HI. Jahrh.
Pastor Hermae (Wilcken „Tafeln" HI), nach K. IH. Jahrh. 3)
Die hier wiedergegebenen Datierungen der Editoren stehen durchaus nicht
alle fest. Gerade wenn man die Texte so nebeneinander hält als Repräsen-
tanten einer Entwicklungsreihe, und in dem Oval nicht mehr ein Argument
sieht, das auf die spätere Zeit hinweist, wird man vielleicht noch manche
Umstellung machen wollen.^) Doch so viel scheint mir klar, dafs wir hier
1) Ich entnehme dies dem Zitat bei Mahaffy, F. Petr. I S. .59, da die Arbeit
Cerianis, Einleitung zur Faksimile -Ausgabe des Cod. Marchalianus (Rom 1890)
mir nicht zugänglich ist.
2) Mü' scheinen die Einwendungen von Gr.-H. gegen K.s Ansatz (Oxy. I
S. 5.3 Anm. 1) nicht unberechtigt. Ob freilich die Schrift am Rande bis ins II.
oder gar III. Jahrh. gerückt werden darf, weifs ich nicht. Wenn mit- jetzt die
Zuweisung des Bacchylides in den Anfang des I. Jahrh. n. Chr. am wahrscheinlichsten
ist, so bewegt mich dazu weniger das dreistrichige Z, an dessen Beschränkung
auf die Ptolemäerzeit ich nicht glaube, sondern vielmehr die häufige Verwendung
des ptolemäischen ~r, mit dem nach Hnks überhängenden Horizontalstrich. Dies
hört, wenn ich recht sehe, im I. Jahrh. n. Chr. thatsächlich auf. Sonst sehe ich
keine speziell i^tolemäischen Formen.
3) Ich habe früher ans V. Jahrhundert gedacht. Nach dem obigen neuen
Gesichtspunkt zögere ich nicht, es für älter zu halten. Doch braucht man über
das IV. Jahrh. wohl kaum /zurückzugehen.
4) So scheint mir die Sappho zu spät angesetzt zu sein. Auch den Aristo-
xenos würde ich für älter halten, ja wegen des ptolemäischen T (mit nach links
überhängendem Querstrich) wiü'de ich sogar ans I. Jahrh. n. Chr. denken.
Ulrich Wilcken: Zur Paläographie 369
Vertreter einer und derselben Art zu schreiben vor uns haben, deren Eigen-
heiten nicht nur in den ovalen Formen 60OC, sondern auch in manchen
anderen Buchstaben, wie z. B. dem ^^ = gj, entgegentreten. Die ovale (resp.
kreisrunde) Form jener Buchstaben ist nur eine Wirkung des Gesamtductus.
Innerhalb dieser Gruppe könnte man noch wieder unterscheiden die rein
uncialen und die halbuncialen , dann nach den oben angedeuteten Gesichts-
punkten die sorgfältig und die flüchtiger geschriebenen u. s. w.
Neben dieser Klasse geht nun gleichzeitig eine zweite her, die kreis-
runde oder doch annähernd kreisrunde Formen von 60OC bietet. Ent-
sprechend ist der ganze Ductus, wie schon angedeutet, ein anderer als in
der ersten Klasse. Ich hebe z. B. folgende Vertreter der zweiten Klasse hervor:
Euripides' Antiope (P. Petr. I Taf. I, 11), nach Mahaffy III. Jahrh.
V. Chr., nähert sich mehr den kreisrunden als den ovalen Formen.
Vgl. auch Taf. X ebendort.
Hyperides in Athenog. (vgl. K. pl. XII), nach K. IL Jahrh. v. Chr.
Hier sind ausgeprägte runde Foraien. ^)
Dialekt. Fragment in Paris (vgl. K. pl. XI), älter als 160 v. Chr.,
nach K. II. Jahrh. v. Chr. Auf der Grenze zwischen Kreis und
Oval.
Rhetor. Fragm. (Oxy. II 216, Taf. V), aus Tiberius' Zeit.
Odyssee-London (K. pl. XV), nach K. I. Jahr. n. Chr.
Kontrakt vom J. 88 n. Chr. (K. pl. XVII).
Metriker (Oxy. H 220, Taf. VI), nach Gr.-H. I/II. Jahrh.
nias (Oxy. I 20, Taf. V), nach Gr.-H. IL Jahrh.
Eias-Bodl. (K. pl. XX), nach Thompson V. Jahrb., nach K. richtiger
n. Jahi'h.
Demothenes d. coron. (Oxy. I 25, Taf. III unten), nach Gr.-H.
III. Jahrh.
Auch in dieser Klasse werden bei genauerer Durcharbeitung des Materials
sich Unterabteilungen ergeben. Diejenigen, die zwischen beiden Klassen ver-
mitteln, könnten auch als dritte Klasse zusammengestellt werden. Das aber
scheint mir aufser Zweifel zu stehen, dafs durch alle Jahr-
hunderte hindurch neben der ovalen Schrift die kreisrunde
gegangen ist.
Ahnlich wird man auch finden, dafs Steilschrift und Schrägschrift
immer nebeneinander gelaufen sind. Ich leugne nicht, dafs aus dem
jetzt vorliegenden Material (!) in der späteren Zeit, namentlich im HI. Jakrh.
n. Chr. eine gewisse Vorliebe für die Schrägschrift hervoi'zugehen scheint,
wie die alten Texte der Ptolemäerzeit die Steilschrift zu bevorzugen scheinen.
Aber Ausnahmen giebt es auch jetzt schon. So hat das dialektische Frag-
ment (n. Jahrh. v. Chr.) eine Schriftneigung nach rechts, was namentlich
1) Ein strikter Beweis für das II. Jahrh. liegt nicht vor. Mir scheint nicht
ausgeschlossen zu sein, dafs dieser Hyperides ins m. Jahrh. v. Chr. gehört. Jeden-
falls zeigt schon dieser eine Text, dafs MahaflFy's aus dem neuen Material gezogener
Schlufs, die Schrift mit kreisrunden Formen von G0OC sei erst in der Kaiser-
zeit mit Rücksicht auf die kleinen dunklen Kirchen erfunden worden, nicht zu-
treffend ist. Vgl. auch den Kontrakt vom J. 88 n. Chr. MahaflFy stand eben trotz
Ceriani auf dem Standpunkt, dafs die eine Art die andere abgelöst haben müsse,
und so nahm er an, dafs man in den alten Zeiten immer oval geschrieben habe.
370 II- Referate und Besprechungen
auf die Formen von a X Ö nicht ohne Einflufs geblieben ist. Auch unter
den herkulanensischen Rollen^) finden sich solche mit entschiedener Schräg-
schrift neben der Steilschrift. Vgl. Scott, Frag. Hercul. S. 227 und sonst.
Andererseits hat es im III. Jahrh. n. Chr. und später auch immer Steil-
schrift gegeben (vgl. Demosth. d. cor.), wie denn überhaupt die voll aus-
gebildete Rundschrift sich natürlich immer steil gehalten hat.
In dem VI. und letzten Kapitel (fJie fransiüon to vellum) behandelt K.
die Verdrängung des Papyrus durch das Pergament für die litterarische
Überlieferung. K. verficht hier die These, dafs nach dem in. Jahi-h. n. Chr.
für litterarische Zwecke Papyrus nicht mehr verwendet worden sei, oder
doch nur in wenigen Ausnahmen. Diese Ausnahmen sucht er dadm-ch ab-
zuschwächen, dafs er sagt, sie seien in no case of much palaeogro/pMcal im-
porfance (S. 115) oder feiv and unimportcmt (S. 111). Das ist wieder diese
merkwürdige Auffassung, die ich schon oben S. 359 zurückgewiesen habe.
Warum soll z. B. die Schrift der Zauberiexte, die K. ins IV. Jahrh. setzt ^),
von geringerer Bedeutung sein als die Schriften vor dem IV. Jahrh.? Ob
der Sieg des Pergaments über den Papyrus im IV. Jahrh. ein so voll-
ständiger gewesen ist, wie K. annimmt, ist weiter zu untersuchen. Ich
hatte jetzt nicht Gelegenheit, den in diesem Kapitel aufgeworfenen Fragen
genauer nachzugehen, und behalte mir vor, eventuell später bei Besprechung
von Dziatzkos Buch, das sich hiermit zum Teil berührt, darauf zurück-
zukommen.
Ich möchte von dem Buche Kenyons nicht scheiden, ohne nochmals
hervorzuheben, welche Fülle von Anregungen ich ihm verdanke. Kenyon
hat damit eine Basis füi- alle weiteren Untersuchungen gegeben.^)
Über Wesselys Schrifttafeln kann ich mich kürzer fassen, denn hier
sind nicht die Grundfragen der Paläographie aufgerollt, sondern es ist ein
einzelnes, praktisches Ziel angestrebt worden: der Herausgeber will in
Ergänzung der bewährten Lehrmittel, die meist nur die späteren Zeiten
berücksichtigen, durch eine Auswahl von Reproduktionen datierbarer oder an-
nähernd datierbarer Hss. aus den älteren Jakrhunderten dem Anfänger einen
Einblick gewähren in die Entwicklung der lateinischen Schrift bis zu ihrer
1) Es ist eine der überraschendsten Neuerungen Kenyons, dafs er die herku-
lanensischen Rollen nicht ins I. Jahrh. n. Chr., sondern um ca. 50 v. Chr. ansetzt
(S. 70 ff.). Ich habe diese These noch nicht nach allen Richtungen präfen können.
An die Beweiskraft von A und Z glaube ich allerdings nicht. Was K. auf S. 73
über A sagt, ist inzwischen widerlegt durch die unciale Steuerprofession vom
J. 66 (Oxy. II 246 Taf VII): hier finden sich genau dieselben Formen, auch mit
der eigenartigen Schleife in der linken Ecke, gleichfalls in 2 Zügen geschrieben.
Auch Y und M haben hier Ähnlichkeit mit den Herculan.
2) Ins IV. Jahrh. gehört wohl auch der Zaubertext P. Lond. I 121 (Atlas
pl. 51 ff.), den K. ins III. setzt. K. selbst sagt S. 156 Anm. 2, dafs die Fonn d
lui- 5 — in der ich eine Beeinflussung durch das Latein sehen möchte (vgl. oben
S. 360) — nicht vor dem IV. Jahrh. erscheint. In diesem Text begegnet sie aber
sehr häufig.
3) Nach Druck des obigen Aufsatzes ging mir Smyly's Besprechung von
Kenyon's Buch zu (Hei-mathena X S. 425 ff.). In J. Gilbart Smyly begrüfsen
wir einen tüchtigen neuen Mitarbeiter auf unsenn Gebiet.
Ulrich Wilcken: Zur Palilocrraphie 371
Spaltung in die NationalschriftenJ) Zu diesem Zweck sind 20 Tafeln mit
Schriftproben ediert, denen kurze Erläuterungen und Transkriptionen der
Texte unter der Überschrift „Wie haben die alten Römern geschrieben?"
vorangeschickt sind.
Mit diesem Plan kann ich mich um so mehr- einverstanden erklären,
als er für die lateinische Paläographie genau dasselbe Ziel verfolgt, das
ich vor zehn Jahren mit meinen „Tafeln" für die griechische angestrebt
habe. Auch die vom Herausgeber zur Erreichung seines Zieles aufgewandte
Mühe ist des Lobes wert. Nur das Eine ist sehr zu bedauern, dafs er, zum
Teil wegen der Natur der Vorlagen, nicht photographische Reproduktionen
hat bieten können, sondern zur Autographie gegrifien hat. Wessely sieht
zwar für seine isagogischen Zwecke in der Autographie in sofern einen Vor-
teil, als sie „den Anfänger vor den Irrungen bewahrt, welche Fasern und
Ritze dem Auge bereiten" (S. 5). Da die Papjrusfasern thatsächlich auch
Geübteren gelegentlich ein Schnippchen schlagen, müfste der Anfänger, meine
ich, um so eher gegen diese äuTseren Gefahren von vornherein gewappnet
werden. Vor allem aber, durch autographische Reproduktionen bekommt
der Benutzer keine lebendige Anschauung von der Oberfläche, von der die
Schrift sich abhebt, imd die auf sie nicht ohne Einflufs ist; er weifs
nicht, ob die Lücken, die er vor sich sieht, beabsichtigte Spatien sind oder
gewaltsame Unterbrechungen der Schrift; er kann auch mit den Buchstaben-
resten in der Autographie nichts anfangen, während in der Photographie
ein geübtes Auge die zusammengehörigen Reste der Buchstaben zu verbinden
lernt. Auch fehlen in der Autographie die so erwünschten Anlässe, um den
Anfänger in gewisse Seiten des Buchwesens einzuführen.
Sehr bedenklich ist die Methode, nach der Wessely die Löcher der
Papyri wiedergegeben hat: er umi*ändert sie, ohne sie durch Schraffierung
vom übrigen deutlich abzuheben. Wenn solche Randzeichnungen gar, wie
häufig, in eine Schriftzeile hineingeraten, so weifs man garnicht, welche
Linien den Buchstaben, welche den Zeichnungen angehören. Vgl. z. B. die
letzten Zeilen auf Taf. IV. Wieviel klarer und weniger ii-refükrend ist trotz
der Fasern die gute Photographie, die in der Palaeographical Society II 90
und bei Arndt-Tangl von dieser Urkunde geboten wird! Das gilt von allen
Fällen, in denen photographische Reproduktionen verglichen werden können.
Vgl. z. B. auch Taf. HI, wo die feste, sichere Hand des Originals in diesen
zittrigen Zeichnungen kaum wiederzuerkennen ist. Selbst ein so klarer Text
wie Nr. 10 auf Taf. V kann den Vergleich mit der Photographie in P. Grenf.
n pl. V nicht aushalten. Hier zeigt es sich sogar, dafs die Schriftüge zimi
Teil recht ungenau und willkürlich wiedergegeben sind. Man vgl. nur ])ro-
curator in Z. 2: da sind in der Photographie noch charakteristische Züge
des p sichtbar, die bei W. fehlen; das erste o ist völlig mifslungen, da W.
es mit dem h der nächsten Zeile, das seinerseits auch nicht klar heraus-
gekommen ist, in ganz mifsverständlicher Weise verbunden hat. Noch
schlechter ist das Wort Odobrium in Z. 4 geraten: die in der Photographie
deutlichen Spuren von odo fehlen fast ganz, auch m ist ungenau wieder-
gegeben, und von dem r wird der Anfänger ein ganz falsches Bild be-
1) Unter den Büchern, die er neben den Tafeln zu benutzen empfiehlt, hätte
vor allen Thompsons Handbook nicht fehlen sollen.
372 II- Referate und Besprechungen
kommen, zumal es durch das kleine Loch daneben wie ein gi-iechisches P
aussieht. Nach solchen Proben verliert man das Zutrauen auch zu den
anderen Texten, die man nicht mit Photographien vergleichen kann. Die
mühselige Arbeit, der sich der Herausgeber durch eigenhändige Anfertigung
der Zeichnungen unterzogen hat, ist gewifs aller Achtung wert, aber das
Resultat kann darum doch nicht gutgeheifsen werden.
Die vorgelegten Proben, die chronologisch geordnet sind, umfassen
die Zeit von Augustus bis zum VI. Jahrhundert und zeigen sowohl die
Entwicklung der Cursive wie der Unciale. Die meisten Texte waren schon
bekannt, doch begegnen auch einige neue Stücke aus der Eainer-Sammlung,
worüber man ja um so mehi* erfreut ist, als diese Freude zu den seltenen
gehört. ^)
Unter diesen Nova sind am interessantesten die auf Taf. I vereinten
Stücke, Briefe aus der Zeit des Augustus, wie W. aus dem römisch-gi-iechischen
Doppeldatum richtig erschlossen hat. Es sind in der Wiener Rolle mehrere
Briefe, von verschiedenen Händen an dieselbe Person gerichtet, aneinander
geklebt — wie man die eingegangenen Steuerdeklarationen in den Bureaus
aneinander klebte. Das war also die Art, wie man empfangene Originale
aufbewahrte. Wie man andererseits die Briefe, die man selbst an andere
geschrieben hatte, in Kopien sammelte und ordnete, haben wir im 1. Heft
dieser Zeitschrift (S. 168) aus dem Ashmolean-Papyrus gelernt. So haben
wir jetzt eine klare Vorstellung davon, wie man im Altertum die modernen
„Briefordner" und „Kopiermaschinen" ersetzt hat. Dafs man im geschäft-
lichen Leben solche Korrespondenzbücher, genannt Uhri litterartcm missariim,
resp. adlatarum kannte, wufsten wir schon aus Cic. Verr. 1. HI 71, 167. Vgl.
Mommsen, Rom. Strafr. S. 418^; v. Premerstein s. v. commentarii bei P.-Wissowa.
Paläographisch sind diese Texte darum so interessant, weil sie uns
zeigen, wie verschiedenartig auch das Latein — ebenso wie das Griechisch —
zur selben Zeit geschrieben wm-de. Ein bilingues Ostrakon, das ich in
Ägypten erwarb, aus derselben Zeit wie diese Briefe stammend (19. Juni 18
V. Chr.), zeigt in seiner lateinischen Unterschrift^) — vielleicht der ältesten
genau datierten lateinischen Hs.! — wiederum völlig andere Formen.
Wenn W. im Übergang zu Nr. 2 sagt, „in der Folgezeit" sei allmählich
durch Ligaturen etc. die Cursive entstanden, so ist die zeitliche Angabe
kaum richtig. Wenn uns meines Wissens auch keine Proben aus älterer Zeit
vorliegen, so ist es doch nicht zweifelhaft, dafs man auch schon in der
Republik eine ausgebildete Cursive gehabt hat. Auch der sehr sauber ge-
schriebene Brief auf Taf. I zeigt, dafs dem Schreiber, wenn er weniger
sorgfältig schrieb, die Cursive geläufig war. Man sehe nur die elegante
(übrigens vom Griechischen sich nicht unterscheidende) Ligatur von me am
SchluTs von Z. 4.
Auf Taf. II giebt W. Proben vom Carmen de hello Actiaco und von
pompeianischen und dacischen Wachstafeln. Die Schrift des carmen, die in
1) Inzwischen sind uns neue Proben lateinischer Unciale und Cursive be-
scheert worden durch die glänzende Publikation von Jules Nicole et Charles
Morel, Archives militaires du I" siecle, Geneve 1900. Die ausgezeichneten
Lichtdrucktafeln lassen auch den Paläographen an diesem schönen Funde teil-
nehmen. Zur Sache vgl. auch Theod. Mommsen, Hermes 35, 443 flf.
2) Die Subskription lautet: acc- (= accepij art[abas] frumfenti . . .
Ulrich Wilcken: Zur Palüographie 373
der lateinischen Paläographic sonst Kapitalschrift genannt wird, nennt W.
ünciale im weiteren Sinne. In späteren Nummern freilich redet er wieder
von Kapitalschrift. Ich würde gegen den Verzicht auf die „Kapitalschrift"
nichts einzuwenden haben, schon damit wir gleiche Erscheinungen in der
griechischen und der lateinischen Schrift mit gleichen Namen belegen, denn
auch dort haben wir Schriftarten, die mit der der Inschriften in engsten
Beziehungen stehen und doch als Unciale bezeichnet werden. Warum soll
denn auch nicht die an die Steinschrift erinnernde Schi-ift eine der vielen
Arten der Unciale bilden? Man mufs nur auch hier das Gleichartige mit-
einander verknüpfen.
Bei Nr. 10 (Taf. V) vom J. 167 hat sich W. darauf beschränkt, die
Lesungen der Editoren Grenfell-Hunt abzudrucken, wiewohl sie verbesserungs-
bedürftig sind. Die Ortsbestimmung in Z. 9 und 11 wird bisher ad^) Fiilvinos
gelesen. Grenfell-Hunt haben wohl auf die Ähnlichkeit dieses F mit dem j;
in imp hingewiesen, haben aber nicht den notwendigen Schlufs gezogen: es
heifst vielmehr ad pulvinos oder auch Pidvinos, d. h. „bei den Sandbänken",
wozu das folgende ml staüone(m) Uhurnes den besten Kommentar giebt.
Dagegen hat man das einzige f, das in diesem Fragment begegnet, über-
sehen. Z. 9 wird gelesen seides (?) interveniente etc. Statt des sinnlosen
seides lese ich fides. Damit gewinnen wir eine interessante und neue
juristische Formel: fide — denn so ist offenbar statt fides zu emendieren,
•vgl. viele andere Deklinationsfehler in diesem Text ^) — intervenire etc.,
was mit fide iuhere zu vergleichen ist. ^)
Beim Übergang zum IV. JahrhundeiH: weist W. mit Recht auf die nun
stärker werdende wechselseitige Beeinflussung des Griechischen imd Latei-
nischen hin (vgl. oben S. 360). Ein interessantes Beispiel schon aus einem
früheren Jahrhundert von einer griechischen Schrift, die vom lateinischen
Ductus beeinflufst ist, hat oben S. 336 ff. Zereteli mitgeteilt und gewüi-digt. Aus
dem IV. Jahrhundert bietet die Abinnaeus-Korrespondenz (vgl. oben S. 162 ff.),
die aus den Kreisen einer griechisch-römischen Mischbevölkerung hervor-
gegangen ist, weitere Belege. Da finden sich manche lateinische Einzel-
heiten, wie im Atlas Lond. II 98 das ß, vor allem aber ebendort Taf. 100,
die einen völlig lateinischen Ductus zeigt. Von den früheren Publikationen
ist mü" immer ein interessantes Beispiel für die Beeinflussung des Griechischen
dui'chs Lateinische die Kopie der Bittschrift gewesen, die aus der Kanzlei
des Theodosius und Valentinian nach Elephantine zurückgeschickt woi*den
ist (P. Leid. Z) — paläographisch eine der interessantesten Urkunden, die
gleichwohl weder von Kenyon noch von Wessely herangezogen ist.
Weshalb die auf Taf. IX reproduzierte Schrift — der Massman'schen
Urkunden — immer als Kaisercursive bezeichnet wird, wie auch hier
1) In 11 ist <^ad^ zu ergänzen.
2) Man könnte an fide s(ua) denken. Aber nichts spricht für Abbreviatur.
3) Auch sonst finden sich manche Ungenauigkeiten in der Transkription. In
Nr. 15 (Taf. VII) steht im Faks. Costanti, bei W. Constanti. Eines von beiden
ist falsch. — In Nr. 16 steht nicht £v%o[i(xi., sondern sv^ons. — In Nr. 17 ist
clarissimus nicht c' abgekürzt (W.), sondern c% wo s Zeichen der Abbreviatur ist. —
In 21, 6 liest W. statilis, erklärt es als stativis. Die Erkläiaing ist richtig, aber
zu lesen ist statibis. Im griechischen Teil ist ■ii<xtEQ)^o(isv(ov sl[g] &[i]]ßa[Q
unwahrscheinlich. Ich denke %. g:ä[6] @r]ßcc[ldos?.
374 W. Referate und Besprechungen: Ulrich Wilcken: Zur Paläographie
wieder, ist mir nie klar geworden. Es ist thatsächlich die Schrift der
kaiserlichen Kanzlei. Unter einer Kaisercursive könnte ich mir niir eine
Cursive denken, die die Kaiser selbst geschrieben haben. Nach den vor-
liegenden Tafeln sollte man denken, dafs wir solche nicht kennen. Und
doch habe ich schon vor Jahren ein völlig sicheres Beispiel eines kaiser-
lichen „Autographen" nachgewiesen. Es steht in jenem P. Leid. Z aus der
Zeit des Theodosius und Valentinian, den W. einst sehr verkehrt erklärt hat.
In meiner Ki-itik dieser Arbeit (Berl. phil. Woch. 1888 Sp. 1205 ff.) wies ich
nach, dafs die von mir gelesenen Worte Bene välere te cupimus eigenhändige
kaiserliche Unterschrift sein müssen. Dafs sich W. dies Beispiel einer echten
„Kaisercui-sive" im vorliegenden Heft hat entgelten lassen, ist bedauerlich.
Auch für die mächtige Schrift auf Taf. XI bietet dieser Leid. Z in seinem
Anfang eine lehireiche Parallele.
Nachdem bis Nr. 31 verschiedene Arten von Cursive aus den Raven-
natischen Urkunden mitgeteilt sind, wendet sich W. von Taf. XIII an
wieder der Unciale zu, die in verschiedenen z. T. sehr berühmten Repräsen-
tanten vorgeführt wird. Zum SchluTs kommen noch einige Nachträge aus
den Oxyi-hynchostexten. Auch von Nr. 50, dem schönen Brief aus dem
II. Jahrh. n. Chr., gilt es wieder, dafs die Autographie gegenüber der Photo-
graphie vollständig versagt.
Dafs W. unter Nr. 13 eine Inschrift bringt, ist nur zu loben. Auch
Gardthausen hat gelegentlich Inschriften herangezogen. Ich gehe noch weiter:
wir müssen nicht bei einzelnen schüchternen Versuchen bleiben,
sondern prinzipiell die Schrift der Steine und Bronzen etc.
wieder für die Paläographie zurückerobern. Dafs die Trennung
der Paläographie und Epigraphik nur aus praktischen Gründen erfolgte und
sich wissenschaftlich ganiicht halten läfst, zeigen ja zur Genüge die vergeb-
lichen Versuche, eine logische Definition der beiden Disziplinen aufzustellen.
Vgl. Gardthausen S. 1. Das Gebot der Arbeitsteilung hat hier auseinander
gerissen, was qjvßst zusammen gehört. Es bleibt nichts anderes übrig: wenn
wirklich die Paläographie die Wissenschaft von der Schriftentwicklung sein
soll, so müssen wii- reuig zu unserm ccQirjyezrjg^ Bernard de Montfaucon,
zuriickkehren und ohne Rücksicht auf das Material die gesamten Schrift-
denkmäler zusammenfassen.
Breslau. Ulrich Wilcken.
ni. Mitteilungen.
Fritz Krebs '}'.
Seit dem Erscheinen des ersten Heftes unseres Archivs hat die
PapyiTisforschung einen ilirer eifrigsten Jünger verloren. Zumal sein
Name auch unter den Mitherausgebern dieser Zeitschrift stand, sei
ihni ein Wort der Erinnerung hier geweiht.
Was Fritz Krebs, der im Alter von zweiunddreifsig Jahren
durch einen plötzlichen Tod von unheilbarem Leiden erlöst wurde,
in den wenigen Jahren wissenschaftlichen Lebens, die ihm beschieden
waren, als Editor und Interpret der griechischen Papyri und Inschriften
geleistet hat, ist uns Allen bekannt, und es erübrigt sich, die zahl-
reichen Scliriften, in denen er die Resultate seiner Studien nieder-
gelegt hat, hier im Einzelnen aufzuzählen. Weniger bekannt ist, dafs
er in den letzten Jahren in beständigem Kampf mit jenem Leiden nur
durch Aufwand aller Energie seiner Wissenschaft hat dienen können.
Krebs' Name ist vor allem mit der Berliner Papyrussammlung, der er
seit 1889 erst als Hilfsarbeiter, dann als Direktorial- Assistent vorstand,
auf das engste verknüpft. Er hat nicht nur durch die musterhafte
Ordnung der Sammlung und die sorgsame Konsei'vierung der Papyri
sich ein bleibendes Verdienst erworben, sondern hat auch an der Ge-
samtpublikation dieser Sammlung einen hervorragenden Anteil genom-
men imd hat, abgesehen von den Editionen, durch die mnfassenden
Indices, die ersten derartigen auf diesem Gebiet, sich unser Aller Dank
verdient. In richtiger Wüi-digung der verantwortungsvollen Vermittler-
stellung, die heute die Hüter solcher Schätze der gelehrten Welt gegen-
über einnehmen, hat Krebs die Benutzung der ihm anvertrauten Sammlung
dui'ch Andere stets gefördert und ist allen den zahlreichen von aus-
wärts kommenden Bitten um Prüfung oder Durchpausung einzelner
Stellen oder um Auskünfte der verschiedensten Art mit immer gleicher
Bereitwilligkeit und Liebenswürdigkeit nachgekommen. Manche der in
den letzten Jahren auf unserm Gebiet erschienenen Arbeiten legen von
dieser stillen Mithilfe des Verstorbenen ein beredtes Zeugnis ab, und
auch Mancher, der ihn nicht persönlich kennen gelernt hat, wird schon
um dieser liebenswürdigen Seite willen ihm ein freundliches Andenken
bewahren. In unserer jungen Wissenschaft aber wird sein Name un-
vergessen bleiben. ,,, . , „,., ,
*= Ulrich Wilcken.
376 in. Mitteilungen
A large find of Ptolemaic papyri.
Since our discoveries at Behneseh in 1897, it has naturally been our
ambition to make a find of corresponding value for the Ptolemaic period,
and in particular to discover another cemetery of mumniies with, papyrus
cai-tonnage like those found by Petrie at Gurob. In 1898/9 fortune was
unpropitious, for though we found such a cemetery (Archiv. I p. 217) at
Harit, damp had ruined the papyri. This year however our luck quite
surpassed all our hopes, and our new collection promises to be of greater
importance for the Ptolemaic period than the Oxyrhynchus papyri are for
the Roman and Byzantine.
Our excavations last winter were conducted on behalf of the University
of California. The site which we selected is called Umm el Baragät and
is in the south of the Fayyum on the desert side of the Bahr Gliarak, three
miles south of the village of Tutün. The ancient name of it proved to be
Tebtunis (or Teptunis, as it is often spelled in the papyri), and the sur-
rounding ^SQtg, as could be predicted from the results gained by our pre-
vious excavations in the Fayyiim (Archiv 1. c), was that of Polemo. A
map of the Fayyiim incorporating all the geographical Information obtained
from our researches in that district will appear in our next volume for
the Egypt Exploration Fund, 'Fayyum Towns and their Papyri'.
So much digging has been done in the Fayyum during the last 20 years,
and so few sites have been left unexamined, at any rate by the natives,
that the obscurity in which Umm el Baragät has lain so long, unnoticed
either by dealers or by archaeologists , is at first sight surprising; for the
ancient town is one of the largest sites in the Fayyum, the mounds cover-
ing an oval half a mile in length. Its immunity from native diggers is
due probably to the same cause as that which preserved Behneseh, namely
the fact that the major portion of the town ruins, including those nearest
to the cultivation, are not earlier than the Arab Invasion, and therefore
the sebakhin had never found anything of importance. Only the southern
part of the site, facing the desert, was Roman, the line of demarcation
being clearly indicated on the mounds by the change in the pottery. At
the extreme south end some Ptolemaic potsherds were mingled with the
Roman, and we began work along that side on Dec. 3, 1899. Starting
with 40 workmen whom we had brought with us, chiefly old hands at
papyrus digging, we soon increased the numbers to 100, and later to 140.
The first day's excavations yielded a number of demotic, Greek and
hieroglyphic papyrus fragments of the Roman period, a combination which
pointed to the proximity of a temple; and it was not long before the plan
of a large enclosure, 110 X 60 metres with walls three metres thick, dis-
closed itself The north -east corner was occupied by a small brick temple
of Seknebtunis, one of the numerous forms under which the crocodile god
Sebek was worshipped in his nome, while round the sides of the enclosure
were built the houses of the priests. The temple itself had been destroyed
down to its foundations and produced no antiquities, but in the houses we
found a good number of Greek papyri of the Roman period, with a few
Ptolemaic and some fine demotic rolls. Most of the documents from the
Grenfell-Hunt: A larc^e find of Ptolemaic papyri 377
temple enclosure appear to be concerned with the priests. We then pro-
ceeded to excavate other houses in the Roman town, in several of whicli
papyri were fairly plentiful, noticeably a group of cellars containing docu-
ments of Augustus' time, and two or three rooms on the floors of which
we found bundles of from 10 to 15 rolls. Altogether the town yielded about
200 well preserved Greek papyri mostly of the first three centuries A. D.
Literary fragments were few, and generally of the Iliad. Besides papyi-i
we found several small hoards of Ptolemaic and Roman coins, ten-acottas,
some inscribed votive statuettes, and the usual variety of miscellaneous
objects, useful or ornamental. A week was devoted to Clearing out an
early Coptic chmxh with interesting paintings and inscriptions on the walls,
a process which owing to the cracked condition of the building was attended
with some danger, but which was ultimately accomplished without accident.
On Jan. 5, 1900 we started work upon the cemetery which proved
to be immediately south of the town and occupied us for two and a half
months. Four groups of ancient Egyptian tombs were discovered, proving
that Tebtunis was inhabited as far back as the time of the twelfth dynasty —
a discovery of considerable value for the Lake Moeris question — , and
from the Roman cemetery we obtained a number of portrait heads, like
those found at Hawara and Rubayyät; but we pass on to the scene of our
most important finds, the Ptolemaic tombs.
From its size and other indications the cemeteiy of Tebtunis must
have been a centre of bui'ial for other villages also. The first group of
Ptolemaic tombs that we found contained painted coffins and mummies uni-
formly with cloth cartonnage, and may be assigned to the first half of the
third Century B. C, before the custom of using old papyri instead of cloth
as the basis of the cartonnage was adopted. In the biu*ials however which
belonged to the next hundred years, where pottery or piain wooden coffins,
if any, were employed, mummies with papyrus cartonnage were very com-
mon. Most of the larger tombs had been plundered anciently, and in many
other cases damp and salt had, as at Harit, spoilt the papyri; nevertheless
we obtained 50 papyrus mummies in good condition with fragments of as
many more. When to these are added those which we found at another
site (v. inf.), the papyri from these mummies are likely to be quite as
numerous as the Petrie Papyri. None of them have yet been opened, so it
is impossible to state how much of the coUection is demotic or how many
literary fragments there are. But one conclusion to which we had ah-eady
been led by the other evidence and which is confirmed by our most recent
excavations may here be stated. It is certain that the practice of using
papyrus cartonnage for mummies, which probably began in the reign of
Euergetes I, remained in common use as far as the reign of Euergetes 11.
The bulk of the Petrie Papyri no doubt belongs to the reigns of Philadelphus
or Euergetes I, but though that collection contains little which we should
assign to a later date than about 170 B. C, there is in it, we think, a
somewhat larger admixture of papyri belonging to the reigns of Philopator,
Epiphanes and probably even Philometor, than has been yet admitted.
The papyrus mummies only represent half our total find of Ptolemaic
papyri; the other half was discovered in a mann er which, so for as we
know, is quite new. Adjoining the Ptolemaic burials of Tebtunis was a
378 ni. Mitteilungen: Grenfell-Hunt: A large find of Ptolemaic papyri
large cemetery of mummied crocodiles. Some thousands of these creatures
were found vaiying in size from fully grown specimens 13 feet long to
baby crocodiles just out of the egg, besides many sbam mummies wHch
Lad the outward shape of a crocodile but when opened proved to contain
a piece of bona or some eggs. The interest of these crocodiles lay in the
fact that in some cases they were wrapped up inside one or more layers
of imrolled papyrus sheets, while vacant Spaces especially in the head were
stuflFed with rolls. As may be imagined, in Order to wrap up a good-sized
crocodile in e. g. five folds of papyrus, many correspondingly long docu-
ments were necessary; and though here too, as was inevitable, decay frora
within or damp from without had often doue irreparable injury, the ba-
lance which remains in a good or fair state of preservation is very con-
siderable. Nearly all these papyri are Greek, though occasionally a de-
motic roll was found buried beside a crocodile, and, so far as we can
judge, they ränge from the time of Philometor to that of Augustus. Lite-
rary fragments appear to be rather scarce, but there are many long and
important official documents. Quite a large proportion of them seems to
have come from the bureau of a certain Menches, xtoiioyQafiiiccrEvg of Ker-
keosiris in the closing decades of the second Century B. C, and another
large group belongs to the later part of Ptolemy Alexander's reign. The
effect of the Tebtunis find as a whole is approximately to double the extant
amount of Ptolemaic papyri written in Greek.
After finishing Umm el Baragät a week was devoted to exploring
another Ptolemaic cemetery belonging to a much ruined site six miles to
the east. Here a few more mummies with papjrrus cartonnage were dis-
covered.
The Gizeh Museum has retained, besides a representative selection of
the miscellaneous antiquities, the most important of the demotic papyri,
including those found in the town or buried beside the crocodiles and eight
large rolls which were discovered tied up together with a Greek letter of
clout 100 B. C in some house rubbish in the Ptolemaic cemetery. The
rest of the papyri have been sent to Oxford for publication. Subsequently
they will be divided between the Museums of Gizeh and the University of
California.
The editing of the Greek papyri, even though we hope to have the
assistance of one or two other scholars, will be a long and difficult imder-
taking, especially in view of both the delicate preliminary task of preparing
the papyri from the mummy cartonnage and crocodiles for decipherment,
and the press of our other work. Such time as we can this year spare
from our annual volume for the Egypt Exploration Fund, which constitutes
our first duty, is occupied by the publication of the important collection of
Greek papyri which we have formed for Lord Amherst. The theological
part of his collection, which includes a considerable fragment of the Ascensio
Esaiae and a remarkable Christian hymn of the time of Constantine, will
be issued in a few weeks, the remainder we expect to publish next year.
The way will then be opened for the editing of the Tebtunis papyri.
Oxford. Beruard P. Grenfell.
Arthur S. Hunt.
Zcre/e/i, üb. d. National lypen i. d. Sehr iß d. griecli. Papyri.
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i9^;-/. /'(?/>. ZötT,
Archiv für Papyriisjorschjing I. 2.
I. Aufsätze.
Some new Fragments of Herodas.
The papyrus of Herodas, originally published in 189i, is, as is
well known, imperfect at the end. Besides the continuous roll, which
includes seven poems aud the first three lines of the eighth, eleven
detached fragments were preserved, the text of which was published
in an 'Addendum' to the volume {Classical Texts from Papyri in the
British Museum) containing the editio princeps. There was no reason
to suppose that any other fragments existed. In the course of 1900,
however, a small box was sent to the British Museum, which was
found to contain a quantity of papyrus fragments. The fragments were
very small, many of them being redueed to mere powder, but it was
evident at first sight that they formed part of the great discovery which
restored to us in 1891 so many works of classical literature, pre-
viously known or unknown. No doubt they had remained in the pos-
session of some native of Egypt wlien the main bulk of the discovery
was transferred to the British Museum, and it was only recently that
they were brought to light and sent to rejoin their fellows.
The largest and best preserved of these fragments belong to the
Herodas papyrus, and they are here printed in füll. I have first given
the text of each fragment separately, numbering them in succession
with the eleven previously known. I have then given the results of
combining a number of them, which can be showu to form part of
the four columns foUowing next after the continuous portion of the
roll. This still leaves several fragments unaccounted for, and perhaps
the ingenuity of others wiU carry the work of reconstruction further.
I have not thought it right, however, to hold back the discovery
longer from scholars in general, and prefer to submit it to the Coopera-
tion of all who are interested m the subject. For the same reason
(and also from doubts as to the possibility of its success, except upon
the most limited scale) I have made little attempt at conjectural re-
storation of the missing portions of the reconstructed columns.
Archiv f. l'apyrusforschung. I. 3. 25
380
I. Aufsätze
Frag. 12. Tö cm. x 1.6 cm.
yrAPNi
NeAKIN
Aevnw
Belongs to Mim. VIII 15—17. 1. 15
A slight trace of the letter fol-
lowing N remainSj which suits a
perpendicular stroke better thau a
curved one. 1. 18 The letter below
the A in 1. 17 had a tall pei-pen-
dicular stroke, as in cp or il^. This
would suit Crusius' conjecture tl^rj-
kacprjVy though the fragment con-
taining the letters (pr}v is now re-
moved to col. 35.
Prag. 13. 4 cm. X 1.3 cm. From
the top of a column and the he-
oinningjs of lines.
K
K
Ol
TO
KA'
Joins frag. 3 on one side and col. 42
on the other, as is proved by the
connection of the papyrus fibres.
Frag. 3 therefore (VIII 50—65 in
Crusius) now becomes col. 43 =
VIII 22—37.
Frag. 14. 3 cm. X 1 cm. Be-
ginnings of lines.
K
CX
03
K
KP
Folio WS immediately below frag. 13,
giving the first letters of VIII 27—32.
Frag. 15. 1.7 cm. X 0.6 cm.
Ire
AH
Part of frag. 3, 11. 3—5 (= VIII
24—26).
Frag. 16. 0.7 cm. X 1.3 cm.
TYro
POYXA
The papyrus fibres show that this
small fragment is to be attached
to frag. 3, 11. 8, 9 (= VIII 29, 30).
Frag. 17. 5 cm. X 3.4 cm. From
the top of a column.
- e
re
n
1 1
rw
<t)i
The surface of the papyrus has
almost whoUy disappeared, as in
the case of frag. 4 (see published
facsimile pl. XXII), leaving only a
few letters along the right-hand
edge of the fragment. In 11. 2, 3, 6
the first letter may be either r
or T. Frag. 4 foUows immediately
below this fragment, and frag. 18
below that again, so that the entire
height of the column is preserved,
with the exception of the last line.
The appearance of the papyrus
suggested that it formed part of
col. 43, and frag. 16 (in which
the lower layer of papyrus is
wanting) appears to complete the
junction. The fibres correspond,
and 1. 2 of frag. 4 has a trace of
the end of the A which occui's in
frag. 16.
Frag. 18. 1.3 cm. x 1.3 cm.
KON
[NOA
TO
FoUows frag. 4; see above. 1. 1
Frederic G. Kenyon: Some new Frao'mentH of Ilerodas
381
The last letter miglit also he A.
1. 2 The last letter might also be M.
Frag. 19. 5 cm. x 4.8 cm. Two
contiguous fragments from the top
of a column.
XOPOICAIONYCOY
KOMNKOAYMBW
eKBIHCOYAAC
nANTAAHNANN
Blank Spaces after 11. 1 and 3 sliow
that these are the ends of lines.
The papyrus fibres show (as cer-
tainly as is possible when actual
contact is not obtained) that frag. 2
contains the beginning of the co-
lumn following col. 43, and this
fragment joins frag. 2, containing
the ends of the first 4 lines in it
(= VIII 40—43). There is a slight
lacuna between the letters in the
two fragments, but the upper mar-
gins join exactly.
Frag. 20. 1.2 cm. X 0.9 cm.
rjXax
vdo
Joins frag. 2, 11. 6—8 (= VIII 45
— 47). The first line contains the
bottoms of two perpeadicular stro-
kes, the second coming slightly
lower than the first. The last
letter in 1. 2 might also be A or fi.
Frag. 21. 5.2 cm. x 1.7 cm.
From the top of a column.
nN€YCAI
CWnOYM
THIBA
TAYTIC
ePFHC
Joins frag. 8 a. The first letter in
1. 4 may also be T. Before the €
in 1. 5, two dots are visible, for-
111 ing tlie ends of a curved stroke,
such as H, n or C.
Frag. 22. 2 cm. X 2 cm. From
the top of a column.
AAinATe
'HCeKAI-
Joins frag. 21.
Frag. 23. 16 cm. x 2 cm.
.THPIHIKO
GOnAPeON
orepwNM
Joins fragg. 21 and 22. The first
line contains the lower parts of
the letters in 1. 2 of frag. 22. Be-
fore the T in 1. 2 is the end of a
letter which may be a, X, or /n.
Frag. 4. 1.3 cm. X 0.4 cm.
O
O
HA
Fits into the lacuna between the
two parts of frag. 5, 11. 1 — 3. The
top of each O is attached to the
preceding letter by a ligature (in
each case the end of a t). Frag. 5
belongs to the same column as
frag. 8, as shown by Blass and
Crusius.
Frag. 25. 5.6 cm. x 2.8 cm.
From the bottom of a column.
ON
INEK
NTeCKAI
nOAAOlKAPTAT
NMOYCHICING)
0AONCOCAOKO
"ONAnNOYM
"PONTIZYNer
Joins fragg. 5 and 8 b. The last let-
ter of the last line may also be
a n.
Frag. 26. 2 cm. x 1.1 cm.
25*
382
I. Aufsätze
KBIHC
KPeco
TOYCC
Aercp
Joins frag. 25, 11. 1 — 5. In 1. 4, the
last letter may also be a 0; and
in 1. 5 the r may also be a T.
Frag. 27. 3 cm. x 1.1 cm. From
the bottom of a colunin.
YNex
KWPY
nPHz
Joins fragg. 25 and 26.
Frag. 28. 1 cm. X 0.5 cm.
N/
KO!
Joins frag. ^1, 11. 1 and 2.
Frag. 29. 2.4 cm. x 1.8 cm.
From the bottom of a column.
MOV
NHAT
AOPINOeN
Joins fragg. 27 and 28, and is itself
joined by frag. 11, the letters noc
in 1. 7 of that frag. foUowing im-
mediately the MOV in 1. 1 of this
frag. This shows that frag. 11 con-
tains the ends of 11. 10 — 18 of this
column.
Frag. 30. 2.8 cm. X 1.3 cm.
From the end of a long line, or
the bottom of a column.
TO)N
Joins frag. 11, completing 1. 8 of it.
Frag. 31. 3cm.x 1.5 cm. Much
defaced.
CY
ceA
OA!
The colour of the papyrus, and
the manner of its defacement, show
that it comes from the neighbour-
hood of frag. 7; but it does not
appear possible to establish an im-
mediate connection between them.
Frag. 32. 3.3 cm. x 5 cm. From
the bottom of a column; perhaps
near ends of lines. Much defaced.
eoAONezoi
. CYClCfieiPA
Also from the neighbourhood of
frag. 7. Apparently i]£LQa ends the
line. The circumflex over the H
is uncertain.
For the fragments which follow
no place has yet been found.
Frag. 33. 3.1 cm. x 0.9 cm.
enp
GOCM
KAIO)
oiAe
~PYn
Yn
The size of the writing and the
colour of the papyrus resemble those
of cols. 42, 43. The last letters of
11. 5 and 6 might perhaps be r.
Frag. 34. 1 cm, x 0.5 cm.
O
.Yl
MA
Similar in aj)pearance to frag. 33.
The letter in the first line might
also be w or m. The letter before
Y in 1. 2 may be O.
Frag. 35. 1 cm. X 1 cm. Be-
ginnings of lines.
T
OP
A rather large hand.
Frag. 36. 1.6 cm. X 1.4 cm.
nei
AWPO
AAAK
Frederic G. Kenyon: Some new Fro^^Tnents oi Horodas
383
Frag. 37. 1.1 cm. X 0.9 cm.
COL
AIG)
ITOI
Frag. 38. 1 cm. X 0.8 cm. Be-
ginnigs of lines.
T
T
Frag. 39. 2 cm. X 1.5 cm. Ends
of lines (except 1. 1)
KATezGO
fOMOIC
TO
TPHI
A rather small hand, on rather
brown papyrus.
Frag. 40. 0.5 cm. X 0.9 cm.
PIKH
Hand and papyrus similar to frag. 39.
Frag. 41. 1 cm. X 0.9 cm.
NAAH
nie
Medium-sized writing, on brown
papyrus.
Frag. 42. 1 cm. x 1 cm.
. YM
, MHAe
.TON
Similar to frag. 41.
Frag. 43. 1.7 cm. X 0.7 cm.
From the bottom of a column.
ero
On rather light papyrus. The last
letter may also be C).
Frag. 44. 1 cm. X. 1 cm.
6KT
AZAN
There are traces of a letter before
€ in 1. 1 which might be A, and
of a letter after T which might
be O or A.
Frag. 45. 0.7 cm. X 1.9 cm.
. 0>^BAe
KAITANY
On light papyrus. Only the bottom
portions of the letters in 1. 1 are
preserved.
Frag. 46. 2 cm. x 1.7 cm. Two
scraps which fit together.
f^NTA (apparently end of line)
CHCAIHC
(jON0POJn
ezevcAN
TA
In small writing, on rather light
papyrus.
Frag. 47. 1 cm. X 0.5 cm.
CO
TP
Small writing, similar to frag. 46.
Frag. 48. 1.6 cm. X 1 cm. Ends
of lines, perhaps from top of co-
lumn.
C0AI
N
Frag. 49. 1 cm. x 0.4 cm.
en
coc
There are slight traces of a line
above the first of these. en is
Witten over IK erased.
Frag. 50. 0.9 cm. x 0.6 cm.
eCT
.zo
There are slight traces of a letter
before z which may be A. The
letter after z may also be w.
Frag. 51. 1 cm. X 1.8 cm.
reTAiN .
0HA
In 1. 1 [M is written over <pp erased.
The letters in 1. 2 are very faint.
The last might perhaps be Z.
Frag. 52. 1 cm. X 1.7 cm. Ap-
parently end of a long line.
KTIzeiN
384
I. Aufsätze
Frag. 53. 0.9 cm. X 0.5 cm.
HY
There are traces of a line foUowing.
Frag. 54. 0.4 cm. X 0.7 cm.
MC!
Frag. 55. 1.6 cm. X 1 cm. Be-
ginnings of lines.
r (or n)
p
Frag. 56. 1.7 cm. X 1.6 cm.
Apparently from the bottom of a
column.
TON
Frag. 57. 2.7 cm. X 1.3 cm.
Apparently from the bottom of a
column.
ACOlC
Only the bottom parts of the let-
ters are preserved.
Frag. 58. 2.2 cm. X 2.4 cm.
End of line, apparently from top
of column.
NA
We have now to gather up the results to be obtained from this
coUection of small fragments. It will be seen that those which ean
be identified belong to the mutilated eighth mime, entitled 'Evvjtviov,
to which also most of the previously known fragments have been
assigned. But before attempting the reconstruction of this poem from
the new materials, it is necessary to make two rectifications which
affect the seventh mime. In the first place the combination of frag. 10
with 11. 1 — 3 of col. 35, suggested by Crusius (ed. 2, p. 72), is probably
correct. The papyrus fibres show that it must belong to the top of
either col. 35 or col. 36, and though it is not easy to restore the text
in either position, it is more possible to do so, as indicated by Cru-
sius, if the fragment is placed in col. 35. Secondly, the small detached
fragment which has hitherto been placed at the bottom of col. 42 is
shown by the papyrus fibres to belong to the bottom of col. 35, the
last four lines of which (VIII 22 — 25) may consequently be restored
thus:
6Qyj&' OTtag -JiSTCriye x[&}rt 0^cpr]v[CöK]oig
ihpqQxCaxai na6a' iio\y xa\ }isv x[ak]äg
tä X ovil xaAög, AAAAÜA . TICAIX....C
25 TO XQ^iia d' ovxGjg v}i[t]v rj //«[Aylag] doCr] x. x. X.
In 1. 24 the lacuna between A and T might hold two letters. Various
restorations may probably be found; perhaj)s unccQxCöai %(alovg^ "^such
as to make a lame man walk evenly'.
Coming on to the eighth mime, which begins at the bottom of
col. 41, it will be convenient to print the text, as it now Stands, con-
tinuously. Only fairly certain conjectures are introduced. Notes on
spelling, etc., which may be found in the Teubner edition, are not re-
peated here.
Frederic G. Kenyon: Some new Fragments of Herodas 385
'EvVTtVLOV
aöttjd'i, dovlr) U^vXXcc ^tiQi tto xeiöy
Qtyiovßa^ triv de ^oiqov ccvovyj dQVJttet;
7] 7CQo0fiEV£is Ov [lEXQ'' ^^^ '^Itog d'dk^rj
col. 42] Tov %\x)6ov iödvq; xcög d\ ccxqvts^ xov xd^vsLg
5 tä nX \evqu xvcbööiwö' ; ai de vvxtaq ivvsayQOt.
aöT7j'9'|t, (pyj^t-, ^ccl aipov, sl d'sXsig, Iv^vor,
xal r^rjv avavXov ioiqov ig vo^iijv :n:£^il>[ov.
töv^d'QV^E xcd xvo)^ ^^XQ'' ^^^ ifagaörälpa
t6] ßQsy^a ra öxCnavi ^aXd-aKov %'GiiLa\i.
10 dfijAr) MeyaXXC^ xa[t] 6%) Jtät^iiov xvixxSöEig;
ov] tcc SQtd öS tQvx[o\v(}Lv; ccXXä ^ijv 6t8a^\a
ETc' iQa di^ö^E[6d-^a' ßaibg ovx ^^tv
Ev rfj olxttj ETI f{a[A]A6g eIqlcov. öeiXt],
a6tri%-L' 6v re ^oi t[. . . .] eI Q'EXEig^ 'Avvä^
15 äxovGov^ ov yuQ vrilTtiag^ (pQEvag ßoöxsig.
TQayov Ttv eXxelv [ajro] cpdqayyog (pi6iir}\y
^ccxQrjg^ ö d' EV7tco[yo3]v xe XEvxEQCog [i^v ttg.
ETlEi ö' £'(j£rT[.]i/^[ ] Tfig ß7]66rjg
')^[. .] (j^a[ ] yccQ Eßöa^iai
20 <?v[ Jyfg alitoXoi TtXs^
tr}[ ]^tC3|/ T£ 7C0LEV\
col. 43] xrjyco ovx i6vXsvv[
xal aXXrjg ÖQvbg [ ^ta[
oi (5' d^fpixaQxa [ ]7£[
25 TOV aly inoCovv [ ];:r[
xal [7t]Xrj6Cov iie[ ] • • [
x[ ]v (la X . [. . . .]yG>[
6x[- ■ ■ .] XQOXCOX[ ]^t[
(o[ ] XETixilg dvxvyog . [
30 6y[. . . .'\g ÖE vEßQov ;fA«v[
x\^ ]v xvna\p0 . . .\ia^
xo\^ ] aiicpi.xy\rm, . . .]i(56i\^
xo^Q'OQVov\^ ] . xa\_
\(o^Ev xo\ ]^o;v[
35 ^(OQiqviiiY ]0't[
]oAcöjro[ ]jcov[
Col. 42 = fragg. 1 -f- 9 -)- 12. 1. 14 The letter before ei does not appear
to be Q, as read by Crusius. 17 The new frag, confii-ms Crusius' conjectm-e
in his first edition.
Col. 43 = fragg. 3 + 4 + 13+14 + 15+16 + 17 + 18.
386 I. Aufsätze
]t>(?(?£cag co[ ]voA[
Jro[
Col. 44] 40 ÜdTCSQ TSk£V[l£V i^[l] %6Q0tg JlCOVVÖOV.
101 (isv astaTtoLS ^[s] xdvtv xolv{ißS}[vt£g
saoTtTov ccQV£vti]Q[£g] £X ßirjg oifdag^
Ol ö' vjiTL £QQinx£vvTO. %dvx' ädfjv, 'u4vv\ä
slg £V yslcog t£ xdvCrj [
45 jcccyco doMov ölö^vq^
. . . .]va^£6d-aL xrjkaxl
]a)g trjv do[
[11. 48 — 57 are wanting]
col. 45] tä d£ivä %v£v6ai A«| ncct£\^
£QQ £K 7CQ06C07tOV ^YJ <5£ %aL7t\£Q (x>V TtQEößvg
60 oXri jcatid'x) xfi ßatrjQir} xd[^^?]
ü'^yo) fi£tavTig, a 7CaQE6v[t£g (?)
Q^av£v^' v7i£Q yrig £«'(?) 6 y£Q(ov ^[^
^aQTVQ\o\iiai d£ rhv v£riv[vriv
0 d' EinEV \a]iL(pco tbv doQEcc[
65 nal rovt i[^S^G)v iXYj^ato £v dv[o
. .]va(5[. . .^coÖe TcovaQ (odt
TÖ]v aiya T^g cpl^KQayyog i^E^t^nov
]AAov düQov iv[ Jv
01 ÖS aL]7CÖloL iiiv m ßirjg [ ^Eiwra
70 avxtEa XElEvvTEg jcat kqe&Y'^ ^^vvvto
tu liilEa TfoXXol üdQta tovg ö[ ] fioxd-ovg
tik£v6iv Ev Movörpiv. (oö^ iya [
To^ijv KEd-lov Gjg doKovv Exl^^v ^ovvog^
noXlGiv tbv aTtvovv xcSqvxov Ttatrjöccvtcov^
75 xrj tä yigovti t,vvE7iQrj^a oQivd'Evtt
*******
The newly acquired fragments are tlius very far from giving us
Col. 44 = fragg. 2 -f 19 + 20. 40 Pap. JIONTZOT.
Col. 45 = fragg. 8a + 8b + 21 -f 22 + 23 + 5 + 24 + 25 + 26 + 27 +
28 -|- 29 -|- 11 -|- 30; 15 fragments iu all, since frag. 5 is composed of two
pieces. Line 74 is put together from no less than seven fragments. 59 The
new frag, confirms tlie restoration of this line by Diels. 62 tt] Pap. / or q>
or ip. The height of the stroke above the line suits the latter Ijest, but ipoysQav
would be lanmetrical. 68 The remains after dco resemble the top of a p rather
than G. The o is partly in frag. 5, partly in frag. 25, and jiartly lost. 75 ktj]
perhaps for kcci.
Frederic G. Kenyon; Somc new Fraj^fments of Herodas 387
back this poern as a cojiipletc wliolc^ but tbey estabiish the sequence
of it for perliaps three quarters of its Iciigth, and enable us to judge
of its character as a whole. Maiiy of tbe combinations and restora-
tions formerly attempted are shown to be unsound, and much fresh
material is offered to the ingenuity of seholars. The Contents of the
poem, so far as they are disccrnible in its fragmeutary condition, are
Gurions, but it lacks the interest which the first six minies possess,
as pictures of life and character; so that we may fairly hope and
believe that the poems which fortune has restored to us intact repre-
sent the best and most characteristic work of the Coan poet.
London. Frederic 0. Kenyon.
Ein Polybiustext auf Papyrus.
Der Erfüllung unserer Hoffnung, von den verlorenen Büchern des
Polybius doch noch einmal etwas wiederzufinden, werden wir um einen
kleinen Schritt nähergeführt durch ein paar winzige Papyrusfragmente,
die jüngst zusammen mit den von v. Wilamowitz behandelten Bruch-
stücken der hesiodischen Kataloge ^) vom Berliner Museum erworben
worden sind: sie enthalten zwar Stücke aus schon bekannten Partieen
des XI. Buches, zeigen uns aber doch, dafs man im III. Jahrh. n. Chr.
im Faijüm den Polybius gelesen und vervielfältigt hat, und eröffnen
uns so die Perspektive, eines Tages auch einmal unbekannte Stücke
dieses einzigen Werkes durch weitere Papyrusfunde wiedergewinnen zu
können.
Mit gütiger Erlaubnis des Direktors der ägyptischen Abteilung der
königlichen Museen, des Herrn Professor Adolf Erman, teile ich die
Fragmente, die unter P. 9570 inventarisiert sind, hier mit.
Die Handschrift (auf Recto) ist in einer grofsen, klaren Unciale^)
geschrieben, die ich der Zeit um 200 n. Chr. zuweisen möchte. Wenn
ich sie eher dem III. Jahrh. zurechne, so bestimmt mich dazu das
Häkchen zwischen den beiden y in C 7, das bisher wenigstens nicht
früher als für das III. Jahrh. sicher nachgewiesen ist.^) Dafs es sich
nur das eine Mal findet, nicht z. B. in D 5 oder E 2, spricht für den
Anfang des III. Jahrhs. Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dafs die
Hs. dem Ende des IL Jahrhs. angehört. '^) Wiewohl sie nach der
Kalligraphie zu schliefsen eine Buchhändlerausgabe war, ist doch schon
1) Sitzungsber. Berl. Akad. 38 (1900) S. 839 ff.
2) Die Schrift macht trotz mancherlei Verschiedenheiten doch im Ganzen
einen ähnlichen Gesamteindnick wie der Berliner Hesiod (vgl. die Tafel bei v. Wi-
lamowitz). Die Rundungen sind mehr oval als kreisrand.
3) Vgl. meine Observat. ad bist. Aeg. S. 57 ff.
4) Höchst unwahrscheinlich ist mir dagegen, dafs in einem Text aus Augustus'
Zeit dieses Häkchen vorkommen soll (P. Wess. Taf. gr. 6,7). Das sieht eher wie
ein lapsus calami aus. Doch ist weiteres Material abzuwarten.
Ulrich Wilcken: Ein rolyl)iiiHtext auf Pajtyrus 389
nach ca. 60 — 70 Jahren ihre Ilückseite zur Aufnahme von Rechnungen
und Steuerzahlerlisten verwendet worden. Diese Listen handeln von
denselben Personen und Steuern, die auf der Rückseite der Hesiod-
handschrift verzeichnet sind: diese aber gehören in's erste Jahr des
Kaisers Tacitus (276 n. Chr.).i)
Nach Ausweis der Listen auf der Rückseite stammt unsere Hs. aus
dem Faijüm. Trotzdem ist sie, wie ich höre, in Keneh in Oberägypten
gekauft. Das ist lehrreich für den heutigen Antikenhandel in Ägypten.
Unsere Fragmente stammen ebensowenig aus Keneh wie die in Gebelen
gekauften Blemyschen Lederhandschriften aus Gebelen, die vielmehr in
Nubien geschrieben sind.
Die Polybiushandschrift hatte natürlich Rollenformat. Die Ko-
lumnen sind im Durchschnitt 17 — 20 Buchstaben breit. Am Ende der
Zeilen findet sich häufig das bekannte Füllzeichen: 7. Accente, Spi-
ritus und Interpunktionszeichen, die in der Hs. fehlen, sind in dem
folgenden Abdruck von mir hinzugefügt. Die Fufsnoten über die
mittelalterlichen Codices entnehme ich dem Apparat von Hultsch und
Büttner- Wob st.
A. XI 13, 8—14, 2.
Höhe 11 cm. Breite 6,5 cm.
[ä0q)dkei]a tq \jitccQd:tav^
[fV T^t t]öv [^ev(ov ev 7]-
[voiai ii]elra[^L. ^ih di} xal]
[röts 6v^v£ß[aLV£ t6 Jta]-
5 [qcc täi] Max[avidai ^evl]-
[abv ov^t<o\^s] s%d-v^(o[g] a~
[ycovL^^söd-ai xal ßiaicoq
[a3(?r£j fttjTf xovq s(pe 7-
\ßQBvo\vTaq tolg ^evotg
10 ['IXXv^QLOvg jcal d-coQccict 7-
[trag] dvvaöd'ai tTjv scpo-
[dov] avrcbv VTio^stvat,
[•jtdvtlag d' «f/3m[(?]0;[£]v-
\tag q)s]vyeiv tcqoxqo^k-
3 hinter -Kslxai Codd. : kcu SvvdiiH. 8 das übergesetzte 8 von 2. Hand.
13/14 i-n^LCLG^ivtag nur in punktuellen Sj^uren erhalten; i-tinisaQ-ivras Codd.
1) Alle diese Listen, die ich bald in BGU zu edieren hoffe, sind eng ver-
wandt mit den in BGÜ 9 publizierten Listen über Gewerbesteuer (vgl. Ostr. I
325 if.), und ergänzen diese in erwünschter "Weise.
390 I- Aufsätze
15 [di^v^ ag STil xriv Mav-
[tiv^siccv ansiovCrig 7
[rij?] noXecog \En\xä 6ta 7-
\ßlovg. ^E\v d>\i
15/16 xf]? Mavtiv8iag Codd.
B. XI 14, 4.
Höhe ca. 5 cm. Breite ca. 4 cm.
[tag 7te7tQorsQrf\xs']-
[vat liBt oXiyov] tolg [0]-
[Aotg E6cpak}i£vo]vg tov[g^
[d' SV aQxcctg dö^a]vtccg
5 [sTtruixavac 7tdk\iv ex
[fistaßolilg ura^a] tijv räv
[ ayxJiyoL 7-
[ccv tä oXa 7CaQad6]^(og x[cc]-
1 von K und dem Füllstricli nur punktuelle Spuren erhalten. 6/8 tt/v
avrwv Dcy^ivoiav Codd.
C. XI 15, 5.
Höhe 5 cm. Breite 6,5 cm.
\ic\a\ tqvg dia[x£ichx6]-
t[a]g trjv (pvyijv 'I[2.Xvql]-
ovg xal d'(OQttKir\ag ;<a^]
fiLöd^ocpÖQOvg 6vva{d-Q0t]-
5 öccvta |u.£Tc!; 67iovöf}[g s]-
^SÖQSVSLV tG}i y-EQU-^i]
trig q)äkay yog xccl trjQ^slv]
- BTCayodqv \to\v diäly^a]-
[rog ccvaiciQovvT^a^v
3 cibpawtTa? FS. %'oiiQav.ixoig corr. Ursinus 176a. 4/5 evva&Qoiaccvri Codd.
7/8 Korrektur [r]r]v von 2. Hand. 8/9 rr^v iTiccvodov ta>v ix diwyiicctog ävcc-
^coQOvvrcov Codd.
D. XI 16, 1—2.
Höhe 8 cm. Breite 6 cm.
[kov XQ^lüOL- ^OQcc[^EVov]
[vn a]v[T]ov xa[iQ]ov to[te na]-
1 xqÖvov icoQcc^^vov F; ^rQOVOV kcoQa^iivov S vulgo; yi^QÖvov 7fQO£0}Qa(ihov
coni. Naber, Mnemosyne VI S. 255; (ohne xqÖvov) TtQotutQaiiivov Hultsch; ix noX-
X&v xqÖvwv kcoQK(iivov Bütt.-W. coli. IV 17, 4.
Ulrich Wilcken: Ein Polybiustext auf Papyrus 391
[öLv] i7tKy£t,\v^ rotg cpaXay 7-
[yitK \ig xaraßakovGi rag 7
5 [öa]pt(?ag 7ca[Q\riyy£iX€. Töv
[ß'\ 'Aiatav ö^od'Vfiadbv
[x]cd iisrä xuT^a^jtXrjXTixrig
lxQ]avyfjg 7cqi[rj]6a^Evcov
[r^\v Icp^odov Ol] (i\v tiqo-
10 [dLal]slvxÖT£g rag Td^£i[g]
\tä]v Aax£6aLnovC(ov
[iv t])J zy]g xdcpQov xataßd-
[6£l] 7CQogßaLv[ov]T£s nQog
[v7t£Qd]£[^L0Vg
3 vndyHv Codd. ; indysLv Arcerius ad Aelian. Tact. cap. 32 p. 152.
5 oaQLGOtxg Codd.; accQiaccg Dindorf. 12 t];] ohne Jota adscriptum. 13 xara-
ßd[asi\ nQogßaiv\o\vxsg Pap. Statt dessen blofs Haraßaivovtsg FS; Kurocßdast
Reiske 546; x. ävaßaivovtag Schweighäuser; x. äi'iovrsg Madvig Adv. crit. I 483;
X. nakiv avaßaivovng Hultsch, Bütt.-W. 14 rovg vTiiQSs^iovg FS; tovg del.
Schweigh. Für [rovg v7i]e[Qds^lovg kein Platz auch pafst das Pünktchen hinter s
zu I, aber nicht zu q.
E. XI 16, 5—6.
Höhe 8,5 cm. Breite 6 cm.
l^ßifJGErat 7^ccd-£iv avt[cbi\
[t]))v (pdXayya xh 7tQ0£L\ßri\-
^evov vvv^ y£v6y.£\j]-
vov dl Tor' izl Tijg dkr}-
5 d-£Lag' £1 öh 6vkXoyL6d^\^£y
\y\og xo dvGiQriGxov xfjg
[rdcp^QOV xä7t£LXCC ^£XU^[£]-
[AT/O'Jetg xul [d6]^ag ano 7-
\ߣiXi\av £x ^aQax£xciy^\B\-
10 [vc3]i/ dnoXv6£i xal ^a-
[xQuv] avxbv ia noQ£iat,
\ßiaß]uX£i^ dioxL xcoQig 6-
\Xo6'i\£Qovg dySivog avxäi
[|u.£V t6] vl\x&v
2 xb fehlt in Codd., eingesetzt von Casaub. 3 yivö^isvov Codd. 4 toxs
Codd. 6 rf^v Sva^griarov FS; Tr]v SvaxQriariav ürsinus 176b, danach Hultsch,
Bütt.-W.; t6 dv(j;^(»r]ffTov Casaub. 7 durch cc^ in TtänEira ist ein kleiner
schräger Strich gezogen. 11 iintogsla F(S); iiiitSLQiag Casaub.; iv -jtoQsiu
Schweigh., danach Hultsch, Bütt.-W. Vgl. Naber, Mnem. YI 240. 12 diaßaklu
FS; SiußaUl Scalig; 8iS6vai ^lÜIsi Bütt.-W.
392 I- Aufsätze
Der Schreiber unserer Hs. hat sich in den vorliegenden Fragmenten
nur wenige Schreibfehler zu Schulden kommen lassen. Dahin gehört
die Verwechselung von t und d in A 8, die von 2. Hand korrigiert ist,
ebenso die Auslassung des Artikels vor indvodov in C 8, die gleichfalls
die 2. Hand korrigiert hat. Dagegen mag die Auslassung von täv ix
in derselben Zeile (vgl. unten S. 394) schon in seiner Vorlage gewesen
sein, vielleicht auch die von aal dvvüiiei, in A 3.
Aufserdem bedeutet eine Verschlechterung der Lesart gegenüber
den Codices der Accusativ ag etiI rijv MavtCvEiav in A 15/16 statt des
Genetivs ^) und der Accusativ övva&QOLöavta in C 5 statt des Dativs.
Dagegen kann man schwanken, ob die Lesart ix.ßtaöd'svrag in A 3,
oder das überlieferte ixTusad-evtag den Vorzug verdient. Für ersteres
scheint zu sprechen, dafs im nächsten Kapitel auf diesen selben Vor-
gang hingewiesen wird mit den Worten: sTtsl öe icoQa tovrovg sxßia-
^onsvovg (11, 15, 1). Für die überlieferte Lesung sprechen Parallelen
wie 1, 28, 6 und namentlich 18, 25, 4: ov dvvaasvovg — öreysiv ti]v rijg
cpdlayyog scpodov^ a/lA' ix7iist,o[i8vovg. Ich glaube, aus sachlichen Grün-
den hier an der Lesung der Codices festhalten zu müssen: die Truppen
werden zurückgedrängt und flielien darauf. Diese beiden Aktionen
werden an jener späteren Stelle zusammengefafst mit ixßia^o^ivovg: sie
werden überwältigt. Vielleicht hat ein Korrektor die erste Stelle nach
der zweiten verbessern wollen; doch könnte ixßiaö&svtag auch durch
einen blofsen Hörfehler beim Diktat entstanden sein; im Faijüm
„sächselte" man ja bekanntlich recht stark.
Während bei den meisten Autoren, von denen wir jetzt Hand-
schriften aus dem Altertume kennen gelernt haben, sich herausgestellt
hat, dafs die Corruptelen meist schon im Altertum, nicht erst im
Mittelalter entstanden sind, so gilt das für die vorliegenden Poljbius-
fragmente nur zum kleinen Teil.
Dahin gehört Dl: ;^pd]i'o|. t \coQcc[ti,8vov. Auch wenn man mit
den jüngeren Hss. XQ^^^v liest statt des sinnlosen iQ^^^v des Urbinas
(F), so ist doch das einfache acoQa^ivov hier, wo die Bedeutung des
Vorhersehens unerläfslich ist, kaum richtig. Wohl mit Recht verbesserte
daher Naber: TtQOScoQu^ivov. Die Vermutung von Hultsch, dafs xqo^^ov
aus jiQo verderbt sei, ist wegen des bei Polybius so häufigen ix tcoX-
lov^) recht wahrscheinlich, und wird mir noch plausibler, wenn ich
an die schon aus den Herculanensischen Rollen bekannten Abkürzungen
"^ und fi denke.
1) Gerade nach (pfvysiv ist der Genetiv nach iit) bei Polybius das Übliche.
2) Freilich begegnet einmal auch ix -jtolXov xQÖvov. 2, 3, 3.
Ulrich Wilcken: Ein PoljlHustext ftuf Papyrus 393
Als alte Corruptel erweist sich ferner — wenigstens zum Teil —
die sinnlose Tradition in 11, 16, 0: xal (lazQccv avtbv i^TioQsla öiaßdX-
kei (FS), in sofern auch E 10 ff. dieselbe Verstümmelung^) zeigt. Aber
was dasteht, ist im Einzelnen besser als in der mittelalterlichen Tra-
dition. Verstanden kann der Schreiber diesen verstümmelten Satz ja
nicht haben, aber rein mechanisch hat sich in i^nogaCac — auch sonst
schreibt der Pap. Jota adscriptum — die gute Lesart herübergerettet,
und zwar in altertümlicher Schreibart (ji für v vor n). Schweighäusers
Konjektur iv jtoQsta wird damit bestätigt. Ebenso bietet der Pap.
in diaßalsl^ das schon Scaliger gefordert hatte, wenigstens eine futu-
rische Form, wie man sie hier erwarten mufs. Wie der Satz zu heilen
ist, weifs ich nicht.
Dies leitet hinüber zu den Stellen, an denen der Papyrus statt
der überlieferten Corruptelen den reinen Text bietet. Das gilt vor
allem von 11, 16, 2, wo Reiskes xaraßdösi^ das er aus dem tradierten
xaraßatvovtsg herausgeholt hat, aufs beste bestätigt wird. Dagegen
sind die weiteren Vorschläge für das Verbum, ävaßacvovtsg (Schweigh.)
oder ^dhv cc. (Hultsch, Bütt.-W.) oder ccvLovtsg (Madvig) gegenüber
dem ■jiQoqßaCvovTEg des Papyi'us aufzugeben. Man erwartet hier ein
Wort für das Hinaufklettern (aus der Tiefe des Grabens); in dieser
Bedeutung aber begegnet nQogßaCvELV bei Polybius häufig. Vgl.
Schweighäusers Lexicon. Auch der Hiatus, der Hultsch zur Einschie-
bung von Ttdhv bestimmt zu haben scheint, ist so beseitigt.
Auch die folgenden Worte TtQog vTtsQÖs^tovg tovg nole^tovg statt
des fehlerhaften nQog tovg i). r. 7t. bieten die reine Lesart und bestä-
tigen Schweighäusers Streichung des ersten tovg.
Zu den guten Lesarten des Papyrus rechne ich ferner: to in E 2,
das in den Codd. fehlt, aber schon von Casaubonus eingesetzt war.
TÖ dv6%Qi!]6tov in E 6 statt des unsinnigen rijv dv6xQ7]6tov der
Codd. Die Konjektur von Ursinus trjv dv6%Qr^6Tiav^ die auch Hultsch
und Büttner -Wobst aufgenommen haben, hält vor der überzeugenden
Lesung des Papyi-us, die übrigens schon Casaubonus vorgeschlagen hatte,
nicht Stand.
Ferner: sTtdyEiv in D 2, statt des überlieferten vjtdysiv. Abgesehen
davon, dafs vjidystv sich nur an dieser Stelle bei Polybius finden würde,
wird mii' die Richtigkeit von ijidysiv, das schon Ai'cesius verlangt
hatte, Hultsch nicht, wohl aber Büttner -Wobst in den Text aufge-
nommen hat, dadurch gesichert, dafs in 11, 15,4 inbezug auf dieselbe
militärische Aktion gesagt ist: fisvsLv^ scog dv naQayyEClr] noui6%-at
1) Vgl. Naber in Mnemosyne VI S. 249.
394 I- Aufsätze
ttjv inayay^v avaai^. Hier entspricht das notElöd'ai rijv STiaycDyi/iv
dera iicdysiv der späteren Stelle.
d'OQaxiTag in C 3 statt coQaxLtag, was schon Ursinus verbessert
hatte.
ysvo^svov in E 4 statt yivöfisvov.
Endlich halte ich auch den Artikel tov vor dtcSy^atog in C 8, der
in den Codd. fehlt, für eine Verbesserung, nicht etwa für einen irr-
tümlichen Ersatz für das fehlende täv £x, denn vom ölcokslv ist vorher
gesprochen. Vgl. auch 11, 17, 4: rrjv ccTtb tov dicoy^arog.
Schwieriger ist die Beurteilung von B 6: TtaQa ti]v xav [ca. 10 Buch-
staben äyilCvoiav statt des Ttagä xriv avröi^ ay%Cvoiav der Codd. Po-
lybius exemplifiziert hier an der Schlacht von Mantinea (207 v. Chr.)
die Richtigkeit seiner Anschauung, dafs die i^neLgCa resp. aTtsiQi'a der
Feldherrn meistens die Schlachten entscheide. Er rühmt es beson-
ders, wenn der Feldherr nach anfänglichem Mifserfolg durch Selbst-
beherrschung und Beobachtung der Schwächen des Feindes schliefslich
doch noch den Sieg emngt. Ich betone, dafs er hier (c. 14, 3) vom
Feldherrn im Singular spricht {kaßovxa tcxX.). Danach fährt er fort
(nach den Codd.): idstv yovv e6ti noXXdxig xovg ^sv 7]d'r] doxovvxag
TCSTCQOTEQrjxivai ^sx' oXiyov xolg okoig söcpaX^isvovg^ xovg ö' iv KQj(^cäg
ö6h,avxag sjtxaixevaL TcdXiv ix usxaßoXfjg Tcagä xijv avxüv ay%ivoiav
xa ola 7taQad6i,ag xaxoQd'a'Koxag. Der Leser mufs unter den xovg
trotz des Wechsels des Numerus wegen des avxüv wieder die Feld-
herren verstehen, und das bestätigen die darauf folgenden Worte: ö di]
xal x6x£ 7tQ0(pav(ög idöxEt Ttsgl xovg riys^övag a^cpoxsQOvg ysyovevai,
worauf erzählt wird, wie durch die Kurzsichtigkeit des Mu%avL8ag
und die Greistesgegenwart des Philopoemeu Letzterem schliefslich doch
der Sieg zufällt. Wenn unser Papyrus nun an der strittigen Stelle
xriv x&v — ayiivoLav hat, so ist klar, dafs bei dieser Lesung mit
xovg ftfv — xovg de nicht die Feldherrn, sondern die feindlichen Par-
teien, die Truppen gemeint sind, denn hinter xdv wird man kaum
etwas anderes als eine Bezeichnung für die Feldherrn ergänzen können.
Ich proponiere xCbv tcqoeöxcöxcov, was genau der zu erwartenden Buch-
stabenzahl entspricht, unter Hinweis auf c. 16, 4, wo Polybius den Sieg
des Philopoemen charakterisiert mit den Worten: övvsßaive de xb tzqo-
ELQYluhvov ovK avxo^dxcjg ovo' ix xov xaiQOv^ Ötä ös xrjv ay%CvoLav
xov jiQOEöxüxog, doch wäre auch xüv 'i]yov^evcov denkbar.
Haben nun die Codices oder unser Papyrus Recht? Ich dtiike,
wir müssen an der Lesung der Ersteren festhalten, denn der folgende
Satz o de xal xoxe TtQorpavCag idoxsL TteQi Tot»g rjys^ovag d^g)oxeQovg
yeyovivui pafst mit voUer logischer Schärfe nur dann zu dem Vor-
Ulrich Wilcken : Ein Polybiustext auf Papyrus 395
hergehenden, wenn man in dem tovg ^tv — tovg Öl die Feldherrn
sieht. Nur dann ist auch wirklich von beiden Feldherrn vorher die
Rede gewesen — und Polybius hebt ausdrücklich dfig)ortQovs her-
vor — , während sonst nur auf den einen, den Philopoemen ausdrück-
lich hingewiesen wäre und auch dies nur in einer Nebenbemerkung.
Die Lesung des Papyrus ergiebt sich somit entweder als eine Inter-
polation, die dann aus jener späteren Stelle geschöpft wäre, oder
aber als ein einfacher Schreibfehler: das Auge des Schreibenden mag
abgeirrt sein auf das TtaQa Trjv rüv Tjyov^isvcov resp. TCQOBötditcov^ das
acht Zeilen vorher gestanden hat, wenn es auch in unseren Codices
fehlt. 1)
Fassen wir alles zusammen, so hat sich ergeben, dafs der Faijümer
Papyrus zwar nicht ohne Fehler ist, auch zwei Korruptelen mit den
Codices gemein hat, andrerseits aber doch an einer ganzen Reihe von
Punkten die mittelalterliche Tradition verbessert. Nicht ohne Interesse
ist, zu konstatieren, dafs durch diese kleinen Fetzen 1 Textverände-
rung von Scaliger, 1 von ürsinus, 2 von Casaubouus, 1 von Arcesius,
1 von Reiske und 2 von Schweiffhäuser bestätigt werden.
1) c. 14, 2 TtccQcc xi]v Tcav i]Yovfi£vo}v add. Gro., wozu Schweighäuser auf
9, 12, 4 verweist.
Würz bürg. Ulrich Wilcken.
Arcliiv f Papyiusforschiiug I. 3. 26
Heidnisches und Christliches ans Ägypten.
Der Wunsch, von möglichst vielen Seiten aus in das Verständnis
der Papyri einzudringen, hat mich in letzterer Zeit dazu veranlafst,
sie auch einmal unter dem Gesichtspunkt der Religionsgeschichte zu
betrachten, Weim ich auch noch in den Anfängen bin^ habe ich doch
schon mit Freude empfunden, wie so mancher Text ein ganz neues
Interesse dadurch für mich gewonnen hat. Ein paar kleine Ergeb-
nisse, die vielleicht auch Anderen dies oder jenes Neue bringen, erlaube
ich mir hier mitzuteilen.
I.
Das Christentum auf der Insel Pliilae.
Seit den grundlegenden Arbeiten Letronnes, die unter dem Titel
„Materiaux pour l'histoire du christianisme en Egypte, en Nubie et en
Abessinie" in seinen Oeuvres choisies I S. 1 ff. wieder abgedi'uckt sind^),
wissen wir, dafs auf der an der Südgrenze Ägyptens, unmittelbar süd-
lich vom ersten Katarrakt gelegenen Insel Philae der Isiskultus erst
unter Justinian durcli das Schwert des Narses zerstört worden ist. Die
Hauptzeugnisse für dies lange Fortbestehen des heidnischen Kultus sind
in aller Kürze folgende:
Nach Procop (de hello pers. I 19) hat Diokletian die südwärts sich
anschliefsenden römischen Besitzungen (die Dodekaschoinos) preisgegeben
und den Nubiern (Noßdrai) als Gegengewicht gegen die räuberischen
Blemyer überlassen "), Philae aber als südlichsten Stützpunkt der rö-
mischen Macht von neuem befestigt. '') Zugleich hat er den beiden
1) Vgl. auch Eugene Revillout, Memoire sur les Blemmyes (Memoires de
TAcademie des inscript. et belies - lettres VIII 2. 371 ff.).
2) Ob Procops Nachrichten über diese Völkerschiebungen im Einzelnen richtig
sind, lasse ich dahingestellt. Dieser ganze Bericht ist nur in den Hauptzügen
verläfslich, vom Detail hat er keine richtigen Vorstellungen mehr gehabt. Vgl.
die nächste Anmerkung.
3) Wenn Procop mit den Worten cpgovQiov ts tavrrj öniiid^uvog ^j^vqojtcctov
hat sagen wollen, wie allgemein angenommen wird, dafs erst Diokletian die Insel
befestigt habe, so ist das ebenso unrichtig wie seine Etymologie des Namens ^iXcci.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Ägypten 397
barbarischen Völkern abgesehen von einem jährlichen Tribut auch die
Teibiahme am Isiskult von Philae gewähren müssen. Die letztere Be-
stimmung ist wieder aufgenommen worden in den Vertrag, den Marcians
Feldherr Maximinus mit den Blemyern, die inzwischen die Nubier aus
der Dodekaschoinos vordrängt hatten, im J. 451 auf 100 Jahre abge-
schlossen hat (Priscus, FHG IV S. 100). Diese Nachricht findet ihre
Bestätigung in gewissen von Letronne eingehend interpretierten grie-
chischen Inschriften aus Philae (Oeuvres S. 57 ff.), durch die für das
J. 452 Isispriester auf Philae bezeugt werden. Noch Marinus im Leben
des Proclus (geschrieben nach 486) nennt ~l6iv xr)v Kaxä rag ^Clag
exL ri^cofisvTjv (cap. 19). Nach Procop 1. c. hat endlich dieser Isiskult
erst durch Narses sein Ende gefunden.
Mit Rücksicht auf die folgenden Erörterungen füge ich noch einige
weitere urkundliche Zeugnisse hinzu, die in diesem Zusammenhang noch
nicht verwertet zu sein scheinen. Eine demotische Inschrift auf Philae,
die H. Brugsch (Thesaurus inscript. aeg. V S. 1008) entziffert hat, be-
zeugt Isispriester für das J. 110 Diokl. == 393/4 n. Chr., und eine andere
ebendort gleichfalls Isispriester für das J. 190 Diokl. = 473/4 n. Chr.
Endlich nennt die griechische Inschrift bei Lepsius VI gr. 314 (s. unten
S. 413) Isispriester für das J. 173 Diokl. = 456/7 n. Chr.
In chronologischer Folge liegen somit folgende Zeugnisse für das
späte Fortbestehen des Isiskultus auf Philae vor:
Diokletian — Procop 1. c.
a. 393 — demot. Inschr.
a. 451 — Priscus 1. c.
a. 452 — griech. Inschr. (Letr. 1. c).
a. 456/7 — griech. Inschr. (Leps. gr. 314).
a. 473/4 — demot. Inschr.
nach 486 — Marinus 1. c.
Justinian — Procop 1. c.
Aus diesem Thatbestand ist nun seit Letronne der Schlufs gezogen
worden, dals das Christentum auf Philae erst nach der Zerstörung des
Isiskultus unter Justinian eingeführt sei, und Letronne fand eine Be-
stätigung dieser Annahme in den S. 77 ff. von ihm eingehend behan-
delten Inschriften aus der zweiten Hälfte des VI. Jahrhunderts, die von
den Bauten des christlichen Bischofs Theodoros von Philae, im beson-
Denn dafs Philae schon in der Ptolemäerzeit befestigt war, zeigt eine m. "W . noch
nicht verwertete Inschrift bei Lepsius, Denkm. VI gr. 207, die eines 'A]7to[X]XcovLov
xu>v Si\ad^6%\a)v qpjpo[v]pap;^ov ^lXwv gedenkt. Letronne a. a. 0. 71 folgert aus
Procop, dafs die Befestigungsreste auf Philae aus diokletianischer Zeit stammen.
üas ist von archäologischer Seite von neuem zu prüfen.
26*
398 I- Aufsätze
deren von der Umgestaltung des Isistempels in eine christliche Kirche
handeln.^) Dieser Schlufs scheint so zwingend zu sein, dafs man wohl
jeden, der auf die Möglichkeit hingewiesen hätte, dafs trotzdem auch
schon im TV. oder V. Jahrhundert neben dem Isiskult das Christentum
auf der Insel bestanden haben könnte, mit Kopfschütteln betrachtet
hätte. Dennoch würde dieser Skeptiker Recht behalten haben, wie
sich aus dem Leidener Papyrus Z erweisen läfst.
Dieser Papyrus, der auf Philae gefunden sein soll, ist nach Vor-
arbeiten von Kiehl schon im J. 1885 von Conrad Leemans ^) ediert,
später nochmals von K. Wessely behandelt worden^), aber keiner von
ihnen hat in seinem Kommentar auf die für die Geschichte des Christen-
tums auf Philae so wichtigen neuen Aufschlüsse der Urkunde hinge-
wiesen. *) Daraus erklärt sich, dafs auch die Theologen, so weit ich
sehe, an ihr vorübergegangen sind. So trägt Victor Schnitze in dem
1892 erschienenen IL Teil seiner „Geschichte des Unterganges des
griechisch-römischen Heidentums", der ich viel Belehrung verdanke, in
dem Abschnitt über Ägypten auf S. 228 ff. die alte, von Letronne be-
gründete Ansicht vor. „Im vierten und fünften Jahrhundert", sagt er
unter anderem, „richteten sich in der zweiten Thebais mehrere Bis-
tümer in den Nomenhauptstädten ein, auch in Ombos in kurzer Ent-
fernung von Philae". Der Leidener Papyrus zeigt aber, dafs
es damals in noch viel gröfserer Nähe, nämlich in Syene-
Elephantine (unmittelbar nördlich vom Katarrakt) einen
1) Nach Lepsius' Abklatschen mit zahlreichen Verbesserungen wieder ediert
in CIGr. IV 8646 — 8649. Nur hiernach zu benutzen. Ich finde in Lepsius' Denk-
mälei-n unter gr. 303 noch eine bisher nicht beachtete Inschrift, die sich auch auf
diese Umgestaltungen der Tempelräume zu beziehen scheint. Der Anfang dieser
stark verstümmelten Inschrift lautet:
<^'Eyy^vSTO 6 TOTtog ovrog
iv 6v6[^ccri tfj£ äyiag %cc]l
u^oo[vaLov TQiddog ■nrX.
Das erste Wort nach Lepsius OT6N6TO.
2) Papyri graeci Musei antiquarii Lugduni-Batavi, ed. C. Leemans. Leiden
1885 S. 263 ff.
3) XrV. Jahresber. d. k. k. Rtaatsgymn. Hernais 1888 (Ein bilingues Majestäts-
gesuch aus dem J. 391/2 n. Chr.). Hierzu vgl. meine Besprechung: Berliner phil.
Wochenschr. 1888, 29. Sept., Nr. 39, Sp. 1205 ff.
4) Krall weist in seinem klaren Überblick über die Geschichte der Blemyer
zwar auf den Papynis hin, zieht aber gleichfalls keine Schlüsse daraus nach
obiger Richtung, sondern erzählt trotzdem die Geschichte der Christianisierung
im Anschlufs an Letronne und Revillout. Vgl. Denkschr. Wien. Akad. XL VI (1900):
„Beiträge z. Geschichte d. Blemyer und Nubier" S. 11.
Ulrich Wilckcn: HeidniHches und CliriKtHcliOB auH Äfrypten 399
christlichen Bischof gegeben hat, ja dal's auf Pliilae selbst
damals christliche Kirchen gestanden haben!
Der Papyrus Leid. Z, dessen Facsimile man bei Leemans ver-
gleiche^), ist, wie ich in der Berliner philol. Wochenschrift 1888
Sp. 1205 ff. gezeigt habe, der Schluls eines Kaiserreskriptes, das durch eine
Bittschrift des Bischofs Appion von Syene, Contrasyene und Elephantine
veranlafst war. Das lateinische Reskript selbst, das wohl in ähnlicher
Kanzleischrift wie die örtlich und zeitlich dazugehörigen Mafsmannschen
Urkunden geschrieben war, ist verloren gegangen. Die grofsen latei-
nischen Buchstaben am Anfang des Leidensis werden der Datierung
desselben angehören (s. unten). Darauf folgt auf einem vom Kanzlisten
in flotten Strichen abgetrennten Räume in feiner, eleganter Kursive der
Grufs hene valere te cuphnus, der nach Lage der Dinge ein kaiserliches
Autogramm sein mufs (vgl. oben S. 374). Hierauf folgt mit der Über-
schrift exewphiin precuni die Abschrift der Eingabe, deren Original also
in der kaiserlichen Kanzlei zurückbehalten war. ^) Diese Bittschrift,
die uns die wichtigen Aufschlüsse über die Christianisierung der Gegend
giebt, teile ich im folgenden nach meiner Lesung mit, wie sie sich
mir im Lauf der Jahre ergeben hat, der Kürze wegen ohne die zahl-
reichen Abweichungen meiner Vorgänger zu notieren. Bin ich auch
in manchen Punkten über sie hinausgekommen, so bleibt doch noch
genug zu thun übrig; eine nochmalige Revision des Originals wäre
sehr erwünscht.
1 Totg yijg xal d'aXaöörjg xal 7tccvrb[g äv]d'QC)7fcov s&vloif^g kkl yivovg
\ß\£6%6raLg O\k{aovioig^^ Ssodoötc) aal BaXsvxivtava rolg \ai\c3-
v[fc]oig Avyo\y6toig^
2 Ö£r]6ig xal Cxsöia :iaQ[a] 'AiiniG)vog i7ii6yi6jto\v\ ksysövog Zlvrivrig
xal KEv[rQa6v'^^v^]g aal 'EXecpavTCviqg litagxCag rijg viisx^Qag^ "Ava
(ü)\r]\ßaCöog.
3 El'cod'sv r] v^£t8Qa cp[i,X]avd'QC07iia TCäöSLV totg dsouivoig %slQa de-
^lav OQsysLVj \o]d-sv xäyoj rovro aacpüg ^s^ad^r^xhg iiil rdgds rag
d[s]7]6sig
1 ^^[Xl]g Pap. 3 d[e]-^68ig am Orig. gelesen, im Facs. nicht klar.
1) Auf die paläographische Wichtigkeit des Textes habe ich oben S. 373/4
hingevriesen.
2) Der griechische Text ist also in der kaiserlichen Kanzlei geschrieben
worden, wahrscheinlich nach Diktat; damit erklären sich manche orthographische
Eigenheiten (wie vnovQyovasv , Xaysovog = regionis), auch die Mifshandlung der
dem Kanzlisten ferner liegenden Eigennamen: BXevvvav für BI^ilvcov und 'Avvov-
ßääwv für rcbv Novßccöcov.
400 I- Aufsätze
4 il^X{y]d-a [t]ou 7rQdyn[arog^ ovtog ev [r^ovroig^ sv ^söa tav alt-
T7J^[t]cOV ßaQß(XQ[cOV iU.]£[T]« XÜV S^ÜV i}C7(?.rj6LCÖV Tvy%dvc3V^ X&>V TS
5 ^£Ta|u aal <(tö^v N[o^vßddc}[v .... tä]g tckq' axsi\vo3v ....
]a9?[. . .] x\ttt^adQO^[äg oju ^avofisv ovSsvbg öt^aTiditov 7CQOSL0t\a-
liE^vov xav
6 riiisxsQcav xoTtcov. 'Ex xovtov £ fista7iL7i\x(o] ^sx[cc ta]v ix-
xh][6^t6j[v] ocal ^rj d[vva^^sv(X)V ^rjxh tro[t]g avxaig nQo6q)£vyov6SLV
BTta^VVElV
7 7CQo6JTL7tx(o TCQOXvhvöov^svog xa)v d-EiOv v^äv xal axQK\vxG}v t];;t[vöi^
w]g xa[xa]^L0j6ui ^eöniGai (pQ0VQ£i6[d']aL T«[g sy^äg]
8 dyiag exxlrjöiag vnh xüv ticcq' yj^slv <5xQaxico\xCb\v x\aX\ hti%'i6d'\ai
avxo\vg s . . [• ■ • v]7taxov£iv tisqI ndvxcov xa-O'wg ol ev OCXa
[KdjöXQcc
9 xaXov[i£v[G}l; cpQovQLG) XTjg v^ExeQag "Av\g)\ ®yißai8o\g] xaxa\pxa-
(sic)
d-ivxEg^^ QxQKx'liGjxali v7tovQyov6sv xatg iv OCXa dyiaig roi) i)-£o['i)]
10 £xxh]6Ccag. Ovxa yuQ ^vv■r]6\6^l]£\^^^a ddel&g t,Si]vx£g [ ]£wt[. . .].
xüg ^£X£iivai vo^od^eöiag ....[.,.]
11 ßuQvxdxTjg 6Q£i,o^£vrjg xaxd t[ö]v 7ialQ]aßdv[x(DV.^ ..[..]...[.. .]/3ög
TiaQ^ VjtaTi?' ^£6nL6 .... xal . . .
12 övvaQTiayijg xov dt' ivavxtag [^^EQOvg ysvo^^a^vrj^g^ y]fi£ .[...]'»;...
[. . .^6xoXat,ov . . . d-£Lag v^&v [xal]
13 iÖLKrig x[d]QLtog tieqI xovxoi^ cpoixäöiqg 7iQ\o\g xov ^EyaXon\ߣ7t£6xa-
t]ov xal TieoißkETilxov] xdjw.tT[a] xal öovxo;
14 xov &rjßaixov Xi^itov. Kai xovxov xv^cov v\jio\ (Jvv^'9'£[t]o;ff *[^]-
y^ ] Tt3 d^sa v7t£Q xov al(iovio[v v]fiß}\y /3]t[ov]
15 ölcc Tcavxög.
4 ßXsvvva Pap. 5 xai avv[o]vßaS(o Pap. — v in o]v unsicher.
6 1. fi7]d£. 8 Falls [■Kcc\6TQc: richtig {ovrco Lee. Wess.), so ist gemeint: iv ^iXco
<^iv Tc5)> KäoTQcc y,aX. cpQ. 9 1. VTtovQyovaiv.
Appion, der Bischof der Regio ^) von Syene, Contrasyene und Ele-
phantine, wendet sich hiermit an die Kaiser Theodosius und Valentinian
mit der Bitte um militärischen Schutz für sich und seine Kirchen.
Er befinde sich mitten zwischen den sündhaften Barbaren, den Blemyern
und Nubaden, deren Angriffe er sich ohne militärische Hülfe nicht er-
wehren könne. Er bitte daher die Kaiser, zu befehlen, dafs die bei
ihm bereits stationierten Truppen seine heiligen Kirchen beschützten,
wie auch die Soldaten auf Philae, in der Castra genannten Festung,
1) So ist Isytövog aufzufassen, wie Wessely richtig bemerkt.
Ulrich Wilcken: Heiflnisclies und Christliches aus A^yTpten -401
den auf Philae befindlichen heiligen Kirchen Gottes zur
Verfügung ständen. Die kaiserliche Entscheidung möge an den comes
und dux des limes Thebaicus gehen.
Um von unserm Hauptthema nicht abzuschweifen, unterlasse ich
jeden Kommentar zu Einzelheiten, die diesem fernliegen^), und begnüge
mich zu konstatieren, dafs hier mit aller Deutlichkeit bezeugt wird:
1) dafs damals Syene, Contrasyene und das dazwischen liegende
Elephantine ein Bistum bildeten, und
2) dafs damals auf Philae sich christliche Kirchen befanden.
Diese philensischen Kirchen unterstanden offenbar nicht dem Bischof
des benachbarten Syene, da Philae sonst bei der Beschreibung seiner
Regio nicht hätte übergangen werden können. Auch bezeichnet der
Bischof die in seiner Regio befindlichen Kirchen als „meine Kirchen",
während er von den philensischen als von tatg iv OtX(p äyiaig rov
&60V ixKlrjöiccis spricht. Vielleicht gab es in Philae einen eigenen
Bischof.
In welche Zeit fällt mm diese denkwürdige Bittschrift? Man hat
die Wahl und die Qual, ob man unter den genannten Kaisern Theo-
dosius I. und Valeutinian II. oder Theodosius IL und Valentiuian III.
verstehen soll. In den sechziger Jahren hat sich Leemans für die
letztere Alternative entschieden, wie aus Mommsens Mitteilung in
Stobbes „Jahrbüchern des gemeinen deutschen Rechts" VI (1863) S. 413
Ajim. 15 hervorgeht. ^) Dagegen bei der Edition im J. 1885 hat er
diese Möglichkeit überhaupt garnicht erwähnt, sondern betrachtet es
als selbstverständlich, dafs Theodosius I. mid Valentiniau IL gemeint
seien, und berechnet unter dieser Voraussetzung das J. 391/2 als das
der Absendung der Bittschrift. Ihm folg't ohne ein Wort der Erklä-
rung Wessely. Ich bekenne, lange geschwankt zu haben, welches der
beiden Kaiserpaare gemeint sei. Für die Beziehung auf das spätere
schien zu sprechen, dafs misere Urkunde wohl demselben Funde an-
gehört wie die Mafsmannschen Urkunden, die gleichfalls lateinische
Kaiserreskripte sind und gleichfalls aus Philae (resp. Elephantine?)
1) Nur zu meiner allerdings nicht ganz sicheren Lesung [xccjatga in Z. 9
(s. oben Fufsnote) möchte ich bemerken, dafs diese castra auch in einer bisher
wohl nicht verwerteten Inschrift bei Lepsius gr. 198 begegnen: iTtei&ij xort zb
TiccGTQov Tj^mv avsvs(oö£v. Der Name hat sich noch bis heute erhalten : die Araber
nennen die Insel neben Geziret Anas el-Wogiid auch Kasr.
2) Wessely schlüpft über die Schwierigkeit hinweg, indem er S. 43 Anm. 3
in einem sonst wörtlichen Abdruck der Mommsenschen Anmerkung willkürlicher-
weise den Wortlaut verändei-t und „Theodosius und Valentinian" schreibt statt
„Theodosius IL und Valentinian III. (425 — 450)".
402 I- Aiif Sätze
stammen; diese aber gehören, wie Mommsen gezeigt hat, der Zeit des
zweiten Theodosius an.
Jetzt hat sich mir die Frage in letzter Stunde durch einen der
Münchener Papyri (s. weiter unten) gelöst. In einer Bttrgsehafts-
urkunde vom J. 390, die also ungefähr in dieselbe Zeit fällt, in die
Leemans den Leidensis setzen wollte, werden im Schwur die Kaiser in
folgender Reihenfolge aufgeführt: Valentinian IL, Theodosius I. und
Arcadius (perpetui Augusti), darauf Honorius als Caesar. Man nannte
also Valentinian IL vor Theodosius L, offenbar weil Letzterer erst später
als Kaiser hinzugetreten war. Ob bei Leemans' Datierung die Bitt-
schrift auch an Arcadius hätte gerichtet werden müssen, lasse ich
dahingestellt; man kann zugeben, dafs bei einer Bittschrift die Be-
schränkung auf die beiden älteren Kaiser immerhin möglich gewesen
wäre. Aber da der Leidensis den Theodosius vor dem Valentinian
nennt, so wird man ihn auf den zweiten und dritten Kaiser dieses
Namens beziehen müssen, weil bei diesem Paar eben Theodosius der-
jenige war, der schon vor dem Anderen Kaiser gewesen war.^) So ist
denn auch in dem unten S. 308 publizierten Text vom J. 426 Theo-
dosius vor Valentinian genannt. Paläographisch wird diese Lesung
voll bestätigt, wenn man den Münchener Papyrus vom J. 390 neben
den Leidensis hält: die Schi'iftentwickelung ist in dem ersteren doch
etwas altertümlicher. Ich betrachte es daher als ein sicheres Re-
sultat, dafs der Leidensis in die Zeit zwischen 425 und 450 gehört.
Das genauere Jahr würde vielleicht bestimmen können, wem es ge-
länge, die grofsen lateinischen Buchstaben am Anfang des Papyrus zu
lesen: denn da mögen die Konsulnamen gestanden haben. Doch ist
auch anderes denkbar.
Wie werden wir mm diese neue Thatsache, dafs es zwischen 425
und 450 auf Pliilae christliche Kirchen gegeben hat, mit den oben zu-
sammengestellten Zeugnissen für den Fortbestand des Heidentums bis
auf Justinian vereinbaren? Es giebt nur zwei Möglichkeiten: entweder
haben diese christlichen Kirchen unter Theodosius IL nur vorübergehend
auf Philae bestanden, indem sie den Isiskult ablösten, um bald wieder
1) Die richtige' Datierung hätten wir schon aus den Adressen der Kaiser -
reskripte in der juristischen Litteratur gewinnen können, in denen gleichfalls
beim älteren Paar Valentinian, beim jüngeren Paar Theodosius voransteht.
Dafs im Cod. Theod. XVI 10, 9 (vom J. 391) die Überlieferung lidem AAA (d. h.
Gratian, Valentinian, Theodosius) fehlerhaft ist, hat schon Gothofredus ge-
sehen. Sein Vorschlag, dafür Imppp. Valentinianus Theodosius et Arcadius
einzusetzen, wird durch den Münchener Papyrus bestätigt. Vgl. auch CIGr.
III 4350.
Ulrich Wilcken: TTeidnisclies und Christlichcö aus Ägypten 403
von ihm verdrängt 7A\ werden, oder aber Heidentuio uud Christentum
haben auf der Insel neben einander bestanden.
Ein Blick auf die obige Liste der heidnischen Zeugnisse könnte
die erstere Annahme zu stützen scheinen, denn zwischen 393 und 451,
also für die Zeit des Theodosius II. liegen keine direkten Zeugnisse
vor. Aber sieht man die Testimonia genauer an, so ergiebt sich jene
Annahme als irrig. Nicht nur, dafs Procop versichert, der Isiskult
habe bis auf seine Zeit (fg i^e) bestanden, und dafs im Vertrag vom
J. 451 (nach Priscus) bestimmt wurde ^^sivac de avxoig natä xhv na-
Xcciov vö^ov dxcoXvtov xriv dg t6 ieqov T)jg "löidog diaßa^Lv''', auch
die epigraphischen Denkmäler sprechen für die Kontinuität, denn die
Isispriester, die sie nennen, gehören einer Familie an, die wir von 452
an rückwärts durch mehrere Grenerationen als Inhaberin von Isispriester-
tümern verfolgen können. Vgl. H. Brugsch, Ag. Z. 1888 S. 67.
So bleibt nur die andere Alternative übrig, dafs zur Zeit Theo-
dosius' IL auf Philae Heidentum und Christentum neben ein-
ander bestanden haben. Nach Ausweis des Leidensis hat es damals
jedenfalls mehr als eine christliche Kirche gegeben. Ich denke mir,
man wird sie auf dem nördlichen Teil der Insel zu suchen haben.
Der grofse, etwa in der Mitte, doch mehr nach Süden gelegene Isis-
tempel, der mit seinen gewaltigen Pylonen ins nubische Flufsthal
hinaufblickt, beherrscht mit den vorgelagerten Säulenhallen den ganzen
südlichen oder doch südwestlichen Teil der Insel. Dieser Isistempel
war auch damals dem Isiskult geweiht, und nach wie vorher ist an-
zunehmen, dafs erst der Abt Theodoros das Hypostyl dieses Tempels
in eine christliche Kirche umgebildet hat. Die Kirchen, von denen
der Bischof Appion spricht, werden sich nördlich vom Isistempel be-
funden haben, wo auch heute noch mehrere Kirchen-Ruinen zu sehen
sind.^) So zerfiel die kleine Insel in einen heidnischen Süden und
einen christlichen Norden.
Also mindestens von Theodosius IL au hat das Christentum auf
Philae bestanden. Wann es dort eingeführt ist, darüber wage ich
keine Vermutung. In dem Brief des Athanasius an die Antiochener,
der sich auf das Konzil von Alexandrien vom J. 362 bezieht, erscheint
unter den Subscribenten auch ein Bischof Mdg-Aog ^lXcov. Letronne
(Oeuvres I S. 81 f.) hat statt ^iXäv vielmehr Eildv (kleine Stadt in
der Nähe von Pelusium) proponiert, 1) weil damals Philae noch heid-
1) Fünf christliche Kirchen zählen die Bädeckergelehrten im Ganzen. Vgl.
Ägypten 4. Aufl. v. SteindorflF S. 350. Auf dem Plan ebendort ist im Norden eine
koptische Kirche eingezeichnet. Über das Alter ist nichts mitgeteilt.
404 I- Aufsätze
niseli gewesen sei, und 2) weil aufser ihm nur unterägyptisclie Bischöfe
unterschreiben. Der erste Grund ist nun hinfällig: wenn einmal er-
wiesen ist, dafs unter Theodosius IL neben dem Isiskult christliche
Kirchen dort gewesen sind, so kann auch schon 362 dort derselbe Zu-
stand geherrscht haben. Dagegen behält der zweite Einwand sein Ge-
wicht. Freilich ist es ungenau, wenn Letronne sagt, dafs nur Bischöfe
von Libyen und dem Delta unterschreiben, denn es befindet sich auch
der ^^Qöivoi'rrjg darunter, also der aus dem Faijüm! Immerhin würde
der Bischof von Philae in dieser Gesellschaft auffällig sein. Ich mufs
es bessern Kennern dieser Verhältnisse überlassen zu entscheiden, ob
nicht trotzdem besondere Umstände — wie z. B. ein Besuch dieses
Bischofs in Alexandrien — dazu führen konnten, dafs er sich dem
Schreiben der nördlichen Kollegen anschlofs. Ich lasse diese Frage
unentschieden. ^)
Welches sind nun die Gründe gewesen, die zu der Duldung des
Isiskultes auf Philae neben dem staatlich begründeten Christentum ge-
führt haben? Eugene Revillout hat in seinem Memoire sur les Blemyes
S. 416 ff. abweichend von Letronne das Fortbestehen des Isiskultes da-
durch erklären wollen, dafs auch anderwärts trotz der Religionsedikte
des Theodosius etc. sich noch lange Zeit Heidnisches erhalten habe.
So richtig auch dieser Nachweis im Einzelnen ist (s. unten S. 407 ff.),
so möchte ich doch angesichts der eben erwiesenen neuen Thatsache
um so mehr an der Auffassung Letronnes festhalten, dafs die Duldung
des Isiskultes im Hinblick auf die Blemyer und Nubier eine poli-
tische Notwendigkeit gewesen ist. Es müssen doch ganz besondere
Gründe gewesen sein, die verhinderten, dafs die christlichen Kirchen
auf Philae diesen kleinen Flächenraum sich ganz unterwarfen. Die
ägyptischen imd nubischen Bewohner der kleinen Insel würde man
wohl leicht zum Christentum haben zwingen können. Aber den ge-
fürchteten Blemyern und Nubiern gegenüber war die Konzession des
1) Etwa für dieselbe Zeit bietet die Freilassungsurkunde bei Young, Hieroglyph.
p. 46 (vom 12. Jan. 355) die m. W. erste Spur christlichen Lebens in dem benach-
barten Elephantine. Die Freilasserin erklärt hier: cccpiKsvca v^&g il8v&^Q0vg — vitb
yfjv y.al ovqccvov xar' svGißsiav r\ov Tt]av8lsr]iiovog &sov. Mit dem „allbannherzigen"
Gott kann wohl nur der Christengott gemeint sein. Vgl. dagegen die ähnliche
heidnische Wendung bei Lepsius gr. 329 (aus Gertassi): vtisq ivasßtiag rov [isyälov
d-8ov novQG£Tt(iovvBO}s- Schr interessant ist, wie hier die christliche Formel den
heidnischen Gedanken, der in der vorhergehenden juristischen Formel vno yf]v
Kccl ovgavov steckt, gewissennafsen verdecken soll. Dafs eigentlich hier die alt-
griechischen Götter rfj und Ovgavög gemeint sind, zeigt die viel besprochene
Parallelformel vTtb Jicc rfjv "Hliov in P. Oxy. I 48, 49.
Ulrich Wilcken: ITeicInisches vmd Christliclu;s ans Äf^ypten 405
Isiskultes eine wertvolle diploinatische Handhabe, dureli die man sie
im Frieden zu erhalten hoti'en konnte.
Auf diesen Kultus der Isis will ich zum Schlufs nur so weit
noch eingehen, als ich zu den grundlegenden Arbeiten der hVüheren
Neues hinzuzufügen habe.
Procop erzählt 1. c. von Diokletian, er habe den Römern und jenen
Barbaren gemeinsam Tempel und Altäre überlassen und aus beiden die
Priester bestellt: xoivovg xivag svravd-a vscog rs xal /3e3fiot;g 'Pa^aiOLg
XE aal tovtoig dt) xatsöty'jöaxo xotg ßaQßaQotg. Mit den „Kömern"
können hier, wie Letronne richtig gesehen hat, nur die römischen
Uuterthanen, d. h. die ägyptischen Bewohner von Philae gemeint sein.
Letronne hat aber nicht gesehen, dafs die von ihm behandelte grofse
Inschrift des U^rjxx^^ (vom J. 452) eine monumentale Bestätigung
dafür ist, dafs es neben den ägyptischen auch blemysche Isispriester
gab, die gemeinsam mit jenen bei den grofsen Festen amtierten. Diese
Inschrift, die schon Brugsch (Äg. Z. 1888 S. 68) gegenüber Letronne
und Franz (CIGr. 4945) verbessert hat, lautet nach Lepsius VI gr. 292
folgendermafsen :
Tb TtQoöxvvrjiia
U^rjx%rjii CO TtQcoro-
öxoXiöxrjg ex TcaxQog
5 xov ^rjXQog Tösv-
TCQCoxoöxoliöxrjg
Inl Q^e zJioxXi]xi{avov). a. 448/9
'Hl%^a Evxavd-a
10 xal STtOirjöa xb
EQyov (lov apia
xal xov cidsXq)ov
fiov U^rjxb^) diäxo-
log xov TtQocpiqxov
15 Z!i.n)x v'ibg Uaxovfiiov
TiQotprjxov. E[vx](^Qi'<^-
[X0V]^SV [xfj d\£67t0LVrj
ri^av 'löig [xal t]ü3 ösö-
1) Ich verbinde Z'jirjrd statt ^fir]r 6 (orthographisch besser wäre -S/xr^Tcb) und
sehe darin die griechische Transcription seines demotischen Namens, der bei Brugsch,
Äg. Z. 1888 S. 67 heifst: Ns-mt-ä, d. h. Smet der Grofse. Das ist eben der ältere
Bruder von 2^fi)irx7]^, d. h. Smet dem Kleinen.
406 I- Aufsätze
20 ijt ayad'G) [öiq^^EQov
XoCay, xy [L^|]0// 19. Dez. 452.
^ioxXrj\tLa]vov.
Man hat bisher angenommen, dafs dieser Protostolist Smetchem zu den
ägyptischen Isispriestern auf Philae gehört habe. Nur bei Krall ^) fand
ich nachträglich die richtige Vermutung: „Die Priester der Isis, welche
auf Philae in der Mitte des fünften Jahrhunderts in crriechischer und
demotischer Schrift sich verewigten, waren wohl Priester der Blemyer".
Eine Begründung ist nicht gegeben. Mir scheint, dafs der Wortlaut
dieser Inschrift gestattet, wenigstens im vorliegenden Falle von der
Vermutung zur Behauptung überzugehen. Denn die Worte tjXd'a sv-
ravd'a xal ixoLr]6a t6 sQyov ^ov setzen m. E. voraus, dafs Smetchem
sonst nicht in diesem Tempel, an dessen Wand er die Inschrift ein-
gegraben hat, amtierte. „Ich bin hierhergekommen" — so sprechen
die von auswärts kommenden Wallfahrer, nicht die in dem Tempel
selbst dauernd angestellten Priester. Smetchem mufs also von anders-
woher gekommen sein, um hier „sein Werk zu verrichten". Ich sehe
daher in diesem Smetchem einen der von den Blemyern ^) zu den
gemeinsamen Festen abgesandten Isispriester, von deren Einsetzung
durch Diokletian Procop berichtet. Der rein ägyptische Name darf
uns nicht irritieren. In den von Brugsch (Thesaurus V p. Xflf.) be-
handelten demotischen Inschriften erscheinen eine ganze Reihe von
Männern mit echt ägyptischen Namen, die im Dienste und Auftrag
der südlichen Nachbarn zu den Isisfesten nach Philae kommen, so z. B.
jener Pasmn, Sohn des Paese, und sein Bruder Har-utä aus der Zeit
des Trebonianus Gallus, die im Dienst des meroitischen Königs Trrmn
nach Philae kommen. Diese und andere Texte — ich denke auch an
die von Krall herausgegebenen Blemyerhandschriften des XaQax^jv —
zeigen uns, dafs wie vorher im meroitischen Reich ^), so auch S]3äter im
blemyschen und nubischen die Ägypter vielfach höhere Verwaltungs-
stellen als Priester, Schreiber u. s. w. eingenommen haben. Dafs die
blemyschen Isispriester, die das wunderthätige und orakelnde Götter-
bild alljährlich abzuholen und zurückzubringen hatten, aus den Ägyptern
genommen wurden, ist begreiflich genug; bei der Neuordnung durch
1) Sitzungsber. Wien. Akad. (1890) 121 S. 72.
2) Ich spreche von Blemyern, nicht von Nubiern, weil wir aus Olympiodor
wissen, dafs im V. Jahrh. die Blemyer in der Dodekaschoinos safsen.
3) Vgl. Krall, Denkschr. Wien. Akad. 46 S. 11.
Ulricli Wilcken: Heidnisches und Christlichos aus Ät^ypten 407
Diokletian mögen die Blemycr Glieder der altansässigen Isispriester-
familien von Philae in ihren Dienst genommen haben.
So klar die Frage der staatlichen Zugehörigkeit beim Smetchem
selbst liegt, so unsicher bleibt sie bei den anderen in der Inschrift
genannten Priestern. Möglich, dafs sein Vater Uayovpnos Prophet der
Göttin auf der Insel selbst war. Vgl. Brugsch, Thesaurus V S. 1005,
wo der Vater nQO(p7]z7]g "lötdog ^tk&v genannt wird. Freilich be-
weisend ist dieser Zusatz nicht, denn Priester der „Isis von Philae"
werden sich auch die blemyschen Priester genannt haben. Ebenso
bleibt es ungewifs, ob Smeto und der Prophet Smet in Philae ange-
stellt waren oder in blemyschen Diensten standen. Im ersteren Falle
würden die Worte STioirjöa t6 SQyov ^ov a^a xal tov adskcpov zeigen,
dafs die blemyschen und die ägyptischen Priester — die ßdgßaQoc und
die 'Pcj^aloc bei Procop — gemeinsame Kulthandlungen ausübten. Aber
auch die andere Möglichkeit ist zuzugeben, und so ist nicht ausge-
schlossen, dafs alle diese Personen in blemyschen Diensten standen.
Es wäre schliefslich nicht verwunderlich, wenn wir von keinem der
einheimischen Priester dort solche Inschriften fänden, da eben nur
Auswärtige solche Proskyueme zu setzen pflegen. Aber das Faktum,
von dem wir oben ausgingen, würde darum ebenso bestehen bleiben,
nämlich dafs diese Inschriften den Fortbestand des Isiskultes auf Philae
in der Mitte des V. Jahrhunderts bezeugen.
Wir können nach den obigen Ausfükrungen die Geschichte der
Insel Philae in religionsgeschichtlicher Hinsicht in folgende Perioden
teilen:
1) die rein heidnische Periode.
2) die heidnisch -christliche Periode (im Süden der Isistempel, im
Norden die christlichen Kirchen), spätestens seit Theodosius IL
3) die christliche Periode (auch der Isistempel in eine Kirche ver-
wandelt), seit Justinian.
4) die islamische Periode.
IL
Heidnische Vereine in christlicher Zeit.
Dafs trotz der Religionsedikte des Theodosius das Heidentum hier
und dort noch längere Zeit fortbestanden hat, versteht sich von selbst
und wird auch mehrfach bezeugt.^) Zu diesen Testimonien kommt ein
neues hinzu, das um der Form willen, in der hier das Heidentum auf-
1) Aufser den bekannten Edikten vgl. speziell für Ägypten Revillout a. a. 0.
S. 416 ff.
408 I- Aufsätze
tritt, nicht ohne Interesse ist. Es ist ein griechischer Papyrus, den
ich im Februar 1899 in Ehnäsje (Herakleopolis Magna) ausgegraben
habe. Auch dieser Text ist mit den anderen bei dem Hamburger
Brand zerstört worden (vgl. oben S. 227). Was ich bei vorläufigem
Studium des Textes im Zelt davon transkribiert habe, ist folgendes:
1 [Mjera rrjv vnatCav t[Gj\v ösötiotöjv i]^G3v &£o8o6iov xo L(ay Ova-
XevxLVLavov t6 a
2 t[öv] aicjvCav AvyovöTcav Ilaxav s [e'Jv ^O^VQvyxav d' lvö[LXTL(ovog).
3 [T]i] T«|i TYig £^ov6Lag rov kvqlo ^ov tov iieyalongsTieöTdrix) og
£7taQ%Lag
4 ['A^Qxadiccg 0laovL(o ^AQi(jxoviy.ov ^AXei,dv8Qov di\ßc\ OXaovl\ov . . .
.... 6 öelva]
5 diä 0XaovLOV Z![a]^oviß ^ioöxovQtdov xfjg 'O^vQvyxLtcjv [TtöXscog
XaiQSLV (?).] 'O^ioXoyä
6 ö^vvg dsbv rbv TtavroKQdroQa xal ri^v (^öyicjxrjQ^av xäv xä tikvxu
vsixcjvxog (sie)
7 dsöTtoxcjv i}ftcüv &sodo6Cov <(x[aV)y OvaXcVxiviavov tüv aiavicov
Avyov6xG3v
8 sxovöi'a xai uv%\aLQ\txG} yva^i] iyyväöd-at xal ccvccd[£]d[ax^<^^ ^o-
V7i^<(^g T^£ xal iii(pavi(agy
9 AvqtiXlov Ec3xav v'Cog 'Avov&lov äjtb xrjg avxfig 'Oi,vQvy%ixS)v
TioXscog
10 v7ioßXri%-ivxa ßovXsvxrjv %al [üjg naxacpvyövxa sig Ttayavixäg övv-
TEXCag
11 üul xovTOv t7Ct^r]xovii£vov tovxov s'vsxa [■JiaQa6x7j6(o , bnotav stil-
12 eI da (lij^ vjtevd'vvog eöo^ai xi^g avrov jtaQCCöxdösojg xal [ ]
xolg i7ttt,rjxov-
13 yiivoig tiuq avxa djtoxQcvaöd'ccL. Kvqlk rj syyvi] [
xat] ETtSQGjxri&slg
14 d}^oX6yr]6a.
1 Meine Kopie hat hinter Oiodoaiov: rb i. Entweder Schreibfehler oder
Lesefehler, da das 1. Konsulat des Valentinian III. mit dem 11. des Theodosius II.
zusammenfällt. 3 Den Titel las ich zuerst . . . v . ^og, ein ander Mal glaubte
ich .... viog zu sehen. 6 Meine Kopie hat £ . . . . ikv. Es kann nach Parallelen
nur a[cotj]Q^lav dastehen. 7 In der Kopie habe ich anfangs Kai gelesen, dann
durchgestrichen. Wahrscheinlich wird dort ein winziges _/ stehen. 8 Meine
Kopie hat am Schlufs vTts yial s^cpavico. Nach den unten angeKihrten Parallelen
ist diese falsche Lesung wie oben zu emeudieren. 11 Die Ergänzung des
Schlusses habe ich nachträglich nach den Parallelstellen gemacht, nicht mit den
Schriftspuren verglichen. 14 Die hierauf folgenden Subskriptionen habe ich
nicht mehr kopiert.
Ulrich Wilckon: Tleidnisches und Christllclies auH Äf^ypten 409
Die Urkunde, die am .'50. April 42(j u. Chr.^) in Oxyrhynchos"),
südlich von Ilerakleopolis ^), aufgesetzt ist, gehört zu den Texten, die
ich oben S. 16 im General -Register als Gestellungsverpflichtungen (resp.
Gestellungsbürgschaften) unter den Eingaben von Privaten an Behörden
aufgeführt habe. Wie in BGU 581 (vom J. 133) und P. Grenf. H 62
(vom J. 211) handelt es sich auch hier darum, dafs für die ^ovt] und
i^cpavCa einer Person der Behörde *) gegenüber Bürgschaft geleistet
wird. Also dafs die Person am Orte bleibt und erforderlichenfalls
jederzeit vorgeführt werden kann, das wird durch einen Mitbürger
— freiwillig, wie er versichert — verbürgt. In jenen beiden älteren
Urkunden (vgl. auch BGU 244, 891 V.) geschieht es in der Form
eines Eides; hier, in der byzantinischen Zeit — und ebenso P. Lond.
n S. 277 vom J. 346 — hat die allmächtige Stipulationsformel (fjtf-
QC3xrid'£\g (h^oXoyrjöa) den Eid in die bescheidenere Stellung eines
Partizipialsatzes zurückgedrängt. Das betreffende Individuum, für
welches die Bürgschaft geleistet wird — Aurelius Sotas — , mufs also
im Verdacht stehen, dafs er eventuell es vorziehen wird, das Weite
zu suchen. Unter jenen älteren Fällen ist der Anlafs des Verdachtes
nur in BGU 244 angegeben, und zwar mit den Worten: avccd[sdofi8]vov
£Lg QaßdoviCav. Dem entsprechen in unserer Urkunde die Worte:
v7roßXi]d'8vru ßovXsvrrjv xal [a>]g naTcccpvyövrcc elg TtayavLxäg öwteXcag.
Diese Worte sind nicht leicht zu verstehen. Die Lexika bieten
keine völlig passende Parallele für vitoßdllsiv. Nach längerem
Schwanken knüpfe ich an die Bedeutung „unterschieben" (von Kindern
überliefert) an und fasse VTtoßXrj&Evta {iovXtvxriv: er ist als Buleut,
etwa an Stelle eines anderen, eingeschoben worden. Das folgende xat
[co]? y,aTa(pvy6vTa eig n. 6. besagt dann, dafs diese Einschiebung in
die Decurionatsliste für ihn Anlafs gewesen ist, zu den Tiayanzal 6vv-
tsXsLKi. seine Zuflucht zu nehmen. Wir müssen uns dabei vers'eo-en-
wärtigen, welche unerträgliche Last damals die Bekleidung des De-
curionats bedeutete.
1) Die Konsiün des Jahres 426 (Theod. XII und Valent. II) scheinen am
30. April in Oxyrhynchos noch nicht bekannt gewesen zu sein, sodafs der
Schreiber ^istä rijv vitccxiav der letztjährigen Konsuln (Theod. XI und Valentin. I)
datierte. Ein neuer Beitrag zu Ostr. I 800 if.
2) Dies ist der erste Papyrustent, in dem die Zugehörigkeit von Oxyrhynchos
zu Arkadien (der früheren Heptanomis) bezeugt wird.
3) Da das Stück sicher von meinen Arbeitern gefunden worden ist, so mufs
es schon im Altertum von Oxyrhynchos nach Herakleopolis gebracht sein.
4) Leider ist meine Lesung des Titels unvollkommen (vgl. die Fufsnote zu
Z. 3). Einer der gewöhnlichen Titel ■nö^ixog oder TtayÜQxov dürfte es kaum sein,
da ich diese wohl nicht verkannt hätte. Es mufs etwas Seltneres gewesen sein.
410 I- Aufsätze
Was sind nun die TrayavLxal GvvTsksLai^ die hier in einem mit
der Behörde geschlossenen Vertrage als etwas ganz Bekanntes erwähnt
werden? Hvvrelsia ist einer der vielen Ausdrücke, mit denen die
Vereine bezeichnet werden, und zwar liegt darin ein Hinweis auf die
gemeinsamen Beiträge. An die zahllosen gewerblichen Vereine, die
damals vom Staat zu Zwangsiunungen umgestaltet waren, kann hier
nicht gedacht werden, da diese in jener Zeit christliche Vereine
— jedenfalls offiziell — sein mufsten, ganz abgesehen davon, dafs
diese Zwangsinnungen damals so drückende Lasten mit sich brachten,
dafs auch die Collegiati ebenso wie die Decurionen aus den Städten
flüchteten.^) Wir werden daher bei den „heidnischen Vereinen" des
Papyrus an Klubs zu denken haben, deren Zweck eben die Erhaltung
und Pflege des Heidentums war. Die Kirchenhistoriker werden viel-
leicht weitere Zeugnisse über solche heidnischen Konventikel aus
christlicher Zeit beibringen können; ich verweise hier nur auf Crampe,
Philopatris (1894) und die Gegenbemerkungen von E. Rohde, Byz. Z. V
S. 10 f., auch C. Neumann ebendort S. 165 ff'. Inwiefern die heidnischen
Vereine emem Mann, der sich gegen den Druck des Decurionats
schützen wollte, „Zuflucht" gewähren komiten, lasse ich dahingestellt.^)
Boten sie etwa auch finanzielle Unterstützung?
Durch unsern Papyrus werden solche heidnischen Klubs für das
J. 426 bezeugt. Aus dem J. 423 liegen uns mehrere Kaiserreskripte
vor, die gegen die Heiden gerichtet sind. In einem derselben sagt
Theodosius IL optimistisch: paganos qui supersunt, quamquam iam nul-
los esse credamus! Der Papyrus zeigt, dafs die Regierung auf solche
Konventikel scharf aufpafste; wer in dem Verdacht stand, einem solchen
anzugehören, wurde, wie hier, unter dauernde Kontrolle gestellt, damit
bei eventuellem Vorgehen gegen ihn {ßjtttpqToviiBvov xovrov svexa) eine
Flucht unmöglich war. Darum bürgt der Kontrahent für die ^ovt]
und fiitpavCa des Verdächtigen. Dieses nach den oben angeführten
Urkunden auch schon früher bestehende Spioniersystem, wonach ein
Bürger den andern kontrollierte, war also damals auch in den Dienst
der kirchlichen Interessen gestellt. Wie demoralisierend das auf die
Bürgerschaft gewirkt haben mufs, liegt auf der Hand.
Unser Papyrus bezeugt die heidnischen Konventikel für die Stadt
Oxyrhynchos. Es ist nicht uninteressant, hiermit die Schilderung zu
vergleichen, die kurz vorher ■^) Rufinus in der historia monacJtorum von
1) Vgl. Kornemann, Pauly -Wissowa IV S. 478.
2) Verständlicher ist, dafs die Christen sich dem Mönch tum zuwandten, um
den munera zu entgehen. Vgl. Cod. Theod. XII 1, 63 (vom J. 365).
3) Nach Preuschen, Rufinus u. Palladius S. 204, zwischen 402 und 404.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Ägypten 411
dem Leben in dieser Stadt entworfen hat. Wenn er auch diese Stadt
in der von ihm fingierten Reiseroute mit einem sehr verzeihlichen
Gedächtnisfehler ^) nicht an die richtige Stelle gerückt hat, so ist doch
gerade die Schilderung von Oxyrhynchos, die jetzt nach den Aus-
grabungen von Grenfell und Hunt einen besonderen Reiz für uns be-
sitzt, so lebendig imd anschaulich — ich erinnere nur an die lebens-
wahre Schilderimg, wie die Mönche den Reisenden vor lauter Liebe
fast die Kleider vom Leibe reifsen — , dafs gerade hier ganz gewifs
persönliche Reiseerinnerungen des Verfassers wiedergegeben sind. ^)
Rufinus beschreibt nun Oxyrhynchos als eine Stadt, die von Mönchen
und Nonnen wimmelte, mit zwölf Kirchen und unzähligen Klöstern
geschmückt war, sodafs Tag und Nacht die frommen Gesänge nicht
verstummten: nullus enim ibi invenitur haereticus mit paganus, sed
onmes cives Christiani, omnes Catholici. Dafs er bei einem flüchtigen
Besuch der Stadt von den heidnisch gesinnten Bürgern und gar von
jenen Konventikeln nichts gehört und gesehen hat, ist begreiflich
genug. Es zeigt aber auch, wie viel man von solchen kategorischen
Behauptungen zu halten hat.
Diese heidnischen Konventikel, wie wir sie für Oxyrhynchos kennen
gelernt haben, sind die illegalen Fortsetzer der heidnischen Kultvereine
der älteren Zeit gewesen. Den Charakter des Geheimen imd Unerlaubten
haben sie erst durch die Religionsedikte bekommen. Unter den heid-
nischen Verehrern der Isis von Philae, für die aus politischen Gründen,
wie wir sahen, diese Edikte thatsächlich suspendiert waren, haben daher
auch die heidnischen Kultvereine jedenfalls bis zur Zeit Justinians als
erlaubte Verbände fortbestehen können. Das ist eine so selbstverständ-
liche Begleiterscheinung des Fortbestandes des Isiskultus selbst, dafs
ein spezieller Nachweis solcher Isisvereine aus späterer Zeit nicht solch
Interesse beanspruchen kann wie der der heidnischen Konventikel im
christianisierten Oxyrhynchos. Wenn ich trotzdem hierbei länger ver-
weile, so geschieht es, weil es sich um die Deutung einer griechischen
1) Mit Recht legt Preuschen S. 208 kein Gewicht darauf. Dafs man trotz
einer ägyptischen Reise die Lage der Städte des langgestreckten Mlthales sehr
leicht verwechseln kann, weifs ich leider aus Erfahrung.
2) Wenn es in der griechischen Fassung heifst: oi 6h crgatriyol avtwv xccl
Ol uQ%ovx£g — ■aciTcc rag TCvXccg ytccl tag elaoSovg anonovg '^atriaKv ■axl., so erinnert
das an die zahlreichen q)vXav.£g, die nach P. Oxy. I 43 Verso an den nvlcti etc.
stationiert waren. Vgl. oben S. 128. Bemerkenswert ist hier die Fürsorge der
Wächter für die Reisenden. Vgl. hierzu Ebers, Cicerone S. 320 ff.
Archiv f. Papyrusforschung I. 3. 27
412 I- Aufsätze
Inschrift handelt, die bisher überhaupt noch nicht erklärt worden ist.
Ich meine die Inschrift, die Richard Lepsius im J. 1844 ,,anf der äufseren
Hinterwand der Cella des Tempels von Kalabsche" (dem alten Talmis)
in Nubien entdeckt und in den Denkmälern VI als gr. 378 ediert hat.
Eine Abschrift davon, die er an Boeckh geschickt hatte, ist in den
Monatsberichten der Berliner Akademie 1844 (hinter S. 410) reproduziert
worden. Mir hat aufserdem noch in letzter Stunde der von Lepsius
genommene Papierabklatsch gute Dienste geleistet, für dessen Zusendung
ich der General -Verwaltung der königlichen Museen zu Berlin meinen
ergebensten Dank ausspreche. Lepsius nannte diese Inschrift in den
Monatschrifteu „eine wunderliche, und mir wenigstens nur in einzelnen
Worten und Phrasen verständliche Inschrift" und auch Letronne (Rev.
archeol. I S. 683) nannte sie „wwe enigme quant ä present indecJä/frable".
Vgl. Franz im CIGr. III 5071b. Auch mir bleibt noch manches rätsel-
haft. Mögen die Fachgenossen weiter helfen. — Folgende Buchstaben
sind überliefert:
£7iL (povoLV cpvlaQioyaiiaxLCpavxipEvd'a'Yiöi^
7tQ0(pr]taig ^evQov yrniTikco'i'KaQOVQ 8y\yi,^
ickXoßa6LX£v6£jtoi7]6€vavroxXXxcii miöaXxi'H,^
7tL6ovxk-\-6vvaߣV£ ^fc^fc 7tL6a'CnXovxll6vvj(^o7cav
6 itai,'4i£v%'a7i6£lovxavLxk\övvyLav8riQyQa(pco
^£vdLatoTtixaKLOvTcodr]iioTal^£a67caQa
rOV XO^iTOÖ OxhvaQXTjÖ 7C0l£C}Ö^£Q0Ö
dvOKaLOtXQL<36VVodoV^£Q06^iCCa7CO
xriG6riii£Qov£mxova£i iqovov £av
10 dG)QOvovx£%(J0fi£V7iQayfiaaXla£L(3XQt(Xövv
odov^£Qo6 a . odri^oxktvaQXo6^£Qog ß
xad'036£'yQa^£v a6(pak£6 xatxad'co6a7t7]X7]
6a^£V^£VQ0V')(yi^7ll(01XaQ0VQ^,xk\^
Xai£0^VT^0fl£V£7tLfiaQXVQa)V
15 TtaÖTjößcDX
xaii.i£VQ:^lxakavov££jt
xaiaxQ£xaxlQco
10 a^ in ulla etwas lädiert, aber doch sicher. Auch die beiden XI im Ect.
deutlich. In Monatsb. gut, in Denkm. ungenau. 11 hinter a scheint ein korrig.
Buchstabe zu stehen ; darüber Schriftspuren. Leps. in Monatsb. cnroSr\, in Denkm.
a V ooy\.
Die Schrift ist eine Unciale, in die nach der kursiven Vorlage
mehrere kursive Formen eingestreut sind, so h neben H, das in einem
Ulridi Wilfken: Heidnisches uud Christliches aus Ägypten 413
Zug gescliriebono 93 (in ygacpco 5).^) Diese kursiven Formen begegnen
schon im IV. Jahrb., so in meinen „Tafeln z. alt. gr. Pal." XIV vom
J. 359. Ich setze die Inschrift etwa in das V. Jahrhundert.
Bei der Interpretation der Inschrift gehe ich von Olympiodors
Bericht über den Besuch aus, den er im J. 421 der damals den Ble-
myern gehörigen Dodckaschoinos und so auch der Stadt Talmis, aus
der die Inschrift stammt, abgestattet hat. Er erwähnt da (PHG IV.
S. 66): Tovg qivXaQiovs xal 7tQO(p7]rag r&v Tcarcc rriv TdXuiv ßagßagcov
rjtoL tav BXs^^vcov. Diese selben beiden Behörden finde ich in Z. 1
und 2 in Abhängigkeit von f-jti, also als Eponyme, wieder. Danach
verbinde ich: 'Ejtl 0ovolv cpvlccQxo (1- (pvXccQxov)^ rabiat Kpavt Wsv-
d'a7j6i[g] TtQocpyjraLg (1. 7iQoq)7]ti]g^ für 7CQoq)y]T.ov).")
Das Verständnis der folgenden Zeilen ist mir durch die bisher
noch nicht verwertete Inschrift Leps. Denkm. VI gr. 314 (aus Philae)
z. T. erschlossen woi'den. Diese lautet, soweit ich sie verstehe:
(prjvrjs TlaivovijiLg)
vibg na%viiCov Qoy//
^LO%Xrixi{avov). 'Eycj d^i 6
5 TtQCüTOXliVaQIOg.
Die folgenden Zeilen sind mir noch unverständlich. Zum Schlufs viel-
leicht: ovK iitsQaßev'^) sog Qoy.
Ob der Oberpriester Smet, der hier als Eponym für 173 Diokl. =
456/7 n. Chr. angeführt wird, dieselbe Person ist, die nach der oben
S. 405 behandelten Inschrift im J. 169 Diokl. = 452/3 n. Chr. als
TCQOcprJTTjg bezeichnet wird, lasse ich dahingestellt. Die Lesung und
Ergänzung napwv(^ig) — rTA<NoY — habe ich aus Brugsch, Thesaur.
V 1007 e gewonnen, wo das demotische Proskynema eines „Pachnum S.
des Pachome des Priesters der Isis" mitgeteilt wird. Vielleicht hat
auch dieser Pachnumis, wie manche andere Glieder dieser Priesterfamilie,
in blemyschen Diensten gestanden (s. oben S. 406). Er nennt sich hier
mit einem Titel, der meines Wissens sonst nirgends begegnet: tcqcoto-
1) Das merkwürdige $, das oben an der Spitze links die Schleife hat, ist
nur eine milsglückte Nachahmung dieser abgerundeten Form.
2) Der blemysche Titel tpvXaQ^og begegnet auch in der unten S. 319 be-
sprochenen Urkunde des Xaga^'^v. — Als Plural kann man TtQocprjZKLg nicht fassen,
da sonst ein kkI zwischen den beiden Namen unerläfslich wäre. Wsv&aiiaL[g] (für
WsvQ'at^aiog) mufs der Vatersname sein.
3) Subjekt zu sTtsQccGnv ist vielleicht die Göttin Isis oder auch Sarapis. Das
würde sich auf die Reise des Heiligenbildes beziehen.
414 I- Aufsätze
jckCvccQxog. Die Deutung giebt Philo in Flacc. § 17 (p. 537 Mang.),
der uns mitteilt, dafs man in Alexandrien die Kultvereine (ß-La6oi) im
Volksmunde auch övvodoL oder xllvai genannt habe. Danach nennt
er den Isidoros ^^xXtvaQxrjg^''.
Der Klinarch war also der Vereins Vorsitzende, und das byzanti-
nische TtQotoxXivccQxos bezeichnet danach den ersten Vereinspräses.
Zumal dieser Pachnumis zu der bekannten Isispriesterfamilie gehört
(s. oben S. 405 f.), ist es mir nicht zweifelhaft, dafs die JcUvri^ von der
er seinen Titel trägt, ein Kultverein war, dessen religiösen Mittelpunkt
die Isis von Philae bildete.^)
Dieser Titel oiXtvaQxos kehrt nun mehrmals in unserer Inschrift
aus Talmis wieder. Voll ausgeschrieben ist er nur in Z. 11 in der
Zusammensetzung: 6 örj^oxXtvaQxog. Das mufs dasselbe sein wie 6
icXivaQ(xog)^) ffjg TtoXecog in Z. 7. Damit wird ein städtischer Vereins-
präses gemeint sein. Hierdurch ist auch die Lesung und Ergänzung
von Z. 2/3 hinter jcapov^) gegeben: d'rj^[o\Kh'{vaQXog)-, und damit ist
das für die ganze Interpretation der Inschrift entscheidende Faktum
gegeben, dafs die Gruppe xAx (Z. 3) ebenso wie das mehrmalige )cA4-
in xli(vuQxog) aufzulösen ist.'^) Dadurch wird unsere Inschrift zu einem
Dokument über Kultvereine im blemyschen Talmis.
Fahren wir in der Entzifferung fort, so ergiebt sich zunächst
MevQov in Z. 2 als Name des in Talmis verehrten Gottes Menrul,
den die Griechen mit Mavdovkig transkribierten. Mit dem vorhergehen-
den 7tQ0(p^raig ist er jedoch nicht zu verbinden, wegen Z. 13, wo ohne
vorhergehenden Priestertitel (isvqov wiederkehrt. Vielmehr wird Msvqov
als Personenname zu fassen sein*), und zwar wird hier MevQovxri^
„Menru(lj den Jüngeren" im Gegensatz zu einem gleichnamigen Bruder
„Menrul dem Alteren" bezeichnen.'') — Das folgende nXaxxaQovQ wird
man wohl als Vaternamen dieses Menruchem aufzufassen haben ^), denn
nach Z. 6 und 11 gab es nur einen drj^ozXiva^x^Sf auch hätte jcal
1) Isis wird hier zwar nicht ausdrücklich genannt, aber schon wegen des
Fundortes (Philae) ist es sehi- wahi-scheinlich. Vgl. auch das unten S. 318 über
Krni Gesagte.
2) Diese Ergänzung ergiebt sich jetzt erst aus Z. 11. Der Text hat ^XivaQ
ohne Abkürzungszeichen.
3) Das 4- ist nichts anderes als ein Jota, das unten vom Abküi-zungsstrich
durchstrichen ist. In x ist das Jota schräg gelegt.
4) Dafs Göttemamen unverändert als Personennamen verwendet werden, be-
gegnet sehr häufig. Mit Unrecht leugnete ich das in Äg. Z. 1884 S. 138/9.
5) Vgl. das oben S. 405 Anm. 1 über ZJ^irit^rni Gesagte.
6) nicü^xuQovQ ist wohl ein Compositum. Vgl. den XaQaTtatxovQ in der
Xagcc^-^v -Urkunde.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und ChriHtlichcB ans Ägypten 415
bei einer Koordination nicht fehlen können. Auch dies(;r Menriichem, der
Sohn des Plochkarur, wird (von stcI abhängig) als Eponyra zu fassen sein.
Die eigentliche Urkunde beginnt danach mit: 6 ßccöiXsvg ijioLTjösv
xtA. Das Folgende ist sehr schwierig. Ich erkenne in Z. 4/5 folgende
drei Paare von Personen: 1) IIlöov xXCiyaQiov) <Svv '^ßsvs, 2) aal
IlißKC nXov kXl(vuqxo7^) 6vv XÖTtav, 3) xcd Wsv&af}66 Aovxävi xXl-
(vuQxov) 6vv MavdyJQ. Diese Namen sind, Avie die oben besprochenen,
teils ägyptisch, teils blemysch oder nubisch.\) Diese Zweiteilung der
drei Glieder mufs uns bei der Deutung von Z. 3 6 ßaGiksvs iTtoCrjasv
avToxXxnaL S7Ci6akxL'K~ helfen, denn hier scheint dieselbe Zweiteilung
vorzuliegen. Wie Utöov, Ilißä'C und ^evd'ariös, die in 4/5 als xU(vccq-
XOi) bezeichnet werden, dem xkx = xli{vc<Qxo'^s) ^^ ^ entsprechen, so
würden die drei anderen mit 6vv ohne Titel angefügten Personen
C^jSfVf, Xojcccvy MavdrJQ) der Gruppe STCLöaXrtics^ entsprechen. öaXtLX.
(resp. öagrix.) ist ungriechisch. Ich bringe es mit dem lateinischen
salticus zusammen. Gleichviel ob man i:zl öaXtixlfj^s)] oder eTttöaXTi-
a\o(yg)7\ oder sonstwie lesen will — kein Barbarismus ist unmöglich
bei diesem Schreiber — , jedenfalls möchte ich darin eine Bedeutung
wie „Obertänzer" suchen. Sachlich scheint es mir nicht unverständlich,
dafs in einem solchen Isisklub neben den Vorsitzenden die „Obertänzer"
erwähnt werden.
Diese drei Vereinsvorsteher erklären uns zugleich ol xQlg 6vv68ov
oder xqCu övvoöov^ wie der Schreiber in Z. 8 und 10 so schön sagt:
das sind die drei Vereine, an deren Spitze die in 4/5 genannten Per-
sonen stehen — eine hübsche Illustration zu den oben zitierten Worten
Philos: övvodoi hccI aXlvai Tigogovo^d^ovrat VTvb tüv eyxcoQiavl
So bleibt in Z. 3 nur noch avto zu erklären. Nach der hier herr-
schenden Orthographie kann man das ebenso gut als avrov wie als
avta fassen. Soll man cwxa auf den König beziehen? oder avxa resp.
«VTov auf den vorhergenannten dTj^oKXt'vccQxog?")
Nach obiger Deutung ist also in Z. 1 — 5 gesagt, dafs in dem und
dem Jahre, als die und die Epouyme waren, der König — Avohl der
blemysche König ^) — die drei genannten Paare zu Klinarchen und
Vortänzern gemacht habe.
1) Von den Klinarchen haben IIiacYL und Wevd^afjas gut ägyptische Namen.
Dagegen sind die Namen der drei „Obertänzer" wohl blemysch oder nubisch.
MavSi]Q ist offenbar wieder der Göttername Menrul. Vgl. auch die Eigennamen-
sammlung bei Ki-all, Denkschr. Wien. Akad. XL VI S. 13 £F.
2) Oder ist avrovg gemeint im Sinne von fjiiäg? Diesen Schreibern kann
man alles zutrauen.
3) Die blemyschen Könige werden zwar sonst als ßaailia-aoi bezeichnet. Aber
an den byzantinischen Kaiser kann hier nicht gedacht werden.
416 I- Aufsätze
In dem folgenden yQdq)co^EV kann, wie mir scheint , niemand an-
ders als die drei Klinarclien Pison, Pisai und Psenthaese Snbjekt sein.
Merkwürdig ist ja, dafs sie vorher ihre Ernennung und zwar in 3. Person
erzählen. Man könnte aber als Analogie hinweisen auf jene philensi-
schen Inschriften, die ich oben S. 405 und 413 besprochen habe. Vgl.
übrigens S. 415 Anmerkung 2. Dieser Satz ist leicht verständlich: yga-
(po3[iev (1. yQdg)0^£v) öiä tb jataxiov (1. TCCTtaKLOv) tu dr^pio (1. tov
dyj^ov) Täl^Ecoq nagä tov Koiiixog: sie schreiben also wegen des Briefes,
den die Stadt Talmis vom Comes^) bekommen hat.
Die folgenden Worte 6 xh'vaQijos) bis xqövov (Z. 7 — 9) möchte
ich als eine stümperhafte Wiedergabe eben des Passus aus dem Comes-
Briefe halten, um deswillen sie schreiben. Erstens aus äufseren Grün-
den: die Schrift dieses Abschnittes ist gröfser und weitläufiger als die
der übrigen Urkunde, so dafs er dem Auge deutlich als etwas Beson-
deres entgegentritt; auch ist er vorn durch ein Spatium vom Vorher-
gehenden getrennt. Zweitens aus inneren Gründen: hier heifst es 6
xkLvaQ^x^s) TTJg TtoXecag^ während der Schreiber sonst statt dessen 6
öri^onlCvdQiog sagt. Auch versteht man so allein die Wiederholimg
in Z. 10/11. Inhaltlich besagt dieser Passus: „der Klinarch der Stadt
zwei Drittel, und die drei Synoden (Vereine) ein Drittel von heute bis
in Ewigkeit". Wovon hier die Hede ist, wird in dem tuttkxiov des
Comes gestanden haben; hier wird es nicht gesagt.
Das Folgende 'Eäv d&Qov ovx e%co^£v TiQccy^a akkä ktX. bleibt mir
unverständlich. Da ovx ex<^oy^£v doch wohl Hauptsatz ist, so scheint
das Verbum zu iäv zu fehlen. Etwa iüv d&Qov zum Vorhergehenden
zu ziehen, ist wohl nicht gut möglich; ebenso unverständlich bliebe
iuv d' coQov (= öXov). Zu ovK E'i'Coy^sv 7t Qäy^a vergleiche ich
BGU 22, 8: ccTtlag firjdsv £%ov6u TtQäyfia Ttgbg i^s. Vielleicht ist da-
mit die Zustimmung ausgedrückt: wir haben nichts dagegen, sondern
es sollen die drei Synoden ein DritteP) und der Demoklinarch zwei
Drittel (haben?). Hierauf folgt die Gültigkeitserklärung der Urkunde:
„So wie wir's geschrieben haben, ist es sicher." Dunkel bleibt mir
1) Ich lasse unentschieden, ob hier an einen römischen oder einen blemyschen
Comes zu denken ist. Die von Krall herausgegebenen Urkunden zeigen, dal's diese
Blemyerkönige ihre Beamten gern mit byzantinischen Titeln belegten. Ebenso
könnte auch der '^^aQ-^og in der koptischen Inschrift bei Revillout, Memoires sur
les Blemyes S. 374 ebenso gut ein nubischer Beamter sein wie ein römischer.
2) Die z. T. korrigierten Zeichen hinter und über dem Zahlzeichen a kann
ich nicht genau erkennen. Vielleicht wollte der Schreiber statt a das Wort fii'a
darüber schreiben. Der Buchstabe hinter « ist wohl ungültig gemacht. Nach
dem Zusammenhang kann hier nur die Zahl „eins" ausgedrückt sein.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Ägypten 417
das folgende xccl xad-iog dn:7jtT]6a(i£v MevQovyy'i^ xtX. Man sollte eher
erwarten xa&ag dTtt'it'rjösv^ „so wie es Menruchem von uns verlangt hat".
Darauf folgt der Schwur (1. sjto^vvoiiEv oder öfivvo^sv) vor drei Zeugen
(entsprechend den drei Verfassern der Urkunde). Der zweite Zeuge
wird als ovssTt bezeichnet. Das wird nichts anderes als das ägyp-
tische Wort für „Priester" sein (kopt. OTHiui). In dem letzten Wort
xatlQOJ steckt wahrscheinlich xccd'' uqov: „wir schwören beim Heiligtum"
(wohl des Menrul von Talmis).
Danach würde die Inschrift etwa folgendermafsen zu interpretieren
sein:
'EtiI 0ovolv (fvXccQxo, ra^utitpävT W£vd-ari6L\ß\
jtQoq)7]tatg^ MevQov%riii IlXco'piaQOVQ dTqiL[o\-
xhivccQxov)^ 6 ßaöiXsvg i7iOLi]6sv avro (?) xXi(vdQxovg) xal eTtL6aXtLx[.^
niöov '/cXi{vaQ%ov) övv 'Jßsvs xal nidä'C IJXov KlL{yaQ%ov) övv Xotcuv
5 aal Wsvd-arjös ylovxävL KXCiyaQiov) övv MavdrJQ. rQcccpco-
liEv 8iä xo TtttdxLov rß) drjfio TdX^sojg jtaQa
Toi) xö^iTog' „'0 xXLvagixog) r^g nöXscog ^SQog
ovo xal OL TQig övvodov ^SQog ^ia äno
Tijg 6riiiEQov inl tbv del xqövov.'"'' 'Euv
10 dß)QOV, ovx £%co^sv TtQßy^a, aXXä slg tQicc 6vv-
ödov ^SQog a . , 6 ör]^oxXtvccQXog fiBQog ß.
Kad-cjg iyQcc^a^sv döcpaXhg xal xad'ag djcrjtT]-
öa^sv MevQov%yi^ TIXcoxxccqovq [d'r](^o)?\xXL{vaQXO')
Xcd io^V7]0{l£V £7tl ^aQtvQav
15 Iladrig Bax
xal MevQ[ov] KaXav ovesTt
xal 'j4tqI xat iQcb.
Das würde nach Obigem auf Deutsch etwa heifsen:
„Als Phonoin Phylai-ch war, Gamatiphant des Psentaesis Sohn
Prophet, und Menruchem des Plochkarur Sohn Stadtklinarch, da hat
der König zu seinen (?) Klinarchen und Obertänzern gemacht Pison
den Klinarchen mit Abene (NB. als Obertänzer) und Pisa'i Plu den
Klinarchen mit Chopan imd Psenthaese Lukani den Klinarchen mit
Mander. Wir (letztgenannten) schreiben wegen des Briefes, den die
Stadt Talmis vom Comes bekommen hat (in dem es heifst): „„Der
Klinarch der Stadt zwei Drittel und die drei Vereine ein Drittel von
heute bis in Ewigkeit."" Wenn ein Greschenk (gegeben wird?), haben
wir nichts (dagegen), sondern die drei Vereine ein Drittel, der Stadt-
klinarch zwei Drittel. So wie wir es geschrieben haben, ist es sicher
und so, wie wir es verlangt haben von Menruchem des Plochkarur
418 I- Aufsätze
Solm, dem Stadtklinarclien (oder wie es verlangt hat M.?). Und wir
schwören vor Zeugen, (nämlich) vor Pades Bok imd Menru Kalau
dem Priester und Hatre, bei dem Heiligtum."
Mag einzelnes von diesem Gestammele — denn Griechisch kann
man es kaum nennen — von Anderen auch anders erklärt werden, so
viel glaube ich aus dieser Inschrift erwiesen zu haben, dafs zugleich mit
dem Isiskult auch die Kultvereine sich nach Nubien hinein ausgebreitet
haben. Vielleicht läfst sich aus demotischen ürkimden erweisen, dafs
solche Isisvereine auch schon im meroitischen Reich (I. — III. Jahrh.
n. Chr.) dieselbe Rolle gespielt haben wie später bei den Blemyern.
In den von Brugsch, Thesaur. V entzifferten Texten begegnet häufig
das bisher unerklärte Wort Krni als Titel von Personen, die im Namen
des meroitischen Königs nach Philae zogen, um dort der Isis zu opfern,^)
Ich wage die Hypothese, die die Ägyptologen prüfen mögen, dafs dieses
Krni oder Klni von xkivrj abzuleiten ist (etwa als Nisbe, woraus sich
die Vokalisation erklären würde). Klni würde danach „den zur xAtVt^
gehörigen" oder spezieller wohl den üXtvagxog bezeichnen.
Aber der Einflufs von Philae auf die südlichen Nachbarn ist nicht
einseitig ein heidnischer gewesen. Wie wir oben sahen, hatte Philae
schon im V. Jahrhundert, wenn nicht früher, neben dem Isistempel
auch christliche Kirchen. Diese Thatsache läfst uns besser verstehen,
was wir jüngst aus neuen Urkunden gelernt haben, nämlich dafs schon
ehe unter Justinian das Christentum zu den No baden gebracht wurde,
christliche Beamte sich am heidnischen Hofe der Blemyerkönige be-
funden haben. Dies zeigen die von KralP) herausgegebenen grie-
chischen Lederhandschriften (etwa aus dem VI. Jahrh.), die zwar in
Gebelen in Oberägypten erworben sind, aber gewifs aus Nubien
stammen^): der Schreiber des XaQa%rjv ßadiXetöxog rciv Blsiivcav ist
ein ägyptischer Christ, Sansnos, der das Chrismon vor seinen Namen
und auch vor die Urkunde setzt; auch die beiden domestici des Königs
verwenden das Kreuz in der Unterschrift.*) Aber der König selbst^)
1) Vgl. p. X if . Gesandschaft des Pasmn und seines Bruders Har-ut'a, des
Krni. Ausführlich ist erzählt, wie sie mit ihren ,, Brüdern, den Krni der Isis,
den Propheten" etc. das Fest feiern. Brugsch p. XII erklärt Krni als „äthio-
pisches Wort für eine Priesterwürde".
2) Denkschr. Wien. Akad. XLVI.
3) So jetzt mit Recht Ki-all, Wien. Z, f. d. Kunde d. Morgenlandes XIV S. 241.
4) Krall nimmt es nur von dem zweiten an. Aber auch dem Zeichen des
ersten liegt, wie mir scheint, das christliche Kreuz zu Grunde.
5) Der Text nennt als seine ausführenden Beamten einen cpvXccQxog und
einen vTtorvQccvvog. Das letztei'e Wort gieht mir eine Emendation zu Priscus'
Bericht über den Blemyerfriedeu vom J. 451 an die Hand (FHG IV S. 100). Von
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Aj^ypten 419
gebraucht ein imcliristliches Zeichen: 0~-. Doch ich kann für diese
kirchengeschichtlich 8chr interessanten Urkunden auf die überzeugenden
Ausführungen von Krall selbst verweisen (vgl. S. 7) und beschränke
mich darauf, in der Anmerkung einige Beiträge zu den Texten zu liefern.^)
Auch darin stimme ich Krall bei, dafs der viel besprochene
Nobadenkönig Silko, der seit Letronne für einen Christen gehalten
wurde, vielmehr Heide war. ^) Die alttestamentlichen Remiscenzen der
Inschrift (vgl. Lepsius, Hermes X 138) bezeugen bestenfalls das Christen-
tum seines koptischen Schreibers — wenn es nicht ein Jude war
(Krall) — ebenso wie die Kreuze in der Lederhandschrift das Christen-
tum der Schreiber des sicher heidnischen Fürsten XccQax'r]v. Weiteres
siehe unten S. 436.
HL
Amulette.
Zu den Konzessionen, zu denen das Christentum sich genötigt sah,
um die heidnische Welt zu gewinnen, gehört auch die Duldung des
den Geiseln heifst es: {rjoav Sf twv ts TVQavvtiaävtcov) xat vitb tvqccvvcov ysyo-
voTwv, was man übersetzt hat: aut ex filiis eorum! Ich lese nach Obigem: vtio-
tVQCivvav. Also „einstmalige Tyrannen und Untertyrannen" befanden sich unter
den Geiseln.
1) In Kairo habe ich Gelegenheit genommen, diese Lederhandschriften im
Original zu vergleichen. Danach lese ich: II 3 aTtavta a^l %q6vov statt anccvrav
XQOvov; 4: öl' ifiov iyQiäifr]} 'Aydd'ovog yQa(^iiaTEcog). In III 1 steht am Anfang
das zu erwartende ?;^q) (vgl. Wessely) wirklich da. Am Schlufs der Zeile ist [«0:90;]
nicht zu ergänzen. Hinter ccQyvQOTrXäatrjg , das hier übrigens sicher den Silber-
arbeiter bezeichnet und nicht mit Wessely in aQyvQonQcirrig umzudeuten ist, fehlt
nichts. Die Konstruktion ist: ?;^w aov, genau so wie in den aus demselben Funde
stammenden Urkunden BGÜ 795 — 797. Die von Krall-Wessely gegebene Deutung
von KSQiia rcov [a]Tto ßaQitmv (,,an Kleingeld von den Schiffern", worin Wessely
gar eine „Art von Flufszoll" sieht) ist sachlich unnaöglich. Die Urkunde ist ein
Schuldschein, dem gemäfs der Silberarbeiter Argon von Noaimek 11 Solidi ent-
liehen hat. Was soll da der Flufszoll? In jenen Worten kann nvir die Beschi-ei-
bung des ausgeliehenen Geldes stecken. Ich vermute: K^Q^drav vv.oßaQtrav, was
etwa für inoßagscov stehen mag: „in ziemlich schwerem Kleingeld". — Zu I be-
merke ich noch, dafs die avvrj&sia, die die Römer bei der Insel Tanaro (vielleicht
der damaligen Nordgrenze?) zahlen sollen, vielleicht der von Diokletian bewilligte
Tribut ist.
2) Krall setzt die Silkoinschrift mit Wessely ins VI. Jahrhundert. Vergleiche
ich die Schrift mit der der oben besprochenen Inschrift von Talmis (beide stehen
neben einander in Leps. Denkm. VI Blatt 95), so will mir die Silkoinschrift alter-
tümlicher erscheinen. Freilich ist der verschiedene Grad von Sorgfalt, der der
Wichtigkeit des Gegenstandes entspricht, zu berücksichtigen. Ich glaube nicht,
dafs die Silkoinschrift jünger ist als V. Jahrhundert. Der Sieg des Silko braucht
420 I- Aufsätze
Amuletts. Das Bedürfnis nach wunderkräftigen Amuletten wurzelte im
Heidentum so tief^ dafs das anfängliche Verbot der Kirche bald auf-
gegeben werden mufste.^) Auch für diesen interessanten Prozefs der
Umwandlung der heidnischen Sitte in eine christliche bieten die
Papyri wertvolles neues Material.
A. Zu den heidnischen Amuletten.
Aufser den grofsen Zauberlehrbüchern aus heidnischer Zeit, die
uns durch die Publikationen von Parthey^ Leemans, Wessely, Kenyon,
Dieterich zugänglich gemacht sind, haben sich auch Urkunden gefunden,
in denen für den Einzelfall praktische Anwendungen von den Vor-
schriften jener gemacht sind. Auf diesem Gebiet wetteifern mit den
Papyri und Pergamenten die Bleitafeln mit ihren Verfluchungen und
Liebeszaubern. Wie wichtig alle diese neuen Dokumente des Volks-
glaubens für die allgemeine Religionsgeschichte sind, ist namentlich
durch die tiefdringenden Forschungen von Dieterich und Wünsch ge-
zeigt worden. Durch die Zugehörigkeit zu diesem weiten und wich-
tigen Forschungsgebiet gewinnen auch ein paar unansehnliche Papyrus-
streifen an Interesse, die ich bei meinen Ausgrabungen in Ehnäsje
(Herakleopolis Magna) in Mittelägypten zutage gefördert habe.
Am 29. Januar 1899 fanden meine Arbeiter auf dem nach Osten
gelegenen Hügel Koni mälidtje ein eng zusammengeprefstes Papyruscon-
volut, das in der Mitte wie ein Garnwickel mit einem roten Faden eng
umschnürt war. Als ich abends im Zelt den Faden gelöst und durch
Feuchtigkeit den Papyrus entrollt hatte, lag ein vollständig erhaltenes
Amulett vor mir. Es ist vielleicht das erste Beispiel eines Papyrusamu-
letts, das in verschlossenem Zustande, so wie es vom Gläubigen getragen
war, gefunden worden ist. Um so mehr ist zu bedauern, dafs auch
dies Stück bei dem Hamburger Brande (s. oben S. 227) untergegangen ist.
Über das Alter des Papyrus habe ich mir keine Notizen gemacht.
Doch erinnere ich mich, dafs ich ihn damals nach der Schrift etwa in's
nicht der definitive gewesen zu sein, der die Blemyer aus Nubien ver-
drängte; sie werden sich oft hin und hergeschlagen haben. Die Charachen-
Handschriften sind jedenfalls jünger als die Silkoinschrift, etwa VI. Jahrhundert,
und doch erscheinen die Blemyer hier als Nachbarn der Römer. Silkos Sieg ist
sonach wohl nm- eine Episode in der blemyschen Okkupation von Nubien
gewesen. Sonach wäre höchstens auffällig, dafs die Blemyer nicht die Sieges-
inschrift des Feindes entfernt haben. Doch das allein kann nicht entscheiden,
zumal, wie mir Freund SteindorflF als Augenzeuge erzählte, die Silkoinschrift an
unscheinbarer Stelle steht, sodafs man sie nicht ohne weiteres findet.
1) Vgl. V. Schultze, Unterg. d. Heid. I 308 flf., E 377 S.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Ägypten 421
III. Jahrh. n. Chr. gesetzt habe. Der Papyrus, dessen Mafsc ich nicht
genau anzugeben vermag, war in sclimalen Streifen geknifft, zu
einem kleinen Cylinder von ca. 2 cm. Länge und 1 cm. Durchmesser
zusammcngeprefst. Dafs er mit einem roten Faden umwickelt war,
entspricht den Vorschriften der Zaul)erbücher. So heilst es in P.
Lond. I S. 77, 385 ff.: Xaßcov %dQtriv y^dil^ov — xccl — dr'jöag a^^axi
q)OiViXLVG).^) Vermutlich war das Amulett am Halse getragen, wie
es in einem Pariser Zaubertext heifst: xal ^IXrpaq, q^oivirnva dsQ^an
xal ccjtaQtiöag cpoQSL tcsqI rbv xqcciyiIov (Wien. Denk. 3(1 S. 112, 270'j).
War es an einem Faden getragen, so hat sich dieser nicht gefunden.
Möglich aber auch, dafs es in einer Kapsel getragen war. ^)
Nach der vorläufigen Kopie, die ich im Zelt angefertigt hatte,
lautet der Text folgendermafsen. In der Mitte standen die Zauber-
worte :
FoQyacpcovag
OQyc3q)(ovccg
QyG}(pG}vas
y(Dq)C3vag
cocpcovccg
(fcovag
(ovag
vag
CCS
Spieralförmig dies Dreieck zwei- bis dreimal umschlingend, liefen die
Beschwörungsworte, die ich folgendermafsen las: '^lopjtt^o vuccg xat cc
tov äyCov ovo^atog d'SQccTisvöcct rbv zIlovvölov rjtoi ""Avvg^ ov stexsv
'Hqux^lcc^ ccTcb 7ta[v]rbg Qtyov not TtvQStov i]xoi xat tj^sQivov -r) ^i'av
TiaQa ^tav waxaiQivov xs xal ij^iQtrjxs xq^ öqov [yfjdr] 7]dr] xa^v xa^v.
In der Mitte steht der Name des angerufenen Dämons. Die Spiele-
rei der allmählichen Verkürzung des Namens bis auf den letzten Buch-
staben ist aus der Zauberlitteratur bekannt genug, auch für die dreieck-
förmige Anordnung bietet sie zahlreiche Beispiele. Der Berliner Zauber-
text I 12 giebt uns den terminus tecJmicus für solche Bilder: Tioirjöccg
dvo xXi^<xxa^ heifst es da, worauf zwei solche aus den sieben Vokalen
kombinierte Dreiecke folgen, von denen das erste die Spitze nach
oben, das zweite nach unten richtet. Der Herausgeber Parthey bemerkte
1) Weiteres bei Wessely, Wien. Denk. 36, 28.
2) Vgl. Bomiann, Führer d. d. Ausstellg. PR S. 125.
422 I- Aufsätze
hierzu (S. 139): „Man erwartet statt xXipata Z. 12 xXi^axsg/' Ich
weifs nicht, ob xh'^ai, hier ein besseres Bild wäre. Ich möchte an
dem überlieferten xli^axa festhalten und es als „Abstufung" (vgl.
xh'fia ÖQäv) resp. „Abstufungsfiguren" fassen.
Auch dafs die Beschwörungsworte rings um das Zauberwort herum-
laufen, hat zahlreiche Parallelen. Mein verehrter Breslauer Kollege
Wünsch verwies mich z. B. auf seine „Neuen Fluchtafeln" (Rhein. Mus.
55 S. 70). Vgl. auch Wünsch's Sammlung im CIA App. p. XXVI (lat.),
andererseits die Vorschrift in P. Lond. I S. 99, 467fF.: tf^yQcxcpriöov —
i,adLOV Tvcpaviaxbv xal xvxla ccvtov rä ovdftaTß: xrL
Der Dämon, der beschworen wird, den Dionysios vom Fieber zu
heilen, wird mit roQyoacpavag angerufen, was offenbar vulgäre Schrei-
bung für FoQyocpovag ist. Dafs der Pluralis gemeint ist, zeigt wohl
das folgende v^äg (nicht 6s) ^ auch ist der Accusativ dem Genetiv vor-
zuziehen. Die angerufenen Dämonen heifsen also die „Gorgotöterinnen".
Unter der grofsen Masse der Götter und Dämonen, die in der griechi-
schen Zauberlitteratur genannt werden, habe ich diese Gorgophonen
nirgends finden können. Auch der griechischen Mythologie scheinen
sie fremd zu sein. Wohl kennt diese die Athena als roQyocpoviq (Eurip.
Jon 1478), und FoQyocpövrj heilst in der Sage auch eine Tochter des
Danaos (Apollod. ed. Wagner II 1,5; Tzetz. Hist. 7, 374) und eine Toch-
ter des Perseus (Apollod. I 9, 4; II 4, 5; III 10, 3), aber mehrere Gorgo-
phonen, die als gleichartige Göttinnen zusammengefafst wären, sind
meines Wissens sonst nicht bekannt.
Wie man darauf gekommen ist, den Gorgotöterinnen heilende Kraft
zuzuschreiben, ist nicht schwer zu erkennen: wer die Gorgo bezwungen
hat, der kann auch andere Schrecknisse, die den Menschen bedrohen,
überwinden. Dies ist wohl der Grundgedanke, der auch den Gorgo-
töter Perseus zum Schutzgott gegen Krankheiten gemacht hat. So
notiert Richard Heim in seiner sehr dankenswerten Sammlung von
incantamenta magica (Fleckeis. Jahrbb. Suppl. 19, 1893) unter n. 59
eine Amulettgemme, die den Perseus mit dem Medusenhaupt darstellt
und die Umschrift zeigt: cpvys TtoSdyga UsQösvg 6s diaxsi. Eine an-
dere Nuance erscheint in der in Euripides' Jon 1003 fi". wiedergegebenen
Erzählung von der Gorgotöterin Athena (vgl. Heim S. 490): sie hatte
ihrem Sohne Erichthonios zwei Tropfen von dem Blute der Gorgo ge-
geben, von denen der eine totbringend, der andere aber heilbringend
war {axs6(p6Qov v66(av) und Krankheiten abwehrte (y66ovg ansiQysi
xal TQoq)äg sisl ßi'ov). Hiernach erscheint die Gorgotöterin als Herrin
über Tod und Leben.
Die Beschwörungsformel s^oqxl^co v^äg xarä rov ayiov övöfiarog
Ulricli Wilcken: Heidniaches und Christliches aus Ägypten 423
findet in der Zauberlitteratur so viele Parallelen, dafs Zitate sich er-
übrigen.
Die Gorgophonen sollen heilen den /jiovvöiog — ov hsxev 'Hga-
xXCa. Auch diese Determinierung der zu beschützenden Person durch
den Mutternamen ist in der Zauberlitteratur bekannt genug. Sie steht
im Einklang uiit den Zauberlehrbüchern, die in solchen Fällen rov Zji
xfis Zji, d. h. Tov ÖHva Tijg dstvog zu schreiben pflegen. Es ist be-
merkenswert, dafs sich diese Sitte nicht nur in den aus Ägypten stam-
menden, sondern auch in den in Italien und Afrika und anderwärts
zu Tage kommenden Texten findet.^) Daneben wird freilich gelegent-
lich auch der Vater (CIA App. p. XV: ov hsxsv — ov eöTieiQSv)
oder auch der Vater allein (dies namentlich in den späteren Jahrhun-
derten) genannt. Aber vorherrschend und, wie gesagt, von den Lehr-
büchern vorgeschrieben ist die alleinige Nennung der Mutter. Die
Frage nach dem Ursprung dieses Brauches ist neuerdings mehrfach
behandelt worden. Wessely^) hat ihn mit der Rücksicht auf die ajcd-
roQeg, deren Vater unbekannt war, erklären wollen, was sicher verkehrt
ist. Der Prozentsatz der andtogsg ist gegenüber denen mit bekanntem
Vater nach den Urkunden ein so geringer, dafs diese Sitte sich daraus
nicht erklären läfst. Auch würden die Letzteren gewifs erst recht und
mit Stolz den Vater genannt haben, wenn dieser Gesichtspunkt in
Frage gekommen wäre. — Eine andere Lösung hat Wünsch vorge-
schlagen (CIA App. praef. p. XXIII): si praescribitur in hac papyro,
id quod etiam in tahellis nostris interdum servatur, ut is qui devoveafur
non e patre, sed e matre nominetur, hoc e harharorum more sumptum
esse facile concedo; sed. cum indices praecipue id agerent, ut certe descri-
heretur is, in quem illas erant acturi, nonne fortasse meminerunt Graeco-
rum opinionis, quam Euripidei Uli versus exprimunt (fr. 1015): atsl ds
^ijtrjQ (ptXorexvog ^äXXov TiaxQog' iq fihv yocQ avxfig oldsv ovd-\ o d'
ot£Tat?
Ob man die Bezeichnung nach der Mutter aus dem Bestreben,
möglichst deutlich die betreifende Person zu charakterisieren, ableiten
darf, ist mir zweifelhaft. Die gröfste Genauigkeit wird in den amtlichen
Akten angestrebt, und diese nennen meist Vater, Grofsvater, Mutter,
Grofsvater mütterlicherseits und fügen eventuell noch Alter und Signale-
ment hinzu. So weit ich sehe, begegnet eine derartige Akribie in der
Zauberlitteratur niemals. Im Gegensatz zu dem amtlicheu Stil ist die
1) Vgl. Deifsmann, Bibelstud. S. 37. Wünsch, Rh. Mus. 55, 260: qtiem peperit
Felicitas. Heim a. a. 0. n. 30 (S. 474): illius quem peperit illa. Dazu die An-
üierkung.
2) Jahresb. Hernais 1889 S. 6.
424 I- Aufsätze
Beschränkung auf den Mutternamen sogar so unzulänglicli, dafs man
daraus nur folgern kann^ dafs man den Dämonen eine weit gröfsere
Findigkeit als den Behörden zutraute.
Aber mit der anderen Annahme, dafs die Sitte von Barbaren
stamme, hat Wünsch entschieden Recht. Man kann sogar ffenau be-
stimmen, von welchen Barbaren. Es ist bisher in diesem Zusammen-
hange nicht beachtet worden, dafs auch schon in der altägyptischen
Zauberlitteratur aus der Pharaonenzeit die Person bezeichnet zu werden
pflegte als: „NN, geboren von der NN". Vgl. Erman-Krebs, Aus den
Papyrus der kgl. Museen (1899) S. 81. Für Ägypten ist die Sitte
damit also mindestens für das IL Jahrtausend v. Chr. erwiesen, und
es ist mir mehr als wahrscheinlich, dafs sie von hier aus — mit
so vielem anderen Zauberkram — zu den anderen Völkern ge-
kommen ist.
Aber die Frag-e nach der tieferen Bedeutunc? des Brauches ist damit
nur zurückgeschoben. Sie wird zu lösen sein, wenn von ägyptologischer
Seite ^) die gesamte Tradition — unter Berücksichtigung der verschie-
denen Zeiten — daraufhin untersucht wird, in welchen Fällen der
Ägypter nach dem Vater, in welchen er nach der Mutter bezeichnet
wurde. Man möchte vermuten, dafs die Bezeichnung nach der Mutter
in den matriarchalischen Urzuständen Ägyptens seinen Grund hätte,
und dafs sie erst allmählich durch den immer mehr vordringenden
Vaterrechtsgedanken aus dem amtlichen Leben (Urkunden etc.) ver-
drängt und vielleicht mehr auf das religöse^) Leben (daher auch in
Zaubertexten) beschränkt worden wäre.^) Aber es ist müfsig und ge-
1) Mir sind nur gelegentliche Äufseriingen zu Gesicht gekommen. Vgl. Er-
man, Ägypten S. 224: „Und auf den Totenstelen der späteren Zeit ist es herr-
schender Gebrauch, die Herkunft des Toten nach seiner Mutter anzugeben" u. s. w.
Er weist dann auch auf matriarchalische Parallelen hin, wenn er auch das Schlag-
wort nicht gebraucht. In Äg. Z. 1891 S. 119 sagt derselbe: „dafs der Muttername
so der Schwurfonnel angefügt wurde, ist m. W. neu und ist wieder ein Beleg
für die hohe Stellung der Mutter in der ägyptischen Familie". Vgl. Steindorö",
Äg. Z. 1890 S. 50: „die Aufschrift enthielt urspünglich nach ägyijtischer Sitte nur
den Namen des Verstorbenen, den seiner Mutter und die Angabe der Herkunft".
2) So würde sich erklären, dafs der Tote nach der Mutter genannt wird.
Auch die Nennung der Königinmutter in der Schwurfonnel (s. vorige Anmerkung)
würde in diese Kategorie fallen. In der Mythologie, die das irdische Leben
wiederspiegelt, kommt der Gedanke z. B. darin zum Ausdruck, dafs sie zwar den
Horus als Sohn der Isis und des Osiris kennt, eine eigene Kultgottheit doch aber
nur aus „Homs dem Sohn der Isis" gemacht hat (AQßnjaig), während ein „Horus
Sohn des Osiris" in dem Sinne wohl nirgends vorkommt.
3) In der Zauberlitteratur begegnet die Nennung nach der Mutter gelegent-
lich noch in den späten, koptischen Zeiten. Vgl. Erman, Äg. Z. 1895 S. 133.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Chi-istliches aus Ägypten 425
fährlich, [lypotliesen aufzustellen, wo vielleicht eine einfache Statistik
entscheiden kann.
Wie verhält sich nun der zu heilende Dionysios zu dem Beschwö-
renden, dem Subjekt von «^o^xt^co? Auf den ersten Blick glaubte
ich, dafs Dionysios etwa das kranke Söhnchen des Beschwörenden
sei; doch wird hier wie in Paralleltexten der mit Namen Genannte, der
zu beschützen ist, mit dem ungenannten Subjekt von t^oQZi^cj identisch
sein. Vgl. z. B. den Liebeszauber von Hadrumetum bei Deifsmaim,
Bibelstud. S. 28 ff. Dionysios wird also der Schreiber selbst sein.
Unser Amulett sollte den Träger vom Fieber heilen. Die Auf-
zählung der verschiedeneu Arten zeigt, dafs das Amulett nicht nur für
eine einzelne momentane Erkrankung, sondern auch für die Zukimft
helfen soll. Andererseits weist das d^EQuitsvöai (nicht qpuAalat) wohl
darauf hin, dafs eine thatsächliche Fiebererkrankung des Dionysios den
Anlafs zu diesem Amulett gegeben hat. Es wurde aber so abgefafst,
dafs es zugleich für die Zukunft generell wirken sollte.
Ähnliche Fiebermittel erwähnt das Londoner Lehrbuch P. Lond. I
S. 91. Ygl. Z. 211: TCQOs QLyoJivQBr\^io\v %xk. Z. 213: nQog na^rniElQ^i-
vov vvxtSQivov xtL Z. 218: (pvXanziqQiov TCQog QLyonvQenov xad'rjfisQi-
v6v. Tqca\)ov Eig idotTqv xa&aQOV xal nEQCutl^ov^ worauf die Zauber-
worte folgen.
Ein Fieberamulett enthält ferner ein Pergamentblatt der Rainer-
sammlung (V. Jahrb. n. Chr.), das Wessely in Wien. Denk. 42 S. 67/68
folgendermafsen ediert hat: t^At^/I öxQayr^k etQanovr^k osog oßcctov^sog
oilfatovxsog (pvla^ov öxsTia^ov oi xQig oi^eQag ol v^sqlvov ol vörj^SQi-
vov Ol ae nvQExog xad'KQtöi ot^ag 6aßcc . Wessely übersetzt dies im
Führer d. d. Ausstell. PR S. 124: „beschütze dreimal des Tages oder jeden
Tag oder zur Taggleiche oder immer vor dem Fieber.^' Mir scheint,
dafs nicht die Zeitpunkte angegeben sind, an denen der Dämon heilen
soll, sondern dafs vielmehr verschiedene Fieberarten aufgezählt sind.
Ich verbinde daher xQigot^EQag = XQLgf]^£Qog = tertiana. Auch darf
man wohl asnvQStog = ccEtnvQExog verbinden, womit das Dauerfieber
bezeichnet wäre. Das v^eqlvov würde der cotidiana entsprechen.
Aber was ist vötj^eqlvov (für iöyi^eqlvov) ? Ist das vielleicht die
meridiana ?
Ahnliche Unterscheidungen der Fieberarten erwähnt z. B. eine
Fluchtafel von der Via Appia (CIA App. p. XXVII sq.): patiatur fehris
frigus tortionis palloris sudoris obbripilationis meridianas interdianas serii-
Mehrere Beispiele füi- die Bezeichnung nach dem Vater aus dieser Zeit bei
Erman- Krebs, Papyras S. 258 AT.
426 I- Aufsätze
tinas nodurnas. Bei Heim a. a. 0. heilst es unter n. 19 (Plin. 21, 166):
colligi eani tertianis et quartanis remedio. Ebenda n. 25 (Plin. 28, 86):
tertianae quartanae vel cotidianae febri remedium.
Diese Beispiele zeigen, dafs man in Zaubertexten auf eine möglichst
gi'ofse Spezialisierung der verschiedenen Fieberarten ausging, offenbar,
damit nur ja auch jede Art eventuell vom Zauber getroffen
werde. Diese Parallelen erleichtern zugleich das Verständnis meines
Textes, dessen Schlufs meine vorläufige Transkription noch nicht in
allen Punkten richtig wiedergegeben hat.
Da die verschiedenen Fieberarten durch >] getrennt werden, wird
? ?
statt 7]toL xai iqasQivov zu lesen sein: tj to<^vy xai^&yrj^EQLVOv (vgl.
oben den Lond.). Von diesem täglichen Fieber (cotidiand) wird unter-
schieden ri ^öav Tcaga [iiav, seil. yj^tQccv, d. h. das Wechselfieber, das
jeden dritten Tag auftritt (tertiana), und zwar gleichviel ob es bei Tage
oder bei Nacht kommt: vvktsqlvov re aal i]aeQi(vov}^ wie zu ergänzen
sein wird. Der unverständliche Schluls ti]tb XQ^r^ÖQov kann wohl nicht
anders als in iq x£XQ\a\8(^Cyo\vy emendiert werden, womit die quartana
bezeichnet ist. Unser Amulett unterscheidet also dieselben Fieberarten,
die in der oben zitierten Pliniusstelle (2^, 86) genannt werden.
Endlich werden die Dämonen gebeten, die Hilfe „rasch rasch,
schnell schnell" zu bringen. Diese Formel riÖiq fjÖi] ta%v xa%v ist so
verbreitet in der Zauberlitteratur, dafs Zitate nicht nötig sind. Diese
zweimalige Wiederholung der Woi'te ist das übliche^); seltener ist die
einmalige Nennung, so in Karthago (CIA App. p. XVI, XVII), und die
dreimalige, wiederum in Karthago (1. c.).-j Bemerkenswert ist, dafs
diese griechischen Worte nicht nur in die koptischen Zaubertexte über-
gegangen sind^), sondern auch in die lateinischen, denn das tacs tacs
in CIA App. p. XXVIU hat Wünsch mit xcc^tag xa^scog gewifs richtig
erklärt.
Unser Text wird somit folgendermafsen zu lesen sein: roQ'y<^oy-
q)(6)vag (u. s. w.) it,oQ/ÜL,(o v^ag xaxä xov ayCov övu^atog x)-£Qa7i6v<iac
zJlovvölov rjxot, Avvg ov ixexav 'HQanXCa icnb 7ta\v\t'og ^Cyov<^gy xal
7CVQSX0V 7] xo<^vy 7ia(ß'yri^EQLvov t) ^iuv TtaQU ^Cav vvKX\£}Qivov X£ aal
7j^£QL(vovy 7] xEXQ[a]d<^iyo<^vy [rj]örj 7jÖ7j xuj(v xayy. Das heifst etwa:
„Euch Gorgotöterinnen beschwöre ich bei dem heiligen Namen, dafs
ihr heilet den Dionysios (oder Anys), den Heraklia geboren hat, von
1) Oft geschrieben: y\8r\ ß ra^v ß oder auch ijäri// ra^v//, wo die 2 Striche
die Verdoppelung andeuten. l*aläographisch beides sehr bemerkenswert!
2) Aber auch hier sonst die zweimalige Wiederholung.
3) Vgl. Erman- Krebs, Papyrus S. 259; Krall, Mitt. PR V 121.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Ägypten 427
jeglichem Fieber, kalt.-in oder heifsein, gleichviel ob es tägliches Fieber
(cotidiana) oder dreitägiges Wechselfieber (tertiana) bei Nacht oder bei
Tage, oder aber viertägiges Fieber (quartana) ist, rasch rasch, schnell
schnell."
Während das eben besprochene Amulett ohne Zweifel dem heid-
nischen Kulturkreise angehört, läfst sich von einem anderen, das ich
gleichfalls in Ehnasje ausgegraben habe, nicht so leicht sagen, welchem
Kreise es entstammt. Die Anfangsworte desselben lauteten folgender-
mafsen:
KvQia ZlaßaciO'^ undörQsxpov
ccTC sfiov . oxov (?) v66ov rfig
Es mag nach meiner Erinnerung wohl der Zeit des III. — V. Jahrhun-
derts angehören. Zwar wird in diesem Amulett gegen Kopfschmerz
der alttestamentliche „Herr Zebaoth^' angerufen, aber darum braucht
nicht etwa an einen christlichen Schreiber gedacht zu werden. Sind
doch auch viele jüdische Elemente mit griechischen und ägyptischen
vermischt schon im IL Jahrhundert n. Chr. von der „heidnischen Gnosis''^
zu jenen wunderlichen synkretistischen Systemen verarbeitet worden,
von denen die uns erhaltenen Zauberlehrbücher uns eine so deutliche
Vorstellung geben. ^) Es läfst sich daher nicht mit Sicherheit ent-
scheiden, ob der Schreiber dieses Amuletts ein Christ oder aber ein
Jude oder Grieche oder Ägypter gewesen ist.
Dafs die uns erhaltenen Zauberlehrbücher trotz der vielen alt-
testamentlichen Elemente rein heidnisch — in diesem weiteren Sinne
mit Einschlufs des Jüdischen — sind, zeigt nichts deutlicher, als dafs
die einzige griechische Stelle, an der Christus genannt wird, ihn als
„Gott der Hebräer" (rov Q-eov räv 'EßQcätov 'Ir]6ov Par. 3019) bezeichnet.
Auch sonst ist mir nichts Christliches in diesen Büchern aufgestofsen. ^')
Parthey glaubte zwar, in einem der Berliner Zauberpapyrus den Heiligen
Georg wiederzufinden, doch ist seine Deutimg schon mit Recht zurück-
gewiesen worden.^) Dagegen spukt immer noch seine Behauptung,
1) Vgl. vor allem Dieterich, Abraxas.
2) Zu der koptischen Stelle, die Christus nennt, vgl. Wessely, Wien. Denk.
36, 36. Sein Aufsatz im Expositor war mir nicht zugänglich. Nachträglich stofse
ich noch auf 'Iticovs 'Avov[ßig bei Dieterich, Pap. mag. 805, 17.
3) Vgl. Dieterich, Pap. mag. Mus. Lugd. S. 780, der sich schon auf Baudissiu,
Stud. z. semit. Religionsgesch. S. 119, 1 dafür benift, dafs ayaQ-s yuaQyt von yhcoQyog,
Archiv f. Papyruaforschung. I. 3. 28
428 I- Aufsätze
dafs auf einer Berliner Holztafel aus Athribis dieser Heilige angerufen
werde. Es ist ein Versehen von Dieterich, wenn er Pap. mag. S. 780
und Abraxas S. 124 annimmt, dafs die Holztafel einen ayad-og FscoQyog
erwähne. Diese Verbindung kommt in dem Text nicht vor, auch nicht
in Partheys Leseversuch (Abh. Berl. Ak. 1805 S. 140), der ihm vorlag.
Irrig ist auch Partheys Annahme, dafs der Ffcopydg hier „angerufen"
werde. Völlig verstanden habe ich den Text zwar auch noch nicht,
aber soviel scheint mir sicher, dafs er nichts als eine in greulichem
Dialekt geschriebene poetisch sein wollende Beschreibung der Leiden
des Landmanns ist. Ich habe vor Jahren die Holztafel, die sich im
Besitz der königlichen Bibliothek zu Berlin befindet (Nr. 29) — übrigens
eine Schultafel, nicht ein „Buchdeckel" — , flüchtig kopiert. Die Schrift
mag etwa aus dem IV. Jahr. n. Chr.(?) stammen. Folgendes habe ich
einstweilen gelesen:
Msyag ysoQybg avögayccd- . . . vorv Kaxdlayog -f-
^dr£ ^01 liyiv 'na.l 6ti%0i6i ^ivsQtoi ks^oj -\-
nd^noQog yeojQyog %av avtovQybg öjci'ql mvx^ -f-
rivKaLQüv xa^drcov tSQTiö^si'og iv dygolg -|-
5 Zvya dtaQ^d^o ßöcc xai, evd'sro aQcorfjQLv -\-
NvKtl fieXavt] %oQta0^a6LV im^Elov^evog -f-
'Ev ä^a&L aöavtojg x)]v äöxoiöLv noiov^tyog -\-
Avxog ytiOQybg svqlv firi divö^evog -{-
[Ovds^iav'^] iyjav . . . ri}g yicoyCag i^Q\dv -f-]
10 [ ]t(öv ävaO'EV täv xa^dtmv tav -\- ^)
Vielleicht regt meine noch mangelhafte Lesung dieses strafbaren Schüler-
gedichtes einen Anderen zur genaueren Edition und Interpretation an.
nicht von rsmQyiog abzuleiten ist. Übrigens würde man beim Heiligen ayLS, nicht
ayu9^ erwarten.
1) Z. 1 avSQceya&r^nivav scheint möglich zu sein. Wenn yscoQybg irrtümlich
für yto}Qyov steht, könnte es heifsen: „Grofs ist die Liste der Gutthaten des Land-
mannes." — 3 Tt&Qog nach Hesych. = raXcäncaQos- Das unbekannte nä^TtaQoe also
wohl = ganz elend. — 5 Gemeint ist wohl diccQ^o^ax^vy , da von 4 an lauter
Participien. Man möchte ßöa ccQcori]Qiv (für ccQori'iQiov = &.QOxri6iov) verbinden im
Sinne von ßovv ccQotfiQa (Hes.). Zu erwarten wäre freilich der Plural. Aber xai
oder y.aQ tV'S'fTo bleibt mir unverständlich. — In 7 ist das dorische a^iaai (Gegen-
satz zu vvv.xl) bemerkenswert. — In 8 ist y£(aQyo(^vys gemeint: er kann keine
Feldarbeiter finden. — In 9 ist wohl der Sinn: er hat [keine] Freude von der
Landwirtschaft. Aber [^x] T?}g steht nicht da. — Vielleicht finden Andere Be-
ziehungen zu griechischen Dichtern. Mich erinnert der Grundgedanke an die alt-
ägyptischen Schilderungen des traurigen Fellachenlebens.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Ägypten 429
Ich wollte hier nur konstatieren, dafs weder vom Heiligen noch vom
Guten Georg in diesem Text die Rede ist.
B. Zu den christlichen Amuletten.
Die von den Christen «j^ebrauchten Amulette waren entweder rein
heidnisch oder aus heidnischen und christlichen Elementen zusammen-
gesetzt oder aber rein christlich.^) Ich übergehe die ersteren, bei
denen das Christentum ihrer Träger für uns meist schwer zu erkennen
sein wird.") Die zweite Klasse der heidnisch-christlichen Amulette ver-
anschaulicht uns z. B. ein koptischer Text aus dem VII. Jahrhundert,
in dem die Mischung des Heidnischen und Christlichen besonders klar
vor Augen liegt. Es ist ein Zaubertext „gegen Leibschmerzen eines
Kindes"^), in dem oifeubar im Anschlufs an alte heidnische Texte aus-
führlichst eine Episode aus dem Mythus von Isis und Horus erzählt
wird. Anfang: „Horus der Sohn der Isis ging auf einen Berg" u. s. w.
Zum Schlufs heifst es dann: „Ich bin es, der redet, der Herr Jesus,
der die Heilung verleiht." Nach Erman (Äg. Z. 1895 S. 45) sind
diese Worte das Einzige, was hier an das Christentum erinnert. Sollte
nicht aber der Agrippa, dessen Geist sich mit Horus und Isis unter-
hält, der König Agrippa aus der Apostelgeschichte Kap. 25/26 sein?
Auf der anderen Seite verschwindet das Heidnische bis auf eine kurze
Bemerkung in der von Ad. Jacoby vor kurzem herausgegebenen Epiklese
von Gizeh (Ein neues Evangeliumfragment 1900 S. 32 ff.).
Auch für die dritte Klasse der rein christlichen Amulette bieten
die neueren Papyrusfunde weitere Beispiele. Dahin gehört der von
Wessely, Wien. Denk. 42 S. 68 f. (etwa aus dem VI. Jahrh.) edierte
Text, ein Amulett gegen Gebärmutterschmerzen. ^) Während man hier
trotz der rein christlichen Formen doch noch den inneren Zusammen-
hang mit analogen Vorschriften der heidnischen Zauberlehrbücher
1) Vgl. Vict. Schnitze, Gesch. d. Unterg. d. Heid. II S. 377 if.
2) Der koptische (also christliche) Zauberspruch gegen einen Hund, den
Erman in Äg. Z. 1895 S. 132. ff. behandelt hat, enthält neben der ägyptischen
Grundlage („Amulett, welches Isis geschrieben hat") allerlei jüdische Elemente,
aber nichts speziell Christliches.
3) Erman -Krebs, Aus d. Papynis d. kgl. Mus. S. 257/8. Vgl. auch EiToan,
Äg. Z. 1895 S. 45.
4) Eine neue Parallele fand ich bei Matter, Hist. crit. du guosticisme PI. II
C 4 in dem von Matter mifsverstandeuen Text: Täaaov rr]v [LrjXQuv t^g östvu sig
xbv i'Siov Tonov o(?) tbv nvulov rov r\ltiov. Dies nach Exzerpt aus dem mir z. Z.
nicht zugänglichen Buch.
28*
430 I- Aufsätze
merkt^), sind rein cliristlicli die weit verbreiteten Aufzeiclmungen
einzelner Bibelstelleu zn Zauberzwecken. ^) Ein solches Amulett aus
dem Berliner Museum (Pergament) publizierte Krebs in den Nachrichten
d. Ges. Wiss. Gott. 1892 S. 5 ff. Nach allerlei Sprüchen aus den Psal-
men und Evangelien stehen hier zum Schlufs die schwer verständlichen
Worte: to öapLa xai xo ds^a tov xq tpsiöai xov dovkov 6ov rov cpo-
Qovvta TO q)vXaxri]Qiov tovro. Hier erinnert nur noch der alte ter-
minus technicus (pvkaxTy'iQiov an die heidnische Zeit. Krebs erklärte
dEy.a mit ds^ag^ übersetzte aber in den „PapjTus d. kgl. Mus." S. 236:
„Schütze du^ o HeiT, Leib und Seele deines Knechtes, der dies Amulett
trägt." Ich glaube, man wird den Anfang to öco^a 'Aai xo dsna xov
%Q als Vokativ zu fassen haben, wie z. B. in dem altchristlichen litur-
gischen Stück (Gebh. Harn. TU, NF H S. 10, 10): V &ebg — 6 xv-
Qiog — svlöyrjöov xov dovlov. Da daiiag keinen Gegensatz zu ö&^cc
giebt, so vermute ich, dafs £^k = cü^a dahintersteckt, wodurch der
für das Abendmahl so wichtige Gegensatz von Leib und Blut Christi
herauskommt. Also tö ö&^cc xcd xb d' e^a xov Xq(i6xov): „Leib und
Blut Christi, sei gnädig deinem Knecht, der dies Amulett trägi."
Eine Zusammenstellung von Bibelstellen bietet ferner ein Text im
„Führer d. d. Ausstellung PR" n. 528 (mit Abbildung). Die letzte Zeile,
die noch unerklärt ist, ist, wenn ich nicht irre, koptisch. Auch das
auf einer Thonscherbe aus Megara aufgezeichnete Vaterunser, das Knopf
soeben in den Mitt. Ath. Inst. 25 S. 314 ff. ediert hat, gehört hierher,
ebenso die von Hiller v. Gärtringen herausgegebene rhodische Bleitafel
mit dem 80. Psalm (Sitzungsber. Akad. Berl. 37, 1898, S. 582 ff'.). Da
Hillers aus dem Inhalt des Psalms geschöpfte Vermutung, dafs diese
Tafel wohl zum Schutze des Weinberges ihres Besitzers dienen sollte,
Zustimmung gefunden hat, weise ich auf die Arbeit von Kayser hin,
über den „Gebrauch von Psalmen zur Zauberei" (Z. D. Morg Ges. 42,
1888, S. 456 ff.), der auf Grund der von ihm mitgeteilten syrischen
Handschrift zu dem Resultat kommt: „Es ist umsonst, bei solchem
Unsinn wie dem vorliegenden nach einem vernünftigen Grunde zu
suchen, und so lassen sich auch hier keine bestimmten Beziehungen
zwischen den einzelnen Psalmen und den Dingen, wofür oder wogegen
sie gut sein sollen, nachweisen." Speziell für den 80. Psalm lautet die
1) Vgl. Wesselys Hinweis auf den Londinensis Z. 268. — Schon Deifsmann,
Neue Bibelst. S. 58 hat vennutet, dafs Wessely in CPR 30, 4 fälschlich svXoyov
statt &8oX6yov gelesen habe. Diese Vermutung wird durch den obigen gleich-
zeitigen Text bestätigt, wo in demselben Zusammenhange steht: xai &soX6y[ov]
'laävvov rov ivayyuXicxov.
2) Vgl. Deifsmann, Bibelst. S. 49.
Ulrich Wilcken: ITcidniHflies und Cliristliches ans Ägypten 431
Vorschrift des syrischen Büchleins: „Lies ihn üher Wasser, wasch dein
Gesicht damit und gehe so zum Sultan. Lies ilin auch in jeder Nacht
für Einen, der an einem fernen Ort ist." Damit soll die Möglichkeit
von Hillers Deutung für den einzelnen Fall natürlich nicht bestritten
werden, zumal diese Vorschriften viel jünger sind und aus einer anderen
Gegend stammen. Aber nach diesem Syrer giebt man es wohl besser
auf, sich überhaupt den Kopf darüber zu zerbrechen.
Diesen rein christlichen Texten füge ich einen neuen hinzu, den
ich in Ehnäsje ausgegraben habe. Am 20. Febr. 1899 fanden meine
Arbeiter auf dem nach S. 0. gelegenen Kom hllafr el-holedi ein eng
zusammengeprefstes Papyrusconvolut von ca. 2 cm. Länge und 1 cm.
Breite, das mit einem braunen Faden umwickelt war. Leider gelang
es nicht, wie bei dem anderen Amulett (s. oben S. 420), es in völlig
unversehrtem Zustande zu entwickeln. Die Kniffe waren so tief, dafs
trotz der angewandten Feuchtigkeit die Ränder vielfach brachen, sodafs
das Blatt in eine grolse Zahl winziger Rechtecke zerfiel. Doch waren
sie sämtlich vorhanden und ergaben neben einander gelegt den voll-
ständigen Text. Immerhin Avar das Entziffern hierdurch aufserordent-
lich erschwert, da schon ein Atemzug genügte, alles durcheinander zu
werfen (dazu die Fliegenqual!), und so kann ich nach dem Verlust des
Originals (s. oben S. 227) meine Transkription, die ja auch nur eine
vorläufige war, nur mit Vorbehalt geben.
Die Schrift war eine sorgfältige, etwas nach rechts geneigte Un-
ciale, die dem 6i,vQvy%og xvTtog augehörte (vgl. Hermes 36, 315 ff.).
Die runden Buchstaben f, O-, o, 6 zeigten das Oval, nicht den Kreis.
Ich habe den Text damals approximativ ins VI. Jahrh. gesetzt. Wenn
die Theologen Gründe haben, ihn in etwas ältere oder jüngere Zeit zu
setzen, so kann ich dem bei der Unsicherheit der paläographischen
Datierung nicht widersprechen. Folgendes meine Abschrift:
-\- ds^jtotad'STtavtoxQatcjQ
07tarrj[.^tov xv xai Go daiaav
TT. .... ayiSöBQYivs
eviaQiötcoEycoöiXovavoövioö
yc£(pah]v\^. ^(vxaiSvconLov6ox)
aiX(ovaai7taQay.aXcovo7tco6di(o
^rjöaTts^ovTovdovlovßovTov
daL^ovKTrQoßaöxavtaöxai
10 rovz . . . . e . 7ia6 . xaitovt7](S
ccridiaßxa . jiaöavdavoöov
432 I- Aufsätze
a:t€[iovo7CC36v'ytavc}Xg . . [.]
X . . . siJtSLVtrjvayyeXLxrjv
15 £vxr}v
ovv toovo^ccöov eXd'
tayrjßa ovysvrjd^rjtcarod' .
Xrj . a evovv(x»CgE7tiy7) ....
CCQtOVf] vsTtiovöLOvdoörj . . .
20 6rj^eQovxaiccq)S(3'r]^LVTao(p£tX .
liatarj^cqv . . d'ax.rjiiSLöacpeLöl ]
roLöocpEi zat . . ay8
rjfiaöeiöJisiQaö^ovxscc . . . qv[ ]
^a0a7totrj67to\^J{riQ ^^o| . .
25 rovöKLcov xcaTjtcovl
evaQ%riEi6v ößißXoGHS
OCpG}6£X(p(OTO0d^6aXr]d'lVO6XCCQL6OV
£^£tovdovkov6ovto(pco6ayts6£QrjV6
30 7lQ067t£6£V7t£QSllOV'Cvat£XElC36vyiaVC}.
Versuchen wir ziinäclist eine Erklärung des Wortlautes.
Z. 1 — 3 enthalten die Namen der angerufenen Mächte. Als Erster
wird Gott der Vater angerufen: dsöTrota d'{£)£ TtavroxQcctcoQ 6 ;n:aTi^[()]
tov '}t(vQio)v xal — soweit ist alles klar. Damals glaubte ich hinter
dem nun folgenden öö, das man 6(cotylQ)o(g) hätte fassen müssen,
deutlich dm^cov zu lesen; und gerade um dieses dai^cov willen schien
mir die Stelle sehr bemerkenswert. Aber nachträglich kommt mir die
Vermutung, dafs ich öodmiiav verlesen habe für öog (= öottIqos)
rj^üv. Denn erstens würde So eine fehlerhafte Abbreviatur für 6(o-
TTlQog sein, da diese christlichen Abkürzungen stets mit dem Endlaut
schliefsen, und zweitens verlangt der Begriif xvQtog und auch 6cot^]q
eine nähere Determinierung durch tj^üv. Andrerseits würde durch
dcci^cov eine crux interpretum entstehen. Aus diesen Gründen glaube
ich mit meiner Selbstverbesserung dög rj^üv das Richtige getroÖen zu
haben. Daraus ergiebt sich zugleich die Ergänzung der folgenden Lücke
mit Tvj(v = 'hjöov Xqkjtov. Der Querstrich der Abbreviatur ist erhalten.
Dahinter ist noch Platz für ca. 2 — 3 Buchstaben, deren Ende etwa wie N
aussah. Vielleicht ist das der Rest von at, und wir haben aal zu lesen.
Aber ganz sicher ist es mir nicht. — Nächst Gott dem Vater wird der
heilige Serenus angerufen. Ich habe unter den bekannten Heiligen dieses
Namens einen, der hier in Betracht kommen könnte, nicht gefunden.
Ulrich Wilcken: Heidnisches und Christliches aus Ägypten 433
Ich denke, es wird der Ortsheilige von Herakleopolis Magna, dem Fund-
ort des Stückes, gewesen sein. Wiewohl im Eingang Gott und Sereuus
neben einander genannt werden, wendet sich der Betende im folgenden
mit 6v doch immer nur an Gott und spricht erst in der letzten Zeile
zu Serenus. — In Z. 4 beginnt die eigentliche Epiklese. Hier ist der
Text ganz klar, nur vermute ich, dafs in Z. G statt xai (mit Frage-
zeichen!) svamov zu lesen sein wird: xatsvcoTitov. Vgl. Ephes. 1,4; Col.
1, 22-, Judas 24. Auch in 2. Cor. 2, 17 und 12, 19 hat der Alexandri-
nus xatsvcoTiLov statt xarsvavtL. — Die ursprüngliche Bedeutung des
„Dankens" kann Ev%aQi6rCo (Z. 4) kaum haben, denn Silvanus dankt
nicht für schon Empfangenes, sondern bittet für die Zukunft. Man
erwartet die Bedeutung des „Betens" [Evio^iat). In dieser Bedeutung
steht 8v%aQi6xüv thatsächlich in P. Lond. II S. 301, 3 und 303, 3, wo
Grenfell-Hunt £t';^[o;]()t(>[T]cL) resp. eviaQiörovp.s lesen. Hier, wo Iva
folgt, steht es an der Stelle, wo sonst in diesen Briefen svio^iai steht
(vgl. ebendort S. 305). So möchte ich auch in unserm Text sviaQL6xCo
übersetzen: „ich bete". — Silvanus bezeichnet sich nicht nach der
Mutter, sondern, wie das in diesen späteren Zeiten häufiger wird, nach
dem Vater. Vgl. hierzu oben S. 324 Anm. 3.
Gott wird angerufen zum Schutz gegen den Dämon der Behexung ^)
und des x . . . .£ .Ttag^ was ich nicht zu deuten weifs (Lesung unsicher),
und den der drjdtcc.^) Der folgenden Bitte näöav de vöGov xal Tcäaav
liaXaxCav cl(p£Xe an s^iov, öjrcog vyiavco liegt vielleicht die Erinnerung
an Matth. 4, 23 zu Grunde, wo es von Christus heifst: dsQccTC&vcov Ttäßav
vöüov xal Ttäöav ^aXaxcav.^)
Was unserm Text nun ein besonderes Interesse verleiht, ist, dafs
der Betende diesen speziellen Bitten das Vaterunser hinzufügt
(Z. 15 — 25). Leider ist es mir damals nicht gelungen, Z. 13/14 völlig
zu lesen, sodafs ich nicht sagen kann, in welcher Weise das Vaterunser
mit dem Vorhergehenden verknüpft ist. Silvanus hatte das Vaterunser
anfangs als rrjv ayyeXixijv evi^v bezeichnet. Dann aber verbesserte er
1) Z. 9 las ich anfangs TtQoßaöKavta, dann verbesserte ich es in itQoßa.ay.ci-
viag. Bisher ist, so weit ich sehe, nur das Neutrum ■JtQoßaaycccviov bekannt. Dies
bedeutet aber das Mittel gegen die Behexung, das Amulett, was hier hinter
daiiLcov keinen guten Sinn ergiebt. Also wird hier Ttgoßaa-naviccg richtig gelesen
sein und in dem Sinne des einfachen ßaa^iavla = Behexung stehen.
2) Zu &T]&La vgl. P. Leid. V 11, 23: ccriSiccv '^x^Qav und Luc. 23, 12.
3) Auch in dem Gebet des Sarapion von Thmuis steht: sig a.Ttoßol7]v näarig
voaov Kccl -JtäG7\g ^aXaiiiag. Vgl. Wobbermin, Altchristi, liturg. Stücke in Geb.
Har. TU, N. F. 11. Hier fand ich auch viele andere Parallelen zu den oben be-
handelten Texten.
434 ^- Aufsätze
sich und schrieb ein sv darüber, sodafs es nun heilst: tijv evayyskLxrjv
8vx^v. „Das Gebet des Evangeliums" heifst das Vaterunser z. B. auch
in der von Steindorff herausgegebenen koptischen Geschichte vom Ge-
sios und Isidoros (Äg. Z. 1883 S. 154).
Wie das Vaterunser auf der Zaubertafel von Megara schliefst auch
unser Text sich an Matth. 6, 9 ff . an, doch finden sich hier mehr Ab-
weichungen von der Tradition als auf jener Scherbe: [jfaj'9'a in Z. 21
statt ag; äys in Z. 22 statt siösviymjs', in 23 ist xe (offenbar verlesen
für HS = xvQie) hinzugefügt; 24 ryjg 7Colv]y]Q[iag statt roi) jiovrjQOv.
Wenn ich mich hier nicht verlesen habe, so ist diese Variante im
Hinblick auf den bekannten Streit um die Deutung von tov 7tovt]QOv
von Interesse: unser Schreiber hat darunter (wie Augustin und Luther)
das Böse verstanden, nicht (wie Tertullian u. a.) den Bösen, den Teufel.
In 21 ist a(puö offenbar verlesen für cccpELS (€ und C gleichen einander
bis auf den Querstrich). Also a(psU[^i£v] für acpte^sv. — Während in
dem Megarischen Text, der älter ist als unser Papyrus, die Doxologie
noch fehlt, steht sie hier, wenn auch etwas verkürzt (Z. 24): ort 6ov
iötLv] 7] d6^\a dg^ tovg aicöv[ag.
Sehr zu bedauern ist, dafs der weitere Wortlaut Z. 25 — 27 nur
sehr mangelhaft gelesen ist. Hoffentlich finden Kundigere Parallelen,
nach denen auch diese Trümmer noch gedeutet werden können. Nach
dieser Lücke folgt: 6 q)cdg ix g)corbg 0-(sb)g aX7}9-iv6g^ d. i. die durch
das Nikänische Symbolum festgesetzte Bezeichnung für Christus. Xccql-
60V (statt xaQLöai Z. 28) auch bei Porphyr, de Caer. II 151 und im
Neugriechischen. Auch zu dem Accusativ (i^i) bietet das Mittel- und
Neugriechische Parallelen. Vgl. Hatzidakis, Einl. Neugr. Gr. 198 und 222.
Man darf hier nicht von Fehlern sprechen: wir haben die damalige
Volkssprache vor uns.
Hiemach möchte ich den Text etwa folgendermafsen lesen:
6 :;raTij[^] tov x(vqlo)v xccl 6[cot'riQ)o(^g riy^äv
Yl{i!]6o)v X{Qi6ro)v x]at(?) ayie Usqtjvs^
sv%ccQL6ra) iyco Uikovavbg vCbg
5 2JaQcc7ficovog xal xXCvg) rrjv
XE(pKhjV \ß.o]v Xa'^x)>£V(Xi7li6v 6ov
ccixCov xal TtKQaxaXav, OTtcog di(b-
^l/g ccTi i^oi) TOV dovXov öov tbv
öaCiiova TCQoßaGHKVLCcg xal
10 tbv X . . . .s . Trag xal tbv r^g
dyjdtag xa[l] (?) näöav Öa voGov
Ulrich Wilckon: ]I('i(]ni.sch(!K und Christliches aus Ägypten 435
xal Ttäöav ^akaniccv äcpelE
an f{iov^ oTCGjg vyiavü aal . . [.]
A . . . . eiTtElv triv avayyeXix^v
15 svxrjv [ovrcog? TldtsQ rj^äv 6 fv roig\
ov{Qa)v[oLg^ ayiaod-rjTco] t6 ovo^d öov iX9[cc]-
t(D t) ßa[ötXeia 0]oi>, ytt^rjd-rito} t6 -^[fc'l-
A7/[|u.]a [öov ü)g\ iv ou(pa)vaJ xal im yfjlg' tov]
ccQtov rj^iiüv rb\v stclovölov dbg rj\ßiv^
20 örj^SQOv xal äcpeg rj^iv tä 6g)£tA['>j]-
^ata yj^üv {xajd'ä xal rj^sl'g äq)SL<^£)\^}i6v]
toig 6(p£ilX£Tai,g rj^&v] xal [fii)] ays
Yj^äg slg 7CeiQaß^6v^ x(yQL)s^ a[lla\ Qv[^ai y]]-
^äg ccTtb rfig 7io\y\riQ\^iag. Hov yccQ f'ö'Tti/] rj dd|[a sig]
25 tovg aiG}v[ag ] xal r] rav [. . .
iv aQXV ^^^^ [ ]s ß^'ßXog xs
.r[...'...].o. [......] ^
6 q)ß)g ix cpatbg, &{sb)g äXfjd'ivbg laQiGov
i(i£ tbv dovlöv 00V t6 q)a)g. "Ayu Z!aQy]ve^
30 TtQÖgneös vtisq ifiov^ "va xsXsCcog vyiavä.
Das keifst etwa auf Deutseh: „0 Herr, allmächtiger Gott, Vater
unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus und du, o heiliger Se-
renus! Ich, Silvanus, Sohn des Sarapion, ich bete und neige mein
Haupt vor dir, indem ich inständig bitte, dafs du Yon mir, deinem
Knechte, vertreibest den Dämon der Behexung und der Feind-
schaft . . . Nimm jede Krankheit und jede Schlaffheit von mir, auf
dafs ich gesund werde sprechen das Gebet des Evangeliums
(also): Vater unser, der du bist im Himmel, geheiliget werde dein
Name, zu uns komme dein Reich, dein Wille geschehe wie im Himmel,
also auch auf Erden. Unser täglich Brot gieb uns heute und vergieb
uns unsere Schulden, so wie auch wir vergeben unsern Schuldigern,
und führe uns nicht in Versuchung, o Herr, sondern erlöse uns von
dem Übel, denn dein ist die Herrlichkeit in Ewigkeit 0 Licht
vom Licht, wahrhaftiger Gott, schenke mir das Licht. Heiliger Se-
renus, thue einen Fufsfall für mich, auf dafs ich gesunde."
Dem Wortlaut nach ist es ein rein christliches Gebet, das da der
kranke Silvanus in der Hoffnung auf göttliche Hilfe niedergeschrieben
hat, und doch wird es durch mancherlei Fäden mit den heidnischen
Zaubertexten verknüpft. Einmal ist die Art, wie er das Gebet benutzte,
der heidnischen Sitte entnommen: er hat es auf ein Stück Papyrus
geschrieben, hat dieses eng zusammengeknifft, mit einem braunen
436 I- Aufsätze
Faden, der damals vielleicht noch rot war (s. oben S. 421), umwunden
und dann wahrscheinlich am Körper, etwa am Halse getragen. Es
ist also durchaus in der Weise der heidnischen Amulette verwendet
*
worden. Aber auch in der Form, in der die christlichen Gedanken
auftreten, läfst sich die Einwirkung der alten heidnischen Zauber-
traditionen noch erkennen, wie die Vergleichung mit diesen zeigt.
Nur ist der christliche Polytheismus — Gott der Vater und der Orts-
heilige und später Jesus Christus — an die Stelle der heidnischen
Gottheiten getreten, auch in der Häufung der Epitheta an diese er-
innernd, und das Vaterunser füllt den Platz, an dem im heidnischen
Amulett sinnlose Zauberworte oder aber auch Hymnen an die Götter
(gleichfalls Evytd genannt) stehen würden. Dafs das Vaterunser als
Zaubermittel verwertet wurde, hat soeben Knopf in seiner sach-
kundigen Publikation der Megarischen Scherbe dargethan. Unser
Papyrus ist eine vortreffliche Bestätigung seiner Deutung jenes Textes.
Würz bürg. Ulrich Wilcken.
Nachtrag zu S. 410.
Ich benutze den freien Raum, um ein von Letronne für das Christen-
tum Silkos angeführtes Argument zu entkräften. Letronne (Oeuvres I
S. 8) bemerkte zu den Worten %otX 6 ■O'fög edaxsv uol rö VLxrjfia:
„dans les inscriptions paiennes de VEgypte, les mots 6 d'sbg sont toujours
accompagnes du nom de la divinite, "An^av^ Udgamg^ 'EQjxrjg^ ou tout
autre. 'O -O'fog, pris dbsolument et sans designation quelconque, ne se
rencontre que dans les documents cJireticns." Die Papyri bieten jetzt
Beispiele dieses Gebrauches von 6 d^eog auch in heidnischen Doku-
menten Ägyptens. In BGU 27, das sicher heidnisch ist (vgl. BGU 38)
schreibt der Absender Z. lOfiP.: xal TcaQEdi^aro y]iiäg 6 xönog oog 6 d'sbg
•^d-akev. Vgl. auch BGU 246, das sehr wahrscheinlich heidnisch ist,
Z. 12ff.: ivxvv%dvc3 ta ^sa vtcIq vacov. Obiges Argument war in
seiner Bezugnahme auf Ägypten von Franz CIGr. III S. 487 noch nicht
widerlegt. Im Übrigen vgl. die Ausführungen von Krall, Sitz. Wien.
Ak. 121 (1890) S. 72 f. U. W.
über die von Kenyon herausgegebene Emphyteusis -Urkunde
auf Papyrus aus dem J. 616 n. Chr.
In Kenyons Gr. Pap. in the Brit. Mus. 1898 II 323 sqq. findet sich
ein scheinbares Unicum, eine Emphyteusis-Urkunde, deren wesentKchen
Inhalt ich übersetze, um nachher einige (philol. und jurid.) Bemerkungen
folgen zu lassen^):
Im Namen der heiligen und lebenbringenden Dreieiniglceit des Vaters,
des Sohnes und des heiligen Geistes, unter der Regierung des durchlauch-
tigen und gottgekrönten Herrschers Flavios HeraJdios, Äugustus Perpetuus
Imperator, im sechsten Jahre und unter dem Konsidate des nämlichen
frommen Herrschers im fünften Jahre, am 12'^'^ Mesore^) der fünften In-
diJction. Es machen mit einander^) die nachfolgende geschriebene . . . .
Erbpachtsübereinhmft . . . . , einerseits die Korporation des heiligen
Klosters des Abt Patois in der Wüste beim Dorf Tapaithis ^) im Gau von
Apollonopolis , durch mich, Menas, Sohn des Paneis(?), Vorstands und
Mönchs des nl. Klosters, und durch Ändere, welche von ihm zeitweilig
die Führung des nl. Klosters übernehmen werden, und andererseits Aure-
lios loannes, Sohn des Phoebammon und der Hypatia, aus dem, Gehöft
genannt Bespdiom in der Wüste beim näml. Dorfe Tapaithis im nl. Gau
von Apollonopolis, und sie Ixommen überein wie folgt: Der genannte loannes,
Sohn Phoebammons, hat verabredet mit dem. Kloster, durch (Vermittlung)
des genannten Vorstehers Menas, nach seinem Wunsch da er in Erbpacht
nehmen will 12'^/^ Hufen Saatland ^), dazu 5 Hufen wüstes Land, vom
Saatland und vom ivüsten Lande, frei von Abgaben und ivasserlos, welches
1) Late Byzantine Papyri. — Papyrus CCCCLXXXIII. A. D. 616.
2) Nach Soph. Lex. [LsaoQiq, -p/, oder -wpt? Aber vgl. Wilcken, Gr. Ostr.
I 805.
3) L. kavtovg für IxaöTOfg: Class. Rev. XII, 1898.
4) So vermutet Wilcken statt Tanaithis.
5) L. GnoQiiia (so schon Ken.) y-^Stcc statt 67tOQi(iri (Pap.) yqSia.
438 I- Aufsätze
es [das Kloster] hesiUt, nach dem durch die Erhpachtsgesetze dehre-
tierten Typus'^), auch vom Land in der nl. Wüste des nl. Dorfes rings
um ^) das nl. Kloster, welches dem nl. Kloster rechtmäfsig angehört;
nachdem die Verabredung beiderseits gefallen hat, sind sie freiwillig, ohne
irgendtvelche List und Betrug zu der nachfolgenden geschriebenen
Erbpachtsdbereinkunft ^) gelangt: Die Korporation des h. Klosters etc.
gesteht ein dem vorgenannten Joannes, Sohn des Phoebammon,
ausgegeben und eingeschrieben zu haben von jetzt an auf immerfort, nach
dem Erbpachtsrecht, für die Zeit seines Lebens, und seiner Erben^), die
vorgenannten 12'^/^ Hufen Saatland u. s. iv [vgl. oben]; benach-
bart sind diesen til. 12^/2 Hufen Saatland: [folgt eine genaue Umschrei-
bung der Grenzen u. s. w., dann fährt das Dokument Z. 38 fort:] so dafs
der genannte Joannes, Sohn des PJioebammon, die vorgenannten 12^/^ Hufen
Saatland u s. w. . . . [vgl. oben] darf beuwhnen und verwalten und ver-
ändern und verbessern ^), tvie er ivill, und jede Verschönerung darin
machen, und einen Weinstoch darin aufführen, und Gruben darin graben,
und alles darin thun, was die Gesetze der Erbpacht erlauben, zu haben
und zu hinterlassen^) seinen Erben u. s. iv., und dafs er dem heiligen
Kloster als jährlichen und fortdauernden Tribut gehen soll u. s. w. [folgt
eine genaue Umschreibung des zu bezahlenden Tributs] (Z. 70): Wenn
es aber geschehen sollte, dafs der nämliche Joannes oder seine Erben in
Säumnis gelangt der Abgabe des genannten Tributs, oder eines Teiles davon,
tvährend zweier oder dreier Jahre hinter einander'^), und wenn einige ehren-
werte Männer dieses bezeugen, tvird das Kloster Erlaubnis haben dem
vorgenannten Joannes zu entziehen das Saatland und das Wüstland so-
1) Also vor allem Cod. Just. Uli 66 (ed. Krüger) p. 398 ff. : contractum, in quo
cuncta, quae inter utrasque contrahentiuin partes super omnibus vel etiam for-
tuitis casibus pactionibus scriptura interveniente habitis placuerint, finna ilii-
bataque perpetua stabilitate modis omnibus debeant custodiri etc. etc. [474 — 491].
Dann die Verordnungen Justinians, daselbst [527 — 534], cf. Gai. III 145, 3.
Inst, m 24.
2) 7tsQi}ivKla&£v, ungebräuchlich.
3) i(i(pvtsvT. oiLoloyia.
4) Im Texte: -ulriQOvoiiwv (heredes) xal diaSöxoav (successores) v.ccl diaxcit6%cov
(bonorum possessores).
5) oitislv y.cu diomtlv xai iyatoiHv xccl iiSTccnoistv xcct (piloKCilsaKi ktX.
6) Der Text hat: ^^ovaiv xkJ TtccQccitiintEiv inl nXriQovö^ovg xrX., aber soll
man nicht statt ^^'^volv lesen '^j^siv? lc%ov6iv giebt keinen Sinn. [Es ist zu emen-
dieren: oea oi vö^oi irntQ^TtovOLv Ttoiniv x<^oiyg iyiq)vxeva&<^i)g i%ovaii>. d. Red.]
7) Verwirkung des Berechtigten .... bei kirchlichen Emphyteusen genügt
in betreff der dem Eigentümer zu leistenden Abgabe schon zweijähi-ige Säumnis,
vgl. die Stellen bei Windscheid P (1879) S. 710.
C. H. Mullor: Über eine Emphyteusis-Urkunde 439
viel es verbessert ist, mit aller Verbesserung ^) ii. s. w. [folgen verschiedene
Nebenbestiramungen] ; eiullich folgt noch am Sclilufs ein Zusatz zum
Haupt vertrage^), und dann die Unterschriften des loannes und der
Zeugen u. s. w.
Zum Text dieser Urkunde sind einige Bemerkungen geliefert von
Kenyon selbst (1. c), von Grenfell-Hunt, Corrections to Kenyon's Cata-
logue, Class. Rev. XII (Lond.) 1898, und von Wilcken oben S. 164 — 5.
Vieles habe ich nicht nachzutragen. Merkwürdig ist in 1. 0 der Aus-
druck TO dixaLov, wozu Ken. bemerkt: „evidently a phrase representing
ihe corporate unity of tlie monastery, as distinct from the individual, ivlio
happens at any given time to rcpresent it as a prior^' (ibid.). Ngr. ist
6(D(iarsiov (6cb^a) = die Korporation, die Körperschaft. — Die Sprache
befindet sich schon in der Übergangsperiode von altgr. zu neugr., vgl.
TiaQaXrj^ipo^avcov (1. 8), nidöai (= kaßsiv) (1. 76), dij^ccQia (1. 77), dexa-
oKtco (1. 51) u. s. w. — Was die obengenannten Verbesserungen in der
Lesimg anbetrifft, so bemerke ich nur, dafs nagaßaacag ebensogut wie
TtuQaßdiSEog (1. >i&) zulässig ist* (Const. 53G, 1089 C. in Soph. Lex. s. v.),
und dafs ^ov6%^ov (1. 91) fehlerhaft ist statt ^ov6tov (vgl. latein. mustus,
mustum).
Wenn die Urkunde, philologisch betrachtet, nur ein mäfsiges Inter-
esse bietet, und auch vom juristischen Standpunkt über viele Fragen,
teilweise Streitfragen des emphyteutischen Rechtes (vgl. z. B. Glück,
Fand., oder Arndts Civil. Schriften I, 1873) keine neuen Aufschlüsse
bietet, so ist sie doch jedenfalls historisch interessant. Der Aus-
druck: xal oixstv xal diotKEiv xal axTtotSiV xal iisraTfOielv xal
(pikoxakEöai naQ-' ov av ßovhjd-dri xQonov xal Tcäöav (ptXoxaXCav iv
avratg Ttotrjöccöd'aL rijv avrcp doxovGav ^ xal afiTtsXov iv avtutg dva^ai
xal Mxxovg ivogv^ao xxl. (1. 41 sq.) ist, auf griechische Weise, zu ver-
gleichen mit der ziemlich allgemein gehaltenen latein. Formula, wie sie
schon Cujacius wiedergiebt: Et est contractus, quo dominus fundi sui
deserti forte et squalidi usum et fructum plenissimuni et quasi dominium
alteri concedit, ea lege ut inserendo, plantando, arando, poliendo, colendo,
1) Hier (pilo-naXica und cpiXoyiaXici (17), dem Sinne nach übereinkommend mit
dem term. techn. i^Lnovico und i^7tovt]^<xrci (lust. Nov.).
2) Anfangend mit den Worten (Z. 89): SriXovöti ag avcorigco siQr\tai , inl
TM rbv avruv 'Iciävvriv tpayüv nxl.y wozu Ken. richtig bemerkt: „TJiis appears to
he of the nature of an afterthought or codicü."
* [Aber TtaQcißdascog steht in der Hs. Vgl. Grenf. Hunt. d. Red.]
440 ^- Aufsätze
meliorem eum et fructuosiorem faciat, proque eo pendat pretium seu
vectigal annuum. ^) Jedenfalls giebt uns dieses Dokument wieder einen
besseren Blick in die Art und Weise, wie Reichsrecht und Volksrecht
in den Provinzen des römischen Weltreiches allmählich verschmolzen
sind. ^) Und jedenfalls ist es eine der ältesten Erbpachtsurkunden, zwar
nicht aus der Zeit Zenos (474 — 491), aber älter als die ältesten, uns
von Marini und von Spangenberg mitgeteilten Aktenstücke. Im J. 1857
hat Jules Tardif eine ziemlich schlecht erhaltene emphyteutische Ur-
kunde neu herausgegeben [Marini hatte dieselbe schon publiziert, aber
nicht nach dem Originale, sondern nach einer von Dionigi gemachten
Kopie, Pap. Dipl. 201], welche er dem 6. Jahrh. zuschreibt, aber seine
Argumentation ist eine schwache, und Marini selbst schrieb dieses
Dokument dem 10. Jahrh. zu. ^) Im offiziellen römischen Recht hat
sich erst ganz langsam die Erbpacht, griechisch Emphyteuse [vgl. später
französ. complant], neben der gewöhnlichen Pacht entwickelt, wie ein
historischer und vergleichende]* Überblick zeigen kann. Aus meinem
Materiale erlaube ich mir darüber noch Folgendes mitzuteilen.
Im griechischen Recht, welches zuerst verglichen werden mufs,
schon weil der Name dieses Vertrags aus Griechenland stammt*), be-
sitzen wir emphyteutische Urkunden, dem Begriffe nach, schon aus
dem 5. Jahrh. v. Chr.^) Aus dem 4. Jahrh. giebt es ebenso viele dgl.
Inschriften, besonders bekannt sind darunter die ausführlichen Tabulae
Heracleenses aus Süditalien, wir finden aber auch Dokumente aus ver-
1; Parat, in Lib. IV. Cod. Just. p. 307 (Opp. tom. IT Neap. 1722 foL). —
Über die Verpflichtung, das Grundstück in gutem Stande zu erhalten, und über
die Verbesserung des Grundstücks durch den Empfänger, worauf die Emphyteusis
berechnet ist, vgl. Nov. 120, c. 8, Nov. 7, c. 3 §. 2 „verum si emphyteuta praedium
mit suburbanum mit aedificium deterius fecerit, cogatur de suo damnum resar-
eire" etc. und Windscheid I (1879) S. 220.
2) Mitteis und dazu Gilson, L'etude du droit romain (1899), passim.
3) Bibl. de FEcole des Chartes, XVIIP annee, tom. III, 4"* serie, Paris 1857,
p. 45: Demande de concession emphyteotique , adressee ä l'eglise de Ravenne. —
Diese Urkunde spricht von: cultare, runcare, pastenare, defensm'e, et in omnibus
meliorare (Ueo debeamus etc.). Das einzige Argument J. Tardifs ist: „Ce bau
emphyt. offre . . . dans ses caracteres extrinseques une assez grande ressemblance
aoec les actes du 6" siede, donnes par Marini, pour qu'il soit permis de la faire
remonter jusqu'ä cette epoque" etc. (1. c).
4) „Das Justin. Recht der E. hat eine doppelte Wurzel, eine vreströmische
und eine oströmische; die Bezeichnung E. gehört der oströmischen Bildung an,
während in dem weströmischen Teil des Reiches das entsprechende Recht jus in
fundo vectigali genannt wurde" (Windscheid a. a. 0. S. 700).
.5) Michel, luscr. Gr. p. 911 = Inscr. Jur. Gr. von D. H. R., S. 256.
C. H. Muller: Über eine Emphyteusis-Urkunde 441
schiedenen Teilen Kleinasiens und Griechenlands. ^) Aus dem Ende
des 3. Jalirli. ungefähr besitzen wir eine besonders von Ditten berger
sehr sorgfältig herausgegebene Urkunde aus Thisbe, wobei diese Stadt,
wie es scheint, Ländereien in Erbpacht ausgiebt, um dadurch eine
Schuld zu decken. ') In den folgenden Jahrhunderten bietet jedoch
unsere Kenntnis des Erbpachtsrechtes, was die Urkunden botrifit, eine
öTofse Lücke: wir finden zwar in ziemlich grofser Anzahl einfache
0 7 o
Pachtkontrakte, welche die neueren Papyrusfunde uns geliefert haben,
aber nicht Kontrakte auf unbestimmte Zeit und vererblich. ■^) Es hängt
wohl mit den ökonomischen und sozialen Zuständen der griechischen
und römischen Welt eng zusammen, dafs die echte Emphyteuse sich
iu den uichtorientalischen Kreisen des Weltreiches verhältnismäfsig
viel später entwickelt. ^') Die Urkunden aus den ersten christlichen
Jahrhunderten, welche die bekannten Werke von Bruns und Girard
darbieten, bringen uns überhaupt wenige Beispiele der locatio rei, auch
die Papyrusfuude aus diesen Zeiten bringen ausschliefslich Pachturkunden
und noch keine Emphyteuse ''). Wie ich also schon bemerkt habe,
historisch betrachtet ist die von Kenyon zuerst herausgegebene Emphy-
teusis-Urkunde ein wichtiges Dokument.
1) Z. B. Inscr. Jur. Gr. S. 2.54, Michel S. 905 (Piree), S. 909 (Athenes), S. 907
= Recueil Xm'^'^ S. 912 u. s. w.
2) Dittenb. Index Schol. Halensis 1891. Inscr. Jur. Gr. S. 253 u. s. w.
3) Vgl. New Class. Fragm. ed. by Grenfell and Hunt, Oxf. 1897, S. 57 (100
B. G.): „Deed of cession by which P cedes to H a piece of Isqu yf],
ichich P. had leased froni the priests for a period of ten years", etc.
4) „Apres avoir eii des commencenients modestes, (l'institution) devint tres-fre-
quente ä partir du IIP siede, et aux epoques suivantes on put voir se multiplier
les dispositions legislatives le concernant; le Code theodosien, pour sa pari, men-
tionne 12 constitutions rendues entre les annees 317 et 423" (J. Lefort, Hist. des
contrats de location perpötuelle, Paris 1895, S. 66, dessen ganze Darstellung
man vergleiche).
5) 1. Jahrh. n. Chr. Girard, Textes 762 f. = Bruns 270 f. — 2. Jahrh. n. Chr.
(Superficies), ebendas. — Oxyrh. Pap. I 164 (Pachtkontrakt). — 3. Jahrh. n. Chr.
(227 ?) Anfrage eines colonus hortorum olitoriorum. — 4. Jahrh. n. Chr. Pacht-
kontrakte, z. B. Oxyrh. Pap. I 167. 168, Grenfell, An Alex. erot. fr. S. 89. —
6. Jahrh. n. Chr. Grenfell ibid. S. 91 (a. 536), S. 92 — 94 (a. 561) u. s. w. — Auch
der Wortlaut der Inscription über die lex Hadriana, welche leider etwas ver-
stümmelt ist, bietet einige Parallele zur Vergleichung. Ich zitiere besonders die
Worte : „ in Ulis partihus sunt, quae ex saltu Lamiano et Domitiano iunctae
Thusdritano sunt nee a conductoribus exercentur, isque qui occupaverint possidendi
ac fruendi heredique suo relinquendi id ins datur, quod est lege Hadriana cotn-
prehensum de rudibus agris et iis, qui per X annos continuos inculti sunt
De oleis, quas quisque e possessoribus posuerit aut oleastris inseruerit" etc. etc.
(Girard, Textes S. 163).
442 I- Aufsätze
Erst im Verlaufe der Zeit hat sich für die emphyteutiseheu Kon-
trakte eine gewisse bestimmte Form entwickelt, eine Thatsache, welche
ich hier jedoch nur streifen kann. Unsere Urkunde spricht nur ganz
allgemein von dem ,,über die Anpflanzung dekretierten Gesetze" {%atä
rbv dLTjyoQsvfiEvov toig vö^oig TtSQL i^ipvTsvasGig tvnov), und so finden
wir in der chronologisch nächsten Urkunde aus den Jahren 648 — 6G6:
„per piam eins dispositionem .... enfeteuticario modo postulastis lar-
(/iri''-^), und über das Bebauen und besonders das Verbessern, welches
fortan einen integrierenden Bestandteil der Emphyteuse bildet, lesen
wir hier weiter: „ea conditione, ut predictas domos .... fahricare,
restaurore, sed et . . . fundora vel dicta loca .... pastinare, propagi-
nare, defensare et in omnihus meliorare .... 'deheatis." ^)
Für die' Rechtsgeschichte lohnt es sich jedenfalls die emphyteu-
tiseheu Urkunden auch in den folgenden Zeiten zu betrachten und zu
vergleichen; schon Marini bemerkt, dafs für die späteren Jahrhunderte
die Dokumente unzählbar sind und dafs dieselben allmählich nach
einem gewissen Modelle verfafst wurden („le stesse cose ripetendo e
chi chiede, e chi accorda"). Die Ravemiatischeu Urkunden, von Fan-
tuzzi herausgegeben, bilden allein schon gewissermafsen eine Geschichte
der Emphyteuse in Italien, dieselben laufen von 903 — 1200 und sind
in verschiedenen Bänden publiziert. Ein merkwürdiges Unicum ist
aufserdem die römische Papyrusurkunde im Staatsarchiv zu Marburg.^)
Hier heifst es: „ita ut . . . suprascripti cum omnibus ad eum
1) Spangenberg, Tab. Neg. 1822, S. 29.Sf., Marini, Pap. Dipl. Nr. CXXXII.
2) ibid. — Marini bemerkt: „E qiiesta una delle antichissime concessioni
enfiteutiche ecclesiastiche , che io mi conosco, e sarehhe la prima forse", und weiter:
„per ^yiü secoli furono coteste carte enfiteutiche in Bavenna descritte quasi sempre
ex eodem exemplo" (S. 362 f. seiner Ausg.). — Vgl. noch bei Marini Nr. CXXXV
(Verone, forse del sec. X"): culturare, runcare, puntenare, defensare et in omnibus
meliorare .... debcamus u. s. w. Daraus bildete sich, wie es scheint, allmählich
die modifizierte Form: habendum , tenendum, possidendum, defensandum, et in
omnibus meliorandum (Fantuzzi a. 844, zitiert bei Anselm. de Orto, rec. Jacobi,
Wimar. 1854, S. 27 Note).
3) Kehr in den Abh. d. kgl. Ges. zu Gütt. N. F. Bd. I, Nr. 1 (Berlin 1896).
Wie schon der Schreibstoif zeigt, gehört die Urkunde noch dem 10. Jahrh. an, da
nach dem J. 984 Papyinis als Material für römische Privaturkunden nicht mehr
nachweisbar ist. Die Schrift .... läfst sich als die Notariatsschrift des 10. und
beginnenden 11. Jahrh. charakterisieren. Der Scriniar, von dem sie wahrscheinlich
hen-ührt, ist in den Jahren 949 bis 988 auch sonst nachweisbar. Wir werden also
nicht irren, wenn wir unsere Fragmente in die Zeit der Ottonen setzen (ibid. S. 24).
Über die Weise, wie dieses Dokument nach Hersield (Marburg) gekommen sei,
ibid. S. 25. — Über den (noch späten) Gebrauch des Papyrus vgl. Thompson, Gr.
and Lat. jjalaeography (Lond. 1894) S. 33 — 34.
C. H. Muller: über eine Emphyteusis-Urkuncle. 443
pertinentibus teuere et xwssidere debeant, et ad meliorem faciendum deo
iuraute adtum perducant ipsis heredibusque ipsorum profuturum usque
in tertium gradum Completa vero tertia goncratione,
tune fuiidus ipse cum omnibus ad eum pertinentibus, sicuti fuerit eultus
et mclioratus, ad ius suprascripti ven. monasterii, (mIus est proprietas
.... revertatur", etc.
Zur Vergleichung bringe ich hier nur noch einige wenige Beispiele,
denn eine erschö])tbnde Sammlung des reichen Materiales würde ganz
und gar aus dem Rahmen dieser der Papyruskunde und verwandten
Gebieten speziell gewidmeten Zeitschrift heraustreten.^) Eine Urkunde
vom J. 1088 bietet z. B. Folgendes: „Quod si de hoc seculo ohiero sine
filiis legitimis, inferins dicenda res cadat et deveniat in meis filiis natii-
ralibus, aut in meo successore, qualem mihi placuerit designare in vita,
vel ad ohitum, tarnen mediocris persone, per enfiteuticario iure a presenti
die concedis et largiris, seu confirmas nohis" etc und weiter:
„concedis nobis predictam rem hahendum, tenendum" etc. (Monum. Ravenn.
tom. I. Ven. 1801, p. 307, vgl. über die hier erwähnte „mediocris per-
sona" Anseiminus de Orto ed. Jacobi S. 32 Note). - — Eine Schenkungs-
und Erbpachtsurkunde aus dem J. 1174 bringt uns folgenden Wort-
laut: „Et abhas Girardus locationis nomine in perpetuo investivit
supradictmn Homizonem nominative de iamdicta petia de terra
cum casa et area et orto .... quas ipse erat solitus Jiabere et teuere a
sancto Zenone" und weiter: „quod .... habere et teuere debent
perpetuo suprascriptas terras et amodo debent solvere fictum pro
suprascriptis terris" etc. etc. ^) — Wenn in unserer griechischen Ur-
kunde die Freiheit gestattet wird aal ä^nskov .... dvd^at^ xal Xdx-
xovg ivoQv^at u. s. w. (1. 42 — 43), so wäre damit der Wortlaut zu
vergleichen einer mittelalterlichen deutschen Urkunde aus dem J. 1260,
wobei: „Decanus et capitidum ecclcsie sancte Marie de gradilms Mogun-
tine Cunrado et suis heredibus duo iugera vinearum
concessisse iure hereditario possidenda: . ... et hoc modo, ut easdem
1) Für eine (Rechts)geschichte der Emphyteuse giebt es umfassendes Material,
die meisten Werke berücksichtigen jedoch die Urkunden selbst entweder nicht,
oder nur ganz indirekt in zweiter Reihe. Eine Ausnahme macht Jacobi in seiner
Ausgabe des Anseiminus de Orto. Aus der übrigen, sehr reichen Litteratur er-
wähne ich nur das klargeschriebene Werk von Pepin le Halleur (1843), das italien.
Buch von Perna (1892), welches besonders Italien behandelt, die historische Über-
sicht von Lefort (1875, vgl. oben) und die bekannte v. Wächtersche Abhandlung
über das der Emph. sehr verwandte Superficiarrecht (Leipz. 1868).
2) J. Kohler, Urk. aus den Aut. Arch. Veron. Würzb. 1883, S. 44 f., dessen
Anm. man vergleiche.
Archiv, f. Papyrusforscbung I. 3. 29
444 I- Aufsätze
vineas extirpet et de novo rcplantet nee aliquam dcbitarum omittere
cuUurarum" (vgl. in der griechischen Urkunde: xccl Jiccvra iv
avtalg ■jtQcctreiv o6a ol v6[iot STtitQSTtovöLV xtA.).^) Einen Anfang mit
diesen Parallelen hat schon R. Jacobi gemacht, als er in Weimar 1854
den Text des Anseiminus de Orto, Super contractibus emphyteosis et
precarii et libelli atque investiture, mit einem reichhaltigen und vor-
treiflichen Kommentare herausgab. Wir müssen uns jedoch an dieser
Stelle auf diese Andeutungen beschränken.
Utrecht, März 1901. H. C. Muller.
1) Loersch- Schröder, Urk. z. Gesch. d. deutschen Privatrechtes, 2. Aufl., Bonn
1881, S. 102 [aus Bodmann, Rheingau- Altert. 919].
Die luridici Alexandreae.
Grelegentlich der Besprechung eines interessanten Bruchstückes aus
dem Amtsjournal des luridicus Alexandreae Flavius Gennadius stellt
Jouguet in dieser Zeitschrift S. 304 f. die bisher bekannten Juridici zu-
sammen; da Einzelheiten hinzuzufügen wären, sei nachfolgend versucht,
die Liste nochmals zu geben.
Eine Erwähnung dieses Amtes vor Tiberius finden wir nicht.
Zum ersten Mal weist darauf hin die Inschrift des
L. Volusenus L. f. Clu(stumina) Clemens, der seine Amterlauf bahn
unter Augustus und Tiberius durchmachte. Er wurde von Tiberius
nach Ägypten ad iur(is) dict(ionem) geschickt; doch hat er sein Amt
nicht angetreten, da er vor seiner Ankunft in Ägypten starb.')
2) JJmbrius. In der Eingabe der Dionysia wird aus den Tage-
büchern des diTiaiodoty]^ Umbrius eine Entscheidung zitiert, die im
6. Jahr Domitians, im Monat Phamenoth, das ist 25. Febr./26. März
87 u. Chr., erlassen ist (Oxy. II 237 p. 161 Col. VII 39. 42 f.).
3) L. Baebius L. f. Gal(eria) luncinus. In seinem Cursus bonorum
(CIL. X 6976) steht an letzter Stelle iuridicus Aegypti^); er hat dieses
Amt nach der Praefectura vehiculorum innegehabt. Der Zeitpunkt
seiner Thätigkeit in Ägypten ist nach beiden Seiten abgegrenzt: die
Bekleidung seiner militärischen Chargen fällt noch vor oder unter
Hadrian, da er noch in der von Hadrian kassierten legio XXII Deio-
tariana^) diente, praefectus vehiculorum aber war er als Ritter frühestens
unter Hadrian.*)
4) Ein ungenannter dvKaioöoxrig^ BGU I 5 Col. II 16. 20 aus
dem Jahre 137/8 n. Chr.
1) CIL. XI 6020 = Dessau, inscr. Lat. sei. 2691. Zu diesem uud den folgenden
Männern mag auch die Prosopogr. imp. Rom. verglichen werden.
2) Man wird kaum anzunehmen haben, dafs dies etwas anderes ist als der
iuridicus Alexandriae, da nirgends eine Spur von einer Unterscheidung der iuri-
dici zu finden ist.
3) Vgl. P. Meyer, Jahrb. f. Phil. CLV (1897) 583.
4) Vgl. Hirschfeld, Verw.-G. 100, 3.
29*
446 I- Aufsätze
5) Sex. Cornelius Sex. f. Arn(ensis) Dexter war im jüdischen Krieg
Hadrians (132 — 135 n. Chr.) Befehlshaber der syrischen Flotte; dann
kam er nach Alexandria als proc(nrator) Neaspoleos et mausolei und
blieb gleich hier, als er zum iuridicus Alexandreae befördert wurde.
In den ersten Regierungsjahren des Antoninus Pius scheint er in dieser
Stellung gewesen zu sein. Sein nächstes Avancement verschaffte ihm
die Procuratur von Asia. ^)
6) Claudius Neocydes war als dizcuodör'rjg aus zwei Papyri, BGU
I 245 und II 378, bekannt, die sich zeitlich nicht genau festsetzen
liefsen: bei jenem ist die Datierung überhaupt nicht erhalten, bei
diesem nur das 10. Jahr eines Kaisers angegeben, dessen Name nicht
genannt ist. Die Lösung bot P. Lond. II 152, nr. 196; der hier ge-
nannte Nsoxvdijg 6 HQdriötog ist unstreitig Claudius Neocydes, was
sich auch aus der Wiederkehr des Namens Julius Agrippinus (BGU
II 378) in dieser Urkunde ergiebt. Da der Papyrus des britischen
Museums der Zeit des Pius angehört, so ist auch der Kaiser, nach
dessen 10. Jahr der andere Papyrus (378) datiert ist, Pius. Es ist
daher jene Urkunde mit dem April 147 zu datieren. Damals war
Calpurnianus dtxaiodötTjg, und Claudius Neocydes wird als sein Vor-
gänger erwähnt. Entscheidungen dieser beiden und des Maximianus
sind in dem nicht genauer datierten Papyrus Grenfell und Hunt, Fayüm
towns and their papyri (London 1900) 300, nr. 203 enthalten.
7) Maximianus wird durch den nur dem Inhalt nach mitgeteilten
Papyrus Fayüm a. a. 0. bekannt; er ist zwischen Neocydes und Cal-
purnianus genannt, seine Amtszeit fällt daher wohl auch zwischen die
dieser Beiden.
8) Calpurnianus ist im April 147 di%aiod6trig^ BGU II 378, ge-
nannt auch Fayüm a. a. 0., s. zu Nr. 6.
9) Calvisius PatropJdliis ist im folgenden (11.) Jahr (des Pius),
d. i. 147/8, üQCiTiörog diotaLoö6T7jg, erwähnt in einem Papyrus Rev. arch.
XXIV (1894) 70, wird also Calpurnianus' unmittelbarer Nachfolger
gewesen sein.
10) ilius C. f. CIL. VI 1564 = Dessau 1452; vgl.
ProsojDogr. imp. Rom. III 501, 50. Die Ergänzung [Quintjilius beruht
auf der unsichern Vermutung, dafs an der Fundstelle der Inschrift die
Villa der Quintilier gelegen habe.^) Auch auf [C. Caecjilius [Salvianus]
1) CIL. Vni 8925. 8934 = Dessau, inscr. 1400; vgl. auch Pauly-Wissowa,
Realencyklopädie s. v.
2) Über eine andere Villa der Quintilier vgl. F. Grossi-Gondi, Bull. com.
1898, 313—338.
Arthur Stein: Die Turidici Alexandreae. 447
(nr. 13) wird kaum zu raten sein. Bevor er iuridicus Alexandreae
wurde, war er in irgend einer (aber niclit in leitender) Stellung beim
lateinischen Sekretariat am kaiserlichen Hofe beschäftigt^), nachher
wurde er gerade so wie Cornelius Dexter Procurator von Asia. Der
Begimi seiner Carriere fällt in die Zeit, als Cornelius Re[pentinus]
die Garde befehligte, d. i. zwischen 15<S und 161^); so kann er
frühestens unter Marcus und Verus in Ägypten seines Amtes ge-
waltet haben.
11) (TJlbius?) Gaianus. In BGU I 240 ist ein Gaianus 6 Tcgccnötog
dixaiodötyjg genannt, der im <S. Jahre der Kaiser Marcus und Verus,
d. i. 167/8, oder wenig später im Amte war. P. Meyer, Herm. XXXII
226, 2 setzt ihn mit Ulb(ius) Gaianus gleich, der als Praefectus vehi-
culorum durch zwei gleichlautende Weihinschriften (CIL. III 4802.
V 5797) bekannt ist. Dami wäre seine Laufbahn ähnlich wie bei
Baebius luncinus.
12) Maecianus. An dem Aufstand des Avidius Cassius im J. 175
beteiligten sich sowohl der damalige Präfekt von Ägypten, C. Flavius
Calvisius Statianus, als auch Maecianus, cui Alexandria erat commissa
(Hist. Aug. Marc. 25, 4. Avid. Cass. 7, 4; an der ersten Stelle wird er
— ohne Zweifel irrtümlich — als Sohn des Cassius bezeichnet); jener
wurde später verbannt, dieser sogleich von dem kaisertreuen Heer ge-
tötet. Dafs der zitierte Ausdruck besage, Maecianus sei iuridicus
Alexandreae gewesen, ist nicht einmal völlig sicher.^) Keinesfalls ist
er der Präfekt von Ägypten [L. Voljusius Maecianus, der BGU II 613
genannt ist; denn dieser war, wie wir jetzt endlich wissen, im J. 161
Präfekt.^)
13) C. Caecilius Salvianus war Juridicus in Ägypten zu der Zeit,
als Avidius Cassius seinen Aufstand erhob oder unmittelbar danach.
Als der an dieser Verschwörung beteiligte Präfekt von Ägypten, C. Fla-
vius Calvisius Statianus, seines Amtes enthoben und verbannt worden
war, trat der Iuridicus Salvianus provisorisch an seine Stelle; dies
drückt die Urkunde BGU I 327 aus durch die Bezeichnung 6 KQKZiörog
dixcaodötTjg diadExofisvog xccl rä xara Ty)v rjys^ovLav.^) Gewifs richtig
1) Monunsen ergänzt ab epistulis [Latinis adiutori]; Hirschfelds (Verw.-G.
I 34, 1) Vemiutung, er sei Sekretär des Cäsars M. Aurelius gewesen, ist kaum
richtig, da zu dieser Zeit Pius nicht mehr gelebt haben dürfte.
2) S. Pauly-Wissowa s. v. Cornelius Repentinus.
3) Er könnte z. B. auch procurator ad dioecesin Alexandreae gewesen sein.
4) Genf. Pap. 35; vgl. Jahreshefte des österr. arch. Inst. HI Beibl. 221. Ajch.-
epigr. Mitt. XIX 151 S.
5) Vgl. Arch.-epigr. Mitt. a. a. 0.
448 !• Aufsätze
hat P. Meyer ^) den Namensrest nus in P. Lond. II 173, nr. 198
ebenfalls auf Salvianus bezogen; vielleicht erklärt sieh so, dafs die
Petition an ihn statt an den Präfekten gerichtet ist. Man könnte
auch bei dem Fatog dixaiodotrjs im Genf. Pap. I 4 an ihn
denken.^) Vgl. auch Nr. 10. Vor Ende August 176 war er schon
durch T. Pactumeius Magnus in der Statthalterschaft ersetzt, P. Fay.
159; ob er dann noch Juridicus geblieben ist, wissen wir nicht.
14) BGU I 361 Col. II 4 wird ein xQaTLßtos diitaiodÖTrjg erwähnt
in einem Fragment aus den Tagebüchern des Strategen Apollonius im
J. 184. ^) Da keiner der uns Bekannten für dieses Jahr bezeugt ist,
können wir diesem luridicus vorläufig keinen Namen geben.
15) Weder dem Namen noch genau der Zeit*) nach zu bestimmen
ist der BGU I 75 II 9 zitierte dLxatodotTjg.
16) Der bisher namenlose iuridicus auf der stadtrömischen In-
schrift VI 1638 = Dessau 1331 ist, wie wir jetzt sehen, niemand
anders als C. Julius Priscus, der Bruder des Kaisers Philippus. ^) Aus
seinem Cursus bonorum ergiebt sich, dafs er, nachdem er [proc(urator)]
von Macedonia gewesen war, iu[ridicus Alexandreae] wurde und hier
wahrscheinlich gerade so wie Caecilius Salvianus wegen einer Vakanz
in der Präfektur Ägyptens auch als provisorischer Statthalter, vice
praef(ecti) Aeg[ypti], fimgierte. Wohl noch unter Gordian hat er dies
Amt verwaltet; denn zu Beginn der Regierung seines Bruders war er
Praefectus Mesopotamiae.
17) Der nachdiocletianischen Zeit gehört an Fl(avius) Gennadius,
v(ir) p(erfectissimus), iuridic(us) Alex(andreae) im J. 350, den wir aus
dem von Jouguet a. a. 0. mitgeteilten Papyrus kennen lernen.
Über die Stellung dieser Beamten in der ritterlichen Carriere läfst
sich, da wir nur von ganz wenigen derselben den Cursus bonorum
kennen, wenig sagen. Die darauf bezüglichen Beobachtungen erschöpfen
1) Das Heerwesen der Ptolemäer und Römer in Ägypten 146.
2) Ist dies richtig, dann bietet auch dieser Papyrus kein Beispiel für die
Kompetenz des Juridicus gegenüber den Bewohnern der %mQa., vgl. Archiv 312, 1.
3) Denn der folgende Abschnitt ist bezeichnet als 'Ällov oiioiag i^ vTtofiv^-
^ccTiG^iäv jiTtoXXwvlov ktX.
4) Im Nachtrag zum I. Band wird der Papyrus dem 2. Jahrb. n. Chr. zu-
gewiesen.
5) Diese schon von Waddington zu nr. 2077 f seines Inschriftenwerkes ge-
äufserte Vermutung wird jetzt durch eine neugefundene Inschrift aus Suhba im
Haurän (Philippopolis) bestätigt, vgl. v. Domaszewski, Rhein. Mus. 1899, 159 f.
Arthur Stein: Die luridici Alexandreae. 449
sich damit, clafs wir zwei Fälle (nr. 5 und 10) keimen, in welchen der
Juridicus ron Ägypten Prokurator von Asia und einen (nr. 16), in
welchem er Präfekt von Mesopotamia wird; die Ernennung /Aim Juri-
dicus erfolgt von der Stellung eines Praefectus vehiculorum (nr. 3 und
vielleicht auch nr. 11), eines procurator Neaspoleos et mausolei Alexan-
dreae (nr. 5), eines ab epistulis [Latinis adiutor?] (nr. 10) und eines
Procurators von Macedonia (nr. 16). In zwei Fällen (nr. 13 und 16)
sehen wir, dafs der Juridicus zur Stellvertretung des Präfekten berufen
ist. — Das Prädikat, das dem Juridicus in ägyptischen Urkunden (seit
dem 2. Jahrh.) gewöhnlich gegeben wird, ist XQatiörog = egregius;
das früheste Vorkommen dieses Beiwortes für den diKaiodotrjg ist bei
Claudius Neocydes (nr. 6) belegt: P. Lond. II 152, nr. 196 aus dem
J. 147. Dafs Flavius Gennadius vir perfectissimus heifst, entspricht
der Titulatur im 4. Jahrh., wo dieses Prädikat an unterscheidender
Kraft viel eingebüfst hat. ^)
Wien. Arthur Stein.
1) Vgl. Hirschfeld Sitzungsber. der Berl. Akad. 1901, 589 ff.
Die Ostraka des Berliner Museums.
1, Paläograpliisches.
(Hierzu eine Tafel.)
Bei der Vergleichimg der von Wilcken publizierten Berliner Ostraka
mit den Originalen habe icli eine Reihe Beobachtungen gemacht, die
für den Paläographen vielleicht interessant, für diejenigen, die an die
Herausgabe der zahllosen noch unpublizierten Ostraka gehen, auch nütz-
lich sein könnten. Die Mitteilung dieser Beobachtungen hat zugleich
den Zweck, womöglich in einigen Punkten eine gieichmäfsigere Tran-
skription auch der Papyri zu veranlassen. Was ich hier vorbringe,
sind z. T. Sachen, die auch Wilcken nicht entgangen sind, die aber für
die Zwecke seiner Arbeit nicht in Betracht kamen, z. T. auch solche,
die Wilcken, wenn der Druck der Ostraka sich nicht durch zehn Jahre
hingezogen hätte und nicht mit so grofsen äufserlichen Schwierigkeiten
verknüpft gewesen wäre, ohne weiteres hätte erledigen können.
Es ist selbstverständlich, dafs bei solchen Quittungen, wie sie die
Ostraka uns überliefert haben, die zu Himderten und Tausenden aus-
gestellt wurden, in denen immer dieselben Formeln wiederkehren, zahl-
reiche Sigleu und Al>kürzungen verwandt sind, dafs sich meist auch
auf ihnen eine sehr flüchtige Km-sive zeigt, so flüchtig, dafs ein grofser
Teil der Ostraka von Wilcken nur durch den Vergleich mit deutlicher
geschriebenen desselben Inhalts hat entziflert werden können. Ich gehe
gleich medias in res.
Die Drachmenzeichen hat W. im Druck nicht immer genau
wiedergeben können, selbst niclit einmal in Übereinstimmung mit der
erst später erfolgten Zusammenstellung der „Durchschnittsformen" der
Siglen in Buch I, S. 818. Ich habe mir bei der Durchsicht der Ostraka
notiert, wo Wilckens Druck von den auf den Ostraka gebrauchten For-
men der Siglen abweicht. Dabei kann ich diese oder jene Stelle frei-
lich übersehen haben, das fällt jedoch für die Sache nicht ins Gewicht.
Die Nummern der betrefienden Ostraka habe ich in den erläuternden
Viereck, Die Berliner Ostraka
A. :tKao^-^^w>-^c|W: 1.)J- /- . 2.) 4" -f- /- . 5.) -^.^^^
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Co. -y^lrz^. CA]. ^.) ^'u ^- , '^. h •, ^'{ •, -<^- i ^ ., -^- <^ •, |- ^; •
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0(. /r"^ 6.) 5i 04.. I\ . -|..) 3^25^, Vk c^^. V7l_^^.
C. J-^ütoc.6^^ ( WaXa^ ) : i) ^ . 2.) -JT- . 3.) ^71,^1.^.
-f--^] , H.) -^ , 5.) -— .ictt ^ . (r ) 4-U .
V^-^*^' N.506,5-|.. 9.) ^.w^Kf.258,X. wi^ N.^56,5,
^^•).2<J/-7: N. ^1)3,1. .2::J^^/ N>fO(^,^.,-.^%^
12,.) J*...--9^V^ N. 5r6,Ä. 13.) jO-^^—y^ N. ^^5-,
^(.(h^!).^ iH.) ^M^-H^ N. 635,1. 15;) r1^N-^iS,i.
619,1.
c
Archiv für Pap^rusforschung 1,3.
ol: )( /^ y^ ?r -y^ y6 ?() xS - y-i^<-^^^^;
Ktv) N.HI9,I. T°V\~ - rov oc(3xou) N.b"<3ü,f\^ ^^ N. 829,1
^: ^^jAtvO- = Tr<NL^c^v 9(0U) N.^*?!, 5'.
^ ; onT . ovocO N.iiie, b^. i^) » 'Axi'(cov)CV) N.<38b,6.
^/öÖ.|) N.9 5-1,1 [v^, v^, v^ , ^"^ ^^l v4 ]■
A :^ . ^X(Aoc) N bS^,'^ . M^ ^ A^oA(A^v.os)N.503,f.
vio^veic,) N. b3'3, I.
r : >iaFr'f^'iTC(^Ö0N.13f.,3. /r7//^<iTrcc.TC>|TXL)N.61|,i,
933,1. rvQ - TTo'c^Ct.O N.3HS-,3.)ai^"^ =TTiKu(ros)
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 451
Bemerkungen zu der diesem Aufsatz beigegeh enen Tafel zusammen-
gestellt (vgl. S. 456), die Siglen selbst finden sicli auf der Tafel unter A.
Obwohl nun diese Zusammenstellung nur einen kleinen Teil der Ostraka
berücksichtigt, so gewinnen wir doch schon aus ihr ein ganz klares
Bild der Entwicklung der Drachmensiglen, der Entstehung der einen
Form aus der andern, ein Bild, das kaum durch neu hinzukommendes
Material in seinen wesentlichen Zügen geändert werden wird.
Ebenso sind auf der Tafel unter B einige Abweichungen im Druck
der Obolensiglen verzeichnet. Auch das Zeichen für aQtdßuL resp.
nvQov ciQxdßat ist nicht immer genau wiedergegeben worden (vgl.
Tafel C). Anstatt durch gerade Striche ist die Bruchzahl bisweilen
durch Häkchen oder durch Striche und Häkchen angedeutet (vgl. Tafel D).
Die Siglen für etog, ein rechter Winkel oder eine geschwungene Linie,
sind ab und zu vertauscht. So steht der rechte Winkel Nr. 380, 1;
466,7; 476,1; 616,3; 1028,5; 1285,3 zu Anfang, die geschwungene
Linie dagegen 1077, 2. Diese ist offenbar nur eine flüchtigere Form
des rechten Winkels, wie die Vergieichimg mit der Entwicklung des
Hakenalphas zeigt (vgl. unten S. 454). Die Gleichsetznng der ausge-
schriebenen und durch Buchstaben bezeichneten Summe geschieht meist
durch einen etwas mehr oder weniger schräg liegenden Strich, seltener
als in den Papyri erscheint das ursprüngliche y (= yCvsTaC), so
Nr. 137, 4, während es 373, 3 zu einem fast geraden, ein wenig nach
oben gezogenen Strich geworden ist.
Für eine Reihe von Wörtern, die häufig vorkommen, findet sich
eine sehr flüchtige Schreibung, so dafs Wilcken sie bald als Sigle, bald
als nur halb, bald als vollständig ausgeschriebene Wörter aufgefafst
hat, jedoch wie es natürlich ist, wenn man zu verschiedenen Zeiten
transkribiert, nicht gleichmässig. Zu diesen Wörtern gehört die Kon-
junktion Kai. Die auf der Tafel unter E nebeneinander gestellten
Formen, die ohne Ausnahme auch in den Papyri begegnen, würde ich
alle gleichmäfsig %a.l transkribieren, da die verschiedenen Formen alle
Stadien zwischen einem deutlich und einem sehr flüchtig geschriebenen
icav^ das schliefslich zu einem einfachen Bogen wird, repräsentieren,
und da zweitens die verschiedenen Formen auch durch die grölsere
Deutlichkeit oder Flüchtigkeit der übrigen Schrift bedingt sind.
Ahnlich ist es mit dtd. Das 8 ist besonders bei flüchtiger Kursive
sehr klein gemacht, häufig wird es zu einem ganz kleinen Dreieck oder
Punkt oder Bogen, woran sich das t als Strich nach unten ansetzt;
darüber steht der rechte Winkel, der a bedeutet. Dieser rechte Winkel
ist, je flüchtiger die Schrift, um so mehr nach unten gezogen, und wird
bisweilen vor dem mit ihm verbundenen y — in der Wendimg diä
452 I- Aufsätze
■y(ecoQyov) — fast zu einer geraden Linie. Vgl. die Nachzeichnungen
auf der Tafel und in den Erläuterungen dazu Wilckens Umschriften.
Ich würde es vorziehen, überall diä zu transkribieren, nur 1103 und
1108 d(L)ä.
ofiotwg ist, wie ich mir notierte, häufiger durch einen Haken,
nicht durch ein o, mit einem Strich darüber bezeichnet (vgl. Tafel E).
Diese Wörter führen uns weiter zu der prinzipiellen Frage, die
auch für die Papyri immer wieder inbetracht kommt und immer wie-
der von den einzelnen Herausgebern verschieden behandelt wird, wie
sehr undeutlich und sehr flüchtig geschriebene, stark zusammengezogene
Wörter zu transkribieren sind. Dabei spielen in den Quittungen die
immer wiederkehrenden Kaiser- und Monatsnamen, die ägyptischen
Eigennamen, formelhafte Wendungen wie diayByQacprixsv^ iiEiiiTQrixai
£ig d'fjöavQÖv^ xal fihoxoL u. a. eine grofse Rolle.
Bisweilen sind die einzelnen Buchstaben deutlich zu erkennen,
z. B. 959, 1 Kodov, freilich ist das zweite o nur durch eine kleine
Schleife angedeutet; hier wäre also zu schreiben Ko(ß(i6)doi^ (vgl.
Tafel E, 1); bisweilen sind die ersten Buchstaben deutlich ausgeschrie-
ben, es folgt dann aber eine geschwungene oder eine Zickzack-Linie,
so dafs die einzelnen Buchstaben nicht mehr unterschieden werden
können. Da hat Wilcken manchmal den Namen vollständig transkri-
biert, wie ich es auch thun würde, z. B. 437, 3 OvsöTtaöLavov (vgl.
Tafel E, 2), oder er hat einzelne Buchstaben eingeklammert, so 452, 3
T(tT)ov, wo wohl sicher Tltov zu schreiben ist (vgl. Tafel E, 3), 463, 3
und 465, 2 ^{o)^{LtLav)ov^ obwohl ganz deutlich z/o^ zu lesen ist,
woran sich der Rest des Wortes als eine ziemlich lange geschwungene
Linie anschliefst. 485, 3 ist dagegen das ähnlich geschriebene Wort
zJo^(itLav)ov transkribiert (vgl. Tafel E, 4). Ebenso finden sich alle
möglichen Zusammenziehungen von anderen Kaisernamen, TQaiavov
tov xvqIov 789, 4, 'Avxovivov 625, 3; 643, 3; 864, 3 (vgl. Tafel E, 5);
922, 1; 944, 1; 963,2, Ko^^odov 'AvtavCvov 949, 1 (vgl. Tafel E, 6);
950, 1 f.; 957, 1 f.; 960, 1; 964, 1; 968, 1, Aovxiov UenttfiLOv 2Jsov7]qov
xal MaQxov AvqijXlov Avxavivov 982, 1 fF. (vgl. Tafel E, 7), von
Mkqxov AvQtjliov AvtiovCvov KcäöuQog tov xvqCov 992, 1 f. u. s. w.
Meist sind auch Titel und Beinamen in solchen Fällen ebenso flüchtig
geschrieben. Wilcken ist hier nicht einem bestimmten Gesichtspunkte
gefolgt, sonderu ist bald so, bald so verfahren. Ich würde es vor-
ziehen, in all diesen Fällen die Namen auszuschreiben und als leitende
Regel, soweit sich eine solche überhaupt formulieren läfst, empfehlen:
Überall, wo der Schreiber bei Namen und formelhaften Wen-
dungen nur einzelne Buchstaben deutlich geschrieben, die
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 453
übrigen aber infolge der Eile und Flüchtigkeit durch eine
geschwungene, wellenförmige oder durch eine Zickzacklinie
angedeutet hat, sind die Worte auszuschreiben, da der Schrei-
ber wohl meist nicht das Bewufstsein und auch nicht die Ab-
sicht gehabt hat, ganz bestimmte Buchstaben auszulassen.
Selbst wenn man sich an diese Regel hält, kann man unter Umständen
in Zweifel sein, was man thun soll. 50G, 5 f. ist TQcaavov xov xvqCov
so geschrieben, dafs man erkennt tqk und v, lavo ist durch eine ganz
kleine wellenförmige Linie mit einer Erhebung angedeutet (Wilcken
schreibt TQa(iav)ov)-, von tov zvqCov^ dessen Lesung mati, wie so oft,
nur aus dem Zusammenhang erschliefst, kann man hinterher t und das
letzte V erkennen, dazwischen geht die Linie viermal auf und nieder
(vgl. Tafel E, 8). Ich würde auch hier lieber schreiben TQaiavov xov
xvQLov imd gegebenen Falls unter dem Text die Bemerkung hinzufügen,
dafs diese Worte eng zusammengezogen sind. Unter dem aufgestellten
Gesichtspunkte zöge ich vor 258, 2 und 280, 3 'ElscpavTiCvrig) zu schrei-
ben, denn nach der Meinung des Schreibers sollte das, was zwischen
dem ersten E und dem (p steht, Ae sein (vgl. Tafel E, 9). 403, 1 steht
deutlich da dta und q mit a darüber; zwischen dia und q ist eine
Linie mit zwei oder drei Erhebungen: das war nach Absicht des Schrei-
bers ysy. Daher ist hier zu schreiben zlLa'ys}'Qd((p'r]xsv), wie Wilcken
es auch bei ganz ähnlicher Schreibung 400, 1 gethan hat. Ebenso ist
452, 1 zu schreiben ^]i£yQCi(ipsv)^ wie es sich auch 463, 1 gedruckt
findet (vgl. Tafel E, 10). Ich schriebe 463, 6 ^a^evü^ (vgl. Tafel E, 11),
506, 2 mviichv^ov (vgl. Tafel E, 12), 785, 2 (bis) nstsxco{v<3Si) (vgl. Tafel
E, 13). So hat Wilcken auch 635, 1 'J^evcb&r} geschrieben (vgl. Tafel
E, 14), obwohl sva nicht zu erkennen ist, 953, 4 IJaaav&ov^ ebenso
818, 864 u. ö. napiC3vd^{ ), obwohl ^uov nicht deutlich ausgeschrieben
ist, wie es z. B. 815, 1 der Fall ist. Abweichend von Wilckens Tran-
skription würde ich auch 618, 1; 619, 1 etc. ncc^(h(vQ'y]g) , nicht n(a-
^d)v)d'(7]g) schreiben (vgl. Tafel E, 15).
Nicht leicht ist endlich die Frage der Wiedergabe von Abkür-
zungen zu regeln. Ich stimme im allgemeinen mit der Praxis überein,
wie wir sie bisher in der Berliner Papyruspublikation geübt haben, dafs
nämlich auch die Buchstaben, die in einer älteren oder auch etwas weniger
scharfen Form für Abkürzungen verwandt sind, wie z. B. der Bogen, der
(i oder TC bedeutet, aufserhalb der runden Klammern zu setzen sind
und dafs in der Regel nur der gerade wagerechte oder schräg aufwärts
gehende Strich als Abkürzungszeichen angesehen wird. Wenn jedes
Abkürzungsmerkmal fehlt, müfste dies in der Anmerkung angegeben
werden, so 190, 5 bei &LV7tsT0Q^iirj^ 508, 1 bei TavQov^ 1004, 1 bei
454 I- Aufsätze
d-r]ö r= d-r]6avQ0v) ^ oder auch auf eine andere Weise bemerkbar ge-
macht werden, wie es Wilckeu beispielsweise 416, 3; 421, 5 gethan hat.
Da Wilcken im 2. Teil seiner Dissertation, den Observationes pa-
laeographicae S. 43ff., über alle diese Sachen ausführlich gehandelt
hat, beschränke ich mich darauf, einzelne Nachträge zu liefern, die
auf der Tafel unter F zusammengestellt sind. Nur wenige Bemer-
kungen zu dieser und jener Abkürzung mögen Wilckens Auseinander-
setzungen ergänzen.
Für a wird nicht nur der gerade Strich gebraucht, sondern auch
der rechte Winkel^), der allmählich zu dem Bogen wird, den wir aus
den Papjri nach q kennen. Dafs der auf q folgende Bogen a be-
zeiclmet ixnd nicht, wie Wilcken, Obs. S. 46, annahm, ein nach q hinzu-
gefügtes Abkürzungszeichen ist, geht aus zwei Thatsachen hervor.
Erstens ist dies Zeichen nur dann verwandt, wenn cc auf q folgt,
zweitens zeigt das Wort XaQaxog^ das sehr häufig in der abgekürzten
Form in den Ostraka begegnet, wie dieser Bogen aus dem a bezeich-
nenden rechten Winkel geworden ist (vgl. Tafel F unter a). Wir haben
demnach in den Ostraka stets zu umschreiben Xd(QaKog)^ nicht wie
Wilcken es ungleichmäfsig gethan hat, bald Xd{Qaxog) z. B. 623, 1;
637, 1; 849, 4 u. ö., bald X{ciQaxog), z. B. 821, 4; 831, 4 u. ö. Ebenso
ist regelmäfsig zu schreiben tov ci(vtov) o. ä., z. B. 590, 7; 820, 7;
859,4 u. 5; 862,4; 900,4, wo Wilcken bald das a in die Klammer,
bald vor die Klammer gesetzt hat. 897, 2 würde ich schreiben Ke-
Qal^^BLCOv)^ 582, 3 laoyQaicpiccg)^ 419, 1 d LayB'yQK{(priKBi'), auch vielleicht
noch 834, 5 f. xva(ficov), obwohl hier der das a bezeichnende Bogen
viel von seiner ursprünglichen Gestalt verloren hätte. Nach Analogie
der angeführten Beispiele müssen wir also nun auch entgegen
unserer bisherigen Praxis, die wir bei der Berliner Papyrus-
publikation befolgt haben, stets transkribieren ccTtoyQdicpO'
(ttat), vTCoyQaifpBvg)^ XaoyQa{q)ov^Evog) etc. etc. Auffälliger und
abweichend von den übrigen Formen sind die Abkürzungsbezeich-
nungen 1013, 3 bei xu(afiG3v), wo über dem v ein nach iinten ge-
öjßfeieter Bogen steht und 829, 1 bei d'ri6{avQ6v), wo ein von links oben
nach rechts unten gehender Haken die Abkürzung andeutet (vgl. die
Tafel).
Bei £ (vgl. hierzu und zu dem Folgenden Tafel F) werden die
Bogen und Striche wohl als Abkürzungszeichen zu fassen und nicht
1) 707, 2 ist das a auch mitten im Wort mit dem rechten Winkel geschrie-
ben jtccgSfS^, ebenso 567, 2 Ttficovd'ri. Vgl. übrigens zu diesem Hakenalpha
Wilcken, oben S. 362 f.
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 455
auf s zurückzuführen sein, während bei tj eine flüchtige Form dieses
Buchstabens erhalten ist. Das übergesetzte -9- ist, mit dem letzten auf
der Zeile stehenden Buchstaben verbunden, hänfio- zu einem Ilaken Qe-
worden, wie in Ila^avd^ijjg), und ist dann in der Form vielfach gleich
den bei Abkürzungen verwendeten Formen des a, z und co. Bei x
läfst sich der Bogen wohl auf ein flüchtiges übergesetztes a zurück-
führen, selbst bei naQEx{o^L6d-ti). Die Erklärung findet man, wenn man
berücksichtigt, Avie oc bei einem flüchtig geschriebenen jcal wiedergegeben
und wie auch der das a bezeichnende Winkel allmählich zum Bösen
geworden ist. Die Abkürzungen bei X bieten keine Schwierigkeiten,
bei öv6{iatog ist der Bogen wohl der sonst häufig über das Wort ge-
setzte, welcher die alte Form des ^ wiedergiebt; wir haben also wohl
zu schreiben 6v6^(aTog). Freilich kehrt auch bei v, wo sich sonst ein
gerader Strich findet, der Bogen wieder; hier wird er aber wohl nur
als Abkürzungszeichen anzusehen sein, jr habe ich zweimal durch
Striche bezeichnet gefunden; t ist in den ersten drei angeführten Fällen
vor die Hammer zu setzen — beachte übrigens 2Js ßa6r(üv)l — , in
den übrigen Fällen, wo es durch einen Bogen über oder neben dem
letzten Buchstaben bezeichnet ist, in die Klammer, da der Bogen hier
wohl auch nur, wie beim v, als Abkürzungszeichen dient, v ist durch
einen gleichen Querstrich, wie er bei a einmal auftritt, bezeichnet, cj
meist durch den Haken, der dem d- gleich ist (cf. oben), in einem
zweifelhaften Falle, 1245, 2, wo Wilcken aG%{ov)^ ich s%co schreiben
möchte, durch einen neben den letzten Buchstaben gesetzten Bogen.
Es zeigt sich also, dafs in den Ostraka bei abgekürzten Wörtern häu-
figer als in den Papyri auch der Bogen als wirkliches Abkürzungs-
zeichen verwendet ist. Diese Beobachtung kann zugleich als eine Stütze
für meine Auflösung von tiqo) in den Quittungen über Lieferung von
Saatkorn in 7CQ0{%QSLa) dienen (vgl. meinen Aufsatz Hermes XXX, 107 ff.).
Thatsächlich steht denn auch BGrU 631 (P. 8650) deutlich ngoX^ so dafs
also nichts hindert, tcqo) überall so aufzulösen. Weim BGU 279, 1 f.
(P. 7029) an Stelle von TiQoiQEia TtQoßcp^ — deim das bietet der Pa-
pyrus — und bei Grenfell-Hunt-Hogarth, Faij. towns 1 IST. LXXX, TiQocp^'^
steht, so dürfen wir wohl schliefsen, dafs beides denselben Sinn haben
mufs wie atQoxQei'a. Diese beiden Worte möchte ich nun lieber in
7fQoq)G)(Qccv) und 7CQO0(pa(Qäv) für ^QotpoQav und TtQoacpoQdv aufgelöst
wissen, als in TCQOcpcovrjöLv resp. JtQoGcpcbvrjöiv^ die mir keine rechte
Deutung zuzulassen scheinen, weil ich auch BGU 720 (P. 8454) deutlich
TtQoöfpO ZU lesen glaube, nicht, wie der Herausgeber wollte, :iQ06(p^.
IlQofpoQK und 7CQO(}(pOQK müsscn dann in diesen Quittungen ebenso
wie TiQoyQBia „Vorschufs, Darlehen" bedeuten.
456 I- Aufsätze
Erläuternde Bemerkungen zu der Tafel.
A. Drachmensiglen:
1) III. Jahrh. v. Chr. Nr. 305; 312.
2) n. Jahrh. v. Chr. — Mitte des I. Jahrh. n. Chr. Nr. 4; 356; 358
360; 370; 373,2; 374; 380; 381; 382; 384; 385; 386; 392,6; 397; 1089
3) I.— III. Jahrh. n. Chi«, a) Nr. 33; 167; 211(?); 265; 286; 390
392; 393; 399,2; 407; 415; 416; 417; 421; 443; 446; 447; 448; 450
525; 537; 549; 552; 590; 606; 617; 625; 627; 643; 653; 675; 676
688; 691; 697,7; 1178; 1206; 1247; 1248; 1279; 1288. b) Nr. 265, 4
450,7; 506,4; 514. Diese Formen zeigen den Übergang von 3a zu 3c.
c) In den meisten übrigen Ostraka. d) Diese Formen finden sich in
mehreren Ostraka der 80er Jahre des I. Jahrh. n. Chr., die alle von
gleicher Hand geschrieben sind, besonders oft vor d, aber auch vor /3, tj
und g: Nr. 461; 463; 465; 466; 1282; 1285 und auch 423,5. Ent-
standen sind sie aus der vorigen, indem das untere Ende derselben
nach rechts umgebogen wurde.
4) Diese Formen nähern sich bald den unter 2, bald den unter 3
wiedergegebeuen. a) Nr. 357; 365; 399,6. b) Nr. 375. c) Nr. 368.
d) Nr. 465. 3; 419, 6. e) und f) Nr. 535. Mit Ausnahme des letzten
Ostrakons stammen alle aus dem I. Jahrh. n. Chr.; Nr. 535 ist aus
dem J. 125/126.
Mehrfach finden sich in den Ostraka verschiedene Formen neben-
einander, z. B. 2 und 3a in Nr. 392; 2 und 3c in Nr. 373; 3a und 4a
in Nr. 399; 3 a und 3 c in Nr. 450 und 675; 3d und 3 c in Nr. 463.
B. Obolensiglen:
1) a) Nr. 154; 570; 583; 615; 617(?); 620; 654; 696; 1174; 1247.
b) Nr. 367,2,4; 547. 2) a) Nr. 367, 3; 370, 3; 372, 3; 373, 3; 374,3;
375, 2 u. ö. b) Nr. 391, 3; 399; 448; 463; 469 u. ö. 3) Nr. 443, 3.
4) Nr. 470, 3. 5) Nr. 546, 4. 6) Nr. 423, 5. 7) Nr. 466, 6.
C. Artaben (Weizen):
1) Nr. 1095; IUI; 1121. 2) Nr. 716; 972; 1018, 2; 1097; 1109;
1110; 1112; 1114; 1117; 1120; 1176; 1308,2 und mit dem Punkte
links unten 1200, 3, 4, 5. 3) Nr. 701 (vgl. 720, 5). 4) Nr. 733.
5) Nr. 724, 4. 6) Nr. 799, 5 (-- tivqov ScQtdßai l |).
E. Varia:
did: 1) Nr. 593, 3; 897, 3; 899, 3; 921, 3 mit diä, Nr. 614, 6 mit
d{Lä), Nr. 587,9; 594,2; 820, 7(?) mit [dia) von Wilcken wiedergegeben.
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 457
2) Nr. 616, 6 mit d(ta), 904, 4; 991, 5 mit (diä) wiedergegeben.
3) Nr. 911, 5 und 935, 4 mit öi(a) 'y{sa)Qyov), Nr. 953, 4 mit öiä
'y{ec)Qyov) wiedergegeben.
4) Die erste Form steht 1109,3 und 1121,2 mit dt«, die zweite
1103, 2 mit diä und die dritte 1108, 3 mit di umschrieben.
ofioiag findet sich Nr. 506,2; 648,2; 802,3; 1057,4 u. ö. so ab-
gekürzt.
II. Die Texte.
Die Schrift der Ostraka, die sich unter dem Sande Ägyptens vor-
trefflich gehalten hat, kann, wie schon Wilcken hervorhob, den Ein-
flüssen der Witterung und der Luft bei uns nicht widerstehen. Auf
einzelnen Ostraka, und zwar auch auf solchen, die zur besseren
Konservierung mit Firnifs überstrichen sind, ist die Schrift jetzt schon
völlig verschwunden. So bei den Ostraka Nr. 294, 915, 1041, 1050 u. a.
Einzelne sind nur teilweise noch zu lesen, z. B. Nr. 871, wo ein grolses
Stück abgekratzt zu sein scheint, Nr. 520, 633, 160 und viele andere.
Wer sich der mühseligen Arbeit unterziehen will, die noch nicht publi-
zierten Ostraka abzuschreiben, der thue es bald! Je eher, je besser!
Ich selbst habe die Berliner Ostraka mit Wilckens Texten verglichen,
eigentlich nur, um Ostraka lesen zu lernen und für das Lesen der Pa-
pyri daraus Nutzen zu schöpfen. Wenn ich nun die folgenden Zusätze
und Berichtigungen veröffentliche ^), so glaube niemand, dafs durch diese
im Vergleich zum Ganzen unwesentlichen Änderungen das grofse Ver-
dienst, das sich Wilcken erworben hat, irgendwie geschmälert werden
könnte. Ich rücke nur einen Stein in dem von ihm errichteten Bau
zurecht. Ich habe in das folgende Verzeichnis im wesentlichen nur
wirkliche Änderungen des Textes aufgenommen. Die Stellen, wo ich
einen Buchstaben mehr oder weniger zu lesen glaubte, wo, wie es
bisweilen der Fall ist, die runden und eckigen Klammern nicht
richtig gesetzt sind, vielleicht nur infolge eines Druckfehlers, wo ich
ferner glaubte, dafs abgekürzte Worte anders zu transkribieren sind
als es Wilcken gethan hat, habe ich fast alle übergangen. Auch Le-
sungen, die mir zweifelhaft erschienen, habe ich meist unerwähnt ge-
lassen. Unter halb erhaltene Buchstaben habe ich Striche, unter un-
1) Wilcken schreibt Ostr. I S. 28 : „Meine Kopieen der Berliner Texte stammen
meist aus der Zeit, da ich als Hilfsarbeiter in der ägyptischen Abteilung der kgl.
Museen beschäftigt war (1885 — 1889). Doch habe ich hinterher mehi-fach Gelegen-
heit genommen, die alten Lesungen zu revidieren — freilich lange nicht in ge-
nügendem Mafse."
458 I- Aufsätze
sichere Punkte gesetzt, wie wir es iu der Berliner Papyruspublikation
zu thun gewohnt sind.
In dem Verzeichnisse der Ostraka (Buch I, S. 28 ff.) sind einige
Druckfehler und Versehen mit untergelaufen. Nicht P. 4392, sondern
4372 ist gleich Nr. 1291, ebenso nicht P. 4863, sondern P. 4883 gleich
Nr. 923, endlich ist nicht P. 4564, sondern P. 4549 gleich Nr. 1302,
während P. 4564 gleich Nr. 1284 ist (vgl. übrigens die richtigen Zahlen
in Buch II). Als Versehen bemerkte ich, ohne das Richtige feststellen
zu können, P. 1183 = Nr. 812, P. 4474 = Nr. 770 und P. 4488 =
Nr. 528.1)
Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dafs es mir nicht als ganz
sicher erscheint, ob überall an den von Wilcken Buch I, S. 132 ange-
führten Stellen wirklich ccc^ zu lesen ist. Eine Erklärung kann ich
ebenso wenig wie Kenyon (Class. Rev. XIV, 1900, S. 170) beibringen.
Es handelt sich um eine Zuschlagssteuer. Ich las in den Berliner
Ostraka meist xl^, seltener a, a^, a^^ ein- oder zweimal glaubte ich at^
zu erkennen (z. B. 423, 3, 5). Wenn Wilcken nun auf Londoner Ostraka
deutlich at^^ gelesen hat, so bleibt es mir, wie gesagt, doch noch
zweifelhaft, ob deswegen überall gleichmäfsig so zu lesen ist. Aber
vielleicht hat Wilcken Recht. An den Stellen, wo es im folgenden
vorkommt, werde ich aix{?) schreiben.
4, 6 scheinen mir die Reste zu stimmen zu (xq und ox, daher ist
wohl, wie Wilcken (vgl. die Anm. zu dieser Stelle) vermutete, zu schrei-
ben: aQlyiyQLOv)^] öx(t(6); 33, 3 dQax{^äg), das % steht über dem q^
wie auch Z. 6; 6 älag (sie!). Die Reste des zweiten Vokals bilden
oben einen spitzen Winkel, daher ist o nicht möglich; 77, 2 1. sßdov
(== ißd6{iio)v) für tov iß[d6(jio)]v. Für den Artikel, der meist weg-
bleibt (vgl. Nr. 60 ff.), fehlt der Platz. Die wenigen, schwer zu erken-
nenden Überreste stimmen zu sßdov ] 7 Anf. 03 scheint korrigiert zu
1) Hiei' mögen auch gleich einige andere Versehen aus dem nach Formularen
geordneten Verzeichnisse der Ostraka in Buch I, S. 58 Ü'. berichtigt werden. S. 70
ist Nr. 1491 unter 3 b zu streichen, da es unter 4 gehört. S. 81 gehört Nr. 1069,
das unter 2 steht, unter 4. Unter 4 ist auch Nr. 597 einzuschieben. S. 88 setze
Nr. 357 und 358 statt unter 1'' unter 1", jedoch beachte, dafs der Zahler voran-
steht. S. 93 schiebe unter 6" Nr. 378—380 und Nr. 397 ein. S. 101 hat das For-
mular 3* nach dem Datum noch /tffit'-rprjxtr oder tifffitfi^rpjjMfj'. HinzuzAifügen ist
Nr. 712. S. 103 schreibe unter 2 785—787 statt 784—787. S. 111. In Nr. 764
fehlt das Datum nicht, sondern steht am Ende. S. 113 fehlt bei den unter 4"
aufgeiiihrten Nummern die Subskription in Nr. 768, 774, 779, ebenso unter 4'^ bei
Nr. 831 und 1017 (V). Unter 4'" füge Nr. 808 hinzu. In Nr. 1471 steht nicht öv6-
(iKTog, sondern nur der Name der Zahlerin.
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 459
sein; 107,5 0t£%[. ..; 137,2 ist ra\6a(pd-6Qog (vgl. Corrig.^)) ausge-
schlossen. Es ist, wie im Text steht, jra[. . . oder auch vcc[. . . zu lesen;
225, 3 na%ac)\ 258, 4 ZEvneroQ\l^Yi{TLO(s) {rj über ^) und neQL(3n(üv)]
286, 1 las ich "AöLTtTtog oder "Aöivvos, Wilcken schlägt "^vLTiTtog^) vor,
das auch ich jetzt für richtig halte; 2 A^vig^ nicht J^iovig steht auf
dem Ostrakon; 296,5 liest Wilcken, Corrig., yf^rj^iAccTog) il 5, ich er-
kenne nur Tcni^ it, S'i 305, 3 h" 7 statt |— a scheint mir sicher; 312, 6
\- A, ebenso wie in Z. 7 (vgl. Corrig.); auch 313, 5 ist die Summe \- X
als Salzsteuer angegeben (vgl. Corrig.); 317, 4 IlitoXs^aiog) tQains^Ltrjg).
Das Q ist durch die nach unten gehende Linie hinter r bezeichnet;
321, 3 scheint mir nach 'A^iavog xal zu stehen; 326, 4 fügt Wilcken,
Corrig., hinzu: Vor a ein korrigiertes r (für 7^?). Ich glaube sicher
zu lesen 7^ a; 339, 3 rstQaxiag wohl verschrieben für Tfra^rr^g; 351, 4
x{qV^V) statt ;K[?^'^fj]5 »^^^j ^ ^^^ Ki(pa{kog) rQa(7C£^n7]g) sicher statt
Kscpa^Xog) o/^ zu lesen; 357, 2 T:tSLavTir (oder IlrEiavrtr) für üeiav-
TtT(?); 381,2 ^vo statt d-uo, obwohl das o oben offen gelassen ist;
385, 2 dvo'/3oA(ov); 391, 6 könnte vielleicht ' E'Xiy.Qdixrig) gelesen werden,
wie auch nach Wilckens jetziger Lesung 392, 4; 392, 6 steht nach A:
'ETt^iycQaTrjg) nia(ß)rog); unter TQiäxovra stehen zwei Buchstaben, ^o
(= 770?); 403, 5 wird Eeyiiag oder, wie Wilcken jetzt zweifelnd vor-
schlägt, Esxsvg statt Usxrjg zu lesen sein; 407, 1 ^LaysyQd{cp7jX£) KaX-
Aot>^ij(vä?); ibid. Wevvyi{ ) ist mir sehr unwahrscheinlich; 408, 2 liest
Wilcken, Corrig., Ms^voivsiav). Ich las im Original ysvvrj (d. wäre
y£vi](^aTog)) und will hinzufügen, dafs ys mir sicher scheint, so dafs
Me^vo(v£ic}v) ausgeschlossen wäre. 416. Die linke Hälfte fehlt jetzt;
1) Der Kürze halber zitiere ich so die Zusätze und Berichtigungen von
Wilcken, Ostr. H, S. 430 ff.
2) Nach freundlicher Dui'chsicht*) meines Manuskripts, für die ich Herrn
Prof. Wilcken dankbar bin, teilte er mir diese wie manche andere Vei-mutung mit
und veranlafste mich, eine Reihe von meinen Lesungen an den Originalen noch
einmal nachzuprüfen. Infolge davon habe ich einige nachträglich auch geändert.
*) Meine Prüfung der obigen sehr dankenswerten Revision mufste meist auf
diejenigen Fälle beschränkt bleiben, für die mir Abzeichnungen o. ä. vorlagen.
Eine sichere Beui-teilung derselben, soweit sie nicht schon jetzt evident erscheinen,
wird mir erst angesichts der Originale möglich sein. Manche Vorschläge Vierecks
sind mir freilich auch jetzt schon zweifelhaft, so in der nächsten Nummer (296, 5),
wo ich an meiner Lesung 'y£v'r]ii{ccrog) festhalten möchte gegenüber Vierecks Le-
sung Tt.v.L^, die mir sprachlich und paläographisch gleich unwahrscheinlich ist;
ebenso in 408, 2 , wo ich gleichfalls an M£^vo{vsLav) oder Msiivcaiysicov) — ftr
sind verschliffen — festhalte gegenüber Vierecks Lesung ysvvri , die hier in einer
Geldquittung auch sachlich mir unverständlich wäre; so auch die Deutung von
618, 3—4, manche ägyptische Eigennamen u. a. D. Red.
Archiv f. Papyrusforschung I. 3/4. 30
460 I- Aufsätze
423, 4 aal sielit aus wie ein in die Länge gezogenes co, es ist wohl
xa{l) zu schreiben; 429, 2 Nötov x(cc\) Ai{ßog). Das A steht über
dem t; 438, 4 x%' statt %£; 443, 1 &a^o^ nach einem Vorschlage von
Wilcken, freilich wäre ich versucht, statt a eher % zu lesen; 3 [o]l,
i ist erhalten, o verblafst; 6 'A^lg)(v) ist sehr unsicher; 448, 7 wohl %o
= xalxoi /?; 452, 2 iVdTo(i') für iV(dTo)v (xat Acßag); 454, 5 Bdööog
A
'A^^iavLOv) für Bd(36o{ß) 6£6rj(fi£Lco^ai)', 7 jto) vor ^:7ro; 460, 2 scheint
nach XaoiyQacpCag) noch jcat ßaX^avixov) gestanden zu haben; 463, 7
6ju-0(co(g) 'E7cl(p(y) X?; 470,4 ist xat TiQoQStayQucpö^eva ebenso abge-
kürzt wie 485, 3, und es wird wohl zu lesen sein x{al) 7iQo(ödiayQa-
cpöfiiva)^ vgl. auch 489, 3; 5 MsacoQ')]; 471, 2 zfointiavov; 472, 5 2.0-
yisCag) t, S und Z. 6 — (=== 1 Obol); 477, 2 ^o^ixiavov; 479, 1 zfo^ir-
xiavov (sie!); 2 M£;^£(i()) ty, das oben an das % angesetzte e ist ebenso
gemacht Avie bei navK^£(vg); 500, 2 'U7r(£()) Aaoj'^ß;(9mg) Xa(^axog),
doch ist XaoyQa^cpLccg) so zusammengezogen, dafs oy nicht zu erkennen
sind; 504, 2 %a{iQEiv). "E6xco(ii£v), vgl. 1057, 4 'A7tiiio{ß,£v)'^ 507, 1 xal
^{ttoioi) jiQdx{roQ£g) dQyiyQLxijg) ^r](rQ07t6X£cog); 6 ist wohl eher zu
lesen A( ) 6£6ri{^£L(o^ca); 508, 2 ßaliavLKOv) für a{llciv)^ doch ist es
sehr flüchtig geschrieben; 509,5 nach x/3 ^( ) (3(£(j)'fj(fi.ft£oju.at); 510, 1
^La^ysyQacprjxaöt,)^ über d^t steht ein Haken -a; 513, 2 ITsTEipl nach einer
Vermutung Wilckens. Das t£ ist nur durch eine kleine geschwungene
Linie angedeutet, vgl. Tafel E, 9ff.; 3 A.- (etwa '^^to ?) dccc. [. . . (?);
4 y£a)(ii£T()t«g); 6 M ist korrigiert aus 0 (und X); 525, 6 ^«jUei/wO"
Ad Was hinter dem d steht, gleicht Zahlzeichen, worauf auch
der lange Strich hindeutet. Wilcken, Corrig., liest AA n£x(y6ig) oder
77£/3(ög), was mir sehr zweifelhaft erscheint; 535,4 vn:(£Q) XaoyQiafpCag)
x{al) ßak(aviXov) (?) Xd^Quxog), sehr eng und flüchtig geschrieben;
537, 6 für X7j lies jca; 543, 4 td ^ steht auf dem Ostrakon, t ist etwas
verlöscht, doch sieht man das obere und untere Ende deutlich; streiche
daher die Anmerkung; 552, 1 ist Xd(Qaxog) zu streichen; 557, 3 £v ist
höchst unsicher, vielleicht £7i{ ) wie 533, 3(?); 559, 2 Ende IIov^ 3 Auf.
söd'ov; 563, 1 . . .]q)£i; 566, 6 M£6oQr} i[. . . ] 567, 2 Ende Ua^avd-r]^
mit Haken-ß; geschrieben (vgl. S. 454 Anm. 1); 575, 7 A^iävio{g). Auch
unter 'Aöqluvov zeigen sich noch Buchstabenreste; der erste Buchstabe
davon ist a. 578, 2 "Ex(ofi£v) '6:;r(£p), doch ist % in das v hineinge-
schrieben und der als Abkürzungszeichen (= jt) rechts neben v gesetzte
Bogen sollte nun vvolil als Abkürzungszeichen für £% dienen, wie 1245,2
(Tafel F unter ca); v:t(£Q) ist dann vom Schreiber Z. 3 wiederholt;
583, 6 'A^a(viog); 585, 9 steht dieselbe Unterschrift wie 858,4; 586, 2
'AQßyJxioiß); 589, 7 ist mir L Q- wahrscheinlicher; 590, 6 ÜEvvßd-ig 6£-
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 461
örj^Lo^ai; 9 ns]vvßd'ig, jedenfalls derselbe Name wie Z. 6; auch die
Schrift ist gleich; 592, 2 IJfrai^Tft'g; 593, G A.... | . . . ; 594, 4 Kotu . . g
6(e6)r]{^Eic}^aL) ; 599, 4 nach ^a(b(pv t, fehlt nichts, nur die Sigle ^ greift
von Z. 3 über; 601,4 xi<3aQ{ag)] 602,4 Ka- 6{£<s)ri{ß,HcoiiaC); 606,1
wird man höchst wahrscheinlich AsXovg (ev. auch AbXovtl) in Über-
einstimmung mit Z. 9 lesen müssen. Die Tinte ist auseinandergelaufen,
so dafs die Buchstaben nicht sehr scharf zu erkennen sind. Ebenso
ist es Z. 2 bei IIstoöLQi, so dafs es mir nicht nötig scheint, ÜEtoöL-
Qio{g) zu lesen; 608, 2 steht auf dem Ostrakon covcov für avoav; 610, 2
^SQi6{^ov) . . ; 618, 3 f. stehen die Striche, die nach Wilcken einen Obol
bezeichnen sollen, über Ttavte und über £, nicht daneben (jiEvte 's), so
dafs es zweifelhaft ist, ob sie so aufzufassen sind, wie Wilcken es thut.
Vielleicht ist der Strich über ^8vts nur aus Versehen gesetzt; 624, 2
wohl 'jQßrjxiqg; 630, 1 lese ich Xd^Qaxog) .... Ust 67JQLo(g)', 3 Schlufs
Oa( ) 6{s6)r]{(i£L(x)fiai) (?) ; 632, 4 Avtovelvv (sie !) ; 633, 2 A^isvad-rj.
Der Name war abgekürzt A^sv oder A^sva^ und dann ist rj (ebenso
631,2 geschrieben) hinzugefügt; 637,3 E{ ) 6{ea)7]{(iEia)^aL); 641,2
n£rsa( ); 5 an Wavcc^ ist ein senkrechter, gerader Strich noch ange-
knüpft, der nicht wie ein Abkürzungsstrich aussieht. Vielleicht wäre
Weva^i^ ) zu schreiben; 649, 2 erscheint mir % S als sehr zweifel-
haft*); 653, 5 Der Name des Subskribierenden ist derselbe wie 655, 6;
655, 3 Der Anfang der Zeile ist wie der der übrigen verlöscht. Ziem-
lich sicher scheint mir nur ^ov Xcc(Qaxog). Die Buchstabenreste
vor fiov passen nicht zu ^£ql6; 672,12 IIstoöLQSccig; 679,4 ^•( )
6{£6)r}(n£tafiai), vielleicht 0i,X{ ); 682, 4 <> d n^QoödiayQacpo^Eva)
= (d. i. 2 Obolen) M£%{hq) iT; 688, 1 möchte ich Taii6Q6io{g)
für Ta^EQ0io{g) lesen, vgl. Wilcken, Corrig.; 4 Xcc{Qazog) und am
Schlufs r mit einem nach unten gehenden Abkürzungsstrich; 689, 3
nach £l'xo6L ein lädiertes y (= j/tVfTat); 691, 4 nach der Summe r{ );
697, 2 könnte man wohl statt 0ay]{QLog) eher lesen Qam]{ ); 699, 2
schlägt Wilcken, Corrig., vor ZevO-co.'-, ich lese ZEviäto^g); 706,2
bietet das Ostrakon ät; 710, 6 . . .] -f- dma I -\- t; 713, 5 steht neben «
noch ein Buchstabe (jf?), darüber ein Strich oder wahrscheinlicher co.
Neben dem o steht, wie ich las, ein y^ während Wilcken ein Haken-a
vermutet und 6 aiyrog) vorschlägt; 742, 3 roTtiov)^ geschrieben i wie
734,2 und 748,2; 762,2 und 3 steht tg, d. i. j^ statt iß, d. i. i.
Dadurch wird sicher, dafs abgesehen von der Drittelung auch die
*) Nach Vierecks Abzeichnung lese ich jetzt UQCc{riv.(bv). Vgl. Ostr. I S. 315.
D. Red.
30*
462 I. Aufsätze
Zweiteilung der Artaben, wie ich Hermes XXX S. 114 annaliin, weiter
geführt werden kann als bis ~ . Danach ist Wilcken, Ostr. I S. 749
Aum. 1 zu berichtigen*); 776, 1 nava%{^ ) 0O-ot;/^tVt(og), das letzte t
ist wohl zum Zeichen der Abkürzung recht grofs gemacht; 779, 1
nBv7i\t]ov (mit einem Bogen, wie ich ihn Tafel F unter %■ und a ange-
geben habe); 780, 1 ilt(?d'[tg yial '*-F\sv^fi{yiis)^ wie Wilcken jetzt auch
781, 1 liest oder W£v^El{yig). 784, 1 ist auch WEviiri{vtq) oder Wsv^Etiyig)
zu lesen; 785, 3 t6 ß^aliaviKov)] ist sehr wahrscheinlich; 786, 2 'Ani-
6x(o^sv)-^ 4 xd' wohl statt xß; 787, 1 ^.axa korrigiert aus Aao; 4 ysogystg^
das zweite e sieht ungeschickt aus, da die Tinte etwas auseinander-
gelaufen ist; 9 zJo^itLavov Usßa6{rov) (so auch Wilcken) t(o'ü) xvqlov,
alles sehr zusammengezogen und abgekürzt; 789, 3 nagä (öov) ist auf
dem Ostrakon geschrieben TtaQ; 793, 4 OyoQßy]; 799, 4 Ilov^ixi (ov ist
genau so wie in TQuiavov Z. 2 geschrieben); 800,4 löX, wohl' l6x(vQicov);
808, 3 Wsva . . a&o^v)^ wohl Weva^8VGid'o(y); 5 77a( ) 6(^e6 jrj^^ELCO^ai.) -,
815, 2 0&ov^{ivi) — an das (i ist ein nach links geöffneter Bogen ange-
knüpft, vielleicht das t — 'j4ßa){rog) und über der Linie vor 'Jß&(tog)
ist ov nachgetragen; daher ist zu lesen öv{öiiarog) 'AßS){rog). 0&ov-
[itvig ist der Überbringer der Badsteuer für 'Aßcog; 817, 5 UsvsQiEvg
eher als ZlsvEQikog; 823, 2 Von dem Kaisernamen sind nur wenig
Überreste, die mir nicht zu 'AÖQiavov zu passen scheinen; 824, 1 ist
xci{}LS)v) mir wenig wahrscheinlich; 829,2 Uexätpiog; 3 Tlixiag) al^eö)?]-
{^ELCj^ai). Nach dem x ist noch eine geschwungene Linie, oben und
unten mit einem Abkürzungsstrich versehen, wie es häufig bei 6(£6)'}]-
(jiBicoiiui) geschehen ist, ebenso ist auch wohl 832, 6 zu schreiben, wo
das 61] fast zu einer geraden Linie geworden ist; 831, 2 ist in ^a&tpt
Qcc aus 003 korrigiert; 4 ©ixatog, das & ist nur halb erhalten, ist
aber sicher, da auch der Querstrich noch da ist und da es mit dem -O-
in &rj0(^avQbv) und Usvd'cötTjg (Z. 1 und 3) in der Form genau über-
einstimmt. Darüber steht 'Aßaro^g); 838, 5 Schlufs 6{s6)'rj{^Eico^aL);
839, 2 ^d^oviil Wsvxrjl. . . d. i. 0d-ovfii(vL) ''^^Evird^Log. Über den Na-
*) Vielmehr folgt aus diesen meinen Ausführungen, die ich aufrecht erhalten
mufs, dafs es sich in dem vorliegenden Falle eben nicht um Artaben, sondern
um Aruren handelt, da wirklich, wie ich aus Vierecks Durchzeichnung, die
er mir freundlichst sandte, ersehe, ^'^ im Text steht. Der Dativ nvQ&L weist uns
den Weg zur Erklärung: Pa.achumis hat 1 Arure, die mit Weizen, und 3^ ] -jtg-
Aruren, die mit Gerste — lies xpt'9'i5(t) — besät worden sind (resp. zu be&äen sind).
Vgl. Pap. Ashmol. oben S. 166, wo z. B. opö^coi i bedeutet: 10 Aruren, die mit
Kichererbsen zu besäen sind. Danach gehört der Text überhaupt nicht zu den
Steuerquittungen, unter denen er auch thatsächlich keine völlig übereinstimmende
Parallele findet (vgl. Ostr. I S. 112), sondern zu den Notizen. D. Eed.
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 463
men, nach dem über l stehenden Abkürzungsstrich steht ein jr oder
TTt, wohl Anfangsbuchstaben eines Namens, jedoch als falsch wieder
durchgestrichen; 5 X.. 6(£a)rj(^£L03{iaL); 843,3 tov t, L, d. i. 122/123
u. Chr., wie Nr. 815,4; 844,3 Ilccavcofi ' . Der etwas höher gesetzte
Buchstabe sieht aus wie x; 4 t6 ßaX(aviaov); 848, 5 wohl 77ao'öTo(g);
6 ist Mcoxi ) mir wahrscheinlicher als Aotoii ), vgl. Wilcken, Cor-
rig.; 850, 4 f. n£t£voßd6(ig) W£[va]^ovvLo{g); 854,5 ist 'Ad^Qiuvov
auch schon deswegen zu lesen, weil vom q Überreste da sind; 856, 2
IIstoöiQSiog] 857, 7 'flQo(g) vor reK^ävrjg); 858, 4 steht dieselbe Unter-
schrift wie 585, 9; 859, 3 habe auch ich jetzt noch 'ETclrp zÖ gelesen
(vgl. Corrig.); 864, 2 "Eöioijisv) oder a^iaiiiEv). An das % ist ein
kleiner nach oben geöffneter Halbkreis angesetzt; 865, 6 würde ich
schreiben A . . .6 6(£ö)i](^6/ico^at); 867, 6 'A^cb(vLog); 868, 4 aß v7t(6Q)
Xd(Qaxog); 5 lese ich E.' statt ^.•; 875,4 nach xvqiov 'ETi£[i](p[. . , ;
884, 6 6£6r](^£i(aiiaL)', 898, 1 f . lese ich auf dem Ostrakon db^a) iTtitQÖ-
Ttov (vgl. Corrig.); 900, 2 steht, soweit ich sehe, über vo und ovo kein
Buchstabe oder Abkürzungsstrich. Es wird daher nur N6(rov) övo-
X
(fiatog) zu lesen sein; 4 scheint mir paläographisch tco wahrscheinlicher
als 1/0, das mit Wilcken, Corrig., in N6(tov xal) Aiißog) aufzulösen
wäre. Diese Auflösung ist aber wohl falsch, weil in Z. 2 nur N6(%ov)
steht. Es kommt weiter hinzu, dafs die Worte v7c(£q) Nö(tov xal)
A{ißog) auch beim 19. Jahr nicht wiederholt sind. 1005 hat Wilcken
zuerst auch n^ wie hier gelesen und später N{6tov xal) A(iß6g) ge-
ändert; 5 . . .J-j- ' ovo ri^i<5v; 901,2 V7t6xav6vv tov ßaXav£i'ov; 7 Ende
^acog)i(?)'^ 902, 5 ist Eaß{ivog) sehr unsicher, vgl. 911, 6, wo es anders ge
schrieben ist; 903, 4 niX£iS}xo{g) (?); 904, 3 W£va7iox.\^. . ., vielleicht xq[. . .;
4 diä yi^EcoQyov) 'A^£VQc6(pL[og]. Das Ostrakon war vordem schon einmal als
Quittung benutzt, es zeigen sich viele Spuren der ausgelöschten Schrift;
914, 2 'Anp.covi[G) vgl. die Anm. dazu; 917, 4 VTrihg) Xd(Qaxog) für övo-
{^atog); 921,4 Wa^o oder Qa^o. 922,5 Z.( ) 0{£0)rj{^£to3^ai)', 929,6
ist infolge eines Druckfehlers a nach -\- ausgefallen; 933, 1 ff. ist zu
lesen MiitQiqaa) ^TjixQonökEcog) 'y£V'i^(^atog) [. L AvQr]Xicov^ 'Avtcjvl-
vo[v xal Ko^^ödov] KatödQCJV etc. d'r][6avQ0v) steht nicht auf dem
Ostrakon. Von AvqtjIuov sind Schriftspuren noch da. Erst durch
Hinzufügung des Namens wird auch die Zeile ausgefüllt. Schliefslich
spricht für diese Datierung, dafs der 941 unterzeichnende 'A^Evad'rjg
auch hier unterzeichnet hat; 5 und 6 Anfang zeigen eine feinere Schrift
als der Rest des Ostrakons. Der Name und die Artaben sind wohl
nicht gleich mit eingetragen gewesen. Die Unterschrift 'A^£{ ), nicht
^(icbir'Log)^ 6{£6)r}(^H£ico^ai) ist wieder von andrer Hand, vgl. 941 ; 934, 3,
464 I- Aufsätze
. ']7faxvoviiio{s); 939, 4 Wsviia (das a ist sicher); 941, 7 '^jli( ) 6{e6)ri-
(^aCapicct,); 11 ebenso oder nur ^( ), vielleiclit '^^(svcod'rjg)^ vgl. 933.
Der Ductus der Schrift ist in allen drei Fällen derselbe. 943, 6 Schlufs
A
Lt^^ . 6€6rj((i6tafiat); 949, 3 liest Wilcken, Corrig., Ano (?), doch steht
an Stelle des et ein y mit dem Bogen, wie er nach q zur Bezeichnung
des a (cf. oben) gebraucht wird; 950, 4 ^ . • wohl 'J^a(vLog); 959, 4
fehlt jetzt der Name und Z. 5 fehlt vollständig; 960,7 Schlufs F; 962, 4
. . .^x"; 964, 4 wohl na^(pLl(ov). Zwischen a und (p steht ein etwas
verschwommener Buchstabe; 967 Die linke Hälfte des Ostrakons ist ab-
gebrochen, es fehlen in den einzelnen Zeilen 3 — 6 Buchstaben; 974, 5
AoX{ovg) ö(£<3)r]((i£ia^ai)-^ 977,4 ist die Tinte etwas auseinandergelaufen,
doch sind die Lesungen, auch dC^oiQov, sicher; 982, 5 dia . [ ] ^far**
steht auf dem Ostrakon, wie mir scheint di' A mit folgendem Abkür-
zungszeichen oder -buchstaben; Q A{) 6(£6)rj(^£tco^ccL) statt 'Atiö-^ 986,
6 (2. H.) A%'i mit Haken-o; geschrieben, wohl 'A7ii((ov); 988, 5 und 7
ist MeqO kaum richtig; 989, 6 'A^£( ) statt A^ ' ; 992, 3 und 4 lese ich
^rj statt xd (vgl. Wilcken, Ostr. I S. 749); 994, 2 sind nach AIe^ccvöqov
noch Schriftspuren, die jedoch zu KaCöagog nicht recht zu passen schei-
nen; 3 6v6{^axog) ns^ii[. . .; 1004, 4 öv6{^atog) Qa^ive^ und über dem
«, wo das Ostrakon etwas lädiert ist, wird ein C3 gestanden haben, so
dafs 0afiiV£C3{g) zu lesen ist; 1009, 1 "Hqcov no (n steht als Bogen über
dem o) YQEiE oder ele . Es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dafs
statt des v von "Hgcov zu lesen ist ro. Während der Schreiber des
Ostrakons sonst, z. B. in fxatoV, das v spitz und fein auslaufen läfst,
kann man hier die Verdickung der Linie am Ende wie sonst häufig
als o lesen. Dann wäre zu schreiben "H^aiv) roTioyQ^a^^arEvg); im
Folgenden müfste eine Ortsbezeichnung stecken; 1010,6 EJt{(x6r .) öXQaxX
mit einem Haken über dem i, den ich als a las, während Wilcken
jetzt vermutet ia^döra}) 6TQatiä{ti]) oder event. einen andern Kasus;
1013, 6 ist von Wilcken die Unterschrift fortgelassen: (2. H.) ^OvvütpQig
öEörj^fiELGJlicct); 1018,4 zum Schlufs wohl -{- ^t, S (/"; 1021,3 Uoeql^ .
Wilcken zieht das d zur 2. Zeile und hält es für ein korrigiertes <?(?);
1022, Verso vermute ich nach den schwachen Überresten ''HQtt(xlEidy]g)
nEt£VEq)cbtrji; 1023, 2 roTtcoi statt roftcot; 1030, 1 KoQvrjliog — xal etc.
Ich dachte früher (Berl. Philol. Woch. 1900 Nr. 25), dafs der Strich als
oiioCcog^ das wäre Koqvt^Uov, zu fassen sei, wahrscheinlich soll er aber
nur den Namen KoQvrjUog von den ^£To%oi trennen; 1034, 1 ist iq
sicher; 1038, 5 Kai6aQog 2J£ßa6tov t[ov zvqCov\; 6 AvroyQcctoQog KaC-
öccQog, wo KalßaQog aus Versehen wiederholt ist. Zu Z. 5 vgl. 1281,4;
1042, 2 ^UQa öoi); 1043 ff. y]Qy{a6aL) statt TqQyiaöo); 1046, 1 Tlaficov-
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 465
t(£G)s); 1054, 1 scheint mir 'I[iovd-\ri(s) falsch zu sein; 4 TtccQcc 6(ov)
t6 etc.; 1057, 8 f. MsöovfjQ^ig) öeörj^ECj^^ai,). Über dem £ ist ein Bogen,
mit dem bei Abkürzungen o angedeutet wird; 1060, 1 . . .]rjQco(v); 3 tb
t'\e(Xog) kann ich nicht mehr lesen; 1066,2 wohl Ä'[. . . . ;^a/'p£n^];
4 erscheint Wilcken, wie auch mir nach erneuter Prüfung, seine frühere
Lesung Tla . . cotLog besser als das in den Corrig. vorgeschlagene Ucv-
tavog-^ 6 nax6vio[g; 1075, 1 'J^^^av . ..; 1089, 1 'EQfiööcoQoig) cbliAtj-
tpag; co scheint aus g und o durch Korrektur hergestellt zu sein;
1095, 1 dm; 1117, 1 eher MsöoQrj ß- 1126, 3 y (sie!); 1155, 3 ^fa^^ftr
(vom zweiten i sieht man die Reste); 4 1. t6 dlaö^a (Ostr. öidö^ata)
To-ÖTo; 1163,2 ist wohl 'Eö';^o(v) zu lesen. Das von Wilcken nach Krebs'
Durchzeichnung gelesene t (vgl. Corrig.) ist der mittlere Querstrich
des £. Am % oben ist ein o hinzugefügt, aber nach Schlufs des Kreises
ist die Linie nach rechts weiter geführt, so dafs das Ganze dem Haken-«
gleicht; 1174, 1 Usv&otövT'rig^)', 4 f^ 1188, 6 UvQog; 1202, 2 vor der
Zeile ein Punkt wie 5 ff.; 7 Utäg; 1224, 5 xaQZiTtov (sie!); 7 zwischen
ndxtov und rovt hat nichts gestanden; am Schlufs der Zeile steht
Toti; 9 äxcoyo'^^ danach auch wohl Z. 1 rnrpcoToxcoyo''^; 1231, 6 "EyQcctijev
'y4ßaiovg, doch ist ev über xfj geschrieben; 1238, 1 IlscotorJ (sie!); 2 71qo6-
d(LayQa<p6^6vcc) ß — ^ (= 2 Dr. 1| Ob.); 1240,3 / statt \; 1242,6 ^;
1245, 2 "Ex{a) (cf. oben S. 455); 1246, 2 'HQaxl7]ov(g) . .; 1247, 1 Ka-
0Lttvb(g)', 4 lese ich xvvr] mit einem Bogen über dem ^, wie er für a
gebraucht wird, und doga mit einer längeren, an das a sich anschliefsen-
den geschweiften Linie. Ich würde daher Wilckens Auflösung, die er
auf Grund eines Ostrakons im Louvre giebt, KVVTjyBXL'Käv öogccrav
(vgl. Ostr. I S. 228 f.) lieber ersetzen durch %vv'ti{ys<si)a{g) oder xvvrj-
(yi)cc(g) doQcctGJV, 7 Kaijiavbg .... stvov S ß ^ (/'■> 1250, 4 "Exo{^ev);
1258,4 xvqeCov; zu Anfang wohl toy Eß ^L, so dafs der Schreiber,
statt xov ißdö^ov auszuschreiben, t, L dafür gesetzt hätte. Doch ist
die Lesung der ersten Buchstaben sehr unsicher; 1260, 5 zum Schlufs,
freilich sehr flüchtig geschrieben, wohl 6{E6)rj(jieiai.Lai); 1261, 3 %ci(L-
QEiv). 2Jvva[nE(3X0^EV? ; 1262,6 ...].. ßalslv aig (das a gleicht dem
zweiten a von nagä in Z. 2); auch von Z. 7 sind noch Reste da;
X
1265, 2 (> = {ixatovTa)Qx(iag); 1271, 2 sieht das, was Wilcken als IJor;
liest, aus wie XS; 1272, 3 BaQßccQOv .[...; 6 ößoX(bv) xy ...[.. . (Es
müfste nach %>' folgen y{iVEtai) ^ a — x^)- Wilckens Kopie (vgl. die
Anm.) war nicht deutlich; 1273, 5 ist dQax{(iccg) sicher; 6 'Avtcjvlvov;
1) Der Name findet sich auch, worauf mich Herr Dr. Schubart aufmerksam
machte, in demotischen Papyri.
466 I- Aufsätze
1275, 3 %asi%v . [. . . (vielleicht a nach v)\ 4 ^iCav rQ[irov . . .; 5 'ETielq) d;
1278, 4 würde ich eher t (oder x) für & lesen; 1279, 2 sind die beiden
ersten Buchstaben korrigiert, dann folgt ^cov[. . . ; 3 steht das Jahres-
zeichen über x; 8 f . x L c^ a, 6/u,ot(G)g) v[7t(}Q) . . I] c>{ a /^ ; 1280,1
scheint mir sqk sicher; 1282,1 ^.. (oder . . .) uqov; 5 &&&■ (?)jf/3;
6 vermutet Kenyon, Class. Rev. XIV, 1900, S. 170 dvo statt dexa. Ich
lese x£ S ^, dann dieselbe Gruppe wie 419, 8; 466, 6; 480, 7; 1283, 5
u. 6, das wäre au^ (?), und dann S V /^ '•, Z- 7 steht genau genommen
nur a'^ (vgl. oben S. 458); 1283, ein Ostrakon, das von Wilcken nur
flüchtig gelesen werden konnte, würde ich Z. 4 ff. von der 2. H. an
lesen:
5 Oaacpt A %G}((ittnxov) S ^t «'■'^ (?) S 7 /^ ^5 6}ioia(g) ^aatpc
T £ a-f s ^-, o^t'^ (y) S y ? S ,
bfioLa(g) 'Jd'VQ (letzteres scheint korrigiert) xy . . . .
« • ß — "^ X", 6^oC(o{g) vx(€q) q)vl{dxcov)
Z. 6 ist Wilcken durch etwas Schmutz veranlafst worden Ae zu lesen;
weiter dürfte vielleicht ico^at{L%ov) zu schreiben sein, dasselbe ver-
mutet man nebst der Summe Z. 7 am Ende. Z. 8 ist vielleicht ai^(^)
zu lesen (das a ist sicher), die Summe, die dahinter angegeben ist, be-
trägt 2 Dr. 1| Ob. 2 Gh.; 1284, das sehr flüchtig geschrieben ist, bietet
Z. 5 S<^, oci'^ai) Sv P^, o^oi{G)g) n <^««^^ ^ W/'(??); 7 Die
Lesung der Unterschrift ist mir sehr zweifelhaft; 1285, 2 Norov %al
A{i)ß{og); 7 ai>^(?) ^ r Z' L; 8 S ff /*, (pvl{dxG)v) S^- Darauf scheint
dieselbe Unterschrift zu folgen wie 1284, 6, nur noch flüchtiger ge-
schrieben. <3E6y](ii£icoiiaL) ist mir übrigens in beiden Fällen zweifelhaft;
was Wilcken 1284 so liest, sieht aus wie ^S — (d. i. 7. Jahr); 1288, 3
jcal ßccX(avLKOv) i L. Es scheint freilich zwischen ßak und t L noch
etwas zu stehen, doch ist das nicht recht zu erkennen, da die Ober-
fläche des Ostrakons an dieser SteUe sehr rauh und lädiert ist. Z. 4
lese ich nun I Sl /^ %" {l° ist freilich sehr zweifelhaft) ; da diese Summe
nicht zu der vorhergehenden S ^'^'^^ ößoX(6v) stimmt, so könnte oben
vielleicht /" %'^ (resp. /*) gestanden haben. Die Überreste vor i L
ähneln dem ptolemäischen Zeichen für 2 Chalkus 6 (vgl. Wilcken, Ostr.
I S. 818), Die Summe müfste dann nachträglich mit aal ßaXiavixov)
an unpassender Stelle hinzugefügt sein; 1289, 2 Kaiiring; 3 tu ""^^oü
Od-oviiE([vLog; 4 tri S Q\vii{aQäg) 8Qai{^äg)\; 5 sjtta [/^ %" / S t] /^ %"'■>
1290, 5 (3. H.); 1294, 5 Esvi^ statt ZsvX£l{ovtog\ wahrscheinlich Zev-
%(b{y6Log); 1295 fehlt jetzt die rechte Hälfte; 1297, 3 Auf. ^ariQt{og)
und Schlufs ^aYiQio{g)\ 4 Ende 6fio(fc(ög); 1300, 4 Hiii^a"^', 1301, 4 aßik
Paul Viereck: Die Ostraka des Berliner Museums 467
ist sicher; 1805, 2 na6[. . .; l.'KIG, ^ / ') itj <^ xrj ^ g; 6 6axxo<p(6Qov) (?).
Am Schlufs scheint nach x nichts zu fehlen; 1307, 1 UeQfjvog 2Jd-.[...
oder weniger wahrscheinlich UsQfjvog &.[...; 1308,2 n vtbg; 3 für
xal (jiBtoioi) etc. hq -{-, ß (J . Wilcken vermutet demnach yiQixfOTivQov
uQtdßas; 4 ^ statt t; 5 xd, denn das d, als kleiner Kreis gemacht, ist
an das x angeschlossen; 6 Wilcken vermutet KgovQig^ eventuell eine
Zusammensetzung damit. Die Überreste stimmen zu x; 8 lese ich
. . .^Exav -\- -r- ay iß; 9 . . .] .^ -|- <^' ; Die 2. Kolumne, von der Über-
reste da sind, ist von anderer Hand geschrieben; 1309, 4 Aoörcov, etwa
Dittographie von 'Jyovörcjv? (vgl. Wilcken, Ostr. I S. 807).
Zum Schlufs möchte ich noch hinzufügen, dafs ich nicht überall,
wo ich 6(£ö)i](^€Lco^aL) transkribiert habe, von der Richtigkeit dieser
Transkription überzeugt bin. Vielleicht ist an manchen Stellen i(s(r}-
fietaöd^irjv) zu schreiben.
Berlin. Paul Viereck.
Zu den griechischen Papyri der königlich bayerischen
Hof- und Staatsbibliothek zu München.
Unerscliöpflich sclieinen die Papyrusmassen zu sein, die der Boden
Ägyptens seit Jahrtausenden birgt. Unübersehbare Mengen sind seit
1877 zu den zählbaren Funden der früheren Dezennien hinzugekommen.
Neben den grofsen Papyrussammlungen von Berlin, Wien^ London,
Oxford, Paris fangen allmählich hier und dort auch kleinere Samm-
lungen sich zu bilden an. In Deutschland haben in letzter Zeit die
Bibliotheken von Strafsburg im Elsafs und Heidelberg sich wertvolle
Sammlungen zugelegt, und immer wieder hören wir von neuen Er-
werbungen an den verschiedensten Orten. So sind erst kürzlich wieder
einzelne Papyri in Florenz (s. Urkimdenreferat) , in Kopenhagen^) und
in Graz^) erworben worden.
Man kann diese Zersplitterung der Funde insofern bedauern, als
dadurch eine zusammenfassende Behandlung sehr erschwert wird, zumal
nicht nur die bei einander gefundenen und oft im innigsten Zusammen-
hang mit einander stehenden Stücke dadurch von einander getrennt
werden, sondern oft genug sogar die Fragmente einer und derselben
Urkunde in verschiedene Sammlungen gelangen (s. unten S. 484). Auf-
gabe des künftigen Corpus papyrorum wird es sein, äufserlich und
innerlich wieder zusammenzuschliefsen, was gewaltsam auseinander ge-
rissen ist.
Aber die Zersplitterung hat auch ihre guten Seiten. Vor allem
ist es dadurch einer gröfseren Zahl von Gelehrten ermöglicht, mitzu-
forschen, und ob wir heute so weit wären, wie wir sind, wenn etwa durch
ein strenges Ausfuhrverbot die sämtlichen Funde in Gizeh festgehalten
1) Nach einer freundlichen Mitteilung des Hen-n Dr. Chr. Blinkenberg ist
ein Kaufvertrag auf Papyrus aus ptolemäischer Zeit für die Antiken -Sammlung
des Nationalmuseums zu Kopenhagen erworben worden, dessen Publikation dem-
nächst zu erwarten ist. [Ist soeben erschienen. S. Urkundenreferat.] .
2) Dui'ch Strzygowsky wurde in Ashmunen ein eigenartiger Text aus später
Zeit erworben. Mit seiner Erlaubnis werde ich dank freundlicher Vermittelung
von Adolf Bauer im nächsten Heft genauere Mitteilung darüber machen können.
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 469
oder sonst irgendwo monopolisiert wären, ist sehr zu bezweifeln. Aber
auch vom wissenschaftlichen Ergebnis abgesehen, wird es erst durch
die Verteilung der Funde möglich, die anregende Kraft, die von diesen
handgreiflichen Resten antiker Geisteskultur ausgeht, einem gröfsercn
Kreise, im besonderen auch der akademischen Jugend, zugänglich zu
machen. Der pädagogische Wert, den die Papyri für die Einführung
in die mannigfachsten Zweige der Altertumsforschung — und nicht nur
der nächstliegenden: der Geschichte der Texttradition, des antiken Buch-
wesens, der Paläographie und Diplomatik — haben, kann nicht hoch
genug angeschlagen werden. So ist es ein begehrenswertes Ziel, dafs
nach und nach möglichst viele Universitäten über Papyrussammlungen
als Unterrichtsmaterial verfügten.
Es ist daher mit grofser Freude zu begrüfsen, dafs seit kurzem
auch München sich anschickt, den Grund zu einer Papyrussammlung
zu legen. Wir verdanken das der weitsichtigen Initiative des Direktors
der königlichen Hof- und Staatsbibliothek, des Herrn Geheimrat Dr.
von Laubmann, der aus den Mitteln seines Ressorts mit offener
Hand eine Summe für Papyrusankäufe angewiesen hat. Mit seiner
gütigen Erlaubnis hatte ich im letzten März Gelegenheit, die erste
Sendung, die im Herbst vorigen Jahres in München eingetroffen war,
kennen zu lernen. Mit einer Liberalität, für die ich nicht genug danken
kann, hat er mir darauf die sämtlichen Ankäufe — mit Ausnahme
einiger von Herrn Dr. Franz Boll schon vorher untersuchten Perga-
mente (s. unten) — zum genaueren Studium nach Würzburg übersandt,
und wiederum dank seiner Erlaubnis bin ich in der Lage, hier einen
ersten vorläufigen Bericht über die Münchener Papyri zu veröffent-
lichen. Es sei mir gestattet, auch an dieser Stelle ihm meinen er-
gebensten Dank auszusprechen.
Der Archaeologe Dr. Hermann Thiersch, dem anläfslich einer ägyp-
tischen Reise der Ankauf der Papyi-i übertragen war, hat sich seiner
Aufgabe mit ebenso viel Glück wie Geschick unterzogen. Schon mit
dieser ersten Sendung ist — ganz abgesehen von dem wissenschaft-
lichen Wert einzelner Stücke — für München der erste Grimd zu einem
Unten-ichtsmaterial für die Einführung in die Papyi'uskunde gelegt worden.
Bei meiner bisher allerdings nur oberflächlichen Durchsicht der
Papyri habe ich, von wertlosen Petzen abgesehen, etwa 150 Stücke
gezählt. Die meisten sind, wie gewöhnlich, nur Fragmente, doch sind
auch mehrere vollständige Urkunden darunter. Die ältesten gehören
dem HL Jahrhundert vor Chr. an, die jüngsten etwa dem VIH — IX.
Jahrhundert nach Chr. Dazwischen sind nur wenige Jahrhunderte (wie
das I. Jahrh. vor Chr.), die nicht durch irgend einen Text vertreten
470 I- Aufsätze
wären. So erstrecken sich diese Münchener Papyri über einen Zeit-
raum von mehr als tausend Jahren und bilden so die Brücke zwischen
den altägyptischen Papyri der königlichen Bibliothek und ihren kost-
baren Keimelien mittelalterlichen Schrifttums.
Die Hauptmasse der Papyri besteht aus griechischen Texten. Ich
habe darunter etwa 16 litterarische Fragmente gezählt und etwa 110
Urkunden, resp. Urkundenfragmente. Neben 2 lateinischen Fetzen
sah ich ferner 3 demotische, 15 koptische, 2 koptisch-griechische,
4 arabische und 1 arabisch-griechisches Stück. Die hebräischen Perga-
mentblätter, die zugleich erworben wurden, gehören nicht zu den an-
tiken Funden.
Soweit ich überhaupt die Herkiinft der griechischen Texte be-
stimmen konnte, stammen sie, wie begreiflich, zum guten Teil aus den
Orten, in denen in den letzten Jahren gegraben worden ist. So sah
ich 2 Stücke aus Arsinoe, 1 aus Karanis, 1 aus Theadelphia, 5 aus
Soknopaiu Nesos, 1 aus Bacchias, 1 aus Philadelphia, 1 aus Ptolemais
Euergetis, 1 aus Teptynis — also aus den verschiedensten Teilen des
Faijüm. Aufserdem bemerkte ich 1 Urkunde aus Memphis, 5 aus
Hermupolis Magna, 1 aus Oxyrhynchos. Ob das Stück, das den Kvvo-
nolBitriq nennt, auch aus diesem stammt, lasse ich dahingestellt.
Liegt auch das Hauptinteresse in der Schrift und dem Geschrie-
benen, so ist doch auch das Schreibmaterial und die Art seiner Be-
nutzung zur Einführung in das antike Buchwesen von Nutzen. Die
meisten Stücke sind Papyri, einige sind Pergamente, und auch von
jenem Hadernpapier, das dann der Papyrusfabrikation den Todesstofs
gegeben hat, befinden sich ein paar Proben darunter. Ein merk-
würdiges Schriftstück, das in einer wunderlichen Schrift auf einem
Schilf blatt geschrieben ist, scheint mir eine moderne Fälschung
zu sein. Ebenso lassen sich die verschiedenen Formen des antiken
Buches — Rolle und Codex ^) — an einem solchen Material erläutern,
und einige gut erhaltene Briefe veranschaulichen die epistolographischen
Gepflogenheiten. Vier Thonsiegel, die noch in situ sind — darunter
ein hübscher griechischer Männerkopf aus dem HL/H. Jahrh. vor Chr.
und ein Monogramm aus christlicher Zeit — -, können Anlafs geben, in
die Anfänge der Siegelkunde einzuführen. Auch von den roten Stempeln,
wie wir sie auf dem Rücken von Contracten finden, ist ein Beispiel
darunter.
Ich schliefse meinen vorläufigen allgemeinen Überblick mit dem
Ausdruck der Hoffnung, dafs der glückliche Anfang, der ge-
1) Auch ein Beispiel der selteneren Papyruscodices (Ilias) liegt vor.
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 471
macht ist, zu weiterem Fortschreiten auf dieser Bahn er-
mutigen möge, und wende mich zur Mitteilung einzehaer Stücke,
die von wissenschaftlichem Wert sind.
I. Litterarische Texte.
Unter den litterarischen Stücken, die meistens leider recht winzig
sind, habe ich aufser den drei hier unten mitgeteilten Autoren einst-
weilen noch zwei Septuagintatexte (aus Levit. 1, 14 und Jud. 5) und ein
Iliasfragment (aus F) bestimmt. Zwei andere Fragmente scheinen medi-
cinischen Inhaltes zu sein. Ferner hat Herr Dr. Franz BolP), der
Vorstand der Handschriften -Abteilung der Hof- und Staatsbibliothek,
aufser den beiden astronomischen Texten, die er in dem folgenden Auf-
satz behandelt, ein Biasfragment (aus O) und ein Septuagintastückchen
(aus Gen. 37 und 38) identifiziert. Da das Schlufsheft Beschränkung
des Raumes fordert, behalten wir uns vor, die jetzigen Mitteilungen
durch einen weiteren Bericht zu ergänzen.
1. Herodot I c. 115—116.
Vor kurzem haben Grenfell und Hunt in Oxyrhynchos Reste von
zwei Herodot-Handschriften gefunden, von denen die eine dem III. Jahrh.
n. Chr., die andere dem II./III. n. Chr. angehörte. Vgl. P. Oxy. I 18
imd 19. Beide Fragmente enthalten Stücke aus dem ersten Buch
Herodots (c. 105/6 und c. 76). Diesem selben ersten Buch gehört
auch ein Fragment der Münchener Sammlung an^), das wohl noch
etwas älter ist als jene Oxyrhynchos -Texte. Es ist in einer sorg-
fältigen, ja eleganten, nach links geneigten Unciale geschrieben, die
wohl ins I. oder IL Jahrh. n. Chr. gehört. Das Stück bedarf noch
sehr der Reinigung und Glättung; erst dann wird die Schrift zu ihrer
Geltung kommen. Auf dem Verso stehen cursive Notizen, die wohl
aus dem II. oder III. Jahrh. n. Chr. stammen. Sind meine Alters-
schätzungen richtig, so ist dies Münchener Fragment zur Zeit
die älteste Handschrift des Herodot. Es ist ungefähr 800 Jahre
älter als die älteste Handschrift, die wir bisher von dieser
Stelle hatten.
Die Rolle war in sehr schmalen Columnen beschrieben. Die Zeilen
unseres Fragmentes haben 11 bis 17 Buchstaben. Während die Zeilen-
anfänge genau unter einander stehen, bilden die Ausgänge eine be-
1) Ich ergreife gern die Gelegenheit, ihm für die freundliche Förderung
meiner Untersuchungen in der Münchener Bibliothek meinen aufrichtigen Dank
auszusprechen.
2) Der Papyrus mifst 10 cm H. und 6 cm Br.
472 I- Aufsätze
wegte Curve, An Interpunktionen findet sich nur der Punkt in der
Höhe und die Paragraphos (unter Z. 4, 7, 10, 13). Die Buchstaben folgen
einander unmittelbar ohne irgend welche Abhebung der Satzteile oder
gar der Worte. Der Übersichtlichkeit wegen führe ich Worttrennung
ein. über die Abweichungen von den Codices referiere ich nach
Steins kritischer Ausgabe. Oben ist ein freier Rand.
trjGccvto ßaöiXEcc' s
doxsov yuQ 6cpi sg \t^o{y]
tatog' OL ftfv VW aX
5 Aofc TtaiÖEg TU £jrtTa[<?]
öo^ava STteteXs
ov ovtog de ccvt]
aovßtsa TS xat Xoyov
£L%B ovöava eg o sXu
10 ßs rrjv ÖLxrjv st (ov
drj rovrov slvejisv
a^Log TSV xaxov el^l
ods rot, ^uQSLfiL tav
ta Xayovrog rov Ttav
15 8og rov ccövvayaa aö
7] La avayvoGig av
Tov %ai o ta %ccQa}ct7]Q
TOV 7lQO0G}7tOV
7tQog(paQa6d'cci ado
20 xaa ag avrovg xai rj v
TtoxQLöig aXavd'aQLG)
t£Qr] a^Lvai o ta %Q\g
vo{g %tX
2/3 ilvoci ig towo Codd. — 11 tovSa si'vsHa Codd. — 15/6 ^ö^tt ABRd, slqrjiSL
CP, ^sryf^ z; ^gjjtt Stein. — 17 xat ol o Codd. — 20 cavxbv R, ccvtbv C, ccvrovg
AB. — 21/2 iXsvd'BQootiQrj Codd.; iXsvd'SQiwr^Qri Portus.
Im Allgemeinen ist die grofse Sorgfalt der Hs., vor allem das Fern-
halten jeglicher vulgärer Orthographie hervorzuheben. Als Schreib-
fehler ist vielleicht das Fehlen des ot in Z. 17 auszuscheiden. Was die
sonstigen Abweichungen betrifft, so klingt ag tovto alvai in Z. 2/3
meinem Ohr natürlicher als das überlieferte alvav ag tovto. Auch
tovrov aivaxav verdient wohl den Vorzug vor tovda aivaica, aivaxav
wegen der Vermeidung des Hiatus, tovrov, weil auf das Vorhergehende
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 473
hingewiesen wird. Vjjl. VIII 112: tovtov eivsxa tov xaxov mit Be-
Ziehung auf das Vorhergehende. Dagegen z. B. I 136: tovöe Ös hvsxcc,
Xva. — lu Z. 15 ist in igriie die dialektisch reine Form erhalten, die
an dieser Stelle keine der mittelalterlichen Codices bietet, seit Bekker
aber schon in den Text gesetzt ist. — Das Interessanteste an dem
kleinen Fragment ist wohl, dafs es in Z. 20 die Corruptel tq avrovg
(statt ig eavtbv), die unsere besten Codices AB haben, schon für das
I./II. Jahrh. n. Chr. bezeugt! — Ob unser iksvd^sQKovaQrj^ das schon von
Portus conjiciert war, oder das bisher überlieferte iXevd^sQoteQr] den
Vorzug verdient, wage ich nicht zu entscheiden. — Alles in allem zeigt
sich das Münchener Fragment doch in einigen Funkten als besser
denn die mittelalterliche Tradition.
2. Xenophons IIöqoi 1, 5 — 6.
Die Papyrusfunde haben uns alte Handschriften von verschiedenen
Werken Xenophons gebracht, von den Hellenica, der Kyropaedie, den
Apomnemoneumata und neuerdings auch vom Oeconomicus. Ein
Münchener Fragment bringt uns jetzt zum ersten Mal ein Stück aus
den IloQOi. — H. 18 cm. Br. 10 cm.
Die Papyrusrolle, der das Fragment angehörte, war eine Buch-
händlerausgabe von hervorragender Schönheit. Die Schrift — eine
rofse monumentale Unciale — hat eine aufserordentlich grofse Ähnlich-
keit mit dem Bodleian Homer bei Kenyon, The palaeographie of greek
papyri S. 101, von dem Kenyon mit Recht sagt, es sei handsomer than
any that has hitherto heen mentioned. Danach dürfen wir auch unsere Hs.
mit Sicherheit in das IL Jahr, nach Chr. setzen. Sie ist also etwa
1100 Jahre älter als der älteste bisher bekannte Codex dieser
Schrift (Vat. 1335 Saec. XIII).
Wie die schöne Homerrolle P. Oxy. I 20, die gleichfalls eine ganz
ähnliche Schrift hat (vgl. Kenyon a. a. 0. S. 103 Anm. 1), hat auch
unsere Hs. nur 25 Zeilen in der Columne. Die Zeile hat 8 bis 12
Buchstaben. Um die Zeilenlängen auszugleichen, ist bald ein Winkel >
zum Ausfüllen an den Schlufs gesetzt, bald sind die Endbuchstaben
stark verkleinert (so Col. I Z. 1 und 8). An Lesezeichen begegnen nur
der Punkt in der Höhe und die Paragraphos (unter II 5 u. 21). Aufserdem
findet sich in Col. II 14 und 24 am Schlufs ein mir sonst nicht bekanntes
Zeichen Y. Die Worttrennung in der folgenden Transscription ist von
mir eingeführt. In I 6, II 14 und 25 sind Correcturen, deren Tinte
sich von der der ersten Schrift nicht unterscheidet. Die Abweichungen
von der mittelalterlichen Tradition gebe ich nach der Separatausgabe
von Zurborg, unter Heranziehung von Dindorf.
474
I. Atifsätze
Col. I.
\7tOV 0QV\<560
5 \Xa7cXa6i\ov$
ÖE^l^bav tov\
tav \ovde (il]
5 %£t' o[yx av a]
Aoyw[g de rtg]
OLrj§^[sLr} trjg]
£Xlad[os Kai]
TiaörjQ [de rrjg]
10 oixov[^Evr]g\
afi(pt T[a }iE0a]
OLXELGd-Ca t[7;v]
noXiv o(?co[i]
Col. II.
\xQ£(pEV Tj El]6-e-t
[rOV ECpEQ^EV
[xai inqv ]v7iaQ
\yvQo$ e6t\iv
10 [ffa^ojg d-E^iai
AfOVV tiVEg \
15 tiXeiov ajiE
IdQiv avxy\g
roöovTcoi, %a,
lETCatEQOLg
Yj xIjv%e6lv fj
20 ^aXllEGlV EV
tvyyavovGLV
OJ10601 r av >
av ßovXrid-GJ
6iv an E\6]ia Y
25 toav XY\sy eX >
Col. I (oben und unten abgebrochen): 3 6qv66o\iivr\ Codd. oqvxro^ivt\ Dind.
Zurb. — 6 das z in atitov ist durchstrichen, darüber ein Punkt; airov Codd. —
7 icpsQS Codd. — 9 sari Codd. — Col. II (oben und unten vollständig): 12 anfj-
c&ai ABbCJ.; (pKia&dL Dindorf. — 14 Anfang IXI d. i. ein durchstrichenes Ny.
oacp yocQ oiv Tivsg B, ovv XLvsg AbC^; oaa yccg av tivsg Schneider. — 25 ttji'
mit durchstrichenem v: y\.
Wir haben ein durchcorrigiei-tes Exemplar vor uns. In I 6 ist
durch Strich und Punkt die vulgäre Orthographie beseitigt. Während
hier durch Entfernung des e zugleich die richtige Lesung gegeben ist,
ist in II 14 und 25 zwar das falsche v gestrichen, aber das Richtige,
d. h. in 14 das fehlende yccQ, in 25 6 statt v, nicht an die Stelle
gesetzt. Der Corrector ist also auf halbem Wege in seiner Arbeit
stehen geblieben. In Z. 14 könnte das Zeichen P am Rande auf den
Fehler hinweisen; demnach würde man es allerdings wieder in 25,
nicht in 24 erwarten.
Lassen wir das Nebensächliche bei Seite, wie das v E(pEX'av6tiz6v
in I 7 und 9 (hier sogar vor dem Consonanten), so bleiben zwei
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 475
Lesarten, die von gröfserem Interesse sind. Xenophon führt den Ge-
danken aus: Athen liegt im Mittelpunkt der Erde. Dafs in diesem
Zusammenhang das bisher überlieferte axiiö&ut unmöglich is.t, liegt
auf der Hand. Dindorf hatte dafür axCöd^at eingeführt, was auch
Zurborg aufgenommen hat. Unsere alte Handschrift bietet nun ol-
xstßO'aL, und damit scheint mir die richtige Lesung gegeben zai sein.
Vgl. Xenophon Anab. I 4, 1: jcöhv inl tf] d'aXdrtr} oixov^avi]v, d. h.
„eine Stadt, die am Meere gelegen ist." In derselben, etwas abge-
blafsteu Bedeutung steht oixslöd-ccL an unserer Stelle.
Andererseits bietet uns II 14 wiederum das Schauspiel, dafs eine
Corruptel der mittelalterlichen Codices dem Altertume selbst zuge-
schoben wird: das ovv oder ovv, das alle Codices statt des notwen-
digen av haben, steht auch schon in unserem Fragment. Der Schreiber,
der Anfangs vovv schrieb statt yä^ ovv (resp. yaQ av), kann die
Stelle überhaupt nicht mehr verstanden haben. — Auch die gemein-
griechische Form ÖQv66ofi£vrj findet sich schon in der alten Hand-
schiift.
So bietet unser Stück neben manchen Ungenauigkeiten eine alte
Corruptel, aber auch eine gute neue Lesart.
3. Eiu Fragment aus der älteren Akademie (?).
Die folgenden drei kleinen Fetzen, die derart zusammengeklebt
waren, dafs die Schriftseiten von b und c auf der Schrift von a
lagen, habe ich von einander losgelöst. Die Reste einer Bemalung
auf der Rückseite von a (H. 6 cm. Br. 6,5 cm.) zeigen, dafs diese
Stücke — nebst anderen — zu einem praktischen Zweck künstlich
zusammengeklebt waren. Der Form nach würde ich am ehesten
an eine Sandale denken (vgl. die vitodruiaxa ßvßXiva bei Herod.
II 37). Die Fragmente gehören zu derselben Handschrift, doch giebt
ihre äufsere Beschaffenheit über ihre gegenseitige Lage zu einander
keinen Aufschlufs. Die sehr altertümliche Unciale^) weist die Hs.
mit Sicherheit in das III. Jahrhundert vor Chr. Am meisten scheint
sie mir der Schrift der Petrie Papyri zu ähneln, die der Zeit des
Euergetes I. (246 — 221) angehören. An Interpunktion findet sich nur
die Paragraphos (unter II 6). Im übrigen sind die Sätze durch Spatien
getrennt.
1) Ich hebe z. B. hervor das tt mit den ungleichen Schenkeln: F. Merk-
würdig ist das nach rechts geöffnete o» durch einen Aufstrich am Anfang.
Archiv f- Papyrusforachung I. 3/4. 31
476
I. Aufsätze
Fragment a.
Col. I.
Col. IL
]ra . £9-qovel[ ] <?
^&avatov£^a
5 ]. . ad-avata
4...
5 9 . [. . .
]'r]xl}Vxrj£7t£Ldr]
OLOV . [. . .
^TOVEÖTfKaia
aQ..[...
l^Q\_^vav£iri JtQOö
10 ^coonriil^vxrjad'a
]riv aQay[.^
]Q£r[
]x[
OV/i[. . .
10 £tv[. . .
TO . . [. . .
Fragment b.
Fragment e.
]exad-£vdov
]va . . [
^(l£V0VX£6tlV
Schluls einer
]. V£ir'[.] . tovd£
Columne.
}tLV
Die erste Columne von a erinnerte mich durch die häufige Wieder-
kehr der Begriife äd-dvarog und dvGyXsd-Qog sofort an jene Stellen in
Piatons Phaidon, an denen Sokrates darlegt, dafs die Seele, wenn sie
dd'dvarog ist, auch dväkEd-Qog sein müsse. Ich meine namentlich
folgende Sätze: El fiav xb dd'dvatov aal dvaXEd'QÖv iötiv^ ddvvatov
i^vxfj^ OTUV ^dvarog £ii avtijv i'rj^ d:cöllv6&ai (p. 106 B). Ovxovv aal
vvv tceqI tov dd'avdtov, eI ^av rj^lv ö^oXoyElrat accl dvaXs&Qov Eivai,
Tpvyii dv Etrj TiQog t& d&dvatog Eivat xal dvcoXa&Qog (p. 106 C). 'Otcöte
ÖYj TO d&dvarov xal ddidq)d-0Q6v eötlv^ dXXo xi tpvx^ '*), e^ dQ-dvaxog
tvyidvEi ov6a^ Kai dvtb^E&Qog dv Etiq; (p. 106 E). Versuchen wir
zunächst eine Reconstruction des Textes.
Indem ich vom Sicheren zum Unsicheren vorschreite, interpretiere
ich zuerst Z. 7 — 9 nach jenen Piatonstellen folgendermafsen: i] ipvxri
ETCEidi} I [dd'dva]x6v iöxt, xal d\\ycik£d-^Q\o\v dv eI'tj. Zu ijtEtdrj vgl.
p. 107 C: vvv (5' ETiEidij d&dvaxog cpaCvExai ov6a.
Schwieriger ist das Verständnis des vorhergehenden Satzes, der in
Z. 4 nach dem Spatium mit Iöe beginnt. Der Schlufs ist offenbar:
dd-dvaxcc [xal dvG}]kEd'Qd eöxiv. Nach jenen Platonischen Parallelen ist
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 477
es wahrscheinlich, dafs hier der allgemeine Gedanke „das Unsterbliche
ist auch unvergänglich" jener Anwendung auf den Einzelfall der Seele
vorangeht. Die Schriftspuren vor dd'ävuru sind sehr schwer zu be-
stimmen: zunächst ein Horizontalstrich auf der Linie, darüber vielleicht
noch eine Spur in derselben Richtung, darauf eine Rundung nach
rechts geöffnet, unter ihr ein Punkt. Also ist das nächstliegende rä —
etwa idh [xoivvv?] tä ccd-dvata xrL — sicher ausgeschlossen. Möglich
scheint mir, soweit meine Augen und meine Lupe ausreichen, die
Lesung sq, wenn auch nicht völlig sicher. Das ergiebt die Ergänzung:
'lös [Partikel utc^sq dd-ccvara^ [xal av(o]lad-Qd iötiv. Der Plural, der
bei Piaton in den Parallelstellen nicht vorkommt, würde durch eine
solche Ergänzung seine Erklärung finden. — Das folgende a6 ((? sicher,
cj möglich), würde hiernach wohl zu tö(j[avTa)g] zu ergänzen sein,
wodurch der allgemeine und der spezielle Satz passend verknüpft wären.
Ich wende mich zu den ersten vier Zeilen, in denen es sich gleich-
falls um ad^dvarog und dvcölsQ-Qos dreht. Doch hier wird das dva-
2.S&Q0V bewiesen für r}[ ] rij? ^oijg. Nach dem Gedankengang im
vorhergehenden Kapitel (p. 105 D: dsl yjxst 1% ixslvo cpiQovöu ^coriv)
möchte ich in der Lücke einen Begiiff wie „die Bringerin" (des Lebens)
erwarten, weifs aber kein passendes Substantivum. Man könnte nach
anderen platonischen Stellen an Tnqyri oder dQ%ri denken, die freilich
etwas kurz wären. Der vorliegende Text besagt nun: „Wenn das Un-
vergängliche unsterblich ist, so ist notwendig die [Bringerin] des
Lebens unvergänglich." Darin steckt ohne Zweifel ein Fehler. Die
Logik und auch jene Parallelen verlangen im Bedingungssatz das Um-
gekehrte: „Wenn das Unsterbliche unvergänglich ist." Also mufs der
Schreiber die beiden Worte dväke^Qov und dd'dvaxov dort vertauscht
haben, was bei ihrer häufigen Wiederkehr kein Wunder wäre. In dieser
Annahme werde ich noch bestärkt durch das Zeichen c*, das sich am
rechten Rande von Z. 1, in der der Fehler steckt, findet: nach dem
soeben dargelegten Thatbestande ist es mir sehr wahrscheinlich, dafs
diese Schleife bedeuten soll, dafs hier eine Umstellunor vorzunehmen
ist — wie wir ja auch bei unseren Druckcorrecturen uns zu demselben
Zweck ähnlicher Schleifen bedienen.^)
In der dritten Periode Z. 9 — 11, die wieder durch ein Spatium
getrennt ist, sind klar die Worte: ort r] ipvxi] dd'dlvatöv aö]rLV.
Die Ergänzung des Vorhergehenden zu jr^og[oftoAoy]ö ist nur ein
1) Formell stimmt das Zeichen überein mit dem in P. Par. 2 (d. dialek-
tische Fragment) aus dem IQ./II. Jahrh. v. Chr. Dort steht es aber am Anfang
der Zeilen und hat eine andere Bedeutung.
31*
478 I- Aufsätze
Vorschlag, auf den ich kein Gewicht lege. Aufserlich würde sie '
passen. Der Satz mit ort würde dann natürlich nicht den Inhalt der
Zustimmung ausdrücken, denn das hätte mit einer Infinitivconstruction
gegeben werden müssen, auch hätte es dann avcöXs&Qov hier heifsen
müssen; es kann also nur der Grund sein: „Ich stimme zu^), weil die
Seele unsterblich ist." Das würde also als Zustimmung der im
Vorhergehenden mit lös angeredeten Person aufzufassen sein. Dafs
wir einen Dialog vor uns haben, zeigt ja auf alle Fälle das folgende
aQ(x ^[f] zur Genüge. Doch werden Andere vielleicht eine bessere Er-
gänzung vorschlagen.
Somit würden wir Col. I folgendermafsen zu lesen haben: tö . . .?
ccv^aksd'Qov El [(Jf^? t6tLv\ äd'dvarov, i^ dlvdyxi^g^ dvco^Ed'QOv rj [ ]
ryjg t^fjg. 'lös [. . . . aTi^sQ d^dvaxa^ \%ccl dva\XEd'Qd iörtv, djö^avtcjg^
rj il)v%ri eTtEidij [^dd'dvcc\t6v löxi^ 'xal d\}>d)XE%f\QOV clv Ett]}'' . ^^Ugog-
[o|[ioAo7?]ö, oTt r] il^vyß] dO'dlyatöi' E6]tiv}'' ^^AQd ^^[f] ktX.
Über Columne II und die beiden anderen Fragmente will ich mich
der Vermutungen enthalten.
Ist im Einzelnen auch viel Unsicheres in meinen Ergänzungen,
das von Anderen hoffentlich durch Besseres ersetzt wird, so können
wir uns doch über die Art und Bedeutung unserer Schrift auf Grund
der vorhergehenden Vergleichung mit dem Phaidon ein Urteil bilden.
Dafs das etwa Piaton selbst sei, in furchtbar verwildertem Text, scheint
mir ausgeschlossen. Vielmehr haben wir einen Autor vor uns, der
platonische Gedanken wiedergiebt, und zwar breit und ungeschickt.
Inhaltlich könnte man die Schrift als eine Paraphrase oder einen aus-
führlichen Erklärungsversuch zu jenen Platoustellen bezeichnen, und in
dieser Hinsicht erinnert sie uns an die späteren Kommentare der
Kaiserzeit, die gerade auch über dieses Thema, über den Unterschied von
dO'dvatog und dvälE^Qog vielfach gehandelt haben. ^) Aber formell
unterscheidet sie sich wesentlich von diesen, insofern sie die platonische
Form des Dialoges beibehalten hat. Wir haben also einen Dialog
vor uns, der im engen Anschlufs an Piaton Gedanken aus
dem Phaidon breit behandelt.
Was unserem Stück nun seinen besonderen litterarhistorischen
Wert giebt, ist die Thatsache, dafs es dem III. Jahrli. vor Chr., etwa
der Zeit des Euergetes I., entstammt. Nach dem Inhalt wird man den
Verfasser in den Kreisen der Akademie zu suchen haben, und nach
diesem chronologischen Befund wird man eher an die ältere als an die
1) ÜQogoiioloyitv steht auch in abgeblafster Bedeutung synonym mit
dnoXoyslv.
2) Vgl z. B. Wyttenbachs Phaedon 1810 S. 280 ff.
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 479
mittlere Akademie denken, zumal ein solches philosophisches Werk
doch gewLfs nicht unmittelbar nach seinem Erscheinen bis nach dem
Faijüm hin vorgedrungen ist. Als Zeuge von dieser dunklen, durch keine
Originalwerke bisher für uns belegten Periode platonischer Studien
hat das kleine Münchener Papyrusfragment, das einst zur Sandale ver-
arbeitet war, allen Anspruch darauf, heute wieder zu Ehren zu
kommen.
II. Urkunden.
Bei dem beschränkten Raum mufs ich mich damit begnügen, aus
den Urkunden, die zum Teil sehr interessant sind, nur zwei Proben in
extenso mitzuteilen. Unter den Urkunden, soweit ich sie bis jetzt
untersuchen konnte, habe ich unter anderem folgende Rubriken vertreten
gefunden:
Amtliche Tagebücher. Darunter ein Auszug aus den Akten
eines Flavius Aelius Gessius, 6 XafiTtQotarog rjys^av vom J. 378 n. Chr.
Ein anderes von einem (jtQatrjyög mit der Unterschrift 'Ä\v^yvGiv.
Ein Erlafs an Beamte des Faijüm, unter denen zum ersten
Mal die vvxro6tQccTi]yoi erscheinen. Vgl. Strabo XVII p. 797 (für
Alexandrien).
Steuerquittungen, Steuerlisten und ähnliches. Darunter neues
Material zur sl'gxQLöLg und zur Berechnung der jiQogdLayQa(p6[iEva (als
Procente). Das zum ersten Mal voll ausgeschriebene v7i(}q) ßakavt-
xav ist eine Bestätigung meines Vorschlages in den Griech. Ostr. I
S. 165. Von Interesse ist auch, dafs eine „Arbeitsquittung" hier zum
ersten Mal den Titel des quittierenden Beamten giebt, nämlich i7ax{iq-
Qrjtrjg) n]ttta67t(oQÜg), was gleichfalls bestätigend zu meinen Ausfüh-
rungen in den Griech. Ostr. I S. 340 hinzutritt.
Klagschriften und Bittschriften an Behörden.
Eine sehr wertvolle ayyvt] vom J. 390 (s. oben S. 402).
Eine Subjectsdeklaration aus Memphis, woher bis jetzt nur
zwei bekannt waren.
Rechtsgeschäfte, darunter dvayQacpaC von Banken, ein Kauf-
(sic)
kontrakt mit der seltenen Schlufsformel •aal 6v ccTtBlaßog xtA., ferner
Pachtangebote, Darlehen, eine ixöraöig, ein Testament, das ein neues
Beispiel dafür bringt, dafs der älteste Sohn zwei Drittel erhielt^) (Aijji-
(sie)
ilJSTat 6 TtQsößvtsQog vlbg 'Ayiacpig rüv f'l a^\(poxeQ(ov] rizva ^aQrj
dvo axo^iOvd'ag tf} tav yo[v]£CJV yvcb^rf).
1) Vgl. Gradenwitz, Hermes 28, 321 ff.
480 I- -Ä-ufsätze
Endlich Privatbriefe und sonstige private Aufzeichnungen. Da-
runter ein ßQEoviov i^atCav mit seltenen Vokabeln.
Zur genaueren Besprechung habe ich zwei Texte ausgesucht, die
es verdienen, bald bekannt gegeben zu werden.
1. Eine ägyptisclie Königstitulatur in griechischer Übersetzung.
Es giebt m. W. nur eine einzige Urkunde^), in der eine ägyptische
Königstitulatur in griechischer Übersetzung wiedergegeben wird: das
ist die berühmte dreisprachige Inschrift von Rosette, deren griechischer
Teil mit der Übersetzung der Titulaturen des Ptolemaios V. Epiphanes
beginnt. In der dreisprachigen Inschrift von Kanopus aus der Zeit des
dritten Ptolemäers steht bekanntlich statt dessen eine kurze Datierung
nach griechischer Art. Um so interessanter ist, dafs ein Münchener
Papyrusfragment ganz nach Art der Rosettana die vollständige Über-
setzung der ägyptischen Titulaturen des Ptolemaios IV. Philopator
(221—205 V. Chr.) bietet.^)
Es steht dies auf einem Fragment (H. ca. 12 cm., B. 8,5 cm.),
das mit anderen zusammen zu Pappe verarbeitet war, ähnlich wie
das oben beschriebene philosophische Stück. Anfangs waren nur in
Z. 3 imd 4 einige Buchstaben freiliegend: das seltene VTteQtsQog, das
mir aus der Rosettana erinnerlich war, brachte mich auf die richtige
Spur. Nach Reinigung und Beseitigung der oben aufliegenden Schicht,
die allerdings nur zum Teil gelangt), habe ich folgendes auf dem Stück
gelesen :
] . . VCJLO . [
] . . [ ] . vxvQi.o6ßa\^
^ßl]6ta7CQ06d'£0V6av[.]Q[
^CC^C)VV7C£Qt8Q060t7]l^
^V7tOtOV^£yL6TOVZai^[
^covxvQioöTQiaxovtatrj^
^^EyaößaöL^svöxad'aTteQl^
^coxait(ovKatco%coQ[
1) Litterarisch sind uns Übersetzungen aus dem Buch des Hermapion bei
Ammianus Marc. XVIl 4, 18 ff. erhalten.
2) Die Schrift pafst zu der Annahme, dafs der Text aus der Zeit des Philo-
pator stammt. Die beiden Schenkel des n sind auch hier verschieden lang, aber
die Differenz ist nicht so grofs wie oben im philosophischen Fragment.
3) Dadurch, dafs der andere Text oben darauf liegt, ist unser Text aufser-
ordentlich schwer zu lesen. Es gelang mir nur, indem ich den Papyrus trans-
parent gegen die Sonne hielt.
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 481
10 \t03vovor}(pai6toösdoxl
\o0ai(ovoßio6i]ya[
] . . . XvQcovl
Dafs dies die Titulatur des Philopator ist, zeigt die folgende Ver-
gleichung mit den hieroglyphisch erhaltenen Titeln dieses Königs.
Meine Übersetzung derselben beruht auf dem in Lepsius' Königsbuch
Taf. Lin edierten Text. Von der Wiedergabe der Hieroglyphen sehe
ich ab, da sie dem Leserkreis, an den ich mich hier in erster Reihe
wende, nichts nützen würden. Ich trenne die Titel nach den fünf
Gruppen, in die sie nach ägyptischer Auffassung zerfallen.
I. Als „Horus" (König) heifst Philopator: „der kräftige Jüng-
ling, den sein Vater auf den Thron gesetzt hat." Diese Periode
schliefst mit dem v vor xvQLog in Z. 2. Vielleicht kann man in Z. 1
erkennen: «t 6 7t[ati}Q, doch ist mir dies unsicher.
IL Als „Herr der Diademe" — avQiog ßa[6iXetS)v in Z. 2 — heifst
Philopator: „(a) grofs an Heldenkraft, (b) wohlthätig im Herzen
gegen alle Götter, (c) der Retter der Menschen." (a) wird in
der Rosettana mit ^syaXodö^ov wiedergegeben. Danach ist hier Z. 2
Schlufs ^syaXodö^og zu ergänzen. — (b) begegnet gleichfalls (abgesehen
von „alle") beim Epiphanes und ist in der Rosettana mit ra ^Qog rovg
dsovg evöeßovg wiedergegeben. Danach ergiebt sich die Ergänzung von
Z. 3 : [6 ft><?£]/3i)s tä %Qog %-£ovg. Dabei ist der Begriff „alle" nicht mit
übersetzt. — Von (c), das beim Epiphanes nicht vorkommt, ist nm- av . q
erhalten, worin unschwer av['9']^[a:7rog zu erkennen ist. Man kann etwa
avlp'^QläTKav de ßcorrjQ oder ähnlich vermuten.
in. Als „Überwinder der Widersacher" — [ävTL7c]dXav vtceqts-
Qog in Z, 4 — heifst Philopator: „(a) der Ägypten blühend gemacht
hat, (b) der erleuchtet hat (oder glänzend gemacht hat) die
Tempel, (c) der die Gesetze befestigt^) gleichwie Thwti der
zweimal Grofse, (d) der Herr der dreifsigjährigen Feste gleich-
wie Ptah, (e) der Grofsfürst gleichwie Re." (a) ergiebt die Er-
gänzung von Z. 4: 6 trj[v Alyvmov^ worauf ein passendes Verbum als
Participium folgt. Es erinnert hieran das toü xi]v Al'yvjiTov Karaörrjöa-
fiBvov im IL Titel des Epiphanes (Ros.), aber die Verben sind nicht
die gleichen. — Während (b) in unserm Text mit [xal t]« isQa e^cc-
voQd-cböag ganz gut wiedergegeben wird, zeigt sich in (^c) eine Ab-
1) So nach einer freundlichen Mitteilung Heinrich Schäfers.
482 I- Aufsätze
weichung vom ägyptischen Original. Zwar kann man in Z. 5 T[oi'g
vöfiovg und in Z. 7 ein dazu passendes Participium auf [ ^av
ergänzen, aber Z. 6 zeigt, dafs hier nicht wie im Ägyptischen eine
Vergleichung mit Thwti- Hermes vorliegt, sondern vielmehr die Ge-
setze als von Hermes gegeben — 6/7 etwa tovg xaTaötaO'svTag]
vTcb xrL — bezeichnet werden. Das setzt voraus, dafs in der ägypti-
schen Vorlage die nachgestellte Vergleichungspartikel hinter „zweimal
grofs" gefehlt hat. Denn sowie diese fehlt, kann man nach ägyptischer
Grammatik nur übersetzen: „der da befestigt die Gesetze des Hermes,
des zweimal Grofsen".
Bemerkenswert ist der Titel des Hermes. In der Rosettana wird
an einer späteren Stelle (Z, 19) dieselbe ägyptische Vorlage wieder-
gegeben mit 'EQ^iris 6 fisyas icccl ^syag. Im Münchener Fragment ist
dagegen der Superlativ gewählt: tov ^syCötov %al [il^^yCöTov. Ich
schwanke nur, ob man nicht ein drittes Jtat iieyißxov folgen lassen
soll. Aufserlich spricht nichts dagegen, denn Gleichheit der Zeilen-
schlüsse ist nicht nötig anzunehmen. Mit diesem dreimaligen fieyiörov
würden wir zum ersten Mal die Vorstufe für das erst für spätere Zeit
(vgl. Letronne, FHG I S. 20/1) belegte tQLß^Eyiörog vor uns haben.
Ich wage die Vermutung, dafs in der ägyptischen Vorlage statt der
Vergleichungspartikel noch ein drittes „grofs" gestanden hat: damit
würde zugleich das Rätsel gelöst sein, weshalb der Grieche V7tb —
'Eq^ov sagt, statt xad'dTrsQ — 'EQ^ijg. (d) ist wie in der Rosettana
correct wiedergegeben mit xvQiog TQiaxovtEtr]Q[idG)v xad-ccnsQ "H(pai6tog
6] lisyag (7/8), und ebenso (e) mit ßaöiXsvg yia^-anEQ [6 "Hliog.
IV. Als „König von Ober- und Unterägypten — (Z. 8) iiiyag
ßaßikevg^ \tCbv ts äv^a xal tüv xdta %(oq[g)v nach der Rossettana —
heilst Philopator: „(a) Spröfsling der beiden wohlthuenden Götter,
(b) auserwählt von Ptah, (c) woser ke re, (d) lebendes Abbild
des Ptah." (a) ist nach der Rosettana zu ergänzen: sxyovog d'sav
Ev£Qys]tG)v (9/10). Dies letzte r giebt uns glücklicherweise die Sicher-
heit, dafs wir Philopator vor uns haben. — (b) ist wie in der Rosettana
wiedergegeben mit: bv 6 "Hcpaiöxog idoK[i{ia6sv. — (c) der Titel ivoser
ke re ist in der Rosettana übersetzt mit: d) 6 "Hhog sdaxsv triv
vCktjv. In Wirklichkeit heilst es: „mächtig ist der Ka des Re", und
das ist gar kein Titel sondern ein Name. Diesen uralten Namen, den
schon der König Ati der VI. Dynastie geführt hat^), haben die Priester
der Ptolemäerzeit offenbar nicht mehr verstanden, sonst hätte man ihn
1) Die griechische Transcription, OvGSQx^QVe-, ist bei Manetho durch falsche
Analogiebildung dem ersten König der V. Dynastie zugeschrieben. Der heifst
vielmehr woser ke-f, das wäre griechisch OvasQxfig-
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 483
nicht unter diese Titel eingereiht und auch nicht wie oben über-
setzt. Vielleicht hat man die Hieroglyphe für den Ka — zwei aus-
gestreckte Arme — als Zeichen für „geben" aufgefafst; dann sind
wenigstens die einzelnen Bestandteile der obigen Übersetzung vorhanden,
wenn auch die Grammatik gegen diese Einspruch erhebt. Unser
Münchener Text begeht denselben Fehler, denn nach Analogie der
Rosettana wird man ergänzen müssen (Z. 10/11): at 6 "Hhog sdcoxsv
tb xQl^atog. Der Stamm tvoser ist mit xQaros besser wiedergegeben als
mit viXTj. — (d) heifst in der Rosettana: eixövog ^coörjg rov z/tdg.
In imserm Fragment fehlt ^cöörj, denn hinter z]i[6g wird man es kaum
stellen können.
V. Als „Sohn des Re" — nach der Rosettana vlog rov 'HXtov]
in Z. 11 zu ergänzen — heifst Philopator: „Ptolemaios, der ewig
lebende, geliebt von Isis". Hiernach ergänzt sich Z. 12: UtoXs-
^al]og ccloovößiog riyaljcrj^evog vTto tfig "l6L8og\ In der Rosettana
ebenso, nur steht dort (P-O-« statt "lötdog.
Z. 13 ist durch einen etwas gröfseren Zwischenraum vom Vorher-
gehenden getrennt. Ich erkenne dort nur Xvqov, was der Eigenname
AvQcov sein mag.
Hiernach würde unser Fragment etwa folgendermafsen zu ergänzen
sein:
[ ] . . V coL 6 7t[atriQ? ]
[...] .. [....].v, xvQLog ßa[6iXsLcbv 6 iieyccXodö^og^
[6 evöilßrjg tä TCQog dsovg^ av[d-]Q[(h7tcov ds öcarrjQ]
Yavri7c]a.kcov VTtSQreQog 6 rr}[v Ai'yv:ixov ]
5 [xal x\ä LEQCC ETtavoQd'iüöag xccl r[ovg vö^ovg rovg xaraöra]-
[d-Evtag?] vjtb rov ^eybötov xal [i[€yi<3rov xal (isyLötov 'EQfioif]
[ . . . . ]c3v, xvQtog TQiccxovrsti^lQCdcov xad-KTCEQ 6 "Hcpai]-
[ötog 6] ^ayag, ßaöiXsvg xad'd'jiSQ [6 "Hhog^ fisyag ßaöiXsvg]
[t&v TS av\(o xccl Tüv xdtco xcoq[(öv, exyovog Q'E&v]
10 \Ev£QyB\xciv^ ov 6 "HcpaiöTog 8dox[t^K(fev, ai 6 "Hhog s8(o\-
[xsv xb XQ^äxog, slxcav xov z/t.[6j, vibg xov 'i/Atou,]
[nxoXe^al]og alcovoßtog riyalTCiq^hvog vnb xfig "löidog^
[ ] . . . . AvQ(ov\^ . . .
Zum Schluls noch ein Wort über die Bedeutung der Urkunde.
In der Rosettana stehen die gesamten Titel im Genetiv, abhängig von
ßaöckEvovxog^ und bilden so nur einen Teil des Datums. Im Münchener
Text dagegen stehen sie im Nominativ. Hier ist also der Zweck der
Datierung ausgeschlossen. Am nächsten liegt die Annahme, dafs wir
484 I- Aufsätze
den Anfang eines königlichen Erlasses vor uns haben. Doch wären auch
andere Möglichkeiten wohl denkbar. Wenn wirklich der König selbst
hier spräche, so würde das dadurch bemerkenswert, dafs diese griechische
Übersetzung eine Publication des Textes in drei Sprachen regp. Schriften
— im Hieroglyphischen, Demotischen und Griechischen — voraussetzt.
Nach allem, was wir bisher über diese Zeiten wissen, wäre es aller-
dings mehr als auffällig, wenn der König — selbst an den Klerus —
einen Befehl in ägyptischer Sprache erliefse. Man könnte vielleicht
darauf hinweisen, dafs Philopator es auch war, der zuerst die ein-
geborenen Ägypter im Heer verwendete, oder auch darauf, dafs unter
ihm der erste nationale Aufstand ausbrach, und könnte vermuten, dafs
solch ägyptisches Regierungsschreiben Ol auf die Wogen giefsen sollte.
Doch das sind alles unsichere Hypothesen. Bei der Lückenhaftigkeit
des Textes werden sich diese Fragen nicht sicher beantworten lassen.
Aber auch so bleibt das Münchener Fragment ein nach vielen Seiten
hin interessantes Unicum.
2. Ein Ehevertrag aus dem II. Jahrhundert vor Chr.
Während die Papyri aus der römischen Kaiserzeit uns eine gröfsere
Zahl von Heirats- und Scheidungsurkunden beschert haben, besafsen
wir bis jetzt aus der ptolemäischen Periode nur einen einzigen Ehe-
vertrag in dem von Jules Nicole im vorigen Jahre edierten Genfer
Papyrus no. 21. Bei der grofsen rechtsgeschichtlichen Wichtigkeit dieser
Urkunde war es um so mehr zu bedauern, dals nicht nur Anfang und
Ende, sondern auch von dem erhaltenen Mittelstück rechts die sämt-
lichen Zeilenschlüsse fehlten. Es war daher eine freudige Überraschung,
als ich gleich bei der ersten Durchsicht der Münchener Papyri ein
ptolemäisches Fragment fand^), das sich auf dieselben Personen, Mene-
krates und Arsinoe, bezog, deren Ehevertrag in jenem Genfer Stück
festgesetzt wird. Bei genauerer Untersuchung ergab sich mir dann,
dafs das Münchener Fragment zu derselben Urkunde wie das
Genfer gehört und die gesuchten Zeilenschlüsse zu jenem
enthält. Die Ränder des Münchener Stückes sind so glatt, dafs die
Vermutung nahe liegt, dafs die barbarischen Händler die Urkunde,
die sie wohl noch vollständig gefunden hatten, absichtlich in mehrere
Stücke zerschnitten haben, um von verschiedenen Käufern mehr Geld
herauszuschlagen. Zwischen dem Genfer und dem Münchener Fragment
fehlt noch ein drittes Stück, das durchschnittlich 6 — 9 Buchstaben
enthalten hat. Trotzdem läfst sich jetzt, von einzelnen Stellen ab-
1) Es mifst ca. 9 cm Höhe und 6,5 cm Breite.
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 485
gesehen, der Text ziemlich sicher feststellen. Es hat sich bei der Zu-
sammensetzung gezeigt, dafs dem Genfer Stück rechts sehr viel mehr
fehlte, als der verdienstvolle Herausgeber ahnen konnte. Herrn Jules
Nicole bin ich für die grofse Liebenswürdigkeit, mit der er auf meine
Bitte mehrere Stellen des Genfer Textes nochmals geprüft und zahl-
reiche Anfragen beantAvortet hat, zu grofsem Dank verpflichtet. Mit
seiner freundlichen Erlaubnis mache ich von seinen Mitteilungen hier
Gebrauch. In dem folgenden Wiederherstellungs versuch steht links vor
dem dicken Vertikalstrich der Genfer Text, rechts folgt erst die Er-
gänzung der Lücke, dann der Münchener Text.
1 • • • P?[ • • •
2 [rjdjv v7taQx[6vt^(ov [r]ä [ . . .
3 [y]a^srfji naQe%ixco MevexQcctrjg '^Q[6]tv\6]rji[ . . .
4 [xat?] }irj i^eörco Mevex^ätsi yvvalK kXXtiv STCayccyEöd-at eis t\[. .
lirf\ds TtaXl^Xax^rjv |it[ . . . . ]dt . [ . • ]
5 [..]öiv [lYjds t£)cvojtoi£i6Q-ai i^ äXXrjg ywatnog ^(oörjg 'j4Q6tv\[6rjg,
^Tjd' aX]Xr]v oIxluv ol>i[etv rj -^g övjyxvQtsv-
6 [si] 'AQGivori^ ybi] iyßdXXEiv firjds vßQCt,ELV ^rjde xa}tovx£i\[v avtrjv
^rf\Ö€ rüv VTtaQxqvtav ^rj'&ev
7 [i^^aXXoTQiovv avBV tov STtLyQacpTjvca zrjv 'Aqölvotjv ߣßccL\[^cötQtav.
'Eäv] de TL TOVTCOr iTttdstxd'fjL
8 [jrjotwv rj tä diovta r) toi' i^anG^bv rj täXXcc ^rj naQ£%riL \ [xa^ä
yf\yQunxai^ ccnotBiödtco Msvsxqcc-
9 TYjg '^QöivÖYji TtaQKXQfj^a Ti]v (pEQvriv rj^ioXiov. Katä ta\\ytä ös
^ri\8\ 'j4Q6iv6r}i ih,£6ta dnoxottov
10 ^ride aq)7]^£Qov ysvBöd-at djtb tilg MsvsxQcitov olxiag a\[v£v trjg
M^evExgdtov yvcb^rjg ^rjd^ äXXoji
11 ccvöqI 0vv£tv[^ui] ^ride qy&sCQSiv tbv xoivbv oixov ^ri\[ße %ouiv
M£v\EXQdxriv ööa (pBQEi dvÖQi al6%v-
12 vtiv. ^Eäv 8e ^AYQ\div6ri ixov6a ßovXrjtai ccTtaXXdööBd^ca a\[vrov
d7t]odovg avTTjL Mev£XQdt'r]g
13 trjv (fEQvriv aTcXriv^ dcp' rig äv 't]^£Qccg dnaitrid-YiL \ [ßv rj^SQaig X]
dnoTCEiiipdrca avrriv.
14 ^Eav 8% ^Y] aTCod&i xad-d yiyQantai^ d7totB\L\6dT(o \ [ri^v g)£Qvi]v
')^ft]t[d]Atov. Ell] ^£v vylEta.
15 ^Eäv 8b ttg avrcöv dvd'QcoTtLvöv n Ttdd'r] xal TfA£VT7jö|[^t, sötco tä]
xatccXBLTto^BVK VTidQ^ovra
16 tov t,G)vtog avtäv xal rcöv tixvcw täv i^ofievcov | [^ccvrotg f'| dX]Xy]Xcor>.
Mi} ovtcov
17 8' avtolg tixvav «l dXXtjXayv tJ Jfß^^ yBvoiiivav xal tov\{t(ov aTtoy^Evo-
fiBvav TtQb tov
486 I- Aufsätze
18 iv rjhxiaL yevdö&cct i^toi d(i<fotEQ(ov %eql6vx(ov rj 3caj[t iiexä ri)v]
OTCOtSQOVOVV avTcbv
19 rsXsvf^v^ iäv ^sv'^Qöivörj TtQotSQa xi ndd'rjt, cc7iod6x\\c) MsvEXQccjXTjg
xriv cpsQVTjv TCäöav
20 O^ . ju. . . di Tij[t ^^fjXQi avxrig, iäv i;^i, Idv 8\ ^rj, xots f'l
[ ^ovöL ccvxrig ^AQGivoiqg
21 [ ] iäv da fi[^ ccTtod&i]^ aTCOTBißdxca
nccQaxQrj^cc [rj^LÖhov . . .
4 Genf Schlufs: x (statt l) nach Nie. möglicli. Ergänze etwa x\riv oiiiiav
oder t\ov ycc^iov. Münch. hinter Si ein a oder l oder h. 10 Genf Schlufs a
(statt ;/.) nach Nie. möglich. 18 iv rjXi.KLai, (statt AtjUtjxtki) Nie. 20 Genf
statt 8l vielleicht cct. Meine Anfrage, ob der Muttername 'OfiolcolSt. sein könne,
von Nie. verneint. 21 Genf Schlufs n (statt f|) nach Nie. möglieh.
Nach den römischen Analogien^) hat am Eingang nach der An-
gabe von Ort und Zeit vermutlich die Quittung gestanden, in der
Menekrates den Empfang der Mitgift bestätigte. Nennen wir dies § 1.
Darauf folgte (§ 2) die Verpflichtung des Menekrates, der Arsinoe
Lebensunterhalt, Kleidung und alles andere, was einer Ehefrau zu-
kommt, zu liefern. Hiervon haben sich in Z. 2 — 3 einige Spuren er-
halten.^) Nun fährt der Text fort:
§ 3 (Z. 4 — 7): „Nicht soll es dem Menekrates erlaubt sein, noch
eine andere Frau in [sein Haus resp. in die Ehe] einzuführen oder ein
Kebsweib zu [....?] oder Kinder zu zeugen mit einer anderen Frau,
so lange Arsinoe lebt, oder ein anderes Haus zu bewohnen als das,
deren Miteigentümerin Arsinoe ist. Nicht soll er sie verstofsen oder
mifshandeln oder ihr Böses thun, noch soll er irgend etwas von dem
Vermögen veräufsern dürfen, ohne dafs Arsinoe als Garantin (in die
Veräufserungsurkunde) eingeschrieben ist."
§ 4 (Z. 7 — 9): „Wenn aber nachgewiesen wird, dafs er etwas der-
artiges thut oder ihr den Lebensunterhalt oder die Kleidung oder das
übrige nicht liefert, wie es (oben) geschrieben steht, so soll Menekrates
der Arsinoe .zur Bufse sofort die Mitgift mit 50 Prozent Aufschlag
auszahlen."
§ 5 (Z. 9 — 12): „Ebenso soll es aber auch der Arsinoe nicht er-
laubt sein, aufserhalb des Hauses des Menekrates Nachts zu schlafen
oder den Tag zuzubringen ohne Wissen des Menekrates, noch mit
einem anderen Manne Umgang zu haben, noch den gemeinsamen Haus-
1) Aus ptolemäischer Zeit vgl. P. Par. 13, 6.
2) Vgl. Nicoles Edition.
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bil)liothek 487
halt zu schädigen, noch irgend etwas dem Menekrates zu thun, was
einem Manne Schande bringt."
§ 6 (Z. 12 — 14): „Wenn aber Arsinoe auf eigenen Wunsch sich
trennen will, so soll Menekrates sie unter Rückgabe der einfachen
Mitgift binnen 30 Tagen nach der Kündigung entlassen. Giebt er (die
Mitgift) nicht zurück, so wie geschrieben steht, so soll er sie zur Bufse
mit 50 Prozent Aufschlag auszahlen."
§ 7 (Z. 14 — Schlufs): „Möchte Gesundheit (bei ihnen) herrschen!
Wenn aber einer von ihnen etwas Menschliches erleidet und stirbt, so
soll das hinterlassene Vermögen dem Überlebenden von ihnen gehören
und den Kindern, die sie mit einander haben werden. Wenn sie aber
keine Kinder haben, oder die Kinder, die da waren, gestorben sind,
ehe sie erwachsen waren, sei es bei Lebzeiten Beider oder auch nach
dem Tode eines von Beiden, so soll, wenn Arsinoe zuerst stirbt,
Menekrates die ganze Mitgift der , ihrer Mutter, zurückgeben,
falls diese lebt, falls sie nicht lebt, den Wenn er sie aber
nicht zurückgiebt, so soll er sie sofort zur Bufse [mit 50 Prozent
Aufschlag] auszahlen" ....
Ich beschränke mich hier auf wenige Worte zur* Begründung
meiner Auffassung. Ich gehe von der Aufschrift auf der Rückseite
des Genfer Stückes aus, die in der Edition also gelesen war: avriyqa-
(pov tov öwoimöl^^ov^ ^^QöivÖTjg aal MsvsxQatov. Auf meine Ver-
mutung hin, dafs övvoiXL6[iov] zu ergänzen sei, teilte Mr. Nicole mir
mit, dafs er öwolklölov erkenne. Auf meine weitere Anfrage, die sich
namentlich auf P. Par. 13 stützte, ob nicht statt tov vielmehr ri^g
gelesen werden könne, wozu CvyyQatprig hinzuzudenken sei, antwortete
derselbe: „A la rigueur on pourrait lire avTiyQiacpov) övyyQiacpfis)
6vvoL}tL6ioy. Mais je rCen reponds pas du tout." Der Wortlaut dieser
äufserst schwer lesbaren Stelle steht also nicht ganz fest. Steht tov
övvoLocißCov da, so bedeutet das hier den ^woix/^^ioi' -Vertrag, so wie
^C6d-(D6is auch den Pachtvertrag bezeichnen kann. Jedenfalls steht
jetzt aber fest, dafs die in unserm Vertrage festgesetzte Ehe als ein
GvvoLXLöLov^) bezeichnet wird. Damit haben wir einen terminus tech-
nicus für die vollgültige Ehe, die Schi-iftehe (den yd^og eyyacpog)^),
1) So mit i auch in P. Par. 13, 10 (nach dem Original). Die jüngere Form
ist evvoi-K.i6iov. So schon P. Oxy. 11 250, 16 vom J. 61 ('?).
2) Vgl. Grenfell-Hunt, Oxy. IT S. 243 und Mitteis oben S. 345. Die von
ihnen noch offengelassene Frage, ob cwovaIgiov nicht auch die schriftlose Ehe
bedeutet, wird m. E. durch P. Par. 13 verneint, wo die früher angenommene
Verbindung von iv iviavrm evvoiKiciov ausgeschlossen wird dui-ch den Begi'iff des
^rjasad-ai (Z. 9), der notwendig das Hinzudenken von (^avyyQcctpijvy zu gwolkigiov
488 I- Aufsätze
die im Gegensatz steht zu der loseren Verbindung der schriftlosen
Ehe (des yd^os äyQcccpog), die der definitiven Ehe häufig, aber nicht
notwendig vorausging, wie sie andrerseits auch nicht notwendig in
eine Sehriftehe überzugehen brauchte. Der Inhalt unserer Urkunde
bestätigt die auf dem Verso gegebene Definition durchaus, da sie so-
wohl Bestimmungen über die q)EQV't] wie auch über das eheliche Zu-
sammenleben bringt. Vgl. die klärenden Ausführungen von Mitteis
oben S. 345 ff.
Eine derartige Definierung der Monogamie^), wie sie hier in § 3
gegeben wird, findet sich in keiner der verwandten Urkunden. Drei
Arten der Übertretungen werden ins Auge gefafst. Erstens wird ver-
boten eine zweite rechtmäfsige Ehe mit einer anderen Frau, also die
Bigamie. Die zweite Bestimmung über das Konkubinat (TtaXXax'^)
bleibt leider durch die Lücken unverständlich. Wenn drittens das
Kinderzeugen mit einer anderen Frau verboten wird, so mag darin im
allgemeinen die eheliche Untreue getroffen sein, im besonderen aber
fällt unter diesen ParagTaphen jedenfalls auch das Verbot einer gleich-
zeitigen schriftlosen Ehe mit einer anderen Frau, und damit ist eine
Antwort auf die von Mitteis oben S. 347 angeregte Frage gegeben.
Ebenso findet sich in keinem der parallelen Texte die folgende
Bestimmung, dafs der Ehemann in keinem anderen Hause wohnen
dürfe als in dem, dessen Miteigentümerin die Ehefrau ist. Hier wie
auch in Z. 10, wonach die Frau nicht ohne Wissen des Mannes bei
Nacht oder Tage aus dem Hause entfernt sein darf, tritt die Bedeutung
des Hauses für die Ehe so auffallend hervor, dafs der Gedanke nahe
liegt, dafs mit dem Wort övvoikIölov (wörtlich „Zusammenhausen")
eine wichtige Seite dieser vollgültigen Schriftehe hervorgehoben ist.
Ich habe in meinen Griech. Ostraka I S. 446/7 aus den Volkszählungs-
listen mehrere FäUe namhaft gemacht, in denen Mann und Frau nicht
bei einander wohnten trotz des besten Einvernehmens, sondern jeder
bei seinen Eltern wohnte. Sollten das vielleicht Fälle von schriftloser
Ehe sein? Nicht als ob die schriftlos Verbundenen nicht auch schon
hätten zusammenwohnen können, wenn nämlich die wirtschaftlichen
Verhältnisse es ihnen gestatteten^), aber eine Schriftehe ohne gemein-
verlangt. Hier steht also sicher das ßwoi-niaiov im Gegensatz zu der loseren
Ehe-Verbindung in Z. 6. Wo überhaupt gwoiv-Igiov bisher vorkommt, bezeichnet
es die vollgültige Ehe. — Eine „Probeehe" hat es also bei den Ägyptern gegeben,
aber nicht ein „Probejahr". Ein allgemeiner Termin für den Übergang in die
Schriftehe existierte nicht.
1) Vgl. Mitteis, Reichsrecht u. Volksr. S. 222.
2) So erklärt sich wohl auch der Ausdruck ay^äcpag evvayii^ßs in P. Oxy.
n 237 Vin 4/5.
Ulrich Wilcken: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 489
sames Zusammenwohuen scheint nach unserer Urkunde, die das Leben
im Hause mit so strengen Kegeln umgiebt, ausgeschlossen zu sein.
Wenn sich das bestätigt, hätten wir damit einen neuen wichtigen In-
halt für den ydfiog eyyQacpog neben den schon bekannten Punkten ge-
wonnen.
Von den folgenden Bestimmungen ^ij iyßdXXeLv^) ^rjÖe vßQCt,£tv
^Yjds xaxovxsiv findet sich die letztere in einem Ehekontrakt vom
J. 74/5 n. Chr. wieder (P. Oxy. II 372), von dem Grenfell-Hunt bisher
nur einzelne Phrasen auf S. 238 mitgeteilt haben. Zumal dieser Text
auch sonst dem unsrigen am nächsten kommt, wäre eine vollständige
Publication desselben sehr erwünscht.
Die Gütergemeinschaft, die schon in Z. 5 in 6v]yxvQi£V£i^) her-
vortritt, findet ihren schärfsten Ausdruck in der nun folgenden Be-
stimmung, dafs bei jeder Veräufserung eines Vermögensteiles durch den
Mann die Frau als ßsßaLlcotQia einzutragen sei. Wenn ich nicht irre,
steht das auch in P. Oxy. II 2G5 (aus Domitians Zeit), wo ich Z. 11
ergänzen möchte: avsv rov 6vvE'JtLyQaq)Yivai ti)[v ZluQanovv ßsßaia-
XQiav.
Ich hebe noch hervor, dafs nur in diesen beiden Oxyrhynchos-
Urkunden aus dem I. Jahrh. n. Chr. sich einige Anklänge an den § 3
unserer Urkunde finden. In den späteren Texten — freilich auch schon
in BGU 183 vom J. 85 — findet sich nichts mehr von Verpflichtungen
des Mannes betreffs seines Lebenswandels, nur seine Pflicht den Unter-
halt zu liefern etc., also das Materielle wird dort hervorgehoben. In
CPR 27 (vom J. 190) heifst es zwar von Beiden: övußiovtcoöav ovv
ccfis^Ttras, aber für den Mann wird es sogleich beschränkt: rov 'Iöl-
dcoQov ETiLioQiqyovvTos ccvtfj rä deovta. Erst in den christlichen Heirats-
verträgen wird wieder, offenbar unter dem Einflufs der christlichen
Lehre, das sittliche Verhalten des Mannes gegenüber der Frau gewähr-
leistet. Vgl. CPR 30 (VL Jahrh.) Z. 18: aAA« Ttdvrcc rä TtQajtovra
iXsvd'SQatg ywai^lv TtccQcc dvÖQaöi ös^votg ivdsC^ccßd-ai sig avrtjv.
Damit ist kurz und würdig zusammengefafst, was in uuserm ptole-
mäischen Text im Detail ausgeführt ist.
§ 4 enthält die Strafbestimmungen für die Übertretungen von § 2
und 3. Ganz ähnlich lautet es in P. Par. 13, 13, wo es sich freilich
nach Mitteis' Darlegungen um eine schriftlose Ehe handelt.
1) Vgl. CPR 237,8: ccv]rrjv in^älrj.
2) Gütergemeinschaft konnte auch schon bei dem ayqacpog yd^og verabredet
werden. Vgl. P. Par. 13, wo ich nvQLSvovarjg für verschrieben halte, statt kvqi-
SV0V61 (auf avxoig bezüglich): „indem sie gemeinsam über das Vermögen verfügen."
So wohl auch Oxy. II 265,13: v.vqisvitoiaa\v xoivf].
490 I- Aufsätze
Die Bestimmungen über das sittliche Verhalten der Frau in § 5
bieten ein Detail, wie wir es bisher nicht kannten. Auch hierzu geben
die beiden Oxyrhynchos- Texte die nächsten Parallelen^), während die
späteren Texte sich meist darauf beschränken zu sagen, dafs die Frau
einen „untadeligen" Lebenswandel führen soll (^äxatrjyÖQrjtov^ ä^s^tpi-
^ioCqtjtov u. a.). Auch dieser Gedanke kommt erst wieder in christlicher
Zeit zu vollerem Ausdruck. Vgl. CPR 30, 20: TtQog tc5 xal avtriv
ayaitäv xal Q-dX7t£tv xal Qsqutievslv avx6v — vTtaxoveiv de avra xaQ-ä
Tcä vö^a xal tf} axolovd'Lcc öv^ßatvei^v] oiös. Dies letztere Gebot des
Gehorsams wird zwar in dieser Allgemeinheit in unserm Text nicht
erwähnt, wohl aber wird ein eklatanter Einzelfall hervorgehoben in
dem Verbot des Hausverlassens „ohne Wissen des Mannes". Dagegen
findet es sich z. B. in P. Oxy. II 265 : off[a ö]eI 7isi%-aQ%£LV ya^Etrjv
yvvalxa avÖQÖg. Diodor war jedenfalls sehr im Irrtum, wenn er (I 27)
erzählte, dafs in den ägjrptischen Ehekontrakten der Mann gelobe, der
Frau zu gehorchen: iv rfj xrjg TCQoixbg övyyQacpfj TtQoöo^oXoyovvtav
tav yaiiovvrcov anavta TCSL&aQxrjösiv rfj ya^ov^svrj.
Auf § 5 folgen in § 6 unmittelbar die Bestimmungen für den Fall,
dafs Arsinoe freiwillig die Ehe lösen will. Ich vermisse dazwischen
einen Paragraphen, in dem gesagt wäre, welche Strafen die Frau
treffen, wenn sie gegen § 5 verstöfst. Was geschieht denn mit Arsinoe,
wenn sie dem Manne Schande bringt? Das ist hier nirgends gesagt.
In dieser Annahme einer Lücke könnten die Texte aus römischer
Zeit uns bestärken. Diese unterscheiden zwei Fälle von Scheidung.
Im Falle der Zwietracht (dia(poQa) soll der Mann die Mitgift (einfach)
zurückzahlen, und zwar, wenn er die Frau entläfst [sTtl ^sv rijg ccTto-
Tto^Tiiig BGU 252, 8^) oder iäv fiev avtbg avtijv d[7io]7feii7ti]rai Hunt
zu CPR 22, 24) sofort, wenn sie aber freiwillig sich trennen will,
dann binnen 30 Tagen nach der Kündigung. Man sieht deutlich, die
letztere Bestimmung entspricht unserm § 6^), dagegen fehlt in unserm
Text die erstere Eventualität, dafs der Mann die Frau wegschickt. Da
nun andrerseits die Straf bestimmungen gegen § 5, wie gesagt, fehlen,
so scheint der Schlufs naheliegend, dafs eben die Entlassung durch den
Mann die Strafe für die Übertretung des § 5 ist. Also fehlt ein § 5 a,
1) In P. Oxy. II 372 wird zu ergänzen sein (vgl. S. 238): firj i]^i6t(o a%6~
2) So ist natürlich auch in CPR 236, 8 zu ergänzen statt des unmöglichen
inl 8h rrjg ktiovaLa]s anono^nfig, das Wessely ergänzt. Darauf folgt dann: inl
dh [^Kovaiccg ccTtcclXayJig.
3) Ich habe die 30 Tage ergänzt, weil sie auch in den gleichzeitigen demo-
tischen Texten begegnen.
Ulrich Wilckcn: Zu den Papyri der Münchener Bibliothek 491
der etwa so geheifsen hätte: ^Eäv dt n rovrcov t7adHy%iii ^Aqöivoyi
Ttoiovöa^ aTiodovg avtr^i Mav£}{()dty]s rijv (peQvrjv UTilijv TtuQUXQii^a
ccTto^tSfitpocTco 'jQöivörjv. Und weiter könnte man die Lücke in Z. 12
mit ö^oCag ausfüllen, das eben auf den vorher versehentlich aus-
gelassenen Satz hinwiese. Aber mit Rücksicht auf P. Oxy. II 265, 17,
wo gleichfalls die erstere Eventualität zu fehlen scheint, beschränke
ich mich einstweilen auf den Hinweis, dafs man logischerweise zwischen
§ 5 und 6 noch einen § 5a erwarten sollte.
In § 7 folgen endlich die testamentarischen Bestimmungen der
Eheleute für den Fall des Ablebens. Eine solche Verbindung von Ehe-
kontrakt und Testament ist uns unter dem Namen övyyQacpodiaO^jjxrj
auch sonst mehrfach bekannt. ^) Auf eine Besprechung der Bestimmungen
verzichte ich, da nur der Anfang erhalten ist.^)
Meine Bemerkungen haben nur die nächstliegenden Fragen berührt.
Möchte bald von juristischer Seite diese bis jetzt einzigartige Urkunde für
die Rechtsgeschichte verwertet werden. Möchte sie aber auch den Anlafs
bieten, dafs die Übersetzungen der demotischen Ehekontrakte, um deren
Verständnis sich Eugene Revillout besonders verdient gemacht hat,
an der Hand dieses neuen sicheren Materials einer Revision unterzogen
werden. Ich habe mich oben absichtlich von diesen fern gehalten, um
zunächst nur das Griechische aus dem Griechischen zu erklären, und
habe darum auch ein Eingehen auf die Frage unterlassen, inwiefern
das ägyptische Recht auf diesen Heiratsvertrag des Menekrates und
der Arsinoe, die wahrscheinlich Griechen sind, Einflufs gehabt hat.
Würzburg. Ulrich Wilcken.
1) Auch in CPR 28 ergänze ich : ['AvtiyQaq)ov 6VYyQcccpoSL<x&'iQ]Kr}g, wo Wessely
\^A. GvyyQacpfjg ya^i\yiT]s ergänzt.
2) Zu TtQO Toü iv r}Xi,7iica ysviaO'ai vgl. Oxy. 11 265, 28: a.(pr(kiv,(av bvxoiv.
Aus dem Futurum Texvcor r&v ico^^vcov folgt nicht notwendig, dafs diesem Gvvot-
■Kiaiov keine Probeehe voraufgegangen war. Vielleicht war Arsinoe zur Zeit des
Kontraktes schwanger.
Archiv f. Papyrusforachung I. S/i. 32
Astrologisches aus den Münchener Papyri.
I.
Unter den von H. Thierscli für die K. Hof- und Staatsbibliothek
in München erworbenen Papyrus- und Pergamentstücken befindet sich
auch ein altes Pergamentblatt astronomisch -astrologischen Inhalts, auf
das mich Thiersch sogleich bei der Übermittelung der ganzen Serie freund-
lich aufmerksam machte. Er hatte auch Zeit gefunden, die zwei Seiten
bald nach dem Ankauf vorläufig zu kopieren; eine Vorsicht, die sich als
gut angebracht erwies, da das Blatt äufserst spröde ist und daher ein
Stückchen beim Transport absplitterte und verloren ging. Der Inhalt
des Blattes ist, wie schon bemerkt, astrologisch; er darf insofern ein
besonderes Interesse beanspruchen, als ein unmittelbar mit ihm zu ver-
gleichender Abschnitt in den uns bisher bekannten Texten nicht vor-
zukommen scheint. Leider ist die astronomische Terminologie von einer
Verschwommenheit, die auch bei Astrologen keineswegs üblich ist und
das Verständnis sehr erschwert.
Das Blatt ist auf der Vorderseite dunkel gebräunt und die Schrift
hier stellenweise bis auf spärliche Reste ausgelöscht, während auf
der Rückseite das Pergament ziemlich weifs geblieben ist und über
den Text an den erhaltenen Stellen kein Zweifel entstehen kann. Die
Höhe des Blattes beträgt 19, die Breite W/^ cm; der obere und untere
Rand und der äufsere Seitenrand ist erhalten. An 6 Stellen sind
gröfsere Stücke des Textes herausgebrochen. Die Schrift ist eine etwas
nach rechts geneigte ünciale, nicht so schräg wie die des fragmentum
mathematicum Bobiense; die Buchstaben sind ungefähr so grofs wie auf
diesem. Ligaturen sind häufig. Es werden jedesmal at, «£, a^, «7,
ßX, aV, UQ^ «T, J^£, yr;, yt, ta, ££, £t, £y, £71^ £V, ft, £V, £^, £^, £0, £(ö,
Ai, <?T, To:, tri^ TCO, Ti, to, t^, xe verbunden, ohne Rücksicht darauf, ob
sie verschiedenen Worten angehören (ähnlich z. B. auf dem Londoner
Hyperides-Papyrus, Wattenbach Taf. II). Die Buchstaben 6 und K er-
scheinen manchmal in cursiven Formen. Das I zieht sich in der Ligatur
mit 6 und A meist unter die Zeile. Accente und Spiritus fehlen
Franz Boll: Astrologisches aus den Münchener Papyri 493
durchaus, desgleichen Interpunktion. Das stumme Jota wird nicht ge-
schrieben. Auf der Vorderseite finden sich zwei Schreibfehler, einmal
0 statt O (Z. 8) und F statt T (Z. 10); auf der Rückseite ist oydorj-
xov statt öydoy]xovTa geschrieben (Z. 10). Auch ist auf der Rückseite
zweimal korrigiert: An[0] KÄTHCeCOC (Z. 2) und wohl auch
6[A]TTO (Z. 9; zwischen 6 imd TT ist ein kleines Stückchen aus-
gebrochen). Abkürzungen kommen nicht vor. Eine Zeitbestimmung
nach der Schrift wage ich nicht; aus sachlichen Gründen — wegen
des Erlöschens des astronomischen und astrologischen Interesses nach
Kaiser Herakleios — wird man jedenfalls nicht gern über den Anfang
des 7. Jahrhunderts heruntergehen.
Die Länge der Zeilen beträgt zwischen 11 und 17 Silben, zu 29
bis 36 Buchstaben. Die Anfangszeile jedes Abschnittes tritt vor die
übrigen Zeilen an den Rand heraus. Die als Überschrift dienenden
Zahlen IH, 10 stehen nicht in besonderen Zeilen. Worttrennung und
Interpunktion sind von mir eingeführt.
I. Vorderseite.
rriv xaTo: tcov E%d^QGiv xoXaöiv diaöxs
ntovrai avtoxstQEg trjg xat avtav £
Jtißovkrjs £7Ct%eLQ0vvtsg ysvsöd'ccL' £
av d£ o XQTj^at L^cov XQr]^aTL6i], «tg vjto
5 GtQotprjlv rjt^g avtrjs 6v^ßi(o6£C3g xcdqovv
X£g ccii[vrf\6tLav xcov rj^aQTifjfiEvcav L6%a
VOVÖLV. Tt]
O d£ <^oyxtco[x]aLd£xaTog^) d'£og £(!tl[v uö^tqov £v
TCJ ß0Q£iG} noka %£L^£VOV UVU ^\£6o\v tOV
10 d'£QLVov (tyQOTiixov^)' ovtog df trjv a7t[o] tov ccTcrj
Xlcotov £7ti rov AijSo; %ata(pOQav nounai £7it,
fi£vcov £v fY] avtr] (pavtaötcc ano trjg £V öi
dvfioLg (ywodov £v ruiEQUig x£TQa'K06Lai\g f]t
üoGl (OQaLg d(od£ica . noL£i öe 7tciQavar£[^i
15 Aag] xcctg y£V£6\£6v xzri6£(x)\v^) y£y£vr}}i£VG)v
£i6odLa6^ov, 7tah[v £^o]dicic6^o[vg £igY) ^^^
1) GKTOOKAIAEKATOC mit Schreibfehler.
2) rPOniKOY mit Schreibfehler.
3) Von K und G) noch ein paar Spuren zu sehen. Für kuqtccov ist der Raum
zu grofs , für v,rri^axcov zu klein.
4) Von €IC glaube ich noch Spuren zu erkennen.
32*
494 ^- Aufsätze
[6]iTsX£Lg avaX(o[6sig xai] 7CQo[6^x[o:tag] jtQo6[o]
dov TS £K d'avarcolv ov]h av£JtLd[o^G}v ajöd'svEL^)
ag 6vvE%SLg ot>c£ico[v iq xkl] 7taLd\^(ov . . .] axiv\ßv^ ^)
20 ^'og o t7]g t,Girjg g)[ ] ^^rj6[avQ
. .jl 7t . tEKvav it[ai 6v]^ßiG}6[
[ : ]
xrrj[. .]coTcoi> %q[v6i(o]v (pvXa66o^s[vaiv]
25 X07CC3V aXyrjdovccg driloi, xca njg 6v[^ß]L0v
örjg ay,ata6ra6i[(xv\ cc^qv Ei,o8ov xao naXtv
vnoöxQocpiqg %(x)Q\ov6ttv a\lvöLXEKeis rs (pt
Acjv 6vfißi[(o68Lg jijali EL6^odia6fiov [ ]
n. Rückseite.
XUL roTtcov aXXayag örj^mvEi' o^XQt ycai a7i\o\
%t7)6EG)g^) xivog %coQEi Eig xETivav ^ExakX\a\
yi^v %coQov67]g ex ^EQOi^g xai xiqg xmv aXkav
E^odia^o^Evcov avaXcoGEcog. tO-
b O 8e EvvaxaiÖExaxog ^Eog E6x[iv\ aöxQov^)
jiQog TW voxsKo noXca XEi^Ev\ov\' ovxog ds
XTjv a7i[o] rov ajtfjXLCoxov etil xov \XL\ßa xata
(pOQaV {7tOi\ElXai ETti^EVCOV EV XTj UVXl] (pUV
xa6ia [aj'Jto^) rrjg ev atyoxEQCo övvodov ev
10 rjfiEQULg TEtQuxoöiaig oydorjxov^jay^) tzevxe
(OQaig EJixa . tcoiei öe naQavaxEiXag xai^g j^e]
vEöEGi ^fj^iag EV vdaöL xai vuvxXtjqlcov ö[t]
aXvöEig ai(pvi8iovg vavayucav xe 6v^q)0Q\ag^
EV aig xai aXXoxQ\^i\o3v XQTjuaxwv xat nE\ß . .]
15 vicoöiv^') Eig avxov\g\ x£%G)Qrjxoxav' (pd'av[ov]
1) Von Z. 17 und 18 ist jetzt der Rand abgesprungen und verloren, den
Thiersch noch vorfand; die obigen Lesungen Gdsvet und aaiv beruhen also auf
Thiersch' Angaben.
2) In der Hs. die schon oben bemerkte Korrektur.
3) Vom a nur noch ein Rest zu sehen.
4) Im Original wie schon oben bemerkt 6[A]TTO.
5) Die zwei letzten Buchstaben im Original ausgelassen.
6) Ich kann kein zur Ergänzung passendes Wort finden. Vielleicht ver-
schrieben statt TtSQinTcoGiv? Airol müssen wohl die Seefahrer sein, die unter
jener Konstellation geboren sind.
Franz Boll: Astrologisches aus den Münchener Papyri 495
6iv ts vc%Qi ava\<ßr\aGLag xai rr^g rov ;^pa»^a[TOj]
7taQaTtXGlGEG}£^^ SVLOt X(Xt ^r] :!tl<3tEV0ll\^£\
voi rrjv^) [ysy^svrj^svrjv rcov xaxav [zata]
q)OQ[av^) (iXQ^ig dov[X]ov^) 7tQ07tf^[ov]d'Svai- o\l ds]
20 Ei[g ^£i^o]va Xv7tr}v x^QOvvts[g] jici[i ^st]
OLXE103V ßovXevfSa^svoi Eyil^EiQYi^^alxa]
v\oo\vvTaL rriv tl^vxrjv rrjg q)Qov[ri6s](j3g £[;rt]
r[r]Ql^r]<Savtag öwa^sf xul ovto[i e^ig TiQa
yiiatsiag uqxW ^v^ßoXag TtOLOvvraL svTto
25 Qrjöavtsg xai tovg dvva^evovg avroig 6vv
a^yccöaed-ui' £xX[sLili\eci)g ds ystvo^svrjg [. .]
Das Fragment handelt, wie man sieht, von Sternen oder Stern-
bildern — denn ccötqov heifst zwar in der Regel das Sternbild, manch-
mal aber auch blofs ein Einzelstern ^) — die als Götter bezeichnet
werden, und beschreibt ihre Bedeutung für die unter ihrem Einflufs
geborenen Menschen. Wir haben den Schlufs des Abschnittes über
den 17. „Gott", den ganzen 18. und den Anfang des 19. Abschnittes.
Es mufs also mindestens 19 derartige Gestirne am Himmel geben.
Damit ist der Gedanke an Planeten sofort ausgeschlossen, deren die
Alten bekanntlich nur fünf oder, mit Einschlufs der gpöra Sonne
und Mond, sieben kannten. Auch Kometen können nicht wohl o-e-
meint sein. Man könnte auf sie die övvoÖog I 13. II 9 beziehen; denn
nach der Lehre des Anaxagoras und Demokrit (vgl. Aristoteles me-
teorol. I 6; Aetius ed. Diels Doxogr. p. 366, 13; Seneca N. Q. VII 11)
entsteht der Anschein von Kometen durch eine 6vvodog von Planeten.
Allein gegen eine Deutung auf Kometen sprechen schon die Praeseutia,
die doch eine gleichzeitige Sichtbarkeit dieser Gestirne voraussetzen;
ferner das Fehlen von Andeutungen über die äufsere Gestalt, die in
der alten Astrologie die eigentlichen Anhaltspunkte für die Bedeutimg
der Kometen gab (Nechepso-Petosiris fr. 9 — 11 Riefs; Ptolem. Tetrab.
II 10, danach Hephaist. I 24); endlich ganz besonders die angegebene
Dauer der (favTaöCa von mehr als einem Jahr: denn Seneca hebt mehr-
fach schon die Sichtbarkeitsdauer eines unter Nero erschienenen Ko-
meten hervor, der 6 Monate am Himmel blieb (N. Q. VII 12. 21. 29).
Es bleiben also nur Fixsterne oder Sternbilder. Die Schrift spricht
1) In Zeile 17, 18 und 19 ist ttot, vot rrjv und cpoQ jetzt nicht mehi' vorhanden,
also nur nach Thiersch' Abschrift gegeben.
2) Von TÖ dovXov = i] SovXsia?
3) Achilles c. 14 (p. 41 Maafs): ccXXcc ö (ihv acxriQ ■kccl kgxqov, omizi dh xb
ccvccjtccXiv KxX.
496 ^- Aufsätze
wunderlich geheimnisvoll von diesen Gestirnen. Man würde erwarten,
einfach zu hören, dafs der eine Stern etwa in der Kassiopeia, der
andere im Krebs liege, oder dafs das eine Sternbild Orion heifse, das
andere Leier u. dgl. Diese Orientierung an den griechischen Be-
nennungen wird hier vermieden: der Verfasser spricht in einer Art, als
ob der griechische Himmel, abgesehen von den Parallelkreisen und dem
Zodiacus, für ihn nicht vorhanden sei. Beginnen wir mit dem 18. „Gott".
Nach unserm Text ist er ein Gestirn (die Unbestimmtheit des Aus-
drucks beginnt schon hier mit dem zweideutigen ccötqov), das iv ta
ßoQSia jrd/laj liegt. Wie sich aus dem Folgenden klar ergiebt, heifst
das nicht „am Nordpol", sondern vielmehr am nördlichen Himmel.^)
Der Text fährt fort: avä ^[£6o]v tov 'O'f^tvoi) tQOTCixov. Die gegebene
Ergänzung ist wohl die einzig mögliche; der Ausdruck ist aber so, wie
er dasteht, verkehrt, da eine Kreislinie in sich keine Mitte hat. Es
mufs ergänzt werden entweder avä ^£6ov tov <^te aQxtixov aal tovy
d'SQivov tQOTtiTcov (so Eratosth. Catast. c. 15 vom Kepheus: üg xo avä
li£6ov TiCxTEi avrov tov ts aQXtixov xal O'EQlvov tQo:tiXov) oder avä
lisdov tov <(t£ l(jrj{isQtvov xal tovy O'Sqlvov tQon:Lxov, was sich wegen
der später erwähnten övvoÖog mit einem Planeten mehr empfiehlt. Bis
hierher ist also noch immer nichts weiter gesagt, als dafs jenes Ge-
stirn am Nordhimmel liegt und zwar vermutlich zwischen Wendekreis
und Äquator. Der Verfasser fährt fort: er („der Gott" also, statt „das
Gestirn", was wiederum eine auffällige Redeweise ist) macht seine Um-
drehung von Ost nach West in der nämlichen tpavtaöia verharrend von
der Konjunktion in den Zwillingen in 420 Tagen 12 Stunden. Die
Grammatik würde darauf hinführen, die Worte iv Tj^sQais tst^anoöiaig
cögaig dädexa zu %ata(poQäv ^oultaL zu beziehen: aber was soll es
heifsen, dafs ein Fixstern oder Sternbild seine Umdrehung von Ost
nach West, statt in 24 Stunden, vielmehr in 420y2 Tagen macht? So
scheint trotz des grammatischen Bedenkens iv rj^sQaLg vielmehr zu
ETtt^ivcov bezogen werden zu müssen. Der Sinn wäre also, dafs das
Gestirn die gleiche „Erscheinung" in 420 Tagen 12 Stunden behält,
von der Konjunktion in den Zwillingen ab. Man vermifst wiederum
die Angabe, zu welchem Planeten jenes Gestirn in Konjunktion tritt;
vielleicht mufs man die Aufklärung darüber am Anfang des ganzen
Stückes voraussetzen. Die lange Periode, die sich an jene 6vvodog
knüpft, läfst an einen der oberen Planeten denken, und die im ganzen
ungünstige astrologische Deutung spricht mehr für Mars oder Saturn
1) Vgl. über diese Bedeutung von noXog die Zusammenstellung von E. Maafs,
Aratea p. 124 sqq.
Franz Boll: Astrologisches aus den Münchener Papyri 497
als für Jupiter. Diese Synodos findet also in den Zwillingen statt;
folglich hat der Fixstern oder das Sternbild eine Länge von Xf 0 — 30°.
Was soll man sich aber unter jener Periode von 420 Yg Tagen
vorstellen, in welcher das Gestirn nach der Konjunktion verharrt?
Man könnte durch den Ausdruck iv rf; avti] (pavraöi'a an licht-
veränderliche Sterne erinnert werden; allein wir wissen nichts davon,
dafs ii-gend jemand vor dem 17. Jahrhundert solche Beobachtungen
gemacht hat, und die kurzen Perioden des Lichtwechsels bei den mit
blofsem Auge sichtbaren veränderlichen Sternen schliefsen die Annahme
vollends aus. Es scheint sich also nicht um astronomische, sondern
um astrologische Perioden zu handeln. Ein unmittelbares Zeugnis
kenne ich nicht, wohl aber eine Analogie. Manilius handelt am Schlufs
des vierten Buches (v. 818 ff.) von den sog. signa ecliptica (vgl. auch
Nechepso-Petosiris ed. Riefs p. 361, 25). Die periodische Wandel-
barkeit aller Dinge im Kosmos teilen, wie der Dichter erklärt, auch
die Zeichen des Tierkreises: wenn nämlich in ihnen eine Mondsfinsternis
eingetreten ist, so verlieren sie für eine bestimmte Zeit ihre Kraft.
Diese Perioden sind von verschiedener Gröfse (v. 853 ff.), bald länger,
bald kürzer als ein Jahr:
Nee tarnen aequali languescunt tempore cuneta
sed modo in affectus totus producitur annus,
855 nunc brevius lassata manent, nunc longius astra,
exceduntque suo Phoebeia tempora casu.
Ahnliche rein astrologische Perioden sind anscheinend, unter dem
Namen cpavtKöia, in unserm Fragment beschrieben; wie dort von Monds-
finsternissen, so gehen sie hier von Konjunktionen von Fixsternen imd
Planeten aus. Aristoteles (meteorol. I 343b 28) berichtet, dafs die alten
Ägypter solche Konjunktionen beachtet haben, und fügt eine eigene
Beobachtung dieser Art hinzu ^); und aus dem KaQTiog des Ps.-Ptole-
maios (§ ^ri'^ geht hervor, dafs die Astrologen Gewicht auf diese
ßvvodoi legten. ^) Am Ende unseres Fragmentes ist der Eintritt einer
sxlsijjjtg erwähnt; vermutlich ist darunter weder Monds- noch Sonnen-
finsternis, sondern eine Bedeckung des betreffenden Fixsterns durch den
Planeten zu verstehen.
1) JTpog Sh TovToig nal ol Alyvittioi cpaGi xccl tcav nlav^tcov Kai ngog ccvtovg
Kccl Ttgbg tovg anXavslg yiyvsed'ai, avvodovg, kkI avtol iwQccKCi^iv rbv ccar^ga tbv
tov ^ibg rmv iv rolg ^didv^LOig avveX&ovra tivl älg rjdi] nccl atpavidavta , ccXX' ov
XOftTJTTJV ysvofisvov.
2) "Orav (or£ cod.) ov Svvrid'^g TtoiTJeat rr]v 2BXrjvriv gvvo&svslv &6TQCcet
övoi, 7Coir}aov Tcivxr\v Gvvodsvsiv ccTtXccvst aötQa (^ocnXavstg acrqov cod.) itpäfftv
üxovn Twv ovo (der Text nach Vindob. phil. gr. 108).
498 I- Aufsätze
Nach diesen Vorbemerkungen werden in dem Fragment nun die
Wirkungen jenes Gestirnes oder Sternes geschildert, wenn er neben
dem aufgellenden Zeichen am Himmel erscheint. Der Ausdruck lautet
jiaQUvatSLXag rats ysvaösöi. Ich habe zu anderem Zweck eine möglichst
vollständige Zusammenstellung der zahlreichen Stellen, an denen das
Wort TtuQavccTElleiv vorkommt, gemacht und dabei gefunden, dafs es
ausschliefslich von Fixsternen oder Sternbildern, nicht auch von Pla-
neten gebraucht wird^), und zwar in der Regel von Sternen aufser-
halb des Tierkreises: oi TtuQavcctsXXovtsg oder rä Ttagavatslkovra heifsen
in der griechischen Astronomie häufig die Sterne oder Sternbilder nörd-
lich und südlich der Ekliptik. Die Anwendung des Wortes nuQava-
xilleiv liefert also eine weitere Bestätigung, dafs hier von Fixsternen
oder Sternbildern die Rede ist.
Auf die Einzelheiten der astrologischen Deutung ist näheres Ein-
gehen nicht erforderlich, Sie dreht sich zumeist um die xv^ri xzrjTLJiy]
(Ftolem. Tetrab. IV 2) und um die öwag^oyaC oder öv^ßLcjGsLg
(ib. IV 5), dann um xExva^ q)iloi und E%d-QOL, ^evtreia (ib. IV 6 — 8),
auch um die Ttäd'r] öco^atiKcc (ib. III 13). Die Ausdrucksweise des
Verfassers ist merkwürdig geschraubt und oft kaum verständlich (be-
sonders I 4 slg vTCOöTQOcprjv tilg avxfig öv^ßLaöacog xcjQovvtsg^ auch
II 1 — 4). Seltsam ist die Wendung (I 3): iäv de 6 %Qrj^att^cav XQV'
^axCöri. Bei Nechepso-Petosiris (p. 365, 366 u. ö.) findet sich xqtjiiu-
xit,ovxa t,(pdia und %Qrj^axit,ovxeg ccöxeQsg, bei Porphyrios (p. 193)
ebenfalls XQrj^atit,ovxcc t^dca; bei Paulus von Alexandria (H 4"^) steht
XQrj^axi^SLV in der Wendung aal xvQLog xfjg rj^SQag 6 "Hliog XQrjfia-
xiöag^ fast wie xvyxdvsiv. Der genaue Sinn ist in den übrigen Fällen
schwer zu bestimmen; doch scheint es sich allemal um die Bedeutung
„mafsgebend, wirksam sein" zu handeln. Hier ist zu 6 XQrjiiaxL^cjv
wohl hinzuzudenken 6 xöjiog und zu übersetzen: wenn der entscheidende
Ort, d. h. in erster Linie das aufsteigende Zeichen wirksam ist (näm-
lich durch einen Planeten).
Beim 19. Gestirn ist alles ganz analog wie beim 18.; nur dafs es
am südlichen Himmel und zwar sehr südlich (jtQog xä voxsCg} nöka:
die Präposition fordert hier den bestimmteren Sinn von Südpol, nicht
blofs von südlichem Himmel) liegt und dafs seine cpavxaata von der
Konjunktion im Steinbock an 485 Tage 7 Stunden beträgt. Nach der
1) Die in der Pariser Ausgabe des griechischen Thesaurus verzeichnete Stelle
Tetrab. 11 7, p. 77, 22, wo anscheinend nagocvarillHv von Planeten gebraucht wird,
fällt weg; in der guten Überlieferung (Vatic. 1038) steht wie bei Proklos Trccpodtar,
nicht ■nccQuvutsXXövtüiv .
Franz Boll: Astrologisches aus den Münchener Papyri 499
Konjunktion im Steinbock hat dieses Gestirn eine Länge von /? 0" — 30".
Der strenge Parallelismus des Ausdrucks, der sich in der Beschreibung
des 18. und 19. Gottes äufsert, mufs beabsichtigt sein, obgleich aller-
dings der Sprachschatz des Verfassers auch sonst beschränkt ist^),
und erlaubt vielleicht etwas weitergehende Schlüsse über den Zusammen-
hang und die Absicht des Ganzen. Wie schon bemerkt, gehört das
18. Gestirn dem nördlichen, das 19. dem südlichen Himmel an. War
diese Abwechslunsr von südlichen und nördlichen Gestirnen, wie es nahe-
liegt, überhaupt das Prinzip der ganzen Aufzählung, so mufs die Reihe
mit einem südlichen Stern begonnen haben und jedesmal an den un-
geraden Stellen ein südlicher, an den geraden ein nördlicher Stern ge-
nannt gewesen sein. Beachtet man nun weiter, dafs die griechischen
Sternbezeichnungen hier in auffälliger Weise vermieden sind, und dafs
in den uns vorliegenden Texten griechischer Astrologen eine solche
Liste von „Göttern" nicht enthalten ist, so darf man die Lösung auf
orientalischem Boden suchen. Diodor spricht in seiner berühmten Dar-
stellung der Astronomie und Astrologie der Chaldaeer (II 31 f ) zuerst
von den Planeten, dann vom Tierkreis, in welchem die Chaldaeer
30 Sterne als dsol ßovXaloi unterscheiden, und zuletzt von einer weiteren
Reihe von 24 nördlichen und südlichen Sternbildern : ^£tu da tbv
^(pdiccxbv xvxkov si'xoöL xal xtTxaQag äg)OQL^ov6iv äötSQccs, cov tovg
fiev rjfiLöELg iv rots ßoQeioig fiSQSöi^ tovg d' rj^tösig iv totg vottoig
tExdyjQ-ai qpaöt, ^al tovtcov tovg ^ev OQCJ^evovg xäv t,(ovxcov slvai
xaxccQid'iiovöL, xovg d' acpavstg xolg x£xeX£vx'r]XÖöL TtQOöcoQiGxtai vo^t-
t,ov6LV ovg ÖLxaöxäg xav öAcov 7tQo6uyoQBvov6iv. Die Auffassung und
Bezeichnung der Sterne als Götter, die in unserm Fragment angewendet
wird, erinnert an jene 30 ^sol ßovlaioi: die Reihe selbst aber, aus
der wir den 18. und 19. Stern, einen nördlichen und einen südlichen,
kennen lernen, dürfte wohl jene 24 nördlichen und südlichen Sterne
umfafst haben, die bei Diodor dixaöxal xav okcov heifsen.
Nun ist das 18. Gestirn unseres Fragmentes im HimmelszwölfteP)
1) Er hat eine merkwürdige Vorliebe fiir %oigHv, das in dem kleinen
Stück nicht weniger als fünfmal vorkommt (I 5. 11 2. 3. 15. 20). ElaoSiaöfiog
kommt zweimal vor (I 16 und vermutlich I 27); i^oäid^co 11 4 und jedenfalls eine
Zusammensetzung mit öSlcc^co, wenn ich richtig ergänzt habe, i^oÖLaa^iög, I 16
{siaodici^siv auch bei Nech.-Petos. gebraucht^ p. 372, 268). Hv^ßLcoaig steht I 5.
22. 27; 7] Gv^ßiovacc I 25; ccvdXcoaLg I 17. 11 4; aws^BiS I 19- 24; vno6TQO<fri I
4. 27; a.Xv6ix£lrjg I 17. 27: für ein so kleines Stück ist das eine auffallend häufige
Wiederholung der gleichen Worte.
2) Vgl. über diese Abteilimg nicht nur des Tierkreises, sondern der ganzen
Sphäre, die sich aus Diodor notwendig ergiebt, Letronne, Journal des savants
1839, p. 585.
500 I- Aufsätze
der Zwillinge, das 19. in dem des Steinbocks gelegen. Diese Sterne
liegen sich also am Himmel fast gegenüber. Wenn der 17., als ein
südlicher Stern, dem 19. am Himmel zunächst voranging, so miiTste
er im Himmelszwölftel des Schützen liegen: als ein Paar stellen sich
somit ein südlicher Stern in der Nähe des Schützen (der 17.) und ein
nördlicher in der Nähe der Zwillinge (der 18.) heraus. Diese beiden
Teile der Ekliptik aber liegen sich genau gegenüber. Es scheint also,
dafs ein doppelter Gegensatz innerhalb der Stempaare besteht: der
südliche liegt dem nördlichen Stern zugleich auch als der östliche
dem westlichen gegenüber. Wunderlicher Weise hat, wie ich aus
Bouche-Leclercq, L'astrologie grecque p. 44 Anm. sehe, Sayce gemeint,
Diodor habe nicht nördliche und südliche, sondern vielmehr östliche
und westliche Sterne sagen wollen. Ich kann die nicht näher bezeich-
nete Stelle bei Sayce nicht finden und kann daher seine Gründe nur
vermuten; aber in der That scheint die Anordnung in unserm Frag-
ment Sayce Recht zu geben, ohne dafs doch bei Diodor eine Textver-
derbnis oder ein Irrtum vorläge.
Für weitere Schlüsse aus dem kleinen Bruchstück wird die Basis
gar zu schmal. Höchstens läfst sich noch die Vermutung wagen, dafs
wir unmittelbar oder in einem Excerpt ein Stück aus einer jener
Schriften vor uns haben, in denen Kritodemos, Epigenes u. a. den
Griechen die Lehren späterer chaldaeischer Astrologenschulen vermittelten.
Werke ähnlicher Art mufs auch Manilius vor sich gehabt haben.
n.
Unter den Papyrusfragmenten hat Herr Professor Wilcken ebenfalls
ein kleines astrologisches Stück gefunden, das ich nach seiner Trans-
skription mit meinen Ergänzungen hier mitteile. Die Schrift gehört
nach Wilckens Bestimmung dem IL Jahrhundert n. Chr. an; auf der
Rückseite ist eine andere Schrift, wohl ebenfalls noch aus dem IL Jahr-
hundert. Unsere Vorderseite ist der Schluls einer Columne; rechts
und unten freier Rand.
1 ]...[
2 tov]t(ov rav t03tco[v
3 e:n:i^^aQrvQ0v6t tovtotg [
4 ro]v avTov tQOTtov [ovv de
5 7]6£i xui :tQo]g TTjv in:lrjQog)OQ[Lav tceql
6 a7toxEXs6iia\tGiv TtQaxtLxav ta[v te stcl
7 xsiQrjfiarav^ xai tav ev ßuo övvßatvoy
8 tav |u.£Tßj3oAa)]v e^ avrrjs trjg rovrav na
Franz Boll: Astrologisches aus den Münchener Papyri 501
9 Qodov xaraJTtEQaiovßd-ai rag xad' exccörrj
10 xataQxrjv x]QOvoyQaq)iag oxav rjtot o tco
11 X&VCOV rj nQog] Övöiv rj & 7i[qo6] d rj xai o 6vv
12 TtaQov (^ xatcc\ rrjv \x\vQLoXo['yia]v UTtoge^ri
7 „nur ein Strich von x und darnach X zu lesen: vielleicht doch xal" (W.)
9 vom zweiten cc in v.ccxcinsQuiovG9aL noch ein Stück zu sehen 11 a «[pös]^ :
die Ergänzung unsicher, n glaube ich zu sehen, aber q ist zweifelhaft
12 „vQioX sicher. Vorher der Buchstabe, der hoch hinaufgeht zum T, kann wohl
nur A' sein" (W.)
Die ersten drei Zeilen habe ich nicht zu ergänzen versucht; der
ergänzte Satz von Z. 4 an wird durch eine Übersetzung wohl am
einfachsten erklärt: „Und in der nämlichen Weise wird man auch zur
Gewifsheit über günstige Ausgänge der Unternehmungen und der im
Leben begegnenden Veränderungen aus dem Lauf eben jener (Gestirne)
die Zeitberechnung für jedes Beginnen durchführen müssen, wenn ent-
weder der 71oXevg3v in der Dysis steht oder die Sonne beim Mond oder
auch der dem Mond nahestehende Planet nach dem Terminus 'weg-
schleicht'": also eine subtile Vorschrift für Berechnung von v,axag%aL
Die Zeilenlänge habe ich nach v. 11 und 12 angenommen, wo die vor-
geschlagene Ergänzung ziemlich sicher scheint. IlQaxrLxcc (v. 6) findet
sich im gleichen Sinn bei Valens (Nechepso-Petosiris, fragm. ed. Riefs
p. 366, 40); xQovoyQcciptag (v. 10) ebenda (aus Nechepso-Petosiris,
p. 366, 44); öv^TiaQElvai Usltjvr} (v. 12) ebenda (aus Nech. p. 371, 223;
in:L]fiaQtvQov6L (v. 3) ebenda (ebenfalls aus Nech., p. 366, 47; 367, 58);
zu xataj^isQaiovöd'cci^ wie ich ergänzt habe, vgl. ebenda, gleichfalls
im Citat aus Nech. (p. 367, 63), öv^jcsgaiovöd'at. Auch inhaltlich be-
rührt sich unser Fragment eng mit jenem Stück bei Nechepso-Petosiris
(fr. 21 Riefs); es kann also wohl aus diesem Werk oder einem darauf
zurückführenden stammen. — Tbv avtbv tQO^tov xcd STtl rijg täv %q6-
vcov diULQeösag öxoTtslv dsrjöEi^ hat Valens ebenda p. 366, 38. Über
den Begriff TioXevav vgl. Paul. Alexandr. H 3\ KvQiokoyCu ist mir als
astrologischer BegriflP nicht bekannt; das Wort wird seiner gewöhn-
lichen Bedeutung entsprechend auch hier soviel wie „terminus tech-
nicus" heifsen und den Ausdruck anoQB^ri einleiten. Diesen glaube
ich schon gelesen zu haben, kann ihn aber im Augenblick nicht nach-
weisen; auf alle Fälle entspricht er dem häufiger vorkommenden
icnoQQBlv (z. B. Manetho VI 665, lateinisch defluere Firmicus IV 9
p. 209, 1 Kroll).
München. Franz Boll.
IL Referate und Besprechungen.
Litter arische Texte mit Ausschlufs der christlichen.
(Vgl. oben S. 104—120.)
Die in diesem Bericht angekündigten Papyri sind zum gröfsten Teile
in dem zweiten Bande der Oxyrhynchos-Papyri ^) enthalten, eine Reihe von
Stücken gehört der von R. Reitzenstein in Ägypten zusammengebrachten
Strafsbui-ger Sammlung an (33, 34, 38, 41, 42, 50, 52, 60, 67); vereinzelt
steht ein Papyrus aus Berlin (32), aus Dublin (49), aus Wien (68), end-
lich eine Berliner Wachstafel (44) und Wilckensche Palimpsestblätter (61, 62).
Ausgeschlossen wurden die inzwischen aus der Sammlung der herkulanensischen
Rollen bekannt gemachten neuen Texte, da hierüber bald im besonderen
gehandelt werden soll. Lateinische Papyri waren nicht zu verzeichnen.
Wenn in den folgenden Zeilen die Darstellung der Zeichen- imd Wortformen
den breitesten Raum einnimmt, so liegt das zwar an einer persönlichen
Neigung des Verfassers, wird aber auch durch den Zweck des Berichtes
gerechtfertigt. Vielfach wünschte man, dafs die Herausgeber mehr Abbil-
dungen beigegeben hätten, denn die Beschreibung durch blofse Worte ist in
vielen Fällen ganz unzulänglich. Von F. G. Kenyon ist diesmal keine neue
Ausgabe zu besprechen gewesen, obwohl man noch eine wichtige Arbeit von
ihm erhofft. In der Einleitung seines zweiten Bandes der Greek papyi'i
in the Biitish Museum werden unter den neuen Erwerbungen aus den Jahren
1891—1895 eine ganze Reihe litterarischer Papyri aufgezählt, von denen
erst der kleinere, freilich der weitaus wichtigere Teil herausgegeben ist.
Die zahkeichen kleinen Stückchen liefsen sich wohl zu einem hübschen
Bändchen vereinigen.
I. Dichterische Stücke.
31. Oxy. II 96—114, Nr. 223; dazu Tafel I (Col. 10). Langes Stück
einer Papyrusrolle (26 X 209,5 die ersten 10 Columnen), auf deren Vorder-
seite die Bittschrift der Dionysia (186 n. Chr.) und andere Urkunden ge-
1) Part, n, London 1899; s. oben S. 104. Von Anzeigen dieses Bandes sind
benutzt worden F. Blafs (Litterar. Centralbl. 1899, 1657—1660), A. Ludwich (Ber-
liner philoL Wochenschr. 1900, 353 — 360 und 385 — 394), Hans Raeder (Nordisk
Tidskrift for filologi 1900, 29 — 41), Henri Weil (Nouveaux fragments de Menandi-e
et d'autres classiques grecs, Jom-nal des savants 1900, 48 — 54, 95 — 106) und
U. V. Wilamowitz - MoellendorfF (Göttingische gelehrte Anzeigen 1900, 28 — 58).
Wiederum ist es die letzte Anzeige, welche für Text und Erklärung der ein-
zelnen Papyri das Meiste und Wichtigste beiträgt.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 503
schrieben waren. Dann wurden diese Teile zusammengeklebt, um auf der
Rückseite den vorliegenden Text zu erhalten. Die Schrift ist eine grofse,
schräge Unziale, in der besonders die lang nach unten durchgezogenen Striche
von r P T Y 0 X auffallen; sie gehört etwa den ersten Jahrzehnten des
ni. Jahrhunderts n. Chr. an. Die einzelne Seite enthielt 25 Zeilen. Eine
gewisse Beachtung verdient es, dafs uns dieser Papyrus einen vollständig
erhaltenen Rollenanfang bietet. Denn dies läfst sich nicht bezweifeln, da
die erste Zeile der ersten Columne mit E 1 der Ilias beginnt und da eine
späte Hand einen leichten Verlust am linken Rande dieser Seite durch An-
kleben eines neuen Papyrusstückes wieder ersetzte, was doch nur an einem
Endstücke vorkommen konnte. Wir sehen nun, dafs die erste Seite eines
Papyi'us keinen Titel trug, sondern sofort mit dem Texte anfing. So mufs
es auch im Washim- Papyrus gewesen sein (s. oben S. 106), wo sich durch
die Bei'echnung der fehlenden Verse sicher feststellen läfst, dafs die erste
Seite einen Titel nicht enthielt. Die Accente sind recht häufig angewendet
('^ "), bei Diphthongen trägt gewöhnlich der erste, seltener der zweite Vokal
das Zeichen. Ganz eigenartig ist der Gebrauch des Gravis. Dieser Accent
wird nämlich nur bei oxytonen Wörtern gebraucht und steht dann regel-
mäfsig auf der vorletzten Silbe (eg&Iov 3 KQarog 7 ds^lov 45 ßgorokolys 31
TS «[ßjiißTa (= reo) 237 u. s. w.), während die betonte Endsilbe nur bei
einsilbigen Worten den Gravis erhält (z. B. (jt«? 112, Zsvg 265), den Akut
aber vor einer Pause (z. B. ^sßöYiyvg' 41) und vor einem enklitischen
Wörtchen (z. B. ttotc fioi 116, kIv&i fioi 115)^); M^TA CppeNGÜ zeigt
an, dafs man hier zwei Worte lesen soll, in TTPH[N]HC' APABHC6
sieht man, dafs der Schreiber die Pause zuerst nicht bemerkt hatte, eine
Besonderheit ist aq)veiog 9, ein Fehler ai^ricov 92, sficov 221, kqeI 196, £tv'
245, wozu noch einige andere kommen: eyco 190 aQvvro 47, Aiuiovg 264,
nvSog 33. ^) I-Punkte sind fleifsig über t und v zu Anfang eines Wortes
oder nach einem Vokale gesetzt, merkwürdig ist FYIA 122; das Silben-
trennungszeichen (s. oben S. 111) erscheint in £y'''iEog 17 und wohl auch
in £%ßct\E 39, wo die Engländer in einem undeutlichen daneben geschi'ie-
benen Zeichen ein y vermutet hatten; Länge und Kürze der Silbe ist öfter
1) Diese Anwendung des Gravis mufs auf einer wohlausgesonnenen Gramma-
tikerregel beruhen, von der sich in einem Falle noch die deutlichen Spuren auf-
weisen lassen. Wird ein zweisilbiges Oxytonen elidiert, so erhält die übrig blei-
bende Silbe die ßagsla, wie z. B. in dem oben erwähnten Falle t^' ägfiara E 237,
wozu die Schollen im Ä bemerken: t6 nXfjQ^g ^«'T'- ^fo^' Slo ßaqvxovr\tiov. So steht
-ncd,' im Bankesianus (La Roche, Homerische Textkritik S. 440) als einziges Bei-
spiel dieser Art, aber sehr vieler im Venetus A, z. B. v,al' J 147. E 92, y.äx'
E 787. Z 157 0 228, dollx H 255, aßlrjxQ' & 178, vgl. La Roche, Text, Zeichen
und Schollen des berühmten Codex Venetus der Ilias (Wiesb. 1862) S. 5. Es findet
sich aber noch anderes: avrccQ IL iV"164 im Papyrus Von Elephantine (La Roche,
Textkritik 449, der hier in-tümlich einen Spiritus vennutet), avtog im Sophokles-
papynis Oxy. I 22 (s. oben S. 110) Vers 379 cclzj]tov 384, Kn^ixra 439, daneben
freilich auch Fehler: owIk t^v syböi nöXig 383, jiTj x[aX£t,g 431. IJberhaupt ist
dieses Blatt unsrer Rolle noch in andern Dingen ähnlich, denn es hat auch nur
die Bezeichnung des starken Hauches (5 Fälle), weist ebenfalls Länge- und Kürze-
zeichen auf und trennt ovn durch ein Häkchen von dem folgenden Worte (384,
430; dies hatte ich oben anzuführen unterlassen).
2) 228 ist von den Engländern falsch d ^fioi abgeteilt worden,
504 11- Referate und Besprechungeü
bezeichnet, z. B. in KPÄTOC 6, ÄPGC APGC 37. Beim Spiritus ist
auffällig, dafs er auch in der Mitte des Wortes auftritt: TtQO'iei 15, asKovxag
164, sißoootov 183.^) Noch mehr aber ist zu bemerken, dafs der Spiritus
asper ( ^, aber 270 und 441 ist *" gedruckt) in den meisten Fällen, wo er
stehen soll, auch gesetzt wird (86x), nur einmal hingegen der lenis, und
das in einer Form {'idov 27), welche im gewöhnlichen Leben den asper
hatte. ^) Man ersieht daraus, wie der Hauch in der lebendigen Sprache
schon sekr im Schwinden begiiffen war, eine Thatsache, die sich auch schon
aus andern Beobachtungen hat erkennen lassen. Beim Elisionszeichen bleibt
noch 01»;^' aXtov 18 zu erwähnen.^) Die Paragraphos wird oft gesetzt ( —
und > — ), daneben Punkte oben und unten, von denen die av(o ariy^iri die
häufigere ist, ohne dafs man einen Unterschied bemerkt. Ein ausgelassener
Vers wird zweimal (83 und 126) am Rande hinzugefügt, wobei die Zeichen
zu beobachten sind. Der Vers nämlich, hinter welchem die Ergänzung ein-
gefügt werden soll, erhält an seinem rechten Ende KATGü, am linken T,
falls der Vers am untern Rande gesucht werden soll, im andern Falle
ÄNGü und vi/, und der neue Vers wird mit ähnlichen Zeichen ÄNOü (KATOJ)
und vi» ('p) an seine Stelle verwiesen. Über einige Bemerkungen am linken
Rande wird unten noch besonders gehandelt werden. Die Lesezeichen aber
verteilen sich auf zwei spätere Hände (der erste Schreiber hat wenig ein-
gesetzt), und zwar hinterliefs die frühere von diesen einen Teil der Ver-
besserungen und die Punkte und Buchstabenzeichen. Die zweite hat ein
verloren gegangenes Stück am linken Rande der ersten Columne ersetzt,
mancherlei Verschiebungen angebracht und von 104 an die Sprecher am
linken Rande angegeben (IZ'av(ö)ßp(o?) jr^(6g) Aivelav^ noijjr'^g), Aivdag
nccv8äQ[(üt) u. s. w.).
Homer, Ilias £ 1—278, 284—303, 329—351, 353—374, 397—406,
420 — 421, 425 — 442, 544 — 548, 701 — 705. Die Rolle hatte, wenn sie
nur das £ enthielt, 37 Colunmen-, davon sind vollständig oder zum Teil
erhalten 1—12, 14 — 15, 17—18, 23 und 29, von 909 Versen im Ganzen
380. Was die Rechtschreibung betrifft, so sind h und z, f und et ziemlich
häufig mit einander vertauscht; kurzes t ist nur in blös 171 (l. Hand) und
in a(/l)A sya ov ttei'&ojlitjv 201 durch Diphthong wiedergegeben, ecpeikaro 61
hat die 2. Hand aus ecplXaro hergestellt, vets 152 (= vis) ist die Schrei-
bimg der Ungelehrten (ystög sehr oft die Grabsteine und Urkunden späterer
Zeit), e^Lx^i] 134 entspricht ebenfalls dem Zeitgebrauche; t] und et wechseln
in 6IM6N (= i) fiiv) 128, r} und t in avirjöretvai 140 und AH (= öi')
370; etwas auffällig ist Hcp^]atoq 23, und in metrischer Hinsicht ««[i 434
(= ahi der Hss.). Weniger ist auf dem Gebiet der Konsonanten gefehlt:
1) Vgl. über die „Interaspiration" Kühner-Blafs I 113 — 114. Sie ist schon in
zwei anderen Homerpapyri beobachtet worden, nämlich ■KQO'in Oxy. I 21 (s. oben
S. 105) und Sikn' im Bankesianus (La Roche, homerische Textkritik 440). Im
Venetus A ist sie gar nicht selten, und zwar erscheint sie vorzüglich bei aiy,(ov
und bei Kompositis von irj/xt, vgl. La Roche, Text, Zeichen und Schollen des Ve-
netus S. 40, wo auch auf die zahlreichen Stellen hingewiesen wird, an denen die
Schollen von diesem Innenhauche reden.
2) Z. B. itpidövra Oxy. I 44,12 (I. Jahrh. n. Chr.), i(pi8£lv 51,7 (137 n. Chr.),
i(fiSiv icptöov 53, 7. 9 (316 n. Chr.).
3) Vgl. Anm. 1 und Quaest. Hercul. (diss. Gott. 1898) S. 13.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 505
6 und r gehen öfter nach ägyptischer Weise in einander über (183, 185,
213), sxoxa für e^oxa 61 1. Hand, vJTt T/v[to;^a> 231, 6(ok v\i,og 266, &iö-
■jtaxa 64; a6dt]v 203 ist nach der Vorschrift des Nikias für aörjv geschrieben
(vgl. die Scholien zu der Stelle). Das bewegliche v steht im Versinnem
zweimal, wo das Metrmn seine Anwesenheit nicht verträgt (33, 195; die
2. Hand tilgte es) und fehlte einmal (ßgas' imixa 139, ebenfalls später
verb.), am Ausgange steht es immer, auch wenn der folgende Vers mit
einem Konsonanten (47, 68, 151, 212) beginnt, nur in iXvas || ev 176 — 177
ist es fortgelassen.^) Jene 380 Verse zeigen im allgemeinen den gewöhn-
lichen Bestand, nm- fehlt Vers 42 mit dem Venetus A und dem Townlejanus,
75 ist von erster Hand fortgelassen und von zweiter irrtümlich nach 83
(dort pafst er garnicht) wieder eingefügt, und derselbe Leser hat auch 126
am Rande ergänzt; diese beiden letzten Auslassungen sind ohne grofse Be-
deutung. Sonst ist aus der Zahl der wirklichen Lesarten (vgl. die langen
Zusammenstellungen in der Oxforder Ausgabe S. 111 — 114), und deren giebt
es eigentlich nur zwölf, das allermeiste zu verwerfen, weil es entweder gegen
das Metrum fehlt oder einen schlechten Sinn giebt; von Wichtigkeit ist nur,
dafs in dem Verse 141 cct (liv x ay^iOxlvai in akXriXoiöt kexvi'xcii statt des
letzten Wortes xixuvxai steht („an sich gut" Wilamowitz), und dafs nun
bestätigt wird, was die Genfer Iliashandschrift von dem Vers 104 lehrte,
nämlich dafs die von Aristarch verworfene Lesart iiivoq gewesen ist, denn
so hat der Papyrus.
Wenn nun somit der Ertrag für die Textkritik aus den vielen Versen
ein recht geringer ist, so verlangen doch einige Randzeichen des Papyrus
etwas mehr Aufmerksamkeit. Zuerst ist einiges über die Verszählung zu
beachten. Am linken Rande von 99 steht A, was richtig ist, denn es fehlt
Vers 75, bei 200 steht B (es müfste bei 199 stehen), bei 296 F (war bei
299 gefordert), so dafs man also sieht, wie der erste oder 2. Verbesserer,
denn dieser schrieb die Zahlen ein, recht nachlässig zu Werke gegangen ist;
vgl. über den Washimpapyi*us oben S. 107. Von gröfserer Bedeutung sind
andere Zeichen. Der wagerechte Strich, mit anderen Worten der Obelos,
findet sich 81 und 102 am linken Rande eingezeichnet, ebendort ein auf-
rechter Strich (I) 4, 8, 11, 14, 71, 141, 142, 157, 236, 237^) und das-
selbe Zeichen am rechten Rande 41, ferner IC zu 67 und 11 zu 147, beides
wiederum auf der linken Seite. Damit die Sache übersichtlicher werde,
sollen die Verse hier folgen:
I 4 Sali ol 1% Y,6qv&6g xs aal aöTCLÖog andfiaxov nvq
I 8 ÜGE öi fiiv Kaxcc ^liöGov, o&t TtXetßxot nloviovxo
I 11 0'rj'yEvg ^löatog xe, ^dxrjg £v slöoxs Tcaßrjg
I 14: dt 6 oxs 6r} ö^sSov ijGav in aXkriXoLai.v iovxeg
41 «ftüot ^eaar^'yvg, öi,a 6s öxri&sGcpiv sXaaaev I
IC 67 ävxLKQvg Kaxa kvGxiv vn oGxeov rjXv&^ äKCOKr}
I 71 löcc cplXotat XEKS66C, xaQi^o^ivT} noösC cot
— 81 <pa6ydv(oi al^ag^ dno d' £|£G£ yßiQa ßaQstav
— 102 OQVvG&E^ TQ&eg iiEyd&v^oi, HEvxoQsg imtoav
1) Assimiliert wird nie, und so steht auch av tieSlov 87.
2) So auch einmal in den Homerscholien, s. unten Nr, 66,
506 II- Referate und Besprechungen
I 141 a[ (lev t' ayiiöxivai i% alXriloiGt, niyvvrca (retavrat Pap.)
I 142 avraQ 6 ifi^s^awg ßa&STjg e^dXXstai avXT^g
"11 147 TtA^s', ccTtb ö' avy^ivog ü^ov EEQyad'Sv tjÖ^ anb vcotov
I 157 XsLJt\ eTtsl ov ^coovre ficcirjg iavoötrjöavre
I 236 avxco XE %xEivrjt kuI iXccöGt]!, (latw/^ag imtovg
I 237 ccXXcc 6v y avxbg k'XavvE xi aQfiaxa kccI xeo) iTtnco
Dazu kommen noch zwei Stellen aus dem Washim-Papyrus (s. oben S. 105),
die ich früher falsch erklärt habe:
0 20 TCdvXEg t' £^CC7tXE6&£ &£0l 7lä6ai XE &£aLVCCl i
66 ocpQa fiEv Tjojff i]v nal M^exo ieqov ii^aQ I
Ich habe nicht finden können, was die Zeichen bedeuten sollen^): von allen
Stellen sind es nur zwei, welche in den Schollen A die öitiXt} haben, näm-
lich £ 141 und 0 66, der Obelos aber stimmt gar nicht mit A überein;
überhaupt sind es mit wenigen Ausnahmen Verse, zu denen die Schollen
nichts besonderes zu sagen wissen. Man darf wohl hoffen , dafs weitere
Funde die Frage etwas aufklären werden. Unter allen Homerpapyri ist es,
soviel ich sehe, nur einer, der wirklich Aristarchische Zeichen enthält, näm-
lich der Papyrus des W und ü im Britischen Museum Nr. 128 aus dem
I. Jahrhundert vor Christi.^) Da haben wir die Diple 'f 486, *550, 551,
574, *680, 850, 863, 872; Ä 228, 232, *544, die nur an den mit Sternchen
bezeichneten Versen in A sich nicht wiederfindet, und den Asteriskos (>i<^)
'P" 657. Es ist aber weiter eine Bemerkung über das Zeichen nötig, das
die Zusätze vermitteln soll, vb und 'p. Man könnte es mit dem CO tcXcc-
yiov (3) verbinden, was der Grammaticus Venetus anführt, Nauck Lex.
Vindob. 274^); näher aber liegt es, an die ancora superior (T) und die
ancora inferior (vb) des Grammaticus Parisinus zu denken (Nauck 281),
wenn auch die Erklärung der Bedeutung^) gar nicht zu unserer Anwendung
pafst.^) Es bleibt noch ein letztes Zeichen übrig. Nach Vers 134 stöfst
man auf >=, was jedoch so gedruckt ist, als ob es eine doppelte Para-
graphos vorstellen sollte. Während hier ein sicheres Urteil erst auf eine
Nachvergleichung des Papyrus gegründet werden kann, sei inzwischen be-
merkt, dafs es ein ähnliches Zeichen im Altertum gegeben hat, wenn es
auch beinahe verschollen ist, ^)
1) Sie gehen auf den 2. Korrektor zurück, da sie auch bei 4, 8 und 11 auf-
treten, in Stücken, die diese Hand wieder ersetzt hat.
2) Hrg. von Kenyon in seinen Classical Texts in the British Museum S. 100 ff.
3) Nauck wäre der Sinn des Namens nicht entgangen, wenn er ein Uncial-
omega nlayicog gestellt hätte.
4) ancora supei'ior ad aliquid praecipue dictum und ancora inferior ad hu-
milius vel inconveuientius quid enuntiatum.
5) Im Thesaurus steht unter ayv.vQa nichts derart veiinerkt; denn dafs so
auch ein Werkzeug der Ärzte geheifsen hat, hilft nicht weiter. Doch haben den
„Anker" vielfach die byzantinischen Schreiber angewendet, wenn sie nämlich Text
und Scholien mit einander verbinden wollten (im Venetus des Aristophanes , von
dem eine Seite bei Wattenbach-Velsen auf Tafel 47 wiedergegeben ist, findet man
etwa ein Dutzend verschiedener Arten dieser Scholienzeichen, unseres nicht), und
es wird sich hoffentlich noch einmal zeigen lassen, dafs zwischen dem Papyi'us
und den Byzantinern ein Zusammenhang besteht.
6) Jener Grarmnaticus Parisinus führt noch auf derselben Seite an: >: diple
superne oblata (zu schreiben obelata) ponitur ad condicionem locorum vel tempo-
Wilhelm Crönert: Litterariöche Texte mit Ausschlul'!^ der christlichen 507
32. Ashmunen-Papyrus, jetzt im Gizeh-Museura, hrg. von G. J. Goodspeed
im American Journal of Phiiology Bd. XXI (1900) S. 310—314, wieder-
gegeben auf einer Lichtdrucktafel.
Schmales Papyrusstückchen (9,5 X 4,8), auf seiner Vorderseite von
einer mittelgrofsen, runden, etwas nach links geneigten Unciale beschrieben,
etwa in der Mitte oder am Ende des 2. nachchristlichen Jahrb., wie Grenfell
und Hunt dem Herausgeber versicherten. Zu bemei-ken ist der sehr weit
nach oben ausladende HauiDtstrich im A. Lesezeichen, meist auf die erste
Hand zui'ückgehend, treten häufig auf, nämlich die o^eta, der starke Hauch
(840), das Elisionshäkchen, der Doppelpunkt in APHI 829 und das Längen-
zeichen (829, 830, 836; jedesmal über Ä), dazu die avco önyfiri. Das
Zeichen •!• nach ßQtd-^oavvrj 839 scheint, wie Goodspeed vermutet, auf eine
Randbemerkung hinzuweisen. Auf der Rückseite bemerkt man die Reste
zweier Columnen, von einer Cursivhand geschrieben. Links, wo etwa 3 — 8
Bruchstücke der Zeilenenden erhalten sind, liest man ^OQ]aevovq)iv 11 und
slTtev 13. Vielleicht enthielt das Stück eine Gerichtsverhandlung.
Ilias E 824 — 841. Die linken und rechten Enden fehlen, das Erhal-
tene beschi'änkt sich ganz auf den 2. — 4. Fufs. In der Rechtschreibung ist
TtQJmjv 832 nicht unwichtig; (io:6rs[t)ya 840 schrieb die 1. Hand, während
eine andere das s tilgte. Der wirkliche Ertrag ist ein recht geringer. Denn
yivcoaJKcov 824 und 2:&ivsXog 835 sind Schreibfehler, rd ye 827, Aa^ftjo 6e
840 sind nicht von Belang, nur ^ayipBö^cci 834 (so die zweite Hand für
-aGd'cit) ist etwa hervorzuheben, weil hieraus hervorgeht, dafs die der ge-
meinen Sprache geläufige Umwandlung des Infinitivs des Futurs in den des
Aorist (z. B. iXsyov ilevöaad-ai) sehr frühe in die Homertexte eindi'ang.
33. Papyrus aus den Königlichen Museen zu Berlin, hrg. von Wilamo-
witz, Neue Bruchstücke der hesiodischen Kataloge, Sitzungsb. der Berl. Ak.
1900, 839 — 848, mit vorzüglicher Lichtdrucktafel (Kol. 4 und 5).
Längeres Stück von der oberen Hälfte einer Papyrusrolle, Reste von
5 Columnen (durchschnittlich etwa 10 Verse) enthaltend, mit recht breitem
oberen Rande. Auf dem Blatte zeigt sich eine prächtige Schönschrift des
IL nachchristlichen Jahrhunderts, die den Tafeln 16 und 17 in Kenyons
Palaeography ähnlich sieht. Von Lesezeichen erscheinen die Punkte bei i
und V immer, ein Accent (Akut oder Circumflex) nur, wenn einem falschen
Verständnis vorgebeugt werden soll. Die Paragraphos ist nicht geschrieben.
Bruchstück aus Hesiods Katalogen, sehr reinlich geschrieben.^) Von
den Resten der 51 Verse läfst sich weit über die Hälfte noch sicher wieder
herstellen, so dafs der Inhalt recht klar ist. Es wird nämlich von der
Werbung um Helena erzählt: in den erhaltenen Stücken ist von nicht
weniger denn neun Freiern die Rede. Die Eintönigkeit der Aufzählung aber
hat der Dichter durch eine lebendige Schilderung der einzelnen Helden und
ihrer Werbung geschickt durchbrochen. Er lehnt sich stark an Homer an.
rum vel personarum mutatam. Ähnlich (>=) hat es Curt Waehsmuth einmal im
Venetus A (zu A 346) gefunden, vgl. Rhein. Mus. 18 (1863) 180.
1) Das i ist stets gesetzt; nur ist dreimal si für l und 25 vfixTjffrj für vLX'i]a£i
gegeben.
Archiv f. Papyrugforschung I. 3/4. 33
508 II- Referate und Besprechungen
auch die Kyprien kennt er^), schrieb aber wiederum vor Stesichoros und
dem Verfasser des Schiifskatalogs, er gehört also etwa dem VII. Jahrhundert
an. Vielleicht hat Quintos Smyrnaios die Verse noch gehabt, denn was
Vers 22 von Odysseus steht: TCoXvKQOza firjösa eiöcog, heifst bei ihm ähnlich:
TtokvTQoncc ^i'jösa vwjuwv V 237, Die Metrik der Verse zeigt grofse Sorg-
falt, an einer Stelle (^slöog ovrt töcov 1, 33) ist der Ausfall eines Digamma (J-' =
J-e) augenscheinlich. Wie die einzelnen Verse zu ergänzen sind, auf welche
Weise ihr Inhalt zu schon bekannten Angaben stimmt, hat Wilamowitz in
umfassender Weise ausgeführt. Die Bruchstücke bilden das Schönste, was
an alter Epik bis jetzt aus Papyri hervorgezogen worden ist.
34. Pap. graec. 55 der Strafsburger Bibliothek, hrg. zuerst von R.
Eeitzenstein, die Hochzeit des Peleus und der Thetis, Hermes XXXV (1900)
73 — 105, dann von Wilamowitz, Sitzungsber. der Berl. Ak. 1900, 848 —
851, wo auch eine vorzügliche Tafel beigefügt ist.
Es sind zwei aneinander schliefsende Papyiiisstreifen einer Columne.
Die schöne, grofse, runde Schi-ift gehöi-t ins IL Jahi-h., und ist etwas älter
als die des Berliner Papyrus. Von Schriftzeichen findet sich die 6s,SLa und
der Circumflex^), der Spiritus (^j, die I-punkte und die ävco GTiyur'j.
Ein weiteres Bruchstück aus den Katalogen des Hesiod, das in seiner
Rechtschreibung aufser der Form eq)\^LÖ^ovai,v 4^) nichts bemerkenswertes
zeigt. Die 13 Verse, die in ihren Anfängen sämtlich stärker oder geringer
verstümmelt, nun aber fast alle mit Sicherheit ergänzt sind, haben die
Hochzeit des Peleus und der Thetis zum Gegenstand, und zwar sind
sie in der Hauptsache ein Lobpreis auf den tapfern Helden, dafs er die
vielumworbene Nereide heimgeführt hat. Dafs das Stück zu den dem Hesiod
zugeschriebenen Katalogen gehört, liefs schon die Form und der Inhalt er-
schliefsen, ist aber auch durch Tzetzes bezeugt, der in seiner Vorrede zu
den Lykophronscholien Vers 6 — 7 (vgl. Marksch. fr. 94, Rzach. fr. 102) an-
führt.*) Pindar hat die Verse benutzt, wie sowohl Reitzenstein als auch
Wilamowitz annehmen, der Verfasser aber ist, wenn es auch vielleicht nicht
Hesiod ist, so doch derselbe, auf den der Berliner Papyrus zurückgeht.
35. Pap. graec. 31 der Strafsburger Bibliothek, hrg. von R. Reitzenstein,
Zwei neue Fragmente der Epoden des Archilochos. Sitzungsber. der Berl.
Ak. 1889, 857 ff. (dazu eine Tafel), sodann von F. Blafs, Rhein. Mus. LV
(1900) 341—347.
Es sind zwei unzusammenhängende Papyrusblätter (12,5 X 9,6 und
6 X 6,2), beschrieben mit einer mittelgrofsen , wohl ausgeprägten Unciale,
die dem IL Jahrh. n. Chr. angehört. Man findet folgende Lesezeichen: den
1) Der Vers KdetoQi &' Imtoöd^ai, kccI aed'XocpoQcoi. UolvdsvKSL 27, 31 findet
sich in den Kyprien fr. 9.
2) Dies Zeichen ist über die Mitte beider Vokale gesetzt (Vers 4, G); wenn
es Wilamowitz an der ersten Stelle leugnet, so läfst sich dies mit seiner Abbil-
dung nicht vereinigen.
3) Dies Wort hat Wilamowitz mit Recht hergestellt; über den bei ddov in
der späteren Zeit üblichen starken Hauch vgl. oben Nr. 31.
4) Tzetzes fand die Verse unter dem Namen 'Haiödov vor, machte aber daraus
in seinem bekannten Aberwitz ein ini^alü^iov und aus Hesiod einen iniQ'ala-
iiioyQcccpog. Aber schon Markschelfel hat die Verse zu den Resten der Kataloge
gestellt.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 509
Akut^), den Gravis (%av 2i'aAfit'(5| ))(7(j]tot), den Circumflex, der bei Diphthongen
immer über der Mitte der beiden Buchstaben steht (1,12. 14; 2,2.3.4),
die I-punkte, jedoch nur im Innern des Wortes (Ggi^meg 1, 4, iiöe 2, 6), die
Apostrophos, den Spiritus asper ^ (l, 13, 2, 1. 5), die avta Gxiy^ri 2, 7 und
die Paragraphos als Trennungsstrich zwischen zwei Gedichten (vgl. oben
S. 110 Nr. 7). Eine spätere Hand fügt zwischen den Zeilen und am
rechten Rande ein Scholion hinzu; sie bedient sich des Abkürzungszeichen I
für i6xl (zu 1,3.7; 2, 9).
Reste von Epoden eines joniseheu Dichters.^) Auf dem ersten Blatte
sind die Überbleibsel von 18 Versen sichtbar, unter denen 13 nur gering-
fügige Lücken aufweisen, nach Vers 14 aber folgt eine neue Epode; auf
dem zweiten Blatte erscheinen nur 10 Verse, in etwas schlechterer Erhaltung.
Dort wünscht ein Dichter seinem Freunde eine schi-eckliche Seereise, denn
dieser hat ihm die Treue gebrochen; hier ist der Inhalt nicht so klar, doch
ist es sicher, dafs wiederum gegen einen Gegner losgefahren wird. Nun hat
Reitzenstein die Stücke dem Archilochos zugeschrieben. Diese Vermutung
hat darin ihre stärkste Stütze, dafs Horaz in seiner dem abwesenden Maevius
nachgesandten 10. Epode ohne allen Zweifal das 1. Bruchstück nachgeahmt,
welche Nachahmung doch aller Wahrscheinlichkeit nach nur durch Archi-
lochos, das Stilmuster des Horaz, hervorgerufen werden konnte. A. Gercke
(Zwei neue Fragmente der Epoden des Archilochos, Wochenschr. f. klass.
Phil. 1900, 28 — 30) hält an Archilochos fest und setzt die Blätter so zu-
sammen, dafs er auf das zweite das erste folgen läfst und beide demselben
Gedicht zuteilt, um dieselbe Zeit aber hatte F. Blafs (Rhein. Mus. XV
(1900) 102 Anm. 1) den Archilochos als Verfasser verworfen und den Ge-
danken an Hippoiiax angeregt. F. Leo in seiner Abhandlung de Horatio
et Archilocho (üniversitätsschrift zur Preisverteilung am 30. Mai 1900,
Göttingen) schlägt die Bedeutung des Fundes sehr hoch an, da nun endlich
ein vielgehegter Wunsch, ein Vorbild der Epoden des Horaz zu besitzen, in
Erfüllung gegangen sei. Die Ansicht von Blafs weist er als allzu unge-
nügend gestützt zurück (S. 7). Doch die stärkeren Stützen sind inzwischen
hinzugekommen. Da Blafs die Sache sehr wichtig erschien, so liefs er die
Bruchstücke nach Halle kommen und nahm dort eine gründliche Nachver-
gieichung vor, die manches neue Ergebnis brachte. Darüber hat er in dem
Aufsatz: Die neuen Fragmente griechischer Epoden (Rhein. Mus. LV (1900)
341—347) berichtet. War es schon immerhin recht auffallend, dafs auf dem
zweiten Bruchstück der Name des Hipponax selbst steht: xavta d' 'Inn(bva\i,
^_ o]lÖ£v aQiöra ßQoz&v^), wie denn Hipponax in seinen Bruchstücken öfter
1) Eine wichtige Zugabe 2,6 MHAAMAKQCeiA€, wo nicht Kcog födf, sondern
■um a' E'lSs (so Gercke und Blafs) geschrieben werden mufs; der Versanfang KATA . . .
1, 15 wird von Blafs so gedeutet, dafs hier ■kutcc in Tmesis steht und wohl nach
einer unbekannten Grammatikerregel auch vor dem Wort, von dem es getrennt ist,
barytoniert wird.
2) In der Rechtschreibung ist kein Fehler zu bemerken. Für ;^vrp£f 2, 7
möchte man Kv>l erwarten; zu ^qp' ÖQ-Kioig ist Blafs S. 345 zu vergleichen.
3) ' l7tTf(övci[^ 6y,c(cpsvg ergänzte Reitzenstein, der eine rechts von der Zeile
stehende Glosse ybcoro^ . . . dazu benutzte, doch weist Blafs darauf hin, dafs
man in einem dichterischen Werke keine Glosse vei-muten könne. Für Hipponax
sprechen noch andere Dinge, die freilich für sich genommen nicht sehr gewichtig
33*
510 n. Referate und Besprechungen
sich selbst nennt, so ist die Frage dadurch entschieden, dafs Blafs zu dem
Sehlufsverse auf dem ersten Blatte: dg fi 'r]dlm]aE, ka^ d' sqp' oQntoig l'ßy],
xo TtQtv itaiQog iav, die Randbemerkung las: 6r}](iaivei, rbv [Bov^7taX(^ov),
denn Bupalos ist oft von Hipponax in seinen Gedichten angegriffen worden,
vgl. fr. 11, 12, 13, 14, 83. Zu Beginn des neuen Gedichtes auf dem ersten
Blatte hält Blafs die Lesung 'l7t7t\covaKtidL nicht für unmöglich, doch ist
hier noch eine Nachvergleich ung anzustellen.^)
36. Oxy. II 303, Nr. 301.
Ein langer schmaler öikXvßog (2,8 X 12,5), der an einer Rolle befestigt
den Titel angeben sollte, ähnlich wie Oxy. II 313 Nr. 381, wo sich der
Titel einer Aktensammlung erhalten hat. Die Worte CGÜ^PONOC MIMOI
TYNAlKfelül sind in einer Unciale geschrieben, die dem Ende des I. oder
dem Anfang des II. Jahrh. angehört. Sonst hat sich von dem Papyrus des
Sophron keine Spur gefunden. Aber dafs man das Werk noch in der
flavischen Zeit abschrieb, ist eine wichtige Beobachtung.
37. Oxy. n 114—116 Nr. 224.
Papyrusblatt (23,5 X 21,3) mit den Resten zweier Kolumnen. Breite
Unciale ähnlich der der ältesten Bibelhandschriften, wohl aus dem III. Jahr-
hundert. Zur Abteilung der Sätze erscheint meist der Punkt oben, zweimal
unten (1020. 1023), ohne dafs ein unterschied gemacht ist, in CT6-
[NjAF'MOC treffen wir das Häkchen wieder, über welches oben S. 111
Anm. 1 gesprochen wurde. Eine blassere Hand schrieb einige Accente
(-ÄXAl 1040, was verderbt scheint, und TTTePÖYCCA 1042), tilgte
zweimal Überflüssiges dm-ch rechts und links angebrachte Pünktchen
(IHIHrHrON 1035 und 1036) und schrieb 1067 ayy]sX{og) an den linken
Rand. Es verdient noch eine Bemerkung, dafs die lyrischen Verse des
Tragikertextes etwa um den Raum von 5 Buchstaben nach rechts ein-
gerückt sind.
Euripides' Plioinissen 1017—1043 und 1064—1071. In der Recht-
schreibung ist aufser einem Fehler (a[i 7t6\hg 1017) die Form msQovGßa
1019 und 1042 für das schon von Isaak Vofs verbesserte handschriftliche
TtreQovßa zu bemerken. IAA8Z!^6M0I 1033 und 1034 wird für einen
gewöhnlichen Fehler gehalten. Der Papyrus hat für die Wiederherstellung
des Textes einen hohen Wert, besonders gegen Ende der ersten Strophe.
Hierüber sind die genauen Ausführungen von Wilamowitz zu vergleichen.
38. Oxy. n 23—27, Nr. 213; dazu Tafel IV.
2 Bruchstücke (8 X 11,3 und 7,8 X S) eines Papyrusblattes, das
sind. Mit SovXiov aQXOv ist rhv Svcmwiiov agtov fr. 14, 3 Bgk.'' zu vergleichen,
glysi 1, 7 und 'j^lcclva 2, 1 erinnern an das öftere Vorkommen dieser Worte Lei
Hipponax {Qiyü 17,1 Qiysvg 19,2 QLyTjXi] 21, j^Xcäva 17. 18. 19), zu q)a}Qa 2,7 läfst
sich cpwQüv itaiQS fr. 1, 3 hei'anziehen. Die Tmesis, die Blafs 1, 15 am Anfang
eines neuen Verses feststellt, trifft man bei Hipponax zweimal bei änö an der
nämlichen Stelle: und g' öX^ötiev 31,1 an' ovv ^doaav 61,2. Hipponax endlich
ist ein recht seltener Eigenname; in den Indices der Inschriftensammlungen sucht
man vergebens ; der Name findet sich nur noch in Kyzikos (iTtnävah, 'Av.i6aio BCH
XIV .036; und in Abdera (Hippokrat. Epid. IV. 178 L und Coins of the Brit. Mus.
Abdera Nr. 64).
1) Nicht eingesehen habe ich E. Piccolomini, un frammento nuovo di Archi-
locho, Nuova Antologia 1900, 1. Heft.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 511
zunächst auf der Vorderseite eine Urkunde erhielt, deren Schrift in das
I. Jahrh. n. Chr. gehört, und später auf der Rückseite den vorliegenden
Text. Der Schreiber schrieb ziemlich grofse und dicke Buchstaben, mit
einiger Hinneigvmg zur Cursive; er gehört etwa in die 2. Hälfte des IL Jahrh.
Aufser den I-Punkten in IK6AOC 1, 4 .sind keine Lesezeichen vorhanden.
Der Umfang einer Columne läfst sich nicht mehr berechnen.
Bruchstück eines unbckanufen Tragikers. Die Worte zeigen so
viele Formfehler, dafs man dem Schreiber auch nur ein leidliches Ver-
ständnis der griechischen Sprachregeln nicht zumuten kann. So ist denn
an diesen Dingen nichts der Erwähnung wert aufser etwa (rxJrjTr^a 1^, 2
und G'KriTCQOv%Lca 3, wozu man aus den byzantinischen Handschriften die nicht
seltene Form GKriitgov und Au^nqiEvg vergleiche.^) Auf beiden Blättern
ist der untere Rand und der Raum zwischen zwei Kolumnen erhalten, links
finden sich dann jedesmal gröfsere Reste von Jamben, rechts ganz verein-
zelte Buchstaben. Die beiden Stücke links, zusammen 22 Verse, enthalten
nach den Engländern Worte des Tantalos an die versteinerte Niobe, seine
Tochter, {li\Q-ovQy£(; iiKoviG^a £idrj<(^i>y rragd (X€PA), wenn auch durch
die entsetzliche Entstellung der Worte (z.B. KAMArOYCTTAFAC, wo-
raus die englische Ausgabe iKhjjLfiavoarayetg macht) vieles unsicher oder gar
unlösbar ist. Da der Sprachgebrauch dem des Sophokles in mancher Hin-
sicht verwandt ist, so möchte Blals das Stück der Niobe des Sophokles
zuweisen, nicht der Niobe des Aeschylos, denn hier fand er nur geringe
Ähnlichkeiten. Wecklein hingegen (Berl. phil. Wochenschr. 1900, 508) hält
im Gegenteil Aeschylos für den Verfasser, indem er die Färbung für ganz
aeschyleisch, die Eigentümlichkeiten aber in der Wortwahl für Zufall er-
klärt. Darüber wird wohl noch mehr gestritten werden, aber nicht gut zu
bestreiten ist eine andere Ansicht von Wecklein, dafs wir auf dem ersten
Blatt einen Botenbericht haben, keine Rede des Tantalos. Es werden dann
noch einige der Beachtung werte Verbesserungen vorgebracht.
39. Pap. graec. 621 der Strafsburger Bibliothek, hrg. von K, Reitzen-
stein im Hermes XXXV 602—604. Pergamentblatt (12 X 10,5), geschi-ieben
in etwas schrägliegender Unciale, die in das V. — VII. Jahrh. gehört. Die
Zeilen sind eingeritzt und bilden die obere Grenze füi' die Buchstaben.^)
Die Seite enthält 36 Buchstaben. Man findet von Lesezeichen den Akut
und den Circumflex, das Elisionshäkchen und den Punkt in mittlerer Höhe
(MH'KAI), während der Personenwechsel durch die Paragraphen angegeben
vnrd. Das Einzeichnen der Accente und die Wiederauffrischimg der ver-
blafsten Stellen besorgte eine zweite Hand, welche auch die Randbemer-
kungen zum Teil schrieb.
Aus den Wolken des Aristophanes 1371 — 1385, 1391 (Vorderseite)
und 1407 — 1428 (Rückseite). Das Jota mutum fehlt, imörjTtsQ schrieb die
1. Hand 1472.^) Aus den Lesarten, die Reitzenstein sorgfältig bespricht,
ist nur BYGeCüCAPPÄTOÜ 1373 von Wichtigkeit, weil hier die richtige.
1) Man vermifst darüber nähere Angaben in Karl Dieterichs Untersuchungen
zur griechischen Sprache.
2) Dies ist wohl das älteste Beispiel des in den Handschriften der Paläo-
logenzeit allgemein üblichen Gebrauches.
3) Den Fehler tid-' oJutws i7ic.v(X7t7]Sä 1391 erklärt man leicht durch den
512 n. Referate und Bespreclmngen
von Meineke vermutete und später von Blaydes aus einem jungen Canta-
brigensis hervorgezogene Fassung eine wertvolle Bestätigung erfährt, denn
aus dem leicht verderbten APPATCO leuchtet sofort das Richtige hervor. ■'^)
Die eigenen Lesarten des Palimpsests haben wohl nirgends einen Wert:
1383 stand statt cpigcov ein anderes Zeitwort, das auf AGüN endete, 1413
war erst 6oi geschrieben worden, aber es ist dem Verbessern nicht ent-
gangen, 1421 fehlt 6 vor t6v und 1426 findet sich aq)[s]Liisv für acpüiiev.
Dem Ravennas steht das Blatt näher denn dem Venetus, auch eine kurze
Glosse findet sich im Ravennas wieder^), aber das Wesentliche, was er uns
mitzuteilen hat, ist doch eben, dafs die Überlieferung in eine bestimmte
Verästelung nicht hineinzubringen ist und dafs die zeitliche Anordnung in
der Wertschätzung der Handschriften wieder einmal über den Haufen ge-
worfen wird.
40. Oxy. n 20—22, Nr. 212.
Drei Papyrusstücke, von denen das erste (21,9 X 11,6) wenigstens
eine leidlich erhaltene Columne bietet. Die Schrift, bei der das altertüm-
liche I = ^ auffällt, ist eine grofse, runde, aufrechte Unciale, wie die Mehr-
zahl der litterarischen Papyri des 2. Oxforder Bandes dem Ende des I. Jrh.
oder dem Anfang des 11. zugeteilt. Die Columne hatte nur 20 Zeilen, ein
sehr geringer Inhalt. Ein paar Buchstabenzeichen (Akut, Circumflex und
Apostroph^), und reichlich Punkte, meist oben, manchmal auch in der Mitte.
Die auftretenden Personen werden durch den Doppelpunkt (:), womit so-
gleich ein freier Raum verbunden ist, und durch die Paragraphos getrennt,
Columne 2, 15 findet sich am linken Rande ein X eingezeichnet, wahr-
scheinlich zur Hervorhebung des Verses. Die einfachen Punkte und zahl-
reichen Verbesserungen gehen auf zwei spätere Hände zurück.
Bruchstücke aus der alten Komödie. Die Schreibung ist sorgfältig,
stummes t steht überall, auch in läd'QaL (2, 9). Aus tjv 2, 2 schlössen die
Herausgeber, dafs der Verfasser der alten Komödie angehört^), und weiter
aus der Vergleichung von ]TArA0(jO[ fr. b 4 und EKcpegErs TCsvKag, (ix£t'
^Aydd'cova (pcoöcpoQovg^ dafs der Papyrus denselben Vers und also ein Stück
aus Aristophanes (Arist. bei Athen. XV 701^ = fr. 599 K) enthalte. In-
dessen die Verse gehören sicher nicht zusammen. Denn eine Beobachtung
der fehlenden Enden im fr. b lehrt sogleich, dafs nur der letzte Fufs zer-
stört ist, (es geht vorher XQayLKColtava || und folgt bötIv aacpalig || und
]t' anaig co ^yla&i \\ ). Gleichwohl sind die Reste ohne Zweifel dem Ari-
stophanes zuzuweisen, wie der Stil und der Inhalt ergiebt, und Agathon,
der in jenem kleinen Stückchen um des Accentes willen notwendig gefordert
wird, weist ebenfalls auf Aristophanes hin. Die Engländer gehen noch
weiter und erklären die zweiten Thesmophoriazusen für das hier
Umstand, dafs die Wendung std"' ovtcog in der späteren und vollends in der by-
zantinischen Zeit sehr gebräuchlich war. Genaue Beobachtungen sind darüber
noch nicht gemacht worden.
1) Den Fehler sah auch der diOQ&covi^g; dafs er TAPATTG) an den Rand
schrieb, zeigt, dafs dies Wort seiner Sprachkenntnis näher gelegen hat.
2) rb TVTtrsaQ-cci zu 1416; sonst liest man noch i^ AtoXov zu 1371, dfnalcog
zu 1379, während ein längeres Scholion zu 1381 ganz verwischt ist.
3) Bezeichnet in 03 r[A06 fr. b. 6 auch die Aphairesis.
4) av sagt die vice.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 513
vorliegende Stück, weil aus jenem Lustspiel die Wendung xct' ^Aycc&cova,
freilich vom Anfang eines Verses stammend, überliefert ist (fr. 326 K), und
nach dem Inhalte mufs man diese Vermutung füi- sehr wahrscheinlich halten.
Auf der linken Seite des ersten Blattes bemerkt man noch zehn unergiebige
Versenden, aus denen nur etwa d)] yvvai hervorzuheben ist. Dann folgt
rechts eine bis weit über die Mitte erhaltene Columne, die letzte Dipodie
fehlt gewöhnlich. Hier unterhalten sich zwei Frauen über den okiaßog^),
werden aber bald darüber eins, dafs man doch damit nicht auskommen
kann. Da wird denn auf die Sklaven geraten. Bruchstück b zeigt erst
fünf Jambenreste, in denen wieder einmal der Tragiker Agathon erscheint,
und dann das rechte Ende zweier lyrischer Verse, c endlich die mittlere
Dipodie von 6 Jamben.^)
41. Oxy. n 11—20, Nr. 221; dazu Tafel III.
Ziemlich grofses Papyrusblatt (33,4 X 13,2), der Rest eines Buch-
händlerexemplares (Dziatzko), mit erhaltenem oberen und unteren Rande.
Die Schrift ist eine grofse, runde Unciale, und mag etwa an das Ende des
I. oder an den Anfang des 11. Jahrh. gehören. Dazu kommt, dafs der
Papyrus mit einer grofsen Anzahl von Urkunden aus der Zeit des Vespasian,
Domitian und Trajan zusammen gefunden worden ist. Die ausgedehnte
Columne hat 51 Zeilen. Accente und Spiritus fehlen, einige Male steht
der Apostroph. Einiges Auffallende aber sieht man bei den anderen Zeichen.
Zunächst ist der Personenwechsel sowohl durch die Paragraphos am linken
Rande als durch den Doppelpunkt (: , vgl. oben Nr. 9. 10. 11. 18) be-
zeichnet, aber nicht genau ^), wie auch ein späterer Leser gemerkt hat.
Wo ihm nämlich die Paragraphos nicht richtig zu stehen schien, hat er
sie eingeklammert: ( )*), wieder eine neue Erscheinung auf dem Ge-
biete der alten Schriftkunde. Die Punkte aber, welche alle auf eine zweite
Hand zurückgehen, stehen, abgesehen von den Doppelpunkten, teils am
oberen Rande ^), teils, bei kleineren Pausen, am unteren (32. 47).^)
1) Vers 5 und 6 sind von Wilamowitz so ergänzt: ri ian tovQ-' o liyovßi
x[a.g MiXriöiccg \\ Tra/g'JfH' f';^oi'fTa's, aftz/JoAco, [rb a%vTivov und ziemlich gleichzeitig
haben H. Weil (Journal des Savants 1900, 95—96) und Arthur Platt (Class. Rev.
1899, 439) ebenfalls den obszönen Sinn erschlossen.
2) Vgl. noch H. van Herwerden, Mnemosyne 1901, 122 — 125, Postgate Class.
Rev. 1899, 441, G. Fraccaroli Riv. di fil. class. XXVIII 1—3.
3) Über einzelne Fehler s. auch Wilamowitz S. 33.
4) Von diesem Zeichen, das sechsmal erscheint und zu mancherlei Fragen
Anlafs giebt, handeln eingehend die Engländer S. 18 — 19.
5) Hier ragen sie öfter über den Rand hinaus.
6) Das tritt noch deutlicher bei dem Xenophonpapyrus Oxy. H 226 (Nr. 47)
zu Tage, vgl. z. B. Insl ovv.iti avtolg oi ivccvxioi i-jtexsl'Qovv. fjav^i-civ sixov tj&qol-
eybivoi- v-oä itäXai (isv u. s. w. , auch in dem Demosthenespapyrus Oxy. II 231
(Nr. 54) findet er sich (dreimal die ävco atiyn'^, einmal bei geringerer Satzpause
die nccrco). Anders ist es im Lachespapyrus Oxy. H 228 (Nr. 50). Hier findet man
nämlich recht häufig den Doppelpunkt (:), und zwar beim Personenwechsel, ein-
mal aber den einzelnen oberen Punkt in einer geringeren Pause (3, 14). Ohne
Unterschied sind avco und -kcctco anyi^Li] verwendet in Nr. 31 und 36. Jene Unter-
scheidung zwischen Hoch- und Tiefpunkt aber ist noch bis ins Zeitalter der Mi-
nuskelschrift beibehalten worden, wovon man sich durch einen Blick in die
Schrifttafeln von Wattenbach und Velsen überzeugen kann. Der Tiefpunkt be-
ginnt dann allgemach sich in das Komma zu verwandeln.
514 II. Referate und Besprechungen
Aus Meiiander's IleQiKSiQOiiBVri 51 zum gröfsten Teil gerettete
Jamben (es fehlt überall das rechte Versende) und geringfügige Überbleibsel
von sechs Versen der vorhergehenden Columne. I- und E-Laute sind öfters
verwechselt, stummes i fehlt, ^vuytUa 17 ist wohl nur ein Versehen. Für
die alte Schreibung ist von Wichtigkeit ovQ^iv 6^), tc5 yaq va X(x(x,ßd[v(i} 50,
endlich die Verkürzung des Diphthongs von Ttoifco, und zwar nicht nur vor
1] (aXXd XI [Ttjo-ijao) 2), sondern auch vor o (xcAcog ttowv 14), was auf
attischen Steinen nie vorkommt (Meist.^ 57), bei den Komikern aber durch
die Metrik gefordert und oft auch in den Handschriften überliefert ist.
Merkwürdig sind zwei Besserungen der späteren Hand: vri xov Jia' OQd'&g
yccQ Xeysig aus vrj rbv Ji u. s. w. und evrvxTqKVtrjg 19 aus — %vlccg. Das
ist im letzteren Falle sicher eine Einwirkung der Volkssprache, die ysyo-
vvir\g sagte wie d^ovQ}]g ßnelQrjg u. s. w., und auch wohl in dem anderen,
denn es läfst sich z. B. aus den ägyptischen Urkunden der Kaiserzeit er-
klären, welche sehr wenig Neigung zur Elision zeigen. Die Verse gehören
dem Menander an, denn 11 — 12 werden diesem im Etymologicum Magnum
zugeschrieben, und der Titel des Stücks ergiebt sich aus dem Epigramm
des Agathias Anth. Pal. V 217. Wir sind ziemlich am Ende des Lust-
spiels: der Krieger Polemon erhält seine Glykera, der er aus Eifersucht die
Haare abgeschnitten hatte, nach bitteren Reuequalen wieder. Pataikos^),
ein reicher Bauer, der Vater der einst in Kriegsgefangenschaft verschleppten
und vor kurzem wiedergefundenen Glykera, giebt nun seine Tochter dem
Polemon zur Frau und will dann noch eine zweite Hochzeit zurechtbringen:
da, eine oder zwei Szenen vor dem Schlüsse des Stückes, bricht der Papy-
rus ab. Ein Glück ist es zu nennen, dafs gerade die allerwichtigsten Verse
des Lustspiels erhalten sind, wenn wir auch über die Art und die Lösung
des andern Liebesverhältnisses nichts erfahren.^)
42. Strafsburger Papyrus, hrsg. von G. Kaibel, ein Komödienprolog,
Nachrichten der Ges. der Wiss. zu Göttingen 1899, S. 549 — 555. Dazu
eine Tafel.
1) So schrieb Menander, wie z. B. die zahlreichen Beispiele aus dem Mar-
cianus des Athenaios bezeugen; vgl. auch Nr. 41.
2) Wilamowitz S. 31 nennt ihn einen barbarischen Metoiken, was sein Name
zeige. Der Stamm mag freilich ungriechisch sein, der Name selbst aber ist all-
gemein bei den Hellenen verbreitet; er findet sich in Akragas, in Dyme, auf
Thasos, in Seleukeia imd ziemlich häufig in Athen, und zwar hier nur in dem
Zeiträume des CIA IL Was den besonderen Wohnort in Attika betrifft, so ist ein
Pataikos aus Eleusis, ein anderer aus dem Demos Pitthos, ein dritter (Wünsch
Defix. 81, 4) aus dem Demos Phrean-oi. Dann giebt es auch noch eine nccxuiv.a
CIA IV 3722'" und endlich unter Weibern niederen Standes eine TluxaUiov ^ bei
Wünsch Defix. .55 und bei Herodot 1,50; vgl. F. Bechtel Spitznamen S. 11.
3) Über diesen Papyrus ist nach der tüchtigen Bearbeitung in der Oxforder
Ausgabe, woran Blafs stark mitgeholfen hat, besonders Wilamowitz (30 — 33) und
K. Dziatzko fdas neue Fragment der UeQLKsiQo^svri des Menand. Jahrb. fvü- klass.
Philologie XXVII Suppl. (1900) 123—134, wo eine sorgfältige Textausgabe beige-
geben ist) zu vergleichen. Dziatzko meint, dafs die andere Liebschaft die des
Pataikos mit der Glykera gewesen sei, als der Vater seine Tochter noch nicht
wiedererkannt hatte, worüber man jedoch wird streiten können. Weiter hatte
noch darüber gehandelt H. Weil Journal des Savants 1900, 48—54 = £tudes sur
l'antiquite grecque (Paris Hachette 1900) 273—281 (ebenfalls mit Angabe des
Textes), H. van Herwerden Mnemosyne 1900, 118—122 und E. Piccolomini ün
framento nuovo di Menandro, Atene e Roma 1900, 41 — 54.
Wilhelm Crönerfc: Litterarische Texte mit AueBchlufs der christlichen 515
Einzelne Columnen (15,5 X 10) aus einer Rolle. Sie ist auf der
linken Seite zerstört, so dafs jetzt alle Versanfänge fehlen. Die Schrift ist
grofs und rund, öfter werden einzelne Buchstaben mit einander verbunden.
Der Herausgeber spricht von dem Alter nicht, doch glaube ich, dafs man
etwa an das Ende des I. christlichen Jahrh. zu denken hat.') Zweimal ist
beim Satzende im Verse eine Lücke gelassen, einmal ein Punkt gesetzt;
dann erscheint noch fast stets der Apostroph (auch bei der Krasis: 0'AX6-
POY). Es ist durch Ausstreichen und Überschreiben sehr viel nachträglich
verbessert worden.
Prolog eines Stückes der neuern attischen Komödie. Einige Fehler
gegen die Rechtschreibung {yeCvixcci 7. 18. (prjöLev 28; stummes t fehlt);
über ov&iv 11 vgl. den vorigen Papyrus. Der Verfasser verspottet zunächst
die andern Prologdichter, die eine lange unerquickliche Vorrede halten, um
die Vorgeschichte der Handlung zu erzählen. Das will er selbst kurz und
anregend machen und beginnt mit Vers 10 die Exposition. Zwei Brüder,
Sosthenes und Demeas, Nachbarn in Athen, der eine Vater eines Sohnes,
der andere einer Tochter, reisen nach Asien, müssen dort viel Mifsgeschick
bestehen und kommen erst nach 16 Jahren heim: hier verläfst uns der
Papyrus. Den Sprecher dieser Rede hält Kaibel für Dionysos, nach Vers 15,
wo er überzeugend Ji,ov]y6co ergänzt, während der Redner der verspotteten
Prologe als fiaxQoloyog '9'£[(5g 1 gekennzeichnet wird. Auf dem vorhergehen-
den Blatte stand, nach Kaibel, wenn nicht eben ein anderes Stück voraus-
ging, Titel, Personenverzeichnis, vielleicht auch noch die Hypothesis und
dann der Anfang. R. Reitzenstein giebt im Hermes XXXV (1900) 622 — 626
den Text noch einmal, nachdem er den Papyrus von neuem verglichen hat,
und handelt dann ganz besonders über die Prologarten. Es scheint, dafs
man den Papyrus abermals an seinem linken Rande mit ganz scharfem
Glase wird imtersuchen müssen, an einzelnen Orten auch die Tafel, z. B.
Z. 5 steht ein Rest eines von Kaibel nicht verzeichneten Buchstabens.^)
Menander als Verfasser der Stücke ist nur möglich, keineswegs irgendwie
gesichert; das Wichtigste aber, das die Verse bringen, ist die Erkenntnis,
dafs die Prologe des Terenz ganz den griechischen nachgebildet sind.
43. Pap. graec. 173 der Strafsburger Bibliothek, hrsg. von R. Reitzen-
stein im Hermes XXXV 605 — 607. Restchen aus einem Pergamentbuche,
mit roher ünciale, die etwa aus dem 8. oder 9. Jahrh. stammt. Als Lese-
zeichen erscheinen die drei Accentarten Spiritus, Elisionszeichen und I-Punkte
(IOAOKHN), dann je einmal ein Punkt (0H-) und eine geradlinige Para-
graphos. Der Buchstabe v am Versende wird durch eine wagerechte Linie
über dem vorletzten Buchstaben angedeutet (zwei Beispiele); war der Vers
länger als der Zeilenraum, so wurden die überschüssigen Buchstaben über
die Zeile geschrieben und durch einen gewölbten Strich von dem vorher-
gehenden Verse getrennt. Einmal trifft man eine übergeschriebene Ver-
besserung, sie zeigt eine dünnere, steife Schrift.
1) Sie ist sehr ähnlich der prächtigen breiten ünciale, in der Phüodems
Rolle tisqI svGtßiiag geschi-ieben ist (Vol. Herc. Coli, altera, vol. II).
2) Auch ist vielleicht eine genaue Beobachtung der einzelnen Buchstaben
von Nutzen. Denn am linken Rande vor 8 steht wohl KAN (XAN) für CAN, weil
eine Prüfung ergiebt, dafs das C stets mit zwei Strichen geschrieben wird; der
obere Bogen wird entweder verlängert oder nach unten gezogen.
516 ^I- Referate und Besprechungen
Vers 145 — 161 (Vorderseite) und 173 — 191 (Rückseite) aus dem
dritten Buche der Argonautika des Apollonios Rhodios. Die Vorder-
seite enthielt nur Versanfänge von mäfsiger Ausdehnung, die Rückseite noch
spärlichere Versenden. Das stumme t fehlt (154. 157), sonst steht noch rj
für si ((nqX[ia 146) und 'rj für t (£vtö'x7]ju,['j|;aT0 148). Trotz der Kleinheit
leistet das Stückchen einen wichtigen Dienst für die Erkenntnis der Über-
lieferung. Denn Vers 158, der bislang ß-rj 6e Öisk fisyaQOLO Jibg ndyKccQTiov
aXarjv lautete, hiefs im Papyrus zunächst /3^ de ^tbg ixeyaXoio 0[; dann
macht eine zweite Hand AIGK aus Z^IOC. Da aber dies keinen guten
Sinn gab, so muTste bald mit leichter Änderung iisyccQOio geschrieben wer-
den, und so liest man es in den byzantinischen Handschriften. Sonst ist
noch zu bemerken STthaaL 185, was der Papyrus mit allen Handschriften
irrtümlich für irceßGi bietet, und MIMN€T6KHAOI. Dies letztere nennt
Reitzenstein eine orthographische Absonderlichkeit, doch wohl mit Recht.
Entstanden ist die Lesart ohne Zweifel aus MIMN6TeeKHAOI, was
dann ein Abschreiber, der wohl skandieren konnte, aber einer grammatischen
Kenntnis ermangelte, zu [li^vex' s'k^]Xoi, machte. Dafs Herodian (I 52,34;
72, 31 Lentz) bei exriXog den Hauch besonders erwähnt, beweist für ein
Vorkommen der Psilosis nichts, da jener Sprachmeister eben alle mit 6K
beginnenden Worte der Reihe nach durchnimmt.
44. Oxy. n 27—29, Nr. 214.
Blatt eines Papyrusbuches (11 X 7,9), beschrieben von einer schmalen
Uncialhand, die dem Aussehen nach in das IH. Jahrh. n. Chr. gehört; auch
ist das Stück mit vielen Urkunden aus dieser Zeit zusammen gefunden
worden. Der obere Rand ist erhalten, nach Zeile 22 bricht das Blatt
unten ab. Von Lesezeichen sieht man nur die fast regelmäfsig gesetzten
I-Punkte, die Paragraphos fehlt, Verbesserungen sind nicht vorgenommen
worden.
Bruchstück eines unbekannten Epos, ohne Eigentümlichkeit in der
Rechtschi-eibung (st 2 X = 7). Kein Vers ist vollständig erhalten, doch
haben die Engländer auf der Vorderseite wenigstens 11 wieder herstellen
können. Hier redet eine weibliche Person davon, dafs, wenn nicht Dionysos
geholfen hätte, die Achaier von Telephos vernichtet worden wären; dann
bittet sie die Götter, die Friedensverhandlungen zwischen Troern und Ar-
geiem zu einem guten Ende zu führen, damit nicht der Xanthos und der
Kaikos sich wieder vom Blute röte. Auf der Rückseite des Blattes spricht
dieselbe Person (kkI noßßiv iroifir] . . . enl i'^ovbg el&i)6ni(jii) von den
Schrecken der Seefahrt, es scheint also, dafs ein ihr Nahestehender (^vi^itcog
o[g 11) übers Meer gegangen ist und entweder betrauert oder ersehnt wird.
Robert vermutete, dafs der Ort der Handlung in Italien liegt und dafs
Astyoche, die mit ihrer Schwester Aithylla und Medesikaste unter den ge-
fangenen Trojanerinnen sich befand, den Rat giebt, die Schiffe zu ver-
brennen, vgl. Tzetz. zu Lyk. 921. 1075, was inde.ssen die Engländer mit
Recht wegen der auf der Vorderseite ausgesprochenen Bitte nicht ange-
nommen haben. So viel scheint mir sicher, dafs die Telephossage in dem
Stücke, wenn nicht die erste, so doch eine hervorragende Rolle spielte, und
dafs die Zeit der geschilderten Ereignisse die der kleinen Hias ist. Den
Verfasser suchen die Engländer und Weil (Journal des Savants 1900, 96 — 98)
WilheLm Crönert: Litterariache Texte mit AusschlufB der christlichen 517
unter den Alexandrinern, Wilamowitz möchte auch nicht bis auf die Kaiser-
zeit hinuntergehen. Anders Arthur Platt (Class. Rev. 1899, 439 f.), der den
Dichter zwischen den Alexandi-inern und Nonnos ansetzt. Diese Ansicht
scheint begründeter, denn wenn auch die Verse ohne Tadel sind, so kann
man doch wegen vollständigen Fehlens allen gelehrten Krames und aller
eigenartigen Worte und Bildungen^) nicht mehr an die Zeit der alexandri-
nischen Dichter denken.^)
45. Wachstafel des Ägyptischen Museums zu Berlin, hrg. von H. Diels,
die Elegie des Poseidippos aus Theben, Berl. Sitzungsber. 1898, 847 — 858;
dazu eine Lichtdrucktafel. ■*)
Es sind zwei zu einem Diptychon vereinigte Wachstafeln, ein hübsches
Beispiel des alten Notizbuches. Fast die ganzen beiden Innenseiten sind
beschrieben, die AuTsenseite, die mit einer weit dünneren Wachsschicht
überzogen ist, zeigt nur ein einzelnes Wort, über das noch unten gesprochen
werden soll. Die Schrift, dem I. nachchristlichen Jahrhundert angehörig,
ist zunächst eine feste, ausgeprägte Unciale, geht aber später in die Cursive
über. Der Text wimmelt von Verbesserungen, eine Erscheinung, die in
dem Zwecke der Schrift ihre Erklärung findet.
Elegie eines unbekannten PoseidippoS von Theben. Die Rechtschrei-
bung, über welche Diels ausführlich handelt, ist furchtbar verwildert, immer-
hin merkwürdig ist die Vertauschung von w und ou*), die willkürliche
Behandlung des Nasal ^) und azlvv 19, axQL 24, Vers 5 giebt neben dem
Verfasser auch den Inhalt des Gedichtes an, denn der Dichter wünscht von
den Musen: vvv ös TJoGtiSinnai (-TTTTOY überl.) Gxvyeqov avvaeCöazs
(-CAA6) yiJQCig. Es ist ein Lied auf das Alter, aber ohne jede Kunst und
verständige Anordnung der Gedanken. Poseidippos, mit mancherlei von
den früheren Dichtern erborgten Fedei'n sich schmückend, ohne dabei von
richtiger Silbenmessung eine Ahnung zu haben, wechselt zwischen hohlem
Pathos und niedrigen Gedanken; erträglich ist noch der Schlufs, in dem er
sich ein glückliches und friedliches Lebensende wünscht. Die Tafeln haben
insofern eine ganz einzige Bedeutung, als sie gewissermafsen das Unreine
des Gedichtes geben: zahlreich sind die Verbesserungen und, denn das Stück
ist invita Minerva gefertigt, Verschlechterungen, so dafs man sich hieran
klar machen kann, wie etwa Kallimachos oder Euphorion ihre Werke zu
stände brachten. Anfang und Ende der Elegie sind wohl erhalten, in der
Mitte sind viele Lücken, die aber der Schi-eiber selbst gelassen oder durch
1) Alles stimmt mit der homerischen Sprache überein^ nur lx&v6ßoro[g 2, 15
ist erst bei Oppian belegt.
2) Viele Verbesserungen und Erklärungen giebt A. Ludwich, Berl. phil.
Wochenschr. 1900, 357, eine blofse Darstellung des Thatbestandes G. Fraccaroli
Riv. di fil. class. XXVIII 3—6.
3) Ist zu Unrecht in dem ersten Berichte ausgelassen worden.
4) noasiSinnov für -cot 5, IJaXlaiov fiü' -cot 16, itaga ^oißcat für -ov 1. Dafs
dies auf der Aussprache beruht, zeigen die Beispiele, welche die ägyptischen
Urkunden aus den ersten christlichen Jahrhunderten in nicht geringer Anzahl
bieten.
5) 'OliTCWi 16, li^TtccvEvzs (= -vExs) 7. Zur letzten Form giebt es eine An-
zahl von ähnlichen Fällen, z. B. Ttoioiiisv&a. ccTto-nQVTttöybSvQ'a dvväfisvd'oc aus dem
bekannten Palatinus des Lysias (s. XII) Hermes X 257, a^iovvfiev Lond. I 26, 11
(161 V. Chr.) äiLÖv^s (= -ovfiat) 124, 15 (s. IV— V) ü(x.lr]vaev ev. Math. 13, 34
codex Bezae s. VI u. a.
518 II- Referate und Besprechungen
Tilgung hervorgerufen hat; im Ganzen sind die Eeste von 14 Distichen zu
lesen. Ein seltsames Wort steht auf einer der Vorderseiten: ANTACMO-
AIAN. Darin findet Diels, wenn auch mit Zögern, ccvraiG^aiSiav, indem
er an unbekanntes ai6^ai,6etv anknüpft, und die Elegie als einen Gegen-
gesang in einem Wettstreit bezeichnet. Der Gedanke ist vortrefflich, aber
die Bildung ungeheuerlich, und wenn man eine bei einem so schlechten
Schreiber nicht auffällige Vertauschung zweier Vokale annimmt, so erhält
man avTaiü^driov^), was eine richtige Erweiterung des schon bekannten
Ki,G(icctiov ist. ^)
46. Oxy. II 39—41, Nr. 219.
Zwei Bruchstücke (das gröfsere 12,2 X 18,4), mit Urkunden aus der
ersten Hälfte des I. Jahrh. n. Chr. zusammen entdeckt; die auf den Blättern
erscheinende Cm'sive ist wohl auch in dieser Zeit geschrieben. Auf dem
ersten Bruchstück hat sich der untere Eand erhalten, hier zählt man nach
oben 20 Zeilen. Lesezeichen fehlen vollständig.
Klag;e über einen entlaufenen Hahn, ein rohes Gemisch von Prosa
und Dichtung, von hochtrabenden Ausdrücken ^) und von Worten und Formen*)
des gemeinen Lebens, das eine Aufnahme unter die Litteraturstücke nicht
verdiente, wenn es nicht zur Erkenntnis dichterischer Bethätigungen etwas
beitrüge, wie doch auch die schlimmsten christlichen Grabverse mit den
andern zugleich gesammelt werden. „Der Hahn, den ein Freund des Klagen-
den namens Tryphon in Verwahrung hatte, hat wohl die Henne Thakothal-
pas^) verfolgt und ist jetzt auf und davon. Ich, einst glücklich gepriesen
unter den Hahnenzüchtern ^), bin in Verzweiflung. Aber ich lege einen Stein
auf mein Herz^), das wird mir Ruhe bringen. Lebt wohl ihr Freunde!"
1) r und 8 hat Poseidippos wie viele Urkunden seiner Zeit oft verwechselt,
z. B. in awasicads.
2) An demselben Orte (S. 857 — 858) hat Diels noch eine andere Wachstafel
veröffentlicht (Britisches Museum Nr. 29527), die schon seit längerer Zeit bekannt
(vgl. Rumpf, Verhandl. der Würzb. Philologenvers. 1869, 239), aber noch nicht
verstanden ist. Es ist ein Rätsel in zwei Distichen; Selrog, die Wachstafel selbst,
ist die gewünschte Antwort. Der Dichter gehört in die Kaiserzeit, der Schreiber,
der etwa im n. oder III. Jahrh. lebte, hat sich das Epigramm als Schreibübung
aufgezeichnet.
3) z. B. cchSgoGoig 11 ein neues, sicher einem Dichter entlehntes Wort; i]
vccvg ftov iQQayr} 15 („ich bin verloren").
4) ipv^o^ax&i 21, r]6r6%7\v.i ftov 21, i[ilv iv%(xxiUnE 22 (diese Form liefs sich
bis jetzt erst seit dem III. christlichen Jahrh. feststellen, vgl. K. Dieterich, Unter-
suchungen, 190), i[iatov 23.
5) Blafs, dem Wilamowitz zustimmt, glaubt in dem seltsamen ©AKAOAATTA-
AOC Q-ä%a für rä%a zu erkennen (diese Umstellung der Aspirate ist gar nicht
selten in ägyptischen Urkunden), letzterer sucht noch in OAATTAAOC einen Eigen-
namen, dessen Accent und Bedeutung dunkel sei. Andere, nämlich Postgate
(Class. Rev. 1899, 441) und A. Platt (1900, 19) kommen der Sache mehr auf die
Spur, da sie an Q'älnHv (brüten) erinnern, und F; Bechtel (Hermes 1900, 348) hat
sie wohl erledigt, indem er Qay.oQ-aliiäg (die Sitzwärmerin) schreibt. Das Wort
ist dann sicher aus der alexandrinischen Dichtung aufgegriffen.
O
6) €NTOIC <t>IAOTPO<l>l (das O unsicher) wird als tpiloxqocpioig von den
Engländern und Wilamowitz ausgelegt, doch stimmt cpiXoxQÖfpoig von Ludwich
(Berlin, phil. Wochenschr. 1900, 358) mehr zur Überlieferung und, wenn man so
sagen darf, zur Metrik.
7) Das ist entweder eine unbekannte Sitte oder eine Hindeutung auf den Selbst-
mord des weinerlichen Jungen. Wozu nimmt er denn Abschied von seinen Freunden?
Wilhelm Cröuert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 519
Die Worte sollen Verse darstellen, ein paar Trimeter, in denen aber weder
Länge und Kürze noch auch Silbenzühlung beobachtet wurde, auch ist der
Hiat nicht anstöfsig. ^) Nur ein Gesetz hat der Schreiber ungefähr durch-
geführt, nämlich die vorletzte Silbe kurz zu machen.^) Über Einzelheiten
sind im übrigen noch Wilamowitz (S. 50 — 51)^) und A. Ludwich, Berl.
phil. Wochenschr. 1900, 358 zu vergleichen.
II. Prosastücke.
47. Oxy. II 117—118, Nr. 225; dazu Tafel V.
Schmaler Streifen einer Papyrusrolle (13 X 5,4) mit erhaltenem oberen
Rande und Eesten zweier Columnen. Der Schreiber, noch dem I. christ-
lichen Jahrhundert angehörend, hat die Neigung, wo es angeht, den einen
Buchstaben an den andern zu knüpfen, auch verwendet er kein anderes
Zeichen als den bekannten Füllstrich (7) am Ende einer Zeile. Der arixog
enthält 17 — 20 Buchstaben, die Seite genau 25 Gxi%OL.
Thnkydides II 90, 5 i%iv.arciXcc^6v\x£q — 6 ano t]&v und 91, 1 t-^v
i7Ci6rQog)r}v — 2 jwtav vavv t\&v. Bei den Wortformen läfst sich nur eine
Bemerkung machen: (p&dvov]6i avrov[g 91, 1. In dem schönen Thukydides-
papyrus Oxy. I 16 fehlte das v durchgängig auch vor Vokalen, bis es die
2. Hand wieder einsetzte, und wenn z. B. eben in jenem Thukydidesstück
der Palatinus tiXecoGi. ol (II 92, l) schreibt, so wissen wir nun, dafs das
alte Überlieferung ist.*) Die Lesarten des Papyrus bieten aufser dem wenig
passenden cc^wov^isvai für cciiwov^svot 91, 1 nichts Neues, sie zeigen aber
die Güte des Laurentianus C (mit diesem stimmen sie in inLGXQOcpijv 90, 6,
t6 'ATfolXcovLOv und ai.ivvov(isi'at 91, 1 überein) und bringen daneben den
Nachweis, dafs der von Hude zuerst herangezogene Londinensis M selb-
ständige, vortreffliche Überlieferung birgt (vgl. öxovßat 91, 3 und die Be-
merkungen von W^ilamowitz a. a. 0. 46).^)
48. Oxy. II 118—220, Nr. 226.
Papyrusblatt (14 X 12) mit den Resten von drei Columnen, welche
in mittlerer Unciale beschrieben sind, Ende des I. oder 11. Jahrh. Die Zeilen
sind recht schmal (13 — 16 Buchst.), etwa 25 — 26 von ihnen bilden eine
Columne. Grammatische Bezeichnung der Buchstaben fehlt aufser in YTTO
2, 9, zur Zeilenausfüllung dient das bekannte Häkchen 7 1, 7, 19. 2, 12,
1) Ein Muster:
rov ^[ax]ly-Ov, rov insQÜctov, tov 'EXXrivLiiov,
^dgl^iv rjovrov iKaXov^iriv iiiyag iv rä ßicoi.
2) Die Messung von KAAIO)! (16) als ^_ kann in der Volkssprache, die Kläco
kannte {yiXuovaag F. Paris. 34, 7 (157 n. Chr.) und KXdyco 51, 16 (160 v. Chr.) nicht
befremden.
3) „Eine schnui-rige Expektoration, das Sekundanerpathos eines halbgebildeten
Bengels, der mit dem Weltschmerz spielt, weil ihm sein Kampfhahn fortge-
kommen .ist."
4) Über die vielen Zeugnisse dieses Brauches, die noch heute in den Hand-
schriften, besonders in B und C, aufzutreiben sind, und über die merkwiü-dige
Erscheinung, dafs Prokop, der sklavische Nachahmer des Thukydides, nach Aus-
weis seiner Handschriften auch diese Kleinigkeit nachgemacht hat, wird an einer
anderen Stelle ausführlicher zu reden sein.
5) Die Bemerkung der Engländer über Si[^cp&£i.Qav 90, 5 ist hinfällig, da sie
aus Versehen die Lesarten zu di^cpQ^eLQccv 91, 1 herangezogen haben.
520 II- Referate und Besprechungen
17, 19, und daneben der wagerechte Strich: eTTeXei — ] POYN 2, 13.^)
Während die Pai-agraphos nur selten erscheint, findet man eine sorgfältige
Punktierung, die nach den Engländern von dem Schreiber selbst später hin-
zugefügt wurde. Über die Interpunktion s. Nr. 40.
Helleiiika des Xenophou VI 5, 7 nQ]6'^eu[ov Kai KaUßLo]v — 8 oi
MavTlivfjLg und 9 Ta[g inl t6 — o[\ ök jilsraöico'^avteg. Wo die Recht-
schreibung mit der Ausgabe im Widerspruch steht, kann man immer etwas
leraen: Kaki\ßi.ov 2, 7 beweist, dafs schon in ziemlich früher Zeit der ein-
fache Konsonant sich in diese Form eindrängte'); a7to]y.reLvvvct[i, bietet die
rechtmäfsige, in den Text zu setzende Sckreibweise (vgl. Kühner-Blafs II 469);
ETteno^cpoöav 2, 16 ist wohl eine verschollene ältere Nebenbildung, die unter
der Einwirkung des „chalkidischen" l'öioßav sl'7to6ai> entstand; und endlich
MavT\iif]ig 2, 25 giebt einen willkommenen Beleg dafür, dafs die ähnlichen
Schreibungen in den Handschriften des Xenophon^) schon ein ziemliches
Alter haben. Da die Behandlung des Textes nicht ganz genau ausgefallen
ist, so möge sie hier besser versucht werden. VI 5, 7 (Col. 1, 3) wird
stillschweigend -ö'ea^otjg gedruckt, obwohl dies erst von Dobree für &edrQoig
eingesetzt worden ist: ob es wirklich im Papyi'us stand, mufs eine Nach-
vergleichung feststellen; das beanstandete ov^ vor iläxzovg hat auch der
Papyrus; d akkovg] de äXkovg; roLOvrog vor 6 ^xccaimtog fehlt („darin wird
eine arge Interpolation entfernt" Wilamowitz 47); 5, 8 jr^og MavrcvsLav]
-slai, eine fehlerhafte Lesart; Kskevovrsg ßorj&siv] im Pap. umgestellt; 5, 9
KaTaq)ev'yoi'rsg BJ -cpvyövTsg CFMDV und der Papyrus; eyKl[si6^Bvoi ist ein
Druckfehler statt f yxA[ fiGajiifvot. Aufser der Beseitigung des eingedrungenen
Glossems liefert der Papyrus auch die Erkenntnis, dafs die Lesarten der
sogenannten schlechteren Handschriften schon recht alt sein können.
49. Oxy. II 120—123, Nr. 227.
Längeres Papyrusstück, fünf Columnen enthaltend, mit dem oberen
und unteren Rand 26 cm hoch. Die Schrift ist eine regelmäfsige , grofse,
aufrechte Unciale, nach den Herausgebern ähnlich der des Papyrus vom y
der Odyssee (Brit. Mus. 271, Facsimile bei Kenyon Palaeographie 7. XV)
und gehört an das Ende des I. oder spätestens an den Anfang des II. Jahrh.
11 — 14 Buchstaben machen einen ßriiog aus, dreifsig Zeilen eine Seite.
Von Lesezeichen ist nur die Paragraphos, einmal auch ein Punkt am oberen
Rande (5, 9) angewandt; die Zeilenausfüllung geschieht durch das nach
links geöffnete Häkchen 1, 14. 15. Falsch ist getrennt in a[Gi;v] | £(7/a 1, 17.
Aus dem Oikouomikos des Xeuopliou VIII17 iaivQ&g \o\^[o3g — 1X2
t\v £Y.u6{x(i)L. In der grammatischen Schreibweise, die einen recht sorg-
fältigen Schreiber verrät, ist aufser avunELitroi 4, 12 zu bemerken öiEiQtj-
lji[e\vc3v 1, 7^) und xv-O'^ag 1) 12, von zweiter Hand in y^vQ'Qccg geändert.^)
1) Nicht etwa ein Trennungsstrich, s. unten Nr. 53 und 69. Ähnliches in
den Herk. Rollen.
2) KäXiTtTiog findet man in den Handschriften an recht vielen Orten.
3) Mit den Beispielen aus der Thukydides- und Dio Cassiusüberlieferung zu-
sammengestellt in den Wiener Stud. XXI (1899) 57.
4) Dies die attische Form, die sich schon in dem grofsen Thukydidespapyrus
(Oxy. 116. 2, 4) gefunden hat und für welche in der Göttinger Dissertation Quaest.
Herculan. (1898) S. 41 eine Menge Beispiele aus ägyptischen Urkunden und aus
der besseren handschriftlichen Überlieferung zusammengetragen sind.
5) Es hätte wenigstens ivxqug verbessert werden sollen. Es ist indessen die
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 521
Was die Lesarten anlangt, so zeigt der Papyrus, wie schlecht es mit der
Überlieferung des Xenophontischen Buches bestellt war; auf eine Zusammen-
stellung jedoch der Ergebnisse kann verzichtet werden, nachdem Wilamowitz
a. a. 0. S. 46—47 das Nötige ausgeführt hat.
50. Dubliner Papyrus aus der Sammlung Flinders Petrie, hrg. von
J. Gilbart Smyly, a new fragment of the Laches of Plato, Hermathena X
(1899) 407—408.
Kleines Stückchen von etwa 10 cm Breite, aus ptolemäischer Zeit.
Die Zeile enthielt 16 — 20 Buchstaben, die Seite gegen 35 Zeilen. Von
Lesezeichen findet sich nichts als ein wagerechter mit der Höhe der Buch-
staben gleichlaufender Strich (AOKJHI ~ TTeiCTGON 1,4), eine, wie
es scheint, bis jezt unbekannte Art der Bezeichnung des Personenwechsels.
Die Mitte des Stückes nimmt der Randstreifen ein, die linken Reste
bieten aus dem Laches des Platoil 189*^ aKojvaag — 189^ 6\xs66lv, die
rechten 190^* naQccyei-ol^ivlrj — axo\liit. Die wenigen Buchstaben geben
einen ziemlichen Ertrag: 189^* oTi a v(.üu \ [dojcjfjt^) unter Auslassung des
Hat, nach av; ntißxiov \ [w cpiX\oi ylv6i.f.i.dicot, statt co Ntnla xe nal ylccpjg^)-^
riveg rj [6i,öd6}ia]koi. für rlvsg ol ö., wiederum eine Verschlecbtei'ung; 190°
ov 5t]axK>j sl^s für e'xsi; ilg ravrbv g)EQei\ 'Aal ßx^ööv [xi ^äklov l^\ oiQxTjg
sir) av für cpsQSi, öisdbv de xi xal fiälkov. Rechts, wo nur sehr wenige
Buchstaben gerettet sind, scheint alles in Ordnung zu sein. Denn die
Zeilenanfänge || • 06 •, || • • N, || CXO, 1| M| ergänzen sich gut, wenn man
annimmt, dafs bei der grofsen Zertrümmerung des Papyrus nach der ersten
Zeile eine andere zerstört worden ist: %xi!]6ai, \ t]o. c[i yaq fxrjö^ avxb xov-
xo I ELÖstrjfiEv, 0 xi nox^ f'<y|u]v[ t] o xi eöxlv aKor\\ \ (>;^o[Afji u. s. w., die
letzten Buchstaben aber möchte ich nicht für richtig gelesen halten.
51. Oxy. II 123—126, Nr. 228.
Papyrusblatt (25,5 X 15), eine vollständige Columne mit Resten der
angrenzenden enthaltend. Die Schrift ist eine gerade, zierliche Unciale, von
dem Hrg. ins H. christliche Jahi-h. verwiesen. Die Zeile enthält 16 — 20
Buchstaben, die Seite 32 — 33 Zeilen. Schriftzeichen: A 1, 6 j6[Y 2,4
Äl— Gl)N6Ä 17 0[N 32, zwei Punkte (:) zur Bezeichnung des Personen-
wechsels und damit stets verbunden die Paragraphos am linken Rande; vgl.
noch Nr. 40.
Aus dem Laches des Piaton 197^ %\ai ev A[£'y]a[g — 198^ cip' ovv
a[7iSQ, dazu auf einem versprengten Restchen der nächsten Columne 198*^
&aQQ\aXia [^6e x]cc ^i] nand. Aufser 'r]6<&rj6&ai. 2, 21 imd ajteJx^Eivco 3, 27
verstöfst nichts gegen die Grammatik, denn cpfjg 1,16 2, 17 ist die richtige
Form, wenn auch T immer und B meist g)}]Lg überliefern, und indem in
jonische Form wieder in den Text einzusetzen, und mit ihr zugleich noch manches
andere, was sich in den Handschriften erhalten hat, bis jetzt aber verschmäht
worden ist, z. B. xpTjTJJpa Anab. IV 5,22 A cpgrirgcc Kyrup. I 6,33 AGpr. ^stvog
Anab. I 3,3 A inl ^sivia VI 1, 3 A ^v Kovltm Kyrup. I 2, 9 BD* TtuQaLßdzag VII
1,29 AG ccvTLg IV 2, 36 A 5,56 A VIE 3, :^2 D Anab. V 4, 20 C 6,25 BC VH
3,18 BC.
1) Es scheint, dafs vor d noch zwei oder drei Buchstaben standen, doch
läfst sich das erst am Original ausmachen.
2) Es war [fi^vTJot ergänzt, was gar nicht pafst.
522 II- Referate und Besprechungen
ccTtQO^^rj&sl^ccg 1, 27 der Schreiber nachträglich das £ tilgte, folgte er dem
Sprachgebrauch seiner Zeit, den es noch näher zu untersuchen gilt. Auch
in avfnt[avra 3, 30 merkt man den Einflufs der späteren Sprache. Die
Lesarten, über welche das genaue Verzeichnis der Engländer zu vergleichen
ist, zeigen eine Reihe von Umstellungen, geringfügige Erweiterungen und
Auslassungen. Der Papyrus geht dabei einige Male mit einigen Hand-
schriften zusammen, welche Übereinstimmung aber 2, 13 zufällig ist, da
AAvLlAXON sehr leicht zu AXIAXON werden konnte. Die einzige
wichtigere Neuigkeit ist ovkovv ßi ys 197'^ füi* ovkovv sycoys, was die Eng-
länder vorziehen und Wilamowitz a. a. 0. 49, der auch sonst zu vergleichen
ist, gar eine Lesart nennt, die man sich schämen solle, nicht durch Ver-
mutung gefunden zu haben.
52. Oxy. II 126—127, Nr. 229.
Papyrusblatt 17 X 4,9, beschrieben von einer Uncialhand des II. Jahrh.
n. Chr. Die Zeile enthielt 19 — 23 Buchstaben, die Columne, von der nur
h h
der obere Rand erhalten ist, über 30 Linien. Lesezeichen: OY 2 OPGüN
12 AN 8^), der Doppelpunkt zum Zeichen einer gröfseren, der einfache
Punkt zum Zeichen einer kleineren Satzpause ^), dann die Satzfüllstriche (7)
2, 7, 25. Auf dem oberen Rand steht ein Scholion in einer Cursive des IL
oder III. Jahrh.
Platou, Pliaidon 109'' 7toXXov]g r&v — 109*^ ovQav]ov ovrog. Aus der
Rechtschreibung ist zu bemerken §i;v[^£r]v 3 und eco^axcog 18 ecoQan[6rog
24.^) Eine neue Lesart zeigt sich nirgend, denn dafs der Papyrus 109*^
ccvaKVTpag in \ ['&aXdTrrj]g geschrieben habe unter Auslassung von Tf;g, ist,
da die benachbarten Zeilenenden alle verstümmelt sind, sehr unwahrschein-
lich. Die kurze Erklärung am oberen Rande: (Jt' vöarog \ ag ol iyO'veg
xov ovQavYov OQÜi], I im-ug 8l asQog ist sehr oberflächlicher Art.
53. Pap. graec. 92 der Strafsburger Bibliothek, hrg. von R. Reitzen-
stein im Hermes XXXV 607—608.
Kleines, mit der Scheere zurechtgeschnittenes Blatt aus einer Papyrus-
rolle, geschrieben in grofser prächtiger üncialschrift des beginnenden dritten
Jahrhunderts. Eine Eigentümlichkeit der Sclu-ift ist es, dafs die Zeilen un-
gewöhnlich schmal sind, sie enthalten meist nur acht bis zehn Buchstaben.
Dabei hat der Schreiber so sehr auf ein Ebenmafs der Columnen geachtet,
dafs er die etwa überschiefsenden Buchstaben kleiner schrieb, um die Zeilen-
länge nicht zu ungleich zu machen. Eine solche Columne aber enthielt
nur 23 Zeilen, also kaum über 5 Teubnerzeilen ! *) Von Lesezeichen ist
nichts zu bemerken.
1) Wie die Engländer bemerken, eine ganz ungewöhnliche Erscheinung. Der
Schreiber hatte wohl im Sinne, dadurch (oOTttQ av von wg itigav zu scheiden.
2) Der Doppelpunkt (:) in dieser Bedeutung ist ebenfalls nicht gewöhnlich;
er findet sich ähnlich in dem Herkulanensischen Papyrus 1012. 44, 4.
3) Plato hat doch wie die attischen Dichter k6Qav,a geschrieben. In seiner
Überlieferung findet es sich noch Soph. 239'' {toiQav.wg T) und Leg. 905'' in der
Handschrift B s. XI des Theodoretos (graec. afi". cur. 93, 50).
4) Die ganze Rede nahm somit etwa 66 Seiten ein. Ob damit die Rolle
abgeschlossen war, läfst sich nicht 'sagen, zur Erreichung der Durchschnittslänge
war mindestens noch die Rede an Nikokles nötig, vielleicht waren auch alle drei
moralischen Reden des Isokrates vereinigt.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 523
Das Blatt enthält auf der Vorderseite (über die Rückseite s. Nr. 60)
Isokrates' Rede an DemOllikos 45, und zwar auf der linken Seite rvy]-
1(x\v(ü — %a\i\Qovrccg und auf der andern y^Qw^itvog — d%oq Kai. Das
stumme t fehlt. Der Zettel liefert nur eine Bemerkung: in rsKfi^^Qiai. %Q(o-
^evog xrii neql x-i]v äkXriv 6ov ncctösiav cpikoTtoviai wird aov vom Papyrus
mit r ausgelassen.
54. Oxy. II 128—130, Nr. 230.
Papyrusblatt (28 X 21) mit einer vollständigen Columne und Resten
der beiden benachbai-ten. Die runde, unregelmäfsige Unciale stammt aus
der Mitte des 11. Jahrh. n. Chr. In der Zeile sind 21 — 24 Buchstaben, in
der Columne 36 Zeilen. Einige wenige Lesezeichen: Öfter Punkte über
anlautendem i und v, Elisionszeichen 3, 14 und alte Form des Spiritus
asper '" 2, 36. 3, 14. Während diese Zuthaten von einer späteren Hand
herrühren, hinterliefs noch die erste die Paragraphos und, was eine Eigen-
tümlichkeit des Schreibers ist, an nicht weniger als 14 Stellen den wage-
rechten Füllstrich ( — ) zur Ergänzung der Zeilenenden (s. oben Nr. 47).
Demostheues, Kranzrede 40 «xovtcoJi^ 'Ad'[r]vaicov — 44 tote nd[v]rs[g
und 45 Ktvjdvvcov [xd — 47 TtQLrjtaL A€| (?). Aus der Rechtschreibung ver-
dient bemerkt zu werden, ovd'ev 45, was Demosthenes recht wohl gesckrieben
haben kann^) und nal &eoiaiv ix^^QOi 46, wo iv von der 2. Hand getilgt
wurde. ^) Dann wäre nützlich, wenn einmal ganz genau untersucht würde,
ob nach TTePI[lOL)N 44 (Col. 2, 18) wirklieb ein I folgte oder nicht viel-
mehr gleich das Cü.^) Die Herausgeber haben zui- Vergleichung des Textes
hier, wie in den folgenden Stücken, die Ausgabe von Blafs herangezogen,
welche nur eine Auswahl der Lesarten bietet, wo sie doch auf die Din-
dorfsche Ausgabe hätten zurückgreifen müssen. Wenn man den Papyrus
mit den beiden Hauptvertretern der Demosthenesüberlieferung, dem guten
grammatischen Text im Parisinus S und der Vulgata in A^) zusammen-
hält, so findet man, dafs er zwischen beiden Zeugen steht, so jedoch, dafs
er in den 5 Fällen, in denen Übereinstimmung mit S vorhanden ist, vier
Mal mit dieser Handschrift ein Glossem ausläfst^), während er hingegen,
1) Vgl. Meisterhans^ 259 (von 378—300 34 x Fennen mit S, 23 x mit #).
Die Aspirate ist schon in einem andern Demosthenespapyrus aufgetaucht: ov&ivcc
epist. 3, 33 {Lri&Hg 34 im Pap. 133 des Brit. Mus. aus dem 11. oder I. Jahrh.
V. Chr.
2) Es ist schon irgendwo einmal beobachtet worden, dafs diese altertüm-
lichen Endungen noch hie mid da bei Attikern sich vorfinden. Ich habe augen-
blicklich nur einen ähnlichen Fall zur Hand: nloioi6iv Xenoph. Anab. I 4, 18
ACD.
3) Dafs die Attiker in mQu^vm tibqucov und ähnlichen Formen das andere i
unterdrückten, lehrten zunächst die Komikerstellen, und jetzt hat man die Bil-
dungen auch schon in der Isokrates- und Platonüberlieferung erkannt. Preufs in
seinem Index Demosthenicus führt bei Tcsgisi^i 29 Stellen an, welche hierher ge-
hören, und wenn die Handschriften noch an 15 Stellen die verkürzte Fonn zeigen,
so kann das kein Zufall und keine Schreiberlaune sein. Die Stellen sind: nsQiTixs
(7tEQLf]X8 die Hss.) prooem. 55,2, ithQiwv 19,242 YO (geschrieben nsQl av) 21,104
S^ 198 AYO 25, 74 F 57, 33 SFQ ep. 3, 28 SBQ, TtEQiovta 21, 36 S 23, 80 SFYO,
nsQwvTsg 4,1 S'F 48 SFB 6,14 F 14,12 S 57,64 SFQ 58,63 FQ. Der Marcianus
F hat auch in anderen Fällen neben dem Parisinus S am besten die alten Formen
bewahrt.
4) Vgl. Drerup im VE. Supplementband des Philologus S. 535.
5) c:Si,yiri(iccxa 42 S* Pap., aS. ^al d(OQO$OKi]nocxa S*A; siQrjvriv 43 S Pap., sIq.
Archiv f. Papyrusforschung I. 3/4. 34
524 II- Referate und Besprechungen
wo er mit A zusammenfällt, meist einen Zusatz bestätigt.^) Die neuen
Lesarten aber, die das Blatt aus Oxyrhynchos bietet, zeigen wiederum Aus-
lassungen^) oder Zusätze^) oder endlich Umstellungen^); M6(jÜC oder
AA6GÜC scheint 41 für Ttiörjecog zu stehen (^Övvdjfisag die Engl.); lehr-
reich aber ist die neue Lesart fiLa&ioßdvtcov iavTOvg [exe/Jvoj 42 für die
Textgeschichte. Das Wort eneifou, das dem Demosthenes zurückzugeben
ist, ward zunächst dm-ch z&i QiXlnncüv erklärt (so S), worauf dann ein
anderer aufmerksamer Leser das x&l OdcTtTtcot strich (so A), weil der Name
schon kurz vorher genannt war und eine Wiederholung anstöfsig schien.
55. Oxy. II 130—131, Nr. 231.
Kleines Papyrusblatt (9,2 X 7,3), beschrieben von einer mittelgrofsen
Uncialhand, die der des Thukydides Oxy. II 225 (s. Nr. 47) ähnlich sieht
und etwa an das Ende des I. oder an den Anfang des IL Jahrb. gehört.
Die Zeile hatte 24 — 29 Buchstaben; aber die Ausdehnung der Columne
läfst sich nicht feststellen, da weder der untere noch der obere Eand ge-
rettet ist. Von Lesezeichen erscheint zweimal der Circumflex (merkwürdig
Hl = -^i); von der Interpunktion ist zu bemerken, dafs nach dem Punkt
gewöhnlich ein kleiner freier Eaum gelassen wii'd; über die beiden Punkt-
arten s. Nr. 40.
Demostheues , Kraiizrede 227 sjoilnsv k'a\rLv q)[v6ei. — 229 ©[■»j]-
ßai[ovg. Die Rechtschreibung liefert nichts Bemerkenswertes, aufser dafs
man in dva^a(.ivrj6yi(x)v 229 das erwähnte stumme i nicht findet. Der Text
des Papyrus, mit der lectionum discrepantia verglichen, zeigt an zwei Stellen
eine Übereinstimmung mit S gegen A ^), wo er Worte der Handschrift nicht
hat, bietet er nichts Gutes ^), aber sav[r6v 228 lehrt, dafs das überlieferte
ciVTOv in avrov zu verwandeln ist, auch o['u];^t öUaia 229 für ov öUaicc
ist aufzunehmen.
56. Oxy. II 132—133, Nr. 232; dazu Tafel IV (Col. 2).
Der untere Teil zweier zusammenhängender Columnen eines Papyrus-
blattes (13 X 14). Die Schrift, eine mittelgrofse Unciale, gehört etwa in
die 2. Hälfte des II. Jahrb. n. Chr., während eine Cm-sivhand auf der Rück-
seite (hier steht vielleicht ein Brief) an das Ende des 11. oder an den An-
fang des III. Jahrhunderts gehört. Die Zeilen hatten 22 — 26 Buchstaben,
die Columnen, wie sich aus einer Berechnung des fehlenden Teiles ergiebt,
die stattliche Anzahl von etwa 47 Zeilen. Aufser den etwas merkwürdigen
I-Pimkten in OYTOCl 29 erscheinen keine Buchstabenzeichen, bei der
aß^EvoL v.ai A, Gp]6hiv 45 S Pap., e^. vnoXccfißavovrcov A; aliAÖrwg 47 fehlt in S
und im Pap.; sonst noch dävQÖ^svog vvv S Pap., vvv dSvQÖntvog A.
1) Ol raXcÜTtcoQOi. @r]ßaToL 41 A Pap., ol taX. S; ovtog iariv 6 xä A. und ziem-
lich sicher der Pap., ovtoal 6 rä S'; w avÖQsg 47 A Pap., avÖQsg S; dazu ferner
v,rri^KTa 41 A und nach der Lücke zu urteilen, der Pap., yirf]^a S; 4G r]i,6&i)a&ai
A Pap., aiaii-ia&ccL S.
2) ^äXXov ccQ^6]6ii 42 sicher (fehlt iacog), GcorfjQcc '^i[X]i7t7iov 43 (f. töv), xiveg
iv. xSiV TtöXscov 44 (f. xwv vor ^x).
3) di] v\vv 7ta\Xiv 42 (vvv vermuten die Engl., da der Raum für itäXiv zu
klein ist); y^QOvov nach i-a noXXov 43.
4) v^üv a.Xr\[Q'ig 42 und yial xivug xäav 'FAXr'jvow 44 für xivag Sh yial x. '£.
5) Mfi-oAoyrjxf vvv y' 227 S und sicher der Pap., cbfio^oyTjxt A; xoTg kkovov6lv
229 steht in S und im Pap., fehlt in A.
6) ovßrig '^'Js fehlt 228 vor vnagxovorjg; afia fehlt 229 nach XoyLaxatg.
Wilhelm Crönert: Litterarisclie Texto mit Ausschluls der christlichen 525
Interpunktion trifft man nur die Paragraplios. Der in 54 eingelegte Wort-
laut des Gesetzes wird mit NOMOC eingeleitet, wobei rechts und links
ein freier Raum gelassen ist.
Demostheues ge^en Timokrates 53 Ttov \v6(iov — 54 (ir}]8' iTttiprj-
cpi^siv und 56 67t6[6a — 58 ravtcc alÖLKij^ava. Wenn 54 für ?) löiat.
HZ^IAl gelesen wird, so läfst sich daraus kaum ein unerhörtes ■?) 'dt'at ent-
nehmen, zumal da die Lesung recht unsicher ist. Der Papyrus vereinigt
sich dreimal mit S gegen A-^), einmal tritt vielleicht der umgekehrte Fall
ein.") Dafs 57 die Lesart £kslvg)v für räv in bkeIvcov (so die Vulgata,
£7t' in. SA) auftritt, verdient keine Berücksichtigung, aber aufzunehmen ist
wohl das neue y' in wg y' ifioi öokei 57.
57. Oxy. II 133—134, Nr. 233.
Ein etwas kleineres Papyrusblatt (lO,8 X 9,3), ebenfalls mit den
Resten zweier Columneu, auf denen eine schmale Unciale des HI. Jahrh.
n. Chr. erscheint. Der Griioq enthält 17 — 23 Buchstaben, die GEllg die
ganz aufsergewöhnliche Zahl von 62 ctIioi. Daran läfst sich gar nicht
zweifeln, wenn die Engländer die Bruchstücke der 2. Columne an der
richtige Stelle der ersten gegenübergestellt haben; die Rolle war dann etwa
30 — 32 cm hoch, was in den Herkulanensischen Rollen das gewöhnliche
ist. Von Lesezeichen findet sich nur die avco Gxiy^'t].
Demosthenes gegen Timokrates 145 8i\a xh §iö[^E6%'ai — 146 xilri
wvov\^ii[yovQ und 150 o\yÖkva idßco — £vvi\^a ccqiovxcov. Dafs wir auch in
dem Papyrus 146 ATTOTICAl lesen, ist bei der Zeit, aus der er stammt,
nicht zu verwundern. Ebenda hat der Papyrus (ort iqt] naQ'Eiv ^ anoxiGat)
OTIXPHTTA I • HC AI, wo also die späte Bildung Enä&y]6a^^ auch wohl
unter der Einwirkung der folgenden gleichklingenden Infinitivendung sich in
den Text verin-t hat. Im Übrigen wird einmal die Lesart von A gegen S
in einer gleichgültigen Umstellung bestätigt^), das Einzige, was sich als Neuig-
keit ergiebt, ist 146 tog örj für wg Si. Es kann noch erwähnt werden,
dafs dieser Papyrus wie auch Oxy. 11 230 (oben Nr. 54) offene Formen
giebt, wo Blafs die Elision einführt. Es liegt kein Grund vor, zu ändern,
wenn der antike Leser keinen Anstofs nahm.
58. Oxy. II 34—35, Nr. 217.
Kleines Papyrusstück (13,1 X 7,3) mit den Resten einer in das
in. Jahrh. n. Chr. gesetzten Schrift. Die Columne umfafst, was ebenso
wie die aufserordentlich lange Seite der vorigen Nummer eine ungewöhn-
liche Erscheinung ist, nur 9 Zeilen (zu 14 — 17 Buchstaben), während der
obere Rand um vieles breiter als der Schriftraum ist (7,2 cm). Aufser den
I-Punkten und dem Füllstrich 7 (l, 3. 6. 7) ist kein Lesezeichen zu er-
wähnen.
Der Text hat eine so geringe Ausdehnung, dafs es sich lohnt, ihn
herzusetzen: insiör)] || naxi^st xa. nqci.yna\xa \ noXv afisivov (-NCON) ccTta j
1) 57 -TtccvTsg S Pap., an. A; tu TtQa^&ivra in' iKsivcov S Pap., tu nQa%Q'ivta
A; 58 KaiTOi S Pap., v,aixoi ys A.
2) 57 m[o:1 TL fx-a^iffjr' civ der Pap. in Rücksicht auf die Lücke, rt fehlt in S^
3) Wie mgriaa, rjyccyriGa, i]\LccQrr\6a entstanden, worüber Winer-Schmiedel
Grammatik des neutest. Sprachidioms 109 zu vergleichen ist.
4) 146 ih,'r]v v^Iv rifiär S, rtfiäv i^fjv v^iv A Pap.
34*
526 II' Referate und Besprechungen
Gäv rotg TtcoTtors | yevofiivcov i) (Jr) ßa\6i,XEici, rbv ravtrjg tq6\7Cov Kai
'Qcoy r&v aai | qS)v xovrcov i'öiov \ vo^iov eivai, öet, %ccl (luXißra xoig "C^^!)"
%ara \ noliv aQypv6LV ilqo \ ro\yy]\xaq c>:Q'j(ocg 7t(o\g\ \ vnoYti^ivai y^QT]. Die
Herausgeber nennen dies Reste eines an einen König, wohl an Philipp
oder Alexander gerichteten Briefes, worin Regierungsgrundsätze erörtert
werden, und denken an die Schrift des Aristoteles über die ßaßiXeia oder
an ein ähnliches Werk des Theopompos (Cic. ad. Att. 12, 40). Wilamo-
witz S. 36 weist Theopomp wegen des Hiats TtoXv ix^sivov zurück^), und
läfst die Worte nicht vor der Diadochenzeit gesagt sein, da auch für frühere
Zeit noch nicht viele Königsherrschaften zum Vergleich herangezogen werden
konnten, während die erwähnte städtische Wahlverfassung hingegen ein
zu tiefes Herabgehen vei'biete. Die Frage wird sich wohl wegen des allzu
geringen Inhalts des Stückes nicht gut entscheiden lassen.^)
59. Oxy. n 33—34, Nr. 116; dazu Tafel V.
Reste zweier Columnen (17,5 X 19,4), deren Schrift nach den Fund-
umständen und mit Rücksicht auf einen Brief auf der Rückseite (l. Hälfte
des I. christl. Jahrh.) nicht unter das Jahr 50 nach Chr. herabgesetzt
werden kann, und etwa in die Zeit des Augustus oder Tiberius gehört.
Die Zeile hat 17 — 22 Buchstaben, die Colimme, deren oberer Rand nur
erhalten ist, über 23 Zeilen. Den Füllstrich (7 1, 5) ausgenommen, ver-
mifst man jegliche Lesezeichen, auch die Paragraphos.
Brnchstück einer uachattisclien Rede^j, in der die Athener dazu
angefeuert werden, Widerstand zu leisten gegen die durchsichtigen Um-
garnungsversuche eines makedonischen Herrschers, höchstwahrscheinlich des
Alexander.^) Dafs der Verfasser der Rede der Diadochenzeit angehörte,
lehrt die sprachliche Beobachtung.^) Zweck der Schrift war nach Wila-
mowitz S. 36 entweder, sie als eine alte unterzuschieben oder rhetorische
Übung, und wenn er auch eine feste Entscheidung nicht geben zu können
meint, so neigt er doch mehr zum ersten Falle hin. Die Engländer aber
finden in den Sätzen einen blühenden, asiatischen Stil. Dafs sie sehr
schwülstig sind, läfst sich nicht sagen; der Hiat ist vermieden^), aber kein
deutlicher Tonfall in den Satzschlüssen angewendet. '') Eine Eigentümlichkeit
1) Es wäre indessen möglich, dafs dieser Hiat von dem betreffenden Schrift-
steller als erlaubt angesehen wurde.
2) Dafs die Rolle mit Freilassung eines so winzigen Randes geschrieben ist,
legt den Gedanken an ein geschätztes Werk nahe. Der iSiog vöybog wird bei
Aristoteles Rhet. 1,10. 1368'', 8 von dem v.0Lv6g unterschieden, und %UQOxovr\xccl
aQiai kehren in der freilich unechten Rhetorik au Alexandros 3. 1424% 14 wieder.
3) Einige Formfehler: stummes t schwindet und erscheint willkürlich, jjiislv 1, 8.
4) 'Ev xols öitXoig virnfjöccg vsciviyf.Bvi6^(ai^ rcxig d ano xcav im GxoXäv ansi-
Xcclg (1, 1 ist a]7t£LXr]v ein Druckfehler statt -Xfjs) xovg ßo![Qß]dQOvg E^anaxäxcoi. i] dt
töäv 'A&rivaitov noXtg i-jiitdxtsiv, ov^ vnlayijovsiv [inlaxcixca 2, 17.
5) Schon von Wilamowitz S. 3G Anm. 1 gemacht: i7ti.S]r]xä> mit folgendem
Nachsatze (hier fi) ist erst seit Polybios bekannt, ■jtSQiyQdtpsiv Tt, „etwas ver-
nichten" gar erst seit Plutarch und Apollonios Dyskolos (hier in der ganz unge-
wohnten Wendung av^gconoi, 7t£Qiy8y[QCi]ii^ivoi Ttdoccg rag iXTti[6a]g 2, 7), iv[xav]&a
„in diesem Falle" 2,6, dazu ein sehr gesuchter Ausdruck dnoQ&rirog ör}^o>iQ(xria
2, 10 (ccn. sonst nur von einem Orte, vereinzelt von einem Volke gebraucht).
6) So sehr, dafs im Satzinnern selbst erlaubte Hiate nicht vorkommen, wenn
dies kein Zufall ist.
7) Auch findet sich keine deutliche Nachahmung klassischer Reden. Dafs
Wilhelm Crönert: Littcrarische Texte mit Ausschlufs der christliclien 527
ist es, dafs mit Vorliebe kurze Sätze gebildet und ohne Verbindung neben
einander gestellt werden. Den Verfasser wird man wohl in das dntte oder
zweite Jahrhundert v. Chr. setzen müssen.
60. Oxy. II 30—33, Nr. 215.
Papyrusblatt (23,2 X 18,3) mit den umfangreichen Resten dreier Co-
lumnen. Die Schrift sieht nach den Engländern einigen Ptolemäerpapyri,
z. B. dem Pap. Didot des Euripides, ziemlich ähnlich, mufs aber gleichwohl
in die Kaiserzeit gesetzt werden, da das Stück zusammen mit Urkunden aus
römischer Zeit gefunden wurde. Jedenfalls kann man unter die Mitte des
I. Jahrh. nach Chr. nicht hinabgehen. Die Zeile hatte 17 — 23 Buchstaben,
die Seite mindestens (denn es fehlt überall der obere Rand) 38 Zeilen.
An Lesezeichen ist nm* die Interpunktion vorhanden. Diese bestehen in
der Paragraplios , womit meist ein freier Raum im Text verbunden gewesen
ist, und einmal dem Doppelpunkt (: 2, 19), während eine zweite Hand
bei einigen andern Pausen ein Häkchen über der Zeile (') einfügte.^)
Bruchstück^) ans einer epikureischen Schrift. Der Verfasser redet
zu einer andern Person^), um sie über ihr Verhältnis zu den Göttern auf-
zuklären. Die freie, unabhängige Ansicht von der Gottesverehrung und die
philosophischen Ausdrücke*) lassen über den Epikureer keinen Zweifel auf-
kommen, nur hat die Sätze das Schulhaupt nicht selbst geschrieben. Die
beigeschriebene varia lectio, auf welche Wilamowitz als auf ein Zeichen,
dafs der Verfasser ein Klassiker war, aufmerksam macht, beweist nichts^),
hingegen spricht gegen Epikur die Wendung xi yaq qo nQoq Jtog, xo öi]
keyofisvov 2, 12®), mehr noch, dafs der Hiat vennieden wird, was Epikm*
nicht thut, und dann zeigt auch der Ausdruck vielfache Berührung mit der
Sprache Philodems. ^) Die Schrift mag etwa in die Zeit des Gartentyrannen
Apollodoros oder des Zenon von Sidon gehören, den Urheber selbst zu er-
schliefsen giebt es wohl keine Möglichkeit.^)
vom cpQÖvrifia der Athener gesprochen wird (nov t6 7tBQi\Läxr\rov oi'xsrat (pQovTiua
rfig riys^ioviag 1,4), ist zu naheliegend, um es als von Herodot entlehnt zu er-
achten, der das Wort von demselben Volke braucht 7, 109. 9, 7.
1) Die Beschreibung pafst sehr gut auf viele herkulanensische Rollen, doch
hat die Oxforder Ausgabe leider keine Tafel beigegeben.
2) Richtig geschrieben, nur ist das wesenlose i willkürlich behandelt (ravrrj
1, 15, ovto3i 1, 5 Q'scoiQia u. a.).
3) 6v [^' co] a.v%'Q()i'K£ . . . vö^ii^i 1? 1'^ usw.; 1,25 ist ttjv [6av]tov svScci^o-
viccv zu schreiben.
4) Es ist noch zu ergänzen ;^[ap/i'] aS[iCi(poQici\g 2, 20. Die Worte a^^vä^a-
Tog 1, 30 und vitö]nrsv^cc 3, 12 (eine neue Bildung) weisen ebenfalls auf epiku-
rische Ausdrucksweise hin. ai^vwiia hat, wie schon die Engländer sahen, Epikur
selbst gebraucht (DL X 77) und Kleomedes führt als xarci; trjv sQ^iqvsiciv discp^ogöta
aus Epikur an hiTttafia liTta6[La avaKQavydaiicira ArjicTjfiaTo: (158 Ziegl.). Eine Ge-
schichte der Wörter auf -(la wäre eine schöne Aufgabe.
5) Viermal sind Schreibfehler richtig gestellt, aus einem übergeschriebenen
Hat ergiebt sich nichts.
6) Den häufigen Gebrauch von vi} Jia, ^ä Jla und ngog ^•scbv hat der
Bischof Dionysios bei Euseb. pr. ev. XIV 27, 15. 783" (fr. 259 Us.) an Epikur ge-
tadelt.
7) Z. B. [7t(xv]ccQi6rov 1,20 (Philod. Rhet. ed. Sudh. H 178) x<xQ'-^<^'^^[qo]v 11,1
(ein Lieblingswort Philodems) iav ivKcnQfji, 2,2 (Rhet. 11 64, 14); avint^QKpoQÖ. (2,7)
und avuniQKptQiaQ-ai gebraucht Philodem öfter.
8) Vgl. noch H. von Herwerden Mnemosyne 1900, 125, der aus 'jiaQiorwivdag
528 II' Referate und Besprechungen
61. Pap. graec. 92 der Strafsburger Bibliothek (Rückseite), hrg. von
R. Reitzenstein, Hermes XXXV (1900) 608—611.
Auf der Rückseite des Isokratespapyrus (Nr. 52) geschrieben, in einer
steifen Unciale des III. Jahrh. Die Zeile scheint ungewöhnlich lang ge-
wesen zu sein, sie hatte wenigstens über 30 Buchstaben.-^) Als Lesezeichen
kommen die I-Punkte (7) und die öriy^i] in mittlerer Höhe (4) zur An-
wendung, dazu am Ende eines Absatzes die Paragraphos.
Bruchstücke eines Florilegiums ^), mit den Resten zweier Ausschnitte.
Im ersten wird gegen die TtoQvsUi und den ya^og angekämpft und die Ent-
haltung jeglichen fleischlichen Umgangs gepriesen, im zweiten, der die Über-
schrift: OaßoQsivov trägt, liest man von Epameinondas. Hier sind nur
die Reste zweier Zeilen erhalten, doch scheint so viel sicher, dafs ein Aus-
spruch des sittenstrengen Thebaners gegen die Unzucht angeführt wurde.
Weder dies Stück noch das andere, dessen Verfasser von Reitzenstein in
Apollonios von Tyana oder anderen Neupythagoräem gesucht wird, findet
sich bei Stobaios, das Werkchen aber mag etwa um die Wende des II. Jahrh.
zusammengestellt sein.
62. Codex Thebanus, hrg. von U. Wilcken in dieser Ztschr. 228 — 254.
Pergamentblätter mit Palimpsestschrift , erworben vom Herausgeber im
November 1898 in Theben, später jedoch mit den gesamten in Herakleo-
polis ausgegrabenen Papyri vor dem Ausladen in Hamburg verbrannt.
Alle Mitteilungen über sie beruhen auf den von Wilcken noch in Ägypten
gemachten Aufzeichnungen. Die alte griechische Schrift, die etwa aus dem
Vn., spätestens aus dem VIH. Jahrh. stammt, ist später durch einen kop-
tischen Text verdeckt worden, der aber doch noch recht viel dui'chschimmern
liefs. Über die Art und Weise der Schrift vgl. die Angaben oben auf
S. 229.
Charitons Chaireas und Kallirrlioe vni 5, 9 cprjd ^[tovvaiog — 6,1
i]vvßs xov und 'EQ^oxQccvrjg 6, 8 — 7, 3 cog 1% nlov. Über die Rechtschrei-
bung vgl. Wilcken S. 240 Anm.; doch ist oififtoi gar nicht belanglos^),
KuXXiQor] wohl die vom Verfasser herrührende Form, aqLaziag (= -eiag)
hingegen nichts als eine Verdumpfung des t, da es aus zeitlichen Gründen
nicht angeht, den Fall mit dem attischen ini^EXiag TiQvraviag zu verbinden.
Wie nun die Charitonüberlieferung in einem neuen unerwarteten Lichte er-
scheint, wie man sieht, dafs der ursprüngliche Text zum wenigsten zwei
Beai'beitungen erfahren hat, von denen die schlechtere im Florentinus, die
bessere im Thebanus erscheint, das hat Wilcken sehr eingehend erörtert.
Die ohne Hülfsmittel vorgenommene Aufzeichnimg der Schriftreste und die
2,10 mit Recht %ciQix(aviccq herstellt. Eine Abhandlung von G. Fraccaroli: ün
frammento d'Epicuro Atti della R. Accademia delle Scienze di Torino vom
18. Febr. 1900 (Band XXXV) ist wertlos. Man darf doch nicht t6 yaQ v.cixa.[vv-
rov TTjv] ßläßriv (3, 2) „cio che gli reca danno" vorschlagen und weitläufig be-
gründen.
1) Nach Reitzensteins Ergänzungen sogar 37 — 44, doch wird man die Her-
stellung ein wenig verkürzen müssen, was nicht so schwer ist. Bis zu 23 Buch-
staben sind von einer Zeile erhalten.
2) Nicht sorgfältig geschrieben: ei = /, ^aßoQslvov 15.
3) Ein neues Beispiel jener eigentümlichen nachklassischen Schreibweise,
die sich an vielen Orten auf Inschriften, in Papyri und Handschriften findet, ganz
besonders aber im Sinaiticus und im Vaticanus der Bibel.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Außschlufs der christlichen 529
vielen Lücken haben für den nachfolgenden Bearbeiter noch manches Rätsel
ungelöst gelassen. Einige unmafsgebliche Lösungsversuche mögen den Be-
schlufs machen: 4, 8 7t\aQ6vra TtQOöTjXdsv, 5, 1 ff. (die Fassung war eine
von Florentinus grundverschiedene) oms &ti6avQbv svqojv ^qvOlov roGovrov
tig] (ptXccQyl^VQog ißoa, wöJtte^ HM . . . ., 6, 25 KaXXelcov [xal vneQ iKei^vriv
vrjv [ai'aövo^fievtjv.
63. Vgl. die vorige Nummer.
Es vraren zwei Blätter; von drei Columnen hat Wilcken die Reste
aufgezeichnet. ,
Uubekailllter Roman, dessen Heldin Chioiie heifst. Hatten wir bei
Chariton das Ende des Werkes vor uns, so sehen wir uns hier in den An-
fang der Erzählung versetzt, die Blätter lagen also nicht weit auseinander.
Die Exposition war eben gegeben, wir sind nun Zeugen, wie die Verwick-
lung anhebt. Die Namen, die Wilcken den beiden Hauptliebhabern der
Chione beilegt, Chrestos und Megamedes, lassen sich anzweifeln. Den Haupt-
helden konnte der Verfasser nicht gut, um es ins Deutsche zu übersetzen,
Ehrlich oder Fürchtegott nennen, und dafs der Geliebte der Chione seinen
vornehmen Nebenbuhler so hochschätzt, dafs er sagt, sie habe keine Ver-
anlassung, den ihr vom hohen Rat zugesprochenen Bräutigam zu verlassen,
pafst nicht für eine Person, deren ijd'og der Leser doch bewundern soll.
Vielmehr wird Megamedes der Vater der Chione sein. Die Geliebten haben
lange überlegt-^), wobei sie natürlich auch auf den Gedanken kamen, durch
Flucht sich der drohenden Trennung zu entziehen. Dem Plan, den be-
sonders die Chione erwogen hatte, standen grofse Schwierigkeiten entgegen,
und wie sie hier die Unmöglichkeit einer Rettung einsahen, meint noch der
Held, dafs der Vater durch sein Verhalten der Chione gar keinen Grund
zum Fliehen gegeben hätte. Dann, sagt Chione, bleibt uns nur noch das
Äufserste übrig. Das folgende 6NA6TOYTCjüA6rCL) ist nicht iv de
rovtco Uyco, sondern 'ev öh rovTo Xeyo), es ist hier also schon das zweite
Beispiel einer Vertauschung von o und co. Auch sonst ist die Rechtschrei-
bung recht fehlerhaft, ov&e[^ig aber 2, 7 scheint darauf hinzudeuten, dafs
man den Verfasser nicht unter das 5. Jahrb. herunterdrücken darf, denn
später ist die in der Schriftsprache ziemlich lang fortgepflanzte Form (die
ägyptischen Urkunden verlassen sie schon in der ersten Kaiserzeit) ganz
verschollen. Eine genaue Fesstellung aller Zeugnisse würde wie in dieser
Frage so auch in mancher anderen der zeitlichen Bestimmung einen nicht
zu verachtenden Anhalt gewähren.
64. Oxy. n 35—39, Nr. 218.
Fünf Papyrusstücke, von denen das gröfste 13,6 X 12,4 mifst, mit
einer ünciale aus dem HI. Jahrh. Für diesen Ansatz spricht auch der
Gebrauch des Striches zur Bezeichnung des v am Versende (z. B. Evs7tor]6e
1, 10), sonst fehlen jegliche Lesezeichen, auch Punkte und Paragraphoi,
ausgenommen den Füllstrich (7) fr. 6, 5. Die Zeile hatte 21 — 25 Buch-
staben. Die Seite (s. unten) über 40 Zeilen.
1) Ttdvroc ■näXav (KAAON das Perg.) Y,Hvovvrsg, über welches Sprüchwort die
zahlreichen Belege im Thesaurus IV 899* zu vergleichen sind. Dann folgt nicht
oag sLTtsv, sondern ag slns<(iyv, ein Fehler, dem man in Handschriften oft be-
gegnet.
530 II- Referate und Besprechimgen
Bruchstück aus einer Schrift Über merkwürdige Bräuche^), der
paradoxographisclien Litteratur angehörend. Aus Col. 1 ist KTfeKxsivsv 13
und cc7toT£fivEtc(i. Tov]? QELval^g 16 zu bemerken; in der zum gröfsern Teil
erhaltenen 2. Col. wird zunächst eine Probe auf die eheliche Treue vor
der Leiche der Frau beschrieben. Zeigt das Ordal, dafs der Gatte die Ehe
gebrochen hat, so ccnorsfAVE[T<xi] za ^ioqicc 5, worauf mit iötoqovöl ZconvQog
aal KlekaQxog die Quelle angegeben wird. Es folgt ein anderer schauriger
Brauch, um die Reinheit eines verstorbenen Arespriesters festzustellen; das
thut sein Nachfolger (^aico^og), indem er der Leiche einen Spruch unter-
legt, worauf der Verstorbene im Falle seiner Schuld wieder auflebt und
seine Sünde bekennt. Die Quelle ist Archelaos und Zen[odotos. ^) Im folgen-
den ist vielleicht von einem die Rede, der ein Mädchen vergewaltigt hat
(/3ia:(jaft[£vog) , der dann (hier fehlt das meiste) seine Strafe (xoXaß^iv) er-
hält. In der 3. Col. wird von Gefangenen (c(Lx^d]Xoit[. .) und von einer
Tochter (rr}v &v'yalr£Qa) gesprochen. Bruchstück b zeigt wiederum weib-
liche Wesen (rf; TtaQ | [-O-svw sicher), und ebenfalls einen schaurigen Brauch
(^XoTtt^et^) T'Jjv); aus d und e ersieht man nichts. Das Volk, dessen un-
heimliche Sitten so erzählt werden, ist auf jeden Fall ein barbarisches^),
und zwar ein und dasselbe, denn in Col. 2 heifst es nach Beendimg einer
Geschichte: iav leQSvg ayio&dvr] tov "A^Ecog. Von den angeführten Schrift-
stellern läfst sich Zopyros nicht gut unterbringen, über Archelaos vgl.
Susemihl I 465, Kleitarchos mufs der Geschichtsschreiber Alexanders sein
und Zenodotos scheint von den Engländern, denen Wilamowitz zustimmt,
richtig ergänzt zu sein. Der Verfasser mag etwa im 2. oder 1. Jahrb.
geschrieben haben, den Hiat hat er vermieden.^)
65. Oxy. II 303, Nr. 302.
Kleines Papyi-usstück (6 X 8,6), die Schrift aus der 1. Hälfte des
I. Jahrh. n. Chr. Es sind nur die Anfänge von 7 und die Enden von
8 Zeilen erhalten. Aus der Angabe, dafs die Engländer das wenige, was
sie aus den Papyrus mitteilen, col. II nennen, mufs man schliefsen, dafs
jene Schriftreste ein Randstück einfassen. Jenes wenige aber ist folgendes
(2, 3 — 7): Xi;] II ^txtjvcöi' — || TrlTjQcoGai Ta[g vavg — || M6N r'qi noX^Ei- — j|
anb K — || Ei[g XIqv&ottoXiv. Grenfell und Hunt geben nur an, dafs es
Reste aus einem Geschiclltswerke seien; vielleicht aber kann man doch
den Inhalt etwas näher bestimmen. Die bithynische Stadt Chrysopolis wird
1) Stummes i fehlt, tig tr\vä 2, 10 ist dui-ch die späte Zeit entschuldigt.
2) Vortreiflich haben die Engländer das Bruchstück c an diese Stelle ange-
gliedert. Es ist dies nicht nur möglich, sondern vollständig gesichert, denn es
passen auch noch andere Zeilen zusammen (die Columne erhält dadurch wenigstens
40 Zeilen, was nicht zu viel ist):
vtiIq tI1['??] olr\g [afriorg ovtcog
'Aq^^X II [ao]s xaJ. Zr]v[6Sotog
[iv rolg] nsgl tvcpov (?) [. . .
Der Tvq)og wird von Dionys von Halikarnafs (A. R. 2,9) bei den ^&ri tieqI %s&v
dem tvTtQEnig entgegengesetzt.
3) Die ältere Form, vgl. Xoiti^w, ov XsTti^ca Phot.
4) Aus dem Arespriester dnrften die Engländer nicht auf Hellenen schliefsen.
Mit dem alleinstehenden ^Ji-nflav fr. b 9 läfst sich wohl nichts anfangen.
5) Vgl. auch Haussoullier Note sur le papyrus CCXVIII d'Oxyrynchos (Rev.
de phil. 1900, 65—67) A. Ludwich Berl. phil. Wochenschr. 1900, 358.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 531
von Xenophon, Polybios, Diodor und Strabon erwähnt, am nächsten aber
steht dem Papyrus eine Stelle in Xen. Hell. I 1. Hier liefst man 20 Kv^i-
Kfjv&v^ gleich darauf egyaöccfisvog iv xfji noXsi und 22 eig XQvödnoXtv.
Freilich passen die andern Worte nicht, aber jene Übereinstimmung ist recht
auffallend, und nimmt man das sicher ergänzte nh]Qw6ai tag vavg hinzu,
was ganz in den Sinn der Xenophontischen Erzählung pafst, so ist man
sehr versucht, in dem Papyrus die Schilderung gleicher oder ähnlicher Vor-
gänge zu vermuten. Auf jeden Fall ist das kleine Blättchen ganz genau
zu untersuchen.^)
66. Oxy. II 85—95, Nr. 222.
Papyrusblatt (18 X 9,5), das auf der Vorderseite eine Rechnung etwa
aus der Zeit des Mark Aurel oder des Septimius Severus zeigt. Der vor-
liegende Text, der sich auf der Rückseite befindet, ist in einer schmalen
Halbcursive geschrieben, wohl um die Mitte des HI. Jahrh. Die Zeilen-
länge ist durch den Umfang des angeführten Namens bestimmt. Die Seite
aber mufs 53 — 54 Zeilen enthalten haben, was bei einer Cursivschrift nicht
auffallen darf. Die Zahlen sind durch übergeschriebene Striche bezeichnet,
verschiedene Male sieht man die aus Urkunden bekannte Art der Abkürzung,
z. B. TTÄI^ Tiaiöav, rreNTA® Ttivra&Xov, O 1, 17. 36. 41 heifst wohl
o-vTog, KPÄTIC 1, 17 KQdrtörog u. s. w., s. unten. Sonst erscheinen keine
Lesezeichen.
Olynipionikenliste aus den Jahren 480 — 468 und 456 — 448 n. Chr.
Bei den Wortformen ist et = 7, 'IiicuQiog 1, 22 = 'IfiSQaiog und Adncov 2, 18
= Aäy(ov gleichgültig; aber UaQfieveLÖrjg 1, 33. 34 ist kein Fehler, sondern
vielmehr die rechtmäfsige Form, die auch der Philosoph aus Elea geführt
hat. ^) Die erste Columne beginnt an ihrem oberen Rande mit Sel^voitL^'Tjg
Xuog 7taLÖ(a)v) ördÖLOv (75. Ol.) und bricht unten ab mit 'legcojvvnov^)
SvQaKo[6iov t£&Qi]n7iov (78. OL). Der Rest der ersten imd der Anfang
der zweiten Columne ist verloren, dann setzt die Liste wieder ein mit
. . NOU.OC [ Ttivrci'&Xov (81. Ol.) und endet am untern Rand
mit AvKEtvog Aldnav oTtAemjv (83. OL). Es werden alle Sieger aufgezählt,
und zwar in folgender Ordnung: öxccöiov, öiavXog, öoXtiog, nivrcc&Xov^ TtaXrj^
Ttvh,^ TtayKQariov, nalSwv ndXrj, Ttaldcov nvi,, onXlvrjg^ tsd-Qcnnov^ neXrjg. Die
hohe Bedeutung des Fundes ist am besten von Carl Robert dargestellt:
Die Ordnimg der Olympischen Spiele und die Sieger der 75. — 83. Olympiade,
XXXV (1900) 141—195. Während schon die Engländer an Phlegon
von Tralles dachten, vermag Robert nun mit ziemlicher GewiXsheit zu
zeigen, dafs diese Schriftsteller der Kaiserzeit, aus dessen Olympionikenliste
wichtige Reste bei Photios cod. 97 aufbewahrt sind, der Verfasser gewesen
1) ATTOK könnte anb KccX^riSovog sein, vgl. Xenoph.
1) Vgl. über die inschriftlichen Zeugnisse W. Schulze Quaest. epic. ind.
Jener olympische Sieger führt auch bei Diodor den Diphthong TlagasvEidrig TLo-
GsiSaviatrig 11, 65 in der besten Handschrift, dem Patmiacus.
2) Gewifs = ^UQOivog. Es ist aber für die Namengeschichte wichtig, dafs
aus der Kurzform ein Schreiber wieder die volle herstellen konnte. Der Maler
Ztv^ig heifst Zsv^tmtog bei Piaton Protag. SIS'' (aber ZfD|is Gorg. 453"^), und für
Zsv^iv Plut. Per. 13, 2 setzt die Handschrift V Zsv^ntTtov ein.
532 II- Referate und Besprechungen
ist^), und zwar stützt sich der Beweis in der Hauptsache auf die völlige
Übereinstimmung in der Ordnung der Spiele. Sehr merkwürdig sind die
Zusätze OKPATIC • Ä 1, 17 Ü^IAIC 36 OKAAAIC 41, worunter die
Engländer ovrog K^driötog Ttdvrcov, ovrog (piXiörog, ovrog ndlXiaxog verstehen,
also ein Urteil der Kampfrichter über den schönsten Sieg, wie es Paus.
VI 3, 6 von einem Sieger heifst: tote iyevsxo K(xkXi,6rog. Weniger gefällt
der Vorschlag von Ludwich (Berl. phil. Woch. 1900, 390), das erste
Zeichen mit ovoiia xQaxLavrjv rcav^yvQiv wiederzugeben, und so ähnlich die
übrigen.^) Eine Reihe bestimmter Zeitangaben ist nun für die Geschichte
der Dichter^) und Künstler'^) gewonnen, olympische Siege, die man bis jetzt
nur sehr unsicher festsetzen konnte, sind jetzt, worüber Eobert sehr scharf-
sinnig handelt, in die Lücke zwischen Ol. 78 und 81 zu bringen.^)
67. Oxy. II 41—52 Nr. 220, dazu Tafel VI.
Die Schrift ist eine grofse, breite Unciale aus dem Ende des ersten
oder besser aus dem Anfang des zweiten Jahi-h. (s. auch Nr. 68). Die
Zeile enthält etwa 16 — 20 Buchstaben, zur Zeilenausfüllung ist 3, 3, 8.
11, 11, 13, 20 das bekannte Zeichen 7 verwendet; die Seite, deren unterer
Rand nicht erhalten ist, zählte über 21 Zeilen.^) Wenn Musterbeispiele
aus Dichtem gegeben werden, setzt der Schreiber die Zeile öfter in der
Mitte ab, z. B. 7, 1. 8, 10, 12, 14. Sehr zu bemerken ist die Art und
Weise, wie 7, 2. 13, 13. 14, 12 die Versmafse angegeben werden, vgl.
z. B. 13, 13:
auch 7, 2 ist die syllaba anceps des Schlusses mit "-' bezeichnet. Von der
ersten Hand stammt sonst noch die Paragraphos ( — und seltener > — ),
eine spätere beschäftigt sich besonders'') mit der Interpunktion. Wähi-end
der erste Schreiber die einzelnen Gedanken durch die Paragraphos trennte,
fügt die zweite sehr oft den Punkt am obern Rande (OJ^lOlGüC 9, 11
u. s. w.) ein, und dabei fällt auf, dafs auch die Partizipialsätze auf solche
Weise abgetrennt werden, nämlich rovrav y{ci)Q ovzcov (paXatn'lEijcov' dito-
K07trsG&(o\a]av kl nqCoxat avlXaßal 8, 15; na&oXov 6s nartl rovrov Ttdaccg
1) Der Papyrus stammt nach Robert wohl aus der 'EwtTOfi^ 'Olvybitiov i-awv
iv ßißXioig ß, nicht aus der grösseren Fassung.
2) Vgl. jetzt darüber den Nachtrag im Specialindex dieses Bandes.
3) Pindar Ol. 1—3, 10, 11, 14 im Jahr 476, Ol. 9 im J. 468, Bakchylides 6
und 7 im J. 452 (bis jetzt war 468 das späteste bekannte Jahr des B.) gedichtet.
4) Myron: Siegerstatue des Timanthes 456, des Lykinos 448; Pythagoras von
Rhegion: Statue des Mnaseas 456, desLeontiskos 452; Polyklet (vgl. Robert 185—193),
Statue des Pythokles und des Ariston 452; Mikon Statue des Kallias 472; Pto-
lichos Statue des Theognetos 476.
5) Vgl. noch Th. Reinach Revue archeologique 1899,399—412; T.W. Beasley
Revue de philologie 1900, 61—65; H. Weil Jom-nal des Savants 1900, 101—104;
Hans Raeder, Nordisk Tidsskrift for filologi 1900, 33—37.
6) Wenn die auf Tafel VI gegebenen Gröfsenverhältnisse richtig sind, so
hatten die auf der Rückseite von dieser Rolle stehenden Iliasscholien eine weit
geringere Höhenausdehnung. Daraus mufs dann notwendig geschlossen werden,
dafs durch Zerstörung des unteren Teiles die Schrift der Rolle unvollständig und
dadurch wertlos wurde', worauf man dann den verkürzten Schreibstoff in einer
andern Weise ausnützte. Dies mufs man am Original selbst untersuchen.
7) Sonst stammt noch von ihr TÖY 7, 8 6 .. 13, 5 INa 6, 1 (vgl. 9, 18).
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 533
acpeXcov rtg rag ek vfjg TtQcoTrjg ypqag naQu filav ^qw^^hccv' anoteXeöEi, x6
^ETQOv ofiOLag' ö/.OTtBi yovv Tade' %araXEloi.7t6ra rag noonag avXXaßccg' 9, 6ff. ;
doch sind diese Zeichen nicht überall eingesetzt. Am oberen Rande von 5
hat diesel])e Hand eine Bemerkung zum Texte eingefügt, über deren Ort
das am Ende beigesetzte KATCÜ aufklären sollte; das diesem entsprechende
AN Gl) im Texte selbst ist bei der grofsen Verstümmlung nicht erhalten
Ein metrisches Handbuch, ohne besondere Fehler in der Rechtschrei-
bung.^) Der Verfasser ist „ein dilettirender Poet, dem die Metrik als Teil
der Poetik am Herzen lag" (Leo^)); von bekannten Mafsen bespricht er das
^AvciKQEÖvxELOv oder naqi(üVL%öv 7, 3 flf., das OaXaUsiov 8, 8 flf., das TIqu^LX-
Xeiov 9, 2, das KvQi]vci'iy.6v 11, 9, das Ua^d-ivstov 12, 15 und das Aa^Xt]-
TtLaÖELov 14, 9. Unbekannt ist das NtnccQXELOv 3, 16 (!=^^ - uu _ u_ u^) bis
jetzt gewesen. Eine nicht zu verachtende Ausbeute an neuen Dichterstellen
hat der Papyrus gebracht, freilich keine langem Beispiele, wie die Aristo-
xenosrolle, sondern nur kurze Zeilen. Angeführt werden Sappho 8, 9, 11,
13. 9, 14 (Bergk 53), 15, 16, Anakreon 7, 5 (B. 62, 1) 10, 1 (B. 92, 1),
Aischylos 5, 6 (die Worte selbst sind zerstört) 11, 2 und iv reo nQ0^r]d-st
(neu) 11,3, Kallimachos 10,6 (Wil. ep. 37,1) Sotades 7, 17 (Hephaist. XI),
ein Unbekannter 11, 15, dann werden noch die Namen erwähnt Alkman
und Simonides 5 (am Rande) und Pindar 12, 17. Der Verfasser hat sein
Werk nicht ohne einige Sorgfalt geschrieben^); gerichtet ist es an einen
Freund, der, wie z. B. öfter bei Philodem, mit ro cpiXrarE angeredet wird
(1,10. 3,17. 11,16). Auf unsere Rolle folgt wenigstens noch eine zweite.*)
Aufser Leo ist noch zu vergleichen H. Weil (Journal des Savants 1900,
98—101) und A. Ludwich (Berl. phil. Wochenschr. 1900, 358 — 360).^)
68. Oxy. n 52—85, Nr. 221; Tafel VI (col. X).
Eine längerer, 16,6 cm hoher Papyrusstreifen, der zunächst auf der
Vorderseite von dem metrischen Handbuch (Nr. 67) beschrieben ist, dann
auf der Rückseite die jetzt besprochene Schrift erhielt. Der Schreiber
schrieb eine kleine, gedrungene, feste und bestimmte Unciale, die nach den
Engländern der des Herodaspapyrus ähnlich sein soll. Man stelle indessen
die beigegebene Tafel (VI) der vorzüglichen Wiedergabe einer Herodasseite
bei Kenyon The palaeography of Greek papyri (Oxford 1899) S. 94 gegen-
über und man wird alsbald einsehen, dafs der Vergleich in keiner besonderen
Eigentümlichkeit zutrifft. Die Zeit, deren richtige Feststellung des Inhaltes
wegen sehr notwendig ist, wird auf das Ende des 2. nachchristlichen Jahr-
hunderts bestimmt; vor allen Dingen kann man über 100 n. Chr. nicht
hinaufgehen, da die Schrift der Vorderseite aus dieser Zeit stammt. Die
1) ysivsad'ca 3,1; 9,19 'AcpQoSsircc 8,13 ngoEisrca 13,19 ist für die Zeit kein
eigentlicher Fehler; das wesenlose t. fehlt.
2) Dessen Aufsatz über diese Reste (Ein metrisches Handbuch aus Oxy-
rhynchos, Nachr. von der Gott. Ges. der Wissensch. 1899, 495 — 507) den ganzen
Fund in gründlicher Weise behandelt und besonders auf das Verhältnis des Buches
zu bekannten Systemen (der Verfasser benutzt ein später auch von Hephaistion
herangezogenes Handbuch) eingeht.
3) Der Hiat ist vermieden, vgl. Leo 495 Anm. 3.
4) iv reo [i^isra rccvro v^TCOfivri^arL 12, 4.
5) 63 i'vu d6^[ca(it^ . . . ngog rovrco yiciiv[6ßo](pog sivcci ist doch wohl %aiv{^0
yQCi]cpog zu ergänzen, denn der Verfasser dachte sicher an das stolze Wort des
Philikos KaLvoyQacptjs ßvv&Easae Hephaist. 53 Gaisf.
534 II- Referate und Besprechungen
Zeile enthält gegen 24—27 Buchstaben, die Seite 38 Zeilen, der oben und
unten freigelassene Rand ist von mittlerer Breite. Die etwas nachlässig
geschriebene Schrift ist an vielen Orten teils von dem ursprünglichen
Schreiber teils von einer zweiten, gleichzeitigen Hand verbessert worden;
Tilgung fehlerhafter Buchstaben geschab, wie die Tafel lehrt, durch Aus-
streichen, in 15, 11 indefs durch darübergesetzte Punkte. An Lesezeichen
ist die Paragraphos ziemlich oft am linken Rande zugefügt, wenn auch
nicht nach bestimmten Gesetzen, und zwar hat das Zeichen meist eine
gabelförmige Gestalt (> — ) ^), selten ist es eine gerade Linie. Einige Male
werden Sätze durch einen am oberen Rande angebrachten Punkt getrennt,
z. B. TTBAlOül ' 15, 6; Zwischenräume zur Angabe von Satzpausen sind
auf der Tafel nicht zu bemerken. Von Accenten finden sich alle drei Arten,
wenn auch nur vereinzelt, der Gravis nur an einer Stelle: 0X6A[H 1, 2
(es wird richtig bemerkt, dafs dies auf die Schreibung orsörj in einem Worte
hindeutet), der Spiritus in (jjC 3, 1 H 12,36, dann wieder recht häufig
das Elisionshäkchen. Das i und v zu Anfang eines Wortes oder im Worte
nach einem andern Vokale wird mit den bekannten zwei Punkten ausge-
zeichnet. Zahlen und einzelne herausgegriffene und zu Substantiven erhobene
Wortformen erhalten, wie es schon aus dem Tryphonpapyrus bekannt ist,
eine darübergezogene Linie, also rj DEPI 6, 13, "EcpoQog d' iv B 9, 21;
weshalb tc5 O.T6 %Qovi,-Ka) £7ti[^()ijju-cTt 1, 5 geschrieben ist, läfst sich nicht
erkennen. 11, 34 erscheint am linken Rande ein schräger Strich (/), viel-
leicht zur Bezeichnung der Anführung (es wird ein Homervers erwähnt),
vgl. oben Nr, 31. Die Worttrennung ist überall richtig beobachtet, nur
IN' I 6IC 12, 23 ist ein Fehler. Noch ist zu erwähnen, dafs am oberen
Rande von Col. 17 nichtssagende Reste einer Cursivhand erscheinen; die
Einzeichnung zwischen 10 und 11 wird unten besprochen werden.
Scholien zum O der Dias. Aufser zwölf nur geringe Buchstaben
bietenden und darum zum guten Teil wertlosen Bruchstücken zählt man
17 Columnen, von denen einzelne, wie 11 — 13 und 15, kleine unschwer
zu ergänzende Lücken abgerechnet, prächtig erhalten sind. Folgende Verse
werden in den Scholien behandelt: 1, 63—65, 111 — 126, 145—156, 162,
195—252, 282—293, 327—337, 351—363. Zur Erkenntnis der Ent-
stehung und Fortpflanzung der Homerscholien ist der Papyrus von hoher
Wichtigkeit, denn er bietet weder das heutzutage berühmteste Scholiencorpus
des Venetianus A noch die mit D bezeichneten Vulgatscholien , sondern
schliefst sich der durch den Venetus B, den Townleyanus T und die Genfer
Scholien G gebildete Gruppe an. Es war aber doppelt erwünscht, dafs die
Scholien zum Buche O gefunden wurden, weil gerade in diesem Nicole
prächtige Zusätze in Genf entdeckte, die durch den Papyrus Bestätigung,
Verbesserung und Erweiterung erhalten. Und diese Erweiterungen findet
man in Mengen, so dafs es nützlich sein wird, davon eine Übersicht zu
geben. Unter den neuen Dichterstellen, von denen die wichtigsten von
Wüamowitz (S. 41 — 44) eingehend besprochen werden, erscheint Hesiod
oder besser ein unbekannter Epiker (vgl. Wil. 41) 3, 3, Stesichoros (vgl.
1) Von den Engländern im Texte falsch wiedergegeben. Die beiden Zeichen
wechseln auch in der Herkulanensischen Rolle fast allenthalben.
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte rait Ausschlufs der christlichen 535
Wil. 42") 2,11, Archilochos fr. e, Alkaios 11,9, '^i'ßx[^£cav] iv FlaQ^s-
veioig (so ergänzen gleichzeitig Ludwich S. 389 und Arthur Platt Class.
Eev. 1900, 19) 7, 5, Panyassis (vgl. Wil. 42) h s' 'HqcmUiaq 9, 8, Pinda-
ros 9,11, der Tragiker Phrynichos Iv 0oiviaaat.g 3,5 und Sophokles 11,13.
Es folgen Prosastellen aus Hippeus von Rhegion (vgl. Wil. 40) 6, 3, dem
Abderiten Protagoras (vgl. Wil. 40) 12, 20, Ephoros f'v ß' 9, 21 (freilich
schon aus Macrob. Sat. 5, 18 bekannt), Aristoteles (doch wohl aus den
'ATtoQTinara '0(i7jQL7id) 14, 30 und Istros 6, 29. Endlich aus der Schar der
Homererklärer und Grammatiker Aristarchos 9, 6. 10, 31. 14, 16 (ot 'Aqi-
axccQ%ioi 11,15), Aristophanes 1,18. 10,36, Aristonikos 3,30, Athenokles?
fr. a^), Didymos 10,12. 17,27, (Dionysios) 6 &Qäi'E, 14,20, (Dionysios)
6 ZLÖavLog 11, 1, Hermapias 3, 17, Ptolemaios 1, 18. 16, 3^) und Seleukos
f.v TÖ y Kara rüv ^AQtßraQiov armsLav (vgl. Ludwich 389) 15, 16, iv tco
E Tc5v ÖLOQ&artK&v 15, 24, aufserdem 6, 15. 9, 8. Die Kretische Ausgabe
des Homer (r) KQrjTiKrj) wird erwähnt 15, 27 und vielleicht auch 17, 9,
ferner die Ausgabe des Euripides 6, 17: iv xi] xat^ E^vQijjttörjv (so Blafs)
Kut] iv tiGiV älXaig xai. iv ÖLaKOß^co c'\7tavrä (so zu sehr.) AjGrSQOitatog.
Man würde nach dem Verfasser der Schollen nicht sehr fragen, da es be-
kannt ist, dafs schon in sehr früher Zeit bei den Homerscholien das Sammeln
und Zusammenschieben aus den verschiedenen Erklärungen begonnen hat,
wenn nicht zwischen Col. 10 und 11 eine Halbcursive die Worte 'AjxfKoviog
^A^^aviov yQai.i(iaTiKbg iaijfietcüGccixTjv hinzugefügt hätte. Nun sind drei
Fragen zu beantworten: wer ist dieser Ammonios? was bedeutet iöijiiei-
coödfirjv? und warum ist die Bemerkung gerade an diese Stelle geschrieben?
Betrachtet man zunächst den zweiten Punkt, so kann das Wort nicht gut
eine andere Bedeutung haben als: ich bin der Verfasser der Anmerkungen,
oder besser: ich habe mir diese Anmerkungen gemacht, wobei man unter
dem Verfassen in erster Linie das Zusammenstellen zu verstehen hat.
Schwieriger ist die erste Frage. Denn gewifs ist ein ^A(ificovtog ^A^^mvIov
bekannt, er ist sogar Homererklärer, aber da er der Nachfolger Aristarchs
ist, so darf man nicht an ihn denken, es müTste denn sein, dafs man an-
nimmt, dafs die Hauptmasse der Schollen auf ihn zurükgeht und dafs von
einem andern hier und da die Ansichten der Späteren nachgetragen sind.
Die Engländer erinnern weiter an einen Ammonios, der neben Apion und
Herodoros in Odysseescholien des Papyrus Nr. 271 des Britischen Museums
erscheint (wenn A eben diesen Namen bedeuten soll), doch ist damit nicht
viel anzufangen, da hier auch der Aristarcheer gemeint sein kann. Wila-
mowitz nimmt einen unbekannten Ammonios an, der auf der hohen Schule
in Alexandria den Schreibstoff des für ihn unbrauchbar gewordenen me-
trischen Handbuches dazu benutzte, um Vorlesungen über das 0 der Ilias
aufzuzeichnen. Die Ansicht hat viel Bestechendes, doch wird man einwenden,
dafs jene Randbemerkung eine von dem Schreiber der Rolle verschiedene
Hand zeigt ^), dafs, wie schon die Engländer erinnern, es seltsam erscheint,
1) FAPOAOH läfst sich zu qprjffi] yaQ 6 'A&ri[vov.h~jg ergänzen (vgl. über diesen
Homererklärer Pauly-Wissowa I 2019); ein Gewinn freilich erwächst daraus nicht.
2) Ptolemaios Pindarion, vgl. Wil. 39 Anm. 2, der soeben im Hei-mes XXXV
566 die Bemerkungen über den Asteropaios 7, 17 — 30 (zu ^ 155) auf Grund der
Suidasvita demselben Verfasser zuweist.
3) Freilich ist dies nur ein schwacher Grund, da, wie die Wachstafeln des
536 II- Referate und Besprechungeii
warum der Mann seinen Namen an eine so ungewohnte Stelle setzte, just
als habe er das spätere Schicksal seiner Rolle vorausgesehen, auch sind die
Scholien nicht nach dem Gehör aufgenommen, wie einige Schreibfehler be-
weisen (TT für H 11,36. 14,13 A füi- A 10,9, A für A 11,36). Auf
die dritte Frage ist schon angespielt worden; sie ist um so schwieriger,
als sich bis jetzt keine zweite ähnlich angebrachte Bemerkung auf Papyri
gefunden hat. Mufs man auch so die Angelegenheit vorläufig mit einem
non liquet verlassen, so kann doch über das Unbefriedigende dieses Er-
gebnisses der Gedanke recht gut hinweghelfen, dafs der reiche, wertvolle
Inhalt der Scholien bei weitem das Wichtigste an dem Funde bildet.
Aus dem Gebiete der Rechtschreibung mufs angeführt werden, dafs
das stumme t meist fehlt, dafs ft und 7 öfters vertauscht werden, endlich
066X01 11, 37 == ^ 23, 1 (also nicht og roi zu schreiben), i^v6&evrog
(= f'jc^-) 10, 7, KSQ6l für xiQ6i 7, 8 die erste Hand, und in Homerversen
das merkwüi-dige ßs^ßhro 11, 35 (= fii^ißXsro ^ 5, 15) wozu die Eng-
länder richtig ßefilsro des Hesychios vergleichen. Für den Text ist noch
aufser Wilamowitz und Ludwich H. Weil (Journal des Savants 1900, 101 — 103),
Arthur Platt (Class. Rev. 1900, 19—20) und Rutherford (ebenda 18) her-
anzuziehen. Eine tüchtige Arbeit bleibt zu thun, vor allen Dingen eine
peinliche Nachprüfung des Papyrus, auch mufs versucht werden, von den
Bruchstücken a — n die Versstellen zu finden, zu denen sie gehören.^) Und
dann wäre es eine lobenswerte Arbeit, alle auf Papyri gefundenen Scholien-
und Glossenreste zusammenzustellen, wie es in gleicher Weise ein tüchtiger
Fortschritt der Homerforschung wäre, wenn nach so vielen Funden nun
einmal alle auf Papyri erhaltenen Homertexte vereinigt und beleuchtet
würden.
69. Pap. graec. 33 der Strafsburger Bibliothek, hrg. von R. Reitzen-
stein in Hermes XXXV 611 ff.
Ein ziemlich langes Stück aus einer Papyrusrolle (20,3 X 80,5), be-
schrieben mit einer unregelmäfsigen Schrift des HI. Jahrb. n. Chr. Die
Columne hatte 20 Zeilen, Reste von 10 Columnen sind erhalten; Lesezeichen
fehlen ganz.
Homerglossen, aufser einigen Vokal vertauschungen ^) ohne Fehler ge-
schrieben. Die Glossen gehören zum A des Ilias, und stammen aus dem-
selben Buche, aus dem U. Wilcken Sitzungsb. der Berl. Ak. 1887, 817 Pa-
pyrusreste, die sich in Paris und Berlin befinden, herausgegeben hat. Fast
alles findet sich in den handschriftlich erhaltenen Glossen wieder, es fehlt
jegliche Erwähnung von Grammatikern, ja auch jede eigenartige Bemerkung,
so dafs der Wert des Fundes nur darin besteht, dafs er für die Geschichte
der flachen glossographischen Erklärung des Homer eine neue Quelle dar-
bringt. In der Wiederherstellung der Lücken ist Reitzenstein mit viel Ge-
schick vorgegangen.^)
70. Wiener Papyrus, hrg. von C. Wessely, Bruchstücke einer antiken
Poseidippos (Nr. 44) zeigen, der Schreiber leicht an Stelle der Unciale die Cursive
verwenden konnte.
1) Vielleicht hilft eine Vergleichung der Farbe des Papyrus, womit Blafa
im Bakchylides so schöne Ergebnisse erzielt hat.
2) si = l, aiaaai (= ^ocaui) 7, 20, yi^iaacoöi G, 26.
3) 7,13 ist zu schreiben ^^iloqs- (i.fT[^ia^]f, [ft'J^^JXf-
Wilhelm Crönert: Litterarische Texte mit Ausschlufs der christlichen 537
Schrift über Wetterzeichen. Sitzungsbericht der Wiener Akad., phil. bist.
Classe. Band CXII (1900, 17. März), auch im Sonderabdruck (Wien, Ge-
rold's Sohn, 41 S.) erschienen.
„Ein kleiner Antiquitätensammler fand, einer zerstückelten Mumie bei-
gelegt, eine griechische Rolle, die alsbald in Bruchstücke zei-fiel, welche
Staub und Moder unleserlich gemacht haben". ^) Es sind 7 Bruchstücke
(12,4X11,5; 12,5X12,8 u. s. w.), die sich zum Teil wieder zusammen-
legen liefsen und so eine Columne ergaben, die etwa 24,2 cm hoch war und
30 — 32 Zeilen enthielt (der axLxog zu 15 — 22 Buchstaben). Die Schrift
gehört in das II. Jahrb. v. Chr., ihre Buchstaben werden von Wessely mit
denen bei Kenyon Palaeography S. 128 Nr. 4 und 5 verglichen. Gröfsere
Schriftzüge erschienen in fr. I, wo der erste Buchstabe jedes neuen Satzes
(stets O =^ 6) die andern überragt und zugleich an den linken Eand hin-
ausgerückt ist, II 2,18 VI 1,24 und VII 1,14. 15 bei Kapitelüberschriften,
welche eingerückt sind. Von Interpunktion steht nur die Paragraphos;
fr. I 1, wo sie fehlt, werden Absätze gemacht, so dafs der neue Satz auch
mit einer neuen Zeile anfängt. Zu sfifietöiv I 1, 2 sagt Wessely: „in Z. 2
scheint zwischen Doppel-,a ein die Consonantenhäufung bezeichnendes Häkchen
zu stehen." Da der Strich als ein Häkchen bezeichnet wird, so kann kein
Zweifel darüber obwalten, dafs ein Beispiel von Worttrennung vorliegt, das
älteste, denn erst in der römischen Zeit^) findet es sich wieder. Am Ende
eines Satzes erscheint in der Zeile ^^ II 2, 19; eine „Randverzierung" links
VI 2, 13 macht den Anfang eines gröfseren Abschnittes bemerkbar. Zahl-
zeichen erhalten einmal den üblichen Strich, KA I 1, 11 sonst nicht. ^)
Rest eines knappen astrologisch-meteorologischen Handbuches aus
Ptolemäerzeit. Der Text ist fehlerlos geschrieben, so dafs die auffälligen
Erscheinungen um so mehr Wichtigkeit erhalten, nämlich immer ift iiztoLv
I 2. 6. 11. 15*) und dann 6 81 xov ^tbg (nämlich aßTrjQ) fil^co tön I 3
und 6 81 xov "AQScog iöxtv iov&Qog %(u ikaößa) 8 ^) ; der Zeit entspricht
1) So Wessely S. 2 des Sonderabdrucks; wo sich das Stück nun befindet,
wird nicht gesagt.
2) Das Häkchen, wohl von den Alexandrinern eingeführt, diente zunächst
zur Wort.trennung. So findet es sich in der Homerüberlieferung, nämlich im Pap.
Mus. Brit. 126 des BFA aus dem IV — V. Jahrb. Kenyon Classical texts in the Br.
m. 82 (AY ■ enOPOYCe, eiPOKO.A\(jOI ■ H und a.) und im Venetus A: La Roche
Text, Zeichen und Schollen des berühmten Codex Venetus der Ilias 15 {Sovgi,
kXvtSs-., ^%b, vriSv^og u. s. w.), dann im Pap. Massil. des Isokrates aus dem ersten
nachchr. Jahrb. (Br. Keil, Hermes XIX 612), ganz besonders aber bei den Wörtchen
ov% und ovi^ vielleicht schon in den herkul. Rolle, sicher aber vom II. Jahi-h. an.
Es ist dann in späterer Zeit, erst vom IE. Jahrb. an, auch zur Silbentrennung
verwandt worden, z. B. er' TONOC, vgl. oben Nr. 9. 31. 36.
3) Wessely giebt den Text nur in kleinen Lettern; eine Tafel, welche ein
Bild der Schrift in der Erhaltung gewähren könnte, ist nicht beigegeben. Aus
diesem Grunde, und um der grofsen Wichtigkeit des Inhalts wäre eine neue Her-
ausgabe dringend gewünscht, die um so eher erfolgen mufs, als, wie Wessely
angiebt, der Zustand der Rolle kein guter ist.
4) Wenn man auch wufste, dafs f/fi'g noch in ptolemäischer Zeit gebraucht
wurde (so schreibt die pseudotheophrastische Schrift de signis, dem II. Jahrh. vor
Chr. angehörend, und der Eudoxospapyrus : 6 fift's 290), so war es doch zweifel-
haft, ob auch im Dativ des Plural derselbe Diphthong erscheinen würde; das ist
nun festgestellt.
ö) Diese Beispiele kommen sehr erwünscht, denn nun ist es unumstöfslicb
538 II- Referate und Besprechungen
TToetzai I 1, 5. 10. 14. 17. Ganz absonderlich ist cc^avQäxl^ai, doch scheint
hier Wessely ganz sicher ergänzt zu haben. Was vom Inhalte erhalten ist,
zerfällt in drei Hauptteile. In dem ersten (I) werden die Planeten be-
schrieben, im zweiten (II — VI 2, 12) handelt der Verfasser von den Wetter-
zeichen (Mondhöfe, Mondphasen, Nebelfleck in der (Darvr/, die hier Odrviov
heifst, Meteore, ^Xiog Kav(iazlag, rote Wolke in Lichtstrahlen vor Sonnen-
aufgang, Zeichen des Meeres und der Sonne), in dem dritten folgt ein
7caQcc7ir]yixa^), ein astronomischer Kalender. ^) Die nicht eben umfangreichen
Ausführungen lassen nun Arat und die Schrift de signis üi einem ganz
neuen Lichte erscheinen.^) Wenn Wessely richtig annimmt, so ist die
Schrift im 11. Jahrh. v. Chr. in Ägypten geschrieben. Eine Beurteilung der
eingehenden und viele neue Gesichtspunkte enthaltenden Ausführungen
Wesselys wird wohl bald von berufener Seite erfolgen.
11. Oxy. n 303, Nr. 303.
Geringfügiges Papyrusstück (7X7), dessen Uncialschrift in das
I. Jahrh. n. Chr. gehört, aber kaum unter Nero herabzudrücken ist. Die
Anlange von 9 Zeilen erhalten, darunter Gf] |j Atjvjj? kvkXov og in — || tXd-
XiöTog ano x&v — . Reste eines astrologischen Werkes; eine vollständige
Mitteilung der erhaltenen Buchstaben wird vielleicht zu wichtigen Ergän-
zungen führen.
72. Oxy. II 134—136, Nr. 234.
Längeres Papyrusstück (30,6 X 8,2) auf der Vorderseite Reste von
Urkunden enthaltend, die etwa aus dem Ende des II. oder dem Anfang des
in. Jahrh. stammen, auf der Rückseite den vorliegenden Text. Dieser ist
in einer runden, aufrechten Unciale gesckrieben und gehört wohl in dieselbe
Zeit, wie die Urkunde. Die Zeile hat 14 — 17 Buchstaben, die Columne
(es ist eine vollständig, eine andere nur in bedeutungslosen Trümmern er-
halten) 50 Zeilen. Bei der Schrift ist zu bemerken, dafs kurze Zeilen
durch wagerechte Striche am Ende auf das gewöhnliche Mafs gebracht
werden (vgl. oben Nr. 48) und dafs einmal (ANAAABG' 2, 19) ein Punkt
erscheint, damit natürlich auch die Paragraphos. Kapitelüberschriften wer-
den in die Mitte der Zeilen gestellt.
Heilmittelbuch fm- den täglichen Gebrauch, in schlechtem Stile ge-
schrieben, doch ohne Hinneigung zur Volkssprache. Aus der Rechtschrei-
bung ist zu erwähnen xaffro^jjou 2, 1, was auf xaUTo'^ftov {-qiov die gew.
Form) hindeutet, jr^oöfti^ov 2, 9 und cpioGag 2, 2.^) d]6rQccKov . . ^coiVJwxoü
sicher, dafs die kurze Comparativform auf co (ö nXsico, t6 itXsico, dann auch rmt
■jtXsico, Ol TcXsica u. s. w.) in ptolemäischer Zeit gebraucht war. Von hier aus hat
sie sich im Schriftgebrauch bis zum Beginn der liyzantinischen Zeit erhalten.
Eine vollständige Sammlung aller Belegstellen wird in der Grammatik der her-
kulanensischen Papyin gegeben werden.
1) Sicher ist 11 2, 14 oder 15 ^[orpajrrjyixo: zu ergänzen.
2) Für das ägyptische Jahr, denn das naqüitriyiLa beginnt mit dem ägyptischen
Neujahr, dem 1. Thoyth.
3) S. 33 wird eine Vermutung Kaisers, dafs de signis Einwirkungen des
Arat zeige, bestätigt.
4) Dies seltene Wort schwankt zwischen dem Gutturalstamm (^qpm|a Ttsqxa-
y^iBvog) und dem sigmatischen. Wenn in der Geoponika nur die letzten Formen
stehen {ntcpaa^^vrig VI 6, 2 n^cpcoa^tvav XX 2,3. 3,1), so deutet dies darauf hin,
dafs diese Bildungen volkstümliche waren, was nun durch den Papyrus bestätigt
wird.
Carl Schmidt: Christliche Texte 539
2, 5 ist nicht leicht verständlich. Das seltsame Wort mufs mit ^o'itoi „ein
Pferd in die Schwemme führen, abspülen" zusammengestellt werden, so dafs
der Gegenstand etwa ein Spülgefäfs vorstellen könnte; doch scheint vielmehr
das oaxQaKov Qoi'ariKov^ da darauf geröstet werden soll, eine besondere
Pfannenai't der spätgricchischen Küche zu sein. In der gerretteten Columne
wird von Mitteln gegen Ohrenleiden gehandelt; die beiden erhaltenen Kapitel-
überschriften lauten: evd'eta eig r\o\ ovg itQog %6vovg und nlva^iol onbg
[ngog^ novovg. Die Angaben sind recht kurz, und lösen sich mit aXlo ab,
z. B. werden für die Ausspülung bei Ohrenschmerzen vier Mittel angegeben.
Der Papyrus wird der byzantinischen Litteraturgeschichte recht erwünscht
kommen, denn er zeigt, dafs die zahlreichen, ganz ähnlich angelegten latro-
sophien der späteren Zeit (XI — XV. Jahrb.) Ausläufer einer ziemlich alten
Litteraturgattung sind.
Bonn. Wilhelm Crönert.
Christliche Texte.
(Vgl. oben S. 120—122.)
7. Oxy. II 1. — 21,2 X 7,5 cm.
Eine Lage, d. h. 2 Blätter eines Papyrusbuches, von denen der
rechte Rand abgebrochen. Ferner ist der untere Teil nicht erhalten,
und sind in der Mitte 3 Zeilen ausgefallen. Blatt 1 recto 25 Z.,
verso 23 Z., Blatt 2 recto 21 Z. und verso 17 Z.
Schrift: Runde aufrechtstehende ünciale von mittlerer Gröfse, die
mit Sicherheit auf das III. Jahrh. zu datieren ist. Die üblichen Ab-
kürzungen in bibl. Mss. kommen vor, doch keine Punkte und Accente,
nuj- an 2 Stellen Apostrophen.
Inhalt: Das 1. Blatt enthält Ev. Joll. Cap. I vv. 23 — 31 und
33—41, das 2. Blatt Cap. XX, vv. 11—17 und 19—25. Der Bibel-
text ist mit dem Cod. Sinait. eng verwandt, da er in manchen sin-
gulären Lesarten mit diesem tibereinstimmt. Leider sind von jeder
Zeile nur einige Worte oder Buchstaben erhalten, sodafs der Gewinn
füi' die Textkritik gering ist.
Wichtiger ist das Stück für die Untersuchungen über das antike
Buchwesen. Denn einerseits zeigt es das hohe Alter des Papyrus-
buches an Stelle der Rollenform, andererseits ist die Form des Buches
selbst von Interesse. Eine Lage wird nämlich in der Mitte zu zwei
Blättern gebrochen und eine Lage über die andere gelegt. Wenn
nun die eine Lage Stücke von Cap. I und XX enthält, so füllen
die übrigen 18 Capitel des Joh.-Ev. ungefähr 22 derartige Lagen,
so dafs das ganze Papyrusbuch, wenn es allein dieses Ev. umfafst hat,
ca. 25 Lagen enthalten haben mufs.
Archiv f. Papyrusforschung I, 3/4. 35
540 II- Referate und Besprechungen
8. Oxy. II 2, Tafel II — 25,1X19,9 cm.
Stück einer alten Papyrusrolle, wahrsclieinlich einer griech. Urkunde,
die später von einem chi-istlichen ScMler zu Schreibübungen benutzt
ist, nur das Recto beschrieben mit 10 Z.
Schrift: Grofse ungeschickte Uncialschrift , ganz unten noch 2
schwer lesbare Zeilen in Cursive sichtbar. Die Unciale fällt mit aller
Bestimmtheit in die 1. Hälfte des IV. Jahrb. Die gewöhnlichen Ab-
kürzungen.
Inhalt: Römerbrief Cap. I w. 1 — 7, doch mehrere orthographische
Versehen und ein Teil von vs. 6 ausgelassen.
9. Oxy. II 3. — 17,3X8,7 cm.
Fragment eines Blattes von einem Papyruscodex. Das Recto be-
findet sich in einem sehr schlechten Zustande, auf dem Verso 28 Z.
erhalten, aber auf jeder Zeile nur wenige Buchstaben, so dafs man den
Zusammenhang wie den Inhalt gar nicht erkennen kann.
Schrift: Ziemlich unregelmäfsige Unciale, vielleicht III. Jahi-h. Die
gewöhnlichen Kontraktionen kommen vor.
Inhalt: Tlieolog. Werk, ob historischen oder homiletischen Charakters
bleibt ganz zweifelhaft. Die Zeilen 14^ — 17 des Verso klingen an
Matth. VII, 17 — 19 resp. Luc. VI, 43, 44 an. Bei iym h^l . . . eI(iI
dncbv Ti]g . . . in Z. 17 verso denkt man an einen Ausspruch Jesu in der
1. Pers. singuL, doch wird es nur ein Citat sein. Die Worte in Z. 19
dg iv i^oQcpt] ■&eov weisen auf Philipp. II, 6.
10. Jacoby: Ein neues Evangelienfragment, Strafsburg 1900, S. 32 ff. —
Gröfse des Papyrus nicht angegeben.
Papyrusstreifen im Museum zu Gizeh, Pap. 10263, nm- das Recto
beschrieben mit 18 Z., einige Stellen beschädigt. Der Text beruht auf
einer Abschrift von Reitzenstein.
Schrift: Nach Grenfells Schätzung soll die Schrift aus dem IV.
oder V. Jahrh. stammen; leider sind weitere Angaben über den Schrift-
charakter nicht gemacht, wie auch ein Faksimile sehr vermifst wird.
Inhalt: Der Papyrusstreifen enthält eine Epiklese all JesUS gegen
Krankheiten, z. B. heifses Fieber oder Wechselfieber und gegen die
bösen Geister und Dämonen, wie aus Z. 15 — 17 deutlich erkennbar
ist. In den vorhergehenden Zeilen werden die einzelnen Stücke des
Bekenntnisses zu Jesus Christus ganz im Stile der Symbole resp. der
Liturgien aufgeführt.
Jacoby versucht die evangelischen Stücke auf eine alte Quelle und
zwar auf das Agypter-Evang. zurückzuführen und stützt sich auf die
Ausdrücke 6 narccxkaGag rbv ovu;^« rov XaQOvrog in Z. 2 und 6 noiipcig
xhv Xdqovxa äoTtoQov. Er glaubt nämlich in den vorher publizierten
koptischen Fragmenten eines bisher unbekannten Ev. aus der Strafs-
burger Sammlung Stücke des alten Äg.-Ev. wiedergefunden zu haben,
und findet dort den merkwürdigen Ausdruck von Christus gebraucht,
dafs er „die Kralle des Todes" vernichtet habe. Leider ist die Über-
setzung des Textes falsch, denn die kopt. Worte geben den griech.
Ausdruck %ivxqov xov ^avdxov 1. Cor. 15, 55. 56 wieder; damit fallen
Carl Schmidt: Christliche Texte 541
alle Kombinationen mit dem Ag.-Ev. dahin. Auch das griech. Stück
ist eine ganz einfache Epiklese, die ihren evangel. Stoff' aus dem N. T.
geschöpft hat; immerhin ist sie von grofsem Interesse.
11. Amherst^) I, 1, Taf. III— IX — 23x26,5 cm.
3 Lagen resp. 6 Blätter, dazu ein 7. stärker beschädigtes Blatt eines
Papyrusbuches. Die ersten 6 Blätter sind mit Ausnahme des unteren
Randes ziemlich gut erhalten, jede Seite ist in einer Columne beschrieben
und abgesehen von den ersten beiden fortlaufend mit 0 — x paginiert, so
dafs 4 beschriebene Seiten zu Anfang verloren sind. Die Seiten enthalten
26 — 29 Z., die von zweiter Hand geschriebene Col. II 32 Z.
Schrift: Der Papyrus ist von 2 Händen geschrieben. Der ersten
Hand, die sich durch eine quadi-atische regelmäfsige Unciale auszeichnet,
gehören an Col. I und Col. III — XIV. Die zweite Hand, welche Col. U
geschrieben, bietet eine schlechtere und unregelmäfsigere Unciale, auch ist die
Col. nicht nur enger, sondern auch länger beschrieben. Doch sind beide
Hände gleichzeitig und werden bei der Schwierigkeit der Datierung von
Uncialhandschriften der Byzantinischen Zeit von den Herausgebern auf das
V. oder VI. Jahrb. fixiert. Ein Corrector hat am oberen Rande von
Col. III, IV und XI einige Zeilen, die von der ersten Hand ausgelassen
waren, hinzugefügt in schmaler und schräger Unciale, wahrscheinlich nicht
später als Ende des VI. Jahrh. Dagegen stammen die Correcturen im
Texte selbst wahrscheinlich von der ersten Hand. Letztei'e gebraucht
Punkte, Apostrophe und Füllungszeichen bei kürzeren Linien, während die
zweite Hand derartige Zeichen überhaupt nicht bietet. Daneben die ge-
wöhnlichen biblischen Abkürzungen.
Inhalt: Die Blätter enthalten Stücke des bis dahin ganz verlorenen
griechischen Textes der Asceiisio Jesaiae und zwar ungefähr- ein Sechstel
des ganzen Werkes, das uns nur aus einer äthiopischen Übersetzung (vergl.
die Ausgabe von Dillmann, Leipzig 1877) bekannt war, zu der eine latei-
nische und slavische Übersetzung der 6 letzten Capitel hinzutraten. In den
jetzt publizierten Blättern beginnt der Text mit Cap. H § 4 (nach Dillmanns
Ausgabe) und geht mit kleineren Lücken bis Cap. IV § 4 ; der Text geht
also genau parallel mit dem äthiopischen und enthält dieselbe Verbindung
der griechischen Grundschi-ift mit der christlichen Apocaly^Dse. Wichtig sind
die Papyrusblätter einerseits für die Texterklärung, besonders für die Stelle
Cap. IV § 3 über die neronische Verfolgung (Märtyrertod des Petrus), an-
dererseits für die Wertbeurteilung des äthiopischen Textes, dessen Über-
setzung sich als eine genaue, sclavisch wörtliche herausstellt (vgl. Hamack:
Sitzungsber. der Beri. Acad. 1900, philosoph.-hist. Kl. Bd. XLHI, S. 984ff.
12. Amherst I, 2, Taf. II — 26,4 X 31,3 cm.
Grofses Papyrusblatt, teilweise stark zerstört, mit 25 Zeilen (60 — 67
Buchstaben auf der Zeile).
1) The Amherst Papyri, being an account of the Greek Papyri in the
collection of Lord Amherst of Hackney, F. S. A. at Didlington Hall, Norfolk, by
Bern. P. Grenfell and Ai-th. S. Hunt Part. I. The Ascension of Isaiah and other
theological Fragments. With nine plates. London 1900.
35*
542 II- Referate und Besprechungen
Schrift: Das Stück ist geschrieben in sorgfältiger Cursive, etwa aus
der ersten Hälfte des IV. Jahrh. Jede Zeile ist durch Doppelpunkte in
3 Teile zerlegt. Daneben die gewöhnlichen Abkürzungen.
Inhalt: Ein altcliristlicher Hymnus und zwar ein akrostichisches
Gedicht (nach den Buchstaben des Alphabetes, mit einer überschüssigen
Zeile, im Ganzen also 25 Zeilen) in dem Schema ^ ^y ww^i , welches
sich dreimal auf jeder Zeile wiederholt (auf der letzten nur zweimal).
Nach Hamack 1. c. S. 986 ein zur Einprägung bestimmtes Tauflied, dessen
Inhalt sich zum Teil mit Didache cap. 1 — 5 berührt und als Mahnung für
den Täufling gedacht ist. Seine Abfassungszeit setzt Harnack aus inneren
Gründen auf die Jahre 250 — 330; Preuschen „ein altchristlicher Hymnus"
in der „Z. f. d. neutestam. Wissenschaft u. d. Kunde d. Urchristentums",
1901, Bd. 2, H. 1 S. 73 ff. erblickt in dem Stück eine Malmrede, keinen
Lobgesang, deren Abfassungszeit noch in das IL. Jahrh. zurückzudatieren
sei, so dafs wir in ihm ein Stück der ältesten christlichen Gemeindepoesie
vor uns haben.
13. Amherst I, 3, Taf. I (verso) — 20,9 X 23,5 cm.
Papyrusblatt, recto und verso beschrieben, leider sehr zerstört; von den
3 Columnen des Recto ist die 1. Col. bis auf die Endbuchstaben der letzten
10 Zeilen vollständig verloren, deshalb auch nicht abgeschrieben; die 2. Col.
ist noch am besten erhalten, während von der 3. Col. der rechte Rand ab-
gebrochen ist. Die 2. Col. enthält 25 Zeilen, die 3. Col. 26 Zeilen, doch
ist unten die Datierung abgefallen.
Schrift: Ungeschickte Halbunciale, nach den Herausgebern geschrieben
zwischen 250 und 285 auf Grund der Unterschrift in der 2. Col., da von
den J. 285 bis 323 die Papyri entweder durch Consulats- oder Kaiserjahre
datiert sind. Diese Datierung wird durch den Inhalt bestätigt. Leider ist
kein Faksimile des Recto gegeben.
Inhalt: Harnack hat 1. c. S. 987 ff. den Nachweis geliefert, dafs man
ein Fragment eines Briefes aus Rolll vor sich hat, der von einem ägyp-
tischen Christen an die Brüder im Arsinoitischen Gau (Fajum) gerichtet
ist. Es handelt sich um die Sendung einer Geldsumme an einen gewissen
Primitinus in Alexandrien. Von besonderem Interesse ist aber der Brief
wegen des Vorkommens von ndnag Ma^iiiog (Col. HI, 5 und 9) d. h. des
Bischofs von Alexandrien zwischen 264 (265) — 282 (281) und von Osoväg,
(Col. III, 14) des späteren Nachfolgers des Maximus im Bischofsamte von
282(281) — 300. Darnach ist der Brief zwischen 264 (265) — 282 (281)
verfafst. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dafs es sich um zwei Briefe
handelt.
Am oberen Rande von Col. 11 stehen auf 3 Zeilen die 13 ersten Worte
des Hebräerbriefes, geschrieben in schmalen Uncialen zu Ende des III. oder
Anfang des IV. Jahrh.
Auf dem Verso des Blattes findet sich Gen. I, 1 — 5, u. zw. zuerst in
der Übersetzung der LXX und sodann in der Übersetzung des Aquila auf
16 Zeilen, geschrieben von mehr cursiver Hand, wahrscheinlich aus der Zeit
Constantins. Bemerkenswert am Texte ist das Fehlen von v. 5^ an beiden
Carl Schmidt: ChriHtliche Texte 543
Stellen, und in der Übersetzung des Aquila das Fehlen von v. 2*"^. Die
vv. 4*^ und 5^' lernt man hier zum ersten Mal aus der Übersetzung des
Aquila kennen.
14. Ajnherst I, 4 — 6,7 X 6,7 cm.
Kleines Fragment eines Papyrusblattes aus einem Papyruscodex, 7 Zeilen
auf der Vorder- und Rückseite erhalten.
Schrift: Ziemlich grofse i-unde Uncialhandschrift etwa des VII. Jahrh.
Inhalt: Hiob 1, 21. 22 (recto) und 2, 3 (verso).
15. Amherst 1,5 — 12,6x6,5 cm.
Blatt eines Papyrusbuches, von dem der rechte Rand abgebrochen ist,
14 Zeilen auf jeder Seite.
Schrift: Runde gerade Unciale etwa des V. oder VI. Jahrh.
Inhalt: Psalm 5,6 — 12. Die Verse sind fortlaufend geschrieben,
doch die einzelnen Gxiyoi durch kurze Diagonalstriche markiert. Der Text
scheint dem Sinaiticus nahe zu stehen.
16. Amherst I, 6 — fragm. b. 21,1x25,5 cm.
4 verschiedene Papyrusblätter eines Buches, beschrieben in einer
breiten Columne, teilweise sehr schlecht erhalten.
Schrift: Breite gerade ünciale in der typischen Form der späteren
Byzantinischen Zeit, nicht vor dem VII. Jahrh., vielleicht 1 oder 2 Jahr-
hunderte später.
Inhalt: Psalm 107,14 und 108,1 und vs. 12 und 13 (Fragm. a) —
Psalm 118, 115 — 122 und 126 — 135 (Fragm. b) — Psalm 135, 18—26;
136, 1 und 6—10; 137, 1—3 (Fragm. c) — Psalm 138, 20—24; 139,
1—6 und 9—14; 140, 1—4 (Fragm. d).
Die Psalmen sind stichisch geschrieben, indem eine neue Linie stets
einen Gxiypq beginnt und der Anfangsbuchstabe bedeutend breiter geschrieben
ist; wo ein GTl%og über eine Zeile hinausgeht, sind die Zeilen eingerückt.
Die Überschriften der einzelnen Psalmen sind durch kleine keilförmige
Zeichen eingeschlossen und links davon steht die Nummer des betreffenden
Psalms. Der Text stimmt nicht überein mit Sinait. u. Vatic, sondern mit
dem Alexandlinus, Verona-Psalter und zweiten Corrector des Sinait.
17. Amherst I, 7 — 10,5 X 10,6 cm.
Oberer Teil eines Pergamentblattes eines Psalters, nicht besonders er-
halten, 1 6 Zeilen.
Schrift: Schmale, runde und schöne Uncialhandschrift, vielleicht aus
dem V. Jahrh.
Inhalt: Psalm 58, 7 — 13 und 16 — 18; Psalm 59, 1—3. Der Text,
stichisch gesckrieben, zeigt eine gewisse Verwandtschaft mit dem Verona-
Psalter und dem zweiten CoiTector des Sinaiticus.
18. Amherst I, 8 — 17,9X17,6 cm.
Pergamentblatt eines Buches, stark abgeblafst auf beiden Seiten, jede
Seite in zwei schmalen Columnen beschrieben zu je 23 Zeilen.
544 11- Referate und Besprechungen
Schrift: Sorgfältige gerade und mittelgrofse Unciale, wahrscheinlich
aus dem V. oder VI. Jahi-h.
Inhalt: Acta Apost. II, 11 — 22 mit einer Reihe Abweichungen, be-
sonders bemerkenswert in. vs. 13 (^i')i)leva^ov Xeyovreg mit Cod. D gegenüber
allen andern Handschriften.
19. Amherst I, 9 — 11 X 25,5 cm (a) und 8 X 33,7 cm (b).
Zwei schmale und lange Papyrusstreifen (a imd b), der zweite schlecht
erhalten, der erste recto und verso beschiieben.
Schrift: Gute Unciale, mit einer Tendenz zur Cursive bei a, wahr-
scheinlich YII. oder VIII. Jahrh.
Inhalt: Liturgische Stücke, wahrscheinlich für den Kirchenchor. Die
beiden Stücke auf Fragm. a tragen die musikalische Bezeichnung Kd&i6(ia
GTLyriQov TtXdyiov 8' resp. %ad'. nXay. 6'. Dogmengeschichtlich wichtig ist
die Beziehung des Trishagion auf Christus mit dem Zusatz ei 6 Ka&ri(ievog
iv ös'^iä xov TiaxQog. Das dritte Gedicht auf Fragm. b trägt die Aufschrift:
jiiir xov xijg ccyiag ^soxonov accl aeiTtaQ&Evov MaQiag xal xov ayiov Aoyyivov
xov tKCixovxa.Q'jipv '^ wahrscheinlich handelt es sich nicht um ein Gedicht auf
Maria und Longinus, sondern auf Phokas, den Heiligen von Sinope, welchen
die Griechen auch am 23. Juli, d. h. am Longinustage feierten (vergl.
Harnack 1. c, S. 995).
Berlin. Carl Schmidt.
Papyrus-Urkunden.
Seit meinem ersten Bericht (oben S. 122- — 177) sind folgende Papyrus-
Urkundenpublikationen erschienen :
I. Fa}Tiin tOAVllS aud theyr papyri by Bernard P. Grenfell, Arthur
S. Hunt und David G. Hogarth with a chapter by J. Grafton
Mi Ine. London 1900. Egypt. Explor. Fund, Graeco-roman brauch
(P. Fay).
Vgl. V. Wilamowitz, GGA. 1901 S. 30—45. B(lafs), Litt. Centralb.
1901 S. 23. Bücheier, Rh. Mus. 56, 324 ff. Viereck, Berl.
ph. Woch. 1901, 22. Juni Sp. 776ff. Wilcken, Deutsch. Litteratz.
1901 (wird erst erscheinen).
IL Les papyrus de Greueve transcrits et publies par Jules Nicole. Pre-
mier Volume, deuxieme fascicule, Geneve 1900 (P. GrCD.).
S. Reinach, Rev. Archeol. 37 (1900) S. 333. Beilage z. Allgem.
Zeitg. 1900 n. 168 S. 8. Zereteli, Byz. Zeitschr. 10 (1901)
S. 299. Wessely, Woch. f. klass. Phil. 17 (1900) S. 425ff. Bidez,
Rev. de l'Inst. publ. en Belgique 43 (1900) S. 180. My, Rev.
crit. 51 (1901) S. 189. Seymour de Ricci, Rev. Et. Grecq.
1901 S. 197.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 545
III. Arcilives militaires du I*'" Sichele. Texte inedit du Papyrus latin
de Geneve No. 1, publio sous las auspices de la societe academique
de Geneve avec facsimile, description et commentaire par Jules Nicole
et Charles Morel. Geneve 1900 (P. Geil. lat. 1).
Vgl. Th. Mommsen, Hermes 35, 443 ff. H. Blümner, N. Jahrbb. f.
d. klass. Alt. III 432 ff. Cagnat, Rev. crit. 50 (1900) S. 124f.,
derselbe Journ. d. Savants 1900 S. 375 f. S. Reinach, Rev.
Arch. 38 (1901) S. 161 f. Esperandieu, Comp. Rend. Acad. Inscr.
1900 S. 442ff. Heron de Villefosse ibid. S. 27off.
IV. Ägyptische Urkuiideu aus d. köuigl. Museen zu Berlin, herausgeg.
von d. Generalverwaltung. Griech. Urkunden III. Band, 5.-7. Heft,
BerHn 1900—1901 (BGU).
V. Edgar Johnson Ooodspeed, Papyri from Karanis, Studios in class.
Philologie III, Chicago 1900 (P. Chic).
VI. G. Vitelli, Da Papii-i greci deU' Egitto, Atene e Roma PV n. 27, Marzo
1901, S. 73—81 (P. Fir.).
VII. C. Wessely, Papyrorum scripturae graecae specimina isagogica, Leipz.
Avenarius 1900 (P. Wess. Taf. gr.).
Vgl. W. Schubart, Deutsche Litteraturz. 1901 Sp. 1689ff.
VIII. Chr. Blinkenberg, ün contrat de vente de l'epoque ptolemaique, Acad.
roy. de Danemark, Bulletin 1901 S. 119 ff. (P. Cop.).
IX. F. G. Kenyon, Papyi-i acquired in the years 1894—1899, Additional
Catalogue of the British Museum.
X. The Amherst Papyri, beeing an account of the greek papyi-i in the
collection of the r. h. Lord Amherst by B. P. Grenfell and Arthur
S. Hunt. Part I (1900) (P. Amh.) Vgl. oben S. 542 Schmidt unter
Nr. 13 (zu 3 a, der einzigen Urkunde).
An sonstigen Arbeiten, die zur Erklärung der Papyrusurkunden nach
irgend welcher Richtung beitragen, sind mir aus demselben Zeitraum folgende
bekannt geworden:
1. Allgemeines.
L. Mitteis, Aus den griechischen Papyrusurkunden. Ein Vortrag, gehalten
auf der VI. Versammlung deutscher Historiker zu Halle a. S. 1900.
Felix Stähelin, Neuere Papyrusfunde. Vortrag, gehalten auf der 40. Jahres-
versammlung des Vereins schweizerischer Gymnasiallehrer in Luzern.
Aarau 1901.
Archaeological Report (Egypt Exploration Fund) 1899/1900.
Seymour de Ricci, Bulletin Papyrologique in der Revue des Etudes
grecques 1901 S. 163 ff, Theodor Reinach's Zeitschrift soll von
jetzt an zweimal im Jahre solche nützlichen Bibliographien biingen.
Ich habe diesem ersten Bulletin einige Einzelheiten entnommen, na-
mentlich über ausländische Erscheinungen, die mir nicht zugänglich
waren.
2. Juristisches.
Otto Graden witz, Einführung in die Papyruskunde. 1. Heft: Erklärung
ausgewählter Urkunden. Leipz. 1900. Vgl. Mitteis, Lit. Centralbl.
1900, Sp. 770 f., Wilcken, Deutsche Litteratm-zeitung 1900, Sp. 2463 ff.
546 II- Referate und Besprechungen
Wessely, Woch. f. kl. Phil. 1900 Sp. 400 ff. Kenyon, Class. Rev.
1900 Sp. 365 f. Ad. Bauer, Hist. Z. 1900 S. 472 ff. Schulten Bari.
ph. Woch. 1900 Sp. 1457 ff. Eine eingehende Besprechung dieser
wichtigen Erscheinung aus der Feder Heinrich Ermans hoffen wir im
nächsten Heft des Archivs zu bringen.
Theodor Mommseil, Das ägyptische Gesetzbuch (in der Pestgabe für Heia-
rich Dernburg).
Stephan Brassloff, Zur Geschichte des römischen Compensationsrechtes.
Zeitschr. d. Savigny-St. f. R. 1900.
Bonfante e Rnggiero, „La petizione di Dionysia." Bull. d. Istit. d. Diritto
Rom. 13 (1900) fasc. 1.
(Tregor Zereteli, ot,^. Kiaccni. (|)h.io.i. 1901 S. 63 ff. (über die donatio
ante nuptias, russisch).
3. Wirtschaftsgeschichtliches.
Curt Wachsmut, Wü-tschaftliche Zustände in Ägypten während der griechisch-
römischen Periode. Jakrb. f. Nationalök. u. Statist. 1900. S. 771 ff.
Georg Schanz, Studien z. Geschichte u. Theorie d. Erbschaftssteuer. Finanz-
archiv XVn. 1. Band.
U. Wilcken, Die Steuern (der von Erman erklärten Naukratisstele), Äg.
Zeitschi-. 38.
Vgl. auch die oben angeführten Schriften von Mitteis und Stähelin.
Auf die Besprechungen meiner „Griechischen Ostraka" komme ich nächstens
gelegentlich einer Übersicht über Ostrakastudien zurück.
4. Historisches.
B. Niese, Die Welt des Hellenismus. Rede, gehalten beim Antritt des
Rektorats am 14. Oktober 1900.
Hugo Willricll, ludaica, Forschungen zur heilenist. jüd. Geschichte und
Litteratur, Gott. 1900. Vgl. E. Schürer, Theol. Litteraturz. 1900.
Nr. 21 Sp. 585 ff.
M. L. Strack, Griechische Titel im Ptolemäerreich. Rhein. Mus. 55 (1900)
S. 161 ff.
P. Meyer, Das Heerwesen d. Ptolemäer u. Römer in Ägypten. Leipz. 1900.
Vgl. Beloch, Litt. Centralbl. 1901 Sp. 69 f. Strack, Deutsch. Lite-
raturz. 1900 Sp. 1446 ff. Ad. Bauer, Beri. phil. Woch. 1900 Sp.
1327 ff. Cagnat, Rev. crit. 1900 S. 407 ff. Vgl. auch oben S. 354,1.
Eine ausführliche Besprechung von W. Schubart mufste leider wegen
Raummangels für das nächste Heft zurückgestellt werden.
Wilhelm Schubart, Quaestiones de rebus militaribus quales fuerint in
regno Lagidarum. Diss. Bresl. 1900.
C. Wessely, Epikiisis. Eine Untersuchung zur hellenistischen Amtssprache.
Sitz. Wien. Akad. 142 (1900). Vgl. P. Meyer, Beri. phil. Woch.
23. Febr. 1901.
E. Kornemann, Zur Geschichte d. antiken Herrscherkulte. Beiträge z. alt.
Gesch. I S. 51 ff.
E. Schürer, Zu H Macc. 6,7 (monatliche Geburtstagsfeier). Zeitschr. f. d.
neutest. Wiss. II 1901 S. 48 ff.
Ulrich Wilcken: Papyras-Urkunden 547
Otto Seeck, Decemprimat und Dekaprotie. Beiträge z. alt. Gesch. I
S. 147 flf.
Otto Hirschfeld, Die Rangtitel der römischen Kaiserzeit. Sitz. Berl. Akad.
25 (1901) S. 579 ff'.
5. Sprachliches.
Edwin Mayser, Grammatik der griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit.
n. Teil: Konsonantismus. Programmbeilage f. d. Karlsgymnasium
Stuttg. 1900.
Franz Völker, Papyrorum graecarum syntaxis speciinen (de accusativo;
acced. II tract. de -v et -g finali). Diss. Bonn 1900.
Panl Wendland, Aristeae ad Philocratem epistula. Leipz. 1900. Vgl.
E. Schürer, Theol. Literaturz. 1900 Nr. 21 Sp. 583 ff", v. Wila-
mowitz, Deutsche Litteraturz. 1900 Sp. 3320 ff".
Panl Kretschmer, Die Entstehung der Koine. Sitz. Wien. Akad. 143
(1900).
Albert Thnmb, Die griechische Sprache im Zeitalter des Hellenismus.
Beiträge zur Geschichte und Beurteilung der Koivrj. Strafsb. 1901.
Vgl. P. Kretschmer, Deutsche Litteraturz. 1901 Sp. 1048 ff".
James Hope Monlton. Grammatical notes from the papyri. Class. Rev.
1901 S. 31 ff".
6. Palaeographisches und Verwandtes.
Karl Dziatzko, Untersuchungen über ausgewählte Kapitel des antiken Buch-
wesens. Leipz. 1900. Vgl. Theodor Birt, Zur Geschichte des an-
tiken Buchwesens. Centralblatt f. Bibliothekswesen XVII, 12. S. 545 ff".
Wissowa, Deutsche Literaturz. 1900 Sp. 3037 ff".
Wilhelm Weinberger, Bericht über Palaeographie und Handschriftenkunde
(1897 — 1900). Jahresb. f. d. Fortschritte der klass. Alt. 106 III
S. 168 ff.
U. Wilcken, O OEYPVrXOZ XAPAKTHP. Hermes 36 (1901)
S. 315 ff.
Cnrt Dewischeit, Griechische Tachygraphie in ägyptischen Papyrusurkunden
aus dem königlichen Museum zu Berlin. Der Schriftwart VH. Febr.
1900. S. 9 ff. Vgl. unten S. 555. — Dr. Dewischeit hat' jetzt die
Redaktion des „Archivs für Stenographie" übernommen und be-
absichtigt, darin auch die antike Tachygraphie zu fördern. Vgl. den
Bericht von Rubensohn über die beiden ersten Hefte im Archaeol. An-
zeiger 1901 I S. 16.
Die sachliche Erklärung der obigen Publikationen glaube ich am
besten dadurch zu fördern, dafs ich in Ergänzung des oben auf S. 4 — 24
aufgestellten General -Registers mitteile, welchen Rubriken die neu edierten
Texte angehören. Ich gebrauche dieselben Zahlen, Stich worte etc. wie dort;
Rubriken, die oben noch nicht vorkommen, habe ich durch einen vor-
gesetzten Stern gekennzeichnet. Zugleich bringe ich einige Korrekturen zum
obigen Register, die sich inzwischen als notwendig erwiesen haben.
548 n. Referate und Besprechungen
A. Behördliche Urkunden.
I. Amtliclie Tagebücher (vgl. S. 4).
Rom. Aus den Commentarii des Idiologus: Wess. Taf. gr. 11, 19 (?).
Unbestünmt: BGU III 893. — Fay. 106, 1-5.
IIa. Gesetze und Erlasse (vgl. S. 4/5).
Ptol. Gesetze: Fay. 22.
Rom. Kaiser -Rescripte: Fay. 20.
Statthalter -Edikte: Fay. 21.
Erlasse des aQit8L%a6xrig: BGU 11 578, 7—8; 614, 7—8; III 888.
Erlasse von Unbekannt: BGU III 820 (?); 832 (?).
Aufforderungen zur avano^nri: Fay. 37.
*Befehl eines Centurio: Fay. 38.
Ilf. Natural -Lieferungsanweisungen (vgl. S. 6).
Ptol. Fay. 16; 18.
Byz. BGU III 849.
Illa. Amtliche Berichte (vgl. S. 7).
Rom. *Von den ygafifiaTStg Tijg ^rjXQondXecog und den K(OfioyQa(iiiarEig:
Fay. 26.
Vom K(0(xoyQa^[i(xrEvg: Fay. 25; 40. — Gen. 37.
*Von TiQsößvuQor. Fay. 39.
Von atrokoyoi: BGU III 835.
Von TCQaKTOQeg: Fay. 41; 42; 42a.
Von Unbekannt: Wess. Taf. gr. 7, 9(?); 7,10(?); 9,13(?); 9, 14 (?).
Illb. Amtliche Bittgesuche (vgl. S. 8).
Byz. *BGU III 836.
Illd. Andere amtliche Eide (vgl. S. 8).
Rom. Fay. 24.
IV a. Abgabenquittungen (vgl. S. 8).
Ptol. Von der Bank ausgestellt: Fay. 17; 18.
Vom Praktor: Fay. 14.
Von Steuerpäcbtern: Fay. 13.
*Von Ungenannt: Fay. 15.
Rom. Vom Thesauros: Fay. 81—85. — Gen. 39 (?).
Von TCQanroQsg aQyvQtn&v (öiiyQatpsv): BGU III 817; 819; 881. —
Fay. 47a; 51; 53—57; 61; 64. — Gen. 40.
*Von TtQaKtOQEg ovöiaK&v: Gen. 38.
Von Steuerpächtern (diiyQailjev): Fay. 58; 59.
Vom voiiDCQirjg: Fay. 88.
Von TiQBößvreQOt Kcofirig: BGU III 880.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 549
Von den Thorbeamten: B(iU III 867. — Fay. 67-72; 75— 76a.
*'AvTiavfißoXa: BGtU Jll 882. — Fay. 73; 74.
Von Ungenannt: Fay. 43—47; 49; 50; 52; o2a; 60; 62; 65.
*Vom iTCi,xi]Q7]xrig yevrji^fxaToyQacpoviievcov) VTtaQiövzoov: B(tU III 851 (V).
*Vom xEiQtörrjg: Fay. 63. — Oeil. 77.
*Vom yQafi^^aTEvg): Fay. 48.
IV b. Andere amtliche Bescheinigungen (vgl. S. 9).
Rom. Bescheinigung von Einregistrierungen
a) von demotischen Kontrakten: Wess. Taf. gr. lab, 1—2;
6, 6, 11—13; 5, 5, 11—13; 9, 15, 10—12; 13, 29, 22—23; 14,
30, 34—37.
b) von griechischen Kontrakten: Fay. 89, G; 91,46—47; 92,31;
97, 45—47; 98, 28—29.
Quittungen über XsirovQyiai: BOU III 875 — 879. — Fay. 77 — 79.
Epikrisis- Bescheinigungen: B(xU III 847.
Bescheinigung der Reinheit des Opfertieres: Grell. 32.
Quittungen von Gehaltsempfängern: Fay. 35.
Sonstige amtliche Quittungen: BGU III 834; 842. — Gen. 41.
V. Andere amtliche Korrespondenzen (vgl. S. 10).
Rom. BGU III 848. — Wess. Taf. gr. 11, 18.
Byz. Oeil. 45 (= Rev. Phil. 20,47 lat.); 50.
VI. Amtliche Abrechnungen, Verzeichnisse etc.
(vgl. S. 11).
Rom. Abrechnungen über Steuereingänge u. a.: BGfU III 897; 898. —
Fay. 66; 86; 86a.
Beamtenlisten: Fay. 23; 23a.
Militärische Listen: Fay. 105 (lat.). — Gcü. lat. 1.
* Dorf listen: Geil. 81.
* Pachtlisten: BGU HI 889 (?); 890 (?).
* Auszüge aus der örnioaia ßi.ßXio&rjKri: BGU III 861; 870.
* Auszüge aus den KcaaXoxiö(x.or. BGU III 866.
Byz. Andere Abrechnungen: Geil. 65.
*Brevia: Gen. 63; 64.
B. Private Urkiindeii (vgl. S 13).
1. Eingaben von Privaten an Behörden.
I. Klagsclirifteii und Bittscliriften.
Ptol. An den König: Fay. 11; 12.
Rom. An den Präfekten: BGU III 823. — Fay. 106, 6ff.
An den ^t^txacTTTjg : BGU I 241; 282; II 542; III 825.
*An den Idiologus: BGU III 868. — Wess. Taf. gr. 7, 8 (?).
An den fTrtöT^aTojyoj : Gen. 31.
550 II- Referate und Besiirechungen
An den arQarrjyos: Fay. 108. — Oeil. 28. — Wess. Taf. gr. 11,
20—23.
An den Centurio: Fay. 107. — Wess. Taf. gr. 11, 17.
An Unbekannt: BGU III 871. — Wess. Taf. gr. 8, 11 u. 12; 12, 28.
Gesuche um Zustellung von Klagschriften u. a.: BGU III 832, 15 fF. (?);
888, 5ff.
Byz. An den praefectus alae: Gen. 47; 49.
II. Eingaben in Steuerangelegenheiten (vgl. S. 14).
Rom. Steuerobjekts - Deklarationen
über Grundbesitz: Fay. 33.
über Hausbesitz: Fay. 32. — Geil. 27.
über Viehbesitz (Kamele): BGU III 852; 869.
Steuersubjekts -Deklarationen: BGU III 833.
Geburtsanzeigen: Fay. 28. — Gen. 33.
Todesanzeigen: Fay. 29. 30.
Steuerpacht -Angebote: streiche Lond. II 286 (s. Andere Pacht-An-
gebote).
III. Anderweitige Eingaben an Behörden (vgl. S. 15).
Rom. An die Epikrisis - Kommission : Fay. 27. — Gen. 19.
An die Örjfioaia ßi,ßhod-i]Kr}: BGU I 243 (ohne Fragezeichen). —
Fay. 31. — Gen. 44.
Eidliche Versicherungen: BGU III 891 Recto. Streiche: BGU I 244
(s. f.).
Gestellungsverpflichtungen: BGU 1 244; III 891 Verse.
Anträge auf öcoiiaTiö^og: BGU I 241; 282; II 542 (?).
Domanialpacht- Angebote: BGU III 831.
*Andere Pacht -Angebote: Fay. 36. — Lond. II 286 (S. 184).
Empfangsbeseheinigungen über Aussaat: Chic. 1 — 91. — Fay. 80.
*Übemahme amtlicher Befugnisse (?) : Fay. 34.
Byz. Gestellungsverpflichtungen: Arch. I S. 408.
(B) 2. Akten zwisclieii Privaten (vgl. S. 17).
I. Recbtsgeschäfte.
Ptol. Verträge über Kauf: Cop. — Streiche Grenf. II 46 (s. röm.).
Empfangserklärungen: Gen. 20.
Verträge über Abtretungen: Vgl. Grenf. II 27.
* Heiratsverträge: Geu. 21. + Münch. (= Arch. I S. 484 ff.).
Röm. Rechtsgeschäfte durch Vermittelung von Privatbanken: Fay. 87; 96. —
Fir. 1 (b).
Verträge über Kauf: BGU III 825, 1-12; 853 Verso; 854; 859; 864;
883 (= 236); 887; 901. — Fay. 92. — Gen. 23; 29; 30;
35. — Grenf. II 46. — Wess. Taf. gr. 6, 6 u. 7; 5, 5; 9, 15;
10, 16; 12, 24; 13, 29; 14, 36.
Verträge über Pacht: streiche CPR 242 (s. Miete).
Pachtangebote: BGU III 860; 862. — Fay. 95. — Gen. 34.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 551
Verträge über Miete: CPR 242.
Dienstvertrags -Angebote: Gcil. 73.
Lehrlingsvertrilge: Vgl. B(ilU JII 855.
Empfangserklärungen: Kay. 94; 97 — 99; 100, 18—29. — Geil. 22;
25; 26. Streiche: BGU II 446 (s. Arrha); Lond. II 143 (s. Arrha),
178 (s. Scheidung), 334 (s. Arrha).
* Verträge über Ai-rha: BGU II 446. — Fay. 91. — Loild. II 143
(S. 204/5); 334 (S. 211).
Verträge über Darlehen: BGU III 853 Recto; 857. — Fay. 89; 90. —
Fir. 1 (a). — Gen. 24; 43. — Lond. II 311 (ö. 219/20). —
Wess. Taf. gr. 12, 25 u. 27.
Verträge über Depositar BGU III 856.
^Zvv&eaeig: BGU III 865. — Gen. 42.
Vollmaehtsurkunden: Vgl. BGU III 710, 13 ff.
Heiratsvei-träge : streiche CPR 23 (s. Scheidung).
Scheidungsurkunden: CPR 23. — Lond. II 178 (S. 207/8).
Testamente: BGU III 895; 896.
Byz. Verträge über Kauf: Gen. 48; 60.
Verträge über Pacht: BGU III 840; 900. — Gen. 66; 67. Streiche:
Gen. 10 (s. Miete); Lond. I 113, 5a (s. Miete).
Pachtangebote: Fay. 93. — Gen. 69; 70; 78.
Verträge über Miete: BGU III 841. — Gen. 10. — Loild. I 113, 5 a
(S. 210).
Empfangserklärungen: BGU III 858; 899. — Gen. 68.
Verträge über Darlehen: BGU III 837—839; 873. Streiche 741.
II. Private Briefe (vgl. S. 21).
Köm. BGU III 814 — 816; 821; 822; 824; 826; 827; 829; 830; 843—846;
850; 884—886; 892. — Fay. 109 — 131. — Gen. 72; 74.
* Kaiserlicher Privatbrief: Fay. 19 (oder litter.?).
Einladungen: Fay. 132.
Byz. Amh. I 3a. — BGU III 818 (?); 874. — Fay. 133—136. —
Gen.51 — 59; 61; 62; 75; 76; 79 (?).
III. Sonstige private Auf Zeichnungen (vgl. S. 22).
Rom. Wirtschaftsbücher: Fay. 101; 102. — Gen. 71.
Rechnungen: Fay. 103; 104.
Zahlungsanweisungen an Privatbanken: Fay. 100.
ArbeiterHste: BGU III 894 (priv.?);
Horoskope: Fay. 189.
Amulette: Arch. I S. 421 ff.
Fi-agen an Orakel: BGU I 229; 230. — Fay. 137; 138. — Wess.
Taf. gr. 12, 26.
Byz. * Kleiderverzeichnisse etc.: Gen. 80.
* Privatquittungen: BGU III 828.
*Amulette: Arcll. I S. 427; 431 ff
552 JI- Referate und Besprechungen
Unbestimmte Stücke (vgl. S. 23).
BGU III 825; 832; 863; 872; 891, 25fF. Streiche: BGHJ I 229; 230 (s. u.
Orakelfragen). — Münch. (Arch. I S. 480 ff.).
Lateinische Papyri.
Fay. 105. — (reu. 45 (= Rev. Phil. 20, 47); vgl. 62, 19-20. — Oeu. lat. 1.
Mit Rücksicht auf den im Schlufsheft begrenzten Raum beschränke ich
mich darauf, einige Beiträge zur Erklärung der obigen Texte mitzuteilen.
I. P. Fay.
11, 22. t[6] xo;[A.]c5? £%ov'^
14. Numenios kann nicht der in P. Grenf. I 38 Genannte sein, wenn Gren-
fell diesen Papyrus mit Recht in die Zeit des Auletes gesetzt hat. Die
ungewöhnliche Ehrung würde für den jüngeren der beiden Numenios
in der Inschrift bei Neroutsos-Bey, L'anc. Alex. S. 98 passen.
15 Anm. S. 108. In BGU 66, 5 ist nicht Ba%ii(x8og A6vyo\v\ als Dorfname
zu verbinden, da vi6vj'o[g] zu lesen ist. Vgl. die Add. dort.
20, 5 1. xovg KatQOvg statt rovg Kai rovg.
28a Verso. rvilfinijg, das GH mit Recht auch für BGU 471, 15 fordern, las
ich auch in P. Gizeh 10449 zwischen anderen, z. T. neuen Steuern
(wie laQtrjQ&g, i^tr^^ßg).
24, 2 Schlufs erg. rca^a]. Zur Sache vgl. auch P. Boissier (s. oben S. 168 ff.).
26, 16 f. erg. etwa: Kvaö&xs [?] ev7t6Qov[g sig] Xix[ovQyLav^ [reo vfiExeQco]
Kivövvo). Vgl. Griech. Ostr. I S. 508 f.
42 a I 10. Die richtige Deutung des xiXog d'vi&v (Ölpressensteuer) giebt
jetzt ein Text bei Wess. Taf. gr. 11,20. Mein Breslauer Schüler Walter
Otto hatte sie schon vorher erkannt.
43 I 3 und II 3 1. TtQoyo^vog) = Stiefsohn, nicht 7tQoy6(vov) = grandfather.
50, 5. Ist ^laCov J(o(i(axog?) verlesen für 'iffiW <5^öft(oi;)?
58 und 54 1. 6vvx(a^inov) , nicht 6vvx{a!^l(iov). Vgl. 45, 3.
63, 9 erg. x£k(ovg), nicht x£X(s6jji,axog) oi\vov. i
78, 1 und 74, 1. Abweichend von Viereck a. a. 0. sehe ich in avxsavußo
nach BGU 882 eine Verbalform (Praeteritum). Das folgende x£X{. . .)
dürfte nach demselben Text eher in xsX((ov7}Gc(fi£vog) od. ä. aufzulösen
sein als xE(xf)X{£axat) Volle Klarheit werden erst weitere Funde
bringen. Mit Recht lehnt Viereck die Gleichsetzung von ccvxt6v(ißoXov
mit ccvxiyQcccpov ßvfißoXov ab.
77 und 78. Nach einem Münchener Text vermute ich, dafs ^tvaXei,XQiai(^ )
verlesen ist für WivaXEi,x(^. .V) ötco^Qvyt).
82. Ich würde Z. 13 die Ergänzung [kö" streichen, dafür in 14 schreiben:
'AÖQi,avii[g (jtvQOv aQxdßag) %ö'\ wodurch diese Steuer getrennt wird
von der folgenden, die ich etwa ov6ta.\K{ß)v)\ fiiö&^toräv) lesen würde.
89 beseitigt definitiv die Einwendung Gardthausens (Aug. 11 457) gegen
meine „Alex. Aera" (Hermes 33, 151 ff.), dafs die beiden Daten in
BGU 174 nicht identisch seien.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 553
90 (S. 225 Anm. 16). iietqo) IvSEna^ttqa ist ein Handmafs, das 11 Metra
umfafst. Damit ist über die Grülse der Artabe nichts ausgesagt.
y5. Wenn Oliven- und Kaphanusöl im Rev. Pap. nicht begegnen, so folgt
daraus vielleicht nur, dafs ihre Produktion nicht monopolisiert war.
Vgl. Griech. Ostr. I 188, 5. Dann wüi-den diese Texte noch nicht be-
weisen, dafs das ptolemäische Ölmonopol in der Kaiserzeit verändert
sei. Die Frage ist weiter zu untersuchen.
Aus 96 folgern GH, dafs hier die Bank eine Naturallieferung verabfolge.
Ich glaube, sie ist nur der Vermittler, durch den ihr Kunde sich die
Quittung über die Naturallieferung einfordern läfst.
100. Ähnliche Checks sind BGU 156 und 813. In 813, 12 erg. l^iaait
ccQyvQiov ÖQai^ag %rX.
106, 8. Die ccTfrjyoQSVfiEva sind nicht mit GH auf den vTCOfivrjjiariGixog, son-
dern auf die kaiserlichen Erlasse zu beziehen, die den Ärzten Be-
freiungen zusagten. Vgl. zur Sache E. Kuhn, Stadt, u. bürg. Verf.
I 83 ff. Unser Arzt beruft sich nur auf seine Approbation, nicht auf
den numerus. Das Edikt des Pius (Dig. 27, 1, G, 2) war also wohl
damals (ca. 140) in Ägypten noch nicht eingeführt, vielleicht noch
nicht erlassen.
137 und 138. Zu diesen Orakelfragen, die im Tempel von Bacchias gefunden
wurden, vgl. den Bericht des Ammian. Marc, über das Besaorakel in
Abydos (a. 359 n. Chr,): chartulae seu mcmbranae, conüncntes quae
petehantur, post data quoque responsa interdum remanebant in fano.
345. Durch die Worte %aQ'uQ[ov] ano Q'qvov %ala^ov modifizieren sich z. T.
meine obigen Ausführungen auf S. 158.
II. P. Gen.
Herrn Prof. Nicole bin ich für zahlreiche Auskünfte über die Genfer
Texte zu lebhaftem Dank verpflichtet. Ich greife hier auch auf das erste
Fascikel von 1896 zurück. Zu Nr. 11 vgl. oben S. 311, zu Nr. 21 S. 484 ff.
1, 12 liest Nie. jetzt tKxaQaöGEiv statt GvvtaQaöGsiv.
4, 1. Auf meine Frage, ob nach Stein's Vorschlag (oben S. 448) C. Caecilius
Salvianus hier zu lesen sei, antwortete Nie. verneinend.
6, 10 bestätigt Nie. meine Vermutung [%a]raßeßX7iK£vai,.
7, 12 und 201. 0a&(pi (Nie).
8, 29 erg. <yv[vat%bg^.
9 I 9 etc. 1. 6vv öcacpoQov statt 6vvöi,a(p6Qov.
10, 81. [otxt'Jag TQi,axeyd(Grov) statt [aQOVQ\ag zQig rEra(^QTOv). — 151. ockoi-
Xdvrcog statt oi'not Ttdvrmg. — 18 erg. etwa [k'ist [i]ovaiov. — 19 erg.
[dijftoff]/«. — 21 ist td' vor le' ein Druckfehler (Nie).
13, 9 zwischen le' und Avqi]Xiog keine Lücke (Nie).
14, 1 etc. halte ich Kvqo) füi- den Eigennamen, d'eocpvXd'Kra für das Adjectivum.
16, 13 erg. anoKaXv[(f)d'fj].
20, 3 1. iTtTtstüv statt yevecovj wie Nie. mii' bestätigt. Jetzt auch so bei
Seymour de Ricci a. a. 0. nach einer Heidelberger Copie.
27, 3 1. Jioyevei statt Jtofiriösi. Vgl. BGU 420. So auch GH zu Fay. 32,3.
28, 6 1. 'Sl^icov T[tg sig]sX&03v (Nie).
33, 8 1. 'laiov (Nie).
554 n. Referate und Besprechungen
34, 9 erg. [fxiö^d-ai,, verschi-ieben für fjLia&<^G)6yai.
35, 4 erg. xQei[agy dazu vielleicht ein Adj. wie KVQtanag o. ä.
36 schon vorher von Wessely, Eev. Egypt. VIII (1898) 9 ff. ediert. —
1 liest Mc. jetzt Ttags*. — 2 ^EqcoöIkov (Wess.) falsch nach Nie, der
'^Eqixs'I'ökov für möglich hält. — 7 nQog Krj[6Eu<Jv (Wess.) nach Nie.
falsch. Der letzte Buchstabe sicher <x. Vielleicht x?][^£tja? Mcole's
%QogKvv[r}]fia giebt keinen befriedigenden Sinn. — 11 lesen Nie. und
Wess. Kai aXlav vawv tcöv, was einen guten Sinn giebt. Meine Frage,
ob trotzdem vielleicht kccI r&v Ovvvkcov d-eav dastehe, wurde von Nie.
bejaht. — 19 enTcc xal (Wess.) nach Nie. falsch. — 20 0(oQ- %' fehlt
bei Wess. — Neu ist hier das Amt des biä^o-jjig oQuasiag. Hängt das
mit oQaöig = Vision zusammen?
37, 13 vermute ich elg kXi^qov (^slg von Nie. gesehen) statt ßovXsvrdg. Vgl.
Griech. Ostr. I S. 603. — Für 19/20 bestätigt Nie. meine Emendation:
V ovX(ri) (i,sra)7t(^(o) £| a,QL6r(^SQa)v) statt 2vov (itiXQo) i'^ aqLGximv).
39, 11 fjteiiia&oiiE wohl versehrieben für fA.e(jierQr]j.iai,.
43, 8 Anfang vermute ich ^Aks'^avÖQEcov (event. abgekürzt).
44 imd BGU 243 (vgl. oben Mitteis S. 196 f.) ergänzen sieh gegenseitig
aufs Schönste. 44, 20 erg. [t6 zr]v TtaQccdsßiv y^svle&at, 21 [qpo) rov
IQfjfiuriöfiov. 'O^notav yccQ trjv anoyqcitpriv avrov noL&^ai^ 22 \ano8£ii,oi
ag vndQyEi\^ 23 [vs/tj, sivai kvqiov xo Tt\Qoy,axE6iYi^ivov.^ 24 \%cd ^i}
e'6E6d'ai ijjLTtoÖLOv in] xrjgÖE xTjg kxX. Aufserdem vermute ich 15/6
dyo[Qavofji{. . .) nal ag iQ'ri^ax](t£t öiaKEL(jL£vo[v (letzteres auf fiSQog be-
züglich). In 301. Kaxex(o{Qi,6a). — Andererseits 1. in BGU 243, 10: ccko-
(^Xovd'oyg) (o 7tccQE&£fjL('rjv) dvxiy^{d(p(o) jcrA., 15 ßißXi^iocpvXaKiov) statt
■KfoXiyEiv). Die beiden im Einzelnen immer noch lückenhaften Urkunden
illustrieren, wie mir scheint, die Verfügungen des Mettius ßufus über
die nagcc^BGig. Vgl. P. Oxy. II 237 VIH 34ff. und oben S. 184ff.
48, 4 1. dn o[9)9)i]}ct(ov) = ab officio. Ebenso 54, 16.
49, 12 ziehe ich 'Aydiicovog dem 'Axdfivi)i>og vor (beides möglich nach Nie.).
50, 3 hinter AovTtTttKivog setze einen Punkt. — In 7 1. Ay([(i(i,y(ovog. Vgl. die
vorige Bemerkung.
67, 5 d.^q)oxEQ03v im Sinne von Ttdvrtov. Vgl. Kenyon zu Lond. II S. 221.
73, 7 1. dlojiciicov E7tl statt a%^i(o . . e. Nach 9/10 ist in P. Grenf. II 67, 11/2
zu lesen i^ju,f^7;[()/]cög statt Tj^i^njlg] [iii]dg.
74, 7 1. ofiojg statt oXcag.
77 ist schon von GH in P. Fay. S. 192 Anm. 7 korrigiert. Es bleibt nur
noch xiX^ovg) statt xsX(^E6iiaxog) zu ändern.
78, 2 1. ß^;^(t£^a)T(£u(Tß:vTO?).
79, 11 %r|o[o;]v steht im Sinne von ^(^eiQoyQcccpov.
81, 1 erg. ötTtx[(oi'] öid [yE^wQy&v. — 5 erg. d)]v xo. — 19 1. dno . [. . statt
dnoi\Kiov. Hiernach corr. P. Fay. S. 210 und 320.
IV. BGU.
Die 87 neuen Nummern sind gearbeitet von Krebs, Sehubart, Viereck,
Wilcken, Zereteli. Einzelne Beiträge von Graden witz. Bei den folgenden
Addenda et corrigeuda hat Dr. Sehubart mich durch freundliche Auskünfte
und Beiträge unterstützt.
Ulrich Wilcken: Papyrus- Urkunden 555
Zu 815 vgl. die Besprechung oben auf S. 336 ff.
823 erg. nach BGU 525: 1 | T/tm] TlaKzofiifia Mdylyco titäq'jia) Alyvjcrov],
2 [Tto;^)]« TaTts&icog IlToXeficciov rov [Zrjvä ano y,o)^r]g KaQaviöog xrk.
Auch in 525 ist nach dem Duplicat Tla7tE&]e(og zu lesen.
825, 13 vielleicht ßovX6fi£<^vyog 7tQ\og\a'yyeXd'ijvat? — 15 1. t = to(v)
statt t6.
827. Die Worte to nQogavvrKicc Gov naga reo z/i tc5 Kaaioi sind dadurch
von Interesse, dafs dieser Brief in Pelusium geschrieben ist. Dafs in
dem berühmten Pelusium an der NO Grenze Ägyptens der Zeus des be-
nachbarten Mons Casius verehrt wurde, ist bekannt genug. Es ist aber
fraglich, ob unser im Faijiim gefundener Brief aus diesem fernen Pe-
lusium stammt und nicht vielmehr- aus dem gleichnamigen Dorf im
Themistes-Bezirk. Der Empfänger ^AnoXivdQtog wohnte nach BGü 261
in der Nähe von KiQKeaov^fov. Ist aber dies Dorf gemeint, so lernen
wir, dafs es nicht nur den Namen, sondern auch den Kult von
jenem Pelusium empfangen hat. Dies wirft ein ganz neues Licht
auf die Beziehungen zwischen den alten Städten Ägyptens und den
zahlreichen ihnen homonymen Dörfern, wie z. B. im Faijüm Bov-
ßdövog, Mificpig, Usßevvvxog etc., oder auch auf Dorfnamen wie
L^^^vat und 2a(idQ£LK.
832, 1 wohl aTcniXsi,, nicht sTtneXu.
In 840 und 841 habe ich die tachygrapbischen Noten des Notars in den
Unterschriften wiederzugeben versucht, angeregt durch die oben S. 547
zitierte Arbeit von Dewischeit, der seinen Vorwurf freilich nicht gegen die
Berliner Publikation hätte beschränken sollen. Diese hat wenigstens
immer genau angegeben, wo die tachygrapbischen Noten stehen, während
andere (vgl. z. B. Wessely, Wien. Denk. 37) nur Punkte setzen, ohne
auf das Tachygraphische hinzuweisen. Wir werden Dewischeits Wunsch,
dafs die tachygrapbischen Zeichen wiedergegeben werden, gern nach-
kommen, soweit es sich ausführen läfst.
842 bestätigt, was ich schon seit einiger Zeit vermutete, dafs BGÜ 552 — 557
nicht nach Herakleopolis, sondern nach Hermupolis gehören. Vgl. Col. VH
MoyKavsl mit BGU 553 B II 3. Vgl. auch unten den Florentiner Text.
Auch Grenfell teilte mii' inzwischen mit, dafs die Amherst Papyri das-
selbe Resultat ergeben.
In 843, 5 steht ^ccgig roig dsoig absolut wie unser „Gott sei Dank".
847, nach den Paralleltexten ergänzt, giebt uns in Z. 3 in Veturius Macrinus
einen neuen Statthalter (für 182/3). — In 4 1. OvaQov lEiXiqaQxov
(Schub.).
849, 5 |3qp = ßsvsqiiMaQLov. Meine Vermutung, dafs in ipctGar.^ (in 7) cpa-
GrjXov stecke, bestätigt Schubart, der liest: (pal^ß^rji^Xov) aya.^ vielleicht
= aya^iov).
850, 7 erg. avsAOe jr^og \j]\ii\iQav ^iav.
851, 6 1. yEvti^^moyQacpov^ivoiv). — 8 liest Schubart: ini,xriQrix[oxi\ ysyi]-
(juarog) y L iXalKäv.
In 853 Liest Schubart: 4 und 10 TLa^^iig st. naj.iv6rr}g. — 6 l';(Oju[£v]. —
7 aTtoöco6o{iiEv). — 12 ccyQ[^a]^fxdxov st. Are . ft . . toi'. — 13 erg,
[rag]. — 14 T[i5]g ;f^7^(>[£a)g] d^yv^Ql^i^ov). — 17 dXXrjXsvyvtjg.
Archiv f. Papyrusfoischung I. 3/4. 36
556 n. Referate und Besprechungen
854, 2 1. d)v yir^ov^eg coXrjg (== okrig), entsprecliend in 7.
855, 5/6 1. £qo' iviavrbv sva Kai fA'jjvo:(g) s^, wie Schub, bestätigt.
856, 5/6 Schlufs ovlrj]. — 6 1. . . . t/[ st. ovli] nach Schub. — 8 1. vno
(Schub.) st. v6 . . — 9 erg. £yy[voi Eig hriöiv IIa]. — 10 Schlufs
ovkr)]. — 11 i'xlsiv (bestätigt von Schub.) rovg ofto]. — 12 Xoyovv-
ra<[gy. — 12 [ccQyvQlov ÖQaifiag]. — 13 TtaQa&i^urjly oixivdvvov nav-
TogJ. — 14 xivdi;iyo[f] und [ncivxbg vnoX6yov\. — 15 OTtoxav o. ä.].
— 16 TTl^döfjg (tc nach Schub.) öCoii^g nal KQtastog %ai]. — 17 [kteo-
dcööiv Kad'a yeyQaTtxai]. — 18 [ot oixoXoyovvzsg rrjv TtaQo]. — 19 [cog
Tc5 Troi/ ■7taQad"}]K(I)v vojuco, Tf;g]. — 20 [tl ek xe tcöv oftoAo]. —
21 yovv(xya)v %[al f]x Tro[v] VTtaQ')(\6vx(ov (Schub.) ai;rc3 Ttavxav]. —
23 1. L v^ 03V (= ovlrf). — 24 ^Al^QJTtaycc&lrjg.
857 1. 'H ylQ (^= ^(^eIq = ')(^EiQ6yQa(pov) 6g (= rog) statt H XiQog.
859, 21 statt des unmöglichen nEvxa^riy . . vermutete ich etwas wie yEysvvyi-
fiEvov. Schubart liest darnach yEyoi'og fioc.
860, 9 1. I Ev ro\7to ^A^mvovcpiv ek xov ^Ayat,i]Xov }tA7;^ou statt a.]%o afinivov
0ii'EKxov a.ya^'rj)iOv kXtjqov. — 11/12 ccvanav(iaxL\%ä)]v yEv&v eine schöne
Bestätigung zu meinen obigen Ausführungen auf S. 158. — 11 [nai] av.
861, 1/2 erg. nach 870: [örjfjboßLcov koycov i^\ und (i[e&' EtSQa].
862, 9 EKTtLnxovxog Pap. Lies EKninxovx^^ayg seil. Kaqnovg.
863 erg. (Tro öeivt) 1 [tt«^« AvQ}]kia]g — y^Qfjiiati^i^ovörjg Kxk. Die Ein-
gabe beginnt mit IlavrjyvlQEcog ovö^rjg, wie ich ergänzen möchte.
864, 7 erg. EK nk\rjQOvg statt 2o\t]QOvg.
865, 3 erg. K.EQ\aiiL(ov st. rJcifAicov. — 4 1. aA[Aja, nicht ßA[Aja. — 12 ver-
mute ich ein neues Adj. EgEvLavxa (= 6 Jahre hindurch). Der Schlufs
ist metrologisch interessant. Es werden verschiedene Keramien unter-
schieden, nicht nach der Zahl der ^ovg (vgl. Ostr. I S. 757 ff), sondern
der v,6xvkaL. Die Zahl der lovg wird für diese Verwendung constaut
gewesen sein. — 14 1. ek Kox\vk5)v 8(a[8EKa. — 15 1. e]k Koxv\kG)v
ojcjrw KEQa\^La eiko\6i. Der Text nennt also Keramien, deren ypvg 8,
12 oder 16 Kotylen fassen. 14 1. Kovcpoi\g.
868, 3 wird TCQogo(8oy 7X0 iög zu emendieren sein. — 7 erg. a\v]xtKaxa\6xä6£i.
869, 13 1. [xajj. Eig (nach Schub, möglich).
870, 5 ^EÖEXEQa Pap. Lies fted'' EXEQa (füi* ^eQ-').
871, 13 1. nQOgKa\QXc]Q')']GLV GOv[ Tc3 KQLXTqQia o. ä.
872, 4 EioiQy]QEvxoiv Pap. Lies EyaQii]d-Evx(ov (für EK')(aqyi%'Evx(xiv) statt eho
Qrj&EVXOJV.
873, Die Beziehungen, die hier zwischen dem Flachs und den Wergarbeiteru
[öxiTtnovgyog für GxvTTjiovQyog) bestehen, bringt mich auf die Vermu-
tung, dafs das rätselhafte Gmniov, das ich gelegentlich in der Nähe
von hvoKakdiirj fand, eine vulgäre Form für Grlnniov ist. Vgl. Kalb-
fleisch, Pap. Argent. gr. (Rostock Progr. 1901) S. 8.
874, 1 wohl NaQfAov&iv eher als Ilag^ov&Lv. Vgl. P. Fay. 36, 5.
Zu 881 vgl. Vierecks Selbstverbesserungen a. a. 0.
882 nach Schubarts Schätzung aus dem III. Jahrh. n. Chr.
887 von hervorragender Bedeutung, da aufserhalb Ägyptens geschrieben,
im pamphylischen Side. Z. 1 und 12 schreibe daher etcI Stj^wvq-
yov (vgl. Inschriften). — 2 erkenne ich nach Schubarts Abzeich-
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 557
nung ]>coii Ji]jxovEL%ov . . oqov. — 3 zum Namen ^A&rjvatg, den die
Sklavin in Side, wie es scheint, empfing, vgl. Strabo 14 p. 667 über
den Athenatempel in Side. — 17 wohl r) \iit\a(pr}.
888, 2 1. öe6ofiev\ov. — 13 1. e](p^ v[7c\cilXccyiiaai. — 18 I. ^i] ysvofiilvrjg.
— 22 Schlufs erg. r) £LÖ\(J)ai. Ebenso in BGU 578, 21 ^ si\öri st.
si <Je?]ju,r/.
889, 2 etc. erg. vitiöi^Ero) st. vniöiiov). — 2 1. «[ . J. st. iya (Schub.). —
3 1. dg L (= I't?j) g statt leJiGt ?. Entsprechend 19 etc. — Von
historischem Interesse ist Z. 23/4 der Hinweis auf den 7of(^(at-
jcog) xaqciyog. Bezieht man das 21. Jahr (ebcndort) auf Hadrian, so
war 136/7 in Ägypten ein jüdischer Aufstand, infolgedessen, wie es
scheint, das betreffende Landstück verwüstet war. Dieses sonst unbe-
kannte Ereignis stand vielleicht mit dem jüdischen Krieg im Zusammen-
hang, der in Palästina 135 sein Ende fand.
890, 6 1. wieder Lg. — 20 1. ci.yQ(ü6r\ßoig st. Ky^w(vV) 6x\^. . . . — 11 5
vielleicht Kvquva = Quirina?
891, 23 1. nQ06'n.ciQ\x£Q'r]Gti,v. — 30/1 erg. \rcc\ nliöxa.
892, 10 erg. [fTcJEi. Die Dorfnamen begegnen auch BGU 553.
894. Wirtschaftsgeschichtlich ist sehr interessant, dafs hier bei einem
Hausbau neben den Maurern etc. auch Mädchen (naq^ivoi) zur Ar-
beit verwendet werden.
895 scheint mir aufserhalb Ägyptens, etwa in Syrien geschrieben zu sein.
Dafür sprechen die Schreibung qk Z. 7, die (pvXi] 'AöxaQxrjg Z. 9, die
Eechnung nach Denaren Z. 14, die Eigennamen '£fiftai;co['j;A? Z. 28
und MaQOEjijjLa Z. 29 (vgl. den Araberfttrsten MaQovdfi).
896, 17 1. 6q)QaycG) ylvfxaxc.
897, 3 K^'' =^ x(c<:T)o/(xfdv). — A e) = inil xo avxo) statt el(6lv). Ebenso
11, 16, 19. — 6 erg. iötoKx(rjxov), ebenso 17.
898, 2 ist das erste -^ nach Schub, falsch. Schlufs -^ ig, darauf Brüche
1 ^A^.. 11
24
oder ~~g. — 11 TtQog'^ = TiQog x(b).
899, 1 vgl. Not. dign. Or. 28, 14: legio quinta Macedonica, Memfi. — 4 1.
v[nb .\vfi,ov XQißovvoi^v) 'AxqUo vtü 'Anio (so mit Schubarts Hilfe).
V. P. Chic.
Eine sehr nützliche Monographie, die füi' weitere Arbeiten über die
Verteilung der kaiserlichen Patrimonialländereien im Faijüm u. a. eine gute
Unterlage bietet. Goodspeed pul)liciert hier 91 neue Aussaatquittuugen
aus Chicago und druckt die 43 Bei-liner Texte nochmals ab, und zwar
nach der Reihe der Kleruchie-Nummern. Vom Kommentar ist Einiges in-
zwischen überholt. Im Einzelnen bemerke ich: req^avi^ wii'd r£QiiavLY,{Lavyi)
zu lesen sein. Ich denke dabei an die oben S. 154 erwähnten Güter des
Germanicus. Zu ^AvTcoviavi] vgl. P. Fay. 40. Darnach verändere Gr. Ostr.
I 392 f. Mat^ ist wohl nach BGU 181 in Ma(,K(rjU(xixiavri) aufzulösen.
Vgl. dazu Ostr. a. a. 0.
VI. P. Fir.
Diese von Vitelli sachkundig edierte Urkunde ist durch ihre vortreff-
liche Erhaltung und die Ausführlichkeit der Diction nach mehreren Seiten
36*
558 Tl. Referate und Besprechungen
von hohem Werte. Es ist ein Darlehenskontrakt aus Hermupolis vom J. 153
n. Chr., dem die Bankakten über die Auszahlung des Darlehens sich an-
schliefsen. Herrn Vitelli bin ich für manche Auskünfte sehr zu Dank ver-
pflichtet.
a 22 ßELK(p Evl retaQtcp bedeutet l|^ /Ssixo? (= vicus?). Vgl. BGü 112,15.
— 25 T£KSQ'KE&d>d'Et. Tov AEvxoTtvQyEirov xßTco: ein neuer Beweis, dafs
BGU 552 ff. aus Hermupolis stammen (s. oben S. 555). • — 41 ver-
binde ETtiKaraßoXtjv. — Die vielbehandelte Streitfrage, wie aw^Q^fici-
xi'^ELv ^01 in BGU 379,19, P. Fay. 31,21 zu deuten ist, erhält neues
Licht durch Z. 72: kcu övvE'iQTj^aTLöd'rj i) ÖEÖaviöi-iEvr] EniGxEiXccvxcov
x5>v xTjg iyKxrjöcOjg ßißXiog)vXcc%cov, d. h. mit der Schuldnerin wurde der
IQri^axiG^og (d. i. der vorhergehende agoranomische Kontrakt) aufge-
setzt, nachdem u. s. w. Diese Deutung pafst auch für jene Stellen.
a^ ist nach Vitellis Mitteilungen von 3 Händen geschrieben: 94 — 97,
98 — 101, 101 — 102. — 102 ist nach Vitelli Enixiqqovl^ilEvrig sehr
wahrscheinlich. Die Kreuze sind Ersatz für die Siegelung. Vgl. oben
S. 76.
b^ 7 und 15 1. 8i ayo^QavofiiOv) statt 8iayQ\ wie Vitelli bestätigt. Vgl.
P. Gen. 22.
YII. P. Wess. Taf. gr.
Ich kann hier nur kurz darauf hinweisen, dafs die Bedenken, die ich
oben S. 371 f. gegen die Reproduktionen von Wessely's lateinischen Tafeln
erhoben habe, auch gegenüber dieser Publikation bestehen. Die Auto-
graphie, wie sie hier angewendet ist, ist durchaus ungeeignet
für solche Übungstafeln. Selbst der Schriftkundige kann sich nur mit
Mühe darin zurecht finden. Über den Grad der Genauigkeit der Nach-
zeichnungen habe ich kein Urteil. Da der Herausgeber Fortsetzungen be-
absichtigt, wäre es dringend erwünscht, wenn er künftig mechanische
Reproduktionen brächte. Inhaltlich sind die Texte z. T. von hohem Wert.
Die Transkription hätte aber sorgfältiger gemacht werden müssen, zumal
sie zur Anleitung dienen soll. Nach flüchtiger Durchsicht habe ich folgende
Korrekturen zu notieren:
6, 6, 11 kann £']TOv[g ft]« yEyqa\p nicht richtig sein. Es mufs dastehen:
"Exovq oder L Evog ■neu xE6GciQCi\Ko6xov. — 20 ^ovo\yQacpfig ist spi'ach-
lich nicht zulässig: es müfste ^ovoyqacpiccg heifsen. Wess. stützt sich
wohl auf 9, 10, 9, wo er fto [voy^aqojf^g liest, ich aber v%oy\j^a\(pi]g
sehe. Dies ist auch dort einzusetzen.
11, 17, 15 1. dLKat,oloyri&\Ev\xijiv statt 8inai,oÖoxri%^[Ev\xüiv.
8, 12, 10 ist [KA£]i(T' fVo[;^]Ac5v unrichtig. Ich sehe Jt^gev oder ejiöfi' oXfiov.
9, 13, 8 f. 1. TÖi] T^[t]Ta)t [aal xEöGaQaJKoGrä^i exei statt xbv a\vxov [xcoi
xE66ciqci\y.o6xä\j, xqixwi exei, was auch sprachlich unzulässig ist.
9, 14, 4 1. cb]v vTfEG'jiEio statt Y^cd V.
8, 11, 7 enthält wohl mehrere Fehler. Steht Anfang x&l (i}- (= 40. Jahi-)
statt wvtj&EJvTcov? — Das Übergeschriebene lese ich ['»^]yo^a[(>],t(£voi;g
statt aj/Jo^a[^oJju,iVcüv. — 10 oben steht wohl anoXov&cog alg statt
\l\)i\Sp\ct]aatg.
7, 8, 9 wohl ߣßai\ov6iig statt övi>\ov6ijg. — 36 1. fiiöOTtoutjiJoxEQOi' statt ai
Eig TCovrjQore^ov.
Ulrich Wilcken: Papyrus-Urkunden 559
11, 18, 8 1. airr]6(xiJbiv\(o]i statt alrrjGafiiv\o\v.
11, 20. Zum TsXog d-vuov vgl. oben S. 552. Hiernach ist oben S. 159
(zu S. 193/4) &v(ci statt d'vQcc einzusetzen. — Zu Narkissos vgl. Griech.
Ostr. I 392, wo ich mich auf denselben Text bezogen habe.
12, 27, 1. Wenn das a am Schlufs sicher ist, und nicht vielmehr y. dasteht,
könnte man statt A\lyvnxov auch ^A\XtS,uv8qiLag KQccvi^aecog (event. mit
Abkürzungen) ergänzen, was zu meiner Deutung der Alexandrinischen
Ära noch genauer passen würde. Aber ich trage wegen der Wort-
stellung überhaupt Bedenken, ob hier ein derartiger Zusatz gemacht
ist. Sollte hier einmal Alvyovörov statt KcdoaQog gesagt sein? Das «
ist am Original nochmals zu prüfen.
YIII. P. Cop.
Ein wohlerhaltener Kaufkontrakt aus Krokodilopolis vom J. 99 v. Chr.,
den Dr. Blinkenberg gut gelesen und erläutert hat. Nach der Phototjpie
habe ich nur Kleinigkeiten hinzuzufügen. Z. 4 steht ^sUiQUiig^ nicht ^eXL-
XQ(ov. 4 und 5 ivd'VQ = evd^vQi (. .). In 9 kann ich dvw nicht erkennen,
mir scheint 6^ = 4|- dazustehen. Zu dem Kommentar bemerke ich, dafs
der Tag irrig berechnet ist , da der Verf. nicht das Wandeljahr in Betracht
gezogen hat. IJevöoviog in P. Grenf. I 25, 5 ist ebenso Femininum wie hier
ZevöGviig. Der Nominativ ovXcd in Z. 10 zeigt, dafs wir in anderen Fällen
mit Recht ovXrji, nicht oijAfJt lesen.
Würzburff. Ulrich Wilcke«.
ni. Mitteilungen.
Die Heidelberger Universifätsbibliotliek hat, nach einer freund-
lichen Mitteilung Deifsnianns, zu ihren reichen Papyrusschätzen kürzlich
27 Blätter eines Septuaginta-Uncial- Kodex auf Papyrus erworben. Dieses
umfangreiche Fragment, das gröfste zm- Zeit in Deutschland befindliche
LXX-Fragment in üncialschrift, ist vor etwa zehn Jahren von Theodor
Graf in Ägypten angekauft worden. In den Transactions des Londoner
Orientalistenkongresses von 1892 hat Hechler kurz auf die Fragmente ver-
wiesen, von denen er 16 Blätter gesehen hatte. Die Heidelberger 27 Blätter
sind doppelseitig beschrieben und stamjtnen aus dem 6/7. Jahrb. Sie ent-
halten die alexandrinische Übersetzung der Propheten Sacharja cap. 4 — 14
und Maleachi 1 — 4. Für die Geschichte des Textes sind die Lesarten des
Heidelberger Kodex sehr interessant, besonders die vielbehandelte, im Johannes-
Evangelium citierte Stelle Sach. 12,10. Nach einer vorläufigen Prüfung
scheint er mit dem Propheten-Palimpsest von Grotta-Ferrata in eine Gruppe
zu gehören.
Die Fragmente werden demnächst mit einem textkritischen Kommentar,
zusammen mit christlichen Papyri der Heidelberger Universitätsbibliothek
von Professor Adolf Deifsmann herausgegeben werden. Diese Veröjffent-
lichung wird voraussichtlich Band I der Publikation der Heidelberger
griechischen Papyri bilden.
Englische Ausgrabungen im Faijüm 1900/01.
Cur excavations in the Fayum last winter for the Egypt Exploration
Fund were chiefly directed to the discovery of early Ptolemaic papyri in
the cartonnage of mummies like those found by Petrie at Gurob and by
ourselves in 1899 — 1900 at Umm el Baragat (Tebtunis). With this object
we started work on Dec. 17 1900 at Kom Ushim, where five years ago
we failed to find the Ptolemaic cemetery. On this occasion we ■w^ere more
successful, and some mummies with papyrus cartonnage tumed up immedia-
tely; but as everything in the cemetery was in very bad condition and the
tombs had been much plundered anciently, we moved after ten days to
Dirne, where, though we knew tbat the town had been practically ex-
hausted, the cemetery had not yet been discovered. The excavations there
ril. Mitteilungen 561
entailed oonsiderable hardsliip and expense, since we were sixteen miles by
land from the nearest point of the cultivation, and every thing, including
cven fresh water, liad to be brought l)y boat across the Birket el Kurun
which is too Salt to drink and liable to be closed for navigation for a day
or two owing to storms. A brief search disclosed several Ptolemaic ceme-
teries at Dirne. In one of these, situated close to the town on the South-
west, the larger tombs had, as might be expected, been opened anciently
and the miimniies broken up. Further to the south-west in low ground on
the west side of an isolated hill was a small group of crocodile tombs.
A few of these animals had a demotic papyrus roll buried beside them, as
at Tebtunis; but the practice at Tebtunis of wrapping the crocodiles in
sheets of papyrus was not employed at Dirne. Adjoining the crocodile
tombs on the west were numerous well tombs of the early Ptolemaic
period. A shaft two to four metres deep led to one or more Chambers,
each containing sometimes one or two, often five to ten, mummies. In about
half the cases the cartonnage consisted of papyrus, but unfortunately the
dampness of the ground in that part of the Fayüm had caused it to decay,
and in only two or three instances of the shallowest graves did we find
any papyrus strong enough to bear touching. Near the town on the north-
west was yet another Ptolemaic cemetery, though of a later period (second
or first Century B. C), and here too many of the mummies had had pa-
pyrus cartonnage, but in all cases it had been reduced to the condition
of powder.
The houses at Dirne, the provenance of the countless documents from
Socnopaei Nesus in the museums of Em-ope, proved, as we had anticipated,
all but exhausted. Only in one cellar of a house which had already been
dug down to the ground floor did we make a large find of rolls; but these,
fortunately, are of more than usual interest on account of their date, which
is the first Century B. C. No traces of a pre-Ptolemaic settlement were
found at Dime itself, and the level of many of the Ptolemaic tombs shows
that the site was no longer on an island in Graeco-Koman times. It is
highly improbable that the stone causeway which runs through the middle
of the town and of which the lower end has been supposed to have served
as a quay, is anything more than a dromos leading to the temple, like
that at Bubastis. On rising ground about three quarters of a mile north-
west of the temple were some very shallow remains of houses in which
we found some pottery and amulets of the late New Empire, and near
Schweinfurth's temple we discovered a number of Middle Empire rock
tombs. Nearly all there had been opened long ago, but one large one was
untouched. It was entered by a sloping passage eighteen metres long, and
contained a handsome painted sarcophagus (now at Gizeh) besides many
small antiquities.
Early in February 1901 we moved our camp to the west end of the
Birket el Kurun in order to cxcavate at Yäküta, a small site six miles
west from the lake, discovered in 1898 by Daressy, who chiefly on the
evidence of a fragmentary Greek inscription identified it with Dionysias
(Annales du Service des antiquites i. p. 26). We recovered some more
pieces of this inscription, making it practically complete, and the mutilated
Word restored by Daressy as AlO[NYZIAAI proved' to be AiOLKOY-
562 ni. Mitteilungen
POm. This argument therefore for placing Dionysias at Yäküta falls to
the ground; and since the few papyri which we found there give no con-
clusive evidence for the ancient name of the village, we prefer to adhere
to our previous Identification of Dionysias with Kasr Kurün (Fajrom Towns,
p. 11). Our Chief find at Yäküta was a fine head of Alexander (?) in
marble of Ptolemaic workmanship.
On Febr. 14 we left the picturesque but swampy region on the edge
of the lake and settled at Rubayyät on the east side of the Fayüni, a
site famous for the numerous portraits of the Roman period which have
been found in its tombs. The Ptolemaic cemetery, which was to the east
of the Eoman, proved very extensive. Though small antiquities were com-
mon, papyrus cartonnage was sparingly used, and most of the larger tombs
had been opened anciently. In a few cases where the graves were very
shallow, the cartonnage was well preserved, but as a whole the cemetery
of Rubayyät proved almost as disappointing as that of Dirne owing to the
decay of the papyrus. About five miles to the south however, on the edge
of the desert near the ruins of an ancient village (perhaps Tanis) now
called Manashinshäneh, we found another large Ptolemaic cemetery which
at length brought us to the goal of our researches. Here mummies with
papyrus cartonnage were not only numerous, but in part of the cemetery,
in good or fair condition, so that we obtained a large quantity of Greek
and demotic papyri, mostly of the third Century B. C, though in what
Proportion it is impossible as yet to say. The process of undoing the
cartonnage and separating the individual layers of papyri will be very
difficult, since gum and not water was generally employed for adhesive
purposes.
A short examination of the Roman cemetery at Rubayyät, which
yielded a few more portraits, and of the town site, which proved, as we
had supposed (Payiim towns, p. 11), to be the ancient Philadelphia, concluded
a long and arduous season, which, if less productive than the campaign
of the preceding winter, has resulted in a large addition to the extant
stock of early Ptolemaic papyri. The fii-st instalment of our finds, which
are now all at Oxford pending a subsequent division with the Gizeh museum,
will probably form the annual volume of the Graeco-Roman Branch of
the Egypt Exploration Fund for 1902/3. This summ er we are publishing
Part. II of the Amherst papyri, and shall devote the rest of the year to
editing the first volume of the Tebtunis papyri, containing late Ptolemaic
texts, while next year there will be another volume of Oxyrhynchus papyri.
Oxford. Bernard P. Grenfell.
Arthur S. Hnnt.
I. Sachregister/)
Abinnaeus, Correspondenz des 162 tf.
Abkürzungen (d. griech. Schrift) 356 if. ;
451 ff.
Abkürzungen (für d. Papyruspublika-
tionen) 24 ff.; 544 f.
Acta Apostol. 543 f.
Ägyptologisches 71ff. ; 131; 139,5; 152;
161; 339 ff.; 397; 405,1; 414 ff.; 418;
429; 480 ff.; 491.
Ärzte, ihre Befreiungen 553.
ager quaestorius 149.
Agraffe, goldene, Abzeichen d. avyysvsig
225.
Akademie, Fragment aus d. älteren 475 ff.
Akklamationen 124.
Akten des Paulus und der Thekla 122.
ala Heracliana 177.
Alexandrien, Ausgrabungen in 172.
Alexandrinische Ära 552; 559.
Alexandi-inische Klubs 171.
Alexandrinische Demennamen 159.
Alexandrinische Papyri 173 ff.
Altarsteuer 140/1.
Ampho darchen 138 f.
Amulette 419 ff.
Antonia, Güter der 557.
Arabische Urkunden, ihre Datierung 2 ff.
Arbeitsquittungen 146; 479.
Archimedische Schraube 131,
Archivwesen 183 ff.
Arkadien (Provinz) 409,2.
Artabensigle 135.
Artaben, Teile der 462.
Arurensigle 134.
Ascensio Jesaiae 541.
Ashmolean-Museum, Pap. des 165.
Astrologisches aus den Münchener Pa-
pyri 492 ff.
Ausgrabungen in Alexandrien 172.
Ausgrabungen in Ehnäsje 226 ff. ; 408;
420; 431.
Ausgrabungen im Faijüm 216 ff.; 376 ff. ;
560 ff.
Aussaat 166 f.; 557.
Bacis 340.
Berechnung unregelmäfsiger Landflächen
119.
Bibliographische Notizen 545 tf.
Bischof von Alexandrien 542.
Bischof von Philae 403.
Bischof von Syene 399 tf.
Blemyer 175; 396 ff.
Bodenpächter, öffentliche 137 f.; 144 f.;
154.
Boissier, Pap. 168 f.
Brache 157; 556 (zu 860).
Brief aus Rom 542.
Briefe 131; 161 f.
British Museum, Papyrussammlung des
131 ff.
Brüche 358.
Buchis, heiliger Stier von Hermonthis
339 ff.
Byzantinische Urkunden, ihre Datie-
rung 2 f.
Census 135 ff.
Charachen-Urkunden 418 f.
Chariton's Roman 227 ff. ; vgl. 528.
Checks 553.
Chelkias 48 ff. (vgl. Th. Reinach).
Chione-Roman 255 ff. ; vgl. 529.
chirographum 69.
Cod. Theod. II 27,1: 182.
Demennamen 159.
Dirne (Soknopaiu Nesos) 132; 560 f.
Diodor E 31 f.: 499.
Dionysias (Kasr Kunm?) 162; 217; 562.
donatio ante nuptias 347 ff. ; 546.
Doppelnamen 134; 216.
Drachmensiglen 450 f.; 456.
Dreifelderwirtschaft 157.
Dryton 63.
Edfü, Feldertext von 152.
Edfu, Grabgedicht aus d. Gegend von
219 ff.
1) Bei I. und 11. sind die Crönert'schen Referate nicht berücksichtigt,
diese vgl. in.
Für
564
Sachreffister
Edfu, Militärkolonie in 221.
Edfii, Urkunden aus 165.
Edikt des Ti. Jul. Alexander 149; 151.
Eherecht, ägyptisches 63; 343 tf.; 484 £F.
Ehevertrag aus d. II. Jahrh. v.Chr. 484 ff.
Ehnäsje, Ausgrabungen in 226 f.; 408;
420; 431.
Eikonisten 125.
Eingaben 130.
Elephantine, Christentum auf 399 ff. ;
404,1.
Emphyteuse 164; 437 ff.
Epigraphik , Verbindung mit Palaeo-
graphie 374.
Epiklese an Jesus 429; 540.
Erbpacht im griech. Recht 440 ff.
Erheberquittungen (mit Sisygaipiv) 141.
Erlasse 124.
Euhemeria (Kasr el-Banät) 217.
Evangelium Matth. 120; Marcus 121;
Joh. 539.
Faijüm, Ausgrabungen im 216 ff. ; 376 ff. ;
560 ff.
Feldertext von Edfü 152.
Feldervermessung 151.
Fieberarten 425.
Flaccus (Praefecf) 169 1'.
Flavius Aelius Gessius (rjyffirov) 479.
Flurzwang 167.
Frohnarbeiten 146 f.; 479.
Gebel 165.
Gedichte, aus d. Zeit Euergetes' II. 219.
General-Register der Urkunden 1 ff. ;
548 ff.
Genesis I 1—5: 542 f.
Germanicus, Patrimonium des 154; 557.
Gesetzbuch, ägyptisches 351; 546.
Gestellungsbürgschaften 352; 408 f.
Gewerbesteuerlisten 389.
Ghafir 128.
Gizeh-Museum, Papyri des 57 ff.
Gnosis, heidnische 427.
Gnostisches Werk 121.
Gorgophonen 421 ff".
Gräber 226.
Grazer Papyrus 468.
Gütergemeinschaft 488.
Habe-Quittung bei den Griechen 77 ff.
Hadrianische Bibliothek 124; 186.
Häkchen zwischen Consonanten 388.
Hakenalpha 362 f.; 454.
Harit (Theadelphia) 217.
Hausbau, mit Krügen 129.
Hebräerbrief 542.
Heidelberger Papyi-i 560.
Heidnisches und Christliches 396 ff.
Heiliger Georg 427 ff.
Heiliger Serenus 432 ff.
Hekataeus von Abdera 52 f.
Hei-mes Trismegistos 482.
Hermonthis, Stier von 339 ff.
Hermonthis, Streit mit Krokodilopolis
57 ff.
Herodas^ neue Fragmente von 379 ff.
Herodes, Dichter 222.
Herodot I c. 115—116: 471 f.
Hiob 543.
Hirt des Hermas 121.
Hochzeitseinladungen 131.
historia Apollonii Tyrii 252; 258,2.
Hymnus, altchristlicher 542.
Hyjiothekarevidenz 189.
Hyijothekenregistrierung 188.
Immobiliardeklarationen , nicht jähr-
lich 187.
Indices 93 ff.
Inschriften aus ptolemäischer Zeit 200 ff.
Isiskult auf Philae 396 ff.; 405 ff.
Jüdischer Aufstand (a. 136/7) 557.
Jüdische Militärkolonien 52 ff.
Jüdische Namen 135; 173.
Juden in Ägypten 48 ff.
Juden in Alexandrien 29 ff.
Juliopolis 130,4.
Juridicus Alexandreae 293 ff. ; 304 ff. ;
445 ff.
ius liberorum 310.
Kaisercursive 373.
Kamelsteuer 140.
Kasr el-Banät (Euhemeria) 217.
Kasr Kurün (Dionysias?) 132; 217; 561 f
Kataster 151; 185 ff.; 198.
Katöken 126; 192,2.
Keramien, verschiedener Gröfse 556.
Klageschriften 129.
Kleruchien 557.
Klinarchen 414 ff.
Klni (oder Kmi) 418.
Klubs, in Alexandrien 171.
Klubs, heidnische 407 ff.
Königsnamen, ägyptische 161.
Köm Ushim (Karanis) 132; 560.
Konträr-Index 101.
Kontrakte 130.
Kopfsteuer 136 f.; 139.
Krebs, Nachruf auf 375.
Kreuze statt des Siegels 76.
Krokodilmumien, mit Papyri 378; 561.
Krokodilopolis, Streit mit Hermonthis
57 ff.
Landwirtschaft 157; 166 ff.
Lateinische Briefe 372.
Latinismen im TV. Jahrh. 163.
Leontopolis, Tempel von 51 f.
lex Julia de cessione bonorum 352 f.
Sachregister
565
libellus contradictorius 129.
libellus libellatici 174,1.
Liturgien 14'J.
Liturgische Stücke 544.
Livia, Patrimonium der 154.
Logia Jesu 120.
Lokale Eigentfimlichkeiten des Kanzlei-
stils 13ü,3.
Maecenas, Güter des 557.
Mädchen als Arbeiterinnen 557.
Märtyrerakten, christliche 30 ff. ; 3'J ff.
Märtyrerakten, heidnische 29 ff.
Maleachi 1—4: 560.
Manilius IV 818 ff.: 497.
Matriarchat 424.
Maximus, Bischof von Alexandrien 542.
Menrul von Talmis 414.
Metiochos und Parthenope 264.
Metrologisches 126; 131,1 ; 135; 144; 146;
150; 152; 273 ff.; 462; 553; 556.
Mischbevölkerung, äg.-griech. 139.
Münchener Papyri 402; 468' ff.; 492 ff.
Münzwesen, ägyptisches 273 ff.
Münzwesen, Reform des (unter Tiberius)
279.
Mutter, Benennung nach der 423 f.
Muttergut 331 f.
Nanaion 124; 186.
Nationaltypen in d. griech. Papyrus-
schrift 336 ff.
Naturalsteuern 143.
Nechepso-Petosiris 501.
Ninosroman 264.
Numenios 552.
Numismatisches 147; 273 ff.
Ölfabrik, kaiserliche 159.
ölmonopol 553.
Ölpressensteuer 552.
Olympiodor über die Blemyer 413.
Orakelfragen 553.
Orthographie als palaeograph. Hilfs-
mittel 366.
Ostraka 78; 82; 450 ff.
Palaeographie 336 ff. ; 354 ff. ; 450 ff.
Pap. Leid. Z: 398 ff.
Patrimonium 154; 557.
Pelusium, Kult von 555.
Perseabaum 127.
Petition of Dionysia 178 ff.; 328 ff.
Petrie Papyri 285 ff.
Philadelphos, die Göttin 150,2.
Philae, Christentum auf 396 ff.
Philon 33; 170 f.; 291.
Philoteris (Wadfa) 217.
Polybius auf Papyrus 388 ff.
Pompeianische Wachstafeln 69; 77.
Porträts, hellenistische 225; 562.
Probeehe 345; 487,2.
Probejahr, kein 487,2.
Prophetie, liber die 121.
ProzefsprotokoU des Jurid. Alex. 293 ff.
Psalmen 543.
Psalmen als Zaubersprüche 430.
Ptolemaios IV. Philopator, seine Titu-
latur 480 ff.
Publicität der dinglichen Rechte 184.
Pyrphoros 222.
Kasur 125.
Rechtsurkunden aus Oxyrhynchos 178 ff.
Recto und Verso 355.
Regierungsantritt, Feier des 204.
Register, trapezitische und graphische 84.
Registrierung der Kontrakte 197.
Rindersteuer 141.
Römer in den Dörfern 155.
Römerbrief 11—7: 540.
Romane im Kloster 230.
Rosen, wilde 156.
Rubayyät (Philadelphia) 562.
Rufinus über Oxyrhynchos 410 f.
Sacharja 4—14: 560.
Sakje (Schöpfrad) 131.
Sankt Elmsfeuer 270.
Schadüf (Zieheimer) 131.
Schi-iftehe 344 ff.; 487 ff.
Schi-iftlose Ehe 344 ff^; 488 ff:
Schuldturm 352.
Schule, ihre Einwii-kung auf die Schrift
360.
Schultafel der Berliner Kgl. Bibliothek
428. ,.
Seele, Über die obere und untere 121.
Seesturm, im Roman 268 ff.
Sequestration des Geschuldeten 182 f.
Side in Pamphylien, Papyrus aus 556 f.
Siegelung der Papyrusurkunden 68 ff.
Silbergefäfse, Inventar 175.
Silko, ein Heide 419; 436.
Sitologen 143 ff.
Societe archeologique d'Alexandrie 172.
Statthalteredikte 169 f.; 181; 183.
Steilschrift 364; 369 f.
Stempel, rote 76; 85; 470.
Steuern 140 ff.; 479.
Steuerquittungen 141 ff.
Stirnbinde, Abzeichen der avyyivelg
221; 225.
Subjektsdeklarationen 136; 173.
Subjektsdeklarationen aus Memphis 137 ;
479.
Syrien, Papyrus aus 557.
Tachygraphie 356; 547; 555.
Tagebücher 29 ff.; 123.
Talmis, Inschrift aus 412 ff.
Tebtynis (Umm el-Baragät) 376; 561.
566
Griechisches Wörterverzeichnis
Tempelland 145; 150,'2.
Testament, aus Gebelen 62 if.
Testament, Siegelung des 75.
testatio 68.
Theadelphia (Harit) 217.
Theologisches Werk (histor. oder ho-
milet.) 540.
Theonas, Bischof v. Alexandrien 542.
Thesaurosquittungen 127 if.
Thoeris 129,1.
Thonsiegel 470.
Thorzölle 143; 552.
Titel, im E. Jahrh. v. Chr. 206.
Todesanzeigen 139 f.
Transkriptionsmethoden 133; 452 flf.
Umm el-Baragät (Tebtynis) 376; 561.
Uncialschrift, Datierung der 364 ff.
Vaterunser als Zauberspruch 430; 433 f.
Verbuchung der dinglichen Rechte 183.
Vereine, heidnische in christl. Zeit 407 ff.
Veturius Macrinus (Praefect) 555.
Volksfeste 153 f."
Volkssprache 434.
Vormerkung, bücherliche 195; 197; 326.
Wadfa (Philoteris) 217.
Wächterverzeichnis 128.
Waffentragen, Verbot des 170.
Walkerabgabe 156 (vgl. P. Fay 36).
Wortverzeichnisse 92.
Xenophons IIöqoi 1,5 — 6: 473 f.
Takuta 561 f.
Zebaoth 427.
Zeus Kasios 555.
Zwangsverpachtung 154.
IL Griechisches Wörterverzeichnis.
'AyoQavo^isTov 190.
äygacpog yäiiog 344 ff. ; 488 f.
adisyyvog 89; 91.
asinvQBTOs 425.
arjdta 433.
cciQovv, TÖ 157 (vgl. Bücheler Rh. Mus
56,324).
aif^oswg (rsXog) 129,3.
äXHcpag 98; 125.
ciXiir] 151.
(i[ia6i 428.
ccvccyiyQccTtraL 76; 86.
ciV(xyQ(i(pai 198.
civc{yQcc(pri, 6 ngbg tjj a. 87 f.
ccvcÜTtccviia 157 f.
ccvaTtav^atL^ä yevri 158; 556 (zu 860).
ccvravaiQ8i6&aL 167.
avTiyQaq)Svg 87.
avr iGviißoX{£tv) 552.
ccnaiSsvcia 37.
ccTtdv(oQ'£v 164.
6cni%£LV 17 S.
ccTtoyQarpai 187.
ccTiodiSövai 81.
ccTcb naXdiLTig etc. 158; vgl. jedoch
dnöfioiQcc 150.
CCTtOQ^TtSlV^ 501.
ccQyvQonXdatrig 419,1.
ccgnü^siv (caus.) 164.
ccQxslov 191.
BccXccvikÖv 479.
ßaöiXiGKog 415,3.
ßsßuimTQicc 488.
553.
ßißXioQ-'^iir} iyy.rr\6fon' 183 ff. ; 320.
ßißXiocpvXayisg 185.
ßio%Xm6X£iQC( 223.
Bov%Lg 339 ff.
rsvri^iaroyQacpslv 148.
yXvmog 221.
yvarpLKT] 156 (vgl. P. Fay 36).
yvco[Lcov 138.
ropyoqpovat 421.
ygatpsiov 190; 321,14.
yv^^yvaatcä 153.
yvil)LXT] 552.
/ir](ioyiXLvaQxog 414 ff.
&fj(iog 124.
dri^öatoi. yscuQyoi 138; 144; 145.
druLOGiov 135.
dmioßiaaig 318.
öiayQccfpcil Tf^fovwi' 313 f.
SiccviGiia 130,5.
diccTnß^a, verlesen für SidvLß^cc 130,5.
Sid6XQ(o[icc 199.
diaaqjayr; 60.
dt.ari&f6&ai 128.
SiKKiov 439.
8iy.cciov naiScov 310.
8t7tXovv 126.
jEyypccqpog yd^iog 344 ff. ; 487 f.
iyKVxXiov 86; 90; 313 flF. Vgl. P.
id^vdQ^rig 66.
^&vog 66.
ttßKQißLg 479.
Fir.
Griechisches Wörterverzeichnis
567
^xxQriiLcc 60.
ivroXi] 308.
i^ccXXoTQiovv 102.
i^a^ccQtVQog 75.
k^8viavTog 556.
En' aya&((p) 146 f. (corr. 'ETtccya&iccvji
nach BG'U 876).
imyQcccpsiv 98.
^TTiypaqpr) 98; 125.
inLKsq)(xXiov 137.
iTtilirjVLa 162.
iiti^evot 153. Vgl. Fay. 24,13.
inLnXovg 155; 162
^7rKjoriTix[. .] 415.
iniaiisipig 151.
i7fi.T{r]Qr]n)g) xjcctaaTi^OQccg) 166; 479.
^pavi'äi' 125.
^pwTäj^ 131.
£(»;ids 220.
Effo-ö 131,4; 164.
svayysXi.y.')] svxr] 433.
svdoK£iv (g'l fixJ'ojto'üi'rog) 97.
fv^ßxrat 222.
svtvxst, 161.
sv%aQi6xüv 433.
Ij;fiv 77 if.
Zrfug Kdct-og 555.
Hyo-v^isvog 145.
t;^7] rfcJ'Tj Ta;^-« Ta;jii 426.
©ftai öiard^stg 162.
■©■fol /JovAaiot 499.
•9'viw»' (r^Xog) 552.
j£pov?xo:j. 128.
'IriGovg 'Avovlßig 427.
'Irioovg, ö Q'sög xwv 'Eßgalav 427.
mov 135.
lovSioc'Ciiög) TaQcc^og 552.
'/ffig Nccvcäcc 124.
Äa'ö'' iJö^aTOg 151.
xaiaftoff 'EÜTjvixdg 150.
KcxQßuafjig iKioigßcca&'Cg, KsQßäGig) 159.
Ttug itpimtiiov) 135.
KdcLog (Zfrg) 555.
xaffTpa 401.
^{aTaioyEroj' 192.
■ncczccXo^iOiiög 126.
TiarccGTiOQä 166; 479.
nccTSvwTtiov 433.
xarfc';^£«' 155,2; 189.
v.uxoiv.rfiig 53.
xaTOixto: 53 f.
xaTOtxog 126.
xaTo;^rj 333 ff.
x^p^K 282.
■nißmrLov 87.
x/.ifia 422.
xir'va();{Os 414 ff.
nXivrj 414 ff.
xotia ^fißQOxoi 152.
y.otv6v rwv xtiGtibv 208.
Kogäaiov 153,2.
xo;^iias 131,3.
xparfrC'S'at 188,1.
xr7}ffts 188.
KVnXsvf^g 131,3.
xvQLoXoyia 501.
^aoypaqpt'a 136 ff.
Asytdvos (= regionis) 399 f.
Xrivdov 135.
Xr\rriQiovg 61.
Jirajjat()oqpo()a 170,4.
^axocLQOCpOQOi 208.
Marafi 144.
lLS\iirQ7]xcci. 128.
^sx^coQOi oiy.ovo{uai 193.
^exQov sv&SKd^STQov 553.
jxrjrpa: 429.
ftrj^^aj'aptos 131,3.
fiiff-^wrat i£()(oi)) %£i(pt(yfiOt)) 140.
^ixQa 225.
^vriiiovilov 190.
Nccvalov 124; 186.
vccvßiov 150.
JVf|?;^j]s 161.
NsaxoTtoizixrig 177.
vsmxSQOi 203.
vo^Lxoi 125.
rvxTOöTparjjyoi 479.
SvXtxt-g 151.
^vaxbv (^STQOV) 144.
OUitaQ-uL 475.
d|i;()U)';^og ri;:ros 431.
ögaGsia 554.
ößog 166.
'OcoQßovxig 341.
ov fisr' o-u jroW 311.
ovdicc 154.
Ovcpaxsiva (= Oufentina) 352,2.
üayaviiial avvxsXtiai 410.
JTÜiXTOl' 160.
Ttd^Ttcü^og 428.
Traßtt'ö'fCi-g 196; 554.
TtaQaXrnLnxfKcp (^stqco) 131,1.
Trapavart'Aifij' 498.
■KuqaQxiSiov 309.
TTfptypaqpr^ 311.
■jtidocii 439.
TTpäy/xo; (^%£tj' tt.) 416.
jTp^fJß (= praeda) 163.
7tQ£6ßvX8QCOXBQCC 155.
TiQoßacxavia 433,1.
568
Spezialindex für Crönerts Referate
TtQOyovog 552.
■KQOOIM 160.
■jt^ocpaigä) 455.
TtQO^Qsiu 455.
TtQÖs (absolut) 130,1.
TtQoaoSixcc 149.
TtQoaodov yfj 138,2; 148; 150,2.
■7tQOC(pco(Qd) 455.
TtQcoToyiXivccQxos 413.
TiQcotoxoXlov 85.
ÜTols^ats 'Opftog 146.
Tttw^a 85 if.
TfCO^CCQlOV 129,2.
'PaSiovQyia 182,1.
qayäxco (= rogatu) 163.
SiTiniov 556 (zu 873).
6v.bvoyQcc(f)ia. 162.
2^^rir6 405.
CTa-ö'jxö? 288.
öTtyafOiitoj^ 309.
Gximtiov 556 (zu 873).
cvyyfj'Tjff 221.
cruyypaqjo^ta'ö'rjxr] 491.
(»uyypacpoqp'i'^axsg 320.
ffyj'ornay/iKToypaqpo» 192.
(Jurod'o^ 414; 495.
6vvoi%L6iov 345; 487 f.
Gva'Tt'^f/ci: 410.
avr%Qimcczi^tLv 193; 320; 323; 55^
GcpQayL^Biv 74 ff.
acpQayig 74; 152,6.
G'jl^oiviov 152.
(TwfAKrtc/iiög 176; 350.
TaqDTy? (teIos) 342.
Ta^ivucpQT] 161.
Tfij^avaßo:T8uo 159.
TpK)7;ftf()os 425.
TQiayiiyiGrog 482.
TQocpsiav ianoii]) 123.
T^JOqpm? ((Juyyporqpr;') 123.
'TaXag 135.
vTtoßcclXuLv 409.
VTfoßaQircov 419.
VTtoyQcccpevg 99.
v7toyQaq)rj 330 f.
vito^LvriiLaTia^oi 29 ff.
VTtouvri^aroyQdcpog 58 ff. Vgl. P. Fay.
S. 49.
vnoTVQccvpog (bei Priscus) 418,5.
vipcoiiK 165.
^avvaaia 497.
^t^oxa^fif 439,1.
$/lo7raroßog i^ xai Qeoyivovg 101.
qpvAaxfg 128.
XccXv.sivri 281.
XCCQay^K 76,1; 85 ff. ; 160; 316 ff.
;Ua()D;xr7]p (;i;cdpJ.g ;^.) 76.
;^apis ToTg -ö^for? 555.
%^pcog 151.
XQr](icKzi^8Lv 498.
%QrnicitL6tcci 288.
XQfjGiS 188.
;Updi'og ö alJTÖg 126,4.
;^ar9o; 142.
u. w.
III. Spezialindex für Crönerts Referate.
A. Zur Schriftkunde.
Abkürzungen von Wörtern 119 531, be-
sondere Zeichen (Sigel) 117 119.
Accent : eigentümliche Accentgesetze ,
bes. beim Gravis 503, der Circumflex
zwischen beiden Buchstaben 508 509.
Buchstaben: altertümliches J(X) 512,
V am Versende durch einen wage-
rechten Strich angedeutet 515 529,
gröfsere B. am Anfang eines Ab-
schnittes (ausgerückt) und Ijei Kapitel-
überschriften 537.
Doppelpunkt: s. Personenwechsel, Satz-
pause.
Elisionszeichen " (?) 110.
Hauch: Der asper steht, während der
lenis fast ganz fehlt 504, Innenhauch
105 504.
Kapitelüberschriften 537 538 vgl. 525.
Längen- und Kürzenzeichen : ' und ~ 105
110 504, Längenzeichen über cc 507,
Kürzenzeichen (äv) in einem Prosatext
522.
Personenwechsel : bezeichnet durch einen
Pmikt 111, durch einen Doppelpunkt
111 113 (Nr. 10 und 11) 114, durch
Doppelpunkt und Paragraphos 511
512, durch einen wagerechten Strich
am oberen Rande 521 , durch die
Paragraphos 511, durch die Koronis
(~C) 111.
Rollenanfang erhalten 503.
Satzpause (die Paragraphos und die
ffTTtyjXTj im Allgem. nicht erwähnt) : be-
zeichnet durch einen freien Raima 117
515 527, durch GTiyin] und freien
Raum 524, durch den Doppelpunkt
Spezialindex für Crönerts Referate
569
115 522 527, durch ein Häkchen (von
2. Hand) 527, tritt auch zwischen Haupt-
und Partizipalsatz ein 5;}2; Unter-
schied zwischen avco und xdro) ariy^it]
513, ein gröfserer Absatz durch eine
Rand Verzierung links gekennzeichnet
537; Satzpause in einem lateinischen
Papyrus 119.
aiXXvßog 510.
Tilgung: durch Einklammerung 118
513 (hier bei der Paragraphos), durch
rechts und links gestellte Punkte 510.
Trennung: Silbentrennungshäkchen 111
503 510, Worttrennungshäkchen 504
{ovx') 537 (tft' ^iialv), vgl. über die
Geschichte dieses Häkchens 537;
Eigentümlichkeiten und Fehler in der
Worttrennung zwischen den Zahlen
116 520 534.
Umstellung der Worte durch Darüber-
schreiben von A und B 117.
Unterschrift am Ende eines Buches der
Ilias 107.
Verbesserung: über die Zeile durch
Punkte eingeschlossen 117, durch
Doppelpunkte 110.
Versmafse: bildliche Angabe derselben
532.
Wiederaufgefrischte Schrift 511.
Zahlen: Striche darüber 531 534 (hier
auch bei einzelnen Worten) 537.
Zählung: der Verse im Homer 107 505,
der Seiten eines Papyrusbuches 111.
Zeile: eingeritzte Zeilenlinien 511, ein-
gerückte Zeilen bei lyrischen Stellen
510, Absetzung der Zeilen bei Stellen-
anführungen 532.
Zeilenlänge: a) die Buchstabenzahl ist
zu klein, so wird angewendet das
Füllzeichen 7 519 (Nr. 47 und 48)
526 529 532, > 115 (Nr. 19 und 20)
116 519 — 520 523 538. ß) die Buch-
stabenzahl ist zu grofs, so werden die
letzten Buchstaben kleiner geschrie-
ben (522) oder erhalten über der Zeile
ihren Platz (515).
Zeichen: 1 IC 11 _ am Rande von Homer-
versen 505, I 534, ::i. 118, ^= 506,
D 114, -_ (in der Zeile) 537, X 512,
■ |- (auf eine Randbemerkung hindeu-
tend?) 507; aneora superior und oj
Ttldyiov 506, der Anker als Scholien-
zeichen bei Byzantinern 506, aristar-
chische Zeichen 506.
Zusätze: avco und xdrco mit den dazu
gehörigen Ankern (T vL.) bilden die
Verbindung zwischen Randbemerkun-
gen und dem Texte 504, vgl. K(xrco
118 533.
B. Zur Spraehkunde.
Elision: von der zweiten Hand einge-
führt 116, beseitigt 514.
Grammatische Arbeiten: Grundsätze da-
für 215.
Nasal: willkfirlich Ijehandelt 517.
Verbalformen: itu&i'jaat 525, tvrv^ri-
xviag in -virig verbessert 514.
Verdoppelung von Liquiden am Wort-
anfang (fifi-opotira, IXidqüiGt) 107.
aSdriv 515.
dO'abwg 116.
alQBco: SisiQTi^^vog 520.
cchsvg 214.
aXiKog 214.
cc[iuvQdco 538.
dfiXvywviov 119.
ccvrciia^driov {'^) 518.
&7rQ0^ri&£ia in -d'ia verbessert 522.
uQßiov (apctxjov?) 212.
'A6yiXdTt(x>v 214.
cc67t(ccßcp-)dQ(xy'yog 211.
avXüi fio/ leitet jedes neue Skolion ein
114.
avr ig bei Xenophon 521.
ßtXtccta irrtümlich gelesene Fonn 210.
ßt^ßXsto {= iii^ißX.) 536.
yiyvo^KL bei Aristoxenos 117.
ylrov (Bedeutung?) 212.
diScoiit: iTtix68ov.cc und ccTiixwdoiyia 214.
-iug für -sicig 528.
ivriXog: über den Hauch 516.
iXccitiög 214.
iXciioovQyög (?) 214.
ivrccvO-a „in diesem Falle" 526.
eNXPHMAIZeiN? 212.
i^dX^T} (= 6|.) 212.
i^va&svrog (= fx|.) 536.
ioQKTia bei Piaton 522.
i-jti6toXoyQdq)og 213.
^EQ^d{-\i6-)cpiXog 213.
svv.cciQsiv bei den epik. Philosophen 527.
tsd 210.
Zuv^ig und Z£vi,nmog 531.
-riyög 214.
-f]ig für -fig bei den Wörtern auf -£vg
520.
i]ilLsQ-a falsch gelesen 211.
Qav.oQ'aXTidg 518.
&Qoiov, &QOiccSiGnog, Q-Qüionmliov 212
213.
idslv der Koine 504 508.
'IsQüivv^ov für 'IfQcovog 531.
?c für ^ vor Liquiden 118 (/jvdxift) 517,
(diiQi, ditXvv), weiter xfpfft 536.
KaXißiog 520.
KaXXiQori 528.
xaßroQSLOv 538.
xAaito (y _) 519.
570
Spezialindex für Crönerts Referate
v.ovXs6g bei Xenophon 521.
v.QriTr\Q bei Xenophon 521.
v.rsLvvvcci bei Xenophon 520.
v.vt^oq 213.
%v&Qcc bei Xenophon 520.
v.vXX7]Grig 214.
xwiSiov 211.
Id&QaL 512.
-(la: Wörter mit dieser Endsilbe liebt
Epikur 527.
^£v&a für iis&cc im Palatinos des Ly-
sias 517.
fift^co (iXäaaco) für ^si^oav (iXdaacav) 537.
litig: dat. plur. ^tiaiv 537.
flfTO^i; 117.
^iLlivrJGKco 524.
ILoXvßdLVK 214.
V jrapofy&jytxöv in Homerpapyri 107
505, fehlt bei Thukydides und Pro-
kopios 519.
vcat.v falsche Lesung 212.
^ttvog bei Xenophon 521.
oi'jttfiot 528.
-ol6iv altertümlich für -otg 523.
ÖQoywviov 119.
-oaav für -sGav (iitsnoiicpoaccv) 520.
öanQLOv 214.
ovd-sig bei Demosthenes 523, bei Me-
nander 514 515, in späterer Prosa 529.
^vv bei Aristoxenos 117,
^vvQ£tv bei Piaton 522.
Ilccvriiiog 214.
Ttam^iKJTo? bei Epikureern 527.
TtaQaßätrig bei Xenophon 521.
Ttapava, nccgöa, tcccqovcc, ^aXoTCccgova 211.
IIuQii8vsldrig 531.
JTaTautoff: Verbreitung des Namens 514.
TttQLyQcccptLv „Vernichten" 526.
TttQLtvai (= TtiiQuivai) bei Demosthenes
528.
■Klr]Qr\g indeclinabile 211.
Tto{i)^<x>: Ttomv bei Menander 514.
TtQog /iiög, wie vr\ dia und jxd: z/ia
Lieblingsausdruck des Epikur 527.
■3TQw(i)riv 507.
poia 214.
^oiffrtxös (y) 539.
öf^Tjvaroi' 213.
criiisi.w6cxa&<xL: Bedeutung 535.
2^'^QCxiißog 214.
ayifjTTQOv und ov.7]TtQOv%ia 511.
CKoCmOV (= KOIKLOV) 212.
6vii7t8Qi(poQcc bci Epikureem 527.
(T^XKvyridfg 211.
TtffffapaxovTK 213.
TsiQiSccrrig 214.
TpaTTf^fiOT' 119 120 Anm. 1.
vd'po (vdp7]-);^oog 214.
-üttoff 504, -yo? bei Menander 514.
qpjy? ohne t 21G 521.
(pQiJTQa bei Xenophon 521.
(pmyco: tpcoGag 538.
;^o:pi£'t;r£pog bei Epikureern 527.
^KQLTCOviK 528.
i/)o:xa(5'Kr()Ci:, ij^a-Kaäla^iog 213.
w und ov vertauscht 517.
C. Sachliches.
Aischylos angeführt 533.
Alkaios angef. 535.
Alkman[?] {Oxij. 8) 110, angef. 533.
'A^^mvtog 'Afi^coviov yQa^tiiccrsvg 535.
Anakreon tv IIccQ&svsioig 535, sonst noch
angef. 533.
Apollonides der Tragiker angef. 109.
Apollonios Rhodios III 145—191 {Strafsb.
173) 515.
Archelaos (Paradoxograph) ang. 530.
Archilochos ang. 535; s. Epodendichter.
Aristarch und ol 'AQiaxäQ^stoi ang. 535.
Aristonikos (Grammat.) ang. 535.
Aristophanes:Wolkenl371-1428(/S'ira/s&.
621) 511; s. Komödie.
Aristophanes der Grammatiker ang. 535.
Aristoteles {ccnoQrjiiata 'Oft?]ptxa'?) ang.
535.
Aristoxenos: längeres Bruchstück aus
den Qvd'iLiy.a 6xoi%8la {Oxy. 9) 117.
Astrologisch-meteorologiscTies Handbuch
{Wiener Papyrus) 537.
Astrologisches Werk {Oxy. 303) 538.
Athenokles der Grammatiker (?) ang. 535.
Briefe an einen makedonischen Herr-
scher {Oxy. 13) 116, {Oxy. 217) 525.
Chariten VIH 5 — 7 {Papyrus aus The-
ben) 528.
Chioneroman: Rest davon {Pajiyrus aus
Theben) 529.
Chrysopolis in Bithynien 530.
Demosthenes Kranzr. 40 — 47 {Oxy. 230)
523, 227—229 {Oxy. 231) 524, 244
{Oxy. 25) 116, gegen Timokr. 53 — 58
{Oxy. 232) 524, 145—150 {Oxy. 233)
525, Prooimia 26—29 {Oxy. 26) 116.
Dichterische Stücke geringerer Bedeu-
tung: Klage über den Verlust eines
Hahnes {Oxy. 219) 518, Rätsel auf
einer Wachstafel 518 ; vgl. Poseidippos.
Didymos (Chalkenteros; ang. 535.
Dionysios 6 @QäL^ ang. 535.
Dionysios 6 HiSwviog ang. 535.
Elegie: Reste einer hellenistischen E.
{Oxy. 14) 113; s. Poseidippos.
Epameinondas : ein Spruch von ihm 528.
Ephoros iv ß ang. 535.
Epos: Bruchstücke eines unbekannten
Verfassers {Oxy. 214) 516 und {Pap.
von Genf) 109; Anführung einer epi-
schen Stelle 534.
Epikureische Philosophie: {Oxy. 215) 527.
Spczialindcx i'ür Crönerts Referate
571
Epodenclichter (Sl:r(ißb. 31) 508; vgl.
ArehilochoH und llipponax.
Euripides rhoin. 1017 — 1071 {0xy.H2-l)
510; ang. 109.
Eukleides I 128 Heib. (üxy. 20) 117.
Favorinus ang. 528.
Florilegium : Reste aus einem Fl. spä-
terer Zeit {Strafsb. 92) 528.
Grammaticus Parisinus verbessert 50G.
Geschichtswerke: Reste aus einem älte-
ren G. {Oxy. 302) 530, (leschichtsbuch
in chronologischer Fassung {Oxy. 12)
118, lateinischer Geschichtsschreiber
{Oxy. 30) 119.
Heilmittelbuch {Oxy. 234) 538.
Hennapias der Grammatiker ang. 535.
Herodot I 7G {Oxy. 19) 114, I 105—106
{Oxy. IS) 114.
Hesiod: Reste aus seinen (?) Katalogen
{Pap. Berl.) 507 und {Strafsb. 55) 508. ')
Hippeus von Rhegion ang. 535.
Hipponax? 509; über die Seltenheit des
Namens 510.
Homer llias B 730—828 (Oxy. 20) 105,
B 745—764 {Oxy. 21) 105" E 1—705
{Oxy. 223) 502, E 824—841 {Gizeh-
papyrus) 507, 0 1 — 68 (Washimpupy-
rus) 105, N 2 — S522 (Land. Nr. 732)
106; Homerglossen (s. auch Scholien)
zu A {Strafsburg 33) 536, die Kqti-
tiKi] der llias ang. 535, die Ausgabe
des Euripides ang. 535; über den Ve-
netus der llias 503 504.
latrosophien der Byzantiner: Vorstufe
dazu 539.
Isokrates an Dem. 45 {Strafsb. 92) 522,
irsQi awt^. 77 und 81 {Oxy. 27) 115.
Istros ang. 535.
Kallimachos ang. 533.
Kallistratos s. Olympionikenliste.
Kleitarchos (einParadoxograph?) ang. 29.
Komödie: Bruchstück aus der alten K.,
wohl Aristophanes {Oxy. 212) 512,
aus der neuen K. {Oxy. 10) 113, {Oxy.
11) 113; Prolog eines Stückes der
neuen K. {Strafsb. Pap.) 514.
Krates s. Olympionikenliste.
Kyprien ang. 109.
Landmessungsbüchlein, Rest daraus {PajJ.
in Chicago) 118
Lamia, Geliebte des Zeus 109.
Ledasage 109.
Meiuroshexameter 114.
Menander: Reste der rhQiy.itQo^kvri{Oxy.
221) 513, Reste des FtojQyög {Pap. in
Genf) 111.
Metrisches Handbuch {Oxy. 220) 532.
Mikon der Bildhauer: seine Zeit 532.
Myron : Zeitbestimmung 532.
Nixa-Q^iiov ein bisher unbekanntes Vers-
mai's 533.
Olynipionikenliste: beträchtliche Reste
daraus und zwar wohl von Phlegon
von Tralles herstammend {Oxy. 222)
531.-)
Panyassis iv i 'IlQa-iiXtiag 535.
Paradoxograph (Oxy. 21S) 530.
Petrie-Papyri : von Wilcken herrührende
Verbesserungen fehlerhafter Lesungen
210 ir.
Philistos s. Olympionikenliste.
Philodem TtiQt svGsßeiag: neues Bruch-
stück 109.
Phlegon von Tralles s. Olympioniken-
liste.
Phrynichos iv (Doiviaacag 535.
Pindaros ang. 533; 535.
Piaton Phaidon 109"— 109'' {Oxy. 229)
522, Laches 189''— 190» {Pap. Petrie)
521, 197*— 198<^ {Oxy. 228) 521, Staat
X 607"— 608* {Oxy. 24) 115, Gesetze
IX 862"— 863" {Oxy. 23) 114.
Polykletos: Zeitbestimmung 532.
Poseidippos von Theban: Elegien {Ber-
liner Wachstafcl) 517.
Prokopios Nachahmer des Thukydides
519.
Protagoras von Abdera ang. 535.
Ptolemaios (Pindarion) ang. 535.
Ptolichos (Bildhauer) : Zeitbestimmung
532.
Pythagoras von Rhegion (Bildhauer):
Zeitbestimmung 532.
Redner: Bruchstück eines nachattischen
Redners (^)xy. 216) 526, ziemliche
Reste von Ubungsreden {Lond. Nr. 256)
117.
Sappho: Reste eines Liedes {Oxy. 7)
109; ang. 533.
Scholien: zu Aristophanes 512, zu einem
Epodendichter 509, zu Homer llias ^
{Oxy. 221) 533, zu Piaton 522, zu
Xenophon 115.
Seleukos (Grammatiker) ang. 535.
1) Vgl. dazu den inzwischen erschienenen Aufsatz von F. Blafs, Zu den
neuen Fragmenten aus Hesiods Katalogen, Hermes 1901, S. 157 — 159.
2) Die rätselhaften Zeichen ö KAAAIC u. s. w. hat nun Diels (die Olympio-
nikenliste aus Oxyrynchos, Hermes 1891, S. 72—80) auf eine glänzende Weise
erklärt. Er löst sie in o{vT(ag) Kalli6{rQcctog) , o{vtü}g) ^iXia{xog), o{vxcag) KQätri[g
iv] ü auf und weist eingehend nach, weshalb an diesen drei Stellen der Name
des Siegers durch die Quelle gestützt wurde.
Archiv f. Papyrusforscliung I. 3/4. 37
572
Spezialindex für Crönerts Referate
Simonides ang. 533.
Sophokles Oid. auf Kol. 375—441 {Oxy.
22) 110, vgl. 503; ang. 535.
Sophxons lüyuOi yvvccLxsloL: Titel {Oxy.
301) 510.
Sotades ang. 533.
Telephossage 510.
Thukydides II 7—8 {Oxy. 17) 114, II
90—91 {Oxy. 18) 519, V 36—41 {Oxy.
16) 114.
Tragiker: Bruchstück {Oxy. 213) 510.
Vergil Aeneis I 457—507 {Oxy. 31) 114.
St. Witkowski, Prodromus 215.
Xenophon Hell. III 1 , 3—7 {Oxy. 28)
115, VI 5, 7—9 {Oxy. 226) 519, Oikon.
Vni 17 — IX 2 {Oxy. 227) 520, vgl.
noch 531; jonische Formen in den
Handschriften 520—21.
Zenodotos Paradoxograph ang. 530.
Zopyros Paradoxograph ang. 530.
W. Ct.
Druckfeliler.
S. 393 (4. Z. von unten) und 395 (2. Z. von unten) lies Arcerius statt Arcesius
0
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A6
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