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Neue
JAHRBÜCHER
PhilologiewPaedagogik,
oder
Kritische Bibliothek
für das
. Schul- und Unterrichtswesen.
Gleskmmugsgresgp
In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten
begründet von
M. Joh. Christ. Jahn.
Gegenwärtig herausgegeben
von .
Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig
und
Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma,
Neunzehnter Supplementband. Erstes Heft.
Leipzig, 1853.
ARCHIV
für D N.
Philologie mı Paedagogik.
Zu
ΝΞ ΝΥ
Begründet von
M. Joh Christ Jahn
Gegenwärtig herausgegeben
von
Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig
und
Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma.
Neunzehnter Band. Erstes Heft.
Variae codicis Parisiensis A. in Civitatis Platonicae libris X.
. scripturae supplementum a Fr. Dübnero collectum,
Pag.
a C. E. Chr. Schneidero ad Operum Platonis volu-
mina tria Lipsiae a Teubnero a. MDCCCXXX. ΧΧΧΙ.
ΧΧΧΊΗ, .ediia accommodatum et accessionibus atque
emendationibus auctum.
᾿ (Fortsetzung. )
Σ; εὖ N
Vol. 11. Praef. P. ΧΧΧΥ͂Ι, ν, 9 pro 469 ira 464.
.1, b, 8 pro 0 factos legas: factas,
. 2, a, inter v.’19 δὲ, 20 ingeras: ἐφεξῇς) ἐφ᾽ πῆς ἃ m. sec.
‚Par. ἃ. ἢ.
b, 25 post ἀπωτέρω inseras; nltimae ὦ in Par. A. Dü.
subscriptum est -ὦ,
‚8, ὃ, 22 post Bekkerus addaa: neque legitur in Par. A. Dü,
4. a, ult. addas: Leg. JUL ‚m 708. A. pro vulgato μάλιστά
μρειιφραένονται τοὺς ἀπὸ Ιελοκοννήσου “προσδέξεσϑαι
ξυνοίκους secundum oodiwes Par. A, δὰ, Voss. aliosque
scribendum est προσδέξααφαι. : .
b, inter v. 17 et 16 a f. inseras: ταῦτα) Pro ταῦ Par.
A. Dü. a m. pr. videtur zo, habuisse: τὰ inter versus
scriptum habet. - :
13 af. ‚post τὸ σὲ ‚ingeras Par, A. δ.
6, b, 20 sqq. et a Lobeckio -dirigse „credit delenda sunt. ΟἿ,
Lobeckli ada. ad :Soph. Ai. p. 177. ed, 2.
12 a £. nast ἡμεῖς inseras: Par. .A. Di. a m. pr.
post ai. adtlas: λόγων) Adyov a m. ‚pr, Par. A. Dü.
'. .: ἀπεγείρεε8) 8 extremum ‚Par. A. Dü. in
‚litura scaipfum | habet, quam
ezcipit —- signum idque dua-
rum Iifterasum spatium ex-
piens.
ἀράν). δρ. ὧν Par. A. .Dü.
. 7, 2,5 ἃ f. post. χρυσοχυήσοντας inseras: cuius » Par. A,
. Di. in: liura.. scripkam habet,
ult. ante Vind, ‚. ingexas. Par. A, Dü.
/
‘
1*
6 _ Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X.
b, 9 addas: Of. ἴω, VI. p. 504. B. C. ubi post μετρίως
itern infertur μέτρον. '
8 a f. inseras: ἐπιπονοτάτη — ἃ m. pr. Par. A. δ,
Pag. 8, b, 8. ἃ f. post Bekkerus inseras: (Par. A. Dü. — ἣι in
litura a m. valde recenti scriptum habet).
Pag. 9, 8, 9 post Ρ. 36. inseras: et qui secnndum codices etiam
ante coniunctivum restituendus est: "Theag. p. 122, C:
ἐννοῶ yap, μὴ καὶ ὁ μειρακίσκος οὗτος οὐ τούτου
, ἐπίϑυμεῖ (sulge ἐπιϑυμῇ)"» οὗ ἡμεῖς αὐτὸν οἰόμεϑα
ἐπιθυμεῖν, ἀλλ᾽ ἑτέρου εἶτ᾽ αὖ ἡμεῖς ἔτι ἀτοπώτεροι
ὦμεν περὶ. ἄλλου του BovAsvonevor.
34 post’Par. A. inseras: cui accedit Voss.
b, 12 a f. post ὄφλειν addas: αυσὰ -etiam Par. A, Dü.
habet. δ τ ἢ ᾿
Pag. 11,.8, 11 a f. post Ita' inseras: Par. A. Dü. a m. pr. et v.
7 af. post παραμυϑῇ: Par. A. Dü. a m. valde recenti.
Pag.12, a,,16 post προβαλῇ) inseras: Ita Par. A. θὰ. a m. sec.
Pag. 13, 8, inter v. 21 gt 2% inseras: ἀποδιδῷς) ἀποδίδωις a m.
pr. Par. A. Du. Tr '
10 a f. addas: inter versus a m. vet. additum habet
Pär. A. Dü. | er
b, 14 addas: Ib. L. VI. p. 800. A: παρὰ ra δημόσια
μέλη τε καὶ ἱερά. ubi δημόσια μέλη eadem, quae ἱερὸ
esse significatur. ’
Pag. 14, b, 20 a f. addas: Ast. in sec.
Pag. 15, a, 4 post δηλαδὴ inseras: Par. A. Dü. “"
Pag. 16, a, inter v. 14 et 15 inseras: σκώμματα) σκόμμ. ἃ mM. ΡΥ.
Par. A. δᾶ. inter v. 7 et 6 af, inseras: δεηϑεῖσι) ---
εἴ --- in litura Par. A. Di.
b, 17 addas: Of. Leg. L. ΧΙ, p. 944. A: ἐξῆν ἂν τῶν
τότε ζσοι. κακοὶ ὀνειδίξειν ὅπλων. ἀποβολὴν τῷ τοῦ
Μενοιτίου. ἝΝ \
Pag. 17,8, 15 a f. post in inseras: Par. A. Dü.
Pag. 18, b, 6—8 deleas quae in parenthesi: posita sunt et eorum
loco reponas: L: Il. c. 47.
9 a f. post ἐελευτήσεμεν) inseras: Par. A. Di.
Pag. 19, b, inter v. 20 et 21 inseras: αὐτοῖς) αὐτοῖς Par. A. Du.
Pag. 20, a, 2 a post ποτ᾽ ἐστὶν inseras; Par. A. Dü.
9 post ἔστιν inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
b, 17 post τινα inseras: Par. A. Du.
5 a f. post Eodem verbo inseras: Plato Leg. L. ΧΙ.
p. 923. B. usus videtur: ἐάν τις ὑμᾶς ϑωπείαις ὑπο-
λαβὼν (sic Par. A. Voss. et „fortasse a m. pr. Vat.
C.* vulgo ὑποδραμῶν) ἐν νόσοις ἢ γήρᾳ σαλεύοντας
παρὰ τὸ βέλτιστον διατέθεσθαι πείϑῃ. Ad σαλεῦον-
τας enim haud paulo aptius illad, in quo simul obse-
quii et insidiarum inest significatio.
seripturae οὐδ a C. E, Chr, Schnei.er. 7
"Pag. 21, b, 9 addas: ΟἿ. ἐλέγομεν p. 454. Ὁ.
Pag. 23, a, 11 inseras: πρός τι τ. Par. A. Di.
b, ihter v. 9 et 10 inseras: ἐγὼ) γα — = Par. A. Dü.
13 addas: et correctus, ab cadem, ut videtur, manu,
quae μόνον scripserat, Par, A. Di.
Pag. 24, a, 6 addas: (in Par. A. Dü. a m. pr. non dargıxöv erat,
sed ἰατρικῶν).
Pag. 25, a, 6 addas: Cf. Vol. IIT. p. 206, a, 21.
b, 16 post δὲ inseras: Par. A. Dü.
Pag. 26, a, 22 post, δεύμεϑα inseras: Par. A. Dü. am. pr.
.b,. inter v. 6 et 7 inseras: τὸν) τὸ Par. A, Dü. a m. pr.
Pag. 28, a, 7 addas: Aliter Procli locum interpretandum et ante
μιμουμεναι͵ inserendnm αἱ et τὰς πλαττούσας in ava-
πλάττουδιν mutandum censet.Lobeckius Aglaoph. p. 1029.
10 af. post ἢ inseras: Par. A, Dü. et 6a f. ante
Lob. Par. A. Di, a m, pr.
Pag. 30, b, 10 a f. ‚pro omittit scribas: teste Dübnero deletum et
Jitterae & in ἰσχυροτέρα impositum habet ς΄, ex quo
Dübnerns criticum ἰσχυροτέρας. desiderasse colligit.
Pag. 31, a, 11 inseras: (et ita Par, A. Dü.),
- „16—26 hunc ın modum refingas: Sed cum natura illa
mulieris et viri ceteroquin eadem, prout mulierem
virumve respicias, minus- vel plus. virinm ostendat, ἢ
recte habet; ὅσα vero, cum virium diversitas omnibus
in rebus gonspicua sit, diversitatis „aufem gradum lud
non magis designare, quam. pro ὅτε ἐν πᾶσε positum
esse possit, cum Eusebio in ὅσῳ mutandum videtur, ut
‚ sensus hic. efliciafur: excepto eo, quod minus vel plus
virium habet. _
b, inter 'v. 18 et 17 a f. inseras: Παντάπασι μὲν οὖν) --
σιν — Par. A. Du. .
Pag. 32, a, inter v. 22 et 23 inseras: 7) nr ut videtur, Par. A. Di.
7 af. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
b,3 et 11 addas: (δαὶ) sine ara, teste Dübnero.
Pag. 33, a, 11 af. addas: ‚Et o Par. A. Dü. in litura et partiun
a m, rec. scriptum habet in spatio ὦ capiente.
‚b,13 a f. ad ἐουϑρώτατον addas: ἐρυϑρῴτερον» quod
Bekkerus Tim,: p. 83. B. secundum manum primam
Par. A. et Vat, B, edidit.
‚Pag. 34, a, 3 ad ea, quae nullo mode probanda sunt, addas πυκνώ-
τερον Tim. .p. δ9. Β. et 76. C. ἀμυδρώτερα ib. p. 72.
-B. ὑγρωτέραν p. 74. Ὁ. πυκνωτάτας p. 74. E. ἐλαφρω-
τέραν Leg. L. XI. p. 934. A, item πυκνώτατον Tim,
p. 59. B. quod in uno Ven. B, ex eoque in Ald. Bas.
ab. legitur.
16 a f. post δοτέον inseras: Par. A. Dü. ἀνδράσιν ὃ.
b, 3 ad ἀτελὴ) addas: γρ ἅτε δὴ margo Par. A, Dü.
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
Variae τού] εἷς "Paris; A. in Civitatis Platonicae libris X,
. 35, b, 21 post habet. inseras : (teste Dübnero o et n am.
vet. superscripta sunt).'
. 87,8, $ post μίαν inseras: Par. A. Dü.:a m. sec, et v4
addas: μηδὲ μίαν am. pr. Pär. A. Diı.
6 a f. post μάλ᾽ ioseras: Par. A. Di.
. 38,a, 7 a f. addas: δράσουσιν Par. A. Dü.
b, 16 a f. post licet addas: Cf. Tim. p. 27.C: ἦ γέγονεν
9 a f. post accentum inseras:‘cum Par. A. Dü.
. 89,a, 13 post παρίῃς iniseräs: Par. A. Dü. item p- 40, a, 8
post κοινὰ.
. 40, b, inter v. 14 et 15 inseras: μίξιν) μῖξιν Par. A. δ.
. 41, a, 20 post γυμνοῦσθαι inseras: Par. ‚A. Di,
42, a, 24 post προϑυμεῖ et 6 ἃ f. post ἂν et pen. post ἡγεῖ
inseras: Par. 4, δῇ. et5af. addas: ἂν deleto a m,
sec. accentu Par. A, Dü.
b, inter v. 19 et 20. inseras: Βαβαὶ) βαβαῖ Par. A. δᾶ,
. 43, 5 12 äddas: ες αὕτως Par. A. δᾶ."
. 44, a,7 addas; et L. Il. p. 410. Er’ ἀνεϑέντος αὐτοῦ et
τραφέντοξς inter v. 3 a fin. et pen. ihseras: τοιαῦτα)
τοιαῦτα — Par. A. δά.
b,5 af, post ἔκγονα) inseras: — #7 — in litura Par.
. 48, Ὁ, Baf. post tenuwi incidas.
. 46, a, inter v. 5 et 6 inseras: ἄρχουσι) --- σιν Par. A. Dü.
inter v. 7 et 6 af. inseras: γίγνηται) ττ mras in litura
Par. A. δά, et interv. 4 et 3a ἢ μὴ) μὴ —- Par.
A, Dü.
b,7 a ἢ. addas: dAld re a m, pr. Par. A. Dü.
48, ἃ, δ post σπαργῶσι). inseras: ὅπαρ = γῶσιν Par. A,
et “Ὁ
16 a f. post ὦσι): ὦσιν Par. A. Dü.
49, a, 28 post Par. A. inseras: (— τἍῬ 9 — secnndem Düb-
nerim, ἢ, 6. tum unius litterae inter ὁ et 9 deletae
signo).
b, 4 a f. post εἴκοσι inseras: Par. A. Dü.
51, Ὁ, 27 post εἰκοσιετίδος inseras: a m. pr. Par. A. Dü.
5 af. addas: Etiam τρίετες Leg. L. VII. p. 789. E.
a codicibus firmum est, item δεκότει ib, p. 809. E.
quod Bekkerus secundum Vat. ©; pr. in dexerei muta-
vit, et τριέτεις L. VII, p. 868. E. tutius vulgato
τριετεῖς videtur.
52, a, 6 post vulgo inseras: et in Par. A. Dü. a m. pr.
14 a f, ante Vind. inseras: Par. A. Di.
Ὁ, 17 addas: Etiam Par. A. Dü. 8. ab eadem m. super
φ positum habet.
53. &, 23 addas: (Par. A. Dü. in contextu verborum dp’
omittit, in m. habet.yg dp’ 8) ᾿
seripturae editae a Ὁ, 5. Chr. Schneider. 9
36 post ἀκρατείας inserasi Par. A. ‚Di.
Pag. 55, a, 25 post relatum inseras: .(C#. Dorvill, δὰ Charit. p- 571.
inf. ed. Amst, ubi citata Xenophontis verba non in eius
Memorabilibus, sed in Oeconomica c.7 $. 11 legunter).
Ὁ, 2 addas: Cf. Vol. III. p. 224, b, 2 8η4ᾳ. Stephani
Thes. Didot. in συψγέγνομωε p. 937. B. uhi citates
Platonis de Legibus locus non p. 890. sed. 930. Ὁ.
exstat: ἐὰν δέ τις ἐλευθέρα δούλῳ συγγίγνηται. Pan-
san, L. Il. c. 26, 6: Κορωνίδα κύουσαν ᾿Δσκληπιὸν
"Ioyvi τῷ Ἐλάτου συγγενέσθαι. Etiam συνελϑεῖν inter-
dum feminae dicantar, de quo v Heynius ad Apollod,
p. 314. 54. εν
Pag. 56, a, ult. post ὃν inseras: Par: Α. Dir, cum --ν post ἕν.
Pag. 57, a, 3 post δὲ) inseras; — δὲ Par. A, Dü.
inter v. 4 et 5 inseras: äxsivov) — νῶν a m. pr. Par.
A. Du.
b,7 a f. post ὧδε inseras: Par. A. θὰ, a m. pr. sed
correctus ab eadem m. αἷς δὲ
inter ν. 4 et 3a f. inseras: ἑπομένη) — νῃ Par. A. Di.
3af. ad βελτίστῃ addas: Par. A. Dü. item p. 58, a,
13 ad do εσϑαι.
Pag. 59, a, 20 addas: τὸ μὲν γὰρ κοινὸν συνδεῖ; τὸ δ᾽ ἴδισν
διασπᾷ τὰς πόλεις» ὡς Πλάτων καὶ ὡς Θουκυδίδης.
‚Alex. Aphrod. ad Aristot. Top. p. 272, b, 33. Br.
Pag. 61, a, 4 ‚ad ‚lacam Sophistae addas Timaei locam p- 37.
τό τ᾿ ἦν τό τ᾽ ἔσται χρόνου γεγονότα εἴδη» ἃ δὴ
φέροντερ λωνθάνομεν. ἐπὶ τὴν ἀΐδιον οὐσίαν οὐκ
ὀρϑῶς. .
12 ἃ f. secundum Dübnerum delendum est Par. A.
Pag. 62, a, 14 post συν. addas: Par. A. ἢ}.
26 addas: Erast. p. 135. A: ποῖα δὲ μάλιστα αὐτά
τοπάξομεν εἶναι τῶν μαϑημάτων, ἃ δεῖ τὸν φιλοσο-
φοῦντα μανθάνειν: ubi vulgo ἄττα legitur contra co-
dices optimos 9 qui habent αὐτὰ, quod referendum est
ad ἃ δεῖ μανθάνειν: ipsas Üllas, quas discere philoso-
phantem oporteat, disciplinas.
8 a f. adscriptum numerum 463 ad v. 7 transponas.
Pag. 68, b, 14 sqg. Suspicionem de Par. A. iniectgm confirmavit
Dübnerus, qui pro τῶν quinquies deinceps .. in eo
positum testatur.
6 a f. post etc. inseras: Par. A. Di.
Pag. 64, b, 18 a f. addas: Cicer. Cluent. c. 5 ($. 42): quo enim
ipsum nomen amantius indulzentiusgue maternum, hoc
Ülius matris scelus maiore odie dignum esse ducetis.
Paa. 66, a, inter νυ, 2 et 8 inseras : αὐτοῖς) — ὃς in litura Par.
A. Da.
Pag. 69,8, 4 post Par. A. inseras : (sec. Dübn. αἱ in litura)
10
Variae codicis Paris. A, in Civitatis Platanicne libris X.
b,4 af. addas: Addendus vero videtur Thucydides L. II.
c. 62, 3, quo loco τὰ προσεκτημένιι a codicibus multa
'firmius est, quam προσκεκτ.
Pag} 70, b, 12 post Par. A. inseras: (ἐπιμελείαι deleto super μὲ
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
accentu Di.)
71, a, 23 post πάντων) inseras: cum nı a m. vet, super ὧν
Par. A, Dü,
72, b, inter v. 20 et 21 inseras; ποτε) 50 — in litura Par,
A. Dü, et ”°
28 post διχοστανήσῃ): — nam. pr. Par. A. Dü,
73, ὃ») 9 a f. post τιὶ δ᾽ inseras: Par. A. Da.
74, 8, 9 af. addas: Οἵ. L. VII, extr.
b, 12 post μακαρίστου inseras: Par. A. Di.
6 a f. addas:’ eo sensu, Quem argumento pariter atqne
grammafica reluctante vulgatae tribuit Pflugkius ad
Eurip. Hel, 1089. -
. 75, a, 4 post αὐτῶν inserası Par. A, Dü,
. 76. Ὁ, 9 post Par. A. inseras; (a m. pr. Dü.) et v. 11 post
el μὲν: a m. sec. Par. A. Dü.
. 78, b, inter v. 22 et 28’ inseras: ἐμελλὸν) — 0 — in litura
Par. A. Dü. Fuerat ὦ
. 79, a, 2 post ἀδροὶ inseras: Par, A. Di.
ὃ, 18 post praebuisset addas: Οὐ, Tim. p. 74. B: διὰ
ταῦτα οὕτω τὸ τῶν νεύρων καὶ τὸ τὴς σαρκὸς γένος
ἐμηχανᾶτο, ἵνα τῷ μὲν πάντα τὰ μέλη ξυνδήσας ἐπιν
τεινομένᾳ καὶ ὠνιεμένῳ περὶ τοὺς στρόφιγγας καμπτό-
μενον τὸ σῶμα. καὶ ἐκτεινόμενον παρέχοι. τὴν δὲ
σάρκα προβολὴν μὲν καυμάτων, πρόβλημα δὲ yeıpd-
vov, ἕτι ὃ πτωμάτων οἷον τὰ πιλητὰ ἔσεσϑαι κτήματα;
pen. post ἢ :inseras: Par. A, Dä.
80, a, 10 ad ξῶον) addas: Ita h. 1. Par. A..Dü.
5a f. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
83, a, 18 post av. inseras: Par. A. Dü.
29 post Par. 4. inserns: (al in’ litura, δ, ut videtur,
am. pr. δᾶ,
84, a, 6 post αὐ. et 10 post ὦρα inseras: Par. Α. Dü.
17 a f. ad ponit addas: Idem restituendum Leg. L. VIII,
p- 860. C: ποίας δὴ πρὸρ ποῖ᾽ ‚av; ubi vulgo est
ποίαν, apud Astium ποῖον, in ed. Turic, ποῖα.
85, a, 6 post Par. A. inseras: (al in litura Dü.)
18 addas: yo τί δὲ ἐξιαϑῆναε ἴῃ m. pen. secundum Dübne-
rum delendum est Par. A. cnius’ codicis "agctoritate
subtracta ne καὶ quidem tenendum videtur, etsi bonum
per se et magis etiam, quod ad infinitivum attinet, ἢ
tero Legum [0co: commendatum L. VIL p. ‚804. ©
νῦν εἰρήσϑω τῷ λόγῳ μετὰ νόμων " ἐν δὲ τούτοις πᾶσι
διδασκάλους --- διδάσκειν, quod autem ad προστέϑημι
scripturae editae a C. E. Chr, Schneider; ᾿ 4
Mo, gaod Οἷν, L. 1. p. 335. A. legitur, προσϑεῖναι
τῷ διπαίῳ..
Pag. 87, a, inter v, 11 et 10a f, inseras: ρου πρῶτον) — ὑπ —
Ä in litura Par. A. Dü.
b, 15 a f. addas: utque interpretatus est Macrobius In
Somn. 1, 9. p. 51. Lugd. Bat, Indigetes divi fato
summi Jovis hi sunt.
Pag. 88, ὃ, 20 ad προσκυνήσομεν) et p. 89, a, 15 ad Τί δῶ) ad»
das: Par. A. Dü. a m, pr.
Pag. 89, ἢ, 8 a f. past Par. A. inseras: (el in litura Dü.)
Pag. 90, b, inter. v. 8 et 9 inseras: τοῦ ἐχϑροῦ) τοῦ d. Par. A. Dü,
14 post κυνῶν) inseras; — v — in litura Par. A. Dir.
Pag. 91,a, 7 a f. addas: μέλει a m. pr. (— ἢ rec.) Par. A. Dü.
b,11 a f. post Par. A. inseras; (αὐ in litura Di.) Ad
| interpunctionem, cf. Leg. L. III. Ρ. 704. C: τί δ᾽ αὖ;
πεδίων re καὶ ὁρῶν καὶ ὕλης πῶς μέῤος ἑκάστων ἡμῖν
εἴληχεν (ἡ χώρα): |
Pag. 92, ἃ, 4 a.f. post Par. A. inseras: (ταὐτὰ, supra scripto τὰ
a m. vet. Dü.)
b, 22 addas: — ὦ in οὕτω Par. A. Dü. in litura habet,
Pag, 94, 8, inter y, 5 εἰ & inseras; δύο) --- ὦ am,.pr. Par, A. "γᾶ.
94 ἢ, ‚post γε inseras: Par, ἃ. Dü.
7 8 ἢ. ad ἄπο τρόπου) addas: Ita a m. sec. Par. A.
Dü. a m. pr. (quod etiam Bastium fugit) ἀπὸ — (De
scholio 9 in quo Bastius praepositionem ἡ sine accentu
et spirita scriptam esse dicit, Dübnerus tacet.)
PB. 05, a, 16 addas: — ὦ — in litura Par. A. Dü, Fuisse vi-
detur ov
inter v. 16 et 17 inseras: ἐμπιχρῶσιν) cum super
wın rec, Par. A.. Di,
18 ad ἀλιτηριῴδης) addas: ἀλιτηρίωδης Par. A. δῆ.
b, 4 a f. post ol inseras: eadem manu sup. Par. A. Di.
Pag. 96, a, inter v. 4 et 5 inseras: Οὐ) od, Par. A.Dii, .
20 addas: In Par. A. Dü. h. 1. in m. scriptum est og,
“in versu ipso’ punctum nusquam videtur.
Pag, 97, b, inter v. 21 et 22 inseras: ἐμπιπράναι) cum super
πιπ vet. Par. A. θὰ.
98 ἢ, post ἐπιτρέπῃ) inseras; — ἢ rec, in litura Par.
A. Dü.
‘Pag. 98, b, 4 a f. addası τὲ cum y vet. super. τ, Par. A. Dü.
Pag. 99, a, inter v.12 οἱ 11 a f. inseras: αὐτους) αὖ — a m, sec,
ut videtnr, Par. A, Dü.
Pag.100, a; ult, addas: Sed Par. A. Di. habet συγγιγν.
Pag. 102, a, 15 inseras: (Par. A. Dü. a m. valde rec, habet — ξὺν»
a,m, pr. fuerat — ἡ) 13 a f, post λέγεις et 10 a f.
post ἀφεϑήσει inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
\
12 Variae codieis Paris, A. in Civitatie Platonicae Hibris X.
,Νι, 4. α f._ post ἀαϊοσδίαπ" Inseras: (y’ initio versus positum
et propius ad sequens ἔφη admötam , sed haud dubie
a m. pr. pröfectum docet Di.)
Pag. 104,b, inter v. pen. et ult. inseras: μοῖραν — ξξεινν, In Par,
A. Dü. ἂν post μοῖραν deletum et ΕἼΣ in ἕξειν in litura
positum est.
Pag.105,a, inter v. 8 et 4 inseras: | Ζωγράφον) ζωιγρ. Par, A. Dü.
Pag.106,a, 14 a f.: post Ita inseras: Par. A. Dü. a m. pr. et 9
a f. post correctus:-(rec. Dü.) 2
Pag. 107,8, 16 a f. post οἰκήσεεεν et “δι, 7 post διὸ inseras: Par:
A.Dü. et.20 post μεταβαλόντοξ): ᾿οὐπὶ altera A altero-
que accentu super 'aA γε; Par. A. Dü. -
Pag. 108,8, 4 post Par. A. inseras; (cam ΓΝ super &, quo
loco'o posiftum esse -potuit Dä.) -
Pag. 109, a, inter v. :10et 11 inseras: drei) cum s vet. super ς
Par. Α. θᾶ.
18 ad ἘΔλν) addas: ξὰν .:- Par. A. Dü.
Ὁ, 7 addas: Similia v. apad-Lehrsium De Arist. p. 92.
"14 post correcti inseras: (Par. A. Bü.‘ δ΄ τὰ. valde re-
centi, enm a „prima — ἧς vet ıg fuisset)
af. ad ταὐτὸν) addas: sine corönide Par. A. Dü.
Pag.110,b, 15 post δ᾽ inseras: Par, 4, Ὁ, -
Pag.111,a, 26 addas: De v. ἐκβάλλειν cf. Boeckhius ad Pind.
Pyth. 2, 81.p. 259.
27 post ἐπὶ σὲ inseras: Par, a. Dü. Cuius auctoritate
accedente faciendum nanc puto quod Lehrsius Qu. ep.
p- 110. etiam sine ea faciendum fuisse censet.
b, 10 all ἐργασομένουςῚ addas: o prias in litura Par, A. Dü.
17 post ἀμύνῃ et 23 post ἐκφεύξῃ, inseras: Par. A. Di,
a m. sec.
Pag.112,a, inter v. 6 et 7 inseras:: του) τοῦ Par. A. Da.
‘ 18 post παρέχηι inseras: Par. A. Dü. am. sec.
δ, 11 inseras: ἁμηιγέπηι Par. A. Dü. b: I. et: infra,
Pag.114,b, 8 a f. addas: In Par. A. Di. v&ı a m. vet. super
νεϑήσε scriptum est.
Pag.115,a, 1 Η Η ad ἐμμετρότατο) addas: — ὁ — in litara Par,
Pag. 116, ὃ, 7 dont τινὸς inseras: Par. A. Dii.
10 a ἢ. post Par. A. inseras: (a m. sec. — δὲ apr.Dü.)
Pag. 117,3, 8 ἃ ἢ. post τιμᾶσϑαι inseras: Par. A. Di.
b, 12 ad φάϑι) addas: Par. A. Dü, a m. pr. et 13 al
φαϑὶ: Par. A. Dü. a m.- sec.
- 17 addas: Par. A. Dü.
Pag.118,b, 8. a f. ad μαϑητικοὺς) addas: μαϑη «τικοὺς» sup.“ ua
a m. pr. ut videtur, Par. A. Bü.
Pag. 119, ἃ» 5 ἃ [. al mutaverit addas: Cf. Tim. p. 88. B: τὸν
scripturae editae a C. E. Chr. Scheide. 13
δὴ μαϑηματικὸν ἥ τινα ἄλλην σφόδρα μελέτην διανοίᾳ
κατεργαξόμενον.
Ραρ. 120,8, 11 a f. post δύω inseras: Par. A. Düi..am. pr. et inter
v8etTaf. δύο) — ὦ a m. pr. Par. A. Da. et b,
7 ἃ 1. Dot πὸ ποι: Par. A. Dü.
Pag.121,a, 6 ad καϑ' αὐτὸν addas: καϑαυτὸ Par.-A. Dü,
b,1 post ἐόν τὸ τε inseras: Par. A Di.
4 ad rs dyonyogag) addas: τ᾽ 2. Par. A. Di.
6 a f. post exhibet itseras: Par. A. Di. Item p, 123,
b, 7 post εἰλικρινῶς.
Pag. 124,4, inter ut et elkeiv inseras: dAodv, qnod Thesg, ‚P- 124,
A. (ἀλοώντων) in Clark, et Lob, legitur, etsi analodv
in usa etiam Attiejis fuit,
80 post malis, inseras:. quod, Loheckio Pathol Vol. 1,
p. 466. alienius videtar,
Ῥαρ. 126, ἃ, 6 ante cum editis inseras: et Par. A, Dü. |
Pag.127, a, 8 ad φῇς) addas: φῇς Par. A. Dü. ,
19 addas: Eorum vero, quae Astiug a Bernhardyo
Synt. p. 290. una cum Heimdorfio citatus tamquam
similia ad illud, quo recte usus erat. Heindorfies, ads
scripsit, nihil aut illi aut Äuic est simile, et omnino
pleonasmus pronominis aliquanto rarius apud Platonem
invenitur, quam vulgo videri solet,
10 a.f. ad τέϑης) addas: τέθηις Par. A. Dü.
pen. post Par. A, inseras: (αἱ in litura Dü.)
b, 15 addas: — ταυτόν Par. A. Dü.
Pag.128, 5, 12 post ἢ inseras: Par. A, Din.
9 af. post Par. A. inseras: (a m, pr. θᾶ. ὥς φαμεν
am. sec.)
b, 7 past ταὐτὸν inserag: Par. A. Dü. ταυτὸν
20 addas: In Par. A. Dü. γε inter versus a m, sec,
ut videtur, scriptum est.
21 post ἐπί τι et 23 post οἷόν re ‚inseras: Par. Α. δᾶ,
Pag. 129,a, inter v. 16 et 17 inseras: Οὐ) οὔ, Par. A. Dü.
“as 180,8, 14 a f. post eil. inseras: Par. A. Dü.
inter v. 12 et 11 a f. inseras': ὄντορ)Φ-- o --- in litura
Par. Α. Di.
‘"b, 11 post εἶλ. inseras: Par. A. Di.
Pag. 151,3, 17 post adkiberi inseras: Item oratoris et referentis
orationem personae 'sive orationis ipsius et eins renun-
tiationis confusio inest in illis Leg. L. IH. p. 715.
E: "Avöges τοίνυν φῶμεν πρὸς αὐτοὺς, ὅ μὲν δὴ ϑεὸς
κτέξ. quae si post ἄνδρες incidas, similia reddas iis,
quae L. III. leguntur, si post τοίνον, ad eundem mo-
dum comparata habebis atque baec' λεγέτω KO, φήσω.
Alia einsdem generis Astius ad Legum locum p. 216.
contulit, in quibus hyperbaton esse dieens et interpun-
14 Variae codicis Paris. A. in Civitatis- Platonicae libris X.
-ctione nulla utendum censens’ accuratius explicavisse rem,
gnemadmodum volebat, non .videtar.
‚ δ,10 post ἡγῆται inseras: Par. A. Di. a m, pr.
Pag. 132,a, 19 addas: ες Sauppii Ep. erit..p. 29, ..
| b, 11 post τί ἐστιν inseras: Par. A. Dü. et. 14 a f. post
Par. A: (ἃ m. sec..Dü.) et 13 ἃ ἔ, aute Ald. ‚Par. A,
Dü. am.pr. . ΝΞ
Pag. 138,8, 13 a f. post intransitivum est inseras: etiam Lobeckio
Zu iudiee ad Soph. Ai. p. 197. ed:sec.
b, 9 a f. post περὶ inseras.: Par, A. Di.
Pag.134,b, 14 a f. post Suidas inseras: et scholiasta Aristot, p.
14, :b,.20. ΞΕ
Pag. 135,b, 16 post οὔτε inseras: Par. A. Dü. et 22 post χρήσει:
Par. A. Dü. am. pr. ᾿ u
Pag.136,a, 5 a f. addas: εἰλ. Par. A. Dü.
Pag.137,a, 1 post Par. A. inseras: (in Hitura Dö.)
inter v..19 et 20 inseras: αδαύτως) ὡς αὕτως Par.
A. Di. ὃ ὌΝ
δ, 6 post A. inseras: {---ο--- in litura Di.)
Pag.189,b, ult. addas: Pro ἐμυὶ γοῦν Par. A. Dü, „ut solet‘‘
ἔμοιγ᾽ οὖν habet. Τ᾿ ᾿Ξ
Pag.140,a, 11 ἃ f. post ab, inseras: Ia τ, Par. A: Dü. ad ἑξῆς
adscriptum est ἐξ ἀρχῆς | 0
b, 4 ‘post Ven. ΟἹ aildas: Etiam Par..A.Dü. in m. τοίως
ad zog Adscriptum habet. εἶ
inter v.22 et 23 ἰηβόγαβ ποτέρους) --- ρου Par. A. Dü.
a m. pr. — ρους corr. ab eadeın. ᾿
Pag. 141,3, 12 post δὲ et b, 1 μοβξ ᾿ὧρα et 19 post ἢ) inseras:
Par. A. Du. |
Pag.142,a, 4 a f. post δεῖν inseras: Dühnerus in Par. A.
Pag.144,b,8 a f. post γ᾽ inseras: Par. A.Dü,
Pag. 145,2, 3 a f, Genus participii et sgq. usque “δά notavi b, 3
| delenda sunt. Ῥεῦμα ἐκεῖσε ἀπωχετευμένον artificioga
interpretatione non ἐρεῖ.
Pag.146,a, 8 addas: Of. p. 496. B. _
Pag. 147,a, inter v, 12 et 13 inseras: μεγαλοπρέπεια καὶ ϑεωρία)
— £neıg x. ie Par..A. Dü.a m. pr.
᾿ς b,1 post Ita inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
.Pag.148,n, 9 post πλέως) addas: πιίλεως Par. A. Dü.
ΝΕ 16 addas: γρ ἀνόνητα in m, Par. A. δ).
Pag.149,a, 14.a f. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
inter v. 13 et 12 a f. inseras: ξυγγενὴ) — vy— iu
litura Par. A, Dü.
b, 8 post weuwper-inseras: Par. A. Dü. am. pr.
16 post ἀνδρείας inseras: Par. A. Dü. item p-. 150,
a, 5 post om,
scripturae editae a C, E. Chr, Schneider. 15
Pag. 150,8, 11 post T’inseras: et Par. A. Dä. cuius in m. παραγό,
ut videtur, scriptum est.
b, 13 ad λέγωσιν) addas: Par.A. Dü. a m, pr. et 14 ad
λέγουσιν: Par. A. Dü. a m, rec,
Pag. 151,3, 6 addas: Cf. add. ad Vol: 1. P- 112, a, 13,
b,9 post δ᾽ inseras: Par. A. Da.
inter ν, 8 et 2 a. f. inseras: nwavcovraı) παύσωνται
a m. pr. Par. A. Dü. ᾿
Pag. 152,6, 7 addas : Secundum Dübnerum in m. Par. A, scriptum
τὸ
est Y0 πλῆϑος ᾿
. 18 post ὥστε inseras: Par. A. δᾶ, et 16 ἃ f. post
senovdog: Par. A. Dü. am. pr.
Pag. 154,a, 11 a f. addas: Par. A. Dü. in m. tenuissimis litteris
- scriplum habet xreıvov.
Pag.155,b, ult. addas: Cf. L. X. p. 618. E.
Pag. 156,6, pen, post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü, a m, pr.
Pag.159,a, 13 af. ad διῇμεν) addas: δεῆμεν Par. A. Dü.
Pag. 161,0. 10 post δ᾽ ἔστιν .inseras: Par. A. Di. item p. 163, a,
.18 post ἀνδρεία
Τρ. 168,0, 16 sqq. dieta nunc minus vera mihi videntur. Ἢ ἤδη
διαβολὴ ea esse potest, quae iam apparebat et in con-
spectum venerät, cum' antea animadversa non fuisset.
Itaque assentior Bernhardyo τῆς ἤδη διαβολῆς iungenti
et positurae licentiam Sophoclis in verbis conspicuam
yoetis relinquendam censeo,
Pag-.164,b, 12 a f. ad μέλλοι) addas: — os in litura Par. A. Dü.
Fuerat εἰ, ᾿ \
Pag. 166,8, 16 post ἀνδρείαν inseras: Par. A. Di,
b, inter v. 31 et 14 i inseras: καί σοι) καὶ σοὶ Par. A. Dü.
post y..ult. addas: εἴτε τῶν) εἴ τέ των Par. A. Dü. a
m. sec,
Pag. 166,a, ante v. 1 inseras: Zoo) Ζῴων Par. A. Dü.
inter v. 4 et 5 inseras: ἀγαθῷ --- μὴ d ἀγαϑρ) Citat haec
verba scholiasta Aristot. p. 136, a, $1 sine που.
Pag.167,b, 7 addas: Pluribus de ἢ. 1, egit Morgensternius in Pro-
oemio Ind. lect. hib. Dorpat. a. 1831. p. 11 sq. et
postquam fieri potuisse ostendit, ut post προσηκούσῃ
excideret yyj, acquiescens in vulgata audiendum censet
μαϑήσει᾽ „cuius notio phantaside scribentis coaluerit
cum imagine loci, τόπου, et quidem loci qui ferax sit
nutrimenti, τροφῆς. (
16 post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a. m. pr.
Pag. 168,a, inter v, 14 et 15 inseras: ἀϑρόοι) «9. Par. A. Dü.
Cf. add. ad Vol. I. p. 61, Ὁ.
Ὁ, 14 addas: In tertia ed. p. 1424. kunc locum tacite
omisit et pro eo Soph. Trach. 749. posuit.
16 Variae.codicis Paris..A. in Civitatis Platonicae libris X,
Pag. 170,8, inter v. 16 et:15 α f. inseras:- γένηται) —n — in
“ litura Par. A. δῆ.
Pag.172,b, 7 addas: CE. Leg. L. ὙΠ, Ῥ' 809. Β: τίνα τύπον
ἔχοντα ἐκλεκτέα τέ ἔστι καὶ ἐπανορϑωτέα. Sisyph.
. 890..Ὁ: ὕπερ ἐπιστήμη Te καὶ εἰκασία καὶ σχεδια-
σμύς. Thucyd, L. I, c..36, 1: οἰκειοῦταί τε καὶ πο-
λεμοῦται.-
8 844. de Matthiaeo dictis addas: In tertia ed. p. 1471.
hac loco tacite omisso alium substituit Phaedon,. p. 80,
“ "D. Tu conferas 'Thierschii Gramm. $. 312. 8.
Pag. 174,0, 16 post cum inseras: Par. A. Dü. item p. 175, a, 24
‚post. Διομηδεία, ΄αὐυοὰ ipsum nunc mihi recipiendum,
᾿Διομήδεια vero apud Äristophanem non ad analogiam,
- quam in adnotatione sequebar, sed. licenfia factum vir
detur simili Pindaricae in Κύκνεια. μάχα Olymp. XI,
15, de quo v. Hermanni De dialecto Pindari observa-
. fiones p. X. Quod si ad Aeolensium dialectum referri
potest, Ἑκτόρεια χεὶρ Rhesi v. 762. talem excusatio-
nem non habet, neque Πολυδεύκπεια χεὶρ aut ᾽άγαμε-
' μνόνεια ab Etymologo nescio unde prolata, Sed haec
‚po&tica sunt neque- sufficiunt ad tuendum in Platone
Aroumösıe, nedum ad expellendum vulgatum Ἢ ρακλείαν
λίϑον Ion.. p. 583. ἢ. ex quo Bekkerus secundum
quattuor codices non optimos fecit Ἡράκλειαν.
Pag. 175,b, 19 post δέ γε et p. 176, a, 6 a f. post ἀνδρεία inse-
ras: Par. A. Dü. "
Pag.176,b, 12 post Stallbaumius ingeras; εἰ Haasius in indice ad
'Xenoph. De rep. Lac. in εὐϑύς.
8 a f. addas: (Οἱ. ὁτουοῦν et τινός L. VIN. p. 551. C.
ΠΡ 177,b, 3 post alibi inseras: velut L. X. p. 598. C. 621. C.
- „44 addas: Cf. Hippoer. de aör. T. I. p. 527, 10. Kühn.
" ὅκόταν τὰ πεντήκοντα ἔτεα ὑπερβαάλλωσι.
Pag.178,3, 9 post ἐβοίρειν) inseras; ἐξαιρεῖν Par. Δ. Dü. (h. e,
ΝΣ apeiv).
b,inter v. 5 et 6 inseras: ἐμπιπλάμενον) cum u ἃ m.
vet. super ııı Par. A. Dü.
11 a f. addas: ε- in δουλεύσανει ın Par. A. δ.
lifura scriptum est et pro κτήσει ἃ τη. pr. erat τίσει.
Pag. 181,3, 20 post φῃς) inseras: φῇς Par. A. Dü. et ὃ, 8 post
ιεἰργμῶν): cum ‚€ super εἶ Par. A. Dü. et 9 post
ον ἄφμενοι): don. Par. A. Dü.
Ob 12 af. ad τεχνίον addas: Par. A. Di. cui favet
ἀτεχνύτεροι et similia, de quibus dietum est p. 33,
Pag. 184, 2, ‘34 addas: Ὁ, Vateri Misc, crit. in Jahnii Annalium
"Supplementis Vol, XVII. fasc, 2. p« 1.
b, 7 post Par. A. inseras: (in uo teste Dübnero ex Ὃ
ab eadem . -manu factum est el).
s
scripturae editae a C, E. Chr. Schneider. 17
Pag. 186, b, inter v. 14 et15 inseras: τὸ) — ὁ in litura Par. A. Dü.
pen. quasi inter paucos et sqq. usque ad Ρ. 187, a, 4
experiantur deleas utpote ex falsa τῶν ὀλίγων inter-
pretatione profecta, qui non tantum divini signi compo-
tes, sed omnes illi quibusdam de causis in philosophia
perseverantes sunt , quemadmodum τὸ χτῆμα non si-
gnum illud, sed ipsa philosophia est. Ceterum γενόμενοι
non muto.
Pag. 187,b, 14 ad Gorgiae locum addas: Epin. p. 976. A: βοήϑεια
ὅσων ὧραι ληΐζονται τὴν τῶν ζῴων φύσιν.
Pag. 189,a, 21 addas: ut Appiani Maced, IX. 2. Ρ. 170. med. Di-
dot. τέσσαρες ἄνδρες ὑπὸ τὸ τειχίον ὑποστάντες.
Ὁ, 8 af. ad ἡντιναοῦν) addas; ἥντιν᾽ οῦν, corr. ἡντινοῦν,
Par. A. Dü.
Pag.190,b, inter v. 4 et 3 a f. inseras: λήψεται) — ἡ — in litura
Par. A. Dü.
Pag. 192,a, 12 post requirit addas: ut Leg. V1. 779. E: οὐ πάν-
“ τῶν εὐκολώτατον dictum est, inter vv 4 εἰ 8 ἃ ἢ.
inseras: τὸ) — 0 in litura Par. A. Dü.
b,7 post eiocı inseras: Par. A, Dü. a m. pr. et inter
v, 12 et 13: δεῖ) — εἴ in litura Par. A. Dü.
Pag.193,a, 8 non corrigenda, sed probanda erat Ficini interpreta-
tio, respiciendumque quod paulo post pueri et adole-
scentes facere iubentur, et ἀπαλλάττονται referendum
ad πλησιάσαντες, postquam attigere,
24 addas: Similis significatio est illius, qua Leg. XI.
930. D: ποιούμενοι dicuntur qui sibi vindicant, |
Pag.194,v. 7 pro &xel scribas ἐκεῖ et in adnot, b, 10 a f. post
στρατιῶν inseras: Par. A, Dü. et p . 195, a, 6a ἢ
post yeyovorag): yeyov — in litura Par. A, Du.
Pag.195,b, pen. post 449. inseras: tert. p. 564.
ult. addas: et partim falsum est quod Matthiae in ed.
sec. et tert. affirmat, πώποτ᾽ εἶδον in Bekkeri codici-
bus exstare,
Pag.196,a, 1 ad πολὺ) addas: Alos Par. A. Dü. a m. vet. super
λὺ scriptum habet.
5 addas: (secundum Dübneram ad rommör’ in m. ad-
scriptum est γρ τοιαυτὶ ῥήματα)
9 addas: In Par. A. Dü. & a m. vet. super o scri-
ptum est.
12 addas: o in παρισωμένον Par. A. Dü. in litura scri-
ptum habet.
inter v. 16 et 15 a f. inseras: ἢ) ἦ a m. sec. Par.
A. Dü.
pen, ad ξυντεταμένως) addas: ἔξυντετα .. μένως Par.
A. δὰ.
b, 5 addas: yg τρόπου in m. Par. A. Dü.
Archiv f. Phil. u, Paedag. Bd. XIX. Hft. 1. 2
18 _Varise codieis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X,
ita c. 8. dicitur οὐ φεύγων οὐδ᾽ ἀποδιδράσκων τῆς
πόλεως καλούσης.
Pag.198,a, 18 δὰ καταγελώμεϑα addas: Par. A. Dü.
Pag. 199,a, 12 a f. post φιλομαϑέας inseras: Par. A. Dü. am. pr.
Pag.200,b, ult. post Vulgo inseras: et Par. A. Dü.
Pag.201,b, 2 post ἐμπίμπλασθαι addas: Par. A. Dü. a. m. rec.
Pag: 202, b, re: ν, ὅ εἰ 4 ἃ f. inseras: ζωγράφοι) ζωγράφοι Par.
. Dü.
Pag. 197,b, 6 8. ἢ addas: Simili ratione Phocio ἃ Plutarcho in eius
ν
Pag.203,b, 14 ad Xenophontem addas Luciani locum Baccho c. 5.
T. VII, p. 296: ἀλλὰὲ θαῤῥῶν ἐπαγγέλλομαι αὐτοῖς,
ὅτι, ἣν καὶ νῦν ---- τὴν τελετὴν ἐθελήσωσιν ἐπιδεῖν ----
. ἐκβαηχεύσειν καὶ αὐτοὺς καὶ πολλάκις μεϑ᾽ ἡμῶν ἐρεῖν
τὸ εὐοί.
Pag.204,b, 5 εἰ 4 ἃ ἔς pro non magis—-quam reponas el—-et, et
| p- 205, a, 2 sq. adscripta tollas.
Pag. 205,b, inter v. 7 et 6 a f. inseras: ξωγράφορ) ξῳγράφος
Par. A. δὰ. |
Pag.206,b, 11 addas: (— ὃ ἃ m. pr. — ol in litura Dü.)
Pag.207,b, ult. post οὐδέποτε inseras: Par. A. δῦ,
Pag.208,b, 10 a f. et p. 209, a, 22 ad Axiochi locum addas al-
terum Epist. XII. p. 362. B.
Pag.210,b, 6 a f. addas: Dübnerus Av- scriptum vidit, sed ita, ut
facile pro u littera haberi possit. De accentu tacet.
Pag. 213,a, inter v. 6 et 7 inseras: ταὐτόν) ταυτόν sine coronide
Par. A. Dü. ‚ut solet in forma » additum habente.“
21 post ye ἔφαμεν inseras: Par. A, Dü.
b,7 et 6 a f. deleas verba denique ἦϑος (αὐτό). Hoc
αὐτό ad μετέχειν referendum est.
Pag.214,a, 5 af. post ἀνδρείας et b, δ post ἢ inseras: Par. A. Dü.
Pag. 215,a, inter v. 13 et 14 inseras: ἐλλιπῆ) ἐλλειπῇ Par. A. Dü.
b, 2—14 de Par. A. relata ita expleas: ad ἀπολείπων in
m. eadem manu adscriptum habet yo ἀπολεῖπον καὶ
στιοῦν τοιοῦτος οὐ πάνυ μέτριον. Dü.
inter v. 7 εἰ 6 ἃ f. inseras: τῶ σεν) τι — in litura Par,
A. Dü.
6 a f. post δεῖ inseras: Par. A. Dü.
Pag. 217,8, 19 addas: Etiam seqaentibus merito aliguid tribuit Kay-
serus in censara orationis Cobetianae in Novis actis
diurnis litterariis Ienensibus a MDCCCXLVIIE. N. 68.
p- 269: der Verdacht fällt weg, wenn man
weiter liest.
Ὁ, 18 a f. addas: et ἀντιλαμβανόμενοι supra dicti sunt
p- 497. Ὁ.
11 a f. post διανοεῖ inseras: a ın. pr. Par. A, δᾶ.
ult. addas: Ἔστι μὲν γὰρ ἡ τοῦ ἀγαθοῦ εἴτε γνῶσις
scripturae editae a C. E. Chr, Schneider. 19
εἴτε ἐπαφηὴ μέγιστον. καὶ μέγιστόν φησι τοῦτο εἶναι
μάθημα, οὐ τὸ πρὸς αὐτὸ ἰδεῖν μάϑημα λέγων, ἀλλὰ
περὶ αὐτοῦ μαϑεῖν τι πρότερον. Plotin. Enn. VI. 7,
86. p. 727. A. (1330. Cr.) |
Pag.219,a, 14 inter Par, A. et Dk. inseras: (εἶδέαι Dü.)
6 af. addas: Par. A. Di. |
Pag.220,a, 2 inseras: (cum litura, sed a m, vet. Dü.)
b, 11 a f. addas: Cf. Aeschyli Agam. v. 758: πολλύὶ δὲ
βροτῶν τὸ δοκεῖν εἶναι προτίουσι δίκην παραβάντες.
Pag. 221,8. 10 ἃ f. addas: Par. A. Dü.
b, 15 post Vind. 1, addas: πολλοῦ κ΄ zıvog cum liture
| in o estremo —Par, A, Dü. |
Pag.222,b, 20 post μαντεύει inseras: Par. A, Dü, am. pr.
28 addas: φῇς Par. A. δὰ.
Pag.223,2, 3 inter Par. A. et θὲ. inseras: (ἀνὴρ καλῶς a m.
pr. Dü.)
b, 7 post τὸ δ᾽ inseras: Par. A, Dü.
17 post Par, A. inseras: (corr. δὲ a m. pr, Dü.)
10 a f. post dal inseras: Par. A. Dü. corr. (δὲ am. pr.)
Pag.225,a, 5 post τἀγαϑὸν inseras: Par. A. Dü.
b,3 et 5 post Vat. H. addas: et— 9 in margine habet
Par. A. Dü.
3 af. post τὰ τ᾽ inseras: Par. A. Dü.
inter pen. et ult. inseras: ἔμπροσϑεν) ἔμπροσϑεν m
Par. A. Dü. |
Pag.226,a, 13 post Vind. B. uddas: et erasis a m. sec. accenti-
bus Par. A. Dü.
15 addas: eta m, pr. Par. A. Dü.
12 a f. post ö dorıv addas: Par. A. Dü.
Pag. 228,8, 23 addas: Ad dictionem conferri potest Horatii Serm.
1, 6 v. 110: Hoc ego commodius, quam tu, praeclare
senator, Milibus atque aliis vivo.
Pag.229,a, inter v. 11 et12 inseras: οὔτβ ἐν) οὔτ᾽ ἐν Par. A. Dü.
Pag. 231,a, 3 post ἐπέκεινα inseras: Par. A. Dü.
b, 26 addas: Ib. L. VIII. p. 847. E: καὶ ὅσα ξῷα ξύμ-
navra πράσιμα ἐν ἑκάστοις ἧ. ubi Astius ἐν mutavit
in ἄν, ἐν ἑκάστοις est in singulis partibus. Ib. L. XI.
p. 915. Ὁ: ὅσα δὲ διά τινος ὠνῆς ἢ καὶ πράσεως.
ἀλλατντηταί τις ἕτερος ἄλλῳ. ubi vulgo contra Par. A.
Voss, aliosque codices legitur ἀλλάττεται, Ib. p. 920. B:
ὅσαπερ αὐτῶν λειῳϑῇ. Vulgo ἂν post ὅσωπερ inser-
tum omittunt Par. A. Voss. et ἃ m. pr. Vat. Ὁ. Ib,
p- 921. Ὁ. ὡς in ὃς mutandam idque immindta post
δημιουργοῖς interpanctione cum ὠποδιδῷ construendum
videtur. Tim. p. 86. C. πεφυκὸς ἦ recte tuetur Lin-
davius adhibitis Thucydidis locis. Epist. VII. p. 339.
E. σχῇ restituendum est.
--
2%*
20 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X,
Pag.232,a, inter v. 10 εἰ 11 inseras: τοῦτο) τοῦτο .:- Par. A, Dü.
7 a. f. post Cous inseras: idem in Tim. p. 105. E.
b, 4 post Ita inseras: Par. A. δ. a m, pr.
Pag.233,b, 7 post est. addas: Ad locum, quem μὲν obtinet, cf.
Ι,. X. ρ. 607. E: διὰ τὸν ἐγγεγονύτα μὲν ἔρωτα.
13 ‚post ἡγήσει inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
Pag. 234,a, 8 in verbis Procli deleas καὶ ante ἄρα.
Pag.235,b, 9 a f. post παραλείπης inseras: Par. A. Dü. a m. sec.
pen. post y’ inseras: Par. A. Dü. -
Pag. 236,a, 6 ad Par. A. addas: (a m, sec. — δύο a m. pr. Di.)
Pag. 238,b, 19 post ἢ inseras: Par. A. Dü.
Pag.239,b, 13 post sigrificet. addas: quo posito μιμηϑεῖσιν tenet
Mommsemus De Aristot. poet. c. 1—9. Kilon. 1842.
. 12.
Pag. 241,a, 1 post ὦνπερ inseras: Par. A. Dü. et ipsum ὥνπερ
Platoni restituas et ad ἐκεῖνο mente adkicias ζητεῖ vel
ξητεῖν ἀναγκάζεται.
6 8 f. addas: et ἃ m. pr. Par. A. δὰ.
Pag.242,b, pen. addas: Alter similis est Leg. L. X. p. 894. C.
Pag.243,a, inter v. 21 et 20 a f. inseras: ἀνωτέρω) — ρῶε Par.
A. Dü.
14 a f. ad correctus addas: (ab eadem manu, ut Düb-
nero videbatur).
Pag. 244,a, 11 a f. addas: Denique prorsus eodem modo nunc
scriptum videmus L. VII. p. 533. B: γεωμετρίας re
καὶ τὰς ταύτῃ ἑπομένας.
inter v. 4 et 8 ἃ f. inseras: ποιούμενος) ποιουμένους.
am. pr. Par. A. Dü.
Ὁ, inter v. 16 et 15 a f. inseras: (αὐτῶν εἷς αὐτοὶ) av.
e. ad. Par. A. Dü.
11 a f. addas: Par. A. Dü. qui — οὖν cum duobas
punctis a m. vet. super ν positis habet,
Pag. 245, a, inter v. 4 et 8 a f. inseras: voö) νοῦ .--- — Par.
. Dü.
δ, 14 a f. addas: (τέτταρα in Par. A. scriptum esse Ba-
stius apud Stallbaumium testatur, quocum Dübneri
silentium consentit,)
Pag.246,a, 1 post λάβε inseras: Par. A. Dü. item 11 a f. post
ἀνωτάτωι et b, 15 post ἀνάλογον
Pag.248,b, 19 ad Par. A. addas: (a m, sec. — ἴδε a m. pr. Dü,)
Pag.249,b, 4 a f. post ἴδε inseras: Par. A, Dü.
Pag. 251,a, inter v. 6 et 7 inseras: λίϑινά — φϑεγγομένους --- I
— et υς in litura Par. A, δὰ.
12 a f. ad καταντικρὺ) addas: κατ᾽ ἄντιπρυ a m. pr.
κατ᾽ ἀντικρὺ a m. sec. Par. A. Dü.
b, 14 post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 21
Pag. 252,4, 10 post est. addas: Similem articuli cum pronomine
coniuncti usum v. p. 518. C: ταύτην τὴν ἐνοῦσαν κτέ.
9 af. addas: Par. A, Dü.
b, 21 ad Par. Dk. addas: item A. Dü. sed hic a m. vet.
inter versus adscriptum habet . εἶ ante . φύσει.
Pag.263,a, 14 addas: (Teste Dübnero a m. vet. inter 'versus τί
additum habet.)
inter v. 14 et 15 inseras: ἐγγυτέρω) — owı Par.
A. Dü.
Ὁ, inter v. 13 et 12 a f. inseras: ἕκαστον) --- ὁ — in
litara Par. A. δᾶ.
Pag.254,a, 4 a f. post εἰ δὲ inseras: Par. A. θᾶ.
b,13 ad ὠνίη addas: Par. A. Dü. a m, rec.
Pag. 256,2, 9 a f. post av. et p. 257, a, 10 post αὐτὸν et 17
post δὲ inseras: Par. A. θᾶ.
Pag.257,a, 22 pro εἰ scribas ei.
Pag.259,a, inter v. 20 et 21 inseras: δεσμώταις) ---- αἵ — in litura
Par. A. Du.
Pag. 263,a, 4 a f. post facit. addas: Etiam L. VIIE p. 839. B.
Par. A. κεκτήμην pro πεχτήμην et L. XII. p. 957. C.
κέπτητ᾽ pro κεκτῇτ᾽ habet.
Pag.264,a, 10 a f. addas: et a m. pr. Par. A. Dü,
b,9 post ἂν inseras: Par. A. Di.
16 addas: atque ita Par. A, Dü.
9 a f. post ταῦτ᾽ inseras: Par. A. Dü.
Pag. 265,a, inter v. 10 et 11 inseras: ὄψιν) — s — in litura Par.
A, Dü. |
.b, 3 a f. post omnium inseras: Par. A. Dü.
Pag.266,a, 11 a f. post Par. A, inseras: (dei.uny-cum unius lit-
terae litura Dü.)
b, 6 post Par. inseras: A. Dü.
pen. addas: — ἃ in litura Par. A. Dü.
Pag.267,a, 9 a f. addas: Proxime ad hoc ὥστε ἐργαξόμενον acce-
dit illud, quod legitur Eryx. p. 404. A: οὐκοῦν πάλιν
καὶ οἷς ταῦτα, καὶ εἴ τι ,“ἀνωτέρω τούτων 5) καὶ οἷς
πάλιν ἐκεῖνα, καὶ ἔτε μάλα τὰ ἄνω; ὦστε καὶ εἰς
ἄπειρόν τι πλῆϑος τελευτῶντα; ἀνάγκη πάντα ταῦτα
πρὸς τὴν αὐτῶν ἐργασίαν χρήσιμα φαίνεσθαι; nonne
rursus eliam quibus haec (sc. nobis comparamus) et si
quid super his, etiam quibus rursus üÜla atque iterum
superiora ac sic denique nullum finem habentia, omnia
haec necessario utilia ad eorum effectionem videntur?
Eadem ratione post ὡς participium positum videtur
Tim. P- 66. B: πάντα οὖν δὴ ταῦτα δεῖ διανοεῖσϑαι
σμιπρα οὕτως. ὡς καϑ᾽ ἕν ἕκαστον μὲν τοῦ γένους
ἑκάστου διὰ σμικρότητα οὐδὲν δρώμενον ὑφ᾽ ἡμῶν,
ξυναϑροισϑέντων δὲ πολλῶν τοὺς ὄγκους αὐτῶν ὁρᾶ-
a “οΒώῪ
22 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X.
adeı. atque hae (species) omnes ila parvae cogiiandae
sunt, -ul quae singulae in singulis generibus propter
parvitatem nullae eernantur a nobis, caacervalis autem
multis moles earum cernantur. In quibus accusativi ἔκα-
στον οὐδὲν ὁρώμενον ex οἧς particula comparativa, in-
finitivus ὁρᾶσθαι cum accusativo Toug ὄγκους ex eadem
in coniunctionem mutata-et consequentiam significante
pendent. Comparari his talia ‚possunt , quale Thucydi-
dium est L. I. c. 23: ὅτι αὐτῶν παρημέλουν; ὄντες
ἄπαικοι" οὔτε γὰρ ἐν πανηγύρεσι ταῖς κοιναῖς διδόν-
τες γέρα τὰ νομιζόμενα οὔτε Κορινθίῳ ἀνδρὶ προκα-
ταρχύμενοι τῶν ἱερῶν ὥσπερ al ἄλλαι ἀποικίαι, περι-
φρονοῦντες δὲ αὐτοὺς πκτέ. ubi participiorum διδόντες
et sequentium ratio grammatica eadem atque praece-
dentis ὄντες et γὰρ idem est, quod γε ἄρα» plane ut
apud Platonem paulo supra -hunc locum p. 518. D: ob
μὲν τοίνυν ἄλλαι ἀρεταὶ καλούμεναι ψυχῆς κινδυνεύ-
ουσιν ἐγγύς τι εἶναι τῶν τοῦ σώματος" τῷ ὄντε γὰρ
οὐχ ἐνοῦσαι πρύτερον ὕστερον ἐμποιεῖσϑαι ἔϑεσί τε καὶ
donnassıv. Aliter vero explicandus est Herodoti locus
a Bernhardyo cum Platonico nostro compositus L. II.
c. 14: καὶ ταῦτα: ὡς ἀπενειχθέντα ὑπὸ τούτου. εὖ
δοκέειν σφι slonodaı. atque haec, sicut relata erant a
nuntio, cammode dieta δὲς esse visa. Ibi ad participium
mente adiiciendum est ἦν. scriptor autem hoc potias,
quam verbum finitum, propterea posuisse existimandus,
quo certius ὡς non postquam, sed sicut significare in-
telligeretar. Simili ratione Hermannus ad Aeschyli
Agam. Υ͂. 404. codicum scriptaram εἴ τὶς ἀπιστῶν
αὐτῷ Platonis in Phaedone p. 87. B. tenendam esse
docuit.
Ὁ, 8 post zog inseras: Par. A. Dü. eundemque ξυγγενεῖς
pro ξυγγενὴ eshibentibus adnumeres.
Pag. 268, ὃ 4 ad λιχνείαις) addas: λειχνίαις ἃ m. pr. Par. A. Dü.
Ὁ, 7 post ys inseras: Par. A, Dü.
8 post Par. A. addas: (a m. sec. — δὲ am. pr. Dü.)
Pag. 270,b, 20 addas: Cf. Leg. L. VIII. p. 845. B: ubi νόμος et
κολάξειν et νουϑετήσας καὶ δίδέξας ἀποπέμπειν qUOS-
dam dicitur.
Pag.271,b, inter v. 18 et 19 inseras: B μετέχουσι) — ο — in
litura Par, A. Du.
10 a f. addas: ΟἿ, Lueiani Encom. Demosth. T. VII.
p. 128. Lehm. τὰ τροφεῖα τῆς παιδεύσεως ἐκείνῳ
τίνων.
8 ἃ f. post τῷ inseras: Par. A. Dü. item p. 272, b,
8 post οὕτω.
scripturae editae a ©, E. Chr. Schneider, 33
Pag.272,b, inter v. 10 et 11 inseras: οἰκοῦνεαι., αἷς) — «ὦ —
Pag. 274,b,
in litura Par, A. Dü,
15 post ὧδε inseras: Par. A. Dü.
. 11 ἃ f. post videatur. addas: Atque ita Tim. p. 45.D.
σωτηρίαν γὰρ ἣν ob ϑεοὶ τῆς ὄψεως ἐμηχανήσαντο,
τὴν τῶν βλεφάρων φύσιν ; ὅταν ταῦτα ξυμμύσῃ . κα-
ϑείργνυσι τὴν τοῦ πυρὸς ἐντὸς δύναμεν dictum est pro
ἣν γὰρ σωτηρίαν κτέ.
2 post possunt. addas: Cf. Tim. p. 65. C: 000 μὲν
γὰρ εἰσιόντα περὶ τὰ φλέβια οἷόν περ δοκίμια τῆς
γλώττης τεταμένα ἐπὶ τὴν καρδίαν εἰς τὰ νοτερὰ τῆς
σαρκὸς καὶ ἁπαλὰ ἐμπίπτοντα γήϊνα μέρη κατατηκο-
μενα ξυνάγει τὰ φλέβια. καὶ ἀποξηραίνει» τραχύτερα
μὲν ὄντα στρυφνὰ, ἧττον δὲ τραχύνοντα αὐστηρὰ φαί-
νεται. Ne hic quidem constructio verborum per γήϊνα.
μέρη κατατηκόμενα interrumpi, sed quasi per apposi-
tionem continuari videtur, cui tamen ipsum nomen μέρη
et tota sententia repugnat, quae illa verba pro casibus
absolutis haberi iubet: terrenis partibus suis liquefactis.
Non multo aliter einsdem Timaei Ρ. 82. A: τότε τὸ °
μέσον μὲν “πρῶτον καὶ ἔσχατον γιγνόμενον; τὸ δ᾽ ἔσχα-
τον. καὶ τὸ πρῶτον αὖ μέσα ἀμφότερα, πάνϑ᾽ οὕτως
ἐξ ἀνά ung τὸ αὐτὰ εἶναι ξυμβήσεται, τὰ αὐτὰ δὲ γενό-
μενα ἀλλήλοις ἕν πάντα ἔσται. In quibus casuum di-
versitas et cx nominativis in accusativum facta transitio
non facile animadvertitur. Atque secundum hos et
huiusmodi locos a grammaticis nostris neglectos nescio
an de Platonis usu nominativorum absolutorum ita sta-
tuendum sit, ut, quemadmodum in appositione notio
singularis continuatur alterius notionis adiectione, simili
modo Plato inchoatam et tantum non perfectam enun-
tiationem existimetur altera eaque perfecta continuare,
neutiquam vero anacolathon facere voluisse orationem,
quae Engelbardti sententia est in Anacol. Platon.
spec. III. p. 80. ad locum Leg. L. VII. p. 844.
C. proposita his verbis: Nominativi absoluti, quos vocant,
sunt verba ἐκ Διὸς ὕδατα γιγνόμενα, i. 6, huius casus
ratione non habita scriptor in segg. structuram commo-
diorem intulit. Locus ipse hic est: ἐὰν δὲ ἐκ Διὸς
ὕδατα γιγνόμενα τὸν ἐπάνω γεωργοῦντα N καὶ ὃ ὁμότοι-
χον οἰκοῦντα τῶν ὑποκάτω βλάπτῃ τις μὴ διδοὺς
ἐκροὴν κτὲ. Ηἰς quod praedicandum erat de aqua, id
praedicatum habemus verbis ἐκ Διὸς γιγνόμενα, ita tamen,
ut esspectatio maneat continuationis alicuius vel ad ὕδατα
vel ad γιγνόμενα vel ad utrumque perlinentis, cui eX-
spectationi deinde nova enuntiatione ita satisfactum vide-
mus, ut neque ad subiectum neque ad pracdicatum,
24 Variae codieis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X,
sed ad utrumque sive ad enuntiationem ipsam imper-
fectam additurum aliquid fuisse scriptorem sentiamus
non aliter ac si coniunctionem praeposuisset et ὅτε ἐκ
Διὸς ὕδατα γιγνόμενά ἔστι scripsisset. Eadem ratio
est loci Tim. p. 69. C: ὥσπερ γὰρ οὖν καὶ κατ᾽ ἀρχὸς
ἐλέχϑη. ταῦτα ἀτάκτως ἔχοντα ὁ ϑεὸς ἐν ἑξκάστῳ Te
αὐτῷ πρὸς αὐτὸ καὶ πρὸς ἄλληλα συμμετρίας ἐνεποίη-
σεν» ὅσας τε καὶ ὕπη δυνατὸν ἦν ἀνάλογα καὶ σύμ-
μετρα εἶναι. Ibi Lindavius quidem certe fallitur verba
ταῦτα ἀτάκτως ἔχοντα inngenda esse verbis ἀνάλογα
καὶ σύμμετρα εἶναι existimans, Engelhardtns vero, post-
quam spec. I. p. 20. nominativos absolutos esse docuit,
spec, III. p. 14. accusativos esse declarat cum verbo
actionem dei significaturo coniungendos, pro quo bre-
vitatis studio scriptor aliud inferens orationem anacolu-
thon fecerit.e. An ita sentiebat vir doctissimus, scri-
ptorem accusativos esse voluisse, orationem autem ana-
coluthon fieri eo facilius passum esse, quod etiam
nominativi absoluti videri possent? Sed si nominativi
absoluti in usu erant, cur lector de alio potius casu
eoque anocoluthiam efficiente cogitaret? Nam nomina-
tivi quidem illi, quaecunque origo et prima significatio
eorum fuit, certe anacoluthon non magis faciebant, quam
genitivi, qui absoluti yocantur.
13 addas: Nam inter τὸ μίασμα et περιεληλυϑὸς interie-
ctae οἷς particnlae vis ca est, ut praedicatum non con-
tineri participio, sed in sequentibus quaerendum esse
videatur; quae cum eiusmodi nihil exhibeant, τὸ μίασμα
nominativus pariter atque sequens participii tamquam
alter subiecti nominativus nullam consequentiam habet,
Nihilo tamen minus uterque non accusativus, ut Astius
putabat, cui et ὡς particulae et totius membri collocatio
adversatur, sed nominativus et post περιεληλυϑὸς alte-
ram participium, quod praedicatum confineret, yıyvons-
νον vel ποιούμενον, brevitatis vel concinnitatis causa
omissum videtur. Alibi additum est alterum, ut eius-
dem libri initio p. 853. A: xa9’ ὃν ἕκαστον λεγόμενον
ῥηϑὲν, ἣν δεῖ λαμβάνειν αὐτὸ τιμωρίαν, --- μετ᾽ ἐκεῖν
«αὐτὰ ἑξῆς ταῦτα ῥητέον. quibus verbis ταὶ μέγιστα sin-
gulatim in disputationem vocanda et cum demonstratum
fuerit, qua poena sint afficienda, post illa de minoribus
. verba facienda significantur.
9 a f. post οὗ περὶ inseras: Par. A, δ.
Pag.275,a, inter v. 8 et 9 inseras: σκοπῶμεν) σχοποῖμεν a m. pr.
Par. A. Dü.
20 addas: cuius verba "rectius scripta exhibet Bekke-
rus Comm. crit. Τὶ U. p. 314.
- scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 25
Pag.277,a, 8 post etc. addas: Par. A. Dü. item v. 17 post μουσικὴ
b, 5 post grammatico inseras: (de quo cf. Schmidtii Diss.
de Didymo edita Olsnae a. MDCCCLI. p. 24. sq.)
Pag.279,b, 6 post κεχωρισμένον) inseras: — νῶν am. pr. Par.
A. Dü.
Pag.282,a, ult. post δείκνυ᾽ inseras: Par. A. Di.
Pag.283,a, 4 af. addas: et a m. pr. Par. A, Du.
Pag.284,a, 5 post ἐπέρεσθαι et v. 9 post ἐστὶ inseras: Par. A, θὰ.
ὅδ δῇ, δὰ Par. A. addas: (a m. se. — δὲ — am.
pr. Dü.)
Pag. 285, b, 9 post Par. A. inseras: (a m. sec. θᾶ.) εἰ v, 12 post
αὕτη: in Par. A, Dü. a m. pr. αὕτη,
8 a f. addas: et a m, pr. Par. A. Du.
Pag.286,a, 14 post ἄρα inseras: Par. A. .Dü.
„5a f. ad mei addas: et Par. A. θὰ.
"alt, post ἐστὶ inseras: Par. A. Dü. item p. 287, a,
10 a f. post a m. pr.
Pag.287,b, 8 a f. post F. inseras: — ποτέ ἔστιν Par. A. Dü.
Pag. 288,b, inter v. 14 et 15 inseras: Ὃ) in duarum litterarum
litura Bar. A. Dü.
Pag. 289,a, 16 post Par. A. inseras: (o in μεταστροφῆς in litura Dü.)
Pag.290,a, inter v. 10 et 11 inseras: ἀναγκάζει) ἀναγκάξει —
Par. A. Dü.
6 a f. post Par. A. .inseras: (secundum Dübnerum
cam duobus punctis ab eadem manu super δύο posi-
tis: δύο).
b, 11 a f. ad EF. addas: et cum colo post ἀξιοῦτε Par.
A. Dü.
Pag.291,a, 11 a f. post sumus. inseras: (et del h. I. cum litura
habet teste Dü.)
b, inter v. 2 et 3 inseras: ἔπος)" Eros a m. pr. Par.
A. Du.
Pag.292,a, 6 post ἑκών. addas: Cf. add. ad Vol. I. p. 411, b, 14.
inter v. 19 et 20 inseras: καὶ) καὶ nn a Par. A. Dü.
δ, inter νυ, 17 et 16 a f. inseras: ἂν εὕροις) ἀνεύροις;
eraso gravi super εὖ, Par. A, Dü,
Pag.293,b, 12 a f. post a m. pr. inseras: (sed ab eadem additum
habet teste Dü.)
Pag. 294, a, inter v.6 εἰ 7 inseras: ποῤῥωτέρω) --- ρων Par. A. Dü.
inter v. 10 et 11 inseras: ἐδέαν.) ἰδέαν. — + Par.
A. Du.
18 post Par. A. inseras: (a m. rec. οὐ a m. pr. ut
videtur δ) .
Pag.295,b, 11 sqgq. allatis nominativi cum genitivo constructi
exemplis addas Anonymi a Menagio ad Diog. La. editi
locum p. 201, b, 5, qui idem exstat apıd Suidam T. TI.
p. 732, b, 3. Bernh. καὶ αὐτοῦ Ἑρμείου παιδικὰ γενο-
236 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X.
μένου. ᾿Αριστοτέλους . et Procli in Tim. p. 196, 49:
τοῦ γὰρ ἀδιαιρέτως πάντα ὄντος. εἴ p. 187, 11: ano
τοῦ κρυφίως ὄντος ϑεοῦ τὰ πάντα. Quorum similitu-
dine iam non solum ἔργον apud Origenem,*sed etiam
σπέρματα apıd Platonem satis tutum mihi videtur.
Pag.296,a, 5 inseras: (yo εὐομολόγητον in m. Dü.
Pag.297,a, inter v. 6 et 7 inseras; ὅλῳ) in litura Par. A. Du.
19 post Par. A. inseras: (a) in litura Di.)
Pag.298,a, 13 post scriptum est inseras; (atque ita a m. sec. scri- +
ptum habet Par. A. Dü.) |
Pag. 299, 3, inter Υ, „16 et 16 inseras: οφέλειαν) ὠφελίαν a m. pr.
ü.
16 Dont διαλέγει inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
b, 14 post Par. A. inseras: (am.pr. zolsı a m. sec. Dü.)
Pag.300,a, 3 a f. post a m. pr. inseras: sed teste Dübnero ab
eadem additum habet.
Pag.302,a, post v. ult. addas: τῆς νῦν) τῆς = νῦν Par. A. Dü.
b, 14 post μετέρχει et p. 303, b, 20 post ἡγεῖ inseras:
Par. A. Dü. a m. pr»
Pag.303,b, 22 addas: — κῶς in litura Par. A. „Du.
Pag.304,a, 9 a f. post n) inseras: Par. A, Dü. ἦι, et post συμμε-
μυκος: (v ante & in Ftura Par. A. Dü.)
4 a f. Dübnero auctore delendum est Par. A. quippe
in quo τε ante ἐπιχειρῇ positum sit.
Pag.305,b, ult. addas: — m — in litura Par. A. Du,
Pag.307,a, 1 post βραδυτὴς inseras: Par. A. Dü.
inter v. 18 et 12 a f. inseras: Ζαιδάλου) --- αἱ — in
litura Par.
A. Di.
ἘΕἘδιαφερόντως) διαφέ-
. . ...@0vzog a m. pr.
Par. A. δᾶ.
Pag.308,b, 1 post ἄρα inseras: Par. A, Dü.
10 post τοῦ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. et
Pag. 309, a, en v9eB8af. inseras: ὅστις) ὅ — in litura Par.
A. Dü.
b,7 a f. post πυϑαγόριοι inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
Pag.310. a, ὅ a ἢ. addas: Alterum exemplum exstat apud Proclum
in Tim. p, 332, 34: ἀφῆκε.
Pag. 911,0, 13 addas: De dictione ἐκ γειτόνων praeter eos, quos
in Indice vocabulorum significavi, conferendus est Saup-
pius Ep. crit. p. 106. sq.
7 af. addas: Cf. Schal. Aristot. p. 221, a, 21: διὸ
καὶ καλῶς τις αὐτους ἐπισκώπτων φησὶν, ὅτε ὦτα
τοῦ νοῦ προηγήσαντο. Et apud Proclum in Tim.
p. 192, 14. ὦτα τοῦ νοῦ προστησάμενος ab Adrasto
audit Aristoxenus.
scripturag editae a C. E. Chr. Sehneider. 27
Pug.312,b, υἱέ, post Par. 4 "inseras: (sed & — in litura Dü.)
Pag. 313, a, 14 post ἀνιᾶσιν. inseras: Par, A. Dü. a m. pr.
Pag.314,a, 6 a f. post öl’ inseras: Par. A. δᾶ,
5 8 ad ᾿Αλλ ἤδη) addas: Inter haee in Par. A. Dü. ab
eadem manu superscriptum est ἐς
14 post Par, A. inseras: (cum duobus punctis ab eadem
‘m. super of scriptis Dü.)
Pag.315,b, 14 post Bekkerum et 16 post ‚m. et p. 316, b, 19
post ὅ 2orıw inseras: Par. A.
Pag.316,b, pen. addas: additum habet recentins Dü.
Pag. 317,8, 19 aqg. propositam et exemplis ab Euripide petitis sub-
structam verborum ἐπ᾿ ἀδυναμίᾳ βλέπειν interpretatio-
nem firmat Platonis lacus Leg. L, ΧΙ. Ρ. 915. D. E.
μηδ᾽ ἐπὶ ἀναβολῇ πρᾶσιν μηδὲ ὠνὴν ποιεῖσθαι μηδε-
vog. h. 6. cum dilatione pretüi ‚solvendi. Similiter Pro-
clus in Tim. p. 24, 89 ἐπ᾿ ἀϑετήσει τῶν λεγομένων
eodem sensu dizit, quo per’ ἀϑετήσεως dici solebat,
quo etiam μετ᾽ ἀδυναμίας h. 1, dicere Pflatoni licebat,
sicut Tim. p. 52. B. μετ᾽ ἀναισθησίας dixit. De ροῦ-
tarum usu cf. Jacobsius Del. epigr. p. 100. Alteram
praepositionis significationem, quae apud Sophoclem
obtinere videbatur, tractavit Fritzschius Quaest. Lucian.
p. 139.
Pag.321,a, 10 addas: et a m. pr. Par. A. Di.
Pag.322, b, 12 pro une Par. A. excepto scribas: 'etiam Par. A. Dü.
lam vero omni codicum auctoritate destitutam negatio-
nem tollere et ὡς ad tods ἀμφισβητήσει; λέγουσιν
δυΐεπι ad proxima ὅτι ἡ τοῦ διαλέγεσθαι δύναμις μόνη
ἂν φήνειεν referre et in „sequentibus post λαμβάνειν
maiore, quam post rergapares interpunctione debe-
mus uti.
17 pra 40 scribas: 39.
Pag.323, a, inter v. 4 et 5 inseras: ὅπασα!) ὅπασα Par. A. δᾶ,
9 post γεωμετρίας inseras: Par. A. Dü. et cf. supra
ad p. 244, a, 11 a f. addita.
inter v.9 et 8 a f, inseras: ὃ μὴ) ὃ μὴ -Ὁ Par. A.Dü.
Pag.324,b, 17 post om. inseras: Par. A,‘Di.
Pag. 325,a, 19 post 16 inseras: teste Dübnero a m. vet.
Pag. 826,9 17 a f. addas: Auxilium‘ -ferre desperatis conatus est
Winckelmannus in Zeitschrift für die A. W. MDCCCKXL.
Dec. N. 157. legendum proponens ἀλλ᾽ ὃ ἂν μόνον
δηλοῖ πρὸς τὴν ἐξέτασιν σαφηνείᾳ» ὃ λέγει ἐν ψυχῇ.
Postremorum verborum, inquit, emendationem aneipitem
esse et dubiam concedens illa priora reete et sententiae
convenienter correxisse mihi videor. Ef, Tim, p. 62, C:
βαρυὺὶ δὲ καὶ κοῦφον μετὰ τῆς κάτω φύφεως ἄνω τὲ
λεγομένης ἐξεταζόμενον ἂν δηλωθείη σαφέστατα. At-
283 Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicae libris X.
“ que hac mutatione facta Platonicae et doctrinae, qualis
Theae. p. 189. extr. et Soph. p. 263. E. tradita sit,
et orationis colorem facile deprehendere licere autumat.
Timaei verbis (in quibus codices τοῦ inter ng et κάτω
inseri iubent) quid grave et leve sit, clarissime explicari
posse demonstratur, si una cum eius, quod infra et
supra esse dicamus, natura exploretur; quam ipsam ex-
plorationem deinde instiuit Timaeus. At Glauco eiusmodi
nihil exspectat aut desiderat neque de rerum a Socrate
expositarum veritate dubitat ita, ut nomen, modo ad
explorationem satis perspicuum sit, suffecturum dicere
possit. Praeterea ad ἐξέτασιν multo minus, quam ad
λέξιν apta sunt verba ὃ λέγει ἐν ψυχῇ» quae si et ipsa
- corrupta aunt, nescio, quid Platonicae doctrinae simile
remaneat. Nam in Theaeteto et Sophista internus
animi sermo opponitur externo ad aures accidenti. Cete-
rum primitivam formam et originem glossematis inve-
stigaturos contulisse iuvabit Platonis verba Leg. L. I.
p- 633. A: περὶ τῶν τῆς ἄλλης ἀρετῆς εἴτϑ μερώς
εἴτε ἄττ᾽ αὐτὰ καλεῖν χρεών ἔστι, δηλοῦντα μόνον ἃ
λέγει. et haec Galeni Ἐἰσαγωγῆς διαλεκτικῆς» ‚quae nuper
reperta est, p. 12: οὐδὲν γὰρ πρὸς τὸ παρὸν διαφέρει
συμπεπλεγμένην λέγειν ἀποφατικὴν N συμπλοκὴν ἀπο-
φατικὴν 9 ἔχοντός γέ σου σκοπὸν ἐν ἁπάσῃ λέξει τὸ
δηλῶσαι τοῖς πέλας. ὅτιπερ ἂν αὐτὸς ἐννοῆς.
Pag.327,a, inter v. 1 et 2 inseras: πίστιν) ε ante ν in litura ha-
bet Par.A. Dü.
b,20 post Par. A. inseras: (sed ν eraso Dü.)
Pag. 329,b, A post ἐξέγρεσϑαι) inseras: ἐξέγρε — σθαι Par.
Pag.330,b, ult. post Alcinoi verba inseras: Alexander Aphrod. ad
Aristot. Top. p. 251, a, 27: Πλάτων δὲ τὴν διαιρετι-
κἣν μέϑοδον ἐξυμνῶν καὶ ϑριγκὸν αὐτὴν φιλοσοφίας
λέγων κτέ.
Ρὰρ.881,}, inter v. 17 et 16 a f. inseras: ἀνωτέρω) — ρων Par.
A. δύ.
pen. addas: — ἐχλογὴν — Par. A. θὰ,
ult. post οἵου inseras: Par. A. Dü.
Pag.332,a, 13 addas: ἤϑη — + Par. A. Dü.
19 post Par. A. inseras: (correctus a manu valde
vet. Di.)
21 post διαστέλληι inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
Pag.333,b, pen, post τὰ δ᾽ inseras: Par. A. Dü.
Pag. 884,8, 12 a f. post ἀνάπῃηρον) inseras: — ἡ — in litura Par.
Du.
b, δ post woyj) inseras: Ita Par. A. Dü. a m, sec. a m.
pr. fortasse μισῆι.
scripturae editae a C. E. Chr, Schneider. 29
8 post φέρῃ) inseras: Ita a m. sec. φέρηι a m. pr.
Par. A, Di. Be
inter δῷ 16 et 17 inseras: εὐχόλως) — ς in litura Par.
A. δ.
18 addas: π — in litura Par. A. Du.
26 post dvögelav inseras: Par. A, Du.
31 addas: et, ut videtur, a m. pr. Par. A, δᾶ.
Pag. 837,8. 6 addas: et am. pr. Par. A. Dü.
inter v9 et 8 af. inseras: E τὸν) —0 — in litura
Par. A. δ, '
5 a ἴ, addas: ψυχῆς Schol. Aristot. cnius verba v. in
additis ad Vol. 1, p. 189, b, 27.
b, 13 addas: (ἐφ᾽ ὦ Dü. ἐφ᾽ ö a m. pr. teste eodem.)
Pag.338,b, 14 post εἴκοσιν ἐτῶν) inseras: εἴκοσι ἐτῶν Par. A. Dü.
Pag. 839,8, 3 post παιδειῷ inseras: Par. A, Dü. isque cum ὁ super
& a m. vet.
5 af. sgg. pro ad L. VII. etc. ponas: fortasse ad
L. VI. p. 754. B. respiciens, ubi ἔν γε τῇ παρούσῃ
παιδείας ἀπορίᾳ legitur et pueritia intelligenda videtur;
b, 10 a ἢ, addas: Epin. p. 980. A. (quo loco Astius et
recentiores male παιδείᾳ receperunt.) -
Pag.341,a, 18 post τούτοις inseras: Par. A. θᾶ.
b, 11 post ἐμπίπλαται) inseras: cum „ super πίπ Par,
A. Dü.
Pag.342,b, 1 post μάλιστα inseras: Par. A. Dü.
Pag.343,a, 5 a f. inseras: In Par, A. Dü. a m. vet. v super ς
positum est.
b,2 addas: νεῖ 7 ναι Par. A, Di.
Pag. 344,b, 22 in parenthesi addas: Leg. L. X. p. 894. B.
Pag.845,a, inter v. 4 et 5 inseras: &xslvoıs) — v in litura Par.
‘—A..Dü.:
12 addas: cui similis -est λόγος ἐρωτῶν Leg. L. X.
Ρ. 898. A. Ä
11 a f. post ἤκουεν) inseras: In Par. A. Dü. σ᾽ am.
vet. inter ov et e superscriptum est.
8 a f. post ἐξελέγχῃ) inseras: Par. A. Dü. a m. vet. 5
super x scriptum habet.
Ὁ, inter v. 8 et 9 inseras: τιμῇ) — » — in litura Par.
A. Dü. |
inter v. 12 et 13 inseras: οἰκεῖα) οἰκιὰ a m. pr. Par.
A. δύ.
22 post νομίμου inseras: Par. A. Dü.
Pag.346,a, 11 a f. addas: Nihilo minus hunc etiam Lehrsius de
plurali tantum docere recte suspicatum esse Buttman-
num (cuius verba haec sunt: Choeroboskus scheint aber
diese Heteroklisie blos auf den Plural zu beschränken.)
me non recte propter illud τριακονταέτου dubitasse
80 Var. cod. Par. A. inCiv, Plat. libr, X, ser. ed. aC. E. Chr, Schneider.
contendit Quaest. ep. p. 145. Nam etiamsi negetur a
Choerobosco scriptum esse φτριακονταέτους (sic ipse
scripsisse eum conlicit) tamen illo τριακονταέτης τρια-
κονταέτου hoc tantum dicere eum voluisse, cum femi-
pinum rosaxovradrıg fingerent, animo quasi praeforma-
tam habuisse isosyllabam declinationem τρεαπονταέτης τρια-
xovrafrov. Nescio, qua mente illud Buttmannus dixerit,
sed ne sie quidem recte eum dixisse arbitror. Errare Atti-
cos docet Choeroboscus primam in accentu et διέτης κτέ.
pronuntiare ut οἰκέτης xr£., errare eosdem in declinatione
et δωδεκαέται dicere, cum debeant δωδεκαετεῖς ) denique
feminina quoque ut a primae declinationis nominibus du-
cere: ὥσπερ γὰρ ὁ πολίτης τοῦ πολίτου καὶ ἢ πολῖτις τῆς
πολίτιδος.» — οὕτως καὶ ἀπὸ τοῦ τριακονταέτης τρια“
᾿πονταέτου ποιοῦσι τὸ ϑηλυκὺν ἡ τριακονταέτις τρια"
xovraftıdog, cum debeant ἡ τριακονταετής τῆς τρια-
πονταετοῦς. Haec qui docet, is certe τριακονταέτου
ab Atticis non abindicat, neque si singularis heterocliti
exempla nulla affert, singularem eis heterocliton fuisse
negat, sed si quaeratur, quid ipse de Atticis statuerit,
omnribus modis et numeris eos errare statnisse, sin
quid nobis ex eins verbis colligendum sit, nominativum
et accusativum pluralis secandnm primam declinationem
factos in Atticorum scriptis repperisse existimandus est.
Ceterum Leg. L. VII, p. 812. B. ἑξηκοντούτας, quod
Bekkerus ex uno Par. A. eoque correcto recepit, quam-
quam etiam in Vossiano exstat, famen parum tutum
videtur, cum in Par. A. Dü. a m. pr. ut in reliquis
- scriptum sit £&nxovrovreig,
Pag.347,a, 2 post ἐλέγξωσιν inseras: — & — in litara Par. A.Dü.
15 a f. addas: yo μεμνήσεται in m, Par. A. Dü,
Pag. 848,8, 20 post ὅτι ὃ. inseras: Par. A. Dü. a m, pr.
b,27 addas: πεντήκοντούτων am. pr. Par. A. Dü.
Pag. 350, a, inter v. 10 et 11 inseras: φιλοσοφίαν) In Par. A. Dü.
ı am. vet. super v scriptum est,
inter v. 11 et 12 inseras: ἀλλ᾽ de) — ὦ — in lJitura
Par. A. δὰ,
b,14 a ἢ, addas: p in ἀπείργασαι Par. A. Dü. a m. rec.
insertum habet,
Pag.351,a, 8 a f. post ξυγχωρεῖν re inseras: Par. A. Dü. am.pr.
(ante Jituram.
Pag.363,b, 17 a f. addas: dyy. 4 πλ. Par. A: Dü.
81
Ueber das Inventum Varronis.
(Vgl. Neue Jahrbb, für Phil. u, Paed. XVII. Suppibd. 2. Hit.
8. 202 — 206.)
Was die Erklärung .der räthselhaften Stelle bei Plinius *) be-
trifft, so hat man in neuester ‚Zeit bei uns zu erweisen gesucht,
dass die imagines aus Wachs gemachte Abdrücke gewisser metall-
ner Stempel nach Art der Siegel gewesen und in besondere Kap-
seln oder Schränkchen verschlossen (cludi!) worden seien. Die
Meinung, dass sie kleine clipei, d. h. Medaillons aus Bronze wa-
ren, scheint man ganz verworfen zu haben. Sie war nicht durch-
aus neu, wurde aber durch die scharfsinnige Conjectur unterstützt,
dass man statt uliguo modo imagines, welche Worte man als ku-
sammengehörig dachte, clipeorum modo zu lesen habe. Diese An-
sicht wird durch keinen der bisher bekannten Codices unterstützt,
am wenigstens bestätigt;‘ denn alle haben deutlich aliguo medo,
was man am natürlichsten mit illustrium verbindet. So hat auch
Salmasius diese Stelle gelesen, weil er sagt: ‚„‚illustres quocanque
modo‘‘; man sehe exercitatt. Plin. p. 575. b. A.**) Eine dritte
Meinung ging dahin, dass jene Portraits silhouettenartig angefer-
tigt worden, Sie wurde nicht bestimmt genug erläutert und Jeder,
der bei solchen Ansichten auf Klarheit und Genauigkeit des Aus-
drucks hält, wird einräumen, dass eine solche Bezeichnung unge-
nügend sei. Ich nehme dafür den Ausdruck Silhouette selbst und
bemerke nur noch, dass zuletzt diese Ansicht gegen diejenigen
vertheidigt worden ist, welche die Sache durch die Annahme von
Siegelabdrücken hinlänglich erklärt zu haben glaubten.
Wir ziehen diese letztangeführte Meinung zuerst in Betrach-
tung. Wenn man den Zusammenhang der oben angefährten Stelle
mit dem Vorhergehenden berücksichtigt, so muss man einräumen,
dass Plinius von den im atrio aufgestellten Bildnissen der nobiles
ausgeht. Er war aber bereits, und zwar kurz vorher, ehe er die
imagines des Varro erwähnt, von jenen abgegangen, indem er „die
Büsten aus Gold, Silber oder wenigstens aus Erz“ anführt, welche
zuerst von Pollio in der Bibliothek desselben aufgestellt wurden.
Diese Aufstellung nennt Plinius ein novieium inventum, was wohl
zu beachten ist, weil hier durch das Wort inventum keineswegs
eine neue Kunsterfindung, sondern nur eine neue Anwendungs- und
Aufstellungsweise (in öffentlichen Bibliotheken) bezeichnet ist. Wollte
man nun den Faden des Gedankens festhalten, so konnten die
Ὦ Vgl. Plin. N. H. 35, 11 Sillig. .
ἘΠῚ Dass nach den besten Handschriften vor den Wörtern septing-
illustr. die Wörter non nominibus tantum, nach ihnen aber sed et weg-
gelassen werden, thut der ganzen Stelle sehr wohl, weil sie nun das
behleppende verliert, da nachher non solum — verum etiam wieder-
ehrt.
32 Ueber das Inventum Varronis.
imagines des Varro, die Plinius in Beziehung ‘der Veröffentlichung
ein benignissimum inventum nennt, eher bronzene Medaillons sein,
weil ja von Büsten dieser ‚Art unmittelbar vorher die Rede war,
und eine solche Sammlung von Bildnissen auch in den öffentlichen
Bibliotheken ihren Platz fand. So brauchte man das Inventum des
Varro ebenfalls nicht als eine neue technische Erfindung zu fassen,
sondern als eine neue Anwerdung der imagines; eine Deutung,
welche sich um so mehr empfiehlt, weil zu jenen ein schriftlicher
Commentar nebst Inschriften in nächster Beziehung gegeben war.
Diese Erklärungsweise passt im Allgemeinen auf jede der oben
angeführten Meinungen, und man hätte danach bei keiner nöthig,
an eine wirklich neue technische Erfindung und folglich auch nicht
an den Varro als deren eigentlichen Urheber zu denken. Immer
nur wäre eine besondere Art zu verstehen, von einer bereits be-
kannten Vervielfältigungsmethode einen neuen, interessanten Ge-
brauch zu machen, wobei etwa dem Varro das Erstlingsverdienst
vom Plinius zugeschrieben werde *). Aber dagegen lässt sich doch
ein Einwand erheben, welcher besonders auf den modus comme-
morandi aufmerksam macht. Im Allgemeinen redet Plinius nur von
der römischen Liebhaberei der Bildnisse, die zu seiner Zeit immer
mehr und mehr abgekommen, aber. zur Zeit des Atticus und Varro
recht im Schwange war. Diese Liebhaberei hatte ihre Quelle in
der Sitte, die Wachsbildnisse der Ahnen im Atrio aufsustellen, ging
auf die Bibliotheken, dann in die Litteratur über und fand hier
ihren Huuptrepraesentanten in Varro. Jedoch kann nicht ge-
leugnet werden, dass die Art und Weise, wie Plinius das In-
ventum des Varro hervorhebt, auf eine ganz ungewöhnliche und
besondere, vielleicht leichtere und sicherere — Vervielfältigungs-
methode hinzielt. Es’ ist möglich, dass eine solche von irgend
einem ingeniösen Techniker oder Künstler (der Name war viel-
leicht, wie der so manches Erfinders verloren gegangen) gemacht
worden sei, und dass Varro diese am glücklichsten auf sein histo-
risches Werk angewendet habe. Hierauf kann denn die rheto-
rische Uebertreibung des Plinius — denn als solche wird die
Stelle immer zu betrachten sein — bezogen werden; ja, will man
dieselbe nicht als eine völlig leere Declamation betrachten; so muss
man das, was vorher als möglich aufgestellt wurde, äls höchst
wahrscheinlich statuiren. Dies scheint mir deshalb unumgäng-
lich zu sein, weil ja doch schon im Vorhergehenden zwei Arten
einer Vervielfältigungsmethode, sowol der Wachs- als auch der
*) Es wird wiederholt darauf hingewiesen werden, dass inventum
hier im weiteren Sinne genommen werden muss, nicht in dem engen
einer durchaus neuen technischen Erfindung. Als eigentlicher Er-
finder ist danach auch Varro hier nicht zu denken, eben so wenig als
Pollio. Die Nothwendigkeit der ersten Annahme ergibt sich aus den
Worten des Plinius, wenn man nicht eine plötzliche Wendung und einen
Sprung der Gedanken annehmen will.
Von Dr. Eister zu Helmstedt. 33
Bronze-Abgüsse, angeführt worden waren, ohne dass Plinins irgend
einen Zusatz machte, welcher die (doch nothwendig anzunehmende)
Vervielfältigung berührte und hervorhob. Ich erkläre ‘mich daher
für die Ansicht, dass Plinius nicht blos auf eme neue Art-der
Anwendung, sondern wirklich auf eine neue technische Erfin-
dung anspielte, welche sich von den frühern wesentlich unterschied
und für den Gebrauch des Varro sowol brauchbar, als auch über-
haupt zweckdienlich war. Indem ich dies festhalte, glaube ich
Manches gegen die obenerwähnten Ansichten einwenden zu können,
wonach man einerseits jene imagines als Siegelabdrücke von
Wachs, andererseits als gemalte Silhouetten betrachtet hat,
Es mag zuuächst angeführt werden, dass Plinius von Wachs-
abdrücken oder Siegeln an einer andern Stelle mit bestimmten
Ausdrucke redet, worüber man 37,8 vergleichen kann: „Post eum
Augusti imaginem simillime expressit, qua postea principes signant,
Dioscorides,“ zu welcher Stelle man auch $. 9 und 10 hinzufügen
kann. Es ist hier von Gemmen die Rede, die man nach Art un-
serer Petschafte zum Siegeln gebrauchte, und auf‘ welchen Bildnisse
des Augustus (und des Alexanders) vertieft eingegraben waren.
Zu solchen Petschaften bediente man sich auch des Obsianischen
Glases (vitrum obsianum, nicht Obsidianum, vgl. Sillig zu XXXVI,
196.. Es ist bekannt, dass dergleichen tiefgegrabene Gemmen
noch jetzt viel häufiger sind, als die (erhaben geschnittenen) Ka-
meen; weil die, erstern durch das Bedürfniss des Siegelns im-Alter-
thume hervorgerufen wurden. Nach den Kameen aber wurden
Glaspasten gemacht, worüber man Lessing’s 17 antiquarischen Brief
vergleichen kann. Wenn nun Plinius bei dem Inventum des Varro
an Wachsabdrücke nach Art jener vertieft gravirten Gemmen, oder
jener Glaspasten gedacht hätte,. wie konnte er dies eine Erfindung
des Varro nennen, da es ja eine vorher schon ganz bekannte Sache
war? Freilich konnte er dies eben so füglich, als er vorher die
Aufstellung der bronzenen Büsten in den Bibliotheken ein novicium
inventam nannte. Aber dann war doch gewiss zu erwarten, dass
er es bei dem Ausdrucke invento ohne Weiteres hätte bewenden
lassen, und der Zusatz muneris düs invidiosi cet. wäre doch sicher-
lich, wie ich schon oben bemerkt habe, eine völlig leere Uebertrei-
bung gewesen, Ja ja die Sache selbst sich in Nichts von den Ab-
drücken der Siegel unterschied! Wenn man sich solche Wachs-
abdrücke an Briefen oder Staatsschriften mit dem Kopfe Alexanders
oder .Augustus’ denkt, so gilt von diesen ganz dasselbe, was. Pli-
nius von dem Inventum des Varro rübmt: man schickte sie in älle
Provinzen, sie waren durch Vervielfältigung überall gegenwärtig
und — dies mag zum Ueberfluss noch hinzugefügt werden — man
konnte sie verschliessen. Ja, sollte Plinius den Zusatz ubique zu
cludi gemacht haben (vgl. Sillig zur angeführten Stelle), so könnte
auch dieser ganz besonders auf die eigentlichen Siegel passen, wenn
man annähme, dass die im kleinsten Maassstabe eingravirten Ima-
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 1. 3
84 Ueber das Inventum Varronis.
gines selbst in einem gleichen Verschlusse, 2. B. in dem Kästchen
auf dem Ringe, in welchen die Steine gefasst waren, gehalten
werden konnten, Wollte man hier nun an eine neue Art, die Sie-
gelabdrücke zu gewinnen, denken und an die Metallstempel erin-
nern, deren sich Varro bediente, so muss dagegen bemerkt werden,
dass diese längst zum Prägen der Münzen im Gebrauch waren,
und: dass die Stempelgraveurs sicherlich die Probe ihrer Arbeit, wie
noch jetzt, so auch ehemals an Wachsabdrücken machten. Es muss
zugegeben werden, dass jene Verfertigung: der Siegel dem Varro
bei der Ahfassung seines Werks nahe lag*). Immer jedoch kann
es auch nicht in Abrede gestellt werden, dass es dem Plinius min-
destens eben so nahe lag, wenn er eine Siegelsammlung meinte, ὦ
irgend eine Andeutung, wenn auch nur in seiner eigenthümlichen,
oft sehr abgekürzten (mitunter mehr witzigen als wahren) Aus-
drucksweise hinzuzufügen. Hier berufe ich mich auf die parvulae
imagines, welche er ein nidum aliquem sobolis nennt und gleich
darauf als clipeos näher bezeichnet (vgl. 35, 12 a. E.), wobei man
doch gewiss an kleine bronzene Medaillons zu denken hat. Ein
ähnlicher Zusatz findet sich hier bei Plinius nicht, sondern er
macht einen solchen, der im Allgemeinen eben so gut auf die von
vertieft gravirten Gemmen und Glaspasten u, dgl. gewonnenen Ab-
drücke passt. Die Sache wird noch bedenklicher, wenn man sich
erinnert, dass die verschiedenen Arten von Gyps- und Wachsab-
formungen im Alterthume längst bekannt waren, „wodurch doch
nichts Anderes erzielt wurde, als solcher Abgüsse möglichste Ver-
vielfältigung. Man vergleiche 35, 153: ‚„‚Hominis autem imaginem
gypso e facie ipsa primns omnium expressit ceraque in eam formam
gypsi infusa emendare instituit Lysistratas Sicyonios frater Lysippi
de quo diximus. Idem et de signis effigies exprimere instituit.‘‘
Aus dieser Stelle geht klar hervor, dass man seit Lysipp, also seit
dem Zeitalter Alexanders des Grossen, sich sowol der Gyps- als
auch der Wachsabgüsse bediente, indem man entweder die Natur,
oder auch Rund- und Reliefbilder (effigies) abformte. Die soge-
nannten Formen (formae, moules) wurden dann wieder mit Gyps,
oder auch mit Wachs ausgefüllt, und so wurden unstreitig auch
die imagines nobilium bei den Römern gefertigt. Gypsabgüsse von
Personen, die man besonders verehrte, z. B. von dem Stoiker
Chrysippus, waren bei den Römern ganz gewöhnlich, vgl. luven.
sat. II, 4. Wir haben hier also eine zweite Vervielfältigungsmethode,
nämlich eine solche, wodurch man Büsten oder Reliefs in Abgüssen
anfertigte. Es bedurfte keines eigentlichen Künstlers, wenn die
Natur, oder ein bereits fertiges plastisches Kunstwerk .abgeformt
werden sollte. Auch war diese Technik nicht kostspielig, wie sie
Ὦ Noch näher lag ihm jedoch die Benutzung der Petschafte von
Glas, oder überhaupt der Glaspasten, von denen unten bei der Behand-
lang der eigentlich technischen Frage weiter die Rede sein wird.
Von Dr. Elster zu Helmstedt. 35
es döch gewiss war, wenn man sich der Metallstempel bediente,
um Wachsäbdrücke bnzüfertigen; zumal wenn man bedenkt, dass
Varro- ihrer 700 bedurfte. Für diesen Fall musste erst ein ge-
schickter Künstler ein Bild vön Thon in Relief fertigen, und danach
konnte erst (nach einem hohl gemachten Abdrucke) der Stempel
von einem andern Künstler (ebebfalls vertieft) entweder gravirt,
ode? gegossen werden. Zu jenen ersibezeichneten Abformungen
reichte ein Thonmodell hin; dass aber ein solches den grossen Vor-
theil der Wohlfeilheit, und dieser Umstand sowol, als auch die Ab-
formung selbst, den grossen‘ Vortheil der leichtern praktischen
Ausführbarkeit mit sich brachte, das darf nicht in Zweifel gezogeli
werden; wenn auch der Metallstempel das für sich- hat, däss et,
einmal angefertigt, dem Besitzer den Gewinn der Abdrücke in
Wachs erleichterte. Da mir aber bei dem Werke des Varro die
Technik der blossen Abfotimung nicht in Beträcht zu kommen
scheint *), insofern die eine oder die andere bei dem Verlage einer
so umfangreichen Schrift durch besondere Arbeiten zu bewerk«
stelligen war, da ferner auch die Abfortmungen beiderlei Art in
Kapseln oder Schränkchen verschlossen werden müssten 9. damit
dieselben nicht litten, so gestehe ich, dass ich mich geneigt fühle,
mehr für letzterwähnte Abgüsse zu stimmen, als für erstere, Ich
erinnere daran, dass das Modelliren in Thon in Alterthume üblich,
ja bei den Bildhauern Regel war, vgl. Plin. 35, 153: ‚crevitque
res in tantum ut nulla signa statuaeve sine argilla fierent.* Diese
Kunst, die eigentliche Plastik, wurde von dem Pasiteles, einem
Künstler, der zu den Zeiten des Pompejus im Roni lebte und Alles
zuvor in Thon bildete, ehe er es in Erz oder Eifenbein ausführte,
die Mutter der caelaturd, statuaria und sculptura genämnt, Ich köndte
auch zur Unterstützung dieser Ansicht anführen, dass Värro dis ein
sehr vielseitig gebildeter, auch mit den Naturwissenschaften tertraii-
ter Mann, vielleicht eine eigene Masse erfunden habe, dereh er
sich zur Abformung der Bildnisse bediente. Es konnte vielleicht
ein besonders gefärbtes Wachs oder Schwefel, oder sonst ein geeig-
netet Stoff gewesen sein. Aber da Plinius es doch nie versäumt,
in seinem Werke die Näturproducte, wenn sie für die Techilik nütz-
lich verwandt werden, zunächst zu erwähnen, so kann man, glaube
ich, auch hier denselben Einwand, wie oben, machen, dass er nir-
gends die Benutzung eines solchen Stoffes zu den imagg. des Varro
anführt; solches aber zu thun, lag ıhm 37, 8 und 35 153 sehr
nahe, vielleicht näher als hier, wo er ganz im Allgemeinen von der
Liebhaberei der Bildnisse redet. Es war ferner zu erwaften, dass,
wenn er es zuerst versäumt hatte, er entweder diese Versätmhiss
.
͵
*) Wenn man hier die Festigkeit und Dauerhaftigkeit der Stempel
einwenden will, so muss diese zugestanden werden. Dagegen wird die
Kostspieligkeit derselben bei einem Manne, wie Varro, der eben aus der
Verbannung zurückgekehrt war, kein ünbedeutendes Moment bei der Be-
zweiflüng dieser Geräthe abgeben. 3:
36 Ueber das Inventum Varronis,
später nachholte, oder dass er bei der ersten Erwähnung auf das
Folgende hinwies, wie er das öfter thut, obwol er dabei nicht im-
mer Wort hält. Um ein ähnliches Beispiel anzuführen, erinnere
ich hier an die Behauptung H. Meyer’s, dass schon Apelles den
Asphalt als Malerfarbe benutzt habe, um die gar zu blühenden Far-
ben abzudämpfen. Nirgends wird dies Naturproduct weder von Pli-
nins, noch von einem Ändern unter den Farben erwähnt, und einer
blossen Ansicht zu Liebe den Gebrauch desselben, als einer Maler-
farbe, auch dem Alterthume zuzuschreiben, ist gewiss nicht zu billi-
gen, und eine zu gewagte Behauptung. Endlich will ich noch einen
Punkt anführen, welcher sowol gegen den Gebrauch der Wachs-
abdrücke, als auch der letzterwähnten Abformungen bedenklich
macht und deshalb an einige Stellen erinnern, die ich wörtlich
anführe.
Die erste findet sich bei A. Gellius III, 11:
„Marcus Varro in libro de imaginibus primo Homeri imagini
hoc epigramma apposuit:‘
(Folgt das Epigramm.)
Die zweite bei Symmachus ep. 1, 4:
„Ile (Varro) Pythagoram, qui animos in. aeternitatem primus
asseruit , ille Platonem, qui deos esse .persuasit; ille Aristotelem, qui
naturam bene loquendi iu artem redegit; ille pauperem Curium, sed
divitibus imperantem, ille severos, Catones, gentem Fabiam, decora
Scipionum totumque illum triumphantem senatum parca laude per-
strinxit,‘
Die dritte ist bei Ausonius Mos. 306 544.
„Forsan et insignes hominumque operumque labores Heic
habuit decimo celebrata volumine Marco Hebdomas.“
Aus diesen Stellen ist doch auch soviel ersichtlich, dass das
Werk des Varro noch im zweiten und selbst im vierten Jahr-
handert nach Christus vorhanden war, und da Symmachus eine ganze
Reihe von Bildnissen (von Pythagoras an bis auf den ganzen
triumphalis senatus, also eine Zeit von 500 Jahren) durchgeht, so
mögen leicht 700 Illustres darin Platz gefunden haben, Es lässt
sich füglich annehmen, dass das genannte Werk noch vollstän-
dig im Anfange des 5. Jahrhunderts n. Chr, vorhanden war, da
A. Gellius das erste Buch, Ausonius aber das zehnte erwähnt.
Ist nun diese Annahme richtig, so kamen auf jedes Buch 70 ima-
gines, und diese müsste man alsdann auch als vorhanden und er-
halten denken. Dass dies aber mit einer so reichhaltigen Samm-
‘ lung von Wachsabdrücken oder Gyps- und Schwefelabformungen
geglückt 'sei, lässt sich bezweifeln, wenn man bedenkt, welche
sorgfältige Aufbewahrung dazu gehört, um so zerbrechliche, so
leicht zu vereinzelnde Sachen aufzubewahren und, zusammenzu-
halten. Möglich ist dies eher, wenn sie in öffentlichen Bibliotheken
verschlossen waren, und diese vor Feuersbrünsten bewahrt wurden;
doch ist allgemein bekannt, wie häufig diese in Rom stattfanden.
Von Dr. Eister zu Helmstedt. 37
Schwerlich aber lässt sich annehmen, dass sie in Buchhandel oder
im Besitz von Privatpersonen waren, nachdem sie 400 Jahre hin-
durch ihre Besitzer gewechselt hatten,
Noch mehr gilt dies von den zu jeder Auflage nöthigen Stem-
peln, Dinge dieser Art gehen zu leicht verloren, und auf eine
vollständige Erhaltung für Jahrhunderte ist um so weniger zu rech-
nen, je loser der Zusammenhang des Ganzen ist, und je mehr der
Umfang und der Stoff Gelegenbeit zur Zerstörung darbieten. Die
Stelle bei A. Gellius III, 10 a. E. habe ich nicht wörtlich aufge-
führt, weil sie keine besonders specielle Beziehung auf die imagines
(hebdomadae) des Varro hat, sondern nur im Allgemeinen die Zahl
seiner Werke bezeichnet, die er, nach Gellius Angabe, auf 70 heb-
domadas librorum festsetzt, also auf 490 libri. Unter diesen kön-
nen nur die Bücher, in welche er die einzelnen Werke abgetheilt
hatte, verstanden werden, weil sonst auf je eins von 60 Jahren,
während welcher Varro schriftstellerte, acht einzelne Werke kom-
men; was nicht glaublich ist. Jedoch ist aus dieser Stelle soviel
‘ersichtlich, dass Varro die hebdomadae erst nach seiner Rückkehr aus
der Verbannung in Rom unter der Regirung des Augustus herausgab,
nachdem er bereits das 84. Jahr seines Alters begonnen hatte —
„ingressus iam duodecimam annorum hebdomadam.‘ Diese Nach-.
richt- gab Varro selbst, wie A. Gellius a. a. O. sagt: „in primo
hbrorum, qui inscribuntur. hebdomades vel de imaginibus‘‘*).
Wie nun aber jene Schwierigkeit, die in einer so langen Auf-
bewahrung von Wachsbildnissen und Stempeln liegt, eher beseitigt
wird, wenn man an gemalte Bildnisse denkt, mag vorweg weiter
erinnert werden. Verwirft man aber die Wachsabdrücke und mit
ihnen jede andere Abformung in Relief, so bleibt in der That nichts
Anderes übrig, als bei den Bildnissen des Varro an eigentliche
Flachbilder — nicht an effigies, sondern imagines, wie sie ja auch
hiessen — zu denken, welche vermittelst gewisser Pigmente auf
einer Fläche gebildet waren, also an gezeichnete oder gemalte
Portraits, wenn man will, en miniature. Es muss sodann erinnert
werden, dass es bereits im Alterthume Künstler gab, welche sich
vorzugsweise damit beschäftigten, Gemälde zu copiren. Wenn daher
von Quinctilian die mensurae, oder von Plutarch die κανόνες er-
wähnt werden, deren sich die Maler bedient hätten, so sind gewiss
unter solchen Leuten nur untergeordnete Künstler zu verstehen,
welche eben nur Gemälde durch sehr genaue Copien vervielfältigten.
Dies sind die ἀπόγραφα — ein Wort, welches in dieser Bedeu-
deutung noch nicht in die Lexica übergegangen ist — die wol mit
*) Es mag auch hier erwähnt werden, dass es mindestens sehr be-
fremdend ist, an keiner einzigen der oben angeführten Stellen Relief-
bilder (von Wachs, Erz, Thon, Gyps u, 8. w.) auch nur mit der
leisesten Andeutung erwähnt zu finden. So verrufen auch sonst das
argumentum a silentio ist, so kann das Stillschweigen während seiner vier-
hundertjährigen Dauer doch wol nachdrücklich hervorgehoben werden!
38 Ueber das Inventum Varranis,
der grössten Sorgfalt angefertigt: wurden, wie die unzweifelhafte
Nachricht lehrt, dass Lucullug ein solehes Apographon nach einem
Originalgemälde des Pausias, dessen bekannter Geliebten, für zwei
Talente, also für 8000 Thlr. pr. Cour., 'erstand. Im Grunde ge-
nommen war daher: eine Vervielfältigung der Gemälde nichts Neues,
und da hier nur von einer untergeordneten, mechanischen Fertig-
keit die Rede sein kann, so war daran auch nichts Wunderbares
und Staunenswürdiges, zumal wenn man bedenkt, dass der wahre
Künstler sich aller jener mechanischen Hülfsmittel enthält. Davon
hat ein Michael Angelo den Beweis gegeben, welcher den Contour
einer gansen-Figur aus freier Hand in seiner ganzen Richtigkeit
zu zeichnen vermochte, Ta Annibale Caracei soll mit der Kohle
die ganze Gruppe den Laocoon in vollkommen richtigem Umriss auf
ähnliche Weise aufgerissen haben. So könnte man dem Pilinius
Schuld geben, dass er aus Mangel an technischer Kenntniss sich
zu einer übertriebenen Verwunderung habe verleiten lassen, wofür
auch wol andere Beispiele aus seinem Werke angeführt werden
könnten, Ich erinnere hier an das Bild des einäugigen Antigonus,
den Apelles malte, sowie an das viermal übermalte Bild des Pro-
togepes, in dem Falysus dargestellt war. Gleichwol lässt sich doch
zur Rechtfertigung des Plinius anführen, dass die von ihm er-
wähnte Sache, wenn auch nicht vom technischen Standpunkte aus
betrachtet, doch vom der patriotischen Seite für ihn etwas beson-
ders Interessantes hatte, und diese ist es auch, welche man vor-
zugsweise bei vorliegender Stelle zu berücksichtigen hat. Es ist
hekannt, dass jeder Kunstliebkaber mehr oder weniger Enthusiast
ist, und es mag nicht geleugnet werden, dass Plinius hier wenig-
stens seine Vorliebe und Liebhaberei für Bildnisse sehr lebhaft
au erkennen gibt; es entzückte ihn, diese in einer so compendiö-
sen Form, in so exquisiter Auswahl, mit so interessanten Inschrif-
ten und historisghen Notizen begleitet zu sehen. Mehr jedoch kommt
bei einem Manne so echt rämischen Charakters, wie BRlinius war,
des Patriot in Betracht, ja, wenn man will, der Mann voll Natie-
nalstolz. Von diesem verleitet — die meisten Bildnisse, wie die
obep, angeführte Stelle aus dem Symmaches lehrt, waren römische
Originale — kiesa er sich zu einer grössern Anerkennung jener
Bildnisse fortreissen, als sie ihrem wahren Kunstwerthe nach,
den ohpehin Plinima nicht gehörig zu würdigen verstand, ver-
dienen mogbten. Auch scheint er nicht daran gedacht zu haben,
dass von den oben besprachenen Vervielfältigungsmethoden der
Rund.- und ‚Reliefbilder im Grunde ein Gleiches gilt, was er hier
von seinen mit Vorliebe betrachteten und mit solcher Wärme her-
ausgestrichenen Bildpissen sagt; das Frappante, was die Sache in
dieser Ausdehnung --- auf 700 Personen! ---- hatte, üherraschte ihn;
hn begeisterte bei der Betrachtung des codex Varroniagus selbst in
rgend einer Bibliothek zu Rom die Vortrefflichkeit, der darin, be-
findlichen Originale. Se gab er den Eindruck, welchen dies
Von Dr. Eister zu Helmstedt. 89
Alles auf ihn machte, auf seine Weise, seinem thetorisirenden Stike
gemäss, konnte aber zu dieser Declamation um so leichter ver-
leitet werden, wenn er an eigentliche Flachbilder dachte, deren Ver-
vielfältigung nie in der Art versucht und in dem’ Grade gelungen
war, Und daher muss als höchst wahrscheinlich eingeräumt werden,
dass er an eine besondere, uns nicht bekannte Technik dachte.
Ob er sie aber genau kannte?. Dies darf eher in Abrede gestellt,
als bestimmt behauptet werden, man müsste denn glauben, dass
die Sache in Rom noch zu den Zeiten des Plinius ganz bekamnt
und auch sonst allgemein verbreitet war. Diese Meinung wird sich
aber schwerlich behaupten, wenn man dagegen erinnert, dass man
nur noch ein einziges Beispiel findet, wonach ein dem Varronischen
ähnliches Verfahren anzunehmen ist, welches Plinius selbst andentet,
und wofür auch Cornelius Nepos, Atticus 18, 5, als Gewähramann
zu nennen ist. Hiernach gab auch T. Pomponius Atticas ein Werk
heraus, welches Bildnisse mit Inschriften erhielt. Da dieser aber
vom Plinius ohne weitere Zusätze über dessen imagines, auch früher
als Varro erwähnt wird, so sollte man daraus schliessen, dass beider
Werke sich in der technischen Ausführung der Malereien unter-
schieden. Sollten nun nicht die imagines des Varro den Vorzug
einer leichtera und gleichwol sichern Vervielfältigungs- Methode ge-
habt haben, die jedoch als eine dem Plinius der Technik nach un-
bekannte, ja räthselhafte Sache diesem um so merkwürdiger er-
schien? Kaum ist daran zu zweifeln! Ich glaube daher, dass man
sich als Erklärer des Plinius hiermit zu begnügen hat; die weitere
Beantwortung dieser Frage ist mit ähnlichen Schwierigkeiten ver-
bunden, wie es bei andern rein teehnisehen Untersuchungen
der Fall ist, z. B. über den Gebrauch der alten Malerfarben, über
die enkaustische Malerei u. 5. w., worüber die Actes noch nicht
geschlossen sind.
Es gehören also zur richtigen Beantwortung dieser Frage
techmische Kenntnisse, und jeder mit solchen Vertraute wird ein-
räumen, dass bei der Vervielfältigung von Fiachbildern viele Me-
thoden möglich sind, während bei der Abformung von Rund- oder
Beliefbildern im Grande nur eine demkbär ist. Nach dieser wer-
den nämlich gewisse hohl gearbeitete Formen mit weichen Massen,
die dann verkärten, ausgefüllt. Jedoch erweckt dies kein Vorur-
theil gegen die erstere Art; im Gegentheil ist diese ππὲ so eher
au statuiren, je leichtes die Methode selbst zu denken ist. Auch
wird man bei der Beurtheilung eher zum Ziele kommen, wenn mas
gewisse Manieren der hier in Betracht kommenden Technik als
dem Alterthume fremd ganz ansscheidet. Wenn daher im Folgenden
keine Rücksicht auf den Holz- und Kupferstich genommen wird
so mag der Grund hierin gesucht werden, dass mit Andern ange-
. nommen wird: eine so wichtige Erfindung habe, wenn sie einmal
gemacht war, nicht wieder verloren gehen können. So nahe die-
selbe auch den zeichnenden Künstlern lag, so warde sie doch nicht,
40 Ueber das Inventum Varronis.
gemacht. Die Nichterßndung der Buchdruckerkunst ist als ein ganz
analoger Fall hier in eine passende Parallele zu ziehen. Man ver-
gleiche über die Ansicht, dass nur an einen Abdruck von Figuren
bei dem inventum Varronis zu denken sei, Καὶ, Ὁ. Müller’s Handb, der
Archaeol. $. 322. Note 7. S. 462 der 3. Ausg.
Zuerst sind nun die Silhouetten zu erwähnen, gegen deren
Gebrauch im Altertkume sich Mancherlei einwenden lässt. Dies
will ich zunächst in der Kürze zusammenstellen und zugleich auch
das anknüpfen, was speciell gegen die Ansicht, dass die imagines
des Varro Silhouetten gewesen seien, in Beziehung auf die Stelle
bei Plinius, um die es sich hier handelt, angeführt werden kann.
Darauf will ich es mir erlauben, meine Ansicht über die hier, soviel
ich glaube, allein in Betracht kommende Technik vorzutragen.
Es ist bekannt, dass der Gebrauch der Silhouette erst im Zeit-
alter Ludwig’s XV. aufkam, dessen Minister de Silhouette der Spar-
samkeit wegen am Hofe allerlei Einschränkungen in Luxusartikeln
einführt. Man nannte daher diese dürftige Darstellung des blossen
Schattens statt des im Clairobscur (mit Schatten und Licht) darge-
stellten Portraits nach dem Namen jenes Ministers eine Silliouette
(& la Silhouette). Nachher hat diese so unvollständige Portraitirung,
worauf sich, weil die Mode sie verlangte, Künstler legten, die mit
. grosser Fertigkeit aus schwarzem Papier Silhouetten ausschnitten,
besonders dadurch Epoche gemacht, dass Lavater nach ihnen
seine physiognomischen Deutungen stellte, und es gibt in manchen
Familien noch dergleichen Portraits, die Lavater’s eigenhändige
Unterschriften, worin seine Diagnose enthalten ist, zur Schau tragen.
Im Mittelalter ist diese Art zu portraitiren nicht im Gebrauch ge-
wesen. Gegen einen solchen spricht der Umstand, dass in den
verschiedenen uns überkommenen Anleitungen zum Zeichnen nir-
gends von einem Schattenriss behufs der Portraitirung auch nur die
Rede ist. Ich glaube mich hier besonders auf Albrecht Dürer be-
rufen zu können, der bekanntlich für solche "Portraitmaler, welche
nicht sicher in der Zeichnung sind, das Durchzeichnen durch die
Glasscheibe empfiehlt und dazu eine ausführliche Anweisung in
seinen Werken gibt. Er lehrt sogar das Bilden der Buchstaben
und würde gewiss auch das Nachreissen des Schattens auf eine
möglichst sichere Methode zurückgeführt haben, wenn eine solche
Bed rfniss der Kunst gewesen wäre. Nirgends auch findet man in
den zahlreichen Ueberresten der Holzschnitte, die auf die ältesten
Zeiten der Kunst zurückführen, die Silhouette; eben so wenig in
dergleichen Radirungen und Stichen.
Wir haben nun zwar die Nachricht aus dem Alterthume, die
Kunst habe ihren Anfang damit genommen, den Schalten eines Ge-
genstandes (den Schlagschatten sollte ich sagen) mit Linien zu um-
reissen (umbra hominis lineis circumducta, vgl. Plin. 85, 15.); aber
sie bediente sich zur Ausfüllung jener Contoure der Farbe, wahr-
scheinlich der rothen, die sonderbarer Weise bei allen Völkern
Von Dr. Elster zu Helmstedt. 4ϊ
in den Anfängen der Kunst eine grosse Rolle spielt. Solche Ma-
lereien erhielten, jedoch erst später, die Namen Monochromata.
Dieser kam nämlich erst dann auf, nachdem man eine künstliche
Monochromenmalerei erfunden hatte. Eine solche war der Malerei
en camayeu ähnlich, wodurch Gemälde zwar mit einer Farbe, jedoch
im Clairobscür angefertigt werden. Wir Deutsche nennen diese
Manier Grau io Grau, wenn die Lichter weiss aufgetragen werden,
die Schatten aber die verschiedenen Töne von Grau (oder Schwarz)
erhalten. So gibt es auch eine Manier Roth in Roth u. s. w.
Monochromata ex albo (Grau in Grau) malte auch Zeusis, vgl.
Plin. 35, 64. Die Malerei dieser Art nennt Plinius die pictura
monochromutos operosior (die künstlichere), und er sagt ausdrück-
lich, dass solche noch zu seiner Zeit bestände (wahrscheinlich in
der Decorationsmalerei), vgl. 35, 15:
„Itaque talem (picturam) fuisse primam (mit blossen Umrissen
und leichten Schraffirungen); secundam singulis coloribus (ja nicht
zu verwechseln mit colore simplici) et 'monochromaton dictum, post
operosior inventa erat; duratque talis etiam nunc.“
Hieraus geht also klar hervor, dass man zwar von jener
künstlichern Monochromenmalerei (en camayeu) noch zu Plinius’
Zeiten Gebrauch machte, dass aber die ursprünglichen Monochro-
men nur in den Anfängen der Kunst gesucht werden müssen. Man
machte mit ihnen die rohesten Versuche aus Mangel an Farben
und Unkenntniss des Lichtes nnd Schattens; man bediente sich einer
dürftigen Färbung (testa trita) aus einer einzigen Tinte. Hiernach
liegt also ein ganz bestimmtes Zengniss gegen die Annahme, dass
die imagines des Varro Silhouetten gewesen seien, deutlich vor.
Denn es muss zugestanden werden, dass die einfachste Mono-
chromenmalerei lange vor Plinius im Gebrauch war, und dass der-
selbe sie als solche kannte, welches Letztere für die Beurtheilung
nnserer Stelle von besonderer Wichtigkeit ist. Er hatte die beste
Gelegenheit, 35, 15, anf die imagines des Varro zurückzuweisen,
wenn sie wirklich Monochromata waren und — was die Hauptsache
ist — er konnte nicht von der künstlichern Monochromenmalerei
sagen, dass nur diese allein noch bestehe, wenn die einfachste
ebenfalls noch im Gebrauch gewesen wäre *). Ä
Wenn wir nun die Ueberreste der Malerei aus dem Alterthume
in Betracht ziehen, so finden sich die einfachsten Monochromen
*%) Uebrigens ist das Wort σκιαγραφία für Silhouette oder Schatten-
riss aus den Wörterbüchern, in denen es noch spukt, zu verbannen;
ebenso unrichtig ist adumbrata imago, denn das ist soviel als inchoata
imago, d. h. eine blosse Monogrammenzeichnung, welche mit alleinigen
Contouren (lineis extremis) angefertigt ist. Skiagraphie ist entweder
die Kunst, eine Zeichnung in blossen Umrissen zu fertigen, also dasselbe,
was adumbratio ist, oder das Wort ist gebraucht für σκηνογραφέα und
bezeichnet die täuschende Darstellung perspectivischer Gegenstände. Das
einzig richtige Wort für Silhouette ist monochromaion, pictura mono-
chromaltos.
43 Ueber das Inventum Varronis.
nirgends; denn die derartigen Gemälde auf Vasen sind nur sil-
houettenartig, d. h. die Figuren sind etwa mit schwarzer
Farbe im Innern ausgefüllt, aber die innern Theile und Glied-
maassen mit einzelnen Linien von hellerer Farbe bezeichnet,
Man nimmt solche Gemälde als Ueberreste des ältesten Stils, meint
aber, dass andere ähnlicher Art gemacht seien, um diesen Stil
nachzuahmen, und aus späterer Zeit stammen. Man erkennt diese
letztern alsdann aus der schon bessern Zeichnung und den zier-
lichern Formen, Ich verweise deshalb auf. Böttiger’s Ideen zur
Arch. der Mal. 5. 160 ff. und K. O. Müller’s Handb, der Arch. ἃ.
K. δ. 99. Anm, 3, 8. Ausg. Es. gehörten also solche silhouetten-
artige Figuren immer nur der ersten Entwickelung der Kunst an,
und eine Nachahmung bei den Imaginibus des Varro anzunehmen,
dazu ist gar kein Grund vorhanden. Dies um so weniger; da auch
sonst nicht ausser auf Vasen, z.B, in den Ueberresten der Malereien
aus Pompeji und Herculanum u. s. w. dergleichen Figuren in der
eigentlichen Kunst, also auch nicht bei Portraitbildungen, nachzu-
weisen sind. Es lässt sich auch aus andern Gründen behaupten,
dass man bei letztera die Silhouette gar nieht gebrauchte. Denn
erstlich war der Gebrauch bei den einzelnen Zweigen .der Kunst
überall genau eingeschränkt, wofür die Vasenmalerei den besten
Beweis liefert. _Eben so war das Relief bei den Alten nur in
flacherer Darstellung, vielleicht auch in ganz schwacher Erhebung
(ware γραφὴν. ἐχτετυπωμένα)» nicht aber in dem Maasse im Ge-
brauch, dass, wie bei einem Ghiberti, einzelne Figuren ganz rund,
oder mehr als Halibrundbilder hervortraten; daher denn auch Sal-
masius irrte, wenn er die ectypa für Figuren en ronde hosse aus-
gab, so richtig er auch die prostype sowol dem Namen nach be-
stimmte, als auch der Sache nach erklärte. Und hiernack muss
man denn auch die silhonettenartigen Figuren nur auf den Vasen-
gebrauch beschränken. — Zweitens aber ist auch anzuführen, dass
der Geschmack bei den Römern, welche bei der Darstellung der
Bildnisse auf eine sehr treue, ja ängstliche Nachahmung der Ge-
sichtszüge und des individuellen Habitus hielten, die Silhouette
keinen Beifall gefunden haben würde und daher als ihrem beson-
dern Kunstgeschmack zuwider betrachtet werden muss. Der Ver-
gleich römischer Portrait- Büsten mit den griechischen lehrt, wie
sehr man bei jenen auf solche minutiöse Achnlichkeit (bis auf den
Haarschnitt!) hielt, und dabei das, was man Stil nennt, ganz
ausser Acht liess, Die Silhouette war diesem Geschmacke schnur-
stracks zuwider und konnte auf eine solche individuelle Aehnlichkeit,
als höchst dürfüger Nothbehelf, keinen Auspruch machen.
Es sind jetzt die Contourzeichnungen zu erwähnen, wonach
die Aehaliehkeit durch blosse Umrisse (lineamenta, linese extremaz,
γραμμαῖ) hergestelt werden konnte, dergleichen Zeiehnungen unter
dem Namen Monogramme schon in der griechischen Kunst bekannt
waren, Das Wort wird jetzt bekanntlich von den Zeichen gebraucht,
Von Dr. Elster zu Helmstedt. 48
wodurch die Künstler des Mittelalters ihre Werke kenntlich machen
wollten; es war jedoch in der Bedeutung von Contourzeichnung
(contorno, Umriss) erst im spätern Alterthume üblich, wenn man
nicht etwa die Dii monogrammi des Epicurus, die nur so Ihre
richtige Deutung erhalten, berücksichtigen will. Für uns kommen
hier solche Zeichnungen schon mehr in Betracht, als die Silhouetten,
da sie auch die innern Theile bezeichnen können und daher mehr
zur individuellen Charakteristik beitragen. Man könnte dagegen
enführen, dass auch diese als auf die Vasenmalerei beschränkt be-
trachtet werden müssen. Wiewol solehe allerdings das eigentliche
Feld der Monogramme war, so kann doch nicht in Abrede gestellt
werden, dass in den verschiedenen Malerschulen dergleichen Con-
tourirungen als Uebungen im Zeichnen und bei dem ersten Ent-
wurfe der Gemälde selbst unter den grössten Meistern der Kunst
üblich waren. Unbezweifelt war jener berühmte Wettstreit zwischen
Apelles und Protogenes, der auf die Nachwelt kam, ein Effort in
der Contourzeichnung; nun lassen sich dergleichen Zeichnungen
als für das Portrait gebräuchlich aus dem Alterthume nicht nach-
weisen. Bekanntlich sind dieselben in der neuern Zeit mehr und
mehr in die Kunst: — gewiss nicht aum Vortheil derselben! —
eingeführt,. wozu Flaxmann durch seine bekannten — oft sehr
manierirten —- Contoure zum Homer den Hauptantrieb gab. Man
würde aber irren, wenn man die Kunstmanier der blossen Con-
toure erst von dieser Zeit datirte. Das Dürersche Werk gibt eine
grosse Anzahl solcher Zeichnungen, die er in Helzschnitt ausführte,
und schon unter den ältesten Werken des Mittelalters finden sich
dieselben in mannigfaltigen Skizzirungen, wiewol die besten Meister
es vorzogen, sogleich — und so soll es auch sein! — das Clair-
obscür mit anzudeuten. Was man jedoch, nähme man die Manier
der blossen Contourirung für die Varronischen Bildnisse in An-
spruch, dabei vermissen würde, ist eben der Mangel des ‚Clair-
obseürs und des Colorits, Denn wenn auch die Farbe nicht als
‘durchaus wesentlich für die Aehnlichkeit zu betrachten ist, wefür
ja der blosse Kupferstich den Beweis liefert, so trägt sie doch
Viel zur Charakteristik bei, wie x. B. um das Haar, die Augen,
die eigentliche Teanperamentsfarbe zu bezeichnen; davon abgesehen,
dass der Kopf, durch einen dunkeln Hintergrund hervorgehoben,
mehr Leuchtendes erhält, und dag Ganze dem Auge gefälliger wird,
Ja man kann behaupten, dass die (natürliche) Farbe nothwendig .
war, wenn Plinius von seinen Rildereben mit solchem Enthusiasmus
reden wollte. Sicherlich konnten jene auf grössere Naturwahrheit
Anspruch machen, wenn ein gewisses, wenn auch nur annäherndes
Colorit nicht vermisst wurde. Sie wurden dadurch unstreitig ähn-
licher, als dies bei der Silhouette sowel, als dem blossen Contour
möglich war. Nun wäre dann nachzuweisen, dass auch so eine
Vervielfältigung möglich gewesen wäre, und hier möckte eine solche
zwar für dem Contour in Anspruch zu nehmen sein, nicht aber für
44 - Ueber das Inventum Varronis.
die Färbung. Diese musste durch eine besondere Technik ge-
wonnen werden, und daher bin ich geneigt, nur die erstere zu
statuiren. Die Colorirung war den Contouren besonders zu geben
und hing natürlich.von der Geschicklichkeit des damit beauftragten
Künstlers ab, Dass man nur eine Vervielfältigung des Contours
durch das sogenanate Durchpausen, oder mittels des Durchzeich-
nens nach Unterlage eines gefärbten und abschwärzendeu Blattes,
oder durch Auflegen eines durchsichtigen dünnen Körpers (etwa
von Horn oder Glas) erzielen kann, ist eine naheliegende und ganz
bekannte Sache. Nur darf man nicht glauben, dass dadarch von
Jedem, auch dem im Zeichnen nicht Geübten, eine vollkommen
richtige Zeichnung des Contorno’s erreicht wird: Eine solche ist
oft mit unsäglicher Mühe verbunden, und selbst dem Geübtern
nicht zu erreichen. Aber für ihn ist es doch von grosser Wichtig-
keit, die Verhältnisse richtig zu treffen. Erreicht. er nun dies,
so wird es ihm leichter, den selbst nur mangelhaft gewonnenen
Contour zu verbessern. Wie viel nun aber zu der Aehnlichkeit der
Gesichtsbildang die Beobachtung der Proportionen beiträgt 9. weiss
Jeder, der nur Etwas in der Kunst geleistet hat, und eine Methode,
wodurch die Portraits des Varro, die man sich mehr en miniature
zu denken hat, leicht ‘und sicher vervielfältigt waren, -und zwar
nach den scharfen und. charakteristischen Umrissen der Originale,
bildet: ganz unzweifelhaft die Hauptgrundlage des ioventum Varronis.
Seine wahre Vollendung erhielt es jedoch erst durch das sogenannte
Illaminiren, d. ἢ, durch einen passenden, vielleicht nur leichten und
gefälligen Farbenauftrag (mit Gummi, Leim oder dergleichen).
In Beziehung auf diese Annahme lässt sich Manches anführen,
was eher dieselbe befestigen, als davon zurückführen kann. Es
mag zunächst bemerkt werden, dass die älteren Erklärer des Pli-
nius, unter denen ich nur Scheffer und Salmasius anführen will,
diese Stelle gar nicht besprechen. Sie scheinen also das ange-
nommen zu haben, woran Jeder zunächst denkt, wenn er von ima-
ginibus .hört, die einem Werke einverleibt sind. Jeder’ denkt hier
ganz einfach und natürlich an gemalte Portraits, und erinnert sich
an den Ausdruck imagines pingere, wofür pingere effigies nicht im
Gebrauch ist. Erst nachdem de Pauw den Alten die Kupferstecher-
kunst zu vindiciren versucht hatte, wurde die Sache bestritten und
seitdem immer verwickelter. Wenn man aber an dem Worte fest-
hält, dessen sich wol auch Varro bediente, wiewol der Titel heb-
domadae mehr Wahrscheinlichkeit haben mag, so ist dabei doch
zunächst an Flachbilder (imagines) zu denken, und: die Stelle bei
Cicero Tusc. Disp. III, 2, 8: „consectaturque nullam eminentem effi-
giem virtutis, sed adumbratam imaginem gloriae“, lehrt, dass auch
hier der genauere Sprachgebrauch unterschied, indem effigies der
eigentliche Ausdruck für Rundbild, oder erhaben gearbeitetes Bild
war. Hiernach hätte denn auch Varro seine Bildnisse, waren sie
reliefartig, effigies (was unzweifelhaft im nom, plur, gebraucht wurde)
Von Dr, Elster zu Helmstedt. “ 45
nennen müssen. Jedoch nannte man auch die colorirten Wachs-
büsten imagines und diesen analog konnte allerdings Varro auch
seine herausgegebenen Bildnisse, wenn sie von Wachs waren, so
benennen. Es ist aber die Frage, ob Plinius, um die wahre Be--
schaffenheit der Bildnisse auch nur entfernt anzudeuten, sich
nicht eben deshalb des Wortes effigies bedient haben würde, wenn
er jene als erhaben gearbeitete Figuren erkannte. Man kann be-
haupten, dass er im Allgemeinen dies Wort mehr gebraucht für
letztere Kunstarbeiten, als für. Gemälde, wie er denn sogar den
acc. plur. desselben nicht verschmäht,, der sonst nicht nachzuweisen
ἰδὲ ἢ. So nennt er die Bildnisse auf den bronzenen Medaillons
(clipeis) nicht imagines, sondern effigies, so die Gypsabgüsse und
die Thonfiguren, vgl. 85, 4. 5. 157. 33, 22. 34, 15. Es ist je-
doch einzuräumen, dass er mit solchen Synonymis nicht eben genau
umgeht, z. B. auch nicht mit den Wörtern aedes (sacra), templum,
delubrum, und man könnte anführen, dass er 35, 134: '„pinzit —
in una tabula VI signa (Athenion)‘* das Wort signum selbst in der
Bedeutung einer gemalten Figur gebrauche**). Und so ist es denn
auch gewiss, dass er gemalte Pflanzen als effigies (davon unten!)
bezeichnet, dass er von solidis imaginihus Augusti spricht, vgl.
36, 196***). Wie nun hiernach nicht stricte bewiesen werden kann,
dass Plinius in vorliegender Stelle nur an gemalte Portraits dachte,
so auch nicht, dass er das Wort imagines mit seinem Gewährs-
manne (dem Varro) nach Analogie der cerene imagines nobilium von
(jedoch nicht colorirten) Wachsreliefs gebraucht habe. Immer hat
cs mehr für sich, dabei an gemalte Portraits zu denken, und
als solche hätten wir sie denn auch mit den früheren Lesern und
Erklärern des Plinius zu erweisen, |
Hier mag zunächst angeführt werden, dass es bereits zu den
Zeiten des Hippokrates ärztliche Werke gab, in denen sich gemalte
Abbildungen von Pflanzen fanden, wenn jener Metrodorus, der von
Plinius 25, 2. erwähnt wird, der Chier und der Lehrer des ge-
nannten Arztes war, vgl. Chrest. Plinii p. 676. n. 14. Gesner.
Plinius fügt hinzu:
„Pinxere namgqne effigies herbarım, atque ita subscripsere
effectus. Verum et pictura fallax est, et coloribus tam nu-
*) Vgl. 35, 153 a. Εἰ, und daselbst Sillig.
„**) Die Lesärt ist hier sehr schwankend. Andere lesen insigni, was
früher von Jan billigte.e Nachher zog er VI. signa vor und berief
sich auf die Dichtersprache. Aber selbst in dieser kann signum nicht
nachgewiesen werden in der Bedeutung eines Gemäldes. Ich ver-
muthe daher, das visu digna gelesen werden muss Pag ἀξίᾳ, das sich
öfter bei Herodot und Pausanias findet; und welches Plinius aus seinem
griechischen Exemplare übersetzte. Aber dann behalte ich et vor in
una tabula bei und beziehe diesen Satz auf das vorhergehende Bild,
während ich quaque (tabula) auf das folgende Beziehe, nämlich den
"Bnsonem cum equo.
*) Vgl. auch 55, 12, wo von clipeis die Rede ist.
48 Ueber das Inventum Varronis.
worden. Dann konnte Varro mittelbar von dieser Künstlerin, die
er in seiner Jugend schon kennen gelernt hatte und arbeiten sah,
für sein _ Werk dennoch Vortheil ziehen. Um nun hier auf das
Technische näher einzugehen, will ich daran erinnern, dass man
eine in den Verhältnissen richtige Zeichnung gewinnt, wenn man
eine durchsichtige Platte auf die Zeichnung legt und so die blossen
Umrisse zeichnet. Nun. konute ja. das Elfenbein in so dünnen Plat-
ten (vielleicht in einem noch höhern Grade durch eine Tränkung
mit einer Flüssigkeit) so transparent werden *), dass man unter-
gelegte Contoure sehr wohl durchzuzeichnen vermochte, nur darf
man nicht glauben, dass Jeder, der nicht Künstler ist, damit fertig
werden kann. Die Zartheit des Contvurs und das wahre Leben
kann nur die Künstlerhand geben. Es ist für diesen nur eine com-
pendiöse Art des Zeichnens, eine Erleichterung der Arbeit — und,
was die Hauptsache. ist, eine sichere Art zu copiren, da man we-
nigstens in den Proportionen nicht fehlt. Für den, welcher nicht
fest in der Zeichnung ist, wird eine solche Methode selbst zu
empfehlen sein; wie denn schon Albrecht Dürer das obenerwähnte
Zeichnen der Portraits durch die Glasscheiben allen denen empfiehlt,
welche nicht gar sicher in der Zeichnung sind.
Auch jetzt noch bedienen sich unsere Künstler bekannter-
maassen eines sehr dünnen Papiers, um in den Verhältnissen der
einzelnen Theile nicht zu fehlen. Wie viel es sagen will, sicher in
der Zeichnung zu sein, ist eine unter Kennern bekannte Sache,
und diese Fertigkeit war schwerlich bei denen zu suchen, welche
Arbeiten, wie sie Varro zur Vervielfälttigung seines Werks ver-
langte, lieferten. Desto höhere Ansprüche aber muss man auch an
die Technik selbst machen, und sollte diese nicht eine ganz ge-
wöhnliche Pfuscherei sein, sollte sie einen Plinius zu jener starken
Declamation verleiten, so muss sie das Ungewöhnliche leisten, und
dass 'dies eben im Reiche der Möglichkeit lag, wenn diese auch
nicht bis auf das Kleinste nachgewiesen werden kann, wird man
nicht in Abrede stellen können, Nur darf man nicht vergessen,
dass die Varronischen Imagines mehr oder weniger (mit Ausnahme
vielleicht der Originale, die Plinius sah) mechanische Fabrikarbeiten
waren, die jedoch wieder durch die nachbessernde Haud des
Künstlers, wenn ein solcher sich dazu fand, gewinnen konnten.
Ich weiss etwas Gleiches in unserer Literatur nicht nachzuweissen,
*) Hiervon kann sich Jeder durch den einfachsten Versuch
überzeugen. Man braucht nur eine ganz dünne Platte Kifenbein, wie
sie zur Miniatürmalerei gebraucht wird, auf geschriebene Schrift zu
legen. Man erkennt hier jeden Buchstaben und vermag ihn nachzubilden.
Noch transparenter wird die Platte, wenn man sie gegen das Licht, be-
sonders Lampen- oder reines Sonnenlicht, hält. Kine untergelegte rothe
Farbe (Folie) gibt einen schönen Fleischton. Wie leicht konnten die
Lichter mit Weiss aufgetragen und die Schatten mit leichten gebroche-
nen Farben angedeutet werden! — Die antike Technik zeichnet
sich gerade durch ihre einfache Behandlung aus!
‚Von Dr. Elster au Helmstedt. 49
sol wian' könnte: diesen Miungel. gegen Jas-Vorgebrachte einwenden.
Jedoch ist zu beachten, dass unsere. Kunst zu stechen, wodurch
‚die feinsten Züge in dem kleinsten Formate so vortrefflich wieder-
gegeben werden,’ .eben wegen. ihrer vollkommenen Leistung der-
gleichen Versuche völlig überflüssig und: unnütz macht, . -
Ich will als das Hauptresultat der bisherigen Untersuchung
nur soviel feststellen, dass die eigentliche Grundlage des in Be-
tracht kommenden Vervielfältigungsmittels nur die leichte und sichere
Gewinnung des Contours war. Es bleibt nun noch übrig eine dop-
pelte Frage au beantworten, .
Die erste ist: Wie’konnte Plinius jeme Kunstpraxis eine Er-
findung des Varre nennen, der doch selbst nicht Künstler war?
Hier::muss ich daran .erinnern, dass ich schon nben hervorgehoben
habe, wie wichtig es sei,. festzuhalten, dass Plinins var dem in-
vento .Varronis ein navzcium inventum dea.Pollio anführt, :was. dariu
bestand, von den bronzenen Büsten einen neuen Gebrauch durch
die. Aufstellung in den Bibliotheken zu machen. Ebenso ist unter
dem hier in Betracht kommenden Inventum des Varro nichts Anderes
zu verstehen, als die Art und Weise von der Erfindung eines An+
dern einen neuen Gebrauch zu machen, nur mit dem Unterschiede,
dass er davon-zuerst den allgemeinsten, interessantesten und zweck-
inässigsten Gebrauch durch ‚die möglichste Publicjtät maahte,, wäh-+
rend Pollio nur .das einfache Mittel eines öffentlichen Raumes be-
nutzte, um die darin aufgestellten Bildnisse zum Gemeingute zu
machen. Varro bedurfte zu seisem. Zwecke vielleicht 70,000 ein-
zelne' Exemplare, während Pollio zu dem seinigen von jedem Origi-
nale nur einen Abguss, oder nur ein‘. einziges Original näthig
hatte. So üblich und bekannt die Kunst des Abgiessens oder Ab-
formens war, so wenig kommt jetlach. diese bei dem Inventum des
Pullio in Betrachf; bei dem des’ Varro kommt:sie es um so. mehr,
je weniger. derselbe: ohne eine leichte und sichere Vervielfältigangsr
methode seinen Zweck etreichen konnte. Hiernach dürfte klar
sein, dass es nach den Worten des Plinius keineswegs nothwendig
ist, den: Varro selbst unter die Reihe der ‚erfndenden Techniker
eder. Künstler: zu: zählen *).. ΟΞ ᾿ τ
ἌἈἢ ‘Wollte man hiergegen einwenden, dass Varro gerade: deshalb Am’
sohicklichsten als Erfinder betrachtet werden könnte, weil er es eersann,
duzch einen metallnen Stempel Wachsabdrücke Ζῳ machen, wazu weiter.
keine technischen Kenntnisse und Fertigkeiten nöthig seien, ‚weil er ja.
die Stempel anfertigen lassen und das Wachs einfach benutzen konnte,
so verwickelt man sich in lauter Schwierigkeiten. Denn erstlich ist
oben nachgewiesen, dass man den Stempel längst se gebrauchte, und
daher von einer neuen: technischen Erfindung des Varro gar nieht die
Rede sein kann. Zweitens aber, und das ist nach meiner Meinung der
Haupteinwürf, den man gegen den Stempelgebrauch und die Anfertigung
der Wachsabdrücke mittels desselben zu imagmibus machen kann, be-
durfte er nicht 'einmal des gravirten oder gegessenen Stempels. Er:
konnte sich ganz einfach das (obsianischen) Glases bedienen und braucht:
Archiv f.«Phil, u. Paedag. Bd, XIX, Hft.1. 4
x
50 Ueber das Inventum Varronis.
‚Die zweite Frage würde so zu stellen sein: ob nicht die An-
sichten derer, welche durch Pigmente gemachte Flachbilder im
Sinne hatten, theilweise mit einander vereinigt werden können.
Hier erwähne ich zuerst die Meinung K.O, Muller’s, welcher an Ab -
drücke von Figuren dachte. Man könnte an einen Abdruck des
Contours erinnern, wodurch man denselben dann in verkehrter An-
sicht erhielte, wie es beim Kupferstich der Fall ist, Weil dies
Verfahren uns jedoch bis an die nächste Grenze jener neuen Er-
findung bringt, so gestehe ich, dass ich der Folgerungen wegen,
die man aus diesem Fortschritte in der Kunst ziehen kann‘, dafur
nicht stimmen würde. Wir müssen uns wol damit begnügen, diese
wichtige Erfindung dem Alterthume abzusprechen. Die andere hier
zu berücksichtigende Meinung ist die, worauf Becker kam, .als er
die Silhouette zu Ehren bringen wollte und das sogenannte Schablo-
niren, sowie die Manier der orientalischen Malerei als Auskunfts-
mittel empfahl, Beides gehört allerdings zu den Möglichkeiten, an
die mau hier denken kann. Man stelle sich die Sache so vor,
dass das zu vervielfältigende Bild eine wirklich ausgeschnittene
Silhouette ist, deren Umrisse auf der Grundlage aussen mit einem
einfarbigen Grunde umgeben (ein eigentliches circumlinere), oder
dass, nach Art der orientalischen Malerei, der innere ausgeschnit-
tene Raum einer Figur mit Farben ausgefüllt warde. Jedoch ist
für diese Vervielfältigungsweisen nur das Profil vortheilhaft zu
erreichen, für die Darstellung der Köpfe en foce ist das Eine wie
das Ändere von wenig Nutzen. Immer muss dann das Innere mit
den nöthigen Hauptlinien versehen werden, wodurch die Arbeit
wieder erschwert wird. Jedoch ist einzuräumen, dass unter Um-
ständen des Schabloniren von den Alten angewandt sein mag; nur
wird der Gebrauch des ausführenden Pinsels auch hier festgehalten
werden müssen, und an eine Ausfüllung der Schablone nach Art
der Silhouette ist nach oben angeführten Gründen schwerlich zu
denken. Es ist keineswegs nöthig, sich die zur Colorirung der
Contoure angewandte Farbe als eine überall naturgetreue zu denken.
Die Alten nahmen sich in der Anwendung der Farbe im Allge-
meinen, namentlich aber zur Decorationsmalerei, eine grosse Frei-
heit. Hierauf bat neulich H. Hettner aufınerksam gemacht, und
die grosse Eigenthümlichkeit der antiken Malerei, welche der Phan-
tasie in dieser Hinsicht einen grossen Spielraum liess, ist von ihm
sehr gut nachgewiesen. Es konnte bei manchen der Varronischen
Bilduisse von einem naturgetreuen Cuolorit nicht die Rede sein, da
nar. als Sammler schon vorhandener Petschafte der verschiedenen
römischen F'amilien gedacht zu werden , uın einen grossen Theil seiner
Siegelsammlung zu gewinnen. Die Benutzung des Glases zu seinem
Zwecke lag ihm viel näher, und auch hier kann er am Nichts mehr als
ein Mann gedacht werden, der so glücklich gewesen wäre, eine neue
technische Erfindung zu machen. Er wusste nur schon längst Vorhan-
denes zu benutzen !
Von Dr. Elster zu Helmstedt. 51
unter ihnen auch: nicht überkommene (non tradifi vultus) waren,
wie dies schon das Beispiel des Homer zeigt. Möglich, dass hier
nnn eine mehr annähernde Farbe gegeben war, wie denn die ver-
schiedenen Manieren der 'künstlichern monochromatischen Malerei
(en camayeu) nicht angeschlossen sein mochten. Nur möge man
tlicht denken, dass solche Phantasie-Bildnisse mit völliger Willkär
behandelt waren. Das Alterthum hat auch hierin Bewunderungs-
würdiges geliefert, und gewiss ist anzunehmen‘, dass Varro den
vortrefflichen Charakterkopf Homer’s' nicht anders in sein Werk auf-
nahm, als wir iin noch jetzt im Abgusse haben. Ich füge zum
Schlusse noch eine Stelle aus A. Gellius an, die ich nicht über-
gehen darf, weil mir daraus deutlich hervorzugehen scheint, dass
in dem Varronischen- Werke de imaginibus auch bildliche, mit man-
nigfaltigen Farben ausgeführte Darstellungen (vielleicht ganz en
miniature) waren,
Glücklicherweise haben wir in der bereits oben angeführten
Stelle der Noctes Atticae III, 11 noch eine Inschrift des Varro er-
halten, welche zum Theil so lautet:
„Capella Homeri candida haec tumulum indicat,
Quoi ara letae mortuo faciunt sacra,*
Es ist für das Erste zu bemerken, dass die dem Epigramm
vorhergehenden Worte: ,M. Varro in libro de imaginibus primo
Homeri imagini hoc epigramma apposuit““ eine andere Deutung nicht
zulassen, als dass das Epigramm dem Bilde selbst in unmittelbarer
Nähe beigesetzt war. Denn warum hätte sich Gellius so ausdrücken
sollen, wenn das Epigramm in dem Buche stand, nicht aber das
Bildniss® War dies nicht in dem Werke selbst, sondern in einer
capsula, so ‚brauchte er.nur und. ohne Weiteres das Epigramm an-
zuführen, in welchem ja der Name des Homer angegeben ist, also
die Beziehung sich von selbst versteht, Dies mag zunächst ange-
führt werden, um die Ansicht zu rechtfertigen, dass die Bildoisse
dem Werke des Varro einverleibt, als Gemälde insertae, waren.
Für das Zweite ist doch auch soviel klar, dass das Epigramm
nicht die mindeste Beziehung auf des Homer Bildniss hat, son-
dern nur auf den Namen. „Eine weisse Ziege‘, heisst es, „zeigt
das Grabmal des Homerus an.“ Dies bezieht sich offenbar auf
eine andere bildliche Darstellıng. Da nun solche eine auf einem’
tumulos stehende Ziege war *), so muss dies eine vignettenartige‘'
Zugabe zu dem Bilde des Homer gewesen sein. Und da diese
Ziege eine weisse war,'so musste die Vignette gemalt sein, und:
folglich — so schliesse ich weiter — stand das’ Bildniss Homer’s,
wie die Vignette, in dem Werke des Varro und war, was die hier
8
*) Ich muss es einer weitern Untersuchung überlassen, ob diese ca-
pella vielleicht als Sternbild über dem Grabmal zu denken ist. Immer
jedoch halte ich mich auch so an die Worte und glaube, dass selbst
* dieses nicht in natürlicher Gestalt, sondern symbolisch unter dem Bilde
einer Ziege dargestellt war. ὦ
4*
52 Ueber das Inventum Varronis. Von Dr. Elster zu Helmstedt.
in Betracht kommende Sache ist, ein colorirtes, ebenso, wie es
die Vignette war. Noch bemerke ich zum Ueberflusse, dass ja
selbst die volumina in capsulis verschlossen wurden, und daher
auch dasselbe von den Schriften des Varro gilt. Wie aber dieses
Verschliessen fir die hier in Betracht kommende Sache selbst ganz
ohne Interesse und Bedeutung ist, bedarf auch nicht der leisesten
Andeutung.
Meine Ansicht geht also dahin, dass Varro sich einer beson-
dern, ganz neuen, von irgend einem Künstler oder Techniker er-
fundenen Manier, die imagines zu vervielfältigen, bedient habe;
dass diese eine sichere Methode war, welche besonders darauf
basirte, die Contoure zu vervielfältigen,, übrigens aber der Nachhülfe
mittels des Pinsels bedurfte. Hierbei ist an ein mehr oder weniger
‘naturgetrener Colorit zu denken, ja selbst an ein solches, das nach
Umständen, namentlich bei rein aus der Phantasie geaommenen
Bilduissen, 2. B. bei Homer, Pythagoras u. A;, ein ganz ideales
sein konnte und musste. Vielleicht begnügten sich die Calpratoren
hier mit einer sehr einfachen Tonfarhe, welche nicht einmal die
natürliche zu sein brauchte, Ä
Helmstedt d. 24. December 1852. Dr. Elster.
Das syntaktische System der Tempora und Modi im
Griechischen
vonhistorisch-comparativem Standpunkte.
Von Aken, Gymnasiallehrer zu Güstrow.
A. Tempora.
Die Nothwendigkeit, die Resultate der sprachvergleichenden
Forschung mit der sog. philos. Grammatik in Einklang zu setzen,
drängt sich immer mehr auf, und nicht am Wenigsten vom Bedürf-
niss der Schule aus, bei der Verschiedeuheit der Auffassung und
Erklärung der Einzelheiten, sowie bei der anscheinenden Willkür-
lichkeit und Zusammenhangslosigkeit der meisten Regeln. Es be-
ruht aber offenbar die Verbindung beider Wege in einer gyntak-
tisch vergleichenden Zusammenstelluug der Systeme, die
aber nicht blos die Aehnlichkeiten anzuführen hat. oder damit gar
die Erklärungen gegeben zu haben glaubt, sondern, die die Ver-
schiedenheiten ebenso gut wie die Aehnlichkeiten in ihrer Be-
rechtigung in den einzelnen Systemen nachweise. Diese Aufgabe
χα Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 53
ist eine historische, und es ist damit die Möglichkeit wenig-
stens zugegeben, dass der Syntax nicht in allen Sprachen ein und
dasselbe logische System zu Grunde liege: die Consegnenz anderer
Annahme wäre ja auch, dass überhaupt nur eine Sprache existi-
ren könne. — Ergibt sich dann noch ein stufenmässiges Fort-
schreiten in der Abfulge der Systeme, so hat man dies, wenn es,
wenigstens für jetzt, auch unerklärt bleiben muss, als Factum
anzuerkennen, und hierin häufig ein leitendes Moment für die Auf-
fassung des Einzelnen. Die Geschichte der Sprachen wird der Ge-
schichte der Völker parallel laufend anzunehmen sein, und letztere
bietet entschieden eine solche Stnfenleiter, — ich verweise auf
Hegel und besonders Braniss, — in der Reihe der Eulturvölker,
ohne dass ein J,ernen des einen von andern, und ein Weitergehen-
von da aus zu denken wäre; ja, bei den meisten ist ein Weiter-
gehen von dem Standpunkte aus, mit dem sie in die Geschichte
eintreten, gar nicht vorhanden. Es können und sollen in dieser
Beziehung nur Andeutungen gegeben werden, rein im praktischen
Interesse. Dem Lernenden schwindet damit der Anschein von
Willkür in den einzelnen Regeln, die Erklärung der Erscheinungen
gewinnt an Einheit; man ahbut einen historischen Gang in der Rei-
henfolge der Sprachen wie der Völker, und ein unbefangeneres
Uıtheil über sprachliche Verhältnisse wird vorbereitet, das die Gym-
nasien ihren Schülern mitzugeben doch nicht werden versäumen
wollen. Die Genera Verbi z. B. treten im Griech. ursprünglich
nur in dem Gegensatze von Activ und Medium hervor; während
nun innerhalb dieser Sprache selber dieser immer mehr zu einem
zwischen Activ und Passiv herumgearbeitet. wird, ist im Latein
letzterer schon der regelmässige geworden und das. Medium nur
noch in den Deponentibus erkennbar, und im Deutschen das
Medium schon so erloschen, dass von hier aus dem griech. Medio
eine Grundbedeutung aufgedrängt ward, die es gar nicht bean-
spruchte, die reflexive, und nur einzelne Reste der deutschen Re-
fiexivform noch auf die eigentlichen Media hinweisen (sich fürch-
ten, sich schämen — sich lachen);. ja, es ward in den modernen
Sprachen die Reflexirform häufig bequemerer Ausdruck für die pas-
sive. Dass damit auch der Begriff eines Transitivums, von
einer Sprache aus construirt, nicht für alle gültig sein kann, er-
gibt sich leicht. Analoge Verhältnisse sind auch bei den Casus
nachweisbar. ᾿ς
Von dieser Seite aus die Lehre von Tempus und Modus
im Griechischen, den Grundstein der ganzen Syntax, zu fassen, ver-
suchte ich zuerst auf der Lehrerversammlung zu Parchim v. Jahre
1846, habe diesen Gegenstand seitdem in zwei Programmen behan-
delt, ausserdem ihn ausführlicher durchgeführt, zum Druck fast fer-
tig liegen. Da es. bei der Abgeschiedenheit hier und meinem Man-
gel an Verbindungen mir schwer wird, damit in die Oeffentlichkeit
zu dringen, will ich hier die hauptsächlichsten Resultate dem Pu-
54 Das syntakt. System der Tempora nnd Modi
blicam vorlegen, in der Hoffnung, dadurch der ansführlichern Bear--
beitung, sei es als eigner Druckschrift, sei es in den Spalten eines
Journals, einen Weg zu öffnen, Die Wichtigkeit des Gegenstandes
für den ganzen Sprachunterricht leuchtet ein; er betrifft das Ver-
bum, die Seele des Satzes und schliesst somit die Hauptfragen der
Satzlehre in sich. Ob diese Resultate. Anklang Anden werden ?
Ich hoffe es, wie ich es wünsche: obwol ich mir nicht verhehlen
darf, dass das Thema eins ist, über das jeder, der sich dafür inter-
essirt, auch seine eigne feste Ansicht hat. Den Vorwurf wenig-
stens, dass die Resultate der gewöhnlichen Auffassung zu wider-
sprechend seien, habe ich nach dem Aufsatze von G. Curtius in
Aufr. Zischr. f, vgl. Sprehk. 1851, h. 3. und neuerdings nach dem
Vortrage von Lange auf der Philologenversammlung zu Göttingen
nicht mehr zu fürchten,
Zunächst behandeln wir die Tempora, soweit dies angeht,
ohne auf die Strittigkeiten der Satz- wie ıer. Moduslehre uns ein-
zulassen. Auch das Verhältniss zu den Modis soll erst auf histori-
schem Wege sich ergeben. Dann die Modi, wo nach Aufstellung
der Grundbedentungen die modalen Formen der einzelnen Satz-
arten hinzustellen sind; die Eintheilung der Sätze selber, wie sie
den Griechen erschienen sei, muss mit diesen modalen Formen
nothwendig in Uebcreinstimmung treten. Doch binden wir da uns
um so mehr ans Attische, als hier erst die verschiedenen Satz-
arten ausgebildet erscheinen. Die ältere Sprache wird nur herbei-
gezogen, soweit sie es zur Begründung werden muss.
Bei.den Temporibus verlangen wir Einklang des Systems
der Bedeutungen mit dem der Formen (cf, Curt. 1. 1.). Na-.
mentlich‘ darf also der Aorist nicht ‚ausserhalb der Tabelle bleiben;
es muss sich erklären, warum er, ein Augmenttempus, doch mit
Modis versehen sei. Von der ursprünglichen Tabelle sind aber zu
streichen die Tempora prima; dies sind nur schwache Bildun-
gen gegenüber den secundis, die vollkommen den Namen der
starken verdienen, indem sie eine Befähigung‘. des Stammes, das
temporale Element zu bezeichnen, voraussetzen, die prima dagegen
weit mechanischerer Bildung sind. Der Unterschied ist ursprüng-
lich. nur in der Formbildung, nicht in der Bedeutung; ganz wie im
Deutschen bei „buck** und ‚„backte,* „frug“ und „fragte‘“ u. s. w.
Fırner sind zu streichen ‘die Futura, da, auch wenn die secunda
wirklich starke Formationen sein sollten, sie sich in nichts von
Praesentibus unterscheiden, keine Eigenthümlichkeit der Farm auf-
zuweisen haben. Danach ergeben sich bei vollständigen Verbis
drei Stämme, 2. B. bei τύπτω — run — tervxz — run, jeder mit,
einem Haupttempus.und einem’ augmentirten Nebentempus nebst
Modis verschen. Den Inbegriff der dazu gehörigen Formen be-.
zeichnen wir durch Vb. Imperi., Vb. Perf, und Vb, Aor. Natür-
lich erscheint dann die Forderung, dass allen Formen, die einen
dieser Tempusstämme in sich tragen, damit auch ein Gemeinsames
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow, 55
von Bedentung inne wohnen "müsse. Den Gegensatz von Gegen-
wart, Vergangenheit und Zukunft in den drei Stämmen zu sehen, ist
unmöglich, Vielmehr ist dieselbe Handlung, die das Vb. Imperf.
als dauernd, werdend, sich entwickelnd, die das Vb, Perf.
als im Zustande der Vollendung befindlich ausspricht, im Vb..
Aor. ohne diese Nebenbeziehungen, als Handlung an sich, oder
positiv gefasst, als Punkt, als Moment’ ausgesprochen. Es ist
dies offenbar eine temporale Bestimmung, nur nicht vom Stand-
punkte des Sprechenden, sondern von der Handlung selber aus.
Letztere unter dem Bilde einer Linie gedacht, bestimmt sie nach
Anfang — Ende, oder gibt sie obne diese nähere Angabe schlecht-
hin an. Wir nennen daher diese Zeitbestimmung des Stammes die
absolute, im Gegensatz der relativen, die von einem Stand-
punkt des Sprechenden aus, also nach Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft bestimmt,
Die relative Zeitangabe erscheint im Gegensatz der Haupt-
und Nebentempora. Die augmentirten Formen geben die Vergan-
genheit an. Die Haupttempora scheinen danach, und zwar
alle, die Gegenwart bedeuten zu müssen; und das thun sie auch,
wenn nämlich sie überhaupt relative Zeit bezeichnen. Sie finden
sich aber auch gänzlich zeitlos gebraucht, wie im Deutschen die
Praesentia in Sätzen allgemeinen Urtheils: 2. B. „die Lerche singt
im Fliegen,‘* — „die Rosen duften “ Denkt man vom Deutschen
aus etwa.die Bedeutung der. Gegenwart abgeworfen, so ist das an
sich unglaublich, erklärt auch nichts. Geht man aber davon aus,
dass die Modi der drei Tempusstämme sich nur nach der Bedeutung
der letzteren scheiden und nur scheiden können, dass sie nach-
weisbar nichts von gelativer Zeit bezeichnen, so ergibt sich, dass
das Haupttempus im Indic., das sich ja nur modaliter von den
übrigen Modis scheidet, auch eine Bedeutung haben muss, die von
relativer Zeitangabe nichts enthält, dass es vielmehr die Bedeu-
tung der Gegenwart nur dadurch erhält, dass aus ihm ein Neben-
tempus herausgebildet ward, zum Zweck des Ausdrucks der Ver-
gangenbheit.
Gegenwart bezeichnet das Hanpttempus also nur insofern, als
bei seiner Anwendung nicht das Tempus der Vergangenheit ge-
wäblt wurde. Dass aber die Augmenttempora aus den Haupttem-
poribus herausgebildet sind, diese bei ihrem Entstehen schon vor-
aussetzen, zeigt sich leicht: vgl. z.B. ἐτίϑημ. ἐτίϑητ — Erldevr —,
wo die Endungen wi, σι9 τι, vrs durch den Vorsatz abgestumpft
sind. CA. ἔτυπτομ und ἔτυπτοντ.
Für das Praes. bedarf diese zeitlose Bedentung keines wei-
tern Nachweises. Wo ist sie aber im Perf,? Erstens in der gan-
zen Schaar der sog. Perf. mit Praesensbedeutung, die zudem,
wohl zu merken, gerade der älteren Bildungsweise angehören, Sa
gut da das deutsche Praes., mit dem sie übersetzt werden, zeitlos
stehen kann, ebenso gut auch diese Perfecta. Zweitens findet sie
56 Das syntakt. System der Tempora und ‚Modi
sich auch sonst: 2. B. ἔνδεδύκασι λινέους πιϑῶνας heisst bei He-
rodot. nicht: „sie haben sie jetzt angezogen nnd sind damit da,“
sondern „sie tragen sie, durchaus ohne Angabe einer Zeit. Dasn
lässt sich auch denken, dass in vielen anderen Fällen,, wo die Ueber-
setzung durch ein deutsches Perf. immerhin einen Sinn gibt, doch
griechisch die Sache in anderer Weise gefasst sei. Durch das
Deutsche; auch schon das Latein, kommt man leicht. auch fürs
griech. Perf, zu den Annahme, . dass es durchaus ein „jetzt“
Vorliegen der Vollendung ausspreche, ‘was griechisch gar nicht
nothwendig ἰδέ. Die Redaplication gibt, im Binklang mit ihrer
Bedeutung anderswo, dem Stamme nur die Bedeutung einer Stei-
gerung des ursprünglichen Begriffs; die Vollendung ist ebenso gut
eine Art Vervollkommnung zu nennen; die in den einzelnen Vbis
mätürlich sehr verschiedener Art sein kant. Dass die Reduplica-
tion mit dem Augment nichts zu schaffen hat, zeigt sich darans,
dass letzteres nicht in die Modi: übergeht; zum Ueberfluss zeigt
noch das Sanscr. die im Griech. nichit selten erscheinende Gleich-
heit beider Formen als eine Verwischang ürsprünglich 'vollkommener
Geschiedenbeit.
Für die beiden vorhandenen Haupttempora ergibt sich also ans
den Formen. nicht minder wie aus dem Gebrauch eine doppelte
Bedeutung: 1) die des Tempusstammes, verbunden mit der des
Indic.; 2) dieselbe mit Hinzunahme der der Gegenwart.. Letztere
ist die spätere schon deshalb, weil sie erst durch den Gegensatz
der augmentirten Nebentempora hervorgerufen wird; dann auch,
weil wir in den Sprachen überhaupt die relative Zeitbezeichnnng
im Fortschreiten, mehrfach noch im’ Entstehen aus andern Bedeu-
tungen finden. — Daraus, dass das Sanscr. Ianfıg das Perf. als
Aor, braucht, folgt fürs Griechische nichts; (auch gibt niemand
mehr dem griech Perf. die Bedeutung der Vergangenheit); — denn
theils hat das Sanser. überhanpt noch wenig Festigkeit im Ge-
brauche seines überreichen: Formenwesens, theils zeigt das Grie-
chische schon dadurch z. B., dass es das Plusgtaimpf. schuf, eine
Form, die das Sanscr, nicht hat, dass es sein eignes Syätem die-
sem gegenüber habe,
Die Frage, warum das Vb. Aor. kein Haupttempus habe,
erledigt sich dadurch, dass es ellerdings solche alte ‚Stammprae-
sentia genug noch gibt, diese aber immer mehr durch die volleren
Formen verdrängt wnrden. Dies ist überhaupt der Gang in den
Sprachen, hat 'hier aber noch einen -speciellen Grund in der Be»
deutung. Würde dies Haupttempus Gegenwart bedeuten sollen, so
erschien hier, da, um etwas als gegenwärtig festzuhalten, es immer
zugleich als dauernd gefasst werden muss, die Form des Vbi, Im-
perf. passender; sollte es zeitlos stehen, so fanden wir diese Be-
deutung in Sätzen allgemeinen Urtheils, also für alle Zeit gülti-
gen; sehr erklärlich musste 'daher auch hier der Ausdruck der
Dauer passender erscheinen.
im Griechischen. - Von Aken zu Güstrow. Ὁ 57
Die drei Praeterita unterscheiden sich dentlich nur nach
den Bedeutungen ihrer Stämme. Nur ist zu beachten, dass das
Plnsqpf. bier noch nicht Tempus der Vorvergangenheit
geworden ist.: Ein sölches hat das Griechische noch gar nicht:
alle dreiPraet. werden zum Ausdruck derselben verwendet; in der
alten Sprache wie in der spätern; in Hauptsätzen so gut, wie in
Nebensätzen; und zwar ist das Plusq. von allen dreien da das seltenste.
— Es kann aber das Griech. ein solches Tempns noch gar nicht
baben, weil das Perf. hier noch nicht zugleich Tempus der Ver-
gangenheit geworden ist, was es erst im Latein wird,
Bei den Modis lassen sich ebenfalls ihre Unterschiede gänz-
lich auf die ihrer Tempusstämme zurückführen; - auch einzelnes,
was anders scheint. Denn weder, dass die Modi des Aor. gegen-
- über denen des Praes. die Vergangenheit bezeichneten, (was for-
mell auch schon wegen des in den Modis: fehlenden Augments nicht
anzunehmen ist,) noch dass der Opt. gegenüber dem Conj. diese
Bedeutung habe, ist fürs Ganze des Gebrauchs derchzaführen.
(Auch sollte man wenigstens nicht beide Behanptungen zugleich
aussprechen, da sie einander aufheben). Die Modi des Aor. finden
sich ebenso gut von allen drei Zeiten gebraucht, wie die des Praesens.
Beim Partic. Aor. lässt sich die ihm gewöhnliche Bedeutung der
Vergangenheit recht gut ans der des Punktes, der ja keine Gleich-
zeitigkeit mit der Hanpthändlung zulässt, also von selber in die
Vergangenheit rückt, erklären, zumal das Partic, schon nominaler
Natur ist, die Bedeutung des Punktes sich also häufig nicht halten
konnte. Dennoch findet sich auch diese bei der Coincidenz
zweier Punkte, z. B. γελασας εἶπεν, vgl. miratus daxit', solatus
jussit. — Nach unserer. Fassung ergibt sich leicht, wie anch 2. B,
der Inf. Praes. von der Vergangenheit stehen könnte, während die
gewöhnliche Angabe, dass er dann Inf. Impf., nicht Praes. sei, die
Hauptsache unerklärt lässt. — Was bei den Modis ‚des Vbi.
Perf. etwa als Vergangenheit angesehen werden könnte, lässt sich
aus seiner absoluten Bedeutäng leicht herleiten. — Ein Verhältniss,
wonach Conj. und Opt. sich nach Gegenwart und Vergangenheit
schieden, ist erst im Latein 'entwiekelt; doch gibt es Conjunctive
der Gegenwart und der Vergangenheit; der modale Unterschied
ist dann verloren, Doch bleiben auch da noch Reste dieses: imConj.
Impf. von der Nichtwirklichkeit gerade in der Gegenwart n. 8, w.
Die Anfänge dieser Veränderung treten allerdings auch schon im
Griech. hervor; doch nur in einzelnen Satzarten, und eine Erklä-
. rung des Gebrauchs im Ganzen ist nor vom modalen Uhter-
schiede beider aus möglich: auch für die Finalsätze. Olıne Kennt-
niss von diesem Factum lassen die Schüler sich schwer davon ab-
bringen, den Conj. zur Angabe einer or. obliq. zu brauchen. —
Im Deutschen ist die Vernachlässigung der modalen Scheidung
schon so weit gegangen, dass die Zweiheit der Conjunctive als
blosser Luxus erscheint.
--
58 Das syntakt. System der Tempora und Modis
Leicht erklären sich sonach speciellere Anwendungen, z. B.
des Vbi Imperf. (nicht des Praes. allein,) de conatu; des Indic, Aor.
in Vergleichungen und des Pflegens (cf. ποτέ und aliquando --Ξ 1) ein-.
mal, 2) manchmal), und manches Andere, was hier, übergangen
werden muss. .
Es ist noch eine Consequenz zu verfolgen, Die Behauptung,
dass Formen, die wir temporale .nennen, zeitlos stehen sollen,
erscheint vom Standpunkte der modernen Sprachen aus immer
etwas paradox. Bewahrheitet hat sich dieselbe allerdings schon in
den Modis, da diese vom selben Tempus von allen drei Zeiten .ge-
braucht werden.können, mag immerhin aus modalen Gründen o:ler
wegen des resp. Stammes bei manchen die eine Anwendang mehr
bevorzugt sein. Schwieriger scheint unsere Behauptung für den
Indic.; doch mag sie auch da noch annehmbar erscheinen. Nun
aber haben die Praeter. auch eine modale Verwendung, und
wir gestehen, dass nach aller Analogie diese die ältere, ursprünag-
liche sein muss. Die Praeter. setzen in ihrer Bildung die Haupt-
tempora als vorhanden schon voraus; die Futura als ursprüngliche
Tempora ‚sind auch schon gestrichen: wie soll man das alles sich
denken? Es konnte deshalb ursprünglich eine einzige Tempaus-
form, die der Haupttempora genügen, weil das Erste, das Nächste,
was ausgesprochen werden sollte, das sinnlich Vorliegende war:
dies war zugleich das Gegenwärtige; aber nur, insofern dies
zugleich sinnlich vorliegend war, konnte es in jener Form seinen
Ausdruck finden. Das temporale Element setzte erst bestimmter
sich ‘fest, seit die Praeterita und zwar in ihrer temporalen Bedeu-
tung sich daneben stellten.. Bei der Form dieser war ebenfalls
temporale und modale Bedeutung gepaart; Nichtwirklichkeit und
Vergasgenbheit fielen ebenfalls mit jenem Denken zusammen, indem das
Vorübergegangene der sinnlichen Anschauung schon ein Nichtwirk-
liches ist; letzteres ist aber wieder das Allgemeinere. Gewiss war
wenigstens die Vergangenhejt das erste Nichtwirkliche, das einen
Ausdruck verlangte. Die Zukunft ist viel ‘abstracter, diese gehört
rein dem Reich des Gedachten an, während die Vergangenheit doch
einmal sinnlich geschaut worden war. . Daher entsteht dafür erst
noch später ein eignes Tempus und der Zusammenhang dieses mit
einem Modus und seine Entstehung daraus tritt viel deutlicher und
noch in mehreren Sprachen hervor. In allen hier angezogenen
Sprachen hat es keinen ursprünglichen Ansdruck; der findet sich ἢ
im Griech. auch nur in schwacher Bildungsweise, Im Sanscr,
wurde der Opt. sowie der Letmodus (= Anfänge des griech. Conj.)
dafür gebrancht; seine Futurformen sind entweder der schwachen
oder der conj. periphr. entsprechende. Im Griech. entsteht das
Fut. aus dem Conjunctiv; im Latein ebenfalls aus einem Modus,
und zwar, was wichtig ist, aus einem andern, als dem, welchen
das Griech. wählte, nämlich aus der dem griech. Opt. entsprechen-
den Form: nämlich εἴην aus ἐσίημ — esiem — siem, sim, und so
"im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 59
amem, legam etc. ans amaim etc., legam und audiam aber sind zu-
gleich Futura; ihre zwiefache Flexion als Tempora und als Conj.
ist für die Auffassung ihrer Enstehung wichtig und als erst allmä-
lig fixirt. zu nehmen, ‚ero=dow, wie ἦν (Ncak)== eram: analog
dieser Form jedenfalls und schwach sind die auf bo.
Dafür dass das Bedürfniss nach modaler Bezeichnung das
frühere, das nach’ temporaler das später eintretende, aber immer
weiter gehende ist, "haben wir schon früher Analogien ‚gehabt und
werden sie noch mehr finden. Hier sei nur noch das Factum er-
wähnt, dass im Sanscr. noch nicht alle Modi allen Temporibus
untergeordnet sind, dass manche Modi nur bei einzelnen Tempori-.
bus erscheinen, dass also dies offenbar anf .einer Stufe sich zeigt,
wo Tempora und Modi noch mehr gleichberechtigt der Stammform
zur Seite standen.
Noch können wir als Analogie für die Behauptung, dass es
völlig zeitlose- Verbalformen gebe, eine formell freilich gänzlich
fernstehende, aber altertbümliche, früh gleichsam erstarrte, daher
syntaktisch nicht unwichtige Sprache anführen, das Hebraeische,
Hier 'gibt es zwei sogen. Tempora ; das eine nennen die Einen
Imperf., die Andern Futur. Sollte also als das Wesentliche dieser
Formen Zeitangabe gesetzt werden, so ergäben. sich viele Wider-
sprüche. Es findet sich aber die Erklärung, sobald man beide
Formen als die Haupttempora zweier Tempusstämme nimmt (z. B.
= πίϑω und neldw), zu denen die Sprache nur noch keine
Nebentempora (Praet.) geschaffen habe.
Schliesslich ist noch Deckung gegen ein. Missverständniss
nötbig: ‚nicht so sehr, weil wir eine Form früher als die andere
genannt haben, als weil wir die Sprache von sinnlicher Auffas-
sung ausgehen liessen. Die Auffassung der Geschichte, wonach
die Menschen als ans ursprünglicher, thierischer Rohheit per Ver-
stand sich emporarbeitend gedacht wurden, ist längst verworfen.
Jedenfalls ist sie unhistorisch., Die alten Culturvölker treten alle
in die Geschichte ein sogleich vollkommen denjenigen Grad von
Bildung ımd Wissen u. s. w. aufweisend ,. der ihnen ihren Standpunkt
in der Stufenreihe der Geschichte des Entwicklungsganges des
menschlichen Geistes anweist. Ein Fortschreiten in der. Richtung,
in der das Bisherige errungen zu denken wäre, findet sich nicht;
vielmehr wirkt alles Neue dem Alten gegenüber destructiv, womit
diesem neuen Gange durchaus nicht ein gesetzmässiges Vorwärts-
schreiten abgesprochen wird-. Bei dem ersten Volke, wo ein Fort-
schritt sich knnd gibt, den Griechen, tritt dieser dennoch dem
bisher erlangten Wissen feindlich entgegen: die Philosophie zer-
stört den in der Mythologie enthaltenen Glauben — trotz mancher
Koketterie mit ihm; trotzdem, dass Plato sie als niedere Erkennt-
nissstufe einznreihen weiss. Aehnlich ist es in den Sprachen,
Mit dem Erwachen zur Geschichte erwachen den Völkern auch bis-
her. nicht. gekannte Bedürfnisse des Ausdrucks; das Formenmate-
60 Das syntakt. System der Tempora und Modi
rial war vorhanden; jenen gemäss ward es verwandt. Wir kom-
men so bei jedem Volke auf eine Zeit vor aller Historie, wo seine
Sprache, seine, oft so durchdachten religiösen Philosopheme , über-
haupt, das was seine Bildangsstufe ausmacht, — entstand. Dass
von einer blos mit dem Sinnlichen sich beschäftigenden Geistes-
thätigkeit da nicht die Rede sein kann, zeigen die Resultate. Wol
aber übte auf dies wenig bewusste, aber stetig immer mehr zum
Bewusstsein, der in seinen Geist gelegten Offenbarung sich
emporringende, instinktartige Schaffen. die Natuir, das sinnlich Ge-
gebene den grössten Einfluss aus; dieser. Anschauung anhlog ent-
standen die sprachlichen Systeme. Wie spät gelingt ts doch erst,
sich der Natur als. etwas Üebermächtigem za entziehen, sich als
das Höchste in derselben zu erkennen! Der Inder erkennt sich
und die Welt und den Gott nur als Pflanze, der Atgypter als
Tier, und danach bestimmen beide ihre Aufgabe, Als verrünfti-
ges, freies Wesen erkennt sich erst der Grieche. —
Das griechische Verb besteht, vom deutschen Standpunkte
angesehen, aus drei Vbis., jedes aus einem 'Praes. c. modis nebst
einem Praet, bestehend; im Latein erscheint dies nur zweimal,
iin Deutschen ein mal. | |
Im Latein ist nämlich kein eigues Vb. Aor. mehr ; das Perf.,
. wenigstens im Indic., hat dessen Functionen übernommen. Es kaun
nämlich die Vollendung einmal als jetzt vorliegendes Resultat ge-
fusst werden (== eigentl. Perf.); zweitens als Zeitbestimmung für
die Gegenwart; damit ist die vollendete Handlung. selber vergan-
gen (Perf, hist). Diese Beziehung auf die Gegenwart ist eben-
falls etwas in den Sprachen immer mehr hervortretendes. (Ein
Theil der Sanscritkundigen hielt das lat. Perf. für’ den griech. Aor.;
das stützt sich aber nür auf die Aehnlichkeit-von — σε und — oa,
also nur schwacher Bildungen; die starken Iatein. Perf. sind analog
dem griechischen gebildet — entweder nur Reduplication oder nur
Verlängerung aufweisend, nach der dem Latein eigenthümlichen
Sparsamkeit; die schwachen Formen auf — si und — vi entspre-
chen den primis auf κα und ἐν, mäg man. sie aun für agglautinirt
nehmen oder nicht; denn erst bei diesen schwachen Formen tritt
diese. Theorie hervor. (ΟἿ, übrigens Curt. Spr. Beitr.). Das Plusq.
erhält daher hier auch die Bedeutung der Vorvergangenheit. Die
aus der des eigentl. Perf. fliessende hat es z.B. auch bei post-
quam: „zu der Zeit, als das im Zustände der Vollendung war,‘ —
vielleicht lange nach jener Handlung, ganz parallel dem schon häu-
figeren Imperf. („als es schon so weit war, dass man daran ging“).
Das gewöhnliche Perf.’ bei postquam etc. beruht dagegen auf einer
Coincidenz zweier Punkte, um das sofortige Eimtreten oder viel-
mehr Zusammenfallen beider Handlungen auszudrücken. Dalier ist
dies das aoristische -Perf. Die Vergleichung des griech. Aor. al-
lein würde bier nicht genügen, dä man an einen Äor. pro Plusg.
denken könnte. Aehnlich ist es mit dum, nur dass hier rhetorisch
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 61
das Praes. steht, offenbar, um einen Contrast lebendig vors Ange
treten zu lassen; bei blossen Zeitangaben steht ja das Imperf. Der
Inf. Perf. bei satishabeo, pudet etc. beruht auf der absoluten An-
gabe der Vollendung, also .das eigentl. Perf., ähnlich wie umge-
kehrt der Inf. Praes. bei memini nur eine Dauer zum Zweck der
Vergegenwärtigung angeben will. So beruhen manche der sog,
aoristischen Ind. und Inf, Perf. vielmehr auf dem eigentlichen.
Die aoristische Verwendung des Inf. und auck des Conj. (zum
Perf. hist.).ist vorhanden, aber nicht ein Gebrauch, von dem man
allmälig zarückgekommen wäre, sondern einer, der erst später her-
vortrat.
Im Deutschen deckt das Imperf, sowel Aor. (und Perf.
hist.) als Imperf. Das Perf. hat hier auch eine Anwendung als
Tempus der Vergangenheit, sowie nämlich eine Vergangenheit als
auf die Gegenwart .resultirend ausgesagt werden soll: z. B. „er,
hat ihn bier gesehen. Wer hat dir das gesagt? Er ist in. H. ge-
wesen,‘‘ — verglichen. mit Imperfectis. -Daher bleibt letzteres für
die eigentliche Erzählung. Auch in dieser Bedentung des Perf. se-
hen wir das Bedürfniss genaueren temiporalen Ausdrucks sich gel-
tend machen; (das denn auch, eben vom modernen Standpunkt ans,
zu der modernen Scheidung absoluter und relativer Tempora ge-
führt hat). So gibt es Fälle des griech. Aor, statt des deutschen
Perfeots ın Unzahbl; auch des Imperfects; nicht minder aber ist
anch der Aor, sehr häufig, auch wo ein griech, Perf; stehen könnte;
es ist dann eben nur die Beziehung auf die Gegenwart unausge-
sprochen geblieben.
Das Futurum entst®kt im Griechischen aus dem Conj. Die
Form des griech. Conj. besteht if Dehnung des Bindevocals. Wo
dieser nicht vorhanden war, ist diese Formation als ursprüngliche
nicht denkbar; da genügte eben Einsetzung eines solchen. So
entstehen Formen wie ἴομεν, εἴδομεν. Dennoch machte, da diese
Formen den Indicativen der conjug. auf ὦ gleich sahen, die Ana-
logie dieser immer herrschender werdenden conjug. (im Latein ist
die auf μὲ nur noch in sum und inquam) sich geltend; daher die
nachberige Gleichheit. Die alterthümliehsten Futura .sind wol nicht
die auf σοῦμαι (so Curtius), als zusammengesetzte Formen, son-
dern ἔδομαι, πέομαι. ἔσομαι. Diese sehen wir an als solche ur-
sprüngliche Conjunctivformen der conjug. auf μὲ, nur durch Ein-
setzung eines Bindevocals gebildet, und: stellen ihnen an die Seite
homerische „Futarformen, wie dvvo, τανύω, ἐρύω neben ἄνυμι.
τάνυται are.
Nach solcher Abstammung will das griech. Futur offenbar
ursprünglich ‚mehr Erwartung als die Zukunft ausdrücken. Schon
in der gewöhnlichen Sprache zeigt sich dies .modale Element in
dem vielfachen Wechsel mit dem Conj., besonders in zweifelnden
Fragen, oft auch durch die Verbindung mit un. Entscheidend
aber ist hier, obwol gewöhnlich aus der temporalen hergeleitet,
62 Das syntakt. System der Tempora und Modi
seine finale Bedeutung in relativen Nebensätzen, da, ‚wo. es durch
keinen andern Modus ersetzt werden darf, auch in der Vergangen-
heit,.z. B. misit legatos, qui decerent = οἵ λέξουσι,. wo in unzäh-
ligen Fällen von Wirklichkeit nicht das Mindeste behauptet wird,
manchmal offenkundig der Erzählende die Nichtwirklichkeit glaubt.
Ausserdem liegt auf der Hand, dass hier eben eme modale Be-
zeichnung unentbehrlich ist, — man möchte denn etwa dem Griech.
die Fähigkeit. dazu hier absprechen wollen. — Auch.wo das Fut,
mit μέλλω collidirt, füblt sich leicht, dass im Futur immer. etwas
von einem Sollen und Wollen liegt, ein :Begehren, etwas Con-
junctivisches, während μέλλω eine blosse Ankündigung der Zukunft
wäre. ‘ Sunach ist die Herleitung der nicht temporalen Gebrauchs-
weisen des Fut. aus der temporalen sowol forinell wie: syntaktisch
unhistorisch. . Erklärlicher Weise wird in der älteren. Sprache
dieser modale Gebrauch noch ausgedehnter sein. Die Unterschiede,
die bes, für Vergleichungen von Nitzsch und besonders von
Nägelsbach da aufgestellt, sind wol nicht haltbar. Denn’erstens
gehen sie vom Temporalen aus, indem das Futur nur ein einzelner
Fall in der Zukunft sein soll; zweitens wird der Conj., seine Gleich-
- heit mit dem Conj. c, ἄν zugegeben, in einer zu speciellen Be-
deutung gefasst, wenn er hier. immer ein ‚allemal wenn‘ bedeu-
ten soll, zumal die neben dem Futur speciell in Betracht. kommen-
den Conjunctive Aor. Auch passt die Bedeutung des „allemal
wenn“ gerade für den Zweck der Vergleichungen gar nicht, welche
vielmehr immer nur ein „einzelnes“ Bild, wenn auch eines.noch
so häufigen Ereignisses, vorführen wollen. Endlich bleibt das He-
siodische καταβήσεται Theog. 750 entschieden entgegenstehend,
wenn auch die neuesten Texte wiele der alten Futura fortgeschafft
haben; oft gewiss, weil man von der Bedeutung der Zukunft
ausging.
Im Latein hat die ältere Sprache noch manchmal ein Futur,
wo auch der Conj. erwartet werden könnte. Im Allgemeinen fie-
det sich hier das Futurum der Erwartung nicht mehr (ausser, wo’ es
später durch Graecisirung eindrang), Denn auch die Fälle in Ge-
setzen mit si quis c. Fut. gründen sich schon auf die temporale
Bedeutung; und derselbe Grund, der die Gesetze nothwendig
machte, das Vorkommen, lässt dergleichen auch für die Zukunft
sicher voraussetzen; daher der Indi, — Im Deutschen ist das
Fut. nur durch ein Hülfsverb gebildet, steht insofern μέλλω gleich,
und ist ebenso reines Tempus der Zukunft. Den weitern’ deut-
schen Gebrauch, sowie den rhetorischen, lassen wir hier, wie oben,
bei Seite. .
In Griech. hat das Fut. Modi, wenn auch seiner Bedeutung
wegen unvollständig, während eine moderne, a priori construirte
Grammatik sehr wohl z. B. einen Imper. Fut. brauchen könnte,
Lateinisch hat es keine Modi, denn die sog. Partic, Fut. sind beide
schon abgeleitete Adject. verb. Lateinisch ist das Εἴ, schon Ne-
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 63
bentempns des Vbi Perf; und Ybi Imperf, geworden. Im Griech,
(wo die Modi, wie die der conjug. periphr., nur die absolute Tem-
pusbedentung haben,) ist es ein aber nicht durchgeführter (‚weil
nicht ursprünglicher), Versuch eines vierten Tempusstammes: das
der Erwartung; unterbrochen wurde dieser durch das entschieden
sich geltend machende Bedürfniss gemauerer relativer Zeitbestimmung
(eines Ausdrucks für die Zukunft), wodurch es dann im Indic.
mehr Nebentempus ward,
Im Latein sind danach 2 Tempasstämme,, jeder aus drei Tem:
poribus bestehend. welche drei dann en Begriffen der Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft entsprechen: was im Griech. nicht durch-
gebildet ist, indem zwischen Vb. Aor. und Vb. Imperf. für das
Futur. kein. Unterschied ist; — während die Tempusstämme selber
noch nicht Vergangenheit und Gegenwart bezeichnen, obwol im
Perf. hist. der Anfang dazu vorliegt. Im Deutschen sind, wenn
wir die durch Hülfsverba gebildeten Formen mitrechnen, wieder
drei Tempusstämme; aber diese haben selber die Bedeutungen von
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, insofern nämlich das Perf.
auch Vergangenheit bezeichnet. Die- Nebentempora haben beide
die Bedeutung der Vergangenheit. Das Fut, hat keins; wohl aber
den Conj. desselben, „würde,“ ἃ, h. den Opt. des Vbi Fut. Einen
Conj. des Haupttempus selber könnte die Grammatik hier ebenso.
gut aufführen, wie den Inf., den die Sprache selber nicht kennt;
Das Französische zeigt ein Praet. Vbi Fut., verwendet denselben
aber modal; d. h. der ursprüngliche Gang in den Sprachen, dass
modale Scheidungen aufgegeben und zu . Gunsten temporaler ver-
wendet werden, ist hier so weit geführt, dass er in sein Gegentheil
umschlägt , in dem modale Verhältnisse schon in temporaler Auf-
fassung gedacht werden, Das ist beim Impf. im: Franz. im Be-
dingungssatze ebenso; im Deutschen ist das nicht: es wird ibm
nur wegen verkehrter Auffassung des griech. Gebrauchs zu ge-
schrieben; im Griechischen aber liegt der scheinbaren Aehnlichkeit
mit dem Französischen ein gerade umgekehrter Gedankengang zu
Grunde,
Diese letzten Zusammenfassungen sollen nur darin ihre Be-
deutung haben, dass sie zeigen, wie die Sprachen etwas im Flusse
Befindliches sind, sowol jede innerhalb ibrer Grenzen, wie alle in
ihrer Abfolge nach einander, ' und dass ein gesetzmässiges Fort-
schreiten dabei erkennbar ist. Ferner zeigt sich, dass mit unver-
mittelter Uebertragung von grammatischen Begriffen von der einen
auf die andere viele Willkürlichkeiten in die Erklärungen kommen
müssen. Endlich konnten die einer Sprache vorschwebenden Sy+
steme schon deshalb nicht‘ vollkommen consequent durchgeführt
sein, weil das ihr historisch mit dem Material der Formen Ueber- .
kommene doch auch ein System und ein anderes war, als das, auf
welches sie selber, seitdem: das Volk zum Bewusstsein erwacht war,
im Einklang mit dessen weiterer Entwickelung zueilte.,
"᾿
64 Das syntakt. System der Tempora und Madi ὦ
Die Moduslebre im Griechischan. ᾿ -. ‘
Bei der Tempuslehre lag die ‚historisch .nothwendige Auffas-
sung. derselben schon im System der Formen vorgezeichnet. Schwie-
riger ist die Lehre vom Modus. Hier muss ebenfalls der Einklang
mit dem System der Formen und ihrer Geschichte gewahrt werden;
viel wichtiger ist jedoch die Darlegung der Satzformen, insoweit
diese durch die Modi ihren Ausdruck erhalten, und: die Sptach-
vergteichung wird hier wesentlich eine syntaktische,
Zunächst bedarf. es’ freilich der Anfstellung von Grundbe-
deutungen, doch ist 'mit deren Auffindung erst dig Hälfte .der
Arbeit gethan, und es' ist unmöglich, die aufgestellten gleich voran
zu beweisen. Es sind deren verschiedene aufgestelit und Beispiele,
auch ganze, Gebrauchsweisen, haben sich für jede dieger-Annabmeg
genug finden lassen; aber der Beweis kann nur in dem. aufgefun-
denen ganzen Systeme des Gebrauchs liegen; sieht.mapn von diesem
ab, so scheut man sich, wenn man an eine Bezeichnung sich ge-
wöhot, auch künstlichere Erkläruggen nicht. Damit bleibt denn
dem subjectiven Meinen und dem aprioristischen Dogmatisiren zu
grosser Spielraum. Häufig glaubt, man ‚auch -mjt Aufstellung der
Grundbedeutungen insofern ‚genug gethan zu haben, als. dann die
Erklärung eines einzelnen Gebrauchs nur. dadurch beschafft wird,
dass immer jene. Definitionen wiederholt werden,. algo behauptet
wird, dies sei es, was die Sprache hier habe ausdrücken wollen,
Aber auch angenommen, die aufgestellten. seien ‘die richtigen, sa
belehrt das nicht darüber, welche Fotmen in den einzelnen Satz-
arten zu setzen seien, da häufig verschiedene Ausdrucksweisen
danach möglich whren, oft geradezu’ falsche. Daher kann denn
auch bei.der Interpretatiga dies Verfahren dem Vorwurfe der Will-
kürlichkeit nicht entgehen. ‘Schon dass nur ‚eine beschränkte An-
zahl Modalformen in den einzelgen: Satzarten zulässig sind, be-
sonders, wena man ὧν sowie οὐχ und μή in ihrer modalen Ver-
wendung mitsechnet, zeigt, dass die Bestimmungen auch .anders-
woher zu suchen sind. Ueberhaupt bleibt die Frage, welche der
verschiedenen aufstellbaren Satzeintheilungen zu wählen sei, dann
gauz abgesondert, gewöhnlich sogar zu wenig berücksichtigt.
Ordnet man dagegen den Gebrauch blos nach einer. a priori
eonstruirten Satzeintheilung, so .ergibt sich kein Ueberblick
des von der Sprache wirklich gedachten Systems, ihrer Grundan-
schauung der einzelnen Modi, die Nothwendigkeit der gebrauchten
Formen wird nicht klar. Dies Verfahren ist neuer; doch hat man
verschiedentlich, wegen der Schwierigkeit der Erklärungen, es auf-
gegeben; triftiger Grund. war vorhanden, da jene Satzeintheilungen
‚factisch nur den modernen Sprachen entnommen waren; dennoch
verlangt die Sprachvergleichung, die syntaktische eritschieden die
Berücksichtigung derselben. — Bei beiden Methoden, einseitig
angewandt, ist schwer zu scheiden, was von Bedeutung im einzel-
im Griechischen, Von Aken zu Güstrow. . 65
nen Falle die Modusform an sich ausspreche, und was durch die
Geltung der Satzform hinzukomme. —
Es muss daher die Auffindung und Auffassung der Modusfor-
men jeder Satzart eine von der Aufstellung der Grundbedeutungen
ganz unabhängige Aufgabe bilden. Letztere haben ihre Probe in
der Durchführung zu bestehen.
Von Sprachvergleichung kommt hier namentlich die
syntaktische in Betracht; und zwar nicht die von Einzelheiten,
die losgerissen wenig beweisen, sogar irre leiten können, sondern
der ganzen Systeme; nicht blos von Aehnlichkeiten, die im Zu-
sammenhbange der Systeme sich als auf ganz andern Grundlagen
beruhend erweisen können, sondern auch von Ungleichheiten,
die in ihrer Berechtigung innerhalb ihrer Systeme nachzuweisen sind,
Als, wenn auch eigentlich .selbstverständliche, Voraussetzun-
gen müssen wir noch aufstellen, dass die Bedeutung einer Modus-
form nur eine einheitliche sein könne; ferner, dass die Modi
modal, nicht temporal zu scheiden seien, Inwieweit in manchen
Gebrauchsweisen und bei verschiedenen Sprachen verschieden eine
Abflachung dieses modalen Unterschiedes zu einem blos temporalen
eingetreten sei, wird nach den Gründen davon zu verfolgen sein. Fer-
ner scheint es nothwendig, dass eine allgemeine Angabe der Be-
deutung des Verhältnisses, auf das alle Modi sich bezichen, vor-
aufgestellt werde; ferner sind die einzelnen Modi jeder Sprache
als ein Ganzes umfassend anzunehmen, und zwar so, dass die
Bedeutungen der einzelnen in, sich gegenseitig ausschliessenden,
Gegensätzen auseinander treten. Wenu 2, B, sich zeigt, dass
das Griechische die Modalität in vierfacher, das Latein in drei-
facher, das Deutsche nur in zweifacher Stufenreihe darstellt, ver-
steht sich von selbst, dass danach die Bedeutungen selbst etymo-
logisch ganz gleicher Modusformen verrückt sein müssen. Alles
dies sind Consequenzen der historisch vollkommen berechtigten An-
nahme der Möglichkeit wenigstens, dass den einzelnen Sprachen
verschiedene Systeme vorschwebten, die aber die dogmatisirenden
Methoden häufig unbeachtet lassen.
“Endlich werden wir uns auf das in der attischen Prosa
vorliegende System beschränken, den Gebrauch der ältern Sprache
nur zur Begründung heranziehend. In letzterer ist die Satzbildung
noch nicht vollständig entwickelt, die Gebrauchsweisen noch nicht
fixirt. Daher ist auch das System des Modusgebratichs erst eine
Schöpfung der Atthis, und wie die „Periode“ überhanpt wol erst
eine That des hellenischen Geistes; — wenigstens gegenüber dem
Sanserit, das in dieser Beziehung kaum auf eine dem Homer pa-
rallele Stufe Anspruch machen kann; daher der. Mangel einer Ver-
gleichung dieses, wozu ausserdem alle Vorarbeiten fehlen, nicht
schwer ins.Gewicht fallen kann.
Archiv f. Phil, u. Paedag. Bd. XIX, ΗΛ. 1, 5
66 Das syntakt. System der Tempora und Modi
$. 2. Grundbedentungen. |
Unter Modalität verstehen wir das Verhältniss der ausge-
sagten Thätigkeit zur Wirklichkeit, d. h. dasjenige, in welchem
stehend sie ausgesprochen wird. Das Griechische vervielfachte
die Zahl seiner Modi, d. ἢ. der Flexionsformen zum Ausdruck der
Modalität, durch die Scheidung zwischen οὐ und μή, durch Hinzu-
setzung oder Weglassung der Partikel ἄν. die, aus welcher ur-
sprünglichen Bedeutung immer, zu einer rein modalen abgestumpfit ist,
Der Indicativ stellt die Thätigkeit als wirklich hin; diesem
gegenüber steht der Optativ, welcher jene Thätigkeit als nur dem
Reich des Gedankens angehörig ausspricht. Zwischen beiden
steht der Conjunctiv, indem dieser die Thätigkeit gleichsam als auf
dem Wege vom rein Gedachten zur Wirklichkeit hin ausspricht,
nämlich als erwartet.
Die Facta der Sprachgeschichte stehen damit in vollem
Einklang und leiden kaum eine andere Auffassung. Die Form
des griech. Opt. findet sich auch im Latein, im Praes, Conj.
(εἴην = esiem’ = sim; amem aus amaim, legam ans legaim; auch
steht alt leges etc, nicht selten für legas; osc. staiet — stet); da-
gegen die des griech. Conj. findet sich nicht im Latein, und die
des lateinischen Impf. und Plusquampf, Conj. nicht im Griechischen;
der griech, Conj. ist eine spätere Bildung; wenn auch Spuren der-
selben in dem im Sanscr. entdeckten Letmodus vorliegen, so wird
doch seine entschiedene Herausbildung als That der griech, Sprache
anerkannt, und hier passt seine Form in der gewöhnlichen Sprache,
Dehnung des Bindevokals, nicht auf die ältere bindevokallose Con-
jugation; bei dieser genügte eben Einsetzung eines solchen Vokals
2..B. ἴομεν vgl. ἀνύω Fut.,d.h. Conj., von ἄνυμι κτλ. (vgl. ἔδομαι
πίομαι — sulche urspr. Conjunctivformen); die Aehnlichkeit letz-
terer Formen mit den Indicativen auf ὦ machte Uebertragung des
@, 165 ἢ κτλ. auf die Conj. auf μὲ nothwendig; aber kaum denk-
bar wäre es, wenn zur Zeit der Abtrennung der Conjug. auf ὦ von
der auf μὲ jene ältern Conjunctivformen schon bestanden hätten.
Danach sind also Indic. und Opt. als die früher einzigen Modi im
Griech. anzunehmen, ebenso natürlich beide als das gesammte Ge-
biet des Modus umfassend, also auch ihre Bedeutungen npthwendig
in Gegensätzen za einander heraustretend; dies alles ermöglicht
sich, sobald wir den Indic. das Reich der Wirklichkeit, den Opt.
als das Reich des Gedachten umfassend annehmen, Das Bedürfniss
genaueren modalen Ausdrucks brachte andere Modi hinzu; zuerst
die augmentirten Formen, für die Nichtwirklichkeit, die dann von
ihrer temporalen Verwendung (vgl. oben) ihren Namen Praeterita
erhielten; dann den Conjunctiv, der eine Mittelstufe zwischen Indic.
und Opt. zu bilden bestimmt war, wie die Praeterita nach der an-
dern Seite hin. Damit stimmt es denn auch, dass nicht selten der
Opt. als der allgemeinere Modus sich kund thut, der für jede der
ita Griechischen, Von Aken zu Güstrow, 67
beiden letztern eintreten kand, sobald die speciellere Bestimmung,
die letztere geben, zurückgehalten werden soll,
Das Bisherige soll eben nur ein Versuch sein, die Data der
Sprachgeschichte in solchem Zusamimenhange aufzustellen ,‚ wie man
es von einer wissenschaftlichen Auffassung dieser Lehre verlangen
kann. Eine Widerlegung desselben hat aber eine andere Auffas-
sung jener Data aufzustellen, oder die Voraussetzungen aelber an-
zugreifen. Ein Beweis. soll nicht gegeben sein, der soll in der
Durchführbarkeit der Grundbedeutungen in dem historisch vorlie-
genden Systeme des Gebrauchs beruhen. Dennoch ist es nöthig,
einigen in den N. Jahrb. B. LXVI, S. 184 sq. gemachten Ein-
würfen zu begegnen. Die dort aufgestellten beiden andern Möglich-
keiten der Grundbedeutung des Conj. waren für mich keine; die
erste, dass der Conj, „einzelne besondere Fälle im weiten Gebiete
des Modus‘ auszudrücken, könnte bestimmt gewesen sein, deshalb
nicht, weil sie der Voraussetzung widersprach, dass die Bedeutung
jeder Form eine einheitliche, überall dieselbe sein müsse; die an-
dere, dass der Conj. ja auch der Nichtwirklichkeit näher hätte
fallen können, als der Opt., schien des Gebrauchs wegen schon
für rein unmöglich anzunehmen. Auch ist unsere Grundbedeutung
des Con}. materiell ganz dieselbe, wie die von Bäumlein, „Tendenz“
der Handlung sich: zu verwirklichen, nur dass, wegen unserer
Bestimmung der Modalität, diese Bedeutung ebenfalls vom Re-
den den aus bestimmt werden müsste; ausserdem schien auch das
Missverständniss möglich, als werde der Conj. als „Tendenz‘* schon
dem Begehrungssatz zugewiesen. Gegen die Durchführung der
„Erwartung“ ist nur erinnert, dass im Bedingungsvordersatz der
Conj. nicht immer etwas positiv Erwartetles bezeichnet; aber eine
Erwartung bleibt dennoch auch dort ausgesproeken, nämlich die,
dass das Urtheil werde zur Anwendung kommen, und dieser schrei-
ben wir die conjunetivische Form dieser Stufe des Bedingungs-
satzes zu. — Auch die Bestimmung, dass der Conj. das „unbe-
stimmt‘‘ angebe, was das Fut,. „bestimmt“, obwol sie natürlich
Wahres enthält, lässt dennoch eine positive Angabe dieses Ver-
hältnisses wünschenswerth bleiben; zudem ist es für emen histori-
schen Standpunkt unabweisbar, das Futur vom Conj. aus, nicht
umgekehrt, zn hestimmen. Endlich kann die Scheidung, dass der
Conj. das Feld des Opt. für die Gegenwart bezeichpe, nicht ge-
nügen, da dies eine temporale, keine madale Scheidung wäre. —
Beim Optativ wird noch häufig die „Möglichkeit“ als Grund-
bedeutung angenommen. Doch scheint die Unmöglichkeit, diese
durchzuführen, schon von Andern hinreichend dargethan. Es scheint
dieselbe wenigstens nieht zugleich mit der eines Conj, der Ver-
gangenheit ihm zugewiesen werden zu können, speciell nicht nach
griechischer Anschauung: vgl. die Gesetze über den Opt. mit &v und
dass der blosse Opt., wenn auch von zukünftigen Dingen, schwer-
lich von der Vergangenheit im einfachen Satze gebraucht wird,
H%
68 Das syntakt. System der Tempora und Modi
Ferner ist es zweierlei, ob eine Handlung an sich für eine mögliche
zu halten sei, und ob die’ Behauptung dieser Möglichkeit wirklich
ausgesprochen sei. Die Annahme, dass solche Behauptung wirk-
lich ausgesprochen sei, leuchtet häufig nicht ein. Was soll solche
z. B. in Finalsätzen, wo vielmehr oft gerade ein Conj. statt des
Opt. das Begründete der Erwarting der Erreichung hervorheben
soll. Ebenso scheint selbst beim Wunsche und in der or.
oblig. die Behauptung der Möglichkeit fremdartig, und in Bedin-
gungssätzen zumal geschehen besonders in philos. Sprache häufig
Annahmen im ÖOpt., wo an eine Behauptang der Möglichkeit gar
nicht gedacht wird; ebenso ‘wenig an die Vergangenheit. Auch
das entscheidet nichts, dass in vielen solchen Fällen die Handlun-
gen an sich könnten möglich gewesen sein; denn einmal, wer wollte
das immer entscheiden? und zweitens, falls nun einmal der Redende
die Behauptung der Möglichkeit wie der Unmöglichkeit nicht hätte
anf sich nehmen wollen, wie sollte er dann sich ausdrücken? Dass
er alt pro Fut. steht, beweist jene Bedeutung auch nicht, zumal
es selbständig den Opt. ohne ἄν nicht wie den mit ἄν auch von
der Vergangenheit gibt. Der Annahme‘ der Bedentung des “τοίη
Gedachten‘ soll auch entgegenstehen, dass er in diesem Falle auch
Modus der Nichtwirklichkeit hätte werden mässen. Aber man darf
doch nur behaupten, dass er «das hätte werden können, dass
aber das Griechische für die Nichtwirklichkeit za‘ einem eignen be-
sondern Modns gekömmen ist (vgl. die Tempuslehre); man muss
vielmehr anerkennen, dass häufig als nicht wirklich Gedachtes, wenn
eben dies nicht besönders behauptet ‘werden soll, im Opt. sich
findet, duss im Latein sogar beide Bedeutungen durch eine und
dieselbe Forın beschafft werden. — Auch gibt offenbar Wirklich-
keit — Erwartung — rein Gedachtes — Nichtwirklichkeit eine
passendere Stufenreihe der Modalität als: Wirklichkeit — „Zu-
kunft‘“ als „unbestimmt“ — „Möglichkeit‘“ und Nichtwirklichkeit.
Endlich ist noch anzugeben, weshalb von unserm Standpunkt
ans die Scheidung der beiden Conjunctive nach „subjectiver und
objectiver Möglichkeit“ nicht gebilligt werden konnte. Wir wollen
uns nicht darauf stützen, dass diese Theilung zu künstlich, zu ge-
macht aussche. Aber jene Scheidung wäre zu leicht missverständ-
lich. Denn es sind sämmtliche Modi nach unserer Fassung sub-
jectiv, insofern sie nur die Meinung des Redenden angeben, und
manchmal ist der Conj. subjectiver, als der Opt., manchmal umge-
kehrt. Objectiver kann man den Conj. häufig deshalb nennen, weil
er etwas als der Wirklichkeit näher stehend ausspricht, als der Opt.;
in andern Fällen scheint das subjective Element im Opt. ganz zu-
rückgedrängt, wie in der or. obliy., wo der Redende ja gauz ob-
jectiv angibt; ähnlich tritt z. B. im Begehrungssatze beim Conj.
das Subjective weit mehr hervor als im Opt. Besser ist es alsn
die vieldeutigen und vielgedeuteten (vgl. Schmalfeld’s Auffassung)
Ausdrücke hier gänzlich zu meiden.
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 69
Beim Indicativ ist gegen die Bedeutung der Wirklichkeit
in nenerer Zeit mehrfach Bedenken erregt, obwol ohne diese ein
System der Modi, ja eine allgemeine Angabe dessen, was unter
Modalität zu verstehen sei, unmöglich scheint. Solche Bedenken
aber liessen sich vielleicht gründen: 1) auf die modale Verwendung
der Praeterita; aber dann sind diese keine Indicative; 2) auf den
Gebrauch der Indic., besonders Praes., in der or. pbliq., was weiter
unten sich völlig erklären wird; 3) auf die Anwendung in Bedin-
gungsätzen; dert aber wird freilich nicht die Wirklichkeit der ein-
zelnen Handlung, wol aber die des zwischen Haupt- und Vorder-
satz bestehenden Causalverhältnisses behauptet; vgl. den Conjunctiv
der „Erwartang‘ ebenda; 4) nur formell davon geschieden ist der
parataktische Ind., der scheinbar selbständig, die Bedeutung
eines Bedingungsvordersatzes hat; dessen Erklärung fällt durchaus
mit der eines Ind, mit εἶ zusammen; die Unterordnung ist nur nicht
formell durch eine Conjunction ausgesprochen. Wegen einer Be-
hanptung der gedachten Recension S. 186 ist noch zu bemerken,
dass diese Auffassung mit den Resultaten von C. Fr. Hermann de
prot. parat. vollkommen stimmt, wie ich auch die Frende hatte,
dort meine Behauptung, dass der im lJ.atein hier so häufige Conj.
griechisch nicht vorkomme, bestätigt zu sehen.
Der Imperativ, formell zum Indicativ ähnlich wie der Vo-
cativ zum Nominativ sich verhaltend, bildet nicht etwa eine nene
Madusstufe zu den besprochenen Morlis, sondern ist dasselbe im
Begehrungssatz, was der Indic. im Urtheilssatz; in ihm allein hat
nämlich jener eine besondere Flexionsform geschaffen, während
Conj., Opt., Praet. in beiden Satzarten vorkommen. Wir werden
in also mit dem Indic. auf gleicher Modusstufe finden. Seine
Bedeutung nämlich eines Anrufs, der meist Befehl ist, muss, wenn
man den Gebrauch von vale und salve einschliessen will, erweitert
so gefasst werden, dass er die Handlung ausspreche mit der Vor-
anssetzung, dass dies Aussprechen die Verwirklichung der Hand-
lung zu Wege bringen werde. Der Form nach ist sein Verhältniss
zum Indic analog dem zwischen Vocativ und Nominativ, wenig-
stens für die Η p.; für die III. dienten verstärkte Formen zum
Ausdruck der hervorgehobenen Betonung.
Der Infinitiv ist nur in soweit ein Modus, als er die Hand-
lung, wie anderer durch die Flexion gebrachten Beziehungen, so
auch der Modalität .entkleidet darstellt: den nackten Begriff des
Verbi an sich. oo.
δ. 3. Gebrauch der Modi im einfachen Satze.
I. Der Conjunctiv.
1) Das Factische ist, dass er in der attischen Prosa nur vor-
kommt: 1) als Aufforderung, 2) als dubitative oder deliberative
Frage, 8) mit οὐ μή pro Future, — Die Aufforderung ist herzu-
70 Das syntakt. System der Tempora und Modi
leiten aus der Erwartung; die zweifelnde Frage wieder aus jener;
die Sätze mit οὐ μὴ sind nur scheinbar noch einfache Sätze.
Zunächst zeigt sich, dass der Gebrauch des Conj. im Ur-
theilssatz ganz aufgegeben ward. Im Homer gibt es diesen
noch im Conj. pro Fut. besonders mit ἄν, wenn nämlich die Er-
wartung auf Umstände zu stützen war; bei οὐκ fehlt freilich meist
: dies ἄν, weil bei einer weggeleugneten Erwartung es nicht nöthig
war, diese erst zu stützen. Dieser freiere Gebrauch der ältern
Sprache zeigt, dass die Modi ursprünglich überall angewendet wer-
den konnten, wo sie ihrer Grundbedeutung zufolge stehen konnten,
Die spätere Zeit verlangte, je mehr sich der Kreis der Gedanken
erweiterte, desto mehr nach Deutlichkeit ‘des Ausdrucks und damit
nach Fixirung; daher beschränkte sie den Gebrauch lınd gab lieber
einzelne Nüancirungen des Gedankens ganz auf. So hörte der
Conj. als reiner Ausdruck der Erwartung bald auf; der mit ἄν
(„die Umstände lassen erwarten, dass“) ebensowol wie der ohne
ἄν (der blos subjectiven Erwartung) wichen dem Ἐπί, Der Conj.
blieb nur, wo er einem Begehren als Ausdruck diente, d. h.
das Aussprechen der Erwartung als Aufforderung. Im Begeh-
rungssatz fehlt aber bei allen Modis &r.
2. Auch hier erlitt der Conj. manche Einschränkungen: nur
die I p, plur., die II p. Sing. und pfur. und letztere Person nur
negativ (μή) und nur vom Aorist galten als Aufforderungen. Es
zeigt sich δἰ τίη das Princip, dass nur die leichteren Anfforde-
rungen durch das Aussprechen der Erwartung beschaffbar erschie-
nen. Alles Andere fiel dem Imperativ anheim. Als die leiehteste
erschien die in der I p. plur., weil da def Redende sich selbst
mit einschliesst. Dann folgt die II p., wenn die Aufforderung ne-
gativ war; es bedurfte nämlich die Aufforderung etwas nicht zu
tbun, nicht eines so starken Ausdrucks, als die positive, die ein
Subject erst in Bewegung setzen soll. Wenigstens findet sich dieser
Gedanke bei den Alten selber ausgesprochen. Die Beschränkung
endlich auf den Aorist hat darin ihren 'Grund, dass eine Asaffor-
derung za einer momentanen Thätigkeit nicht eines so gewich-
tigen Ausdrucks bedurfte, wie die zu einer dauernden, die der
Conj. Praes. geben würde. Diese Auffassung der Sachlage wird
bestätigt dadurch, dass wol stätt μή c, Conj. Aor. der Imper. sich
findet, aber nicht umgekehrt statt un c. Imper. Präes, der Conj.
Praes., wenigstens nicht in neuern Texten: d. ἢ, für den 'schwä-
chern Ausdruck konnte wol einmal der stärkere genommen werden,
aber nicht umgekehrt.
Als Ausnahmen gibt es auch andere Personen, wenn sie
dem Sinne nach die zweite enthalten: μή os κιχείω == „lass
dich nicht treffen.“ al wor ϑορυβήσῃ μηδείς. Dann auch bei
φέρε, ἄγε, ἃ, ἢ. überhaupt, wenn ein dabei stehender Imperativ
die Auffoderung kräftigt: μ᾽ ἐάσετε ἐκέσϑαι, λίσσωμ᾽ ἀνέφα τοῦτον,
Hier ist nicht etwa eine Finalconjunction su ergänzen, sondern viel-
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 11
mehr muss dieser Gebrauch als formell selbständiger Sätze früher
existirt haben; die Unterordnung ist noch durch nichts ausgedrückt;
die Wörter, die später als Finalconjunctionen angesehen wurden,
hatten diese Bedeutung nicht von Anfang her, vgl. ἐπίμεινον, ᾿Δρήϊα
τεύχεα δύω. ϑάπτε με ὅττι τάχιστα, πύλας ’Aldao περήσω.
8. Der Conj. der zweifelnden Frage ward gewöhnlich durch
eine Ellipse οὐκ olda, οὐκ ἔχω τί oder ὅ,τι xrA. erklärt, Da wäre
aber erst darzuthun, dass Griechisch überhanpt durch Indirectheit
irgendwo der Conj. entsteht. Die indirecte Frage steht nur dann
im Conj., wenn sie ein Sollen enthält. Findet sich das nun auch
in der directen, so ist in diesem Sollen offenbar der Grund des
Conj. zu suchen. Jene ganze Annahme ist einer sehr äusserlichen
Vergleichung des Latein entnommen; die ganze Voraussetzung, dass
Conj. nnd Opt. nur abhängige Medi seien, hinreichend von Bäum-
lein widerlegt. Wir werden im Gegentheil Begründungen genug
finden, dass ein Gebrauch der Modi im abhängigen immer denselben _
früher. schon im Hauptsatze voraussetze. Der Conj. der zweifeln-
den Frage entsteht, sobald ein Conj. der Aufforderung als Frage
ausgesprochen wird. λέγωμεν — lasst uns! λέγωμεν; sollen wir?
J.ässt nun die moderne Grammatik auch keinen Begehrungssatz zum
Fragesatz werden, so darf sie dennoch fürs Griechische das Factum
nicht in Abreide stellen. Dies aber zeigt.sich noch in der Negation
μή, auch wenn ein Ja erwartet wird; ferner in der Beschränkung
der Personen: wäre nämlich der Conj. schlechthin hier ein Sollen,
so müsste es auch die Il pers. hier geben: „was sollst du? was
sollt ihr?‘ Diese aber kann hier gar nicht vorkommen, eben
weil der Conj. hier immer ein Begehren der angeredeten
Person in Frage stellt, von dieser eine Entscheidung wil; τί
λέγῃς wäre also: „was willst du, dass du sagen sollst?“ Dies
„Sollen“ in der Il pers. einer Frage kann also nur einen Ur-
theilssatz in Frage stellen und ist mit τί δεῖ; (σέ λέγειν) zu formu-
liren; der in Rede stehende griech. Conj. dagegen auf einen Be-
gehrungssatz zurückzuführen, ein Unterscheiden, das das Deutsche
nicht kennt. (Ar. Av. 164. spricht Einer mit τί πέϑησϑε, einem
Andern sein τί σιϑώμεϑα nach. Eur. Herc. fur. 1417 (21) wird
allgemein für corrupt gehalten, Bestände die Erklärung solcher
Gebrauchsweisen in Widerholung irgend beliebiger Grundbedeutun-
gen, so liesse sich freilich das Alles erklären mit und ohne ὄν).
4. Nur scheinbar hierher gehörig ist der Conj. mit οὐ μή
pro Futuro, da der Satz mit un jedenfalls mit den Finalsätzen.
gleich zu behandeln ist, wenn auch diese auf Gebrauchsweisen
selbständiger Sätze werden zurückzuführen sein. Man erklärt die
Stractur meist mit = οὐ (δέος ἐστὶ) un. Diese Ellipse wird weder
dadurch erwiesen, dass die volle Formel vorkommt, noch wankend
gemacht dnrch Stellen wie Eur. Phoen. 1584. Plat. Crit. 44. B.
wo die Analogie sich auf οὐδένα statt οὐ erweitert hat. Auch
principielles Auflehnen gegen alle und jede Ellipse beweist nichts,
12 Das syntakt. System der Tempora und Modi
Aber Stellen wie Eur. Fro. 699. οὐ un daxove νιν σώσῃ Ta σὰ
„es ist nicht zuhoffen, dass 8. s.w.‘* zeigen, dass jene Bestimmung
insofern zu eng ist, als auch μή nicht gerade immer ein Verbum
der Furcht vor sich zu haben braucht, .dass ein bestimmtes Ver-
bum auch im einzelnen Falle gar nicht ins Bewusstsein getreten zu
sein braucht (sonst würde es eben ausgesprochen sein‘), dass also
auch keine Ellipse stattfindet, obgleich das οὐ den ..Inhalt eines
ganzen Satzes hat und der mit μή in regiertem Verhältniss dazu
steht. „Es istkein Gedanke daran, dass u. s. w.‘“ wird danach
wol die allgemein passendste Uebersetzung sein. (οὐ — „nein“
zu setzen, beide Sätze also ausser Verbindung zu stellen, nach
Oed. ©. 649, scheint für eine so allgemein verbreitete Redeweise
nicht passend),
Der Unterschied vom Futur ward früher nach beliebter
Weise dahin angegeben, dass οὐ un (als das auffallendere?) stärker
sei; Bäumlein dagegen nimmt οὐ un für das schwächere; für beide
Behauptungen gibt man Beweisstellen in Menge. Danach ergibt
sich wol, dass das ganze Unterscheiden nach stärker und schwächer
nicht das richtige sein kann, wie solches überhaupt auch nie etwas
bedeutet, wenn man nicht nachweist inwiefern. Bäumlein fasst den
ganzen Gebrauch als attische Ironie und vergleicht κινδυνεύδε —
„es scheint‘, Aber Ironie kann ja nie die eigentliehe Bedeutung
einer Structur sein, sie kann eben nur ironisch angewendet
werden, das aber fällt der Rhetorik, nicht der Grammatik ankeim;
hier handelt es sich aber um die eigentliche Bedentung. Lassen
wir aber dem Conj. gegenüber dem Futur seine jedenfalls subjec-.
tivere Bedeutung, und zwar, wie wir diese im einfachen Satze ge-
funden haben, mit der des Begehrens, auf ‚welche auch der Ge-
brauch in den Finalsätzen zurückzuführen sein wird, so haben wir
einen Unterschied, nach dem sich alles erklärt. Bei οὐ ur tritt
das Afficirtsein des Redenden mehr hervor; dies -Hineintragen des
Subjectiven wird vielleicht in den meisten Fällen nachdrücklicher
sein, aber eben nur durch die Beziehung auf das Ich, an Festig-
keit der Behauptung dem Futur dagegen oft nachstehen. Aehnlich
ist wol Stallbaum’s „cum ethica quadam gravitate“ ad Crit, p. 44 B.
zu verstehen.
II. Der Optativ.
1. Der Opt. ohne ὧν wurde ebenfalls im Urtheilssatz auf-
gegeben. Er findet sich nur als Begehrungssatz; d.h, das
Aussprechen des rein Gedachten, ganz selbständig, geschah nur,
wenn dies rein Gedachte zugleich etwas Begehrtes war; Muth-
maassungen (über verschiedene Zeiten) darin anszusprechen, ward
aufgegeben. Meist allerdings ist jenes Begehren geradezu Wunsch.
Dass jedoch die obige Fassung die richtige ist, zeigt einmal die
Analogie des Conj.; ferner der Homerische Gebrauch, der ihn noch
Shulich einem Befehle verwendet; endlich noch vereinzelte Beste
\
im Griechischen. Von Aken zu Gistrow. 73
auch der spätern Sprache, z. B. Xen. An. III, 2, 37., wo freilich
die Texte jetzt Imperative aufweisen, aber, nach der neuesten
Ausgabe von Kühner, die Optative ebensogut begründet sind, nur
sind diese nicht geradezu als Wunsch zu fassen: Χειρίσοφος ἡγοῖτο
ist der aufgestellten Grundbedeutung gemäss: „ich denke, Ch. wird
Anführer“, „ich denke, wir nehmen ihn zum Anführer“, wodurch
deutsch, ganz wie im Griechischen, ‘em Begehren angezeigt wird,
ohne dass diese Bedeutung aus den einzelnen Worten‘ nachweisbar
wäre. — Den Ausdruck des Wunsches durch den Opt. dadurch
zu erklären, dass man darin die ursprüngliche Bedeutung des Opt.
sieht, hat man meist aufgegeben. Solche wäre auch nicht zu fassen
in einem Gegensatze zu der des Imdicativ und ausserdem nur künst-
lich durchzuführen. Hätte wirklich der Grieche ‚überall, wo der
Opt. steht, auch ‚‚gewünscht‘“, so hätte er eine ganz absonderliche
Denk- und Ausdrucksweise ver den übrigen Sprachen voraos,. ent-
behrte dagegen einer weit nothwendigern, eine Annahme, die man.
ohne die zwingendsten Gründe doch nicht machen darf. Man er-
klärt vielmehr den Opt. des Wunsches jetzt ziemlich allgemein darch
Ellipse, als Vordersatz eines Bedingungssatzes. Aber wenn man
diesen auch ergänzt, so gibt das doch nie einen Wunsch; es bleibt
immer ein Urtheil, wenn auch das, welches den Wunsch hervor-
rufen mochte. Die Form des Ausdrucks für den Wunsch bleibt
doch unerklärt. ‘Jedenfalls bleibt die Hauptfrage noch zu beant-.
worten, warum nicht auch die andern Modi, die im -Bedingungs-
vordersatz erscheinen, hier zulässig sind. (Freilich Hom. Od. IV,
34. αἴ κε Ζεὺς παύσῃ oitvos.) Ferner ist weder eids, εἰ γὰρ
noch el etwas dem Wunschsatz Wesentliches, Endlich ist ja der
Wunschsatz sicher älter als der Bedingungssatz. Man hat vielmehr
davon auszugehen, dass eine formelle Scheidung des Begehrungs-
satzes vom Urtheilssatze gar nichts Ursprüngliches ist und in der
Flexion des Verb. keinen: Ausdruck findet, ausser im Imperativ.
(Die Spräche half sich dann, wo es-ging, durch od und μή, auch
durch ἄν und nicht ἄν.) Der Opt. stellt beim Wansche auch nur
die Thätigkeit des Verbi als etwas rein dem Reiche des Gedachten
Gehöriges hin; dies aber wird so nackt freilich nur dann 'geschehen,
wenn ınan die Realisirung wünscht. Durch Aufgebung. des Opt.
ohne ἄν als Urtheilssatzes ward auch jede Zweideutigkeit beseitigt.
Warum ward aber nicht der Conj. Wunschmodus? Eben weil er
zuviel behaupten würde, ein Erwarten, eine Tendenz der Handlung
sich 'zu verwirklichen. Der eigentliche reine Wunsch objecti-
virt sich nur seinen Gedanken, ihn als ein Fernes, Fremdes zu
betrachten: von Behauptung des Eintretens ist so wenig etwas im
ihm, wie von der der Möglichkeit. (Auch von dieser Seite aus
könnte man den Conj. subjectiver nennen, indem er ein Streben
des Redenden, auch eine Meinungsangabe über die Realisirung aus-
spricht, vgl. z.B. μὴ ὑπεκφύγοι und μὴ ὑπεκφύγῃ. Der Opt. ist
hier passiver, enthält sich auch jeder Behauptung). -
14 Das syntakt. System der Tempora und Modi
Der Opt. in Betheuerungen entsteht aus dem Opt. des
Wunsches ; man wünscht etwas Schlimmes auf sich herab, für den
Fall nämlich, dass man nicht die Wahrheit sage: οὐτίκα τεϑναίην!
μὴ γὰρ εἴην ἐκ Δαρείου καὶ Παρυσάτιδος, μὴ τιμωρησάμενος
᾿Αϑηναίους! Diese Betheuerungen..zeigen sich gerade als Haupt-
sätze, indem einer mit „wenn‘‘ hinzugedacht ist. .
2. Der Opt. mit ἄν gehört dagegen ganz dem Urtheilssatze
an. Dass dieser sich hielt, während der Conj, mit ἄν aufgegeben
ward, beruht darauf, dass letzterer (als Erwartung) zuviel tempo-
ralen Elements in sich enthielt und deshalb ins entschiedenere
Futur überging. — Spricht der Opt, das rein Gedachte, ἄν die
Abhängigkeit von den Umständen, d. ἢ, von den real gegebenen
Verhältnissen aus, so ist der Opt. mit ἄν das den Verhältnissen
nach Denkbare, ἃ. b,, wie die Sprache das versteht, das als
wirklich Denkbare. Hiernach ist =, B. λέγοι av: „soweit es auf
die Umstände ankommt, ist das Sagen wirklich, ob es aber ge-
sehieht, bleibt doch unentschieden, meist bleibt das abhängig vom
Willen des Subjects.‘ (Furcht vor neuem Missverständniss nöthigt
zu dem Zusaize: „soweit nämlich ein wollendes Subject vorhanden
ist). Der Opt. mit ἄν bezeichnet hier also ein Können, und wir
nennen ihn den Modus der objectiven Möglichkeit; z. B.
γένοιτο δ᾽ ἂν πῶν ἐν τῷ μακρῷ χρόνῳ (kann); vgl. auch das einge-
sehobene φαίη τις av, wo an kein „wenn“ als zu suppliren zu
denken ist. Es sind nämlich Beispiele jetzt noch schwer .beizubrin-
gen, da man gewohnt ist, ἄν durch Supplirung eines Satzes mit
εἰ zu erklären, und der lässt sich natürlich eigentlich immer suppli-
ren, auch bei Oytativen ohne ὧν, bleibt aber auch eben deshalb
ohne Bedeutang. — Aus dieser Brdeutung erklärt sich der modus
potentialis als milderer Ausdruck für den Indic. ᾽ indem statt
des Seins nur das Seinkönnen behauptet wird; im Attischen
überans bäußg, καὶ τοῦτο δὴ τὸ τέλος ἃ ἂν εἴη τῆς ἐκιϑυμίας τοῦ
τοισύτου ἀνδρός. ὁ μὲν γὰρ τελείως ἀγαθὸς οὐδ᾽ ἂν ὅλως δόξης
δέοιτο. Das Suppliren eines εἰ ist hier gauz fremdartig. — Bisher
‚war durch ὧν ner auf die realen Verhältnisse im Allgemeinen
hingewiesen, dass, soviel auf sie ankomme, die Handlung wirklich
sein könne. Eine zweite Anwendung ist die, dass &v auf einzelne
bestimmte Umstände hinweisen kann, von deren Existenz die
des Hanptsatzes &bhängig sein soll, mag 'solcher bedingende Satz
ausgesprochen sein oder sich aus dem Zusammenhange ergeben:
„falls dies geschehen sollte, so würde wol jenes eintreten.“ (Da-
gegen die obige Art wird übersetzt mit: ,‚kann‘ oder „könnte
wol.“) πῶς οὖν λέγοντες ἂν αὐτὸ μετρίως λέγοιμεν; — Bäumlein
weist dem Opt. mit ἄν die „subjective Behauptung‘ zu; das ist
dieselbe Bedeutung , die wir der ersten Classe seiner Anwendung
zugewiesen haben und, wenn auch die häufigste vielleicht, doch
Kur eine specielle Anwendung der Behauptung der objectiven
Möglichkeit. Letztere, die Behauptung des allen Umständen
im Griechischen, Von Aken zu Güstrow. 75
nach Seinkönnens, mit Verzichten auf die Behauptung, ob es
denn deshalb auch wirklich Bei, ist eben die Form; die „subjec-
tive Behauptung“ dasjenige, zu dessen Ausdruck diese häufig ver-
wendet wird. |
Wir haben unbefängen dem ἄν diejenige Bedeutung zugewiesen,
in der wir es hier wie anderswo zu erkennen glaubten. Dies ist
ach der Weg, den etymologische Forschungen hier allein zu gehen‘
vermögen; aus dem Worte an sich würde wenig zu machen sein,
und Etymologien haben nur den Werth, den ihr Zusammenstim-
men mit dem Systeme des Gebrauchs des ἀφ ihnen zuweist. Da-'
nach scheint die Hauptaufgabe, vorerst unbefangen nachzusuchen,
in welchen Arten und Verhältnissen der Sätze das &äv
im Attischen regelmässig sich finde; ihr Ziel muss hier’
die Etymologie voraus wissen. Die alte Erklärung, dass ἄν anf:
eine Bedingung hinweise, dass eine Erklärung desselben also damit:
gegeben sei, dass man ein darauf bezügliches ei auftreibe oder
sopplire, ist schon hinreichend wankend gemacht, besonders von
Bäumlein und Schmalfeld, Es ist dies auch kaum eine Erklärung
zu 'nennen, da sich eben .Satzarten auffıinden lassen, in denen
immer ἄν steht, atıdere dagegen, die &s verschmähen; in der Art:
und dem Verhältniss dieser Sätze muss also der. Grund liegen.
Ferner vermag diese Erklärungsart sich nicht gegen den Vorwurf
der Willkürlichkeit zu vertheidigen, so lange man nicht umgekehrt
behaupten darf, dass, wo ein Satz mit εἰ dabei stehe, (eigentlich
schon, ‘wo er nur zu sonppliren ist), auch damit ἄν nothwendig-
werde. Das aber wird niemand behaupten wollen. Es finden sich‘
vielmehr in allen Satzarten Beispiele, wo geradezu eine Be-
dingung daneben steht, und doch ἄν fehlt. So z. B., dass beim
Opt. der or. oblig. kein εἰ dem Opt. ein ἄν beibringt, macht doch
offenbar andere Bestimmungen nöthig. Ebensp, dass in Fihalsätzen
der Conj. däs ἄν so häufig hat, der Opt. dagegen es so gut wie:
immer abweist, muss andere Gründe haben. Es gibt allerdings
eine völlig bestimmbare ‘Classe von Optativen mit ἄν, die sich von .
den gewöhnlichen Optativen in Finalsätzen schon dadurch unterschei-
det, dass sie auch nach Praesentibus stehen ; aber der Grumd muss:
auch hier anderswo Hegen. Ferner, im Thucydides findet sich‘
das ἄν beim Conj, der Finalsätze noch gar nicht (mur das erste
Buch möchte ich für den Augenblick noch ausgenommen lassen),
bei Ierodot dagegen unendlich häufig. Ferner, dass ἵνα als Fi-
nalconjunction kein ἄν leidet, trotz eines dastehenden bedingenden
εἶ, lässt sich wol durch Machtspruch der Bedeutung des ἵνα zu-
schieben; aber auch dantı zeigt sich ‘ja die obige Erklärung als
ımhaltbar. Auch wenn der Hauptsatz zu einem εἰ wieder ein Be-
dingimgsvordersatz ist, steht gar häufig doch nicht ἄν; ebenso bei
einem mit εἰ bedingten Wunsche. Jene Erklärungart , einmal an-
genommen, würde nicht blos den Lernenden beim Schreiben zu
vielen Grammatikalen verleiten, sondern verführt auch bei nichts-
76 Das syutakt. System der Tempora und Modi
sagen(ler, äusserlicher Erklärung sich zu beruhigen, und wir wer-
den noch Fälle kennen lernen, wo ein ἄν steht, das doch nicht
dem Satze mit εἰ, der dabei steht, seine Satzung verdankt; zu‘
welcher Annahme man auch schon a priori nach der oben gegebe-.
nen Zweitheilung der Anwendung des Opt. mit ἄν kommen muss.
Trotzdem ist es schon an sich wahrscheinlich, dass an der alten,
langgebrauchten Erklärung viel Wahres ist, und solche neuere, wo-
nach ἄν einem bene („wohl“) oder aliquid („etwa‘‘) gleichgesetzt
wird, widerstreben ebenso sehr, als wenn man eine Verwendung
des unus als unbestimmten Artikels für möglich hielte, nicht blos
den alten Sprachen an sich, sondern speciell auch der frühen Stufe
der Entwickelung, auf der diese Abschwächung der Bedeutung
müsste vor sich. gegangen sein. Ohne uns auf eigentlich etymolo-
gische Entwickelungen weiter einzulassen, glauben wir den Gebrauch
des ἄν erklären zu können, wenn man es als ein adverbiales De-
monstrativ fasst. Für den Bedingungssatz gab es, wie für alle
logischen Beziehungen, keine ursprünglichen Wörter, (wohl Flexions-
und Derivationsformen).. Das Deutsche bildete sich die Con-
junctionen zu ihm dadurch, dass es zwei verschiedene Correlativ-
reihen benutzte. Das „Wenn“ ist nich's, als ein „Wann“, das
auch im Juristendeutsch noch oft so verwendet wird; dass Wann
ist formell abgeschwächt für den condicionalen Gebrauch; der Un-
terschied ist nicht grösser, wie zwischen „das“ und ‚‚dass“ Das
Demonstrativ dazu wäre „„dann‘‘; mit diesem aber wäre das Ganze
ein temporaler Satz geblieben; man half sich, indem aus der Cor-
relativreihe der Art und Weise das „so“ herausgenommen ward,
Auch „denn“ erscheint wol im Bedingungshauptsatz, meist aber
mit „so“ verbunden; es muss die Abschwächung des Wann zu
Wenn aber erst fest geworden sein, als das ,,so‘ im Nachsatz sich
schon fest gemacht hatte; vielleicht auch, weil „„dann‘‘ vorzugsweise
auch = nam verwendet war, blieb man bei dem „so.“ Das La-
tein kann hier keine Parallele bieten, da der Bedingungshauptsatz
‚hier ohne Conjunction bleibt. Im Griechischen ist d=si,
wobei weder formelle Bedenken sind, und der Gebrauch entschieden
dafür spricht, sowol im Bedingungs-, wie im Fragesatze. Cf. be-
sonders auch eire=sive, .Si aber ist Relativ zu sic, wie ut zu
ita. Vgl. sic und ia bei Bethenerungen; si und ut (utinam) bei
Wünschen. Also si eigentlich — „wie.“ Vgl. ut — gesetzt dass =
wenn. Nehmen wir nun an, dass die Formirung von Ausdrücken
für den Bedingungssatz hier ähnlich beschafft sei, wie im Deut-
schen, zumal Aenderungen, wie von „‚das‘ in „dass,“ „wann“
in ‚„wenn‘‘ dem Griechischen widerstreben, (dem Latein schon we-
niger), so wird man ἄν für==einem tum, „dann“ der Bedeu-
tung nach zu setzen haben. Diese Bedeutung aber ist wirklich
nachweisbar. . In den allgemeinen relativischen Sätzen, besonders
da, wo εἰ statt ὅτε („so oft“) stehen soll, findet sich sehr häufig
im Häuptsatze neben dem Ind. Praeter. ein av: 2. B. Xen. An,
vn
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 1
εἶ τινὰ βλακεύοντα ἴδοι; ἕπαιεν ἄν. Das Praet. ist hier Tempus,
nicht Modus, und ἄν nur durch „dann“ („in diesen Fällen“) zu
übersetzen. Die griechischen Condicionalpartikeln wären danach
— „wie —, dann.‘ Dass temporale Adverbia causal verwandt
werden, so auch lokale temporal und dann causal ist bekannt, So
wäre es nicht unmöglich, dass ἄν vor jener Bedeutung des „dann“
- noch die des ,„‚da“ gehabt hätte, die Sprache also zur dritten Cor-
relativreihe gegriffen hätte, — falls nämlich von hier aus die Ety-
mologie der Form leichter zu finden wäre. Auch für das latei-
nische an ergeben sich dann mancherlei Anknüpfungen. Von den
Partikeln, welche Satzfragen einleiten, ist keine ursprünglich Frage-
wort, oder (wegen utrum) besser ausgedrückt, für die Satzfrage
gab es keine ursprünglich zu ihrer Einleitung bestimmte Partikel,
Fasst man nun num —=nunc, (cf. tum und tunc, die alte Accusa-
‚tivendung in hunc etc. und νῦν)» so liegt auf der Hand, dass eben-
so gut ein Wort von der Bedeutung = tum als Fragewort dienen
konnte. Aus dem Gegensatz aber von nunc und tunc liesse sich
vielleicht sogar nachweisen, wie an. aufs zweite Glied der Doppel-
frage beschränkt ward, oder allgemeiner, stets schon im Gegensatz
gegen eine andere Behauptung :fragt. Etwas Aehnliches hat sogar
oft im Deutschen das ‚„denn“ in Fragen. Im Griechischen frei-
lich sind weder nunc noch tunc entsprechende Wörter Frageparti-
keln geworden, sondern mehr Betheuerungs- und Begründungspar-
tikeln. — Nur für den ersten Anschein scheint dagegen zu spre-
chen, dass im Latein sonst Demonstrativa nicht als Relativa ver-
wandt werden: aber an hat ja zum Fragewort sich in der einfachen
Frage eutwickelt; erst als es da als Fragewort festgeworden, ward
es auch für abhängige Fragen verwandt; wie auch num. — Aus
der Bedeutung ἂν == „dann“ ergeben sich die beiden oben aufge-
stellten Anwendungen leicht: dass nämlich es einmal auf einen be-
stimmten einzeluen Umstand, der die Realisirnng bedinge, zweitens
aber auch ganz im Allgemeinen auf die vorhandenen Umstände,
d. h. realen Verhältnisse hinweise und positiv sage, dass wegen
dieser die Sache (als wirklich) denkbar sei. Letzterem Aehnliches
findet sich auch beim Deutschen „nun“ (οὖν). Der erste Fall be-
ruht auf dem Verhältniss eines Wenn, der zweite auf dem eines
Weil. Dabei ist keineswegs unsere Meinung, dass der letztere
(man könnte ihn den absoluten nennen,) aus dem ersten sich
entwickelt habe; wenigstens folgt das nicht aus der obigen Ausein-
andersetzung; der Bedingungssatz ward nur angewandt, die ur-
sprüngliche Bedeutung des ἄν zu finden. Freilich bin ich über-
zeugt, gerade hierin am wenigsten Anklang zu finden. Das Wei-
tere ist bei den einzelnen Satzgattungen zu besprechen.
Nur scheinbar steht der Opt. mit ἄν als Wunsch. Ausge-
sprochen ist auch da nur ein Können, also ein Urtheil; die Nega-
tion würde οὐκ bilden, Dass der Hörende darin einen Wunsch
oder Befehl sehe, bleibt dessen Einsicht überlassen. Der Gebrauch
78 Das syntakt. System der Tempora und Molli
ist algo rbetorisch, nicht grammatisch zu erklären. Οὐ, das Fut, pro
Imper. χωροῖς ἂν εἴσω — „du kannst bineingeben“‘ kann eine sehr
höfliche, eben deshalb aber auch sehr spitze Bitte enthalten. ΟΕ,
Soph. Phil. 666. W. mit Electr. 603. Herm. ad Eur. Alc. 713.
deleto ἄν serio optantis esset oratio, servato ironica est. ΟἿ Stallb.
ad Plat. Reip. X, 608. D.
δ. 4. Uebersicht der modalen Formen des einfachen Satzes,
1. Jeder Satz ist entweder ein Aussagesatz (Urtheilssatz)
oder Begehrungssatz, d. h. von einem diesen beiden entspre-
chenden Acte des Geistes getragen, ohne dass es nöthig wäre,
dass dafür von vorn herein verschiedene Formen vorhanden gewe-
sen wären. (vgl. oben.) Die Sprache bemüht sick aber eine for-
melle Scheidung zu besehaffen. Man. köonte fragen, ob es dann
Bicht auch Gefühlssätze geben müsse, aber das Gefühl hat kei-
nen andern unmittelbaren Ausdruck in der Sprache als unartikulirte
Laute, also höchstens die Interjectionen bilden solche Sätze. In
der articalirten Sprache erscheint das Gefühl nur in Form entwe-
der einer Aussage (ÜUrtheils) oder Begehrens. — Die Formen des
unabhängigen Satzes sind folgende:
A. Aussagesatz (Urtheilssatz). B. Begehrungssatz.
1) Indicativ. 1) Imperativ.
2) Conj. mit ἄν, aber nur alt; späterhin 2) Conjunctiv.
statt dessen Futur,
3) Opt. mit ἄν. 8) Opt.
4) Ind. Praet. mit ἄν, ' 4) Ind. Praet.
Negation überall οὐκ. ' sämmtlich ohne ἄν.
Negation un.
Die Vierzahl der Stufenreihe der Modalität im Griech. zeigt
sich als ursprünglich auch noch im Urtheilssatz. Die Grundbeden-
tungen gestalten in diesem sich so: 1) Behauptung der Wirklich-
keit; 2) Beh, des Eintretenwerdens i. d. W.; 8) Behauptung der
objectiren Möglichkeit; 4) Beh. eines Satzes mit Behauptung der
Nichtwirklichkeit der einzelnen Handlung, daher nur als Bedin-
gungshauptsatz. — Im Begehrungssatz: 1) Befehl, allgemei-
ner: Voraussetzung, dass das Aussprechen der Vorstellung ihre
Verwirklichung zur Folge haben werde; 2) Aufforderung; 3) Wansch
schlechthin; ‚(die Möglichkeit wird gar nicht behauptet); 4) Wunsch
mit Behauptung der Nichtwirklichkeit der Erfüllung.
2. Relative Zeitbestimmung, vom Standpunkte des Spre-
chenden aus, also nach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft,
gibt παν der Indicativ und zwar nur der ersten Stufe (vgl. unten).
Auf den andern Stufen gilt nur die absolute, (aus der Hand-
lung selbst, nach Dauer, Vollendung oder — Moment), die den
Tempusstämmen innewohnt; jedenfalls gilt die relative nur, so-
. weit sie aus der modalen sich ergibt.
8
. im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 79
Am Nächsten steht der Conj. als Erwartung der Zukunft,
Der Opt. als Wunsch gehört als solcher der Gegenwart an; der
alte Opt. ohne ἄν als Urtheilssatz, Vermuthungen aufstellend,
wird in Hinsicht seiner Zeitgeltung wol nur von der Gegenwart
nnd Zukunft gebraucht; an sich behauptet er gar keine Zeit. Der
Opt. mit ἄν passt wegen seiner modalen Bedentung, da er
das Seinkönnen behauptet, besonders für Gegenwart und Zu-
kunft, Und so steht er eigentlich schon immer bet Homer. Nur,
wenn ein Nebensatz mit εἰ c. Ind. Praet. die Beziehung „auf die
Vergangenheit klar macht, steht einige Male der Opt. e. ἄν dort
von der Vergangenheit: z.B. Il, V, 388. καὶ νύ κεν ἔνϑ᾽ ἀπόλοιτο
"Ἄρης" εἶ μὴ --- ἐξήγγειλεν. Dass er aber an sich an gar keine
Zeit gebunden war, zeigt Herodot, der, mehr als Homer mit Ver-
mathungen sich beschäftigend,, ihn ohne weiteres von der vergan-
genheit braucht. Hdt. I, 2. εἴησαν ἂν Κρῆτες: fuerint. I, 70,
τάχα δὲ ἂν --- λέγοιεν: (ΝΒ. also auch Praesentis!) dizerint, IX,
71. ταῦτα μὲν καὶ φϑόνῳ εἴποιεν. VII, 214. εἰδεί ἂν „konnte
kennen.“ Cf. III, 98. VIIT, 180. Thuc. I, 9, 4. οὐκ ἄν εἴησαν:
fuerint. Die Erklärung der beiden letzten Beispiele durch Schmalf.
Ρ. 175. erklärt die Möglichkeit doppelter Bedeutung doch nicht, ist
auch nach den gegebenen Beispielen überflüssig. Diese würden
sich, wenn die Sache einmal zugestanden ist, leicht vermehren las-
sen, so aber lassen andere allerdings auch noch die Erklärung von
der Gegenwart zu. Nur darf man sich wundern, da Atyos ἄν ebenso-
gut dixerit wie dicat heissen konnte, dass man so oft noch ποιή-
σαιμι ἄν —fecerim und ποιοίην ἄν — Jaciam durchzuführen sich be-
müht. — Die spätere Sprache nahm, im Interesse der Deutlichkeit,
wenn die Vermuthung über eine Vergangenbeit auf die Gegenwart -
bezogen werden sollte, lieber eigne Worte, wie δοκεῖν. ἐοικέναι
oder den Opt. Perf. Plat. Apol. δεινὰ av εἴην εἰργασμένος. oder
auch bei rein historischen ’Vermuthungen den Ind. Praet. c. ἄν als
Vergangenheit des Opt. c. &v, also wieder eine temporale Verwen-
dung von Formen ursprünglich modaler Bedeutung. Diese findet
sich bei Homer, weun ein Satz mit εἰ c. Ind. Praet. dabei steht,
fast durchgängig.
Bei der 4. Stufe soll das Impf. die Gegenwart, der Aor. die
Vergangenheit bezeichnen: ἔλεγον ἄν dicerem. ἔλεξα av dirissem,
Aber erstens ist dies vor den Rednern jedenfalls nicht fest, Zwei- ἢ
tens gibt es auch bei diesen noeh mancherlei Ausnahmen, die da
zeigen, dass der eigentliche Gegensatz nur der der Tempusstämme,
also Dauer oder Moment ist. Allerdings wird die Angabe von
etwas noch Gegenwärtigen besser mit der Dauer zusammenpassen,
so dass hier das Impf. wol ohne Ausnahme ist; gewöhnlich ferner
auch von der Vergangenheit der Aor. sein, insofern es hier auf
Angabe der Facta an sich, also des Momentanen ankommt; nicht
selten jedoch, wenn eben eine Dauer ausgedrückt werden soll, steht
hier das Impf. Dem, Ol. 1, 8. eiyer’ ἂν τότε, wo der Aor. wäre,
80 Das syntakt. System der Tempora und Modi
„würdet erhalten haben.“ ΟἹ. III, 17. ἐνέκων ἄν „‚würden Sieger
geblieben sein.“ Hier ist das Vb. Imperf. auch sonst vom ῦο.
Aor. ziemlich geschieden. Namentlich findet sich aber dieses Impf.
pro Aor. gern, wo das Praet. c. ἄν die Bedeutung eines in die
Vergangenheit gesetzten Opt. c. ἄν hat, also von Nichtwirklichkeit
nichts behauptet, Die Bedeutung des Seinkönnens schloss sich
näber an die inchoative des Werdens beim Vb. Impf. als an die das
Factum nackt angebende des Vb. Aor. Wir erwähnen noch, dass
im Vordersatze es häufig auch bei den Rednern εἰ ἔλεγε pro ed
ἔλεξε gibt, was dann aber — si dicebat, nicht — si dirisset zu
fassen ist.
Wir haben hier über die modale Bedeutung des Ind. Praet.
noch etwas nachzuholen, was bei Aufstellung der Grundbedeutungen
hätte können mitgenommen werden, aber hier unmittelbar vor Ver-
gleichung des Latein und Deutschen deutlicher sein wird. Im All-
gemeinen ist, wie die Ind, Praet, zugleich auch modale Bedeutung
haben konnten, schon in der Tempuslehre dargelegt, dass nämlich
ihre eigentliche Bedeutung die modale, die der Nichtwirklichkeit
war, dass aber die erste Nichtwirklichkeit, mit der der ‘Geist sich
beschäftigte, die Vergangenheit war, als etwas doch Dagewesenes,
Wir haben uns hier gegen einige andere Auffassungen zu sichern.
Man schreibt die Bedeutung der Nichtwirklichkeit wol dem &v zu;
aber in so vielen Structuren (vgl. oben Begehrungssatz Stufe 4.)
fehlt das ἄν, und das Praet. hat doch jene Bedeutung. Gewöhn-
licher noch begnügt man sich, die Sache durch Vergleichung eines
deutschen Gebrauchs als abgethan anzusehen. Das Deutsche kann
nämlich den Ind. Praet. auch von der Nichtwirklichkeit gebrauchen,
z. B. „wenn er dabei war, so geschah das nicht.‘ Das zeigt
aber nur, wie wenig mit der Zusammenstellung von Einzelheiten
gethan ist. Die Systeme zeigen die Auffassung beider Sprachen
els ganz verschieden. Denn 1) ist es im Deutschen gar nicht das
Praeteritum, was die Nichtwirklichkeit hereinbringt; denn der Satz:
$,wenn er dabei ist, so geschieht das nicht,“ oder „wenn der Re-
gen nicht kommt, brennt die ganze Stadt ab,‘“ kann das ebenso-
gut bedeuten. Ist dies auch gleich einem Praes. histor, zu fassen,
so zeigt sich dach dass Praes. und Praet. hier nur Tempora sind.
Die Nichtwirklichkeit ist gar uicht ausgesprochen, sondern wird
nur dem Zusammenhange entnommen. Das Praet. gibt hier nur
ein allgemeines Urtheil (Bedingungssatz Stufe 1), beschränkt auf
eine bestimmte Zeit. Kurz der deutsche Satz bedeutet si aderat,
non fiebat ; nicht aber si affuisset, non factum esset. — 2) existirt
im Griechischen sogar ein formeller Unterschied; jenes non fiebat
stände ohne ἄν» non factum essel mit ἄν. — 3) gilt jener Gebrauch
des Praet. in Deutschen nur von der Vergangenheit, Fritsch
Kritik d. L.v. T. u. M. behauptete freilich, auch griechisch bezö-
gen sich alle Fälle, genau genommen, nur auf die Vergangenheit.
Aber unrichtig. Cf. Dem. Ol. I, 9. εἰ τότε ἐβοηϑήσαμεν αὐτοί,
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 81
6aovı καὶ πολὺ ταπεινοτέρῳ νῦν ἂν ἐχρώμεθα τῷ Φιλίππῳ.
Phil. A. 1. εἰ γὰρ ἐκ τοῦ πἀάρεληλυϑύτος χρόνου τὰ δέοντα οὗτοι
συνεβούλευδαν9 οὐδὲν ἂν ὑμᾶς νῦν ἔδει βουλεύεσθαι. . Nach
Plutarch Cat. Min, 52. ἐλλ᾽ ey’, οἷς ἐγὼ προὔλεγον ἀεὶ καὶ
συνεβούλευον , ἐπείσϑη τις ὑμῶν, οὔτ᾽ ἂν ἕνα ἐφοβεῖσϑε νῦν,
οὔὗϑ᾽ ἑνὶ τὰς ἐλπίδας εἴχετε. Das νῦν an sich . beweist freilich
nichts; wenn man aber an solchen Stellen den Gebrauch von der
Gegenwart nicht anerkennen. wollte, muss das durch aprioristische
Voraussetzungen verschuldet sein. Fritsch wie Herling wollen frei-
lich historisch zu Werke gehen, halten sich dabei aber zu sehr
an die neuern Sprachen, setzen zu viel Gleichheit dieser mit den
"alten voraus. So zeigt sich hier auch die Voraussetzung als un-
haltbar, dass in zwei gleichen Sprachen bei gleicher Ausdrucks-
form nothwendig auch dieselbe Auffassung zu Grunde liegen müsse.
— 4) würde bei jener Auffassung das Griechische einer eignen
Form für die gegentheilige Voraussetzung entbehren, während das
Deutsche und das Latein eine solche hätten; das würde aber mit
dem übrigen Reichthum an modaler Bezeichnung im Griechischen
wenig stimmen.
$. 5. Vergleichung des Latein und des Deutschen.
1) Das Latein hat 1) nur einen. dreifachen Ausdruck der
Modalität; denn von a) est (esto), b) sit, c) esset sind alle übri-
gen Formen nur temporale Veränderungen; — 2) die Modi haben
zugleich auch temporalen Gehalt bekommen, was im Griechi-
schen erst in einzelnen Anfängen hervortritt; ausser der gegenthei-
ligen Voraussetzung zerfallen die Conjunctive nur in solche der
Gegenwart und der Vergangenheit: sit wird esset und fuerit; esset
in Vergangenheit fuisset; 3) dadurch, dass eine Modalpartikel—=
ἄν fehlt, fehlt die formelle Scheidung” von Urtheilssatz und Begeh-
rungssatz; nur non und ne scheiden sich im Hauptsatz noch wie οὐ
und un.
fenber beruht diese Verminderung der Reihe der Modus-
stufen darauf, dass. keine von der Bedeutung der 3. griechischen,
der optativ’schen, mehr festgehalten wurde. Diese, mit ihrer be-
wussten Ausserachtlassung der Wirklichkeit, entsprach nicht dem
praktischen Sinne des Lateiners; wo er nicht geradezu das Sein
(est) oder das Nichtsein (esset) behaupten wollte, hatte ihm das
als nur gedacht Ausgesprochene, nur wo es möglich, wahr-
scheinlich (set) schien, Bedeutung. Hier also widerstreben wir
der Annahme dieser Bedenfungen . nicht. Nur ist festzuhalten,
dass in der philos. Sprache, als griechischen Mustern folgend,
das Bedürfniss eines Modus für das rein Gedachte sich geltend
machte, und Cicero .da oft mit sit Annahmen macht, deren Mög-
lichkeit u. 8. w. er damit wahrlich nicht vertreten wollte, so wenig er
auch die Nichtwirklichkeit behaupten wollte, da auf diese für seine
Demonstration ihm gar nichts ankam. Aehnlich auch anderswo,
Archiv f. Phil. u, Paedag. Bd. XIX. Hft. 1. 6
82 Das syntakt, System der Tempora und Modi
z. B. die Annahmen des Damasipp beim Horaz, — „Ans dieser
Auffassung allein erklärt sich, wie bei der formellen Gleichheit des
Praes. Conj. mit dem griech. Opt. (vgl. $. 2.) die Bedeutung des-
selben so verschieden sich gestaltete. Die doppelte Bedeutung
des lateinischen. Impf. und Plusg. Conj., dass dieser nämlich
1) Modus der Nichtwirklichkeit, 2) Modus der Vergangenheit zum
Praes. und Perf. Conj. wurde, lässt sich nur so erklären, dass man
als die Grundbedeutung dieser Form die des. rein Gedachten, ohne
Rücksicht auf die Wirklichkeit, annimmt,“ indem nämlich «lie
eigentliche Optativform (Praes. und Perf. Conj.) sehon in der der
Wirklichkeit sich mehr annäbernden Bedeutung vorweg genommen
war. „‚Durch jene Form sprach also das Latein sowol die gegen-
theilige Voraussetzung aus, als auck das nur als Gedanke aus der
Vergangenheit Beferirte, ähnlich wie biebei im Griechischen der
Conj., weil keine Erwartung, überhaupt keine Beziehung zur Wirk-
lichkeit mehr stattändet, dem Ορέ, weicht. Wir nennen daher das
Impf. und Piusg. Conj. den lateinischen Optativ, das Praes.
und Perf. Conj.. den lateinischen Comjunctiv.“ Wir glaaben m die-
ser Darlegung weder zu dem Missverständniss, als hätten wir ver-
gessen, dass oben δ. 2. die Form des Praes. Conj. dem griech.
Opt. gleichgesetzt war, noch zu dem, dass nach unserer Auffas-
sung das Praes. Conj. gar nichts von der Anwendung des griechi-
schen Opt. beibehalten haben könnte, dass also das Impf. Conj.
völlig mit dem griech. Opt. zusammenfallen sollte, Anlass gege-
ben zu haben, obwol die Becension solches ans den mit Anfüh-
rungszeichen wörtlich dem Progr, entnemmenen Stellen uns zu-
schiebt. Die Benennung des Impf. und Plusqg. Conj. als Opt. des
Vbi Imperf. und Perf. wendet diesen damit nur die Bedeutung
des rein Gedachten zu, hat mit der Form gar nichts zu thun,
und hat zur Aufhellung des Gebranches auch im Deutschen zu viel
Bequemes, Endlich ist noch zu bemerken, dass im Latein aller-
dings eine und dieselbe Form das rein Gedachte und die Nicht-
wirklichkeit ausspricht, obwol wir fürs Griechische solche Behaup-
tung als nur aprioristisch .zurückweisen mussten.
2. Im Deutschen gibt es nur eine swiefache Scheidung
der Modalität. Im Uhrtheilssatz gibt es nur 1) „ich habe, bin,‘
2) ‚ich hätte, wäre, würde Im Begehrungssatz gibt es nur
1) den Imperativ, 2) einen Opt. des Wunsches, wo dann utinam
sit und ulinam esset nicht mehr geschieden sind. Es ist nämlich
eine Form für den Conjunctiv (== sc. Praes. und Perf.) aller-
dings vorhanden, wenn auch nicht immer deutlich; aber theils darf
sie nicht angewendet werden und in den andern Fällen hat sie
doch keine Nothwendigkeit der Anwendung. Dies auf die Undent-
lichkeit der Form 'bei vielen Verbis za schieben, wäre nach dem
vom Griechischen durchs Latein hindurch verfolgten Entwickelungs-
gange der Modalität falsch. — Jener Conjunctiv wird aber zunächst
im einfachen Satze gar nicht mehr gebraucht; die Form er-
im Geriechiseheu. Von Aken zu Güstrow. 83
scheint nur, wo sie zum Ersatz für fehlende Imperativformen dient,
also nicht als eigne Modelform gelten kann; z. B. „sei, schreibe
(du, er) u,8.w.“ Im abhängigen Satze kann er freilich überall,
aber statt seiner immer auch der Opt. (Impf. Conj.) eintreten,
z. B. „er sagte, er sei‘ und „er wäre;‘‘ eben nach ‚‚er sagt, er
denkt.“ Auch in Absichtssätzen kennt nur die Grammatik, nicht
die Sprache die. Regel, dass in der Vergangenheit des Impf. Con).
folgen müsse: „er that dies, damit er erlange‘“ und „erlangte;‘“ in
der Gegenwart aber darf freilich kein Impf. Conj. folgen, (d. ἢ.
nicht: ‚er thut, damit! er: erlangte‘‘); "und: man könnte dies als
einen : stehengebliebenen ‚Rest des: nothwendigen: Gebrauchs des
Praes. Conj. halten, ‘wenn nieht auch ‚hier 'statt des Praes. Conj.
ebensogut der Iadicativ :eintreten. könnte, und nach aller Analogie
dies für die eigentliche, der Oonj; für. erst durch die Herrschaft
des Latein: ins: Deutsche .eingedrungene :Ausdrucksweise anzusehen
wäre. :Wir werden hernach :namlick durchführen, dass es Conjunc-
tionen für rein logische. Verhältnisse in den behandelten drei Spra-
chen wenigstens ursprünglich sicht gab; dass der «ang bei Anwen-
dung anderen Wörter- dazu: im Allgemeinen. dans der :wer, dass das
Griechische. unbefangen ‚diese in der .nenen :Bedewtung ver-
wandte, obne: die. Modi. zu ändern, das‘ Latein den Conjanctiv
eintreten lässt, (ναὶ, eum caxsale mit: ἐπεί.) das Deutsche aber,
wo die CGonjunctionen für jene Verhältnisse fest geworden sind und
‚keine Undentlichkeit mehr zu fürchten ist, ruhig. den. Indic. be-
hält. So also':auch bei „damit,“ Im Bedingungssetz ist sogar
ein „wena er ser‘‘.gar nicht möglich, auaser per: orat. oblig., wo
es aber wieder ‚gar nicht nothwendig ist. :.
Eine Auffassımg, die diese sprachliehen Facta in ihrer Berech-
tigung und in ihrem Zusammenkange erfassen will, hat anzuerken-.
nen: 1) dass das Deutsche in Abnahme der Bezeichnung der Mo-
dalität, durch blosse Verbalformen wenigstens, eine neue Stufe
einnehme. Der Conjunctiv ist hier fast zum Luxus geworden, und
wenn das moderne deutsche Sprachbewusstsein eine neue Sprache
zu schaffen hätte, so würden nur der Indic., der Imper. und das
sog. Praeter. Conj. eine Stelle finden. Sogar di& Verwendung der
Zweiheit der Conjunctive zum :temporelen Ausdruck, wie noch im
Latein, ist aufgegeben. — 2) dass die Grundbedeutung des sog.
Praet. Conj. keine temporde ist. Dieselbe kann sowol den griech.
Opt. als den Ind. Praet. {als Nichtwirklichkeit) vertreten, und der
‚Name Optativ Vbi Imperf. und Plusq. ist schon deshalb viel pas-
sender, weil er diese Form nicht mehr ans Praet. bindet, sondern
sie als Ausdruck des rein Gedachten darstellt. Man könnte auch
die beliebte Benennung Condicionalis dafür annehmen, wenn
nicht eine auch für die andern Sprachen durchführbare Bezeichnung
passender wäre; im Latein aber würden zwei, im Griechischen
gar drei verschiedene Formen, ganz abgesehen vom Indic,, auf
diese Benennung Anspruch machen können. Die ΩΝ Form
*
84 Das syntakt. System der Tempora und Modi
hat diesen Inhalt auch nur durch Aufgebung anderer Unterschei-
dungen erlangt, und auch hier muss durchaus noch eine allgemei-
nere Grundbedeutung angenommen werden. — 3) Die Behauptung,
die nur aufs Latein zu gründen ist, dass von den beiden Conjunc-
tiven der eine der Vergangenheit, der andere der Gegenwart ange-
höre, zeigt sich historisch als eine nicht für alle Sprachen haltbare.
— 4) Die Verschiedenheit der Zahl’ der Modusformen in der ver-
schiedenen Sprache bedingt auch eine Verschiedenheit in ihren Be-
deufungen.
8) Die Modalformen des einfachen ‚Satzes gestalten sich fürs
"Latein folgendermaassen:
' Urtheilssatz. ᾿ ‚Begehrungssatz. na
1) Ind. 1) Imperativ.
2) Con). Praes. (gr. Opt. c. ἄν). 2) Conj. Praes. (= gr. Conj.
und Opt. des Wunsches).
8) Conj Practer. (gr. Ind, Praet. 3) Conj. Praeter. (gr. Ind, Praet.)
c. dv.) '
Ueber die Negationen ist nur zu bemerken, dass auch in die-
sen Sätzen schon beim Conj. pro Imper. non für ne ziemlich oft
sich findet.
Verfolgt man nun, dass in Vergangenheit andere Modi eintre-
ten müssen, so erklären sich aus dieser Vergleichung sofort viele
Fälle des „Impf. Conj. pro Plusg. Conj.“ im Latein. dice-
res, cerneres audires etc, z. B. „maesti, crederes victos, redie-
runt in castra.* Jenes crederes würde in der Gegenwart behauptet
credas sein, ist also nichts als das in die Vergangenheit
gesetzte credas. Im Deutschen wird freilich jenes ,‚man
sollte sie halten‘“ der Geßenwart in Vergangenheit: „‚man hätte —
sollen;‘“ da es nämlich seinen Opt.' Vbi Imperf. schon für die
Gegenwart verwendet, muss es für crederes den Opt. Vbi Perf.
eintreten lassen. Warum hier credas nicht credideris wird, folgt
daher, dass es Handlungen ohne alle Beziehung auf die Gegenwart
bespricht, — Die gewöhnliche Erklärung verlängt dagegen erstens,
dass eins fürs andere stehen soll, ohne einen Grund dafür zu fin-
den; und zweitens die Suppkirung eines gar nicht im Gedanken
liegenden, meist lächerlichen Zusatzes: „„wenn du dabei gewesen
wärest. — Das credas, videas etc. selber findet sich häufig ge-
nug. cf. Hor. Sat. I, 1, 19. quid statis® nolint, mit Ov. Meet. I,
438. illa quidem nollet, sed te quoque -- tum genuit. Hor. Sat. ,
3, 4. Caesar, qui cogere, "Posset, si peteret —, non quidquam .
perficeret: wo in non’ perfecisset liegen würde: „er erlangte aber
dennoch ;“ ganz gegen den Sinn, es ist vielmehr nur das in Ver-
gangenheit, was si petas, nihil proficias in der Gegenwart. So
auch quid facerent miseri? aut quid recusarent?. „was hätten —
sollen?‘ offenbar aus quid faciam? — was sollte — ὃ (griech.
Conj.) und „was könnte“? (Opt. c. ἄν.) Οἷς. p. Mil. 20, 48.
quid nuncia ret? Liv. XXIII, 8. quid violentius captä fieret?
-“
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow, 85
(hätte können). ib, XLV, 37. in Galba non impedire debuit, sed
nomen deferret et interrogaret: „hätte können, immerhin
mögen.“ (ibid. cum visurus esset privatum: „wenn es ihm
möglich gewesen wäre.‘‘) Die Interp. citiren: 'Ter. Phorm. II,
1, 66. non fuit necesse habere; sed id, quod lex jubet, dotem dare-
tis, quaereret alium virum, v. 69. sumeret alicunde argentum.
(vgl. eine halbe Seite weiter zu Xen. Hell, II, 7. 7).
Es ist nun nachzusehen, wie das Griechisc.he hier sich helfe.
Das Latein ist diesem nämlich temporal voran, wenn auch zum Scha-
den der modalen Genauigkeit. Der Opt,. Perf, c. .(ἄν würde im-
mer doch nur ein fuerit, kein esset aus sit hervorbringen können;
auch der Opt. Aor. c..&v wird auch von denen, die den Modis des
Aor. gern (wo es geht) die Bedeutung der Vergangenheit vindiciren,
hier nicht in Vorschlag kommes. Bei Herodot sahen wir, unbe-
kümmert um Zeitangabe, den Opt. c. ἄν und zwar auch Praes. hier
verwandt, aber auch das gab mehr ein fuerif als esse. Man findet
für esset vielmehr den Ind. Praet. c. &v gebraucht als Ver-
gangenheit des Opt. c. ἄν —,. wo nämlich dies durch blosse
Yerbalflexion sollte beschafft werden. ἔνϑα δὴ ἔγνω ἄν τις . ὀλί-
γους ἂν εἶδες. ἡγήσω ἄν. vgl. Bäuml. p. 151. 8. jedoch Plat. Menex.
240. D. γνοίη ἄν τις. Der Ind. Praet. c. ἄν hat bier natürlich
nichts von seiner Behauptung der Nichtwirklichkeit, Isocr. Areop.
49. ἐν καπηλείῳ πιεῖν οὐδεὶς οὐδ᾽ ἂν οἰκέτης ἐπιεικὴς ἐτόλμησε:
— audeat in Vergangenheit; nicht ausus esset sc. tamen ausus est.
pag. 79. τίς γὰρ av ὑπέμεινε. „Hieber ist auch wol „zu ziehen
Xen. Hell. I, 7. 7. τότε γὰρ ὀψὲ ἦν καὶ τὰς χεῖρας οὐκ av καϑεώ-
ρων: ist nicht = non vidissent, sc. attamen videbant, sondern =
„hätten nicht sehen können.“ Wir haben oben dem Opt. c. ἂν
die objective Möglichkeit, das Seinkönnen den Umständen nach
als Grundbedeutung zugeschrieben; die Hauptanwendung davon war
allerdings die ,„‚subjective Behauptung,‘ der gemilderte Imperativ.
Es steht aber nichts im Wege, dass nicht auch in der ersteren,
eigentlichen Bedeutung der Opt. c« &v seinen Ausdruck für die Ver-
gangenheit sollte im Ind. Praet. c. ἄν gefunden haben. Man könnte
die Bedeutung des Könnens an jener Stelle vielleicht auch aus
dem Vbo Impf. herleiten wollen; vgl. οὐκ ἔπειθε» „konnte nicht.“
Aber es findet ‚sich diese auch beim Aorist. z. B. Antiph. caed.
Her. 28. πῶς οὖν ἂν οὐκ ἐξευρέϑη; — „dann müsste es doch ge-
funden sein‘ — „wie sollte er dann nicht gefunden sein ne (sc. οὐχ
εὗρον). Denselben Sinn gäbe: πῶς οὐκ ἐξευρέϑη; 485. ἂν macht
den Ind. Praet. also hier.nicht zum Modus der Nichtwirklichkeit,
sondern bringt nur den Begriff des Könnens herein. Dass ein εἶ
auch hier supplirt werden könne, leugnen wir gar nicht, sehen nur
durch dasselbe nichts erklärt. Isoer, ‚pac. 79. τίς γὰρ ἂν ὑπέμεινε
ὴν ἀσέλγειαν τῶν πατέρων τῶν ἡμετέρων; — οὐδεὶς ἂν ὑπέμεινε,
aber ohne andere Behauptung der Nichtwirklichkeit, als die, welche
οὐδείς bringt. Doch brechen wir hier ab; es ist dies schon der
86 Das syntakt. Systein der Tempora und Modi
Anfang einer allgenieinern Erscheinung, von der einige Sätze auf--
zustellen hier genügen muss. | '
Die griechische 'Sprache sucht nämlich zuweilen, das La -
tein schon häufiger bei einem Gedariken,, der schon durch eine Ne-
gation oder die Form der Frage negirt ist, diese Negirungnoch
einmal an der Modalformauszuprägeh. Im Latein ist es
verhältnissmässig jedoch‘ nicht hävfig, ' und "geschieht besonders,
wenn die Handlung zugleich als eitie offenbar unmögliche er-
schien, im Deutschen wird es ganz gewöhnlich. ὦ
Am deutlichsten zeigt sich ’dies in Sätzen mit ‚‚nicht als ob ‚“
wo deutlich schon in Gegenwart steht „wäre,“ lat. sit, griech.
ἐστίν. „Es gibt niemanden, der dies nicht wüsste‘ — nesciat —
ὃς οὐκ οἶδεν. Dagegen: „‚es gibt manchen, der dies nicht weiss,“
wo „wüsste“ unmöglich ist. Der Lateiner hat die Anfänge davon
auch schon: Cic. nat. I, 22, 61. Epicurus quid dicit‘, 'quod dignum
non esset für sit: nicht wegen dicit — dizit. cf. c. 15. p. Lig. 10,
80. ne haec quidem colligo, ‘qua& fortasse Valerent etiam apud
judicem. 1,86], 4, 14. sensu amisso fit idem, Quasi natus non esset,
Besouders jedoch ia Fragen: hier ist eigentlich quis dubitet? =
nemo dubitet, also nur milder ausgedrückt. — quis dubitat?— nemo
dubitat; und quis dubitaret —='nemo dubitaret sc. tamen sunt qui
dubitent. Dennoch findet sich häufig quis dübifaret etc. für quis
dubitet? z. B. Οἷς, Lael. 28, 87. quis tam 6 8 5 ἐΐ ferreus? p. Lig.
5, 15. quam multi essent de victoribus qui ἐδ crudelem 6556 vel-
lent, quum etiam de victis’ reperiantur Ὁ. Dej. 2, 6. quis enim civis
ei regi non faveret?'eigentl. = nemo. non faveret, — tamen non
favent. Verr. III, 62, 149. verum ut (gesetzt) istos ego jüdices non
haberem, ecqnis est etc. eigentl. statt hab&am, cf.’ ibid. 64, 151.
ut ita sit, famen non potes: wo die'Sache nicht ininder unwirklich
ist; aber obiges sollte eine captatio der Richter sein (sc. „sed ha-
beo severos judices). nat, ΤΊ, 57, 141. quis persequi potuisset?
Sinn: nullus opifex pötuit oder vielmeht persecutus est, obwol der
Ausdruck genau auf nemo potuisset — potuerunt aliqui führt. Ter.
Eun. 3, 5, 84. ego homuncio hoc’ non facerem? Vetr. II, 1, 8.
nos nınquam ipsimet nobis präecideremus ἰδίαπί᾽ libertatem. Liv.
I, 7. ego timerem? | 0
$. 6. Verschiebung der Modalität ᾿
bei den Hülfsverbis des ‚Wollens, Könnens, Müssens.
1. Von der im vorigen Päragraphen in einigen Beispielen ge-
zeigten Ungenauigkeit im Ausdruck der Modalität' ist‘ ein Fall in
seiner Fassung durch die drei Sprachen hindurch deutlich verfolg-
bar. Bei den Hülfsverbis des Wollens, Köntnens, (Dürfens)
und Müssens (Sollens) wird mehr ‘oder weniger in’ allen drei
Sprachen diejenige Modalität, die eigentlich ihrem Inhalte, d. ἢ,
dem folgenden Infinitiv gebührt, an diesen Hülfsverbis selber
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 87
ausgeprägt: 2. B. in „du müsstest fleissiger sein,‘ „ich kännte es
dir 'wol sagen,‘ „ich wollte, er sagte es mir,‘ setzen wir die
Hülfsverba in die Form der Nichtwirklichkeit, nur um auszudrük-
ken, dass die Handlung des folgenden Infinitiv nicht der Wirk-
lichkeit angehöre. Das Deutsche hat diese Verschiebung
der Modalität bei allen drei Classen; das Latein beim
Müssen nicht, beim Können mitunter, beim Wollen sehr häufig;
überhaupt nur, soweit die Bedeutung des Hülfsverbi mit
der der gebrauchten Modalform zusammenfällt: es
setzt z. B. velle in die Modi des Wunsches, possim als Opt. c. ἄν
statt possum: die Erklärung dieser Fälle durch Feinheit u.ä. will
nicht viel sagen. Das Griechische kann die Verschiebung in
allen 3 Classen haben; hat sie beim Müssen consequent, vermag
jedoch den modalen Unterschied durch die Form auszudrücken
(ἔδεε und ἔδεε ἄν)» wofür freilich temporal eine andere Zweideu-
tigkeit eintritt. |
Diese Erscheinung ist am wenigsten auftällig im Deutschen,
da hier erst jene Verba völlig „Hülfsserba“ geworden sind,
d. h. keine eigne 'Thätigkeit gegenüber der des Infin. mehr aus-
drücken, sondern geradezu als Theile der Flexion des regierten
Verbi anzusehen sind. (Kreilich mag. auch die verallgemeinerte An-
wendung des Opt. (Impf. Conj.) beigetragen haben). Jene Verba
waren nämlich ursprünglich selbstständige, eine eigne Thätigkeit
ausdrückend, wo denn der InGnitiv ganz eigentlich als Object von
ihnen regiert wurde. Erst später gewöhnte man sich, sie als Trä-
ger der Flexion zum Verbalbegriff des folgenden Infin., mit diesem
zu einem Thätigkeitsbegriff verbunden auzusehen; da regieren
sie denn auch nicht mehr, schon weil sie gar nicht mehr eine
eigene Thätigkeit aussprechen sollen. Jene drei Begriffe lassen
sich nämlich fassen als nur eine Disposition. zu einer Thätigkeit
ausdrückend. Keine verschmelzen so enge mit den Thätigkeitsbe-
griffen, wie diese; sie lassen sich in der Flexion (—ndus, urus,
τος) reog) und-sogar in der Nominalbildung ( oo — σις ) nachwei-
sen; daher neuere Sprachen sie geradezu zur Tempusbildung ver-
wenden. Wol nur zufällig, aber doch nicht ohne weiteres’ der
Beachtung zu entziehen, ist das Factum, dass gerade βούλομαι
(980), δύναμαι. μέλλω jene Eigenthümlichkeit des s und im
Augment haben, die ein e schon im Praes. früher voraussetzen
lässt. — Der historische Gang ist dann der: die ältere Sprache
brauchte das Objectsverhältniss freier; daher findet sich hier viel
der blosse Infin., wo später ὥστε κτλ. nöthig war. Im späteren
Griechisch beschränkte sich dann diese Anwendung immer mehr
auf die genannten 3 Classen Verba. Dies Verhältaiss finden wir
daun auch im Latein vor; hier entsteht aber eine andere Art der
Erweiterung der Structuren mit dem blossen Infinitiv dadurch, dass
auch noch andere Vba, die nur die Möglichkeit solcher Fassung
88 Das syntakt. System der Tempora und Modi
boten, immer mehs zu blossen Hülfsverbis abgeschwächt wurden ;
daher prohibeor (= non possum), tentat, parat, valet etc. c. Inf.
2. Beim Müssen und Sollen ist das Latein streng, in-
dem es die Form der Nichtwirklichkeit diesen Verbis nur dann
gibt, wenn das Müssen u. ἃ, selber nichtwirklich ist, Debes facere
== 1) du musst, 2) du musstest thun, sc. thust aber nicht; da-
gegen deberes —= „du müsstest‘ sc. „musst aber nicht.“ In Ver-
gangenheit also debebas und debuisti = 1) ‚‚du musstest, hast ge-
musst;“‘ 2) hättest thun müssen,‘ sc. „hast aber nicht gethan;“*.
dagegen debuisses —= „du hättest müssen, wenn u.s.w.“ (—=„muss-
test aber nicht‘).
Das Griechische hat statt der zwei Formen des Deutschen
und des Latein drei aufzuweisen:
δεῖ ἔδει ἔδεν ἄν
. debes debes deberes
du musst, du müsstest, du müsstest,
sc, thust aber nicht, sc. musst aber nicht.
Keineswegs genügt es also zu sagen, dass bei den Vbis des Müs-
sens ἄν „meist fehle.‘“ Dem. Phil, I, 1. εἰ γὰρ ἐκ τοῦ παρελη-
᾿"λυϑότος χρόνου τὰ δέοντα οὗτοι συνεβούλευσαν, οὐδὲν ἂν ὑμᾶς
ἔδει βουλεύεσϑαις. Die obige Regel wird sich festhalten lassen
(gegen Bäuml. p. 141, 29.), wenn man nur hinzunimmt, dass ἔδει
&v ja auch Vergangenheit von δέοι ἄν sein kann; und zweitens nicht
ein danebenstehendes εἰ «ri. die Nothwendigkeit, ἄν zu setzen,
bedingen lässt. Freilich ist- wol unbezweifelt der Grund, weshalb
die Griechen die Mittelform ohne ἄν bildeten, darin zu su-
chen, dass das Müssen hier von keiner Bedingung abhängig ist;
aber umgekehrt folgt nicht, dass ein danebenstehendes εἰ nothwen-
dig gerade das Müssen bedinge, z. B. „‚du hättest es ihm schon
längst sagen müssen, wenn du Courage hättest,‘ würde trotz des
Wenn kein ἄν beim Müssen erhalten; denn der Sinn ist: „du
müsstest es ihm sagen. Und du würdest es ihm längst gesagt
haben, wenn u. 8. w.““ Das ei kann also ebensowol die Handlung, des
Inf. selber, wie das Müssen bedingen. In andern Fällen kann auch
der Satz ursprünglich ohne den Nebensatz mit εἰ gedacht sein,
auch allein Gültigkeit haben sollen, wie das si z. B. in nemo so-
brius saltat, — nisi forte insanit. Dies besonders, wenn eine Auf-
forderung, die, wenigstens indirect, in ἔδεε häufig ausgespro-
chen liegt, gegeben werden soll. Das Allgemeine bleibt immer,
dass ἔδει ἄν nur so gebraucht’wird, wie jeder Indic. Praet. ς, ἄν
gebraucht werden kann; dass in ἔδει dagegen Verschiebung statt-
findet. Dass wir ἔδει in beiden Fällen als Modus, nicht tempo-
ral, fassen, versteht sich wol von selbst.
Im Latein findet man gewöhnlich die Regel von debebas
etc. ausgehend aufgestellt, wahrscheinlich weil man einen dem der
griechischen Praeterita entsprechenden Gebrauch hier zu sehen
glaubte, obwol der ganze Gebrauch und die ganze Stellung des
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 89
lateinischen Systems dem widerstrebt,” und die Grammatiken sich
genöthigt sehen hinterher noch Stellen vom Praes. selber aufzufüh-
ren (debes diligentior esse). (Οἷς: debet; verum tamen non
cogitur. aequius est. quid est stultins? longiores sumus, quam
necesse est. Zumpt glaubt gar jenes debebas etc. durch die deutsche
Uebersetzung „du solltest“ erklärt; dass diese Form aber nicht
Impf. Indic., sondern Impf. Conj. ist, zeigt sich, wenn man statt
Sollen Müssen setzt. — Debebas etc. ist gewöhnlich = „hättest
müssen ;‘ doch gibt es auch Stellen, wo man statt eines debebas
— debes erwarten könnte; jedoch ist das nie auf griechische Weise
modal zu erklären, sondern temporal, durch das im Latein beliebte
Voransgreifen in der zeitlichen Bestimmung, analog dixerim; ne
dixeris! Οἷς, p. leg. Man. 17, 50. quod si Romae esset (jetzt),
tamen is erat deligendus.. Lael. 24, 90. peccasse, non anguntur;
objurgari moleste ferunt; quod contra oportebat. Nat. II, 35,
163. quae si singula vos forte non movent, universa — debe-
bant (schon längst). Hor. Od. I, 37, 1. nunc est bibendum, —
nunc ornare pulvinar deorum tempus erat = nunc tempus illud
adest, quod adesse vos saepe putabatis. Sat. II, 1, 7. ne fa-
ciam, inquis, omnino versus? Ajo. Peream male, si non optimum
erat; veram nequeo dormire: „das war das Richtige“ — ‚was
du sagtest, das ist das Richtige. Wirklich gibt es sogar einige
Male als Vergangenheit dazu das Plusq. Indic. Lael. 4, 15.
fuerat aequius. p. Mur. 25, 51: während in der Regel das Impf.
oder Perf. dasselbe auszudrücken genüßt.
Auch finden sich bisweilen einzelne Fälle, wo das Latein dem
deutschen Gebrauch schon sehr nahe steht. Οἷς. Verr. ἢ, II, 73,
180. quem igitar ab egnitibus R. condemnari necesse esset, is a
vobis absolvi potest? Tusc. V, 2, 6. ut eam accuset, quam vereri
deberet — wegen des folg. etiamsi potuisset.
Beispiele von deberes, wo das Müssen selber nicht wirklich
ist, sind häufig mihi ignoscere non deberetis, si tacerem. Verr.
ΠῚ, 40, 98. si petisset, — debuisset. Auch ist, ebensowenig
wie im Griech. ἔδεν ohne ἄν neben εἶν auch hier nicht auffällig
der Indic. bei einem Nebensatze mit si c. Conj. Praet., wenn eben
nicht das Müssen dadurch bedingt wird, sondern die gemusste
Handlung selber. Verr, IH, 61, 141. si quis pudor in te fuisset,
sine supplicio dimittere non debuissti. Ὁ. leg. Man. 17. = erat
mittendus, — et fuisset mittendus, etiamsi etc. Rhetorische Erwei-
terungen des Gebrauchs des Indic. knüpfen sich leicht daran.
2. Beim Können sagt das Deutsche unbedenklich „,ich
könnte es dir sagen,“ auch wo das Können wirklich ist. Auch
das Latein hat hier schon manchmal die Verschiebung. Ueber
die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit des Könnens ist bei einer
nicht seienden Handlung auch schwer zu entscheiden, wenn auch
leicht etwas zu behaupten. Die Sache wird ausserdem hier da-
durch verwickelter, dass jenes „könnte“ sowol possim als pos-
90 Das syntakt. System der Tempora und Modi
sem sein könnte ‚(abgesehen von possum), — während beim Müs-
sen nur der Modus der Nichtwirklichkeit in Betracht kam, wegen
des natürhehen Gegensatzes zwischen Seinmüssen und Nichtsein.
Possim tibi dicere ist denkbar, wo das dicere noch als möglich
festgehalten wird z. B. sc. „was gibst du?“ possem — sc. „ich
. sage es aber nicht.“ Das Faclische aber ist, dass nur possim
häufig ist; für possen meist poteram, nämlich von der Gegen-
wart; in der Vergangenheit ist potuissem sehr häufig, obwol die
Entscheidung, wo es da durch Verschiebung und wo wirklich auch
. die Möglichkeit als wicht vorhanden gewesen gesetzt werde, schwer
ist. Potuerim als Hauptsatz kommt wel gar nicht ver: aus dem-
selben Grunde, warum der Opt. c. ἄν wenig Gelegenheit fand von
der Vergangenheit gebraucht zu werden; auch weil für diese mil-
dere, höfliche Form nur die Gegenwart Veranlassung gibt,
Von jeder Art nur ein Beispiel. Cic. Nat. I, 36, 101.
possum dicere, sed nolo esse longus (könnte). — Verr. divin,
Vi, 57. quid enim facere potwit elegantius? (hätte können). Nat.
I, 4, 9. poterat deponere (at non deposuit). Mit Verschiebung:
nonnulla forsitan confirmare possim. p. Mur. 29, 60. — pos-
sem idem facere (sc. sed non faciam). 'Tusc. I, 34, 84. Nat. II,
19, 49. mundi volubilitas, quae nisi in globosa forma esse non
posset (sc. sed est globosa). Nat. Il, 9, 23. sine qua neque
ali possent (sc. sed aluntar; nicht: sed possunt,) Off. II, 4, 14.
quae unde sine homisum opere habere possemus? Daher auch
Sall. Cat. 7, 7. memorare Bossem, ᾽πὶ etc. und Nep. Epam. 4.
proferre possemus, sed etc. wol nicht anzutasten sind. Uebrigens
war die Verschiebung mit possem nur als die dem System nach
ursprüngliche, nachzuweisen; im Ganzen ist hier poteram (von der
Gegenwart) viel häufiger, indem die Gelegenheit zum Können da-
durch als schon vorbei seiend ausgesagt wird. cf. debebas statt
debes. (Οἷς. Fin. III, 35, 119. quamgnam poteram, malo III, 10,
35. poteram morbos appellare sed non conveniret. Auch hier fin-
den wir also wieder den modalen Ausdruck dem temporalen ge-
wichen; der modale (possem) blieb nur als nochmalige . Hervorhe-
bung der Nichtwirklichkeit (der Handlung) durch die Modalform
(des Hülfsverbs).,. Ein potwi findet sich so wol nie: wol, weil
hier immer das „eben vorbei sein‘ auszudrücken war. — Dage-
gen scheint das Plusq. Conj. potuissem, als Vergangenheit von pas-
sem, regelmässig auch da zu stehen, wo gar kein sed non potui
ausgesagt werden soll, z. B. p. Mil, 28, 76. quonam modo ea aut
depellere potuissetis aut ferre? == non potuissetis, aber nicht
== sc. sed potwstis, sondern weil der Gedanke zu Grunde liegt:
tulössetis, ihr würdet zu tragen etc. gehabt haben,‘ sc, „habt aber
glücklicher Weise nicht.“ Tusc. V, 2, 5. quid sine te vita esse
potuisset? nicht sc, sed potuit sondern sc. sed est, und dach ist
potuit in beiden Sätzen wol kaum möglich. — Zuweilen findet
sich potueram als Vergangenheit jenes poteram, das auf tempora-
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 91
lem Wege eine Modalität der Gegenwart bezeichnen will. Ter.
Andr. IV, 8, 8. quibus quam facile potnerat quiesci, si hic
quiesset! Vellej. 2, 9. vitam, qnam glöriosissime degere potue-
rat, immatura morte finivit.
‘ Im Griechischen ist aus denselben Gründen die Verschie-
bung im Opt. c. &v unendlich häufiger als die mit dem Ind,
Praet. c. av. Xen. Symp. 4, 16. δυναίμην ἂν Ἰλιάδα ὕλην
ἀπὸ στόματος εἰπεῖν, obwol das „Können ‚wirklich ist, also statt
δύναμαι. — Thuc. V, 68. οὐκ ἂν ἐδυνάμην γράψαι ἀκριβῶς
τὸν ἀριϑμόν: anch hier ist das (οὐ) δύνασθαι wirklich; und eine
etwa hinzutretende Bedingung, z. B. „wenn das gefordert würde“
würde nicht das Können, sondern das γράψαε bedingen. Sogar
der Aor. von. der „Vergangenheit findet sich: Xen. Mem. Ill, 6. fin.
μᾶλλον δὲ οὐδ᾽ ἂν ἠδυνήθην κομίσαι» wo allerdings aus dem
Vorigen εἰ ἔδει μὲ φέρειν hinzudenken ist, was aber wieder nicht
das ἐδυνήϑην (οὐκ), was wirklich ist, sondern das χομίσαε be-
dingt, was der Recension wegen zu bemerken war; ebensowie, _
dass den Unterschied zwischen δυναίμην av und ἠδυνάμην ἄν
durch deutsche Uebersetzung anzugeben, keineswegs nothwendig
war, da die Bedeutung beider Modusformen dieselbe ist, wie sie
oben angegeben war, Die Uebersetzung verstand sich von selbst,
es handelte sich nur um Auffassung des Gebrauchs.
8. Dem Hülfsverbo des Wollens geben alle drei Sprachen
häufig die Modalform, welche das Verhältniss der .gewollten Hand-
lung zur Wirklichkeit ausspricht. z. B. velim ignoscas und vellem
ignosceres, βουλοίμην ἄν und ἐβουλόμην ἄν wird gesagt, auch
wo das Wollen wirklich ist, also für volo und βούλομαι. Den-
noch ist in der Fassung ein deutlicher Unterschied. im Latein
hat diese Classe allein die Verschiebung regelmässig; nimmt man
hinzu, dass auch beim Können fast nur diejenige Verschiebung,
bei welcher die Modalform der Bedentung des posse entsprach,
gebräuchlich war (d. ἢ. possim; weniger possem), so wird mar
jenes velim und vellem so za fassen haben, duss das Wünschen
noch einmal durch die Modusform des Wunsches aus-
geprägt sei, womit die Fälle der Verschiebung im Latem über-
haupt auf die oben angegebene Grundlage zurückgeführt sind,
Man nennt dies velim etc. eine Feinheit des Ausdrucks; worin
aber diese bestehe, war noch anzugeben. — Im Griechischen
dagegen besteht die Verschiebung darin, dass die Modusform, die
dem Gewollten zukäme, wenn man dessen Verhältniss zur Wirk-
lichkeit in einem Urtheilssatze ausspräche , auf das Wollen selber
übertragen wird ; denn sonst würde &v fehlen. Es gibt freilich
ἐβουλόμην ohne av, aber das ist kein Wunsch, wie vellem. Denn
schon, dass daneben βουλοίμην ohne ἄν nicht existirt, zeigt, dass
jenes ἐβουλόμην temporal zu fassen ist. So findet es sich häufig
bei den Rednern mit μέν» = „es war freilich mein Wunsch a. 5. w.“
„aber nun sehe ich doch u, 5. w.“
92 Das syntakt. ‚System der Tempora und Modi
4. Nachzuholen ist, dass, was von ἔδει gilt, natürlich auch
von allem, was gleicher Bedeutung ist, gilt, z. B. αἰσχρὸν ἦν,
εἰκὸς ἦν, δίκαιος ἦν. ἄξιον ἦν. vgl. Bäuml. p. 145. Auch ἔπρεπεν
cf. Plat. Rep. V, 474, Ὁ. Aehnlich im Latein. — Ferner, dass es
natürlich auch ἔδει temporal, und auch neben εἰ c. Praet. gibt,
ebenso δέον ἄν, ohne Verschiebung, und im Latein analog das
Praes. Conj. der Ausdrücke des Müssens.
Im Latein gehören hierher uoch die Formen auf turus, die
auch neben si c. Conj. Praet. meist im Indic. stehen bleiben, als
Angabe einer Beschaffenheit, unabhängig von dem Satze mit si,
Die Unterschiede siehe bei Reisig. 5. 515. sq. — Der Analogie
von turus sum folgen wieder die Sätze mit prope und paene: propne
cecidi: denn das ‚fast fallen“ ist wirklich: „ich war (wirklich)
im Begriff.“ Das Deutsche: ‚ich wäre beinahe‘‘ ist ebenfalls rich-
tig, nur überflüssig, dass das Fallen noch einmal durch die Modal-
form als nicht wirklich angegeben wird. Lucian. Somn. 5. μικροῦ
γοῦν με διεσπάσαντος Endlich gehört noch hierher longum est
narrare, nicht esset: aber sit gibt es häufig, wie auch im Griech.
den Opt. c. ὄν. & λόγος πολὺς ἂν εἴη. ἐπιλείποι δ᾽ ἂν ἡμᾶς ὁ πᾶς
χρύνος.
Modi des subordinirten Satzes.
δ. 7. Anordaung und Eintheilung.
1. Kaum ist ein Theil der Moduslehre bestrittener, als die
Frage ihrer Anordnung für die untergeordneten Sätze. Theils gab
maır wol Bestimmungen über die augenfälligsten Satzarten, nicht
selten kamen dann aber hinterher noch als eine besondere Art die
„Relativsätze“, während doch alle subordinirten Sätze (ausser
den Infinitivstructuren) relative sind; denn jener Name bezeichnet
nur die Form ihrer Einleitung. Theils ging man von irgend
einer a priori construirten Eintheilang der Sätze aus; dabei ent-
schieden namentlich wieder die Bedeutungen der einleitenden Rela-
tiva, während eine Moduslehre doch offenbar die Modasformen
selber als Eintheilungsmoment vor allem zu berücksichtigen hat.
Es erhielt ferner so die doch allgemein verworfene Annahme, als
regirten bestimmte Partikeln bestimmte Modusformen, neue Stütze.
Ferner bestand die Bestimmung, wann die einzelnen Modusformen
hier zur Anwendung kämen, entweder in Wiederholung der auf-
gestellten Grundbedeutuugen, — wobei denn natürlich unberück-
sichtigt blieb, dass und weshalb gewisse Modusformen in ein-
zelnen Satzarten gar nicht vorkämen; oder man stellte wirklich
(wie Kühner) die in den einzelnen Satzarten wirklich vorkommen-
den Modusformen auf; aber es blieb erstens der Mangel, dass in
einer Moduslehre nicht nach Modusformen getheilt war, wie um
zur Einsicht dieser zu gelangen unabweisbar ist; zweitens bestand
auch da die Erklärung der aufgestellten nur in der schon bekann-
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 93
ten ihrer Grundbedeutungen, ganz abgesehen davon, ob nicht
ausser den aufgestellten noch andere als vorkommend sich erweisen
werden, und ob die befolgte Satzeintheilung richtig .sei.
Aprioristische Satzeintheilungen sind natürlich mehrere
möglich ; der Streit darüber darf aber keineswegs veranlassen, solche
überhaupt aufzugeben, wie neuerdings wol geschehen ist und auch
den blos Formen vergleichenden Forschern am bequemsten scheint,
Moduslehre und Satziehre hängen aufs Engste zusammen, und,
wenn irgendwo, im Griechischen. Nur hat man sich ver will-
kürlichen Eintheilungen zu hüten, die natürlich nichts erklären.
So ist die Eintheilung nach Substantiv- Adjectiv- und Adverbial-
sätzen eine willkürliche und nur dem modernen Sprachbewusstsein
entnommene, schon weil Substantive und Adjective in den alten
Sprachen gar nicht so geschieden sind; ferner gelten für die Modi
der beiden letzteren dieselben Regeln. Dadurch werden freilich
wir 088 nicht gehindert sehen, jene Namen in anderer Auffassung
beizubehalten,
Die Lösung (dieser Schwierigkeiten beruht auf Auffindung einer
Vermittelung der Ansprüche der Modusformen .selber, .auf Einthei-
lung der Sätze mit den aprioristischen. Diese aber findet sich
leicht, wenn man (die Negation und av als modale Bestimmungen
mitgerechnet) die überhaupt vorkommenden Modusreihen, wie
sie zusammengehören, aufsucht und aufstellt, und die Bedeutung
der einzelnen Reihen im Ganzen bestimmt, so ergeben sich die
des einfachen Satzes, die finale, die causale (4. i. die im Bedin-
gungssatz erscheinende) und die or. oblig. Durch die in diesen
Reihen fixirten Modalformen werden wir im Griechischen vielfach
das ausgedrückt sehen, was in späteren Spracheu immer mehr
Sache bestimmter Wörter, der einleitenden Conjunctionen, wird.
2. Der Form nach sind subordinirte Sätze solche, die durch
eine Relativform eingeleitet sind. Da es freilich ursprünglich
nur Hauptsätze gab, so kann die Form der Nebensätze keine ur-
sprüngliche sein, sondern das Griechische verwandte als Rela-
tiv das Demonstrativ (ὃς aus 6 κτλ.; vgl. Hom. u. Hdt.); das La-
tein das Interrogativ (daher die qu- und ὦ beginnenden Formen
beides sind); das Deutsche beiderlei Formen (,‚der Mann, der‘
und „‚welcher“, „der Ort, da“ und ,„wo“). Allerlei Fixirungen
traten hinzu: z. B. zu tum blieb nur quando Interrogativ, quum
wurde rein relativ. vgl. auch im Deutschen „der (τῆς) und
„deren“ (ἧς) etc.
Für die Relativa ergibt sich als Eintheilung die in flexible
(adjectivische) und inflexible (adverbiale); letztere zerfallen. in Ort,
Zeit und Art und Weise bestimmende. Weitere Bedeutungen sind
nicht ursprüngliche, und der Ausdruck dieser „logischen‘‘ Verhält-
nisse ist griechisch wesentlich Sache der Modi.
Der Bedeutung nach schliesst sich der subordinirte Satz
entweder einem schon vorhandenen Satzgliede als weitere
9 Das syntakt. System der Tempora und Modi
Bestimmung an, oder aber, er bildet selber einen der zur Voll-
ständigkeit eines Satzes als solchen nothwendigen Bestandtheile.
Für letztere verwenden wır den Namen Substantivsätze, indem
diese die Stelle eines Subjects oder Objects vertretee. Die Nicht-
substantivsätze (auch speciell Relativsätze oder Attributivsätze
za nennen) zerfallen in Adjectiv- und Adverbialsätze, je nach-
dem das schon Gegebene im Satze, das sie näher bestimmen sollen,
entweder ein Subject und Object oder — ein Praedikat, 4, h. kurz,
entweder ein Nomen oder — ein Verbum ist.
Die subordinirten Sätze entstehen, indem urspränglich selb-
ständige Sätze Theile eines andern Satzes werden. Sie können
da vertreten, oder etwas Vorhandenes näher bestimmen; dies Vor-
handene kann entweder ein Subject und Objeet oder Praedikat sein,
Der letztere Fall ist oben nicht berücksichtigt, denn ein Praedikat,
die Spitze des Satzes, kann nicht durch einen Nebensatz vertreten
werden; letzterer würde sofort Hauptsatz werden. — Nach unse-
serer Fassung sind auch die Nebensätse nicht etwa erweiterte
Objecte, Attribute u, ä.; im Gegentheil, die Operation mit den
Sätzen ist viel leichter und älter als die harten Zusammenziehungen,
wie das noch neulich Curtius in der Zeitschr. f. vergl. Spr. dar-
gethan hat. Damit fallt auch die Nothwendigkeit darauf begrün-
deter Satzeintheilungen. — Die Benennung der Subjects- oder Ob-
jectssätze und Substantivsätze hat in manchen Lehrbüchern (z. B.
bei Mager) Verwirrung hervorgerufen, indem Umschreibungen, wie
„(der), welcher bestohlen ist‘“ oder „(das), was geraubt ist“ als
Sabstantivsätze gefasst werden. Es ist aber nur nicht streng genug
im Auge behalten, dass für die Substantivsätze der Nebensatz
Subject oder Object sein solle; also ein ganzer Satz, nicht aber
das durch einen solchen umschriebene, d. h. nur attributiv be-
stimmte Ding oder Wesen. Die angeführten Sätze sind also nichts
als Objectivsätze; denn das Subject ist im Hauptsatze, wenigstens
dem Gedanken nach, vorhanden: ‚das (Ding) welches u. 5. w.“, und
ein Satz mit is homo , qui etc., oder mit is, qui soll doch keiner
andern Satzart angehören, als einer mit qui? Wenn ein Satz
Snbject oder Object wird, so muss er sich zusammenziehen lassen
in den substantivirten Infinitiv: z. B. ‚dass er beraubt‘ =
„sein Beraubtsein‘“, denn das Allerwesentlichste eines Satzes ist
das Praedikat; zu diesem sind alles Uebrige nur Erweiterungen; die
Substantivform des Verbi aber ist der Infinitiv.
Die bisherige Eintheilung ist ganz der Sache entnommen;
als Beispiel ihres praktischen Nutzens lässt sich schon anführen,
dass die Regel im Latein vom Conj. der „‚indireeten Fragen‘, wo
die Schüler häufig gar keine Fragen anerkennen wollen, bestimmt
ist, sobald man sie auf alle „‚Substantivsätze in Relativform‘‘ aus-
dehnt. — Die aufgestellten Bedingungen halten wir für die be-
quemsten, theilweis schon desbalb , weil es keine neu gemachte sind;
im Uebrigen ergibt sich das für und wider beiden einzelnen von selbst.
+
im Griechischen. Von Aken za Güstrow. 9
Die Substantivsätze zerfallen, je nachdem der sabstenti-
virte Satz ein Urtheils- oder ein Begehrungssatz gewesen
war, in 1) die sogenannten eigentlichen {mit ὅτε und ds), und
2) io die finalen (ὅπως, es). Ausser den finalen Substantiv-
sätzen gibt es aber noch finale. Adverbialsätze.e Man hat nämlich
nicht alle Sätze, in denen lateinisch ein solches ut steht, das mit
einer Negation ne gibt, in eine Classe zu werfen, wie z.B. Küh-
ner es thut, Die deutlich mit „‚dass‘‘ eingeleiteten von jenen simd
Substantiv-, die mit ‚„damit‘ sind Adverbialsätze: z. B. „ich
strebe, wünsche, befehle, dass u. 5. w‘‘, aber „küämpfe, schreibe, da-
mit u. s. w.‘ Bei ersterer Art ist der. Satz ohne ‚‚dass‘* u. s. w. ein na-
vollständiger Gedanke; das nothwendige Object fehlt dann; bei der
zweiten Art enthält der Satz auch ohae den Nebensatz mit „damit“
schon ‚einen vollständigen Gedanken; das ‚damit‘ gibt also nur
eine nähere Bestimmung zu einem schon vorhandenen Satztheile.
Es ist nur zur Vermeidung von Missverständnissen - schon hier zu
bemerken, dass wir den Namen „Object“ nicht in der weiten Be-
deutung der Beckerschen Grammatik fassen, und dass das Objects-
verhältniss der Substantivsätze im Griechischen sich als das eines
Accus. effectus, einer Art des Acc. verbalis, zeigen wird, im Deut-
schen freilich als das eines Accus. transit. Gegen die obige Auf-
fassung spricht auch nicht, dass man wol auch einmal ein „ich
kämpfe, dass“ u.s.w. finden kann; denn da ist rhetorisch das Käm-
pfen praegnant als ein Verbum des Strebens gefasst. Die Trennung
beider Satzarten findet sich richtig bei Weissenborn.
Für die Eintheiluong der Nichtsubstantivsätze reicht,
wie oben gezeigt, weder die Form noch die Bedeutung der ein-
leitenden Relativa aus. Hier müssen die Modusreihen mit ker-
angezogen werden. Diese sind:
A die beiden des selbständigen Satzes. -
B subjunctive oder abhängige, d. h. solche, die nur
im abhängigen Satze erscheinen.
1. Die causale Modusreihe: 1) Indic., 2) Conj. mit ἀν
8) Opt. ohue ἄν, 4) Indic, Praeter. ohne ἄν. Negation
ist μή. ,
II. Die finale: 1) Indic. Fut., 2) Conj. eigentlich ohne ἂν,
8) Opt. ohne ἄν, 4) Indic. Praet. ohne.&v. Negation ist μη).
Ilf. Modus der orat. oblig, ex mente alius: Opt. ohne av;
Negation ist an sich οὐ, wenn nicht schon die or. dir.
im selben Falle μή verlangte.
Dass das finale und causale Verhältaiss zum Hauptsatz
durch Modusformen angegeben wird, ist etwas schon vom latei-
nischen, noch mehr aber vom deutschen Standpunkte ganz Verschie-
denes; wir erwarten diese Verhältnisse durch eigene Wörter, die
Copjanctionen dafür, ausgedrückt. Zunächst ist aber festzuhalten,
dass keine Wurzel in der Sprache eine andere Bedeutung hat,
als eine in der sinnlichen Anschauung gegebene. Eine solche
96 Das syntakt. System der Tempora nnd Modi
liegt auch der Anfügung durch Coordination zu Grunde; die co-
pulative und disjunctive wie die adversative Verbindung lassen alle
eine sinnliche Auffassung zu, wie das Verbinden, Trennen und
Gegenüberstellen. Erst das causale Verhältniss (,‚denn‘‘ und
-„daher‘‘) ist ein rein logisches, Deshalb ist aber auch bei allen
Verbindungswörtern dieser Art die causale Bedeutung erst eine
gewordene (vgl. „durch“, „‚wegen‘ geben auch nur den Weg
an, den die Handlung genommen). Es lässt sich ferner bei der
subordinirten Satzverbindung das Logische alles auf die Causal-
verbindung zurückführen. Das Causalverhältniss beruht nämlich auf
dem von Ursache und Wirkung, auf der Forderung des Einen
wegen des Andern. Die Verbindung zweier Gedanken dieses Ver-
hältnisses zu einem Satze kann auf doppelte Weise geschehen.
Es enthält:
I. Der Hauptsatz die causa, das Gieiens; der Nebensatz den
Effect, und zwar
1) objeetiv bestimmt: Cönsecutivsatz: Ξε „so dass“;
2) subjectiv: Finalsatz: = „damit“ (auch „‚dass“);
II, Der Hauptsatz enthält den Effect; der Nebensatz die causa.
1) objectiv: „es geschieht dies, weil‘: der eigentliche
Causalsatz,
2) subjectiv: 2268 geschieht dies, wenn‘: = Bedin-
gungssatz.
Der Concessivsatz (wenn auch, obgleich) steht beiden
Classen des causalen Nebensatzes parallel: zu 1) = quamqguam
und quamvis; zu 2) eliamsi, etsi: denn beide haben das gemein-
sam, dass etwas, was an sich möglicher Weise als Grund des
Hauptsatzes gedacht werden kann, dennoch als solcher wegge-
leugnet wird. quamquam und quamvis erkennen dies Etwas als
bestehend an; quamquam ruhiger, während quamvis trotz aller
Steigerung doch eigentlich nur ein Minimum zugibt; licet gehört
ebenfalls hierher, wenn es auch die Existenz der Handlung nur
dem Andern zu gefallen einräumt; dagegen etiamsi über die Exi-
stenz jenes- möglichen Grundes, so wenig wie überhaupt ein Satz
mit si, sich etwas anmassen will. Ebenso etsi, trotzdem, dass es
mehr da verwendet wird, wo man an die Existenz glaubt, behaup-
tet es sie doch nicht.
Für alle diese Verhältnisse haben die Sprachen keine arsprüng-
liche Bezeichnungen. Schon der Satzartikel „dass‘‘ entsteht nur
durch eine mechanisch orthographische Abänderung des ‚‚das““.
„Sodass‘ kann auch „in der Art dass‘ (da ut) sein; „damit‘
enthält von Absicht nichts; = ,‚‚da‘“ mit Andeutung irgend einer
Verbindung überhaupt; „weil“ drückt eigentlich nur eine Zeit aus
(vgl. „die Weile‘“‘); dialektisch wird es auch noch so gebraucht;
„wenn“ ist kein ursprüngliches Wort; es ist eine Abschwächung
aus „wann‘, das im Curialstil noch oft für „‚wenn‘“ sich findet;
die Stempelung des „wenn“ zur Condicionalconjunction ist etwas
im Griechischen. Von Aken. zu- Güstrow. 97
an sich gar nicht Nothwendiges. „weil“ und „wenn“ sind beide
= ὅτε; „obgleich, obschon“ sprechen nur den wegzuleug-.
nenden möglichen Grund verstärkter aus; das „ob“ darin ist das-
selbe, was οἱ und εἰ in Fragen, nur bier relativ, Das „gleich“
hebt nur die Wahrheit des Satzes an sich hervor; „obgchon‘ —
9980 schön auch‘ u. s. w. vgl, „gleich“ findet_sich dialektisch —
„doch“; „zwar“ — „in Wahrheit“ (alt: zeware),
Im Latein ist ut an sich nichts als ‚wie‘; ebenso das qui
in quin; quo nichts als „wohin“: uf gibt also mehr die Art und
Weise, den ganzen Weg, quo nur den Endpunkt.an , ist also. schärfer.
qued und. guia sind nur die Satzartikel; diese Sätze waren. also
bei der freiern Anwendung des Accnsativverhältuisses in der alten
Sprache eigentlich Objectssätze. cum — Relativ zu tum; si Relativ
zu sic; quamquam etc. sind einfach Steigerungen.
Im Griechischen ist are = „und .so‘“ oder einfach Be-
lativ zu ὡς ‚vel. ῦστε. ὡς und ὅπως sind immer nur „wie; ἵνα
„wohin“. ὅτε vgl. quad und ö bei Hom. εἰ τες si: vgl. εἴτε und sive.
Für das .Concessivverhältniss hat es nur die Formen mit si; die
andern werden durch Participia mit πέρ bezeichnet; nur die spätere
Verwendung von ἐπεί; analog cum τε „obgleich“, darf wol nicht
bestritten werden.
Zunächst ergibt sich unter den drei Sprachen: der Unterschied,
dass im Griechischen und Latein ‚jene Conjunctionen auch noch an-
ders verwendet werden, nämlich in ihren ursprünglichen Bedeutun-
gen; dass aber im Deutschen djeselben bestimmt eben jene logischen
Verhältnisse anssprechen, sogut wie ganz in ihrer frühern Bedey-
tung aufgegeben sind: kurz, erst. das Deutsche hat sich eigne
Wörter jener logischen Bedeutung geschaffen, wozu in den bei-
den andern Sprachen erst die Anfänge gemacht. sind.. —
Dem analog: ist der Gang in der Structur. derselben der: das
Griechische construirt diese Wörter in ihrer logischen Verwen-
dung nieht anders, als in ihrer ursprünglichen 2, B. ξἔπεί und ὅτε
als. quum causale doch nur mit- den. Modis des einfachen Urtheils-
satzes und ov. Allerdings erscheinen in: jenen Sätzen neue Modus-_
reihen, aber diese sind ‚noch gar nicht an einzelne Wörter gebun-
den. (nur in wenigen, Anfängen zeigen sich Fixirungen). Das
Latein construirt im Allgemeinen, sobald jene Relativa, logisch
verwandt werden, sie mit. dem „Conjunctiv.“ Es liegt dabei anf
der Hand, wie wenig mit solcher Bestimmung fürs "Griechische
etwas gesagt wäre: was kann nicht alles ἴῃ einem lateinischen
„Conjunctivus‘ enthalten sein! wie viel mehr Hülfsmittel zum Aus-
druck der Modalität müsste das ‚Griechische nicht ausser. denen
noch. haben, die es schon hat, wenn es die logische Verwendung
bezeichnen wollte! — Das Deutsche endlich, weil es eigne
Worte zum Ausdruck des Logischen (gleichviel, auf welche Weis«‘)
gewonnen hat, braucht durch die Modi keinen Ausdruck dafür zu
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 1. ἮΝ 7
-
98 Das syntakt, System der Tempora und Modi
suchen, und kann in allen jenen Verhältnissen den Indicativ setzen,
sogar bei „damit“.
Das Latein bildet eine Mittelstufe zwischen den andern bei-
den Sprachen, insofern in ihm das Bedürfniss nach Bezeiehnung
der logi*then Verwendung doch schon Ausdruck gewonnen hat.
Das zeigt sich auch darin, dass sogar „sodass“ und „weils,
auch wenn sie noch so sehr etwas Wirkliches bringen, doch den
'Conjunctiv verlangen. quod und 'quia müssen im Latein als selber
schon zu deutlich „weil“ bezeichnend angesehen sein; denn das
„Factische“ u. s, w. kann hier so wenig entscheiden, wie bei μὲ =
„sodass“, Bei quoniam (= cum jam) und quando galten andere
Nebenrücksichten; man wollte das offenbare Vorliegen hervorheben ;
quamquam hat seine Structur analog quisquis, utut etc. Bei den
Sätzen mit „wenn“ ist natürlich ebenfalls der Indic. offen gehal-
ten, der Conj. zum Ausdruck der Wiederholung ist aber auf der
Bedeutung des „wenn‘“ beruhend.
Das Griechische lässt andere Modi als die gewöhnlichen des
einfachen Satzes nur in den beiden Nebensätzen subjectiver Be-
stimmung („damit‘ und „wenn‘) eintreten, bezeichnet aber
diese Verhältnisse des Causalnexus eben wesentlich durch die
Modusform, keine Beschränkung auf bestimmte Conjüunctionen
‚ist vorhanden. Ist z. B. das Bedingende ein Ort, so kann ein
„wo“ u.s.w. mit allen Modis des Bedingungssatzes eintreten ; also
nicht εἰ ist das Wesen eines solchen: εὖ erscheint nur, wenn
die Abhängigkeit des Hauptsatzes vom Nebensatze, d. h. dessen
Thätigkeitsbegriff, nicht aber von einem Orte, Zeit a. 5. w. ausge-
drückt werden soll, bildet aber freilich den Bedingungssatz in
reinster Form; aber” auch hier ist εἶ nicht nothwendig; es kann
fehlen, wie der parataktische Indicativ und bei Homer anch' Op-
tativ (ein μὲν ἡμῖν κτξ.) darthut. Bei den Finalsätzen werden
wir allerdings eine Beschränkung in Anwendung der finalen Mo-
dusreihe bei andern Relativis, als den schon mehr als Finalcon-
junctionen ἃ betrachteten εἷς, ὅ ὁπῶς; ἵνα". erkennen; aber Sätze, wie
Dante μὲ ὅττι τάχιστα, πύλας ᾽᾿Αἴδαο περήσω und ἐπίμεινον, τεύ-
χεα δύω, sowie der Gebrauch des Conj. metuitiv. bei Homer zei-
gen, dass der Ausdruck des Finalen nicht wesentlich in einer Con-
junction lag, — Auch das Latein hat noch Manches hievon.
Danach ergibt sich, dass eine Eintheilung nach Adjectivsäfzen,
Sätzen der Zeit, des Orts u.s.w. bis za denien der Bedingung υ. 5. w.
nicht die für die Moduslehre passende sein kann, schon weil Wie-
derholung derselben Modusbestimmungen sich in allen wiederholen
würde; für Adjectiv- und Adverbialsätze gelten ja dieselben mo-
dalen Bestimmungen. Die Eintheilung wird vielmehr folgende sein
müssen: oo
A, Substantivsätze,
(der Nebensatz ist Subject oder Object = „dass“ nnd
ein Theil der indirecten Fragen).
im Griechischen; Von Aken zu Güstrow. : 90
I. eigentliche: teid Urtheilssatz ist substantivirt: daher auch
‘ dessen "Modi und: der:Opt. der orat. öblig. — Conjunctionen
+ == 9m und og, die aber zuweilen auch ganz fehlen.
- ἢ, finale, mit ὡς und ὅπως zur Eimleitung substantivirter Be-
_ gehrungssätze.
‘B, Adjeetiv- und Adverbialsätze,
(d. h, der Nebensatz erweitert ein vorhandenes Sub-
᾿ς ‚jeet [Object]-oder Praedicat).
Ἐν mit Causalnexus zum Hauptsatze, :
1) der Nebensatz bringt den Effe et;
a) Consecutivsatz: = „sodass: ὥστε (Modi des ein-
fachen' Urtheilssatzes).
b)' Finalsatz = ‚damit‘: ausgedrückt durch die finale
“τ᾿ Mödnusreilte: sowol ὡς ὅπως ἵνα. als beliebige
"τ andere Retativa.
2) der Nebensat® bringt die causa;
'a) Sätze des Grundes: = „wäl‘‘; ὅτε, ἐπεί κτέ.: Modi
des einfachen Satzes, ᾿
b) Bedingungssatz- ==. „wenn“ τς tausale Modus-
reihe,
a) eigentliche; εν
‘ ß) allgemeine relativische Sätze (zunbest. Frequenz“),
) Convessivsätze: '
, 4) ΟΝ |
) dem „wenn‘‘ entsprechende.
1l. Neben ine Causalnezus: dieser ist wenigstens“ weder
durch: die Modi noch durch die einleitenden Relativa ausge-
sprochen. Hier stehen also alle adjectivischen wie adver-
bialen‘ Relafıva in ihrer eigentlichen Bedentung, mit den
s Modis beider Arten .des einfachen Satzes,
‘ Darch diese Eintheilung glauben wir 8) die Annahme, dass
gewisse Conjunctionen bestimmte Modi regieren, im Zusammen-
hange widerlegt}-2) die Moduslehre, wie es unbedingt nothwendig
ist, nach den Modis :eingetheilt zu haben, ohhe dass man jedoch -
bei Erklärang, einer einzelnen ziisammengesetzten Modusform (z.B.
des Opt. c. ἄν mit ou) auf Wiederhölang der Grundbedentungen
der einzelnen Bestandtheile allein zugewiesen wäre; 3) zugleich: die
Satzeintheilung gebührendermaassen | in ihrem ' Rechte gelassen zu
haben, ohne welche‘ allerdings, eine ‘Vergleichung mit andern Spra-
chen unmöglich ist,
Wie jene Sätze in Fregeform modaliter sich -gestalten, wirtl
schliesslich im Zusammenhange anzufügen sein.
Der Opt. der orat, oblig. ex mente alius ist der subjunctive
Modus, der in allen Nebensätzen vorkommen kann; daher finden
. wir ihn ‘auch sthon in den Substantivsätzen. Wir haben daher,
und namentlich auch wegen der Vergleichung mit dem Latein, fol-
gende allgemeine Sätze ‘aufzustellen: 1) der „griech. hen or. obhg.
100 Das syntakt. System der Tempora und Modi
entspricht nur einem Indic. oder einem Conj. der direeten Rede;
der Conj, mit ἄν wirft dann gewöhnlich das ἄν fort. 2) Die 3.
und 4. Modusstufe haben keinen Ausdruck in der oral. oblig Hin
und wieder findet sich ein Ind. Praet. als nicht durchgeführter An-
fang einer or. oblig. der 4. Modusstufe im Adj.- und Adverbial-
satze, wenn sich ch die meisten Fälle als Bedingnngssätze fassen
lassen. Pi. Rep. X. 600. E: ἡ el μὴ ἔπειϑον αὐτοὶ ἂν ἐπαιδα-
γώγουν, ὅπη αν, Men. 89. Β. ἦσαν ἂν ot ἐγίγνωσκον, von
der Gegenwart. Doch zeigt sich immer baldiges Zurückfallen in
den Optativ. vgl. Cratyl. 394. ἢ. Der Satz, dass das ὧν fehlen
könne, weil e# schon im Hauptsatz stehe, ist gar nicht durchzu-
führen; häufig kann es gar nicht stehen, besonders wenn der
Nebensatz in bedingendem Verhältnisse zum Hauptsatze steht. —
3) Der Opf. or. oblig. ist nur möglich, wenn der Hauptsatz in der
Vergangenheit oder doch in einem zeitlosen Praesens steht. Diese
Beschränkung, im Latein nicht mehr vorhanden, ist eine sehr ge-
rechtfertigte; denn jede Relation referixt, genau genommen, Vergan-
genes. — 4) Ferner kann der Opt. nur stehen, wenn seine Hand-
lung der des Hauptsatzes gleichzeitig ist, nicht, wenn sie vor
dessen Zeit fällt, ἃ. h. im Allgemeinen nur, wo er direct ein Prae-
sens wäre. Denn der Opt. Perf. ist dafür weder häufig, noch
drückt er, genau genommen, Vergangenheit aus. Es findet sich
in Sätzen mit Ors ferner wol der Opt. Aor. manchmal, wo direct
ein Praeter. nöthig wäre, aber das ist eben nur Nothbehelf 9 wo
keine Zweideutigkeit möglich ist. Die indirecten Fragen zeigen
das Eigentliche seiner Bedeutung deutlicher. Im Allgemeinen ist
für einen direct in der Vergangenheit stehenden Satz keine or. oblig.
möglich. — -ὅ) Mit diesen Beschränkungen hängt nothwendig zu-
sammen, dass es griechisch noch gar keine Nothwendigkeit
die oratio obliqua zu bezeichnen gibt, dass man sich also nicht
wundern darf, Indicative zu finden, die blos die Meinung An-
derer referiren, vom Bedenden nicht selten für unwahr Gehal-
tenes. Die or. oblig. ist im Griechischen eben erst im Werden.
6) Die or. oblig. als solche bringt kein μή statt οὐ; man darf daher
solches nie als durch or. oblig. entstanden erklären. Es ist viel-
mehr dann meist das condicienale.
A. Modi der Substantivsätze.
Als besondere Form dieser haben die alten Sprachen nur die
Infinitivstructuren. Der Acc. c. Inf. ist anzusehen als äusserliche
Zusammenstellung der zu einem Satze nothwendigen Stücke, Sub-
jects und Praedicats; sie sind nur noch nicht in einander gefügt;
das Subject erscheint daher noch als dasjenige, anf das die Thätig-
keit des Praedicats zugeht, und steht deshalb im Objectscasus,
nicht aber wird der Acc, vom Verbo des Hauptsatzes regiert, so dass .
der Infinitiv nachschleppte. Diese Structur kennt das Deutsche
jetzt nieht, mehr, ‘denn auch z.B. in: „ich heisse ihn etwas thun‘
4. .
re
Φ
:
. Φ ν os
- im Griechischen. Von Aken zu Gästrow.- 101
hängt der Acc. direct von heissen“ ab. vgl jubeo. Das Deutsche
hat als bestimmte Form dieser Sätze sich den Satzartikel „dass“,
ein Formwort im eigentlichsten Sinne, geschaffen, durch ein Ver-
fahren, das dem Griechischen gänzlich fern liegt. Das Grie-
chische braucht analog auch ὅ (bei Homer), und ὅτι, ferner
εἷς, auch ὅπως» „wie“, nur dass die Fixirung nicht so durchge-
drungen ist. Das Latein, mehr nach Bestimmtheit strebend, lässt
den eigentlichen Substantivsatz nur im Acc. c. Inf. erscheinen ; ὅτι
und og entsprechende Formen hat es hier nicht; nur die paar
Fälle mit est ut, — fit ut, non veri simile est ul etc, gehören hier-
her: denn das ut ist hier kein finales; der Conj. steht nur, wie
im Allgemeinen bei allen Substantivsätzen‘ in Relativform im Latein.
quod (ὅτι) hat es nur, wo es = id 'quod einen Accus. transit.
vertritt (vgl unten), d. h. esgibt scio quod, laudo quod, aber. nicht
puto quod etc. Einige Beispiele bei Krüger. lat. Gr. $. 563 u. 590.
(mitto quod, adde quod). Dagegen scheidet das Latein den sub-
stantivischen Finalsatz (‚‚dass“) nicht vom adverbialen („‚damit‘‘),
während das Deutsche die beiden Arten des Substantivsatzes nicht
unterscheidet (‚„dass“). Auch im Griechischen sind die Sätze mit
ὅτι — „weil wol als Objecte gefasst, also eigentlich als Substan-
tirsätze angeschaut: 'vgl. gaudeo, miror; auch das spricht dafür, dass
ὅτε nie mit der causalen Modusreihe erscheinen kann, wie doch
ἐπεί κτλ. Letztere Data sollen nur zeigen, dass die aprioristisch
nothwendige Eintheilung in Substantivsätze und Nichtsubstantivsätze
nicht von den alten Sprachen gedacht ist; ‚jedoch ist sie, als einen
Anhalt für die Vergleichung bietend, entschieden beizubehalten.
I. Eigentliche Substantivsätze.
1. Die vorkommenden Formen sind: 4) Indic., 2) Opt. c. ἄν;
8) Ind, Praet. c. ἄν, 4) blosse Opt. 5, Kühner u. a. Negation
überall οὐ: obwol sich wol keine Grundbedentung von un se
aufstellen liesse, dass, danach allein geschlessen, nicht auch die-
ses hier sollte denkbar sein können. — Dass es nicht genügt den
Opt. mit ἄν von dem ohne ἄν durch irgend eine aufzustellende
Grundbedeutung des ἄν zu scheiden, ergibt sich Jdaraus, dass der
Opt. mit ἄν recht eigentlich der Gegenwart, d. h. dem Hauptsatze
im Praesens angehört, freilich auch stehen bleiben kann, wenn dies
in die Vergangenheit übergeht; dass dagegen der Opt. ohne ἄν
den Hanptsatz im Praeter. verlangt; z. B. Plut. Caes. 62. λέγεται
εἰπεῖν ὡς δικαιότερα μὲν λέγοι Κάσσιος» αὐτὸς μέντοι. Βροῦτον
οὐκ av παρέλθοι: das παρέλθοι ἄν ist schon in der directen Rede
so gesprochen; das λέγοι war-da λέγει. Kurz, der Opt. ohne ἄν
zeigt sich in allen seinen Beschränkungen als der Opt. der or. ob-
hq., dem keine Rücksicht auf „Umstände, kein dabeistehendes
εἰ ein ἄν beizubringen vermag. — Die drei ersten Formen erge-
ben sich danach von selbst als die Modusformen des einfachen Ur-
theilssatzes; dieser wird also in seiner Abhängigkeit als Substantir-
102 Das syatakt, System der Tempora und Modi
satz. ganz in denselben, Modusformen .belassen, die er
als selbständiger hatte; sndass- sich won selbst auch die Mög-
lichkeit eines ὅτι. mit οὐ μή .c, Conj.. pro :Fut. ergibt, z. B. ‘Xen.
Hell. IV, 2, 3, Thuc, V, 69. Dem. XX11], 179.. obwol die Gram-
matiken. dieses Falls ‚nicht gedenken, Es ist aber noch. streng
festzuhalten, dass der Substantivsafz. auch ὑπ|.86} Ὁ 6 πὶ Tempus
zu verbleiben habe, welches er. als ‚selbstständiger Satz - einnahm:
denn, da im Dentschen der Opt. Vbi Imperf. (Imperf.. Conj.) bei
den schwachen Verbis mit dem Impf. Iud. gleichlautet, ferner das
Deutsche die orat. ablig. stets ausdrückt, so ist der Schüler leicht
versucht im Griechischep den lad. Praet. zu setzen, wo nur der
Ind. Praes. (oder der Opt. or, obliq.) stehen kann, Ζ, B..,,ein
Bote meldete, dass die Feinde anrückten, (ὅτε προσέρχονται).
Grammatiken und Anmerkungen thun diesem .Irrthume Vorschub,
indem sie bald von „Lebbaftigkeit‘‘ reden, bald eben nur auf Wie-
derholung der Grundbedeutungen sich einlassen und z. B. Fälle,
‚wie jenes ὅτε προσέρχονται als „wirklich‘“ dargestellt erklärten,
während ὅτι προσέρχοεγτο dies nur „als die Meinung u. 5. με. des
Boten“ angäbe. Dies ist natürlich an sich wahr, hesagt aber gar
nichts, Denn bei ὅτι. προσέρχονται übernimmt der Beferirende,
der Schriftsteller. keineswegs. die Behauptung der Wirklichkeit; dass
der Bote aber es als wirklich behaupte, liegt ebenso gut.in ὅτι
προσέρχοιμτο. Soll ausgedrückt werden, dass der Schsiftsteller die
Nachricht für wahr halte, so müsste es vielmehr heissen ars προσήρ-
χοντο = „die Feinde rückten an; und diea.ward dureh einenu.s.w.
gemeldet.“ Vgl. z. B. Xen, Hell. Il, 2, 22. προηγόρευδν αὐτῶν
Θηραμένης λέγων εἷς χρὴ πείϑεσθϑαι τοῖς Δακ. enthält das χρή
durchaus nicht als vom Xen. Behauptete, und χρή ist völlig gleich
χρείη. Isocr. Callim. (XVII). 40. ᾿ dda...ö.: ἄρα μέμνηται —,
ἀξιοῦτε αὐτὸν un ἐκείνων. κατηγορεῖν, ἀλλ᾽ ὡς ἐγοὶ τὰ χρήματα
εἴληφα διδάσκειν. id. XV, 80. πεειρᾶταέ μὲ διαβάλλειν, ὡς δια-
φϑείφρω. ΧΥΤΠ, 67. ἐπιχειρήσει λέγειν, ὡς ἡμεῖς ψευδόμεϑα:
und so gibt es Stellen bei den Bedaern dutzendweis,, wo der In-
dic. gerade von dem steht, was der Redenide bestreitet. permit.
(XV). 56. τοῦ κατηγόρον . διαβάλλοντος, ὅτι τοιούτους γράφω
λόγους», οἱ καὶ τὴν πόλιν βλάπτουσι καὶ τοὺς νεωτέρους δεα -
φϑείφουσι. (Also auch or,’ obwol das hier seltener ist; als
εὗρ). Ja, auch offenbare Lügen, und vom Schriftsteller ao: angese-
bene, stehen im Indic. .z. B. Xen, Hell. I; 6, 37. πάλεν φξῥέζπεμψε,
εἰπὼν τοῖς ἐνοῦσε — αὖϑις πλεῖν ἐς τὸ ἑαυτῶν. στρατόπεδον ἐστε-
φανωμένους καὶ βοῶντας. ὅτι Καλλικρατίδας -νενέκη κε ναυμα-
χῶν καὶ ὅτι al τῶν ᾿Αϑηναίων νῆος ἀπολώλασιν ἄπασαμ: nach
der Schlacht bei.den Arginusen. Pl. Cam, 6. φασὶ. τὸ ἄγαλμα
εἰπεῖν ὅτι βούλεται. "Alc. 36. ἔλεγε, ὡς Alu. τὸς ναῦς ἀπο -
λώλεκε. Thuc. VIII, 14. γενομένων λόγων, εἷς ἄλλαι νῆες πολ-
λαὶ προσπλέουσιν, ἀφίστανται Χῖοι. Auch das -Praeter. ist
aöglich, wenn nämlich schan direct der. Satz im-Praeter.
. ım Griechischen, Von Aken zu Güstrow, 103
stand. Isocr. Trap. (XVII). 38. ἴσως μάρτυρας παρέξεται. ὡς
ἔξαρνος ἐγενόμην. Lys. Agor. 70. ἐξαπατῆσαι ὑμᾶς πειράσε-
ται, ὡς Φρύνιχον ἀπέκτεινε. οὔτε γὰρ ©. ἀπέκτεινε οὔτε κτέ.
Dies ist also eine zweite Anwendung des Praet., wo im Deut-
schen das Plusq. Conj. steht. Diese Vergangenheit durch pr. obl.
auszudrücken, ist das Griechische gar nicht im Stande. Der
Opt. Perf. würde was Anderes bedeuten, ist auch nicht häufig; der
Opt. Aor. steht freilich gar nicht selten von Vergangenem (Thuc.
VII, 31. ἀγγέλλει ὅτι πύϑοιτο. V, 61. ἔλεγον ὅτι οὐκ ὀρϑῶς αἱ
σπονδαὶ γένοιντο), aber doch nur wo keine Zweideutigkeit mög-
lich ist; dass er die Bedeutung der Vergangenheit gegenüber dem
des Praes. nicht hat, ist in der Tempuslehre gezeigt und zeigen
die indirecten. Fragen. Bei ὅτε und wg wird der Opt. Aor. frei-
lich nicht von der Haupthandlung gleichzeitigen Handlangen (also
direct — Praes.) vorkommen, aber nur, weil hier der Ausdruck der
Dauer nöthig ist. Was hilft also die „‚Lebhaftigkeit“ als Grund
der Indicative, wenn, in manchen Fällen, die Sprache zu dieser ge-
zwungen war? Dann muss doch vielmehr der Grund dieses Zwanges
aufgesucht werden, zumal da die ‚‚Lebhaftigkeit‘‘ den obigen Un-
terschied zwischen Praes. und Praet, Indic. gar nicht berührt. PI.
Ages. λέγουσι ὅτι μικροῖς τοῖς παισὶ οὖσι συνέπαιξεν könnte nie
Opt. werden. Isocr. Trap. 18. ἔλεγεν ὡς ἠναγκάσϑη καὶ πει-
φάσοιτο. Xen. Hell. II, 5, 4. ὡς οὐκ ἤφξαντο. III, 1, 8. κα-
τηγόρουν ὅτι ἐφίει (hätte). Pl. Protag, 335. B. ἔγνων γὰρ ὅτι
οὐκ ἤρεσεν αὐτὸς αὐτῷ καὶ ὅτι οὐκ ζϑελήσοι. Plut. Poplic. 7.
εἶπεν ὅτι τοῖς μὲν υἱοῖς αὐτὸς ἀποχρῶν δικαστὴς ἦν (gewesen
wäre), περὶ δὲ τῶν ἄλλων τοῖς πολίταις ψῆφον δίδωσι: wo statt
ἦν unmöglich εἴη wäre, wol aber statt δίδωσι --- διδοίη. Ebenso
Fab. Max. 23. λέγεται εἰπεῖν ὡς πάλαι μὲν ξώρα χαλεπὸν av-
τοῖς, νῦν δὲ ἀδύνατον. πρατεὶν ᾿Ιταλίας. ----. Auch etwas als wirk-
lich Darzustellendes kann im Opt. erscheinen: Plut. Alex, 6. ἐννοή-
σας ὅτι τὴν σκιὼν ταράττοιτο: was Plutarchs Meinung auch
ist;. gibt der Opt. es freilich nur ‘als Meinung des Alex, an, so
würde doch ταράττεται ganz dasselbe thun; nur durch ἐταράττετο
würde Plutarch seiner eignen Meinung Ausdrücke gegeben haben.
Lys. Dardan. 2. εἶπον ὅτι μοι δοκοίη. adv. Pol, 10. ἔλεγε ὅσα
εἴημεν πεπονθότες. — Erklärnngen des Wechsels wie die von
Stallb. ad Protag. 335. B. (vgl. oben.) und Menex. 240. Ὁ. διδα--
σκαλοι (ἐγένοντο) ὅτι οὐκ ἄμαχος εἴη ἡ Πελοπ. δύναμις καὶ πᾶς
πλοῦτος ἀρετῇ ὑπείκει sind nach alledem nicht haltbar.
“ Wir fassen kurz zusammen. Die Substantivsätze bleiben in
derselben Tempns- und Modusform, die sie als selbstständige Sätze
hatten, — oder aber es tritt der Opt. der or.. oblig. ein, unter
ılen angegebenen Beschränkungen. Daraus, dass irgendwo der
Indic, gebraucht ist, die Behauptung der Wirklichkeit zu entoeh-
men, nämlich für den Schriftsteller, (was allein in Frage kommen
kann), ist unmöglich, Das Praes. Ind. spricht ebensa gut die Mei-
=
104 . Das syatakt, System der Tempora und Modi
ming ex mente ak aus, als der Opt. Das Praeter. Iad. hat eine
zwiefache Verwendung: 1) kann es dasselbe mit Assertion der
Wirklichkeit von Seiten des Schriftstellers aussprechen, was das
Praes. Indic, als ex mente alius gesprochen. angäbe; 2) kann es
selber mens alius sein, wo es nämlich schon in der directen Rede
stehen würde. Ersteres gibt deutsch den Indicativ‘, letzteres den
Conj. Plusq. Nar für den’ ersten Fall bedarf es noch einiger Bei-
spiele: Hom. 1]. V, 331. γιγνώσκων ὅτι ἔην ϑεός. Xen. Hell. IT,
2, 11. πυϑόμενος ὅτι σῖτος ἐνῆν. Thuc. II, 88. αἰσϑόμενος ὅτι
ἐφοβοῦντο. Οὐ V, 10. ἤσϑετο, ὅτι νικῶσι. V, 14. μετεμέλοντο,
ὅτι μετὰ τὰ ἐν Πύλῳ οὐ ξυνέβησαν. Das sieht man gleich, dass
auch ‚hier das Praeter., als selbstständiger Satz behauptet stehen
würde: ,‚Sie hatten sich nicht vertragen ;** dieser Satz ist das Sub-
ject, von dem als Praedicat das Bereutwerden ausgesagt wird.
Wenn wir nach den Gründen dieser dem deutschen Gebrauch ge-
genüber so auffallenden Erscheinungen fragen, fürchten wir nicht
den N. Jahrb. Bd. 66. S. 189. gemachten Einwurf, dass dafür
„die einfache Bemerkung genüge, dass die Griechen Sätze, welche
nur in äusserliche Abhängigkeit zu einem andern treten, gar nicht
als ablängige betrachten ;“ denn, wenn unter diesen die, mit ὅτε
citat. verstanden sind, so haben wir von diesen za reden gar nicht
für nöthig gehalten; im andern Fall wäre eine Definition der ‚;nur
äusserlich abhängigen Sätze‘ auch so leicht nicht gegeben; endlich
bedarf es immer noch der historischen Begründung, zumal diese
Gründe auch weiterhin noch werden zur Geltung kommen.: Aber
schon die Behauptung, dass die bisherige Auffassung dieser Lehre
nicht richtig sei, verlangte andere Begründung, als eine neue ver-
schiedendeutige Behauptung.
Das Rectionsverhältniss eines Substantivsatzes kann ein zwie-
faches sein; er kann als Object sowol ein Acc. transit. als ein
Acc. verbalis (speciell efectus) sein; danach ist auch bei ihm als
Subject eine zwiefache Auffassung möglich. Das Deutsche fasst
ihn als Acc, transit., das Griechische geht vom Acc. verbalis aus.
Darauf beruht alles.
Es gibt nämlich zuerst einen Accusativ, der von jedem Verbum
regiert werden kann, der also nicht von der speciellen Beschaffen -
heit der Thätigkeit abhängt , sondern von dem Begriffe der‘ Thä-
tigkeit, der jedem Verbum innewohnt: dies ist der Acc. verbalis:
2. B. vitam vivere, pugnam pugnare,, in seiner abstractesten Form
= „ein Sein sein.“ Er ist stets sächlicher Natur, ist’in seiner
einfachsten Gestalt gleich dem substantivirten Infinitiv seines Verbi;
er wird erst durch und in der Handlung. Dagegen der Acc.
transitivus bezeichnet etwas schon vor der Handlung Fer£i-
ges, Gegebenes, anfänglich ausser ihr Liegender, das aber von der
Handlung ergriffen, in einen ‚‚leidenden‘“ Zustand versetzt wird;
ihm liegt stets eine persönliche Anschauung zu Grunde; er
kann nur nach einer speciellen Art von Verbis stehen, hängt also
im Griechischen. Von’Aken zu Güstrow. 105
nicht von-dem allgemeinen, jedem Verbuam innewohnenden Begriffe
der Thätigkeit ab. Der Gebrauch des Acc. verb.: wird’ erweitert
theils durch Sabstituirung von Synonymen und Spetialisirungen
des Begriffs: proelium pugnare, ἀγρυπνίαν νοσεῖν, theils durch
brachylogische Structuren μέγα κλαίειν (näml, χλαῦμα), woher das
Adject. Neutr. pro Adverbio entsteht; piscis sapit mare (— saporem
maris); hieher gehört auch der Accus. effectus, der entsteht, so
bald das Verbum ein schaffendes Thun, ein Machen ausdrückt:
2, B. „ein Haus bauen“ (aus „ein Bauen, einen Bau bauen“);
„einen Brief schreiben;“ denn der Brief u. s. w. wird erst durch
die Handlung. Dagegen „einen Brief abschreiben,“ ‚‚ein Haus
anstreichen“ sind Acc, trans. So ist pacem componere = Äcc.,
verb., bellum componere— trans. (Beim Dativ ist ein ähnliches Ver-
hältniss bei curae est, aurilio venit gegenüber dem alicui; doch ist
jener griechisch noch nicht). Das Deutsche fasst auch den Ace.
effectus als Acc. transit., nennt überhaupt alle Verba, die den Acc,
bei sich: haben transitiva; das kommt aber nur, weil es überhaupt
vom Acc, trans., dem bei ihm fast allein gebräuchlichen, ausgeht,
als sei dies der arsprüngliche; den: vom Acc. verb. ausser dem
effectus hat es nur vereinzelte, aus der alten Sprache stehen ge-
bliebene Redensarten: z.B. ‚einen schweren Kampf kämpfen.‘ Der
Acc, verb. muss aber nothwendig der ältere sein; nur ein allmäli=
ges Aufgeben desselberi trat ein. Der Gegensatz von transitiven
Verbis und intransitiven ist im Griechischen noch gar nicht so fest
wie im Deutschen. Dort können noch für gewöhnlich intransitive
jeden Augenblick transitiv verwandt werden, 2. B. ἀσεβεῖν νόμους;
umgekehrt können sogar im Deutschen noch als trausitiva ange-
sehene Verba intransitiv verwendet werden: z. B. „schlagen“ in
„die Glocke schlägt,‘ „die Lerche schlägt.“ Denn „schlagen“
ist nichts als „einen Schlag thun;“ und so sind alle Verba ur-
sprünglich intransitiv: nur durch die Beziehung auf ein Object wer- -
den sie transitiv; und ‘das nach den specieHen Begriffen bei man-
chen gewöhnlicher geworden als bei andern. Das Griechische con-
struirt jedes afficirende Thun c. Acc.== „Gutes und Böses thun ;*
bei Homer ist das noch weiter, indem jedes Sagen so gefasst wer-
den kann: ϑρασὺν “Ἕκτορα εἶπεν. Das Latein hat von jenen nur
noch spärliche Reste, z. B. juvare; das Deutsche in dieser Bezie-
hung noch weniger, während es andrerseits die Zahl der Transi-
tiva ins Unendliche vermehrt, dadurch, dass es darauf aus ist eine
eigne Formation für diese zu schaffen, durch Benutzung der Vor-
silbe „be:‘ was viel weiter geht als die Anfänge dazu im La-
tein Ζ, B. — are, oder gar im Griechischen, 2. B. die Vba auf oo
doch nur einen Acc. verb. als Ergänzung verlangen. Kein Wun-
der’ist es, wenn das Deutsche daher den Begriff des Transitivums
bei seinen Verbis dieser Art als etwas Ursprüngliches ansieht, und
dass es auch bei der Rection der Sätze das accusativische Object
zugleich als ein transitives fasst. Dennoch sind die Objects-
4
108 Das, syntakt. System der Tempora und Mali
sätze is. ihrer einfaghsten . Gestalt nichts als Acc. effectus, alsp ver-
hales; z.B, in „aingn Satz sagen“ oder „denken; „eine Meinung
haben,‘ wird .der Satz und die Meinung u. s. w. erst durch die Haud-
lang ; obwal die. deutschen Ausdrücke „einen Satz aufstellen, “
„eine Nachricht bringen“ u. s.w. immer das Object als etwas schon
vor. der Handlung Fertiges fassen. Wirklich transitiv sind erst Ver-
bindungen wie „einen Satz bestreiten, beweisen“ u. 5. w.
‘ Hiernach erklärt sich zuerst, nach welchen Verbis die, Sub-
stantivsätze mit ὅτε und og stehen; als Subject natürlich überall,
wo das Verbum. des Hauptsatzes so gewählt ist, dass es vom einem
Satze als Subjecte praedicirt werden kann (2. B. eonstat); als Ob-
jest nur nach den Vhis sentiendi und declar.; denn ein Satz ent-
steht nur durch einen Act des Denkens oder Sagens. Auf diese
einfachsten .lassea sich auch die im Verhältnisse eines Acc. trans,
stehenden immer zurückführen: z. B. „ich bestreite dass“ == „ich
bestreite das, was. da gesagt wird, dass‘ 0.8.W, Ferner erklärt
sich, dass 2. B, in ὁ ἄγγελος ἔλεγε ἃ ὅτι οἱ πολέμιοι προσέρχονται
das προσέρχεσϑαν, gar nicht wirklich zu sein braucht, ἃ, h. etwas
vom Schriftsteller u, 8. w. gar nicht als wirklich Behauptetes; es
wird nur -objeetiv hingestellt, wie. der Satz laufe, den der Bote ge-
schaffen habe; Ebenso beim Praet.; wenn .dies. vom Boten u. 8. w.
gebraucht sein soll. Der Fall aber, wo das Praet. das auch vom
Schriftsteller für wirklich Genommene angibt, gegenüber dem Prae-
sens, zeigt sich als Acc, transit. (— id, quod). Lagisch genom-
men, wäre jenes προσέρχονται das Hauptpraedicat des ganzen
Satzes; das ἄγγελος ἔλεγε nur adlverbiale Nebenbestimmung: „nach
Aussage des“ u. 8. W. Aber in ’49. μετεμέλοντο ὅτι οὐ ξυνέβησαν
ist logisch ὅτι οὐ ξυνέβησαν Subject, also. das Bekannte, schon
als vom Schriftsteller vorher Behanptete zu nehmen, und der Haupt-
satz bildet dazu das Praelicat. — Das Deutsche dagegen muss
jenes προσέρχονται durch seinen Opt. „heranzögen‘‘ geben, da es
‚auch. diesen Satz als Acc, trans. fasst, „heranziehen“ also ebenso
gut die Behauptung der. Wirklichkeit aussprechen würde, wie jenes
οὐ ξυνέβησαν. Ueberdem ist eg freilich dem Deutschen überhanpt
eigen, seine Subjectivität 'hineinzutragen, wo der Grieche sich ob-
jectiv verhält: 5, B. πρόφασερ — „Grund“ oder „Vorwand“, eigent-
lich nur das eben „Vorgewendete;“ ἀρνεῖσϑαι „lügen“ nnd „leug-
nen; og ὠποκτενῶν (Xen. Anab. init.) heisst nur: „dem An-
scheine nach als ein Wollender,‘“ ohne über die wirkliche Absicht
ἜΝ zu behaupten, was das Deutsche „als ob er wollte“ sofort
thut,, —
2. Für unsere Auffassung, wonach die resp, Satzarten auch
ohne’ die Eonjunctionen existiren konnten, ist es nöthig zu bemer-
ken: „der Satzartikel' kann manchmal fehlen. Rost. $. 122.
Anm. 4. cf. Tbuc. I, 3. Xen. Hier. I, 16. Plat. Ap. 20 D. ἴσως
μὲν δόξω τισὶν ὑμῶν malte, εὖ error Vars. πᾶσαν τὴν ἀλήϑειαν
δρῶ, Danach sind nicht so auffallend mehr Sätze wie ἔλεγον. ὅτι
im Griechischen. Von Aken eu Güstrow. : 101
ὄξια λέγοι" χειμὼν γὰφ ein. Xen. An. VIl, 8, .18.. Hdt. VI; 3,
οὕκων οὔτ᾽ οἰκὸς εἴη. Thuc. I, 72. παῖδες yo σφῶν παρ᾽
ἐκείνοις εἴησαν; dergleichen jedenfalls. hieher zu .ziehen ist und
nicht mit Rost δ, 119: 4. .C. aa. zum Opt. im: einfachen Satzgj‘*
Ich fürchte nicht,. dass diese Warte hier 89 missverstanden werden,
wie. N. Jahrb, B. 66, S. 189, wonach ‚‚mehrere‘‘ der angeführten
Stellen einer gründlichern Prüfung bedurft hätten;‘‘ dena dass „die
Kraft des Satzartikels sich auch über die mit γάρ und οὖν ange-
fügten Sätze 'mit erstreckt‘ glaube auch ich und zwar nicht. blos
für‘,,Hdt. VII, 8..und Tbue. II, 72.“ Es kam nur .auf eine Be-
stimmung dieses „‚Krafterstreckens,‘‘ auf eine Erklärung dieseg Ge-
brauchs an, wo lateinisch der Acc. c. Inf. stehen müsste,
3. Häufig werden statt der: Sätze mit „dass‘‘ im :Griechischeg
wie im Deutschen Sätze mit: „wenn“ verwendet, viel seltener im
Latein.‘ Im Deutschen erseheint..das als reine Ellipse, während
griechisch sich wenigstens formell zwei Arten ‘der Auffassung schei-
den lassen. ϑαυμάξω εἰ ri. wird entweder mit causalen Modis
und μή constzuirt, was dann als reine Ellipse zu fassen ist. z.B.
ϑαυμάζξω εἶ μὴ φανεφόν ἔστι —ac, δτι οὐ φανερόν (ἔσει: und dies
ist das Gewöhnliche, Nicht selten ist es aber ala Brachylogie
zu fassen (vgl. comae sämiles „@ratüis): nämlich wenn εὖ mit den
Modis von ὅτι, also auch οὐ, weiter geht: 2. B. ϑαυμάξω εἰ οὐ
λυπεῖται = ϑαυμαξω εἰ [μὴ λυπεῖται; ὅτι) οὐ λυπεῖται... Dem. 01.
IT, .24. ϑαυμάξω el οὐκ ἐϑελήσατε. Antiph.. πον, δ. 12 δεινὸν ἂν
εἴη, εἰ οὐκ ἠξίωσαν. Μάϊ, VII, 9. δεινὸν ἂν εἴη πρῆγμα. εἰ οὐ
τομωρησόμεϑα. Thuc. I, 121. ᾿δεινὰν ἂν εἴης εἰ οὐκ ἀπεροῦφιν.
Weitere Unterscheidungen scheinen nicht durchführbar , .am wenig-
sten etwa auf Grutdbedeutungen :von οὐ und un basirte; sie wür-
den : immer doch unerklärt lassen ” wie εἰ ‚hier zum οὐ käme.
Dass hier der Indic, allein möglich wäre (Schmalfeld), ist nicht rich»
tig. Vgl. Xen. Cyn I, 3, 56.. ϑαυμάξοιμ᾽ ἂν εἴ τε πλέον ἂν ὦφε-
λήσειε. III, 8, 37, ἀγαπητόν εἰ καὶ δύναιντ᾽ ἄν: wo Born. seine
Note zu Conv. p. 101: citirt. Isocr. Phil. (V). 41... οὐδὲν ἄτοπον
εἰ nal av δυνηθείης. (Βαϊ. streicht ἄν). Dem, Phil. I, δ, 78.
αἰσχρὸν εἶ συκοφάντην ἂν ἡγαῖσϑε. Xen. ‚Ages. I, 1. οὐ γὰρ
καλῶς ἂν ἔχοι, εἰ οὐδὲ ἂν τυγχάνοι. Auch εἶ ς. Opt, or. oblinn,
end ou: Aesch. fals. 157. ἐπεῖπεν, ὡς δεινὸν ein, εἰ ὁ μὲν - γέ-
ψοιτο; ἐγὼ δὲ οὐ κατάσχοιμι. Sogar der Ind. Praet.. ς, ἄν. An-
tiph. salt. 29. δεινὸν» εἰ--ν πιστοὶ ἦσαν.
Il. Finale Substantivsätze.
Es ist bequemer die finalen Adverbialsätze (== „damit“) zu-
gleich mit zu behandeln. Das Begelmässige des Gebrauchs is
allen Finalsätren, soweit diese schon durch Conjunetionen
eingeleitet sind, ist: in Gegenwart und Zukanft steht der Conjunc-
tiv; häufig mit &v,. jedoch meist nur in den adverbinlen; in Ver-
gankenheit der .Opt. obne div; endlich steht der’ Ind.. Präet. ‚von
108 Das. syntakt. System der 'Tempora und Modi
nicht etreichter Absicht; aber was in den Grammatiken beizufügen
ist, nur wenn der Hauptsatz schon durch eine Negation oder durch
die Modusform negativ ist. Ausserdem kann nach den Verbis des
Strebens der Ind. Fut. mit ὅπως stehen, und zwar nach Vergangen-
heit, wie nach Gegenwart ; dies sind die substantivischen Finalsätze
(„dass“); diese können jedoch auch die übrigen Modi der adverbia-
len („damit“‘) erhalten, ἕνα ist nur adverbial. ‚Negation ist über-
all ᾿ '
μή Wir betrachten die finalen’ Substantivsätze als objectivirte
Begehrungssätze ; die Conjunctien also als ursprünglich unwe-
sentlich. Diese Entstehung bestätigen ‚Sätze wie ϑάπτε μὲ Orr
τάχιστα, (sc. ὅπως) πύλας ’Aldoo περήσω: -ΞΞ „ich will,“ was „in
ΠῚ. p. und II. p. zu einem „er soll“ u. s. w. werden wärde, "ἀλλ᾽ ἄγε
νῦν ἐπίμεινον, ἀρήϊά τεύχεα δύω. Dass beide Beispiele der ad-
verbiaten Verbindung (,„‚Jamit‘‘) angehören, thut insofern nichts , als
die alte Sprache das Objectsverhältniss freier handhabte, also auch
die Sätze mit „„dathit‘ als Objecte fassen konnte, und zeigt nur,
dass, wo das -Objectsverhältniss strenger ‘war, auch eher die Unter-
ordnung: festen Ausdruck verlangte. Ferner: gehören zu diesen
Uebergangsformen ἄγε ἴδωμαι are: Dass ferner die Hauptsätze
hier immer Imperative sind, zeigt nur, dass, wo auch der Haupt-
satz ein Begehren aussprach, eher diese laxe Verbindung sich hielt.
Endlich gehören hieher viele Sätze mit un c. Conj. bei Homer,
wo attisch ὅπως μή, ἵνα μή stehen müsste. Der Optativ bezeich-
net hier ohne Zweifel keinen Wunsch; auch besteht keine Noth-
wendigkeit aus der obigen Annahme, ihn so zu fassen; denn für
die Entstehung dieser Sätze ist immer die Gegenwart als der Aus-
gangspunkt zu nehmen; (vgl. bei den ältesten Tempusformen ver-
stand sich, dass die Gegenwart gemeint sei, von selbst). Für die
Gegenwart ist die Form des Conjunctiv erklärt; in der Vergangen-
heit trat der Optativ der orat. oblig. ein, ebense wie in den indi-
recten Fragen derselbe ebensowol aus einem Indic, als einem Conj,
entstanden sein kann. (NB. Fälle des Opt. ohne Conjunction gibt
es nicht). — Ferner gibt es den Opt. auch nach Praesentibus,
d. ἢ. nach Sätzen, die keine Zeit bestimmen wollen: d. ἢ, der
Opt. kann überall stehen, wo die Absicht ohne Erwartung aus-
gesprochen werden soll; dagegen findet sich der Conj., namentlich
bei den Historikern, sehr häufig auch nach Praeteritis, sei es nun
eine Erwartung des Handelnden, oder eine des Schriftstellers, nam-
lich, dass das Beabsichtigte wirklich zu erwarten gewesen sei, aus-
zudrücken. Manchmal scheint er auch das Sollen stärker her-
vorheben zu sollen. Genug, auch diese Anwendung des Conj.
führt darauf, diesen als den ursprünglichsten Ausdruck dieser Sätze
anzunehmen , während allerdings der Opt. die abstracteste' und all-
gemeinste (nicht der Zahl nach) Form derselben wird,
8. Der Indic. Fut. bei ὅπως wird gewöhnlich (auch von
Bäanlein) so erklärt, dass das ὅπως hier „wie“ heisse, und Rost
. iss Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 100
sieht einen unumstösslichen Beweis dieser Erklärung darin, „dars
sich auch 9 ὅτῳ τρόπῳ xre. so finde. Dennoch ist sie falsch. ὅπως
heisst ja immer. ‚wies‘, auch beim Conj. Ferner bliebe un-
erklärt, warum denn nur nach einer bestimmten Classe von Verbis
jenes ‚wie‘ gesagt werde. Dass, wie ὅπως, so auch andere „wie‘*
bedeutende Relativformen so sich finden, ist ja nur cine Folge
davon, dass der ladic. Fut, die einzige finale Modusform ist, die
bei allen Relatjvis stehem kann,. d. bh, mittunt legatos qui dicant
kann griechisch nicht Conj. etc., sondern nur Fut. Ind. werden,
und eben so miserunt qui dicerent. Endlich ist auch gar nicht
davon abzukommen, dass das Futur hier wirklich modale Fun-
ctionen ‚hat, da es auch nach Praeteritis steht, wo die Bedeu-
tung der Zukunft ja keinen Sinn hätte, z. B. ἔπρασσεν ὃ ὅπῶς βοή-
ϑεια ἥξει κτξ. Keineswegs darf man .ja, wie die obige Erklä-
rang anzunehmen scheint, den Ind. Fut. so fassen, als wenn im
Latein hei quomodo der Indic., ‚nicht der Conj. stände, Viel weniger
noch 'ist zu behaupten, dass der Ind. Fut. gegenüber. dem Conj, und
Opt., etwas von „Sicherheit des Erfolgs“ u.s. w, bedeute, obwol auch
das gewöhnlich geschieht. Hier fragt sich nämlich zuerst, ob diese
- Sicherheit u. s.w. als vom Handelnden fest geglaubt oder als vom
Schriftsteller behauptet genommen werden soll. Ist das erstere der
Fall, so stimmen damit unzählige Stellen nicht, wo nur von der
reinen. Beabsichtigung die‘ Rede ist, vom Eintreten gar nichts be-
hauptet werden soll, z. B. Xen. Mem. I, 1, 1. εἰ. δέοι σε παι-
δεύειν παραλα ὄντα δύο τῶν νέων» τὸν μὲν, ὅ ὅπως ἕ σται ἱκανὸς
ἄρχειν, τὸν δὲ ὅπως μηδ᾽ ἀνξειποιήσεται ἀρχῆς, πῶς ἂν ἑκάτερον
παιδεύοις; die Behauptung von Seiten des Schriftstellers „zeigt als
unbaltbar Dem, Phil. III, 56. ἦσαν ἐν Ὀλύνϑῳ τινὲς, ὅπως μὴ
δουλεύσουσι οἱ πολῖται πράττοντες) — wo Olynth schon er-
obert ist, das Erstrebte also geradezu. unmöglich ist. Ygl.. Isocr.
Helen. 43. ᾿Αλέξανδρος ἐπεθύμησε Διὸς γενέσϑαι κηδεστὴς, νομί-
ἕξων — οὐδὲν ἂν κτῆμα κάλλιον καταλιπεῖν τοῖς παισὶ ἢ παρα-
σκευάσας αὐτοῖς, ὅπως μὴ μόνον πρὸς πατρὸς ἀλλὰ καὶ πρὸς μη-
τρὸς and Aug ἔσονται γεγονότες: wo weder im ersten noch im
zweiten Fall der Ausdruck der Gewissheit Bedeutung hat, da diese
Kinder gar nicht: existiren. Ebenso Pl. Rep. VIII, 564. C. δεῖ
τὸν ἰατρὸν εὐλαβεῖσϑαι ὅπως μὴ ἐγγενήσεσθον, ἐὰν δὲ dyys-
ψήσεσθον κτξ. Auch in gewöhnlichen Relativsätzen werden wir
solche Fälle der Nichtwirklichkeit des Ind. Fut. finden. Ferner
bat sich die Annahme, dass der Indic. in Substantivsätzen immer
selbstständig die Wirklichkeit behaupten ‚müsse, schon bei der ersten
Classe derselben als irrig ‚bewiesen. Was sell endlich diese Ge-
wissheit u. s..w., wenn der Hauptsatz negirt ist, z. B. Pl. Rep. IX,
591. C. οὐδὲ τοῦτο πρεσβεύων. ὅπως ἰσχυρὸς ἔσται: das Ganze
also von vorn herein als nichtwirklich genommen wird?
Eine richtige Erklärung kanr vielmehr nur die sein, die zu-'‘
gleich mit erklärt, warum diege Structur nur noch einer bestimmten
110 Das syntakt.' Systein der Tempora une? Modi
Classe von Verben vorkommt, ‘und warum dieselbe die eidzige
Bnale ist, die’ auch bei andern Relativis als den schon mehr 'selbst
zur Angabe der’ Absicht bestimmten, als Conjunetionen dienenden
vorkomme. Nun sind Aber jene Worte (vgl. Rost. δ. 122, 10.)
ganz dieselben, die Zumpt lat. Gr: von den verbis sent: et declar.
&usnimmt als ut (ne) nach sich habend, wenn man nämlich zu die-
sen die tur aus einem 'äusserlichen Grunde dort weggelassenen
Verba timendi hinzurechnet: d.h. die Verba des Strebens und des
strebenden Sagens: (nur' dass nach letzteren das Griechische. den
Yaf. vorzieht). Diese Verba aber - verlangen ebenso wie die tran-
sifiva ein Object zuihrer Ergänzung, sind ohne dies unvollständig.
Dies objectiv jeder Handlung’ des’ 'Strebens vorausliegend
gedachte Ziel fand im Ind. Fut. seinen Ausdruck. Während
der Conj. und das Beabsichtigte in dem Verhältniss zur Wirklich-
keit Aussprechen, in welchem es dem Handelnden oder dem refe-
tirenden ‘erscheint, 'gibt ὅπως c. Ind. Fut. etwas, das sehon beim
nückten Infinitivbegriff eines Verbi des Strebens, ebe also irgend eine
Beziehung auf ein Subject eingetreten ist, uim einen vollständigen
Begriff zu geben: nicht fehlen darf: z. B. Pl. Ap. 89. 'A. οὐδένα
IT ᾿μηχαϑᾶσϑαι ὕπως - ἀποφεύξεται. —— Dass wir es aber hier mit
de Futär als eier Modusform zu thun haben, zeigt sein Ge-
brauch auch'nach Praeteritis; ferner das a7; ‘vor allem endlich
seine’ Scheidung’ von den Indicativen anderer Tempora, wenn man
solche zu 'substituiren versncht. — Das Fut. Ind, in den übrigen
Relativsätzen (miserunt legatos, qui dicerent == οΥ λέξουσιν ist damn
auch nichts als der final verwandte Ausdruck der Beschaffenheit,
er emer Person attribuirt wird, und ebenfalls ‘ein Modus. '
'Nachzuholen ist, dhss den Verbis des Strebens Aufforderun-
geh im Imperatit gleichgeachtet werden; das» ferner das ἄγε κτέ.
nieht‘ durch eigne: Worte ausgedrückt zu sein braucht ,, dessen In-
halt-auch mir im Tone oder einem Gestus gegeben zu sein braucht,
und’ so der bekannte Gebrauch des ὅπως c. Ind. Fut. pro Impe-
rativo mit fehlendem Hauptsatz entsteht.
' ‘&. Der Conjunctiv hat häufig ἀν bei sich, Wäre dies
durch Ergänzung einer Bedingung erklärt, so müsste dasselbe beim
Opt. der Fall sein. - Bäumlein hat ihn zurückgeführt auf die Ana-
logie der allgemein relativen Sätze, Dies ist an sich. sehr
wohl möglich: 2, B. „ich thme dies, damit jenes geschehe“ ansge-
drückt'durch ‚‚ich thue dies, wie auch immer nur“ u.s.w.; vgl.
ϑούνεκα nicht blos —= „‚weswegen“‘, sondern auch „weil“. Die
causale Modusreihe, der die’ allgemein relativen Sätze angehören,
gibt den Grund des Hauptsatzes an, also eigentlich etwas Früheres,
Aber :atch das Beabsichtigte lässt sich als Grund des Handelns
denken: vgl. für diese Anschanung: ἐπί c, dat. sowol Bedihgung,
Beabsichtigtes als Grund; die sowol = „durch“, als = „wegen
u. 8. w. Nach andern Analogien hätten wir also darin den Anfang des
Aufgebens einer modalen Scheidung, der der finalen und causalen
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow.: 111
Modusreiken za sehen, Auch das Fehlen des ἄν beim Opt. wäre
erklärt. Aber Has ἄν auf diese Entstehung allein zu beschränkehi,
halten wir ‘für unhaltbar; einmal, weil doch wel nicht alle Fälle des
Opf. c. ἂν sich wegcorrigiren lassen; zweitens, weil das Factum,
dass bei Herotlot ‘der Conj. c, ἄν so häufig ist, bei Thucyd. da-
gegen ‘gar nicht vorkommt, doch wol auch noch andere Entstehungs-
arten desselben möglich erscheinen lassen muss; zumal nach Thu-
cyd. derselbe wieder sehr häufig ist und:bleibt. Es wird der Con}.
c. &» neben der obigen Entstehungsart, häufig gewiss such zam
Zweck des Hinweisens auf eine Bedingung, noch häufiger zum Aus-
druck eines Ethos, durch Hinweisung daranf, dass. die realen Ver-
hältnisse dafür seien, (vgl, die beiden Classen des Opt. c. ἄν im
einfachen Sdfze)' angewendet sein. Wir halten ‚also verschiedene
Arten der Entstehnng für möglich, und gross ist der Unter-
schied nie. | ΕΝ
Die Optative c. ἄν beschränken sich fast ganz auf Fälle
nach den Verbis des Strebens, und sind, wie häufig der ©pt.
c. ἄν dem Futur synonyin ist, gleich dem ozog «. Ind. Fut. τὰ
erklären. ' Dies geht daraus hervor, da®s derselbe gerade auch
nach Praesentibus steht, wo der Opt. -ohne ἄν gar nicht ginge.
Pl. Lys. 207. E. προμηϑοῦνται, ὅπως ἂν εὐδαιμονοίης. Stallbaum
erklärt das = quomodo, was schon beim Ind. Fut. abgewiesen ist,
Auch zeigt sich als Negation un, nicht οὐ: Xen. Oee. Il,:9. x»
λεύεις us ἐπιμελεῖσϑαι ὅπως ἂν μὴ — γένοιο. Auch Hermanns „ut
Fat, si quidem fiat“ ist nicht recht verständlich. Beisp. bei
Bornem. ad Cyrop. I, 2, 6. Nach Praet. z. B. Dem. 35, 29.
Das ἄν beim Conj. ist im Ganzen in adverbialen Finalsätzen
häufiger als in substantivischen. Um so auffällender ist es, dass
ἵνα, das nur in ersteren (= „damit‘‘) vorkommt: dies ἄν ganz
verschmäht. Man erklärt dies gewöhnlich durch einen Macht-
spruch aus den Bedeutungen von ὅπως und ἵνα; ἵνα bezeichne eine
so unmittelbare Hinrichtung der Handlung auf ihr Ziel, dass eine
Rücksicht auf Umstände u. a, (ἄν) dabei gar nicht statthaft zei.
Aber häufig finden sich doch bestimmt „Umstände“, sogar mit el,
beigefügt, und dennoch fehlt das ἄν; z. B, Pl. Rep. VI, 511. B.
Vin, 669. A. Lach. 187. A. Ja, beim Ind. Praet., dem finalen,
- steht in der Prosa eigentlich nur ἵνα; stehen aber Bedingungs-
“ nebensätze dabei, so wird doch lieber πὼς genommen oder sonst
ἵνα ohne ἄν. — Schmalfeld glaubt dadurch die richtige Erklärung
gefunden zu haben, dass er sagt, ἵνα ἂν sei stets Lochladverb;
aber das ist keine Erklärung, sondern ein Factum, das der“ Er-.
klärung bedarf. Diese findet sich bei Zusammenfassung der histo-
rischen Data leicht. Aus der Bedeutung des „wo ist die des
„damit“ nicht erklärlich, wohl aber aus der des „wohin“, der
Angabe des Endziels. Diese findet sich auch noch Hom. Od. IV,
821. VI. 55. Sie an diesen beiden Stellen wegzuinterpretiren ist
kein Grund, da auch sonst im Griechischen das „wo‘“ und ‚‚wohin‘
112 Das syntakt. System der Tempora .umd Modi
durch eine und dieselbe Form bezeichnet wird, vgl. πῇ und den
Dativ überhaupt. Lässt sich nun auch vielleicht nie nachweisen,
dass ἵνα seiner Form nach ein dativisches Adverb sei, so zwingt
dach sowol die Bedeutung des „damit“ als jene Spuren aus der
alten Sprache, anzuerkennen, dass ἵνα auch „wohin‘ bedeutet
habe. Ebendahin führt ferner die Vergleichung des Latein, Dies
hat sein εὐ und quo. Dem ut entsprechen ὡς und ὕπως sogar
formell; dann auch darin, dass sie als accusativische Adverbia die
Verbreitung der Handlung berücksichtigend, gern auf die „Um-
stände*‘. unterwegs Rücksicht nehmend; dem quo entspricht ἵνα,
und beide sind, schärfer nur das Endziel ins Auge fassend, = 60
consilio ut, Nimmt man nun hinzu, dass das Setzen des ἄν bei
ὅπως in der Fassung der Finalsätze als allgemeiner» relativischer,
d. h. in Aufgebung der Scheidung der finalen und causalen Modus-
reihe, die zudem nur auf’dieser einzigen Modusstufe bestand, seine
hauptsächlichste Veranlassung hatte, dass aber ἵνα ausser seiner
schon ziemlich festgewordenen Bedeutung als Finalconjunction, nur
die des „wo“ hatte, so liegt der Grund, warım es ἄν verschmähe,
deutlich zu Tage. Denn bei ὡς und ὅπως liess sich auf die Be-
deutung des „wie“ zurückgehen : „ich thue dies, wie, auf welchem
Wege jenes geschehe“; bei ἵνα liess sich aus der Bedeutung ‚‚wo“
Analoges nicht machen, und die Bedeutung „wohin“ war vergessen,
hier einerlei aus welchem Grunde.
5. Bei den Verbis timendi verlangt zuerst di® scheinbar über-
flüssige Negation Erklärung. Gewöhnlich erklärt man die als
aus einer Frage entstanden. Aber die Fragepartikel ne ist ja
nur eine enklitische Abschwächung aus der tonhaltigen; es ist daher
verkehrt, einen: Gebrauch der letzteren aus ersterer herzuleiten,
Ferner, wenn auch der Ausdruck solcher Sätze in Form einer Frage
an sich möglich ist, bliebe doch auffallend, warum nicht auch num
eic. und οὐ, und zwar verhältnissmässig oft vorkommen, Es wäre
gewaltsam erklärt, wenn das Latein und das Griechische nur den
Ausdruck der Frageform für. jene Sätze haben sollten, und keinen
dem Deutschen entsprechenden. Endlich, und; las ist .entscheidend,
würde griechisch der Conjunctiv hier bei” un gar nicht stehen kön-
nen; denn Indirectheit an sich bewirkt griechisch keinen Conjunctiv,
und, als Frage gefasst, würde ein timeo ne veniant.nur den Indic,
oder Opt. mit av erhalten können. — Andere erklären es, weil-
das Fürchten als ein zu verhüten suchen, zugleich ein Verbum des
‚ Strebens sei. Das ist wahr, aber genügt nicht, denn es bleibt
die Frage, warum das Griechische es denn anders fasse, als das
Deutsche, unberührt; und zweitens bliebe die Negation doch uner-
klärt, da das Fürchten die negative Tendenz.doch schon selber
ausdrückt, — Es ist vielmehr zunächst festzuhalten, dass hier das
deutsche „dass‘‘ einem gued und ὅτι entspricht, während μή unıl
ne einem finalen ut. Spuren der dem Deutschen analogen Structur
eibt es sogar im Latein, häufiger schon im Griechischen, und dann
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow, 113
findet sich jene Negation nicht. Xen. Cyr. Il, 1, 1, ἐφοβεῖτο
ὅτε ὀφϑήσεσϑαι ἔμελλε. ΒΩ 2, 11. μὴ φαβοῦ ὡς ἀπορήσεις, Eur.
Heracl. 249. μὴ τρέσῃς ὕπως σέ τις βωμαῦ τοῦδ᾽ ἀποσπάσει βίᾳ.
Dass wir das erste mit „weil‘‘, die beiden letztern Fälle mit ,,818
ob‘‘ wiedergeben können, ist augenblicklich gleichgültig, Auch die
Infinitivstructuren sind wenigstens zu nennen. So wie in diesen
Fällen das Fürchten nicht als Verb. des Strebens, Verhütens ge-
fasst ist, so wenig ist jenes μή an die Verba des Fürchtens ge-
bunden, 2. B. ἐνθυμοῦμαι μὴ παίξῃς Plat. Hipp. Maj. 800. D. u.ä.
Letztere sind nur deshalb so ‚häufig, weil der Satz mit a iminer
etwas Gefürchtetes angibt, wie z, B. auch eine negative Behaup-
tung immer ein ogveiodar ist. Danach ergibt sich, analog dem
oben über die Subsantivsätze mit ὅτε und αἷς Gesagten, die Erklä-
zung von selbst: in tüneo ne veniant. fasste das Latein und das
Griechische den Satz mit μή und ne als einem Accus. verbalis
gleichstehend, d. h. „durch meine Rede wird gleichsam der Satz‘,
„ich schaffe durch meine Furcht den Gedanken, ne veniant|«*
oder: „mögen die Feinde nicht kommen! das ist mein Gedanke,
Wunsch“ — oder speciell ‚meine Furcht“. Also, dass hier die
Modi des Finalsatzes statt des Indicativ im Deutschen erscheinen,
beruht darauf, dass das Fürchten hier als ein Begehren, Streben
gefasst ist; dass die scheinbar überflüssige Negation hinzutritt, dar-
auf, dass der Grieche. vom Verhältniss des Aceus, verb. oder effectus
ausgeht: „ich fürchte (so zu sagen) den Gedanken zurecht:
mögen sie nicht kommen“. Ob ein Verb. des Fürchtens, oder
Wünschens, Denkens voraufgebt, ist an sich gleichgültig. Das
Deutsche betrachtet dagegen den obigen Satz ‚‚dass die Feinde
kommen‘, wie immer die Substantivsätze, als einen Accus. transit.,
betrachtet ihn also als wirklich existirend, obwol doch nur das
Deuken desselben, die Vermuthung existirt; und fürchtet nun dies
aufgestellte Schreckbild. Damit hat es einen Urtheilssatz und einen
positiven.
Nun sind die Structuren leicht geordnet, Das Fürchten
kann als ein Nichtwollen gefasst werden: vereor dicere: wo vereor
ne dicam nur ein impotens sui sagen kann. Es kann einen Zweifeh
enthalten; so wenn Fragen folgen: Eur, Heracl. 791. φόβος εἴ
μοι ξῶσιν,) Vs ἐγὼ ϑέλω: — μὴ ad == „ob (auch)“; Androm.
60. φύβῳ, εἴ τις δεσποτῶν αἰσθήσεται: un — „ob (auch) nicht‘*;
denn diesen Unterschied des „ob und μοῦ nicht‘ drückt das
Griechische nieht aus, Dem. 50,.60. φύβου, εἰ ἀηφϑεῖεν. Die
Frage kann auch eine cenjunctivische sein: Ipbig, T. 1002. τὴν
ϑεὸν ὅπως λάϑω δέδοικα, (πῶς λάϑω3). Plat. T'heaet. 195, C. δέ-
δοικα,) ὅ,τι ἀποκρινοῦμαι. Das Fürchten kann auch einfach als
Verb. ‚sent. und declar. stehen: Xen. Oyr. v, 2, 11. μὴ φοβοῦ ὡς
ἀπορήσεις. VI, 2, 80. μὴ δείσητε, ὡς οὐχ ἡδέως καϑευδήσετε:
(glaubt nicht). Der Sinn ist: ‚ihr werdet gut schlafen“: also ὡς
5τλ. = acc. verbal. Bei Dichtern auch πὼς für wg, wie sonst,
Archiv f.Pkil. u. Paedag. Bd, XIX. Hft.}, ὃ
114 Das syntakt. System der Tempora und Modi
Eur. Heracl. 249. An sich wäre auch ὅτε möglich; doch findet sich
dies hier nicht, sondern nur als acc. trans. Dem. Phil. IV, 36.
φόβον, ὡς οὐ στήσεται: Deutsch ist hier überall am Besten „„als
ob“ zu setzen; analog, wie es oben bei den Sätzen mit ὅτε und
ος die mens alius stets ausdrückte.e. Zu ergänzen ist nichts; eben
so wenig zu fragen, ob z. B. Dem. Symmor, (XIV.) 25. (ὥστ᾽ εἶ
πάντες οὗ λέγοντες poßoiev, ὡς ἥξει βασιλεύς, wg πάρεστιν) das
εἷς von λέγοντες oder φοβοῖεν abhänge. Davon aber, dass das
Fürchten, wo Verb. des Strebens ist, die Negation fehlen lasse,
gibt es kein Beispiel,
Das deutsche „dass“ kann ferner .einem Accus. trans. ent-
sprechen, enthält also etwas vom Bedenden als wirklich Behaup-
tetes; nicht das Gefürchtete, sondern das, worauf die Furcht be-
ruht. Dann steht or. Thuc. VII, 86. δείσαντες, ὅτι ἐκεκοενο--
Aoyyvro, μὴ ποιήσῃ; vgl. oben Xen. Gyr. I, 1, 1. Thuc, ΙΗ,
52. Thuc. VII, 67. εἴ τις ὑμῶν καὶ τοδε πέφόβηται, δὅτιοὺκ
ἴσαις ναυμαχήσεις id, quod. Die Fassung als „weil‘‘ ist also
keine nothwendige; vgl. (Andoc.) IH, 28. αἷς gibt es hier nicht,
der Deutlichkeit wegen. — Plat. Apol. 21. E. αἰσθανόμενος μὲν
καὶ λυπούμενος καὶ δεδιαὶς ὅτι ἀπηχϑανόμην ist also ὅτι κτλ.
weder etwa nur von alcd. und λυπ. abhängig, noch steht es zu
diesen in einem andern Verhältniss als zu δεδιώς; vgl. Cratyl,
408. Β. φυβοῦνται ὅτι ἡ ψυχὴ γυμνὴ ἀπέρχεται, καὶ τοῦτο πεφό-
νται.
Pr Dass statt μή auch ὅπως μή mit finalen Modis, auch Ind.-Fut.
steht, geschieht nach der allgemeinen Analogie der ‚Vba des Stre-
bens und Sorgens. — Eben so wenig bedarf un ov einer weitern
Erklärung, auch nicht, wo kein Verbum der Furcht ‚voraufgeht,
also scheinbar unabhängig steht, obwol dasselbe mit μή allein. wol
nur der Dichtersprache angehört,
Bedeutsamer ist die Scheidung von un mit mod. fin. von μή
mit Ind. und andern Modis des einfachen Urtheilssatzes.
Hom. Od. V, 300. δείδω un δὴ πάντα ϑεὰ νημερτέα εἶπεν.
Thucyd. II, 68. νῦν δὲ φοβούμεϑα. μὴ ἀμφοτέρων ἃ ana ἡμαρ-
τήκαμεν. Rost, der den Ind. Fut. (obgleich der hier einer ganz
andern Modusreihe angehören würde) schon das sichere Eintreten
bezeichnen liess, hilft sich durch Steigerung und sieht hier eine
„‚feste Ueberzeugung u. s. w.‘ ausgedrückt. Von dieser ist aber
bei unbefangener Betrachtung wenig zu sehen; die Sache erscheint
vielmehr noch durchaus dubiös. Auch als Frage können wir es
nicht fassen. Der Sinn solcher Stellen ist offenbar: δείδω μὴ
[φανερὸν γένηται; ὅτι] νημερτέα εἶπεν: also brachylogisch,
vgl. das über ϑαυμάξω εἰ Gesagte. Wir haben wenigstens so eine
diese ganze Modusreihe umfassende Erklärung. Plut. Apophth. I,
p. 41. Tauchn. ’Ip. ἔφη δεδιέναι, μὴ τὸν Ἰφικράτη οὐκ ἴσασιν,
Ri καταπλήττεται τοὺς πολεμίους. Der Ind. ist ‚überhaupt gar
nicht selten, auch Ar, Eccl. 29. φέρε νῦν ἐπαναχωρήσω πάλιν, μὴ
im Griechischen. Von ἀκοὴ zu Güstrow, 115
καί τις ὧν ἀνὴρ ὃ προσιὼν τυγχάνει» zu schätzen, denn gehindert
soll da nichts werden; nur die Furcht, dass ‚es sich zeigen könne,
dass u. 8, w. wird ausgesprochen. Auch μή mit Opt. mit ἄν
gibt es. Thucyd. II, 95, 2. οὔτε προσδοκία ἦν, μὴ ἂν ποτε οἷ
πολέμιοι ἐξαπιναίως οὕτως ἐπιπλεύσειαν; nach Poppo genügte
es, ein εἰ κτλ. zu suppliren, obwol der Opt. mit ἄν den Final-
sätzen doch fremd ist; ferner ist das „sd dmnkevosav‘‘ doch gar
zu bedeutungslos, zu 'selbstverständlich, als dass dies ein solches
Abweichen hervorgebracht hätte. . Nun "scheint aber ziemlich klar,
dass Thucyd. sagen will: „sie fürchteten nicht , dass „en mit Opt.)
es je geschehen (sich bewahrheiten) könnte, dass (or) u. 8. w.*
Man fühlt auch gleich, dass der Opt. mit ἄν schon nach dem
Häuptsatze i in der Gegenwart folgen würde, während der Opt.
ohne ἄν nur durch Vergangenheit entstanden wäre; vgl. Xen. An.
VI, 1, 28. ἐκεῖνο ἐννοῶ, um λίαν ἂν ταχὺ σωφρονισϑείην:
wo gleich auch derselbe Satz mit ὅτι folgt. Wir sehen hiernach
Grund genug, das Dasein einer Structur von un mit den Modis
des einfachen Urtheilssatzes zn behaupten; obwol wir
von μή mit Ind. Praet. mit ἄν kein Beispiel kennen, liesse sich
ein denkbares leicht construiren ; z. B.: „Sie fürchteten, dass die
Hülfsgelder gar nicht würden eingelaufen sein, wenn nicht
der Einfluss des Alk. die Bundesgenossen bewogen hätte. Sie be-
schlossen daher den Alk. noch zu schonen.‘‘ Die gemeinsame Be-
deutung dieser Formen mit un bestimmt sich dadurch, dass sie
durchaus noch nichts von Wirklichkeit oder nor von einem bestimm-
ten Verhältniss der Handlung zur Wirklichkeit behaupten, wie das
dieselben Modi mit ὅτι thun würden; sondern 'nur die Furcht, dass
ein Satz sich bewahrheiten werde, aus welcher Bewahrheitung
leicht eine zn fürchtende Handlung entepringeu könne; 2. B. im
obigen Beispiele Thucyd. II, 98. ist nicht das εἰσπλεῖν selber als
das zu Fürchtende dargestellt, sondern nur, dass die Möglichr
keit eines Ueberfalls den Athenern-nie in den Gedanken gekom-
men war. Vergleichung wird dies noch stützen. Der Lateiner
sagt unbedenklich timeo ne venerit, fürchtet also auch nach der
Vergangenheit zu; griechisch dagegen gehen die finalen
Modi nur auf etwas erst Werdendes, Zukünfliges, Der Gebrauch
des Perf. Conj. existirt hier äusserst ° selten, vielleicht gar nicht,
Dem. fals, ‘4. δέδοικα μή τινα λήϑην ἣ συνήϑειαν τῶν ἀδικημάν»
τῶν ὑμῖν πεποιήκῃ. So Baiter; das’ Plusq. -der Handschriften
geht freilich nicht, aber der Ind. Perf, wäre das Leichteste, Der
Conj. Aor. (μὴ τηὐσίην ὁδὸν ἔλϑῃς} ist: etwas ganz Anderes, Nun
aber ist diese Furcht nach der Vergangenheit zu eben nichts’ als
die vor ‘der Bewahrheitung eines Urtheilssatzes. Daher
wählte denn das Griechische jene brachylogische Structur, mit fei-
nem Takte, und, wie es pflegt, mit beschränktem Kraftaufwande
viel bewirkend.
8 τ
116 Das syntakt, System der Tempora und Modi
B. Adjectiv- und Adverbialsätze.
1. mit Causalnexus,
1) Der Nebensatz bringt den Effect.
a) Consecutivsätze. (— sodass — ὥστε),
1. Die Modi dieser lassen sich einfach so bestimmen, dass
es dieselben sind, in welcher die Handlung des Consecutivsatzes,
in einem selbstständigen Satze behauptet, stehen würde: z.B, „‚Die
Feinde hat er geschlagen, (schlug er), sodass sie nicht wieder kom-
men werden oder kamen (Indic.), wol nicht wieder kommen wer-
den (Opt. .mit ἄν), nicht wieder kommen würden, wenn nicht
u. 5. w.* (Ind. Praet, mit ἄν). Negation überall οὐ. Also keine
subjanctiven Modi, wie im Latein. Der Optativ ohne ἄν ist nur
möglich, wenn schou der Hauptsatz optativisch ist: so in
dem einzigen Beispiele, das die Grammatiken bringen: Xen. -Oec.
I, 13. εἴ τις χρῶτο τῷ ἀργυρίῳ, ὥστε κάκιον τὸ σώμα ἔχοι, als
Fortsetzung einer Bedingung (= „und wenn“), und in dem ein-
zigen Beispiele, „das ich ausserdem noch kenne, Xen. Hell. III, 5,
23. ἐλογίξοντο, ὅτε οὗ νεκροὶ ὑπὸ τῷ τείχει ἔκειντο , ὥστε οὐδὲ
κρείττοσι οὖσι („auch wenn‘‘) διὰ τοὺς ἀπὸ τῶν πύργων ῥάδιον
sin ἀνελέσϑαι 9 als Theil einer oratio obl.; wo sich ausserdem die
gewöhnliche Unterseheidung vom Ορί, mit ἄν) dass dieser stehe,
wenn ein „wenn“ zu ergänzen sei, wieder als unhaltbar zeigt.
Fälle des blossen Opt., wo er attisch dv verlangen würde, mögen
wol etwas häufiger sein, 2. B. Luc. dial. mert. 12, 8.
Die häufige Stractur des ὥστε mit Infin. scheidet sich so
von der mit Mod. finitis, dass sie, die mit Iof., gar kein. bestimmtes
Verhältniss zur Wirklichkeit behaupten, sondern nur durch einen
reinen Begriff den Hauptaatz näher bestimmen will, Der Sache
nach kann dies ein Seinkönnen sein, 2. B. ‚die Wagen hatten
Sichel“, ὥστε διακόπτειν == „sodass sie durchschneiden konnten
oder mussten‘; eine solche Behauptung ist aber eigentlich im
griech. Inf. gar nicht gegeben, sondern nur „wie zum Durchschnei-
den.“ Häufig soll dadurch nur eine graduelle Bestimmung ge-
geben werden. Immer aber ist ὥστε mit Inf. nur eine Bestimmung
des Hauptsatzes, und letztere ist die Hauptsache; ὥστε mit ınod.
fin. enthält dagegen immer eine selbstständige Behauptung, meist
sogar den Hauptgedanken, — Fälle, wie die obigen, seltenen des
Opt. ohne &v, fallen sonst dem -Inf. zu, der überhaupt als be-
quemere Structur später immer häufiger wird. — Die Inf. mit dv
entsprechen sowol dem Opt. mit ἄν, als dem Ind. Praet, mit ἄν»
besonders aber letzterem als Vergangenheit eines Opt. mit, ἄν. —
Nicht selten findet sich, namentlich bei ‚Xenophon εἷς statt ὥστε. —
Die Negation beim Inf. ist stets “μή. Dagegen sprechen ‚nicht
Thucyd. v, 40. (ζοντο) τούς τε ᾿Αϑηναίους εἰδέναι ταῦτα ὥστε
οὐδὲ πρὸς ᾿49. ἔτι σφίσιν εἶναι ξυμμαχίαν ποιήσασϑαι, und Dem.
fals. (XIX.) 308. „Epn) ἀτόπους τινὰς εἶναι ὥστε οὐκ αἰσχύνεσθαι:
denn hier liegt ὥστε mit Ind. Praes. zu Grunde, dass nur per or.
x
"im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 117
oblig. sammt seinem Hauptsatz in den Inf. getreten ist; or. oblig.
aber bewirkt kein μή. — Die Entstehung der Structur des
ὥστε mit Inf. erklärt sich aus dem Inf., der nach Ausdrücken der
Fähigkeit oder Beschaffenheit steht; manche Verba sind nun der
Bedeutung, dass sie unvermittelt dem Infinitivbegriff sich anfügen;
z. B. die, welche den Ausdruck einer Fähigkeit, ein Können ent-
halten; ὥστε schafft auch andere zu solchen um. Daher lassen
sich die Bedeutungen dieser Structur alle anf die Angabe einer allge-
meinen Beschaffenheit, keiner speciellen Behauptung, zurückführen,
Zu jener Bedeutang aber kommt ὥστε wie olog τέ εἰμι aus τοιοῦτός
εἶμι ποιεῖν; vgl. Hom. 1]. VI, 463. Χήτει τοιοῦ δ᾽ ἀνδρὸς ἀμύνειν
δούλιον ἦμαρ. So nämlich dann auch τοῖος, οἷος mit Inf. Aesch. Ctes.
248. τοιοῦτος ἐστιν, οἷος μὴ γιγνώσκεσθαι. Plut. Ages. 2. πραύότητε
τοιοῦτος ἦν, οἷος φόβῳ μηδέν. αἰσχύνῃ δὲ πάντα ποιεῖν" ὥστε
iet also οὕτως, We. Das τε an sich ist unwesentlich; es dient nur
wie bei ὅστε zur Anknüpfung, zum Ausdruck des Relativ. Die Er-
klärung von ἐφ᾽ ὦτε mit Inf. — ἐπὶ τούτῳ ὥστε ist danach auch
nur für die deutsche Uebersetzung. — Homer hat στε consecutiv
nur zweimal; 11. IX, 43. ϑυμὸς ἐπέσσυται ὥστε νέεσϑαι. Od, XVII,
21. τηλίκος εἰμὶ ὥστε πιϑέσϑαι (Schmalf. S. 320.); also dazu in
Fällen, wo es gar nicht einmal vermisst werden würde; vgl. das
über die Hülfsverba Gesagte. Viel grösser wird dagegen die Zahl
der Stellen sein, wo.er den blossen Inf. statt ὥστε hat.
Das zur Erklärung des Conj. im Latein und des Indic. im
Deutschen Nöthige, ist schon oben aufgeställt. Zu bemerken ist
noch, dass der Gegensatz der Structur von ὥστε mit Inf. und
ὥστε mit mod. fin. weder im Latein.noch im Deutschen vorhanden
ist. Die Uebersetzung mit „‚sodass“‘ passt nur auf die mod. fin.
Genau genommen ist der Inf., als &gentlich Object, bier ein Sub-
stantivsatz, und nur ὥστε mit mod. fin. ein Adverbialsatz,
b) Finalsätze (— „‚damit‘“),
Soweit diese durch bestimmte Conjnnctionen eingeleitet sind,
sind sie schon bei den substantivischen Finalsätzen behandelt.
Ohne jene Eonjunetionen, also nach beliebigen Relativis in ihren
ursprünglichen Bedeutungen, ist kein anderer Modus möglich, als
der Indic. Fut., woraus allein schon ersichtlich ist, dass der hier
nichts von Wirklichkeit bezeichnen soll; er steht ferner sowol
nach Vergangenheit wie nach Gegenwart: miserunt, qui dicerent —
ot λέξουσι. Ein formeller Unterschied von selbstständigen Behaup-
tungen zeigt sich durch die Negation μή. — Der Conj., der hier
nach dem Latein erwartet werden konnte, findet sich nicht. Xen.
Mem. 11, 1, 14. ὅπλα κτῶνται, οἷς ἀμύνονται τοὺς ἀδικοῦντας
figurirt -bei Rost freilich noch mit ἀμυνῶνται, als sei das final,
was aber nur ein „Sollen“ bezeichnen könnte, wie der Conj. im
selbstständigen Satze. Is. Paneg. 44. ἑκατέρους ἔχειν ἐφ᾽ οἷς φιλο-
τιμηϑῶσιν: vgl. Funkhänel in N. Jahrb. 1850. Bd. 60. 5. 250.
118 Das syntakt. System der Tempora und Modi
Der Opt. (Fut.) kann durch or. oblig. entstehen, Soph. Oed. R.
795. τὴν Κορ. χϑόνα ἔφευγον, ἔνϑα μή ποτ᾽ ὀψοίμην κτλ. Auf-
fällig bleibt Thucyd. VII, 25. μία ὄχετο πρέσβεις ἄγουσα, οἵπερ
φράσωσιν..
2. Der Nebensatz bringt die causa.
a) Nebensätze des Grundes (= „weil‘).
Sowol bei ὅτι wie bei ἐπεί und ὅτε treten hier nur Modi des
Hauptsatzes (mit οὐ) ein, also nicht. wie im Latein bei quum etc.
Subjunctive. Der Satz des Grundes bleibt vollkommen in der Mo-
dalität, in welcher die Handlung, welche als Grund dienen soll, be-
hauptet wird. Dasselbe gilt von allen andern Relativsätzen dieser
Bedeutung. Hier behauptet der Indic. natürlich also immer Etwas
als wirklich. Bei weitem das Gewöhnlichste ist allerdings der Indic.,
aber schon. die andern Vorkommenheiten machen jene genauere Be-
stimmung nöthig. Plat. Phaed. 62. ‚E οὐδὲ φεύγειν, διὸ ἀλογίστως ὁ ἂν
φεύγοι. ‚Xen. equest. VII, 4. τούτου ἕνεκα ἐπαινοῦμεν ὦ ὅτι ἀναβε-
βηκῶς ἂν εἴη. Mem. π΄, 2, 2. τί δήποτε ἐπήνεσε τὸν Ay, ἄρα
γε. ὅτι αἰχμητὴς κρατερὸς ἂν εἴη, οὐκ ei κτλ. Dem, Lept. (XX)
114. πρὸς τί τοῦτο λέγω: ὃ ὅτι φήσαιμ᾽ ἄν. Thueyd, V, 92. ποὺς
χρήσιμον ἂν ξυμβαίη ἡμῖν δουλεῦσαι ὥσπερ ὑμῖν ἄρξαι: ὅτι
ὑμῖν --- ἂν γένοιτο, ἡμεῖς δὲ — κερδάνοιμεν ἄν. Auch lateinisch
quod mit Con). — Opt. mit ἄν, 3. B. Cic. Rosc, A. 20, 56. Is.
Paneg. 174. εἷς μόνον ἂν τοῦτο᾽ ἀγαϑὸν ἀπολαύσαιμεν; (ὡς „weil“,
wie demonstrativ „tenn‘e: Dem. 52, 33). Dem, cor. 79. τί wor
οὖν — οὐχὶ μέμνηται; ὃ ὅτε τῶν ἀδικημάτων κ ἂν ἐμέμνητο τῶν Eav-
τοῦ, εἴ τι περὶ ἐμοῦ ἔγραφε. Ρ]εΐί. Phoc, 9. ἐπεὶ ἂν κἀπολώλειτε
κτλ. Für andere Relativa: Is. Phil. πῶς γὰρ καάτοιδ᾽, ὃν y εἶδον
οὐ δεπώποτε (.» 160. Plut, "Apophth, t. II, p. 156. Tauehn. πῶς
οὖν αὕτη πατρὶς ὑμῶν εἴη, ἐν ἦ οὔτε γέγονέ Tg, ὑμῶν οὔτ᾽
ἔσται: Lyc. Leoer. 123. ὁπότε γὰρ ἐκεῖνοι — ἀπέκτειναν, τί
ἡμὰς προσήκει ποιῆσαν! Dem. 22, 11, Ὁπού δ᾽ αἰνεῖν οὐκ ἐ ᾧ,
πὼς οὐ σφόδρα ye δοῦναι κελεύει; “(ΞΞ „weil, nicht —= „wenn“,
wegen οὐχ). Dasselbe gilt für Participialsätze, z.B. οὐ δενὸς ἡμᾶς
βιασαμένου. Thue. III, 64, 8. Ferner für Concessivsätze, wo
diese einem „weil‘“ entsprechen, ὅτι freilich gibt’s dafür nicht; auch
ἐπεί wird bezweifelt (vgl: Schöm. ad Pl. Ag. 2, 8.), ist aber eben
so gut „obgleich“ wie quum, während quod und quia nicht. Hom.
Od. I, 37. ἐπεὶ πρὸ οὗ εἴπομεν ἡμεῖς. So häufig bei Plato. Auch
mit Opt. mit ἄν und mit Ind. Praet. mit av. Protag. 333. C..335. C.
Ber Pintarch und Lucian zeigt sich der Einfluss des. Latein,
indem sie häufig μή statt οὐ setzen, um einen Causalnexus aus-
zudrücken, wie das Latein da auch bei wirklichen Dingen Modi der
Abhängigkeit eintreten lässt (cum C. Pompejum vicisset ete.). Be-
sonders un so bei Participien und ἐπεί, doch .auch ὅτι; was attisch
ganz unmöglich ist; z. B. Luc, ‚Somn, 9. ἐπεί. .Jup. Trag 1,
im Giiechischen. Von Aken zu Güstrow. 119
Plut. Pomp. 86. οὐ τοῦ τ᾽ ἔλεγεν εἶναι θαυμαστὸν, ἀλλ᾽ ὅτι μὴ
βάλλει λίϑοις τοὺς ἀπαντῶντας ὑφ᾽ ἡδονῆς.
Ὁ) Nebensätze der Bedingung.
1. So benennen wir alle diejenigen, wo die causale Mo-
dusreihe sich zeigt, ohne Rücksicht darauf, welches das einlei-
tende Relativ oder Relativadverb auch sei, Denn nur durch jene
M odusformen (Ind,, Conj. mit ἄν, Opt. ohne ἄν, Ind. Praet. ohne
ἄν. Negation un) wird die Existenz des Hanptsatzes als bedingt
durch «die des Nebensatzes ausgesprochen. Auf εἰ lässt sich dicse
Bedeutung nicht zurückführen; principiell schon nicht, weil die
eigentliche Bedeutung dieses Wortes die rein logische nicht sein
kann; dann auch, weil es noch andere Anwendungen hat, beson-
ders weil sich eine durchgreifende Trennung von den sogenannten
allgemein relativen Sätzen nicht machen lässt, so lange εἰ als We-
sen des Bedingungssatzes gilt. Endlich, was praktisch zwingend
ist, jene Medi würden keine zusammenhängende Erklärung möglich
machen, wenn man sie an εἰ knüpft, da sowol bei beliebigen an-
dern Relativis sie in derselben Bedeutung stehen, als andererseits
el (sogar, wenn es „wenn“ heisst) nicht an sie gebunden ist,
2. B. εἰ οὐ: Hom. 1]. IV, „160. εἴπερ yag τε καὶ αὐτίκ᾽ ᾿Ολύμπιος
οὐκ ἐτέλεσσεν ἔκ τε καὶ ὀψὲ τελεῖ: — „wenn es auch wahr ist,
dass u. 8. w.“: d. ἢ, εἰ steht mit den Modis eines Satzes mit ὅτε
in ähnlicher Brachylogie, wie oben bei ϑαυμάξω εἰς. Ganz ähnlich
Lye. Leocr. 141. ἐχρῆν μὲν οὖν, εἰ καὶ περὶ οὐδενὸς ἀλλου νό-
μιμόν ἔστε κτλ. Cratyl. 391. C. Auch manche der Opt. mit ἄν
neben εἰ gehören hierher, doch beschränken wir uns hier lieber auf
die notorisch regelmässigen Formen. — Die mit εἰ eingeleiteten
Bedingungssätze unterscheiden sich von den andern nur dadurch,
dass bei ersteren die Existenz des Hanptsatzes rein an die der
H andlung des Nebensatzes geknüpft wird, ‚während bei den 8π-
dern an einen Ort, Zeit, Person u. 8, w. ὅστις μὴ λέγει πρὸς
χάριν; οὗτός ἔστιν ἀνδρεῖος. Dem. Chers, 60. Xen. Hell. VI, 1, 4.
μηδὲν πίστευε, ὅ,τι ἂν μὴ φαίνηται κτλ. „Orr. Il, 4, 23. οὺς δὲ
μὴ. δύναιντο λαμβάνειν ἀποσοβοῦντες ἂν ἐμπόδων γίγνοιντο.
Daher auch beim Inf,, wie Plat. Lys. 207. E., nicht die or. obliq.
Grund des μή ist, sondero die causale Modusform. "δοκεῖ σοι
εὐδαίμων ἐἶναι, ᾧ μηδὲν ἐξείη; Protag. 827, C. ὅτου ἔτυχεν ὄ
υἱὸς εὐφυέστατος. οὗτος ἂν ἐλλόγιμος ηὐξήϑη, ὅτου δὲ ἀφυὴς
ἀκλεής. Plut, Lye. 9, 2. τίς γὰρ ἢ κλέπτειν ἔμελλεν ἢ ἁρπαζξειν,
ὃ μήτο κατακρύψαι δυνατὸν ἦν κτλ. Plat. Apol. 17. E. εἰ ξένος
ἐτύγχανον ὧν. δυνεγιγνώσκετε δήπου av nor, εἰ ἐκείνῃ τῇ φωνὴ
τε καὶ τρόπῳ ἔλεγον. ἐν οἷσπερ ἐτεϑράμμην. Hom. Od. ΧΙ,
630. καί νυ κ᾽ ἔτι προτέρους ἴδον ἀνέρας. οὖς ἔϑελόν περ.
(quos voluissem = si), — Soph. Oed. T. 316. «φρονεῖν ὡς δεινόν,
ἔνϑα un τέλη λύει φρονεῖν. Plat. Lys. 7. ὅπου ἡ λεοντῆ μὴ
ἐφικνεῖται, προσραπτέον ἐπεὶ τὴν ἁλωπικῆν. Xen. Cyr. ταῦτα
-
130 Das syntakt. System der Tempora und Modi
κηρύττετε ὅπου ἂν παϑέξησϑε. Soph. Aj. 1074. οὐ γάρ wor
ὧν ἐν πόλει νόμοι καλῶς φέροιντ᾽ av, ὄνϑα μὴ καϑεστήκοι δέος.
Is, permnt, 15. ὅπου γὰρ ὁ ἀκηκοὼς μηδὲν πώποτε φλαῦρον
εἰς ἀγῶνα με τηλικοῦτον κατέστησεν, ἥπου σφόδρ᾽ ἂν οἱ κακῶς
᾿ πεπονθότες ἐπειρῶντο dv δίκην παρ᾽ ἐμοῦ λαμβάνειν. Piut. Mor.
t. IIf, p. 216. Ta. redvalnv, ὅτε μοι μηκέτι ταῦτα μέλει. Dem.
Halon. 7. ὁπότε ydo ἡ δύναμις ἡ ὑμετέρα μὴ δύναται κτλ.
Plut. Mor. t. II. p. 81. οὗ δάγειν παρεκάλουν ἕως ὑγρὸν ἔχουσε
τὸ αἷμα καὶ μήπω πᾶν ὑπὸ τοῦ διψῆν ἐκπεπηγός. Plat. Rep ΙΧ,
574. Β. ὁπότε μὴ δύναιτο, ἁρπάξοι ἄν. Phaed. 108. C. ἐπεε-
δὴ δέοι, διδοίης av. Xen. Cyr. V, 3, 18. δέοιτο ἄν αὐτοῦ μέ-
vaıv, ἔοτε σὺ ἀπέλϑοις. Plat. Cratyl. 896. C. ei ἐμεμνήμην οὐκ
ἂν ἐπαυόμην, ἕως ἀπεπειράϑην. Dem. Phil. I, 1. εἰ περὶ καινοῦ
τινος προὐυτίϑετο λέγειν, ἐπισχὼν ἄν, ἕως ol πλεῖστοι γνώμην
ἀπεφήναντο, ἡσυχίαν ἂν ἦγον. An solchen Stellen soll dann ἄν
fehlen, weil es schon im Hanptsatze fehle; aber davon existirt doch
nur für coordinirte Sätze die Möglichkeit; hier kann es gar
nicht stehen; vgl. Isocr. Paneg. ἐχρῆν. πρὶν ἐδίδαξαν. — Xen,
Cyr. VII, 8, 46. κέκτησο καὶ χρῶ, ὕπως βούλει, αὐτοῖς. VI,
,8, 2. καϑίστασϑε, ὡς ἂν ἐξαγγείλῃ παρ Zuod. Die dritte Stufe
scheint bier zu fehlen, wol, .wejl sie lieber mit ὡς εἶ κελ. gebildet
ward. Thucyd. I, 37, 5. ὅσῳ ἀληπτότεροι ἦσαν, τοσῷδε φανερω-
τέραν ἐξῆν αὐτοῖς τὴν ἀρετὴν δεικνύναι. Manchmal ist das ein-
leitende Relativ mit Aufgebung seiner eigentlichen Bedeutung eben-
sogut in die des „„wenn‘‘ übergegangen, wie εἶ, so besonders orov,
vgl. noch Antiph. noverc. 7. ὅπου δὲ un ἐθέλησε —, πῶς «rl,
Das Wesentliche des Ausdrucks der Bedingung zeigt sich aber
überall in den Modusformen.
ἃ. Die eigentlichen Bedingungssätze zeigen sich in
folgenden vier Hauptformen (wobei wir der Kürze wegen den Vor-
dersatz durch εἰ bezeichnen):
ed mit Indic. (μή). Nachsatz Indic. (οὐ)
ἐάν mit Conj. (μή) " » Fut. (οὐ) oder Imper.
. εἰ mit Opt, (μή) 2,2 Opt. mit av (οὐ)
εἰ mit Ind. Praeter. (μη) » Ind. Praet. mit ἄν (οὐ)
Als Bedeutung zeigt sich für die erste die des allgemeinen
Urtheils; „wenn es regnet, ist es nass.“ Von Wirklichkeit des
Angenommenen findet sich nichts behanpte. Dem widersprächen
anch nicht blos Fälle, wie des Socrates’ εἰ διαφϑείρω) sondern
auch die, wo ein ‚wenn aber nicht“ folgt. Schon bei den Sub-
stantivsätzen fanden wir Indicative genug, die ausgesprochen wur-
den, ohne die Wirklichkeit zu behaupten, Ebenso enthält hier der
Indic, durchaus keine selbstständige Behauptung; er trägt nur
die Farbe seines Hauptsatzes mit, in ähnlichem Verhältniss,
wie in der orat. oblig. die wirklichsten Dinge in den Opt. kommen
können, Auch der Hauptsatz spricht keine temporale, concrete
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 121
Wirklichkeit aus; z. B. „‚dass es jetzt nass sei, sondern zeitlos
und abstract. Diese abstracte, d. h. allgemein gültige Wirklichkeit
(z. B. des Nassseins unter Umständen) bleibt dennoch immer eine
Wirklichkeit, und ihr integrirender Theil, der Vordersatz muss,
als sie bedingend ausgesprochen, auf gleicher Modalstufe stehen.
Für die Entstehung des Gebrauchs kann man immer noch an-
nehmen, dass eine wenigstens angenblickliche Annahme der
Wirklichkeit stattfand, zu sehen, was aus der Annahme folge; oder
(was gleich ist) dass der einfachste Weg zur Bildung einer Form
für das allgemeine Urtheil der war, zu behaupten, dass aus der
Wirklichkeit des Einen die des Andern folge, Das allge-
meine Urtheil kann ebensowenig wie die Conjunctionen des Can-
salnexus einen ursprünglichen Ausdruck in der Sprache haben, es
ist etwas erst Abstrahirtes; die Form, die dazu verwandt wurde,
hatte eine so abstracte Bedeutung nicht; die Sprache, soviel Fein-
heiten der Auffassung sie anch in Flexion nnd Wortbildung zeigt,
hatte doch nicht für alles Ursprüngliche Ausdrücke; sie ging von
der frischen, lebendigen Auffassung des Concreten aus, wie sich
schon bei den Temporibus darin zeigte, dass die Gegenwart eines
eignen Ausdrucks gar nicht zu bedürfen schien, dass Vergangen-
heit und Nichtwirklichkeit ihr zusammenfielen. Damit stimmt, dass
der parataktische Ansdruck des Vordersatzes sich namentlich
im Indic. findet, man setzte naiv einstweilen als wirklich. — Bei
Berücksichtigung der historischen Data sehe ich keine andere Mög-
I'chkeit der Auffassung, ohne indess andern Versuchen ihre Be-
rechtigung damit abzusprechen,. Dass unser Standpunkt mit dem
ler naiven Erklärung des Infin. für Imper. durch keine Consequenz
verbunden ist, liegt anf der Hand.
Die zweite Stufe darf nicht etwa nach der ersten so bestimmt
werden; ‚‚wenn ich erwarte, dass u. 5, w., muss ich auch erwar-
ten, dass u. 5. w.‘* sondern — ‚‚wenn es regnet, ist es nass, und
icherwarte, dass dies Urtheil zur Anwendung komme‘“,
was gleich ist: „wenn es regnet, und ich spreche dies mit einer
Erwartung aus, u. 5. w.*“ Meist ist diese Erwartung die des
„Regnens“, d. h. eine positive, doch nicht nothwendig. Also das
ganze Urtheil trägt die Farbe der Erwartung, den Conjanctiv;
von der einzelnen Handlung ist daher auch im Modus der Erwar-
tung gesprochen, jedoch nicht als von einer selbstständig als er-
wartet behaupteten, sondern nur in ihrer Verbindung mit dem
Nachsatz. Auf die Bedingungssätze vor allem ist anwendbar das
Gleichniss K. O. Müllers vom Gewölbe, dessen Theile an sich nichts
sind, in ihrem Zusammenhange erst ihre Geltung erlangen. — So
enthalten überhanpt die Stufen 2, 8, 4 den Satz allgemeinen
Urtheils der Stufe 1 wieder in sich, mit einer Neben-
bestimmung darüber, was der Redende von der Anwen-
dung dieses Urtheils für den vorliegenden Fall halte,
Und zwar spricht Nr. 2 die Annahme mit Erwartung des zur
122 Das .syntakt. System der Tempora und Modi
Anwendung Kommens, der Entscheidung ans; Nr. 4 dagegen mit
Behauptung der Nichtwirklichkeit, während Nr. 3, die optativische
Stufe, hervorhebt, dass die Annahme ohne alle Rücksicht auf
die Wirklichkeit, ohne die Nebenbeziehungen von Nr. 2 und Nr. 4
geschehen solle. — Die Bedeutung der Hauptsätze ist schon im
einfachen Satze gegeben.
Das ἄν beim Conj. dient offenbar zur Stütze des gebrauch-
ten Ausdrucks der Erwartung, indem es nämlich diese auf die
reale Sachlage basirt. Der Unterschied des Conj. Aor. und Conj.
Praes. beruht auf dem ihrer Tempusstämme; der Conj. Aor. be-
zeichnet den Punkt, mit dessen Eintreten sofort das Andere auch
eintrete; er wird hier meist dem Fut. exact. des Latein entspre-
chen, doch ohne dass er, wie sein Gebrauch überhaupt und gleich
in den. allgemeinen relativischen Sätzen zeigt, etwas von Vergan-
genheit ausdrücke, Jener einzelne Punkt ist in Gegenwart noch
nicht da; der Conj. Praes. (== si c. Fut. I.) spricht von einer
Dauer, wird daher von etwas schon Vorhandenem immer zu brau-
chen sein; z. B. „falls du es etwa thun willst (jetzt schon dein
Wollen vorhanden ist)“. — Zu beachten ist, dass εἰ c, Fut. hier
nicht von der eigentlichen Zukunft, sondern als temp. absol. steht.
Eine Behauptung soll ja auch der Vordersatz gar nicht geben,
sondern nur eine Erwartung aussprechen. .Der Opt. bei εἰ soll
hier die Möglichkeit behaupten; an eine solche Behauptung ist aber
bei sehr vielen Anwendungen, besonders der philos. Sprache, ent-
schieden gar nicht zu denken, während ein Ausdruck für die ab-
stracte, reine Annahme ein Bedürfniss ist, das sogar im Latein
Berücksichtigung findet. Auf die Behauptung einer Möglichkeit ist
vielmehr das εἰ ἄν mit Opt. zurückzuführen.
Ausser der iudicativischen Stufe beziehen sich alle Formen nur
auf die Gegenwart, auch auf der vierten Stufe ist temporale Be-
deutung nur accessorisch. — Die angenommene Vierzahl der
Grundformen entspricht den vier Modis des Griechischen; jede an-
dere, wie z. B. bei Rost, ist willkürlich. Nebenformen sind theils
dadurch möglich, dass in der .ersten und. zweiten Form ein Opt.
mit ἄν statt eines Indic. Praes. oder Fut. eintritt, theils durch
Wechsel des Gedankens.
8. Die Auffassung, dass es Conjunctionen für die rein logi-
gischen Verhältnisse ursprünglich nicht gab, findet sich auch hier
dadurch bestätigt, dass es Fälle in Masse gibt, wo εἰ fehlt, d.h.
wo ein Satz formell selbstständig hingestellt, dem Gedanken
nach ein Bedingungsvordersatz ist; vgl. C. Fr. Hermann de ρτοί.
parat. 1850. Tritt dieser Gebrauch auch erst in der Prosa und
namentlich bei den Rednern häufiger hervor, so kann dach an eine
‚Schaffung desselben dürch die Rhetoren nicht gedacht werden,
schon weil das Rhetorische nur in einer Verwendung von etwas
Gegebenem bestehen kann; die älteste Sprache konnte aber
sich gar nicht anders ausdrücken. Nachdem εἰ seine condicionale
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. i23
Bedeutung erhalten hatte, griff dann zuerst Herodot manchmal zu
jener natürlichen Ausdrucksweise, in seiner gemüthlichen Weise die
Sätze nach einander selbstständig hinstellend; rhetorisch ward dann
das genutzt, sei es, die Aufgeregtheit durch die kurzen, abgeris-
senen Sätze zu bekunden, sei es, um durch die Form des unab-
hängigen Satzes mehr hervorzuheben,
Griechisch erscheint dieser parataktische Vordersatz fast
nur im Indicätiv; dass er hier nichts von Wirklichkeit behauptet,
ist hier nicht im mindesten schwieriger, als wenn as’ dabei steht,
Eur. Med. 390. καὶ δὴ τεϑνᾶσι" τίς μὲ δέξεται πόλις. Ist die
Negation μή, so ist die Unterordnung, dass der Satz nicht an sich,
sondern nur in seinem Verhältniss zum Hanptsatz seine Geltung
habe, schon ‘formell ausgedrückt; nur die Conjunction fehlt. So
in dem auch von C. Fr. Hermann einzig hingestellten Beispiele
Plat. Theaet. 193. A. Σωκρ. ἐπιγιγνώσκει Θεόδωρον καὶ ©., δρᾷ
δὲ μηδέτερον; also in ruhiger Demonstration. Bei οὐ dagegen
bleibt die Untererdaung völlig ausgedrückt, daher dies eher in
aufgeregter Rede, z. B. Dem. Ol. III, 18. οὐ λέγει τις τὰ βέλτιστα"
ἄλλος ἀναστὰς εἰπάτω, vgl. Androt. 11.
‚Den Conjunctiv gibt es hier nicht, (ich kann mich jetzt
auf Hermann berufen); das häufige ϑῶμεν bei Piato ist nicht —
„lasst uns einstweilen einmal setzen‘ sondern wirkliche Festsetzung
von Resultaten. Der Opt. ohne: ἄν bei Hom. Od. XIV, 198. εἴη
μὲν νῦν νῶϊν ἐπὶ χρόνον ἠμὲν ἐδωδή, ἠδὲ μέϑυ γλυκερὸν, alloı
δ᾽ ἐπὶ ἔργον ὅποιεν, βηϊδίως κεν ἔπειτα καὶ ἐς ἐνιαυτὸν ἅπαντα
οὔτι διαπρηξαιμε λέγων are; wo wur εἶ fehlt. Der Opt. mit ἄν
Aesch. Choeph. 551. καὶ δὴ ϑυρωρῶν οὔτις av δέξαιτο — „gesetzt,
es liesse keiner mich ein‘ ausgedrückt durch ‚‚es kann sein, dass‘,
„vielleicht“. Der Imperativ: Dem. Chers. 9. ἔστω. γιγνέσθω ταῦτα.
Im Latein gibt es den Indic. auch; doch ist hier recht der Con-
junctiv an seiner Stelle; dieser ist wol meist concessiv; aber dieser
Concessivus ist eben zum Ausdrnck der Bedingung verwandt; denn
die Eoncession oder der Befehl sollen nicht an sich gelten, sondern
nur so lange, um den Hauptsatz: darauf zu bauen. Ebenso in:
ne sit summum malum dolor etc. ist ne nichts als die Negation des
Begehrungssatzes; während in ut „gesetzt dass“ und at non nur
eben andere Conjanctionen als das an sich nicht allein berechtigte
si angewendet sind. Jene Conjunetive, sowie ‘jenes Beispiel des
Opt. mit ἄν und das des Imper. (ἔστω) sind Versuche der spätern
Sprache, wo jener Gebrauch des Indic, schon auffällig schien, bei
dem schon feststehenden Gebrauche der Conjunctionen, das Bedin-
gungsverhältniss modal auszudrücken, oder doch die Handlung in
die Modusform zu setzen, die ihr, würde sie als selbstständiger Satz
behauptet, zukäme. So auch im Deutschen 9.65 sei‘ und „vielleicht‘“.
Natürlich ist dies nicht gelungen, da der Satz doch die Bedeutung,
die jene Modi als selbstständigem ihm geben würden, nicht bean-
spruchen kann. Danach ist auch wol die Frage, ob solche Sätze
124 Das syntakt. System der Tempora und Modi
als Fragen zn bezeichnen seien, leicht entschieden; die Handlung
ist freilich fraglich, aber die Bedeutung einer selbstständigen Frage
haben sie doch nicht; erklärt ist also durch das Fragezeichen doch
nichts. Aneh die Stellung im Deutschen (z. B. „‚thut er es, so‘‘)
ist ‚keineswegs dem Fragesatz entnommen, — Das Griechische
kennt ja auch diese Versuche so gut wie gar nicht, daher hat es
auch den a priori hier so passend scheinenden Conjunctiv nicht;
speciell aber noch, weil dieser, der griechische, schon von subjectiver
Behauptung über das Verhältniss zur Wirklichkeit zu viel bringen
würde, wovon der Opt. entschieden. sich frei halten za wollen aus-
spricht. Der Indic. gerade ist hier so häufig, als der ersten allge-
meinsten Form des Bedingungssatzes angehörend, da bei der for-
mellen Unabhängigkeit ein Einfluss des Hauptsatzes auf einen Ne-
bensatz nicht stattfand. |
4. Eine zweite Anwendung der causalen Modnsreibe zeigt
sich in den sogenannten allgemeinen relativischen Sätzen
oder Sätzen der unbestimmten Frequenz: z. B. „sie tödten,
wen sie treffen“, „sie tödteten, wen sie trafen‘. Als die mit
den Bedingungssätzen gemeinsame Grundbedeutung jener Modus-
reihe stellt sich danach heraus, dass sie Definitionen rein begriff-
licher Natur ausspricht, ohne etwas von Wirklichkeit zu behanpten.
So werden in dem obigen Beispiele nicht Bestimmte als die Ge-
tödteten genannt, sondern alle die (‚‚wenn einer u. s, w.‘), von
denen das Getroffenwerden auszusagen sei. Daher entsteht die
Bedeutung der Wiederholung. Dieser Gebrauch existirt aber nicht
blos bei den speciell sogenannten Relativis, sondern auch den Re-
lativadverbien des Orts, der Zeit, der Art und Weise, überhaupt
also, wo ein Subject oder Object, im weitesten Sinne des Worts,
nur abstract, einer Thätigkeit nach, bestimmt wird. Sogar Sätze
mit εἰ sind möglich, wenn das Vorkommen des Hauptsatzes rein
an das eines andern Satzes geknüpft wird. Für die Gegenwart
fällt dies mit. dem Bedingungssatze zusammen; aber in der Ver-
gangenheit zeigt sich die Scheidung, z.B. Xen, Anab. II, 8, 11 εἴ
τινα βλακεύοντα ἴδοι, ἔπαιεν („so oft‘); wo dann im Hanptsatz so
haufig das ἄν in seiner ursprünglichen Bedeutung — „dann“ sich
zeigt. Als Bedingungssatz würde dieser Satz lauten εἴ zıva βλακεύ-
ovra ἴδοι, παίοι ἄν, Der Unterschied besteht also wesentlich darin,
dass beim allgemeinen relativen Satz der Hanptsatz, geradezu als
wirklich behauptet wird, und nar dessen Anwendung auf ein Sub-
jeet oder Object in rein begrifflicher Weise bestimmt wird; beim
Bedingungssatz weder Haupt - noch Nebensatz als wirklich behauptet
wird, sondern nur das Verhältniss ihrer Bedingung. Formell be-
steht danach die Scheidung darin, dass beim Bedingungssatz Haupt-
‚und Nebensatz regelmässig auf gleicher Stufe der Modalität sich
befinden müssen, während der Hauptsatz des allgem. relat. Satzes
im Indic. (oder doch einem Opt. mit ἄν der absoluten Bedeutung,
wo das ὧν nicht durch den allgem. relat, Satz bedingt ist) erscheint.
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 125
Als Modi des allgemeinen relativen Satzes selber werden ge-
wöhnlich ans der Conj. mit ἄν (für die Gegenwart und der Opt.
ohne ἄν (für die Vergangenheit) angegeben. Es ist aber auch in
erster Modalstufe der Indic. vorhanden, der sich durch die Ne-
gation un deutlich von selbstständigen Behauptungen scheidet; und
wenn er auch für die Gegenwart sich oft schwer vom eigentlichen
Bedingungssatze scheidet (nur ob der Hauptsatz an sich eine unab-
hängige Aussage gibt, oder nicht, kann entscheiden), doch in der
Vergangenheit vollkommen deutlich ist. Thucyd. IV, 108, 4. εἰω-
ϑότες οὗ ἄνϑρωποι» ὃ ‚en προσίενται» λογισμῷ αὐτοκράτορι
διωθεῖσθαι. IV, 61. 6. ὅσοι μὴ ὀρϑῶς προσκοποῦμεν; -- ,ἅμαρ-
τάνομεν. IV, 57. τοὺς Αἰγινήτας, ὅσοι μὴ διεφϑάρησαν, ἄγοντες
ἀφίκοντο ἐς τὰς 49. IV, 14, κεκωλῦσϑαι ἐδόκει ἕκαστος; ὦ μή
τινι καὶ αὐτὸς ἔργῳ παρῆν. Hauptsatz im Opt. mit ἄν = Ind.
2. B. Thucyd. V, 111. οἵτινες τοῖς ἴσοις μὴ εἴκουσι πλεῖστ᾽ ἂν
ὀρϑοῖντο. v, 110. καὶ εἶ τοῦδε σφάλλοιντο; τράποιντ᾽ ἂν ἐπὶ τοὺς
λοιποὺς τῶν ξυμμάχων ὕσους μὴ Βρασίδας ἐπῆλϑε. — Für an-
dere als die gewöhnlichen Relative: Plat. Tim. 22. E. ἐν πᾶσι τοῖς
τόποις, ὕπου μὴ χειμὼν ἀπείργει. ἀεὶ γένυς ἐστὶν ἀνθρώπων.
Dem. Mid. 64. πᾶντες ἴσμεν Χαβρίαν --- οὔϑ᾽ ὕλως προσιόνϑ᾽. ’
ὅποι μὴ προσήκεν. Eur. Ion, 315. &nav ϑεοῦ μοε δῶμ᾽. ἵν᾽
ἂν λάβηῦ ὕπνος: (ΝΒ. der Conj. Aor, ist nicht nothwendig Fut. ex.,
daher auch im eigentl, Bedingungssatze dies nur accessorisch).
Symp. 175. B. ἐνιότε „noozis, ῦποι ἂν τύχῃ ἔστηκεν. Dem.
Chers. 52. ἐπειδὰν zu τῶν πρὸς Φαλ. ἐμπέσῃ, εὐθὺς ἀναστάς τις
λέγει. Plut. Num. 18. ὑπορχοῦνται, ὅταν ---- ἀναλάβωσιν. Plat. Phaed,
93. A δοκεῖ σοι ἁρμονία ἄλλως πῶς ἔχειν ἢ ἢ ὡς ἂν ἐκεῖνα ἔχῃ»
ἐξ ὧν ἂν ξυγκέῃται (πο Eyes und ἔχοι ἂν Folgen sein würden).
— Hom. N. II, 188. ὅντινα μὲν βασιλῆα κιχείη, — ἐρητύσασκε.
Plat. Charm, 171. Ὁ. ἃ δὲ μὴ ἐπίσταιντο ἄλλοις παραδιδόναι (also
μη nicht wegen Inf. oder orat. obliq.). Xen. Cyr. in, ὃ, 6. ἐϑήρα,
ὅποῦπερ ἐντυγχάνοιεν θηρίοις. ΤΒιογά. III, 68, 1. ὁπότε μὴ φαῖεν,
ἀπέκτειναν. Xen. Hell, I, 6, 9. ἐπεὶ σκότος εἴη; ἐξεβίβαξεν. We-
gen εἰ: Hell. II, 2, 2. εἴ τινα ἄλλον ἴδοι, ἀπέπεμπεν. Thucyd,
IV, 11. εἴ πη δοκοίη δυνατόν. Wegen ἂν = „dann“: X. Mem.
IV, 6, 13. εἰ δέ τις αὐτῶ ἀντιλέγοι, ἐπὶ τὴν ὑπόϑεσιν ἔπανῆ»
γεν ἂν πᾶντα τὸν λόγον. Auch beim Aor.: I, 3 4. εὐδόξειεν
—, ἧττον ἂν ἐπείσϑη. Hell. VI, 2, 28. πολλάκις, ὅποι μέλ-
λοι ἀριστοποιεῖσθαι" ἐπανήγαγεν. ἄν. Auch nach ἐπειδὴ πτλ.
Dem. Mid. 151. ἐπειδὴ μὴ πείϑοιεν, — οὐκ ἂν ἐτόλμων. Ἡοπι.
Od. I, 104. ἔνϑα κεν ἡματίη μὲν ὑφαίνεσκεν (wo πεν hand-
schriftlich ist). Auch ohne Vordersatz: Luc. Somn. 6. ἄρτι μὲν
ἂν ἡ ἑτέρα ἐπεκράτει κτλ.» was aus der Bedeutung des „dann“
leicht erklärlich ist: tum — tum = mode — ‚modo ; vgl. Eur,
Phoen. 404. ποτὲ «μὲν ἐπ᾿ ἦμαρ εἶχον, εἶτ᾽ οὐκ εἶχον av. —
Uebrigens kann auch ἐὰν auf dieselbe Weise allg. relat. Satz
sein: Pi. Camill, 17. οὗ Ῥωμαῖοι, ἐὰν μὴ μεταδιδῶσι ὑμῖν τῶν
126 Das syntakt,. System der Tempora und Modi
ἀγαθῶν. ἀνδραποδίξεσθε, λεηλατεῖτε καὶ κατασχάπτετε τὰς πόλεις
αὐτῶν; denn hier sind die Handlungen des Hauptsatzes wirklich,
es wird nur ihr wiederholtes Vorkommen abstract bestimmt.
5. Für die Vergleichung der Bedingungssätze im Latein
muss hier eine Verweisung auf das bei den Temporibus darüber
Gesagte genügen. Für die ‚„ Wiederholung‘‘ hat auch das Latein
den Conj,, hat jedoch für die dort speciell sogenannten allgemeinen
relativen Sätze eigne Relativformen geschaffen, bei denen dann der
Indic.. steht. Das cumque, nach der Analogie von. quisque, ubique
eic., und cum als Relativ zu tum gefasst, bedeutet „immer‘‘, also
quicunque ‚wer immer‘. Bei utut, quisquis etc. ist eine Verdop-
pelung nur scheinbar eingetreten, vielmehr ist, nach der Analogie
von ὅστις» zu schliessen, das Indefinitum, das im Latein, ohne al,
dem Relativ gleichsieht, angetreten, wodurch ebenfalls verallgemeinert
wird. ὅστις. obwol quisguis, behält dennoch die causalen Modi,
denn die Modi, nicht das einleitende Relativ, haben im Griech,
das Hauptgewicht bei Angabe causaler Verhältnisse; zudem gibt es
ὅστις noch in anderer Bedeutung, wo es aus Relativirung des
Frageworts entstanden zu denken ist. —+ Dass ὅστες mit ange-
hängtem οὖν, δήποτε κτλ. früher demonstrativ, synonym quilibet,
ward als quicungue, ist erklärlich, da ὅς ursprünglich Demonstra-
tiv war. . |
Wir vergleichen noch kurz. im Zusammenhange die Fälle, wo
nach Zumpt mit 78, 9. δ. 555. „HRelativsätze‘ lateinisch in den
Conj. treten (ausser der or. oblig.); 1) wenn ein sic, talis etc. vor-
hergeht, ἃ. h. der Relativsatz eine Folge angibt. Hier stehen
griech. nur Modi des Hauptsatzes und οὐ; also namentlich bei
τοιοῦτος, ausser wo der Nebensatz den Hauptsatz bedingt. Im
Latein ist kein Unterschied; daher auch bei Zumpt Beispiele aus
beiden Reihen gemischt sind: Multae res sunt ejusmodi, quarum
exitum nemo providere possit. (== Opt, mit ἄν, Neg. — οὐ.)
Dagegen: quf potest temperantiam laudare is, qui summum bonum
in voluptate ponat! — ὃς av mit Conj. (si quis ponit, non potest).
Negation wäre un; lateinisch freilich auch darin kein Unterschied,
Ist is —. „jener“ = Epicurus,. so ist der Relativsatz. auch —
„weil“ zu fassen; aber nie — „‚sodass“, — 2) Bei sunt qui etc.
Hier setzt der Grieche stets Modi des Hauptsatzes und οὐ: ἔστιν
oder εἰσὶν, οἱ (οὐ) λέγουσι, οἱ (οὐκ) ἂν λέγοιεν, οἱ (οὐκ) ἂν ἔλε-
γον. Mit causalen Modis würde dies vielmehr bedeuten: ‚‚wer da
sagt —, der existirt‘‘. Es sind jenes allerdings allgemeine Be-
griffisbestimmungen, aber ohne causale Abhängigkeit des Haupt-
satzes von ihnen; letzterer existirt hier überhaupt nur formell; der
Nebensatz bildet, dem Sinne nach, das Prädikat. — 3) Wenn der
Nebensatz ein „weil“ oder „da“ ausdrückt: Hier stehen grie-
chisch ebenfalls nur Modi des einfachen Satzes, — 4) wenn er
eine Absicht enthält: da ist griech. nur .der Ind, Fut. (μή)
möglich. — 5) nach dignus = griech. Inf, — 6) sind die all-
im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 127
gemeinen relativen Sätze. — Das Latein hat danach den
Begriff des subjunctiven Modus sehr erweitert; es setzt nicht blos
zum Ausdruck aller 4 Fälle des Causalverhältnisses
sodass weil
weil | wenn
den „Conjunetiv, sondern auch zu dem allgemeiner Begriffsbestim-
mungen, die ohne causalen Einfluss auf den Hauptsatz sind (sunt
qui). Griechisch würde mit so allgemeiner Bestimmung wenig ge-
sagt sein; umgekehrt ist es also ein Unrecht, durch solche, dem
Latein entnommene unbestimmte Bestimmungen , eine Modusform
oder ein un zu erklären.
. Modi der Fragesätze.
1. In den directen: Fragen sind die vorkommenden Formen:
1) Indic. „ 2) Opt. mit ἄν, 3) Ind. Praet. mit ἄν, Negation bei
allen ov, 4) Conj. (un); hierzu kommt noch 5) der blosse Opt.
(οὐ), der jedoch i in Prosa gar nicht vorkommt, Hat. IT, 22. κῶς
οὖν δῆτα ῥέοι ἀπὸ χίονος; — so wenig wie der Opt. ohne ἄν als
Urtheil. Also ist auch hier mit der Zurückführung des ἄν anf
ein εἶ wenig gesagt, da wenigstens hinzugesetzt werden müsste,
dass man hier stets an „Umstände“ u. 85. w. denken muss, Um-
gekehrt darf man beim Conj. nie an solche denken; denn bei ihm
gibt es &v nicht. Es ist also vielmehr so zu bestimmen, dass der
Fragesatz ganz in denjenigen Modusformen aufzustellen sei, die
derselbe in einen „positiven Satz. verwandelt zeigen würde.
— Der Opt. ohne ἄν ist aber nicht etwa als Opt. des Wunsches
anzusehen, wie der Conj. aus dem der Aufforderung herzuleiten
ist (v. supr.); schon weil die Negation dieses Opt. οὐ ist; es ist
also der alte Opt. ohne &v im Urtheilssatze, und demnach τίς λέ-
yoı ἄν — „wer kann sagen?‘ und τίς λέγοι —= „wer denkt
daran zu sagen?‘ — „wer wollte wol sagen? wobei jedoch
zu beachten ist, dass der Gebrauch meist auf die Anwendung des
ersteren sich beschränkt , auch wo letztere Uebersetzung bequemer
scheinen könnte,
Für die Negation ist nachzuholen, dass in Satzfragen
οὐκ auf ein Ja, μή auf ein Nein berechnet ist (denn der Ant-
wortende kann ja einen Querstrich machen). So. kann hier also
auch ein Opt. mit ἄν mit μή zusammenkommen, z. Β. Plat. Phileb;
27. C. mit ρα μὴ πλημμελοίην ἄν τι. Der Conjunctiv verlangt
einmal un, das also auch bei Erwartung eines „Ja“ bleibt. Doch
kommt dem Griechen hier sehr zu Hülfe sein Futurum, das bier
vom Conj. so gut wie gar nicht sich scheidet, und dem eigentlich
nur οὐ gebührt. — Nicht selten werden auch Nominalfragen
mit positiver oder negativer Tendenz ausgesprochen, wo dann auch
die „Verschiebung““ in Betracht kommt. Wir können darauf hier nicht
128 Das syntakt, System der Tempora und Modi
eingehen; im Ganzen wird das jedoch in den spätern Sprachen
viel häufiger.
2. Für die indirecten Fragen ist vor allem festzuhalten,
dass durch ladirectheit im Griechischen nie der Conjunctiv be-
wirkt wird; dieser kann nur erscheinen, wo er. auch direct schon stand,
Ebensowenig entsteht dadurch ein μή. Ferner ist zu berück-
sichtigen, dass griechisch überhaupt keine Nothwendigkeit zuın
Ausdruck der orat. oblig. vorhanden ist, was erklärlich schon da-
durch ist, wenn man die Masse Modalformen berechnet, die das
Griechische trotz, oder vielmehr bei allem Reichthum daran noch
mehr haben müsste. Danach ergibt sich als die einzige brauch-
bare Bestimmung der Madi der indirecten Fragen: dass sie ent-
weder ganz in den Modis (und Negationen) der directen
verbleiben, — oder in die or. obligq. treten, die keine andere
Form hat als den Optativ. Für ersteren Fall ist nur hinzufügen,
dass auch das Tempus dasselbe bleiben müsse (vgl. bei den Sub-
stantivsätzen; deren zweite Möglichkeit, dass das Tempus geän-
dert wurde, wenn eine Behauptung des Beferirenden angegebeu
wurde, bei einer Frage nicht in Betracht kommt), und zwar auch,
wenn die Indirectheit durch ein el „ob‘‘ angegeben ist: Aesch.
Tin, 135. ἐπηρώτων εἰ οὐκ αἰσχύνομαι. Dem. 854: 18. ἠρόμην
αὐτὸν, εἰ εἰδείη ὅπου ἐστίν. — Dem. cor. 70. οὐδ᾽ „ εἶ γέγονεν,
οἶδα. Dem. 86. 18. οὐκ ἔχει, τίνα 1ρή: Auch ἔχει» 6, τι λέγει
(— bedeutet etwas) Plat. Phaedr. 255. E. Aber τὸ μηδὲν ἔχειν, 0,
τι ποιῇς (aus τί ποιῶ). Xen, II, 1, 80. 80 εἰ mit Conj. Pi. Alex.
22. Aesch. fals. 64. Dem, fals. 120, 231. Dass wegen or. obl.
kein μή: Kleon bei Thucyd, σαφὲς εἶναι καὶ νῦν) οἵτινες τῷ μὲν
πλήϑει ου ᾿δὲν ἐθέλουσιν εἰπεῖν, ὀλίγοις δὲ κτλ. Der Opt. mit
ἄν gehört danach schon der Gegenwart an, und wer an consecutio
modorum glaubt, wird auffällig finden: Dem. 36, 19. σκέψασϑε,
ἡλίκ᾽ av τις ἔχοι τεκμήρια. Der Opt. der orat. oblig. ver-
langt auch hier den Hanptsatz in der Vergangenheit; ferner können
ia iha nur der Ind. (erster Stufe) und der Conj. der directen
Frage eintreten, wonach denn auch seine Negation sich bestimmt ;
endlich ist, ‚dieser Indie. immer ein Ind. Praes. gewesen. Aesch.
Tim. 84. ἤρετο εἶ οὐκ αἰσχυνοίμην: ganz einerlei mit αἰσχύνομαι:
vgl. oben $. 13. Lys. Panel. 3. ἐπυνθανόμην εἶ τενα γιγνώσκοιεν.
Dem. 42, 6. ἠρόμην ὅπου ὁ σῖτος εἴη. Thucyd. III, 113, 8, ἤφετο
Or ϑαυμάξοι καὶ ὁπόσοι τεϑυᾶσι. Isae. VI, 13. ιἐρομένων δ᾽
ἡμῶν ὄστις εἴη καὶ εἰ ζῇ ἢ an. ib. 35. ἐσκόπουν, ὅπως ἐκείνου
ἔσοιτο ε οὐσία. Dass aus einem directen Praes. Ind, nur der Opt.
Praes. entsteht, ist sehr erklärlich. Der Opt. Aor. kann dage-
gen aus dem Conj. entstehen, da dieser sowol Aor. als Praes.
gewesen sein kann. Plat. Protag. 322. Ὁ. ἐρωτᾷ οὖν Ἑρμῆς Δία,
τίνα οὖν τρόπον δοίη δίκην καὶ αἰδώ ἀνϑρώποις. Dem. 35, 25.
οὐκ εἴχομεν ὅτου ἐπιλαβοίμεϑα» οὔϑ᾽ οτου κρατοῖμεν. Hier zeigt
sich denn, dass der Opt. Aor. durchaus nicht die Vergangenheit
-
-ina Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 129
gegenüber dem Opt. Praes. bedeute, dass also in den Substantiv.
sätzen mit or, und ὡς dem Hauptsatze gleichzeitige Handlungen
nur wegen des nöthigen Ausdrucks der Dauer in den Opt, Praes.
traten, abgesehen davon, dass direct ein Praxs. stehen müsse.
Den Opt. Aor. .von der Vergangenheit gibt es auch hier, jedoch
weit seltener noch als bei ὅτε und eig: Plut. Alc. 20. ἐρωτώμενος,
σεως τὰ πρόσωπα τῶν Ἑρμοκοπιδῶν γνωρίσειε: also allerdings,
wo direct. der Aoristz doch nur als Ausnahme, in der spätern
Sprache; „das regelmässige wäre der Indicativ, Thucyd, VI, 1. Kv-
κλῶπες ὧν ἐγὼ οὔτε γένος ἔχω εἰπεῖν; οὔτε ὁπόϑεν εἰσῆλθον ἢ ὅποι
ἀπεχώρησαν. Dem. Ti im. (24.) 158: dvegmravrdg τινος. ὅτου ἕνεκα
τοιαῦτ᾽ ἠϑέλησε γράφειν κτλ. Dass hier οὐ (ausser beim Conj.)
an seiner Stelle sei, ergibt sich schon ans der Analogie der indir.
Fragen mit den Substantivsätzen, sowie aus einigen ‚obiger Bei-
spiele; vgl. Isoer. big. 5. ἐξ ὧν ἐνθυμεῖσϑαι χρὴ» 'πόϊον κίνδυνον
οὐκ ἂν ὑπέμενεν. Pl. Caes. 8. οὐκ οἶδα ὃ ὅπως (cur) οὐκ ἔγραψεν.
Ρμος. 28.. 'πυνϑανόμενος εἰ ταῦτ᾽ οὐκ dv ἤϑελεν αὐτῷ πεπρᾶχϑαι.
Eur. Hel. 915. σκόπει, πότερον βούλσιντ᾽ ἂν ἢ οὐ βούλοιντ' av.
Auch im zweiten Gliede yon Doppelfragen: Dem. 50, 55. ἠρώτων
αὐτὸν. εἰ ἀναπλεύσειεν ἢ οὐ; vgl. XV, 18. XXH, 16. Doch findet
sich schon häufig μή für οὐ; Ieocr. Panath, 82. ἠρόμην; εἰ μηδὲν
φροντίζει: namentlich ἢ μή: besonders bei den Rednera und Pin-
ἴσο, An einen Unterschied ist häufig gar :nicht zu denken; 'man
muss eben zugestehen, dass der Gebrauch von μή als einer Ne-
gation der Abhängigkeit sich erweiterte, Analogien zeigen sich ja
auch in den Modis. Noch ist zu bemerken, dass Sätze, wie ὅρα
μὴ παίζων ἔλεγεν. Theaet. 148. Β. ὅρα, μὴ γελοῖον ἡ Dem. 36,
31. = timeo ne zu fassen sind. Hier wäre sonst schon un gar
nicht | erklärbar.
Die bislier betrachteten indirekten Fragen sind, wie auch schon
die Modi zeigen, nichts als eigentliche Substantivsätze.
Sie geben alle den Inhalt einer als wirklich gestellt zu den-
kenden Frage. Es ist aber, selbst bei unserer Aufgabe, nur die
Grundzüge des befolgten Systems aufzusuchen, noch eine andere
Art Sätze zu erwähnen, die man ebenfalls indirecte Fragen nennt:
wir nennen sie Nebensätze der fragenden Handlung:
2. B. „ich will einmal an die Thür klopfen, ob er'es vielleicht
hört“; „geh du einmal zu ihm, ob er es dir, vielleicht sagt‘;
so sogar:' „ich will ihn einmal’ fragen, ob er es mir vielleicht
sagt (giebt)“ — d. h. „ich will etwas thun, 'in der Erwartung,
dass u. 8. w.“ = zu versuchen, ob u. 8. 0} WO αἰδὸ nicht die
directe Frage: „sagst du es mir?‘ zu Grunde liegend angegeben
werden soll. Die Handlung des Hauptsatzes ist hier als eine voll-
ständige anzusehen; diese Nebensätze sind Adverbialsätze;
es stehen die Modi des causalen Nebensatzes: älso na-
mentlich μή, Conj. mit ἄν κτλ. und εἰ ist hier — „wenn“,
Hom. Od. XXI, 90. εἴρυτο φάσγανον; εἴ πως εἴξενε. 254. ἄκον-
Αγελίο f. Phil, u. Paedag. Bd. XIX. ΗΜ. 1. 9
130 Das syntakt. Syst. d; Temp.u. Modi imGr. Von Aken zu Güstrow.
τίσατ᾽ αἵ κέ ποϑι Ζεὺς δώῃ. Xen. Hell. 11, 4, 16. ἀϑλα προύϑηκε
ἥτις ἄριστα ἔχοι. Thucyd. Ill, 20, 1. ἐπιβουλεύουσιν ἐξελθεῖν
καὶ ὑπερβῆναι τὰ τείχη, ἢ ν δύνωνται βιάσᾳσϑαι. Eur. Hel. 429.
τοῖς ἐκεὶ ξητῶν φίλοις τὰ πρόσφορ᾽, ἦν πως ἐξερευνήσας λάβω. bc.
σκοπεῖσθαι, weniger σκέψασθαι. Pl. Cratyl. 400. A. τόδε σκόπει, ἐὸν
ἄρα καί σοι ἀρέσῃ. Thucyd. ΠΙ, 4,4, πέμπουσιν εἴπως πείσειαν. Υ], 88.
ἔπεμψαν el δύναιντο, Man kann das brachylogisch fassen:
so erklären sich dann manche un bei εἶ == „ob“: z. B. Plat.
Caes. 56. ἐβόα, εἰ μηδὲν αἰδοῦνται: es sei doch schrecklich,
wenn“: wenn auch man gewöhnlich übersetzen wird: ‚ob sie sich
denn nicht schämten“;, vgl, Phoc. 36. εἰπὸν εἰ μηδὲ anodaveiv
᾿ϑήνῃσι δωρεάν ἐστι. Isocr. Panath. 82 (v. supr.). — Xen. Hell.
1, 7, 23. — δεῖ διαψηφέξεσθαι, ἐάν re ἀδικεῖν δοκῶσι ἐάν ve μή:
müssen eigentlich Hauptsatzmodi stehen: die Analogie des so häu-
figen „wenn‘‘ für „dass“ und „weil“, muss es aueh für „ob‘“ er-
klärlich machen.
Es sind noch weitere Bestimmungen aufzufinden; wir müssen
sie hier übergehen. Ebenso haben wir die Adject.- und Adver-
bialsätze mit Hauptsatzmodis gänzlich übergangen, obwol da-
durch Vergleichung der verschiedenen Modusreihen bei den einzel-
‚ nen Relativis, 2. B. bei πρέν, Eng, τοιοῦτος, quum εἰς. noch man-
ches klarer werden würde, manche Einzelbestimmung nachzuholen
wäre. Es handelte sich aber, die Möglichkeit der Vereinigung der
historischen und der sog. philos. Grammatik: als durchführbar nach-
zuweisen. Sollte also diese Arbeit die Ehre einer öffentlichen Be-
urtheilung erfahren, so darf ich wohl erwarten, dass man nicht eher
Einzelheiten angreife, bis man die dem Ganzen zu Grunde lie-
gende Idee entweder verworfen oder angenommen hat, im ersten
Falle aber auch zuvor ein Anderes an deren Stelle setzt. Denn
dass das Bedürfniss eines solchen Versuches vorliege, scheint
mir unzweifelhaft.
Die sogenannten Silentien an den Gymnasien.
Bei den vielen und trefflichen Einrichtungen im Gymnasial-
wesen findet sich dennoch nicht selten die Erscheinung, dass trotz
der neun Jahre, 416 den Gymnasiasten zur Vorbildung für die Uni-
versitätsstudien geboten sind, eine. nicht unbedeutende Anzahl der-
selben mehr als neun Jahre gebraucht, um sich zum Abiturienten-
Examen zu befähigen, . dass andere, um das angedeutete Ziel in
der bestimmten Zeit zu erreichen, zu allen, möglichen Pfuschereien
und Betrügereien ihre Zuflucht nehmen, dass endlich manche, die
das Examen glücklich bestehen, durch die grossen. Anstrengungen
Die sogen. Silentien an d. Gymnasien, Von Dr. Fr. Al. Hagelüken. 131
in den letzten Jahren vor der Prüfung ihrer Gesundheit schaden
und wol auch mitunter den Grund zu einem’ langen Siechthume
legen. Ohne Zweifel ist diese Erscheinung theilweise begründet in
der Verschiedenheit der. geistigen Anlagen und der physischen "
Kräfte, theilweise auch in der Verschiedenheit des Fleisses und der
Strebsamkeit der Schüler. Wenn sie jedoch, was die Erfahrang
lehrt, zur grossen Ueberraschung der Lebrer nicht selten sogar bei
wirklich gut begabten und kräftigen Schülern vorkommt, theils
auch bei fleissigen und strebsamen, so erhellet von selbst, dass ein
anderer Grund oder andere Gründe dieser Erscheinung vorbanden
sein müssen und dass es Hemmnisse giebt, die manche Schüler
selbst bei nicht. unbedeutendem Fleisse keine solche Fortschritte
machen lassen, wie man sie zu erwarten berechtigt wäre.
Betrachten wir nun zuerst das Verhältniss der Schulstanden
und der Zeit, welche der Schüler zu seiner Vorbereitung auf die
Lectionen, zu Anfertigung der schriftlichen Arbeiten, zur Wieder.
kolung des früher Gelernten und zu seiner Erholung verwenden
kann, so finden wir, dass der Gymnasiast täglich sechs Stunden,
mit Ausnahme .der Spieltage, an. denen er nur vier Schulstunden
hat, in der Classe zubringen muss, um dem Unterrichte beizuwoh-
nen. Rechnen wir nun zwei Stunden zu seiner Erholung, ferner
eine Stunde und eine halbe zum -Genusse von: Speise und Trank
und den gänzen Tag zu etwa sechzehn Stunden, so bleiben ihm
nach Abzug der sechs Schulstunden nur noch sechs und eine balbe
Stunde ‚für die Vorbereitung auf die- Lectionen, für die Anferti-
gung der vielfachen achriftlichen Arbeiten und für die Wiederholung ἡ
des früher Gelernten, Dass der Schüler mit diesen Stunden .nicht
ausreicht und ausreichen kann, selbst wenn man die Spieltage so
benannt annimmt, wie lucus a non lucendo, wird klar, sobald man
durch αἷς Erfahrung belehrt , weiss, dass die meisten Schüler (ist
es ja sogar bei den jungen Lehrern nicht anders), besonders in
den untern nnd mittlern Classen wenigstens zwei Stunden zur Vor-
bereitung für eine Lectionsstunde nöthig haben. Woher nimmt nun
der Schüler. die ‘Zeit zur Anfertigung «ler: schriftlichen Arbeiten?
Wie soll er Zeit finden , das Gelernte dann und. wann wieder durch-
zunehmen? Und doch ist repetitio mater .studiorum-, ohne die keine
Sicherheit, keine Festigkeit,. keine Clarheit und Deutlichkeit in’s
Wissen kommt, ohne sie es keine Leichtigkeit: in Reproducirung
des Gewussten, also. auch keina Möglichkeit raschen Vergleichens
und Combinirens gibt, auf die; es doch so sehr ankommt, wenn
die aufgenommenen und geweckten Vorstellungen, die gefassten
Begriffe und die angeregten. Ideen wahrhaft förderlich für das fer-
nere Studium und: fruchtbar und wichtig für das praktische Leben
werden sollen. Man könnte allerdings entgegnen, dass die Schul-
stunden selbst zum Theile der Repetition gewidmet würden. Allein
diese Bemerkung erhält ein ganz anderes Licht, sobald man be-
denkt, dass die Repetition in der Classe zunächst zu dem Zwecke
9%
“
I“
132 Die sogenannten Silentien an den Gymnasien.
angestellt wird, um zu sehen, ob der Schüler seine Pflicht wirk-
lich getban und das Vorgenommene ordentlich gelernt habe, dass
diese Repetition, obgleich für alle angestellt, doch nur theilweise
für den einzelnen Schüler eintritt, dass bei derselben der Schüler
ebenso wie in den Lectionsstunden suchen wird, auch dann durch-
zukommen und zu genügen, wenn er die Unterrichtsgegenstände,
um die es sich handelt, nicht richtig und genan aufgefasst oder
aber nicht gehörig verarbeitet hat, dass selbst die dabei eintretende
Aengstlichkeit sogar hindert, das früher nicht gut Aufgefasste durch
die Wiederholung sich klar und bestimmt anzueignen, dass end-
lich diese Repetition sich nicht um das Einzelne überall drehen
kann und wenn auch im Ganzen vollständig doch immerhin lücken-
haft bleiben muss aus Mangel an Zeit, abgesehen davon, dass sie
sich zunächst nur auf die Lehrobjecte eines Jahres erstreckt und
«höchstens im Allgemeinen die des vorhergehenden Jahres berück-
sichtigen kann. Soll aber das Wissen des Schülers ein gediegenes
und tüchtiges werden, so muss er, um einen Fall anzuführen,
“seinen Nepos und Caesar auch späterhin einmal wenigstens theil-
weise wieder durcharbeiten, denn eben dadurch wird er bei nun
fortgeschrittener Gewandtheit im Lateinischen Manches jetzt erst
recht klar auffassen, in Einzeines tiefer eindringen, der Geist des
Schriftst:llers, die Gefälligkeit, Schönheit und Bestimmtheit seiher
Darstellung ahnen und würdigen lernen und somit wirklich Achtung
und Zuneigung für den Classiker gewinnen, der ihm früher viel-
leicht so wenig gefiel, dass er im Stillen wünschte, er möge nie
geschrieben haben, damit er nicht bei demselben zu schwitzen
brauche. Es lenchtet ein, dass durch eine solche Wiederholung,
um bei unserm Beispiele stehen zu bleiben, die Classiker und clas-
sischen Studien hundertmal mehr Freunde gewinnen würden, als
durch Declamationen über den Werth derselben, den der. Schüler
und der grösste Theil der Eltern nicht erkennt und nnr für eine
blosse Einbildung der gelehrten Leute hält. Ja eben dadurch, dass
Man die Classiker nicht recht kennen lernt, d. ἢ. am Gymnasio
nicht, wo sie arge Mühe machen, und auf der Universität nicht,
wo man sich um die Quälgeister nicht mehr kümmert und froh ist,
ihrer los zu sein, mag es gekommen sein, dass in der neuern
Zeit eine so grosse und starke Opposition gegen dieselben sich
gebildet hat, des Umstandes nicht zu gedenken, dass die Classiker
zum Theile als die Folterer betrachtet werden, die bei der Abi-
turienten-Prüfung wenigstens die Folterwerkzeuge sind oder doch
darbieten. j
Doch das Angeführte wird genügen, um darzulegen, dass
eine andere Wiederholung als die, welche in der Classe angestellt
zu werden pflegt, statt haben muss, d. h. eine durch den Schüler
selhst rubig und bedächtig mit Musse angestellte, .damit das Aufge-
nommene gehörig verarbeitet und sicheres geistiges Eigenthum des
"ülers werde, und eben dadurch, dass es Bigenthum wird, auch
Von Dr. Fr. Al, Hagelüken. 133
das Mittel därbiete, späterhin damit selbstständig und frei schalten
und walten zu können,
Wenn nun nach dem Vorhergehenden nicht wohl geläugnet
werden kann, dass die Arbeitszeit des Schülers im Verhältnisse
zu den Schulstunden eine zu beschränkte ist; wenn ferner zuge-
geben werden muss, dass dem zu vielen Studiren beim Lichte,
besonders bei fein gedruckter Schrift, wie sie die meisten Schul-
ausgaben haben, die so häufig vorkommende Augenschwäche noch
junger Leute so wie die vielen Klagen über Brustschmerzen und
dergl. zuzuschreiben ist: so wird man sich gedrungen fühlen, ent-
weder eine Beschränkung der Unterrichtsstunden zu wünschen oder
auf Mittel und Wege zu sinnen, durch die man die kurze Zeit so
zu sagen, wenn gleich nicht extensiv, was unmöglich ist, doch in-
tensiv, soviel es geschehen kann, zu verlängern, um so mehr, als
eben dieses Missverhältniss zwischen Lehr- und Lernzeit einen an-
dern Uebelstand herbeiführet, der selbst in sittlicher Hinsicht be-
denklich werden kann und nicht selten wird. Weil nämlich die ge-
botene Zeit nicht ausreicht, so suchen sowol die schwächern und
langsamern, als auch die vorzüglich lebhaften und unruhigen Schü-
ler sich entweder durch den Gebrauch von unerlaubten Hülfsmit-
(εἶα durchzuhelfen, oder auch auf andere fleissigere Mitschüler sich
zu stützen oder gemeinschaftlich, gewissermaassen fabrikmässig, wie
etwa Lustspiele in Frankreich fabricirt werden, ihre Arbeiten und
Studien abzumachen, was um sa leichter ist, als z. B. von den
Classikern nicht nur, sondern selbst von Sammlungen, wie von
Jakobs’ griech. Elementarbuche, Uebersetzungen für geringes Geld
zu erhalten sind oder aber auch in den einzelnen Classen so zu
sagen vererben; als ferner manche Schüler, um nur an den Ver-
gnügungen anderer Theil nehmen zu können, sich dazu verstehen,
andern zu helfen, sie die Arbeiten theilweise abschreiben zu las-
sen, ihnen die Praeparationshefte zu leihen; als endlich bei der
Neigung der Schüler, gemeinschaftliche Vergnügnngen zu suchen,
dieselben auch geschwind ihre Schularbeiten bei Seite zu bringen
suchen, der eine ‘deshalb diese Partie übernimmt, der andere, jene,
um doreh raschen Austausch des Einzelnen wenigstens dem Scheine
nach ihrer Pflicht zu genügen, Dass eine solche Art, die Studien,
wenn man es so nennen darf, zu betreiben, einerseits ein ober-
flächliches, lückenhaftes Wissen, andrerseits eine Angewöhnung an
Unredlichkeit, an Lug und Trug zur Folge hat,- ist wol ein-
leuchtend, und es möchte daher wol zu erklären sein, dass beim
Abiturienten-Examen alle Schleichwege und Betrügereien, die nur
irgendwo möglich sind, versucht werden. Denn da von den unter-
sten Classen an viele Schüler nur durch Pfuschen sich durchhel-
fen , so wird ihnen dieses theils zur zweiten Natur, theils machen
sie in der Reihe der Jahre so viele derartige Versuche, dass sie
geübt und gewandt, ja raffinirt in dergleichen Dingen werden und
endlich dahin kommen, nicht einmal zu denken, dass sie unredlich
134 Die sogenanaten, Silcntien an den Gymnasien.
handeln und, indem sie ‘den Lehrer betrügen,: sich am meisten
Schaden zufügen. Denn man wolle nicht einwenden, dass der
Lehrer doch bald den Betrug merken und ihn bestrafen werde.
Allerdings wird der etwas geübte Lehrer bald sehen, wie es mit
dem Schüler steht, wenigstens wiwl ihm mancher Zweifel hier und
da aufstossen. Aber wenn er bei Vergleichungen der Arbeiten fin-
det, dass zwar Einzelnes stimmt, Anderes wieder nicht, dann: auch
einmal die Arbeit wieder gut, das andere Mal etwas besser aus-
gefallen ist, aber doch im Ganzen Achnlichkeit hat, wenn er die
Praeparationshefte in Ordnung findet, wenn er hört, dass der Ver-
‚dächtige im Allgemeinen den Anforderungen , die er an ihn macht,
entspricht, wenn. der Schüler betheuert, selbstständig und fleissig
gearbeitet zu haben, wenn dagegen ein solcher Schäler 2. B, in
-den schriftlichen Probearbeiten oder bei plötzlich ‘nnd 'unverhoflt
angestellter Wiederholung des einen oder‘ des andern Abschnittes
der frühern Lectionen wenig Sicherheit und Gründlichkeit, überall
Lückenhaftigkeit zeigt, was wird der Lehrer, in Betracht des
Wesens der Jugend anderes denken und annelimen, als dass ein
solcher Schüler entweder keine glücklichen Anlagen habe. oder dass
er zwar fleissig studire, aber nicht mit der gehörigen ' Aufmerk-
samkeit und Kraft seine Studien betreibe? Er wird ihn theils be-
dauern, theils ihn zu grösserer Aufinerksamkeit und zu’ wiederhol-
ter Durcharbeitung des Gelernten auffordern; er ‘wird befürchten,
ungerecht gegen den Schüler zu sein, wenn er mehr fordere, als
dessen Kräfte zu leisten im’ Stande seien. Entweder 'pfuscht nun,
was bei zahlreichen Classen, wie die Erfahrung lehrt, nicht selten
vorkommt, ein solcher Schüler sich durch, täuscht durch sein ober-
flächliches, zusammengerafftes Wissen and steigt von einer Classe
allmälig zur andern, ohne etwas Tüchtiges oder Gründhches ge-
lernt zu haben, oder er wird ötrenge beurtheilt- und am Steigen
gehindert, bis er genügt. ‘Dass er im letzten Falle in den neun
ıhm gebotenen Schuljahren das Gymnasium richt absolvirt und nicht
blos‘ seinen Eltern bedeutend mehr Kosten verursacht, sondern
auch selbst viel später eine feste Stellung im Leben sich erringt
und somit weit weniger für die Menschheit wirkt, liegt auf flacher
Händ, abgesehen davon, dass die Angewöhnung an Uonredlichkeit
in einer Hinsicht ihn gar leicht auch zur Unredlichkeit in änderer
Hinsicht führen kann. Im erste Falle wird der Schüler‘ vielleicht
früher zum Abiturienten-Examen sich melden können, aber mit
Angst und Zittern demselben entgegengehen, vielleicht aber auch
leichten Muthes, indem er sich schon Wege aufgefunden hat, durch
die er, wie früher, sein Ziel zu erreichen hofft und nicht selten er-
reicht. Denn obgleich noch so gute Vorkehrungen getroffen wer-
den, Betrügereien zu verhindern, so lehrt doch die 'Erfahrang zur
Genüge, dass im Betrügen geübte Schüler noch bessere zu treffen
wissen, um die der Lehrer zu nichte zu machen und sich dürch-
zupfuschen. Jeder Schulmann, der mit offnen - Augen und offnen
x
Von Dr. Fr. Al. Hagelüken. 135
Ohren den Verlauf der Abitarienten-Prüfangen einige Zeit verfolgt
hat, wird davon ein erbauliches Liedchen singen können. Ueber-
haupt thöchte man sich versacht fühlen, den Satz aufzustellen, dass,
so wie ein Dummer mehr fragen kann, als zehn Kluge zu be-
antworten im Stande sind, so auch die Jugend den Lehrer, selbst
den erfahrenen, zehnmal hintergehen kann, ehe er.es einmal be-
stimmt nachzuweisen vermag , dass er hintergangen worden ist.
Wiewol man die Wahrheit dieses Satzes gern in Abreie stellen
möchte, so wird man es doch nicht leicht können, wenn man auf-
richtig und demüthig genug sein will. -Nur dann, wenn der Schü-
ler wirklich gewissenhaft, wahrhaft religiös ist, nur dann wird der
Lehrer immer sicher gehen können; sonst nicht, Und gerade diese
Gewissenhaftigkeit wird leider zu oft vermisst, aus dem Pfuschen
wenigstens machen sich die meisten Schüler eben kein Gewissen,
Woher dies komme, dies zu erörtern gehört nicht hierher und wäre
einer andern genauern Besprechung werth. .
Aber damit man nicht sage, wir sähen Alles durch eine zu
dunkle Brille an, so wollen wir einen andern Punk# nicht über-
gehen, der nieht minder,..als das Vorhergehende, Beachtung ver-
dient. Man findet nämlich manche Schüler, die‘ wirklich strebsam
und: fleissig sind. and gleichwol keine bedeutenden Fortschritte
machen. Unter diesen finden‘ sich nicht blos minder: Begabte,
sondern oft recht talentveolle, aber flüchtige ‚und unruhige Köpfe.
Woher, fragt man mit Recht, kommt es denn, dass solche nicht
so rasch vorankommen,, als man zu erwarten berechtigt sein möchte ὃ.
Die Antwort auf diese Frage ist einfach diese: „‚solche wissen
nicht, wie sie stüdiren sollen“. Eine derartige Antwort kann be-
fremden, wenn man daran denkt, dass in der Classe tagtäglich so
zu sagen praktische. Anleitung gegeben wird, wie gearbeitet, wie
studirt werden soll, Aber die weniger Begabten werden zu sehr
mit der Lection selbst beschäftigt, dass sie auf das Wie keine
Aufmerksamkeit richten, oder falls sie das thun, in den Versuchen
so unbeholfen sind, dass sie bald in: den alten Schlender zurück-
fallen; die talentvollen Köpfe, wenn sie zugleich unruhigen Geistes
sind, achten noch weniger auf das Wie und machen in ihrer
Weise so leicht als möglich ihre Schulgeschäfte ab, um nur ent-
weder zu andern Gegenständen zu eilen oder an Lesereien sich
zu ergötzen oder auch die Zeit auf andere Weise zu vertändeln.
Das mag sein, wird man sagen, das Genie bricht sich überall
seine Bahn. Schon gut; aber da Talent nicht schon Genie ist,
und da selbst das Genie ohne eine bestimmte Form und Richtung.
leicht hin- und hertappt und mitunter gerade im ersten oder im
höchsten Auffluge ermattet and aufgerieben hinsinkt, wie die Litte-
raturgeschichte, namentlich auch der Deutschen, mehrfach nach-
weiset; so mögen wir es nicht za geringe anschlagen, wenn das
Talent sogleich auf den rechten Weg gelenkt, wenn es sofort da-
hin geführt wird, sich in sicher und stetig fortschreitender Weise
‘ er \
136° Die sogenannten Silehtien an den Gymnasien.
zu entwickeln und zu bilden. Ohne eine solehe Leitung und Füh-
rung kommt es leicht durch viele Umwege erst zu dem Punkte,
den es gleich anfangs hätte erreichen und von dem aus es dann
sicher und ruhig hätte fortschreiten können. Findet man ja oft
zu seinem grössten Erstaunen, dass Schüler der mittlern, ja der
höbern Classen noch nicht einmal das Lexicon gehörig zu gebrau-
chen oder die: ihnen offen stehenden und theilweise wenigstens be-
kannten Quellen der. Geschichte zu benutzen wissen. So kommt
es dann nicht selten, «dass manche fleissige und strebsame Schüler,
da sie ihre Zeit im Allgemeinen gut anwenden, ihrer Gesundheit,
zumal in den Jahren der körperlichen Entwicklung, schaden, ohne
doch solche Fortschritte zu machen, wie.sie die Schule ferdert.
Sie, bestehen zwar die. Abiturienten-Prüfung, haben aber zu einem
siechen Leben den Grund gelegt. Dieser Fall tritt um so mehr
ein, wenn sie, der Prüfung nahe, ihre Schwäche‘in wissenschaft-
licher Hinsicht fühlen und einsehen, und dann, um nicht durchs
Examen zu.fallen, in den letzten Jahren vor demselben mit aller
Anstrengung®«das Mangelnde nachzuholen sich bestreben. Kein
Wunder, wenn dann, ‚besonders in Prima, bald dieser bald. jener
zu. kränkeln beginnt, oft auch vom Arzte den Rath erhält, seine
Studien. auf einige Zeit auszusetzen. Was kann aber dieser Rath
helfen, da ja das Examen bevorsteht und bestanden werden: muss?
Es darf nicht übersehen werden, ‚dass hier die Rede von redlichen
Schülern ist, dass. an manchen Gymnasien derartige. Fälle wol
selten oder nie vorkommen mögen, Jass sie aber an andern wie-
derholt vorgekommen sind, an andern sogar häufig. ‚Denn selbst
die, ‚welehe sich auf ihre Kunst zu betrügen verlassen, haben zum
Theil. eine gewisse Angst. vor der Prüfung und suchen, um für :die
mündliche Prüfung noch etwas zusammenzuraffen, in: der Ueber-
sicht wenigstens das Nöthige zu durchlaufen und studiren dann
wol, wie man zu sagen pflegt, Tag und Nacht. Dass nun aber
gerade solche am ersten unter der ungewohnten Anstrengung lei-
den, leuchtet von selbst ein und findet Bestätigung in der Erfah-
rung. Wie aber durch ein solches Zusammentreffen, trotz dem
ddass die Gesundheit darunter leidet, eigentlich ‘nichts gewonnen,
am allerwenigsten wahre und gediegene Geistesbildung gefördert
wird, braucht nicht erst auseinander gesetzt zu werden. "Aber
auch von diesem Uebelstande wie von den früher angedeuteten kKegt
der Grund ‚offenbar zum Theile in dem Missverhältnisse zwischen
Lehr- ‚und Lernzeit.
Wie ist dem, fragen wir wol mit Recht, abzuhelfen? Die
Antwort lautet wieder wie oben: entweder muss die Unterrichtszeit
beschränkt werden, oder es ist ein anderes Mittel aufzusuchen,
durch welches die an und für sich kurze Zeit gewissermaassen ver-
längert wird. Mit Uebergehung des’ ersten Punktes wollen wir
hier zunächst den zweiten ins Auge fassen und versuchen, ein sel-
‚ches Mittel, das zwar nicht Alles, aber doch Vieles leisten kann,
Von Dr. Fr. Al. Hiegelüken. | 187
, anzugeben. Dieses ist nun kein anderes, als das, was’an eisigen
wenigen Gymnasien sich noch immer bewährt, von den meisten
aber gänzlich verschwunden ist, nämlich die Einrichtung, die frü-
her mit dem Namen „Silentinm‘‘ bezeiehnet wurde.‘ Sie war fol-
gende. Moriens nach zweiständigem Unterrichte versammelten. sich
die Schüler wieder auf ihrer Classe mit den Büchern, die zu den
Leectionen für den Nachmittag oder auch zu den gerade anzuferti«
genden schriftlichen Arbeiten nöthig waren. Jeder Schüler gab
sich sofort an die Arbeit. Die: Aufsicht führten gewöhnlich 2
Praeceptoren, mitunter bei weniger Schülera nur 1 Praeceptor, wie
man sie nannte, junge Männer, die sieh, nach Absolvirung der
philosophischen und theologischen Studien dem Lehrfache zu wid-
men gesonnen waren, beim Antritte der Praeceptur gewöhnlich
schen Theologie studirten, also das Gymnasium vollständig darch-
gemacht hatten und zwar so, dass sie zu den tächtigsten Sehülern
immer gerechnet waren. Diese hatten darauf zu sehen, dass jeder
Schüler selbstständig und allein sowol seine schriftlichen Arbeiten
anfertigte als auch seine Lectionen studirte.e Da das Silentium
Vormittags von 14 11 Uhr bis 12 Uhr, des Abends von 5 bis 7
Uhr dauerte, so wurde, wenn die Lectionen zu studiren wären,
gewöhnlich 2, Stunde Vormittags und 1 Stunde Abends dazu an-
gewandt, die eine oder andere Lection entweder cursorisch oder
auch in einzelnen Fällen statarisch darchzunehmen, d. b. der eine
der Praeceptoren, die damit wöchentlich wechselten, ging mit den
Schülern die Lection durch. Ausserdem aber, und das war nicht
das Unwichtigste, hatte der Praeceptor oder hatten die Praeceptoren
die Verpflichtung, den an sie sich wendenden Schülern bei vorkom-
menden Schwierigkeiten belehrend und helfend zur Seite zu stehen,
sie auf die verkehrte Art des Arbeitens, auf ihre Haltusg am
Stndirtische u. s. w. aufmerksam zu ‚machen, kurz über ihr Thun
und Lassem zu wachen, sie zu belehren und nöthigen Falles sie zu
bestrafen. Zugleich wurde ein sogenannter Katalog geschrieben,
d. ἃ, ein Blatt Papier genommen, auf dieses bemerkt, ob schrift-
liche Arbeiten angefertigt oder Lectionen studirt ‚seien, ob: die
Schüler sich wohl verhalten haben oder nicht und namentlich. die-
jenigen,' welche etwa Störung verursacht oder ihre Pflicht nicht ge-
.hörig erfüllt hatten, aufgezeichnet und das Blatt durch einen ge
wissenhaften Schüler dem Ordinarius in der nächsten Lections-
stunde entweder offen oder auch verschlossen eingereicht, so dass
derselbe als unparteiischer,, leidenschaftsloser, weil unbetheiligter
Richter sein Urtheil sprechen konnte. Dieser Katalog war, so zu
_ sagen, ein wahrer Schrecken der unruhigen und schlechten Schüler
und hatte sonst noch sein Gutes hiasichtlich der Auctorität des
Ordinarius. Die lateinischen und griechischen Arbeiten wurden
gleich zu Ende des Silentinms den Praeceptoren zagestellt, die sie
dann zu Hause nachsahen und am andern Tage im Silentio die
Reinschrift anfertigen liessen, so dass die Fehler am Rande be-_
138 Die sogenannten Silentien an den Gymnasien.
merkt wurden. Diese Beinschrift wurde dem Ordinarins einge-
reicht, von demselben durchgesehen, und dana das Pensum in der
Classe durchgenommen.
Obgleich diese Einrichtung, wie alle irdischen Einrichtungen,
ihr Mangelhaftes hat, so wird doch nicht verkannt werden können,
- dass sie bei weitem mehr. des Guten darbietet und bei einiger
Modification den oben angedeunteten Debelständen zum Theile we-
nigstens abzuhelfen geeignet ist. Denn da der Schüler unter steter
Aufsicht eines Vorgesetzten arbeitet, so ist er einerseits gezwun-
gen, seine Zeit ernstlich und gut anzuwenden, andererseits ist
ihm die Möglichkeit zu pfuschen, durch andere sich die Lectionen
vorsagen zu lassen, die Arbeiten andern theilweise oder ganz ab-
zuschreiben oder auch von Schülern höherer Classen sich vor-
machen zu lassen, wenn auch nicht ganz abgeschnitten, dennoch
wenigstens do sehr beschränkt, mit so vielen Gefahren, der Strafe
und 'zwar unmittelbar zu verfallen, verknüpft, dass er: nach eini-
gen derartigen Versuchen, die misslingen müssen, -erkennen. muss,
dass mit dem Betrügen nicht weit zu kommen sei. Dazu:kommt,
dass er bei solchen Versuchen unmittelbar zum Bewusstsein ge-
bracht wird, dass Unredlichkeit etwas Tadelnswerthes und Verab-
scheunngswürdiges sei; ja Belbst die. Scheu vor der Conirolle: sei-
ner Mitschüler, deren Neckereien er durch. misslungenes .Pfuschen
sich blossgestellt sieht, wird ihn theils von ferneren Versuchen
zurückhalten, theils ihn zur Einsicht bringen, dass gerade Unred-
hchkeit uns in den Augen der Menschen herabsetzt. Wie ganz
anders aber gestaltet sich die Sache, wenn der Schüler mit je 2
oder 3 andern seine Pfuschereien treibt und den übrigen und dem
Lehrer gegenüber sich den Anschein zu geben weiss, als ob er
redlich und treu seine Pflicht erfülle, zumal wenn ihm, was nur
zu oft der Fall ist, im Anfange seine Betrügerei verdeckt bleibt,
oder er durch Lügen sich glücklich durchzuhelfen weiss! Da aber
die Schüler der untern und mittlern Classen zum Pfuschen oft
anch dadurch verleitet werden, dass sie über Schwierigkeiten nicht
- anders hinanskönnen, als dass sie andere Schüler um Rath fragen
und diese ihnen kurzweg das Gewünschte vorsagen, so ist klar,
wie anch diese Veranlassung zur Unredlichkeit wegfallt, wenn ein
Vorgesetzter nicht vorsagt, sondern den Schüler die Schwierigkeit
überwinden lehrt, ihm Winke und Anleitung gibt, wie er in ähn-
lichen Fällen zu verfahren habe, um die Schwierigkeiten zu besei-
tigen, nm z. B. in dunkle Stellen Licht und Klarheit zu bringen
und dergl. Auf diese Weise lernt der Schüler nicht nur das, was
er gerade vor sich hat, sondern wird auch unmittelbar angeleitet,
wie er überhaupt stadiren soll, Da endlich der Schüler durch
fleissige Benutzung der Zeit, die er unter strenger Aufsicht arbei-
tet oder arbeiten muss, einen grossen Theil der Lectionen studirt,
einen grossen Theil der Arbeiten vollendet hat, so gewinnt er
nicht nur Zeit für die noch übrigen, sondern auch für Wieder-
\ -
εὐ Von Dr. Fr. Al. Hagelüken. ' 189
holang des früher Gelernten, die er um so eifriger anstellen wird,
wenn er darch bevorstehende Probearbeiten, durch ihm schon an-
gekündigte Repetitionen in der Classe sich angespornt fühlt. Ein
ausserordentlicher Vortheil bei dieser Einrichtung aber ist der, dass
von vorn herein eine gewisse Ordnung in das ganze Studium des
Schülers kommt, und er so unvermerkt an Ordnung gewöhnt und
zur Ordnungsliebe geführt wird. Denn diese Ordnung im Studi-
ren wird ihm dasselbe nicht nur erleichtern, sondern ihm auch ei-
nen :grossen Zeitgewinn einbringen, nicht zu gedenken der grös-
sern Lust und Liebe am Studiren, die auf solche Weise in ihm
geweckt wird. : Nicht minder wichtig ist es aber auch, dass zu
lebhafte, bewegliche, das Sitzen verabscheuende Knaben allmälig
zu einer gewissen -Ruhe sich begqnemen, vom Umherlaufen, Ver-
tändeln der Zeit abgehalten werden und somit nicht auch andere
zum Umbherschlendern and Nichtsthun verleiten, So kommt denn,
nm mich so auszudrücken, em gleichmässigerer Ton in die Classe,
und da die untern ‘and mittiern Classen (denn für diese wäre das
Silentinm 'einzurichten) in derselben Weise einer immer grössern
Ordnung sich befleisigen, die Sehüler der höheren Classen an eine
solche sich gewöhnt haben, auch in die ganze Anstalt. Es wird
auf (diesem Wege vielleicht auch am sichersten und erfolgreich-
sten der jetzt so vielfach vorkommenden Flatterhaftigkeit und
Renommisterei der Gymnasiasten entgegen gewirkt werden kön-
nen, die, wie bekannt, am meisten gerade bei denen gefünden
wird „.die ihre Studien oberflächlich treiben und, weil sie sich in
dem bier nnd da Aufgeschnappten gefallen, eine grosse Meinung
von sich haben, indem sie das oberflächlich Angeeignete leicht
gewonnen habend sich für Genie’s ansehen, welche nır zu wollen
brauchen, um alle Gelehrsamkeit zu besitzen, und weiche dann
J.ehrer und alle Welt kritisiren und dadurch den Mitschülern zum
Theile imponiren, die sich bestreben, solchen grossen Geistern
nachzueifern oder sich von ihnen am Gängelbande führen lassen,
Ein Glück noch, wenn solche Renommisten nicht auch zur Ueber-
tretung der Disciplinargesetze verleiten oder politisiren und kanne-
giessern, was freilich leicht der Fall ist. Die betrübende Erschei-
nung der letztverflossenen Jahre hat leider Beispiele der Art in
Fülle dargeboten. -
Wie nun die Vortheile, welche gedachte Einrichtung den
Gymnasiasten gewährt, von Bedentung sind, so kann dieselbe -
noch wichtig werden für die praktische Bildung von jungen an-
gehenden Lehrern. Wenn nämlich zu Praeceptoren Candidaten
des höhern Schulamtes gewählt würden, so könnten dieselben in
den Silentien die manpigfaltigsten Beobachtungen hinsichtlich der
Anlagen, der Thätigkeit, des Verhältnisses zwischen diesen so-
wol als hinsichtlich der Temperamente und Neigungen der Schü-
ler und des jugendlichen Wesens überhaupt machen, würden bei
"den vielfachen und vielseitigen Fragen der Schüler erkennen, wor-
4
.
140 Die sogen. Silentien an d. Gymnasien. Von Dr. Fr. Al. Hagelüken,
auf ein Lehrer besonders zu achten habe, was im Durchschnitte
den Schülern die meisten Schwierigkeiten mache, würden sich in
paedagogischer Lösung solcher Schwierigkeiten versuchen, würden
feraer einsehen, wo sie selbst noch Schwächen hätten; was sie
noch besonders durcharbeiten müssten, um den Anforderungen des
Laehramtes zu genügen, würden allmälig in die Region der Kinder
sich schicken. lernen und samit ‘der. Gefahr überhoben werden, zu
viel Gelehrsamkeit in die Classe zu bringen, zu rasch vorwärts zu
gehen und von.den Schülern zu viel zu fordern, würden einsehen,
. dags am Gymnasium eine andere Methode als die von der Univer-
sität mitgebrachte in Anwendung kommen müsse, würden endlich,
was vorzüglich wichtig ist, einen gewissen paedagogischen Takt
sich aneignen, zumal wenn sie mit erfahrenen Lehrern, zunächst
mit dem Ordinarius der Classe über die verschiedenen Vorkomm-
nisse Rücksprache nahmen und an den Lehrerconferenzen Antheil
hätten. In der Classe, wo der Candidat zu gleicher Zeit be-
schäftigt wäre, würde ihm die schönste Gelegenheit gebnten, die
gemachten Beobachtungen und Erfahrungen mannigfach zu berück-
sichtigen und zu erweitern, so dass der angehende Lehrer, wenn
er sonst wirklichen Beruf zam Schulamte hätte, in rascher Weise
gefördert würde, indem er in einem Jahre gewissermaassen zwei
oder drei Jahre praktisch durchmachte, und bald mit Sicherheit
und Leichtigkeit in seinem schwierigen Amte wirken könnte.
Was aber die Remuneration der Praeceptoren betrifft, so könnte,
falls nicht schon sonst eine angemessene ausgesetzt wäre, ent-
weder durch unbedentende Erhöhung des Schulgekles oder dufch
Erhebung von Silentien-Geldern ansgeholfen oder aber auch die
vielleicht geringe Remuneration erhöhet und dadurch der Muth und
Eifer des angehenden Lehrers belebt und angespornt werden.
Münstereifel, am 20. Sept. 1852.
Dr. Fr. Al. Hagelüken.
Äuch noch einige Worte über das Demosthenische οὐδὲ πολ-
λοῦ δεῖ und einige verwandte Ausdrücke.
(Entgegnung auf ‘die im Philologus 1851, 4. Heft, S. 725 mir
von Herrn K. H. Funkhänel entgegengestellten Bedenken.)
Die nur bei Demosthenes vorkommende schwierige Formel
οὐδὲ πολλοῦ dei, welche Schäfer mit Recht eine erux interpretum
nennt, hat in neuerer Zeit an Herrn Hofrath Director Funkhänel
einen "der sorgfältigsten Erklärer gefunden, und da man schon
längst einer in die Sache tiefer eingehenden Erklärung bedürftig
war, so ist man grösstentheils bei Erklärung der Formel der Aucto-
Auch noch einige Worte üb. das Deniosth. οὐδὲ πολλοῦ dei u. sw. 141
rität dieses gründlich sorgsamen, besonders um Demosthenes ver-
dienten Sprachkenners gefulgt. Als ich bei Abfassung eines Schul-
programmes im Jahre 1849 über die Häufung griechischer Negationen
(bei Fr. Frommann in.Jena) auf mannigfache Erscheinungen ener-
gisch wiederholter Negationen zu sprechen kam, konnte ich nicht
verkennen, dass auch in jener Sprechweise weiter nichts zu finden
sei, als eine Häufung zusammengesetzter Negationen, wodurch na-
türlich die ganze Erklärung der Formel. eine andere werden musste,
als die von Herrn Funkhänel versuchte. Meine Erklärungsweise
beruhte auf folgenden in dem Programm in möglieher Kürze aus-
gesprochenen Sätzen: 1) πολλοῦ δεῖ ist in jener Formel gleich
einem Adverb, ungefähr gleich ἥκιστα zu betrachten. 3) Die-
᾿ ses adverbielle πολλοῦ dei, nxıora, minime, wird wie andere Ad-
verbien durch die zusammengesetzte Negation οὐδέ auf das Vert.‘
zurückbezogen; also jenes schon vorausgegangene oJ wird dadurch
wieder verstärkend erneuert. Wie ich also sagen kann: οὐ στισεός _
ἔστιν ὀμνύων ὃ Κόνων οὐδ᾽ ἥκιστα, eben so auch: οὐ πιστός
ἔστιν ὀμνύων ὁ Κόνων, οὐδὲ πολλοῦ δεῖ.. 8) 'Es kommen οὐδ᾽
ὀλίγου δεῖ, οὐδ᾽ ἐγγύς in derselben Bedeutung vor, .wie jenes
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ, wiewol oAlyov dei und ἐγγύς dem Begriffe nach
dem πολλοῦ δεῖ geradezu entgegengesetzt ist. Dieser scheinbare
Widerspruch kommt daher, dass in οὐδ᾽ ὀλέγου dei, οὐδ᾽ ἐγγύς
die Negation nicht urgirend und hervorhebend eine vorausgehende
nur erheuert, wie in jenem οὐδὲ πολλοῦ dei, sondern wirklich den
Begriff ὀλίγου δεῖ, ἐγγύς läugnet, woraus dann folgt, dass οὐδ᾽
ὀλίγου δεῖ, οὐδ᾽ ἐγγύς gleich jenem οὐδὲ πολλοῦ dei ist. Denn οὐδὲ
πολλοῦ δεῖ ist ja.eigentlich nur gleich πολλοῦ δεῖ, aber οὐδ᾽ ὀλέ-
γον δεῖ hat die Negation für sich, von ihm darf die Negation üicht
getrennt werden. 4) In einer. schen früher :von Herrn. Kunkhänel
angeregten Stelle der Lepfinea, p. 463 heisst es: Σκεψωμεθὰ δὴ
τί τοῦτ᾽ ἔσται τῇ πόλει, ἐὲν ἅπαντες οὗτοι λειτουργῶσιν" φανή-
σεται γὰρ οὐδὲ πολλοῦ δεῖ τῆς γενησομένης ἄξιον αἰσχύνης. Diese
Stelle weicht von der Analogie jener. dadurch ab, dass die einfache
Negation nicht noch vor dem Verbum steht, nämlich nicht: οὐ yae
φανήσεται οὐδὲ πολλοῦ δεῖ — κτλ. Ich erkläre die Stelle im Pro-
gramm S. 7 so: Nihll in loco est, quod contra dicendi regulas sit.
Οὐδέ, quod ne-quidem est, intendit verba πολλοῦ dei, quae efiam
hic adverbii instar sunt, sed negatio reflechitur ad φανήσεται: nam
οὐδέ ut omnia composita negativa et verbo antepositum et ei post-
positum enunciati praedicatum negat. Sie recte dieas ulrumque,
βοηϑεῖ οὐδὲ οὗτος et οὐδὲ οὗτος βοηϑεῖ. FPoterat quidem illo loco
dicere Demosthenes, ut solet, οὐ γὰρ φανήσεται. οὐδὲ πολλοῦ dei,
sed quod dirit 'eodem modo rectum est, ut eliam οὐ βοηϑεῖ οὐδὲ
οὗτος, sed non minus recte βοηϑεῖ οὐδὲ οὗτος. Demonstrat igitur
ille locus, Demosthenem non necessario post negatum verbum illud "
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ dirisse, sed usurpasse tamen ita, ut πολλοῦ dei
post οὐδέ pro uno adverbio posuerit, ‚Dieser letzte Satz, von
142 „Auch noch einige Worte üb. dasDemosth, οὐδὲ πολλοῦ δὲξα. einige
mir zuerst aufgestellt, ist meiner Meinung nach der . wichtigste. und
mit seiner Hülfe und in Verbindung mit der Lehre von den Ne-
gationen lässt sich allein. jene Formel: genügend erklären. Diese
Ansicht von der Sache halte ich auch jetzt noch unverbrüchlich
fest, und unterwerfe mit ihrer Hülfe von meiner Seite aus -die
Sache einer nochmaligen Prüfung, da Herr‘ Funkhänel durch zwei
Bedenken allerdings den Punkt getroffen hat, indem ich nicht scharf -
und eindringlich genug meine Sätze begründet hatte. Ich erkenne
dieses mit ‚besonderem Vergnügen an, und freue mich, in der Sache
durch Herrn Funkhänel’s Entgegnungen einen guten Schritt ‘weiter
geführt worden zu sein, so wenig ich auch jetzt noch der Erklä-
rung des Herrn Funkhänel selbst beizustimmen vermag. Dieses
führt mich zunächst darauf, Herrn Funkhänel’s Ansicht selbst einer
Prüfung zu ‚unterwerfen, was in meinem Programme wegen Be-
schränktheit des Raumes weder geschehen konnte noch sollte. Es
.'sind mehrfache Punkte, welche Herrn Funkhänel hinderten, der
richtigen Erklärung näher zu kommen, grösstentheils daher rührend,
dass er überhaupt die Frage nicht auf das Gebiet versetzt hat,. auf
das sie gehört, ich meine die Lehre .von den Negationen, .Jene
schwierige Formel kann nur im Zusammenhange mit dieser Lehre,
nicht abgerissen von ihr, wirkliche Erklärung finden.
Um nuu auf das Einzelne zu kommen, so hat Herr Funkhänel
1) vor allem darin geirrt, dass er in οὐδὲ πολλοῦ δεῖ einen Satz
angenommen, . nicht aber die adverbielle Bedeutung des πολλοῦ δεῖ
in der Formel anerkannt hat. Bekannt ist aus der Lehre. von den
Negatioien: Wenn eine zusammengesetite Negation, wie οὐδέ
nach vorausgehendem schon negirten Verbum einen neuen Begriff an-
schliesst, der nicht wieder mit Praedicat verbunden ist,
. so erneuert diese nur den schen vorausgegangenen, schon einmal
negirten Praedicatsbegriff. Zum ‚Beispiel: „00x ὁμολογῶ οὐδ᾽ οὔ -
τῶς ist so viel als: οὐχ ὁμολογῶ, οὐδ᾽ οὕτως ὁμολογῶ. An die-
sen Satz habe ich in meinem Programm die ‚Erklärung des οὐδὲ
πολλοῦ δεῖ᾽ angeschlossen. Ganz anders aber wird ‚die Sache, wenn
ich durch: οὐδέ einen neuen Satz anschliesse. Dieses nimmt ‚Herr
Funkhänel für die in Frage stehende Formel an und erklärt: οὐδὲ
πολλοῦ δεῖ, nicht viel fehlt, sondern alles.. ‘Gerade weil die Be-
deutung des Satzes bleiben soll, ist Herr Funkhänel genötbigt, zu
einem so unnatürlichen Gegensatze seine Zuflucht zu nehmen und
dem viel das alles’ entgegenzustellen,. ein Gegensatz, der, wie
wir später sehen werden, durch nichts gerechtfertigt ist: Aber das
adverbielle πολλοῦ δεῖ durch οὐδέ gelängnet, gibt einen leicht ver-
ständlichen Sinn: . auch nicht einmal im Entferntesten,
wozu dann das: vorausgegangene Verbum- in Gedanken zu wieder-
holen ist,
‘ Dann hat uns 2) Herr Funkhänel darüber im Dunkeln ge-
lassen, in welcher Bedeutung. er: das οὐδέ selbst aufgefasst. In dem
Aufsatze vom Jahre 1833,:S ‚864 erklärt er es: und es fehlt
verwandte Ausdrücke. — Von Prof. Dr. Lieberkühn zu Weimar. 143
nicht viel, dass es nicht der Fall sei. Aber οὐδέ schliesst,
wie bekannt, mit steigernder Kraft an, ja auch nicht, ja selbst
nicht, und wenn es nur zu einem Worte im Satze gehört, ist
es ne-quidem. Liegt nun die steigernde Kraft in dem οὐδέ bei
schon negirtem Praedicate, so folgt leicht, dass der Satz ungefähr
bedeuten muss: es ist das oder jenes nicht der Fall, ja
selbst nicht viel fehlt daran, Das würde aber, da nicht
viel dem Wenig gleich ist, einen ganz verkehrten Sinn geben, .
und muss’ schon das οὐδέ nöthigen, einen andern Weg der Erklä-
rung aufzusuchen. Für das, was Herr Funkhänel übersetzt, sollte
wol stehen: καὶ οὐ πολλοῦ dei; aber auch dieses ohne Sinn,
Einen Fehler in der Funkhänel’schen Erklärungsweise erkenne
ich aber 3) besonders darin, dass dem Negirten ein Gegensatz ge-
geben wird, der nach Sprach- und Denkgesetzen nicht möglich ist.
Und nicht viel fehlt, sondern alles; erklärt Herr Funk-
hänel das οὐδὲ πολλοῦ dei, das οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ erklärt derselbe:
und nicht wenig fehlt, sondern alles. Also οὐδὲ πολλοῦ
und οὐδ᾽ ὀλίγου haben als einen und denselben Gegensatz das
παντός. Ehe: dieses behauptet werden konnte, mussten die Beweise
dafür durch Erörterung derjenigen negativen Redeweise überhaupt,
die 'einen positiven Sinn gibt, geliefert und durch. ein Sprachgesetz
bewiesen sein, dass dem nicht viel sowol als dem nicht wenig
im Gedanken der positive Gegensatz alles zu Grunde liege. Lei-
der fehlen dergleichen Erörterungen und Untersuchungen überhaupt,
so viel ich weiss; um so mehr war sie uns Herr Funkhänel schul-
dig, der nur darauf furssen konnte. Doch bleiben wir bei dem ste-
hen, was logische Verhältnisse und Sprachgebrauch hierüber geben,
so finden wir einen solchen Gegensatz durch nichts gerechtfertigt.
Will ich durch Negation auf den Begriff des alles kommen, 50 ge-
schieht dieses, indem ich das nichts leugne, οὐδὲν οὐ, Derselbe
Gegensatz stellt das nicht viel dem wenig und das nicht
wenig dem viel gleich. Damit ist nun nicht gesagt, dass nicht
ein Gegensatz wie etwa οὐκ ὀλίγοι, ἀλλὰ πάντες oder οὐ πολλοὶ;
ἀλλὰ πάντες denkbar wäre oder vorkommen könnte; es handelt
sich nur darum, was das negirte ὀλίγον oder πολύ; wenn man sei-
nen Gegensatz in Gedanken postulirt, für einen Begriff inducire,
und dieses ist durch unzählige F alle bewiesen, dass dann das οὐκ
oAlyov dem πολύ, und das οὐ πολύ dem ὀλίγον entspricht. So
ist es auch im Deutschen, so im Lateinischen; man denke nur an
das non multum abest. Interessant ist nun auch, dass wir Stellen
haben, wo das πολλοῦ δεῖ negirt vorkommt. und zwar nicht in je-
ner Demosthenischen Weise, wo das οὐδέ mit zur Supplirung des
vorausgegangenen . Praedicats dient, und πολλοῦ δεῖ Adverb ist,
sondern als negative Formel zur ‚Bezeichnung eines positiven Sinnes, ᾿
Dieser ist aber gär nicht so, wie. ihn Herr Funkhänel ausgedacht
hat, Es ist. dieses eine Stelle im Lysias in der 24sten Rede. so-
gleich zu. Aufang: Hier heisst es, wiewol in persönlicher Wendung,
'144 Auehinoch einige Worte üb. das Demosth. οὐδὲ πολλοῦ öei-u.einige
was aber für Erklärung des negativen Ausdrucks einerlei ist: Ov
πολλοῦ δέω χάριν ἔχειν, εὖ βουλὴ, τῷ κατηγόρῳ. Nicht viel
fehlt, dass ich dem Ankläger Dank weiss, fast weiss
ich ihm Dank. Es ist also der Gegensatz: nicht viel, son-
dern wenig fehlt. Wollen wir einen Gegensatz machen: nicht
viel fehlt, sondern alles? Diesen Gegensatz wird Herr
Funkhänel für diese Stelle sicher nicht zugestehen. Warum nun
- für jene Stellen ihn beanspruchen, und da es eine natürlich: 'sprach-
gemässe Erklärung gibt, diese nicht acceptiren wollen? Ehe wir
also Herrn -Funkhänel einen solchen Gegensatz ‚zugestehen, muss
er erst Stellen aufweisen, wo οὐκ ὀλίγον und οὐ πολύ. oder, was
wir anch zugestehen, wo οὐκ ὀλίγοι oder od. πολλοί den Begriff
des alles, a lle involvirt, Denn sollte wo vorkommen, 00% ὀλί-
γοι, ἀλλὰ πάντες») 80 wäre damit nichts bewiesen, denu ich kann
dergleichen Gegensätze vielerlei machen, ich kann auch: sagen, οὐχ
EE, οὐ πέντε; ἀλλὰ πάντες und noch vieles mehr; aber deswegen
“involvirt οὐχ ἕξ doch nie den Begriff πάντες."
Auch folgendes kann ich 4) Herrn Funkhänel nicht’ zugeste-
hen. S. 864 der Abhandlung von 1833 sagt er: οὐκ ἔστι τοῦτο,
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ (näml, ὥστε οὐκ εἶναι), d. i. „das ist nieht der Fall,
und es fehlt nicht viel, dass es nicht der Fall ἰδεῖ. Femer kurz
vorher: ‚‚die Formel πολλοῦ δεῖ drückt in affirmativer Form einen
negativen Gedanken kräftig’ und bestimmt aus. ‚Negativer Gedanke
in negativer Form ist οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ und οὐδ᾽ ἐγγύς. Nun schei-
nen aber diese beiden letzteren Redeweisen gelinde Verneinung za
sein, aber durch die Zusammenstellung der Negation und eines ne-
gativen Begriffes (öAlyov dei, ἐγγύς), welcher mit einem besonderen
Tone ausgesprochen und hervorgehoben wird, wird die. Sache desto
stärker 'verneint, „‚nor est‘ hoc, neque paene hoc non est; wozu sich
von selbst der Gedanke darbietet, ‘sed prorsus non est.“ Was ich
Herrn Funkhänel bestreite, ist dieses: Nach vorausgehendem ne-
girten Verb folgt in diesen Sprechweisen eine ‚neue verneinende
Formel nach. Dazu kann niemand wieder das nrgirte Verbum sap-
pliren, sondern das nicht negirte. Z. B. οὐχ ὁμολογῶ οὐδ᾽ ἥκι-
στα, non concedo, ne minime quidem cuncedo. Also οὐκ ἔστι τοῦτο;
οὐδ᾽ ἐγγύς kann nur-übersetzt werden, non est hoc, ne paene qui-
dem, nämlich est. Was soll auch heissen: reque paene hoc non est?
Das neque non hebt sich auf, und so würde der ‘Sinn der Worte
ufgefähr sein: θέ: paene quidem est. Eben so muss nach dem
Sprachgebrauch nach οὐκ ἔστε τοῦτο οὐδὲ πολλοῦ δεῖ ergänzt
werden, wie folgt: es ist ‚nicht der Fall, und es „feblt nicht viel,
dass es sei, also nicht ὥστε un εἶναι, "sondern ὥστ ’ εἶναι, oder,
um doch dem griechischen Sprachgebrauche treu zu bleiben, τοῦτ᾽
εἶναι, da wol ὥστε nach πολλοῦ δεῖ nicht vorkommt, und natürlich
gar nicht ὥστ᾽ οὐκ εἶναι, wie Herr Funkhänel aus Versehen ge-
schrieben hat. Nach πολλοῦ δεῖ steht gewöhnlich der Infinitiv, und
einmal bei Plato Gorg. 517, A. wie nach einem Begriff fürchten
»
24
verwandte Ausdrücke. — Von Prof. Dr. Lieberkühn zu Weimar, 145
μή mit Conj. Aor. Aber dieses Supplirte gibt eben keinen Sinn.
Auch hier beweist sich, dass. die adverbiellE Auffassung des πολ-
λοῦ δεῖ in der Formel die allein richtige ist; denn nun ergänze ich:
non est hoc, ne minime quidem, nämlich est hoc.
Es bleibt jetzt noch übrig, die nun zum Theil schon ‚bespro-
chenen homonymen Formeln der Reihe naeh aufzustellen und zu
prüfen. Wir wählen als Beispiel dazu Demosthenes Red, 84, .
δ. 40, eine Stelle, die ich früher der Funkhbänel’schen Sammlung
nachgetragen habe, was Herr Funkhänel nicht bemerkt zu haben
scheint, denn er trägt sie selbstständig in seiner letzten Abhand-
lung von Neuem nach;
Il. Οὐ δὴ Κόνων πιστός ἔστιν ὀμνύων, οὐδὲ πολλοῦ δεῖ. “ἢ
Konon verdient durch seinen Schwur keinen Glauben, nicht
einmal im Mindesten verdient er Glauben.
Dass πολλοῦ δεῖ sowol als ὀλίγου δεῖ adverbiell gebraucht
werden, hat Herr Funkbänel selbst besonders nachgewiesen in sei-
ner letzten obenerwähnten Abhandlung, Stallbaum zum Sympos.
des Plat. p. 208 und zum Staat p. 378 mit Recht berichtigend.
Die Bedeutung des adverbiellen πολλοῦ δεῖ ist leicht erkenntlich
s.v. a. im Entferntesten, im Mindesten. Somit glaube
ich, ist meine Erklärungsweise: auch nicht einmal im minde-
sten, nicht efnmal πὶ entferntesten Grade, gerechtfer-
tigt und ich meinte dieses auch im Programm, als ich das πολλοῦ
δεῖ ohngefähr gleich ἥκιστα, minime, setzte. Gestehe ich aber
einer Sache nicht einmal den mindesten Grad zu, so bleibt das’
ganz und gar nicht und es erklären demnach die Grammatiker
die Formel ganz mit Recht: οὐδ᾽ ὅλως.
Il. Wir benutzen das obige Beispiel auch für Erklärung der
ähnlichen Formeln, zunächst für:
Οὐ δὴ Κόνων πιστὸς ἐστιν ὀμνύων. οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ.
Ich habe früher das ὀλίγου δεῖ als Satz gefasst und erklärt:
ja auch nicht wenig fehlt, und bemerkt, dass dieses οὐδ᾽ ὀλίγου
δεῖ also dem πολλοῦ δεῖ gleichkomme, Nach mehrfacher Ueber-
legung fasse ich aber jetzt das ὀλίγου δεῖ nicht mehr als Satz, ᾿
sondern als Adverb. Schon das οὐδέ, ne-quidem fordert dazu auf.
Ὀλίγου δεῖ, als Adverb, bedeutet fast, beinahe, annäherungs-
weise. Der Satz heisst also:. Konon verdient durch sei- .
nen Schwur keinen Glauben, nicht einmal beinahe,
nicht einmal annäherungsweise, ne prope quidem. Leugne
ich das fast, das annähernd, was schon die Sache aufhebt, so
bleibt das gar nicht zu denken. übrig,
II. Οὐ δὴ Κόνων πιστός ἐστιν ὀμνύων οὐδ᾽ ἐγγύς. Das
ἐγγύς bedeutet ebenfalls annäbernd, fast, beinahe, also ist
es: ne propemodum quidem, nicht einmal annähernd, wie
unter 2. ‘ ᾿
IV. Οὐ δὴ Κόνων πιστός ἐστιν ὀμνύων" πολλοῦ γε παὶ dei
Archiv f. Phil. u. Paedag. Βα. ΧΙΧ, Bft. 1. 10
146 Auchnocheinige Worte üb. das Demosth. οὐδὲ πολλοῦ dei u, einige
Konon verdient durch seinen Schwur keinen Glauben, ja daran
fehlt viel, nämlich: dass er Glauben verdiene.
‘V, Endlich kann man auch sagen: παντὸς dei, es fehlt al-
les daran (nämlich dass etwas sei), oder auch persönlich: παντὸς
δέω. Und uın dieses hier beiläufig zu sagen, auch πολλοῦ dei ist
nicht einzige Sprechweise in unpersönlicher Form, eskommt die Forme|
auch persönlich vor, z. B. πολλοῦ δέω, πολλοῦ δέομεν und Aechn-
liches, z. B. Plat. rep. 395, E. πολλοῦ γε καὶ Öencopev, und die
oben erwähnte Stelle des Lysias, 24, init. Obschon Plato häufi-
ger das unpersönliche πολλοῦ dei, πολλοῦ γε δεῖ und πολλοῦ γε
καὶ dei gebraucht. Siehe Apol. 37, D.’rep. 382, E. Legg. 790.
A. Gorg. 510, E, 517, A. Phaed. 80, E, 93, A. Die Formel
παντὸς δεῖ und παντὸς δέω ist von Herrn Funkhänel eifrig auf-
gesucht und nachgewiesen worden; sie erscheint jedoch seltner al-
lein, gewöhnlich wird die Formel mit μᾶλλον δέ gleichsam verbes-
sernd angefügt. So Lucian. merc. cond. 13: ἀλλὰ πολλοῦ, μᾶλλον
δὲ τοῦ παντὸς δεῖ, Aehnlich Plutarch de educ, 4: ἴστω πολλοῦ,
μᾶλλον δὲ τοῦ παντὸς διαμαρτάνων. Und Aeschyl. Prometh. 961:
πολλοῦ γε καὶ τοῦ παντὸς ἐλλείπω. Aber daselbst 1002 ff. allein:
τοῦ παντὸς δέω. Wir führen die sämmtlichen von Herrn Funk-
hänel gesammelten Stellen an, um durch Beurtheilung derselben zu
beweisen, dass keinesweges jene Erklärungsweise, als ob durch das
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ und das οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ das παντὸς δεῖ inducirt
sei, in ihnen einen Stützpunkt finden könne, Im Gegentheil, ge-
rade durch das bekannte corrigirende μᾶλλον δέ beweisen die obi-
gen Stelfen, dass die Formel παντὸς δεῖ etwas Anderes sagt, als
πολλοῦ δεῖ und zwar enthält sie eine Steigerung des letzteren.
Allerdings! denn, viel fehlt ist noch nicht so viel als: alles
feblt daran. Will ich aber οὐδὲ πολλοῦ dei oder, was einerlei
ist, ὀλίγου δεῖ in analoger Weise steigern, so müsste ich sagen:
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ, μᾶλλον δὲ οὐδενός, oder ὀλίγου δεῖ, μᾶλλον
δὲ οὐδενός: es fehlt nicht viel, es fehlt wenig, ja besser
gesagt, gar nichts daran. "Also in οὐδενὸς δεῖ liegt eben:
die Sache ist ganz so, εἰκότως, prorsus, und keinesweges,
was Herr Funkhänel früher durch falsche Snpplirung des voraus-
gehenden negirten, statt nicht negirten Verbs hineinlegte: οὐδα-
μῶς. Siehe die erste Abh. 5, 364. Den ‚Gegensatz selbst hat
Herr Funkhänel jetzt aufgegeben. Dem οὐδ᾽ ὀλίγου dei aber, da
es gleich πολλοῦ dei, könnte steigernd mit Recht angeschlossen
werden: μάλλον δὲ παντός. Aber daraus folgt keineswegs, dass
οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖν μᾶλλον δὲ παντός und dass πολλυῦ δεῖ, μᾶλλον
δὲ παντὸς eben so viel sei, als: οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ, ἀλλὰ παντός, oder:
πολλοῦ δεῖ, alle παντός. Das letztere lässt sich natürlich gar
nicht sagen, das erstere aber behanptet Herr Funkhänel, Welch: ein
wesentlicher Unterschied aber in der Bedeutung eines ἀλλά und
eines μᾶλλον δέ! Denn das ἀλλά gibt nur den in der negirten
Formel versteckt liegenden positiven Begriff, den Gegensatz, ‚der
verwandte Ausdrücke. — Von Prof. Dr. Lieberkübn zu Weimar, 147
hier des begrenzten Begriffes halber nur einer sein kann: nicht
wenig, sondern — viel. Das ἀλλά fügt also erklärend den
positiv synonymen Begriff an, μᾶλλον δέ dagegen gibt verbessernd
einen neuen, zweiten, anderen Begriff. Darum sagt man ja
auch nicht in gewöhnlicher Sprache: οὐκ ὀλίγου δεῖ, ἀλλὰ πολλοῦ
und nicht οὐ πολλοῦ dei, ἀλλ᾽ ὀλίγου sonilern dieser Gegensatz
wird nur von dem Grammatiker etwa als Erklärung gegeben, und
man sagt eben nicht so, wiewol der Gedanke wahr, weil niemanıl
gern dasselbe doppelt sagt, gerade wie im Deutschen nicht: Er
hat nicht viel Birnen, sondern wenig. Aber verbessernd, steigernd
einen neuen Begriff hinzuzufügen erlaubt der Sprachgebrauch gern;
dieses thut μᾶλλον δέ: es fehlt viel daran, ja vielmehr
alles. Also wäre wol schwerlich aus den angezogenen Stellen die
Bedeutung jenes Gegensatzes herzuleiten, wie ihn Herr Funkbänel ἢ
auch neuerdings wieder an die Spitze seiner Abhandlung stellt:
οὐδ᾽ ὀλίγου dei, ᾿
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ,
Wohlen wir schliesslich jene Formeln nach ihrem Unterschiede .
und nach ihrer grösseren oder geringeren Kraft vergleichen, so
müssen wir nicht vergessen, dass alle diese eine Sache energisch
leugnenden Bezeichnungen ursprünglich nur auf eine Raumanschau-
ung hinauslaufen. Sämmtliche bezeichnen das Entferntsein ei-
ner Sache von der Wirklichkeit; aber das Entferntsein ist nach
verschiedenen ‘Anschauungen gemessen. Das positive πολλοῦ δεῖ
drückt aus, dass die Sache weit entfernt sei von der Wirklich-
keit; die zwei negativen οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ und οὐδ᾽ ἐγγύς geben
an, dass selbst nicht annähernd die Sache statt habe, nad
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ, dass selbst nicht einmal im entfernte-
sten Grade die Sache zugestanden werde. Alle Bezeichnungen
des Entferntseins, zwar von verschiedenen Punkten aus bezeichnend,
kommen doch in einem Punkte zasammen, in der Leugnang der
Sache. Aehnlich von verschiedener Gradmessung ausgehend, ne-
que minus und neque magis kommen «loch auch in gewissem Sinne
überein. Aber οὐδὲ πολλοῦ δεῖ ist jedenfalls die energischste For-
mel und darum mag sich auch wel die kraftvolle Ausdrucksweise
des Demosthenes diese Formel angeeignet haben. Endlich ist auch
das freilich seltne παντὸς δεῖ energisch genug und das πολλοῦ δεῖ
noch überbietend. \
Uebrigens die Stelle der Leptinea $. 20 anlangend, kann ich
durchaus keine andere Erklärungsweise aufstellen, als die von mir
im Programm gegebene, an die sich in der letzten Abhandlung
aueh. Herr Funkhänel anschliesst, wiewol meiner nicht erwähnend.
Denn er sagt auch, dass hier πολλοῦ δεῖ Adverb ‚sein könne; nur
nach den letzten Worten ist mir nicht ganz klar geworden, ob Herr
Funkhänel die sämmtlichen Worte οὐδὲ πολλοῦ dei als Adverb
οὐδαμῶς fassen, oder aber πολλοῦ δεῖ adverbiell verstehen und die-
ses durch οὐδέ geleugnet ansehen will. Herr Ἐν Βδρεὶ scheint
. 0
9 % u [4
ἀλλὰ τοῦ παντος.
\
+
148 Auch noch einige Worte üb, das Demosth. οὐδὲ πολλοῦ dei u. einige
fast das erstere za meinen. Er sagt: „So endlich wäre es anch
nicht unwahrscheinlich, dass in der angeführten Stelle der Leptinea
des Demosthenes die Worte οὐδὲ πολλοῦ dei in einer Art von
Erweiterung desjenigen Gebrauches derselben , den wir sonst bei dem
Bednaer finden, geradezu zur starken (?) Negation (:ξοὐδαμῶς) gewor-
den und gleich einer solchen dem ganzen Satze eingereiht worden sind.‘
Aber ‘diese Erklärung nähme dann dem οὐδέ, dem ne- quidem die
Kraft seiner Bedeutung; nur πολλοῦ δεῖ ist kdverb, οὐδέ in ge-
wöhnlicher bekannter Bedeutung dasselbe leugnend,
Die vorliegende kleine Abhandlung ist obne das gewöhnliche
gelehrte Beiwerk belegender Stellen geschrieben; Herr Funkhänel
gibt die meisten in seiner ersten Abhandlung, einige, gibt Viger.
p. 468 der Herm. Ausg. ‘Nur die Beispiele von οὐδ᾽ ὀλίγου dei,
οὐδὲ μιμροῦ δεῖ und οὐδ᾽ ἐγγύς sind noch vollständiger zu
sammels.
Nur um ganz am Schluss auf die mir von Herrn Funkhänel
gemachten Einwürfe zu kommen, so ergibt sich jetzt nach neuer
Behandlung der Sache Folgendes: nicht in der Sache und Erklä-
rang, sondern in der Begründung und Beweisführung ist einiges
von mir nicht ganz richtig gefasst worden. Ich will das Bessere
jetzt dem nicht scharf Erkannten gegenüberstellen. 1) Ich sagte
im Programm: in οὐδὲ πολλοῦ δεῖ gehört das οὐδέ nicht zu πολ-
λοῦ δεῖν sondern es leugnet das vorausgehende Verb, welches noch-
mals zu denken durch οὐδέ man genöthigt wird. Doch richtig ist
zu sagen: Es leugnet das οὐδέ das adverbielle πολλοῦ dei (die ad-
verbielle Kraft hatte ich anerkannt) im Entferntesten, und
darch die so negirte Formel ist man genöthigt, das vorausgehende
Verb nochmals zu denken. Zu jener nicht ganz richtigen Erklä-
rung bin ich durch den Gegensatz gegen Herrn Funkhänel selbst
verführt worden, weil nämlich Herr Funkhänel in οὐδὲ πολλοῦ δεῖ
einen selbstständigen Satz annimmt and dadarch genöthigt wird,
die Negation auf πολλοῦ zu beziehen, Ich hatte aber Recht, wenn
ich πολλοῦ — ἥκιστα als adverbiellen Begriff setzte.
2) Wenn ich sagte, in οὐδ᾽ ἐγγύς gehöre die Negation zu
ἐγγύς und nicht zum Verb, ebenso in οὐδ᾽ ὀλίγου dei, 50 muss
ich das jetzt dahin erklären: Sowol in οὐδ᾽ ἐγγύς als in οὐδ᾽
ὀλίγου δεῖ. behauptet das οὐδέ seine Bedeutung ne-quidem, leughet
diese Adverbien gerade so wie das οὐδέ das adverbielle πολλοῦ
δεῖ und das Verb ist natürlich nochmals hinzuzudenken. Ich hatte
früher freilich in οὐδ᾽ oAlyov δεῖ einen ganzen Satz anerkannt:
ja nicht wenig fehlt; daon hätte οὐδέ freilich nichts mit dem
vorhergehenden Verb zu schaffen und ich hätte wenigstens für diese
Formel Recht gehabt. Doch ich fasse jetzt ὀλίγου δεῖ auch als
Adverb.
Eines steht fest: im Wesentlichen ist meine Erklärung des
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ wie jetzt, so früber dieselbe geblieben, und die
in der Beweisführung gemachten Versehen können weder meine
verwandte Ausdrücke. — Von Prof.Dr.Lieberkühn zu Weimar. 149
Erklärung aufheben, noch der Funkhänelschen zu Gute kommen:
diese muss ich auch jetzt noch für durchaus unbegründet halten,
Weimar, den 12. Januar 1853. Ä
Professor Dr. Ernst Lieberkühn.
Zur Kritik und Erklärung der fünften Satire des Persius.
Von
Dr. A. Häckermann.
‘Vers 96. N
„Stat contra ratio et secretam gannit in aurem.“
Zu Stat contra vergl. Mart. I, 53, 12. Juv. ΠῚ, 290. —
secretam (vergl. v. 21 ecreti loquimur. Sat. Il, 5 At bona pars
procerum tacita libabit acerra), nicht, wie Plum stillschweigend
schrieb, secretum s. Hauthal I. p. 383. Hermann Rec. Allg. Schulz,
1833 p. 339. Derselbe citirt Lect. Pers. II. p. 52 passend Juv.
Sat. VI, 543 ‚„Arcanam Judaea tremens mendicat in aurem.‘* Stat,
Theb. I, 532 ‚„tacitaque immurmurat aure.“ Jacob. quaest. epic,
p. 113 sq. — Ich möchte mit Passow p. 56. Weber p. 21. Kö-
nig p. 117. Orelli ed. II. p. 215. Heinrich p. 155. Plum p. 423
gannit der Lesart garrit vorziehn, welche mit Anderen Jahn ed. I,
p. 50 ed. IL. p. 28 aufgenommen hat. Besonders redete der
letzteren Hermann Rec. Allg. Schulz. 1833. p. 339 und Lect.
Pers. I. p. 52 das Wort. Allerdings ist garrire in aurem die ge-
wöhnlighere, bekanntere Ausdrucksweise, welche „von dem Zischeln
ins Ohr gerade sehr gerne‘‘ gebraucht wird. Mart. I, 89, 1. III,
28, 2. V, 61, 3. 75, 2. Durch die Rücksicht auf Martial, „‚cujus
jam boni libri excussi sunt,‘“ liess Jahn sich hauptsächlich bestim-
men, garrire in den Text zu setzen. Allerdings fehlt demselben
die handschriftliche Beglaubigung durchaus nicht, aber gannit ist
nach Hauthal (vergl. Orelli p. 215. Achaintre p. 139. Hermann
Lect. Pers. Il. p. 52) die Vulgate der MSS. und alten Drucke;
auch Cornutus las gannit. Jahn p. 331. Vielleicht gingen Hau-
thal p. 372 und Dübner p. 280 zu weit, wenn sie mit Berufung
auf Nonius de honestis et nove vett. dictis p. 117 garrire, als be-
dentete es ‚‚quast inepte strepere,‘‘ dem Charakter der Ratio nicht
angemessen fanden (vergl. Cic. de orat. Il, 5); jedenfalls aber
konnte das sellnere gannit leichter in das bekanntere garrii umge-
ändert werden, und ist das erstere nicht blos durch Belegstellen
gestützt, sondern passt auch durch seinen Wortbegriff in den Con® ὁ
text. Apol. Met. II. p. 21 Pric. „in aurem mulieris obgannit.‘“
150 Zur Kritik und Erklätung der fünften Satire des Persius,
V.p. 107 „avisin auribus Veneris. ,. ganniebat.‘‘ Oudendorp, ad V. p.
372. Ter. Phorm. V, 8, 41 „ad aurem obganniat.‘ Afran. ap. Non.
p- 450 „gannire ad aurem,‘ was Hermann für einen Schreibfehler
hält. Gannire, für welches sich auch Creuzer Wien. Jahrb. d. Lit.
Bd. 69. 1835 erklärt hat, wird eigentlich (Nonius de impropriis
p- 450) von Hunden gesagt und bezeichnet das zornige Knurren
derselben, daher auch übertragen (Mart. V, 61, 2 „gannitibus im-
probis lacessas.. Donat. ad Ter. Ad. IV, 3, 2. Doering ad
Catull. 83, 4. p. 159. Plaut. Asin. UI, 4, 16. fragm. 6 ap. Varr.
L.L. ΨΙΙ, 103, p. 160 ed. Mueller: ‚‚Gannit odiosus.“ - Von der
ratio an unserer Stelle ist ganni£ freilich stark gesagt, passt je-
doch zu Stat contra.
ν, 97.
„Ve liceat facere id, quod quis vitiabit agendo.“
Für vitiabit hat cine beträchtliche Anzahl von MSS. nach Jahn
ed. I. p. 50. Hauthal I. p. 888. Hermann Lect. Pers. III. p. 23
vitiavit. Unhaltbar ist das Perfect keineswegs, im Gegentheil
bewirkt es eine eigenthümliche Praegnanz des Gedankens, deren
‚Härte das Gerundium agendo erträglicher macht; ,‚‚quod qui agit,
jam commisit vitium.“ Indess gegen die Majorität der MSS. darf
man die Vulgata vitiabit nicht aufgeben. Hermann II. p. 23 ad
Sat. Il, 5 spricht .von einer ‚‚solemnis varietas.“ Vergl, übrigens
Juv. Ill, 168, wo alle MSS. negavit bieten, welches Jahn p. 25 in
negabis änderte, |
V. 102—4.
„Navem si poscat sibi peronatus arator,
Luciferi rudis, exclamet Melicerta, perisse ν
Frontem de rebus.“
In der Erklärung der Schlussworte hat die Ansicht des Scho-
liasten, Frontem stehe geradezu für „pudorem; templum enim pudo-
ris est frons,‘ bis. jetzt unbestrittene Gültigkeit gehabt. Aber
frons ist doch nicht mehr der Sitz der Scham (Mart. XI, 27, 7.
Jav. Xill, 242) als der Schamlosigkeit (Juv. II, 8 „‚Frontis nulla
fides.‘‘ Hor. Epist. I, 9, 11: ,‚frons urbana.** Οἷς. ad Quint. fr. I,
1, 5) überhaupt nach Plin. H. N. XI, 37. s. 51 „tristitiae, hilari-
tatis, .clementiae, ‚severitatis index.“ Mit welchem Rechte denn
nun gerade das specielle pudor?‘ Der Sinn der Persianischen
Ausdrucksweise soll nan einmal hinauslaufen auf Hor. Epist. ἢ, 1,
80 fl: „Clament ‚perisse pudorem Cancti paene patres.“ Aber
„pndor‘“ passt nicht einmal für den Gedanken an unserer Stelle.
e' Wie und mit welchem Rechte kann denn der peronatus arator un-
verschämt genannt werden? Und zugeben, dass es hier haupt-
Von Dr. A, Häckermann. 151
sächlich nur auf ein Extrem von Bezeichnung ankam, so würde ein
„unklug, verrückt‘‘ hier viel effectvoller sein. Schon W. E. We-
ber, wie ich nachträglich gefunden, bemerkte p. 240: „Ich leugne,
dass frons schlechthin für die Scham gesetzt werden könne, da es
vielmehr Schamlosigkeit bedeuten müsste, wie wenn wir sa-
gen: Mit welcher Stirne getraust du dir das zu sagen?
-Daher nehme ich die Stelle in einer: gewöhnlicheren Uebertragung
von frons, wo es Vorderseite bedeutet und sehe folgenden Sinn:
Alles babe ich umgedreht, das Vorderste zu hinterst
gekehrt. Hienach hätte ich wol dreist übersetten mögen: Jeg-
liches kehre sich um.“ Dies kann perisse frontem unmöglich
bedenten. Daher verstehe ich die fraglichen Worte in dem Sinne:
„die Welt habe den Kopf, Verstand verloren.“ Nämlich frons ist
recht eigentlich der Sitz des Verstandes, der Denkkraft; daher das
Sprichwort frons occipitio prior Cato τ. r. 4. Plin. ἢ. n. XVII,
5, 6 „frontem domini plus prodesse quam occipitinm.“‘ Vergl.
über de rebus Sen. controv. p. 200. Bip. Quint, I, 2, 31. Heind,
zu Hor. Sat. p. 129, Mit Beziehung anf diese Persius-Stelle sagt
Augnstinus c. Julian. V, 6, 24 t. X, 1 p. 642: „Non usque adeo
putandum est perisse frontem de rebus.‘*
V. 124.
„Liber ego. Unde datum hoc sumis, tot subdite rebus?“
Ob man Liber ego den Interlocutor, wie die Meisten annah-
men, oder den Dichter für ihn sprechen lässt, wie König p. 122
meinte, macht keinen erheblichen Unterschied. Sumis haben nach
Hanthal I. p. 418 ff. die meisten und besten MSS.: dagegen las
Jahn’ ed. I. p. 53. ed. II. p. 29 sentis, und dies vertheidigte C.
Fr. Hermann Lect. Pers. If. p. 54 mit Berufung auf Bentley ad
Hor. Sat. II, 2, 31. Der Erstgenannte, von dem an sich rich-
tigen Grundsatze ausgehend, die schwerere Lesart sei die ächtere,
änssert „sumis perfacile potuit ob illud unde datum sceribi;“* aber
dies ist durchaus nicht der Fall, denn sumis besticht keineswegs so
leicht, noch liegt es so nahe. Eher könnte man sagen, es wider-
spreche gewissermaassen dem datum, wenigstens in dem Sinne, in
welchem man selbiges bisher verstand. Nämlich, was einem gegeben
wird oder ist, nimmt man nicht, sondern man empfängt es. Ueberhaupt
ist der Sinn der ganzen Wortverbindung Unde datum hoc sumis
dunkel und schwerverständlich. Dagegen, fährt Jahn fort, „cur
sentis scriptum sit, haud faclle intelligas, nam Horatiü locum id
effecisse parum verisimile est.*“ Auch abgesehen von dieser Stelle
bei Horaz, bieten sich leicht Gründe dar, aus denen man sentis
für eine vermeintliche Emendation Späterer halten darf. Da man
bis jetzt allgemein, wie es scheint, zu datum hoc ergänzte tibi
esse, was lag näher, als die Umänderung von sumis in sentis, um
‘
1532 Zur Kritik und Erklärung der fünften Satire des ‚Persius.
die leichte, dem Verständniss von selbst offene Construction zu
haben. Unde datum hoc tibi esse sentis, scil. ut liber sis, denn so
lautet die alte von Hautbal p. 414 in der Anm. erwähnte Glosse ἵ
Dass die Reminiscenz an Hor. Sat. Il, 2, 31. „Unde datum sen-
tis, lupus hic Tiberinus an alto Captus hiet“ zur Verdrängung
von sumis beigetragen habe, vermutheten König p. 123. Plum p.
437. Dübner p. 288, während Hauthal p. 414 diese Entstehung
von sentis allerdings für glaublich, weil in einigen Codd. hinter
dem Horaz- ein von derselben Hand geschriebener Persius stehe,
aber doch für etwas weit hergeholt erklärt. Auch Jahn bestreitet
oder bezweifelt es; wie sehr man aber geneigt war und ist, im
Persius eine Nachbildung oder Eotlehnung horazischer Worte: an-
zunehmen, lehrt ausser Anderem (vergl. zu v. 130) schon Her-
manns Beispiel, welcher Lect. Pers. II. p. 54 folgendes .Geständ-
Biss ablegt: „sentis vel invitis editionibus fere omnibus eo certius
praefero, quo clarior est imitatio Horatü, quam si quaeras utrum
ipsi Persio. potius an librarüs tribuamus, in tanta aliorum locorum
similitudine ad ipsum puetam referre nullus dubio. Idem Bentleji
judicium fuit ad ilum locum, nec profecto apparet, quomodo libra-
rius nis! apprime doctus a sumis ad sentis aberrare potuerit;
sumis autem post datum facile ex ingenio scribi poterat, quam-
quam propius examinanti ne sententia quidem aeque arguta videbi-
tur ae si sentis legas, quia hoc ipsum poeta negat, hominem cu-
piditatibus adstrictum libertatis qua glorietur vel sensum aliquem
habere.“ Eine bewusste Anspielung auf Horaz möchte ich, abge-
sehen von der Indifferenz der Worte an sich, schon deshalb nicht
annehmen, weil Sinn und Zusammenhang an beiden Stellen ganz
verschieden ἰδέ, Wie aus dem schwierigen sumis das gefälligere
sentis werden konnte, ohne dass es eines „‚librarius apprime doctus‘“
bedurfte, ist schon angedeutet worden; dagegen ist sumis als ver-
meintliche Emendation unglaublic Wenn Hermann meint, sentis
sei um seiner selbst willen passender, weil es ausdrücke, dass der
‚Sprecher schwerlich auch nur ein Gefühl von Freiheit habe, so
genügt es, ihn darauf zu verweisen, dass der Satiriker hier über-
haupt nicht nach der Berechtigung eines Gefühls, sondern vielmehr
einer Behauptung fragt. Auch entsteht, mag man nun Unde enger
mit datum oder mit sentis verbinden, kein klarer Gedanke, wofern
unter dem datum hoc im Sinne von „diese Gabe‘ die libertas oder
das liberum össe verstanden wird. Ebensowenig genügte Jahn p.
200, der sentis unter Berufung auf Madvig. ad Cic. de Fin. p.
147. 867 für gleichbedeutend mit censes erklärt, indem er offenbar
übersetzt; „„woher, meinst dn, sei dir dies gegeben?“ Der Dich-
ter fragt hier nämlich so recht eigentlich nach dem Rechte einer
Behauptung, welche unmittelbar vorher positiv ausgesprochen war.
Nur wenn man Unde datum hoc sumis liest. und diese Worte in
einem ganz besonderen Sinne fasst, entsteht ein dem ‚Context an-
gemessener Gedanke. Falsch erklärte König p. 122 ,„quis bi
Φ
Von Dr. A. Häckermann. 153
libertatem dedit, concessit,* übersetzte Hanthal I. p. 414 „woher -
niommst du diese Gabe, dieses Zugeständniss des Freiseins?‘ Erst-
lich ist bier von einer Gabe oder Concession überhaupt nicht die
Rede und zweitens kommt der Wortbegriff von sumis nicht recht
zur Geltung; man erwartete vielmehr ein Aabes, wenn es des Me-
trums wegen stehen könnte, Ja, sumis und datum widersprechen
sich eigentlich; denn was einem gegeben ist, nimmt man nicht,
sondern empfängt oder besitzt es. Richtig Casaubonus p. 288
Dübn. „sumis verbum philosophicum λαμβάνειν οὐκ εὐπαραχώρητα
λήμματα eos dicebant Stoici, qui propositionibus ut concessis uleban-
tur, quas non probassent: quod Aristoteles λαμβάνειν τὸ ἐν ἀρχῇ,
id est τὸ £mrovuevov.““ Vergl. Cie. N. D. I., 82. Divin. II., 50:
Liv. XXXIX, 28. Lucret. I, 9783. Mart. Cap. IV. post med. p. 125.
Grot. Kurz, sumis steht im Sinne von ponis, statuis. Die Partikel
Unde verbinde man nicht mit datum, sondern mit sumis. An sich
aber bedeutet datum nicht, wie oft: Plaut. Pseud. I, 3, 72. Asin.
I, 3, 14. ΠῚ, 1, 22: Ovid. Met. VI, 463 „Gabe, Geschenk, *
sondern steht vielmehr, wie dare Cic. Acad. I, 3. Att. XII, 5.
Ter. Heaut, prol. 10. Verg. Ed. I, 19. Ovid. Fast. VI, 434. Stat.
Theb. VII, 315, für dietum, vielleicht mit einer gewissen Praegnanz,
weil dare, d. i. einen Auspruch thun, auch ein jaristischer terminus
ist; vergl. Suet. Claud. c. 15. Plin. Epist. VII, 6. $. 9. Tac.
Ann, IV, 43. Cic. Rosc. Com. 1. Val. Max. H, 8, 2. Nämlich
hoc ‘datum (vergl. Sat. IV, 3) ist das unmittelbar vorher behauptete
Liber ego. So passt sumis vortrefflich für den Context; denn ge-
rade darnach wird gefragt, mit welchem Rechte jene Behauptung
geschehe. Heinrich traf das Richtige, indem er p. 157 übersetzt:
„woher nimmst du diese Behauptung ?* Das Scholion lautet bei Jahn
p- 384 „Unde datum hoc sumis. Et poeta: Quomodo te libe-
rum esse dicis, quum viliorum servus sis?“
ν. 126---29,
„I puer et strigiles Crispiniad balnea defer,
Si inerepuit: cessas nugator ; servilium acre
Te nihil impellit, πος quicquam extrinsecus intrat,
Quod nervos agitet.“
Allgemein setzt man hinter defer ein Punctum. Aber unmög-
lich können die vorhergehenden Worte, die nicht etwa der Dichter
selbst, sondern ein Anderer zu dem Angeredeten spricht, ohne alle
Einleitung stehn. Ebendeshalb ist mit Heinrich p. 157 zu I puer
.. . defer das Si increpuif vorwegzunehmen, Persius stellt sehr
oft die eigenen Worte den einleitenden voran. Siehe unten zu v.
134. vergl. IV, 1. 3. 9. 20. Sat. V, 85. 113.158. 161—63. 171.
Statt der Vulgate increpuit hat Hauthal I, p. 415 aus einigen der
ältesten Codd. das gefälligere increpui aufgenommen. Aber der
Zusammenhang gestattet die erste Person nicht, und Hauthal muss
=
154 Zur Kritik und Erklärnng der fünften Satire des Persins.
zu der durchaus-unstatthaften Annahme seine Zuflucht nehmen, den
Vers I puer .. . defer dem Dichter selbst in den Mund zu legen.
In wiefern dies, dass der Dichter als Philosoph solches spreche,
aus dem Folgenden Sed si intus . . : herilis unwidersprechlich
hervorgebe, sehe ich nicht ein. JInerepuit ist die ächte Lesart; es
steht impersonell wie z. B. inquit Juv. If, 153. Andere suppli-
“ ren ohne Noth dominus. Die Worte cessas nugator verstehe ich
anders, als alle Früheren. In sämmtlichen Ausgaben steht hinter
nugator ein Fragezeichen; man lässt. nämlich auch dies noch den
den Scheltenden sprechen. Aber dies wiederholte Drängen mit
dem Tone des Befremdens passt offenbar nicht dem Freigelassenen
gegenüber, welcher dem erhaltenen „Befehl nicht Folge zu leisten
brauchte. Passender, scheint mir, ist folgende Auffassang des Zu-
sammenhanges: cessas, nugator bildet den Nachsatz zu dem con-
dicionalen Vordersatze Δ increpwit: I puer .. . defer! und der
Dichter selbst spricht es. Der Zwischenredner, welchen man sich
als Freigelassenen denken muss, hatte die absolute Behauptung
vorangestellt Liber ego! Er kennt nämlich keinen anderen Herrn
‚als quem vindicta relaxat. Der Dichter-Philosoph gibt ihm zu, dass
er allerdings insofern frei sei, als er fortan nicht mehr Sclaven-
dienste zu verrichten brauche, und führt einen Specialfall an: Wo-
fern der Ruf erscholl „Geh, Bursche, und trage die Bürsten ins
Bad!‘ — so säumest du Schwätzer; (denn) der harte Sclavendienst
treibt dich nicht, auch tritt von aussen überhaupt nichts mehr (an
‚dich) heran, was dich aufregte.“ Heinrich p» 157 behauptet, nu-
gator sei ein gewöhnliches Scheltwort für Sclaven. Aber es bedeu-
tet, auch wo .es von solchen im Dialog wirklich vorkommt, eigent-
. lich „„Schwätzer,‘° und steht hier, nicht etwa wegen des cessas, wie
Jahn namentlich p. 201 mit Beziehung auf Ter. Eun. IV, 4, 16
Cessas otiosa meinte, sondern weil der Sprecher in Liber ego eine
halbwahre Behauptung aufgestellt hatte. Vergl. Cic. pr. Flacc,. XVI,
38. Plaut. Trin. IV, 2, 91. Cure. IV, 1, 1. Gell. ΧΙ, 8. ΧΙ, 2.
"Ausserdem muss man mit Hauthal p. 82. 416 nugator als Vocativ
verstehen, nicht als Appositionsnominativ, wie alle übrigen annah-
men. Aehnlich Plaut. Mil. IV, 2, 87: ‚‚Vae tibi, nugator !‘“ Cic.
Senert. 1: „non vero tam isti, quam tu ipse, nugator.““ Auson.
Ephem. I, 17: „Surge, nugator lacerande virgis!‘“ wo nugator
freilich in einer anderen Bedeutung, aber doch als Vocativ steht,
V. 12931.
‚„Sed si intus et in jecore aegro
Nascuntur domini: quin tu impunitior exis,
Atque hic, quem ad. strigües scutica et metus egit herilis !“
Nascuntur ist die handschriftlich beglaubigte Lesart, nicht
tscuntur, welches einige der Neueren vorgezogen haben. Der
Von Dr.-A. Häckermann. 155
Indicativ passt wegen der grösseren Bestimmtheit besser für den
Context; insbesondere entspricht nascuntur mehr dem ezis. Her-
mann Lect. Pers, IIL. p. 26 „rascantur nullo nostro codice ad-
dicente sensuque debiliore, quam fieri posse tanlum indicet, quod in-
dicativus jam fieri declarat.“ Nach dem ausdrücklichen Zeugnisse
Jahns ed. I. p. 54. ed. II. p. 29. Orelli’s p. 217. Plums p. 440.
C. Fr, Hermanns Lect. Pers. II, p. 5% und besonders Hauthals I.
p. 416—20 ist ‘nicht die Vulgate qui, sondern qusn die Lesart der
meisten MSS, Beibehalten haben sie nur Weber p. 22. Passow p.
58. Plum p. 440. Die nächste Frage dürfte also diese sein: gibt
quin einen angemessenen Sinn für den Zusammenheng? Weber,
dessen Worte Plum wiederholt bemerkt, p. 56: „‚Interrogatio cum
quin acerbior et; magis satirica est.“ Dagegen machte Hauthal
I, p. 417 geltend, quin sei an unserer Stelle geradezu gegen den
Sprachgebrauch, Wenn es nämlich Fragewort und so viel zei als
cur non, so drücke es allemal eine Aufforderung aus, etwas zu
thun. Sat. Ii, 71—74. IV, 14—16. Ebendasselbe äusserte gegen
Plom Hermann Rec. A. Schulz. 1833 p. 339, und Jahn berief sich
p. 54 auf Haase zu Reisigs Vorles. p. 575 ff. Allerdings ist. es
nstatthaft, hier an eine F rage zu denken: aber quin ist auch Af-
firmativ-Partikel und steht im Sinne von säne, omnino. So ‚Plaut,
Merc. II, 3, 77. V, 4, 47 „Hercle quin tu recte dieis.““ Vrgl.
Plaut, (88. iu, 4, 9—19. So entsteht der Gedanke ‚„‚Wahrlich; in
der That, du gehst: strafloser aus!“ was man natürlich als Ironie
fassen muss. Mit Recht setzte daher Passow p. 58 statt des
Fragezeichens hinter Aerilis ein Ausrufungszeichen, freilich wegen
quin überhaupt getadelt von Heinrich p. 157 und Hermann A, Schulz.
p. 339. Ein besonderes Gewicht legt selbiger dort und Lect. Pers,
Ἢ p. 54 auf die Stelle bei Horaz Sat. II, 7, 105 ‚qui tu impuni-
tior „.... captas?“ Er sieht in ihr ein offenbares Vorbild des
Dichters, Zugegeben, es sei so: warum muss sich diese Nachbil-
dung auch auf das qw erstrecken? Bewahrt sich doch auch in
dem Uebrigen, dem exis u. 8. w. Perseus seine Selbstständigkeit.
Allerdings gibt qui einen höchst passenden, bequemen Sinn und
ist jedenfalls die gefälligere Lesart; aber'nach demselben Gruudsatze,
nach welchem O. Jahn zu v. 124 schloss 9 sentis als das schwerere
sei die ächte Lesart und nicht sumis, dürfte auch hier zu schliessen
sein: quin haben die meisten MSS., es gibt einen mindestens
wohlgenügenden Sinn: warum davon abgehn? Qui ist als spätere
Emendation sehr glaublich, nicht aber quin.
=
156 - Ein Bruchstück des Trogus Pompejus,
Ein längeres Bruchstück aus des Trogus Pompejus ver-
loren gegangenem Geschichtswerke.
Mitgetheilt von Dr. R. Sascke zu Breslau.
Das Gerücht, dass mit der Einwanderung italienischer Geist-
lichen auch ein vollständiges Exemplar des verlorenen Trogus Pom-
pejas mit nach Polen gebracht worden sei, ist seit dem Wieder-
erwachen der Wissenschaften in jedem Jahrhunderte mehrere Male
aufgetaucht; wurde aber jedesmal mit der Bemerkung abgewiesen,
dass diese Berichte nur auf der Verwechselung mit dem unter
Justinus’ Namen bekannten Äuszuge aus jenem grösseren Werke
beruhen, wofür sich genügende Beweise aus Handschriften anführen
liessen. Auch mir hat dies immer so geschienen, so oft mir auch
Nachrichten von der Existenz des ächten Trogus zukamen, In
neuester Zeit schienen diese Berichte doch auf etwas Positiverem zu
beruhen. Es sind nämlich einige namhafte Gelehrte, unterstützt
von hochherzigen Männern damit beschäftigt, die älteren polnischen
Geschichtsquellen vollständig herauszugeben, Es werden dieserhalb
weit und breit die handschriftlichen Vorräthe gesichtet und «lurch-
mustert. Dabei ist nun &in ansehnliches Bruchstück des Trogus
Pompejus in die Hände des Herrn Professor Dr. Bielowsky in
Lemberg gelangt, welches derselbe unmittelbar der gelehrten
Welt vorzulegen gedenkt. Da er nun die etwa. sonst noch vor-
handenen Fragmente des Trogus sammelt, so hat er sich auch an
mich gewandt, und mich um ein hier worhandenes gebeten; das-
selbe ist ihm auch durch mich mitgetheilt worden. Ich theile das-
selbe hier nachstehend mit, um auf das Verhältniss aufmerksam zu
machen, in welchem Trogus zu dem unter Justinus’ Namen ver-
breiteten Auszuge steht, bemerke vorher aber noch folgendes. Das
Fragment ist enthalten in einer vielverbreiteten in mehrere Spra-
chen übersetzten Schrift des Predigermönchs Jacobus de Cessolis
oder Cessulis in der Pikardie, welche dieser de ludo scaccorum
am Ausgange des 13. Jahrhunderts ia vier Tractaten verfasste und
zwar so, dass er weniger das Schachspiel selbst lehrte, als vielmehr
bei der Behandlung der Geschichte dieses Spieles, der einzelnen
Figuren, deren Zügen und deren Pflichten moralische Betrachtun-
gen einflicht, die vielfach mit Stellen der Alten namentlich aus
Valerins Maximus, Caesar und Schriftstellern des Mittelalters wie
Boethius, Paulus Lombardus u. A. durchwoben sind. Unsere Stelle
findet sich am Ende des 4. Capitels des II. Tractats. Von dieser
Schrift sind hier zwei Handschriften vorhanden. Die eine Perga-
menthandschrift, 47 Blätter 4. enthaltend aus dem Ende des
14. Jahrhunderts, ist zwar sehr sauber geschrieben; ist aber, wie
sich aus der Gegenüberstellung ergibt, einer andern in der hiesi-
gen Universitätsbibliothek 4 fol. 64 bezeichneten bedeutend nach-
᾿ Mitgeiheilt von Dr. R. Sascke zu Breslau.
157
zustellen. Die letztere ist gemischt aus Papier und Pergament
zusammengesetzt und enthält ausserdem noch eine Lebensbeschrei-
bung der heiligen Katharina und
eme ganze Anzahl theologischer
für die Homiletik bestimmter Hülfstractate, die zum Tbeil sehr volu-
minös sind. Unser Schriftchen,
das den Anfang macht, ist mit
ganz besonderer Sorgfalt geschrieben, mit vergoldeten gemalten
Initialen versehen und enthält auch die Abbildungen der einzelnen
Schachfiguren.
Es heisst also am Ende des 4. Cap. des Il. Tractatus:
Codex Rhedigeranus.
Quemadmodum refert Trogus
Pompejus de Lignteo quodam no-
bile rege, qui finxit quasdam le-
ges observandas et juramento
astringit civitatem et populum.
Auctor vero ipsarum fuerat Apollo
deiphicus pytbicus, Cum eas po-
pulus propter earum duritiem sol-
vere vellet et Liguteus, quia justae
erant, populum et civitatem jura-
mento astrinxisset, quod eas non
solverent donec consuluisset Apol-
lineın et reversus responsum por-
taret ad Cretam insulam in exi-
lium ivit, ibique perpetuum pere-
git exilium, ut praedictae leges
per populum servarentur. Cum-
que morti .appropinquasset ossa
sua in mari projici mandavit, ne,
si forte mortui ossa ad civitatem
adjuratam fuissent delata existi-
marent se solutos a juramento;
praedictas autem leges, quia justae
erant et utiles bic scribemus.
Prima lege populum’ in obse-
quium principum et principes ad
custodiam populi ad justitiam im-
pioram formavit. Secunda lege
parsymoniam persuasit existimans
laborem militiae assidua frugalita-
tis consuetadine faciliorem esse.
Tertia emi singula non pecu-
nia, sed compensatione mercium
jussit. Quarta auri et argenti
Codex in bibliotheca regia Universila-
tis Wralslaviensis asservalus.
Laborare debent milites, ut
justae leges diligentins observen-
tur. Qnemadmodum refert Tro-
gus Pompejus de Ligurco quodam
nobili milite, qui finxit quasdam
leges, et quia populo durae vide-
bantur, tamen, quia justae erant,
auctorem earum Apollinem del-
phicum dixit fuisse. Cumque
eas populas propter earam de-
mentiam [sic!] solvere vellet et
Ligurcus populum in civitate ju-
ramento astrixisset, quod eas non
solvant, donec consuluisset Del-
phicum ac reversus responsum
portaret; ad Cretam insulam in
exilium ivit ibique perpetuum per-
egit exiliam, ut praedictae leges
observarentur. Cumque appro-
pinguasset morti, 0882 sua in mari
projici mandavit, ne, si forte
mortui ossa ad civitatem adjura-
tam fuissent delata existimarent
se solutos a juramento ; praedictas
autem leges, quia justae erant et
utiles -hic subscripsimus. Prima
lege populum in obsegüium prin-
cipum et principes in obsequium
populi atque in -justitiam impio-
rum formavit. Secunda lege
parsimoniam persuasit aestimans
laborem militiae assidua frugalita-
tis consuetadine faciliorem fore.
Tertia emi singula non pecunia
158
Codex Rhedigerunus.
velud omnium viliordm materiam
constitait. Quinta ad ministra-
tionem reipublicae per ordinem
divisit; regibus potestatem bello-
ram; magistratibus judicia et an-
nulas sanctiones; senatui custo-
diam legum; populo eligendi vel
creandi, quos velit, magistratus
potestatem permisit. Sexta fun-
dos omnes equaliter divisit, ut
equa essent patrimonia et nemi-
nem aliis potentiorem redderent.
Septima convivari omnes pu-
blice jussit, ne cui divitiae sint
causa luxuriae in occulto. Octava
juvenibus tum non. amplius nisi
una veste uti toto anno permisit.
Nona pueros pauperes non: in
foro sed in agro deduci jussit, ut
primos -annos non in Juxuria nec
joco sed in opere agerent. De-
cima statuit virgines sine dote
nubere. Undecima, ut uxores
eligerentur non pecunia jussit.
Duodecima et ultima maximum
honorem non divitum, sed per
gradum etatis senum esse voluit.
Nulla autem lege aliquid sanctivit,
cujus primus ipse servando alüs
non fuerit in exemplum,. Talium
zelatores legım fuernnt illustres
‘milites Archanas*) Mathatias et fi-
lii ejus ut primi et secundi lihri
Machabheorum narrat ystoria et
hacc de militibus dicta sufficiant.
*) Soll wol Hyrcanus: bedeuten.
‚ Ein Bruchstück des Trogas Pompejus.
Codex in bibliotkeca regia Universita-
is Wralislaviensis asservatus.
sed compensatione mercium man -
davit. Quarta auri et argenti
velut omnium viliorum materiam
instituit. Quinta administratio-
nem reipnblicae per ordinem di-
visit, Begibus potestatem bello-
rum; magistratibus judicia et an-
nuas sanctiones; senatui custo-
diam legum; populo eligendi vel
ereandi, quos velit, magistratus
potestatern permisit. Sexta fun-
dos omnes equaliter divisit, ut
etiam patrimonia neminem aliis
potentiorem redderent. Septima
commiuari omnes publice jussit,
ne cui divitiae sint causa Iuxuriae
in occoltoe. Octava juvenibus
non amplius nisi una veste uti
toto anno permisit. Nona pue-
ros pauperes non in foro sed in
agro deduci jubet, ut primo an-
nos non in ludo aut joco, sed in
opere agerent, Decima statuit
virgines sine dote nubere. Un-
decima, ut uxores eligerentur
non pecunia jussit. Duodecima
maximum honorem non divitum;
sed pro gradu aetatis senum esse
voluit. Nulla autem lege aliquid
sanccivit, cujus primo ipse ser-
sando aliis non fuerit in exem-
plum. Tales etiam legis zelato-
res fuerunt illustres milites Mata-
thias et filii nt Machabaeorum
narrat historia. Et haec de mi-
litibus sufficiant,
Eine Vergleichung beider nebeneinander gestellten Handschrif-
ten gibt ein deutliches Bild von der Art, wie im Mittelalter von
Schriftstellern die Alten benutzt wurden, und welche Eigenmächtig-
keiten sich selbst Abschreiber, mit denen wir es hier doch nur zu
tbun haben, erlauben zu dürfen glaubten,
Doch zeigt eine Ver-
gleichung von Justinus III, 2, 6—12 als Parallelstelle zu obigem
Mitgetheilt von Dr. Sascke zu Breslau. : 159
Texte, wie bedeutend”der Unterschied zwischen dem Original und
dem Auszuge sei. Lässt sich nun zwar nicht leugnen, dass dem-
nach Trogus’ Darstellung sich mehr zu Plutarch’s nach Anekdoten
haschender Erzählung bieneigt, als zu der scharfen, sachgeinässen
Auseinandersetzung, wie wir sie bei Aristoteles (Polit. II, 9 u. 10)
finden: so lässt sich doch nicht ın Abrede stellen, dass der voll-
ständige Trogus, wenn er vor uns läge, gewiss über viele Pancte
des Alterthums, die bis jetzt noch dunkel erscheinen, Licht verbrei-
ten .werde.
Breslau. R. Sascke,
Miscelle XIX.
Der Unterzeichnete hat in einer früheren Miscelle (vgl. Bd. XVII.
S. 622.) darauf hingewiesen, dass in den Ciceronischen Briefsamm-
lungen viele Textesverderbnisse daraus hervorgegangen zu sein schei-
nen, dass in der ursprünglichen ungetreunten Schrift bei Wieder-
holung derselben Buchstaben und Silben unmittelbar hintereinander
der Schreiber des Urcodex des Compendiums sich bedient hatte,
dass er die Verdoppelung der Buchstaben und Silben nur durch
grössere Schrift anzeigte, wodurch sodann ein späterer Abschreiber
verleitet ward, jene so angedeuteten Verdoppelungen 'ganz zu über-
sehen. Es liessen sich unzählige Beispiele der Art mit Leichtigkeit
nachweisen, wie z. B. ad fam. lib. VII. ep. 10. δ. 8. de toto statu
tuo, wofür im Cod. Med. steht: de toto statuo, was ursprünglich
de toto statwo war. Doch wollen wir hier nur auf einige der Fälle
hinweisen, wo uns die wahre Emendation noch nicht gefunden zn
sein scheint. Lib. ad fam. V. ep. 12. δ, 4. liest Orelli: Multam
etiam casus nostri varielatem tibi in scribendo suppeditabunt plenam
cuiusdam voluptatis, quae:vehementer animos ' hominum in legendo
tuo scripto retinere possit. Die letzten Worte stehen im Cod. Med.
also: in legem dote scripto retinere possit. Lies: in legendo te scri-
ptore retinere possit. Dem vorhergehenden absoluten in seribendo ent-
spricht das absolute in legendo am besten, te scriptore ist ΑΒ], absol.
und deutet auf den Werth hin, welchen Cicero auf Lucceius’ Dar-
stellung legt. In der Urhandschrift stand: in leg&dotescriptore-
tinerepossit. Ibid. lib. VII. ep. 19. schreibt Orelli: Eum &brum
tibi misi Rhegio. Der Cod. Med. liest: amisi st. misı. Lies: Eum
librum tibi iam misi. In der Urhandschrift stand: eum τισι tibs
αἰεὶ. Ibid. lib, VIII. ep. 7. δ. 2. Nest Orelli: Quaeres ubi?
ubi hercules ego minime velles. Der Cod. Med. hat ubi nur einmal.
Orelli nahm an, dass die Wiederholung desselben Wortes Grund zur
Auslassunggegebenhabe. Mit Recht. Doch ist so, wie er liest, die Rede
nicht lateinisch. Wer einmal ausliess, liess auch mehreres aus.
Man lese: Quaeres, δὶ ἰδὲ, ubi hercules minime vellem. In letz-
160 . Miscelle. Wiederholte Bitte.
terer Beziehung bemerke ich noch, dass ibid. lib. V, ep. 20. ὃ. 4,
wo der Cod, Med, liest: cum.rem a me non insipienter excogitatam
quidem putas, nicht mit Orelli herzustellen ist: cum rem a me non
insipienter excogitatam ne cogitatam quidem pulas, sondern vielmehr
zu lesen ist: quum rem a me non insipienter excogülatam [a me ne
cogitatam] quidem putas, dass ferner lib. VIII. ep. 4. $. 2. in den
Worten: in evitandis üs consilüs, qui etc. ebenfalls eine Lücke an-
zunehmen und etwa zu lesen ist: in evitandis üs consiliis, [quae inita
erant ab illis,] qui etc. Nicht selten haben auch andere, falsch er-
klärte Compendien in jenen Briefen Unheil angerichtet. Statt tri-
bunus P L., das heisst tribunus plebis, hat der Abschreiber Ὁ. I.
“ ep.. 9. δ. 15 geschrieben: tyrannus Publio Lentulus, was man bereits
richtig beurtheilt hat. Doch ibid, lib. VII. ep. 33. δ. 2. hat man
noch nicht erkannt, dass das, was im Urcodex stand: ne P. L. Ile-
gerem tuas litteras, was der Schreiber des Cod. Med. also falsch
las: ne pluribus legerem tuas litteras, also zu lesen sei: ne parum
libenter legerem tuas litteras, R. Klotz.
Leipzig.
"Wiederholte Bitte.
Schon bei einer früheren Gelegenheit habe ich ia diesen Blät-
tern die bescheidene Bitte gewagt, dass meine gelehrten Gegner,
die mich zu berichtigen bezwecken, sich die Mühe nicht verdriessen
lassen wollen, meine Worte vorher genau anzusehen, Diese Bitte
zu wiederholen veranlasst mich eine Stelle in dem lehrreichen Auf-
satze über die Henkel der griechischen Thongefässe B. XVIII.S. 545.,
wo es heisst: „nach Abweisung der schon von Bergk bekämpften
Ansichten, welche zuletzt noch K. F. Hermann theilte, dass die
Findungsorte der Henkel zugleich für die Ursprungsorte anzusehen
seien u, 3. w.‘* Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich
diese Worte las; und ich glaube, jeder Unbefangene wird mein
Gefühl theilen, wenn er damit die Stelle meiner Monatskunde
5. 109 vergleicht: „da es zu misslich scheint .. . dieselben bloss
nach den zufälligen Fundorten zu vertheilen ; zumal wenn wir sie
grossentheils nur als die gemeinschaftlichenDorischen be-
trachten dürfen, die uns theilweise auch in Rhodus und an-
dern östlichen Colonien begegnen.“ Weiter konnte ich da-
mals,. wo von dem reichen Stoffe, den inzwischen Stephani und
Stoddart zusammengebracht haben, erst noch der kleinste Theil
vorlag, nicht gehen, und namentlich Inschriften, von deren Vorkom-
men ausserhalb Siciliens kaum die erste Kunde erschollen war, noch
unter keiner andern Rubrik vereinigen; von.solcher Beschränktheit
aber, wie sie mir jene Stelle aufbürdet, bin ich weit entfernt ge-
wesen. K. Fr. Hermann.
Göttingen. _—_
>
JAHRBÜCHER.
PnliologlemPacdagogik,
oder
Kritische Bibliothek
für das
Schul- una Unterrichtswesen.
In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten
begründet von
M. Joh. Christ. Jahn.
Gegenwärtig herausgegeben
von
Reinhold Klotz Rudolph Dietsch
Professor in Leipzig Professor in Grimma
nnd
Alfred’ Fleckeisen -
Gymnasiallehrer in Dresden.
ER
Neunzehnter Supplementband. Zweites Heft.
- Leipzig, 1853,
Druck und Verlag von B. G. Teubner.
ARCHIV
für
Philologie ὦ Paedagogik.
Φ
Begründet von
M. Joh. Christ. Jahn.
Gegenwärtig herausgegeben
von
_ Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig .
und
Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma.
Neunzehnter Band. Zweites Heft.
Leipzig, 1853.
Druck und Verlag von B. G. Teubner.
Variae codicis Parisiensis A. in Civitatis Platonicae libris X.
ο΄ seripturae supplementum a Fr. Dübnero collectum,
a C. E. Chr. Schneidero ad Operum Platonis volu-
mina tria Lipsiae a Teubnero a. MDCCOXXX.XXXI.
XXXIU. edita accommodatum et accessionibus atque
emendationibüs aucium.
(Schluss. Vgl. Archiv Bd. XVII. 8. 485 ff. Bd. XIX. 8.5 ff.)
_Wel; III. Praef. P, XXXU. v. 4 a f. scribas ἰσοσκελέσεν pro ἶσο-
σκέλεσιν.
Pag. LXXXX..11 post dieit. addas: Ac multiplicationem
quoque eodem verbo significari potwisse cum res ipsa,.
εὐ "tum duorum Macrobii locoram comparatio docet. Qui
cum In somn, Scip. L. I. cap. 6. p 28. ed. Lugd. Bat.
seripsisset: coeant enim numeri, mas ille, qui memo-
. ratur, et femina, octo scilicet et viginti septem: pariunt
ες ΘΑ se quingue et triginta. non ita multo post c. 7. p.
41. posuit haec: cum vero decas, qui et ipse perfectissi-
“mus numerus est, perfecto numero, id est heptadi, iun-
gitur, ut aut decies septeni aut septies deni computen-
tur anni, haec.a physicis creditur meta vivendi, et hoc
vitae humanae perfectum spatium terminatur.
Pag. LXXXXII. ad ea, quae v. 8—17 de diei in horas
et horarum- in particulas divisione dicta sunt, addas:
‘ Diei in duddecim partes divisionem non solum Platoni
- notam, sed etiam eius aetate apud Graecos usitatam et
notari solitam fuisse colligo ex loco Leg. L. VI. p. 784.
A. ubi molieres quaedam dicuntur πρὸς τὸ τῆς Ellsı-
ϑυίας ἱερὸν ἑκάστης ἡμέρας ξυλλεγόμεναι μέχρι τρίτου
«μέρους. ὥρας. Quae verba ab aliis aliter intellecta sic
; - interpretor, ut singulis diebus, quibus convocare eas
placuerit magistratibus, eins diei temporis, quod ὥρα
vocatur', 'usque ad tertiam parfem convenire sive non
ΗΠ γα tertiam .eius partem in conventu esse dicantur.
- Apud Xenophontem: Memor. L. IHI. c. 8, 4 sol perhi-
‚betur τὰς gas τῆς ἡμέρας ἡμῖν σαφηνίζειν, quod ad
quattuor tempera diei referendum esse in Animadver-
: .. sionibus p.: 175. docuit Hindenburgius approbavitque
Idelero (Handbuch der mathematischen und technischen
- Chronologie: T. 1. p. 288. sq.). Talis igitur ὥρας tertia
pars duodecima’ erat diei.. Sed ad ipsam significandam
11*
166
Pag.
Pag.
Pag.
Pag-
Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
"Pag.
Pag.
Pag.
Pag.
Variae codicis Paris. A. in Civitatis Plafonicae libris X.
non sufficiebat ὦρας nomen, Itaque ἑκάστης ἡμέρας
simul ad ὥρας referendum videtur.
1, b, 20 post omnes addas: et Par. A. Dü.
2, b, inter v. 11 et 10 a f. inseras: C δεχομένους) — νου
a m. pr. Par. A. δ.
pen. post: αὖτ. inseras: Par. A. Dü. item p, 5, 6, 3
post δεῦρ᾽ et 8 a f. post ἀκούσει.
6, a, ult., post at addas: quamque Proclus agnoscit in
9,2, 6 a. ἢ post am. ar. inseras: sed correctus ab eadem Dü.
b, post υἱέ, addas: πολιτείαις) — ἐς in litura Par. A. δ,
10, a, inter v. 1 et 2 inseras: τοῖς) ταῖς a m. pr. Par. A. Du.
11,a, 7 a f. post εὐχώμεϑα) inseras: — & — in litura Par.
A. Dü. (a m. pr. non fuit 0)
18, a, inter v. 18 et 19 inseras: φυτοῖς). — v — in liturs
Par. A. Dü.
14, 8, 1 post ξυνώπτωσι) inseras: σ᾽ — ante. correctionem
Par. A. Du.
4 post βραχυβίοιρ) inseras; βραχυβί-:-οἐς Par. A. Dü.
. Anter v. 17 et 16 a f. inseras: εὐγονίας) --- ο — ὄἰα
- litura Par. A. Di.
ult. addas: In margine Par. A. Dü. ad αὐτοὺς adseri-
ptum est σπα —, quod Dübnerus non dubitat quia
12 1077 significet,
b, 4 post γεννητῷ) inseras: Ita a m. pr. Par. A. Di. yi-
νητῷ idem correctus (altero ν eraso).
16, a, 1 post συξυγεὶς) inseras: — εἰ — in litura Par.
. Dü.
er a ἢ, post ἕκαστον inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
item p. 17, a, 15. (Eo minus dubitavi Leg. L. XI. p.
932. C. pro ἕἔπαστον secundum Bekkeri coniecturam
scıibere ἑκαξὸν) -
18, a, 9 a f. addas: Par. A. Dü,
8 a f. past ὠργύρῳ) inseras: ἀργυρῷ Par. A. Dü.
19, a, 15 ad Par. A, addas: a m, sec. Dü, (φήσομεν am. pr.)
9 a f. post Par. A. inseras: a m. sec. Dü.
7 a f..post γένει inseras: Par. A, Dü. a m. pr.
5 a f. post χρυσέου) inseras: χρυσίοῦ Par. A, Dü.
b, 22 post Ang. B. addas: et qui * ὃν δξ a m. vet, su-
- per 809 scriplum habet, Par. A, Dü.
27 post nevoufvo) inseran: πενομένω -- Par, A. Di.
30 post πλουσίω) inseras: πλουσία ante lituram Par.
A. Du.
21, a, inter v. 5 et 4 a f, inseras; E «oyag) Super priori a
aliquid erasum est in Par. A, Da. "
pen. deleas, Par. A. quippe qui Dübnero teste κεκτῆ"
μένην habeat cum plerisqne,
᾿ seripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 167
5, 14 pro 68: scribas 52.
25 ‚addas: Abest teste Dübnero, Tamen post τοὺς σο-
᾿φοὺς et ante zoug — πεφυκότας etiam in his ϑυμοει-
δέσει generis significatio Aptior videtur.
Pag. 22,a, 15 deleas Par. A. εἴν. i8 post codices inseras: (Par.
A. δ. nitidissime,
b, 14 post οἵ τοιοῦτοι) inseras: οὗ. οὔτοι CUM 708 süper
puncto Par, A, Dü.
Pag. 23, a, inter v. 12 et 13 inseras: ἐν) ἐν — Par. A. Dü.
ὃ, 5 post λάϑρᾳ inseras: Par. A. Dü.
Pag. 25, 3, 4 pro Adimantus scribas: Socrates ..
25 post τισιν inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
b,3 addas: (εἰλ. Par. A. Dü.)
Pag. 28, a, 7 addas: (λάϑρᾳ Par. A. Di.)
" inter v. 8 et 9 inseras: εὖνοι) εὔνυ.. 8 ὯΔ. ΒΓ. εὔνοι
ἃ m. sec. Par. A. Dü. ᾿ τοὺς
Pag. 29, a, inter v. 10 εἰ .11 inseras: αὖ τοὺς τοῦ) αὐτοὺς. τοῦ
Par. A. Da. ᾿
b,7 a f. post διεληλυθέναι) inseras: δὲ — in litura Par.
| ' ἃ,
Pag. 30, 8.. 8. af. addas: sed ab eadem additum habet Dü.
Ὁ, 18 post αὖ. inseras: Par. A. Dü.
'Pag. 31, a, £ post αὐτῶν) inseras: αὐτῶι Par. A, Dü.
9 post mei inseras: et Par. A, Dü.
‚Inter v. 10 et 9 a f. inseras: οὕτω) — ı o Par, A. Dü.
in litura: ante lituram os
Pag. 32, a, post ult. addas: reAevravzeg) — ὦ — in litura Par.
A. Dü. Ante litaram fuerat ov
Pag. 33, b, 6 post Etiam inseras: Par. A. Dü. cuius auctoritate ad
reliquos accedente nihil impedit, quo minus ‚deleatur
articulus. Ck. L. VIE. Ρ. 583. Ὁ: τοῦτο γὰρ, ἔφη,
τότε ἡδὺ ἴσως καὶ ἀγαπητὸν γίγνεται, ἡσυχία, εἰ Pflugk.
ad Eurip. Heracl. 745.
inter v. 15 et 16 inseras: ven) — 5 — in litura
Par. A. Du,
Pag. 34, a, 2 ad vavındlav addas: Par, A. Dü..a m. pr.
b,17 post Par. A. inseras: (vi.in litura: ante lituram
ε Du.)
Ι 12 ἃ f. ‚post ἀνάγκη i inseras: Par. A. Dü.
Pag. 35, a, 6 ad μὴν τόδε adscripta ita corrigas: In Par. A. Dü.
a m. pr. μὴν οὐδὲ scriptum, deinde οὐδὲ in τόδε mu-
tatum et ab alia, ut videtur, manu οὐδὲ ad μὴν adie-
ctum est. .
inter v. 13 et 42 a f. inseras: ᾿καλὸν τὸ Super ὃν
- daarumm, super ὁ nnius Ktterae litura est in Par. A. Dü.
11. a f. post Par. A. inseras: (ih qua Dübnero teste
168 Variae codicis Paris. A. in Codicis Platenicae libris X.
ἴσως πὶ in litura ab eadem mann, απ86' τόδε scripsit,
posita sunt)
δ) δ a f. addas: (ante correctionem fuerat δὲ Di.)
Pag. 36, a, 2 post n inseras: Par, A. Dü.
b,3 a f. addas: — os — in litara Par. A. Dü.
Pag. 39, b,6 a f. post εἷς) inseras: om. Par. A. Dü. a m. pr.
Pags 40, b, inter v. 18 et.14 inseras: φεϊδόμενορ) y — in litura
Par. A. δ),
8 a f. addas: item Par. A, Di.
Pag. 41, a, 4 addas: Quamgqaam hic postea mutasse sententiam vi-
detur. Cf. Pathol. Vol, I. p. 568. -
‚ 18 a.f. post ἔγωγ᾽ inseras: Par. A. Di. item p. 43, a,
5 ante Lob.
Pag. 45, a, 8 af. post Par. A. inseras: (a m. recentiori Da.)
b, 16 a ἢ, addas: Etiam Thucydides L. I. c, 13,2 secun-
‘dum codices non ναυπηγηϑῆναι» sed ἐνναυπηγηϑῆναι
scripsisse existimandas est. Atque ipsum ὀνδυρίσκειν
probabili coniectura Dobraeus adiudicat Aristophani
Acharo. 1037 (1001 Bekk.) nbi libri habent dynjg avev
ρηκέν τι ταῖς σπονδαῖσιν ἠδύ. Platoni tamen haud
scio an εὑρήσεις relinquere praestet propter sequens
ἐνούσας», et quod ἐν in Par. A, recentius additum,
ἐνευρίσκειν autem, ut Hasius in Steph. Thes. Vol, IIl,
p. 1071. ἢ). docuit, posterioris aetatis scriptoribus satis
usitatum est.
18 af f, post τἀλλότρια et v. ult. post ἄρ᾽ inseras Par.
ü.
Pag. 46, b, 1 addas: (additam ab eadem m, habet Di.)
7 a f. post ἵν᾽ inseras: Par. A. Dü.
Pag. 47, b, inter v. 18 et 19 inseras: nAovaıwrarov) — οὐ — in
litura scriptum et in marg. πλη manu vet. positum ha-
bet Par. A. δᾶ,
Pag. 48, a, 2 post γίγνωνται) inseras: — as in litura Par. A. Di.
11 post lituram inseras: (duarum vel trium Jitterarum Di.)
19 post om, inseras: Par. A. Dü.
inter v.7 et 6 a f. inseras: ἐφιέντες) — ες in litura
trium litterarum Par. A. Dü.
Pag. 49, a, inter v. 12 et 11 a f. inseras: ὑπείκοντα) --- εἰ —
in litura Par: A, Dü.
Pag. 52, a, 13 a f. post σφὲς inseras: Par, A. δᾶ.
inter v. 13 et 12 a f. inseras: αὐτοὺς) αὖ. Par. A. Dü.
b, 15 post av. inseras: Par. A. Dü. item p. 58, a, 3 post
συστ.
Pag. 53 ult. in αὐτὸν Par. A. Dü. ὁ in litura positum habet.
Pag. 54, a, 8 post ἡμέτεροι) inseras: ἡμέτεροι" Par. A, Dü.
18 post εἰσὶ γὰρ inneras: Par. A. Dü
"scripturae editae a Ο, E.:Chr. Schueider. 169
21 addas: Sed quoniam’ in optimo codice utrumque
‚+ exstare compertum est, Yubitari potest, an utrumque
‚verum et a Platone ita scriptum sit: ὅτε ἄνδρες ἡμέ-.
τεροι" εἰσὶ γὰρ οὐδέν. sunt isti nostri; etenim sunt ni-
hi. In quo haud obscura inest ad arma capienda et
ad eripiendum indignis imperium adhortatio eaque et
. magis conveniens verbo σταραγγέλλειν (cf. Vol. IT, p. 285.)
quam simplex in vulgata lectione. contemptus demon-
stratio, et apte succedens iis, quibus hi ignaviam suam
accusare sunt dicti. "Huäregos autem eadem significa-
tione Jegitur ‚apud Xenophontem Cyrop. L. II. c. 8,2:
v μὲν ἡμεῖς νικῶμεν (τοῦτο γὰρ ἀεὶ καὶ λέγειν καὶ
ποιεῖν δεῖ), οἵ τὸ πολέμιοι δῆλον ὅτι ἡμέτεροι καὶ τὰ
᾿ τον πολεμίων ἀγαϑὰ wave" ἣν δὲ ἡμεῖς αὖ ψικώ-
μεϑα (καὶ γὰρ τοῦτο λέγειν δεῖ), καὶ οὕτω τὰ τῶν
νεκωμένων ἀγαϑὰ πάντα τοῖς νικῶσιν ἀεὶ ἄϑλα πρό-
πειται. (lta enim’ scribendum ‚videtur, Vulgo altera
τὺ parenthesis dest.) Denique & ἀνδρες articulo carens
certe non maiori offensicni est, quam in vulgata carens
eodem sjafregoı. CA. Vol. 1. p. 18.
inter v. 6 et 5 a f. inseras: ῥοπῆς) — o — in litura
‘ Par. A. Du.
b,inter v. 11 et 12 inseras: ἔξωϑεν) in litura Par. A.
Dü: Idem sequentia verba ἐπαγομένων — συμμαχίαν
(non $.) in margine scripta habet,
inter v. 18 et 19 inseras: νοσεῖ) vo — σεῖ Par. A.
Dü. (vonssı a m. pr.)
Pag. 56, a, 4 post μάλισε᾽ inseras: ‚Par. A. Dü.
21 addas: et Welckerus in Praef. ad Theogn. p.
| LXXXVIT. sq.
Pag. 57, a, 16 addas: Leg. L. X. p. 892. A. post κενδυνεύουσι.
Pag. 58, a, 16 post μὴ δὲ inseras:.Par. A: Da.
283 post Par. A. inseras: (δῖος — ηἰς — ηις Dü.)
‘ b,1 post A. inseras: (e correctione Dü. ante corr. δὲ)
Pag. 61, b, 11 af. ‚pro αὐτὰ ἅπαντα secundum Dübnerum scribas:.
anavı” αὐτὰ
Pag. 62, a, 12 post γενναῖα inseras: Par. A. Di.
b, inter v. 5 εἴ 6 inseras: γνώριμα) — ὁ — in litura °
Par. A, θᾶ, Fuisse 'videtur 9
Ä 7 a f. post αὖ. inseras: Par. A. Dü.
Pag: 63, a, 2 post ὁὀρισόμεϑα inseras: Par. A. Dü. a m, pr.
οὐ 19 addas: εἰμὲν Par. A. Dü. a m. sec. _
b, 10 post. Par.. A. inseras: (sine litura Dü.)
Pag. 65, a, 16: post Par. A. inseras: (— ο — in litura Dü.)
16. addas: Quod C. F. Hermanno aliquando in mentem
venit Platonem scripsisse ἦ τε madcaı ξῶντα ἀδυνάτη;
quam 'conieeturam Masei Rhenani Vol. II. anno
170 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae Hbris X.
MDCCCXLVI. editi Pag. 441 proposnit, id si in optimo
codice exstaret, tamen pro sano haberi non posset,
nisi demonstratum esset negue ἀδυνάτη formam inau-
ditam fuisse Graeeis et παῦσαι ξῶντα ἀδύνατον ἐπι-
ϑυμίαν eam cupiditatem significare eis potuisse, cui
finem, dum vivit homo imponere non potest. Hanc enim
sententiam requirit Hermannus. Exempla, quibus maxime
opus erat, illius feminini atque huius accusativi nulla_
attulit et feminini mentionem facere omnino supersedit,
accusativi autem rationem his verbis reddidit: Planius
utique dixisset: ἢ rs ζῶντα παῦσαι αὐτὴν ἀδύνατον:
nihil tamen insoliti habet attractio, qualem abunde illu-
strarunt Kruegerus Untersuch. T. III, p. 438. et Bois-
sonad. ad Marini V, Procli p. 125, πες si personalis
eonstructio adiectivorum δυνατὸς» ἀδύνατος» dadıos,
χαλεπὸς verba activa retineri patiebatur, quidgauam
causae erat, guapropter haec accusativos, quos secum
haberent, praedicativos abiicerent. Quam rationem
nullam esse apparet. Neque enim si quid eiusmodi
est, ut nihil causae fuisse videatur, cur dici non no-
tuerit, ided‘ et potuisse dici et re vera dictum esse
statuendum est, neque vero deest causa, quare tali
accusativo locus non esset. ᾿άδδύνατος dicebatur facul-
tatis expers, cuius facultatis notio si verbo activo de-
finiebatur, consentaneum erat ut actionis subiectum idem
illud esset, quod facultate careret. Itaque ἀδύνατος
παῦσαι proprie et primum dicebatur finiendi facultate
carens. Si vero facultas ea cogitabatur, quae recipien-
εἶθ seu patientis esset, et tamen παῦσωι ἀδύνατος di-
cebatur, actionis significatione remota nihil nisi finem
| -cogitari necesse erat, cuius notio in παύειν eadem atque
\ in παύεσϑαι inest. Recte igitur accusativum, qui ad
agentem aliquem referendus esset, cum eiusmodi infi-
nitivo non coniunzerunt Graeci. Non magis plausibile
videtar quod idem vir doctus de vulgata scriptura indi-
cat, qua negat eam necessitatem declarari,, qualem
Plato proposuerit, cuius maxime proprium hoc sit, quod
a nulla conditione pendeat, sed suapte natura firma et
immobilis constet. Plato enim necessariarum cupidita-
tum duo genera statuit, unum, quas avertere non possi-
mus, alteram, quae si expleantur, nos invent, priori-
busque opponit eas, quas exuere quis possit, si operam
det a teneris, posterioribus , quae insidentes nulla ra-
tione bonum afferant, immo contrarium nonnullae. Deinde
οι exemplo rem illustrans cibi cupiditatem utrague de causa
᾿ς necessariam esse docet, quia et utilis sit et vitae finem
afferre possit. Horum in altero apparet, qualis cupi-
scripfurae editae a €, E. Chr. Schneider. 1m
ditas sit quam avertere non possimus, Conari enim
“ possumus et hanc et reliquas necessarias avertere, ve-
rum non aliter nisi ut intereamus, Quse igitur talis
esse dicitur, quid aliud quam averti ‚posse negatur ?
inter v. 15 et 14 a f. inseras: οὐφέλειαν) ὠφελίαν
Par. A. Dü. a m. pr.
12 a. f. post Par. A. inseras: (αἱ in litura Di.)
inter v. 12 et 11. a f. inseras: ἐδεσμάτων) Inter 2 et
ö una littera deleta est in Par. A, θᾶ.
11 a f. post ἡ inseras: Par. A. δᾶ.
Pag. 67, b, pen. post Par. A. inseras: (cum « super £ et & super
‚2 ab eadem manu Di.)
Pag. 68, a, inter v. 7 et 6 a f. inseras: Παντάπασι) — σεν Par.
A. Du.
b,3 a f. addas: quorum ad' similitadinem revocatum satis
placet illud, quod Tim. p. 89. A. ante Bekkerum vul-
gatum erat: τῶν δ᾽ αὖ κινήσεων ἡ ἐν αὐτῷ „ip ξαυ-
τοῦ ἀρίστη κίνησις. in quo Bekkerus pro αὐτῷ secun-
dum Par. A. Pal. A. γαῖ. Καὶ, quibus accedunt Flor. R.
et Vind. F. scripsit &avro, quod item rectum est. Sed
tamen codex optimus Vind. Ο. tenet αὐτῷ.
Pag. 70, b, 16 citato Photio addas Grammaticum a Cramero Anecd, .
Oreon. Vol. I. editum, qui p. 224. Platonem nomina-
tim refert inter eos, qui pro κλείω dixerint χλήω. Idem
ibidem Atticos omnes πέκλειμαι avev τοῦ 0 dixisse te-
statur.
Pag. 72, a, 1 post avdgelav et 7 post πῶς: et 16 post efiam in-
'seras: Par. A. Dü. |
Pag. 74, a, inter v. 8 et 2 a. f. inseras: ὑδροποτῶν) — πῶ —
am. sec. Par. A. Dü,
ult. addas: Post ἀργῶν in Par. A, Di, quinquies dein-
ceps positum est —
Pag. 75,2, 6 a f. addas: — av. Par, A.Dü. .
4 a f. post οὗτος inseras: Par. A. Dü. (sed — og in
Ν litura)
. b, 6 post Vind. B. inseras: Par. A. Dü.
Pag. 76, ἃ, 27 addas Leg. L. X. p. 896 B. ubi pro γενομένη γε
ἀρχικὴ κινήσεως in quibusdam libris φανεῖσα legitur,
quod a Turicensibus receptum vereor ne glossema sit.
Ab eadem verbi γίγνεσϑαι significatione petenda vide-
tur nominis „interpretatio Tim. p. 42. C: κατὰ τὴν
ὁμοιότητα τῆς τοῦ τρόπου γενέσεως εἴς zıva τοιαύτην
ἀεὶ μεταβαλοῖ ϑήρειον (ποι. ϑηρίου) φύσιν.
Pag. 79, b, inter v. 8 et 9 inseras : ἐϑελοδούλουρ). — δόλος ἃ m.
pr. Par. A. Do.
post v. ult. addas: λέγομεν) — vin litura Par. A, Dü.
472 Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicäe libris Χ.
Pag, 83, a, inter v. 13 et 12 a f. inseras: ,ἐξίστηται) a m, pr. ἐξι-
στῆται ἃ m. sec. Par. A. Dü.
Pag. 85, a, 22 addas: item L. ΠῚ, Ρ. 698. Ο: καὶ διὰ πάντα zug?
ἡμῖν ξυνέπεσο πρὸς ἡμᾶς αὐτοὺς σφόδρα φιλία. Ita
enim codices,.non σφοδρα.
Pag. 86, b, 10 inseras: [täque Axioch. p. 371. D: ἐγγίνεται, quod
ον Bekkerus tacite mutavit, restituendum - videtur.
Pag. 87,a, pen. addas: De Par. A. nihil amplius, quam Bekkeras,
τ ἃ τῇ, pr. in eo fuisse docet Dübneras. ΜΜελιττουργοῖς
etiam Leg. L. VIII. p. 842. D. vulgo et:in Μ55. ple-
risque legitur: tantum ex Ang. B. et Ric..B. Bekkerus,
ex Flor. W. Stallbaumius μελιτουργοῖς referunt,
b, 21 post Par. A. inseras: (sed εσϑ in iltara Dü.)
Pag. 89, b, 2 addas: Συνεστὸς in Dione Cassio iam R. Stephanus
edidit L. XXXVIIH, p. 59,15. nec aliter Bekkerus p.
188,4. (ς, 5. δ. 2.) Ceterum' cf. Lobeck. Pathol. Vol. I.
223.
ὡς post ἀεὶ) inseras: cum s inter εὐ et ε superscripto
Par. A. Dü.
Pag. 94, ὃ, 10 addas: Quamquam κηφήνων βοτάνη dictio eius-
.ınodi est, ut et ipsa ex sermone vulgari repetita esse
videatur; qni si bona aliorum labore parta ignavis et
falcem in alienam messem immittentibus ad consumen-
dum proposita hac appellatione significabat, aptissime
Socratus eam ad hos, quos ipse fucos dixerat, et ad
divites illos adhibet. Posterior aetas ab actione civili
ad studia litteraram translato vocabulo eos, qui ab in-
genio et ab arte destituti strenue litteris operam dare
nec possent πος vellent et tamen lectione -vel auditione
delectari scriptisque vel recitationibus placere enperent,
propter eorum futilitatem et levitatem a labore et in-
dustria abhorrentem et nihil nisi delicias aucupantem
κηφῇνας vocabat, et horum qnoque κηφήνων βοτάνην
quandam, diversam scilicet a Socratica, sed item a
vulgari, nisi fallor, sermone petita dictione Plutarchus
commemorat Mor. p. 41. sq. ubi verum instruens audi-
torem aäpes imitari iubet non pulcherrimos quosque
fores, sed utilitatem et mel praebituros sectantes:
οὕτω δὴ δεῖ τὸν φιλότεχνον καὶ καϑαρὸν ἀκροατὴν τὰ
μὲν ἀνϑηρὰ καὶ τρυφερὰ τῶν ὀνομάτων καὶ τῶν πρα-
γμάτων τὰ δραματικὰ καὶ πανηγυρικὰ κηφήνωγ βο-
tavnv σοφιστιώντων ἡγούμενον ἐᾷν» αὐτὸν δὲ τῇ
προσοχῇ καταδυόμενον εἷς τὸν νοῦν Τοῦ λόγου καὶ
τὴν δίαϑεσιν τοῦ λέγοντος ἕλκειν ἀπ᾽ αὐτῆς τὸ χρή-
σιμὸν καὶ ὠφέλιμον, μεμνημένον; ὡς οὐκ εἰς ϑέατρον
οὐδὲ ὠδεῖον. ἀλλ᾽ εἰς σχολὴν καὶ διδασκαλεῖον ἀφῖκταε
τῷ λόγῳ τὸν. βίον ᾿πανορϑωσόμενος. Hoc Plutarchi
scripturae Vitae a Ὁ. E, Chr, Schneider, "173
loco ad explicandum loeum Dioscoridis in ‚epigrammate
ab Athenaeo L. VI. p. 241. sq. relato usi Casaubonus
et Jacobsius Animadv, in epigr. Anthol. Vol, I. Part If.
p. 400. sq. κηφῆνας interpretati sunt plagiarios, de
‚ quibas Plutarchus vix potuit cogitare neque cur Diosco-
zidem cogitasse statuamus, satis caussae videtur. Qoi
postquam Machonis comici poelae ogssibus iniectam ter-
ram ei levem esse et vivam ferre hederam: iussit, altero
disticho iussorum rationem reddit hanc: Οὐ γὰρ ἔχεις
πηφῆνα παλίμπλυτον. ἀλλά τι τέχνης "ἄξιον ἀρχαίης
λείψανον ἠμφίεσας. eiusque - sententiae suae testem
deinde ipsum citat poetam, qui hoc dicturus et operi-
‚bus suis demonstraturus atque ut posteri intelligant
efferturus sit, non Athenis solum, sed etiam Alexan-
- driae aliquando Musarum in arvis acre provenisse thy-
06), Hic et oppositoram ratio suadet, ‘ut ampliori
. significatu- κηφῆνα dictum esse putemus, et 'quod
σαλίμπλυτον adiectum est, cui cave ne cum Schweig-
haeusero activam vim attribuas, maxime in poetam veria
nervisque et colore carentem quadrat.
5 a f. post‘ opag inseras: Par. A. δᾶ,
Pag. 92, a,.inter v. 10 et 9.8 f, inseras: τινὰ) τιν — in litura
Par. A. Di. .
Pag. 93, a, 19 post προεστως). inseras: προεστὼς — — Par. A,
Dü. et p. 95, a, 16 διὰ ᾽σῶς): σῶις Par. A. Dü. et
inter v. 21 et 22: C ἔχων) ἔχων.. Par. A. Dü. et
p. 96 a, 15 a f. post μέλει: Par. A, Dü. ἃ m. 8εὲ5. ΄
Pag. 98, b, 11 a f. post ὑπεξαίρειν ἱπβεγδδ: Par, Δ. δᾶ.
. post v. ult. addas: αὐτὸν) ἀστὸν Par. Δ. Di. v in 6
mutato,
Pag. 99, a,inter v.; 10 et 11 inseras: καϑήρῃ) καϑηήιρῃ Par. A.
Dü. sed nı in litura.
b, 8 ΜΗ Dost Πῶς) inseras: — ἐθελήσειεν — Par.
A
Pag.100,b,14 a f. post γ᾽ inseras: Par. A. Dü.
post v. ult. addas: δὴ) — in litura Par. A. Du.
"Pag. 101, a, 14 post Οὐκ 205) inseras: — ὡς a m, sec, Par.
A. Dü
-b,9 addas: neque Pflugkius Praef. ad Eurip. Vol. I. p.
XXVIW. ironice h, 1. laudatum esse Euripidem sensit.
Pag.103,.a, 11 a f. post Flor. U. inseras: et in Par,. A. Dü. A ab
eadem manu super ὃ scriptum est.
b,5 a f. post. Par. A. inseras: (ovumo.ras cum .λῖ ab
eadem m. super puncto Dü.) .
Pag. 105, a, 17 a f. addas: Singalari usus 'videtur Axicchi auctor
- pP. 869. :A. ἐκ σύγκλυδος ὄχλου 7᾿ αὐἱ Bekkerus cum
Par. A. et quibusdam. συγελύδωνος ‚scripeit, Astius in
174 Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicae libris X.
΄ ᾿ Lex. συγκλύδων scribendum coniecit, quod Ald. Bas,
a. exhibent.
Pag. 107, b, 8 a f. post ἔτ᾽ et 6 ἃ f. post ἐγκαλῶ inseras: Par.
ΤᾺ
Pag. 109,0. inter v. 7 et 8 inseras: ἐέναι) ἱέναι — Par. A, Dü.
Pag. 110, b, 6 post μιαιφονεῖν) inseras: — ν — in litura Par.
inter x v. 14 et 15 inseras: ἕνὶ λόγῳ) ὶ εἰ ὁ in litura
Par. A. Dü, ᾿
Pag.i11, a, 17 post a m. s. inseras: (τοῦ ab eadem m. in fine
versus additum, κα — ab eadem scriptum in litura
habet Di.)
δ, 4 post Mon B. addas: et addito saperne ε ad om Par.
A. θᾶ.
inter v. 10 et 11 inseras: &) »—- ᾧ Par. A. Dü. cui
τῶι fuisse videbatur. |
Pag.112, b ‚inter v. 13 et 12 a f. ingeras: καλλωπισμοῦ) — ὦ —
in litura Par. A. Dü.
Pag.113,a, 5 post Par. A. inseras: (ἔκαστων, corr. ἕκαστον, ἀπο-
λαβὼν Dü.)
b, post v. ult. addas: αὐτὸν) ---- ὁ — in litura Par. A. Düi.
Pag.114, a, inter v. 5 et 4 a f. inseras: καϑέξειν) --- Fer — in
litura plurium litterarum Par. A. Dü.
Pag.115,i 8,7 ἃ f. post ἀνειμένων) inseras: — ἐν — in litura
. Par. A. Dü.
. b, 20 post 319, b inseras: (ef. Tim. p. 88. A. περὶ τὴν
᾿ς ἐν χρόνῳ γένεσιν ἰοῦσαν. P. ἫΝ A. τὸ κατὰ ταυτὰ
εἶδος ἔχον: et Poppo ad Thucyd. L. I. c. 11, 3.)
Pag.116, a, 16 post av. et 24 post ἐπαισχυνόμενος inseras: Par.
A. Du.
inter v. 24 et 25 inseras: ἀποκτείνει — ὠθεῖ) -— ηἰ
— gı am. rec. Par, A. Dü.
25 addas: excepto Par. A. de qno quidem’ tacet h. 1,
Dübnerus.
8. af. citatus ab Astio locus Leg. L. IH. p. 699. B.
non minus, quam L. II, Ρ. 721. D. ex koc numero
removendus et ibi pre δ᾽ αὖ cum Voss. et Par. A. in
quo αὖ a manu recentiori superscriptum. esse testatur
Dübnerus, scribendam videtur δή. Substitui pro eo
potest Leg. L. VI. p. 783. C: βρῶσιν μὲν ἐλέγομέν
σίου, καὶ δεύτερον πόσιν, καὶ ἀφροδισίων δέ τινα δια-
πτοίησιν τρίτον. Sed εἰ hic εἰ reliqui, .quorum fere
‘ consimilis ratio haec est, ut nomine -vel pronomine ad-
iecto ad aliud eoque ex eodem verbo pendente non
᾿ solam coniuncta cum antecedente, sed etiam ab ea di-
stinguenda res vel persona signifitetur, et aliqnanto
. rariores illi,. in quibus copulam aliud sequitur verbum,
N
scriptarae editae a C. E. Chr. Schneider, 175
ut Leg. L. III. p. 708. 4. cui addatur Critiae p. 118.
D: ἥ δὴ τήν τε ἐκ τῶν δρῶν ὕλην κατῆγον εἷς τὸ
ἄστυ καὶ τἄλλα δὲ ὡραῖα πλοίοις κατεκομίζοντο. et,
. quem Astius in. Lexico posuit, cuius etsi paulo alia,
tamen omnino similis ratio est, Phaedri p. 229. D:
καὶ ἐπιῤῥεῖ δὲ ὄχλορ τοιούτων Togyovav καὶ Ilnyasov
etc. hi igitur omnes ita gomparati sunt, ut καὶ — δὲ
Germanice verti possit und auch; qua interpretatione
ad hunc adhibita sententiae gravitas perit.
pen. post καὶ inseras: ante μὴ μετεχέτω δὲ
Pag.117,a, inter v. 10 et 9. ἃ f. inseras: ἐρωτικὸρ) --- ὁ — in
litura Par, A, Dü,
9 af. καὶ in lemmate positum esse putes illud, quod
inter οὕτω et τοιοῦτος legitur.
b, inter v. 19 et 20 inseras: oluas γὰρ) — ıy — in Ii-
tura Par. A, Dü.
Pag.118, b, 13 addas: Cf. Lehrsii Quaest. ep. p. 168.
pen. post Par. A. inseras: (λεί ab eadem manu, quae-
scripserat λί, correctum habet Dü.)
“Pag. 120, ὃ, 8 post δρᾶσαι) ἢ inseras: δρῶσαι —- Par. A. Dü.
3 af. post δία et p. 121,8, 14 a f. post γ᾽ inseras:
Par. A. Dü.
Pag. 121, a, inter v, 11 et 10 a f.. inseras: za) inter versus scri-
ptum habet Par. A. Dü.
Pag.122, a, 14 post Par. A. inseras: (sed — ala — in litura Dü.)
Pag.123, ὃ, inter v. 14 et 15 inseras: ἄξει) a m. rec. in litura
Par. A. Dü. Prima littera fuerat v, secunda A vel μ
vel ν.
15 et 16 post av. inseras: Par. A. ἢ,
ult. addas: 7 Par. A. Dü, et post ult. οὗτος =0—
in litura Par. A. Dü.
Pag.124, a, 14 post Vat. B. inseras: et a m. ‚vet. in Par. A. Dü.
Pag.128,b,13 a ἢ, inseras: (ἄρα, in m. γρ ἀρετῆι, Dü.)
Pag.130, a, 7 post προκαλεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
Pag. 131,a, 17 post προςποιησόμεϑα inseras: Par. A.Dü, a m. sec.
Pag. 152, 6 pro σμιρκὸν scribas σμικρόν
post τὰ inseras: Par. A. Dü. \
Pag. 133, a, inter v. 16 et 17 inseras: εἶναι) — να — in litura
Par. A, Dü.
b,9 a f. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
inter v.7 et 6 ἃ f. inseras: πλείω) πλείω. Par. A. Di.
4 a f. post re inseras: Par. A. δῦ. "Ὁ
Pag. 134, a, inter v. 18 et 19 inseras: ἴσως) — Εἢὦἦ —— in litura
‚ Par. A. δᾶ.
δ, 8 a fe post δυστυχὴς 7) inseras: — τ — in litura
Par. A, Dü.
Pag. 135, a, 18 ante Lob. inseras: Par. A, Dü.
᾽
176 Variac codicis Paris. A. in Civitatis Platonicne Nbris X.
: 57 ρον! non obliqnis, sel rectis litteris pönendum fuit.
- Pag. 136, a, 5 post 0209’ inseras: Par, A. Di.
3 a f. post meis inseras: et a m. ΒΈΟ. in Par. A. Du.
b, inter νυ. 5 et 6 inseras: ἀρας) ἄιρας Par. A. Dü.
'10 a f. post αὖ, inseras: Par. A. δᾶ.
. Pag. 137; b, 13: post. ceteri.‘“ inseras: et ita Par. A. Dü.
Pag. 138, 8, 8 post pr. addas: Dativi exempla v. apud Lobeck. ad
0, Soph. Ai. 1144. ed. sec. “"
0 b,inter v. 17 .εἱ 16 a f. inseras: Παντάπασι) - σιν
‘Par. ἃ. Di. .
Pag:139, a, 23 addgs: Ch: Leg- L. VAL. „P- 548. B: τῷ μὲν τοίνυν
τοιούτῳ τῶν μερῶν τριῶν ὄντων μηδὲν 'πλέον ἐχέτω.
λας res ‚qualitate' nulla pars- plus häbeto 8. praestato,
reliquis duabus. :
. 29 post Eauro) inseras: ‚Pro € in Par. A.:Dü, a m.
„BE erat τ
δ, 13 a f. post ἀλλὰ inseras: Par. :A. Dü,
Pag.140, a, 24 post E. addas Eryx, p. 404. E. et 25 post οὖν
Lib. II. p. 376. D.
Pag. 141, a, 4. ‚citato: loco addas eiusdem libri p. 952. B: εἴτε καὶ
ες αὐτὸρ νενοηκθος ἄττα ἧ, 4086 ompium codicum lectio
est, et Epio. p. 992.C: κεῖτε δημοσίᾳ τις ἐπιτηδεύσας
ταῦτα εἴτε ἰδίᾳ διαβιῷ » ‚quemadmodum etiam vulgo
legitur.
Pag. 142, a, 22 sqg. expositam de Par. A. dubitationem sästulit
, Dübnerus et ἐπιστῆται in eo manu vetusta, sed eraso
super πε accenta, scriptum esse docuit.
b, 21 post σφαδασμῶν) inseras: σφαδαισμῶν ante cor-
rectionem Par. A. Dü
Pag. 143, a, inter v. 18 εἰ 17 ἃ f. inseras: αὐτῷ ) av. Par. A. Dü.
; b,12 addas: V. Praef. p. CXV. sq. et Corpus inser.
j Boeckh. Vol. I. p. 768. atque Hermanni Diss. de dua-
"bus inscriptionibus Graecis MDCCCKXKXXV, pP 11.
' (Opusc.. Vol, VII. p.. 185.) quamquam Hesychii glossae
illustrandae neuter operam dedit.
16 a f. post xgive inseras: Par. A. Dü.
Pag. 144, a, 6. addas: Hunc locum respegit scholjastes Aristotelis
p. 23, a, 32.
15 addas: inter versus a manu vet. scriptum habet
Par. A. Dü.
5a f. deleas Fic.
Pag.147, b, 14 post ἔχει) inseraa: — zu am. pr. Par.:A. Dü. ex
quo deinde radendo factum ı.., tum rursus a m. Tec.
& scriptum.
Pag.148, a, 3 a f. post ὑποκείμενον ) inseras: — ον» sup. a a m.
vetusta, Par. A, δᾶ, ᾿
--
scripturae editae a C. E, Chr, Schaeider. 177
b, ult. post ostendit. inseras: sed hanc quoque τὸ habere
- testatur Dübaerns.
Pag.150,b, 7 inseras: Cf. Vol, II. p. 148, a, b.
" 28 post om. inseras: Par, A. δᾶ, .ı ,
inter v. 25 et 26 inseras: τῆς ἡδονῆς) τῆς ἡδονῆς
Par. A. Dü. quibus signis a m, vet. inscriptis nihil in
margine respondet.
Pag. 152, a, pen, post in inseras: Par. A. Dü.
Pag. 153, b, 11 post ὁ inseras: inter versus a m. vet, scriptum ha-
bet Par. A. Dü.
inter v. 15 et 16 inseras: γεγεῦσϑαι) — σ — in Ii-
tura Par. A. θᾶ.
Pag.154, a, 1 post φρονήσεωρ) inseras: „ . gg. Par. A. Dü.
Pag. 155, Ὁ, 17 post ἄρ᾽ inseras: Par. A. Dü.
inter v. 18 et 19 inseras: 583 μανθάνομεν) --- ὁ —
in litura Par, A. Dü.
post v, ult. addas: ὧν) ὧν Lobeckius ad Soph. Ai.
1107, nescio ‘quo auctore,
Pag. 156, 4 pro öv’ legas δύ᾽
... 8) inter v. 18 et 19 inseras: ἐγγυτέρω) — ροι Par. A. Dü.
Pag. 157, a, inter v. 4 et 5 inseras: παναληϑής ἔστιν) παναλήϑης
(ng in litura) ἐστὶν Par. A. Dü.
12 a f. post λύπην ἡδονῇ) inseras: λύ — inter ver-
sus Par..A. Dü,
δ, 7 post ae’ inseras: Par. A. Dü.
16 a f. addas: et Par. A. Dü.
ult. addas: At Par. A. Dü. a m. pr. αἰσϑάνει, — vn
valde recens correctum habet.
Pag.158, a, inter v, 1 et 2 inseras: rd) inter versus a m. vet. Par,
A. Dü.
12 a f. post Ita inseras: Par. A. Di. am, sec.
9 a. f, addas: et am. pr. Par. A..Dü.
inter v. 9 et 8 a f. inseras: καὶ δυνατὸν) x. —- δ. Par.
A. Dü.
Pag.159, a,6 addas: V. add. ad p. 88, b, 6.
14 addas: et Par. A. δᾶ. ΄΄..
22 post codices inseras: (Par. A. Di. cum duobus
punctis a m. vet., ut videtur, super δ᾽ positis)
Pag.160, a, 8 addas: In Par. A. Dü. — εἴσταί, in fine versus paulo
recentius additum est, et pro ve a m, pr. fuerat rer
12 addas: μέγισται — — Par. A. Dü. -
12 a f. post προησϑήσεις) inseras: Ad hoc Par. A,
Dü. in m. ἡσϑήσεις ut vocabulum notabile adscriptum
habet.
Pag.161,a, 4 post ἀλλ᾽ ὡς inseras: Par. A. θᾶ.
6 ἃ ἢ, post xarw;) inseras; κατα... Par. A. Dü. am. pr.
Pag.162, b, 9 post δία inseras: Par. A. Dü.
Archiv f. Phil. u. Pasdag. Bd. XIX. Hft. 2. 12
178 Variae oodicis Paris. A, in Civitatis Platonicae libris X.
18 post γε οὖν) inseras: γ᾽ οὖν Par. A, Dü.
9 ἃ ἴ. post sup. inseras; (a m. vet. Dü.)
Pag. 163, b, 10 post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (— rec.)
6 post ον inseras: (a m. vet. θὰ) .
Pag. 167,8, 6 a fe post ὃς ἂν) inseras: — ὧν inter versus a m.
. Par. A. Dü.
b, 1 Boat διαπράττηται) inseras: — ἡ — in litura Par.
A. δ.
11 post λέγωμεν) inseras: Ita a m. pr. Par. A, Dü.
Pag. 168,8, 12 addas: et a m. pr. Par. A. Dü. (ἐξηγῆται multo
recentius,)
14 addas: eaque recenti Dü.
b,8 a ὦ post ἄλλ᾽ inseras: Par. A. Dü. item v. pen.
post Ita
Pag. 169, a, 11 a f. post ἀηδέστερον) inseras: — ἡ — in litura
Par. A. Di,
4 a f. post Par. A. inseras: (hic νόϑων a m. pr. Dü.)
Pag.170, a, 14 a f. pest sup. inseras: (eadem m. Dü.)
6 a f. post ξυνοικοῖ) inseras: Par. A. Dü. a m. sec.
et post ξυνοικεῖ: (ita Par. A. Dü. a m. pr.)
"Pag. 171, 2 δῆλον δὴ verba ita collocata sunt, ut, quamvis re-
liqua sic, ut in adnotatione demonstratum est, construi
debeant, tamen commatis secernenda non magis fuerint,
quam si ‚seriptum esset κατὰ δὲ δύναμιν καὶ τρίτην
αὔξην δήλη δὴ ἀπόστασις.
a, 6 post λέγῃ) inseras: — ἢ in litura Par. A. Dü.
15 ante ἐννέα inseras: ἐννδακαὶ εἰκοσιπαὶ ἑπτακοσιο-.
πλασιάώκις Par. A. Dü. de qua scriptura cf. Lobeckii
Pathol. Vol. I. p. 586 sqq.
b, 10 post Par. A. inseras: (sed — α .— in litura, teste
Dübnero, cui antea n fuisse videbatur.)
Pag. 172,a,9 a f. post πλεῖον) inseras: — ν in litura duarum
litterarum Par. A. Ὁ.
b,13 addas: Vocalem particulae dr; Par. A. Dü. in litura
scriptam habet,
Pag. 173,a,14 a f. post Fic. inseras: τό prius inter versus a m.
vet. Par. A. δᾶ.
Pag. 174, a, 4 post Πλάττε) inseras: πλάττε" Par. A. Di.
Pag. 175,b, 7 post Zuvanse) inseras: σύναπτε᾽ Par. A. Dü.
Pag. 176, b, 19 post ἐκείνων) inseras: — v inter versus Par, A. Ὠζ,
6 a f. post αὖ. inseras: Par. A. Dü.
Pag. 178, 8,8 a ἢ, addas: Dübnerus vero non ἀἐλήϑείαν, sed dAn-
θειαν in Par. A. scriptum esse testatur. Itaque alte-
rum accentum non Bekkerus, sed Bekkeri typotheta
posnerit.
b, 5 post ὠφέλειαν) inseras: ὠφελέαν ἃ πὶ. pr. Par. A. Düi.
Pag.180,b, 8 post ἡ inseras: Par. A. Dü.- a m. pr.
scripturae editee a C. E. Chr; Schneider, .- 179
ἐμ 131, b, inter‘ ν. 12 et 13 inseras: πέρα) πέφαι Par. A. Dü.
16 ad Par. addas: A. a m. pr. sed correctus a m.
“ vet. Dü.
Pag. 182,b, 21 ad in addas: Par. A. Dü. et
Pag.183, b, 8 addas: et in Par. A, Dü. e a m. vet. snper αὖ scri-
ptum est.
Pag. 184,b, 9 post αὐτοῖς) inseras: avzoic cum ὃ a m, vet. super
ev Par. A, Dü.
Pag. 185, a,11 a f. addas: οὐχὶ u «u Par, A. Da.
8 a f. post ἔτε πονηρότερος) inseras: rs — correctus,
ἔπε — ἃ πὶ, pr. et ab eadem ems ers in margine ha-
bet Par. A. Da.
b, 4 addas: in Par. A. Dü. prius o in liturs,
5 post κχοιμίξεται) .inseras: — i — in Htura Par.
A; Di. .
18 2 f. post τοσούτῳ) inseras: — τῷ in litura Par
ü.
Pag. 186, 8, 16 a f. addas: δὲ ἀλλατιμάξων a m. pr., δέ ἄλλα ar.
Bun a m. sec. Par. A. δῆ.
b,22 post Par. A. inseras: (— ιῆ rec, — os, ut vide-
tur, am. pr. Di.)
7a 1A. ad locum Euthydemi addas Leg. L. XII. p.
968 B: os φαίης.
Pag. 187, 8. 7 post μέλλει inseras: Par. A. Di. a. m, pr. item b,
13 a f. post αὖ, (cwi ἃ m. sec. superscriptum est &,)
4910 af. post av. inseras Par. A. -Dü. a m. sec.
pen. post οὕτως inseras: Par. A. θᾶ, a m. pr. (σ era-
sum est.)
Pag. 188, a, 10 a f. post av. inseras: Par. A. Da.
Ὁ, 21 ad Vind. F. addas: Per. A. δ,
inter v. pen. et ult. inseras: γῆς) γ --- ἴῃ litura Par.
, “ἃ, Da.
post v. ult. addas: ἐγὼν dv) ἔγω ἐν cum x a m. vet.
inter utrumque superscripto Par. A. δὰ,
Pag. 189, a, 12 post quam quod inseras: idem Procas ib. p. 2,15
et p. 40,2 significare videtur, et quod
b, 2 addas: Ad dictionem cf. Parmen. p. 132. D: τὰ μὲν
* εἴδη ταῦτα ὥσπερ παραδείγματα ἕστάναι ἐν τῇ φύσει.
Pag.190,b,19 addas: In Par. A. Dü. ον super ἃ ἃ m, vet. scri-
ptum est.
Pag.192,b, 15 a f. post ἢ et 11 a ἔς. post συνν. inseras: Par.
A. Dü.
Pag. 193, b, 11 post ἀρξόμεθα inseras: Par. A. Dil. a m. pr.
10 a f. addas: ποὺ εἰσὶ, v in litura, Par. A. Dii.
5 a f. post ostendit. inseras: et ita legitur in Par. A. Dü.
Pag. 195, a, 14 post vaya) inseras: — χ — in litura Par. A. Dit.
26 addas: Leg. L. VIII. p. 859. Ὁ. +
1
180 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicat libris X.
post v. ult: addas: πάντα) παντο Par. A. δ, am.
vet. impositis quasi delendo vocabulo notis,
Ὁ, inter v. 17 et 18 inseras: γενέσθαι) γένεσϑαι Par.
A. Di.
22 post αἰσϑάνει inseras: Par. A. Dü. am. pr.
25 post τ᾽ εἴης inseras: Par. A. θᾶ...
Pag. 196, b, 2 post ἔρχεν inseras: ξζωγράφορ) ζω!γρ. Par. A. Dü. item
paulo post, et in seqg. habet ῷ. -
7 a f. post ποιεῖ) inseras: — εἶ recentios, am, pr.
-
ι Par. A. Dii.
Pag. 197, a, 7 a f. post δόξειδν inseras: Par. A, Di.
5 a f. post τοιούσδε) inseras: — σ᾽ — in litara Par.
A. Dü.
b, 18 a f. post est inseras: nec aliter legitur in Par. A.
Di, eiusque auctoritate pro rovrov Platonis in verbis
‚scribas τοῦτον: hunc, quem quaerimus.
Pag. 198, ὃ, 15 ante Vind. inseras: Par. A. Dü. item p. 199, a, 21
post μόνον
Pag. 199, a, inter v. 12 et 11 a f. inseras: ὑπὸ τοῦ) ὕ, τ τ τ.
Par. A. Do.
11 af. post un pvacı) | inseras:. μὴ φύωσιν Par. ἃ. Dü.
pen. addas: — ἡ ἴῃ liturd Par. A. Dü.
post v. ult. addas: zomosıe) — ev Par. A, Dü.
b,6 a ἢ post ἢ inseras: Par. A. Da. ᾿
Pag. 200, b, 3 af. addas: κατ᾽ ἄν. — Par. A. Dü.
Pag. 201, 2,6 addas: In Par. A. Dü. ἐ prioris διαφέρει in litura
est duarum litterarum.
inter v. 16 et 17 inseras: ὡσαύτως) ὡς -- αὕτως Par.
. Dü.
Pag. 208, a, Den. post Par. A, D. inseras: (ille teste Dübuero am.
Pr. πασσοφος, rec. πᾶσσοφὸς)
Pag. 2056. b,15 ἃ ἢ, post πειρῷτο) inseras: — oro Par. A. δᾶ.
Pag: 206, a,7 post ὠφελία inseras: Par. A. Di. correctus (ante
correctionem fuerat ‚p.)
28 28 post μὴ μιμητὴς) inseras: μὴ — in litura Par.
Pag. 207, b, 5 addas: εἶ. (nnius litterae litura) Par. A, Dü.
Pag. 208, 2,10 a f. post σφὰς inseras: Par. A. δᾶ.
b, 7 a f. inter In et-Vind. B. inseras: Par. A. Dii.: prae-
scriptum, in |
Pag. 209, a, 1 post B. inseras: neque Par. A. Du.
13 a f. addas: habet inter versus seriptum Dü.
b, 19 post unAnolov inseras: Par. A. Dü. a m. pr. item
p: 210, a 10 post πυϑαγόριον; ex quo recentius fa-
ctum est — «θεῖον.
Pag. 211. Ὁ, 6 a f. post do’ inseras: Par. A. Da,
Pag. 212,2, 8 addas: — ὃ — in litara Par. A. δᾶ.
scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 181
9 post Par. A. inseras: (corr. Dü.)
40 post xiog inseras: Par A. Dü. a m. pr.
h,8 addas: ἐπιστατήσωσιν Par. A, Dü. sed pro ατήσω,
quod in litura est, a m. pr. fuisse videtur era.
7 a .f. post oveivas inseras: Par. A. a m. pr. ut vide-
batur Dübnero, . |
Pag. 213,a, 5 addas: item Lobeckio Pathol. Vol. I. p. 384.
b, 15 addas: μεταλάβοι —- ev Par. A. Dü.
19 auctore Dübnero delendum . est fortasse.
Pag.214, b, 6 post om. inseras: Par. A. Dü.
17 a f. quae ego a m. sec. scripta suspicabar, ea
Dübnerus docet a prima esse scripta.
Pag.215, a, 11 a f. post λέγῃ). inseras: — in litura Par. A. Da.
j inter v. 11 et 10 a f. inseras: ἐν μέτρῳ — λέγεσϑαι)
Haec Par. A, δᾶ. in margine a m. pr. scripta habet,
4 a f. post tacet. inseras: Habet vero Dübnero teste.
ἔχειν ut reliqui.
b,12 a f. ante positum inseras: (a m. vet. Dü.
Pag. 216, 8, 9 a f. post corr. inseras: (a m. sec, Dü,)
“ b,16 addas: αὐτῶ a m, pr. Par. A. Dü.
8 a f. post δαπερ) inseras: 0 — in litura Par. A.
Dü. Fuerat ὦ.
Pag.218,a,3 a fr addas: — v. ἐ. Par. A. θᾶ,
b, υἱέ, post γράφῃ) inseras: γ. — — Par. A. Dü,
Pag. 220, a, ioter.v. 3 et 2 a f. inseras: μιμητικὸν) cum ὁ ναὶ ας
a m, rec. super priori ı Par. A. Dü.
b, 9 post ἰαμβείοις) inseras: ἐαμβίοις a m. pr. Par. A. Dü.
Pag. 221, a, inter v. -18 et 19 inseras: 0iov) moiov.cum vo a m.
vet. superscripto Par. A. Dü.
21 post A. addas: (a m. pr. τῶν Dü.)
Pag. 224, Ὁ, 8 a f. post πιστεύσομεν inseras: Par. A. Dü. am. pr.
Pag.225, a, 15 addas: et interiecto inter πῶσι et λυπουμένους Va-
cuo unius litterae spatio Par. A. Dü.
Pag.226,b,15 a f. addas: Cf. Lobeck. ad Soph. Ai, p. 423.
\ ed. sec.
inter v. 15 et 14 a f. inseras: μυρίων) — ὦ — in
litura Par. A, Dü.
Pag.229, b, 12 post Par. A. inseras: (teste Dübnero a m. pr. fue-
rat ὅ re, cui in 0 τι mutato tertia eaque recentior ma-
- nus rursus superscripsit &.) .
11 a f. post γιγνόμενον) inseras: — 09 cum ὦ super
ο ἃ m. vet. Par. A, Dü..
Pag.230, a, 1 post αὐτοῦ) inseras: Ita a m. sec. Par. A. Dü. et
post αὖ. idem a m. pr. j
12 post ἐρεῖ inseras: Par. A. Dü. et quod 44 sqg. de
eo codice dictum est, mutes. Ä
I)
182 ‚Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicae libris X.
b, 14 post Par. A. addas: qui’ teste Dübnero τὰ- in litura
habet, ante lituram τ vel y videtur habuisse.
13 a Ἦ post Par. A. inseras: (ἰατρικὴν -ἐ- + Dü.)
Pag. 231,8, 10 post Par: A. inseras: (mov inter versus a m. vet.
adlito Dü.)
14 post λογιστικῷ) inseras: λογισμοῦ! Par. A. δᾶ.
4 a f. post ἀπλήστως) inseras: — n — in litura Par.
A. Dü.
b,8 post οὐκ ἀλόγιστόν ze) inseras: — ἀλλόγ. ---- ἃ m.
pr. Par. A. Da.
7 a f. pro tacentibus Lehmannis ponas: et in codicibus
Lucimi
Pag. 2852), 1 post om. inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (in margine
additum habet.)
5 a f. post ξυλλεγομένοις.) inseras: Par. A. Dü. o
prius inter versus habet.
b, 5 inseras: Particulae littera prior in Par. A. Dü. in Ii-
tura posita et super ea r a m, vet. scripta est.
Pag.234,3, 7 a f. post πόλεν) inseras: — As — in litura, ante
lituram — 44. — Par. A. θᾶ.
6 a f. post τοῦτο iuseras: Par. A. Dü.
b, 8 addas: Secandum Dübnerum in Par. A. ποιῶν a m.
pr. et super οὖν aliqnid erasum, οὖν recens factum est.
22 post φϑείρει addas: Par. A, Dü. am. pr
Pag. 235, b, 14 post αὐτό; ᾿Αἀκούων) inseras: αὐτὸ ἀκούων: Par.
A. δὰ.
12 a f. post om, et 8 a f. post τραγῳδιοποιῶν inseras:
Par. A. Dii.
Ῥὰρ. 287, 8, 8 a f. Non miram et sqg. usque ad ostendit, deleas.
b, 14 a f. post Öaxgvoaı | inseras: Par. A. Dü,
5 a f. post καὶ χαῖρον) inseras: — o — in litura
Par. A. Dü.
Pag. 238, a, inter v. 18 et 17 a f, inseras: μέτεστιν) Iterat hoc
in margine Par. A, Dü. sed cum punctis super u σ et
[
v et unco Buper TE: μϑτεστεν
17 a f. post ἀπολαύειν) inseras: In Par. A. θᾶ. alte-
rum 4 a m. vet. super α et sigaum delendi, ut videtur,
super ν positum est, ut fiat ἀπολλύει.
b, 2 addas: Argumentum Nubium Aristoph. I. ubi Stre-
psiades dicitur ἀχθόμενος παιδὶ ἀστικοῦ φρονήματος
γέμοντι καὶ τῆς εὐγενείας εἰς πολυτέλειαν ἀπολελαυ-
κύτι, qui nobilitatis hunc quasi Frustum perceperat,, ut
sumptuosus fieret.
Pag. 289, ἃ, 4 addas: Apud Lacianum Tox, c. 15. ἐλεεινῶς sine
librorum discrepantia legitur.
scziptarae editae a C. E. Chr. Schneider. 183
3 af. addas: De crasi in ἂν facta cf. Voemelius in
Zeitschr. f. d. Alterth. MDCCCXLIN. 12. p. 1226 κα.
b,inter v. 4.et 5 inseras: γολωτοποιῶν) — ὦ — in li-
tura, ante lituram — ὁ — Par. A. Dü.
14 a f. post Par. A. inseras: (sed — ε — ia litura Dü.)
Pag. 240, a, inter v. 12 et 11 a f. inseras: βωμολοχίας) --- Ao —
recens insertum babet Par. A. Dü.
αὖ) αὖτ a m, vet. Par. A. Dü,-cum litteris
quibusdam incertis, fortasse sv, super
z positis,
b, 7 addas: In Par. A. θᾶ, ı a m. vet. inter ὃ et o su-
perscriptum est.
Pag. 241. ἃ. 18 a f. addas: (p. 268. sq. ed. sec.)
b,inter v. 11 et 10 a f. inseras: καὶ) © . «-ὀ Par.
A. Dü,
5 a f. post συγχ. inseras: Par. A. θά.
.v. ult. post cum inseras: Par. A.Dü. a m. pr. (— δὶπ —
corr. ab eadem)
Pag. 242, Ὁ, e post παραδέξει inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
— nrec) -
Pag. 244, a, 21 post uıu inseras: (a m. vet. Dü.)
Pag.245, b, pen. addas: Iu Par. A. Dü. praepositioni a m. vet.
ΝΗ tria puneta imposita- sunt.
Pag.246, b, 10 post κηλεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (— yrec.)
Pag.247, 3 pro οἱ scribas οἵ |
a, 20 in dubitationem vocatum 17 revera abest a Par.
A. δᾶ,
9 a f. ad Faehsio addas: et Dübnero,
Ὁ, 25 post οὕτως inseras: Par. A. Dü.
Pag.249, a, inter v, 13 et 11 a f. inseras: ἑὡπτομένῃ) — vn Par.
A. θᾶ, (deinde vero σπουδαία)
b,5 post av. inseras: Par. A. Dü.
post v. υἱέ, addas: οὗτός) — 0 — in litura Par. A. θᾶ.
Pag.250,a,3 a f. addas: Οἵ. Tim. p. 35. B: μίαν ἀφεῖλε τὸ
πρῶτον ἀπὸ παντὸς μοῖραν.
b,inter v. 4 et 5 inseras: οὐχ) in margine Par. A. Dü.
Pag. 251.a, 16 addas: Cf. Lobeck. ad Soph. Ai. v. 569.
5 a f. post διανοεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
b,inter v. 3 et 4 inseras: δὲ) inter versus a m, vet.
Par. A. Dü.
9 addas: (ἔγωγ᾽ a m. pr. Dü.)
11 post τί inseras: Par. A. Dü.
inter v. 11 et 12 inseras: καὶ) om. Par, A. δῦ, a
m. pr., a m. secunda, sed vetustä δὲ καὶ inserta habet.
inter v. 15 et 14 a f. inseras: ἰὸν) — ὁ — in litura
Par. A. Du. ᾿
Pag. 252, b, 18 ἃ f. addas: ψυχῇ --- & νῦν in margine Par, A. Dü.
184 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X.
Pag. 253, a,
b,
Pag. 254, ὃ,
12 a f. post ἀρ᾽.) inseras: ὦρα cum’ accentu .recentiori
Par. A, δ,
10 a f. post μάλα inseras : Par. A, Dü.
4 a f..addas: ἦν οὖν τι Par, A. Dü.
inter v. 4 εἰ 3 a f. inseras: D ἐνεῖναι) In Par. A.
Dü. super ἐν a m. vet, scriptum est 4’, quod se non
intelligere fatetur Dü.
inter v. 13 et 12 a ἢ, inseras: Ἐννόει) ἐννόει Par.
A. δὰ,
12 addas: Eodem pertinere arbitror illud, quod leviter
corruptum in cadicibus a Platone scriptum videtur
Symp. p. 176. Ὁ: νῦν δ᾽ av αὖ βούλονται καὶ οἵ Aoı-
ποί. nunc vero, mi fallor, rursus volunt etiam reliqui.
‚ in quo ἂν adiiciens Phaedrus reliquorum voluntatem
Pag.256, a,
b,
Pag. 257, a,
Pag. 259, b,
Pag. 261, a,
Pag. 263, a,
partim iam demonstratam hoc tempore non defuturam
suspicatur, αὖ vero addens mutabilem eandem et modo
huc, modo illuc ferri solitam significat. Nec dubium
mihi, quin Xenophon Symp. c. 4,3. scripserit quod
codices exhibent, ϑαυμαστά γ᾽ εἰ μὲν 008 τοὺς
ἄλλους δύνασαι δικαίους ἂν moleiv αὐτοὺς, πρὸς δὲ
σαυτὸν οὔ. mirum, si tales reddere eos potes, quales
erga reliquos Tusti sint, erga te ipsum iustas reddere
non potes. ita ut δίκαιοι ἂν ὄπτες intelligantur,
20 addas: Cf. Leg. L. X. p. 897. D: κάλλιστα ἂν
λέγοις. quibus verbis Clinias non simpliciter assensum
praebet dictis, sed ea ratione, quam ostendit Athenien-
sis, pulcherrime eum sermonem habituram videri de-
monstrat.
12 a f. post μήποτε) inseras: — πὸ — inter versus
Par. A. Dü: |
10 a f. post ὑπὸ inseras: Par. A. Dü.
5 a f, post ἀνέλεγκτα) inseras: dv — inter versus
paulo recentius Par. A. Dü.
3 a f. post un re inseras: Par. A. Dü.
inter v. 19 et 20 inseras: ἀληϑὴῆ) — ἢ in litura Par.
A. Dü.
inter v. 2 et 3 inseras: μάλιστα) ua. λιστα Par. A.
Dü. Fuerat AA
3 post τοὺς δ᾽ et pen. post δί᾽ inseras: Par. A. Dü.
inter v. 2 et 8 inseras: φανεῖται!) ἡ super av et ε su-
per εἴ paulo recentius scripta habet Par. A. Dü.
inter v. 7 et 8 inseras: &) insertum .habet Par. A. Dü.
16 post φύκια inseras: Par. A. Dü.
20 addas: Luciani Πῶς dei στ. συγγφ. c. 8. pro φύ-
#ıov codex Gorlicensis punlov habet.
21 post ἐπηνέγκαμεν ) inseras: ἐπηινεγκαμεν Par.
A, Dü. .
scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 185
9 af. post αὐτῇ ψυχῇ) inseras: αὐτηιψυχῆι Par. Α.
Dü. ut solet in comipositis.
Pag.264, a, 19 a f. addas: — αὐτηδικ. Par. A. Dü.
b,2 sqq. de Par, A. ex Bekkeri et Faehsii testimoniis
- coniectata aliter se habere et in illo codice in verborum
contextu ἐπειδὴ ἦν τοίνυν (κεκρεμέναι εἰσὶν, ἐγὼ πάλιν)
in margine vero a m. vet. yg ἐπειδὴ τοίνυν, ἦν δ᾽ ᾿ἐγὼ,
κεκριμέναι εἰσὶ, πάλιν legi testatar Dü.
11 a f. ad παρ᾽ a. addas: Par, A. Dü.
Pag. 265, a, 18 post Par. A. inseras: (superne additum a m, vet. Dü.)
inter v. 22 et 23 inseras: za) inter versus a m. vet.
Par. A. Dü.
b, 11 post hi duo inseras: et Par. A. θᾶ.
5 a f. post τ᾽ ἐν inseras: Par. A, Dü.
Pag. 266, ὃ, 18 post Par. A. inseras: (Dübnerus a m. pr. δρομῆϊς
fuisse putat ex eoque recentissime faclum esse δρομεῖς,
testatur.)
Pag.267,2,13 a f. inter Par. et Ὁ. inseras: A, a m. pr. Ὠᾶ,
‚inter v.6 et 5 a f. inseras: A&yovrog) o ante ς in li-
- tura Par. A, Dü.
Pag.268, a, 11 ad Faehsio addas: et Dübnero
b, inter v. 20 et 21 inseras: ὅρα, ed) ogas a m. pr. Par.
A.Du. . .
21 post Ita inseras: Par. A. Dü. a m, pr.
23 post Stobaeo addas: correctus a m. rec. Par, A.
Dü. et
Pag.269, b, 16 post fecit. addas: (additum ἃ m. vet, inter versus
‘ habet δὰ.)
21 post correctus addas: et in litura Par. A. δά.
Pag. 270, a, 17 post ἦρος inseräs: Par, A. Dü. a m, pr.
Pag.271, a, 12 post δ᾽ inseras: Par, A. δὰ.
16 post ἀνεβίω) inseras: — ὧν ante correctionem
Par. A. Dü.
25 ad Par. A. addas: (correctus Dü. Fuerat ἐπειδὴ ον) -
9 ἃ ἢ, post opag inseras: Par, A. Dü.
b, 16 post sequor. addas: Is vero teste Dübnero δύ᾽ habet.
19 post χάσματα) inseras: χ — in litura Par. A. Dü.
7a f. post In inseras: Par. A. Di. |
Pag.273, b, inter v. 10 et 11 inseras: ἀπιούσας) ἀπ. Par. A. Du.
22 post rag) inseras: — g inter versus Par. A. Dü.
inter v. 22 et 23 inseras: τοῦ) ---ο — in litura Par.
A. δᾶ. Ä
25 post κλαιούσαρ) inseras: Ita Par. A. Dü. recentius
correctus,
26 post χλαούσας inseras: Par. A. Di. a m, pr.
ult. ante quae inseras: malorum, .
.186 Variae codicis Paris. A. in Codicis Platonicae libris X.
Pag. 274, a, 13 post fide addas: (Haec tamen ipsa Dübnero teste
correctioni debetur, cum a m, pr. fuisset χιλιετη.)
inter v. 16 εἰ 15 a f. inseras: τόδε --- πώποτέ) ---- ὃ
— π--- πον — in litura Par. A. Da.
11 a f. addas: (ὅσους am. pr. Dü.)
», 3 decuplum mutes in decemplex, item decapla v. 15.
20 post ἐκτίνοιεν) inseras: — ἰ — in litura Par. A. Du.
Pag. 275, a, 4 decuplae mutes in decemplicis.
Pag. 276, b, 3 a f. post ᾿“ρδεαῖος) inseras: — 5 — in litura, ante
᾿ lituram fortasse og, Par. A. Di,
Pag. 278, b, 18 post Platonis inseras: (Par. A. Dü. a m. sec.)
Pag.279, b, 4 post om. inseras: Par. A. δύ,
U
Pag. 280, a, 1 post τοῦτον) inseras: τοῦτοιν (0 ipsum fuerat ὦ)
Par. A. Dü.
8 post om. inseras: Par. A. Du.
b, 5 post ἀσμενέστατα) inseras: «ou. Par. A. θὰ.
Pag. 281, a, 6 a f. post προσφερῆλ | inseras: — ἢ Per. A.. δὰ.
Pag. 282, δ inter v. 15 et 16 inseras: ἄγκιστρον) ays. ıorgov Par.
A. θᾶ,
10 post ἐξ ἀδάμαντος) inseras: ἐξ -- dd. Par. A. Dü.
Pag. 284, a, 5 pro ἕχτον scribas ἕκτου
Ὁ, inter v. 7 et 6 a f. inseras: ἄτρακτον) τ prius in |i-
tura Par. A, θὰ, ᾿
Ῥαρ. 285, a, 2 addas: et αὐτὸν etiam Par. A. Di. am. pr.
pen. citato L. I. p. 336. A. loco secundum ea, quae
ad Vol, I. p. 31, a, 3 addidimus, ex hoc numero re-
movendo substituas Leg. L. X, p. 901. A: τί οὖν δή;
τρυφῶν καὶ ἀμελὴς ἀργός τε, ὃν d ποιητὴς κηφῆσι
κοϑούροισι μάλιστα εἴπελον ἔφασκεν εἶναι. γίγνοιτ᾽
ἂν. ὃ τοιοῦτος πᾶσιν ἡμῖν; quid ergo? mollis et negli-
gens alque iners, quem poeta fucis ignavis marime simi-
lem esse dicebat, nonne omnium nostrum iudicio talis sit}
sc. qualem po&ta descripsit, qui inter alia τῷ δὲ ϑεοὶ
νεμεσῶσι καὶ ἀνέρες dicit Ἔργ. v. 808.
9 ἃ f. post Σειρῆνα) inseras: — εἰ --- in litura Par.
A. Du.
Pag.286,b, 27 post ἐεῖσαν et p. 288, a, 8 et 12 post σφὰς in-
seras: Par. A. Dü.
Pag. 288,b, 12 a f. post συνέσται) inseras: cum litura super ἃ
Par. A. Dü.
Pag. 289, 2,8 a f. post ῥῖψαι) inseras: ῥιψαι Par. A. Dü.
6 a f. post αὐτὸν inseras; Par. A. θῇ,
b,1 post ὃ δὲ) inseras: εδὲ a m. pr. ἔδει ἃ m. sec, Par.
A. Dü.
15 post Par. A. inseras: (am. pr. εἴληχεν a sec. Dü.)
10 a f. addas: Etiam ἀνήειν Tim. p- 60. C. recte ab
scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. - 187
‘eo secundum Vat, B. et m. pr. Vind. A, scriptum esse
Vind. O. idem exhibens docet.
Pag.290, a, 4 addası v in πρόσϑεν in litura habet Par. A. Dü.
inter v. 17 et 18 inseras: ἰσχύν) — ῦν a m. pr. Par.
A, Dü.
Pag. 291, a, 8 post ὑγείαις inseras: Par. A. Dit. a m. pr. (s a m.
sec, est.)
10 post μεμίχϑαι) inseras: Ita etiam Par, A. Dü. quod
corrigendum erat secundum Vind. F.
δ, 9 a f. post dei) inseras: cum ı super de Par. A. Dü.
Pag.292, a, 16 post εὐμαϑίαι καὶ δυσμαϑίαι) inseras: Ita Par. A.
ü, a m. pr. |
17 post εὐμάϑειαι καὶ δυσμάϑειαι inseras: Ita Par.
A, Dü. carrectus,
b,2 pro 96 legas 90.
Pag.293, a, 8 post ἀδαμαντίνως) iuseras: — ὦ — in litura Par.
A. Dü.
b, 2 addas: γνῶ Par. A. Du. “
8 post del) inseras: cum ı super ἐέ Par. A. Dü,
10 a f. post ἤγγελε inseras: Par. A. Dü. a m. pr.
(ἤγγελλε rec.) -
Ῥαρ. 294,8, 11 post Par. A. inseras: (habet inter versus ἃ m,
vet. Dü.)
b, 10 addas: Cf. idem ih Tim. Ὁ. 311, 21 δας respiciens.
18 post av. inseras: Par. A. Dü.
Pag. 295, a, 20 post αἷς δὲ καὶ εἰπεῖν» οὐκ) inseras: Pro καὶ scri-
| ptum est ἦν apud Proclum ia Civ. Spicileg. Rom. Vol,
VII. p. 669. in lemmate haec ponentem: ὡς δὲ ἦν
εἰπεῖν, οὐκ ἐλάττους εἶναι ἐν τοῖς τοιοῦτοις ἁλισκο-
μένους τοὺς ἐκ τοῦ οὐρανοῦ ἥκοντας ἕως τοῦ οὐκ ἐξ
ἐπιδρομῆς τὰς αἱρέσεις ποιεῖσϑαι. ᾿
b,8 pro ραν scribas σαι
13 a f. addas: Tim.’p. 22, 89. et in
Pag.296,a, 11 post ἀφικνοῖτο) inseras: — οὗ — in litura Par.
A. δ.
b,6 addas: Proclus in commentario |]. c. p. 670. τὸν
κλῆρον μὴ ἕν τοῖς ἐσχάτοις πίπτειν posuit. Ä
Pag.297,b, 3 addas: et Proclas 1. Ἂς." p. 677. qui in sqq. τὴν τοῦ
. ποτὲ ᾿Ορφέως γεγενημένην habet.
inter v. 16 et 17 inseras: γυναικείου) — ἰου Par. A.
Di. a m, pr.
Pag. 298, b, 11 addas: Proclus 1. c. p. 682: εἶ δὲ δὴ τὴν Αἴαντος
εἰκοστὴν εἶπεν λαχεῖν, δηλούτω μὲν, εἰ βούλει, διὰ τῆς
εἰκοσάδος τὴν κατὰ ϑυμὸν ζωὴν προσεχῶς ἐκβᾶσαν
ἀπὸ τῆς κατὰ λόγον, τῷ μὲν λόγῳ τῆς δεκάδος πρε-
πούσης, ὥσπερ τῷ νῷ τῆς μονάδος τῷ δὲ ϑυμῷ τῆς
εἰκοσάδος ὡς μετὰ λόγον τεταγμένῳ᾽ τοιαῦτα γὰρ ὁ
188 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X.
ἡμέτερος φιλοσοφεῖ περὶ τούτων πατήρ᾽ δηλούτω δὲ
καὶ σα φησὶν ὁ Πορφύριος παρ ᾿᾿Αἰγυπτίων μαϑόντα
τὸν Πλάτωνα περὶ τῶν ἀναφορικῶν χρόνων ἐνδείκνυ-
σϑαι διὰ τούτων; εἷς ἄρα κατὰ τὰς ἀναφορὰς τῶν
τοὺς βίους ὁριξόντων χρύνων εἰκοστὴν εἶχεν τάξιν ἡ
τοῦ Alavros αὕτη ψυχή.
'Pag.299, b, inter v. 22 et 23 inseras: ἀσμένην) «op. Par. A. Dü.
Pag. 300, b, 16 a f. post Lob. inseras: et cum μ᾽ super ἐπ Par.
A. Du.
inter v. 6 et 5 a f. inseras: : δίνης) — t — in litura,
ante lituram fortasse & Par. A. Dü.
Ραρ. 801. ὃ, 5 post ἀμεταστρεπτὶ) inseras: — 1 in litura, ante li-
turam εἰ) Par. A. Dü.
25 post B. inseras: Sed his quoque in locis Par. A.
Dü. a m. pr. &ı, ı correctus habet,
11 a f. addas: καὶ ἅπαντας "Procs I. c. p. 702. in
lemmate.
$ a f. aAddas: σκήνασϑε Proclus |. c. p. 708.
pen. addas: Par. A. θᾶ. et, qui in segg. γενομένης
. ‚ habet, Proclus |]. c.
Pag.302, b, 15 a T. addas: (Epist. II. p. 319. B. in uno Vat. C
pro ἄττεις legitur αἴττέ σοι) ᾿
Pag. 303, a, 1 post ἐδεῖν) inseras: ἰδεῖ — in litura Par. A. Dü.
7 addas: et Dübnero.
8 post av. inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (av. a m. sec.)
13 post A. inseras: (a m. recentiori ἤδη additum ha-
bet post κείμενον Dü.)
inter v. 12 et 11 a f. inseras: πυρὰ) πλευρᾷ Proclus
l. c. p. 708.
11 a f. post οὕτως εἰ p. 804, ὃ, 22 post om. inse-
ras: Par, A.
Pag. 305, a, 9 post corr.’” inseras: (a m. pr. &ı Dü.)
Pag. 334, a, 19 post, accentus, inseras: δεκέτης et similia 2, 346, a.
17 a f. post videtur. addas: Tim, p. 36. D: ὁμοέους
— ἀνομοίως.
Pag. 336, a, inter v. 4 et 5 inseras: DVALIS in η. 808, b
Pag. 338, b, 12 addas: duplex ad interrogationem duplicem 409, a.
31 post 307, a. inseras: (Cf. Leg. L. VII. p. 802 B:
ἐπανερόμενον ---- παραλαβόνταρ)
‚Pag.350, b, inter v. 15 εἰ 14 ἃ f. inseras: σὺν --- ξυν 2. 54, ἃ.
Pag.356, b, 30 post 869. A. inseras: 1. 306, a. (ἀφιῇ)
Zur Erki. einernoch uned. Münzev.TiusinBithynien. V. Dr. Becker. 189
Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius
, in Bithynien.
Von dem K. russ, Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa.
Ebenso wie im Alterthume die vor den Donaumündungen ge-
legene Insel Leuce, jetzt Fidonisi oder Schlangeninsel genannt, für
die den Pontus befahrenden Griechen von höchster Bedeutung war!),
ebenso ist dieselbe gegenwärtig für Alle, welche sich für das klas-
sische Alterthum interessiren, von besonderer Wichtigkeit; denn
nicht blog auf der Stelle, wo der Achillestempel stand, sondern
auch auf der nordöstlichen, zum Meere sich etwas herabsenkenden
Spitze der kleinen Insel sind im Laufe der Neuzeit so mänche
Ueberbleibsel aus dem regen Leben längst verschollener See- und
Handelsstädte aufgefunden worden. lIaschriften und Reste von Bau-
werken stammten hauptsächlich, soviel ich habe erfahren. und selbst
sehen können, aus der Mitte der Insel, auf deren Hochplateau
der Tempel des Achilles majestätisch thronte, aber Münzen grub
man in Sonderheit auf jener schon genannten nordöstlichen Spitze
aus. Von letzteren befinden sich in öffentlichen und in Privat-
Sammlungen manche, welche in die dunkle Geschichte der am
Pontus gelegenen Städte einiges Licht zu bringen im Stande sind,
und deshalb werde ich jede mir sich bietende Gelegenheit benutzen,
um vermittelst der auf Leuce gefundenen Münzen unsere lücken-
haften Kenntnisse nach Kräften zu vervollständigen. Von dem-
jenigen, was aus diesem Grabe früherer Herrlichkeit ans Tageslicht
gefördert wurde, findet sich namentlich einiges Neue und gewiss
nicht Uninteressante in der Sammlung der Odessaer Gesellschaft
für Geschichte und Alterthümer. Eine wissenschaftliche Behand-
lung dieser Stücke mir vorbehaltend, will ich dieses Mal, gleich-
sam als Beispiel, wie ich meine spätere Arbeit einzurichten ge-
denke, nur von einer Münze sprechen, welche ich selbst besitze
und die vor Jahr und Tag auf der Insel Leuce aufgefunden wurde.
Bei dieser Arbeit rechne ich auf die freundliche Nachsicht meiner
sachkundigen Leser, von denen ich Einwürfe gegen meine An-
sichten und Vervollständigung des von mir Beizubringenden mit
Dankbarkeit entgegennehmen werde.
Die von mir zu behandelnde Münzestammt aus Tius oder Ti um?),
1) Siehe Köhler Memoire sur les iles et la course consacrees ἃ
Achille dans le Pont Euxin (Memoires de l’Academie Imp£riale de St.
Petersbourg Tome X. p. 6531—819.) 2) Bei Strabo (nach der Kramer-
schen Ausgabe) Vol. I. p. 519. lib. XII. cap. ὃ 8. 5., pag. 521 $. 8. u.
pag. 560. cap 4.6.7. τὸ Tisıov, nach anderen Ausgaben Trio», wie
bei Polybius XXVI. 6.; bei Memnon in Müllers Ausgabe der F'rragmenta
historicorum Graecorum Vol. III. lib. XI et XII c. 7., XIII et XIV «.
16.. XV c. 27., XVI c. 52. ἡ Tiog; bei Arrian Peripl. Pont. Eux.,
Anonymi Peripl. Pont. Eux, p. 5. und Diod. Sicul. XXIX, 23. unbestimmt,
ob Tios oder Tio»; bei Philo Byblius nach Steph. Byzant. Tiog
[4
x
190 Zur Erklärung einer noch unedirten Mänze von Tius in Bithynien.
einem Städtchen®), das im Lande der Cauconen®) lag. Reste
der letzteren hatten sich noch bis auf Strabo’s Zeit in der
Umgegend des Flusses Parthenius erhalten®), allein die Meinungen
der Alten über die Abstammung jener alten Völkerschaft (Καύκω-
veg) waren sehr getheilt; Einige hielten sie, wie Strabo berichtet,
für Scythen, Andere für Macedanier, und noch Andere für Pe-
lasger. Wie dem nun auch sein mag, so kann man doch soviel mit
Bestimmtheit sagen, dass die Cauconen nicht hellenischen Ur-
sprungs waren und daher nicht unter dem Heere der Achäer, son-
dern als Bundesgenossen .der Troianer vor Troia’s Mauern er-
scheinen,’ ‚Homer erwähnt ihrer®) in Verbindung mit den Lelegern
und Pelasgern, und nennt unter den Schaaren der Paphlagonier,
welche. Pylaemenes nach Troia führte, statt der Cauconen, die
nach Strabo?) vom Callisthenes hier geradezu genannt wurden, die
drei Städte, welche $ie am Parthenius bewohnten und die Κρῶμνα;
Alyloaog und ᾿Ἐρυϑῖνοι hiessen®). Das Land der Cauconen grenzte
gegen Westen unmittelbar an das Gebiet der Mariandyner, und
da diese auch in späteren Jahrhunderten, wo der alte Stamm der
Cauconen schon fast ausgestorben zu sein scheint?), eine nicht un-
bedeutende Völkerschaft. Bithyniens blieben, so unterscheiden die
weniger genauen Geographen, wie z. B. Plinius, die einen nicht
weiter von den andern, sondern umfassen beide Völkerschaften un-
ter dem einen Namen der Mariandyner, und setzen Tius, wie es
namentlich Plinius thut, in das Gebiet der letzteren. — Noch
weniger Uebereinstimmung herrscht über den Namen der Provinz,
zu welcher das Land, in dem Tius lag, zu rechnen sei, denn
während Strabo Tius unter den pontischen Städten aufzählt, sagt
Mela, dass es in Paphlagonien liege, und Plinius, so wie die
neueren Schriftsteller über alte Geographie rechnen Tius zu Bithy-
nien. Dieser Widerspruch löst sich indessen von selbst, da bei
-den einzelnen Meinungen eine verschiedene Zeit berücksichtigt ist
und jede also mit gleichem Rechte ihre Vertreter findet. ΄ Als
nämlich Nicom&des Il. 74 v. Chr.') die Römer zu Erben seines
Reiches einsetzte‘!), schlugen dieselben Bitbynien zur Provinz
Asia und dann zu Pontus. Eine neue Eintheilung nahm Augustus
vor, da er, den westlichen Theil Paphlagoniens, welchen Strabo 15)
unter dem Namen Pontus versteht, dazu rechnend, Bithynien zu
einer eigenen senatorischen Provinz machte, und diese verwandelte
Hadrian wiederum in eine kaiserliche'®).
vgl. Strabo XII. 3, 10 und Kramers Bemerkung zu dieser Stelle; bei
Pompon. Mela I. 19, 8 Tiussz bei Plin. H. N. VI. 1 Tium. Die Ein-
wohner heissen bei den griechischen Schriftstellern Τιανοί und auf Mün-
zen ebenso, oder Tsıaror Sestini lettere e dissertazioni namismatiche
Tom. ΠΡ. 39. 3) Strabo XII. 3. $. 8: πολίχνιον; Plin. H. N. VI.
1.1 oppidum; Peripl. Anonym. p. 5: πόλις. 4) Strabo Xil. 3. $. 5.
6) 1014. 6) 1. X. 429: 7) xır, 3.9.5 8. II. 851-8556. 9)
Strabo XII..3. $. 2 u. 5. 10) Zumptii annales vet. regnorum et popu-
lorum p. 44. 11). Vellei. Pat. II. 4, 1. und II. 39, 1. 12) XVIl. p.
Von Dr. P. Becker zu Odessa, 191
Unter den Städten, welche von den Griechen an der klein-
asiatischen Küste des Pontus Euxinus angelegt oder colonisirt waren,
muss. Tius eben keine bedeutende Rolle in der Geschichte gespielt
haben, denn Strabo bemerkt ausdrücklich‘*), dass dieses kleine
Städtchen nichts Denkwürdiges biete '°), und hätte das gewiss nicht
gesagt, wenn-Tius, abgesehen von jeder politischen Bedeutsamkeit,
als Handelsstadt von Wichtigkeit gewesen wäre, Die Nähe des
mächtigen Heraclea, von welchem Tius-nur einige Meilen entfernt
war!®), musste jedem Aufs&hwunge hindern entgegentreten und
die Tianer schon frühzeitig in die Abhängigkeit von Heraclea
bringen. Dieses sähen wir auch wol ganz deutlich, wenn uns das
Geschichtswerk des Memnon περὶ Ἡρακλείας (welches Heraclea
zur Unterscheidung von anderen Städten gleiches Namens den Bei-
namen Pontica führt) vollständig erhalten wäre. Von demselben
besitzen wir indessen durch Photius nur Auszüge und Fragmente
aus den acht letzten Büchern; die ihnen vorhergehenden sind uns
gänzlich verloren gegangen. Bei alledem ist Memnon fast die ein-
zige Quelle, aus welcher unsere historischen Nachrichten über Tius
entnommen werden können, und wir werden gleich sehen, wie viel
‚diese fragmentarischen Notizen zu wünschen übrig lassen.
Aus anderen Schriftstellern wissen wir, dass Tius eine Colonie
der Milesier war'’), und dass es nach Philo beim Stephanus By-
zantius'®) vom Priester (ἱερεύς) Tius, einem Milesier, seinen Na-
men erhalten habe, Die Richtigkeit dieser Bemerkung bestätigen
einige uns erhaltene autonome Münzen von Tius, auf deren Haupt-
seite der Name TEIOL oder TEIOC") zu lesen, and der jugend-
liche, Kopf ‚des Tius, mit Diadem oder Lorheeren im Haar, und
bei einer?) ausserdem noch mit der chlamys auf der Schulter, zu
sehen ist. Dass aber der Name des Gründers einer Stadt häufig
auf den Münzen derselben vorkomme, ist bekannt, und beweisen _
unter anderen.die Münzen von Cyzicus'), Byzantium 33), Tomi ᾽5) u. s. w.
Hiergach ist also der Milesische Ursprung und der Name des
Gründers ausser Zweifel gesetzt, allein damit noch nicht die Zeit
bestimmt, in welche die Gründung falle. Darüber fehlen uns alle
geschichtlichen Data, allein da. wir von anderen Milesischen Colo-
nien am Gestade des Pontus Euxinus mit Sicherheit wissen, dass '
ihre Anlegung ins sechste Jahrhundert vor Christi Geburt fällt, so
lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die Grün-
dung von Tius in eben diese Zeit gehöre, wo Milet auf dem
840. 13) Dio. Cass. LXIX. 14. 14) XI. c. 3. 9. 8. p. 521 ed. Kra-
mer. 15) οὐδὲν ἔχον μνήμης ἄξιον. 16) Plin. H. N. VI., 1: oppi-
dum Tium ab Heraclea triginta octo milibus passuum. 17) Pomp. Mela
I. 19, 2. Arrian. Peripl. Pont. Eux., Anonymi Peripi. Pont. Eux. p. 5.
18) Fragm. hist. Graec. ed. Müller Vol. III, p 674. 19) Mionnet de-
script. de med. antig. H. p. 493. Nr. 481. 482 und Sup. V. }: 269. Nr.
1498. 149. 20) N. 1498. 21) Mionnet Il. I. II. p. 533: XTZIKOC.
22) Ibid. I. p. 376: ΒΥΖΑΣ. 23) Ibid. I. p. 361.362: TOMOC KTI-
' 192 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien,
Gipfel semer Höhe stand. Die Anlegung könnte sogar noch höher
hinaufreichen, wenn sich unter den sieben Städten, welche der
grosse Cyrus dem ihm befreundeten Pytharchos aus Cyzicus schenkte,
auch Tius befand. Wir erfahren dieses nach Angabe des Agatho-
cles aus Babylon durch den Athenaeus*‘), bei welchem :aber der
Name unserer Stadt erst durch Casaubonus in den Text hineinge-
kommen ist; denn da Athenaeus für die sieben geschenkten Städte
blos sechs Städtenamen, namentlich Πήδασον, Ὀλύμπιον; "Ane-
ugvrıov, [Tlov], Σκῆπτρα» ᾿Αρτύψον, Τορτύρην angibt, so hat
Casaubonus durch Wiederholung der letzten beiden- Silben beim
Namen ’Axaucvrıov auch Tiov mit in die Urkunde von der Schen-
kung des Cyrus 'hineingebracht, ‘ Die Leichtigkeit einer solchen
Emendation läugne ich nicht, allein als historischen Beleg für die
Existenz von Tius zur Zeit des Cyrus glaube ich sie doch nicht
brauchen zu dürfen, und zwar hauptsächlich deswegen, weil die
übrigen Städte in Mysien am Fusse des Olympus gelegen zu haben
scheinen, und von Tius also ziemlich entfernt waren. Das schon
‚bei Homer?®) erwähnte, am Flüsschen Satniois gelegene Pedasus,
welches zu Strabo’s Zeit nicht mehr existirte®?®), ist wenigstens
dort zu suchen. Die Lage -der übrigen Ortschaften vermag ich
nicht genauer zu bestimmen, da sie sonst, so viel ich weiss, nicht
weiter vorkommen. Bedeutend waren sie auf keinen Fall, da der
herrschsüchtige Pytharchos, welcher sieh zum Tyrannen seiner Va-
terstadt Cyzicus machen wollte?”) und deshalb ein Heer zusammen-
brachte, dem Angriffe der gegen ihn anstürmenden Cyzicener un-
terlag, und Cyzicus also allein, ohne fremde Hülfe seine Freiheit
behaupten konnte.
Als einzige Merkwürdigkeit von Tius führt Strabo®) an, dass
der Ahnherr des Attalischen Königsgeschlechtes in Pergamus, Phi-
letaeros, dort gebürtig gewesen sei, und diese Notiz ist insofern
wichtig, als die Existenz unserer Stadt im vierten Jahrhunderte da-
durch gesichert wird. Aus eben dieser und einer noch etwas frü-
heren Zeit finden wir nun auch Nachrichten beim Memnon, und so
kurz und beiläufig dieselben sind, so zeigen sie uns doch schon
zur Genüge, dass Tius um die Zeit des Todes von Alexander dem
Grossen von den in Heraclea Pontica herrschenden Tyrannen voll-
kommen abhängig war. . Den besten Beweis hierfür bietet uns die
Geschichte der Amastris, einer Nichte des Königs Darius Codo-
mannus, deren Schicksale mit der Geschichte der Nachfolger Alexan-
ders des Grossen eng verbunden sind.
Amastris war, wie wir aus Memnon*”) wissen, eine Tochter
des Oxathres, eines Bruders des Darius Codomannus, und wurde
von Alexander dem Grossen, als dieser selbst des Darius Tochter
Statira geheirathet hatte, dem Crateros zur Gattin gegeben. Diese
CTHC 24) I. p. 30 A. 25J11. VI. 35. vgl. XX. 92. XXI. 87. 26)
XTI. 1. pag. 119. (edit. stereot.) 27) Athen. 1. . 28) XI. 3. 8. 8,
29) Fragm. c..4—6. 30) Fragm. 1. 31) Fragm.2. 32) Strabo XII.
Von Dr. P. Becker zu Odessa. 198
Ehe hatte indessen nur kurzen Bestand; denn kanm war Alexander
gestorben, so verband sich Craterus mit des Antipaters Tochter
Phila, und die von ihm verlassene Amastris wurde die Gattin des
Dionysius,. welcher schon zu Lebzeiten Alexanders Tyrann von
Heraclea gewesen war und nur durch Schlauheit die Wiederher-
. stellung der republikanischen Verfassung in Heraclea verhindert
hatte. Durch die Verbindung mit der Amastris, welche ihrem
neuen Gatten eine reiche Mitgift zubrachte, und durch die Unter-
stützung des Antigonus im Kriege gegen Cyprus stieg die Macht
des Diunysius dermaassen, dass er, den Namen eines Tyrannen
verschmähend, den Königstitel sich beilegen konnte. Herrschte
er dach nicht blos über diejenigen, welche bereits den früheren
Tyrannen unterwürfig gewesen waren, sondern auch über viele,
die bis dahin ihre Unabhängigkeit von Heraclea zu behaupten ver-
standen hatten. Ob Tius nun erst damals der wachsenden Macht
Heraclea’s gewichen sei, oder ob es schon unter den früheren Ty-
rannen in einem abhängigen Verhältnisse von Heraclea gestanden
habe, lässt sich historisch nicht nachweisen, allein da uns Memnon?®)
den Clearchus, welcher sich nach Umsturz der republikanischen
Verfassung um 364 v. Ch. zum Tyrannen von Heraclea machte,
als streng und kriegerisch schildert, und ein Gleiches in noch hö-
herem Grade von dessen Bruder und Nachfolger Satyrus sagt®'),
der als Vormund seiner Neffen Timotheus und Dionysius (so hiessen
des Clearchus Söhne) sieben Jahr lang die Obergewalt in Heraclea
führte, so ist mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das
nahegelegene Tius schon zu den Zeiten des Clearchus seine Frei-
heit verloren, und, wenn nicht schon friiher, so duch gewiss schon
damals dem Staate der Heracleoten einverleibt worden sei. Doch
wie dem auch sein mag, zur Zeit der Amastris stand Tius ohne
allen Zweifel in der Abhängigkeit Heraclea’s, da sie die nach
ihrem Namen benannte Stadt mit den Bewohnern von Sesamus,
Cytorus, Cromna und Tius bevölkerte??), und dieses doch nur
daon thun konnte, wenn sie, als Herrscherin von Heraclea, die in
diesen Städten Wohnenden vollkommen in ihrer Gewalt hatte.
Die Herrschaft des Dionysius war nämlich nach dessen Tode
an seine Gemahlin Amastris gekommen; sie führte die Vormund-
schaft über ihre drei vom Dionysius stammenden Kinder Clearchus,
Oxathres und Amastris, und heirathete in dritter Ehe den Lysi-
machus°®), welcher sie jedoch wieder verliess, als er sich aus
Rücksicht auf die damaligen politischen Verhältnisse mit der. Arsi-
no&,.der Schwester des Ptolemaeus Philadelphus, ehelich verband,
Amastris, welche in der letzten Zeit ihrer Ehe dem Lysimachus
nach Sardes gefolgt war und dort vielfache Beweise seiner Liebe
empfangen hatte, kehrte verstossen nach Heraclea zurück, wo sie
die Zügel der Regierung jetzt allein führte.
3. $. 10. vgl. Memn. fragm. 4. 33) Memn. fragm. 4.
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX. ΗΠ. 2, 13
194 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien.
Indessen rückte das Eside der Vormundschaft über ihre Kinder
‚ immer; mehr heran, und da Amastris von ihren Söhnen Clearchus
und Oxathres, sobald sie selbst die Herrschaft in Heraclea über-
nehmen würden, eine traurige Zukunft für sich zu fürchten schien,
so beschloss sie ihren Witwensitz anderswo zu nehmen und legte
in dieser Absicht das von ihr benannte Amastris an. Hier glaubte -
die mehrfach schwergeprüfte königliche Frau ihr bewegtes Leben
in Frieden und Ruhe beendigen zu ‘können; die Grausamkeit der
eigenen Söhne gestattete der armen Mutter nicht die Erfüllung
eines so natürlichen Wunsches, denn ohne dass auch nur der min-
deste Grund zu einer Verfolgung vorlag, liessen die entarteten Söhne
die unglückliche Frau von einem Schiffe ins Meer werfeu und er-
tränken °%),
: " Die Unthat entflammte die Rathe des Lysimachus, welcher,
obgleich er sich vor den Augen der Welt von der Amastris getrennt
hatte, ihr dennoch im Herzen die frühere Liebe bewahrte, Unter
der Maske eines nahen Verwandten und aufrichtigen Freundes kam
er nach Heraclea, und strafte dort zuerst den Clearchns, dann den
Oxathres für den an ihrer Mutter begangenen Frevel mit dem
Tode. Bevor er darauf in seine Herrschaft nach Macedonien zu-
rückkehrte, atelite er noch in Heraclea die republikanische Ver-
fassung wieder her°°), welche durch die dort emporgestiegenen Ty-
rannen gegen 80 Jahr unterdrückt worden war).
Dennoch konnte Lysimachus nicht das schöne Land vergessen,
welches seine frühere Gattin Amastris zur üppigen Blüthe und
voller Kraft emporgehoben hatte, und daher priess er o‘t in sei-
nen Reden den Wohlstand der Städte Heraclea, Tius und Ama-
stris, und reizte dadurch seine herrschsüchtige Gemahlin Arsino& zu
deren Besitze. Sie ruhete nicht früher, als bis sie den Lysimachus
bewogen, ihr dieselben zu schenken. Die Uebernahme der Herr-
schaft in Heraclea machte die Arsino& zu gleicher Zeit zur Gebie-
terin von Tius und Amastris, und der von ihr in Heraclea einge-
setzte Heraclides aus Cyme besass also die oberste Macht in allen
drei Städten und waltete in allen dreien mit Strenge und Willkür ?”).
Das Schicksal von Tius war also mit dem von Heraclea eng
verbunden, und wenn wir auch daselbst nach dem Tode des Lysi-
machus (281 v. Ch.) durch Aufhebung des Heraclides die republi-
kanische Verfassung wieder hergestellt sehen (280 v. Ch.), 80
dauerte für Tius die Abhängigkeit von Heraclea, ungeachtet man-
cher Unterbrechungen, doch gewiss noch weiter fort. Denn selbst
wenn Tius zu den Städten gehörte, welche Zipoethes, der König
der Bithynier, den Heracleensern im Kriege abnahm, so kann es
doch nur sehr kurze Zeit bei Bithynien geblieben sein. Wir wissen
34) Memn. fragm. 5. 35) Ibid. fragm. 6. 36) Ibid. fragm. 9, 37)
Ibid. fragm. 7. 38) Ibid. fragm. 9. 89) Ibid. fragm. 10. 40) Ibid.
fragm. 16. 41) Ibid. fragm. 16. 42) Memnon fragm. 19: συμμαχεὲν δὲ
Von Dr. P. Becker zu Odessa. 195
nämlich, dass schon Nicomedes, welcher nach dem Königthume in
Bithynien’ strebte, und gleich zu Anfange der Regierung des An-
tiochus Soter von Syrien (280—261 v. Ch.) in einen Krieg mit
letzterem verwickelt. wurde, Unterstützung bei den Heracleoten ge-
sucht, und ihnen für eine grosse Summe Geldes wiederum .die
Städte Tius und Cierus, sowie das Thynische Gebiet überlassen
habe‘), Ausserdem setzte Nicomedes die Byzantinm beunrahigen-
den Gallier nach Asien über, und mit Hülfe dieser und der Hera-
cleoten gelang es ihm, sich um 277 v. Ch. zum Könige von Bi-
thynien zu machen“). Der mit den Galliern geschlossene Vertrag,
den wir durch Memnon kennen“), ist auch für unseren Gegen-
stand von Wichtigkeit, da in demselben unter anderem es den
Galliern zur Bedingung gemacht wird‘, dass sie den Tianern, He-
raclevten, Chalcedoniern und Cieranern, so wie einigen anderen
Städten, in deren Abhängigkeit andere Völker ständen, treue Bun-
desgenossen sein sollten.
Die Reihenfolge, in welcher hier die genannten Städte stehen,
ist mehr als auffallend, und, wie mir scheint, nur dadurch zu er-
klären, dass Photius den Anszug aus dem Geschichtswerke des
Memnon bier aus dem Gedächtnisse machte und deshalb in ganz
willkürlicher Ordaung die in dem Vertrage berücksichtigten Städte
aufzählt. In Memnons Werke stand der Name der Chalcedonier,
deren Stadt und Land die Gallier beim Uebertritte nach Asien
zuerst berühren mussten, sicherlich an der Spitze, und auf die-
selben folgten die Heracleoten als Bundesgennssen des Nicomedes
mit den zu ihrem Gebiete gehörigen Tianern und Cieranern. Die
beiden zuletzt genannten Städte waren ja, wie wir nach Memnons
eignem Zeugnisse“) oben gesehen haben, erst kurz vordem wieder
an Heraclea gekommen, und werden deshalb als Beispiel für solche
. Städte, die von anderen abhängig waren, noch besonders genannt,
So lange Nicomedes in Bithynien herrschte, scheint das’freund-
schaftliche Verhältniss zwischen ihm und den Heracleoten nicht ge-
stört worden zu sein, denn sterbend setzte er ausser dem Ptolemaeus
und Antigonus auch die Byzantier, Cianer und Heracleoten als
Curatoren ein für seine noch unmündigen Kinder aus der zweiten
Ehe“), Die gewissenhafte Erfüllung der Bithynischen Vormund-
schaft verwickelte die Heracleoten. gegen 250 v. Ch. in ‚einen
Krieg mit den Galatern, welche nach einem Einfalle in das Gebiet
der Heracleoten mit reicher Beute aus demselben in ihre Heimatlı
zurückkehrten ®). | ' ᾿
Dieser Verlust hielt die Heracleoten indessen nicht ab von der
weiteren Theilnahme an den jetzt in Kleinasien ausbrechenden
Streitigkeiten der einzeluen Reiche, allein die Einmischung in die
καὶ Βυζαντίοις, εἴ που δεήσοι, καὶ Tıavoig δὲ καὶ Ἡρακλεώταις καὶ
Καλχηδονίοις καὶ Κιερανοῖς καί τισιν Eregaug ἐθνῶν ἄρχουσιν 43)
Fragm. 16. vgl. 27. 44) Memn. fragm. 22, 46) λα, „{ragm. 22.
ı
®
>
196 Zur Erklärung einer noch unedisten Münze von Tius in Bithynien
verwickelten politischen Händel Cappadociens und Bithyniens und
der Ausbruch wiederholter Kriege mit den Galatern führte Heraclea
an den Rand des Unterganges und musste, als die Heracleoten
noch mit den Römern in nähere Berührung kamen, die Schwächung
ihrer Macht und bald auch die Zerstückelung ihres Gebietes her-
beiführen. |
Als Beleg hierfür erinnere ich an den Krieg des Bithynischen
Königs Prusias I, (etwa 228—183), welcher ausser anderen Er-
werbungen das den Heracleoten gehörige Cierus unter dem Namen
Prusias zu seinem Reiche schlug, und Tius, welches bis dahin in
der Abhängigkeit von Heraclea gestanden hatte, in seine Gewalt
brachte“), Ja Heraclea selbst wäre damals wol vom Prusias ge-
nommen worden, weun er nicht, die Belagerung der Stadt. wegen
einer Verwundung am Fusse aufgebend, in die Heimath zurückge-
zogen wäre.
Prusias I. mag Tius indessen nur wenig Jahre besessen haben,
denn Diodorus Siculus*’) berichtet, dass Leocritus, der Feldherr
des Pontischen Königs Pharnaces, Tius zu wiederholten Malen an-
gegriffen und auch eingenommen habe, da er der Besatzung, die
aus Söldnern bestand, freien Abzug zugesichert hätte, Sehr schlecht
freilich erfüllte Leocritus sein Versprechen. Kaum hatten die
Miethlinge Tius verlassen, so fiel er treulos über dieselben her
und schoss sie nieder bis auf den letzten Mann.
Aber auch in dem Besitze des Pharnaces konnte Tius nur bis
zum Jahre 179 v. Ch. bleiben, wo es zwischen ihm und Eumenes IT.,
dem Könige von Pergamus, welchem Ariarathes von Cappadocien
als Bundesgenosse beigestanden hatte, zum Frieden kam, Zu den
Bedingungen desselben gehörte nach Polybius’’) die Herausgabe
von Tius. Dem zu Folge fiel nach Polybius Worten die Stadt dem
Ariaratbes zu, der sie aber sogleich dem Eumenes abgetreten haben
muss, da sie nach Polybius‘”) nicht vom Ariarathes, sondern vom
Eumenes dem Könige Prusias Hl. von Bithynien zu des letzteren
grosser Freude geschenkt wurde.
Heraclea’s Schwäche benutzten darauf die Galater zu .einem
feindlichen Angriffe der Stadt, die aber aus diesem Kriege siegreich
hervorging, und, dadurch ermuthigt, an die Wiederherstellung ihrer
früheren Macht zu denken anfıng’). Wie weit den Heracleoten
dieses gelungen, und namentlich, ob Tius in die frühere Abhängig-
keit zurückgetreten sei, können wir aus Mangel an historischen
Daten ebensowenig angeben, als mit Sicherheit nachweisen, dass
Tius seit Prusias FI, beständig zu Bithynien gehört habe. Letz-
teres scheint indessen das Wahrscheinlichere.,
Von den Heracleoten sehen wir später, dass sie im Mithrida-
tischen Kriege anfänglich eine neutrale Stellung einnehmen und
„ 46) Memn. fragm. 27: elle δὲ καὶ τὴν Tiov καὶ αὐτὴν ὑπήκοον
αὐτοῖς οὐσαν. 47) ΧΧΙ͂Χ, 28. 48) XXVI,6. 49) Ibidem. 60) Memn.
"Von Dr. P. Becker zu Odessa. 197
weder dem römischen Feldherrn Muraena, noch dem Mithridates
Hülfe zusagen‘'). Von dieser ganz yernünftigen Politik stehen sie .
indessen bald ab; sie unterstützen den Mithridates mit ihren Schif-
fen”) und zerfallen dadurch mit den Römern, mit denen sie bis
dahin, wie es scheint, in gutem Vernehmen gestanden hatten. Der
Uebertritt zur Partei des Mithridates hatte denn auch den baldigen
Untergang Heraclea’s zur Folge, denn Mithridates bemächtigte sich
durch die Treulosigkeit des Lamachus, welcher damals en der
Spitze der Republik stand, der Stadt, verlegte eine Pontische Be-
satzung in dieselbe, und setzte den Connacorix als Statthalter ein°?).
Den den Heraclesten versprochenen Schutz gegen die Römer konnte
EConnacorix nicht lange gewähren. Aurelius Cotta ward zwar zu-
rückgeschlagen’*), aber als der römische Feldherr Triarius Hera-
clea von der Seeseite absperrte, brach Hungersnoth und Krank-
heit in der Stadt aus; Connacorix, nicht im Stande sich länger za
halten, rettete sich durch die Flucht, und Damophiles öffnete die
Thore der feindlichen Soldaten), ᾿ Mord, Brand, Plünderung,
Grausamkeiten aller Art wurden nun von den nnter Cotta in He-
raclea einziehenden Römern (70 v. Ch.) verübt), und dadurch
die Macht der alten Stadt für immer gebrochen,
Um eben diese Zeit musste auch Tius sich dem Triarius un-
terwerfen. Connacorix hatte nämlich von Heraclea aus, gleichsam
als wenn er den Heracleoten die frühere Herrschaft wieder her-
stellen wollte, Tius und Amastris genommen, und behauptete sie,
so lange er selbst noch in Heraclea gebot. Jetzt, wo beide Städte
von ihm, dem Flüchtlinge, nichts mehr zu fürchten hatten, und ein
Widerstand die Wuth der römischen Soldaten nur gereizt hätte,
musste ein schneller Uebertritt auf die Seite der Römer als ein vor-
theilhafter erscheinen, und deshalb lesen wir beim Memnon®”), dass
sich beide Städte unter einer friedlichen Capitulation dem Triarius
ergeben hätten. Welcher Art die Bedingungen waren, wissen wir
freilich nicht, allein’ daraus, dass die uns erhaltenen Münzen von
Tius ausschliesslich der römischen Zeit anzugehören scheinen, dür-
fen wir die Vermuthung ziehen, dass sich die Verhältnisse der
Stadt unter römischer Herrschaft von Anfang an nicht ganz un-
günstig mögen gestaltet haben.
Dem Emporblüähen von Tius war seit Jahrhunderten die Nähe
des mächtigen und reichen Heraclea hinderlich gewesen. Seit diese
wichtige Handelsstadt durch die Römer feindselig behandelt und
von Cotta ganz vernichtet worden war°°), kehrte für sie, wenn
sie auch bald darauf wieder aufgebaut wurde, die alte Bedeutsam-
keit doch nie wieder zurück. Der Fall Heraclea’s und das Un-
vermögen, sich zur früheren Höhe wieder hinaufzuschwingen, scheint
aber die Hanptveranlassung zum allmäligen Emporsteigen von Tins
fragm. 28. 51) Ibid, fragm. 36. 52) Ibid. fragm. 38. 53) Ibid. fragm. 42.
54) Ibid. fragm. 43. 65) Ibid.!fragm, 51. 56) Ibid. fragm. 52.
57) Ibidem. 58) Ibid. frag. 54.
198 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tins in Bitbynien.
gewesen zu sein. Dass es damit nur langsam ging, sehen wir aus
Strabo®®), welcher Tius nur als ein Städtchen (πολίχνιον) nennt;
Plinius®), der etwas später als Strabo lebte, bezeichnet dagegen’
Tius schon mit dem Namen eines „oppidum“, und der noch
jüngere Anonymus®!) gar mit dem einer πόλις. Tius mag unter
römischer Herrschaft ebenso wie die meisten andern griechischen
Städte dieser und anderer Gegenden, eine gewisse Unabhängigkeit
erlangt und seine eigne Verfassung besessen haben; seine glück-
liche Lage am Meere und am Flusse Billaeus, so wie die Nähe
des Flusses Parthenius benutzte es gewiss dazu, um den bedeu-
tenden Handel, welchem Heraclea seine frühere Grösse verdankte,
‘ zum Theil an sich zu ziehen. Das Land war reich an Producten
verschiedener Art, unter denen, ausser Schiffsbauholz, Getreide,
Hülsenfrüchte, Feigen und Wein als Ausfuhrartikel dienen konnten.
Yon dem innern, sich selbstständig entwickelnden Leben in Tius
fehlen uns alle genaueren Nachrichten; aber die auf uns gekom-
menen Münzen zeugen von einem gewissen Aufschwunge gegen die
frühere Zeit, wo Tius keine eigenen Münzen scheint geschlagen
zu haben. Ich behaupte nämlich, dass alle uns erhaltenen Münzen
von Tius aus der römischen Zeit stammen, und glaube dieses auch
von den autonomen annehmen zu dürfen, welche bei Mionnet*?) als”
solche aufgeführt werden. Es sind deren im Ganzen fünf, und von
denselben tragen vier auf der Hauptseite die Inschrift TEIOL oder
TEIOC mit dem belorbeerten Kopfe des Gründers der Stadt; die
fünfte hat auf der Hauptseite keine Inschrift, zeigt aber das be-
lorbeerte Haupt des Zeus, unter welchem eine Aehre, Was letz-
tere anbelangt, so dürfte sich nur bei eigener Anschauung die Zeit
einigermaassen durch Stil und Fabrik bestimmen lassen, aber da
mir der Vortheil solch einer Prüfung abgeht, so wage ich kein be-
stimmtes Urtheil, Auch die übrigen vier sind mir nicht zugänglich
gewesen, allein nach der Form der Buchstaben Z und C und des
Buchstaben € dürften diese Münzen um die Zeit des ersten Jahr-
hunderts, und nicht früher, geschlagen worden sein. Die mit der
Inschritt TEIOL, wo das E und L[ noch nicht gerundet erscheint,
sind natürlich die älteren, aber auch diese gehen nicht über das
erste Jahrhundert hinaus; die Form des Z weicht schon von dem
Zeichen Σ᾽ ab, unı bildet den Uebergang zu dem später gerunde-
ten Schriftzeichen.
Die Kaisermünzen von Tius beginnen mit Domitianus und
reichen mit einigen Lücken bis auf Gallienns herauf), Münzen
mit dem Bildnisse und Namen des Nerva, des Hadrianus, Macri-
nus, Severus Alexander fehlen ganz, ebenso wie die der Kaiser,
welche nach Gordianus und vor Gallienus die Herrschaft im römi-
schen Reiche führten. Von den Münzen des Geta nennt Mionnet‘*)
59) XII. 3. 6.8. 60) H. N. VI, 1. 61) Anonymi Peripi. p. 5 (Hads.).
62) Descript. de medail. II. p. 499. Sup. V. p. 257. 63) Mion. De-
: Von Dr. P, Becker zu Odessa. 199
nur zwei, und zu diesen füge ich als dritte noch folgende, bis
jetzt‘ nicht bekannte hinzu:
Haupts.: AYT. ΚΑΙ. II. TETAC. AYT Belorbeerter Kopf des
Θεία zur Rechten; ein Kranz von Punkten ziebt um den
„ Rand der Münze ®),
Rücks.: ZEYC EYPF CIOC TIANQN. Zeus zur Linken ste-
hend, im pallium, in der vorgestreckten Rechten eine
patera haltend, mit der aufgehobenen Linken die hasta;
zu seinen Füssen links der Adler.
Die Hauptseite dieser Münze bietet für das Verständniss keine
Schwierigkeit, denn dass Geta hier blos Publius und nicht voll-
ständig Publius Septimins Θεία genannt wird, kann nicht auffallen,
da bei diesem Kaiser bald das eine, bald das andere vorkomt.,
Bemerkenswerth ist die Art, wie das Wort KAICAP abbrevirt ist.
Zu dem zweiten Buchstaben 4 ist der obere Strich des X benutzt
worden, und deshalb steht das 4 mit dem ihm folgenden I höher
als das K und könnte auf den ersten Blick als KIT gelesen und
für eine Abbreviation von „Kaiser Publius“ gehalten werden. Das
daranf folgende IT verbietet solch eine Deutung und erlaubt keine
ändere, als die, welche ich der Abkürzung gegeben habe,
Auf der Rückseite lesen wir deutlich ZEYC EYPHCIOC
(statt EYPECIOC) TIANQN, nnd ich will mich jetzt bemühen,
diese für Cult und Sprache wichtige Inschrift näher zu beleuchten.
Unter den griechischen Gottheiten, welche in Tius eine be-
sondere Verehrung fanden, muss der Cult des Zeus vor allem der
vorragendste gewesen sein, da wir auf den autonomen Münzen,
ausser dem Kopfe des Tius, des Gründers der Stadt, nur noch
das belorbeerte Haupt des Zeus erblicken.
Für Bithynien, auf das ich mich hier beschränken will, ist
der ausgebreitete Cult des Zeus leicht nachzuweisen, denn als ge-
wöhnlicher Typus kommt Zeus somol auf den Münzen der Bithy-
nischen Könige vor‘), als auch auf denen, welche von den ein-
zelnen Städten in Bithynien geschlagen wurden. Vergleichen wir
diese Typen unter einander und mit denen von Amastris®”), der
seript. IE p 490. «608, Sup. Υ. p. 38-209. 64) Sup. γ΄ ν. 367. Nr-
1557 u. isbe, 65) Die von aid ΚΑΙ d.h. KAICAP gelesenen Buch-
staben schen auf der Münze selbst so aus: Κα, 66) Mionnet II. p. 503 bis
505. Sap. V. p. 269-374. 67) Mion. II. p. 409-505. Bap. V.p. 1269.
200 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien.
östlichen Nachbarstadt von Tius, so finden wir unter ihnen eine
auffallende Uebereinstimmung in der Darstellung und können an
einem inneren Verkehr und gegenseitigen Einfluss der Städte Bithy-
niens kaum zweifeln.
Abgesehen von den Münzen, auf welchen der dargestellte
Zeus noch durch eine besondere Inschrift charakterisirt nnd genauer
bezeichnet wird, können wir in Tius folgende Typen für Zeus un-
. terscheiden und ihre Wiederkehr bei anderen Städten Bithyniens
oder in Amastris nachweisen:
1) Das belorbeerte Haupt des Zeus, unter welchem eine
Achre, findet sich, mit Ausschluss der Aehre, auf den autonomen
Münzen von Nicomedia°), Cratia®), Dia’), Amastris”'), so wie
auf einer Münze des Königs Prusias II.”*) und einer Nieomedischen
Kaisermünze des Kaisers Claudius 75).
2) Zeus halb nackt, sitzend, mit dem Blitze in der Rechten,
der hasta ın der Linken, kehrt wieder auf den Münzen von Bithy-
'nium 75), Iuliopolis”®), Nicaea”®) und Nicomedia,
3) Zeus, sitzend zur Linken, in der Rechten den Blitz, in
der Linken die hasta haltend, mit einem Adler zu den Füssen,
wird auf keiner anderen Münze ganz so dargestellt, aber diese
Darstellung ist nur als eine Vervollständigung der vorhergehenden
“zu betrachten; der hinzugekommene Adler ändert nichts in der
Auffassung und Bedeutung des Gottes.
4) Zeus im pallium, stehend, mit patera in der Rechten,
hasta in der Linken und einem Adler zu seinen Füssen sehen wir
mit kleinen Abänderungen wieder auf den Münzen von Hadriani ”°),
wo statt des Adlers ein Baum oder gar kein Emblem angegeben
ist””); von Apamea°°), wo statt des Adlers und der patera ein
brennender Altar vorkommt; von Nicaea®!), wo Zeus nackt er-
scheint, aber sonst ganz mit dem 'Type von Tius übereinstimmt;
von Cins®®), wo der Adler fehlt und Zeus statt der patera einen
Zweig in der rechten Hand hat oder statt desselben die Rechte
über einen Altar hält°®),
Die Darstellung des Zeus bei den Königen Bithyniens, nament-
lich auf den Münzen von Prusias 1.5), Prusias II.°), Nicome-
des II.°) und Nioomedes III.°”) hat zwar auch grosse Achnlich-
keit mit dem unter Nr. 4 beschriebenen Type von Tius, allein
diese Münzen können dennoch nicht hierher gerechnet werden, weil
der Kranz in der Rechten statt der patera eine von letzterer ganz
verschiedene Bedeutung hat; dort erscheint Zeus als der den Sieg
verleihende, hier als der durch Opfer zu sühnende Gott.
68) Mion. II. N. 298. Sup. V. N. 978. 69) Sup. V. N. 173.
70) S. V. N. 199. 71) Mion. II. p. 389. N. 9. 8. V. p. 551. N. 11.
72) 8, V. p. 270. N. 2. 73) 8. V. N. 997. 74) Mion. II, p. 416.
NN. 41 u. 43. 75) 8, V. NN. 369. 378. 76) S. V. NN. 437. 712,
77) 8. V. N. 1266. 78) II. N. 119. 79) Sup. V. N. 205. 80) 8. V.
N. 77. 81) 8. V.N. 635. 83) S.V.N.147L, 83) 8. V..N. 1472,
Von Dr. P. Becker zu Odessa. 201
- Drei Momente. sind in diesen Darstellungen des Zeus zu un-
terscheiden; in Nr. 1.-erkennen wir den allmächtigen Segensgott,
auf dessen Geheiss Felder und Früchte gedeiben und Wohlstand
die Menschen beglückt; in Nr. 2. und 3. erblicken wir Zeus in
siegreicher Ruhe, seine Allgewalt hat er benutzt zur glücklichen
Ordnung der Dinge, und befriedigt schaut er auf die Segnangen
des Friedens, welche sein Werk sind. Zeus ist hier der Friedens-
gott. Als mächtiger Gebieter, dem Himmel und Erde unterthan
sind, erscheint er in Nr. 4. Die stehende Stellung zeigt auf der
einen Seite, dass er zum Heile Aller thätig gewirkt hat, die pa-
tera auf der andern, dass er für sein väterliches Walten Anerken-
nung fordert durch Sühne und Opfer.
Gehen wir jetzt zu denjenigen Darstellungen über, bei welchen
Zeus durch seinen Namen allein oder durch diesen und ein Epi-
theton noch näher charakterisirt wird, Auch hier beschränke ich mich
blos auf die Münzen Bithyniens, und füge denselben blos eine
Münze von Amastris bei, auf welcher Zeus gleichfalls mit beson-
derem Beinamen dargestellt wird. . Ich beginne mit dem Ein-
fachsten.
In Cius sehen wir anf einer Kaisermünze des Domitianus, auf
deren Rückseite ZETZ. T. KIANSLN zu lesen ist, Zens stehend,
mit einer kleinen Siegesgöttin in der Rechten und der. hasta ia
der Linken®), Der Zeus der Cianer wird bier als der sieg-
bringende gefeiert, und das wol in Bezug auf den Kaiser Domi-
tian, welcher ungeachtet seiner missiungenen Feldzüge gegen die
Germanischen Völkerschaften und den Decebalus sich den Namen
Germanicus beilegte®®) und: die verlorenen Schlachten, gleichsam
als wäre er Sieger, durch prächtige Triumphe in Rom feierte.
Ganz dieselbe Darstellung treffen wir nicht wieder auf anderen
Münzen Bithyniens, aber ähnlich ıst eine Kaisermünze des Hadria-
aus in Hadriani”°), auf welcher der sitzende Zeus mit der Victoria
und hasta anf einen siegreichen, vollständig beendeten Krieg hindeutet.
Aus Prusa ad Olympum kennen wir einen 414 OATM-
IIION®°') auf einer Kaisermünze des Traianus. Zeus sitzt auf
derselben zur Rechten und hält in der Linken eine Kugel, auf
welcher eine Siegesgöttin, und in der Rechten die hasta. Auch
diese Darstellung mag sich hauptsächlich, wie namentlich die Ku-
gel andeutet, auf des erwähnten Kaisers glücklich beendigte Kriegs-
thaten beziehen. Die Umschrift HIIPOYCAEIC ΔΙΑ. OAYMIHON
ist sinnreich gewählt, weil sie auf der einen ‚Seite den Kaiser als
den Olympier feiert”), und auf der anderen auf den Zeuscult am
Olympus, an welchem Prusa lag, anspielt.
84) Mion. II. p. 505. NN. 6. 9. cf. Sup. V. Ῥ». 369. N. 1. 85) Mion. II.
N. 10. 86) Mion, IL. N. 51. 8. V. NN. 12.13.18. 87) 8. V.N.
20-23. 88) Mion. II. p. 493. N. 439. 89) Dio. Cass. LXVII, 4.
90) Mion, Sup. V. N. 204. 91) Mion. II. p. 479. N. 395. 92) 1|. 1.
ὅ08.. Hesiod, oper. 472. Theog. 390 etc.
«.
Φ
202 Zur Erklärung einer noch unedjrten Münze.von Tius in Bithynien.
Der Zeus der Nicaeenser trägt.auf den Münzen Nicaen’s ein
zwiefaches Epitheton; auf den einen führt er den Namen AIOC.
ΑΓΟΡΑΙΟΥ 53), auf den andern heisst er ZETZ MHAIOC").
Das Epithet dyogaiog kommt auch anderweitig”) vor, und zwar
nicht blos vom Zeus, sondern auch von anderen Gottheiten, die
auf dem Markte (ἀγορά) besondere Verehrung genossen. Das
Treiben .der Alten bethätigt sich aber auf der ἀγορά haupt-
sächlich durch zweierlei; sie ist einerseits die Stätte kaufmännischer
Thätigkeit in Handel und Wandel, andererseits der 'Tummelplatz
alles politischen Lebens. In Bezug auf beide Eigenschaften führt
Hermes den Beinamen ἀγοραῖος 7)» und wegen der zweiten heisst
auch Themis ἀγοραία 8). Ferner sind Artemis und Poseidon dyo-
oaioı ϑεοί, weil sus ihrem Reiche dem Markte Vieles zugeführt
wird. Mit noch grösserem Rechte gilt das vom Zeus, welcher als
segenspendender Gott den Markt vor allen beherrschte, und in
einer so bedeutenden See- und Handelsstadt, wie es Nicaea war,
auf das Gedriben alles kaufmännischen Treibens mächtig einwirken
musste, Als Dank für seinen yäterlichen Schutz war ihm, wie
auch an andern Orten®®), auf dem Markte Nicaea’s ein Altar er-
richtet, welchen wir anf der obengenannten Kaisermünze des Tra-
ianus unter der Inschrift 4100 ATOPAIOT flammend wieder-
sehen !'°). |
Grössere Schwierigkeiten für die Erklärung bietet die zweite
Münze Nicaea’s. Auf der Hauptseite derselben erblickt man den
Kopf des Domitianus, und auf der Rückseite entweder das unbe-
deckte Haupt des Zeus mit der Umschrift NIKAIEI2. ΖΕΎΣ.
MHAIOZ'*), oder Zeus, sitzend, mit. dem Blitz in der Rech-
ten, der hasta in der Linken und den Worten ZETZ MHAIOE'®).
Die Darstellung ist anf beiden Münzen keine neue. Wir fanden
sowol die eine als die andere anf den nben besprochenen Mün-
‘ zen von Tius, und erkannten in jener das Haupt des Segensgottes,
in dieser den bildlich dargestellten Friedensgott. Beide Auffas-
sungen scheinen indessen durch das auf den Nicaeischen Münzen
beigefügte Epithet MHAIOZ eine Modification, wenn nicht eine
Aenderung zu erleiden, doch das nur‘dann, wenn wir des Har-
dnin’s Erklärung des Wortes als die einzig richtige annehmen
wollen. Von mir soll aber gleich eine andere Interpretation in
Vorschlag gebracht werden, und erfreut sich diese der Billigung
meiner sachverständigen Leser, so wird das von mir oben Gesagte
als wahr und richtig vollkommen bestätigt. Hardninus erklärt nam-
lich, wie Eckheil'®) sagt, das Epithet MHAIOZ folgendermaassen :
93) Mion.TI. p.452.N.218. 94) Sup.V.84. 95) Aeschyl. Agamem. 88,
Polkıx 1,24. 96) Aeschyl. Eum. 976. Eurip. Heracl.70. Arist. Eqait. 410. 500.
Paus. I1f. 11,9; V. 15,4; IX. 24,4. 97) Arist. Equit. 297. Paus. I. 15,1; I.
9,8; ΠΙ. 11,11; V.17,3; VIL.32,25 IX. 17,2. 98) Hesych. Eust.ad Od.
il. 68. 99) Paus. ΠΙ. 11, 9: V. 15, 4. 100) Paus. III. 11, 9. Schal.
ad Arist. Equit. 410. Eustath. ad Odysa. II, 68. 101) Sup, V. p. 84.
ιν Ven Dr. P. Becker zu Odessa. 203
„pecorum custor, a μῆλον, ovis, pecus.‘“ Gegen diese Deutung
wendet Eckhel nichts ein, und scheint sie also, wenu man sein
Schweigen für Billignng nehmen darf, für richtig zu halten, Viel-
leicht hätte er seine Beistimmung noch deutlicher ausgesprochen,
wenn er die Existenz eines IIOZ MHASRZIOT in einer Inschrift
von der Insel Corcyra!”) und in einer andern von der Insel
Naxns 10) gekannt hätte. An beiden Orten wurde Zeus als Hir-
tengott gefeiert, und als solchem war ihm in Naxos ein gewisser
Bezirk geweiht, dessen Grenze nach der einen Seite hin durch die
in einen Felsen roh eingehauene Inschrift OPOZ AIOZ MHALR-
ZIOT bezeichnet wurde. ' Auf dem ihm geheiligten Platze, welchen
die Inschrift vor Entweihung sicherte, mag sich ein Altar erhoben
haben,’ auf welchem ihm die Hirten der Gegeni ihre Opfer dar-
brachten. Wir baben also hier ohne allen Zweifel einen Zeus als
Schützer der Heerden, ganz in derselben Aufiassung, wie iha Har-
duinus in dem Epitheton MHAIOZ bereits erkannt hatte. Dazu
die nahe Verwandtschaft im Klange von MHAIOZ und MHAS-
ΣΙΟΣ, und die sichere Abstammung beider von μῆλον. Ferner ist
nicht unbekannt, dass im Binnenlande Bithyniens starke Viehzucht
getrieben wurde), und dass der Käse von Salona!”) im Alter-
thume einen so grossen Namen hatte, dass er einen Ausfuhrartikel
abgab. — Ungeachtet all dieser Gründe kann ich doch nicht auf
Harduin’s Interpretation von MHAIOZ eingehen. Scheint es mir
doch mehr als wunderbar, dass die blühende Handelsstadt Nicaea
einen Hirtengott Zeus auf ihren Münzen bätte feiern sollen. Hir-
ten und namentlich Schafhirten konnten ihrem Zeus den Beinamen
MHAIOZ ertheilen, aber nicht die Bewoliner einer grossen Stadt,
wie Nicaea. Von dem Epitheton MHAQZIOE wissen wir ja auch
mit Sicherheit, dass es nur auf dem Lande vorkam; denn die oben
besprochenen Inschriften gehören keinem städtischen Tempel an,
sondern wurden an Orten gefunden, wo noch gegenwärtig Schaf-
zucht mit vielem Erfolge getrieben wird), Alle diese Schwierig-
keiten lösen sich auf das Leichteste, wenn wir statt MHAIOZ auf
den beiden Münzen von Nicaea MHAIOZ lesen wollen. Wer
mit alten Münzen zu thun gehabt hat, weiss, wie leicht man das
4A und 4 mit einander verwechseln kann. Der untere Strich,
welcher häufig ganz verwischt ist, macht ja den ganzen Uhnter-
schied. Ich lese also ZETZ MHAIOZ, bringe dieses mit undog,
wovon nur der Plaral μήδεα vorkommt, mit μήδομαι, welches ia
den Handschriften bisweilen mit xndoues verwechselt wird’), in
die nächste Verbindung, denke an das nahverwandte μῆτις) μητιάω»
N. 426. 102) 8. V. p. 84. N. 427. 103) Doctr. num. vet. II. p. 424,
104) Boeckh €. Inser. I. p. 29. N. 1870. 105) Ibid. II. p. 335. N. 2218,
106) Strabo XI. 4. $. 7. Plin. H. N. XI, 42. 107) “ον Zalomens
τυρός ward übrigens nach Straba I, I. aus Milch vom Kühen, nicht aber
von Schafen oder Ziegen bereitet. 108) Boeckh C. Inser. H. p. 865,
N. 2418, 109) Plat. de def. orac. p. 47 ἢ. . |
204 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tias in Bifhynien.
μητίετα, erinnere mich der Stellen bei Homer'';) und Hesiod'!'),
wo die Verbindung Ζεὺς ἄφϑιτα μήδεα εἰδώς vorkommt, und er-
“kenne in dem Zeus MHAIOZ den schon bei den Münzen von
Tius charakterisirten Segens - und Friedensgott, welcher nach wei-
sem Rathschlusse das Glück und die Zufriedenheit der Menschen
beständig im Auge hat und mit väterlicher Weisheit für Alle sorgt.
Gegen meine Auffassung und Erklärung wende man nicht ein, dass
ein Adjectivum μήδιος von μῆδος. μήδομαι gar nicht vorkomme;
meine Ableitung bat ebensoviel für sich, als die. des Harduinus,
wenn er μήλιος von μῆλον abstammen lässt; auch für diese Form
findet man keine Parallelstelle bei irgend einem griechischen Schrift-
steller oder in irgend einer Inschrift aus dem Alterthume,
In den Kreis der Bithynischen Epithete des Zeus ziehen wir
endlich noch eines von Amastris, da das Schicksal dieser Stadt
mit dem von Tius, wie wir oben gesehen haben, in häufige Be-
‘rührang kam. Wir haben hier einen ZEYC CTPATHTOC so-
wol auf autonomen‘!?), als auf Kaisermünzen''?); auf den erste-
ren sehen wir das Haupt des Zeus, auf den andern, welche auf
der Hauptseite den belorbeerten Kopf des Antoninus Pius tragen,
erscheint Zeus stehend, in der Rechten mit der hasta, die Linke
in das pallium gewickelt und mit einem Adler zu den Füssen. Hier
ist Zeus der Kriegsgott, der die Schlachten überwacht und sie
nach seiner Willkür lenket und leitet. Dieselbe Darstellung, aber
ohne Inschrift und Adler, findet sich auch auf einer Kaisermünze
des Commodus'!“), und deutet in beiden wol auf die Kriegsthaten
der genannten Kaiser hin, während die autonome Münze die eige-
nen Verhältnisse von Amastris und die Ausdehnung seiner Macht
durch glücklich geführten Krieg zu berücksichtigen scheint. Für
das Epithet CTPATHTOC finde ich in den Schriften der Alten
keine Parallelstellen; der nämliche Begriff liegt in EZTPATIOZ,
welcher Beiname des Zeus ein nicht ungewöhnlicher war!!®) und
bei den Schriftstellern, aber nicht auf Münzen, öfters vorkommt,
z. B. in Carien''), in Pontus!!”), Die Verehrung von Zeus als
dem Kriegs- und Schlachtengotte erstreckte sich aber auch auf
Bithynien und war sicherlich in den Städten allgemein, welche zu
einer grösseren politischen Bedeutsamkeit gelangten. Eine solche
besass Heraclea, wie wir oben sahen, Jahrhunderte lang, und da-
her kein Wunder, dass Plinius'!%) von dem Culte des Juppiter
Stratius im Gebiete dieser früher so mächtigen See- und Handels-
stadt uns berichten kann.
An die bis jetzt aufgezählten und genauer erörterten Vor-
stellungen vom Zeus in Bithynien schliesst sich noch diejenige, welche
110) ΠΟΧΧΙΨ. 88. 111) Theog.545. 112) Mion. II,p.3%0.N.14. 113)
Mion. Il. p. 392. N. 31. 114) Sup. V. p. 224. N. 1323. 115) Hesych. 116)
Herod. Υ. 119. Strabo XIV. 3, p. 205. ed. ster. 117) App. Mith. LXVL 70.
118) H. N. XVT. 89. 119) Diod. IV. 41, 3; IV. 15, 4. Apollod. I, 9.
9, 7. Apoll. Rhod. I. 341 sq. 120) Diod. IV. 16, Paus, V. 11, ἐς
Von Dr. P. Becker zu Odessa. 205
auf unserer Münze von Tius darch die Umschrift ZEYC EYPHCIOC
näher bezeichnet wird. Ich kann indessen noch nicht gleich an
die Erklärung gehen, da zum richtigen Verständniss des neuen
Epithets ein Paar Worte über den Heraclescult in Bithynien no&h
vorauszaschicken sind.
-Die Verehrung des Heracles musste in Bithynien eine sehr
allgemeine sein, theils weil die Idee von dessen irdischer That-
kraft sich an das himmliche Walten des Zeus eng anschloss, theils
weil die Sage mehrere von Heracles Grossthaten an das Gestade
des Pontus Euxinus und namentlich nach Bithynien versetzte. Denn
abgesehen von seiner Theilnahme an dem Argonautenzuge 29). sei-
ner Bekämpfung der Amazonen '*) und. den hieran sich knüpfenden
Mythen, finden wir den Heracles beim Lycus, dem Könige der
Mariandyner‘?!), welchem er die Völker Bithyniens'**) und Paphla-
goniens'?°) unterwirft. Ferner sollte Heracles mit der Dardanis,
einer Tochter des Acheron'**), welcher in der Nähe des Vorge-
birges Acherusium in Bithynien als König herrschte, einen Sohn
Poemenes gezeugt haben, und nach diesem und seiner Mutter
Dardanis wären ein Paar Ortschaften bei Heraclea, Dardanis und
Poemene, benannt worden‘*), Weiter versetzte man nach Cius
in Bithynien das plötzliche Verschwinden seines von den Nymphen
geraubten Lieblinges Hylas, und knüpfte an die Sage, dass He-
racles ihn .im ganzen Lande vergeblich gesucht, zahlreiche Mythen
von dessen wunderbarer Wanderung durch Bithynien‘*), Nicht
genug! Selbst eine der sogenannten zwölf Arbeiten des Heracles
spielte beim Vorgebirge Acherusium, denn dort, glaubte man,
habe er den Cerberus aus der Unterwelt heraufgeholt. Unter
solchen Umständen war die besondere Verehrung des Heracles in
Bithynien ganz natürlich, und eine solche ergibt sich dena auch
deutlich aus den Münzen der Bithynischen Könige und Städte, bei
deren Typen die Mythen vom Heracles gar häufig benutzt wurden.
Unter den autonomen und den Kaisermünzen der meisten Städte
Bithyniens'?’) erinnere ich in dieser Beziehung namentlich an die
Münzen von Cius‘*), von Prusia ad Ηγρίυπι 39), von Nicomedia '*°),
von Nicaea'®!) und von Heraclea'®). Ausserdem verherrlichte man
V. 25, 11. 121) Apoll. Rhod. If, 750 sg. 133) Ibid. II. 793. 913.
957. 123) Sohol. ad Apoll. Rhod. II. 789. 124) Gleichnamig ist ein
Fluss bei Heraclea Schol. ad Nicandr. Alexiph. v. 13. und Apoll. Rhod.
11. 901. 125) Schol. ad Apoll. Rhod. II. 354. 126) Memnon. fragm.
41. 127) Mionnet descript. de med. IH. p. 435 sq. Sup. V. p. 21 sq.
128) M. II. p. 492, NN. 443. 445. 447. 459. Sup. V. p. 247. NN. 1451.
1452..1454. 129) M. II. p. 488. NN. 421]. 425. 428. Sup. V. 236. NN.
1391. 1395. 1402, 1403. 14 2. 1419. 1423. 1427. 1428. 1431. 130) M.
I. p. 472. N. 338. Sap. V. p. 169. NN. 978—980. 1082. 131) M. 1.
. 449. NN. 201. 217. 236. 270. 276. 283. 286. Sup. V. p. 85. NN. 431.
72. 493. 500.501. 559. 604, 619. 6%. 667. 668. 671. 672. 673. 674.
675. 676. 678. 718. 746. 841. 860. 132) M. II. p. 438. NN. 152. 153.
161.163. 164. 165. 166. 171. 174. Sup. V. p. 52. NN. 257—283. 285. 287.288,
290. 291. 296. 297. 300-305. 311—314. 532. 334—336. 349-—352. 354. 355,
“
206 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien,
den Heracies als den Gründer der Stadt in Cius'*), in Nicaea ’’*)
und in Heraclea‘®), wo ibm in der Burg, um Anderes nicht zu
gedenken, der König Ptolemaeus von Aegypten einen Tempel aus
pfoconnesischem Marmor aufführte!®®), und wo auf dem Markt-
platze die Statue des Heracles mit goldener Keule, goldener Lö-
wenhaut und goldenem Corytus prangte'”). Auch auf den Münzen
der‘ benachbarten Amastris war der Typus des Heracles ein ge-
wöhnlicher’®), Mit einem Worte, der Cult des Heracles war in
der ganzen Gegend nach dem des Zeus der verbreitetste. Wie
hätte er nicht auch in Tius, dessen Schicksale mit denen von He-
raclea und Amastris α΄ eng verbunden waren, ein gewöhnlicher
sein sollen? Ja selbst dann, wenn uns von Tius keine Münzen
mit dem Heracles-Typus erhalten wären, würden wir dessen hohe
Verehrung bei den Tianern kaum in Zweifel ziehen können. Um
so weniger werden wir. dieselbe in Abrede stellen, seit ein Paar
uns erhaltene Münzen?) sein Attribut, die Keule, oder ihn gar
selbst in Tius zeigen.
Gehen wir jetzt endlich an die Erklärung unserer Umschrift
ZEYC EYPHCIOC, so finden wir den Schlüssel in der bekann-
ten Erzählung, dass Heracles, als er mit den Rindern des Geryon
nach Italien kam und im Lande der Aborigines am Palatinischen
Berge die schönsten Triften fand, die Heerde habe weiden lassen,
während er selbst, vom Weine hewältigt, dem Schlafe unterlegen
seir._ Diesen Augenblick habe Cacus benutzt zum Raube der
schönsten Thiere, die er, um nicht durch die Spur entdeckt zu
werden, an den Schwänzen in die Höhle gezogen und dort ein-
geschlossen hätte. Erwachend habe Heracles sogleich gemerkt,
dass ein Theil der Heerde fehle, und habe sie gesucht in der
ganzen Gegend. Auch zu der Höhle sei er gekommen; aber da
die Spuren aus derselben herausführten und Cacus, vor dem Ein-
gunge stehend, die vermissten Rinder nicht gesehen zu haben be-
hauptete, so hätte Heracles dieselben für verloren gehalten und
habe schon fortziehen wollen. Dennoch hätte er einigen Verdacht
gegen Cacus gehabt, theils weil er ihm nicht beim Suchen ge-
holfen, theils weil er zur Abwehr des Fremdlings die Nachbaren
herbeigerufen habe, In dieser Verlegenheit sei dem Heracles der
Gedanke gekommen, die ihm gebliebenen Thiere an der Höhle
des Cacus vorbeizuführen, und auf das Gebrüll derselben hätten
133) TON KTICTHN M. II. p. 493. N. 447. Sup. V. p. 248.
N. 1454; TON KTILTHN IIPOTZIEIZ M. IH. p. 492. N. 445.
fragm. 25. 137) Ibid. fragm. 52. 138) M. II. p. 394. N. 38. Sup.
IV. p. 555. NN. 28, 35. 55. 86. 139) M. Sup. V. p. 261. NN. 1519,
1558. 140) Dionys. Hal. 1, 39. Liv. 1, 7. Solin. I. 7. 141) Virg.
Von Dr. P. Becker zu Odessa. 207
die in der Höhle. eingeschlossenen geantwortet. Der Raub wäre
so endeckt worden und es sci zwischen Heracles und Cacus zum
Kampfe gekommen, und Heracles habe, nachdem er den Cacus
mit seiner, Keule erschlagen, mit den aus der Höhle befreieten
Rindern seinen Weg fortgesetzt‘). — Zu dieser von Dichtern
po&tisch behandelten Erzählung‘) setzt Dionysius noch binzu: He-
racles habe sich im Wasser der Tiber vom Morde gereinigt und
in der Nähe des Ortes dem Ζεὺς Εὐρέσιος einen Altar errichtet;
dort hätte er dem Gotte eine junge Kuh als Dankopfer für die
wiedergefundenen Rinder dargebracht. Die Existenz eines Zeug
Εὐρέσιος sichert uns ferner Solinas'*), wenn er sagt: „aram Her-
cules, quam voverat, si amissas boves reperisset, punito Caco,
patriinventoridicavit‘, so wie eine Inschrift '**), die ich aber selbst
zu lesen keine Gelegenheit hatte. Bei der in Bithbynien und Tius
allgemein verbreiteten Verehrung des Zeus und des Heracles musste °
ein Epithet besonders passend erscheinen, durch welches beiden
Gottheiten zugleich die verdiente Ehre ward, und welches ausser-
dem noch auf Italien nnd die Römer hindeutete, denen Tius sei-
nen aufblühenden Wohlstand zu verdanken hatte. Die Darstellung
des Zeus ist auf der Münze. dieselbe, wie wir sie’ schon oben unter
Nr, 4 erörtert haben. Zeus, der mächtige Beschützer jedes Rech-
tes, bat des Cacus Frevel aufgedeckt, dem Heracles zu seinem
Eigenthume verholfen, nnd fordert für seinen thätigen Beistand
Anerkennung durch Sühne und Opfer. Ebenso wie ihm dafür sein
göttlicher Sohn ein Daukopfer darbringt, ebenso sollen ihn die
Menschen ehren für den väterlichen Schutz und die reichen Gaben,
welche von ihm ausgehen,
Doch noch in anderer, allgemeinerer Beziehung verdient Zeus
den Namen Εὐρέσιος. Von ihm stammen der Erfindungen viele,
welche er, eines Zuwachses an Ehre selbst nicht bedürftig, seinen.
Kindern überlassen hat, um deren Verdienste zu erhöhen und ihnen .
neuen Ruhm, neue Anerkennung bei den Menschen zu erwerben 25).
Also ist Zeus auch in dieser Hiusicht der Segensgott, der Geber
von Allem, was das Leben der Menschen schmückt und erfreuet,
Sein Sinnen und Streben, sein Wirken und Schaffen, sein Walten
im Himmel und auf Erden, kurz Alles kommt ihnen zu Gute, und
darum loderp ihm weit und breit des Dankes Opfer auf den Al-
tären.
VII. 195 sq. Ovid. Fast. I. 543 sq. Propert. IV. 9. 142) I. 39:
ἁγνίσας δὲ τῷ ποταμῷ τὸν φονόν, ἴδρύεται πλησίον τοῦ τόπου Διὸς
Eöpsciov βωμόν" καὶ ϑύει τῷ ϑεῷ δάμαλιν ἕνα τῆς εὑρέσεως τῶν
βοών χαριστήριον, 143) I. 7. 144) Inscript. ap. Gud. 2. N. 7. 145)
Diodor. Sieul.V.73: τούτων (i. e. τῶν ἐκγόνων») δ᾽ ἑκάστῳ μυϑολογοῦσι τὸν
Δία τῶν εὑρεθέντων ὑπ᾽ αὐτοῦ καὶ συντελουμένων ἔργων τὰς ἐπιστήμας καὶ
τὰς τιμὰς τῆς εὑρέσεωρ ἀπονεῖμαι, βουλόμενον αἰώνιον αὐτοῖς περιποιῆσαι͵
μνήμην παρὰ πᾶσιν ἀνθρώποις. '
208 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien.
In ähnlicher Bedeutung muss man den Zeus auf denjenigen
Münzen von Tius fassen, auf welchen er in gleicher Darstellung
als ZEYZ ZYPTAZSTHS oder ZEYC CYPTACTHOC erscheint.
Diese Umschrift tragen nach Mionnet sechs Kaisermünzen, von wel-
chen zwei auf der Hauptseite den Kopf des Domitianus'*), eine
den des Traianus'“), zwei den des Antoninus Pius!) und eine
den des Marcus Aurelius '*?) trägt. Auf den beiden des Domitianus,
den ältesten, wird die Umschrift auf der Rückseite durch folgende
Buchstaben ZETZ ZTPTAZTHZ bezeichnet, während auf den
vier anderen dieselben beiden Worte ZETC CTPTACTHC ge-
schrieben sein sollen. Die Darstellung ist auf der Rückseite bei
allen sechs fast genau’ dieselbe, nämlich Zeus, stehend, in der
Rechten mit der patera, in der Linken mit der hasta, und zu sei-
nen Füssen der Adler. Nur auf einer sieht Mionnet®°) statt der
patera den Blitz, allein es fragt sich, ob seine Beschreibung eine
ganz genaue ist, und ob er nicht die patera für den Blitz ge-
nommen, was, wenn die Münze nicht gut erhalten sein sollte,
leicht- möglich wäre. Ferner fehlt der Adler auf einer der sechs
Münzen 151); doch das ändert den Begriff nicht, unter welchem Zeus
hier aufgefasst ist; durch Weglassung: des Adlers wird die Dar-
stellung desselben Gedankens, nur weniger vollständig, ausgedrückt.
Eckhel‘5?), dem Mionnet!’) zu folgen scheint, erklärt das
Epithet ZTPTAZTH2 oder CTPTACTHC für eine Contraction
von ETNEPIAZTHZ und übersetzt es durch „cooperator‘, allein
es dürfte schwer fallen, bei irgend einem anderen Worte einen Be-
leg für eine so gewaltsame Zusammenziehung nachzuweisen, und
daher glaube ich, dass Eckhel’s Vermuthung nicht zulässig ist. Das
von ihm angeführte προὔργου statt πρὸ ἔργου gehört natürlich
nicht hierher, und kann für die Contraction von συργαστῆς Aus
συνεργαστής "nichts beweisen. Andere 152) bringen συργαστῆς mit
. συογάστωρ, wofür bei Hesychius in einigen Handschriften συργά-
grop oder σύργαστρος gelesen wird, in näbere Verbindung, und
suchen in der Erklärung des Hesychius, dass das Wort ein barba-
risches sei und soviel als συοφορβός, ὑοφορβός bedeute, den
Schlüssel zur Erklärung des Epithets; allein ich weiss nicht, wie
man diese Ableitung mit dem Begriffe von Zeus in gehörigen Zu-
sammenhang bringen soll. Viel natürlicher wäre die Annahme,
dass das barbarische STPTAZTHZ oder CTPTACTHC irrthüm-
lich für ETPHZIOZ oder ETPHCIOC gelesen worden sei. Die
Aehnlichkeit der in beiden Wörtern vorkommenden Buchstaben
könnte namentlich bei den nicht gut erhaltenen Münzen, auf denen
116) M. II. p. 499. N. 483. 5, V. p. 258. N. 1501. u“ Sup. V.
p. 258. N, 1503 ° 148) M. I. p. 500. N. 487. Sup. V. p. 260. N.
1510. 149) Sup. V. p. 262. N. 1526. 150) Sup. V. p. 28. N. 1501.
151) M. II. N, 483. 152) Doctr. num. vet, II. p. 438. 153) Sup. V
p- 258, 154) Stephan. Thesaur. ling. Graec. 8. v. συογάστωρ.
Von Dr. P. Becker zu Odessa. 209
Vaillant ?%) ETPTAZTHZ sehen will, die Ungenanigkeit leicht
entschuldigen, und würde meiner früheren Ansicht, dass überall
das barbarische Epithet mit dem von mir wiedergefundenen griechi-
schen za verläuschen sei, einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit
geben. Es giebt indessen Münzen, auf denen das Epithet C TP-
TACTHC so deutlich erhalten ist, dass an eine unrichtige Ent-
zifferung der einzelnen Buchstaben unmöglich gedacht werden kann,
und somit muss das barbarische GTPTACTHC neben unserem
Εὐρέσιος auf jenen Münzen mit deatlicher Legende noch fortbe-
stehen, und kann höchstens nur bei denen eine Aenderung erlei-
den, wo die einzelnen Buchstaben nicht gehörig erhalten sind und
die Substitation der von mir-vorgeschlagenen Lesart zulassen. Doch
auch für die wohlerhaltenen ist meine Münze nicht ohne Wichtig-
keit, denn die genaue Uebereinstimmung der Typen führt uns auf
den sehr. naheliegenden Gedanken, dass ZETC CTPTACTHC
ebenso aufgefasst werden müsse, als unser Ζεὺς ΕἸ ὐρέσιος.
Odessa, im Mai 1858.
ἐν Dr. P, Becker.
Probe einer neuen Textgestaltung und Uebersetzung des
Apicius Coelius de opsoniis οἱ condimentis,
Van Chr. Th. Schuch in Donaueschingen.
Zugleich als Ankündigung einer nenen, auf handschriftlichen Collationen
basirten Ausgabe dieses Schriftstellers, nebst Uebersetzung, kritischem
Apparat, erläuterndem Commentar und Glossarium von Chr. Th. Schuch
in Donaueschingen und E. ΚΕ. Wüstemann in Gotha.
. Apicius,
Wahl und Bereitang der Speisen ist von höchster Bedentung
und mächtigem Einflusse auf die Gesundheit des Menschengeschlechts,
daber die Beschaffenheit und Wirkung der Nahrungsstoffe längsther
die philosophischen Aerzte und Naturforscher , unter diesen vorzüg-
ich den Hippokrates und Galenus beschäftigt, und so viele Schrift-
steller der Griechen die Kochkunst zum Gegenstande ihrer For-
schuhgen *) gemacht, auch die Römer die herrlichsten Andeutungen
zur Geschichte derselben hinterlassen haben, welche noch lange
nicht genug von unsern Archaeologen ausgebeutet sind. Wie 'sich
schon Homerus nicht scheste, uns seine Helden beim Schmause
vorzuführen und mit besonderem Wohlgefallen ihre saftige, dem
155) Eckhel Doctr. num. vet. HI. p. 438.}
*) Siehe die treffliche Arbeit Wellauers in diesen Supplem. Bd. X.
8, 176 ff. besonders 8. 185—188.
Archiv f. Phil. x. Paedag. Bd.XIX. Hft. 2. 14
-
210 Probe einer aeuen Ausgabe des Apicius Coelius,
kräftigen Geschlechte wohl angemessene Nahrung aufzählt: so be-
rübrt überhaupt die klassische Vorzeit, in Allem gesund, unbefan-
gen und gerade heraus redend, die Kochkunst ohne Scham und
Scheu wie jeden andern Gegenstand, welcher mehr oder minder
auf das Woblsein der Menschen einwirkte. Es steht aber auch diese
Kunst in Verbindung mit dem Natignalcharakter, der Geistesbil-
dung der Völker, kurz mit dem allgemeinsten und höchsten Inter-
essen des Menschengeschlechts. Ja aus dem Sinne und Verstande,
welcher sich in der Wahl ἀρὰ Bereitung: der Speise zeigt, lässt
sich gewissermaassen die Bildangsstufe eines Volks erkennen. ‚Die
Kochkunst ist ein Theil der Sittenschilderung, dena der alte Satz
ist wahr: Wie der Mensch ist, isst er, und: Essen ist nur eim an-
deres Denken. Zudem ist es hier wie in audera Zweigen der
Alterthumswissenschaft nicht nur an sich nafürlich, sondern auch
von eigentbümlichern Interesse auch in kleinen Zügen die: Deber-
einstimmung der Gewohnheiten des Altertkums mit denen unserer
Zeit wahrzunehmen, das antike Leben theilweise ig dem unserigen
wieder zu finden. Und schon in dieser Hinsicht ist das alte, aber
wenig bekannte Buch, nach dem berühmten Gutschmecker ‚Apicius
genannt, äusserst merkwürdig, obgleich es nur eine trockne Recept-
sammlung ist. Abgesehen davon, dass wir darin theilweise die
alte Medicin und Apathekerkımat kennen lernen — dena gar
manche Speisen sind den Aerzten entnommen, in der. frommen Ab-
sicht, dem Magen aufzuhelfen, den Leib zu öffnen und Blähung zu
vertreiben. Vergl. 1, 27. 8, 2.18. 9, 13. — Ferner alle asiatische
und alexandrimische Tischüppigkeiten neben den griechischen und
römischen, .die- Leckerspeisen. der Gourmants des Alterthums —
denn die Volkmahrung, Hausmannskost, also die Nationalgerichte,
sind wenig in Betracht gezogen — ‘ist dieses Köchbuch alter fol-
genden Muster in Form und Richtung geworden und die Fundgrube
für manche noch immer brauchbare Hausregeln, jedenfalls für die
meisten Küchenausdrücke der Franzosen, Italiener, Deuischen so-
gar und ihrer Kochmanieren,. obgleich der Geschmack sich so. sehr
verändert hat und dert die alte mit starken und vielen Gewürzen
vertreten ist, in dem Streben, den arthaften Geschmack des Flei-
sches zu stören,: den Chazakter jeder Spieise darcli Mischung und
Verarbeitung zu vernichten, heisst. ea docli;4, 3.: .nemo agnoscet
quid .manducet., keinem Nahrungsstoffe die eigenthümliche Güte zu
lassen und nur..dem Reize der Nenlie#' sich hinzugeben und dureh
fortgehende Steigerung gleichsam: das Neue new zu. erhalten, wie
diese Sache der Küchenheres Ramohr :so gut‘ bezeichnet. In Felge
des eigenthümlichen Strebens also Jddäs Einfache, Bürgerliche ver-
schwinden zu machen, verbinden die oft wunderlichen Vorschriften,
wenn sie auch nicht nach dem Arzte und der Apotheke riechen,
Liebliches und Widriges, Süsses und Saures wit Bitterem und Zu-
sammenziehendem , und müssen wegen. der-, ‚ Uebermischung und
Üeberladung uns gräuelhaft vorkommen, ‚weniger ‚sicherlich den
Von Chr. Th. Schuch u. E. F. Wüstemann. | 211
Spaniern, Sieihanerp, Italienern, Griechen u. A., welche zurh
Theil noch so essen und zum Theil dieselben Comestibilten haben.
Und ich gestehe offenherzig, dass meine Sehnsucht nach den be-
schriebenen Tractamenten und dem Aroma der zudem schwer zu
erhaltenden Kücherikränter und Saucen gar gering ist, wenn auch
nicht gerade Dacier abschreckt, welcher sich nach antikem Recepte
in Italien eine Speise hat bereiten lassen und diesen Einfall beinahe
mit .dem Leben hat büssen müssen; oder jener Gelehrte, welcher
darch seinen Versuch, der Königin Christine nach Apicius zu ko-
chen, nicht geringe Ergötzliehkeit bereitet hat. Wenn aber auch
Apicius gerimgen Appetit macht und auf die Lebenseinrichtang wenig
Einfuss ausübt, demmach nicht-zu befürchten ist, dass eine nene
Bearbeitang, zumal eine Uebersetzung, die Schwelgerer fördert —
steht ja sein Namen an der Spitze der Schwelgerei und Schlem-
merei, gleichwie Mäcenas an der Spitze der Wissenschaft und
Kunst — wird doch ein in so vielen Hinsichten bedeutungsvolles
und auch selten gewordenes Büchlein endlich: emmal einer kritisch-
exegetischen Ausgabe sich erfreuen dürfen. Ohne Paradoxie und
Anmaassung zu sprechen, darf ich diesen Satz geben: Für Apicias
ist noch sehr wenig geschehen und die so nöthige Recension und
Dolmetschung erst zu erwarten, obgleich der nur ungefähr 6 Octav-
bogen ausmachende Test direh Humelberg annotationes von 123
Qoartseiten, durck Lister- Almeloveen eine Ausgabe von 277 obne
variae lectiones und index und durch Bernhold’ von 156 Octavseiten
ohne erklätenden Index, erlebt hat. Da nämlich Sprache und In-
halt ihres Gleichen nicht hat, so ist nicht zu verwundern, dass
unermessliche Schwierigkeiten obwalten, welche sich dadurch ver-
mehren, dass von den ersten Ausgaben an, sich nnzählige Fehler
eingeschlichen haben, welche die bisherigen Bearbeiter, wol recht
brave Mediciner, aber minder grüßdliehe Sprachkenier, nur zum
geringsten Theile zu tilgen im Stande gewesen sind. Der erste
Herausgeber muss eine entweder ganz schlechte oder kaum lesbare
Handschrift geradezu in die Druckerei gegeben, das erste Nach- -
druckerpaar ohne irgend eine Beihülfe die alte Sauce aufgewärmt
und wo möglich noch schlechte Ingredienzien durch ungeschickte
Setzerhand zuzufügen sich gleichsam die Mühe „genommen haben.
Jedenfalls stammen die drei ersten Ausgaben aus Einer Quelle und
können daher füglich unter der Einen Bezeichming editio princeps
zusammengefasst werden, weil die wenigen Varianten und Auslas-
sangen nur vom Setzer herrühren und die vollständigere als die
erste angesehen werden muss. Diese ist aber nicht die auch von
noch lebenden Literarhistorikern angegebene:- Apitii Celii de re
coquinaria kibri decem, impress. Mediolani per magistrum @uiler-
mum Signerre Rothomagensem 1490; wozu sie Bernheld gestempeit
hat und stolz daranf ist, sie selbst gesehen und noch mehr ihre
Varianten, aber ohne weitere Benntzung, miütgetheilt zu haben.
Eine solche Ausgabe existirt gar nicht. Man beliehe mar auch die
212 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius.
letzte Zeile anzuschauen, wo deutlich .die Zahl VIII. stebt, welche
nicht in die vorletzte Zeile gegangen: ist. Somit stammt diese Aus-
gabe aus dem Jahre 1498. Nach meiner Ueberzeugung ist diese
aus der jahrzahllosen desselben Titels, timpressa Venetüis per Ber-
nardinum Venetum, ebenfalls in klein Quart, aber in- minder schö-
nem Aeusseren, hervorgegangen, wie. die dritte,. Venetiis 1608
in 4. per Joannem de Cereto de Tridineo,‘ Tacuiuum alias nominu-
“tum. Unbekannt: ist mir ;nur die vierte,; Antverp.: ap. Rob. Bellaert
typis Joh. απαρλεὶ 1820 ia 4., wol auch nur ein Abdruck, wie
auch die Lugdun. 1541. in 8. rein aus der'Ausgabe des Torinus,
Basil. 1541. 4. nachgedruckt und also werthlos ist. In keiner ‘der
drei ersten geschieht einer Handschrift Erwähnung. Ob. nun die
kritiklose Arheit aus dem Codex in Museo Laurentii Pignorii Pata-
vini (siehe Montfaucon, Bibi. Bibliothecar, 1. p. 487) oder .dem im
Biblioth. Riccardiana Florent. chart. in 4. num. 29 oder dem chart.
in 4, num. 26 eben daselbst, im J. 1464 geschrieben, oder ans
dem eben dort befindlichen von Bernhardy Röm. Lit. Gesch, S. 657
genannten hervorgegangen ist, kaun vor der Collation nicht be-
stimmt werden, Der erste Bearbeiter ist Gabriel Humelberg, aus
dem oberschwäbischen Städtchen Isny; dieser Arzt hat die Mailänder
Ausgabe in der Hand und von einem nicht näher bezeichneten, nur
ungefähr vierzig Mal genannten Codex unterstützt, und mit Kenntniss
und Scharfsinn ausgerüstet, sich an die schwere, Arbeit gemacht
und geleistet, ‘was er in der Vorrede versprochen: Quia deprava-
lissimi sunt Apicü libri, ut in quibus nulla sit pagina, imo vix una
aut altera quasi linea non mendosa et prodigiese corrupta, adeo
quidem ut nullus inde sensus elici πες auctoris mens intelligi. possit,
hinc operae prelium esse duxi casligandi onus suscipere et emen-
dare los. —. Nos Apicium hocce nostro, qui prius multifariam et
prodigiose saucius erat et lacerus, wunc autem opera nostra quali-
cunque et quantum licuit medicatus et refertus splendidiore habitu
ingreditur, ob oculos posito. contenti oblectemur. Was ibm auch
sein Ravensburger College, Joach, Kgelf, unter andern mit diesen
Distichen bezeugt :.
Sed Gabriel medica praepollens. clinicus arte
Adposuit doctas alter Apollo manus
Et castigavit compluscula. restifuitque
Non sine difficili manca labore.loca.
Auch über diese Handschrift lässt sich nicht urtheilen, nur schlies-
sen, dass sie .keine schlechte ‚sein kann, weil Humelberg. ohne sie
nicht im Stande gewesen wäre, aus.seiner Mailänderin .eine so
lesbare Ausgabe zu liefern, .auf. welche die folgenden Herausgeber,
Lesikographen und Philologen :überhaupt wie auf ein Evangelium
geschworen haben. Die Venediger kennt er so wenig als Andere,
nur einige Mal scheint es; als gäbe er daraus ‚kleine Zusätze; es
.rübren aber diese von seinem mit jener übereinstimmenden Codex
her. So ‚lange ich Apicius nach hergebrachter Sitte oberflächlich
-
Von Chr. Th. Schuch η. E. F. Wüstemann. . 213
las, auch noch als ich‘ dessen Commentar excerpirte und ‘die Noten
ans der Lister’schen Ausgabe einverleibte, der Kürze wegen die
Varianten. überschlug .oder auch nicht kannte, und den Schriftsteller
nicht aus sich selbst zu erklären verstand, war mir Humelberg
Alles und ich verfertigte sogar nach seinem Texte eine Uebersetzung
einiger. Bücher; Sobald sich ‘aber die Schwierigkeit bei dem tiefe-
ren. Stadium immer mehr herausstelite und weitere Hülfsmittel anf-
gespürt, die Varianten der ersten Ausgabe nnd des vaticanischen
Codex näher gewürdigt wurden, fand sich bald, dass in den mei-
sten schwierigen Stellen von Humelberg ab- und zu den Lesarten,
welche jener weggeschafft, zurückgegangen werden müsse, und: dass
er sogar viele Recepte falsch vonstruirt and Gerichte praeparirt
habe, welche dann mächtiges Lachen erregen müssen, wenn man
sich aus Apicius selbst eine. bessere Kochkunst zu verschaffen ge-
lernt hat. Die geringste Eile bringt hier die grössten Tollheiten.
Es sei hier nur daran erinnert, was für eine‘ Speise herauskommt,
wenn (diese an und: für. sich zusammengesetzt, Gemüse oder Fleisch
und Sauce, in Einer Pfanne oder in zweien auf einander gekocht
und aufgesetzt wird, und wenn man nicht merkt, wo das Marien-
bad angewendet wird , oder gar zwei und drei Recepte für ein ein-
ziges hält. Dann gibt es ein grösseres Durcheinander, als nach
dem Sprichworte. Kraut und Rüben. Sölehe ‚Jseckerbissen haben
freilich die Kost der Alten noch mehr in Verruf bringen müssen!
Und noch dazu das Küehenlatein! Was Wunder, dass es den Phi-
lologen vor dem Apiciys gegrauset bat! Die Kost ist jedoch nicht
so übel, geniesset sie nur nach meinen Recepten! — Wenig ge-
kannt ist die in Basel 1541 in 4., also ein Jahr vor der Humel-
berg’schen, erschienene, dem Titel nach vielversprechende Ausgabe
des Alban Torin: Libri X. de re culinaria Caelüi Apitii adulatrieis
medicinae artificis recens e tenebris eruti et a mendis vindicati
fypisqua summa ‚diligentia excusi. Der Medicmer erzählt in der
Vurrede, er habe in einem Winkel der medicinischen Schnle zu
Montpellier einen halb verrissenen und kaum lesbaren Codex des
Apicius gefunden, sich aber erst an eine Ausgabe zu machen ge-
traut, nachdem ilim ein Freund die Venediger vom J. 1508 -zuge-
schickt und die Studenten ihm keine Ruhe gelassen, obschon beide
Exemplare (nicht 2 Handschriften und jene Ausgabe nach Schwei-
ger’s Angabe) äusserst fehlerhaft und keinem Christenkinde möglich,
aus diesem Labyrinthe zu kommen. Wie Torin: es gemacht, sage
er selbst: Proinde nunc edidimus tandem, ne situ prorsus emaces-
serets, plerisque mendis nostra opera salis tumultuarla, nullo saepe
suffragante eremplari, sublatis, adeo ut 'citra offensam sineque
taedio ‘a stwdiosis ommihus‘ et legi et mazxima ex parte intelligi posstt.
Ein solches Lob gebührt der Ausgabe’ nicht. Entweder hat der
Herausgeber uns 'oft .eigerie Erfindungen statt. der handschriftlichen
Lesarten gegeben oder, was wir: zu seiner Ehre glauben wollen,
die Handschrift nicht immer lesen können und aus Unkunde Va-
414 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius,
rianten geschaffen, . Eine Probe aus B. 2. Kap, 1. der bequemen
Vergleichung wegen mit unserem Texte gewählt, mag dieses strenge
Urtheil rechtfertigen. „De Aysitüs: Hysitiorum varia sunt genera.
Marina. fiunt de scylla sen cammaris et astacis, de loligine, de
. sepia, de loeusta, de pectine, ‘de ostrea. - Hysitium autem condies
pipere ligustico, cumine, laseris radice,‘ „Apparatus hysitinorum de
loligine: Hysitia de loligine sublatis erinibns in pulmento tandes,
sicuti ad solem pulpa, et in mortario et in liquamine frichtur et
exinde hysitia plassantur (quod est effinguntur).‘“ „Apparatus hysi-
tiorum de cammaris: Hysitia de scyllis vel de cammaris amplis ita
fiunt: Cammari νοὶ scyllae de testa sua eximuntur et in mortario
eonteruntur cum pipere et liquamine optimo pulpae, inde hysitia
plassantur id est formantur. „Hysitia ex spondyks: Elixatos spon-
dylos contere et nerros eorum eximes, deinde cum eis halica elixata
et ova conteres et cum piperis momento assabis oenogaroque pro-
fundes ac pro hysitiüis inferes,‘° „Apparatus omentatorum hysitiorum:
Omentata ita fiunt: Assabis jecur porcinum et enervabis ipsum,
antea tamen teras piper, rutani, liguamen, et sic supermittes jecur
et teres et miscebis sicut pulpa omentata et singula involvantur
foliis lauri .atque ad fumum suspendantur quamdiu voles. Quum
manducare volueris, tolles de fumo ac denuo assato et succum ad-
jicies, in mortario piper ligusticum et origanum fricabis, suffundes
liquamen, adjieies cerebella cueta, teres diligenter, ne hastulas ali-
quas habeat, adjicies οὐδ quinque et dissolves accurate, ut unum
corpus efhcias, liquamen temperes et in patella aenea exinanies,
'cogues, ubi concoctum fuerit, vwersabis in tabula nuda. Tessellas
concides, adjicies in mortarium.piper ligusticum et origanum frica-
bisque in se. Commisces in caccabum, effice ut ferveant, quum
ferbueriut tractu confringes,. obligabis, coagitabis et exinanies in
volutari, piper asperges et appones hysitia ex spondylis.“ „Alus
hysitiorum omentatorum apparatus: Hysitia omentata etiam hoc modo
facies: pulpam minutatim concisam teres cum medulla siliginis in
-vino macerati infusique, piper insuper atgne liquamen, si velis,
et baccam commixtam ac temperatam simul conteres, unde -hysitia
pusilla formabis, interins nucleis et pipere positis, involuta istaec
omento assabis cum careno.“ Doch genug, um 'zu erkennen, dass
Toria als Herausgeher des Apicius geradezu nachtheilig gewirkt
hat. Obne alles Verilienst ist der titelreiche, aber geistesarme Bern-
hold; er hat dem Büchlein gar nichts genützt, weil er nach eigenem
Geständnisse nichts gethan hat, als dass er den Humelberg’schen
Text hat abdrucken lassen, ferner den Almelov. Index, und dahin
Humelberg’sche oder auch eigene der Erklärung nicht aufhelfende
Noten geschoben hat, mit Irrthümern jeder Art untermengt. Am
liebsten berief man sich bisher auf die freundlich aussebende und
notenreiche Ausgabe, Amstelod. 1709. kl. 8. Cum annotationibus
M, Lister et notis selectioribus varüsque lectionibus integris Humel-
‚ bergü, Barthü, Reinesü, A. van der Linden et aliorum ut et va-
Von Chr. Th. Schuch u. E. F. Wüstemann. 215
riarum lectionum libello, :von Th. J. Almelovken besorgt. Nach
Art der ehemals beliebten Ausgaben cum notis variorum, nur unge-
schickter geordnet, findet sich hier ein Wust von Noten, welche
alles Mögliche besprechen, nur nicht was man sucht, um die.Re-
cepte selbst zu verstehen, einige glückliche Conjecturen und Gold-
körner abgerechnet, welche unter dem Picknick sogar leicht über-
sehen werden können, auf den Text selbst übrigens gar keinen
Einfluss ausgeübt haben, denn dieser unterscheidet sich von dem
Humelberg’schen nur- durch .eine schlechtere Interpunction.
Da nun aber Apicius ein Buch ist, welches seines Inhalts und
seiner Sprache wegen für die Literatur- und Culturgeschichte von
hoher Bedeutung ist, wird auch eine neue Bearbeitung höchst wün-
schenswerth, sein, welche in sachlicher und sprachlicher Beziehung
den Anforderungen unserer Zeit genügt. In Folge meiner Studien
des Privatlebens der. Alten — in diesem spielt doch der. Tisch
eine Hauptrolle — musste ich ‚ganz besonders auf die Kochkunst
derselben kommen. und so natürlich den Apicius vorzugsweise stu-
diren. Die kaum überwindbaren Schwierigkeiten hatten einen sol-
chen Reiz, dass seit mehr als einem Jahre alle andern Liebhabe-
reien hintangesetzt wurden, um allein in der Küche zu leben, ein
ganzer Koch zu werden. Und ich glaubte endlich so weit gediehen
zu sein, dass ich auch ohne . weitere kritische Hiülfsmittel, als
welche die drei bezeichneten Ausgaben liefern, an eine neue Aus-
gabe denken dürfte, da kömmt mir die freudige Nachricht zu
Ohren, der mir befreundete Prof. E. Εἰ, Wüstemann in Gotha gehe
mit demselben Gedanken um und habe sogar bedeutende Collationen.
Augenblieklich setzte ich mich in Correspondenz und erhielt von
ihm bereitwillig die Zusage gemeinsamer Mitwirkung, Wenn ich.
schon jetzt dem Publicum eine Probe meiner Bearbeitung, wie sie
mir nach oberflächlicher Benutzung. jener Collationen möglich war,
vorlege, 80 geschieht dies in der Absicht, die Studiengenossen auf
unsere Aüısgabe aufmerksam zu machen,’ ihre Urtheile zu verneh-
men, zugleich auch sie um gütige Unterstützung, besonders Nach-
weisung uns vielleicht entgangener Hilfsmittel zu ersuchen,
Dem zweiten Buche ist ein Kapitel aus dem vierten beigege-
ben, um zugleich auch darauf hinzuweisen, wie unser Apicius nicht
nur kritisch gesichtet, sondern auch vermehrt auftreten wird. Es
sind allein hier schon vier Recepte aus den Excerpta Apieii.a Vi-
ntdarie, viro intitulata im sogen. codex Salmas. zu Paris beigegeben,
deren ganze und sehr genaue Abschrift ich der ungemein grossen
Güte des vortrefflichen Archaeologen von Pfaffenhoffen zu verdanken
habe, dessen Bibliothek neben andern Hälfsmitteln mir auch die
neue Ausgabe des Glossar. mediae latinit. von Dufresne zugäng-
lich macht. BE |
Donaueschingen. ΝΞ ᾿ Schuch.
216 Probe einer ‚neuen Ausgabe des Apicius Coelius.
Apiciü Sarcoptes seu Laber II.
Cap. 1. Isicia marina et omentata. ἡ
Isicia marina : Fiunt de cammaris etastacis, de lolligine, de saepia,
‚ de locusta*). Isicium condies pipere, liguistieo,cumino, lasaris radice, —
Isicia de lolligine: Sublatis crinibus in pulmento tundes, sicuti adsolet
pulpa, in mortario et in liquamine diligenter fricatur et exinde isicia
plassantur, Isicia de squillis vel de cammaris amplis: Cammari vel
squillae de testa sua eximuntur et in mortario terantur cum pipere
et liquamine optimo; pulpae isicia plassantur, Isicia ex spondylis**):
Elixatos spondylos conteres et nervos eorum eximes; deinde cum
eis alicam elixatam et ova conteres et piper et momento assabis;
oenogaro perfundes et pro isiciis inferes, — Omentata ita fiunt:
Assas jecür porcinum et tum enervas. Ante tamen teres piper,
rutam, liquamen et sic superimmittis jecur et teres et misces sicut
pulpa omentata***) et singula involutantur folia lauri et ad funmum
saspenduntur, quamdiu voles. Cum manducare volneris, tolles de
fumo et denuo assas isiciam: adicies in morftarium piper, ligusti-
cam,’ fricabis, subfundes liquamen. — Aliter: Pulpam concisam
teres cum medulla siliginis in vino infusi, piper, liqnuamen, si velis,
et becam myrtae exenteratam, simul conteres. Pusilla isicia for-
mabis intus nucleis et pipere positis; involuta omento subassabis
cum caroeno, — Aliter: Adicies’ in mortarium cerehella cocta et
teres diligenter, ne assulas habeant; adicies ova quingne et dissol-
ves diligenter, ut unum corpus efficias; liquamine temperas et in
*) De isiciis de cauda hujus locus est 9, 1, quem sic mecum emen+
dabis: „Folliculum, nocivam uvam prius demes.‘“ Ceterum primo isicia
pulpa caesa fiebant, isiciola porcina 5, 4. eaque aves implebantur, quae
farsiles inde audiebant 6, 9. Heliogabalus primus fecit de piscibus isieia,
primas de ostreis et lithostreis et aliis hujusmodi 'marinis conchis et lo-
custis et cammaris et, scillis, ut testatur Lampridius in ejus vita c. 19,
**) Omni jure hic et 9, 14. ap. Colum. 8, 16, 7. Plin. 32, 5. 53 fin.
Macrob.. 2, 9. Seneo,. ep. d5, 27. sphondylas habendus est sphondylus
gaederopus Lin. quae mollusca Neapoli hodie dieitur spuorinulo, 'Tarenti
scataponzolo; vel accuratius ejas cervix, ὀπόνδυλον enim nonnunquam
dicebant τράχηλον seu conchyliorum partem anteriorem sive superiorem,
quae sapore quidem gratam carnem, sed paulo duriorem et concoctu dif-
fieiliorem habebat; altera contra pars interior et inferior erat mollior,
tenerier concoctuque facilior et dicebatur μήκων papaver; ad Petron.
130,7. pulpa ostreorum infra 4, 2. Similiter caput cardui seu articocct
. (artichaut) σφόνδνλος appellatur 3, 19. 5, 2. quod Galenus jam docet.
De alim. fac. 2, 51. T. br. p. 353. ed. Chart. cf. Schneider ad Colum.
10, 235. Pallad. 4, 9, 2.
%#*) Audiatur Rumohr; Geist der Kochkunst, p. 40. “Ich kann nicht
umhin der Art zu erwähnen, auf welche in Italien frische Schweinslebern
am Spiese gebraten werden: man zerschneidet dieselben in derbe Stücke,
umwickelt diese, nachdem sie gesalzt, gewürzt, auch wol mit etwas
Kümmel bestreut worden, mit der fetten Netzhaut des Schweines und
reiht diese Stücke mit frischen Blättern von wildem Lorbeer abwech-
selnd an einen Vogelspiess; dann dreht man sie bei raschem Feuer lustig
-
Von Chr. T h. Schuch u. Εἰ, F. Wüstemann. ἡ 217
Apicius (Fleischhäckler) Wurstier oder Zweites Buch.
Kap. 1. Gehacktes aus der See und im Darmnetze.,
Seefüllsel werden gemacht von Garnelen und Eremitkrebsen,
Calmar, Dintenschnecke, Heuschreckenkrebs (T.anguste). Das Gehäksel
würze mit Pfeffer, Laserkraut, Mohrenkümmel, Laserwurz. — Ge-
hacktes vom Calınar: Wann die Haare (Fangarme) weggenommen, ver-
stampfest ihn, wie man’s. beim Fleische pflegt, im Mörser zu Brei
und verreibst ihn sorgfältig in Fischlake und daraus werden Füllsel
oder Würste geschaffen. Gehacktes von Squillenkrebsen oder von
den grossen Garnelen: Die Garnelen oder Squillenkrebse werden
aus ihrer Schaale genommen und’ im Mörser mit Pfeffer und der
besten Sorte Fischlake gestossen und aus diesem Fleische Füllsel
öder Würste geschaffen. Gehacktes von Lazarusklappen: Verstosse
abgesottene Lazarusklappen und nimm ihre Nerven heraus; dann
verstosse mit ihnen abgesottene Waizengraupe, Eier und Pfeffer
und brate sie schnell auf; übergiesse alles mit Weinfischlake und
trage es als ächtes Füllsel auf. — Füllsel im Darmnetze
werden so gemacht: Brate eine Schweinleber und entnerve sie dann,
Vorher jedoch stosse Pfeffer, Raute, Fischlake und wirf dieses
so über die Leber, stosse und menge, wie man es beim Fleische
pflegt; die Netzwürste werden geschaffen, einzeln Lorbeerblätter
mit eingehüllt und in’Rauch gebängt, sö lange du willst. Wann
eine verspeisen willst, lange sie vom Rauche 'herab und brate
sie; ἔπ in einem Mörser Pfeffer, Laserkraut, Majoran,, verstosse
dieses und giesse'Fischlake‘ darunter. — : Anders Recept: Stosse
gehacktes Fleisch mit dem Marke in Wein eingeweichten Waizen-
hrodes,' Pfeffer, ‘Fischlake und verstosse damit zugleich, wenn
willst,‘ geschälte‘ Myrtenbeeren. ' Bilde.’ daraus kleine Würstchen,
in welche Piniolen und Pfeffer kommen; schlage sie in ein Darm-
netz und brate sie ein wenig in abgekochtem Moste. — Anders:
Wirf in Mörser gekochtes Schweinhirn und verstampfe es sorgfäl-
tig, dass es keine Fladern habe; lasse fünf Eier hineinfallen und
verkleppere sie sorgfältig, dass Einen Körper schaffest; ver-
dünne die Masse mit Fischlake, schütte sie. in eine erzeng Pfanne
herum und 'trägt sie auf, wann sie wohl gebraten sind.’ et p, 85. ‘Der
Lendenbraten des Schweines mit einem Dritttheil des anliegenden Fettes,
beides von allen Häuten und Nerven gereinigt, wird frisch angesalzen,
stark gewürzt, dann in den Mastdarm oder in die Blase gewickelt und
noch einmal in die Salzlake gelegt. Dieses Stück hängt man sodann in
den Rauch. Das Fleisch dazu kann aber auch grob ausgeschabt und mit
grob zerschnittenem Fette vermengt,, gleich einer Wurst bereitet werden.
Auf beide Arten ass ich die beifällige Speise in den Gebirgen von Rom,
wo man: sie pölpette nennt und mit Knoblauch und Koriander vermengt.’
et p.87. ‘Die Mischung von Blut, Fett, Fleischbrühe, Waizeubrod oder
überhaupt Mehlstoffen, finden wir in dem migliaccio der Italiener wte-
der und ihr gemeinschaftliches Vorbild in den mit Blut und Fett gefüll-
ten Ziegenmägen 'des Homer Od. 18, 44. 20, 25.’
Φ
218 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coclius.
patella aenea*) exinanies, coques. Cum coctum fuerit, verkas in
tabula munda, tessellas concides. Adicies in mortarium piper , ligu-
sticum, origanum, fricabis in se, commisces in caccabum, suffun-
des liquamen;' facias ut ferveat; quum ferverit, tractam **) confrin-
ges, obligas, coagitas et exinanies in boletari***), Piper asparges
et inferes.
Cap. If. Isicia varia.
Isicia plena: Accipies adipes phasiani recentes, praedurus et
facis ex eis tessellas; cum pipere, liquamine, caroeno in isicie
includes et hydrogaro .coques et inferes. — Isicia hydrogarata sic
facies: Teres piper ligusticum, pyrethrum minimum, suffundes li-
quamen. et aquam cisterninam, temperas dum inducet; exinanies in
caccabo. Et isicia ad vaporem ignis pone et caleant. Et sic sor-
bendum inferes hydrogaratum,. — Isicium simpler: Ad unum liqua-
minis acetabulum aquae septem mittes, modicum apii viridis, triti
piperis cochleare. Isiciola incoques et sic ad ventrem solvendum
dabis. Hydrogaro faeces conditi+) addes. — In isicia de pullo:
Ölei floris lib, 1. liquaminis quartarium, piperis semuncia. — Aliter
de pullo: Piperis grana xxxı. conteres, mittis liquaminis gptimi
calicem, caroeni tantumdem, aquae xı. mittis et ad vaporem ignis
pones. — Isicia de pavo primum quidem locum habent:ita si fricta
fuerint, ut callum vincant; item secundum locum hbabent de. pha-
sianis, item tertium locum habent de cuniculis, item quartum locum
habent de pullis, item quintum locum habent de porcello tenero, —
Isicia amulata sic facies: Teres piper, ligusticam, origanum, mo-
dicum silphii, zingiber minimum, mellis modicum, liquamine tem-
perabis, misces, adicies super isicia; facies ut ferveat; quum bene
ferverit, amulo obligas spisso ++) et sorbendufn inferes amulatum.
— Aliter: Piper teres pridie infusum, cui subinde lignamen suf-
*) Ea est. quae conversari potest et angularis appellatur 5, 3 et 7,
4. Francorum terrine.
*+*) Tractä s. tractum, quod vocabulum a trahendo derivatur, quum
Latini trahere panem dicant, ut Plin. 18, 11, 27. Graeci ἑλκύειν λάγα-
νον, non est apud Nostrum peculiare genus panis, quod et ap. Caton.
76. 78. Athen. 14, 57. 3, 73. al. sed massula ex alica et farina tenuis-
sima cum aqua subacta, orbis seu globi figura, siccata, quae jurulentis
quibusdam cibis aliguantum consolidandis saepissime adhibetur et similis
ratio coquendi est 7, 6. ubi modicam de bueccellis maceratis additur ut
distringat, quo fine saepe audimus amylum mittendum esse juri bullienti,
amulo obligandum, quocum conferendum nostrorum coquorum mehl, ge-
riebene Brotkruste, Mürbes an die Sauce rühren, einbrennen. cf. ad
„confractum‘“ paulo post. - μος s
ἜΧΩ) Boletare proprie est vasculum boletis inferendis factum, deinde
idem quod acetabulum, vasculum 8, 4, 9, 10. et Gallorum sauciere, Brüh-
schaale, Tunknäpfchen, ἐμβάφιον et quod intus condimentum ἔμβομμα..
Ita equidem emendavi ex edit. princ. peces conditi et. cod, Vatic.
feces conditi pro Humelbergii aales conditos. Scilicet faeces, faex est
L}
;
‚ ἢ Von Chr. Th. Schuch u. E. F. Wüstemann. 219
und koche sie. Ist sie gekocht, stürze sie auf ein reines Schneid-
brett und schaeide sie in Würfel. Wirf im Mörser Pfeffer, Laser-
krant, Majorau, verstosse sie unter sich, giesse Fischlake darunter
und leere dieses in eine Kachel, mache dass es aufsiede; hat es
aufgesotten, verreibe Nudeltaig und verbinde damit, rühre um und
leere es auf ein Pilzkümpchen aus. Zettle Pfeffer. auf jene Speise
und trage nuf. .-
Kap. 2. Verschiedene Wurstfällsel.
Vollwürste: Nimm frisches Phasanenfett, schmore es und
mache daraus Würfelchen; schliesse diese mit Pfeffer, Fischlake,
eingekochtem Moste vermengt in einen Darm, koche sie in Fisch-
lake mit Wasser verdünnt und trage sie auf. — Würste in ver-
dünnter Fischlake mache so: Stosse Pfeffer, Laserkraut, ganz
wenig Dragun, giesse Fischlake darunter und Cisternenwasser, ver-
dünne bis es zieht. Leere dieses in eine Kachel. Setze auch die
Würste an Fenerdampf nnd lasse sie heiss werden. So trage die
Wassersauce zum Verschlürfen auf. — Einfache Wurst: Zu
einem halben Schoppen Fischlake thue 34 Schoppen Wasser, mäs-
sig viel grünen Eppig, einen Löffel gestossenen Pfeffer. Koche
die Würstchen darin und gib sie so zur Oeffnung des Leibes. Zur
verdännten Fischlake gib Weinsteinsalz zu. — An Hühnerwürste:
Jungferöl 1 Pfd., Fischlake } Pfd., Pfeffer 5 Quentchen. — An-
ders: Verstosse 31 Pfefferkerne, giesse zu 1 Becher Fischlake
erster Qualität, .eben so viel eingekochten Most, 11 Becher Wasser.
und setze es an Feuerdampf. — Würste von Pfauenfleisch nehmen
nur so den ersten Rang ein, wenn es vermahlen ist, dass es die
Zähe überwindet; den zweiten die von Phasanen, den dritten die.
von Kaninchen, den vierten die von jungen Hühnern, den fünften
die von zarten Frischlingen. — Amelmehlsauce zu Würsten
mache so: Stosse Pfeffer, Laserkraut, Majorau, mässig Laserwurz,
ganz wenig Ingwer, mässig Honig, verdünne mit Fischlake, mische
und schütte es über die Würste und mache dass es aufsiede; hat
es gut äufgesotten, so binde mit verdichtendem (steifem Taige)
Amelmeble und trage die Mehlsauce zum Schlürfen auf. — Anders:
Stosse Tags vorher eingeweichten Pfeffer, giesse nach und nach
Fiechlake so darunter, dass die Pfeffermasse wohl verstossen und
dicht machst, mische ihr eingekochten Most bei, welcher von Quitten
gewonnen wird und bei brennender Sonne sich in eine Honig-
—
eondimenti genus, nostratinm weinsteinsalz, Horatil serm. 2, 4, 55. 73.
2, 8, 9. faecula, quae Isidoro 20, 3, 13. est uva pinguis, decocta us-
que ad crassitudinem mellis ac refrigerata, utilis stomacho. Dioscor. 5,
131. Eam faecem Graeci τρύγα οἰνηρὴν ὑπτὴν vocant. De vondito vino
dicetur ad 1, 1.
++) „Amulabis de oridia propter spissitudinem‘‘ alibi habenit Excerpta
Apie. in cod. Salmas. εὐ
220 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelias.
fundes ita ut bene tritum ac lutuleatum facias piperatum, cu de-
frutum admisces quod fit de cotoneis, quod sole torrente in mellis
substantiam cogitur; quod si non fuerit, vel caricarum defrutum
mittes quod Bamani colorem vocant, Accipies deinceps amulum
infusum νοὶ oryzae sucum, adicies. et Iento igni fervere facias amu-
latum, — Aliter: Ossicula de pullis expromas, mittis in caccabum,
deinde porros, anethum, salem. Quum cocta fuerint, addes piper,
apii semen, deinde oridiam infusam*), teres et addes Jiquamen
et passum vel defrutum; omnia misces et cum insiciis inferes, —
Apothermum sic facies: Alicam elixatam cum nucleis et amygdalis
depilatis et in aqua infusis et lotis ex creta argentaria, ut ad can-
dorem pariter perducantur, jamjam miscebis, addes uvam passam,
caroenum vel passum, desuper confractum **) asparges et in boletari
inferes, — Vulvulae isicjatae sic finnt: Piper tritum et cuminum,
capita porrorum ***) brevia duo ad molle-+) purgata, ruta, liqua-
men admiscentur pulpae bene tunsae et fricatae; denuo ipso sub-
trito, ita ut commisceri possit, mittas piperis grana et nucleos et
calcabis in matrice bene lota. Et sic coquantur ex aqua, oleo,
liquamine, fasciculo porrorum et anetho, 0
Cap. II. Botelli et hirae Tucanicae ++).
Botellum sic facies: Ex ovi vitellis coctis, nucleis pineis con-
cisis; addes cepam, porrum concisam, piper minntum, jus crudum ++)
misces et sic intestinum farcies. Adicies liquamen et vinum et sic
coqaes, — 'Lucanicas sirhiliter ut supra scriptum est. Teritur piper,
cuminem, satureia, ruta, petroselinum, condimentum-++}+); bacae
*) Rumohr p. 107. 108. de oryza bene docet: ‘Er wird nur so
lange gekocht, bis die einzelnen Körner ganz von der Feuchtigkeit durch-
drungen sind, so viel als hinreichen mag, die einzelnen Körner anschwel-
len zu machen.’ Ceternm oridiam 6 codd. Salmas. Vat. ed. pr. restitui,
ofindiam in ed. mediol. Nostri oryzae.sutcus est Horatii serm. 2, 3, 155.
ptisanarium oryzae. cf. Plin.. 18, 7, 13...
ως ἘΠῚ Interpz etari potes genus panis recocti, cui nomen erat δίπυρος
ap. Athen. 3, 74. de quo quid doceat Hase in Palaeologo me adhuc latet;
supplere tractum et convertere gereibsel, broesel, vel cum Gallis brisees.
Simile mihi et buccella panis 7, 6. 9. 8, 6
*+*) Rumohr p. 140: “Man nennt den gemeinen Lauch bisweilen das
Kopflauch, weil es in seiner Zwiebel gleichsam einen Kopf hat.’
+) Ad molle restitui e cod. Vat. et ed. pr. pro Humelbergii a
mole.
++) Botellus s. botulus, unde barbarorum bodinus, Gallorum boudin,
Armoricorum bouzell, Italorum budello, ap. Tertullian. apol, 9. sanguine
distentus, ap. Martial. 5, 78. pultem niveam premens, coll. 11, 31, 13.
14, 72. 13, 35.. in publica etiam via assabatar et a botulario fumans
exclamabatur. cf. Senec, ep. 56, 3. Petron. 31, 49. Arnob. 2, 42. —
Species sont J,ucanicae, quas Lucani priores fecerund et milites ab illis
didicerunt. cf. Varr. ἴω. L. 5, 22. p. 114. Sp. Isidor. 20, 2, 28. itemque
pultibus niveis corona dabantur, cf. Mart, 18, 35.
++t) Jus crudum i. 4. cruor. Isidor. 20, 2, 20.: *Crudum guod sit
+‘
Von Chr. Th. Schuch ὦ. E. F. Wüstemann. 221
substanz zusammenzieht; hast solchen nicht, kannst auch abge-
kochten Most von Feigen daran thun, welchen die Römer ‚Farbe‘
heissen, . Nimm alsdann genetztes Amelmehl (Mehlbrei, Pappe)
oder Reisschleim, thue es daran und lasse die Amelmehlsauce bei
langsamem Feuer aufsieden. — Anders: Nimm die Knöchlein aus
jungen Hühnern heraus, thue diese in eine Kachel, darnach Lauch,
Dill und Salz. Ist das Fleisch gekocht, thue daran Pfeffer, Eppig-
saamen, dann stosse genetzten (aufgeschwollenen) Reis, gib Fisch-
lake und Rosinenwein oder eingekochten Most zu; mische Alles und
trage es mit den Würsten auf. — Kaltes bereite so zu: Nimm
abgesottene Waizengraupe und geschälte, in Wasser eingeweichte
und mit Silberkreide herausgewaschene Piniolen und Mandeln, um
sie zu’ gleicher Weisse zu bringen; mische diese Stoffe, gib Ro-
sinen, eingekochten Most oder Rosinenwein zu, streue Verriebenes
(brisees) oben darauf und trage es in einem Pilzkümpchen auf. —
Füllsel in Schweingebärmutter (gefüllte Muttertasche) wer-
den so gemacht: Gestossener Pfeffer und Mohrenkümmel, zwei
kleine bis auf’s Weiche geputzte Lauchköpfe, Raute, Fischlake wer-
den zu gut gestossenem und zermahntem Schweinfleisch gemischt;
ist diese Masse auf’s Neue so verstossen, dass sich mischen
lässt, thust Pfefferkerne und Piniolen daran und stopfst diese Fülle
in eine gut gewaschene Muttertasche. Lasse sie so in Wasser,
Oel, Fischlake, einem Biischel Lauch und Dill kochen. j
Kap. 3. Blutwürste und lukanische Würstchen.
Blutwurst mache ao: Mische. zu gesottenen Eierdottern zer-
häckelten Piniolen, welchen Zwiebel, zerschnittenen Lauch und ver-
kleinerten Pfeffer zufügst, ungekochtes Blut und stopfe damit den
Darm.. Kache die Wurst in Fischlake und Wein. Lukanische
Würstchen werden ähnlich wie die vorige Warst gemacht. Es wird
gestossen Pfeffer, Mohrenkinmmel, Saturei, Raute, Petersilie,
Küchengrünes, I.orbeern, Fischlake ünd dazu gemischt gut ver-
hacktes Schweinfteisch, und ‘zwar so, dass dieses mit der verstos-
senen. Masse auf’s Neue vermahlen wird, nachdem Fischlake, gan-
zer Pfeffer, reichlicher Speck und Piniolen darunter gemengt sind.
cruentum, est enim cum sanguine’, hinc passim ap. Nostrum i. q. _
frigidum, non coctum, et olera cruda, αμὰ λάχανα ap. Pluterch. qu.’
symp. 8, 9, 3. Galen. II., 39. 40, 55. Kuhn. guae insocta comedebantar,
qui cibus Christianorum quoque erat, unde @uopayoı appellabantur. .
{1} Condimentum (quod ad opsonia condienda fit, idem fere quod
embamma, intinctus; quodsi inter herbas aromaticas recensetur, videtur
usurpari pro viridibus scil, oleribug, grünzeug nostrae culinae, χλόῃ Athe-
naei 2, 77. 7, 41, vers. 7. 7!, 84. quae ut praesentaneo usui essent, in
viridariis colebantur. et procul dybjo in fenestris, Plin. 19, 19. coll.
Martial, 11, 18. ἐν περικήπϑοιρ Diogenis Laert. 9, 36. Schol. Aristoph.
ξ΄
Vesp. 482, Condimenta coctiva infr. 9, 4. mortaria 6, 4. 10, 10.
4
„ venogaro [phasiani] perfundes, sed cuminum addes.
.sum, quod quando cum cauda exeidebatur ὁ
%
222 Probe einer nenen Ansgäbe des Apicins Coelius.
lauri, liquamen et admiscetur palpa‘ bene tunsa ita ut denuo bene
cum ipso subtrito fricetur liquamine admixto, pipere integro et ab-
undanti pmguedine et nucleis misces. Inicies in intestinum perguam
tenuatim productum et sic ad fumum suspenditur.
Cap. IV. Farcimina varia. °
Ova et cerebella teres, nucleos pineos, piper, liquamen, laser
modicum et his intestinum implebis. Elixas, postea assas et infe-
res. — Aliter: Coctam alicam et tritam cum pulpa concisa et trita
una cum pipere et liquamine et nucleis misces; farcies intestinum
et elixabis, deinde cum sale assabis et cum sinapi inferes vel sic
concisum in disco*). — Aliter: Alicam purgas et. cum liquamine
intestini et. albumine porri concisi minufatim simul elixas, elixa
tolles, pinguedinem concides et compendia pulpae, in se omnia
commisces, Teres piper, ligusticum, ova tria, haec omnia in mor-
tario permisces cum nucleis et pipere integro, liquamen suffundes :
intestinum imples, elixas et subassas vel elixum tantum appones. —
Circellos isiciatos: Reples in intestinum impensam**) isicii et circel-
lum facies rotundum, Fumas; quum fumaveris, subassas; exornas,
Explicit Apicii_Sarcoptes.
Lib. VIE cap. 4.
Ofellae ***),
Ofellas ostienses: Disignas+) ofellas in cute ita ut cutis sicca
re maneat, Teres .piper, ligusticum, anethım, caminum, stlphium,
bacam lauri unam; suffandis liquamen, fricas. In angularem refun-
*%) Discus est mensa culinaria, τράπεξα uayfıginn, süper qua varia
edulia parabantur, isieia plassabantur, tessellatim comcidebantur; mensa
vero, si non est patina, in qua mazae et placentae ἃ pistore apparaban-
tur, μαγίς, mactra dicebatur. . Cenarum reliquiis discus ornatus ap.
Apulej, met. 2, 24.
**) Impensa est res in aliquam rem insumenda et impendenda, &vd-
λωμα, Aufwand; im culina esse condimentum ciborum vel fartum (eine
Füllung) patet bene ex 6, 9. fin. 8, 6. 8, 2. 4, 2. et Arnob. 7, 25.
„quid diversis cum fartibus deo sit confectionis jure ex multiplici atque
impensarum varietate conditis ?“ ü
***) Ofella s. offula, offla est frustulum porci globi forma absci-
ἦε pentta dictum videtur
(Plaut. Mil. Glor. 3, 1, 164. Arnob. 7, 24. Fest. in penem), quando e
eollo, collaris (Petron. 56. sed locum emendabat Hildebr. ad Apulej. de
mundo 36.), collare porcinum apud Nostrum 7, 5. 6. Varie condita,
eocta, friota fuisse haec absegmina conglobata docemur ab Apicio, in
ils rodendis Romanos ferro structoris non eguisse a Martiali 10, 48, 15.
eaque in delieiis habuisse Claudii dicto in curia (ap. Sueton. 40.) ‘rogo
vos,.quis potest sine offala vivere?’ Qualia frusta carnis dissecta co-
padia quoque dici, κοπάδια, κόπαια," κόμματα, ut sunm linguas οἵ in-
alibi docebimus.
" primis glandulas seu glandia, hoedorum glandulas, caponum testiculos,
ων
Von Chr. Th. Schuch ». E. F. Wästemann. 223
Mit diesem Taige stopfe den Dünndarm. Und so wird die Wurst
in Rauch gehängt.
τ Kap. 4. Verschiedene Wurstrecepte.
Verstosse Eier und Schweinhirn, Piniolen, Fischlake, mässig
Laserwurz und fülle damit den Darm. Siede, dann brate die
Wurst und trage sie auf, — Anders: Mische gekochte und mit
verhacktem Schweinfleisch gestossene und zusammen mit Pfeffer,
Fischlake und Piniolen verstossene Waizengraupe, Stopfe damit
den Darm. Siede die Wurst, dann brate sie mit Salz und trage
sie mit Senf. auf‘ oder. eben so auf dem Anrichttische in Scheiben
geschnitten. — Anders: Putze Waizengraupe und siede sie mit
Gekrösefett und dem Weissen fein gehäckelten Lauchs zugleich ab;
nimm den Absud, schneide Fett und Schweintfleisch in kleine Stück-
.chen und mische Alles unter einander. Stosse Pfeffer, Laserkraut,
drei Eier und vermenge dieses Alles im Mörser wit Piniolen ‚und
ganzem Pfeffer und giesse Fischlake darunter. . Fülle damit den
Darm. Siede, dann brate die Wurst oder setze sie nur gesotten
auf. — Ringelwürstchen (Knackwürste): Thue in einen Darm
eine Füllung und gib ihr eine runde Form. Räuchere, hast geräu-
chert, brate an; ordne zierlich, übergiesse mit Weinfischlake, gib
aber Mohrenkümmel dazu,
nn
Buch 7. Kap. 4.
Fleischklöschen.
Fleischklöschen von Ostia*): Stich die Fleischstückchen
so auf der Haut an, dass die Haut trocken bleibt. Stosse Pfeffer,
+) ‘Disignas’. vel “dissignas’ ex ed. pr. et Arnob. 1, 63. 7, 9.
scribendum et explicandum incharaxas, χαραάσσεις, acm δ. scalpelle incidis
et aperis, ut umor combibi possit vel emitti. cf. 6, 9. 5. idem est com-
pungere 7, 11. 14, — Emendavimus vere sicca pro sic et desiecaveras
pro designaveras, In ofellam ὁ margine est. : Satias 6 eod. Vat. pro
facias; umorem, exsucabis e eod. Salmas, aprugneo more ex.ed, pr. apro-
geneo more, et e cod. Vat. aprogneo more, pro Humelberg. aprugnese,
Torini pro genuino more. Ex illis universum locum restitui; ed. Mediol.
omittit verba _„piper tritum, c, m. l. a. c. j. bulliunt.‘“ asparso, aspar-
gis e cod. Salm. qui primo loco garatas, deinde graton et garaton, in
qua voce aliud quid latere videtur; ejusdem inogaru ego correxi. Ex-
bromabis est facies ut umorem s. molestum odorem exspuant, vox ficta
e gr. βρώμος, inde corrige 6, 2. exbromari pro expromari. — Cod. Vat.
ut bene assae rodantur liquaminis sumicrato, aquae etc.; ed. pr. ut pene
asso rodantur lig. summi cyatho etc. Humelberg correxerat ut paene
assae reddantur.
*%) Ostia ist als Luxusort bekannt und hat dieser besondern Art
on Leckerbissen den Namen gegeben wie einer andern Puteoli bei
ato .
224 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius.
dis simul cum ofellis;. uhi ‚zequieverit in condimentis biduo νοὶ
triduo, ponis, surclas decussatim et in furoum mittis. Cum coxeris
ofellas quas desiccaveras separabis. Et teres piper, ligusticum,
suffundis liguamen et passi modicum ut dalce fat. Cum ferverit
ius, amulo obligas. Ofellas satias et inferes. — Ofellas Apicianas:
Ofellas exossas, in rotundum complicas, surclas, ad furnum admo-
ves, postea praeduras; levas, ut umorem esspuant, in craticula
igui ‚lento exsucabis ita ne urantur. Teres piper, ligusticum, ‚y-
perin, cuminum 5 liquamen . et passo temperabis.. Cum hoc jure
ofelläs in’ caccabum mittis. . Cum coctae fuerint, levas et siccas;
sine jure pipere asparso inferes. Si pingues fuerint, cum surclas,
tollis cutem, Potes et de abdomine hujusmodi ofellas facere. —
Ofellas aprogneo more*): Ex oleo, liquamine coquuntur et mittitur
eis eondimentum cum .coctae fuerint et superadicitur his cum in
foco fuerint conditura et denuo bulliunt; piper tritum, condimentum,
mel, liquamen, amulum, cuin jam bulliunt. Et sine Jiquamine et
oleo elixantur et sic pipere perfunduntur et sic bulliunt. — Ofellas
garatas: Ponis ofellas in sartagine, adicies liquamen libra una **),
oleum similiter, melfis aliquantum et sic frigis. Aliter ofellas
garatas: Lasar, zingiber, cardamomum et unum acetabalum liqua-
minis misces cum bis omnibus tritis et ibi ofellas coques. — Aliter
ofellas: Ofellas assas exbromabis diligenter et in sartagine mittis,
friges oenogaro, postea simul cum ipso oenogaro inferes et piper
aspargis. — Aliter: In sartagine abundante oenogaro; piper asper-
ges et inferes, — Aliter: Si in liquamine frigantur et calido melle
unguantur et sic inferantur. — Aliter: Ofellae recte friguntur ut
bene assae rodantur: liquaminis summi cyatho, aquae cyatho***),
aceti cyatho et olei cyatbo simul mixtis et immissis in patellam
fictilem friges et inferes. — Aliter: Ofellae prius sale et eumimo
infusac in aquam recte friguntur,
—
*) Apri assaturam similiter parari apparet ex 8, 1.
**) De ea constructione Nostro admodum familiari alibi dicetor.
ἮΡΕ) Una voce hydrogari, quod aqua cisternina temperatum, liquamen
mixtum 9, 9. oenogaro et eleogaro vilius fuit. cf. I,amprid. Heliog. 29.
isicium hydrogaratum, quod igitur aqua et liquamine coctum est, supra
nobis occurrit 2, 2. Liquamen summum videtur γάρσον πρωτεῖον (cf.
Koehleri Τάριχος cap. VI), optimum 2, 1. 7, 7. 8, 1. 6. garum extellens
Plinii 32. $. 78. garum sociorum 9. ὅ. 66. Bene. ep- 3, 25.
‘ Von Chr. Th. Schuch u. E. Εἰ Wüstemann. 2925
Laserkraut, Dill, Kümmel, Laserwurz, eine Lorbeere*), giesse
Fischlake daran und reibe. Leere dies zugleich mit den Stückchen
in eine Backpfanne;.haben sie im Gewürze zwei oder drei Tage
geruht, lege sie ein, speile sie überzwerch und schiebe sie in Back-
"ofen. ‘Hast die Klöschen gekocht, nimm sie weg und lasse sie
abtrocknen. Stosse Pfeffer, Laserkraut, giesse Fischlake und
mässig Rosinensaft daran, dass es süss werde. Hat die Sauce auf-
gesotten, binde sie mit Amelmehl, ᾿ Sättige die Klöschen damit und
trage auf. Nach Apicius: Entbeine die Schwanzstückchen, balle
sie zusammen, speile und schiebe sie in den Backofen und brätle sie
an; hebe sie heraus und dass sie ihre Feuchtigkeit abgeben, ent-
säfte sie anf einem Roste bei langsamem Feuer so, dass sie nicht
anbrennen. Stosse Pfeffer, Laserkrant, Cyperngraswurzel, Küm-
mel, Fischlake und mässige mit Rosinensäft. Mit ‘dieser Brühe
thue die Klöschen in Kachel. Sind sie gekocht, hebe sie weg: und
trockne sie. Trage sie ohne Brühe nur mit aufgezetteltem Pfeffer
auf, Sind sie fett, wann sie speilest, so nimm die Haut ab. Man
kann auch vom Schweinseuter solche Klöse machen, Nach Kei-
lerart: Min kocht sie in Oel und Fischlake und thut das Gewürz
daran, wann sie gekocht sind, und wirft dieses Gewürz an sie,
- wann sie in der Backpfanne gewesen und von Neuem sieden:
Gestossenen Pfeffer, Kochgewürz, Honig, Fischlake, Amelmehl,
wann sie schon sieden. Man siedet sie auch ohne Fischlake und
Oel, überschüttet sie so mit Pfeffer und lässt sie so sieden. —
Mit Fischlake: Lege Klöschen in Bratpfanne, gib: zu. Fischlake,
1 Pfd. Oel ähnlich, etwas Honig und röste sie 80. — Anders:
Laserwurz, Ingber, Kardamome und einen halben Schoppen Fisch-
lake mische mit dem Gereibsel von Allem dem und koche darin
die Klöschen. — Anders: Lasse die gebratenen Klöschen sorgfältig
ausduften, thue sie in Bratpfanne und röste mit Weinfischlake,
trage sie nachher mit der Weinfischlake selbst auf und zeftle Pfef-
fer. — Anders: In der Bratpfanne mit reichlicher Weinfischlake,
zettle Pfeffer und trage auf. — Anders: Wenn man sie in Fisch-
lake röstet, mit heissem Honig salbet und so aufträgt. — Anders:
Die Klöschen werden richtig geröstet, dass man die gut gebackenen
nagen kann: in einem Becher der theuersten Fischlake, einem
Becher Wasser, einem Becher Essig und einem Becher Oel, zu-
gleich gemischt und in eine thönerne Pfanne getban, röste die
Klöschen und trage sie auf. — Anders: Die Klöschen vorher mit
Salz und Kümmel in Wasser gelegt, werden nachher ordentlich geröstet
ἢ Damit nahm man es genau. So wird in einem ungedruckten
Recepte, Excerpt. Apic. num. 1. unter andern ein Theil Kerbel, und
der vierte Theil de lauri baca genommen. Bemerke auch den Gebrauch
des Lorbeerblattes 2, 1. - ΄
Archiv f. Phil, u. Paedag. Bd, XIX, ΜΠ. 2, . 15
226 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius,
Notulae eriicae ad Kb. 1].
Isicium, primo insicium a verbo insicare 8. insecare indeque
salsicium, Italorum salsiccia, Gallorum saulceisse, saucisse, aetate
media perperam transformatum est in esicium, ut constanter fere
‘codices nostri et alii alibi scribunt, in quibus Antholog. Lat. 550
-— 552. 1087, 4. ed. Meyer. cf. Varr. L. L. 5, 22. Macrob. sat.
7, 8. pro nostra scribendi ratione praeterea est Graeculorum icıxov,
ut Alexandri Aphrod. probl, 1, 22. seu ἐσίκιον, ut Taxami ap.
Athenaeum 9, 19. poetae in Anthol. Pal. 11, 212. Ad rem locus
primarius est Lampridii in vita Heliogabali 19. „primus fecit de
piscibus isicia, primus de ostreis et lithostreis et aliis hujusmodi
marinis conchis et locustis et cammaris et scillis.“ locusta contra
cod. ß (vatic. 1146) Iucusta cum omnibus libris Plinii 9. $. 95.
retinui; in illo’ita turpedo, al. ligisticum, ciminum saepius in libris,
constanter in cod. Salm. in quo et iscilla quam ligust. cum. frigatur
‘in duobus libris pro fricatar. iscilis codd. scillis ed. pr. squilla,
scilla, seylla var. lect. ap. Plin. 32. δ. 151. 9, 142. Martial. 13,
83. Sic in iisdem codd. ispcia pro spica, ispongiare, sicque alıbi
iscorpio, al. iscripulus, lasar, lasaris e cod. Salmas, rarius in aliis.
— jecur — eum in omnibus libris, in Paris. id eum; similiter ap.
Nostrum oxygarus, apius, porrus, intibus, oleum viridem. invol-
vantur Paris, involutantur ed. pr. — assas isicium e librorum et
sicium, et siccum, et succum emendavi; Lister conj. „et sic ea ad-
jicies. — astulas e Vat. 1145. et Paris. pastwlas pro assulas. cf.
Voss. De yit. serm. lat. p. 360. alia dabit Sillig ad Plin. 16. δ.
54 et 57. — et unum e Vat. y. et Par. pro ut u; idem vitium
possim recurrit: 4, 2. scribe mecum „cunilam bubulam adsparges
et bulliat.““ 6, 9. „reexinanies — et ferveat.“ 7, 4. „et umorem
expnat.‘° — coques] in eo fui ut quoques scriberem cum Paris, qui
ut Salm, fere constanter scribit quoquere, et cottus pro coctus;
cocere malim scribere. munda codd. nuda ed. pr. sic 4, 22. patina
munda vel patina nuda, munda cumana 5, 4. mundus caccabus 5,
2; mundum apud Nostrum esse novum Glossarium docebit. —
tesselns pro librorum tessalas, ed. pr. tessellas. f. in se] f. inde
Par. — boletare ex alia pronunciatione scribitur volutare, volitare,
quod interpretabantur vas quo volvuntur et velut vannantur res. cf.
Dufresn. Gloss, in volutare. Jam Humelb. corr. — sphondilis, spon-
dilis edd. sfondilis, fondilis codd. cf. 3, 20. 9. fin. Plin. 32.-$. 60.
82. δ. 151 et 154. — piper et mom. scr. pro pipere momento νοὶ
cod. Par. omento;, non male Hum. scr. in omento, ut sint quasi
omentata; minus placet ejusdem et pipere, quum spondyli, alica,
ova, piper conterantur. — inogaro pro oenogaro e cod. Salm. in
quo etiam „porcellas inococtus“ praeparatur (sic corr, „in occuctn“
cf. 8, 7.), sed ejus „„pisces inotocano, inotogonon“ sunt p. in te-
- gano, ἐν τῷ τηγάνῳ » ξωμοτεγανιστοί 9 patinarii,.qui cum eodem
&
‘Von Chr, Th. Schuch u. Ε. F. Wüstemann. ὁ 227
„esozomi‘ dici possunt (scil. „porcellum exozomum 5. exodiomum‘‘
corrige esozomum, qui-in jure est), de quibus ad 4, 2.:— cum
dulla siligine codd. cum medulla süigino ed. pr.; corr. Hum. —
baccam mirtam et temperatam ed. pr., Ὁ. mirta et temp. vat., ba-
cam myrteam extemperatam Paris. ut 7, 5. 6. qui alibi passim
extenteratam habent ; myrtus Nostro myrta 5. mirta dicitur et 1,
24, 5, 3. 6, 3. Catoni 125. Varroni L.L. 5, 22. p. m. 114.
ubi intestinum murta factum murtatum vocatur. Verum jam vidit
Hum. — nuclus i. 6. nuculeus pro nucleus e cod. Salm. cf. sur-
clare pro surculare, οἵα pro offula, ossuclum pro ossiculum, al. —
Ad.cap. II. fasiani pro phasiani in codd. ut faseoli 5, 8. 8, 6. et
er eo, unde Hum, fecit „ex eis,‘ et idrogaro idrogarata pro hy-
drogaro, ut idromeli 1, 17. et piretrum pro pyrethrum, et cum,
isicia, sed ed. pr, tamen i, Hum, tum i; sic postea cum eam sicque
saepius quam cogites cum accusat. secum habet, in inscriptionibus
quoque. cf. Jahnii Jahrbb,. LXVI. p. 246. Mornei Latein. u. griech.
Messen Aus dem zweiten bis sechsten Jahrh. p. 47. — Esicia de
pullo in esiciato pullo de oleo floris Paris. in esicia de pullo lolae
floris ed. pr.; olei e suo cod. corr. Hum.; idem librorum feces vel
coruptum peces non intelligens sales conditos ex 1, 27. edidit. et
si pro et sic corr. Lister. — isicia multa ab alieno contra Hum.
qui is. amylata scripsit retinendum, sed illud „ab alieno“ 9, 4.
corr, „ab aheno,‘‘ etiam ‚‚aquo‘‘ 7, 12. immutandum in „aheno.‘“
— silphium, silfium, silfi, gengiber, gingiber, zinziber, zingiberti
zyniperum, gigerium et zizerium semper variant. cf. Voss. de vit.
serm. p. 51..52. — cum bene bulluerit, amulo obligas et spisso et
suruendum f. a. Par; cum volverit amulo obliga spisso, subruendum
f. a. reiiqui libri; quum. bene ferbuerit, amylo obligas spisso et
sorbendum feres amylatum, Hum. — infusum pro librorum infusi
corr. Hum. sed aliud latere videtar; idem Zutulentum ed. quod sit
spissum, crassum. — defrictum ad 1, 19. — cotonüs e codd. pro
ed. pr. cotoneis. — caunarum e librorum camarum vel cammarum
corr.; Hum. caricarum. — ac deinceps cod. Par. accipies d. ed.
r., desunt in ß. — ossucla Vatt. ossulu Par. ossicula ed. — ori-
diam Vatt. Salm. ed. pr., orisam Par. orindiam ed. Mediol. orindam
Hum. — apothermum Par. apotermum reliqui i. e. ἀπόϑερμον, fri-
gidum; Hum, apodermum i. e. ἀπόδερμον. sine intestinn. — cum
eam scripsi pro cum jam jam. — Ad cap. Ill. ad mole ed. pr. quod
non intelligens Hum. fecit α mole. — grana et nuclei codd. corr.
Hum. — in matrice emend. Lister, in materia lihri. — jus crudum
pro thus c. tus par. corr. Ham. quod thuris in opsoniis nullus sit
usus. Lister: ‚at nee ita aliquid certi exprimit, nisi intelligatur de
aliquo jure superioris capitis.‘“ — Ad cap. IV. petrosilenum vel pe-
trosilinum libb. — suffricto frictetur Par. — inicies in int. codd.
Jarices int. edd.; misces addidi ex γ. — Ad cap. V. senapi in codd.
neque sinapi spernitur. — albamine porri Hum. corr. pro abamine
. porro, amine porri Paris. Cum Hum. Lister mavult albumine. —
15*
!
228 Sophokles’ Elektra. Metrisch übers, v. Dr, ΕἾ. Lübker. τ
- eliza t. 6. cod. Par. elixato reliqui, — snmeaverit corr. e librorum
miniaverit, immaverit; Hum, fumaverit. j ᾿
Ad libr. VII. cap. IV. in ofellam e margine est;. variant codd,
in ofillam β. et ed. pr.; in osillam Par., designans codd. cf. Arnob.
1, 63, 7, 9. fin. — conj. olim cufis sicca. — unam] corrige 7, 6.
„bacam mirtae unam, passum,‘‘ pro „uvam passam.“ — disigna-
veras an desiccaveras? — satias ex f. facias y. facies edd. — εἰ
umorem ß. Par. ut u. reliqui. cf. ad 2, 1. — legitur et uratur. —
ciperis codd. in par. deest. — et passum, temp. Par. — cum jure
suo Par. cum hoc jure of. reliqui. — potest codd. potes ed, pr. sic
6, 2. corr. manducare potest, i. 6. Hcet. — aprogneo more i. q,
aprugineo, Aprugno, Aprino, corr. pro aprogeneo m. Hum, apru-
gneae. — Verba inclusa omittunt Par, γαῖ. y. ed. Mediol,, De cor-
rupto loco Hum.: ‚tum ex vetusto exemplari tum alias ratione ita
exigente ita correxi: cum coctae fuerint, super adjicitur his, quum
in foco sunt, conditura. Piper tritum, condimentum, mel, liqua-
men, amylum et denuo bulliunt; quum jam bullierunt, sine liqua-
mine et oleo elixas et siccas ) pipere asperso inferes.* — assae γ.
- 4580 reliqui, reddantur Hum. — .ciatus, ciati οἷς, constanter codd.
— misce- Par, pro mixtis, mixti aliorum. — in aquam codd, in
aqua Hum,
Sophokles’ Elektra,
metrisch übersetzt von Dr. Friedr. Lübker, Director des Gymna-
siums zu Parchim.
(Vgl. Archiv f. Phil. u. Paed. Bd. XVII. 8. 593-606.)
ZWEITER CHORGESANG,.
4. Strophe. Chor.
465 Wenn nicht irregeführt jetzo mein Blick,
Klugen Sinns völlig beraubt, mich täuscht —
Mahnend kommt die Rache ᾿
Gerechten Sieg in den Händen tragend, schon daher;
Bald folgt sie, Tochter, nicht lange währt es mehr.
470 Mir wächst gemach der Muth,
Seit ich die süssen Klänge dieses Traumes angehört.
Nicht wird vergessen mehr der Vater,
Hellas König, sein,
475 Noch jene alte erzgefügte
.-
Sopliokles’ Elektra, Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker. 229
Scharfe Doppelaxt,
Die jenen gemordet hat verrucht aufs Schmachwsllste.
Gegenstr. Mächtig so an dem Fuss wie mit dem Arm
In Versteck schrecklichen Hinterhalts,
480 Ehern geht die Rache.
Denn schiöde Lust nach dem mordbefleckten Ehebund
Ergriff unwürdig, die nimmer es gedurft,
+ Drum fasst mich ja der Muth,
485 Nimmer, o nimmer nah’ uns solches Zeichen ohn?’ Gefahr
Für Tbäter und Mitthäterin. Traun,
Keine Mahnung liegt
Mehr in der Menschen schweren Träumen,
Noch im Götterspruch,,
490 Wenn nicht diese Nachterscheinung wohl zum Ziel führet.
Schlussgesang. Wie traf doch die mühvolle -
Ehmalige Wettreise
Des Pelops mit Nothfülle
Dieses Land.
495 Denn seit in das Meer sinkend
Myrtilos hinabstürzte,
Ihn der goldne Stuhl
Schmächvollen Missgeschicks
Zur Tiefe hinabschleudert,
500 Noch nicht sind
Gewichen von dem Hause -
Des Ungemachs Drangsale.
6. ZWEITER AUFTRITT AUF DER BÜHNE.
Klytaemnestra. Elektra. Greis. Chor.
Klytaemnestra (von Dienerinnen mit Opfergaben begleitet,
tritt auf).
Du treibst dich wieder, scheint es, zügellos umher:
Aegisthos ist nicht da, der immer dir gewehrt, .
505 Hier vor der Thüre auf die Deinigen zu schmähn;
Jetzt aber, da er fern ist, kümmerst du dich nicht
Um mich; wiewol du oftmals schon vor Vielen mich
Verklagt, dass ich so trotzig, wider alles Recht >
Gebiete, dich verhöhnend und das Deinige,
510 Ich habe keinen Hohn, und schmäh ich dich, so ists,
Weil ich so oft von dir die Schmähung hören muss,
Der Vater sei, das ist dein ew’ger Vorwand nur,
Durch mich gestorben; ja, durch mich; das weiss ich nur
Zu wohl, und nimmer fällt mir es zu leugnen ein,
515 Die Rache fasste ihn, nicht ich allein, der du
Hättst helfen sollen, wenn du nur verständig wärst.
Hat dieser Vater, den du stets beklagst, allein
-
230 Sophokles’ Elektra.
Von allen Griechen können deine Schwester doch
Den Göttern opfern, gleichen Schmerz empfindend nicht,
620 Er, der ihr Vater war, wie ich, die sie gebar.
Nun also zeige mir, aus welchen Grunde denn
Er sie geopfert? Der Argiver wegen wol?
Die hatten nie ein Recht zu morden mir mein Kind.
Erwürgt er für den Bruder Menelaos gar,
525 Was mein ist, war er da nicht Busse schuldig mir?
Und hatte der der Kinder nicht ein Paar, das doch
Vor dieser sterben musst’, vom Vater abgestammt
Und von der Mutter, die die Fahrt verschuldete ?
Was hat für grössre Sehnsucht denn der Hades doch
530 Nach meinen Kindern wol als nach den ihrigen? -
Erlosch dem freveln Vater meiner Kinder Lieb?
Und die zu Menelaos Kindern lebt’ in ihm?
Heisst das nicht unbesonnen, bösgesinnet sein ?
So mein? ich doch, ist es auch deine Meinung nicht, ἡ
535 Die Todte selber, hätt’ sie Stimme, spräche so.
Drum bin ich nicht missmuthig über das, was hier
Geschehn; schein’ ich dir aber dennoch schlechtgesinnt
Bei so gerechtem Grunde —- wirf es den Deinen vor.
Elektra.
Nun wirst du doch nicht sagen, dass mit Kränkung ich
540 Beginnend, dann von dir dasselbe erst gehört;
Vergönnst du’s aber, werd’ ich von dem Todten jetzt
Erwiedern nach Gebühr und von der Schwester auch,
Klytaemnestra,
Ja wohl verstatt? ich’s; wenn du stets mit deinem Wort
Anhübest also, hörtest nie du Kränkungen.
Elektra.
545 Und schon beginn’ ich; du bekennst des Vaters Mord.
Wo gibt es noch ein schmacherfüllter Wort als dies,
‚Sei's nun mit Recht gethan, sei’s nicht, doch sag? ich dir,
Nicht mordetest du ihn dem Recht zu Lieb’, dich zog
Verfuhrung van dem bösen Mann, mit dem du lebst.
550 O frage nur die Jäg’rin Artemis, wofür ἘΝ
Zur Strafe sie die starken Wind? io Aulis hemmt’,
Sonst sag?’ ich’s, weil’s von ihr zu forschen nicht erlaubt.
Es hat mein Vater einst, so hör’ ich, auf der Jagd
Im Hain der Götter aufgescheucht durch seinen Schritt
555 Den bunten schöngehörnten Hirsch, ob dessen Fall
In stolzem Rühmen er ein Wort entfallen liess.
Seit der Zeit hat der Leto Tochter zürnend dort _
'Gehalten die Achaeer bis der Vater als
Metrisch übers. v. Dr Fr. Lübker. 931
Ersatz des Thiers die eigne Tochter dargebracht.
560 So stand’s mit ihrem Opfer; kein Entkommen war
‘Dem Heere weder heimwärts noch nach Illium,
Darum, gar sehr gezwungen, widerstrebend nur
Gab, nicht um Menelaos willen, er sie preis.
Und hätte denn — ich red’ in deinem Sinn — er dies
565 Gethan um ihm zu nützen, durfte darum denn
Von deiner Hand er sterben? Wo ist das Gesetz?
Sei auf der Hut, dass nicht, erfindend diess Gesetz
Den Sterblichen, du Leid und Reue dir bereit’st.
Denn darf man einen für den andern morden, dann
570 Stirbst du, wofern Gerechtigkeit dich trifft, zuerst.
Allein bedenk’, dass du nicht eiteln Vorwand bringst.
Denn wenn du magst, belehre mich, weshalb du jetzt
Die schmählichste von allen Thaten grade thust,
Die du das Lager des Verruchten theilst, mit dem
575 Vereint du meinen Vater einst getödtet hast,
Und Kinder zeugst, die vor’gen Kinder aber, rein
Aus reiner Eh? entsprossen, hart verstossen hast.
Womit rechtfertige ich das? vielleicht sagst du,
Dass du auch hier Ersatz für deine Tochter nimmst?
580 Gar schimpflich, sagtest du’s nur. Nimmer edel ist
Der Tochter wegen mit dem Feind der Ehe Bund,
Doch darf ich solche Mahnung ja nicht geben dir,
Die du es immer auf der Zunge trägst dass wir
Die Mutter schmähn. Und doch fürwahr acht’ ich in dir
585 Nicht mehr die Mutter als die Herrin gegen uns,
Weil ich ein elend Leben lebe, stets durch dich
Und den Genossen in das tiefste Leid versenkt.
Der andre draussen, deiner Hand mit Müh’ entflohn ,
Der duldende Orest verbringt ein armes Loos; _
590 Und doch beschuldigest du mich, ich nähr’ in ihm
Dir einen Rächer. Und gewiss, ich würd? es thun,
Wenn ich’s vermöchte: wiss’ es wohl! Drum magst du gern
Mich nennen immer laut vor Allen sei’s nun schlecht,
Sei’s frech in Reden oder sei es unverschämt.
- 595 Denn wenn. ich von Natur geübt in Solchem bin,
Bring’ ich vielleicht nicht Schande über dein Geschlecht.
Chor (auf Klytaemnestra blickend).
Ich sehe Zorn sie athmen; aber ob das Recht
Dabei ist, darum seh’ ich sie nicht mehr besorgt.
Klytaemnestra.
Was sollt’ ich auch wol Sorge dieser schuldig ‚sein,
600 Die so mit ihrem Wart die eigne Mutter schmäht,
Und das in solchem Alter gar? Scheint fähig sie
Dir nicht zu jeder That zu schreiten ohne Scheu?
232 Sophokles’ Elektra.
Elektra, ‚
O wiss’ es wohl, wie sehr ich mich dess schämen muss,
Wenn’s dir auch nicht so scheint; ich fühl’ es wohl, dass ich
605 Vollbringe, was nicht mir, nicht meinem Alter ziemt, ἡ
- Allein es nöthigt mich ja deine Feindschaft und
Dein Treiben dieses wider Willen so zu thun.
An böser That ja wird die böse That erlernt.
Klytaemnestra.
Schamloses Kind, nur allzuviel erlaube ich,
610 Erlaubt mein Reden und mein Thun zu sprechen dir.
Elektra.
Du sagst es selbst, nicht ich; denn du vollbringst die That;
Es spricht sich nur die That in meinem Worte aus.
Klytaemnestra.
Fürwahr du sollst, hei Artemis, der Herrscherin,
Dem Trotze nicht entgeh’n, sobald Aegisth nur kommt.
- Elektra.
“618 Siehst du? In Zorn geräthst du, ob du gleich doch mir
Zu reden frei erlaubtest, nun nicht hören kannst,
Klytaemnestra..
Lässt da denn nun nicht unter frommer Stille Ganst
Mich opfern, nachdem ich dir jedes Wort erlaubt?
Elektra.
Ich lass’ es, wünsch’ es, opf’re nur, beschuldige
620 Nicht meinen Mund, der nichts mehr weiter sagen wird,
Kiy taemnestra (zur begleitenden Dienerin).
Heb’ auf das Opfer jetzt von Früchten, Dienerin,
Damit ich diesem Herrscher sende mein Gebet,
Das mich befrein soll von der Furcht, die jetzt mich hält.
Ὁ dann du’s hörtest nunmehr, Schirmherr Phoebus, mein
625 Verhülltes Wort; denn nicht im Kreis der Freunde wird
Es laut, und nicht geziemt sich’s, Alles an das Licht -
Hier zu entfalten, während die mir nahe ist,
Dass nicht voll Neides und vielzüngigen Geschreis
Sie falsches Wort verbreite durch die ganze Stadt.
630 Vernimm es s0; denn so nur kann ich’s melden dir.
Was ich geschaut in dieser Nacht, zwiefachen Traums
Gestaltungen,, die lasse mir, Lykeerhort,
Wenn sie zum Heil erschienen, in Erfüllung gehn,
Doch siud sie schlimm, wirf sie zurück auf Feindes Haupt.
635 Und wenn mich einer aus des Lebeus Reichthum hier
Metrisch übers, v, Dr. Fr, Lübker. 958
Mit Tücke zu verdrängen sinnt, lass nicht es zu.
Erhalt” mir 30 bei ungestörtem Lebensglück
Die Wohnung der Atriden und ihr Scepter stets,
Vereint den Lieben, welche jetzt mir nahe stehn,
640 In heit’rem Frieden, und den Kindern, welche mir
Nicht Uebelwollen leitet oder bitt’rer Hass.
Erhör’ uns gnädig, o Lykeerhort Apoll,
Und gib-uns Allen so wie wir’s von dir erflehn.
Doch alles Audre weisst du, dess bin ich gewiss,
645 Als Gottheit sicher, auch wo ich es schweigen muss,
Des Zeus Entspross’ne mässen billig Alles sehn.
Greis (tritt auf als Bote aus Phokis).
Ihr fremden Frauen, wie 'erfahr? ich’s wol gewiss,
Ob der Palast Aegisth’s, des Königs, dieser ist?
Chor.
80 ist's, o Fremdling, du hast recht vermuthet schon.
Greis. -
650 Find’ ich denn auch in dieser hier die Göttin wohl?
Denn sie ist würdig wie die Herrin anzuschaun.
Chor.
Vollkommen recht; sie stehet selbst ganz nah bei dir.
Greis,
Sei, Königin, gegrüsget, dir und dem Aegisth
Bring’ ich willkomm’n® Botschaft. her von Freundeshand.
Klytaemnestra
655 Ich nehme freudig auf das Wort; doch wünsche ich
Zuerst von dir zu wissen, wer dich hergesandt.
Greis,
Pbanoteus von Phokis gab mir wicht’gen Auftrag mit.
Klytaemnestra.
Sprich, welchen, Fremdling. Denn vom lieben Manne her,
Weiss ich bestimmt, dass du uns liebe Kunde bringst.
Greis.
660 Orest ist todt. Ich kleid’ es ein in kurzes Wort.
Elektra,
Weh mir Unglücklichen, ich bin vernichtet heut’,
| Klytaemnestra,
Was sagst du, Freund? was sagst du? — Höre nicht auf sie.
4
234 Sophokles’ Elektra.
Greis, '
Ich sag’ und wiederhol? es jetzt: Orest ist todt. |
Elektra.
So bin ich Arme denu verloren, bin nichts mehr.
Klytaemnestra.
665 Besorge du dein eigen Werk; doch mir, o Freund,
“Gib treue Kunde von der Weise, wie er starb.
ατοὶ 8.
Dazu bin ich gesendet; Alles meld’ ich dir. —
Als jener kam zu Hellas weitberühmtem Fest,
Dem Prunk der Kampfesspiele, jener delphischen,
670 Und als er hört?’ des Mannes lauten Heroldsrnf,
Ankündigend den Lauf der Spiele ersten Theil,
Trat er hervor voll Glanz, zum Staunen Aller dort;
Dem Wuchse kam sein schneller Lauf zum Ziele gleich,
Er trug davon des Sieges reichen Ehrenschmuck.
675 Und um bei Vielem Weniges zu sagen dir,
Ich kenne solche 'Thaten oder Siege nicht. ἢ
Eins wisse: so viel Preis’ ertheilt der Richter Hand
Im Lauf, der Doppelbahn, dem Fünfkampf, wie es Brauch,
In Allem trug er jeden Siegespreis davon,
680 Man pries ihn laut, rief ihn als den, Argiver aus,
Orest, so hiess es, jenes Agamemnons Sohn,
Der Hellas weitberühmtes Heer einst sammelte.
So herrlich ging’s mit diesem; aber wenn ein Gott
Uns schadet, könnte auch ein Starker nicht entfliehn.
685 Denn als am andern Tag’ begann der schnelle Lauf
Der Ross’ und Wagen mit der Sonne frühem Strahl,
Trat er mit vielen Kämpfern in die Schranken ein.
Achaeer war der ein’, aus Sparta war der zweit”,
Geschirrter Wagen Lenker zwei aus Libyen;
690 Drauf folgte er nun mit thessalischem Gespann,
Der fünfte; dann ein sechster aus Aetolien
Mit falben Rossen, darauf ein Magnesier;
Der acht’, ein Aeniane, weisse Rosse führt’, -
Ein neunter aus der gotterbauten Stadt Athen;
695 Den zehnten Wagen dann nahm ein Boeoter ein.
Sie standen, wie die festgesetzten Richter nach
Geworf’nem Loose ihre Wagen ordneten,
Fortstürmend bei der Ehernen Drommete Ton.
Die Ross’ ermuntern sie, die Zügel schütteln sie
700 In ibren Händen; es erfüllet die ganze Bahn
Der Räder Rasseln, und es wirbelt hoch empor
Der Staub; und alle durch einander bunt gemischt,
Metrisch übers.. v. Dr. Fr. Lübker. 235
Spart keiner seinen Stachel, um zu eilen an
Des Andern Achs’ und Rosseschnauben hin.
705 Denn um den Nacken und die Wagenräder floss
Der Schaum, vom nahen Hauch der Rosse angespritzt,
Er aber hielt dicht an die letzte Säule hin
Und streifte stets die Narbe, liess sich frei ergehn
Das rechte Leinross, hemmend dann das innere.
710 Und eine Weile standen grad’ die Wagen all?,,
Dann aber stürzten ungebändigt, voll Gewalt
Des Aenianen Rosse vor, am Wendepunkt,
Als sie sechs, sieben Mal die Bahn vollendeten,
‘ „Stösst ihre Stirn auf das barcaeische Gespann.
715 Und weiter stiess und fiel nach einem Missgeschick
Der eine um den andern, und es füllte sich
Mit wüsten Wagentrümmern Krissos ganzes Feld.
Als das der kund’ge Wagenlenker aus Athen
Bemerkt, lenkt er bei Seit’ und hemmt die Ross’ und lässt
720 Den Wagenschwall sich in der Mitte wirbelnd drehn. ΄
Als Letzter fuhr daher Orest und hielt zurück
Die Rosse, weil aufs Ziel er seine Hoffoung setzt.
Als er nun Jenen einzig nachgeblieben sieht,
Gellt er den hurt’gen Rossen hellen Laut ins Ohr
725 Und setzet nach; und, gleich gemacht der Räder Reihn,
Enteilen sie, bald dieser, bald der andere
Um Kopfeslänge überragend im Gespann.
Und alle andern Bahnen hatte glücklich schon
Der Arme, hoch auf hohem Sessel, durchgeführt:
730 Da plötzlich, als beim Wenden er den Zügel löst
Des linken Rosses, stösst er unbemerkt den Rand
Der Säul’ und bricht der Achse Nabe mitten durch.
Er sinkt vom Sesselrande und verwickelt sich
In den gewund’nen Riemen; doch so wie er stürzt,
735 Zerstreuten sich die Rosse mitten in die Bahn.
Und als die Schaar dahin vom Wagensessel ihn
Gestürzet sah, beklagte sie den Jüngling laut,
Dass ihn nach solchen Thaten solch Geschick ereilt:
Am Boden fortgeschleift, bald himmelwärts empor
740 Die Glieder streckend, bis die Wagenlenker ihn,
- Nur mühsam hemmend seiner Rosse wilden Lauf,
Befreiten so mit Blut befleckt, dass ihn kein Freund
Erkennen konnte, sehend den entstellten Leib.
Ihn bringen denn, am Scheiterhaufen gleich verbrannt,
745 Arınsel’ger Asche mächt’gen Leib im kleinen Krug
Betraute Männer jetzt hierher aus Phokerland,
Damit er finde hier sein Grab im Heimathsland.
So wär das Ganze, auch in Jder Erzählung noch
236 Sophokles’ Elektra,
Gar schmerzlich, doch für uns, die wir’s mit Augen sah’n,
750 Das fürchterlichste Unglück, das ich je geschaut.
Chor.
ΔΒ, weh! So ist der alten. Herrscher ganzer Stamm
Denn nunmehr, wie es scheinet, völlig ausgetilgt,
Klytaemnestra.
O Zeus, wie soll ich nennen dies? — Beglückt?
Und nicht: Zwar schrecklich, doch gewinnreich? Bitter ist’s,
755 Wenn man das Leben nur mit eig’nem Leid erkauft, -
᾿ Greis. .
Warum verstimmen, Herrin, meine Worte dich?
Klytaemnestra. ”
Gar schwer ist’s Mutter ‚sein; auch wenn sie Unrecht trägt,
Kann sie doch nimmer hassen, was sie einst gebar.
Greis.
So bin ich denn umsonst. gekommen, wie es scheint.
Klytaemnestra,
760 Nicht doch umsonst. Wie redetest du wol umsonst,
Wenn du von dessen Tode sich’res Zeugniss mir
Zu bringen kommst, der, meinem Leben einst entstammt,
Bald meiner Brust und Pflege fern, im fremden Land
Verbannet lebte, und seitdem er dies Gebiet
765 Verliess, mich nicht mehr sah; vorwerfend aber mir
Des Vaters Mord Entsetzliches mir immer droht’,
So dass mich nicht des Tages noch des Nachts” umfing
, Ein sanfter Schlaf, vielmehr die Zeit, die nahe rückt’,
Fortwährend mich gleichwie zum Tode vorwärts drängt‘,
‘770 Jetzt aber (heute bin ich ja von Furcht befreit
Vor dieser und vor ihm; denn gröss’rer Fluch ja lebt
In ihr mit mir zusammen, die sich sättigt stets
An meines Lebens reinem Blut) jetzt werde ich
Gesichert leben wol vor ihren Drohungen.
Elektra.
. 775 Weh mir Unglücklichen! ‚Jetzt ist es mir erlanbt,
Orest, um dein Geschick zu klagen, da du so
Noch Hohn ‘von deiner Mutter erntest. Ist das recht?
Klytaemnestra,
Dir nicht, wohl aber ihm geschiehet so sein Recht,
Elektra, |
O hör’ es, du des jüngst Verstorb’uen Rachegeist:
Metrisch übers. v. Dr Fr. Lübker.
Klytaemnestra,
780 Er hörte nach Gebühr und hat’s ‚wohl ausgeführt.
Elektra.
Jetzt spotte nur, denn jetzt erfreust du dich des Glücks. ,
Kiytaemnestra.
Das ihr, Orest und du, mir nicht mehr nehmen könnt.
Elektra.
Uns ist genommen, wir ja nehmen dir nichts mehr.
Klytaemnestra,
‘ Du wärst gekommen, Freund, gar grossen Lohnes werth,
785 Hättst du genommen ihr der Zunge lautes Schrein,
Greis.
So kann ich demnach gehn, wenn dieses wohl besorgt.
Klytaemnestra.
Mit nichten. Denn begegnet wäre dir, nicht mein,
Noch auch des Freundes würdig, der dich hergesandt.
Tritt vielmehr näher un« lass diese draussen hier
790 Um eig’ne wie um ihrer Freunde Nothdurft' schrein,
Ι (Geht mit dem Greise in den Palast hinein.)
Elektra.
Erkennet in der Armen ihr die Mutter wol,
Die voll von Schmerz und Sorge heftig weint
Und jammert um den also umgekamm’nen Sohn ?
Nein, triumphirend geht sie fort. Ich Unglückselige!
795 Orest, du Theurer, wie vernichtet mich dein Tod.
Du hast gerissen ja aus meinem Sinne fort
Die einz’ge Hoffnung, die mir übrig blieb,
Du kämst im Leben, rächend deinen Vater einst
Und mich die Arme; wohin soll ich jetzt denn fliehn ?
800 Ich bin allein ja und von dir verlassen und
Dem Vater. Nunmehr muss ich knechtisch dienen denn
Bei den verhasstesten der Menschen wiederum, '
Den Mördern meines Vaters. Gehts dann glücklich mir ?
Nein, ich will künftig unter Einem Dach nicht mehr
805 Mit ihnen leben, lieber draussen hier am Thor
Preisgebend mich, freudlos mein Leben schleppen hin.
Dann mag mich gerne tödten, wem ich lästig bin,
Von den im Hause; Freude ist mir’s, wenn ich sterb’,
Und Gram zu leben, denn des Lebens Reiz ist hin.
237
238 Sophokles’ Elektra.
6. DRITTER CHORGESANG.
Chor. Elektra.
Chor.
810 Erste Strophe. Wo weilet des Zeus zuckender Strabl, wo
ist das Licht
‚ Helios, wenn schauend darauf sie
Diess ruhig verhüllen?
Elektra.
Ach ach, wch weh.
Chor.
Was jammerst du, Mädchen ?
“ Elektra.
815 Weh!
Chor.
Ach, klage zu laut nicht.
Elektra.
Du betrübst — ΄
Chor.
Wie? a
‚Elektra.
Wenn Hoffnung du weckst, welche so klar
820 Hades Gebiet riss mir hinab, wirst du mich nur, tief schon
gebeugt,
Mehr in den Staub treten.
Chor.
Erste Gegenstr. Ich weiss, wie der Held Amphiaras plötzlich ver-
schwand,
Weil jene Goldkette das Weib sah;
Jetzt unter der Erde —
Elektra.
825 Ach, ach, wehe.
Chor.
Voll Leben noch herrschet.
Elektra. “
Weh.
. Chor.
_ Weh, jene Verruchte —
Elektra.
‚Sie erlag.
Chor.
Ja,
Elektra
830 Ich weiss; es erschien rächend ein Geist
Um seinen Gram; miraberbleibt keiner hinfort ; der mir noch war,
Weg mir gerafft ist er,
Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker.
Chor.
Zweite Strophe. Dulden ist, Dulderin, dein Loos.
Elektra.
835 Auch ich weiss das, weiss es nur zu sehr,
Erfüllet in der Monde Frist
Mit finst’rer Klagen Jammer.
Chor.
Was du beklagst, weiss ich.
Elektra.
Lenke drum mich nicht mehr
840 Dahin noch ab, wo doch —
Chor.
Du meinst?
Elektra.
Nicht mehr verhleibet schwesterlich Hoffen auf des
Edelen Sohnes Beistand.
Chor.
Zweite Gegenstr. Jeder Mensch fällt dem Tode anheim.
Elektra.
845 Und muss im Kampf hurtiger Rosse
Wie jener sich erbarmenswerth
Im Riemenwerk verstricken? _
Chor.
Ganz ungeahnt schmählich.
Elektra.
Ist es nicht, wenn er fremd,
850 Ferne von meiner Hand —
Chor.
Hilf Gott!
Elektra.
Dahinsank , ohne dass ihm ein Grabmal bereit,
Noch eine Klag’ von uns hier? ιν
7. DRITTER AUFTRITT AUF DER BÜHNE,
Chrysothemis, Elektra. Chor.
. Ν Chbrysothemis.
Die Freude treibt, Geliebteste, in Eile mich,
855 Vergessend selbst des Schicklichen, zu treffen dich.
Denn Freude bring’ ich und Erlösung von dem Leid,
Das du zuvor ertragen und bejammert hast,
Elektra,
Woher ersännest du für meiner Leiden Maass
Errettung, für die keine Hülf’ erkennbar ist ἢ
240
860
865
Sophokles’ Elektra.
Chrysothemis.
Orest ist uns erschienen; wiss’ es und vernimm’s
Von mir, leibhaftig so wie du mich selber schaust.
Elektra.
Bist rasend du, Unselige, und spottest noch .
Mit deinen Leiden sowie mit den meinigen.
Chrysothemis,
Ich schwör’s beim väterlichen Herd, ich spreche nicht
Zum Hohne dies, nein, dass er wirklich uns erschien.
Elektra.
Weh mir Unseligen! und welches Menschen Wort
. Vernahmst du denn, dass du so fest darauf vertraust.
870
875
880
885
«4
Chrysothemis,
Ich von mir selbst und keiner andern, weil ich sah
Gewisse Zeichen, bau’ ich fest auf dieses Wort,
Elektra,
Worin Gewähr erblickend, Arme? worauf siehst
Du denn, dass dich so unheilbare Gluth ergreift?
Chrysothemis.
Vernimm’s denn bei den Göttern, dass du künftig mich,
Von mir es hörend, thöricht oder weise nennst.
Elektra. ᾿ς
Erzäble denn, wenn solches Wort dir Freude macht.
Chrysothemis.
So sag’ ieh dir denn Alles, was ich selbst gesehn.
Denn als ich zu des Vaters altem Grabe kam,
Erblick? ich auf des Hügels Spitze frisch gesprengt
Die Gisse Milch und rings umher im Kreis bekränzt
Mit allen ‚Blumen, die jefzt blühn, des Vaters. Sarg.
Ich staune bei dem Anblick und ich späh umher,
Ob irgendwo ein Sterblicher mich nah berührt.
Doch als in tiefer Ruh den ganzen Raum ich sah,
Trat ich zum Grabe näher und an Hügels Rand
Sah ich vom Haupt geschnitten eine Locke frisch; '
Und als ich Arme kaum es sah, füllt mir ins Herz
Ein trautes Bild, ich mein’ ein Zeichen hier zu seha
Von dem. geliebtesten der Menschen , von Orest.
Und in die Hand es nehmend schweig’ ich ehrfurchtsvoll,
Doch füllt das Auge gleich mit Freudenthränen sich,
on
890 Und so weiss ich denn jetzt wie damals ganz gewiss,
"Dass dieser Sckmuck von keinem ist als nur von ihm.
Denn wem noch sonst als mir und dir geziemte dies?
Und ich hab’s ja doch nicht gethan, das weiss ich wohl,
\
Metrisch-übers. v. Dr. Fr. Lübker.. Al
Noch du. Wie solltest da? die ἀπ ja nicht einmal
895 Zur Gottheit ungestraft aus diesem Hause gehen darfst.
Und auch der Mutter Sinn ja liebt es nimmermehr
Solch Werk zu thun, noch übte sie es unbemerkt;
Nein, vom Orestes sind uns diese Grabesweih’n.
Drum, Theure, fasse Muth; nicht immer stehet doch
900 Dieselbe Gottheit stets denselben mächtig bei.
Sie war uns vormals gram, allein der heut’ge Tag
Wird uns vielleicht der Anfang reichen Glückes sein.
Elektra.
Ach weh, wie jammert mich schon längst dein Unverstand,
Chrysothemis.
Wie so? bringt dir nicht Freude, was ich dir gesagt?
Elektra.
905 Du weisst nicht, wo du bist, nicht, wo dein Sinn dir steht.
Chrysothemis,
Wie wüsst’ ich das nicht, was ich deutlich selbst gesehn?
, Elektra.
Unsel’ge, er ist todt; das Heil für dich — von ihm
Ist es dahin; auf jenen harre nimmer mehr.
‚ Chrysotbemis.
Weh mir! — von wem der Sterblichen vernahmst da dies?
Elektra,
910 Von einem, der ganz nah dabei war, als er ‚ starb.
Chrysothemis.
Und wo ist dieser? Staunen fasst mich allgemach,
Elektra.
Daheim, der Mutter sehr willkommen, nicht verhasst.
Chrysothemis.
Ich Unglücksel’ge; — aber wem gehörten doch
Die reichen Todtenspenden auf des Vaters Grab ἢ
Elektra.
915 Ich denk’ am eh’sten, dass man zur Erinnerung
Sie dem gestorbenen Orestes dargebracht.
Chrysothemis.
O schmerzlich Loos; voll Freude eilte ich hierher
Mit solcher Kund’, und alinte nicht, wie tief wir sind
Im Elend; aber jetzt, da ich gekommen bin,
920 Find’ ich das alt? — und neues Unglück noch dazy.
Archiv fı Phil. u. Paedag. Bd.XIX. Hft. 2. 1
242 .... Soghokles’ Elektra, on
Elektra.
Also verhäkt sich’s dir; du aber, folgst da mir,
Wirst Hösen dieses gegenwärt’gen Leides Last.
: Chrysothemis,
Würd’ ich die Todten wieder auferwecken je?
Ä Elektra.
Das hab’ ich nicht gemeint; nicht bin ich so bethört.
Chrysothemis. .
925 Was forderst du denn, wofür ich dir Bürgschaft gäb’?
Rlektra.-
Zu wagen eine That, zu der ich dich ermahn?.
Chrysothemis,
Ich weis’ es nicht von mir, wenn Nutzen es verspricht. _
Elektra.
Bedenke, sonder Müh? gelinget nichts dir je.
' Chrysothemis,
Das weiss ich; darum trag’ ich bei, was ich vermag.
Elektra. ὁ N
930 So höre jetzt denn, wie ich’s zu erfüllen dacht.
Von Freunden, weisst auch du, ist keine Hülfe mehr -
Für uns vorhanden, alle hat der Hades uns
Entrissen und geraubt, liess uns allein zurück.
So lange ich vom Bruder immer noch vernahm,
985 Wie er am Leben blüht’, da hofft’ ich, dass er einst
Erscheinen werd? als Rächer für des Vaters Mord;
Jetzt aber, da er nicht mehr ist, schau? ich auf dich, |
Dass du nicht zauderst, mit der Schwesterhand vereint
Zu morden den Vollbringer väterlichen Mords,
940 Aegisth — denn nichts darf ich dir jetzt verhehlen mehr.
Wie lange harrst im Leichtsinn du, noch ungetrübt
Auf welche Hoffnung bauend? die da klagen darfst
Um des ererbten Reichthums dir geraubten Schatz,
“Auch trauern darfst, dass du bis zu so langer Rrist
945 Ohn’ Ehe und Vermählung so hinaltern wirst.
Und hoff’ es nimmer, dass du dies erlangen wirst
Jemals; so unbesonnen ist Aegisthos nicht,
Dass er von dir je liesse oder auch von mit
Geschlecht erwachsen, sich zum sicheren Verderb.
“950 Doch wenn du meinem Ratlıschlag folgen willst, zuerst
Wirst da empfangen drunten Ruhm der Frömmigkeit
Von dem geschied’nen Vater und vom Bruder auch;
Dann wirst du freigeboren, wie du’s bist, fortan
Auch wieder heissen, und wirst würd’ger Ehe Bund
*
Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker. > 243
955 Erlangen. Sieht doch jeder gern auf das, was frommt,. '
Wie grossen Ruhm der Rede aber, siehst du’s nicht
Wirst du, wenn du mir folgst, bereiten dir und mir}
Wo ist ein Bürger oder Fremder, der uns sieht
Und uns mit hohem Ruhme nicht begrüssen wird ?
960 Seht da, ihr Freunde, jenes edle Schwesterpaar,
Das Rettung brachte seinem väterlichen Hatıs,
Das an den Feinden einst in ihres Glückes Zeit,..
Des eig’nen Lebens nimmer schonend, Mord vollzog.
Die muss man lieben, müssen preisen Alle hoch,
965 Die an den Festen und im Kreis der ganzen Stadt
Jedweder ehren um die That- voll Männerninth, '
So wird won ats dann sprechen jeder Sterbliche.
Im Tod und Leben, dass.uns nie der Ruhm verlässt.
Drum,. Traute, folge mir und steh dem Vuter bei, |
970 Leid’-für den Brüder mit, befrei’ mich äus der Noth,
Befrei? auch, dich, indem du dies beherzigest,
Dass schmäblich leben schmählich ist für edlen Stamm.
. Chor.
In solchem Werke steht nothwendig Vorbedacht
Mit Reden und mit.Hören stets im festen Bund.
'Chrysothemir.
975 Und vor dem Sprechen schon, ihr Frauen, hätte sie,
Wenn sie nicht übeln Sinnes wäre, sich bewahrt
Die Vorsicht so, wie sie dieselbe nicht bewahrt, —
Worauf doch blickend rüstest du mit solchem Mnth
Dich selber aus und rufest mich zu gleicher That’?
980 Siehst du denn -nichts? Du bist ein Mädchen und kein Mann;
“Und es vermag dein Arm nichts wider. deinen Feind.
Und eine dunkle Macht, die ihnen günstig heut’,
Ist uns dabingeschwunden und zu nichts verweht.
Wer.nun, der Einen solchen Mann zu stürzen denkt,
985 Wird von dem Schmerz der Strafe ganz befreiet sein? Ὁ
Verhüt’, dass. wir. ‚schon leidend nicht noch gröss’res Leid
Uns schaffen, wenn man diese Reden hören wird,
Denn nichts ja frommt es uns noch 'nützet es mit Schmach
Nach edler ‘Thiaten Ruhm dann in den Tod zu gehn, ΄
990 Denn nicht der Tod ist uns so bitter, sondern wenn
Man ihn begehrt und dennoch nicht erlangen kann. |
Drum flehe ich, ‘bevor wir in's ‘Verderben ganz
Uns selber stürzen und veröden unsetn Stamm,
Beschwicht’ge deinen Zorn. Und was gesprochen ist,
995 Bewahr’ ich dir als ungesprochen, unerfällt.
Du aber selbst gewinne endlich doch den Sion,
Ohnmächtig nicht den Mächtigen zu widerstehn.
16*
244 ‚ Sophokles’ Elektra.
Chor. . .
Gib,nach. Es kann der Mensch kein schön’res Gut-empfahn
Als "Vorbedachtsamkeit und weisheitsvollen Sinn.
Elektra.
4000 Nichts Unerwartetes hast du gesagt. Gar wohl
Wusst’ ich, dass du verschmähen würdest, was ich bot,
So muss ich denn mit eig ’ner Hand allein vollziehn
Das Werk hier; denn ja nimmer lass’ ich’s ungethan.
Chrysothemis,
Weh!:
Ach dass du doch gewesen wärest so gesinnt
1005 Beim Tod des Vaters; Alles hättest du vollbracht.
Elektra.
‘Ich war’s im Keim’, doch unentwickelt war der Sion,
Chrysothemis.
So üb? dich solchen Sinn zu hegen alle Zeit.
Elektra.
‘Dein Tadel kündigt an‘, dass du nicht helfen willst.
Chrysothemis.
Wer Uebles unternimmt, fährt billig übel auch.
Elektra.
1010 Den Sinn beneide ich, deine Feigheit hasse ich.
Chrysothemis
Das werd’ ich ruhig hören, auch wenn Lob drin liegt.
Elektra.
Besorge nicht, dass du das je von mir empfängst.
Chrysothemis.
Lang’ ist, um dies zu richten, noch der Zukunft Raum.
Elektra,
So scheide denn. In dir ist ja kein Frommen doch.
Chrysotbemis. |
1015 Wohl ist ’s, allein des Lernens Gabe feblet’ dir.
Elektra.
Geh hin und melde deiner Mutter alles dies.
Chryzsothemis,
Ich werde nicht mit solchem Hass vergelten dir.
Elektra.
Allein begreif’s, zu welcher Schande du mich treibst.
Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. - 5.
Chrysothemies.
Zur Schande nicht, nein nur zum Vorbedacht für dich.
Elektra.
1020 Was dir als recht erscheint, dem soll ich Folge thun ?
Chrysothemis.
Wo du besonnen denkst, da wirst du lieben uns.
| Elektra.
Wie schmerzlich so bei gutem Werk verkehrt zu sein.
Chrysothemis.
Gar recht bezeichuest du, in welcher Noth du stehst.
Elektra.
Wie? schein’ ich solches wider Recht zu sprechen dir?
. Chrysothemis,
1025 Doch gibt’s auch Fälle, wo das Recht uns Schaden .bringt.
| | Elektra,
Wo das die Ordnung ist, da wünsch?’ ich nicht zu sein.
τ Chrysothemis,.
Doch wirst du darnach thun, dann lobst du einst mich noch.
Elektra,
Gewiss will ich es thun, doch nicht aus Furcht vor dir.
Chrysothemis.
Und das ist wahr, und doch nicht änderst du den Sinn?
| Elektra. |
1030 Verhasster ist mir nichts als feiggesinnter Rath.
Chrysothemis.
"Nichts, was ich sage, dünket dich beachtenswerth.
Elektra.
, Schon längst beschloss’ ich das und nicht vor Kurzem erst.
Chrysothemis.
So geh’ ich nun. Denn nicht gewinnst du?s über dich ”
Mir’ meine Wort’, noch ich, zu’ loben deinen Sinn. .
Pa Elektra.
1035 Geh du hinein; mit dir verein’ ich mich niemals,
Auch wenn du noch so sehr dich ‘darnach sehnen solltst,
Gar thöricht ist es, leerem Wesen nachzugehn,
Chrysothemis.
Scheinst weise du in deinen eignen Augen. dir
246- τ ΤΟΣ Bophokles’ ΕἸεκίτα.. ες
Zu sein, so sei’s in solchem Werk. Wenn du in Noth
1040 Gerathen bist, Jann stimmst du meinen. Worten hei. _
"(Geht ab.)
8. VIERTER GESANG DES EHORS,
Erste Strophe. Warum thun wir, schauend die Vögel in der Luft
klüglichen 'Sinns zn tliun besorgt
Pflege für die, von denen sie selber entstammt, sie selbst empfalın
1045 Nahrung, dies nicht in gleichem Maasse ὃ
Wahrlich Zeus mit :dena Wetterstrahl. ΝΕ
Und des Himmels Gerechtigkeit
Lassen’s nicht ungerochen.
1050 Dunkele Macht, der Menschen 'Ruf, töne 'mir jetzt. graun-
volles Wort drunten hinab zu Atrens Stamm, mel- -
᾿ς βεηᾷ die schmähliche, finstre Kunde.
1055 Erste Gegenstr. Ihr altes’ Haus ist ja nunmehr so ganz zer-
, stört, und es verharbt der Doppelstreit
Zwischen den Kindern nicht mehr zu freundlich einträcht’gem
Lebenslauf; einsam, .verrathen Elektra irret
Immer nur. mit der einen Klag’.
Um das Grab des Erzeügers, wie
1060 Nachtigallen Gewimmer, - |
Nimmer erschreckend vor dem Tad, willig bereit zu Grabes
‚ Nacht, wenn sie entfernt den Doppelfluch, Wo möchten
ediere Töchter leben?
1065 Zweite Strophe. Wer rechtschaffen gesinnt : . ᾿
Elend lebet, möchte nie doch seinen Ruhm
Schänden sich sehn, mein Kind, _ ..
Drum hast du auch schmerzliches Elend dir erkoren
Bekämpfend das, was nimmer recht, um zweierlei Lahn im
ΝΣ Be einigen ‚Wort; ᾿
1070 Zweite Gegenst. Die edi’. und weise Jungfrau zu heissen,
Lebe du überlegen... '
Deinem Feind in Mächt und Reichthum, wie dır jetzt
Tief unter ihm lebest, - '
: Ich habe ja die gesehn nicht von guter Schickung _
1075 Betroffen wie du in heil’ger Satzung edelePreise davon dir trugst
Purch frommen Wandel im Götterwillen.
9. VIERTER AUFTRITT AUF DER ‚BÜHNE.
(Orest und Pylades nebst Gefolge bringen in einem Aschienkruge die an-
geblichen Ueberreste des Orest.) Ε
Orest, Pylades. Elektra, Chor.
u | Orest. oo. rer
Sagt an, ihr Frauen, haben richtig ‚wir gehört
Und kommen richtig wir dahin,, wo wir begehrt. .
_ Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker. | 947
Chor.
Was forschest und ia welcher Absicht kommst du her?
Orest.
1080 Aegisthos wo er wohnet, forsche ich schon lang.
Chor.
Du kommst ganz recht und der dir’s zeigt, ist ohne Schuld.
| Orest.
Wer von- euch meldete denn drinnen wol für uns
Vereinte, ihnen sehr willkomm’ne Gegenwart?
Chor.
Die hier, wenn dies zu melden für den nächsten ziemt,
Orest. -
1085 Wlan, o Jungfrau, geb hinein und melde, dass
Von Phokis Männer sich befragen nach Aegisth.
Blektra,
Weh mir Ungtücklichen, doch nicht von dem Gerücht,
Das wir vernehmen, klares Zeugniss bringend nun? .
Orest.
Nicht kenn’ ich dein Gerücht, der greise Strophios hat
1090 Die Botschaft vom ÖOrestes aufgetragen mir.
Elektra.
Was gibt's, o Fremdling, denn ? wie sehr beschleicht mich Angst.
Orest.
Wir bringen hier i im schmalen Raum des Aschenkrugs
Des Todten wen’ge Ueberreste, wie du siehst.
Elektra.
. So kann ich Arme denn hier meinen ganzen Gram
1095 Untrüglich jetzt vor mir sehen, wie es scheint.
Orest.
Wenn du vielleicht Orestes Missgeschick beweinst,
So wisse, dieser Krog umschliesset seinen Leib.
Elektra.
So gib denn, Fremdling, bei den Göttera doch, wenn dies
Gefäss ihn birgt, dass ich’s in meine Hände nehm’,
1100 Damit ich mich und mein gesammt Geschlecht zugleich
Mit dieser Asche hier bejammre und beklag'.
Orest.
Gebt ihr 68 hin, wer sie auch sei; denn nicht ale wenn
948 Sophokles’ Elektra.
Feindselig wäre sie gesinnt, begehrt sie dies,
Vielmehr gleichwie befreundet oder blutsverwandt,
Elektra.
1105 O du vom Leben des geliebtsten Menschen mir,
Orest, noch übrig Denkmal, wie empfang? ich- dich
So fern von Hoffnung, wie ich einst dich ausgesandt,
Jetzt trag’ ich dich als Nichts in meinen Händen hier;
Und hab? einst, Jüngling, dich so blühend ausgesandt,
1110 O hätt’ ich doch das Leben eingebüsst zavor, .
’ Eh’ ich, mit diesen Händen dich entführend, aus
In fremdes Land dich sandte und vom Mord bewahrt’,
Dass du an jenem Tage sterbend lägst in dem
Gemeinschaftlichen Antheil an der Väter Grab.
1115 Nun weit vom Haus’, im fremden Lande wie verbannt
Starbst du so jammervoll von deiner Schwester fern.
“Und nimmer durft? ich arme dich mit lieber Hand
Im Bade schmücken, noch aus zehrend Feuers Gluth, ἢ
Wie sich’s gebührt, erheben, eine traur’ge Last;
1120 Vielmehr du Armer unter fremder Hand besorgt,
τ΄ Kommst nun als kleine Last im engen Raume her.
Ich Arme, ach, wie nutzlos war die Pflege doch,
Die meinige, die ich so oft dir widmete
% In süsser Arbeit fühltst da doch zu keiner Zeit
1125 Von ihr mehr Mutterliebe als von mir, und nicht
“ Die hier im Haus’, nein ich war deine Pflegerin;
Und ich die Schwester wurde stets von dir begrässt.
Und nun ist dieses Alles an dem Einen Tag’
Mit dir im Tod erloschen. Alles hast du mir
1130 Dem Sturmwind gleich dahingerafft: der Vater todt;
Vernichtet ich; geschieden bist auch du im’ Tod.
Die Feinde jubeln; und die Mutter schwärmt in Lust,
Die keine Mutter ist, als deren Rächer selbst
Zu kommen du so oft die Botschaft insgeheim
1135 Mir sendetest; allein es hat ja dein und mein
Feindseliges Geschick das Alles nun geraubt,
Das jetzt mir so statt deiner theueren Gestalt
Unnütze Asch’ und leeren Schatten hergesandt.
Weh mir, weh.
1140 Jammergestalt du.
-Ach, ach!
Wie schrecklichen Pfad,
Weh mir, weh,
Gesendet, hast vernichtet du, Geliebter, mich;
1145 Ja wohl vernichtet, o du brüderliches Haupt.
So nimm mich auf denn hier in dieses dein Gemach,
“Die nichts ist, in das Nichts, damit in Zukunft ich :
Metrisch übers. νυ. Dr. Fr. Lübker. 249
Dort unten mit dir sei; denn als du oben warst ᾿
Theilt’ ich mit dir da® Gleiche und wünsche sterbend Dun
1150 Von deinem Grabmal ausgeschlossen nicht zu sein,
Ich sehe ja die Todten nicht in Kummer mehr,
Chor.
Bedenk’, Elektra, sterblich war dein Vater ja,
Sterblich Orest auch, darum klage nicht zu sehr,
Orest.
1156 Weh, weh, was soll ich sagen? welches Wort ergreif’
Ich in der Noth; ich zähme nicht die Zunge mehr,
Elektra.
Was drücket dich? worauf bezieht sich dieses Wort
Orest. ᾿
Seh ich in dir Elektrens herrliche Gestalt ?
Elektra.
Das ist sie, ja, und eine sehr armselige.
Orest.
1160 Weh mir um dieses unglückselige Geschick !
\ Elektra.
Du seufzest doch wol, Fremdling, nicht also um mich?
Orest.
O Leib, wie ehr- und gottlos bist geschändet du.
Elektra.
Fremdling, du klagset gewiss um niemand sonst als mich?
Orest. - ᾿
“ Weh um dein unvermähltes, traur’ges Lebeusloos,
Elektra,
1165 Waram, o Fremdling, blickst da mich so schmerzlich an?
Orest,
So kannte ich denn also meiner Leiden keins.
Elektra.
Woran hast du aus meinen Worten dies erkannt?
Orest.
Weil ich an dir der reichsten Leiden Fülle sah.
᾿ Elektra. .
Und doch siehst du die kleinsten meiner Leiden nur.
Orest.
1170 Wie wär's wol möglich noch. Graunvolleres za schann?
0 Sophokles’ Elektra,
Elektra. ΝΕ
Dass ich zusammen mit den Mördern leben muss,
Orest, ες ᾿
Mit wessen? woher stammt solch Unheil, wie du nennst?
: Elektra.
Des Vaters. Seitdem macht Gewalt zur Schavin mich.
Örest,
Und welcher Sterbliche treibt dich in solche: Noth®
Elektra.
1175 Sie heisset Mutter, einer Mutter gleich in nichts.
Orest.
Durch welches Than? Durch Darben oder durch Gewalt?
Elektra, Σ
Mit Darben und Gewalt und jeder Art der Noth.
Orest.
Und ist denn niemand, der da hilft, der abwehrt, daf
Elektra
Nein. Der mir war, den brachtest du’ als Asche her.
OÖrest.
1180 Wie jammert, Arme, mich dein Anbliek lange schon.
Elektra.
: So bist du dena der einz’ge Mann, der Mitleid fühlt.
Orest. -
Ich kosıme ja allein von deinem Leid berührt.
Elektra,
Da kommst zu uns doch etwa nicht als anverwandt ?
Orest.
Ich will es sagen, wenn die dort wohlwellend sind,
Elektra.
1185 Sie sind es, drum vor treuen Seelen redest da.
Orest (fasst die Urne an).
Setz nieder diese Uene, dass du Alles hörst,
Elektra,
O bei den Göttern, Freund, verlang’ es nicht von’ mir.
| Orest.
Foig’ meinem Worte und es wird dich nicht gereun,
᾿ Metrisch übers..v. Di. Pr. Lübke. . 351
Blektra,
Bei deiner Jugend, raube nicht das Liebste mir.
Orest (nimmt ihr ‘die Urne weg).
11901 Ich werd? es dir nicht lassen.
Elektra.
Ich anglückliche,
. Wenn ich, Orestes, deine Asche missen soll.
Orest.
Halt’ böse Abnung fern; du, klagest nicht mit Recht.
Elektra. "
Wie klagt’ ich um den todten Bruder nicht mit Recht
OÖrest, .
Mit solchem Wort ihn anzureden , ziemt dir Dicht,
. Elektra. |
1195 So wenig Achtung hab? ich bei dem Todten denn?
Orest.
Bei keinem fehlt sie dir, doch dies gebört dir. nicht. .
Elektra.
Wenn ich Orestes Asche hier in Händen hab’.
'Orest.,
Es ist Orest nicht, nur im Wort sa dargestellt. “᾿
Elektra,
Wo hat denn der Bejammernswürdige sein Grab ?
Orest.
1200 Gar nirgend, Denn der Lebende besitzt kein Grab.
Elektra.
Wie sagst da, Jüngling ?
Orest.
Keine Lüge, was ich sprach.
| Elektra, '
Lebt denn der-Mann?
ὌΝ Orest.
So wahr ich selber lebend bin.
ΕΝ ᾿ Elektra.
Bist.du denn der?
Orest.
Blick her auf diesen Siegelring
: Vom Vater, und erkenne, ob ich redlich. sprach.
\
252 | * Sophokles’ Elektra.
Elektra, ΄
1206 Willkommner Tag! ΄
" Orest,
Willkommen, ich bezeug’ es mit,
Elektra,
O Stimme, kommst du?
Örest.
Hör’ sie nicht mehr anderswo.
Elektra.
In Armen halt’ ich dich?
Orest.,
Um stets zu halten mich.
Elektra.
O holde Frauen, o ihr Bürgerinnen all,
Schaut hier Orestes, wie er erst durch "kluge List
1210 Gestorben, nun durch diese List gerettet ward.
- Chor.
Wir seh’n es, Jungfrau; und um diese Fügung bricht ὦ
Uns eine frohe Thräne aus dem Aug’ hervor.
Strophe. Elek tra.
Geliebter Spross
Von dem Wesen, dem für mich theuersten,
1215 Du kamest endlich denn,
Du fandest, trafest, sahest die, die du begehrt.
Orest.
Erschienen bin ich; aber hary’ in Stille jetzt!
Elektra,
Was ist denn?
Ä Orest.
Gerathen ist zu schweigen, dass man drin nicht hört.
Elektra.
1220 Doch bei der Artemis, der nie bezwungenen,
Von nun an will ich nicht mit Angst zittern mehr
Vor jener schweren Last, aufgewälzt mir von Weibern.
Orest. -
Sei dennoch auf der Hut, denn auch in Weibern lebt
1225 Des Kampfes Wuth, du weisst es aus Erfahrung wohl,
Elektra,
O ja doch fürwahr, fürwahr,
Du bringest so unverhüllet, was ja nicht ist mehr zu tilgen,
-
Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker.
1230 Was, wie das Leid, welches uns traf, nimmer fürwahr
Ist zu vergessen mehr.
Orest.
Ich weiss es wohl; allein wenn erst die Gegenwart
Erinnert, ist.es Zeit, dass wir gedenken dess,
Gegenstr. Elektra.
Jedwede Zeit,
1235 Die mir bietet sich, erlaubt willig dies
Zu sagen nach Gebühr.
Denn mühsam hemm’ ich jetzt der freien Rede Laut.
Orest.
Das mein’ ich grade; drum erhalt’ sie länger dir. ᾿
Elektra,
*" Womit denn?
- Orest.
1240 Wozu die Zeit nicht, das besprich niemals zu lang.
Elektra,
“Wer möchte doch mit Recht, da da erschienen bist,
Vertauschen wol das Wort mit Stillschweigen jetzt?
Da ich 80 unverhofft jetzt ohn’ Ahnung dich sehe.
Orest.
1245 Sobald mich geh’n die Götter heissen, sahst du mich.
Elektra.
Du meldest, was höher noch
Als aller vorige Segen, weno anders dich ja ein Gott zu
1250 Unserem Dach sendete jetzt; göttlich gefügt.
Halte ich dieses traun.
Orest.
In deiner Freude dich zu stören scheu? ich mich,
Doch fürcht’ ich, dass die Lust dich überwältiget.
Schlussgesang. Elektra,
- © du, nach ‚langer Zeit würdigend mich, auf
1255 Dem liebsten Pfade hier mir zu erscheinen,
O lass nicht, der du mich im Schmerz gesehn —
-Orest.
Was unterlassen ?
Elektra.
' Lass mir nicht geraubt sein,
Die Wonne deines Angesichtes mehr zu schaun.
Orest.
Fürwahr ich zürnte, säh’ ich Andres wehren dir.
"-
208
Pr 2
254 Söphokles* Elektra.
at εὖ -Blektra, .
1260 Gewährst du’s ? τς
- Ὁ γε ϑὲ.
Warum nicht? |
Elektra. '
Theuren ihr, hörend «die Red’,
Die ich nimmer hoffen durfte,
Hemmt’ ich lautlos dep Sion mir, - BE
1265 Nicht mit einem Wort vernehmend, ich Arme,
Jetzt umfang? ich dich; du kumest' .
Mir zum lieblichsten Erscheinen R
Das ich selbst in- der Noth nicht. mehr vergässe.
Orest.-
Lass fahren allen Ueberfluss der Worte jetzt; _
1270 Und lehre weder mich, wie. schlecht die Mutter ist,
Noch wie des Hayssse väterliches Gut Aeggisth -.
Erschöpfend theils vergeudet theils sinnlos zerstreut,
Den günst’gen Augenblick entriss’ uns leicht das Wort.
Doch was für mich geeiguet in der jetz’gen Zeit,
1275 Gib 48 mir, wo versteckt und offenbar wir. wol‘
Der Feinde Jabel dämpfen jetzt auf diesem Weg?.
Du aber so, «dass dich die Mutter nicht durchschan’
Am heitern Antlitz, wenn ins Haus wir treten nun,
Nein wie um Leid, das scheinbar uns gemeldet ist,
1280 Wehklage; wenn wir erst’ das Glück erreicht, alsdann
Wird Freude uns und Jubel frei vergönnet sein,
Blektra. "
Wolan, mein Bruder, so wie dir’s gefällt, so soll’s
- Auch mir genehm sein; denn die Freuden 'hab? ich ja
Von dir empfangen, nicht sie selbst erworben mir. _
1285 Und nimmer möcht’ ich, kränkend' dich οἷα wenig nur,
Selbst. grossen Vortheil Änden; nimmer würd? ich ja.
Dem Gotte, der hier waltet, dienen rühmlich dann.
Wie’s aber drinnen steht, wie wüsstest da es nicht?
Du hörtest, dass Aegisth" sei jetzt vom’ Haüse 'fern,
1290 Daheim die Mutter, die niemals ..-- das: fürchte nicht —
Vou Freude strahlend mein Gesicht gewahren wird,
Denn eingewurzelt ist der alte Hass in mir,
Und seit ich dich gesehn, da hört die Wonse nicht
Mit ihrem Thränenstrome anf; wie sollt? ich auch,
1295 Da ich auf diesem Einen Gange-todt dich. sah
Und lebend; Unverhofftes hast du mir gethan, |
Sn dass, wenn auch der Vater lebend käme, ich’s
Nicht mehr für Wunder hielte, ihn zu sehen glaubt".
Da ἀμ auf solchem Wege .mir gekommen bist,
.“
Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. ” 255
1300 Sa leite selbst. du, wie’s dich treibt; denn ich allein
Hätt’ eins von zweien nicht verfehlt, ich rettete
Mit-Ruhm mich oder fände edeln Untergang. -
Orest,
Zur Stille rath ich; denn ich hör’ am Ausgang dort
Von drinnen "Jemand konnen,
‘ Elektra (lant).
"Gäste, geht hinein,
1306 Zamal ‘ihr bringet, was - im Hanse niemand wol
Wird von sich weisen oder ohne Freud? empfahn.
- Greis;
O gar .bethörte und des Sinns beranbte Ihr,
So achtet ihr das Leben denn für gar nichts inehr,
Und keine Klugheit lebte von Natur in euch,
1310 Dass ihr, niebt an dem Bande, nein im Unglück selbst
Befindlich , seine. Grösse dennoeh nicht erspäht ?
Fürwahr, hätt’ ich an diesen Pfosten .nicht schon längst
Die Hut gehalten, würden drinnen im Palast
Euch eure Thaten eher als die Leiber sein;
1315 Nun aber hab’ ich diese Sorgfalt aufgewandt,
Und jetzt entfernend eurer langen Reden Maass
Und jenes unersättlich jubelnde Geschrei,
Gebt Ihr hinein, denn jedes Zögern bringt Gefahr
In solcher Lage. ‚ zur Entscheidung ist jetzt Zeit.
Orest.
1320 Wie steht ee denn, wenn ich ins Inn’ se > trete jetzt ?
Greis.
_ Gar wohl; denn es gelingt dir unerkannt zu sein.
Orest..
Du hast inich, scheint es, als gestorben kund gethan. \
Greis, |
Du wi als einer von des Hades Bürgern hier,
Ä Orest.
Sind. sie denn froh darob ? wie lautet ibre Sprach’ ?
Greis
1325 Nach der Vollendung will ich’s sagen; wie es steht,
Ist Alles gut bei ihnen, auch was nimmer eut.
. Elektra.
ι
Wer ist der Maan, mein Binder? Bei den Göttern, sprich. .
. Orest.
- Erkennst du ihn nicht?
256 - .."Sophokles’ Elektra.
Elektra.
Ich entsinne sein mich nicht.
- Orest.
Du weisst nicht, wem ἀπ einst mich in die Hände gabst?
Elektra.
. 1330 Wem doch? was sagst du?
Orest.
Dessen Hand durch deinen Rath
Mich heimlich in das Phokerland geleitete.
Elektra.
Ist das derselbe, den aus vielen einst allein
Ich treu erfand bei meines Vaters Morde hier?
΄ Orest.
Er ist es. Prüfe nicht mit weiterm Worte mich.
Elektra (ergreift den Greis bei der Hand.)
1335 O holder Anblick! Einz’ger Retter für das Haus
Agamemnons du, wie kamst du her? bist du es denn,
Der ihn und mich aus vieler Noth gerettet hat ἢ
O ihr geliebten Hände, o da süsser Dienst
Der Füsse, wie doch warst du mir so lange nah
1340 Und doch verborgen, zeigtest nicht dich, sondern mich
Im Wort vernichtend brachtest du die schönste That.
Sei mir gegrüsset, Vater; einen Vater ja
Seh ich in dir; denn wisse, dass vor allen dich
An Einem Tage ich gehasset und geliebt.
Greis,
4345 Mir scheint’s genug; denn zum Bericht der Zwischenzeit —
Da rollt der gleichen Tag’ und Nächte grosse Zahl,
Die dies, Elektra, deutlich dir enthüllen wird.
Euch aber sag’ ich, die ihr jetzt hier stehet, dass
Jetzt Zeit zum Handeln, Kiytämnestra jetzt allein,
1350 Jetzt keiner von den Männern drin. Doch zögert ihr —
Bedenket, dass mit diesen und noch andern mehr
Und Klügeren, als diese sind, ihr kämpfen müsst,
Orest.
Nicht mehr wird langen Reden also unser Werk,
O Pylades, gelten, sondern eilig lasst hinein
1355 Uns schreiten, betend zu der Götter heim’schem. Sitz,
Die hier an diesem Vorpalast die Schirmherrn sind.
(Alle knieen am Altare des Apollo nieder.)
Elektra.
Gebietender Apollo, höre gaädig sie
- Metrisch übers. v. Dr; Fr. Lübker. 957
Und neben ihnen mich, die ich so oft mit dem,
Was ich vermochte, fieh’nde Hände za dir hob,
1360 Jetzt, o Iykeischer Apoll, wie ich’s nur kann,
So bitt? und fleh’ ich vor dir knieend, werde doch
Uns dieser uns’rer Pläne Helfer gnädiglich,
Und zeige jetzt den Menschen, welchen schweren Lohn
Die Götter stets bescheiden der Gottlosigkeit.
(Geht ab.)
10. FÜNFTER GESANG DES CHORS.
Chor. Elektra. Kiytaemnestra. (Hinter der Bühne Orest.)
Strophe. Chor,
1365 Sehet, wohin er sich bewegt
Von wüth’gem Morde schnaubend jetzt, Ares Geist.
Es gingen eben unter’s Dach des Hauses hier
Spuren der Hund? zur Rache für böse That,
Die nachsetzenden ;
"1370 Drum bleibt nicht lange mehr gespannt,
In der Erwartung schwebend, meiner Sinne Traum.
Gegenstr. Denn es erhebt sich zu dem Haus’
Trüglichen Schritts ein Rächer der Unterwelt,
Zu seines Vaters uralt-reichem Herrschersitz,
1375 Das frischgeschärfte Mordgewehr in der Hand;
Es führt Maias Sohn,
Ihn Hermes hin, den Trug in Nacht
Verhüllend, grad zum Ziel und säumt nicht länger mehr.
Elektra (tritt wieder auf die Bühne).
Strophe. O ihr geliebten Frau’n, es werden alsobald
1380 Die Männer jetzt ihr Werk vollführen; still drum harrt.
Chor.
“Wie denn? was thun sie jetzt?
Elektra,
Derweil zum Grabe sie
Den Erzkrug schmückt, stehn jene beiden nah bei ihr.
Chor. . ᾿ "
Du aber eiltst hinaus weshalb ? \
Elektra,
Zu hüten, dass
Nicht unbemerkt, Aegisthos: trete in das Haus.
Klytsemmestra (hinter der Bühne).
1385 Ach, ach. O wehe, Haus
Von Freunden leer, von den Verderbern angefüllt,
Archio f. Phil. w. Paedag. Bd, XIX. Afl. 2. 17
»"»ςε
958 Sophokles’ Elektra.
Elektra.
Drin tönt ein Ruf; hört ihr es nicht, geliebte Frauen?
Chor. "
Unsägliches hör? ich Unsel’ge, dass mich schaudert,
Klytaemnestra,
Ach weh mir Armen! Wo, Aegisthos, weilst du doch?
Elektra.
1390 Vernimm, schon wieder tönt ein Ruf.
Kiytaemnestra.
O Sohn, mein Sohn,
Erbarme dich der Mutter,
Elektra.
Doch bei dir ja fand
Er kein Erbarmen, noch der Vater, der ihn zeugt?
Chor.
Wehe, o Stadt, o unsel’ger Stamm, dich raffet
Heute das Loos eines bittern Endes hin.
Klytaemnestra,
1396 Weh mir, das traf.
Elektra,
Verwunde zwiefach, wenn du kannst.
Klytaemnestra.
Weh mir, von nenem.
Elektra.
Träf’ es doch Aegisth zugleich.
Chor.
Der Fluch trifft ein, wirksam sind Geister, die drunten ruhn.
Denn wieder fordern reichlich strömend Blut von ihren Mördern
Die schon längst Gestorb’nen,
(Orest und Pylades treten auf.)
Gegenstr. Chor.
1400 Doch sieh, da sind sie wieder, blutig trieft die Hand
Von Ares Opfer, auszusprechen hab? ich’s nicht.
Elektra.
Wie steht es denn, Orest?
Orest.
Dort im Palaste gut,
Wofern Apollo richtig uns geweissagt hat.
Elektra.
So starb denn die Unsel’'ge?
Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. ‘ 259
Orest.
Nimmer fürchte: mehr,
"1405 Dass dich der Mutter schnöder Sinn entwürd’gen wird.
| Chor.
Seid still, denn klar seh? ich dort nahn Aegisth von ferne,
Elektra.
Ihr Freunde, geht-ihr nicht zurück ?
Orest. =
Erblickt ihr wo
‘.
Den Mann?
Elektra.
Er kommt grad auf uns zu von draussen her
Mit heitrer Miene *.*.*.*.*,
Chor.
1410 Eilet doch hinter die Thür’ so schnell als möglich
Jetzt, wie das Früh’re, so dies zu ordnen auch.
Örest.,
Getrost, wir enden’s wie du meinst.
Elektra.
So eile denn.
Orest.
Ich bin bereits hinweg, Ὁ
| Elektra
| Für. dies hier sorge ich,
(Orest, Pylades und der Pfleger entfernen sich von der Bühne.)
| | "Chor.
Zum Ohre jetzt dieses Mannes Wen’ges nur milden Sinns
1415 Zu reden würde frommen, auf dass unbemerkt er stürze
In das Schwert der Rache.
11. FÜNFTER AUFTRITT AUF DER BÜHNE.
‚ Aegisth. Elektra. Orest.
Aegisth.
Wer weiss von euch, wo doch die Gäst? aus Plokis sind,
Die, wie es heisset, uns vermelden, dass Orest
Im Wagenrennen scheiternd dort sein Leben liess?
1420 Dich frag’ ich, dich, ja dich, die du in vor’ger Zeit
So muthig warst, ‘denn dir besonders. liegt daran,
Scheint mir, da musst zu sagen es wol kundig sein.
17 *
260 Sophokles’ Elektra,
Elektra.
Wohl weiss ich; denn wie sollt’ ich nicht? Ich wär’ ja sonst
Dem theuersten Geschick der Meinen gänzlich fremd,
Aegisth.
. 1425 Wa mögten wol die Gäste sein? Belehre mich.
, ΕἸ εκ ἐγ,
Im Haus, sie trafen eine liebe Wirthbin dort.
Aegisth.
Sie haben wirklich ihn als todt gemeldet uns?
Elektra,
Nein, sondern auch gezeigt, und nicht im Worte blos.
Aegisth,
So ist er da, um deutlich zu erkennen ihn ?
" Elektra,
4430 Ja wol, und nimmer ist der Anblick neidenswerth.
Aegisth.
Du meldest mir viel Frohes, nicht nach sonst’ger Weis”,
Elektra,
Du wirst dich freuen, wenn dir dies erfreulich ist.
“ Aegisth.
Ich heiss’ dich schweigen und erschliessen jetzt das Thor,
Dass alle Mykenaeer und Argiver schaun:
1435 Wenn einer noch in leeren Hoffnungen zuvor
Auf diesen Mann sich wiegte, seh’ er jetzt ihn todt
Und dulde ruhig meinen Zügel, wenn er nicht
Mit Zwang in meiner Zucht Besinnung lernen will.
Elektra.
Und schon erfüllt sich’s meinerseits; denn ich erlern’
1440 Erst spät mich apzuschliessen an den Stärkeren.
(Indem sie die Pforten öffnet, erblickt man Kiytaemnestra’s
verhültte Leiche.) ᾿
u Aegisth.
O Zeus, ich seh’ ein Zeichen, glücklich, wenn der Neid
Fern bleibt, doch wenn die Rache laurt, so sag? ich’s nicht.
Entfernet jede Hülle von den Augen, dass
Das Nahverwandte auch bei mir Wehklage find’.
Orest,
1445 Entfern’ es selber; mir gehört ’s nicht , sondern dir |
Dies anzuschaun und zu begrüssen liebevoll.
--
Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker, 961
| Aegisth.
Dein Rath ist gut, ich werd? ihm folgen, du indess
. Ruf Klytaemnestra, wenn sie dort im Hause weilt.
Orest.
Sie ist ganz nah bei dir; such? sie nicht anderswo.
Aegisth (indem er die Hülle zurückschlägt.)
1450 Weh mir, was seh’ ich ?
Orest.
Wer erschreckt, wer täuschet dich ?
΄ Aegisth.
In welcher Männer tiefe Schlingen bin ich doch
Gerathen, ich Unsel’ger ?
Orest.
Merkst du nicht schon längst,
Dass du zu Lebenden gleich wie zu Todten sprichst ?
Aegisth.
Weh mir, ich fasse dieses Wort; unmöglich ist,
1455 Der Solches zu mir spricht, ein and’rer als Orest.
Orest.
Und du, so wack’rer Seher, täuschtest dich’ so lang ?
Aegisth.
So bin ich Armer denn verloren; doch vergönn’
Mir nur ein kurzes Wort.
“ ΄ Elektra.
᾿ Lass ihn nicht reden mehr,
Nicht, bei den Göttern, Bruder, dehnen aus das Wort.
1460 Was könnte doch wol der in Noth versunk’ne Mensch,
Zum Tode reif, noch aus der Zeit für Vortheil ziehn ?
Tödt’ ihn vielmehr so schnell als möglich, todt dann gib
Den Gräbern hin ihn, denen er mit Recht gehört,
Von unsern Augen fern; denn so erwüchse mir
1465 Der längst ertrag’nen Leiden einziger Ersatz,
Orest.
So geh’ denn schleunig nun hinein; den Worten nicht
Gilt jetzt des Kampfes Preis, nein deinem Leben gilt’s.
Aegisth.
Was führst da mich ins Haus? wozu ist Dunkel Noth,
Wenn’s edel ist? wärum nicht gleich zum, Mord bereit?
Orest.
1470 Gebiete nicht; geh’ dorthin, wo du einst mir hast -
Gemordet meinen Vater, dass auch du dort stirbst.
262 Sophokles’ Elektra. Metrisch übers. v. Dr, Fr, Lübker.
Aegisth.
So ist’s denn unvermeidlich für dies Haus zu schaun
Der Pelopiden jetzige und künft’ge.Noth! .
Orest.
Die deine ja; dafür bürg’ ich als Seher dir.
Aegisth,
1475 Dein Vater hatte nicht die Kunst, der da dich. rühnst.
Orest.
Viel Gegenred’, verzögert wird dadurch der Gang.
Wolan, so.geh!
Aegisth.
Nein, fübre mich,
Orest,
Du musst voran.
Aegisth,
Dass ich dir nicht entflieh’ ?
:Orest,
Dass nicht näch Herzenslust
Du stirbst; bewahren muss ich dieses Bitt’re dir.
1480 O träfe Jeden diese Strafe doch sogleich,
Der das Gesetz zu übertreten Neigung hat —
Der Tod. Nicht wäre dann der Missethat so viel.
(Alle geben ab, Orest mit Aegisth voran.)
Chor.
O Atreus Same, erduldend wie viel
Bist mühsam zur Freiheit empor du gelangt,
1485 Durch diesen Sturm nun am Ziele.
Ueber Vor- und Zunamen des Plautus und die Echtheit
seiner Stücke *).
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin.
Es gibt keinen Namen des klassischen Alterthums, an dessen
Andenken sich so viele Zweifel knüpfen, wie an den des Plautus.
Bereits kurz nach dem Tode des Dichters gerieth man in Ungewiss-
heit, ob die unter seinem Namen überlieferten Stücke sämmtlich von
*) Ich brauche wol kaum zu erinnern, dass ich „Zuname“ stets
im Sinne von. ‚agnomen gebrauche, da es Zunamen in unserm Sinne im
Römischen nicht gibt.
Ueb, Vor- u. Zunamen desPlautus. Von Prof. Dr. Geppertzu Berlin. 263
ihm herrührten oder nicht und die Meinungsverschiedenheit wurde
mit der Zeit so gross, dass, während ein Theil der Gelehrten nur
einige zwanzig Komödien für echt gelten liess, Andere ihm über
hundert zuschreiben zu müssen glaubten. Bald darauf erhob sich
ein neuer Zwiespalt über die Auffassung der Plautinischen und
Terentianischen Verse. Die Grammatiker stellten ein Schema für
«dieselben auf, welches, da es augenscheinlich zu eng war, von An-
dern verworfen wurde, die diese Gedichte allein vom rhythmischen
Standpunkt aus erklären wollten, und, unbekümmert um die Ab-
weichungen vom Metrum, den Versaccent allein vorwalten liessen.
In neuester Zeit ist endlich auch das bisher geltende praenomen
Marcus und das agnomen des Dichters, Accius, als unrichtig ver-
worfen worden, so dass man bei Anführungen, die nicht ausdrück-
lich den Beinamen, Plantus, geben, und die man früher dennoch
auf Plautus bezog, jetzt in Verlegenheit geräth, da man, wenn
sie auf den Tragiker Accius nicht passen, nicht weiss, an wen
man zu denken hat. Wenn schon nun diese Punkte, dem ersten
Anschein nach zu urtheilen, von einander unabhängig sind, so wird
doch eine nähere Betrachtung derselben ergeben, dass sie in einem
innern Zusammenhange stehn. Diesen darzuthun und das nrsprüng-
liche Sachverhältniss in ein helleres Licht zu stellen, als es bisher
geschehn ist, ist der Zweck der gegenwärtigen Abhandlung.
Was zunächst die Namen des Dichters angeht, so war man
bis zum Jahr 1841 allgemein der Meinung, er habe, wie gesagt,
den Gentilnamen Accius, den Vornamen Marcus geführt, denn dass
Plautus nor ein Beiname sei, gesteht jedermann ein, Da trat Herr
Professor Ritschl in seiner Abhandlung de Plauti poelae nominibus
(Par. p.1) gegen diese Annahme auf und suchte zu erweisen, dass
der Gesehlechtsname des Dichters nicht Accius, sondern Maccius,
“ sein Vorname nicht Marcus, sondern Titus gewesen sei. Seine
Meinung fand so viel Beifall, dass seitdem nicht nur neue Aus-
gaben des Dichters mit der Bezeichnung T. Mucci Plauti comoediae
erschienen sind, sondern dass auch Bernhardy in der neuesten Aus-
gabe seiner Römischen Litteraturgeschichte den Dichter mit dem
Gentilnamen Maceius einführt: nur gegen den Vornamen Titus hat
er Bedenken. Es lässt sich aber, wie ich glaube, die Unrichtigkeit
beider beweisen.
Ritsch! geht nämlich bei seiner Beweisführang von der Bemer-
kung aus, dass sich im cod. Ambros. zu Ende der Casina die Worte
befinden MACCI PLAUTI CASINA EXPLICIT, die sich allerdings
ganz in derselben Weise am Schluss des Epidicus wiederholen, denn
auch dort steht MACCI PLAUTI EPIDICUS EXPLICIT, aber
schon aus der Vergleichung dieser beiden Stellen ergibt sich, dass
man keinen Grund hat, aus einem verlornen “5 das sich vor den
Worten MACCI PLAUTI CASINA EXPLICIT befindet, auf einen
Vornamen Titus zu schliessen, denn erstens steht jenes T mit den
andern Buchstaben nicht einmal ganz auf derselben Linie: es ist
264 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautas u. die Echtheit sein. Stücke.
etwas nach links heruntergerückt;, zweitens fehlt hinter demselben
der Punkt, der es als eine Abkürzung von Titus erkennen liesse,
und. drittens wird es vor den Worten MACCI PLAUTI EPIDICUS
EXPLICIT nicht wiederholt. Es steht also mit den andern Worten
des Textes, genau genommen, in keiner Verbindung und der Schrei-
ber des codex Ambrosianus allein kann wissen, was er damit ge-
wolit hat.
Was nun die Zusammenschreibung von M. ACCI in MACCI
angeht, so würde diese gewiss in keinem andern Manuscript auf-
fallen, da dergleichen häufig ist und namentlich die Gelehrten lange
Zeit zu der Annahme geführt hat, dass der Verfasser der Noctes
Atticae Agellins geheissen habe, während er bekamntlich A, Gellius
hiess: im codex Ambrosianus aber liegt dies vollends nahe, da das
Manuscript in seinem Text überhaupt keine Worttreanungen hat,
wovon die nächste Folge die gewesen ist, dass man bei Ueber-
schriften, wo allein Worttrennungen vorkommen, noch mancherlei
verbunden findet, was nicht zu einander gehört. So ist z. B. in
der Didascalie zu den Adelphi des Terenz, die sich ebenfalls in
dieser Handschrift gefunden hat, CTERENTIO zusammengeschrieben,
‚ was.aber Niemand verhindern wird, C. Terentio zu lesen. (Vergl.
Parerg. p. 261.) Daher würde man, wenn sonst keine Momente
von thatsächlicher Wichtigkeit hinzutreten, noch immer geneigt
sein, nach Analogie aller andern uns bekannten Römischen Namen,
eher auf M. Accius als auf Maccius zu schliessen.
Es kommt aber noch eine Erwägung. allgemeinerer Art in Be-
tracht, die uns von vorn herein glauben lässt, - der Dichter müsse
weit eher Accius als Maccius geheissen haben Er wird nämlich
fast ausschliesslich von allen Autoren des Alterthums schlechtweg
Plautus genannt: die Fälle, in denen sein Vor- und Vatername
angeführt werden, sind verhältnissmässig selten. Wie sallte es zun
wol gekommen sein, dass sein Beiname so stark prävalirte, um
den Gentilnamen beinah in Vergessenheit zu bringen, wenn der
letztere nicht etwa deshalb vermieden worden ist, um ihn nicht der
Verwechslung mit einem gleichnamigen Dichter auszusetzen? Ein
solcher Name aber war Accius, da er auch noch einem andern be-
rühmten Dramatiker aus der älteren Dichterschule angehörte (denn
die Schreibart Attius ist ohne alle Autorität), nicht Maccius, denn
wenn dies der Zuname des Plautus war, so führte er ihn unsers
Wissens in Rom ganz allein. Angenommen also, der Tragiker
und der Komiker Accius hätten in Rom neben. einander existirt,
so scheint es ganz angemessen, dass man den ersteren bei seinem
Zu- den andern bei seinem Beinamen anführtee Um indessen die
vorliegende Frage methodisch zu behandeln, wollen wir zunächst
diejenigen Stellen betrachten, in denen der Vorname des Dichters
entweder indirect oder direct bezeichnet wird, dann diejenigen, in
denen seia Vatername allein vorkommt, drittens die, wo beide mit
einander verbunden ‚sind, viertens die, wo Vatername und Beiname,
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 265
fünftens die, wo praenomen, agnomen und cognomen neben einander
genannt werden,
1) Der Vorname des Dichters wird zunächst im Prolog zu
Casina v. 34 angedeutet. Dort heisst es:
_ Diphilus
Hanc graece scripsit: post id rursum denuo
Latine Plautus cum latranti -nomine,
Die Stelle hat verschiedne Erklärungen veranlasst. Lambinus meint,
dass mit dem nomen latrans nur schlechthin ein Hundename gemeint
sei und da nun Paulus Silentiarius p. 231 beibringt, dass es eine
Hunderace mit Namen plauti gegeben habe, von der Plautus seinen
Namen erhalten haben soll, so enthielte der Beisatz cum latranti
nomine nichts als eine Erklärung des Wortes plautus. Ritschl Par.
p.203 Anm, stimmt ihm darin bei. Dagegen muss aber zunächst
gesagt. werden, dass der in Rede stehende Prolog nicht jung genug
ist, als dass man dem Verfasser desselben diese Interpretation des
Wortes plautus zutrauen dürfte. Die älteren Schriftsteller stimmen
nämlich sämmtlich darin überein, dass plaufus „plattfüssig‘‘ heisst
und dass dieser Beiname ursprünglich solchen Personen gegeben
wurde, die diese Art von Füssen hatten. So erklärt Festus das
Wort und Plinius ἃ. n. XI, 105 stellt damit die Beinamen plancus,
scaurus und pansa zusammen, die ebenfalls Personen gegeben wur-
den, Jie fehlerhafte Füsse hatten. Vergl. Quinctil. I, 4, 25. Dass
der Name plautus von einer Hunderace hergenommen sei, ist eine
Meinung, die sich erst bei Paulus findet und der allerspätesten
Zeit angehört. Der Verfasser unsres ‚Prologs dagegen lebte nicht
lange nach Plautus, denn, wie aus v. 14 hervorgeht, eriunerten sich
die ältesten Leute in seinem Auditorium noch der ersten Auffüh-
rung der Casina bei Lebzeiten des Dichters. Er hat daher wahr-
scheinlich von der Interpretation des Wortes plautus, die es von
Paulus Silentiarius erhielt, noch keine Kenntniss gehabt, Ferner
aber passt die Erklärung des Paulus auch nicht einmal zu dem Sinn
unsrer Stelle. Denn die plauti sind, nach ihm, gar nicht durch
ihr Gebell ausgezeichnet gewesen, sondern durch ihre Hängeohren,
Woher sollte also gerade der Name plautus ein nomen latranı ge-
wesen sein? Wäre es in diesem Fall, wenn nichts weiter als ein
Hund schlechthin bezeichnet werden sellte, nicht weit angemessener
gewesen zu sagen cum canino nomine? — Dies hat denn auch Pinzger
bemerkt und in seiner Schrift Parerga otii Marburgens. Phüol. II. c.7
p: 179 die Vermuthung aufgestellt, Plautus müsste unter seinen son-
stigen Namen noch einen gebabt haben, in dem die bekannte liltera
latrans vorgekommen sei, jene littera, über die Lucilius I fr. 22
(ed. Roth) den berühmten Vers machte:
Irritata canis quam homo quam planius dieit
auf die Persius. sat. I, 109 Bezug nimmt, indem er von dem Wort
frigescant sagt: sonat hie de nare canina bittera und mit der man
das Wort rabula schon früh in eine stehende Verbindung gebracht
N N
266 Ueber Vor - u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke.
haben mass, da Nonius unter rabula eine Stelle des Appius aus
Sallust beibringt, wo dieser von einem Rahulisten seiner Zeit sagt:
canina facundia exercebatur, was nach Ruhnkens Vermuthung Vel-
leius Il, 64 nachgeahmt haben soll. Diese littera aber, das τὸ be-
fand sich in dem Wort Marcus, weder in Titus noch in Maccius. —
Es bliebe nun noch die Frage zu erörtern, wie der. Prolog darauf
kam, hier in komischer Weise den Vornamen des Dichters eigends
mit anzuführen, doch diese. wird sogleich ihre Erledigung finden.
| Die nächste Stelle nämlich, die in Betracht kommt, ist bei
Varro de 1. I. p.419 Sp. Varro spricht von den Ableitungssylben,
die, von verschieden endigenden Nominativen abstammend, in den
casus obliqui wieder gleichlautend werden, Er hat so eben ange-
führt, dass die Männer aus dem Terentianischen Geschlecht Teren-
tiei hiessen, die Frauen J'erentiae. Nichts desto weniger lautete
der Dativ für die einen sowol wie für die andern Terentieis. Um
nun auch für den Genitiv ein ähnliches Beispiel anzaführen, fährt
er fort: dissimilia Plautus et Plautius et commune huius Plauti,
Marei, et Plauti, d. h. Verschiedenlautend (im- Nominativ) sind
Plautus und Plautius: gleichlautend ist davon abgeleitet (im Genitiv)
Plauti, sowol mit dem Vornamen Marci wie sehlechthin Plauti. Ich
habe nur Marci vor et gestellt, während die Handschriften es da-
hinter stellen, und hierzu berechtigt mich nicht allein die Note des
Correctors im cod. Florent,, die ausdrücklich bemerkt, dass hier von
dem Abschreiber ein Versehn begangen ist, sondern auch der Sinn
der Stelle selbst. Die Sache verhielt sich nämlich folgend: rgestalt,
Wie uns Gellius III, 3, 10 mittheilt, erzählte Varro in seinem
Buch de comoediis Plautinis, wie es Gellins nennt, dass es einen
alten Komödiendichter Plautius gegeben habe, dessen Stücke des-
halb, weil sie schlechtweg mit der Ueberschrift Plauti versehn wa-
ren, mit denen des Plautus verwechselt worden wären. Daraus
folgt denn freilich, dass diejenigen, die dem Plautus ausschliesslich
angehörten, noch eine andere Bezeichnung gehabt haben müssen,
die sie vor der Verwechslung sicher stellte und dies war, wie aus
den angeführten Worten des Varro erhellt, der Vorname Marcns,
Während man daher bei denen, die den einfachen Titel Plauti
führten, allerdings in Zweifel sein konnte, ob sie dem Plautius
oder dem Plautus angehörten, so war dies bei denen, die die
Ueberschrift M. Plauti hatten, nicht mehr möglich. Das M. war
eine sichere Gewähr für die Echtheit. Daher sagt Varro, indem
er an ein in Rom allgemein bekanntes Factum erinnert, der Genitiv
hiesse unter allen Umständen Plauti, es möchte nun Marcus Plautus
oder Plautius damit gemeint sein. Dies ist aber anch ohne Zweifel
der Grund gewesen, weshalb der Verfasser des Prologs zu Casina
den Vornamen des Plautus mit anführt: er sollte dem Publicum eine
Bürgschaft dafür geben ‚. dass sie es mit einer Komödie zu thun hat-
ten, die unter dem Namen des Marcus Plautus überliefert war,
denn die Zweifel an der Genuität der Plautinischen Komödien sind,
_ Von Prof. Dr. Geppert za Berlin. j . 967
wie wir später sehn werden, schon sehr früh aufgetaucht. Deshalb
erinnert er auch die alten J,eute unter den Zuschauern daran, dass
sie das Stück schon in ihrer Jugend gesehn hätten. Sie sollten
ebenfalls Zeugen dafür sein, dass es von Plautus herrührte und von
Niemand anders,
Was nun den Komödiendichter Plautius angeht, so scheint man
seine Existenz allerdings nur aus den unvollständig bezeichneten Stü-
cken des Plautus geschlossen zu haben, denn wenn er wirklich ge-
lebt hätte und von solcher Bedeutung gewesen wäre, dass’man seine
Komödien mit denen des Plautus verwechseln konnte, so würde man
doch irgend ein nahmhaftes Stück mit Sicherheit auf iho haben zu-
rückführen können, aber davon ist nirgends die Rede. Er existirt
nur als ein Doppelgänger des Plautus. Im Uebrigen aber mag man
sich die Aufschrift jener Exemplare, die seinen Namen trugen, auch
vollständiger bezeichnet denken als durch ein blosses Plauti, man
wird immer gestebn müssen, dass, wenn nicht der Eigenname Mar-
cus hinzutrat, diejenigen, welche einen Dichter Plautius neben Plau-
tus annahmen, in ihrem Glauben nicht erschüttert werden konnten;
denn wenn diese Komödien den Titel Acci Plauti führten, so konnte
man Accius für einen Vornamen gelten lassen. Einen solchen führte
der alte Seher Accius Navius bei Livius I, 36, 3 Valer. Maximus I, 4
und Plinius h. n. XV, 20; XXXIV, 11 und 13, und wenn Diony-
sius III p. 202 daraus einen Naevius Accius macht, so darf uns das
nicht verwundern, da Accius schon zur Zeit des Varro so gänzlich
aufgehört hatte, Vorname zu sein, dass man das Sprüchwort hatte:
Accio idem, quod Titio dus esto. Gell. III, 16, 3. In ältester Zeit
war dies, wie gesagt, nicht der Fall und der sabinische Ahnherr
des Klaudischen Geschlechts, Accius Clausus, soll erst zu Rom den
Namen Appius Claudius angenommen haben, Liv. II, 16, 4 und
X, 8, 6. Die Grammatiker aber leiteten seinen Vornamen von
einem Bezirk Actium im Sabinischen ab, wie bekanntlich auch Apollo
seinen Beinamen Actius von der Schlacht bei Actium erhielt, denn
mit Recht bemerkt Sigonius zu Liv. II, 16, 4, dass in der Schrift
de praenomine, die das 10 Buch des Valerius Maximus ausmacht,
zu schreiben ist: Titus e Sabino nomine Titurio flurit, Appius ab
Actio, eiusdem regionis nomine. Somit wären also die Vertheidiger
des Accius Plautius noch immer in ihrem Recht gewesen. Sie waren,
es aber auch, wenn die Exemplare die Aufschrift A, Plauti führten,
— eine Möglichkeit, die vielleicht dadurch einigen Schein erhält,
dass noch heute ein Manuscript des Plautus zu Toledo auf der
biblioteca del Arzobispo den Titel führt: M. A. Plauti comoediae
(5. Haenel: catall. libror. mserr. ρ. 996) — denn gerade der Vor-
name Aulus war in der gens Plautia häufiger als irgend ein andrer.
Nur der Eigenname Marcus machte die Annahme des Plautius un-
möglich, da er nur einem von Beiden angehört haben konnte. In-
zwischen gebe ich diese vollständigere Bezeichnung der Plautinischen
oder Plautianischen Komödien nur als eine Vermuthung. Aus den
268 Ueber Vor- u. Zanamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke,
Worten des Varro lässt sich nur schliessen, dass die einen schlecht-
hin den Namen Plauti, die andern die Bezeichnung M. Plauti führ-
ten und auf diese Weise sehn wir nicht nur häufig M. Cicero,
M. Varro, M. Piso, M. Messalla, M. Agrippa, M. Perperna an-
geführt: so nennt auch Gellius I, 24 gelegentlich unsern Dichter
M. Plautus.
Eine dritte Stelle unterstützt die Annahme des Vornamens Mar-
eus. Im Prolog-zum Trinummus kommen v.17 die Worte vor:
Huic grasce nomen est thesauro fabulae.
Philemo scripsit, Plautus vortit barbare.
Dies hat der Verfasser des Prologs zu Asinaria, wie ich später
zeigen werde, wörtlich nachgeahmt, indem er v.10 sagt:
Huic graece nomen est Onago fabulae.
Demophilus scripsit, Marcus vortit barbare.
Allerdings gibt dort eine palatinische Handschrift maccus, eine andre,
um von den Verschreibungen der jüngsten zu schweigen, macus,
aber die grosse Anzahl aller bessern Handschriften hat macrus und
dies kann nach allen Regeln der Interpretation, die hier zur An-
wendung kommen können, nichts Anderes sein als Marcus. Fragen
wir nun, warum der Verfasser des Prologs zu Asinaria den Dichter
nicht bei seinem Beinamen, sondern, wie es scheint, recht absicht-
lich bei seinem Eigennamen nannte, so hat er gewiss dafür keinen
andern Grund gehabt, als denselben, den auch der Verfasser des
᾿ Prologs zu Casina hatte, d.h, den, die Echtheit des Stückes bei einer
nach dem Tode des Dichters stattfindenden Aufführung dadnrch ver-
bürgen zu wollen. '
2) Was den Gentilnamen des Dichters angeht, so wird man
es natürlich finden, wenn derselbe, falls er Accius lautete, nicht oft
allein vorkommt, da er ihn leicht der Verwechslung mit dem Tra-
“ giker gleiches Namens aussetzte: hiess er freilich Maccius, so könnte
man sich nur verwundern, ihn nicht öfter zu finden. Gleichwol
giht es für das einfache Accius einige Belege, die mir aller Auf-
merksamkeit werth za sein scheinen.
Nonius p. 226, 24 citirt aus dem 28 Buch des Luciliug fol-
genden Senar:
Quare pro facie, pro statura Acciu’ statum.
Dass der Dichter seinen eignen Zeitgenossen, den Tragiker
Accius, nicht als Autorität für einen merkwürdigen Gebrauch des
Wortes status angeführt haben wird, ist klar. Ohne Zweifel meint
er Niemand anders als Plautus, der schon damals eine ergiebige
Quelle für alterthimliche Sprachforschung war, und status öfters in
dem Sinne von facies gebraucht, am bezeichnendsten aber Amphitr.
I, 1, 118.
Et enimnero, quoniam formam cepi huius in med et statum,
Decet et facta tmoresque huius habere me similes item.
Dass er aber auch statur& hiermit gleichbedeutend nahm, geht aus
I, 1, 288 desselben Stückes hervor, wo es heisst:
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 269
Sira, pes, statura, tonsus, oculi, nasum vel labra,
Malae, mentum, barba, collum: totus..
Festus p. 259. M. führt eine Stelle „aus dem Trinummns“ des
Plautus III, 1, Yan: Tammodo inquit Praenestinus, nennt aber den
Dichter dabei schlechthin Accius. Gestehn wir ein, dass Festus densel-
ben sonst immer, schon der Unterscheidung wegen, bei seinem Bei-
namen nennt: eine Verwechslung war bei diesem Citat wol nicht zu
befürchten, denn einen Trinummus hat nur Plautus geschrieben. Es
ist daber wenigstens kein materieller Grund vorhanden, die Richtig-
keit der Lesart zu bezweifeln. ᾿
Charisias I p. 61. P. sagt: alvum Vergilius feminino genere
saepe dirit, sed masculine Calvus ... et Aelius Cinna ... et La-
berius et Accius frequenter, quod magis usus celebravit. Dass er
ınit Accins nicht den Tragiker, sondern Plautus meint, geht eines-
theils aus der Zusammenstellung mit dem Mimendichter Laberins
und aus der Berufung auf die Sprache des gewöhnlichen Lebens
hervor, der es offenbar Laberius und Accius entnommen haben sol-
len, anderntheils aus Servius ad Aen, II, 50, der ganz dieselbe
Bemerkung macht und dabei als Beleg Plautus Pseud, III, 2, 84
anführt, wo es heisst: Quom hasce herbas huiusmodi in suom alvom
eongerunt.
Charis. I p. 75. G. sagt: inimicitiae et insidiae pluraliter diei
debent, sed Sallustius insidiam primus (die Handschriften geben: de
insidia prima) inqwit et Accius inimicitiam diet. — Es wäre son-
derbar, wenn Charisius, um einen alten Sprachgebrauch zu erhärten,
den Tragiker Accius angeführt bätte, nachdem bereits Gellius XIX,
8, 6 und Nonins p. 129 denselben aus einem älteren Schriftsteller,
aus Ennius, belegt hatten. Offenbar ging er, da es sich darum
handelte, wer zuerst inimicitia im Singular gebraucht habe, um
seine Gelehrsamkeit zu zeigen, noch weiter zurück und führte unter
dem Namen Accius den Plautus an, Die Stelle, die er im Sinne
hat, ist Stich. Ill, 1, 8:
Cumque eo reveni ex inimicitia in gratiam,
Diese Zusammenstellung wird uns nun schliesslich wol keinen
Zweifel über das richtige Verständniss der Worte des Varro lassen,
wenn derselbe de ], 1, p. 346 sagt: Accius ait personas distortis (die
codd. haben distortas) oribus deformis Miriones. Dass diese Benen-.
nung komischer Masken vom Tragiker Accius ausgegangen sein
sollte, ist gar nicht glaublich; auch in seinen didascalicis wird er
sich nicht mit der Erfindung von Namen für. dergleichen Dinge be-
schäftigt haben. Sie gehörte augenscheinlich einem Komiker an und
aller Wahrscheinlichkeit nach keinem Andern, als Plautnus. Man
wird mir vielleicht erwidern, dass Varro denselben bei seinem Bei-
namen zu nennen pflegt. Hierauf habe ich zu entgegnen, dass dies,
wie wir sogleich sehn werden, nicht immer der Fall gewesen ist, dass
Varro an dieser Stelle offenbar auf einen allgemein bekannten Witz
anspielt und dass er überhaupt in derselben nur von Plautus spricht.
- 270 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke.
| Von den unter dieser Nummer angeführten Stellen hat nur die
des Festus von Seiten des Verfassers der Abhandlung: de Plauti
peetae nominibus Berücksichtigung gefunden. Da sie ihm völlig allein
zu stehn schien, so erklärt er sie für einen reinen Irrthum des
Schriftstellers. ΝΣ
8) Wenn es, wie ich glaube, durch diese Anführungen, bei
denen man keine oder nur geringe Abweichung in der Lesart der
Handschriften findet, ausser Zweifel gestellt ist, dass Plautus die
Namen Marcus und Accius geführt haben muss, so werden wir jetzt
"mit Sicherheit über die Fälle urtheilen können, wo beide neben
einander vorkommen aber durch Unverstand oder Sorglosigkeit der
Abschreiber verdorben worden sind. So zunächst bei Varro del.l.
p. 381, wo der bekannte Vers des Plautus aus der Casina fl, 3, 49
Quid fringutis® Quid istuce tam cupide cupis mit den Worten: Maccius,
oder Mactius oder Matius (denn so variiren die Handschriften) in
Casina angeführt wird, Sieht man nicht deutlich, wie die Abschrei-
ber aus dem M. ACCIUS oder M. ACTIUS einen Maccius oder
Mactius und, weil ihnen dieser Name zu unlateinisch vorkam, Matius
gemacht haben? Auch hier tritt uns freilich wieder die oft gemachte
Bemerkung entgegen, dass Varro den Dichter bei seinem Beinamen
zu citiren pflegt, aber konnte der Schriftsteller nicht gerade diese
Bezeichnung wäblen, um die Casına dadurch über jeden Verdacht
der Unechtheit zu erheben, während er andere Stücke und, wie
wir später sehn werden, auch solche, die er nur aus subjectiven
Gründen für echt hielt, schlechtweg unter dem Namen Plautus an-
führte ?-— Der Vorname Marcus und die ausdrückliche Anführung
der Casina schützten wenigstens vor jeder Verwechslung mit dem
Tragiker Aceius,
Im Prolog zum Mercator v.9 und 10 heisst es:
Graece haec vocatur Emporus Philemonis,
. Eadem Latine Mercator ‚mactici.
Dazu existirt die Variante mattici, denn das ct wechselt häufig in
- den Handschriften mit einem doppelten t. Wer die zahllosen Ver-
schreibungen in den palatinischen Handschriften kennt, wird es nicht
für zu kühn halten, wenn wir das t als ungehörig hinauswerfen und
durch Umstellung der drei letzten Buchstaben daraus die Lesart
M. Accii ableiten. Dagegen ist freilich der Einwand gemacht wor-
den, dass der Genitiv auf ii statt i zu jung wäre, als dass man
ihn dem Verfasser dieses Prologs zutrauen könnte. Ich werde in-
dessen später darzuthun suchen, dass der Prolog zum Mercator der
späteste unter allen ist, die sich zu den Plautinischen Stücken er- "
halten haben, und dass der Verfasser desselben weder die Aus-
drucksweise noch den Versbau des Plautus gekannt lat. Die beiden
Verse aber, um die es sich hier handelt, sind sogar in diesem Pro-
duct, wie Osann richtig bemerkt hat, ein Zusatz von noch späterer
Hand und können schon nach der Ankündigung, die in den beiden
‚ersten Versen . gemacht wird, keine passende Stelle in demselben
ι.
«Ὁ
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 271
finden, Dort nämlich sagt Charinus als Prologus, er wollte zwei
Dinge mittheilen, den Stoff des Stückes und seine Liebesgeschichte.
Mit keiner Sylbe erwähnt er den Vorsatz, auch von dem griechi-
schen Original des Stückes reden zu wollen, ein Gedanke, der auch
dem Charakter des ganzen Prologs fern liegt. Ich vermuthe, dass
irgend ein Grammatiker, der seine Gelehrsamkeit zeigen wollte,
diese Verse auf den Band schrieb, von wo sie denn auch an einer
höchst unpassenden Stelle in unsern Text gekommen sind und hierzu
veranlasst mich besonders die Incorrectheit des Ausdrucks, denn
der Autor sagt: Dies Stück heisst griechisch der emporus des Phi-
lemon, lateinisch der mercator des M. Accius, gerade als ob Phile-
mon und Μ, Accius zum Titel des Stückes gehört ‚hätten. Sollte
diese Annahme daher richtig sein, so würde der Genitiv auf ii nicht
nur erklärlich, sondern auch wahrscheinlich die einzige Form gewe-
sen sein, die der Autor dieser Verse noch kannte,
4) Wenn es uns nicht möglich war, für die Verbindung des
Vornamens von Plautus mit dem Zunamen desselben Anführungen
zu machen, die mit voller Sicherheit aus der Lesart der Hand-
schriften entnommen werden können, so ist dies um so mehr der
Fall bei der Verbindung des agnomen mit dem cognomen. Ohne
alle Abweichung geben die Handschriften bei Fronto epist. de orat. III.
p- 131 Nieb. die Worte: hoc genus verborum Accius Plautus, und
ebenso ‚sicher ist die Ausfüllung des Festus bei Paulus p. 239 M.
wo es heisst: unde et Accius poeta, qui Umber Sarsinas erat, a
pedum planitie initio Plotus, postea Plautus coeptus est dici. In Be-
zug auf diesen letzten Fall wird eingewandt, der Name Accius
hätte so ohne Weiteres nicht gebraucht werden können, ohne den
Dichter der Verwechslung mit dem gleichnamigen Tragiker anszu-
setzen, aber wie ist das an dieser Stelle möglich, wo ausdrücklich
gesagt wird, dass er ans Sarsina in Umbrien gebürtig gewesen und
den Beinamen Plautus bekommen habe? —
5) Alle drei Namen des Dichters endlich finden sich vollstän-
dig neben einander in dem Verzeichniss der Bücher bei Plinius
p. 54, 56 und 67 ed. Sillig. und an diesen Stellen geben die bes-
seren Handschriften ohne Ausnahme M. Accius Plautus, Nur eine
untergeordnete Pariser Handschrift hat das zusammengeschriebene
Maccius neben Plautas und dies ist in der T,hat die einzige Analogie
für das MACCI PLAUTI des cod. Ambrosianus. Hier tritt uns
nun die Bemerkung entgegen, dass Plinius in diesem Verzeichniss
seiner Quellen bei den dort citirten Autoren nicht mehr als zwei
Namen zu gebrauchen pflegt, woher denn Maccius Plautus wahr-
scheinlicher wäre, als M. Accius Plautus, aber wenn er dies that,
so geschah es ohne Zweifel, weil er die citirten Autoren damit
hinlänglich bezeichnet zu haben glaubte, so z. B..den M. Varro neben”
dem Varro Atacinus, den Atteius Capito neben dem Atteius Phi-'
lologus; da er aber von M. Accius, dem Komödiendichter, noch‘
einen andern Accius, den Verfasser des Praxidicus, unterscheiden
272 Ueber Vor-u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein, Stücke,
wollte, und überdies die Verwechslung mit L. Accius bei der be-
kannten Fahrlässigkeit der römischen Abschreiber sehr nahe lag,
so hielt er es wahrscheinlich für besser, den Namen Plautus hin-
zuzufügen, was nicht nöthig gewesen wäre, wenn der Dichter Mac-
‚cius hiess, Ebenso nennt er den Menander comoedus, um ihn
noch von zwei andern Autoren dieses Namens zu unterscheiden.
Dass Plinius sich vorgesetzt haben sollte, unter keinen Umständen
mehr als zwei Namen zu nennen, ist nicht glaublich, denn sonst
würde er dies nicht nur in seinem index, sondern auch in seinem
Werk selbst gethan haben, wo aber die Bezeichnung durch drei
Namen öfters vorkommt.
Es bleibt endlich noch übrig, von einem Missverständniss zu
sprechen, welches die Nennung des Accius ohne den Beisatz von
Plautus bei den Grammatikern des Mittelalters veranlasst hat. Diese
sind nämlich offenbar durch jenes unvollständige Citat, das wir
unter 2) mit Beispielen belegt haben, auf den Gedanken gekom-
men, dass es zwei Komiker gegeben habe, von denen der eine
Accius, der andere Plautus hiess. Daher sagt Isidor. origg. VIH, 7,7
p: 275: Duo sunt genera Comicorum, id est, veteres et novi. Veteres,
qui et ioco ridieulares existunt, ut Plautus, Actius, Terentius.
Novi, qui et satyrici, a quibus generaliter vitia carpuntur, ut Flaccus,
Persius, Iuvenalis. Dass man Actius hier nicht mit Plaatas zu einer
Person verbinden kann, zeigt der Gegensatz von drei zu drei.
Ebenso Euanthius de fab. Haec ‘cum artificiossime Terentius fecerit,
tum ülud est admirandum, ut comoediam scriberet et temperavit ef-
fectum, ne in tragoediam transiliret. Quod cum alüs rebus minime
obtentum et a Plauto et ab Afranio et Accio et multis fere magnis
Comicis invenimus. Man hat Atta statt Accio schreiben wollen, aber
offenbar mit Unrecht. Der Accius des Lucilius, Varro, Festus und
“Charisius wurde für die späteren Grammatiker zu einer besondern
Person, die man mit Recht für nicht geringer hielt, als Plautus
selbst. Auch diese Fälle sind in der Abhandlung de poet. Plauti
nom. nicht berücksichtigt.
Ich habe im Obigen ausgesprochen, dass die Zweifel an der
Echtheit der Plautinischen Komödien schon sehr früh bei den Rö-
mern aufgetaucht wären und mancher Leser mag sich gewundert
haben, dass man ein Menschenalter nach dem Tode des Dichters —
denn später kann der Prolog zu Casina nicht geschrieben sein —
schon nicht mehr gewusst haben soll, ob dies Stück dem M. Plautus
angehörte oder nicht, und doch ist dies nicht das älteste Beispiel
einer solchen Unwissenheit. Terenz konnte nicht einmal mehr an-
geben, ob der Colax, ein Stück, aus dem Plautus, Casina Ill, 1, 9
einen Vers anführt, und das seiner Zeit beliebt gewesen sein muss,
von Piautus oder von Naevius herrührte. Die Stelle ist merkwürdig
und verdient eine eingehendere Betrachtung, als ihr Parerg. p. 99
. Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 273
zu Theil geworden ist. Im Prolog zum Eonuchus kommen nämlich
nach der Lesart der meisten Handschriften folgende Verse vor:
Colacem esse Naevi et Plauti veterem fabulam:
Parasiti, personam inde ablatam et militis.
Si id est peccatum, peccatum imprudentia est
Poetae: non quo furtum facere studuerit,
Id ita esse vos iam iudicare poteritis.
Colax Menandri est, in ea est parasitus Colax
Et miles gloriosus: eas se hic non negat
Personas transtulisse in Eunuchum suam
Ex Gracca: set eas fabulas factas prius
Latinas scisse sese, id vero pernegat.
Der Widerspruch, in dem diese Worte mit dem Sachverhältniss
stehn, springt in die Augen. Dass Terenz die Personen des Para-
siten und des Soldaten, wenn er sie, wie Luscius Lavinius be-
hauptete, einem älteren römischen Dichter entlehnte, nicht aus ver-
schiedenen Stücken der alten Komödie genommen haben wird,
leuchtet ein und der Gedanke, als ob der Parasit aus einem Colax
des .Naevius, der Miles aus einem Colax des Plautus genommen
sei, welche beiderseits wieder auf einen Colax des Menander zurück-
zuführen wären, ist bei dem engen Zusammenhange, in dem diese
Personen im Eunuchus selbst mit einander stehn, von vorn herein
unwahrscheinlich. Gleichwol scheint diese Auffassung darch den
vorletzten Vers eine Bestätigung zu erhalten, denn der Dichter sagt:
set eas fabulas factas prius Latinas scisse sese, id vero per-
negat, woraus Osann geschlossen hat, dass es doch verschiedene
Stücke des Plautus und Naevius gewesen sein müssten, die Terenz
benutzt haben sollte, denn sonst würde er nicht den Plural ge-
braucht haben. _ Um diesen Widerspruch zu heben, stellt der Ver-
fasser der Abhandlung: die fabulae Varronianae des Plautus Parerg.
p: 99 die Vermuthung auf, Terenz hätte in den letzten Versen
geschrieben: ᾿
eas se hic non negat
Personas transtulisse in Eunuchum suam
Ex Graeca. set eas ab aliis factas prius
Latinas scisse sese, id vero pernegat,
so dass also an dieser Stelle gar nicht von Stücken, sondern von
den Personen des Parasiten und des Miles die Rede sein soll. Aber
diese Conjectur ist sprachlich nicht zulässig, denn Terenz sagt wol
faäcere fabulam aber micht fucere personam, sondern in diesem Fall
gebrancht er scribere. Ausserdem aber sicht man nicht ein, warum
der Dichter in dem ersten der oben angeführten Verse überhaupt
von einerh doppelten Colax, des: Plautus und des Naevius, spricht,
wenn er nur einen derselben benutzte, Würde'es nicht vollkommen
hingereicht haben zu sagen, dass es-ein altes Stück dieses Namens
νοῦ Plautus (oder, wenn er den Naevius ausgeschrieben haben
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd.XIX. Hft. 2. 18
274 Ueber Vor- u. Zupamen des Plautus’o. die Echtheit sein. Stücke.
sollte,. von Naevius) gäbe? Dies fühlte auch Bentley sel richtig
und schrieb daher: |
Colacem esse nemne Plauti veterem fabulam,
wobei er die Bemerkung macht, dass gerade in der Anführung eines
doppelten Colax von Plautus und Naevius eine Entschuldigung für
Terenz liegen würde, Denn wenn, wie es hierdurch wahrscheinlich
werden kann, Plautus den Naevius nachahmte, wie konnte man
ihm dann zum Vorwurf machen, dass er den Plautus nachahmte? —
Freilich ist bei dieser Lesart das folgende set eas fabulas gar nicht
berücksichfigt und darin liegt ihre grösste Schwäche,
Die richtige Ansicht der ganzen Stelle kann man nur gewin-
nen, wenn man auf die ältesten Manuscripte zurückgeht. Im cod.
Bembinus nämlich fehlt das et zwischen Naevi und Plauti gänz-
lich und ebenso im cod. Coll. Corp. Chr. bei Bentley, wenn schon
es der letztere vielleicht nur ans Versehn ausgelassen hat. Dass
man es aber nicht früher findet, als im Vatic. und Reg. Paris,, ist
"ein deutlicher ‘Beweis dafür, dass es von Calliopius berrährt, der
hier eine verbindende Partikel vermisste und daher, unbekümmert
um den Sinn der Stelle, et einschaltete. Mit grösserem Recht aber
wird man mit Bothe (Ausg. v. Jahr 1806) und Loman spec, crit.
p- 83 aut zu lesen haben. Terenz hatte nämlich, und hierin lag
offenbar der stärkste Beweis für seine Unschuld, so wenig Kennt-
niss von dem altrömischen Colax, den er ausgeschrieben haben sollte,
dass er nicht einmal wusste, ob er von Plautus oder von Naevius
herrührte. Daher sagt er: τὺ N
Colacem esse, Naevi aut Plauti veterem fabulam
und indem er später auf dasselbe Stück zurückkommt, gebraucht
er nicht die prosaische Wendung, die man erwarten sollte: set eius-
modi fabulam factam prius Latinam, sondern eine ungleich stärkere
poetische, indem er, um seine Unwissenheit recht praegnant hervor-
zuheben, den Plural gebraucht, und sagt: set eas fabulas factas prius
Latinas scisse sese, id vero pernegat, ἃ. ἢ. dass ein solches Stück, es
mag nun herrühren, von wem es will, im Lateinischen schon
existirt, dies zu wissen lengnet er.
Hieraus folgt nun beiläufig, dass diejenigen, welche aus dieser
Stelle geschlossen haben, es hätte einen doppelten Colax. im Römi-
schen gegeben, ein Stück dieses Namens von Naevius, und ein
anderes von. Plaufus, im Irrthum sind, aber sie irren auch mejnes
Erachtens ἰ der ganzen Thatsache. Allerdings wird von einigen
alten Schriftstellern der Colax des Plautus angeführt, von andern
der des Naevius, aber Niemand nennt meines Wissens keide neben
einander, noch sind die Fragmente der Art, dass sie nicht in BKinem
Stück gestanden haben könnten. Wahrscheinlich wird sich daher
die Uswissenheit, in. der sich schon Terenz befand, späterhin nicht
aufgeklärt baben und ein Theil der Autoren vindicirte es dem Naevius,
ein anderer dem, Plautus. Sollte .es aber auch wirklich zwei Stücke
dieses Namens von diesen beiden Dichtern gegeben haben, sp. wäre
= Yon: Prof. Dr. Geppert zu Berlin, ° ᾿ 275
die Annahme, als ‘ob bier oder irgendwo eine Umarbeitung des
älteren Stückes durch den jüngeren Dichter stattgefunden hätte,
ebenso‘ unbegründet. Diese Ansicht stützt sich allerdings auf die
Meinung des Gellins' — denn ich finde kemen Grund zu glauben,
däss er hier die Worte des Varro wiederholt —, welcher es IHl, 8, 13
als unzweifelhaft ansah, dass Plautus alte Stücke bearbeitet. hätte:
ste ist aber offenbar nur dadurch entstanden, dass man sich zu sei-
ner ‘Zeit die Anzahl von 180 Piautinischen Komödien nicht anders
erklären konnte, 'denn wenn es anders, 'wie ans dem Prolog zum
Eunachen erhellt, für Diebstahl angesehn 'wurde, wenn man einzelne
Rollen, die bereits in früheren Stücken auf die Bühne gekommen
waren, nochmals wiederholte, um wie viel mehr musste dies nicht
mit ganzen Stücken der Fall sein? In dieser ganzen Angelegenheit
scheint bei den Römern das Rechtsgefühl, vielleicht zum Schaden
der Sache, vorgewaltet zu haben. Ein griechisches Stück war res
nullius: jedermann hatte das Recht, es in Beschlag zu nehmen and
zu seinem Vortheil zu verwenden. Nachdem aber das so occupirte
Stück ganz oder theilweise über die Römischen Bretter gegangen
war, stand es Niemandem frei, dasselbe, und selbst, wenn er es
verbessert hätte, so weit es‘ schon benutzt: war, noch einmal zu
bearbeiten und vorzuführen. Dies würde man- als eine Beeinträch-
tigung des ersten Besitzers angesehn haben, ganz davon abgesehn,
dass das Theater-Publicum sich für die blosse Veränderung der Form,
und wenn es auch eine Verbesserung war, wol nicht interessirt haben
würde, Daher hat Terenz im vorliegenden Fall, wo er 'schon da-
gewesene Personen des Römischen Theaters benutzt haben soll, nur
die’ Entschuldigung der Unwissenheit: dagegen war er vollständig
in seinem Recht, als er eine Stelle aus den Συναποθνήσκοντες .des
Diphilus, die Plautus in seinen Commorientes nicht benutzt hatte,
nachträglich als sein Eigenthum beanspruchte und in seine Adelphi
verflocht; s. Prolog zu Adelph. v. 8. ᾿
Der Prolog zum Eunuchus, der bei der ersten Aufführung des
Stückes gesprochen wurde, fällt spätestens in’ das Jahr 592, wo
unseres Wissens das Stück zum ersten Mal gegeben ist, also 23 Jahre
nach dem Tode des Plautus. Die’ Folgezeit beschäftigte sich ange-
legentlich mit der Frage nach der Echtheif.der Plautinischen Ko-
mödien und die Grammatiker 'verfertigten ihre indices,’ aus denen
sie die unechten Stücke’zu entfernen suchten, So reducirte L. Aelius
Stilo, der ‘Lehrer des Varro, die Zahl der von ihm anerkannten’
Komödien anf 25: dass man aber hierbei selbst mit grösserer Strenge
zu Werk gegangen ist, als "Terenz, beweist das Urtheil- des L.’Ac-'
cius, der in seinen Didascalicis sogar die Commorientes’ für unecht
erklärte, ein Stück, welches Terenz im Prolög Zn den Adelphi als
ganz unzweifelhaft hinstelt. Ausserdem bestritt er auch die Eicht-‘
heit von Gemini lenones, Condalium, Boeotia, Agroicos, Anus und
Bis comptessa (Gell.' IT, "55 6), Stücke, die doch von ‘Andern für
plaufinisch‘ gehalten sein müssen, aber dur in Bezug auf die beiden
18
“ 4
x “"
976 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke.
zuletzt genannten, Anus und Bis compressa, scheint man ihm all-
gemein beigetreten zu sein — wenigstens werden sie von Späteren
überhaupt nicht mehr genannt und scheinen vergessen zu sein —
die Boeotia erklärte Varro aus sprachlichen Gründen fir echt, Con-
dalium führt er, ohne ein Bedenken zu äussern, öfters als ein
Stück des Plautus an, Agroicos wird wenigstens von Nonius unter
dem Namen des Plautus citirt und Gemini lenones von Priscian,
woraus man wenigstens schliessen kann, dass es ursprünglich einen
Agroicos und ein Stück Gemini lenones von Plautus gegeben haben
mag, wenn auch Nonius und Priscian vielleicht nur Nachbildungen
vor sich hatten. τς
Ein neuer Versuch, die Echtheit der Planutinischen Stücke Ζι
bestimmen, ging von Varro aus. Er sonderte zunächt 21 Stücke
aus, die, wie Gellius Ill, 3, 3 sagt, nicht zweifelhaft waren ἀπ}
nach dem übereinstimmenden Urtheil Aller für plautinisch gebalt: n
wurden, dann aber erklärte er noch einige andre für echt, w il
sie ihm der Sprache und dem ‘Geist nach plautinisch zu sein sch'e-
nen, trotz dem, dass dieselben unter dem Namen andrer Dichter
überliefert waren. So z. B. die von Accius verworfene Boeotia, die
man für ein Stück des Aquilius hielt, die Varro aber dennoch dem
Plautus zuzuschreiben kein Bedenken trug.
Was die erste Klasse, die besonders so genannten fabulae
Varronianae angeht, die „nach dem Urtheil Aller‘‘ feststanden,, so
werden das, wie ieh glaube, vorzugsweise die mit der Ueberschrift
M. Plauti versehenen Komödien gewesen sein, die über jeden Zwei-
fel erhaben waren, dieselben 21 Komödien, die sich in unsern Hand-
schriften des Plautus erhalten haben, und wenn sich der Saturio
und Addictus nicht unter denselben befinden, trotzdem, dass Varro
über ihre Echtheit nicht in Zweifel sein konnte, da er nach Gel-
lius 1{Π{, 8, 14 sogar wusste, wann und wo Plautus dieselben ge-
- schrieben hatte, so ist der Grund wahrscheinlich der, dass sie zur
Zeit des Varro nicht mehr vorhanden waren. Er selbst gedenkt
ihrer nirgends und wenn Festus einige Verse aus dem Saturio an-
führt, so konnte er sie leicht älteren Grammatikern nachcitiren.
Dass Varro aber, wie der Verfasser der Abhandlung: die fabulac
Varronianae, Parerg. p-122 behauptet, neben der ersten Klasse,
die von Andern für sicher gehalten wurde, noch eine zweite an-
genommen habe für Stücke, die er aus subjectiren und objectiven
Gründen für sicher hielt, geht weder aus den Worten des Gel-
lius hervor, noch ist es an und für sich glaublich, denn da er die
Komödien noch in der Handschrift selbst vor sich hatte, so wird
er sich auch bei der Constituirang der ersten Klasse nicht von dem
Urtheil früherer Grammatiker, sondern von allgemein bekannten
Erkennungszeichen abhängig gemacht haben. .
Die folgende Angabe des Gellius, dass Varro im Ganzen mehr
Stücke als diese 21 für plautinisch gehalten habe, bestätigen, wie
es auf den ersten Anblick scheint, seine Schriften, denn er führt
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 277
selbst im Ganzen aus 26 Komödien unter dem Namen des Plautus
Verse an, darunter aus 14, die uns erhalten sind, — von der
faeneratrix nennt er nur den Namen, so dass man nicht weiss, ob
er sie noch vollständig in Händen hatte, — und hierin könnte man
eine Uebereinstimmung mit «den Worten des Gellius finden, nach
dem Varro ausser den 21 Komödien noch „einige andere‘. ange-
nommen hat, aber dann müsste man glauben, dass Varro in den
uns erhaltenen Büchern alle Komödien des Plautus angeführt hätte,
die er gelten liess, und dass er, was- noch nunwahrscheinlicher ist,
von den uns überlieferten Komödien den dritten Theil für unecht
hielt. Er scheint daher in seiner Bezeichnung jener von ihm als
plautinisch angegebenen Komödien zum Theil nur der Tradition
gefolgt zu sein, ohne seine Kritik dabei in Anwendung zu bringen,
Das subjective Urtheil des Varro und seine Bezeichnung eines
Stückes als plautinisch ist .daher für die Folgezeit ebenso wenig
bindend gewesen, wie das Urtheil des L. Accins für Varro. Wenn
er selbst de 1. |. p. 266. Sp. bemerkt, dass Andere die Boeotia für
ein Stück des Aquilius hielten, so kann er damit freilich den L.
Accius "und seine Vorgänger gemeint haben ; dagegen wurde Astraba,
die er unter dem Namen des Plantıs anführt, von Gellius XI, 7, 5
bezweifelt und von Nonius p. 70 mit solcher Entschiedenheit ver-
worfen, dass derselbe deshalb nicht einmal einen Vers daraus an-
führen will. Ganz ebenso ergiog cs der Nervolaria, die Gellius III,
8, 6 ebenfalls, trotz dem, dass sie Varro als plautinisch bezeichnet,
unter die incertae stellt: Um so mehr .aber fand das Beispiel des
Varro, der allein aus stilistischen Gründen die Anzahl der plau-
tinisehen Komödien selbst durch solcha Stücke vermehrt hatte, die
onter anderm Namen überliefert waren, Nachahmung. Schon Ser-
vius Claudius traute sich zu, nicht einmal von ganzen Stücken,
sondern von einzelnen Versen bei dem blossen, Anhören derselben
beartheilen zu können, ob sie von Plautus herrührten oder nicht.
Cicero ad div. IX ep 16. Favorinus brach, als man die Nervolaria
las, bei einem Verse derselben in die Worte aus: „Schon dieser
Vers allein würde genügende Bürgschaft dafür sein, dass das Stück
von Plautus 151 [6 (Gell, III, 3, 6) und Gellius selbst zweifelte bei
dem Durchlesen eines Stückes mit dem räthselhaften Titel fretum,
das ausser ihm Niemand kennt, nicht im Entferntesten daran, dass
die Komödie von Plautus sei und zwar omnium marime genuina (δ. 7.)
vergl. Macrob. Sat. II,’1.
Wer sich jemals darauf eingelassen hat, aus subjectiven Grüs-
den die Autorschaft bei irgend einem Kunstwerk festzustellen, wird
wissen, welchen Täuschungen man dabei ausgesetzt ist. Sie sind
nicht geringer, als wenn man den Wein mit verbundenen Augen
kostet. Es ist daher gar nicht zu verwundern, «ass man sich über
den Verfasser eines zweifelhaften Stückes nicht einigen konnte, noch
weniger aber, dass von Leuten, die weder kritisches Talent noch
kritische Bildung hatten, eine Menge von Stücken für plantinisch
278 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke.
erklärt wurden, die auf diesen Namen nur geringe ‚Ansprüche
haben mochten. Schon zur Zeit: des Varro existiten, wenn er an-
ders die uns bekannten 21 Komödien in Händen hatte, über 40
Stücke, die man unter dem Namen des Plautus verbreitete oder
mindestens kannte.. Dies waren ausser unsern 21: Anus, Bis com-
pressa, Gemini lenones, Condalium, Boeotia, Agroioos, Commo-
xientes, die zwar von I. Acceius verworfen aber aum Theil von
Späteren wieder angenommen wurden, Addictus, Astraba, Cojax,
Faeneratrix, Frivolaria,, Fugitivi, Nervolaria, Pbagon, Parasitus
piger, Saturio, Sitellitergus und ein räthselltaftes Stück wit dem
wahrscheinlich. corrumpirten Namen Cesistie, die :Varro. selbst an-
führt. Die. Gornicularia, die: Varro eher dem. Naevius als dem
Plautus zuzuschreiben scheint, wird. wenigetens.von Nonius unter
dem Namen. des Letzteren citirt. Festus bringt noch 4 neue Stücke
bei, von denen man bis dahin nichts erfahren hat: Artemo, Car-
konaria, Dyscolos und. Hortulys, Gellius erklärt dje Komödie Fre-
tum für plautinisch und citirt die Trigemin;, die ausser ihm Nie-
mand kennt. Zugleich aber berichtet er uns, dass man zu, seiner
Zeit 130 Komödien ‚unter dem Namen des Plautus verbreitet hätte,
während Servins im Anfang seines Kommentars zur Aeneide die
stufenweise Vermehrung dieser Stücke von der Zeit des Varro: an
bis etwa zu der des Verrius Flaccus anzudenuten, scheint, indem er
sagt, einige hätten dem Plautus 21 Komödien zugeschrieben, an-
dere 40, andere 100, denn wenn anders Gellius, wie Parerg. p. 108
mit starker Betonung behauptet worden ist, auf die Angabe
des Varro hin hätte sagen wollen, dass man schon zur Zeit des
Varro 130 plautinische Komödien angenommen hätte, so würde er
nicht von der oratio indirecta in die directa übergegangen sein: er
würde, nachdem er begonnen hatte: In eodem Libro Μ, Varronis id
quoque scriptum est, ei Plautium fuisse quempiam comoediarum poe-
tam, fortgefahren sein: ferri autem sub Plauti nomine comoedias
circiter cenlum et triginta, Da er aber statt dessen sagt: Feruntur
autem, und weiterhin: neque tamen dubium est, so folgt hieraus
meines Erachtens deutlich, dass er von seiner Zeit und seiner Mei-
nung spricht, nicht von. der des Varro.
Trotz dieser schrankenlosen Vermehrang plautinischer Stücke
aber. scheint doch auch zur Zeit des Gellius ihre Anzahl noch nicht
abgeschlossen zu sein und die späteren Nachfolger des Varra liessen
sich ebensowenig wie die früheren das Recht nehmen, plautinische
Stücke zu creiren, die zum Theil vielleicht sehr trüben Ursprungs
waren, Macrobius tritt mit zwei neuen Stücken hervor, Calceolus
und Baccaria, Nonius mit Acharistio und Plociaum (wobei wir gei-
nen Tiberius auf sich beruhn lassen), Priseian mit einem Lipargus
und Charisius mit einem Stück Caecus aut-Praedones, Merkwürdig
siad bei diesen Anführungen besonders zwei Dinge: erstens‘, dass
kein noch so später Grammatiker auftritt, der nicht eine Kenntniss
von plautinischen Stücken mitbringt, die man bei seinen Vorgängern
N
Von Prof. Dr. Geppert zg Berlin, 279
noch nieht genannt findet, was mit dem sonstigen Verlauf der Dinge
ia Widerspruch steht. Denn während man in allen andern Zwei-
gen der klassischen Litteratur bei den älteren Grammatikern eine
ausgebröitetere, bei den jüngeren eine mehr compendiöse Kenntaiss
findet, so nimmt bei den plautinischen Komödien ihre Anzahl fort
während zu. .Zweitens, dass jeder ven ibnen seinen eiguen Neben-
kreis von plautinischea Komödien hat, den er meistens ganz allein
kennt, ‚denn mit Uebereinstimmung werden nur die, uns erhalthen
21 eitirt. Daraus scheint deutlich hervorzugehn, dass im Lauf der
Jahrhunderte &ine Menge von Nachbildungen plautinischer Stücke
gemacht sein müssen, die binterher von unkritischen Grammatikern
für echt ausgegeben worden. Dass sich dies aber wirklich so ver-
halten, und dass es an solchen Nachbildungen nicht gefehlt hat,
geht deutlich aus dem Beispiel des Verginius Romanus hervor, von
dem Plinius epp. VI, 21 schreibt: ‚Seripsit comoedias, Menandrum
aliosque aelatis eiusdem aemulatus. Licet has inter Plautinas
Terentianasque numeres. " ᾿
N
- Was nun schliesslich die uns erhaltenen 21 ‚Komödien angeht,
so kann es Niemandem entgehn, dass nicht Alles, was. die Hand-
schriften unter dem Namen des Plautus überliefern , von ihm her-
rührt. . Zum Poenulus haben wir einen‘.doppelten Schluss, wie zur
Andria des Terenz, —. nur eine-der beiden Scenen, die dort neben
einamder stehn, ‚scheint vom Dichter zu sein, die andere ist sicht-
lich eine Umarbeitung son anderer Hand — der Prolog zu Casina
ist, .wie‘ aus: dem Jahalt desselben hervorgeht, erst ein Menschen-
alter nach der -etsten Aufführung des Stäckes und nieht mehr bei
Lebzeiten des Dichters geschrieben, der Prolog zu den Menaechmen
fällt, wie'es scheint, ‚in: eine Zeit, wo man schon gewohnt war,
dramatische Werke öffentlich: vorzalesen: daher die Worte: adporto
vobis Plautum lingua, non manu, ja, wenn wir den Anführun.
gen alter Grammatiker und der Auctorität junger Handschriften
tranen dürften, so müssten wir selbst die versificirten Argumente,
weiche den einzelnen Stücken vorangehn, dem Plautus zuschreiben,
denn Donatus zu .Andr, II, 5, 4 führt eine Wendung aus dem
argumentum zu Asinaria v. 3 unter dem Namen des Plautus an und
im .cod. Vratisl. hat das argumentum acrestiehon zu‘ Aulularia den
‚Titel: argumentum verum Plauti zur Unterscheidung von dem ari-
dern daneben stehenden, welches argumentum non Plautinum ge-
nannt wird. -(Linge de hiatu p. 21 Anm.) Dies Alles macht uns
däranf: aufmerksam, dass wir es in den plautinischen ‚Handschriften
mit einer ungleichartigen Masse za tkun haben, die der kritischen
Sichtung noch gar: sehr bedarf. - Tr
Was zunächst die Prologe. angelit,: so sind sie mit ge-
singen Ausnahmen, die man auch nur einstweilen dahin gestellt sein
liess, in neuester Zeit sammt und sonders für: unetht erklärt we
280 Ueber Vor- u. Zanamen des Plautus u, die Echtheit sein. Stücke.
den (S. ἔχουν Ill zu der Abhandlung: die fabulae Varronianae
Parerg. p: 180.) Prüfen wir die Gründe! — Der Prolog zu Poe-
nulns soll namentlich deshalb unecht sein, weil das Stück in dem-
-selben eine Umtaufe erhalten haben soll. Während es allgemein
Poenulns heisst, soll es bei Gelegenheit einer späteren Aufführung,
bei der der vorliegende Prolog 'gesproohen wurde, den Namen
patruus Pulliphugorides bekommen haben und dieser Umstand eben
soll es sein, der wieder die sicherste Gewähr dafür gibt, dass der
vorliegende Prolog nicht von Plautus herrührt, der ihm ja ursprüng-
lich einen andern Namen gab. — Aber diese ganze Annahme stützt
sich auf eine sehr zweifelhafte Emendation. Die Handschriften
geben nämlich (mit (der geringen Abweichung platus stadt. autus)
v.53 u.54 °
᾿ Carchedonins vocatur haec comoedia,
Latine Plautus patruus pultiphagonädes.
Da das Plautus im zweiten Verse gegen den Sinn ist, und aller-
dings graece vor latine ausgefallen .zu sein scheint, so hat schon
Loman spec. crit. p. 66 im zweiten Vers geschrieben:
Graece, Latine Patruus pultiphagonides.
Aber wer sollte wol jemals darauf gekommen sein, den Hanno,
denn ein Anderer kann doch mit diesem Namen nicht gemeint sein,
in unserm Stück patruus Puitiphagonides zu nennen, -da in der
ganzen Komödie nicht vom Pulsessen die Rede ist? oder, wenn
man das Wort ganz allgemein und für. pultiphagus nehmen will, wie
sollte der Poenulus jemals den Titel des „nichtgriechischen Onkels“
haben bekommen können? Schon ältere Interpreten haben bemerkt,
dass dies Epithet nach Analogie des opifex pultiphagus' Most. Ill,
2, 144, weit eher dem Plautus zukäme als dem Hanno, Und
welchen Zweck sollte der Prolog überdies gehabt ‚haben, dem Publi-
cum ein allbekanntes plautinisches Stück unter einem ganz fremden
und zumal unpassenden Titel vorzuführen? etwa nur, um, wie es
Parerg. ἢ. 206 heisst, „ein harmloses Spiel mit Namen‘‘ zu trei-
ben? — Offenbar haben wir in v. 54 die Trümmer mehrerer Verse
vor ns, die in einen zusammengezogen sind, was bei Plautus öfters
vorkommt. Allerdings ist ein Graece vor. Latine ausgefallen, aber
darauf folgte ohne Zweifel der Name des römischen Stückes und
pultiphagonides gehört mit Plautus zusammen, der als römischer
Dichter dem griechischen gegenüberstand. Wenn irgend eiwas in
dieser Stelle unecht ist, so ist es das Wort patruus.
Nehmen wir aber auch an, das Stück habe darch irgend eine
uns anbekannte Veranlassung diesen sönderbaren Namen erhalten und
die von Loman gemachte Emendation sei richtig, so würde der
Fall darum noch immer vereinzelt stehn, denn weder hat mian bei
nochmaligen Aufführungen plautinischer Stücke den Namen derselben
verändert, noch haben Plautus und Terenz, wenn sie .dies bei ihren
Umarbeitungen aus dem Griechischen thaten, verfehlt, darauf be-
sonders aufmerksam za machen und ihre Motive für die Abweichung
‘ Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 281
anzugeben. Für den ersten Fall ist Casina angeführt worden, wo
es im Prolog v. 80 heisst:
Clerumenoe vocatur haec comoedia
‚Graece, Latine Sortientes.
Dass aber in der That Sortientes nicht der Name des Stückes,
sondern nur die Uebersetzung von xAngovusvor ist, geht, wie Osann
bereits bemerkt bat, aus der Vergleichung von Mil I,1,8u9
hervor, wo es heisst:
" Huic Graece Alason nomen est comeediae:
ld nos Latine gloriosum dicimus.
Gerade so wie Cicero Tusc: Ill, 27 gelegentlich den Heauton-
timorumenos des Terenz ipse se poeniens nennt, womit er. doch
eine Umtaufe nicht beabsichtigt haben kann, sondern nur eine Ver-
deutlichung des Titels für diejenigen, die bei dem griechischen Wort
nicht gleich an die römische Uebersetzung und die Tendenz des
Stückes dachten. Fär den zweiten Fall, wo wirklich eine Umän-
derung des griechischen Namens stattfand, sind besonders die Pro-
loge zu Triaummus und Phormio merkwürdig. Im ersten heisst
es v. 18-—21:
Huic Graece 'nomen est thesauro fabulae.
Philemo scripsit: Plautus vortit barbare.
Nomen Trinummo fecit. Nunc vos hoc rogat
Ut liceat possidere hanc nomen fabulam.
(Im letzten Vera schreiben spätere Bücher hoc st. hanc.) Im Prolog
zum Phormio sagt Terenz v. 24 ff.
adporto novam
‚Epidicasomenon quam vocant comoediam -
Graece, Latine Phormionem nominant:
Quia primas partis qui aget, is erit Phormio
Parasitus, per quem res geretur marime.
So würde anelı der Prolog zum Poenulus,. wenn er eine Umän-
derung im Titel .des- Stückes beabsichtigt hätte, gewiss dem Publi-
cum seine Gründe dafür angegeben haben.
Es ist aber noch ein anderes Argument gegen die Echtheit
des Prologs zum Poenaulus geltend gemacht worden und dasselbe
soll auch die :Unechtheit der Prologe zu Amprhitruo und Captivi
erweisen. In allen: dreien ist nämlich offenbar auf feste Sitzplätze
der Zuschauer Bezug genommen, namentlich werden die designatores
erwähnt, welche die Zuschauer dorthin führen und die conquistores,
die sie dort aufsachen sollen. Im Prolog zu den Captivi hat ein
zu spät gekommner Zuschauer keinen Platz gefunden und muss
deshalb stehn. Daraus hat man geschlossen, dass diese Prologe in
eine Zeit fallen, wo die Behörden mit geringerer Strenge gegen
das Theaterpublicım verfahren wären und ihm das Sitzen erlaubt
hätten. Aber ich weiss nicht, mit welchem Recht man dem Theater
des Piautus eine solche Einrichtung absprechen will. Dass die
Zuschauer zu seiner Zeit grösstentheils gesessen ‘und nicht ge-
382 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus a. die Echtheit sein. Stücke.
standen haben, geht aufs Unzweidenfigste aus den Stücken selbst
hervor. Mil. II, 1, 3 heisst es: Qui auscultare nolst, expergat
(codd. exsurgat) foras, ÜUt sit, uhi sedeat ille, qui auscultare volt.
Nunc, qua adsedistis causa in .festiwo loco, εἰς. : Poen. V, 4, 54
sitiunt, ‘qui sedent, Δα]. IV, 9,:6 sedext, quasi sint frugi. Epid. zum
Schluss: Zumbos surgite atque exporgite (nach dem cod. Anibr.)
Sollte man unter solchen Umständen nicht aunehmen . dürfen, dass
auch unter den Sitzplätzen eine gewisse Ordnüng - stattgefunden
hätte? Wenn, wie man’ behauptet hat, jeder stand und sass, wo
er gerade seinen Platz nehmen wollte, so wärden die Stehenden,
wenn sie sich. vor die Sitzenden stellten, diesen jedenfalls die Aus-
sicht auf die Bühne genommen haben; wenn aber die Plätze, wie
es scheint, nicht numerirt waren, 'so waren allerdings ‚designateres
nöthig, die den Einzelnen ihre Plätge.. anwiesen und es ist dies,
wie die Nennung. der 'subsellia der beste Beweis, «dass eine grie-
chische Einrichtung des Theaters ‚noch nicht stattfand, denn die in
demselben herrschende Ordnung war so. in die Augen fallend, dass
man Beamte dieser Art nicht bedurfte und daher. auch nirgend ge-
nannt findet. Dass sich aber die Zuschauer im plautinischen T.hea-
ter ihre Sessel selbst mitgebracht und nach Belieben ‚placirt hätten,
ist eine Annahme, die sich durch nichts erweisen lässt. Ich kann
daher in diesen Umsfänden nichts finden, was: mich an der Echt-
heit dieser. Prologe zweifeln liesse, . Sa schwer nun allerdings auch
der Beweis zu führen sein-möchte, dass sie unmittelbar von Plau-
tus herrühren, so werde ich doch später nachweisen,: dass gerade
der Prolog zum Poenulus im Alterthum wenigstens für echt ge-
halten sein muss, denn sonst würde man iha nicht nachgeahmt
haben,
Gegen die Prologe zu Asinaria, Menaechmi, Mercator ; Pseu-
“ dolus, Trinammus nnd Trucnlentus ist geltend gemacht worden,
dass der Dichter darin nicht.wie in denen des 'Terenz schlechthin
poeta, sondern bei seinen Namen genannt wird. Was dies Ar-
gument in den Prologen, wo derselbe schlechthin Plautus heisst „‚ent-
scheiden‘ soll, weiss ich nicht. Wenn aber der Vertheidiger dieser
Meinung Parerg. 236 dabei die Ansicht ausspricht,,.. dass es aller-
dings nicht schwierig sei, im Sprachlichen und Mettischen in diesen
Prologen einzelne Eigenheiten. oder Unregelmässigkeiteni im. Gegen-
satz zu plautinischer Gewohnheit aufzuzeigen, dass aber düch. jeder,
der sich in Rom zur Abfassung eines :solchen Prologs hergegeben,
die sehr einfache und gewohnte Kunst verstanden habe, regelrechte
Senare zu bauen, und dass diese Regeln durchaus keine
andern gewesen wären, als die auch. für Plautus gel-
tenden (Parerg. p. 236), so 'scheint er mir dadurch in deppelten
Widerspruch zu treten, einestheils mit sich selbst, da es Parerg.
p: 595 sehr richtig heisst, ‚‚Jass Verse, wie sie Plautus und Terenz
gemacht hätten, von den Genossen eines späteren Zeitalters nicht
‘mehr hervorgebracht wären, ja dass diese trotz ulles Bomühens schon
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 288
früh jene Kunst verlernt hätten,‘“ anderntheils-mit der Sache, da
alte und neue Grammatiker keine Elisionen bedurft hätten, wenn
die Verse des Plautus und Terenz nach ihren Regeln abgefasst ge-
wesen wären. Gerade dieser Punkt scheint mir für die Beurthei-
Iung der Echtheit von höchster Wichtigkeit, ob man nämlich. die-
jenigen Abweichungen vom regelrechten Gange des Verses bemerkt,
die sich Plautus und Terenz gestattet haben, oder nicht. Hat der
Autor seine Verse durchaus nach dem Schema der Grammatiker ge-
baut, so darf man überzeugt sem, dass es weder Plautus noch
Terenz war; ist er über die Schranken, die sich jene gestellt haben,
hinausgegangen, ebenfalls. Um von dem ersten Fall nur ein Bei-
spiel anzuführen, so wird man einen grossen Unterschied zwischen
den Versen des Terenz und denen des Sidonius Apollinaris finden,
die jenen Komödien vorangestellt sind: während jene sehr häufig
vom Schema des Priscian abweichen, thun es diese. niemals, der
offenbare Beweis des späteren Ursprungs, selbst wenn kein äusseres
Zeichen vorhanden wäre. Dieselbe Erscheinung werden wir auch
bei pseudoplautinischen Versen wahrnehmen; doch zuvor will jch
von den Prologen sprechen, die in ihrer Anlage und ihrem ganzen
Bau die Nachahmung verrathen, so dass man schon hieraus auf
ihre Unechtheit schliessen kann. Dabin gehören zunächst die zu
Asinaria und Menaechmi.
Der Prolog zu Asinaria lautet, wenn man den Text von den
Verderbnissen befreit, welche Glossatoren und Abschreiber über ihn ᾿
gebracht haben, folgendergestalt:
Hoc agite sultis, spectatores, nunc iam,
Quae mihi quidem atque vobis res vortat bene
Gregique huic et dominis atque conductoribus.
Face nunc iam tu, praeco, omnem auritum poplum.
5 Age nunc reside: cave modo ne gratüs.
Nunc quid processerim huc et quid mihi voluerim
Dicam, ut sciatis nomen huius fabulae,
Nam quod ad argumentum adtinet, sane breve est.
Huie Graece nomen est Onago fabulae:
10 Demophilus 'scripsit, Marcus vortit barbare. .
Asinariam volt esse, si per vos licet.
Inest lepos ludusque in hac comoedia.
Ridieula res est: date benignam operam mihi.
* *
*
Ut vos item ut aliag, pariter nunc Mars .adiuvet, .
V.2 geben die Handschriften: quidem mihi v.4 iam tu nunc =. 7
sciretis statt sciatis. Auf v.7 folgen die Worte: nunc quad me dixi
velle vobis dieere, dicam, die offenbar eine Paraphrase zu v. 6 sind:
nunc quid ‚processerim huc et quid mihi voluerim, dicam, und hier-
durch ist-v. 9 in Unordnung gerathen, der in den Handschriften
die Wortfolge hat: huic nomen graece Onagost. Nach v. 18 ist
eine Lücke, in der, wie es scheint, die versprochne kurze Inbalts-
284 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke.
angabe des Stückes gemacht wurde, Im letzten Vers fehlt ut vor
alias in den Händschriften,
In diesem ganzen Stück stehn wenig Gedanken, die man nicht
an andern Orten bei Plautus besser gesagt fände, ‚wie z.B. die
Wendung Nune quid processerim huc ganz deutlich an Rud, prol. 31
Nunc huc qua caussa veni, das date benigne operam mihi an Mil. Il,
1, 2 si ad auscullandum vostra aderit benignitas und der Schluss-
vers an Cist. I, 3, 49 Vincite virlute vera, quod fecistis απ ας
erianert. Doch vollständige Plagiate haben aus den Prologen zu
Poenulus und Trinummns stattgefunden. Daher sind νυ. 4 u. 5 ge-
nommen, die, mit geringer Abänderung im Poenulus prel. 1 0.15
lauten:
‚Exsurge,. praeco, fac populo audientiam.
Age nunc reside, .duplicem ut mercedem feras.
und v.9 bis 11, die aus Trinummus prol. 18—21 genommen sind:
Huic Grasce nomen est thesauro fabulae:
Philemo scripsit: Plautus vortit harbare.
Nomen Trinummo fecit: nunc vos hoc rogat
Ut liceat possidere hance nomen fubulum.
Somit sind denn von diesen 14 Versen höchstens 6, die der Ver-
fasser ohne nachweisbares Muster gemacht hat. Beachtet man aus-
serdem, dass er, wie oben berrits bemerkt wurde, offenbar nicht
ohne Absicht den Dichter Marcus ποδί, so wird man, glaube ich,
an der Unechtheit des Prologs nicht zweifeln können, .
Der Prolog zu den Menaechmen ist so vollständig nach dem
Muster des Prologs zum Poenulus gemacht, dass man ihn nicht nur
- zum Theil als Kommentar benutzen, sowdern sogar aus jenem
emendiren kann.
So erinnert gleich v. 14 nunc argumentum vobis demensum dabo
dem Gedanken nach an Poen, prol. 56 argumentum hoc hic cen-
sebitur.. Ferner die. Wendung in v. 45—46 Propterea illius nomen
memini facilius Quia Ülum clamore vidi flagitarier an Poen. prol.
62—63 Propteres apud vos disco confidentius Quia mihi pollinctor
dirit, qui eum pollinzerat. Dem Worte nach stimmen noch genauer
ν. 60 ff. Adoptat iülum puerum surrepticium Sibi filium — Humque
heredem fecit, quom ipse obüt diem mit Poen. prul. 7677 eumque
adoptat sibi pro filio Eumque heredem feeit, quom -ipse .obiit diem.
Ebenso v. 68 Is εἰς habitat geminus surrepticius mit Poen. prol, 78
Is üÜlic adulescens habitat in illisce aedibus. Endlich v. 69—71
Nunc ille geminus, qui Syracusis habet Hodie in Epidamnum veniet
(die Bücher haben venit) cum servo suo Hünc quaeritatum geminum
germanum suum mit Poen. prol. 121 Is hodie huc venjet reperietque hic
filias Et hunc. sui fratris filium. Die Worte: Haec τὸς Epidamnus
est, dum haec agitur fabula: Quando alia agetur, aliud fiet oppidum
v.72 u. 73 enthalten offenbar nur eine Erklärung von Poen. prol. 57
locus argumento est suum sibi proscenium, ein Vers, der dort nicht
an seiner Stelle ist, sondern auf v. 49 folgen muss, wo nach den
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 285
regiones, limites und confinia des Argnments anch der locns des-
selben, d. h der Ort der Handlung genannt wird und dies war das
jedesmalige Proscenium, welches sich, wie der Verfasser des Pro-
logs zu den Menaechmen richtig erklärt, in die verschiedensten Städte
verwandelte. Am merkwürdigsten für die Vergleichung aber sind
v. 79—82 des Prologs zum Poenulus:
“ Revortor rursus denuo Carthaginem.
Si quid mandare voltis aut curarier,
Argentum nisi qui dederit, nugas egerit:
Verum qui dederit, magis maiores egerü.
Dies führt der Prolog zu den Menaechmen in, folgenden Versen aus:
Nunc in Epidamnum pedibus redeundum est mihi.
Si quis quid vostrum Epidamnum curari sibi
Veht, audacter imperato et dicito,
Sed ita ut det, unde curari id possit sibi:
Nam nisi, qui argentum dederit, nugas egerit:
Qui dederit, magis maiores nugas egerit.
denn wenn die Handschriften auch zu Anfang des letzten Verses
vor Qui noch Nam nisi geben, so sieht jedermann, dass dies nur
aus dem Anfang des vorletzten Verses wiederholt ist: ich kann
daher mit dem neuesten Herausgeber des Stückes nicht überein-
stimmen, der, hierauf gestützt, im letzten Verse schreibt:
Nisi quod, qui dederit, magis maiores egerit.
Die Vergleichung mit der angeführten Stelle aus dem Poenulus zeigt,
dass an der Stelle von Nam nisi vielmehr Verum gestanden hat,
was deshalb ausfiel, weil auch v. 56 damit beginnt, so dass auch
dieser Vers lauten. muss:
Verum qui dederit, magis maiores egerit.
Eine andere Emendation erhält der Prolog durch eine Vergleichung
mit der Einleitung zum Miles glorjosus. V.16 nämlich lesen wir
in allen Handschriften:
Tantum ad narrandum argumentum adest benignitas.
Wenn Pylades sagt, dass das Wort argumentum .in alten Ausgaben
fehlt, so kann das meines Erachtens keinen Zweifel an seiner Echt-
heit begründen und ich kann auch hier dem nenesten Herausgeber
nicht beistimmen, welcher nostra an die Stelle setzt und schreibt:
Tanta ad narrandum nostra adest benignitas,
denn die benignitas pflegt Sache der Zuhörer zu sein, nicht des
Erzäblers. Ich zweifle nicht, dass dieser Vers aus den Trümmern
von zweien zusammengesetzt ist, Dem Verfasser lag Mil. II, 1, 2
vor, wo es heisst:
Mihi ad narrandum hoc argumentum est comitas,
Si ad auscultandum' vostra aderit benignitas.
(Mit Unrecht schreibt man im letzten Verse erit statt aderit.) Demzu-
folge wird es auch wol im Prolog zu «len Menaechmen heissen müssen:
Tantu ad narrandum [hoc} argumentum [est comitas
Si ad auscultandum vostra] adest benignitas.
-
τὰ
286 Ueber Vor-u. Zunamen des Plautns n. die Echtheit sein. Stücke.
Was endlich die Zeit angeht, in der der Prolog zu den Menaechmen
geschriebeh ist, so lässt sich vielleicht ans dem Eingänge dessel-
ben abnehmen, dass er noch finger sein muss, als ‚der zu Casine,
wenn: anders der Anfangsvers desselben:
Salvere iubeo spectatores optumos,
von dem Verfasser des. Prologs zu den Menaechmen benutzt und
weiter ausgeführt sein sollte, da er beginnt:
Ä Salutem primum iam a principio propiliam
Mihi atque vobis, spectatores, nuntio,
Aus v.3 aber geht, wie oben bereits bemerkt wurde, hervor,. dass
er einer Epoche angehört, wo es schon Sitte war, dramatische
Werke äffentlich vorzulesen, und dies wird später der Fall gewesen
sein, als C. Octavins Lampadio, Ὁ, Vargunteius, Laelius Archelaos
. und Vectius Philocomus nach Sueton c. 2 ihre Vorträge über epische
und satirische Gedichte hielten,
Der Prolog zum Poenulus scheint aber auch dem zur Casina
als Muster gedient zu haben. und dies spricht meiner Meinung nach
mehr als alles Andere für seine Echtheit, Υ. 30 ff, heisst es in
dem letzteren:
. Comoediai nomen dare vobis volo,
Clerumenoe vocatur haec comoedid
Graece, Latine sortientes.
Im Prolog zum Poenalus an entsprechender Stelle
nomen dare vobis volo “
Comoediai,
Carchedonius vocatur haec comoedia
und, wenn ein solcher Rückschluss von der Nachahmung auf das
Original gestattet ist, im nächsten Verse:
Graece, Latine Poenulus Carlhagine.
Ausserdem hat der Verfasser des Prologs zu Casina auch auf den
zum Trinummus Bezug genommen, wo es v,; {1 heisst:
Accipite et date vacivas aures dum eloquar.
Dies lautet bei ihm v. 29:
Aures vacivae si sunt, animum advertite.
"Der Schluss dagegen ist wörtlich aus Cistell. I, 3, 49 entnommen.
Vom Prolog zum Pseudolus haben sich bekanntlich nur die beiden
letzten Verse erhalten, die in allen Handschriften lauten:
Exporgi meliust lumbos ‚atque exsurgere:
Plautina longa fabula in scenam venit,
nur mit der Abweichung, dass ein Theil derselben exsurger, der
andere und, wenn ich nicht irre, auch der Ambr. exsurgier gibt.
Aus der Vergleichung mit dem Epilog zu Epidicus aber und aus
dem Zusammenhang selbst ersieht man leicht, dass umgekehrt ge-
schrieben werden muss: "
Exsurgi meliust lumbos atque exporgere.
Dort nämlich steht im cod. Ambros. richtig:
Plaudite et valete: lumbos surgite atque exporgite.
“Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 287
Demgemäss wird auch im Truculentus v. ult, erporgite und Miles 11,
1, 3 exporgat zu schreiben sein.
So viel von wörtliehen Nachähmungen. Ehe ich mich nun zu
den pseudoplautinischen Producten wende, die sich durch die Un-
kenntniss der Gesetze verrathen, welche den plantinischen Versen
zu Grunde hegen, wird es nöthig sein, von der verschiedenen Auf-
fassung zu sprechen, welche denselben im Alterthum zu Theil ge-
worden ist, denn die Nachbildungen selbst tragen ein verschiednes
Gepräge, je nachdem man ein engeres-oder weiteres Schema für
den Vers als Richtschnur nahm. Im Allgemeinen habe ich diesen
Punkt in meiner Schrift über den codex Ambrosianus p. 82 ff. be-
sprochen: ich muss indessen hier, wo es sich um die Classification
verschiedener Gedichte,‘ die sich bei grosser innerer Divergenz doch
sämmtlich für plautinisch. geben, etwas näher darauf eingehn.
Das frühste Zeugniss dieser Art besitzen wir in dem Epitaphium
des Plautus, welches Gellius I, 24, 2 aus Varro de poetis mittheilt.
Dasselbe lautet nach den besten Handschriften:
“ _ Postquam est mortem aptus Plautus, comoedia luget
Scena deserta: dein risus ludu? iocusque
Bt numeri innumerzi simul omnes conlacrimarunt.
(Mit Recht hat man est hinter Scena im zweiten Vers gestrichen:
es ist offenbar nur durch Versehen aus dem ersten Vers wieder-
holt.) Der letzte Vers hat verschiedene Interpretationen veranlasst;
die neueste, welche der Verfasser der Abhandlung: de Plauti poetae
nominibus, Parerg. p. 42, aufgestellt hat, kommt darauf hinans,
dass mit den’ numeri innumeri „‚verschiedenartige Metra‘“ gemeint
wären, welche die Stücke des Plautus namentlich vor den mehr ein-
förmigen des Terenz auszeichneten. Ich glaube aber nicht, dass
dies richtig ist, denn, abgesehn daron, dass es eine starke Hy-
perbel wäre, von einem Dichter, der von den Grundmetris weder
Dactylen, noch Choriamben noch Antispasten oder Ionici und von
den abgeleiteten kein einziges zur Anwendung brachte, sondern sich
im Ganzen auf Iamben, Trochaeen, Anapaester, Cretici und Bacchien
beschränkte, zu sagen, er hätte „unzählige“ Rhytlimen benutzt, so
ignorirt' diese Erklärung auch den Gegensatz zwischen numerus und
innumerus, der doch nnlengbar in diesen Worten steckt, denn warum
sollte der Dichter sonst diese scheinbar widersprechenden Begriffe
mit einander verbunden haben? — Auch ist die Stelle von den Alten
nicht so verstanden worden, denn Ausonius edyli. IV, 48 (Protrept.
ad. nepotem) sagt mit unverkennbarer Hindeutung auf unser Epi-
taphiem über den Vortrag komischer Verse: u
en flexu et acumine vocis ᾿
Innumeros numeros doctis accentibus effer.
Scaliger;: Ausonian. lectt. II, 17 p.190 macht hierzu die Bemer-
Κῆρ: Intelligit solutös comvediae versus, qui sunt quidem numeri,
nam suis pedibus incedunt, sed non veri numeri, quia legibus solufi.
Ita Horatius cum seribit ‚„„numerisque fertur lege solutis““ intelligit
988 UeberVor- u. Zumamen des Plautas u. die Echtheit sein, Stücke.
haud dubie innumeros numeros Pindari. Eiusmodi autem est liberior
comica poesis. Quare et in epitaphio Plauti per innumeros numeros
comgedia intelligitur. Auf die Stelle des Ausonius hat auch schon
Turnebus Advers. X c. 12 verwiesen.
Dieser Auffassung, die,. wie man sieht, ein eigentliches Maass
für die plautinischen Verse nicht anerkannte, war offenbar auch
Horaz zugethan, wenn er epist. ad Pison. 270 schrieb:
Nam vostri preavi Plautinos et numeros et
Laudavere sales, nimium pafienter ulrumque,
Ne dicam stulte mirati, si modo ego et vos
Scimus inurbanum lepido sepenere dicto
“ Legitimumque sonum digilis callemus et aure.
Ein so allgemein verwerfendes Urtheil konnte sich unmöglich auf
einige Abweichungen im Einzelnen beziehn, die vielleicht noch durch
Verschiedenheit der Aussprache sich hätte erklären lassen; nach dem
Urtheil des Horaz fehlte den Versen des Plautus die Beobachtung
des von ihm geforderten Maasses und somit der aonus legitimus.
Dasselbe bestätigt auch von den Versen des Terenz Sidonius
Apollinaris .opp. IV, 12 p. 104, wenn er folgendergestalt erzählt:
Nuper ego filiusque communis Terentianae Hecyrae sales ruminaba-
mur. Studenti assidebam naturae meminens et professionis eblitus.
Quoque absolutius rhythmos comicos incitata dociitate seque-
retur, ipse etiam fabulam similis argumenti, ἃ, e. Epitrepontes Me-
nandri in manıbus habebam. Es ist wol nicht daran zu zweifeln,
dass der Sohn des Sidonius Apollinaris so viel Metrik verstanden
haben wird, um Gedichte, die nach dem Schema der Granimatiker
gemacht waren, ohne Mühe vorzutragen. Hier aber handelte es sich
darum, sich von demselben loszusagen und in das freiere Ge-
biet der komischen Rhythmen überzugehn, was .erst durch
Uebung gelernt werden musste. _
Endlich steht auch auf dieser Seite der. Scholiast zum eodex
Bembinus, der zu Heautonfjm, prol, v. 8, (denn bieher scheint seine
Note zu v. 9 zu gehören) wo die erste Silbe in cuia seiner Mei-
nung nach gedehnt werden, soll, die Bemerkung ‚macht: syllabs
moram rhythmis accipt. 5. Schopen; unedirte Scholien zum Te-
renz p. 4. Ein Metriker würde gesagt’ haben: produeenda syllaba
metri gralia, wie sich Sisenna in seinen Commentatien zu Plautus
bei Rufinus de metris comicis ausgedrückt. Im Allgemeinen machte
man nämlich den Unterschied zwischen Rhythmus und Metrum, dass
jener von Silbenzahl und Quantität unabhängig sei, woran dies ge-
bunden war und deshalb sagt z. B. Diomedes ΠΙ ον 84 p. 496 ed.
Gaisf. über das anapaestische Metrum: Alienum pedem si recipiant,
modus non facle finitur et magis rhythmus est quam metrum,
Marius -Victorinus I, 12, 9 p. 66 von den Iyrischen, Gedichten, die
auch in ihrer strengen Folge, von Längen und Kürzea nur scheinbar
der Metrik angehörten: Carmen lyricum, cum metro subsistat, potest
lamen videri extra legem metri esse, quia libero scribentis arbitrio
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 8289
per rhythmos exigiter, und Servius de accentibus c, 30, nachdem
er den Unterschied zwischen Rhythmus und Metrum auseinander-
gesetzt hat, schliesst ausdrücklich mit den Worten: Terentius
rhythmis scribit comoedias ut (die codd, geben vel) Plautus. S. die
Analecten von Eichenfeld und Endlicher p. 535.
Die praktische Folge dieser Auffassung endlich war die, dass
man die Verse des Plautus und Terenz nach einem vorherbestimm-
ten Tact recitirte, obne sich um die Abweichungen vom Schema
der Grammatiker zu bekümmern, und dies schreibt offenbar. Bassus
bei Rufin. de metr. com. p. 379. Gaisf. vor, wenn er von den
iambischen Versen sagt: Jambus, cum pedes etiam dactylici generis
assumat,. desinit iambicus wider, nisi percussione ila moderaveris,
ut, cum pedem supplodis, iambicum ferias: ideoque illa loca nercus-
sionis non recipiunt alium quam iambum et .ei param tribrachum,
etsi alterius exhibuerint metri speciem. Hierauf kam es
an. Man musste iambisch tactiren; das Andere fand sich von selbst,
' Dass man nun freilich mit‘ einem so unbegrenzten Prineip dem
Wesen der Sache nahe gerückt sei, lässt sich nicht glauben und
man fasste von diesem Standpunkt die Gedichte der Komiker wol
nicht anders auf, als die Producte der Volkspoesie, die Marius
Victorinus de carmine heroico p. 1959. P. ebenfalls nur auf den
Rhythmus zurückführt, indem er sagt: rhythmus — est verborum
modulatio et compositio, non metrica ratione, sed numeri sanctione ad
iudieium aurium examinata, veluti sunt cantica poetarum vulgarium, vgl.
Beda p. 2380, wie auch Servius ad Georg. Il, 385 von dem viel-
fach bestrittenen metrum Saturnium sagt: -quod ad rhythmum solum
componere bulgares consueverunt, aber jedenfalls befand man sich hei
dieser Auffassung besser, als bei der def Metriker, die bei jedem
Schritt, den sie thaten, genöthigt waren, einzugestehn, dass die
Komiker über ihre Vorschriften hinausgegangen wären, denn wenn
nach der Meinung der Rhythmiker, wie wir jene Classe nennen
wollen, freilich nach vielerlei vorkommen konnte, wovon die Dichter
gerade keinen Gebrauch gemacht batten, während ‚wenigstens nichts
von dem, was vorkam, unerklärt blieb, so befanden sich die Gram-
matiker in einem steten Widerspruch zwischen ihrem Schema und
den Versen der Dichter, auf die es angewandt werden sollte, weil
es überall zu eng war. BE GE
- Die Namen derer nun, welche die Verse der Komiker vom
Standpunkte der Metrik aus betrachteten, hat Rufinas in seiner
Schrift de metris comicis zusammenzustellen versucht und äussert
sich folgendermaassen: Mensuram, .hoc est. μέτρον. essa in fabulia
Terentii et: Plauti ac 'ceterorum comicorum [et tragieorum] dieunt ‚hi:
Cicero, Scaurus, Firmianus, Varro, Victarinus, Caesius Bassus,
Terentianus, Caeeilius Vindex, Sisenna, Diomedes, Aldinus, Quin-
tilianus, Sosipater Charisius,' Helenius, Asper, Flaviüs Caper;, Aruns
tius, Probus, Plnius, Euanthius, Sacerdos qui et Plotius, Donatus,
Juba. ‘Der Verfasser der‘ Abhandlung de veterib. Plauti interprett.
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX. ΗΜ, 2, 19
200 Ueber Vor- u. Zunamen tes Plaatus u. die Echtleit sein, Stücke.
(Parerg. p. 357 ff.) hat die Meinung aufgestellt, als ob Refinus an
dieser Stelle ein Verzeichniss von Schriftstellern zu geben beabsich-
tigt hätte, weiche Plautus- und Terenz für Dichter, d. ἢ. für
Schriftsteller in gebuhdner Bede gehalten hätten und führt. zum
Beleg für diese Auffassung den Eingang: zur Schrift: des Priscian
de ‚metris Ter. an, wo derselbe sagt; miror, quosdem vel abnegare
esse in Terentü comoedhür metra vel ea quasi arcana quaalam οἱ ab
oömnibus doctis semota sibi. solis esse: cognita confirmere,. aber abge-
sehn davon, dass daan. Rufinus nicht von einer mensuta und Priscian
nicht''won ‘metris, sondern Beide: von versus hätten reden müssen,
so möchte‘ es unter allen alten Schriftstellern wol ‚keinen einzigen
gegeben haben, der Plautus und Terenz nicht für Dichter, sondern
für Prosaisten gebalten hätte, Ein solches Verzeichuiss hätte daher
gar keinen Sinn gehabt. Offenbar versucht Rufious nur die Ansicht,
welche die Metriker von Fach über die Verse der Komiker hatten,
durch eine: möglichst grosse: und. glänzende Augahl von Namen εἰ
unterstützen und Priscian polemisirt in, der That zur gegen die-
jenigen, die sich vom ‘Schema der Grammatiker losgesagt hatten
und die Verse der Komiker allein vom rhythwischen Standpunkt aus
auffassen wollten, wenn schon ich mit Rücksicht auf XV, 14, 84 Kr.
‚ wo er die Prosaisten sine metris scribentes nennt, nicht leugnen
will, dass er thöricht genug gewesen sein kann zu glauben, seine
Gegner ‘hielten Plautus und Terenz nicht für Dichter, weil sie
ihnen das Metrum absprachen. Daher findet man denn auch im
Verzeichnisse des. Rußaus. weder Horaz noch Ausonius noth Sidonius
Apollinaris, noch Servins; noch, was die Hauptsache wäre, Plau-
tus selbst, wenn anders jenes Epitaphium von ihm selbst herrührte,
wie Varro behauptete, Alle diese nämlich hatten von den Rhyth-
men oder numeri der Komödie gesprochen, keiner hatte den Aus-
druck meirum gebraucht oder die Verse auf das hiikannie Schema
der Grammatiker zurückzuführen versucht,
Aber auch 30 ist däs -Verzeichniss noch durch einige Namen
vermehrt worden, die ihren Platz mit Unrecht unter. den Metrikern
gefunden haben. Caesius Bassus verleugaete, wie wir oben in der
von Rufinus selbst angeführten Stelle gesehn haben, in der Praxis
den Metriker, indem er die Verse ohne Weiteres nach dem ihnen
innewohnenden Tact zu sprechen vorschrieb, ohne dass sen sich
um die Abweichungen des Metrums kümmerte; Donatus hat, wie
aus seinem Commentar zum Terens erhellt,; auf das Metrom durch-
ans keine Rücksicht genommen, sondern seinen, Schriftsteller allein
von der rhetorischen Seite aus aufgefasst. : Wie wenig er dabei
vom Metrum verstanden haben kann, geht am evidentesten daraus
hervor, dass er Lesarten anführt und in den Text aufoimmt, die
gegen dasselbe verstossen... So findet man bei ihm schon eine be-
deutende Anzahl von Versen, die dadurch, dass Interpretamente
eingeschoben wurden, zu lang geworden sind, 'andere, die durch
fehlerhafte oder vielmehr falsch gewählte Wortformen den Vers ver-
\
Von Prof. Dr, Geppert zu Berlin. 291
derben, akatalektische Verse in Scenen, wo nur katalektische vor-
kommen and umgekehrt katalektische und hyperkatalektische statt
akatalektischer, mit Einem Wort alle jene Verderbnisse des Textes,
die das untrügliche Kennzeichen später und interpolirter Manu-
scripte sind. Das Merkwürdigste aber ist, dass Donatus öfters die
unmetrische Lesart im Text beibehält und die metrische als Variante
anführt. So z.B. seine Variante :ll! zu ἡ Hec. I, 2, 19 inc
statt er hoc II, 2, 4 facit statt faciat Eun. II, 2, 34, während
er an andern Stellen wieder zu metrisch ‚richtigen Lesarten un-
richtige Varianten anführt, z. B. claudicars statt laudier und negligi
Eun. I, 2, 84 und Adelph, IV, 8, 16. In der Andria II, 1, 7
gibt er einen ganz monströsen Vers, wie er freilich in den meisten
Handschriften steht:
Quanto satiust te id dare operam, qui istum amorem ex anıme
amoveas !uo,
und macht dabei die Bemerkung: legitur et ex corde eilcvas.
Wenn er nur die mindeste Rücksicht auf das Metrum genommen hätte,
so würde er dies, ‚wie auch Bentley gethan hat, als das einzig Rich-
tige in ‘den Text aufgenommen haben. Im Uebrigen betreffen: seine
Bemerkungen, wenn sie nicht erklärend oder rhetorisch sind, allein
das Gebiet der Prosodie; sie erstrecken sich niemals auf das Me-
trum. Es ist daher ganz unbegründet, wenn Rufnus auch den
Donatus mit unter die Zahl der Metriker stellt. Ganz dasselbe gilt
von dem Commentar des Euanthius .und wenn Rufinus seinen Namen
anführt, so geschieht dies allein wegen der von ihm citirten Stelle
aus dem Tracfat de fabula, wo er sagt, dass Terenz seine Vor-
gänger in der Auflösung des Metrums im iambischen Senar über-
tröffen. habe: Veteres etsi usi ipsi quoque metris negligentius jambict
versus duntaxat in secundo et quarto loco, tamen a Terentio vin-
cuntur resolutione huius metri quantum potest comminuti ad imaginem
prosae orationis, während er'schen früher von der Komödie des
Terenz gesagt hatte: apta metro. Ob sich nun aber die andern
Scholiasten des Terenz, die er anführt, Helenius, Asper, Aruntius
und Probus miehr mit dem Metrum beschäftigt haben, können wir
freilich nicht wissen, da ihre Commentare verloren gegangen sind.
Aus’ den geringen Resten, die auf uns gekommen sind, können wir
nur nachweisen, dass: sie es auf Worterklärung abgesehn hatten:
Den Asper scheint Rofinus deshalb zu nennen, weil er in der von
ihm citirten Stelle Phorm. I, 2, 1 als einen versus quadratus be-
zeichnet. ἡ
Anders verhielt sich die Sache nun allerdings bei den beiden
Erklärern des Plautus, Sisenna und Scaurus. Däss diese sich auf
eine metrische Interpretation des Dichters eingelassen haben, zeigen
die von Rafinus gemachten wörtlichen Anführungen aus ihren Com-
mentaren zu Poenulus, Pseudolus, Rudens, Amphitiuo, Captivi und
Aulalaria. So unbedeutend diese eben run ἀεὶ eilich an sich sind,
so thun sie uns doch schon zur Genüge dar, dass Sisenna mit dem
19*
292 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke.
Versen des Plautus, die sich seinem Schema nicht fügen wollten,
seine Noth gehabt haben muss. Er glanbte indessen bemerkt zu
haben, dass Plautus in den Reden von Weihern, da sie die ein-
fältigeren waren, auch einfachere, oder, wie er sich ausdrückt, fass-
barere Metra gebraucht habe. Deshalb macht er zu einer Stelle des
„Rudens die Bemerkung: habiliore metro usus est, ut solet in mu-
"lierum oratione. - Ausserdem konnte es ibm nicht entgehn, dass sich
dieselben Verse des Dichters nicht’ immer mit einem und demselben
Schema messen liessen, sie waren zn bunt dazu, und daher erfand
er eine ungleichartige Species von Versen, ein genus versuum, qui
non sunt uniusmodi, welches er im Amphitruo entdeckt haben will
(vgl. Iuba bei Priscian de metr. Terent. $. 8 Qui ergo confuderunt
et multiformiter coniugaverunt hoc genus versuum, omnibns in locis
indifferenter posuerunt trochaeos, aut pro spondeis aut pro dactylis),
Endlich aber riss ihm bei den Anapaesten in der Aulularia die Ge-
duld und er schrieb einfach an den Rand: confusa sunt, ut non
intelligas (denn dass man confusa und nicht concisa zu schreiben
“hat, geht aus Priscian hervor, der in seiner Schrift de metris
Terent. etc. auch auf diese confusio zurickkommt, namentlich $, 8
λας confusione usi sunt Comici nostri in trochaicis suis, ut indis-
crete ductylos vel spondeos vel trochaeos ponerent. $.11 nisi confun-
dant versus scriptores. δ. 17 Terentius trochaico mixto vel confuso
cum iambico utitur etc.). '
Ein Zeitgenosse des Sisenna war Cicero, den Rufinus eben-
falls unter seinen Auctoritäten nennt, indem er in seinem Tractat
auf die sogleich anzuführende Stelle, .wo Cicero die Senare nennt,
hindeute. Wenn nun schon Sisenna, der Mann von Fach, der
Commentator des Plautus, an den Versen des Dichters verzweifelte,
ist es dann zu verwundern, dass Cicero keine bessere Kenntniss
davon besass? Dass dies aber in der That der Fall war, geht
deutlich aus seinen Worten orat. c. 183 hervor, wo er sagt: Comi-
corum senarü propter similitudinem sermonis sic saepe sunt abiechi,
ut nonnunquam vix in his numerus et versus intelligi possit. Wenn
aber dies sein Urtheil über die iambischen Senare war, wie unver-
ständlich müssen ihm erst die complicirteren Versarten: gewesen
sein? — Nach den Worten des Rufinus gehörte auch Varro zu
den Metrikern. Welche Auffassung M. Terentius Varro von den
Versen der alten Komiker gehabt hat, wissen wir freilich nicht,
da sich dies aus den Ueberbleibseln seiner Werke nicht mehr nach-
weisen lässt, aber unwahrscheinlich ist es nicht, dass er auf der
Seite des Sisenna und des Cicero stand. Rufinus nennt ihn des-
halb, weil, er einige Verse des Terenz mit Angabe der Species , zu
der sie gehören, citirt hatte.,
Ausserdem führt Rufinus eine Anzahl von Grammatikern an,
bei denen die Metrik einen besondern Theil ihrer Disciplin aus-
machte. Er nennt Firmianus, Marius Victorinus, Terentianus Mau-
tus, Caecilius Vindex, Diomedes, Albinus, Sosipater Charisius,
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 293
Flavins Caper, Plotias sacerdos und Iaba., Ueber Caesius Bassus
ist schon oben gesprochen worden. Von einem derselben, dem
Marius Victorinus, eitirt er selbst die hieher gehörige Stelle. Auch
sie bestätigt, dass sich die Komiker nicht an die Silbenzahl ge- ΄
halten haben, welche .die Metriker als die höchste für den trochaei-
schen 'Tetrameter festgesetzt hatten, Marius Victorinus sagt: Qua-
drati legitimi'cum XV syllabis iuxt« ius proprium constare debeant,
plerumque inveniuntur XX aut amplius syllabarum: hinc existi-
mantur metrum non tenuisse nec sua lege composwisse.
Was er sonst von Mar. Victorinus beibrmgt ‘und sich aus seinen
Schriften. anführen lässt, ist allgemeiner Art. . Wenn Rufinus’auch
den Terentianus Maurus nennt, so geschieht dies ohne Zweifel
wegen seiner Vorschriften über den iambischen Senar, die auch
Priscian de metris Terentü etc. $. 5 citirt, wie auch ebendort luba
mit unter den.Schrifistellern genannt wird, die sich mit dem Me-
traum der Komödie beschäftigten; ausser ihm noch Asmonius, ‘eine
sonst unbekannte Auctorität. Was aber Diomedes und Charisius
angeht, so .hat-Rufinus auch sie nur genannt, weil beide bestätigen,
dass Terenz und Plautus iambische Septenare gemacht haben, Plo-
tius, weil derselbe in seinem. Capitel. de asynartetis metris p. 300.
Gaisf, einen Vers des Terenz als iamhisch anführt, Flavius Caper,
weil derselbe die iambischen- Trimeter des Terenz Senare genannt
hatte, Firmianus, weil er einige Allgemeinheiten über die metra
der Komödie ausgesprochen 'hatte; was Caecilius Vindex uud Albinus
gethan haben, bleibt dahin gestellt. °
Es sind noch Qninctilian und Plinius übrig. Der Erstere wird
offenbar wegen seiner Aeusserung über die Verse des Terenz ange-.
führt, ‘in der er sich beschwert, dass der Dichter nicht allein in
Trimetern geschrieben hätte; denn Rufinus sagt früher Quinctiianus
etiam trimetros nominavit:. X, 1,:99 In comoedia marime claudica-
mus — licet Terentii scripta ad Scipionem Africanum referantur:
quae tamen sunt in hoc genere elegantissima et plus adhuc. habitura
gratiae,- si intr«d versus trimetros stetissent. Nan begreift diese
Worte, an denen Bentley s6 grossen Anstoss nahm, wenn man be-
rücksichtigt, dass die Grammatiker zur Zeit des Quinctilian bereits
den übrigen 'Theil der plautinischen und terentianischen Rhythmen
als unverständlich aufgegeben hatten and sich nur noch auf einige
Vorschriften über den iambischen Senar beschränkten. Kein Won-
der daher, dass Quinetilian wünschte, auch Terenz hätte sich in die-
seri Schranken gehalten. - Plinius endlich kann nur wegen der Stelle
in seinen’ Briefen, I, 16, angeführt sein, wo er sagt: Plautum vel
Terentium, metro solutum, legi credidi. Wenn er numeris statt
metro gesetzt hätte, so würde ihn Rufinus nicht in sein Verzeichniss
aufgenommen haben.
Alle diese Zeugnisse stimmen nun, soweit sie sich specieller
auf den Gegenstand einlassen, darin überein, dass die Komiker von
dem Schema, welches. die Metriker für ihre Verse aufgestellt F
294 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein, Stücke.
ten, abgewichen ‚sind, ohne dass..einer von diesen die Grenzen er-
forscht hätte, die sich jene für ihre Versbildung gestellt. hatten.
Das Schema selbst aber, welches..so vielfach verletzt worden war,
dass 'Cicero . weder Vers: noch Rhythmus erkennen konnte, gibt nun
Priscian . in seiner bekannten Schrift de matris Texentü et aliorum
Comicorum. Demgemäss sollte im iambischen Trimeter an allen Stel-
len, mit Ausnahme der:letzten, nar der Tribrachys, Anapaest, Dacty-
us oder Spondeus eintreten können; was er über den trochaeischen
Tetrameter in δ, 4 beibringt, ist so verwirrt und unrichtig, dass
man deutlich erkennt,;. wie ihm hier. keine speciellen Vorschriften
älterer Metriker mehr vorlagen. Der. grosse ‚Irrtham aber, iu dem
sich Priscian, offenbar nach dem Vorgange früherer Aucteritäten, be-
findet, ist .der, dass .er.das Schema: des tragischen $enars und na-
mentlich des Patuvius auch: auf die Komiker anwendet, während die
"Verse. des Aristophanss nicht verschiedner von .denen des Aeschylus,
Sophocles und Euripides sein: könsen, als. die des: Plautus and Terenz
von denen des Ennius,; .Pacuvius nnd Accius. Für Tragödie und
Komödie aber kennt Priscian nur eine Art von Senaren.
Ausserdem konnte es ihm freilich nicht entgehn, dass beson-
ders die Verse des Terenz häufig gegen sein Schema verstiessen
and deshalb. versucht er zu emendiren und zu interpretiren. Andt.
IH, 8, 4 lautet in alle Handschriften, auch in den' seinigen:
Ausculta: paucis et quid ögo te-velim εἰ quad fu quaeris scies.
Offenbar tritt in den Worten. &go te velim ein pseon Ill δὼ die
Stelle eines Dactylus oder 'Tribrachys und dies konnte Priscian nicht
zugeben. Er adoptirt daher die von Donatus angeführte Variante
pauca und schreibt:
Ausculta pauca: et quid ego te. uelim, et quod Lu. quaeris aeies.
s. XVII, 20 p. 168. und 25, 225 Κα. Ein Beispiel seiner metri- ἢ
schen Interpretation gibt-er bei Andr. EL, 1, 89. Der Vers lautet:
Stine invidia laudem invenias et amicos pares.
ἴα .der ersten Stelle stebt der Bacchias statt des Anapaesten oder
richtiger der paeon II statt des Proceleusmaticus., Dazu macht
Priscian.I, 4 p. 22.die Bemerkung: Apud Latinos.u inyenitur pro
nihilo in metris et mazime apud velustissimos Comicorum. Est
enim iambicum trimelrum: quod nisi sine .in»i pro Tribracho ac-
cipiatur, stare versus non potest. Bentley hat weder jene Emenda-
tion noch diese Interpretation: aggenommen:. mit vollem Recht, denn
beide Gedanken sind gleich nnglücklich.. Er bemerkt vielmehr. für
den letzten Kall, dass nicht x zu elidiren, sondern. die erste Syde
von invidia zu verkürzen sei, wie die von ingeriym III, 1, 8.
Doch dies sind nur Einzelheiten, Im Ganzen war der Text
des Terenz, den Priscian vor sich hatte, ‚nicht. besser ale der des
Donatus, und wenn schon seine Anführungen deshalb weniger zu-
verlässig sind, weil sie öfters mehr nach dem Sinn aly nach dem
Buchstaben : gemacht werden, se bemerkt man doch, dass es den
Versen des Terenz .in der Gestalt, in: der .er..aie' citirt,. weder an
Von Prof, Dr. Geppert zu Berlin. ΄ τ’ - 9390
Interpolationen fehlte, die sig vernnstalten, nach an Lesarten, .die
das Metrum verderben. So gibt.er, ganz wie Donatus Andr. I, 1,
121 an drei Stellen, wo.er diesen Vers citirt:
Ita tum discedo ab lo, μὲ qui se neget .
τς, Filiam: daturum,
Wie leicht. 'wäre es ihm ‚gewesen, hier das Metrum. herzustellen,
wenn er darauf geachtet. hätte!. Adelph. III, -2, 52 bat er keine
bessere Lesart als die.unsrer Handschriften .: . .
‚Experiar. Quidistic? accedo, ut meliys‘ dicap, Tu quantum potes-
wo an die Stelle des Trochaeus oder. Fribrachys der epitritug L tritt,
Phorm,._ V, 1, 81.gibt er ala einen akalektischen Vers in einer
Scene, wa "aur katalektinche vorkommen, .indem er die auch in un-
sern Handschriften herrschende ‚Lesart collocatam filiam wiedergibt
ΧΙ, 9, p 539. Eun. IU, 1, 8 schliesst er sich sogar dem schlech-
teren Theil unserer Handschriften an, indem er schreibt: .
Miki ,‚gratias agebat,. quiequid feceram,. alüs non. item,
ein iambischer Tetrameter statt des Trimeters, den der Rhythmus
verlangt und den die bessern Haudschriften durchweg geben. An
andern Stellen, ist sein Text von Corruptelen entstellt, wie sie heute
kaum in den schlechtesten. und spätesten Handschriften gefunden
werden. : Sp eitirt er aus Andr, V, 4, 20 navi fracta apud An-
Arum insulam, wo insulam nicht. einmal in den Gang des Ver-
scs passt, VII, 13, 67..Phorm. 1, 2, 20 Desinas. Sic est ingenium
mulierum, wo mulierum sogar dem Sinne nach vollkommen un-
richtig ist, XVIII, 13, .p. 105, u. 5. w.
Wie Priscian daber die Regeln seiner Kunst zumal auf einen
so vwerderbten Text ‚anwenden konnte, würde völlig unbegreiflich
sein, wenn ihm nicht das Mittel einer willkürlichen Elisivn zur
Seite gestanden hätte, Dies ebnaet freilich, alle Wege und wenn
der neueste Herausgeber des Stichus v. 312 seiner Ansgabe ‚ginen
anapaestischen Tetrameter:
Nimis vellem hae fores erum fugissent, ea cnusa ut habereni malusn
magnum
dadurch ermöglicht, dass wir .nach seiner Anleitung fres st. fores,
rum st. erum und mlum st. malum sprechen, so siebt man leicht,
dass es auf diese Weise auch nicht schwer werden würde, aus
einem Tetrameter allenfalls einen Trimeter zu machen. Die alten
Grammatiker waren auch schon ziemlich stark im Elidiren: Festus
Ρ. 91 behanptet, die Alten hätten festra st. fenestra, Paulus p. 36
sie hätten nis st. nobis gesagt. Was lässt sich auf diesem Wege
nicht erreichen? —
Doch dies beiläufig. ‚Aus Allem, was über die entgegenste-
hende Auffassung der Rhythmiker und der Metriker gesagt worden
ist,.gebt wol zur Genüge .bervor, dass keine dieser beiden Par-
teien das: Wesen der. komischen. Verskunst, ergründet, hatte und.
die nothwendige Folge dayom war, die, dass der Text. des. Plautug
und Terenz unter ihren Händen nicht gewinnen konnte, doch macht
,
296 Ueber Vor: u Zunamen des Plautus u, die Echtheit sein. Stücke,
sich auch hier ein Unterschied in den Händschriften geltend, je
nachdem dieselben einer oder der andern Recension angehören.
Die Manuscripte nämlich, die aus der Schnle der Rlıytbmiker her-
vorgegangen sind, der codex Ambrosianus des Plautus und der
Bembinus des Terenz, lassen wenigstens den Text so, wie sie ihn
vorfanden: in’ ihnen haben wir meistens nur die Versehn der Ab-
schreiber zu corrigiren; die Handschriften der späteren Recension
dagegen verrathen deutlich das Bestreben ‘der Granimatiker, den
Text dem Schema des Priscian anzupassen und da dies in vielen
Fällen nicht erreicht werden konnte, ohne dass man den Vers selbst
umgestaltete, 80 machte man, unbekümmert um den rhythmischen
Charakter der Scene, aus Trochaeen Iamben, aus ‚katalektischen
Versen akatalektische, aus Trimetern Tetrameter.
Dieselbe Verschiedenheit des Charakters aber tragen nun auch
die Nachbildungen,, welche von diesen Schulen ausgegangen sind,
Das Beispiel einer verfeblten rhythmischen Composition gibt der
Prolog zami Mercator. Dass derselbe nicht von Plautus 'berrähren
kann, sieht man freilich schon aus der Sprache. In v. 52 Omnes
tenerent, mutuitanti credere, ist tenere offenbar in dem Sinn von ca-
vere gebraucht, was bei Pläutus sonst nicht vorkommt, v. 47 Per-
fidiam, iniustitiam lenonum expromere, scheint expromere so viel sein
zu sollen wie exprobrare, wenigstens würde dies ungleich besser
in den Zusammenhang passen, v. 14 und 15 sagt der Dichter nicht
ohne Affectation:
dicam si opera: est auribus
‘"Atque ad vertendum huc animum adest benignritas.
Plautus würde einfacher geschrieben haben:
dicam si operam dafis
Et ad auscultandum vostra adest: benignitas.
Am stärksten aber verräth sich der ungläckliche Nachbildner in
einer Anhäufung der verschiedenartigsten. Dinge, die nach Plautini-
schem Muster gemacht ist. V. 17 und 18 und 25-—31 heisst es
nämlich:
"Nam amorem haec cuncta vitia sectari solent
‘ Cura, aegritudo,, nimiaque elegantia —
Insomnia, aerumna, error, terror et fuga,
Ineptia, stultitiaque adeo et temeritas
᾿ Incogitantia, excors immodestia,
Petulantia, cupiditas, malevolentia,
Inhaeret aviditas, desidia, iniuria,
Inopia, contumelia et dispendium
Multiloquium, pauctloquium etc. ®
Wer kann glauben, dass Plautus solche Abgeschmacktheiten z zu Tage‘
- gebracht hat? Was sollen namentlich im dritten Verse, error, terror
und fuga unter den’ vitia amoris? Der zweite Vers scheint nach
V,2,29 gemacht zu sein, wo'es heisst:
Cura, miseriu, aegritudo, lacrumae, lamentatio.
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 297
Die folgenden erinnern an v. 7 und, 8 derselben. Scene, aber wie
ganz anders klingen diese beiden Tetrameter bei Plautus:
Iram, inimicitiam, stultitiam, exitium, pertinaciam,
Meerorem, lacrumas, exilium, inopiam, solitudinem.
Was aber besonders die Versbildung angeht, so hat sich der Ver-
fasser dieses Prologs eine Abweichung erlaubt, die bei Plautus und
Terens nicht ihres Gleichen findet. Diese haben nämlich allerdings
den Creticas statt des Dactylus gebraucht, der für den ‘Trochaeus
eintritt, aber nur unter der Bedingung, dass derselbe entweder
aus einem Wort besteht, das einen Creticus bildet oder mit dem-
selben schliesst, oder so dass er durch die Partikeln quidem und
enim \erbeigeführt wird, die sich dem vorhergehenden Wort enkli-
tisch anschliessen und mit demselben zu einem verschmelzen. Für
den letztgenannten Fall wird es nicht nöthig sein Beispiele zu ci-
tiren, jedermann kennt sie; was den ersten angebt, so will ich mich,
wenn schon diese Bemerkung für alle iambischen und trochaeischen
Verse gleiche Gültigkeit bat, darauf beschränken, nur diejenigen
anzuführen, die im iambischen Senar vorkommen. Hier findet man
den Creticus statt des Dactylus im zweiten Fuss:
Mil, II, 6, 102 Verumtamen, de me quidquid est, ibo hinc domum.
Men.Il, 1,28 Verumtamen nequeo contineri quin loquar.
Truc.1I,4, 74 Num quidpiam me vis aliud? Ut quando otium
im dritten Fuss |
Most. I, 1, 82 Paucorum mensium sunt relictae reliquiae
Truc. I, 1, 27 Sin alter alteri potior est, itidem perit
wie man richtig statt potius und idem geschrieben hat.)
Truc. II,1,13 Nunc ego istos mundulos urbanos amasios
im vierten Fuss Ä
Pseud.1,5,71 Paritas ut a med auferas? Abs te ego auferam.
Poen.Ill,4,21 Meus servus si ad eum venerit, necne. Quippini?
Cas. IV, 2,16 Qui amat, tamen hercle etsi esurit, nullus esurit
(denn nullum in den palatinischen Handschriften ist nichts als die
verzweifelte Correctur eines Metrikers, etsi statt si haben schon
ältere Kritiker geschrieben)
im fünften Fuss:
Mil, I, 1, 69 Molestae (mihi) sunt: orant, ambiunt, obsecrant.
Capt. III, 5, 5 Nam semper occant prius quam sarriunt rustici.
Rud. IH, 1,16 Ir ius vocat me. 1δὲ ege nescio quomodo
| II, 6,10 Quis illas nunc illic servat? Nescio quis sener.
Dagegen wird man bei. Plautas und Terenz diesen Creticus niemals
so gebildet finden, dass nach der zweiten oder ersten Silbe des-
selben ein Wort endet, geschweige denn, dass er in einem mehr
als dreisilbigen Wort die. Anfangssilben einnimmt. Die wenigen
Fälle, die hiervon im iambischen Senar eine Ausnahme zu bilden
scheinen, sind so leicht za beseitigen, dass sie kaum einer näheren
Besprechung bedürfen. So bat man Bacch. I, 2, 51 zu schreiben
Occisust kic homo statt occisus hic homost, Curc, 1}, 27 Superstiii«
/
298 Ueber Vor- u..Zunamen des Plautus u. die Bchtheit sein, Stücke,
sust kic quidem. Most. II, 2, 17 Meus seruost hic.quiden. III, 1, ἀφ
hic homö certe ariolust. Poen. prol, 21 Div qua oliosi ἀόπιξ, dormi-
verunt stett Div qui domi ötisse dörmierint. Im Budens dagegen
III, 6, 9 ist die Lesart der Manuscripte: Quom ad me profectws
ἐγε: Ibidem nunc sedent, unter allen Umständen gegen die Um-
stellung: nänc üÜbidem sedent, die. der neueste Heräusgeber gemacht
. bat, aufrecht zu halten; diese würde dem Verse nur schaden. kön-
nen. An andern Stellen sind ungehörige. Worte ia den Text ge-
drungen. .. Bacch. IV, 1, 10 ecquis koe aperit: ostium., «δι ἄορ zu
streichen oder ecgwi zu schreiben Epid: Ill, 8, 857. Qxae. hic ad-
hhinistraret ad rem divinam tibi: ist ad fälschlich wiederholt, . eine
der gewöhnliehsten Corruptelen in den palatieischen Manuscripien,
Mil, I, 1, 77 Ipse exit: kic dlle est lepidus quem αὐτὶ senex, ist
der Creticus in exit hit doppelt anstössig', weil er durch Inter-
punction auseinandergehalten wird. Offenbar ist 'ille zu streichen,
Stich. Il, 2, (1 Epignomus hic quidem est, qui astat: ibo alque
alloquar. trägt wieder die gewöhnliche Verderbniss,, die durch wie-
derholte Buchstaben veranlasst wird, zur Schau. Die Buchstaben
qui ast sind nichts als ein nochmaliges qui est aus guidem est, αἱ
ibo aber adibo. Demzufolge werden wir lesen müssen:
Epignomus hic quidem est: adibo atque alloquar.
Pers. I, 3 27 Ecquid halleci est, ist, wie der neueste Herausgeber
richtig vermuthet hat, ecquidnam zu schreiben: Men. prol. 57 und
Mil. ΠΙ. 2, 17 ist is statt üle zu schreiben. Merkwürdig 158 nur
Curc. ,:1, 33... Der Vers lautet: οι ᾿
Vak solus hic homost, qui sciat divinitus.
Nach Analogie der so eben besprochenen Fälle in Bacch. I, 2,. Hi
Curc. HI, 27 Most. I, 2, 17 wird Niemand etwas dagegen haben,
wenn wir zunächst die Wortstellang VYoh! solust hic homo heratel-
len, aber damit ist der Creticus in Aic homo nicht beseitigt. Die-
ser verschwindet erst,. wenn man betrachtet, welchen Missbrauch
die Grammatiker bei ihrer Emendation mit dem: Wert home getrie-
ben haben. Sie bemerkten wämlich, dass Plautus dasselbe oft als
Pyrrhichius gebraucht und supplirten es daher an vielen Stellen,
wo ihnen der Vers eine kurze Silbe statt der Länge, die:sie vor-
fanden, zu verlarigen schien , samentlich statt quidem, weun dasselbe
ver einem Wort stand, das mit einem Consonauten anfog. So
findet. man Amph. I, 1, 245 Hic homo sdnus non est. Merc. V, 2; 110
Hie. homo non sanüst. (Amicus quin properas medicarier) Epid. I, 3, ζ΄
Satin lic homo lüdibrio nos, Mil. II, 3, 63 Meus ülic homest. Poen.
V, 4, 44 Bonus est hic homo mda voluptas.. Pseud. IV, 1,28 Pro-
bus. est: hte homo, Neque istic neque ego. IV, 7, 23 Hic homa meus
est. Capt. IV, 2, 18 Atc homo pügüatum incipit. Poen. IH, 2, 29
Hic homo sdpienter sapit., wo nach meiner Ueberzengung. überall
urspröaglich quidem statt homo gestanden hat, und so würde ich
auch im ‚Curculio schreiben: salust ‚hic quidem. Besonilers lehrreich
- u. τα το «ἃ ---
- Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 299
ist die Vergleichung von Mil. II, 3, 63 mit Bacch. I, 1, 70. An
der ersten Stelle soll Plautus geschrieben haben;
Meus ülic homost: deturbabo iam ego ülum de pugnaculis,
An der zweiten:
Meus ülE quidemst. tibi nunc operam dabo de Mnesilocho, soror.
Ohne Zweifel schrieb er auch im ‚Miles ebenso wie in den Bacchi-
des maus le quidemst, die Grammatiker aber, die eine noch viel
grössere Vorliebe für das Wort homo hatten, als Plaatus,. so dasg
sie es sagar an. manchen Stellen ia den Text eingeschoben haben,
wo. es überhaupt nicht passt (vgl. z. B. Most, Ill, 1, 37), haben
aueh hier die Gelegenheit nicht vorübergehn lassen, ohne davon
Gebrauch zu machen. An den andern Stellen haben sie, wie gesagt,
aur die Position bei der Lesart quidem vermeiden wollen, da sie
nicht bemerkten, dass Plautus sich. unter gewissen ‚Bedingungen
allerdings den Creticus statt des Dactylus verstattete und quidem in
ihren Augen gewiss keine Enclitica mehr war, sondern ein Wort,
wie jedes andere. Will man indessen, gestützt auf die Ueberein-
stimmung dieser Beispiele, die Lesart der Manuscripte dennoch gegen
die allgemeine. Regel aufrecht erhalten, so wird man wenigstens.
eipgestehn müssen , ‚dass dieser Fall, in dem δὶς homo (oder illic
homo mit seinen letzten drei Silben) .statt eines Dactylua eintritt,
nur eine Ausnahme. bildet.
. Anders. verhält. sich nun die Sache im Prolog zum Mercator.
Der Verfasser desselben muss der Meinung gewesen sein, dass der
Creticus, auf. der ersten Silbe betont, ohne Einschränkung. statt .
des: Dactylus gebraucht werden könnte, Daher schrieb er v.48
Lacerari valide suam rem, illius augerier .
Niemand wird dagegen einwenden, dass iüllius auch in der zweiten
Silbe verkürzt werden kann: dies geschieht nur, wenn dieselbe
unbetont ist. Ebenso bemerkt man v. 90:
Custos. Eisce confectis navim solvimus.
In beiden Fällen soll nach den beiden ersten Silben des Creticus
ein Wort enden, zumal so, dass die letzte Silbe desselben zugleich
die. Anfangssilbe eines mehrsilbigen Wortes ist, Dies. würde nur
in Pers.1, 3, 27 ecquid halleci, eine Analogie finden; :in. den an-
dern Versen dieser Art, die der allgemeinen Hegel widerstreben,
folgt auf den 'Trochaeus wenigstens ein einsilbiges Wort von unter-
geordneter Bedeutung..
Gerade. diese fehlerhafte Bildung, des’ Creticus aber, der für
den Dactylus eintritt, ἰδὲ. βοῦν häufig das Kennzeichen interpolirter
Verse. ' Sa: liest‘ man z. B. Pers, V, 1, 15 und. 16 auch: noch in
der neuesten Ausgabe des Stückes, ohne dass irgend ein Verdacht
geäussert wird, falgende trochaeische akatalektische Tetrameter:
Tu Sagaristio, accumbe in simmo. Ego nil moror: cedo parem
quem pepigi.
Temperi. Mihi istuc tömperi serost. Höc age accumbe. hünc diem
sudvem.
300 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus a. die Echtheit sein. Stücke,
Wenn Plautus diese Verse gemächt haben soll, so muss man
freilich eingestehn, dass er sich für die Aufnahme des Creticus statt,
des Dactylus gar keine Grenzen gesetzt haben kann und die Lesart
der Manuscripte würde an manchen Stellen wiederherzustellen sein,
wo sie von den Herausgebern meines Erachtens mit vollem Recht
geändert ist. Ich glaube indessen, dass Niemand, der den Zu-
sammenhang der Sache näher erwägt und namentlich V, 1, 17 mit
V, 1, 7 vergleicht, zwei Verse, in «denen ganz dasselbe gesagt wird,
daran ‚zweifeln kann, dass v. 1&—17, wenn nicht mehr, iu dieser
Scene von fremder Hand herrührt. Sogar die Veränderung des
Rhythmus, der bis dahin anapaestisch gewesen ist und jetzt plötz-
lich trochaeisch wird, bestätigt dies. Doch um ‚diese ‘Ansicht zur
vollständigen Evidenz zu bringen, würde ich die Fälle, in denen der
Creticus statt des Dactylus auch in trochaeischen Versen eintritt,
näher zu prüfen haben, was ich einem andern Ort vorbehalte.
Wenden wir uns nun zu ‚denjenigen Nachahmengen plautini-
scher Verse, die durch‘ den entgegengesetzten Fehler auffallen,
indem sie sich vollständig an das Schema des.Priscian halten, so
müssen wir als solche besonders die einfachen Argumente (wie ich
sie zur Unterscheidung von ‘den acröstichis nennen will) zu Amphi-
truo, Aulularia, Miles, Pseudolus und Mercator bezeichnen, In
ihnen wird man höchst selten eine Abweichung von den Vorschrif-
ten der Grammatiker finden und wenn dies geschieht, so kann man
leicht nachweisen, wie der Verfasser dazu gekommen ist. So ge
stattet sich der Auctor des Arguments zu Aalularia v. 8 in der
zweiten ‘Stelle des Verses den Bacchins statt des Anapaesten, indem
er schreibt:
Durüs senex' vix promittit atque aulae timens :
aber entweder glaubte er, dass das s zum Schluss von durüs ab-
geworfen werden könnte, was aber hier.nur an unbetonter Stelle
geschehn kann, oder er hatte sich gemerkt, dass Plautus öfters die
zweite Silbe von senex verkürzt und suchte seineni Verse dadurch
einen alterthümlichen Anstrich zu geben. Nähere Kenntniss des
plautinischen Versbaues braucht man deshalb bei ihm nicht voraus-
zasetzen:: Plautus selbst würde 'unfehlbar Sener duürus statt Durüs
senex geschrieben haben, In dem Argument zum Miles ist bemer-
kenswerth, dass in v. 12 οἱ einsilbig gebraucht wird, was eben-
falls nur Beobachtung plautinischer Verse ohne nähere Kenntniss
ihrer Gesetze darthut. Merkwürdig ist dagegen das Argument zum
Mercator, da dasselbe augenscheinlich erst nach dem Muster des |
argumentum acrostichon zu diesem Stück gemacht ist. Das letztere
lautet folgendergestalt:
Missus mercatum adulescens ab: suo patre
Emit atque adportat scita forma mulierem.
Requirit, quae sit, postquam eam vidit, senex. -
Confingit servos, emtam matri pedissequam.
Amat senex hanc, seque adsimulans vendere
Von Prof. Dr, Geppert zu Berlin. 301
Tradit vicino. Eum uxor illius pulat
Obduxre scortum sibi. Charinum tum ex fuga
Retrahit sodalis, postquam amicam invenerat.
Ich sehe vor der Hand von den andern Abweichungen in den Ma-
nuscripten ab und bemerke nur, dass dieselben in v. 6 die Worte
in der Folge eum putat uxor ülius geben, Das spätere Argument
lautet folgendergestalt:
Mercatum a sese filium extrudit pater.
Is peregre missus redimit ancıllam hospitis
Amore captus. Üt venit, navi exsilit,
Pater advolat visamque ancillam deperit.
5 Quoius sit, percontatur. servos pedissequam
Ab adulescente matri ait emtam esse ipsius.
Sener, sibi prospieiens, ul amico suo
‚ Veniret, gnatum orabat; gnetus, ut auo:
Hic filium subdiderat vicini, pater
10 Vicinum. Praemercatur ancillam senex.
Eam domi deprensam coniunx ilius
Vicini scortum insimulat: protelat virum.
. Mercator exspes palria fugere destinat, .
Prohibetur ab sodale, qui patrem ilius
15 Orat suo cum patre, gnato ut cederet.
Die einzigen Abweichungen, die sich der Verfasser dieser Verse
vom Schema .des Priscian erlaubt hat, beruhn darin, dass er von
pedisseguam (denn die Form pedisegyam hat nur geringe Auctori-
tät) die zweite Silbe verkürzt hat, ‚offenbar nach v. 4 im argu-
mentum acrostichon,. und dass er ipsius in v.6 und ülius in ν. 11
und 14 zu Ende des Verses als Dactylus gebraucht hat, und hierzu
hat ihn die falsche Lesart der Handschriften in v.6 des argum.
acrostichon verführt; im Uebrigen genügt schon die Länge der ersten
Silbe in patre den späten Ursprung dieser Verse zu documentiren.
Im Ganzen aber wird man bei allen fünf so eben besprochnen Ar-
gumenten eine gewisse Nüchternheit in der Versbildung wahrneh-
men, die den Grammatiker einer späteren Zeit charakterisirt,
Unter solchen Umständen ist es nun höchst merkwürdig, dass
sich trotz des Mangels richtiger theoretischer Vorschriften. über die
Versbildung der alten Komödie dennoch die Kenntoiss derselben in
der Praxis erhalten hat. Dies gebt nämlich unzweifelhaft aus einer
Anzahl von Nachbildungen hervor, welche genau dieselben Abwei-
chungen vom Schema der Grammatiker haben, die sich Plautus und
Terenz gestatteten und dies keinesweges aus. der vereinzelten Beob-
achtung gewisser Worte,. die man öfters bei jenen. an Stellen findet,
wo sie dem Metrum zu widersprechen scheinen, sondern mit vell-
ständiger Freiheit von aller antiquärischen Gelehrsamkeit . und mit
der richtigen Erkenntniss der zu Grunde liegenden Gesetze. Hier-
hin rechne ich nicht nur dag.supplementum zum Poenulus, von dem
oben die Rede. gewesen ist, wie das zur Andria des 'Terenz, die
809 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautos u. die Echtheit sein. Stücke.
besprochnen Prologe zu Aulularia und ‘Menaechmi, die trotz des
späteren Ursprungs doch in der Versform alt sind, sondern auch
die argumenta acrosticha, die besondre Aufmerksamkeit verdienen.
‚Dass‘ diese nämlich nicht, wie man in früherer Zeit geglaubt
bat, dem Priscian angehören können, hat Linge de hiatn in vers.
Plaut. Ρ. 21 Anm. mit schlagenden Gründen dargethan, von denen
ich nur den einen wiederholen will, dass die Versbildung in ihnen
den Vorschriften, die Priscian über den komischen Senar ertheilt,
an vielen Stellen widerspricht; wenn derselbe aber aus dem Alter
der Sprache und dem Umstande, dass acrosticha bei Ennius vor-
kommen, schliesst, ‘dass Plautus selbst der‘ Verfasser wäre, so
kann ich ihm hierin nicht beistimmen. Dies würde jedenfalls die
Voraussetzung machen, dass Plautus seine Komödien schon zur
Herausgabe bestimmt hätte, was mir nicht glaublich ist — wahrschein-
lich war der einzige Vortheit, den er von ihnen hatte, der, dass
er :sie aufführen liess — äber "jedenfalls existirten diese Argumente,
die, einem Ennius ‘fecit ähnlich, eine Gewähr für die Echtheit der
‚Stücke, auf deren Namen sie gemacht sind‘, abgeben sollten, sıhon
vor der Zeit des’ Varro und "bezeichneten ihm nächst andern Er-
kennungszeichen die 21 Stücke, welche von Allen anerkannt als
echt plautinisch dastanden, wie sie’ denn noch heute für uns eine
wichtige Bürgschaft sind, dass die ‘Komödien, zu denen sie ge-
hören, von hohem Alter sein müssen and von Niemand’ anders her-
rühren, als von Plautus. Es mag‘ gewagt sein, eine Vermutlung
über ihren Verfasser auszusprechen, äber der späteste Autor, dem
sie angehören können, scheint auch imir Aurelias Opilius zu sein, in
dessen Pinax sie wol eine Stelle gefünden haben können‘, wenn anders
die Form’ dieser Schrift der des Titels, welcher näch Sueton. c. 6
aus einem 'Acrostichon bestand, entsprochen hat.'
"Die Abweichungen endlich, welche diese Verse vom Schema
des Priscian darbieten, sind mannigfach, So findet man in der
Anacruse den Tambus stätt des Pyrrhichius i in den acrostichis zu
' Asin. v.2 Sub imperio vivens vol senex uxorio
Epid. v.8 ϑεά inventa gnata servolim 'emittit mann.
Men.v.10 Ii se cognoscunt fratres postremo’ invicem. '
Stich: v.7 Suam’quisque retinet ac Sticho Iudus dafur.
Ebenso anch den Trochaens in dem zu’ Cist.v.4 Tollit atque exponit.
Ferner 'hat man den ‚Froceleusmaticns statt des ‚Spondeus in dem
zu Cist. 'ν. 1.
Compr imit adulescens 'Lemnüus' Sicyoniam.
Häufig ist auch die Verlängerung der zweiten Silbe im dreisilbigen
Fuss, dessen erste Silbe betont und kurz ist, zumal: bei zweisilbigen
Worten‘, wo sie schon Linge p. 88 not. bemerkt hat. "So in den
Argumenten zu
“ Capt:v.6 Is sdo cum domino veste vorsa ac nomine -
"Most. v.1 Manumisit emtos s%os amores Phüolaches
1.9 Requirit quae sint: dit vicini proxumt,
Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, . ‚303
Most, v. 11 Ab εὐϊ sodale gnati exoratur tamen.
Pseud. v.3 Ei dat leno, qui &um cum relicno adferat
‘Pers, v. 1 #Profecto domino stos amores Toxilus
Cist. v. 3 Sicyonia aeque pdrit puellam. hunc servolus
Men, v. 4. Avos paternus fäcit Menaechmum e Sosicle.
True, v; 9 Fandem compressue pdter cognoscit omnie.
Ebenso aber auch bei einem einsilbigen und mehrsilbigen Wörtern:
. Cist. v; 4. Tolit. alqua exponit. dt. ex insidis aucupat
Pers,.v..5 Atgue it.a intricatum Iudit potans Dordalum. _
Merc. v. 4 Gorfingit servos, emptam 'matri pedissequam - ,
Abweichend 'von : plautinischer Accentuation ist nur die Betonung
von mullerem Pseud. v. 7 und mulierum Poen. v.2 wie die Ver-
längerung 'der ersten Sylbe in reperit Poen. v.7. In Bezng auf den
Hiatus dagegen findet man in diesen Versen’ ganz die freie Behand-
lang wie bei Plautus selbst und es. gehört mit zu den Fragen, die
sich die Verfolger -des -Hiatus bei den Komikern wol noch nicht
vorgelegt haben, wie 'es gekdmmen 'sein mag, dass man in den-
selben Manuscripten, welche die Komödien des Plautus und Terenz
nebst den Argumenten viel späterer Grammatiker enthalten, den
Hiatus nur in’ den älteren Producten findet, dagegen nirgends in
den jüngeren. Denn bei Plautus und Terenz, wie in den älteren
Nächbildungen ; zu denen auch die argumenta acrosticha gehören,
ist er häufig: in- den Versen des Sulpicius Apollinaris-und den fünf
späteren Argumenten zu den plautinischem Komödien findet man
ihn gar nicht. Sollten die Abschreiber gerade auf dies Beiwerk
eine so grosse Aufmerksamkeit verwandt haben @während sie die
Hauptsache, den Text der Dichter, mit Fahrlässigkeit behandelten ?
Doch sowol die Rechtfertigung jener Versformen aus den Gesetzen,
welche den Versen des Plautus und Terenz zu Grande-liegen, wie
die Beantwortung dieser Frage würde mich hier zu weit führen.
Ich muss mich damit begnügen, vorläufig darauf hingedeutet zu
haben.
Beiträge zur "Emendation und Erklärung mehrerer Stellen
in Tacitus Werken. a
Dial, de. orat. cap. 8. Tum le, Leges Eu, quid ete. Die
Nipperdey’sche. Conjectur hat Orelli mit Recht verworfen; sie ver-
diente in der That gar keine Erwähnung, wie ich denn auch glaube,
dass Herr N. sie selbst längst wird missbilligt haben, Aber Or.
hätte nach dem Vorgange Anderer das durch P. u. Vatice. tres voll-
ständig ‚beglaubigte tu nicht aus dem Texte verbannen rollen, wie
ich in meinem Schriftchen 9. Quomodo. permulli etc.. p. 28. bemerkt
Γ 2
304 Beitr. 2. Emendation u. Erkl, mehrerer Stellen in Tacitus’ Werken,
habe. „Zu cum affectu positum in allocutione“ cf. Kritz ad Vell,
Paterc. 2, 66, 4. p..327.
cap. 5B..... cum causas agere non possil. Et ego enim etc.
Das εἰ vor enim haben Einige ausgeworfen, Ändrre beibehalten,
Andere emendiren zu müssen geglaubt. Unter den Letzteren habe
ich mich Il. p. 29 den Bipontinern angeschlossen and At mit ihnen
zu schreiben gerathen. Sollte nicht vielleicht zu emendiren sein
At ego sam? Jam und enim werden oft verwechselt, wie über-
haupt iam oft corrumpirt ist; so z. B. emendirt Halm richtig Ann.
12, 47 „iam paratum“ für imperatum.“ So, glanbe ich, muss
man auch Agricol. c. 36 mit Bekker und Hertel lesen — minime-
que equestris ea dam eic.; etiam, was ich früher Il, p.16 empfühlen,
verwerfe ich jetzt.
cap. 6. Quod (P hat gd mit einem Strichchen durch d) id
gaudium etc. Id hat Orelli nach Walther aus dem Texte gewor-
fen. Ich glaube, dass ich Il. p. 29 ‚dasselbe richtig in et verän-
dert habe. Man könnte auch nach Ann. 15, 12 (φμοά. ἐμὰ εἰ
quantum decus) an unserer Stelle emendiren: quod id et quantum
gaudium: wiewo! mir das Erstere einfacher zu sein scheint,
Ibid, . . . quamgquam alia diu serantur atque elaborentur etc,
„elaborentur hl. de plantis = diligentissime colantur.““ Or. Allein da
elaborare —= „durch die übernommene Beschwerde ein Resultat her-
ausbringen,‘“ (Doederl. Syn. 1, 116) oder, wie Zumpt Cic. in Verr.
sagt p. 94 „ elaborare spectat ad finem,‘“ p. 113 „ad effectum per-
tinet,‘ coll. p. 737. so, glaube ich, muss elaborentur hier erklärt
werden durch laborando appetantur, Wir gebrauchen erarbeiten
oder besser erngihen.
cap, 11. Nam statum hucusque ας securitatem etc. So hat Or.
nach Lipsius’ Emendation. Ueber status vgl. Kritz. ad Vell. Patere.
2, 3 p. 90. Statt Aucusque ac hat P cuiusque ad; ich war frü-
her wohl geneigt zu lesen ἢ. statum usqye ad secur. vgl. cap. 5.
.. ultro feras (feras ist mit Lipsius zu schreiben), ipse secu-
rus et q. v. ee. Man könnte auch emendiren . . . statum eius-
que et sec.; eius und cuius werden hier und da verwechselt, so
haben z. B. Vat. a u.b (ΓΖ bei Or.) Agric. c. 16. Eiusque nach
Halm Tacitus II. p, XIV, wofür wenigstens mit Or. nach Wex
Eiusque zu schreiben ist, vgl. übrigens, was ich über diese Stelle
im Agric. geschrieben habe il. p. 7; et und ad sind c, 13 p. 478
l. 7 ed. Or. T. Il. in P verwechselt; et — etiam,
cap. 15. Et quod quibusdam solatio est, mihi auget quaestio-
nem εἰς, „Hiat membrorum iunctura, quae requirit purticulam
etenim“ Berah. Or. scheint diese ‘Ansicht von: Bernhardy zu thei-
len, da er jene Worte B’s anfülrt, ohne Etwas beizufügen. Heu-
mann hatte schon an dem et angestossen, da er at emendirt. Die
Vulgata bedarf der Emendation nicht. Uebrigens ’hat 'diese Stelle
mich .zu einer unzweifelhaft richtigen Emendation eiser anderen
Stelle des Taeitus geführt,. Agricol, c. 43 lesen wir .. . aut laeta-
Von Dr. Nolte. | 805
tus est, aut statim oblitus est. Augebat miserationem etc. An dem
doppelten est haben Mehrere Anstoss genommen. .Acidalius rieth
eines zu tilgen; Oberlin und Bekker nach Marets Vorgange stri-
chen das letztere; Dronke mit einem Unbekannten im J. L. Z. von
1816 Nr. 127 das erstere, Orelli mit Walther hat beide im Texte
gelassen, was mir unerträglich ist. Tacitus schrieb ohne Zweifel...
aut laetatus est, aut statim oblitus. Et augebat miserationem etc,
cap. 17. Quos quid antiquis temporibus etc. Für quid „forte
cur“ Halm. Wenn an dem quid geändert werden soll, warum
dann nicht einfacher qui geschrieben ? ᾿
cap 19. Nam quatenus ‚antiquorum admiratares hunc velut
terminum antiquitatis constituere solent, quem usque ad Cassium Seve-
rum faciuni, quem primum affırmant flexisse ab illa vetere atque
dicendi directa via, non infirmilate ingenä πος inscitia litterarum
transtulisse se ad illud dicendi genus contendo, sed iudicio et intel-
lectu. Ueber diese Stelle habe ich Il. p.33 coll. p.85 gehandelt. Das dort
Gesagte will ich jetzt hier weiter begründen und diese Stelle noch
etwas anders emendiren, als dort geschehen, Statt des anstössigen
Nam im Anfange des Satzes ist Jam zu schreiben als transitum pa-
rans cf. 1], p. 85. Weiter ist einleuchtend, dass Aper mit seiner
‚Ansicht den antiquorum admiratoribus sich entgegensetzt; daher
‚vermisst man die Hervorhebung dieses Gegensatzes durch ein be-
sonderes Pronomen in der Vulgata aegerrime. Für quem usque
hat P, 9 (cum lin. transversa) usque, wofür ich 1}, p. 83 ego
usquequagu 6 emendirt habe; in Folge dieser Emendation musste
für ad geschrieben werden et =: etiam.: Für Cassium Severum fa-
eiunt habe ich Il. die mit Unrecht verdrängte Leseart von PF,-
nämlich cassium quem reum faciunt wieder aufgenommen. Statt
Üla ist aus P ista herzustellen cf. ll. p. 28. Ein Wörtchen in-
dessen ist mir jetzt noch anstössig, nämlich das Aunc vor velut
terminum. Ich glaube, dass für hunc zu emendiren sei nunc.
cap. 21. Nec unum de populo Canuti (in P war ursprünglich
Sanuti, das C ist von einer anderen Hand in (verändert): aut atti
de furnio et toranio quique alios etc. Ich babe schon früber in die-
ser Zeitschrift diese Stelle folgendermaassen verbessert: Nec in uno
(oder ullo) de populo, Canutio aut Attio et Furnio et Foranio quique
aliorum (= in üs qui) oder aliisqgue qui und zu in uno de populo,
Canutio εἴς, ergänzt risum somnumve me tenere non posse faleor.
In der Hauptsache glaube ich das Richtige getroffen zu haben; nur
hätte ich für quique alios emendiren. sollen quique al, was == el in
alis qui; Tacitus liebt die Formel quique αἰϊὲ und ähnliche sehr,
2. B. Hist. 1, 11. et quae aliae; 1, 25. quaeque alia; 1, 53. quas-
que alias; 1, 55. quaeque alia; dialog. cap. 18. quosque alios; Ann.
14, 17. et quialiu. ö. a.
‚cap. 25. Ne üli quidem parti sermonis eius repugno, si cominus
fatetur plures formas dicendi etc. Dass cominus corrupt sel,
Περὶ auf der Hand. Dje von mir Il. p. 86. vorgeschlagene Con-
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd.XIX, Bft. 2. 20
306 Beitr. 2. Emendation u, Erklär. mehrerer Stellen in Tacitus Werken.
jectur, wie passend sie auch sein mag, verwerfe ich jetzt. Ich
glaube, dass Pithoens das Richtige getroffen hat, indem er eom-
munius vorschlug. Ich nehme alsdann « == si quidem — sin-
‚temal, parenthesire die Worte δ᾽ communius fatetur, die höchst
ironisch sind, nnd lasse die Worte plures formas extilisse von den
‚Worten ne illi quidem parti sermonis eius abhangen.
Wie die corrupte Stelle in cap. 26... sed tamen frequens
sicut his clam et exclamatio, wie P hat, zu heilen.sei, habe ich
noch nicht finden können. Ich habe. früber in dieser Zeitschrift
vorgeschlagen sed tamen frequens sic ab his facta iam (und ich
möchte aus Histor. 1, 85 beifügen et grate accepta) exclamatio. Ob
in dem his Etwas von Aistrio, histrionalis oder scenici, scena steckt
und in clam (oder cta, wie F. hat) Etwas von actio, astus oder
clamor, kann ich nicht ausfindig machen. Jedenfalls. ist Tacitus’
Hand noch nicht. wieder hergestellt. Dagegen glaube ich, jetzt
Tacitus’ Hand vollständig wieder herstellen zu können in den Wor-
ten des
"cap. 27. . . quas te solitum tractare paulo ante plane milior
(τ cum lin,) eloquentia εἰ temporum nostrorum miratus iralus, . ..
lacessenda. Lipsius hat, wie er sagt „e quodam libro‘‘ (,„,2:° Orelli)
nach paulo ante dixisti beigefügt; die anderen Editoren sind ihm
gefolgt. Ich glaube, dass Lipsius sein .„dixisti“ aus cap. 16...
et tu paulo ante diristi , . .„.entlehnt habe. Die Rede des Mater-
nus unterbricht Messala, wie ich schon ll. p. 37 bemerkt habe,
so dass nach lacessendo das signum orationis praecisae zu setzen
ist. Ferner ist es mir gewiss, dass miratus vom Abschreiber bei-
gefügt ist, weil er nicht unterscheiden konnte,. ob im Originale
miratus oder iratus stand. Um sicher zu gehen, schrieb er mira-
tus and iratus, dem .gelehrteren Leser überlassend, was er als dem
Zusammenhange angemessen sich von beiden Wörtern wählen wolle,
Ich streiche miratus und behalte iratus bei. Statt eloquentia et ist
eloquentiae zu lesen; ähnliche Versehen finden sich oft, 2. B. Ann.
12, 68. :Tom. I, p. 407, 1. 8. hat M. gloriae nitesceret für gloria
enitesceret; für poteniiae Ann. 13, 2. p. 417 1. 15 potentia et.
Aber, und darauf kommt es jetzt einzig an, was steckt in mitior
(r, cum ἐμ.) Man theile das Wort, und Tacitas’ Hand ist herge-
stellt! Es muss gelesen werden miti ore. Achnliche Ineinander-
ziehungen der Wörter findet man oft, z. B, Ann. 14, 57 p. 525 1.
7, hat M. praesentiara wofür Doederlein prassenti ore emendirt,
Heinsius praesenticura. Vell. Paterc. 2, 64, 3 fulgentissimo et
coolesti ore; Amerbach hat .scelestiore für coelesti ore.
Man könnte auch mitiore ore schreiben den Comparativ in der Be-
deutung von ziemlich fassend; indessen würde das eben so ta-
delnswerth sein, als des Cicero pleniore ore, cf. Heinrich ad Juvenal.
Satir. 10, 122 p. 394 Tom. II. Demnach ist alse misi ore in den
Text .aufzunchmen. Vgl. cap. 11. intento ore; Anm. 14, 16, ore
vultuque.tristi; Histor. 2, 48, placidus ore. Im Folgenden ist zu
Von Dr. Nolte. 907
N
lesen, wie ich Il. p. 37 bereits gezeigt habe: „Non .. , disputa-
tione; iam et vos offendi dedecebit. |
cap. 87. Quae et in antiquariorum bibliothecis adhuc manent
et cum mazxime etc. P hat bei cum mazxime ein über die Reihe
geschriebenes nunc, das, wie ich Il. p. 40 bemerkt habe, durch.
ans aufzunehmen ist. „Cummazime, ubi adverbialiter ponitur,
praesentis temporis aut infiniti est, ut ubi praesentis expressa signifi-
catione opus est, adiungat sibi nunc: nunc cummazxime, jetzt
gerade, cf. Heusinger, ad Οἷς, de offic. 1, 13 extr. Sed de prae-
terito dicendum tummazime. Vide Drakendorchium ad Liv,
XXVH, 4 et imprimis Dakerum ad Filorum II, 16. 8. Zumpt. Cie.
Verr. 4, 38, 82 p. 736. Nunc cum mazxime findet sich im Frag-
mente der Rede des Claudius bei Orelli Tacit. I, p. 364 fin.
cap. 87. Nam..... exceperi, quoque malor adversarius
est et acrior quieum pugnas . . . . . ἰδὲ noblitatus ... agit,
quorum ea natura est, ut secura nolint. So habe ich theils Il. p.
40 und theils in dieser Zeitschrift nach dem codex P, eigener und
fremder Conjectur diese Stelle hergestellt, mit Ausnahme des n olint,
das ich nach Rhenanus’ Vorgange jetzt aufnehme. Etne Lücke er-
kenne ich hier nicht an, wie ich ll. p. 40 schon bemerkt habe.
Volo und nolo werden hier und dort verwechselt, vgl. Zumpt. Cic.
in Verr. 2, 78, 192 p. 423. Das nolint rechtfertigt die von Schultze
aus Cic. ad Famil. 2, 12 angeführte Stelle. Ich füge aus Quinctil,
10, 1 hinzu: ,‚Nec fortuna modo iudiei,: sed etiam ipsorum qui
orant periculo afficimur.
cap. 83... . . sicut omnia pacaverat. deparaverat hat P
und übers α ein u; depacaverat hat Tross; „verbo ab ipso
inventum“ fügt Orelli bei; indessen liebt Tacitus Seltenheiten und
neue Compositionen. Das einfache pacaverat entspricht der Leseart
des codex nicht; wem Trossens Emendation nicht gefällt, der lese
umnia iam pacaverat.
cap. 41. Sic quoque quod superest εἰς. Wie anstössig Vielen
das Sic quoque ist, ist bekannt. Unter den Emendationen scheint
mir die von mir Il. p. 41 vorgeschlagene die beste und passendste.
Indessen wird durch eine einfachere Emendation des Tacitus Hand
wieder hergestellt. Ich emendire: Sieqwe quod superest etc.; que
und quoque werden oft verwechselt. Sic zieht oft einen Schluss
aus dem Vorhergehenden und zeigt an, dass das Folgende in
Uebereinstimmung mit dem Vorhergehenden stehe == dem zu
Folge, dem gemäss. Ebenso wird {ta gebraucht. Die Ver-
knüpfung mit que liebt Tacitus, cf. Hand. Tars. III, p. 181;
Roth commentatt. Tacit. specitw, in. Seebode’s N. A. 1829 p.
85 sqgq.
Histor. 1, 71 habe ich früher in dieser Zeitschrift also ver-
bessert Ac Otho quasi ignosceref, sedre hostis metu eum et
(= etiam) conciliationis (accus. plur.) adhibens statim inter intimos
εἰς. Ein Freund, dem ich diese Conjectur nttheie > fand das ac
“.
308 Uebersetznpgsprobe aus ‚Ovid.
vor einem ‚Vocale anstössig und wollte dafür atque substituiren,
vergl. dagegen Doering zu Plin. ep. 10, 46 Tom. II. p. 327.
ibid. cap. 88. die von mir Il. p. 85 vorgeschlagene auf das
ae si von a, ὃ, Spir. gestüätzte Conjectur multi .afflicta fide in pace
anzii turbatis rebus etc. gibt unzweifelhaft Tacitus’ Hand, nicht so
gas ibid. in cap. 89 (obwol in den Zusammenhang vortrefllich pas-
sende) vermuthete pertulerat, da die handschriftliche Leseart
pertinuere beibehalten werden kann. Die Welthersche Explica-
tion sagt mir nicht zu, noch auch des Oberlinus Eonjectur in; ich
halte mit Orelli dafür, dass a d nach adversa ausgefallen und rem
publicam zu lesen ist; über pertinere ad cf. Gierig Plin.en. 5, 9, 4.
Tom, I. p. 480. ed. maj. Für pertulerat köngte man Histor. 1, 15
Jortunam . . . tulisti anrufen und was ich über die abgekürzte
Schreibart von respublica 1}. p. 86 gesagt habe, kann ich durch
weit mehrere Stellen, als geschehen ist, belegen,
Dr. Nolte.
Ovids Tristien I, 3.
Elegie I, 3.
Wenn das düstere Bild der Nacht mich heimlich beschleichet,
Da mein Leben sich schloss dort in der ewigen Stadt;
Wenn ich gedenke der Nacht, da ich all meine Liebe_zurückliess,
Gleitet das perlende Nass mir aus den Augen noch jetzt. |
Bald nun hob sich der Tag, da Caesars Wort zu entweichen
: Ueber Ausoniens fern saumende Marken gebot.
Sinn nicht hatt’ ich noch Musse gehabt, für das Nöth’ge zu sorgen, |
Lang hinbrütend in sich war mir das Herz wie versteint. Ä
Weder um’ Diener bekümmert’ ich mich, noch um Reisegefährten,
‘ Qder um Hab’ und Gewand, wie’s der Verbannte bedarf.
War ich doch eben betäubt, als wer, wenn Juppiter's Strahl ihn
Traf, noch lebet und selbst, dass er noch lebet, nicht weiss.
Wie nun aber der Schmerz selbst löste den Schleier der Seele,
Und zur Gesundheit mir endlich die Sinne gelangt:
Sprach ich das letzte, das Abschiedswort zu den traurigen Freunden,
Deren, aus Vielen, eich our Ein und der Andere fand,
Zärtlich umklammert das Weib-den Weinenden heisser noch weinend,
- Ueber die. Wangen, so fromm, stürzet in. Strömen die Fluth.
Ach, nnd die Tochter ist fern, fühlt anders am Libyschen Strande,
Kann ja die Kunde noch nicht haben von meinem Geschick.
Wende wie immer den Blick, Wehklagen erschallen und Seufzer,
Ja Thränguellen besitzt jeglicher Winkel im Haus.
Ist’s bei Klieinem erlanbt, grossartige Muster zu brauchen:
So war Troja zu schaun, da sie Gefangene ward. —
Vom Studienlehrer Dr. Wölffel zu Nürnberg. 309
Jetzt entschliefen die. Laute der Menschen , es schwiegen die Hunde,
Und von der Höhe gebot Lnna den Rossen der Nacht.
Auf nan schauend zu ihr, und die heiligen Zinnen gewahrend,
Die sö vergeblich gesellt waren dem eigenen Herd:
Ö ihr Mächte, die ihr so nachbarlich thronet, so rief ich,
Und ihr Tempel, die nan nimmer mein Auge soll schau’ n,
Götter, verloren für mich, in Quirins hochragender Hauptstadt, -
. Seid mir segnend gegrüsst jetzo für ewige Zeit!
Und wiewol ich zu spät todtwund erts greife zum Schilde —
Nur von gehässiger Schuld löset, entlastet den Bann.
Kündet, wie Irrthum nur mich befing, dem Erkornen des Himmels,
Dass er den Fehltritt nicht achte für frevelnde That.
Was ihr wisset, o lasst es den Schöpfer auch denken der Büsse,
Tragen mein trauriges: Loos kann ich, versöhnt sich der Gott.
So lag ich im Gebet vor den Himmlischen: mehr noch die Gattin,
Schluchzen beklemmte und schloss mitten im Worte den Lant.
Auch vor den Göttern des Herds daliegend mit fluthenden Haaren
Rührte sie bebenden Munds än den’ verglühten Altar;
Richtete strömende Worte sodann an den zürnenden Schutzgott: —
Für den verlorenen Mann waren sie alle umsonst. — —
Und schon gönnte der Nacht Umschwung nicht Raum zu verweilen,
Nieder vom eigenen Pol ging der Parrhasische Bär.
Muss es denn sein® So traut hielt fest mich die Liebe zur Heimath,
Gleichwol war’s ja die Nacht vor der gebotenen Flucht.
Ach, wie sagt’ ich so oft, wenn Jemand drängte: so lass mich !
Oder: wo soll ich denn hin? oder: was soll ich dena fort?
Ach, wie log ich so oft, ich habe die Stunde genau schon
Selber bestimmt, die ganz passe zum Ziele des Wegs.
Dreimal schon an der Thür, zog’s dreimal wieder zurück mich,
Ach, und dem -Herzen zu lieb zögerte säumig der Fuss.
Oft schon sagt’ ich Lebwohl, da musst’ ich noch Manches be-
sprechen,
Musste zum Abschied noch geben den schliesslichen Kuss.
Oftmals gab ich den gleichen Befehl und ich selber vergass ihn,
Wandt?’ ich das Auge zurück, schaute die Pfänder der Lieb.
Ha, was eil’ ich denn auch? nach Scythien soll es ja gehen,
. Sagt’ ich, und fort aus Rom — doppelt gerechter Verzug!
Lebend dem Lebenden wird auf ewig die Gattin entzogen,
Haus und Herd, und das Glück unter den Lieben zu sein;
Ihr auch, Freunde, auch ihr! von mir gleich Brüdern geliebet,
O ihr Herzen, für mich treuer als Theseus bewährt.
Lasst Euch, weil ich noch darf, umarmen! ich darf es vielleicht nie
"Wieder, "Es wird zum Gewinn jede Minute mir noch,
So ohn’ Ende nun red? ich und unvollendete Worte,
Weil schon immer das Herz wieder das Nächste umschloss.
Da stieg unter Gespräch und Thränen am hohen Gewölbe
Uns zum Grame herauf Luciferg glänzender Stern.
_
312 Ueber die Bekanntschaft der Griechen u. Römer mit denSiaven.
Adria, doch waren sie von den Thraciern, den jetzigen Albaniern
und den liburnischen Seeräubern uuterjocht ‚worden ; als auf ein-
mal Bellonesar mit seinen 300,000 Galliern 890 Jahr vor unserer
Zeitrechnung Italien und alle Länder zwischen dem adriatischen
Meere und der Donau überschwemmte. Die Veneder nahmen diese
Celten als ihre Befreier von den benachbarten Drängern, wozu auch
die Etrurier gehört hatten, willig auf; so dass Bellonesar in lllyrien
ein bedentendes Reich stiften und Brennus durch .sie unterstützt
Etrurien und Rom verwüsten konnte. Auf diese Weise dehnte
sich das wendisch-celtische Reich über Böhmen bjs zur Weichsel
und dem Don bis an das schwarze Meer aus, 80 dass es mit den
Griechen, sogar mit den in Siclien, um die Herrschaft zur See als
Nebenbuhler auftreten konnte. Diodor erzählt die Vertreibung der Fiot-
ten des Dionys aus allen Häfen des adriatischen Meeres. Unser franzö-
sische Historiker nennt den König Bardyles den bedeutendsten An-
führer dieser slavisch-gallischen Illyrier, welcher die akrokeraunischen
Berge überstieg, Epirus unterwarf, und die kleinen. Herrscher in
Macedonien zwang, ihm Tribut zu zahlen, so dass die Vorfahren
Alexanders des Grossen jener Nation Geisseln schicken mussten,
Doch 359 schlug Philipp den Bardyles.
Nach dessen Tode theilten sich Clitus und Glaucias in ΠΙγ-
rien, als Könige der Triballer und Taulanten, welche den Kampf
gegen die Macedonier fortsetzten, in welchem die Schwester Alexan-
ders, Synane, gegen die illyrische Heldin Caerie siegte. Nach
dem Tode Alexanders zogen 150,000 Ilyrier mit 20,000 Beitern
unter ihren gallischen Heerführern nach Griechenland bis unter die
Mauern von Delphi. An dem illyrischen Hofe des Glaucias wurde
Pyrrhus erzogen, und ein illyrisches Heer setzte ihn auf den Thron
seiner Väter in Epiros ein.
Um das Jahr 140 vor unserer Zeitrechnung war Argon der
mächtigste König der Gallo-Slaven in Illyrien, denn er dehnte
sein Reich bis nach Kärnthen aus und nach Appian waren seine
Schiffe auf dem Meere am meisten gefürchtet, und die liburnischen
Schiffe halfen in der Schlacht von ‚Aetium dem Kaiser August die
Herrschaft der Welt erobern. Bald aber griffen die Römer diese
Seemacht an; allein die illyrische Königin Teuta eroberte Corfu,
doch mussten endlich die Gallo-Slaven den Illyriero unterliegen.
Der Verfasser behauptet demnach, dass die Celten und Slaven
lange den klassischen Völkern wiederstanden, uad ihren Natur-
gottesdienst dem Götzendienste der griechischen und römischen
Verfeinerung entgegensetzten. Auch die germanischen Völker waren
gegen die Celten und Slaven stets feindlich gesinnt,. wogegen sich
die beiden letztern stets verständigten.
Durch die römische Eroberung ging.die celtische und slavische
Sprache in Illyrien ganz verloren und flüchtete sich nur in die
Berge von Friaul und Kärnthen, seitdem der letzte illyrische See-
hafen Salona 54 Jahre nach unserer Zeitrechnung erobert worden
Mitgetheilt vom Geh.-Rath Neigebaur zu Bresiao. 313
war. Seitdem hörte man nichts mehr von den Wenden bis Pro-
copius, der Geheimschreiber und Freund Belisars, die Slaven er-
wähnt,‘ die er owopol nennt, und in Anten und Slaven eintheilt.
Der gothische Bischof von Ravenna, Jornandes, nennt sie aber
noch fortwährend die Natio Winidorum, die er in Sclavimi und
Antes eintheilt. Unser französische Historiker behauptet, dass der
Name: Sporen der Ursprung von dem Namen der Servier ist, der
Sorben; er leitet das Wort von Scoriti her, welches berathschla-
gen, sprechen bedeutet; daher auch die Slaven alle, die nicht zu
ihrer Nation gehören, Nimiecz nennen. Noch jetzt heissen die
abendländischen Illyrier, zwischen Venedig und Wien, Wenden; die
östlichen lilyrıer aber, zwischen dem adriatischen Meere und Kon-
stantinopel, Serben. Der occidentalische Jornandes hatte sie Vene-
der, der orientalische Proeop hatte sie Spori, Serben, genannt; oft:
aber wird der eine oder der andere Name für alle Slawen gebraucht,
Schon Ptolemaeus hatte von den Serben Erwähnung gethan, welche
zwischen der Rha (Wolga) und den ceranischen Bergen wohnten;
auch Plinius spricht von ihnen zwischen dem Don und der Wolga
am maeotischen See. Im neunten Jahrhundert erscheinen die Ser-
ben in Russland auf einmal als ein mächtiges Volk, und 950 er-
wähnt Kaiser Konstantin Porphyrogenetus diese Nation unter den
seythischen Völkern als eine der bedeutendsten, in die Weis-
sen, -oder Freien und in die schwarzen oder unterjöchten,
getheilt. In den Werken des Bischof Salomon, Mater verborum,
welcher im 9. Jahrhundert zu Kostnitz lebte, wird behauptet, dass
die Serben die Autochthonen von Sarmatien gewesen. In der Chro-
nik von Nestor werden die Slaven als die ältesten Bewohner Iliy-
riens aufgeführt, und er sagt, dass zu den 72 Völkern, welche
von Japhet herstammen, auch die Illyrier oder Slaven gehören; sie
bewohnten lange die Ufer der Donau, das heutige Ungarn und Bul-
garien, von wo sie sich nach verschiedenen Gegenden verbreiteten,
und nach Verschiedenheit der Länder auch besondere Namen annahmen.
Lange wurde der Name Sorben und Wenden vermischt ge-
braucht, wie die Sorben-Wenden in Sachsen, wo jetzt nur noch
der letzte Nume geblieben ist. In Kärnthen und Crain werden sie
jetzt ebenfalls nur Wenden genannt, obwol sie dort nach Karl dem
Grossen von den deutschen Lehnsherren Serben genannt wurden,
Der ungenannte Dichter von 1310 nennt selbst die Tschechen
Serben, welche aus Gross-Servien, oder weiss Croatien hier ein-
gewandert waren, und noch die böhmischen Schriftsteller des 15. und
16. Jahrhunderts übersetzen das Wort, Wende, in Serbe.
Unser französische Historiker schliesst daher, dass die Slaven
vor unserer Zeitrechnung gewöhnlich Wenden und nachher Serben
genannt worden, und dass beide Namen den ganzen slavischen
Stamm begreifen, welcher stets in einem grossen Theile Europas
heimisch gewesen ist.
314 Zu dem Schriftchen De origine Gentis Romamae.
Zu dem Schrifichen De origine gentis Romanae.
Von K. L.. Roth zu Basel.
Die Abhandlung von Herrn .Dr. Mähly über das Büchlein De
ἡ origine gentis Romunae, Supplementband XVII. 5.182 ff, wird hof-
fentlich dem seit Niebuhr so oft wiederholten Gerede, dass dieses
Sehriftchen dem Alterthum gar nicht angehöre, dass sein Verfasser
ein Betrüger sei u. dgl. ein für allemal ein Ende machen. Hier-
über will ich auch kein Wort weiter verlieren.
Nur in Bezug auf die handschriftliche Ueberlieferung des- ge-
nannten Büchleins sei mir die Bemerkung gestattet, dass die zwei
von Schott erwähnten Codices Pulmanni und Metelli allerdings als
zwei verschiedene Exemplare zu unterscheiden sind, . Wir können
hierüber mit «vollkommener Gewissheit urtheilen, seitdem die eine
dieser Handschriften wieder ans Tageslicht getreten ist. Der Codex
Pulmanni nämlich befindet sich anf der königlichen Bibliothek in
Brüssel. Es gibt von demselben Roulez in den Bulletins de P’Aca-
demie royale de Bruxelles XVII, p. 261 ff. eine Beschreibung, die
mit der von Schott gegebenen vollständig übereinstimmt. Auch für
die einzelnen von Sehott daraus angeführten Lesarten bezeugt uns
Ronlez die Redlichkeit des Referenten ἢ. Ueber das Alter des
Codex Pulmanni spricht sich zwar Roulez nicht aus; aber seine
Angabe, dass darin, von der gleichen Hand geschrieben, auch
die Controersia de nobibtate inter P. Cornelium Scipionem et €.
Flaminium, per legum dectorem egregiumque oratorem Bonacursium
Pistoriensem **) enthalten sei; führt uns in die letzte Zeit des Mittel-
alters. Es ist nun bemerkenswerth, dass auch Schott dieses Poel-
man’sche Exemplar nirgends Csder entiquissimus oder vetustissimus
nennt; denn codex vetus oder velustus nannte man damals jede
Handschrift, oft selbst die alten Drucke.
Anders dagegen verhält es sich mit der ans der Bibliothek
des Cornelius Gualtherus in Gent stammenden Handechrift, die
schon vor 1579 in den Besitz des Joannes Metelleus übergegangen
war, vgl, Schoft za Aur. Victor in Caesaribus 20. δ. 30. Diese
nennt Metellus selbst Coder antiquissimus, und noch bestimmter
äussert sich Schott σὰ Cornelii Nepotis opera, Francof. 1609 p. 5
dahin, dass der Codex Metelli DCCC abhine annis vel pluribus ge-
schrieben sei. -Es kommt also dieser Altersuntersehied zu den von
Mähly angegebenen, nur etwas zu gering angeschlagenen, Unter-
scheidungszeichen ***) als entscheiiendes und für uns wichtigstes
*) Das gleiche Zeugniss stelle ich Schott aus in Beziehung auf den
Cod. Floriacensis der Epitome Sec. XI, der jetzt in Bern ist.
**) Diese Controversia fand ich auch in einer Leydner Sallasthand-
schrift vom Jahre 1371.
***) Eine Verschiedenheit der Lesart berichtet Schott ausdrücklich zu
τί ill. 31, 5. Am Schlusse der Ἐπὶ illustres stand im Codex Metelli;
Von KL. Roth zu Basel. Gelegentl. Von Dr. Mähly zu Basel. 315
Merkmal hinza. Hoffen wir, dass auch diese Handschrift nöch
irgendwo ans Tageslicht kommen werde.
. Bekanntlich enthalten einzig auch die beiden Codices Pulmanni
und Meteli die ächte Kaisergeschichte des Aurelius Victor, während
die in allen übrigen Handschriften enthaltene s. g. Epilome ein ganz
anderes Werk ist. Ein Citat des Laurentius Eydus de magistr.
Rom, 3, 7, das sich auf Aur. Victor de Caesar. 39. δ. 44 bezicht,
setzt dieses ausser Zweifel.
Einer fernern Untersuchung bleibt es vorbehalten, in welchem
Verhältnisse das Schriftchen De origine g..R. zu. der anonymen
Historia Latina steht, die Hieronymus im Chronicon benutzt hat.
Vgl. Mommsen in den Schriften der Leipziger Ges. d. Wiss. 1860.
S. 598 ff. 680 ff.
Basel, ἢ K. 1,, Roth.
Gelegenheitliches.
Von Dr. Mähly zu Basel.
Zu den vorangehenden Bemerkungen erlaube ich mir Einiges
hinzuzufügen, mehr andeutungsweise, als um zu entscheiden. Dass
der Verfasser der viri illustres nichts zu schaffen hat mit dem der
origo ist eine ausgemachte Sache; eine andere Frage aber ist die:
„In welchem Verhältuiss steht dieser zu den vielen Beisätzen, wel-
che in Schott’s manuscriptum Pulmannianum den viri illustres bei-
gegeben sind?“ Nicht nur nämlich laufen eine Menge Sätze unter,
welehe andere codices der viri illustres nicht enthalten, somdern
ganze Episoden, ja neun vollständige vitae sind zugefügt. Aus
diesem letztgenannten Anhängsel lässt sich schliessen, dass auch
die übrigen additamenta von der gleichen Feder geschrieben
sind*), welche die _origo schrieb; ich sage nur geschrieben;
denn selbstständig verfasst ist wahrscheinlich keiner von dieser
Hand, indem mit Ausnahme der neun vitae aller übrige Zusatz in
alten Schriftstellern seine Quelle und Herkunft findet. Welches sind
"nun aber diese Schriftsteller? Man wird alsbald an Paulus Diaco-
nus denken, und seine Meinung scheinbar bestätigt finden, allein
merkwürdig ist, dass, wo eine Uebereinstimmang mit diesem sich
findet, sie auch bei Eutropius zum Vorschein kommt, oder, wo
dieser abweicht, bei Orosius (vgl. die beiden Anhängsel zu Pyrrhus _
“-
Expliciunt nomina prineipum Romanorum, was aus dem Codex Pul-
manni weder Schott noch Roulez anführen.
*) Dass heisst nicht etwa von einem spätern Abschreiber des Codex
erst beigefügt,
316 .° Gelegenbeitliches. . “,
und Tit, Gracchus). Ich glaubte dies bemerken zu sollen, um vor-
eiligen Schlüssen vorzubauen, wie dem, dass wegen stellenweiser
Aehnlichkeit eine Gleichheit ınit Paulus und dem Verfasser der origo
(den wir .auch als den Compilator des übrigen Inhalts jenes Pul-
mann’schen Godex anschen), jedenfalls jünger als Paulus sei. An
und für sich kann man diese Möglichkeit bestreiten oder zugeben
— nothwendig ist sie durch dieses Argument nicht. Der Ver-
fasser der nun hinzugekommenen vitae ferner hat sicher den Pau-
las, I. nicht gekannt (da er zuversichtlich älter ist als dieser); aber
Paulus hit ebensowenig von ihm etwas gewusst, sonst würden ge-
wiss einige Spuren der Benutzung sichtbar sein, die indess- gänzlich
fehlen. .
Wie verhalten sich nun aber ferner die viri illustres zu den
Caesares im Schott-Pulmann’schen Codex? und die Epitome zu
diesen? — Ist der Verfasser der neun vifae zugleich als der der
Caesares zu betrachten, da beide erst durch jenen Fund hinzuge-
kommen sind? Ich begebe mich in dieser Frage alles Urtheils;
nur will ich Einiges anführen, was nicht ganz übersehen werden
darf. Gewiss ist, dass Paulus Diaconus unsere „‚Caesares‘‘ ebenso
wenig kannte als jene neun neuen vitae; denn wo er mit ihnen über-
einstimmt, findet sich die Uebereinstimmung auch in der Epitome.
Da nun aber Paulus, da, wo ihm Eutrop und Orosius seinen Stoff
nicht liefern, mit vollen Händen aus der Epitome schöpft *), er
die viri illustres aber insgesammt nicht benutzt hat, so ist ein sol-
*) Vel. z.B. Nero.
Epitom, Eutrop. Oros, Diac.
Iste quinquen- Iste quinquen-
nio tolerabilis vi-
sus, unde quidam
prodidere, Traja-
num solitum dice-
re, procul distare
cunctos principes
a Neronis quin-
quennio,
Inusitatae luxu-
riae sumptuumque
et qui exemplo Cd-
ligulae in calidis
frigidisque lavaret
unguentis cett.
Quod ipse ex
nio tolerabilis fuit,
unde quidam pro-
didere Trajanım
solitum dicere pro-
cul distare cunctos
principes a Nero-
nis quiaquennio.
Inusitatae luxu-
riae sumptunmqne
et qui exemplo Ca-
ligulas in calidis
frigidisque lavaret
unguentis, cetk.
Quod ipse' ©X
altissima illa Mae- |altissima illa Mae-
cenatiana turri
tenatiana turrl
prospectans, lae- |prospectans, la®-
tusque flammae
tusque üamma®
pulcritudine, cett. |pulcritudine, cett.
Von Dr. Mähly zu Basel. 817
ches Verfahren nur daraus erklärlich, dass die Epitome und viri
illustres von verschiedenen Verfassern herrübren,
Aber auch Eutropins und Orosias haben nichts gemein mit den
Caesares, desto mehr dagegen die Epitome, nicht nur ist die Sprache
an einer Menge von Stellen ähnlich, die Erzählung meist überein-
stimmend, sondern eine Masse von Ausdrücken, Wendungen, gan-
zen Sätzen, Perioden ist beiden gemeinschaftlich; allein auch hier
verdient als merkwürdig angeführt zu werden, dass diese Ueber-
einstimmung. mit Domitian ganz aufhört, um erst wieder zu erschei-
nen unı zugleich zu verschwinden mit Constantius. Woher dies
“ komme, vermag ich nicht aufzuklären. ‚‚Uter ab utro?‘“ oder ob ᾿
beide, der Verfasser der Epitome wie des der Caesares, δὺδ einer,
der ursprünglichen Quelle, und welcher? geschöpft haben, sind Fra-
gen, welche eine eingehende Untersuchung verlangen ἢ). Ich be-
gnüge mich, noeh beizufügen, dass die Caesares im Leben des
Septimius Severus in mehreren hintereinderfolgenden Perioden wört-
lich übereinstimmen mit Spartianus,
Schliesslich sei mir ‚gestattet, aus einem Codex des Aurel.
Victor, welchen ich kürzlich in Paris auf Grund der Arntzen’schen
Ausgabe verglichen habe, die Varianten anzuführen,, welche für einen
künftigen. Herausgeber vielleicht nicht ganz ohne Werth sind.
“ Der Codex ist bezeichnet mit Nr: 4955 und nach Angabe des
Katalogs „duodecimo, ut videtur, saeeulo exaratus“. Er enthält
nur die Epitome und diese fragmentarisch, indem er mit Marcus
Aurelius beginnt und mitten im Theodosius abbricht.
Marc. Aurel, 7 philosophiae studens litterarumque Graecarum pe-
ritissimus (Arntzen), deest perilissimus (Cod. Par.),
ibid. 11 hujus tempore (A.), cujus (C.),
Commadus. 2 respondit (A.), responderat (C.),
Pertinax 1 ille coactus repugnansque imper. suscipiens (A.), ille
"coactus impavit repugnansque suscip. (C,), -
Septim, Severus 5 benevol. quo inclinasset (A.), quo se inclinas-
set (C.),
ibid. 9 veneni vice quod ei negab. cibum gravis (A.), v. Ὁ. qus ei
negabatur, cibi gr.
Caracalla 1 imperavit solus (A.), deest solus (C.),
ibid. 3 Magnum atque Alexandrum se juss. app. (A), deest Ale-
zandrum (C.),
Macrinus 1 menses quatt, et ab eodem (A.), deest εἰ (C.),
Heliogab. 3 .quam adseg. natus. defectu non poterat (A.), ποη-
ον ἄμα post. (C.),
Alex. Sever. 2 sub hoc imperante (A. ), deest sub (C.),
ibid. 2 se Euphrate fl. abjecit (A.), objecit (C.),
ibid. 4 cervices valde compressas (A.), compressus (C.), ᾿
ibid. 5 quamvis alteri convivio (A.), deest alter; (©.),
*) Die ich vielleicht später werde folgen lassen.
318 Gelegenheitliches. Von Dr: Mähly zu Basel,
; Maximin. 1 Jul. Maxim, Thrax (A.), Thracus (C.),
ibid. 2 apud Agnilejam (A. ), deest Aquiejam (C.),
ibid. 2 ne catul. habend. (A.), πος, cat. hab. (C. »
. Pupien. 2 Pupienus (A.), Pupianus (C.),
Gordianus 2. imperavit annos ex (A.), annis sex (C.),
Philippus 3 nullo pr. cujusq. commento (A .), a nullo pr.c.c.(C.),
Decius 3 ut nec cadaver .ejus. p. inv. (A.), ut ne cadar. (C. )»
Gallus 1 imperaverunt ann. d, (A.), imperavit (C.),
Aemilianns 1 anno aet. pater sept. (A.), anno aet. patris sept.(C.),
ibid. 3 Maurus genere, pugnax (A.), M. g. pugnans (C.),
cap. XXXII, 3 his imperantibus (A.), his imperatoribus (C.),
. δά. 3 Cassins Latienus (A. ), Cassius Dabienus (C. A
cap. XXXIV. 1 Claudius imp. annis duobus (A. ), ΟἹ. imp. an-
num (C.),
ibid. 8 prisi morte remied. desid. (A )s prima morte remed. (C.),
cap. XXXV. 1 imp. annis quing. mens. sex. (A.), imp. mensibus
sex, annis quinque, (C.),
᾿ eap. XXXV. 7 adspergens hominem (A.), adsp. homines (C.),
cap. XXXVII. 3 opere militari (A.), ope. militari (C.), -
cap. XXXVIIl. 1 imperavit aunos duos (A.), imp. annum (C.),
ibid. 7 qui eum in auditorio (A.), qui eum in adjutorio, _
cap. XXXKIX. L'orbis Rom. (A.), urbis Rom. (C.),
ibid. 6 utinam Sal, possetis videre olera (A.), μέ, 5. p. vivere
holera (C.), ΄
Cap. XL. 3 Severus ab Herculio (A. ), Severus Caesar ab H.(C.),
ibid: 18 Galerius Maximinus (A.), Valerius Max. (C.),
ibid. 20 vitio senectae aetatis (A.), vitio senectae .et.aet. (C.),
cap. XLI. 2 jumenta, quaqua iter fecerat (A.), quibus it. eg. (C.),
ibid. 2 ad patrem in Brittanniam (A.), ad p. i. Br. situ (C.),
ibick 5 concgrdiam custodiunt (A.), con. constituunt (C.),
ibid. 17 Coustantinopoli dieta (A.), Constantinopolim d.-(C.),
ibid. 21 dissentire statim. Constantius et Constans (A.), deest
. statim (C.)
..eap. -XLIl. 3 hortantibus perditis (A.), proditoribus (C.);
ibid. 10 imp. annos quatt, (A.), annis quatt. (C.),
ibid. 13 in campis Argentoratensibus (A.), i. co. Ratensibus (C.),
ibid. 14 Chonodomarius (A.), Modomarius (©.),
ibid, 21 Quae habes [ad mensam] (H.), deest ad mensam cc. »
cap, XLIH. 3 inconsulto ardore (A .)» in consulto ordo (C.),
- ibid,. 4 ex invidie rei. (A.), 6. inv. rei publicae (C.),
ibid. 6 usu prompt. corpor. quam val. (A), «p. 6. qw vali-
dus (C.),
ibid. 7 cum semp. ad securit. (A), deest. cum (C.),
cap. XLIV. 4 hic dem a Perside (A,), deest dum,
ibid. 4 gravatus [esset] (A.), deest esset,
cap. XLV. 3 ob cojus apud milites commend. (A. > dest apud
mülites (C. )» :
΄
Aphoristische Bemerkungen. Von R. Klotz. 819
ibid. 5 Quamgquam esset ad loquend. (A.), quamg. hesit ad I. (C.),
ibid. 5 infectus tamen vitiis (A.), deest tamen (C.),
cap» XLVI. 3 sine noxa ac peric. cujusque (A.), 6. ἡ. ὁ. p. cujus-
quam (C.),
ibid. 3 sane valde timidus (A.), deest' sane (C.),
cap. XLVII. Gratianus gen. Sirmii (A.), Gr. g. Sirmio (C.),
ibid. .1 imp. annis octo (A.), annos oclo (C.),
ibid. 1 dies (A.), diebus (C.),
ibid. 4 summaeque voluptatis divinaeque artis (A.), summaeque
voluptati divinaeque arti (C.),
ibid. 5 cunctisque fuisset (A.), eunctisque essel (C.),
ibid. 6 et prope amicitia capitur (A.), e. p. a. capi (C.).
Basel Ende October. J. A. Mähly.
-
Aphoristische Bemerkungen.
Von R. Klotz.
II.
Ich habe in diesem Archive Bd. XVII. 5. 618 fg. in Betreff
des_von Vielen falsch gedeuteten Ausdrucks pocula Acheloia bei
Virgil Georg. lib. I. ν. 9. bemerkt, dass derselbe keineswegs im All-
gemeinen Trinkwasser bedeuten solle, sondern nur in Rücksicht
auf den Ort der ersten Erfindung des Weines von unserem Dichter
gewählt sei; und freue mich, diese meine Ansicht von dem gelehrten
Herausgeber des Macrobius, L. von Jan, angenommen zu sehen,
vgl. dessen Ausgabe des Macrobius vol. II. p. VIII sq. Ich hätte
mit dieser Stelle gleich die Parallelstelle aus denselben Georg. lib.1.
v. 147—149 verbinden können:
Prima Ceres ferro' mortalis vertere terram
Instituit, cum iam glandes atque arbuta sacrae
Deficerent silvae et victum Dodona negaret.
Denn auch hier scheinen die neuesten Herausgeber in Bezug auf die
Deutung des einzelnen Ausdrucks zu schwanken und in Ungewiss-
heit sich_zu befinden, wo die wahre Beziehung unschwer zu finden
ist. Phil. Wagner sagt: *'sacrae süvae, lucorum, opinor, diis
consecratorum’, und sodann: “Dodona quercetis nobilis; quanto
humilior evasura fuisset oratio, si dixisset poeta: et victum quer-
ceta negarent”. Aehnlich und beinahe noch schlimmer verfährt
T b. Ladewig, der bemerkt: ‘Der Wald ist heilig, weil jeder Baum
seine Dryade hat. Das durch seinen Eichenhain gefeierte Dodona
steht metonymisch’ statt der Eichenwälder”. Die Auffassungsweise
dieser Gelehrten leidet an einem doppelten Fehler, einmal weil dem
rn
3930 Aphoristische Bemerkungen. Von R, Klotz. ᾿
an sich relativen Ausdrucke sacrae silvae eine falsche Beziehung auf das
Allgemeine gegeben wird, zum zweiten weil selbst auch Jas ganz be-
stimmt sprechende Bodore mitaller Gewalt metonymisgh gefasst u. eben-
falls aufs Allgemeine bezogen wird. Nach dem, was ich 8.8.0. 5.619
. gesagt habe, dass Virgil, der allgemeinen Sage folgend, s.Plinius epist.
lib. VIIL. ep. 24 Cogita te missum in provinciam Achaiam, illam veram εἰ
meram Graeciam, in qua, primum humanitas, litterae, etiam fruges in-
ventae esse creduntur., bei seiner Darstellung den Ort der Erfindungder
feineren Lebensweise vor Augen gehabt habe, wird es für unsere Leser
kaum der Bemerkung meinerseits bedürfen, dass hier weder sacrae
silvae einen geheiligten Hain an sich bedeuten könne, noch dass
Dodona.metonymisch für Eichenwald im Allgemeinen zu nehmen sei,
sondern dass. auch an dieser Stelle unser Dichter ia historisch genauer
Zeichnung des Verhältnisses Dodona als den Ort der ersten Erfindung
. der Feldfrüchte vor Augen hat und dass auf gleiche Weise sacrae silvae
* speciell auf den dem Juppiter geheiligten Hain zu Dodona zu bezichen
- sei, indem der Dichter mit dieser relativen Bezeichnung nur dem später
folgenden specielleren Ausdrucke Dodona vorarbeiten wollte.
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..
Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s und der
Nachbarstädte.
Vom kais, russ. Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa. °
An den Gestaden des Pontus Euxinus hat unter allen römi-
schen Dichtern wol keiner sich einen so grossen Namen erworben,
als der um 711 u. c. (47 v. Ch.) in Sulmo geborene und als Ver-
bannter in Tomi um 770 u. c. (17 n. Ch.) verstorbene P. Ovidius
Naso, Er, des Sohn eines begüterten römischen Ritters, hatte
theils in Rom, theils in. Athen eine sorgfältige Erziehung geriossen,
hatte von Griechenland aus zu seiner weiteren Ausbildung mehrere
Reisen unternommen, und trat, auf den Wunsch seines Vaters, in
den römischen Staatsdienst. Derselbe entsprach indessen so wenig
- den Neigungen des jungen Mannes, dass er in einem Alter von
etwas mehr als zwanzig Jahren die kaum begonnene politische Lauf-
bahn schon wieder verliess, und sich ausschliesslich den poötischen
Studien zuwandte. Letztere zogen die Aufmerksamkeit litterärisch
und politisch hochgestellter Männer bald auf sich, und so sehen
wir den Ovidius schon nach wenig Jahren im vertrauten Umgange
mit den ersten damals lebenden Dichtern, und in genauer Bekannt-
schaft mit vielen angesehenen Staatsmännern and einzelnen Personen
des kaiserlichen Hofes, Wie hätte ein solches Leben, in welchem
Po&sie und Zerstreuungen aller Art beständige Abwechselung boten,
dem Dichter nicht zusagen sollen, der ernsteren Beschäftigungen ab-
hold war? Für so sorgenlose Verhältnisse war das weiche Gemütl
Ovid’s geradezu geschaffen, und um so schmerzlicher traf ihn die
Strafe der Verbannung aus Rom und aus dem Kreise, in welchem
er lange Jahre zufrieden und glücklich gelebt hatte. Was der
eigentliche Grund der Verweisung nach Tomi in Moesien gewesen,
wissen wir nicht mit Bestimmtheit, da Ovidius selbst sich nirgends
darüber deutlich ausspricht, allein die Veranlassung muss keine un-
bedeutende gewesen sein, da weder Augustus, noch Tiberius, trotz
allen Bitten, Klagen und Verwendung, die Rückkehr aus dem fer-
nen Exile gestatteten. Nur der Tod, welcher im’ achten Jahre der
Verbannung erfolgte, brachte Befreiung und Erlösung aus den Ver-
hältnissen, welche dem an das genussreiche Leben in der römi-
schen Kaiserstadt gewöhnten Dichter unmöglich zusagen konnten.
Der auf so viele Jahre ausgedehnte Aufenthalt in einer kleinen
Provinzialstadt hätte jedem Fremden von Ansehen und Bedeutung
auch in der Verbannung eine gewisse Celebrität erworben; wie viel
mehr musste dieses bei unserem hochgefeierten Dichter der Fall
sein, welcher in Tomi nicht blos an den Erinnerungen früheren
21*
"326, Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u, der Nachbarstädte,
Ruhmes zehrte, sondern auch durch neue poöätische Erzeugnisse die
Aufmerksamkeit der Zeitgenossen und die spätere Nachwelt auf
sich zog. War es doch bekanntlich in Tomi, dass Ovidius an sei-
nen früher geschriebenen Werken, den Metamorphosen und Fasten,
noch arbeitete und nachfeilte, und dass er dort seine [τὶ Tristium,
seine epistolae ex Ponto, seinen Ibis und Anderes, was aber entweder
nicht vollständig oder gar nicht bis auf uns gekommen ist, ver-
fasste. Dies alles zusammengenommen musste einen Theil des Glan:
zes, welcher den Namen des Ovidius umstrahlte, nothwendiger Weise
auf den Ort und die Gegend übertragen, welche lange Jahre hin-
durch Zeugen seiner Trauer, seines Schmerzes und der Sitz seiner
poetischen Thätigkeit gewesen waren. Tomi war für immer aus
dem Dunkel herausgerissen, und wenn es aueh in späteren Jahr-
hunderten der zerstörenden Wuth einbrechender Barbaren unterlag,
und aus der Zahl der in dem alten Moesien einst blühenden Städte
gänzlich verschwand, so tauchten die Erinnerungen an Ovidius doch
wieder auf, sobald das schwergeprüfte Land unter günstigere Ver-
hältnisse gestellt wurde. Der Name Tomiswar, welcher mit dem
‚nördlich von Warna, am: Gestade des schwarzen Meeres: gelegenen
Mangalia gleichbedeutend sein soll!), die Erwähnung eines Sees
des Ovidius , unter welchem Pronovius2) und Sarnicius 5) den
Dniesterliman verstehen, die Benennung Ovidiopols, welche die
‚grosse Kaiserin Katharina II. dem früheren türkischen Dorfe Abjeder
beilegte, kurz Vielerlei weiset ‚deutlich. darauf hin, dass die Rück-
erinnerung an den grossen römischen Dichter in der ganzen Gegend
festen Fuss gefasst hatte, und dass man in einer anfgeklärferen
Zeit die Gelegenheit nicht unbenutzt liess, um durch specielle Be-
ziehung auf die einstige Verbannung das Andenken Ovid’s bleibend
zu ehren, und mit dem Lande selbst aufs innigste zu verknüpfen.
Die hierzu gewählten Punkte liegen indessen zu weit auseinander,
als dass man nicht gleich auf den ersten Blick sehen sollte, mit
wie wenig Sicherheit man früher die Lage des alten Tomi habe
bestimmen können. Die Annahme, dass der Verbannungsort Ovid's
am Dniesterlimane zu suchen sei, ist indessen schon längst als un-
statthaft aufgegeben worden, und nachdem. Schaffarik die Identität
der alten Stadt mit Mangalia oder Mankalia schien erwiesen zu haben,
mussten die noch abenteuerlicheren Ansichten, nach denen Tomi
bald in der Moldau, bald in Polen gelegen, oder auf der, Stelle
des heutigen Belgrads, Kilia’s u. 5. w. 2) gestanden habe, mit glei-
. chem Rechte als ganz unzulässig beseitigt werden. ‘Nach dem, was
uns durch die Reiseberichte La Motraye’s 5) bekannt geworden, und
1) Schaffarik in den Wiener Jahrbüchern XLVI. p.49. 2) De
scriptio Tartariae in Schwand. script. rer. Hung. vol. I. p.819. 8) Diu-
gossi Hist. Tom. II. 4) Oberlini de Tomis Ovidii exsilio schediasma
ad illastriss. Comitem Rabatinum Lips. 1727. 5) Voyage dü Sr. A. de
La Motraye en Europe, Asie et Afrique. A la Haye 1727 Tom. II.
δ et 208 eg.
1
Vom Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa, 327
was Schaffarik a. a. O. gesagt hatte, war es keinem Zweifel mehr
unterworfen, dass Tomi nur an dem Ufer des schwarzen Mee-
res, und zwar zwischen der südlichsten Donaumündung und Warna
habe liegen können. ‘Es beschränkte sich die Aufgabe jetzt also
our darauf, auf dieser langen Küstenstrecke den Punkt genauer zu
bestimmen, wo einst ‘Tomi gestanden. Schaffarik’s Untersuchun-
gen haben für denselben Mangalia ergeben, allein ich glaube mit
Hülfe der uns erhaltenen alten Schriftsteller und auf Grundlagen .
der neuesten Funde beweisen zu können, ‘dass Schaflarik’s Annahme,
ungeachtet ihrer allgemeinen Verbreitung !), doch keine ganz rich-
tige ist,
Hierzu ist vor allen Dingen nöthig, dass ich mich mit meinen
Lesern über die Donaumündurgen verständige, und die Aussprüche
der Alten mit den gegenwärtigen Naturverhältnissen, die sich auf
keinen Fall ganz umgestaltet haben, in den nöthigen Einklang bringe.
Freilich weiss ich wohl, dass die Untersuchmg über die verschie-
denen Arme, im welchen der mächtige Strom in das schwarze Meer
einmündet, eine höchst missliche ist, weil sich das Bette einzelner,
namentlich der nördlicheren, im Laufe der Jahrhunderte wesentlich
geändert haben mag, allein da ich Gelegenheit hatte, die kiliasche
und sulinasche Mündung mir selbst im der Natur anzusehen, und
mir von den’ beiden anderen, nämlich der von St. Georg und der
portizaschen, genauere Berichte durch Andere, die, selbst dort
waren, verschaffen konnte, so scheint mir die Lösung dieser Frage,
in der "Hauptsache wenigstens, gar nicht se schwierig. Dagegen
liegt es, meiner Meinung nach, im Bereiche der Unmöglichkeit, bei
den nördlichen Mündungen in dem jetzigen Terrain das Flussbett
jedes alten Armes genau nachweisen zu wollen. Denn während bei
den anderen Mündungen die Terrainsveränderangen nur sehr un-
wesentlich sein konnten, ist bei der jetzt sogenannten kilaschen
das Bette der einzelnen Arme einem beständigen Wechsel unter-
worfen, und wer könnte es da, bei unseren dürftigen Kenntnissen
aller Details, zu zeigen wagen, was sich im Lanfe langer Jahr-
hunderte dort gestaltet und umgestaltet habe.
Am wenigsten kann ich mich hier mit der Ansicht meines hoch-
geschätzten Collegen, des Herrn Professor Philipp Brum ?) ver-
einigen, welcher dem Zeugnisse des Piolemaeus 3), als habe die
nördlichste Mündung vor ihrer Ausmündung in den Pontus einen
See, Namens Thiagola, gebildet, ein zu grosses Gewicht beilegt,
und einen nicht mit besonderem Namen bezeichneten See bei Strabo *)
und Tacitus 5) mit Unrecht, wie mir scheint, 'auf eben jenen See
.
1) Forbiger Handbuch der alten Geographie T. III. p. 1099. Minz-
laff Bulletin de l’Acad&mie Imper. de St. Petersbourg. T. X. Nr. 20 u.21.
2) La bouche de Kilia du Danube (Journal d’Odessa 1852. Nr. 81 et 32).
3) Geograph. IH, 10. p. 211 ed. Wilberg, 4) VII, 3. 5. 16. 6) Ger-
man. 1. "-
328 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte.
Thiagola beziehen will. Denn Strabo, seinen See ausdrücklich vom
Stromgebiete. des Isters unterscheidend, versteht, wie ich-schon bei
einer anderen Gelegenheit zu zeigen gesucht habe !), unter dem-
selben den jetzigen, nördlich von der Donau gelegenen Salzsee
Sasik oder Kunduk, und Tacitus hat, wie wir unten noch deutlicher
sehen werden, den heutigen See Razin im Auge, dessen unteren
Theil Plinius ?) Halmyris nennt.
Bei der Untersuchung über die alten Donaumündungen wollen
wir vom Einfacheren zum Complicirteren übergehen, und also mit
derjenigen Schriftstellern beginnen, bei welchen die Anzahl der
Donaumündungen die beschränkteste ist. Hier nimmt die Angabe
des Eratosthenes ?), mit welcher das Zeugniss des Apollonius*)
übereinstimmt, die erste Stelle-ein; beide wissen nar von zwei Är-
men, und diese sind es, welche das Donaudelta, die sogenannte
Insel Peuce, formiren. In dem einen dieser Arme erkenut man
leicht den kiliaschen, in dem andern den von St. Georg. Bei
Tchetal das bis dahin gemeinschaftliche Flussbett verlassend, eilen
beide in ganz verschiedenen Richtungen dem schwarzen Meere zu.
Jeder dieser ‚Arme theilt- sich, weiter zum Meere hin, wiederum in
besondere Nebenarme, und bildet mit Hülfe letzterer einige grös-
sere Inseln. Eratosthenes und Apollonius berücksichtigen indessen
weder die Seitenarme, noch die Inseln, halten sich ausschliesslich
an den beiden Hauptarmen, und bezeichnen das grosse, von beiden
eingeschlossene Land mit dem Namen einer einzigen Insel, welche
sie Peare nennen, Nach ihnen haben wir also nur zwei Mündun-
gen des Isters. Mit einer so geringen Anzahl begnügen sich nicht
die anderen alten Schriftsteller; die meisten kennen fünf), meh-
rere sechs°) und viele sprechen gar von sieben”). Der Mangel
an Uebereinstimmung erklärt sich natürlicher Weise dadurch, dass
bei einer genaueren Beschreibung des I,andes nicht blos die Mün-
dungen der beiden Hauptarme, sondern auch die der Nebenarme
berücksichtigt werden mussten. Vor allem war die sulinasche Mün-
dung als die eines besonderen Armes zu betrachten, Jann die
Dunauvitza als eigner Arm zu nennen und. der kiliasche. Hauptarm,
vor seiner Einmündyng in den Pontus Euxinus, in mehr oder weniger
Seitenarme za zerlegen. Ueber die Zahl der letzteren waren näm-
lich die Meinungen der Alten eben so getheilt, wie gegenwärtig,
wo man häafig nur yon einem Paar spricht, während die Sachkun-
1) Die Gestade des Pontus Euxinus vom Ister bis zum Borysthenes.
p.59. 2) hist, nat. IV, 24. 3) Schol. ad Apoll. Rhod. IV, 310.
4) Argon. IV, 312, 313. 6) Herod. IV, 47, 89. Ephorus beim Strabo
VI, 3. 6. 15. Dionys. Perieg. 301. Scymn. fragm 29. Arrian. Peripl Pont.
Eux. p. 23. Anonym. Peripl. Pont. Eux. p. 16. Avien. descript. orb. 440
Claudian. b. Get, 332. 6) Taeit. German. 1. Plin. hist. nat. IV, 24.
Priscian, perieg. 290. 7) Strabo VII, 3. $. 15. Ptolem. ΠῚ, 10. Mela Il,
1, 8. Ovid. Trist, II, 189, Val..Flaoe. IV, 718, Lacan. III, 302. Am-
mian. XXII, 19. Solin. 13.
Vom Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa. 899
. digen) vier unterscheiden, und jede Mündung mit einem beson-
deren Namen bezeichnen. Dieselben heissen von Süden nach Nor-
den Stambulsko& (Cmam6yackoe rapro), Sredneje (cpeamee rupxo),
Otschakowskoje (Ommaxosexoe rapro) und Belogorodskoe (B%-
A0ropoAcKoe T@pro). Bei alle dem bin ich weit entfernt zu be-
haapten, dass die vier jetzigen Betten auch die alten seien. Die
Stärke der Strömung. in einem meist niedrigen, zum Theil wol
auch angeschwemmten Terrain macht es natürlich, dass sich der
Strom beständig neue Bahnen bricht, and da ist es mehr als wahr-
scheinlich, dass hier in. einem Zeitraume von vielen Jahrhunderten
manche Veränderungen im’ Stromgebiete vorgegangen sind. . Von
einigen berichten schon die jetzigen Bewohner der dortigen Gegend,
unter denen die älteren sich erinnern, dass während ihres Lebens
der Lauf der einzelnen Arme ein anderer geworden Ist. Von einer
wesentlichen Zunahme: des Landes wissen sie dagegen nichts zu
sagen, aber dessen ungeachtet unterliegt es keinem Zweifel, dass
ein Theil desselben vom Strome oder Meere angespült worden. Wie
viel dieses ‘set, lässt sich natürlicher Weise mit Sicherheit nicht
angeben, allein um se sicherer sprechen die jetzigen Ortsverhält-
nisse gegen die Hypothese, dass das ganze Gebiet, durch welches
die oben genannten vier Arme der kiliaschen Mündung hindurch-
ziehen, im Alterthinme unter Wasser gestanden hätte, und also eine
Formation der neueren Zeit sei. Die Strömung ist eine viel zu .
starke, als dass das mitgeführte Erdreich und der blose Sand
nieht grösstentheils ins Meer hinausgestossen, und, wie Polybias 5)
richtig bemerkt, weit in den Pontus hineingetrieben werden sollte.
Solch? eine Bank, welche die Schiffer Σεήθη nannten, hatte sich
nach Polybius 1. }, vor den Donaumündıngen zum 'Verderben der
Schiffer gebildet, allein, wenm diese auch nicht mehr existirt, so
darf man doch nicht mit Herrn Brunn I. l. annehmen, dass das
Festland so weit vorgerückt. sei. Die. Entfernung der Bank vom
Lande wird ja auf eine Tagereise angegeben ὃ), und so weit kann
dasselbe doch unmöglich vorgetreten sein. Die Höhe und Festig-
keit der Terrains von, einem grossen Theile der jetzigen Inseln
Leti und St. Georg, so wie der dort an vielen Stellen deutlich aus-
gesprochelie Steppenboden verbietet es, hier an Anschwemmung zu
denken. Die Zunahme des Festlandes lässt sich mit Herrn Brunn
anch durch den Anonymus nicht sicher. beweisen, welcher die Eat-
fernung Peuce’s vom Festlande auf 400 Stadien angibt, während
gegenwärtig 4) blos 24] Seemeile oder 245 Stadien ;bis zur sulina-
schen Mündung: seien. Wir wissen nämlich nicht, ob der Ano-
1) Amaac» \Iepnaro mopa 531. Manranapa Hnxoraesr 1841.
Atlas de la mer noire et de la mer d’Asor par Tailbout de Marigny
Odessa 1850. 2) IV, 41. δ) ἡμέρας δρόμον ἀπέχουσα τῆρ γῆς bei
Polyb. I. 1. cf. Forbiger Handb. d. alt. Geograph. I. p. 550: „nach Po-
lybius durchläuft ein Schiff: in einem Toge und einer Nacht mehr als
2000 Stadien.“ 4) Aouin Tepuaro μορπ. p. 481.
\
880 Beiträge zur.genauenen Kenntnisse :Tomi’a u.der Nachbarstädte.
nyaus bis. zu dieser, oder nicht vielmehr bis. zu einer anderen ge-
messen habe. Die Entfernung Peuce’s von. der St. Geargs-Mün-
dung entspricht fast ganz genau 400 Stadien, usd da won dort aus
die Insel des Achilles wol am häufigsten besucht wurde, so. mochte
dem .Anonymus eben diese Distanz, wend sie anch: nicht. die näch-
ste vom ‚Festlande war, dort. gerade am: ersten bekannt sein. Die
sulinasche Mündung konnte: er wenigstens nicht im, Sinne haben,
da. bei. dieser, ‚wie Jeder . eingeatehen. wird, ‚welcher.- sie ‚selbst he-
sucht ‚hat, keine so bedeutenden Veränderungen im Terrain vor-
gegangen sein können... ‚Bezüge sich: die. Angabe. des Ananymus auf
die. kilinsche ‚Mündung, - so; würden . die ‚400 Stadien auch ziemlich
genau. herauskommen, wena..wir, 'ohre Berücksichtigung. der. vor
der kiliascehen: Mündung liegenden Inseln, ..bis..zu: dem Festiao
(}ζπκοιρ9ς) über dem Dorfe Wilkow.rechnen wollen... ᾿
: Ueherhaupt gehe ich von der Ansicht aus, dass man bei.For-
schungen. im.Gebiete der alten Geograpbie mit Hypathesen von der
gättzlichen. Umgestaltung des . Terraiss sehr..behutsam sein ntisse,
nnd. dieselhen nur..dann aufstellen dürfe, wenn neuere Beobach-
tungen. auß einen :allmäligen Wechsel. der Localverhältaisse deutlich
kinführen. .: 80 lange. dieses nicht der Fall. ist, -mächte-ich mich nicht
za "der Annahme entschliessen ,. dass..das Land im Alterthume eine
von. det jetzigen ganz verschiedene Gestalt. gehabt. habe, Am we
nigsien glaube ich. das im -worliegenden ‚Falle, wo. die. in. wenig
Worte gefassie, aber .denrioch so anschauliche Beschreibung Stra-
bo’s:!) der ‚nördlichen Dosanarme mit der jetzigen Oertlichkeit gans
auffalend übereinstimmt. Die kleinen, zwischen den einzelsen Mün-
dungen befindlichen Inseln 3) aind noch da, und wena. sie auch ihre
frähere Gestalt nicht. mehr vollständig erhalten haben, .so sind sie
vom, mächtigen Finsse doch zur Gestaltung des gegenwärtigen [μ0-
eals sicherlich ‚benutzt worden. ΄. 0
...ı Geben ‚wir zu den Namen über, welahe die. einzelnen Mür-
dungen im Alterthume führten. Hier .muss ich bemerken, dass viele
der. vom. Ister sprechenden Schriftsteller die einzelnen ‚Arme' nicht
weiter besonders bezeichnen, ‚und dass. Strabo-®) statt aller sieben
aun einen, ‚Apollonius: Rhodins4). zwei, Arrianns 5) -drei, :def
Ananymus ©) ‚vier wadPlinius 7), Ptalemaeus ®), Solinus 9) and Am-
mianus ‚Maxcellijnuai!?) sechs besondere Namen uns erhalten haben.
Sieben Awden, βίοι. δὲ, keinem alten Schriftsteller, und das könnte
fast. auf die: Vermuthung führen, dass ..die. schon von Herodot '')
stammende, -von ‚den meisten späteren Augtoren.. wiederholte Ver-
gleithung des ‚Intera wit dem siebenarmigen Nile die Hauptveran-
lassung däzu geworden ist, um auch bei jenem Strome, der gleich-
4
"1, IV, 60. i
Vom Staatsrath Dr. P. Becker. zu. Odessa.. 331
falls in‘. mehreren Armen dem Meere zuströmte, und durch diese
auch vor der Mündung ein Delta bildete, die gleiche Zahl von
Mündungen wiederzufinden. Sollte also die siebente Mündung eine
ganz willkürlich erdachte sein? Nein, das wol nicht, nur war der
Name weniger allgemein bekannt, als der der übrigen und des-
halb nennt ihn keiner: der Alten ganz deutlich. Dessen ungeachtet
können ‚wir ihn errathen, wenn. wir alle uns erhaltenen Nachrichten
genau mit einander vergleichen, und zu einem Ganzen vereinigen.
: Der direct ins Meer führenden und dabei bei der Schifffahrt
benutzten Mündungen gab-es nur sechs, und für diese sind nns
denn auch die .respeetiven Namen erhalten ; für die siebente da-
gegen, ‚welche:nieht unmittelbar in den Pontns hineinfloss, und des-.
hal) nur ausnahmsweise :befahren werden mochte, war den Schiffern,
denen die alten Geographea einen grossen Theil ihrer Nachrichten
zu danken hatten, der Name viel. weniger gelänfg oder wel ganz
unbekannt. Deshalb :dürfen. wir bei..ähnlichen Fragen den. nöthigen
Anfachluss weniger von denjenigen Schriftstellern erwarten, deren
geographische Kenntnisse blos auf praktischen Erfahrungen beruhen ;
bei weiten ‚wiehtiger sind hier diejenigen, welche, ausser ihren
eigenen Beobachtungen, auch ale anderen sich ihuen bietenden
Quellen, mit der nöthigen Kritik zu behandeln verstauden.: Unter
allen ist-auch hier es wieder Strabo, welcher, wie schon bei einer
anderen Gelegenheit !), uns zuerst. auf den: richtigen Weg führt,
und :;mit. Hülfe des Plinius und Ptolemaeus, so wie durch. Unter-
stützung des Solinus und Ammianus uns die Wahrheit finden lässt.
Vor allen Dingen werden wir uns darüber verständigen müssen,
welehe Mündung Strabo unter. seinem ξερὸν στόμα versteht. Seine
Worte: „die heilige Mündung ist bei der Einfahrt in-den Pontus die
erste zur Linken‘ ?) können, meiner Meinung nach, nur auf die St.
Georgsmündung bezogen werden, und zwar aus folgenden Gründen:
1) Die dreihundert Stadien, welche. nach ihm von dem ἱερὸν
στόμα bis zur nördlichsten Mündung sind, entsprechen ziemlich ge- _
nau der jetzigen Wirklichkeit, und dürfen wegen einer Differenz
von einigen Wersten nicht auf eine andere. Mündung bezogen wer-
den.. Strabo beugt einer solchen Deutung selbst. vor, da er durch
seinen Ausdruck περὶ zsgiaxocloug σταδίους das mehr oder weniger
dahingestellt -sein lässt. Die Messung war zu Schiffe eine missliche,
.da man wegen der. starken Strömung der einzelnen Mündungen dem
Ufer nicht ganz nahe kam, und also mehr nach Augenmaass, als
nach. sicherer Messung die Entfernung angab. Wie leicht man sich
aber hier fäuschen könne, ersehen wir aus Arrian 3) und dem Ano-
nymas 4), welche für dieselbe Strecke, von einer Mündung zur an-
1) Siehe meine Abhandlung: die Gestade des Pontus Euxinus vom
Ister bis zum Borysthenes in Bezug anf die im Alterthume dort gelegenen
Colonien δι. Petersburg. 1852. p.10. 2) Τοῦτο (τὸ [2909 στόμα) δὲ καὶ
πρῶτόν ἐστι στόμα ἐν ἀρισεερᾷ εἰσπλέοντι εἰς τὸν Πόντον. 3) pag. 23
(ed. Huds.). 4) pag. 11. (ed. Huds.): u
%
882 Beiträge zur genaueren Kenntnisse 'T'omi’s u. der Nachbarstädte,
dern messend, nur 280 Stadien, also im Ganzen 20 Stadien we-
niger,, als Strabo. angeben.
2) Strabo’s Ausdruck „‚die heilige Mündung sei die grösste‘ '),
kann nur auf einen Hauptarm, nicht auf einen Nebenarm bezogen
werden, | | |
8) Die. Mündung (σεόμω) eines Fiusses kann nur ‚derjenige
Ort genannt werden, wo der Fiuss zwischen zwei näher oder wei-
ter von einander liegenden Ufern in ‘einen andern Fiuss, einen See,
oder in das Meer einmündet, und da die jetzt sogenannte Duns-
vitza, der südliche Arm des georgischen Hauptstromes, erst:in εἰ-
nen grossen See (Razin) einfliesst, und durch diesen seine Wasser
dem Meere langsam zuführt, so kann die portizasche Mändung
nicht als στόμα des Isters, sondern'nur als δζόμα eines Sees
(λιμένος) gelten, und darf also nicht, wie es. Kruse that 2), für die
vom Strabo genannte „erste. Mündang‘° gehalten werden.. Hier-
gegen führe man nicht an, dass Strabo beim Dniester (Tyra) un
bei dem Dnieper (Borystbenes) die von uns sogenannten Limane
mit zum Flusse rechne. Man vergleiche nur die Gestalt jener Limane
mit dem See Raziu, und wird ohne weiteres mir zugeben, das
erstere den Charakter vön Flüssen in grossem Madssstabe noch bei-
behalten haben,. während der.See Razin darch seine Buchten und
Krümmungen , durch die unbedentende Strömung der in seinem
nördlichen Busen einmündenden Dunaritsa, und durch die: überall
vorkommenden Untiefen und Versandungen auch nicht im entfen-
testen an einen Fiuss erinnert. Weder Strabo noch sonst Jemand
der Alten sah also in der portisaschen Mündang einen Arm de
Isters; die erste von Süden aus musste für Alle die St. Georgsmüt-
dung ‚sein, wo der mächtige Strom zum ersten Male sich frei und
offen praesentirte and seine Fluthen direct dem Meere zuführte.
Nach Eratosthenes 3), welchen Apollonius 4) mit der- einen
Dichter erlaubten Freiheit benutzt hat, bildet .die Insel Peuce die
Gestalt eines Dreiecks, dessen Basis dem Meere zugekehrt ist, unl
dessen Höhenseiten durch zwei Arme des Isters gebildet werden.
Diese Insel, welche von Strabo „eine grosse‘ genannt wird, und
alle ‚übrigen durch die Nebenarme gebildeten an Umfang bei weiten
überragt, scheint, da Eratosthenes sie an Grösse mit der Insel
Rhodus vergleichen kann, das Donaudelta, des ‚heisst das ganze
Land zwischen den beiden Hauptarmen, dem von St. Georg und
ες ἢ μέγεστον δὲ τὸ ἱδρὸν στόμα καλούμενον. 9) de Istri ostüs die
sertatio historico-geographica Wratislaviae 1820. cf. Brunn 1. 1, 3) Ἐρα-
τοσϑένης ἐν ο Γιωγφαφικῶν, νῆσον εἶναι ἐν τῷ Ἴστρῳ φησὶ τρίγωνον,
ἴσην τῇ Ῥοδῳ' ἣν Πεύκην λέγει διὰ τὸ πολλὰς ἔχειν πεύκας. Καὶ τὴν
μὲν κορυφὴν τοῦ τριγώνου αὐτῆς πρὸς ιτὸ ῥεῦμα οὖσαν τοῦ ποταμοῦ
ἀγκῶνα ἐκάλεσε. τὴν δὲ βάσιν τὴν πρὸς τὴν θάλασσαν, εὖρος (Schol, δὲ
Apol. Rh. 1V, 310). 4) Arg. IV, 809 ποὰ, : .
Ἴστρῳ γάρ τι νῆσος ἐέργεται οὔνομα 'Πούκη;
τριγλώχεν, οῦρος μὲν ἐς αἰγιαλοὺς ἀνέχουσα,
στεινὸν δ᾽ αὐτ᾽ ἀγκῶνα ποτὶ ῥόον -.
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 333
dem kiliaschen, umfasst zu haben. Erst bei genanerer Kenntniss
des Landes zeriegte man dieses grosse Delta in mehrere kleine,
durch die Seitenarme des Iaters gebildete Inseln, und deshalb nennt
Plinius 1) ausser der Insel Peuce, der südlichsten, noch die sarma-
tische Insel (insula Sarmatica) zwischen dem Naracustoma und dem
Calonstoma, wmd noch nördlicher, zwischen dem Calonstoma und
dem Pseudostoma eine dritte Insel Namens Conopon Diabasis. Strabo
setzt ebenso, wie Plinius, die Insel Peuce in den Süden, und lässt
sie dort von dem gleichnamigen Arme Peuce, welcher nach Ptole-
maeus 5) auch ἱερὸν στόμα hiess, begränzen. Hiernach entspricht
Peuce der heutigen Insel St. Georg. Ob Strabo nur diese allein,
oder auch die jetzige Insel Leti (zwischen dem sulinaschen und
kiliaschen Arme) mit unter dem Namen Peuce verstanden habe,
lässt sich nicht mit aller Sicherheit bestimmen, allein, wenn wir den
alten Namen durch die dort vorkommenden Bäume, freilich kein
Nadelholz, sondern überall Laubholz, erklären wollen, so hat auch
die Insel Leti, welche gegen die kiliasche Mündung zu reichlich
bewaldet ist, ein Recht darauf, der Insel Peuce des Strabo bei-
geschlossen zu werden, und das um so mehr, als Strabo, wenn er
die St. Georgsinsel von der Insel Leti wirklich geschieden hätte,
nicht sagen könnte, dass im Vergleich zu Peuce alle übrigen Inseln
um vieles kleiner wären 8). Zwischen den Inseln Leti und St. Georg
ist der Unterschied in der Grösse ein sehr unbedeutender, Unter
den kleineren Inseln „oberhalb Peuce’s‘‘ versteht Strabo Jie von
dem kiliaschen Arme zwischen Ismael und Kilia und unterhalb Ki-
lia’s moch gegenwärtig dort sich findenden Inseln, deren Grösse
gegen die der St. Georgs-Iusel oder die der Insel Leti nicht in Be-
trachtt kommen kaun. Gegen die grosse Ausdehnung, welche ich
der Insel Peuce nach Eratosthenes und Strabo gebe, spricht indes-
sen das Zeugniss des Apollonius *), welches die beiden die Insel
formirenden Arme Nagnxos und καλὸν στόμα nennt, und hierdurch
Leti allein unter diesem Namen zu verstehen scheint, Wir werden
nämlich unten noch deutlicher sehen, dass Καλὸν στόμα der süd-
lichste Arm der kiliaschen Mündung genannt wird, und dass Nagnxog
(wol eben so viel als Naracostoma bei Plinius, Solinus und Ammia-
nus oder Ἰναράκιον bei Ptolemaeus) die sulinasche Mündung ist,
Die Worte des Apollonius können hier indessen nicht den Ausschlag '
geben, da bei geographischen Forschungen die Aucterität eines Dich-
ters unmöglich bindend sein kann. Der gelehrte Alexandriner wählte,
um seine genaue Kenntniss des Locals zu zeigen, für die südliche
Mündung eiuen weniger gewöhnlichen Namen, verstand aber unter
demselben sicherlich nichts anderes als die St, Georgsmündung (ἱερὸν
1) Hist. Nat. IV,24. 2 1Π,10. 3)1.L: εἰσὶ δὲ καὶ ἄλλαι νῆσοι
πολὺ ἐλάττους. 4) Argon. IV, 311 seqg.:
ἀμφὶ δὲ δοιαὶ
σχίζονται προχοαί' τὴν μὲν καλέουσι Νάρηκορ᾽
τὴν δ᾽ ὑπὸ τῇ νεάτῃ, Καλὸν στόμα. -
334 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte,
στόμα). durch welche Strabo, wie ich bereits oben bemerkte, die
Insel Peuc& gegen Süden begränzt. Lassen sich aber mit meiner
Ansicht auch die weiteren Worte Strabo’s in Einklang bringen,
wo es heisst !): „‚die grösste ist die sogenannte heilige Mündung,
‘durch welche man bei einer Fahrt von 120 Stadien stromaufwärts
zur Insel Peuce kommt‘‘.., Wozu denn eine solche Fahrt, wenn der
Arm von St. Georg Peuce in. der That begränzte? Man hat ja
dann auf der nördlichen Seite überall die besagte Insel und braucht
doch wahrlich- nicht erst 120 Stadien hinaufzufahren. Je sicherer
dieser, wie es scheint, sehr wichtige Einwurf meiner ganzen An-
sicht von der Lage Peuce’s den Umsturz droht, "um so erfrenlicher
ist mir es, durch Strabo selbst auf dem richtigen Wege erhalten
zu werden, ‚Natürlicher Weise ist das.. nicht ‚möglich, wenn wir
unter der heiligen Mündung nur die georgische verstehen, allein
dazu zwingen uns auch gar nicht die Worte des alten Geographen.
Derseibe begreift nämlich unter seinem Ssg0v στόμα nicht blos jenen
Hauptarm, welcher direct in den Pontus Euxians hineinströmft und
gegenwärtig mit dem Namen der St, Georgenmündung bezeichnet
wird, sondern auch jenen Nebenarm, welcher in den jetzigen See
Razin -hineinfällt, und bei uns die Dunavitza heisst. Auf jenen
jetzteren beziehen sich die oben angeführten Worte Strabo’s, wel-
cher mit seinem 120 Stadien die Länge der Dunavitza von ihrer
Einmündung in den See bis zu ihrer Vereinigung mit dem St. Georgs-
‚Arme bezeichnen wollte und auch vollkommen richtig bezeichnet hat;
denn schifft man von der Mündung der Dunavitza 120 Stadien oder
214 Werst hisauf, so kommt man durch den Hauptstrom zur St.
Georgs-Insel oder der Insel Peuce der Alten. Da der kleine, in
einen See einmündende Arm. des Isters, die Dunavitza, bei der
Schifffahrt gewiss höchst selten benutzt wurde, so hatte er keinen
besonderen Namen. Er war in der Benennung ἑερὸν στόμα oder
Πεύκη, wie nach Ptolemaeus 5) ein und derselbe. Arm hiess, mit
einbegriffen, allein gerauer genommen bätte man ein ‘grosses und
kleines Hieron stoma oder 'eine grosse und kleine Peuce unterschei-
den sollen, je nachdem man den St. @eorgs-Arm oder die Dana-
vitza hätte angeben wollen. Obgleich man das nicht that, so wusste
man doch von sieben Armen. Für diejenigen, welche nicht das
Meer erreichen, fehlten die Eigennamen, und deshalb sieht man
sich beim Ptolemaeas - vergeblich nach dem Namen seines zweiten
. nördlichen Armes. um. ‘Als Mündung kann derselbe nicht gelten,
da er nicht in den Pontus hineinfliesst. Eben so wenig Recht bat
die Dunarvitza auf den Titel einer eigentlichen Mündung. Auch sie
gelangt nur indirect zum Meere, allein da sie viel bedeutender ist
1) μέγιστον δὲ τὸ ἱερὸν στόμα nalovusvov,- δι᾽ οὗ σταδέων ἀνάπλους
ἐπὶ τὴν Πεύκην ἑκατὸν εἴκοσι. 2) ἐντεῦϑεν δὲ τὸ μὲν νοτιύτατον
μέρορ, περιλάβὸν νῆσον καλουμένην Ilevunv, ἐκβάλλει εἰς τὸν Πόντον
στόματι τῷ λεγομένῳ Ἱερῷ ἡ Πεύπῃ.
-
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 335
als jener vom Ptolemaeus genannte nördliche Arm, welcher kurz
vor der Mündung seinen Lauf unterbricht; so stand man nicht an,
sie als siebente, aber dafür namenlos, den sechs wirklich in den
Pontus hineinfliessenden Armen beizugesellen, und that das um so
lieber, als dadurch der Vergleich mit dem siebenarmigen Nile ganz
vollständig wurde. Auf diesen namenlosen Arm, die Dunavitza,
beziehen sich die Worte des Solinus !) und Ammianus Marcellinus 3).
Herr Brunn ®) hat freilich diese beiden Auctoritäten auf den vom
Ptolemaeus angeführten See Thiagola, durch welchen die nördlichste
Mündung gleiches Namens bis zum Meere gelangt, beziehen wollen,
allein ich glaube mit Unrecht, denn wenn auch Solinus die von ihm
genannten sechs Mündungen von Süden nach Norden nennt, so ist
damit doch noch nicht gesagt ,. dass die siebente, die er wegen ihres
sumpfigen Flussbettes gar nicht den übrigen Mündungen beizählen
will, noch nördlicher, als die sechste, Stenostoma, gelegen habe.
Der ganz abgebrochene, dem vorhergehenden geradezu entgegen-
gesetzte Satz zeigt uns vielmehr, dass der Polyhistor nicht mehr in
der Richtung von Süden nach Norden fortgeht, sondern den Leser
in eine ganz andere Gegend hineinversetzen will, und zwar zu dem
See Razin, welchen Plinius *) genau beschreibt, und dessen Solinus
bei der südlichsten Mündung Peuce mit keiner Silbe gedacht hat.
Der Commentator des Plinius holt das am Schlusse seiner Beschrei- °
bung nach, und muss das um so mehr, da er zu seinen sieben
Mündungen nur dadurch kommt, dass er die von Plinius nur an-
gedeutete Theilung des südlichsten Armes vollständig und deutlich
ausspricht. Was das Zengniss des Ammianus anbelangt, der gleich-
falls sieben Mündungen kennt, aber nur sechs mit besonderen Na-
men bezeichnet, so zeigt seine Beschreibung nur zu deutlich, dass
sie dem Solinus fast buchstäblich entlehnt ist, und daher gilt das,
was ich oben von der siebenten, namenlos beim Solinus genannten
Mündung sagte, gleichfalls von der siebenten des Ammianus, sie
ist auch nichts anderes als die Dunavitz..
In wie weit nach dem bis jetzt Bemerkten die bei den ver-
schiedenen alten Schriftstellern vorkommenden Namen mit einander
übereinstimmen, werden meine Leser am ersten aus der beifolgenden
Tabelle ersehen, bei welcher ich die Mündungen von Norden nach
Süden angeben, und ihnen zur grösseren Deutlichkeit die gegen-
wärtigen Namen beisetzen will.
1) ΧΠΙῚ, 1.: septem ostiis Pontum influit: quorum primum Peuce,
secundum Naracustoma, tertium Calonstoma, quartum Pseudostoma :
nam Boreonstoma ac deinde Stenostoma languidiora sunt ceteris.
Septimum vero pigrum ac palustri specie non habet, quod amni com-
paretur. 2) XXII, 8. p. 304 (ed. Bipont.): guorum (ostiorum) primum
est Peuce insula super dicta, ut interpretata sunt vocabula Graeco
sermone, secundum Naraoustoma, tertium Calonstoma, quartum Pseu-
dostoma; nam Boreonstoma ac deinde Stenostoma longe minora sunt
ceteris: septimum ingens et palustri specie nigrum. 3) La bouche de
Kilia du Danube Journal d’Odessa 1852. Ν. 8] et32. 4) H.N. IV, 24.
886 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte.
Sechs Mündungen
beim
Ptolemaeus und Plinins.
1) Thiogola
δ. Psilon. -
- 2)Boreonstoma. 2) Boreonstoma.
3) Pseudostoma. 3) Pseudostoma.
4)Calonstoma. 4) Calonstoma.
5) Naracium. 5) Naracustoma.
Ἱερὸν στόμ Pe
Yan πόμα Ὁ uce (major
εἶνε minor).
Peuce (major et
minor).
1) 8pireonstoma.
Solinns und Ammianus.
1)Stenonstoma, 1)Stenostoma.
%)Borionstoma, 2)Boreonstoma.
3)Pseudostoma. 8) Pseudostoma.
4)Calonstoma. 4) Calonstoma,
5)Naracustoma. 5) Naracustoma.
6) Peuce (major). 6) Peuce (major).
τ T)septimam in-
gens et paln-
Atri specie
ΜΕΝΟΝ von.
anni τοΐρατο.. 5
tar.
Fünf Mündangen
beim
Arrian and Anonymus.
1)Psilon. 1)Psilon,
8) sine nomine pcaliari.
4)Calon- 4)Calon-
‚stoma.
5)Naracon- 5)Naracon-
stoma.
δ) εἶπο ποι 6) ἱερὸν στό;
ἐναίαιαο O)fegdr στόμα,
Mündungen
der
Gegenwart.
Df etwa Baropojckoe
rmpao.
ΠΣ
2) | Setwa Οπιπδκοβοκοο
rapao.
8) g etwa cpeauee
rapro.
4)3 etwa Cmam6byackoe
rapxo.
5)sulinasche Mündung.
kiliasche Mi
6)8t. Georgs-Mündung.
7) Dunavitza.
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 837
Bei dieser vergleichenden Tabelle überrascht uns die grosse
Verschiedenheit der Namen bei der nördlichsten Mündung; fast
jeder Schriftsteller gibt für dieselbe einen besonderen, allein abge-
sehen von der vereinzelt dastehenden Thiagola des Ptolemaeus und
von dem höchst wahrscheinlich auf einem Schreibfehler beruhenden
Spireonstoma des Plinius, lassen sich alle auf zwei Hauptnamen
reduciren, . da bei den griechischen Schriftstellern die Benennung
ψιλόν. bei den römischen dagegen Stenonstoma die vorherr-
schende ist. Beide, griechischen Ursprungs, weisen darauf hin,
dass diese Mündung eine schmale oder enge gewesen sei. Das-
selbe bemerken denn auch namentlich Solinus und Ammianus Mar-
cellinus von den beiden nördlichsten Mündungen in Uebereinstim-
mung mit Strabo !), nach welchem dieselben viel kleiner seien, als
die heilige, aber grösser als die drei auf die heilige gegen Norden
zu folgenden. Unter za δὲ λοιπά versteht Strabo übrigens nicht
blos die beiden nördlichsten, sondern auch die Dunavitza, und
letztere mag er bei seiner Beschreibung jener Arme besonders im
Auge gehabt haben. Dass aber unter dem Ausdrucke τὰ δὲ λοιπά
nicht drei in den Pontus direct einmündende Arme za verstehen
seien, ergibt sich aus dem Zusammenhange der ganzen Stelle, in
welcher die drei nach der heiligen folgenden Mündungen durch die
Worte τὰ ἐφεξῆς τῷ Ἱερῷ στόματι hinlänglich bezeichnet werden.
während die τὰ λοιπά ohne jeden weiteren Beisatz durchrus keine
Reihenfolge in sich schliessen, und deshalb nicht sämmtlich am
Meeresgestade, sondern, ebenso wie beim Solinus und Ammianus
.das septimum’ostium, auch an einem anderen Orte, namentlich
beim heutigen See Razin gesucht werden können. Viel grössere
Uebereinstimmung herrscht bei den folgenden unter N.N. 2. 8. 4. ὅ.
bezeichneten Mündungen; der Unterschied beruht hier hauptsächlich
auf der verschiedenen Schreibart, bei welcher der gleiche Stamm
indessen nicht zu verkennen ist. Ueber die sechste und siebente
Mündung habe ich schon oben ausführlich gesprochen, und das von
Plinius und Ptolemaeus Angedeutete in meiner Tabelle durch ein in
Klammern eingeschlossenes major (majus) und minor (minus) aus-
zudrücken gesucht,
So viel über die Donaumündungen, von denen ich hier aus-
führlicher glaubte handeln zu müssen, um nach ihnen Tomi und
und einige andere Pankte genauer bestimmen zu können. In dieser
Beziehung ist aber das ἱερὸν στόμα von besonderer Wichtigkeit, da
Strabo, Arrian und der Anonymus von diesem aus ihre Messungen
aufstellen. Die Identität des alten Namens ἱερὸν στόμα mit der
heutigen St. Georgs-Mündung glaube ich in dem Vorhergehenden
hinlänglich erwiesen zu haben, und daher beginne ich denn auch von
dieser Mündung aus die Untersuchung, an deren Spitze ich die Worte
1)1.1.: τὰ μὲν δὴ τρία στόματα τὰ ἐφεξῆς τῷ ἱερῷ στόματί ἐστι
μικρά' τὰ δὲ λοιπὰ τοῦ μὲν πολὺ ἐλάττονα, τῶν ὃὲ μείξονα.
Arahio f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 3. 22
338 Beiträge zur genaueren Kenntoniss Tomi’s u. der Nachbarstädte,
des -Strabo setze. Derselbe, von Norden nach Süden gehend,
sagt!) nämlich: ‘von der heiligen Mündung des Isters ist für den-
jenigen, welcher die Küste in ihrer ganzen Ausdehnung zur Bech-
ten behält, bis zum Städtchen Istros eine Strecke von 500 Stadien’.
Dies gibt nach unserem Maasse 88143 Werst. Die genau uns vor-
gezeichnete Küstenfahrt, bei welcher wir natürlicher Weise in die
portizasche Mündung und den See Bazin nicht hineinfahren, son-
dern beide zur Rechten liegen lassen, fuhrt uns zuerst zum Cap
Midia, dem. Πτερὸν ἄκρον des Ptolemaeus 2), und dann zu dem
an einer Bucht gelegenen Städtchen Kara-Irman oder. Karakerman,
was, meiner Meinung nach, als der Hafen von Istros zu betrach-
ten .ist, während die eigentliche Stadt selbst etwa zwanzig Werst
tiefer im. Lande, und zwar westlich vom unteren Theile des Sec
Razin, 'zu suchen ist. Darauf führen die Worte des Plinius ®), wel-
cher bei seiner genauen Beschreibung des Sees ‚Razin zwei beson-
dere Theile bei demselben unterscheidet. Den nördlichen, in wel-
chen die Dunavitza (Peuce minor) einmündet, und 19 römische
Meilen im Umfange hält, trägt beim Plimius keinen besonderen Na-
men, allein der südlichere, der 63 römische Meilen gross ist, heisst
nach ihm Halmyris. . Beide "Theile zusammen geben also einen Um-
fang'von 82 römischen Meilen oder 116 Wersten, .was der Grösse
des jetzigen Sees Razin ganz genau entspricht. Die Beschreibung
des Halmyris unternimmt Plinius von Norden aus, und. deshalb
kann es mit. seinen Worten: *eodem alveo et super Istropolim lacu
gignitur. LXIII,M passuum ambitu ; Halmyrin vocant?.. als Anfang
des Halmyris nur die entferntesten T'heile des jenseitigen Ufers,
also die Südspitze. vom See Razin bezeichnen. Ueber dieser Süd-
spitze lag. Istropolis, in einer Entfernung von etwa 15 Werst west-
lich vom See. Näher zum. See darf man die alte Stadt nicht su-
- chen, da das zum Wasser hin niedrige Land zu einer Ansiedelung
nicht einladend ‘genug gewesen sein dürfte. Dagegen erhebt sich
das Terrain .in der angegebenen Entfernung vom See sichtbarlich,
‚und dient, wie im Alterthume den Istrianern, so noch jetzt. den
Bulgaren in verschiedenen grösseren und kleineren Dorfschaften zum
Wohnsitze,_ Auf die Verschiedenheit des Hafens der Istrianer von
ihrer eigentlichen Stadt deutet wahrscheinlich auch der Doppelname
Istros :bei Strabo, Arrian und dem Anonymus und Istropolis
bei Plinius und Mela ®); jene hatten bei der Küstenfahrt hauptsäch-
lich den Hafen, diese die Stadt vielmehr im Auge, und sp kummt
‚es denn auch, dass Strabo jenen ein Städtchen (πολνέχνεον), Pl
‚nius diese dagegen eine Stadt nennt und zu den schönsten der Ge-
gend rechnet. Sollte in dem halben Jahrhunderte, welches zwischen
‚Strabo und Plinius liegt, mit einer und derselben Stadt eine 80
‚ 1) ἔστιν οὖν ἀπὸ τοῦ ἱεροῦ στόματος τοῦ Ἴστρου ἐν δεξιᾷ ἔχοντι
eV συνεχῆ παραλίαν Ἴστρος πολίχνιον ἐν πεντακοσίοις σταδίσιβ'
2) Geogr. IH, 10. 3) hist. nat. IV, 24. 4) Π,3, δ.
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa, 339
grosse Veränderung vorgegangen sein? Die Möglichkeit ist frei-
lich nicht zu läugnen, allein wahrscheinlich ist.es nicht. Könnte
ferner der Doppelkopf auf den autonomen Silbermünzen der Istria-
ner, den man so verschiedenartig zu deuten gesucht hat!), nicht
mit der ‚Lage der Stadt im Zusammenhange stehen? Die umge-
kehrt an einanderliegenden Köpfe würden daun, zusammengehalten
mit dem Typus der Rückseite, wo ein Adler auf einem Delphine
steht, oder einen Fisch verzehrt, als Anspielung darauf gelten,
dass Istros und Istropolis, zwischen dem Halmyris und dem Pontus
gelegen, in zwei ganz entgegengesetzten Richtungen. mit dem Meere
in naher Verbindung gestanden habe. Endlich muss ich noch
darauf aufmerksam machen, dass die Entfernung zwischen Istros und
Tomi von Strabe um 50 Stadien geringer angegeben wird, als vom
Arrianus und Anonymus. Dürfte dieses nicht vielleicht dadurch zu
erklären sein, dass den wol selten die Stadt besuchenden Sehiffern
ihre Entfernung vom Hafen nicht gauz genau bekannt war, und dass
dadurch leicht ein Unterschied in den Angaben entstehen konnte.
Mehr noch als all’ die von mir vorgebrachten Vermuthungen spre-
chen die Localverhältnisse, wie sie jetzt noch vorliegen, für die
Richtigkeit meiner Ansicht. Unmöglich konnten die Milesier bei
Anlegung dieser Colvnie ?) die Vortheile übersehen , welche ihnen ein
so guter Hafen, wie der von Karakerman, gewähren musste, und
wen» daher die alten griechischen Ansiedelungen überhaupt meistens
nur am Gestade des Pontus oder an schiffbaren in den Pontos ein-
mündenden Flüssen, nicht aber im Binnenlande zu suchen sind, so
gilt das gewiss auch von Istros. Wie hätten sich die umsichtigen
Griechen von dem Elemente weit eutfernen dürfen, welches ihnen
auf der einen Seite sichere Aussicht eröffnete auf Emporblühen durch
Handel und Verkehr, und ihnen auf der andern Seite den besten
Schutz gewährte gegen die drohenden Einfälle und Angriffe der in
der Nähe hausenden Barbaren. Schon aus diesem so safürlichen
Grunde blieben die von der Natur selbst zu Häfen bestimmten
Plätze nicht unbenutzt, und da wäre es wol mehr als auffallend,
wenn man ‘den von drei Seiten geschlossenen, nur nach Süden hin
offenen Hafen von Karakerman, auf dieser Rhede die aus dem
Süden kommenden Schiffe gegen Wind und Wetter noch gegenwärtig
sicheren Schutz finden 3), unbeachtet hätte lassen wollen. Neis,
gewiss nicht! In Karakerman fassten die milesischen Colonisten
gewiss zuerst Fuss, und verlegten ihren Wohnsitz dann um ein
Paar Meilen tiefer ins Binnenland, als sie von den dortigen Nach-
baren nichts mehr zu fürchten hatten. Dennoch blieb das jetzige
Karakerman immer noch der eigentliche Hafen von Istropolis, Jas
theils als See-, theils als Land-Stadt betrachtet werden konnte, und
1) Eckhel. doctrin. numm. veter. II. p.14. 2) Strabo, Anonymis,
Plinius 1.1. 3) Taitbout Pflote de la mer noire. Constantineple 1860.
pag. 38. 22"
340 Beiträge.zur genaueren Kenntniss T'omi’s u. der Nachbarstädte,
auch in dieser Beziehung die Wahl des auf seinen Münzen vorkom-
menden, umgekehrt an einanderliegenden Doppelköpfe .zu rechtfer-
tigen scheint. |
Der nächste Ort südlich vou Istros ist Tomi !), gleichfalls
eine. Colonie der Milesier. Bis zu derselben sind von Istros aus
* (nach Strabo) 250 oder (nach Arrian und dem Anonymus) 300 Sta-
dien, das ist, entweder 4413 Werst oler 52 Werst,: Wenn wir von
diesen beiden nicht vollständig übereinstimmenden Angaben der Stra-
bonischen den Vorzag geben, und von seinen 4443 Werst etwa 20
auf. den Landweg, das Uebrige aber für die Fährt zu Wasser be-
rechnen, so kommen wir nach dem heutigen Städtchen Kustundgi
oder Kustengre, einem Orte, welcher sich seiner natürlichen Ver-
hältnisse wegen für eine alte Ansiedelung besonders eiguete: Dorl
tritt nämlich das hohe Festland’ um eine Werst etwa ins Meer hin-
ein, eine Halbinsel bildend, welche von drei Seiten vom Meere um-
schlossen ist und gegen Westen durch eine ein Paar Werst lange
Gebirgskette vom Festlande gleichsam abgesperrt wird. In einer
Gegend, wo von den rohen Nachbarstämmen beständige Befeindung
zu befürchten’ war, und wo man sich nur durch Mauern und Boll
werk vor ihren feindlichen Angriffen schützen konnte, liess sich keit
Punkt auffinden, welcher mit geringeren Mitteln und leichter zı
vertheidigen gewesen wäre, als eben die ganz abgesonderte Halb-
insel. Ein so wesentlicher Vorzug, zu dem sich: noch der Vorthei
eines geräumigen Hafens gesellte, musste in die Augen springen,
und 'deshalb wählten die Milesier diesen Ort bei der Anlegung Το-
᾿ mi’s. Die örtlichen Verhältnisse von Kustengie passen daher auch,
wie bei keinem anderen Orte der ganzen Gegend, ganz überraschend
auf die kurzen Andeutungen, welche uns Ovidius von seinem Ver-
bannungsorte gibt. Das felsige Ufer, von welchem er spricht?),
charakterisirt noch gegenwärtig die ganze Küste bei Kustengie, und
ziebt sich von der Ostseite der Halbinsel in mehreren Riffen ins
Meer hinein. Auf die im Westen der Halbinsel hingestreckte 6*-
birgskette spielt er an®), wenn er sich nur durch die natürliche
Beschaffenheit des Ortes und durch die Mauern der Stadt sicher
glaubt vor den beständigen Einfällen der feindlichen Nachbaren. In
dem See, welcher im Winter gefriert und aus dem man dann Ei
bricht 8), erkennen wir den ein Paar Werst über Kustengie geleg®-
nen See, welcher noch jetzt Ovidiovo genannt wird. Der Mange
an grasreichen Triften 5), an schattigen Wäldern 6), an Weiden
und.-Eichen 7), an Quellen süssen Wassers ®), an Singvögeln ?), &
, 1 Strabo, Plinius, Ptolemaeus, Arrianus, der. Anonymus und Am-
mianus; nur Mela II, 2, 5 lässt auf Istropalis nicht Tomi, sondern Cal
latis folgen. 2) Trist. I, 8, 39, 3) Trist. V, 10, 18. 4) Trist. II,
10, 26. ibid. II, 12, 38, 5) Trist. III, 10, 75. V, ἀ, 10. Epist. 1;
‚23. 6) Trist. T, 4, 9, II, 10, 75. IE, 12, 16 58ὁς(ἁ 7) Ερίϑι.
3,52. ΠῚ, 1,20. 8) Epist. II, 1,17. 9) Kpist.II, 1,21. .
“
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 341
fruchtbringenden Ackerfeklern 1) erinnert nur zu deutlich an die
Steppe, in welcher das heutige Kustengie gelegen ist, und dieses
Bild wird ein noch anschaulicheres, wenn wir Ovids Klagen über
die Einförmigkeit des Landes hinzunelimen, das, ebenso wie das
Meer, eine endlose Fläche darbietend 3). sich im Frühlinge nicht
schmückt mit blumenreichem Rasen 8), und statt aller Gräser und
Kräuter nur reich ist an bitterem Wermuth (absiuthium) *), jener
dem Steppenboden eigenthümlichen Pflanze. Dazu die Bemerkung
Ovids, dass in Tomi nur Seevögel vorkämen 5), welche wit ihren
wilden Geschrei die Luft. erfüllten; dass das Trinkwasser salzig
oder sumpfig gefunden werde ®), und dass die Gewalt der Nord-
winde Dächer abdecke und den höheren Gebäuden Umsturz drohe ?).
Mit einem Worte Ovidius konnte bei der Beschreibung seines Ver-
bannungsortes keine andere Gegend im Auge haben, als die, in
welcher jetzt Kustengie liegt, und deshalb müssen wir .mit aller
Sicherheit dert Tomi suchen. : Für die Existenz einer alten Ansie-
delung an dieser Stelle sprechen auch die alten Baulichkeiten, wel-
che ami Orte noch gefunden werden. Nies sind namentlich die Reste
eines alten Molo’s, welcher zur Sicherung des Hafens beim Cap
der Halbinsel angelegt war, ein Paar alte Brunnen an Orten, die
jetzt nicht mehr zur Stadt gehören, und einige Ueberbleibsel alter
Baulichkeiten an dem Ufer, welches im Süden von der Halbinsel
die Westseite von der Rhede bildet. -Dass dieses alles Alterthümer '
von Tomi seien, kann ich freilich nicht mit der gewünschten Sicher-
heit sagen, allein welcher anderen alten Stadt könnten sie wol an-
gehören? Alle alten Geographen, mit Auschluss des: weniger ge-
nauen Mela, setzen ja Istros und Tomi in den höchsten Norden,
und lassen ohne Ausnahme Callatis und die übrigen gegen Odessos
zu gelegenen Städte südlicher liegen. Es bleibt uns also, wenn
wir die noch erhaltenen Reste im Speciellen irgend einer alten Stadt
vindiciren sollen, nar die Wahl zwischen Istros und Tomi, und da
Istros, abgesehen von allen anderen Gründen, schon seines Namens
wegen nieht so weit vom Ister entfernt gelegen haben kann, so
bleibt uns nar Tomi, Freilich haben einige neue Schriftsteller ®)
Constantia oder Constantiana, welches vom Procopius P) unmittelbar
vor Callatis erwähnt wird, bei Kustengie suchen wollen. Hierzu
mag besonders eine ferne Aehnlichkeit im Klange des Namens ver-
leitet haben, denn aus der SteHe, welche Kavsravrıavd in dewi
Verzeichnisse des Procopius einnimmt , darf nichts geschlossen
werden, da die Städte daselbst, wie aus den Namen anderer leicht
ersichtlich ist, nicht nach ihrer geographischen Lage aufgezählt
εἰ Epist. I, 3, 55. 2) Trist. III, I, 20. 3) Trist. ΠῚ, 11
4) Epist. III, ι΄, 23. III, 8, 15. 9), Epist. III, 1, 21 seq. 6) bist
I, 7, 74. 7 Trist. LIT, 10, 17. ) Forbiger Handbuch d. alt. Georgr.
1. Ρ. 1099. 9) de aedif. IV, 11. p. 307. (ed. Bonn.)
q
U
342 Beiträge zur-genaueren Kesüitniss Tomi’s n. der Nachbarstädte.
werden. Ferner sieht man ans Constantinus Porphyrogenitus !),
dass Constantia , wol gleichbedeutend mit Constantiana bei Procopius,
am Flusse Varnas (Baovag) liege und also, wie schon Boeckh 2)
gezeigt hat, der spätere Name von Odessos sei. Doch selbst dann,
wenn man zwischen Κωνσταντιανά und Kovoravıla einen Unter-
schied machen, unaıl jeden dieser Namen auf eine besondere Stadt
beziehen wollte, würde Constantiana bei Procopius wol nur die Be-
nennung eines später entstandenen Fleckens sein, wie deren im
Verzeichnisse .des Procopius so viele vorkommen. Dieselben geo-
graphisch zu bestimmen, ist unmöglich, da Procopius in seinem
Cataloge Altes und Neues zusammenmengt , und von der Lage der
einzelnen Ortschaften sehr ungenaue Kenntniss gebabt zu haben
scheint. So zählt er z. B., um anderes zu verschweigen, Tomi zu
den Städten des Binnenlandes. Uebrigens hält auch Motraye 3) das
heutige Kustengie für Constantia, und bezieht mit Unrecht die zu
seiner Zeit noch erhaltenen Reste.der alten Stadtmauern auf eben
dieses Constantia. Die in Kustengie von ihm aufgebrachten Mün-
zen von Constans, Constantius und Constantinus können nichts be-
weisen, da ähnliche von ihm in der ganzen Gegend häufig gefun-
den wurden, und, als neuere, sich auch leichter erhalten konnten,
Dagegen legt er kein besonderes Gewicht darauf, dass er in Kusten-
gie auch Münzen von Tomi und Callatis habe zusammenbringen
können, und doch beweist dieses gerade, dass auf der Stelle von
Kustengie eine ältere Stadt gestanden habe, als das im vierten Jahr-.
hunderte nach Christus erst angelegte Constantia. Denn da den
meisten griechischen Städten an den Gestaden des Pontus Euxinus
schon in der Mitte des dritten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung
das Münzrecht genommen wurde, und die uns bekannten Münzen
in Tomi 5) sowol, als io Callatis 9) nur bis Philippns jun. hinauf-
reichen, so werden sie zu der Zeit, wo Constantia entstand und
blühete, nicht mehr im Gebrauche gewesen sein, zumal da das
viel bessere Metall der alten, namentlich der tomitischen Münzen,
eine schleunige Umprägung sehr vortheilhaft machte. Hiernach wei-
sen also auch die von Motraye in Kustengie gefundenen Münzen
von Tomi und Callatis schon darauf hin, dass die Stadt, welche
auf der Stelle von Kustengie einst stand, älter sein müsse als Con-
stantia. Mehr dürfte man unter anderen Verhältnissen aus dem
Funde etlicher Münzen nicht schliessen, allein da ich aus den oben
angeführten Gründen gerade in Kustengie das alte Tomi. suche, 50
‘ wird mich, hoffe ich, Niemand eines Irrthums bezeihen wollen,
wenn ich die von Motraye dort zusammengebrachten Münzen auch
als Beweis für die Richtigkeit meiner Meinung über die Lage Tomi’s
benutze. Fir dieselbe sprechen ja auch die neuerdings auf der
1) de administr, imper. cap.9. p. 79 (ed. Bonn.) 2) ‘Corpus In-
script. II. p.78 N. 2056. 3) Voyage en Europe, Asie et Afrique II.
n.208. 4) Mionnet Sup. II. p. 205. 5) ibid. II. p. 63.
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. ᾿ 848
Halbinsel und eine halbe Meile von Kustengie bei dem Dorfe Ana-
dolkeny vom österreichischen Viceconsul in Varna, dem Herrn von
Fedeschi-, aufgefundenen Inschriften, von denen ich unten ausführ-
licher sprechen werde. Früher sind noch die anderen ‚Ortschaften
zu bestimmen, welche nach Tomi von den hlten Geographen ge-
nannt werden. Hier steht oben an:
Callatis, welches nach Strabo !) 280, nach Arrian 3) nm
dem Anonymus ?) 300 Stadien von Tomi entfernt war. In diesen
Angaben erklärt sich der Unterschied von 20 Stadien leicht dadurch;
lass Strabo mehr in gerader Richtung misst, die beiden anderen
Schriftsteller dagegen die Entfernang nach einer Fahrt ganz un-
mittelbar an der Küste berechnen. Bei alle dem führen uns Stra-
ho’s 280 Stadien, die nach unserem Maasse 49,7, Werst geben, doch
um 12—13 Werst über Mangalia oder Mankalia hinaus, und zwar
an einen Ort, in dessen Nähe weder ein passender Hafen, noch
Reste aus dem Alterthume zu entdecken sind. Das eine, wie das
andere treffen wir dagegen bei Mangalia, und deshalb ist hier auf
jeden Fall, ungeachtet die alten Maasse auch nicht vollkommen
damit stimmen, eine der alten Ansiedelungen, und namentlich Cal-
latis, das als ursprüngliche Colonie von Milet 4) oder Megara δ)
Cerastis hiess, und wol erst später von Heraclea ®) neue Anpflan-
zer erhielt, hinzuversetzen. Die 21 Seemeilen (362 Werst) 7), wel-
che unseren jetzigen Messungen zwischen Kustengie und Mangalia,
liegen, können den alten Maassen schon deshalb’ nich! ganz ent-
sprechen, weil bei jenen in gerader Linie gerechnet ist, während
die Alten, mit ihren kleinen Fahrzeugen viel näher am Ufer hin:
fahrend, und alle Buchten und Krümmungen des Landes beräck-
sichtigend, auf einer Distanz von 280—300 Stadien leicht eine
Differenz von 12—16 Werst erhalten konnten. Das jetzige Man-
galia, welches Motraye 8) nur auf seiner Karte von dem ganz neben
demselben gegen Süden gelegenen Pangala, das er für Tomi hält,
unterscheidet, in seiner Reisebeschreibung aber nicht weiter berück-
sichtigt, wird seit Mannert ?) und Schaffarik 1%) allgemein für das
alte Tomi gehalten, doch gewiss mit Unrecht, denn weder die
Reste der hier noch erhaltenen Baulichkeiten, noch der Umstand,
“dass Mangalia von der dortigen, nicht-türkischen Einwohnerschaft
noch gegenwärtig Tomiswara genannt wird, ‚dürfte es nach ‘em,
was ich von Kustengie oben gesagt habe, noch wahrscheinlich ma-
chen, dass Mangalia der Verbannungsort des Ovidius gewesen sei:
Da sich die Erinnerung an dieses traurige Exil bei den Gebildeteren
erhielt, so übertrug man den Namen des Ovidins oder seines Ver-
1)1.1. 2) pag. 34, 3) Νίοία Π, 3,5. '%)MelallI, 2,5. 5) Ovid.
Trist. I, 10, 39.40. 6) Strabo VII, 6, 1. p. 491. Anonym. 1. 1. Memnon 21.
7) Taitbout 1.1. p.37. 8) auf Motraye's Karte heisst der Ort Magni-
galia. “© 9) Geograph. d. Gr. u. Röm. VII. p. 128. 10) Wiener Jr
bücher XLVI,-49.
344 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tami’s u,der Nachbarstädte.
bannungsortes auf ganz verschiedene Gegenden und Punkte. Auf
das Unstatthafte einer solchen Namenclatur habe ich schon oben
aufmerksam gemacht, und füge hier nur noch hinzu, dass, wenn
auf solche an Ovid erinnernde Benennungen etwas zu geben ist,
der zwischen Baba und Kustengie gelegene See, welcher bei den
Nichttürken noch jetzt Ovidovo !) heisst, eben so viel, und noch
viel mehr für Kustengie spricht, als Tomiswara für Mangalia. Bei
alle dem habe ich oben auf diesen Namen, wenn ich auch des nörd-
lich von der Halbinsel gelegenen Sees erwähnte, kein besonderes
Gewicht gelegt, wohl wissend, wie der Gleichklaug in Namen und
Worten, sobald keine anderen Gründe vorliegen, nur zu leicht zu
Irrthümern verleiten kann. Die alten Baulichkeiten, von denen uns
Motraye ?2) in Pangala oder Mangalia erzählt, passen eben so gut
auf Callatis, als auf Tomi, und wenn er unter ihnen auch von
einem Thurme des Ovidius spricht?), so wird doch Niemandem
einfallen zu glauben, dass der römische Dichter in diesem wirklich
gesessen habe. Denn eben so wie in Rom alle Ruinen beim Volke
und in der Sprache der oft sehr ungebildeten Cicerone ihre altklas-
sischen Namen tragen, und erweislich mit den ihnen beigelegten
nichts gemein haben, eben so knüpfte man an jenen Thurm, da
man in Mangalia das alte Tomi wiederzufinden glaubte, den Namen
des Ovidius. Ferner scheint für meine Meinung, dass auf der
Stelle von Mangalia einst Callatis, nicht aber Tomi gestanden habe,
der Umstand von grosser Wichtigkeit, dass Motraye 4) unter den
in Tomiswara aufgebrachten Münzen auch mebrere von Callatis,
und nur ein Paar von Tomi fand, und dass an der Stelle, wo er
sein Callatis hinsetzte, auch gar keine Spuren einer Ansiedelung
zu entdecken waren 5). Sollte Callatis, das Plinius δ) den schönsten
. Städten der Gegend beizählt, und das erweislich 7) sich noch Jahr-
hunderte lang erhielt, dean wirklich spurlos verschwunden sein?
Bei anderen Städten des Alterthums ist dieses freilich der Fall,
allein da die Reste in Mangalia, in Sonderbeit die Ueberbleib-
sel eines alten Molo’s im Hafen®) und andere Banlichkeiten auf
die frühere Existenz einer nicht unbedeutenden Hafenstadt, was
Arrian und der Anonymus von Callatis namentlich sagen ?), ganz
deutlich hinweisen, so dürfen wir das Alles, da wir für Tomi einen
anderen Ort aufgefunden haben, für Callatis mit Recht in Anspruch
nehmen. Meiner Ansicht über die Lage von Callatis widerspricht
auch nicht das Zeugniss des Ptolemaeus !0), welcher Callatis unmit-
᾿ telbar auf Tomi folgen lässt, und zwischen beiden Städten nur einen
1) Motraye Voyage II. p.207. 2) ibid. p.209. 3) ibid.: ses
pretendues restes de la tour d’Ovide.. 4) ibid. p.209. 5) ibid.: mais
n’y decouvris aucunes antiquitez et pas meme des medailles. 6) Hist.
Nat. IV, 18. p. 277 (ed. ster.).. 7) Constant. Porphbyr. de themat. p.47,
11 (ed..Bonn.). 8) Taitbout p. 36. 9) bei beiden heisst es von Calla-
tis I. 1.: ὅρμος ναυσίν. 10) Geogr. III, 10.
Von Staatsrath Pr, P. Becker zu Odessa. 345
Unterschied von 40 Minuten in der Länge und 20 Minuten in der
Breite angibt.
Nach Callatis nennen Arrian !) und der Anonymus 2) in einer
Entfernung von 180 Stadien den Hafen der Carer (Καρῶν λιμήν),
welcher bei Mela 3) portus Caria heisst, aber von den übrigen alten
Geographen, weil es wol nur ein höchst unbedeutender Hafenpintz
war, gar nicht besonders erwähnt wird. Die genannten 180 Sta-
dien sind nach ‘unserem Maasse 314 Werst, und führen uns fast
ganz genau zum Cap Chebler, wo ich den Hafen der Carer des-
halb hinsetze, weil dort kleine Schiffe leicht einen Aukerplatz fin-
den konnten, Für die Deutung des Namens führt Raoul-Rochette 3)
das Zeugniss des Plinius®) un, allein aus der von ihm citirten
Stelle geht nur hervor, dass sich in den ältesten Zeiten beim Janais
Ansiedelungen der Carer gefunden hätten, und daraus lässt sich also
noch nicht bestimmen, ob dieser Καρῶν λιμήν und die Gegend um
den Hafen, der Caria hiess, in der That einer carischen Colonie
ihren Namen verdanke, Unwahrscheinlich kommt mir es nur vor,
dass sich die Carier zu einer Niederlassung einen so wenig durch
die Natur begünstigten Ort ausgesucht haben sollten. Ob hier je
Alterthümer irgend einer Art gefunden worden seien, habe ich
nicht erfahren können. Ein alter auf der Höhe stehender Thurm,
der früher als Leuchtthurm diente ®), gehört seinem Ursprunge nach ἢ"
einer viel jüngeren Zeit an.
Von dem Hafen der Carer gelangen wir nach 120 Stadien 7)
oder 204. Werst zu dem Vorgebirge Kaliakri, welches aber bei den.
Alten ganz anders heisst, Strabo 8) nennt es ἡ Τίρεξις ἄκρα und
berichtet, dass Lysimachus den Ort als Schatzkammer benutzt habe,
Die bei diesem Vorgebirge steil zum Meere hinabfallenden und ie
eine kleine Halbinsel auslaufenden Felsen sichern vor jedem An-
griffe von der Seeseite, während gegen das Land zu eine unmittel-
bar hinter dem Cap sich erhebende Bergkette den nöthigen Schutz
gewährt. Anf diese von der Natur selbst gemachte Befestigung,
zu welcher die Menschen auch das Ihrige mögen beigetragen haben,
passen die Worte Strabo’s: χωρίον ἐρυμνόν aufs vollkommenste..
Bei Ptolemaeus 9) heisst das Vorgebirge Τιρίστες ἄκρα», bei Mela!P)
Tiristis promontorium, bei Arrian 11) Tergialeg, beim Anonymus’''?)
Τετρισίας oder Τέτριξα oder blos ἄκρα. Ungeachtet all’ dieser
kleinen Verschiedenheiten im Namen erkennt doch Jeder, dass von
Allen ein und derselbe Ort gemeint sei.
Von dem Vorgebirge Tirizis rechnen Arrian !?) und der Ano-
nymus.1%) bis zum Städtchen Bizone (Βιζώνη) 15), welches zu
1) pag. 24. 2) pag. 13. 3)IL, 2,5. 4) Histoire de l’&tablisse-
ment des colonies grecques III. p. 318. 5) Hist. Nat. VI, 7. 6) Tait-
bout 1.1. p.%6. 7) Arrian. u. Anonymus I. 8) VII, 6, 1. p. 492.
9) III, 1, 10. p.212 (ed. Wilb.).,. 10), 2,5. 11V) pag. 41. 12) pag.13.
13) 1.1. 14) l.l. 15) bei Arrian heisst das Städtchen Βέζον.
‘
346 Beiträge zur genaueren KenntnissTomi’s u. «ler Nachbarstädte,
Str bo’s Zeit durch Erdbeben grösstentheils vernichtet, nach Mela!)
Plinius 2) ganz zerstört war, und das noch Arrian®) als einen
wenig bevölkerten Platz kennt, 60 Stadien oder 102 Werst. Die-
ses ist gerade die Entfernung zwischen Kaliakri und Kawarna, wel-
ches letztere ich um sn weniger für das alte Bizone zu halten an-
stehe, als die vom Anonymus gemachte Bemerkung, -dass Bizone
keinen eigentlichen Hafen besitze, aber bei schlechtem Wetter als _
Ankerplatz benutzt werde, bis auf heute beim jetzigen Kawarna ®)
ihre vollkommen richtige Anwendung finde. Wem Bizone seinen
Ursprung verdanke, lässt der Anonymus unentschieden; nach Eini-
gen sollte es von dort hausenden Barbaren angelegt worden sein,
nach Anderen galt es als eine Colonie Mesembria’s. Liesse sich die
eine Nachricht mit der anderen nicht vielleicht so vereinigen, dass
das Städtchen ursprünglich von Mesembria colonisirt, nach seiner
Vernichtung durch Erdbeben aber von den Völkern der Umgegend
nen bevölkert worden sei?
Auf Bizone folgt bei Arrian 5) und dem Anonymus δ) in einer
Entfernung von 80 Stadien oder 1818 Werst Dionysopolis, wel-
ches ich in dem jetzigen Baltchik wieder finde. Eben dieser Stadt
werden auch noch andere Namen beigelegt. Den ältesten Κρουνοί 7)
soll es von den reichen Quellen der Umgegend, den späteren, Dio-
nysopolis ®), von der dort ausgeworfenen Statue des Dionysus oder
Bacchus erhalten haben; als dritten nennt der Anonymas allein noch
ἹΜατιόπολις. Ist die zuletzt genannte Benennung, wie die Meisten
annehmen, eine irrthümliche, zo gibt uns Mela 9) über den Doppel-
namen Koovvol (Crunos) und Dionysopolis den nöthigen Aufschluss,
da nach ihm jener Name dem Hafen, dieser der eigentlichen Stadt
2akam, ganz in derselben Art, wie ich das oben bei Istros und
Istropolis zu zeigen gesucht habe. Für den Hafen von Dionysopofis
mag sieh der alte Stadtname, besonders durch die Schiffer erhalten
haben, welche den Ort einmal unter dieser Benennung kannten,
und, unbekümmert um die eigentliche Stadt und deren Namenswech-
sel, die Rhede unter ihrem alten Namen hauptsächlich im Auge
hatten. Dieselbe diente für die durch Sturm bedrängten Schiffe
gewiss ebenso, wie noch jetzt die Rhede von’Baltchik 10), als bester
Zufluchtsort, und mochte daher von den Schiffern bei} eintretender
Gefahr häufig benutzt werden.
Von Dionysopolis kommen wir endlich nach 200 Stadien !!) oder
843 Werst nach Odessos, dem heutigen Varna. Dass aber Varna
‚wirklich mit dem alten Odessos identisch sei, wird, seit Boeckh 12)
sieh auch dafür entschieden, allgemein angenommen," und deshalb
1) TI, 2,5. 3) Hist. Nat. IV, 18. 3) pag. 24: χῶρον ἔρημον.
4) Taitbout 1.1. p.35. 5) pag.24. 6) pag. 13. 7) Strabo, Plinius,
Mela 1.1. 8) Plinius, Mela, Ovid. Trist. I, 10, 37, Anonymus u. Pto-
lemaeus , „welter Dionysopolis irrthümlich gleich auf Callatig folgen lässt.
9) II, 2, 10) Taitbout1.l. p.3$. 11) Aırian, Anonymus. 13) Corp.
Inseript. ir, N. 2056--
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 347
brauche ich mich hierüber nicht weitläufig mehr auszusprechen, Die
vollkommene Richtigkeit der Annahme ergibt sich auch durch dine
Inschrift, welche im Jahre 1851 daselbst im Armenischen Stadt-
viertel ausgegraben wurde!) und von mir unten näher behandelt
werden. soll. Odessos, eine Colonie der Milesier2) aus der Zeit
des: Astyages®) und guter Hafenplatz 4) dürfte mit Boveckh - später
Kovstavsia (Constantia) geheissen haben; der Name des Flüss-
chens (Βάρνας), an welchem Constantia lag), und welcher unter
der gleichen Benennung noch jetzt bei Varna ins Meer fliesst, scheint
das zu beweisen, Ä
Hiermit die geographische Uebersicht der zwischen dem Ister
und Odessus gelegenen Städte beendigend, will ich nur noch in
einer Tabelle zeigen, wie grosse Verschiedenheit in den Bestim-
mungen der alten Ortschaften bei den neueren Geographen herrscht,
unter denen ich hier blos Mannert®), Gail”): und Forbiger ®)
berücksichtige. j
Alte Namen:
1) Istros (Istropolis). 5) Tirizis.
2) Tomi. 6) Bizaone.
3) Callatis, 7) Dionysopolis (Crunos).
.4) Carön portus. 8) Odessos.
'Mannert: Forbiger:
1) Kiustenza. 1) Istere.
2) Jegni Pangola. 2) Jegni Pangola.
3) Kollat. 3) Kollat. ᾿
4) Kelogra oder Kalagriah. 4) südlich von Güllgrad,
5) beim Vorgebirge Galata. 5) Cap Güllgrad.
6) Varna. 6) südlich von Galata.
7) beim Flusse Camtschioder Kimsi. 7) Baldsjik.
8) Emineh. 8) Varna.
Gail:
1) ad meridiem hodiernae Kara-Kerman.
2) juxta promontorium Gustendgi.
8) juxta Mang-Kaliah.
4) ad septentrionem promont. Chabler - Sughi.
5) juxta promontorium Calagriah.
6) Kavarna.
7) Baldjick.
8) Varna,
1) L’ordine, giornale politico, letterario 1851. N. 104. 2) Strabo,
Plinius. 3) Anonymus. 4) Arrian, Arionymus. 5) Const. Porphyrog.
de administ. imper. 9. p. 79 (edit. Bonn.). 6) Geographie der Griechen
und Röm. VIE. p. 127 βαη. 17) Geographi minores ad Arrian. Peripl.
8) Handbuch der alten Geographie III ρ. 1098—1100.
348 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte.
Meine Bestimmungen:
1) Kara-Kerman. 6) Kaliakrı.
2) Kustengie. 6) Kavarna,
3) Mangaliıa, 7) Baltchik.
4) Chebler, 8) Varna.
Wir wenden uns jetzt zur Geschichte 'Tomi’s und der in sciner
Nähe gelegenen Küstenstädte. Hier muss ich im voraus bemerken,
dass die Nachriehten der alten Schriftsteller in dieser Beziehung
höchst mangelhaft und unvollständig sind, Keiner der uns erhal-
tenen hät jene griechischen Colonien zum Gegenstande einer spe-
ciellen Behandlung ‘gemacht, und daher ist Alles, was wir über
Tomi und die Nachbarstädte erfahren, ganz fragmentarisch. Ein
so lückenhaftes Material reicht natärlicher Weise nicht aus zu
einer gehörig gegliederten oder nur einigermaassen vollständigen
Geschichte, Dessen ungeachtet will ich die zerstreut vorkommen-
den Notizen gewissenhaft zusammenstellen, und es meinen geneig-
ten Lesern selbst überlassen, aus den so vagen Andeutungen der
Alten sich wenigstens die Hauptmomente zu vergegenwärtigen.
Unter den näher von uns hier zu betrachtenden griechischen
Colonien sind Tomi und Istros die ältesten, Ihre Gründang fällt
in jene Zeit, wo die Scythen in Oberasien einfielen und durch ihre
Verheerungen Furcht und Schrecken allgemein verbreiteten. Selbst
die griechische Bevölkerung Kleinasiens glaubte sich nicht mehr
sicher in ihren Wohnsitzen, und suchte der aus der Ferne drohen-
den Gefahr durch Auswanderung zu entgehen. Namentlich war es
Milet, welches als mächtigste der Küstenstädte Kleinasiens gerade
um diese Zeit mehrere Colonien aussandte, und wenn die Grün-
dung derselben auch durch Handelsinteressen und durch den natür-
lichen Wunsch, die schon bedeutende Macht noch zu vergrössern,
hauptsächlich veranlasst wurde, so mag die Furcht vor den Raub-
zügen der Scythen zu den damaligen Auswanderungen doch auch
das Ihrige beigetragen haben. Die Anlegung von Tomi und Istros
fallt wenigstens nach Scymnus !) in diese Zeit, und deshalb ver-
legt sie Larcher ins dritte Jahr der 86. Olympiade oder ins Jahr
634 v. Ch. 2). Raoul-Rochette 3) wilr dagegen nach dem Zeugnisse
des Eusebius 2) und Syncellus 5) die Gründung Tomi’s' in dasselbe
Jahr versetzen, in welchem Olbia colonisirt wurde, und sucht die
gleichzeitige Anlegung dreier Colonien an den Gestaden des Pontus
durch die Nähe ihrer Entfernung von einander wahrscheinlich zu
machen. Mit dieser Ansicht kann ich mich indessen nicht vereini-
gen; denn abgesehen davon, dass nach den Begriffen der Alten
die Distanz zwischen Olbia und Tomi gar nicht eine so nahe ist,
“
1) fragm. 2!. Tom. II. p.44 cf. Anonym. p. 12. 2) Mannert 8oy-
thien p. 17 vindicirt die Anlegung beider Städte dem Jahre 630 v. Ch.
3) Hist. de l’etablissement des col. grecg. III. p.314. , 4) Chron. II. p. 213.
Δ) Chronogr. p. 213.
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 349
scheint es mir nicht wahrscheinlich, dass Milet in einem und dem-
selben Jahre drei verschiedene. Colonien habe anlegen können. Die
Gründung Olbia’s erheischte schon hinlängliche Kräfte, und die
Anlegung von Tomi und Istros wurde wol erst dann unternommen,
als die Milesier in Olbia festen Fuss gefasst, und durch die That
bewiesen hatten, dass sie der Macht feindlicher Nachbaren siegreich
entgegentreten konsten. Die Zahl der in die drei genannten Punkte
ausgeschickten Colonisten war gewiss keine unbedeutende, da man
an allen drei Orten den feindlichen Ueberfällen der Nachbarvölker
beständig ausgesetzt war. Für Tomi und Istros namentlich musste
die BRobheit der thracischen Völkerschaften, die selbst in späterer
Zeit ihre Raubzüge nicht einsteliten, sehr gefährlich erscheinen,,
Vom Anfang an hatte man hier an siegreichen Widerstand zu den-
ken, und wäre derselbe wol geleistet worden, wenn man sich nicht
gleich auf die grosse Menge der Ansiedler hätte verlassen können ?
Eben so unsicher ist die Annahme Raoul-Rochette’s!), dass Tomi,
wo nach Ovid?) der Mord des Absyrtus vorgefallen sein sollte,
bereits vor der milesischen Einwanderung existirt habe, Der rö-
mische Dichter suchte den Ursprung seines Verbannungsortes ety-
mologisch zu erklären, und da die Sage von der Medea und deren
Brudermorde in diese Gegend versetzt wjrd, so leitet er Tomi von
τέμνων ab, und sagt daher Folgendes:
Inde Tomi dietus locus hie; quwia fertur in lo
Membra soror fratris consecuisse sui.
Wie wenig indessen diese ganz willkürliche Ableitung dem
Ovidius zusagt, ist schon daraus ersichtlich, dass er selbst an einer
anderen Stelle?) dem Tomos die Gründung der nach ihm benann-
ten Stadt zuschreibt. Für letzteres sprechen ausserdem noch die
autonomen Münzen Tomi’s, auf denen das belorbeerte Hanpt des
Tomos mit der Umschrift TOMOC dargestellt wird 3).
Später als Tomi und Istros wurde von den Milesiern Odessos
gegründet, dessen Colonisirung Scymnus ®) in die Zeit des Astyages,
und Raoul-Rochette δ) hiernach etwa in das Jahr 572 v. Ch.
versetzt.
Ueber die Gründung der übrigen Küstenstädte zwischen dem
Ister und Odessos fehlen uns alle Zeitangaben, und daher ist es
unmöglich, hierüber etwas Sicheres zu bestimmen.
Eben so ungewiss ist das Verhältniss, in welchem die grie-
chischen Coloniestädte: in der Nähe des Isters zu den thraeischen
Nachbaren standen, allein wenden wir auf letztere das an, was
Strabo 7) bei Dioscurias von den Scythen sagt, und was Xenophon ®)
‘über das Verhältniss der griechischen Städte zum Seuthes berichtet,
1) 1.1. p.316. 2) Trist. III, 9, 33. 3) Trist. I, 10, 41. cf.
Steph. Byz. 85. v. Τομεύς. 4) Eckhel Ὁ. N. II. p. 18. Mionnet descript.
ἃ. med. I. p.361. N. 48. Sup. II. p.183. N. 730. 6) fragm. V. 143.
6) 1.1. III. p.389. 7) VII ρ. 811, 14. 8) Hist.IV, 8, 26.
350 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte.
so .waren alle jene griechischen Colonien Milets den barbarischen
Nachbaren zu einem.jährlichen Tribute verpflichtet, nnd hatten vor
denselben nur so lange Ruhe, als sie ihre Abgaben regelmässig
entrichteten. Der reichlichere gewinnbringende Handel entschä-
digte für solche Opfer, allein zu grösserer politischen Bedeutsam-
keit werden sie sich unter ähnlichen Verhältnissen schwerlich empor-
geschwungen haben. Dieses der Grund, weshalb die alten Schrift-
steller des Einzelnen in jener grauen Vorzeit nur ganz beiläufig ge-
denken. Selbst Herodot, welcher über den Zug des Darius so
manche Details mittheilt, ist in Bezug auf die genannten Städte so
wortarm, dass er allen Combinationen und Conjecturen ein weites
Feld eröffnet. Er nennt nur Istros bei Namen !) und erzählt uns?),
dass Darius nach seiner Rückkehr nach Asien den Megabyzoa im
Hellespont zurückgelassen habe, um sämmtliche. Städte zu unter-
werfen, welche es nicht mit den Persern gehalten hatten. Ob unter
diesen Tomi und die Nachbarstädte mit zu verstehen seien, wird
nicht weiter angegeben, allein da wir erfahren 8), dass Perinthos für
seine Widersetzlichkeit namentlich hart bestraft wurde, und. dass
Megabyzos sach Züchtigung der Perinthier sein Heer durch ganz
Thracien führte und sämmtliche Städte und dort wohnenden
Völkerschaften dem Perserkönig unterwarf, so werden die griechi-
schen Colonien am Gestade des Pontus von der allgemeinen Regel
‘ nicht ausgenommen gewesen sein, und zwar um so weniger, als
namentlich angegeben wird, dass Megabyzos das ganze Meeres-
gestade *) in die Abhängigkeit der Perser gebracht habe. Die per-
sische Macht war indessen keine bleibende. Die den einzelnen
Städten entrissene Freiheit wurde nach dem Sturze der persischen
Herrschaft wieder gewonnen, und da ist auch für Tomi und die
Nachbarstädte anzunehmen, dass die frühere Unabhängigkeit der
Gemeinden allsobald wieder hergestellt wurde. In Bezug auf die
thracischen Nachbaren wird sich das Verhältniss in kurzer Zeit aber
wol auch ebenso, wie früher, gestaltet haben, denn wenn die grie-
chischen Städte die sich ihnen damals bietende Gelegenheit auch
hätten benutzen wollen, um sich den Abgaben zu entziehen, welche
sie vor dem Einbruche der Perser den Nachbaren entrichten muss-
ten, so wird ibnen das doch schwerlich gelungen sein.- Der Sturz
der persischen Herrschaft gab ja auch jenen ihre frühere Stellung
wieder, und da ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Abgaben
nach altem Brauche gezahlt werden mussten, Wenigstens wissen
wir, dass Sitalces®), der König der Odryser, welcher das von
seinem Vater Teres übernommene Reich bis an die Gestade des
Pontus Euxinus und bis zum .Ister ausdehnte, sich von den grie-
chischen Seestädten jener Gegend Abgaben zahlen liess 6), und kön-
nen das Gleiche von seinem Nachfolger Seuthes vermuthen, welcher
1) I, 33: Ἰστρίη, 2) IV, 144. 3) V,1. 4) ΡΝ, 10: τὰ παρα-
ϑαλάσσια. 5) Thucyd. H, 95. 6) ibid. II, 97.
_ Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 351
die Herrschaft des Sitalces ungeschwächt übernahm, aber in gleicher
Ausdehnung nicht lange behaupten konnte !); denn die zwischen
Seuthes und Medocos ausgebrochenen Streitigkeiten scheinen den
Seuthes hauptsächlich auf das gegen den Pontus zu gelegene Land
beschränkt, und den Medocos zum Herrn des thracischen Binnen-
landes gemacht zu baben. Ob diese Theilung der grossen, unter
Sitalces- vereinigten odrysischen Herrschaft eine bleibende gewesen
sei, wissen wir nicht; wir erfahren blos durch Xenophon ?), dass
Thrasybulus die beiden Gegner unter sich versöhnt, und beide für
die Sache der Athener im peloponnesischen Kriege gewonnen habe.
Die Ausgleichung erschien dem 'Thrasybulus um so wichtiger, weil
auf diese Weise auch die unter thracischer Herrschaft stehenden,
vom Seuthes namentlich abhängigen griechischen Colonien am Pon-
tus viel leichter für die Interessen Athens auszubeuten, und als Ver-
biindete zu benutzen waren. Eine gleiche Theilnahme liess sich
von ihnen viel weniger erwarten, wenn Seuthes als Gegner der
Athener aufgetreten wäre, oder wenn er die griechischen Colonien
mit in die inneren Streitigkeiten mit Medocos hineingezogen hätte.
Die Abhängigkeit von Thracien bestand für die Griechen freilich
hauptsächlich blos in der Entrichtung von Abgaben, allein wie hätte
dieselbe nicht bei der Fortsetzung des Krieges mit Medocos wach-
sen, wie nicht in die freien Beschlüsse der einzelnen Gemeinden
störend eingreifen sollen? . Die Beilegung jener inneren Zwistig-
keiten Thraciens gab den griechischen Colonien die frühere Frei-
heit wieder, vermöge welcher sie in Angelegenheiten ihres Gemeinde-
wesens nach ‘wigenem Gutdünken handeln, und das eigene Interesse
inn Auge behalten konnten.
Aehnlich ' war .die Stellung der meisten griechischen Colonien,
nur weniger gelang .es, sich gleich za einer solchen Macht eınpor-
zuschwingen, dass sie den eigentlichen Landesherrn den ursprüng-
lichen . Tribut zu verweigern wagten, und sich auch in dieser Be-
ziehung eine vollständige Unabhängigkeit erwerben konnten.
Den uns hier interessirenden Colonien mochte ein völliges Los-
reissen von äusserem Einflusse gewiss nicht gelungen sein, so lange
die thracischen Völkerschaften in ungeschwächter Kraft ihre näch-
sten Nachbaren waren; aber seit jene durch innere Feindseligkeiten
sich abschwächten und aufrieben, wird es an Versuchen zu gänz-
licher Freimachang nicht gefehlt haben. Für das Gelingen eines
solchen Bestrebens spricht die Selbstständigkeit,. mit welcher wir
die einzelnen bei verschiedenen Gelegenheiten auftreten sehen. So
erzählt uns z.B. Justin 8), dass Atheas, der Scythenkönig, von
den Istrianern bedrängt, bei Philipp von Macedonien Hülfe gesucht
und ibm für die zu erwartende Unterstützung die Nachfolge in sei-
nem Reiche versprochen habe. Auf so lockende Verheissungen ging
Philipp gern ein, allein der König der Seythen hatte sich nur im
1) ibid. IV, 101. 2) hist. IV, 8, 36. 3) IX, 2, 1-2
᾿
852 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte.
Augenblieke der Gefahr zu äbnlichen Bestimmungen verleiten lassen,
Der Tod des Feldherrn in Istria, welcher die Seele des ganzen
Krieges gewesen war, änderte die Sachlage plötzlich. Atheas be-
durfte weiter keiner Unterstützung, und schien da ganz vergessen
zu haben, was er früher versprochen. Er wollte auf nichts weiter
eingehen, und veranlasste durch diese Treulosigkeit den Philipp zu
einem Rachezuge, welcher mit des Atheas gänzlicher Besiegung
endete. Ueber das Verhältoiss, ın welchem die Istrianer vor und
nach dem Kriege mit Atheas zu Philipp standen, fehlen beim Justi-
nus alle Nachrichten, allein ich glaube, dass sie mit dem Könige
der Macedonier in keine nähere Berührung kamen; vor dem Scy-
thenkriege erstreckten sich die Eroberungen Philipps auf Byzantium
und die Städte im thracischen Chersonesus, und scheinen die nörd-
licher am Pontus gelegenen griechischen Colonien nicht betroffen
zu haben. Nicht anders dürften sich die Angelegenheiten nach der
Unterwerfung des Atheas gestaltet haben, da Justinus im entgegen-
gesetzten Falle doch wol mit ein Paar Worten der neuen Erobe-
rangen Philipp’s in dieser Gegend gedacht hätte. Schon aus dem
Umstande, dass sich Atheas nicht direct an Philipp wandte, son-
dern durch die Einwohner Apollonias bei demselben um Hülfe gegen
die Istrianer ansuchte !), ersieht man, dass letztere von Philipp
ganz unabhängig waren. Hätten sie zu den von ihm unterworfenen
Städten gehört, so wäre eine Vermittlung durch die Apollonienser
ebenso unnöthig gewesen, als die glänzenden Versprechungen des
Atheas, um von Philipp die gewünschte Unterstützung gegen Istros
za erhalten.
Zur Zeit Alsander’s des Grossen erschienen die griechischen
Colonien, welche uns hier beschäftigen, in gleicher Unabhängig-
keit?); denn ebenso wie die anderen freien Völkerschaften Tbhra-
ciens schickten auch sie zum Alexander, welcher siegreich bis an
den Ister vorgedrungen war, Gesandte mit der Versicherimg ihrer
Ergebenheit. Alexander, durch diese freiwillige Unterwerfung ge
wonnen, schloss mit ihnen unter gegenseitigen Garantien ein Freund-
schaftsbündniss, und mag sich während seines Zuges nach Asien
um die einzelnen nicht weiter gekümmert haben. Ä
Anders wurde es nach dem Tode Alexander’s bei der Zer-
stückelung des von ihm gegründeten Weltreiches Thracien und
der thracische Chersonnesus fiel dem Lysimachus zu 3), und dieser
scheint ein strenges Regiment in den ihm zugetheilten Landschaf-
ten geführt zu haben. Namentlich verlegte er Besatzungen in die
ttach Unabhängigkeit strebenden griechischen Colonien 4), welche,
solch’ eines Druckes nicht gewohnt, den Verlust ihrer früheren
Freiheit schmerzlich empfanden , und auf die Wiederherstellung
ihrer alten Rechte eifrig bedacht waren. ‘Den Anfang zu einem
1) Justin. IX, 2,1. 2) Arrian. exped. I, 4,6. 3) Diad Sic. XVII],
8, 2. Fragm. hist. graec. ΠῚ. p.668, 684. 4) ὈΪϊδά. XIX, 73.
Vom Staatsrath Dr. P. Beeker zu Odessa. 853
allgemeinen Aufstande machten im Jahre 318 v. Ch. die Einwohner
von Callatis, indem sie: sich nach Vertreibung der von Lysimachus
bei ihnen eingesetzten Besatzung für frei erklärten. Dem Beispiele
von Callatis folgten die Istrianer und die übrigen Nachbarstädte ;
auch sie verjagten .die bei ihnen stationirten Truppen des Lysi-
machus und verbändeten sich unter einander, um mit vereinigten
Kräften Lysimachus ihre Unabhängigkeit abzutrotzen. Um ganz ᾿
sicher zu gehen, gewannen sie ferner noch die benachbarten thra-
eischen und scythischen Völkerschaften für ihre Sache, und schlos-
sen mit denselben einen engen Freundschaftsbund. Bald war ein
so grosses Heer zusammen, dass an dem glücklichen Gelingen ihres
Vorhabens kaum ‚noch gezweifelt werden konnte. Dennoch war
das Resultat ein ganz anderes; denn kaum hatte I,ysimachus von
dem’ Aufstande Kunde erhalten, so zog er mit seinen Truppen eiligst
gegen die. Aufrührer. Er nahm seinen Weg durch Thracien, theils
um sich von der Treue .der dort lebenden Völker za überzeugen,
theils um durch dort geworbene "Truppen sein Heer zu vergrössern,
zog in der Gegend des heutigen Varna’s über den Haemus, und
belagerte Odessos, welches, da das Bundesheer nicht za Hülfe kam,
von den auf einen solchen Angriff gar nicht vorbereiteten Einwoh-
nern nur kurze Zeit gehalten werden konnte. Sie entschlossen sich
zur Uebergabe auf Capitulation. Die Bedingungen derselben sind
uns nicht weiter bekannt, allein es ist wahrscheinlich, dass sich
Lysimachus nicht blos mit der Wiederherstellung des früheren Ver-
hältnisses der Abhängigkeit begnügte, sondern die Freiheit der
Odessiten noch weiter beschränkte, und ihnen namentlich grössere
Abgaben auferlegte. Nicht besser erging es den Istrianern, welehe
sich L.ysimachus gleichfalls aufs neue unterwarfe. Am längsten wehr-
ten sich noch die Einwohner von Callatis, denen die thracischen
Nachbaren und benachbarten Scythen in Folge des mit ihnen ab-
geschlossenen Bündnisses bedeutende Hülfstruppen gestellt hatten.
Lysimachus griff sie vereinzelt an, ‘zwang zuerst. die durch den
schleunigen Kampf eingeschüchterten Thracier zur Uebergabe, und
besiegte dann in offener Feldschlacht die Sceytben, welche nach dem
Verluste eines grossen Theiles ihrer Mannschaft in die Grenzen
ihres Reiches jenseits des Isters zurückzukehren gezwungen wurden.
Hierauf belagerte er das auf sich selbst beschränkte Callatis, wel+
ches ihm vor allem die Rädelsführer des ganzen Aufstandes auslie-
fern sollte.. Dazu mochten sich die Callatiner nicht entschliessen,
so lange sie noch Hülfe von anderer Seite erwarten konnten, Sie
hatten nämlich Antigonus für ihre Sache gewonnen, und dieser
schickte ihnen gegen Lysimachus Unterstützung zu Wasser und
zu Lande, Auf die Nachricht hin, dass Antigonus’ Truppen’ schon
in Hieron seien, und dass dessen Schiffe bereits in den Pontus
einführen, entschloss sich Lysimachus dem neuen Feinde eiligst
entgegenzuziehen. Er liess einen Theil seines Heeres vor Callatis;
um die Belagerung fortzusetzen, marschirte aber selbst, mit dem
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. Hfl. 3. | 23
854 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte,
Kerne. seiner Armee über den Haemus. setzend, gegen Pansanias, -
welcher die Landtruppen von Antigonus befehligte, und schlag ihn
aufs Haupt. Pausanias blieb in der Schlacht, und die des Führers
beraubten Truppen wurden theily für ein hohes Lösegeld entlassen,
theils von Lysimachus in seine Reihen vertheilt. Wie es den Calla-
&inern später ergangen sei, erzählt uns Diodorus !), welchem wir
εἶα angegebenen Details verdanken, nicht weiter, allein es unter-
liegt wol keinem Zireifel, dass auch sie sich ergeben mussten,
und. für ihr Streben. nach Unabhängigkeit hart bestraft wurden,
Erfahren wir doch von demselben Diodor 3) zum Jahre 810 v.Ch,
dass während der Belagerung eine Hungerenoth in Callatis ansge-
brochen sei, und dass in Folge derselben grosse Auswanderungen
stattgefunden hätten, Der im bosporanischen Reiche herrschende
Eumelus nahm allein ihrer. tausend bei sich auf, .trat ihnen Land
ab, und sorgte für sie aufs wohlwollendste.
Nach diesem verunglückten Versuche, sich von Lysimachas'
Herrschaft ganz frei zu machen , tritt in der Geschichte der
uns hier interessirenden Städte wieder eine Lücke ein, denn fast
während eines halben Jahrhunderts erfahren wir nichts über das
Verhältniss jener griechischen Colonien zu einander und zu den
übrigen Reichen der damaligen Zeit. Die unter den Nachfolger
Alexander des Grossen .ausgebrochenen Feindseligkeiten und Be-
fehdungen werden indessen auch sie wol zu ihrem Vortheile mög-
lıchst benutzt haben, und das um so eher, als sie durch ihre geo-
graphische ‘Lage von dem eigentlichen Schauplatze der Begeben-
heiten ganz entfernt. waren, und sich bei Allem nach den Umstän-
den mehr oder weniger betheiligen konnten. Das Hauptaugenmerk
richteten sie. natürlicher Weise auf die Vergrösserung ihrer Macht
in der nächsten Umgebung, und da kam es in jenen Colonien zu
Streitigkeiten unter einander selbst. Von solchen erfahren wir durch
Memnon ?), welcher uns von einem um die Mitte des dritten Jahr-
hunderts v. Ch, ausgebrochenen Kriege erzählt. Veranlassung zur
Befehdung wurde das zwischen Istros und Callatis, gelegene Tomi,
nach dessen Besitze sowal die Istrianer, als Callatiner verlangten,
und das letztere bereits in ihrem Interesse auszubeuten angefanger
hatten. Dagegen erhob sich Byzanz, welches, um mit Erfolg gegen
Istros und Callatis zugleich anzukämpfen, bei dem pontischen Her2-
clea «um Unterstützung bat. In gleicher Absicht wandten sich die
Einwohner von Callatis an Heraclea, ihrer Mutterstadt, allein die
Heracleoten gaben weder den Bitten des einen, noch dem Gesucht
des anderen Gehör, sondern sandten in beide Städte Männer, welche
die Feindseligkeiten friedlich beilegen sollten. Eine Ausgleichung
gelang indessen nicht. Der Krieg brach aus, und war für die Cal-
latiner so verderblich, dass sie sich von’ den erlittenen WNieder-
lagen kaum wieder erholen konnten.. |
1) XIX, 73. 2) XX, 25, 1. 3) fragm. XXI.
. Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. . 353
Nach dieser Begebenheit wird der lose Geschichtsfaden voll-
ständig unterbroehen, und kann wegen Mangel an Nachrichten erst
für die Zeit wieder einigermaassen aufgenommen werden, wo die
Bömer in jenen : Gegenden: eine kedeutendere Rolle zu spielen au-
fingen. Eine der hauptsächlichsten Veranlassnagen. war, hier der
mithridatische Krieg, in. welchem die griechischen Colonien.am Pon-
tus. die Bundesgenossen ‚des Mithridates ‚warea !), und. von. Jen
Römern deshalb als Feinde behandelt wurden... Kriegszüge gager
sie, und die einzelnen Völkerschaften,. welche es mit dem mächtigen
Gegner hielten, konnten nieht ausbleiben, un wurden ‚namentlich
von Magedonien 'aus von den römischen. Statthaltern unteraommen.
So mag der Zug C. Scribonius Eurio’s, welcher als Procensul
in Macedonien 75 v. Ch. Geburt die Dardaner und-Moesier unter-
jochte ?), und von den zümischen Feldherrn zuerst bis an-die Donan
vordrang, «den in. jener Gegend’ liegenden griechischen Colonien
gleichfalls verderblich gewesen sein. — Mit Sioherkeit wissen wir.?)
ferner, dass M. Terentius Verre. Lucullus, der leibliche Bruder
des L. Licinias Lucullus *), als Proconsul Macedoniens, ja einem
72 v. Ch. gegen die Moesier unternommenen Kriegszuge die unfern
des Isters gelegenen griechischen Colonien brandschatzte. und plün-
derte. Aus einer derselben, nach Strabo 5) aus Apollania, stammte
z. B. die colossale Apollostatue,. welche in Rom das Gapitolium
schmückte, und von M. Lucullus dortbin gebracht wordes war. Sie
soll nach Plinius 6) dreissig Ellen hoch gewesen sein, und wurde
fiir eine Arbeit des Calamis gehalten ἢ, ‚Uehrigens ist die Stelle,
in welcher Appian uns. von sechs ‚griechischen Städten erzählt, die
M. Lueullus: bei geinem. Zuge nach: Moesien feindlich bebandelt habe,
nicht ‚vollständig erhalten. Nur von vieren finden: sich die Namen
in dem -lückenhaften Texte, in welchen neuere Gelehrte .dit. beiden
feblenden erst durch ‚Conjectur hineinzubringen suchen, indem sie
zu .den’ vier Städten Istzos, Dionysopolis, Qdessos und Mesembris
noch die Namen, von Callatis und Apallonia hinzufügen. Die Zahl
kommt auf solche Weise freilich richtig heraus, allein bei alle dem
bleibt es duch noch eine Frage, ob Callatis und Apolionia ursprüng-
lich in dem Texte standen. Wird die geographische Lage. der ge-
nannten Städte berücksichtigt, so kann auf Mesembria ganz gut
das noch südlicher gelegene Apollonja folgen, allein Callatis. pass#
nicht dahin, «a es, wie wir bereits oben sahen,: viel nördlieher,
zwischen Istros und Dionysopolis zu suchen .ist, Fär 'Apollonia
spricbt namentlich die. Notiz des Strabo, ,dasa die Apellostatue auf
dem Capitol vom M. Lucullus eben aus Apollonia .nach Rom ge-
bracht worden sei, Was kann .man aber für Callatis anführen?
3) Appian. bell, Mithrid. 15 ef.69. 2) Ruf, brev. 7. Eutrop. VI, 2.
Jornand. de regn. succ.5& 3) Appian. de reb, Hlyr. 30. 4) Drumann
Geschichte Roms IV. p.176. 5) VII. p.319. . &).H. N. XXXIV, 18(6).
ef. IV, 27 (13). 7) Strabo 1.1, 95 +
Ἂ τς στ
856 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte,
Der lückenhafte Text!) ist unverständlich. Das in demselben vor-
kommende ἐκ Καλατίδος leitete auf Callatis, allein dieses hätte ja,
da die geographische Lage der einzelnen Städte von Norden gegen
Süden berücksichtigt wird, gleich hinter Istros stehen müssen. Zu
einer so-gewaltsamen Umstellung wird sich indessen Niemand leicht
entsehliessen, da in den Handschriften hinter Istros keine Lücke
ist, und das in dem Texte sich findende ἐκ Καλλατίδος durch einen
Schreibfehler vielleicht für ἐν Καλάμιδος steht. Wäre das wirklich
der Fall, so hätte man an den Künstler Calamis zu denken, von
‘welchem die Apollostatue gefertigt war, und würde für den uns
unbekannten Namen ‚der sechsten Stadt nicht Callatis in Anspruch
nehmen. |
Weniger glücklich als M. Lucnllus war C. Antonius, der Bro-
der des Triumvir, welcher gleichfalls von Macedonien aus einen
Kriegszug gegen die am Ister wohnenden Völkerschaften unternahm,
von den Bastarnern aber bei der Stadt Istros geschlagen wurde,
nnd an sie einen Theil seiner Fahnen verlor?). Die erlittene Schmach
rächte indessen bald Μ, Licinius Crassns, der Grosssobn des Trium-
vir3), Demselben gelang im Jahre 29 v. Ch. die vollständige
Unterwerfung der Moesier, welche er als Proconsul von Macedonien
angriff 4) und besiegte. Mit dem Schicksale der Moesier war das
der griechischen Colonien 'am Ister eng verbunden, und daher ist
‚kaum zu bezweifeln, dass dieselben nicht auch damals in die Ab-
hängigkeit der Römer kamen. | u
Es fragt sich, ob das neu eroberte Land unter dem Namen
Moesien oder Mysien schon gleich damals in eine römische Provin
verwandelt worden sei. Als solche fehlt sie freilich in dem Ver-
zeichnisse der Provinzen, welche Augustus im Jahre 27 v.Ch. zwi-
schen dem Senate und sich vertheilte®), allein in dem Berichte,
welchen derselbe von seinen Thaten dem Senate ablegte, wird der
Einnahme Moesiens namentlich gedacht 6) und zwar in Verbindung
mit der Unterwerfung Galliens und Aegyptens, die in dem besag-
ten Verzeichniss als Provinzen genannt werden. Dagegen sprich!
indessen das Zeugniss des Appianns ?), nach welchem Moesien eret
unter Tiberins zu einer Provinz eingerichtet worden sei.- Verbielte
sich die Sache wirklich so, so muss es einen wundern, dass Velleju®
beim Tiberins dessen mit keiner Silbe gedenkt, und dass Suetonius‘)
im Leben des Tiberius Moesien ohne weiteres eine römische Pro-
vinz nennt, was er doch wol nicht gethan hätte, wenn diese Land-
schaft erst damals zu dem römischen Reiche geschlagen worden
1) ἔνϑα εἰσὶν Ἑλληνίδες TE πόλεις, Πυσοῖς πάροικοι, "Torgog TE
καὶ Διονυσόπολις, καὶ Ὀδησσὸς, καὶ Μεσημβρία ** ἐξ ἧς ἐς Ῥώμην ἐκ
Ἀαλατίδος ἘΞ μετήνεγκδ τὸν μέγαν ᾿“πόλλωνα τὸν ἀνακείμενον ᾧ Πα-
λατέω. 2) Dio Cass. LI, 26. 3) Drumann ἃ. a. O. IV. p. 116. N. 40.
4) Dio LI, 25—27. Liv. epit. CXXIV. CXXV. Flor. IV, 12, 15.
83 m Kan, 12. 6) Dio LIII, 7: τὴν Μυσίας χείρωσιν. . 7) ΠΙγτ. 80.
1, . ἢ ’ .
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 857
wäre. Ferner spricht die Verweisung Ovids nach dem in Moesien
gelegenen Tomi dafür, dass dieses Land schon zur Zeit des Au-
gustus zum römischen Reiche gehört habe. Wie hätte man dem
straffälligen Dichter eine ausserhalb der Grenzen der römischen Herr-
schaft gelegene Stadt als Verbannungsert anweisen sollen? Die Ab-
hängigkeit Moesiens von Rom bestätigt ja Ovidius selbst, wenn
er sagt}: .
Haec est Ausonio sub iure. novissina, vizque
Haeret in imperü margine terra tu,
Was sollen seine Worte Ausonio sub jure anders sagen, als
«lass Moesien schon damals römische Provinz gewesen sei?
lich hat uns Dio?) zum Jahre 6 nach Ch, in der Person des A. Cae-
cina Severus sogar den Namen eines Statthalters in Moesien er- Ὸ
halten, und. wenn Tacitus 8) zum Jahre 35 nach Ch. berichtet, dass
Poppaens Sabinus 24 Jahr lang den wichtigsten Provinzen, nament-
lich Moesien, Achaia und Macedonien vorgestanden habe, und dass
unter denselben Moesien die erste gewesen wäre, welche seiner
Verwaltung anvertraut worden sei*), so dürfen wir eben diesem
Poppaeus Sabinus, welcher im Jahre 9 nach Ch. Consul gewesen
“αν δ), schon für das Jahr 11 nach Ch,, also noch unter Augustus,
die Statthalterschaft in Moesien vindiciren. Dies alles zusammen-
genommen berechtigt zu der Annahme, dass Moesien, wenn auch
nicht gleich nach seiner Einnahme, so doch unter Augustus, rö-
mische Provinz geworden sei, und’ beim Regirungsantritte d
Kaiser Tiberius als solche bereits existirt habe.
Ursprünglich war Moesien eine ungetheilte kaiserliche Provinz,
allein später wurde sie .in zwei Theile gesebieden, und der eine
„;Moesia superior,‘ der andere ‚‚inferior‘‘ genannt, jener begriff
den westlichen Landstrich, dieser den. östlicheren. Wann die Thei-
lung stattgefunden, erfahren wir von keinem der alten Auctoren
mit positiver Bestimmmtheit, allein gewöhnlich nimmt man an 5), dass
.dieselbe in die letzten Jahre des Domitian oder in den Anfang der
Regierung des Traian falle, und in der That scheint ein uns er-
haltenes Diplom’) Traians vom Jahre 106 nach Ch, das älteste
. Document zu sein, in welchem die Theilung durch besondere Na-
. men deutlich ausgesprochen wird. Factisch muss sie indessen schon
viel. früher bestanden haben. Denn da wir durch Dio 8) wissen,
dass der im Jahre 35 nach Ch. verstorbene Poppaeus Sabinus fast
während der. ganzen Regirungszeit Tiberius®’ den beiden Moe-
sien als Statthalter vorgestanden habe, so muss Moesien bereits
1) Trist. II, 199, 20. 2) LV, 29: Χαικένας Σεουῆρος ὃ τῆς
πλησιχώρου Μυσίας ἄρχων. 3) Annal. VI, 39. 4) ibid. I, 80.
5) Zumpt Annal, vet. regn. p. 116. 6) Forbiger Handb. d. alt. Geogr. III.
p. 1088. N. 92. Franz Corp. Inscript,. Gr. N. 5977. Becker Handb. d.
röm. Alterth. Th. III. Abtb. I. p. 105. 7) Arneth, zwölf Militairdi-
.plome, p.44: et sunt in Moesia inferiore sub A. Caecilio Faustino.
δ LVıH , 20.
358 Beiträge zur genaneren Kenntniss Tomi’s u.der Nachbarstädte.
unter Tiberms ein zweithdiliges gewesen sein. Dafür spricht denn
-auch der Umstand, dass schon unter der Regirung des Kaiser
Tiberrus für mehrere Jahre zwei'Statthalter zu gleicher Zeit genannt
‚werden; so erscheint neben Poppaeus Sabinus, welcher, wie wir
schon oben. sahen, bereits unter Augustus Moesien einige Jahre vor-
:stand, im Jahre 19 nach Ch. G. Latinins Pandus, und nach dessen
Tode Pompeonius Flaccus als Statthalter in Moesien!). Ferner er-
zählt uns Dio 2) in- Uebereinstimmung mit: Tacitus ®), dass Pom-
ponius Labeo, welcher sich im Jahre 34 nach Ch.' das Leben ge-
‚nommen "habe, ' um: wegen einer Anklage: auf'Besteehung der Cri-
misihluntersuchang Aus ‘dem Wege: zu-gehen‘, acht Jalire-lang Moe-
"siert verwaltet hätte. Auf ein doppeltes Moesien führen: uns auch,
zur Zeit des. Vitellins, sowol die Wofte von Suetonius 5): desci-
‚verunt ab eo exercifas Möesiarum, als auch das von Aurelius
Vietor: legati Moesiae, Für’ das Jahr 69 nach ΟἿ, kennen wir
sogar die Namen zweier gleichzeitiger Statthalter Moesiens. Die-
ses ist auf der einen Seite Vespasiaus Bruder Sabinas δ). auf der
andern Marcus Aponius 'Satarninas.‘ Auch für das erste Jahr der
‚Regierung Vespasians, also 70-nach Ch., sind‘ uns die Namen,
zweier gleichzeitiger’ Statthalter Moesiens in der Person des Mar-
Cus Aponius Saturomus®), desselben, welchen wir schon fürs Jahr
:69 nannten, und in der des Fonteins Agrippa”) erhalten. Aus
allem diesem scheint hervorzugehen, dass Moesien schon unter Ti-
berius in zwei Theile geschieden wurde, und dass die Verwaltung
dieser Provinz, wenns auch nicht beständig, so doch nach den jedes-
maligen Umständen einem oder: zwei Statthaltern anvertraut war.
Die Bimenbang superior und inferior mag erst später, etwa unter
'Domitian oder 'Traian, aufgenommen, und seit dieser Zeit denn
‘auch jeiler dieser Theile beständig von- einem besonderen Legaten
verwaltet worden sein. “ ΝΣ ᾿
Die Namen der uns bekunnten Statthalter-Moesiens, für welche
sieh die ‚Zeit ganz oder ziemlich ‘genau - bestimmen lässt, "sind
Folgende: ᾿ nl . ! ἝΝ
᾿ Careinas.Severns im Jahre 6 nach Chr. Οἱ 8),
Poppaeus Sabimus v; 11-85 n. Ch.) und fürs Jahr 19 n. Ch.
gleichzeitig rait Latimias Pandus 20) and nach dessen Tode mit
Pomperäus Flaceus 11); von 26-34 n; OH. gleichzeitig. mit
Pomponius Eabeo 13). .“.- ' on
᾿ Memmius'Regelus, Nachfölger'des Poppaens Sabinas seit 35n.Ch.1?).
Sabimus v. 62—69 ἡ. Ch. 4%) und fürs Jahr 69 gleichzeitig mit,
M. Aponius Saturninus 15),
ᾷ ἮΝ
‘ 4,
3) Tac. Ann. II, 66. 2) LVII, 24. 8) Ann. 1,39. 4) Vit. 15.
3) Caes. VIH, 2. 6) TFacit: Hist. III, 76. 2, Tacı Hist. V, 26.
&) Joseph. 'de bell, Jud, VII, 5, 3: 9)-Dio LV, 39. . 10) Tacit. Ann.
41, 89. -T).ibld. If, 66. 12) Dio LVIII, 2% 13) ibid. LVEIL, 2%.
14) Tacit, Hist. III, 75. 15) ibid. I, 79. II, 85. IO,6, 9, 11.
Vom Staatsratı Dr. P. Becker zu Odessa. 359
M. Aponius Saturninus im Jahre 70 1) und gleichzeitig mit Fon-
teius. Agrippa 3).
ΤΙ. Plautius Μ, F, Sılvanus zur Zeit Vespasians 3).
Oppius Salinus unter Domitian 53) im Jahre 86 n. Ch.
Calpurnius Macer in den ersten Regirangsjahren Traians etwa
103 n. Ch. G.°).
A, Caecilius Faustinus in Moesia inferior um das Jahr 106 n. Ch.
unter Traian ®),
L. Minicius Natalis unter Traian legatus in Moesia inferior und
einer der nächsten Nachfolger des Faustinus 7).
Antonius Hiberus unter Hadrian 8), nach dem Jahre 133 n. Ch.
T. Vitrasius Pollio legatus unter Hadrian 9).
P. Helvius Pertinax, Statthalter beider Moesien, in den letzten
Jahren der Regierung M. Aurels, etwa 178 n. Ch. 19).
Heraclitus unter Commodus etwa 192 n. Ch.1}),
L. Ovinius Rusticas Cornelianus zur Zeit des Sept. Severas le-
gatus in Moesia inferior 12). , -
Tullius Menophilus unter Alexander Severus v. 230—233n,Ch.13).
Ausserdem kennen wir noch aus Inschriften die Namen von drei
Statthaltern Moesiens, allein bei denselben lässt sich die Zeit ihrer
Verwaltung nicht näher bestimmen. Dies sind D. Pompeius Falco 1%),
M. Caecilius Novatilianus, Praeses prov. Moesiae superioris 18) und
C. Titius Similis,-Proconsul prov. Moesiae inferioris 16),
Tomi uod die benachbarten griechischen Colonien, welche uns
hier ‚beschäftigen, gehörten zu Moesia inferior, und standen also,
seit das Land eine römische Provinz geworden war, unter der un-
mittelbaren Controlle der Statthalter Moesiens. Sie empfanden die
Abhängigkeit von-Rom hauptsächlich nur dadurch, dass sie zu jähr-
lichen Abgaben verpflichtet waren, allein, sobald die Umstände es
verlangten, fehlte es auch nicht an anderen Anforderungen und Auf-
lagen. : Bei alle dem liessen die Römer das Gemeindewesen der ein-
zelnen ruhig fortbestehen, und mischten sich nur in besonderen Fäl-
len in die inneren Angelegenheiten jener griechischen Städte. Diese
begnügten sich mit der ihnen scheinbar erhaltenen’ Freiheit, und
mochten bei der äusserlichen Beibehaltung ihrer früheren Verfassung
1) ibid. V, 6. 2) Joseph, de bello Jud. VII, 5, 3. 3) Orelli
Inseript. Lat. col. N.730. 4) Jornandes de τον, Goth. 18. Suet. 6.
Taeit. Agr. 41. 5) Plin.-Epist. X, 71 (51), 72 (69), 82 (81). 6) Ar-
neth zwölf Militairdiplome 1843. p.44. 7) Grut. p.49, 6. Fea Framm.
di Fasti n. 22. Mommsen Bulletino' del Instit. arch. Rom 1846. p. 43. cf.
Franz Corp. Inscript. Gr. III. N. 5978. Digest. II, 12 1. 9. (de feriis).
8) meine Abhandlung Tmpac» a Tupnmmm in 3arıacku OAecckaro
O6igecmsa Hcmopimn m Äpesuocmen If. p.443. - 9) nach.einer In-
schrift im Journale l’Ordine 1851. Ν, 104. 10) Jul. Capitol. Pertinax 3.
11) nach einer auf Tyra bezüglichen, von mir erklärten Inschrift v. 8.
12) Grut. p.446. Digest. XLIX, 15,9. Cod.VIII, 51,1. Digest. XXX VIII,
17, 1. 8.8. 18) Petri Patricii fragm. 8. 14) Visconti Monum. Gabini.
.p. 206. 15) Orelli. N.1178. 16) ibid. N.3668. -
x
860 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u, der.Nachbarstädte.
und’ sonstiger Einrichtungen die Verääderüung- weniger fühlen, welche
mit ihnen vorgegangen war. Ja einzelne gelangten in. den neuen
Verhältnissen erst zu höherer Blüthe und grösserem Ansehen. Das
war namentlich mit Tomi der Fall, welches. sich vor allen anderen
Städten Moesiens den Römern scheint angeschlossen zu haben, Als
Zeugniss dafür können die tomitischen Münzen gelten , auf denen be-
reits das Haupt des Tiberius mit der. Umschrift TIBHPIOC KAICAP
vorkommt !); auf den Münzen der übrigen Städte erscheinen da-
gegen die Köpfe römischer Kaiser erst viel später, nämlich in
Istros2) und Odessos®) seit Hadrian, in Callatis *) ‚seit Marcus
Aurelius, und in Dionysopolis®) erst seit Commodus. Für die
Zeit der zuletzt in diesen Städten geschlagenen Münzen herrscht viel
grössere‘ Uebereinstimmung; in Istros, Dionysopolis und Odessos
reichen die letzten bis auf Gordianns. und Tanaguilla®‘) und in Tomi
und Callatis bis auf Philippus junior 7). Den Aufschwung Tomi’s
im ersten Jahrhundert nach Ch. bezeugt ferner eine bisher noch
unbekannte, mir selbst gehörige tomitische Münze. . Es ist dies
folgende:
Hanpts. K AICAPTAIOC belorbeertes Haupt des Kaisers Caligula
zur Rechten.
Rücks TOM HITHTOPOC aufrecht stehender cadıceus.
E 2%.
Die Richtigkeit der Inschrift auf der Rückseite bestätigen zwei von
dem. Herrn von Mursakewitsch publicirte Münzen®), welche ans
Leuce stammen, aber weniger vollständig erbalten sind. Die eine
derselben, in der Grösse von ‘34, trägt auf der Rückseite die Buch-
staben HI'H, die andere, in der Grösse von 3, hat als Legende
HTHTO, was bei der einen, wie bei der andern ohne allen Zwei-
fel eine Abkürzung von HTHTOPOC ist. Anf der Hauptseite zei-
gen jene beiden Münzen gleichfalls den Kopf des Caligula mit der
Umschrift KAlzZ.. TAIOT oder KAIC.. TAIOT. Hiernach kann
es kaum noch zweifelhaft sein, dass Tomi schon zu Caligula’s Zeiten
eine gewisse Suprematie über die benachbarten Städte ausübte, allein
dass -diese weniger eine politische war, beweiset der aufrecht ste-
hende caduceus, welcher, als gewöhnliches Emblem des Mercurius,
uffenbar auf den Handel hinweist, durch den Tomi schon unter
Caltgula vor den übrigen Städten der Nachbarschaft sich auszeichnen
mochte. Namentlich war es der Getreidehandel, welchem Tomi
sein Anfblühen zu verdanken hatte, und welcher bei der Frucht-
barkeit Moesiens®) am meisten Ressourcen hat. Dies denn auch
1) Mionnet' Sup. HU. p.183. N.731. 2) ibid. p.69. N. 91. 8) Mion-
net deseript. des med. I. p. 895. N. 223 und Sup. II. p. 351. N. 896.
4) Sup. UI. p.56. N, 196. 5) Sup. II. p.64. N.65. 6) Mion, Sup. II.
v-70. N. 96; p.68. N.83; p. 362. N. 955. 7) Sup. II. p. 205. N. 860;
p.68. N. 64. 8) 3aıuckn OAecckaro O6bugeemsa Mcm. m Ares. IM.
p- 240. N. 16, 17. 9)'Solinus 21: Moesias maiores nostri Sure Cereris
horreum nominabant. Ä
Vom .Staatsrath Dr. P, Becker zn Odessa. . . 361
der Grund, weshalb auf der einen vom Herrn von Marsakewitsch
beschriebenen Münze 1) statt des caduceus zwei aufrecht stehende
Aehreustengel,. über denen die Dioscurenmützen, zu sehen sind.
Die einmal eingeleiteten Handelsverbindungen werden im Laufe des
Jahrhunderts beständig zugenommen haben, und daher kein Wunder,
dass ein so lebhaftes Treiben viel Fremde nach Tomi zog und zur
Ansiedelung daselbst überredete. Bei alle dem war die Nähe der
benachbarten rohen Völkerschaften,. welche gewiss ebenso, wie schon
zu Zeiten des Ovidius, ihre feindlichen Angriffe nicht völlig ein-
gestellt hatten, für Viele immer noch ein Hinderniss, um sich blei-
bend oder auf längere Zeit in Tomi niederzulassen. Um.so in-
teressanter ist eine noch unedirte Münze, welche der Odessaer
Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer gehört und näher be-
schrieben zu werden verdient.
Haupts. ..... NEINO. Belorbeertes Haupt des. Kaisers. An-
toninus Pius zur Rechten.
Rücks. .'TOMI XAIPOFZENDO. in drei Zeilen. Die geflügelte
| Ä Victoria zur Linken ‘gewandt, hält in der aus-
gestreckten Rechten einen Kranz, und steht mit
einem Fusse auf einem menschlichen Kopfe mit
langen Haaren, E4
Tomi erscheint bier schon nicht mehr als blosse Handelsstalt,
Der durch den Handel errungene Reichthum versetzte die Tomiten
in den Stand, sich gegen die rohen Nachbaren durch kräftigen Wider--
stand zu vertheidigen, und die auf unserer Münze dargestellte Victe-
ria zeigt uns die glückliehe Besiegung jener wilden Feinde, Seit
dieser Zeit kann sich die von aussen nicht mehr beunrubigte Stadt
„die gastliche‘‘ nennen, und den in ihr sich ansiedelnden Fremden
Sicherheit und Ruhe versprechen. Die unter Antoninus Pius ge-
stiegene Macht zeigt sich auch dadurch, dass sich Tomi unter
demselben Kaiser MHTPONOAIC?) und seit Marcus Aurelius
MHTPOIIOAIC TIONTOT?) zu nennen anfing, und diesen Titel
auf allen späteren Münzen bis auf Philippus junior beständig be-
wahrte. Mit dem zuletzt genannten Kaiser erreichte das Münzrecht
für alle Städte der Gegend ebenso sein Ende, wie für Tomi die
von den Römern noch nicht ganz unterdrückte Unabhängigkeit.
Die Rauhzüge und Einfälle der Gothen mussten das Leben in den
griechischen Colonien plötzlich unterdrücken, und wenn die Namen
der einzelnen auch mehrere Jahrhunderte später 8) noch vorkommen,
so zeigt uns das doch nur, dass sie in den Stürmen der Zeit nicht
vollständig zu Grunde gegangen seien. ‚Von der früheren Bedeut-
1)... 2) Mionnet Sup. IL. p. 185. N. 740. 3) ibid. IT. p. 185.
N. 711 sqg.: 4) Procop. de acdit. IV, 11. p. 307, 308 (ed. Bon.)
Constant. Porphyr, III, 47 (ed. Bonn.) Hieroclis Synecdemus ibid, p. 391.
364 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte.,
Städte zu allen Zeiten mit einander gestanden haben mögen, auf
den iu der. andern Inschrift .erwähnten Bund der fünf Städte be-
zogen. Schon der oben erwähnte olbiasche Beschluss, in wel-
‘chem. ausser Olbia noch achtzehn mit den Qibiopoliten befreundete
‚und mit ihnen in Handelsverbindungen stehende Städte Theocles
goldene Kränze zuenkennen, zeigt uns, dass bei ähnlichen Ehren-
bezeugungen nicht grade‘an einen engeren Bund zu denken ist.
Für einen solchen spricht auch nicht der Umstand, dass in der
mesembriaschen Inschrift von. jeder Stadt einzeln angegeben wird,
worin die Verdienste des durch Kranz und ‚Statue zu ehrenden
Mannes’ bestanden. Die. ven jeder Stadt besonders und mit allen
Details ausgesprochene Anerkennung lässt sich durch die kleine Zahl
der an der Belohnung Theilnehmenden leicht erklären. Das seit
dem ersten Jahrhundert aufblühende "Tomi konnte, da wir von dem
Aufschwunge Odessos und der. übrigen Städte in dieser Periode
nichts erfahren, am ersten an der Spitze eines solchen Bundes
stehen, und durfte sich in Folge der durch den Bund. erlangten
Macht seit Antoninus Pius den Ehrentitel MHTPOHOAIC oder
MHTPOIOAIC ΠΟΝΤΟΥ͂ mit Recht beilegen,. Wäre dieses wirk-
lich der Fall, so wird ‚sich der Band auf die zunächst liegenden
Städte, nicht aber auf die weiter im Süden zu suchenden beziehen,
und deshalb glaube ich, dass Tomi mit Istros, Callatis, Dionyso-
polis und Odessos den Bund gebildet habe, Die genannten Städte
scheinen wenigstens, wie man aus.den in ihnen frühzeitig geschla-
genen, und für Tomi seit 'Tiberius in fast ununterbrochener Reihen-
folge erhaltenen Kaisermünzen vermuthen kann, vor anderen sich
an Rom angeschlossen, und dadurch das ‚Fortbestehen innerer und
äusserer Wohlfahrt noch lange gefristet zu haben. Nur in Diony-
sopolis beginnen die bisher bekannten Kaisermünzen 1) erst mit
Commodus. Die früheren mögen uns zum Theil verloren gegangen
sein, können aber nicht ganz geläugnet werden, da ich selbst eine
besitze, welche dem Antoninus Pius anzugebören scheint, Es ist
dieses folgende:
Haupts, CEBACTOT belorbeerter Kopf des Kaisers Antoninus
Pias (Ὁ zur Rechten.
Rücks.. AJIONTCOUOAGITSLN aufrechtstehende Fackel.
Nicht vollständiger als über das öffentliche Leben Tomi’s und
der Nachbarstädte sind unsere Kenntoisse von dem Privatleben.der
dortigen Einwohnerschaft. Die einzige Quelle ist hier Ovidius,
welcher indessen das Leben in Tomi mit zu grellen Farben zu
schildern scheint, und in dem verhassten Verbannungsorte nichts
Gutes finden will. Sitten, Sprache und Gebräuche sagen ihm durch-
aus nicht zu2), und in der That, wenn wir den Worten Ovid’s
1) Mionnet Sup. U. p.6%. N.65. 2) Trist. III, 8, 37 sq.
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 365
unbedingten Glauben schenken wellen, so stand die Cultar in Tomi
eben auf keiner hohen Stufe. Der lebhafte Verkehr mit den Bar-
baren der Umgegend, so wie die übrigen Localverhältnisse mussten
in mannichfacher Beziehung dem Leben der Tomiten eine ganz be-
sondere Färbung geben. Den an die ‘Segnungen des Friedens ge-
wöhnten Ovidius überraschte in Tomi nicht blos die Annahme bar-
barischer Trachten und Kleidungen, bei welchen Beinkleider, Pelz-
mützen, Tragen von Pelzwerk und langes Haar besonders erwähnt
werden !), sondern auch das unruhige Treiben innerhalb der Manern
der Stadt, wo bei der Furcht vor feindlichen Einfällen der barba-
rischen Nachbaren militairische Bästungen und beständiges Wafen-
geklirre zur Nothwendigkeit geworden: waren 2). Unter solchen Um-
ständen konnte freilich zur. Zeit des Ovidias in Tomi weder der
Mandel recht aufblühen, noch Künste und Wissenschaften zu ge-
deihlichem Flore kommen. Ersterer beschränkte sich damals haupt-
sächlich auf den Verkehr mit den Nachbarstädten und denen des
Bosporus Thracicus, war aber mit Griechenland und Italien ein nur
unbedeutender ?), und was letztere anbelangt, so fehlte es in Tomi
an dem nöthigen Sinne für geistige Beschäftigung *). Den Mangel
an Büchern 5) namentlich empfindet Ovidins ebenso schmerzlich,
als die geringe Theilnahme an seinen dichterischen Arbeiten 6). Dazu
die sehr beschränkte Kenntuiss des Lateinischen 7) und die Ver-
unstaltung des Griechischen, welches durch Einmischung barbarischer
Wörter und Formen von seiner ursprünglichen Reinheit ganz ab-
gewichen war®). Nicht minder auffallend erscheint es dem Dichter,
dass sich die tomitischen Frauen, denen Spinnen und Weben etwas
Fremdes war, mit Mahlen des Getraides und Wassertragen beschäf-
tigen?). Dies alles zusammen genommen gibt uns eben kein freund-
liches Bild von dem- damaligen Leben der Tomiten; - dasselbe er-
schiene: aber vielleicht in einem andern Lichte, wenn der römische
Dichter. unter günstigeren Verhältnissen und in besserer Stimmung
seine Schilderung verfasst hätte. Bei der endlosen Sehnsucht nach
dem heimathlichen Ram wurde aller Hass, alle Unzufriedenheit auf
den Ort. übertragen, welcher Ovid zum unfreiwilligen Aufenthalte
angewiesen war, und Manches ganz anders aufgefasst, als es be-
urtheilt zu werden verdiente. So z. B. tadelt der Dichter, wie wir
oben sahen, die Tomiten wegen ihrer Theilaahınlosigkeit an seinen
poetischen Schöpfungen, und doch sind es dieselben Tomiten,
welche ihm, dem Fremdlinge, wohlwollen 30), ihn ihretwegen
in ihrer Mitte zu erhalten suchen, und als Beweis der Anerkennung
+
1) Trist. V, 10, 32. IV, 6,47. III, 10,19. V, 7,45 seq. 42) Trist.
III, 10, 68 seq. III, 14, 38. V, 7, 10 seq.“45 se. 3) Trist. III,
12, 32 seg. Epist. III, 1, 23. 4) Trist. III, 14, 37 seq. V, 12, 53 segq.
5) Trist. V, 12, 53 seq. II, 14, 42. 6) ibid. u. IV, 1, 89. 7) Trist.
IV, 1, 89, v, T, 54 8606. 8) Trist. V, 2, 67 806. IN, 14, 41. v, T, 14
und 54. V, 10, 25. 9) Epist. IIT, 8, 10. 10) Epist. IV, 9, 97 664.
366 Beiträge zur genaneren Kenntniss‘Toaini’s u. der Nachbarstädte.
seines Talentes: ihn mit allen möglichen Eliren überschütten. Wo-
durch konnten ‚sie ihren. Sinn für alles Höhere und Bessere wol
deutlicher an den Tag legen, als dadurch, dass sie dem aus der
Hauptstadt zu ihnen gesandten Dichter ὁ öffentlicher. Urkunde das
‘gebührende Lob spendeter!), dass sie ihm die Immunität zuer-
. kannten), und ihn. der öffentlichen: Bekränzung würdig fanden 3)?
Das Alles. zeugt doch wahrlich nieht von Abstumpfung und Gleich-
gültigkeit. Tomi hatte sich freilich sicht frei erhalten können von
dem-barbarischen Einflusse seiner Nachbarn, allein. das griechische
Element blieb. doch alle Zeit das überwiegende, und zeigte sich dem
vorurtheilsfreien: Beobachter ‘ganz: deutlich in dem Lieben der dor-
tigen Einwohnerschaft. Ina noch höherem Grade niag das der Fall
gewesen sein, seit .Iomi dureh engeren Anschluss an Rom unter
den -Auspicien der römischen ‚Kaiser zu häherer Blüthe. empörstieg,
- and sich zur Hauptstadt der ganzen Gegend (MHTPOROAIC
ITIONTOT) erheben konate.
Nachdem ieh in dem Vorstehenden Alles zusammengetragen,
was uns über Tomi und die Nachbarstädte einigen Aufschluss geben
konnte, theile ich schliesslich nur noch sechs Inschriften mit, welche
theils zur Bestätigung, theils zur Verständigung des oben Gesag-
‚ ten dienen können. Vier derselben beziehen sich auf Tomi, zwei
‘auf Odessos. Erstere in Kustengie oder dessen unmittelbarer Nähe
vom Herrn von Tedeschi, dem österreichischen. Viceconsul in Varna,
aufgefunden), eriitelt ich durch den österreichischen 'Consul in
Odessa, den Herrn Ritter von Ceschini, welcher mir eine Abschrift
von denselben in Varna gütigst- besorgen liess, und was die beiden
letzteren, in Varna entdeckten, anbelangt, so kenne ich die eine
durch das italienische Journal L’Ordine δ), und die andere durch
gefällige Mittheilung des Herrn von Palausow. -'Für-die alte Geo-
graphie sind alle sechs nicht ohne 'Bedeatung,, denn .die in und bei
Kustengie gefundenen zeugen von der Richtigkeit: 'meiner Annahme,
dass Tomi auf der Stelle der heutigen Kustengie gestanden habe,
and ‘die ans Varna stammenden bestätigen aufs neue, dass dort das
alte Odessos zu snchen sei. Doch auch in anderer Beziehung sind
die Inschriften nicht ohne Wichtigkeit, wie ich bei der Erklärung
“ der einzelneni unten zeigen werde. Ich spreche zuerst von den vier
tomitischen, welche sämmtlich, nach Angabe des Herrn v. Tedeschi,
"im August 1852 entdeckt wurden, und mit Ausnahme der ersten
fast ganz vollständig erhalten zu Sein scheinen. Um so mehr be-
dauere ich’ es, dass die mir zugestellten Copien im Einzelnen manche
Ungenauigkeiten bieten, und dass deshalb auf ein Paar Stellen viel-
leicht noch Zweifel über die von mir angenommene Lesart obwalten
könnnten.
1) Epist. IV, 9, 101. 2) ibid, 103. ν᾿ oapiet. IV, 14, 55 segq.
4) Wiener Loyd 1852. N. 228. 5) 1851.
:
Vom Staatsrath Dr. Ps Berker zu Odense. 367
Nr, 1...
Auf «εν Ostseite . der Halbiosel, auf welcher Kustengie liegt,
wurde im August 1852 ein marmornes, drei Cubikfuss grosses Capital
ausgegraben, auf welchem folgende Inschrift stand:
IMPCAEDIVITRA - + Imp. Caes., Divi Tra-
IJANLTARHICLTDIVI veni Parthiei F., Divi
NERWME NEPOTI TRAIANO Nervae Nepoti, T'raiano
"HADRIANO AVCEONTI -: - Hadriano Aug., Ponti.
MXTR//J/STOTVTIICOSTIPI MX.,Tre. Potestat. IT, Cos. IIIP.P.
vomeermuns»NERTOMN vermmeaunım cives Tomitis, ὦ
᾿ς Die Tomiten feiern in dieser, im’ Jahre 119 nach Ch.) ge-
setzten Inschrift den Kaiser Hadrianus wahrscheinlich dafür, dass
er sie von der Gefahr befreit hatte, welche ihnen von den Sarmaten
und Roxolanen drohete. Als sich nämlich im Jahre 118 nach Ch,
der König der Roxolanen anschickte, wegen Verweigerung des ihm
früher gezahlten Tributes mit gewaffneter Hand in die römischen
Provinzen einzufallen, begab sich Hadrian selbst nach Moesien, und
vermittelte von dort den Frieden mit den feindlichen Nachbarn 2).
Unter welchen Bedingungen derselbe geschlossen‘ wurde, ist uns
nicht weiter bekannt, allein wahrscheinlich wird sich Hadrianus, um
sich von dieser Seite die Ruhe zu sichern, zu grossen Opfern ver-
standen haben. Dafür machte er sich den Feind zum Freunde.
Wenigstens wissen wir durch eine Inschrift®), dass sich Raspara-
sanus, König der Roxolanen, die Namen „P. Aelius‘ beigelegt
habe, und es ist wahrscheinlich, dass dieses aus Pietät für den
Kaiser Hadrianus, welcher bekanntlich so hiess, geschehen sei,
War Rasparasanys derselbe König, mit welchem Hadrian den Frie-
den schloss, oder nannte sich so einer seiner Nachfolger?. Wie
dem auch sein mag, die Annahme der kaiserlichen Namen scheint
zu beweisen, dass die Könige der Roxolanen mit Hadrian in gutem
Vernehmen standen, und während der Herrschaft dieses Kaisers die
nördlichen Provinzen des römischen Reiches nicht weiter beun-
ruhigten.
Nr. 2
Ebenfalls von der Ostseite der Halbinsel stammt ein vier Fuss
langer Stein mit folgender Inschrift:
D. 5 M. D. .M.*)
MVLPIVS LONGINUS (ἡ M. Ulpius Longinus,
EXDECVEIBVLTOM’TA ΚΓ; ex dec. vet. bul. Tomitanorum,
SEVIVOSIBITYRIA. AQV!+IN/R se vivo sibi et Furiae Aquilinae,
CONIVGIS\A NEMORAA FECIT coniugi, suam memoriam fecit
ANPIAE. DIO SVO. (impen) dio suo,
1) Eckhel doctrin. num. vet. VIIT. p.414. 2) Spartian. Hadr. 6,
3) Orelli Inscript. N. 833. 4) Diis Man!bus Orelli Inscript. 4352. 4384.
4422. 4338. 4464. 4.02. 4560. 4569. 4593.
368 Beiträge zur genaueren Kenntniss Toini’s u. der Nachbarstädte.
Von den gewöhnlichen Grabmonumenten, die sich im Durch-
schnitt ‚nur auf die speciellsten Privatverhältnisse beziehen, zeichnet
sich das vorliegende durch die zweite Zeile aus, in welcher der
uns sonst unbekannte M. Uipius Longinus, welcher schon zu seinen
Lebzeiten, was bei den Alten. eben nicht ungewöhnlich war !), sich
und seiner Gattin Furia Aquilina das Denkmal gesetzt hatte, sei-
nem Stande nach näher ‚bezeichnet wird. Vervollständigt man näm-
lich die in der Inschrift abgekürzten Worte fälgendermaassen: „ex
decuria vetere buleutarum Tomitanorum‘‘, so erselen wir aus der-
selben, dass M. Ulpius Longinus in Tomi .zu den Senatoren der
älteren Decurie gehörte. Hiernach war also der Senat (βουλή) in
Tomi in zwei geschieden, von denen der eine die decuria vetus
hiess, der andere dagegen die decuria nova.genannt werden mochte.
In die decuria vetus, welche ohne Zweifel die geehriere war, wählte
man die Senatoren wol aus den Altbürgern, in die nova aus den-
jenigen, welche erst neuerdings das Bürgerrecht erlangt hatten.
Die Trennung des Senats in zwei Decurien dürfte indessen wol erst
in das zweite Jahrhundert nach Ch, fallen, wo Tomi als MHTPO-
IFOAIC ΠΟΝΤΟῪ eine bedeutendere Rolle zu spielen begann,
und durch Ertheilung des Bürgerrechts an die dort angesiedelten
Fremden eine grössere Zahl einheimischer Bürger aufweisen konnte,
In der alten Decurie der Senatoren, in welcher das griechische
Element wol das vorherrschende sein. mochte, darf uns der ganz
vollkommen römische Name des M. Ulpius Longinus nicht weiter
überraschen, denn da Tomi sein Aufblühen zeit dem ersten Jahr-
hunderte zum grossen Theil römischem Einflusse verdankte, so
wird die Ertheiluong des tomitischen Bürgerrechts an die in Tomi
ansässigen Römer frühzeitig begonnen haben. . Ueberhaupt muss
-sich in Tomi das römische mit dem Griechischen mannichfach
durchkreuzt, und sogar auf die Sprache mit eingewirkt haben. Eine
solche Wechselwirkung erkennen wir selbst in den wenigen Worten
unserer Inschrift, in welcher der als terminus gebrauchte römische
Ausdruck: ‚‚decuria neben dem griechischen, auch bei anderen
Colonien von römischen Schriftstellern?) angegebenen Namen der
- Senatoren .,„‚buleutae‘‘ auf ein Ineinandergreifen beider Sprachen
deutlich hinführt. Was die letzte Zeile anbelangt, so ist sie in der
Gestalt, in welcher sie uns vorliegt, unverständlich. An einen Na-
men hier zu denken, ist. kaum möglich. Mit einer etwas gewalt-
samen Aenderung möchte ich am liebsten nach Art des gewöhn-
licheren de suo®), de pecunia sua®) oder der griechischen ἐκ τῶν
ἰδίων, das seltenere impendio suo in die letzte Zeile hineinbringen.
3
1) Orelli N. N. 4526. 4550. 4556. 4566. 4736. 4769. 4811. 4850.
2) buleutae kommen vor in Claudiopolis (Plin. epist. X, 48), in den Städ-
ten Bithyniens und des Pontus (ibid. X, 113, 115), in Alexandria (Spart.
Bever, a) 3) Orelli Inscript. N. N. 4410. 4740. 47%. 4) ibid.
. 4699.
, Vom -Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 369
Das zu Lebzeiten sich errichtete Grabdenkmal musste M, Ulpius
Longinus wol auf jeden Fall auf eigne Kosten setzen.
‚Nr. 3,
Auf der Halbinsel fand man gleichfalls ein sechs Fuss hohes,
zwei Fuss im Durchmesser haltendes viereckiges Stück weissen Mar-
mors mit folgender Inschrift:
TFLAVIOLONG.N. “ _T. Flavio Longino
OMARCIO TVRB... - Q. Marcio Turboni
LEGWVGPR.P.R Leg. Aug. Propraetoribus
TITIVS CRISPVS Titius Crispus
CORNICVL Cornicul
EIVS eius.
Der uns nicht weiter bekannte Titius (wol Titus) Crispus
Corniculeias setzte dieses Monument, wie es scheint, zur Ehre zweier
Männer, welchen als kaiserlichen Statthaltern die Verwaltung der
dortigen Provinzen anvertraut war, und denen er zu- besonderer
Dankbarkeit verpflichtet sein mochte. Der eine derselben Q. Mar-
cius Turbo ist auch sonst bekannt, allein vom Titus Flavius Lon-
ginus fehlen alle weiteren Nachrichtrn. Von Turbo, dessen Name
auch auf einer aus Sarmizegethusa stammenden Inschrift vorkommt 1),
wissen wir, dass er bereits unter Traian einen Aufruhr der Juden
glücklich bekämpft hatte?2), dass er noch zu Lebzeiten 'Traians
mit Hadrianus befreundet war?®), und dass er von letzterem, so-
bald er zur Herrschaft gelangte, an die Stelle des aufrührerischen
Lusins Quintus als Statthalter nach Mauritanien geschickt wurde 4).
In dieser Würde kann Turbo indessen nur kurze Zeit, kaum ein
Jahr, geblieben sein, denn schon 118 nach Ch. sehen wir ihn an
der Seite des Hadrianus in Dacien, das ihm alsobald von dem nach
Rom eilenden Kaiser zur Verwaltung überlassen wurde®). Es wa-
ren nämlich in der Hauptstadt wegen der Hinrichtung von vier Con-
sularen, welche dem Leben des Kaisers nachgestellt haben sollten 6),
Unruhen ausgebrochen, und da glaubte Hadrian die aufgeregten
Gemüther am ersten durch persönliches Erscheinen unter den Un-
zufriedenen, durch die Versicherung, dass das blutige Urtheil ohne
sein Wissen vollzogen worden, durch Vertheilung von Geschenken
unter das Volk, und durch verschiedene wohlthätige Einrichtungen
beruhigen zu können’). Den gewünschten Zweck erreichte Hadrian
auf solche Weise vollkommen, allein die wiedergewonneue Ruhe
schien ihm keine bleibende zu sein, so lange sein früherer Vor-
mund Attianus, welchen er noch kurz vorher durch Aufnahme in
den Senat geehrt hatte®), und Similis als Praefecti Praetorio mit
1) Orelli 831. _ 2) Euseb. H. eccl. IV, 2. 3) Spart. Hadrian, 4.
4) ibid. 5. 5) Nigrinus, Celsus, Palma, Lusius Quintus Dio Cass.
X VEIT. Hadrian. 14 seg. °6) Spartian. Hadr. 7. 7) Spart. Hadr. 7.
) ibid. 8,
Archiv f. Phil. u. Paedag. Βα. ΧΙΧ. ‚Hit. 3. 24
870 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte.
zu grosser Macht betraut wären. Ihre Stellen sollten Männer be-
kleiden, welche des Kaisers vollkommenes Vertrauen genössen, und
deshalb ersetzte Hadrian die beiden genannten, weil er ihnen zu miss-
trauen anfıng, durch Martius Turbo und Septicius Clarus 1). Turbo
trat schon im’ Jahre 119 nach Ch, in die Stelle des Attianus?),
und rechtfertigte durch seltenen Diensteifer und beispiellose Wach-
samkeit das ihm geschenkte Vertrauen des Kaisers aufs vollkom-
menste®), Daher ist denn wol anzunehmen, dass er seine Stellung
als praefectus praetorio lange behauptete, nnd ist das der Fall, so
werden sich die in Sarmizegethusa und 'Tomi ihm gesetzten Denk-
mäler auf seine Wirksamkeit in den Jahren 118 oder 119 nach Ch.
beziehen. Freilich wird er in der Inschrift von Sarmizegethusa schon
praefectus praetorio genannt, allein diesen Titel konnte man ihm
beilegen, da er unmittelbar von der Statthalterschaft in Dacien zu
jener wichtigen Würde in Rom befördert wurde, und die Inschrift
erst nach seinem Abgange aus Dacien gesetzt worden sein mag.
Dagegen erscheint er in Tomi als legatus pro praetore und zwar
zugleich mit dem uns nicht weiter bekannten T. Flavius Longinus.
Letzterer war wol der eigentliche Statthalter in Movesia inferior zu
der Zeit, wo Turbo Dacien vorstand, und durch den dort zu füh-
renden Krieg in häufige Berührung mit Moesien kommen mochte,
Der in Tomi ansässige Corniculeius wird beiden Männern zu be-
sonderem Danke verpflichtet gewesen sein, und ehrt deshalb beide
auf einem und demselben Monumente,
| N. 4.
Auf‘ dem Kirchhofe beim Dorfe Anadolkeny, welches von
Kustengie kaum eine halbe. Meile westlich liegt, fand man eine
64 Fuss hohe, 24 Fuss im Durchmesser haltende Säule von weis-
sem Marmor, auf welcher folgende Inschrift zu lesen war:
ATAOHI TYXHI " Ayadı τύχῃ
TON YION TOY AYTO ᾿ Τὸν υἱὸν τοῦ αὐτο-
KPATOPOE M AYPH »edzogog M. Αὐρή-
AIONOYHPON KAIZA λιον Οὐῆρον Καίσα-
ῬΑΟΟΙΚΟΣΤΩΝῈΕΝ ΤΟ ρα 0 οἶκος τῶν ἐν Τό-
MEI ΝΑΈΚΛΗΡΩΝ ANA μει ναυκλήρων, ἀνα-
ZTHZANTOZ TONAN στήσαντος τὸν ἀν-
APIANTA ΕΚ TAN IAIRN ὅὃριάντα ἐκ τῶν ἰδίων
c& TITOF ΤΊΤΟΥ N Τίτου Τίτου
NESTEPOY νεωτέρου.
Zum Gluck und Heil!
„Den kaiserlichen Sohn und Mitregenten M. Aurelius Veros
ehrt die Innung der Schiffsherrn in Tomi durch die auf eigene
1) Spart. 9. Dio LXVIII, 18. Xiphil. IB. Zonaras XI, 24 Cedren.
34. ed. Bonn. 2) Zumpt annal. p. 131. 3) Dio LXVII, 18.
‚Vom "Staatsrathe Dr, P, Beöker zu Odessa. 871
Kosten vom Titas, dem Sohne. des jüngeren Titus, gesetzte _
Statue,‘
Diese auf den Kaiser Caracalla ‚bezügliche Inschrift fallt in
das Ende des zweiten: oder in den Anfang des dritten Jahrhunderts
nach Ch., in die Regierungszeit des Septimius Severus, welcher
seit 198 nach Ch, seinen älteren Sohn Bassianus, unter dem Namen
M. Aurelius Antoninus, durch Theilnahme an der tribuniceischen Macht
zum Mitregenten erhoben hatte!), Derselbe wird hier, wie auch
sonst ganz gewöhnlich, statt Autoninns nach seinem Vater Sererus
genannt, und zwar in der Form OTHPOZ, die auf Inschriften 2)
und Münzen 3) gleichfalls vorkommt, Das Denkmal stammt von
einem in Tomi ansässigen οἶχος, womit, ‚ebenga wie in Latei-
nischen mit den Ausdrücken familia *), coetus®), concilium ©), col-
legium 7), demas®), ein Stand, eine Innung bezeichnet wird. Wer
sind aber die. ναύχληροι Nach der Zusammensetzung des Wortes
ναυπληρος aus ναῦς und κλῆρος haben wir zuerst an die Schiffs-
führer, Schiffsherrn zu denken, welche auf ihren Schiffen Menschen
und Güter von einem Orte zum anderen führten®), und, zu be-
sonderen ‚Gesellschaften oder Compagnien vereinigt, von dem Staate
zum Transport der für das Heer und die Hauptstadt nöthigen Pro-
ducte und Waaren benutzt wurden, ‘Das Wort bezeichnet ausser-
dem nech einen Hauspächter 10) und bezieht sich in dieser Beden-
tung auf diejenigen, welche vom Staate Häuser pachteten, um sie
an andere zu vermiethen. Da den Fremden nämlich in allen grie-
chischen Staaten der Häuserbesitz untersagt war), und selbst den
mit der Proxenie Beschenkten der Erwerb liegender Gründe als eine
ganz besondere Bevorzugung nur ausnahmsweise scheint gestattet
gewesen zu sem, so gab 68 in ‚den von. Fremden besuchten
Städten Bürger (vauxAnpoı), welche die von ihnen selbst vom Staate
gepachteten. Häuser wieder an Fremde vermietheten, und letzteren
dadurch den längeren Aufenthalt in den einzelnen Städten möglich‘,
machten. Solcher Staatspächter mag es auch in Tomi gegeben
haben, wo der Zusammenfluss der Fremden in römischer Zeit ein
bedeutender gewesen sein mag, allein in unserer Inschrift führt
uns der. römische Name tes Titus, welcher als Chef der Compagnie
1) Zumpt annal. p. 137. 2) Boeckh C. I. UI. N.2047. 3) Mionnet
Sup. II. p. 117. N. 358. p. 233. N. 166. p. 804. seg. N. 621. 622. 637, 634.
4) bei Orelli N. 1711: familia monetalis, N. 32236: familia monetaria,
bei Cic. Orat. I, 10: familia philosophorum, ‚oder Divin II, 1: Peri-
pateticorum familia, bei Suet. Aug. 22: familia gladiatorum. 5) Cod.
Just. XI. Tit. 1 (IT), 6: coetus nauarchorum. 6) ibid. Tit. V (VI), 6.
7) Orelli N. 4108: collegium naviculariorum. 8) Orelli N. 4134.
9) Photius: ὦ τῆς νεὼς κύριος καὶ ὁ ἐπιπλέων αὐτῇ ἐπὶ τῷ τὰ ναῦλα
λαβεῖν, 10) Lex. rhet. Bekk. Anecd. p. 282, 10: ναύκληρος σημαίνει, μὲν
καὶ τὸν τῆς νϑὼς κύριον, σημαίνειν δὲ τὸν ἐπιπλέρντις αὐτῇ ἐφ᾽ 0 τὰ
ναῦλα λαμβάνειν, σημαίνει δὲ καὶ τὸν τὰ ἐνοίκια τῆς οἰκίας ἐκλέγοντα.
Hesychius v. vaunimong: ὁ τῆς συνοικίας συνεστῶς. Pollux X, 20.
..11) Boeckh Staatshausbalt I. p. 328. P
24
372 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte
. dem Caracalla die Bildsäule setzte, vielmehr anf die römischen
Schiffsherrn, die ihre Schiffe mit den für den Staat bestimmten
Waaren befrachteten, und namentlich den Transport des an Getraide
so reichen Moesiens übernommen hatten. Ihr Gedeihen hing in
Sonderheit von den Gebietern Roms ab, und da ist es wol sehr
natürlich, dass sie die Kaiser durch öffentliche Anerkennung und
Ehren aller Art für sich zu gewinnen suchten.
Nr. 5.
In Varna entdeckte man beim Bau eines Hauses im armenischen
Stadtviertel auf einem viereckigen Steine eine lateinisch-griechische
Inschrift, von welcher das Journal L’Ordine 3) nur folgenden latei-
nischen Text mittheilt: |
IMP. CAESARE T. AELIO. HADRIANO. ANTONII
P. P. CIVITAS. ODESSITANORVM. AQVAM. NOVO
XIT. CVRANTE. T. VITRASIO. POLLIONE. LEG.
und also liest: Imperatore Caesare Tito?) Aelio Hadriano Anto-
nino, Patre Patriae, Civitas Odessitanorum aquam novo®) eduxü ®),
curante Tito Vitrasio Pollione, Legato. Den griechischen Text
habe ich mir trotz aller Mühe nicht verschaffen können, allein der
lateinische ist auch schon sehr wichtig, theils weil er die Lage des
alten Odessos auf der Stelle des heutigen Varna’s durch eine in
die Stadt geleitete Wasserleitung unzweifelhaft macht, theils weil
wir aus demselben die beschränkte Zahl der Legaten in Moesia
inferior aus einen neuen Namen vergrössern können. Als solcher
erscheint nämlich zur Zeit des Hadrianus Titus Vitrasius Pollio,
aller Wahrscheinlichkeit nach derselbe, an welchen Hadrian das an
Vitrasius, damals legatus Lugdunensis, gerichtete Rescript erlassen
δι 5). dessen Name ferner noch in einer aus Nemausus stammen-
den Inschrift vorkommt ®), und welchem das die fideicommissarische
Manumission sichernde Senatusconsultum Vitrasianum seinen Namen
verdankt 6).
Nr. 6.
Durch die Gefälligkeit des Herrn von Palausow wurde mir noch
folgende schon vor einigen Jahren in Varna von ihm entdeckte
griechische Inschrift mitgetheilt, welche in einen Marmorblock, der
eine halbe Arschin im Quadrat hielt, eingegraben war, und in zwei
Theile zerfiel, indem die erste Zeile über einen erhaben gearbei-
teten Mann zu Pferde stand, die drei übrigen unter demselben ar-
gebracht waren. In dem rohen, nicht gut erhaltenen Basrelief sah
man den Reiter im fliegenden Mantel und in hosenartiger Bein-
. 1) 185]. Ν. 108. 2) sollte wol heissen Public. 3) ich restaurire:
induxit statt des unverständlichen novo eduzxit. 4) Reines. cl. VIII.
N. 52. p. 6532, 2. 5) Digest. XXVII, 1, 15. 8.17. 6) Burchardi Staats-
und Rechtsgeschichte d. Römer. 8.251.
Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 373
bekleidung. Nach der Form der Buchstaben zu urtheilen, dürfte
die Inschrift aus dem dritten Jahrhundert nach Ch. herstammen, und
schwerlich früher abgefasst dein.
HPRIXXXNIXXXTSI "How: 1) Μανιμάτῳ
ἘΣΤΙΧΙΟΣΝΡΙΚΙΟΥΥΠΕΡ Ἑστιαίου ΝΝεικίου ὑπὲρ
ΤΩΝΥΙΩΝΝΕΙΚΙΟΥΚΧΙΧΓΧ τῶν υἱῶν Νεικίου καὶ "Aya-
OEINRBPOZXXPIZTHPION. Heivogos χαριστήριον.
„Dem verklärten Manimatus (weiht) Hestiaeus, der Sohn des
„‚Neicias, für seine Söhne Neicias und Agatheinor (dieses) als Dank-
„geschenk,“
Die in dieser Inschrift vorkommenden Namen sind uns nicht
weiter bekannt, und deshalb verbietet sich von selbst ein weiteres
Eingehen in die daselbst angedeuteten Privatverhältnisse. Aus den
Worten der Inschrift erfahren wir nicht einmal, aus welchem Orte
das Denkmal stamme, allein dadurch, dass es in Varna gefunden
wurde, glaube ich es dem alten Odessos mit vollem Rechte Ὁ vin-
diciren zu dürfen, Odessa, Juli 1853.
Ueber die Onomatopoeie.
Von M. Rosenheyn.
$. 1. Es unterliegt wol keinem Zweifel, dass den Sprach-
elementen der Wörter eine bezeichnende Kraft eigen sei, wor-
aus als Gesammterfolg aller Sprachelemente in einem Worte die
Bedeutung desselben hervorgeht. Auch ist die Sache keines-
wegs neu; schon Platon hat in seinem Kratylos?) sie zur Sprache
gebracht. ‘Wenn ich’ lässt er Sokrates sagen: “auch glaube,
dass es lächerlich scheinen mag, dass die Dinge mittels der Nach-
ahmung durch Buchstaben und Silben dargestellt werden, so kann
es doch nicht anders sein; denn wir haben nichts Besseres als
dieses, worauf wir den wahren Ursprung der Benennungen (der
Dinge) zurückführen könnten” Eben daselbst vergleicht Sokrates
sehr sinnreich die Zusammenfügung der Sprachelemente zu einem
bezeichnenden Ganzen mit dem Verfahren eines Malers, die Far-
ben so zu mischen, dass sein Gemälde dem darzustellenden Bilde
ganz ähnlich werde, und betrachtet daher die Bildung der Benen- .
nungen als eine Nachahmung. Dass aber schon vor Sokrates
die Sophisten sich mit der Entstehung der Benennungen (ὀνοματο-
ϑεσία) beschäftigt haben, deutet Plato im Kratylos öfter, beson-
ders durch die ironische Anspielung auf Prodikos an. Und insofern
1) Ueber ἤρως sieh Hermann Lehrbuch der griechischen Staats-
alterthümer II. 8.67 u. 68. N.18 u. 20. 2) Plat. Diall, ed. Bekkeri.
P. 11. Vol. II. Berol. 1817.
374 ᾿ Ueber die Onomatopoeie.
rechnet Dionysios von Halikarnass 2) die Betrachtung der Buch-
staben zum Theil zur Philosophie. Nach Platon haben scharfsinnige
Männer wie Leibnitz, Anton, Krummaeher (über das Wörtleia
und’), Mahn, Zeune, Grotefend, Ast (Grundknien), Städ-
ler?) und Andere verschiedentlich wieder darauf hingedeutet.
- Vater, (Lebrbuch der allgem. Grammatik) wagte es noch nicht,
den Sprachelementen durchweg Bedeutung beizulegen, nabm daher
natürliche und positiv fastgesetzte Zeichen an und hielt es also mit
Platon und Aristoteles zugleich, wohin auch Wachter3) sich neigt.
Andere, wie unser sonst so hellsebender Hamann®) hielten es
für nichts als eine platonische Grille, den Buchstaben eine innere
Bedeutung zu geben. Eine durchgeführte Zusammenstellung des
Einzelnen” zu einem Ganzen blieb, wahrscheinlich ‘der damit ver-
bundenen Schwierigkeiten wegen, lange aus, bis Schmitthenner
zuerst sie versuchte δ),
Möge es uns gestattet sein, hier zuvor einige allgemeine Be-
merkungen voranzuschicken.
Das geistige Leben des Menschen” ist begründet und wird ver-
mittelt -durch Erregbarkeit. Die ganze Natur steht unsern
Geiste als Erregendes, er ihr als durch sie Erregbares gegenüber,
ja er ist sich selbst Erregendes und Erregbares zugleich. Von der
Grenze des äusseren Sinnes, womit er die Welt wahrnimmt, wirkt
das Gesetz der Erregung durch ihn hindurch bis an die entgegen-
gesetzte Grenze seiner Wirksamkeit, wo durch die der freiwilligen
Bewegung dienenden Glieder, zu denen auch die Sprach-
werkzeuge gehören, seine innere Welt wieder nach aussen gebracht
wird, Jede Erregung ist von einem gewissen Eindruck beglei-
tet, und diese Eindrücke sigd sehr verschieden der Art nach,
wie der Geist sie auf sich selbst bezieht, indem sie ihm erscheinen
als sanft, mild, angenehm, wohlthätig, erfreulich oder als stark,
heftig, rauh, hart, gefährlich, schädlich, abstossend, .schauerlich,
grausenhaft, in Erstaunen setzenl. Da nun auch jedes ansgespro-
chene Sprachelement nach seiner physischen Beschaffenheit, d. h.
dareh die ihm eigene Articulation irgend einen besonderen Eindruck
auf das Ohr und auf das mittels desselben erregte Empfindungsver-
mögen macht, so wird es bei der Bildung eines Wortes nur darauf
ankoınmen, die Sprachelemente zu wählen, deren Eindruck im
Einzelnen wie im Ganzen dem Eindrucke entspricht, welcher die
Vorstellung des darzustellenden Gegenstandes begleitet. Ist diese
Wahl zweckmässig geschehen, so ist der Eindruck des Wortes
mit dem Eindruck des Gegenstandes und seiner Vorstellung gleich.
1) XIV. p. 158. ed. Schäfer. 2) Wissenschaft der Grammatik.
3) Glossar. German. Praefat. ad Germanos p. %&, 4) Hamann’s Schrif-
go v. Roth. 2 Th. 5. 11%. 5) Ursprachlehre. Frhfrt. a. M. 1826. 8.
—102.
Von M. Rosenheyn. \ 375
Und diese Gleichheit des Eindrucks ist das Wesentliche _
der Onomatopoeie.
Inwiefern das. Wesen der allgemeinen Menschensprache auf
Onomatopoeie beruht, kann es keine besondere Sprache geben,
in welcher dieses Princip nicht sichtbar wäre; aber es sind darum
doch nicht alle Völker in Anwendung desselben gleich glücklich ge-
wesen. Schon nach Wachters Urtheil zeichnen sich hierin
die lateinische und deutsche Sprache vorzüglich aus, weniger
die griechische. Und in der That fasst die deutsche Sprache die
tönende Natur gewöhnlich in voller Unmittelbarkeit und die nicht
tönende mit tiefem Sinne auf. Die lateinische mischt oft schon
etwas Unwesentliches bei, und die griechische fügt gern
noch Wohllaut und sprachgesetzliche Form hinzu, welche von
der tönenden Natur fern liegt; aber die deutsche liebt die
Wahrheit mehr als die Schönheit. Auch die alte Sanskritsprache
hat in dieser Hinsicht viel Ausdruck. Zum Beweise hiefür mögen
einige Beispiele. dienen: Eule, Uhu, bubo, βύας, Sanskrit: ghüka,
mittelhochdeutsch chouch.. Krone, corona, στέφανος, στέμμα;
διάδημα, Krähe, cornix, κορώνη. Sansk. Κακὰ, quaken, coaxare,
κοάξ; frin, fringilla, σπίξα, vielleicht ‚auch φρύγιλας, wiehern,
thinnire, ᾿ χρεμετίξειν; Wind, sentuc, ἄνεμος. πνεῦμα" Sansk.
wäta.
Die stark: bezeichnende Kraft älterer Sprachweisen verliert
sich mehr oder weniger gewöhnlich in den späteren derselben
Sprache, weit bei dem Uebergange des Aelteren in das Nenere
gewöhnlich sie darstellenden Töne und Laute verkärzt, verfeinert,
gemildert, verdünnt und bedeutangsloser werden, wovon der
Grund wol darin liegen mag, dass zur Zeit jenes Ueberganges das
Gefühl der Gewohnheit an dessen Stelle getreten war. In dieser
Beziehung steht selbst das Neuhochdeutsche dem Gothischen und
Althochdeutschen nach, wenn auch nicht in dem Grade wie die
romanischen Sprachen dem Lateinischen und das Englische dem
Deutschen, insofern es aus diesem hervorgegangen ist. Die vorhin
aufgestellten Wörter von Eule bis Wind sind im Französischen
und Englischen folgende: chouette, hibou, chat-huant coasser,
pincon, hennir, vent; Owl, mägde-Howlet; to kroak; finch, to neigh,
wind. — Wie wenig das englische Kiss unserm Kuss gleich
komme, hat schon Krummacher (S. 147—150) bemerkt Das
Griechische bildet von κύειν kein Substantiv, und φίλημα bezeich-
net den Kuss mehr etymelogisch (als Liebeszeichen) denn onoma-
topoietischh Ebenso osculum, eigentlich unser Mäulchen. Basium
ist offenbar ‚bezeichnender als das daraus entstandene verfeinerte
baiser.
Ferner lässt sich die Sprache als Geberde auffassen,
welche in ihrem eigentlichen Sinne sich überdem so gern der Sprache
beigesellt, wie nach Schubert einige Vögel, besonders Dros-
selarten, die Töne ihres Gesanges (ihre Vogelsprache) mit mimi-
4 "
876 . Ueber die Onomatopoeie. |
schen tanzenden Bewegungen begleiten und der gemeine Staar im
Takte des steigenden Gesanges seine Flügel bewegt, Denn in der
That beruht die Geberde ebenfalls auf dem Principe der nur durch
. andere Glieder vermittelten Nachahmung, wovon die Geberden-
sprache der Blinden treffende Beispiele gibt, wie etwa eine weib-
liche Verneigung zur Bezeichnung eines Frauenzimmers !). Daher
findet Oken 32) in der. Sprache wie im Mienenspiel eine sichere
Darstellung der Leibesbewegungen 8).
Merkwürdig, aber sehr natürlich ist es, dass die Namen der
Sprachwerkzeuge gerade diejenigen Sprachelemente gern enthalten,
zu deren Hervorbringung die Thätigkeit der betreffenden Werk-
zenge vorzüglich erforderlich ist, wobei jedoch das Griechische zu-
weilen hinter dem Lateinischen und Dentschen zurückstebt: Kehle,
gula » guttur, fauces, λάρυγξ, Gaumen, palatum, ovgavlaxog,
ὑπερῴα: Zunge, lingua, γλῶσσα; Zahn, dens , odovs; Lippe,
labium, χεῖλος.
Fasst man die Vocale (Töne) und Consonanten (Laute) nach
ihrem verschiedenen Antheile an der bezeichnenden Kraft der Wör-
ter auf, so erscheipt nach. Grimms richtiger Bemerkung?) der
Ton als die nothwendige Färbung oder Belebung der Wörter, als
der Othem, ohne welchen diese gar nicht bestehen würden; der
Laut begründet die Gestalt und so zu sagen die Species des
Wortes. Wir würden sagen, der Laut individualisire das Wort,
wie sich in Beispielen folgender Art zeigt: die, sie, sieh, hie,
Vieh, wie, zieb; ein, dein, fein, klein, Bein, Pein,
rein, Schein, Wein. Dass die Individualisirung des Wortes
am Tone hafte, können wir Grimm (a. a. O.) vicht zugeben.
Unsere Ansicht wird auch noch durch den Umstand bestätigt, dass
durch Veränderung des Vocals bei denselben Consoranten weniger
Wartindividuen gebildet werden als durch Veränderung der Laute
bei demselben Tone. Wörter wie Bahn, Bein, sein gibt es
so viele nicht, wie Bein, sein, fein u. s. w., und das sehr na-
türlich, weil es weniger Vocale als Consonanten gibt; das Indivi-
dualisiren aber kann nur an das geknüpft sein, was am meisten
verschieden ist. |
$. 2. Die bezeichnende Kraft der Töne.
Hier mögen vier allgemeine Bemerkungen vorangehen.
Nach dem Schlusse des vorigen δ, darf man die Töne als
das Allgemeine in dem Ausdrucke der Wörter ansehen, das
durch die hinzutretenden Laute individualisirt wird. So ist das
Allgemeine der Baumblätter die grüne Farbe, welche selbst wieder
1) Die Geschichte der Seele. 1 Bd. 1830. S. 144. 2) Naumann,
die Taubstummenanstalt zu Paris. Königsberg 1827. S. 14. 3) Allgem.
Naturgesch, für alle Stände. Thierreich, 1 Bd. S. 247. 4) Deutsche
Grammatik, 1. ΤῊ]. 2. Ausg. 8. 580.
Von M. Rosenheyn. 377
in einiger Verschiedenheit auftritt. Durch die grosse Verschieden-
heit der Blatirippen, den darauf gegründeten Bau der Blätter und
durch die vergchiedene Beschaffenheit ihres Randes werden die
Blätter classifieirt und individualisirt. In wiefern die Töne länge-
ren Halt, ‘gleichsam mehr Ausbreitung haben, als die Laate, so
scheinen sie einem gefärbten Raume vergleichbar, auf weichen die
Laute Figur, Gestalt und Form bringen. Und da Töne über-
dies mit weniger Anstrengung und geringerer Thätigkeit der Sprach-
werkzeuge hervorgebracht wurden, so betrachten wir sie in der
Bedeutung der Wörter als das Allgemeine, Räumliche, Ru-
ende,
Die Umtöne lassen sich als Verfeinerungen, gleichsam
als Deminutive von ihren Haupttönen und als eio Vorrücken nach
der Aussenwelt zu betrachten. Daher tönen auch mit Ausschluss
des e und dessen Nebenton i im Deutschen die Haupttöne in Demi-
nutiven gern :in ihre Nebentöne um z. B. Schale, Schälchen,
Ohr, Oehrchen ἢ. 8. w.
DieDoppeltöne enthalten eine gemischt eBezeichnungskraft,
je nach Beschaffenheit der einzelnen Töne, aus welchen sie zu-
sammengesetzt sind. .
Endlich darf, worauf man noch nicht geachtet zu haben scheint,
nicht übersehen werden, dass auch die Quantität der Vocale
mitbezeichnen hilft. Der länger ausgehaltenre, gedehnt lange
Ton erhält zu seiner bezeichnenden Kraft mehr Unterlage, als
der geschärft lange, und ausserdem beruht ein grosser Theil
der Nachahmung auf der Quantität. In Schalen wird durch
die Dehnung des a die vom Boden aus sich allmälig immer weiter
nach allen Richtungen hin ausdehnende Breite des Gefässes gemalt;
in schallen dient die Schärfung des ‚a’ dazu, das schnelle
Verhalien des Schalles auszudrücken.
A und ä, auf der untersten Thätigkeitsstufe der Sprachröhre
gebildet, der Brust (dem Herzen) am nächsten liegend.und von
allen Tönen durch mitbeschränkende Organe am wenigsten modi-
ficirt 1), der leichteste und erste Ton des lallenden Kindes verkün- -
det die ungetrübte, klare Lauterkeit des Geistes in Beziehung auf
das ihm Gegenständliche. Daher bezeichnet es das Klare, Ge-
haltene, Grossartige, Erbabene?). Sansk. Brahma (der .
Glanzvolle), makat (magnus); altus, dyadog, ἀλαλά, Hall, Schall,
Glanz, Pracht, schwarz, starr, Alpen, aes, aestas, Härte,
Stärke, Wärme.
E und i haben von allen Tönen die geringste Tonfülle®);
sie bezeichnen das Dünne, Feine, Kleine, Milde, Heitere,
Helle,leicht Eindringende®): βέλος, δελφίν» κενεός,
—— u
1) Dionys. Halic. de compos, verb. 14. p. 162 u. 16% ed. Schaef,
2) Plato Cratyl. p. 93. 3) Dionys. Halic. 1. c. p. 16% u. 166. 4)
Plato Cratyl, p. 92, .
378 Ueber die Onomatopoeie. Ν
celer, tennis, femina, stella, ventus, Erde, Reh, schweben,
wehen, Welle; Sanskr.: didhi (leicht); κινεῖν») Aivov, μικρός,
cibus, pius, stilla, viridis, Blitz,- Licht, Liebe, still, Wind,
geschwind.
O und ö, mit runder Mundhöhle und runder Mundöffnung !)
gesprochen, bezeichnen das Hohle, Runde?), Volle, Grosse
und Hohe, Schöne, Auffallende, Staunen Erregende:
Sanskr.: tomo (hohl), βωμός. λόγος, collum, costa, mons, potens;
Donner, froh. Gold, hold, roth, stolz, Tod, Wort;
coelum, Grösse, Höhe, Höhle, schön, tönen.
U und ἃ 5), die am meisten durch mitwirkende Sprachorgane
beschränkten und daher der Fülle ermangelnden Töne 5) bezeich-
nen das Dünne, Dunkle, Beschränkte, das Grausen erre-
gende Schmerzliche, aber auch das in seiner concentrirten Be-
schränkung Starke und Erheiternde, das Gegentheil der Be-
wegung, Sanskr.: sus (urere); xovgsvg, οὐρανύς; Blut, Glut,
Muth, Furcht, Lust, Ruhe, stumm, stumpf; βοάς, γλυκύς, ϑύρα
HAT φύσις; cura, füturum, fuga, lux; fürchten, glühen, kühn,
Mühe, rühmlich, Sühne, wüthen.
Ai trägt in sich die Bezeichnung von a und i zugleich: Hain,
Kaiser, Mai, Saite,
Au und äu vereinigen in sich die bezeichnende Kraft von a
(ἃ) und u: ϑαῦμα, vadg, φαῦλος ; aurum, faustus, stauro; Au,
blau, braun, traun, grau, Maus, rauschen; geräumig,
säumen, schäumen, träumen.
Ei und eu verbinden die bezeichnende Kraft der Töne, wel-
che darin enthalten sind: Asiog, λευκός; τειχέω, τευχέω; Eile,
Enle; heilen, heulen; Keile, Keule, zeigen, zeugen.
Oi bezeichnet nach seinen Elementen und entspricht dem 3,
ö, 6 und äu: λοιγός, Aoımog, μοῖρα, ῥοῖξος Geräusch, φλοῖσβος
Getöse, φοῖβος der Glänzende.
Oa. Um diesen Froschlaut, wie Krummacher (a. a. O. S. 145)
ihn nennt, haben wir die Franzosen zu beneiden keine Ursache,
Ui bezeichnet einen plötzlichen Eindruck: hui, pfui.
δ, 8. Die Synonymie der Töne.
Wenn nach dem bisher Mitgetheilten es nicht mehr zweifel-
haft sein kann, dass die Vocale bestimmte Bedeutungen haben,
so bietet sich von selbst die Vermuthung dar, dass bei ihnen auch
wol Synonymie statthaben kann. Und in der That hat die bis-
her nur zu einseitig behandelte Synonymie ihre Wurzel schon in
den Sprachelementen, mithin auch in den Sprachtönen.
1) Dionys. Halic. I. c. p. 16%. 2) Plato Crat. p. 93. 3) Ü drücken
die Griechen durch v, die Franzosen durch u aus. Schon Krummacher
hat es seltsam gefunden, dass beide Völker das u durch v und ἃ (or,
ou) bezeichnen und daraus auf eine gewisse Charakterähnlichkeit ge-
schlossen, welche hervortrete in Beider Beweglichkeit, Unbeständigkeit
und Leichtfertigkeit. 4) Dionys. Halic. I. c. p. 164.
* Von ΝΜ. Rosenheyn. 379
Dass die Töne a, o, u, ü und au in einem synonymen Ver-
-hältnisse zu einander stehen, geht aus ihrer Verwechselung hervor
1) in den verschiedenen Sprachen: aurum, l’or, rotandus rund, lon-
gus lang. Sanskr.: kapöta, eolumba, Taube, βούλημα voluntes,
βοῦς bos, μῦς, mus, Maus, τὸ δαάνος. danum, ὕπαρ, aopor,
σοφός sapiens; γηϑέω Dor. γαϑέω, gaudeo; kanfen, plttd. köpen;
Huhn, plttd, Hoon; — 2) aus den verschiedenen Mundarten
derselben Sprache: Movoe, 860]. μοῖσα; ἀὴρ» aeol. αὐήρ, ‚aura;
&oraxog (eine Krebsart) aeol. ὄστακος. Aitlateinisch por, "pner;
altlat. volt, *ult; altlat. raudus, rudis; althochd. mano, Mond,
engl. moon (Muhn); althochd, mucea, dän. myg, Mücke; Same,
goth. sunno, althochd. sunna; Sohn, goth. sunus, althochd. sun;
morden, althochd. murdan; Zaun, althochd. sun; — 8) aus
einem und demselben Wortstamme derselben Sprache ohne dialek-
tischen Unterschied: Sanskr. guru, gravis; volo, vult; stolidus,
stultus, kommen, kam; warf, Wurf, schlagen, schlug.
Wie sehr nun aber auch immer die vollen Vocale a, o, u
synonym sind, indem sie das Auffallende, Grosse und Bedeutende
bezeichnen; so sind sie doth von einander verschieden, wie alles
Synonyme. Am wenigsten verschieden scheinen a und o zu sein;
sie bezeichnen das Hohe, Grosse, Bedeutende, Starke, in wiefern
es einen erfrenlichen und erhebenden Eindruck auf das Gemüth
macht: Glanz, Macht, Pracht, Gold, Mond, Sonne,
Wort; beide drücken zugleich mehr nach Aussen gehende wirk-
same Kraft aus: Adler, Wolf, Unke; Angst, Besorgniss,
Furcht; Flamme, Lodern, Glut; Jammer, Noth, Kum-
mer; Rache, Zorn, Wuth; schwarz, dunkel, roth;
Sprache, Wort, Spruch; Stahl, Gold, Kupfer; stark,
gross, gut.
Aber auch die dünnen, schwachen Töne e und i sind als
solche synonym; sie bezeichnen das schnell Vorübergehende, leicht
Eindringende, Kleine, Feine, Unbedeutende und kom-
men eben deshalb in unserer Sprache häufiger vor als die vollen
und starken, weil die Welt des Unbedeutenden mehr hat als des
Bedeutenden, und der deutsche Sinn die Welt tief und ernst auf-
fasst. Ihre Synonymie tritt klar hervor aus ihrer Verwechselung
in verwandten Stammsilben, wie nur die deutsche Sprache sie
kennt; blenden, blind; drängen, dringen; Erde, irdisch;
helfen, Hilfe;rennen, rinnen; scheel, schielen; schwem-
men,:schwimmen; schwer, schwierig; tränken, trin-
ken; Schmer, schmieren; wenden, winden u. dgl. Im
Griechischen und Lateinischen kommt der Wechsel dieser Töne
seltener vor, ist jedoch nicht ohne Beispiel; γίνομαι, γένος. rixro,
τέκνον; gigno, genus; pilus, pellis. Schwerer ist die Bestimmung
ihrer Verschiedenheit. Wir halten uns dabei an die physiologische
Verschiedenheit beider Töne. In Folge derselben hat e bei der
Aussprache, wie in der Schrift, etwas mehr Körper und Fülle
, 380 u Ueber die Onomatopoeie.
als i. Wenn nun beide das eben. Angeführte bezeichnen; so wird
e dasselbe voller und stärker, i als Deminutiv (Nebenton) von i
schwächer und feiner ausdrücken, z. B. schlecht, schlimm; Enteh-
rung, Schimpf, schnell, fink ; schwer, schwierig; senden, schicken;
treffen, triftig (v. treiben). Insbesondere zeigt sich dieser Unter-
schied auch an den Verkleinerungssilben chen und lein, althochd.
lin: Kindchen,, Kindlein, kindilin; Schiffchen, Schifflein, schifilin;
Täubchen, 'Täublein, tubilin. i
Um die Sache weiter zn verfolgen, theile man die Vocale
nicht nur nach dem Grade ihrer Fülle und’ Stärke "εἶπ in starke
und schwache, sondern auch nach der Aehnlichkeit ihres Tönens
in: 1) Etöne: ἃ, e, ö, 2) Itöne: i, ie, ü, 3) Eitöne: ai, äu, ei,
eu, Ihre Verschiedenheit zeigt sich in ähnlich tönenden Wörtern:
1) Acker, Ecker; Ehre, Aehre, Oehre; ängsten,
engsten, Bären, Beeren, entbehren; Bälle, belle;
Bärse, Börse.
2) befiehlt, befühlt; berichtigt, berüchtigt; betrie-
ben, betrüben; Bibel, Bübel; Biene, Bühne,
3) bei, Bai; baierich, bäuerisch; Beile, Beule; be-
räuchern, bereichern; bereit, bereut,
Endlich können dabei auch Wörter zu Hilfe genommen wer-
den wie: hübsch, niedlich; entdecken, eröffnen; ärger-
lich, anstössig; grimmig, wüthend; vertilgen, verwü-
sten; Pfeiler, Säule; reinigen, säubern u. 8. w.
δ. 4. Die bezeichnende Kraft der Laute,
Nach $. 2 erscheinen die Laute in der Bedeutung der Wör-
ter als das Besondere als das Thätige und im Raume sich Bewe-
gende; denn die sie hervorbringenden Werkzeuge bedürfen dabei
grösserer Thätigkeit und Anstrengung, als die die Töne bildenden,
und sind in wirklicher Bewegung, während diese bei der Bildung
der Töne länger in einer ruhigen Lage verbleiben. Wenn es
zuweilen scheint, als bezeichneten die Töne Bewegung, wie in
Blitz und schnell; so ist das zum Theil Täuschung. Die Be-
zeichnung der Bewegung liegt in den Lauten und das Räumliche
(i und e) ist nur schmaler und enger. Der Beweis davon liegt in
(auf der) Plotz und plötzlich, worin die Töne voller und stär-
ker sind, und beide Wörter drücken dennoch Bewegung aus.
Wenn also die Vocale wirklich. an der Bezeichnung der Bewegung
Theil haben sollen, so kann diese Theilnahme nicht in der natür-
lichen Tönung derselben, sondern nur in ihrer Quantität beruhen.
In den aufgestellten vier Wörtern sind die Töne der Stammsilben
sämmtlich geschärft lang. Ein gedehnt langer Vocal wird schwer-
lich an der Bezeichnung schneller Bewegung Theil nehmen.
Die Art der Thätigkeit der einen Laut hervorbringenden Or-
gane ist für die Auffindung seiner bezeichnenden Kraft eben so
Von M. Rosenheyn. al
wichtig als der Eindruck, welchen der Laut selbst auf das Ohr
macht. Die durch ‚einerlei Organ gebildeten Laute werden sowol
in ihrer physischen Beschaffenheit als in ihrem daraus hervorge-
henden Eindruck auf das Ohr, mithin auch in ihrer -bezeichnenden
Kraft eine gewisse Aehnlichkeit mit einander haben.
1) Kehl- und Gaumenlaute, a) h, ch, g, k, c werden
alle gebildet auf der untersten tiefsten Stufe der Sprachröhre, ch
und g, wie in wachen und-wagen, (indem der hinterste Theil
der Zunge sich so nabe an das Gaumensegel anlegt, so dass für’
den Durchgang der Luft nur ein enger Kanal bleibt), gehören
beide der Beengung an, k und g, wie in kam und gam (Bräuti-
gam), Kram und Gram, indem der hintere Theil der Zunge !)
sich sperrend an den Gaumen legt, (beide gehören der Hemmung
oder Sperrung an). Ihre Bildungsstelle liegt von der aller übrigen
Laute dem Innern am nächsten, wie unter den Tönen die das a
und von der Aussenwelt am entferntesten; sie bezeichnen im All-
gemeinen das Bestreben des Innern nach aussen hin, das
Streben nach dem Weiten und Hohen hinaus, Dics ist beson-
ders der Fall Ὁ) bei h. Es ist der aus freier Mundhöhle und
Mundöffnung hervorgehende, der am wenigsten beschränkte, aus
dem Innersten kommende Kehlhbauch; er bezeichnet das Verlan-
gen, gleichsam das Nehmenwollen in den Mund, den Gegenstand
des Verlangens, das Erstaunen über das wahrgenommene Hobe
und Grosse und das Gefühl des Abstossens, Sanskr. hansa
(Gans), iha (das Verlangen), hed (Hass); αἱρέω, εὐρίσκω, ἅγιος,
habeo, hio, inhio, homo, hostis; ha, halt, Hauch, Haus, hei-
lig, Himmel, Held, Heimat, hoch, hold. c) ch, als
durch Bewegung verstärkter Hauch und schon völlig beschränkter
Laut, drückt dasselbe stärker und bestimmter aus, χαίνω, χαίρω,
χαλεπὸς. χήν» χείρ, χρυσός. μάχη» ach, Bach, Dach, lachen,
Rachen. 6) g hinter a, au, o, u, 'ist fast derselbe Laut, wie
ch, jedoch milder und weniger plötzlich, weil der vorhergehende
Ton immer gedehnt lang ist. Einige sprechen es auch so aus,
dass es sich mehr dem k nähert, als dem ch. In beiden Fällen
ist es nie Mittellaut zwischen ch und k; es bezeichnet sanfte, milde
Bewegung, mildes Beharsen: Bogen, Bug, Lage, saugen,
Tugend, Woge. e)g fordert wenigstens vor den vollen Voca-
len stärkere, c, k und q allezeit die stärkste Sperrung der Luft
auf diesem Punkte der Sprachröhre. In Folge dessen bezeichnet
sie das Beschränkende, Beschränkte, Verschlossene, wie das
ans der Beschränkung Hervorbrechende und Freigewordene, nur
ınilder als die anderen: Sanskr. kapalu, Kopf, litth. galwa, κεφαλή;
caput; Sanskr.: k&ca, κόμη, mAonanog, capillus, coma, crinie,
litth. kassa. Sanskr. karkataka, Krebs, cancer, καρκῖνος; gula,
guttur; Kette, Kugel, Galle, Gaumen, Geist, Gott. Ὁ) die
1) Dionys. Halic, 1. c. p. 176.
382 , Ueber die Onomatopoeie. + _
bei k vorhandene gänzliche Sperrung bezeichnet zuweilen, wie das
die Zahnspalte verschliessende n (nein, nicht, nie, litth. nekas,
nek’s, keiner, nichts, nullus) mit dem n am Ende das, was gleich-
sam aus Abneigung nicht Aus- und Eingang finden soll, Vernei-
nung, wie in kein aus ein. Mit der am Ende folgenden Sper-
rung und Oeffnung der Lippen durch das m bezeichnet k sehr
natürlich das anfangs Eingeschlossene, nachher Durchbrechende,
wie in Keim.
2) Die bezeichnende Kraft der Zungenlaute: n, r,
l, j, (ch, g) s, sch, d, t, th, z, x. Darunter sind.8 flüssige
oder halbvocale n, r, 1, j, 8, sch, mittels Sperrung der Luft
durch die Vorderzunge n, εἰς t, th, mittels Sperrung und Bewe-
gung zugleich z und „ Z = ts enthält eine Zungensperrung
and Zungenbeengung, x — ks eine Gaumensperrung und Zungen-
beengung. Die Bedeutung der Zungenlaute ist zu verschieden,
als dass sich darüber etwas im Allgemeinen sagen liesse, es wäre
denn dies, dass sie grösstentheils geräuschvoll und läarmend
sind und davon ihre Bedeutungen haben.
N entsteht, wenn die Zunge mit ihrem vordersten und nächst-
folgendem Theile sich zur Sperrung der Luft an den Gaumen legt,
das Gaumensegel sich zugleich senkt und die geheminte Luft durch
die Nase gedrängt wird!). Es bat eigentlich eine zweifache Na-
tur, indem es durch das Verschliessen des Ausgangs durch die
Vorderzunge als Product der Beengung sich darstellt, Wegen des
starken Gebrauchs der Nase bei seiner Aussprache fängt es bei
den die Nase selbst bezeichnenden Wörtern an: Sanskr. naca,
litth. nosis, Nase, nasus. Das griechische μυκτήρ bezeichnet die
Nase theils nach ihrer physischen Function (Schnauzer) etymolo-
gisch von uvoosıv, theils onomatopoietisch durch das a, welches
wie das ἢ die Luft sperrt und durch die Nase treibt, daher μύξειν;
die Luft durch die Nase stossen. Durch die während der Sper-
rung nach oben in die Nase getriebene Luft bezeichnet es das sich
"Erhebende, Erhöhte, durch die Sperrung und Ausstossung
der Luft zugleich wie k und m das Ahgewiesene, nicht Zuge-
gebene, die Verneinung, das Unangenehme: Sanskr. nakha,
Nagel, litth. negelys; Sanskr. nau, Schiff, navis, ναῦς. Nebel,
Mehl, Narbe, Neid, Noth, ne, non, nein, nicht, nullıs,
litth. nekas, Niemand, Ferner bezeichnet es das Innere 3), Ver-
schlossene, besonders in manchen Sprachen das sprachliche Ver-
schlossensein des Mundes, welches andere durch m ausdrücken:
litth. nebilka, nebylys, poln. niemy, wovon der Pole die Benennung
für den Deutschen hernimmt, niemiec d. h. einer, der nicht mit
dem Polen reden kann.
R lässt die Zungenspitze am Zahnfleische der oberen Zähne
1) Dionys, Halic. 1. c. p. 168. 2) Plato Cratyl, p. 93. -
Von M. Bosenheyn. 888
flattern 1), so dass die Luft bald gesperrt, bald beengt wird. Da-
- durch bildet sich ein kräftiger Laut, welcher starke Bewegung 2),
besonders die in gebrochener Richtung, das Runde und
Krumme, das Auseinanderfahren, die in Absätzen geschehene Be-
wegung, das schnarrende Geräusch, das Starke und Rauhe?) ‚und
Rasche bezeichnet. Sankr. rata, Rad, rota, litth.. ‚ratas, τρόχος.
Sanskr. rus, zürnen, litth, ruziti, ὀργέξεσϑαι, irasci. Sanskr. ir,
rund, rotundus, Rauch, rauh, Reif, Ring, roh.
L zieht die Zungenspitze erst an den vorderen Theil des
Gaumens, während sie zu beiden Seiten Luft durchlässt *). Die
Zunge will sperren, kann aber nur beengen. L ist ein sehr mil-
der Laut und malt das Milde, Linde, Leise, Schmeichelnde,
Liebliche, Leichte, Kleine, Fliessende, Sankr. lap, lal-
len, 18. kalbeti, λαλεῖν, loqui. Sanskr. labh, (nehmen, gleichsam
mit den Lippen ergreifen) λαμβάνειν , lambere; Sanskr. lih, lecken,
litth. laizyti, λεέχειν, liogere; Lippe, labium 4 χεῖλος; lingus ,
γλώττη: hell, leicht, Licht, Lamm, Lob.
Das j wird dadurch gebildet, dass die Zungenspitze sich an
das untere, der Zungenrücken an das obere Zahnfleisch anlegt, je-
doch so, dass noch beengte Luft durchgehen kann. Bei ch (bre-
chen, Strich, weicht, Bücher) steigert sich das Geräusch der
durchgehenden Luft noch um etwas. Die Bedeutung des Lautes
ist ein leises, sanftes Wehen, milde Bewegung, das Flinke.
Bisweilen entspricht es in anderen Sprachen dem h, s, f, v, w, z,
weil es allen diesen Lauten homogen ist. Sanskr. juvan, jung, litth.
jaunes, iuvenis, ἥβη. Sanskr. jawa, Gerste, litth. jawas, (vielleicht
wegen der Bewegung der Aehren im Winde). Sanskr. jugja, Joch,
juga, Guyös; jach, jäh, jagen, jauchzen, Jammer, jocus, juchhei.
Das j und sein verwandter Ton i haben auch wie d, u 85)
Ζ hindeutende, zeigende Kraft: Goth. jains, jaina, jainata, jen er,
althochd. gener, genu, genaz, mittelhochd. jener, jeniu, jenes,
ille, ἐκεῖνος. Daher bedient sich dessen das Sanskrit für das Re-
lativum, in wiefern dieses auf etwas Vorangegangenes hinzeigt, wo
dann dem j im Litth. k, im Griechischen der spiritus asper, im
Lateinischen qu, im Gothischen hu oder hv und im Neuhochdeut-
schen w entspricht: Sanskr. jas, ja, jad, litth. kas, kursai, ὃς "ἢ"
0, ὅστις: qui, quae, quod; goth. hras, hro, hra; althochd. huer,
huia, huaz oder huelibhes, welcher. Sanskr. jadvis, litth. köks,
οἷος. ὁποῖος, qualis; goth. hveleiks, welcherlei. Sanskr. jatra,
litth. kur, οὖ, quo, 08] goth. hvar, wo. Sanskr. jatas, litth,
isz-kur (aus — wo), 09ev, quo, unde; goth. hvathro, althochd.
war hera, wohez. — .Aehnliche Hindentung liegt offenbar in ja
(aio) vielleicht mit innerer Hinneigung verbunden, (denn das un-
verdorbene Gemüth neigt sich der Wahrheit zu), wie die innere
" 1) Dionys. Halic. Il. c. p. 168. 2) Plato Cratyl. p. 91. 3) Dionys.
Halic, p. 170. 4) Dionys. Halic..p. 168. ον
384 _ τς Ueber die Onomätopocie.
Abwendang im n bei nein. Das Hindeutende im Ja ergibt sich
besonders aus der Art, wie manche Sprachen die Bejahung aus-
drücken, nämlich durch das wirklich gesetzte oder auch verschwie-
gene Demonstrativum: ἔστε ταῦτα; οὕτω nos δοκεῖ; φημὶ τοῦτο;
ita oder sic (est); est ita, ut dicis; ajo (hos), poln. tak ject (so
ist’s). Selbst die Wiederholung des in der Frage vorgekommenen
-Praedicats ist eine Hindeutung auf dasselbe: mene vidisti? vidi.
Hienach scheint es gerathener, in ja eine alte Adverbialform des
Demonstrativs, wie da und so, zu finde, als es anzunehmen für
das Altdeutsche a (est) 1) oder als Verkürzung aus dem hebraeischen
hajah (fuit).
Bei s hebt sich der hintere Theil der Zunge nach oben, der
vordere senkt sich gegen den harten Gaumen und der vordere
Band der Zunge legt sich breit vor die Zahnspalte, dass die be-
engte Luft noch durchgehen kann 2) Je nachdem die Luft schwach
oder stark von den oberen Schneidezähnen getrieben wird, ist das
5 weich (Erz. z) oder hart (ss, 82). Sein Eindruck auf das Ohr
ist scharf, aber sanft eindringend, und daher bezeichnet es Alles,
was schärf und hell empfunden wird, Sausen, Tosen, das
Starke, Veste. Oft hat es etwas Beruhigendes, wie gleich-
förmiges Säuseln, weshalb man auch: Kinder damit in den Schlaf
bringt: Sanskr, suanas, ἀσμα, Sang, sonus, ovgifew, sibilare,
zischen, summen; ἥλιος» sol, Sonne; somnus; Sommer.
Sch unterscheidet sich von s nur dadurch, dass der Vorder-
theil der Zunge bei sch vorn nicht herabgebogen, sondern gegen
den Gaumen erhoben ist8). Drängt die Luft sich schwächer hin-
durch, so entsteht das schwache sch (das französiche j); es malt
das Sanfte, Schöne, Leichthingleitende, aber zugleich auch die
Scheu, das Verabscheute; daher werden vorzüglich Vögel damit
verscheucht: Sanskr., snusha, Schnur; littb. szaukti, schreien;
szikti, schiessen; szkapas, Schöps; Schaf; Schütze, Schande,
scharf, scheiden.
Das d entsteht, wenn der vordere Theil der Zunge sich breit
an den Gaumen legt, wie bei n, doch so, dass keine Luft durch
die Nase geht. Legt die Zunge sich fester an, um die stärker
andringende’ Luft zu sperren, so bildet sich t als verstärktes d.
Durch den dem t nachfolgenden Hauch entsteht th. Die Bedeu-
tung dieser Laute ist das Ausstossen, das Gebundene®),
das Deuten und Zeigen, das Darreichen, die Bezeichnung
des Dehnens, der nach einem bestimmten Ziele strebenden Bewe-
gung und des Berührens. In verschiedenen Sprachen entspre-
chen sie oft dem h, 8 und sch: Sanskr. dis,’ δεέκω, δεικνύω;
1) Wachter Glossar, German, unter jah. 2) Dionys. Halic. 1. c. p-
168. 3) Die Griechen haben ihr 0x nicht wie wir unser sch ausgespro-
chen, sondern als zwei Laute; eben so das Lateinische sch, z. B. in
schola. 4) Dionys. Hal. p. 174-176.
“Ὶ
Von M. Rosenheyn. ᾿ | 885
dico!), Seulen; digitus; τ Sanskr. sas, sa, sad, der, die, das;
litth. tas, ta, tai, d, ἡ» τό, golh. sa, 80, thata, althachd, der,
din, daz; — dieser, diese, dieses, litth. szis, 821; 0UTOg,
αὕτη, τοῦτο, hic, haec, hoc; goth. his, hija, hita; althochd, deser,
desju, diz; mittelhochd, disne, disiu, diz; Sanskr. da, litth. duti,
δόειν, διδόναι» dare; Sanskr. tam, dehnen, litth. tampti, τείνειν,
tendere; Sanskr. tua, du, goth. δα; Sanskr. tava, dein, litth.
tawo, σός, tuus, goth, theius, Damen, tonitru; dominus, H err;
tangere, ἅπτεσϑαι.
8. Die Lippenlaute: m, b, p, w, v, f, ph. Hier bie-
tet sich zunächst die Bemerkung dar, dass die durch das Saugen
des Kindes schon früh geübten Lippen als Sprachlautwerkzeuge vor
allen übrigen thätig werden; sie führen den Menschen zuerst in
das Verhältniss mit der Ausgenwelt ein und regen sein Bewusstsein
für sie an; sie bezeichnen daher fast in allen Sprachen das, was
der Mensch zuerst wahrnimmt, und ihm das Liebste ist, Mutter,
Sanskr. mätri, litth. mon& und motina, pola. mattka; μήτηρ» μάμμα.
papun; mater, mamma; Brust, litth. pä4pas, poln. piers, μαξός-.
mamma; Milch, litth. pienas, poln. mieko; Vater, Sanskr. pitri,
litth. tewas, πατήρ» pater, goth. fadrein (parentes), althochd. va-
tar; Bruder, Sanskr. Oprati, litth. Orolis, ἀδελφός, frater, goth.
brothar , althochd, pruoder. Wie sehr die Lippenlaute mit einan-
der verwechselt werden, ergibt sich schon aus den oben aufge-
stellten Wörtern.
2. Das m lautet, wenn bei völlig geschlossenen Lippen die
Luft durch die Nase geht?). .Es hat mit n insofern gleiche Na-
tur, als es, wie jenes, Product der Sperrung und der Beengung
zugleich ist, nar mit dem Unterschiede, dass bei m die Sperrung
durch die Lippen bewirkt wird. Als luftsperrender Laut bezeich-
net es zuerst das :Ganze, das bei seiner Aussprache verschlossen .
wird, den Mund (Maul), althochd. müla, plattd. muul, Sanskr.
mukha, litth. burna. - Das Griechische στόμα bezeichnet" durch st
den Mund als Gegenstand der Aufmerksamkeit und des Erstaunetis
und lässt dann das m folgen. Os hängt mit orare (reden) zusam- ΄
men, unı in ihm ist, nachdem das o den Eingang in ihn gezeigt
hat, das r (or — is) bezeichnend, gleichsam der Redner. Sodann
bezeichnet es, wie n, die sprachliche Verschlossenheit des Mundes:
uvöog, uvrrög, mutus., Das Dentsche stumm beginnt mit Been-
gung, anf welche eine Sperrung folgt, und mit dem gänzlichen
Verschliessen der Mundöffoung endiget es. Insofern ist stumm
ein trefflich bezeichnendes Wort: denn der Stumme versucht zu
sprechen, er bringt nicht gehörig artikulirte Töne hervor: aber bis
zum Sprechen gelangt er nicht. Daher hat Man auch von dieser
1) Plato Cratyl. p. 93. i. 6. sermone ostendo animi sententiam. 2)
Dionys. Halic. p
Archiv f. Phil. u. ΑΝ Βα. XIX. Hft. 3. 25
386 ΝΙΝ Ueber die Onomatopoeie. ır
Seite: mirtus ἐάν onomatopoetisch gehalten, für Nachahmung der
-Töne, weiche: Stumme hervorbringen ?). -
‚Ferner bezeichnet m das Beschränken: Sanskr. mätra , litth,
_ miera, μέξρας, metrum, modas;' Maass; litth. „Muras, murus; moe-
nia, Mauer. In einigen Sprachen bezeichnet” es, wie k und 'B, die
-Vereinigung: Sanskr. ma, μή, undels-
- Durch däs nach: innen: Ziehen der Lippen bezeichnet es “εἶπε
-Richtung nach dem Innern, eine Hindeutung auf däs eigene Sub-
ject, auf dessen Thätigkeiten und auf das, was ihm so angenehm
ınd.tieb ist, ‚dass es dasselbe mit den-:Lippen gerh in sich hinein-
.siehen und ‚innerlich 'geniessen möchte: Sanskr. mae, litth. manes,
“μοῦ; mei,. goth.. meine: "slthochd. min, meiner; nol, μέ. mihi,
me; mir, mich; ἡμεῖς» 008, wir; Sönke. mama, ἢ ἢ, mänas,
ἐμός. meus, goth. meins ,..althochd., 'nimer, mein; Sanskr. mau
(denken), litth. meneti (woran Jenken), μέμνησθαι ;. μνήμη. mens,
meminisse, memor, memorare, meıinoria, ‚goth.' muanan (cogitare),
.gamunan (meminisse), gamands (memoria), altd. mynd (memoria),
altkochd. minör . (meminisse, amiare),. minna "(recerdätio,,. amor),
.mahnen, meinen ;. Sanskr. mati, uffrig, μῆδος. (prudentia); monere,
-althechd. manön, mahnen; litth. melöti (von melas, Lüge), men-
‚tiri (i.. 6. mente fingere) Sanskr. manas, ndves, Gemüth (Muth);
-Sanskr. durimanas , δυσμενής (ein’böses. Gemüth habend, feindselig);
-Sanskr. manu (Denker), Mann, Mensch; Sanskr, manju' (aegritado,
"ira), unvis, μαίνεσθαι: μάντις 9 μανϑάνειν, μάϑῃησιφ) μαϑητής;
‚altd. muni (animus), munir Waaultates), muyar - (voluptas) ; Mutter
und Milch..
. Auch das Grosse, die. Macht und, "was. sie vermag , wird
als. dem Menschen Liebes und Werthes Hurch m bezeichnet; "Sanskr.
mahat, meyds,. magaus, ‚goth. mikjls, ‚althachdi mihil, mitihd. mi-
chel, gr.oss; mttihd, :michel, viel, me, mer,.mete, mehr; Iitth.
macnia (Mac.ht), macqus: (michtie),, 'goth. nbagan (machen),
:magus, (genitus, Sohn) magaths (sirgo, Magd, Mägdlein, Mädchen),
‚mahts (Macht , möglich), me&gs .(gener); 'althd. makan', mekin (vis,
potentia), mag (engnatus, uxar), makad (virgo), maht (Macht),
:mak (gener);. mttihd, maht (Kraft, noch in. Qlinmacht), mage
(cognatus), maget, magedin, meit (Mädchen).. -
Ä 3. . Zur Bildung des b legen die- Lippen sich leise an’ einan-
der und lassen, indem sie sich ohne Anstrengung wieder auseinan-
der thun, die Luft durch; bei p schliessen. ‚die Jippen sich fester
‚aneinander, die Luft wird stark gegen sie: gepresst und dringt,
spbald sie sich etwas gewaltsam. -anseinander. thun, mit einem
Knalle hervor 2). Hiernach ist p ein verstärkieb b, Einer von
1) Non. 1, 29: Mutus onomatopoeia est inceriae vocis, quasi mugi-
tus. Nam mutus sonus est proprie, qui intellectum non habet. Isidor.
Orig. H. M. p. 1080, 29. Gothofr.: Mutus, quia voX eius non est sermo,
nisi mugitus: vocalem enim spiritum per nares quasi mugientes ‚emittit.
2) Dionys. Halic. p. 174. on
=
Von M. Roseriheyn. © 387
beiten Lanten kommt: gewöhnlich in der Benentung der Lippen
vor: ἢ. lüpe, labiam 8), labtum, Lippe. Daher auch-'vom
Nehmen mit den Lippen, lambere, beissen, und dann von jeder
Art des Nehmens, &apete, λαμβάνέιν. "Ausser deh entsprechendeh
Natatlauten. (patsch, pochen, puff) bezeichnen sie Alles, was
der: Gestalt: des Mumdes: bei ihrer "Aussprache ähnlich 'ist, das Aufl
gedunmene; -Volle, RänumEnischliessende, Gespannte, Geräusch
muchende Bewegung. In letzterer Beziehung "bezeichnet der nicht
ungewöhnliche Name Prafflaut ihre Natur sehr gut. P malt das,
Alles stärker, als δ: Sanskr.-pürma, Neth. pilnas, πλήρης, plenus,
goth. füles‘, ulthd. ‚vol, voll; Titkh. püale; rougog, vesicula, bulla,
pustula, engl. bladder (blädder), Blase,:Blatter; litth. pilvas,
vehter, althd; bak, Β ἀπ ἘΠῚ Sänskr.’ pädas; (fitth. 'pedas, Fass-
stapfe) ποῦξ, pes, geth: fötas, althd: wwoz,; Fuss; Baner,
Band; bitten, petere; beben,. Bote,‘ Butter; packen,
Pela, Panke; Peitsche, Polster, pöltern, Pauls τ᾿
& Ἀγ τσ, ἢ, ph: — W entsteht; wenn die Lippen sith leise
aneinander legen, viel heiser; als: bei m, ‘weichem: es #hnlich ist:
doch zieht de Oberlippe "sich nicht um etwas zurück, wie bei m
geschieht, 'und durgh- die Nase, wird keine Luft getrieben. Es
ist von allen Sperrungen die: weichste und sanfteste. - Auch bei v
legen: die Zippen !sibk deise'ain einander, lässen uber zum Durch-
gange der Luft. in der Lippenspalte eine imbetldutende "Definung,
und .die Vollendung des Lautes ‚bedarf tes Amseinanderthuns «der
Lippen’ nicht, sondern nur .des .Stillstandes.ıder Luft. Es ist die
mikleste .aller. Beengungen. :: Bei f.und ph'wird die Oefinuing in
der Lippenspalte etwas weiter, ‘als bei v, die. Unterlippe lehnt
sich: fest δέ" die untenn Zühne zurück, und-die ‚Luft geht'mit mel
Stärke durch die. Lippenspalte. F ist daher ein verstärktes v,
nieht 'ein 'veratärktes: w, wie von. Baer meirt?),. welcher w unter
den: beangenden ‚Artikulationen. aufstellt. Alle vier sind’ Lippen-
1) Den Elementen und der Sache nach vom Banskr. labh (λαμβάνειν,
accipere, obtinere), weil die Lippen nehmen. 2) Vorlesungen über
Anthropologie. 1. Th. 8. 474. Unserer. Ansicht ist Schubert, die
Geschichte det Seele. 1. Bd. 1830. 8. 146. Dass die Griechen ihr p
ausgesprochen, wie -wir- unser ph ‘und’ f, ist ganz gewiss nicht wahr.
Zwar nehmen sie für das lateinische f allezeit ᾧ (Fabius, Φαβιος), die
bei den Fremden etwas genaueren Römer aber für ‘p nicht ἢ, söndern ph
(Bikswmwog, Philippus). . Auch die in Anmerk. aus Dionys. Halio. ange-
führte’ Stelle widerstreitet jener Annahme,; Pott etymelog. Farsehun-
gen 1853,.8. 79, hat wahrscheinlich gemacht, dass 9 wie aspirirtes x
(ph), das_ heisst wie p mit nachfolgendem h gesprochen worden sei.
Diese Ansicht scheint auch unterstützt zu werden durch Plato, welcher
im Gratyl, p. 92 u. 93% mit 9, 9 mit Z Busammenstellt und alle vier
γράμματα πνευματώδη nennt. Auch. hätten die ‚Griechen ihr p, wenn
sie es wie f ausgesprochen hätten, mit zu den aushaltbaren (liquidag)
rechnen müssen: sie haben das aber nicht gethan, wogegen Prisc. 1, 3,
4, 848 Iat, T mit- unter ‘den liquidis aufgestellt. ° 05 Ps
.
φ
388 Ueber die Onoutatepocie.,
pfeifer oder Lippenhauchey. Und davon erhalten’ sie ihre Bedeu-
tung. Sie. bezeichnen sanfte Bewegung, das Weichende
und Weiche. Inwiefern durch sie der: aus dem Innern kom-
mende Hauch von ‚dem äussern Rande. der Lippen dahin weht,
bezeichnen sie Bewegung und Entfernung von etwas, eine Bezie-
hung anf Entfernter, das Entfernte, das Weite, grossen Um-
fang habende, das, wovon Geruchstheile sich verbreiten, und
endlich Hindentung auf Gegenständliches, In letzterer Bezie-
hang bedient sich das Deutsche des w besonders bei relativer Zu-
rückdeutung, wo das Sanskrit das j, das Griechische den spiritus
asper und das Lateinische qu.nimmt. Auch bei der Frage, wel-
ches ihrem Wesen nach ein Hindeuten auf etwas Unbekanntes ent-
hält, behält das Deutsche das w, das Lateinische qu bei; das
. Griechische aber nimmt dazu, bisweilen m» oder x, das Sanskrit k:
Sanskr, kas, litth. kas, zig, quis, goth.: hvas, althd. huer, wer;
sanskr. kadris, littb. köks, ποῖος. qualis, goth. hveleiks, von
welcher Art, welcherlei, was für ein; Sanskr. kati, litth.
kieli, πόσος, quot, wie viel; Sanskr. katra, litth, kur, .zoü, quo,
goth. bvar, wo; Sanskr. katas, litth, isz, kur, πόθεν.» quo (ande),
goth. hvar, wo; Sanskr. katas, litth. isz kur, πόϑενν quo (unde),
goth. hyatro, althd. uuar, hera, woher.
Uebrigens treten die bei der Relation und Frage wechseinden
Laute auch sonst für einander ein. Sanskr. νὰ, Htth. pusti, πνέειν,
flare, apirare, wehen (Wedel); Sanskr, waju, litth. wejas, πνεῦμα;
ventus, Wind; Sanskr. wäri, litth. wandu, ὕδωρ, aqna, Wasser;
Sanskr. uda (von und, fluere), litth. wilnis, κῦμα, unda, Welle,
Woge; weich, lJitth. minksztas, μαλακός, mollis; vannus,
Schwinge; Sanskr. wid, litth. zinöti; εἴδειν, ἴδειν, videre, wis-
sen; Sänskr. wah, litth. wazoti, ὀχέειν, vehi, fahren, flie-
hen, weichen, litth. begti, φεύγειν, fugere, vitare; Weg, ὁδός
via, littb, kielas, Veilchen, viola, ἴον: fern, von; finden,
invenire; Sanskr. wam, litth. wemti, ἐμέεεν, vomere, speien (vo-
mer, der Schollenspeier, Pflugschar, Fass, Feld, Feind,
Form, weit, Welt; voll.
δ. 5. Die Bedeutung der zusammengesetzten und die
Synaonymie der Laute.
Gern hätte der Verfasser nun auch in bisheriger Weise über
die Bedeutung der zusammengesetzten und über die Synony-
mie der Laute gesprochen, doch bleibe dies einer eignen Abhand-
lung. Das Bisherige wird es ihm möglich machen seinem jetzigen
Zwecke durch einige Andeutung zu genügen,
1. Die bezeichnende Kraft der zusammengesetzten Laute be-
ruht in der Bedeutung der in der Zusammensetzung einzeln ent-
haltenen zusammen genommen. — Nicht alle verwandte Sprachen
bedienen sich in demselben Worte immer derselben Lautzusammen-
Von M. Rosenheyn. 880
setzung, oder es tretem homorgane oder homogene für einander
ein, oder die Lautzusammensetzung erscheint getrennt: glatt,
litth, glittus, Asiog, levis; flach, Hittb. plökszcias, ὁμαλός, Sanskr.
drai, dormire; Sanskr, pürna, Hitth. pilnas, πλήρης.» voll, crusta,
irste,
2. Gr und Kr bezeichnen die aus der Beschränkung hervor-
brechende Kraft und Bewegung, kurz abgebrochenes, widri-
ges Geräusch und Empfindungen, welche den dadurch erregten
ähnlich sind, das sich Krümmende, das Krallige, Schauder-
liche, gr jedoch milder, als kr: Kraft, altıd. chraft, χράτος»
robur; ereber, crescere, creare; Kirche, κορώνη» cornix, κρότα-
λον, Klapper: grunzen, litth. krokti, γρύξειν, grunnire; κρά-
Say, crocitare, wie ein Rabe schreien, Sanskr. krus, vocife-
rari; krächzen, krähen, kratzen; kraus, crispus; Kralle,
Kranz, Kreis; Krampf, krank; Grab, Grube, Gruft,
Gram, Gras (gramen), greifen, Grauen, grausam, grob,
Pf, in anderen Sprachen gewöhnlich b, p, oder ph, auch
wol 5, ahmt zunächst den Naturlaut des Pfeifens nach: pfei-
fen, Pfiff, litth. sezwilpinti, avolfew, sibilare; sodann Leichte,
doch kräftige Bewegung, das Leichte, Schnelle, Kräftige,
Befestigende: Sanskr. patha, via, πάτος (πατεῖν,. βάξειν) va-
dum (vadere), althd. phad, Pfad; Sanskr. pipali, litth, pipirras,
πέπερι, piper, (plttd. peper,) Pfeffer; βέλος (Ballsıv), pilum,
Pfeil (althd. bolen', iacuları, davon noch Bolzen und vielleicht
bosseln); Sanskr. hari, pers. paras, belg. paard, plttd. peerd,
mitthd. pfaerit (das Reise- oder Reitpferd), Pferd, Pfund,
pondo.
Dr und tr. Dr bezeichnet das Bestreben einer Kraft, auf
ein gewisses Ziel hinzuwirken: dgaeıy (δρᾶμα) handeln; δραμεῖν,
laufen; Sanskr. druh (odisse, occidere, velle), litth. drausti, dro-
hen (dräuen) drängen, dringen, dreschen, drücken, (pre-
mere). Zuweilen mit dem Nebenbegriffe einer Bewegung in die
Runde: drehen, drechseln; δράσσειν (greifen, fassen).. — Tr
malt im Allgemeinen Bewegung, zunächst des stark Erdröhnen-
den und Zitternden; tremere (tremulus), litth. trebeti, τρομεῖν,
zittern; Trommel, Trompete. Dann mehr oder weniger
starke Bewegung in Beziehung auf ein Ziel: traben, tragen;
tragula (Wurfspiess), trahere, tractare, trans und tra mit ihren
vielen compositis; treffen, treiben, τρέπειν) τρέχειν, trinken,
trippeln, Tropfen, trulla (Maurerkelle). Ferner niederschla-
gend, wirkende, gefährliche Kraft rogaeıv, tirgasıv, verwunden,
τραῦμα. τραχύς, θρῆνος, Thräne, tristis, Trotz, trübe, trux;
endlich aber auch das Ruhige und Feste: τράπεξα, treten,
treu, trocken, In einigen Sprachen haben auch der Schlaf und _
Traum diese Laute: Sanskr. drai, ögadeiv, dormire; Traum,
vielleicht weil der Schlaf als Zwillingsbruder des Todes etwas
Drückendes und Beängstigendes hat, und Träume auch oft sehr
300 Ueber die Ogomatopgeie.
beängatigen. odes den, weicher darüber nanbdenkt, in. Erstaunen
seizen. Andere Sprachen scheinen «das Athmen im Schlafe
darzustellen: Urnvpg, somaus, Schlaf, das Litthauische. miegas,
das Angenehme für das schlafende Subjec. — Merkwürdig ist,
dass die Zahl 3 in allen mit Jem Sanskrit verwaudten Sprachen
‚ diese Laute hat: Sauskr, trayas, littb, trys,.paln, frzy 9, τρεῖς. tres,
gpik. thrins, .althd. &hri drei. ‚Sollte etwa:Jder Grund der sein,
dass die Zahl 3 hei allen Völkern von alter Zeit ber eine geheim-
oissvolle, mystische, heilige Zahl ist, ‚welche.also ein schauer-
liches Gefühl anregte?, . Ueberhaupt aber gehört. wol die Ermitte-
lung. der bezeichnenden Kraft der Elemente in, .den Zahlaamen zu
den Schwierigsten, und. die. Sache, ‚wäze allein einer. besondern,
gründlichen Untersuchung wert . .
.& ı Bie:Synosymie der Enäte zeigt sich ‚sawol . in ein-
zeinen Sprachen: vorn, fördern; hinten, -hiuderä; Wade,
waten; schreiben, ‚Schrift; prangen, Pruuk; ‚sahen,
Sieht; melken,; Milch; setzen, Sessel.u. Hgl:.,:als auch in
mehreren verschiedenen: ealamue,:Halm; gwWa, Kehle; Sanıkr.
hansh, 'y9V,:Gans; Sanskr, hläd (gaudere), aithd.klat, engl. glad
(glädd), kaetus; mttihd, chist, Kind. Es bietet $ich hierbei die
Bemerkung dar, dass die Synönymie der Laute an ihrer Ver-
wandtschaft haftet, Dabei finden folgende ‚Fälle Statt:.
a) Wenn derselbe Wortstammi.- durch verschiedene Sprachen
bradarch geht und nur durch Lautverämderangen nach den Gesetzen
der Läutverwandlung verändert wird: crispus, kraus; frangere,
δἤγνυσθαι brechen; Sanskr. kapäla, κεφαλή) Kopf; λεέχειν»
fingere, lecken; Sanskr. mig, liuch. maiszyli, μέσγειν» miscere,
mischen; σύ, tu, du. ᾿
ἐλ Ὁ) Wenn den Benennungen Ans Gegenständer in Verschie-
denen Sprachen nicht mehr ein gemeinschäftlicher Stamm zum
Gründe liegt, die gewählten Wörter aber immer noch aus verwand-
ten, mithin aus synonymen Lauten gebifdet sid: Sanskr. arija,
ἄλλος, ‚dens, Zahn; λαμβάνειν» n’ehmen; Yilth. nebylys; poln.
niemy, mutus, stumm; scindere, spalten ; litth. "turreti, sollen;
litth, trukti, φλάξειν, brechen.
ec) Ausser dieseg beiden . Fällen bleiben eine grosse Menge
Wörter in verschiedenen Sprachen übrig, welche denselben Ge-
genstand bezeichnen, ohne aus verwandten Lauten ‚zu bestehen.
Dabei ist Folgendes zu bemerken:
: 14 ‚Den verschiedenen Wörtern dieser Art liegt oft eine ver-
schiedene Auffaspung 468 Geganstandes zum Grunde. Der
das. Wort ὄρνις erfand, hatte gewiss einen mit Geräuseh aufflat-
teraden Vogel im Sinne; die Erfinder von avis und V-ogel einen
grräyschlos dahin schwebenden. Der Erfinder. von ἄνϑρωπος. batte
yahrscheinligh die ‚von. den Alten .nicht mit Unrecht oft geprie-
sene aufrechte Stellung des Menschen als Hauptmerkmal des-
+
_ Von Μ, Rosenheyn. 891
selben aufgefasst 1). Bei homo.scheint das Verhältniss des Menschen
zur Erde vor Augen geschwebt zu haben, wenn auch Quincti-
lian 2) diese Absicht fast lächerlich macht und Varro,.wie es
scheint 3) nieht ihr. Urheber war; so muss sie doch alt sein und,
wurde später #) beibehalten, Dass, von hpoma das Adjectiv humanus
heisst, spricht überdem, für seine Verwandtschaft mit humus. Bei,
Mensch liegt zum Grunde Mann, woraus es gebildet ist, goth.
mannisk, althd. mennisk, männiseh (eigentlich ein Adjectiv), und
darays Mensch, plftd. minsch, (minsk.) goth. hiess auch manna,
alt.- und mttbld. man ein Mensch, Wigal 1043:
Da waren Büde gegossen an,
Jegslichez geschaffen als ein man. . .
Neben “man? sagt man.aber.auch. manniska.: Im Engl. heisst man
(mäan) noch jetzt der Mensch, — Aqua, welches auch im Deut-
schen eine alte Wurzel hat®), und Wasger bezeichnen beide das
Wallen und Wogen, ‚Wasser aber daneben auch das Geräusch.
des, wallenden Wassers, so wie-auch ὕδωρ (alt ὕδας).» bei welchem
das. Befruchten durch Regen ὕειν die Grundvorstellung ausmacht, —
Litth, huttas, olxag, domus, goth. und αἰ. hus, Haus; dolium,
Vass; Fach: loculus; kämpfen, pugnare; umbra, Schatten..
2) Der Mangel an Worten aus syaonymen Lauten ist zu-
weilen auch darin. gegründet, dass manche Sprachen für einen Be-
griff, gar kein eigen gebildetes Wort besitzen, sondern es
in Folge der Begriffäbnlichkeit von einem andern entlehnen.. So.
fehlt im Lateinischen schweben, welches dyrch pendere, volitare
versari. ausgedrückt wird, Ov. Met. 7,,979: .
. Factus οἷον niveis pendebat in aera pennis. nn
Auch das Griechische αὐωρεῖσϑαι ist nicht gebildet, um das Schwe-
ben zu malen: vielmehr ‚geht es von der Vorstellung des Erhebens
aus (τοῦ αἴρειν) aus. Eben, so fehlt im Griechischen und Latei-
nl
1) Isid. Orig. p. 1089: Graeci ἄνϑρωπον appellaverunt eo, quod
sursum spectat. Ov. Met. 1, 88-86: ' |
Pronaque cum spectent animalla -caeters terram,
᾿ς, 08 homini sublime : dedit, oaelumyque.tueri ᾿
Iussit, et erectos ud sidera tallere vultus. | "
Plato erklärt im Crat. p.37, ἄνϑρωπος zwar aus ἀναθρεῖν u. ὑπδὶν
(videre): Μόνον τὼν ϑηρίων ὀρθῶς ὁ ἄνθρωπος ἄϑρωπος ὠνομάσθη,
ἀνάθρῶν ἃ ὕπωπεν; doch schliesst diese Erklärung die aufrechte Stellang
nicht so gänzlich aus, wie Passow unter ἄνθρωπος geglaubt zu haben,
scheint: denn ayed'gsiy heisst eigentlich von. unten ansehen, 2) in-
stitut. or. 1, 6, 3%. &) Heind.:zu Plato.a. ἃ. Ὁ. 4) Isid.a.a,0.:
Homo dictus, quia ex humo factus est... 5) Ach, angels. ea, gath.
ahwa. Von ach hat Achen (Aquae, Aix) seinen Namen. ' Und 'wenn
Achstein für Bernstein richtige Benennung ist; so heisst er Was-
serstein, entweder weil 'er.im ‚Wasser gefunden wird: oder weil er
klar und. durghsichtig, wie Wasser, ist. ‚Bern-:und. Eitstein heisst er
von bernen und eiten, d.h. brennen, Agt (in Agtstein, wie-er auch
genannt wird) und Eit könnten sich auch wol verhalten, wie klagt, sagt,
seit. Vergl. Beneke Wörterbuch zu ‘Wigal, unter Achstein.
392 Ueber die Onomatopoeie,
nischen unser Treffen - Die Wörter ὥὄπτεσθαι, βάλλειν, ἐφάπτεσθαι,
παίειν) assequi, ferire, iaculari, percutere, tangere, welche dafür
vorkommen , bezeichnen an sich alle etwas Anderes: Νύμφη (νύβω
nubo), μνηστή (μυνηστεύω) Sponsa, Braut, Με, marti, marti,
Jungfrau, virgo (vir, virago), παρϑένος, κόρη Hitth. bringen
ἄγειν. κομίξειν. φέρειν, adducere,.afferre, ferre.
δ. 6. Zusammen Fassung.
1) Alle Diejenigen, ‘welche bis dahin von der auf ihren Sprach-
lauten beruhenden Onomatopoeie der Wörter handelten, häben fast
immer sich nur an den Anfangslaut gehalten. Plato fasste sogar
in der oben angeführten Stelle von rg in den Wörtern τρόμος;
᾿ τραχύς, ϑραύειν u, dgl., und von’xg in κρούειν nur dag g ins Auge,
Wenn nun auch allerdings die "Anfangslaute für die onomafopoee-
tische Bezeichnung der :-Wörter sehr nöthig sind, weshalb wir auch
hier davon ausgegangen sind, so kann gleichwol die onomatopoee-
tische Bezeichnungskraft der Wörter darin allein nicht beruhen. Be-
trachten wir ein Wort als sprachlichen Leib für eine geistige Vor-
stellung, so tritt es in Reih und Glied mit.den Leibern der Thiere,
welche darauf’berechnet sind, die Geistigkeit derselben aus-
zudrücken und ihnen in der "Entwicklung, Thätigkeit und Wirk-
samkeit dieser Geistigkeit zu dienen. Zwar wird es Theile des
'Leibes geben, in welchen, wie im Gesichte die innere Geistigkeit
sich vorzugsweise ausdrückt; aber die übrigen Theile sind darum
für diesen Ausdruck nieht ohne Bedeutung. Wir wollen gern den
Anfangslaut eines Worts als das Gesicht desselben gelten lassen;
aber die übrigen Elemente desselben müssen als Glieder offenbar
an seinem geistigen Leben, welches in seiner Bedeutung sich zeigt,
* Antheil haben. ‘Nach dieser Zusammenfassung aller Elemente mögen
nun einige Wörter als Beispiele aufgestellt werden.
2) Berg. Das ὁ bezeichnet nach δ. 6. 3, das Aufgedun-
sene, Raum Einnehmende. Ein guter Anfang zum Gemälde
eines Bergs. Das p in dem Althd. pereg, perg, malt stärker. Da
indess die Höhe und der Umfang «er Natur sehr verschieden sind
nnd die nähere Bestimmang derselben darch klein, gross, hoch,
Ge(birge) angegeben werden kann, so ist auch ὁ im Allgemeinen
schon hinreichend. Das 6 scheint freilich nur ein dünner Ton, und
ai in dem Gothischen bairg dem Gegenstande angemessener, wie
denn auch das Staunenerregende in der als künstliche Fort-
setzung aus Felsenstücken kühn auf der Spitze des Berges erbauten
Burg ganz an seinem Orte ist; aber so dünn ist es doch auch
nicht, als es dem Auge scheint; denn dem Ohre stellt es sich als
das dem vollen α sehr nahe liegende ἃ dar. Seine geschärfte Länge
kündigt das bestimmt und fest entschiedene Hintreten des Berges
vor das Auge an. Durch r wird der Gegenstand als etwas Ge-
räusch Machendes im Gesichtsgebiete als etwas die Aufmerksam-
keit des wahrnehmenden Geistes Anregendes vorgestellt. Wer denkt
Von M. Rosenheyn. 393
dabei nicht unwillkübrlich. an das parturiunt montes? Das g end-
lich, als mildes k gesprochen, unterstützt die in der Schärfe des e
gehaltene Abgeschlossenheit ; als 7 gesprochen würde es das sanfte
Verlaufen oder Erhabenheit des Berges in seinen Fuss umgebende
Fläche bezeichnen, Da haben wir den Berg. — Stellen wir mons
daneben; so kündiget m die Beziehung des Berges auf den Be-
trachter an. Er möchte gerne enger mit dem Berge verbunden, näm-
lieh oben auf ihm sein, sich der schönen Aussicht zu freuen und
sein entferntes Häuslejn in den Umgebungen zu erschauen oder nach
der weit entlegenen Heimath und alle den Lieben zu blicken, die
er- dort zurückgelassen, Das volle o, der Ton des Erstaunens und
der Bewunderung, stimmt mit der Beschaffenheit des Gegenstandes
ganz überein. Ob die Römer es gedehnt oder geschärft gesprochen
haben, ist uns unbekannt. Der eine, wie der andere Fall, würde
nicht ohne Bedeutung sein. Das n deutet auf die Erbebung des
Berges hin. Wir könnten auch darin das Erstaunen finden, wel-
ches sich aussprechen will, sich aber nur durch etwas durch die
Nase gestossene Luft mathen kann. Das s ist offenbar dem r in
Berg synonym. Fassen wir das für s eintretente t (mont-is) ins
Auge; so wird uns dabei weniger die Homorganeität beider Laute,
als. vielmehr die Beschaffenheit des t als abschliessender Zungen-
knall bedeufsam sein, wodurch es homogen mit dem Gaumenknalle
g in Berg ist. Da haben wir auch den Berg. — Betrachten wir
ὄρος so bietet es uns zwei Mal das kurze o, den Ton des überraschen-
den Erstaudens dar. Das ρ haben wir schon in Berg, das s in
mons gefunden. Und das ist abermals der Berg.
8) Kind. Die allgemeine Färbung erhält das Wort durch ᾧ
das Zeichem des Schwächlichen, Kleinen und Lieblichen,
K deutet den Gegenstand als einen (im Leibe der Mutter) beschränk-
ten, jetzt aber hervorgetretenen frei und selbstständig gewordenen
an. In nd hat schon Krummacher für sein Wörtlein und (S. 161)
die Bezeichnung der Bindung wahrgenommen. Wir möchten, ‚was
auf dasselbe hinansläuft, ein sanftes Herüber- und Hinübergleiten
des Bildes des lieblichen Kindes in unser Herz und der Liebe un-
sers Herzens nach dem Kinde darin finden. — Liber hat dieselbe
.Färbung. L bezeichnet das Liebliche und Erfreuliche, ὃ das
Ergreifenwollen mit den Lippen aus Liebe!). Das Ende des Wor-
tes, er, bezeichnet eigentlich die männliche, dann überhaupt Per-
‚sönlichkeit. — Τέκνον (das Geborne). Die Färbung gibt das
dem i nahe e, welches in dem Verbum τίκτω selbst i ist, Das τ
bezeichnet das Ausgestossene, aus der Beschränkung Hervorgegan-
gene, fast wie k in Kind und das folgende κ, v das geistige und
leibliche Verschlossensein, ‚die noch nicht vollendete Entwicklung,
die sächliche Selbstständigkeit. |
«-- --.«“....--ὄ.....
1) Marc. 10, 14 u. 16: Jesus sprach: Lasset die Kindlein za mir
kommen. Und er herzete sie. .
394 Ueber die Onomatopoeie.
.4). ‚Leben, Goth.: liban, Engl. live (livv). Auch bier er-
scheineg e und i zur Bezeichnung des Angenehmen: und Zarten,
I zur Andeutung. der sanften, erfreulichen Bewegung, des Merk-
mals des Lebens, dessen Verschwinden den Tod bedingt, b als
Ausdruck des Erfassens mit den Lippen,: um den Gegenstand
(däs Leben in seiner süsse ‚Gewohnheit) zu "geniessen, :en und
an als. Verbalzeichen. "Eben so. erklärt sich das mit leben gewiss
verwandte, lieben. Ohne Liebe ist kein Leben. Aus der Liebe
geht. es hervor.” Von der Liebe wird es getragen. Der Hass ver-
wändelt es in Tod. - ᾿ a ἷς ;
5) Mund. Ein ernstes Wort, welches der überlegsame Mensch
nie gleichgültig ausspricht: denn was durch. den Mund eingehet,
kann Leben sein oder auch Tod, und-was'zum Munde heraus-
gehet, kommt: aus dem Herzen. und kann.-Seligkeit bringen, aber
auch Verderben; :daher das dunkel färbende, ernste τ... Das'm deu-
tet den Ein- nad Ausgang des zu bezeichaenden Gegenstandes an
und :dassen Beziehung: auf das Innere,. in: wiefern er Sitz der an-
genehmen Empfindung. des Geschmacks‘, . die Vorhalle des wohl-
thuenden Gefühls‘ der Sättigung und der -Resonanzpunkt des schla-
genden Herzens ist; Das μά kennen wir sehon :ans Nr. 3 dieses δ.
Dureh dern Mund gleiten Speis und Trank nach innen und das
Wort, welches aus dem Innern kommt und von ihm Kunde gibt,
nach aussen hin. Der Mund bringt unser Ianeres mit der Aussen-
welt und diese mit jenem in enge, meist angenehme Verbindung. —
Ueber στόμα und os ist: schon δ. 6, 2 hinreichende Andeutung ent-
halten. . u
.6) Stille!), ein. ziemlich abstraeter Begriff,. die Negative
des :Getäusches. Ton und Farbe leiht ihm das schwache, dünne ὦ,
gleichsam ‘der Gegensatz von: dem, wovon das ‚ganze Wort den
Gegensatz bezeichnet, Mit dem Geräusch machenden s fängt das
Wort .an, gleichsam. den der Stille vorangehenden Lärm zu bezeich-
nen, ‚aber das stark abschliessende £ ‚schlägt diesen Lärm sogleich
nieder, An das, wenn auch schwache, «och gerade durch seine
Schärfüng und ‘Schwäche bedautungsvolle ὁ schliessen sich’ Zl dem
Obre 8o mild und lieblich, als Stille in sich selbst verhalten and
vollendet sie dadurch. Vielleicht ist ‘das’ Althd. stilli_durch sein
zweites ὁ nur noch bezeichüender, und :das' Althd. stillida zeigt
durch das aniefügte da noch wohlgefällig auf die entstandene
Stille, hin. — Auf gleiche Weise lässt sich die. angemessene Bezeich-
nungskraft, der denselben Gegenstand bezeichnenden Ausdrücke ᾿
ἡσυχία» σιγἥ. σιωπή. silentium, litth. tylä, leicht darlägen. ἡ
.“D Wert. Es wird beseelt durch das volle uad::geschärfte ὁ.
welches die Benennungen der edelsten Diege biklen hilft, wie
Gott, Sonne, hold, Gold, u. dgl. Ihm voran geht das w, welches
.; 1) Eine geistvolle, schöne Unterhaltüng über dieses Wort findet sich
bei Krummacher über d. Wörtl. und S. 128-138; mir
x
Von M. Rasenheyn. . ν᾿ 305
so ungezwungen und mild zwischen den Lippen durchgeht, wie
das dem Herzen erfreuliche Wort, aus dem Munde hervorquillt,
Das Wort aber muss aus. artikulirten Elementen besteben, Was
kaun neben 20 und o den Verlauf und die Vollendung der Artiku-
lation wol treffender bezeichnen, als das Geräuschmachende und
dasselbe zugleich abschneidende rt. Ueberdem ist das Wort wie
die Sprache, Geräusch, aber artikulirtes und eben dadurch geistiges
Leben darstellendes. — Unserm Worte sehr ähnlich ist das Latei-
nische verbum, mag dessen Ableitung, worauf es hier nicht'ankommt,
auch sein, welche sie wolle. Eben sa vox, Auch das.Griechische,
an: gets (ich sage), geknüpfte φῆμα ist -gut beaeichnend; wenn der
spiritus asper dabei nicht übersehen wird.
"Und hier wird nun die Behanptung, dass die Sprache durch-
aus Ongmalopoeie sei, nicht weiter zweifelhaft scheinen können,
Sie..ist der Wiederhall der Eindrücke, welche die äusseren
Umgebungen und die ganze Natur auf das Innere des Menschen
machen, und der Wiederschein des durch jene Eindrücke erreg-
ten und uuterhaltenen geistigen Lebens. Sie kaon nur Ono-
nomatopoeie sein.
»"
Grammaticae SErmonis Latini philosophicae elementa.
Condidit Noir philosopliae Doctor Mogunt,
a ee F
Tria sont, quae ei, qui lingaam quandam non 50] δὲ cognoscere,
sed penitus perspicere studet, potissimum animo retinenda et dein-
ceps persequenda videntur. "Prinum ut texturam sive materiam
sermonis.ad cartas leges et mensaras revooet, phoneticam dica,. quae
quidem ommnium facillime - indagari et certis finibus .eircumscribi
potest. Deinde ut notionam originem et seriem, cognationem et
interitum acute.distinguat et in lucem protrahat, etymologicam dicunt,
quae quam late pateat atque quanti momenti sit, ad sermonem et
populi ingenium perspiciendam nondam apud omnes constat. Ter-
tium est, ut verborum ianeturam et structuram, ‘qua denique sermo
efficitur, cognoscat; quae quidem cognitio, quami syntaxın nominant,
longe omnium est difhcillima et creberrimis hominum erroribus
illustrata !).
1) Vide sis, ut in hoc studio ratio philosophica eundem processum
commanstret, ut in ceteris omnibys, analyticym. Quippe non vocabula,
non vocum elementa, sed sermo continuns est, quem tractamus,. ad illa
autem tanquam ofticinam recedendum est, nisi in gravissimos errores im-
pingi volamus. Jta Botanica elementa chemica ‚et cellulam ante omnig
expopit, deinde caeteras plantarum partes, ἢ Musica sonos et sonorum col-
cordiam auf, discordiam, deinde xhythmirum concentum ‚docet. Etenim
-
396 Grammaticae sermonis Latini philosoph. elementa.
δ. 2. ,
lam vero quum sermo non sit unus quidam et. absolutus, sed
multis rebus et causis formetur et varietur, ad studium linguae alia
quoque afferenda sunt, ut ad phoneticam humanae vocis ratio et
instrumenta 23), ad etymologicam cogitandi leges et principia, quam
dicunt logicam caet. ®).
.‘
hoc est verum philosophicae rationis signum, ut primum ea quae humanae
cognitioni individua (Azou«) videntur ingnirat atque his perspectis ἴδηι
intricatiora et sic deinceps ita ut si ad tertiam doctrinae partem accedas,
priora iam implicita perspieias, sive quo ulterius procedas eo saepius iam
absoluta repetantur. Itaque. si ad finem studiorum perveneris, habebis ta
quidem adumbratam quandam imaginem, in qua illud, quod erat inquäsitio-
nis tuae principium et fona, non iam tanquam res una sensus movens, sed
tanquam ex multis composita, quae singillatim mente complecteris appa-
rebit. Cavendum in hoc studio potissimum, ne similitudine fallaris, neve
rerum ad simplices leges reducendarum nimio ardore captus, non veritatem,
sed ingenii tui hallucinationes sequaris, id quod multis accidit. Namque
si pauculis exemplis allatis „‚liber Ciceronis, carmen Virgilii, opus Ovidii“‘
statim genetivum auctoris constituo, qui melior sum puero vespertilionem
inter aves recensente? —
2) Hoc iter hucusque a plerisque neglectum primus ingressus est
Max. Wocher variis de phonologia scriptis, pi etsi persaepe a vero
aberravit, tamen ob hoc laudandus est, quod rei gravissimae patroci-
natus est. —
3) Multum sine dubio lucis logica grammaticae affandit, quum
sermo nihil aliud sit nisi cogitatio humana certis figuris expressa. Sed quo
propius daae hae scientiae inter se contingunt, eo studiosius cavendum est,
ne utramgue confundas aut quae altera praecipit etiam in alteram cadere
existimes, - Hic erat perpetuus errorum fons et futurus est, donec utrius-
que fines accurate descripti erunt. Ut simplicissimum afferam exemplum,
logicum est praeceptum: Quae notiones habent aliquid inter se com-
mune, solent invicem in mente se excitare.’ Translatum ad gramma-
ticam, paucis mutatis non minus de lingua humana valebit: “Quae vo-
cabula formae similitadine inter se sunt propiora, solent invicem in mente
8666 excitare.’ Ita vocabula regnum et regnare non modo sententia, sed
etiam forma inter se proxima sunt: si unum cogitatione complecteris, statim
alterius memineris. At cave confundas et unum utrique rei praeceptum
constituas: Seasu congrua solere etiam formae similitudine coniungi.
Quippe in permulta cadit ea regula, in omnia vero vix potest. Cogitandi
enim natara ea est, ut omnium quae mente complecteris, siquidem lucida
et distincta sunt, genesis debeat in te ipso tua opera licet alio indigitante
procedere: cogitatorum ratio semper nova, continuum quasi flumen, quod
novis rivalis admixtis colorem et cursum mutat. Sermo autem sive externa
cogitatoram forma multo magis stabilis: copia vocabulorum et dictionum
historica est, h. e. certo quodam tempore hae illae notiones hoc illo nomine
designatae sunt. Inde fit, quum cogitationum multo uberior sit fons , multo
agitatior decursus, ut plures notiones uno’ vocabulo designes, nisi in ser-
mone ipso nisus formativus semper nova procreet; est autem sermo 60
perfectior, quo accommodatior cogitationum tenori verborum copia. Ita- _
que ut illuc revertamur, exstat aliquando cum voce palude coniuncta notio
aqua campestris, quare et significatione et forma similes aut cognatae
notiones excitabantur. Quid vero factum est? Periere vocabuli elementa
— (etymologus insigni studio ex fragmentis et linguis cognotis indagavit) —
Romanus vocem a maioribus acceptam retinebat, propriam et antiquam
- Condidit Noire philosophiae Doctor Mogunt. 397
δ. 8.
Inprimis autem sermonem non esse semper et ubique eundem,.
sed locis temporibusque difersum observandum est. Igitur aetates
sermonis sunt discernendae, origo quaerenda et ex reliquiis con-
struenda, deinde periodi constituendae, prout sermo aut ex se ipso
transformatus, aut vi quadam externa commutatus est; verbo Aisto-
rica ratio instituenda est, quae sermonis fata et vicissitudines enarret.
5 4. |
Origo autem potest esse diversa; potest enim sermo esse
genujaus sive αὐτοχϑών — tunc per se ipsum explicandus est —;
saepius aufem accidit, ut ex antiquo quodam ortus sit aut ex plu-
‚ribus coaluerif, tum illi sunt cognoscendi et leges indagandae, qui-
‚bus ita transformatus sit, ut novus sermo exstiterit; cognationes ser-
monum gravissimum afferınt momentum, iisque plurimum est tri-
buendum,
« 85.
Quae non temporibns, sed locorum diversitatibus oriuntur dis-
crepantiae, solent minores esse et quidem eo minores, quo artiore
vinculo linguae partes continentur, et quo pauciores causae in ser-
mene ipso aut extra eum mutationis exsistunt. JIdiotismi 4).
vocabuli vim amisit, ita ut quae simplici paludis notioni in cogitatione
adiacent ideae statim cooriantur, quae autem grammatice cohaerent eva-
nuerint.: Habes exemplum servatae notionis et tesserae, haec autem non
eadem est quae tunc quum oreretur : tunc enim stipata erat caterva
cognatorum, qui nunc deperiere. Igitur nunc est quasi simplex quoddam
vocabulum grammatice desolatum. — Fieri potest etiam, ut grammaticae
sive externae formae vincula maneant, logicus autem nexus nova quadam
fortuito exorta significatione disrumpatur. Ita librarius et deliberare
(etymologus logicum restituit nexum, populus immemor erat) ex eadem
stirpe prognata sunt; purus et poena aliaque. Item leges phoneticae pos-
sunt artissime cohaerentes notiones ita seiungere, ut diversissimae vi-
deantur, ut ubi et quo, unde, quam — Ire, eunt — Actus, examen —
Estrix, Coena (si vere est Co-ed-na). Sexcenta afferre possumus, ex
quibus appareat, sermonem et cogitationem non ita quadrare, ut omnibus
numeris absoluta sit symbolica. Grammatici autem est fines subtiles et
saepe vix deprehendendos indagare; si quis autem quod ἀχούω, Yıyyare,
ὀσφραίνομαί τινος dicimus, statim regulam proponat, verba sensuum cum
genetivo construi, is sciet, se magnopere errasse et fines illos neglexisse,
— Sed de his pluribus alio loco tractabimus.
4) Sermo locupletior quum extenuatur et quasi marcescit, si regulae
euphonicae, flexionum et particularum ubertas amittitur. — Sermo est
corruptus, nunquam vero ita corrumpitur, ut non quaedam in lucrum
referenda sint, — Sin autem non depravatur, sed potius innovatur, le-
ges phoneticae mutantur, flexionum et syntaxeos novae regulae exori-
untur caet. verbo si iis quae ex communi sermone deprompta sunt, nova
superstruuntur, dialectus est, quae et ipsa si neutiquam a sermone
commani tangitur et formatur, pristinae linguae mirifice dissimilis esse
potest (dialecti Romanenses ita commutatae, ut non dialecti, sed novae
inguae videantur): si vero coniunctio relaxatur quidem, non vero prorsus
=
.
398 Grammätieae sormonis Latini philosopb. elementa.
g.6.
Egregia haec est’ sermonis natura, dnod,' etiamsi tot milibus
hominum est communis, neutiquam 'ia'singulis hominibas idem est,
sed’ pro sua quisque natura et indole nova procreat, plura ant pau-
cula immutat, ᾿ Hae autem diversitätes'— quas individuas dieas —
ad sermonem 'aliquatenus mütardum tim demum valebunt, et gene-
rales evadent, 1) quum rüdis adtiuc δὲ imperfectus sermo novis vo-
cabulis ab ingenioso viro augetur ®), 2) quum .novarum notionum
copia in novo dicendi genere a quodam affertur. Ita quocunque modo
cognitiones ef scientiäe apud populum’amplificantur,, pari modo sermo
augebitur®). Ita quod latius patet,: genus dicendi poätienm sermoni
incrernentum' äddet, similiter oratorium, pbilosophieum, historicum.
Prout autem ingenium pdpuli hisce insignium viroram studiis patebit,
ita lingua ex his quasi fontibus continue hauriet‘, dönec desiderium
expletum sit et lognendi copia cogitetionum ubertati sufficiat. —
7,
"Qui sermonem tractandum sibi suscepit, nisi vult irritum esse
laborem,. naturam et persosam suam plane. exuere. cogitationis mo-
dum .-et. rationem eorum, quorum est .sermo, Prorsus cognoscere,
iisque quasi perfundi.debet. Igitur noü, solum populi historia qua-
tenus #Hlustrata est, sed levissimae res diligenter ei conquirendae
sunt: quae sermonis universalis sit natura, quid aetati, quid tem-
interrtmpitur, dialectus erit rivulas flemini incrementum afferens, simul
ipsa löcupletabitur ex:commun?t thösdaro., ΩΣ
5) Plautns, Cicero, Rabelais, Kant, Goethe, Hegel.
6) Intendendum est hoc loco accuratius, ut cognitiones et scientias
tum demum sermonem auxisse existimemus, quum vere populares factae
‚sunt, Quippe fuere multi et erunt decursn aetatum, qua genio indul-
gentes, ut nova se protulisse et indagasse caeteris persuaderent, novis
vocabulis luxuriosius abuterentur. Hi plerumgue evanuere, quoniam nulla
negessitate exorta sermonem locupletare conabantur. Item alii, qui studiis
absconditis et abstzusis incumbentes, notiones etiamdum incognitas novis
vocabulis designarent: .‚hae quogue interciderunt, quum nemo aut certe
perpauci his studiis animum intenderent; nennunquam etiam casu quodam
per aliquod tempus obtinuerunt, tum auntem vi veritatis inania superante
exstinctae et abolitae sunt. Quaedam ad tempus enata pariter evanuerunt,
‚in quibus praesertim comicorum iocosa inventa. Alia ad staudia non illa qui-
dem contemnenda pertinent, sed talia, ut populum non tangant, sed se-
parata maneant: haec sermoni quidem vindicanda sunt, sed tantum eate-
nus permanent, quum studia illa tractantur, pauca in. dicionem populi re-
feruntur, pleraque ab iis qui studiis illis incumbunt servantur posterisque
traduntur, Referendae huc etiam videhtar singulares in occupationibus
nonnullis dictiones, ut phraseologia venatorum caet,, in-quibus studiam se
a caeteris segregandi perspicuum est. Eae antem togititiones, quae ad
universum populum pertinent, sive statim, sive paulatim ab eo excipiun-
tur cum notionibus notas quoque, h.e. vocabula, sermoni immiscent. Quare
optime ingenii acumen et studia populi cuiusgque ex sermone diiudicahter,
neque non sermo ipse ad studia illa promovenda et petvulganda plari-
mum confert, ΝΞ ΕΞ
Condidit Noir philosophise Doetor Mogunt. 380
poribus, locis, quid scribendi geheribus, quid denique singulis ho-
minibus sit tribuendum, illustrandum est,
! $. 8. . “
Phoneticae leges et fundamesta primum ex ipso sermone quam
plurimis allatis exemplis constituenda sunt, quaenam vocales- con-
sonantesque ori populari maxime convenerint, quas aspernetur sermo
vel simplices vel coninnctas; num aures populi videantur delicatiores
an patientiores; utrum hiatus vocaliam, consonantium coniunctio in-
grata visa sit Aecne; yualem vim non modo iuxta: positae, sed dis-
innctae kiterae exezcneript, MDistribuendi.igitar somi per classes et
inter. se:comparandı sant;. accurate etidm enitendum, ut veram cuius-
que 3981 pronunciationem sive testimoniis soriptorum sive analogia
duetus inquiras 7). . 0. ες
ἘΝ 8.9.
In his autem ratiö historica’ necessario institnenda est, qunm
diversis temporibus diversae etiam pronunctandi leges et regulae
fuerint. In universum haec regula obtinenda est, antiquiores formas
uberiores et accuratiores esse, usu autem et decursu temporis quasi
deteri et exiliores fieri®). Multo maior est apud antiqnos sono-
rum copia, ex qua haurire licet; quare vocabula accuratins expressa,
flexionum notae facile internoscendae. Recentiorum sermo sonormh
illam varietatem et ubertatem .extenuat, cuncta ad simpliciores re-
digit normas. —
7) Ita, si ignoraremus, littera finalis praepositionis συν, quum ante
gutturales mutetur in y (ut ovyyoapm), nobis indicaret, illud y esse lit-
teranı nasalem gutturalium. Mediam fuisse i in superlativis optimus etc.
inter u et i Quinctilianus testatur (I, 4, 8), et antiquior forma optwmue
demonstrat; quare Claudius imperator- novam litteram ἢ invenit et com-
mendavit. In iis potissimum sermonibus quorum litteratura non respondet
sonorum copiae (quod eät in Latino), grammatici erit, ex. cognatis sermoni-
bus et ex. consuetudine interpretationum in nominibus propriis transsoriben-
dis veram cuiusque soni nataram indagare; Graeca Krioap, Κικέρων,
Zvlle comparanda sunt, sed negue Italicae dialecti „Cesare, Cicerone,
Sulla“ negligerida. — Historica illa litterarum ratio, de qua R. a Raumer
in libellö egregio: “Die Aspiration und Lautverschiebung’ 58. 9. anti-
qua pronunclationis plerumque signä offert, quae persaepe tantopere im-
mutata est, ut Υἱχ re&ulae phoneticae sufficiänt, ut in sermone Anglice.
Caeterüm ‘ad sermonum cognationem illastrandam plurimum confert. — °
8) Insigne exemplum sermo F'rancogallicus praebet, in quo studium
decurtandi et recidendi vocabula eo usque processit, ut homonymis abun-
daret, nisi simul perspicuitati studentes vocabula denuo auxissent et ita
inflexissent, ut accuratius distinguerentur. Ita voces solum et sol ne eadem
ποία designentur, posterior terminatione adiectiva in soleil commutata est.
Ita sinus et sanus, sanguis, centum, se inde, sine, serisus, pinus et
panis, plus, placitum, pluit, cretum et creditum, f sapitum et sursum,
falsus et falx, mare et mater, calidus et calx et'sexcenta alia in eadem
fere vocabula commotata sunt. Pariter in sermone Anglico in flexionum
notas et terminationes adeo saevitum est, ut vocabula plerumque denudata
compareant, — ΕΞ
400 Grammalicae sermonis Latini philosopb, elementa.
, δ. 10.
Optime autem phoneticae regulae poterant constitui secundum
verborum et nominum immutationes, quas flexiones vocamus, In his
enim loquentium animo euphonicae regulae semper renovantur,
coalescunt soni, eliduntur, immutantur quovis sentiente. Hinc ad
antiquiores 'recedere licebit vocabulorum formationes , quarum recen-
tiores facilius dignoscendae erunt.
δ. 11. ᾿
Ῥμουείίεδα regulis ita ex sermone ipso haustis ?), comparationi
cum' cognatis sermonibus studendum est. Atque primum quidem
sermoni antiquiori, ex quo ille, quem tractamus, derivatur: qua ra-
tione soni immutentur, inquirendum est. (Lautverschiebung.) Si
antiquissimus sermo intercidit, ratiocinando et colligendo ex cogna-
tis animo restituendus est. Deinde sermonis indoles ex progenie
diiudicabitur, h. 6. inclinationes et natura sonorum in iis, in quos
. postea transierunt, potissimum perspicientur.
$. 12.
‚lud autem in toto hoc studio minime negligendum est, ut
singulorum vocabulorum aetati anımum intendas, neve forınationes,
quae fortasse tunc quum lingua etiamdum una esset et universalis,
temporibus posterioribus, quibus separatim excolebatur,, ascribas,
δ. 18.
In toto hoc studio ad linguae humanae rationem et naturam
tanqguam ad fontem communem recurrendum est; unde si quae in
singulis sermonibus indagaveris, in omnes inde aliquid lucis re-
dundabit, —
$. 14.
Etymologicae fundamentum est phonetica. Expositis regulis de
sonorum natura et mutationibus demum tum poteris vocabulorum nexum
9) Cuivis sermoni pro sua cuique indole inest hoc studium, ut ali-
guatenus auribus blandiatur, h. 6. ut euphoniam assequatur. Non tamen
omnibus populis “ingenium dedit ore rotundo Musa loqui’ velut Graecis,
uorum sermo omnibus numeris potest absolutus dici. In po&tico autem
dieendi genere studium illud latius patet, neque iis finibus, quibns in
sermone vulgari circumscribitur, contentam est. Habes igitur in carmini-
bus poötarım consummatam quandam imaginem, in qua quid fugiat serıno
petatve, quum liberius agere ei liceat, clarius indicatur. Ita elisiones
vocalium apud po6stas Graecos et Latinos, elisio litterae m. apud Latinos,
multo magis autem color po&ticus quem dicunt, qui concinnitatem soni et
notionum non ut sermo vulgaris cum singulis tantum iisque paucis vocabulis
communicat, sed totis versibus et sententiis quasi superfundit (harmonie
imitative). Conferas, quaeso, sermonem nostratium consonantium mole
saepe impeditum cum poemate Schilleri „Die Glocke‘“ et confiteberis,
insigne fuisse po&tae ingenium qui tam praeclaram euphoniam tot difficul-
tatibus circumventus assecutus sit. - “
I
Condidit Noire philosophiae Doctor Mogunt. 401
et cognalionem indagare. Verum in hac quoque arte aetates εἰ
tempora simul perquirenda sunt !9),
$. 15.
Vocabula, quorum copiam ingentem sermo tibi praebet, se-
paranda et coniungenda sunt secundum similitudinem. Atqui inve-
nies, certam quandam vocabuli partem aut nullas aut certe mini-
mas 'mutationes, suscipere, allas contra continuo mutari; simul repe-
ries, illam partem varie affectam et quasi vestitam suam semper
siguificationem servare. Habes radicem vocabuli.
$. 16.
: Affectiones autem eandem in permultis notsm praebere solent.
Hae igitur colligendae, si phoneticis regulis mutatae sunt, in pri-
stinam formam restituendae erunt et reperies afformativa, praefor-
mativa. Eae radicum notionem certa Juadam ratione inflectere et
commutare solent..
| δ. 17..
Intentins examinanti patebit, neque radices simplices esse et
prima vocabulorum elementa, sed eas ipsas ex notis quibusdam sim-
plicissimis derivatas esse, quarum primitivae formae interdum verborum
radicibus servantur, saepias autem occiderunt, Thema.
ἢ. 18.
Affixa et suffixa tam dicemus, cum themate qnam ita coa-
Inerunt, ut cogitatione tantum, non in sermonis usu dirimere pos-
sis. Potest etiam thema suffixo praeditum iterum novo suffixo for-
ınari, ut tegi-men-tum. — Quaedam sufüxa antiquissimis temporibus,
sermone ‚nondum a communi matre seiuncto, ita cum thematibus coa-
luerunt, ut vocabuli partes dignosci non possint, —
6. 19.
Prima sermonis origine simplices tantum notionum formae exori-
10) Sermonis ea admiranda: est natura, ut, si posteriore tempore
desiderium nova formandi exoritur, ea nonnunquam ex antiquo fonte
hauriat, si quidem patet. @Quum autem temporis longo intervallo mutatae
erunt regulae phoneticae, fieri solet,' ut idem vocabnlam recipiatur, sed
aliter conformatum. Ita sermo Francogallicus medio aevoe ex sermune
Latino, doctorum hominum idiomate, verba mutuatus est, quae antiquitus
iam recepta adeo a primitivä forma declinaverant, ut sermo tanquam diversa
(et erant forma et signiftcatione distincta) iuxta poneret. Recentiores for-
mae initio doctorum libris tantum continebantur, posten divulgabantar.
Huius dittologiae exempla habes ex acoeptare -acheter, accepter. Exa-
men essalm, examen. Factio faron, ion, fragilis fröle.: Pensare
penser, peser. Securitas sürete, securit6 Senior sieur, seigneur etc.
Plura ‘dabit Ackermann Examen de quelques faits formes demotiques
et scolastiques, Paris 1840. — Quaecunque vocabula iisdem elementis for-
mantur, sed.diversas regulas phoneticas exhibent, ea non eodem tem-
pore orta esse existimari debent, — '
Archiv f. Phil, ὦ. Paedag. Bd. XIX. Art. 3, 26
402 ᾿ Grämmaticae sermonis' Latini philossph. elementa.
&bantır;menosyllabes neque verborum neqtie subsiantivorum natura
praedita, sed media inter utraquc: poterunt- etiam prototypa sen-
tentiarum dici, quum id quod homo tanquam unum sentiebat ex-
ternae formae unitate esprimere deberent 11). —
2 εν δ. 20. ‘
Primitiva illa themätä duplieiter distingui possunt. Etenim sunt
aut ‘obteetiva, quae externum aliquil similitudige soni exprimunt !?),
aut subiechiva, quae internnm quendam ahımi sensam designent.
21.
Themata illa primitiva componebantur, coibant ita, ut quaedam
ebimpositioni prgeter-caeterä apta viderentur. Haec primitivam plerum-
406 signifioationem amisetent , partem tantum .netionis retinuerunt '?).
\ ‘“ı . ς
' 21) In Nnguis Aricis ὁ. Indogermanis ea formae pristinae simplicitatem
exuerunt; possunt tamen comparatione erui et indagari;' praesertih quum
- lingua Sanscritica antiquissimae proxima thematum origines param immt-
taverit. Lingua Sinica autem monosyllaba illa nequaguam mutavit, quum
fiexionibus careat. Potest autem ilia sermonis periodus antiquissima vegel«
nuacupari, quum illis temporibus. notiones quidem nullo labore ex rerum
externarum multitudine derivarentur, plurima autem opera in formandis
vocabulis insumeretur. Quaenam autem fuerit ratio notiones per vocabala
exprimendi, num 'rädices illae primitivae omnes 'fäerint onomatopoeticae,
vix divinatione assequaris. Posterioribus quidem temporibus, quum illo-
rum vocabulorum satis ampla copiä esset, nova rarius exoriebantur, ex
hae quasi materia religmau netiones, prout subihant, formabantur, Quippe
primjtivas.‚notiones illis, quae postea excitabantur, inbaerere sentiebant
aut hliquatenus in eas cadere; inde ful-men dicebat a fulgeo, Ra-men
a flando, ϑαλασσα a ταράσσω. Quum vero periodus prima 8. vegeta
fuerit quasi infantis aetas sensibus etincta percipientis, -eoqu& ldonpletier,
quo aoriotibus Acosptionibus adiuvaretur; secunda ost pueri aetan, per-
cepta disponentis,. notipnumque exferanm quenadam ordinem constituentis.
Cessat formationum primitivarum ubertas; sed per afformativa antiqua
innovantur; amplificatur sermo multo mägis, quum ex uno quogue illorum
thematum vocebulorum nova progenies exsistat.
12) Cave confundas cum his ea quae interiorem quidem animi sensum
significant, sed a re externa deprompta sunt. Quum dicimus cogito,
metuo, aegre fero, horreo, rel., sunt quidem animi qualitaies, sed vo-
cabula desumpta sunt ab exiernis. .Etenim pleranyne ad animum huma-
mum pertinentes notiones proprie ex notionibus exterarum rerum dedactae
sant, guum homo. infaritis instar se .ipsum et quae in; se percepis tenguan
extra se posita- imagiharstur. (Inde in Hebraico sermone tertie person
primitivem verbi formam exhibet , inde permultae animi affectiones
verbis impersonalibus exprimantur). Subisckivau Autem illae notienes
986 sunt, .quae- pfimario et nulla cogitationis metaphora adhibita ex in-
timis qussi anirmi 'regessibus hauriuntur;. πὸ :prasömime, inleriectiones.
preepositiones quaedam. Quare, si quae alihe, poterunt hae ἰηπαίδθ ap-
pellari, :quippe: quae non alia idea .extema intercedante formentur, sed
oriantur eo ipso, quod homo exsistit et vitam agit.
" 18) Antiquissimis sermonis religtis hao ih re plorimmk est tribuen-
dum et gquum harum inquisitiönam fündamentum pleramgne sit infirmissi-
mum, studium antem ipsum omnibus linguls sit commute, analogia uten-
dum est ex sermonibus etiam non cognatis desumpta, Hebrafcus sermo
Condidit Noir& philosophiae Doctor Mogunt. 403
Formalia ; externa gnoque forma frequenti usu ita detrita, ut origi- .
nem indagare fere nusquam possis.
re vs ἮΝ $.. 22. ΝΞ ΞΕ ες ἢ ᾿ .
Saepissime, autem .rädices . subiestirae. in formalia 'transibaut,
gquum animi studium eniteret, externa cum notionibus innatis 5. pri-
mitivis coniungendi, secundum eas disponendi, relatinnem denique
quandam ubiqne' externorum gum internis restituendi. . In flexioribus,
nominym. et, verborum habes viva. .etiamdum illius. coniunctionis
exempla 13). EEE ΕΕΕ Ä Er μ᾽
ῖ
„mipne‘“ exhibet νόσοπι originis lutidissiniae ; praepositfonis gpud cögrratio
compositam. igoöranevur, quum supra: $. 18. iam est diatusr, tum a Pottio
in etymologie
14)’ Artricatissima haec est giaestio et’ intentione omni animi digna,
quim: ea nobis reconditissigra sermönis offiema rectudatur. Quippe radi-
ces illae subiectivae, quas’ et primitiris animi cognitionibus processisse
diximus, quasi texturam formant, cui gquaecungue pöstea inseruntur ad-
aegranda sant. Quas si recte indagaverimus suumque unicuique locum
attribuerimus, dieci 'vix potest, quantum fucis sermoni äffundatur. Häe
ttum’erunt‘ verae categoriae, quas ΟΧ ipsd sermone deduti 'necesse est,
negque- nt saepe factunı est ingenti grammaticae detrimento, ex disciplinig'
guanturilibet cognatis. Quod ut melius intelligatar, exempla afferemus
quaedam lucidissima. Notum est et rationi 'congruum, verba h. 6. eag
orationis' pärtes‘, quibus eogitätio non’ contracta et uni notiont inhaerens,
sed quasi ligüefacta 'modo’ huic modo illi rei incumbens eontinetor, fuisse
priora substantivis. Jam vero, guam homines tandem actionermn rei cuidam
externae fere semper comitem anihadvertamt, conerescit. flaidum adhuc
verbtum, δὲ individuum, sudstantivum. Haec üt simplex ita antigua sub-
stantivorum origo plerumgue, ut videtur, pronomine tertiae personae
obsoleto A s. AS derivatar, 'quod notiohi verbali fluxae et indefinitae °
certaın et, individuam quandam exsistentiam Assignat. Conf.' ’
Sunscer. sarp. serpere. sü gignere svan.gonare' pad.ire. "
sarp-a serpens. 'sdva progenies. svana, sonus, "pudd.pes. "
Graec. .
χένω: χό-σς. Ten. τόκος. tem. τοῦ τ. φϑεγγ. φϑογγή. PER. φόρος."
αἴϊηι. "
reg. re. leg. len. Yıg. fuga. δου, schiba. vir. οἵομό, ' vol. dofus.'
Triptex 'autem' illius’ pronominis natüta in compositum transibat? vis de-
moristrativa, chi’ phopriuni erät sim, ut substantivum formaret: deihde
triehotömia ‚generumi; ‚denigue Mexico ‘8; decithatio. 1. δ. Affectio quaedamı
substantiri, quum in oratiore cum Allis ‘cöniungitur. Linguad quas vocant
agglutinantes speciem adhınc vivam hutas nsus exhibent, quum in Nlis ’
v. δ. In eoniugatione. prononiindlia radieibius merk fixen. penant. Rüid
=
«
404 Grammaticae sermonis Latini philosoph, elementa.
δ. 28..
Formalium duo genera erunt distinguenda, alterum eorum, quae
vocabulis formandis olim adhibita, recentiore linguae aetate inter-
ciderunt, alterum eorum, quae etiamdum in memoria hominum vi-
: ‚vant et vigent et quotidie, quum usuvenit, expediuatur et arces-
auntur 15),
ita, inter linguas analyticas s. recentiores sunt quae antiguissimum illum
usum instauraverint, ut similia assequerentur: ita sermo Anglicus substan-
tivorum communium genus accuratius designaturus pronomine she et Ae
raefixo utitar. — Habemus igitur thema subiectivum formandae vocabu-
orum classi cuidam adhibitum: paulatim primgriam omnine amisit signifi-
cationem et formale factum est. Karum aut&m compositionum dici vix
potest, quanta prima illa sermonis periodo ubertas fuerit, quas nunc uni-
versas persequi, neque hnius est loci neque nostrarum virium. Id son
est negligendum, in tota hac quaestione temporis accuratissime rationem
esse ineundam et inprimis ex linguarum comparatione perquirendum esse,
num formatio quaedam sermoni peculiaris sit, an ex antiquiore in eum
translata; utrum quum transferretur memoriae etiamdum inhaeserit, an
diuturnitate temporis vis et.significatio oblitterata sit. —
15) Ex iis, quae δ. 22 exponuntur, haec illustrantur. Etenim per-
spicuum est, quasdam verbi relationes interdum exsistere, alias fere sem-
per subire. Illae vocabulis novis formandis, hae vivae orationi comnecten-
dae plerumque inservinnt. Quam prope antem inter se contingant, tot
verborum formae, quae in substantiva transierunt, comprobant. Negari
autem non potest, formalia, quae substantiva efficiunt, tempore quodam
antiquo non minus prompta et expedita fuisse, quam flexiones; sed
studium illud nova formandi expletum esset, desiere, parce tantum subiere,
naonnunguam prorsus oblitterata sunt; quaedam autem verbi flexionibus pro-
piora permanserunt aut in aliorum locum successerunt, ut apud Latinos e.g.
terminatio slis s. bilis, quae in multis vocabulis obtinetur, ut facilis, inna-
bilis, inarabilis etc, in aliis terminatione verbali tus semota est, ut in
invictus ἃ]. — Interdum etiam una terminatio quibusdam in vocabnlis
obscyrata, in aliis clara et liquida permansit, ita ut simile aliquid invenias
iis, quae.nota 10 exposuimus. Ita videmus
Sanse. pi-tri (tutor a pa-) ma-tri (genetrix, ma) rel.)
Laline. pa-ter ma-ter, verbali notione
io utroque sermone exstincta, qguum gui lingua Sanscr. aliam ac nmomina
agentis declinationem susceperint, dum in aliis permultis terminatio tri et
tor primariam vim adeo non amisit, ut compositionis partes clare discer-
nantur, imo novis vocabulis formandis interdum etiam adhibeatur. Eodem .
modo terminatio neutra irum antiquitus usurpata ad res inanimas desi-
gnandas, quae id quod verbali notione exprimitur, quasi sponte efficere
cogitantar (dum alıiae flexiones apertius indicant, rem ab hominibus in
asum quendam converti, ut instru-men-tum al.) cf.
Σ Sansc. _
e’rötra (auris a s’rü) vaktra (os, locu-tor) dastra (dens a das’ mordeo)
atine.
rostrum (rodo) rastrum (rado) gra-irum (aro) cas-tra a ο΄ ad abscondo.
Habemus igitur triplicem eiusdem terminationis formam, guum sermonis
ingenium in relationem eandem primariam substantivorum distributionem
adhiberet. Iam triplex illa forma antiquissimis temporibus vegeta fuerit,
necesse est: in recentiores autem sermones transierunt vocabnla iam per-
fecta et composita; uni terminationi autem iam oblitteratae in sermone Latino
derivata alia (trix) substituta est; alia (tor) etiam saepissime, alia (tram)
Condidit Noir philosophiae Doctor Mogant. 405
δ. 24.
᾿ Igitur Etymologicae est, terminationes, quoad potest, ex anti-
quissima repetere origine, formarum mutationes et significationum
volligere, verbo earum historiam perscribere. Distinguet inter af-
formativa et suffixa, tempora quibus vegeta fuerint quibusque inter-
ciderint certis limitibus circumscribet. Ostendet denique, quinam
factum sit, ut aliae prorsus neglectae et omissae sint, novae exortae
is eorum 'locum successerint. Constituet schema deelinationis et
coniugationis imprimis antiguissimis sermonis vestigiis fulta, qua in
re pronominum declinatio et anomala quam vocant coniugatio maximi
momenti erit1°), Derivatione flexionum adiuta veram terminationum
vim et usum illustrabit, syntaxi igitur lucrum afferct.
,
rarius compositionibus adhibebeter. Tum autem vocabula looum quendam
inter verbum et substantivum medium obtinebant, verbali notione etiam-
dum viva et memoriae inhaerente; mox autem a radice verbi segregata
primativam quandam speciem exhibebant novisque formandis vocabulis
inserviebant. — Conferas alias terminationes, fere idem invenies in omni-
bus. Hoc unum observandum, significationem et vim termisationum pri-
mariam interdam extenuatam esse et leviorem factam, ita ut magis ana-
logiae componerentur quam ut utriusque partis vera vis loquentibus ob ocu-
los versaretur. Ita satis compertum habemus suffixum ber,"Germ. bar re-
ferendum esse ad radicem Sanscrit,: dri, Latine: fer-o, Graec.: φέρω
Germ. ant.:' päri. Vera suffixi vis non est infitianda in vocabulis, ut:
ealu-ber, oere-brum, colu-bra? Gr. Κέρβεφος, Germ. frucht- bar,
- ehr-barz; mann-bar alg. Sed iam antiquitus vera significatio exolevit
et ex analogia adiectiva formabantur, ut in sermone Germano bar idem
fere sit, quod ilis, cf. essbar, trinkbar; obscurior etiam translatio apud
Latinos in cele-ber, November, late-bra rel. (ΓΤ, Grimm Deutsches
Wörterbuch 1120.) Primitiva autem significatio nonnunquam nova for-
matione iterata est ei periodo, qua exorta est, congrua; ita in Latino ser-
mone recentiora composita frugi-fer, auri-fer, morli-fer, Graeci:
καρπο-φόρος, ϑανατη:φόρος, nos fruchtbringend nutzdringend rel. —
Ita in sermonibus cognatis miro casu interdum accidit, ut eadem radix
in alio iam detrita in suffixum abierit, ut lick in German. freundlich,
königlich, dum in alio recentioris originis integra vox compositioni ad-
hibetur ut Angl. like. —
16) Anomala coniugatio aut declinatio fere semper flexiones antiquis-
simas quasi ad hoc ipsum servatas in nos transtulit. Quod in iis sermo-
nibus, quorum structuram et originem cognati non illustrant, gravissimi
est momenti; ad cognationes obscuriores detegendas plurimum affert; in
aperte cognatis autem ad chronologicam rationem sermonum stabiliendam
mirum quantum subsidii praebet. Quod enim interdum fieri solet, ut an-
tiquiores formae mero casu servatae in nostram &etatem pervenerint, ut
ingeniosa Bergkii coniectura nuper in versu Carm., fratr. Sal. aqud Fe-
stum pag. 205. j
„Cume tonas, Leucetie, prae ted tremonti‘“ .
antiquissima tertiae pluralis personae forma in onti (prorsus eadem Sanscr.
anti Graec. ovrı, οὐσι) restituta est, hoc atque talia quum sint fortunae
dona- raro accidere solent, Contra illud in omnibus fere linguis obtinet,
ut pronomina antiquissimae declinationis formas immutatas exhibeant, cf.
eius, illi-us, ti-bi, mi-ki, goth. ugkara, unsara, sansc. mahjam,
tubjam etc, Verba anomala eadem de causa persaepe integras aut parum
m
406 Grammaticae sermonis Latini philosgpb. elemanta.
$. 28.
. Quum autem singularum formarum vera significatio .interdum
difficillima, sit inrenta,. persequetur has formas ultra, terminos ser-
ınoni .constitutog, analogias colliget ex linguis non modo cognatis,
sed quantumvis alienis, praecipue autem ex iis,. quag secutae et
ex sua exortae sunt,
ΝΣ . ᾿ς . ἊΣ 26... Ä | " oo.
> „Segnitor opera non: mänus difficilis; sed.multe latius patens:
| Vocapnla ipsa,. nnn iam eorum pertes, persequenda et explicanda
ων
δορὶ; 36 ἴῃ re autem- duo ‚potissimum 'eraat observanda ,: notionum
interm:-cognatio: εἴ ‚exterhae :vooabulorum furmae. '
δ. 27.
Externae formae autem ratio ante omnia ita ineunda est, ut
nisi legibus plioneticis. jam δὲ! liquidum perdactis aligna forma re-
spondeat, ei tempori, quo’ illäe 'leges valebant, asseri' omhino ne-
gqueat, Praestantissima autem ratio ‚vel remotiorum, temporum cen-
stantem aliquam, normam indagandi,. ex nomipum praprierum trans-
scriptione quaeritur 97), — - Ν ες τ τερον τερον
ὲ ΠῚ wert De |
Φ
mutatas flexiones exbibent, cf, δί- ὅω - μι. ἔστα- ϑι, κλῦ-ὃι, τέ- θη -σι,
τι- ϑέ-ασι; Germ. aut, μὲπι, pist, ἰδέ, τόσ. bin, bist, ist; Angl. am, art,
is; Lat. inguam etc. Ratio in. ompibus hig eadem fuisse. mihi. videtur;
etenim antiquissimjs ἴδ) temporibus eae, radices, quyas ‚hie tractamus,
flectebantur, quum pronomina et, verba ila simplicissimae fardae et si-
nifjcationis sine ‚Aubio _primitiva 'sermonis materia fuerint.: ‚Quae gnum
in Ipquendi usu frequentissime adhiberentur, factum est, ut-pecpliarj guo-
dam .modo separatim a ‚caeferorum vorabularum flexionibus mytatiouum ex-
pertes, manerent. Si imagine uti,mihi liceret, sermonig ingenium caetera
immytang illis, anfiquitate, sanctis pepercisse dicerem, aut, formag illgs di-
versas. frequenti, δὰ a caeteris partes egisge.. Quid quod in syntaxi miras
discrepantias reperimus certo nom alja de,.causa, ut vel congruentiae leges
fiemissimae et vix labefactandae negligantyr, conf. usum pronomm. qyisque
et ipse in locis guibysdam: classicisı SalL Iugurth. 18. Multis sibj guisque
imperium petentibus, Tacit, Gern, 37. subiecto et ipse Pacoro, Liv: 21,45.
velut dis auctoribus in spem suam quisgque acceptis! Quid,mirum, quod
in compositis talibus, ut mater familias genetivus antiquus servatus est,
σὰ domi mene locativum etiamı fin adiectivo retinuit Ita etiam radices
188 (as 5. es , Des. ἀπά, dä, do 'reil,) quum praediectam ob causam,
tum etiam qnod propter jmbeoillitaten suse formae terıhinationes: deterere
et exterinare ion ficebat. Religua' eriim substantira et verba, recentiore
tempore enäta, vario modo radicem tutari conata sünt, praesertim termi-
natione noh nude, sed per vocalem Hgativam apposita, cf. Sanscr. as-ti et
tüd-ati, Eouev et φέρομεν, vis et alis, ferset gerri. ὁΘ μΈ. “
17) Hoc tantum äd tempora historicä.pertinere, per se liquet; accu-
rate igitur investigandum est, quo tempore nomen gliquod primum in ser-
mone receptum sit, quo facto ex commutatione littgrarum in usum-phone-
ticum illius temporis conclusionem facere licebit, cf. Ulixes, Aiax eaet.
Quae vocabula legibus illis, quibus Jitterarum mutationes indicantur, non '
parent, ea aliena vel insiticia habeas. Ita pater-fadar-Vater, ὅκος, ocu-
lus, Augö genuina sunt; Fenster autem, Frucht, aliaque depromta ex La-
tind sermone. — 00... oo:
“ ᾿
χ .
‘ , * 2
»
Condidit Noire philosophige Doetor Mogunt. 407
ν . δ. 238...
Legibus phoneticis tali modo pro’ fundamento subiectis et inpri-
mis iis, quae cognatorum sermonum litterarum mautationes indicant,
(Lautverschiebung) notiones primitivae s. simplices constituendae
erunt. In quibys si acenratius distiguere vis, eogitandi radices h. e.
eas .notiones, quae ex: intime humanae .cogitationis reoessn exorien-
tur, in ommibus: linguis pariter reperiuntur, ut.verbum sum, pro-
nomina personalia (v. $. 20 et notam), nurnekalia rell., .et tAemute
notionum, quae son eadem in omnibus lingeis, tamen, quum ex an-
tiquiore fonte repetere .ea nen liceat, primitiva.sunt: existimanda 24),
discernere ce, τ ’. : Ze
᾿ δ. 29.
‚ Has autem notiones simplices ita disiunges, ut quae sermone
antiquiore tranglatae, quaeque in ipso sermone exortae, videantur,
accurate distingnas, — . - rn
De Promethea ternione Abschyli.
ν τς Seripsit T. Katterfeld. -
“4
Ternio Aeschyli, quae Promethea inscribitur, fabulas coniungit
variis in locis ad nos perlatas. Gravissima pars eius in theogonia
᾿ Hesiodea Continetur, versibus &21—616. Apparet enim Aeschylum
ex ea sumpsisse Prometheum ob raptum. ignem poena affectum et
Herculis ope liberatum esse. Deinde ex carmine quodam deperdito
aliquid eius rei hausit, quod Prometheum fretum secreto quodam de
"connubio Iovi ineundo facit. Tertiam fabulam tritam de Ione virgine
ira JIunonis circumacta adhibuit,. Quartum argumentum interpretes
complures desideraverunt. Est coniecturae in ea fabula locus magnus
relictus, quum una ex tribus ternionis.partibus gola supersit, de altera
singuli versus nos certjores faciaut,, tertia paene tota interierit. Ita-
que hoc in amplo ingenii curriculo alius aliud, quid amplexus est,
ut fabulam sibi explicaret. Novissimus vero editor Schoemannus
argumentum quam maxime ex natura eius secundum volgares opinio-
nes explicare suscepit, ut aliquid tectius inesse neget. Caeteri quas-
dam rationes, quae in occulto sint, suspicantur. [Π|6 rem‘ad com-
munem cultum, qui tum apud Graecos fuit, revocavit. Multa qui-
dem .in universam rem praestitit, tamen resident quaedam „ ubi a
summa re ad singula pergis. Neo videor ipiuria quaerere, cur,
18) Insignis huius studii est fructus, et licet iis, qui tetam et inde-
fessam mentis aciem in id convertere valent, populi veram indolem et na-
turale ingenium aliquatenus perspicere. Singulae enim illae radices
sunt quasi fons, unde caeterae cogitationes aut dechrantur aut’ certe deter-
minantur. τ. not. 1}: ον oa .. Ä ΟΝ
-
408 De Promethea ternione Aeschyli.
ubi res ea ratione absolvi possit, priores interpretes in coniecturis
tantam operam censumpseriht. 2...
Summa quaestio est, num.luppiter in ternione, quam tracta- -
mus, iustus rerum moderator exhibitus sit necne. Schoemannus
eum iustum esse contendit. -- Omnes reliqui interpretes, qnuantum
video, iniustam dicuet et inter se tantum de. causa Jdiscrepeat, quam
ob rem :Aeschylus lovem iniustam fecerit. Sin Schoemannus iustitiae
' petroeinatur, etiam id tueri.debuit, deum perfectum esse aeternum-
que, :quod :disertis verbis in .nostra fabula negatur. Multa sunt a
Graecis non. tantum in deos inferiores, verum etiam in ipsum [ο-
vem dicta, nobis quidem offensione non vacantia, quae tamen tam
. disertum defensorem, atque hoc Aeschyli de love placitum, non in-
venerunt. Ea vero Schoemanno non silentio praetereunda fuisse
videntur, ubi quaestionem de notione Iovis, quae apud veteres va-
lnerit, tractavit. Nam quod Aeschylus aliis locis de love vereounde
dixit, rem non in universum absolvit, masime qüuum videamus tot
auctores ante eum fuisse, qui aegque iniguam opinionem de love
protulerint. Caeterum haec ipsa fabula Aeschyli etiam alias difficul-
tates obiicit, ut si Schoemanno concesserimus lovem culpa vacare,
tamen de aliis rebus disceptare liceat. Quae nisi et ipsae sic enu-
cleatae, sunt, ut aliam viam munire supervacaneum sit, etiam in
illius quaestionis explicatione non prorsus acquiescendum erit.
Potest Iuppiter circumscripta significatione acceptus longe alius
esse, quam: ille, quem Aeschylus Agam.176 dixit Ζῆνα---τὸν φρο-
νεῖν βροτοὺς döndavre, τὸν πάϑει μάϑος ϑέντα πυρίως ἔχειν.
Talis Iuppiter definitae notionis is est, a quo cives precautur,
ut inimicos pessumdet, cui pro malo hostibus immittendo vota fa-
cinnt. Talis Tuppiter est arcitenens unius cuiusque rei publicae. Ipsis
Athenis, quibus fabula nostra docta est,. colitur Tuppiter Πολιεύς»
cui Athenienses Dipolia obeunt. Si Aeschylus in Agamemnone lovem
tantum facit, non ad id. respexit lovem Saturno pulso regno poti-
tum esse; id eiusque similes cogitationes «de imperfecta lovis con-
dicione non in deliberationem advocavit, sed eum numen summum
fecit unice venerandam. Contra hunc lovem, quem in fabula Pro-
methea tractat, novissime ait regnum occupavisse. Äb ea veio re,
quod novas dominus est, causa duritiae eius repetitur, ut statim in
initio- versu 88,
Volcanus: ᾿ “ἅπας δὲ τραχὺς; ὅστις ἂν νέον κρατῇ.
v.96 Prometb.: Τοιόνδ᾽ ὁ νέος τἀγὸς μακάρων
| ᾿Εξεῦρ᾽ ἐπ᾽ ἐμοὶ δεσμὸν ἀεικῆ.
v.146 Chorus: N£os γὰρ οἷακονόμοι κρατοῦσ᾽ Ὀλύμπου"
Neoyuoig δὲ δὴ νόμοις Ζεὺς ἀϑέτως κρατύνει,
Τὰ πρὶν δὲ πελώρια ἀϊστοῖ. _
Aeschylus praeceptor civium suorum fuit et eos ad virtutem et
sapientiam institut. Simul gravissima dquaeque, quae ad rem
publicam Atheniensium spectant, ab eo tractata sunt, ne eos in
‘ praesentibus rebus, quae cives maxime sollicitare salent,. consilio
Seripsit T. Katterfeld. 409 .
suo destituat. Plares ex septem fabulis, 'quae aetstem tulerunt,
argamentum ex rebus gestis illius temporis promptum tractant, ut
ternio Orestea et Persae et, ut verisimilie est, Supplices. Si Aeschy-
lus Prometbeum ignis raptorem exhibuit, facile euiqne Atheniensi
deus Prometheus .in mentem venit, cwi Athenis singulis annis cum
facibus decursum: est, Pausan, I, 80.. cuius in Academia ara fuit,
ex qua cursus ille coeptus est. Nescimus, sitne in priore fabuls,
quae deperdita est, accuratius indicatum Prometheum Athenis cul-
tum intelligi. Certe vir doctus quidam coniectavit in ea propositum
esse, ut Prometheus carsum illım institnerit.‘- Maxime etiam secun-
dum nostram fabnlam Prometheum meminerunt, qui in Academia in
una basi cum Volcano sculptus eiusque socius in illa lampadedromia
habitus est, ubi. Aeschylus cum Volcano ignem surriptentem , deinde
Volcani opera poenas Iaentem exhibeit. Verum gravissima gansa est
ia condicione rerum, qualis tum fuit. Si Prometheus Iovi opponi-
tur, io tam indefinita lovis notione, quae cuique convesit, atgue
tam circumsceripta notione Promethei Athenienses facile cum Pro-
metheo fecerunt. Athenienses non nucis sapientiam suam censue-
runt. Herodotus I, 60, ubi de artificio narrat, quo Megacles et
Pisistratus ad recuperandam urbem usi esse feruntur, in eam sen-
tentiam verba facit: “Quandoquidem iam inde a priscis temporibus a
barbarico genere distinctum Graecum fuit utpote dexterius et a sto-
lida fatuitate magis abhorrens,. stultum utique debet videri usos illos
esse tali invento apud Athenienses, qui inter Graecos sapientia fe-
runtur principes.” Accedit, quo magis Athenienses Prometheum
suum habeant, quod cultus eius nullus esse videtur, nisi Athenis,
Affertur praeterea ex monte Acäcesio in Arcadia a schol, ad Hesiod.
theog. 614, in quo Prometheus ἀχάκητα appellatur. Verum viri
docti iam censuerunt scholiastam ex loco theogoniae hunc cultu
finxisse, quum nomine Acacesii montis adductus sit.
. Ubi Aeschylus Prometheo Iovem opposuit illi arbitrium consilli
contra lovis voluntatem capiendi impertiens innuit sibi lovem circam-
scriptae potestatis ante oculos obversari. Tamen Prometheum eius
voluntati obnoxium non fecisset, nisi hic Iuppiter revera auctoritate
illum ‚superavisset. Notum est, quantum Corinthii suo love Co-
rintho gloriati sint. Eum si Aeschylus Prometheo praesidi alterius
regionis, quae Corinthiorum revera non est, opposuissel, numquam
ei in mentem venisset, ut talem auctoritatem ei tribueret. Itaque
consentaneum est Prometheo praesidi lovem opponi, cuius principa-
tus sit. Circa illud tempus Lacedaemoniorum fuit principatus, eo-
rundem cultus amplissimus Iovis, Herodotus VI, 56, inter honores
et privilegia regum Spartanorum hoc prfimum exhibet: sacerdotia duo’
Iovis Lacedaemonii et Iovis Caelestis (Οὐρανέου). Quis alter sit,
in aperto est; est idem, atque Inppiter arcitenens Atheniensium cae-
terorumque populorum, "Alter vero maiorem auctoritatem tuetur,
caelestem quandam, quae in terra.nasquam amplius exstate Deorum
princeps ibi etiam .prineipatai inter .bomines praeest. Itaque Pro-
410 | De Promethea ternione Aeschyli.
metkeum potissimum ad Athenienses, lovem ad Lacedaemonias ape-
ctantem-habemus. Non diasimilis .ei ratinpi siogulas personas, quae
indolem -gentium- exprimuat,: pro ipsis ‚gentibus ponendi ea est, si
nostratiiım gemtiam mores. in singulis hominibus: repraesentant , si
Francogallus, Hispanus-pro omnibus .civibns. suis.rem gerant. Quod
in Graeco exemplo a. onnsuetndine.nastralium discrepat, omnine pro
ingenio veferis ‘et zeeentie aevi est, quorum alterum meores cniusgae
aceuratius indicat, alterum:'singulis rebus mazime notabilibus utitur.
Fabula Promethea in confiniis 'temporis maxime ignoti versakur,
quod speciem: reconditi generis dioendi amat, Nec potait Aesehy-
jas’ipsos Lacedaemonios et Athenienses inscdenam producere, si .gui-
dem argumentum tale traetatgrus fuit. Quare praetergnam quod
dixi Iovem pro Lacedaemoniis poni non absonum esse nee pro Athe-
niensibus Prom2theum voluntates imutsae gentium conziderandae sunt,
fuerintne eae; ut cito .partes.sumpserint,. ubi quid ad. alteratram
spectans'ezhibitum ‚cat. ΝΕ |
“" Aeschylus sibi 'persuasit Athenienses, simulatque Prometheus
ignis raptor in scaenam productus sit, .iniuriarum, quas tum a Lace-
daemoniis perpessi sunt, memores futuros. "Deinde postquam Pro-
metheus malis affectus apparuerit, etiam Ionem virginem civibus suis
lonicam stirpem in mentem revocaturam. Alia compluria ex fabulis,
quas in unum coniunxit Aeschylüs, colorem traxerunt. Tamen nec
ingenio Aeschyli conveniat, ut aliquid .supervacaneum sit, nec quid-
quam ab argumento alienum esse videtur. Gravissima quaestio est,
utrum po&ta in Iovem quantulamcungque culpam conferat necne. Con-
tendo. eum ‚conferre. Prometheum, cuius ope in bello 'Titanico vi-
ctor ‘evasif, non remuneratus. est, deinde eum ad rupem affgi ius-
sit, quum ignem cum mortalibus communicaverit, denique eum no-
vis cruciatibus affhicit, quod’ secretum illud de coningio fatali non
prodit, quum consentaneum sit virum ira flagrantem salutis spem
non sponte abiecturum. Quanta vero Iovis imbecillitas! Norte,
quum, aceiderit, ut Prometheus ad eum transierit, victoriam repor-
tavit, _Deinde in discrimine versatur, ut dominatione exuatur. Sin
‘ci. cum tantis noxis constare posse videtur lovem ab Aeschylo in
fabula Promethea eum exhibitum esse, quem alibi fecerit, ei mori-
bus Promethei eorumque iudicio, qui in scaena sunt, omnis dubita-
tio eximitur. Prometheus cruciatibus affectus animum victorem do-
lorum exhibet. Pudor solus eum movet, ut morte abripi cupiat,
quum Öceani filiae in scaenam prodeunt, quae ei potestatem prio-
rem in mentionem revocant, cf. versus 152—156
Ei.yag μ᾽ ὑπὸ γῆν νέρϑεν τ᾽ ᾿4ἴδου
. Τοῦ νεχροδέγμονος εἰς ἀπέραντον᾽.
ἮΝ Τύρταρον ἥκεν δεσμαῖς ἀλύτοις 1.
ἀγρίως πελάσας; εἷς μήποτε ϑεὸς
. Μήτε τις ἄλλος τοῖσδ᾽ ἐπεγήϑει. .
ες Mexime vero in fine fabulae, ubi Mercurius. a love missns cum
Seripsit Τὶ Katterfeld. - πος 411
eo colloquitur, is animus generosus cum summa. gloria apparet.et
quis Prometheys sit distincte ostendit, . Dicg 94649: u ,
. Τῆς. φὴρ λατρείαρ τὴν ἐμὴν δυᾳπραξίαν., ,
| Σαφώῶς ἐπίστασ᾽, οὐκ. ἂν ἀλλάξαιμ᾽ ἐγώ Krk.
In bello Titanico, quod alterum discidium kovis . aliorumque
deorum est, rursus favis inimici generosi .sunt et-quidem sacandum
Promethei ipsius ‚dietum, cuius consilium spreverunt et quocum ma+
nus conseruerunt. cf. v. 204—208, imprimis
. , αἶμύλας δὲ μηχανὰς !
. ἄτιμασαντες παρτεροῖς φρονήμασιν.
Sin ‚Schoemanni iudieium iure pergtat, etiam ‚rem ‚invertere. li-
cet, αἵ quaeramus, ‚qualis Prometheus recti comsili expers, μὲ Sehoe-
mannus eum esse contendit, exhibendas fuerit. . Maxime eum Aeschyr
lus sapientem et auctorem. sententiarum probabilium facere potuit,
ut ea est, quam de love dicit: on
: Ἔνεστε γάρ πῶς τοῦτο τῇ τυραγνδι >. =
.. όφημα τρῖς φίλοισι un). πεποεϑέναι,
Quod hoc loco eo maioris mamenti est, quia in. eo Promethei
iudigum de factis Jovis coptinetur. . Caeterum otiam tenor totins. far
bulae is est, ut .sententia 'eg erta de aulpa Iovig et immerita poena
Promethei aitera fabpla,. quae-aubsecuta eat, demi non possit., Quod
factym esse ea minus .axbitreri licet, qpia Prometheus iam οἱ δὶ con-
scius. est ‚se etam alignid.commikisse,. itaque lorus. aullus admoni-
tioni ‚et .institutigwi,, quibus,a ‚falga opinione ‚ad meliorem.tzaducatır,
relictus est, quo Schpgmanaus. ram. absolutun] iri.genset. οἷ v. 260,
ubi chorus. Hpegzss... Reapondet Prometheus ::.facilg eas ei, nt.ad-
moneat, qui dalores, gon-pahiatur, pergit: . - ., - .. Wim
ἐγὼ δὲ ταῦϑ' Amar ἠπιατάμην;. ἀ..:: re
Exoy, Ev ἥμαρτον, οὐκ ἀρνήσομαι.
ἕ D
Poeta nec lovem insontem fecit, neg Prometheum, ‚. De: Prome-
theo dictum illud magni moment est, quo Mercurius αἱ .convicir
atur, v. 959: ΄. ΝΥ ΕἜ
τς Eins φορητὸς οὐκ Eu, εἰ πράσσοις καλῶς... .,. ". ..
Quod eo gravius, .qun. minus cum .argumente .Hesiodi, cuius
auctoritaten in ea fabula Aeschylus maxime sequitur,. nexum est,
Praeteres ubique Prometkea pihil. nisi is animus in galis invictug
et inimico irsidens exprobratur praeter illa chori dicta, quae supra
attuli:. - , : ἐνὶ 2 ες Zu or '
255 Chorus: Καὶ νῦν φλογωπὸν͵ πῦρ ὄχουα᾽ ἐφήμεροι»
259 sg. Idem: οὐχ ὁρᾷςυ 27 ὃ... ᾿
“Ἥμαρτες; ὡς δ᾽ ἥμαρτες, οὔτ᾽ ἐμοὶ λέγειν.
Kad’ ἡδονήν. φοὶ δ᾽ ἄλγη. . . ΝΕ m
Quum neutra pars omni culpa vacet, tamen Prometheus Iovi
praeferendus est, eljamsi in fabula deperdita extrema rem ad Iovem
comprobandum conrersam esse censeas, ad. quod inter fragmenta
admodum : exigua. ansg nulla praebetur.- Verum sententiae ‚vo
Atheniensis, qui sub Progetheo eives syos, sub. Iove ‚Jacadacmpgias
412 De Promethea ternione Aeschyli.
intelligit, id optime convenire apparet. Est is unus ex sapientis-
‚ simis viris, qui tam Athenis vixerunt, ac facile primus inter omnes.
Omnem eulpam ex Prometheo tollere noluit. Causa cavillandi Athe-
nienses in aperto est. Quare ratio ethica ei sententiae 'non solum
non obstat, sed eam admodum probat.
Sufficitt hoc loco, quod scimus interpretes eo inclinare, ut fa-
bulam nostram tempore proxime bellam Persicum tertiam sub-
‘ sequenti doctam esse ponant. Audienda sant testimonia, quae de
tempore bella Persica subsequenti nos certiores faciunt.
Themistocles plebiscitum perrogavit Atheniensibus ex Salamine
in urbem reversis, ut urbs muro circumdaretur et omnes cives ne-
giectis suis aedificiis urbis monumenta curarent; praevidit enim La-
cedaemonios de principatu sollieitos aliasque civitates illi munitioni
adversataras esse, Simul nt opus inceptum est, Aeginetae legatos
Spartam miserunt, ut Athenienses: conatu frustrarentur. Lace-
.daemonii statim per legatos Atheniensibus detulerunt, non posse
concedi, ut urbs extra Peloponnesum sita müniretur, quo minus
‚hosti invasuro locus moenibus cinctus daretur expeditionibus fa-
ciendis opportunus. Peloponnesum arcem natura oblatam totius
Graeciae esse, in quam rebus urgentibus caeteri Graeci se reci-
pere possent. Athenienses, ubi Lacedaemonii et socii armis rem
gessissent, resistere 115 non potuissent; quare ad calliditatem res
revocanda fuit, ' Itaque legatis Lacedaemoniorum responderunt se
nibil facturos, quod communi saluti obesset, et legatos miesu-
ros esse, qui cum Lacedaemoniis interloquerentur. Delecti sunt
Themistocles, Aristides, Abronychas.: Themistocles Spartam se con-
tulit, postquam cum Aristide et Abronycho rem composuit; Athe-
nienses interea contentione omnium viriam aedificationem pro-
moverunt. Themistocles Lacedaemone petita in publicum non pro-
diit et interrogatus, eur non prodiret, respondit exspectandos esse
caeteros legatos et mirari se, quod morarentur. Lacedaemonii vero
compererunt, quid Athenienses agerent,. Themistocles negare nun-
cios illos veros esse. Quum autem Lacedaemonii eum vehementius
sollicitarent, hortari eos, ne nuncis incertis fidem haberent, sed ut
legatos de publico mitterent, qui ipsi rem inspicerent. Quod factam
est. Interim Aristides et Abronychns Athenis abire. Athenienses
legatos Lacedaemoniorum variis praetextibus illudere et parati esse,
ut eos vi retinerent, donec ipsorum legati reverterentur. In tanta
perfidia enim periclitati sunt, ut ne Lacedaemonii legatos dimitte-
rent aut dimittentes ipsis condiciones imponerentur. 'Themistocles per
Aristidem et Abronychum certior factus est, moenia in eam altitu-
‘ dinem exstructa esse, ut defensioni apta sint. 'Tum vera Lacedae-
moniis prompsit. Athenienses ait, qui moenibus .se firmaverint,
ipsos posse diiudicare, qnid et ipsis et commnni saluti conducat et
moenia Athenarum ad sustentandam Graeciae libertatem opus esse.
Praeterea oportere, ut, ubi plures civitates inter se iunxerint, omnes
aut eodem praesidio utantur aut eo careant.
Seripsit T. Katterfeld. ΕΣ 413
Pungit po&ta Lacedaemonios, sed animos civium fervidiores
mitigat. Cupit, ut Prometheas cum love in gratiam redeat, sed
lovem culpa non eximit; non probat poenam, qua luppiter Prome-
theum affecit; tamen eam patienter tolerandam et animum nimis
elatum remittendum esse censet. Eius rei auctorem Promethco
exhibet Oceanum, qui hoc consilium argumentis snis optime tuetur.
Eum, quum ctiam Shoemannus potissimum po&tae sententiam susti-
nere censeat, in medio ponam; ex quo- mwihi elucebit,. Oceannm
non argumentis ex iustitia lovis petitis uti, sed anctorem esse Pro-
methceo cedendi, ut malis se liberet. Inspicias versus 810 et 311,
ubi Oceanus sic verba facit:
Γίγνωσκε σαυτὸν καὶ μεϑάρμοσαι τρόπους
ΜΝὝέους" νέος γὰρ καὶ τύραννος ἐν ϑεοῖς.
ΟΡΡεγρῖὶ deinde fieri posse, ut Iuppiter exandiat convicia eins
suadetque, ut ob eam causam cautius agat.
Versus 317: Ζήτει δὲ τῶνδε πημάτων ἀπαλλαγάς.
Versus 321 et 322: Cave, ne ad mala praesentia alia tibi con-
- trahas. Pergit:
᾿ς Οὔκουν Euoıys χρώμενος διδασκάλῳ
Πρὸς κέντρα κῶλον ἐκτενεῖς» ὁρῶν» ὅτι
Τραχὺς μόναρχος οὐδ᾽ ὑπεύϑυνος κρατεῖ.
Denique postquam Prometheus oblato se interponendi consilio
restitit, Oceanus sine molestiis discedit, Prometheum ait ipsum
ultro properantem incitasse. Gaudet, quod bestiae suae, quibus
insidens advectus sit, ad quietem exoptatam revertuntur. Quare
etiam id non tanti faciendum, quo Schoemannus nititar, quod ille
Prometheum cum love conciliare conatur.
Fretus est Prometheus vaticinatione quadam, qua etiam lovem
terret, ut Mercurium ad eam cognoscendam mittat. Aeschylus in
ea exhibenda arbitrio suo multum concessit. Nam Prometheus apud
eum secreti conscius est, quod alibi Themis profert; deinde. Aeschy-
lus pro certo affirmavit fllium nasciturum esse, quum apud eos,.
qni genuinam formam exhibent, lovi tantum minatur, fore, ut na-
scatur, ubi ipse se cum Thetide coniungat. Tamen genuina forma
oraculi nos edocere potest, quo Aeschylus rem verterit. Loci Pin-_
darici, in quo oraculum legimus — Isthm. 7 (8) — explicatio sem-
plicissima ea est, ut ad Aeginam insulam referamus. Nam de Ac-
gina et de posteris Aeginae lorisque, quorum unus, Peleus, The-
tidem uxorem duxerit, postquam Iuppiter et Neptunus vaticinatione
de eius connubio deterriti sint, agitur. Graeci seriores circa bella
Persica sibi persuaserunt Aeacum et. Aeacidas. Aeginae insulae pro-.
prios esse, de quo conferas Herodotum. Is, postquam enarravit
consilinm a Graecis captum esse pugnae ad Salaminem committendae.
(VIII, 64), dis, inquit, vota facere placuit et Aeacidas socios invocare.
Deos omnes precati protinus ex Salamine Aiacem et Telamonem
advocaverunt et ad advehendum Aeacım reliquosque Acacidas navem
΄
414 De Promethena- ternione. Auschyli, .
in Aeginam miserunt. — Idem -auctor narrat (V, 80), Aeginetas
Boeotis, quum ab 115 post pulsum Isagoram ultionis ab Atheniensibus
capiendae talıga auxilio vocati essent, tradidisee Acacidarıım ima-
gines et respondisse se’ iis Aeacidas aukilio miftere. Aeginetae vero
sunt Dores ex "Epidauro urbe. Sic Herodotus in recensu Graeco-
rum; qai contra Persas in altero bello Persico pugnaverunt: Aegi-
netae sunt Dorienses €x Epidauro. "Quid 'autem ea Dorica origo
volt, quad maioris momenti sit? | Aeginetae regibus non usi sunt et
cives Dorici et,: qui Dores non fuerumt, promistue vizerunt. Aegre
vero Aeginetae talerunt, quad -Epidaurif anctoritatem in eos exer-
cnerunt. Epidaurii vero Dores omnium consensu häbiti sont, Quare
etiam cultus et tutelae Iovis Doriti, qui prineipatu fungitur, par-
ticipes sunt. Contra Neptunus 'deus est.lIonum, ut Atheniensium,
sic eorum, qui in Asia habitaverunt. Dissensio maxima Aeginetis
cum Epidauriis et Atheniensibus ἔμ, Narrat Heredotus .Athenien-
ses olivas Epidauris dedisse, ut. statuas Damiae et Auxesiae fa-
cerent,.ea condicipne, ut victimas certig temporibus Athenas mitte-
rent. Eas statuas Aeginetae rapuerunt, quo etiam .cum Athenien-
sibus in inimicitias inciderunt, quia Epidaurii raptis statuis victimas
mittere cessaverunt. Herodotus tum sie tradit (V, 83): Erant etiam
per illud tempus, .sicuti antea, Aeginetae Epidauriorum imperia
‚subiecti, quum aliis in rebus, tum lites suas coram iudice discepta-
turi Epidaurum traiicere tenebantur. Deinde vero constractis navi-
bus virium fiducia ferocientes ab Epidauriis defecerunt. Tamque
“ut hostes et qui mari essent potentes 'vexabant illos. — Seguitur
bellum inter Athenienses et Aeginetas, in quo Athenienses ad oram
Aeginae naves appellentes tanta clade kunt affecti, ut ex toto exer-
citu unus calamitatis nuncius redisse dicatur. Eas inimicitias C.
Odof. Muelleräs in Aegineticts (V, 83) ad Olymp. 80 refert. Talis
dissensio cum Iomibus: et Doribes manifesto oraculo subest. Viden-
tur enim Neptunus Ionicas- et’ Tappiter Doricts' muptits "Thetidem
deam 'marinam‘ ambiisse et’ Peleus ‘Aeaci' Aliuis eam uxbrem näctus
esse; ‘in quoy ubi Iuppiter sea Neptunus se cum ea coniunxisset,
autumant fatarum 'fnisse, at filius, Aeginetae, patre maior evehiret.
A Doribus Aeginetae cultum amplissimum lovis Helleniei assumpse-
runt, cum Ionibus sein amphictionia sub Nepteni in Calaurea in-
stla culti praesidio eoniunzerfunt. Locus -Pindart in carmmime in ho-
norem tivis Aeginetiei composito ihvenitur:: Poete; ut solet, de uni-
versa civitate simul αἰεί, Recordataur cognationis’suae cam Aegi-
netis, quod Fhebe. ef Aegina sorores' habehantur.: Pergit Aecacum
ab Aegina pärtam esse in insula Oenopia!' eins filios ‘et nepotes
viros stremmos fefisse,- cuius’ ref etiatı meinores’ftisse superos, quum'
Idppiter, posfgeum ipse oräculo deterrituk sit, “uadente Themide
Thetidem Peleo uxerem dederff.' .‚Verba ‘Pindarr de oraculo haec
sunt: Themis deos deterruit,_ Ὁ 0000 on
εἵνέκεν πεπρωμένον ἦν φέρτερον γόνον οἵ ἄνακτα πατρὸς τεκεῖν,
ποντίαν Θεόν, ὃς κεραυνοῦ κρέσσον ὅλλο βέλος ν᾽ "'
Scripsit T. Katterfeld, 45
N
Ψ,
διώξει χερὶ τριόδοντος τ᾽ ἁμαιμαπέτου., di τε μισγομέναν
ἢ «Διὸς παρ᾽ ἀδελφεοῖσιν. . -
Apnd Aeschylam lo v. 749 quaerit, num futerum si, ut per
uxorem loppiter solio pellatar; respondet Prometheus
Ἣ τέξεταί γε παῖδα φέρτερον πατρός.
Eum filum Prometheus versibus (902—904) sic accuratius indicat:
Ὃς δὴ κεραυνοῦ κρέσσον. εὐρήσειε φλόγα,
βροντῆς δ᾽ ὑπερβάλλοντα καρτερὸν κτύπον.
Θαλασσίαν τε γῆς τρινάκτειραν νύσον
Τρίαισαν. αἰχμὴν τὴν Τιοσειδῶνος σκεδᾷ.
Hanc igitar vaticinationem ab Aeschylo ad res Athenieusium
relatam esse apparet. Qui suo consilio accommodasse videtur. Tbe-
tidis nomen in fabula, 4686 aetatem tulit, non invenitur, Caeterum
Athenienses Aeacum etiam nd se transtalerunt. Post Isagoram pul-
sum Boeoti, qui Atheniessibus simul cum Cleomene Lacedaemonio-
rum rege bellum intulerunt, vieti aazilium ab Aeginetis impetra-
verunt. “Atheniensibas’ ingpit Herodotus V,89. "expeditionem in Ae-
ginetas parantikus adlatim est Delphis oraculum iubens, ut triginta
Aannos, ἐχ quo iniuriae initiam fecissent Aeginetne, abstinerent bello;
primo autem et tricesimo anno belli adversus Aeginetas initium
facerent, postquam Aeaco templum statuissent. Id si fecissent, rem
3is ex voluntate cessuram. Harc renanciata ubi audiverunt Athe-
niehses, Aeacg templam statuerent, quod etiam nunc in foro ex-
structum conspicitur.’ Athenienses :etiam unam ex decem tribubus
suis ab Aiace dixerunt, Miltiades Cypseli filius Pisistrati aequalis
originem ab Aiace ex Aegina repetivit (Herodot. VIII, 35). Eum
Herodotus tradit recentioris memoriae civem Atheniensem fuisse ;
Pbilaeum enim, Aiacis filium, primam ex ea familia in civium Athe-
niensium numezum esse reteptum,. Hic Miltiades fratre usus est. ἢ
Cimone, cuius filius est Miltiades dux Atheniensium in pugna Mara-
thonia.. Qui quum ante pngnam Salaminiam diem supremum obisset,
secutus enm est in vinculis publicis Cimo filius.
Ex iis rebus elucet Athenienses propensos fuisse, ut Aeacidas
et ea, quae de Aeacidis relata erant, dummodo liceret, ad se
transferrent, ες
De vaticinatione, quam plurikus fabulae nostrae locis tanquam
res arcana tecte commeıhoretur, diversae susat voces, quarum päa-
trocinidm .suscipere debeo, .ut.pobem Promethenm; non fluctuasse,
sed rei exprimendae ubigue memorem fuisse. Schoemannus eos
locos‘ ai inter. se:repugnare. Ex quo coucludit totem rem tentandi
Promethei causa adhibitam esse.: ‚Sic efim censtt,:.<oguitum ir.
Prouietheim sincere facinoris pbenitere, uhi sponte fiduciam - sibi
oracdulb oblatam !abiecturss sit:: . In fabuld. ternionis ultima 8 Schoe-
manno ex fragmentis completa Themis ex Prometbeo, quocum iam
aligeem lovis ‚ansöorem: communieatit. intersogat: .Quid est.de filig,
quem Jove..maiorem futurum speras: . Deinde bis Allum tentat, ἂν
intelligat,. atrum spente spem abiccturus an diutius lovi miwaturus Bit.
=
416 De Promethea .ternione Aeschyli. .
Postquam Prometheus se omissa spe cum love in gratiam rediturum
dixit, Themis illud periculum Iovi imminuisse negat, oraculum ei
‚ fatale fuisse, non Iovi. Videtur talis permutatio subita minns ingenio
quum veterum po&taram omnium, tum gravissimi Aeschyli convenire,
Aeschylus lenius incedit, personae eius mazime sibi constant, poeta non
imprndentes nos opprimit nec rem in fine fabulae in summo momente
relinquit, uf scriptores historiae Romanensis, qui ea re ad exspecta-
tionem augendam utuntur. Apud veteres eruditionis genus aliud quod-
dam fuit, quam ut ea rei vicissituadinem aequo animo perferre pussent.
Vaticinatio ea exhibet principatum a Lacedaemoniis ad Athe-
nienses transductum’iri. Atheniensinm deus est Prometheus. Iop-
piter dens est principaftus, qui tum penes J.acedaemonius fait.
Inppiter igitar-regno pelletur et magnam sorlis vicissitudinem ezpe-
rietur, cf. versus 887899, in quibus hoc est:
Οὐδὲν γὰρ αὐτῷ ταῦτ᾽ ἐπαρκέσει τὸ μὴ οὐ
Πεσεῖν ἀτίμως πτώματ᾽ οὐκ ἀνασχετά.
Deinde v.906et 907: Πτεαίσας δὲ τῷδε πρὸς κακῷ μαϑήσεται,.
᾿ς Ὅσον τὸ τ᾽ ἄρχειν καὶ τὸ δουλεύειν δίχα.
Ea unica salus Promethei est, ut Ioppiter regno privetur, ν. 737 et 788:
Νῦν δ᾽ οὐδέν ἐστε τέρμα μοι προκείμενον
Μόχϑων, πρὶν ἂν Ζεὺς ἐκπέσῃ τυραννίδος.
Tamen Iuppiter periculo eripietur. Nam eius rei ei auctor Pre-
metheus seu civitas Atheniensis, quae eum excipiet, erit, v. 752.
lo versu praecedente interrogat:
Οὐδ᾽ ἔστιν αὐτῷ τῇσδ᾽ ἀποστροφὴ τύχης;
Respondet Prometheus:
Οὐ δῆτα, πλὴν ἔγωγ᾽ ἂν ἐκ δεσμῶν λυϑείς.
Ioppiter autem Prometheo ‚poenas dabit, Certe ignominia est loco
moveri. Sic Prometheus inde a versu 167, ubi in fme:
πρὶν av ἐξ ἀγρίων
Ζεσμῶν χαλάσῃ» ποινάς τε τίνειν
Τὴσδ᾽ αἰκίας ἐθελήσῃ. ᾿ u z
Verissime rem, qualis futura sit, exprimere videntur versus
190—193, quibus Prometheus sic:
Τὴν ἀτέραμνον στορέσας ὀργὴν
Eis ἀρϑμὸν ἐμοὶ καὶ φιλότητα
ΝΝ Σπεύδων σπεύδοντι ποϑ᾽. ἥξει
vel chori dictum 501et502: Εὐὔελσίς εἶμι τῶνδε σ᾽ ἐκ δεσμῶν ἕτι
“υϑέντα μηδὲν μεῖον ἰσχύσειν Διός.
De Prometheo suo Aeschylus materiam uberrimam in theogenia
Hesiedi invenit, 520—595. Quid. vero intersit inter Prometheum
Aeschyleum et eum, gnalis est in theogonia, aptissime ex Welckero
in libro de ternione Promethea edocemur (tom. I. p. 11). Aeschylus,
inguit, animum fallacem et vafrum, qui in fabula antiquiore de furto
ignis inest et in theogonia Hesiodea Prometheum inter caeteros deos
distinguit, exhibere nolait, sed sapientissima quaeque ex fabulis Pro-
metheis in suam po&sin transtulit. Alter vero po&ta Atheniensis est,
" Seripeit T. Katterfeld, 417
alter -Boeotus, Boeotus ἃ landibas Hercnlis Thebani incipit, qui
Prometheum cruciatibas liberaverit; ponit Prometheum igsem surri-
peisse et cpm. hominibus communicasse , deinde Tovem mulierem
procreasse, ex qua quum caeterae mulieres ortae sint,.miseria maxima
in terram immigraverit, Prometheum γεγο columnae aflfixum esse.
Ignis.-signum- est eius, qui se .contta Iovem -opponit, Sic Prome-
theus ignem rapmit eoque: in invidiam apud, lovem incidit. Animad-
vertendum est Prometheum et sapientiam tucri, qua Athenienses im-
primis. freti οἴ, et facipus.'edere, quo oppositio contra Iovem de-
signatur. Schoemannus sie iudicat Prometbeum secundum senten-
tiam 'auctoris theogoniae naturam hominnm, 40] nondum ad deorum
voluntatem se.accommodaverint, qui divinitati suae obloquantur, ex-
primere idque rapto contra lovis iussnm igne dedarari. .Prome-+
theum ab Arschylo largitorem eius generis rerum exhiberi, quae ad
vitam..beatami opus .non sint. Paulo remotius et obseurius id ex-
pressum esse ipse Schoemannus confiteter, qui censet veteres vera
quidem sensisse, sed 'verbis idoneis caruisse, Ignis furtum autem
Prometheo maxime peculiare ‘est nec fortuito cum eo iunctum, Fa-
bula Aeschylea post pugnam Salaminiam florentibus Athenis docta
ex ipsius temporis ratione ansam rerum Atheniensinm laudibus ex-
toellendarum prompsit, Etiam pugna Marathonia gloriationem Athe-
niensium excitavit, Herodotns aueter:nobis est 5. (6) ubi de tem-
pore proxime pugnam Marathaniam praegrerso verba facit: “Ας pri-
mum guidem, quum adhnc in urbe essent imperatores Atheniensium,
Spartam miserunt praeconem Philippidem. Cui ut quidem ipse
deinde narravit Atheniensibusqune renunciavit, eirca Parthenium mon-
tem, 4πὶ supra 'Tegeam est, deus Pan obrvius est faetns compella-
toque nominatim Philippide iussit eum renaneiare Atheniensibus,
nullam :illos sui curam: gerere, quum tamen bene cnpiat Athenien-
sibas -ac-iam saepe: de illis bene meritus fuerit et posthac etiam bene
sit meritarus, Athenienses quum iis persuasum esset vere ita ac-
cidisze, deiride, postquam res eorum:recte fnerunt compositae, tem-
plam Pani infra arcem statuerunt eumqne inde ab illo nuncio annnis
sacrificiis et lampade placant.’ -— Cultus Pani post pugnam institutus
est, in qua Athenienses sibi visi sunt servitutem ab universa Grae-
cia atcuisse. Pan et eadem vox est, atqne τὸ πᾶν. et caeterognin
ab eins significatione non alienus. Ἐπὶ Parthenius mons, ad qnem
Philippides accessit, in Arcadia, in Arcadia autem Inppiter et Pan
maxime inter se ceniuncti eunt. Est ‚Pan Lycaeus, Inppiter Ly-
caeıs;, Hllud festum, quod -Arcades Pani obeunt, ut eius signnm
scilla maritima verberent (cf; schel.- Theocr. 7. (6), quid aliud est,
quam dolere’ eos, quod mare 'non attingentes manci et alterins dua-
rum -rationum, quibns praecipuis Graecia 'utatur', mari et terra,
expertes sint. Pan .etiam ub Atheniensibns significhtione τοῦ nav-
τὸς exceptus est. Lampadedromia autem, qua Panas placaverunt,
ratio est exprimendae oppositionis contra e0s, qui principatu ntüun-
tur, ut fartuni ignis pro culpa, quam eo mode sibi contrahunt,
Archio f. Phil. ». Paedag. Βα, ΧΙΧ. Aft.3. 27
418 De Prometlrea' terniune: Acschyli,
ponater, Athenienses cheterique-Graeci sic tum se'gesserunt, ut .talie
generis artilicia maxime ex’ indole eoram: esse apparcat. Duo-ex-
empla 'sunt ex tempore pngnae Salaminiae, alterum:apud Herodet.
VIII, 65: Dicaeus Atheniensis, :qui cum Persis fecit, narravit: Quo
tempore Attica ab. Atheniensibus nuda västabatur a pedestri Xerxis
exercitu, fuisse. tunc ‘se forte cum Demarato Lacedaemonio in
Thriasio campo vidisseque ibi pulverem ab. Eleusine orientem tan-
quam a triginta admodum nillibug hominum. ezeitatum; . qunmgue
miratus esset, quibusnam ab hommibus escitaretur ille pulvis, ex-
audisse moi vocem, quae vox ei visa esset mysticus esse. Iacchus.
Pergit Herodatus Demarato- ignaro .sacrorum 'Eleasiniorum Dicaeum
dixisse: Demarate, haud aberit, quin magna clades esercitum.regis
adfiigat. Quum.enim deserte sit. Atlica, proreus manifestum esse,
üivinum esse illäm sonum Elensine auxilio venientem Atheniensibus.’ —
Altera närratio est in’ eodem Herodoti libre:, cap: 93’et θ4.. Est
de 'Asdimanto; Gorintkip, qui: Thomistoch mäxime adversates est,
quum Graecös ad Salaminem- retinere cuperet. Herodetus sic: “Adir
mantum Corintsiorum ducem aiant Athenienses -initio statim, αἱ
eoncurreruht' naves, metu terroreque : perculsum vela sustulisse et
in fugam sese proripuisse; reliquosque Corinthios imperatoriam navem
videntes aufugere pariter abisse.. Qui quum in fuga exadrerso tem-
pli Minervae Sciradis, quod.in Salamine 'est, versarentur, incidisse
in eos memorast celocem diviaitus missam; 'quam qui misisset, re-
pertum esse neminem; accessisse eam aufem ad. Gorintbios- omninm;
quae apud exercitum gesta erant, 'ignaros. Fuisse autem -divinam
rem inde colligunt, quod, qui in.:celoce erant, dguum :ad.naves ap-
propinquassent, haec dixerint:. Adimante, ‚tu -abduetis ‚navabus in
fugam te proripuisse prodens Gra@eos; at illi tantam de hostibus vi-
ctoriam fepoztarunt, quantam (psi..precati erant.: Tum Adimantum
et relignos retre comvertisse naves ef, ze peracta in castra.Graecorum
venisse. - Haec de:Corinthiis Athenienses narraht: At. pegamt fü-
ctum Corinthii segne inter primos navali huic pugnae autımmant inter-
fuisse; üsque testimoninm .exhibet : religqna ' Graecia.’ . Facile aufem
ea ıniracula id vincit, quod de: templo Delphico a Persis servato
perhibetur, in quo proraus consilii ;ad veritatem 'indagandam exper-
tes esse videmus,. -Auctor rursus est Herodotiw, VIll, 36. Sacra
pecuniasque et res preciosas in templo relietas esse -höminibus anfu-
gientibus, ‘quum deus dixerit se ipsum ad -tutanda .sua suflicere.
Arrıba. aponte . extra templum proposita. apparuisse. ‚Ubi barbari
. prope templum Miservae Pronaeae fuerint, de. enelo .fulmina in 608
decidisse, duos ‚armatos maiores,. quäm pro: kumano. mode, coR-
tinenter iis institisse, qui visi sint heroes indigemae Phylacas et Au-
tonous. ; Addit Herodotus saxa, quae de Paruaso deciderint, . ad
suam üsque aetatem superfuiase, in. agro Minervae: Pronkeae .saoro
iacentia, ‚in quem,. ppstquam per’ barbaros dewoluta sint; incubue-
rint. "τὶ Summag ignis et quasi fons.eius.est sol. Qüuirin hoo ignis
ysu Jbcum $ueri:solet. Athenienses autem non in sole Promethep et
&
% » .
Seripsit T. Katterfeld. - 410
Pane,' sed etiam in cultu. Minervae deae maxime sibi celebratae
hand ratienem,:ad qnam sol et lampadedromia spectant, expres-
serunt. Minerva. ‚cognomen Sciradis 'ex eo cultu &ccepit. Templum
Minervae Sciradis est in Phalero, portu Athenarum nobilissimo,, do-
neo post beilum Persicum Piraeeus exstructus est. Minerva igitur hie
maritimas: opes--tanquam maximum Atheniensium robar, exhibet. Est
etiäm templum Minervae‘. Sciradis in Salamine insala, πες id sine -
eatısa.-dieteih Adinsanto celodem ἢ 'prope templum hulus deae obriam
factam esse. Sunt Seirophoria,; in quibus Minervae Poliadis cum
sacerdete Selis sub umbella ad löcum, οἱ Seirus’ nomen. est, se
confert. . Non inturia igitur! me contendere puto Ζῆνω esse τὸν
ἕνα, “Ἥλιον ‚vero' 668ε ἄλλον Ἴσν. Bi Ilisdem perscrutamur, Iap-
piter: ‘est summus' deus,. ei subiectus est ’deus: maris, deus Ord,
tamer nec inter. deos mliuores ‚Sol apparet nec © Inppiter solern teiere
perbibetur.
„Bx Alinervae' templo, exndversum cuins ara Promethei sita
est, :cursores in lampadedromia se in viam.dant. Pausanias ἢ 30
tres deos esse. dit, :-qmibus Atheniß. cum faeibus decursum sit, Mir
nervae.,; Volano; Prometheo, Prometheus vera ab Atheniensibus
conditoe cursus -enm: facıbus habetur, ‚Hygin. P. A. li, 15; idem
Πυρφόρος non :sslum apad Aeschylum, sed 'etiam apud Ewipidem
Phoen. 1137, et Philöstratum Vit. Soph. Η 9 20, qui Apellonü Athe-
niensis dicta offert 9. appellutur.
Ea est rätio ignis 118 civitatibus propria,. quae principatu non
utuntur, quum :majorem dignitatem affectant. Etiam Prometheus
Tolog seu Telluris filus seu ‚pripcipatos expers est, ipse auteın
jgnem rapuit, quia ‚contra principatum se erezit. -- Acschykus in ver
sibus 7 et’ 8. ubi’ Vis allöqujtur Volcanum:: : ΕΣ ᾿
εν πε! 0 00% γὰρ ἄνθος παντέχνου πυρὸς σέλας
3: Θνητοῖσε κλόψας. ὦπασὲν. , '
Volcanus Athenis' Ἰυχία' aram' Promethei, ex; qua cursoTes. Orsi
ennt; propasifus erat. - Volcanus-Tovis’ filius ignem potissimum eum,
qui in. dicione Tovisr:est, temet et usque‘ ab. Atheniensibus ignis custos
habetur: Piromethens' autem' scaeptro insignis igni potiori .praeest,
schol. :Oed.. Col. 55. . Hlerödotus in univerzum .Graecog V olcani .per
lampadedromias . eultores commemorat. Quum enim ments tabella-
riorum Persicoriim' exphicare :vplt similitudinemgne ex.rakione hai "
cursus adhibet,, sic dicit (VIE, 98): “Qui :primüs currit, 39 secundo
tradit :mändata, sedundus tertio.:atque sie illa deinceps, alii δέχῃ
aläl tradita per singülos transeunt, quemadmadum ‚Apud Graecos
lampas in lampadum festivitate, quae in Voleani, honorem. celebra-
tur? : Volganııs ἑαῤείυς, est-cam,cultü lovia,:qii ‚latissime per Grae-
οἰῶ weiuit ,. httaimen : mapis. pro era squagani parte, Kraccorum ent
et. aliis Graecis ‚offensivneın: eoncitarit.. Quande. thengeniae nueter
vixerit, nom satis coristat. : 'Tamen licet caninefuram: fäoere ax re,
in qna cum maxime versamur.: -Comperimus de. permutatione volun-
tatis Boeotorum in. Athepienses, qualis ea. est, ‚quad Prometheus a
420 .De Promethea ternione Aeschyli.
viro Boeote poena affectus, post per Herculem Thebis natum libe-
ratus dieatir. Pisistratum enim 'Thebani contra Megaclem et Athe-
nienses adiuverunt. Flerodotus ubi narrat de consilio Pisisträteo ex
Euboea revertendi et Atheniensibus bellum inferendi: *Pisistratus,
inquit (I, 61), .munera colligebat ex iis civitatibus, quae eum superiore
tempore observantia quadam eraut prosecutae. Quarum. quum mul-
- tae magnas conferrent pecunias, Thebani praeter caeteros liberalitate
eminuerunt.’ Itaque Pisistratus-Boeotis acceptus fuit, Megacles non
item. Quare qui antea condenänati sunt, ab Hercule soluti esse diei
potaerunt. Superiora vero de Prometbeo culpam contrahente ma-
nifesto eontemptim et odiose dicta sunt, ut id est genus humanım,
inde .a Promethei fraude ossa alba dis in aris. oflerre, v. 556.
Sub Pisistrato autem Athenae iam multis aliis Graeciae cwitatibus
‚antecelluerunt, maxime quidem, ut videtur, litterarum stadiss, tamen
etiam civium opibus et urbis amplitudine Cui rei convenit, quod
Prometheus eliam a poeta Boeoto ignis raptor εἰ aemulus Iovis tn-
toris principatus censetur. Tamen Prometheus filius Telluris .est,
quod idem significat, atqlıe Iuppiter arcitenens et apud Lacedae-
monios quidem Iuppiter Lacedaemonius. Itaque Aeschylus Tellurem
et Themidem eandem deam Prometheique matrem dixit. Schoeman-
nus, qui id tuetur, diversas personas esse, frustra contra magnas
difficultates se opponere videtur. Est locus Aeschyleus 209-211:
Ἐμοὶ δὲ μήτηρ οὐχ ἅπαξ μόνον Θέμις
Καὶ Γαῖα, πολλῶν ὀνομάτων μορφὴ aba,
Τὸ μέλλον I κραίνοιτο προὐτεθεσπίκει.
Argumentum Schoemanni licere, ubi Tellurem εἰ Themidem
eandem personam dicas, pari iure etiam Tethyn, Dianam aliasque
deas cum Tellure permutare, tollit, quod Graeci nominibus certam
significationem tribuerint. Imprimis quum Aeschylam tam multa in
hac fabula novasse apparuerit, minus singulari exemplo effendi de-
buit. Caeteram in universum Aeschylus ab eiusmodi placitis non
alienns fnisse videtur. Sic Dianam, quae Latonae filia audit, Cere-
ris prolem feeit (fragm. 159). Schoemannus a structura nihil ob-
stare censet, .quo minus Tellurem et Thetidem diversas personas
faciamus, Interest autem aliquid inter locos, qui alibi duobus sub-
iectis verbum singularis numeri subiungunt, et hunc locum. Certe
non est causa syntactica, ob quam poöta praetulerit singularem nu-
merum plurali, qui in tali constructione usitatior est. Sed etiam
loci non congruere videntur, in quibus alibi pluribus subiectis ver-
bum' smgularis numeri additur. Cic. Brut. 17: enr Lysias et Hy-
perides amatur, quum penitus conlemnatur Cato? Cicero in univer-
sum 'tales viros designare volt, quales sunt illi duo, qnos nomi-
natim exhibuit, quo in unam notionem .concurrunt. In versu Per-
sarum Aeschyli numerus singularis κατέφϑιτο in longa enumeratione
- eoram, qui ad Salaminem procnbuerunt, v. 818 et 319:
' καὶ Mäyos "Aoaßog ᾿Αρτάμης τε Βάκτριος
σκληρᾶς μέτοικος γῆς ἐκεῖ κατέφϑετο.
Scripsit T. Katterfeld. 421
Singula etiam quasi in unam notionem coeunt. Sententia en
semper ante oculos obversatur multos procubuisse, Persas debellatos
esse. Porro, cur Aeschylus duas vates dixisset, quum alibi una in-
veniatur. Ex tenore loci nulla causa excogitari potest. Accedit,
quod in ipso hoc loco, qui numero singulari insignis est, exstat
σεολλῶν ὀνομάτων μορφὴ μιά. quod, ut Schoemannus censet, in
honorem Telluris dietum esse quam in universum tam in hoc po-
tissimum loco ad fidem faciendam non idoneum est.
Prometheo Iovis adversario ignis raptori socia accedit Io. Io
etiam lovi infesta est. Patitur dolores, quos a Iove sibi ortos esse
censet. Cf. versus 739— 741:
lo: Ἦ γὰφ ποτ᾽ ἔστιν ἐκπεσεῖν ἀρχῆς Δία.
Prometheus: “δοι᾽ ἂν» οἶμαι, τήνδ᾽ ἰδοῦσα ξυμφοράν.
lo: Πῶς δ᾽ οὐκ ἄν, ἥτις ἐκ Διὸς πάσχω καχώς.
Iuppiter hic idem est, atque Promethei adversarius. Non magis
cum fabula Ius Iovis dignatio amplissima perstare potest. Schoemanni
vindicatio admodum longe repetita est neque quidquam ad singula ex-
plicanda facit. Putat enim vir doctissimus connubiis deorum cum rirgi-
nibus mortalibus indicari deos homines coniunctione inennda ad gradum
ampliorem, beatiorem extollere. Io quum din somniis exhortantibus,
ut lovis nuptiis eam beatitudinem exprimentibus se offerat, resti-
terit, nefas commisisse et sic puniri, ut Iuppiter eam poena affiei
patiatur, Iuno autem, quae volgarem rerum ordinem exprimat, quo
homines commercio deorum arcentur, eam persequatur. Schoe-
mannus omnia ad philosophicam disciplinam refert. Iovem statait
perfectum, certe non culpandum esse, Prometheum et Ionem, qui
lovis inimicos se exhibeant, noxios et oflict immemores esse. Quod
in Ione nullo modo concedendum est. Nam, quod Schoemannus
peccatam censet, id castitatem esse apparet. Hi, quibus Aeschylus
patrocinatur, Prometheus et Io sunt et in altero virtutes virorum;
in altera virtutes mulierum exhibet. Est sonus nominis iam is, qui
nobis Ionicam stirpem in memoriam revocet. Non minus nomen
{us id sustinere potest, ut ex eo Ionica stirps dicta esse censeatur,
quam Io, Xuthi filius. Quisque concedet in fabula Aeschyli maximi
momenti esse, ut mulier doloribus affecta in scaenam producatur.
Cui rei Io optime convenit, quum Io Xnthi filius eam personam
minime tueri possit. Po&äta Ionem virginem Inachi filiam exhibuit.
Quo cum volgari narratione concinit. Id autem hac in fabula se-
cutus est, ut ad res vere gestas ea, quae in scaenam proferenda fue-
runt, flectere, Quo maxime probabile est eum hoc potissimum mo-
iitum esse, ut Ionicam stirpem seu [ones caeteros praeter Athenienses
arcessat. lJonica stirps simul cum Prometheo dolet et dolet quidem
malis, quibus a love illo circumscriptae potestatis deo afficitur. Ex
lonis autem posteris Hercules erit, qui Prometheum cruciatibus li-
berabit. Quo Inppiter ille non solum malignum, sed etiam non ne-
cessarium ad deliberandum Prometheum se exhibet et Tones sibi ipsi
422 De Pramethea.terpiane Asschyli.
ad libertatem recuperandam et. regtitnendas apes auflicere videntur.
Civitates Doricae Herculis posteris. .regibus usag sunt, tamen semper
Doricas se apprllari voluerunt,. etiamsi. reges .eorum nan fuerunt
Doricae stirpis, sed adoptione δὰ dnas partes eius adsgiti esse fe-
runtur. Ea.res quasi domestica.üs, est, Herculis posteres Doribus
praeesse; ubi vero, cum -peregrinis ‚gentibus rem gerunt, Darum
nomen prae se ferunt, Hand: dubie, ex.antiquiore conıdicione rerum
Graecarum ea res in tempora seriora perduravit. Dores. priores
auctoritatem assecuti sunt aut Antiquitatem originis concedentibus
caeteris Graecis honori sibi dederunt. _Postea vero coacti sunt aliis
auctoritatis illius expertibus se tradere, .qui quamgquam Dores sub
suam dicionem redegerunt, tamen novum nomen toti genti non im-
posnerunt. Sic Hercules seu Herculis posteri efiam ex parte Doribus
opposita snnt, ubi Graecos in duas partes discernis, Quate Aeschy-
lus Herculem inter pasteros: Ionis referre ‚potuit: Est etiam Athe-
niensibus acceptior, quam Bores. Herodotus. V. 72 : ."Cleomenes,
ingnit, Lacedaemopiorum rex, qunm [sagoram contra Glisthenem susten-
tavit, in areem eam gccupaturus ‚adscendit et,ad ‚penetrale, deae ac-
cessit, ut eam consuleret; at sacerdos de sella surgens, priusgnam
ille per ianuam intravit, dixit; Retrogredere, hospes Lacedaemonie,
nes in hoc templo pedem pone,; nefas est enim Doriensibys huc. in-
trare. . Cui ille respondit: At non Doriensis sum, o mulier, sed
Achaeus. Itaque rex concessit: Dores Atheniensibus invisos esse,
Achaens, quorum e numero Herculis posteri sint, eas, praeferre
statt, . oo. ΕΟ...
Id quidem apparet, Athenienses libenter Hereulem cum origine
δι Coniunxisse „licet ‚non maior causa suppetiverit, «uam quod Do-
riensjs non fuit. _ Duos autem,partes Graecorum faciendn .Aeschylus
cangecntus est, ‚ut Hercwis posteres, quum Dores non sint, Iones
habeat, Eodem modo etiam lonem Argivam pro Ionibus sybstituere
licuit. Nomen 'Ionum non in,,magno honore. apud Graecos fuit,
contra, Dores. nobiles .habiti sunt. Ad rationem Dorum et [onum
collustrandam locus Herodbti. facit, in quo de temporibus seditionis
Ionicae certiores reddimur:. 148, “Quym. seditio orta est, separa-
verunt.se Milesii a caeteris lonibus non eliam ob causam, nisj quod,
quum universa. tum stirps Hellenica infirma esset, populorum omnium
infrmissimus et minimi momenti fuerit lonicus; nam praeter Athe-
nas nulla alia .erat eorum civitas notabilis, Quare et alii Iones et
ipsi Atheuienses nomen etiam .fugiebant nec Iones appellari. vole-
bant, immo etiam nunc plerosque eorum pudet huius nominis. Sed
duodecim civitates. nominis lonici Asianae gaudebant hac appella-
tione, et separatim ab aliis _templum sibi statüeruut, .cui Panionio
imposuere nomen,” — Aeschylus duas vaticinationes exhibet maxime
inter se cognatas. : Altera est Promethei, qua diserte. indicatur na-
sciturum esse, qui Iove maior futurus sit, ;Altera Iani in oraculo
Dodonaeo data esse perhibetur. Οἵ, v. 815—817 de. quercubus
‚Dodonaeis voce praeditis; . 1. )
Seripsit T. Kettriell. . 498
“Ἴφ᾽ ὧν σὺ λαμειρῶς. οὐδὲν αἰνιεηρίως
. Ip φοφηγοφεύθης ἡ Διὸς. κλεινὴ δάμαρ
. ΜὨΜέλλουσ᾽ ἔσεσθαι.
‚Coniux lovie in cultu Dorum est Iano. Simulatque ad [ones
principatus. transterit, Io Iovis coniux futura est. Iliadis posta Grae-
‘cos petisaimum Argivos, Danaos, Achivos feeit; serier est distri-
butio in Dores, Asolas, Iones, Achivos, Aeschyli placitum, quale
ei vindicavimus, ‚est simplidssunum et minime fortuitum, ut Dores
ob ins quoddam praecipuum ab Ionibus segreget.
Ip novum-exemplum duritiae kovis est. ‚Sic Prometheus simul-
ge Io in scaenam, prodlit, rem explicat , v. 574: ı
7 Διὸς ϑάλπϑι κέαρ
. Ἔρωτι καὶ νῦν τοὺς ἐπερμήκειρ δρόμους
ες Ἥρᾳ στυγητὸρ πρὸς βέαν γυμνάξεται. '
Quo convicium contra . Iovem "contineri : declarat dictum 740;
"Höos. ἅν, οἶμαι» τήνδ᾽ ἰδοῦσα: ξυμφοράν." Post bella Persica lo+
Des MON cum cantentione omnium viriam a dominatione Persarum in
libertatem ‚vindicati sunt; gnod , poäta Lacedaemoniis. principatum
tepentibas: culpgde dare' potuit. 'C£, Herod. VI, 42: Artaphernes,
inguit, Sarılium, prasfecius, post seditionem. Ionicam artesaitis legatis
ex civitätibus co&git Iands, ut pacliones mutuäs facerent. de litibus
ex.iuris formula dirimendis nec porro vi et. armis inter se agerent.
Et hoc παρ facere coekit et.terras eoribdem dimensus per pärar
sangas tributa. quibusgne. imıpasuit, 4086. inde ab.illo tempore can-
stanter ad meam .usque detätem. eadem manent, sicut ab. Artapherae
consfituta sunt, Discernuntur ills temporibus fones liberi ab 115,
0008 ἐν νῇ βασιλέως "Ελληνες οἰκοῦσι, Tihucyd. VIII, 5 et 40,
Lacedaemonii etiam cum Argivis, quoram ex. civitate Aeschylus ἴον
nem oriundam. esse dixit, circa fenipus proximam post pugnam
Plataeensem pugnaverunt. Nam Herodotas duo proelia a Lacedae-
moniis contra finitimas gentes commissa inter pugoam Plataeensem
et seditionem ‚Helotum (Ol. LXXV, 2 et LXKVIH, 4) commemo-
rans prius id fecjt, in quo Argivi adversarü 'eorum fuerunt, Herold,
IX, 35. Argivi. Lacedaemoniis principatum inviderynt, sibi dimi-
diam partem depoposcerunt, iustum. esse. dicentes, ut totum Fon
sequantur; quod quum Lacedaemonü imdignum sua auctoritate spro-
verint, Argivi bello Persio a cura commnnis aalutis se receperunt,
etiam , ‚suspecti ‚sunt foedus cum Persis icisse, cf. Herod, VIl, 151 et
152,: ΙΧ, 13, Athenienses autem. cum Ipnibus Asiatieis' et cum Ar--
givis societates iunxerynt. Cum Argivis id paullo sarius factum est,
quam hagc fabula dacta esse: videtur,. habemug Supplices Aeschyli,
quas compositas esse censent, postqnam Ol. LXXIX, 3 foedus cum
Argivis ictum est. Athenienses konibus multa commoda praestiterunf.
Fuerunt enim auctores, ut lones in patria-remanerent, quum Lace-
daemonii 605. in aljam terram transfarre eupiverunt, Tum, eos ad-
versus insolentian Pausanige regis. Lageaemoniarum ‚.defenderunt
easque in ‚suam tntelam acceperunt. De pxriori merito Herodotus
428 De Promethea: termione, Aeschyli.
nos. certiores facit.: De.altero Thucydides nos edocet, Postquam de
munitione Athenarum. et de Piraeeo exstructo dizit, pergit de ex-
peditione a Graecis duce Pausania Lacedaemonio. enarrare. Tum
cap, 95 libri I. Quum Pausanias, ingquit, 'superbe' Graecos 'haberet,
᾿ praecipie lones et qui recens a vege Persarum' liberatii erant, mo-
leste insolentiam tulerunt. Ad Athenienses se convertentes- precati
sunt ab-eis, ut duces ebrum frant nec patiantur, si’quid Pausanias in-
solentius faeturus. sit. Athenienses cum iis consenserunt et statue-
runt illos iniurias patientes ion negligere et eorum res inito con-
silio disponere. Eam expeditionem initamque societätem plerigue
virorum - doctorum. — -Clinton- fastis:. Hellen., Wuchsmuth Antigtt.
Graec. II. p. 476, Kruegeras in stadiis histor, p. 37 sq. ponunt
in Ol. LXXV, 3/4 (a. Ch. 470, 8/7), Dodvell. Annal. Thucyd. in
Ol. LXXVI, 3 (a. Ch, 470), Muellerus de republ. Dorum, vol II,
ΠΡ. 498, in Ol, LXXVII, 2 (a. Ch. 471). Notissimum est, eo
tempore principatum . Atheniensium.. ortum esse, qui primum lones,
post alios insulares complexus sit; quam ob causam animi Graecorum
suspensi fuerint, quo res cessura sit, quum illae duae ‚potentissimae
civitates inter se concurrant, cf, Thucyd.I, 1. Inter tot res ab
Aeschylo in Prometheo exhibitgs, quas nusquam alibi sic enarratas
invenimus, etiam id est Prometheum lovi-in. bello contra Titanes
opem tulisse, Iovem eius ope victoriam reportasse, Prometheum res
novae rei publicae in ordinem redegisse. Nonne beilum Titanicum
sic conversum est, ut spectatoribus bella. Persica in mentionem re-
vocentur, deinde Prometheus Atheniensis lovi Dorico, cuius gloris
et principatus eo bello amplificata erant, auttor gravissimus per quem
id impetratum sit, exhibeatur; denique Prometheus servator humani
generis .dicatur, quum- Iuppiter ille exstinguere voluerit? Ea sane
mentio belli: Persici- manifestissima est. - Dori contra Graecos ante
pugnam Marathoniam, ante pugnam Salaminiam coınmiserunt,, quod
principatum gerentes officium non praestiterunt. Die rätione, qua
Lacedaemomii se‘ ante pugnam Marathoniam ' gesserunt, inspicias
Herodeti cap. 106 libri VI. “Qaum Philippides hemerodromüs Athe-
niensis auxilium ex mandato petiverat, placuit quidem Spartanis ex-
ercitum mittere, sed, ut Herodötus ait, id confestim facere non
potuerunt, guum nollent contra legem agere. Erat enim nonus dies
mensis, nono '‘autem die, quando non 'plena esset luna, se non
egressuros negabant. Plenilunium igitur exspectabant.” — Certe non
adfuerunt Atheniessibus in summo discrimine. Sic Herodotus VI,
120. Ad Selaminem Themistocles maxime Peloponnesios et Eury-
biadem regem Lacedaemoniorum summumque classis: ducem retinuit,
minis utens, postquam officii irrito eos admonuit. _ Dixit ehim Athe-
nienses, nisi classis appropingquantibns Persis ad Salaminem man-
sura sit, Sirin, in urbem Italiae, emigraturos esse. Pergit Hero-
dotus VII, 68. His Themistoclis dictis meliora edoctum esse Eu-
rybiadem; et maxime sibi ideo illam sententiam mutasse videri, quod
veritus sit, ne Athenienses socios deserant. Postea vero,' quum
Scripsit T. Kotterfeld. 435
εἰδὴ Xerxes consilium pugnae committendae cepit, Peloponnesü
trepidaverunt; multi dixerunt necessario ad Peloponnesum esse na-
vigandum et pro illo propugnandum; Athenienses vero et Aeginetae
et Megarenses contenderunt, eo loco manendum et eum hoste con-
Üigendum esse. Oppressit eos, qui fugam menlitati sunt, «allidum
"Themistoclis consilium. Atheniensibus igitur salus Graecias maxime
deberi videtur non tantum, quod alacerrimi in beilo faerunt (Hero--
dotus VIII, 97. Aeginetas sit in pugna Salaminia praecipuam lau-
dem consecutos esse et post eos Athenienses), sed callidis eonsiliis,
quibus Graecos nolentes ad dimicandum adegerunt. Eam callidita-
tem etiam in Prometheo Aeschylus exhibet, versibus 204-213 de
titanomachia. Omnia caetera consilia id superare videtur, quod Tbe-
wmistocles per Sicinnum Xerxi suppeditavit, quia animum impavidum
et paratum maxime declarat. Quod ubi Athenienses in fabala agno-
verunt, necesse &st eos 'summa laetitia aflectos esse. Potuit autemm
aliquis sibi persuadere Aeschylum id in’mente habuisse, ubi de asta-
tia Promethei dizerit, qua etiam Titanes lovis hostes adiuvare
voluerit.
- ᾿Ενταῦϑ᾽ ἐγὼ τὼ λῷστα βουλεύων πιϑεῖν
Ζιτᾶνας ...«......
Οὐχ ἠδυνήϑην᾽ aluvlag δὲ μηχανὰς
᾿Δτιμάσαντες καρτεροῖς φρονήμασιν κτέ.
Nescio, an hoc per irrisionem de Persis eorumque sociis di-
ctum sit. Aeschylus Iovem deum principatus feecit et Titanes prae-
sides civitatum, quae principatu non utantur. Bellum Titanicum ei
est bellum, in quo civitates cam Lacedaemoniis dissidentes eos ag-+
grediuntur. Sic una Titanis nominatim ab Aeschylo .exhibetur,
v. 855 et 856: τοιόνδε χρησμὸν ἡ παλαιγενὴς M
Μήτηρ ἐμοὶ διῆλϑε Tiravig Θέμις.
Mater Promethei, qui ἴονὶ obsequiam non praestitit, est una ex
Titanibus. In: universam Aeschylas Titanes v. 205: Οὐρανοῦ re
καὶ Χϑονὸς τέκνα .dixit. | = u
luppiter principatas deus es Ovgdvyıog, Χϑῶὼν congruit cum love
arcitenente, Lacedaemonio, ut appareat eos medios inter principa-
tum et regnum alteram tenere, alterum autem affectare. Quan-
quam- Iappiter certatim a po&tis omnibusque Graecis summus deus,
omnium rerum initinm et finis quaeque alıa sunt, quae per-
fecto numini conveniunt, dictus est, tamen etiam praesides suos,
Titanes, ornare cupiverunt, ut notioni Iovis alibi indicatae oblo-
quantur. Sic Aeschylus etiam 'Themidem, Promethei matrem, au-
tiquissimam dixit, quae genti antiquissimae praesit. Idem lovi op-
probrio dat, quod non ita pridem dominatione potitus est. Sic
etiam in Orestea furiae queruntur de dis, qui serius regnum asse-
cuti sunt, |
Bellum Titanicum nequaquam sic exhibitum est, ut exhiberi
solet. Id maxime insigne alioqui est lovem Titanes imperio pellere.
Aeschylus vera v. 199:
᾿
426 De Promethea ‚teraiope- Agschyli.
....Emel τάχιστ᾽ ἤρξοντο δαίμονες χόλον... - .“....
ι . Σεάσις δ᾽. ἐν ἀλλήλροεσω, ὠροϑύνετο,, ἫΝ εν ὁ το ἃ
: εἰ μὲν ϑέλοντος ἐκβαλεῖν ἕδρας. ‚Koivoy . . - ;
Ns Zeug ἀνάσσῃ δῆθεν κτᾷ..
Sane onsulto eritatum esse videtur, ut aligaid exhibenter, quod
in comparstienem cum 'bello Persico adscisci non potest. Si enim
dietum: esset: loves contra Titanes surresisse, similitudo sublata
esset. , Sed appd .Aeschylum divi in daas -pärten- discedunt, guarum
altera Satarno 'praeside, altera löve utitur, '
Inter‘ P/ometheum et lovem Öceanus se interponere. volt. Nam
is Iuppiter, qui: Lacedaemonioram. est, Prometheum .odit; vernm
ubi ‚Athegienses ipsi principatum nacti erunt, Ioppiter ad.eos trans:
ibit.. Oceanus autem Atheniensibus propitius est, φασι rebus ma-
ritimis.operam. dant.. Isaque is est, qui lovem ad amicitiam et so-
cietaten eur Atheniensibus iungeadam transdacıt. : Prometheus Aliamı
ne wxorem dusit. . Versus 941-643: Chorus:
ὌΝ Ἰότατε. γάμων: ὅνε τὸν ὁμοιατρίαν ξδ-
νοις ἄγαγες Ἡσιόναν
Πιϑαν: δάμαρτα κοινόλεκτρον. ı : . ..
Oceano autem Juppiter multum gratificari - videtar, si. sperat se
Prometheum cruciatibus fiberaturum. ‚Apparet eum regno cum love
principatus deo coniunctum esse δὲ in mari similem esse lovis in
töotam terram auctoritatem exercentis., Deus inferior non ausus esset
ea sibi sumere. Oceanum: vero ipsa Juno ϑεοὺν γένεσιν et uxorem
elus- μητέρα Τηϑυν᾽ ἀϊεῖξ — ἢ, ΧΙΡ; 800. Prometheus Telaris fi-
lius ea ratione se extollit,; πὶ filtam Oeeani uxorem :ducat. Liberos
Oceani magis sibi- congiliavit, quam Oceanum Ipsum. Versus 103
et 104. Chorus: ᾿
προσέβα τόνδε πάγον; πατρῴας
εὐ τ μόγις προσειποῦσα φρένας. ᾿
Juventus: antea hominem novam comprobat. ÖOceani philosophica
eruditio ea est: noli, Prometheu, adverso flumine natare, cf. v. 314;
si sedata eris' mente, ego me interponam et hanc gratiam a ἴονε
assequar, ut, ex miseria libereris. ΄"
Quid vero est, ‚quod ‚Promethens Oktedno’ dieit, ν' 8951.
᾿ Ζηλῶ σ᾽ ϑούνεκ᾽ ἐκτὸς αἰτίας κυρεῖς
ΤΙάντων μετασχον καὶ τετολμηκαὶς ἐμοί." ᾿
Id manifesto abloqui' videtur dictis Promethei » 86 v. 236,
priusquam Öceanus in scaenam prodierat, protulit:
Kol. τοῖσιν οὐδεὶς ἀντέβαινε πλὴν ἐμαῦ,
. Eyo δ᾽ ἐτόλμησ᾽" ἐξερυσάμην βροτοὺς ᾿
Τοῦ μὴ διαῤῥαισϑέντας εἰς Αἴδου μολεῖν. u
Apparet altero loco Oceanum pro mari positum esse, in quo
Athenienses sya, fortia facta ediderint; quod quum, revera socius
haberi non possit, Prometheus ‚non minus apte solus periculo_se
opposuisse dici potuit. " “
-«ε
Scripsit. T. Katterfel. - 4
Manifestissime ‚discrimen inter «eos maritimgs in Teihye et
Thetide apparet. Altera est Oceani uxor, altera plurimis sororibus
utitur: Quemadmodum unus principatus, unus Inppiter' caelestis est,
sed multa sunt regna, quae futela eorum, qui principatum hahent,
utuntur. Thetidis pater est Nereus, Nerei secundum theogoniam
Hesiodi Pontus, cuius uxor est Tellus. Ea est series deorum, quj
sub Principatu versantur,
, ‚[ragici ροξδίδα, simul res gestas tractaverunt εἰ instituendig
suisque sententiis imbuendis eivibys ‚studuerunt. Neutra ratip per se
üs suffecit. Sic Schoemannus, qui nostram fabulam prorsus ad
philosophiam revocat, exemplum quoddam canstituit, cuius nulla alig
fabula similis est. Duplex natura tragoediae forma ipsa; quae ex
epica et Iyrico genere coaluit, indicatur, . Res gestae autem a tra-
gisis .pe£tisı.sic ‚tragtantur,. ut poetae epici. viam praemopstrayerynt,
Ea est mythica. ratio. Übi ad res gestas, quas, accuratius- sciun
quibus. ipsi .interfuerunt, animum applicant, tamen ja mythicam for-
mam; induunt, quam fotus cultus externas antiqui theatri indicat,
Praecipuum monjentum ‚fabulae nostrae in singulis sententiis conr
tineri videtur, quibus ‚poeta. meres Atheniensium, perstringit. Iig
enim se "praeceptorem,.et admonitorem civium suorum exhibet. Eins
genexis. est, quod Mercurius ‚dieit ‚v,959:
ες Βἴης φορητὺὴς οὐκ ἄν, el πράσσοιρ καλῶρ. .
Qui insolentiam Atheniensinm notat eosque admonet,' ut si suä
constantia : rerum potiti. int; mores sorrigant, Tum multa alia
dieta; ut chori 260: u
. Ἤμαρτερ" ὡς ®. ἥμαρτες» οὔτ᾽ ἐμοὶ λέγει, ΝΣ
Καϑ᾽ ἡδονήν, σοί τ᾽ ἄλγος. ᾿
Eo quasi admonitio continetur, ut Äthenienses ipsi operam ‚dent
ea cognoscere, et emendare, quae vitiosa sunt.e. Maxime autem ani-
mus versutus eorum notatur. Quod poeta summa arte in moribug
Prometbei,expressit, ut nemo possit, quin intelligat. id in eo expro-
brarj. : Prometheus, qui ipse pericula. et dolores vilia - ‚habet, ea,
quae Toni imminet, verbis. callidis amplificat, quum ‚potius. solatia
sint adhibenda. Consulto enim agit, guo magis eum: contra loyem
exacerbet et sotiam, irae assequalur. Versus 678, ubi ad chorum
conversus:
Πρό γξ. στενάξεις καὶ φόβου πλέα τις εἶ, iv
Enloyes,, ἔστ᾽ ἂν καὶ τὼ λοιπὰ προσμάϑῃς.
Versus725: Συ δ᾽ αὖ κέκραγας, κἀγαμυχϑίξει". τί mov.
Δρᾶσεις, ὕταν τὰ λοιπὼ, πυνϑάνῃ κακαὶ
Υ. 758: Καὶ μηδὲ σαυτῆς, ἐχμαϑεῖν ξήτει πόνους.
Quod contra Iovem Aeschylus dixit, omnino, rationem,, qua” se La-
cedaemonii gesserunt, exprimit, ut civem patriae amanteın, etumdem
adversns alios.non iniustumg. cognoscamus. Totam ‚ternionem sic ad
finem perdueit, ut duo papuli litigantes inter se concilient. Miseret
eum, quod Prometheus ex cruciatihus , quibus afficitur, ipsc se mi
eripere potest, . Alios ait eum antea 6 miseria. eripuisse, fu
.
sar6 » :
428. De Promethea ternione Aeschyli,
'antern mali medict eum similem esse, qui consilii ad salutem recu-
perandam expers sit. Versus 464:
| κακὸς δ᾽ ἰατρὸς ag τις ἐς νόσον
Ilsoov ἀϑυμεῖς καὶ σεαυτὸν οὐκ ἔχεις
Ἑύρεῖν, ὁποίοις φαρμάκοις ἰάσιμος. ᾿
Beneficia enumerat 9. quibus Prometheus genus humanım affecit.
Ibi iam de ignis dono nihil commemorat,: quia id proprio sensu nul-
lım eins donum est, Quivis enim intelliget serio Prometheum de
rebus, quas qui dedit de humano genere bene meruit, vera facere, qui
autem ignem se dedisse dicat, eum aut ioco uti aut alium sensum dictis
supponere. Itaque Prometheus sic incipit, se dis, qui modo regno
potiti siat, dignitates assignasse. Sed libere silentium de ea re
agere, quod qui adsint, norint. Id enim extremum beneficium eins
ἄμε, quo servata a Persis Graecia res Graecorum in ordinem rede-
git. Primum Prometheus affert se homines edöcuisse domus ex la-
teribus et ligno aedificare, operum ligneorum se auctorem 'esse,
Pfinius VIT, 56 exhibet Coroebum: Atheniensem, qui figlinam inve-
nerit; etiam Chalcosthenem Atheniensem in eadem arte figlina ela-
borasse, XXXV, 12. Pausanias duos exhibet Pelasges, Hyperbium
et Euryalum, qui muros latericios Athenis invenerint. Idem tradit
Hyperbium et Agrolam murum Pelasgicum Athenis exstruxisse. —
Res subsequentes, quae ad studia artium et litterarum pertinent,
nos quoque .secandum auctores volgari elocutione utentes ad Athe-
nienses referre solemus. Solonem enim auctorem accuratioris tem-
porum distributionis eorumque notandorum rationis habemus, cf.
Plut. V. Solon. 25. Litteras sibi peculiares Athenienses tempore Pisi-
strati habuerunt. Suspicantur quidem fuisse antiquiores quasdam
toti Graeciae communes, quas Romani a Graecis assumpserint; nobis
- autem sufficere videtur, quod Aeschylus scivit, Athenienses litteras
sibi peculiares perantiquas habuisse. Certe gravissimum auctorem
laudare licet Wolfum in Prolegomenis, qui Solonis temporibus usam
. litterarum increbruisse contendit. — Athenienses’ equis alendis et re
maritima curanda eximiam laudem meruerunt. Iliadis po@ta de Me-
nestheo Atheniensi, II, 563: .
τῷ δ᾽ οὕπω τις ὁμοῖος ἐπιχϑόνιος γένει᾽ ἀνήρ,
κοσμῆσαι ἵππους τε καὶ ἀνέρας ἀσπιδιώτας κτέ.᾿
Campus Marathonius aptus habitus est equis alendis. Itaque ap-
paret, ut Aeschylus eam rem Atheniensibus vindicare potuerit. —
Ars medica etiam videtur ab Ionibus exculta esse, ut Hippocrates
ex rudimentis eorum, qui priores in ea arte operam collocaverunt,
hayserit. Anfiquis enim temporibus eae artes per singulas genera-
tiones propagatae sunt. - ᾿
τ ,Denique Aeschylis ad res divinas transit. In iis sic ἀϊβευϊδαϊ,
ut oracula, quae verbis disertis fiunt, Doribus et Apollini peculia-
ria habeat, contra omnia genera caeterarum vaticinationum alteri
parti, quae est Promethei, vindicet. Sic enim Graeci videntur haec
genera dispertivisse, ut quattuor sint, quae Xenophon cam Aeschylo
Seripsit: T. Katierfeld. : . 439
coneinens exhibet: Mem, Socr. I, 1, 8: ὅσοι μαναρνὴν νομέξοψεες
οἰωνοῖς τὸ χρῶνται καὶ. φήμαις ᾿καὶ φυρβόλοιρ. καὶ ϑυαίαις, Pro-
metheus v. 476: -
Τρόπους δὲ πρλλοὺς “μαντικῆς ἐστοίχισα,
Κἄκρινα πρῶτος ἐξ ὀνειράτων, ἃ χρὴ
Ὕπαρ. γενέσϑαι κληδόνας τε δυσκρίτους
. Ἐγνώρισ᾽ αὐτοῖς. ἐνοδίους͵ τε συμβόλους
. Γαμψωνύχων᾽ se πτῆσιν οἰωνῶν “κεϑρὸς
Διώρισ᾽ ‚ri.
Σιπλάγχνων τὰ λειότητα. a . j
Denigue Prometheus rei metallicae inventionem sibi rindicat.
Videntur eam rem etiam 81} εἶδ! vindicasse; Acschylus enim:
τουσόν za τίς
Φήσειεν ἃ ἂν. πᾷ ἕν. ἐξευρεῖν ἐμοῦ
Οὐδεὶς, σάφ᾽ oe μὴ μάτην φλῦσαι ϑέλων. .
Ex fine orationis apparet non tam acenrate Aeschylum res digno-
visse. Quid enim, ubi amnes’ artes a Prometheo sunt, tempus sin-
gula enumerando terit? Sed ardore sermocinandi, magnitudine sue-
rum meritorum in es verba erumpit:
Βραχεῖ δὲ μύθῳ πάντα συλλήβδην μάϑε,
Πᾶσαι τέχναι βροτοῖσιν ἐκ Προμηϑέωο.
Accedit autem ad amplificanda Promethei beneficia , quod nuper
Iovi praestitit. Oceannm sibi ceonciliavit .eius filiarm uxorem duxit,
Post pngnam Titanicam et initam cum Oceano gratiam ip invidiam
Iovis incidit, qnia:ampliora in genus humanum contulit. Cum Pro»
metheo dolet Ionica stirps, quae partim epyd μοξίβπι ex Jonibys
exceptis Aihenfensibus constat, quum Prometheo oppnopatur, partım
Athenienses simul ampleetitur.: Latiore significatione accepta est,
ubi Io Iovis coniux futura exhibetur. Quis autem nisi lones Ionico
mari nomen dedit, ut disertum testimonium -habeamus Aeschylum
sub lone lonicam stirpem intelligere. Sic enim Prometheus ver-
sibus 819 sg:
Χρόνον. δὲ τὸν μέλλοντα πόντιος μυχὸς
Σαφῶς ἐπίσταα᾽, Ἰόνιος κεκλήσεται.
Τῆς σῆς πορείάς μνῆμα τοῖς πᾶσιν βροτοῖς.
Prometheus est filius Telluris, Ögeabi ,. qui prineipatum in mari
esprimit, fillam uxorem dasit, petrem ipsum sibi condiliavit, qui se
neminein plaris facere confitetur, 292. Oceanus se inter lovem et
Prometheum interponere volt, ipse principatum lovis magni facit et
Promethei auetor est, ut lovi cedat.
Postquam Prometheus varias admonitiones sprevit, in fine fa-
bulae minis tentatur,. quibus eum Mercurius loris nuncius exercet,
Tum ‘Io ἰδαὶ vesania abrepta a scaena discesserat et chorus de ea
sententiam elocutns erat. Io enim homines eos esprimit, απ nulla
sua culpa nec ullis meritis dolores patiantur, qui nisi casn In magnas
res implicarenter, vitam degerent quietam εἰ ignobilem. Qnare
chorus eam doctrinam- pereipit, optandum esse, ne casu fiat, ut
430 De Promethea- ternione Aeschyli.
imsior aliguis et potentior eas amore ampleefatur, quum resistere
non possent;' ‚sapjentem esse, qui stataerit σοι υἷα inter cos, qui
gradu pares sint, unice ‚exoptanda esse. Versus 869-871:
Ἢ σοφὸς. ἦ συφὸς; ὃς' πρῶτος ἐν γνώ-
μᾳ τόδ᾽ ἐβάστασε καὶ γλώσσᾳ διεμυϑολύγησεν,
Ὡς τὸ κηδεῦσαι καϑ' ἑαυτὸν ἀριστεύει μὰκρῷ.
Contra Prometheus 16.. 681 9. gei summa audere, summa etiam
pati possit, qui benevolus sit amicis et ab iis.non abalienetur , quan-
quam ob eum amorem maximis cruciatibus afficiatur, qui dolores
viles habeat, sed ignominierk ‚„ubi ab allis in ἴδιαι miseranda con-
dicione inveniatur, fugiat. Prometheus statim novit Ionem eumgn
nomine 'patris compellät, deinde etiam praesagit: ei errores, qui
subeundi sunt, eosque indicat, 4dAos perpessa est. Contra Io mi-
ratur, qua ratione Prometheo insotuerit, ipsa cuiasgne cognitionis
accuratioris expers- est. Sic - Prometheus ‚cum quodam auctoritatis
indicio eam alloquitur, versu 596: |
ΕΣ Hvoos βροτοῖς 'δοτῆρ᾽ ὁρᾷς Προμηϑέα..
Respondet To: Ὦ 'ποινὸν ὠφέλημα θνητοῖσιν φανείς,"
Ἰλῆμον Προμηϑεῦ. τοῦ δίκην πάσχεις «δε;
Poeta Prometheum <iorem fecit‘, "quam Volcanum', itaque, u
videtur, modum caeterorum deorum, qui in scäenam prodeunt, EXCR-
dentem. Vis- Volcano imperitat ν. 74: -
' Χὥρει κάτω. σπέλη δὲ κίρκωσον Pla.
Τὰ nobis in mentionem revocat Prometheum et Volcanem praeside
Inıhpadedromiae 'Athenis: celebratae, quorum ‚alter sgaeptro insigni
fuit. Schok:' ad Ρι 4. Pyth. v.35 proverbium exhibet, quo Sopbe:
edlem usüm esse contendit: Σοφοκλῆς δὲ “ἐν "τῷ" Προμηϑεῖ: τοῦ
Προμηθέως ϑέλων λέγειν τῆς φρονήσεως, ἀνυόχεσθαι, καὶ μὴ τὴς
βεταμελείας. Boeckhius dubitat, num scholiastes recte hoc dictus
eitaterit.” Certe exstitit tale proverbium εἴ proatl 'dubie apad Athe-
nienses, Id videtur singulare exemplım wolgatioris: asus’ nominis if
sermone Attico. Is igitur Prometheus, cuius cultus et nomen ab
Atheniensibus celebratur, ineunte. fabula .'eonspieitur.. ‘Volcanus ot
cupatus est, ut eum’rupi affıgat; invite id facienterh Vis et Vie
lentia impellant. Praecessit 'fabulam Promethei' wincti Prometheis
IIvggpogog , ‘cf. Gellü N.. A. XUI, f8,.schol. ad. Prometheam vinctu
v.94. In ca aliquid exhibitum erat,.quod‘ ante poenam ishmissan
gestam ‘est. Maxime quidem culpa, quam contrazit; exposita est
videtur. Cie. Tuse. ἢ, 10:46 furto Lemnio, οὐ quad Prometheus
punitus sit, cum commemoratione' Aeschyli toquitar τ" ‚Weniat Aeschy
Ius, ‘non’ po&ta solum, 'sed etiam Pythagorens ‚:.sic' ent accepimusi
duo mode fert apud 'eum Prometheus: Holorem; quem excipit οὐ
furtam "Lemnitm, untde ignis cluet: mortalibus 'clam' däsisus? eu
doctus Promelheus clepsisse . dolo poenusque . Ion‘ fedo expendin
supremd.” Schoemunnus autem iam exposuit non -mimis confidendum
esse Aescliylum in Lemno segenam exhibuisse , quod versus sequel-
tes ex Soplioclis tragoedia sunt. Matest.esse, ut Prometheus #
Seripsit T. Katterfebd. 4δὲ
fabula ternionis "prima comimemöraverit δὲ igwem: ex: Leinne- sum-
psisse, verum ipse in fabula Athenis versätus sit. Etiam id ex-
emplo probati licet, 'scaenam antea in Lemuo fuisse , post Athenas
transductam esse; in furiis enim Aeschyli loeus- sic Mutatus est.
Nuptiae Promethei haud dubie uberius propositae sunt, ad quas
ansa praebetur Piraeeo illo tempore ab. Atheniensibus exstructo,
Thucyd. I, 93: “Themistocleg Atbeniensibug perenasit, ut quae in
muniendo Piraeeo desint, ad finem perducant,. quuın censuerit lo-
cum opperlunum esse, tres portus' näturales .et ipsos:nalılicos :factos
magnopere profecturos in acquirenda potentia. Allesenim et primps
ausus est elogui: maritimis, opibus confidendum' esse et statim ad
Slorem. eos evexit. Latitudo διατὶ 68. est farta „ giae etiamnunc ests
nam düo. plaustra. exadversum alteram alters obwia lapides advezerunt.
Amplitudine, eius. insidias ab hostihys structas inritas facere 'voluit ἐξ
arbiträtus est. 'horines : patcos : :e0sqne ' 'militiae inhabiles :ad eusto-
diesdum locum suppetituros;. reliquis autem naves 'conscendendag
esse. In rem.. nauticam inaxime: incumbebet‘, qui, ut.mihi. vider
tur, intelligeret invasionem barbarorum per mare magis.iiuminere,
quam pedestri. itinere. Piraeeum autem utiliorem esse «enst su-
periore urbe et saepe Atheniensibus dixit, eos, si fatorum sit, ut im
terra premanlur. naves tonserndentes omnibus posse resistere,
Athenienses eo mode muros äccepefant statim, postquam e Graecia
discesserunt.?
Munus "duorum love. ΓΝ ἀὐτιῤαἐτογυίαι et ΨῬοϊοληὲ Gnitum est
Promethes ad rupem aflızo. Postguam' is- per breve tempua 530.
Ius relictus-.est, ubi per silentium memijnit 4. quo compulsua sit,
Oceani fillae accedunt eique in meinoriam revooant- ‚pristinam for
tanam. Tum ille:pudore cerripitur, : quad. iadibrio expositus est.
Meiminit: autein: Ebenter. factorum suerum 'neque homäinibus in: nos
verdit,. :quod.eouram causa patitar. Interim pater Oceanus advenik
- onius adınonitiones et promissa ‚Prometheus non maltum curat, quog
Oceanus manifesto rem non bene perspicit.'nec Promethei.mera
satis cognuvit. Oceanus allam rem in animum nom induxit, quam
opus esse, ut Prometheus lovi morem .gerat; . dulet, quod Prome-
theus cunctatur, οἱ rem se citins ad eventum penducfurum esae-aperat,
Prometheus ei nihil de :vafieinatiome :diit, qnia, ut yidetur, super-
vacaneım censet. Postquam Promeiheus. irzito cansilio abiit, Pro-
metbeus.-merita.sua uberius exponit Oceani filiabus audlienälius, -quse
Prometheo ‚merem gesturae de carrı deseenderumt. . Venit.io vesanis
incitante;: magnum - ‚disorimen ‚inter lomem ἐξ Prometheiyn ‚statim
inennte .colloguio indictar. .. Deinde. Promethehs ‚duna res. acezetäs
aperit,. lag. errotes.. et. enm, ἃ, quo eum.liberatum .iri-in fatis eat,
textiam. sibj.: retinet,. quod .salus:.sua: celando ;oantineatur. Tem lo
denuo ‚se in: viam dat ‚et Oceani:filiae eloganstur,. quae doctrina.ex
eiua-.‚etuciatibus- percipienda #it, ' Veernm Prometheus tum: e conirarie
animpm invictum. manifestissime: declarat, Sed etiam nare tentamini
exponitur. - Nescio, an. poätae, bi fipem hai fahnlae. compesuit,
482 De Promethea ternione Aeschyli.
ante -ounlos obversati sint legati Laoedaemonierum, qui Alhenien-
sibus :moenia exstraentibus intertenerunt.: Sic enim üs- ab Athe-
niensibus illnsum esse, ut Alercurius a Prometheo ieridentur, esisti-
mandum est. ‘Versus 966 Mercurius: "
᾿ Ἐκερτόμησας δῆθεν. ὡς. παῖδ᾽ ὄντα Pr
Idem v.987: Adyav ἔσικα πολλὰ καὶ φίἄτην. ἐρεῖν,
Τέγγεε γὰρ οὐδὲν οὐδὲ μαλθάσσει ἔαρ
«Διτᾳῖς.
Denique calamıitas ingruens Prometheo "obmnnciatur. Esque brevi
δρρδγοῖ et ἃ Prometheo animo impävide perfertur,
Tertia parte ternionis po&ta ea,- 4186 per düas fabulas prae-
peravit, ad eventgm. perduzit, ut εχ ea iudicinm ipsins cognitum sit,
Fragmenta nobis exhibent chorum ‚ex TFitanibus eonstitisse, Prame-
theum ad. Caucasum: affxum apparuisse, Herculem aquilam, quae
Promethei iecur adederit, transfixisse et Prometheum ei iter zusci
piendum designasse. Est etiam id coronam solere capiti: imponi in
locum. vinculi Promethei (ἀντίποινα τοῦ ἐκείνου δεσμοῦ)» Athe-
naeus XV, 672, E.
-Quod Titanes e vinculis dimissi sunt, indicat condicinnem reram
mutatanı esse; antea enim Iuppiter dictus erat ea, ‚quae magnz sunt,
pessumdedisse, Caeli liberos impense perseqi, v. 16%. . Titanes
longam viam emetiuntur, ut Prometheum.conveniant. Prometheus
iis cruciatus suns longo sermone exponit, illi haud dubie anime pro-
80. ΘΠ} andiunt. Sed etiam Promethei verba, quae de love fa-
cit, sedatiora prioribus sant, nullae minae, wulla maledicta; — Pro-
dit in scaenam Hercules, quem Prometheus verbis, quae aetatem
tnlerunt, alloquiter -
᾿Ἐχθροῦ πατρός μοι τοῦτο φίλξατον τέκνον.
Bie odiana erampit, quangnam. non ‚data opera lovi. conviciatur,
sed, quam Herculem allocuturns sit, meminit contrariae rationis,
quae ei cum 'patre eins est. Hercules. cum cum palre conciliabit,
Tum chori dietum ratum fiet, 501 οι 602;. . -
᾿ς Βδελπίς εἶμι τῶνδε σ' ἐκ δεσμῶν ἔτι.
“υθέντα μηδὲν μεῖον ᾿ἰσχύσειν Ads,
vel Promethei Τὴν δ᾽ ἀτέραμνον στορέσας ὀργὴν"
ὐ Ek ἀρϑμοὸν. "ἐμοὶ καὶ φιλότητα
Σπεύδων σπεύδοντί ποϑ᾽ ἥξει.
Quibus dietis nihil obstare contendimus, Chorus, qui verbe profert, is
est, qui polissimum poätae sententiem, quam !n tertia fabula accuratins
proponet, tueatur, Si enim, ıt Schoemannas dicit,; nos totams rem
videmus, quum.'in altera duarum- partium litigantium geratur, tamen
chorns certe mediam viam indicat et fortasse paulo propensior ad
Iovem est, qnam poeta iustum aegnumgue censet. Quam multa
sunt chori dieta, quibus Prometheum ob nimiam protervitstem, quae
in viro eruciatibus affecto gravius notanda non est, perstringit. Tamen
chorus in utramque partem verba facit, cf. v. 260: ἥμαρτες» v. 253:
καὶ νῦν φλόγωπον πῦρ ἔχουσ᾽ ἰφήμεροι; contra v. 403:
Sctipait.T. Katterfeld. ς΄ 433
"Ὠτερήφανον. θεοῖς zeig: πάρος dvdckvucır: αἰχμάν. ες
v..464: πάτανϑας αἰκὸς πῆμα. Hic igitur mediem viam ingressus
et, quum verba proferat illa, 501: et 502. . Id etiam, si caetera
reputamus, omBing pro sapientia et moderatione. jllarum virginum -
est, ‚quae Mercurio.constantiam ei animum ad mala subeunda para-
tum. oppemunt, ex lonis casibus doctripam percipiunt maiora Ron
appetendi, Prometheum ob probra vituperant. —. Hercules vero pro
love rem agit, ut love .nan.indigeamws. Nam -Iuppiter deus Dorum
eat, Hercalesg τοῖο. οἵ, eius- posteri. summo -loco iuter Dores sunt,
ut quod.'hi faciunt, pro deerete omnium Dorum Iavisque haberi pos+
sit. . Potest: esse,. ut sic:aemuli potestatis inter se cenciliantes, ut-
Prometheo loca orientem versus sita, Herculi. ea, :quae, ad. occislen-
tem apectant, obtingant, alter maritimas opes sibi sumat, alter ter-
ram continentem, . Prometheus quidem, quozd fragmenta.suppetunt,
nibil, nisi iter indicat, -in, qua, si: Apolloderi locum (II,. 5, 11) iure
ad Asachylum. referimus, ‚mala Hesperidum EKurystheo tradenda per-
geirit. Tamen Asschylua.videtur rem: argamento magis convenien-
tem .exhibuisse, (quod: rem eliunde notam suo comsiljo accommadando
perficere potuit. Etiam..dubitare. nen possumus. Agsehylum dixisse
Chironem: in. locnm Promethei sucgessisse; ut poenam:a love immis-
sam.pro 60° perferat. Mercurius enim ‚versibus 1007— 1009:
Πρὶν av ϑεῶν τις διάδοχος τὧν σῶν πόνων
ον, Ἀθανῇ.» ϑελήσῃ τ᾿ εἰς. “ἀνκύγητον μολεῖν
ει Δ Αἷἶδημ κνοφηῖζα. τ΄ ἀμῳὶ Ταρτάρου βαϑης.
Α ollodorus II, 5, 11 et 12 de Hercule καὶ ἐτόξευσεν ἐπὶ τοῦ Καυ-
κασου τὸν ἐσθίοντα τὸ τοῦ Προμηϑέως ἧπαρ ἀετόν; ὄντα Ἐχί-
δνὴης καὶ Τυφῶνος; καὶ τὸν ΠΙρομηϑέα διέλυσε ἑλόμενον τὸν τῆς
δλαίας. "καὶ παρέσχβ τῷ. Διὰ "Χείρωνα, «ἀθάνατον ὄντνω, ϑνήσκειν
ἀν᾽ αὐτοῦ. βουλόμενον... Aquilem ab: Heronle iinterfectam; esse frag-
mente: Aeschyles testantur, (Οἷς. Quaest.. Tuscenl. H, 10 ἐξ Hercylis
verba ᾿Αγρεὺς δ᾽ ᾿ἀπλλων. ὀρϑὸν. ἰϑύνοι. βέλος.
'.Prometheum coronam: in memeoriem cermciatuum .assumpsisse
ex Athenaei verbis, XV, p. 672. E ‚apparet. Itagne-quum videamus
dass. rea, .quas Apollodoras commemarat,.in fabnla Aeschylea fuisse
et videamus de successore Promethei a: Mercurio dietum esse, non
possumus,: quin etiam Chironem, quem Sopheoeles Trachin. 719 deum
appellät ,. Aeschyle ante .oculos obversätum esse ponamus, ‚Quid eo ᾿
ad..rem. coneinendsm' sontulerit, mipus- in aperto.est. . Certe Aeschıy-
lus: nee #ic fabulam tractavit,-ut quae’tola ab eo. componatur, sed
ad gas. res,. quae..a ‚poetis jan indicatae et: civibus. notae erant,
ΣΘΒ igt, een
᾿ Seeretum, ψιοὴ Prometheus. xplicavit; sesundum indieia in fa-
bula.‚snperstite id. potissimum -spectauit, qua.rätione Iluppiter ‚evitet,
ne.a filio supetelur. Nam Glsum in acem:edituin irt disertis: verbis
indicatur 9. Be Ka
Ἢ τέξεταί γέ ποῖδα. φέρτερον πατρός. :
Tamen ποῦ. difücile- ent: dietu, ‚quo. modo.luppiter ie: ‚eritare "potuenit,
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. Hftl. 3. 28
.
-
434 De Promethea ternione: Aeschyli.
Iuppiter enim summus est et in aeteraum manebit et οἱ fäius eum
superat, pater stalim alteram civitatem deserit et in potiorem se
confert, In quibus dietis gravissimae minae contra eos, quibus
Iuppiter tum praeesse visus est, insunt, lovi antem'rdvera nullum
periculam imminet. Aliter quidem in Innone est, 'quae eos, qui
minores fuerunt, despieit, neqne, si Aeschyli iudicie nitimur, ad
lones transducetur, sed Ioni loco 'vedet. ΝΞ ΞΕ ΣΕ
Potest esse, ut Aeschylus in declarando seereto .imitatus- wit
fabulam , qua& de Minerva divolgata erat, cf. tlieogon. Hesiod. v. 886.
Ea enim molto habilior Atheniensibus est, quam si. de Thetide im
-secreto dicitur, quae minns ad Athenienses spectat. Hiesiodi nar-
ratio sapit Athenienses cultores Minervae, seu Athenienses sraculum
Aeginetarum imitati sunt sen sponte in eam rem incklerunt. Etiam
id eorum commentum est Prometheum ἔσνί Minervam pariture securi
caput aperuisse. Considerandum autem est, veri simile esse Aesehy-
lum, si eas fabulas δὺο eonsilio satis aptas habulssct ‚'iam indicium
fabulae inserere. pro idoneo habnisse. Stat autem id Promethenm,
qnod contenderit, ad eventum perdaxisse. Rinem. ternionis facimus
amicitiamm inter lovem et Prometheum iuncotam. In daodbeg prioribur
fabulis inimieitiam incipientem et sensim crescentem videmus, ita,
ut in prima iam alignid de poena dietum sit. Scholiastes enim ad
Prometheum vinctum v. 94 tradit: ὃν yde τῷ Πυρφόρῳ τρεῖς μυ-
ριάδας φησὶ δεδέσϑαν αὐτόν. In extrenfa fabula Prometheus libe-
ratur et Inppiter tantum ei concedit,. ut amieitiam cum eo iungat,
Anhan (.
Dem Aeschylus oder einem Andern.der späten: Neuerer am
Mythus wird niemand eine so ins ‚Einzelne gekende Kenntniss der
Begebenheiten, welche sie schildern, zuschweiben, dass man darams
die Veränderungen in. dem Inhalte des Dargestellten in Vergleich za
frühern Auetoritäten erklären möchte. Es ‚müsste denn sem, dass
sie allegorisch sich aüusdrückten, indem sie Diuge, die 'ihner .wohl-
bekannt sind, unter der .Form' des: Mythus erscheinen-iiessen. Eine
solehe habe ich hier.m ‘der Promethea des Aeschyhıs nachzuweisen
gesucht‘, die ich für eine Anspielung ‚auf die beginnende. und nament-,
“ Kch zur Zeit der Abfassuag des Stückes durch den Bau der Mauern
Athens unter Themistotles hervortretende Nebenbuhlerschaft zwischen
Athen und Sparta ansehe. 'Wenn dieses Drama .allegorisch sm:ver-
stehen ist nnd es doch vor dem ganzen Volke aufgeführt warde, so
ist es möglich, dass Aeschylus nur auf Verständniss bei einigen sei-
ner Zuhörer rechnete, wahrscheinlicher aber, dass mindestens der
grössere Theil des Volkes durch ‘die eleusinischen Weihen soviel
empfangen bätte, dass. er die einfachen Grundbegriffe, die sich auf
einige Personificationen beschränken, verstand. Dabei koennte schon
Sophokles, vielleicht durch die Gefahr abgeschreckt, der Aeschylus we-
gen Veröffentlichung der Mysterien ausgesetzt gewesen sein soll (Aelian.
Scripsit T. Katterfeld, 435
Var. Hist. v.19, Aristot. Eth. III, 2), eine Behandlung in ähn- -
lichem Gewande meiden. Wiederum ist einer der Dichter des troia-
schen Sagenkreises nicht viel älter, als die attische Tragoedie,, was
durch die Angabe. seines Vaterlandes, dessen Gründung aus jungem
Datum ist (632 vor Ch.), vollkommen sicher gestellt wird. Hätte
nun dieser noch etwas von dem troianischen Heereszuge gewusst,
wahrlich anbegreiflich wäre es, dass die Nachricht von diesem Zuge
nicht durch sicherere Kunde aus historischer Zeit-zu uns gedrungen
ist. Die vielgefeierte Unternehmung, erhalten durch den Sänger-
-mund in einem, Zeitraum von Jahrhunderten tiefer Nacht, konnte
bei beginnender Aufhellung ‚nieht so spurlos verschwinden. Kaum.
auch will es dabei etwas helfen, wenn man annimmt, die Begeben-
heit sei zu.des späten Sängers Zeit im Einzelnen verwischt gewe-
sen; habe aber im Umrisse noch festgestanden, Es wiederholt sich.
in dem troianischen Sagenkreise dasselbe, was man im Verhältniss
der Tragiker zum Epos wahrnimmt: das Historische erscheint unter
der Hülle des Mythus, daneben geht Reflexion obne Anspzuch dar-
auf Geschichtliches zu liefern. Bei den Ionern herrscht die Beschäf-
tigung mit dem troiauischen Sagenkreise vor, wobei sich mit Grund
annehmen lässt, dass je mehr ein oder der andere Dichter dem
grossen Vorgänger, dem Sänger der Ilias, sich durch örtliche Be-
ziehungen begünstigt anschliessen konnte, er ein desto geregelteres
Bild gab. Ausserhalb. des troianischen Sagenkreises bewegen sich
die Nicht-Ioner, in der. Iasau-, der Hercules-Sage, die zwar im
Allgemeinen dieselben Grundgedanken, van denen der troianische
Sagenkreis erfüllt ist, wiedergeben, doch eigentlich ohne gültige
Anknüpfung dabei stehen.
An’ den Inhalt des Dargestellten mnss man schärfere physio-
logische Betrachtung legen. . Das einfliessende ethische Mament be-
dingt die ganze Art und Weise: des Mythus. Diejenigen, die den
Mythus webten, mussten doch. wol eine. genügende Kenntniss des
Stoffes, namentlich in historischer und geographischer Beziehung
haben, weshalb es denn sehr misslich ist, ihnen die Irrthümer auf-
bürden zu wollen. Ihnen ist der Zweck, der in dieser ganzen Zeit
kein durchaus historischer war, das Bestimmende. Dagegen ist das
Verbältniss bei den späten Schriftstellern über dieses Alterthum ein
ganz anderes. Diese wollen Historisches geben, sind aber offenbar
zum grossen Theile nicht mehr im Besitze eines genügenden Ver-
ständnisses. Auf der Grenze steht Hierodot miit einem eigenen
innern Widerspruche, indem er einerseits die griechische Vorzeit
aus Aegyptischem und Asiatischem erklären, anderseits Homer und
Hesiod für die Schöpfer des griechischen Götterthums ausgeben will.
“Was nun ausser der veränderten Sinnesart der Griechen, die
sie mindern ‚Geschmack am Epos finden liesa, ‚den Mythus zu Grabe
getragen haben kann, ‚mag vorzüglich das sein, dass die Athenien-
ser jetzt fast das einzige Volk.wurden, das in.Jitterarischen Produc-
tionen sich:yersuchte. Diesg sind ein jüpgerer Stamm, der aus der.
᾿ 28*
436 De Promethea terpione Aeschyli, Scripsit T. Katterfeld,
Vereinzelung erst spät hervortrat, ohne Ruhm in der Vorzeit, gleich-
sam durch historische Erinnerungen verpflichtet die Auctorität anderer
Griechen, namentlich der Dorer, anzuerkennen. Unbeachtung des
Mythus hiess aber Vergessen desselben, indem er nur bei tieferm
Eingehen festgehalten werden konnte. Etwa aus diesem Stadium
müssen ‘auch die Mysterien sein, Asyle für das Verständniss der
Mythen, die dem sie begehenden Volke in Hinsicht auf den Inhalt
nicht ganz zusagten. Es ist denn auch wol eitt änderer Inhalt,
als in dem Vulgärglauben, hineingeführt, wenngleich kein tieferer,
sondern nur ein dem individuellen Verhältniss des Volkes angepass- -
ter. Natürlich versteht es sich dabei, dass die Begriffe eine ge-
wisse Allgemeinheit haben mussten, um sie für einen andern Inhalt
geschickt za machen, Ich will hier nur auf das Uebereinstimmende
in dem Verhältniss der Athener zu den Dorern und der Troer zu
den Griechen ‘überhaupt hinweisen, indem dasselbe beide Male einen
gleichen Ausdruck gefunden hat. ' Prometheus, der Sohn der Γαῖα,
der das Feuer entwendet, in Feindschaft mit Zeus; die Troer von
Menelaus als Anbeter der Γῇ und des Helios bezeichnet gegenüber
den Griechen, die als. Verehrer des Zeus erscheinen (llias Ill, 108
und 104). Wie ich das schon dargestellt habe, kann Zeus Reprae-
sentant der Hegemanie sein,: während Γαῖα den von derselben Aus-
geschlossenen bezeichnet, Helios denselben in der speciellen Be-
stimmung, dass er nach der: Vorstandschaft strebt. Es ist, als ob
des Alterthums grosser Sänger nicht des Begriffs fähig gewesen
wäre, dass ein grosses Princip die ganze Natur durchdringe, son-
dern er in dem Sonnengött einen Nebenbühler des Erdengottes ge-
sehen, welche Vorstellung allerdings schon durch die Sprache ange-
bahnt ist, wenn wir der Etymologie trauen dürfen, dass Zeus der
εἷς, in Helios ein’ ὥλλος ἴος enthalten ist.
- Mit dieser Hoffnung auf Auflösung der Mythologie gehe ich
auf dieses reiche Feld der Arbeit und habe schon einen Theil der
eigenthiimlichen Sprache entziffert, wobei allerdings die Schwierig-
keiten bei weiterm Vordringen sich mehren, je vereinzelter die
Namen und Begebenheiten sich ‘finden. ἢ “
‚Horazens Brief an die Pisonen.
Uebersetzt von J. A. Maehly.
Nachstehende Uebersetzung bedarf einer kurzen Rechtfertigung.
Sie entstand ohne Hülfe einer der vielen schon vorhandenen, und
zwar geschah dies absichtlich; aus dem Grunde nämlich , mir meine
Selbstständigkeit zu bewahren. — πος desilies imitator in artum,. —
Ich weiss, wie schwer nach dem Vorgange guter Muster eine solche
Selbstständigkeit ist, sobald jene zu Rathe gezogen werden; wie
Horazens Brief andie Pisonen. Uebers. v.Dr.J. A. Machly zu Basel. 437
man am Besseren gleich verzweifelt und sich keine Atanderung zu-
traut, aus Furcht, es nur schlechter zu machen.
Allein, wird man fragen, wozu denn noch eine Uebersetzung
zu den vielen? — Ich zweifle eben stark an der unbedingten Voll-
kommenbheit eines jeden Produkts in diesem Fach :der Litteratur;
und bei der Ueberzeugung, dass selbst schlechtere Uebersetzungen,
wenn sie nur auf selbststäudigem Wege fortsthritten, einzelne gelun-
genere Wendungen und Tbeile — wenn auch vielleicht in spärlichem
Muasse — enthalten, als diese ven Meistern der Kuast vorliegen,
Auch ..kann allzuängstliche Feile an dem vorliegenden Stoffe Schaden
bringen, und der Aufwand gekünstelter Trene und übergrosser Ge-
nauigkeit wiegt nicht immer die verloren gehende .Frische der ur-
sprünglichen ' Färbung auf, wie dies Voss in seiner letzten Ueber- .
setzung des Homer mit auffallendem Beispiel, ohne seinen Willen,
bewiesen hat. So viel in Betreff dieser Kleinigkeit. Sollte sie nicht
Beifall finden, so tröste ich mich damit, dass der Aerger des Lesers
im Verhältniss doch gewiss nicht grösser sein wird, als die von mir
verwandte Mühe, und ich seheue mich nicht sogar die Mühen des
Drucks und den Verbrauch des Papiers wenigstens im Gleichgewicht
mit jener zu glauben. Einstweilen möchte ich diese Probe einer
ünstigen Aufnabme empfehlen, besonders bei meinen geliebten
Föttinger Lehrern und Freunden, denen ich bei diesem Anlasse gern
nach einer, nur kurz anterbrochenen, zweijährigen Verschollenheit
meinen Namen ins Gedächtniss zurückrufen möchte.
Basel 1852. on J. A. M.
Wenn ein Maler ein menschliches Haupt mit dem Nacken des Pferdes
Wollte verbinden, und dann es mit buntem Gefieder bestreuen,
Ueberall her die Theile sich sammeln, dass garstig in einen
Graulichen Fisch das obeu so reizende Weib sich verlöre;
Könnte. der Anblick euch, o Freunde, das Lachen verwehren? 5
Glaubt, Pisonen, es mir, ganz ähslich solchem Gemälde
Würe das Werk, das, gleich den Gesichten des fiebernden Kranken,
Tolle Gestalten entbielte, wo Kopf und Füsse nicht passend
Einem Gebilde sich reih’n. — *'Doch war für Maler und Dichter,
Kübnlich zu wagen ein jegliches Ding, stets gleiche Befugnis’ 10
Gut; lasst dieses Geschenk uns wechselnd ertbeilen und nehmen;
Doch nicht so, dass Rohes mit Sanftem sich mische, dass Schlangen
Sich mit Tauben gepaart, und Tiger mit Lämmern sich zeigen.
Meist wird mächt’gem Beginnen, das Grosses zu leisen posanafe,
Dass es blend’ in die Fern, ein glänzender Lappen von Purpur 15
Ueber die Blösse geflickt, wenn Hain and Tempel Dianens,
Wenn ein schlängeinder Bach, durch reizende Fiaren sich ziehend, ’
Wenn die Fluten des’ Rheins, wenn ein Regenbogen gemalt wird. —
Schön; doch passt es nicht hier. Aueh malest zum Täuschen viel-
leicht du
Eine Cypresse; allein, dancben, verzweifelnd entringt sich 20
438 . Horazens Brief an die Pisonen,
Der das Gemälde bestellte, dem Schifbruch. Zu der Amphere
Schickst da dich an; warum bringt dir das Drehen des Rads nur
.ein Krüglein? — !
Was du nur schaffst, einfach soll’s sein, einheitliches Ganze,
Meistens verführt uns Sänger, o ‚Vater and würdige Söhne,
Was nur Scheii des Richtigen ist: Ich ringe nach Kürze, 25
Aber ich werde nur dunkel; wer :Weiochem. und Glattem sich an-
schmiegt, ᾿
Opfert ihm Sehnen und Mark; wer Erhabenem, endet im Schwulste.
Wer zu ängstlich dem Sturm sich beugt, kriegt bald auf der Erde;
Wer überschwänglieh ein Ding bunt wechselnd zu sehildern sich
᾿ οὐ ἢ abmüht, ᾿ ἱ
Gibt noch den Wäldern Delphine zum Schmuck .und Fluten den
Ä Ä - Eber, nr 30
Aengstliche Scheu vor dem Fehler gebiert ihn, mangelt der Kunst-
sinn.
Wol mag, bei des Aemilius Schul, ein Meister der Nägel
Glanz darstellen, und weich das Gelock nachahmen im Erze;
Gleichwol ist missrathen sein Werk ihm, weil er kein Ganzes
Aufzustellen-vermag, Der wollt’ ich, hätt’ ich ein Werk vor, 35
Eben so wenig sein, als wenn ich mit hässlicher Nase! -
Neben den dunkel erglänzenden Haaren und Augen erschiene.
Wählt, die ihr schreibt, stets so, dass Stoff und Kräfte sich
gleich sind; ὁ ΝΞ
Prüft auch lange vorher, was die Schultern zu tragen sich weigern,
Was sie vermögen. Wenn einer den Kräften entsprechend die
Wahl trifft,
Fehlt ihm passender Ausdruck nicht, nicht Licht in' der Ordnung.
Ordnung, trüg’ ich mich nicht, wird so nur trefflich und schön sein,
Dass am geeigneten Ort, was gesagt soll werden, man. sage;
Manches auf später verschieb’, und jetzt einstweilen verlasse. : 44
Fein auch, und mit Bedacht im Verwenden der Werte, soll:dieses
Brauchen, und jenes verschmäh’n des: versproch’nen Gedichtes Ver-
faaser, .:
Trefflich ist es gesagt, wenn sinn’ge Verbindung eih sites -
Wort zum neuen erhebt; auch. wirst da, fordert die: Noth es,
Dass den verhorgenen Stoff. ein neues Merkmal: enthülle,
Freiheit haben, zu bilden, was unsere würdigen Väter-
Nie noch. vernahmen; ein Maass im Gebrauche verschaffX sich Er-
‚laubnias. 0
Auch. wird neues und frisches Gebild nicht mangeln des’ Zutrauns;
Wenn aus griechischem Quell, mit mässiger Beugung, es herfliesst.
Wird dem Caecilius oder dem Plautus ein Römer gestatten, -
Was dem Virgil er und Varias weigert? Doch warum trifft mich, 58
Nehm’ ich ner wenig, der Neid, da Cato die Sprache der Väter,
Da doch Ennius jene bereichert und neue Benennung
Einzelner ‚Dinge erschaffen? Erlaubt war immer und bleibt es,
-
Uebersetzt von Dr. J. A. Machly zu Basel. 439
Neu zu. erfinden die Namen, sobald von,der Zeit sie geprägt sind,
Wie bei .neigendem Jahr. die Bäume des Schmucks sich ent-
kleiden, 60
Und des frühsten ‚zuerst — ΒΟ schwinden die alternden Worte,
Und es ergrünen die neuen und δ] μη in Fülle der Jegend.
Alle gehören mit Allem dem Tod wir. Prächtige Werke,
Die vor Nordwinds Wüthes die Flotte beschirmen und wahren,
Oder den See, einst unfruchtbar, von Rudern berührt nur, 65
Schyfen zur Flur, die, nährend die Stadt, den gewichtigen Pflug
fühlt,
Oder den ernüteverwüstenden Strom in ein andres und bess’res ..
Bette gezwängt — die Werke der Sterblichen .alle vergehen:
Sollte den. Worten allein nie Gunst und Ehre. 'ersterben? .
Wieder 'erstebn einst werden, die schon nun gefallen, und fallen 70
Viele, die jetzt in des Ansebus Blüte, weon der Gebrauch. es
Also verlangt, der Herr und Richter in sprachlichen Dingen.
.: Tohaten der Fürsten’ und Helden, die traurigen Schrecken des
| Krieges,
Welch ein Maass sie verlangen im Lied, das lebrte Homer uns.
Klagen ertönten zuerst im verschieden. gegliederten Verspaar, 75
Dann schloss dieses den Dank in sich der gewährten Erfüllung ;
Doeh, wer Lieder zuerst in kleinen Elegen gedichtet,
Ist bei Kennern ein Streit, noch.harrend des Richters Entscheidung,
Grimmig erfand Archilochus sich als Waffe den Iambus,
Darin scherzte das: Lustspiel dann und erhob der Kothurn sich, 80
Da er zum Wechselgespräche geschickt, auch über gemeines
Tagesgespräch sich erhebt, und passt zur Geschäfteverrichtung,
Saiten und Leier verlieb die Muse ,:um selige Götter
Und die Geschlechter der Götter, des Faustkampfs Preis und des
Rennens,
Liebender Jünglinge Gram und .freies Gelage zu schildern. 8
Wenn ich die Scheidung der Rollen, des Werkes verschiedene
Färbung
Nicht zu bewahren vermag, ‚sollt? ich als "Dichter begrüsst sein ?
Sollt’, aus thöriger Scham, Nichtwissen dem’ Lernen ich vorziehn ?
Komische Lagen verschmähen im tragischen Vers zu erscheinen ;
Und es empört sich auch, in gewöhnlichem, oder des Lustspiels 90
Würdigem Tone geschildert, Thyestes’ blutige Mahlzeit.
Aber das Lustspiel auch lässt steigen zuweilen die Stimme,
Und es ergiesst sich der Grimm des Chremes in rauschendem Wort-
fluss.
In der Tragoedie auch wehklagen in niederen Weisen s6
Telephus und Peleus, da beide, in Armuth und Irrsal,
Schmuck sammt Schminke und schwerem Gepränge der Rede ver-
werfen,
Wenn durch Jammer es gilt, der Schauenden Herzen zu rühren.
‘Schönheit »icht nur sei im Gedicht, auch innige Zartheit,
440 τ Horagens Brief An die Pisonen. " “Ἴ᾿-
Dass es, wohin cs nur wii, (die-Seelen‘ der Hörenden letike. 100
Gleichwie Laehenden froh; -so sollen den Trauernden trübe ᾿ -
Menschliche Mienen sich zeigen; begehrst du Thränen, so musst da
Selbst 'wehklagen zuerst; dann wird dein- Jammer mich rühren, -
᾿ Telephus und Peleus; sagt schlecht ihr :zure: Partie her,-
’
Neig ich: zum Schlafe mich-oder ‘zum: Lachen. Worten des Un-
Er En Eee U Aglücks : To 2 105
Ziemt sich ein düster Gesicht ‚' den-drohungsschwang’ren ein’grimmes;
Losen -ein lachendes, aber :eih stfenges ‘den -ernstlichen Worten.
Denn uns hat die Natur ursprünglich gebildet zu allen
Wechselgestalten des Glücks;'sie erffeut, Sie eutlammet zum Zorne,
Oder sie drückt dutch Grames' Gewicht uns nieder zur Erde; 110
Dann gibt unser Gefühl sie 'kund darch''Hülfe! der’ Sprache,
Wenn die Worte sich nicht Zur Lage des Sprechenden 'schicken,
Dann wird Ritter und Volk ein schallend "Gelächter erheben.
Viel ist davon bedingt, ob Davus oder ein Held ‘spricht; ΝΞ
Ob, an Jahren gereift, ‘ein 'Greis, ob -glühend' ein Yängting, * 115
Ob, in der Würde Gefühl, Matrone, ob rührige Amme
Reisender Kaufherr,' oder Bebauer des .niedlichen G&rtchens,
Kolchier'oder Assyrer; ob Landsmann Thebens, ob Argos’.
Schliess’an die Sage dich oder gestalt in’ richtiger Folge.
Preisest du diehtend Achilles vielleicht , ‘im’ Glanz& des Ruhmes;- 120
Kühn zum Ka:npf, 'aufbrausend im'-Zörn, dem Flehn anerreichbar,
Mag das Gesetz er verschmähn; mit’Waffen sich -alles erzwingen,
Wildheit zeichitre‘-Medeh', &ewimmer die Ino, Ikion' "
Treuloser ‘Sinn, Trrsale die-Io, Wahnsinn Orestes, ©:
Wenn du'vön keinem Versüchtes der Bühne zuerst ’zu vertrauen 125
Wagst, wenn heue-Gestalten du bildest, "so sollen’ zuletzt Hoch,
Wie sie‘ zu Änfang'erschienen, bewahret in’ Treue sie -dastehn.
Schwer ist’s, Dinge, die Allen gemein, doch eigen zu wenden;
Eher vertleilst du den’ Stoß’ des ilischen Liedes iti!'Acte, -
Denn, als’erster, noch Neues md nie’nach Gesagtes'erschaffen. 130
Oeffentlich Gut wird eigen 'Besitethum, wenn du nicht immer
Auf den gemeinen und''weit sich erstreckendlen Plätzen’ verweilest,
Noch ‚ 'tiäch "Brauch ‚der "Erklärer, ein Wort stets trea durch ein
NT AN ΞΞ ΨΨἜῃ0,. ᾿ andres “Ὁ ἜΣ δα ἢν Tre '
Wiedererzählst, noch auch‘, 'nachahmend,, 'gerätlist in Wie Enge;
Wo, sei’s Scham , sei’s Norm des Gedichts, dir sperren den Räck-
ME, ΝΕ ur "weg. εὐ ἢ ταν Ν ind τὸ τὰ 136
Nimrder beginn auch‘ 50. wie einst ein Kykliker anhub::.' "
‘Priams Schicksal will und dei herrlichen Krieg ich besingen.
Denn "was bringt der ‘Verfasser, das würdig so mächtigen Anlaufs?
Schauerlich kreist das Gebiriz und wirft — eine‘ winzige Maus aus.
Wie viel richtigerder., ‘bei’ dem nichts "Flaches sich Andet: : 140
Sage mir, Muse, den Mann, der, nach den Geschicken von 'Troia
Viel’ von’ ‘Städten der Metischen gesehn und Sitten gelernt hat.” '
Nicht ats Feuer den Οὐδ πηι" "aus Gualm will lenchtenden Glanz er
Uebersetzt von Dr. J. A. Machly zu Basel. “1
‚Locken, damit sich darans heilstrahlende Wunder erheben, ὁ
Scylla sammt der Charybdis, Autiphates und der Cyclope. 145
Nicht holt er Diomed’s Rückkehr vom Tod Mieleagers,
Troias Krieg nicht her vom Zwillingseie der Leda.
Stets zum Erfolg: hin eilt er, .undl in die Fluten. der Thaten
Mitten hinein reisst er, als wären’s bekannte, den Hörer.
Weislich lüsst er, was Glanz nicht etwa verspräche, bei Seite, 150
Und im Dichten verwebt er die Wuhrheit so mit dem Scheine,
Dass der Begitn sich der Mitte, die Mitte dem Eade sich füge.
Höre nun an, was ich welbst und mit mir Alle verlangki:
Willst du Zufriedene, welche des Vorhangs Rauschen erwarten, ᾿
Fest'däsitzend, bis endlich das ‘Klatscht, ihr Leute’ — ertönet: 155
Musst du scharf den Charakter der Altersstufen: beschreiben,
Geben, was Jedem gehört, bei ändernden Sitten und Jahren.
Der schon Worte za sprechen vermag, der Knabe, und sichern
Tritts hergeht, spielt gerne mit Altersgenossen, erzürnt sich
Jäb, und besänftigt sich wieder um nichts, rasch wechselnd wis Stun-
ΕΣ den. ᾿ τς 160
Aber der Jüngling, endlich der Strenge des Häters entwachsen,
Findet Vergnügen an Ritt und an Jagd und am sonnigen Felde;
Weich, ‘wie Wachs, für des Lasters Gepräg, rauh gegen Ermahnung,
Spät für den Nutzer im Leben bedacht, im Gelde verschwendrisch,
Stolz und voller Begier, schnell wechselnd in Liebe und Neigung. 165
Männliches Alter verändert den Sion, sammf solchem Bestreben,
Sucht nach Schätzen und Freunden, und ringt. nach Würden im
᾿ εν Staate, te
Nimmt zu thun sich in Acht, was bald es zu. ändern gezwunges.
Viele Gebrechen umlsgern den Greis; entweder er sammle,
Aber er halte, der Arme, die Hand voll Scheu vom Ersparten, 170
Oder er sei zu ängstlich. und lau im ‘Betrieb der Geschäfte,
Zögerer, zäh in’der Hoffaung, erschlafft, sich’ sehnend nach Bess’rem,
Voll von Launen und Klagen und Lob der vergangenen Zeiten,
Wie er als Knabe sie sah, Zuchtmeister. und Tadier der Jugend.
Viele Genüsse gewähren: die steigenden Läufte .der-Jahre, 175
Vieler berauben die sinkenden uns. So lasset, damit nicht
Etwa der Jüngling die Rolle des Greises, der Knabe des Mannes
Spiel’, 'nns bleiben in jeglichen ‚Alters geziemeudem Spielraum.
Handlung wird entweder im Spiel uns, oder Bericht kund. |
Schläfriger reizt 'das Gemüth, was durch das Gehör sich hinab-
\ oo , τὶ senkt, . 180 -
Als was den Augen, den treueren Zeugen, sich bietet und was dann
Selbst sich der Schauende sagt. Was aber im inneren Raume
Sich zu vollführen bestimmt, das lege nicht bloss, und entrücke
Manches dem Auge, was bald von redenden Zeugen wir hören.
Dass nicht, unter den Augen 'des Volks, Medea die Kinder 186
Schlachte, und Menschengebein nicht siede der gräuliche Atrems;
Dass nicht Procne zum Vogel sich wandele, Cadmus zur Schlange.
442 Horazens 'Brief an die Pisonen.
Was du so vor ‚Augen. mir führst, ungläubig versphmäh’ ich!e. .
: Weniger nicht, doch auch nicht mehr’ ala. fünfe der Acte
Zähle das Stück, soll wieder: verlangt und gesehen es werden. 190
Auch kein Gott .soll spielen; es sei denn würdig der Knoten : .
Solches Eatscheids ;.euch soli kein Vierter zur. Sprache gelangen.
Kraftvoll.möge der Chor des Handelnden Rolle und Pflichten
Fötdern;; nicht’s auch sell er in Zwischenräumen der Handlang
Singen, was nicht zu.dem Zweck in.genauem Verbaitde sich füge. 195
Er sei Guten ein ‚Schirm nad freundlich gewog’ner Berather,
Schlechten ein Zaum, und Freund dem der vor Felle sich hätet;
Er audı lobe -ein mässiges Mahl, er lobe die Pfiege .
_ BHeilsamen Rechts und :Gerichts und "Friede bei offenen 'Thoren,
Er auch wahre Vertrautes getreu und fleh?’ zu den Göttern, .200
Dass von den Stolzen sich wende das:Glück und kebre zum Elend.
-Vormals tönte.die: Flöte. noch nicht, mit dem Erze verbunden,
Wie die Trompete ‚gewaltig; gedämpf/t in mässigem Anbauch
Blies des Chors ‚Melodieen sie hülfreich zu, und betäubte
Noch nicht Sitze, die allzugefüllt von der Schauenden Menge. 205
Z.ählbar hin einst stfömte das: Volk, weil klein .es.noch damals,
Aber biderb und keusch, .ein Wahrer der ehrlichen. Sitte, °
Als es.jedoch ‚durch Siege (die Marken des Lands zu ‚vergrössern
Anfing, weiter im .Kreise die Mauern sich dehaten; an Festen
Sotder Gefalr man am. Tag bei Wein and Gelagen sich gut that; 210
Da auch :schlich sich in Maasse und Tonart grössere Freiheit,
Denn wo wäre Kritik bei einem Gemische von Bauern,
Müssig und roh, mit Städtern vermengt, die plumpen mit feinen?
So gab früherer Kunst: die Flöte zu üpp’ge Bewegtheit,
Wenn ἔς wandelnder . Spieler das Schleppkleid durch das Gerüst
. ες 7:7 .. 216
So auch steigerten sich die ernsteren Klänge der Saiten,
So die begeisterte: Rede zn. aussergewöhnlichem Nachdruck,
Dass an nützlicher Dinge Vorsussieht, oder.der Zukpnft
Weissagiingen sie glich dem Orakeltone za Delphi, :
' Wer um den niedrigen Preis des Bocks mit dem tragischen
᾿ς . .Lied stritt, ΝΝ . 220
Brachte daranf, in halber Enthüllung, ländliche Satyrn; -
Weiter versucht’ er den Scherz, zwar herb, doch wahrend die
ες ᾿ ‚Würde;
Denn durch lockende Reize der Neuheit musst’ er die Gönner
Fesseln, welche, nach festlichen Spenden, berauscht und gesetzlos.
Doch nur so wird’s ziemen den lachenden, neckischen Satyrn 225
Gunst zu verschaffen, nur. so mit dem Spiele den Ernst zu ver-
tauschen, oo
Dass nicht, wean ein Gott etwa, .ein Held in dem Stücke
Vorkommt,.der noch kürzlich in Gold und Purpur einberschritt,
Er. ia ein elendes Haus zu gemeinem Gespräch sich ‚verliere,
Oder, die Schelle vermeidend, nur Wolken und Nebel umfasse. 230
ες
Uebersetzt von Dr. J. A. Maehly zu Basel. 448
Leichtes Gered’ ist unter der Würde. der tragischen Kunstart;
Gleich der Matrone, die festliche Feier zum Tanze gezwungen,
Tritt sie verschämt in den Chor der muthwilltreibenden Sutyrn.
Nicht drum berrschende Worte, die baar sind jeglichen Schmuckes
Wähl’ ich allein, Pisonen, wenn Satyrspiele ich schreibe; : 235
Noch auch werd? ich von tragischer Färbung so mich entfernen,
Dass kein Abstadd sei: in Davus’ Red’:und der frechen
Pythias, wenn ein Talent dem belisteten, Simo sie abnimmt,
Oder Silens, als Hüter und Wächter .des göttlichen ‚Pfleglings.
Nach dem Bekannten gestalt’ ich das Lied, dass jeder das-
i . τ selbe. 41 ΝΞ ΄ 840
Glaubt zu vermögen, und dach trotz Schweiss und Mühe vergebens
Anläuft; soviel Macht hat richtige. Folge. und Fügung,. .
So viel Ehre gewinnen dem Leben entnommene Stoffe.
Faunen, dem wälderentstammten Geschlecht, thut meines Erachtens
Vorsicht Noth, Jass nicht, als wären sie Bürger und mitten 245
Aus demı Gewühle der Welt, zu zart jungfräufiche Verse,
Aber auch garstige nicht, voll Schmutz, aus ihnen ertönen.
Denn es .empört sich, wer irgend von Ahnen und Stand und Ver-
mögen;
Und was Beifall findet bei Käufern von Erbsen und Nüssen,
Wird sicht ihnen gefallen und Kränze. von ihnen ererndten. . 250
Setzt man hinter die Kürze die Länge, so heisst es ein Iambus;
Rasch ist der Fuss; — daher stammt eben des Trimeters Nume
Bei den lamben, obwol er die Hebnng sechsfach bezeichnet.
Aufangs war bis zum letzten er gleich, doch liess er vor Kurzem,
Um mit vermehrtem Gewicht langsamer das Ohr zu berühren, 255
Stete.Spondeen geduldig uad willig.au eigenem Rechte ες
Antheil nehmen, doch nicht dass je von der zweiten: und vierten
Freundschaft ihn zum Weichen vermöchte. Dieser erscheint nun _
Spärlich genug in Accius herrlichen Trimetern,, aber
Ennius Verse, die-schwer und polterad die Bühne betreten, 260
Drückt er mit lastendem Tadel der flüchtigen Eile darnieder
Oder der. mangelnden Sorg’ und. gründlicher Kunde der Verskunst.
Nicht ein jeglicher Richter bemerkt die Gebrechen im Versmaass, ..
Und ein römischer Dichter bat. mehr als gebührende Freiheit,
Sollte darum auch ich ausschweifen in freierer Schreibart, 265
Wüsst? icb auch, dass Jeder die Fehler darinnen entdeckte?
Sicher allein im Gefühle der Nachsicht? Tadel vermeiden
Heisst nicht Lob sich verdient, O ihr, nehmt griechische Muster,
Und nie rastend, behandelt bei Tage, behandelt bei Nacht sie.
Aber die würdigen Väter von ehmals haben des Plautus 270
Verse gelobt, und Witze gelobt, — und viel zu gefällig,
Um nicht “thörichı?” zu sagen, bewundert; oder ich wüsste
Nimmer mit euch vom artigen Scherze den plumpen zu scheiden,
Und das geregelte Maass .an Fingern und Obren zu prüfen. _
Tihespis wird als-Erfinder bezeichnet der tragischen Gattung, 275
444 Horazens Brief an die Pisonen,
Welche noch keinem bekannt; er führte zu Wagen die Stücke, -
Welche man sang und spielte, mit Hefe besalbend das Antlitz,
Ihm folgt’ Aeschylus nach, der feinere Masken und Kleider
Schuf und das Brettergerüst mit märsgen Balken belegte.
Er auch lehrte der Sprache Gewicht auf hohem Kothurne. 280
Dann erst fo!gte die alte Komoedie, Ruhm im Geleite, -
Aber die Freiheit schlag zur Schmähsucht um: und: Gewaltthat,
Würdig gesetzlichen Zaums, das Gesetz kam wirklich, uad schimpflich
Schwieg nun der Chor, da zum Schmähn ihm Recht und Befugniss
entzogen.
Nichts ist ohne Versuch von römischen Dichtern geblieben, 285
Und nicht liegt ihr kleinstes Verdienst in dem kühnen Bestreben,
Griechische Spur- zu verlassen und heimisches Leben za schildern;
Ob sie nun Helden gezeichnet, ob bürgerlich ihre Gestalten.
Und durch Tapferkeit nicht, noch Kriegsruhm wärest du grösser,
Latium, als durch Sprache, wofern nicht sämmtlich an einer 290
Klippe die Dichter sich stiessen:' an Mühe des Feilens und Aufschub,
Du, o Numa’s Geschlecht, ο tadle doch jegliehe Dichtung,
Die nicht viel von der Menge (der ‘Tage und Striche geduldet,
Und nicht zehnmal, nach’ der Vollendung, ängstlich geprüft ward,
Weil Democrit das Genie für herrlicher hielt als das Mühen 295
Jeglicher Kunst and vernünftige ‘Dichter von Helikons Höhen
Ausschliesst, kiimmert sich Mancher nicht mehr um das Schneiden
der Nägel,
Nicht am ‘den Bart; sucht Oeden und: Wüsten, vermeidet die
en Bäder:
Denn man wird sich den Ruhm und Namen des Dichters erwerben,
Wenn man den Kopf, den Nieswurz kaum za curiren vermöchte, 300
Lieinus nie, dem Barbier, zur Kur- übergeben. O Thor ich,
Der ich immer um Frähjahrszeit von: Galle mich säub’re !
Keiner verfertigte’ Verse, so trefflich wie: meine ‘...\. im Ernste,
Nichts steht höher. Drum will ich des Wetzsteins Rolle_verschen,
Der die Schärfe dem Eisen verleiht, selbst mangelnd der Schneide, 305
Dichters Geschäft und Pflicht will, selbst nicht diehtend, ich Ichren:
Wo er Schätze sich hole, was fruchtend und bildend dem Geist sei,
_ Was sich 2ieme, was nicht, wo Geschmack hinführe, wo: Irrthum.
Richtiges Schreiben hat Haupt und Quell im richtigen Denken;
Stoff und Inhalt bieten sich dir in den Schriften der Weisen, 310
Und an die Fülle des Stoffs reihn sich von selber die Worte.
Wer da weiss, was dem heimischen Land, was den’ Freunden er
schuldet,
Wie ein Vater geliebt sein wolle, der Bruder, der Gastfreund,
Welches des Staatsmanns Pficht, des Richters Geschäft, and des
Führers,
Der in den Krieg anszieht, weiss sicher die passenden Züge S15
Jeder von seinen Personen nach Recht und Gebühr zu ertheilen.
Willst du getreu nachahmen, so musst du das Leben und seine
Uebersetzt von J. A, Machly zu Basel. 445
Sitten betrachten, und hier dir schöpfen natürlichen Ausdruck.
Manch ein Stück, das gut an Gehalt ist, und in den Sitten
Richtig, entbehrt es det Grazie auch und der Kunst und des Nach-
. drucks, 320
Spendet dem Volk dach-höbern Genuss, und fesselt es eher
Als Posäsie-, die leer an: Gehalt, und klingender Unsinn, _
Griechen verleihn die Musen die Fülle des Geistes und Griechen
Zauber der Sprache, da Ruhm sie allein, nichts weiter, verlangten,
Unsere Kaaben, was lernen sie anders, als endlich in langem 325
Rechenezempel das Pfund durch hundert zu theilen. — “Nun soll
τῇ mr :
Sagen der Solin Abins , wenn von fünf Unzen ich eine
Nehme, ‚was bleibt ὃ Du wusstest es sonst.’.—— Ein Drittel. —
‘Vortrefflich ; ,
Du trägst: Sorge zu deinem Vermögen. Noch eine ‚dazu ? Nun? —
Ein halb Pfund, — Und nun, sitzt. diese. zerfressende Sparwuth 330
Einmal fest im Gemüth , 80 harreu wir noch der Gedichte,
Die der Bewalirung würdig in Cederpöl und Cypresse ?
Theilweis wollen die ‚Diehter den Nutzen, und theils das Er-
götzen, . “ .
Oder sie schreiben zugleich für Lust und Lebre des Lebens, ΜΝ
Kurz sei deine Moral und bündig, damit das Gesagte 335
Schnell in den Herzen Empfängniss find’ und. treue Bewahrung.
Alles war. über das Mauss, fliesst glott von der Seele herunter.
Was zum Vergnügen du ‚schreibst, sei möglichst nabe der Wahrheit;
Dass dein Stück nicht, wo es beliebt nur, Glauben verlange,
Und nach dem Mable der. Hexe den Knaben , lebendig: hervor-
ον zieh”, - 340
Was des ‚moralischen Kernes entbehrt,. gibt Äerger den Alten;
Aber die Jüngern wenden sich ‘weg von ernsten Gedichten.
Beifall Aller.erwirbt, wer Nutzen verflicht mit der Aumutb,, _
Wenn er..den Leser zugleich mit Ergötzung weiss. zu belehren.
Solch ein :Buch bringt Sesiern Geld, kommt über die Meere, 345
Sichert den Ruhm dem Dichter noch über die Marken des Lebens.
Doch gibt Fehler es-auch, wo Nachsicht billig für Alle;
Denn. nicht sendet den Ton, den schlagen und hören du wolltest,
Immer die. Saite: du wtnschest den hohen, sie sendet den tiefen,
Und nicht immer erreicht, was. zielend bedrohte der Bogen. 850
Doch, wo meistens Gediegnes in einem Gedichte, verletzen
Einzelne Mäkel mich nicht, die Folge der mangelnden Sorgfalt
Oder der Menschennatur ’ die oftmals strauchelt. Wie .also?
Wie: ein. Schreiber, der immer,. gewarnt zwar öfter, den gleichen
Fehler begeht, nicht würdig der Nachsicht; wie Citharoeden, 8355
Die auf nämlicher Saite beständig .sich irren, zum, Spott sind’;
So ist m&inem Gefühbl,. wer oftmals strauchelt, ein zweiter.
Choerilus, den ich an wenigen Stellen mit. Lächeln bewundre;
Wie’s mich ärgert, wenn einmal Homer ich im. Schlaf. überrasche.
446 ' Horäzens Brief. an die Pisonen.
Doch, bei solchem Gedicht; ‘darf einen :ein Schläfchen beschlei-
| 7 chem. - 860
Wie mit Gemälden, verhält’s mit Gedichten sich: einige werden
Dir, in der Nähe besehn, und andre, von ferne, gefallen ;
Dieses gefällt sich im Dunkel, dem Licht:gibt jenes den Vorzug,
Ohne den prüfenden Blick scharfsinniger Richter zu scheuen;
Dieses hat einmal, diess wird zehnmal immer ‘gefallen. 365
Ὁ du Aeltester,, wirst du gleich dureh väterlich Mabnen,
Wie durch’ eignen Verstand zum Rechten gebildet, bewahre
Treu diess Wort in der Seele‘ Vergönnt ist einzelnen Dingen
Halb und erträglich zu sein; — ein Rechtsgelehrter und Anwalt,
Sei er nun mittelmässig und weit von der kräftigen Rede
Eines Messala entfernt und eines Oascellius Wissen, 370
Steht doch in Ansehn noch; —— doch mittelmässigen Dichtern,
Denen verzeiht nicht Gott, nieht Mensch, nicht Bücherverlageplatz.
Wie bei Freaden des Mahls ein unharmonisches Tonstück
Oder gemeines Gesalb, und Pfeffer mit sardischem Honig 375
Aergerlich ist, weil ohne sie auch die Tafel bestände:
So das Gedicht, zur Wönne ' des Herzens bestimmt and erfunden,
Wenn nur wenig vom Gipfel es. hbsteigt, sinkt es zu Grunde.
Wer kein Fechten versteht, der meidet die Gänge des Marsfelds,
‘Wer nicht kundig des’Balles, der Scheibe, des Reifes, belässt es, 380
Dass die Umgebung micht sich lautes Gelächter erlaube;
Wer nicht Verse versteht, ‘geht doch und dichtet?- "Warum nicht?
Bin ich denn frei hicht ? edlen -Geschlechts? in die Classe der
nl Ritter ‘ Ä
Wegen des Geldes ‚gesetzt? und jeglichem Tadel enthoben??” —
Du wirst ohne den göttlichen Trieb nichts dichten noch wagen; 385
Diess sei Richtschnur dir,:diess Grundsatz; hast du indessen
Je ein Gedicht, so lass es den Meltius hören'und prüfen,
Lass es den Vater und'mich; neun Jahre behalte es bei dir
Drinnen im Pulte verwahrt:''was nicht an’s Licht du gesandt hast,
Kannst du vernichten; däs Wort, das: entsandt, kenat nimmer den
Rückweg, : . 3%
Orpheus hat;’als heiliger Priester der Götter; die rohen
Menschen von Blut umd Mord und der-gränlichen Speise entwöhnet;
Darum wird er Bezähmer von Löwen und’ Tigern geheissen.
. Auch Amphion hat, so heissfes, der ‘Gründer’ von 'Theben
Steine gerührt durch Klänge der Leier; und Schmelz in den Wer-
sen τ" 395
Sie nach Wunsche geführt. Dies: war einst älteste Weisheit "ἢ
Ocffentlich Wohl von dem eignen, ‘von Göttlichem ‚Menschliches
: scheiden, ᾿
Wilde Verbindung hemmen, die eh?lichen Rechte bestimmen,
Städte mit Mauern erbaun, ’ das Gesetz eingraben in Tafeln.
So ist Namen nnd Ehre den göttlichen Sängern geworden 400
Uud den Gedichten. : Nach’ ihnen Homerus, der "herrliche Sänger,
Uebersetzt von.J. A. Maechly zu Basel, 447
Und Tyrtaeus entflammten zum Krieg die. männlichen Seelen
Durch die Gluten des Lieds; Orakel ertönten ia Liedern,
Lebensweisheit wurde gepredigt, der Könige Beifall *
Wurde versucht durch Kunst des Gesanges; erfunden die Spiele, 405
Endliche Rast nach’ ermüdendem Werk. So schäme der Muse,
Schäme der Leier dich nie und des kiederbeseelten ‚Apollo!
Ob die Kraft der Natur, ob Kunst die Palme des Liedes,
Hört man fragen. ᾿ Ich: glaube, der Kunstfleiss ehne des Innern
Reichlichen Quell wirkt eben so wenig,’ als rohe Natuikraft. 410
Wer da ‘wünscht, dereinst im Laufe das- Ziel za erreichen,
Moasst?, als Kunbe schon , mühen und dulden und frieres und schwitzen, _
Fern von Weibern und: Wein; wer am Fest des Apello die Flöte
Spielt, hat’ früh, es’ geibt; und den Lehrer, den strengen ge
fürchtet. Me En BE Be Ku 5 418
SelPs nun genügen, zu sagen: “Ich: mache die herrlichsten Verse?
Treffe den letzten die Pest; für mich wär’s schmählich, zurück sein
Und, was nie ich. gelernt,;' das. auch als solches. gestehen.’ — ?
Wie Ausrufer zum Kaufe von Waaren die Menge heran ziehn,
Also heisset, sa ihrem Gewinn die Schmeichler hinzugehn 420
Irgend ein Dichter, gesegnet an Ländern und reichlichen Zinsen.
Ist er nun ferner ein Mann, um glänzende Tafel zu halten,
Bürgt er für armes und hiftiges Volk, reisst aus der Verwicklung
Misslicher Händel er einen heraus, dann wundert’s mich, wean Οὗ
Wahre von gleissenden Freunden noch: glücklich ὠὰ scheiden ver-
τς Möchte. . 425
Wen de: beschenkt schon, . oder für. wen du ‚Geschenke "bestimmt
o τῶ. ως ‚hast, :
Den lass ja:nicht, wens er vor .Ereude: ‚noch trankeni, za deinen _
Versen gelangen; —- er ruft sonst: “Herrlich! vorzüglieh! getroffen”.
Wird erst eich, lockt dann aus fühlenden: Augen der Thränen
Rieselnden "Fhau; Jetzt hüpft er. vor Imst, stampft dahn mit dem
" Eusse. .- ' 430
Wie bei Leichen Bezenger des Leids, zum Jammern gedungen,
Mehr noch Klagen beinah, 65 herzlich Betrübte, so scheint .auch '.
Grösser. des spottenden Schalks, als lobeniler Freimde, Bewegung.
Könige, heisst es, bestürmen mit öfters gefüllten Pokalen
Und mit den Gluten des Weins, wen gern durchschauen sie möch-
' ten, 435
Ob dei Verträuns er werth: so, wenn du Gedichte verfassent,
Hüte dich’ wohl vor falschem Gemüth im gleissenden Fachsbalg.
Went Quinctifius irgend ein Werk anhörte, so sprach er:
“Mäch dies besser, und diess;’ und wenn, nach vielen Versuchen,
Du’s nieht ‚möglich erklärtest 9 so hiess er-dich streichen und Με.
"der Er
Ueber den Ambos legen die Verse zu bess’rer Gestaltung: ΝΣ
Wolltest du aber die Fehler vertheidigen lieber als. ändern, -
Spart’ er jeglichen Worts und weiterer, Mühe Verschwendung,
448 ‚ Horazens' Biief. an :die Pisonen.. . \
“ Liess dein Werk dich allein und ohne Rivalen bewundern. - '
Wer ein ehrlieher Kenner, hat holprige Verse zu tadeln, -. . 445
Harte zu rügen, gemeine, das Schreibrohr kehrend, mit schwarzem
Strich zu .bezeichrien, den allzugeschuörkelten. üppigen- Zierat'
Wegzuschneiden, ein stärkeres Licht für dunkle: zu, fordern, :
Doppelsinn’ge za schelten, und sagen, wo Aeiderung uoth thut,
Gleich Aristarch, auch nicht zu. sich sagen: *Soll ich ob solches: 450
Tandes erzürnen den Freund # :-Oft wird zu..bitterem Ernste - "
Aehnlicher. .Tand, wenn höhnender Spott ihn einmal, begrüsste,
Wie wenn einer besessen von. eckliger. Seuche. und :Tollbeit
Oder: von tasendem "Geist; und des. Mondlichts 'zürnendem Einfluss:
Also- meiden ‚den, wüthenden. Bichter. und seine Berührung 455
Alle Verständigen ; Kinder. nur ‚folgen und. necken bedachtkos. .
Wenn nun jener, den Kopf in:der Höh’, umirrend, in Versen
Schnaubt, und ähnlich dem Vogler, der Amaeln erspähte, hinunter
Stürzt in.Bruinen und Graben, so.mag: er immer: “Zn. Hülfe!?
- Schrein: Ihr Bürger! ‚Zu .Hülfe”; nur sol :ihn ‚keiner heraus-
ες : . κοῖς ziehn. .: 00.00. 460
Doch will einer mit rettendem Strick beisprisgen, se werd’ ich
Sagen zu: iim: “Weisst du, dass er. mit Fleiss da binabsprang
Und nicht Rettung. will?” — und dann. des Empedocles Tod ibm
Jenes sicilischen Dichters verkündigen, der, um der Gottheit
Ruf zu geniessen, mit eisigem Blut.in den glühenden Aetna .465
Sprang. Den Poeten gestatte die Welt sich selber zu tödten,
Wer am Leben den Müden erhält, tbut ähnlich dem Mörder.
Denn nieht einmel.thut er’s, wnd wird, auch wenn .er: gerettet,
Doch nicht menschlich und frei’ vom Gelüst nach bewundertem Tode.
Auch weiss Nieniand:, was ihn: gezwungen hat Verse äuımathen, 470
Ob er die Asche des’ Vaters’ besudelt, ob.heilige Stellen .
Schändlich entweibt; klar. ist sein Rasen, und ähnlich dem Bären,
Dem .es gelungen, die sebätzenden. Stäbe’ des Käfıgs zu sprengen,
Treibt er Gelehrte und Volk. mit dem Flache des Lesens zur Flucht
' - Sort. j
Wen er-indessen erfasst, den liest er zu Tode, und saugt sich 475
‚ Fest in die Haut, bis.all sein Βαϊ ον, ein Egel, getrunken.
Ich gebe hier gelegenheitlich, nach dem Muster des 251. Ver-
ses dieses Briefes, wo der lambus beschrieben wird, eine Versifica-
tion der übrigen Füsse, jeden in einem ‚Hexameter abgeschlossen.
Ich weiss nicht, ob schon etwas ähnliches existirt. Da die Länge
einzelner Benennungen schon einen beträchtlichen Theil des Hexa-
meters einaimmt,. und. überdies nicht ‚alle eine für den Vers pas-
sende Quantität haben (— Antibacchius —), so wird man keine An-
forderungen stellen dürfen. _ ' ΝΞ ΕΕΕ
Syllaba longa, brevi subiecta, vocatur Iambus. ΄΄. Ä 1
Verum,: ubi praegreditur. quae longa est, .ecce -Z'rochaeum 2
- Uebersetzt von J, A. Maehly zu.Basel, 449
Spondeus longa surgit, Jongague remittit. 3
Pyrrhichium cernis brevibus saltare duabus. 4
Dactylus ipse suo mensuram nomine prodit. 5
Hic ubi pes conversus erit, tunc est Anapaestus. 6
Amphabrachus longa est, brevibus quae cincta duabus. 7
At longis si cincta brevis, tunc Creticus exit, 8
Vis Tribrachi ne quem fugiat, vox indicat ipsa, 9
Tardior incedit ternarum mole Molossus. 10
Bis longam si praegreditur brevis, ecce Bacchium. 11
Ast eadem, si subsequitur, fit Autibacchius. 12
Tum Proceleusmalicus brevis est, ter et ingeminata. 13
Bis longam si par brevium praeit sequiturve, 14
A maiore repente, minoreque Janicus exstat. 15
Antispastum crede Trochaeo praesulem Iambum, 16
Paeun est, ubi terna brevis longa relevatur. 17
At stimulante brevi longas tot, Epitritus exit. 18
Noch eine kurze Bemerkung:
Die Stelle Epist. lib. II, 1, 28 ist von jeher angefochten wor-
den, und man hat mit der vulgata cessatum ducers curam nichts
anzufangen gewusst, Mit Recht. Erstens würde bei der gewöhn-
lichen Auffassung. das io den Commentaren ‚stehende eleganter di-
ctum pro.etc,, sich verwandeln müssen in ein contorte oder sub-
obscure dictum ; dann aber weiss man eigentlich nicht, was das für
ein Vorwurf sein soll, die Sorgen durch Musik einzuschläfern;; drit-
tens endlich stehen aber Sorgen jener urkräftigen heroischen Jugend
des Alcinous schlecht an. Welche Sorgen denn? — Es wird hier
nothwendig etwas Materielleres erfordert, worin sich das cutem cu-
rare schlagender äussert. Ich habe nun schon früher vermuthet,
es sei mit Beibehaltung des Bentleianischen certatim, das mir auch
einfiel, zu lesen: certatim ducere cenam, Diese kleine Aenderung
wurde aber bestritten: cena sei kein Schmaus, ducere passe nicht
recht. Nun treffe ich beim Uebersetzen vorliegenden Briefes auf
folgende ganz gleiche Stelle (376):
Ut gratas inter mensas symphonia discors
Et crassum unguentum, et Sardo cum melle papaver
Offendunt, poterat duci quia cena sine istis. -
Oder soll bier cena auch ein frugales Abendessen bedeuten? Ob
nun das ducere in der Bedeutung von *in die Länge ziehen? ge-
nommen, oder, nach Anleitung dieser Stelle, als Praedicatam or-
dinarium zu einem Essen, Gastmahl (wie unser halten), angesehen
wird, ist für meinen Zweck einerlkei.
Archio f. Phil, ὦ. Paedag. Bd, XIX, ΗΜ. 3, 29
450. , De adserbiis parum, paullum, quan etc.
De adverbiis parum, paullum , quin et de usu vorb
᾿ occurrendi disceptatio.
Scripsit J. D. Fuss.
- 1. ‚Vocis parum in classica, ut valgo loquimur, Latinitate usus 115
addendus est, ubi novum hodie guum aliis tum insignibus gramma-
ticis, inter quos Zumptius et Kruegerus, placuisse cernimus; quo magis
operae precium fuerit, si quis falsum amplexos esse evincere possit.
Nova autem,,et, quantum intelligo, falsa opinio hand ambigue
inde repetenda est; quod viri illi, plerique doctissimi, 'parum nus-
quam pro simplici non multum, quod Gallis peu, Germanis wenig,
sed ubique pro non satis, trop peu, za wenig, nsurpatum, idque
iam satis superque demonstratum esse arbitrati sunt; qnam signi-
ficationem plurimis sane in locis, nnde illius adverbii mire varıans
vis eruenda, nemo Latine sciens non agnoscet. Sed enim non ideo
minus verum manifestumque putarım, eamdem significationem ad eos
modo locos referri posse,: ubi talis est in contextu orationis sive
. sententiarum ratio, ut ad sensum reete planeque intelligendum
nihil intersit, parum pro non multum an pro ron satis accipiatur*).
Atqne hoe ipsum est, quod iure mireris ab ullo homine, Latine docto,
aut non animadversum, aut non satis ante expensum fuisse, qnam
de adverbio parum novum quidem, sed in’ verba magistri non te-
mere iuranti parum credibile, pronunciaret. ‘De cuius vocis usu,
priusguam caetera adferam, id 'agendum 'est, ut, parum ubigne 8
bonae aetatis scriptoribus pro non satis usurpari, falsım esse paueis
quidem exemplis (nec enim hucasque 'multa satis idonea repperi), sed
tamen, quot ad rem sufficiant, ostendam.
2. Habes igitur apad Nepotem, Att. 18, quum imprimis lautus
esset eques Romanus, et non parum liberaliter domum suam omnium
ordinum homines invitaret; ubi non parum pro multum sive valde
diei, mihi quidem adeo liquet, ut nequeam non’ ridiculam reputare,
si quis hic quoque parum pro non satis snmendum esse contendat;
quod tamen nec ego negerem, si Nepos illis responderet, qui
Atticum parum liberalem dixissent. Atqui manifestum est, Atticum
hic non, ut satis, sed ut valde liberalem praedicari. Nepotis loco
*) ὕπο ut exemplo, quod facile ad alia traxeris, lueidius, quid velim,
adpareat, ponamus de homine agi, quem ad munus aliquod minus aptum
videri, ipse orationis contextus legentem dubitare non sinat. Hic nibil
iutererit, utrum ille non multum an non satis aptus dicatur. Caeterum,
quod in usu vocis parusm, ab orationis contextu pendenti, animadvertimus,
idem ad alias, nec reetius in Latina quam in enlta quacungue lingua re-
feremus. Cuius rei exemplum, ut alia plurima , praebent verba lon-
gum et long; quatenus alteram in lingua Latina, alteram in Gallica
pro nimis longum, quod saepe accidit, recte accipietur. Nec vero di-
versa ratio aliarım linguarum iis in verbis erit, quae Latino et Gallico,
quibus hic comparationis causa utimur, respondent.
. Seripsit J. D. Fuss. 451
addimas Ciceronis, pro On. Planc. 7. si parum multi sunt (de plebeaut
homines novi), qui nobilitatem ament, num ista est nostra culpa?
Hic, si parum accipias pro non satis, nmecesse erit, ut parum mulli
accipias pro non tam multi, quam homines nobiles vellent ; atqui ratio
probabilis nulla adparet, cur Ciceronem aliud dicere voluisse cre-
damus, quam, inter eos, qui non sint nobiles, paucos esse, qui
nobilitatem ament. Quod si hoc Ciceronis loco ad id, quod
demonstrandum est, recte usus sum, Don minus recte eiusdem locum,
qui est in Bruto 81. huc.a. me tractum esse existimem, ubi, de
oratore loquens, kic, inquit, a magistris parum institulus, naluram
habwit admirabilem ad dicendum. Nempe hie quogue cavendum erit,
ne parum pro nor salis positum credentes Ciceronem aliud, quam
volebat, dicentem exbibeamus. Aliud enim, si oratorem illum aut
a magistris non multum didicisse, aut magistris non multum usum
esse, aliud, si non satis institutum intelligi voluit, quo scilicet ma-
ior, quam felici natura factus eraf, orator exsisteret: quod 'si vere
intelligi voluisset Cicero, ita, opinor, ut lector dabitare non posset,
locutus esset ἢ).
*%) Quod hic cavendum dicimus, πες vanum, et multis in locis sedulo
expendendum est. Quamvis enim in plerisque ea sit contextus ratio, ut
prorsus nihil differat, parum pro non multum an pro non satis acci-
pias, tamen haud raro diversa, atque eo diversa ratio est, quod, ut pa-
rum pro non salis accipi possit, aliquid subintelligere aut supplere ne-
cesge, idque tale est, ut, an scriptor suppletum voluerit, δα incertum sit,
aut adeo ne credibile quidem videatur. Sie, ut uno exemplo utamur, ἡ
quum nen multum seire quempiam dicimus, mjnime necesse est, ut eum-
dem nön satis ‚scire intelligi velimus. Igitur, ubi νοὶ dubium vel ne
credibile quidem erit parum pro non satis esse dietum, causa profecto
non 'cerhitur, cur sic usurpatum esse contra scriptoris mentem fingamus.
Mihi quidem parum non semper pro nen satis positum esse vel hoc cer-
tissimum argumentum est, quod multis in locis, si parum pro non multum
sumimus, sententiam, quam contextus orationis poscit, habemus, contra
si pro non salis, aut obscure et ambigue scriptorem, aut certe id, eui
contextus ratio repugnet, dicentem faciemus. Contextus videlicet in.
voce parum non: modo, ubi, sitne non multum an non satis, quae-
zitur, sed omnino plurimis in locis ea vis est, ut, quid guantumgne
velit scriptor, ‚non: nisi ex: illo satis intelligamus. Neec. vero in tali con-
textus vi et significationum varietate mirum est, sicubi in explicationis
difficaltatem incidas, cui tollendae nullam adhuc regulam certam gramma-
ticorum acumen invenerit; quaegue talis sit, ut, an regulis tolli possit,
ineertus haereas, N
Similis autem huic difficultatis inter exempla, (ut alias dicta hio loco
non alieno repetam,) ponendus est vocis guin quibusdam in locutionibus
usus, quarum simplicissimum in his specimen habe: “in forum non venie-
᾿ bat, quin aliquid emeret; diem nulam intermitto, quin fratri scribam;
non deterritus est, quin in castra iret.” Talia nemo nescit optimis scri-
ptoribus usitata esse; ipsa autem locutio, quo ab aliis discernatur, in
altero sententiae membro verbum, cui coniunctum est quin, idque in
coniunetivo positum, in altero negationem, unde quin auo cum verbo pen-
deat, habet. Quam negationem quam in tali membrorum ad unam sen-
tentiam conjunctione nusquam deesse crederent grammatici, locutionem
29 *
452 De adverbiis parum, paullum, quih etc. -
8. Dixi raros esse locos, quales hucusque tres, unum Ne-
potis, duos Ciceronis adtuli. Neque 'tamen dubitem, quin alios
"nonnullos idoneos, qui cum illis coniungantur, sim reperturus, si
diutius, et indicibus Latinitatis copiosius instructus, quaerere per-
gam. Sed duobus aureae aetatis scriptoribus interim πὶ} potius ad-
iecerim, quam locutionem parum abesse, quin, eo nempe hic magis
comparandam, quod hanc ipsam a Krebsianis non alia de causa da-
mnatam explosamgque cernimus, quam, quia parum semper pro non
‚satis usurpatum esse, persuasum habuere; mihi autem postquam illos
hic errasse visum, iam nulla sat gravis ratio, cur parum abesse,
quin damnarem, eoque minus superabat, quod locutione illa non
Livium modo, semel utique, sed aliquot post hunc saecnlis vitae
Virgili auctorem, quem Claudium Donatum vulgo fecerunt, usum
esse videbam; ubi, nulla, quam quidem norim, lectionis varietate,
legitur: parum 'abfuit, quin (a centurione) occideretur. ‚Nec vero
hic mihi antibarbarus quisgquam aut [νι locum, 43, 4, 2,
parum abfuit, quin ineideret in Persei mahus, corruptum, iamque
rite emendatum esse, aut Vitae Virglii auctorem purae Latinitatis
rudem fuisse, obiiciat, nisi prius, cur sic statuere necesse sit, non
dubiis me rationibus docuerit.
. 4, Etenim, quod ad Livium attinet, fateor, me non intelligere,
. cur, qui (42, 44) dixerit haud multum abfuil, quin interficeretur,
[4
sine illa negatione Latinam non esse statuerunt. Kxemplo sit supra po--
, situm: in forum non veniebat, quin aliquid emeret; cui contrarium esse
vides: in forum veniebat, nec tamen semper emebat: quam sententiam
si, servato quin et sublata negatione, redderes: in forum veniebat, quin
semper emeret; Latine doctus facile, quid velis, intelliget; atidem, nisi
, aut spernat aut ignoret, quam dixi, granimaticorum regulam, te satis
Latine locutum esse negabit. Ipse autem huius regulae immemor factus,
sero, an vere peccassem, inquirens, postremo locis tribus me a vitio uti-
que defensum existimavi. Ex his unuas Terentii, Hec.1, 2, 73., ubi talis
est constructio, ut quin a negatione, 4086 est in sententia, non pendeat;
alter locus est Boethii, de cons., I. 8, prosa 3, cuius eadem est negatio-
nis ratio; tertius est Pseudoasconii, ad Ciceronis in Verrem, 1. 1, $.36; ubi
ipsa negatio deest. His igitur locis nitenti iam Latina visa sunt, quae ante
damnaveram; de quibus, quoniam eadem in omnibus et constructionis et
sententiae ratio est, unum hic adferre satis erit: pater emancipari potest,
-quin filius emancipetur, οὐ contrarium pater emaneipari non potest,
quin filius emancipetur; scilicet quod altera adfiırmat, altera sententia
negat, eademgue usitatissima est; contra, quae adfirmat, longe rarissima,
ideoque quamvis me iudice vitiosa non sit, tamen non imitanda. Cae-
terum, quod de orationis contextu in usu adverbli parum dixi, ad con-
iunctionem guin eatenus recte referes, quatenus de voce quin pariter,
multisgue in locis, neque certam grammaticorum regulam Endes, unde,
sitae Latina locutio an non sit constet; neque vero ipsam scriptoris senten-
'tiam aliter, quam e contextu orationis, vere planegque in igere queas.
Qua in re si mihi assentiendum, consentaneum erit, in recentiorum. quo-
que Latinitate quin damnari non posse, nisi sensum, quem contextus ra-
tio poscit, eo modo, cuius apud bonos Aeriptores exemplum non exstet,
expressum videas,
” Seripsit J. D, Fuss. 458
pro haud multum in altero leco non recte dixerit parım, quod pro
non multum a Cicerone et Nepote usurpatum esse shpra ostendi.
Nec vero Caesar, b. c. p. 2, 35, paullum abfuit, quin Varum inter-
ficeret, πες Suetonius, Calig. 34, paullum afuit, quin — amoveret
rectius dixisse censendus est, quam Livius parum abfuit, quin
incideret; quippe paullum et parum his locis pariter pro non multum
usurpata; neque aliam ob causam recte dicebatur parum abesse, quin,
nisi, quod parum pro non mullum ponebatur; nam pro non saltis
ponere plane absurdum fuisset. Quod autem apud bonae aetatis
scriptores locutionis, de qna agimus, nullum praeter unum Livii,
quod ad parum sciliceb attinet, exstare exemplum certum est; negue
hinc, neminem alium illa in aetate sic locutum esse, recte colliges;
nisi forte parem ob causam plurimi optimoram scriptorum loci pro
corruptis habendi, qui an integri sint, hucusque nemo Latine doctus
dubitarit*), Caeterum, valde rarum fuisse parum abesse, quin, et
concedam libenter, et, .cur fuerit, varias adferre causas possum,
quas hic exponere longum.,
5. Peregimus de verbo parum, ea, quam diximus, ratione -
perperam accepto, deque parum abesse, quin, propter parum male
acceptum, male damnato, Bestat, ut ad reliquum einsdem vocis
usum pertinentes bonoram scriptorum locos coniungamus, in quibus
videlicet, quod zupra $. 1. attigi, ob variam, quae in orationis sive
sententiarum contextu cernitur, rationem, adverbium parum modo
pro non satis, modo pro non magnopere, non valde, pro minus vel
minimum, ac saepe adeo pro non **) recte accipiatur; omnino, ut si-
gnificationam discriminis finem non fore haud absurde diceres. Quo
magis nullam locis illis explicationem addere placuit; neque hoc
brevitatis modo causa, verum etiam, quia lectoris iudicio id relin-
quere malebam, quod satis aut subtiliter discerni aut perspicue
explicari ne posse quidem existimabam. Locos autem, quos dizi,
singula nonnulla, non in alia potias disputationis parte ponenda,
excipient. Sed ipsos iam intuere. |
6. Horatius, carm. 4, 1, 35, cur facunda parum decoro inter
verba cadit lingna silentio; idem carm. 1, 12, 59, tu parum castis
*) Ex ingenti vocabulorum,, quae comparationis causa congerere fa-
cillimum foret, nil eitius elegerim, quam adverbium interim ; quia scilicet
idem et perspicuam significationem, certamque et notissimam florente in
Latinitate, et aliam longe diversam, adeoque raram habet, ut, quamvis
passim occurrente utendi occasione, optimi plerique scriptores ea vix,
aut ne semel quidem usi inveniantur. Loquor autem de interim pro inter-
dum sive nonnunguam usurpato, Cuius tam rarum in caetera, tam fre-
.quentem in Quinctiliani Latinitate usum intuens, si egregii huius scriptoris
nil aut perexiguum ad nos pervenisset, sane non mirer, interim non uno
loco a criticis pro suspecto, aut depravato, denigue pro delendo habi-
tum esse, omninoque idem fere hic, quod in adverbio parum videmus,
" accidisse,
**) Quo trahendus Charisius parum in negandi adverbiis ponens.
454 De adverbiis parum, paullum, quin etc.
irlimica mittes fulmina hucis; idem, 1, 80, — param' comis sine te
Iuventas Mercuriusque; Propertius 4, 8, 30, sobria..grata parum,
quum bibit, omne decet; idem $, 3, 30, ille (Prometheus) param
cauti pectoris egit opus; idem 3, 5, 46, quid meritum dicas, cui
sua terra parum est? Nepos, Att. 9, quod parum odisse malos cives
videretur; Valerius Maximus, 3, 2, 8, Sempronio parum'’ prospere
- dimicante; idem, 3, 2, 15, si tibi propositum ex sententia parum
cessisset (cui confer Nepotis, Alc, 7, minus ex sententid rem ges-
serat, et Dion. 5, non multum proficiebant;) Sallustius , (qui parum
saepissime usurpavit,) Jug. 81, neque litteras Gräecas didiei: param
placebat eas discere; idem Jug. θά, in (colle) castris parum amplo;
idem, ibidem 76, parum cogaeri, et, 63, parum comperimus, (qua-
lia in optimis scriptoribus usitafıssima;) ‚Cicero, de fin, 5, 14, in
ipsa autem (vite) parum magna vis est, ut quam optime se habere
possit, si nulla cültura adhibeatur, idem Brut. 63, in hac (ia ora-
tione) satis erat copiae, in illa (in actione) leporis parum, (cf. eins-
dem Brut. 70, Messala nullo modo inops, sed non nimis ornatus
genere verborum;) idem,, Brut. 71, — ταὶ Marcellus satis- est notus,
Cassar autem parum; idem, de invent. 2, 3, non enim parum co-
gnosse, sed in parum cognito stulte et diu perseverasse, turpe est;
Phaedrus, 2, 8, cur frondis parum est?, Virgilius, Aer. 6, 863,
sed frons laeta parum, (nec alio ullo in loco parum usurpavit;)
Ovidius Trist.3, 11, 18, nuda parum nobis Caesaris ira malum est?
idem, ib. 38, te tamen est uno iudice maesta parum (fortuna mea;)
idem Trist, 2, 848, quodque parum novit, nemo docere. potest;
Velleius, 2, 76 — parum habebat summa accepisse, nisi etc.;
‘ Plin, Ep., 8, 19, — intende libro —: quia vereor, ne jpse, ut
tristis, parum iatenderim ; Seneca Agam.’293, si parum est (gnatus,)
adde et. nepos; Manilius lib, 5, semper amare parum est,, cupient
et amare videri. Er
7. Habes locos pra ingenti, quam addere non operosam fuis-
set, copia, sane paucissimos; at.tales tamen,. ut, gi cum jis, quos
aliis in partibus adtuli, coniungantur, non videam, cur maiorem
numerum valde desideres; nisi forte in usu vocis parym distinguendo
eo progredi lubeat, ut periculum sit, ne rem implices magis, clam
clarius expositam teneas. Antiquarios autem quos adpellare possis
locos, colligere non placait, ita famen, ut’ unum ex hoc genere,
formulam parum cavisse videri, non omitterem, qua constat magistra-
tus in sententiis de reo, quem capitis damnarent, pronunciandis
usos esse. Quae formula, dubium non est, quin ad euphemismum
sit referenda, odiosa, funesta, impiave verbo leniore sive declarantis
sive adpellantis; eiusque rei in Romanorum sermone exempla repe-
riri, notissimum est! quo citins ad hanc consuetudinem löcos quos-
dam trahere velis, qualis est Horatii, quem inter varios iam ad-
tali; ubi, ne incestis sive conlaminatis lucis diceret, mitiori voce, prae-
sertim in re religiosa, usum esse po&tam, equidem non mirer; vel-
lemgne jdem de locis adfirmare liceret, quibus, parum a paullum
Scripsit J. D. Fass. 455
apud bonos scriptores quomedo differat, zafis perspicerem. ἴασαι
tamen contendere non verear, locos non prorsus deesse, υδὲ paul-
Ium ita usurpatum, ut, si in parum mutares, eadem sententia ma
neret; locus autem iis adiictendus esset, in quibes parum, ob ora-
tionis in contextu rationem, eamdem, quam nen salis, vim haberet;
de que superius, quantum satis visum, egimus. Equidem huc re-
tulerim Horatii, epist., 2, 15, 33, Aic ubi — nil, aut paullum abs-
tulerat, patinas cenabat omasi etc.”) ubi fortasse quantitatis di-
versitas poetam, ne usitatiore verbo uteretur, impedivit. la altero
astem Horatii loco carm. 4, 9, 29, paullum sepuitae distat iner-
tiae celata Virtus, an eadem, quod ad paullum attinet, ratio sit,
aliis dirimendum relinquere malo. Caesaris denique paullum abfuit,
quin superius, atque ita attigi, at hic nihil addere satius reputarim.
8. Sic ad ea, quae in extrema disputationis parte ponere
optimum duxi, iam perveui, de singulis in vocis parum usu et pauca
dicturus, et cuncta ad locutiones referenda, quae nostra aetate, pri-
mom ab anrtibarbaris, tum ab aliis Latinitatis magistris damnatse,
hodie, illoram auctoritate Latinum in vulgus diffusa, quasi uno ore,
ut infames, repudiantear. Ipsas vero locutiones, nobis hic tractan-
das, ex iis elegi, quae ab M.L.Seyfferto, homiae, si quis umquam
fuit, Ciceroniano, ut falsas sive non Latinas, indicatas vidi. Sunt
auterm quattuor, eaeque ad non parum, quam parum, parum pro
non magnopere, tam parum pro ita non, referendae. En singulas.
9. Non parum damnat Seyffertus, ubi pro non medioeriter pona-
tar; velut, si quem non parum laudari dicamus; hanc enim eius sen-
tentiam esse, dubitare nequeo; quamvis ipse, ut in sequentibus,
exemplis abstinuerit, de omnibus videlicet iuxta planeque persuasus,
idemque Madvigii, credo, auctoritate potissimam confisus. Nam et
locos, specie quidem sententigae ipsorum repugnantes, sed falsa, ut
putant , lectione corruptas, enmdem, (ad Ciceronis hb.de fin. p. 781 et
782) tractasse, refert. Causa autem damnandi non parum eadem
Seyfferto, quae in caeteris locutionibus, de quibus hic agimus, fuit.
Quippe viro docto guum, uti vidimus, parum ubique non salis esset,
consentaneum erat non parum ei ubique esse non salis (pas trop
peu, nicht zu wenig); unde consequetur, non parum taudari Seyfferto
*) Quamvis autem paullum hic eamdem vim habere posse. arbitrer,
quam, in simili contextus ratione, parum, non ideo minus, paullum sic
rarissimum, parum contra frequentissimum esse, immo fere ubique usur-
pari, fateor. Estque adeo haec certissima quidem in usu illorum voca-
bulorum differentia ; at eadem, si me audis, non inde, quod parum ubi-
que sit non satis, deducenda, sed ad ea referenda est, quae in quacun-
que lingua plurima inveniuntur, quorum causas investigans, frustra la- ὸ
bores. Apnd ipsum vere Horatium, cuius hic uno, quod ad paullum
attinet, loco usus sum, alios habes, in iisque (a. p. 378) — ‘si paullum
a summo decessit, vergit ad imum’, ubi absurdum foret paullum sic ao-
cipere, ut in nil, aut paullum abstulerat accipi posse demonstravi.
Scilicet in hoc loco prorsus diversa, quam in altero, orationis in contextu
ratio manifestoque cernitur. -
456 . De adverbiis parum, paullum, quin etc.
ideim fore, quod satis laudari; sed hoc quomodo non minus esset,
quam nor mediocriter laudari, non videbat; nec vero ego vidi.
At idem, quomodo non parum pro non mediccriter, id est, pro
multum, vel valde, vel magnopere, recte dicatur, facile intelligo;
quippe qui, ut satis demonstravi, in simili locntione perum non pro
non "salis, sed pro non multum, sicque non parum pro non non mul-
tum, id est, pro magnopere sive non mediocriter accipiam. Hoc
' jgitur quum mihi recte fecisse videar, 'interim non erit, cur vel
Seyfferto, vel Grysario, Kruegerove, viris doctissimis, aut denique
Madvigio credendum esse existimem; quos omnes ad caetera da-
mnanda ἃ persuasione profectos cognovi, in qua ipsa, δὶ quid mihi
credis, a vero aberrarunt, Seyfferto autem, apud bonae aetatis scri-
ptores, saepene, an raro, an nusquam non parum invenerit, ignoro.
Ipse diu quaesitum hucusque nognisi semel, sed apud Nepotem, in
loco supra, $. 2, citato repperi.
10. Quam perum Seyflertus damnat, ubi ponatar pro quam non,
velut, si dicas, guam parum cupidus pro quam non cupidus. Hic
egquidem metuno, ut, quid velit, ipse satis exploratum habuerit; id-
que ne temere fateri videar, exempli causa haec adiicio. Pone enim
me cui dicere nescis, quam non doctus sis. Hic, Seyfferto iudice,
Latine locutas ero; sed, de quo homine sic recte loguamur, si quae-
ras, continup patebit, hunc non modo non indoctum esse, sed plu-
rimum abesse, ut doctus sit, debere; ita ut Gallice diceres fu ne
sais pas, combien tu es lein d’öire savant. Sed pone 'vertendum
esse tu ne sais, combien tu es loin d’ölre assex (i. 6. suffisämment,
hinreichend) savant. Videbis, δὶς et me recte dictarum nescis,
quam. non salis doctus sis, et Seyffertum, si, ut pntat, parum ubi-
que est non salis, recte dieturum nescis, quam parum doctus sis.
At hoc si et ipse rectum iadicat, non vides, cur idem de quam
parum ita loquatar, quasi, nusquam Latinum esse, crediderit; quum
tamen exemplo, quod hic posuimus, manifestum sit, quam parum,
_ila, guam ipse verbo parum tribyit, significatione Latisum esse
posse, quamvis non pro quam nor ponatur; si quidem aliud est
quam non doctus, aliud quam non salis doctus; quemadmodum mul-
tum differt, minimumne cibi sumas, an longe absit, ut ullam su-
mere velis. Haec adeo intuens, satisne causae sit, vide, cur, vi-
rum doctum hic, quid velit, parum repntasse suspicemur. Denigque,
quod eidem quam parum nunguam Latinnm esse persuasum. videtur,
foret sane, cur ei accederes, si verba illa, quod interim adfirmare
non ansim, 8 nullo bonae aetatis scriptore coniuncta invenirentor.
Verum ne sic quidem eins rei causam in voce parum pro non salis
usurpata quaerendam esse arbitrer. Quum enim quam bene, quam
valde, quam nihil Latine dicantur, cur quam parum non perinde di-
catur, difficile erit causam probabilem, praeter usus arbitrium, ad-
ferre; eo qnuidem magis, si quam parum et quam paullim inxta aut
rara, aut prorsys inusitata inveniantur, Rarissimum certe' fuisse
quam paullum, non metuam adfirmare, _ .
-
Seripsit 7. Ὁ. Fuss, 457
'11. Parum Seyffertus damnat, υἱοὶ pro nor magnopere ponatur;
velut, si dicas aliquem parum metuere pro non multum, non valde,
‘non magnopere meluere. Nempe, quum Seyflerto parum ubique sit
non salis , necesse est, eidem parum meluere esse non salis meluere.
Mihi contra parum non &st non satis, nisi ubi orationis sive senten-
tiarum talis est contextus, ut nihil intersit, ulrum parum pro non
multum, an pro non satis (pas assez, zu wenig) accipiatur: de quo
superius sat multa dixi. Sic adeo probabilis causa nulla erit, cur,
ubi contextus ratio non repugnet, parum, etsi pro non magnopere
positum, Latinum esse megemus; nec vero ipse non parum im-
plicitus; haud parum displicuisse; adeo parum offendere; adeo pa-
rum liquere; parum movere; parum metuere, usurpare quidquam
dubatavi, ΄
12. Tam parum Seyffertas damnat, ubi ipse diceret ita non;
velut, (si tamen, quid velit, satis intellexi,) si, hominem laudans,
sententiae finem facias: fam parum, quam nactus est, sorte dignus
erat. Hic Seyffertns, cni parum semper est non satis, te non Latine
locutum putabit; quippe pro tam parum dignus dicendum esse ia
non dignus. Nec minus, opinor, te damnabit, si quem dicas tam
parum culpandum esse, ut magna laude dignus videatur. Caeterum,
sive recte hic Seyffertus, sive. non, me interim nil impediet, quominus
in eiasmodi locutione parum pro non multum accipiam. Itaque,
licet in praesentia, qui ita sit locutus, non meminerim, tamen, id
nullum fecisse, vix credibile existimem.
13. Iamque de singulis, quae, ut supra dixi, cum locis sine
interpretatione coniunctis miscere nolebam, satis mihi disputatum ar-
bitror. Quod autem in singulis hisce virum, inter Latine doctos
merito celebratum, ante alios idoneum, cui meam sententiam oppo-
nerem, iudicavi, id hac una causa factum est, quia in eius Palae-
stra Ciceroniana p.83, plenins, quam in aliis, queis uti dabatur,
libris, indicatum videbam, quousque progressa sit de usu adverbii
parum quaestio, quidque in ea sive iam satis expeditum, sive etiam-
num rectius lucidiusve explicandum restet, ut, sicubi dubitationi locus
relictus, aut hanc tollere, aut, si parum succedat, ad verum utique
propius accedere queamus.
14. Disceptatiunculam hanc componenti praeter ea, quae ha-
‚ ctenns, fangnam praecipua, queis falsam mihi visam persuasionem
refellerem, coniunxi, alia non pauca occnrrebant, quae, tametsi le-
vioris momenti, tamen ad rem plenius penitusque cognoscendam non
minimum conferre possent. Sed enim ea hic tractare, quin con-
stitutos disputationi fines longe excederem, non dabatur. Inpri-
mis vero de vocibus parum et paullum, quas (δ. 7. et 10.) compa-
rans attigi, tam paucis contentus non fuissem; ac magis ‚etiam de
raro äut freguenti adverbii parum, quibusdam in locutionibus, usu
libenter egissem; ubi multa, quorum in causis investigandis et difß-
cillimus labor, et saepe successu carituras cernebatur. Quali in re
\
7
458 06 δᾶἂν, parum, paullum etc, Seripsit‘J. D. Fuss,
nibil magis cavendum duco, quam, ne eos imitemur, queis ut de-
cretam est in lingnis nihil non ad certam rationem revocari posse,
sic usns arbitrio vix ullas hic relinguere partes consueverunt. @Qunod
genas philologorum, inter quos viri sane doctissimi, et frequentius
hodie est, et numgnam vehementius Latinis quoque litteris nocuit.
Finem exigui de re non ita parva libelli facimus, caventes, ne
quis forte ad veram, quam profitemur, aliam nobis mentem, ἃ pro-
posito longe alienam, adiiciat. Scilicet alind est rarissima, eadem-
que saepe nec satis certa, commendare, aliud, sive suspecta, sive
pro falsis habita, cur tamen vitiosa non sint, docere*). Alterum
enim, ne lingnae scriptisve veternm iniuria inferatur, utilis, et ommino
verum amantis opera; alterım antiquarii morbo laborantis, idque
agentis est, ut horridos putidosgue scriptores potius, quam cultos
venustosque habeammus. Qualis usus omnino valde rarus, sed ra-
rissimus, quum ad ea, quae apud scriptores inveniantur, maxime
vero ad verba locutionesve refertur: ubi equidem vix unam alteramve
illius usus exemplum exstare facile crediderim. Idem tamen car
acciderit, causas quasdam non inanes mihi videor repperisse; in
quibus est veterum res grammaticas tractandi sive ratio sive Ccon-
suetudo, ἃ qua reeentiores non uno nomine valdeque discrepantes
inveniuntur. Sed haec longae disputationi materies. Verbum autem
pceurrere, qüuod, δὰ scripta sive libros ea, quam dixi, ratione re-
lätum, pro bonae aetatis scriptoribus indieto haberi possit, tamen
in aliis rebus, nec prorsus diversis, pro inveniri, exstare, esse,
usurpatum, bonorum scriptorum auctoritate, tametsi hac quogque
admodum rara, non destituitur. Quo equidem traxerim Melae 3, 8,
caeterum oris ad eurum sequentibus nihil memorabile occurrit, et Pli-
nii, 10, 47, in caeteris (avibus) nihil memorandum occurrit, eius-
demgue, 5, 8, nec de Africa plura, quae memorentur, occurrunt,
In quibus omnibus cavendum, ne occurrere ad auctorem referas,
qui sibi nil occurrere, i. 6. se nil meminisse diceret; idque eo magis
cavendum; quoniam contextus in hac locutinne talis saepe ratio est,
at dativus recte subintelligi possit, Hic contra, occurrere pro in-
veniri, sive exstare, vel, si mavis, pro tradi usurpatum esse, ma-
nifestum. |
*) Voces et loentiones, quae, etsi res passim obvias, varieque di-
ctas, exprimentes, rarissimae tamen manserunt, mihi in Latinis recen-
ade rem universe intuenti, non placere, ex is, quae in adnotatione
a
Krit. Beit. zu einig. lat. Schriftstell. Von Dr. Nolte zu Araheim. 459
Kritische Beiträge zu einigen lateinischen Schriftstellern.
Von Dr. Nolte zu Arnheim in Holland.
Inhalt.
Vollständige Angabe der Varianten des Codex Arundelianns in des
Tacitus Germania. — Einige von Orelli nicht angegebene Varianten
in des Tacitus dialogus de oratoribus. — Erklärungsversuch einer
Stelle in des Tacitus Germania, — Auszüge aus ten Nuyl’s hand-
schriftlichem Commentar über die drei kleineren Schriften des Ta-
citus, — Emendationsversuch einer verderbten Stelle in Manilius’
Astronomicon und Quinctilianus de inst. Or,
No. I.
Im alten Cataloge der Leydener Universitätsbibliothek befindet
sich auf p. 399, Col. 2 unter No.7 der Vossianischen “MSS prae-
cipue Graeci, varii argumenti. In Octavo et minore forma’ die
Varianten des sogenannten Codex Arundelianus, die wir im Nach-
folgenden vollständig mittheilen:
Pap. 1. im Codex Vossianus von den Varianten des Cod, Ar.
Variantes Lectiones ex MS, Pircheimeri qui est in bibliotheca
comitis Arundelli ja librum Taciti de moribus Germanorum.
A Gallis Rhaetiis et Pannoniis] ita MS. Non ut vulgo Rhae- .
tiisque et Pannoniis,
A Sarmatis Daehisgue mutuo victu a. m. seperatur.
Latus sinus et insularum immensa spatia εἰς.
Quibusdam gentibus quos bellam aperuit.
Mocdicu flexu etc.
Danubius molliter et clementer edito montis Arnibae,
Septimum os paludibus haurit.'
Ipsos Germanos indigenas tradide, minimeque etc,
Nec classibus advehebantur.
Et immensus ultraque sic diximus,
‚Quis porro propter periculum horride et incogniti
Tristem cultu aspectu quam non patria sit. Ita prius scripfum fuit,
sed correctum hoc modo: tristem caltu aspectugue cui non ‚patria sit.
Tuistenem deum terra editum eius filium Mannum.
Conditoremque,
Ingeriones, medii Hermimones,: ceteri Histeriones vocantar,
Quidam ut lic. veto plures deos ortos.
Vandasos.
Ut nuper additum,
Primum Rhenum.
Expulerunt, ac nunc Tungri ac G. vocati sunt.
Evaluisse paulatim primum vavictore demum mox et a seipsis
invento nomine vocarentur.
Virorum fortiam: ituri in praelia etc.
Quem Blandienm vocant. .
460 Kritische Beiträge zu einigen lat. Schriftstellern,
Terrena enim trepidantne.
Nec tam voces ille quam mentis concentus videtur,
Nominatumque dpvTealiov. ἣ
Affırmare argumentis.
pag. 2. ᾿
Item eoram opinionibns accedo,
Propterea et sinceram et tantum. .
Unde habitus quidem corporis, sed corr. corporum,
Rutilae comae, corpora tantum ad imp. val. |. atque operum
non eadem potentia,
Sitim et aestum tollerare.
Terra’ etsi aliquan'do specie aret.
Qua Noricum, qua Pannoniam aspicit.
Numero gaudens, h.aeque solae,
An irati dei.
Nec inde affrmaverim.
Aurum argentumve gignere.
Vasa argentea.
Non in alia utilitate.
Interiores simplitius.
“ Servatos bigatos quoque magis quam aurum.
Facilior usui est.
In modum nostrum docentur.
Apta et congruente equestrem pugnam veloc,
Ex omni iuventute delectos,
Differunt et numero, Centum e singulis pagis sunt.
Iam nomen et honofis. Publice aluntur iisdem nemoribus ac
. Iudis candidi et nulla mortali ope contacti quos pressos sacros curru
sacerdos arcet vel princeps. Folium hic integrum -omitt. io MS,
Comitatur. - ᾿
Cum qua bellum gerunt, eum captivum.
Cum aliquo electo popularium,
Victoria huius vel illius pro ludio accipitar.
Coeunt ne quid fortuitum subitum incidat,
Impletur luna aut inchoatur.
Hoc auspitinm certissimum initium credunt..
Id ex libertate.
Nee ut iussu conveniunt.
Ut turba’ placuit conveniunt armati.
Auctoritate magis suadendi.
pag. 3.
Accusationem quoque discrimine capitis intendiSt.
Iniecta insuper positos rate mergunt.
Scelera ostendi oporteat antea operimuntur flagitia abscondi.
Convicti mulctentur.
Pars ipsi iudicatur, Eliguntur in iisdem,
Principes qui vita per pagos et vicos excellunt.
Von Dr. Nolte zu Arnheim, 461
Tum eum in ipso concilio,
Trameaque invenem exornant.
Ante hoc donum parum vidAntur, mox,
R. P. Μ
Magna patrum inclita principum. dignitatem.
Aggregant πος rabus inter comites gradus quin ipse etiam
comitatus habit. '
Apud suum principem.
Et priocipium cui.
Haec dignitas habet vires magno super electarum.
Rem vero infamem in omnem vitam ac probrosam.
Principum sacramentum est.
Princeps pro victoria pugnat.
Si civitas in qua sunt longa pace.
Petunt intro eas nationes.
Magnumgque comitatum non nisi in bello tueare. Exigunt enim
principis sui libertate illum.
Et quamquam compti, largi tamen.
Vocare hostem , et vuluera.
Et in omnes videntur sudores acquirere.
Sanguinem parare.
Plus per otium dediti somno,
Delicata domus.
Senibus et infirmissimd cuique.
Ipsi habent intra diversitäte naturae, cum quod homines s.a.i,
ediderin quietem.
Gaudent praecipue suarum gentium donis.
Sed.et publice,
Phalarae.
Non nostro more connexis.
- pag. 4.
Aut tegularum usus,
llliniunt terra.
Picturam aut liniamenta,
Multo insuper fimo operiunt, suffugium εἰς,
Et si hostis aliquando advenit.
Ceteri intecti totos iaxta focum.
Sarmatae atque Parthi.
Detracta velamehta.
Pedibusque belluarum,
Habitus, neque foemine, saepius.
Partem magis laudant. Nam proprie solum Barbar.
Dotem non uxor, sed uxori maritus affert,
Propiaqui qui ac munera. ᾿
Frenatum equorum._
Aliquid affert viro.
Putet, tempus recipientis matrimonii auspitiis admonetur.
462 ' Kritische Beiträge zu einigen lat. Schriftstellern.
Veneris et. Iaborum periculorumgne.
Ausuram hoc coniuncti boves.
Sic vivendum, sic-parentes accipere, | Bi. liberis,
Ad nepotes referantur. Ergo septae pudicitia.
Quorum poena parentibus et maritig permissa.
Intisis erinibus, i
‘ Per omnem vicum verberans agit.
Publicas enim.
Nemo illic vitia ridet. ΕΝ
Nec corrumpere nec corrampi secundum vocant.
Votaque uxoris semel transgrediter.
Quo unum corpus.
Nec ultra ulla cognatio,
Ne tanquam maritum, sed tanquam.
In haec corpora nutriuntur et crescunt.
Non ancillis‘ ac nutricibus.
Educationis delitiis agnoscas. - Sera iavenum . Von, denique
: inexhausta pubertas, ἡ ἘΝ
Iuventas similis.
Partes, validae miscentur,
pag. 5.
Obsidibus maxime exigunt,
Tanquam .et in animum firmius. |
Heredes tamen succesionesgue suis ’ouique- liberis.
- Patrui, avunculi, plus propinquorum.
Tanto generosior senectus,
Amicitias necesse. Nec implacabiles.
Recipit satisfactionem,
Convictibus et hospitiis non alia gens est, cum deficcere qui
modo .hospes fuerat, monstratio hospitii et comes proximam domum
ininvitati adeunt.
Pari humanitate accipiunt.
Ad ius hospitis. ‘
Poscendi invicem eadem facultas,
Statim e summo.
Calida aqua ut apud quos,
Nulli probrum. Sed de reconciliandis invicem.:
Aut ad simplices cognatos pateat animus.
Aperit ad hoc secreta pectoris.
Ergo dilecta et nuda.
Similitudinem vini corrupti, ; un
Cibi simplicis, - |
Recens sera aut lac concretum' sine apparatu.
Et in omni caetu idem. potentia divereis legitur inter hircinam
silvam et rhenum memimque amnes, Excidit in MS. folium.
Ulteriora Boique Gallica utraque gens tenues. Manct adhuc
Bois e munere nomen significatque loci veterem viae memoriam.
κα
Von Dr. Nolte zu Arnheim. 463
Treviri et Heculi.
- Germaniae originis.
Triboici Nemetes ‚Nubii.
Colonia esse invenirint. .
Transgressi olui et experimento.
Gente virtute praecipui Batavii.
Insulam Rhetii armis coluns Cathorum. .
Pars Romani imperii foret.
pag..6... .
Antiquae societatis nam et tributis contemnuntur.
Exemti honoribus et collocationibus.
In usum priorum suppositi.
Magnitudo populi ultra Rhenum,
Similes Mactiacis nihil et ipsi addunt terrae suae.
Non miraverim inter Germaniae, \
Eos qui decumatos agros,
Caiti initium sedis ab Herimo salta inchoant,
Paulatim rarescunt, Cathos suos.
Proponere electiones, audire propositas.
Differentias impetus, diem vallare noctem,
Quodque rarissime non nisi Romanae disciplinae.
Alios ad pra’sium ne videas, Cattos ad bellum,
Cunctatio proprie constantiae est.
Nec non hoste ceso.
Virtutis hi oris habitum.
Velut vinculum gerit.
Ne in pace quidem cultu mitiore mansuescunt. :
Usipi ac Teveri colunt. Teutones super. solitam.
Peditum laug quam Teutonts equitum.
Hic Jusus infantium. - μον . ;
Perseverat. senes. ,
Ιυχίγα Teutones Bruteri olim oecurrebant,
Nunc Camavos et Aggrivarios migrasse,
Pulsis Bruteris. |
Seu facie quadam ergo nos deorum.
Quando in vergentibns imperii fatis,
Agrivarios et Camovos a tergo Dulciborni et Chasparii claudunt
aeque, gentes ac perinde memoratae. .
Frisi. ”
pag. Ts
Frisis.
Et modo virium.
Navigatis Ipsum quin etiam occ’anum teutavimus.
In claritatem eius referre consuevimus.
Chaucorum gens.
Frisis, -
Latebris obteaditur,
464
cum
PP
Kritische Beiträge zu einigen lat. Schriftstellern.
Taononensium terraram spatium,
Cavei, sed et implent.
Marult iustitia tueri.
Raptibus aut latrociniis apellantur.
ld praecip.
Si res poscit exercitus.
Ut quiescentibus,
In- latere Caveorum Cathorumque.
Pacem vi lacessiti nutrierunt,
Qui inter impotentes,
Nomine superiores sunt. Itaque olim boni,'
Inhertes ac stulti vagantur.
Toti continua gens adversarios rerum, ex quo sotii sunt, üü
in secundis,
Eundem Germaniae titum,
Et magni exitus fidem.
Computemus consülatum.
Amisso ipso Venti dium dejectus oriens deiecent,
Occasionem discordiae nostrae,
Et Gallias affectavere.
Rursus pulsi, nam proximis temporibus,.
Calthanim tente ronımque gens.
Nodagque substringere.
Separantur in altis gentibus.
Cognatione aliqua, seu quod saepe,
Rarum et in ea iuventae spatium,
Capillum retro sequentur.
In ipso solo vertice negligant.
Ornato rem habent. Ea cura fortunae, sed inopiae.
Hostium oeulis armentur. Vetustissimos nobilissimosque Sue-
vorum Semone memorant, .
Religione sinatur statuto tempore.
Sacrum nominis eiusdemque sanguinis,
Cesosque publice hodie celebrant Barbari. -
pag. 8.
Subiecta atque pereuntia.
Autoritatem senionum fortune.
Longnobardos.
Nobilitas plurimis ac valentissimis nationibus coniuncti non per
‚ obsequium.
Ang)ii et Varnii.
Verthum id est terram.
Invehi populus arbitrantar.
Dicatumque in ea templum veste contectum.
Multa quom veneratione.
Laeti tunc dies festa quemcumque adventn. - -
Clausum esse ferrum pax et quies,
Von Dr; Nolte zu Arnbeim. : . 465
Tunc tantum armata done, . ᾿ nn .
Secreto lacu abluitur δαὶ ministrante. |
Quid si id quod tantum perituri vident,
Pars verborum in secretiora porrigitor. propxipr ut quoniam
paulo ante.
Danubiam sequatur Hermundiorum,
Non ripa commertium. oo ΝΕ
In Hermundjis. Albis. Ba a
‚Marisci.
Nec Marisci eaque_Germaniae veht. frona. .,.
Danubio peragitur. ὁ.
Marcodetüi et Tudri gentes iam et externos,
'Nec minus Üüalenti retro Mansigni, Gatini, Osiburi,. .
E quibus Mansigni ab omnj sermone; cultugne.
Gottinos Gallica.
_Quadi etiam, Emigenis imponupt.
Pudeat ferrum. ΝΣ
Montium iugaque inscenderpnt.
Sueviam extimum montium ipgum ultraqye plurimae gentes.
Latissime post Ligiorum.nomen,. -.
Nominasse sufficeret Harios Helyeronos Maricino "Heliscios,
Nahannovabos.
I,
pag. 9,
Sed deos "Castorem Pollusemgue Wwemorant, ‚ea vis in unum
nomen aleis nulla simulachra.. on "
_Fratres, tamen et iuvenes. , ... en
Caeterum alii super uidere ‚qnamvis enumeratoe: ua hi
᾿ Truci insitae feritati. . ... nn un
“"Noctes eligunt. um en a
.. Oculis vincuntur, | εν να u
Gothones regnant paulo i iam adduclius. μος
Portinus deinde ab Oceano, Rugü ‚Lemonü omniymgne.
Ergas reges.
Suironum hinc. civitates ipse in Oceanym praeter,
Eo differunt quod utrimgue. prora. . ...
Paratam aspera pulsum frontem agit. . .. ..... 04
Solutum in quibusdam Aluminum,, | "
Hinc alis illinc remigium et apud illos. ee
Clausa sunt custode et ‚quidem, suo,
Hostium cursus prohibet. | |
Otiosa porro armatorım acies per 'caneos comppnitur.. Codes
loco dummodo rursus instes οί quae supra omittuntur, hoc loco
ponuntur in MSto. τον er
Consilium inire ignominio fas., . u
Infinita ac libera potestas. on
Duces exemplo potins quam imperio, _
Administratione praesunt, rn
Archiv ἢ Phil.w. Paedag. Bd.XIX, Bft. 3. 30
460 Kritische Beiträge’zu ’einigen- lät. Schriftstellern.
Neque vincere, ne-verberare. Ὁ EEE en
Neo dictis iussu..
Velut Deo inspirante. "
.:Detracta lueis in praelio sunt.
Praecipium fortissimis incitamentum est.
Nec fortuna conglobatio:
- Laudatores adiurans ad coniuges.
Vulnera .sunt, nec illae mirare nec exigere plagas parent! (So
hat Vossius.) ΝΞ ,
Memoriae proditur apnd quasdam acies. . "©
Et monstrata communi captivitate. _ ΝΕ ΝΕ Ν
νον pag: 10. τς ΝΕ ᾿ " 1,
Üt officiati- obligentur anni civitatum, ' nn
Imperant hi esse qui etiam sanctum aliquid. © nn
Consilia earum aut responsa.
Veledüm diu apud plerosque minus. loco aitian, Er et
olim complures alias.
Mercurium colunt quoi certis diebus.
“Herculem-'ac 'Märtem toncesis animalibus.
In modum liburnae signatum''docet. '
In 'ullam- kumani hominis spetiem.
Secretum id quod sola reverentia vident.
Publice consideret sacerdos civitatis sui privatim.
- :Si"proliibuerint nulla ‘de eadem re in endem die,
Et id qnidem etiam hoc votum avium 'voces, '
Equorumque praesagia ac motus esperiri, nüdi iuvenes quibus
id ludicrum est gladios' se atque infestas‘ frameas iächint, d&cquae
sequuntur, quae omnia praepostero ordine in 'MSto eollocantur.
Artem parit, ars decorem.
Lasciviae patrum est voluptas eropectanfium. Aleaim äbidem
mirifice sobrii. rd
Cum ommia ‚defecenint' extremo' et novissimo." ΕΝ
De libertate ac de corpore. “
Eam in re’parra pervicaciam ipsi fidem vocant,
Conditionis huius commertia tradunt. ' Ze
Ut se quoque pudori victoriae. " 0.
Non mertium more ‚descriptis.
Suos quisque penates.
Frumenti iure dominus ant 'pecoris.
‚Hactenus iteret. Caetera domus.
Vinculis’ et ‚opefi cohercere. N
Ira et inimicum neque ‚Äimpane 7 ee
Raro aliquid momenti in domo,
Gentibus quae regnantur. [δ] enim.'
Impares liberi hibertatis,
Magis servantur quam sincerum u τ“
Agrum pro numero cultorum. ἦς u
.
ες, Von: Dei Nolte:zu Arplkeimi: . 1.7 467
Ab, wwiversis vices ‚oenupanter-.quas: mer. BE FE |
Secundm. dignitatem partinnter... : ΞΕ
.PaBs: Ada DE eo “9
ον Ausplitndiae soli Iabone. contendent... εν ΝΣ
- Prata separant nt::hortos.rigent. a ἯὩἊἜἘα
‘ Bona igoorastnr finiet non nulla ambjtio. ar re |
Solum: obegryant ph eprpera:, 0“ | |
Quorumdum igitur et equus adicitur Bulchrum cespes.
Tarde deponunt foeminis,
Hoc ip commune de omni Germanoram genere ac.
-- -Ritustpaei-quatemib /demihamt.! ©: 0 1: 4}
.:» ılar Gallfas dommigrerent eupedtam. ' ee N en
Ὁ ‚quaedue ' gens’ ewaluerat‘. gerimhretgäb "jeden promiseuas
adhuc et nulla regnorum manus facile. Enimvero neque "nobilem
manum neque ingenuum ne libiittieue’ quidem armis proponere regia
utilitas est, Terras Suivonas aliud mare &ct.. Hic revertit MS
liber,. ad ea unde digressus fuerat. ὦ en | ᾿
Äc proprie immotum. ' I tn ΝΣ
Claudiqui Herranim orbem. 1,
Quod extremum radens iam solis falgor, in ortu se durat,
adeo clare ut sidera hebetet id 'est sonum. -
; Autdiri :fortunasgee eoram at ‚radios. ı
.:Ut fama non. tamen: natura... 9.20 nee
.
%
Φ
: Gentes' abluunfuti .΄“ + 9ῦϑ 1.1: rer, er
. Pro..anmis: omnium ‚quaegue. inte, νιν ES er
rn ii gelesim. vocast. .. 11: ne \ ERrue:
::Nec.:quae natura. ‚gnaene MOR gan, ΞΕ
- ΟἹ Bude. Jegitir pretium. !:-.« -- Δ N ee
-»/ :Buccum‘ tamen; arkiorumi Intelligen. . ΟΝ
τοῦς Φ)άγοερθηξο: materia 'claudnatur, .' δὴν “Toien. :
Nemora lucique sunt orientisu - . "un. u" τωρ τοι
ον „Bbi:mirra.balsamague sudänt. να ἀν μὲ Ὁ
‚Inesse csödendum.gqiae. vieini: solie. fadiis. ΝΕ
. In- möglum δοοοποϊέψε. δἰ 486. δίαμι piaguem < εἰ. lie ὁ nor. ‘in
picem resinamve lentescit.
.‚Suionibus Sitonum gemten. :., | : ἀρ πα δ δος
- Foemina .dominatur.itemgue.: ποῦ made. a Eee
PaS- 11. vo. ne εν ἢ !
; Deganetaf. id ; εξ ἫΝ .
Prutiorum Venetorum et Femiorum. en, nn!
.Germaniae ‚an. ,Särmaätis adseribam, . 7. ἜΣ
Quamgquası . Prutini- quos:quidam; "man En
: Sommuhlis. miitos.. ::. ΝΞ ΝΣ
. Sarmataram habita: fedantuf: . . , 1“.
. Veseti:multass ef ᾿ϑιοεῖθηδι presunt., “" '. .
‚Inter. inittimos Sennosque eiwarıım, ac- montiun eisgitur lar.
trocinüis. oh.
805
488. Kritische Beiträge 2 einigen lat. Schriftstellern.
Quia et deos fingant: et scuta'geutunt, et pedituni'usu.
Equoque iuventibus temırs intra ‚feritan (So:Voss.y. ᾿
‘Nec aliud infantibus foemihärum imbrium ‚suffugium.
Sed beatius arbitrantur quam ihgeniom: agris; in tabore demibus.
Ne voto quidem opus esset. "Caetera iam fabelone, Alvosios et
Oxianos ora hominum- δ. a beta Min,
EXPLICIT CORNELII TAcıTT ΝΕΡΟΤΙΝ LIbER:
u
Num, I. " ΝΝ Ν" ER
In Dial. de oratoribus. cap. 21.hat.Codex Perisonianns: --
‚nisi qui et carmina eorundem miralur’,. und cap, 26 ‘veritus eredo,
pe mulfos Iaederet,’ Beide Varianten siod Fon Orelli nicht, ‚angegeben. --
ray 4 1 rt Nas Ἠξ: “ ΝΞ EZ)
“Ὁ Βο German, cap. 8 Sunt ilfis haec quoque cdrmin etc. haec
nicht auf proelia bexogen und carmina gefasst werden ‚können als
Gegenstand der carmina? — ΝΕ
Ν ‚Nom, W.
Im Catalogus librorum MSs, mit weichen. vom Jahre 1741 an
die: Leydener Universitätsbibliothek bereichert worden ist, befindet
sich p. 174 unter No. 586. *XXTII. Gronov. 102, Libellus' 60 folio-
‘ rum in Octavo, S. Tennulii Adnotatio in Taciti-Germaniam, Vitam
Agricolae, et Dialogum de causis corruptae eloquentiake, Constat
accurata πος indocta expäieatione verberum. ——.: Catalog. Gron.
p. 61, No.68.” Am Schlusse des Werkes .stebf: “Finis. Anno re-
paratae nobis a Christo Iesu Salutis MDGLAV.. pridie: Nonarum Au-
gusti. Samuel Ten Nuyl.? Wir:tkeilen dem Leser. im ‚Nachfolgen-
den einige Erklärungnn daraus mit: : nn
Germ. 1 Lati sinus] = spätiosa. maria. terrhm ieträmtia, --
Insularum immensa spalia] maximas insulas. : lb. de: οτδὲ, :c. 19
Jmperstissimasum! orabionem sputia pro verbosis et dongis: sed sine
sensu orationibus.
c. 2. Adversus oceanus] qui positum ant pertinet ad‘ partem
orbis nobis eontrariam, δὲ antichthones vel antipodes sunt. Stat.
1. Theb. v.539: Tethyos adversde.
Tristem cultu aspectuque] quae nee coli nec hakitari nec vi-
deri iucunde possit.
Ita nationes nomen non 'geatis’ xalaisse] ita quod. partis unius
populerum illorum nomen fuerit, nen omnium asu :et:gignificatione
eo usque productum esse, ut primo Galli omnes Transrhenanos dice-
rent Germanos, ab illis a quibus Rhenum 'transgressis:eraut devicti,
pari metu omnium, idem omnibns: nonien - iribuenteb;- :posten iidem
γύρη Rhkennm ' 'transgressi‘ proprie se nomine voraverant: Tahgros.
Sall, Iug. 101.
"Von Dei, Nolte zu Aroheim.: 469
.cap..& Satis ferox} pro ablative: plarali nz. frugen et legumina e4
quae seruntur affatim producens. Virgil. Sata laeta, beumque: labores,
cap. 6 Definitur. namens] stotnitur et constituitr. — ‚'dque ipsam]
hondradlag yogastur,. «: .: - ..
cap. 7 hat er infnita Jant, libers potasfany: — eigene plages;
cap. 11 Ut turba plaeuit] Melior leatin. -
cap. 12 sealera], in; qeibes, est. attocitasi; — Fingita] ὦ in. quibus
est turpifude. et.dedeeus. . . -.
cap. 13 Principis dignationem ee, } fackint, ἐψηξ. etiam adoleseen; |
tuli guidam..qui tantım ex Ephebis exeasserunt, eligantun principes,
cap. 19 Et cum‘ spe .votoque.atc.] -spes: votamque. ‚puellarumı.de
φοπραρίο. eaningie sartientHe. non. repeliter, :non iteratur. ΘΟ:
A ,(Quomode. num corpus -etc;]; quae !scil; aminsa- nunquam. rd»
eunt.
‚Ne.ulla,’cogitatie ultra ete.]: wt assuescant.. non: alinn optare,
non 1 Posten ‚cupere. nee.:quem. babent. mesitum, at unam.-personam,
suins,.in Jocum paossit alius suıcoedere, . sed. ut ammem ‚spam con-
jugi. ament. - ᾿ oa dee
.<3p- 80 Romanze Hisciplinae, legt... :
ap. οἱ Iamgue sanent. (Gron. carent! legendum puiat) ; inaignes
etc.}. quie - ‚habuerung et.per..ılätam. cansam ‚deposuerunt illum- ferrenm
annnlum , eo ipeo- insigoes. et. elari. habentur et. ‚hostihns sis SulSr
que spectati. BEE
. ‚Visn nota- (lege) culty. mitiete. diese) etc
με 86 Fracti ruina] lege. = ᾿ Br Euer
p. 38 -Insigne gentis — substringere] pecaliären nofam ha-.
bent, "quod capillum oalligant # m veripat,. ve‘ in vertice ; ‚sbique mode
viacant...'
«ἄρ. 89° ‚Adieeit Ὁ πὶ habehitaittar (lee) ori} ΤῊΝ οὐπυήν
et ‚religione maiorem fidem tonciliat potentia viresqne 'et op&s natio-
his, 86 cemtum pagos implet, ‘atque äden vel- ob 'fpsam magitu
dinem suad civitatis, se prineipes. Suevorum' fernnt: ΝΣ :
eap. 46: Sordes omnium ac torpor] = 'ormnes 'sordidi,- ignavi.—
sunt, ac Procerum connubiis mixtis, nonnibil in Sarmatoram ha-
bitum foedantur]) = sed quia pfoceres. eörum ‚gäudent e Sarmatis
uxozes petere, de ilsdem' nonnihil‘; in kiabitum » 'sive ‚ gorporum sive
vestiunh äsciscunt. Ὁ
κοὐ ὐξιν τρις ΠΝ ΕΣ Er EB
De Akricotal BEE A
cap. ı Quamgqnam suorum etc.] — cum sperneremus ‚808 aus
bus intereramus, qın. ea ‚aetate vixerunt, qua .nos,, , ᾿
Iguorantia recti] == qua prasatangia ilorum, RR. potest agngee
per. vulgares. homines, .
ον Sine. gratia ef ambitigng] npn. 'velchant Dlanere, "quad gupgrant
testimanium. zeddere snae ‚industriag , | äve. ef qnod..hil, aljud pro-
’
470 Kritische Beiträge: zu.einigen lat, Schriftstellern.
positum habebant, quam ut‘ walinfiterdat‘ mu deriderio ὌΝ ‚de re-
publica‘ 'merendi .- |.
Bonge ‚tantamı .conseiantiae 'presio] ‚dnosbantut. .
Fiduciam potius morum] = argumentum potias‘ indobi-
tatae.guse: et ipsis quoque enguitae probitatis,
Er liest ni cursaturas, + ᾿. "' εν ἢ τα τ με
: eap, $ Facilitatem :unperii]': ‚commoditatens, 3 ᾿Ἰκεηϊδαέει; -
Nostri superstites sumus] = ργϑεπιοσίθα q. \mälord' εξ ‚iieliore
parte 'nostri .aegrim .spiritum trabentis, ll.
ὁ eäp; 6. modu rat, et abund. duxit] = tantam iNeos dena;
quaasam rationi jconrenieng εἰ 'suflicare' videbatun ee
Uti longe a Iuzuria ete.] «= quemalmodum non ἈΝ
sic tamen-magniäßoe, üt de splendore Illorum homines’ ‚togfierentur,
et fama excitaretur.
‘Leber: die sehwierige Stelle: ‚Invicem- ‚antepönerde Yupsemper
alter altexum sibi ;anteporieret, 'potiorem :'duceret: ie utorem, illa
maritum) — 'nisi quod etc.) qua ex re“ uterque "parem ' laudem
meruit, nisi quod bonae uxoris. tanto maior debet esse las‘; Julio
mala uxor gravius malum est: -!(minor laus; 816 ᾿ἀαϊάδην' legaitt) —
qua in re βίο minoreimläudem uxor 'merait' Qunne 'maritus:‘ sed fit
welgo, ut: boda uxor non! taptopore laudetar;;' qttuim'-calpetur' meh,
qui& qmae buna est videtar'nihil ‚aliud facere -quam offitiam quod
debet, at mala nullum malum gravius est.
cap. 7 Ne cuius'alterlus sacrilegium. resp.’ αἱ Neronis fecinset]
== ne quis praeter Neronem aut post edmi de 'sacro raplis frmeretur.
‚Gap 10 .hat'er nit ‚et. hiemd. abdebat: τος qune propter.;perpe-
tmam biemem et:ingentbs- nineg inacoessa eratı :. . 0,
cap. 18 velox ingenii, mobilis poenitentia] — nulla i in, 76 con-
sistene,, instabilis, ‚inconstans «et in ‚chpras mutans propogitum.
‚cap, 18. .altering manps , genturiones alterjun.vim.et sentumelias
miscere] —= ‚procaratopega per. ‚Bpparitoreg, ‚et .minigtgpg aus, Iegatum
per centuriores omni.genere, violeptiae et, cantumeliae gragsari,
[εἰ cap. 27. Αἱ ‚Britagi folgt er..Freigshaims von: n:Gronor sebiligter
‚eseart, nd
. ‚cap. 46, Temporalibus]. lege, immortzlibus. _ or
‚ - Si. natura suppeditat militum (lege ‚imitatuı. ‚aut, similitudiney ‚de-
coramus] — si assequi nobis tantum liceat similgg ‚nos .tibi_prae-
stando colamus.
Aus den Erklärungen über den Dialogus, die von Fol. 37a —
59b sich erstrecken, (dagegen die. über die Germania nur von Fol.
1a— 160 und die ‚über ‚den Ägricola von 17a—36 b) heben wir
diöses aus. ' ΩΝ I
Ex stylo videtitr sinlogus edse Quinetifiant,
“eäp: 1 lisdem numeris] imitatur Virgil Εοὶ, 9, 45: Nünerde ı me-
mini, si verba tenerem; — verba non possum teferre, sed sensum
persetjuaf. —— -Nütneri sent ‚Birnguli''sensus;,' Hei Singulae' sententine.
ri eap: δ᾽" Reue dcipletior] - dieiar‘, " οὐΐωξ΄ fähte’ But bone) αἱ
Von Dr. Nolte zu Arnheim. ur ga
lauta possit &eri confiscatio et magnum praemiam obveniat aucasatars
bus, ideo sit quadruplatoribus in maiori periculo.
cap. 7 liest er mit Freinsh.: Quod in animo oritur, nec in co-
dicillis datur u, vgl. Maxtial, 14, ep. 4. _
‚cap, 19 Nunc, mihi cum etc; (lege) non vera πες,
cap. 27 In vorabulo miratus, latet aliguid vitii,
: cap. 38 Quae ‚etsi nuac aptior 'est veritati etc.) — inreniende
in iudiciis vero sive justo Qninct. lib,, 12, cap 1: Quota pars erit,
quae ‚veritati contra calymniam aderit..
cap. 40 Sine severitate contumax] Sic Iege,
:Leges] nempe Tiberii et Caj. .
Bonae formam. eloquentiae etc.] cf, Iuvenal. 10, 125.
cap. 41 Quod superest ex antiquis oratoribus forum ngn emen-
datae, nec que? ad votum compositae] Sic lege.
Num. .V,
᾿ Emendatipnsversuch : ‘einer verderbten Stelle in. des Manilius
Astronumicon und einer in Quinctilians Prooem, libr. VII.
Ausser vielen anderen Stellen im Manilius findet sich: nach
unserem Dafürhalten auch eine Libr. 1, 21, an welcher Stelle Sca-
liger und Bentley, wie auch der neweste Herausgeber - Fr, Jacob zu
unserem Befremden keinen Anstoss genommen. hoben. ‚Die Stelle
lautet also:
Bina mibi positis lucent altaria Hammis: ες
Ad duo templa precor, duplici cireumdatus aestu, ...,
. Carminis. et. rerum, etc, ες
Ich emendire . ς 0.0 κὸν onen... βαριὰ
‚ Ad duo, templa.. Premor doplic etc,
“Im 'Prooemium des Quinctilian zum VIII. Buche, δ, 29. und
$. 80. der edit. Spalding lesen wir: ‚“Alioqui, sicut qui patrimonium
non pararunt, subinde qnaerunt: ita in arafione, qui non satis la-
borarunt. ‘Si praeparata vis dicendi fuerit, erunt in officio, sic ut
non ad requisita respondere, sed ut semper sensibus inhaerere vi-
deantur, atque ut umbra corpus sequi.” Ebenso stehtaich im Texte
von Burinan, in dessen Addenda sich über. diese Stelle Nichts fin-
det, während durch das, was Vol. V. ed. Spald. pag. 377 gibt, das
Verständnis und die Wiederherstellung in Nichts ‚gefördert ist, Es
wird der Text auf folgende Weise herzustellen sein: “Alioquin, sicut qui
partui nomen non pararunt, sub diem (sc. nominalem sive lustricum)
quaerunt, ita in oratione, qui non satis labararunt. _Si praeparata
vis dicendi feerit, verba erunt in officio, sic, ut non ad res quae- ΄
sita respondere 2... vVideantur οἷς. Unsere Stelle erinnert uns an
Horat. A.P.311: .... Verbaque provisam r rem non invita sequentur.
Arnheim. oo r, Nolte.
- 478 Ueber die Hardbücher der Welfgeschichte von W. Pütz.
Veber die Handbücher der Weltgeschichte von Wilhelm | Pütz.
Eine offene Bespreghung , von, Dr. Goebel.
Vorbemerkung. Unter den neueren Handbüchera der’'Weit-
geschichte dürften’leicht die von Hin. Pütz in’ Ode‘ verfassten die
weiteste Verbreitung‘ gefanden haben. 'Diesetben’ ἘΠῚ ἃ nicht‘zur in
vielen Gegenden: -Deutschlanäs, in’der ‘österreichischen’ Mo-
narchie u. s.w. als Schulbücher eingeführt; söndern;, laut den Vor-
reden zu diesen Handbüchern: und 'laut den Mittheilungen;, "welche
von Zeit zu Zeit die Cölnische Zeitung zu’ bringen in Stäild ge-
setzt wird, gibt es auch bereits Üebersetzuhgen ἢ ins Französische,
Engfische, : Holländische, ' Dänische; Schwedische,
Ungarische u. s.w. Diese weite Verbreitung‘ haben die genannten
Handbücher ohne Zweifel der Richtung der Zeit zu verdanken, wo
man von Allem Etwas wissen ‚will, sei es auch noch so mager und
dürr, Dieser Richtung der Zeit’ tragen jene Bücher wenigstens in
jeder Beziehung Rechnung; Je grösser aber gerade die Verbreitung
dieser Werke ist, um so mehr scheint es sich‘ als Pflicht und Be-
dürfniss' herauszustellen, eininal darauf aufmerksam zu’machen, mit
wie grosser Vorsicht dieselben zu gebräuchen 'seien,
soll’ anders nicht eine ganze’ Menge von 'fälsChen geographischen
. and historischen Vorstellungen: sich wuchernd verbreiten. Nicht Jeder
hat I.ust und Musse, stets auf die Quellenwerke zurückzugehen.
Referent hat zwar gelegentlich schot verschiedene Berichtigungen
dem Hrn. Pütz‘ zugehen lassen, die denn’ such; 80 ‘weit eine neue
Auflage des betreffenden Theiles erschienen ist, benstzt worden sind;
aber beim “weitern Gebrauche -der- Pütz’schen Handbücher "hat sich
ihm so Vieles aufgedrängt, dass’ er däfür' ΜΙ, er dürfe es hei
piner hlosgen Mittheilung an den Hrn. Verfasser nicht mehr bewenden
assen,‘ zumal wo man nicht weiss, 'wie Jange. noch neue Auflagen
der betreffenden Theile ausbleiben werden. - So wird denn hoffent-
lich Herr Pütz, über kleinliche Rücksichten erhaben, im Interesse
des Geschichtsunterrichts, dem er ja 'selbst,'sein Leben ge-
widmet, grgen diese offene Besprechung seiner Werke'Nichts ein-
zuwenden haben; ‚von manchem Andern aber dürfe dieselbe will-
Kommen geheissen werden,
Sendu n. g L.
“Grundriss der Geographie. und Geschichte ‘der älten,, , mittlern und
wenern Zeit. Für die oberen Classen "höherer Lehranstalten,
"Von Wilhelm Pütz. — Mittelalter, — 5. Auflage. _ 'Coblenz
"bei Bädeker. 1851.’
"A, Geographische Unsiehtigkelten
ΟΣ beigefügten Karte vori Deutschland nach seiner Bintheilyng in
‚10 Kreise, {entworfen von W. Pütz.) ΄.
1) Die Stadt Oldenburg wird von Hra. Pütz einen "halben
Grad südostsüdlich von Bremen verlegt, und zwar an die Weser;
sie liegt aber in Wirklichkeit westnordwestlich von Bremen!
Von Dr. A, Goebel zu Trier. - : 473
2) Küstrin (auf dem rechten Oderufer bei der Binmühdung
der Warthe) liegt auf der genannten Karte auf dem linken Ufer!!
:8) Zwickan, Saarlouis ἃς A. sind ebenfalls auf die ent-
' gegenigenetsken: Elussufer 'gezeiehnät.: - '. -
4).Wohlan in Schlesien liegt ‚bekanbtlich- An ziemlicher Bat:
fernung ;von ‚der ‘Oder auf: des rechten Otlerseite; halbwegs zwi-
schen Glogdu und: Breslau ; bei-Hrh. Pütz aber nach ' weiter ab, auf
cer linken Seite zwischen Liegmitz- und Denthn! τ. 1 -
5) Wahlstatt liegt bei Hrn. Pütz weit :nordästlich von
Liegnitz, in. Wirkliehkeit aber in gerin ger Entfetnung südöstlich
son Liegmtz. ' -
::5).Prebssisch Eylan: läge nach Hrn. Püts ger ἡ Grad süd-
licher‘ als Dauzigt! |! .- .
'7):Windisch löge nach Hrn. Pütz am » Zusanimenflusse von Aaz
und Rüeih %. (vielmehr: 'am Zusammenflusse vol Aar und Reüss).
8) Einsiedeln in der Schweiz wäre nach Hrn. Pätz weit
südlich von: Glärus: gelegen, "ungefähr da,::wo.sich ἐσέ Dödi bis
zu 12000. Fuss erhebt?! Es liegt vielmehr 'no.rdwestlich.'
“ 9) Man :vergteiche noch die Lage folgender Oertlichkäiten zu
einander, wie sie’hei Hrn. Pütz, und wie sie auf -richtigen Karten
ist: Bologna zu Bavenna, ' Ostrolenka zu. Pultusk, : Czauslau zu
Deutsch-Brod, Meeheln: zu Brüssel, Murten zu Bern, Paria zu Mai-
land, Turin zu Chieri, zu Alessandria, Mailand zu Mopzä und zu
dem Comer See,. Tottona zu Novi; Ferrara Zum: 'Ῥὸ ν "Brunnen zum
Vierwaldstädter ‚See u. 8. w. Ὁ. 5. w. u.5.w. =" "
10) Viele Ortschaften, welche’ unmittelbar an einem’ Flusse ge-
legen sind, finden sich auf der Pütz’ schen Karte soweit davon ab-
liegend, dass man die ‘wirkliche Entfernung zu etlichen Meilen vor-
anschlagen müsste, z.B. Heidelberg, Wesel, Thorn, Culm u. 5. w.
Im Programme des käth. Gymn. zu ‘'Cöln von 1858 gibt Herr
Pütz, vorläufige Proben von einem Handbuche der phys. und
polit.. Geographie, ' welches demnächst erscheitien würde; wir
erlauben uns hier den Wunsch- äuszusprechen, dass darin grössre
Achtsamkeit und Gründlichkeit angewandt sein möchte, als bei Ent.
werfang oben genänhter Karte. 2
κα Ὁ B. Historische Unrichtigkeiten,.
+1) Seite 57 (δ. 16.): “Unter Walid wurden die Eröberungen
sowohl über den Oxas, 'als über 'den Indas ausgedehnt; dagegen
misslang eihe abermalige "Belagerung -Constantirinpels;: die . ‚ganze
arabische Flotte ward -durch das griech: Feuer vernichtet, und eine,
über 100,000. Mann starke Armee. duirch Hunger, Pest und unerhört
strengen Winter .aufgerieben.? — Mehr, als blos. unklar. aus über-
grosser Kürze‘! Vielmehr wurde von Walid’s. (705715) Nach-
folger ‘und Bruder, Soliman (715—717) sein Bruder Muslem gegen
Constantinopel abgeschickt. Erst Soliman’s Nachfolger Omar
(717-726) hiess die Uebderbleibeel des Hieros abziehen (17).
0)
414 Ueber die Handhücher der Weltgeschichte von W, Pütz. -
Vgl. Schlosser. Weltgesch, V., 58. 94, Rues, Gesch. des
Mittelalters p. 169. Gesch, des Mittelalters .von -Höfler,-$. 115.
- 3) 8.90, 6.24: “Won König Rudolf 1}. von Burgund: erhielt
Conrad II. das Versprechen der Eabfolge i in Bergunid; deun Rudolf ᾿
hatte keine Kinder, und:schon sein Vorgänger, der Hbch- und
Niederburgund vereinigte, hatte dem Könige. Heinrich EI. (v ‚Destsch-
“ and) die Nachfolge zugesichert? —1? — Unbegreiflich.. . -
Der I. König von.H o ch bargund ist. RudoKT., τ, 888 (889)-:912.
Der, König von Hoch burgahd (und weit 934 -
erster König des vereinigten Burgund) ist.Bidolf I1,.912—987 ;
zweiter König des vereinigten B, ist — Conrad 937—998; -
: dritter König’des vereinigten B.ist— Budo III. 993-1032.
Also kann 1) die Vereinigung von Hoch- und Niederbergnnd nicht
unter Radolf’s Ill. Vorgänger. stattgehaäbt, 2). Conrad, “der Vor-
gänger’, nicht fäglich :dem Könige Heinrich AL. (1002-1024) die
Nachfolge zugesagt haben. . : onen
Vgl. Rues 8. 482. Schlosser VI 178 £, Becker IV.’ 268.
8) S.96, δ. 24:.-“Der Gegenkänig Rudalf sei angeblich durch
den Herzog Gottfried von Böuillon tödtlich. verwundet worden’
wird wel heissen sollen “durch. den, nachmuligen Herzog;’: denn
Gottfried wurde- erst viel später,. ungefähr. 1087, Herzog. .
4) 8:102,-6. 26 heisst Hugo. Capet ein’ En kel. Oda's‘ (statt:
Grosmmeile); die Stamintafel is6 folgende:
: "#KRobert, der Starke,: Graf von: Paris... 0. τι,
um une, |
‚Ode, nA Robert, "Herzog. von Frauzien (Gegenkönig
Enden) | , ‚von Carl.IIl.)
Hugo, der Grosse, Herzog. τ ᾿ς
Hugo Capet, König
u. 8. w.
Vgl. Anqudtil., Histöire de France I. τ. 255, 258, 263.
.5) Ebendaselbst; ‘Nach dem Aussterben der Carolinger
liess sich Huga zum Könige ausrufen (987). — ‚Aber es wird j ja
eine Versammlung zu Compiegne gehalten, um Ludwig’s des Faulen,
Oheim väterlicher Seite, Carl von Nieder-Lothringen (+ 991), zum
Könige auszurufen; dieselbe: wird .:jedoch- won Hege gesprengt.
Carlis Sohn, Otto (+ 1005), war ebenfalls Herzog in. Lothringen ; ja,
aelbst nach diesem nach .lehte ein Carolinger:. Arnulf, natürl. S.
von Lothar von Erankeeich, war. EBisch. v. Rbeims u. starb 1029 (?).
Ludwig. IV,. von. Frankg, #954.
—— pn
Lothar. ᾿ Cal, ‚Arz. von N, Lothringen (+ 991.)
ne am,
' Ludwig V. Arnulf. - Otto ) Fig. γ. «N. Lothingendt 1005.)
“Ὁ (98) (4108) 5
᾿«βϊεδε AnquetihL. p. 2696, Höfler «Gesch, dee Mih-A. 177.
Von Dr, A. Goebel zu Trier. 475
6) Ebendaselbst: !ihm folgte Rudolf, Herzag von Börgund
(3936) [nämlich zuf .dem französ, Thron) und Carl der. Einfäl-
tige starb in der Gefangenschaft: ’.— Nieht Rudolf, sondern der
Graf Heribert von Vermandeis, der später Rudolf selbst bekämpfte,
hatte ikao verrätherischer Weise gefangen genommen, :und bediente
sich seines Gefangenen, ἐπα ‚Rudolf Mantherlei abzutretzen, indem
er ἴω. Weigerungslahle mit Wiedereihsetzung Carl!s „drohte.
-" Angquetil.l. p: p: 260. ΕΝ
: 7) 8.108, δ: 28: “ΑΙταὰ theilte- des Land ie Genfschaften,
Hemdrede and Thritinge®. -— Nicht etwa ein Druckfehler, da so
in-den verschiedenen Ausgaben sich findet. Titking == Zehnte, alsc
Tithinge, oder besser mit engländischem iPlarel: Hundreds, Tithings.
Siehe Johnson Dictionary 8. v. '
'8) 8. 106. δ; 29: "Edward, der’Bekenner, erregte durch seine
Hingebung an normännische Gänstlinge,. namentlich.an
dem Grafen Godemwine (Godwin) .:.. die Unzufriedenheit der
Arigelsachsen? — God. aber. war. nicht ein Normanne, sondern
ein Angelsachke,. Führer der: angelsächsischen. Partei (und zwar,
wie ea:heisät, war er. in der Jugend Hirt, darauf ‚Soldat im däni-
schen Heere, .sodlann Ofcier u 5. w. u.#..w.). . Das Nähere in jeder
Geschichte Englands von etwas Ansführlichkeit, ‚Vgl. Lappenberg
Gesch. von Engl. I. p:494 Ε΄.
: 9).5. 108, δ- ΝΕ *Vielfache Gräuel ἐν. führten zuletzt eine
Theilgng- in‘ 2 Königreicbe::- Castilien, wozu schon nach zwei
Jahren Lean kam, und Aragonien herbei.” — ‚Nun aber fand diese
Theilung bekanntlich ο.. 1076 Statt, die. Vereinigung 'Leon’s ‚mit
Castilien aber nicht 1078, sendern,schon 1037, zwei Jahre nach .
Sancho’s Tode (1035), durch den Sieg Ferdinand’s über seinen
Schwager Bermudes IIf, bei Carriow.
Vgl Schäfer, Gesch.. von Spanien (1844) IL S. 281. Vgl.
Part de verifier les dates - - nouvelle &dition - - par Saint-Allais.
vol. v1. p- 540. Schlasser. VIII, S. 341 ff.
᾿ς 710) 5. 110, $. 88: Leon trenhte 'sich wieder von Castilien,
... Natarra verlor nicht nur "Theile an Castilien.,' sondern’ auch
Aragon ward losgerissen, undedieses nicht nur mit Barcelona
vereinigt, sondern auch durch die Eroberung’ von Saragossa
ünd Valencia’ erweitert.” — !!’-— Allein 1) Navarra ver-
1ör nicht Arägon, sondern mimgekehrt tremnt. sich
Navarra von Aragon. Als nämlich Alonso, ‘der Schlachtenlief-
rer, König von: Aragon nnd Navarra: (anfangs auch durch: seine
Gemahlin ἼΩΝ Uraca eine. Zeit lang König von Castilien) am
T. September 1184. in der Nähe von Fraga von den Sarazenen üm-
zingelt und zusammenigehauen worden war, und nan die aragonischen
Grossen Ramiro H., “den : Mönch’, wie er zubenaänt wurde, zum -
Könige erhüben: ἐδ trennten sich "die Nararresen von ihnen, indem
ihrien dieser zu schwach zu dein: schien, und erkoben zu Pamphuna
den’ Infknten’ Garcia Ramirez’(Ramiro)' auf den Thron won'Navarra,
416 Ueber die Handbücher der Weltgeschichte von W. Pütz.
(Vgl. E. A. Schmidt. .Gesch. von Araganier im: Mittelalter. p. 56
und 72.) Anch hiess ja das vereinigte Königreich nicht‘ Navarra;
sondern Aragonien. Vgl. Pütz, δ. 81. .— 2) Die Eroberung van
Saragossa hatte: Statt am 18. "Dec, 1118, als noch vor der Los-
sagung Navarra’s ; ‚somit: wird nicht das nm:Navarea geschmälerte
Aragon erst durch.diese Eroberung erweitert, wieis.der Fall war durch
die Einnahme. von Valencia 1238. (demni diese 1Μὲ hien gemeint, nicht
die kurze Behauptung dieser Stadt darch Cid,. die.in.:den whrigen
Zeitraum. fällt). Ferner. 3) Barcelona wurde .mi£ Azsgon. dadurch
vereinigt, dass 1137 statt: des genanfier ‚Ramirp ll: Graf Ramen
Berenguer (Raimund: Berengar. IV. von Barcelone) sum Könige von
Aragonien erwählt wurde; also erfalgte Biene ‚Vereinigung lange nar L
der Eroberung von Saragossa (1118). - ᾿
Vgl, Schmidt, Gesch: 'von. Aragenjen. 5,74, 101.: Saint-
Allais, Part de verifier' te. VI. 566, : .
11) 5. 111, δ. 38: Polen ‚umfasste im Anfange dieses Zeit.
raumes (h. e. 10961273) Mähren.—.? — Nachdem die Polen
seit 1004 Mähren: besessen hatten, kommt: es Zwischen 1025 und
1030, also bereits im 'vorigex Zeiträume, wieder an Böh-
men. Eine spätre 'Behasptung Mährens exiktirt' nicht. .
Vgl. Nidani’Poloniae historiae corpus. tom, II. p. 446.
12) S. 115, $. 34: “Die Dynastie der Fatihiden in: Aegypten
wurde (1168) gestärzt ‘durch den Feldherrn des Saltans von Da-
imaskus, Nureddin, dem bald’ sein Neffe Saladin folgte.”‘ Mehr, als
bloss’ zweideutig!. Der Feldherr des Sultans Nütreddin ist Schirkuah,
und Schirkuab’s Neffe ist Hr Die Stämmtafel ist:
Shadi
ὌΝ : ἝΝ ‘ — u . . ει
Schirkugb 6. Ayub .
el u mn, .
᾿ς Saladin Adel '
| Kamel.
Man vergleiche Rotteck’s Weltgesgkichte. Wilken, "Gesch,
der Kreuzzüge, Band ΠῚ. 2. ‚Abtheilung 5. 86 fl. Raumer, Gesch.
der Hobenstaufen. Buch’V, Cap.. 2. (Band II. p. 299 ff.)
.18) 8.127. 6. 36: ‘Um. dieselbe. Zeit erhielt der Herzog ‚von
Bühmen ‚ebenfalls wegen Dienstleistungen ayf diesem Zuge (d.i i.
dem ersten Zuge Friedrich Barbasassa’s ‚nach Italien) aus desKai-
sers Händen die. Königskrone? — In Wirklichkeit. erhielt
Herzog Wladislay II. wegen.-Dienstleistungen im:Kriege gegan Bo-
leslav IV. von Polen.die Königswürde (1157). Backer’s Weltgesch. V,
5. δ4. — . Wahrscheinlich: ist jobige ‚Angabe entstasden durch -Anein-
anderreihung von dem, was Raumer Hohenst. Il p. 48 und p. 5%
(Buch IV. Gap. 2) sagt: “Herzog Wladislav von Bähmen, ein Maun
tüchtig zu Rath.,.und That, welcher schon viel treue Diengte ‚gelei-
stet, «οὐ empfing, mit Beistimmung der Fürsten aus dea Hän--
den Friedrich?s dis Königskrone’, webei dann unberücksich-
. / , . .᾿. j
v ᾿ ν ἣ
rs Von Dr. A, Goebel zu Trier. 20147
tigt‘ geblieben ist, dass bei’ Raumer unmittelbar vorher von dem
Feldzuge gegen die Polen’ die Rede war, in welchem Wladislav
so thätig gewesen ist, . _
14) 5. 128: “Auf dem 4. ital, Zuge: zwang Friedrich die Rö-
mer durch 'einen Sieg ‚bei Tusculum den Papst Pascal Ill, anzü-
erkennien.’' — -Missverständlich. _ Während Friedrich die Stadt An-
cona belaßerte, erfocht έν. ΕΒ, Christian von. Mainz den ‚genannten
Sieg über die Römer (30, Mai. 1167). ᾿ 0
Vel. ‚Ranmer:, ‚Hohenst, Buch IV. Cap. 6.. .
'15) 8. 129: “Auf dem 6: ital. Zuge’ fiel Heinrich, der Löwe,
von hi Friedrich‘ Barbarossa. ab’ —?! Als wenn Heinrich damals mit
seiner Macht beim Kaiser in Italien ‘gestanden hätte!
: 46)-8: 141, 5.39: “Die Katharer und Waldenser unter-
schieden sich im Wesentlichen dadurch;,' däsä "die Katharer mehr
4:
die Dogmen der katholischen Kirehe, "die, Waldenser mehr die
äussere Erscheinung derselben anfeindeten,’ Die äussere. Er-
scheinung?! Man sehe doch blos Alzog’s Kirchengeschichte nach:
δ. 235,. wo es heisst: Den Waldensern galt die beil. Schrift als die
alleinige‘ Glaubensquelle; die Transsubstantiation in der Eucharistie
werde durch den würdigen Empfang, nicht durch die Consecration
des ‚Priesters .bewirkt. Besonders anstössig © erschien ihnen die kath.
Lehre von..der Beichte.?
"Doch diese Belege ° reichen hin, unsere Ὁ obige Behanptung
binsichtlich der Pütz’schen Geschichte des Mittel-
alters zu erhärten; wir gehen über — zur Besprechung seiner
Geschichte des Alterthums. '
,"
᾿
ei der Geographie ‚und Geschichte. Für die oberen
Classen höherer 'Lehranstalten. Von Wilhelm Pütz, — Das
Alterthum. --- 7. ‚Auflage. Coblenz bei Bädeker 1862." ?
A. Geographische.
1) N 62 heisst . Epidamnus eine corinthische Colonie (im
8. 66 — dagegen findet sich die richtige Angabe nach Thucyd. TI, 24).
2) δ. 84: ‘Oenotria habe die italische Halbinsel vom Flusse
Laus. an (gen Süden),: vam -Laus bis zum ‚Tiberflusse Ausonia oder
Opica geheissen τι. 8. w.’ — Also Herr Pütz im grellsten Widerspruche
sowot mit den Angaben der Alten, als mit dem von ihm excerpir-
ten Niebuhr, "Man sehe Strabo lib. VI, 1, 1—3. ibid. 1, 15.
lib, V. init., Herodot I, 167 [wornach Hyele oder Elea (in Lu-
canien) "ἐπ. :Qenotria liegt], Plin. Hist. N. IE, 18 — u.A, —
Niebuhr:.aber' sagt 1, S. 60: ‘Die Oenotrer bewohnten Bruttium
und’ Lucanien; denn vor dem Einbruch der Sabeller” (und"Herr
Pütz redet ja eben von den ältesten Namen Italiens) ‘gehörte
auch „die Westküste ‚bis. Posidonia zu Oenotrien.
k
-
478 Ueber die Handbiicher der Weltgeschichte von W. Pütz.
Wahrscheinlich ist.di6 Angabe von Hrn; Pütz, wie die Niebuhr’schen
Worte ‚und Wendungen in dem genannten $. 84 nur zu stark. vermuth
lassen, durch eilfertiges Excerpiren von Nieb. I. 8. [4—27 entstanden,
vielleicht durch Combiniren der betreffenden Stelle auf 3. 26 mit den auf
8.18 siehenden Referaten Niehuhr’s,. . EEE |
:$. 011: Erander bätte eine Stadt ‘Palatium’ gegnündet.. Die Stadı
deg Erander’s hiess bekanntlich. Palanteum ; Palatiym dagegen’ heisst der
Hügel, .auch hiess so später eine Region von Rom u. s. w.; aber wo
wird die Stadt des Evander also genannt ἢ Schwerlich dürfte sich Herr
Pütz auf Servius zu Virg. Aen. 9, 244 stützen 'wollen, wo es heisst:
nos in obscuris vallibus .noslii. vidimus primum: unbe; ἢ. ει primam
parte urkis: nam Palatium in monte eat, non in vellibue.’. (An-
dere-lesen Pallanteum). Diese Stelle von Servius erklärt sich. durch
seine Bemerkung zu’ en. 8,’ 313 von selbst: *Romanae conditor urcis.
Conditor Pallantei, ubi nunc Palutium ert:.”. Wahtscheidfich Kegt
der. Angabe :von Hrn: Pütz ein Missverständniss von Livi J,; 5 zu Grunde.
Jam tum in Palatino monte Lupercal hoc fuisse ludicrum ferunt, et
a.Pallanteo, urbe Arcädica, Pallantium, dein Palatium montem
appellatum, — oder von 1, 7: Palatium primum;, in quo ipse erüt edu-
catus, muniit, k. e., montem Palatinum, 5 DE SEE
on - B. Etbnographisches .
. :4).In β. 4. theilt Herr Pütz die Völker des alten Asiens hauptsächlich
der Sprache nach in 5 Hauptstämme, und zwar werden die Sinae zu
dem indischen Stamme gerechnet !! Er e
5) 'Ebendaselbat.. Zufolge der gegebenen Eintheilung würden ‚die
Armenier zum semitischen Stamme gehören, sanach ihre Sprache
eine semitische sein, während. sie doch, zu den indogezmanischen ge-
hört. Vgl. Ritter, Erdkunde, Theil X. p. 577 ff. und die dort ange-
führten Werke. ΟΠ ᾿᾿ ᾿Ξ ΞΟ
..
C. Geschichtliches. 1, (ἢ
6) $. 18: «Nach Ktesias war Cyrus mit Astyages gar nicht verwandt,
sondern griff diesen bloss aus Eroberungssucht an, eroberte Ecbatana,
nahm den König. gefangen, schenkte ihm, Anfangs die Freiheit, liess
{hn aber nachher in einer Wüste verhungern’ — emo “0 πὰ ὁ τ-
bare Abkürsung von Löebell, "Weltgesch, I.:8.366: ---- +. selifte ihn
wie einen Vater, zetzte' iba zum Statthalter der Barkanier ein, nnd hei-
rathete seine Tochter Amytis. Später da Tochter und Sc wiegersohn
sich sehnep, ihn wieder zu sehen, ‚wird er auf dessen Befehl abgeholt,
um nach Persis gebracht zu werden; aber der Eunuch, der ihn geleitet,
lässt ihn in der Wüste zurück, wo er werschmachtkt. . :
. 7.5.55: Thesens und ’Pirithous hätten den ‚Argenautenzug.
macht, Allerdings werden beide in einer verschollenen Stelle von-Apol-
lodor.I, 8, 3 unter den Argonauten’aufgezählt; die sonstigen: Classiker_
aber, und namentlich die in den Sohulen geliesenen sotzen-;dak
Gegentheil :voraps , wo sie von den Argonauten ‘oder von den Thaten des
Theseus reden. 2. B. Ovid. Met. VII, 405 ff. 420 ff. — Apollonins
Rhod,I, 101 bemerkt ausdrücklich,. Theseus und Pirithous hätten ge-
feszelt in der Unterwelt gesessen und darum den Zug nicht mitmaeffen
Onnen. ‘ “" 4 ᾿ DER ."'
8) 5.601: "Die Messenier behaupteten sich ..... ähletzt nar.ia
Isthome.. Ihr König Aristodemus, nachdem er zufolge.'eines Orakak
“spruches. ‚seine eigene Tochter zum Opfer angeboten und... erstochen
hatte, besiegte ... die Spartaner.? — ?! — Als Aristodemus seine Toch-
ter opferte (737), war noch Euphaes König über die Messenier; dieser
fiel erst 6 Jahre später in einem Trofleh gegen die Spartaner, und
΄
\ ' Von Dr, A, Goebel zu Trier. , -: #79
da ern wurde Aristodemus zam Könige gewählt. Pansan.IV,9, 5.
9). 8.68: Themistokles’ Tod wird in dieselben Jahre ungefähr gösetzt,
wo Pausanias und Aristides starben !!' ᾿
10) $. 100: ‘Servius Tullius ward ermprdet durch seinen Schwieger-
sohn .L.. Targuinius Sup., welcher nach der Ermordüng seines
.Bryders Arauns dessen Gemahlig die Schwestermörderin Tullia ge-
beirathet hatte.’ ‚Ks kann dies unmöglich als :Brachylogie gelten für
die sonstige: Erzäblungsweise, wonach Tarquinins Sup. seine erste Frau,
und. die Tullia: ihren .ersten Mann, den Aruns, ‚aus dem Wege ge-
räumt Βα... 0.T ;.! Rx νος ΝΝ
11) ς. 104: *Tarquinius ging nach. Tarquinii’ (nämlich riach seiner
Vertreibohg aus Rom). . Offenbar entstandeh aus-einem Missverständnisse
von Niebahr’s Worten (I, 621), ‘Von Caere, wo der verbannte Fürst
ner : Aufnahme ‚gefunden hätte, begab er.sich nach Farguinü; hier und
den Vejentern konnte er die-Gaue anbieten, welche Rom ihren Land:
schaften «utrissen,?’: ἃ. h., um dert:etwas.anderes, als .blosse Auf-
nahme, nämlich um Hälfe zuwerlarigen: eiae Umschreibung von’ Liv. 11,6:
cireumire:supplex Etruriue urbes, erare maxime6 Veientee Tarqusnien:
sesque; über des Tarquinius’ Wahl seiner: Wehnstätte dagegen : sagt
Livius I, 60: Due (liberi) patrem secuti sunt, qui exsulatum ECnere
in. Etruscas ierunt,. Sext. Tarquinius Gabios tanquam in; suum regnum
profeetus. — Dionysius sagt ungenauer: ὁ βασιλεὺς φεύγει σὺν ὀλίγοις
εἰς Γαβέίων zolıs. Dionys. Hal. p.276. ed Sylburg: .Und.dieser
Darstellung sind mehrere Schulhandbücher der,alten Geschichte gefolgt,
Die Pützsche Erzählung hingegen entbehrt der Auctorität., Ὁ ᾿,
. 227 5. 103: "Den Consuln waren wahrscheinlich abwechselnd
einen Monat: lang #2 Lioetoren beigegeben.’ . Wahrscheinlich ?. Cicero,
der:es doch sicherlich wissen konnte und ihusste, sagt (de. Rep. II, 31, 56) :
Publicola instituit-primus, ut singulis conewlibus ulternis mensibus
lietores praeirent, me plura insigwia essent .imperti. in libero populo
qua in regno fuissent. Vgl. Plutarch. Podlo.i12.
713) 8.106: "Als die Plebejer den Kriegsdienst weigerten,
siedelten sich 306 F'abier'am Fiusse Cremera an.” — δ! — Wahrschein-
lich verdankt dieser Irrthum dem Umstande seinen Ursprung, dass sofort
Liv. m: 48 extr: mit Liv, II, 43 in Verbindung gebrächt und das da-
zwischen 'biegende unbeachtet gelassen würde, oder aber einer ähnlichen
mit Niebahr 'vorgenonimenen’ Manipulation. ‘Bei Nieb. II, 9.216 wird
über did bekannte Halsstärrigkeit der Plebejer gegenüber ‘den Consuln
aus der dantals noch missliebigen gens Fabia gehandelt; auf 8. 219
wird 'der..Ausgug. der Fabier erzählt. .:Die danwischenliegenden Seiten
aber, wo die Aussöhnung der Fabier mit der Plebs und ihre nunmehrige
Beliebtheit geschildert wird, scheinen eben übersprungen worden zu sein,
wahrscheinlich weil man blosse Nebensachen dort vermuthete. Zur Zeit,
wo die gens Fabia an den Cremerafluss zog, dachte man nicht an Wei-
gerung des Kriegsdienstes. Die eigentlichen Beweggründe zu diesem
Schritte — bei Livius 1.1.
14) $. 107. ‘Der Tribun C. Canuleius trug auf Einführung des Con-
nubiums zwischen Patriziern und Plebeiern an; seine Collegen ver-
langten, dass ein Consul aus jedem Stande gewählt werden sollte
(ut alterum ex. plebe consulem liceret fieri).” Die Hauptungenauigkeit
dieser Stelle (um die andern zu übergehen) schreibt sich wahrscheinlich
abermals von einem Missverständn'sse des Livius her. Liv. IV, 1:
Anni principio et de connubio putrum et plebis C. Canuleius tribunus
plebis rogationem promulgavit; ... et mentio primo sensim illata a
tribunis, ut alterum ex plebe consulem liceret fieri, 60 processit
480 Ueber die Handb, d.Witgsch, v, Pütz. Von.Dr. A. Goebel zu Trier.
deinde, ut rogationom novem tribuni promulgarent: ‘ut
populo potestas esset, seu de plebe, seu de patribus vellet, consules
faciendi,’. (Eine andere Rogation als Herr Putz angibt!). Das novem
tribunt: hat Herr Pütz auf die übrigen Tribunen ausser Canuleius be-
zogen. Aber Liv. IV,3. Canuleius suis ita disseruit .... “Altera
connubium petimus et. altera hihil novi ferimus, sed, ... ut,
quibus velit, populus Romanus honores mandet ete. : Hiernach ‘gehört
Conuleius allerdings zu jenen neun Tribunen, und der Sinn der frag-
Hchen Stelld ergibt sich von selbst, wenn-'man nur daran denkt, dass
damals noch im Tribünen-Collegium Stimmenmehrheit entschied, dass es
also einen gewältigen Eindruck machen musste, weh nicht ein einzel-
ner hiermit beauftragter Tribun den betreffegden Getetzesvorschlag δὶ
: den Comitien. machte, sondern all’ die neun, welche von den zehn: Tri
bunen dafür waren. — Niebuhr, welcher hier nach Livius erzählt, drückt
sich über: unsern Gegenstand freilich etwas kurz aus, wenn.er sagt:
‘Das Jahr. 310 brachte. Entscheidung. Neue Tribunen promalgirten die
Rogation, dass: 1 Consult aus jedem Stande genonimen, einer von
ihnen, C. Canuleius., dass das Connubium zwischen ‘den. Ständen einge-
fährt ‚werden: solle? Ν. 11. 434.:::‘Einer von:ihnen’: ==. vog den
‘aeun Tribunen.’ ' Vielleicht, dass die Niebuhr’sche:Kürze die Angabe
unsers Schul-Handbuchs veranlasst hat... - ΄΄.
-19)'$. 128: "Nachdem Metellns, den Besieger ‘des Andrisens, die
Stadt Numahtia vergebens belagert hatte, .... übertrug das Volk die
Beendigung des Krieges dem Bezwinger Carthago’s.”——- Wo in der Welt
ist uns überliefert worden, dass Metellus Macedonicus Numantia belagert
habe? Der Ursprung dieser falschen Angabe ist In eiriemi Missverstehen
von Appian. Hispan.' cap. 76. zu suchen, sei es nun; dass Herr Pütz
oder: der von ihm excetpirte: Schriftsteller den Auctor“so wissyerständen
hat.. Appian erzählt nämlich, Oaecilius’ Metellus, ‘der von'BRom aus mit
einem '‘stärkeren Heere gegen die Vaccaesr und Numantinier au
sandt. worden sei, habe zwar die Vaocaser, indem er sie während der
Ernte angefallen und durch schnellen Angriff in Schrecken gesetzt habe,
überwältigt, aber Termantia.und Numantia seien ihm.noch zu
bezwingen übrig geblieben.’ Nirgends etwas von einer Belagerun
Numantia’s durch Metellus. Dagegen hätte man.in Yemselben Cs itel
finden können, dass erst Quintus Pompeius, des Metellns’
Nachfolger im Oberfeble, ein Lager vor Numantia aufge-
schlagen hahe. Die ‚Pütz’sche Angabe widerstreitet auch ganz
und gar den anderweitigen Darstellungen des Nomantiner-Krieges. For.
II, 18. Liv. Epit. 1.54 ff. Oros. V, 4. Vell. Paterc. Il, 1. . Statt
Caecilins Metellus muss. es unbedingt heissen Quintus Pompeius.
| Trier. Anfangs Januar 1854. Ä Dr. A. Goebel.
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Hesiodus
aus dem Gesichtspunkte der Entwicklung der religiösen Idee.
Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg.
Das Sein des Weltgeistes ist für uns ein Werden in Zeit nnd
Raum, was seine Geschichte ist. In seinem Natursein entwickelte
er in Asien seine stufenartigen Sphären. In China ist schon die erste
Stufe (sein Instinct-, — Traum-, — Gefühlsieben —) überwunden,
und das Verstandesprincip macht den Gegensatz za dem Phantasie-
pripeip in Indien. Persien und Aegypten sind dieselben Gegen-
sätze in höherer Potenz. Die Vermittlung keimt in Iudaea, wäh-
rend die kleinasiatischen Länder und Völker Griechenlands Princip
vorbereiten *). Von ihnen überkommt Griechenland die Blüthen der
asiatischen Natursphäre, setzt sie zar Erscheinung und zum Selbst-
ausdruck des Geistigen um und individualisirt sie, und erhebt be-
«sonders die menschliche Gestalt zur. Erscheinung und Form des
Göttlichen. Natur- und Menschenleben ist im Anfange die Er-
scheinung des Götterlebems. Dies ist die homerische Welt, welche
auch die Gycliker darstellten, jedoch nicht mehr rein und- unbefan-
gen. Hesiodus war nicht im Cyclus. In ihm wird schon die Sub- -
jeetivität siehtbar, wie ‚sie die Mächte seines Zeitalters entwickelten.
Er. steht höher als die Cyeliker, welche der freien geistigen Ent-
wicklung widerstanden, von der Begeisterung für die vergangene
Gotteinheit festgehalten. Auch Hesiodas- gibt sich im Ganzen noch
dieser Begeisterung hin; er hält noch fest an den Sagen, wie auch
an der herkömmlichen Form der Darstellung, selbst an dem Dialekt,
obwol früher in Aeolien, dann in Boeotien wohnend. Aber die wirk-
liche objective Welt ist ihm die abgefallene, welche nur noch von
den zürnenden Göttera an ihr Urbild, an ihre Gesetze gehalten
wird. Die Sitte ist darin nicht mehr die herkömmliche, substan-
tielle, göttliche, und das Leben nicht mehr ein unmittelbar. gege-
benes, worüber hinaus keine Frage freistehe; die Könige sind nicht
mehr die gotterfüllten, der substantiellen Sittlichkeit hingegebenen;
überall trat die menschliche Individualität mit allen ihren Schwächen
und Blössen hervor und dem Allgemeinen, Substantiellen gegenüber.
Das Volk erhebt sich gegen die Fürsten, reisst sich von ibnen los
wie vom eignen Vaterlande. Ueberall Gährung zer Trennung, Auf-
hebuang des Alten. Die Götter selbst stehn ferner. Besondere Mittel
werden erfunden, dass sie den Verlassenen in ihrer Rathlosigkeit
momentan beistehen (Orakelwesen) oder auf immer sich wieder mit
*) In. wiefern Vorderasien in seinem geographischen Verbältniss Ver-
mittler der Principien war, siehe bei Stuhr, Relig. Syst. 8.885.
31*
A86 Hesiodus,
Einzelnen vereinigen und sie besonderen Schutzes würdigen (Myste-
rien), oder Gesammtheiten, Stämme, Völker beschirmen (detaillirter
Cultus in Tempeln, vom Staat bestimmte Priester und vorgeschrie-
bene Functionen, das Festwesen, heilige Ceremonien, Spiele —),
oder die Sündenstrafen erlassen (Sühnopfer —). Das Unheil spricht
sich ‘in besondern Sagen aus als ein verschuldetes oder durch die
nun gleichfalls schlechteren Götter absichtlich herbeigeführtes (Sünd-
Autb, Pandora, Nemesis- Helena —) und ein Grauen schwebt über
der Welt und neue Göttergestalten. (Hekate, die persönlichen Dae-
monen) treten hervor,
Dies Alles war im Gefolge von den dorischen Wanderungen,
des Steatengründungen, den neuen Keiintnissen,. ferien. Colonisi-
rungen, neuen Erfindungen,. wachsenden Handelaver bindungen. mit
zunehmendem Beichthum, wachsenden Lebensgenüssen. und Lebens-
bedürfnissen, ausgebreiteten Erfahrungen u.s. f :In Hesiosls. Tagen,
gegen ΟἹ. 20, sagt Voss Mythol. Br. 3,..bAtte die Gestade des
"Mittelmeeres ionischer Unternebmungsgeist nordwärts bis zum Istros,
südwärts bis zum Neilos und Libyen, we die junge Kyrene gedieh,
westwärts bis zu Adrias Bucht, den Latinere, Tyrsenera.und Li-
gyern, ja mif. einem Sturinwinde bis Erytheia und. den tartessischen.
‚Hyperboreern ausgekundet und mannichfaltige Erfahrungen heimge-
ρος, Zugleich aus dem gewerbsamen Lydophrygien und Phoenike
kamen mit kunstreichem Metall und Weihrauch neue Begriffe von
Gott und Sehöpfung u. 5. f. Und allerdings kann man viel auf diese
äusserliche Weise Ueberkommenes in Hesiodus nachweisen, 2. B. aus-
ser der Kenatniss von jenen Völkern, Latinera, T'yrsenern. u. 8. w. und
ihren Sagen, besonders Vorstellungee .des wesentlich... mystischen
Orients, von Olen und Orpheus in ‘Thracien, von Kadmos, Har-
monia, -Kypris-Helena und den .Dioskuren,, lasea.—- in. Samothra-
cien, vom der. in Kypros aus dem Meer arigekommenen Kypris uad
des. begleitenden Daemonen in Kypros, der.Kassiopsia,, dem Kilix,
Belas, Phiaeus, der Andromeda, Eurepa —- den Telchinen — in
Südkleinasien; den phrygischen Gestalten, Midas, den Satyren, dem
Silen —, Korybanten, Dactylen, der Rhea-Kybele — in Phrygien;
der unsterblichen Ariadne, den Kureten, dem kretagebornen
Zeus — in Kreta — u.s.f.*). Aber die Hauptsache ist, die.eigene
ianere Kraft der Idee, die ihre Momente auslegt und durch Zeit
und Raum ‚weiter führt. - Und bierher: gehört vorerst: dasjenige, was
‚man das jüdische Element. im Hesiodus nennen kasa, von. F. A. Wolf,
Voss u. A. anerkannt, das sich ‚nicht bles auf die heilige Sieben-
zabl,. den- Herakles- und Promethepsmythus und die Schäpfungs-
'sag6, : oder .den Waltmana .(Voss ‚Mythol. Br. 13, 47.) erstreckt,
sonderri hanptsächlich zum Theil in: der Hekate, zum Theil im
N : » %
*) Himmel und Erde im Cultus Chinas aufzuführen, wo King und
Kwang,.der Kaiser und die Kaiserin, Himmel und Erde sind, und mit
dem Uranus and: der Gaea zusammenanstellen ‚unterlassen wir.
Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 487
Dionysos-Phanes, in der ersten. Ahnung der Einigkeit Gottes und
eines Mittiers hervortritt, wpran sich dann die mythisch-mystische
Dreieinigkeitsfornm anschliesst, zuerst in Samothracien, dann in der
orphischen J,ehre, besonders im ahnungsreichen Baeotien. In der:
Stierform war ‘der jüdische Gott schon früher über Thapsakos den
Völkern ersehienen (Voss 1.1, p.9), aber in ähnlichen Götterformen
dieser Völker 50 untergegangen, dass kaum noch der Gedanke sich
erhalten, Der Untergang der poetischen Götter und der ethnischen
Staaten führte den Gedanken in reiner Form wieder hervor, der wie
vieles Andere, lange vor Hesiodas in namentlich orphischen Priester-
thümern vorhanden, vor der Macht der Homerischen Weltanschanung
zurückgetreten war. Vom Verhältniss der orphischen Lehre und
orphisehen Theogonie zu Hesiodus wird später gesprochen werden.
In beiden ist zwar die. Reflexion, aber bei Hesiodus nicht in mysti-
scher Tiefe und Consequenz, sondern äusserlich, aunbefangen, naiv.
Hesiodüs- stellt blos das Ueberkommene dar ohne einen bestimm-
ten Plan; er reiht oft Verschiedenes, zuweilen sich Widersprechen-
des an einander. Zuweilen versucht er etymologische "Erklärungen,
Paronomasie, wie schon in Homer, meist ungeschickt. Seine Sagen
und Vorstellangen selbst sind schon die vom Lichte des Verstandes
gestalteten oder von der Reflexion getrübten, wie sie sein Zeit-
alter derbot, ‚also nicht in ursprünglicher Reinheit. Der Zweifel
und die Speculation blickt schon hinein. Hiesiodus weiss schon, dass
nicht alle Dichtungen wahr sind, dass man auch Lügenhaftes dich-
ten kann. Th. 27, 28. Dies setzt ein widernatürliches Verbältniss
voraus, einen Abfall. Hesiodus selbst steht nicht mehr im home-
rischen, ursprünglichen Verhältnisse zu den Göttern. Er sagt auch
nicht unbefangen: sage oder singe mir Muse —; sondern ist schon
ein priesterlicher Prophet, Günstliog der Musen, ihr Diener, dem
sie Wahrheit verkünden, dem sie den Stab geben, vom grünenden
Lorbeer den Spwössling herrlich zu pflücken, dem sie einhauchen
götliche Bede, zu vernehmen was ist, was künftig sein wird und
was vordem gewesen, und den sie singen heissen der ewig Seligen
Geschlecht; eine Gabe, die allen Kummer in der Seele vergessen
mache. Sie lehren ihn also Wahres singen, d.h. die Sagen und
Vorstellungen , die durch die pierischen Sänger in Boeotien und durch
die homerischen in Kleinasien meist schon‘, aber in unvollkommener
Form und zum Theil unwahr, dargestellt werden oder im: Mande
des Volkes und innerhalb der Priesterthümer vorhanden waren *).
Die pierischen Priestersänger hatten das Chaos verschiedenartiger
Vorstellungen und Sagen schon längst in Theogonien, Kosmogogien
*) Aristides.(p. 366) tadelt den Hesiodus, weil er es gewagt babe
Gm Prooemnium zu Theog.) seinen Namen unter die der Götter zu setzen.
Vgl. Loc. de saltat..$.24. — Keineswegs um seiner Weisheit Eingang
zu verschaffen, erzählte Hesiodus seine Weihun:, sondern weil er die
Göttlichkeit des menschlichen Geistes in sich empfand, Lucian, dissert. ©
Hesiod. $.9. ᾿
Ι]
488 Hesiedus. -᾿ zu “
zn ordaen begonnen, und den orientalischen Geschlechtsregistern
. ähnliche Stammtafela entworfen. Hier mag die Unvollkommenheit
mehr in der Form bestanden haben. Eine andere Sängerschule, die
orphisch-mystische, hatte deren Objectivität einem subjectiven Zwecke,
unterworfen, einem theelogisch-philosophischem , und sie also, wie
Hesiodus meinte, nicht nach der Wahrheit besungen: Das physiko-
philosophische Princip, welches bei Hesiodus hin und wieder hervor- ἡ
leuchtet, ist nur eine Fortsetzung und Steigerang einer besonderen
Weise der homerischen Po&sie, die keineswegs für eine bewusste
Allegorisation gebalten werden muss, sondern für ein Fortdichten
im Sinne des symbolisirenden objeefiven Mythus selbst. Hierher
gehört besonders die Benamung der Nebengestalten: 5. Nitzsch za
Od.1, 8. II, 386. VIII, 111. Diese Gestalten der dichtenden Vor-
stellung waren zugleich mit dem Namen da, und hatten Theil an
der Heiligkeit der Hawptgestalten, za denen sie gehörten, wenn sie
auch im Volkscultus wenig oder gar nicht hervortraten. Sie sindimmer
gesonderte Beziehungen des allgemeinen Geisteslebens, wie es im
Glauben noch war oder in der Vorstellung gewesen war. Als ge-
wesen erscheinen bei Hesiodus eine Menge solcher Gestalten als
Vorläufer der neuen Götterdynastie. Sie sind gewesen, sind aber
auch noch und zwar aufgehoben in dieser, deren elementarischer
Grund. Sie sind zum Theil, obwohl überwunden, immer noch ehr-
würdig und mächtig im neuen Götterreich. Sie gehören einer frühe-
.ren Sphäre deg Geisteslebens, dem mehr elementarischen, blos na-
türlichen Geistessein an, oder machen dieselbe aus, sind geschicht-
lich wahr, obwohl den Griechen nicht alle aus sabjectiver Erinnernng
und Tradition, sendern aus der Vorstellung, aus einer in die Ver-
gangenheit gehenden Prophetie, wie Hesiodus selbst angibt, zuge-
kommen waren. Weil diese Gestalten der Vergangenheit nicht eitle,
willkürliche Erdichtungeu eines Individuams sind, sondern in der
Geschichte des Geisteslebens begründet, so dass der Geist nur in
sich geht oder zurück in die Bahn seiner Erscheinungen, so konn.
ten bei diesen oder jenen: weniger vorgetückten Völkern diese Ge-
stalten auch als noch vorhanden in der Wirklichkeit angetroffen wer.
de» und an ihnen die Prophetie ‚in Bezug auf die προδόντα einen
historischen Halt haben; ebenso ‚wie in Bezug auf τὰ ἐόντα das
ldeelle aus der Wirklichkeit, was doch nur allen dem Dichter als
solchem angehört, und in Bezug auf τὰ ἐσσόμενα die Keime der
Zukunft hier oder dort wirklich hevorgetreten sein mögen (Th. V, 32
eil. 38); und es lässt sich dies auch zum Theil nachweisen, Im Orient
finden wir einige der Gestalten der hesindeischen Vorwelt noch;
andere bestariden wenigstens noch zu jener Zeit; viele waren längst
schon in griechische Sage und Cultus aufgenommen, Auch das blos
Natürliche bestand für den prophetischen Dichter noch fort, sogar
das Chaos, das Urerste, als die Gränze der Erscheinungswelt, aus
welchem noch immer die Negation der Erscheinung, die obere und un-
tere Nacht — "Egeßog— hervorging (s.O.K. Muellers Prolegg. p.318).
Von Professor ἢν. Haupt zu Königsberg. ἡ "480
Der”Egos, das Urprindip der Vermittieng und Gestaltung, waltete
noch fort, es hatte Persönlichkeit in fremden, mystischen Cnlten,
Ursprünglich unpersönlich ist er die aufgehobene Naturnothwendig-
keit, die zur Persönlichkeit der Schöpfungen hindrängt, damit sie
weiter erzeugen können, wie denn schon die sich sontlernden Natur-
mächte als Titanen den Keim der Individualität und Persönlichkeit
in sich haben und so die ganz persönlichen, aber doch noch in der
Naturmacht wurzelnden Götter zeugen, welche sich dann zur freien
Geistigkeit erheben. Vgl. Solger W. Il, 668. Die Persönlichkeit
der Daemonen hat in derselben Anschauung ihren.Grund, und der
Orient hatte sie, obwohl in weniger bestimmter Form, ebenfalls schon
im Cultas*). . Wie Aether und Tag aus jenem Erebos, ganz
analog der ersten Schöpfung, hervorgehen, so waren z. B. in Aegyp-
ten und in Vorderasien ähnliche Schöpfungsmächte durch den Cultus
geheiligt. Φοίβη mit Ayro und Kindern sind eigentlich nur eine
Variation derselben Vorstellung, wie sie in Lycien und Karien im
Ουἱίμε fortiebte, Im griechischen Cultusgebände waren die Momente
der vorangegangenen religiösen Entwicklung des Orients erhalten,
wie die Titanen bei Homer und Hesiodus in der Unterwelt. Der
Prophet erschaut sie, und führt sie wieder an das Licht’ als die
Urelemente des Gewordenen und Bestehenden. Das Werden ist
ein Losreissen, ein Geschehen, welches das Ursein aufbebt und
vernichtet, darum von diesem gehemmt wird mit List und Gewalt,
aber doch nicht ganz unterdrückt werden kann, das von innerer
Nothwendigkeit oder Liebe getrieben wird. Das ist die Kosmogenie-
Theogonie. In Kreta verschlang der Urherrscher (Κρόνος von
Κραίνω, nicht von Χρόνος: schon weil Χρόνος seine Kinder bis in
alle Ewigkeit fort verschlingt, was dem .Mythus widerstritte. Siehe
Zeitsch, f. Alt. Wiss. 1839. Dec. Uranos, Kronos 0,8. w.) seine Kinder;
wie in ‚einem andern Mythus Zeus die Metis verschlingt, bis Zenn,
Kronas jüngster Sohn ihn bezwang. Dies Symbol war in dem
Alterthum Kretas begründet und durch den Cultus gebeiligt. Die
alten Sänger einverleibten es als eine neue Entwicklungsperiode, da
ursprünglich es nur eine und dieselbe bedeutet, Es war dies die
jüngste Eintwicklungsperiode der orientalischen Sphäre des Geistes-
lebens, der wesentlich mystischen, unmittelbare Einheit setzenden;
und so sehr sie mit dem strengen Monarchismus auf Kreta zusam-
menhipg, ebenso sehr blieb sie doch auch auf der anderen, inneren
Seite daselbst in dem noch orientalisch-mystischen Cultus befangen.
Griechenlands Genius riss den Zeuscultus von seinem mystischen
Elemente las, wie alle übrigen orientalischen Cultusformen , indem
er in kindlicher Heiterkeit sich die mythische Weltanschauung: schuf,
worin die Menschen unbefangen in der Gottheit leben, die ihre.
Natureinheit nur noch als Voraussetzung hat und frei ihr einiges
*) Hier entsprungen zanächst aus dem Todtencultus und der Ver-
ehrung der Vorfahren, die man als Geister umhorschweifend glaubte.
400 ΄ 0.2 Βρίοάι. nt
Wesen’ in seine Momente; als selbstständige Indivicralitäten, wel-
ches die ‚verschiedenen Volksgettheiten sind ,: entlassen hat. ‘ Zeus
hat die Naturmacht unterworfen; sie ist ihm diengtbar. Atich die
blos natürlichen Geistesmächte. Er ist. politischer -Gott, ist das
Bewusstsein jener Mächte. - Die Nacht und die Erde. hätten jene
Wesen der’ physischen und morälischen Nothwindigkeit' geboren.
| Nach dem Chads nämlich war unmittelbar-auch Erde:und Tar-
taras und Eros, Aber ans. dem Chaos wurden Rrebos und die
schwarze Nächt. : Aus der Nacht, wie in der Genesis, wiederum
Aether und Tag, die sie mit dem Brebos 'erzeugte. Die Erde’aber
gebar den 'gestirnten Hitsmel und die Berge. Was war, oder ni-
mittelbar ward, ist‘ allgemeine! Grundlage, die in sich die Gegen-
sätze enthält,” welche durch Bros verbunden wieldergebärende Be-
sondetheiten' gebären. Nur den Pontus, das .tedte Salzmeer ,'gebar
. die. Erde obrie Liebe; dagegen sie den OkeAnos gebar aus der Umar-
mung des Himmels, Uranus, - wie-auch den Koies, Krios ; Hyperion,
lapetus, die Fheia, Rhea, Themis, Mnemoszne, die goldumikränzte
Phoebe und liebreiche Tethys, ὑπ sach dem jüngsten, dem Kronos,
die übermüthigen Kyklopen— Brontes, Sterope, Arge —- die dem Zeus
ΒΖ und Donner machten, dann die übermüthigen Hunderthändigen
-- Kottos, Briareus, Gyges —, die Uranos sammt jenen allen,
weil sie ihm verhaskt waren, in die Finsterniss verschless. : An der
Spitze der sd geborenen ‚Erscheinungswelt steht also Okeanos, den
Homer Θεῶν γένεσιν nennt, weil alles, also auch die von der Ur-
substanz losgetrennten Götter, nach .orientalischer Vorstellung, aus
dem Wasserurstoff entstanden war, wie- von Aphrodite hernach bei
Hesiodus unalog ausgesagt wird.‘ Es folgen andere physische und
dann physisch-geistige Urmächte; das Geistige and: blos -Natürliche
ist darin noch nicht getrennt, Licht un. Verstand. -' Sie scheinen
als solche wirklich aus dem orientalischen Cultussystem überkommen
zu sein, nämentlich aus dem Blementendienst, Kriös, Herrscher,
wohl vom -Widdersymbole. Koios —, in dessen Natnen die Begriffe
des Lichtes, der Reinheit des Orients (der samothracische Sühn-
priester) und des Verstindes noch beisammen sind, wird aus seinen
Kindern erkannt. Andere Weisen des ursprünglichen Lichtseiris sind
Hyperion, Theia, Pboebe. ᾿ Sicher sind- Rbea und lapetos asiatisch-
historisch. In allen aber liegt der Begriff ‘der "Trennung in eigner
Macht, des Sicherhebens in Bezug auf den allgemeinen Urstofl.
Auch Themis und Mnemüosyne sind gesonderte Kräfte und zwar der
geistigen Substanz. Themis (die Satzung als Bund zwischen Göt-
tern und Menschen) trat im Eultus hervor, während Mundmosyne nur
erst in ihren mit Zeus erzeugten Töchtern Geltung hatte.’ Tethys,
lie Nährkraft, Die Kyklopen und die Hundertarmigen (Donner-
riesen) sind rohe. Göttergestalten, meist elementariseh, welche die
Furcht rohsinnlicher Völkerstämme auf entlegenen Inseln oder Län-
dern im Nordwesten geschaffen hatte. In der nordischen Religion
kommen ähnliche Gestalten vor, Sie sind schrecklich, tobend, über-
Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 491
müthig wie diese Völker selbst. Das Licht des Verstandes tritt
hinter die Körperkraft in ihnen zurück. Dass diese barokken Ge-
stalten mit einem Ange (das Auge war Symbol des göttlichen:
Geistes) sich jene Völker selbst geschaffen, ist wahrscheinlicher‘, als
dass griechische Symbolik mit dem einen ‘Auge das. Zurücktreten
des Geistigen von Ihnen habe bezeichnen wollen. In ihrem Natur-
seelenleben erlangten die Schamanen magische Kraft und bei den
Naturmenschen Göttergeltung. Die Namen aber sind griechisch,
wiewohl von der Art, dass ihre Wurzeln in der allgemeinen Sprache,
aus der sich das griechische Idiom gebildet hat, gelegen haben,
älso mit der äusseren Gestalt selbst, die sie bezeichneten, “über-
kommen sein können. Das allen ihnen angeborene Trennungsprin-
cip in seiner Macht war dem Urvater Uranus verhasst, der dar'n
seinen Untergang sah; aber das die Geltung der Kinder erheischende
Mutterherz seufzte ob der Grausamkeit des Vaters und sann auf
Rache, Sie rief die 'eingesperrten Kinder auf, mit dem von ihr
verfertigten Sichelschwert den Vater zu verderben. Kronos, der
jüngste ihrer Söhne, mähte listig des Vaters Zeugungsglied hinweg,
und machte sich selbst zum Herrscher und Princip von neuen, voll-
kommner individualisirten Zeugungen. Aber mit den Blutstropfen der
abgerissenen " Schaam des Uranos nahm die Erde die Keime seiner
letzten Erzengungen auf und gebar die Etinyen, die Giganten und _
der melischen Nymphen unendliches Geschlecht. Diese sind also
aus dem ersten Frevel entsprossen. Alle drei sind nach ihrem Eigen-
namen (Erinyen von ἔρα, Giganten von γῆ) oder nach ihrem Ap-
pellativum (die Melisch - Nymphen heissen‘ αὐτόχϑονες, χϑόνιαι)
Erdgeborene, gehören zur göttlichen Lebenssubstanz; aber es ist
wegen jener Erzeugung ihr Leben ein gebrochenes oder negatives,
In den Erinyen ist Zorn, in den Giganten blinder Trotz, in den
melischen Nymphen Schmerz über ihr unfreies Dasein. Die Erinyen
haben ihr wirkliches Leben nur erst im Frevel gegen das Substan-
tielle, und der eigensinnige Trotz ist der Todeskeim der Giganteı.
Als die Schaam des Uramus selbst lange im Meere ümhergetrieben
war, und sich um sie her ein weisser Schaum gebildet hatte, jing
daraus (im Widerspruch ınit Homer) Aphrodite hervor, die 'sich
zuerst dem heiligen Kythere (so schon bei Homer) näherte und von
da nach Kypros' schwamm. Letztere Mythen beruhten besonders
auf den zahlreichen Localculten an der Küste, wie auch der Ur-.
sprung der Kypris aus dem Wasser überhaupt, wo sie als Meer-
beherrscherin verehrt ward. Als allgemeine Naturzengungskraft,
mit ptallischen Symbolen (Lucian de dea Syr.) besonders auf dem
Continent dargestellt, ist sie auch noch in der hesiodeischen Dar-
stellung, die sicherlich darauf beruht, zu erkennen; die älteste und
erste der neuen Götter, noch substantiell wie Eros in der früheren
Götterwelt, aber doch schon in individueller Persönlichkeit, und
Eros ihr dienstbar, nach der allgemeinen Analogie. Hesiodus hält
sie für eine einheimische Göttin (nicht aus Askalon wie Herod.).
492 ον Hesiodos.
Der Ersählung des Ursprungs lässt er etymolegische Namens-Er-
klärungen folgen. — Rein negative Gestalten, die von natürlicher
Seite her das Moment der Negation in sich haben, gebiert das der
positiven Erde entgegengesetzte Element, die Nacht: Schlaf, Traum,
Tod. und Todesmächte, Moiren und Keren, auch die Hesperiden:
denn Abend und Alter (T’jeas) und Tod sind verwandt. Nemesis
und Neid negiren gleichfalls. Auch ’Oifug und Ἔρις, welche letz-
‚ tere die detaillirten Unbheilsgestalten erzeugt, auch den Eid als Ver-
anlassung zum Meineid. Die Nacht gebar ohne Liebesumarmung. —
Der ohne Liebe erzeugte Pontos aber erzeugte den wahrhaften
pröphetischen Nereus.. In der Substanz überhaupt wehte der Götter-
athem, Wahrheit verkündend, in Erde uud Meer — durch Natur-
laute, Mit der Erde gebar er das Staunen, den Phorkys, die Keto,
und Eurybia (slarüber 5. Zeitschr. f.d. Alt. W. 39. 1. S. 29.), also all-
gemeine Wundererscheinungen des Meeres. Nereus erzeugte die Ne-
reiden, geriogere und liebliche Erscheinungen in und auf dem Meer,
Das Staunen, ®aupag, heirathete die Elektra, die Glänzende, und
erzeugte die Iris und die Sturmwinde (die Harpyen, Aello und Oky-
pete). Dass viele dieser Unterwesen im Glauben der meeranwoh-
nenden und Schifffahrt treibenden Völker gewesen sind, lässt sich er-
weisen, Phorkys ist im Cultus gegeben (Hom. Od. ll, 71. Al.), ist
von ὅρκος», Pferch, benannt. Ihm erzeugt Ayo, dunkler Urstoff,
graue Seeerscheinuagen, (Graeen) wie Ilspendo ‚Brandung; ’Evvo,
Anströmung, dann die am Nurdwestmeer wohnenden Gorgonen, d.i.
Schreckens - oder Schauergestalten, die die Vorstellung dunkler Ferne
von selbst in sich trägt. Das Meer machte die eine Seite der Ferne
zugänglich (τῇ δὲ μιῇ παρελέξατο Κυανοχαίτης —); der durch-
dringende Verstand bieb dem Ungeheuer den Kopf ab, hob auf den
entsetzenden Anblick des fernen wüsten Orients, und es trat her-
vor Chrysaor und Pegasus, volksthümliche orientalische Symbole, wo-
von das Flügelross zu Zeus kam, dem es Donner und Blitz trägt.
Chrysaors und der Kalirrhoe Sohn war Geryoneus, der im west-
lichen dunklen Fabelland (Gewitterland), wo Erythia (Abendroths-
insel), herrschte durch magisch-kräftig Natureinheit, den die rein
menschliche Thatkraft — Herakles — überwand und seine Rinder
forttrieb, nachdem er auch den Hund Orthros und den Hirten Eu-
rytion erschlagen. Des Phorkys und der Keto Tochter im Lande
der Arimer, wie sie Hesiodus beschreibt, ist sie orientalisches Sym-
bol einer vulkanischen Erscheinung. Mit ihr soll Typhon — Glut-
wind — den Orthrus, Cerberus, die lernaeische Schlange, die Chi-
maera, die Sphinx und den nemeischen Löwen erzeugt haben, Sinn-
bilder ähnlicher Erscheinungen in Natur- und Völkerleben, die der
-griechische Genius in Herakles, Bellerophon, Oedipus überwanu.
Noch erzeugte Phorkys und Keto die Schlange, die die Aepfel der
Hesperiden bewachte: ein bekanntes Symbol. Die hesperischen
Gärten sind nach derselben Ausdrucksweise benannt wie die Gefilde
oder Tanzebenen (nicht Chöre)‘der Eos im Morgen. Es sind dies
Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 493
wie alles folgende weder blos phantastische noch allegorische Ge-
stalten, sondern concrete Gemiüthsanschaunngen, lebendig im Cul-
tus, symbolisch, d. b. im organischen Zusammenhang stehend. Dem
Herrscher (Krios) gebar die weitgewaltige (Burybia) den Astraior,
Pallas und Perses. Astraios, der dunkle Stoff und Raum der Luft-
erscheinuougen (analog dem Erebos und der Nacht als Eltern des
Aether und der Hemera) erzeugte mit Eos die drei Winde Zephyros,
Boreas und Notos, den Stern Phosphoros und die übrigen Gestirne,
Auch dies ist nicht blos physisch, wiewol die Φυσικοὶ ähnliches
lehrten (Solger 8. II. p. 742), sondern zunächst aus dem religiösen
Glauben und Cultus genommen, an den sich die (Φυσικοὶ anschlos-
sen, ihn erklärend. Religion und Philosophie ist im Anfange in-
eins; daan trennt sich letztere nach und nach, von den physischen
Inhalt jener ausgehend, ihn vor dem Verstande zu rechtfertigen.
Dem Pallas gehar die Styx den Zelos (Eifer), die Nike und Kraft
und Gewalt, welche immer beim Zeus wohnen, wie es der Mutter,
als sie ihm mit den Ihrigen im Titanenkriege beistand, geschworen.
Pallas, der Schwinger, war uraltes Symbol der natürlichen Schwung-
kraft als Gottheit vorgestellt. Wo sich die allgemeine Gottheit
vorzugsweise in dieser Eigenschaft offenbarte, lässt sich aus den
Sagen von Pallas und den Pallantiden (s. O.K. Muell. darüber)
abnehmen. Pallas macht den Uebergang zum Geistigen, das in
Perses, dem vor allen an kundigem Geiste sich hervorthuenden,
hervortritt. Ὁ |
Phoebe und Koios gebaren die dunkle, mildgesinnte Leto und
die Asteria, die Perses zur Gattin nahm und die die Hekate er-
zeugtes Dies sind vorderasiatische Göttergestalten, wo die Begriffe
von Reinheit und Licht nnd Geist zusammenflossen. Leto kann
recht wohl nächtliches Dunkel, das die Ruhe einschloss, bedeuten,
und so Sternhelle gebären, mit der sich die rasche Thätigkeit des
durchdringenden Verstandes gattet und die Hekate erzeugt, welche
die unerkaunte, unsichtbare Fernwirkung der göttlichen Substanz
oder des göttlichen Geistes ist, und selbst, auf das Menschliche ge-
wandt, wieder Licht und Reinheit und Geisteskraft, kurz alles was
im orientalischen Sinne Φῶς ist, gewährt, Sieg, Heil, Rettung,
Glück aller Art, auch Lebenskraft namentlich bei der Jagend. 516,
diese μονογενής» ist der Geist Gottes, der alle drei Reiche der
Welt durchdringt, und in Einheit erhält. Woher diese allmächtige
Gottheit, die alle in sich vereinigt, Geist and Natur verbindet ?
In Samothracien, Boeotien and auf Aegina hatte sie mystischen Cultas
und die Cultussagen führen auf den Orient zurück, wie der Begriff
seibst. Aber welches Land, Volk — erfasste diesen Geist Got-
tes® Auch in seiner griechischen, mythischen Einfassung und Ge-
staltung erkennt man in ihm den Begriff, der aus-Iudaea durch die
Phoenizier verbreitet worden sein mag. Es ist merkwürdig, wie
dieser Begriff zu dieser Form und zur weiblichen Gestalt gekom-
men ist. — Die Rhea, die obere, geordnete Erde, gebar dem Kronos
“
494 u Hesiodus.
die Hestia-(Famjlienprincip), dann die Demeter (Fruchtbarkeit der
bebauten Erde), Here (gubstantielle Sittlichkeit),. den ‚Hades: (un-
tere ‚Erde), den Eirderschütterer. Poseidon und den klugen Beratber
Zeus, unter. dessen. Donner ‚die Erde erbebt. Es sind dies- die
Mächte des gegrdneten Lebens, welches hervorging, als sich der
Widerspruch der Unmittelbarkeit. selbst aufhob. Die geistige Sub-
jectivität erhob sich in Zeus, ‚van. der erhaltenden Mutterliebe ge-
schützt, wieder durch List; in Kreta erhob sich zunächst .die neue
Lebensordnung über .ılie naturgebundene Unmittelbarkeit, das freie
geistige Bewusstsein als das Princip; welches im Mittelpunkt Grie-
chenlands, in Delphi, seine Trapäen aufstellte.e Die durch ihn
befreiten Titanen unterstützten dankbar seine Herrschaft; er sollte
sicht blos politischer Gott sein. Er ΝΞ
Iapetus ist die titanische Kraft im Menschengeschlechte, die
Trennung, Wanderung hervortreibt,, besonders übers Meer bis an
die Weltgrenzen, in unerschütterlicher Ausdayer. Er heirathete dem-
nach die Kiymene die Okeanine, ‘die ihm den Atlas gebar, aber
auch den frechen Verderbenbesteher Menoitios, den Zeus in den
Erebos warf, den erfinderischen Prometheus und Zielverfehler Epi-
metheus: gewaltige Bestrebungen der Menschen auf der höheren
Culturstufe, die mit: Zeus begonnen, Warum Atlas an der Erd-
grenze den Himmel trägt, liegt nahe. Prometheus leidet an den
Folgen und an der Reue über die Trennung und den Abfall vom
natürlichen Verhältniss, bis die griechische Thatkraft den Grund der
Beue in der äusserlichen neuen Lage aufhebt und zwar mit Bewil-
ligung des Zeus, obwol dieser auf Promethens zürnte, weil er
ihm gleich sein wollte an Klugheit (ähnlich sagt Jehovah: siehe, Adam
ist worden wie. unser einer), Denn er hatte ihn mit dem Kuochen-
opfer überlisten wollen; Damals als (in Mekone) über die Lebens-
dauer die Menschen mit .den Göttern rachteten (unsterblich —, Gott
sein wollten in der. Genesis I. I, Welcker, der in Aeschyl. Trit. den
Mythus richtig behandelt, fasst die Opfergeschichte zu äusserlich,
Das Gottgleichseinwoljer® liegt in der Schmälerung und. Entziehung
des Opfers gleichfalls), Wegen dieser Ucberlistung entzog Zeus den
Menschen das Feuer. _Der lapetide stahl es ihm. Zur Vergeltung
schafft. Zeus die verfübrerische verderbenbringende Pandora, und
führt die von Athene ausgeschmückte vor die Götter und Menschen
(die hier immer beisammen sind in Gesellschaft) —, von der das
verderbliche Weibergeschlecht abstammt. Prometheus aber büsste
der Ueberlistung thörichten Versuch in Banden. Ein höchst merk-
würdiger Mythys, obwohl an dieser Stelle des Hesiorlus mit Ver-
änderung der ursprünglichen Aufeinanderfolge im Einzelnen erzäblt:
vgl. ’Eoy- 42—105. 108 —200! Der mensrbliche Verstand (die listige
Schlange) hebt die selige Unmittelbarkeit, das ursprüngliche Leben
io Gott, auf, nach dem Mythus, der aus wirklich Geschehenem
das Ideelle hervorbebt, selbst immer das Ideelle der Erscheinungs-
welt ist und deren Selbstbewusstsein. ‚Die Genesis und das Buch
4
Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 495
Henoch beweist, wie sich das Bewnsstsein dieses Actes des Geistes-
lebens im Menschlichen zunächst, in Asien, dem Mutterboden; und
namentlich in dem frühzeitig entwickelten’ jinlischen Volke gebildet
hat. Das Allgemeine wiederhult sich: im Einzelnen; und als’ sich
die höhere Entwicklung der Griechen in Thessalten' zutrug, wurde
der allgemeine Mythus darnach bestimmt; °Die immer neuen, wach-
senden Bedürfnisse nach jenem Naturzustand und daraus folgenden
Bestrebungen zeigten sich in Thessalien' (Titaea —, "Titanen) wie
vordem in Asien, und nagten (wie auch besonders‘ zur Zeit des He-
siodus) am Menschenherzen und erweckten: neue Erfindungen und
Künste, wodurch der -Bruch immer weiter ging. Es ward so ein
neues Menschengeschlecht, ‘— Wie von dem prometheischen Ge-
ilanken, dass ‘der Mensch in seiner geistigen Kraft der Götter nicht
bedürfe und ' durch ‚Ausbildung der Vernunft der Naturkräfte und
der ‘Götter: selbst Herr‘: werden könne, Asien erfüllt gewesen ' ist,
siehe bei Stuhr, Relig. -Syst..S.208:’ ‘Die Titanen wohten sich der
strengen Oberherrschaft des: Zeus’ nicht unterwerfen. — Die Natur-
Götter der Verstandesperiode: nicht der geistigen Subjeetivität.' Aber
die natürlichen Mächte mussten aufgehoben werden ins Geistige und
die Einheit νοῦ beiden ‘so hervortreten, dass Was Geistige das Herr-
schende blieb, mit mehr Inhalt erfüllt. "Kottos; Briareus und'Gyges
standen ‘dem Zeus zur Serte und'durch sie siegte das neue Götter-
geschlecht im furchtbaren Kampfe. Die alterfrüheste Periode’religiöser
Entwicklung, die'blos natürliche, war mit'der' blos geistigen’ im Bunde:
denn’ sie sind im Begriff: eins.‘ Die das Trenntmgsprincip oder den
Verstand: überwindende Einheit- des’ ‚Natörliähen und: Geistigen ist
indessen noch 'keine freie, absölhte. '-' ὁ:
“Die "Fitanen wolmen nun: verschlössen"im Tartaris ‘und dienen
der Zeusherrschaft' im ‘Grunde ‘der Erde, an den Marken der Er-
scheinungswelt,' die’ dort ihre Wurzeln hat, wo Nacht ünd Tag sich
begegnen. Da wohnen der ‘Nacht Kirider, Schlaf und Tod. Da
ist das Reich des Hades und der Persephone, vom Cerberus, einem
Hunde, bewacht, ‚der alle hinein , ‚Niemanden, herauslässt (orien-
talisches Symbol):
Daselbst wohnt auch die Nyx, wo der berührhte Quell kalten
Wassers ist, bei dem die Götter schwören; und wer falsch schwört,
ist von der Göttergesellschaft und ' ‚Göttermahizeit ein Jahr lang aus-
geschlossen, während dessen er sinnlos auf einem Lager liegt (von
einem betäubenden Quell in Arkadien entlehnt), und dann noch neun
Jahr (alte heilige Sühnperiode) von der Mahlzeit und Gesellschaft
der Götter ausgeschlossen ist. Das sittliche Selbstbemusstsein ” Ge-
wissen; von seiner Naturseite, titanisch.
Die Erde gebar nun das’ jüngste Kind, aus der Umarmung- des
Tartarus, den schrecklichen 'Typhoeus, von dem auch die ver-
derblichen Winde abstammen (weil die Alten vulcauische Aus-
brüche von unterirdischen Winden herleiteten). Zeus bändigte auch
diese, als Gottheit gedachte, Erdgewalt. Dann ordnete Zeus die
‘
496 Hesiodus,
Herrschaft . der neuen Principien. Zur Gattin nahm er zuerst die
Metis. ihre geistige Wiedergeburt, die -Athene, höhere Potenz Jes
geistigen Princips, Die Metis aus titanischem Stamm, sollte ihm
zwei Kinder gebären, die Tochter dem Vater gleich an Macht und
Weisheit und den Sohn noch mächtiger als er selbst,. Zeus weiss
den verhängten (im Wesen des Geistes enthaltenen) weiteren Ent-
wicklungen Einbalt zu thun, indem er. die Metis verschlingt. Er
legt seinen Begriff aus, zeugt ehelich mit der Themis (— gesetzte
- Ordnung des Substantiellen) die Horen und, als Wiedergeburt, die
Moeren, mit der Eurynome die Chariten (an den Bund mit den Göt-
tern schliesst gich ihre Huld und Gnade, an verbreitete gesetzliche
Ordnung schliesst sich Anmuth an: so die Grazien in gebildeteren
Lebensverhältnissen der. (Griechen als) Minyer, von denen ihr Cul-
tus ausging), mit der Demeter die Persephune, die er dem Hades
gab, mit der Mnemosyne die Musen, mit der Leto den Apollo und
die Artemis, und zuletzt mit der Here die Hebe, den Ares und
die Eilithyia; alles Gottheiten der einzelnen pelasgisehen Völker, in
denen der griechische Geist seine einzelnen Momente zur Erschei-
nung gebracht, und die dem allgemeinen Begriff untergeordnet waren.
Demeter und Tochter, sowie auch die Musen, gehören thracischen
Stämmen au (Princip der Erdfruchtbarkeit und der Kunstbegeiste-
rung); Apollo und Artemis (Lebensprigcipe) der lycischen Völker-
schaft, wo Licht und ‚Lebenskraft als Eins erschien; Here (Princip
der. sittlichen Familie) ist allgemeiner, die Herrin, zunächst und
besonders vou den Samiern und Argivern gebildet. Ihre Kinder
haben enge Beziehung anf dus Gedeihen blübender Jugendkraft. Zu
Heres Sohne, dem ohne Liebe erzeugten Hephaestos, verhält sich
Athene wie Geist zur Materie. Er ist unfrei, beschränkt. Sie ist
die freie geistige. Erregtheit, also auch kampfliebend. Sie ging
‚zunächst aus rhodischen, er aus lemnischen Entwicklungsverhält-
nissen hervor. Triton, den Amphitrite dem Poseidon gebar, ver-
dankt wol dem libyschen See gleiches Namens den Ursprung. Pho-
bos und Deimos, dem Mars von der Kypris: geboren, sind seine
- eigene Bestimmtheit. Die Tochter Harmonie, die- Kadmos .heim-
führte, ‘gehört in den mystischen, samothracisch-thebanischen Kreis.
Untergeordnete Auffassungen des Göttlichen, als des Vermittlers, der
Naturbegeisterung, der Thatkraft sind die unehelich gebornen Kinder
des Zeus, Hermes von der Maia, Dionysos von der Semele und
Herakles von der Alkmene. Man könnte sie unhellenisch und mystisch
nennen. Ueber Herakles sprechen wir unten,
‚ , Hephaistos heirathet die jüngste Charis, Aglaia, — symbo-
lische Sage, abweichend von Homer, wie das was folgt von der unal-
ternden unsterblichen Ariadne als Gattin des Dionysos. Beides aus
neuen Cultusverhältnissen durch Völkerverkehr, Herakles mit ebe,
mit der er ebenfalls unalterlich im Olymp wohnt (Vgl. Homer Od, XI,
600), ist der Griechen eigene frühste Thatkraft, mit ewiger Jugend
gepaart, _
=
Von Professer Dr. Haupt zu Königsberg. 497
Dem Helios gebar die Okeanine Perseis die Kirke und den
Aetes, der des Okeanos Tochter Idria heirathete, die die Medea
gebar. Asiatische Begriffe, anf Sonnencult und Zauberei, nament-
lich am schwarzen 'Meere, bezüglich.
Demeter gebar den Plutus aus lasions Umarmung auf Kretas
Brachfeld: mystischer Mythus nach äusserlicher , kretischer Ge-
staltung. Ebenso altmystisch, und nach thebanischer Gestaltung, sind
des Kadmus tınd der Harmonia Kinder, Ino, Semele, Agaue und
Autonde, mit ’der'Aristaens den Pol dor’in Theben gebar. ' Heilige
Sühnungen, orgiastischer Cult und Segnungen davon — gestalteten
diese Wesen. — Kyprische Vorstelluigen über das Morgenland Hie-
gen den Geschlechtssagen von Merinon nnd Phaethon zu Grunde. —
Medeä, von Jason nach Iolkos mitgebracht, gebar ihm den Medeios,
den Chiron aufzog; eine aus dem: Verkehr der ältesten Griechen
mit den Pontusumwohnern entstaridene Sage. Dem Haibdunkel der
Geschichte Griechenlands gehört Phokus, des Aeakus und der Psa-
mathe Sohn, und Achilles des Peleus und der ‘Thetis Sohn. Eben
dahin gehören Aeheas von der Kypris und Anchises erzengt, Agrios
und Latinos, der Kirke und des Odyssens Sohn, auch Nausithoos und |
Nausinoos, dem Odysseus von der Kalypso geboren. Wie sich hierin
Götfinnen mit ‚Menschen vermischen, so die mythische Idealität mit
der geschichtlichen Wirklichkeit. Hierin endet dies grosse Cultus-
gebäude, das’ von unbestimmten allgemeinen Vorstellungen ausgehend
und die Gemüthsahnungen an die Naturerscheinungen anschliessend
zum phantastischen Concreten übergeht, dessen vereinzelte Gebilde
gliedert und zum erschöpfenden angemessenen Ansdruck des ganzen
religiösen Gemüthsinhalts erhebt, bis dass es eben diese nun ge-
schehnne Entwicklung 'der Religion, den wahrhaften Kern aller Ge-
schichte, als die alles bewegenden und durchdringenden göttlichen
Ideen, in Göttergestalten verwandelt, in sich niederlegt, so dass 68
selbst zu einer Natur wird, zur belebenden und beseligenden Natur
des Volksgeistes , welches der rubige Grund und Boden aller wei-
teren Erscheinungen und Entwicklungen des Volkes ist.
Das zweite Werk des Hesiodus, die Tage und Werke, haben
auch die Tendenz, das was ist und wie es ist, ans der Geschichte
der geistigen Entwicklung abzuleiten. Es sind hier die verschie-
denen Menschenalter diese Entwicklungsperioden. Dies war ein
Hanptdogma der in Boeotiens 'Thälerri durch die pierischen Priester-
sänger gegründeten ‘Weltanschauung, das sich an die orientalischen
Paradiesmythen als Erweiterung und Fortsetzung anschloss. Diese
finstere‘ trübe ‘Weltanschauung hatten die Zerworfenheiten, welche
der Abfall vom Heroenthum mit sich führte, und die wachsenden;
mit dem sich’ erweiterüden Handel und Verkehr sich ausdehnenden
Bedürfnisse ‘und ‘neuen Befriedigungsmittel und die mit der freien
Subjectivität zunehmende Macht des gesonderten Willens nnd Privat-
interesses herbeigeführt. Von der Prometheussage und ihrem Ver-
hältniss zur 'biblischen Paradiessage haben wir schon gesprochen und
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. Hfl. 4. 32
498 | . Hesiodus,
besonders. anf Welcker verwjesen.. Die andere Erzählung v. 108 sqq.
hat dieselbe. Tendenz, den. Ursprung des Uebels zu erklären. Sie
hat an der Spitze den inhaltschweren Gedanken gleichsam. als Re-
sultat der Entwicklung alles religiösen, Bewusstseins: eins ist das
Geschlecht der-@ötter und Menschen in seinem Ursprunge und Grunde,
Dann folgen die verschiedenen Perioden dieger Gotteinheit.. Die erste
war die ganz unterschiedlose, unmittelbare, ‚Diese Menschen wur-
den nach dem Tode fromme Daemonen der obern Erde, Horte des
Guten und der -Vergeltang, unsichtbar: überall umherschwebend, den
Menschen zum Schutz und Heil. Zu vergleichen ist, v. 252 sq. wo
der Verfasser - die nngerechten Könige warnt, an jene Hüter- des
Rechts sie. erinnarnd. Diese individualisirten daemonischen Wesen
sind die sittliche Substanz, Es ist.dies eine Verklärung orientalischer
Glaubensichren. : Als Substanz, cbaotisch, ungegliedert stoffartig
ist der δαίμων. (οἵξ ϑεὸς genannt) bei Homer, das unerkannte, un-
bestimmte, dunkle Geschick, Erdmacht im Menschen immanent,
Das zweite, silberne. Geschlecht, von den Götterg geschaffen, fing
zuletzt an, sich von ihnen zu trennen und wird von Zeus.unter die
. Erde verborgen. - Sie wurden sterbliche Daemonen, die zweiten. Das
dritte Geschlecht war das eherne, das hart und übermüthig, von
Zeus ganz vertilgt ward. Hierauf folgten als viertes Geschlecht die
Halbgötter (zu vgl. Hom. XII, 28.) oder Heroen,. welche nach ihrem
Tode auf die seligen Inseln gesetzt wurden. Sie führten den the-
banischen und troischen Krieg. Der Glaube.an das Daemonische
ihrer Seelen. gründete den Cultus derselben, der zunächst Todten-
cult war. Die in die Substanz zurückgefallenen Geschlechter daemo-
nischer Natur, liegen, über die Welt des individuellen Bewusstseins
hioaus, ‘sind titanisch, Das an die Gölterwelt gebundene Bewusst-
sein der Heroen ist eben dadurch so hehr und mächtig; von dieser
seiner Wurzel 'abgelöst. ist es dem Elend und Verderben preis- ὁ
‚ gegeben, was das fünfte Geschlecht ist, das eherne, das gottver-
lassene, gultvergessene, wo weder unter Gastfreunden und Freun-
den, noch zwischen Eltern und Kindern Liebe mehr herrschen wird,
sondern Frevel und Gewalt. Die Fabel vom Habicht und der Nach-
tigall, der älteste Ainas, soll dieses Unheil veranschaulichen, Dann
folgen allgemeine Klugheitsregeln, natürlich sittliche Gesetze, Er-
mahnungen, besonders in Sprüchwortsform, als Gnomen, endlich
Vorschriften, die sich auf Haushalt, Schifffahrt und Landbau beziehen,
und den Bruder Perses, dem das Ganze gewidmet ist, besonders
angingen. Das Grosse daran ist eben die Auffassung des Ethischen,
getrennt vom ‚Allgemeinen und gewissermaassen dem in der Tbeo-
gonie gegebenen religiös- geschichtlichen Cultusmoment entgegen-
gesetzt. Dadurch geht das Sittliche über seine Natürlichkeit hinaus,
wird ein Gesetztes, reflectirt (δίκη dem Homer nach die unreflectirte
Sitte, das berkömmjich Schickliche). Die Klagen über die Unge-
rechtigkeit der Könige und ihren Abfall von der substantiellen Sitt-
lichkeit bereiteten gewissermaassen ihren Sturz vor. Aehnlich ver-
Von Professor Dr. Haapt au Königsberg. Ps
halten sich die Kingen über das Weibergeschlecht zum nachherigen
Verhältnisse derselben. Jenes war für den Staat, dies für die Fa-
milie einflugsreich, Alles dies im Geiste der sich entwickelnden Ρο-
litschen Klegie. . Kremd dem .alten Glauben sind auch die dies
fousti und Anfausti, . : " . ες
Der Schild ‚des,-Hercules ist eis Bruchstick eines grösseren ἰὼ
Weise .der cyclischen verfassten Gedichtes. Dies grössere Gedicht
enthielt verschiedemartige Localsagen, die oft mit dem allgemeinen
Mythus ig Biszelnen wenig übereinstuamten. So ist denn auch Εἴη.
zeines in diesem Kragment nicht ganz wit der sonstigen mythischen
Welt übereinstimmend, z..B. was.ein alter Kritiker tadelt, dass
darisı Hepbaestos. den Feinden seiner Mutter Waffen schenke. Cycnus,
des. Ares Sehn, plündert die nach Delphi Weihgeschenke Bringen-
den und wird vom Herakles erlegt (obwol.ihre Mars selbst half),
dem Hepbaestos ‘den weitläufg beschriebenen Schild geschenkt
hatte. Eine mehr geschichtliche Sage ohne immanente Idealität. In
der ‚Beschreibung des Schildes scheint Einiges nach Homers Vor-
geng gerlichtet,. Andres schwer mit dem Ganzen vereinbar, Vieles
mehr phantastisch als. im. religiösen Glauben begründet zu sein. Eine
treffliche Erklärung der künstlerischen ‚Anlage des Schildes verdan-
ken wir K. O. Müller. Fragen wir aber, was diesem Fragmente
die Ussterblichkeit verschafft hat, ao glauben wir den Grund in der
religiösen Zutwieklung des prophetischen Boeotiens, der ja über-
hanpt' ‚die hesiodische Poäsie. ihren. Ursprung verdankt, suchen. zu
müssen nnd zwar. in: dem auch in der Theögonie ausgesprachenen
mystischen Glawubensdogma,: dass, wie die Menschen von ihrem
Gettseja herabgesunken, so einst ala Menschen zur Götterwürde
und: Götterseligkeit sich heraufarbeiten würden, wozu die Gewiss-
heit in. Herakles Vorbild ihnen gegeben sei, der Mensch war und
durch seine fromme. Thatkraft Gott ward. Dass die Menschen ur-
sprünglich mit den ‚Göttern eines Geschlechts sind, war der Haupt-
gedanke- jener beiden. Werke. Und hiermit ‚haben wir den Grund
und das Wesen der ganzen hesiodischen Peesie ausgesprochen, und
werden: in den folgenden Entwicklungen nachweisen, wie dieser Ge-
danke. -zur Reife: kommt. bis er Früchte trägt und im Christen-
thum in Erfüllang geht. . = τος
| ΝΕ Haupt.
Die COycliker aus ‚dem Gesichtspunkt der Entwicklung der
religiösen Idee betrachtet. Ä
Die cyclischen Dichter aus dem Gesichtspunkte der sich ent-
wickelnden ‚Idee zu hetrachten, ist. bei dem wenigen Fragmenten
derselben and beiıden. schwankenden Nachrichten der Alten schwierig,
| | 32
500 - Die Cycliker,
Was wir von ihnen historisch wissen, ist, dass im Geiste der flins
und Odyssee sie sich ergänzend und weiter ausführend an den ho-
merischen Stoff eng anschlossen. Warum das homerische Epos nur
ein grosses Fragment jener Mythenwelt sein musste, haben wir
in früheren Abhandlungen dargethan ; und namentlich waren es
die mystischen Beziehungen, in der allgemeinsten "Bedeutung des
Worts, die in der durchweg äusserlichen epischen Behandlung ganz
in den Hintergrund getreten sind. Ausserdem konnten auch von dem-
jenigen, was der Hias und Odyssee voranlag oder nachfolgte, nur
dasjenige darin Aufnahme finden, was die Einheit des Bildes nicht
störte, und auch dies nur als Hindeutungen: so dass diese Gedichte
in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft prophetisch sind. — Diese
Beziehungen haben wir meistentheils angegeben. Zwischen dem
Homer und manchen cyclischen Dichtern liegt aber anch eine ereig-
nissvolle Zeit in der Mitte; und das auf die Zukunft gehende Pro-
phetische war theilweise schon in Erfüllung gegangen. Es war dies
der successive Abfall von dem hersischen Ingoltsein, die Anord-
nung eines besondern Cultusgebäudes in’Griechenland (die Begeben-
heit in Troia nach Il. Vi, 286 sq. gehört zur orientalischen Sphäre),
die‘ Trennung des Einheitsverhältnisses zwischen Volk and König,
die Entstehung der πόλις») die Stiftung der Colonien, das Hervor-
treten des Begriffs dixn, σοφία, und der Subjectivität in Bezug auf
die Götter, die sich der Erde entfremden und durch intensive Opfer,
Reinigungen u. dgl. versöhat werden müssen, wodurch das Priester-
thoım einen anderen Charakter annimmt, das Loos der Menschen
unglücklicher erscheint, Orakel alle Bestimmungen geben u, 8. f.;
die fernen, Zurückgezogenen Stämme waren thatkräftig hervorge-
treten, um die- neue Zeit herbeizuführen; ihre Stammsagen und in-
dividuellen Anschauungen hatten sie geltend gemacht; und diese, ins
Vulksbewusstsein getreten, reizten zur Darstellung in homerischer
Weise. Im rein homerisch-heroischen Geiste konnten sie nicht mehr
dargestellt werden, weil dieser nicht mehr vorhanden war. Denn
‘schon im humerischen ‚Zeitalter war nicht mehr jenes nnbefangene
Leben in den Göttern; nicht mehr der substantielle Glaube, die
substantielle Sittlichkeit, die diese Einheit der Menschen mit den
"Göttern gewährten, auch noch als die wirkliche Heroenwelt schon
dahin schwand. Als Charakter der Heroenwelt ist dies. Wurzeln
der Willens- und Thatkraft der Heroen in den Göttern anzusehen,
ihr unmmittelbares Bestimmtsein durch die Mächte an die sie glauben.
In diesem unmittelbaren , unbefangenen Verhältnisse hatten die Heroen
ihre Bedeutung, Wahrheit, Freiheit. Sie glaubten an die über ihnen
und unter ihnen sich unter einander befehdenden, vom Zeus aber
an das Allgemeine gehaltenen Götter; und die Götter erschienen
unter ihnen und in ihnen, gleichsam ihrer bedürftig. Dies Verhält-
niss in seiner ganzen Objectivität ist das homerische Epos. Homer’s
Persönlichkeit war darin ganz aufgegangen. Aber schon in der
Odyssee glimmt der Funken der Subjectivität. Odysseus erscheint
Von Professor Dr. Haupt an Königsberg. 501
vom Allgemeinen losgerissen; seine Individualität wurzelt zwar in
der herrschenden Idee, ist aber als solche schon ein Herausgehen
aus dem Allgemeinen, ein Uebergang zum Subjectiven, obwol noch
erst ein traumartiger, mährchenbafter. Wie sich einzelne Staaten
selbstständig gründeten „ so treten einzelne Persönlichkeiten, vom
Ganzen abgelöst, hervor und zwar wie im Gebiete äusserlicher That-
kraft, in Gründungen ‚und Stiftungen maacherlei ‘Art, so im Gebiete
geistiger Thätigkeit, als Priester, Sänger’ n..s. f., frei von der frü-
heren Allgemeinheit und der substantiellen Einheit. Diese Subjec-
tivität tritt auch in. den cyclischen Dichtern hervor, von denen manche
sich mehr dem Gefühl der Trauer um die vergangene Zeitperiode,
andere mehr dem Genusse der Güter der Gegenwart hingeben, theils
mehr elegisch,, theils mehr in naivem Humor die Mythen behandeln,
dieser mehr ethisch oder tbeologisch oder speculativ, jener mehr
dramatisch oder Iyrisch., So konnte sich aus ihnen entwickeln oder
an sie anschliessen die hesiodische (politisch-elegische) Poesie, die
doppelte Hymnenpoösie und die Dramatik, 0
Als Vorläufer der hesiodischen Theogonie und der Eöen kön-
nen die cyclische Theogonie und Heroogenie betrachtet werden,
welche sich aber durch ihren äusserlichen, homerisch-epischen Cha-
rakter von den hesiodischen Gedichten deutlich unterschieden. Sie
hatten noch meist die homerische Grundanschauung der Götter-
- und Heroenwelt, und führten nur das im Homer Angedeutete weiter
aus. Auf das Menschliche mehr gerichtet waren die mit gleicher
Grundanschauung gedichteten Epopeen, die sich auf einzelne grie-
chische Stämme und Staaten bezogen, auf die Dorier, anf Boeotien,
namentlich auf Theben, auf Korinth, Attika n.s. w., wohin gehörca
die Danais, des Eumelus Korinthiaka, die Alkmaeonis, die Minyas,
Europia, Thebais; Theseis, Argonautika, die auf Herakles sich be-
ziehenden Gedichte, die Atthis und andere Gedichte, welche das
damals erwachende Selbstgefühl der einzelnen Stämme und Staaten
hervorrief: denn sie alle hatten gleich den van Homer gefeierten
in der Heroenzeit ihre. von den gegenwärtigen Göttern geschützte
und gepäegte Kindheit, ihr goldenes Zeitalter, gehabt. Was den
Einen der troianische Krieg, das war den Andern die. Argonauten-
fahrt, oder die kalydonischen Ereignisse, die Amazonenkämpfe, die
thebanischen Kriege u. 8. f. Einige setzten. den Iason, Herakles,
Thesens —, andere die Europa, lo, Medea — an die Spitze ihrer
Stammsagen. Diese einzelnen Stämme und ihre Sagen machten οἷ
in sich zusammengehendes Ganze, einen Kreis aus, ganz Griechen-
land in seiner göttlichen Vergangenheit umfassend; und die Dichter,
die sich dem Geiste dieser Vergangenheit bei der Darstellung so
hingaben, dass ihre Subjectivität, wenn auch nicht ganz wie die des
Homer in seinen Gedichten, verschwand, und darin mehr oder wer
niger aufging, ernteten den Preis ihrer ‚Objectivität: ihre Gedichte
wurden dem allgemeinen Volksepos.an die Seite gesetzt, Ja sie wur-
den von Einigen. dem Homer selbst,. da sie demselben geistigen
02 Die -Cyeliker.
Focus entsprungen, zugeschrieben. Da die Subjectivität und Per-
sönlichkeit, wie die des Homer dariu mehr oder weıliger aufgehoben
war, so musste die Kunde ihres 'Urhebers etch in ein ähnliches
Dunkel versinken, und man kann (mit Müller u. A.) es allerdings
als Kriterfon der echten eyclischen Würde ansehen, wenn von den
Gedichten, die zum Cyclus gerechnet werden, der Verfasser un-
‚bekannt ist oder. Homer als Verfasser genannt wird; nur 'bei deu
Gedichten des troischen Kreises, wo es leichter war in den home-
rischen Ten’ einaustimmen, und wo die Dichter dem Homer be-
stiminter endgepengestellt werden, ‘dürfte eine Beschränkung ein-
treten müssen. Ob die Anlage und Oekonomie der’ Gedichte der
homerischen gleich kam, ist zu. bezweifeln, auch 'wenn Aristoteles
es nicht ausdrücklich verneihte, :'Die'' Interessen 'des Weltgeistes
waren überdem schon im ‘Homer offenbart, ‘und die Particularitäten
konnten eind ‚so grossärtige Auffassung nicht gestatten. “ Aber im
Einzelnen war der echte antike Geist herrschend und objtctiv er-
halten, wie uns z. B. die ‘Bruchstücke ats der Tihebais dartkun,
Die homerische Weise ‘scheint’ oft bis aufs Einzelnste von den Dich-
tern . des 'troischeri Sugenkreises ausgeprägt wörden zu sein: denn
da diese Weise sich ‘als Norm festgesetzt hatte, so musste sie be-
sonders bei Bearbeitung desselben Stoffes sich geltend machen. Da-
her der Tadel der Einförmigkeit und Nachäffung: Cällim. Epigr. 29,
Anthol. Gr. ΧΕ, 80. Und da viele’ dieser Dichter es besonders auf
Vollständigkeit ‘des Sagerlstoffs abgesehen hatten, so konnte’Schwer-
fälligkeit und Ueberfüllung nicht vermieden werden, wodurch die
lichtrolle Einheit verloren ging. Bekannt ist, was in dieser Hin-
sicht Aristoteles von: den Kyprien und: der kleinen Ilias sagt in
Vergleich zur Ilias und Odyssee (Arist. poet. 23). Bei dieser Ueber-
ladenheit' mag indessen zu bemerken sein, dass dadurch manche
alte vorhoinerische Lieder, wie wir dergleichen asch im Homer et-
wähnt und benutzt finden ,„ dem’ wesentlichen Inhalte nach lange er-
halten worden sind, wovon sich die Spüren noch bei den Tragikern
finden, die aus ihnen ihre Stoffe nahmen und schori ziemlich jedes
einzelne Sujet datin "abgeschlossen und gesondert behandelt vorfan-
den, wie sie ans:der Kleiiten Ilias Aristoteles an jener Stelle nam-
haft macht, ' Ze Bu
Die Gedichte ans dem troischen Kreise, die sich an Homer
anschlossen ohne ihre Selbstständigkeit- ganz aufzugeben, warten die
Kyprien, die Aethiopis ües Arktinos, die kleine Ifias des Lesches,
und die mehr .ia den Kreis der Odyssee'gehörenden Gesänge, näm-
lich ‘des Arktinos Ἰλίου πέῤσις») des Augias oder Agias Nöcro:, des
Eugammon Telegonie. Diese zusammen bilden: ein grosses Ganze,
das man ein fünfactiges Trauerspiel nennen dürfte. Den tragischen
oder elegischen Ton schlugen die Kyprien sogleich an, indem sie
die mit allen Reizen ansgestattete Helene 'Fochter des Zeus und
der Nemesis nannten and die Scheu und ‚Flucht der Nemesis vor
der Umarmuug des Zeus schilderten. Die Versöhnung scheinen sie
Sn
Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. | 503
in naiver, -humoristischer Weise erzielt zu haben, da nach ihnen
Zeus durch den Krieg die Erde von der Ueberfüllung von Men-
schen befreien wollte (ähnlich fasst dies Welcker auf). Die Sub-
‘ jeetivität. scheint also den objectiven Mythus in diesem Ausgangs-
punkte- fast zu beherrschen: Εἶπα Immoristisch versöhnende Ten-
denz mögen auch die Verse bei Athen.II, 1. p. 36 und Suid. 5. v.
οἶνος haben; ja wir erkennen sie auch in den herrlichen Fragmen-
ten bei Athen. XV, 8. p. 682; sowie auch in den Versen in Pla-
tons Emthyphron ein solcher Ton erkennbar ist. Dessen, was im
Homer nicht ausdrücklich erwähnt ist, haben dje Kyprien sehr viel,
z. B. die Hochzeit der T’hetis; aber ‘deni 'Homer ganz unbekannt
ünd fremdartig ist Palamedes '(enboeische Stammsage), Kassäindras
Pröphetentham, die Opferung 'Iphigenias, sowie Einiges über Memnon,
Philoktet ‘und selbst über Achill,; desgleichen von Kastor und Polluz,
die wol nicht in der symbolischen Bedeutsamkeit, in welcher sie
nach inystischer Anschauungsweise zur Helena gehören, dargestellt
water; von Kyknos, Troilöos, Lykaou -—— lässt es sich weniger nach-
weisen. Beachtungswerth ist hierbei das durch Aphrodite und Thetis
eingeleitete Zusammentreffen der Helena mit Achilles und das dadurch
motivirte Verfähren des Achilles, seine Eroberungen and Zerstörun-
gen in Vorderasien. Diese und manche andere Begebenheit lassen
sich als Vorspiele zu den grösseren in der Ilias betrachten, haben
aber auch als solche einen nicht sowol streng ethischen, als viel-
mehr gemüthlichen Charakter. Dem kalten, finstern Vernichtungs-
"beschlass des Zeus durch die Nemesis ist Aphradite mit der Fülle
ihres sinnlichen Zaubers und süsser Allmacht gegenübergestellt, und
als beider Werkzeug Paris und Helena, welche das Verderben in
Troia einführen. Die Freiheit von den religiösen Banden des Mythus,
die sich hierin zeigt, die subjective Auffassung und ‚Gestaltung oder
Umgestaltung beurkundet den Beginn einer neuen, von der home-
rischen. verschiedenen, Zeit, wo auf der einen Seite, in Bezug auf
die epische oder künstlerische Götterwelt, die fromme Scheu schwand,
auf der andern Seite, in Bezug auf die priesterliche Disciplin (Sühn-
opfer der Iphigenie, die prophetische' Kassandra, die Dioskuren,
die Nemesis), der Glaube zunahm. Die heraclidischen Ereignisse,
die Colonisirungen, Staatengründungen — entsprechen auf der an-
dern ‚Seite diesem Abfall vorm Substantiellen, wie es in der ‚home-
rischen Po&sie objectivirt und der allgemeinen Erkenntniss oflen-.
bart war). ὁ
Diesen Umschwung finden wir auch in der Aethiopis des Ar-
ktinos: denn wegen des Mordes des Thersites schifft Achilles nach
Lesbos, epfert dem Apolion, der Artemis und Latona und wird
*) Die Kypria wurden in Salamis an den Aphrodisien vorgetragen,
worauf zwei der erhaltenen Rhapsedenprooemien sich beziehn. Wegen
dieses Gedichts, welches nach der Sage, die bei Pindar vorkam, Homer
einem Kyprier schenkte, gaben die Kyprier Homer für einen Sohn ihres
Landes aus. Welcker. |
504 ον τ τ τ Die Gyeliker. 02.
vom Oılysseus entführt: Eine solche Eutführung ist dem. homerischen
Geiste fremd. Das Opfer und die Entrückung der Iphigenia in (den
Kyprien- ist. damit verwandt.» Auch im Schlusse und in der Ver-
söhnung, ist ‘ein fremdartiges ‚Moment enthalten: denn Thetis ent-
führt‘ den. Achilles vom Scheiterhaufen nach der Insel Leuke,. wo er
als Heros verehrt ward. Ob ein solcher Heroencult auch in Bezug
auf Memnon aus den Worten des Proklus (τούτῳ μὲν ας παρὰ
Διὸς αἰτησαμένη ἀϑαγασίαν δίδωσι) zu folgern sei, ἰδὲ schwer zu
behaupten , obwol Arktinos geflissentlich das Loos des Memnon als
dem’des. Achilles gleich dargestellt zu.haben scheint. Dass Thetis
dem. Achilles die Begebenheiten „mit dem Memnon prophezeit, darin
liegt wenigstens. eine Weiterführung homerischer Gedanken, ‚welche
wir auch darin erkennen, Jass Thetis mit ihren Schwestern und den
Musen' herzukemmen , den: van Paris und Apollon, getödteten. Achilles
zu. beweinen, womit die Todtenklagen um Hektar am Ende der.
Hias zusammenzustellen sind. Das gilt auch. überhaupt: von der
Bedeutsamkeit des Memnon, sowie der Amazone Pentbesilea ia die-
sem Gedichte, Der ferne Norden: und der fergste Osten treten mit
den Griechen in den ‚Kampf, wo das Geschick der ‚Westwelt und
der Ostwelt auf der "Wage lag; Jie Principien in ihrer endlichen Er-
scheinung heben sich einander auf, erlaugen .aber dadurch ein ver-
klärtes unendliches Fortbestehen, Hierin hat die herrliche Aethio-
pis ihre Bedeatsamkeit, ; Be
| Die ‚kleine Ilias ist insofern ein Gegenstück der Ilias, als hierin
der listenreiche Odysseus das war, was-in Homers Ilias Achilles... Die
Sagen, die. sie_ enthielt, werden zum Theil schon :im Homer er-
wähnt, als von Sängern -besungen und.im Munde des Volks lebend:
Pd. 1V, 176 sq. 276 sq- VIII, 492 sqg. Indem sie die 'Thaten des
Odysseus, die er mit Hülfe der listenreichen Athene vellbringt, dar-
stellte, -machte sie zugleich. ein Vorspiel aus zu der Odyssee, be-
sonders in der Il&gaıg, der wahrscheinlichen zweiten Hälfte, - Sie
fing Ja an, wo die Aethiopis geendigt, mit dem. Streite.um Achilles
Waffen, endigte ‚nach Proklus aber mit der Aufnahme des hölzernen
Pferdes in Troia.. Nach Achilles Tode begann ein ‘'n’euer Krieg
(der.. der List), worin Neoptolemos, des ‚Achilles Sohn, eine
Rolle spielte, von Odysseus dazu herbeigeholt; .Auch.Philoktet war
von. Lemmog: herheigeholt worden. Erst mit: dem. Raube des Palla-
diums wurden. die Griechen — und dies ist die Idee der kleinen
Ilias — ihres siegenden Princips sicher. Aber diese Bedeutsamkeit
des Palladiums ‚scheint urgprünglich.. mystisch zu sein und gehört
einer „Zeit an, wo die .Gegenwart der helfenden Götter oder der
unhefangene Glaube daran vorüber.war,. Die Binde der reinen Süh-
nerin, der Ino Leukothea in der Odyssee, ist ein leiser erster An-
klang. . Dieser neuen religiösen Ansehauung gehörte in der kleinen
Ilias auch das an, was Proklus in den’Worten undeptet: καὶ Ayık-
λεὺς avıp φαντάξεται. Mit der Entfremdung des Göttlichen waren
die politischen Zerwürfnisse in Wechselwirkung, und die damit ver-
Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg, 505
bundenen Abstumpfungen edler, zarter Gefühle könnte man in Bezug
auf Behandlung der Gefangenen in dem Fragment bei Tzetzes ad Ly-
cophr. 1263, wenn anders dies wirklich zur kleinen Ilias gehörte,
und in Bezug auf das Laos des weiblichen Geschlechts im Schol. 2,.
Aristoph.-Ritt. 1055. erkennen.
Die eigentliche Zerstörung Troias hatte.zu seinem Hanptzweck:
das Gedicht des Arktinos Ἰλίου πέρσις. Obgleich von der noch
lebeni:ligen ‚Sage ‚beherrscht ‚und: an. der Idealität derselben fest hal-
tend, konnte der Dichter bei einem solchen Stoffe dennach nicht,
ganz von dem Einflusse der veränderten Zeitumstände. auf. seine
Individualität frei bleiben:: Es scheint eine Art van Ironie über.das
Ganze ausgegossen zu sein. Atbenes Palladium hatte Troia durch
Dardanos vom Zeus empfangen. Athene bewirkt den Raub des
Palladieums, und. ein Trugpalladium, mit Troias Verderben geschwän-
gert, ziehen die Troianer in die ‚Stadt, nnd üherlassen sich nun,
sicher. im Vertrauen auf. diesen Hort der Göttin, der ausgelassenen
Freude über ihre endliche Befreiung und Erlösung yon.den Kriegs-
leiden .und' Gefahren. Da bricht in der Nacht das lauernde Ver-
derben hervor, Die grössten Grausamkeiten werden in wilder Wuth
vollbracht, ja auch furchtbare Frevel, z. B. von Aiax Oileus, der
die prophetische, gottgeweihte Kassandra, die sich in den Tempel
der Athene flüchtete und die Statue der Göttin fest umschlungen
hielt, bei den Haaren hinwegreissend, die Bildsäule selbst von ihrer
heiligen Stelle riss, und dann sich der Steinigung eatzog durch’ die
Flucht zum Altar der Göttin. Eben diese Göttin ersinnt dann das
Verderben der zurückkehrenden Griechen! Bine solche Ironie über
die Mythenwelt konnte nur durch die unheilvollen Kämpfe des sich
gestaltenden neuen Princips erzeugt 'werden. 2 ἮΝ
Die ἽΝοϑίδεη des Augias von Troezene Βοῦθη vom Streit des
Agamemnon und Menelaus über die’ Rückkehr an, welchen. Streit
Athene bewirkt, ‘und endigten:mit des Orestes Rache an der Kly-
taemnestra und mit Menelaus Heimkehr. Dass auch in diesem Ge-
dicht die Athene und’ ihr Zorn der Mittelpunkt von allen Ereignissen
gewesen, lässt sich auch aus der Angabe des Proklas gleich im
Anfange, und dann auch daraus abnehmen, dass Diomedes das Pal-
ladium abführte, und gerettet nach Hause kam, und dass Nestor
in der Odyssee nach seiner Heimkehr dem Dienst dieser Göttin be-
sonders oblag, sowie auch aus Agamemüons und Orestes Geschick.
Das. Meiste findet sich in der Odyssee kurz erzählt; aber neu und
dem: Homer fremd ist das was Proklus mit den Worten anfihrt:
τῶν δὲ πεῤὶ τὸν ᾿ἀγαμέμνονα ἀποπλεόντων ᾿Αχιλλέως εἴδωλον ἐπι»
φανὲν πειρᾶται διακωλύειν προλέγον τὰ. συμβησόμενα. u
‘ Die Odyssee hat die Nostensagen zer Voraussetzung. Auf sie
folgte die Telegonie des Eugammon von Kyrene, des Odysseus und
seiner Frau, des Telemachus und des von der Circe erzeugten
Telegonus letzten Schicksale: enthaltend. Es sind dies die späte-
sten Sagen vom spätesten cyclischen Dichter (O1. CHI.) erzählt. Von
x
δ De medii generis futaris passive usurpatk.
der homerischen Idealitit ganz abstehend, wur z.B. die eingewebte
Geschichte von 'Trophonias und Agamedes, wenn sie nicht in eigen-
thämlicher Bezielung auf Apolloealt stand, der ja die. Richtusgen
der neuen Lebensperiode leitete und die Gegensätze aussülinte, wie
auch der Mythus von Orestes dartbat. Hiervon finden 'sich näm-
lich in dem Auszuge: des Proktus! Andeutungen, dewen verttanend
man glanben ‚kann, dass Eugemmon in Bezug auf.den Kern des
ganzen Nationalepos, Homers und der Cycliker, den ideellen Faden
‚aus der Odyssee aufnahm und .den. Apullon: mit der Athene versöhnt
als Princip des echten Hellenenthums erblicken ‚liess. Denn auf
dieser‘ treuen ‘Aufnalime und.-treuen -Fortsetaung dieses: epischen.
Falens 'beruhte: die. Wärdigkeit eibts Gedichte in den Grelus δι.
getiomtnen Zu τόρ θη. Ὁ. ὁ
Was- sich aus der wo sehr: veränderten Beligionsansicht i in Bezug
auf die Beuntwortung der Frage über die schriftliche Abfassung
der homerischen Gedichte ergibt, ist schon von Nitzsch hervör-
gehoben worden «. Od. II. XXU. ᾿
BZ Zu Haupt.
+
.o>
De. medil generis futuris passive usarpatis.
Scripsit et emendatias nunc edidit Prof, Dr. Georgius Ludovicus Janson.
- Utrum ia futurorum ‚ustı, Graeci ex linguae ‚suae natura verbi
quod dieitur .genus minus accurate distinxerint, an veterum hbrario-
rum aut recentiorum culpa acgiderit editarum, ut quae propter suam
formam discernenda erant, nofj discernerentur, eo dignior in quam
diligentius inquiratur, videtur esse res, quo politior: scriptorum. 2 πὶ
id vitii'admisisse putantur, oratio, existimatur, Vix, enim profecto
ezputari potest,. quum tanta Graecus sermo abundaret formarum
copia, adeo inter 8688 confusas fuisse singulig verborum temporibus
impressas nöfiones atque intelligentias, nt pro scriptoris alicuius
libidine atque arbitrio eidem formae modo. activa modo passiva
assignaretut #ignificatio. Ko’ magis mirari licet, quod, Poppo, vir
Graece doctissimus , 'quamfis -optimos codices tuitus, scribi äus-
sit*) apud Kenophäntem Anabas, VII, 2, 14 ἤδη δὲ ὄντων πρὸς
τῷ τείχει» ἐξαγγέλλει τις τῷ Ξενοφῶντι , ὅτι, εἰ εἴσεισι, συλλήψε-
τῶι καὶ ἢ αὐτοῦ -τι πείσεται» ἢ “nl Φαρναβαΐῳ παραδοϑήσεται,
pro. συλληφϑήσεέται. " Neque enim quum idem scriptor deponens ac
passivum huius verbi genus alibi sexcenties .discriminaverit, hanc
differentiam cur uno loca migraverit, potest inteligl In altero
*) In programmate Francofarti ad Moenum a. 1827 edito: de Grae-
corum verbis mediis, passivis, ‚deponentibus reute discernendis et de de-
ponentium usu. p.5 not,
Scripsit G. Lud. Janson. \ 507
. N
airtem ἰοζό qtem idem vir, ut passivam huius faturi vim ac pote-
statem probaret, in’ medium protulit, mitum quantum a vero ab-
erravit: Herod. VIII, 74 of μὲν --- τοιούτῳ πόνῳ συνέστασαν — καὶ
τῇσι νηυσὶ οὐκ ἐληκίξοντες ἐλλάμψεσθαι, “nec navibus i. 6. proelio
navali sperantes se gloriam esse relaturos.” υδὶ ἐλλάμψεσϑαι non
est Tonice dittum pro ἐλλήψεσϑαι sed ab ξλλάμπεσθϑαι, cf. id. 1, 80.
Futura enim deponentia quoram praesentia aclivae forınae sunt, pas-
siva urmiquam vi ihstructa fuisse, contra omnem ptignat grammaficae
rationem et si qua inveniuntur quae pässiva significatione esse vi-
deantur, aut sunt corrupta Aut aliter explicanda. . Ergo recte &cri-
psit lacobitzius ἀρπὰ Lucianum ἴον. trag. c. 5. ἀλλ᾽ οὔτε ἀγνοηθή-
σέτὰι ταῦτά pro &yvonoera: coftra Bekkerum, ''gui apud Demosthe-
nem de cor. 249 reckpit: ολλὰὲ 64” ὧν μάλιστα ὑπελάμβανον
ἀγνοήσέσϑαι pro ἀγνοηϑήδεσθαι. 5" Ν Ν
| peciosus quidem est ‘locns Aeschyli Chaeph. 1, 902:
000" ϑήλεια γὰρ φρήν. εἶ δὲ un, τάχ᾽ εἴδεται... ἡ
abi Wellauerus cam Erfurdtio ad Soph. Oed. R. 1499 ad. min. εἴσεται
passive explicant. Ad quod in alio haius verbi tempore licebat, at
ἀπροσώπως" poneretur v.:c. perfectnm, veluti apud Platoneın de
rep. I, 29 a. τὸ γὸὺρ τὸν ϑάνατον δεδιέναι. ὦ ἄνδρες. οὐδὲν ἄλλο
ἐστὶν ἢ δοκεῖν σοψὸν εἶναι, μὴ ὄντα " δοκεῖν γὰρ εἰδέναι ἐστὶν ἃ
οὐκ οἶδεν. ἐς, Hemsterh. ad Luc. Nigr. T. I, p. 66. Markl. ad
Lys. p. 439.) id’cur in’fütaro denegatum fuerit, non video. Neque
ässentior A. Matthiae, qui Gr. δ. 495 εἴσεται bis passive δρᾷ Eu-
ripidem interpretatus est. Prius Phoen. 268. | .
dv (μάχην) Ἄρης τάχ᾽ εἴσεται ° ἊΝ
| “παισὶν Οἰδίπου φέρων
. πήμονὰν Ἐρινύων. . ὌΝ
δὶ Ald. et multi codd. ὀΐσεται habent. Alii cum Par. ‘A. Flor.:2.10.33. .
Vict. Taur. Hav: εἴσεται, memoratum etiam scholiastae, qui mogev-
ϑήσεται Ἢ) interpretatur. Simplicissimum est: quam pugnam Mars
cito experietur.‘ Tum Iph. A; 975. '
E τάχ᾽ εἴσεται σίδηρο. ᾿ u
cto cognoscet ferrum, ubi ex Jyricae dictionis ratione translata vi-
detur verbi vis, quae’pfoprie homini Conveniebät, ad. rem, veluti
spud Sophocl, Electr, v. 1239. 2
οὗ δέ more λησόμενον
ἁμέτερον |
οἷον ἔφυ κακόν. ᾿ | "Ν ΝΣ
ubi ληδόμενον pro ἐπιλησϑησύμενον passive dietum observat Tri-
ciinius. Nec tantum apud me valet Piersoni äuctoritas, nt illad
oratorum Atticorum tritissimum dvayvactras ad Moerin p. 334 de-
ponens pro passivo esse docenti concedam, Hoc enim ‚oratores si
significare ‚voluissent, usi essent passivo,. ut Lysias: ἀναγνωσϑη-
*) A. Matthiae Gr. s. v. εἰδέναι jüre negat εἴσεσθάι apud tragicos
nmquam fuisse futurum verbi' l#vas.
508. De medii generis futgris passive nsurpatis,
σονται δὲ ὑμῖν αὐταὶ al ,ἀπογραφαί. et Isaeus T. III, 69,.7, ὅ.
καὶ ὑμῶν ἥτε διαϑήκη αὕτη ἀναγνωσϑήσεται.
Huic communiter recepto usui duo obstant loci. Sophoc. Ai, i 153.
. εἰ γὰρ ποιήσεις, ἴσϑι πημανούμενος.
‘Malum tibi. scite .contractum iri.’ ὁ
ubi aliquid certe po£tae tragici licentiae condonandum videtur. Nam
πημανεῖται acliva significatione legitur Aristoph. Ach. 842. Tum
Tbhuc. VI, 69 extr. τὸ δὲ ὑπήκοον τῶν ξυμμάχων, μέγιστον μὲν
περὶ τῆς αὐτῆς σωτηρίας 9 ἦν μὲν͵ πκρατῶμεν 5. τὸ πρύϑυμον εἶχον.
ἔπειτα. δὲ ἐν παρέργῳ καὶ «εἴ τι ἄλλο ξυγκαζαστρεψομένοις ῥᾷον,
αὐτοῖς. ὑπακούσεται. .cuius loci extrema verba ubi esplicamus:
“num forte facilius a se (sc. sociis) obediatur, δὶ una cum iis (sc.
Atheniensibus) hostes in eorum ‚potestatem redegerint’,, vere est
passiva futuri deponentis, significatio.. At iam scholiographum illud
offendit legentem ὑπακού σονται; quod restituendum videtar, Etiam
minus huc pertinet ἀκού σεσϑα!ι» veluti ἀκούσομαι κακός apud
Sophoclem, quoniam et eius praesens eundem obtinet usum et
futurum passivum satis vulgatum est, ‚ut Plat. de rep«. P. 907 d.
ὃ ἐὰν. μὴ παραγένηται τρίτον, ἡ μὲν. οὐκ ἀκούσεται, ἡ δὲ οὐκ
: ἀκουσθήσεται.
- Quantum vero Graeci formae quae certo quodam usu esset de-
scripta, perspicuitati. tribuerint, colligi potest ex ἐπαινέσεσϑαι quod
non dicebatur nisi activa significatione, pro quo num umquam ἐπαι-
νεῖσϑαι dictum fuerit, valde dubito. Passivum enim est apud
Dinarch. contr. Philocl. T. III. d. 191, 22 (Bekk.) ἀκριβῶς γὰρ ἴστε,
ὦ Adnvaioı, ἀκριβῶς , στε ὑμεῖς μὲν «ταρὰ πᾶσιν ἀνϑρώποις
ἐπαινεῖσϑε ταῖς γεγενημέναις ζητήσεσιν ὑπὲρ τούτων τῶν χρη-
μάτων. quod tamen ambigi potest, num sit futurum, ut τελέ-
εσϑαι apud epicos: poetas et χαλεῖσϑαι apud Sophoclem, an
praesens. Neque minys.constat usus, quo deponentjum *) verborum
futura rarissime habeant passivam significationem. Huic autem ca-
noni unus adversatur locus Aristoph. Ran. 810. (797 Diad.)
καὶ γὰρ ταλάντῳ μουσικὴ σταϑμήσεται,
cnus activum σταϑμᾶν in "Etym. M. citatum apnd Athen. U, 18,
456. legitur, ‚Ceterum in Etym. M. 744, 20 ille versus sic pro-
fertur: ἀλλ᾽ ἢ ταλάντῳ μονσικὴ κριϑήσεται. quod videtur ex
interpretatione esse. σταϑμη ϑή σεται denique. citatur ex libris
Dobraei. De futuro λησόμενον iam supra disputatum est. Nec
vero recte vulgo passive accipiunt ὃ ιαχρήσεσϑαι apud Herodo-
tam I, 110: καὶ τάδε του ἐκέλευσε εἰπεῖν. ἣν μὴ ἀποκτείνῃς αὐτὸ
(παιδίονλ, ἀλλά τεῷ τρόπῳ περιποιήσῃ». ὀλέϑρῳ τῷ κακίστῳ σε
διαχρήσεσϑαι. ubi Gragcorum more subiectum (regem) ex praece-
*) Peıfecta deponentiam nonnumquam ‘inter activam et passivam
significationem fluctuari notum est, ut in εἰ ργάσϑαε, ἐσκέφϑαε, allisz
4546 tamen inconstantia non ad fatura, quae passiva significatione eius-
em generis forma insigniri potuerunt, transferri debet,
.-»᾿
D
Scripsit G. Lud. Janson. 509
dentibus ad infinitivum supplendum est. Aliter se habet res in ver-
bis et deponentibus et iisdem activis quorum futura 'pro contexta
orationis et activa et passiva interdum ponuntur significatione, cnius
rei exempla invenimus baec: ° ° |
ἀπαιρήσεσϑαι apud Herod. V,35. ἐδόκεξ τὲ τὴν βασιληΐην τῆς
MiAnrov ἀπαιρήσεσϑαι. pro quo in Mediceo, aliis libris est ἀπαι-
ρεϑήσεσϑαι. Illud confirmari potest Dionysii Halicarnassei au-
ctoritate de compos. 6. extr. qui ἀφαιρήσεσϑαι passiva signi-
ficatione praeditum ex oratore quodam Attico citavit. At deponens
est apud Demosth. de fals. Ig. p. 447 (Steph.) T. IV. p. 431, 11
Bekk.) ταῦτ᾽ ἀφαιρήσεταί τις ἡμῶν. Passive contra usurpatum
est διασιρήσεσϑαι Platoni Politic. 250, 20 (261.) καὶ πάντα
οὕτως ἤδη διαιρήσεται. quamquam et hoc deponentis tenet vim,
, πὲ Demosth. contr. Olympiod. p.1269 extr. καὶ ὄρκους ἰσχυροῦὲ
ὠμόσαμεν ἀλλήλοις, ἦ μὴν τὰ ὑπάρχοντα φανερὰ ὄντα καλῶς
καὶ δικαίως διαιρηήσεσϑαι. et universe διαιρεῖν et διαερεῖσϑαι
nullo‘ fere discrimine in Atticorum usu fuisse docet Poppo ad Xen.
Cyrop.5, 2, 6. Ergo Schweighaeuserum secutus passive explico
ϑύσεσϑαι apud Herod. VIl, 197. ἣν δὲ ἐσέλθῃ.» οὐκ ἔστι ὅπως
ἔξεισι πρὶν ἢ ϑύσεσϑαι μέλλῃ ᾿ ὥστε ἔτι πρὸς τούτοισι πολλοὶ
ἤδη τῶν μελλόντων τούτων ϑύσεσϑαι δείσαντες, οἴχοντο ἀποδράν-
τες ἐς ἄλλην χώραν. Athamantidarum enim genti quae ρίδουϊο quo-
dam obstricta esset, aditus ad curiam non erat apud Achaeos con-
cessus, nisi jis ne ad aram mactarentur meluendum esset. °
Vidimus ergo generi$s perspicnitatem mirifice -obscuratam fuisse,
si aliquod certa quadem affectione expressumi tempus nactum 'esset
significationem sibi plane contrariam.. Mediorum tamen verborum
futura non pauca, quorum vis ac potestas et ad medium et ad pas-
sivum genus referri potest, effecisse videntur, ut Graeci generis
naturam permiscuisse dicerentur. Rationem 'namque cur Graeci ad
verbi genus minus accurate respexisse videantur, Ν᾽ exploramus,
rei cardo it eo potissimum vertitur, quod multis huiusmodi verbis
significatio medii et passivi adeo affinis est, vix ut ullam intelligatur
utriusque generis discrimen, ‚Huc faeit Moeridis Atticistae p. 107
observatio : yvuvaostas, "Arunöc, γυμνασϑήσεται,) Ἑλληνικῶς.
Atque sic φαίνεσϑαι, ὠφελεῖσϑαι ἀπαλλάττεσϑαι, ϑω-
ρήσσεσθαι; φοβεῖσϑαι» alia pro significatione et medii esse
possunt et passivi, unde eorum aoristi utroque fere genere-expri-
muntur, quibus ex parte quidem addenda sunt verba motum signi-
ficantia’quae et ipsa activa forma neutraliter ponuntur, ut ἀνάξεσϑαι"
κατάξεσϑαι". ὁρμήσεσϑαι, περαιώσεσϑαι. συμβαλεῖσϑαι. alla. Huc
accedit, quod apud Homerum praeter μιγήσεσϑαι non inveniun-
tur passiva futnra, quorum fere loco media passivae significationis
successerunt, veluti διακρινέεσϑαι, ᾿ κρανέεσϑαι. κατακπτανέεσϑε;
πέρσεται, σαώσεαι, τελέεσθαι. τελευτήσεσϑαι, φιλήσεαι2 τρώσε»
dar, φϑίσονται. τεὐύξεσϑαι et per ἀναδιπλασιασμὸν formata:
βεβρώσεσϑαι, τετεύξεσθαν) πεφήσεαι 2 quorum praesentia media ne
3
510 De medii generis futuris. passive gsurpatis.
usitata qudem fuerunt. Üt igitur quae forma similia sunt, diverse
tamen re, accuratius secernantur, duo futurorum mediorum, "quae
passive usurpata inveniuntur, genera discludenda ernst. Prinsquam
vero ad rem ipsam aggrediamar, scripfores quos ad hanc rem di-
Jigentins explanandam legimus, hie eitamus Homerum, Hesiodum,
Herodotom, poetas Iyricos, tragicos, bucolicos, Aristophanem et
ceteros solutae orativnis scriptores Atticos.
L. .
Futura media passivae significationis generis nataram
sequuntur.
Multa fuisse verba, quae quum et ad medium et ad passivgm
geous pertinere viderentur, duplici futurorum formae apta essent,
modo exposuimus. Nihilomiaus de passiva significatione interdum
jare dubitari potest. Sic παταστή σεσϑαι num passive ppni pos-
sit, ubi quaeritur, omnis dubitatio tolleretur loco Isocratis Areop.
164, 35, 1 (Bekk.) — μικρῶν ἀποστερηϑήσεσϑαι τούσδ᾽, ἣν
ὁπορήσωσι τῶν ἀπαρπούντων, εἰς τὴν ἐσχάτην ἔνδειαν καταστή-
σεσϑαι. misi cod. 5, haberet κατασταϑήσεσϑαι, etsi medium
defendi potest non tantum. eodem Isocr. T. II. de pace, 183, 25, 7.
(ed. Bekk.) εἰς τὰς αὐτὰς καταστησόμεϑα ταραχάς, ubi nulla est
dittographia, sed 'etiam Platone de rep. VI. p. 546 e: ἐκ δὲ rov-
τῶν ἄρχοντες οὐ πάνυ φρυλακικοὶ καταστήσονται modg τὸ δοκιμά-
ξειν τὰ Ἡσιόδου τε καὶ τὰ παρ᾽ ἡμῖν γένη quae medii forma of-
fenderg possit, quod paullo ante idem futurum legitur .deponens:
ὧν καταστήρονται μὲν τοὺς ἀρίστους οἵ πρότεροι» ubi tamen unus
codex oflert καταστήσουσι. Apertior vero medii vis est in
στήσεσθαι, ἀποστήσεσθαι, ἀναστήσεσϑαι, ἐκστήσεσθαι. Corruptam
. autem esse scripturam futuri ἀναϑηφομένην passive positi apud
Dinarch. T, III. contr. Demosth. p. 158, 43, 4: καὶ ἐς τὴν ἀγορὰν
ἀναϑησομέγην εἰκόνα, rectissime dicit. Reiskins pro eo ἄνατεϑη-
σομένην restituendo, Jam vero singula deinceps media futura,
uae ad utriusque generis naturam inclinare videntur, proponamus.
“yeadaı ‚Homeri 04.9, 379
αλλ ὁτὲ δὴ zay’ ὦ μοχλὸς Baivog ἐν πυρὶ. μέλλει
. aweodan u u
clarior esf passivi vis in composito apad Aeschyl. Suppl, 415,
καὶ (ὅπωρ) μήτι δῆρις βυσίων ἐφάψεται... ἐς
Deinde ἀπαλλάξεσϑαι quod non zolum, est discessurum esse, qua
quidera significatione medii natura exhibetur, ut Xenoph. Anab.. V,
1, 14: λέγων ὅτι ϑᾶττον ἀπαλλάξονται, ἣν εὔποροι γένωνται αἵ
ὁδοί, sed etiam liberatum iri, veluti Plat. Apolog. Socr, p.35 b. νῦν
γὰρ τοῦτο εἴδγασθε οἰόμενον; ἀπαλλάξεσϑαι τοῦ διδόναι ἔλεγχον.
εἰ Herod. 5, 67: ἐφρόντιξε μηχανὴν τῇ αὐτὸς ὁ "άδρησεος anal-
λαξεται. cf. Xenoph. Cyrop. 5, 2, 32 εἰ sexcenties alibi. _ Δὲ dv-
ταλλαξεσϑαι (Eurip. Phoen. 1628) pro significetionis ratione ad
medium tantum referendum est. Inde autem factum est, ut passira
Seripsit G. Lud, Janson, bl
forma aegııe frequentaretur , ut ἐξοσᾳαὶλ αχθή σεται Soph. ΕἸ. 990.
ἀπαλλρχϑήσομαι Eurip. Με, 678. Hippp!. 866. Aristoph, Av.9
ὃ ιαλλαχϑή σεται Aristoph, Vesp. 1895. tum altera futuri passivi
forma ἀπαλλαγήσεσθαι apud Xenoph. hist. Gr.4, 63. de vectig.
6, 1 et alibi.
Tım αὐξήσεσϑαι Xenoph. Cyr.6, 1, 12 τὰ δὲ τῶν πολε-
μίων αὐξήσεται. cf. Plat. de rep. Ρ. 497 a. quae et ipsa significa-.,
tionis nota inest ih passivo αὐξηϑή, σεσϑαι- ef. Demostb. contr.
Dionys. p. 1297 ἐκ δὲ τούτων αὐξηϑήσεται ἡμῖν τὸ ἐμπόριον. Cum
hoc iam ob significatiopem comparandum est ὠφελήσεσϑαι, de
quo copiose egerant nostri grammatici et quod saepe de loco cer-
tat cum ὠφεληϑήσεσϑαι cf. Xen. Men, 4, 3, 8, Plat. de rep. I.
Ρ. 848 b. cf. Markl. ad Eurip. Suppl. 521. Buttm. ad Dem. Mid.
$.10.n.4. Eamıem analogiam sequitur ἐλαττώσεσϑ' αι, quod apud
Herod. VI, 11 cum passiv ἔλασδσωθήσεσθαι variat. Passivum
praeterea legitur apud Thuc.V, 34, 6.2. et Demosth. contr. Mid,
p. 536. idque conferendum videretur cum ἡττήσεσθαι et ἐνανὶ
τιώσεδϑα (9 si horum activa in usu‘“fuissent, Aoristerum vero
ἥττή ϑὴην εἴ ἠναντιώϑην formae describunt verborum naturam,
praesertim quum etiam ἡττηθήσομαι non modo apud Enripidem
Hippolyt. 722, 972, sed etiam apud Lysiam T: I, 328, 32. 5 (Bekk.)
inveniatar. Pariter ἡττή σεσϑαι apud eumdem Lysiam ib. 368, 9, 8
et Xenoph. Anab.'2, 3°, 18 οὐχ ἡττήσεσϑδε εὖ ποιοῦντες. Ab hoc
genere non abhorrent δ᾽ηῖ ὦ σεσθαι εἰ pavel σϑαι. ᾿1Ππ|4 apud
βορβ. Col. 587: '
. φοίῳ (χρόνῳ) γὰρ ἥ σὴ ᾿πρῦσφυρὰ δηλώσεται. ΝΕ
Hoc eöntra eiusque loco φανη δεσϑαάιν tam frequens esf, nt ex-
empta afferre ‚supersedeamas. Tum οὗ significationis. similitudinem
huc pertinent διδάξεσϑθαι, παιδεύδεσϑαι; ϑροέφεσθαι,
διαιτησεσθαιῦ, Νδχας per medii generis naturam .paallum ΟΠ,
ferunt διδάξέσθαι et διδαχϑήσεσθαε, cf. Aristoph; Nub; 127.
Soph. Antig. 722: Eurip. Ahdrom. 780. "Theogn. citat. a 'Xenophonite
Mem. 1, 2, 20. et Plat. Men. p. 95. D. pro ‘quo tamen Bergkius in
poöt. Iyr. fragm. p. 861 scripsit μαϑή σεαι" ex 'Clementis Alex.
Stram. ΜΝ, .p. 677. θεῖε. παιδεύσεσθαι. Plat, Crit. p. 54 a.
N τοῦτο μὲν οὔ, οὐτοῦ δὲ τρεφόμενος σον ξῶντος βέλτιον Hab
ψονται καὶ παιδεύσονταο μεὴ ξυνόντος σοῦ αὐτοῖς... passivum air
δευϑήσονται eadem vicum ϑρέψονται iungitur de rep. p.375 e.
Hoc passivum fregnentius est medio. cf. Plat. Hipp: p. 228 e. Min.
p-319 b. de rep. 876 e. epist. XI. p. 369 ὃ. Tum Holwecdhar ,
qnod modo iuxta πον βῥεύσεσϑαι positum legimius, crebro ‚zepe-
titur. Ex multis Thuc. VII, 49 ϑρέψονται πορϑούντερ. τὰ. τῶν
πολεμίων. Et vicissim τραφήσεσϑαι passivam ἰυχία eiusdem
significationis medium γηροτροφήσεσϑαιει collocatum est a De-
mesthene orat. funebr. p, 1399. Haud dispar denigque est significa-
tio in διὰ ἱιτήσεσϑαι apud Platonem de rep. Il, 372 a. Neque
latet medii ratio in futuro ξξεσϑαι ut apud Hom. 11.9, 102. ...
512 De medii generis futuris passive tsurpatis,
σέο δ᾽ ἕξεται, ὅττί κεν ἄρχῃ ᾿ Ε ᾿
cf. Demosth. pro Megal. T. IV, 188. 28, Ζ. et similiter Eurip. Or, 516.
| del γὰρ εἷς ἔμελλεν ἔξεσϑαι φόνῳ. ΕΙΣ
ubi schol. explicat ἔνοχος ἔσεσϑαι τοῦ φονευϑῆναι. Eodem modo
Plato de rep. V. p.479 d. οὐκ, ἀλλ᾽ ἀεί, ἔφη » ἕκαστον ἀμφοτέ-
ρῶν ἕξεται. Ad passivum. vero magis accedit συνέξεσϑαι apud
Demosth. ep. 3. p. 1484. ἅμα ἀδοξία καὶ ἀπορίᾳ φόβῳ συνέξομαι.
et ἐνέξεται apud eumdem de cor. trier. p.1231 — all” dav μὲν
πένης τις δι’ ἔνδειαν ἁμάρτῃ, τοῖς ἐσχάτοις ἐνέξεται, --- Dubia
tamen est scriptura apud Aeschylum Suppl, 165, ubi Η. Schützius et
Hermannus expresserunt: j
"al τότ᾽ οὐ δικαίοις
"Zeug ἐνέξεται λόγοις.᾿ |
Alteram denique. formam quae Homeri est, σχήσεσθαι et depo-
nentis et medii habere significationem observarunt lexicographi.
Huius generis praeterea sunt xıyn0sgPdas, κοσμήσεσϑαι, λεί-
yeodar, μενήσεσϑαι;, συμμίξεφϑαι, ξενώσεσϑαι; πεί-
σεόσϑαι, πληρώσεσϑαι, σπαράξεσϑαι, ταξεσϑαι, φύσε-
σϑαι. Ac primum quidem κινήσεσϑαι apud ‚Platonem Tim.
p.57 e.. τὸ μὲν κινησόμενον ἄνευ τοῦ κινήσοντος ἢ τὸ κινῆσον
ἄνευ τοῦ κινησομένου χαλεπόν, μᾶλλον δὲ ἀδύνατον εἶναι. ck. id,
Theaet. p. 182.c. Demosth. 90, 7, 4, οὐδὲν μᾶλλον ὑμεῖς γε κινή-
σεσϑὲε et-militare illud Xenoph. hist. Gr. 2, 1, 22 πρρεῖσπε (Ly-
sander) ὡς μηδεὶς κινήσοιτο ἐκ τῆς τάξεως μηδὲ ἀνάξοιτο. quod
proximum est medii naturam, quamquam eadem ‚significatione et
passivum reperitur apud Aeschinem contr. Ötes, T. III, 436, 160, 14
ἀπετόλμα δὲ λέγειν ες οὐ κινηϑήσεται ἐκ Moxsöoviag.. cf. Aristoph.
Ran. 809 cuius loco κενήσεται aeque pani- potuit, ‚Sic medii
proprietati prope adiunctum est κοσμῇή δεαθαι apud Xenoph,
Cyrop. I, 8, 4. Συ δὲ, Κῦρε, ἔφη, πότε κοσμήσῃ; Futuri deinde
λείψεσϑαι ratio clare patet, ut Hes, op. et d, 196.
— τὰ δὲ λείψεται ἄλγει λυγρὰ |
, ϑνητοῖς ἀνθρώποις. | nn
Sic apud Xenoph. Anab, 5,.6, 12 καταλείψεσϑαι. — εἰ μὲν μέλλει
πλοῖα ἔσεσθαι ἱκανὰ ἀριϑμῶ, cc ἕνα μὴ καταλείπεσθαι, ἐνθάδε
ἡμεῖς δηὴ»πλέοιμεν ἄν " εἰ δὲ μέλλοιμέν οἱ μὲν καταλείψεσϑαι, οἵ
δὲ πλεύσεσθαι, οὐκ. ἂν ἐμβαίημεν εἰς τὰ πλοῖα. Ita ἀπολει-
φϑήσεται apud Demosth, Aristogit. I. -p.792. c. Leochar. p. 1083,
et Aeschin. c. Ctes. Τὶ IH. p. 492,.149 ἀβίωτον ἡγησάμενος εἴ
τινος ἀπολειφϑήσεται δωροδοκίας et περιλειῳϑήσθτεαι. Ari-
stoph. Nub. 725. ΟΝ
ὑπὸ τῶν κόρεων εἴ μού τι περιλειφϑήσεται. .
Tom μετή σεσϑαιν semel apud Herod.V, 86 ἀποστάσιος οὖν γενο-
μένης πολλὰς εἶχε ἐλπίδας μετήσεσθαι ἐπὶ ϑάλατταν. “multas ha-
bebat.spes ad mare dimissum iri.? Porro δενωσεταὶ semel apud
Söph. Phil, 303,
Scripsit G. Lud. Janson. 513
οὐ γάρ τις ὅρμος ἐστίν, οὐδ᾽ ὅποι πλέων
ἐξεμπολήσει πέρδος) ἢ ξενώσεται.
quo refertur illud scholiastae καταχϑήσεται og ξένος. Tum συμ-
μίξεσϑαι. Theogn. eleg. V, 1245.
οὔ ποϑ᾽ ὕδωρ καὶ πῦρ συμμίξεται.
Prae omnibus vero maxime denotat generis naturam πείσεσϑαι,
quum ponitur pro πεισϑήσεσϑαι» iam Homero U], 20, 266 usur-
patum: 0
— οὐδὲ τὸ ἤδη) ὃ οὐ πείσεσϑαι ἔμελλεν.
et apud Plat. Soph. 486 b, πεισϑησόμεϑα εἰ πεισόμεϑα
variant. Usitatius vero est passirum maxime in prosa. cf. Demosth.
περὶ τ. ἐν χερσ. 91, 43, 3 (Bekk.). Isocr. Areop. 170, 57, 1 et
apud Xenophontem. Passiva forma plerumque dominatur in com-
positis ἀναπεισϑήσεσϑαι; μεταπεισϑήσεσθαι. Tum πλη-
ρώσεσϑαι Xen. de off. mag. ε4. 8, 6. πληρώσεται τοῦ δρόμου τὸ
πλάτος. frequentius est passivum, cf. Aeschin, de fals. lg. T. III,
326, 37, 2. ἐπὶ ταῖς ναυσίν, οὔποτε δὲ πληρωϑησομέναις. cf. Plat.
de τερ. p. 494 d. Num vero σπαράξεσϑαε passive dictum fuerit,
vix potest dubitari, etsi apud Eurip. Androm. 1210
— οὐ σπαράξομαι κόμαν
mediü attigit naturam. At idem Iph. Aul. 1461
τίς μ᾽ εἶσιν ἄξων πρὶν σπαράξεσϑαι κόμας.
ubi Flor. 1, 2. κόμης praebent. Minus vero recte iudicat Elmsleius
futuri huius infinitivam esse soloecum, quod σπαράξασϑαειε non
possit pro σπαραχϑῆναι dici, et inde correzit onaparrscdes,
quasi .huius faturi vis usquequaque cum eiusdem generis aoristo
concinät. .
Restant igitur rafsc9aı, φυλαξεσϑαι,) φύσεσϑαι.
Primum composita forma παραταξεσϑα!ε medii quidem denotat
significationem, ut apud Demosth, Phil. T. I. p. 43, 23, 2 (Bekk.)
τοσαύτην μέν, οὗ ἄνδρες ᾿Αθηναῖοι. διὰ ταῦτα, om οὐκ Evi νῦν
ἡμῖν πορίσασθαι δύναμιν τὴν ἐκείνῳ παρφραταξομένην, —
quamguam neminem sane offendisset Demosthenes, si παρατα-
λϑησομένην scripsisset, ut ἐπιτάξεσϑαι passiva vi legitur
apud Eurip. Suppl. 521.
— ἄνω γὰρ ἂν δέοι
. τὰ πράγμαϑ᾽ οὕτως: εἰ ᾿πιταξόμεσθϑα δή-
Alterum ῳφυλάξεσϑαι apud Soph. Philoct. 48.
ἀλλ᾽ ἔρχεταέ τε καὶ φυλάξεται στίβος. Ä
cf. Xenopb. Oecon. 4, 9. Tertium φύσεσϑαι apud Aeschyl.
Prom. 878.
σπορᾶς γε μὴν in τῆσδε φύσεται ϑρασύς.
minime, pugnat contra medii naturam, cf. Xenoph. Cyrop. 5, 2, 32.
ϑάρσος δ᾽ ἐμφύσεται. cf. Plat. de legg. 8, 831 a. quod futurum hic
ne commemoratum quidem foret, nisi Lucianus Jov. trag. 19 ean-
dem significationem descripsisset passivo ἀναφυήσεσθαι.
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX, Hft.4, 33
514 De medii generis futuris passive usurpatis. _
IL.
Futura media passive usurpata ad medil generis naturam
parum convenientia.
Etsi eadem formae nota expressa est in ἄξεσθαι» ἐναβα-
λεῖσϑαι"» ἐκβαλεῖσϑαι: μεταβαλεῖσθαε; καταλύσεσθαι,
οἴσεσθαι; τιμήσεσϑαι:. quae et ipsa deponentiam instar usur-
pabantur, eorum tamen significatio passiva haudguaquam se ad me-
dium genus referri patitur. Nam primum abschaı, quod apud
Soph. Oed. Colon. 1460 deponens est, uti προάξεσϑαι apud
Demosthenem de pace Ὁ. ὅδ, 14, passive positum est non modo
ab Aeschylo Agam. 1632. -
συὺ δ᾽ ἐξορίνας ηπίοις ὕὑλάγμασιν
ἄξῃ.
sed etiam a Platone de rep. V. p. 458 d. — ὁμοῦ δὲ ἄναμεμε-
γμένων καὶ ἐν γυμνασίοις καὶ ἐν τῇ ἄλλῃ τροφῇ ὑπ᾽ ἀνάγκης.
οἶμαι, τῆς ἐμφύτου ἄξονται πρὸς τὴν ἀλλήλων μίξιν. veluti com-
positum προσάξεσϑαι apud Thucyd. IV, 115. μηχανῆς μελλούσης
προσάξεσϑαι αὐτοῖς ὑπὸ τῶν ἐναντίων.
Deinde ἀναβαλεῖσϑαι et ἐκβαλεῖσθαι quorum illud ex
Athenaeo, hoc ex Epicteto affert Buttmannus gr. $.114 5. v. βάλλειν,
passivam habent significationem, quibus adde μεταβαλεῖσθϑαι:
Thuc. VIll, 54. καὶ ἅμα ἐλπίξων (δῆμος) εἷς μεταβαλεῖται ἐνέδωκε.
αἱ Dukas erplicat: ἡ ὀλιγαρχία δηληνότι. Ceterum svußalsi-
σϑαι» ὑπερβαλεῖσϑαι xr£. medii tenuerunt vim. Vicissim pas-
siva ἀναβληϑή σεσϑαι (Isocr. Busir. T. Il, 263, 25, 8) δεα-
βληϑήσεσϑαι (Eurip. Hec. 863) ἐμβληθήσεσθϑαι (Xenoph.
Cyrop. 2, 2, 1) non raro leguntur, quorum loco Attici certe scri-
ptores nonnunquam paulopostfuturo usi sunt*). Neque vero omit-
tendum est illud Homericam συμβλήσεαι (Il. 20, 305), quod
significatione proxime ad medii notionem accedit. Num vero futu-
rum καταλυσεσθαι passive -poni possit, satis dubiam est, quam-
quam sine memorabili dittographia legitur ap- Xenoph. Cyrop. 1,6, 9.
Αὐτίκα δήπου οἶσθα, Or, εἰ μὴ ἕξει τὰ ἐπιτήδειω ἡ στρατιά,
καταλύσεταί σου εὐϑυὺς ἡ ἀρχή.
Certissima tamen mihi videtur emendatio καταλελύσεται
secundum Dionysium Halicarnasseum, qui de compos. verb. p. 57.
ait elegantiarum studiosi scriptoris esse dicere pro λυϑήσεσθαι
λελύσεσϑαι. cf. ‚Xenoph. Cyrop. VI, 2, 37. ubi ἀπολελύσονται
legitur. Verum ἐπολύσομαι apud Demadem T. Ill. p. 487, 6
(Bekk.): ἐὲν δὲ ταύτης (ἐλπίδος) κατατύχω, πάσας ἀπολύσομαι
τὸς διαβολάς non abhorret a medii natura. Contra deponens est
ἀναλύσεσϑαι τὰς προτέρας πρὸς τοὺς “Ἕλληνας duepriag apud De-
mosthenem περὶ συμμ. T. IV, 169, 848. ubi alii codd. δεαλύ-
sec®as offerunt. cf. Xenoph. hist, Gr. 7,5, 18. Tum δεαλύσε-
*) Cf. programma a me Rastenburgii editum: de Graeoi sermonis
paulopostfatari forma atque usu p. 13.
Scripsit G. Lad. Janson. 0... 5815
σϑαι τὸν πόλεμον apud Isocr. Phil, T. II, 92, 7, 3. ubi non multo
post: ἃ πάντα ταῦτα διαλύσεις activum faturum legitur, cf. dx4-
λύσεσϑαι Lys. T. 866, 88. 4. Passiva denique Außngsras,
διαλυϑήσεται, καταλυϑήσεται are. frequentissima zunt.
Futurum deinceps οὔσεσϑαι deponens est et apud Homerum
et saepe apad scriptores prosaicos, ut Antiph, T. I, 52, 81, 2
(Bekk.) τὴν μὲν ἐλευϑερίαν ἐλπίσας οἴσεσθαι. Compositum συν-
οσεσθαι contra iam apud epicos ροξίαβ et medii et passivi re-
fert naturam. At apud alios scriptores et οἴσεσϑαι et διοίσε-
σϑαι passiva vi instructa invenimtur. Eurip. Or. 440.
ψῆφος nad’ ἡμῶν οἴσεται τῇδ᾽ ἡμέρᾳ;
ubi apte observat scholiasta: ἦτοι κρίσις καὶ ἀπόφασις ἐξοισϑή-
σεται. καϑ'΄ ἡμῶν κατὰ ταύτην τὴν ἡμέραν. Quocum compara
Demosth. c. Leocharem p. 1094. περὶ γὰρ ταύτης (sc. δαιμαρτυρίας)
ἡ ψῆφος οἰσϑήσεται νυνί. Quin etiam Xenuphon eodem futuro
medio passive usus est Oecon. 18, 6.
ἦ — οἶσθα, ἣν ἐκ τοῦ προσηνέμον μέρους τῆς ἅλω ἄρχῃ»
δι᾿ ὅλης τῆς ἅλω
οἴσεται τὰ ἄχυρα. |
Tum διοίσεσθϑαι» quod apud Demosth. c. Polycl. p. 1215
8 medii significatü non abhorret, apud Soph. Ai, 506 passivum est:
οἴκτειρε, δ᾽ ὦναξ, παῖδα τὸν σόν. εἰ νέας
τροφῆς στερηϑεὶς σοῦ διοίσεται μόνος
ὑπ᾽ ὀρφανιστῶν μὴ φίλων ---
quod Lobeckius cum scholiographo Barocc. explicat χωρισϑή σεται.
Hermannus iactari, huc üÜluc trudi; quae explicatio comprobatar
Herodoto VIII, 76: ἐνταῦϑα μάλιστα ἐξοισομένων τῶν re av-
δρῶν καὶ τῶν ναυαγίων, “quum et homines et naufragia huc maxime
delatum iri videantur.?
Denique τεμήσεσϑαι de quo luculenter disseruit Buttman-
nus II. p. 87, num deponentis habuerit vim,.dubium est, quum uno
loco, ubi eam tenere videbatur, Xenoph, Cyr. 8, 7, 5: τίς δὲ ἄλλος
τιμήσεται δὴ ἄνδρα μέγα δυνάμενον οὕτως. a Dindorfio emendatum
sit: τιμήσεται δι᾿ ἄνδρα, comprobante Bornemanno, qui apte inter-
pretatur: “quis alius propter virum multum valentem ita ab aliis
honorabitur;’ — quamquam et Homerus rıun0as#as (Il. 22, 235)
et idem Xenophon (conviv. 4, 49) ὃν πλείστον τιμῶμαι hunc de-
ponentis usum satis confirmant. _Passivum ετιμηϑήσεσϑαι Thuc.,
VI, 80 et Demosth. de fals. lg. 371, 235, 5 offerant.
lam vero de iis dicendum est futuris mediis, quorum prae-
sentia a medii forma plerumque abhorrere videntur. . Haec autem
num Graecis sub aurium mensuram ita ceciderint, ut pro numero
ac rhythmo aut legerentur aut spernerentur, difücile est diiudicatu.
Neque Schaefero assentimur, cui horum futurorum anomaliam inde
repetit, quod Graeci de forma, ut passiva, falsi fuerint, duod. gui-
dem siin στερήσεσϑαι factum videtur, vix in μαστιγώσεσθαι,
2 Ὁ
516 De medii generis futuris passive usurpatis,
στρεβλώσεσϑαι et aliis probari potest, cuius erroris manifesti
sunt, qui apud Aristopbanem Nub. 1878 τυπτήσομαε scripserunt
pro τυπήσομαι» quemadmodum iam diu correxit Buttmannus
Gr. I. p. 59.
Quo vero clarins horum futurorum usus perspiciatur, eam in hac
re inibimns rationem, ut.separentur ea, quorum radices in vocalem
exeunt, ab iis quae in consonantem.
A. Futura passivae significationis media guorum radices .
΄ in vocalem terminantur.
a) in a. .
Huius generis sunt ὠπατήσεσθαι Plat. Phaedr. p. 362 B.
pro quo duo codd. ἀπατηϑήσεσθαι habent et ἐξαπατήσε-
σθαι Xenoph. Anab. VII, 3, 3., cuius loco apud Platonem Gorg.
499 c. et Cratyl. 436 b. ἐξαπατηϑήσεσθαι invenitur. cf. De-
mosth.e. Ctes. ΤΟ IV, 439, 168, 3 (Bekk.) Tum τελευτήσεσϑαι
quod et Homeri est et Euripidis Hippol. v. 370. et Platonis de legg.
IX. p. 895. c. μέλλοντος ὑπὸ τῶν γονέων τελευτήσεσϑαι. ubi unus
cod. offert τελεσϑήσεσϑαι i. 6. τελευτηϑήσεσϑαι. Porro ἐάσεσϑαι
Euripid. Iph. Αι]. 332. Thuc. I, 142. Tum ἑστιάσεσϑαι Plat.
de rep. I, 345. et ἀνιάσεσϑαι Theogn. eleg. v.991. Xenoph.
Mem. 1, 1, 8 et Anab. 4, 8,27. De τιμήσεσϑαι» oradun-
σεσϑαι, ἡττήσεσϑαι; διαιτήσεσϑαι iam supra disputatum
est. Multo maior est numerus eorum, quorum radix' m & desinit.
Quorum forma quum terminationi qua passivum genus describitur,
persimilis videretur, num Graeci ea externa specie perducti 118 quasi
per errorem abusi fuerint, in medio relinquimus. |
b) in ®.
_ In horum futurorum usu praeivit Homerus, qnuem φιλήσεαι pas-
sive usurpasse constat eumque secuti sunt Antiphon Tom, I. p.10, 19
(ed, Bekk,) et Theocritus id. 28, 6 ἀντιφιλήσομαι usus. Huc
etiam pertinet epicum futnrum τελέεσϑαι, uti — τὸ δὲ καὶ re-
λέεαϑαι ὀΐω et — ra δὲ καὶ τελέεσϑαι ἔμελλον ; quod ubi cum
τελευτήσεσϑαι ἔμελλεν (Hom. Od. 9, 511. 1]. 18, 100) contu-
leris, non pro praesenti habebitur, sic ἃ οὐκ ἔμελλε τελεῖσϑαι An-
tiph. de venef. T. I. p. 10, 19, 13. cf. Aeschyl. Agam. 68. Soph.
Ai. 671.
Huius generis praeterea sunt haec:
ἀδικήσεσϑαι. Demosth. contr. Mid. p. 524 — ἀλλὰ τοὐναντίον
᾿ ψόμους ἔϑεσθε πρὸ τῶν ἀδικημάτων ἐπ᾽ ἀδήλοις μὲν τοῖς
ἀδικήσουσιν ἀδήλοις “δὲ τοῖς ἀδικησομένοις. et alibi frequen-
tissime. εἴ, Eurip. Iph. Aul. 1442. Thuc. VI, 87. Isocr. ad ΝΊςοοϊ.
Τ᾿ ΤΠ. p.19, 16, 17 (Bekk.). Xenoph, Cyrop. 3, 2, 18. Pfat.
Gorg. p. 509 d. etc. -
ἀμφισβητήσεσϑαι cui opponitur ὅμολογήσεσϑαι apad Plat.
. »
᾽ . ᾿
. . «- ,
Ν
Scripsit G. Lud. Janson. 517
Theaet. 171 c. ἐξ ἁπάντων ἄρα ἀπὸ Πρωταγόρου ἀρξαμένων
ἀμφισβητήσεται, μᾶλλον δὲ ὑπό γε ἐκείνου ὁμολογήσεται.
γηροτροφή ὅεσϑαι ἰᾶπιὶ supra p. 11 ex Demosthene citatum.
εὐλογήσεσθαι. Isocrat. Eaag. T. N. p- ‚212, 5,6 οἵ τε νεώ-
τεροι φιλοτιμοτέρως διέκειντο πρὸς τὴν ἀρετήν, εἰδότες 6 ὅτι τρύ-
av εὐλογησονται μᾶλλον — υδὶ tamen cod. s passivum tuetur
svloyndnoovrei.
& ROT Era. Plat. de rep. 450 d. xal εἰ ὅτι μάλιστα γένοιτο,
ὡς ἄριατ᾽ ἂν εἴη ταῦτα," καὶ ταύτῃ ἐπιστήσεται. ubi cod, Θ
ἀπιστήσψαι superscripto ἀπιστήσετε offert et inverso ordine D.
ἀπιστήσετε K. quam scriplurae varietatem etiam in aliis id genus
futuris observavimus, ut in μαρτυρήσεται apud Xenophontem
Apol. 26. cuius tamen futuri usus confirmatur eodem Xenophonte
Mem. IV, 8, 10., etsi passivo saepins occurrimus ut apud De-
mosth. de fals, leg. p. 353 καὶ νῦν μαρτυρηϑήσεται. cf. Isoer.
T.I. p- 98, 13, 5 (Bekk.).
ϑορυβής σεσϑαι. Plato conv. P- 194 b, ἐπιλήσμων μέντ᾽ ἂν
εἴην, ὦ ᾿4άγάϑων, εἰπεῖν τὸν Σωκράτη; ὃ εἰ --- νῦν οἰηϑείην σε
ϑορυβήσεσθϑαι ἕνεκα ἡμῶν ὀλίγων ἀνθρώπων.
μι σήσεσϑαι bis apud Eurip. Ion. 559, 613.
μεταμελήσεσϑ αι. Xenoph. Mem. 2, 6, 28 καὶ τὴν ὀργὴν κα-
λύειν εἷς τὸ μεταμελησόμενον idem est atque ἡ μεταμέ-
λειεα. cf. Matth. Gr. Gr. δ. 570.
οἐκήσεσϑαι crebro usu frequentatum, cf. Thoc, VIII, 67. Plat. de
rep. VIl, 520:c. Aeschin. c, Tim. T. Ill. p. 257, 23. Isoer. contr.
Nicocl, τ. Il. p.19,.16, 7.. Sed διοικήσεσθαι apud Demosth. de
Cherson. p. 93: πράττεται δὲ τοῦτο καὶ κατασκευάζεται, ὅπως ---
μετὰ πλείστης ἡσυχίας ἃ πάνθ᾽ oda βούλεται Φίλιππος διοική-
σεται. deponentis habet significatum, unde eius passivum eadem
forma 640187 910309 u1ı expressum est apud Lysiam: adv, Ni-
comachum extr, .
παιδαγωγήσεσϑαι. Plat. Alc. I. p. 186 fin. οὐ γὰρ ἔστιν ὅπως
ουὔ παιδαγωγήσω, σε ἀπὸ τῆσδε τῆς μέρας; σὺ δὲ ὑπ᾽ ἐμοῦ παι-
Öaywynosı. cui forma congraum est. ψυχαγωγήσεσϑαι apud
eundem Tim. 7 ἃ. — εἴ τί πη καὶ μεταλαμβάνοι τινὰς αὖ τῶν
αἰσϑήσεων οὐκ ἔμφυτον αὐτῷ τὸ μέλειν τινῶν ἔσοιτο λόγων;
ὑπὸ δὲ εἰδώλων καὶ φαντασμάτων νυκτός τε καὶ μεθ᾽ ἡμέραν
μάλιστα ψυχαγωγήσοιτο. ubi alterius scripturae ψυχαγωγή-
δσαιτο nulla est ratio.
πολεμή σεσϑαι. Thuc. VII, 43, υδὶ unns cod, habet πολεμη-
ϑήσεσθϑαι etib. VII, 14 variat διαπεπολεμήσεταει cum δια -
πολεμήσεται. Apnd Demosth, contr. Aristocr. p. 657. ei πολεμή-
ἄεται δὲ. “si autem bellabitur,? — nonnulli codd. πολεμήσδτ
- praestant, de qua scripturae varietate modo exposuimus, Etiam poste-
rioris aetatis scriptores, ut Paus. 1, 19, 1 eodem futuro passiveusi sunt,
πολιορκπήσεσθϑαι crebro ab historieis usurpatum raro-locum con-
cessit passivo πολιορκηϑήσεσθαι,, αὖ apud-;Xenoph. hist.
“
\s
518 , De medii generis füturis passive usurpatis.
Gr.IV, 8, ὅ. στερήσεσθαι et ἀποστερήσεσθαι tam fre-
quenti 'usu divulgatum est, ut exemplis nihil tritius sit. Attamen
ἀποστερήσεσθϑαι cum ἀποστερηϑήσεσϑαι nonnumquam
de loco certat, ut apud Demosth. p. 765. Isoer. Areop. T. II,
164, 34, 7.
᾿στυγήσεσθϑαι semel apud Sophoclem Oed. a. 672.
— οὗτος δ᾽, ἔνϑ᾽ ἂν ἡ στυγήσεται.
τηρήσεσϑαι ap. Thuc. IV, 30, 4. Zonar. 929.
τυραννήσεσθαν apud Demosth. adv. Lept. 606., ubi tamen qua-
tuor codd. habent τυραννηϑήσεσϑαι. Eadem dittogrophia
est in καταφρονήσεσθαι apud Platonem Hipp. Hipp. Mai.
init. et ipsa passiva καταφρονηϑήσεσϑε et καταφϑονη-
$r7j0e0de variant ap. Aeschin, T. III. p. 807, 176. Medium
φϑονήσεσϑαε invenitur apud Xenophontem Hieron. II, 15. ubi
Weiskius medium aeque ac passivum defendi posse ait.
φρουρήσεσϑαι solum est apud Eurip. Ion. 685.
ὠθήσεσϑαι maxime dubium ap. Eurip. Med. 888.
τάχ᾽ ἐξ ὁπαδῶν χειρὸς ὠϑήσῃ βίᾳ.
‘pro quo Dindorfius secandum plur. codd. ἰυσϑήσει emendavit.
Passiva denique significatione, quamvis aclivae expertia for-
mae, sunt εὐνομεῖσϑαι εἰ δημοκρανεῖσϑαι, quorum futura
ΕΣ passivo genere nasci oportebat. Nihile secins apud Herod. 1, 97.
καὶ οὕτω N TE χώρη εὐνομήσεται, cf. Plat. de rep. II, p. 880 b.
atque δημοκρατήσεσθαι tuetur Poppo ad Thuc. VIII, 75.
quamquam :idem simplex πκρατηϑήσεσϑαι secundum nonnullos
codices ib. IV, 9 :recepit. Confirmatur illud medium non tantum
exemplo Demosth. contr. Timoer. p.731: εἶτ᾿ des δημοκρατησόμεϑα,
sed efiam Lysiae T.1. p. 397, 4, 4. ὧν ὑμεῖς. ἀντεχόμενοι βεβαίως
δημοχρατήσεσϑε. Vicissim ab πορεύεσθαι, quod eandem formae
speciem prae βὲ fert, est κορευθήσομαι δρυὰ Earip. Alec, 314.
oo e) in ;,
Huius loci solum est Homericum ῳϑίσεσϑαι, quod }!, 19, 329.
Od, 13, 384 et alibi pässive usurpatum est.
d) ἴῃ ὃ. .
Ut ab Homero incipiamus, proponenda sunt hic σαώσεαι
servabere Od. 21, 309. atque haud δεὶο an recte emendaverit Berg-
kius ad Theogn. eleg. v. 226.
οὐδὲν ἐπιπιρέπεε ἡμῖν ἅτ᾽ ἀνδράσε σωσομένοις pro vulgari σωζο-
μένοις. .
Tum τρώσεσθαι 11.12, 66. εἰ βεβρώσεσϑαι Οἀ.8, 208:
Χρήματα ---- βεβρώσεται, quod minime est paullo post faturum.
of. programma meum supra citatum p. 12.
ξημιώσεσθαι crebro usu frequentatum, ut Thuc, III, 40. Andoc.
de myster. T.-I..p.105, 74, 4. Herod, VII, 39. Demosth. c.
Callip. p. 1289 non semel variat cum passivo, ut apud Plat,
Scripsit G. Lud, Jaoson. 519
Hipparch, 227 e. Demostb. Ol. I, 17, 4. Deinde sorrupte
scriptura cum ξημιώσασϑαι apud- Iaoer. ad Callim. T. II.
p- 453, 37, 6 (Bekk.).
ἐξογκώσεσϑαι Eurip. Hippol. 935.
εἰ γὰρ κατ᾽ ἀνδρὸς βίοτον ἐξογκώσεται.
ubi non inepte explicat scholiographus: εἰ γὰρ ἐπαρϑήσεται ἑνὸς
ἑκάστου ἀνδρὸς ὁ βίος.
ἐπανορθϑώσεσθϑαι semel apıd Platonem Lach, 200. Ἐγὰ
οἶμαι ἐμοὶ περὶ ὧν ἐλέγομεν νῦν τε ἐπιεικῶς εἰρῆσθαι, καὶ
εἴ τε μὴ ἱκανῶς εἴρηται, ὕστερον ἐπανορϑωώσεσϑαι καὶ μετὰ
Jaumvog. υδὶ tamen quum explicamus: me emendaturum esse,
etiam deponens esse potest, quod propter codicem r. prae-
ferendum videtur, qui ἐπανορϑύύσασϑαι habet,,
ϑανατώσεσϑ as semel „apud Xenophontem Cyrop. 7, 5, 31. εἰ
δέ τις ἔξω ληφϑείη;, or ϑανατώσοιτο.
μασειγώσεσϑαι εἰ στρεβλώσεσθαι locum invenerunt inter
. plura passivae formae futnra- apud Pat. de rep. II, 362.a, cf.
ib. X, 513 e. ubi sub trium codicum scriptura στρεβιήσε-
σϑαι στρεβλωθήσεσϑαν latere videtur,
Postremo de δηλώσεσϑαι, ξενώσεσϑαι, ἑλασσώὦδσε-
σϑαι, πληρώσεσϑαι"» quoniam propter medii naluram a pas-
siva significatione non discrepant, iam supra exposuimus.
.e) in υ.
κωλύσεσϑαι Thuc. I, 142 μέγιστον δὲ. τῇ τῶν χρημάτων
σπάνει κωλύσονται. nihilo minus recte receptum est a Bekkero apud
Lysiam contr. Andoc. T. |]. „P- 209, 15, 7 — οὐδ᾽ αὐτῶν κωλύ-
σετε τῶν ἱερῶν ἐπιβαίνειν ἢ εἰσιόντα οὐ τιμωρήσεσϑε pra κωλύ-
σεται» quod duo codd. praebent.
ὕσεσθαι. Herod. 2, 14 εἰ μήτι γε ὕσεταί σφι ἡ χώρη. veluti
ἡ γῆ ὕεται ib. I, 198.
De futuris ϑύσεσθαι; φύσεσθαι, ἐμφύσεσϑαι, κα-
ταλύσεσϑαι supra dietum est.
Iam de futuris, quorum radices in ‚diphthongos exeunf, dicen-
dum est,.cuius generis ea tantum invenimus,, quae in εὖ terminan-
tur. Nam apud Homerum Il. 24, 355 ἄνδρ᾽ ὁρόω, τάχα δ᾽ Anus
διαῤῥαίσεσθαι ὀΐω. sc. αὐτόν, i. 6. eum nos interempturum puto,
est deponens, etsi eiusdem verbi activi futurum, Il. 1X, 78.
vu δ᾽ ἥδ᾽ ἠὲ διαῤῥαίσει ὀτρατὸν ἠὲ σαώύσει.
ab illius significatione ΜΙ differt. Sed vere passivae sigficationis
sunt hbaec:
ἐπιβουλεύσεσϑαι bis apud Xenophontem Cyrop. V, 6, 84.
καὶ αὐτοὶ ἐπιβουλευσόμεϑα, καὶ ὁ οἶκος ὅλορ. et ib. VI,1,
u 34. καὶ nıpl τῶν σφετέρων φρουρίων es ἐπιβουλουσο,
γῶν.
ἐνεδρεύσεσθαι. Xenoph. hist. Gr.7, 2, 18. οὐκ ἀγνοοῦντες,
ὅτι ἐνεδρεύσοιντο ὑπὸ τῶν πολεμίων.
520. De medii generis futuris passive usurpatis,
1:77) ἀπεύδεσϑαι semel apud Platonem Alc. 135, dubia ; scri-
ptara: ὦ γένναιε) πελαργοῦ ἄρα ὁ ἐμὸς ἔρως οὐδὲν διοίσει;
εἶ παρὰ σοὶ ἐννεοττεύσας ἔρωτα ὑπόπτερον ὑπὸ τούτου θερα-
πεύσεται. -ubi nonnulli codd. θεραπεύεται tuentur; quam scri-
pturam ideo probandam duco, quod id futurum’apnd Antiphon-
tem T. IL ‚P 38, 2, cum obiecto coniunetum Invenitur: soole-
γόντων γὰὶρ τῶν ἄλλων ἰατρῶν εἰ ταύτην τὴν ϑεραπείαν ϑε-
ραπεύσοιντο. cf. Xen.Cyr.V, 4, 17. Similiter Schneiderus cum
Zeunio scribere volunt apnd Xenoph, de: offc. mag. eq. 2, 7
τεταγμένων γε μὴν οὕτως. χρὴ 9 ὥσπερ καὶ τοῖς φυλάρχοις
προαγορεύεται ἡ χώρα ὑπὸ τοῦ ἱππάρχου. pro προαγορεῦσε-
ται, quae est codicum scriptura.
ϑρανεύσεσθαι. Aristoph. eg. 869.
ἡ βύρσα σου θρανεύσεται.
aM μονεύσεσϑαι semel apud Euripidem Heraclid. 33.
μνημονεύσεται χάρις.
euius loco in prosa passivum saepius invenitur, ut’ apud Demosth.
de cor. T.1V. p. 272, 231, 8. Isocr. Panath: T. IT. p. 290, 129, 6
et ib. p. 308, 199, 2. :
De παιδεύσεσϑαι et παιδευϑήσεσϑαι supra disputatum
est. Passivae contra formae sunt δισκευϑήσεσϑαι Eurip. Ion.
1267. πιστευϑήσεσϑαι „Dem. c. I. p. 830. κινδυνεδυϑή-
σεσϑαι Dem. contr. Onet. 1. p.866., ubi unus cod. δεακινδυνευ-
ϑήσεσθαι habet. ἀνασχινδυλευϑήσεται Plat. de rep. II.
p. 362 a. |
B. Futura passivae significationis media, quorum radices
in consonantem terminantur.
In horum futurorum genere primum de iis, quae in labiales,
deinde quae in gutturales, tum quae in dentales, denique quae in
liquidas terminautur consonanteg, disserendum est,
a) βλάψεσϑαε Thuc. VI, 64. cf. Buttm. L ἫΝ
ἐρέψεσθαι Eurip. Bacch. 304.
κισσῷ ἐρεψόμεσϑα καὶ χορεύσομεν.
περιέψεσθαι Herod. II, 115. εἴ. Buttm:1, c.
τρίψεσθϑαι Thuc. VI, 18 καὶ νομέσατε — τρέφεσϑαί τ τὸ αὐτὴν
(πόλιν). quad scholiographus δαπανήσεσϑαι καὶ φϑαρήσεσϑαι
eplicat; εἴ recte scriptum est „vi, 4% (ed. Popp.). N yag κα-
τορϑώσας ἕξὲιεν Συρακούσας. N ἀπάξειν τὴν στρατιὰν καὶ οὐ
τρίψεσϑαι ἄλλως ᾿Αϑηναίους τὸ τοὺς ξυστρατευομένους καὶ
τὴν ξύμπασαν πόλιν. pro τρέβεσθαει, quod nennulli codd.
offerunt. Ceterum passivum κατατρεβησεσϑαι legitur Xen.
.h. Gr. ὅ, 7; 60.
De aliis, ‚quae huius loci sunt, ἅψεσθαι, ἐφάψεσθαι; ϑρέψεσθαι,
λείψεσθαι. ἀπολείψεσϑαι: καταλείψεσθαι supra disceptavimus.
Scripsit-G. Lad, Janson, 521
ß) ἄρξεσθαι Plat. de rep,. III, 412 b. de’ οὐκ αὐτῶν
οἴτενες ἄρξουσί τε καὶ ἄρξονται. quae generis oppositio saepius
invenitur, ut Herod. IX, 122. Lys.I. ρ. 867. 7, 2. cf. Aeschyl.
Oers. 588. ΄ .
ἔρξεσϑαι Soph. Oed. R. 890 ch.
καὶ τῶν ἀσέπτων ἔρξεται.
pro quo Eismleius δἴρξεταε substituit. Rectior fortasse est hkaec
ionica forma in illa lege, quae legitur apud Aechinem c. Ctes. T. II.
Ρ. 422, 122, 12, ἥτις δ᾽ ἂν μὴ παρῇ πόλις, εἴρξεται τοῦ ἱεροῦ
καὶ ἐναγὴς ἔσται καὶ τῇ ἀρᾷ ἔνοχος.
κηρύξεσϑαι. Eurip. Phoen. 1625.
᾿ς φηρύξεται δὲ πᾶσι Καδμείοις τάδε.
quod scholiographus κηρυχϑήσεται explicat idque saepius repe-
ritur. Ex multis cf, Dem. adv. Ctes. IV. p. 461, 231. j
λέξεσϑαι non lantum Sophocles usurpavit (cf. Ellendtii lexic.
Soph.), sed etiam Euripides, cf. Porson. ad Hec. 297. et inter-
dum in prosa variat cum 1 δλέξεσϑαι» cl. programma meum
supra citatum p. 12.
προσαμέλξεσϑαι pro quo dorica forma apud Theocr. id. I, 26.
ἃ (alt), δύ᾽ ἔχοισ᾽ ἐρίφως. ποταμέλξεται ἐς δύο πέλλας.
ταράξεσϑαι. Thuc. VIl, 67. — πῶς οὐ σφαλοῦσί τι τὰς ναῦς
καὶ ἐν σφίσιν αὐτῶν πάντες, οὐκ ἐν τῷ αὐτῶν τρόπῳ κινού-
μενοι ταράξονται.
διατινάξεσθϑαι. Eurip. Bacch. 846.
μέλαϑρα διατινάξεται πεσήμασι. |
In his etiam habendum est eu ξ ε6ϑ αι apud Homerum Il, 5, 658.
σοὶ δ᾽ ἐγὼ ἐνθάδε φημὶ φόνον καὶ κῆρα μέλαιναν
ἐξ ἐμέϑεν τεύξεσϑαι, --- ᾿
pro quo idem poäta per ἀναδιπλασιασμὸν etiam rereväaraı for-
mavit, cf. 1.12, 345, 21, 322, 585.
De ἀλλάξεσϑαι et compositis, de £Eso#as, ἐνέξεσθϑαι"
συνέξεσϑαι, ἄξεσϑ αι et compositis, de συμμίξεσϑαι. διδα-
ξεσϑαι, σπαράξεσϑαι, ἐπιτάξεσϑαι. παρατάξεσθϑαι,
φυλάξεσθϑαι jam supra expositum est,
y) Huic verborum ordini conveniens est πείσεσθαι, per-
suasum iri, quod iam supra, quam de medii generis natura latius
disputaremus, ex Homero citatum est; idemque poeta πέρσεσθαι
passiva-vi praeditum semel posuit Il. 24, 729.
πρὶν γὰρ πόλις ἥδε κατ᾽ ἄκρης πέρσεται. |
Reliqua sunt verborum in sfeıy quorum haec exempla inve-
nimus:
ἀνδραποδιεῖσϑαι. Herod. VI, 17. Διονύσιος ὁ Φωκαεὺς ---
νέας ἑλῶν τρεῖς τῶν πολεμίων, ἀπέπλεε ἐς μὲν Φωκαιαν οὐκ-
ἔτι» εὖ εἰδώς. εἷς ἀνδραποδιεῖται σὺν τῇ ἄλλῃ Ἰωνίῃ. Idem
scriptor non semel ἀνδραποδίζεσθαι cum obiecto, ut τὴν πολεν»
coniunxzit,
522 De medii generis faturis pass, ususp. Serips. C, L. Janson.
‚avassolomıeichar. Herod. III, 132, καὶ τοῦτο μέν; τους
Αἰγιπτίους insgovs, οἱ βασιλέα πρότερον ἰῶντο, μέλλοντας
ἀνασκολοπιεῖσθαι ---- ἐῤῥύσατο.
ὄ μαλ ιεἴσϑαι. Xenoph. Oecon. 18, 5. ὕπως δὲ τὸ δεόμενον
πόψουσι» καὶ ὁμαλιεῖται d ἁλοητός.
ὀνειδιεῖσϑαι.- Soph. Oecd. Tyr. 150.
ὠστιεῖσϑαι quod Hesych. ὠσθήσεσθαει interpretatur, legi-
-tur apud Aristoph. Acharn. 24, 844.
δὴ) Homeri sunt χρανέεσϑαι. ILIX, 626. passiva forma
κρανϑήσεσθαι ap. Aeschyl. Prom. v. 919. διακρινέεσϑαι
Od. 18, 149. 20, 180, et κατακτανέεσϑαι. 11.14, 481. Tum
repn0scı, quod daplicis significationis huic verborum generi iure
adnumerandum videtur. cf. progr. meum supra citatum,. Beliqua
sunt haec:
ἐχϑαρεῖσϑαι dubia scriptara apud Soph. Antig. 93.
εἰ ταῦτα λέξεις. ἐχϑαρεῖ μὲν ἐξ ἐμοῦ.
vulgo ἐχϑρανῇ. sed ἐχϑαρῇ Ald. et in marg. Turneb. ne memorante
quidem Brunckio.
κατισχανεῖσϑθαι. marceralum iri in Aeschyl. Prom. v. 268.
Οὐ μήν τι ποιναῖς γ᾽ ὠόμην τοιαῖσί με
πατισχανεῖσϑαι πρὸς πέτραις πεδαρσίοις.
σφαλε ἰσϑαιΐ dubia scriptura apud Xenoph. Conviv. 2, 25. ταχὺ
ἡμῖν καὶ τὰ σώματα καὶ α γνῶμαι σφαλοῦνται. σφαλοῦν-
ται in margine Stobaei superest, in textu σφάλλονται. Ceterum
δσφαλήσεσθϑαι frequentissimum "est.
ἀποκαϑαρεῖσθαι. Xen. Cyr. Il, 2, 27. Ed δὲ ἴστε ---- ὅτι
οὐδὲ τοῦτο μόνον ὠφελοῦσιν of κακοὶ ἀφαιρεϑέντες --- ἀλλὰ
καὶ — ταύτης (sc. κακίας) ἀποκαϑαροῦνται πάλιν. quae
omnium fere codicum scriptura recte edita est a Weiskio et
Schneidero, a Zeunio contra ἀνακαϑαροῦνται.
φϑερεῖσθαι. Soph. Oel, r. 273.
ἀλλὰ τῷ πότμῳ
τῷ νῦν φϑεφεῖσϑαι, κἄτι τοῦδ᾽ ἐχθίονι.
apud Herodotum VIII, 108 — ἡ στρατὴ διαφϑαρέεται legitur, con-
tra διαφϑερέονται ibid. IX, 42., ubi cf. adnot: Wesselingii atque
sic recte ap. Thucydidem VII, 48. φϑερεῖσϑαι scribitur, ubi plures
codd. φϑαρεῖσϑαι habent, Passivum denique φϑαρήσεσϑαι
creberrime reperitur.
Postremo πημανεῖσϑαι» τελεῖσϑαι, ὠἀναβαλεῖσϑαι»
ἐκβαλεῖσθαι, φανεῖσϑαι iam δυρτὰ proposita sunt.
4
De Graeci serm. nomin. in ἐς deminut. -Scrips. G.L. Janson. 523
De Graeci sermonis nominibus in ἃς deminutivis.
Scripsit et emendatius nunc edidit Prof. Dr. Georgius Ludovicus Janson.
Graeci sermonis nomina in ἐς deminutiva, quorum sexu signi-
ficationis 'quaedam declarari videtur proprietas, num a sua natura
adeo discesserint, ut virile quogue secus voces aliqua deminutionis
vi infringendae in muliebres mutarentur, quum guaeritur, vix ullam
afferre possunt dubitationem: animalium appellationes: κανθαρὶς sive
est scarabaeus frumentum erodens, sive piscis-quidam (Athen. VII,
326 f.) xıxuuls*), noctua. Scholiastes ad Aristoph. av. 264 κικ-
xaßnv explicans ait τὰς γλαῦκας οὕτω λέγουσιν" ὅϑεν κικκάβας
αὐτοὺς λέγουσιν" ἔστε δὲ τῆς ᾿4ϑηνᾶς᾽ οἱ δὲ κικομοΐδας ὡς Καλ-
λίμαχος ᾿
καρτ᾽ ἀγαϑὴ κικυμίς.
quod scholium aut corruptum est aut decurtatum. . Tum ἡ κορυ-
δαλίς, alauda, de cuius scriptura cf. Kiessling ad Theocr. VII, 23.
Tum λαρὶς 1. ᾳ. λάρος apud Leonidam Tarentinum VII, 162. neque
cerftum est, num σκορπίδες atque σκορπίοι diversi fuerint pisces,
quos Aristoteles in libro de anim. -V, 9, & p. 194 saepius comme-
morat. cf. Athen, VII, 320 f.
“Animantium**) quoque sexus hac ratione discriminari posse
exemplo est ἀλέκτωρ ἀλεκτορίς., sed caetera, quorum memoria suc-
currit, paraschematista sunt, aut diversas species significant, βάτος
et Paris, φύκης et puxlg? Sic defendi potest Alexidis orgovdig,
υἱὲ Dindorfius scripsit apud Athen. XII, 565 e, contra Casaubonum
qui στρουϑός expresserat. quamvis Homero Il. II, 311
ἔνϑα δ᾽ ἔσαν στρουϑοῖο νεοσσοὶ νήπια τέκνα .
nomen commune fuerit. Eiusdem notae videtur esse ϑυννίς. Ex
grammatico quodam Etym. m. p. 459, 21: ϑυννίδες οἵ νῦν ϑύννοι
ἢ ἄλλοι τινὲς ἰχθύες patet, iam veteribus non salis constitisse,
quomodo illi inter sese pisces discrepaverint, etsi Athenaeus
p. 808. testatar: Σώστρατος δὲ ἐν δευτέρῳ περὶ ξώων τὴν πηλα-
μύδα ϑυννίδα καλεῖσθαι λέγει" μείξω δὲ γινομένην.» ϑύννον᾽ ἔτι
δὲ μείζονα ὄρκυνον᾽ infra subiungens verba: Athenienses dixisse
Buvvlöas, quos alii ϑύννους, cf. Aristoph, et Iphicrat. apud Athen.
II, 118 d. IV, 131 4. Huiusmodi species etiam a primitivis ae-
qualis sexus denominatas esse, ut βελονίς. δρακαινίς, nasvig, σαυ-
eic, Veıvic, infra ostendemus. Eadem cautio, ne voces quae pri-
mitiva videntur habere, temere deminutiva putentur, adhibenda est
in plantaram quodam genere, ut τευτλίς 5. σευτλίς, quamvis Athen:
IX, 370 Diphilum citet comicum aliquem vituperantem qui τευτλίς
usurpaverit pro τεῦτλον. Similiter Attici dapavig accurate distin-
zerunt a ῥάφανος. cf. Lob. ad Phryn. 141. Eiusdem forsitan sit
generis ὁροδαμνίς apınd Theoerit. VIII, 88.
*) Of. Lobeck. pathol. p. 1711. . '
*) Sunt verba Lobeckiü pathol. p. 46.
524 De Graeci sermonis nominibus in ἃς deminutivis.
τοὶ δὲ ποτὶ omssgais ὁροδαμνίσιν αἰϑαλίωνες.
a quo epyllio deminutivum longe abhorret, quam ad rem convenit
scholiastes h.1. dicens ὀροδαμίδες παντὸς δένδρου τοὺς κλάδους λέγει.
In huiusmodi igitar nominibus, nisi in animantibus per sexum
femininae significarentur, generis mutatio aperte nititur paronymia,
de cuwius ratione infra copiosius exponetur. Plus vero mirationis fa-
ciunt rerum nomina, quae ab impari genere profecta demisntiva
fere iudicantur, ut βαϑμίς, cuius ultima syllaba contra Pindari usum
a Meleagro epigrammatista (VII, 428) producta est, quod neque
quam significat statuae basin, ut apud Pind, N: 5, 1 unde per
figuram apull eundem Pyth. 5, 7
αἰῶνος ἀκρᾶν βαϑμίδων ἄπο᾽
cf. Hesych. neque quum ἃ Polluce ad peculiarem medicorum usum
respiciente explicatur: αὕτη ἡ συμβολὴ τοῦ πήχεως πρὸς τὸν βρα-
χίονα βαϑμὶς καλεῖται (cf. Foes. Oecon. Hippocr. s. v. βαϑμίς) ad
deminutivi se rationem referri patitur. Ceterum videtur hoc ab
Atticorum usu abhorruisse.,. Nam unus Aeschyli suppl. 876 locus,
ubi Badul legitur corruptus est. Trieliains autem Sophoclis Oed.
R. 142 βάϑρα per βαϑμίδες ‚exponendo: ὁ τόπος ἔνϑα ] ἐκκλη-
σία ἐγένετο, βαϑμίσιν ἦν κύκλῳ διειλημμένος. ἄλλα ἐπ᾽ ἄλλαις.
haud dnbie ad soae aetatis usum respexit. Huic et origine et sigui-
ficatu affine est αὖ βωμέδες.» proprie arulae sive earum formam
referentes gradus, semel apud Herodotum I, 126 ἐποιήϑη δὲ ὧδε
αὕτη ἡ πυραμίς" ἀναβαϑμῶν τρόπον; τὰς μετεξέτεροι κρόσσας» οὗ
δὲ βωμέδας ὀνομάξουσιν.. Deinde ex Atticorum fragmentis huc
afferri potest ἢ κωρυ κίς culeus, Jdeminutivam vulgo appellatum,
Eustathius p. 1684, 87 κώρυκον δὲ τὸν ϑύλανον. --- οἱ δὲ παλαιοὶ
καὶ κωρυκίδ α τὸ τοιοῦτον σκεῦος καλοῦσιν; παράγοντες καὶ
᾿Δριστοφάνους χρῆσιν τοιαύτην.
- Σπυρὶς οὐ μικρὰ καὶ κωρυκὶς ἥ. τοὺς μάττοντας ἐγείρει.
quae ex Holcadibus sumpta esse colligi potest ex. Polluce X, 172.
Tum’ translatum fuit ad rubiginem, qua laborant: ulmi secundum
Theophr. hist. plat. 3, 15. Huius loci etiam est orvälg, quod uon
semel de loco certät cum ornäls, cf. Strab. T. II. p.226 ed. Tschuck.
Piut. Pompei. 24. Vere autem deminutivum est impari sexu notabile
nomen Ψωμὶς» offula, a lexicographis omissam, quod secundum
Athenaeum IX, 188. Aristoteles usurpavit. Tum extremae Graeci-
tatis βροχές» tendicula, demiutivum, ut videtur, apud Oppianum 1,
8595. Incertior vero deminutionis vis apparet in quibusdam vasis
atque instrumentis, quae propter significationis -proprietatem etiam
species suorum esse possunt primitivorum, οἷ. χυαϑές, κοτυλῶδες
ἀγγεῖον apud Athen. XI, 480 b. ubi Sophron citatus est. Simile
videtur esse ‚populg sportula, proprie corbis ex iuncis texta, cf.
Aristoph. Vesp. 58. et ibi schol, eandem illud secutum analogiam
quam σαργανίς, de quo infra, et σχοινές, ultima syllaba longa,
funis ex iuncis factus, neque quisquam, denique vocab. zloxauis,
quod idem esse atque ὅ πλόκαμος dicit Eustathius ad deminutivi
Seripsit G. Lud. Janson. 525
vim revocaverit.‘ Ceterum poetas ultimam huius vocabuli syliabam
produxisse notum est. cf. Spohn. de extr. p. Od. p. 175. Tertiae
denique flexionis impari sexu insignia sunt zıvexic, tabula, quo usi
sunt Machon ap. Athen. XIII, 582 c. Philyllius ap. Polluc, X, 58.
cf. Spohn. de extr. Od. part. p. 175: Deinde xavovig, regula i. e,
ἐργαλεῖον καλλιγραφικὸν secundum Suidam idque ultima longa vere
videtur habere significationeg '‘deminutiram. Postremo a neutrius
generis primitivis proficiscuntur nulla deminutiva in ἐς nisi illud-ex-
tremae aetatis vocabulum φασγανίς » culter tonsorins, quo Phanias
in A. P,VI, 80 usus est. Nam reliqua quae videntur pro ποῖ
hypocorismo certare, immerito hunc locum obtinent, ‘ut ἡ προσωπίς
sine ratione a lexicographis deminutirum appellatum. Pollux enim X,
227, servavit ex Aristophanis Danaidibus fragmentum, ex quo ap-
paret fuisse inter τὸ ἐν yvvarsavlrıdı σκεύη atque alibi idem Il. 453
καὶ παρωπὶς δὲ, ἡ καλουμένη τῶν γυναίων (ser. γυναιπῶν) προ-
σωπίς εἰ Hesychius ad suae, ut videtur, aetatis usum spectans:
προσωπεῖον ἡ νῦν καλουμένη προσωπίς. Neque deminutivum est
κληματίς,), pluraliter tantum dicetum. Βεείε΄ Hesychius κληματίδες
αἵ τῶν κλημάτων δέσμαι, cf. Jungerm. ad Poll. VII, 109. Hane
collectivam significationem confirmant quum Thucydides VII, 53 καὶ
ἐπὶ τὰς λοιπὰς ἐμπρῆσαι βουλόμενοι ὁλκάδα παλαιὰν κληματίδων
καὶ δἄδος γεμίσαντες ,) tum Aristophanes 'Thesm. 728 ᾿
. ἴωμεν ἐπὶ τὰς κληματίδας, ὦ Μανία"
cf. Diod. Sic. XII, 18. Lucian. epigr. A. P.VI, 238. Hinc suam
fortasse habet explicationem ἢ χαμευνίς 9 stramentum, cuius pluralis
χαμευνίδες (Theocr. VII, 103) explicatur a scholiasta Aristoph.
pac. 436. ᾿ἰδίως στιβάδας τὰς χαμευνίδας ἐκάλουν. Ä
Ut tamen, ne quid omisisse videamur, ad.illa priora“redeam,
adiectivorum formam prae se ferre videntur haec: ἡ ἐσοπτρίς, spe-
culam, cf. Jacobs ad A. P.T. VIII. p. 169. ἡ μετανιπτρίς. 1. q.
μετάνιπτρον Athen. XV. p. 698. αἵ megıßaglösg, calceamenta mur
liebria apud Aristoph Lys. 45. μυρτοχειλίδες pro μυρτόχειλα dietum.
cf. Poll. II, 174. Haec vero adiectivi species etiam clarius per-
‚spicitur, quuam voecula in ἐς vel a colore, quem res refert, νοὶ ab
alia proprietate denominata est, ut πιτυρίς.» sc. ἐλαία. cf. Athen. II,
65 c. Volgaris autem sermonis nomina in ἐς terminata, quae a neu-
trius generis primitivis repeti possunt, sunt Asmig s. λοπὶς (cf. Lob. -
pathol. p.443) et μερίς ἢ» quae nemo adhuc in deminutivis collo-
cavit. Improbatum tamen fuisse Attieis talem metaschematismum,
quo sine ulla significationis mntatione nomina in alias transirent for-
mas, .licet videre ex Athenaeo IV. p.658 c. reprehendente Macedo-
nes, qui. mensam secundam "ἐπιδειπνὶς᾽ dixerint pro vulgari ἐπέ-
deınvov. Hac vituperatione num dignus sit Diotimus, qui in epi-
grammate quodam A, P. VI, 267 ὀνϑεμίς, flos, usurpavit pro
Ὁ) 'Tragicorum solus eo usus est Eurip. Suppl, 238.
5926 De Graeci sermonis nominibus in sg deminutivis,
ἄνϑεμον, quum illnd etiam esse possit päronymon voculae obsoletae
ab Hesychio servätae ὠνθέμη, vix potest discerni.
His igitur nominibus nemo erit qui comprobet, Atticos in huius-
modi deminutivis formandis ad primitivorum sezum non respexisse.
Raro haec regula ab iis migrata est in deminutivis duplicis formae
sexog et soxn, uti in σκελίσκος apud Aristoph. Eccl. 1203. σανδα-
Aloxog Aristuph. ran. 409. mirabiliusque si corruptela vacat, in
- αἰγίσκος apud. Hesychium, ' At κοτυλίσκος ap, Athen. XI, 479 c.
etiam a κότυλος (Athen. p.480 b.) duci potest.
e Quantum vero in Graecorum sermone valuerit paronymia, in-
᾿ telligitur ex magna vocabulorum in ἐς exeuntium, quae a suis pri-
mitivis significatione haud differre inveniuntur, copia. Ita iam ex
vetustissimi po&tae usu liquet fuisse nomina in ἐς) quae primigenito-
rum vim ac potestatem vel aequipararent vel per metopymiam quan-
dam ad eorum quasi dignitatem adspirarent. Haec autem alia gravi,
alia acuto scribebantur accentu. . ‘Veterrimos Atticos’ inquit Lo-
beckius ad Phryn. p. 165 “ἴγδιν dixisse apparet ex Aristophanis et
Solonis-versibus’ et scholiastes ad Theocr. I, 75 (p. 837 ed. Kiessl.)
ἔστε δὲ ἡ δάμαλις. τῆς δαμάλεως" οἵ δὲ ποιηταὶ καὶ ἡ δαμάλη
τῆς δαμάληρ λέγουσιν. ἀφ᾽ οὗ ἐνταῦϑα al δαμάλαι. Pertinet huc
Etym. m. p.379, 21. ἐροτὶς (scr. ἔροτις) ἡ ἐροτή )" ὡς γὰρ παρὰ
τὸ κάλπη καλπις᾽ καὶ φήμη ping" οὕτω καὶ τὸ ἑορτὴ ἑορτὶς καὶ
καϑ᾽ ὑπέρϑεσιν ἐφοτίς (ser. ἔροτιο) dg αὐλὴ αὐλὶς (scr. αὖλις).
cf. Seidier. ad Eurip, Electr. 620. Idem metaschematismus est m
ἄκοιτις» κίϑαρις, ἄκρις (jugum), κύστις, κόνις» τράμις, hoc postre-
mum apud Aristophanem οἱ Lucianum. Ia nonnallis huins generis
vocabulis accentus fluctuat, ut in δάπις et zanlc, cf. Sturz. lex,
Xen, 8. v. et xlorıg pro κιστίς fortasse ludente Aristophane propter
κύστις. cf. Eimslei. ad Aristoph. Acharn. 1099. -Herodianus secun-
dum schol. Arist. Vesp. exponens τοὺς καδίσκους per καάλπεις. ἔνϑα
τὰς ψήφους xadlesav ol δικάζοντες. (cf. Jacobs A. P.-p. 309)
aperte distinzit a καλπίς, quod fuit pocali genus ab- Athenaeo XI,
468 f. ex Philemane citatum. Multa tamen praeterea in ig desinen-
tia nomina eodem, atque deminutiva, accenta distincta,' horum signi-
fieatu carent. In his iterum secerneridi sunt animantes a rebus, qua-
rum non pauca in ες formata nomina putanda suat paronyma, Prioris
generis sunt dumis Homeri aliorumgue po&tarum usu nobilitatum,
Atticis vitatum,- posterioris aetatis scriptoribus, ut Plutareh; vit. Ea-
mill. 33. non spretum. Ea autem Atticistis interdum improbata fuisse,
exemplo est "Thomas Magister, qui ab Attieis abiudicat £rarelg,
quo non modo Xenophon, sed alii quoque speetatae auctoritatis
scriptores usi sunt, quamvis eiusdem notae nomina Begamauwvig
(Plat. de legg. VII, 808), ὀρχηστρὶς apud Aristoph. παλλαπκὶς non
tantum Homeri, sed optimi cuiusque scriptoris usu comprobata sint,
Dinlcke Fa in libello, qui inscriptus est: Ueber den Aeolischen
Scripsit G. Lad. Janson, ᾿ 527
omnisque fides videtar deroganda scholiastae Aristophanis Plut. 435.
discriminanti καπηλίς. acutum, velut deminutivum, a κάπηλις gra-
vato: ἡ τὸν οἶνον πιπράσκουσα γννή.
Eodem modo formatum est ἀμνίς (cf. Lobeck. pathol, 452. 8.7.),
sic tamen, ut ab ἀμνὴ et ἀμνὸς derivatum esse possit. Cum his
vocibus faciant nomina per mefonymiam. formata, maximam partem
a poetis frequentata, ut zuvig, uxor, ap. Eurip. I. A. 397. σηκές,
ancilla, apud Aristophanem, Zewrig, amica, apud Thecer. IV, 59.
pariterque κλεμακίδες, scilicet κολαχίδες, quarum per terga ut per
scalas Artabazi mulieres rhedas ascendere solere ait Clearchus ap.
Athen. VI, 256. cf. Plut. discr. adul. et amic, 5. neque multum
interest, utrum τηϑίς.» matertera, cum Lobeckio ad Phryn. p. 134.
deminutivum dicas, an metonymon, ut αἀλχυονὶς Apollon, Rhod. I,
1085, si est pullus halcyonis. Eiusdem analogiae sunt, quarum
primitiva sunt mascula iam supra citata, quibus nonnulla, quod ad
primitiva attinet, ὁμογενῆ respondere videntur «nöovig Eurip,
Rhes. 506. Theocr. VIII, 38. χελιδονὶς Jacobs A. P. T. III. p. 866.
κακκαβίς, perdix, Alcman. ap. Athen. IX, 389. Haec häctenus de
animalibus. Jam alterius classis, quibus res significantur, nomina
non alia nisi terminationis diversitate a primitivis diversa sunt ληῖς
᾿ apud Homerum et Aeschylum, παρηΐς apud Aeschylum et Euripidem.
Eadem forma notatum est af ἀγκαλέδες apud Homerum, ut in for-
mulis ἐν ἀγκαλίδεσσι εὕδειν εἰ φέρειν atque ἀγκαλιδοφόροε 5. ἀγκα-
λιδηφόροι εἰ ἀγκαλεδαγωγεῖν certum definitumque derivati usum satis
comprobant. Ut vero de Homeri tragicorumgue, a quorum dicendi
genere. deminutiva abhorrere dicuntur, usu conficcam, iam comme-
meoranda sunt, quibus vulge hypocorismus attribuitur, primum Ho-
meri oxapig et ψηφίς. ' Illud in Etym. m. deminutivum appellatum
in vasis culinariis habetur a Polluce X, 24 μάκτραν explicante,
quam. et eandem significationem etiam primitivo assignat. Galenus
denique in lexico Hippocr. dicit Atticis *) σκαφίδα fuisse ποιμενικὴν
σκάφην» illum Homeri Od. IX, 223 versum-subiungens. cf. Athen. XI,
499 f. Huius igitur voculae deminutio non clare perspicitur. At
magis est dubia res in ψηφίς» cuius ultima syllaba contra deminu-
tirorum rationem producitur. Quod si quaeritar, num de lapide,
ut aiunt, pagillari usurpatum fuerit, lusit quidem Hipponax apud
Athen, XV, 698 c.
Μοῦσά μοι Εὐρυμέδοντ᾽ ἄδοις τὴν ποντοχάρυβδιν
τὴν ἐγγαστριμάχαιραν, ὃς ἐσϑίει οὐ κατὰ κόσμον"
ἔννεφ᾽ ὅπως ψηφῖδι κακῇ κακὸν οἶτον ὅληται ᾿
βουλῇ δημοσίῃ παρὰ ϑῖν᾽ ἁλὸς ἀτρυγέτοιο"
cf. Diod. Sic. V, 26. atque Herodotus VI, 109 nomine composito
ψηφιδοφόρον eum significavit, qui suffragium fert. Sed ex Homero,
qui eo semel ἢ, XXI, 263 usus est, de lapillis maritimis, lexico-
*) Cf. Pollux X, 102., qui id voc, ex Aristophanis Holcadibus citat, et
schol. Theocr..V, 59.
528 De Graeci sermonis' nominibas in ἐς deminutivis,
graphoram veterum interpretatio probatur, ut Zonarae ἰεχίς, p. 1872
οἵ μικροὶ λέϑοι. cf. Etym. magn. Recentiorum deinceps scriptorum usus
non est rarus, ut Lucian. Piscat. 75. Pausan. I, 71 et alibi. Hinc
ergo, quamquam concedatar oportet, derivati cum primitivo signifi-
eationem omnino concinuisse, de vera huius voculae deminutionis vi
aliquastum dubitari potest. Veram autem paronymiam animadver-
timus apud Homerum in πλημυρίς 8. πλημμυρέξ. cuius primitivum
Homero ignotum est, quum tragicis tum ipsis prosaicis probatum,
Tragicorum deinde sunt- negovig, zenvis, orollg, στροφίς9 quae
iniuria habentur in deminutivis. Ac primum quidem περονές. fibula,
„Soph. Trach. 921. non differt a primitivi sui significatione. Etiam
minor est hypocorismi species in χρῃνίς» cuius ultima syllaba pro-
ducitur, apud Eurip. Hippol. 210,
Πῶς ἂν δροσερᾶς ἀπὸ κρηνῖδος
καθαρῶν ὑδάτων nom ἀρυσαίμην.
quod insequentibus verbis (v. 225) τί δὲ κρηναίων νασμῶν ἔρασαι
suam invenit explicationem. Neque magis deminutivum esse στολίς;
patet ex Eurip. Bacch. 929,
tövei τέ σοι χαλῶσε κοὐχ ξξῆς πέπλων
στολίδες ὑπὸ σφύραισι τείνουσιν σέϑεν. .
εἴ, id. Phoen. 1505. oroAlöx κροκόεσσαν. Helen. 1372. νεβρῶν
παμποίκιλοι στολίδερ. meque recentiorum po&@tarum, qui in nostris
“lexicis citantur, usus pro deminutiva significatione certat. Derivata
denique, quae inde evaserunt nomina, ut στολιδωσαμένη apud Eurip.
Phoen. 1768 et στολιδωτὸρ apud Xenoph, Cyrop. 6, 4, 2 clare
ostendunt, certam iam fuisse, qua cum primitivo fere adaequaretur,
significationem. Postremo orpopig apud Euripidem Androm. 719,
σιλεκτὰς ἱμάτων στροφίδας est de habenarum loramentis (cf. Lobeck.
pathol. p. 460). Atque hanc formandi rationem Iyricorum potissimum
fuisse propriam, quum ex tragicorum canticis apparet tum ex paucis
illorım poetarum fragmentis, ut μηλὶς i.q. μηλέα et οἐνανϑίδες
i. q. οἶνάνϑαι citantur ex Ibyco ab Athenaeo XIH. p. 601 b.
Haec proxime attingunt, quorum primitiva verbalia abstractam,
ut aiunt, habent vim, quae quum forma in ἐς exprimantur, con-
cretam fere recipiunt. Hanc autem formationem minus recte demi-
nntivam dicit Methodius in Etym. magn. 48, 44 axlg, τὸ τοῦ βέλους
σιδήριον παρὼ τὸ ἀκή᾽ παρὰ τὸ ἀκὴ οὖν γίνεται ὑποκοριστικῶς
ἀκίς. σκάφη σκαφίς» ἀμνὴ auvls. Atque raro tantummodo talia
primitivorum vim aequant, ut v. ἃ. βολὲς etiam pro βολῇ valet,
cf. Lobeckii pathol. p.450. Eiusdem rationis sunt γλυφές» crena,
Homeri a posterioris aetatis poötis etiam pro telo positum. Tum
4] γραφίς 9 penecillus, apud Aristophan. Ran. 1545 et alibi obvium.
Tum κοπὶς et gladius Persicus apud Xenophontem, unde κοπίδι
βαρβαρικῇ apud Plut. vit. Alex. 15 (cf. Curt. VIII, 14, 29), et cul-
ter victimarius apud Euripidem, unde Strabo μαγειρικῇ κοπίδι.
Sic κουρὶς paronymon in Etym. magn, 534, 10, apte appellatum,
cf. Bekk..Anecd. 47. κουρίδες, μάχαιραι, αἷς κείρουσι τὰ πρόβατα.
Scripsit G@. Lud.' Janson. 529
Rinsdem notae est &eis, scalprum, μεταλλικὸν σκεῦος καὶ λιϑουρ-
᾿γικὸν secundum Hesychium. cf. A. Pl. 1. IV. ep. 68. Tum σφαγίς,
culter vietimarius , apud Eurip. Blect. 816. ° Cum hoc congruit ἡ
δσρίς, cuius siguificationis ratio exposita est in Etym. magn. p. 284, 13,
δορίδες. μάχαιραι μαγειρικαὶ εἰς τὸ ἐκδείρειν τὰ ϑύματα ἐπιτήδειαι.
cf. Pull. VI, 89. X, 104. Hesch. s. v. eique semiel occurri ap.
Athen. IV. p. 169. tum δαφίς» acus sutoria, cf. Bekk. anecd. 113, 14
et piscis quidem, cf. Suidas 8. v. Jam proponenda sunt quoram
primitiva cum derivatorum vi ac potestate plane consentiunt. De
nominum λαβίς. ὀλπίς παγὶς ‚paronymia jam din egit summus vir
ad Phryn, p. 256.
Animantium sunt quaedam piscium species ut βελονὶς Hermippus
ap. Poll. X, 136 qui et βελόνη pro pisce ex Eupolide citavit. cf.
Athen. VII, 323 b. abi Speusippus composuit: πέστραν » βελόνην;
᾿ cavoide, de quo mox. 'Tum δρακαινὶς in piscihim catalogo tomme-
moratur ab Ephippo apud Athen. VII, 322. μαινίς, 1. 4. μαΐίνη,
Aristoph. Ran. 1012. pisciculus, qui halecis instar sale condiebatur.
cf. Athen. VII. p.342. Tum σαυρὶς nominis et σαύρα et σαῦρος
paronymon in medio- proposuit Speusippus ap. Athen, loco supra
citato. Tum vaıvig Epicharmus ap. Athen. Vil, 306. cf. p.226 e.
Numenius ib. Ρ. 323, eundem piscem dicit ὕαιναν, neque voculae
roıyAlg, quae in lexicis ut deminutivum prostat, ex paucisimis qui-
dem, quibus legitur locis, species satis clarä est, quamquam Dorion
ἐν τῷ περὶ ἰχϑύων ap. ‚Athen. vil, 300 f. esculentis piscibus ad-
numerat τριγλίδας μιπράς: quo attributo αὐ deminntie describatur,
tantum abest, ut contrarinm demonstrari possit, neque quidquam
alter Athenaei loeus p. 313 c. probat, ubi ex Epicharmo Hecatae
referuntur cibi: μαινίδες καὶ τριγλίδες.
Tum rerum appellationes: ἡ ἀτμίς *), vapor, cuius paronymon
ἀτμὴ apud Hesiod. theog. 486 legitur, in Bekk. anecd. 460: ἀναϑυ-
μίασις. ἄκρον πυρός. ut apud Athen. II, 410, πυρὸς ἀτμίς: cf.
Plat. Tim.431 4 (87a), Berod. IV, 75.
ἀνεμωνὶς Nicander ‚ap. Athen. xv. Ρ. 684 c.
ἀρβυλίς, calceus, in Etym. magn. 135, 10 recte .in paronymis
numeratum semel legitur apud Theocr.7, 26.
διφϑερίς., i. q. διφϑέρα9 Α. Ρ IX, 540.
ϑοιδακινίς, lactaca Strattis ap. Athen. II, 69 a. καλαμίς, cf. Papii
lexic. ἡ
Aopvis, ij. 4. λοφνία, legitur in Thessali epigrammate A. P.IX, 20.
cf. Etym. magn. s. v. Stephanus in _thes. L. Gr. affert Athenaeum
λοφνίαν esse dicentem τὴν ἐκ φλοιοῦ λαμπάδα.
vorlg, cuius primitivum νοτέα solum ροδίαγταπι est, non modo
tragicis, sed etiam Atticis usurpatum. cf. Plat. Tim, 60 d.
*%) Schol. Aeschyl. ad Sept. c. Theb. 50. καπνὸς ἀπὸ ὕλου" ἀτμὸς
ἀπὸ ὕδατος" αἰϑαάλη ἀπὸ λέϑου" βδῆλος ἀπὸ λύχνων" λιγνυς ἀπὸ ἐλαίου
καὶ κηροῦ" κνίσσα δὲ ἀπὸ κρεῶν.
Archiv f. Phil.u. Paedag. Βα. ΧΙΧ, Hft. 4. 834
530 De Graeci sermonis nominibus in ἐς deminutivis.
πεζίς» limbus, i.q. πέζ.ε. Apud Photium p. 401. πεξίδα τὴν
ὦαν τοῦ ἱματίου" ᾿Αφριστοφάνης σκηνὰς καταλαμβανούσαις.
oapyavis; corbis, de cuius formatione supra p. 6. dictum est, cor-
rexit Porsonus adv. p. 7. σαργανίσιν Pro sapyavoicı in Pra-
tinae versu ap. Athen. IH. p.119 c. ch, Meinek. frgm. Com.
T, II, 1. νυ. 41.
onpapls, i. q. σησαμῇ, satis antiquos auctores invenit Stesichorum
aut Ibycum secundum Athen. IV, 172 e. et Eapolin sec. eund.
XIV, 646 f. quod schol, ad Ar, pac, 834. posteriorum po&-
tarum usui adscripsit,
σταφυλίς. uva, i.q. σταφυλή. apud Theocr. 27, 9,
oradls, spatha. Aristoph. “Ζαιταλεῦσιν apud Poll, X, 119. cf. ib.
VII, 74.
χελωνίς, i 1.q. χελώνη» Posidonius ap. Athen. V, 210 f. cf. Papii lexic.
goswınds, cuius pluralis apud Demostbenem contr. Androt. 22, 72
et advers, Timocrat. 24, 180 modioli sunt coronarum, quae signi-
ficatio translata est a curruum modiolis, quibus axis inditur, Ionibus
πλῆμναι vocatae, cf, Etym. magn. 675, 40 et 822, 9. Scholiastes
ad Aristoph. Plut.275 cum yeivız illanı vocem componens: αἱ γὰρ
χοινικίδες πέδαι τινές εἶσιν" χοῖνιξ δὲ πᾶν περιφερές διὸ καὶ
τὸ μέτρον χοῖνιξ καλεῖται. — haud scio an ad 5086 aetatis usum.
respexerit.
qurels, olla, primitivo sigoificatione simile num ultimam syllabam
habuerit longam, ambigitar, quum Porsonus Batonis versum ap.
Athen. VII, 279,
καὶ Aeoßlov χυτρῖδε λαμβάνειν δύο, -
ufi Schweigh. expresserat, ad Aristoph, Acharn. 1170, emendaverit
χυτρίδια. Ita χυτρῖδες ex Aristotele citavit Athen. XI, 464 c., ubi
ante Dindarfium οχυτρίδες scribebatur. Apud Herodotum ν, 88,
variatur ἐκ χυτρίδων εἰ ἐκ χυτρίων. οἴ, ad h. |. Creuzer.
lam progredimur ad ipsa deminutiva in ἃς terminata. Haec
propter suum sexum maxima parte a primae flexionis nominibus
oriri per se clarum est. Cuius generis sunt haec:
ἁμαξὶς plostellum. Herod. III, 113. Aristoph. Nub. 854, 870,
ὉΔῚ ab uno scholiasta μικρὸν ἁμάξιον., ab altero nescio quo
iure πλακοῦντος εἶδος, quod placantulae genus illius tempore
κοπρὴ vocatum fuerit, exponitur.
ἐσχαρίς 9 turibulum. cf. Poll, X, 101. Alexis apud Athen.XIV, 642 f.
ubi olim male scribebatur Eayapıg , legitur praeterea apud
Plutarch, Poplic. 17.. Crass. 16.
θυρίς. fenestra, Plat. de rep. 869 ἡ. Aristophan. Vesp. 338 et
. erebro alibi,
καλπὶς ἃ κάλσις diversum, cf. p. 8.
κεφαλὶς proprie eapitulum ad extremas aliarum rerum transfertur
partes, ut κεφαλίδες ἥλων ap. Athen. XI, 488.
xAuvig, cf. Papii lexic,
xıorls, cistula, Aristoph. Ach. 1138. cf. p.8.
Scripsit G. Lud. Janson. 931
κοιτὶς eiusdem significationis a recentioribus crebro usurpatum.
οἵ. Papüi lexic.
xogmwig, corolla. Stesich. ap. Athen. IN, 81 d.
κρεαγφίς, parvulus forceps. Ariston. A. P. VI, 806.
xurpelis, arcula. Aristol. h. a. 9. 30, De aurium sordibus aeque
ac κυψέλη Lucian. Lexiph. 9. cf. schol.
λεκανέρ, patella. Teleclides comicus iam a nostris lexicis Jaudatus.
λογχίς, parvula hasta, Lycophronides ap. Athen. XV, 670 e.
μαχαιρίς. culter culinarius. cf. Iungerm. ad Poll. X, 89. unde
apud Aristoph. eq. 410. cum Bekkero secundam Poll, X, 104.
μαχαιρίδων τε πληγὰς seribendum est pro μαχαϊριδέων τὲ πλ. “
uti prius scribebatur. Idem Pollux X, 140, citat Eupolin qui ᾿
pro novacula usurpaverit. cf. Phot. lexic. 250.
πελλίς ," pelvis, Hipponax ap. Athen. XI, 495 d. qui et ὧς πελ-.
Aldog* et ἐκ πέλλης πίνειν dixisse fertur, ubi et Phoenicis Co-
lophonii auctoritas adscripta est.
zcvAlg, ostiolum 5. portula, Thucydidi, Herodoto aliisque fre-
quenter usurpatum.
osıols, funiculas. Xenoph. Tyneg. 9, 14, 19.
oxvroils, parvus fustis. Herod. ἵν, 60, Strab. T. γι. Ῥ. 114 ed.
Tschuck.
oxnvis;, umbracolom, Plutarch. Lucull. 7.
ornAls, cf. p. 6.
στραγγαλίς. resticula. Strattis ap. Poll, X, 183 et figurate στραγ-
γαλίδες τὰ δύσλυτα ἄμματα. cf. Suid. 8. v. et Zonar, ‚lex. 1674,
unde Pherecrates apud Phot. p. 541, ὑμεῖς yag ἀεὶ στραγ-
γαλίδας ἐσφίγγετε. cf. Plut. de Stoic. repugn. 2.
φιαλίς, scutella, Lucian. Lexiph. 7.
Deinde secundae flexionis primitiva quae mascula ita deminuta
videntur, supra βαϑμίς, Bouls, κωρυκίς, ὁροδαμνίς. ψωμίς, βροχὶς
sunt allata. Cetera nullum generis discrimen habent, ut ἀμπελίς,
vitecula , Aristoph. Acharn. 959. cf. Lob. patholog. p. 463.
aßdıyis, eorbicula, in lexicis vulgaribus. omissum, legitur apud
Athen. IV, 189 c. ab καὶ ἄδῥιχος oriundum, quo ΔΙ οὶ quidem |
usi fuisse dienntur. cf. Bekk. anecd. 446,
δοπίς, virgula. cf. Papiüi lex. .
νησίς» de cuius ultimae ayllabae productione v. Draco p.23, 4.
qui et idepf 47, 20. eandem esse affırmat brevem, unde non
usquequaque aequalis tenor servatur. cf. ‘Herod. VIII, 76.
Plut. Luc. 24. Diod, Sic.V, 38. Atticorum creber. est usus.
cf. Thoc. VIII, 14. et Papii lex.
πλινϑίς, posteriorum fuisse scriptorum dicit Papius in lexico,
euius locis citatis adde Callixenum Rhodium apud Atben.V, 206 c.
προχοῖς plerumque deminutivum vocatum semel apud Xenoph.
Cyrop. 8, 8, 10, invenitur, ubi matula explicatur. cf. Bornem.
ad h.1. Athen, XI, 496 e. In Bekk, anecd. 292. προχοῖς ἐπί-
χυσις καλουμένη videtur de poculo, quo salus propinatur, diei.
34”
%
532 Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius.
Tertiae denique declinationis primitiva paucis absolvi possunt.
De inaegaali, si cum’eorum primitivis comparantor, Dominum πενακὶς
et xavovig‘ genere iam supra dictum est. Aequalis generis sunt
κλιμακίδες , parvulae scalae, de cnius vocis metonymia supra expo-
sitom est, in Bekkeri anecd. 272, 18. αἵ τῶν πλοίων ἀποβάθϑραι
explicatum. cf. Poll. , 97, 10. εἰ κυλικίές» pyxidicula, quod ab
Athen. XI, 480 c. officinae medicae apad Athenienses vasculum fuisse
dicitur.
Ut iam eorum, quae ante sunt disputata, rationem ineam, rei
summa haec fere est: primum nulla fuisse in .; deminutiva, decli-
nata a nominibus animantes plantasve significantibus; deinde horum
deminutivorum sexui ea tautum convenientia fuisse nomina, quae
cum iis hac in re congruerent; denique ultimam eoram syllabam,
paucis, de quoraum natura adhuc certatur, exceptis, esse brevem.
Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius
mitbesonderer Rücksicht auf die zweite Schulausgabe derselben
von Halm, Leipzig, Weidmann’sche Buchhandlung (1853).
Von Dr. C. E. Putsche zu Weimar,
Nicht eine Anzeige oder Benrtheilung der Halm’schen Ausgabe,
über deren Werth durch das schnelle Vergreifen der ersten Auflage
bereits das untrüglichste Urtheil gefällt worden ist, beabsichtige ich
mit diesen Zeilen, sondern Nachträge, Zusätze, Verbesserungsvor-
schläge zu derselben, welche bei dem eben so humanen als gelehr-
ten Herausgeber gewiss nicht minder freundliche Aufnahme finden
werden, als die Recension von Ameis iu der zweiten Auflage der
Miloniana bereits gefunden hat.
Eine Hauptzierde der Halm’schen Schulausgaben von Cicero’s
Reden sind die Einleitungen, an denen ich nicht einmal das weg-
wünschte, was besonders an der Einleitung zu den. catilinarischen
Reden als ein embarras de richesses bezeichnet worden ist, nämlich
die unter dem Texte der Einleitung als Noten angebrachten Quellen-
citate, von welchen ich die lateinischen wenigstens nicht gern mis-
sen würde. Ich pflege nämlich diese nicht blos durch die Trefflich-
keit ihres Inhalts, sondern auch durch die Einfachheit, Klarheit
und antike Classicität ihrer Darstellung ausgezeichneten Einleitungen
zugleich zu lateinischen Stilübungen zu benutzen, bei welchen die
‚wörtlich unter dem Texte citirten Belegstellen auch den Schülern
"bisweilen sehr zu Statten kommen, und vielleicht dürfte die Be-
nutzung solcher Einleitungen za Stilübungen (natürlich erst dann,
wenn die Lectüre der dadurch eingeleiteten Schrift selbst beendigt
ist), für Zeitersparniss, für die Spannung der Aufmerksamkeit, für
Anbildung eines echt lateinischen Colorits eben durch diese Wech-
Von Dr. Ο, E. Putsche zu Weimar. . 5893
‚selbeziehung zwischen Lectüre ‚und Stilübungen empfehlenswerther
sein als die von Firnhaber zu diesem Zwecke herausgegebenen -
Materialien zam Uebersetzen aus dem Deutschen ins
Lateinische auf dem Grunde vorausgegangener Lectüre
lateinischer Prosaiker. Freilich sind nicht alle Einleitangen
auch der übrigen Bearbeiter der Haupt-Sauppe’schen Schulausgaben
ebenso zu diesem Zwecke geeignet wie die Halm’schen. Daher
dürfte es die Brauchbarkeit dieser Ausgaben wesentlich erhöhen,
wenn auch andere klerausgeber bei einer etwaigen. neuen Auflage
die Halm’schen Einleitungen sich zum Muster nehmen und darnach
die ihrigen, von denen einige wenigstens an Breite und Schwäülstig-
keit leiden, sorgfältig umarbeiten wollten.
Was ich aber namentlich an der Halm’schen’ Ausgabe der Rede
für den Ligarius vermisse, ist für den Schluss der Einleitung eine
eingehendere Zergliederung und Nachweisung des artificium oratoris,
wie es Eichstädt zu nennen pflegte, und zwar um so mehr, als Halm
selbst bemerkt, dass diese Rede Cicero’s ‘schon im Alterthum
mit Rechtalseine seiner vollendetsten gepriesen wurde.’
Alles, was Halm in dieser Beziehung am Schluss seiner Einleitung
sagt, beschränkt sieh auf die Bemerkung Drumann’s: ‘Nur ein
Cicero konnte unter so peinlichen Verhältnissen die Würde und Frei-
müthigkeit des Republicaners mit der Feinheit und Zurückhaltung
des Hofmanns vereinigen,’ welcher Bemerkang Halm nur noch im
Allgemeinen beigefügt: *die Hoffnung einer Verzeihung wird vorzüg-
lich auf die Milde gegründet, welche der Sieger auch andern An-
häugern des Pompeius bewiesen habe. Dabei zeigt sich nun die
Geschicklichkeit des Redners besonders darin, dass, während er
unter Vergleichung der Sache des Tubero mit der des Ligarius in
der ersteren sogar noch grössere Schuld herausfindet, er zu gleicher
Zeit die Hauptmilderungsgründe für Ligarius mit grosser Kunst ein-
zuweben versteht, deren Gewicht um so schwerer wiegen musste,
als Tubero unter ganz ähnlichen Verhältnissen für eine gleiche, wenn
nicht grössere Schuld, vollständige Verzeihung - erlangt hatte? —
Zwar hat Halm die drei Haupttheile der Rede, die narratio, tra-
ctatio und deprecatio in den Anmerkungen angedeulet, doch abge-
sehen davon, dass eine solche Zerlegung des Kunstwerkes der Rede
am besten erst dann mit den Schülern vorgenommen wird, wenn
die sprachliche Erklärung des Ganzen beendigt ist, vermisst gewiss
mancher Lehrer sehr ungern eine speciellere Zergliederung der
kunstreichen Zusammenfügung der einzelnen Hanpttheile. Deshalb
wäre am Ende der Einleitung etwa folgende Uebersicht über die
Disposition der ganzen Rede zusammen zu stellen:
‚Die Rede besteht aus 5 Theilen, 1) dem ezxordium, 2) der
narratio, 8) der tractatio causae, 4) der deprecatio, 5) der per-
oratio oder conclusio, von welchen jeder mit einem besonders nach-
drücklichen Gedanken schliesst.
I) Das exordium (δ. 1 u. 2) besteht. den 8 Haupttheilen der Rede
4
584 - Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius.
entsprechend aus drei Gliedern, von weichen das erste den Gegen-
stand der Anklage (@. Ligarium in Africa fuisse), das zweite und
dritte die beiden Hauptgründe bezeiehmen, auf: welche der Redner
seine Hoffaung für die Begnadigung des Angeklagten baut, näm-
lich die Gnade des Richters und die Mitschuld des Anklägers, von
welchen beiden Gründen der erstere als der wichtigere im exordium
vorangestelit, in der Ausführung aber eben deshalb zuletzt behan-
delt, der Jetztere in der Ausführung zuerst behandelte eben deshalb
chiastisch in die Schlussworte des ezordium zusammengefasst wird:
itaque prius de 'vestro delicto eonfileamini necesse est, quam Lägarü
ullam culpam reprehendatis, -
II) Auch die narratio ($.2—5) besteht aus 3 Gliedern, in wel-
chen der Redner für das dem Ligarius zur Last gelegte Verhalten
8 Zeitabsohnitte (quod profectus est in Africam, quod remansit in
Africa, quod post adventum Vari in Africa restüi) unterscheidet
und für den ersten und zweiten die völlige Unschuld, für den drit-
ten den Drang der Umstände und die Absichtslosigkeit des Ligarius,
ja die Unlast: desselben in Africa länger zu verweilen nachweist,
und letztere durch die den Schlussgedanken der rarratio bildende
πῆρε Liebe and Selmsucht der drei Gebrüder Ligarius motivirt:
Cum ipsa legatio plena desiderü ac sollicitudinis fiisset propter in-
eredibilem quendam fratrum amorem, hic aequo animo esse potwit belli
discidio distrackus a fratribus ὃ
IIh Ebenso lassen sich drei Untertheile auch in der tractatio
(8. 6----.290) nachweisen, . Denn da ihr ganzer Zweck nicht auf Wider-
legung, sondern nur auf Schwächung der Anklage hinausläuft, so
sucht der Redner diesen Zweck zu erreichen, A) durch eine capta-
tio benevolentiae Caesars, die er in den Gedanken einkleidet, dass
Caesar dem Ligarius um so gewisser verzeihen werde, als er ja ihm,
dem Vertheidiger, und selbst dem Ankläger 'Tubero verziehen habe,
obgleich beide sielr noch mehr zu Schulden kommen liessen ($.6—10:
. acuet: oratia?); B) durch den dem Tubero gemachten Vor-
werf der Rachsucht und unmenschlicher Grausamkeit, den er je-
doch daderch mildert, dass er ihm nicht die bewusste Abscht der-
selben zutraue, sondern es nur als einen Mangel von Klugheit be-
trachte, nicht anch den Schein der Grausamkeit gemieden zu haben
($.10—16: extorquebit tuam); endlich C) durch den Beweis, dass.
die That des Ligarius wenigstens kein Verbrechen sei, 1) weil es
noch Niemand so gemannt habe, sondern nur entweder error, oder
timor, 6der spes, oder cuptditas, ‘oder odium, oder pertinacia oder
temeritas, eigentlich aber nur eine fatalis calamitas zu nennen sei;
2) weil sonst auch Pompeius und viele andere ebenfalls Verbrecher
gewesen sein würden; 3) weil Caesar es selbst. weder so genannt,
noch betrachtet habe, da ja sonst Caesar a) mit Verbrechern habe
Frieden schliessen wollen, b) sich durch die Begnadigung seiner
Gegner ein weniger grosses Verdienst um dieselbe und gar keines
um den Staat erworben haben würde, sondern weil Caesar es nur
Von Dr. C. E. Putsche za Weimar. 585
als eine secessio, nur als ein ciwile dischdium, nicht als bellum oder
hostüe odium bezeichnet habe; 4) weil beide Parteien vor guten,
patrietischen Absichten geleitet worden seien; 5) weil bei gleicher
Würde der Parteihäupter, die Parteigänger des Pompeius viel-
leicht besser gewesen wären; 6) weil die Sache anfangs verfänglich
und die Entscheidung für die eise oder die andere Partei schwierig
gewesen sei; 7) weil ja sonst 'Tubero auch ein Verbrecher, und
zwar noch ein grösserer sein würde, da er a) zwar auch auf Befehl
des Senats wie Ligarius nach Africa gegangen sei, aber za einer
Zeit, wo der Senat, welchem Ligarius gehorchen musste, keine
Macht mehr hatte, und wo sich Tubero mit Gesundheitsräcksichten
hätte entschuldigen können, b) da Tubero mit der Absicht nach
Africa abgegangen sei, es für den Pompeiue. in Besitz zu nehmen,
währemd dies nicht Ligarius, sondern Varus gethan habe, 6) da
Tubero ein viel hartnäckigerer Gegner Caesars gewesen sei, durch
welchen Grund der Redner zugleich den. energischen Schluss der
ganzen fractatio vermittelt, dass Tubero den Ligarius nur als einen
Privatfeind. verfolge und sich gewaltig irre, wenn er dem Caesar,
der grossmüthig seinen eigenen Feinden verziehen habe, Privatrache
für Andere zu üben zumuthe (videte, ne erretis, qui Caesarem ve-
stris inimicis iratum fore putelis, quum ignoverit suis),
IV) Die deprecatio endlich oder die Fürbitte für Ligarius bauet
die Hoffnung für die Begnadigung des Ligarius auf folgende fünf
Hanptgründe, 1) dass Caesar nicht als strenger Richter, sondern
als ein milder Vater angefleht werde ($.30); 2) dass Caesar durch:
die Begnadigung vieler Andern, ja des Vertheidigers Cicero selbst
dem Ligarius ebenfalls Hoffnung gemacht habe (δ. 31); 3) dass
Caesar nicht sowol die Person als die Sache der Fürbittenden,
nicht sowol’ ihr persönlich nahes Verhältniss zu ibm als zu dem
Angeklagten, und die Gerechtigkeit und Grösse ihres Schmerzes
berücksichtige (δ. 32 u. 33); 4) dass Ligarius selbst dem Caesar im
Herzen stets ergeben und nar durch die Macht der Verhältnisse fort-
gerissen worden sei (8. 34); 5) dass Caesar dem einen Bruder des
Ligarius für eine ihm bewiesene Dienstgefälligkeit sogar zu Dank
verpflichtet sei ($.35 α. 86); 6) dass Caesar. durch die Begnadi-
gung des Ligarius seinen Ruhm und seine Popularität erhöhe. und
seine Gottähnlichkeit durch nichts mehr als durch seine Gnade be-
weisen könne: homines enim ad deos nulla re propius aecedunt quam
salutem hominibus dando, welchen Schlussgedanken, den eflectvoll-
sten der ganzen Rede, man fast nur seimes polytheistischen Gewan-
des zu entkleiden braueht, um ihn in emen ‘der schönsten und er-
habensten Aussprüche Christi zu verwandeln: Gott ist die Liebe.
und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Θοί und
Gott in ihm.
V) Unter dem mächtigen Eindrucke dieses Gedankens konnte,
ja durfte die peroratio oder der Schluss nur ein ganz kurzer sei,
und doch lassen sich selbst in den wenigen Worten desselben wie-
536 . Ueber Cicero’s Rede für -den Ligarius.
der drei Hauptmomente, 1) die gedrängte.. Recapitalation seiner
Hoffnungsgründe für die Begnadigung des Ligarius (du kannst,
du willst, du wirst mithin begnadigen), 2) die mit feinem Lobe-
Caesars gemischte Entschuldigung seiner Rede gegen die möglichen
Vorwürfe zu grosser Länge und Ueberflüssigkeit oder Kürze und
Unvollständigkeit, 8) eine uochmalige Erinnerung an die Grösse
des durch die Begnadigung des Ligarius zu erwerbenden Verdienstes,
unterscheiden.
: Trotz dieser ausführlicheren Zergliederung wird dem: Schüler
immer noch Stoff genug zu eignem Nachdenken übrig bleiben, wenn
nur der Lehrer selbst ihn gehörig darauf aufmerksam zu machen
versteht. Der typographische Raum aber zu 'solch’ einer Dispositions-
nachweisung hätte zum Theil durch Weglassung einiger allerdings
nur weniger Anmerkungen erspart werden können, : welche meines
Erachtens für Secundaner, mit welchen diese Rede in der Regel
gelesen zu werden pflegt, noch nicht recht geeignet sind. Dahin
rechne ich 2. B. die S.95 wörtlich abgedruckte Stelle Quinctilians
über die Frage: ob im prooemium auch die sogenannte ἐποστροφὴ
statthaben dürfe? ferner eben daselbst die abgedruckte Stelle des
Rhetor Julius Victor über Zweck und Vorzüge der narratio. In
beiden Fällen hätte für den ‚Lehrer ein kurzes Citat genügt, um
allenfalls mündlich eine Andeutung zu geben, eine ausführlichere Er-
örterung dagegen liegt doch noch der Reife und mitbin auch dem
Interesse der meisten Secundaner zu fern. Noch mehr hätte ich
den Wegfall der Bemerkung 5. 112 gewünscht, dass Cicero durch
Erwähnung des Corfidius, der doch ‚damals schon todt war, einen
Gedächtnissfehler begangen habe. Dies und das darauf bezügliche
Geständniss Cicero’s in einem Briefe an Atticus ist wol an sich
eine interessante Notiz, für. das Verständniss der Stelle aber ohne
Nutzen, für die gute Meinung des Schülers von der Genauigkeit,
der Gewissenhaftigkeit des Auctor (dessen Auctorität wie die des
Lehrers beim Schüler so gross als möglich sein soll), sogar nach-
theilig. Eben so wäre.8S.114 die Bemerkung, wie sehr Cicero
bereits seine frühere Republicanersprache geändert habe, wol auch
besser, wenigstens ganz ohne Schaden. für den Schüler, in Weg-
fall. za bringen.
Dagegen erlaube ich mir den verdienten Herausgeber auf einige
Zusätze aufmerksam zu machen, deren Beifügung die gewiss bald
zu erwartende dritte Auflage dem Schüler noch nutzbarer machen
würde, Gleich bei der Anrede Caesar’s zu Anfange des ersten
Capitels wäre kurz der Grund anzugeben, warum erst Gai Caesar
mit G. geschrieben, dann aber in der Abkürzung ΟἹ Caesar das Ο,
beibehalten wird. Ferner. lässt die Bemerkung zu den Worten δ. 1:
idque C. Pansa ausus est confiteri, dass es der bekannte An-
hänger Caesar’s sei, der als Consul mit Hirtius bei
Mütina im Jahr 43 fiel, den Anfänger immer noch im Unklaren,
was es denn mit dem confiteri des Pansa für eine Bewandtniss habe,
Von .Dr, C. E. Putsche zu Weimar. 587
wenn ihm nicht bemerklich gemacht wird, dass (wie Klotz in zei-
ner Einleitung zu dieser Rede bereits angegeben hat) Pansa als
vertrauter Freund Caesar ’s bei jenem noch vor Cicero
den Sprecher für Ligarins gemacht hatte, weshalb ihn
anch Cicero einige Zeilen später seinen Verbündeten in dieser
Sache (meus necessarius) nennt. .
Zu C. 2: habes igitur confitentem reum 9 sedetamen hoc confitentem,
se in ea parte fuisse, qua be, qua.virum omnilaude dignum, patrem
tuum, wo man tu.und pater tuus erwartet, dürfte wol nicht eine Be-
merkung fehlen, über diese besonders in vergleichenden Neben-
sätzen des acc. ce. inf. gewöhnliche Satzverschmelzung, welche
darin besteht, dass das Subject des verkürzten Nebensatzes, anstalt
‘im Nominativ zu stehn in den -Subjectsaccusativ des abhängigen
Hauptsatzes. tritt. Vgl. Cic..de sen. 1: te suspicor üsdem rebus qui-
bus me ipsum inlerdum gravius eommoveri. —: Ο, 8. wäre partım
cupiditate inconsiderata, partim caeco quodam timore wenigstens durch
eine kurze Verweisung auf E.6: alü. errorem appellant, alil timo-
rem; qui durius, spem, cupiditastem, odium, perlinaciam, zu
erläutern. — €. 5 ist. honestum .mendacium zwar richtig durch eine
Lüge, die sich sittlich rechtfertigen liesse, erklärt, nar
ist dies für die Uebersetzung zu breit, weshalb etwa sittlich er-
laubt in Parenthese beifügen. — C.6 wäre wel das dem Anfän-
ger öfter schwierig zu übersetzende carere in der Verbindung sce-
leris crimine carere durch den Ausdruck verschont bleiben, wie
kurz vorher isto nomine ila adhuc causa caruil durch: diesen
Namen führte jene Sache bisher nicht zu erleichtern ge-
wesen.
C. 6 zu Ende wäre zu den Worten: cognita vero clementia tua,
quis non eam victoriam probet, in qua occiderit nemo nisi ar-
matus,. auf die Parallelstelle io der auch sonst noch manche Ver-
gleichungspunkte darbietenden Rede für den Deiotarus C. 12 zu
verweisen: solus es, inquam, C. Caesar, cuius in victoria ce-
eiderit nemo nisi armaltus,
C. 9: quid. eupiebas? “quid opfabas? wo der Anfänger, der
beide Verba durch wünschen zu übersetzen gewöhnt ist, mit der.
besonderen Uebersetzung beider in. Verlegenheit geräth, wäre dem-
selben wol ein Fingerzeig für die substantivische Wendung: wel-
chen Wunsch hegtest, welchen äussertest du? zu
gönnen. Ä .
C.10 ist die Anmerkung zu den Worten erravit, lapsus est,
non pulavit, si unquam posthac zwar zur Erklärung von non puta-
vl, nicht aber von si unquam posthac ausreichend, wenn Halm sagt:
‘non putavit, τοὶ, se quidquam mali committere. Sowol diese
als die folgende Breviloquenz ist der Sprache des ge-
meinen Lebens entnommen. Donatus bemerkt unter
Anführung der Ciceronischen Stelle zu Terentius An-
dria 1, 1, 86: putare est eius, qui simplicitate pectoris aberravit.?
538 Ueber Cicero’s Hede für den Ligarius.
Wenigstens würde die Verweisung auf die ähnliche Ellipse bei Te-
renz Phormio 1, 2, 91: nune amitte quaeso hunc: celerum post-
hac si quidquam, nikü precor, und auf die jene Ellipse erläu-
ternde Redensart im Eun. 5, 2, 13: unam hanc noxiam amiltte:
si aliam admisero unquam, occidite, den Anfänger gewiss ein
sehr nützlicher Fingerzeig gewesen sein. ' -
Endlich wollte ch mir .erlauben noch einige, aber auch fast
die einzigen Punkte hervorzuheben, in welchen ich mit dem gelehr-
ten Herausgeber nieht‘ gauz übereinstimmen kann. Dahin gehört
gleich im ersten Capitel zu den Worten: paratus enim veneram, cum
tu id neque per te scires neque audire aliunde potuisses, ut igne-
ratione tua ad hominis miseri salutem abuterer, die verfängliche An-
merkung: “scires — potuisses, so für scias etc. als abhängig
von paratus veneram. Man darf demnach nicht übersetzen:
da du nicht wusstest,’ wodurch der irrige Glaube geweckt
werden kann, als müsse übersetzt werden: da du nicht weisst,
während doeh: da du nicht wüsstest die einzig richtige
Uebersetzung ist. Ferner C. 2: domo est egressus non modo nullum
ad bellum, sed ne ad minimam quidem suspicionem belli die Note:
“Mit dem Begriffe des Zweckes verbindet sich in der
Praeposition.ad die locale Beziehung, welche in dem
Gliede sed ne ad: minimam quidem suspieionem ὁ οἶδέ (ineine Gegend,
wo u.s.w.) allein vorherrscht.’ Allerdings ist hier die Prae-
position ad beilum nnd ad suspicionem in verschiedener Beziehung
gebraucht, nur möchte ich die letztere nicht local erklären, und
durch in eine Gegend übersetzen, sondern, zumal mit Rück-
sicht auf das vorhergehende: cum esset nulla belli suspicio, lieber
temporell, wie so oft ad in Verbindungen wie ad hanc famam,
auf dieses Gericht bin, oder ad haec visaauditaque (als man dies
hörte und sah) ingens clamor eritar kei Livius 2, 23, und dem-
nach übersetzen: nicht allein zu keinem Kriege, sondern
nieht einmal auf die leiseste Ähnang eines Krieges hin.
Am wenigsten kann ich Halm in der Stelle beistimmen, wo er
eine Texteslücke annimmt C. 9: Quwd? cum ista res nihil commo-
visset eius animum, ad quem veneratis, langyidiore, eredo, studio in
causa fuistis; tantum modo in praesidüs eratis, animi vere a causa
abhorrebant: an, ut fit in civilibus bellis, *** nec in vobis magis
quam in reliquis? omnes enim: vincendi studio tenebamur.‘ Pacis
equidem semper auctor fui, sed tum sero: eral enim amentis, cum
atiem videres, pacem cogitare. Omnes, in guam vincere volebamus,
tu. certe praecipue etc. “Die Texteslücke’ sagt Halm ‘ha
Madvig zuerst richtig erkannt; er hat jedoch selbst
keine Ergänzung versucht, sondern bemerkt. nur: er-
eiderunt quas proprie de Tuberonum studio dicta erant. Die Fort-
führung des Gedankens mit nec magis zeigt, dass die
ausgefallenen Worte eine negative Fassung hatten,
etwa: oder fand, wie es bei Bürgerkriegen zu geschehn
Von C. E. Putsehe zu Weimar. 589
pflegt, ‘keine: Nachgiebigkeit, keine Versöhnliehkeit
statt, und zwar bei euch eben so wenig als bei den
übrigen?” Eine Texteslücke anzunehmen wäre doch wol nur
dann gestattet, wenn entweder die Handschriften selbst noch Spu-
ren davon zeigten, wovon nichts erwähnt wird, oder wenn der
Sinn unvollständig und lückenhaft erschiene, was durchaus nicht der
Fall ist. Vielmehr wird. durch die von Halm versuchte Ergänzung
der Sinn nicht sowol ergänzt als geschwächt. Denn dem langui-
diore studio fuistis steht ganz passend das vincendi studio tenebamur
entgegen, nur dass es nicht, wie man nach der angefangenen Con-
struction erwarten sollte, in der zweiten Person mit blosser Be-
ziehung auf die Tuberonen, sondern in der ersten Person Pluralis
steht, um auch den Redenden (Cicero) mit einzuschliessen. Des-
halb möchte ich hier nicht eine Texteslücke, sondern nur ein Ana-
coluth annehmen, und zwar ein sogenanntes durch eine Paren-
these veranlasstes Attractionsanagoluth, Anstatt nämlich dem vor-
angehenden larguidiore studie fuistis entsprechend fortzufahren: an,
ut fit in civilibus bellis, nec in vobis magis quam in reliquis omnibus,
vincendi studio tenebamini? fährt:der Redner zur Erläuterung der
Parenthese mit omnes enim vincendi' studio tenebamur fort uud kehrt
erst, nachdem er noch einmal nachdrücklich den Inhalt der Paren-
these mit. omnes, inquam, vincere volebamus, zusammengefasst hat,
mit den Worten tx certe. praecipue “zu der ursprünglichen zweiten
Person,.jedoch nicht mehr fragend, sondern gleich bejahend zurück.
Demnach wäre die Stelle. ohne Anacoluthie im Dentschen etwa so
übersetzen: oder wurdet ihr, wie es in Bürgerkriegen
der Fall, wie es πιο blos. bei euch, sondern auch
bei den übrigen, bei uns allen der Fall war, fortwäh«
rend von dem eifrigen Streben zu siegen beseelt?
Die letzte Stelle endlich, wo ich mit der Halm’schen’Erklärung
nicht einverstanden bin, findet sich C. 12: ‚sed parum est me hoc
menminisse; spero etiam te, qui oblivisci nihil soles nisi iniurias, quo-
niam hoc est animi, quoniam etiam ingeni tui, te aliquid de huius
illo quaestorio officio .. reeordari, wozu Halm. bemerkt: . 'Sowol
dein treffliches Herz als dein Verstand. gebieten |
dir Dienstgefälligkeiten nicht za vergessen.” Abge-
sehen davon, dass sich Caesar nicht sehr hätte geschmeichelt füh-
len können, ‚wenn Cicero seine dankbare Erkenntlichkeit für em-.
pfangene Gefälligkeiten auch als eine Sache der Berechnung und
des Verstandes erklärt hätte, so würde der Bedner, wenn er den-
noch “65 hätte sagen wollen, nicht ingenüi,. sondern wol pruden-.
tiae gebraucht haben. Vielmehr scheint Cicero, worauf auch. das
steigernde stiam vor ingemi hindeutet, Caesar eine fernere Ar-
tigkeit sagen zu wollen und inderh .er mit amimi auf sein gutes
Herz hinweiset, welches nur Beleidigungen, nie empfangene Wohl---
thaten vergesse, das Vergessen empfangener Wohlthaten sogar als
eine der bekannten Gedächteissstärke Caesars widerspreckende Un-
540 Die Griechen und Homer.
möglichkeit zu bezeichnen, so dass der Sinn ist: der Du bei dei-
nem trefflichen Herzen Wohlthaten nie vergissest,
ja deinem treuen (nur für Beleidigungen vergesslichem) Ge-
dächtnisse zu vergessen gar nicht im Stande bist, eine
Aufforderung, welche durch eine noch deutlichere Anspielung Cicero’s
. auf die Gedächtnisstreue Caesar’s in der Bede für den Deiotarus
unterstützt wird, wo es Ὁ, 15 heisst: memoriam tuam implorat,
qua vales plurımum.
Weimar 1868. Dr. €. E. Putsche.
Die Griechen und Homer.
Von Dr. M. Weishaupt, Professpr am Gymnasium und Lyceum
zu Solöthurn.
Man kann nicht leugnen, dass die Cultur der alten Griechen,
wenigstens in den ersten Anfängen, mit der Cultar anderer alten
Völker in innigem Zusammenhange stehe. Die Nator der Sache,
die alten Sagen und: selbst die Geschichte weisen darauf hin, dass
Vieles in Bezug anf Religion, bürgerliche Einrichtungen und .son-
stige Schöpfungen des Menschengeistes aus Asien und Afrika nach
Griechenland gekommen sei. Sicher haben die Schaaren, die in
der Folge zum Griechenxolke heranwuchsen, bei ihrer Einwanderung
einige Cultur von ihren Vätern aus der. Urheimath mit sich ge-
bracht, und sicher ist von allen Völkerschaften, mit denen dieselben
im Laufe der Zeit in Berührung kamen, mehr oder minder zur Er-
weiterung dieser angestammten Cultur beigetragen worden. Um
jedoch ermessen za können, von welcher Natur und Ausdehnung
diese nicht aus dem Griechenvolke selbst erwachsene Cultur gewesen
sei, sollte man mit Bestimmtheit wissen, auf welchem Grade der
Caltur die gedachten Völker standen, als sie den Griechen Vorbild
sein konnten. Es fehlt nicht an Anhaltspunkten hierfür; doch gehen
wir jetzt lieber darüber hinweg, und begnügen uns mit der unbe-
streitbaren Thatsache, dass die Cultur der Griechen, mag sie auch
in einem sehr bedeutenden Theile ursprünglich fremdes Verdienst
sein, mit der Zeit einen so eigenthümlichen Gang genommen und
sich so selbstständig gestaltet habe, dass sie wesentlich von jeder
‚anderen verschieden ist, und mit Recht ein Original genannt werden
darf. Die griechische Cultur ist ein Original, und zwar ein solches,
das wegen seiner erhabenen Natur und seines rein menschlichen
Charakters zugleich als das bedeutsamste und würdigste Muster der
Nachahmung dasteht. Griechenland hat den Ruhm, aus sich selbst
Ausgezeichnetes in der Cultur hervorgebracht, das Reinmenschliche _
zur Vollkommenbheit in der Kunst erhoben und eine wunderherr-
Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 54
liche Litteratur geschaffen und zur vollendeten Reife gebracht zu
haben *), .
Von der griechischen Cultur im Allgemeinen wollen wir hier
nicht weiter reden, weil uns dieses zu weit führen würde; von der
griechischen Kunst aber behaupten wir , dass sie das- Edelste, Schönste
und Grösste hervorgebracht habe, was der Menschengeist durch die
Kunst darzustellen fähig ist. Die griechischeu Kunstwerke sind un-
übertreffllich; und darum werden’sie auch für alle Zeiten Muster der
Nachahmung bleiben,
Und welchen Werth haben wir der griechischen Litteratur ein-
zuräumen ὃ Gewiss keinen geringeren als der Kunst. Ja in der
Litteratur hat sicher kein Land der Erde aus sich selbst, ohne fremde
Beimischung, Ausgezeichneteres hervorgebracht, kein Land eben so
Herrliches. wie Griechenland. Die griechische Litteratur ist ein rein
griechisches Product, das seine volle Cultur ganz dem griechischen
Volksgeiste verdankt, und, wenn möglich, noch unabhängiger da-
steht als die, griechische Kunst,
Den Griechen gebührt darum in der Geistescultur unstreitig der
erste Rang unter allen Völkern. Die Griechen haben nicht nur
zuerst eine vollendete Litteratur geschaffen, sondern sogar. die Classen
in der Litteratur gegeben, gerade wie wir sie in den modernen
Litteraturen noch haben, und in denselben allen höchst ausgezeich-
nete Muster für alle Zukunft geliefert. Wir dürfen darum die
griechische Litteratur das Fundament aller ausgebildeten Litteraturen
nennen; und es wird schwerlich Jemand mit guten Gründen uns der
Uebertreibung beschuldigen können, wenn wir behaupten, dass, wenn
die Griechen nicht gewesen wären, die Geistescultur gegenwärtig
nicht so hoch stehen würde. Zur Stütze unserer Behauptung be-
rufen wir uns auf das Römervolk. Die Römer waren doch gewiss
eine achtbare Nation, hatten gute Gesetze, übten Ackerbau und
Künste verschiedener Art, wurden sogar die Herren der Welt, und
gelangten auf die höchste Stufe des socialen Lebens und Gedeihens,
bevor sie etwas der Rede Wertbes in der Litteratur geleistet hatten.
Ja es ist Thatsache, dass ihre classisehe Litteratur erst durch Be-
nutzung der griechischen entstanden ist, und in allen Theilen und
wesentlich eine Nachahmung .derselben genannt werden darf. Kein
einziger lateinischer Auctor der classischen Zeit findet sich, dem man
die griechische Bildung nicht anmerken könnte.
‘ An natürlichen Anlagen aber möchte wol kein Volk von denen,
die im Laufe der Zeit in Bezug auf Geistescultur einen grossen
Namen gewonnen und in der Litteratur einen hohen Grad von Aus-
bildung erreicht haben, dem Römervolke vorzuziehen sein, Die ger-
*) Vielleicht deuten die Namen Olen und Olympus auf asiatischen
Einfluss; aber von Wichtigkeit kann derselbe nicht gewesen sein, da in
der griechischen Literatur, wie sie jetzt vor uns liegt, nicht die mindeste
Spur davon nachweisbar za sein scheint.
542 Die Grieehen und Homer.
amanischen Stämme stehen heut zu Tage in der Cultur sehr hoch,
und ihre Geisteskraft, ihr speculativer Sinn, ihr reiches Gemüth und
ihre Beharrlichkeit gelten als Merkmale, wodurch sie sich von an-
„dern Stämmen der modersen Zeit vortheilhaft auszeichnen; aber
‚auch von ihnen möchte keiner zur Hervorbringung einer unabhängig
und vollkommen ausgebildeten Litteratur, wie wir bei den Griechen
finden, geeigneter oder fähiger gewesen sein, als es die grossen
Römer waren.
Woher nun wol diese Schöpfungskraft und Geistesüberlegen-
heit der alten Griechen? Gewiss nicht von der geographischen
Lage des Landes, auch nicht von der politischen Getheiltheit der
Stämme; denn sonst wäre das, was die Griechen schufen, sicher
‚auch anderswo geschaffen worden. Wir suchen die Gründe in na-
türlichen Anlagen, die Gott den Griechen als Auszeiehnung vor allen
übrigen Völkern der Erde gegeben hat, dann aber auch in der Ge-
schichte, die das Griechenvolk hatte, ferner in den eigenthümlichen
Lebensverhältnissen, und endlich, und zwar nicht am Wenigsten,
in der reichen und wunderherrlichen Sprache,
Geistige, erfindungsreiche, immer weiter und weiter strebende
und wetteifernde Regsamkeit ist eine der vielen rühmlichen Eigen-
schaften, welehe das Griechenvolk auszeichnen, aesthetischer Sinn und
Wohlgefallen an allem Schönen eine zweite. Diese genannten Eigen-
schaften in Verbindung mit einer ausserordentlichen Vorliebe für das
Nationale und auf griechischem Boden Entstandene scheinen nun jene
bewunderungswürdige Geistestüchtigkeit und Schaffungskraft haupt-
sächlich geweckt und fort und fort unterhalten zu haben.
Von welchem mächtigen Einfiusse dann die -Geschichte anf die
Geistescultur gewesen sei, weiss wol jeder, der auch nur von den
grossen nationalen Kriegen, und. von dem dorischen Einfalle und
dem, was damit zusammenhängt, genaue Kenntniss gewonnen hat.
Und waren nicht auch die Lebensverhältnisse so, dass sie zur
Hebung der Geistescultur sehr viel beitragen mussten? Um die
Industrie musste sich der Sclave bekümmern; der Freie ἅδον hatte
zunächst keine andere Beschäftigung, als an den Volksversamm-
lungen und am öffentlichen, Geist nährenden und ausbildenden Leben
Theil zu nehmen, und die Theater, Gymnasien u. s. w. zu be-
sachen.
Und wieviel hat endlich die Sprache mitgewirkt? Die Sprache
spielt in der Geschichte einer jeden Litteratur eine bedeutende Rolle,
und sie ist eine Hauptursache, warum sich die Litteratur so oder an-
ders gestaltet. Offenbar muss darum bei Besprechung der griechi-
schen Litteratur auch der griechischen Sprache eine gewisse Einwir-
kung zuerkannt werden. Die Sprache des Griechen ist eine wunder-
herrliche Sprache. Sie ist vielfach gegliedert, voll Kraft und Wohl-
laut, und enthält fast lauter einheimische Gewächse in endloser
Fülle und Mannichfaltigkeit. Dabei ist das Meiste durchsichtig und
auf eigenem Boden erkennbar. Bekanntlich haben wir vier griechische
φ΄
᾿ Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 543
Dialekte, die zur Würde von Schriftsprachen sich emporgeschwuagen
haben; und wir dürfen sagen, ein jeder derselben scheine gerade
für den Zweig der Litteratur der geeignetste zu sein, der in ihm
sich ausgebildet babe. Das ist aber offenbar ein grosser Vorzug,
und mag uns schon beweisen, wieviek die Sprache an und für sich
zur Hervorbringung der so berrlichen litterarisehen Schöpfungen bei-
getragen habe. Ein ‚bedeutender Vortheil liegt auch darin, dass die
altgriechische Sprache keine Mischsprache ist, und dass die grie-
chische Litteratur auf keine fremde Litteratur fusset. _ Denn darum
konnte leicht jeder Grieche Kenngr seiner Sprache und fähig sein,
ein Litterat zu werden. Deswegen war Geistescultur unter den
Griechen wirklich ein solches Gemeingut, wie sie es unter keinem
andern Volke geworden ist,-moch je werden wird. Die alten Römer
hatten es schon schwieriger; denn sie mussten, um ihre Auctoren
verstehen zu können, mit dem Griechenthum und mit der griechi-
schen Cultur vertraut sein. Und wieviel wird erst in der moder-
nen Zeit verlangt, his Einer seine Landeslitieratur gehörig versteht ?
wieviel vorausgesetzt, bis Einer seine Muttersprache recht kennt
nnd zu handhaben weiss? Die sämmtlichen modernen Sprachen
siad, streng genommen, eigentlich nur dem Sprachforscher ganz
verständlich; für den Laien dagegen bestehen sie grossen Theils
aus unverständlichen Lauten, Und dieses gilt in der That nicht nur
von den sogenannten Töchtersprachen, sondern auch von unserer
deutschen Sprache, die doch eine Muttersprache oder Stamm-
sprache. ist.
Man spricht von hoher Bildung der jetzigen Zeit, und wirk-
lich gibt es unter modernen Völkern mehrere, die sich durch edle
und reichhaltige Sprachen und durch reiche und grossartige Littera-
turen auszeichnen. Dass man das vorhandene Verdienst anerkenne,
ist billig; wenn man aber unparteiisch urtheilen will, so muss man
sagen, dass in Wahrheit doch keine von den modernen Litteraturen,
wenn. sie auch noch so reich und herrlich ‚sind, die griechische an
innerer Würde übertreffe. In den meisten Zweigen sind die grie-
chischen Muster bei Weitem noch nicht erreicht, Oder wer hat ge-
dichtet wie Homer, Archilochus, Sappho, Pindar, Sophokles, Aristo-
phanes ὃ wer in Prosa geschrieben wie Thucydides, Xenophon, Plato,
Demosthenes? Gesetzt aber auch, irgend eine moderne Litteratur
übertreffe jetzt an innerer Würde die griechische, so bliebe doch
immer noch das Factum fest, dass die griechische die Grundlage
davon sei, den ersten Anstoss gegeben und den Weg zu dieser
Würde gezeigt habe. | =
Viele der modernen Völker stehen auf einer sehr hohen Cultur-
stufe, und in mancherlei Beziehung unstreitig weit höher, als die
Griechen standen und stehen konnten. Sie haben bessere Religion
und Moral, klarere Begriffe von Menschenrecht und Freiheit, um-
fassendere Wissenschaftlichkeit, Ueberlegenheit im Technischen und
Naturwissenschaftlichen und in Allem ,. was sich anf den realen Nutzen
n44 Die Griechen und Homer.
bezieht; aber das ist und bleibt fest, dass Originalität, Reinheit
des Geschmackes, aesthetischer Sinn und Gefühl für das Schöne und
Erhabene Vorzüge sind, die den Griechen keine Zeit .. streitig
machen wird.
Wenn wir nun aber diE ausgezeichnete Grösse der Griechen
in Sprache und Litteratur anerkennen müssen, wenn uns bewiesen
ist, dass die griechischen Geistesschöpfungen der Born sind, aus
dem die lateinische classische Litteratur und die Litterataren der spä-
teren Zeit ihr Dasein geschöpft und Aufschwung und Grösse gewon-
nen haben; wenn sich annehmen lässt, dass kein Volk durch sich
selbst ohne Benutzung der Griechen in der Litteratur so hoch ge-
stiegen wäre: so ist es gewiss ein Zeichen grosser Verkehrtheit,
von der griechischen Geistescultur mit Geringschätzung zu reden,
oder zu behaupten, das Studium: der griechischen Sprache sei Zeit-
verlust, und gewähre keinen Nutzen. Die Quelle der geistigen
Grösse der lateinischen und der späteren Litteraturen muss doch wol
Nutzen gewähren! — Offenbar hat derjenige den Geist und das
Wesen der oben genannten griechischen Auctoren höchst oberfläch-
lich oder 'nicht kennen gelernt, der nicht die vollkommene Ueber-
zeugung erlangt hat, dass dieselben zur Ausbildung des Geistes und
Herzens, zur Läuterung des Geschmackes and zur Gewinnung von
Seelenstärke und Charakterfestigkeit ganz vorzüglich beitragen, und
dass man an ihnen mehr als an den besten neuen Auctoren den
Verstand üben, das Urtheil schärfen, die Geisteskräfte ausbilden,
den Sinn für das Reinmenschliche beleben und stärken und sich zu
eigenen litterarischen Schöpfungen befähigen könne *).
In unserer Zeit, wo fast Alles nur auf materiellen Gewinn aus-
geht, und wahre Geistes- und Herzensbildung blosse Nebensache zu
werden ‘droht, wird leider der Ruf nur gar zu häufig und gar zu
gern vernommen, der von dem Studium der griechischen Sprache
und Litteratur abwendig zu machen sucht;. aber um so mehr ist es
Pflicht eines Jeden, dem die Sache am Herzen liegt, gegen diesen
Ruf in die Schranken zu treten, und mit aller Kraft vor einer Rich-
tung zu warnen, die unsere Geistescultur am Ende Allem, was dem
Menschen den wahren Werth gibt, entfremden und unsere Litteratur
zur Gemeinheit herabwürdigen würde.
Es versteht sich: allerdings von selbst, dass heut zu Tage **)
nicht Jedermann höhere Geistescultur erstreben kann, und es ist
ganz natürlich, dass man nur von demjenigen, der zu den höher
Gebildeten gezählt werden will, höhere litterarische Bildung begeh-
ren soll; aber billig ist es auch, dass man Keinem gestatte, sich
den Namen höherer Bildang anzumaassen, der die Grundbedingungen
*) Das Uebersetzen der antiken Meisterwerke ist eine Schule für
Gewandtheit und Gediegenheit im Ausdrucke, wie es keine zweite gibt.’
aumer.
%*) Wir leben unter ganz andern Verhältnissen, als die alten Griechen.
Von Professor Dr. M, Weishaupt za Solothurn. 545
der höheren Bildusg, ‘die Vertrautheit mit der Geistescultur der
classischen Völker: des Alterthums missachten 'oder in Abrede stel-
‘len will. - | Ze
Wir haben gesagt, die moderne Geistescultur sei auf die Cul-
tor des Alterthums gegründet, und unsere Kunst und Litteratur be-
wegen . sich auf einer Bahn, welche uns von den Griechen vorge-
zeichnet worden sei. : Ausser diesem allgemeinen Werthe, der das
Studium des griechischen Alterthums Allen zur Pflicht macht, die
sich um höhere Geisteseultur interessiren und zu den Gebildeten
zählen wollen, lässt sich aber noch auf einen speciellen aufmerksam
machen. ‚Bekanntlich fussen alle unsere freien Künste und Wissen-
schaften auf das- griechische Alterthum, bekanntlich ist unsere Re-
ligion aus: dem Alterthume hervorgegangen, und bekanntlich sind
die heiligen Urkunden derselben in griechischer Sprache geschrie-
ben. Wer nun diese Urkunden verstehen will, wer überhaupt die
geistigen Erscheinungen und Lebensrichtungen der modernen Zeit
gründlich zu kennen begehrt, der darf mit dem Alterthume, in wel-
chem dieselben wurzeln, gewiss nicht unbekannt sein. ' Es muss
darum nicht nur der Philolog, sondern auch der Theolog, der Jurist,
der Philosoph, der Mathematiker, der Astronom, der‘ Geograph,
der Historiker, der: Naturforscher u. 8. w., ein Jeder aus speciellen
Gründen, zu den Griechen in die Lehre gehen, wenn sie würdige
Priester der 'Wissenschaften sein sollen, die sie zu pflegen haben.
Nachdem wir so die hohe Bedeutsamkeit und Würde und den
umfassenden Natzen der griechischen Geistescultur angedeutet haben,
erlauben wir uns, unseren Blick auf den Mann zu werfen, der
den Grundstein zu derselben gelegt ünd das Fundament zu dem
prachtvollen Aufbaue bergestellt hat *). Der Gedanke an diesen
grossen Mann, dessen Geist'belebend und schaffend durch das ganze
Gebiet der griechischen Litteratur hin waltet, erfüllt uns mit Be-
wunderung und Ehrfurcht. Diesem Manne hat das Alterthum 'Tem-
pel und Altäre gebaut; und wenn je ein Mensch’ so hohe Ehre ver-
dienen kann, so hat er sie bei Weitem zuerst verdient.
Ueber diesen Mann ist in der alten und neuen Zeit unendlich
viel untersucht, ‘geredet, geschrieben und gestritten worden, und den-
noch hat man es nicht einmal in Betreff seiner Zeit und Heimath,
ja nicht ‘einmal in Betreff seiner Persönlichkeit zu einem allgemein
gültigen Resultate brmgen können **). Um in Bezug auf die Zeit,
*%) XKenophanes Coloph. nennt-Homer den Urquell aller Bildung; und
D. Chrysostomus sagt, Homer sei der Anfang, .die Mitte und das Ende
alles Wissens. für Kind, Mann und Greis.. Aeschylus sieht in seinen eige-
nen Tragoedien nur Fragmente vom Tische Homer’s. Und welchen Ein-
fluss des grossen Dichters bemerken wir in den Werken Herodot’s und
Platoes! — . “. .
##) Viele Gelehrten der neueren Zeit haben sogar sein Vorhandensein
als Individuum in Zweifel gezogen, und in ihm den Collectivnamen einer
ionischen Sängerschule zu finden geglaubt, während Andere denselben für
dem Zusammenfüger bereits vorhandener und von mehreren Sängern her-
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX, Aft.4.
-
546 ᾿ Die Griechen . und Homer.
in der.er gelebt haben soll, nur von den Annahmen der. Alten zu
reden, so machen ibn Einige derselben zu einem Zeitgenossen des
troianischen Krieges; Andere aber lassen ihn in einer mehr oder
minder spätern Zeit leben. Krates. setzt Homer’'s Geburt 60 Jahre
nach Troia’s Fall, ἢ. e. 1124 ante Christum natum; Aristarchüs in
die Zeit der ionischen. Wanderung, i. 6. ungefähr in’s Jahr 1040
a. Chr. nat.; Apollodorus, Eratosthenes, Porphyrius und das Mar-
mor Parium lassen den Dichter im zehnten Jahrhunderte vor Christi
Geburt zur Welt kommen; Sosibius versetzt. ihn in die Zeit des
Lykurgus (— dieser Annahme folgten die meisten Römer —);
Herodot in die Mitte des neunten Jahrhusiderts v. Chr. Geburt;
und Theopompus, der ihn am Spätesten zu setzen scheint, in die
Zeit des Gyges, welcher im Jahre 678 a. Chr. nat. gestarben sein
soll. — Binnen fünf Jahrhunderten war, wie Fr. A. Wolf sagt,
kein Menschenalter, in welches Homer nicht you irgend 'einem Chro-
nologen gesetzt worden wäre, Indessen haben: doch die meisten
und wichtigsten Autoritäten unsern Dichter in’s eilfte Jahrhundert
vor Christi Geburt gesetzt.
Anlangend die Heimath Homer’s wissen ‚wir, dass, wie die
Alten selbst melden, sieben Städte um die Ehre stritten, demselben
das Dasein gegeben zu haben. Wollte man aber. alle Sagen berück-
sichtigen, so könnte man diese Zahl verdreifachen. Jede Stadt
eben, in. welcher die Homerische Dichtung Aufnahme und
Pflege fand, scheint Homer’s Vaterstadt geworden zu sein. So ist
Homer von dem Einen zu einem Aeolier, von dem Andern zu einem
Ionier, von dem Dritten zu einem Dorier, und bald zu einem Eu-
ropaeer, bald zu einem Asiaten, bald zu einem Afrikaner gemacht
worden.
Um uns nun gerade bei dem Stamme aufzuhalten, so glauben
wir, die ersten zwei Ansichten berücksichtigen und prüfen zu müs-
sen, nämlich diejenige, welche den Dichter zum Ionier, und dann
die, welche ihn zum Aeolier macht. Die erstere ist die allgemei-
nere *), durch die meisten Zeugnisse. unterstützte und durch den
epischen Dialekt selbst, wie man meint, beglaubigte und empfoh-
Jene. Aristarchus, den man mit Recht für einen höchst ausge-
zeichneten Kritiker des griechischen Alterthums hält, und der in
Allem, was den Homer betrifft, von sehr bedeutendem Gewichte
ist, hat diese Ansicht mit vielen Belegen unterstützt, und die Gründe
aufgeführt, die nach seiner Meinung mit einem aeolischen Homer
unvereinbar wären. Nach ihm ist nun Homer ein geborener Athe-
ner, der an der ionischen Wanderung Theil nehmend (im Jahre
1040 a. Chr. nat.) nach Smyroa (— υῤῥα myrrha, ein ursprüng-
lich semitisches Wort, wovon σμύρνα eine Participialform zu sein
rührender Gesänge erklärten, und npch Andere ihn für das Haupt der
ionischen Sängerschulen auszugeben suchten,
Ὁ δον lich heisst Homer der ionische Sänger, oder der Sänger
von Chios.
Von Professor Dr, M. Weishaupt zu Solothurn. 547
scheint —) kam und dort die Ilias und Odyssee 'dichtete. Von
Smyrna wäre dann seine Poösie im Laufe der Zeit nach den Städ-
ten gekommen, welche von den Sagen als Heimathen des Dichters
genannt werden,:im Jahre 983 v. Chr. Geb. nach Chios *), im
Jahre 908 nach Kolophon, im Jahre 884 nach Samos, im Jahre 842
nach Milet, im Jahre 726 nach Cyprus, im Jahre 694 nach Kyme,
im Jahre 625 vor Christi Geburt nach Knossos’ auf Kreta.u. s. w.
Die zweite Ansicht hat ihren Urheber und ersten Vertheidiger
in Krates von Mallos, dem Stifter der Schule zu Pergamus. und
würdigen Gegner .des grossen Aristarchus. .-Dieser:. Krates setzte
Homer’s Geburt, wie oben erwähnt wurde, in’s Jahr 60 nach dem
Falle von Troia, also vor die Zeit des dorischen Einfalles in den
Peloponnesus, und'vor die Zeit der Auswanderung der Ionier nach
Asien, gerade in die Periode, in welcher die Volkssage die aeolische
Pflanzung in Asien entstehen lässt. Als Anhänger und Vertheidiger
dieser Ansicht können wir zunächst den ‚Magnesier Zopyrus, den
Dicaearchus und den Ephorus anführen; im Allgemeinen aber hat
dieselbe unter den Alten wenig Beifall gefunden. Was nun die Ge-
lehrten der modernen Zeit betrifft, so haben sich zwar auch die
Meisten für einen ionischen Homer ausgesprochen (Wolf sagt:
„Ausgemacht ist, dass Homer »aur in lIonien entste-
hen konnte‘); daneben ist aber von Vielen eben so eifrig und -
mit triftigen Gründen der aeolische in Schutz genommen worden,
Um .nicht zu weitläufg zu werden, übergehen wir Namen und
Schriften derjenigen ‚Männer, die für die eine oder für die andere
Ansicht in die Schranken getreten sind, und erlauben uns nur
folgende Bemerkungen: Aristoteles und Aristarchus 'und :fast alle
Notabilitäten der: alten Griechen sind ftir einen ionischen ‚Homer,
und zunächst: wol darum, weil die ionischen Griechen in Bezug
auf Pflege und Verbreitung des Dichters sich unstreitig am Meisten
verdient gemacht haben, und weil die epische Sprache am Besten
imit dem ionischen Dialekte zu harmoniren schien. Dabei wurde
aber bemerkt, dass sich gar viele Aeolismen und Dorismen: in ihm
finden **); was man. aus dem Umstande erklärte, dass unter den
Ioniern grosse Massen von aeolischer und dorischer :Abkunft waren,
wie Herodot ‚meldet ***),
Ein 'Fäctum wäre demnach, dass der epische Dialekt ein Ger
misch vön: Ionismen, Aeölismen und Dorismen sei. Es ist That- _
sache ‚die wol’ von keinem Sachkundigen in Zweifel gezogen wird,
dass die Dialekte immer mehr an Unterscheidung verlieren, je weiter
*) Im Hymnus auf den Apollo (v. 172) heisst es, Homer.habe auf
Chios gewohnt; und es ist die Annahme zugelassen, ‚dass er anderswo
eboren worden sei. Damit stimmt ann auch die. Meinung des Aristoteles
überein.
: %%*) Mehrere derselben hat Aristärchus geradezu über. Bord geworfen,
und attische und zonische Varianten dafür aufgenommen. on
+++) lib. I, 146. ι- ᾿ς
35*
548 Die Griechen und Homer.
dieselben ins Alterthum zurückgehen, bis die Unterschiede am Ende
ganz schwinden. Wenn wir nun annehmen, der Dialekt des Ηο-
mer sei aus einer Zeit, wo die Sprache Griechenlands noch nicht
in so markirt verschiedene Mundarten sich getheilt batte, so brau-
chen wir nicht zu eingefinssenen Aeolismen und Dorismen unsere
Zu@ucht zu nehmen. Waren ‚aber eismal die grellen Dialektsunter-
schiede da, dann ist es kaum wahrscheinlich, dass der Dichter einen
Mischmasch von Dialekten gewählt hätte, wenn auch gleich Leute
vor allerlei Stämmen in seiner Heimath neben einander gewohnt
hätten. Und hat er keinen Mischmasch gewählt, wie man aus trif-
tigen Gründen annehmen darf *), so ist kaum denkbar, dass ein
solcher mit der Zeit von seinen Landsleuten zugelassen worden
wäre. Sind Ilias und Odyssee ursprünglich ionisch gewesen, so
mögen Aeolier und Dorier, falls diese Gedichte bei ihnen Aufnahme
und Pflege fanden, für sich Aeolismen und Dorismen in dieselben
hineingebracht haben ; die Ionier aber haben gewiss am ursprünglich
ionischen Texte festgehalten. Man brauibt keinen andern Grand
hiefür zu nennen, als die menschliche Eifersucht und Eitelkeit. Ια-
dessen. wäre aber doch noch der Umstand. von besonderm Gewichte,
ılass-es die Ionier waren, die zur Verbreitung und Pflege der beiden
grossen Epopeen am Meisten beigetragen haben.
Der Dialekt, den wir im Homer finden, ond den Aristarehus
für den alt-ionischen gehalten. bat, ist derselbe, dem wir im Hesiod,
dem Verfasser.der ἔργα καὶ ἡμέραι dem boeotischen Dichter, der
wol keinem ionischen Einflusse ausgesetzt war, begegnen. In dem
gleichen Dialekte wurden auch die alten ‘Orakelsprüche gegeben,
und er wär überhaupt die Mundart, in der jede ältere litterarische
Composition abgefasst war. Stasinus von Cypern, Bumelus von
Korinth, Kinaethon von Lacedaeman haben in ihm gesungen.
"Er ist also in den verschiedensten Gegenden . Griechenlands
gebraucht und verstanden worden und darum! gewiss sehr alt:
Diese Mundart.hat eine sehr poetische und masikalische Natur, und
zeichnet sich durch wunderbar lebhafte Beweglichkeit und Biegsam-
keit, und durch ‚Wohlklang, natürliche Einfachkeit und Energie aus.
Frohsinn ‘und Lebbeaftigkeit .bilden einen Grundzug im Charakter
des Ioniers; aber die männliche Kraft und Energie, die wir im
epischen Dialekte. finden, stimmt nicht recht zur Weichliehkeit und
zum -Laxus des ionischen Volkes, Dazu kömmt noch der Umstand,
dass die Tonier in Asien, wie von den Alten gemeldet wird, lange
. Ὦ Wie fest einmal gegebene Dialektsunterschiede nicht nur stamm-
weise, sondern sogar familienweise haften, davon liefert die Geschichte
Beweise genug. Homer hat daram sicher den. Dialekt seines Stammes
geschrieben (das Beispiel Herodot’s ist kein Gegenbeweis, wie man leicht
wissen kann), zumal wenn es ein Factum ist, wie ich glaube, dass in je-
der Trennung der Grund zur Eifersucht und Feindseligkeit gelegen sei,
und dass jeder Volksstamm seine Sache für die bessere halte.
Von Professor Dr. M, Weishaupt zu Solothurn. 549
Zei die nämliche Mundart gesprochen haben, welche sie aus Attika
mit sich gebracht hatten.
Aus dem Gesagten liesse sich nun abnehmen, dass die epische
Sprache weder für ein Product der asiatischen lonier gelten könne,
noch auch atisschliesslich ‘die alt-ättische sei, sohdern dass man in
ihr eben die Mundart anzuerkennen habe, welche vor der dorischen
Invasion im europaeischen' Griechenland allgemein ‘verständlich und
für die Abfassung eines jeden litterarischen Productes’ allgemein ge-
bräuchlich gewesen zu sein 'scheint.: Sonach kann aus ihr auf die
ionische Abkunft Homer’s nicht -geschlessen-werden. Aber auch die
grosse Achtung und Pflege, die der Dichter 'mit Vorzug unter den
Joniere genossen bat, können uns nicht bestimmen, ihn deswegen
schon für einen Ionier zu halten, zumal’ wenn Zeugnisse vorhanden
sind, die ihm diese‘ Abstammeng streitig machen. Und solche lie-
gen, wie wir so eben gehört haben, in Homer’s Sprache; und wie
wir sogleich hören werden, in Homer’s Werken, Es ist eine na-
türliche und ganz gewöhnliche Thatsache, dass dem Menschen seine
Heimath *) und seine nächsten‘ Verwandten und Bekannten am Mei-
sten am Herzen liegen, und dass von ihnen zu reden, und sie
hoch zu stellen und zu preisen eine Herzenslust ist, die er sich
nicht leicht versagt, wenn er sich ihr hingeben kann, Wenn nun
Homer ein lonier war, warum hat er denn die lonier so unbeachtet
gelassen? Für den ionischen Stamm ist er ja nirgends eingenom-
men. ‘Seine bevorzugten Helden sind keine: Ionier. Der: einzige
Held aus dem ionischen Muttersitze Athen, der in der'llias genannt
wird **), ist Menestheus;" und seine Erwähnung kann wol keine
rühmliche heissen. Kein Athener erscheint‘ irgendwo als Sieger
über einen Feind. Dagegen werden so viele aeolische und achaeische
Krieger gepriesen, ja sogar die Herakliden, die Erzfeinde des ioni-
schen Stammes finden ihr Lob. Und wenn die Stelle in der Ilias
(1V, 51 sqq.) den Beweis liefern sollte, 4888 der Dichter‘ nach dem
dorischen Einfalle‘ gelebt habe, und dass ihm das Loos von Argos
bekannt gewesen sei, so läge in derselben eine unbegreifliche Gleich-
gültigkeit gegen die Schicksale seines Stammes.
Homer beginnt seinen Schiffskatalog mit Boeotien, einem aeoli-
schen Lande ***). Die Haupthelden der Ilias und Odyssee sind
aeolischen Stammes. Aeolische Sagen finden hauptsächlich Berück-
sichtigung. _ Vorliebe für die Aeolier ist allenthalben sichtbar, sowie
Bekanntschaft mit den aeolischen Landen; und fast. alle Gemälde
und Schilderungen in Ilias und Odyssee verrathen den Aeolier. Bei-
nahe jede Seite in der Iliade liefert den Beweis, dass der Dichter
von Gegenständen spricht, die ihm gehau bekannt wären, ‚wenn er
*) φίλη πατρὶς und οὐδὲν γλύκιον τῆς zeigte sind Gedanken, die
bei Homer häufig vorkommen. Fr
II, 553. Cfr. IV, 338.
vo.) Cir. Thucyd, vo, 57: vi, u 100. ın, 9.
550: ee Die Griechen’ und Hoier. .
vom.aeolischen Lande redet. Da.ist er daheim, da.nennt er viele
Orte, da gibt er nicht nar allgemeine Umrigse von der Landschaft,
sondern beschreibt: Alles bis. in’s kleinste Detail: . Berge, .Hügel,
Thäler, Ebenen, Vorgebirge, Flüsse, Furten, Waschgruben, Quellen,.
Strassen, Gärten, Grabmäler,. Bänme, Landesmarken u. 8, w. sind
ibm' ganz genau bekannt. . ες ΝΞ ΞΕ
Auf aeolische Abkunft Homer’s deuten auch die .socialen und
‚ politiachen Zustände,. die der Dichter schildert, Als die Iouier ana-
wanderten, hatte ‚Athen keine Könige.mehr; und es lässt sich nir-
gends «in Beweis finden, dass die ionischen Colonien irgend einmal.
Känige im homerischen Siene "gehabt haben. Die, aeolischen Colo-
nien sind. aber viel älter; sie. datiren von. der Zeit der troianischen
Eroberung, und scheinea das patriarchalische Leben, das im ‘Homer
vorwaltet, eine.geraume Zeit'nach ibrer ersten Ansiedelung. noch
beibehalteg .zu haben.. Be
Die kleinasiatigche Küste, ‚die wir. unter dem Namen. Tonien
kennen, wird von Homer ziemlich gleichgültig behandelt, Die ein-
zige ionische Stadt, die. in der llias mit Namen genannt wird, und
zwar nur einmal, nämlich im Schiffskatalog,. ist Milet *), Samos
wird nie erwähnt; und Chios, das man mit Verzug die Heimath
Homer’s. genaunt bat,.kömmt μὰν in der Odyssee vor **). — Athen
selbst, die. Mutterstadt, und Zuflucht der Ionier, spielt einge höchst
unbedeutende Rolle, und. wird nur selten berührt, ΝΣ
Wir, zellen alle Achtung dem Alexandriner Aristarchus und den
vielen grossen ‚Kritikern der alten.und neygen Zeit,. dje mit ihm in
Homer, einen lonier ‚gefunden haben;. aber aus den angeführten
Gründen_lässt una weder die feine Cultur des ionischen Stammes,
‚ noch .die hohe Pflege und Verehrung, die Homer unter den loniern
genossen hat, in Ipgien sein Vaterland sshen. ‚Wir anerkennen einen
aeolischen Homer, oder, um genauer zureden, einen Homer, der in
dem, Theile von Kleinasien geboren wurde und .jebte, welchen wir
unter dem. Namen Aeolien kennen, Wenn wir: ddem:genannten Kra-
tes folgen wollen, setzen .wir die Geburt unseres Dichters ungefähr
_ in das Jahr 1124 ante Christum natum ***). Mit, diesem . Ansatze
kommen wir zwar in Widerstreit mit der, Sage, die den Dichter in
Smyrna zur; Welt kommen lässt; denn Smyraa wurde erst im Jahre
*) II, 868. — Milet und Samos scheinen semitische Namen zu
sein. Samos bängt mit hebraeisch schamaim' zusammen, und heisst
Anhöhe; Miletos aber darf man. vielleieht mit hebr. τὰ δὶ αἱ verbinden.
**) III, 170 eqq. — Χέορς = die Stürikische. : Οἷς. lat. hiemsz
gr. χεῶν»: sanscr., kıma: Schnee. . a ΜΝ
*+*) Dieser Ansatz ist erst neulich von Herrn Bengebusch in den
Neuen Jahrb. für Philologie und Paedagogik, Band 67, in einer Recension
der Geschichte, der Homerischen Pa&sie. von Lauer (Berlin 1851) be-
stritten worden; allein Alles, was Herr Sengebusch vorgebracht hat,
scheint uns, den oben erwähnten Gründen, gegenüber weder die ionische
Abkunft noch das spätere Zeitalter des Dichters beweisen zu können, .
Von Professor Dr, M. Weishaupt zu Solothurn. 551
1015 vor Chr, Geb. gegründet. Auch Kyme, die älteste aeolische
Stadt in Asien, die Mutter von Smyrna, die zugleich als Heimath des
Hesiod gepriesen wird, ist jünger; denn sie scheint-erstim Jahre 1033
vor Chr. Geb., also lange nach dem dorischen Einfalle, erbaut wor-
den zu. sein. Wir müssen demnach auf Smyrna und Kyme ver-
zichten, wenn es sich um Bezeichnung des wirklichen Heimathsortes
unseres Dichters handelt,. und können in den Sagen, durch welche
die angeführten Städte als Heimathsorte Homer’s hervorgehoben
werden, nur figürliche Angaben erblicken, welche auf aeolischen Ur-
sprung und hohes Alterthum desselben hindeuten. Dass aber:
Smyrna und Kyme, jenes die berühmteste und dieses die älteste
aeolische Stadt in Kleinasien, mit der Zeit Ansprüche auf den be-
rühmtesten. aeolischen Sänger erlangten und zu behaupten suchten,.
ist leicht begreiflich. ' Ä j
Dürfen wir, wie uns scheint, nach’den Lebensgemälden und
nach den socialen und bürgerlichen Verhältnissen schliessen, die
wir in der Ilias geschildert finden, und die sicher nach der Wirk--
lichkeit gezeichnet sind *), so müssen wir Homer’s Leben in eine
Zeit setzen, in welcher der alte patriarchalische Zustand und der
Respect vor den Fürsten wenigstens im Lande des Dichters. noch
in voller Geltung waren, die alte Sitte und Einfachheit aber: doch
schon der feinern Cultur und Sitte Platz zu machen anfing. Mit
dieser Annahme ‚scheint auch die epische Sprache am Besten zu
harmoniren, wie' wir bereits angedeutet haben. Eine solche Zeit
können wir uns nun unter derjenigen denken, welche für das tro-
ianische Land bald nach: dem Falle Troia’s erfolgt ist. Die sieg-
reichen Griechen, die 'däs Land in Besitz nahmen **), behielten:
sicher noch eine Zeit lang ihre alte Verfassung und Lebensweise
bei, kamen aber natürlich zugleich in vielfache Berährung mit der.
feinen Cultur und dem Luxus der asiatischen Nachbarn.: Diese
ersten griechischen Ansiedier auf troianischem Boden waren'nicht
— - Ge -"" ἱ
*) Die kunstlose Aufrichtigkeit Homer’s lässt uns nicht glauben,
dass die Sachen, die er schildert, leere Erdichtungeu oder höchstens
Auffrischungen längst veralteter Zustände seien. Dass Fürsten Opfer-
thiere schlachten und braten, Heerden weiden, und Hand anlegen beim
Aufbaue von Gebäulichkeiten für sich; dass Prinzessinnen Gewebe ver-
fertigen und die: Wäsche besorgen u. 4. w., das mag der Dichter Alles
selbst gesehen haben. Die Pracht in Gebäuden, Mobilien, Gemälden,
Kleidern u. s. w., die er neben jener alten: Einfalt zeichnet, ‚beweisen
nur, dass jene Einfalt eine Zeit lang neben der eingedrungenen' feinen
Cultur sich: zu halten wusste. nn
᾿ς ἈΚ) Dass die Griechen das eroberte Land in Besitz nahmen, ist un-
zweifelhaft.-: Man erobert kein so schönes Gebiet,:um es hernach von
der Hand zu werfen. Und wäre: dieses dennoch der Fall gewesen, 80
hätten sicher die alten Bewohner das verlassene Land sich wieder an-
geeignet: und dann. hätten die im Jahre 1120 vor Christi Geburt ein-
dripgenden Aeolier nicht so leichtes Spiel gehabt, sich im Lande fest zu
setzen, — Dass die Sage den "Orestes die aeolische Wanderung leiten
lässt, ist hier von grosser Bedeutung. nn ΝΕ
δ .- Die.Grischen:und Homer...
van .einerlei Abstammung ; ‚die Hauptmasse: davon aber scheint aeuvli-
schen Blutes gewesen zu sein. Dex Beweis, dass die Aeolier we-
nigstens Ton angebend waren, mag in. dem Factum liegen, dass
die. grasse aeplische Wanderung, die, wie schon angedeutet worden
ist, ungefähr ins Jahr 1124 vor: Christi Geburt gesetzt werden
kann, dahin gegangen ist *).
Nicht lange nach der aeolischen Wanderung scheint sich der
sociale und politische Zustand des Landes geändert zu haben. Die
menarchische Verfassung zerfiel und republikanische trat an deren
Stelle. Vor diese Zeit und in dieses Land setzen wir Homer’s
Geburt, und zwar nicht lange nach Troia’s Fall, ohne uns an ein
bestimmtes Jahr und an einen: hestimmten Ort zu halten; und wir
glauben hiermit den Gründen, die sich ‚aus seinen Werken für seine
Heimath und Lebenszeit ergeben, gehörige Rechnung zu tragen,
. Auf jeden ‚Fall ergeben sich für. diejenigen, welche ihn zu
Kyme. oder .Smyrna, also nach Entstehung“ der Heraklidischen Staa-
ten, geboren werden lassen, bedeutende Schwierigkeiten.
Jeder Künstler .borgt aus seiner Zeit und aus seiner Heimath,
Nun ist. aber sicher kein Lebensgemälde in den beiden grossen
Gedichten .zu finden, in. welchem man auf.republikanische Verfas-
sung der Heimath des Dichters sehliessen könnte. Auch von dem
dorischen Einfalle wird nirgends gesprochen **).. Und dieses Er-
eigniss war doch gewiss ein sehr wichtiges. Zudem liebt es ja der
Sänger, wie er selbst aagt, das Neueste zu besingen, weil das Neueste
am Liebsten gehört werde ***), . τς
Anlangend die Localitäten aber, die. in Ilias und Odyssee so
meisterhaft beschrieben sind, und die ziemlich weit auseinander lie-
gen, bekommen wir Aufschluss, wenn wir Homer’s. Lebenszeit nicht
lange nach dem.-Falle. von: Troia setzen.: Durch Leute, die ans.
den gedachten Ländern stammten, und mit der grossen Expedition
oder in Folge Uerselben -nach Troia,: dem nachherigen aeolischen
. Lande, gekommen waren, und neben den Eltern des Homer als
Ansiedier im eroberten: Lande wohnten, kotnnte: der Dichter seine
Kenntniss von Argos und Sparta, von Thessalien und Boeotien,
von Ithaka u, s, w, gewinnen }).. Darauf scheint uns auch die
Ὁ Die Berrennung Αἰολούς (== ἀξολεύς: ὦ == zusammen: Fo-
λεύς mit lat. volvo und varius verwandt) kann den Begriff des Al-
lerlei in sich schliessen. Bs kann aber auch ’der Begriff von versu-
tus in ihr liegen. Porphyrias nimmt an, αἰόλος sei = εὐκύνητορ.
ἘΠῚ Die Verse Iliad. IV, 51 sqq. kann man doch wol nicht im Ernste
als Anspielung auf vorausgegangenen dorischen' Einfall gelten lassen.
' #6) Odyss.; I, 3851-sgq.
+) Wahrscheinlich gab es auch ältere epische Lieder, aus denen
Homer Kenntnisse in Bezug auf das europaeische Griechenland erlangen
konnte. Sicher war Homer nicht der erste Epiker; denn keine Kunst
erschien je auf einmal vollkommen. Für das Vorhandensein früherer
epischer "Lieder scheint Homer selbst Zeugniss zu geben. Cfr. Odyss.
I, 154, VIII, 88 sqg. . ΕΣ
Von Professor-Dr. M. Weishaupt zu Solothurn, 553
Biographie Homer’s, die wir’ unter Herodot’s Namen haben, tinzu-
weisen. Nach derselben war der Grossvater des Homer ein ge-
borener Thessalier, der in Kleinasien sich ansiedelte und bei seinem
Tode seine einzige Tochter Κρηϑηΐς der Sorgfalt eines Mitcolo-
nisten, Namens Kleanax aus Argos, übergab. Als Kritheis (oder
Kretheis) zur Jungfrau herangewachsen war, wurde sie schwanger;
und aus Aerger habe Kleanax dieselbe nun einem Freunde aus
Boeotien, Namens Ismenias, übergeben, der eben im Begriffe stand,
mit Leuten von Kyme, unter Leitung eines’ thessalischen Führers,
Smyrna zu gründen. Bald nach der Ansiedelung sei Homer am
Ufer des Flusses Meles geboren worden. Phemius, ein berühmter
Sänger, habe den Homer adoptirt, und in der Musik und Dicht-
kunst unterrichtet. Nach dem’ Tode des Phemios *) sei Homer
mit einem befreundeten -leukadischen Kaufmanne Namens: Mentes
nach Griechenland, Tyrrhenia nnd Iberia gekommen und habe sich
unterweges wegen eines Augenübels lange Zeit auf der Insel Ithaka
bei einem wackern Manne Namens Mentor aufgehalten u. s. w. —
“ In dieser Sage sind, wie man sieht, Kyme, Smyrna, Thessalien,
Argos, Boeotien, Akarnanien, -Ithaka, Italien und Spanien mit Homer
in Verbindung gebracht, und es wird in ihr behauptet, dass Homer
in Kleinasien von einer Mutter geboren worden sei, deren Vater
aus Thessalien stamme. Wir nehmen die Sache nicht buchstäblich ;
finden aber in ihr eine Bestätigung unserer Ansicht.
Die Sagen meiden ungemein viel von'Homer. Sie lassen ihn
namentlich grosse Wanderungen machen, dabei blind: sein, Noth lei-
den, betteln und sogar Hungers sterben. |
Aber wie wir für Zeit und Heimath des Dichters hauptsächlich.
aus der Ilias und Odyssee Kenntniss schöpfen, so anerkennen wir
auch für seine Lebensschicksale kein Zeagniss, das nicht zugleich in
jenen zwei Werken Bestätigung fände. Nach seinen eigenen Angaben
zu schliessen, war nun Homer ein Mann, der in glücklichen und
sorgenlosen Verhältnissen lebte, und bei seinem Volke in hohem An-
sehen stand. Sein poötisches Talent war gleichsam ein Adelsdiplom,
das ihm Zutritt zu den Häusern der Reichsten und Mächtigsten
sicherte, und allenthalben ehrenhafte ‘Auszeichnung und Geschenke
aller Art verschaffte, | | ΒΝ
- Jene unfreundlichen Sagen müssen darum, wenn’ überhaupt et-
was Wahres in ihnen ‚liegt, entweder nur figürlich zu nehmen sein
(z.B. das Herumwandern, das anf die allmälige Weiterverbreitung
seiner Gedichte gehen mag), oder auf Schicksale von Rhapsoden und
spätern Zeiten bezogen werden **),
''*) Pliemios heisst auch der berühmte Sänger im Hause des Odys-
seus; und man glaubte, Homer habe ihn in seinem Gedichte aufgeführt,
um dadurch seinen Adoptivvater und Lehrer zu verherrlichen.
**) Eine der albernsten Ainahmen ist, Homer ‚sei blind gewesen,
als er die Ilias und Odyssee verfasste. ‘Wer so etwas glauben kann, der
Sb Die Griechen ‚und Homer,
Wir haben oben behauptet, Homer sei der ausgezeichnetste Dich-
ter des.griechisehen Alterthums,. Diesen Rang räumt ihm das grie-
chische Alterthum selbst ein, indem es den. Homer gewöhnlich mit
Vorzug „den Djchter“ nennt’). Alles, was gross ist und wun-
derbar in der griechischen Litteratur und Kunst, habe sich nach
ihm gerichtet. — Die ganze. griechische Geistescultur hat in ihm
ihre Basis. Homer ist der ausgezeichnetste Dichter der Griechen,
und man darf beifügen:„ kein Dichter der Erde habe ihn übertreffen.
Was sonst grosse Dichter in einzelnen Punkten Grosses geleistet
haben, ‚das findet sich Alles in höchster Vollkommenheit im Homer
vereigiget. . Wahre und schöne. Schilderungen, markirte naturge-
traue Charaktere, eine Fülle von. dramatischem Leben in den Dar-
stellungen, interessante Grußpirungen und Situationen, Mannigfaltig-
keit in den Gemälden (— Anmuth und Zartbeit in den einen, Kraft
- und Grösse, oder auch dunkles, abenteuerliches und übernatürliches
Walten io den andern —), Würde in Gedanken und Ausdruck,
Wohlklang und Harmonie in Sprache sind Vorzüge Homer’s, die
Jedermann anerkennt, der ihn gelesen, und aufgefasst hat. — Wun-
derbar und von keinem seiner vielen Nachahmer**) in gleichem
Grade erreicht ist ‚die Art, wie er die epische und dramatische
Kunst in seiner Behandlung zu verbinden weiss; wunderbar ist zu-
gleich der’ Umstand, dass uns dabei der zarteste Sinn, und der
reinste Ausdruck, wie man sie nur in einer fein cultivirten Zeit zu
finden- pflegt, neben der natürlichen Einfalt und Kraft. des alten
hersischen Zeitalters entgegentritt. Höchst eigenthümlich ist dane-
ben die Erscheinung, dass sich nirgends eine Spur von romantischer
Liebelei nnd Sentimentalität entdecken lässt, obgleich das weibliche
Geschlecht in beiden Gedichten vielfach berührt wird, und .das freie
Weib hochgestellt ist im Leben. - | j
Ilias und Odyssee. sind,. wie schon mehrmals erwähnt wurde,
die zwei grossen Werke, die wir dem Homer verdanken. Es
stimmt aber nicht Jedermaun dieser Annahme bei. Schon zur Zeit
der Alexandriner wurde in Zweifel gezogen, dass der Verfasser der
Ilias zugleich Verfasser der Odyssee sei, — Ein gewisser Xenon,
der nicht lange: vor Aristarchus gelebt zu haben scheint, oder dessen
Zeitgenosse war, glaubte die Entdeckung gemacht zu haben, dass
die Odyssee von einem andern Dichter herrühren müsse als die
Ilias. :Diese Ansicht, der auch ein gewisser Hellanikus, ein Gram-
matiker aus der. Zeit des Aristarchus, huldigte, scheint sich indessen
auf schwache Gründe gestützt zu ‚haben; denn nachdem. sie von
hat sicher die genannten Gedichte nie gelesen, oder war beim Lesen mit
geistiger Blindheit geschlagen,
*) Der Name unseres Dichters kommt bei Tyrtaeus und Archilechus
vor, die beiden Werke, Ilias und Odyssee, werden aber erst von Hero-
dot (lib. II, 116) mit Namen aufgeführt,
.. ἢ Wir wollen nur an die epischen und unter diesen nur an Vir-
eilias, Tasao und Milton eringem.
Von Professor Dr, M. Weisbaupt zu Solothurn. 555
Aristarchus angefochten worden war, gewann sie nirgends mehr
festen Fuss, und wurde später höchstens noch als alte Rarität an-
geführt*). Xenon und Hellanikus sind .sonach die einzigen Sepa-
ratisten. des Alterthums, von denen wir Kunde erhalten haben;
und wir dürfen mit Sicherheit annehmen, dass man unter den alten ἡ
Griechen ziemlich allgemein an einen Homer ‚geglaubt und diesem,
die. Abfassung der beiden grossen Gedichte zugeschrieben habe,
Bis gegen das Ende des XVII. Jahrhunderts galt gun. Homer
allgemein als Verfasser der Ilias und Odyssee; aber bis dahin be-
gannen neue Ansichten aufzutauchen, die bald noch Mehr in Frage
zu stellen drohten als die alten Separatisten versucht hatten. Gio- :
vanni Battista Vico, einer der originellsten Denker, geboren zu
Neapel im Jahre 1660 nach Christi Geburt, benutzte diese Ansich-
ten, und sprach zuerst oflen wieder‘ von einem Homer der Iliade
und einem andern der Odyssee, und behauptete, die Pisistratiden
haben zuerst die homerischen Gedichte, die ursprünglich nur münd-
lich und stückweise fortgepflanzt worden seien, gesammelt und in
Ilias und Odyssee zusammengestellt; und später seien diese zwei
Werke durch die Alexandriner aufgeschrieben worden. — Genann-
ter Vico ἘΠ) und später Robert Wood***) (1717—1775) können die
Vorläufer von ΕἾ, Aug. Wolf (1759—1824) heissen, -
Nach Fr. Aug. Wolf sind aber auch die einzelnen Theile der
Ilias. und der Odyssee von verschiedenen Dichtern, aus 4—5 Men-
schenaltern, und Pisistratus ist der, erste, der die Stückwerke dieser
Dichter jn eine gewisse Ordnung, gebracht und aufgeschrieben hat,
Höchst. wahrscheivlich, sagt Walf, liegen den beiden Gedichten
Gesänge von einem Dichter Homer zu Grunde; keines aber von
beiden sei so, wie es vor uns liege, das Werk eines einzigen
Dichters, sondern rühre von mehrern Verfassern her, und die
Odyssee sei wenigstens 100 Jahre jünger als die Ilias,
Wolf’s ‚Ansicht hat zahlreiche Anhänger gefunden, und einige
derselben sind sogar noch weiter gegangen als Wolf selbst gehen
wollte; aber auch Gegner haben sich in grosser Menge erhoben
und mit Kraft gegen die neue Lehre gekämpft. Der Streit: wird,
nun schon bereits mehr als ein halbes Jahrhundert fortgeführt, ‘und
ist beiderseits oft ziemlich hitzig und. bitter ‘geworden, und hat,
wie man bei einem Blicke in die Litteratur der neuesten Zeit be
merken kann, noch kein Ende gefünden +)- Die mässigsten An-
.*) Seneca de brevit. vie. cap. 13. redet von dieser Lehre des Xenon
als einer nutzlosen Spitzfindigkeit: Lucian (Ver. -histor. lib. II,: 20) be-
spöttelt sie; und Longinus (213—273 post Ohr. nat.) fand es nicht einmäl
der Mühe werth; an sie zu erinnern. -
**)' Cfr. Scienza nuova di Giambattistä Vico. Milan: 1836.
+*+) Essay on the original genius of Homer. 1769.
* +) Es scheint uns überflüssig, die Schriften aufzuzählen, in. denen
Wolfs Forschungen theils widerlegt oder. vertheidigt, und berichtigt,
theila vervollständigt und mit neuen Ansichten bareichert, worden sind, —
556. . 2.2 Die Griechen und Homer.
hänger Wolf's halten ‘wenigstens an der alten separafistischen Lehre
des Xenon fest, dass nämlich die Odyssee von einem andern Ver-
fasser- herrühre als die Ilias; und eine gewöhnliche Annahme dabei
ist, dass‘ sich mit der Zeit viele Fälschungen ‘in "beide Gedichte
eingeschlichen haben*). Als. unächt- ‘oder nicht von Homer herrah-
rend hat man bezeichnet: : " ᾿ς
den Schiffskatalog (H. II, 484 sqq.); "Helena und Priamus auf der
Mauer (ἢ. Mi, 1:5 sqq.); ‘Helena und Paris daheim im Zimmer
(1. 11, 421 sqq.); die’ Episode, in welcher Glaukus und Diome-
- des einander gegenüber treten (ll. VI; 119 sqq.); Andromachens
τ Anrede (Tl. VI, 407 sqq.); die Doloneia (Il. X, 314 sqq.); die
Episode in Bezug auf den Schild des Achilles (ll. XVIH.); das
"letzte Buch der Ilias; den Gesang des Demodocus (Odyss. VIlI.);
- den letzten Theil des X1: "Buches der Odyssee (v. 668—629);
“ das XXIV. Buch der Odyssee, ΝΟ...
Ferner sind für ünächt erklärt worden: ὁ’ -
1. 1Π - ΤῊ incl; 11. VII. und IX.; and Hiad. XXIV, 677—804.
‘ Hermann bielt den 8., 9., 10. 11. und 12..Gesang in der lliade
“ für eine grösse: Interpolation. Wolf erklärte die letzten sechs
᾿ Bücher für -ein Supplement aus’ späterer Zeit, und meinte, die
Tliade habe lange nur 18 Gesänge gehabt, ‘Andere, denen diese
Abschränzungen zu stark schienen, begnügten sich damit, dass
sie die zwei letzten Bücher für unächt hielten. Wieder Andere woll-.
ten die Aechtheit der sechs letzten Gesänge im ‘Allgemeinen gel-
- ten ‘lassen; meinten aber, in denselben befände sich mancher un-
ächte Theil, 2. B: der Götterkampf, die Leichenspiele, die Klage
"über Hector’s Leiche**). — Mehrere von den angefochtenen Stel-
‘ len gehören gerade zu’ den schönsten und anziehendsten. Wir
erinnern an die Scene äuf der Mauer (Il. III, 145 sqg ‘), an
Glaukus und Diomedes (Il. VI, 119 sgq.), an die Gesandtschaft
“ an Achilles (1. IX, 162 sqq.), an den Schild des Achilles
.
Sogar aus Unterschieden im'Gebrauche der Praepositionen hat man auf
die allmälige Entstehang der Gesänge der Ilias schliessen wollen! —
*) Sonderbar ist, dass aber auch jene Gelehrten. von Interpolationen
reden, die in.jedem der beiden Gedichte das Werk: mehrerer Dichter er-
blicken. Friedr. Aug. Wolf hat in seiner Ausgabe des Homer 93 Verse
in der Ilias. und 111} Verse. in der Odyssee als vermuthlich untergescho-
bene eingeklammert. '
**) Aristarchus und Aristophanes nahmen an, mit dem 296. Verse
des XXIII. Gesanges sollte die .Odyssee schliessen. Homer aber wolite
hier nicht schliessen; denn 'Odyssaus sagt (Od. XXILU, 117 sqq.), dass
er in der Stadt nicht mehr. bleiben könne, nachdem :or 80 viele Freier er-
schlagen, und (v. 137 sqq.) dass man die Kunde von ‚der Ermordung der
Freier verhindern solle, bis er hinaus auf’s Land gegangen.sei. Und die
Wiedererkennung gehört doch wol auch noch zu dem Gedichte. Wenn
diese Stelle nicht da wäre, so würde dem Gedichte etwas fehlen, was
man für einen wirklichen Mangel halten dürfte. Die Psyohapompfe (XXIV,
1—204) ist allerdings von keinem grossen poötischen Werthe, und scheint
nicht im rechten Zusammenhange mit dem Vorhergehenden zu stehen.
Von Professor Dr. M, Weishaupt zu Solothurn. 557
(ll. XVIIE.), an die edlen ‘und pathetischen: Stellen im letzten
‚Gesange der Ilias,
‘ Würden die angefochtenen Stellen aus Homer’s Werken wirk-
lich herausgenommen, so würden offenbar Haunptzierden verdrängt.
Die Separatisten und Zerstückler haben indessen Gründe in
Menge für ihre Behauptungen aufgestellt. . |
Für den Satz, die Odyssee ‚sei jünger als die Ilias, wurde gel.
tend gemacht, dass in der Odyssee ein milderes Leben, mildere
Sitten, bessere Religion und ediere Lebensseiten sich zeigen als
man in der Ilias entdecken könne. Der politische und sociale Zu-
stand erscheine in jeder Beziehung cultivirter in der Odyssee*) als
in der:llias, Dann finde man mehr geographische Kenntniss in
jener ..als in dieser**); und es komme in der einen manche An-
gabe vor, die in der andern noch nicht stehe, und.mit Sicherheit
auf spätere Abfassung 'binweise***), So finde sich z. B. der Name
Messene nur in der Odyssee. — Auch Sprache. und Darstellung
seien in der Odyssee ganz anders als in der' Ilias. In jener zeige
sich viel weniger Leben, viel weniger Geist, viel weniger Origina-
lität, viel weniger poetische Kraft als in der Ilias, Dass die Odyssee
und, Ilias nicht. den gleichen und nicht die gleichen Verfasser habe,
ergebe sich noch aus gar manchem Umstande, am Auffallendsten
aber aus der Verschiedenheit in Bezug auf historische Facten, My-
thologie, Lebensansichten;, Darstellung und Sprache. — In mytho-
logischer Bezieltung legt man ein grosses Gewicht auf den Umstand,
dass in der Odyssee Merkur die Götterbotschaften besorge, in der
Ilias dagegen Iris sie verrichte; und das in jener Venus, in- dieser
aber Charis als Gattin des Vulcan erscheine. Ferner seien die Vor-
stellungen von. der Uoterwelt anders in der Ilias und änders in der
Odyssee. |
Für die Behauptüng, dass jedes der beiden grossen Gedichte,
die wir: unter Homer’s Namen aus dem Alterthume haben, das Werk
mehrerer Dichter sei, hat man nachzuweisen gesucht:
ae) Mangel an innerm Zusammenhang; . |
. *) P. Kaight, meint, weil in der Odyssee bei Neanung der Leier
Κάλλοπες erwähnt werden, von denen die Iliag ‚nicht spreche, sei die
Odyssee jünger als die Ilias. Dagegen wird aber in der Ilias das ξυγὸν
aufgeführt, wovon die Odyssee nichts weiss. Ferner liest man in der
Ylias von Götterstatuen, Wagenrändern u. 8. w,, während die Odyssee
davon nirgends redet. ΝΣ
ἘΠῚ Das ist aber natürlich; denn die Odyssee jst ein geographisches
Gedicht.
*%*) In der Iliade werden aber mehrere Künste erwähnt, von denen
in der Odyssee keine Spur sich findet. Die Ilias nennt Hornarbeiter,
Lobgerber, Lederschneider, Wagner, Waffenschmiede, Hafner, Kunst-
reiter. Ferner wird in ihr von Bewässerung der Pflanzgärten ‚von Boh-
nen- und Erbsenbau, vom Dreschen und Worfeln, von köstlichen Sticke-
reien, vom Bemalen des Elfenbeins u. 8. w. geredet, während die Odyssee
von allen diesen Sachen nirgends redet. Wollte man nun darnach schlies-
sen, so müsste man eher die Ilias für ein späteres Werk erklären.
3
558 - - Die Griechen und Homer.
ß) Verschiedenheiten in Rücksicht auf Lebensverhältnisse, An-
sichten nnd Vorstellungen ;
y) innere Widersprüche; |
δὴ) Ungleichheit in Bezug auf Sprache und Darstellung.
Ergibt sich nun aber wirklich daraus:
1) die Ilias habe einen andern Urheber’ als die Odyssee?
2) die Odyssee sei wenigstens um 100 Jahre jünger als die Ilias?
3) beide grosse Werke bestehen ein jedes aus mehrern Partien,
‘von denen eine jede einen andern Dichter zum Verfasser habe ?
‘.4) die von verschiedenen Dichtern herrührende, innerhalb eines
Zeitraumes von ungefähr 500 Jahren (XI—VI. Saecalum)
verfassten epischen Gesänge, die gegenwärtig die Ilias und
. Odyssee ausmachen, seien mit der Zeit gesammelt, nach
zwei Hauptrichtungen eingetheilt und 530 geordnet worden,
dass sie am Ende als zwei von einander geschiedene m sich
‚abgeschlossene Ganze: gelten konnten?
Wir glauben nicht. Unsere Ansicht ist vielmehr: - ΝΣ
1) Ilias und Odyssee sind’Werke Homer’s, und rühren also von
‚einem und demselben ‘Verfasser her;
“ 2) mit der Zeit mögen diese Werke Zusätze und Verderbnisse
τς, erfahren haben, bedeutend aber können diese bei der hohen
Verehrung, in welcher der Dichter stand, nicht gewesen
sein, zumal, da’es soviel’ wie sicher ist, dass Ilias und Odyssee
von Homer’ selbst aufgesehrieben worden sind.
Zur Begründung dieser. ünserer Ansicht erlauben wir uns Fol-
gendes beizubrisgen. ͵ τος
᾿ Ilias und Odyssee. haben natürlich nicht einerlei Charakter,
denn sie haben: auch nicht einerlei Lebensseifen und Sitten zum
Gegenstande. Die Personen in der Iliade sind meistens Fürsten und
Krieger ; in der Odyssee hingegen. kommen: Wanderer und :Müssig-
gänger und Leute von allerlei Ständen vor. Die Handlung’ in der
Ilias bilden hauptsächlich Schlaehten, Kriegstäthe, Kriegspläne, Kriegs-
rüstungen, Leichenfeierlichkeiten; in der Odyssee kommen haupt-
sächlich Abentener vor, in der Fremde und daheim, zu Lande und
zu ‚Wasser, verschiedene Lebens- und Sittenschildernngen, und
Scenen aus. dem gewöhnlichen und häuslichen Leben. Das häus-
liche Leben ist in der Ilias Nebensache und nur im Allgemeinen
berührt; in der. Odyssee. aber. ist, wol die Hälfte der Handlung in
das Innere von Gebäuden verlegt. In der Odyssee haben: wir ein
sehr grosses Terrain; in der Hias aber ist die Handlımg auf einen
schmalen Raum beschränkt. Die Jlias ist arm an Facten, äber
reich an Gleichnissen; in der Odyssee dagegen herrscht mehr Facten-
‘ reichthum und darum Armuth .an Gleichnissen; — Neben’ dieser
Verschiedenheit, die durch den Stoff herbeigeführt ist, gibt es wol
noch einzelne andere, darunter aber sicher keine einzige, die so
wäre , dass man dabei nothwendig an verschiedene Verfasser den-
ken müsste.‘ Vieles liesse sich auch in der Verschiedenheit des
-
Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 559
Lebensalters, 'in welchem das eine und das andere Gedicht von
Homer verfasst wurde, genugsam erklären, — Ungleichheiten in
Bezug auf Stil sind jedenfalls ein weit geringerer Beweis für die
Annahme: verschiedener Verfasser als Gleichheit für die Annahme.
eines einzigen. Es herrschen aber wirklich bedeutende Gleichheiten
in beiden Gedichten. Es herrscht in beiden durchgängig ein gewisser
Grundton, der sich ‘in Denkart, Darstellung und ‘Sprache bemerk-
bar macht, und eine charakteristische Auszeichnung genannt werden
darf. Wir’ erinnern an die Auflassung und Zeichnnng der Charak-
tere, an den dramatischen Gang der Erzählung, an die Weitläufig-
keit in den Beschreibungen, an die Ausschmäckung bis zum Ueber-
maasse, an die Art und Weise Gedanken zu beschreiben und in
Conflict tretende Gefühle darzustellen, an die Eigenthümlichkeit |
durch Anwendung von Gleichnissen der Erzählung Reiz zu geben,
wo Armuth an Handlung: es föthig macht, an die Beschaffenheit
der Gleichnisse,: an die Benutzung des: Contrastes, um’ die Dar-
stellung lebhafter und interessanter zu machen, an das komische
Element, an den Hümor, an die Päralltelstellen, ar die Art der
Monologe, an Widersprüche und Ungenauigkeiten, an die Nei-
gung zur Spielerei und zum Scherze, an die zur Erklärüng, Zeich- .
nung und Ausschmückung der Gegenstände angewandten Epitheta,
an die Titulaturen, an die Stellung der Worte, um durch den Klang
den Inhalt zu malen, an die Satzverbindung u. s, w. lauter Eigen-
thümlichkeiten, die auf die gleiche Weise überall in der Odyssee
und lias- vorkommien. Es mag von 'den genannten Punkten der
eine und der andere in dem einen Gedichte seltener sich finden als
in dem andern; aber wo sie vorkommen, da ‚gleichen sie einander
wie ein Ei dem andern. : In der Ilias begegnen wir dem gleichen
Humor, der die ganze Odyssee dnrchzieht, an leiehf zählbaren Stel-
len; ‚aber in beiden Gedichten hat er überall einerlei Gepräge. Eben
so verrathen die pathetischen und’ erhabenen Stellen, .die in der
Odyssee in viel geringerer Zahl als in der Ilias sich zeigen, überall
den gleichen Meister: Die Gleichheit der Denkart und Vorstellung
stellt sich in beiden Gedichten noch in manchem andern Punkte
heraus. — Leidenschaften und Gemüthsstimmung werden überall auf .
die gleich eigenthümliche Weise gezeichnet und Ansichten verschie-
dener Art auf. die gleich eigenthümliche Weise dargestellt. „Der
frevelnde Wille unterliegt der Strafe der göttlichen
Gerechtigkeit; wer den Göttern gehorcht, die Götter
verehrt und zu ihnen betet, der:findet Erhörung und
Hülfe, wenn er sie nöthig hat; der Gedanke an über-
standene Leiden erfreut; das Mitgefühl geht aus,
Selbstsucht hervor; dem Kummer sich hingeben ist
eine Lust; das Leben vergeht schnell, und die Men-
schen entstehen und vergehen wie die Blumen des
Frühlings; u. 8. w.‘“ Diese und ähnliche Gedanken und Vor-
stellungen finden sich in beiden Gedichten .auf die gleiche Weise.
560 Die Griechen und Homer. ὑ
Bücksichtlich der ‚Bebauptung der Separstisten, die Lebens-
zustände in der Odyssee seien viel cultivirter und milder als in der
Ilias, und zeigen, dass jenes Gedicht aus einer viel caltivirtern
und spätern Zeit stamme, haben wir oben schom bemerkt, dass
dagegen die Ilias eine Menge von Künsten und afti
nenne, die in der Odyssee nirgends vorkommen, und die eben so
gut für Beweise höherer Cultar hingenommen werden könnten. Wir
haben auch auf die Verschiedenheit des Stoffes hingewiesen und bei-
gefügt, dass möglicher Weise die zwei Gedichte aus zwei verschiedenen
Lebensperioden des Dichters herrühren können, das eine aus der
Jagend und dem kräftigen Mannesalter, das andere aus der spätern
Lebenszeit.
Etwas besonders Trügliches bei Ausmittelung des Ursprungs
und des Alterthums schien uns der Beweis zu sein, der aus der
Sprache entiehnt werden will; und wir meinten, wenn man die alter-
tbümlichen Formen, wie sie genannt werden, berechnen wollte, so
würde wahrscheinlich ein Resultat herauskommen , das eher für ein
böberes Alter der Odyssee zeugen dürfte. -
Aus diesen Gründen nun, und weil Aristarchus, Aristoteles,
Aristophanes, Krates, Longiaus und, mit unbedeutender Ausnahme,
das ganze classische Alterthum Ilias und Odyssee für Werke Ho-
mer’s angesehen haben, halten auch wir sie für Werke Homer’s.
Wir baben uns mit unsern Angaben nun zwar schon zugleich
gegen die Annahme derjenigen erklärt, welche in jedem der beiden
Gedichte das Werk mehrerer Verfasser erblicken, und die gegen-
wärtige Gestalt einem Sammler und Zusammensteller zuschreiben*) ;
wir müssen indessen doch noch Einiges zur Beleuchtung und Unter-
stützung unserer Ansicht beibringen, Wir geben. zu bedenken:
1) dass das grösste Genie nicht immer gleich gut aufgelegt ist,
und dass darum bei jedem .grössern Geistesproducte leicht
Ungleichheiten entstehen, und die einer Partien schöner und
ansprechender ausfallen können als. die audern;
2) dass Verstösse und Widersprüche versehiedener Art wirklich
auch in grössern Gedichten anderer Dichter sich finden **);
*) Pisistretus war der Gründer einer öffentlichen Bibliothek in Athen,
und für diese sammelte er die homerischen und andern epischen Werke.
Weitere Dienste hat er dabei nicht geleistet, als dass er vielleicht Werke,
die man im Allgemeinen, weil sie ähnlicher Art waren, auch homerische
nannte, was sie aber wirklich nicht gewesen sein mögen, ausschied, und
dafür sorgte, dass die Rhapsoden öffentlich nur ächt homerische Gesänge
vortragen durften. Dass man ihm vorwirft, er habe in seiner Ausgabe
sich Fälschungen erlaubt, spricht gerade dafür, dass Homer’s Werke schon
aufgeschrieben waren.
*) Wir wollen einige aus Virgils Aeneis hervorheben.
2) 1, 667 verbirgt sich Helena im Tempel der Vesta; VI, 511 erscheint
sie dagegen als Mitschuldige,, die den Griechen die Thore öffaet.
2) IT, 16 ist das hölzerne Pferd aus Föhrenholz; II, 112 von Ahorn;
II, 186 aus Eichenholz.
“ 3) U, 181 verkündigt der Schatten der Creusa dem Aeneas, er habe
Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 561
8) dass, wenn Ungleichheiten, Verstösse und Widersprüche in
- jedem grössern Dichterwerke (sogar aus der neuern Zeit)
sich entdecken lassen, ein poetisches Werk aus so alter
Zeit nicht wol von solchen Mängeln frei sein könne;
4) dass es, wie schon bemerkt, etwas sehr Gewagtes sei, in
den homerischen Gesängen aus vermeinten Verschiedenheiten
in sprachlicher Beziehung auf verschiedene Verfasser schliessen
‚ zu wollen, zumal wenn geborene Griechen, die zugleich für
ausgezeichnete Kritiker gelten können, wie Aristarchus und
Krates, von einer so viel sagenden Sprachverschiedenheit
nichts wissen; .
5) dass die Kritiker in Bezug auf Ausscheidung sehr uneins
sind und dass der eine für unächt hält, was dem andern
für ächt gilt. ει
Wenn mehrere Dichter zur Hervorbringung der Ilias oder .der
Odyssee beigetragen hätten, so wäre es wahrhaft wunderbar zuge-
gangen, wenn der eine Etwas gedichtet hätte, was als Anfang, der
andere Etwas, was als Fortsetzung, der dritte Etwas, was als
Schluss eines grossen Gedichtes dienen konnte,
Wären die einzelnen Partien, von denen jede einem andern
Dichter zugeschrieben wird, wirklich das Werk mehrerer Ver-
fasser, so ergäbe sich ferner der Fall, dass Griechenland in einer
Zeit, die man als rohe zu bezeichnen pflegt, eine Menge von’ vor-
trefflichen Dichtern - besessen habe, dergleichen kein anderes: Land
aufweisen kano,
seine Zukunft in Hesperien und an der Tiber zu finden; III, 7 da-
egen ist Aeneas incertus, quo fata ferant, ubi sistere detur.
r, 85 lässt Acolus durch den Kurus, Notus, Africus und Aquilo die
Flotte des Aeneas anfallen; und doch erscheint der bei dieser Ge-
legenheit umgekommene Orontes (I, 154) später (VI, 334) als Opfer
des Auster ; und Leukaspis, der in letzterer Stelle mit aufgeführt wird,
kommt bei der Beschreibung des Sturmes gar nicht vor.
5) IV, 52. 309 sqg. verlässt Aeneas ἀπ Dido mitten im Winter; beim
Landen in Sicilien aber, das wenige Tage nachher Statt gefunden
haben muss, ist es Sommer oder wenigstens vorgerückter Frühling.
4)
6) IV, 310 fährt Aeneas mit dem Aqnile von Africa ab; IV, 562 ist es,
bfahrt wehte (eigentlich hätte der.
dagegen Zephbyrus, der bei der
᾿ Süd wehen sollen); und V, 2 wird Aquilo ‚wiederholt genannt.
ΤΥ, 715 werden alle troianischen F'rauen in Sicilien zurückgelassen ;
zu Anfang des VII. Gesanges aber stirbt Caieta auf dem Wege nach
Latium; IX, 216. 284 erscheint die Mutter des Eurylus wieder, und
der Dichter sagt uns, sie allein habe das Schicksal der Flotte thei-
len wollen, während doch auch die genannte Caieta im gleichen Falle
gewesen war, und eigentlich alle Frauen mitzufahren begehrt hatten,
8) X, 496 sqg. behält Turnus vom erschlagenen Pallas nur den Gurt,
und doch heisst es XI, 91, auf dem Scheiterhaufen des Pallas seien’
nur Helm und Spiess gewesen, weil die übrige Wehr (Schild, Har-
nisch, Beinschienen) von "Turnus erbeutet worden seien.
9) VI, 269 befindet sich Aeneas im Hause des Hades; VI, 424 kann er .
nicht über die Schwelle kommen, bis Kerberus gewonnen ist.
Archiv f. Phil. uw. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 4.
562 Die Griechen und Homer.
Und da wir in der Hauptsache und im Wesentlichen eine durch-
greifende Einheit, gleichen Plan, ‚gleichen Gang, gleichen Geist,
‚gleiche Originalität, gleich lebhaften Eindruck „der Naturerschei-
nangen mit gleich graphischer Gewalt der Beschreibuug, gleiche
Auffassung und Aufrechtbaltung der Charaktere, gleiche Darstellungs-
weise, gleiche dramatische Haltung, gleiche Art des bildlichen Aus-
drucks, gleiche Einfalt und Grösse, gleiche Eigenthümlichkeit in Zeich-
nupg der sinnlichen und geistigen Gegenstände, gleiche Ansichten
und Vorstellangen, gleichen Mechanismus u. 8. w, bemerken, und
alle diese Punkte sehr herrlich sind und bei keinem andern Dich-
ter in gleicher Weise vorkommen, so hätte in jenen alten Zeiten
in Griechenland etwas geschehen müssen, was sonst gewiss nie und
nirgends geschieht, dass nämlich eine Menge von Dichtern alle so
in ihren Dichtungen übereinstimmten, dass sie, ohne von einander
zu wissen, miteinander ein Werk von solchem innern Zusammen-
hange und solcher Einheit und Schönheit schufen, dass es in dieser
Beziehung . ganz gut für das eines einzigen höchst ausgezeichneten
Verfassers angesehen werden kann.
Ist es ferner wahrscheinlich, dass, weun viele Dichter an der
lliade gedichtet hätten, alle so übereinstimmend die Handlung auf
so kurze Zeit beschränkt hätten? Und kann man im Ernste glau-
hen, mehrere griechische Dichter haben für ein griechisches. Publi-
cum nur solchen Stoff zum Gegenstande ihrer Muse gewählt, der
sich einzig und allein auf die Entzweiung und Erniedrigung der
Griechen bezieht? Solche Verkehrtheit aber muss man annehmen,
wenn man die Ilias für das Werk mehrerer Dichter erklären will.
Hat ein einziger Dichter die ganze Ilias verfasst, dann ist das Miss-
geschick der Griechen am Platze,, weil darauf die Verherrlichung folgt.
Im siebenten Gesange (338 fgg.) wird von Anlegung einer Ver-
schanzung gesprochen, auf die in allen folgenden Gesängen hinge-
dentet wird, während in den ersten sechs keine Spur von einer
solchen gefunden werden kann. Es ist nicht anzunehmen, dass die
Griechen wirklich 9 Jahre Jaug in einem feindlichen Lande ohne
verschanztes Lager geblieben seien. Dass nun -aber in den ersten
sechs Gesängen der Ilias keine Verschanzung erwähnt wird, selbe
“ aber in allen folgenden zum Vorscheine kömmt, lässt sich ganz gut
erklären, wenn ein einziger Dichter das Ganze verfasst hat, wäh-
rend die Erscheinung keine vernünftige Erklärung findet, wenn man
mehrere Verfasser gelten lässt.
Und wie kam es denn, dass der Name "Elinv und ‘Eilag bei
Homer nirgends als generelle Benennungen auftreten, wenn Ilias
und Odyssee wirklich von mehrern Dichtern und aus einer Periode,
die von 1100 bis 600 vor Christi Geburt sich erstrecken soll, her-
vorgegangen sind? Und warum ist die Benennung Πελοπόννησος
in keinem der beiden Gedichte zu entdecken? — Wir wissen ja
doch, dass der Name Ἑλλάς schon bei Hesiod (Ἔργα καὶ ἡμέραι
vers. 651) als Benennung für das ganze Griechenland vorkömmt;
Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 563
und dass der Name Peloponnes schon in dem sogenannten homeri-
schen Hymnus anf den Apollo mehrere Male erwähnt wird (250.
290. 419. 480. 482.). —
Warum kömmt. nirgends Reiterei vor? warum nirgends gesot-
tenes Fleisch? warum nirgends Fischspeisen und Geflügel? Wenn
ein einziger Verfasser für das Ganze gilt, dann sind die 'genannten
Punkte erklärlich; wenn aber 10, 20, 30, 40, 50 Verfasser gelten.
sollen, so scheint die Uebereinstimmung in der Sache völlig unbe-
greiflich. Denn es wird doch wol Niemand glauben, dass genannte
Sachen in gedachter Zeit den Griechen wirklich unbekannt gewesen
seien! Kaum das lässt sich denken, dass mehrere Sänger so
übereinstimmend in der Ilias die Iris und in der Odyssee den Mer-
cur zur Besorgung der Götterbefehle und Botschaften auserkoren
hätten. .
Im VIII. Gesange der. Ilias verbietef Jappiter den Göttern, am
Kampfe Theil za nehmen. Dieses Verbot wird durchgängig berück-
sichtiget (wenn es auch gleich von einigen widerspenstigen Göttern
verletzt wird), bis es Juppiter im XX, Gesange zurücknimmt. Diese
Uebereinstimmung spricht ‚gewiss anch' mehr für einen Verfasser als
für viele,
‘ Kurz, wenn auch gleich in jedem der beiden Gedichte Un-
gleichheiten, Verstösse und Widersprüche verschiedener Art vor-
kommen, so lässt sich das bei grössern Gedichten wol erklären:
unerklärlich aber ist es, wie eine so auffallende Einheit in Bezug
auf die Handlung, auf die Charaktere u. s. w. sich hätte ergeben
können, wenn mehrere Dichter und in verschiedenen Zeitaltern an
jedem der beiden Werke gedichtet hätten. |
Man wird doch wol nicht behaupten wollen, der Sammier habe
die Einheit hergestellt! — Und warum hat derselbe alsdann nicht
auch die Widersprüche u. s. w. beseitiget? — Warum hat er dann
jene auffalliende Ungenanigkeit in der Erzählung stehen lassen, nach
‘weicher Telemachus in 11—12 Tagen (II, 874) von seiner Reise
zurückkehren will, darauf aber ohne Grund 86 Tage abwesend:
bleibt, und volle 28 Tage im Hause des Menelaos verweilt, wäh-
rend er sich ernstlich geweigert hatte, auch nur 10 Tage lang da-
selbst zu verweilen, weil er die harrenden Gefährten nicht so lange'
warten lassen dürfe? — Warum änderte er die Stelle nicht, nach
welcher (Od. X, 433) Eurylochus wusste, dass seine Gefährten in:
Schweine verwandelt worden seien, während vorher nirgends ange-:
deutet ist, dass er die Verwandlung gesehen oder erfahren habe ? —
Warum nahm er keinen Anstoss an der Angabe (El. 1, 424), Zeus’
und alle Götter seien gestern zu den Aethiopiern gegangen, wäh-'
rend kurz vorher, am nämlichen Tage, an dem Thetis von der
Abreise der Götter redet, Minerva zu dem Achilles gekommen war ?
— Warum heisst es Il. X, 1 sqg-, alle griechischen Führer, mit
Ausnahme von Agamemnon, haben die ganze Nacht geschlafen, wäh-
rend wenige Verse darauf (X, 26) gemeldet wird, Menelaos habe
367
564 Die’ Griechen und Homer.
ebenfalls nicht geschlafen? Warum sieht (Tl. X, 10 sqg.) Aga-
memnon verzweiflungsvoll über «des Schlachtfeld hin, während er
wenige Verse darauf (v. 21) noch in seinem Bette liegend er-
scheint? -— Warum, sage ich, hat der Sammler diese und ähnliche
Disharmonien nicht beseitiget? — Wenn Einer im Stande ist, so
bewonderungswürdige Einheit in der Hauptsache und in allem We-
sentlichen herzustellen, wie sich in beiden Gedichten wirklich findet,
so kann es für ihn doch gewiss keine. Schwierigkeit sein, Einheit
und Zusammenhang auch in untergeordgeten Dingen herzustellen, -
Wir finden in den vielen Disharmonien gerade einen Beweis
für die Aechtheit der beiden Gedichte, und sehen darin die Be-
bauptung bestätiget, dass das griechische Alterthum gewissenhaft an
dem ursprünglichen Teste hielt, und dass Niemand es wagen durfte,
Wesentliches an demselben zu verändern.
Wir können indessen wol zugeben, dass gewisse Partien im
Innern der Gedichte erst nach Abfassung des Ganzen gedichtet und
eingereihet worden seien; aber diese Nachdichtung und Einreihnng
legen wir auch dem Homer bei, und stellen uns vor, er sei dazu
aus einem ähnlichen Grunde veranlasst worden, aus welchem Thu-
cydides einige Stücke mehrere Jahre nach Abfassung des Theiles,
in welchem sie jetzt figuriren, verfasst und eingereihet hat*). Zu
solchen Partien kann man den Schiffskatalog (Il. II, 484 sqq.) und
die Doloneia (Tl. X.) rechnen, Der Dichter fand, dass an der Stelle,
wo jetzt der Schiffskatalog steht, die Aufzählang der Streitkräfte
am Platze sei, und dass etwas Wesentliches fehlen würde, wenn
er sie unterlassen wollte. Und wäre die Doloneia unterblieben, so
fehlte eine Episode, die offenbar den Zweck hat, den Eindruck zu
mildern, welchen das Missgeschick der Griechen, das so lange an-
dauert, auf eine griechische Zuhbörerschaft haben musste. — Wir
wiederholen es, der ganze Plan, die ganze Ausführung, der ganse
Zusammenhang, die Eigenthümlichkeit, die sich durchgängig gleich
zeigt, — Uebereinstimmung in Stoff und Form, — bewegen uns,
einen Homer anzunehmen und diesem einem beide Gedichte zuzu-
schreiben. "
Haben sich mit der Zeit, wir wiederholen auch dieres, sei es,
um. wirkliche oder nur vermeinte Mängel zu beseitigen, oder aus an-
dern Gründen, Interpolationen ergeben, so können diese, wir wir:
oben bemerkt haben, auf jeden Fall nicht-.bedeutend gewesen sein.
Es wird uns gemeldet, von den alexandrinischen Gelehrten, _beson-
ders von Zenadotus, seien viele Stellen angefochten worden; aber
damit, dass sie angefochten wurden, ist die Unächtheit noch nicht
bewiesen. Nach unserer Ueberzeugung ist das Unternehmen, die
Fälschungen im Homer zu entdecken, ein sehr gewagtes, zumal aber
*) Wir erinnern nur an Thucyd. IV, 81, 2. 108, 8. II, 65, 3—9.
100, 1.. — Spätere Abfassung und Kinreilung genannter Stellen ist δο-
wiss jedem aufarerksamen Leser klar. _
Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn, 565
für-einen Kritiker der modernen Zeit. Wenn ein moderner Kriti-
ker auch gleich ein ausgezeichneter Philolog sein sollte, so ist er
doch noch kein Grieche der alten Zeit, und durchaus nicht sicher,
dass er sich nicht irre. Nur gar zu leicht, glauben wir, könne Einer
Schein für Wahrheit nehmen, und als unächt ausscheiden, was ächt
ist, dagegen Untergeschobenes für ücht erklären. — Wenn gewisse
Wortgestalten. nur in einem der beiden Gedichte oder nur in der
einen oder der andern Partie eines Gedichtes vorkommen, wenn in
den .einen Rhapsodien mehr glänzende Gedanken sich finden als in
den andern, wenn ‘in dem einen Theile der Dichter für uns ver-
ständlicher ist als in dem andern, oder wenn wir heim Lesen in
dein einen Gesange viel mehr unbekannte Wörter antreffen als in
einem andern, wenn ein Held in einem Gesange barscher und ener-
gischer auftritt als in einem andera, so lässt sich dieses doch ge-
wiss erklären, obne dass män geradezu zur Annahme verschiede-
ner Dichter greift. — Wie schon gesagt worden, bleibt der geist-
reichste Mensch nicht immer gleich geistreich, und der beste Dich-
ter nicht immer gleich dichterisch gestimmt. Sodann mögen An-
sichten und Geschmack eines Menschen nach seinen verschiedenen
Altersjahren und Lebensstafen, die er durchlebt, leicht verschie-
dene Färbung annehmen; und was kleine Disharmonien betrifft, so,
finden sich solche, wie wir aben hinlänglich angedeutet haben, auch
in andern grössern Werken. .
Wechsel in Bezug auf Wortgestalten, Wortverbindung und
Ausdruck kann durch die Natur der Handlung herbeigeführt sein.
Bei Homer kömmt überhaupt gar Vieles zur Berücksichtigung,
und gewiss nicht am Wenigsten der Wohlklang.
Hiermit schliessen wir unsern Artikel.
‚Miscellaneorum criticorum fasciculus quinius.
1. Quae L. Annaei Senecae tragoediis adiungitur Incerti Octavia
cum alias ob causas viros doctos exercuit, tum Nutrix Poppaeae post
dominae nnptias cum Nerone factas inde a vs. 604 talia profert quae
ab editoribus aut explicata sint male aut temere tentata. Nam post-
quam tantam consecuta honorem non laeto vultu prodiit Poppaea
sed trepido pertarbatoque animo, fidelis famula praeter reliqua do-
ıninam sic fingitur consolari:
Caesari iuncta es tno
taeda iugali, quem taus cepit decor
et culpa Senecae, tradidit vinctum tibi
genitrix amoris, maximum numen, Venus.
Nullam discrepantiam e libris scriptis aut Franc. Ritter in .editione
huius fabulae commemoravit aut apparatus lemairanus, sed asperae
orationi medelam qualemcungne attulerit addita post genitrir copula,
506 . Micellaneorum criticorum fascdculus quintus.
meminique ipsam illad genitrixque in Veneta estare, quae a, 1492 cum
notis Bern, Marmitae prodiit: certe vel audacissima Gronovii conietura
et culpa nuptae simul requirere videtur genärizyue vitandi asyndeti
causa. Facilius sibi videbatur scribere Bothe πες culta Senecae, ut
praeter Poppaese virtutes ipsa Venus, neglecta illa a philosopho
et contemta conciliasse nuptias iactaretur; sed nonne in’ levissima
hac coniectura nec referetur ad dradidit, quo sententia ineptissime
procedit? . Erat cum non displiceret et culta Senecae (sc. Octavia)
tradidi vinetum {ἰδὲ genitrizque Amoris, ut praeter veaustatem pel-
licis dicerentur nuptiae contractae esse a Venere et ab ipsa Octavia,
quia Neroni propter tristitiaın et meorositatem invisa eraf: sed neque
Octaviam unice coluerat Seneca quem scriptores ἢ) argwant com-
mercio inter prineipem et: Acten libertam favisse (quia nalla iniuria
fieri videretur abalienato a Clandii filia mariti animo), neque libro-
rum antiquorum lectio statim abiicienda erat. Nam codices, ut mo-
*) Disputat quidem pro Octavia contra Poppaeam in tragoedia Seneca,
sed postquam Nero divortio facto id egit ut pellex iusto matrimanio
sibi iungeretur, Ipse imperator Buetonio teste Ner. 35 “Octaviae con-
suetudinem cito aspernatus corripientibus amicis sufficere illi debere re-
spondit uzoria ornamenta’, nee negAaverim ἐπέξῥο etiam Senecam opem
tulisse imperatrici, siquidem credibile est hunc quoque ex istis smicis
fuisse: sed postquam implacabile discipuli odium et fastidium animadver-
tit, historia teste in ἰδία Neronis voce acquievit atque ipse contra Agrip-
pinae impotentiam amores principis adiuvit, donee vel nomen uxoris
filiae Claudil eriperetur. Nam si hispanus princops apud Lesage Gil
Blas 5, 1. 405 germ. vers. non inepte affırmat ‘diligi guidem vehementius
pellices, sed uxores in maiore honore habendas esse’, rursus pro viribus
sustentare Octaviam conveniebat Senecae, ubi vidit de divortio cogitari:
7° pertinet etiam egregium Burri dietum apud Dionem Cass. 62, 13
.4. 68 Sturz. Βούῤῥδου ἐναντιουμένου καὶ κωλύοντος ἀποπέμψασϑαι
καί ποτὲ εἰπόντος Οὐκοῦν καὶ τὴν προῖκα αὐτῇ (τουτέστι τὴν ἡγεμο-
νίαν) drodog’. Ceterum quomodo purpuratum adolescentem rexerint idem
Burrus et Seneca, multis indiciis constat: Dio 61, 4 T. 4. 10: τὸν δὲ δὴ
Νέρωνα ερυφᾷν εἴων ὅπωρ ϑδιακορὴς (ἄνευ μεγάλου τινὸς τῶν
κοινῶν πάντων κακοῦ) ὧφ ἐπεθύμει γινόμενος μεταβάληται. Ta-
citus Ann. 13, 2 “iuvantes invicem quo facilius labricam principis aeta-
tem, si virtutem aspernaretur, voluptatibus concessis retinerent’. Idem
13, 12 “infracta paullatfin potentia matris delapso Nerone in amorem li-
bertae, cui vocabulum Aote fuitz — — ne severioribus quidem principis
amieis adversantibus, muliercula nulla euiusguam iniuria cupidines prin-
cipis. explente — — — ne in stupra feminarum illustrium prorumperet, si
1116 libidine prohiberetur’; constatque e sequentibus in celango hoc amore
magnas partes fuisse Annaei Sereni familiarissimi nostro philosopho.
‚Idem Cluvio auctore 14, 2 narrat “Agrippinam usque eo provectam ut
medio diei, cum id temporis Nero per vinum et epulas incalesceret, of-
ferret se saepius temulento comtam et incesto paratam; iamque lasciva
oscula et praenuntias flagitii blanditias annotantibus proximis, Senecam
contra muliebres illecebras subsidium a femina petivisse, immissamque esse
Acten libertam, quae simul suo periculo et infamia Neronis anxia defer-
ret — — non toleraturos milites profani principis imperium’. Ac ne Pop-
Amen quidem ante nuptias adversatum esse Senecam, liquet ex eodem
‚Tacito Ann, 14, 1 extr.
Soripsit Fr, Vater. 567
noi, plane aliud flagitant, misi quod vetusta editio Bibliothecae re-
giae berolini quae quarta forma minori 8. |. et a. prodiit, solasque
Hercnlem Fur. et Octaviam (nisi memoria post viginti annos fallit)
continet, illam locum menduse sic exhibet “et culpa Senecae tra-
didit iunetum tibi genitrix maximum munere Venus’ omisso amoris:
de qnibus sordibus me iudice non amplius quaeretur. Quomodo
autem se expediverunt interpretes qui merito vulgatam exponebant?
Nimiram cum Delrio existimabant Senecam dissuadendo consecutum
esse ut Poppaeam Nero acrius amaret, hancque ipsam coniici in
sapientem culpam; quare Baden ad sermonem inter magistrum et
discipulum inde a vs. 682. provocabat, docebaturgue e Plauto quod
dissuadetur placere, et ex Ovidio' nfti homines in vetitam atque ac-
cendi vitia irritarigae vetando. Sed talia et trita sunt neque tollunt
st qua est diflicultas: nam si Seneca vel invilus nuptias Poppaeae
adiuverat, non culpa sed potius: benefcium videri debebat nufriei
Poppaese, quod enim Octavia crimen putabat, idem pellicis amici
aliter aestimaturi erant. Ac si mentem Ritteri recte capio qui me
interprete Senecam Neronis cum Octavia consuetudinem clam adin-
visse suspicatur (quemadmodum eundem in annotatione demonstra-
vimas Acten contra Ägrippiaam subornasse): illa quoqne opinio iis-
dem rationibus redarguitur, satisque constat ex historia quod non
dant proceres dare mulierculas pro tantis eiusmodi meritis. Itaque
quidquid fecerat, si causa istius matrimonii extiterat Seneca, non
vituperatura erat Nutrix sed laudatara praeceptorem Neronis et (sit
venia verbo) mercurium. Praeterea fertur etiam de caede Agrip-
pinae a Delrio mentio iniecta esse: cuius si auctor argueretur phi-
losophus apud bonos quidem culpa non vacaret; sed dubito an ve-
tula ista scelus atrocissimum sine quo nuptiae dominae peragi non
potuerant noluerit tam severe castigare: quis enim persuaserit sibi
facinus Poppaeae gratissimum culpae fuisse Senecae apud ancillam
eius, quam praeterea non latebat ipsum Neronem cum Othone suo ἢ
Poppaeamgue necis architectos fuisse, etiamsi praeceptor rem non
plane improbaret **)? Sed dudum exagitamus quae incredibilia
*) Suetonius Oth. 3: *Omnium autem consiliorum secretorumque par-
ticeps, die quem necandae matri Nero destinaverat ad avertendas suspi-
ciones coenam utrique exquisitissimae comitatis dedit’. At oonstat Agrip-
pinam occisam esse a. U. 813 Othonemque revertisse 822 e Lusitania,
quem tamen Suetonius 1. J. provinciam per deeem anyos administrasse
auctor est. Igitur aut error est aut cogitandum de tentata caede sed
non perfecta: nam idem Suetonius Ner. 34 scribit “cum ter veneno ten-
tasset sentiretque antidotis praemunitam, laeunaria quae noctu super dor-
mientem laxata machina deciderent paravit’, et de veneno testes quedam-
modo etiam Tacitus Ann. 14, 3 et Dio 61, 12 T.4. 28 sunt. Certe Bau-
lis ab Othone exceptam esse Agrippinam parum credibile est.
ἘΝῚ Videor mihi quam modestissime de Seneca locutus esse, de quo
Dio 61, 12 T. 4. 48 καὶ αὐτὸν καὶ ὁ Σενέκας ὡς πολλοῖς καὶ ἀξιολόγοις
. ἀνδράσιν εἴρηται παρώξυνεν, εἴτ᾽ οὖν τὸ ἔγκλημα τὸ nad’ ἑαυτοῦ ἐπη-
λυγάσασϑαι βουληθείς (arguebatır &nim stupri eum Agrippina commissi),
568 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus,
sunt: superest ut solam veram interpretationem ne mutatä quidem
littera offeramus. Scilicet ipsa Venus vocatur culpa ‚Senecee, quia
pbilosophus propter stoicorum rigorem importunitatemqgue certe ver-
bis voluptatis osor *) erat et immundas Neronis libidines fortasse
"size καὶ τὸν Νέρωνα ἐς μιαιφονίαν ἀνόσιον προαγαγεῖν ἐθελήσας ἵν᾽
ὡς τάχιστα καὶ πρὸς θεῶν καὶ πρὸς ἀνθρώπων ἀπόληται. Bed quid-
quid est qui cum aliis semper id egerat ut potentia Agrippinae infringe-
retur, ilie certe scriptum meditatus est quod Nero occisa matre ad sena-
tum misit: “ergo iam non Nero’ ut cum Tacite loquar Aan. 41; 11 ‘culus
immanitas omnium questus anteibat, sed adverso rumore Seneca erat
quod oratione tali confessionem scripsisset’”. Gravius oorripitur philo-
sophus ab interpr. Dionis T. 6. 425 sp. pigetque quantum aut domina-
tionis cupido aut eloquentiae ostentatio optimam indolem corrumpere va-
laerint. Negue vero praetermittendum quod Tacito auctore Ann. 15, δὲ
morti proximus ipse Beneca affırmat: 'nec sibi promtum in adnlationes
ingenium; idque nulli magis gnarum quam Neroni, qui asepius libertatem
Senecae quam servitium expertus esset’.
”) Non maximam castitatem philosophi fuisse apertum est, quanquam
et ipse innocentiam simulat et B. Hieronymus in Catalogo sanctorum
oollocasse fertur Senecam, propter commercium cum apostolo Paulo (coll.
interpr. ad Taeit. Ann. 15, 73) continentiesimae vitae fuisse ratus: quas
laudes non tam factis quam soriptis consecutus est. Quam diversus
enim ille guem Dio 61, 10 T.4. 22 monstrat! ὁ δὲ Σενέκας αἰτίαν ἔσχε
καὶ Evenindn ἄλλα τε καὶ ὅτι τῇ Aygımnlvy συνεγίνετο. [οὐ γὰρ
ἀπέχρησεν αὐτῷ τὴν Ἰουλέαν μοιχεῦσαι οὐδὲ βελτέων ἐκ τῆς φυγῆς
ἔνετο, ἀλλὰ καὶ τῇ ᾿ἡγριππίνῃ τοιαύτῃ τε οὔσῃ καὶ τοιοῦτον υἱὸν ἐχούσῃ
ἐπλησίαξεν)]. οὐ μόνον δὲ καὶ ἐν τούτῳ αλλὰ καὶ ἐν ἄλλοις πάντα
τὰ ἐναντιώτατα οἷς ἐφιλοσόφει πριῶν ἠλέγχθη. velut 62, 2 Τ' 4. 48
bellum britannicum cruentissimum Senecae avaritia iactatur exarsisse. Tum
priore loco carpit sceriptor τὰς ἀσελγείας ἃς πράττων γάμον τε ἐπιφα-
veorazov ἔγημε καὶ μειρακίοις ἐξώροις ἔχαιρε καὶ τὸν Νέρωνα
ποιεῖν ἐδίδαξε, καίπερ τοσαύτῃ πρόσϑεν αὐστηρότητι τῶν τρόπων
χρώμενος, ὥστε καὶ αἰτήσασθαι zug’ αὐτοῦ μήτε φιλεὶν αὐτὸν μήτε
συσσιτεῖν αὐτῷ. [καὶ τούτου μὲν καὶ πρόφασίν τινα ἔσχεν ἵνα ηδὴ καὶ
φιλοσοφεῖν ἐπὶ σχολῆς δύνηται, μηδὲν ὑπὸ τῶν δείπνων αὐτοῦ ἐμποδι-
ξόμενορ" τὸ δὲ δὴ τοῦ φιλήματος οὐκ ἔχω συννοῆσαι διότι ἐξέστη. ὃ γάρ
τοι καὶ μόνον ἄν τιρ ὑποπτεύσειεν ὅτι οὐκ ἤϑελε τοιοῦτο στόμα φιλεῖν,
ἐλέγχεται ἐκ τῶν παιδικῶν αὐτοῦ ψεῦδος ὄν]. Putabam de alio ho-
mine verba fieri, quia videbam eadem occasione Burrum οἱ Pallantem
accusatos et Senecae preoibus absolutes ‘esse; quorum Burrus gratus
Agrippinae ideoque suspectus Neroni erat teste Tacito Ann. 13, 20, Pal-
las autem Claudii libertus praeter Caiam principem Lepidumque (Dio 59, 22
T.3. 699. Tacitus Ann. 14, 2 c. int.) Soforium Tigellinum (Dio 59, 23. 700.
schol. Iavenal. Sat. 1, 155) Serv. Sulpicium Galbam (Sueton. Galb. 5)
Fenium Rufum (Tacitus Ann. 14, 57. 15, 50) A. Plautium (Suetonius Ner. 35)
aliosque maxime famosus Agrippinae adulter vocatur apud Taeitum Ann.
12, 25. 65. 14, 2: sed rem rursus tetigit Dio 61, 12 T. 4, 28 Senecae ad-
hortationibus ad interfiiendam matrem compulsum esse Neronem asserens, -
τὸ ἔγκλημα τὸ xa®”’ ἑαυτοῦ ἐπηλυγάσασϑαι βουληθέντος, negue incre-
dibile est dominationis ergo εἰΐδαι Agrippinam et constupratam esse a
philosopho et fastidii causa νοὶ propter perioulum deinde interfectam.
Ceterum ut etiam hoc moneatur, non dubito quin haec iecerit Dio per
occasionem rerum a Iunio Silano gestarum, quae quibus machinis Agrip-
pinam detulerit narrat Tacitus Ann. 13, 19 8ηᾳ. (tunc enim ope Senecae
/
“οὖ Seripsit Fr. Vater, 569
damnaverat aliquoties-fortiter et severe. Quod ubi sumitur (et quidni
samatur ἢ) sola distinctione deaque revocato cum libris ommibus legimus:
| . quem tuus cepit decor,
et culpa Senecae tradidit vinctum tibi
gemitrix Amoris, maximum numen Venus.
dignationem Burro retentam esse F'abius Rusticus prodiderat); vel si hoc
magis placuerit, potest etiam de indicio Paeti cogitari qui eodem teste
13, 23 aftirmaverat Pallantem et Burrum consensisse ut Cornelius Sulla
ad imperium vocaretur. — Sed ut eo redeat sermo unde digressus est,
lenius de altero Senecae adulterio iudicat idem Dio 60, 8 T.3. 740, in-
vidia Messalinae primum relegatam et paullo post ocolsam 6880 nAr-
rans Iuliam Germanici filiam, ἐγκλήματα αὐτῇ ἄλλα τὸ καὶ μοιχείας
παρασκευάδσης ἐφ᾽ 7 καὶ ὁ Σενέκας ὁ Avyvıog ἔφυγε: quae
verba detorqueri possunt cum vet. int. Iuvenal, Sat. 5, 109: *“8eneca
sub Claudio quasi conscius adulterorum Iulise Germanici filiae in Cor-
sicam relegatus post octennium revocatus est’. Suetonius Claud. 29 *Iu-
liasque alteram Drusi alteram Germanici filiam erimine incerto nlec de-
fensione ulla data occidit’. Cum Seneca Apocol. alteram ferro alteram
fame prodat perisse, dubitare licet an Auctor Octaviae Germanici filiam
et per. eam Senecam adsolverit vs. 946 “Iulia matris fata secuta est; post
longa tamen tempora ferro oaesa est quamvis primine nullo’; nam Beneca
videtur ordinem temporum secutus esse, constatque ante Drusi filiam oc-
cisam esse Germanicı filiam (Dio Cass. 60, 18 T. 3. 762); praeterea autem
Tacitus testatur Ann. 13, 43 ‘Iuliam Drusi filiam Sabinamque Poppaeam
ad mortem actas’, quae dictio a ferro aliena sit sed famem maxime com-
mendat (quemadmodum Poppaea ‘terrore carceris ad voluntariam mortem
propulsa’ ferebatur fato functa esse Ann. 11, 2, atque Neronem Germa-
nici filiam Tiberius teste Suetonio 54 fame necavit, quem putabant ad
voluntariam mortem coactum esse cum ei carnifex laqueos et uncos osten-
taret); denique quamvis inter caedes Agrippinae fillaeque Iuliae apud
tragicum interiectum sit supplicium Liviae (quare editores temere de
Drusi Iulia cogitabant), tamen e manifesta Taciti imitatione Ann. 14, 63
infra cap. 15 nostram interpretationem astruximus, quia Drusi filia non
relegata sed statim fame interemta est. Dicemusne igitur etiam prae-
-textae sceriptorem Senecae innocentiae patrocinari? Sed hunc rursus
damnat iudex non aequissimus P. Suilius apud Tacitum Ann. 13, 42 ‘in-
fensum Claudii amicis (Senecam) sub quo iustissimum exilium pertulisset
— — se quaestorem Germanici, illum domus eius adulterum fuisse — — -
corrupisse cubicula principum feminarum’. Si autem recte sentio Demo
acrius telum ipso Seneca praebet: ubi enim spurcissimas Hostii Quadrae
voluptates explodit Quaest. nat. 1, 16 incalescere videtur.ipse et prurire,
atque immandissima titillatio verba ministrasse; quare iam vet. interpres.
honestius’ inquit tacuisses, Seneca! pudet enim haec commentari aut
legere’, neque satis recte ista excusabat Legrange in edit. lemair. T.5.
150 sqq. Quanto verius Lessing (Rettung des Horaz T. 4. 212) de phi-
losopho ‘Er giebt sich alle Mühe die Augen seiner Leser auf diesen
(schmutzigen) Gegenstand recht zu heften: Man sollte schwören er
rede von dem freiwilligen Tode des Cato, so feurig wird er dabei’. 8i-
mili autem. impetu Apologetae quidguid sordium antiqua mythologia offe-
rebat studiose conguisiverunt et oblivioni eripuerunt (velut fabulam Pro-
sumni cam Boekh. ad Corp. Inscr. gr. 1535 T. 1. 708 vel Polyhymni),
facile ut credas ne tantis quidem viris foedissimas histerias displicuisse!
taato cam ardore narravere quae profani maluerunt praetermittere! Ne-
que dedita opera castigarem nisi ipsi castitatem simularent ceosque iInse-
570 Miscellaneorum criticorum faseiculus quintus. -
Similiter Amphitruo Herc. F. 1315 nuncupatur ‘Hercalis sant scelus?
voluntaria Aleidae morte moriendi necessitate etiam nutritori impo-
sita. Satis autem notum est eiusmodi vocahula, velut scelus horro-
rem odium vim iniuriam (ut cum Gellio loquar N. att, 19, 12 qui
de ultimo egit) tam illorum esse qui patiuntur quam qui faciunt.
Livius 4, 32, 5 scelus legatorum contra ius gentium interfectorum.
Silins Ital. 5, 391 gelidusque sub ossa pervasit miseris conspectus
consulis horror. Caesar B. civ. 3, 110, 4 vim suorum defendebant.
Cicero in Pison. 1, 1 bominum querela frontis tuae, Idem tausc.
disp, 4, 11, 27 mulierum odiam ut Hippolyti, et ut Timonis ge-
neris humani. Caesar B. gall. 1, 30, 2 pro veteribus Helvetiorum
iniuris populi romani. Livius 2, 55, 10 querantur iniurias suas,
vim plebis, Idem 1, 14, 3 espiarentur legatorum iniuriae regisque
cuedes. Caesar B. εἶν. 1, 7, 7 imperatoris sui tribunorumgue ple-
bis iniurias defendere etc. ᾿-
2. Quodsi aut fama obtinebat damnari a Seneca flagitinsos
Neronis amores, aut si ipsi stoico eiusmodi rumörem spargere pla-
cebat, recte producebatur in tragoedia vitae dissolutae quamı prin-
ceps vivebat reprehensor, poteratque a sectatore et admiratore qui
Octaviam edidit vel propter superstites tragoedias Seneca Hippolytis
accenseri ipsaque Venus novi Euripidis odium perhiberi*): certe
petulantissimam Poppaeam eiusque famulam talis irrisio maxime de-
cebat. Nec praefracte negaverim de se quogue ipsum Senecam
hoc iacere potuisse, si tale argumentum tractasset: sed’ ubi super-
ctarentur quibus livebant: nam Horatium (quem Lessing temere cum Hostio
confadit) propter Suetonii vitam minus fastidio quam ἰδίου -publicos pee-
“ dagogos, qui tamen bacchanalia aut vivunt aut vivere cupiunt.. Ac iusta
interpretatio non maiorem atrecitatem in victu Horatii (si vera ferebantur)
concesserit quam in moribus optimi viri Isocratis, qui teste Vita plutar-
chea 839 A ἐγένετο πρὸς τὰ ἀφροδίσια καταφερὴς More ὑποπάστῳ
παρειλκυσμένῳ ἐν τῇ κοίτῃ χρῆσθαι, κρόκῳ διάβρογον ἔχοντα τὸ προσ-
κδῳάλαιον, quibuscum verbis compono Die Chrys. 62,6 T.2. 323 R. de
Sardanapallo ἀποδιδράσκων εἰς τὴν γυναικωνῖτιν καθῆστο ἐπὶ χρυση-
λάτου κλένης ἀναβάδην ὑπὸ ἁλουργέσι παστοὶς. .
*) In Octavia inde a vs. 552 Seneca adversus Amorem debaccchatur
ac tribuitur eidem versus 431 “turpi libido venere dominatur poten»’:
quare haec fortasse confirmant Hippolytum a philosopho editam esse, quae
tragoedia una acerbissime castigat laceratque mulierum libidines. Constat
quidem Prisciaaum quoque versiculum eiusdem fabulae Senecae assignasse,
sed videtur his testimoniis philosophus guoque ipse addi posse, si sta-
tuator leni irrisione sua carmina tetigisse Epist. 104 ‘Maeander poätarum
omnium (velut Prudentii Cathem. 73) exezcitatio et ludus implicatur ere-
bris anfractibus et saepe in vicinum alveo δα admotus antequam sibi in-
fiuat flectitur”. Nam praeter Herc. F, 684 c. Baden p.82 ed. sing. et
Phoen. 605 rursus Hipp. 14 Maeander pro Cephisso attico ponitur de-
seribiturque eleganter, ubi in librorum lectione acquieverimus comparata
Sophoclis parodo Oed. ©.685 sqq. Accedit quod emendatio "ut Maeander?
et codicibus adversatur et praeter necessitatem ad Ilissum transfert quae
minus idonea sunt. ᾿
Seripsit Kr. Vater. - S7l
stitem praetextam Incerto assignabam, profitebar aeque errare me
indice qui L. Annaeo Senecae quondam tribuebant *) ac Franc,
Ritterum Ouriatio Materno vindicaturum, [5 vero haec primum ex-
plodatur opinie, considerandus. est ipse Maternus de quo Eckstein
noster .. erudite disputabat in Proleg. in Taciti qui fertur Dial. de
Orat. Bal..1835 inde a p. 5. ' Id tamen amico largiri non possum
quod nimis audacter Materno solum praetextas p. 7 concedebat, ipse
non immemor ’Medeae et 'Thyestae quas tamen ‘de aliorum fabulis
accipiendas et ad Ovidii Variique tragoedias nobilissimas referendas
esse’ p.9 opimabatur, merito adversante Welckero de trag. graec,
1461 not. Credibile vero est istas coniectaras dudum .spretas esse
a viro clarissimo; quod enim putabat “ingenii eius natara reddi pro-
babile’ (a Materno solas praetextas editas esse) “et indicari Apri
verbis’ (in Dial. 3 Domitium et Catonem, id est nostras quoque
historias et remana nomina Graecorum fabulis aggregas): hoc nobis
plane aliter visam est. Nam ad carpenda suae aetatis vitia lau-
dandasque virtutes non minus apfa erant graeca argumenta, quia
et Mida rex teste Vita Persii ad Neronem referebatur et Agamemno
vel Atreus **) eidem consilio maxime convenire videbantur, siquidem
aliud sonabat aliud intelligebatur: nam ut est in proverbio pro asino
sarcinas feriebant. Praeterea qui libris scriptis fidem habeant vi-
derintque certe Thyestem nulla interpretatione removeri posse: iis,
inguam, testari videbitur Aper argumenta Materni cum e Graecorum
mythologia tum ex historia romana hausta esse: nam fabulas Grae-
corum apud Tacitum ***) non tam tragoedias Graecorum esse quam
*) Praetermitto quorundam coniecturam quam Lange commemorat
Vind. trag. rom. 9, Scaevam Memorem auctorem Octaviae esse, qui vi-
dentur solam elementorum similitudinem spectasse: nam si ‘romani fama
cothurni’ vocatur Memor, nondum certum est eum praetextas scripsisse,
et tribuitur ei Hercules aliqua. Ac si ductus rimaremur, L. Annium (sive
Aurelium) Verum commendaremus (de cuius nominibus vid. int. ad Dion.
Cass. T. 6. 677), quem cum L. Annaeo (Seneca) confusum esse non mi-
rarer, cuiusque aetati Octavia maxime convenit. Sed testimonium Aur.
Victoris Epit. 16 “carminum, maxime tragicorum studiosum fuisse’ non-
dum fidem facit Verum tragoedias etiam scripsisse.
ἘΚ) Suetonius Tib. 61 ‘obiectum est poetae quod in tragoedia Aga-
memnonem probris lacessisset’”. Eodem principe teste Tacito Ann. 6, 29
‘delatum est argumentum tragoediac a Mamerco Scauro scriptae, additis
versibus qui in Tiberium flecterentur’: quam Atreum fuisse affırmat Dio
58, 31 T.3. 626 c. int. T. 6. 302 et Welckero |. 1. 1438. Etiam alibi
Tiberius Agamemno est apud Dion. 59, 19 T.3. 686, quemadmodum Pom-
peius Magnus ibid. 42,5 T.2. 12. Plutarch. v. Pomp. 67. 654. Propter
similes carminum aut orationum figuras perierunt Aelius Saturninus sub
Tiberio apud Dion. 57, 22. 566, sub Caio Carinas Secundus ibid. 59, 20.
690, ipse Maternus ibid, 67, 13 T. 4. 276 sub Domitiano et Hermogenes
tarsensis atque Helvidius filius apud Sueton. Dom. 10 etc.
*++) Dialogum sine omni haesitatione Tacito reddidi, cuius nomen
haud facile a quoquam in suspicionem vocatum esset, nisi occasionem dubi-
tandi Quinctilianı libelus de causis corruptae eloquentiae obtulisset:
‚572 Miscellaneorum criticorum fasciculgs quintus.
dramata latina ipsiusque Materni ex historia Graecorum fabulosa
derivata totias loci sententia suadet. Denique eiusdem Apri verba
Dial. 9 (neglecta illa ab Ecksteinio) “cui bono est si apud te Aga-
memno aut Iaso diserte loguitur ?? iterum offerunt Medeam et Thye-
stem (si quidem in hac adolescens prodierit Atrei filius), aut adco
fertiam testantur graecam: quam Welckeri opinionem 1. l. 1461 cum
Rittero praef. XXIV not. praetulerim, quia regem Agamemnonem
eredibilius est disertum fuisse in curiatiana fabula‘ quam invenem.
Ulterius autem progressus est vir subtilissimus Ritter, qui non tam
solas praetextas Materno concessit quam solum Maternum post nero-
niana tempora in hac specie elaborasse asserebat p. XII; .quem mi-
Τοῦ tam fortiter affırmasse quod argumentis neque demonstrari pot-
est neque refelli. Qna enim fiducia hoc asseveraret, si Taciti dia-
logus una cum multis aliis bonis operibus perditus esset? Itaque
si praeter hunc similis argumenti libelli hodie quoque extarent, for-
tasse ne alios quidem praetextarum auctores aeque aut magis ido-
neos ignoraremus: unde patet in tanto optimarum litterarum nau-
fragio incertissiimam et plane frivolam esse coniectaram.
. 8. Visum tamen est in Materni Domitium sive Neronem altius
inquirere, quod inde quoque commentum vanıssimum male susten-
tatır et nescio quid praesidii petitur. Nam de Demitio quidem nulla
praeter nomen extaret memoria, nisi.cum Neukirch de fab. tog. 98
(quo libro invitus carebam) Eckstein 1.1, 8 et Welcker 1464 pro-
babiliter sumerent, Neronem quae creditur et Domitium diversa eius-
dem tragoediae nomina fuisse, quae pleno Domitii Neronis nomine
inscripta fuerit. Provocatur etiam ad Tacitum Ann. 12, 14 quo
teste discordiae inter Neronem et Brittannicum initium fuit quod
-
quare vel hoc erepto multi praeter necessitatem diffidere malebant quam
codicibus aliisque argumentis cedere. Nam ubi bona hominis vel libri
existimatio semel ab imperitis vel improbis vexata est, ne refutatis qui-
dem rationibus aut criminibus facile absolvitur, sed circumspiciunt nova
argumenta quibus id consequantur quod antea vano successa tentabatur.
Rectissine autem Eckstein 1, l. 84 Dialogum gravissimis de causis Tacito
vindicari affırmabat ‘praeter dicendi genus a Taciti usu plane abhorrens’,
quanquam vel hoc breviter explicari poterat. Neque enim satis mirari
licet quod dialogi dictionem cum annalibus et historiis miscuerunt, simi-
les multitadini atticae quae Kuripidem aliquando cum persona tragoediae
confudit; aut quis Platonem ad ea exiget quae apud eum Protagoras Pro-
dicus Thrasymachus Gorgias Aristophanes aliique disputant? Sic Aper
quoque et Maternus Messalaque et Secundus clarissimi nominis erant et
lectoribus non ignoti: quis igitur aequo animo tulisset si Tacitus tantis
viris suos flosculos suasque figuras tribueret, morsibus suis ut solet
dissimnlatis orationeque obliquis dictis adulterata? Α qua arrogantia ipse
scriptor se defendit in exordio, non ingenio sibi opus fuisse causätus sed
memoria ac recordatione, ut quae a viris praestantissimis et excogitata
subtilitier dietague graviter erant (dum formam sui quisque et ingenü
‚redderet), ipse iisdem numeris iisdemque rationibus persequeretnr; me-
ritoque iam Schulze Proleg. XXV concessit ‘speciose observari scriptorem
alios facere loquentes et ex eorum persona orationem struere’.
Scripsit Fr, Vater. 573
post adoptionem illius “obvii inter se Nero Brittannicum nomine,
ille Domitium salutavere’, quare Agrippina multo.cum questu ad
Claudium detalit sperni adoptionem. Apud Suetonium autem Ner. 7
‘Brittannicum fratrem quod se post adoptionem Adnobarbum ex con-
suetudine salutasset, (Nero) ut subditirum apud patrem arguere
conatus est”. Denique idem 41 auctor est post Vindicis defectum
nihil aeque doluisse. Neronem “quam ut malum se citharoedum in-
crepitum ac pro Nerone Aenobarbum appellatum; ac nomen quidem
gentile- quod sibi per contumelium exprobraretur resumturum se pro-
fessus est deposito adoptivo”. Addi poterat sermo quo fortissima
Tyndaridarım Bunduica illum principem locarat apud Dionem 62, 6
T.4, 58: un y’e τοι, μὴ ἐμοῦ und ὑμῶν Erı βασιλεύσειεν ἡ
Νερωνὶς ἡ Δομιτία, ἀλλ᾽ ἐκείνη μὲν Ῥωμαίων ἄδουσα δεσπο-
ξέτω. Quare collectum est, quam proprie Neronem nuncuparet Ma-
ternus fabulam, eandem ab Apro maligne Domitium vocari; neque
negari potest aliquid dedecoris cum tali denominatione coniunctum
fuisse, quanquam ÖOctavianus Augustus -in causa simillima (cam a
M. Antonio triumviro in epistolis per contumeliam saepe Thurinus
appellaretur), ipse teste Suetonio Oct. 7 “nihil amplius quam mirari
se rescripsit pro opprobrio sibi prius nomen obücl’”. Diverso autem
et novo modo Ritter praef. XV, negavit praetestam Materno pleno
Domitii Neronis nomine potuisse inscribi: nam ‘is’ inquit ‘qui fa-
bulae nomen dedit Nero romanus imperator ante adoptionem Domi-
tius Aönobarbus, adoptatus autem continuo Nero Claudius nec un-
quam Domitius A&nobarbus vocatus est; ex diversis autem tempori-
bus nemen gentile Domitium et familiae vocabulum Neronem a Ma-
terno commixtum esse, neque credi neque explicari potest’”. Itaque
inique negatur Materno concessum fuisse, quod auctori maxime ido-
neo Plinio maiori aliquoties placuit, velut H.nat. 4, 5, 2 (de Isthmo
perfodiendo) Domitius Nero infausto incepto tentabat. 4, 10, 2 uni-
versae Achaiae libertatem Domitius Nero dedit. 7, 15, 4 in Agrip-
pina Domitii Neronis matre. 11, 96, 2 Poppaea Domitii Neronis
uxor. 37,7, 2 auferente Nerone Domitio, et 4110], Etiam Dio 60, 31
T.3, 790 scribit a Claudio ductam esse Agrippinam τὴν τοῦ 4ομι-
τίου τοῦ Νέρωνὺς ἐπονομασθέντος μητέρα et a Iuvenale Sat. 8, 228
quem antea Neronem vocaverat, mutationis causa nomine Domitii
carpitur. Atque nunquam plane e gente domitia .excessisse Nero-
nem etiam illud mihi documento est, quod nata ‚Neronig e Poppaea
filia teste Tacito 15, 28 decretum est ut, “ludicrum eircense, ut
inliae genti apud -Bovillas, ita claudiae domitiueqne apud Antium
ederetur’. Denique quid de Scipione Africano de Octaviano Au-
gusto de Tiberio imperatore aliisque plurimis dicam, qui etiam post
adoptionem prius nomen aut retinuerunt aut leviter immutatum ad-
miscoerunt? Nam de Augusto Dio Cass. 46, 47 T.2, 456: ov-
zog ἐξ ἐκείνου Γάϊος Ἰούλιος Καῖσαρ ’Oxtaovievog (coll. int. ad
Sneton, Oct. 17) ἐπεκλήϑη" νενόμισται γὰρ ἄν τις εἰσποιηϑῇ τὴν
μὲν ἄλλην αὐτὸν πρόσρησιν ἀπὸ τοῦ ποιησαμένου λαμβάνειν, ἕν
:
574 Miscellaneorum eriticorum faseiculus quintus.
δέ τι τῶν προτέρων ὀνομάτων σχηματισϑέν πως τηρεῖν, ubi
interpres idonea exempla (etiam ἱπέερτί cogneminis) apposuit Τ᾽, ὅ. 601.
Tiberias quoque.aliqnando superstite Augusto in publico monumento
teste Dione 55, 27 T. 3, 402 suum nomen inscripsit Kiavdınvdv
Eaurov ἀντὶ τοῦ Κλαυδίου. did τὴν ἐς τὸ τοῦ «Αὐγούστου γένος
ἐχποίησιν ὀνομάσας; postea enim respuit, wid. interpr. T. 6, 191.
Suetonius Galb. 4 “adoptatus a noverca sua Livium nomen et Ocel-
lae*) cognemen assumsit, mutato praenomine: nem et Lucium mox
pro: Servio usque ad tempus imperii usurpavit’. Quanta vero' licen-
tia tunc femporis in nominibus assumendis et reiiciendis obtinuerit,
cum Sabina Poppaea T. Ollio patre genita docet, quae ut cum Ta-
cito loquar Ann. 13, 45 *‘nomen avi materni sumserat, illustri me-
moria Poppaei Sabini consulari et triumphali decore praefulgentis’,
tum cognasci potest ex annotatfonibus ad Dion, 69, 20 sq. T.6, 6764.
et Ernesti ad Tacit. Agr. 6. Taedet enim pigetque haec persequi,
quia levissimam assertionem vel unus Plinius redarguit, quem in-
credibile est aut irae causa toties diversae aetatis nomina consociasse,
aut quid dicere conveniret **) ignorasse: quare me quidem iudice
non amplias dubitari licet, quin praetextae suae Maternnus Domitio
Neroni' inscribere potaerit, si coniectura illa per se stare videatur.
%) Cur in suspicionem venerit ignoro: est Ocella v. ὁ. apud Cice-
ronem Epist. 2, 15.
**) Ubi Piutarchus de maioribus Neronis imperatoris agit V. Anton.
87. 955 F', recte de variis. nominibus scribitur: 4γριππίνα δὲ υἱὸν ἐξ
Anvoßagßov Asednıov “ομίτιον ἔχουσα, Kievdin Καίσᾳρι συνῴχησεν"
καὶ θέμενος τὸν υἱὸν αὐτῆς Ἀλαύδιος Νέρωνα Γερμανικὸν προσωνόμασεν,.
pleniusque Zonaras Ann. 11, 10 T. 2. 469 post adoptionem vocatum esse
asseverans Τιβέριον Αλαύδιον Νέρωνα Ζροῦσον περμανικὸν Καίσαρα,
quemadmodum infanti teste Suetonio Ner. 6 Caius princeps per iocum et
aspernante Agrippina nomen Claudii patrui sui dederat a quo posthac
Indibrio Fortunae revera adoptatus est. Propter illa nomina adoptiva
ost oppressam coniurationem pisonianam factum est, ut ‘mensis gai apri-
em .eundemque neroneum sequebatur maius Claudii, iunius G@ermanici
voecabulis mutarentur’: vid. Tacit. Ann. 16, 12. Luöii praenomen confir-
mat Tacitus Ann. 11, 11 “L. Domitius adoptione mox in imperiam et co-
guomentum Neronis ascitus’; inepte igitur interpres Diosis T. 6. 396
contendit Neronem nondum adoptatum Cn. Domitium Aänobarbum voca-
tum esse. Cui adversatur etiam Suetonius Ner. 1 posteriores Aenobarbos
affırmans solis Gnei et Lucii praenominibus vicigsim alternantes per
singulas personas usos esse: quo documento et a C. Iulii Caesaris ad-
versario ad Lucium ratione subducta pervenimus, et patri prineipis Gnei
praenomen fuisse satis constat 6 Taacito Ann. 4, 76. 6,1. 45. 47. 12, 3. 64.
13, 10, quibus locis accedunt lapides antigui apud interp. Suetonii Ner. 9
et Vit. 2, quorum in altero “in sacra via memorlae Cn. Domitii Ahenobarbi
immolasse’ Nero se testatur, in altero autem ‘Cn. Domitius Ahenobarbus
cos. suf. Kal. ial. A. Vitellius cos.” oomparent; denique avum Neronis
Lucium Tacitus Ann. 1, 63. 4, 44 offert. Neque praetermittendum est
patrem Neronis consulem apud Suetonium Galb. 6 olim male Lucium
scriptum esse, et amatorem Tigellini *Zucium Domitium maritum Agrip-
pinae’ etiam in schol. Iavenal. Sat. 1, 155 perperam vocari: unde for-
tasse manavit Reimari error.
Scripsit Fr. Vater, Ä 575
Itaque iam ipsa' Taciti verba Dial. 11 expendenda sunt, ande plu-
rima commenta fluxerunt; Apro enim ut missis tragoediis veras cau-
sas ageret hortato Maternus fertur sic respondisse: “ego autem sicut
in causis agendis efficere aliquid et eniti forlasse possum, ita reci-
tatione tragoediarum et ingredi famam auspicatus sum, tum quidem
cum in Nerone improbam et studiorum quoque sacra profanantem
vaticiniü potentiam fregi; et hodie si quid in nobis ποι εἶδα ac no-
minis est, magis arbitror carminum quam orationum gloria partum’.
Hoc autem testimonio freti plerigue omnes primam Curiatii fabulam
Neronem fuisse suspicabantur, nec habeo quae his opponam; sed
argumentum principis tragoediae nendum satis a quoquam videtur
explicatum esse. Neque enim credibile est id in hac prastexta
egisse Maternum, ut nervos po&seos neronianae succideret (quae vi-
detur Welckeri interpretatio esse 1. I. 1462 sq. vaticinium rati pro
carmine irrisionis causa nove fingi), aut Vatinü (sic enim plurimi
scribebant pro vaticinii) concuteret auctoritatem, Prior autem inter-
pretatio neminem morari poterit; nam et vaticinium (ubi de car-
minibus vatum Faunorumque quae ille dicebat cogitaveris) insolenr
tissimum est atque inauditum, nec video quomodo Maternus famam
. gloriamque consecutus sit exagitatis laceratisque Neronis iam sepulti
cantilenis. .Quoties enim cunque istam opinionem expendi, in me-
moriam Diopysius tyrannus rediit simillimus Neronis : superatum
vero et quasi extinctum tam inficetum poetam quis affırmaverit Ma-
terno non. ultimam laudem attulisse? Qui autem pio po&ta ipso
defuncto neroniana carmina valde eurabant *) nisi forte Vitellii? aut
quid damni afferebant imperante Vespasiano? denique quam tandem
perniciosam potentiam exercebant bonisque litteris exitiabilem?. Aec
si vatem syracusanum aliquoties comici salibus suis perfricuerant,
hoc ‚tamen nequit documento .esse etiam, ir tragoedia hominem ro-
manum gravitatis maximae, famam ingressurum tam' vile argumen-
tum potuisse eligere. Apage igitur invenustissimum commentum !
4. Sed restat emendatio supra modum a Rittero exornata et
commendata: cui si oredere fas esset, Catonis 'Thyestaegue scriptor
non vitia..et flagitia Neronis proscinderet, sed amabilem innocen-
temque puerum monstraret in Domitio ipso tyranno superstite. Cur
autem tota tragoedia in pueritiam Neronis iranslata est, nisi propter
*%) Non satisfaciunt quae Welcker 1463 in huno finem disputabat.
Nam si carmina Neronis non pessima erant, cur bellas istas et tantum
non praeclaras cantilenas vocarit Maternus improbas et studiorum quo-
que sacra profanantes? Itaque quo melivra illius principis carmina visa
sunt (qua de ve prae ceteris consulendus Suetonius ΝΟΥ. 10) eo minus
causae erat cur Materuus in ea igne et ferro grassaretur, iisque prostra-
tis gloriaretur. Si autem vituperantur et tantummodo adulatoribus et in-
doctae turbae placnerant, res non tam gravis erät ut in tragoedia vulgi
iadicia corrigerentur. Praeterea de sceleribus cogitari iubent et verba
Dialogi et nomen praetextae Nero.
576 . Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus.
Domitii nomen? quod ostendimus ne ab imperatore quidem alienum
foisse. Quo argumento erepto num quid amplius puerum commen-'
dat? num reliqua disputatio rectius procedit? Nimirum provocatur
ad discrimen quod viva Messalina aut imminuerat L. Domitio Aöno-
barbo aut ferebatur imminuisse: nam ut Suetonii verbis utar Ner.6
‘gratia gquidem et potentia revocatae restitutaeque matris usque eo
floruit, ut emanaret in vulgus missos a Messalina axore Claudii qui
eum meridiantem quasi Brittannici aemulum strangularent; additum
fabulae eosdem dracone e pulvino se proferente conterritos pro-
fugisse. Quae fabula exorta est deprehensis in lecto eius-circum
cervicalia serpentis exuviis, quas tamen aureae armillae ex volun-
tate matris inclasas dextro brachio gestavit aliguamdiu, ac taedio
tandem. maternae memoriae abiecit, rursusgque- extremis suis rebus
frustra requisivit’. De exuviis illis etiam Dio 61, 2 T. 4. 6:
λεβηρὶς περὶ τὸν αὐχένα τοῦ Νέρωνος παιδίου ἔτ᾽ ὄντος εὐρεϑεῖσα
παρέδωκε τοῖς μάντεσι λέγειν, 6 ὅτε ἰσχὺν παρά του γέροντος μεγά-
λην λήψεται, ἐπειδὴ τὸ γῆρας διὰ ταῦϑ᾽ οἵ ὄφεις ἐκδύεσϑαι νο-
μέζονται; praetermissis tamen insidiis: Taeitus autem narrat Ann.
11, 11 cum in Claudii ludis secularibus a. U. 800 Britfannicus et
L. Domitius inter pneros nobiles equis ladicrum Troiae inirent,
“favorem plebis acriorem in Domitium loco praesagii acceptum esse;
volgabaturque affuisse infantiae dracones in modum custodum , fabr-
losa et externis fabulis assimilata; nam ipse haud quaquam sui de-
tractor unam omnino anguem in cubiculo visam narrare solitns est”.
. Itaque periculum pueri solus Suetonius commemorat qui et ipse ad
fabulas retulit; atque Tacitus quoque addit semper quidem infestam
Agrippinae fuisse Messalinam et tunc adeo commotiorem, sed quo-
minus strueret crimina et accusatores navo et furori proximo C. Silüi
amore detentam esse. Quare non verisimillimum est tunc ab eadem
sicarios subornatos esse, Quo etiam refelli videtur vanissimum rumo-
rem Materno qui minime adulator erat ad tragoediam componendam
sufficere potuisse. Sed Suetonins opinor ad Messalinam retulit quae
nuper adoptato Nerone ab amicis Brittannici sectatoribusque Messa-
linae gesta esse iactabantur; quae vel ob eam causam consideranda
sunt quod post nostram de Domitii nomine disquisitionem Rittero
licebit etiam hanc historiam in maiorem tragoediae suae gloriam con-
vertere; accedit quod res cum exitiabili illa Brittannici salutatione
coniungitur. Prodidit igitur Dio 60, 32 T.3. 792 et ex eo Zona-
ras 11, 10. 470: καὶ ὁ μὲν Νέρων ηὔξετο Βρεττανικὸς δὲ οὔτε
τινὰ τιμὴν οὔτε ἐπιμέλειαν εἶχεν, ἐλλ᾽ N, ᾿Δγριππίνα τούς τε ἄλ-
λους τοὺς αεριέποντας αὐτὸν τοὺς μὲν ἐξέβαλε; τοὺς δὲ καὶ ἀπέ-
xrawvs, καὶ τὸν Σωσίβιον ὦ ἥ τε τροφὴ καὶ ἡ παιδεία αὐτοῦ
προσετέτακτο κατέσφαξεν ὡς καὶ τῷ Νέρωνι ἐπιβουλεύ-
ovra, κἀκ τούτου παραδοῦσα αὐτὸν ΄ οἷς ἤϑελεν ἑκάκου ὅσον
ἠδύνατο: atque ad hunc potissimum spectat Tacitus Ann. 12, 41
qui post offensum a Brittannico Neronem matrisque questus adiecit:
‘commotus his quasi criminibus Claudius optimum 'quemque educato-
Seripsit Fr. Vater. 577
rein ΠΝ (Britannici) exilio ac morte affieit datosque a noverca ἢ)
custodiae eius imponit’, unde apertum est falso insidierum crimine
ab Agrippina circumventum esse Sosibium, ita ut tale argumentum
a consilio Materni alienissimum fuerit, putaremgae pueri educato-
rem etiam probissimum fuisse nisi obstarent quae de eodem idem
Tacitus 11, 1. 4 memoriae prodidit. Sed quidquid est, eiusmodi
tragoediam neque vivo imperatere (ut Rittero placuit) neque post
eins obitum Materno concedere possumus, cuius ingenio plane in-
digna est. Non ignoramus Aenobarbum aliquando amorem et de-
licias generis humani fuisse: sed qui Catonis nobile letam ornatu-
ΓΒ erat verberaturusque in Thyesta tyrannos, eandem negamus
pueruli quamvis venusti rationem habere potuisse fictorumque diseri-
minum (neque enim servilis adulationis reus est Maternus sed aspi-
rabat ad altiora), et plane ignoramus quomodo gloriam e tali tra-
goedia partam poeta jactare sustinuerit. Omnem autem fidem exce:
dit,. liberrimi spiritus virum post. immania Neronis sceera ostendere
voluisse innocentem iuventutem ejus (quem probissimus quisque de-
testabatar) amabilemque ingenuitatem : nam ut cum Piutarcho loquarV.
Anton. 87. 955: οὗτος ἄρξας ἐφ᾽ ἡμῶν **) ἀπέκτεινε τὴν μητέρα
καὶ μικρὸν ἐδέησεν ὑπ᾽ ἐμπληξίας καὶ παραφροσύνης ἀνατρέψαι τὴν
Ῥωμαίων ἡγεμονίαν, ita ut Sporo puero ἃ Nerone in matrimonium
ducto non inepte tactaretur “bene agi potuisse cum rebus humanis si
Domitius pater talem habuisset uxorem’; atque ipsa Agrippina in
Octavia optat “utinam anteguam te parvulum in lucem edidi aluique;
saevae :nostra lacerassent ferae viscera! sine ullo scelere sine sensu
innocens meus occidisses, iunctus atque haerens mihi semper quie-
tam cerneres sedem inferum , proavos patremgue nominis magni
viros, quos nunc pudor luctusque perpetuus manet ex te, nefande,
meque quae talem tuli?! Ut autem fieri solet, non solum hoc no-
mine mtolerabilis est coniectura Ritteri, sed τοὶ concesso isto tra-
goediae argumento nullis argutiis Aenobarbi periculum cum fracta
Vatinii potentia comeiliari poterit. Videbitur quidem omnem vilissi-
mae assentalionis modum excessisse, qui patris fratris matris soro-
ris eiusdemque coniugis denique praeceptoris plurimorumgue pro- _
borum et honestoram viroram parricidam 'nocentissimum eandemque
totius orbis pestem ***) immundissimam -post longam et continuam
mmanitatem produxerit qualis in pueritia aut fuerat aut se esse
*) Teste Suetonio Tit. 2 Vespasiani filius maximus educatus in aula
cum Britannico simul ac paribus disciplinis et apud eosdem magistros in-
stitutus est.
ἈΦ) Vituperatur Paulus Diaconus quod Plutarchum quoque cum Mu-
sonio neronianae aetatis philosophis accensuerit; sed non est absurdum
si de primo eius flore cogitetur, quod demonstrabo ad librum de Mundo
qui Aristoteli tribuitur, ubi de gente Plutarchi agetur.
*%%) Apud Cliearchum Athenaei 12. 541 D iunior Dionysius vocatur
σαπἀσης Σικελίας ἀλάστωρ, quod dietum ab Eustathio sine nomine excer-
ptum male retuli ad priorem Dionysium, De Isocratis Epistolis 1. 61.
Archie f. Phil. u, Paedag. Bd. XIX. ΗΜ. 4. 37
578 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintas.
simulaverat multis et magnis virfutibus insignem; videbitur ipsius
Materni causa ut merilissimas laudes eustodire possit et conseryare
negandum esse, produci licuisse Neronem nisi saevum tyrannum
foedamque ‚bestiam, quem .tandem sera numinis vindicta consequatur
(quemadmodum Seneca scribit Herc. F. 922 ad excusandum suum
occisi Claudii consortium “victima baud ulla amplior potest magisque
‚.opima mactari Iovi quam rex iniquus’): utut igitur hoc Neronis ar-
gumentum viro praestantissimo dignum, ἐμά turpe et vile est, ta-
men facilias in Ritteri partes concederem, si. ullum Domitii cum
Vatinid commereium cogitari posset, si ingenuum hominem deceret
subornatum Aenobarbi percussorem Vätinio assimilasse et adaequasse,
postremo si Vatinii perniciosa potentia ante Galbae principatum
videretur minuta aut fracta 6886.
6. Quis vero postulabit ut comments viri ingeniosi quae ipsa
ruunt copiose refutentur et plane? Nihil enim memorise proditum
est nisi circa extremos Neronis annos contra iu fasque Vatiniom
gratia apud imperatorem valuisse, de quo Tacitus Ann, 15, 34
(Beneventi 8, U. 818) ‘gladistorium munas a Vatinio celebre ede-
batar. Vatinius inter foedissima eius aulae ostenta fuit, sutrinae
tabernae alumnus corpore detorto facetiis scarrilibus; primo in con-
tumelias assumtus deinde optimi cuiusque criminatione usque eo va-
luit, ut gratia pecunia vi nocendi etiam malos praemineret’. Sub
Nerone autem aut supplicio eum affectum aut a familiaritate prin-
cipis remotum esse, neque ullo testimonio constat neque prababile
est. “At posthac non amplius comparet” Ritter ait praef. XXI,
quasi necessarium sit hominem qui tunc primum emergebat et caius
"condicio obscmissima erat quavis occasione commemorari; alia enim
ratio Ephori et indoles, fuit quem ferunt ubivis patriae suae men-
tionem iniecisse. Nec fugit Ritterum per occasionem graecae Nere-
nis peregrinatianis improbum Vatinii dictum a Dionis epitomatore
conservatom esse; unde tamen .colligi passe negat scurram inter Ne-
ronis cumitea fuisse ]. 1. not. Xiphilinns enim post narrationem de
graecis imperatoris coronig 68, 15 'T. 4. 120 seripsit, τὴν δὲ γε-
govolay οὕτως δεινῶς ἐμίσει (Nero), ὥστε καὶ τῷ Οὐατινίῳ ὡς
μαλέστα χαίρειν ὅτι ἔλεγεν ἀεί ποτε πρὸς αὐτόν “Μισῶ σε, Καῖ-
Gag, ὅτε συγκλητικπὸς εἶ) χρήσομαι γὰρ αὐτῷ τῷ λεχϑέντε ὑπ᾽
αὐτοῦ ῥήματι. Quae vox cur huic potisaimum occasioni assignetur
nondum explicatum est, sed ostendere videtur Suetonius Ner. 36
‘in auspicando opere Isthmi magna freguentis clare ut sibi ac populo
romano bene res verteret optavit dissimulata senatus mentione’; at-
que apud Dionem quoque statim post illa transitur ad miracula in
Isthmo perfodiendo obserrate, Itaque quanguam saepenumero ista
iactabat Vatinias, multo tamen probabilius est eum tunc quoque in-
ter numerosissimam amicorum cohortem qui non nominantur singil-
latim affuisse; sed quidquid est quod apud alios scriptores non con-
iungitur in Graecia Nero cum sutore, nequit documento esse iam
mortuum fuisse Vatinium. Nam si teste Tacito Hist. 1, 37 circa
Seripsit Fr. Vater. 59
Gelbae caedem iam obiisse videtur etiam Vatinius, id sub ipso Galba
accidisse maxime probabile est; Otho enim iam imperator salutatns
apud milites sic loquitar: “‘septem a Neronis fine menses sunt et
iam plus rapuit Icelus quam (propter) quod Polyeleti et Vatinü et
Helii et alii perierunt’. Si igitur sententiam loci corrupti recte
perspeximus (nt de supplicio rapacissimi delatoris cogitandum sit),
non dubito quin Vatinius quoque una cum reliquis a Galba casti-
gatus sit: car enim a Tacito coniungatur cum Polycleto et Helio,
nist eadem horum omnium sors fuisse videatur? At suppliciom Heli
et Polyeleti planissime testatur Plutarchns V, Galb. 17. 1060 B.
τῶν νερωνιανῶν τοὺς πονηροὺς ἀπέκτεινεν ἐν οἷς ἦν ὃ Ἥλιος καὶ
Πολύκλειτος “καὶ Πετῖνος καὶ Ilarpoßıog, ubi neseio an ipse Βατί-
νιὸς restituendus sit; Petinus enim νοὶ Petilius nullas inter Neronis
sodales commemoratur ἢ. De Polycleto autem etiam Tacitus Hist:
2, 95 similiimo loco 'nondum quartas a victoria (Vitellii) mensis
et libertus Vitellii Asiaticus Polycletos et Patrobios et vetera odio-
rım nomina aegnabat’; qui omnes semel tantummodo in Neronis histo+
ria apud Tacitnm prodeunt (Helius Ann. 13, 1. Polycdetus 14, 89.
Patrobius demum Hist. 1, 49 ‘libertus is Neronis punitus a Galba
fuerat”): unde tamen non colligi potest, si postea inter mortaos
recensentur, eos e gratia Neronis excidisse aut ipso vivo coercitos
esse. Nam ille scriptor multum mancipiis istis atque adeo simkm
tribuit quod brevi praeconio eripuit oblivioni, nisi principes aucto-
res in’perdendis Romae decoribus fuerant, quod alienum ab illorum
humilitate atque ignobilitate; nec si de Polycteto Helio Patrabio
alii scriptores saepius loquantur, id argumento esse potest sordi-
dissimum adulatorem postea abiectum esse a Nerone, quia memorise
homivum casui maxime obnoxine sunt. Itaque desunt Rittero testi-
monia perditissimum sutorem favore imperaforis unquam caruisse, ut
aut oceideretur aut opibus exutis ad relictam crepidam rediret; multo
autem incredibilius est eiusmodi mutationem Materni praetexta effe-
etam esse. Neque Vatinius proprio impetu id egit ut praeserlim
niobiles et senatoris ordinis viros apud principem criminaretur (quae
Ritteri epinio est praef. XX propter illad Xiphilini testimonium);
sed in hoc quidem dicterio pessimum servittam se plane accomme-
davit’ingenio domini, de quo Octavia vs. 87 ‘odit genitos. sangyine
claro”, utque in hac quoque re vel superaret patronum susm obgan-
nire Neroni solebat μισῶ oe, Καῖσαρ, ὅτε συγκλητικὸς el. Nam
vehementissimum illud senatus odium Neronis etiam Dato Atellana-
΄
*) Suspectus est etiam Narcissus apud Dionem δέ, ὃ T. 4. 160 inter
occisos, τῷ δὲ δήμῳ σφόδρα ἀξιοῦντι τὸν Tıysllivov καὶ ἄλλους τινὰς
τῶν πρότερον ὑβρισέντωον ἀποθανεῖν οὐχ ὑπεῖξε, τάχα ἂν ἀποκτείνας
αὐτοὺς εἰ μὴ ἐκεῖνορ τοῦτ᾽ ἠἡτήκεισαν" τὸν μέντο; ἥλιον καὶ τὸν N &o-
πισσον τόν ra Ilnr ὄβιον καὶ τὴν Δουκούσταν τὴν φαρμακίδα καὶ ἂλ.-
λους τινὰς τῶν FR τοῦ Νέρωνος δικικολασάντων κατὰ τὸ τὴν "πόλιν
πἄσαν δεδεμένουρ περιαχθῆναι καὶ μετὰ τοῦτο κολασθῆναι ἐκέλευσεν.
Alios ante Galbae adventum interfectos praebet Piutarchu Tr Galb. 8. 108
. 580 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus.
rum histrioni irrisui fuerat, qui in novissima clausula *) cantici cu-
iusdam, *Orcus vobis ducit pedes’ ita teste Suetonio Ner. 39 de-
monstraverat ut senatum gestu notaret; nec ruper ‚post Vindicis de-
fectum destinaverat “senatum universum veneno per convivia necare”
nt idem 43 atque Dio 63, 27 T. 4. 138 scribunt, Bed “elatus in-
flatusque’ occisis uliquot senatoribus’ multas nec dubias significa-
tiones saepe iecit ne reliquis quidem se parsurum senatoribus, eum-
que ordinem sublaturum quandoque e rep. ac provincias et exercitas
equiti romano et libertis permissurum’, ut rursus Suetonius 37 nar-
ravit. Et Galba quidem teste Plutarcho in Vita 3. 1054 B ἐπέμῳφϑη
ὑπὸ Νέῤωνος Ἰβηρίας ἄρχων οὔπω δεδιδαγμένου φοβεῖσθαι
τοὺς ἐν ἀξιώμασε μεγάλοις τῶν πολιτῶν : sed iudice Plutarcho non
Vatinius τὸ χάϑαρμα docebat nullis civium collegiis circumscriben-
dam esse libidinem imperii, sed ὁ διδάσκαλος καὶ παιδαγωγὸς τῆς
τυραννίδος furrat Sofonius Tigellinus 1.1. 17. 1060 B, ὑφ᾽ ᾧ τὸ
ξίφος ἦν τοῦ Νέρωνος ut Philostratus loquitur V. Apoll.4, 42 p.82
Kays. cui ibid. 44. 84 itidem πάσης ὠμότητος τὸ καὶ ἀσελγείας
διδάσκαλος τῷ Νέρωνι vocatur “corrupto ad omne facinus Nerone’
(quae Taciti verba sunt Hist. 1, 72) ἢ). Spretis igitar vel detortis
omonibus fontibus de vita et indole et valore Vatinii, Materni Do-
mitium, qua hominem a fastigio deiectum arbitrabatur, paullo ante
iter Neronis graecnm collocavit; finzitque productum vilem impro-
bumque adulatorem Yatinio assimilatum, qui persuaderet Messalinse
sua causa et propter Britannicum cum Aenobarbum tollendum esse
tum quidquid Romae dignitate et nobilitate praemineret; denique
ipsum Neronem spectato illo δαὶ sodalis aemulo infensum poenituisse
faroris sui, ita ut punito parasito Maternus et gratiam optimi cuius-
que mereret et famam gloriamque recitatione sua consequeretar.
Quid enim sicarios iam prope Domitium astantes commemeorabo an-
guiumque miraculum aliaque quae ad commovendos percellendosgue
auditorum animos maxime idonea videbantur? .Nam omnia iste me
iudice et historia megistra vanissima sunt, nec facile perspicitur
quomodo talibus artificiis et argutiis propter personatum Vatinium
Neronis animus a familiari suo abalienatus fuerit, quem sciret nulla
consuetudine cum Messalina coniunctum fauisse et a quo sibi nihil
unguam metuendum esset. Immo eiusmodi iniuria ipse opiner tra-
gicus non aolum Neroni sed etiam probissimo euique invisus- factus
‚ *) Atellanicam exodium vocatur a Suetonio Tib.45 vel scenicum exo-
dium ibid. Domit. 10.
i'jDe hoc homine deterrimo vid. etiam interpr. ad Taciti Ann. 14, bl
et ad Dionem 62, 13 T.6, 453. Etiam Calvia Crispinilla (de qua Dio
6 12 Τ᾿ 4. 116) nu acie unit. 1 1 'magi ira libidinum Neronis’ vo-
oatar, ubi non recte de vina L. Iunii Silani sorore cogitabiturguae
a Claudio Italia pulsa (Tao. Ann. 13, 8) sed post Agrippiine caedem a
Nerene restituta (ibid. 14, 12) rursus comparet extremo Vespasiani prin-
cipatu apud Suetoniam Vesp. 23, licet libidines eius petulanter notaverit
Seneca Apocol,
Sceripsit Fr. Vater. 581
esset, quia honestum virum falsis et "αέΐξ criminibus ne maleficos
guidem impugnare et perdere decet,
6. Demonstratum est superstite Nerone potentiam Vatinii neque
a Materno neque ab alio quoguam fractam esse: Galba autem prin-
cipe neque ulla Neronianorum praeter Tigellinum auctoritas erat,
neque aeguum fuisse videtur a Materno lacerari scurram- iam de-
jectam et humilem pavidumque; certe praeter Vatinium ratio habenda
fuerat etiam Helii Polycleti Tigellini’aliorumgue plurimorum, Prae-
terea autem statim post introitum Galba Neronianos Romae videtur
punivisse, ut inepte arroganterque jaetaverit Maternus sua tragoedia
alieui supplicium irrogatum esse; cui post extinctum Neronem ne
tempus quidem ad meilitationem aut occasio ad recitandam coram
novo imperalore praetextam suppetivisse videtur. Itaque fatendum
est emendationem tacitini testimonii et incertissimam putandam esse
et absurdissimam, donec evictum sit quid commercii inter Vatimum
et cariatianam Neronem obtinere potuerit. Jam si a nobis postula-
tur uf de loco intricatissimo et spinosissimo nostrum qualecunque
iudicium edamus, et quomodo aut explicandus sit aut emendandus
doceamus; ingenue confitemar multo facilias interrogari quam re-
sponderi, maximeque suspectum esse nobis interpretem qui spera-
verit fore ut omnia a se aut exponantur recte aut tententur (saepe
enim in eo acquiescendum est ut quae male monita sunt refellamus,
propter virium imbecillitatem a vero reperiendo et commendando
alieni): sed in Materni sermone librorum lectionem omnium vatteinü,
reiectis quae. prolatae sunt emendationibus et explicationibus, vide-
mur nobis commode interpretari posse, Satis enim eonstat quan-
tum damni astrologi mathematici aliique vaniloqui homines (quos
Aristophanes ϑουριομάντεις ἑἰατροτέχνας σφραγιδονυχαργοκομήτας
ac μετεωροφένακας appellavit) et privatis attulerint et universae
reip. ita ut improba eorum potentia ab. optimo quoque restricta sit
severissimis edictis. Quare contendo is Nerone propositum fuisse
Materno cuiusvis superstitionis osori, ut religionum animos nodis
exsolvere tentaret; neque dubito quin tam sublime argumentum co-
tburno romano dignissimum fuerit maximeque decuerit Curiatium gras-
‚sari adversus ‘genus hominum potentibus infidum, sperantibus fal-
lax, quod in civitate nostra et vetabitur semper et retinebitur” ut
ille ait Hist. 1, 22. Sed haec altius repetenda sunt et e fide rerum
gestaram monstrandum est, nihil magis Nerone principe remp. af-
flixisse quam improbam potentiam vaticiniü: quo una explicabitur cur
hunc potissimum locum in Nerone sua ornaverit tragicus. Jam su-
pra negavimus immanitatem, qua in senatores omnesque illustres
viros saeviit imperator ille, primum nalum esse e propudioso Va-
tinii contubernio; atque tam altas radices in animo tyranni egerat,
ut Tigellinum quoque non tam magistrum huius saevitiae quam mi-
nistrum promtumque adiutorem fuisse persuasum habeam. Nam vel
Tarquinii Superbi bistoria (ut Graecorum testimonia praetermittam)
abunde docet maxime optimates et principes viros metuendos esse
382 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus.
tyfannis; atque Neronem praeter ingenitam crudelitatem mazime
-timiditas et superstitio cum interpretationibus mathematicorum contra
"senatores irritaverunt: tantum religio potuit suadere malorum! Pro-
dit igitur Suetonius Ner. 36: *stella crinita quae summis potestatibus
exitium portendere vulgo putatur, per continuas noctes oriri coe-
perat; anzius ea de re (Nero) ut ex Babilo ἢ) astrelogo didicit,
solere reges talia ostenta caede aliqua illustri expiare atque a se-
met in capita procerum depellere, nobilissimo cusque exikum
destinavit. Enimvero multo magis et ‚quasi per. iustam- causam,
Jduabas coniurationibus provulgatis, quarum prior maiorque pisoniana
Romae, posterior viniciana Beneventi **) conflata atque detecta est”:
undo patet de eo cometa verba fieri, qui paullo ante Senecae ne-
cem observatus est. De eodem etiam Taeitas egit Ann. 15, 47 ad
a. U. 818: “fine anni vulgantur prodigia imminentium malorum nun-
tia; vis fulgurum non alias crebrior et sidus. cometes sanguine illustri
semper Neroni expiatum; bicipites hominum aliorumvre animaliam
partus abiecti in publicum, ‚aut in saerifieiis quibus gravidas hostias
immolare mos est reperti; et in agro placentino vianr propter natus
vitulus cui caput in crure esset. Secutaque karuspicum interpre-
- tatio parari rerum humanarum aliud caput sed non fore validum
"neque occaltum, quia in utero repressum aut iter iuxta editum sit”.
Igitur iam ante hunc annum saepe propter cometam in principes viros
*) Cogitandum est de Barbillo Vespasiani amico, de quo Dio Casa.
66, 9 T. 4. 220 τοὺς ἀστρολόγουρ ἐκ τῆς Ῥώμης ἐξώρεσεν (Vospasianus),
καέτοι. πᾶσι τοῖς ἀρίστοιρ αὐγῶν χρώμενος, ὥστε καὶ διὰ Βάρβιλλάν
‚zıva ἄνδρα τοιουτότροπον, ἀγῶνα τοῖς Ἐφεσίοις ἱερὸν ἄγειν συγχωρῆσαι,
ὅπϑρ οὐδεμιᾷ ἄλλῃ πόλει ἔνειμεν, c. interpr. Τ΄. 6. 553 sg. Hinc inter
Indos coronarios Corp. Inser. Gr. 2810, 9 T. 2. 526 Βαρβίλιηα ἐν Ἐφέσω
non ante Hadrianum; 3208, 14. 739 Ἔφεσον Ἐφέσηα, Bing Com-
modi aetati; et paullo antea 3675,.6. 937 Βαρβίλληα ἐν Ἡφέσῳ: sed
T.2. 1112 n. 2810. ὃ, 16 et, 19 Ἔφεσον Βαλβίλληα bis circa eandem
astatem, ita ut putes quosdam τραυλίσαι instar Alcibiadis apud comicum
-Vesp. 44 et nostratium quorundam qui Balbier pro Barbier pronuntiant.
Quare non intelligo quomodo in titulo 3664. a, 18 pro I‘. Βαλβιλλιανὸς
Boeokh T. 2. 925. ὁ corrigere sustinuerit Βαρβιλλιανός. Mitte Βάβηλον
Ἑρμογένου qui Suetorii Babilo maxime convenit 3438, 9. 807: sed notis-
simus est C. Balbillus cui Nero Aegyptüm permisit teste Tacito Ann. 13, 22,
quem commemorant etiam Plinius H. nat. 19, 1, 3. Seneca Qu. nat. 4, 2
sed ita ut lectio apud utramque inter Balbillus Babillns Babilius fluctuet ;
atque Harduin opinatur ad Plinium praefectum Aegypti ion diversum esse
ab astrologo Neronis Babilo. Ego ut temere quid mutandum esse nego,
sic non video cur in tanta romani imperii magnitudinse omnes locos ad
eundem hominem referamus; nam astrologo quidem convenit quod Aegypto
raefectus est: sed e lapidibus nominatur ab interpr. Taciti etiam “Ti.
ulius Balbillus sacerdos solis’ qui Chaldaeum redolet. Ceterum apud Ta-
eitum Hist.2, 78 non Barbillus sed Seleucus quidam mathematicus reotor
et praescius apud Vespasianum fertur, nmotus ille ex historia Othonis
(Sueton. Oth. 4), cui tamen Tacitus Hist. 1, 22 et Plutarchus V. Galb.
23. 1063 Ptolemaeum mathematicum tribuunt,
. ,**) Apud Tacitum Beneventi emergit Vatinius; fortasse igitur in
viniciana coniuratione delätor fait et sie Neroni insinuatus est.
%
Scripsit Fr. Vuter, 583
auimadversum est; quod referri potest ad claudianae neeis cometam
et maxime ad priorem neronianum qnem Tacitus Ann, 14, 22 a.U.
814 assignat quique propter perpetuitatem (nam per sex menses
conspectus est) plurünorum caede expiatus esse videtur, ita ut seriptor
semper faotum esse dixerit quod ad eandem stellam pertinebat sed
saepenumero repetebatur. Ipse tamen Tacitus caedes non comme-
moravit; “inter quae” ingait ‘et sidus cometes effulsit, de quo valgi
opinio est tanquam mulationem regnis portendal ; igitur quasi iam
depulso Nerone quisnam deligeretar anquirebant, et ommiom ore
Rubellius Plautus celebrabatur. — — Auxitque rumorem pari vani-
tate orta 'interpretatio fulguris*); nam quia discumbentis Neronis
apud Simbruiaa stagna cui Sublagueum nomen est ictae dapes men-
saque disiecta erat; idque Aaibus Tiburtum acciderat unde paterna
Plauto origo, hunc illum numine deum destinari credebant? — —:
quare Plautus litteris' Neronis in Asiam relegatus est. Nonnullas
tamen caedes iussas esse .propter diuturnitatem illius sideris, donec
Seneca se opponeret, suspicari licet e Dione qui de eadem re 61, 18
T.4. 40 scribit τεράτων δέ τινῶν γεγονότων τότε μὲν οὗ μάν-
τεες ὄλεϑρον αὐτῷ ταῦτα φέρειν εἶπον καὶ συνεβούλευσαν ἐς
ξτέρους τὸ δεινὸν ἀποτρέψασθαι. κἂν συχνοὺς εὐθὺς
κατεχρήσατο Ἴ5) ei μὴ ὁ Σενέκας ἔφη αὐτῷ Or ὅσους ἂν ἀπο-
σφάξῃς οὐ δύνασαι τὸν διάδοχόν σον ἀποκτεῖναι, quae tamen ad
a. U. 813 referri videnter. Quidquid autem est, de prioribus cae-
dibus certe Tacitus auctor est, neque erraverimus si multa et atrocia
Neronis facinora ad cometas retulerimus (qui Plinio teste principatu
eias assidui praope ac saevi fulserunt) aliaque prodigia quae vide-
bantur saevitiam cummendare: nam pavidus et superstitiosus prin-
ceps .(etiamsi probus est ut Claudius) plas damni et luctus afferre
solet quam iracundus et eradelis et dirus qui tamen constantia prae-
ditas est, Ceterum cum Tacitus Ann, 14, 12 post solis defectum
a. U. 813 reliquaque prodigia scribat: ‘quae adeo sine cura deum
eveniebant, ut multos post annos Nero imperium et scelera continua-
*%) Philostratus V. Apoll. 4, 43. 83 de a. U. 820: γενομένης ποτὲ
jeed eodem anno) ἐκλείψεως ἡλίου καὶ βροντῆς ἐκδοθείσης (ὅπερ ἥκιστα
ν ἐκλείψει δοκεῖ ξυμβαίνειν) ᾿ἀναβλέψας ἐς τὸν οὐρανόν ἔσται τι ἔφη
«μέγα καὶ οὐκ ἔσται". — τρίτῃ δ᾽ ἀπὸ τῆς ἐκλεέφεως ἡμέρᾳ ξυνῆκαν
τοῦ λόγου πάντερ᾽ σιτουμένου γὰρ τοῦ Νέρωνος ἐμπεσὼν τῇ τραπέζῃ
σκηπτὸς διήλασε τῆς κύλικος ἐν χεροῖν οὔσης καὶ οὐ πολὺ ἀπεχούσης
τοῦ στόματος" τὸ δὴ παρὰ τοσοῦτον ἐλϑεῖν τοῦ βληϑῆναι αὐτόν, πεπρά-
ξεσϑαί τε εἶπε καὶ μὴ πεπράξεσϑαι. Non incredibile est de eodem ostento
agi, ut tempora confusa sint; certe Dio 61, 16 T. 4. 36 statim post
Agrippinae necem a. u. ὁ. 813 et defectum solis commemorat narratque
σχηπτός ποτε τὸ δεῖπνον αὐτοῦ πᾶν ἐσφερόμενόν ol κατέφλεξεν, ὥσπερ
τις ἄρπυια τὰ σιτία αὐτοῦ ἀφελόμενος, atque δρυὰ Tacitum. Ann. 14, 12
eadem occasione ‘sol repente obscuratus et tactae de caelo quatuordecim
urbis regiones’ feruntur. Vid. interpr. Dionis T. 6. 413 sq. _
Ἐπ) Negat Dio frequentes caedes factas esse; sed non obstat quominus
aliquot nobiles interfectos esse statuamus.
584 Miscellaneorum criticorum fascjculus quintus.
verit’, non dubitari potest quin iam tum porteniorum interpretes
principem de discrimine δυο admonuerint et ad occupandos adver-
sarios excitaverint.
7. Satis superque de improba vaticinii potentia videtar dictum
esse; sed iuvit ex primo aerae nostrae seculo aliquot exempla pro-
mere, ut perniciosa artis illius varitas penitas perspiceretur.. Vitellius
Suetonio teste 14 “suspectus ‘et in morte mafris fuit, quasi aegrae
praeberi cibum prohibuisset, vaticinante Catta muliere cui velut. ora-
culo acgniescebat, ita demum firmiter ac .diatissirme imperaturum si
superstes parenti extitisset’; et fortasse Nero quogue simili fraude
ad occidendam matrem irritatus est, certe constat fillum Thrasylli
mathematici matricidium nato infante praedixisse, qua de re infra
agitur. Exitiabile autem studium optime cognoseitur e Dionis loco
de Tiberio 57, 19 T.3. 558, πολλοὺς δὲ καὶ τὴν ἡμέραν καὶ
ὥραν ἐν ἢ ἐγεγέννηντο ἐξετάζων» καὶ ἐκεῖθεν καὶ τὸν τρόπον καὶ
τὴν τύχην αὐτῶν διασκοπῶν ἀπεκτίννυεν. εἰ γάρ τῷ ὑκπέρογκόν τι
καὶ εὔελπε πρὸς δυναστείαν ἐνεῖδε, πάντωρ ἀπώλλυεν. οὕτω δ᾽
οὖν τὸ πεπρωμένον ἑκάστῳ τῶν πρώτων καὶ ἐξήταξε καὶ ἠπίστατο
ὥστε καὶ τῷ Γάλβᾳ τῷ μετὼ ταῦτ᾽ αὐταρχήσαντι ἀπαντήσας γυναῖκα
ἐγγεγυημένῳ εἰπεῖν ὅτι “καὶ σύ ποτε τῆς ἡγεμονίας γεύσει. ἐφεέ-
σατο γὰρ αὐτοῦ ὡς μὲν ἐγοὶ δοκῶ ὅτι xal τοῦτ᾽ αὐτῷ εἱμαρμένον
ἦν, εἷς δ᾽ αὐτὸς ἔλεγεν ὅτε καὶ ἐν γήρα καὶ μετὰ πολὺ τῆς τελευ-
τῆς αὐτοῦ ἄρξοι. Non aliter Domitianus (ubi muscae deerant)
eodem teste 67, 15 T. 4. 282 agebat: πάντως γὰρ καὶ ὁ Δομιτια-
νὸς τῶν πρώτων τάς τε ἡμέρας’ καὶ τὸς ὥρας ἐν αἷς ἐγεγέννηντο
διασκοπῶν.» οὐκ ὀλίγους (οὐδὲ ἐκ τούτων ἐλπιξόντων ἐν δυνάμει
τινε ἔσεσϑαι) προανήλισκε᾽ καὶ τόν ya Νερούαν ἀπέσφαξεν ἄν, εἰ
μή τις τῶν ἀστρολόγων εὔνοιαν αὐτῷ ἔχων ἔφη ὅτι ἐντὸς ὀλίγων
ἡμερῶν τελευτήσει. Potentiam autem vaticiniorum plarimis testimo-
niis astruere "possumus: Caius imperator “Baiarum medium inter-
vallum puteolanas ad moles trium milium et sexcentorum fere pas-
suum ponte coniunxit, contractis undique onerariis navibus et or-
dine duplici ad ancoras collocatis superiectoque aggere terreno ac
directo ia appiae viae formam’: quod non videtur aemnlatione Xerxis
fecisse, sed causam operis interiores aulici prodiderant avo Suetonii
Cai. 19: “quod Thrasylius mathematicus anxio de successofe Tiberio
et in verum nepotem proniori affırmasset, Non magis Caium impe-
raturum quam per baianum sinum equis discarsurum’, Ipse autem
Tiberius magno cum damno civium Capreis consenuit; nam ut Taciti
verbis utar Ann, 4, 58: *ferebant periti caelestium iis motibus si-
derum excessisse Roma Tiberiam ut reditus illi negaretur, unde
exitii causa multis fuit properum finem coniectantibus vulgantibus-
que: neque enim tam incredibilem casum praevidebant ut undecim
per annos libens patria careret. Mox patuit breve confinium artis
et falsi, veraque quam obscuris tegerentur; nam in urbem non re-
gressurum haud forte dictum, ceterorum nescii egere cum propin-
quo rure 'aut littore et saepe moenia urbis assidens extremam 56-
Scripsit Fr. Vater. 585
nectam compleverit’”. Etiam Septimius Severus persuasum habebat
se 6 Britannia non rediturum esse, de quo Dio 76, 11 T. 4. 632:
εἰδοὶς ὅτι οὐ ἀναπομισϑήσεται' ἤδει δὲ τοῦτο μάλιστα μὲν ἐκ τῶν
ἀστέρων ὑφ᾽ ὧν ἐγεγέννητο" καὶ γὰρ ἐς τὰς Opopag αὐτοὺς
τῶν οἴχων τῶν ἐν τῷ παλατίῳ ἐν οἷς ἐδίκαξεν ἐνέγραψε, ὥστε
πᾶσι. πλὴν. τοῦ μορίου τοῦ τὴν ὥραν ὥς φασιν ἐπισκοπήσαντος
ὅτε ἐς τὸ φῶς ἐξῃει ὀρᾶσϑαι (τοῦτο γὰρ οὐ τὸ αὐτὸ ἑκατέρωϑι
ἐνετύπωσενλ)᾽ ἤδει δὲ καὶ παρὰ μάντεων ἀκούσας" ἀνδριάντι
γὰρ αὐτοῦ πρὺς ταῖς πύλαις δι᾽ ὧν ἐκστράτεύειν ἔμελλεν ἑστῶτι
καὶ πρὸς τὴν ὁδὸν τὴν ἐκεῖσε φέρουσαν κἐποβλέποντι σκηπτὸς ἐμ-
πεσὼν τρία amd τοῦ ὀνόματος αὐτοῦ γράμματα ἀπήλειψε: καὶ διὰ
τοῦϑ᾽ ὡς οἵ βάντε ig ἀπεφήναντο οὐκ ἐπανῆκεν ἀλλὰ καὶ τρίτῳ
ἔσει μετὰ τοῦτο μενήλλαξε: quem locum exempli causa adscripsi,
sam ne religui quidem principes sapientiares erant atque alins alio
nequior nisi quod' unus fere Vespasianns teste Suetonio 14 ‘ut su-
spicione aliqua vel metn ad perhiciem euiusquam compelleretur, tan-
tum abfuit, ut monentibus amieis cavendum esse Metium Pomposia-
num απο vulgo crederetur genesin habere imperatoriam (quare oc-
cidit Domitianus Suetonii 10), insuper consulem fecerit spondens
quandoque beneficii memorem futurum’; quanquam vel Vespasianus
optimo quoque astrologo usus esse fertur apud Dionem 66, 9 T.4.220:
τοὺς ἀστρολόγους ἐκ τῆς Ῥώμης ἐξώρισε. καίτοι πᾶσι τοῖς ἀρέστοις
αὐτῶν χρώμενος. Sed quidquid est ille quidem etiam in periculo
mortis de prodigüs iocatas esse dicitar apud Suetonium Vesp. 28,
quemadmodum Augustus Suetonio eodem teste 94: “tantam mox
fiduciam fati habuit at thema suum vulgaverit nummumque argenteum
nota sideris Capricorni quo natus est percusserit’, vel ut Dio scri-
bit ‚56, 25 T.3. 464: τοῖς μάντεσι ἀπηγορεύϑη μήτε καταμόνας
τινὶ unse περὶ ϑανάτου (μηδ᾽ ἂν ἄλλοι συμπαρῶσίν οἵ) χρᾶν, καί-
τοι οὕτως οὐδὲν τῷ Αὐγούστῳ τῶν καϑ᾽ ἑαυτὸν ἔμελεν, ὥστε καὶ
ἔκ προγραφῆς πᾶσι τὴν τῶν ἀστέρων διάταξιν. ὑφ᾽ ὧν ἐγεγέννητο
φανερῶσαι: sed ταϊαπὶ plerique omnes tam prineipes quam vulgus,
turpissima δεισιδαεμονέᾳ capti propfer vanissimas superstitiones pro
modulo virium res humanas turbarnnt, ita ut aut alıis exitio essent
ant propter ridiculam imprudentiam ipsi perirent. Multos enim poe-
nituit vanae sterilisgue superstitionis, sicut Libonis Drusi probat
esitas cuius sortem Tacitus Ann. 2, 27 sqq. uberius ornavit, quia
tunc primum reperta sunt qnae per tot annos remp. exedere. Nec
postulari poterit ut singiHatim recenseam quibus velnt Lepidae apıd
Tacit. Ann. 3, 22 obiectum- sit ‘“qnaesitum per Chaldaeos in domum
Caesaris’, aut Lolliae ibid. 12, 22 “chaldaeos magos interrogatum
Apollinis clarii simulacrum super nuptiis imperatoris’, Furio Scribo-
niano ἰδία, 12, 52 “quasi finem principis per chaldacos scrutaretur?,
Statilio Tauro ibid. 59 ‘magicarum superstitionum’ crimen: nam im-
prövidorum et facilinm inanibus nomina sub omnibus principibus
comparent, atque Neroni quoque delatum est ibid. 16, 14: “An-
teium et Ostorium imminere rebus et sua Caesarisque fata scrutari’,
“τ ἈΝ.
Ὡς Ναικουδααεοζαδε criticorum fasciculus quintas.
Sereiiorgue Serum Aline crimini datım ibid. 16, 30: “quod pecmiam
μερὰ diinazrita esset’, coll. Diene 62, 26 T.4. 92. Optime igitar cum
perier tum poste de salule εἰν! πὶ merituri erant, qui aut mini-
φναξ ϑαυδια aupesstitionis per flagitia invisos severissimis edictis et
is castigarent, aut indoctam multitedinem prae-
ein zuiemmibes et bonis admonitionibus adiuvarent, praeserlm
Beume quo cumcta undigue atrocia aut pudenda confluebant celebra-
bester denique odio humeni generis convictos et novissima ex-
eupin weräos de fastigio deiicerent. Itaque omnes fere imperatores
pericum et exitiosam istam cohortem co@rcuerant, velut sub Augusto
πρπανὶ Muecenate ‚apud Dion, 52, 36 Τ. 8. 148: ᾿Δγρίσεπας τοὺς
sngeleyovc καὶ τοὺς γόητας ἐκ τῆς «όλεως ἐξήλασε ibid. 49, 43
T- ΟΣ 756 cum int. T. 5. 609, variaque edicta adversus chaldacos
εἰ θεὲ genus vatum commenorantur sub Tiberio apıd Tacitum
Ama. 2, 32. Suetonium Tib. 36. 63. Dionem 57, 15 Τ. 8. 558, sab
Glendio teste Tacito Ann. 12, 52. Suetonio Claud, 25. Zonara
Am. 11, 10 Τ. 2. 470. Eaedem leges videntur Nerone prindpe
valuisse, sed novi quid addit Philostratas V. Apoll. 4, 35. 80: Νέρων
οὐ ξυνεχώρει φιλοσοφεῖν, ἀλλὰ περίεργον αὐτῷ χρῆμα οἱ φιλοσο-
φοῦντες ἐφαίνοντο καὶ μαντικὴν συσκιάξοντες ; καὶ ἤχϑη ποτὲ d
τρίβων ἐς δικαστήριον ὡς μαντικῆς σχῆμα; coll.&, 47. 85.
Veteres autem tragici non solum in eos invect+ sunt gai lingaam
avinm intelligunt plusque ex alieno iecore sapiunt quam ex δυο, sed
etiam omnem quamcunque vaticinationem reiecerunt velut duce Ennio
Quintus apud Ciceronem de Divin, 1 extr. probat: ‘Testabor non
me sortilegos, neque eos qui quaestus causa hariolentur, ne psycho-
mantia quidem agnoscere. Non habeo denique nauci marsum augu-
rem, non vicanos haruspices, non de circo astrologos, non isiacos
coniectores „ non iaterpretes somniorum. Non. enim sunt ii auf
scientia aut arte divini,
sed superstitiosi vates impudentesque harioli,
aut inertes aut inanes aut quibus egestas imperat;
qui sibi semitam non sapiunt, alteri monstrant viam;
quibu? divitias pollicentur, ab iis drachmam ipsi petunt;
de his divitiis sibi dedacant drachmam, reddant cetera’.
Quo autem tempore ἰδία studia capitalia erant et felicitatem cama
publicam tum privatam subvertebant, ille locus poötae patriae aman-
tissimo placere prae ceteris debebat; et quemadmodum Schiller in -
sto Wallenstein multa hnius farinae admiscuit, sic campım in quo
expatiaretur Materno latissimum Nero praetexta praebuit, quia ille
princeps praeter ea quae allata sunt, “facto per magos sacro evo—
care manes (Agrippinae) et exorare tentavit? ut est apud Suetoniurmn
Ner. 34, et Tacito teste Hist.1, 22 “multos secreta Poppaeae ma —
thematicos, pessimum principalis matrimonü instramentam , habue —
rant’ ; talesque homines Suetonius Ner. 40 narrat principi pratdixisse
fore ot quandogne destitaeretur, spopondisse tamen quosdam de—
stituto orientis dominationem, nonnullos nominatim regaum Hier —
‘
Scripsit Er. Vater. | 587
solymorum; consultum etiam Delphis Apollinem praecepisse ut se-
ptuagesimum ac terlium annam caveret, Qai si post hoc responsum
oblitus Galbae stultissima Aducia egit, et post Vindicis defectum
(cam in itinere annotasset inscalptum monumento militem gallam ab
equite romano oppressum trahi erinibus) ad eam speciem exiluit gau-
dio caelumque adoravit (Sueton. Ner. 41), facile intelligitur quomodo
Maternus potissimum in Nerone adversus- varias superstitiones .de-
bacchari potuerit. Denique praeter prodigia passim commemorata
quande adoptatus est Nero teste Zonara 11, 10 T. 2. 469: xale-
σϑαι ὁ οὐρανὸς τὴν ἡμέραν ἐκείνην Böofev, item cum regnuin ca- .
pesseret; praeter claudianum cometam a Dione 60, 85 T.3. 798
commemoratur ἡ ψεκὰς ἡ αἱματώδης ὅ τὸ σκηπτὸς ὁ ἐς τὰ δορυ-
φορικἃ σημεῖα ἐμπεσὼν coll, Tacito Ann. 12, 64. Suetonio Cland. 46,
et ἃ, U.816 apud Tacitum Ann. 15, 22 gymnasium ictu falminis
conflagravit effigiesque in eo Neronis ad informe aes liquefacta’,
Bectissime autem communi vaticini vocabulo usus est ad species
superatitionis diversissimas deyignandas, cuius generis et omnia ora-
cula erant et psychomantıa sortesge praenestinae fortunae antia-
tinae mulieres cattae druidae metoposcopi (Sueton. Tit. 2) atque
adeo honestae virginis vaticinatio (Sueton. Galb. 9) praeter haruspi-
ces magos chaldaeos mathematicos astrologos genethlialogos aliosque
alogos et γόητας; nam omne vaticinium et expetebatur ab impru-
dentibus rerumque novarum cupidis et suspectum erat dominantibus,
a quibus ut monitum est vel ὅ τρίβων ἐς δικαστήριον ἤχϑη ὡς
μαντικῆς σχῆμα. et relegati synt philosopbi ὡς μαντικὴν συ-
σκιάξοντες. Certe πεϑοῖο 4πὸ aptiore vocabulo Maternus (de cuius
dictione solus Taciti Dialogus testis est) varia divinationis tempe-
ramenta complecti potuerit: nam Caecilium Aemilianum οἷς καὶ τῷ
Ἡρακλεῖ τῷ ἐν τοῖς Γαδείροις χρησάμενον ἀπέκτεινεν Caracalla
teste Dione 77, 20 T. 4. 692, et ut alia mittam sub ΟἸαυαάΐο cri-
mini dabatur: interrogatum Apollinis clarii simulacrum, ut Tacitus
Ann. 12, 22 refert, quemadmodum Vespasianum apud eundem Hist.
2, 78 responsa vatum et siderum motus ad imperium vocabant. Op-
ponitur quidem apud. Dion. 52, 36 T.3. 150: ἡ μαντικὴ τῇ μα-
γευτικῇ in Maecenatis sermone, sed ab eodem 55, 12. 366 Tibe-
rius vocatur ἐμπειρότατος τῆς διὰ τῶν ἄστρων μαντικῆς et 57,
15, 548 μαντείᾳ τινὶ καϑ᾿ ἑκάστην ἡμέραν χρώμενος. idemque
ibid. commemorat τούς τε ἀστρολύγους καὶ τοὺς γόητας εἴτε «τινὰ
ἕτερον καὶ ὁποιονοῦν. τρόπον ἐμαντεύετό' τίς. Jam si patet: istas
pestes etiam doctrinae quandam speciem prae se tulisse (quid enim
aliad astrologiae et genethlialogiae nomina iactant?)) et hoc artificio
veram sapientiam adulterasse; perspicere mihi videor quomodo in
Domitio Nerone praetexta (quae ut nomen docet argumentum e fla-
gitioso Nerunis principatu *) traxit) improbam et stadioram quoque
*) Plus affırmare periculosum est, nam perpetua Neronis immanitas
plarimis tragoediis sufficiebat. Suetonio teste Ner. 56 religionam usque-
588 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus.
sacra profanantem vaticinii potentiam fractam esse” a se gloriari
potuerit Maternus. -Nam et odiam principis vatinianum adversus
praestantissimum quemque reliquamgque eiusdem saevitiam probabiliter
e praeceptis mathematicorum et ex vanitate exitiabilibusque artibus
istorum sceleratorum derivavimus, et sordes illins δοκησισόφου sa-
pientiae adhac per totam mediam aetatem stadiorum sacra pro-
fanabant et foedabant. Cur igitur singillatim commemoro teste Pro-
culo ad Tim. 4. 285 F eresinm Theophrastum ϑαυμασιωτάτην iu- '
dicasse τὴν τῶν Χαλδαίων περὶ (τὰ ἄστρα) θεωρίαν.» va re ἄλλα
προλόέγουσαν καὶ τοὺς βίους ἑκάστων καὶ τοὺς ϑανάτους᾽ --- —
πάντα γοῦν αὐτοὺς καὶ τὰ ἴδια καὶ τὰ κοινὰ προγινώσεειν ἀπὸ
τῶν οὐρανίων φησίν ὃ quid Ciceronem de Divin. 1, 1, 2 quo-teste
chaldaei diuturna observatione siderum seientiam putantur eflecisse,
ut praedici posset quid cuique eventurum et quo quisque fato natas
esset’? quid denique ipsum Tacitum qui Ann. 4, 58 breve ton-
finium artis et falsi iactat et 6, 20 de scientia chaklaeorum artis
loguitur *)? nam Cicero quidem de Divin. pr. μαντικὴν interpretater
praesensionem et scientiam rerum faturarum,
- 8. Expedito Materno **) potissimos Octaviae locos considera-
bimus, 6 quibus liquet hanc tragoediam L. Annaeo Senecae nullis
‚guague contemtor (instar Tiberii apud eundem 59) addictissimus erat
‘Nero mathematicis aliisque id genus vatibus atque prodigia ostentaque
supra modum expavit; suspicor igitur maxime id egisse tragicum ut osten-
deret quomodo hanc superstitionem pro perversitate indolis suae in per-
niciem civium verterit princeps, atque ex historia neroniana comprobaret
exemplis saevitiae imperatoriae et calamitatum domesticarum nihil plus re-
bus romanis nocuisse quam nationem illam deterrimam. — Ceterum com-
pareban etiam locum Suetonii Vit. 11, qui de hoc Neronis sectatore scri-
it “eitharoedum admonnit, ut aliquid et de Domitio diceret, inchoantique
neroniana cautica primus exultans etiam plausit’, sic enim valgo legitur:
sed in recentioribus editionibus e melioribus libris receptum est de domi-
nico, et dominicum interpretantur collectionem canticorum neronianorum;
giod non intelligo quibus rationibus conseguantur. In tali aliquo carmine
omitius Nero teste Plinio H. nat. 37, 13, 3 capillos Poppaeae succina
appellaverat, quod novum exemplum est adversus Ritteri de nominibus
'Nerönis disputationem. ον
ν᾿ Vid. maxime Ann. 6, 22 totum.
ἘΞ) Pro subtilitate sua Ritter praef. XXVIIT. sqq. suspicabatur Do-
mitiano principe recitatam esse Octaviam a Materno, atque huc retulit
testimonium Xiphilini 67, 12 T. 4. 276 de Domitiano Maregvov δὲ τὸν
σοφιστὴν ὅτι κατὰ τυράννων εἶπέ τι ἀσκῶν ἀπέκτεινεν, ut conliceret
superstitem praetextam supplicii causam extitisse. Sed de declama-
tione cogitandum esse color loci abunde probat, nec facile σοφιστὴν
appellasset tragoediae scriptorem; nec si in Faeiti dialogo a labore forensi
abhorrere et totus tragoediis componendis vacare videtar Maternus, id
documento esse potest postea quoque arten et exercitationem spretam
fnisse ab eodem. Sententiam autem me iudice extra dubitationem ponit
alter Dionis locus 59, 20 T. 3. 690 de Carinate Secundo rhetore quem
Cajus relegavit ὅτι λόγον τινὰ ἐν γυμνασίᾳ κατὰ τυράννων εἶπεν. Acute
tamen monuit Neronis cum Octavia divortium nuptiasque cum pellice ap-
plicari potuisse ad nefarium Domitiani cum Titi: fratris filia commercium
Scripsit Fr. Vater. 589
argutiis tribui posse. Ignoramus quidem quibus rationibas J. G. C.
Klotzsch Viteb. 1804 in Prolusione de Octavia L. Annaei Senecae
sustentaverit opinionen dudum explosam; iuvat tamen affırmasse ne-
que Klotzschiam consecutum esse, neque alium quenquam consequi
posse quod historia rerumque gestarum ordo redarguunt. Visum
autem est 8 loco Phüostrati exordiam capere V. Apoll. 5, 10. 89
Kays. ubi narratur (quo tempore in Graccia cantabat Nero et lulius
Vindex in Gallia defectum parabat) Gadibus cum praefecto Baeticae
familiares et secretos sermones instituisse Apollonins ille. Nescio
an alii quaesiverint quis extrema Neronis aetate Baeticae praefeetus
fuerit, sed portentosa est Kayseri annotatio -et quadruplici errore
vitiosa p.188: “quis fuerit tum temporis praeses Baeticae ex Tac.
H.1, 9 (sic) et 2, 56 (sic) apparet; Cluvius quidam’! At nonne
plane incredibile est editorem Vitae Apollonii oblitum esse ipsum
Serv. Sulpiciom Galbam usque ad caedem Neronis-(quam Cluniae
ut videtur comperit teste Pintarcho V. Galb. 6. 1055 E) praefuisse
Hispaniae tarraconensi? Deinde scire debebat M. Cluvium Rufum
qui post Galbam hanc provinciam rexit in graeco itinere et comitem
et praecouem fuisse Neroni, id est ipso eo tempore quo Gadibus
versabatur Apollonius. Tertio temere confudit ulteriorem Hispaniam
siıve Baeticam cum citeriore Hispania: Baeticam autem neque Galba
neque Cluvios unquam administraverat. Denique facili opera .6
Tacito aliisque illorum temporum scriptoribus doceri poterat, quem
Baeticae praefectum a Philostrato significari probabile esset. Sed
iuvabat haec uberius persequi. Cluvio igitur nostro inter maioreg
fuisse videtur C. Cluvius senator quem victo Antonio in pumerum
consularium retulit Octavianus Caesar teste Dione 52, 42 T.3. 160
ἕς ya τοὺς ὑπατευκότας δύο ἄνδρας ἐκ τῶν βουλευόνετων Kiovoviov
τέ τινα καὶ Φούρνιον Γαΐους ἐγκατέλεξεν, ὅτι προαποδεδειγμένοι
οὐκ ἠδυνήϑησαν ἄλλων τινῶν τὸς ἀρχὰς αὐτῶν προκαταλαβόντων
ὑπατεῦσαι.» quare merito suspicantur non diversum esse „Aoyxsov
Kiovoviov quem Antonius ποιήσας Te ἅμα ὕπατον καὶ παύσας
(συνῆν γὰρ αὐτῷ) ἐπὶ τῷ τοῦ Καίσαρος πολέμῳ ὥρμησεν. apud
Dionem 49, 44 T. 2. 758, πες dubitandum quin Cicero hunc (C.)
Cliuvium puteolanum familiarem suum vocaverit Epist. 18, 66, ad
quem sibi adhuc coniunctum et C. Iulio Caesari ipse scripsit Epist.
13, 7. Noster autem M. Cluvins Rufus Consul snff. comparet a. U.
799 a.:Kal. iul. cam Pompeio Silvano et inter scriptores historiae
meronianae commemoratar a Tacito Ann. 18, 20. 14, 2 Plutarcho
Oth. 8. 1067, quanquam Plinius Epist.9, 19 non plane eius libro
repudiatea legitima coniuge Domitia; addique poterat Suetonio teste 10 a
Domitiano oceisum esse Helvidium filium “quasi scenico exodio sub per-
sona Paridis-et Oenonae divortium suum cum uxore tazasset’. Maximae
autem offensioni esse debuit iracundo principi quod Claudii cum Agrippina
illi citus amer incestaeque nuptiae in Octavia 140 acerbissime castigaren-
tur: ‘genitumque fratre coniugem captus sibi toris nefandis flebili iunxit
face’. Tam facile est vanam coniecturam exornare!
590 - Miscellancerum criticorum fasciculus quintus.
esnfdere videtur. Sub Nerone inter cohortem amicorum principis
receptus est, quod cum e frustulis hietoriarum cluvianarum colligi-
mus tam ex eo quod post L. Iunium Gallionem (Bio 61, 20 T.4. 42)
mumnere praeconis in Neronis certaminibus functus est, velut apud
Suetonium Ner, 21 princeps ‘per Cluvium Rufum consularem pro-
nuntiavit Nioben se cantaturum’, et Dione teste 63, 14 T. 4. 120:
4γωνίσατο δὲ ἐν πάσῃ ὁμοίως (Grasciae) πόλει ἀγῶνα ἐχούσῃ.
κήρυκι πρὸς πάντα τὰ κηρύξεως δεόμενα Κλουβίῳ Ῥούφῳ ἀνδρὶ
ὑπατευκότι χρησάμενος: denique Helvidius apud Tacitum Hist. 4, 48
ἃ laude Cluvii Rufi orsus, qui perinde dives et eloquentia clarus
nulli anquam sub Nerone periculüm facessisset” auctor' est hominem
in aula praepotentem fuisse; atque sub Vitellio Neronis sectatore e
provincia Hispania arcessitus comitatui principis teste Tacito Bist.
2, 65 adiectus, atqaue in ultimo Vitellii et'Flavii $abini congressu
(ibid. 8.,. 65) cam solo Silio Italico testis adhibitus est. Nerone
defuncto sine dubio ἃ Galba Hispaniae citeriori praeposifus est;
nam a. U. 822 pr. paullo ante Othonis defectum Hispaniae praeerat
Cluvras Rufas teste Taeito Hist. 1, 8, vir facundus et pacis artibus,
beilis inexpertus’. Rerum potito Othone ex- Hispania allatum est
iurasse in eum milites, laudatüsque per edictum Cluvitıs Rufus, nt
scribit Tacitus Hist. 1, 76; 'atque huc spectat Plutarchus V. Oth. 8.
1067: Κλούβιος *) δὲ Ῥοῦφος εἰς ’Ißnolav φησὶ κομιόϑῆναι διπλώ-
ματα οἷς ἐκπέμπουσι τοὺς γραμματηφόρους, τὸ τοῦ Νέρωνος ϑε-
τὸν Ovoua προσγεγραμμένον ἔχοντα τῷ τοῦ ᾿Ὄϑωνος: “et statim
cognitum est conversam ad Vitellium Hispaniam?” ut apud Tacitam
additurr. Cum Luceius Albinus a Nerone Mauretaniae caesariensi
praepositus, addita per Galbam tingitanae provinciae administratione,
caeso Galba etiam Hispaniae immineret in Othonem pronus; Clu-
vius Rufus Tacito teste Hist. 2, 58 decimam legionem propingnare
Hittori ut transmissurus iassit, praemissis centurionibus qui Maurorum
animes Vitellio conciliarent: quo effectum est ut Albinus cum fidis-
"simo Quogae ἃ suis frueidaretar. Nihilominus ab Hilario Vitellti
liberto delatam est, tanquam M, Cluvins Rufus audito Vitellii et Otho-
his prineipatu propriam' ipse potentiart et possessionert Hispaniarım
tentasset eoque diplomatibus nullum principem praescripsisset, ut ait
idem "Tacitns Hist.2, 65; quare omissa Hispania Caesarem iam a Lug-
dano digressum assecutus Cluvius se ita defendit, ut eius auctoritas
praevaleret libertumque puniri ultro iuberet Vitellias. Deinde ut iam mo-
hitum est comitatui principis adiectus negue motu neque ademta Hispa-
nia quam rexit absens. Etiam testem afluisse pactorum inter Sabinum
et Vitellium supra relatum est: sed a. U. 824. Primo Antonio osten-
tabatur eittrier Hiepania “discessu Chuvii- vacaa’ ut rursis Taeitus
’.%* Sic nuper demum eorrexit Döhner in editione Piutarchi didot. inben-
tibus Lipsio ad Taeiti Ann. 18, 20 et Reimaro ad Dionem 63, 14 T.6. 488:
vulgo corrupte Κλαύδιος. Praeter reliqua hic locus docet scriptorem et
consularem eundem esse. ΄
Scripsit Fr. Vater. 591
Hist. 4, 39 docet; unde colligimus Mucianum prohibuisse quomimug
aut rediret Clavius in provinciam aut ahsens regeret. — Reiecto
igitur Cluvio dispiciendam est quis videatur fuisse ὁ τῆς Βαιτικῆς
ἐπιτροπεύων apud Philostratum; qua in re adiuvamur scriptoris prae-»
‘ conio quo iudice χρῃστός τὸ εἶναι ἐλέγετο καὶ διαβεβλημένος πρὸς
τοὺς Νέρωνος μίμους, quique affırmat Apollonium sua auctoritate
ξυντάξαι τῷ Βίνδικε ὅμορον ἄρχοντα. Scribit Dio 60, 24 T.3.772
Umbonium Silionem ἄρχοντα Βαιτικῆς a Claudio imperatore revo-
-catum. et senatu motum esse ὅτι τισὶ τῶν ἀπελευϑέρων προσέ-
xgovse: unde patet hunc alienum esse, licet condicio similis fuerit,
Sed disceptandum est inter Allienum Caecinam et Othonem 'atque
ipsum Galbam. Primus se offert Caecina Galbae iam principis pro-
ditor, victor Othonis, primum legatus Vitellii tum desertor: de.quo
Tacitus Hist. 1, 53 “in superiore Germania Caecina decora iuventa
corpore ingens animi immodicus scito sermone erecto incessu atudia
militum (pro Vitellio) illexerat. Hunc iuvenem Galba quaesiprem in
Baetica impigre in partes suas transgressum legioni praeposuit, το χ
compertum poblicam pecuniam avertisse ut peculatorem flagitari
iussit”. Auctorque est Dio 66, 15 T. 4. 230 de Vespasiano μονο-
μοαχίαις. ἀνδρῶν οὐ πάνυ ze ἔχαιρε.» καίτοι τοῦ Τίτου ἐν ταῖς τῶν
ψεανίσχων παιδιαῖς σκιαμαχήσαντός ποτε πρὸς τὸν ᾿ἀλμηνὸν ὅπλοιξρ,
ex quo adolescentulorum commercio coniicere licet Caecinam quoque
in comitatu Britannici (quemadmodum Titum Sueton. Tit. 2) vixisse
et propter veterem banc familiaritatem suspectam fuisse Neroni eius-
que sodalibus, de quibus Philostratus. Praetermitto victos ab Alliena
Caecina eiusque collega Fabio Valente Othonianos; pro quibus me-
ritis ut Vitellins “Valenti et Caecinae vacuos honoris menses aperi-
ret, coartati aliorum consulatus? teste Tacito Hist. 2, 71. Deinde
in ipso consulatu missus est Caecina contra Antonium Primum, al-
latoque nuntio descivisse et ab exercitu vinctum esse, in senatu ab-
sens damnatus est Caecina “qnod consul remp., dux imperatorem,
tantis opibus tot honoribus cumulatus amicum prodisset? ibid.3, 87:
sed vinculis exsolvit secunda fortuna flavianarum partium, adeo ut
a Vitellianis deprecator causae suae destinaretur. Nam ut cum Dione
loquar 65, 14 T. 4. 190: ἔλυσαν τὸν ὕπατον καὶ αὐτὸμ τῇ τε
ἐσϑῆτι τῇ ἀρχικῇ καὶ ταῖς ῥάβδοις κοσμήσαντες ἔπομψαν ἀνϑ᾽
ἱκετηρίας καὶ ἔτυχον τῶν σπονδῶν" ὁ γὰρ ᾿Δλλιηνὸς διὰ τὸ ἀξίωμα
καὶ διὰ τὴν ξυμφορὰν ἔπεισε ῥῳδίως τὸν Πρῖμον. τὸν ὁμολογίαν
σφῶν δέξασϑαι: Tacito autem teste Hist. 8, 81 *ubi Checina prae-
texta lictoribusque insignis dimota turba consul inceseit, exarsere vi-
ctores, superbiam saevitiamque (adea invisa scelera sant) etiam per-
fidiam obiectabant ; obstitit Antonius datisque defensoribus ad Vespa-
sianum dimisit’. De supplicio eius Dio 66, 16. 232 de Vespasiano
κἂν τούτῳ ἐπεβουλεύϑη μὲν ὑπό τε τοῦ ᾿Αλλιηνοῦ καὶ ὑπὸ τοῦ
Μαρκέλλου, καίπερ φίλους τε αὐτοὺς ἐν τοῖς μάλιστα νομίζων
καὶ πάσῃ εἰς αὐτοὺς ἀφϑονωτάτῃ τῇ τιμῇ χρώμενος" οὐ μὴν καὶ
ὑπ᾿ ἐκείνων ἀπέθανε, φωραϑέντες γὰρ ᾿Αλλιηνὸς μὲν αὐτοῦ ἐν
592 Miscellaneorum criticorum fasciculus guintus. |
τῷ βασιλείῳ ἐξαναστὰς ἐκ τοῦ συσσιτίου εὐθὺς ἀπεσφάγη τοῦ
Τίτου κελεύσαντος. μὴ καὶ φϑάσῃ τε νεοχμῶσαι (τῶν γὰρ στρα-
τιωτῶν συχνοὺς προπαρεσκεύαστο), Magxeilog δὲ δὴ κριϑεὶς ἐν
τῷ συνεδρίῳ καὶ καταδικασϑεὶς ἀπέτεμε τὸν λαιμὸν αὐτὸς ξαυτῷ
ξυρῶ. οὕτω που τοὺς φύσει κακοὺς οὐδὲ αἴ εὐεργεσίαι νικῶσιν:
ὁπότε κἀκεῖνοι τῷ τοσαῦτα εὐεργετηκότι σφᾶς ἐπεβούλευσαν. Μὶ-
tins tamen Suetonias Tit.6 “A. Caeeinam consularem virum vocatum
ad coenam ac vixdum triclinio egressam confodi iussit, sane urgente
discrimine cum etiam chirographum eius praeparatae apud milites
contionis deprehendisget’; teste autem Aur. Victore Epit. 10. “Cae-
cinam consularem adhibitum coenae vixdam triclinio egressum ob
suspicionem stupratae Berenices uxoris suae ingulari iussit’. Quae-
ritur an talis vir χρηστὸς εἶναι videri potuerit, cum praeter allata
testimonia Tacitus Hist. 1, 52 de profusa eius cupidine et insigni
temeritate loquatur , turbidumgque eius ingenium ibid. 67 notet; quem-
admodum Plutarchus quogne V. Oth. 6. 1069 scribit Καικένας μὲν
οὔτε φωνὴν ἦν οὔτε σχῆμα δημοτικός» ἀλλ᾽ ἐπαχϑὴς καὶ dAloxo-
τὸς σώματος μεγάλου γαλατικῶς ἀναξυρίσι καὶ χειρίσιν ἐνεσκενα-
σμένου σημείοις καὶ ἄρχουσι δωμαϊκοῖς διαλεγόμονος᾽ καὶ τὴν γυ-
ναῖκα (Saloninam Tacit. Hist. 2, 20) παρέπεμπον αὐτῷ λογάδην
ἱππεῖς ὀχουμένην ἵππῳ» κεκοσμημένην ἐπιφανῶς. Putabimusne
eiasmodi ducem Apollonii sermpnes expetivisse atque aspernanti tu-
mentique sponte obviam factum esse, ἀφελόντα τὸν τῆς ἀρχῆς
ὄγκον ut est apud Philostratum ὃ Sed licet hoc superstitio effecerit
addaturgue reliquis Apollonii miraculis, Caecina neque Vindici ac-
cessit sed Galbae, neque ὅμορος Galliis ἄρχων commode dici potait
longo terrarum tractn a Vindice seiunctus; praeterea ille quaestor
fuisse dicitur quo tempore ad Galbam tranziit, vulgoque Baetica
praetorio parebat, qua de re postea dicetur. Itidem sunt quae
Othonem et commendent et redarguere videantur. Post nuptias Pop-
paeae Sabinae iactari potuit διαβεβλημένος πρὸς τοὺς Νέρωνος μί:-
μους: Tacito enim teste Ann. 18, 46 “diritur famikaritate sueta,
post congressu et comilatu (Neronis) Otho, et postremo ne in Urbe
aemulatus ageret provinciae Lusitaniae praeficitur, ubi nsque ad
civilia arma non ex priore infamia sed integre sancteque egüt procax
otii et potestatis temperantior’; vel ut Suetonius Oth. 3 scribit *di-
ducto matrimonio sepositus est per causam legationis in Lusitaniam;
id satis visum ne poena acrior mimum omnem divulgaret, qui tamen
sic quogue hoc disticho enotuit
car Otho mentito sit quaeritis exul homore:
uxoris moechus coeperat esse suae.
Provinciam administravit quaestorius per decem aunos, moderatione
et abstinentia singuları’. PlutarchusV. Galb. 30. 1061 auctor est Sene-
cam caedem eius avertisse, quo suadente ἐξεπέμῳφϑη “υσιτανῶν στρα-
τηγὸς ἐπὶ τὸν ὠκεανόν. καὶ παρέσχεν ἑαυτὸν οὐκ ἄχαριν οὐδ᾽
ἐπαχϑῇ τοῖς ὑπηκόοις εἰδὼς φυγῆς ὑποκόρισμα καὶ
παρακαάλυμμα τὴν ἀρχὴν αὐτῷ δεδομένην. Quare de ultione
Scripsit Fr. Vater. | 593
recte lognitar Suetonius Ομ. 4: ‘ut tandem ultionis occasio data
est, ‘conatibus Galbae primus accessit’, vel ut Plutarchus |]. ]. ἀπο-
στάντος δὲ Γάλβα πρῶτος αὐτῷ προσεχώρησε τῶν ἡγεμόνων, et
Tacitus Hist. 1, 13: “in provinciam Lusitaniam specie legationis se-
posuit (Nero). Otho comiter administrata provincia, .primus in
partes transgressus nec segnis”. Habemus igitur hominem qualem
Philostratus requirit, qui χρηστὸς εἶναι ἐλέγετο. neque vero Baelicae
sed Lusitaniae praefectus erat. Quanquam eidem Othoni teste Ta-
cito Hist. 1, 22 astrelogus Ptolemaeus “in Hispania comes’ erat;
atque apud Dionem 87, 52 T.1. 352: Καῖσαρ τῆς “υσιτανίας
μετὰ τὴν στρατηγίαν ἦρξε ἢ)» de quo Suetonius Caes. 18 ex prae-
tura sortitus est uiteriorem Hispaniam, Plutarchus V. Caes. 11. 712:
ἀπὸ τῆς στρανηγίας τῶν ἐπαρχιῶν τὴν Ἰβηρίαν λαβῶν. collato
Auctore de B. hispan. 42, 2 etc. Non eontendam Othonem toti
Hispaniae ulteriori praefuisse **) (quae teste Plinio H. nat. 3, 2 in
duas provincias dividitur Baeticam et-Lusitaniam, amne Ana discre-
tas); sed non incredibile est Philostratum arbitrum Lusitaniae negli-
genter -Baeticae praefectum vocasse, quia utraque provincia olim
coniuncta fuerat. Ceterum iam Augustus qui primus novaın divisio-
nem provinciarum instituit, teste Suetonio Aug. 47: “nonnullas com-
mutavit interdum’; quare non in eo haerendum quod Lusitaniae
quaestorius praepositus est Otho, et fortasse Baetica quoque tune
quaestori Caecinae paruit ***); nam nisi hoc statuatur credi possit
*) Interpretes T.5. 164 putant parum accurate locutum esse; sed
alia ratio erat C. Iulii Caesaris aetate, neque probabile ante huius prae-
turam duas ulterioris Hispaniae provincias fuisse.. Plane eodem modo
post consulatum Gallias impetravit Caesar, quarum comatam ipse primus
pacavit, Pompeiusque utrique Hispaniae praeerat.
**) De divisione et rectoribus Hispaniae vid. Lipsius ad Taciti Hist.
1, 13. Octaviano principe ut auctor est Dio 53, 12 T.3. 188: ἐνομίσϑη
— — Βαιτικὴ τοῦ re δήμου καὶ τῆς γερουσίας εἶναι, τοῦ δὲ δὴ Καίσα-
οος ἡ λοιπὴ Ἰβηρέα ἤ τε περὶ Ταῤῥάκωνα καὶ ἡ Λυαιτανέα. Strabo
17. 1198 A inter provincias senatorias δέκα στρατηγίας commemorat, qu&-
rum primam τῇ» ἐκτὸς Ἰβηρίαν λεγομένην ὅση ἐπὶ τὸν Βαίτην ποταμόν,
et 3. 253 A νυνὶ δὲ τῶν ἐπαρχιῶν --- ἡ μὲν Βαιτικὴ πρόσκειται τῷ δήμῳ
καὶ πέμπεται στρατηγὸς ἐπ᾽ αὐτὴν ἔχων ταμίαν τε καὶ πρεσβευτήν,
-- — — ἡ δὲ λοιπὴ Καίσαρός ἐστι, πέμπονται δ᾽ ἀπ᾽ αὐτοῦ δύο πρεσ-
βευταὶ στρατηγικός τε καὶ ὑπατικός" ὁ μὲν στρατηγιπὸς ἔχων σὺν
αὑτῷ πρεσβευτὴν δικαιοδοτήσων Λυσιτανοὶς τοῖς παρακειμένοις τῇ
Βαιτικῇ — — καλοῦσι γὰρ τὴν χώραν ταύτην ἰδίως οὕτως ἐν
τῷ παρόντι κτλ.
*%*) Non negabo Caecinam sub praetorio cogitari si forte alius Bae-
ticae praefectus circa motum Galbae ostendatur, quemadmodum Caesar
iam ante praeturam in Hispania ulteriore teste Suetonio 7 “mandatu prab-
toris iare dieendo conventus (de quibus Plinius H. nat. 3, 3) circumivit
Gadesque pervenit’: sed non semper eadem ratio obtinuit. Strabo 3. 253 A
de ipsa Hispania τὸ μὲν αὐτῆς μέρος εἶπον τὴν ἐκτὸς (Romeni), τὸ δὲ
ἕτερον τὴν ἐντός, ἄλλοτε δ᾽ ἄλλως διαιροῦσι πρὸς τοῦς και-
ροὺς πολιτευόμενοι. Idem 17. 1197 Ο εἰς μὲν τὰς Καίσαρος ἡγε-
μονέας καὶ διοικητὰς Καῖσαρ πέμπει διαιρῶν ἄλλοτε ἄλλως τὰς
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX, Hft.A, 38
594 Miscellaneorum eriticorum fasciculus quintus,
Othonis quaestor in Baetica fuisse Caecina et simul cam Otkone ad
Galbam defecisse. Sed quidquid est ne Otho quidem ὅμορος erat
Vindici aut unquam ad Vindicem transiit, οὐ conatus. statim a
legionibus germanicianis retusi sunt; neque <renibile est plane prae-
termissum esse a scriptore Galbam, cuius commercium cum Viadice
ei non pofuit ignotum esse. Igitur eo inclino, ut Baeticam cum
tarraconensi provincia confusam esse stateam, nisi forte tunc
quaestor Baeticae subiectus erat Galbae. Ipse autem Gelba si levem
bunc errorem ignoveris unus aptissimus est; teste enim Tacito Hist.
1, 49: “proconsul Africam moderate, iam senior Hispaniam citerio-
rem pari iustilia continuit’; denique severitate in coercendiz delictis
offenderat amicos Neronis: nam ut cum Suetonio loquar Galb. 9:
‘paullatim in desidiam segnitiemque conversus est ne quid materiae
praeberet Neroni et ut dicere solebat quod neme rafionem otil swi
reddere cogeretur’. Sed demus vanitati scripteris quod Apollonium
saum rebus gestis intexuit; nam ut Suetonmus pergit “Carthagine
nova conventum agens (de septem conventibus citerioris Hispaniae
vid. Plinius Hist. nat. 3, 4) tumultuari comperit Gallas, legato Agui-
taniae anxilia implorante, supervenerunt et Vindicis litterae hortantis
ut humano generi assertorem ducemque se accommodaret’. Clemen-
tiam vero in regenda Hispanja testatur etiam Plutarchus V. Galb.
“ 4, 1054. ε
9. Quodsi Apollonius teste Philostrato Vindicis motum προγε-
γνώσκων cum Hispaniae praeside conspirabat, num credibile est Se-
necam quoque praevidisse fore ut propter Julü Vindieis conatus
Nero destitneretur? Facilius crederem a fonte relatum Ammonis,
quoniam Delphis oracula cessabant. Sed Vindicem aperte tangit Octa-
viae locus ab interpretibus neglectus, eoque luculentissime demon-
strat scriptam esse fabulam post Neronis fata. Ubi enim Agrippina
χώρας καὶ πρὸς τοὺς καιροὺς πολιτευόμενος, εἰς δὲ τὰς δημοσίας ὁ δὴ-
μος στρατηγοὺς ἢ ὑπατικούς" καὶ αὗται δὲ εἰς μερισμοὺς ἄγονται δια-
φύρους ἐπειδὰν κελεύῃ τὸ συμφέρον, quae de universis ἀϊοία sunt.
Dio 53, 12 T.3. 190: ὕστερον τὴν μὲν Κύπρον καὶ τὴν Γαλατίαν τὴν
περὶ Νάρβωνα τῷ δήμῳ ἀπέδωκεν, αὐτὸρ δὲ τὴν Δαλματίαν ἀντέλαβε"
καὶ τοῦτο μὲν καὶ ἐπ᾿ ἄλλων ἐθνῶν μετὰ ταῦτα ἐπράχθη κτέ.
Sub Tiberio apad Tacit. Ann. 4, 13 commemoratur ‘Vibius Serenus pro-
consul ulterioris Hispaniae’, quemadmodum ipse Caesar proconsule agit
in sadem provincia apud Sueton. Caes. 54 cum interpr. idemque scriptor
Aug. 47 de provinciis senatoriis “proconsulibus sortito permisit’”. Sub
Caracalla quoque Dio 77, 20 T. 4. 690 Caecilium Aemilianum τὸν τῆς
Βαιτικῆς ἄρξαντα habet, et ut idem 53, 12 T.3. 190 scribit νῦν» zweis
ἕκαστον αὐτῶν (τῶν ἐθνῶν) ἡγεμονεύεται- ἐπεὶ τό γε ἀρχαῖον καὶ ἐπὶ
πολὺ καὶ σύνδυο καὶ σύντρια τὰ ἔϑνη ἅμα ἤρχετο. --- Ceterum iam Μ.
Tullius Cicero Epist. 2, 16 discessurus provinciae praeposuit quaestorem,
quod affırmat se omnium fere exemplo fecisse; ac si qui absentes provincias
regebant, velut Pompeius M. Cluvius L. Arruntius patet arbitrium apnd
inferiores fuisse. Cn. Piso quoque (guem Catilina cum exerecitu ad ob-
tinendas duas Hispanias missurus erat, Sallust. Cat. 18) postea ab ipso
senatu in citeriorem Hispaniam guaestor pro praetore missus δαὶ, ibid. 19.
Seripsit Fr, Vater. 505
post divortiam Octaviae prodiit ab inferis redux, novis filii nuptiis
' cum Poppaea initis facem stygiam praelatura, inter diras matris
haee verba leguntur vs. 594: '
nubet his flammis meo
Poppaea nato iuncta, quas vindex manus ,
dolorque matris vertet ad tristes rogos.
Neque ehim dubito quin omnes Vindicis admoniti mecum affırment,
non temere usum esse poelam vocabulo quod aptum quidem etiam
sine alia notione est, sed tum demum plenam significationem con-
sequitur ubi resciveris potissimum, Vindicis defectu Neronem prin-
cipatu exutum esse, Sic cum Nero oppressa Pisonis coniuratione
pugionem quo- petitus fnerat ϑείᾳ μοέρᾳ IOVI VINDICI dedicaret,
Tacito teste Ann. 15, 74: “in praesens haud animadversum, post
arma Juli Vindicis ad anspicium et praesagium futurae ultionis trahe-
batur’. Ac ludebatur quoque isto nomine Romae a petulantioribus
civibus, siquidem secundum Suetonium Ner. 45: ‘ascriptum et co-
lumnis iam gallos eum: cantando excitasse; iam noctibus iurgia cum
servis plerique simulantes crebro vindicem poscebant”. Neque enim
mihi persuadebitur fortuitum vocabulum excidisse tragico, nec alter
locus quo Octaviae nutrix *) dominam consolatura vs. 254: suspicatur
“forsitan vindex deus existet aliquis, laetus et veniet dies’ a Jusu
in Vindieis nomine abhorret; quid enim ad nos quod Vindex neque
Poppaeae quidquam detraxit neo condicionem Octaviae mutavit, utra-
. 486 aliqnot annis ante eius coninrationem extinctis? Satis enim est
ambiguo vocabulo ab Agrippina ultionis tempus, ab Octaviae fanmnla
laetiorem reip. statum qui Vindicis motu adductus est **) tactum esse.
*) Nomen fidae famulae in tragoedia non proditur, credibile tamen
est ab ea colorem duxisse po&tam quae in summo diserimine fidem prae-
stitit dominae. Nam cum servus Eucerus ἱ, e. Evxegmg a Poppaea Octa-
yiae adulter subornaretur, Tacito teste Ann. 14, 60: “actae ob id de an-
cillis quaestiones et vi tormentorum victis quibusdam ut falsa annuerent,
plures perstitere sänctitatem döminae tueri; ex quibus ung instanti Ti-
gellino castiora esse muliebria Octavige respondit quam os eiue. Die
Cass. 62, 13 T.4. 70: μόνη ἡ Πυϑιὰς οὔτε τι κατεψεύσατο αὐτῆς
καίπερ πικρότατα βασανισϑεῖσα, καὶ τέλος ὡς ὁ Τιγελλῖνος ἐνέκειτο αὐτῇ,
προσέπτυσέ τε αὐτῷ καὶ εἶπϑ “καϑαρατερον, ὦ Τιγελλῖνε, τὸ αἰδοῖον ἡ
δέσποινά μου τοῦ σοῦ στόματος ἔχει. Nam sive sola Pythias in fide
mansit sive ut Tacito placuit fidelissima fidelium fuit, praecipue hanc de-
cebat tragicum Octaviae comiteni facere nisi oocubuerat; quare puto
Pythiadem fuisse nutricem Octaviae. Neque enim causa erat cur potis-
simum nuirix cum domina prodiret, nisi ipsa illa Pythias erat, Postea
alius adulter repertus est Anieetus, qui teste Suetonio Ner. 85 dolo stu-
pratam a se Octaviam inepte fatebatur.
ἘΔ) Eum demem imperium Vespasiani attalit, ut @. Curtius Rufus
me iudice affirmat 10, 9, 3 “proinde iure meritoque populus romanus 88"
lutem se principi suo debere profitetur, qui noctis quam paene supremam
habanimus novum aidus illaxit. Huius hercule, nor solie ortus lucem ca-
liganti reddidit mundo, cum sine suo capite discordia membra trepidarent?.
Apertissime enim respicitur ad pugnam cremonensem, in qua post noctem
ancipitem teste Taeito Hist. 3, 24: “orientem solem (ita in Syria mos est)
38*
ὝἜἼ
596 . Miscellaneorum triticornm fascieulus quintus.
Speciosjus obieceris ne Vindicem quidem rein bene gessisse, atque
ipsi Neroni turbas Galliae. derisui fuisse,, siquidem de rebns agendis
disserens teste Suetopio Ner. 41 addebat *!si. per‘ Vindicem liceat’;
quemadmodum C. Iulius Caesar apud eundem Caes, 78 per continuos
dies nemini quidquam nisi sub .exceptione pollicebatuer “si tamen per
Pontium Aquilam licuerit’: quo despectum et contemtum suum testa-
, tas est. Atque ipse Galba apad Tacitum Hist. 1, 16: ‘sit ante
oculos Nero, quem longa Caesarum serie tumentem non Vindex cum
inermi provincia aut ego cum una legione sed ‚sua immanitas sua
luxuria cervicibus publicis depulere. Quid quod adeo laetatum esse
Neronem scribunt Suetonius et Dio? quorum hic 63, 26 T. 4. 136
prodidit ὁ δὲ Νέρων μαϑὼν τὰ κατὰ τὸν Βίνδικα ἐν Νεαπόλει
τὸν γυμνικὸν ἀγῶνα ἐπ᾽ ἀρίστου ϑεωρῶν οὐκ ἐλυπήθη; ἀλλὰ
καταπηδήσας ἐκ τῆς ἕδρας ἀθλητῇ τινὶ συνεσπούδασεν --- — ---
χαέρων τοῖς ἠγγελμένοις ὅτε ἄλλως τε κατακρατήσειν τοῦ
Βίνδικος ἤλπιξε καὶ ὑπόθεσιν ἀργυρισμοῦ καὶ φόνων εἰληφέναε
ἐδόκει. ille autem Ner. 40 “adeo lente tulit et secure ut gaudentis
etiam suspicionem praeberet, tanquam' occasione nata spoliandarum
inre belli .opulentissimarum pravinciarum’, Sed quanquam ipsum
coniurationis cäput post societatem. cum Galba factam in pugna con-
tra germanicas L. Virginii Rufi legiones cum omnibus copiis (Tacit.
Hist. 1, 51) ceciderat: tamen neque mors Vindicis Neronem adiuvit
et semper Galli eorumque dux princeps causa exitii Neroni erunt.
Ac si Piotarchus guogue V. Galb, 5. 1055 A scribit ὅτε ὀρϑῶς ὁ
Οὐϊνδιξ καὶ λελογισμένως ἐξεκαλεῖτο τὸν Talßav ἐπὶ τὴν ἡγεμο-
νίαν ἐπιστώσατο μάρτυρι τῷ ΙΝέρωνι' προσποιούμενος γὰρ
ἐκείνου καταφρονεῖν καὶ παρ᾽ οὐδὲν ἡγεῖσϑαι τὰ Γαλατῶν») ἅμα
τῷ πυϑέσϑαι τὸ περὶ Γάλβαν (ἔτυχε δὲ λελουμένος nal ἀριστῶν)
ἀνέτρεψε τὴν τράπεζαν: primum non magni facio iadicium Neronis
. qui et cum simulatione et stulte egit (nam e sequentibus Phrtarchi
tertiani salutavere’, unde rumor sparsus advenisse Mucianum, quo viotoria
paria est. Dio 65, 14 T.4. 190: ἐνατεέλαντος δὲ τοῦ ἡλίου καὶ
τῶν στρατιωτῶν τῶν ἐκ τοῦ τρέτου στραταπόδου τοῦ γαλατικοῦ: καλου-
μένου καὶ ἐν τῇ Συρία γειμάξοντος, τότε δὲ κατὰ τύχην ἐν τὼ Οὐεσπα-
σιανοῦ μερίδι ὄντος ἰσπασαμένων αὐτὸν ἐξαίφνης ὥσπερ εἰώϑε-
σαν, ὑποτοπήσαντες ol τοῦ Βιτελλέου τὸν Μουκιανὸν παρεῖναι NALoLo-
ϑησαν καὶ πτοηϑέντες ὑπὸ τῆς βοῆς ἔφυγον. --- Simili exaggeratione
Vespasiaum appellabant τὸν σωτῆρα καὶ εὐεργέτην τοῦ κόσμου Corp. Inser.
στ. 4270 T.3. 148, quare etiam Pacis vastissimum templum ipse Vespasianus
eondidit testibns Suetonio Vesp. 9. Dione 66, 16 T. 4. 280 cum Int. T. 6.
559sq. Ceterum Sueton. Vesp. I: “rebellione trium principum et eaede incer-
tum diu et quasi vagum imperium suscepit firmavitque tandem gens flavia’,
ibid. 5: “quandoque proculcatam Hesertamque remp. eivili aligua pertur-
batione in tutelam eius ac velut gremium deventargam’ (Tacit. Hist. 3, 69
resp. in Vespasiani sinum cessit). ibid. 8: ‘per totum iniperiem nibil ha-
buit antiquias quam prope afflictam nutantemgue remp. stabilire primo
deinde et ornare’. De Vespasiano cngitabat etiam Demetrius Kriukoff in
oratione de Ὁ, Curtii Rufi aetate, Mosquae 1836, cui tamen nox suprema
τοὶ: ultima calamitas male videbatur incendium Capitolii.
Scripsit Fr. Vater. 597
verbis οὐ μὴν ἀλλὰ τῆς συγκλήτου ψηφισαμένης πολέμιον τὸν Γάλβαν
αὐτός τὲ παίζειν καὶ θρασύνεσθαι πρὸς τοὺς φίλους βουλόμενος,
οὐ φαύλην ἔφη προῤῥησιν ἐμπεπτωκέναι λογισμοῦ δεομένῳ χρη-
μάτων αὐτῷ; καὶ τὰ μὲν Ταλατῶν ὅταν ὑποχείριοι ἐνωνται λα-
φυραγωγήσεσϑαι καὶ λίαν», ἡ δὲ Γάλβα πάρεστιν οὐσία χρῆσϑαι
καὶ πωλεῖν ἤδη πολεμίου πεφηνότος patet efiam:hoc discrimen agt
celasse Neronem aut prave aestimasse); tum autem ‘non obliviscen-
dum est historia teste ipsum hunc Vindicem assumto Galba (sive cum
Vindice Galbam ut est apıd Invenalem Sat. 8, 222) et. exterruisse
Neronem et perdidisse (quare sapientia et consilio Vindicis perüt);
denique ipse Galba testatus est quantum Gallis eoramgae duci de-
bonerit, qnem milites δ seditiosi apud eundem Plutarchum 32, 1062 E
affirmabant μόνῳ τῷ Οὐΐνδικι χάριν εἰδέναι καὶ. τιμᾷν τεϑνη-
κότα καὶ γεραίρειν δημοσίοις ἐναγισμοῖς. ὡς ὑπ᾽ ἐκείνου ἀποδε-
δειγμένον αὐτοκράτορα, et a quo Ταεῖϊο teste Hist, 1, 8: “Galliae
super memoriam Vindicis obligatae recenti dono romanae civitatis et
in posterum tributi levamento’, id est “remissa quarta tributorum
pars? ibid. 51, quae detorquentur a Plutarcho V. Galb. 18. 1060.
Magnum igitur meritum Vindicis ‚est quod primus contra ‚Neronem
conspiravit, maius autem quod οὐχ ξαυτῷ τὴν ἀρχὴν πράττων (ut
est apad Dionem 63, 28 T. 4. 132) ‚Galbam praetendit' atque hoc
ad principatum vöcato steleratum dominum ‚plane prostravit: ‘quod
eum ex historia rerum gestarum cognoscitur tum ipse Nero apud
quosdam scriptores perspexit, velut apud Suetonium‘Ner, 42: 'post-
quam deinde etiam Galbam et Hispanias *) descivisse cognovit, col-
lapsus animoque male fracto din et sine voce et prope intermortuus
iacuit ;' utque resipuit veste discissa capite converberato actum de se
pronuntiavit?, et apud Dionem 63, 27. 138: ἐν δέει μεγάλῳ ἐγένετο.
Quae si recte disputata sunt, liquet C. Iulium Vindicem qui tunc
pro praetore Gallias obtinebat dici potuisse Neronis nuptias i.'e,
felicitatem in tristitiam convertisse auctoremgue mortis’ extitisse: quo
simu! datur- Octaviam a L. Annaeo Seneca alienissimam esse, Quis
enim affirmaverit stoicum qui novos planetas inventnm'iri divinabat
de Benef. 4, 23, quique cum alibi 'suspicabatur non longissimum ter
per mare atlanticum in Indiam esse tam in Medea de America va-
ticinabatur, etiam Vindicis motnm eiusque successum potuisse prae-
videre? Est quidem appropinquante morte multo tivinior animus,
ut Cicero ait de Divin. 1, 30, 63: sed neque Seneca quo tempore
tragoedias meditabatur eo ‚pervenerat ἐν ᾧ μάλιστ᾽ ἄνϑρωποι χρησμὼ-
δοῦσιν ὅταν μέλλωσιν. ἀποϑανεῖσθϑαι, neque quisquam alius team
singularem incredibilemque rem praesagire poterat:. nam quae de
Apollonio produntur alius generis sunt. Est enim in rebus modus,
et quanquam sollertia quorundam hominum sapientiaque plurima de-
texit gquae inertes inqgue diem viventes aut irrideant aut instar ora-
----..
*) Si -accurate locutos est scriptor, α eius testimonio affırmari potest
iam ante necem Neronis ad Galbam defecisse Othonem et Caecinam.
=
598 , __ Miscellaneorum criticarum faseiculus quintus.
culorım admireatur, tamen ultra certos quosdam finea ne praestan-
tissina quidem ingenia procedere possunt; certe fortuita et speciulia
excluduntur.
10. Sequitur somnium Poppaeae quae post laetissimam nuptia-
rım diem recubans cum Nerone praeter alia moesta spectacula in
quiete matrem quoque mariti viderat cruore sparsam valtua minaci
facem furiarum instar quatientem. Quibus cum nutrice sua comma-
nicatis sic Poppaea vs. 724 pergit: oa
. quam dum sequor *) coacta praesenti metn
didueta subito patuit ingenti mihi
Tellus hiatu, lata quo praeceps toros
cerno iugales pariter et miror meos
in quis resedi fessa; venientem intuor
comitante turba coniugem qüondam meum
satumque; properat petere complexus meos
Crispinus, intermissa libare oscula:
irrupit intra tecta cum trepidus mea ”
ensemque iugulo condidit saevum Nero.
beu, quid minantur inferum manes mihi
aut quem cruorem ceriugis vidi mei.
Apertum est tangi Neronis egitium tali modo qui praedici non pot-
erat: quare recte Jacobs in diss. de Senecae tragoediis (quae io
Additamentis ad Sulzerum prodiit et latine. reddita est ἃ Pierrot
ante edit, lemair.) T. 1. LXIV not. affırmabat, distincte Neronis
necem significari ab ipso sibi illatam ut debitae poenae se eriperet,
eundemgue in finem etiam Baden scribebat *irepidus haud dubie
Nero cuins et iugulum intelligi vult poeta visum fingens ex facto’.
Sed cum Gronovias concessisset etiam ad Rufium Crispinum referri
posse verba, hanc hariolationem unice probavit propter ultimam
Poppaeae quaestionem “aut quem cruorem caniugis vidi mei’? Fe-
citne hoc ut a communi intellectu recederet, an oblitus est Tacito
teste Ann. 16, 17: in Sardinia accepto iussae mortis nuntio semel
interfecisse pristinum Poppaeae maritum? Itaque patet quam aliena
a rerum gestarum fide nova ἰδία interpretatio sit; nec trepidi est
alios occidere sed fugere et ubi hostes instant atque elabi nequeat
ipsum sibi mortem dare, ut Neronis probat exitus; teste enim Sue-
tonio Ner. 49 trepidanter ferrum iugulo adegit. Postremo eodem
ducit expositio Nutricis vs. 722:
‚. *) Apertum est telluris hiatum ἃ tragico transumtum esse ex ultima
historia Neronis, ad Poppaeam translatis quae ipse imperator per quie-
tem teste Suetonio Ner. 46 viderat ‘trahi se ab uzore Octavia in artis-
simas tenebras’. Apud Dionem 67,16 T.4. 284: αὐτὸς ἐν τῷ ὕπνῳ τόν
te Povorınov ξίφει προσιέναι ol, καὶ τὴν Adnvav ἣν ἐν τῷ κοιτῶνι
ἱδρυμένην εἶχε τὰ ὅπλα ἀποβεβληκέναι, καὶ ἐπὶ ἄρματος ἵππων μελάνων
. ἐς χάσμα ἐσπέρτϑοιν ἔδοξεν incertum est utrum Minerva an Domitia-
nus significetur.
Scripsit Fr. Vater, 599
‚ iagulo quod ensem condidit princeps fuus,
beila haud movebit,-pace sed ferram teget: -
nam si de alius iugulo cogitaret anus, id oportebat perspicue signi-
ficari, quia oraculo quidem saepe obseura sunt, sed non item inter-
pretationes oracnlorum vel somniorum; e variis autem lectionibus
quas memini ferri pro tuus, suo videtur ab interpolatore profectum,
tuo autem ineptum est quia calcis ictu Poppaeam ocecidit Nero. Verus
igitur sommiorum interpres et coniector sic locum e mente scriptoris
esplicabit: si in ercum *) sequitar Agrippinam Poppaea, huic rtiam
mortem instare; sique ad se apıd inferos sedentem properant Cri-
spinus et filius, hos quoque moritaros esse ante Neronem, qui ul-
timas in .eundem locum transfixo gutture advenit. Et quanguam
non proditam est quando obierit Poppaeae -filius (quia Suetenins Ὁ
Ner. 35 sine ordine scelera miscet),..tamen scimus eum impuberem
adhuc quia ferebatur ducatus et imperia ludere mersum esse ıwari
e mandato würici; et credibile est post matris obitum tam putrem
quam filiom extinctos esse. Πίαπι autem Rufium Crispinum (qui
quondam praefectus praetorii fuerat et consularibus insignibus do-
natus, ‘quemque vidimns paullo post exilium in Sardinia periisse)
non diversum esse a Poppaeae marito, praesertim patet ex eodem
Tacito Ann. 15, 71 ‘pellitar et Rufus Crispinus occasione coninra-
tionis (pisonianae),, sed Neroni invisus .quod Poppaeam quondam ma-
trimenio tenuerat’”. Denique Neronis mors non aliter apuıd scriptores
narratur; in fuga enim circumventus ab equitibus “ferrum ingulo ade-
git invante Epaphrodito a libellis’, ut. scribit Suetonius Ner,. 49, Sed
de hao:etiam pöstilla dicetur explicatius: nunc autem quia ‘eo con-
silio instituta est disquisitio, invat adiecisse strenuum rerum gesta-
rum aestimatorem facile quidem potuisse praesagire fore“aliquando
ut Neronem vindieta numinis hominumgue supplicinm maneret; sed
eo redactum ἴτε principem ut ipse mucrone ingulum sibi transfigeret,
quam longissime abfuit ab humano intellectu. Neque quisquam mor-
talinm vaticinari potuit ante Neronem obituros esse Poppaeam Cri-
spinum horumgue filiam: qui omnes hoc ordine perierant post Se-
necam.
11. Coniunetus cum hac quaestione est alter de Neronis exitu
locus: eo enim cuius iam faeta est mentio sermone Agrippina tan-
git fugam quogue filii et verbera (a senatu decreta) et sitim et cae-
dem. Fingitur autem pristinus imperator Claudius propter suam
Brittannicique sortem infestus vexare apud inferos et persequi Agrip-
pinam, necisque auctorem poscere Neronem: quibus commemoratis
16 sermone ad Claudium converso inde a vs. 617:
iam parce! inguit, dabitur tempns haud longum peto;
ultrix Erinys impio dignum parat
letum tyranno, verbera et turpem fugam
*) De orco cogitandum esse et res docet et Nutricis interpretatio '
vs. 750: Sinferum sedes toros stabiles futuros spondet, aeternae domu»’.
600 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus,
poenasque. quis et Tantali vincat sidim
(dirum laborem Sisyphi Tityi alitem
Ixionisque membra rapientem rotam).
veniet dies tempusque quo reddat suam
animam nocentem sceleribus, iugulum hostibus
desertus et destructus et cunclis egens.
Notum autem est equitibus ad recessum quem princeps cum Sporo
Phaonte et Epaphrodito petiverat accedentibus 9 προστάξαι τοῖς
παροῦσιν αὐτὸν ἀποκτεῖναι, ἐπεί τε οὐχ ὑπήχοὺσαν ἀναστενάξαι
τε καὶ φάναι ἐγὼ μόνος οὔτε φίλον οὔτ ᾿ἐχϑρφὸν ἔχω). καν τούτῳ
πελασάντων αὐτῷ τῶν ἱππέων. αὐτὸς ἑαυτὸν ἀπέκτεινε τὸ
ϑρυλούμενον ἐκεῖνο εἰπών " ὦ Ζεῦ. τεχνίτης οἷος (ὧν) ἀπόλλυμαι:
καὶ δυσϑανατοῦντα αὐτὸν ὁ Ἐπαφρόδιτος προσκατεεργά-
σατο. ut scribit Dio 63, 29 T. 4. 142 et cum eo Zonaras Ann.
11, 13 T. 2. 481. Similiter Suetonsas 1. |, quo teste Domitianus 14
‘Epaphroditum a libellis capitali poena condemnavit quod post de-
stitutionem Nero in adipiscenda morte manu eius adiutus existima-
batur’: quod affırmat etiam Dio 67, 14 T.4. 280. Quem igitur
- e toto orbe terrarum tres tantum comites sequebantur (Neophytum
enim praeter illos solus Aur. Victor offert Epit. 5, 7), is recte a
tragico nominatur desertus mirorgue desiderari a Rittero praef. XXIII
Vatinium, qui quominns inter desertores Neronis distingueretur ob-
stabat ignobilitas eius, quemgne altori fidem servasge vel nasus ve-
tat notus ille e luvenalis Sat. 5, 46 Martialisgue Epigr. 14, 56:
ubicunque enim terrarum tempora si fuerint nubila obscoeni tecta
domusgqne deseruere .canes et quidquid nare sagaci aera non
sanum mdtumque cadavere zentit. Rectius defensor Senecae op-
posnerit , tragoediam ante mortem Neronis editam esse videri,
quia Vespasiani aetate scire debebat scriptor non hostibus redditum
esse iugualum sed amico Epaphrodito, nisi solus se ipse percnssit
Nero. Est tamen ex hoc indicio me iudice nihil aliud colligendum
nisi aut aliquanto post Vespasianum scriptam esse ÖOctaviam quo
tempore einsmodi errores excusantur, aut consulto et scientem in
vaticinie commutasse rem gestam poetam. In talibus enim existi-
mamus tragicos ad alias leges exigendos esse quam scriptores, cum-
que et somnium Poppaeae doceat accurate cognitum habuisse au-
etorem quomodo Nero perierit, et reliqua quae Agrippina vaticina-
tur plane cum historia congruant: vel artificium hominis agnoscere
nobis videmur qui noluerit oblivisci auditores tantummodo praedici
imperatoris caedem. Verbera autem explicat Suetonius Ner. 49 “in-
ter moras perlatos a cursore Phaontis codicillos praeripuit legitque
se hostem a senatu iudicatum et quaeri ut punialur more maiorum,
interrogavitque quale id genus esset poenae; et cum comperisset
nudi hominis cervicem inseri furcae, corpus virgis ad necem caedi:
conterritus duos pugiones quos secum attulerat arripuit’, Neqne
de οἱ tacent scriptores: nam et Dio 63, 28 T.4. 142 narrat
Scripsit Fr. Vater. - 601
,κανταῦϑα καὶ ἔφαγε πεινήσας ἄρτον ὁποῖον οὐδὲ πώποτε ἐβεβρώ-
κει καὶ ἔπιε διψήσας ὕδωρ ὁποῖον οὐδὲ πώποτε ἐπεπώκει" ἐφ᾽
ᾧ δυσανασχετή σας εἶπε “τοῦτό ἐστιν ἐκεῖνο τὸ. ποτὸν τὸ ἐμὸν
τὸ ἄφϑονον᾽", atque apud Suetonium legitur 48 “aquam ex subiecta
lacuna poturus manu hausit et Aaec est inquit Neronis decoota? et
paullo post “fame interim et siti interpellante, panem quidem sor-
didum oblatum aspernatus est, aguae autem tepidar aliguantum bibit.
Turpem autem fugam fuisse cum e militis dicto apud eundem 47 patet
qui Neroni tribunos centurionesque de fugae societate tentanti .ob*
gannivit usque adeone mori miserum est? tum in solitudine (in quam
se receperat ‘desertas et destructus et cunctis egens”) flebat atque -
identidem instar Dionysii dictitabat “qualis artifex pereo’! ac modo
Sporum hortabatur ut lamentari et plangere inciperet, modo orabat
ut se aliquis ad mortem capessendam exemplo iuvaret; ioterdum se-
gnitiem suam his verbis inerepabat ‘vivo deformiter ac turpiter, οὐ
πρέπει Νέρωνι οὐ πρέπει, νήφειν δεῖ ἐν τοῖς τοιούτοις, ἄγε ἔγειρ8
σεαυτόν. Jlamque equites appropinquabant quibus praeceptum erat
ut vivam eum attraherent: quod ut sensit trepidanter (ut est in
Octavia vs. 732 „rrapit trepidus — ensemque iugulo condidit)
effatus ἵππων μ᾽ ὠκυπόδων ἀμφὶ κτύπος οὔατα βάλλει ferrum iu-
gulo adegit. Sic memoriae prodidit Suetonius Ner. 49 similisque
questus et lamentationes legi possunt apud Dionem 63, 28 sq. Quare
apertissimum est rem gestam tragico satis notam fuisse; ac si quis
acrius insistat, dicemusne primariam necis cansam equites fuisse,
ac dum ipse guttur suum pugione transegit‘proprie Neronem Aosti-
bus obtulisse iugulum?
12. De aetate autem qua in lucem edita sit Octavia nihil cum
confidentia asserere audeo, tantumque abest ut quae Ritter attulit
demonstrare possint Neroni aequalem fuisse poötam, ut iisdem aliis-
que documentis evincere mihi videar ab accurata aevi neroniani cogni-
tione alienissimum fuisse tragicum; ut negaveris ante centesimum
post Neronem annum recitari 'potuisse Octaviam. Quid enim Ritter
de cometa® ‘Ab aliis iam animadversum hoc est? inquit praef. ΧΙ pr.
“aevi neroniani cometen describi tam accurate et tam luculente ut
etiam hinc ad aequalem po&tam vel aetate supparem deduci videamur?!
Sed veremur ut vir doctissimus satis expenderit et arte oculos ha-
buerit quae s£riptores prodiderunt, quorum quaedam supra allata
sunt cap. 6: nam plane aliter aequalem scriptorem loqui docere pos-
sunt Senecae de cometis testimonia. Ornatu enim po&tico detracto
quid in tragoedia supererit praeter vulgaria et trita? quol vel ma-
xime patebit consideratis ipsis Octaviae verbis adversus Neronem
debacchantis inde a vs. 230:
vidimus caelo inbar
ardens cometam pandere infaustam facem,
qua plaustra tardus noctis aeterna vice
- ταορὶξ Bootes frigido arctoo rigens.
608 Miscellaneorum criticorum faseiculus quintus.
En ipso diro spiritu saevi ducis -
polluitur aether! gentibus novas clades
minantor astra quas regit dux impius! .
Quid enim ia toto hoc Joco aut accaratum sit aut Iaculentum prae-
ter illad quod cometa de quo sermo est septertrionali plagae assigoa-
tur? nam quod pestilentiam et funera et beila aliasque calamitates
minari et portendere credebantar haec sidera, de hoc sopra 1. 1.
vulgaris superstitio et communds error commemorabatur, velut Silius
Ital. 8, 637 de prodigiis cladis cannensis “non unus crine corusco
regnorum eversor rabuit letale cometes’, pluraque offert Manilius
Astron. f, 868 sqqy., Quod autem Bootam Arcturumque ad septen-
trionem retulit, hoc ipsum omnibus omnium aetatum scriptoribus pla-
cuit; qua occasione puerilis Ritteri in ännotatione error explodendus
est: *Arctonm?” inquit ad vs. 233: “pro Arcto dizit sive Arctaro melri
grafia’! abrogata lege pedia: nam quod ad ipsam rem. satis con-
stat frigidum pro frigore (quod Bothe coniiciebat) hoc loco poni.
Ceterum miror quod Claudiae πέδας solummodo urus cometa natus
est: eam enim 4686 extinctum patrem acerbissime luget aequam erat
ve alterius quidem cometae oblivisci qui cum nece Claudii apparue-
rat. Licebitne igitur suspicari tragicum posteriore aetate e variis
hbris solas fere res cum ÖOctaviae exilio et caede coniunetas et com-
pilasse et disposusse? @Qauid quod Plinio teste H. nat. 2, 23 co-
metarum neroniano aevo nulla fere intermissio dabatur? nam ‘spar-
guntur aliquando? inquit et errantihus stellis ceterisque crines,. sed
cometes nunquam in occasura parte caeli est, terrificum magna ex parte
sidus ac non leviter expiatum ut civili motn Octavio consule iterumque
Pompeii et Caesaris bello; in nostro vero aevo circa venehcium quo
Clandius Caesar imperium reliquit Domitio Neroni ac deinde prin-
cipatu eius assiduum prope ac saevum”! Haec enim si vera sunt
‘nec diri toties arsere cometae’, mirari libet ita loqui Octaviam quasi
semel et per breve tempus crinita stella fulserit: sed primum tenen-
dum est Plinium sub Vespasiano suos libros edidisse et loqui etiam
de illo sidere quod multis post Octaviae scenam annis sub Sene-
cae letum apparuit (ifa ut prope perpetui viderentur cometae, pae-
sertim quia medins per integros sex menses conspiciebatur); deinde
autem suspicor eruditissimum compilatorem etiam similia ostenfa com-
ınuni cometarum nomine complexum esse," quod etiam Vossio ad Vir-
gilii Georg. A, 487 de aliorum temporum testimoniis visum est. Nam
interpretatio Harduini (qui. aeque ac Reimar ad Dion. Τὶ 6. 436
ultimam cometam cum medio confudit) vel ideo non ferri potest
qnod Plinium praeter claudianum de utrogue loqui oportebat sidere
neroniano; itaque si medius cometa per totos sex menses assiduus
erat non solus claudiano opponi poterat sed habenda ratio erat etiam
eins qui pisonianam coniurationem praecessit. Seneca vero, cui de
ultimo scribere non licuit, de utrogne quem 'observaverat testis est
maxime idoneus, atqde praesertim ad eius praecepta exigendi erant
Octaviae versiculi, Et ille quidem memoriae prodidit Quzest. nat.7, 6
-
Scripsit Fr. Vater. 6083
‘alii”) cometae in unam partem ignem vagum in modum comae por-
rigunt et stellas praetermeant, quales duo nostra aetate visi sunt’;
tunc 7, 17 “πες est quod putemus eundem (cometam) visum esse
sub Claudie quem sub Augusto vidimus, nec bunc qui sub Nerone
Caesare apparuit et cometis detrazit infamiam illi similem fuisse qui
post necem divi Iulii ludis Veneris Genetricis circa undecimam horam
diei emersit’; atque ibid. 7, 21: ‘sex mensibus hic (cometa) quem
nos Neronis principatu laetissimo vidimas spectandum se praebuit,
in diversum illi claudiano circumactus: ille enim ὦ septentrione in ver-
ticem surgens orientem petiit semper obscurior, hic ad eadem parte
coepit sed in occidentem tendens ad meridiem flexit et ibi se sub-
duxit oculis’; denique 7, 29: “intra sextum mensem dimidiam caeli
. partem transcurrit hic proximus (cometa), prior intra pauciores men-
ses recepit se. — — hic proximus ἃ septentrione motus sui initium
fecit et per occidentem in meridiana pervenit erigensque suam cur-
sum oblituit, alter ille claudianus a septentrione primum visus non
desiit in rectum assidae celsior ferri donec excessit’. Plura de his
sideribus apud Senecam non extant, nec satis intelligo qno consilio
Ritter (qui graviores locos post alios appdsuit) in ipsis testimoniis
septentrionis mentionem omiserit, quae sola demonstrare potest poe-
tam bonum fontem secutum esse et ut ille ait accurate et luculente
egisse. Sed vel hoc praeter claudianım praetermissum offensioni
est, quod iste cometa tantummodo in septentrione collocatur, nulla
ratione habita itineris a Seneca descripti **).
*) Etiam hic locus documento est potuisse Plinium cometas minus
stricto sensu vocare, putogue ei eiusmodi prodigia simul obversata esse
qualia Seneca tangit Quaest. nat. 1, 1: ‘nos quoque non semel vidimus
flammam ingentis pilae specie quae tamen in ipso cursu suo dissipata
est; vidimus circa divi Augusti excessum simile prodigium, vidimus cum
de Seiano actum est, nec Germanici mors sine tali denuntiatione fuit’.
Itäque. fortasse apud Tacitum quoque Ann. 15, 47: 'sidus cometes san- .'
guine illustri semper Neroni expiatum’ (de quo loco dictum est cap. 6.)
ad similia ostenta spectat.
**) Qui locum tractatum sequuntur versus ‘proh summe genitor, tela
cur frustra iacis invicta toties temere regali manu? in tam nocentem
dextra cur cessat tua’? admonent ostenti de quo dictum est cap. 6 annot.3. _
Teste enim Tacito Ann. 14, 22: discumbentis Neronis fulmine ictae sunt
dapes mensaque disiecta: itaque credibile est tunc de fulmine. frustra et
iemere iacto conquestos esse homines, Wed sivd hoc notum erat tragico
sive ultro in locum communem incidit, comparari potest Seneca Quaest.
nat. 2, 42: “quid tam imperitum est quam credere fulmina e nubibus
Iovem mittere, columnas arbores statuas suas nonnunquam petere, ut
impunitis noxiis — — pecudes innoxias feriat’? F'ons videtur Aristo-
phanes Nub. 399: καὶ πῶς — — εἴπερ (Tuppiter) βάλλει τοὺς ἐπεόρκους
δῆτ᾽ οὐχὶ Σίμων᾽ ἐνέπρηφεν οὐδὲ Κλεώνυμον οὐδὲ Θέωρον ; καίτοι σφο-
δρα γ᾽ εἴσ᾽ ἐπέοφρκοι, ἀλλὰ τὸν αὑτοῦ γε νεὼν βάλλει. καὶ Σούνιον ἄκρον
4ϑηνῶν, καὶ τὰς δρῦς τὰς μεγάλας τί μαϑών: οὐ γὰρ δὴ δρῦς ἐπιορμεῖ :
guae plurimi imitantur velut Lucianus ἴον. conf. 16 τέ δήποτε τοὺς, ἴε-
ροσύλους καὶ λῃστὰς ἀφέντες καὶ τοσούτους ὑβριστὰς καὶ βιαίους καὶ
ἐπιόρκους δρῦν τινα πολλάκις κεραυνοῦτε ἢ λίϑον ἢ νεὼρ ἱστὸν οὐδὲν
>
604 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus,
13. Maxima autem cum cupiditate Ritter etiam eo tragoediae
loco quo caedes Agrippinae ornatur in hunc finem abusus est, ut
vetustam esse auctorem doceret. Uhi enim -chorus narrata navigii
fraude de Aniceto ad occidendam matrem a Nerone designato agit,
inde a vs, 366 leguntur haec:
missus peragit iussa satelles,
reserat dominae pectora ferro;
eaedis morieng illa ministrum
rogat infelix,
utero dirum condat nt ensem:
hic est hic est fodiendus ait
ferro monstrum qui tale ἐπε! ᾿
Allato enim Taciti loco Ann. 14, 8 “circumsistunt lectum percusso- .
res et prior trierarchus (Herculeus) fusti caput eius afflixit; iam in ᾿
mortem centyriani (Oboarito) ferrum destringenti praetendens ute-
rum ventrem feri exclamavit, multisque vulneribus confecta est’:
ad vs. 370 scribit Ritter “fortasse hic fabulae nostrae locus ei famae
divulgandae ansam praebuit; res certe per se parum credibilis’! Me
vero iudice aliter de Taciti fide iudicandum est quem nego Annales
quos e praetexta mediocris poetae exornaturum fuisse; quamvis ipsa
scriptoris verba in quibusdam codicibus ex Octavia nastra inter-
polata sint, de quo infra disserui. Quod autem illa Agrippinae
vox parum credibilis videtur, id refellitur observatione Lessingii,
quem monere memini argutias ne a vero quidem dolore alienas esse;
et nonne. ipse Nero quem timidissimum fuisse constat appropin-
quantibus occisoribus ἐν οὐ δέοντε ingeniosus fuit mentioue facta
versus homerici? Nam si pudor quidam putidus obscoenitatem rei
fastidit, in memoriam revocandus est alius Taciti locas Hist. 2, 13,
ubi cam milites othoniani municipinm Albium Intemelium vastarent
“auxit invidiam praeclaro exemplo femina ligus, quae filio abdito (cum
simul pecuniam occultari milites credidissent eoque per. eruciatus
interrogarent ubi Alium occuleret) uterum ostendens latere respon-
dit; nec ullis deinde terroribus aut morte constantiam vocis egregiae
mutavit’; atque Lacaena apud Plutarchum Lacaen. apophth, 3. 241:
τῶν υἱῶν φυγόντων ἐκ μάχης καὶ παραγενομένην ὡς αὐτήν, “ποῦ
φησίν “ἥκετε δραπετεύσαντες,. κακὰ ἀνδράποδα; ἢ δεῦρο ὅϑεν
ἐξέδυτε καταδυσόμενοι᾽ ; ἀνασυραμένῃ καὶ ἐπιδείξασα αὐτοῖς τὴν
κοιλίαν, Getaque occiso mater τὸν ϑάνατον αὐτοῦ ἐς αὐτὰ τὰ
σπλάγχνα τρόπον τινα ἐξ ὧν ἐγεγέννητο εἰσεδέξατο teste Dione 77, 3
T. 4. 664, cuius observatio docet homines ne in obscoenis quidem
adınovons; Lucretius 1, 416: “postremo cur sancta deum delubra suasque
discutit infesto praeclaras fulmine sedes et bene facta denm frangit simu-
lacra?’ Persius Sat. 2,24 de Iove "ignovisse putas, quia cum tonat ocius
ilex sulfure discutitur sacro quam tuque domusque?’ Cicero de Divin.
1, 12, 19 in secundo de Consulatu suo “nam pater altitonans stellanti
nixus Olympo ipse suos quondam tumulos ac templa petiyit et capitolinis
iniecit sedibus ignes? etc.
, Scripsit Fr. Vater. 605
acımina refugisse. Accedebat autem quod imperatrici cum in nau-
fragio occasio ad meditandum data erat, tum caedem iam dudum
expectabat atque adeo per longam annorum seriem divinabat, si-
quidem astrologus ) stätim post natum Neronem ut Dio 61,2 T.4.4
seribit δύο ἅμα περὶ αὐτοῦ ἐ μαντεῦ σατο ὅτι τε βασιλεύσει καὶ
ὅτι τὴν μητέρα φονεύσει. ἀκούσασα δὲ ταῦϑ᾽ ή ᾿4γριππίνα σα-
ραυτίχα μὲν οὕτως ἐξεφρόνησεν ὡς καὶ αὐτὸ τοῦτο ἀναβοῆσαν
᾿ἀποκτεινάτω με; μόνον βασιλευσάτω᾽, ὕστερον δὲ καὶ πᾶνυ μετα-
νοήσειν “ἐπὶ τῇ εὐχῇ ἔμελλεν. Ipsam rem narrant etiam Dio 61,
13. 31 et Zonaras 11,, 12 T. 2. 477: ἰδοῦσα δὲ (τοὺς ναύτας)
ἐκείνη ἔγνω τε ἐφ᾽ ἃ ἥκουσι καὶ ἐναπηδήσασα ἐκ τῆς κοίτης τήν
τε ἐσθῆτα περιεῤῥήξατο παὶ τὴν γαστέρα ἀπογυμνώσασα “παῖε
zevınv’ ἔφη "Avlunte, παῖε ὅτε Νέρωνα ἔτεκεν. Posteriorem par-
ticulam invertit Apollonius Philostrati Vit, 5, 10. 89 quo iudice Vin-
dex erudelissimum Neronis scelus praetermiserat τὴν γὰρ μητέρα
ἐν δίκῃ ἀπεκτονέναι ἐπειδὴ τοιοῦτον ἔτεκε: nam siquid video haec
acamina ‘ipsius Apollonii sunt emendaturi orationem Vindieis ex qua
Dio.63, 17. 130 ipsa illa attulit ὅτε τὴν μητέρα τὴν ξαυτοῦ καὶ
ἤσχυνε ᾿καὶ ἀπέκτεινε. BReeurrit etiam in tragoedia ubi et Agrip-
pinue umbra de suis Neronisque maioribus locnta addit vs. 640:
‘quos nunc pudor luctusque perpetuns manet ex te, nefande, meque
quae talem tuli? (quae irridere videtur Nero δῖα. vs. 824: cur non
caede populi madet “funerea Roma quae viros tales tulit’?) et cho-
rus vocem ipsi nanfragio assignat vs. 334: *hac sum fateor digna
carina quae te genui, quae tibi lucem atque imperium nomenque
dedi Caesaris amens’: quanguam apud Tacitum Aun. 14, 5 monente
Rittero “Agrippina silens eoque minus agnita?” nabat in undis, quo
tamen non negatur eam haerentem adhuc in navigio declamasse, Sed
supersunt aliae discrepantiae graviores quae demonstrare videntur
non satis noftum füisse tragico quomodo res acta sit: nam in tra-
goedia plane resolvitur navis quemadmodum apud Dionem 61, 13
T.-4. 30: διελύϑη μὲν ἡ ναῦς καὶ ἡ ᾿Αγριππίνα ἐς τὸ ὕδωρ ἐξέ-
πεσεν (euins fidem non praeferre debebat Reimar T. 6. 427) et
apud Philostratum γι. Apoll. 4, 38. 81 de Nerone οὐτοσὶ δὲ καὶ
εἰσποιηϑεὶς ὑπὸ τῆς μητρὸς: γέροντι βασιλεῖ καὶ κληρονομήσας τὸ
ἄρχειν φναυαγίῳ: τὴν μητέρα ἀπέκτεινε πλοῖον ἐπ᾽ αὐτῇ ξυνϑεὶς
Up οὗ ἀπώλετο πρὸς τῇ γῇ : sed certissimum est Ἐ Taciti ac:
cnratissima deseriptione non secutam esse dissolutionem navigit; unde
merito suspicamur tantum abesse ut praetexta nostra inter fontes
Taciti recenseri queat, ut cum hoc peccatum tum alii errores pro-
dant poetam remotiorem ab aevo neroniano fuisse,. Nam declama-
*) Etiam Tacito teste Ann. 6, 22: “praediotum Neronis imperium’ a
filio Tbrasylli Tiberio familiarissimo ; cumgue scriptor de hoc infra me-
moratum iri promitteret, negabant Taciti editores Lipsius et Ernesti in
superstitibus libris huius vaticinii mentionem fieri: sed superest Ann.14, 9:
Agrippinae “consulenti super Nerone responderunt Chaldaei fore ut im-
peraret matremqgue occideret; atque illa occidat inquit dum imperet’.
΄
606: Miscellaneorum criticorum fastieulus quintus. .
᾿ toris consilio etiam aptior erat repugnantia navigii, quasi ne hoc
quidem tanto sceleri parere vellet et Nero ipso mari saevior esset,
qnemadmodum Tacitus seribit “noctem sideribus illastrem et placido
mari quietam quasi convincendum ad scelus dii praebuere. \
14. Supersunt Actae libertae monumenta quae satis. obacure
tanguntur a nutrice Octavia vs. 192 sgaq. ‘
violare prima quae toros ausa est tnos '
animumque domini famula possedit die
δι metuit eadem ... .
Octavia,
nempe praelatam sibi.
Nutrix.
subiecta et humilis, atque monumenta extruit
quibus timorem fassa testatur suum:
sic enim perpetuum Pythiadis sermonem distinctis Octaviae vocibus
rectissime disposuit Ritter, adiutus ille a Bothio qui animadvertit
quidem interpellationem dominae sed eidem etiam duos sequentes
versiculos male tribuit. Id quoque bene monuit Ritter praef. X non
posse commode cogitari de aede numini alicui ab Acta postquam
sensit iam se negligi a Nerone dedicata: nam eiusmodi monumento
non tam metum quam amorem fassa easet, velut Hippolyti Phaedra;
πες idonga est statua vel aliad opus in honorem aut Octaviae aut
Poppaeae posita, 'quia non ea tunc condicio erat Claudiae filiae
qyam quis propter metum exoraret atque adeo augere poterat eius-
modi adulatio timorem Actae quia princeps iam perdebat uzorem
eiusqgue famtliares, si autem Poppaeam conciliatum ibat hoc nihil
solatii -allaturum erat Ortaviae, Itaque non dubito de monumentis’
sepulcralibus cam Rittero cogitare quae propter instantis mertis
mwetum ἰδὲ aedıficari iusserit Acta: quanquam non intelligo quomodo
ex re tam exili tamque secundaria (ut cum Rittero loquar) suepi-
cari hceat ipsum po&tam suis oculis aut integrum monumentum Actae
aut collapsi reliquias vidisse: quo probare nititur Ritter suppar ne-
ronianae aetati drama esse. Me enim iudice verba nihil aliud signi-
ficant quam metu perculsam esse Actam et se Ad moriendum prae-
parare; quemadmodum est apud Lucanum Phars. 2, 157: “δὶς ro-
bora busti extruit ipsi sibi, necdum emni sanguine fuso desilit in
flammas et dum licet occupat' ignes’. In tali autem. discrimine di-
vites quibus nondum essent monumenta sepuleralia extruere solebant,
Kirchmann de funer. rom. ὃ. 11. 260 sq. et vix sepulcrum gentile
libertae erat. Üt autem nos dicere solemus aliquem iam testamen-
tum facere ubi aut propter morbum aut ex alio periculo mortem
expectat; sic Romani quibus splendor exequiarım et magnifica se-
pulcra cordi erant, tempestive curabant ipsi mausolea 5888. velut
Angustus apud Suetonium Oct. 100 “id opus inter flaminiam viam
rıpamque Tiberis sexto sno consulatu extruxerat, circumiectasque
silvas et ambulationes in usum populi iam tum publicarat?” coll. Dione
53, 80 et 54, 28 T. 3. 234 ct 310 cum interpr. T. 6. 133; negue
Scripsit Fr. Vater. 607
aliter Traianus apud Divnem 68, 16 εἰ 69, 2 T.4. 318 et 352
atque Hadrianus ibid. 69, 23. 386, de Septimio Severo autem idem
76. 15. 642 scribit τὰ ὀστᾶ ἐς ὑδρίαν πορφύρου λίϑου ἐμβλη-
ϑέντα ἔς τε τὴν Ῥώμην ἐκομίσϑη καὶ ἐς τὸ ᾿Αντωνινεῖον ἀπετέθη"
λέγεται δὲ τὴν ὑδρίαν ὀλίγον πρὺ τοῦ ϑανάτου μετα-
πέμψασθϑαι αὐτόν (Septimium ) καὶ ἐπιψηλαφήσαντα εἰπεῖν
ἐχωρήσεις ἄνδρα ὃν ἡ οἰκουμένη οὐκ ἐχώρησεν᾽ constatque- tanc
Severum certum fuisse de prosima sua morte. Post exempla autem
Augustoram quid commemoro Quintillum Plautianum ? qui meri ius-
sus teste Dione 76, 7 T.4. 624: ἤτησε τὰ ἐντάφια 6 πρὸ πολ-
λοῦ παρεσκεύαστο ; καὶ ἐπειδὴ διεῤῥυηκότα αὐτὰ ὑπὸ τοῦ χρόνου
εἶδε “τί soüro’, ἔφη ᾿ἐβραδύναμεν ;’ quid fidelissimam eunuchorum ?
qui domina Cleopatra capta τοῖς τε ἑρπετοῖς ἑαυτὸν ἐϑελοντῆς πα-
ρέδωκε καὶ δηχϑεὶς ὑπ᾽ αὐτῶν ἐς σορὸν προπαρεσκευασμένην of
ἐσπεπηδήπει,) ut est apud eundem Dionem: nam exemplum [0} ἢ
Sabini, qui eodem teste 66, 8 et 16 T.3. 210 et 282 in sepul-
crali monumento per novem annos uxore comite latuerat et duos
fililos procreaverat, videtar alias generis esse; sed aptissimi sunt
Antonius . et Cleopatra quorum “temulum ab ipsis inchoatum perfici
inssit” Octavianus apıd Suetoniam 17, nam metu Caesaris Cleopatra
ϑήκας ἔχουσα καὶ μνήματα κατεσκευασμένα περιττῶς εἴς re κάλλος
καὶ ὕψος & προσῳχοδόμησε τῷ ναῷ τῆς Ἴσιδος, ἐνταῦϑα τῶν
βασιλικῶν συνεφόρει τὰ πλείστης ἄξια σπουδῆς χρυσὸν ἄργυρον
σμάρογδον μαργαρίτην ἔβενον ἐλέφαντα κινάμωμον ἐπὶ πᾶσι δὲ
δα δὰ πολλὴν καὶ στυππεῖον, ut scribit Plutarchus V. Anton. 74. 950,
quare in hag historia apud Dionem 51, 8 T. 3. 22 Cleopatrae uvn-
μεῖον commemoratur , quo teste 51, 10. 26 ἐς τὸ jolov ἐξαίφνης
ἐσεπήδησε ὡς τὸν Καίσαρα φοβουμένη καὶ προδιαφϑεῖραι τρόπον
τινὰ ἑαυτὴν βουλομένη. Suspicor autem Actam (quae posthac ipsa
sepelivit Neronem apud Suetonium Ner. 50) eo consilio publice timo-
rem testatam esse, ut hac humilitate simulatoque morbo saevitiam
Poppaeae deleniret et exoraret; quemadmodum Seneca teste. ‚Dione
59, 19 T. 3. 688 sub Caio διεφϑάρη παρ᾽. ὀλίγον μήτ᾽ ἀδικήσας
τι μήτε δόξας.» ὅτι δίκην τινὰ σορόντος αὐτοῦ ἐν τῷ συνεδρίῳ
καλῶς εἶπε' τοῦτον μὲν οὖν ἀποϑανεῖν κελεύσας ἀφῆκε γυναικί
τινι ὧν ἐχρῆτο πιστεύσας ὅτι φϑόῃ τε ἔχοιτο κακῶς καὶ οὐκ ἐς
μακρὰν τελευτήσοι , Domitianusque apud eundem 77, 15 T. 4. 282
καὶ τόν γε Negovav antopabev av, εἰ μή τις τῶν ἀστρολύγων εὖ-
ψοιαν αὐτῷ ἔχων ἔφη ὅτι ἐντὸς ὀλίγων ἡμερῶν τελευτήσει" πιστεύ-
σας γὰρ ὄντως τοῦτ᾽ ἔσεσϑαι οὐκ ἤϑελε κἀκεῖνον πεφονευκέναι
ὡς πάντως μετὰ μικρὸν τεϑνηξόμενον. Et nonne Poppaea aemulae
infensa apud Tacitum Ann. 18, 46 criminatur *Neronem pellice an-
εἶα et assuetadine Actes devinctum nil e contubernie servili nisi
abiectum et sordidum traxisse’? Certe non mirarer si iam subacto
Nerone Actae quoque caput postulasset Poppaea, quemadmudum
eadem hortante trucidata est Octavia ne quando princeps inchnatione
populi mutaretur, ut produnt Tacitus Ann, 14, 61 et Zonaras 11,12. 477.
N
608 Miscellaneorum eriticorum fasciculus quintus,
| Itaque si regio genere tumens Acta (nam quo tempore parum abfuit
quin libertam, teste Dione 61, 7 T.4. 16: πεπραμένην ἐκ τῆς
᾿Ασίας. iusto matrimonio sibi coniungeret, Nero summis erat con-
sulares viros qui regio genere*) ortam peierarent, ut est apud
Suetonium Ner. 28 vel ut Dio ]. 1. scribit ἐς τὸ τοῦ "Arrakov γένος
ἐσήχϑη); porro si pii gregis arieti post Neronem cara et intimo com-
mercio devincta (interpr. ad Dion. T. 6. 419) nihil de’ fastu suo
remisisset, sine dubina sortem Agrippinae et Octaviae nacta esset:
sed humilitatis ergo et caritatis a saevissimo hoste ei parcebatur
quam aemulam Octavia nurum Agrippina Taciti Ann. 13, 13 de-
testatae erant; neque- enim credibile &st humilitatem ex ista conver-
sione natam esse, ut monumenta Actae destiaarentur. pervigiliis,
quae illa fidei columna instituerat Romae πάλαι τε Σαῦλος Στρε-
ψιάδης δὲ δεύτερον. Eo autem minus haerendum in monumentis
sepulcralibus huius libertae, quo plures vel hodie Asiae (unde orta
est Acta) supersunt inscriptiones in quibus imprecationibus et multis
cavetur ne alienus in eundem tumulum recipiatur. Denique:ne quid
praetermittatur, teste Reimaro ad Dion. 61, 7 T.6. 418: ‘mentio
Claudiae Actes vel simpliciter Actes in pluribus operum. inacriptio-
nibus apud Phil. a Turre in Monument. vet. Antii p.1 c.8 p.121 sq.
quae opibus et gratia eam floruisse probant’: .quibus nisi explicari
tragoediae locus **), certe redargui Ritteri de aetate poötae ex istis
versibus collecta coniectura; cur enim negemus monumenta qQuae
hodie extant nota fuisse tragico? Aatii autem et Nero et Ailia
Neronis nati sunt.
15. Hactenus et demonstravimus recentiorem L. Annaeo Seneca
esse auctuorem ÖOctaviae, et Ritteri argumenta refatavimus quibus
Curiatium Maternum poetamve Neroni supparem commendabat:
Ἀ) Simillima fraude nequissimo Claudii imperatoris libertino Pallanti
auctore Scipione Cornelio apud Tacitum Ann. 12, 53 grates publice actae
sunt *‘quod regibus Arcadiae ortus veterrimam nobilitatem usui publico
postponeret seque inter ministros principis haberi sineret’.
**) Paullo post solandae alumnae causa Nutrix commemorat inde a
vs.200: Iovem quoque post multos amores iam fidelem esse Iunoni suae:
‘passa est similes ipsa dolores regina deum, cum se formas vertit in
omnes dominus caeli divamque pater. — — vicit sapiens tamen obse-
quium coniugis altae pressusque dolor; sola tonantem tenet aetherio se-.
cura toro maxims luno, nec mortali captus forma deserit aliam Iup-
piter aulam’. Quae mihi in memoriam revocant verba Lactantii Inst.
1, 16, 10. 104 sq. “non illepide Seneca in libris moralis philosophiae
Quid ergo est, inquit, quare apud poetas salacissimas Iuppiter desierit
liberos tollere? utrum sexagenarius factus est et illi lex papia fibulam
imposuit? an impetravit ius trium liberorum ? an tandem {ΠῚ venit in
mentem: Ab alio expectes alteri quod feceris, et timet ne quis sibi faciat
quod ipse Saturno ὃ Nam quamvis diversissimus color loci sit, sententia
tamen plane eadem est, et videtur tragicus diligenter Senecae scripta
versasse. Quod autem Ritter praef. XI scripsit ‘is qui hanc fabulam egm-
posuit Senecam imitatur ac fere pusillus Seneca est’, ille quidem ad solas
tragoedias Senecae retulit, :
‚ Seripsit Fr, Vater. - . -. 600
restat ut ea sub uno conspactu ppnamus'unde calligi possit, ze prori-
mum quidem neroniano principatui vixisse ‚tragicum.. Ac si ‚de loco
quo fabula agatur quaeritur, nonne apertissimum est lotam. renı
Romae.. gestam esse? Sed apud Tacitum plane diversa rerum.. fa-
cies est: nam Rubellio Plauto et Fausto Cornelio .Sulla interemtig *),
quemadmodum in tragoedia iam deposito timore Nero Poppaeae nuptias
ob eiusmodi terrores dilatas maturare paravit Octaviamque .coniugem
amoliri, ut ille narrat Ann. 14, 59. Itaque extarbavit Octaviam
sterilem dictitans et coniunctus est Poppaeae, quae ‚Ärımaadi miatri-
monii causa aemulae servilem amorem .obiecit de quo dietum est
eap. 9 ann. 1; tum mota est Octavia civilis discidii specie, domo
Burri praediisqgue Plauti acceptis, sed mox in Campaniam ;pulsa est
addita militari custodia. RBevocata tamen.propter vnlgi yuestug Octa-
via cum multitadn laeta deos. venaretur,. effigies Poppaeae: proster-
neret, ÖOctaviae imagines floribus spargerent atqne laudandi. prin-
cipis causa pallatium clamoribus complerent: .emissi militum globi
verberibus et intento ferro turbam disiecerunt, repositusgne est Pop-
paeae honos, Quibus gestis e mandato Neronis Poppaeaeque. Ani
cetus fassus est adulterium Octaviae; qno crimine Claudii filia. in
insulam Pandatariam relegata et dehine paucis interiectis diebus mori
iussa est. At in tragnedia nulla fere horum memoria extat, ἴδῃ»
tumque abest μὲ Nero stupra Octaviae commentus sit cum prae-
fecto eius caedem mandaret, ut solum populi favorem et furorem
vs. 866 praetendere potuerit.. Seditionis quidem mentio iniicitur,
sed non propter revocatam e Campania, Octaviam sed statim. post-
quam haec :principis aulam reliquit**); sedatoque plebis tumulta
confestim in Pandatariam deportatur Britannici soror. Cur igitur
dicemus campanum exilium plane praetermissum esse? affırmabimusne
ante illam seditionem revocatam et restitutam esse Octaviam,. quia
Tacito teste Ann. 14, 61 in ipso illo tumaltu “Octaviae imagines
gestant humeris, spargunt floribus, foroque ac templis statuunt; re-
petitam venerantur’? Sed quomodocungue ultima verba aut .expli-
cabuntur aut emendabnntur (maxime placet los. Nerü repetitum venere
Antium id ut sit: ad repetendam Octaviam turba. usque ad Antium
progressa est ubi fortasse Nero tunc commorabatur aut quo Octa-
via 6 Campania profecta erat): id certe e 'Tacito constat ante re-
ditum Octaviae exarsisse tumultum jstum Poppaeae infestum, quae
*) In tragoedia 436. Nero ait “mitte qui Plauti mihi Sullaegne caesi
referat abscissum caput’. Pene iisdem vocabulis Tacitus Ann: 14, 57:
trelatum caput Sullae Nero illusit’. Dio 62, 14 T. 4. 70 de Plauto τὴν
κεφαλὴν προσενεχϑεῖσάν οἵ ἰδών “οὐκ. ἤδειν᾽ ἔφη “ὅτι μεγάλην. bin
εἶχεν᾽. Ac de hoc quoque Tacitus 1. 1.59 “caput interfecti relatum’.
**) Ineptissine Ritter vs. 660—667, qui in libris Octaviae continuan-
tur οὖ unice apti sunt, choro dedit. Num inauditum erat secum loqui
personam tragoediae? et nonne verba ‘En illuxit suspecta diu fama to-
ties iactata dies’! apertissime monktrant, tunc primam misceri chori ser-
monem ? ,
Archio f. Phil, u, Paedag, Bd. XIX. ΗΜ. 4. 39
610 Miscellaneorum eriticorum fasciculus quintus.
ieh ad extorquendam: aemalae caedem' recentt maritd maximum di-
scrimen ant& ochlos ‚ponit si *omitteret (Octavia) Campaniım. et in
Urbem’'ipsarm pergeret ad cuius nutum: ubsentis tumultus cierentar”.
Itaqae aut ighorantia seriptoris coneedenda est aut statirendum vo-
luisse poötam locum aebion!s 'unum esse; quanquam #cena in ipsa
Urbe variis ‚locis versatur. Simul aufem' conßteri debeinus bonum
poötam etiare #imwlafis illis: Octaviae adulteris τὶ potuisse ad mise-
ricordiam Üctavise commövendam Nerdnisgue sceleratum animum
revelandam. Non minus suspeetam 658 in hac tragoedia Sefonium
Tigellinum *) virtatem docere et moderationem. Nam postqnam Nero
Burro Afranio -praefecto‘ Sremedium' Ad fauces pollicttas' toxicum
mist? quo periit, ut est ἀρὰ Suetonitm Ner. 35 coll. Diowe 62, 13
T.4. 68. Taeito Ann. 14, 51; praetorüs cohorlibus {praeter Fe-
nium Rufem) Caesar Tacito ‚teste ‘veterem’ impudicitiam atqne in-
fimiam ἰὼ eo Secufus” praeposuit Tigellinum, cuias flagrantissima
Nlagitia'.et adulteria 'et ‘öives detestabantur et princeps spectabat,‘ita
ut iatimis eins’ libidinibus assnineretur: Ne multa de spureissimo
homine qui 'odiis'generis Aumani ereptus T. Vinii potentia etiam Gal-
bae printipatum 'subvertit, quique ut est Apud Tacitum Hist. 1, 72,
kobscaris-' parentibus foeda pueritiä impudica seneeta, praefecturam
vigtlum &et’praetörii’et ala ptaemia virtatum quia velacius erat vitnis
adeptus, crudelitatem imox, deinde avhritiam et vitilia scelera exer-
euit Torrapto-ad omne faciınas Nerone, quaö&d&m ignaro ausus, ae
postremo einsdem desertor ac 'proditot?! - 'Qüis’ autem aequo animo
ferrei possit hunc ipsum, wem 'naximam partem romanarım 'cladium
appellaveris, iussa;'Octaviae caede perturbari horrere rigere, ätgue
non δον huic 'opein -ferre' sed effam in Castiganda multitudinis se-
ditione miliora docere et clönientiam 'principi commendare? itane cre-
dibile Θεὲ egisse sceleimm' omhiam mapisttum et patronum? Qaid
autem: de hoc ertore Ritter? “Hominem nequam? inquit ad vs. 844
‘et Nerone nihilo meliorem: hie noster aliquants mitiorem et aeguio-
rem in subsequehte collogeio mhonstravit, uf NVeronem perfectum tyran-
num et: omni 'humano sensüu destäutum Wueulenttus pingere possel”.
Est 'aliquid veri in hac observafiörie, sed 'vereor' ne tragicas si satis
cognitum habeisyet Tigeiinam etindem 'finern Imelits et’ reetins con-
sequi potüerit. ' Nam ut pehfitas 'perspiceretur nutritem popalo ro-
meno, : Phaethontem orbi: terrarum fatsse Neronein, non Tigellino
aliquo opus erat sed familiari principis honesto atque probo; quem-
admodum ‘in superioribug Seneca producitur. caedibus Sullae et ‚Plauti
atque. diyortio Octaviae adversaturus.. Ac si rursus Senecam past-
quam ‚mäle dimissus ‚est. produci. displietit ‚ef Äpsa-res militem pestu-
lare visa est, quidni altero praefecto usns sit Fenio Rufo, cnius
certe 'segnem innöcentiam Tacitus &rgnit Ann. 14 „51? Qui olim
annonae 'praefectus ibid. 13, 22; post Burri necem una cum Tigellino
präetorüis ‚cohortibus impositus est, et vita famaqua laudatug (nt est
*) De co vide etiam supra cap. 5 ann. 3.
. ᾿ Δ j ᾿ τ ΕΝ
Scripsit Pr. Vater. on 611
ibid. 15, 50) demum in coniuratione pisoniana periit. 11Ma igitur nen
gratissimus principi me iudice präeter Senecam unus maxime ido-
neus Ὁ) erat ad mitigandam Neronis iracundiam immanitatemgne;
negne poterat a co&rtendo tumulta alienus putari, si quidem et ipse
inter inquisitores detecto Pisohis mota commemorater' ibid. 15, 66.
Πίδαμε nisi ‚forte rursus ad imperitiam itventiogig et: dispositionis
confugere visum fuerit, scriptori bistoriem non satis notam fuisse
confiteberis: quod ipsum documento est inferieri aetati assignandam
esse Octaviam. Quod :confirmare videtur L. Zuniüs Silanus, wener
Claudii imperatoris designatus maritusgue Octaviae faturas, nisı in-
sidiae ‚Agrippinae obstitissent; nam &ut fallor amt confadit scriptor
netem Lueii cum caede Appii patris. Detestata enim Glaudii cum
Agrippina matrimonium tangham, etordium plurimorum seelerum fon-
temque, sic declamat nntrix Octaviae. inde ἃ vs. 144: |
mactata soceri' concidit thalamis gener °
vietima tais **) ne fieret hymenaeis potens;'-
'pröok faeinus ingens! ferninae est munus datus
Sılanus et cruore foedavit sun ᾿ =
patrios penates criminis fcti reus. a
Quicnrique enim rem gestam ignofaverint ıion 'dubitabunt quin Si-
lanus confossus sit in ipsa principis aula, ubi patries pehates gaede
sua micuwlare potuit αἶα &bnepos 'Augusti fuit et affinitate con-
ianctus cum domo--caesarea,. : Eodem autern modo -Zonaras Ann,
11, 10. 468: πείθουσι τὸν Κλαύδιον ἐς ἐπιβουλεύοντά of
ἐποκτεῖναν ad generem retulit quae ad consocerum pertinent, in-
sidiarim 'enim crimine oceidit Appius Silanas, filius aufem Lucius
alia accusatione circumventus est. De ülo autem nemo actpratius
tt. :
“,
| *) Negue enim prababile est celandi Magitii causs solum: adhibjtum
esse Tigellinum, utut suspecins erat.Fenius. -Nam guemadmodum in multo
atrociore scelere de occidenda matre Nero Burrum quogue Consuluit et
Senecam ut videtur, sic credimus etiam de nece Octaviae toram familia-
ribus disceptatum esse, Ceterum apud Tatitam Arm. 15, 51 etiam !chilier«
chus in (misenessi): elasse: Volusids Progehas ocoadendae matris Nerohls
inter ministroes, nen ex magnitudine. aceleris provectus ut rebatur’ gom-
paret. Ille igitur in detestabili illo navigio operam pfaestitisse videtur,
nam 2 descriptione scaedis terrestris ‚accuratissima deest: vid. supra
cap. 13 pr. ᾿ u ΝΣ ΝΞ ΞΈΕΕι ᾿
**) Inepte Ritter ad vs. 145: *vulgata Ἔσο εὐππεϊαὺ Silanum deiectarh
esse conjugio Octaviae δὲ compulsum :ad::mortem, ne potentiam adipisoe-
retur; sed id Agrippins. minus curavit jiime emnia ee consiliv ia hac re
fecit. ut Alius suns Qctaviae potens hymenaeis fieret’: qnare ngscjo quam ob
causam tui.scribebat, . Quomodo autem Neronem Octaviae hymenaeis po-
tentem fieri credibile erat, si eiusdem hymenraeis Sihanus potens factus exset ?
Nam 'ipsam femisam' fortasse neuter curabat sed dotem εἴτις expetebant,
quemadmodum Burrus: Tepudiatere:.uxerem respondit οὐκοῦν nal εὴν
σιροῖκα αὐτῇ {τουτέστε τὴν Ayepovdwr) ἀπόδορ apud Dionem δὲ, 13
T.4. 68, .Τίαφας si hanc dotem ij. e. ‚potentiam sihe puella cansequi por.
tuisset Nero, sine dubio de Octavia parum söllicitus dotem accepisset,
mulierenm 'Silano vel alii expetitori reliquisset. ' ? 391 ΟΕ
Φφ
612 Micellaneorum criticorum fasciculus qaintus. .
Suetonio: epit Cland, 37 “quem cum Messalina εἰ Nareissus con-
spirassent perdere, divieis partibus alter ante lugem similis attonite
patroni cubiculum irrupit, affırmans somniasse se vim ei ab Appie
ülatam, altera in admirationem formata sibi guoque eandem speciem
aliqnot iam’ noctibus obversari retulit. Nec multo post ex compo-
sito .irrumpere Appius nuntiatus, cui pridie ad id temporis ut ad-
esset praecepfum: erat, ‚quasi plane repraesentaretur somnii fides,
‚arcessi (Lipsius ad.-Tacit.. Ann. 11, 29 arceri) statim ac meori ius-
sus est. Nec dubitavit postere die Claudius ordinem rei gestac
perferre δὲ senatum ac liberte: gratias agere quod pro salute sua
etiam dormiens excubaret’. Similiter Dio 60, 14 T. 3. 752: συνέ-
σλασὲν ὄναρ ὃ Νάρκισσος ὡς σφαττόμενον τὸν Κλαύδιον ὑπὸ τοῦ
Σιλανοῦ αὐτοχειρίᾳ ἰδών. καὶ αὐτὸς τε εὐδὺς ὑπὸ τὴν ἕω ἐν τῇ
εὐνῇ οἱ Er’ ὄντι τὸ. ὄναρ ὑπότρομος διηγήσατο. καὶ ἡ Meo-
σαλίνα παραλαβοῦσα ἐδείνωσε᾽ καὶ ὁ μὲν οὕτως ἐξ ἐνυπνίου παρα-
πώλετο. Demonstravimus personatum insidiatorem quem Zonaras
Claudii generum facit:; nonne credibile est tragicum quoque de ap-
piana caede inaudivisse et hanc ipsam ob causam mactatum in Clandii
thalamis Lucium offerre? Quod tamen quominus affırmetur obstat
Tacitus Ann. 12, 8: qno teste Livius ‘die auptiarum (Claudii cum
Agrippina) δὲ mortem conscivit, sive eo usque spem vitae pro-
duxerat seu delecto die augendam ad.invidiam’. Quare poeta dicere.
potest Silanum .illicitarum istarum nuptiarum quasi victimam et pia-
culum occisum esse, quia mors ei indicta esse videtur siquidem Sue-
tonius Claud. 29 scribit ‘Silanus abdicare se praetura ante quartum
Kalendas. ianuarias morique initio anni coactus, die ipso Clandii et
Agrippinae nuptiarum’ collato Dione 60, 31 Τ. 8. 790, refertque
Tacitus 1.1. etiam sororem punitam esse *“Calvina soror eius Italia
pulsa est’, quia ut Seneca Apocol. iocatur Silanus ‘sororem suam
festivissimam omnium pudlarum, quam ommnes Venerem vocarent,
maluerat Iunonem vocare’. Neque vero ista victimae interpretatio
inepta est si Lucii mors voluntaria propter ignominiam erat: quod
commendat Seneca in praecgdentibus “quantum quidem in ipso fuit
(Claudius) damnatum incesti L. Silanum generum suum occidil?.
Sed quod discrepat sit in’medio: qnare iis quae supra cap. 1 ann. 4
de Juba Germanict filia disputavimus addi potest, alteram claudianae
aetatis Iuliam tragico videri ignotam fuisse. Nam si Tacitus Ann.
14, 63 de Octavia in Pandatariam insulam relegata scribit: “non
ala exul visentium oculos maiore misericordia affecitz meminerant
adhuc quidam Agrippinae a Tiberio, recentior Iuliae memoria ob-
versabatur Claudio pulsae’, ipsa res docet matrem cum filia con-
iunctam esse (πος mihi constat Iuliam Drusi Liviaeque filiam in exi-
lium actam esse): at si tragicus eadem ocaasione et aperta Taciti im:-
tatione (in recensu miserarum e domo augusta feminarum) inter Agrip-
pinam et Iuliam interposita Liviae sorte pergit vs. 946: *Iulia matris
. fata secuta est, post longa tamen tempora ferro caesa est quamvis
crimine nullo’; tum vero dubitari potest utrum mater Agrippina
Scripsit Fr. Vater. . 613
significetur .an.quae proxime praecedit Livia. ' Quodsi e Tacito aliis-
que argumentis_ docuimus cogitandum esse de filia Agrippinae, tra-
gicus non’ 'videtur absolvi posse, quia si altera Fulia ei nota.fuisset
non tam aneipitibus. verbis uti potuisset: unde merito ignorantiam
eius notamus, quae a scriptore flaviani temporis quam maxime ab-
horret. Denigne in memoriam rovocamus quae cap. 19 extr. de
' Ägrippinae naufragio dicta sunt, quae evincunt turbidos fontes hau-
sisse auctorem: quibus collectis negamus upparem neroniano seculo
scripsisse po@tam.
16. Postgnam demonstratum est incerta post: Treianum actate
editam esse, eonsiderandus est Taciti locus Ann. 14, 8 extr. in quem
inepte librariorum sedulitate ‘duo nostrae Octaviae versiculi irrepse-
runt; qua in re piget confiteri deesse nobis editiones vetuktas, ita
ut in lemairiana acquiescere nos oportuerit. Ubi enim caedes Agrip-
pinae narratur, ad verba “iam in mortem centurioni ferrum destrin-
genti protendens uterum ventrem feri exclämavit’ Lipsius monuit
‘sustuli insigne glossema aliquot versuum qui huc transcripti e Se-
necae Octavia (vs.368 54.) verbatim, eaque omnia iure desunt va-
ticano’; affırmatque Ernesti verba insiticia abesse etiam ab ed. pr.
sed mox adiecisse Puteolanam sequentibus aliis, atque extare ferun-
tur in cod. ms. budensi. Praeterea Senecae interpretes ad Oct. 368:
*caedis moriens illa ministram rogat’infelix’ adscripserunt: “habentur
haec si non ad verbum at certe eodem sensu in Taciti Ann. 14, 8
scilicet Agrippina exclamavit rogans ministrum-ut utero dirum ensem
conderet, adiiciens Aic est fodiendus ferro monstrum quk tale tulit:
post hanc vocem mixtam gemita animam tandem per fera tristem
vulnera reddidit. Haec igitur omnia olim in Tacito legebantur,
sed ms. Agric. pro ventrem feri exclamavit exhibere dicitur “hunc,,
exclamavit, hunc feri, monstrum qui tale tulit’, ubi vincta oratio
fontem arguit. Nihil autem ex hoc testimonio praesidii de aetate
Octaviae quaerentibus: nam et Senecae editores de codicibus qui
ultinram tragoediam contineant deque eorum' discrepantiis paucissima
disseruerunt, et ne Taciti quidem interprefes enucleate docuisse: vi-
dentur quibusnam eodicibus desit interpolatio maxime insignis aut
quinam sponsores eius sint. Nam soli budensis et Agricolae Hbri
nominatim citari videntur, quorum hic pancula fantummodo verba
ex Octavia affert et negatur vetustus esse, ille autem et ipse non
scribi ‚potuit ante finem seculi 15, quanquam creditur e vetusto
exemplari manasse: vid. edit, lemair, T.1. x sqq. Quare credibile
‚est interpolationem recentiorem Octaviae codicibus esse, ipsis mon-
strantibus Taciti libris ms. sed quia omnes qui supersunt Taciti
codices ne excepto quidem florentino e communi fonte derivantur,
etiam versiculi illi ad superiora secula (fortasse ad ipsum Taciti
imperatoris aevum) referri poterant, ‘quo tempore scribae, doctio-
res erant quam seculo quinto, decimo et margini appinxisse vi-
614 Miscellaneorum eriticorum fasciculus “quintus.
dentur : quäe legen&bus. Octäviam. ant spectantibus *) maxime pla-
enerant.. ὁ oo
17, Videmur' nobis 'demonstrasse Octaviam tam a L. Annaeo
Seneca quam a Curistio Materno alienam esse, et errores historicos
obstare quominus proximo post Neronem. tempari tragoedıa assigne-
tür, nisi scriptor iness erat et rerum gestarum anctoribus yti ne-
seiebat. Reliquum igitur est ut fateamur: prae Serecae tragoedis
maxime nobis: placere Octaviam istam, quae viiis illarum caneat et
virtutibus vix superetur. Non dictum hoc est eo fine ut philosopbi
fabulis detraberetur, quas propter acumen sententiarum locosque
Hlustres atque prepter metrorum dictionisque elegantiarh et ipsas
adıniramur ; sed 'displitet oeconomia Uissoleta, quaeque“aliis occa-
sionibus optima essent allasque maxime decerent personas, ea vitiosa
indico et tarpia quia neque proposito satis conducunt neque apte
haerent. - Nihil autem iniquims esse potest indicio Langii Vind. trag.
rom. Lips. 1822 p. 2 sq. ‘romanae tragoediae quae hoc nomine digna
sit paucissima 'tantum fragmenfa easu verius gaam consilio. servata
sunt, eague fere itd lacerata: .et truncata ut: etiam periisse ruinas
cam poöta propemodum dicere liceat: Sed kaud scio un inftstiore
quaque οὐδ factum sit ut Sensae tragosdiae. servarenixt ex quibus
*) Non dubito guin pleraegne omnes Romanorum tragoediae quae sub
imperatoribus editae sant maxime recitafioni inservierint, quanquam non
video cur negemus aliquando vel Senecae fübulas actas esse. Certe me-
mini. Erasmum Epist. 23, 5. narrare a Petro vei Thoma Phaedro romano
quinti decimi seculi rhetore- publice Romae maximo cum applausu actam
ess6 Senecae Phaedram, unde ei cognomen Phaedri inditum est. Ritter
vero praef. XXVI nimis audacter me iudice negat artas. esse aut Senecae
tragoedias aut Octaviam; nam de Materno disserens “idem’ inquit “Sene-
cam- ducem 'etiam ita secutns est ut fabulas suas non histrionibus sgendas
committeret (id .quod Pamponius Secundus aaqualis aetate paullo maior
fecit) sed recitantem se audientibus et max legentibus quae scripsisset
carmina destinaret. Quapropter dubitari nequit quin insigne ckori decus
(sed quod in romani theatri orchestram induci non posset!) dramatis suis
adsciverit, etiam in hac re Senecae exemplum secutus” coll. p. XI. Non
affırmabo quidem unguam publics actam esse Outädviam yuia rei non in- -
credibili tentes desunt; sel Ritteri argumentum, unioum ἃ. cheri decore
petitum lange -levissimum .est. Ipse enim concegsit Pomponium carmina
sua scenae dedisse testisque est. idoneus Tacitus Ann. 11, 13: ‘cur igitur
notissima Terentiani Mauri de choris eius verba neglexit “in tragicis
iunxere ohoris hun (bucolicum) saepe diserte. Annaeus Seneca et Pom-
ponius ante Becandus’ et “inserit haac aegne Pomponius in okarigis sie’,
quae cam alü certatim attulergnt tum Welcker de, trag. 1442}, Nec di-
gnitas Senecas obstabat, nam Pomponius quoque cousularis erat cym thea-
tralem populi lasciviam experiretur. . Ceterum plurima quae -Welcker
1.1. 1440 sq. de: Pomponio füdit incerta sunt (propter' cdgnomina) ant
falsa: nam de Quinctiliani aetate rectius disputabat Fir. Müller Quaest.
Quiactil. Hal. 1840 coll. C, Fr. Hermango' de:.scriptor. ill. apud Hieron.
Gott. 1848. 35,. et si Quinctilianus Inst. 8, 3, 31 de. tragico agit Pom-
ponio, eodem iure Welcker affımare poterat, Scnecam quoque su Galbae
principatu superstitem fuisse, quod absurdum. Sed Quinctilianus sub
Caio natus adolescentiam Romae litteris Claudio principe dicavit,
--
. ‚Sexipsit Fr. Vater. 618
“ pauci fortasse erunt qui mon deteriorem de tota μοδεὶ tragica Boma-
norum opinionem concipiant, congeptamque in animo haerere et pene
se inscios ad iniquiora de tragoedia romana iudicia adduci patiantır,
Quodsi integra aliqua Pacuvii Attive fabula, si modo Varii T,hyestes
aut Oyidii Medea superesset, mitiorem. aliquanto sententiam non
dubito laturos esse qui nunc.in Ramanorum scena non nisi Grae-
coram simios, gothurnatos gladiatores, imanes causidicos-, tumidos
rbetores prodiisse contendınt’”. Eiusmodi enim declamationes dguag
et ipsae fumore laborant .nihil valere.poterunt apud peritos et ido-
neos iudices, quia. ecorum qui .Senecam longissimo intervallo post se
reliquisse iactantur nihil superest ‚praeter paucissimog versicules;
atque credi potest ab iis, qui senfentiarum causa veterem tragoediam
consuluerunt optima quaeque excerpta. 6836: ifaque si quis iisdem
condicionibys flores superatitum .tragoediarum .legerit, facile opusan-
kum nascetur egregium et. supra Attiog Pacuviosgue ad quos pra-
vocatur,. _Totius enim quaestionis cardo in eo yertitur ut osfenda-
tur. veteres tragicos melius Seneca dramata disposuisse: quod optari
. guidem sed affırmari nequit et vel propterea incredibile est, quod
ne una quidem fabula romana e fragmentis probabiliter restituta
est; immp quo plara frustyla servata sunf eo -difücilior redditur quae
stio, .quia nondum quisquam docuit quamodo sententiae cum argu- -
mento hominumque indole quos egisse necessarium est conciliari
possint. Sed ut .haec mittantur quae altioris indagieis sint, videtur
exponendum esse .cur Octaviam anngeanig fragoesliis praeferendam
esse exisfimaverim: qua in re prppemodum Ritteri iudicium sequi
licet praef. ΧΙ: “is qui hanc fabulam composuit Senecam imitatur
ac fere-pusillus.:Seneca est, minoribus meruis et oralione poetici ser-
monis luminibus minus ilustri sed eadem sohrie ‚plerwnque. coercita et
prudenter temperata, ut in vitium kumoris.et fucali ornatus rarius
incidat: quam uctor. ceterarum tragoediarum. quibus Senecae nomen
recte inscriptum legitur. Apud utramque longae orationes, multi
elocutionis flores, inventionis et actiopis.inopia, einsgmogi materiag
mythicae usus ut in.fabulis vigor et. vita.-desjderetur’”., Neque vero
erat cur talibus argumentis vir doctissimus p. VI Octaviam “ceteris
vi ac virtute tragica paullo inferiorem? culparet: nam aegrotantis
est simplices cibos_ aversari οἱ fastidire, .eb ut cum Tacito loquar
Dial. 6: “malim hercule C. Gräcahi impetym aut L. Crassi maturi-
tatem quam calamistros Maecenatis ‚aut tinnitus Gallionis;. adeo me-
lius est orationem vel Airta .togg induere quam fucatis et merelricüs
vestibus insignire. Neque enim.(gravis) iste, immo. bercyle ze viri-
lis quidem cultus est, qug plerique ita utuntur ut lageivia, verborum
et levitate sententiarum ‚et licentia compositionis histrionales modos
exprimant’. Semper-enim yalebit Cicerogig : de Gaesaris, commen-
tariis iudicium Brut. 75, 262%: “μιά sunt reeti et, venusti, omni or-
natu orationis tanquam veste detracta;. sed dum.voluit. alios habere
parata unde sumerent qui vellent seribere historian , igeptis gratum
fortasse fecit qui volent illa calamistris inurere, sanos quidem homines
816 Miscellaneorum criticorum fascieulus quintus.
a scribendo deterruit’: _quae qui attulit Suetomus Caes. 66: simul
laudat A, Hirtii de iisdem vocem de B. gall. 8 praef. 5: “adeo pro-
bantur omnium iudicio ut praecepta non praebita facaltas scriptoribus
videatur’. Absit igitur ‘ut annacanarum tragoediardm confusam elo-
quentiam, catachannae ritu partim iligneis nucibus Catonis partim
molliculis et febriculosis prunulis insitam, praeferam nativae gravi-
tati Oictaviae et temperatae; tanquam reconditoram -acuminum foe-
toribus orbata neque tam discincta at 'illaram diffluens oratio aut
inferior sit aut vilior maxima istarami μυροβρεχῶν cincinnorum mul-
titudine. Neque vero ipsum Ritterum fugit etiam in Octavia (ut
affırmat ad vs. 917) flores non ita raro spiendescere, inbetque eos
paullo diligentius considerari a censoribus qui paucis verbis fastugne
plenis iudicare solent de tragoedia romana, Nemo autem incon-
sideratius I. Lipsio praef. ad Plantinianum disserebat, qui verbere
eruditorum excipiendam esse existimabat Octaviam non plausus: *quid
non iu ea protritum, vulgare”? inquit, “immo et vile? quam mnlta
rebus verbisque inepta? piget excerpere et obiicere tibi singillatim ;
puer ego sum nisi 8 puero ea scripta, certe pueri modo’. Cuius
auctoritati quomians cedam eum meum qualecunque indicium obstat
tum inepta eius admirativ Thebaidis, quam gemmulam aevi augustei
snspicatur, altamque vocat doctam grandem et quae sno iure am-
Bulet in cothurnis; riihil nsquam iuvenile arcessitum aut fucatum esse,
acumina virilia fortia etc. Longo enim usu mihi cognovisse videor
unam illam ineptissimam esse et invenustissimam: quid enim infice-
tius aut foedius Oedipi iam caeci dicto v8s.49: “nulum facere iam
possum scelus.... possum miser; praedico, discede ἃ patre, dis-
cede virgo; timeu post matrem omnia?’!? quibas verbis arcet Anti-
gonam detestabili illa subtilitate qguam praesertim argenteae aetatis
auctores affectant, cuiasque ne Schiller quidem noster expers est
velut in Puella aurelianensi “ich darf ihn hassen, ich hab? ihn ge-
boren. Porro quid unquam aut vilius aut indignius declamator
scripsit quam quae eidem Oedipo tribuuntur, capto moriendi con-
silio Antigonae cedenti inde a vs. 306? |
grrata, quid genibus meis
fies advoluta? quid prece indomitum domas?
unum hoc habet Fortuna quo possim capi
invictus aliis, sola tu affectus potes
mollire duros, sola pietatem in domo
docere nostra; nil grave aut miserum est mihi
quod te stiam voluisse, tu tantum impera!
hie Oedipus aegaea tranabit freta
jubente te, flammasque quas siculo vomit
de monte tellus igneos volvens globos
excipiet ore, seque serpenti offeret
quae saeva furto nemoris herculeo furit;
iubente te praebebit alitibus iecur,
iubente te vel vivet! .
Seripsit Fr, Vater. | 647
Sicine 'oculis captus senex idemque pater? ineptiusne invennstiusve
adolescentem amore deperditum ceram deliciis snis debaechari po-
tuisse?_ Sed’haee speciminis causa quo de Lipsii faeultate iudicandi
constaret, neque Dan. Heinsii sententiam amplector qui prae ceteris
‚ Troatdas commeıdat, Octaviam aeqne deepieit' quasi trivieli monete.
cusam; concedit tamen inesse quaedam minus putida πος minus la-
tina quam in Hercule vet, 'quae ubique tırmeat; huic vero ne sermone
quidem cedere, negne kızuriam 'istam ac redandantiam habere, humi
tamen serpere etc. vid. Seneca ed, lemair. T. 1. XXXV sqq. Sed
quam ille Scaligero duce divinam et principem. tragoediam vendi-
tabat, Troades nonne infamatur rixa scurrili Agamemnonis et Pyrrhi ἢ
Praeivit quidem talia Euripides plebeculae atticae gratificatus litinm
cupidissimae, sed declamator noster post maximam contentionem
iracundiamque tranquillum sine causa praestat Agamemnonem et te-
mere mitem; nam cum videretur iam ad gladios perventum esse,
ille vs. 353 sudita tranguillitate animi ait: ᾿ .
compescere equidem verbo :et audacem malo
poteram domare, sed meus captis quoque
scit parcere ensis; potius interpres deum
Calchas vocetur: fata si pöscunt dabo.
Cur igitur statim dabas quae non ignorabas in fatis esse? cur de-
honestabas te ignava ferocia? cur conviciis lacerabas virum de pa-
tria meritissimum;, ipse quoque -ab δος indigno passus ?Sed deerat
po£ttae rectum iudicium decorique sensus, qui v3.130 cum luxis-
sent troianae mnlieres Hectoris caedem, Hecubam iussit dicere-
vertite planctus, Priamo vestros Ä
fundite fletus! safis Hector habet!
Et quid inficetius quam praecepta eiusdem Hecubae, miserrimam
Troiae Troianorumqne sortem fleturae vs, 87? “ΝΕ
veste remissa .
substringe sinus, uteroque tenus
pateant artus! cui coniugio
pectora velas, captive pudor ?
quanto enim honestias Lucanus Phars. 2, 24: ‘cum mater crine so-
luto 'exigit ad saevos famularum brachia planctus! Sed haec per-
sequi longum erat, πες videbatur aeguum esse Senecam nimis se-
vere castigare, cuius tragoedias et ipsas magni aestimarem quemque
communi istius aevi' labe contactum et infectum. scirem. ’Tragici
enim romani 'primum plane 6 graecis pendebaut, sed graecae sim-
plicitatis pertaesi mox quaestinnculas spinosas: salebrosasqne e late-
bris scholae (ad modam Epicharmi) suis imitationibus immiscwerunt.
Sed qno'tempore nonnulli iam feliciter audebant, mutabatur reip,
forına „ quaegue mentern pungebänt non amplius ad publicum usum
transferri poterant: quare optimus quisque cor .triste et sollicitum
fevabat deelamationibus aut virus effadit in alieno..argumento, arbi-
trati illi intellectum iri- quorsum illa tenderent.. Paullatim demum
novo statai reram assneti-trangailliores facti sant homines, illogaue
τ
618 Ueber die Bedeutung van .agnomen.
tempore inde a seeulo millesimo sine- vano illo .perditae libertatis
desiderio .et .sine simulafo ναὶ dissimulato dolore rem, sorte sua con-
tenti aggressi.sunt. Tune igitur: etiam simplicitas 'rediüt ‚taligye
aetate etiam Octaviam -quidqwe- ille est meditabatur , Aon insignis
magnis: virtutibus. sed argumento ipso adiutus quad aine argytiis ‚et
artifichhs movere et pereellere. Jdebehat auditeres. ‚Itaque:poeta me-
diveris est οἱ τῶν ἀπτώτων. praeterea::ut Ritter recte .monuit imi-
kator Semecae ; -sed, tragoedia. ipsa lauge. superare videfur quidquid,
tragoediarum a. Bomanis seriptem est: : -- .
πο, Kasani m. Sept. 1862 ° Ὁ. , ᾿΄. Fr. Vater.
‚Ueber die Bedeulung von‘ agnomen,
ein Nachtrag zu Seite 262 fl.
‘Von Professor Dr. Geppert: zu' Berlin.
‚ Ich habe in meinem Aufsatz “über Yar - und Zungmen des Plautus
und die Echtheit seiner Stücke’ das Wort agnomen in dem Sinn von
nomen gentile gebraucht. Um etwaigen. Missverständnissen vorgu-
beugen, erlaube ich mir nachträglich folgende Bemerkungen.
: Dass (die Bedentang, welche die Grammatiker dem Wort aga0-
men‘ beilegen, indem sie. unter. demselben. ee besondre Art von
Beinamen verstehn, nicht. die richtige. sein kann ; ἠδὲ von. den älteren
Schriftstellern, die sich mit diesem ‚Gegenstaude. besonders beschäf-
tigt haben, einstimmig Auerkamnt. 'So hat Osuphrius. Panvinius de
antt. Rom. nominib. in Giaeres thesanrus Il. p. 1042 darauf auf-
merksam gemacht, dass, - während::der: Pseudo - Valerius.: de prae-
nomine die Reihenfolge der römischen :Namen dahin angibt, dass
das agnoınen der vierte in ‚derselben sein aoll,. Valerius Maximus
selbst, III, 7, 1 den Beinamen Africanua.in dem Namen .des P, Cor-
nelius Scipio entschieden als cognomen und. nicht ala agnomen be-
zeiehnet. Ebetise hat :Sigonius- de Hom. nominib..a.a.0. 3.978
bemerkt, dass‘ Cicero die; Beinamen Sapiens und Diver, die Cato
und Crassus- führten, gleichfalls cegnosisa nennt und der rümisnhe
Arzt 'Serviis:(Petros) hatin seinen Miscellaseen, im. appendix zu
ὁ. ΨΗΪ de agnomine et eognomine, ‘den Greevins in:der Vorrede
zum zweiten Theil 'semes thesaurug wieder ‚ahdrucken , liess, ‚aus
Livins; Valerins Maximus, Saetonius, ‘Velleius, Mäcrohius, Florus
und Rüftis' ;wachgewieseh, . dass nicht zur der. vierke;.;sonsern auch
jeiler folgende Name in der Reihe der römischen Nomendlatur ebenso
wie der dritte von: den alten: Schriftstellern sogsomen. und nicht
agnomen genannt 'wurde j wie: denn ::digselben ‚auch: nicht, von meh-
reren cögnominibus "hätten sprechen können; wenn -dieser Begriff
nur "auf (die Gattung der’ Familiennamen beschränkt gewesen. wäre,
wohin ‘ihn die Grammatiker ausschliesslich "verweisen. Deszelben
Von Professor Dr, ‚Geppert zu Berlin. - 649,
Gegenstand ‚hat neuerdings auch Kempf.:- de incerti anctoris frag-
mente, quyod inseribitar de praenominibug (Programm zum: 8. April
1854 gr. Kloster) p. 21. ausführlich erörtert.
Es hätte aber vielleicht auch- nicht einmal dieser. Nachweise
bedurft,. um die Willkür, welche die . Grammatiker bei der Aus-
legung dieser Worte leitete, darzuthun, denn, es springt in die Au-
gen, dass’ ihre Definitionen zum Theil nur aus falscher Etymologie
ehtsprungen sind. So namentlich die von cognomen. Priscian. 1, ἢ
p-71:.Kn. sagt... cognamen, cognatsonis communes weiterhin: Cicero —
Familiae. eis «ognomen; Diomed«s: p. 306.P, eognomex uniuscuiysgue
pröprium est, ut Catoy. Seipio; Pompeins p, 100.ed, Lind, cogromina
quasi. natyralia sunt,. nebiscum quig (Lind. guasi) ‚nascuntur, aber.
das cognomen hat weder davon seinen Namen, dass es mehreren
Personen. gemeinschaftlich ist, noch davon, dass man- damit. geboren
wird, sondern allein davon, dass. es gemeinschaftlich mit dem ngmen
zur Bezeichaung einer Person dient. . Es ist nichts als, ein Beiname
in der: allgemeigsten Bedeutung das Wortes und ‚die alten Schrift-
steller habon keinen Unterschied gemacht, ab.derselbe einer ganzen
Familie. oder einem Einzelnen angehört, ob man ihn bei der Geburt
oder später bekommen hat, ‚Erst das. abgeleitete Adjectiv. cognpminis
hat: die Bedeutung, dans es Personen bezeichnet, die einen gemeig-
samen Namen führen und dies mag zu dem, Irrthum der. Gramma-
tiker die Veranlassung gegeben haben... :. ..
Noch sonderbarer siad ihre ‚Definitionen , von, agnomen ,. die
Kempf a.a. ©. p. 27 zusammengestellt bat. ‚Priscian a.:a. O. erklärt:
agnomen est, quad. ab aliquo ‚evanty ‚\mponitur,, ut ‚Africanus, Iseu-
ricus; Diomedes: agnomen est, qguod extrinseeus cognominibus ‚adüca
solet ;: es: αἰχμα ralione vel virkute quaesitum, ut ast Africanus, Nu-,-
mantinus: ἐξ simiia; Pompeius: Omnia agnamina ab achibus veniunfy
weshälb, seiner Meianng nach , Kinder, gar kein agnpmen haben,
können, .und Ellendt de cognomine ef agnomine Romano $.3, mit
Hinweisung: auf .Priscian und Diomedes: agnomen ipsa originatione,
indicare videlur nomen alteri quasi er abundanti additun., Wie
sollten aber die Röwer wol: daranf gekommen sein, diese, Art von
Beinainen, die ab aliquo eventu- nder. ab actibus oder ex abundaati
ertheilt ‘wurden; von ‚den andern :auszusondern :und mit. dem Namen
agsömina zu bezeichnen? Er. aliqua ratione vel virtute ‚aber wird
doch gewiss jeder Beiname gegeben. worden sein. _
: Dies haben auch Jie älteren -Speoialschriftsteller über- diesen
Gegenstand erkannt und nach einer andern.-Begriffsbestimmung für
agnomen gesucht, we denn keine Art von Namen, weder das eogno-
men noch das nomen gentile noch das praenomen, der Identifieation
mit. dem. agnomen entgangen: ist... Sigonius a, 8. Ὁ, entschied sich
dafür, cogsomen und agnomen für: gleichbedeytend. zu nehmen, weil
die: von den: Grammatikern so. genanhten agnomipa von den Clas-
sikern selbst nor. als eognomina ;bezeichnet „werden, Robortellus de
nominibus.' wollte darunter das nomen- gentilicium verstehn ,. indem
-
620 - Ueber ‚die Bedeutung von agnomen. : Θ᾿ ,
er annahm, die agnati hätten «das agnomen geführt, wo freilich der
Begriff der agnatio sehr weit ausgedehnt werden müsste, wenn er
die Mitglieder einer gens umfassen soll, Lipsius zu Tacitus Annal. IV
p. 133 Note 167 gebraucht agnomen in dem Sinne von-praenomen,
indem er die weiblichen Vornamen (Secanda, Tertia, Quarta, Quinta)
agnomina nennt, an einer andern Stelle dagegen, p. 50% exc. F.,
versteht er’ unter agnominafi solche Personen, die einen abgeleiteten
Namen: tragen, ‚wie Cornelianus, Gellianus, Clodianus, Servius end-
lich, der das letzte Wort in dieser Angelegenheit za sprechen suchte,
gab die Bedeutung des Wortes dahin an, dass es den Namen be-
‚zeichnen sollte, den man bei der Adeption in eine fremde Familie
noch behielt, so z. B. Scipio in dem Namen Qu. Caeclius Metel-
lus Scipi. ' |
᾿ Keine von diesen Definitionen scheint Anklang gefunden zu
haben, Die älteren Pbilologen zogen es vor, das Wort agnomen,
von dessen Bedeutung sie sich nicht genügende Rechenschaft geben
konnten, ‚gänzlich zu vermeiden und da sie nach dem Vorgange
der Classiker cognomen für eine jede Art von Beinamen gebrauch-
ten, so war ihnen agnomen vollkommen entbehrlich. In neuester
Zeit dagegen scheinen diese Untersuchungen ganz in Vergessenheit
. gerathen zu sein: wenigstens gebraucht Ellendt in der angeführten
Schrift das Wort ganz in dem von den Grammatikern angenommenen
“ Sinn mit einer Zuversichtlichkeit, als ob nie ein Zweifel gegen die
Richtigkeit desselben geäussert worden wäre,
Wenn ich es nun unternehme, diese von so vielen Seiten an-
. geregte Frage wieder ‚aufzunehmen und die eigentliche Bedeutung
des Wortes darzuthun, so wird es vor allen Dingen darauf ankom-
"men, nachzuweisen, ia welchem Sinne die alten Schriftsteller das
‚Wort gebraucht haben können, denn zunächst ist zu bemerken,
dass es in dieser Form gar nicht bei ihnen vorkommt. Bei Cicero
de inv. rhet. 2, 9 wo man früher las: nomen cum dieimus, cogno-
men quoque et agnomen intelligatur oportet, sind die Worte et agno-
men, die nur den Zusatz eines späten Grammatikers enthalten, auf
die Autorität der besten Handschriften gestrichen, und wenn es
bei Capitolinus im Verus c. 3 heisst: Nec aliud ei honorificentiae ad
nomen adiunctum est, quam quod Augusti filius est uppellatus, so
werden wir nicht mit Casaubonus ad und nomen zu einem Wort
verbinden, sondern ad, das nur aus adiunctum entstanden ist, zu
tigen haben. Der Schriftsteller sagt: es wurde ihm kein andrer
Ehrenname beigelegt, nicht: es wurde ihm kein andrer Ehrenbei-
name beigelegt. Andere Stellen, in denen agnomen mit Unrecht in
den Text gesetzt ist, hat Kempf 8. 8. Ο. p. 25 erörtert.
Dagegen findet man, wenn auch nicht agnomen, so doch agno-
mentum an einer Stelle, und da dies der Bedeutung nach ebenso
wenig von agnomen verschieden sein kann, wie cognomentum von
cognomen, so muss diese die in Rede stehende Frage entscheiden.
Appuleius nämlich sagt in seiner Apologie, opp.Il. p. 519 ed. Oudend.,
’
Von Professor Dr. Geppert.zu Berlin. 621
von seinem Ankläger Sieinius Aemilianus: Igitur agnomenta (der
. eod. d’Orvillianus hat ignomina,. worin offenbar agnomina liegt). οἱ
due indifa: Charon, μὲ igqm dudum dixs, ab oris et animi djritetem,
sed alterum, quod libentius audit, ob deorum conlemtum, Mesentius.
Hier hat. agnomentum augenscheinlich nicht die Bedeutung eines
Beinamens, die ihm die alten Grammatiker: beilegen, sondern die ᾿
von nomen, denn es ist kein coggomen, welches Sicinius Aemilianns
neben’ seinem nomen erhält, sondern ein neuer Name, den er statt
des seinigen tragen soll und wer ihn Charon oder Mezentius namnte,
nannte ihn nicht mehr Siciniog, weil er in, jenem Namen eine pas-
sendere Bezeichnung für 'seine Person gefunden zu haben meinte,
‚wie ‘dies auch 'Appuleius in seiner Rede selber thut. Bei :einer
wiederholten Namengebung oder emer Umtaufe, dieser Art aber ge-
brauchen die alten Schriftsteller nur das Wort namen. Sp ‚sagt
Plautus Capt. V, 8, 6: Quod erat.ei nomen? — Paegnium. vocir
tatust: post vos indidistis -Tyndare. . Hätte. der Dichter gesagt:
post cognominastis Tyndaruım, so würde dies einen ganz andern
Sinn geben, denn dann hätte die betreffende Person den Namen
Tyndarus zu dem schon vorhandnen Paegnium erhalten, während
sie vielmehr den ersten verlor, als sie den zweiten bekam. Ebenso
heisst es Capt. I, 1, 1 Iuventns nomen indidit scorto mibi III, 5, 68 |
Sexcentoplago nomen indetur tibi Men. I, 1, 1 Iuventus nomen fecit
Penicnlo mihi und bei Cicero p. Caec. 10 Sex. Clodius, cui nomen
est Phormio, lauter Namen, die statt der ursprünglichen Personen-
bezeichnung eintreten sollten, und, was hier entscheidend ist, Ap-
puleius selbst sagt an der Stelle, auf .die er sich in den oben mit»
getheilten Worten bezieht p. 444: Neque enim diu est,. cum te. cre- ἢ
brae mortes propinguorum immeritis hereditatibus fulserunt: unde {ἰδὲ
potius quam ob istam teterrimam faciem, Charon nomen est*).
Wenn es demnach von dieser Seite. feststeht, dass Appuleiug
agnomentum ganz gleichbedeutend mit. nomen gebraucht, ' so erhält
dies auch andrerseits durch sein archaistisches Streben eine Bestä+
tigung, welches ihn dazu trieb, für die gewöhnlichsten Worte die
alterthümlichsten Formen zu wählen. So hatte er ohne Zweifel be=- -
merkt, dass die älteste Sprache diese Zusammensetzungen mit dem
abundanten ad, dessen Erklärung schon den Grammatikern bei Gel-
lias VII, 7 so grosse Schwierigkeiten machte, vorzugsweise liebte.
In dieser Weise findet man namentlich bei Plautus adaeque, adde-
cere, admederari, admutilare, adolere, adsolere, apprime,‘approbe,
adformidare, attondere, attrepidare, adproperare, bei Cato adareo,
adindere, aduti, bei I. Accius adauctare und bei andern Schrift- .
stellern dieser Art, die Festus nicht näher bezeichnet, adsipere.
*) Dasselbe Resultat würde sich aus einer Grabschrift bei Gruter
inscriptt. p. DCLXXX. 8 V.2ergeben, wo, wie Burmann anthol. II. p.172
bemerkt, ein Gegensatz in den Worten forma puerum: agnomine Priscum
enthalten ist, doch der Vers ist corrupt und kann daher zu keinem Be-
weise gebraucht werden.
622 Uebersetzungsprobe ans Onid.
Gerade diese ‘Classe von Wörtern aber ist es, derefi Nachahmung
sich Appuleius besonders angelegen sein lässt. Er gebraucht ado-
perta in dem Sinn von secreta, adsonare, adlaerimare,, adsuspirare,
adtolerare, affıgere ganz in der Bedentung von fingere ; adlubescere,
adlubentia, annancius (nach dem Muster des Plautinischen renuncius)
adusque und andre Wörter dieser Art. ᾿ Zu ihnen gehört auch agno-
mentum in dem Sinne von nomen.
So viel von dem Gebrauch des Wortes. ‘Ob nun dasselbe ur-
sprünglich dazu gebildet worden ist, ufn das nomen καὶ ἐξοχήν,
d. ἢ. das nomen gentile, wie Robortellus vermuthete, zu bezeich-
nen, will ich nicht behanpten, weil es sich nicht beweisen lässt: so
viel ist gewiss, dass, wenn &nders agnomen mar eine-andere Form
von nomen gewesen ist, es auch .die praegnante Bedentung dessel-
ben, d. h. die von nomen gentile, getheilt haben muss. Mir aber
war’ diese Form erwünscht, da sie mir sehr geeignet schien, um
das nomen (gentile) mit Einem Wort dem praenomen und cogno-
men als eine besondre Species gegenüberstellen zu können.
Ueborsolzungsprobe von Ovids Tristien ht 7 8.
| ‚Elegie 8.
Nimmt’ dich Wunder vielleicht, warum mern ‚hentiges- Briefchen‘
" Andere Handschrift zeigt: wisse, ich selber bin krank. ΄
Krank am Ende der Welt in den fremd unheimischen Gauen,
Und mich des Lebens sogar musst’ ich beinahe: verzeih’n.
Wie dabei mir zu Muth, ans Lager gebannt in der Wildniss
Unter Sarmatischem Volk, denk dir! und Geten zu sein.
Weder vertrag’ ich die Luft noch konnt? ich das Wasser gewöhnen,
Sonderbar —— selber das Land, find’ ich, behaget mir nicht,
Wenig bequem ist das Haus, undienlich dem Kranken die Kost hier,
Nirgend ein Jünger Apoll’s, kundig zu stillen die Pein.
Nicht ein einziger Freund, der Trost zuspräche und plaudernd
᾿ Kürzte den schleichenden Gang träger Minuten, ‘erscheint.
Matt hier lieg’ ich, erschöpft, in der Völker entiegensten Marken,
Ach, und dem Leidenden taucht jetzo die Ferne. empor.
Alles und Jedes empor — doch voran du Allem, 0 Gattin,
Mehr ja als halb und zum Theil hast du mein ‚Herz in Besitz:
Dir in der Ferne: ja gilt mein Wort, dich nennet ‘mein Ruf nur,
Niemals naht sich die Nacht ohne dich, nimmer der Tag.
Selbst da Wirres ich sprach, sei’s also, sapt men, gewesen,
"Dass noch im Irrsion mir lebte dein Name im Mund,
Würde die Zunge mir schon anklebend am. Gaumen versagen,
..Kaum. ‘durch träufelnden Wein 'neu zu. beleben noch sein:
ss mich: „‚die Herrin ist da“,-— dann hören; vor, Lager ersteh’ ich
Und das Verlangen ı nach dir "führt mich ing Leben :zuräck.
Vom Stadienlehrer Dr. Wölffel zu Närnberg. 623
Nun bin ich am Leben verzagt, du lebst in der Heimath,
Kennst ja die meinigen nieht, heitere Tage vielleicht.
Nein, ich beschwör’ es, o nein: "ich weiss ja, Geliebte der Hetzens, "
- Tage verlebt ohne mich haben nur Düster für dich, —
Hat nun aber erfüllt mein T.oos, die es sollte, die Jahre,
Tritt so schleunig das Ziel jetzo des Lebens mieh an!
Himmlische Mächte, was war's dann Grosses des Sterbenden Haupt
noch
Schonen, dass heimische Erd wenigstens’ wölbte mein Grab.
Hätte die Busse sich doch auf: die Stunde verschoben des: Todes,
Oder beschleunigter Tod mir die Verbannung erspart.
Schmachlos konnt”ich noch jüngst dies Licht mit Freuden gesegnen,
Jetzo zu enden im Bann ward mir-das Leben gewährt.
Soll ich wirklich so fern, am: fremden Gestade, verscheiden Ὁ
Soll noch selber der Ort werden "zum Jammergeschick ?-
Nicht auf traulichem Pfäbl soll schwinden das leibliche Sein mir,
Nicht Ein Auge nur soll weinen km Sarge mit nach?
Soll die Gebieterin nicht mit Zähren bethauen mein Antlitz,
Dass mein Leben die Frist kurzer Minuten gewinnt?
Soll kein letztes Gebot ich geben? beim Schreie des Scheidens
Keine befreundete Hand schliessen mein brechendes Ang?
Soll kein Trauergeleit dies Haupt, kein ehrendes Grabmal .;
Haben und thränenberaubt ruh’n in barbarischer Erd?
Ach! wie, wenn du es hörst, wirst ganz du im Herzen verstört sein,
Wirst an die Brust, so tren, schlagen mit bebender Hand!
Ach! wie wirst du umsonst hieher ausgtrecken die, Arme, ,,
Jammernd um deinen Gemahl rufen sein Namengespenst!
Lass es jedoch, zu verletzen die Wang’ und zu raufen die Haare,
Nicht jetzt erst, mein Licht; werd’ ich entrissen dir sein.
Da ich die Heimath liess, da, "denk es dir, bin ich gestörben,
. War’s doch der frühere mir:, . war’s doch .der.berbere Tod,.
Jetzo, wofern du es kannst, doch du kannst nicht, beste :der
Frauen,
Freue dich, macht’ ja der Tod all meinen Leiden ein 'End;
Mindre, so. weit du vermagst, dein Leid, starkmuthig es tagend
Hast seit lange ja schon Uebung des Herzens dafür.
Ach, und sänke doch ..nur mit dem Leibe dahin anch die Seele, -
Rettete ‚nur kein. Stück mir sich vom flammenden Sthlund!. .
Denn wenn ledig vom. Tod. sich der Geist hoch auf in den Luft:
9. raum
Schwingt, und der Samische 'Greis Becht in. der. ‚Lehre behäld:.
Unter Sarmatischen datin umirret der Römische Schatten, ᾿
Wird bei Wilden zu Gast ewig als Schemen noch ‚sein, ἢ
-Immerhin lass das Gebein heimbringen i im engen Gefässe,
Dass ich hinfort nicht ‚sei selber als Leiche venbannt.
Niemand wehret dir dies, Die.Thebaeerin legte den: todten-
Bruder — der König verbot’s — schwesterlich dennoch in’s Grob,
Gern wol schrieb ich noch’ mehr; doch die Stimme, vom Beden
den würzigen. Staub von Amomum,
Br: 69.848 ΤΑ pr mag folgende Verse der Wandrer,
“ HüchliE . Schrift hau’'n in den Marmor am Grab,
Dre mit a ein Spielmann zärtlicher Liebe,
„Det bier Kite verdankt Nano, der „Diehter } den Tod. εἰ
Seinem ° 4 geliebt, im Vorbeigelu £ das Wort nic
Dock da: Ὡς möge doch sanft ruhen des Naso Gebein !“
Schwe! siegel genügt. Mit Mehrerem sind\ja die Büchlein
Dee Door dauernd zugleich. Tafeln der Maltnung an mich.
fi) . 6 . . . .
‚7 das weiss ich gewiss, — wie sehr sie geschadet, sie werden
N aızen und langen Bestand ihrem Erfinder verleih’n.
:edoch bringe den, Zoll letztweiliger Ehre dem Todten,
Ds von Thränen bethaut sein den gespendeten Kranz.
Ob io Asche den Leib auch wandelten feurige Gluthen,
Füblet der trauernde Staub dennoch den-Liebeserweis. .
@
» or das Laod ea bei in verschlosgener Gruft..
f
t
ermüdet,
Und der vertrocknete Gaum weigert. zu sprechen die Kraft.
Und sg empfange das Wort, vielleicht aus scheidendem Munde, |
Dess der Entsendende selbst nicht sich erfreuet, J.ebwohl!
Nürnberg. Ὁ
Wölfel.
Collationen zu Cicero’s Reden.
Von Heinrich Wagner, Cand. Philol, zu Stuttgart.
| No.L
In Pisonem incipit Cod. Erl. Nr. 847 Fol. 51 cellationirt mit
Zugrandlegung des Textes von Nobbe Lips. 1849 ın den ersten
Tagen des April 1868.
1. iam vides, belua
querela hominum
Nunc enim | dentes putidi
catitus 2
luculenta vitia noramus
non modo illestre. | ymaginum
nihil habes | praeter colores.
2. gloriebatur,
homini * detulit * fehlt novo,
Nam (5 | mandabant icive edilis es
factus -
Piso etap. r.
virtuti perfectae
3. attamen * quae * fehlt ea
comPendam == conprendam ? == com-
__ prehendam ὃ :
cons — consulibus,
recusares his & quibus
quin te luce dignum
oms ornes — omnes ordines,
4. et honos omnes
grabirio | sed usus ea.
5. cum antonio communicavi
iussu * a quo * fehlt ut
tella mense decembri
extingui. _
6. meque catulus iuxta te
dequertu (dequercu) civi camcoro-
nam '
cumque his mihi | permitterer
7. tacite δίῃ. tantım
approbavit Ἐ quidem tempore *fehlt
quo .
“---
Von Heinrich Wagner, Cand, Philol. zu Stutigart.
8. Indi campitalicy
1. iustellum et G. marcium
quos que Metellus
inportuna belua
designatos cons optinuit.
campitaliorum dies incidissent
ac non modo facie.
. 9. post triduo | te Clodio a fatalt
porcento versa est
trangquilitatis face urbis
eodem hormine | severitas * sublata
__ "fehlt censoria
cost roma
10. passus sit, sendenti (stait
sedenti)
rationemque censoriam
äudicare ὃ — iudicaretur ?
11. necouemete quidem
hilari oribus
dilettus habebatur ab eo Clodio
turpe esse dixit. .
vidente * constituebantur * fehlt te
arıs consideras tabulam
que m senatu
12. ausus est
atr. pl.Clodio Anthonio sisuaconsilia
coniuxisß
ὁ sicuti ego | o fehlt bei Klotz
collego meo
ne qui sic qui
frontis involutum
13. cum cum a te
quata fere hora
ore fendo '
ceterrimam
vinulentis
paulisper iecisti statt eiecisti.
14. sentires eisdeconsolatu meo
Catilinus
aliquis * Affricanus aut maximns
* fehlt aut cesonius
diligens fuit bona consulis
qualiö tn iustitia forte accidisset
et fanneto
15. qua n. |. catilinam
legem incendere
vi terrere patriam
coniuratorum armis
propter quem urbis
vestri similem cöss.
16. C. n. Pompeium
ne enim me stante resistentec.n.p.
coniuratorum mentes
maius iudicium
17. cui cum senatus
dolorem * vestis * fehlt suum
Archio f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ, 4,
.
628
consule me dioere ut senatus con-
sultu me obtemperet.
quitquam, .
18. quis hoc facit hoc in stychia
merorem non relinguis
auffers
tamen id his
Ac quaerebat
19. at putidae
quitquam mibi
aut ornamento
consulem, inquit
amiali statt maiali
si stetisset * non * fehlt modo
-tytulum
Quum enim esse
ac tamen si
cum Cilodio illo bustorie
20. deorum imertaliam * coniungo
* fehlt laude
*G.illo Mario * fehlt qui
et consuli * et eius invictis # fehlt
et sextum consuli
cedendum esse dixit
cum G. Mario
cum altro barbaro epicurio
quod neque hercule ego * superci-
lium * fehlt neque
collegae tui crotalia fuge que tam
turpinibus
cum collegae tui
21. sed sic his
discessu cum meo
tecta urbis ipsa
et flagitiorum * concretum * fehlt
impunitate
‘22. in publice vidit
collegi tui domus
in bnno saltaret
in quo * tum quidem * feklt ne
tuum illum saltatorium
laphitarum
aut vomuerit an eff.
23. tum etiam
toga et praecepta
quae ornamto etiam * Clodio * fehlt
in Sex.
Clodia ni canis
maximeg. quam id quod vis
vis nominis ipsa praescribit
an ego consulem
sinleo eo nec reges quidem.
dilectus haberentur
sublato adito
praevaxicatore
cum ulcore
religarentur
40
-
626
lepidibus * foro * fehlt e
24. mehbercule
vibellio
25. balsateque bucce
splendissimorum Capua te
-universi remp.
meminit
donarunt desciverant
decretisgq. legatis
26. an tum coss. eras
impalacio
ignibus inuectis
Et quod
wu illo * tempore * fehlt ipso
ad meam domum exhauriend.
patefaceras
quisguam dixit
quisquam disparuit
in curiam venienti curiam venienti
assurexit. ’
contiguissent
merert et boni
27. Ac ne tunc quid.
Iatulente ceso
cum expta
s’m simulate
C. N. Pompeio,
tanquam Innsta
in mortalem
28. feudus
icceras
ut * tibi prov. * fehlt si
omnium ut suorum
in illo * fracti * fehlt tumultu
ictns Ipa cottidie
29. statuit * non posse. * fehlt
esse.
consules 4 cum de. re.
verbum facere tempatis
nihil * vos acturos * fehlt esse
30. hominibus * non videbater
Ἢ fehlt esse lex
capta respublica
hanc qui semet o’e
dicerent * cons. * fehlt hos
in dampnati
si uis uos
sed liberos esse Putet
oppressa fuerit pnna
ligua
consularis putet
non iura, non moresnorias.
31. atque omibus saltem
cristissimis
Tunc etiam
mecum discessum istum
Collationen zu .Cicero’s Beden.
in mortalem
obmurmuratione
ac semivivi
peculantiamg.
32. in sgqualorem
cetera * in maledicti * fehlt illa
publice rei vulnera
quasi. esset coniunctus
atque * dolor * fehlt ille
cam tm. Ῥ- x. beneficiis x
33. exire a patria
execrarentur
medius filius | eius fuga
tranquiliss,
34. coccasumgue * rei ** primus
* fehlt nostrum ** feklt publi-
eae
ac fortissimo viro.
insuper ausus dicere es.
conservatoremg. implorandum esse
putavit
ceterorumgue civitatis -
35. delegassent (stalt promul-
gass.)
praeterque duo
T.r. statt tribunos ἂς plebis fehlt
ganz
36. nemini tui
multitudinem hom, tantum
neq. spendidiorem
tabulae publicae
statt diribitores st.C. Erl. distribu-
tores j
37. ex ara ex cola
optinnisti. finibus his,
liberi atquo plane
erit tibi Ach.
tessalia
38. idem fines
gladiatorum
ulturius
89, ne cum qnidem Paule
tabulas. constant, iam mea refert
despexerat
silentio * temeritt * fehlt δὺο
condempn. s0 constant geschrieb.
malum statt malim, an amicos
aut ce videri statt a. te νυ.
40. quod si non ta vero tuis
cessalanice tum vero paulo
41. helluo
non (statt quam) publicanos vobis
cum
non ille auderet
tunc etiam adeo atque vos
facta sunt
hee vonciones
Von Heinrich Wagner, Cand. Philol. zu Stuttgart.
munieip. atque colon,
quae non modo ego
42. afficeretur
ex fama
nullam * supplicium * fehlt est
casu aliquo quo
isti tu dicunt statt tui
includis — correatur
ed — illad?. ᾿
se se que
43. accidere non potest nisi _
non iussu senatus
Nec nichil
inligatum G. Marius
quem * servata* fehlt Italia. 'Thiestea
Affrica execratio sapientium
evis creatus
sanie * sanguine * fehlt et
44. perit gloriae laude vivit,
illam mors ea ex proviucia
sic ad senatum absensimperator
C. n. dola belle
et ex ea t6
45. qui * χορ. * fehlt bene
gesserunt
de vobisordo non opinatur nec se-
cusac
deterrimis |
quos equites romani + siatt quad
vos.
<quod ceteri ordines? diese Worte
fehlen im Codex
46. admitteritis
mihi n veniret
esse * impios * fehlt in
hec sunt impiorum
haec!!flamae haec!! faces
. 47. athanante dementionem
primente
parte epercitus quam potes solici-
tatis tuae.
furere * non * fehlt nipi
non civitates -
suum * maior * fehlt leve est
haec est vue statt vite
48, presidium * populir. * fehlttu
effusa * maxima * fehlt am
publicanor. * ex * fehli quam
eius praedam
in missa statt immensa
intollerab. edificio
constituisset
iussu statt iussa
regi egiptio vendit
49. regi Allexandro. quod hoc
turpius egiptum Allexandrinis
Allexandriam
627
50. plurimum leges
lex cornelia maiestas. huic ordinum
statt ordini cum
51. * fuit a brundusio * fehlt is,
venerunt gratulatum
concursum solennes
apud omnes sunt .
52. P.Q@.R. cennisa sedibus se-
dibus suis '
conservatum suum. colocaverunt
63.. quando quidem
qui scit imitavit |
quis hospes uox erat pro die
non solitudo neque pacem generis
cognationis deditus
ıriorum legatorum
54. mecum n. cum |. flaceus
hys consiliis -
servandam remp.
narrabat.
rei p. militaris
cum non longe afluisses
fuisses otios.
55. statt [οὐ] des Nobb, st. Dr.
C. Erl. qui
canditatorum
ammoniti et nullius
celi montana
venisse responsione me menia
equilina introisse la fessivit
consulibus an patuit,
ex maced. * triumph. * fehlt non
56. ut salutem
* arsisse defedes * fehlt te
dieimus silanus cof:
atque enim
57. atque dimissi iussi triumpbi
contempnere.
ut omnes umbras
vere luxistis honestissimus
n’o non modo * postul. * fehlt.non
=vero
manu precium everso per te
errarium hyeme
nisi preda ut rapinarum capiditas
ceta
58. profecto tantopere
quinte metelle p. affricane
cum ipsi pontino camercem paulum
59. non mutare non epicureus
hec parate clara
ffertur restringes
facetus continuus
es cola
quod * supplicationes * fehlt te
totiens
x
. tantopere delectant
40 *
6283 Gollationen zu Cicero’s Reden.
ille noster diyiinus
non faues (statt facies) videbis
60. scolam per orbem
61. φαΐ flamius 1. paulus
conculcari
Xn (quindecim ?)
celi montanam collocasset.
sid tua lex videbat
in relegi statt in re legi
proscripte scite
argutu’ et doctum cethece.
hac tu ratione
62. speculis nullo certe hoste .
irriaa est abs te paul
eontempnend. .
cocta statt Cotta
habundantior
ydeote
* appellas * fehlt ut tu
63. coronae laureae
ut tantis statt ta tantis
* licet temista * fehlt sis
si ostunm
er
verbarie voluisti. quoniam quidem
comparem
digressum
64. nunc
cottidiana assiduaque
sanatoriam
aut * verius * fehlt ut
infirmissimo. ordinis et nominis
religatus
65. post instant hominum me-
„ ... moriam
paratissimi. comitte
vüae scolae ac clametur
times dolorem est malum. neque ine-
ptiae
dignittiscausa
nisi forte ut cum patribus con-
scriptis
hoc est cum maioribus suis cens
66. ydiotis ες
solet * in * feklt enim
aufferre. sordibus
67. ingelo latum (statt laut)
magnopere conchilys
qu’ in lectulis
odem dosolis (statt eod. d. dolio)
gallicantum colli
68. ego esse hd — homo?
irato fronte n. fugit eius amicitiam
aput humanisimo cetu
sed * lubricum * fehlt tamen,
phos epicurios r&cte iam secuß.
69. volupttem a phlopho volüitarios
magistratum virtutis disserte deeer-
nere,
et tamen dietum opinor
70. quld Grecus philosophya
fiei (statt fieri)
cam licet si qui volet
ut potius incidit
famam ferebatur de isto ad istum
omnia stupra diese Worte fehlen
im Cod. Erl.
adulteria * eius * fehlt denmique
71. si qui velit abhorrent detraht
volo
phya — philosophia phm = philo-
sophum
73. sceno
muchi statt mihi nen ulla tibi
scripsisti enim VeTBus
quid cum hec res tibi
at hic nusquam oppiner
sepulchro.
iubeatis at non quod M. Cie,
73. in isto versu quo = quo-
niam ?
sed quae pacis more poetarum
pati statt paci .
74. otio cessurum
probab. agnosces mirabit
in illo altero ymo metercle gram —
gratiam
mererem
detractam * cruentis * fehlt e
obiecisti, iudicasti
sed * minimae * fehlt 'etiam
ista oratione . intelligis
non nocuerit
75. non fuisse eum uno violarem
versu.
consulatoris vorsum suum (oAne fuis-
set
tu quidem tu apud quod tu. com-
plecti vis
oculte. mecum hos
qui plus pnt.
76. me c.n. pompeius atqueamore
insidiarum mearum vestrae cupidittes
ce
efferunt illius periculorum nefarie
fictae sunt
eorum qui... .....eollocaverunt ut
ego exclud. auditu prohiberentar
77. *ne * fehlt ut sed contra
consulibus ex se
78. et quid . quid hys responderis
ipse torquatus in oonsulatus fuisset
dein — deinde
Ν»
Von Heinrich Wagner, Cand. Philol. zu Stuttgart.
tr. non pl. defuturum
79. et ei statt ut ei
ego quidem beneficiis adducta rei
manerent * rescind. * fehlt an
conciderent sed si cur* non * * fehlt ei -
sed anteposuit.
80. complexisest
salutis me proficeretur.
hy us = huius? m’ =mihi
inimicum et hostem ἡ
amicus fuit ac ibi .amicicior
81. ne tu quidem cum, umquam
amic. Caesar
si sempr. iratus geretque quottidie
reni . obicio
82. perfecit illi
Die Worte omnes exaruissent feh-
. len im C. Erl.
cur ibi nomen a me attinet
solicitudinis atque onoris
perinde * dbebat * feklt atq.
consalaribus spolys
tam afflieto, tam opimo, tam infimo,
tam enuu’atoreo
vider$ — videris fehlt also eine
Silbe zu videreris,
siml9 —= simillimus ὃ
83. an tu vero parum
1labos imperii adorantes
notanda a nobis dyrrachis. ipius
‚simphoniacis
"muneribus accepisti trementem
tessalonicam cervices subire
tecum tu eduxeras
hominis incideretur,
8+. cam equidem
regi coddo
praesidia * auxilia * fehlt et
polliceret ceteros legatus
dense letis defectione macedonica
p- r. cutata est efficisti.
perturbatum
85. Iovis ut suf dereptum
se creare
simt — semel? — simul?
86. vary vasary
alscripseras adtributum
C talenta
Appinnate equite romanum
profectog.
miserias funditus civitates -
farmenti. boety
Byzäti
existimatör.
87. acerbissimas * liberationes
* fehlt damnationeslibidinosis-
"simas
629
ipse * quot * fehlt licebit recordare.
marmorum officinam
et quid (statt ecquid)
pecore compulsie
88. centuriatos
ο
Δ Ὁ = numeratum ?
exanguiset mortuis .
89. totiens sescentos
quid * cum * fehlt quod
doloremg. defensionis
tharsum psaltatoribus
timode N
qui * cum inde ἘΞ recipiens * fehls
uod ** fehl te
enhadie exegisti
absoletys tassalonicam
et tempsttem beroam
falsa quodque ramor
. 30. et te accipere verebat
cueore — = evomere? popolis .
ctum
91. disiuncta est gentibus . arsino.
anthracum hysquos
tuam bracie
dimisti statt dimisisti
neque illam penam
numerorum
reliquiascque
92. exitureorum. damnasset
eudi in re spectaret statt exitum
ex<pectaret -
trophea eaque * bellicae * fehlt quae
victoriae q monimenta '
dirrachaciü
ab ipsis hys militibus ἃ se esse di-
missos,
Brundusiumque
adriani
93. dyrrachy arbitrantur conmoti
dyrrachini nocta profugisse
statüäm illius
celeberrimo * loco * fehlt in
in id eius ymaginem
94, excellent ut turbam
ammoneri amonebit
mibi * magis * fehlt quidem
et quid vides * lege * fehlt ecquid
sentis
quos post hec vides
*non legetur * fehlt nec quisquis
noluerit
nulli continentur * nomambicio * feh-
‚len die Worte in illum ordinem,
nulli
eximentur hy quos lex
830
invitus invitabis
inutabit
95. expulsaciones. habuit εἷς eui9
l. Opimus sed in hys qui
absolutus hys Catilini.
96. septu aginte tabelle
diripiantur enim * aditu * fekli te
tr. mil. inimi9 tessalia
dyrrachium appollonia
parthenn bulienses
phocy, boety acarma (st. Acarnania)
perhebia
achamanumque
agris exterminari. qui in hys locis
97. domesticum iustitia iudicium
‚sententie et dampnacionis tue
ocultus
o provincia littere
Collationen zu Cicero’s Reden.
nullae ex trinis
esti vis nulli triumphi nientio
folia laurea adiecta ad pertam
videri provincia fecisse iusti.
*cogitaras id * vor cogit fehlt si
98. indempnatum . stipendarii
effugierunt
cui*'non apud ullum ordinem * fehlt
non apud senatum
non * urbe * fehlt in
qui se ıp.
99. sanguinem expectavi tuum.
obiectum . guitquid. videte te volui.
forte fiat. et minus libenter
mentem videbo
sordidatum viderem,
explieit liber in pisonem.
Nr. I, | '
Cicero’s vier oratt. in Catilin, collationirt nach Cod. Erlang. Nr. 847
Foll. 3750 mit Zugrundlegung des neuesten Textes von R. Klotz.
Leipz. B. G. Teubner 1852. Part. II. vol. II.
Ueberschrift: liber invectivarum
in Catilin am primus Tuly Cicero-
nis Marciincipit.
1. Catilina, abutere, etiam atq.
etiam furor
iste * nos * fehlt tuus.
söse effränata (so steht im Cod.)
nihil ne. palacy.
timor. (is von spätr. Hand.)
constrictam * omnium horum * fehlt
iam
2. * scientia, * fekli con. ymo
_* eciam * fehlt vero
que3 (= quemque) pestem istam quam
* sciencia * fehlt con.
3. at vero. Graccum.
Catilinam vero orbem
servilius hala spurium elium.
uit steht im Cod. nur ein Mal.
adcerbissim. coercent,
habemus enim senatus consultum.
4. sedicom Gaius grachus
patre natus a maioribus. G. Mario.
goanm servilium pr. At vero nos.
habescere. hui9® (—huiuscemodi
Intalibus (= in tabulis) tanquam
interfectum te esse. p οὔ (= ptr.
eonscr.)
sed ia me ipsum inercie.
δ. näs — numerus. in senatu vi-
demus. ᾿
cottidie. michi & nichil constant
non * pocius * fehlt hoc oms boi =
omnesboni
quisgs. (= quisgüe ? = quisquam ?)
interficiam te. inprobus.
6. vuıset vues. olp[[us oopres-
sus?
sus ἢ
expectes. ceptus nefarios
coniuracionis * potest * fehlt tuae.
mihi crede’
tenebris undique quae, etiam.
7. an die xıı marü kalendarum no-
vembris.
in armes.
ante diem vm kale’ nov&b’ die
drei Worte mit rother Dinte
unterstrichen. gaium manlium
dixit g° in senatu. tam tuorum
profagerunt.-
conmovere. contentum te.
8. quid cum tu ne pneste
noveb’b9 (== novembribns) prae-
sidys custodys vigibjsq.
quod ego. mecum -tandem. in m
manly lece qufpf’es (=complures)
video ergo hicesse in senatu
9. ody inmortales. ubi noui gen-
ciam hic * sunt nostro in nu-
mero * fehlt hic.
Von Heinrich Wagner, Cand, Pbilol, zu Stuttgart.
pe’ (= patr. conscr,) de nostro
omnium nostrum interitu
urbis huius. hos te ego video
sentenciam interrogo. ferro cruci-
cari
ytalie. quogue quemque. Roma re-
linqueres
* partes ad incendia * fehlt urbis
paululam tibi. quo ego vice’,
paulo ante ante lucem.
me in medio lectulo
' 10. haec ergo omnia cetu nostro
salutatam mane miseras.
iam cum multis ac sumis quidem
viris.
aliqu = aliquando. manliana,
tecum * omnis * fehlt eciam.
11. dys. periclitata. pdio (prae-
dio? — praesidio ?)
competitores. noluisti. magna
12. universa petis. ytaliam deni-
que totam quom == quoniam
qd’ = quod öfters. comicum.
(Doch ist der Buchstabe im
Cod. so geschrieben, dass sich
t und c fast nie unterscheiden
lässt) exilium
13. si me swadeo consulis. dele-
ctari. qui te non metuat * do-
mesticae * fehlen die Worte:
nemo qui non oderit. quae nota.
inista vita tua est.
rerum deditus, affuit. quid corru-
ptelarum,
14. domü vacli fecisses, . in hac
civitati. extit. ydibus sencies.
15. sps = spiritus iocund.
cum scies. Καὶ, January leppido.
interficiedorum
timorem * sed * fehlt tuum. con-
missa postea quotiens. — quo-
ciens vero consulem interficere
voluisti νοὶ conatus es. utayunt.
nichil agis, nichil assequeris , nichil
moliris.
16. quociens iam tibi exorta est
sica ἰδία quociens vero excidit.
Nach elapsa est folgen im Cod.
Erl. noch die Worte: et tamen
ea carero d’'ucius non potes.
quid eciam (etiam ausgestrichen u.
von derselben Hand, von der
der Cod. geschrieben, corrigirt
auf den Rand: eam
63:
patasesses. ut non odio. mißicordia.
paulo.
homini (statt nemini) expect. con-
tumelyam, vacua facta. animo
hoc tibi.
17. servi hercule pacto * metuunt
omnis cives * fehlt metuereut
ut te. urbem nunc (statt non)
oculis omnium. etiam statt et ἴδηι.
wineras eorum * Si te * fehlt aspe-
ctum praesentiamque vitare.
ut ut oppinor, aliquos concederis,
communis * parens * fehlt est. etiam
diu nichil de te iudieat. per-
timescis.
18. extitit Pte (= per | te)
vincendas perfringendasque voluisti.
propter * unum quitquid * fehlt te
Contra me me iniri. tumorem eripe
ne opprimat,
19. vitandi suspicionis, m lepidum
a quo iam non ats. (fehlt 4) = at-
que. domui' meae te adfvare
0
rogasti. tüto. hisdem moeni q3
== quoque. hisdem parietibus |
bus. ΝΒ. sonst wird im gan-
zen Cod. nie ein diphthong
'geschriben & so sonst immer
menibus.
ad quintum metellum pr. videlicl
suspicand iudicand (statt vindicand)
se ipsum 'iam dignum iudica’et.
eque animo
debitis justisque. refer inquit
haec referam Idquod abhorreat (haec
statt non) un
sed tamen. quid hy. quid attendas.
οἱ quid Afada’tis
21. acsihoc idem. huic adolensti.
dixissem * hoc * fehle iam mihi
consuli.
iure optimo senatus. dec’nuit (= de-
cernant)
neque hy. auctoritas tibi. qui stant
circa senatum
studia perficere. paulo. absque iam
iam pridem vastarc. reliquentem.
22. ta * umquam * fehlt ut. ἂν
inmortales
tametsi inbeo (statt video). recente
memoria. -
sed est tanta. tua ista sit. vicys,
pador * a * jehlt umquam. rovo-
. carit,
632 Collationen zu Cicero’s Reden.
23. inmitto statt inimice. recte
erge. ΄
feceris * molem * fehlt vix. ege-
dere. inportuna.
‘manlium. ab onis. exulta. inutatus.
24. ego inuittäte prestularentur.
manlio.
porniciosam esse confido ac funestam
ceui domui, ac tuis altaribus
235. tua ista. aflert. amenciam nen
natura
voluptas exercuit. nepharium
nactus * ex * fehlt es. sed etiam spe
impbü (= improborum?)
26. exultatibus. voluntate bacha-
bere
tanto * tuorum * fehlt numero. ad
obsistendum. facinus abeundum,
martrorum. illam praeclaram
tuam
97. perfeci cum. repuli. exul. id
quod esset. abste. pt quondam.
percipite quae dili genter q
dicam, ytalia. m, tuly. '
quem * hostem * fehlt esse. ex-
pectare
vocatorem $eniorum, perditorem
aut abste inmissus in orbem.
nonne hunc. impetrabis,
28. at pse. multaverunt.
hy quia a rep. populo non referes
tam maturum. invideam.
29. non est vehemencius, te * exi-
stimas * fehlt non, factom iu-
dicarem.
p x. (statt patres conscr.) multari
summi viri et clarissimi cives,
grachorum quam pinnn (statt com-
plurium) saguine
ti h9 οἵδ sp. fui
30. inminent ea quae videant.
non credentem roboraverunt.
aladv’tissent manliana pervenie
coniuracioni esse factam. inprobum
sonst aber bei diesem Adiectio
Jast immer improb. interse c’to
intelligo. paulisper. conprimi.
aggregaverit
31. p con. (=patresconscr.) in in
hys. insidysq. saepe homineseg’
morbo. afflictantur. ingrauaseit.
i
32. ab onis p. t. conggentur. id-
quod saepe domi sue. tribunal
pretreis gladys denique scri-
ptum hoc p. t. diligencia. au-
ctoritatem * in * fehlt tantam.
tantum in omnibus bonis consen-
sionem
profeccione 33. et cum tua peste
proficisse Tum tu Iupiter cuius
haec urbs auspicys ὃ constituta.
impery. a tuis ara ceterisq.
templis civium * aterbis *feklt
omnium. nepharia iactabis.
explicit primus liber invectivarım.
In Catilinam sequitur secandus eiusdem.
Catilinaria II.
$. 1. Hier finden sich vor dem
Beginn der Rede folgende Worte
als Argumentum, obwohl dieser
Name nicht genannt ist:
Superiore libro Catilina circam-
ventus eloquencia Ciceronis spon-
taneum elegit exilium unde oratori
maxima venisse dicebatur invidia.
Sed postero die timore simulato
processitad 'populum fingens se ti-
mere quod emiserit Catilinam, ut
minus sit invidiosum, quam in exi-
00eM -
liam expulerit. Primum sumptum ab
exultacione dicentis verbis paene
triamphantibus qui sine reipublicae
beilum superare potuerit.
-
1. mitantem. urbe, 1. eiecimus.
abyt.
maenibus ipsis intra menia. dncem
domestici iam * hoste * fehlt
cum magnificeg.vidimus vicimus
2. stant& urbe. afflict. prostratasg.
est quirites. r. saepe * hanc
* fehlt δὰ, qua me suis lactari
mihi. _
3. exultat. culpa .q. r. affect. de-
fenderunt.* multos * fehlt quam.
inprobitatem
invidia mea, etiam * periculo * fehlt
vitae
4, Quae cum viderem. multassem
hostem.g.r, intelligatisquietiam,
ΓΌΝΟΝ atmen AED πὰ πᾶσ. κῃ. “πὴ... .. EEE .........-
Von Heinrich Wagner, Cand. Philol. zu Stuttgart.
comitatus exiret amare ceperat
in praetaxata,
calumpnia publicum et, minucium.
vales — valentes
5. illum radm exercitum ergalli-
canis
magno piceno. hys copys cottidie.
contempno. exhysqui.
Nos quos videa secum suos milites.
non iam exercitum. quod quid
cogitent
6. apulea. hy quid expect. leuita-
tem. vos omnis Catilinae simi-
118. sentire non potes. lenitatis
locus. demonstrabo tunc iter
7. sentinam huius urbis. iecerit,
revelata statt levata
ille concepit. ytalia veneficys.
nepharium nll’o—in ullo alys — alys
tlagiciosissime amori serviebat.
mortem parentem
ne ullo * in * fehlt quidem. fedus
obstruu’t.
9. atque ut huius. paulo. assue-
fact. ac siti
10. si comites. praeclara in lau-
dem. fuit mediocres. toller. nisi
caedes. habundancia.
conmessaciones. esse illi quidem.
hos vero quas forte possit inertes.
sobrys.
in comuisys complexi
11. impondere. inprobitati facere
posset paccata. qui. r. (= qui-
rites)
Nach hominum perditorum folgt
der Rest des $. im Cod, in folgen-
der Ordnung:
proditorum, Proinde aut exeant,
aut quiescant. Quae sanari
poteruntqyacung. racione sana-
bo. quaeresecanda eruntnnon pa-
- Te
ciar ad perniciem civitatis KA
nere. Proinde aut exeant aut
quiescant aut si et in urbe et
in eadem mente permanent, ea
quae merentur expectent,
12. qui τ᾽ (= quirites) exil. si
vrbe assequi eicerem qui haec
locuntur. paruit qui ut. die
* cum fehlt quirites. domi mee.
vocavi rem omnem ad p. c. de-
tuli, inpost.
13. exilium eicio. mı lecam. pa-
tefieri cetera. nach egisset fol-
633
gen noch die bei -Klotz feh-
lenden Worte: ubi fuisset.
te’netur (statt tene’tar — teneretur)
sacrarium scelerum domi suae.
14. in exil. eiecebam . que stats
qu& == quem. manliug statt
manli9. magno fesulano.
castra possuit. agunt. conferret. belli
faciendi et belli. indampnatus.
improb. me non diligentissimum -
me consulem
15. est mihi * qui χ᾽ * fehlt tanti.
iniga (= iniquae) nefary, dys. optabo
2: r. relevandae. id est si inter-
ectus esset,
16. Massaliam ferentur. statt ve-
rentur. manlium. ire maluit.
sine me hercule quod * num-
» quam * fehlt agit. exulem. aduc.
opte9 statt opte9 = optemus
17. et * quia * fehlt quem; de
hys qui. si illo modo. fieri pt
(— potest? = possit?)
ulcisci studio. fy’ = fieri. vobis qui,
r. afferam. 18. possessiones
habeant inpudent. sacro sanotas,
An cubulas novas.
erant (statt errant.) expect. so im-
mer, daher ich es jetzt nicht
mehr notire.
locupletioribus * et * fehlt his. aut
adduci. vide’ (==videntur) nota
statt vota.
“19. eorum est. consequi se. maximä
* multitudine * fehltin. copias
milltum. pftes = praesentes.
intin’e (= in cinere) sagwine.
nepharia. aut dictatores. süu-
perant statt sperant,
20. affectum. exorcitacione. estips®
mälius. Hy sunt homines ex
hys colonys quas sesulas silla
constituit.
hy sunt colony.
* fehlt in
peccunys. hy. tanquam beatitudinum
predys. lectitis familys. con-
vivys apparat9. silla sit his abi
excicandus,
in nullos statt nonnullos. candem
utrosque, quirites in eodem,
pditorum statt praedatorum.
monio. et proscripciones. tpm
—temporum .
21. vadimonys, iudicys, proscri-
se * insperatis
634 ‚ Collationen zu Cicero’s Reden.
pcionibus bonorum defetigati
letzteres Wort ganz uberein-
stimmend mit Klotz)
- et
permulti* et ex agris * fehlt ex urbe.
nont pät = non possunt. sed ne
{πὶ vicini turpiter perire arbi-
trantur. 0
22. divelli ab eo. latcinio. carcet
statt carcer. delectu. vmo vere.
inberbes. pene barbatos. tritis
talaribus statt tunicis talaribus.
cogis statt togis.
23. in hys. omnis aleatores inpu-
dicique. hic pueri tam tam le-
pidi delicati quinon solum. can-
tari et saltare
seminarium catilinaram. quemadmod.
*illis Ἐ fehltautem. hys. appen-
ninum. perferrent hyemem. tol-
leraturos,
24. magnopere. scortatorum. de- ᾿
bilitatem manum. toci9 ytalie.
- 95, cuncta ytalia provincys. hys.
obmissis. intersese quam *illi*ferlt
valde pugnatpudor. „fraudacio“
illine (was bedeutet das Zei-
chen „— “ ὃ) vicys. confligunt.
dy ipsi inmortales. ab hys-
26. iam ante dixi. custodys vigi-
Iysq.
urbi * vestro * fehlt sine maxime
manum et certissimam.
meliore animo. Quintus Metellus.
conservandis statt constituendis.
27. adeo qui contra. omniumg.
nostrum.
quia nati sunt cives. monitos eos.
hys zwei Mal statt his (namlich cum
hys — pro hys) portae custos.
consulere sibi possunt (statt
connivere possum) cuius si ego
nephariorum.
28. sicagem’ qui. τ΄, ut res maxima.
aministrabo. q. r.* si*fehlt ut
fy’ potuit (statt poterit) periculum
patriae.
optandum videretur. vos iam omnis.
29. multorum et non dubys deo-
ruminmortal. utquädäsolebant.
defendent. quos * quir* fehlt
vos. ᾿
florentissimam potentissimamg. se-
paratis,
Explicit liber secundus invectivarum in Catilinam.
Incipit tertius eiusdem.
Catilinaria 11].
$. 1. inmortalium. et ἴδηι
ferro * paene * fehlt ac.
2. vobis iocundi. hy dies quibus
consequamur. condidit Romulum
ad deos immortales. benivolen-
cia. debebit his qui. amplifica-
tumag. totis urbis. menibus omni-
bus subiectos. restrinximus item-
„que. recudimus,
a vigilys vestris
3. ut et quanta et quam manifesta
et qua racione u. 8. w. vos qui
et ignoratis et expectatis scire.
huiusce -f- nefary
reliquifß. * et providi * fehlt semper
vigilavi. eieciebam. exterminari
nolebam. .
aut eos qui remansissent vel resti-
tissent.
4. et quid agerent. Pp = prope?
= propter? ut tumultus. so-
licitatos, eosdemg. in galliam
tris = literis? — litteris? co-
mitemque his adiuctum esse
*aultorann * feilt T. ”
diffücilimum. adys inmortalibus ut
tota
5. et gaium p. optinium. rem
omnem exposui. pontem mol-
vium. An
ita biptiti’ tyberis. ὁθ4ᾳ9 —= cuius-
quam ὃ suspicacione, eduxerunt.
quamplures. assidue. 6. pon-
tem molvium. wlturci9. sic oder
sit (im (σά, nicht deutlich zu
lesen.) educuntur * ab * fehlt _
et glady.
Res erat praetoribus, tü interverü
litterae. cum vnn dilucesceret. cym-
bram nichil tf. item accersitur.
p.statalius.eum *Cethegus *fehlt
C. in litteris dandishis (litteris
hier wie sehr selten ganz aus-
geschrieben, meist tris abbre-
virt.)
7. et clarissimis * civitatis * fehlt
huius mane ad me. litteras auch
hier mit tt. aperiri priusquam.
senatum rem deferri, adme de-
leta. sceleriter ut videtis.
ἢ
Von Heinrich Wagner, Cand. Philol, zu Stuttgart. 635
8. admonit allobrogüi €’ suppli-
cium pr. sicarium numerum et
gladiatorem. fidem ei publicam.
sine timore statt sine meta wie
Klotz hat. ut cum urbe
9. tras a, p. lentulo. ducas esse
dixisset. ab hys et ale assio.
sibillinisaruspicum. se esse ter-
cium illum Cornelium. ncce =
necesse Syllam. eundemg. esse
annum. esset decim9 annus.
vicen9 statt vicesim9. 10. quae
antea quoque dicebatur datae.
lignum incidimus. futur. esse
statt factur. etam illi statt item
illi. praecepissent statt rece-
piss. paulo. ac de sicis depre-
hensae,. farramentorum.
conscientia cöufctus = coniunctus ?
== convinctus.
manum et signum suum. fere in ean-
dem. cognosceretne se signum.
annuit. ignotum. ymago.
1). cum hys quam ob rem. venis-
seret statt venissent.
Cui cum illi. fastis sibillinis cle-
mens statt demens.
consciencia vis. oppin. imprudencia.
improbasque defet = defecit.
12. aperiri iussit. et sign. suum
et manum.
progressus * vide quid& * fehlt et.
nach quide folgtiam tibinecesse
sit. inpudenter. ex hys quae,
13. sunt visa. iudicia sceleris,
alabya. statt ab aliis. iudicari.
sedipsi viderenfur se iudicare.
Iudieys editis quirites senatum
consiliü.
de summa reipubl. salute.
dietae sunt autem a.
1%. periculis maximis. et c. prom-
ptinus. p. τ΄, r’. = praetores.
lausimpartitur.
particeps fuissent. abdicasset * tra-
deretur * fehltin custodiam. uti
* ceth. * fehlt C.1. salius. sol-
litandos, apuleiam.
esse attrib. ex hys colonys quas.
l. silla. in quintum manlium chi-
lonem.
solicitacione. senatus est usus. ὁ
tantaque vi ac multitudine. sanare
posse.
15. dys inmortalib. post hanc urb.
et hys decreta verbis est.
ceteris supplicacionibus conferatur
quirites. pate factis indieyset
confess.
praetoris vis. et quaereligio * Mario
* fehlt C. ea nos religone
16. sceleratissimi, depellebam Ἐ].
cassy * fehlt nec. nec 6. ce-
thegi. ille erat solus. menibus
urbis. solicitare. Erat em
neq. ligua neq. manus. ad ceteras
res. mandaverat.
17. tam acc& param tam audacem
tam callidum. dicam eo id quod
seneio
non facile * nobis 8aturnalia con-
stitaisset * fehlen die Worte:
hanc tantam molem mali a cer-
vicibus vestris depulissem.
Non ille. tanti ante exicy. ut sign.
et trae nullä in privat. dom.
furtum unquam. in tota republ.
manifeste. quo adfuit hostis
fuisset.
18. amistrata. idque * coniect.'
* fehlt quum
vix videretur humanis consilys tan-
tam molem rerum gubernacio
consequi potuisse. ab oriente.
motus * ceteraque quae * fehlt re-
linguam, ut omittam. dy inmort.
sim dicturus.
19. quamplur. statt complur. deo-
rum inmortalium depula. lique-
facta sunt tact9 aruspices ex
tota ethruria.
ul’ legum (= vel) dy inmortales.
20. tunc et ludi decem per dies.
Idemque iusserunt. colocareatzan
fuerat signum videtis quod statt
signum quod videtis,
signum ita collocand. neq. a super.
neg. ano bis. 2]. esse quirites
tam aversus a viro. inmortal.
atgq. potestate,
ämistrari. interitumgq. et ca a per-
ditis civibusquae. et cum ho
dierno die
eorum iudices concordiae dicerentur.
Diese Worte (et senatus et vos)
hat auch Cod. Erl.
22. non sum ferendus. iupiter.
dys ergo inmort. mentem * volunta-
temg. * fehlt Quirites. solici-
tatio sic a. p. lentulo. tanta
res credita.
commisse que tre adys inmortal.
636
huie tanto audacie. et * nolle * fehlt
; non.
rerum amplissimaruım nostramque
salutem.
23. quo ad omnia. celebrato te.
dis inmort. et erepti sine. san-
gwine. uno rogato. 24. ne; eas
solum. vos * meministis * fehlt
met ipsi. 1. silla. ex urbe eiecit.
G. Marium. G.n. Octavius. ex
urbe collegam suum
expulit. aceri9 statt acervis san-
gwine extinct. silla. diminu-
cione, et fortissimo. non tam
istius 25. eiusmodi quirites
quae ad cömittandam exitü reip.
nu’o = numero.
ut omnes salvi. supüctm (= super-
futurum ?) esse putassent.
26. p'mü (=praemium) In anmis
ergo nris möfmeta. assequi.
vre res alentur. monimentis. et
roborabuntur. Eandemg. fore
et ad salutem urbis et ad me-
moriam consulatus mei propa-
Zur Kritik des Florus.
getam uno * tempore * fehlt
que extit-. imperii vestri. ter-
minare. 27. non est ead. for-
tuna,
quid mihi cum illis vivenium sit. et
subegi illihostes. ac interfectos
aut oppressos. recte facta sua
prosint. mihi quidem isti Ta
πόσο pt (—nocere ?—=noceri?)
Magnum enim in bonis est. quam
qui negligerit. 28. Est etiam
in nobis animis Quid si omnis
impetus. obtulerunt invidie. ad
fructum vitae. quitquam, alcius,
quodmihi. 29. perficiam pro-
fecto. invidia in consero.curamgq.
ut. qüö iam est nox. venera-
mini illum iovem custodem.
etin nra tecta. periculum est depuls.
aeque et priore. custodys. vigilysq.
* ne vobis * fehlt id.
providebo quirites deo gräs amen.
Explicit liber tercius Invectivarum
in Catilinam marcituly Cicero-
.nis. Quartus eiusdem incipit.
Zur Kritik des Florus.
Von Conrector Dr. Böhmer zu Oels.
Das in den Neuen Jahrb. für Philolog. und Paedag. No. 69, 2
p- 179, 180 — vom Dir. Karl Halm veröffentlichte Supplement des
Iul. Florus aus dem Bamberger Cod., gibt allerdings nicht neue
und wichtige historische oder sprachliche Aufschlüsse, ist aber ge-
wiss — vorausgesetzt, dass es eben diplomatisch getreu abgedruckt
ist — mit grossem Danke anzunehmen und der Conjecturalkritik
.zur Uebung angelegentlichst zu empfehlen. Dass im Florus im
8.. Kapitel des 4. Buches eine merkliche, Sinn und Zusammenhang
störende Lücke ist, kann man als unzweifelhaft voraussetzen, doch auch
das Supplement des Cod.B. füllt das Fehlende nicht vollständig aus.
Der Ueberschrift nach soll das Cap. enthalten bellum cum Sexto
Pompeio, also die Seekämpfe zwischen Octavian und Sext. Pompeius
im Jahre 39—36 a. Christum. Als Quellen der Geschichte für diese
Jahre bis zur Schlacht bei Mylae im Jahr 36 a. Chr, sind Plutarch.
vit. M. Antonii von Cap. 32 an; Vellei. Paterculus 2,. 77; 79; Dio
Cassius 48, 38 ff. Appian 6, 73; bei den übrigen Schriftstellern
finden sich über diese Zeit und diesen Seekrieg meines Wissens
nur vereinzelte und unerhebliche Notizen. Mit Zuziehung dieser
Hülfsmittel erkläre ich mir das Bruchstück nun folgendermaassen:
die eine Seite, vielleicht das eine Blatt des Originals, woraus die
δεν, Codd, flossen, schloss mit den Worten: Aic secum piraticam
Vun Conrector Dr. Böhmer zn Oels. 637
turbam agitabat, die zweite mit den Worten: -beili navalis agitaret ;
die Nachlässikeit und grosse Unwissenheit der Schreiber, wenn sie
wirklich ein gutes Exeriplum vor sich hatten, liessen sie.nun diese
gan2e Seite überschlagen. Aber auch der Cod. B. der das: fehlende
Stück enthält, ist gewiss mit nicht zu eutschuldigender Nachlässigkeit
geschrieben und aus den Zeichen der Buchstaben schwerlich ein les-
barer Text herzustellen. Als wahrscheinlich kommt mir Folgendes vor:
O quam diversus a patre! ille Cilicas extinxerat, δὶς secum pi-
raticam turbam agitabat per Puteolos, Formias, Liternum; denique
᾿ totam Campaniam, Pontiam et Aenariam, ipsa tiberini fluminis ora
depopulatus est. Subinde congressas Caesaris naves et incendit et
demersit. nec ipse tantum, sed Menas et Menecrates, foeda servitia,
quos classi praefecerat, praedabundi per litora cuncta volitabant *).
u lacuna.
Ob haec tot prospera centum bubus' auratis (in) Peloro litavit
spiranteraque equum cum auro in fretum immisit dona Neptuno
hocque petebat, ut se maris rector in suo mari regnare pateretur.
Eo denique discriminum ventum est, ut foedus, ut pax cum hoste —
si modo hostis Pompei filius — tandem feriretur. — Quantum id **),
sic breve gaudium fuit. Zum in Baiani litoris mole de reditu eius
et bonorum restitutione convenit; cumque invitante ipso in navem
discubitum est, tlle, aut sortem suam increpitaus: hae sunt, inquit,
Carinae meae! aut imcomiter ***), quod (cum in celeberrima parte
Urbis (in Carinis pater eius habitasset) ipsius domus ct Penates in
navi penderent +).
desunt quaedam,
Sed imperturbata res Antoni, et. Pompeianorum bonorum (quorum
sector ille_fuerat) praedae devoratae possessio manere non poterat.
Itaque et ille detrectare coepit foederis pactum — [et Caesar] ad arma
rursus [ruere]. Jam totis imperü viribus classis in iuvenem compa-
rata est }+), cuius molitio ipsa magnifica. quippe interciso Hercula-
neae viae limite refossisgne litoribus Lucrinns lacus mutatus in por-
*) Hier scheint nun, um das folgende tot prospera zu erklären, ent-
weder ein ganzer Satz, wenigstens aber doch Bestimmungen, wie victo-
res, „oder impune, ausgefallen zu sein. ᾿
**) Vor Quantum id scheint ein Satz zu fehlen, der die Beseitigung
des Bürgerkrieges und die nun erfolgte Getreide-Zufuhr nach Rom zum
Inhalt haben dürfte, nebst der Angabe des persönlichen Zusammentreffens
des Caesar und Antonius mit dem Pompeius auf dem Vorgebirge Misenum.
” %**) gncomiter bleibt ohnerachtet der Paralleistelle Macrob. Saturn.
1, 7: incomis et tenebrosa vita verdächtig, wenn man es auch in dem
Sinne von: unwirsch, nimmt.
+) Entweder fehlt nach penderent wieder ein ansehnliches Stück,
oder der Text ist gründlich verderbt; um mit möglichst weniger Aende-
rung .weiter losen zu können, wagte ich folgenden Versuch: wo ich
dann res für Besitz nehmen muss. ὃ ᾿
11) Die Hauptschwierigkeit dieser Stelle liegt darin, dass man nicht
wissen kann, wie viel oder wenig Florus von den im Dio Cass. und Piu-
tarch erwähnten Umständen hier erzählt oder andeutet,
!
m ————— ro -.-- -
638 Berichtigung.
tum eique, interrupto medio, additus est Avernus, ut in illa aqua-
rum quiete classis exercita imagineım beili navalis agitaret ἢ).
desunt quaedan. Zu
Tanta-mole belli ctr.
Eine Rechtfertigung der Conujecturen scheint unangemessen;
einige scheinen nothwendig, andere mögen sich von besseren ver-
drängen lassen. Dr. Böhmer.
*) Anstatt agitaret, würde ich lieber lesen imiteretur, weiss aber
nicht, ob der Cod. die Endung — ur zuweilen abbrevirt.
\
Berichtigung. -
In meiner Abhandlung über die griech. T. und Modi im letzten Sup-
plementheft der N. Jahrb. sind mancherlei Druckfehler, die bei der Kürze,
in der das Ganze gehalten werden musste, um so störender sind. Da
mir erst in den letzten Tagen jenes Heft zu Gesicht gekommen ist, wird
diese etwas späte Berichtigung wohl Entschuldigung finden.
Seite 57 2.13 v.u. lies dort statt doch. — 8.58 Ζ. 3 v. o. Impf.
oder Praet. statt Praes. — ib. Ζ. 39 v.o. in statt mit. — S.60 2.30
v.o. si statt σι. — ib. Ζ. 10 v.u. Plusg. statt es. — 8.62 2.3 v.o.
dicerent. — ib. 2,17 ergänze werden nach aufgestellt. — 8.63 Z.2
lies Modi des Futur. — ib. Z.4 das statt des. — ib. 2.24 das-
selbe für denselben, — 8.65 2.20 mit statt nach. — 8.67 2.24 musste
tatt müsste. — ib. 2.27 lies ist dort nur, — 8.77 2.8 v.u, ward
von uns. — 8.81 2.3 noch statt nach. — S.83 2.3 Modalform. —
ib. 2.5 ebenso statt eben. — ib. 2.7 das statt des. — 8.84 2,7 in
den statt in der. — ib. 2.8Sprachen, — 8.85 2.25 pac. statt pag. —
ib. 2.31 Indicativ statt Imperativ. — 8.86 2.11 deutsch statt deut-
lich. — 8.88 2,6 müsstest. — 8.93 2.24 Semicolon hinter bestimmt. —
5.94 2.14 lies der Fall der Vertretung eines Praedicats. —
5.94 2.31 Adjectivsätze statt Objectivsätze. — ib. 2.3 v.u. Be-
nennungen statt Beding. — ib. Z.1 v.u. bei den. — 8.95 2.8
deutsch statt deutlich. — 8.98 2.25 von dessen. — ib. 2.28 in der
letzteren statt hier. — 8.99 Z.11v.u, angewiesen. — 8.103 2.13
v.u. Ausdruck, — 8,105 Z.19 denn statt den. — ib. 2.32 das ist. —.
5.109 Z.1 v.u. nach statt noch. — 8.110 2.4 Verba statt Worte. —
8.112 2.10 ν΄ π᾿ nehmen. — 5.114 Ζ.9 wo es. — ib. Z.29 es also.—
8.116 Ζ. 18 v.u. letzterer. — 8.117 Ζ. 4 νυ, ἀμύπωνται. — Β. 120
2.16 stehe statt fehle. — 5.128 Ζ.17 unausgedrückt. — 8.125 Ζ.2
nur statt aus. — 8.-127 2.5 damit für weil. — ib. Z.9 streiche ein. —
ib. Z.16 lies fast gar. — 8.129 2.4 müsste. ΄ .
Endlich wünschte ich es bestimmter zusammengefasst und hervorge-
hoben zu haben, dass der Indicativ, obgleich er auch in Bedingungs-
vordersätzen erster Stufe keineswegs immer die Wirklichkeit behauptet,
dennoch in dieser als seiner Grundbedeutung völlig geschützt bleibe, des-
halb weil das Verhältniss des Satzes als Factor griechisch immer mit in
Anschlag zu bringen ist; dass ebendeshalb auch der parataktische- Indi-
cativ nicht dagegen spreche, weil Coniunctionen zur Angabe des Satz-
verhältnisses griechisch nachweisbar ursprünglich nicht vorhanden, also
auch nicht nothwendig waren.
Güstrow, 15. Nov. 1853. ᾿ Aken.
639
Inhalt
des neunzehnten Supplemenibandes.
Erstes Heft.
. . Seite
Variae codicis Parisiensis A. ceivitatis Platonicae libris X.
scriptarae ‚supplementum. 8 - ΕἸ. Dübnero 'cellectum a C. E.
Chr. Schneidero ad Operum Platonis volumina' tria Lipsiae
a Teubnero a. MDCCCXXX. ΧΧΧΙ. XXXIJII. edita accom-
modatum et accessionibus atquo emendationibus auctum. . . 5—30
Ueber das Inventum Varronis. — Von Conrector Dr. Elster
zu Helmstedt. . . 31-52
Das syntaktische System der "Tempora und Medi im Griechi-
schen vom historisch-comparativen Standpunkte — Von Aken, ,
Gymnasiallehrer zu Güstrow. . . . 62-130
Die sogenannten Silentien an den Gymnasien, ὦ Von Dr. Fr.
Al. Hagelüken zu Münstereifel. . . 1350-10
Auch noch einige Worte über das Demosthenische οὐδὲ πολλοῦ
δεῖ und einige verwandte Ausdrücke. — Von Professor Dr.
Lieberkuhn zu Weimar... . . ὁ . 140-149
Zur Kritik und Erklärung der fünften Satire des Persius. --
Von Dr. A. Häckermann. . 0... .149-155
Ueber ein längeres .Bruchstück des Trogus Pompeias — Von
Dr. R. Sascke zu Breslau. . . . 0. . 156-159
Miscelle XIX. — Von Professor Dr. R. Klotz zu Leipzig. . . 159-160
Wiederholte Bitte. — Von Professor Dr. X. Fr. Hermann zu
Göttingen. 2 2 0 2 ee 2 ee. een. 160
Zweites Heft.
Variae codicis Parisiensis A. in Civitatis Platonicae libris X.
scripture supplementum etc. [Schluss des ersten Artikels des
vorhergehenden Heftes.) . . - . . . 165-188
Zur Erklärung einer nech unedirten Münze von Tius in Bi-
thynien. — Von dem K. russ. Staatsrathe Dr. P. Beeker zu
Odessa... .» . . 189—209
Probe einer neuen "Textgestaltung und "Uebersetzung "des Api-
- cias Coelius de opsoniis et condimentis. — Von Professor -
Dr. Chr. Th. Schuch zu Donaueschingen und Hofrathe Prof.
Dr. E. F. Wüstemann zu Gotha. . eo 0 2. 209—228
Sophokles’ Elektra, V, 465—1485, metrisch übersetzt von Dr.
Fr. Lübker, Director des Gymnasium zu Parchim. . . . 228-262
Ueber Vor- und Zunamen des Plautus und die Echtheit seiner
Stücke. — Von Prof. Dr. G@eppert zu Berlin. . . « . . 262—303
Beiträge zur Emendation und Erklärung mehrerer Stellen in
Tacitus’ Werken. — Von Dr. Nolte zu Arnheim. . . . . 303—308
Uebersetzungsprobe aus Ovid. — Von Dr. Wölffel zu Nürnberg. 308—310
Ueber die Bekanntschaft der Griechen und Römer mit den Slaven.
Nach Cyprian Robert mitgetheilt von dem Geh. Rath Ritter
Neigebaur zu Breslau . . « . . . . 810--818
Zu dem Schriftchen: De origine gentis Romane, _ Von Pro-
fessor Dr. K. L. Roth zu Basel. . . nn. 8]Έ 0.
Gelegehtliches. — Von Dr. Μάϊ zn Basel. . . . 315—319
Aphoristische Bemerkungen. Nr. If. — Von Professor Dr. R.
Klotz zu Leipzig. . . » 2 2 220. een. ϑιθᾷ.
640 Inhalt.
Drittes. Heft.
Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s und der Nachbar-
städte. — Vom.K. russ, Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa. 325—373
Ueber die Onomatopoeie. — Von M. Rosenheyn, Lehrer am _
Seite
Realgymnasium zu „Marienburg in Preussen. . . . . 373-395
Grammaticae sermonis Latini philosophiae elementa. — - Con-
didit Noire, philosophiae Doctor Mogunt. . . 395—407
De Promethea ternione Aeschyli. — Scripsit τ΄ Katterfeld,
Candid. philol. Dorpatensis. . . 2 2 000 00 0 0 + 407 —431
Anhang dazu, . - . 2. 434—436
Horazens Brief an die Pisonen -- " Vebersetzt von Dr. J. A. .
Maehly, acad. Privatdocenten zu Basel. . . . . 436-449
De adverbiis parum, paullum, quin et de usu verbi oceur-
ı rendi disceptatio. — Scripsit J. D. Fuss Lovaniensis. . . 450-458
Kritische Beiträge zu einigen ‘lateinischen Schriftstellern. —
Von Dr. Nolte zu Arnheim. . . . 459471
Ueber die Handbücher der Geschichte von Wilhelm Püts. —
Eine offene ‚Besprechung voh Dr. Göbel zu Trier.. . . . 472-480
Viertes Heft.
Hesiodus aus dem Gesichtspunkte der Entwicklung der religiösen
Idee. — Von ‚Professor Dr, Haupt zu Königsberg. . . . 485—499
Die Cycliker aus dem Gesichtspunkt der. Entwicklung der re-
ligiösen Idee ‚betrachtet. — Von Professor Dr. Haupt zu
Königsberg. Fa ar Da 0 0. .- 499506
De medii generis faturis passive usurpatis. -- Seripsit etemen- .
datins nune edidit Prof. Dr. Georgius Ludovicus Janson. . 506—522
De Gyaeci sermonis .nominibus in τῷ deminutivis. — Scripsit
et emendatius nunc edidit Prof. Dr. Georgius Ludovicus
Janson. . . 523—532
Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius mit besonderer Rücksicht
auf die zweite Schulausgabe derselben von Halm. Leipzig, 1853. .
— Von Professor Dr. C. E. Putsche zu Weimar. . . . ᾿ 532-540
Die Griechen und Homer. — Von.Dr. M. Weishaupt, Professor
am Gymnasium und Lyceum zu Solothurn. . . . 549-565
* Miscellaneorum eriticorum faseiculus quintas. -- Seripsit Fr.
Kater. ... . . 566-618
Ueber die Bedentung von agnomen, ἢ -- "Von Professor Dr.
Geppert zu Berlin. . . 618622
Uebersetzungsprobe aus Ovid’s Tristien. — Von ‘Dr. Wälfel
zu Nürnberg. . » ... 622—624
Collationen zu Cicero’s Reden. — Von Heinrich Wagner ᾽
Cand. Philol. zu Stuttgart . . . 624-636
Zur Kritik des Florus. — Von Conreotor Dr. Böhmer zu α δε. 636-638
Berichtigung. — Von Aken. . ... . . 638 fe.
Inhalt des neunzehnten Supplementbandes. een. 689-640
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