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Full text of "Archiv für philologie und paedagogik .."

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Neue 


JAHRBÜCHER 
PhilologiewPaedagogik, 


oder 
Kritische Bibliothek 
für das 


. Schul- und Unterrichtswesen. 


Gleskmmugsgresgp 


In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten 


begründet von 


M. Joh. Christ. Jahn. 


Gegenwärtig herausgegeben 


von . 


Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig 


und 
Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma, 
Neunzehnter Supplementband. Erstes Heft. 


Leipzig, 1853. 


ARCHIV 


für D N. 


Philologie mı Paedagogik. 


Zu 


ΝΞ ΝΥ 


Begründet von 
M. Joh Christ Jahn 


Gegenwärtig herausgegeben 
von 


Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig 


und 


Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma. 


Neunzehnter Band. Erstes Heft. 


Variae codicis Parisiensis A. in Civitatis Platonicae libris X. 
. scripturae supplementum a Fr. Dübnero collectum, 


Pag. 


a C. E. Chr. Schneidero ad Operum Platonis volu- 
mina tria Lipsiae a Teubnero a. MDCCCXXX. ΧΧΧΙ. 
ΧΧΧΊΗ, .ediia accommodatum et accessionibus atque 
emendationibus auctum. 


᾿ (Fortsetzung. ) 


Σ; εὖ N 


Vol. 11. Praef. P. ΧΧΧΥ͂Ι, ν, 9 pro 469 ira 464. 


.1, b, 8 pro 0 factos legas: factas, 
. 2, a, inter v.’19 δὲ, 20 ingeras: ἐφεξῇς) ἐφ᾽ πῆς ἃ m. sec. 


‚Par. ἃ. ἢ. 
b, 25 post ἀπωτέρω inseras; nltimae ὦ in Par. A. Dü. 
subscriptum est -ὦ, 


‚8, ὃ, 22 post Bekkerus addaa: neque legitur in Par. A. Dü, 
4. a, ult. addas: Leg. JUL ‚m 708. A. pro vulgato μάλιστά 


μρειιφραένονται τοὺς ἀπὸ Ιελοκοννήσου “προσδέξεσϑαι 
ξυνοίκους secundum oodiwes Par. A, δὰ, Voss. aliosque 
scribendum est προσδέξααφαι. : . 

b, inter v. 17 et 16 a f. inseras: ταῦτα) Pro ταῦ Par. 
A. Dü. a m. pr. videtur zo, habuisse: τὰ inter versus 
scriptum habet. - : 

13 af. ‚post τὸ σὲ ‚ingeras Par, A. δ. 
6, b, 20 sqq. et a Lobeckio -dirigse „credit delenda sunt. ΟἿ, 
Lobeckli ada. ad :Soph. Ai. p. 177. ed, 2. 
12 a £. nast ἡμεῖς inseras: Par. .A. Di. a m. pr. 
post ai. adtlas: λόγων) Adyov a m. ‚pr, Par. A. Dü. 
'. .: ἀπεγείρεε8) 8 extremum ‚Par. A. Dü. in 
‚litura scaipfum | habet, quam 
ezcipit —- signum idque dua- 
rum Iifterasum spatium ex- 
piens. 
ἀράν). δρ. ὧν Par. A. .Dü. 


. 7, 2,5 ἃ f. post. χρυσοχυήσοντας inseras: cuius » Par. A, 


. Di. in: liura.. scripkam habet, 
ult. ante Vind, ‚. ingexas. Par. A, Dü. 


/ 


‘ 


1* 


6 _ Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X. 


b, 9 addas: Of. ἴω, VI. p. 504. B. C. ubi post μετρίως 
itern infertur μέτρον. ' 
8 a f. inseras: ἐπιπονοτάτη — ἃ m. pr. Par. A. δ, 

Pag. 8, b, 8. ἃ f. post Bekkerus inseras: (Par. A. Dü. — ἣι in 

litura a m. valde recenti scriptum habet). 

Pag. 9, 8, 9 post Ρ. 36. inseras: et qui secnndum codices etiam 
ante coniunctivum restituendus est: "Theag. p. 122, C: 
ἐννοῶ yap, μὴ καὶ ὁ μειρακίσκος οὗτος οὐ τούτου 

, ἐπίϑυμεῖ (sulge ἐπιϑυμῇ)"» οὗ ἡμεῖς αὐτὸν οἰόμεϑα 
ἐπιθυμεῖν, ἀλλ᾽ ἑτέρου εἶτ᾽ αὖ ἡμεῖς ἔτι ἀτοπώτεροι 
ὦμεν περὶ. ἄλλου του BovAsvonevor. 
34 post’Par. A. inseras: cui accedit Voss. 
b, 12 a f. post ὄφλειν addas: αυσὰ -etiam Par. A, Dü. 
habet. δ τ ἢ ᾿ 

Pag. 11,.8, 11 a f. post Ita' inseras: Par. A. Dü. a m. pr. et v. 
7 af. post παραμυϑῇ: Par. A. Dü. a m. valde recenti. 

Pag.12, a,,16 post προβαλῇ) inseras: Ita Par. A. θὰ. a m. sec. 

Pag. 13, 8, inter v. 21 gt 2% inseras: ἀποδιδῷς) ἀποδίδωις a m. 
pr. Par. A. Du. Tr ' 

10 a f. addas: inter versus a m. vet. additum habet 

Pär. A. Dü. | er 

b, 14 addas: Ib. L. VI. p. 800. A: παρὰ ra δημόσια 

μέλη τε καὶ ἱερά. ubi δημόσια μέλη eadem, quae ἱερὸ 
esse significatur. ’ 

Pag. 14, b, 20 a f. addas: Ast. in sec. 

Pag. 15, a, 4 post δηλαδὴ inseras: Par. A. Dü. “" 

Pag. 16, a, inter v. 14 et 15 inseras: σκώμματα) σκόμμ. ἃ mM. ΡΥ. 
Par. A. δᾶ. inter v. 7 et 6 af, inseras: δεηϑεῖσι) --- 
εἴ --- in litura Par. A. Di. 

b, 17 addas: Of. Leg. L. ΧΙ, p. 944. A: ἐξῆν ἂν τῶν 
τότε ζσοι. κακοὶ ὀνειδίξειν ὅπλων. ἀποβολὴν τῷ τοῦ 
Μενοιτίου. ἝΝ \ 

Pag. 17,8, 15 a f. post in inseras: Par. A. Dü. 

Pag. 18, b, 6—8 deleas quae in parenthesi: posita sunt et eorum 
loco reponas: L: Il. c. 47. 

9 a f. post ἐελευτήσεμεν) inseras: Par. A. Di. 
Pag. 19, b, inter v. 20 et 21 inseras: αὐτοῖς) αὐτοῖς Par. A. Du. 
Pag. 20, a, 2 a post ποτ᾽ ἐστὶν inseras; Par. A. Dü. 
9 post ἔστιν inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
b, 17 post τινα inseras: Par. A. Du. 
5 a f. post Eodem verbo inseras: Plato Leg. L. ΧΙ. 
p. 923. B. usus videtur: ἐάν τις ὑμᾶς ϑωπείαις ὑπο- 
λαβὼν (sic Par. A. Voss. et „fortasse a m. pr. Vat. 
C.* vulgo ὑποδραμῶν) ἐν νόσοις ἢ γήρᾳ σαλεύοντας 
παρὰ τὸ βέλτιστον διατέθεσθαι πείϑῃ. Ad σαλεῦον- 
τας enim haud paulo aptius illad, in quo simul obse- 
quii et insidiarum inest significatio. 


seripturae οὐδ a C. E, Chr, Schnei.er. 7 


"Pag. 21, b, 9 addas: ΟἿ. ἐλέγομεν p. 454. Ὁ. 
Pag. 23, a, 11 inseras: πρός τι τ. Par. A. Di. 
b, ihter v. 9 et 10 inseras: ἐγὼ) γα — = Par. A. Dü. 
13 addas: et correctus, ab cadem, ut videtur, manu, 
quae μόνον scripserat, Par, A. Di. 
Pag. 24, a, 6 addas: (in Par. A. Dü. a m. pr. non dargıxöv erat, 
sed ἰατρικῶν). 
Pag. 25, a, 6 addas: Cf. Vol. IIT. p. 206, a, 21. 
b, 16 post δὲ inseras: Par. A. Dü. 
Pag. 26, a, 22 post, δεύμεϑα inseras: Par. A. Dü. am. pr. 
.b,. inter v. 6 et 7 inseras: τὸν) τὸ Par. A, Dü. a m. pr. 
Pag. 28, a, 7 addas: Aliter Procli locum interpretandum et ante 
μιμουμεναι͵ inserendnm αἱ et τὰς πλαττούσας in ava- 
πλάττουδιν mutandum censet.Lobeckius Aglaoph. p. 1029. 
10 af. post ἢ inseras: Par. A, Dü. et 6a f. ante 
Lob. Par. A. Di, a m, pr. 
Pag. 30, b, 10 a f. ‚pro omittit scribas: teste Dübnero deletum et 
Jitterae & in ἰσχυροτέρα impositum habet ς΄, ex quo 
Dübnerns criticum ἰσχυροτέρας. desiderasse colligit. 
Pag. 31, a, 11 inseras: (et ita Par, A. Dü.), 
- „16—26 hunc ın modum refingas: Sed cum natura illa 
mulieris et viri ceteroquin eadem, prout mulierem 
virumve respicias, minus- vel plus. virinm ostendat, ἢ 
recte habet; ὅσα vero, cum virium diversitas omnibus 
in rebus gonspicua sit, diversitatis „aufem gradum lud 
non magis designare, quam. pro ὅτε ἐν πᾶσε positum 
esse possit, cum Eusebio in ὅσῳ mutandum videtur, ut 
‚ sensus hic. efliciafur: excepto eo, quod minus vel plus 
virium habet. _ 
b, inter 'v. 18 et 17 a f. inseras: Παντάπασι μὲν οὖν) -- 
σιν — Par. A. Du. . 
Pag. 32, a, inter v. 22 et 23 inseras: 7) nr ut videtur, Par. A. Di. 
7 af. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
b,3 et 11 addas: (δαὶ) sine ara, teste Dübnero. 
Pag. 33, a, 11 af. addas: ‚Et o Par. A. Dü. in litura et partiun 
a m, rec. scriptum habet in spatio ὦ capiente. 
‚b,13 a f. ad ἐουϑρώτατον addas: ἐρυϑρῴτερον» quod 
Bekkerus Tim,: p. 83. B. secundum manum primam 
Par. A. et Vat, B, edidit. 
‚Pag. 34, a, 3 ad ea, quae nullo mode probanda sunt, addas πυκνώ- 
τερον Tim. .p. δ9. Β. et 76. C. ἀμυδρώτερα ib. p. 72. 
-B. ὑγρωτέραν p. 74. Ὁ. πυκνωτάτας p. 74. E. ἐλαφρω- 
τέραν Leg. L. XI. p. 934. A, item πυκνώτατον Tim, 
p. 59. B. quod in uno Ven. B, ex eoque in Ald. Bas. 
ab. legitur. 
16 a f. post δοτέον inseras: Par. A. Dü. ἀνδράσιν ὃ. 
b, 3 ad ἀτελὴ) addas: γρ ἅτε δὴ margo Par. A, Dü. 


Pag. 


Pag. 


Pag. 


Pag. 


Pag. 


Variae τού] εἷς "Paris; A. in Civitatis Platonicae libris X, 


. 35, b, 21 post habet. inseras : (teste Dübnero o et n am. 


vet. superscripta sunt).' 


. 87,8, $ post μίαν inseras: Par. A. Dü.:a m. sec, et v4 


addas: μηδὲ μίαν am. pr. Pär. A. Diı. 
6 a f. post μάλ᾽ ioseras: Par. A. Di. 


. 38,a, 7 a f. addas: δράσουσιν Par. A. Dü. 


b, 16 a f. post licet addas: Cf. Tim. p. 27.C: ἦ γέγονεν 
9 a f. post accentum inseras:‘cum Par. A. Dü. 


. 89,a, 13 post παρίῃς iniseräs: Par. A. Dü. item p- 40, a, 8 


post κοινὰ. 


. 40, b, inter v. 14 et 15 inseras: μίξιν) μῖξιν Par. A. δ. 
. 41, a, 20 post γυμνοῦσθαι inseras: Par. ‚A. Di, 
42, a, 24 post προϑυμεῖ et 6 ἃ f. post ἂν et pen. post ἡγεῖ 


inseras: Par. 4, δῇ. et5af. addas: ἂν deleto a m, 
sec. accentu Par. A, Dü. 
b, inter v. 19 et 20. inseras: Βαβαὶ) βαβαῖ Par. A. δᾶ, 


. 43, 5 12 äddas: ες αὕτως Par. A. δᾶ." 
. 44, a,7 addas; et L. Il. p. 410. Er’ ἀνεϑέντος αὐτοῦ et 


τραφέντοξς inter v. 3 a fin. et pen. ihseras: τοιαῦτα) 
τοιαῦτα — Par. A. δά. 
b,5 af, post ἔκγονα) inseras: — #7 — in litura Par. 


. 48, Ὁ, Baf. post tenuwi incidas. 
. 46, a, inter v. 5 et 6 inseras: ἄρχουσι) --- σιν Par. A. Dü. 


inter v. 7 et 6 af. inseras: γίγνηται) ττ mras in litura 
Par. A. δά, et interv. 4 et 3a ἢ μὴ) μὴ —- Par. 
A, Dü. 
b,7 a ἢ. addas: dAld re a m, pr. Par. A. Dü. 
48, ἃ, δ post σπαργῶσι). inseras: ὅπαρ = γῶσιν Par. A, 
et “Ὁ 
16 a f. post ὦσι): ὦσιν Par. A. Dü. 

49, a, 28 post Par. A. inseras: (— τἍῬ 9 — secnndem Düb- 
nerim, ἢ, 6. tum unius litterae inter ὁ et 9 deletae 
signo). 

b, 4 a f. post εἴκοσι inseras: Par. A. Dü. 

51, Ὁ, 27 post εἰκοσιετίδος inseras: a m. pr. Par. A. Dü. 

5 af. addas: Etiam τρίετες Leg. L. VII. p. 789. E. 
a codicibus firmum est, item δεκότει ib, p. 809. E. 
quod Bekkerus secundum Vat. ©; pr. in dexerei muta- 
vit, et τριέτεις L. VII, p. 868. E. tutius vulgato 
τριετεῖς videtur. 

52, a, 6 post vulgo inseras: et in Par. A. Dü. a m. pr. 

14 a f, ante Vind. inseras: Par. A. Di. 
Ὁ, 17 addas: Etiam Par. A. Dü. 8. ab eadem m. super 
φ positum habet. 

53. &, 23 addas: (Par. A. Dü. in contextu verborum dp’ 

omittit, in m. habet.yg dp’ 8) ᾿ 


seripturae editae a Ὁ, 5. Chr. Schneider. 9 


36 post ἀκρατείας inserasi Par. A. ‚Di. 

Pag. 55, a, 25 post relatum inseras: .(C#. Dorvill, δὰ Charit. p- 571. 
inf. ed. Amst, ubi citata Xenophontis verba non in eius 
Memorabilibus, sed in Oeconomica c.7 $. 11 legunter). 

Ὁ, 2 addas: Cf. Vol. III. p. 224, b, 2 8η4ᾳ. Stephani 
Thes. Didot. in συψγέγνομωε p. 937. B. uhi citates 
Platonis de Legibus locus non p. 890. sed. 930. Ὁ. 
exstat: ἐὰν δέ τις ἐλευθέρα δούλῳ συγγίγνηται. Pan- 
san, L. Il. c. 26, 6: Κορωνίδα κύουσαν ᾿Δσκληπιὸν 
"Ioyvi τῷ Ἐλάτου συγγενέσθαι. Etiam συνελϑεῖν inter- 
dum feminae dicantar, de quo v Heynius ad Apollod, 
p. 314. 54. εν 

Pag. 56, a, ult. post ὃν inseras: Par: Α. Dir, cum --ν post ἕν. 

Pag. 57, a, 3 post δὲ) inseras; — δὲ Par. A, Dü. 
inter v. 4 et 5 inseras: äxsivov) — νῶν a m. pr. Par. 
A. Du. 

b,7 a f. post ὧδε inseras: Par. A. θὰ, a m. pr. sed 
correctus ab eadem m. αἷς δὲ 
inter ν. 4 et 3a f. inseras: ἑπομένη) — νῃ Par. A. Di. 
3af. ad βελτίστῃ addas: Par. A. Dü. item p. 58, a, 

13 ad do εσϑαι. 

Pag. 59, a, 20 addas: τὸ μὲν γὰρ κοινὸν συνδεῖ; τὸ δ᾽ ἴδισν 
διασπᾷ τὰς πόλεις» ὡς Πλάτων καὶ ὡς Θουκυδίδης. 
‚Alex. Aphrod. ad Aristot. Top. p. 272, b, 33. Br. 

Pag. 61, a, 4 ‚ad ‚lacam Sophistae addas Timaei locam p- 37. 
τό τ᾿ ἦν τό τ᾽ ἔσται χρόνου γεγονότα εἴδη» ἃ δὴ 
φέροντερ λωνθάνομεν. ἐπὶ τὴν ἀΐδιον οὐσίαν οὐκ 
ὀρϑῶς. . 

12 ἃ f. secundum Dübnerum delendum est Par. A. 

Pag. 62, a, 14 post συν. addas: Par. A. ἢ}. 

26 addas: Erast. p. 135. A: ποῖα δὲ μάλιστα αὐτά 
τοπάξομεν εἶναι τῶν μαϑημάτων, ἃ δεῖ τὸν φιλοσο- 
φοῦντα μανθάνειν: ubi vulgo ἄττα legitur contra co- 
dices optimos 9 qui habent αὐτὰ, quod referendum est 
ad ἃ δεῖ μανθάνειν: ipsas Üllas, quas discere philoso- 

phantem oporteat, disciplinas. 

8 a f. adscriptum numerum 463 ad v. 7 transponas. 

Pag. 68, b, 14 sqg. Suspicionem de Par. A. iniectgm confirmavit 
Dübnerus, qui pro τῶν quinquies deinceps .. in eo 
positum testatur. 

6 a f. post etc. inseras: Par. A. Di. 

Pag. 64, b, 18 a f. addas: Cicer. Cluent. c. 5 ($. 42): quo enim 
ipsum nomen amantius indulzentiusgue maternum, hoc 

Ülius matris scelus maiore odie dignum esse ducetis. 

Paa. 66, a, inter νυ, 2 et 8 inseras : αὐτοῖς) — ὃς in litura Par. 
A. Da. 

Pag. 69,8, 4 post Par. A. inseras : (sec. Dübn. αἱ in litura) 


10 


Variae codicis Paris. A, in Civitatis Platanicne libris X. 


b,4 af. addas: Addendus vero videtur Thucydides L. II. 
c. 62, 3, quo loco τὰ προσεκτημένιι a codicibus multa 
'firmius est, quam προσκεκτ. 


Pag} 70, b, 12 post Par. A. inseras: (ἐπιμελείαι deleto super μὲ 


Pag. 


Pag. 


Pag. 
Pag. 


Pag. 
Pag. 


Pag. 


Pag. 


accentu Di.) 
71, a, 23 post πάντων) inseras: cum nı a m. vet, super ὧν 
Par. A, Dü, 
72, b, inter v. 20 et 21 inseras; ποτε) 50 — in litura Par, 
A. Dü, et ”° 
28 post διχοστανήσῃ): — nam. pr. Par. A. Dü, 
73, ὃ») 9 a f. post τιὶ δ᾽ inseras: Par. A. Da. 
74, 8, 9 af. addas: Οἵ. L. VII, extr. 
b, 12 post μακαρίστου inseras: Par. A. Di. 
6 a f. addas:’ eo sensu, Quem argumento pariter atqne 
grammafica reluctante vulgatae tribuit Pflugkius ad 
Eurip. Hel, 1089. - 


. 75, a, 4 post αὐτῶν inserası Par. A, Dü, 
. 76. Ὁ, 9 post Par. A. inseras; (a m. pr. Dü.) et v. 11 post 


el μὲν: a m. sec. Par. A. Dü. 


. 78, b, inter v. 22 et 28’ inseras: ἐμελλὸν) — 0 — in litura 


Par. A. Dü. Fuerat ὦ 


. 79, a, 2 post ἀδροὶ inseras: Par, A. Di. 


ὃ, 18 post praebuisset addas: Οὐ, Tim. p. 74. B: διὰ 
ταῦτα οὕτω τὸ τῶν νεύρων καὶ τὸ τὴς σαρκὸς γένος 
ἐμηχανᾶτο, ἵνα τῷ μὲν πάντα τὰ μέλη ξυνδήσας ἐπιν 
τεινομένᾳ καὶ ὠνιεμένῳ περὶ τοὺς στρόφιγγας καμπτό- 
μενον τὸ σῶμα. καὶ ἐκτεινόμενον παρέχοι. τὴν δὲ 
σάρκα προβολὴν μὲν καυμάτων, πρόβλημα δὲ yeıpd- 
vov, ἕτι ὃ πτωμάτων οἷον τὰ πιλητὰ ἔσεσϑαι κτήματα; 

pen. post ἢ :inseras: Par. A, Dä. 
80, a, 10 ad ξῶον) addas: Ita h. 1. Par. A..Dü. 
5a f. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
83, a, 18 post av. inseras: Par. A. Dü. 
29 post Par. 4. inserns: (al in’ litura, δ, ut videtur, 
am. pr. δᾶ, 
84, a, 6 post αὐ. et 10 post ὦρα inseras: Par. Α. Dü. 
17 a f. ad ponit addas: Idem restituendum Leg. L. VIII, 
p- 860. C: ποίας δὴ πρὸρ ποῖ᾽ ‚av; ubi vulgo est 
ποίαν, apud Astium ποῖον, in ed. Turic, ποῖα. 
85, a, 6 post Par. A. inseras: (al in litura Dü.) 
18 addas: yo τί δὲ ἐξιαϑῆναε ἴῃ m. pen. secundum Dübne- 
rum delendum est Par. A. cnius’ codicis "agctoritate 
subtracta ne καὶ quidem tenendum videtur, etsi bonum 
per se et magis etiam, quod ad infinitivum attinet, ἢ 
tero Legum [0co: commendatum L. VIL p. ‚804. © 
νῦν εἰρήσϑω τῷ λόγῳ μετὰ νόμων " ἐν δὲ τούτοις πᾶσι 
διδασκάλους --- διδάσκειν, quod autem ad προστέϑημι 


scripturae editae a C. E. Chr, Schneider; ᾿ 4 


Mo, gaod Οἷν, L. 1. p. 335. A. legitur, προσϑεῖναι 
τῷ διπαίῳ.. 
Pag. 87, a, inter v, 11 et 10a f, inseras: ρου πρῶτον) — ὑπ — 
Ä in litura Par. A. Dü. 
b, 15 a f. addas: utque interpretatus est Macrobius In 
Somn. 1, 9. p. 51. Lugd. Bat, Indigetes divi fato 
summi Jovis hi sunt. 
Pag. 88, ὃ, 20 ad προσκυνήσομεν) et p. 89, a, 15 ad Τί δῶ) ad» 
das: Par. A. Dü. a m, pr. 
Pag. 89, ἢ, 8 a f. past Par. A. inseras: (el in litura Dü.) 
Pag. 90, b, inter. v. 8 et 9 inseras: τοῦ ἐχϑροῦ) τοῦ d. Par. A. Dü, 
14 post κυνῶν) inseras; — v — in litura Par. A. Dir. 
Pag. 91,a, 7 a f. addas: μέλει a m. pr. (— ἢ rec.) Par. A. Dü. 
b,11 a f. post Par. A. inseras; (αὐ in litura Di.) Ad 
| interpunctionem, cf. Leg. L. III. Ρ. 704. C: τί δ᾽ αὖ; 
πεδίων re καὶ ὁρῶν καὶ ὕλης πῶς μέῤος ἑκάστων ἡμῖν 
εἴληχεν (ἡ χώρα): | 
Pag. 92, ἃ, 4 a.f. post Par. A. inseras: (ταὐτὰ, supra scripto τὰ 
a m. vet. Dü.) 
b, 22 addas: — ὦ in οὕτω Par. A. Dü. in litura habet, 
Pag, 94, 8, inter y, 5 εἰ & inseras; δύο) --- ὦ am,.pr. Par, A. "γᾶ. 
94 ἢ, ‚post γε inseras: Par, ἃ. Dü. 
7 8 ἢ. ad ἄπο τρόπου) addas: Ita a m. sec. Par. A. 
Dü. a m. pr. (quod etiam Bastium fugit) ἀπὸ — (De 


scholio 9 in quo Bastius praepositionem ἡ sine accentu 


et spirita scriptam esse dicit, Dübnerus tacet.) 
PB. 05, a, 16 addas: — ὦ — in litura Par. A. Dü, Fuisse vi- 
detur ov 

inter v. 16 et 17 inseras: ἐμπιχρῶσιν) cum super 

wın rec, Par. A.. Di, 
18 ad ἀλιτηριῴδης) addas: ἀλιτηρίωδης Par. A. δῆ. 
b, 4 a f. post ol inseras: eadem manu sup. Par. A. Di. 
Pag. 96, a, inter v. 4 et 5 inseras: Οὐ) od, Par. A.Dii, . 
20 addas: In Par. A. Dü. h. 1. in m. scriptum est og, 
“in versu ipso’ punctum nusquam videtur. 

Pag, 97, b, inter v. 21 et 22 inseras: ἐμπιπράναι) cum super 
πιπ vet. Par. A. θὰ. 
98 ἢ, post ἐπιτρέπῃ) inseras; — ἢ rec, in litura Par. 
A. Dü. 

‘Pag. 98, b, 4 a f. addası τὲ cum y vet. super. τ, Par. A. Dü. 

Pag. 99, a, inter v.12 οἱ 11 a f. inseras: αὐτους) αὖ — a m, sec, 
ut videtnr, Par. A, Dü. 

Pag.100, a; ult, addas: Sed Par. A. Di. habet συγγιγν. 

Pag. 102, a, 15 inseras: (Par. A. Dü. a m. valde rec, habet — ξὺν» 
a,m, pr. fuerat — ἡ) 13 a f, post λέγεις et 10 a f. 
post ἀφεϑήσει inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 


\ 


12 Variae codieis Paris, A. in Civitatie Platonicae Hibris X. 


,Νι, 4. α f._ post ἀαϊοσδίαπ" Inseras: (y’ initio versus positum 
et propius ad sequens ἔφη admötam , sed haud dubie 
a m. pr. pröfectum docet Di.) 

Pag. 104,b, inter v. pen. et ult. inseras: μοῖραν — ξξεινν, In Par, 
A. Dü. ἂν post μοῖραν deletum et ΕἼΣ in ἕξειν in litura 
positum est. 

Pag.105,a, inter v. 8 et 4 inseras: | Ζωγράφον) ζωιγρ. Par, A. Dü. 

Pag.106,a, 14 a f.: post Ita inseras: Par. A. Dü. a m. pr. et 9 
a f. post correctus:-(rec. Dü.) 2 

Pag. 107,8, 16 a f. post οἰκήσεεεν et “δι, 7 post διὸ inseras: Par: 
A.Dü. et.20 post μεταβαλόντοξ): ᾿οὐπὶ altera A altero- 
que accentu super 'aA γε; Par. A. Dü. - 

Pag. 108,8, 4 post Par. A. inseras; (cam ΓΝ super &, quo 
loco'o posiftum esse -potuit Dä.) - 

Pag. 109, a, inter v. :10et 11 inseras: drei) cum s vet. super ς 
Par. Α. θᾶ. 

18 ad ἘΔλν) addas: ξὰν .:- Par. A. Dü. 

Ὁ, 7 addas: Similia v. apad-Lehrsium De Arist. p. 92. 
"14 post correcti inseras: (Par. A. Bü.‘ δ΄ τὰ. valde re- 
centi, enm a „prima — ἧς vet ıg fuisset) 
af. ad ταὐτὸν) addas: sine corönide Par. A. Dü. 

Pag.110,b, 15 post δ᾽ inseras: Par, 4, Ὁ, - 

Pag.111,a, 26 addas: De v. ἐκβάλλειν cf. Boeckhius ad Pind. 
Pyth. 2, 81.p. 259. 

27 post ἐπὶ σὲ inseras: Par, a. Dü. Cuius auctoritate 
accedente faciendum nanc puto quod Lehrsius Qu. ep. 
p- 110. etiam sine ea faciendum fuisse censet. 

b, 10 all ἐργασομένουςῚ addas: o prias in litura Par, A. Dü. 
17 post ἀμύνῃ et 23 post ἐκφεύξῃ, inseras: Par. A. Di, 
a m. sec. 

Pag.112,a, inter v. 6 et 7 inseras:: του) τοῦ Par. A. Da. 

‘ 18 post παρέχηι inseras: Par. A. Dü. am. sec. 

δ, 11 inseras: ἁμηιγέπηι Par. A. Dü. b: I. et: infra, 

Pag.114,b, 8 a f. addas: In Par. A. Di. v&ı a m. vet. super 
νεϑήσε scriptum est. 

Pag.115,a, 1 Η Η ad ἐμμετρότατο) addas: — ὁ — in litara Par, 


Pag. 116, ὃ, 7 dont τινὸς inseras: Par. A. Dii. 
10 a ἢ. post Par. A. inseras: (a m. sec. — δὲ apr.Dü.) 
Pag. 117,3, 8 ἃ ἢ. post τιμᾶσϑαι inseras: Par. A. Di. 
b, 12 ad φάϑι) addas: Par. A. Dü, a m. pr. et 13 al 
φαϑὶ: Par. A. Dü. a m.- sec. 
- 17 addas: Par. A. Dü. 
Pag.118,b, 8. a f. ad μαϑητικοὺς) addas: μαϑη «τικοὺς» sup.“ ua 
a m. pr. ut videtur, Par. A. Bü. 
Pag. 119, ἃ» 5 ἃ [. al mutaverit addas: Cf. Tim. p. 88. B: τὸν 


scripturae editae a C. E. Chr. Scheide. 13 


δὴ μαϑηματικὸν ἥ τινα ἄλλην σφόδρα μελέτην διανοίᾳ 
κατεργαξόμενον. 

Ραρ. 120,8, 11 a f. post δύω inseras: Par. A. Düi..am. pr. et inter 
v8etTaf. δύο) — ὦ a m. pr. Par. A. Da. et b, 
7 ἃ 1. Dot πὸ ποι: Par. A. Dü. 

Pag.121,a, 6 ad καϑ' αὐτὸν addas: καϑαυτὸ Par.-A. Dü, 

b,1 post ἐόν τὸ τε inseras: Par. A Di. 
4 ad rs dyonyogag) addas: τ᾽ 2. Par. A. Di. 
6 a f. post exhibet itseras: Par. A. Di. Item p, 123, 
b, 7 post εἰλικρινῶς. 

Pag. 124,4, inter ut et elkeiv inseras: dAodv, qnod Thesg, ‚P- 124, 
A. (ἀλοώντων) in Clark, et Lob, legitur, etsi analodv 
in usa etiam Attiejis fuit, 

80 post malis, inseras:. quod, Loheckio Pathol Vol. 1, 
p. 466. alienius videtar, 

Ῥαρ. 126, ἃ, 6 ante cum editis inseras: et Par. A, Dü. | 

Pag.127, a, 8 ad φῇς) addas: φῇς Par. A. Dü. , 

19 addas: Eorum vero, quae Astiug a Bernhardyo 
Synt. p. 290. una cum Heimdorfio citatus tamquam 
similia ad illud, quo recte usus erat. Heindorfies, ads 
scripsit, nihil aut illi aut Äuic est simile, et omnino 
pleonasmus pronominis aliquanto rarius apud Platonem 
invenitur, quam vulgo videri solet, 

10 a.f. ad τέϑης) addas: τέθηις Par. A. Dü. 

pen. post Par. A, inseras: (αἱ in litura Dü.) 

b, 15 addas: — ταυτόν Par. A. Dü. 

Pag.128, 5, 12 post ἢ inseras: Par. A, Din. 

9 af. post Par. A. inseras: (a m, pr. θᾶ. ὥς φαμεν 

am. sec.) 
b, 7 past ταὐτὸν inserag: Par. A. Dü. ταυτὸν 

20 addas: In Par. A. Dü. γε inter versus a m, sec, 
ut videtur, scriptum est. 

21 post ἐπί τι et 23 post οἷόν re ‚inseras: Par. Α. δᾶ, 

Pag. 129,a, inter v. 16 et 17 inseras: Οὐ) οὔ, Par. A. Dü. 

“as 180,8, 14 a f. post eil. inseras: Par. A. Dü. 
inter v. 12 et 11 a f. inseras': ὄντορ)Φ-- o --- in litura 
Par. Α. Di. 

‘"b, 11 post εἶλ. inseras: Par. A. Di. 

Pag. 151,3, 17 post adkiberi inseras: Item oratoris et referentis 
orationem personae 'sive orationis ipsius et eins renun- 
tiationis confusio inest in illis Leg. L. IH. p. 715. 
E: "Avöges τοίνυν φῶμεν πρὸς αὐτοὺς, ὅ μὲν δὴ ϑεὸς 
κτέξ. quae si post ἄνδρες incidas, similia reddas iis, 
quae L. III. leguntur, si post τοίνον, ad eundem mo- 
dum comparata habebis atque baec' λεγέτω KO, φήσω. 
Alia einsdem generis Astius ad Legum locum p. 216. 
contulit, in quibus hyperbaton esse dieens et interpun- 


14 Variae codicis Paris. A. in Civitatis- Platonicae libris X. 


-ctione nulla utendum censens’ accuratius explicavisse rem, 
gnemadmodum volebat, non .videtar. 
‚ δ,10 post ἡγῆται inseras: Par. A. Di. a m, pr. 
Pag. 132,a, 19 addas: ες Sauppii Ep. erit..p. 29, .. 
| b, 11 post τί ἐστιν inseras: Par. A. Dü. et. 14 a f. post 
Par. A: (ἃ m. sec..Dü.) et 13 ἃ ἔ, aute Ald. ‚Par. A, 
Dü. am.pr. . ΝΞ 
Pag. 138,8, 13 a f. post intransitivum est inseras: etiam Lobeckio 
Zu iudiee ad Soph. Ai. p. 197. ed:sec. 
b, 9 a f. post περὶ inseras.: Par, A. Di. 
Pag.134,b, 14 a f. post Suidas inseras: et scholiasta Aristot, p. 
14, :b,.20. ΞΕ 
Pag. 135,b, 16 post οὔτε inseras: Par. A. Dü. et 22 post χρήσει: 
Par. A. Dü. am. pr. ᾿ u 
Pag.136,a, 5 a f. addas: εἰλ. Par. A. Dü. 
Pag.137,a, 1 post Par. A. inseras: (in Hitura Dö.) 
inter v..19 et 20 inseras: αδαύτως) ὡς αὕτως Par. 
A. Di. ὃ ὌΝ 
δ, 6 post A. inseras: {---ο--- in litura Di.) 
Pag.189,b, ult. addas: Pro ἐμυὶ γοῦν Par. A. Dü, „ut solet‘‘ 
ἔμοιγ᾽ οὖν habet. Τ᾿ ᾿Ξ 
Pag.140,a, 11 ἃ f. post ab, inseras: Ia τ, Par. A: Dü. ad ἑξῆς 
adscriptum est ἐξ ἀρχῆς | 0 
b, 4 ‘post Ven. ΟἹ aildas: Etiam Par..A.Dü. in m. τοίως 
ad zog Adscriptum habet. εἶ 
inter v.22 et 23 ἰηβόγαβ ποτέρους) --- ρου Par. A. Dü. 


a m. pr. — ρους corr. ab eadeın. ᾿ 
Pag. 141,3, 12 post δὲ et b, 1 μοβξ ᾿ὧρα et 19 post ἢ) inseras: 
Par. A. Du. | 


Pag.142,a, 4 a f. post δεῖν inseras: Dühnerus in Par. A. 

Pag.144,b,8 a f. post γ᾽ inseras: Par. A.Dü, 

Pag. 145,2, 3 a f, Genus participii et sgq. usque “δά notavi b, 3 

| delenda sunt. Ῥεῦμα ἐκεῖσε ἀπωχετευμένον artificioga 
interpretatione non ἐρεῖ. 

Pag.146,a, 8 addas: Of. p. 496. B. _ 


Pag. 147,a, inter v, 12 et 13 inseras: μεγαλοπρέπεια καὶ ϑεωρία) 
— £neıg x. ie Par..A. Dü.a m. pr. 
᾿ς b,1 post Ita inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
.Pag.148,n, 9 post πλέως) addas: πιίλεως Par. A. Dü. 
ΝΕ 16 addas: γρ ἀνόνητα in m, Par. A. δ). 
Pag.149,a, 14.a f. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
inter v. 13 et 12 a f. inseras: ξυγγενὴ) — vy— iu 
litura Par. A, Dü. 
b, 8 post weuwper-inseras: Par. A. Dü. am. pr. 
16 post ἀνδρείας inseras: Par. A. Dü. item p-. 150, 
a, 5 post om, 


scripturae editae a C, E. Chr, Schneider. 15 


Pag. 150,8, 11 post T’inseras: et Par. A. Dä. cuius in m. παραγό, 
ut videtur, scriptum est. 
b, 13 ad λέγωσιν) addas: Par.A. Dü. a m, pr. et 14 ad 
λέγουσιν: Par. A. Dü. a m, rec, 
Pag. 151,3, 6 addas: Cf. add. ad Vol: 1. P- 112, a, 13, 
b,9 post δ᾽ inseras: Par. A. Da. 
inter ν, 8 et 2 a. f. inseras: nwavcovraı) παύσωνται 
a m. pr. Par. A. Dü. ᾿ 
Pag. 152,6, 7 addas : Secundum Dübnerum in m. Par. A, scriptum 
τὸ 
est Y0 πλῆϑος ᾿ 
. 18 post ὥστε inseras: Par. A. δᾶ, et 16 ἃ f. post 
senovdog: Par. A. Dü. am. pr. 
Pag. 154,a, 11 a f. addas: Par. A. Dü. in m. tenuissimis litteris 
-  scriplum habet xreıvov. 
Pag.155,b, ult. addas: Cf. L. X. p. 618. E. 
Pag. 156,6, pen, post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü, a m, pr. 
Pag.159,a, 13 af. ad διῇμεν) addas: δεῆμεν Par. A. Dü. 
Pag. 161,0. 10 post δ᾽ ἔστιν .inseras: Par. A. Di. item p. 163, a, 
.18 post ἀνδρεία 
Τρ. 168,0, 16 sqq. dieta nunc minus vera mihi videntur. Ἢ ἤδη 
διαβολὴ ea esse potest, quae iam apparebat et in con- 
spectum venerät, cum' antea animadversa non fuisset. 
Itaque assentior Bernhardyo τῆς ἤδη διαβολῆς iungenti 
et positurae licentiam Sophoclis in verbis conspicuam 
yoetis relinquendam censeo, 
Pag-.164,b, 12 a f. ad μέλλοι) addas: — os in litura Par. A. Dü. 
Fuerat εἰ, ᾿ \ 
Pag. 166,8, 16 post ἀνδρείαν inseras: Par. A. Di, 
b, inter v. 31 et 14 i inseras: καί σοι) καὶ σοὶ Par. A. Dü. 
post y..ult. addas: εἴτε τῶν) εἴ τέ των Par. A. Dü. a 
m. sec, 
Pag. 166,a, ante v. 1 inseras: Zoo) Ζῴων Par. A. Dü. 
inter v. 4 et 5 inseras: ἀγαθῷ --- μὴ d ἀγαϑρ) Citat haec 
verba scholiasta Aristot. p. 136, a, $1 sine που. 
Pag.167,b, 7 addas: Pluribus de ἢ. 1, egit Morgensternius in Pro- 
oemio Ind. lect. hib. Dorpat. a. 1831. p. 11 sq. et 
postquam fieri potuisse ostendit, ut post προσηκούσῃ 
excideret yyj, acquiescens in vulgata audiendum censet 
μαϑήσει᾽ „cuius notio phantaside scribentis coaluerit 
cum imagine loci, τόπου, et quidem loci qui ferax sit 
nutrimenti, τροφῆς. ( 
16 post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a. m. pr. 
Pag. 168,a, inter v, 14 et 15 inseras: ἀϑρόοι) «9. Par. A. Dü. 
Cf. add. ad Vol. I. p. 61, Ὁ. 
Ὁ, 14 addas: In tertia ed. p. 1424. kunc locum tacite 
omisit et pro eo Soph. Trach. 749. posuit. 


16 Variae.codicis Paris..A. in Civitatis Platonicae libris X, 


Pag. 170,8, inter v. 16 et:15 α f. inseras:- γένηται) —n — in 
“ litura Par. A. δῆ. 
Pag.172,b, 7 addas: CE. Leg. L. ὙΠ, Ῥ' 809. Β: τίνα τύπον 
ἔχοντα ἐκλεκτέα τέ ἔστι καὶ ἐπανορϑωτέα. Sisyph. 
. 890..Ὁ: ὕπερ ἐπιστήμη Te καὶ εἰκασία καὶ σχεδια- 
σμύς. Thucyd, L. I, c..36, 1: οἰκειοῦταί τε καὶ πο- 
λεμοῦται.- 
8 844. de Matthiaeo dictis addas: In tertia ed. p. 1471. 
hac loco tacite omisso alium substituit Phaedon,. p. 80, 
“ "D. Tu conferas 'Thierschii Gramm. $. 312. 8. 

Pag. 174,0, 16 post cum inseras: Par. A. Dü. item p. 175, a, 24 
‚post. Διομηδεία, ΄αὐυοὰ ipsum nunc mihi recipiendum, 
᾿Διομήδεια vero apud Äristophanem non ad analogiam, 
- quam in adnotatione sequebar, sed. licenfia factum vir 
detur simili Pindaricae in Κύκνεια. μάχα Olymp. XI, 
15, de quo v. Hermanni De dialecto Pindari observa- 
. fiones p. X. Quod si ad Aeolensium dialectum referri 
potest, Ἑκτόρεια χεὶρ Rhesi v. 762. talem excusatio- 
nem non habet, neque Πολυδεύκπεια χεὶρ aut ᾽άγαμε- 

' μνόνεια ab Etymologo nescio unde prolata, Sed haec 
‚po&tica sunt neque- sufficiunt ad tuendum in Platone 
Aroumösıe, nedum ad expellendum vulgatum Ἢ ρακλείαν 
λίϑον Ion.. p. 583. ἢ. ex quo Bekkerus secundum 
quattuor codices non optimos fecit Ἡράκλειαν. 

Pag. 175,b, 19 post δέ γε et p. 176, a, 6 a f. post ἀνδρεία inse- 
ras: Par. A. Dü. " 

Pag.176,b, 12 post Stallbaumius ingeras; εἰ Haasius in indice ad 
'Xenoph. De rep. Lac. in εὐϑύς. 

8 a f. addas: (Οἱ. ὁτουοῦν et τινός L. VIN. p. 551. C. 

ΠΡ 177,b, 3 post alibi inseras: velut L. X. p. 598. C. 621. C. 

- „44 addas: Cf. Hippoer. de aör. T. I. p. 527, 10. Kühn. 
" ὅκόταν τὰ πεντήκοντα ἔτεα ὑπερβαάλλωσι. 
Pag.178,3, 9 post ἐβοίρειν) inseras; ἐξαιρεῖν Par. Δ. Dü. (h. e, 
ΝΣ apeiv). 

b,inter v. 5 et 6 inseras: ἐμπιπλάμενον) cum u ἃ m. 

vet. super ııı Par. A. Dü. 

11 a f. addas: ε- in δουλεύσανει ın Par. A. δ. 

lifura scriptum est et pro κτήσει ἃ τη. pr. erat τίσει. 

Pag. 181,3, 20 post φῃς) inseras: φῇς Par. A. Dü. et ὃ, 8 post 
ιεἰργμῶν): cum ‚€ super εἶ Par. A. Dü. et 9 post 

ον ἄφμενοι): don. Par. A. Dü. 
Ob 12 af. ad τεχνίον addas: Par. A. Di. cui favet 
ἀτεχνύτεροι et similia, de quibus dietum est p. 33, 

Pag. 184, 2, ‘34 addas: Ὁ, Vateri Misc, crit. in Jahnii Annalium 

"Supplementis Vol, XVII. fasc, 2. p« 1. 
 b, 7 post Par. A. inseras: (in uo teste Dübnero ex Ὃ 
ab eadem . -manu factum est el). 


s 


scripturae editae a C, E. Chr. Schneider. 17 


Pag. 186, b, inter v. 14 et15 inseras: τὸ) — ὁ in litura Par. A. Dü. 
pen. quasi inter paucos et sqq. usque ad Ρ. 187, a, 4 
experiantur deleas utpote ex falsa τῶν ὀλίγων inter- 
pretatione profecta, qui non tantum divini signi compo- 
tes, sed omnes illi quibusdam de causis in philosophia 
perseverantes sunt , quemadmodum τὸ χτῆμα non si- 
gnum illud, sed ipsa philosophia est. Ceterum γενόμενοι 
non muto. 

Pag. 187,b, 14 ad Gorgiae locum addas: Epin. p. 976. A: βοήϑεια 
ὅσων ὧραι ληΐζονται τὴν τῶν ζῴων φύσιν. 

Pag. 189,a, 21 addas: ut Appiani Maced, IX. 2. Ρ. 170. med. Di- 
dot. τέσσαρες ἄνδρες ὑπὸ τὸ τειχίον ὑποστάντες. 

Ὁ, 8 af. ad ἡντιναοῦν) addas; ἥντιν᾽ οῦν, corr. ἡντινοῦν, 
Par. A. Dü. 

Pag.190,b, inter v. 4 et 3 a f. inseras: λήψεται) — ἡ — in litura 
Par. A. Dü. 

Pag. 192,a, 12 post requirit addas: ut Leg. V1. 779. E: οὐ πάν- 

“ τῶν εὐκολώτατον dictum est, inter vv 4 εἰ 8 ἃ ἢ. 
inseras: τὸ) — 0 in litura Par. A. Dü. 

b,7 post eiocı inseras: Par. A, Dü. a m. pr. et inter 
v, 12 et 13: δεῖ) — εἴ in litura Par. A. Dü. 

Pag.193,a, 8 non corrigenda, sed probanda erat Ficini interpreta- 
tio, respiciendumque quod paulo post pueri et adole- 
scentes facere iubentur, et ἀπαλλάττονται referendum 
ad πλησιάσαντες, postquam attigere, 

24 addas: Similis significatio est illius, qua Leg. XI. 
930. D: ποιούμενοι dicuntur qui sibi vindicant, | 

Pag.194,v. 7 pro &xel scribas ἐκεῖ et in adnot, b, 10 a f. post 
στρατιῶν inseras: Par. A, Dü. et p . 195, a, 6a ἢ 
post yeyovorag): yeyov — in litura Par. A, Du. 

Pag.195,b, pen. post 449. inseras: tert. p. 564. 
ult. addas: et partim falsum est quod Matthiae in ed. 
sec. et tert. affirmat, πώποτ᾽ εἶδον in Bekkeri codici- 
bus exstare, 

Pag.196,a, 1 ad πολὺ) addas: Alos Par. A. Dü. a m. vet. super 
λὺ scriptum habet. 

5 addas: (secundum Dübneram ad rommör’ in m. ad- 
scriptum est γρ τοιαυτὶ ῥήματα) 

9 addas: In Par. A. Dü. & a m. vet. super o scri- 
ptum est. 

12 addas: o in παρισωμένον Par. A. Dü. in litura scri- 
ptum habet. 

inter v. 16 et 15 a f. inseras: ἢ) ἦ a m. sec. Par. 
A. Dü. 

pen, ad ξυντεταμένως) addas: ἔξυντετα .. μένως Par. 
A. δὰ. 

b, 5 addas: yg τρόπου in m. Par. A. Dü. 

Archiv f. Phil. u, Paedag. Bd. XIX. Hft. 1. 2 


18 _Varise codieis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X, 


ita c. 8. dicitur οὐ φεύγων οὐδ᾽ ἀποδιδράσκων τῆς 
πόλεως καλούσης. 

Pag.198,a, 18 δὰ καταγελώμεϑα addas: Par. A. Dü. 

Pag. 199,a, 12 a f. post φιλομαϑέας inseras: Par. A. Dü. am. pr. 

Pag.200,b, ult. post Vulgo inseras: et Par. A. Dü. 

Pag.201,b, 2 post ἐμπίμπλασθαι addas: Par. A. Dü. a. m. rec. 

Pag: 202, b, re: ν, ὅ εἰ 4 ἃ f. inseras: ζωγράφοι) ζωγράφοι Par. 

. Dü. 


Pag. 197,b, 6 8. ἢ addas: Simili ratione Phocio ἃ Plutarcho in eius 
ν 


Pag.203,b, 14 ad Xenophontem addas Luciani locum Baccho c. 5. 
T. VII, p. 296: ἀλλὰὲ θαῤῥῶν ἐπαγγέλλομαι αὐτοῖς, 
ὅτι, ἣν καὶ νῦν ---- τὴν τελετὴν ἐθελήσωσιν ἐπιδεῖν ---- 

. ἐκβαηχεύσειν καὶ αὐτοὺς καὶ πολλάκις μεϑ᾽ ἡμῶν ἐρεῖν 
τὸ εὐοί. 

Pag.204,b, 5 εἰ 4 ἃ ἔς pro non magis—-quam reponas el—-et, et 

| p- 205, a, 2 sq. adscripta tollas. 

Pag. 205,b, inter v. 7 et 6 a f. inseras: ξωγράφορ) ξῳγράφος 
Par. A. δὰ. | 

Pag.206,b, 11 addas: (— ὃ ἃ m. pr. — ol in litura Dü.) 

Pag.207,b, ult. post οὐδέποτε inseras: Par. A. δῦ, 

Pag.208,b, 10 a f. et p. 209, a, 22 ad Axiochi locum addas al- 
terum Epist. XII. p. 362. B. 

Pag.210,b, 6 a f. addas: Dübnerus Av- scriptum vidit, sed ita, ut 
facile pro u littera haberi possit. De accentu tacet. 

Pag. 213,a, inter v. 6 et 7 inseras: ταὐτόν) ταυτόν sine coronide 
Par. A. Dü. ‚ut solet in forma » additum habente.“ 
21 post ye ἔφαμεν inseras: Par. A, Dü. 

b,7 et 6 a f. deleas verba denique ἦϑος (αὐτό). Hoc 
αὐτό ad μετέχειν referendum est. 

Pag.214,a, 5 af. post ἀνδρείας et b, δ post ἢ inseras: Par. A. Dü. 

Pag. 215,a, inter v. 13 et 14 inseras: ἐλλιπῆ) ἐλλειπῇ Par. A. Dü. 

b, 2—14 de Par. A. relata ita expleas: ad ἀπολείπων in 
m. eadem manu  adscriptum habet yo ἀπολεῖπον καὶ 
στιοῦν τοιοῦτος οὐ πάνυ μέτριον. Dü. 

inter v. 7 εἰ 6 ἃ f. inseras: τῶ σεν) τι — in litura Par, 
A. Dü. 
6 a f. post δεῖ inseras: Par. A. Dü. 

Pag. 217,8, 19 addas: Etiam seqaentibus merito aliguid tribuit Kay- 
serus in censara orationis Cobetianae in Novis actis 
diurnis litterariis Ienensibus a MDCCCXLVIIE. N. 68. 
p- 269: der Verdacht fällt weg, wenn man 
weiter liest. 

Ὁ, 18 a f. addas: et ἀντιλαμβανόμενοι supra dicti sunt 
p- 497. Ὁ. 

11 a f. post διανοεῖ inseras: a ın. pr. Par. A, δᾶ. 
ult. addas: Ἔστι μὲν γὰρ ἡ τοῦ ἀγαθοῦ εἴτε γνῶσις 


scripturae editae a C. E. Chr, Schneider. 19 


εἴτε ἐπαφηὴ μέγιστον. καὶ μέγιστόν φησι τοῦτο εἶναι 
μάθημα, οὐ τὸ πρὸς αὐτὸ ἰδεῖν μάϑημα λέγων, ἀλλὰ 
περὶ αὐτοῦ μαϑεῖν τι πρότερον. Plotin. Enn. VI. 7, 
86. p. 727. A. (1330. Cr.) | 
Pag.219,a, 14 inter Par, A. et Dk. inseras: (εἶδέαι Dü.) 
6 af. addas: Par. A. Di. | 
Pag.220,a, 2 inseras: (cum litura, sed a m, vet. Dü.) 
b, 11 a f. addas: Cf. Aeschyli Agam. v. 758: πολλύὶ δὲ 
βροτῶν τὸ δοκεῖν εἶναι προτίουσι δίκην παραβάντες. 
Pag. 221,8. 10 ἃ f. addas: Par. A. Dü. 
b, 15 post Vind. 1, addas: πολλοῦ κ΄ zıvog cum liture 
| in o estremo —Par, A, Dü. | 
Pag.222,b, 20 post μαντεύει inseras: Par. A, Dü, am. pr. 
28 addas: φῇς Par. A. δὰ. 
Pag.223,2, 3 inter Par. A. et θὲ. inseras: (ἀνὴρ καλῶς a m. 
pr. Dü.) 
b, 7 post τὸ δ᾽ inseras: Par. A, Dü. 
17 post Par, A. inseras: (corr. δὲ a m. pr, Dü.) 
10 a f. post dal inseras: Par. A. Dü. corr. (δὲ am. pr.) 
Pag.225,a, 5 post τἀγαϑὸν inseras: Par. A. Dü. 
b,3 et 5 post Vat. H. addas: et— 9 in margine habet 
Par. A. Dü. 
3 af. post τὰ τ᾽ inseras: Par. A. Dü. 
inter pen. et ult. inseras: ἔμπροσϑεν) ἔμπροσϑεν m 
Par. A. Dü. | 
Pag.226,a, 13 post Vind. B. uddas: et erasis a m. sec. accenti- 
bus Par. A. Dü. 
15 addas: eta m, pr. Par. A. Dü. 
12 a f. post ö dorıv addas: Par. A. Dü. 
Pag. 228,8, 23 addas: Ad dictionem conferri potest Horatii Serm. 
1, 6 v. 110: Hoc ego commodius, quam tu, praeclare 
senator, Milibus atque aliis vivo. 
Pag.229,a, inter v. 11 et12 inseras: οὔτβ ἐν) οὔτ᾽ ἐν Par. A. Dü. 
Pag. 231,a, 3 post ἐπέκεινα inseras: Par. A. Dü. 
b, 26 addas: Ib. L. VIII. p. 847. E: καὶ ὅσα ξῷα ξύμ- 
navra πράσιμα ἐν ἑκάστοις ἧ. ubi Astius ἐν mutavit 
in ἄν, ἐν ἑκάστοις est in singulis partibus. Ib. L. XI. 
p. 915. Ὁ: ὅσα δὲ διά τινος ὠνῆς ἢ καὶ πράσεως. 
ἀλλατντηταί τις ἕτερος ἄλλῳ. ubi vulgo contra Par. A. 
Voss, aliosque codices legitur ἀλλάττεται, Ib. p. 920. B: 
ὅσαπερ αὐτῶν λειῳϑῇ. Vulgo ἂν post ὅσωπερ inser- 
tum omittunt Par. A. Voss. et ἃ m. pr. Vat. Ὁ. Ib, 
p- 921. Ὁ. ὡς in ὃς mutandam idque immindta post 
δημιουργοῖς interpanctione cum ὠποδιδῷ construendum 
videtur. Tim. p. 86. C. πεφυκὸς ἦ recte tuetur Lin- 
davius adhibitis Thucydidis locis. Epist. VII. p. 339. 
E. σχῇ restituendum est. 


-- 


2%* 


20 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X, 


Pag.232,a, inter v. 10 εἰ 11 inseras: τοῦτο) τοῦτο .:- Par. A, Dü. 

7 a. f. post Cous inseras: idem in Tim. p. 105. E. 
b, 4 post Ita inseras: Par. A. δ. a m, pr. 

Pag.233,b, 7 post est. addas: Ad locum, quem μὲν obtinet, cf. 
Ι,. X. ρ. 607. E: διὰ τὸν ἐγγεγονύτα μὲν ἔρωτα. 
13 ‚post ἡγήσει inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 

Pag. 234,a, 8 in verbis Procli deleas καὶ ante ἄρα. 

Pag.235,b, 9 a f. post παραλείπης inseras: Par. A. Dü. a m. sec. 
pen. post y’ inseras: Par. A. Dü. - 


Pag. 236,a, 6 ad Par. A. addas: (a m, sec. — δύο a m. pr. Di.) 

Pag. 238,b, 19 post ἢ inseras: Par. A. Dü. 

Pag.239,b, 13 post sigrificet. addas: quo posito μιμηϑεῖσιν tenet 
Mommsemus De Aristot. poet. c. 1—9. Kilon. 1842. 

. 12. 

Pag. 241,a, 1 post ὦνπερ inseras: Par. A. Dü. et ipsum ὥνπερ 
Platoni restituas et ad ἐκεῖνο mente adkicias ζητεῖ vel 
ξητεῖν ἀναγκάζεται. 

6 8 f. addas: et ἃ m. pr. Par. A. δὰ. 

Pag.242,b, pen. addas: Alter similis est Leg. L. X. p. 894. C. 

Pag.243,a, inter v. 21 et 20 a f. inseras: ἀνωτέρω) — ρῶε Par. 
A. Dü. 

14 a f. ad correctus addas: (ab eadem manu, ut Düb- 
nero videbatur). 

Pag. 244,a, 11 a f. addas: Denique prorsus eodem modo nunc 
scriptum videmus L. VII. p. 533. B: γεωμετρίας re 
καὶ τὰς ταύτῃ ἑπομένας. 
inter v. 4 et 8 ἃ f. inseras: ποιούμενος) ποιουμένους. 

am. pr. Par. A. Dü. 

Ὁ, inter v. 16 et 15 a f. inseras: (αὐτῶν εἷς αὐτοὶ) av. 
e. ad. Par. A. Dü. 

11 a f. addas: Par. A. Dü. qui — οὖν cum duobas 
punctis a m. vet. super ν positis habet, 

Pag. 245, a, inter v. 4 et 8 a f. inseras: voö) νοῦ .--- — Par. 

. Dü. 

δ, 14 a f. addas: (τέτταρα in Par. A. scriptum esse Ba- 
stius apud Stallbaumium testatur, quocum Dübneri 
silentium consentit,) 

Pag.246,a, 1 post λάβε inseras: Par. A. Dü. item 11 a f. post 
ἀνωτάτωι et b, 15 post ἀνάλογον 

Pag.248,b, 19 ad Par. A. addas: (a m, sec. — ἴδε a m. pr. Dü,) 

Pag.249,b, 4 a f. post ἴδε inseras: Par. A, Dü. 

Pag. 251,a, inter v. 6 et 7 inseras: λίϑινά — φϑεγγομένους --- I 
— et υς in litura Par. A, δὰ. 

12 a f. ad καταντικρὺ) addas: κατ᾽ ἄντιπρυ a m. pr. 
κατ᾽ ἀντικρὺ a m. sec. Par. A. Dü. 

b, 14 post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 


scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 21 


Pag. 252,4, 10 post est. addas: Similem articuli cum pronomine 
coniuncti usum v. p. 518. C: ταύτην τὴν ἐνοῦσαν κτέ. 
9 af. addas: Par. A, Dü. 

b, 21 ad Par. Dk. addas: item A. Dü. sed hic a m. vet. 
inter versus adscriptum habet . εἶ ante . φύσει. 

Pag.263,a, 14 addas: (Teste Dübnero a m. vet. inter 'versus τί 
additum habet.) 
inter v. 14 et 15 inseras: ἐγγυτέρω) — owı Par. 
A. Dü. 

Ὁ, inter v. 13 et 12 a f. inseras: ἕκαστον) --- ὁ — in 
litara Par. A. δᾶ. 

Pag.254,a, 4 a f. post εἰ δὲ inseras: Par. A. θᾶ. 

b,13 ad ὠνίη addas: Par. A. Dü. a m, rec. 

Pag. 256,2, 9 a f. post av. et p. 257, a, 10 post αὐτὸν et 17 
post δὲ inseras: Par. A. θᾶ. 

Pag.257,a, 22 pro εἰ scribas ei. 

Pag.259,a, inter v. 20 et 21 inseras: δεσμώταις) ---- αἵ — in litura 
Par. A. Du. 

Pag. 263,a, 4 a f. post facit. addas: Etiam L. VIIE p. 839. B. 
Par. A. κεκτήμην pro πεχτήμην et L. XII. p. 957. C. 
κέπτητ᾽ pro κεκτῇτ᾽ habet. 

Pag.264,a, 10 a f. addas: et a m. pr. Par. A. Dü, 

b,9 post ἂν inseras: Par. A. Di. 
16 addas: atque ita Par. A, Dü. 
9 a f. post ταῦτ᾽ inseras: Par. A. Dü. 

Pag. 265,a, inter v. 10 et 11 inseras: ὄψιν) — s — in litura Par. 
A, Dü. | 

.b, 3 a f. post omnium inseras: Par. A. Dü. 

Pag.266,a, 11 a f. post Par. A, inseras: (dei.uny-cum unius lit- 

terae litura Dü.) 
b, 6 post Par. inseras: A. Dü. 
pen. addas: — ἃ in litura Par. A. Dü. 

Pag.267,a, 9 a f. addas: Proxime ad hoc ὥστε ἐργαξόμενον acce- 
dit illud, quod legitur Eryx. p. 404. A: οὐκοῦν πάλιν 
καὶ οἷς ταῦτα, καὶ εἴ τι ,“ἀνωτέρω τούτων 5) καὶ οἷς 
πάλιν ἐκεῖνα, καὶ ἔτε μάλα τὰ ἄνω; ὦστε καὶ εἰς 
ἄπειρόν τι πλῆϑος τελευτῶντα; ἀνάγκη πάντα ταῦτα 
πρὸς τὴν αὐτῶν ἐργασίαν χρήσιμα φαίνεσθαι; nonne 
rursus eliam quibus haec (sc. nobis comparamus) et si 
quid super his, etiam quibus rursus üÜla atque iterum 
superiora ac sic denique nullum finem habentia, omnia 
haec necessario utilia ad eorum effectionem videntur? 
Eadem ratione post ὡς participium positum videtur 
Tim. P- 66. B: πάντα οὖν δὴ ταῦτα δεῖ διανοεῖσϑαι 
σμιπρα οὕτως. ὡς καϑ᾽ ἕν ἕκαστον μὲν τοῦ γένους 
ἑκάστου διὰ σμικρότητα οὐδὲν δρώμενον ὑφ᾽ ἡμῶν, 
ξυναϑροισϑέντων δὲ πολλῶν τοὺς ὄγκους αὐτῶν ὁρᾶ- 


a “οΒώῪ 


22 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X. 


adeı. atque hae (species) omnes ila parvae cogiiandae 
sunt, -ul quae singulae in singulis generibus propter 
parvitatem nullae eernantur a nobis, caacervalis autem 
multis moles earum cernantur. In quibus accusativi ἔκα- 
στον οὐδὲν ὁρώμενον ex οἧς particula comparativa, in- 
finitivus ὁρᾶσθαι cum accusativo Toug ὄγκους ex eadem 
in coniunctionem mutata-et consequentiam significante 
pendent. Comparari his talia ‚possunt , quale Thucydi- 
dium est L. I. c. 23: ὅτι αὐτῶν παρημέλουν; ὄντες 
ἄπαικοι" οὔτε γὰρ ἐν πανηγύρεσι ταῖς κοιναῖς διδόν- 
τες γέρα τὰ νομιζόμενα οὔτε Κορινθίῳ ἀνδρὶ προκα- 
ταρχύμενοι τῶν ἱερῶν ὥσπερ al ἄλλαι ἀποικίαι, περι- 
φρονοῦντες δὲ αὐτοὺς πκτέ. ubi participiorum διδόντες 
et sequentium ratio grammatica eadem atque praece- 
dentis ὄντες et γὰρ idem est, quod γε ἄρα» plane ut 
apud Platonem paulo supra -hunc locum p. 518. D: ob 
μὲν τοίνυν ἄλλαι ἀρεταὶ καλούμεναι ψυχῆς κινδυνεύ- 
ουσιν ἐγγύς τι εἶναι τῶν τοῦ σώματος" τῷ ὄντε γὰρ 
οὐχ ἐνοῦσαι πρύτερον ὕστερον ἐμποιεῖσϑαι ἔϑεσί τε καὶ 
donnassıv. Aliter vero explicandus est Herodoti locus 
a Bernhardyo cum Platonico nostro compositus L. II. 
c. 14: καὶ ταῦτα: ὡς ἀπενειχθέντα ὑπὸ τούτου. εὖ 
δοκέειν σφι slonodaı. atque haec, sicut relata erant a 
nuntio, cammode dieta δὲς esse visa. Ibi ad participium 
mente adiiciendum est ἦν. scriptor autem hoc potias, 
quam verbum finitum, propterea posuisse existimandus, 
quo certius ὡς non postquam, sed sicut significare in- 
telligeretar. Simili ratione Hermannus ad Aeschyli 
Agam. Υ͂. 404. codicum scriptaram εἴ τὶς ἀπιστῶν 
αὐτῷ Platonis in Phaedone p. 87. B. tenendam esse 
docuit. 

Ὁ, 8 post zog inseras: Par. A. Dü. eundemque ξυγγενεῖς 
pro ξυγγενὴ eshibentibus adnumeres. 

Pag. 268, ὃ 4 ad λιχνείαις) addas: λειχνίαις ἃ m. pr. Par. A. Dü. 

Ὁ, 7 post ys inseras: Par. A, Dü. 
8 post Par. A. addas: (a m. sec. — δὲ am. pr. Dü.) 


Pag. 270,b, 20 addas: Cf. Leg. L. VIII. p. 845. B: ubi νόμος et 
κολάξειν et νουϑετήσας καὶ δίδέξας ἀποπέμπειν qUOS- 
dam dicitur. 


Pag.271,b, inter v. 18 et 19 inseras: B μετέχουσι) — ο — in 
litura Par, A. Du. 
10 a f. addas: ΟἿ, Lueiani Encom. Demosth. T. VII. 
p. 128. Lehm. τὰ τροφεῖα τῆς παιδεύσεως ἐκείνῳ 
τίνων. 
8 ἃ f. post τῷ inseras: Par. A. Dü. item p. 272, b, 
8 post οὕτω. 


scripturae editae a ©, E. Chr. Schneider, 33 


Pag.272,b, inter v. 10 et 11 inseras: οἰκοῦνεαι., αἷς) — «ὦ — 


Pag. 274,b, 


in litura Par, A. Dü, 
15 post ὧδε inseras: Par. A. Dü. 


. 11 ἃ f. post videatur. addas: Atque ita Tim. p. 45.D. 


σωτηρίαν γὰρ ἣν ob ϑεοὶ τῆς ὄψεως ἐμηχανήσαντο, 
τὴν τῶν βλεφάρων φύσιν ; ὅταν ταῦτα ξυμμύσῃ . κα- 
ϑείργνυσι τὴν τοῦ πυρὸς ἐντὸς δύναμεν dictum est pro 
ἣν γὰρ σωτηρίαν κτέ. 

2 post possunt. addas: Cf. Tim. p. 65. C: 000 μὲν 
γὰρ εἰσιόντα περὶ τὰ φλέβια οἷόν περ δοκίμια τῆς 
γλώττης τεταμένα ἐπὶ τὴν καρδίαν εἰς τὰ νοτερὰ τῆς 
σαρκὸς καὶ ἁπαλὰ ἐμπίπτοντα γήϊνα μέρη κατατηκο- 
μενα ξυνάγει τὰ φλέβια. καὶ ἀποξηραίνει» τραχύτερα 
μὲν ὄντα στρυφνὰ, ἧττον δὲ τραχύνοντα αὐστηρὰ φαί- 
νεται. Ne hic quidem constructio verborum per γήϊνα. 
μέρη κατατηκόμενα interrumpi, sed quasi per apposi- 
tionem continuari videtur, cui tamen ipsum nomen μέρη 
et tota sententia repugnat, quae illa verba pro casibus 
absolutis haberi iubet: terrenis partibus suis liquefactis. 
Non multo aliter einsdem Timaei Ρ. 82. A: τότε τὸ ° 
μέσον μὲν “πρῶτον καὶ ἔσχατον γιγνόμενον; τὸ δ᾽ ἔσχα- 
τον. καὶ τὸ πρῶτον αὖ μέσα ἀμφότερα, πάνϑ᾽ οὕτως 
ἐξ ἀνά ung τὸ αὐτὰ εἶναι ξυμβήσεται, τὰ αὐτὰ δὲ γενό- 
μενα ἀλλήλοις ἕν πάντα ἔσται. In quibus casuum di- 
versitas et cx nominativis in accusativum facta transitio 
non facile animadvertitur. Atque secundum hos et 
huiusmodi locos a grammaticis nostris neglectos nescio 
an de Platonis usu nominativorum absolutorum ita sta- 
tuendum sit, ut, quemadmodum in appositione notio 
singularis continuatur alterius notionis adiectione, simili 
modo Plato inchoatam et tantum non perfectam enun- 
tiationem existimetur altera eaque perfecta continuare, 
neutiquam vero anacolathon facere voluisse orationem, 
quae Engelbardti sententia est in Anacol. Platon. 
spec. III. p. 80. ad locum Leg. L. VII. p. 844. 
C. proposita his verbis: Nominativi absoluti, quos vocant, 
sunt verba ἐκ Διὸς ὕδατα γιγνόμενα, i. 6, huius casus 
ratione non habita scriptor in segg. structuram commo- 
diorem intulit. Locus ipse hic est: ἐὰν δὲ ἐκ Διὸς 
ὕδατα γιγνόμενα τὸν ἐπάνω γεωργοῦντα N καὶ ὃ ὁμότοι- 
χον οἰκοῦντα τῶν ὑποκάτω βλάπτῃ τις μὴ διδοὺς 
ἐκροὴν κτὲ. Ηἰς quod praedicandum erat de aqua, id 
praedicatum habemus verbis ἐκ Διὸς γιγνόμενα, ita tamen, 
ut esspectatio maneat continuationis alicuius vel ad ὕδατα 
vel ad γιγνόμενα vel ad utrumque perlinentis, cui eX- 
spectationi deinde nova enuntiatione ita satisfactum vide- 
mus, ut neque ad subiectum neque ad pracdicatum, 


24 Variae codieis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X, 


sed ad utrumque sive ad enuntiationem ipsam imper- 
fectam additurum aliquid fuisse scriptorem sentiamus 
non aliter ac si coniunctionem praeposuisset et ὅτε ἐκ 
Διὸς ὕδατα γιγνόμενά ἔστι scripsisset. Eadem ratio 
est loci Tim. p. 69. C: ὥσπερ γὰρ οὖν καὶ κατ᾽ ἀρχὸς 
ἐλέχϑη. ταῦτα ἀτάκτως ἔχοντα ὁ ϑεὸς ἐν ἑξκάστῳ Te 
αὐτῷ πρὸς αὐτὸ καὶ πρὸς ἄλληλα συμμετρίας ἐνεποίη- 
σεν» ὅσας τε καὶ ὕπη δυνατὸν ἦν ἀνάλογα καὶ σύμ- 
μετρα εἶναι. Ibi Lindavius quidem certe fallitur verba 
ταῦτα ἀτάκτως ἔχοντα inngenda esse verbis ἀνάλογα 
καὶ σύμμετρα εἶναι existimans, Engelhardtns vero, post- 
quam spec. I. p. 20. nominativos absolutos esse docuit, 
spec, III. p. 14. accusativos esse declarat cum verbo 
actionem dei significaturo coniungendos, pro quo bre- 

 vitatis studio scriptor aliud inferens orationem anacolu- 
thon fecerit.e. An ita sentiebat vir doctissimus, scri- 
ptorem accusativos esse voluisse, orationem autem ana- 
coluthon fieri eo facilius passum esse, quod etiam 
nominativi absoluti videri possent? Sed si nominativi 
absoluti in usu erant, cur lector de alio potius casu 
eoque anocoluthiam efficiente cogitaret? Nam nomina- 
tivi quidem illi, quaecunque origo et prima significatio 
eorum fuit, certe anacoluthon non magis faciebant, quam 
genitivi, qui absoluti yocantur. 

13 addas: Nam inter τὸ μίασμα et περιεληλυϑὸς interie- 
ctae οἷς particnlae vis ca est, ut praedicatum non con- 
tineri participio, sed in sequentibus quaerendum esse 
videatur; quae cum eiusmodi nihil exhibeant, τὸ μίασμα 
nominativus pariter atque sequens participii tamquam 
alter subiecti nominativus nullam consequentiam habet, 
Nihilo tamen minus uterque non accusativus, ut Astius 
putabat, cui et ὡς particulae et totius membri collocatio 
adversatur, sed nominativus et post περιεληλυϑὸς alte- 
ram participium, quod praedicatum confineret, yıyvons- 
νον vel ποιούμενον, brevitatis vel concinnitatis causa 
omissum videtur. Alibi additum est alterum, ut eius- 
dem libri initio p. 853. A: xa9’ ὃν ἕκαστον λεγόμενον 
ῥηϑὲν, ἣν δεῖ λαμβάνειν αὐτὸ τιμωρίαν, --- μετ᾽ ἐκεῖν 

«αὐτὰ ἑξῆς ταῦτα ῥητέον. quibus verbis ταὶ μέγιστα sin- 
gulatim in disputationem vocanda et cum demonstratum 
fuerit, qua poena sint afficienda, post illa de minoribus 

.  verba facienda significantur. 

9 a f. post οὗ περὶ inseras: Par. A, δ. 

Pag.275,a, inter v. 8 et 9 inseras: σκοπῶμεν) σχοποῖμεν a m. pr. 
Par. A. Dü. 
20 addas: cuius verba "rectius scripta exhibet Bekke- 
rus Comm. crit. Τὶ U. p. 314. 


- scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 25 


Pag.277,a, 8 post etc. addas: Par. A. Dü. item v. 17 post μουσικὴ 
b, 5 post grammatico inseras: (de quo cf. Schmidtii Diss. 
de Didymo edita Olsnae a. MDCCCLI. p. 24. sq.) 
Pag.279,b, 6 post κεχωρισμένον) inseras: — νῶν am. pr. Par. 
A. Dü. 


Pag.282,a, ult. post δείκνυ᾽ inseras: Par. A. Di. 

Pag.283,a, 4 af. addas: et a m. pr. Par. A, Du. 

Pag.284,a, 5 post ἐπέρεσθαι et v. 9 post ἐστὶ inseras: Par. A, θὰ. 
ὅδ δῇ, δὰ Par. A. addas: (a m. se. — δὲ — am. 

pr. Dü.) 

Pag. 285, b, 9 post Par. A. inseras: (a m. sec. θᾶ.) εἰ v, 12 post 
αὕτη: in Par. A, Dü. a m. pr. αὕτη, 

8 a f. addas: et a m, pr. Par. A. Du. 

Pag.286,a, 14 post ἄρα inseras: Par. A. .Dü. 

„5a f. ad mei addas: et Par. A. θὰ. 

"alt, post ἐστὶ inseras: Par. A. Dü. item p. 287, a, 
10 a f. post a m. pr. 

Pag.287,b, 8 a f. post F. inseras: — ποτέ ἔστιν Par. A. Dü. 

Pag. 288,b, inter v. 14 et 15 inseras: Ὃ) in duarum litterarum 
litura Bar. A. Dü. 

Pag. 289,a, 16 post Par. A. inseras: (o in μεταστροφῆς in litura Dü.) 

Pag.290,a, inter v. 10 et 11 inseras: ἀναγκάζει) ἀναγκάξει — 
Par. A. Dü. 

6 a f. post Par. A. .inseras: (secundum Dübnerum 
cam duobus punctis ab eadem manu super δύο posi- 
tis: δύο). 

b, 11 a f. ad EF. addas: et cum colo post ἀξιοῦτε Par. 

A. Dü. 

Pag.291,a, 11 a f. post sumus. inseras: (et del h. I. cum litura 
habet teste Dü.) 

b, inter v. 2 et 3 inseras: ἔπος)" Eros a m. pr. Par. 

A. Du. 

Pag.292,a, 6 post ἑκών. addas: Cf. add. ad Vol. I. p. 411, b, 14. 
inter v. 19 et 20 inseras: καὶ) καὶ nn a Par. A. Dü. 

δ, inter νυ, 17 et 16 a f. inseras: ἂν εὕροις) ἀνεύροις; 
eraso gravi super εὖ, Par. A, Dü, 

Pag.293,b, 12 a f. post a m. pr. inseras: (sed ab eadem additum 
habet teste Dü.) 

Pag. 294, a, inter v.6 εἰ 7 inseras: ποῤῥωτέρω) --- ρων Par. A. Dü. 
inter v. 10 et 11 inseras: ἐδέαν.) ἰδέαν. — + Par. 

A. Du. 

18 post Par. A. inseras: (a m. rec. οὐ a m. pr. ut 
videtur δ) . 

Pag.295,b, 11 sqgq. allatis nominativi cum genitivo constructi 
exemplis addas Anonymi a Menagio ad Diog. La. editi 
locum p. 201, b, 5, qui idem exstat apıd Suidam T. TI. 
p. 732, b, 3. Bernh. καὶ αὐτοῦ Ἑρμείου παιδικὰ γενο- 


236 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X. 


μένου. ᾿Αριστοτέλους . et Procli in Tim. p. 196, 49: 
τοῦ γὰρ ἀδιαιρέτως πάντα ὄντος. εἴ p. 187, 11: ano 
τοῦ κρυφίως ὄντος ϑεοῦ τὰ πάντα. Quorum similitu- 
dine iam non solum ἔργον apud Origenem,*sed etiam 
σπέρματα apıd Platonem satis tutum mihi videtur. 
Pag.296,a, 5 inseras: (yo εὐομολόγητον in m. Dü. 
Pag.297,a, inter v. 6 et 7 inseras; ὅλῳ) in litura Par. A. Du. 
19 post Par. A. inseras: (a) in litura Di.) 
Pag.298,a, 13 post scriptum est inseras; (atque ita a m. sec. scri- + 
ptum habet Par. A. Dü.) | 
Pag. 299, 3, inter Υ, „16 et 16 inseras: οφέλειαν) ὠφελίαν a m. pr. 
ü. 
16 Dont διαλέγει inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
b, 14 post Par. A. inseras: (am.pr. zolsı a m. sec. Dü.) 
Pag.300,a, 3 a f. post a m. pr. inseras: sed teste Dübnero ab 
eadem additum habet. 
Pag.302,a, post v. ult. addas: τῆς νῦν) τῆς = νῦν Par. A. Dü. 
b, 14 post μετέρχει et p. 303, b, 20 post ἡγεῖ inseras: 
Par. A. Dü. a m. pr» 
Pag.303,b, 22 addas: — κῶς in litura Par. A. „Du. 
Pag.304,a, 9 a f. post n) inseras: Par. A, Dü. ἦι, et post συμμε- 
μυκος: (v ante & in Ftura Par. A. Dü.) 
4 a f. Dübnero auctore delendum est Par. A. quippe 
in quo τε ante ἐπιχειρῇ positum sit. 
Pag.305,b, ult. addas: — m — in litura Par. A. Du, 
Pag.307,a, 1 post βραδυτὴς inseras: Par. A. Dü. 
inter v. 18 et 12 a f. inseras: Ζαιδάλου) --- αἱ — in 
litura Par. 


A. Di. 

ἘΕἘδιαφερόντως) διαφέ- 

. . ...@0vzog a m. pr. 
Par. A. δᾶ. 

Pag.308,b, 1 post ἄρα inseras: Par. A, Dü. 

10 post τοῦ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. et 

Pag. 309, a, en v9eB8af. inseras: ὅστις) ὅ — in litura Par. 
A. Dü. 

b,7 a f. post πυϑαγόριοι inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 

Pag.310. a, ὅ a ἢ. addas: Alterum exemplum exstat apud Proclum 
in Tim. p, 332, 34: ἀφῆκε. 

Pag. 911,0, 13 addas: De dictione ἐκ γειτόνων praeter eos, quos 
in Indice vocabulorum significavi, conferendus est Saup- 
pius Ep. crit. p. 106. sq. 

7 af. addas: Cf. Schal. Aristot. p. 221, a, 21: διὸ 
καὶ καλῶς τις αὐτους ἐπισκώπτων φησὶν, ὅτε ὦτα 
τοῦ νοῦ προηγήσαντο. Et apud Proclum in Tim. 
p. 192, 14. ὦτα τοῦ νοῦ προστησάμενος ab Adrasto 
audit Aristoxenus. 


scripturag editae a C. E. Chr. Sehneider. 27 


Pug.312,b, υἱέ, post Par. 4 "inseras: (sed & — in litura Dü.) 
Pag. 313, a, 14 post ἀνιᾶσιν. inseras: Par, A. Dü. a m. pr. 
Pag.314,a, 6 a f. post öl’ inseras: Par. A. δᾶ, 
5 8 ad ᾿Αλλ ἤδη) addas: Inter haee in Par. A. Dü. ab 
eadem manu superscriptum est ἐς 
14 post Par, A. inseras: (cum duobus punctis ab eadem 
‘m. super of scriptis Dü.) 

Pag.315,b, 14 post Bekkerum et 16 post ‚m. et p. 316, b, 19 
post ὅ 2orıw inseras: Par. A. 

Pag.316,b, pen. addas: additum habet recentins Dü. 

Pag. 317,8, 19 aqg. propositam et exemplis ab Euripide petitis sub- 
 structam verborum ἐπ᾿ ἀδυναμίᾳ βλέπειν interpretatio- 
nem firmat Platonis lacus Leg. L, ΧΙ. Ρ. 915. D. E. 
μηδ᾽ ἐπὶ ἀναβολῇ πρᾶσιν μηδὲ ὠνὴν ποιεῖσθαι μηδε- 
vog. h. 6. cum dilatione pretüi ‚solvendi. Similiter Pro- 
clus in Tim. p. 24, 89 ἐπ᾿ ἀϑετήσει τῶν λεγομένων 
eodem sensu dizit, quo per’ ἀϑετήσεως dici solebat, 
quo etiam μετ᾽ ἀδυναμίας h. 1, dicere Pflatoni licebat, 
sicut Tim. p. 52. B. μετ᾽ ἀναισθησίας dixit. De ροῦ- 
tarum usu cf. Jacobsius Del. epigr. p. 100. Alteram 
praepositionis significationem, quae apud Sophoclem 
obtinere videbatur, tractavit Fritzschius Quaest. Lucian. 

p. 139. 

Pag.321,a, 10 addas: et a m. pr. Par. A. Di. 

Pag.322, b, 12 pro une Par. A. excepto scribas: 'etiam Par. A. Dü. 
lam vero omni codicum auctoritate destitutam negatio- 
nem tollere et ὡς ad tods ἀμφισβητήσει; λέγουσιν 
δυΐεπι ad proxima ὅτι ἡ τοῦ διαλέγεσθαι δύναμις μόνη 
ἂν φήνειεν referre et in „sequentibus post λαμβάνειν 
maiore, quam post rergapares interpunctione debe- 
mus uti. 

17 pra 40 scribas: 39. 

Pag.323, a, inter v. 4 et 5 inseras: ὅπασα!) ὅπασα Par. A. δᾶ, 

9 post γεωμετρίας inseras: Par. A. Dü. et cf. supra 
ad p. 244, a, 11 a f. addita. 
inter v.9 et 8 a f, inseras: ὃ μὴ) ὃ μὴ -Ὁ Par. A.Dü. 

Pag.324,b, 17 post om. inseras: Par. A,‘Di. 

Pag. 325,a, 19 post 16 inseras: teste Dübnero a m. vet. 

Pag. 826,9 17 a f. addas: Auxilium‘ -ferre desperatis conatus est 
Winckelmannus in Zeitschrift für die A. W. MDCCCKXL. 
Dec. N. 157. legendum proponens ἀλλ᾽ ὃ ἂν μόνον 
δηλοῖ πρὸς τὴν ἐξέτασιν σαφηνείᾳ» ὃ λέγει ἐν ψυχῇ. 
Postremorum verborum, inquit, emendationem aneipitem 
esse et dubiam concedens illa priora reete et sententiae 
convenienter correxisse mihi videor. Ef, Tim, p. 62, C: 
βαρυὺὶ δὲ καὶ κοῦφον μετὰ τῆς κάτω φύφεως ἄνω τὲ 
λεγομένης ἐξεταζόμενον ἂν δηλωθείη σαφέστατα. At- 


283 Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicae libris X. 


“ que hac mutatione facta Platonicae et doctrinae, qualis 
Theae. p. 189. extr. et Soph. p. 263. E. tradita sit, 
et orationis colorem facile deprehendere licere autumat. 
Timaei verbis (in quibus codices τοῦ inter ng et κάτω 
inseri iubent) quid grave et leve sit, clarissime explicari 
posse demonstratur, si una cum eius, quod infra et 
supra esse dicamus, natura exploretur; quam ipsam ex- 
plorationem deinde instiuit Timaeus. At Glauco eiusmodi 
nihil exspectat aut desiderat neque de rerum a Socrate 
expositarum veritate dubitat ita, ut nomen, modo ad 
explorationem satis perspicuum sit, suffecturum dicere 
possit. Praeterea ad ἐξέτασιν multo minus, quam ad 
λέξιν apta sunt verba ὃ λέγει ἐν ψυχῇ» quae si et ipsa 

- corrupta aunt, nescio, quid Platonicae doctrinae simile 
remaneat. Nam in Theaeteto et Sophista internus 
animi sermo opponitur externo ad aures accidenti. Cete- 
rum primitivam formam et originem glossematis inve- 
stigaturos contulisse iuvabit Platonis verba Leg. L. I. 
p- 633. A: περὶ τῶν τῆς ἄλλης ἀρετῆς εἴτϑ μερώς 
εἴτε ἄττ᾽ αὐτὰ καλεῖν χρεών ἔστι, δηλοῦντα μόνον ἃ 
λέγει. et haec Galeni Ἐἰσαγωγῆς διαλεκτικῆς» ‚quae nuper 
reperta est, p. 12: οὐδὲν γὰρ πρὸς τὸ παρὸν διαφέρει 
συμπεπλεγμένην λέγειν ἀποφατικὴν N συμπλοκὴν ἀπο- 
φατικὴν 9 ἔχοντός γέ σου σκοπὸν ἐν ἁπάσῃ λέξει τὸ 
δηλῶσαι τοῖς πέλας. ὅτιπερ ἂν αὐτὸς ἐννοῆς. 

Pag.327,a, inter v. 1 et 2 inseras: πίστιν) ε ante ν in litura ha- 

bet Par.A. Dü. 
b,20 post Par. A. inseras: (sed ν eraso Dü.) 
Pag. 329,b, A post ἐξέγρεσϑαι) inseras: ἐξέγρε — σθαι Par. 


Pag.330,b, ult. post Alcinoi verba inseras: Alexander Aphrod. ad 
Aristot. Top. p. 251, a, 27: Πλάτων δὲ τὴν διαιρετι- 
κἣν μέϑοδον ἐξυμνῶν καὶ ϑριγκὸν αὐτὴν φιλοσοφίας 


λέγων κτέ. 
Ρὰρ.881,}, inter v. 17 et 16 a f. inseras: ἀνωτέρω) — ρων Par. 
A. δύ. 


pen. addas: — ἐχλογὴν — Par. A. θὰ, 
ult. post οἵου inseras: Par. A. Dü. 
Pag.332,a, 13 addas: ἤϑη — + Par. A. Dü. 
19 post Par. A. inseras: (correctus a manu valde 
vet. Di.) 
21 post διαστέλληι inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
Pag.333,b, pen, post τὰ δ᾽ inseras: Par. A. Dü. 
Pag. 884,8, 12 a f. post ἀνάπῃηρον) inseras: — ἡ — in litura Par. 
Du. 


b, δ post woyj) inseras: Ita Par. A. Dü. a m, sec. a m. 
pr. fortasse μισῆι. 


scripturae editae a C. E. Chr, Schneider. 29 


8 post φέρῃ) inseras: Ita a m. sec. φέρηι a m. pr. 
Par. A, Di. Be 
inter δῷ 16 et 17 inseras: εὐχόλως) — ς in litura Par. 
A. δ. 

18 addas: π — in litura Par. A. Du. 

26 post dvögelav inseras: Par. A, Du. 

31 addas: et, ut videtur, a m. pr. Par. A, δᾶ. 

Pag. 837,8. 6 addas: et am. pr. Par. A. Dü. 

inter v9 et 8 af. inseras: E τὸν) —0 — in litura 
Par. A. δ, ' 

5 a ἴ, addas: ψυχῆς Schol. Aristot. cnius verba v. in 
additis ad Vol. 1, p. 189, b, 27. 

b, 13 addas: (ἐφ᾽ ὦ Dü. ἐφ᾽ ö a m. pr. teste eodem.) 
Pag.338,b, 14 post εἴκοσιν ἐτῶν) inseras: εἴκοσι ἐτῶν Par. A. Dü. 
Pag. 839,8, 3 post παιδειῷ inseras: Par. A, Dü. isque cum ὁ super 

& a m. vet. 

5 af. sgg. pro ad L. VII. etc. ponas: fortasse ad 
L. VI. p. 754. B. respiciens, ubi ἔν γε τῇ παρούσῃ 
παιδείας ἀπορίᾳ legitur et pueritia intelligenda videtur; 

b, 10 a ἢ, addas: Epin. p. 980. A. (quo loco Astius et 

recentiores male παιδείᾳ receperunt.) - 
Pag.341,a, 18 post τούτοις inseras: Par. A. θᾶ. 
b, 11 post ἐμπίπλαται) inseras: cum „ super πίπ Par, 
A. Dü. 
Pag.342,b, 1 post μάλιστα inseras: Par. A. Dü. 
Pag.343,a, 5 a f. inseras: In Par, A. Dü. a m. vet. v super ς 
positum est. 

b,2 addas: νεῖ 7 ναι Par. A, Di. 

Pag. 344,b, 22 in parenthesi addas: Leg. L. X. p. 894. B. 
Pag.845,a, inter v. 4 et 5 inseras: &xslvoıs) — v in litura Par. 

‘—A..Dü.: 

12 addas: cui similis -est λόγος ἐρωτῶν Leg. L. X. 
Ρ. 898. A. Ä 

11 a f. post ἤκουεν) inseras: In Par. A. Dü. σ᾽ am. 
vet. inter ov et e superscriptum est. 

8 a f. post ἐξελέγχῃ) inseras: Par. A. Dü. a m. vet. 5 
super x scriptum habet. 


Ὁ, inter v. 8 et 9 inseras: τιμῇ) — » — in litura Par. 
A. Dü. | 
inter v. 12 et 13 inseras: οἰκεῖα) οἰκιὰ a m. pr. Par. 
A. δύ. 


22 post νομίμου inseras: Par. A. Dü. 

Pag.346,a, 11 a f. addas: Nihilo minus hunc etiam Lehrsius de 
plurali tantum docere recte suspicatum esse Buttman- 
num (cuius verba haec sunt: Choeroboskus scheint aber 
diese Heteroklisie blos auf den Plural zu beschränken.) 
me non recte propter illud τριακονταέτου dubitasse 


80 Var. cod. Par. A. inCiv, Plat. libr, X, ser. ed. aC. E. Chr, Schneider. 


contendit Quaest. ep. p. 145. Nam etiamsi negetur a 
Choerobosco scriptum esse φτριακονταέτους (sic ipse 
scripsisse eum conlicit) tamen illo τριακονταέτης τρια- 
κονταέτου hoc tantum dicere eum voluisse, cum femi- 
pinum rosaxovradrıg fingerent, animo quasi praeforma- 
tam habuisse isosyllabam declinationem τρεαπονταέτης τρια- 
xovrafrov. Nescio, qua mente illud Buttmannus dixerit, 
sed ne sie quidem recte eum dixisse arbitror. Errare Atti- 
cos docet Choeroboscus primam in accentu et διέτης κτέ. 
pronuntiare ut οἰκέτης xr£., errare eosdem in declinatione 
et δωδεκαέται dicere, cum debeant δωδεκαετεῖς ) denique 
feminina quoque ut a primae declinationis nominibus du- 
cere: ὥσπερ γὰρ ὁ πολίτης τοῦ πολίτου καὶ ἢ πολῖτις τῆς 
πολίτιδος.» — οὕτως καὶ ἀπὸ τοῦ τριακονταέτης τρια“ 
᾿πονταέτου ποιοῦσι τὸ ϑηλυκὺν ἡ τριακονταέτις τρια" 
xovraftıdog, cum debeant ἡ τριακονταετής τῆς τρια- 
πονταετοῦς. Haec qui docet, is certe τριακονταέτου 
ab Atticis non abindicat, neque si singularis heterocliti 
exempla nulla affert, singularem eis heterocliton fuisse 
negat, sed si quaeratur, quid ipse de Atticis statuerit, 
omnribus modis et numeris eos errare statnisse, sin 
quid nobis ex eins verbis colligendum sit, nominativum 
et accusativum pluralis secandnm primam declinationem 
factos in Atticorum scriptis repperisse existimandus est. 
Ceterum Leg. L. VII, p. 812. B. ἑξηκοντούτας, quod 
Bekkerus ex uno Par. A. eoque correcto recepit, quam- 
quam etiam in Vossiano exstat, famen parum tutum 
videtur, cum in Par. A. Dü. a m. pr. ut in reliquis 
- scriptum sit £&nxovrovreig, 
Pag.347,a, 2 post ἐλέγξωσιν inseras: — & — in litara Par. A.Dü. 
15 a f. addas: yo μεμνήσεται in m, Par. A. Dü, 
Pag. 848,8, 20 post ὅτι ὃ. inseras: Par. A. Dü. a m, pr. 
b,27 addas: πεντήκοντούτων am. pr. Par. A. Dü. 
Pag. 350, a, inter v. 10 et 11 inseras: φιλοσοφίαν) In Par. A. Dü. 
ı am. vet. super v scriptum est, 
inter v. 11 et 12 inseras: ἀλλ᾽ de) — ὦ — in lJitura 
Par. A. δὰ, 
b,14 a ἢ, addas: p in ἀπείργασαι Par. A. Dü. a m. rec. 
insertum habet, 
Pag.351,a, 8 a f. post ξυγχωρεῖν re inseras: Par. A. Dü. am.pr. 
(ante Jituram. 
Pag.363,b, 17 a f. addas: dyy. 4 πλ. Par. A: Dü. 


81 


Ueber das Inventum Varronis. 


(Vgl. Neue Jahrbb, für Phil. u, Paed. XVII. Suppibd. 2. Hit. 
8. 202 — 206.) 


Was die Erklärung .der räthselhaften Stelle bei Plinius *) be- 
trifft, so hat man in neuester ‚Zeit bei uns zu erweisen gesucht, 
dass die imagines aus Wachs gemachte Abdrücke gewisser metall- 
ner Stempel nach Art der Siegel gewesen und in besondere Kap- 
seln oder Schränkchen verschlossen (cludi!) worden seien. Die 
Meinung, dass sie kleine clipei, d. h. Medaillons aus Bronze wa- 
ren, scheint man ganz verworfen zu haben. Sie war nicht durch- 
aus neu, wurde aber durch die scharfsinnige Conjectur unterstützt, 
dass man statt uliguo modo imagines, welche Worte man als ku- 
sammengehörig dachte, clipeorum modo zu lesen habe. Diese An- 
sicht wird durch keinen der bisher bekannten Codices unterstützt, 
am wenigstens bestätigt;‘ denn alle haben deutlich aliguo medo, 
was man am natürlichsten mit illustrium verbindet. So hat auch 
Salmasius diese Stelle gelesen, weil er sagt: ‚„‚illustres quocanque 
modo‘‘; man sehe exercitatt. Plin. p. 575. b. A.**) Eine dritte 
Meinung ging dahin, dass jene Portraits silhouettenartig angefer- 
tigt worden, Sie wurde nicht bestimmt genug erläutert und Jeder, 
der bei solchen Ansichten auf Klarheit und Genauigkeit des Aus- 
drucks hält, wird einräumen, dass eine solche Bezeichnung unge- 
nügend sei. Ich nehme dafür den Ausdruck Silhouette selbst und 
bemerke nur noch, dass zuletzt diese Ansicht gegen diejenigen 
vertheidigt worden ist, welche die Sache durch die Annahme von 
Siegelabdrücken hinlänglich erklärt zu haben glaubten. 

Wir ziehen diese letztangeführte Meinung zuerst in Betrach- 
tung. Wenn man den Zusammenhang der oben angefährten Stelle 
mit dem Vorhergehenden berücksichtigt, so muss man einräumen, 
dass Plinius von den im atrio aufgestellten Bildnissen der nobiles 
ausgeht. Er war aber bereits, und zwar kurz vorher, ehe er die 
imagines des Varro erwähnt, von jenen abgegangen, indem er „die 
Büsten aus Gold, Silber oder wenigstens aus Erz“ anführt, welche 
zuerst von Pollio in der Bibliothek desselben aufgestellt wurden. 
Diese Aufstellung nennt Plinius ein novieium inventum, was wohl 
zu beachten ist, weil hier durch das Wort inventum keineswegs 
eine neue Kunsterfindung, sondern nur eine neue Anwendungs- und 
Aufstellungsweise (in öffentlichen Bibliotheken) bezeichnet ist. Wollte 
man nun den Faden des Gedankens festhalten, so konnten die 


Ὦ Vgl. Plin. N. H. 35, 11 Sillig. . 
ἘΠῚ Dass nach den besten Handschriften vor den Wörtern septing- 
illustr. die Wörter non nominibus tantum, nach ihnen aber sed et weg- 
gelassen werden, thut der ganzen Stelle sehr wohl, weil sie nun das 
behleppende verliert, da nachher non solum — verum etiam wieder- 
ehrt. 


32 Ueber das Inventum Varronis. 


imagines des Varro, die Plinius in Beziehung ‘der Veröffentlichung 
ein benignissimum inventum nennt, eher bronzene Medaillons sein, 
weil ja von Büsten dieser ‚Art unmittelbar vorher die Rede war, 
und eine solche Sammlung von Bildnissen auch in den öffentlichen 
Bibliotheken ihren Platz fand. So brauchte man das Inventum des 
Varro ebenfalls nicht als eine neue technische Erfindung zu fassen, 
sondern als eine neue Anwerdung der imagines; eine Deutung, 
welche sich um so mehr empfiehlt, weil zu jenen ein schriftlicher 
Commentar nebst Inschriften in nächster Beziehung gegeben war. 
Diese Erklärungsweise passt im Allgemeinen auf jede der oben 
angeführten Meinungen, und man hätte danach bei keiner nöthig, 
an eine wirklich neue technische Erfindung und folglich auch nicht 
an den Varro als deren eigentlichen Urheber zu denken. Immer 
nur wäre eine besondere Art zu verstehen, von einer bereits be- 
kannten Vervielfältigungsmethode einen neuen, interessanten Ge- 
brauch zu machen, wobei etwa dem Varro das Erstlingsverdienst 
vom Plinius zugeschrieben werde *). Aber dagegen lässt sich doch 
ein Einwand erheben, welcher besonders auf den modus comme- 
morandi aufmerksam macht. Im Allgemeinen redet Plinius nur von 
der römischen Liebhaberei der Bildnisse, die zu seiner Zeit immer 
mehr und mehr abgekommen, aber. zur Zeit des Atticus und Varro 
recht im Schwange war. Diese Liebhaberei hatte ihre Quelle in 
der Sitte, die Wachsbildnisse der Ahnen im Atrio aufsustellen, ging 
auf die Bibliotheken, dann in die Litteratur über und fand hier 
ihren Huuptrepraesentanten in Varro. Jedoch kann nicht ge- 
leugnet werden, dass die Art und Weise, wie Plinius das In- 
ventum des Varro hervorhebt, auf eine ganz ungewöhnliche und 
besondere, vielleicht leichtere und sicherere — Vervielfältigungs- 
methode hinzielt. Es’ ist möglich, dass eine solche von irgend 
einem ingeniösen Techniker oder Künstler (der Name war viel- 
leicht, wie der so manches Erfinders verloren gegangen) gemacht 
worden sei, und dass Varro diese am glücklichsten auf sein histo- 
risches Werk angewendet habe. Hierauf kann denn die rheto- 
rische Uebertreibung des Plinius — denn als solche wird die 
Stelle immer zu betrachten sein — bezogen werden; ja, will man 
dieselbe nicht als eine völlig leere Declamation betrachten; so muss 
man das, was vorher als möglich aufgestellt wurde, äls höchst 
wahrscheinlich statuiren. Dies scheint mir deshalb unumgäng- 
lich zu sein, weil ja doch schon im Vorhergehenden zwei Arten 
einer Vervielfältigungsmethode, sowol der Wachs- als auch der 


*) Es wird wiederholt darauf hingewiesen werden, dass inventum 
hier im weiteren Sinne genommen werden muss, nicht in dem engen 
einer durchaus neuen technischen Erfindung. Als eigentlicher Er- 
finder ist danach auch Varro hier nicht zu denken, eben so wenig als 
Pollio. Die Nothwendigkeit der ersten Annahme ergibt sich aus den 
Worten des Plinius, wenn man nicht eine plötzliche Wendung und einen 
Sprung der Gedanken annehmen will. 


Von Dr. Eister zu Helmstedt. 33 


Bronze-Abgüsse, angeführt worden waren, ohne dass Plinins irgend 
einen Zusatz machte, welcher die (doch nothwendig anzunehmende) 
Vervielfältigung berührte und hervorhob. Ich erkläre ‘mich daher 
für die Ansicht, dass Plinius nicht blos auf eme neue Art-der 
Anwendung, sondern wirklich auf eine neue technische Erfin- 
dung anspielte, welche sich von den frühern wesentlich unterschied 
und für den Gebrauch des Varro sowol brauchbar, als auch über- 
haupt zweckdienlich war. Indem ich dies festhalte, glaube ich 
Manches gegen die obenerwähnten Ansichten einwenden zu können, 
wonach man einerseits jene imagines als Siegelabdrücke von 
Wachs, andererseits als gemalte Silhouetten betrachtet hat, 

Es mag zuuächst angeführt werden, dass Plinius von Wachs- 
abdrücken oder Siegeln an einer andern Stelle mit bestimmten 
Ausdrucke redet, worüber man 37,8 vergleichen kann: „Post eum 
Augusti imaginem simillime expressit, qua postea principes signant, 
Dioscorides,“ zu welcher Stelle man auch $. 9 und 10 hinzufügen 
kann. Es ist hier von Gemmen die Rede, die man nach Art un- 
serer Petschafte zum Siegeln gebrauchte, und auf‘ welchen Bildnisse 
des Augustus (und des Alexanders) vertieft eingegraben waren. 
Zu solchen Petschaften bediente man sich auch des Obsianischen 
Glases (vitrum obsianum, nicht Obsidianum, vgl. Sillig zu XXXVI, 
196.. Es ist bekannt, dass dergleichen tiefgegrabene Gemmen 
noch jetzt viel häufiger sind, als die (erhaben geschnittenen) Ka- 
meen; weil die, erstern durch das Bedürfniss des Siegelns im-Alter- 
thume hervorgerufen wurden. Nach den Kameen aber wurden 
Glaspasten gemacht, worüber man Lessing’s 17 antiquarischen Brief 
vergleichen kann. Wenn nun Plinius bei dem Inventum des Varro 
an Wachsabdrücke nach Art jener vertieft gravirten Gemmen, oder 
jener Glaspasten gedacht hätte,. wie konnte er dies eine Erfindung 
des Varro nennen, da es ja eine vorher schon ganz bekannte Sache 
war? Freilich konnte er dies eben so füglich, als er vorher die 
Aufstellung der bronzenen Büsten in den Bibliotheken ein novicium 
inventam nannte. Aber dann war doch gewiss zu erwarten, dass 
er es bei dem Ausdrucke invento ohne Weiteres hätte bewenden 
lassen, und der Zusatz muneris düs invidiosi cet. wäre doch sicher- 
lich, wie ich schon oben bemerkt habe, eine völlig leere Uebertrei- 
bung gewesen, Ja ja die Sache selbst sich in Nichts von den Ab- 
drücken der Siegel unterschied! Wenn man sich solche Wachs- 
abdrücke an Briefen oder Staatsschriften mit dem Kopfe Alexanders 
oder .Augustus’ denkt, so gilt von diesen ganz dasselbe, was. Pli- 
nius von dem Inventum des Varro rübmt: man schickte sie in älle 
Provinzen, sie waren durch Vervielfältigung überall gegenwärtig 
und — dies mag zum Ueberfluss noch hinzugefügt werden — man 
konnte sie verschliessen. Ja, sollte Plinius den Zusatz ubique zu 
cludi gemacht haben (vgl. Sillig zur angeführten Stelle), so könnte 
auch dieser ganz besonders auf die eigentlichen Siegel passen, wenn 
man annähme, dass die im kleinsten Maassstabe eingravirten Ima- 

Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 1. 3 


84 Ueber das Inventum Varronis. 


gines selbst in einem gleichen Verschlusse, 2. B. in dem Kästchen 
auf dem Ringe, in welchen die Steine gefasst waren, gehalten 
werden konnten, Wollte man hier nun an eine neue Art, die Sie- 
gelabdrücke zu gewinnen, denken und an die Metallstempel erin- 
nern, deren sich Varro bediente, so muss dagegen bemerkt werden, 
dass diese längst zum Prägen der Münzen im Gebrauch waren, 
und: dass die Stempelgraveurs sicherlich die Probe ihrer Arbeit, wie 
noch jetzt, so auch ehemals an Wachsabdrücken machten. Es muss 
zugegeben werden, dass jene Verfertigung: der Siegel dem Varro 
bei der Ahfassung seines Werks nahe lag*). Immer jedoch kann 
es auch nicht in Abrede gestellt werden, dass es dem Plinius min- 
destens eben so nahe lag, wenn er eine Siegelsammlung meinte, ὦ 
irgend eine Andeutung, wenn auch nur in seiner eigenthümlichen, 
oft sehr abgekürzten (mitunter mehr witzigen als wahren) Aus- 
drucksweise hinzuzufügen. Hier berufe ich mich auf die parvulae 
imagines, welche er ein nidum aliquem sobolis nennt und gleich 
darauf als clipeos näher bezeichnet (vgl. 35, 12 a. E.), wobei man 
doch gewiss an kleine bronzene Medaillons zu denken hat. Ein 
ähnlicher Zusatz findet sich hier bei Plinius nicht, sondern er 
macht einen solchen, der im Allgemeinen eben so gut auf die von 
vertieft gravirten Gemmen und Glaspasten u, dgl. gewonnenen Ab- 
drücke passt. Die Sache wird noch bedenklicher, wenn man sich 
erinnert, dass die verschiedenen Arten von Gyps- und Wachsab- 
formungen im Alterthume längst bekannt waren, „wodurch doch 
nichts Anderes erzielt wurde, als solcher Abgüsse möglichste Ver- 
vielfältigung. Man vergleiche 35, 153: ‚„‚Hominis autem imaginem 
gypso e facie ipsa primns omnium expressit ceraque in eam formam 
gypsi infusa emendare instituit Lysistratas Sicyonios frater Lysippi 
de quo diximus. Idem et de signis effigies exprimere instituit.‘‘ 
Aus dieser Stelle geht klar hervor, dass man seit Lysipp, also seit 
dem Zeitalter Alexanders des Grossen, sich sowol der Gyps- als 
auch der Wachsabgüsse bediente, indem man entweder die Natur, 
oder auch Rund- und Reliefbilder (effigies) abformte. Die soge- 
nannten Formen (formae, moules) wurden dann wieder mit Gyps, 
oder auch mit Wachs ausgefüllt, und so wurden unstreitig auch 
die imagines nobilium bei den Römern gefertigt. Gypsabgüsse von 
Personen, die man besonders verehrte, z. B. von dem Stoiker 
Chrysippus, waren bei den Römern ganz gewöhnlich, vgl. luven. 
sat. II, 4. Wir haben hier also eine zweite Vervielfältigungsmethode, 
nämlich eine solche, wodurch man Büsten oder Reliefs in Abgüssen 
anfertigte. Es bedurfte keines eigentlichen Künstlers, wenn die 
Natur, oder ein bereits fertiges plastisches Kunstwerk .abgeformt 
werden sollte. Auch war diese Technik nicht kostspielig, wie sie 


Ὦ Noch näher lag ihm jedoch die Benutzung der Petschafte von 
Glas, oder überhaupt der Glaspasten, von denen unten bei der Behand- 
lang der eigentlich technischen Frage weiter die Rede sein wird. 


Von Dr. Elster zu Helmstedt. 35 


es döch gewiss war, wenn man sich der Metallstempel bediente, 
um Wachsäbdrücke bnzüfertigen; zumal wenn man bedenkt, dass 
Varro- ihrer 700 bedurfte. Für diesen Fall musste erst ein ge- 
schickter Künstler ein Bild vön Thon in Relief fertigen, und danach 
konnte erst (nach einem hohl gemachten Abdrucke) der Stempel 
von einem andern Künstler (ebebfalls vertieft) entweder gravirt, 
ode? gegossen werden. Zu jenen ersibezeichneten Abformungen 
reichte ein Thonmodell hin; dass aber ein solches den grossen Vor- 
theil der Wohlfeilheit, und dieser Umstand sowol, als auch die Ab- 
formung selbst, den grossen‘ Vortheil der leichtern praktischen 
Ausführbarkeit mit sich brachte, das darf nicht in Zweifel gezogeli 
werden; wenn auch der Metallstempel das für sich- hat, däss et, 
einmal angefertigt, dem Besitzer den Gewinn der Abdrücke in 
Wachs erleichterte. Da mir aber bei dem Werke des Varro die 
Technik der blossen Abfotimung nicht in Beträcht zu kommen 
scheint *), insofern die eine oder die andere bei dem Verlage einer 
so umfangreichen Schrift durch besondere Arbeiten zu bewerk« 
stelligen war, da ferner auch die Abfortmungen beiderlei Art in 
Kapseln oder Schränkchen verschlossen werden müssten 9. damit 
dieselben nicht litten, so gestehe ich, dass ich mich geneigt fühle, 
mehr für letzterwähnte Abgüsse zu stimmen, als für erstere, Ich 
erinnere daran, dass das Modelliren in Thon in Alterthume üblich, 
ja bei den Bildhauern Regel war, vgl. Plin. 35, 153: ‚crevitque 
res in tantum ut nulla signa statuaeve sine argilla fierent.* Diese 
Kunst, die eigentliche Plastik, wurde von dem Pasiteles, einem 
Künstler, der zu den Zeiten des Pompejus im Roni lebte und Alles 
zuvor in Thon bildete, ehe er es in Erz oder Eifenbein ausführte, 
die Mutter der caelaturd, statuaria und sculptura genämnt, Ich köndte 
auch zur Unterstützung dieser Ansicht anführen, dass Värro dis ein 
sehr vielseitig gebildeter, auch mit den Naturwissenschaften tertraii- 
ter Mann, vielleicht eine eigene Masse erfunden habe, dereh er 
sich zur Abformung der Bildnisse bediente. Es konnte vielleicht 
ein besonders gefärbtes Wachs oder Schwefel, oder sonst ein geeig- 
netet Stoff gewesen sein. Aber da Plinius es doch nie versäumt, 
in seinem Werke die Näturproducte, wenn sie für die Techilik nütz- 
lich verwandt werden, zunächst zu erwähnen, so kann man, glaube 
ich, auch hier denselben Einwand, wie oben, machen, dass er nir- 
gends die Benutzung eines solchen Stoffes zu den imagg. des Varro 
anführt; solches aber zu thun, lag ıhm 37, 8 und 35 153 sehr 
nahe, vielleicht näher als hier, wo er ganz im Allgemeinen von der 
Liebhaberei der Bildnisse redet. Es war ferner zu erwaften, dass, 
wenn er es zuerst versäumt hatte, er entweder diese Versätmhiss 


. 
͵ 


*) Wenn man hier die Festigkeit und Dauerhaftigkeit der Stempel 
einwenden will, so muss diese zugestanden werden. Dagegen wird die 
Kostspieligkeit derselben bei einem Manne, wie Varro, der eben aus der 
Verbannung zurückgekehrt war, kein ünbedeutendes Moment bei der Be- 
zweiflüng dieser Geräthe abgeben. 3: 


36 Ueber das Inventum Varronis, 


später nachholte, oder dass er bei der ersten Erwähnung auf das 
Folgende hinwies, wie er das öfter thut, obwol er dabei nicht im- 
mer Wort hält. Um ein ähnliches Beispiel anzuführen, erinnere 
ich hier an die Behauptung H. Meyer’s, dass schon Apelles den 
Asphalt als Malerfarbe benutzt habe, um die gar zu blühenden Far- 
ben abzudämpfen. Nirgends wird dies Naturproduct weder von Pli- 
nins, noch von einem Ändern unter den Farben erwähnt, und einer 
blossen Ansicht zu Liebe den Gebrauch desselben, als einer Maler- 
farbe, auch dem Alterthume zuzuschreiben, ist gewiss nicht zu billi- 
gen, und eine zu gewagte Behauptung. Endlich will ich noch einen 
Punkt anführen, welcher sowol gegen den Gebrauch der Wachs- 
abdrücke, als auch der letzterwähnten Abformungen bedenklich 
macht und deshalb an einige Stellen erinnern, die ich wörtlich 
anführe. 

Die erste findet sich bei A. Gellius III, 11: 

„Marcus Varro in libro de imaginibus primo Homeri imagini 
hoc epigramma apposuit:‘ 

(Folgt das Epigramm.) 

Die zweite bei Symmachus ep. 1, 4: 

„Ile (Varro) Pythagoram, qui animos in. aeternitatem primus 
asseruit , ille Platonem, qui deos esse .persuasit; ille Aristotelem, qui 
naturam bene loquendi iu artem redegit; ille pauperem Curium, sed 
divitibus imperantem, ille severos, Catones, gentem Fabiam, decora 
Scipionum totumque illum triumphantem senatum parca laude per- 
strinxit,‘ 

Die dritte ist bei Ausonius Mos. 306 544. 

„Forsan et insignes hominumque operumque labores Heic 
habuit decimo celebrata volumine Marco Hebdomas.“ 

Aus diesen Stellen ist doch auch soviel ersichtlich, dass das 
Werk des Varro noch im zweiten und selbst im vierten Jahr- 
handert nach Christus vorhanden war, und da Symmachus eine ganze 
Reihe von Bildnissen (von Pythagoras an bis auf den ganzen 
triumphalis senatus, also eine Zeit von 500 Jahren) durchgeht, so 
mögen leicht 700 Illustres darin Platz gefunden haben, Es lässt 
sich füglich annehmen, dass das genannte Werk noch vollstän- 
dig im Anfange des 5. Jahrhunderts n. Chr, vorhanden war, da 
A. Gellius das erste Buch, Ausonius aber das zehnte erwähnt. 
Ist nun diese Annahme richtig, so kamen auf jedes Buch 70 ima- 
gines, und diese müsste man alsdann auch als vorhanden und er- 
halten denken. Dass dies aber mit einer so reichhaltigen Samm- 


‘ lung von Wachsabdrücken oder Gyps- und Schwefelabformungen 


geglückt 'sei, lässt sich bezweifeln, wenn man bedenkt, welche 
sorgfältige Aufbewahrung dazu gehört, um so zerbrechliche, so 
leicht zu vereinzelnde Sachen aufzubewahren und, zusammenzu- 
halten. Möglich ist dies eher, wenn sie in öffentlichen Bibliotheken 
verschlossen waren, und diese vor Feuersbrünsten bewahrt wurden; 
doch ist allgemein bekannt, wie häufig diese in Rom stattfanden. 


Von Dr. Eister zu Helmstedt. 37 


Schwerlich aber lässt sich annehmen, dass sie in Buchhandel oder 
im Besitz von Privatpersonen waren, nachdem sie 400 Jahre hin- 
durch ihre Besitzer gewechselt hatten, 

Noch mehr gilt dies von den zu jeder Auflage nöthigen Stem- 
peln, Dinge dieser Art gehen zu leicht verloren, und auf eine 
vollständige Erhaltung für Jahrhunderte ist um so weniger zu rech- 
nen, je loser der Zusammenhang des Ganzen ist, und je mehr der 
Umfang und der Stoff Gelegenbeit zur Zerstörung darbieten. Die 
Stelle bei A. Gellius III, 10 a. E. habe ich nicht wörtlich aufge- 
führt, weil sie keine besonders specielle Beziehung auf die imagines 
(hebdomadae) des Varro hat, sondern nur im Allgemeinen die Zahl 
seiner Werke bezeichnet, die er, nach Gellius Angabe, auf 70 heb- 
domadas librorum festsetzt, also auf 490 libri. Unter diesen kön- 
nen nur die Bücher, in welche er die einzelnen Werke abgetheilt 
hatte, verstanden werden, weil sonst auf je eins von 60 Jahren, 
während welcher Varro schriftstellerte, acht einzelne Werke kom- 
men; was nicht glaublich ist. Jedoch ist aus dieser Stelle soviel 
‘ersichtlich, dass Varro die hebdomadae erst nach seiner Rückkehr aus 
der Verbannung in Rom unter der Regirung des Augustus herausgab, 
nachdem er bereits das 84. Jahr seines Alters begonnen hatte — 
„ingressus iam duodecimam annorum hebdomadam.‘ Diese Nach-. 
richt- gab Varro selbst, wie A. Gellius a. a. O. sagt: „in primo 
hbrorum, qui inscribuntur. hebdomades vel de imaginibus‘‘*). 

Wie nun aber jene Schwierigkeit, die in einer so langen Auf- 
bewahrung von Wachsbildnissen und Stempeln liegt, eher beseitigt 
wird, wenn man an gemalte Bildnisse denkt, mag vorweg weiter 
erinnert werden. Verwirft man aber die Wachsabdrücke und mit 
ihnen jede andere Abformung in Relief, so bleibt in der That nichts 
Anderes übrig, als bei den Bildnissen des Varro an eigentliche 
Flachbilder — nicht an effigies, sondern imagines, wie sie ja auch 
hiessen — zu denken, welche vermittelst gewisser Pigmente auf 
einer Fläche gebildet waren, also an gezeichnete oder gemalte 
Portraits, wenn man will, en miniature. Es muss sodann erinnert 
werden, dass es bereits im Alterthume Künstler gab, welche sich 
vorzugsweise damit beschäftigten, Gemälde zu copiren. Wenn daher 
von Quinctilian die mensurae, oder von Plutarch die κανόνες er- 
wähnt werden, deren sich die Maler bedient hätten, so sind gewiss 
unter solchen Leuten nur untergeordnete Künstler zu verstehen, 
welche eben nur Gemälde durch sehr genaue Copien vervielfältigten. 
Dies sind die ἀπόγραφα — ein Wort, welches in dieser Bedeu- 
deutung noch nicht in die Lexica übergegangen ist — die wol mit 


*) Es mag auch hier erwähnt werden, dass es mindestens sehr be- 
fremdend ist, an keiner einzigen der oben angeführten Stellen Relief- 
bilder (von Wachs, Erz, Thon, Gyps u, 8. w.) auch nur mit der 
leisesten Andeutung erwähnt zu finden. So verrufen auch sonst das 
argumentum a silentio ist, so kann das Stillschweigen während seiner vier- 
hundertjährigen Dauer doch wol nachdrücklich hervorgehoben werden! 


38 Ueber das Inventum Varranis, 


der grössten Sorgfalt angefertigt: wurden, wie die unzweifelhafte 
Nachricht lehrt, dass Lucullug ein solehes Apographon nach einem 
Originalgemälde des Pausias, dessen bekannter Geliebten, für zwei 
Talente, also für 8000 Thlr. pr. Cour., 'erstand. Im Grunde ge- 
nommen war daher: eine Vervielfältigung der Gemälde nichts Neues, 
und da hier nur von einer untergeordneten, mechanischen Fertig- 
keit die Rede sein kann, so war daran auch nichts Wunderbares 
und Staunenswürdiges, zumal wenn man bedenkt, dass der wahre 
Künstler sich aller jener mechanischen Hülfsmittel enthält. Davon 
hat ein Michael Angelo den Beweis gegeben, welcher den Contour 
einer gansen-Figur aus freier Hand in seiner ganzen Richtigkeit 
zu zeichnen vermochte, Ta Annibale Caracei soll mit der Kohle 
die ganze Gruppe den Laocoon in vollkommen richtigem Umriss auf 
ähnliche Weise aufgerissen haben. So könnte man dem  Pilinius 
Schuld geben, dass er aus Mangel an technischer Kenntniss sich 
zu einer übertriebenen Verwunderung habe verleiten lassen, wofür 
auch wol andere Beispiele aus seinem Werke angeführt werden 
könnten, Ich erinnere hier an das Bild des einäugigen Antigonus, 
den Apelles malte, sowie an das viermal übermalte Bild des Pro- 
togepes, in dem Falysus dargestellt war. Gleichwol lässt sich doch 
zur Rechtfertigung des Plinius anführen, dass die von ihm er- 
wähnte Sache, wenn auch nicht vom technischen Standpunkte aus 
betrachtet, doch vom der patriotischen Seite für ihn etwas beson- 
ders Interessantes hatte, und diese ist es auch, welche man vor- 
zugsweise bei vorliegender Stelle zu berücksichtigen hat. Es ist 
hekannt, dass jeder Kunstliebkaber mehr oder weniger Enthusiast 
ist, und es mag nicht geleugnet werden, dass Plinius hier wenig- 
stens seine Vorliebe und Liebhaberei für Bildnisse sehr lebhaft 
au erkennen gibt; es entzückte ihn, diese in einer so compendiö- 
sen Form, in so exquisiter Auswahl, mit so interessanten Inschrif- 
ten und historisghen Notizen begleitet zu sehen. Mehr jedoch kommt 
bei einem Manne so echt rämischen Charakters, wie BRlinius war, 
des Patriot in Betracht, ja, wenn man will, der Mann voll Natie- 
nalstolz. Von diesem verleitet — die meisten Bildnisse, wie die 
obep, angeführte Stelle aus dem Symmaches lehrt, waren römische 
Originale — kiesa er sich zu einer grössern Anerkennung jener 
Bildnisse fortreissen, als sie ihrem wahren Kunstwerthe nach, 
den ohpehin Plinima nicht gehörig zu würdigen verstand, ver- 
dienen mogbten. Auch scheint er nicht daran gedacht zu haben, 
dass von den oben besprachenen Vervielfältigungsmethoden der 
Rund.- und ‚Reliefbilder im Grunde ein Gleiches gilt, was er hier 
von seinen mit Vorliebe betrachteten und mit solcher Wärme her- 
ausgestrichenen Bildpissen sagt; das Frappante, was die Sache in 
dieser Ausdehnung --- auf 700 Personen! ---- hatte, üherraschte ihn; 
hn begeisterte bei der Betrachtung des codex Varroniagus selbst in 
rgend einer Bibliothek zu Rom die Vortrefflichkeit, der darin, be- 
findlichen Originale. Se gab er den Eindruck, welchen dies 


Von Dr. Eister zu Helmstedt. 89 


Alles auf ihn machte, auf seine Weise, seinem thetorisirenden Stike 
gemäss, konnte aber zu dieser Declamation um so leichter ver- 
leitet werden, wenn er an eigentliche Flachbilder dachte, deren Ver- 
vielfältigung nie in der Art versucht und in dem’ Grade gelungen 
war, Und daher muss als höchst wahrscheinlich eingeräumt werden, 
dass er an eine besondere, uns nicht bekannte Technik dachte. 
Ob er sie aber genau kannte?. Dies darf eher in Abrede gestellt, 
als bestimmt behauptet werden, man müsste denn glauben, dass 
die Sache in Rom noch zu den Zeiten des Plinius ganz bekamnt 
und auch sonst allgemein verbreitet war. Diese Meinung wird sich 
aber schwerlich behaupten, wenn man dagegen erinnert, dass man 
nur noch ein einziges Beispiel findet, wonach ein dem Varronischen 
ähnliches Verfahren anzunehmen ist, welches Plinius selbst andentet, 
und wofür auch Cornelius Nepos, Atticus 18, 5, als Gewähramann 
zu nennen ist. Hiernach gab auch T. Pomponius Atticas ein Werk 
heraus, welches Bildnisse mit Inschriften erhielt. Da dieser aber 
vom Plinius ohne weitere Zusätze über dessen imagines, auch früher 
als Varro erwähnt wird, so sollte man daraus schliessen, dass beider 
Werke sich in der technischen Ausführung der Malereien unter- 
schieden. Sollten nun nicht die imagines des Varro den Vorzug 
einer leichtera und gleichwol sichern Vervielfältigungs- Methode ge- 
habt haben, die jedoch als eine dem Plinius der Technik nach un- 
bekannte, ja räthselhafte Sache diesem um so merkwürdiger er- 
schien? Kaum ist daran zu zweifeln! Ich glaube daher, dass man 
sich als Erklärer des Plinius hiermit zu begnügen hat; die weitere 
Beantwortung dieser Frage ist mit ähnlichen Schwierigkeiten ver- 
bunden, wie es bei andern rein teehnisehen Untersuchungen 
der Fall ist, z. B. über den Gebrauch der alten Malerfarben, über 
die enkaustische Malerei u. 5. w., worüber die Actes noch nicht 
geschlossen sind. 

Es gehören also zur richtigen Beantwortung dieser Frage 
techmische Kenntnisse, und jeder mit solchen Vertraute wird ein- 
räumen, dass bei der Vervielfältigung von Fiachbildern viele Me- 
thoden möglich sind, während bei der Abformung von Rund- oder 
Beliefbildern im Grande nur eine demkbär ist. Nach dieser wer- 
den nämlich gewisse hohl gearbeitete Formen mit weichen Massen, 
die dann verkärten, ausgefüllt. Jedoch erweckt dies kein Vorur- 
theil gegen die erstere Art; im Gegentheil ist diese ππὲ so eher 
au statuiren, je leichtes die Methode selbst zu denken ist. Auch 
wird man bei der Beurtheilung eher zum Ziele kommen, wenn mas 
gewisse Manieren der hier in Betracht kommenden Technik als 
dem Alterthume fremd ganz ansscheidet. Wenn daher im Folgenden 
keine Rücksicht auf den Holz- und Kupferstich genommen wird 
so mag der Grund hierin gesucht werden, dass mit Andern ange- 
. nommen wird: eine so wichtige Erfindung habe, wenn sie einmal 
gemacht war, nicht wieder verloren gehen können. So nahe die- 
selbe auch den zeichnenden Künstlern lag, so warde sie doch nicht, 


40 Ueber das Inventum Varronis. 


gemacht. Die Nichterßndung der Buchdruckerkunst ist als ein ganz 
analoger Fall hier in eine passende Parallele zu ziehen. Man ver- 
gleiche über die Ansicht, dass nur an einen Abdruck von Figuren 
bei dem inventum Varronis zu denken sei, Καὶ, Ὁ. Müller’s Handb, der 
Archaeol. $. 322. Note 7. S. 462 der 3. Ausg. 

Zuerst sind nun die Silhouetten zu erwähnen, gegen deren 
Gebrauch im Altertkume sich Mancherlei einwenden lässt. Dies 
will ich zunächst in der Kürze zusammenstellen und zugleich auch 
das anknüpfen, was speciell gegen die Ansicht, dass die imagines 
des Varro Silhouetten gewesen seien, in Beziehung auf die Stelle 
bei Plinius, um die es sich hier handelt, angeführt werden kann. 
Darauf will ich es mir erlauben, meine Ansicht über die hier, soviel 
ich glaube, allein in Betracht kommende Technik vorzutragen. 

Es ist bekannt, dass der Gebrauch der Silhouette erst im Zeit- 
alter Ludwig’s XV. aufkam, dessen Minister de Silhouette der Spar- 
samkeit wegen am Hofe allerlei Einschränkungen in Luxusartikeln 
einführt. Man nannte daher diese dürftige Darstellung des blossen 
Schattens statt des im Clairobscur (mit Schatten und Licht) darge- 
stellten Portraits nach dem Namen jenes Ministers eine Silliouette 
(& la Silhouette). Nachher hat diese so unvollständige Portraitirung, 
worauf sich, weil die Mode sie verlangte, Künstler legten, die mit 
. grosser Fertigkeit aus schwarzem Papier Silhouetten ausschnitten, 
besonders dadurch Epoche gemacht, dass Lavater nach ihnen 
seine physiognomischen Deutungen stellte, und es gibt in manchen 
Familien noch dergleichen Portraits, die Lavater’s eigenhändige 
Unterschriften, worin seine Diagnose enthalten ist, zur Schau tragen. 
Im Mittelalter ist diese Art zu portraitiren nicht im Gebrauch ge- 
wesen. Gegen einen solchen spricht der Umstand, dass in den 
verschiedenen uns überkommenen Anleitungen zum Zeichnen nir- 
gends von einem Schattenriss behufs der Portraitirung auch nur die 
Rede ist. Ich glaube mich hier besonders auf Albrecht Dürer be- 
rufen zu können, der bekanntlich für solche "Portraitmaler, welche 
nicht sicher in der Zeichnung sind, das Durchzeichnen durch die 
Glasscheibe empfiehlt und dazu eine ausführliche Anweisung in 
seinen Werken gibt. Er lehrt sogar das Bilden der Buchstaben 
und würde gewiss auch das Nachreissen des Schattens auf eine 
möglichst sichere Methode zurückgeführt haben, wenn eine solche 
Bed rfniss der Kunst gewesen wäre. Nirgends auch findet man in 
den zahlreichen Ueberresten der Holzschnitte, die auf die ältesten 
Zeiten der Kunst zurückführen, die Silhouette; eben so wenig in 
dergleichen Radirungen und Stichen. 

Wir haben nun zwar die Nachricht aus dem Alterthume, die 
Kunst habe ihren Anfang damit genommen, den Schalten eines Ge- 
genstandes (den Schlagschatten sollte ich sagen) mit Linien zu um- 
reissen (umbra hominis lineis circumducta, vgl. Plin. 85, 15.); aber 
sie bediente sich zur Ausfüllung jener Contoure der Farbe, wahr- 
scheinlich der rothen, die sonderbarer Weise bei allen Völkern 


Von Dr. Elster zu Helmstedt. 4ϊ 


in den Anfängen der Kunst eine grosse Rolle spielt. Solche Ma- 
lereien erhielten, jedoch erst später, die Namen Monochromata. 
Dieser kam nämlich erst dann auf, nachdem man eine künstliche 
Monochromenmalerei erfunden hatte. Eine solche war der Malerei 
en camayeu ähnlich, wodurch Gemälde zwar mit einer Farbe, jedoch 
im Clairobscür angefertigt werden. Wir Deutsche nennen diese 
Manier Grau io Grau, wenn die Lichter weiss aufgetragen werden, 
die Schatten aber die verschiedenen Töne von Grau (oder Schwarz) 
erhalten. So gibt es auch eine Manier Roth in Roth u. s. w. 
Monochromata ex albo (Grau in Grau) malte auch Zeusis, vgl. 
Plin. 35, 64. Die Malerei dieser Art nennt Plinius die pictura 
monochromutos operosior (die künstlichere), und er sagt ausdrück- 
lich, dass solche noch zu seiner Zeit bestände (wahrscheinlich in 
der Decorationsmalerei), vgl. 35, 15: 

„Itaque talem (picturam) fuisse primam (mit blossen Umrissen 
und leichten Schraffirungen); secundam singulis coloribus (ja nicht 
zu verwechseln mit colore simplici) et 'monochromaton dictum, post 
operosior inventa erat; duratque talis etiam nunc.“ 

Hieraus geht also klar hervor, dass man zwar von jener 
künstlichern Monochromenmalerei (en camayeu) noch zu Plinius’ 
Zeiten Gebrauch machte, dass aber die ursprünglichen Monochro- 
men nur in den Anfängen der Kunst gesucht werden müssen. Man 
machte mit ihnen die rohesten Versuche aus Mangel an Farben 
und Unkenntniss des Lichtes nnd Schattens; man bediente sich einer 
dürftigen Färbung (testa trita) aus einer einzigen Tinte. Hiernach 
liegt also ein ganz bestimmtes Zengniss gegen die Annahme, dass 
die imagines des Varro Silhouetten gewesen seien, deutlich vor. 
Denn es muss zugestanden werden, dass die einfachste Mono- 
chromenmalerei lange vor Plinius im Gebrauch war, und dass der- 
selbe sie als solche kannte, welches Letztere für die Beurtheilung 
nnserer Stelle von besonderer Wichtigkeit ist. Er hatte die beste 
Gelegenheit, 35, 15, anf die imagines des Varro zurückzuweisen, 
wenn sie wirklich Monochromata waren und — was die Hauptsache 
ist — er konnte nicht von der künstlichern Monochromenmalerei 
sagen, dass nur diese allein noch bestehe, wenn die einfachste 
ebenfalls noch im Gebrauch gewesen wäre *). Ä 

Wenn wir nun die Ueberreste der Malerei aus dem Alterthume 
in Betracht ziehen, so finden sich die einfachsten Monochromen 


*%) Uebrigens ist das Wort σκιαγραφία für Silhouette oder Schatten- 
riss aus den Wörterbüchern, in denen es noch spukt, zu verbannen; 
ebenso unrichtig ist adumbrata imago, denn das ist soviel als inchoata 
imago, d. h. eine blosse Monogrammenzeichnung, welche mit alleinigen 
Contouren (lineis extremis) angefertigt ist. Skiagraphie ist entweder 
die Kunst, eine Zeichnung in blossen Umrissen zu fertigen, also dasselbe, 
was adumbratio ist, oder das Wort ist gebraucht für σκηνογραφέα und 
bezeichnet die täuschende Darstellung perspectivischer Gegenstände. Das 
einzig richtige Wort für Silhouette ist monochromaion, pictura mono- 
chromaltos. 


43 Ueber das Inventum Varronis. 


nirgends; denn die derartigen Gemälde auf Vasen sind nur sil- 
houettenartig, d. h. die Figuren sind etwa mit schwarzer 
Farbe im Innern ausgefüllt, aber die innern Theile und Glied- 
maassen mit einzelnen Linien von hellerer Farbe bezeichnet, 
Man nimmt solche Gemälde als Ueberreste des ältesten Stils, meint 
aber, dass andere ähnlicher Art gemacht seien, um diesen Stil 
nachzuahmen, und aus späterer Zeit stammen. Man erkennt diese 
letztern alsdann aus der schon bessern Zeichnung und den zier- 
lichern Formen, Ich verweise deshalb auf. Böttiger’s Ideen zur 
Arch. der Mal. 5. 160 ff. und K. O. Müller’s Handb, der Arch. ἃ. 
K. δ. 99. Anm, 3, 8. Ausg. Es. gehörten also solche silhouetten- 
artige Figuren immer nur der ersten Entwickelung der Kunst an, 
und eine Nachahmung bei den Imaginibus des Varro anzunehmen, 
dazu ist gar kein Grund vorhanden. Dies um so weniger; da auch 
sonst nicht ausser auf Vasen, z.B, in den Ueberresten der Malereien 
aus Pompeji und Herculanum u. s. w. dergleichen Figuren in der 
eigentlichen Kunst, also auch nicht bei Portraitbildungen, nachzu- 
weisen sind. Es lässt sich auch aus andern Gründen behaupten, 
dass man bei letztera die Silhouette gar nieht gebrauchte. Denn 
erstlich war der Gebrauch bei den einzelnen Zweigen .der Kunst 
überall genau eingeschränkt, wofür die Vasenmalerei den besten 
Beweis liefert. _Eben so war das Relief bei den Alten nur in 
flacherer Darstellung, vielleicht auch in ganz schwacher Erhebung 
(ware γραφὴν. ἐχτετυπωμένα)» nicht aber in dem Maasse im Ge- 
brauch, dass, wie bei einem Ghiberti, einzelne Figuren ganz rund, 
oder mehr als Halibrundbilder hervortraten; daher denn auch Sal- 
masius irrte, wenn er die ectypa für Figuren en ronde hosse aus- 
gab, so richtig er auch die prostype sowol dem Namen nach be- 
stimmte, als auch der Sache nach erklärte. Und hiernack muss 
man denn auch die silhonettenartigen Figuren nur auf den Vasen- 
gebrauch beschränken. — Zweitens aber ist auch anzuführen, dass 
der Geschmack bei den Römern, welche bei der Darstellung der 
Bildnisse auf eine sehr treue, ja ängstliche Nachahmung der Ge- 
sichtszüge und des individuellen Habitus hielten, die Silhouette 
keinen Beifall gefunden haben würde und daher als ihrem beson- 
dern Kunstgeschmack zuwider betrachtet werden muss. Der Ver- 
gleich römischer Portrait- Büsten mit den griechischen lehrt, wie 
sehr man bei jenen auf solche minutiöse Achnlichkeit (bis auf den 
Haarschnitt!) hielt, und dabei das, was man Stil nennt, ganz 
ausser Acht liess, Die Silhouette war diesem Geschmacke schnur- 
stracks zuwider und konnte auf eine solche individuelle Aehnlichkeit, 
als höchst dürfüger Nothbehelf, keinen Auspruch machen. 

Es sind jetzt die Contourzeichnungen zu erwähnen, wonach 
die Aehaliehkeit durch blosse Umrisse (lineamenta, linese extremaz, 
γραμμαῖ) hergestelt werden konnte, dergleichen Zeiehnungen unter 
dem Namen Monogramme schon in der griechischen Kunst bekannt 
waren, Das Wort wird jetzt bekanntlich von den Zeichen gebraucht, 


Von Dr. Elster zu Helmstedt. 48 


wodurch die Künstler des Mittelalters ihre Werke kenntlich machen 
wollten; es war jedoch in der Bedeutung von Contourzeichnung 
(contorno, Umriss) erst im spätern Alterthume üblich, wenn man 
nicht etwa die Dii monogrammi des Epicurus, die nur so Ihre 
richtige Deutung erhalten, berücksichtigen will. Für uns kommen 
hier solche Zeichnungen schon mehr in Betracht, als die Silhouetten, 
da sie auch die innern Theile bezeichnen können und daher mehr 
zur individuellen Charakteristik beitragen. Man könnte dagegen 
enführen, dass auch diese als auf die Vasenmalerei beschränkt be- 
trachtet werden müssen. Wiewol solehe allerdings das eigentliche 
Feld der Monogramme war, so kann doch nicht in Abrede gestellt 
werden, dass in den verschiedenen Malerschulen dergleichen Con- 
tourirungen als Uebungen im Zeichnen und bei dem ersten Ent- 
wurfe der Gemälde selbst unter den grössten Meistern der Kunst 
üblich waren. Unbezweifelt war jener berühmte Wettstreit zwischen 
Apelles und Protogenes, der auf die Nachwelt kam, ein Effort in 
der Contourzeichnung; nun lassen sich dergleichen Zeichnungen 
als für das Portrait gebräuchlich aus dem Alterthume nicht nach- 
weisen. Bekanntlich sind dieselben in der neuern Zeit mehr und 
mehr in die Kunst: — gewiss nicht aum Vortheil derselben! — 
eingeführt,. wozu Flaxmann durch seine bekannten — oft sehr 
manierirten —- Contoure zum Homer den Hauptantrieb gab. Man 
würde aber irren, wenn man die Kunstmanier der blossen Con- 
toure erst von dieser Zeit datirte. Das Dürersche Werk gibt eine 
grosse Anzahl solcher Zeichnungen, die er in Helzschnitt ausführte, 
und schon unter den ältesten Werken des Mittelalters finden sich 
dieselben in mannigfaltigen Skizzirungen, wiewol die besten Meister 
es vorzogen, sogleich — und so soll es auch sein! — das Clair- 
obscür mit anzudeuten. Was man jedoch, nähme man die Manier 
der blossen Contourirung für die Varronischen Bildnisse in An- 
spruch, dabei vermissen würde, ist eben der Mangel des ‚Clair- 
obseürs und des Colorits, Denn wenn auch die Farbe nicht als 
‘durchaus wesentlich für die Aehnlichkeit zu betrachten ist, wefür 
ja der blosse Kupferstich den Beweis liefert, so trägt sie doch 
Viel zur Charakteristik bei, wie x. B. um das Haar, die Augen, 
die eigentliche Teanperamentsfarbe zu bezeichnen; davon abgesehen, 
dass der Kopf, durch einen dunkeln Hintergrund hervorgehoben, 
mehr Leuchtendes erhält, und dag Ganze dem Auge gefälliger wird, 
Ja man kann behaupten, dass die (natürliche) Farbe nothwendig . 
war, wenn Plinius von seinen Rildereben mit solchem Enthusiasmus 
reden wollte. Sicherlich konnten jene auf grössere Naturwahrheit 
Anspruch machen, wenn ein gewisses, wenn auch nur annäherndes 
Colorit nicht vermisst wurde. Sie wurden dadurch unstreitig ähn- 
licher, als dies bei der Silhouette sowel, als dem blossen Contour 
möglich war. Nun wäre dann nachzuweisen, dass auch so eine 
Vervielfältigung möglich gewesen wäre, und hier möckte eine solche 
zwar für dem Contour in Anspruch zu nehmen sein, nicht aber für 


44 - Ueber das Inventum Varronis. 


die Färbung. Diese musste durch eine besondere Technik ge- 
wonnen werden, und daher bin ich geneigt, nur die erstere zu 
statuiren. Die Colorirung war den Contouren besonders zu geben 
und hing natürlich.von der Geschicklichkeit des damit beauftragten 
Künstlers ab, Dass man nur eine Vervielfältigung des Contours 
durch das sogenanate Durchpausen, oder mittels des Durchzeich- 
nens nach Unterlage eines gefärbten und abschwärzendeu Blattes, 
oder durch Auflegen eines durchsichtigen dünnen Körpers (etwa 
von Horn oder Glas) erzielen kann, ist eine naheliegende und ganz 
bekannte Sache. Nur darf man nicht glauben, dass dadarch von 
Jedem, auch dem im Zeichnen nicht Geübten, eine vollkommen 
richtige Zeichnung des Contorno’s erreicht wird: Eine solche ist 
oft mit unsäglicher Mühe verbunden, und selbst dem Geübtern 
nicht zu erreichen. Aber für ihn ist es doch von grosser Wichtig- 
keit, die Verhältnisse richtig zu treffen. Erreicht. er nun dies, 
so wird es ihm leichter, den selbst nur mangelhaft gewonnenen 
Contour zu verbessern. Wie viel nun aber zu der Aehnlichkeit der 
Gesichtsbildang die Beobachtung der Proportionen beiträgt 9. weiss 
Jeder, der nur Etwas in der Kunst geleistet hat, und eine Methode, 
wodurch die Portraits des Varro, die man sich mehr en miniature 
zu denken hat, leicht ‘und sicher vervielfältigt waren, -und zwar 
nach den scharfen und. charakteristischen Umrissen der Originale, 
bildet: ganz unzweifelhaft die Hauptgrundlage des ioventum Varronis. 
Seine wahre Vollendung erhielt es jedoch erst durch das sogenannte 
Illaminiren, d. ἢ, durch einen passenden, vielleicht nur leichten und 
gefälligen Farbenauftrag (mit Gummi, Leim oder dergleichen). 

In Beziehung auf diese Annahme lässt sich Manches anführen, 
was eher dieselbe befestigen, als davon zurückführen kann. Es 
mag zunächst bemerkt werden, dass die älteren Erklärer des Pli- 
nius, unter denen ich nur Scheffer und Salmasius anführen will, 
diese Stelle gar nicht besprechen. Sie scheinen also das ange- 
nommen zu haben, woran Jeder zunächst denkt, wenn er von ima- 
ginibus .hört, die einem Werke einverleibt sind. Jeder’ denkt hier 
ganz einfach und natürlich an gemalte Portraits, und erinnert sich 
an den Ausdruck imagines pingere, wofür pingere effigies nicht im 
Gebrauch ist. Erst nachdem de Pauw den Alten die Kupferstecher- 
kunst zu vindiciren versucht hatte, wurde die Sache bestritten und 
seitdem immer verwickelter. Wenn man aber an dem Worte fest- 
hält, dessen sich wol auch Varro bediente, wiewol der Titel heb- 
domadae mehr Wahrscheinlichkeit haben mag, so ist dabei doch 
zunächst an Flachbilder (imagines) zu denken, und: die Stelle bei 
Cicero Tusc. Disp. III, 2, 8: „consectaturque nullam eminentem effi- 
giem virtutis, sed adumbratam imaginem gloriae“, lehrt, dass auch 
hier der genauere Sprachgebrauch unterschied, indem effigies der 
eigentliche Ausdruck für Rundbild, oder erhaben gearbeitetes Bild 
war. Hiernach hätte denn auch Varro seine Bildnisse, waren sie 
reliefartig, effigies (was unzweifelhaft im nom, plur, gebraucht wurde) 


Von Dr, Elster zu Helmstedt. “ 45 


nennen müssen. Jedoch nannte man auch die colorirten Wachs- 
büsten imagines und diesen analog konnte allerdings Varro auch 
seine herausgegebenen Bildnisse, wenn sie von Wachs waren, so 


benennen. Es ist aber die Frage, ob Plinius, um die wahre Be-- 


 schaffenheit der Bildnisse auch nur entfernt anzudeuten, sich 
nicht eben deshalb des Wortes effigies bedient haben würde, wenn 
er jene als erhaben gearbeitete Figuren erkannte. Man kann be- 
 haupten, dass er im Allgemeinen dies Wort mehr gebraucht für 
letztere Kunstarbeiten, als für. Gemälde, wie er denn sogar den 
acc. plur. desselben nicht verschmäht,, der sonst nicht nachzuweisen 
ἰδὲ ἢ. So nennt er die Bildnisse auf den bronzenen Medaillons 
(clipeis) nicht imagines, sondern effigies, so die Gypsabgüsse und 
die Thonfiguren, vgl. 85, 4. 5. 157. 33, 22. 34, 15. Es ist je- 
doch einzuräumen, dass er mit solchen Synonymis nicht eben genau 
umgeht, z. B. auch nicht mit den Wörtern aedes (sacra), templum, 
delubrum, und man könnte anführen, dass er 35, 134: '„pinzit — 
in una tabula VI signa (Athenion)‘* das Wort signum selbst in der 
Bedeutung einer gemalten Figur gebrauche**). Und so ist es denn 
auch gewiss, dass er gemalte Pflanzen als effigies (davon unten!) 
bezeichnet, dass er von solidis imaginihus Augusti spricht, vgl. 
36, 196***). Wie nun hiernach nicht stricte bewiesen werden kann, 
dass Plinius in vorliegender Stelle nur an gemalte Portraits dachte, 
so auch nicht, dass er das Wort imagines mit seinem Gewährs- 
manne (dem Varro) nach Analogie der cerene imagines nobilium von 
(jedoch nicht colorirten) Wachsreliefs gebraucht habe. Immer hat 
cs mehr für sich, dabei an gemalte Portraits zu denken, und 
als solche hätten wir sie denn auch mit den früheren Lesern und 
Erklärern des Plinius zu erweisen, | 
Hier mag zunächst angeführt werden, dass es bereits zu den 
Zeiten des Hippokrates ärztliche Werke gab, in denen sich gemalte 
Abbildungen von Pflanzen fanden, wenn jener Metrodorus, der von 
Plinius 25, 2. erwähnt wird, der Chier und der Lehrer des ge- 
nannten Arztes war, vgl. Chrest. Plinii p. 676. n. 14. Gesner. 
Plinius fügt hinzu: 
„Pinxere namgqne effigies herbarım, atque ita subscripsere 
effectus. Verum et pictura fallax est, et coloribus tam nu- 


*) Vgl. 35, 153 a. Εἰ, und daselbst Sillig. 

„**) Die Lesärt ist hier sehr schwankend. Andere lesen insigni, was 
früher von Jan billigte.e Nachher zog er VI. signa vor und berief 
sich auf die Dichtersprache. Aber selbst in dieser kann signum nicht 
nachgewiesen werden in der Bedeutung eines Gemäldes. Ich ver- 
muthe daher, das visu digna gelesen werden muss Pag ἀξίᾳ, das sich 
öfter bei Herodot und Pausanias findet; und welches Plinius aus seinem 
griechischen Exemplare übersetzte. Aber dann behalte ich et vor in 
una tabula bei und beziehe diesen Satz auf das vorhergehende Bild, 
während ich quaque (tabula) auf das folgende Beziehe, nämlich den 
"Bnsonem cum equo. 

*) Vgl. auch 55, 12, wo von clipeis die Rede ist. 


48 Ueber das Inventum Varronis. 

worden. Dann konnte Varro mittelbar von dieser Künstlerin, die 
er in seiner Jugend schon kennen gelernt hatte und arbeiten sah, 
für sein _ Werk dennoch Vortheil ziehen. Um nun hier auf das 
Technische näher einzugehen, will ich daran erinnern, dass man 
eine in den Verhältnissen richtige Zeichnung gewinnt, wenn man 
eine durchsichtige Platte auf die Zeichnung legt und so die blossen 
Umrisse zeichnet. Nun. konute ja. das Elfenbein in so dünnen Plat- 
ten (vielleicht in einem noch höhern Grade durch eine Tränkung 
mit einer Flüssigkeit) so transparent werden *), dass man unter- 
gelegte Contoure sehr wohl durchzuzeichnen vermochte, nur darf 
man nicht glauben, dass Jeder, der nicht Künstler ist, damit fertig 
werden kann. Die Zartheit des Contvurs und das wahre Leben 
kann nur die Künstlerhand geben. Es ist für diesen nur eine com- 
pendiöse Art des Zeichnens, eine Erleichterung der Arbeit — und, 
was die Hauptsache. ist, eine sichere Art zu copiren, da man we- 
nigstens in den Proportionen nicht fehlt. Für den, welcher nicht 
fest in der Zeichnung ist, wird eine solche Methode selbst zu 
empfehlen sein; wie denn schon Albrecht Dürer das obenerwähnte 
Zeichnen der Portraits durch die Glasscheiben allen denen empfiehlt, 
welche nicht gar sicher in der Zeichnung sind. 

Auch jetzt noch bedienen sich unsere Künstler bekannter- 
maassen eines sehr dünnen Papiers, um in den Verhältnissen der 
einzelnen Theile nicht zu fehlen. Wie viel es sagen will, sicher in 
der Zeichnung zu sein, ist eine unter Kennern bekannte Sache, 
und diese Fertigkeit war schwerlich bei denen zu suchen, welche 
Arbeiten, wie sie Varro zur Vervielfälttigung seines Werks ver- 
langte, lieferten. Desto höhere Ansprüche aber muss man auch an 
die Technik selbst machen, und sollte diese nicht eine ganz ge- 
wöhnliche Pfuscherei sein, sollte sie einen Plinius zu jener starken 
Declamation verleiten, so muss sie das Ungewöhnliche leisten, und 
dass 'dies eben im Reiche der Möglichkeit lag, wenn diese auch 
nicht bis auf das Kleinste nachgewiesen werden kann, wird man 
nicht in Abrede stellen können, Nur darf man nicht vergessen, 
dass die Varronischen Imagines mehr oder weniger (mit Ausnahme 
vielleicht der Originale, die Plinius sah) mechanische Fabrikarbeiten 
waren, die jedoch wieder durch die nachbessernde Haud des 
Künstlers, wenn ein solcher sich dazu fand, gewinnen konnten. 
Ich weiss etwas Gleiches in unserer Literatur nicht nachzuweissen, 


*) Hiervon kann sich Jeder durch den einfachsten Versuch 
überzeugen. Man braucht nur eine ganz dünne Platte Kifenbein, wie 
sie zur Miniatürmalerei gebraucht wird, auf geschriebene Schrift zu 
legen. Man erkennt hier jeden Buchstaben und vermag ihn nachzubilden. 
Noch transparenter wird die Platte, wenn man sie gegen das Licht, be- 
sonders Lampen- oder reines Sonnenlicht, hält. Kine untergelegte rothe 
Farbe (Folie) gibt einen schönen Fleischton. Wie leicht konnten die 
Lichter mit Weiss aufgetragen und die Schatten mit leichten gebroche- 
nen Farben angedeutet werden! — Die antike Technik zeichnet 
sich gerade durch ihre einfache Behandlung aus! 


‚Von Dr. Elster au Helmstedt. 49 


sol wian' könnte: diesen Miungel. gegen Jas-Vorgebrachte einwenden. 
Jedoch ist zu beachten, dass unsere. Kunst zu stechen, wodurch 
‚die feinsten Züge in dem kleinsten Formate so vortrefflich wieder- 
gegeben werden,’ .eben wegen. ihrer vollkommenen Leistung der- 
gleichen Versuche völlig überflüssig und: unnütz macht, . - 

Ich will als das Hauptresultat der bisherigen Untersuchung 
nur soviel feststellen, dass die eigentliche Grundlage des in Be- 
tracht kommenden Vervielfältigungsmittels nur die leichte und sichere 
Gewinnung des Contours war. Es bleibt nun noch übrig eine dop- 
pelte Frage au beantworten, . 

Die erste ist: Wie’konnte Plinius jeme Kunstpraxis eine Er- 
findung des Varre nennen, der doch selbst nicht Künstler war? 
Hier::muss ich daran .erinnern, dass ich schon nben hervorgehoben 
habe, wie wichtig es sei,. festzuhalten, dass Plinins var dem in- 
vento .Varronis ein navzcium inventum dea.Pollio anführt, :was. dariu 
bestand, von den bronzenen Büsten einen neuen Gebrauch durch 
die. Aufstellung in den Bibliotheken zu machen. Ebenso ist unter 
dem hier in Betracht kommenden Inventum des Varro nichts Anderes 
zu verstehen, als die Art und Weise von der Erfindung eines An+ 
dern einen neuen Gebrauch zu machen, nur mit dem Unterschiede, 
dass er davon-zuerst den allgemeinsten, interessantesten und zweck- 
inässigsten Gebrauch durch ‚die möglichste Publicjtät maahte,, wäh-+ 
rend Pollio nur .das einfache Mittel eines öffentlichen Raumes be- 
nutzte, um die darin aufgestellten Bildnisse zum Gemeingute zu 
machen. Varro bedurfte zu seisem. Zwecke vielleicht 70,000 ein- 
zelne' Exemplare, während Pollio zu dem seinigen von jedem Origi- 
nale nur einen Abguss, oder nur ein‘. einziges Original näthig 
hatte. So üblich und bekannt die Kunst des Abgiessens oder Ab- 
formens war, so wenig kommt jetlach. diese bei dem Inventum des 
Pullio in Betrachf; bei dem des’ Varro kommt:sie es um so. mehr, 
je weniger. derselbe: ohne eine leichte und sichere Vervielfältigangsr 
methode seinen Zweck etreichen konnte. Hiernach dürfte klar 
sein, dass es nach den Worten des Plinius keineswegs nothwendig 
ist, den: Varro selbst unter die Reihe der ‚erfndenden Techniker 
eder. Künstler: zu: zählen *).. ΟΞ ᾿ τ 


 ἌἈἢ ‘Wollte man hiergegen einwenden, dass Varro gerade: deshalb Am’ 
sohicklichsten als Erfinder betrachtet werden könnte, weil er es eersann, 
duzch einen metallnen Stempel Wachsabdrücke Ζῳ machen, wazu weiter. 
keine technischen Kenntnisse und Fertigkeiten nöthig seien, ‚weil er ja. 
die Stempel anfertigen lassen und das Wachs einfach benutzen konnte, 
so verwickelt man sich in lauter Schwierigkeiten. Denn erstlich ist 
oben nachgewiesen, dass man den Stempel längst se gebrauchte, und 
daher von einer neuen: technischen Erfindung des Varro gar nieht die 
Rede sein kann. Zweitens aber, und das ist nach meiner Meinung der 
Haupteinwürf, den man gegen den Stempelgebrauch und die Anfertigung 
der Wachsabdrücke mittels desselben zu imagmibus machen kann, be- 


durfte er nicht 'einmal des gravirten oder gegessenen Stempels. Er: 
konnte sich ganz einfach das (obsianischen) Glases bedienen und braucht: 


Archiv f.«Phil, u. Paedag. Bd, XIX, Hft.1. 4 


x 


50 Ueber das Inventum Varronis. 


‚Die zweite Frage würde so zu stellen sein: ob nicht die An- 
sichten derer, welche durch Pigmente gemachte Flachbilder im 
Sinne hatten, theilweise mit einander vereinigt werden können. 
Hier erwähne ich zuerst die Meinung K.O, Muller’s, welcher an Ab - 
drücke von Figuren dachte. Man könnte an einen Abdruck des 
Contours erinnern, wodurch man denselben dann in verkehrter An- 
sicht erhielte, wie es beim Kupferstich der Fall ist, Weil dies 
Verfahren uns jedoch bis an die nächste Grenze jener neuen Er- 
findung bringt, so gestehe ich, dass ich der Folgerungen wegen, 
die man aus diesem Fortschritte in der Kunst ziehen kann‘, dafur 
nicht stimmen würde. Wir müssen uns wol damit begnügen, diese 
wichtige Erfindung dem Alterthume abzusprechen. Die andere hier 
zu berücksichtigende Meinung ist die, worauf Becker kam, .als er 
die Silhouette zu Ehren bringen wollte und das sogenannte Schablo- 
niren, sowie die Manier der orientalischen Malerei als Auskunfts- 
mittel empfahl, Beides gehört allerdings zu den Möglichkeiten, an 
die mau hier denken kann. Man stelle sich die Sache so vor, 
dass das zu vervielfältigende Bild eine wirklich ausgeschnittene 
Silhouette ist, deren Umrisse auf der Grundlage aussen mit einem 
einfarbigen Grunde umgeben (ein eigentliches circumlinere), oder 
dass, nach Art der orientalischen Malerei, der innere ausgeschnit- 
tene Raum einer Figur mit Farben ausgefüllt warde. Jedoch ist 
für diese Vervielfältigungsweisen nur das Profil vortheilhaft zu 
erreichen, für die Darstellung der Köpfe en foce ist das Eine wie 
das Ändere von wenig Nutzen. Immer muss dann das Innere mit 
den nöthigen Hauptlinien versehen werden, wodurch die Arbeit 
wieder erschwert wird. Jedoch ist einzuräumen, dass unter Um- 
ständen des Schabloniren von den Alten angewandt sein mag; nur 
wird der Gebrauch des ausführenden Pinsels auch hier festgehalten 
werden müssen, und an eine Ausfüllung der Schablone nach Art 
der Silhouette ist nach oben angeführten Gründen schwerlich zu 
denken. Es ist keineswegs nöthig, sich die zur Colorirung der 
Contoure angewandte Farbe als eine überall naturgetreue zu denken. 
Die Alten nahmen sich in der Anwendung der Farbe im Allge- 
meinen, namentlich aber zur Decorationsmalerei, eine grosse Frei- 
heit. Hierauf bat neulich H. Hettner aufınerksam gemacht, und 
die grosse Eigenthümlichkeit der antiken Malerei, welche der Phan- 
tasie in dieser Hinsicht einen grossen Spielraum liess, ist von ihm 
sehr gut nachgewiesen. Es konnte bei manchen der Varronischen 
Bilduisse von einem naturgetreuen Cuolorit nicht die Rede sein, da 


nar. als Sammler schon vorhandener Petschafte der verschiedenen 
römischen F'amilien gedacht zu werden , uın einen grossen Theil seiner 
Siegelsammlung zu gewinnen. Die Benutzung des Glases zu seinem 
Zwecke lag ihm viel näher, und auch hier kann er am Nichts mehr als 
ein Mann gedacht werden, der so glücklich gewesen wäre, eine neue 
technische Erfindung zu machen. Er wusste nur schon längst Vorhan- 
denes zu benutzen ! 


Von Dr. Elster zu Helmstedt. 51 


unter ihnen auch: nicht überkommene (non tradifi vultus) waren, 
wie dies schon das Beispiel des Homer zeigt. Möglich, dass hier 
nnn eine mehr annähernde Farbe gegeben war, wie denn die ver- 
schiedenen Manieren der 'künstlichern monochromatischen Malerei 
(en camayeu) nicht angeschlossen sein mochten. Nur möge man 
tlicht denken, dass solche Phantasie-Bildnisse mit völliger Willkär 
behandelt waren. Das Alterthum hat auch hierin Bewunderungs- 
würdiges geliefert, und gewiss ist anzunehmen‘, dass Varro den 
vortrefflichen Charakterkopf Homer’s' nicht anders in sein Werk auf- 
nahm, als wir iin noch jetzt im Abgusse haben. Ich füge zum 
Schlusse noch eine Stelle aus A. Gellius an, die ich nicht über- 
gehen darf, weil mir daraus deutlich hervorzugehen scheint, dass 
in dem Varronischen- Werke de imaginibus auch bildliche, mit man- 
nigfaltigen Farben ausgeführte Darstellungen (vielleicht ganz en 
miniature) waren, 

Glücklicherweise haben wir in der bereits oben angeführten 
Stelle der Noctes Atticae III, 11 noch eine Inschrift des Varro er- 
halten, welche zum Theil so lautet: 

„Capella Homeri candida haec tumulum indicat, 
Quoi ara letae mortuo faciunt sacra,* 

Es ist für das Erste zu bemerken, dass die dem Epigramm 
vorhergehenden Worte: ,M. Varro in libro de imaginibus primo 
Homeri imagini hoc epigramma apposuit““ eine andere Deutung nicht 
zulassen, als dass das Epigramm dem Bilde selbst in unmittelbarer 
Nähe beigesetzt war. Denn warum hätte sich Gellius so ausdrücken 
sollen, wenn das Epigramm in dem Buche stand, nicht aber das 
Bildniss® War dies nicht in dem Werke selbst, sondern in einer 
capsula, so ‚brauchte er.nur und. ohne Weiteres das Epigramm an- 
zuführen, in welchem ja der Name des Homer angegeben ist, also 
die Beziehung sich von selbst versteht, Dies mag zunächst ange- 
führt werden, um die Ansicht zu rechtfertigen, dass die Bildoisse 
dem Werke des Varro einverleibt, als Gemälde insertae, waren. 

Für das Zweite ist doch auch soviel klar, dass das Epigramm 
nicht die mindeste Beziehung auf des Homer Bildniss hat, son- 
dern nur auf den Namen. „Eine weisse Ziege‘, heisst es, „zeigt 
das Grabmal des Homerus an.“ Dies bezieht sich offenbar auf 
eine andere bildliche Darstellıng. Da nun solche eine auf einem’ 
tumulos stehende Ziege war *), so muss dies eine vignettenartige‘' 
Zugabe zu dem Bilde des Homer gewesen sein. Und da diese 
Ziege eine weisse war,'so musste die Vignette gemalt sein, und: 
folglich — so schliesse ich weiter — stand das’ Bildniss Homer’s, 
wie die Vignette, in dem Werke des Varro und war, was die hier 


8 


*) Ich muss es einer weitern Untersuchung überlassen, ob diese ca- 
pella vielleicht als Sternbild über dem Grabmal zu denken ist. Immer 
jedoch halte ich mich auch so an die Worte und glaube, dass selbst 
* dieses nicht in natürlicher Gestalt, sondern symbolisch unter dem Bilde 
einer Ziege dargestellt war. ὦ 

4* 


52 Ueber das Inventum Varronis. Von Dr. Elster zu Helmstedt. 


in Betracht kommende Sache ist, ein colorirtes, ebenso, wie es 
die Vignette war. Noch bemerke ich zum Ueberflusse, dass ja 
selbst die volumina in capsulis verschlossen wurden, und daher 
auch dasselbe von den Schriften des Varro gilt. Wie aber dieses 
Verschliessen fir die hier in Betracht kommende Sache selbst ganz 
ohne Interesse und Bedeutung ist, bedarf auch nicht der leisesten 
Andeutung. 

Meine Ansicht geht also dahin, dass Varro sich einer beson- 
dern, ganz neuen, von irgend einem Künstler oder Techniker er- 
fundenen Manier, die imagines zu vervielfältigen, bedient habe; 
dass diese eine sichere Methode war, welche besonders darauf 
basirte, die Contoure zu vervielfältigen,, übrigens aber der Nachhülfe 
mittels des Pinsels bedurfte. Hierbei ist an ein mehr oder weniger 
‘naturgetrener Colorit zu denken, ja selbst an ein solches, das nach 
Umständen, namentlich bei rein aus der Phantasie geaommenen 
Bilduissen, 2. B. bei Homer, Pythagoras u. A;, ein ganz ideales 
sein konnte und musste. Vielleicht begnügten sich die Calpratoren 
hier mit einer sehr einfachen Tonfarhe, welche nicht einmal die 
natürliche zu sein brauchte, Ä 

Helmstedt d. 24. December 1852. Dr. Elster. 


Das syntaktische System der Tempora und Modi im 
Griechischen 


vonhistorisch-comparativem Standpunkte. 


Von Aken, Gymnasiallehrer zu Güstrow. 


A. Tempora. 


Die Nothwendigkeit, die Resultate der sprachvergleichenden 
Forschung mit der sog. philos. Grammatik in Einklang zu setzen, 
drängt sich immer mehr auf, und nicht am Wenigsten vom Bedürf- 
niss der Schule aus, bei der Verschiedeuheit der Auffassung und 
Erklärung der Einzelheiten, sowie bei der anscheinenden Willkür- 
lichkeit und Zusammenhangslosigkeit der meisten Regeln. Es be- 
ruht aber offenbar die Verbindung beider Wege in einer gyntak- 
tisch vergleichenden Zusammenstelluug der Systeme, die 
aber nicht blos die Aehnlichkeiten anzuführen hat. oder damit gar 
die Erklärungen gegeben zu haben glaubt, sondern, die die Ver- 
schiedenheiten ebenso gut wie die Aehnlichkeiten in ihrer Be- 
rechtigung in den einzelnen Systemen nachweise. Diese Aufgabe 


χα Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 53 


ist eine historische, und es ist damit die Möglichkeit wenig- 
stens zugegeben, dass der Syntax nicht in allen Sprachen ein und 
dasselbe logische System zu Grunde liege: die Consegnenz anderer 
Annahme wäre ja auch, dass überhaupt nur eine Sprache existi- 
ren könne. — Ergibt sich dann noch ein stufenmässiges Fort- 
schreiten in der Abfulge der Systeme, so hat man dies, wenn es, 
wenigstens für jetzt, auch unerklärt bleiben muss, als Factum 
anzuerkennen, und hierin häufig ein leitendes Moment für die Auf- 
fassung des Einzelnen. Die Geschichte der Sprachen wird der Ge- 
schichte der Völker parallel laufend anzunehmen sein, und letztere 
bietet entschieden eine solche Stnfenleiter, — ich verweise auf 
Hegel und besonders Braniss, — in der Reihe der Eulturvölker, 
ohne dass ein J,ernen des einen von andern, und ein Weitergehen- 
von da aus zu denken wäre; ja, bei den meisten ist ein Weiter- 
gehen von dem Standpunkte aus, mit dem sie in die Geschichte 
eintreten, gar nicht vorhanden. Es können und sollen in dieser 
Beziehung nur Andeutungen gegeben werden, rein im praktischen 
Interesse. Dem Lernenden schwindet damit der Anschein von 
Willkür in den einzelnen Regeln, die Erklärung der Erscheinungen 
gewinnt an Einheit; man ahbut einen historischen Gang in der Rei- 
henfolge der Sprachen wie der Völker, und ein unbefangeneres 
Uıtheil über sprachliche Verhältnisse wird vorbereitet, das die Gym- 
nasien ihren Schülern mitzugeben doch nicht werden versäumen 
wollen. Die Genera Verbi z. B. treten im Griech. ursprünglich 
nur in dem Gegensatze von Activ und Medium hervor; während 
nun innerhalb dieser Sprache selber dieser immer mehr zu einem 
zwischen Activ und Passiv herumgearbeitet. wird, ist im Latein 
letzterer schon der regelmässige geworden und das. Medium nur 
noch in den Deponentibus erkennbar, und im Deutschen das 
Medium schon so erloschen, dass von hier aus dem griech. Medio 
eine Grundbedeutung aufgedrängt ward, die es gar nicht bean- 
spruchte, die reflexive, und nur einzelne Reste der deutschen Re- 
fiexivform noch auf die eigentlichen Media hinweisen (sich fürch- 
ten, sich schämen — sich lachen);. ja, es ward in den modernen 
Sprachen die Reflexirform häufig bequemerer Ausdruck für die pas- 
sive. Dass damit auch der Begriff eines Transitivums, von 
einer Sprache aus construirt, nicht für alle gültig sein kann, er- 
gibt sich leicht. Analoge Verhältnisse sind auch bei den Casus 
nachweisbar. ᾿ς 

Von dieser Seite aus die Lehre von Tempus und Modus 
im Griechischen, den Grundstein der ganzen Syntax, zu fassen, ver- 
suchte ich zuerst auf der Lehrerversammlung zu Parchim v. Jahre 
1846, habe diesen Gegenstand seitdem in zwei Programmen behan- 
delt, ausserdem ihn ausführlicher durchgeführt, zum Druck fast fer- 
tig liegen. Da es. bei der Abgeschiedenheit hier und meinem Man- 
gel an Verbindungen mir schwer wird, damit in die Oeffentlichkeit 
zu dringen, will ich hier die hauptsächlichsten Resultate dem Pu- 


54 Das syntakt. System der Tempora nnd Modi 


blicam vorlegen, in der Hoffnung, dadurch der ansführlichern Bear-- 
beitung, sei es als eigner Druckschrift, sei es in den Spalten eines 
Journals, einen Weg zu öffnen, Die Wichtigkeit des Gegenstandes 
für den ganzen Sprachunterricht leuchtet ein; er betrifft das Ver- 
bum, die Seele des Satzes und schliesst somit die Hauptfragen der 
Satzlehre in sich. Ob diese Resultate. Anklang Anden werden ? 
Ich hoffe es, wie ich es wünsche: obwol ich mir nicht verhehlen 
darf, dass das Thema eins ist, über das jeder, der sich dafür inter- 
essirt, auch seine eigne feste Ansicht hat. Den Vorwurf wenig- 
stens, dass die Resultate der gewöhnlichen Auffassung zu wider- 
sprechend seien, habe ich nach dem Aufsatze von G. Curtius in 
Aufr. Zischr. f, vgl. Sprehk. 1851, h. 3. und neuerdings nach dem 
Vortrage von Lange auf der Philologenversammlung zu Göttingen 
nicht mehr zu fürchten, 

Zunächst behandeln wir die Tempora, soweit dies angeht, 
ohne auf die Strittigkeiten der Satz- wie ıer. Moduslehre uns ein- 
zulassen. Auch das Verhältniss zu den Modis soll erst auf histori- 
schem Wege sich ergeben. Dann die Modi, wo nach Aufstellung 
der Grundbedentungen die modalen Formen der einzelnen Satz- 
arten hinzustellen sind; die Eintheilung der Sätze selber, wie sie 
den Griechen erschienen sei, muss mit diesen modalen Formen 
nothwendig in Uebcreinstimmung treten. Doch binden wir da uns 
um so mehr ans Attische, als hier erst die verschiedenen Satz- 
arten ausgebildet erscheinen. Die ältere Sprache wird nur herbei- 
gezogen, soweit sie es zur Begründung werden muss. 

Bei.den Temporibus verlangen wir Einklang des Systems 
der Bedeutungen mit dem der Formen (cf, Curt. 1. 1.). Na-. 
mentlich‘ darf also der Aorist nicht ‚ausserhalb der Tabelle bleiben; 
es muss sich erklären, warum er, ein Augmenttempus, doch mit 
Modis versehen sei. Von der ursprünglichen Tabelle sind aber zu 
streichen die Tempora prima; dies sind nur schwache Bildun- 
gen gegenüber den secundis, die vollkommen den Namen der 
starken verdienen, indem sie eine Befähigung‘. des Stammes, das 
temporale Element zu bezeichnen, voraussetzen, die prima dagegen 
weit mechanischerer Bildung sind. Der Unterschied ist ursprüng- 
lich. nur in der Formbildung, nicht in der Bedeutung; ganz wie im 
Deutschen bei „buck** und ‚„backte,* „frug“ und „fragte‘“ u. s. w. 
Fırner sind zu streichen ‘die Futura, da, auch wenn die secunda 
wirklich starke Formationen sein sollten, sie sich in nichts von 
Praesentibus unterscheiden, keine Eigenthümlichkeit der Farm auf- 
zuweisen haben. Danach ergeben sich bei vollständigen Verbis 
drei Stämme, 2. B. bei τύπτω — run — tervxz — run, jeder mit, 
einem Haupttempus.und einem’ augmentirten Nebentempus nebst 
Modis verschen. Den Inbegriff der dazu gehörigen Formen be-. 
zeichnen wir durch Vb. Imperi., Vb. Perf, und Vb, Aor. Natür- 
lich erscheint dann die Forderung, dass allen Formen, die einen 
dieser Tempusstämme in sich tragen, damit auch ein Gemeinsames 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow, 55 


von Bedentung inne wohnen "müsse. Den Gegensatz von Gegen- 
wart, Vergangenheit und Zukunft in den drei Stämmen zu sehen, ist 
unmöglich, Vielmehr ist dieselbe Handlung, die das Vb. Imperf. 
als dauernd, werdend, sich entwickelnd, die das Vb, Perf. 


als im Zustande der Vollendung befindlich ausspricht, im Vb.. 


Aor. ohne diese Nebenbeziehungen, als Handlung an sich, oder 
positiv gefasst, als Punkt, als Moment’ ausgesprochen. Es ist 
dies offenbar eine temporale Bestimmung, nur nicht vom Stand- 


punkte des Sprechenden, sondern von der Handlung selber aus. 


Letztere unter dem Bilde einer Linie gedacht, bestimmt sie nach 
Anfang — Ende, oder gibt sie obne diese nähere Angabe schlecht- 
hin an. Wir nennen daher diese Zeitbestimmung des Stammes die 


absolute, im Gegensatz der relativen, die von einem Stand- 


punkt des Sprechenden aus, also nach Vergangenheit, Gegenwart 
und Zukunft bestimmt, 


Die relative Zeitangabe erscheint im Gegensatz der Haupt- 


und Nebentempora. Die augmentirten Formen geben die Vergan- 
genheit an. Die Haupttempora scheinen danach, und zwar 
alle, die Gegenwart bedeuten zu müssen; und das thun sie auch, 
wenn nämlich sie überhaupt relative Zeit bezeichnen. Sie finden 
sich aber auch gänzlich zeitlos gebraucht, wie im Deutschen die 
Praesentia in Sätzen allgemeinen Urtheils: 2. B. „die Lerche singt 
im Fliegen,‘* — „die Rosen duften “ Denkt man vom Deutschen 
aus etwa.die Bedeutung der. Gegenwart abgeworfen, so ist das an 
sich unglaublich, erklärt auch nichts. Geht man aber davon aus, 
dass die Modi der drei Tempusstämme sich nur nach der Bedeutung 
der letzteren scheiden und nur scheiden können, dass sie nach- 
weisbar nichts von gelativer Zeit bezeichnen, so ergibt sich, dass 
das Haupttempus im Indic., das sich ja nur modaliter von den 
übrigen Modis scheidet, auch eine Bedeutung haben muss, die von 
relativer Zeitangabe nichts enthält, dass es vielmehr die Bedeu- 
tung der Gegenwart nur dadurch erhält, dass aus ihm ein Neben- 
tempus herausgebildet ward, zum Zweck des Ausdrucks der Ver- 
gangenbheit. 

Gegenwart bezeichnet das Hanpttempus also nur insofern, als 
bei seiner Anwendung nicht das Tempus der Vergangenheit ge- 
wäblt wurde. Dass aber die Augmenttempora aus den Haupttem- 
poribus herausgebildet sind, diese bei ihrem Entstehen schon vor- 
aussetzen, zeigt sich leicht: vgl. z.B. ἐτίϑημ. ἐτίϑητ — Erldevr —, 
wo die Endungen wi, σι9 τι, vrs durch den Vorsatz abgestumpft 
sind. CA. ἔτυπτομ und ἔτυπτοντ. 

Für das Praes. bedarf diese zeitlose Bedentung keines wei- 
tern Nachweises. Wo ist sie aber im Perf,? Erstens in der gan- 
zen Schaar der sog. Perf. mit Praesensbedeutung, die zudem, 
wohl zu merken, gerade der älteren Bildungsweise angehören, Sa 
gut da das deutsche Praes., mit dem sie übersetzt werden, zeitlos 
stehen kann, ebenso gut auch diese Perfecta. Zweitens findet sie 


56 Das syntakt. System der Tempora und ‚Modi 


sich auch sonst: 2. B. ἔνδεδύκασι λινέους πιϑῶνας heisst bei He- 
rodot. nicht: „sie haben sie jetzt angezogen nnd sind damit da,“ 
sondern „sie tragen sie, durchaus ohne Angabe einer Zeit. Dasn 
lässt sich auch denken, dass in vielen anderen Fällen,, wo die Ueber- 

setzung durch ein deutsches Perf. immerhin einen Sinn gibt, doch 
griechisch die Sache in anderer Weise gefasst sei. Durch das 
Deutsche; auch schon das Latein, kommt man leicht. auch fürs 
griech. Perf, zu den Annahme, . dass es durchaus ein „jetzt“ 
Vorliegen der Vollendung ausspreche, ‘was griechisch gar nicht 
nothwendig ἰδέ. Die Redaplication gibt, im Binklang mit ihrer 
Bedeutung anderswo, dem Stamme nur die Bedeutung einer Stei- 
gerung des ursprünglichen Begriffs; die Vollendung ist ebenso gut 
eine Art Vervollkommnung zu nennen; die in den einzelnen Vbis 
mätürlich sehr verschiedener Art sein kant. Dass die Reduplica- 
tion mit dem Augment nichts zu schaffen hat, zeigt sich darans, 
dass letzteres nicht in die Modi: übergeht; zum Ueberfluss zeigt 
noch das Sanscr. die im Griech. nichit selten erscheinende Gleich- 
heit beider Formen als eine Verwischang ürsprünglich 'vollkommener 
Geschiedenbeit. 

Für die beiden vorhandenen Haupttempora ergibt sich also ans 
den Formen. nicht minder wie aus dem Gebrauch eine doppelte 
Bedeutung: 1) die des Tempusstammes, verbunden mit der des 
Indic.; 2) dieselbe mit Hinzunahme der der Gegenwart.. Letztere 
ist die spätere schon deshalb, weil sie erst durch den Gegensatz 
der augmentirten Nebentempora hervorgerufen wird; dann auch, 
weil wir in den Sprachen überhaupt die relative Zeitbezeichnnng 
im Fortschreiten, mehrfach noch im’ Entstehen aus andern Bedeu- 
tungen finden. — Daraus, dass das Sanscr. Ianfıg das Perf. als 
Aor, braucht, folgt fürs Griechische nichts; (auch gibt niemand 
mehr dem griech Perf. die Bedeutung der Vergangenheit); — denn 
theils hat das Sanser. überhanpt noch wenig Festigkeit im Ge- 
brauche seines überreichen: Formenwesens, theils zeigt das Grie- 
chische schon dadurch z. B., dass es das Plusgtaimpf. schuf, eine 
Form, die das Sanscr, nicht hat, dass es sein eignes Syätem die- 
sem gegenüber habe, 

Die Frage, warum das Vb. Aor. kein Haupttempus habe, 
erledigt sich dadurch, dass es ellerdings solche alte ‚Stammprae- 
sentia genug noch gibt, diese aber immer mehr durch die volleren 
Formen verdrängt wnrden. Dies ist überhaupt der Gang in den 
Sprachen, hat 'hier aber noch einen -speciellen Grund in der Be» 
deutung. Würde dies Haupttempus Gegenwart bedeuten sollen, so 
erschien hier, da, um etwas als gegenwärtig festzuhalten, es immer 
zugleich als dauernd gefasst werden muss, die Form des Vbi, Im- 
perf. passender; sollte es zeitlos stehen, so fanden wir diese Be- 
deutung in Sätzen allgemeinen Urtheils, also für alle Zeit gülti- 
gen; sehr erklärlich musste 'daher auch hier der Ausdruck der 
Dauer passender erscheinen. 


im Griechischen. - Von Aken zu Güstrow. Ὁ 57 


Die drei Praeterita unterscheiden sich dentlich nur nach 
den Bedeutungen ihrer Stämme. Nur ist zu beachten, dass das 
Plnsqpf. bier noch nicht Tempus der Vorvergangenheit 
geworden ist.: Ein sölches hat das Griechische noch gar nicht: 
alle dreiPraet. werden zum Ausdruck derselben verwendet; in der 
alten Sprache wie in der spätern; in Hauptsätzen so gut, wie in 
Nebensätzen; und zwar ist das Plusq. von allen dreien da das seltenste. 
— Es kann aber das Griech. ein solches Tempns noch gar nicht 
baben, weil das Perf. hier noch nicht zugleich Tempus der Ver- 
gangenheit geworden ist, was es erst im Latein wird, 

Bei den Modis lassen sich ebenfalls ihre Unterschiede gänz- 
lich auf die ihrer Tempusstämme zurückführen; - auch einzelnes, 
was anders scheint. Denn weder, dass die Modi des Aor. gegen- 
- über denen des Praes. die Vergangenheit bezeichneten, (was for- 
mell auch schon wegen des in den Modis: fehlenden Augments nicht 
anzunehmen ist,) noch dass der Opt. gegenüber dem Conj. diese 
Bedeutung habe, ist fürs Ganze des Gebrauchs derchzaführen. 
(Auch sollte man wenigstens nicht beide Behanptungen zugleich 
aussprechen, da sie einander aufheben). Die Modi des Aor. finden 
sich ebenso gut von allen drei Zeiten gebraucht, wie die des Praesens. 
Beim Partic. Aor. lässt sich die ihm gewöhnliche Bedeutung der 
Vergangenheit recht gut ans der des Punktes, der ja keine Gleich- 
zeitigkeit mit der Hanpthändlung zulässt, also von selber in die 
Vergangenheit rückt, erklären, zumal das Partic, schon nominaler 
Natur ist, die Bedeutung des Punktes sich also häufig nicht halten 
konnte. Dennoch findet sich auch diese bei der Coincidenz 
zweier Punkte, z. B. γελασας εἶπεν, vgl. miratus daxit', solatus 
jussit. — Nach unserer. Fassung ergibt sich leicht, wie anch 2. B, 
der Inf. Praes. von der Vergangenheit stehen könnte, während die 
gewöhnliche Angabe, dass er dann Inf. Impf., nicht Praes. sei, die 
Hauptsache unerklärt lässt. — Was bei den Modis ‚des Vbi. 
Perf. etwa als Vergangenheit angesehen werden könnte, lässt sich 
aus seiner absoluten Bedeutäng leicht herleiten. — Ein Verhältniss, 
wonach Conj. und Opt. sich nach Gegenwart und Vergangenheit 
schieden, ist erst im Latein 'entwiekelt; doch gibt es Conjunctive 
der Gegenwart und der Vergangenheit; der modale Unterschied 
ist dann verloren, Doch bleiben auch da noch Reste dieses: imConj. 
Impf. von der Nichtwirklichkeit gerade in der Gegenwart n. 8, w. 
Die Anfänge dieser Veränderung treten allerdings auch schon im 
Griech. hervor; doch nur in einzelnen Satzarten, und eine Erklä- 
. rung des Gebrauchs im Ganzen ist nor vom modalen Uhter- 
schiede beider aus möglich: auch für die Finalsätze. Olıne Kennt- 
niss von diesem Factum lassen die Schüler sich schwer davon ab- 
bringen, den Conj. zur Angabe einer or. obliq. zu brauchen. — 
Im Deutschen ist die Vernachlässigung der modalen Scheidung 
schon so weit gegangen, dass die Zweiheit der Conjunctive als 
blosser Luxus erscheint. 


-- 


58 Das syntakt. System der Tempora und Modis 


Leicht erklären sich sonach speciellere Anwendungen, z. B. 
des Vbi Imperf. (nicht des Praes. allein,) de conatu; des Indic, Aor. 
in Vergleichungen und des Pflegens (cf. ποτέ und aliquando --Ξ 1) ein-. 
mal, 2) manchmal), und manches Andere, was hier, übergangen 
werden muss. . 

Es ist noch eine Consequenz zu verfolgen, Die Behauptung, 
dass Formen, die wir temporale .nennen, zeitlos stehen sollen, 
erscheint vom Standpunkte der modernen Sprachen aus immer 
etwas paradox. Bewahrheitet hat sich dieselbe allerdings schon in 
den Modis, da diese vom selben Tempus von allen drei Zeiten .ge- 
braucht werden.können, mag immerhin aus modalen Gründen o:ler 
wegen des resp. Stammes bei manchen die eine Anwendang mehr 
bevorzugt sein. Schwieriger scheint unsere Behauptung für den 
Indic.; doch mag sie auch da noch annehmbar erscheinen. Nun 
aber haben die Praeter. auch eine modale Verwendung, und 
wir gestehen, dass nach aller Analogie diese die ältere, ursprünag- 
liche sein muss. Die Praeter. setzen in ihrer Bildung die Haupt- 
tempora als vorhanden schon voraus; die Futura als ursprüngliche 
Tempora ‚sind auch schon gestrichen: wie soll man das alles sich 
denken? Es konnte deshalb ursprünglich eine einzige Tempaus- 
form, die der Haupttempora genügen, weil das Erste, das Nächste, 
was ausgesprochen werden sollte, das sinnlich Vorliegende war: 
dies war zugleich das Gegenwärtige; aber nur, insofern dies 
zugleich sinnlich vorliegend war, konnte es in jener Form seinen 
Ausdruck finden. Das temporale Element setzte erst bestimmter 
sich ‘fest, seit die Praeterita und zwar in ihrer temporalen Bedeu- 
tung sich daneben stellten.. Bei der Form dieser war ebenfalls 
temporale und modale Bedeutung gepaart; Nichtwirklichkeit und 
Vergasgenbheit fielen ebenfalls mit jenem Denken zusammen, indem das 
Vorübergegangene der sinnlichen Anschauung schon ein Nichtwirk- 
liches ist; letzteres ist aber wieder das Allgemeinere. Gewiss war 
wenigstens die Vergangenhejt das erste Nichtwirkliche, das einen 
Ausdruck verlangte. Die Zukunft ist viel ‘abstracter, diese gehört 
rein dem Reich des Gedachten an, während die Vergangenheit doch 
einmal sinnlich geschaut worden war. . Daher entsteht dafür erst 
noch später ein eignes Tempus und der Zusammenhang dieses mit 
einem Modus und seine Entstehung daraus tritt viel deutlicher und 
noch in mehreren Sprachen hervor. In allen hier angezogenen 
Sprachen hat es keinen ursprünglichen Ansdruck; der findet sich ἢ 
im Griech. auch nur in schwacher Bildungsweise, Im Sanscr, 
wurde der Opt. sowie der Letmodus (= Anfänge des griech. Conj.) 
dafür gebrancht; seine Futurformen sind entweder der schwachen 
oder der conj. periphr. entsprechende. Im Griech. entsteht das 
Fut. aus dem Conjunctiv; im Latein ebenfalls aus einem Modus, 
und zwar, was wichtig ist, aus einem andern, als dem, welchen 
das Griech. wählte, nämlich aus der dem griech. Opt. entsprechen- 
den Form: nämlich εἴην aus ἐσίημ — esiem — siem, sim, und so 


"im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 59 


amem, legam etc. ans amaim etc., legam und audiam aber sind zu- 
gleich Futura; ihre zwiefache Flexion als Tempora und als Conj. 
ist für die Auffassung ihrer Enstehung wichtig und als erst allmä- 
lig fixirt. zu nehmen, ‚ero=dow, wie ἦν (Ncak)== eram: analog 
dieser Form jedenfalls und schwach sind die auf bo. 

Dafür dass das Bedürfniss nach modaler Bezeichnung das 
frühere, das nach’ temporaler das später eintretende, aber immer 
weiter gehende ist, "haben wir schon früher Analogien ‚gehabt und 
werden sie noch mehr finden. Hier sei nur noch das Factum er- 
wähnt, dass im Sanscr. noch nicht alle Modi allen Temporibus 
untergeordnet sind, dass manche Modi nur bei einzelnen Tempori-. 
bus erscheinen, dass also dies offenbar anf .einer Stufe sich zeigt, 
wo Tempora und Modi noch mehr gleichberechtigt der Stammform 
zur Seite standen. 

Noch können wir als Analogie für die Behauptung, dass es 
völlig zeitlose- Verbalformen gebe, eine formell freilich gänzlich 
fernstehende, aber altertbümliche, früh gleichsam erstarrte, daher 
syntaktisch nicht unwichtige Sprache anführen, das Hebraeische, 
Hier 'gibt es zwei sogen. Tempora ; das eine nennen die Einen 
Imperf., die Andern Futur. Sollte also als das Wesentliche dieser 
Formen Zeitangabe gesetzt werden, so ergäben. sich viele Wider- 
sprüche. Es findet sich aber die Erklärung, sobald man beide 
Formen als die Haupttempora zweier Tempusstämme nimmt (z. B. 
= πίϑω und neldw), zu denen die Sprache nur noch keine 
Nebentempora (Praet.) geschaffen habe. 

Schliesslich ist noch Deckung gegen ein. Missverständniss 
nötbig: ‚nicht so sehr, weil wir eine Form früher als die andere 
genannt haben, als weil wir die Sprache von sinnlicher Auffas- 
sung ausgehen liessen. Die Auffassung der Geschichte, wonach 
die Menschen als ans ursprünglicher, thierischer Rohheit per Ver- 
stand sich emporarbeitend gedacht wurden, ist längst verworfen. 
Jedenfalls ist sie unhistorisch., Die alten Culturvölker treten alle 
in die Geschichte ein sogleich vollkommen denjenigen Grad von 
Bildung ımd Wissen u. s. w. aufweisend ,. der ihnen ihren Standpunkt 
in der Stufenreihe der Geschichte des Entwicklungsganges des 
menschlichen Geistes anweist. Ein Fortschreiten in der. Richtung, 
in der das Bisherige errungen zu denken wäre, findet sich nicht; 
vielmehr wirkt alles Neue dem Alten gegenüber destructiv, womit 
diesem neuen Gange durchaus nicht ein gesetzmässiges Vorwärts- 
schreiten abgesprochen wird-. Bei dem ersten Volke, wo ein Fort- 
schritt sich knnd gibt, den Griechen, tritt dieser dennoch dem 
bisher erlangten Wissen feindlich entgegen: die Philosophie zer- 
stört den in der Mythologie enthaltenen Glauben — trotz mancher 
Koketterie mit ihm; trotzdem, dass Plato sie als niedere Erkennt- 
nissstufe einznreihen weiss. Aehnlich ist es in den Sprachen, 
Mit dem Erwachen zur Geschichte erwachen den Völkern auch bis- 
her. nicht. gekannte Bedürfnisse des Ausdrucks; das Formenmate- 


60 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


rial war vorhanden; jenen gemäss ward es verwandt. Wir kom- 
men so bei jedem Volke auf eine Zeit vor aller Historie, wo seine 
Sprache, seine, oft so durchdachten religiösen Philosopheme , über- 
haupt, das was seine Bildangsstufe ausmacht, — entstand. Dass 
von einer blos mit dem Sinnlichen sich beschäftigenden Geistes- 
thätigkeit da nicht die Rede sein kann, zeigen die Resultate. Wol 
aber übte auf dies wenig bewusste, aber stetig immer mehr zum 
Bewusstsein, der in seinen Geist gelegten Offenbarung sich 
emporringende, instinktartige Schaffen. die Natuir, das sinnlich Ge- 
gebene den grössten Einfluss aus; dieser. Anschauung anhlog ent- 
standen die sprachlichen Systeme. Wie spät gelingt ts doch erst, 
sich der Natur als. etwas Üebermächtigem za entziehen, sich als 
das Höchste in derselben zu erkennen! Der Inder erkennt sich 
und die Welt und den Gott nur als Pflanze, der Atgypter als 
Tier, und danach bestimmen beide ihre Aufgabe, Als verrünfti- 
ges, freies Wesen erkennt sich erst der Grieche. — 
Das griechische Verb besteht, vom deutschen Standpunkte 
angesehen, aus drei Vbis., jedes aus einem 'Praes. c. modis nebst 
einem Praet, bestehend; im Latein erscheint dies nur zweimal, 
iin Deutschen ein mal. | | 
Im Latein ist nämlich kein eigues Vb. Aor. mehr ; das Perf., 
. wenigstens im Indic., hat dessen Functionen übernommen. Es kaun 
nämlich die Vollendung einmal als jetzt vorliegendes Resultat ge- 
fusst werden (== eigentl. Perf.); zweitens als Zeitbestimmung für 
die Gegenwart; damit ist die vollendete Handlung. selber vergan- 
gen (Perf, hist). Diese Beziehung auf die Gegenwart ist eben- 
falls etwas in den Sprachen immer mehr hervortretendes. (Ein 
Theil der Sanscritkundigen hielt das lat. Perf. für’ den griech. Aor.; 
das stützt sich aber nür auf die Aehnlichkeit-von — σε und — oa, 
also nur schwacher Bildungen; die starken Iatein. Perf. sind analog 
dem griechischen gebildet — entweder nur Reduplication oder nur 
Verlängerung aufweisend, nach der dem Latein eigenthümlichen 
Sparsamkeit; die schwachen Formen auf — si und — vi entspre- 
chen den primis auf κα und ἐν, mäg man. sie aun für agglautinirt 
nehmen oder nicht; denn erst bei diesen schwachen Formen tritt 
diese. Theorie hervor. (ΟἿ, übrigens Curt. Spr. Beitr.). Das Plusq. 
erhält daher hier auch die Bedeutung der Vorvergangenheit. Die 
aus der des eigentl. Perf. fliessende hat es z.B. auch bei post- 
quam: „zu der Zeit, als das im Zustände der Vollendung war,‘ — 
vielleicht lange nach jener Handlung, ganz parallel dem schon häu- 
figeren Imperf. („als es schon so weit war, dass man daran ging“). 
Das gewöhnliche Perf.’ bei postquam etc. beruht dagegen auf einer 
Coincidenz zweier Punkte, um das sofortige Eimtreten oder viel- 
mehr Zusammenfallen beider Handlungen auszudrücken. Dalier ist 
dies das aoristische -Perf. Die Vergleichung des griech. Aor. al- 
lein würde bier nicht genügen, dä man an einen Äor. pro Plusg. 
denken könnte. Aehnlich ist es mit dum, nur dass hier rhetorisch 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 61 


das Praes. steht, offenbar, um einen Contrast lebendig vors Ange 
treten zu lassen; bei blossen Zeitangaben steht ja das Imperf. Der 
Inf. Perf. bei satishabeo, pudet etc. beruht auf der absoluten An- 
gabe der Vollendung, also .das eigentl. Perf., ähnlich wie umge- 
kehrt der Inf. Praes. bei memini nur eine Dauer zum Zweck der 
Vergegenwärtigung angeben will. So beruhen manche der sog, 
aoristischen Ind. und Inf, Perf. vielmehr auf dem eigentlichen. 
Die aoristische Verwendung des Inf. und auck des Conj. (zum 
Perf. hist.).ist vorhanden, aber nicht ein Gebrauch, von dem man 
allmälig zarückgekommen wäre, sondern einer, der erst später her- 
vortrat. 

Im Deutschen deckt das Imperf, sowel Aor. (und Perf. 
hist.) als Imperf. Das Perf. hat hier auch eine Anwendung als 
Tempus der Vergangenheit, sowie nämlich eine Vergangenheit als 
auf die Gegenwart .resultirend ausgesagt werden soll: z. B. „er, 
hat ihn bier gesehen. Wer hat dir das gesagt? Er ist in. H. ge- 
wesen,‘‘ — verglichen. mit Imperfectis. -Daher bleibt letzteres für 
die eigentliche Erzählung. Auch in dieser Bedentung des Perf. se- 
hen wir das Bedürfniss genaueren temiporalen Ausdrucks sich gel- 
tend machen; (das denn auch, eben vom modernen Standpunkt ans, 
zu der modernen Scheidung absoluter und relativer Tempora ge- 
führt hat). So gibt es Fälle des griech. Aor, statt des deutschen 
Perfeots ın Unzahbl; auch des Imperfects; nicht minder aber ist 
anch der Aor, sehr häufig, auch wo ein griech, Perf; stehen könnte; 
es ist dann eben nur die Beziehung auf die Gegenwart unausge- 
sprochen geblieben. 

Das Futurum entst®kt im Griechischen aus dem Conj. Die 
Form des griech. Conj. besteht if Dehnung des Bindevocals. Wo 
dieser nicht vorhanden war, ist diese Formation als ursprüngliche 
nicht denkbar; da genügte eben Einsetzung eines solchen. So 
entstehen Formen wie ἴομεν, εἴδομεν. Dennoch machte, da diese 
Formen den Indicativen der conjug. auf ὦ gleich sahen, die Ana- 
logie dieser immer herrschender werdenden conjug. (im Latein ist 
die auf μὲ nur noch in sum und inquam) sich geltend; daher die 
nachberige Gleichheit. Die alterthümliehsten Futura .sind wol nicht 
die auf σοῦμαι (so Curtius), als zusammengesetzte Formen, son- 
dern ἔδομαι, πέομαι. ἔσομαι. Diese sehen wir an als solche ur- 
sprüngliche Conjunctivformen der conjug. auf μὲ, nur durch Ein- 
setzung eines Bindevocals gebildet, und: stellen ihnen an die Seite 
homerische „Futarformen, wie dvvo, τανύω, ἐρύω neben ἄνυμι. 
τάνυται are. 

Nach solcher Abstammung will das griech. Futur offenbar 
ursprünglich ‚mehr Erwartung als die Zukunft ausdrücken. Schon 
in der gewöhnlichen Sprache zeigt sich dies .modale Element in 
dem vielfachen Wechsel mit dem Conj., besonders in zweifelnden 
Fragen, oft auch durch die Verbindung mit un. Entscheidend 
aber ist hier, obwol gewöhnlich aus der temporalen hergeleitet, 


62 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


seine finale Bedeutung in relativen Nebensätzen, da, ‚wo. es durch 
keinen andern Modus ersetzt werden darf, auch in der Vergangen- 
heit,.z. B. misit legatos, qui decerent = οἵ λέξουσι,. wo in unzäh- 
ligen Fällen von Wirklichkeit nicht das Mindeste behauptet wird, 
manchmal offenkundig der Erzählende die Nichtwirklichkeit glaubt. 
Ausserdem liegt auf der Hand, dass hier eben eme modale Be- 
zeichnung unentbehrlich ist, — man möchte denn etwa dem Griech. 
die Fähigkeit. dazu hier absprechen wollen. — Auch.wo das Fut, 
mit μέλλω collidirt, füblt sich leicht, dass im Futur immer. etwas 
von einem Sollen und Wollen liegt, ein :Begehren, etwas Con- 
junctivisches, während μέλλω eine blosse Ankündigung der Zukunft 
wäre. ‘ Sunach ist die Herleitung der nicht temporalen Gebrauchs- 
weisen des Fut. aus der temporalen sowol forinell wie: syntaktisch 
unhistorisch. . Erklärlicher Weise wird in der älteren. Sprache 
dieser modale Gebrauch noch ausgedehnter sein. Die Unterschiede, 
die bes, für Vergleichungen von Nitzsch und besonders von 
Nägelsbach da aufgestellt, sind wol nicht haltbar. Denn’erstens 
gehen sie vom Temporalen aus, indem das Futur nur ein einzelner 
Fall in der Zukunft sein soll; zweitens wird der Conj., seine Gleich- 
- heit mit dem Conj. c, ἄν zugegeben, in einer zu speciellen Be- 
deutung gefasst, wenn er hier. immer ein ‚allemal wenn‘ bedeu- 
ten soll, zumal die neben dem Futur speciell in Betracht. kommen- 
den Conjunctive Aor. Auch passt die Bedeutung des „allemal 
wenn“ gerade für den Zweck der Vergleichungen gar nicht, welche 
vielmehr immer nur ein „einzelnes“ Bild, wenn auch eines.noch 
so häufigen Ereignisses, vorführen wollen. Endlich bleibt das He- 
siodische καταβήσεται Theog. 750 entschieden entgegenstehend, 
wenn auch die neuesten Texte wiele der alten Futura fortgeschafft 
haben; oft gewiss, weil man von der Bedeutung der Zukunft 
ausging. 
Im Latein hat die ältere Sprache noch manchmal ein Futur, 
wo auch der Conj. erwartet werden könnte. Im Allgemeinen fie- 
det sich hier das Futurum der Erwartung nicht mehr (ausser, wo’ es 
später durch Graecisirung eindrang), Denn auch die Fälle in Ge- 
setzen mit si quis c. Fut. gründen sich schon auf die temporale 
Bedeutung; und derselbe Grund, der die Gesetze nothwendig 
machte, das Vorkommen, lässt dergleichen auch für die Zukunft 
sicher voraussetzen; daher der Indi, — Im Deutschen ist das 
Fut. nur durch ein Hülfsverb gebildet, steht insofern μέλλω gleich, 
und ist ebenso reines Tempus der Zukunft. Den weitern’ deut- 
schen Gebrauch, sowie den rhetorischen, lassen wir hier, wie oben, 
bei Seite. . 

In Griech. hat das Fut. Modi, wenn auch seiner Bedeutung 
wegen unvollständig, während eine moderne, a priori construirte 
Grammatik sehr wohl z. B. einen Imper. Fut. brauchen könnte, 
Lateinisch hat es keine Modi, denn die sog. Partic, Fut. sind beide 
schon abgeleitete Adject. verb. Lateinisch ist das Εἴ, schon Ne- 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 63 


bentempns des Vbi Perf; und Ybi Imperf, geworden. Im Griech, 
(wo die Modi, wie die der conjug. periphr., nur die absolute Tem- 
pusbedentung haben,) ist es ein aber nicht durchgeführter (‚weil 
nicht ursprünglicher), Versuch eines vierten Tempusstammes: das 
der Erwartung; unterbrochen wurde dieser durch das entschieden 
sich geltend machende Bedürfniss gemauerer relativer Zeitbestimmung 
(eines Ausdrucks für die Zukunft), wodurch es dann im Indic. 
mehr Nebentempus ward, 

Im Latein sind danach 2 Tempasstämme,, jeder aus drei Tem: 
poribus bestehend. welche drei dann en Begriffen der Vergangenheit, 
Gegenwart und Zukunft entsprechen: was im Griech. nicht durch- 
gebildet ist, indem zwischen Vb. Aor. und Vb. Imperf. für das 
Futur. kein. Unterschied ist; — während die Tempusstämme selber 
noch nicht Vergangenheit und Gegenwart bezeichnen, obwol im 
Perf. hist. der Anfang dazu vorliegt. Im Deutschen sind, wenn 
wir die durch Hülfsverba gebildeten Formen mitrechnen, wieder 
drei Tempusstämme; aber diese haben selber die Bedeutungen von 
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, insofern nämlich das Perf. 
auch Vergangenheit bezeichnet. Die- Nebentempora haben beide 
die Bedeutung der Vergangenheit. Das Fut, hat keins; wohl aber 
den Conj. desselben, „würde,“ ἃ, h. den Opt. des Vbi Fut. Einen 
Conj. des Haupttempus selber könnte die Grammatik hier ebenso. 
gut aufführen, wie den Inf., den die Sprache selber nicht kennt; 
Das Französische zeigt ein Praet. Vbi Fut., verwendet denselben 
aber modal; d. h. der ursprüngliche Gang in den Sprachen, dass 
modale Scheidungen aufgegeben und zu . Gunsten  temporaler ver- 
wendet werden, ist hier so weit geführt, dass er in sein Gegentheil 
umschlägt , in dem modale Verhältnisse schon in temporaler Auf- 
fassung gedacht werden, Das ist beim Impf. im: Franz. im Be- 
dingungssatze ebenso; im Deutschen ist das nicht: es wird ibm 
nur wegen verkehrter Auffassung des griech. Gebrauchs zu ge- 
schrieben; im Griechischen aber liegt der scheinbaren Aehnlichkeit 
mit dem Französischen ein gerade umgekehrter Gedankengang zu 
Grunde, 

Diese letzten Zusammenfassungen sollen nur darin ihre Be- 
deutung haben, dass sie zeigen, wie die Sprachen etwas im Flusse 
Befindliches sind, sowol jede innerhalb ibrer Grenzen, wie alle in 
ihrer Abfolge nach einander, ' und dass ein gesetzmässiges Fort- 
schreiten dabei erkennbar ist. Ferner zeigt sich, dass mit unver- 
mittelter Uebertragung von grammatischen Begriffen von der einen 
auf die andere viele Willkürlichkeiten in die Erklärungen kommen 
müssen. Endlich konnten die einer Sprache vorschwebenden Sy+ 
steme schon deshalb nicht‘ vollkommen consequent durchgeführt 
sein, weil das ihr historisch mit dem Material der Formen Ueber- . 
kommene doch auch ein System und ein anderes war, als das, auf 
welches sie selber, seitdem: das Volk zum Bewusstsein erwacht war, 
im Einklang mit dessen weiterer Entwickelung zueilte., 


"᾿ 


64 Das syntakt. System der Tempora und Madi ὦ 
Die Moduslebre im Griechischan. ᾿ -. ‘ 


Bei der Tempuslehre lag die ‚historisch .nothwendige Auffas- 
sung. derselben schon im System der Formen vorgezeichnet. Schwie- 
riger ist die Lehre vom Modus. Hier muss ebenfalls der Einklang 
mit dem System der Formen und ihrer Geschichte gewahrt werden; 
viel wichtiger ist jedoch die Darlegung der Satzformen, insoweit 
diese durch die Modi ihren Ausdruck erhalten, und: die Sptach- 
vergteichung wird hier wesentlich eine syntaktische, 

Zunächst bedarf. es’ freilich der Anfstellung von Grundbe- 
deutungen, doch ist 'mit deren Auffindung erst dig Hälfte .der 
Arbeit gethan, und es' ist unmöglich, die aufgestellten gleich voran 
zu beweisen. Es sind deren verschiedene aufgestelit und Beispiele, 
auch ganze, Gebrauchsweisen, haben sich für jede dieger-Annabmeg 
genug finden lassen; aber der Beweis kann nur in dem. aufgefun- 
denen ganzen Systeme des Gebrauchs liegen; sieht.mapn von diesem 
ab, so scheut man sich, wenn man an eine Bezeichnung sich ge- 
wöhot, auch künstlichere Erkläruggen nicht. Damit bleibt denn 
dem subjectiven Meinen und dem aprioristischen Dogmatisiren zu 
grosser Spielraum. Häufig glaubt, man ‚auch -mjt Aufstellung der 
Grundbedeutungen insofern ‚genug gethan zu haben, als. dann die 
Erklärung eines einzelnen Gebrauchs nur. dadurch beschafft wird, 
dass immer jene. Definitionen wiederholt werden,. algo behauptet 
wird, dies sei es, was die Sprache hier habe ausdrücken wollen, 
Aber auch angenommen, die aufgestellten. seien ‘die richtigen, sa 
belehrt das nicht darüber, welche Fotmen in den einzelnen Satz- 
arten zu setzen seien, da häufig verschiedene Ausdrucksweisen 
danach möglich whren, oft geradezu’ falsche. Daher kann denn 
auch bei.der Interpretatiga dies Verfahren dem Vorwurfe der Will- 
kürlichkeit nicht entgehen. ‘Schon dass nur ‚eine beschränkte An- 
zahl Modalformen in den einzelgen: Satzarten zulässig sind, be- 
sonders, wena man ὧν sowie οὐχ und μή in ihrer modalen Ver- 
wendung mitsechnet, zeigt, dass die Bestimmungen auch .anders- 
woher zu suchen sind. Ueberhaupt bleibt die Frage, welche der 
verschiedenen aufstellbaren Satzeintheilungen zu wählen sei, dann 
gauz abgesondert, gewöhnlich sogar zu wenig berücksichtigt. 

Ordnet man dagegen den Gebrauch blos nach einer. a priori 
eonstruirten Satzeintheilung, so .ergibt sich kein Ueberblick 
des von der Sprache wirklich gedachten Systems, ihrer Grundan- 
schauung der einzelnen Modi, die Nothwendigkeit der gebrauchten 
Formen wird nicht klar. Dies Verfahren ist neuer; doch hat man 
verschiedentlich, wegen der Schwierigkeit der Erklärungen, es auf- 
gegeben; triftiger Grund. war vorhanden, da jene Satzeintheilungen 
‚factisch nur den modernen Sprachen entnommen waren; dennoch 
verlangt die Sprachvergleichung, die syntaktische eritschieden die 
Berücksichtigung derselben. — Bei beiden Methoden, einseitig 
angewandt, ist schwer zu scheiden, was von Bedeutung im einzel- 


im Griechischen, Von Aken zu Güstrow. . 65 


nen Falle die Modusform an sich ausspreche, und was durch die 
Geltung der Satzform hinzukomme. — 


Es muss daher die Auffindung und Auffassung der Modusfor- 
men jeder Satzart eine von der Aufstellung der Grundbedeutungen 
ganz unabhängige Aufgabe bilden. Letztere haben ihre Probe in 
der Durchführung zu bestehen. 


Von Sprachvergleichung kommt hier namentlich die 
syntaktische in Betracht; und zwar nicht die von Einzelheiten, 
die losgerissen wenig beweisen, sogar irre leiten können, sondern 
der ganzen Systeme; nicht blos von Aehnlichkeiten, die im Zu- 
sammenhbange der Systeme sich als auf ganz andern Grundlagen 
beruhend erweisen können, sondern auch von Ungleichheiten, 
die in ihrer Berechtigung innerhalb ihrer Systeme nachzuweisen sind, 


Als, wenn auch eigentlich .selbstverständliche, Voraussetzun- 
gen müssen wir noch aufstellen, dass die Bedeutung einer Modus- 
form nur eine einheitliche sein könne; ferner, dass die Modi 
modal, nicht temporal zu scheiden seien, Inwieweit in manchen 
Gebrauchsweisen und bei verschiedenen Sprachen verschieden eine 
Abflachung dieses modalen Unterschiedes zu einem blos temporalen 
eingetreten sei, wird nach den Gründen davon zu verfolgen sein. Fer- 
ner scheint es nothwendig, dass eine allgemeine Angabe der Be- 
deutung des Verhältnisses, auf das alle Modi sich bezichen, vor- 
aufgestellt werde; ferner sind die einzelnen Modi jeder Sprache 
als ein Ganzes umfassend anzunehmen, und zwar so, dass die 
Bedeutungen der einzelnen in, sich gegenseitig ausschliessenden, 
Gegensätzen auseinander treten. Wenu 2, B, sich zeigt, dass 
das Griechische die Modalität in vierfacher, das Latein in drei- 
facher, das Deutsche nur in zweifacher Stufenreihe darstellt, ver- 
steht sich von selbst, dass danach die Bedeutungen selbst etymo- 
logisch ganz gleicher Modusformen verrückt sein müssen. Alles 
dies sind Consequenzen der historisch vollkommen berechtigten An- 
nahme der Möglichkeit wenigstens, dass den einzelnen Sprachen 
verschiedene Systeme vorschwebten, die aber die dogmatisirenden 
Methoden häufig unbeachtet lassen. 


“Endlich werden wir uns auf das in der attischen Prosa 
vorliegende System beschränken, den Gebrauch der ältern Sprache 
nur zur Begründung heranziehend. In letzterer ist die Satzbildung 
noch nicht vollständig entwickelt, die Gebrauchsweisen noch nicht 
fixirt. Daher ist auch das System des Modusgebratichs erst eine 
Schöpfung der Atthis, und wie die „Periode“ überhanpt wol erst 
eine That des hellenischen Geistes; — wenigstens gegenüber dem 
Sanserit, das in dieser Beziehung kaum auf eine dem Homer pa- 
rallele Stufe Anspruch machen kann; daher der. Mangel einer Ver- 
gleichung dieses, wozu ausserdem alle Vorarbeiten fehlen, nicht 
schwer ins.Gewicht fallen kann. 

Archiv f. Phil, u. Paedag. Bd. XIX, ΗΛ. 1, 5 


66 Das syntakt. System der Tempora und Modi 
$. 2. Grundbedentungen. | 


Unter Modalität verstehen wir das Verhältniss der ausge- 
sagten Thätigkeit zur Wirklichkeit, d. h. dasjenige, in welchem 
stehend sie ausgesprochen wird. Das Griechische vervielfachte 
die Zahl seiner Modi, d. ἢ. der Flexionsformen zum Ausdruck der 
Modalität, durch die Scheidung zwischen οὐ und μή, durch Hinzu- 
setzung oder Weglassung der Partikel ἄν. die, aus welcher ur- 
sprünglichen Bedeutung immer, zu einer rein modalen abgestumpfit ist, 

Der Indicativ stellt die Thätigkeit als wirklich hin; diesem 
gegenüber steht der Optativ, welcher jene Thätigkeit als nur dem 
Reich des Gedankens angehörig ausspricht. Zwischen beiden 
steht der Conjunctiv, indem dieser die Thätigkeit gleichsam als auf 
dem Wege vom rein Gedachten zur Wirklichkeit hin ausspricht, 
nämlich als erwartet. 

Die Facta der Sprachgeschichte stehen damit in vollem 
Einklang und leiden kaum eine andere Auffassung. Die Form 
des griech. Opt. findet sich auch im Latein, im Praes, Conj. 
(εἴην = esiem’ = sim; amem aus amaim, legam ans legaim; auch 
steht alt leges etc, nicht selten für legas; osc. staiet — stet); da- 
gegen die des griech. Conj. findet sich nicht im Latein, und die 
des lateinischen Impf. und Plusquampf, Conj. nicht im Griechischen; 
der griech, Conj. ist eine spätere Bildung; wenn auch Spuren der- 
selben in dem im Sanscr. entdeckten Letmodus vorliegen, so wird 
doch seine entschiedene Herausbildung als That der griech, Sprache 
anerkannt, und hier passt seine Form in der gewöhnlichen Sprache, 
Dehnung des Bindevokals, nicht auf die ältere bindevokallose Con- 
jugation; bei dieser genügte eben Einsetzung eines solchen Vokals 
2..B. ἴομεν vgl. ἀνύω Fut.,d.h. Conj., von ἄνυμι κτλ. (vgl. ἔδομαι 
πίομαι — sulche urspr. Conjunctivformen); die Aehnlichkeit letz- 
terer Formen mit den Indicativen auf ὦ machte Uebertragung des 
@, 165 ἢ κτλ. auf die Conj. auf μὲ nothwendig; aber kaum denk- 
bar wäre es, wenn zur Zeit der Abtrennung der Conjug. auf ὦ von 
der auf μὲ jene ältern Conjunctivformen schon bestanden hätten. 
Danach sind also Indic. und Opt. als die früher einzigen Modi im 
Griech. anzunehmen, ebenso natürlich beide als das gesammte Ge- 
biet des Modus umfassend, also auch ihre Bedeutungen npthwendig 
in Gegensätzen za einander heraustretend; dies alles ermöglicht 
sich, sobald wir den Indic. das Reich der Wirklichkeit, den Opt. 
als das Reich des Gedachten umfassend annehmen, Das Bedürfniss 
genaueren modalen Ausdrucks brachte andere Modi hinzu; zuerst 
die augmentirten Formen, für die Nichtwirklichkeit, die dann von 
ihrer temporalen Verwendung (vgl. oben) ihren Namen Praeterita 
erhielten; dann den Conjunctiv, der eine Mittelstufe zwischen Indic. 
und Opt. zu bilden bestimmt war, wie die Praeterita nach der an- 
dern Seite hin. Damit stimmt es denn auch, dass nicht selten der 
Opt. als der allgemeinere Modus sich kund thut, der für jede der 


ita Griechischen, Von Aken zu Güstrow, 67 


beiden letztern eintreten kand, sobald die speciellere Bestimmung, 
die letztere geben, zurückgehalten werden soll, 

Das Bisherige soll eben nur ein Versuch sein, die Data der 
Sprachgeschichte in solchem Zusamimenhange aufzustellen ,‚ wie man 
es von einer wissenschaftlichen Auffassung dieser Lehre verlangen 
kann. Eine Widerlegung desselben hat aber eine andere Auffas- 
sung jener Data aufzustellen, oder die Voraussetzungen aelber an- 
zugreifen. Ein Beweis. soll nicht gegeben sein, der soll in der 
Durchführbarkeit der Grundbedeutungen in dem historisch vorlie- 
genden Systeme des Gebrauchs beruhen. Dennoch ist es nöthig, 
einigen in den N. Jahrb. B. LXVI, S. 184 sq. gemachten Ein- 
würfen zu begegnen. Die dort aufgestellten beiden andern Möglich- 
keiten der Grundbedeutung des Conj. waren für mich keine; die 
erste, dass der Conj, „einzelne besondere Fälle im weiten Gebiete 
des Modus‘ auszudrücken, könnte bestimmt gewesen sein, deshalb 
nicht, weil sie der Voraussetzung widersprach, dass die Bedeutung 
jeder Form eine einheitliche, überall dieselbe sein müsse; die an- 
dere, dass der Conj. ja auch der Nichtwirklichkeit näher hätte 
fallen können, als der Opt., schien des Gebrauchs wegen schon 
für rein unmöglich anzunehmen. Auch ist unsere Grundbedeutung 
des Con}. materiell ganz dieselbe, wie die von Bäumlein, „Tendenz“ 
der Handlung sich: zu verwirklichen, nur dass, wegen unserer 
Bestimmung der Modalität, diese Bedeutung ebenfalls vom Re- 
den den aus bestimmt werden müsste; ausserdem schien auch das 
Missverständniss möglich, als werde der Conj. als „Tendenz‘* schon 
dem Begehrungssatz zugewiesen. Gegen die Durchführung der 
„Erwartung“ ist nur erinnert, dass im Bedingungsvordersatz der 
Conj. nicht immer etwas positiv Erwartetles bezeichnet; aber eine 
Erwartung bleibt dennoch auch dort ausgesproeken, nämlich die, 
dass das Urtheil werde zur Anwendung kommen, und dieser schrei- 
ben wir die conjunetivische Form dieser Stufe des Bedingungs- 
satzes zu. — Auch die Bestimmung, dass der Conj. das „unbe- 
stimmt‘‘ angebe, was das Fut,. „bestimmt“, obwol sie natürlich 
Wahres enthält, lässt dennoch eine positive Angabe dieses Ver- 
hältnisses wünschenswerth bleiben; zudem ist es für emen histori- 
schen Standpunkt unabweisbar, das Futur vom Conj. aus, nicht 
umgekehrt, zn hestimmen. Endlich kann die Scheidung, dass der 
Conj. das Feld des Opt. für die Gegenwart bezeichpe, nicht ge- 
nügen, da dies eine temporale, keine madale Scheidung wäre. — 

Beim Optativ wird noch häufig die „Möglichkeit“ als Grund- 
bedeutung angenommen. Doch scheint die Unmöglichkeit, diese 
durchzuführen, schon von Andern hinreichend dargethan. Es scheint 
dieselbe wenigstens nieht zugleich mit der eines Conj, der Ver- 
gangenheit ihm zugewiesen werden zu können, speciell nicht nach 
griechischer Anschauung: vgl. die Gesetze über den Opt. mit &v und 
dass der blosse Opt., wenn auch von zukünftigen Dingen, schwer- 
lich von der Vergangenheit im einfachen Satze gebraucht wird, 


H% 


68 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


Ferner ist es zweierlei, ob eine Handlung an sich für eine mögliche 
zu halten sei, und ob die’ Behauptung dieser Möglichkeit wirklich 
ausgesprochen sei. Die Annahme, dass solche Behauptung wirk- 
lich ausgesprochen sei, leuchtet häufig nicht ein. Was soll solche 
z. B. in Finalsätzen, wo vielmehr oft gerade ein Conj. statt des 
Opt. das Begründete der Erwarting der Erreichung hervorheben 
soll. Ebenso scheint selbst beim Wunsche und in der or. 
oblig. die Behauptung der Möglichkeit fremdartig, und in Bedin- 
gungssätzen zumal geschehen besonders in philos. Sprache häufig 
Annahmen im ÖOpt., wo an eine Behauptang der Möglichkeit gar 
nicht gedacht wird; ebenso ‘wenig an die Vergangenheit. Auch 
das entscheidet nichts, dass in vielen solchen Fällen die Handlun- 
gen an sich könnten möglich gewesen sein; denn einmal, wer wollte 
das immer entscheiden? und zweitens, falls nun einmal der Redende 
die Behauptung der Möglichkeit wie der Unmöglichkeit nicht hätte 
anf sich nehmen wollen, wie sollte er dann sich ausdrücken? Dass 
er alt pro Fut. steht, beweist jene Bedeutung auch nicht, zumal 
es selbständig den Opt. ohne ἄν nicht wie den mit ἄν auch von 
der Vergangenheit gibt. Der Annahme‘ der Bedentung des “τοίη 
Gedachten‘ soll auch entgegenstehen, dass er in diesem Falle auch 
Modus der Nichtwirklichkeit hätte werden mässen. Aber man darf 
doch nur behaupten, dass er «das hätte werden können, dass 
aber das Griechische für die Nichtwirklichkeit za‘ einem eignen be- 
sondern Modns gekömmen ist (vgl. die Tempuslehre); man muss 
vielmehr anerkennen, dass häufig als nicht wirklich Gedachtes, wenn 
eben dies nicht besönders behauptet ‘werden soll, im Opt. sich 
findet, duss im Latein sogar beide Bedeutungen durch eine und 
dieselbe Forın beschafft werden. — Auch gibt offenbar Wirklich- 
keit — Erwartung — rein Gedachtes — Nichtwirklichkeit eine 
passendere Stufenreihe der Modalität als: Wirklichkeit — „Zu- 
kunft‘“ als „unbestimmt“ — „Möglichkeit‘“ und Nichtwirklichkeit. 

Endlich ist noch anzugeben, weshalb von unserm Standpunkt 
ans die Scheidung der beiden Conjunctive nach „subjectiver und 
objectiver Möglichkeit“ nicht gebilligt werden konnte. Wir wollen 
uns nicht darauf stützen, dass diese Theilung zu künstlich, zu ge- 
macht aussche. Aber jene Scheidung wäre zu leicht missverständ- 
lich. Denn es sind sämmtliche Modi nach unserer Fassung sub- 
jectiv, insofern sie nur die Meinung des Redenden angeben, und 
manchmal ist der Conj. subjectiver, als der Opt., manchmal umge- 
kehrt. Objectiver kann man den Conj. häufig deshalb nennen, weil 
er etwas als der Wirklichkeit näher stehend ausspricht, als der Opt.; 
in andern Fällen scheint das subjective Element im Opt. ganz zu- 
rückgedrängt, wie in der or. obliy., wo der Redende ja gauz ob- 
jectiv angibt; ähnlich tritt z. B. im Begehrungssatze beim Conj. 
das Subjective weit mehr hervor als im Opt. Besser ist es alsn 
die vieldeutigen und vielgedeuteten (vgl. Schmalfeld’s Auffassung) 
Ausdrücke hier gänzlich zu meiden. 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 69 


Beim Indicativ ist gegen die Bedeutung der Wirklichkeit 
in nenerer Zeit mehrfach Bedenken erregt, obwol ohne diese ein 
System der Modi, ja eine allgemeine Angabe dessen, was unter 
Modalität zu verstehen sei, unmöglich scheint. Solche Bedenken 
aber liessen sich vielleicht gründen: 1) auf die modale Verwendung 
der Praeterita; aber dann sind diese keine Indicative; 2) auf den 
Gebrauch der Indic., besonders Praes., in der or. pbliq., was weiter 
unten sich völlig erklären wird; 3) auf die Anwendung in Bedin- 
gungsätzen; dert aber wird freilich nicht die Wirklichkeit der ein- 
zelnen Handlung, wol aber die des zwischen Haupt- und Vorder- 
satz bestehenden Causalverhältnisses behauptet; vgl. den Conjunctiv 
der „Erwartang‘ ebenda; 4) nur formell davon geschieden ist der 
parataktische Ind., der scheinbar selbständig, die Bedeutung 
eines Bedingungsvordersatzes hat; dessen Erklärung fällt durchaus 
mit der eines Ind, mit εἶ zusammen; die Unterordnung ist nur nicht 
formell durch eine Conjunction ausgesprochen. Wegen einer Be- 
hanptung der gedachten Recension S. 186 ist noch zu bemerken, 
dass diese Auffassung mit den Resultaten von C. Fr. Hermann de 
prot. parat. vollkommen stimmt, wie ich auch die Frende hatte, 
dort meine Behauptung, dass der im lJ.atein hier so häufige Conj. 
griechisch nicht vorkomme, bestätigt zu sehen. 

Der Imperativ, formell zum Indicativ ähnlich wie der Vo- 
cativ zum Nominativ sich verhaltend, bildet nicht etwa eine nene 
Madusstufe zu den besprochenen Morlis, sondern ist dasselbe im 
Begehrungssatz, was der Indic. im Urtheilssatz; in ihm allein hat 
nämlich jener eine besondere Flexionsform geschaffen, während 
Conj., Opt., Praet. in beiden Satzarten vorkommen. Wir werden 
in also mit dem Indic. auf gleicher Modusstufe finden. Seine 
Bedeutung nämlich eines Anrufs, der meist Befehl ist, muss, wenn 
man den Gebrauch von vale und salve einschliessen will, erweitert 
so gefasst werden, dass er die Handlung ausspreche mit der Vor- 
anssetzung, dass dies Aussprechen die Verwirklichung der Hand- 
lung zu Wege bringen werde. Der Form nach ist sein Verhältniss 
zum Indic analog dem zwischen Vocativ und Nominativ, wenig- 
stens für die Η p.; für die III. dienten verstärkte Formen zum 
Ausdruck der hervorgehobenen Betonung. 

Der Infinitiv ist nur in soweit ein Modus, als er die Hand- 
lung, wie anderer durch die Flexion gebrachten Beziehungen, so 
auch der Modalität .entkleidet darstellt: den nackten Begriff des 
Verbi an sich. oo. 


δ. 3. Gebrauch der Modi im einfachen Satze. 


I. Der Conjunctiv. 


1) Das Factische ist, dass er in der attischen Prosa nur vor- 
kommt: 1) als Aufforderung, 2) als dubitative oder deliberative 
Frage, 8) mit οὐ μή pro Future, — Die Aufforderung ist herzu- 


70 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


leiten aus der Erwartung; die zweifelnde Frage wieder aus jener; 
die Sätze mit οὐ μὴ sind nur scheinbar noch einfache Sätze. 

Zunächst zeigt sich, dass der Gebrauch des Conj. im Ur- 
theilssatz ganz aufgegeben ward. Im Homer gibt es diesen 
noch im Conj. pro Fut. besonders mit ἄν, wenn nämlich die Er- 
wartung auf Umstände zu stützen war; bei οὐκ fehlt freilich meist 
: dies ἄν, weil bei einer weggeleugneten Erwartung es nicht nöthig 
war, diese erst zu stützen. Dieser freiere Gebrauch der ältern 
Sprache zeigt, dass die Modi ursprünglich überall angewendet wer- 
den konnten, wo sie ihrer Grundbedeutung zufolge stehen konnten, 
Die spätere Zeit verlangte, je mehr sich der Kreis der Gedanken 
erweiterte, desto mehr nach Deutlichkeit ‘des Ausdrucks und damit 
nach Fixirung; daher beschränkte sie den Gebrauch lınd gab lieber 
einzelne Nüancirungen des Gedankens ganz auf. So hörte der 
Conj. als reiner Ausdruck der Erwartung bald auf; der mit ἄν 
(„die Umstände lassen erwarten, dass“) ebensowol wie der ohne 
ἄν (der blos subjectiven Erwartung) wichen dem Ἐπί, Der Conj. 
blieb nur, wo er einem Begehren als Ausdruck diente, d. h. 
das Aussprechen der Erwartung als Aufforderung. Im Begeh- 
rungssatz fehlt aber bei allen Modis &r. 

2. Auch hier erlitt der Conj. manche Einschränkungen: nur 
die I p, plur., die II p. Sing. und pfur. und letztere Person nur 
negativ (μή) und nur vom Aorist galten als Aufforderungen. Es 
zeigt sich δἰ τίη das Princip, dass nur die leichteren Anfforde- 
rungen durch das Aussprechen der Erwartung beschaffbar erschie- 
nen. Alles Andere fiel dem Imperativ anheim. Als die leiehteste 
erschien die in der I p. plur., weil da def Redende sich selbst 
mit einschliesst. Dann folgt die II p., wenn die Aufforderung ne- 
gativ war; es bedurfte nämlich die Aufforderung etwas nicht zu 
tbun, nicht eines so starken Ausdrucks, als die positive, die ein 
Subject erst in Bewegung setzen soll. Wenigstens findet sich dieser 
Gedanke bei den Alten selber ausgesprochen. Die Beschränkung 
endlich auf den Aorist hat darin ihren 'Grund, dass eine Asaffor- 
derung za einer momentanen Thätigkeit nicht eines so gewich- 
tigen Ausdrucks bedurfte, wie die zu einer dauernden, die der 
Conj. Praes. geben würde. Diese Auffassung der Sachlage wird 
bestätigt dadurch, dass wol stätt μή c, Conj. Aor. der Imper. sich 
findet, aber nicht umgekehrt statt un c. Imper. Präes, der Conj. 
Praes., wenigstens nicht in neuern Texten: d. ἢ, für den 'schwä- 
chern Ausdruck konnte wol einmal der stärkere genommen werden, 
aber nicht umgekehrt. 

Als Ausnahmen gibt es auch andere Personen, wenn sie 
dem Sinne nach die zweite enthalten: μή os κιχείω == „lass 
dich nicht treffen.“ al wor ϑορυβήσῃ μηδείς. Dann auch bei 
φέρε, ἄγε, ἃ, ἢ. überhaupt, wenn ein dabei stehender Imperativ 
die Auffoderung kräftigt: μ᾽ ἐάσετε ἐκέσϑαι, λίσσωμ᾽ ἀνέφα τοῦτον, 
Hier ist nicht etwa eine Finalconjunction su ergänzen, sondern viel- 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 11 


mehr muss dieser Gebrauch als formell selbständiger Sätze früher 
existirt haben; die Unterordnung ist noch durch nichts ausgedrückt; 
die Wörter, die später als Finalconjunctionen angesehen wurden, 
hatten diese Bedeutung nicht von Anfang her, vgl. ἐπίμεινον, ᾿Δρήϊα 
τεύχεα δύω. ϑάπτε με ὅττι τάχιστα, πύλας ’Aldao περήσω. 

8. Der Conj. der zweifelnden Frage ward gewöhnlich durch 
eine Ellipse οὐκ olda, οὐκ ἔχω τί oder ὅ,τι xrA. erklärt, Da wäre 
aber erst darzuthun, dass Griechisch überhanpt durch Indirectheit 
irgendwo der Conj. entsteht. Die indirecte Frage steht nur dann 
im Conj., wenn sie ein Sollen enthält. Findet sich das nun auch 
in der directen, so ist in diesem Sollen offenbar der Grund des 
Conj. zu suchen. Jene ganze Annahme ist einer sehr äusserlichen 
Vergleichung des Latein entnommen; die ganze Voraussetzung, dass 
Conj. nnd Opt. nur abhängige Medi seien, hinreichend von Bäum- 
lein widerlegt. Wir werden im Gegentheil Begründungen genug 
finden, dass ein Gebrauch der Modi im abhängigen immer denselben _ 
früher. schon im Hauptsatze voraussetze. Der Conj. der zweifeln- 
den Frage entsteht, sobald ein Conj. der Aufforderung als Frage 
ausgesprochen wird. λέγωμεν — lasst uns! λέγωμεν; sollen wir? 
J.ässt nun die moderne Grammatik auch keinen Begehrungssatz zum 
Fragesatz werden, so darf sie dennoch fürs Griechische das Factum 
nicht in Abreide stellen. Dies aber zeigt.sich noch in der Negation 
μή, auch wenn ein Ja erwartet wird; ferner in der Beschränkung 
der Personen: wäre nämlich der Conj. schlechthin hier ein Sollen, 
so müsste es auch die Il pers. hier geben: „was sollst du? was 
sollt ihr?‘ Diese aber kann hier gar nicht vorkommen, eben 
weil der Conj. hier immer ein Begehren der angeredeten 
Person in Frage stellt, von dieser eine Entscheidung wil; τί 
λέγῃς wäre also: „was willst du, dass du sagen sollst?“ Dies 
„Sollen“ in der Il pers. einer Frage kann also nur einen Ur- 
theilssatz in Frage stellen und ist mit τί δεῖ; (σέ λέγειν) zu formu- 
liren; der in Rede stehende griech. Conj. dagegen auf einen Be- 
gehrungssatz zurückzuführen, ein Unterscheiden, das das Deutsche 
nicht kennt. (Ar. Av. 164. spricht Einer mit τί πέϑησϑε, einem 
Andern sein τί σιϑώμεϑα nach. Eur. Herc. fur. 1417 (21) wird 
allgemein für corrupt gehalten, Bestände die Erklärung solcher 
Gebrauchsweisen in Widerholung irgend beliebiger Grundbedeutun- 
gen, so liesse sich freilich das Alles erklären mit und ohne ὄν). 

4. Nur scheinbar hierher gehörig ist der Conj. mit οὐ μή 
pro Futuro, da der Satz mit un jedenfalls mit den Finalsätzen. 
gleich zu behandeln ist, wenn auch diese auf Gebrauchsweisen 
selbständiger Sätze werden zurückzuführen sein. Man erklärt die 
Stractur meist mit = οὐ (δέος ἐστὶ) un. Diese Ellipse wird weder 
dadurch erwiesen, dass die volle Formel vorkommt, noch wankend 
gemacht dnrch Stellen wie Eur. Phoen. 1584. Plat. Crit. 44. B. 
wo die Analogie sich auf οὐδένα statt οὐ erweitert hat. Auch 
principielles Auflehnen gegen alle und jede Ellipse beweist nichts, 


12 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


Aber Stellen wie Eur. Fro. 699. οὐ un daxove νιν σώσῃ Ta σὰ 
„es ist nicht zuhoffen, dass 8. s.w.‘* zeigen, dass jene Bestimmung 
insofern zu eng ist, als auch μή nicht gerade immer ein Verbum 
der Furcht vor sich zu haben braucht, .dass ein bestimmtes Ver- 
bum auch im einzelnen Falle gar nicht ins Bewusstsein getreten zu 
sein braucht (sonst würde es eben ausgesprochen sein‘), dass also 
auch keine Ellipse stattfindet, obgleich das οὐ den ..Inhalt eines 
ganzen Satzes hat und der mit μή in regiertem Verhältniss dazu 
steht. „Es istkein Gedanke daran, dass u. s. w.‘“ wird danach 
wol die allgemein passendste Uebersetzung sein. (οὐ — „nein“ 
zu setzen, beide Sätze also ausser Verbindung zu stellen, nach 
Oed. ©. 649, scheint für eine so allgemein verbreitete Redeweise 
nicht passend), 

Der Unterschied vom Futur ward früher nach beliebter 
Weise dahin angegeben, dass οὐ un (als das auffallendere?) stärker 
sei; Bäumlein dagegen nimmt οὐ un für das schwächere; für beide 
Behauptungen gibt man Beweisstellen in Menge. Danach ergibt 
sich wol, dass das ganze Unterscheiden nach stärker und schwächer 
nicht das richtige sein kann, wie solches überhaupt auch nie etwas 
bedeutet, wenn man nicht nachweist inwiefern. Bäumlein fasst den 
ganzen Gebrauch als attische Ironie und vergleicht κινδυνεύδε — 
„es scheint‘, Aber Ironie kann ja nie die eigentliehe Bedeutung 
einer Structur sein, sie kann eben nur ironisch angewendet 
werden, das aber fällt der Rhetorik, nicht der Grammatik ankeim; 
hier handelt es sich aber um die eigentliche Bedentung. Lassen 
wir aber dem Conj. gegenüber dem Futur seine jedenfalls subjec-. 
tivere Bedeutung, und zwar, wie wir diese im einfachen Satze ge- 
funden haben, mit der des Begehrens, auf ‚welche auch der Ge- 
brauch in den Finalsätzen zurückzuführen sein wird, so haben wir 
einen Unterschied, nach dem sich alles erklärt. Bei οὐ ur tritt 
das Afficirtsein des Redenden mehr hervor; dies -Hineintragen des 
Subjectiven wird vielleicht in den meisten Fällen nachdrücklicher 
sein, aber eben nur durch die Beziehung auf das Ich, an Festig- 
keit der Behauptung dem Futur dagegen oft nachstehen. Aehnlich 
ist wol Stallbaum’s „cum ethica quadam gravitate“ ad Crit, p. 44 B. 
zu verstehen. 


II. Der Optativ. 


1. Der Opt. ohne ὧν wurde ebenfalls im Urtheilssatz auf- 
gegeben. Er findet sich nur als Begehrungssatz; d.h, das 
Aussprechen des rein Gedachten, ganz selbständig, geschah nur, 
wenn dies rein Gedachte zugleich etwas Begehrtes war; Muth- 
maassungen (über verschiedene Zeiten) darin anszusprechen, ward 
aufgegeben. Meist allerdings ist jenes Begehren geradezu Wunsch. 
Dass jedoch die obige Fassung die richtige ist, zeigt einmal die 
Analogie des Conj.; ferner der Homerische Gebrauch, der ihn noch 
Shulich einem Befehle verwendet; endlich noch vereinzelte Beste 


\ 


im Griechischen. Von Aken zu Gistrow. 73 


auch der spätern Sprache, z. B. Xen. An. III, 2, 37., wo freilich 
die Texte jetzt Imperative aufweisen, aber, nach der neuesten 
Ausgabe von Kühner, die Optative ebensogut begründet sind, nur 
sind diese nicht geradezu als Wunsch zu fassen: Χειρίσοφος ἡγοῖτο 
ist der aufgestellten Grundbedeutung gemäss: „ich denke, Ch. wird 
Anführer“, „ich denke, wir nehmen ihn zum Anführer“, wodurch 
deutsch, ganz wie im Griechischen, ‘em Begehren angezeigt wird, 
ohne dass diese Bedeutung aus den einzelnen Worten‘ nachweisbar 
wäre. — Den Ausdruck des Wunsches durch den Opt. dadurch 
zu erklären, dass man darin die ursprüngliche Bedeutung des Opt. 
sieht, hat man meist aufgegeben. Solche wäre auch nicht zu fassen 
in einem Gegensatze zu der des Imdicativ und ausserdem nur künst- 
lich durchzuführen. Hätte wirklich der Grieche ‚überall, wo der 
Opt. steht, auch ‚‚gewünscht‘“, so hätte er eine ganz absonderliche 
Denk- und Ausdrucksweise ver den übrigen Sprachen voraos,. ent- 
behrte dagegen einer weit nothwendigern, eine Annahme, die man. 
ohne die zwingendsten Gründe doch nicht machen darf. Man er- 
klärt vielmehr den Opt. des Wunsches jetzt ziemlich allgemein darch 
Ellipse, als Vordersatz eines Bedingungssatzes. Aber wenn man 
diesen auch ergänzt, so gibt das doch nie einen Wunsch; es bleibt 
immer ein Urtheil, wenn auch das, welches den Wunsch hervor- 
rufen mochte. Die Form des Ausdrucks für den Wunsch bleibt 
doch unerklärt. ‘Jedenfalls bleibt die Hauptfrage noch zu beant-. 
worten, warum nicht auch die andern Modi, die im -Bedingungs- 
vordersatz erscheinen, hier zulässig sind. (Freilich Hom. Od. IV, 
34. αἴ κε Ζεὺς παύσῃ oitvos.) Ferner ist weder eids, εἰ γὰρ 
noch el etwas dem Wunschsatz Wesentliches, Endlich ist ja der 
Wunschsatz sicher älter als der Bedingungssatz. Man hat vielmehr 
davon auszugehen, dass eine formelle Scheidung des Begehrungs- 
satzes vom Urtheilssatze gar nichts Ursprüngliches ist und in der 
Flexion des Verb. keinen: Ausdruck findet, ausser im Imperativ. 
(Die Spräche half sich dann, wo es-ging, durch od und μή, auch 
durch ἄν und nicht ἄν.) Der Opt. stellt beim Wansche auch nur 
die Thätigkeit des Verbi als etwas rein dem Reiche des Gedachten 
Gehöriges hin; dies aber wird so nackt freilich nur dann 'geschehen, 
wenn ınan die Realisirung wünscht. Durch Aufgebung. des Opt. 
ohne ἄν als Urtheilssatzes ward auch jede Zweideutigkeit beseitigt. 
Warum ward aber nicht der Conj. Wunschmodus? Eben weil er 
zuviel behaupten würde, ein Erwarten, eine Tendenz der Handlung 
sich 'zu verwirklichen. Der eigentliche reine Wunsch objecti- 
virt sich nur seinen Gedanken, ihn als ein Fernes, Fremdes zu 
betrachten: von Behauptung des Eintretens ist so wenig etwas im 
ihm, wie von der der Möglichkeit. (Auch von dieser Seite aus 
könnte man den Conj. subjectiver nennen, indem er ein Streben 
des Redenden, auch eine Meinungsangabe über die Realisirung aus- 
spricht, vgl. z.B. μὴ ὑπεκφύγοι und μὴ ὑπεκφύγῃ. Der Opt. ist 
hier passiver, enthält sich auch jeder Behauptung). - 


14 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


Der Opt. in Betheuerungen entsteht aus dem Opt. des 
Wunsches ; man wünscht etwas Schlimmes auf sich herab, für den 
Fall nämlich, dass man nicht die Wahrheit sage: οὐτίκα τεϑναίην! 
μὴ γὰρ εἴην ἐκ Δαρείου καὶ Παρυσάτιδος, μὴ τιμωρησάμενος 
᾿Αϑηναίους! Diese Betheuerungen..zeigen sich gerade als Haupt- 
sätze, indem einer mit „wenn‘‘ hinzugedacht ist. . 

2. Der Opt. mit ἄν gehört dagegen ganz dem Urtheilssatze 
an. Dass dieser sich hielt, während der Conj, mit ἄν aufgegeben 
ward, beruht darauf, dass letzterer (als Erwartung) zuviel tempo- 
ralen Elements in sich enthielt und deshalb ins entschiedenere 
Futur überging. — Spricht der Opt, das rein Gedachte, ἄν die 
Abhängigkeit von den Umständen, d. ἢ, von den real gegebenen 
Verhältnissen aus, so ist der Opt. mit ἄν das den Verhältnissen 
nach Denkbare, ἃ. b,, wie die Sprache das versteht, das als 
wirklich Denkbare. Hiernach ist =, B. λέγοι av: „soweit es auf 
die Umstände ankommt, ist das Sagen wirklich, ob es aber ge- 
sehieht, bleibt doch unentschieden, meist bleibt das abhängig vom 
Willen des Subjects.‘ (Furcht vor neuem Missverständniss nöthigt 
zu dem Zusaize: „soweit nämlich ein wollendes Subject vorhanden 
ist). Der Opt. mit ἄν bezeichnet hier also ein Können, und wir 
nennen ihn den Modus der objectiven Möglichkeit; z. B. 
γένοιτο δ᾽ ἂν πῶν ἐν τῷ μακρῷ χρόνῳ (kann); vgl. auch das einge- 
sehobene φαίη τις av, wo an kein „wenn“ als zu suppliren zu 
denken ist. Es sind nämlich Beispiele jetzt noch schwer .beizubrin- 
gen, da man gewohnt ist, ἄν durch Supplirung eines Satzes mit 
εἰ zu erklären, und der lässt sich natürlich eigentlich immer suppli- 
ren, auch bei Oytativen ohne ὧν, bleibt aber auch eben deshalb 
ohne Bedeutang. — Aus dieser Brdeutung erklärt sich der modus 
potentialis als milderer Ausdruck für den Indic. ᾽ indem statt 
des Seins nur das Seinkönnen behauptet wird; im Attischen 
überans bäußg, καὶ τοῦτο δὴ τὸ τέλος ἃ ἂν εἴη τῆς ἐκιϑυμίας τοῦ 
τοισύτου ἀνδρός. ὁ μὲν γὰρ τελείως ἀγαθὸς οὐδ᾽ ἂν ὅλως δόξης 
δέοιτο. Das Suppliren eines εἰ ist hier gauz fremdartig. — Bisher 
‚war durch ὧν ner auf die realen Verhältnisse im Allgemeinen 
hingewiesen, dass, soviel auf sie ankomme, die Handlung wirklich 
sein könne. Eine zweite Anwendung ist die, dass &v auf einzelne 
bestimmte Umstände hinweisen kann, von deren Existenz die 
des Hanptsatzes &bhängig sein soll, mag 'solcher bedingende Satz 
ausgesprochen sein oder sich aus dem Zusammenhange ergeben: 
„falls dies geschehen sollte, so würde wol jenes eintreten.“ (Da- 
gegen die obige Art wird übersetzt mit: ,‚kann‘ oder „könnte 
wol.“) πῶς οὖν λέγοντες ἂν αὐτὸ μετρίως λέγοιμεν; — Bäumlein 
weist dem Opt. mit ἄν die „subjective Behauptung‘ zu; das ist 
dieselbe Bedeutung , die wir der ersten Classe seiner Anwendung 
zugewiesen haben und, wenn auch die häufigste vielleicht, doch 
Kur eine specielle Anwendung der Behauptung der objectiven 
Möglichkeit. Letztere, die Behauptung des allen Umständen 


im Griechischen, Von Aken zu Güstrow. 75 


nach Seinkönnens, mit Verzichten auf die Behauptung, ob es 
denn deshalb auch wirklich Bei, ist eben die Form; die „subjec- 
tive Behauptung“ dasjenige, zu dessen Ausdruck diese häufig ver- 
wendet wird. | 

Wir haben unbefängen dem ἄν diejenige Bedeutung zugewiesen, 
in der wir es hier wie anderswo zu erkennen glaubten. Dies ist 
ach der Weg, den etymologische Forschungen hier allein zu gehen‘ 
vermögen; aus dem Worte an sich würde wenig zu machen sein, 
und Etymologien haben nur den Werth, den ihr Zusammenstim- 
men mit dem Systeme des Gebrauchs des ἀφ ihnen zuweist. Da-' 
nach scheint die Hauptaufgabe, vorerst unbefangen nachzusuchen, 
in welchen Arten und Verhältnissen der Sätze das &äv 
im Attischen regelmässig sich finde; ihr Ziel muss hier’ 
die Etymologie voraus wissen. Die alte Erklärung, dass ἄν anf: 
eine Bedingung hinweise, dass eine Erklärung desselben also damit: 
gegeben sei, dass man ein darauf bezügliches ei auftreibe oder 
sopplire, ist schon hinreichend wankend gemacht, besonders von 
Bäumlein und Schmalfeld, Es ist dies auch kaum eine Erklärung 
zu 'nennen, da sich eben .Satzarten auffıinden lassen, in denen 
immer ἄν steht, atıdere dagegen, die &s verschmähen; in der Art: 
und dem Verhältniss dieser Sätze muss also der. Grund liegen. 
Ferner vermag diese Erklärungsart sich nicht gegen den Vorwurf 
der Willkürlichkeit zu vertheidigen, so lange man nicht umgekehrt 
behaupten darf, dass, wo ein Satz mit εἰ dabei stehe, (eigentlich 
schon, ‘wo er nur zu sonppliren ist), auch damit ἄν nothwendig- 
werde. Das aber wird niemand behaupten wollen. Es finden sich‘ 
vielmehr in allen Satzarten Beispiele, wo geradezu eine Be- 
dingung daneben steht, und doch ἄν fehlt. So z. B., dass beim 
Opt. der or. oblig. kein εἰ dem Opt. ein ἄν beibringt, macht doch 
offenbar andere Bestimmungen nöthig. Ebensp, dass in Fihalsätzen 
der Conj. däs ἄν so häufig hat, der Opt. dagegen es so gut wie: 
immer abweist, muss andere Gründe haben. Es gibt allerdings 
eine völlig bestimmbare ‘Classe von Optativen mit ἄν, die sich von . 
den gewöhnlichen Optativen in Finalsätzen schon dadurch unterschei- 
det, dass sie auch nach Praesentibus stehen ; aber der Grumd muss: 
auch hier anderswo Hegen. Ferner, im Thucydides findet sich‘ 
das ἄν beim Conj, der Finalsätze noch gar nicht (mur das erste 
Buch möchte ich für den Augenblick noch ausgenommen lassen), 
bei Ierodot dagegen unendlich häufig. Ferner, dass ἵνα als Fi- 
nalconjunction kein ἄν leidet, trotz eines dastehenden bedingenden 
εἶ, lässt sich wol durch Machtspruch der Bedeutung des ἵνα zu- 
schieben; aber auch dantı zeigt sich ‘ja die obige Erklärung als 
ımhaltbar. Auch wenn der Hauptsatz zu einem εἰ wieder ein Be- 
dingimgsvordersatz ist, steht gar häufig doch nicht ἄν; ebenso bei 
einem mit εἰ bedingten Wunsche. Jene Erklärungart , einmal an- 
genommen, würde nicht blos den Lernenden beim Schreiben zu 
vielen Grammatikalen verleiten, sondern verführt auch bei nichts- 


76 Das syutakt. System der Tempora und Modi 


sagen(ler, äusserlicher Erklärung sich zu beruhigen, und wir wer- 
den noch Fälle kennen lernen, wo ein ἄν steht, das doch nicht 
dem Satze mit εἰ, der dabei steht, seine Satzung verdankt; zu‘ 
welcher Annahme man auch schon a priori nach der oben gegebe-. 
nen Zweitheilung der Anwendung des Opt. mit ἄν kommen muss. 
Trotzdem ist es schon an sich wahrscheinlich, dass an der alten, 
langgebrauchten Erklärung viel Wahres ist, und solche neuere, wo- 
nach ἄν einem bene („wohl“) oder aliquid („etwa‘‘) gleichgesetzt 
wird, widerstreben ebenso sehr, als wenn man eine Verwendung 
des unus als unbestimmten Artikels für möglich hielte, nicht blos 
den alten Sprachen an sich, sondern speciell auch der frühen Stufe 
der Entwickelung, auf der diese Abschwächung der Bedeutung 
müsste vor sich. gegangen sein. Ohne uns auf eigentlich etymolo- 
gische Entwickelungen weiter einzulassen, glauben wir den Gebrauch 
des ἄν erklären zu können, wenn man es als ein adverbiales De- 
monstrativ fasst. Für den Bedingungssatz gab es, wie für alle 
logischen Beziehungen, keine ursprünglichen Wörter, (wohl Flexions- 
und Derivationsformen).. Das Deutsche bildete sich die Con- 
junctionen zu ihm dadurch, dass es zwei verschiedene Correlativ- 
reihen benutzte. Das „Wenn“ ist nich's, als ein „Wann“, das 
auch im Juristendeutsch noch oft so verwendet wird; dass Wann 
ist formell abgeschwächt für den condicionalen Gebrauch; der Un- 
terschied ist nicht grösser, wie zwischen „das“ und ‚‚dass“ Das 
Demonstrativ dazu wäre „„dann‘‘; mit diesem aber wäre das Ganze 
ein temporaler Satz geblieben; man half sich, indem aus der Cor- 
relativreihe der Art und Weise das „so“ herausgenommen ward, 
Auch „denn“ erscheint wol im Bedingungshauptsatz, meist aber 
mit „so“ verbunden; es muss die Abschwächung des Wann zu 
Wenn aber erst fest geworden sein, als das ,,so‘ im Nachsatz sich 
schon fest gemacht hatte; vielleicht auch, weil „„dann‘‘ vorzugsweise 
auch = nam verwendet war, blieb man bei dem „so.“ Das La- 
tein kann hier keine Parallele bieten, da der Bedingungshauptsatz 
‚hier ohne Conjunction bleibt. Im Griechischen ist d=si, 
wobei weder formelle Bedenken sind, und der Gebrauch entschieden 
dafür spricht, sowol im Bedingungs-, wie im Fragesatze. Cf. be- 
sonders auch eire=sive, .Si aber ist Relativ zu sic, wie ut zu 
ita. Vgl. sic und ia bei Bethenerungen; si und ut (utinam) bei 
Wünschen. Also si eigentlich — „wie.“ Vgl. ut — gesetzt dass = 
wenn. Nehmen wir nun an, dass die Formirung von Ausdrücken 
für den Bedingungssatz hier ähnlich beschafft sei, wie im Deut- 
schen, zumal Aenderungen, wie von „‚das‘ in „dass,“ „wann“ 
in ‚„wenn‘‘ dem Griechischen widerstreben, (dem Latein schon we- 
niger), so wird man ἄν für==einem tum, „dann“ der Bedeu- 
tung nach zu setzen haben. Diese Bedeutung aber ist wirklich 
nachweisbar. . In den allgemeinen relativischen Sätzen, besonders 
da, wo εἰ statt ὅτε („so oft“) stehen soll, findet sich sehr häufig 
im Häuptsatze neben dem Ind. Praeter. ein av: 2. B. Xen. An, 


vn 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 1 


εἶ τινὰ βλακεύοντα ἴδοι; ἕπαιεν ἄν. Das Praet. ist hier Tempus, 
nicht Modus, und ἄν nur durch „dann“ („in diesen Fällen“) zu 
übersetzen. Die griechischen Condicionalpartikeln wären danach 
— „wie —, dann.‘ Dass temporale Adverbia causal verwandt 
werden, so auch lokale temporal und dann causal ist bekannt, So 
wäre es nicht unmöglich, dass ἄν vor jener Bedeutung des „dann“ 


- noch die des ,„‚da“ gehabt hätte, die Sprache also zur dritten Cor- 


relativreihe gegriffen hätte, — falls nämlich von hier aus die Ety- 
mologie der Form leichter zu finden wäre. Auch für das latei- 


nische an ergeben sich dann mancherlei Anknüpfungen. Von den 


Partikeln, welche Satzfragen einleiten, ist keine ursprünglich Frage- 
wort, oder (wegen utrum) besser ausgedrückt, für die Satzfrage 
gab es keine ursprünglich zu ihrer Einleitung bestimmte Partikel, 
Fasst man nun num —=nunc, (cf. tum und tunc, die alte Accusa- 


‚tivendung in hunc etc. und νῦν)» so liegt auf der Hand, dass eben- 


so gut ein Wort von der Bedeutung = tum als Fragewort dienen 
konnte. Aus dem Gegensatz aber von nunc und tunc liesse sich 
vielleicht sogar nachweisen, wie an. aufs zweite Glied der Doppel- 
frage beschränkt ward, oder allgemeiner, stets schon im Gegensatz 
gegen eine andere Behauptung :fragt. Etwas Aehnliches hat sogar 
oft im Deutschen das ‚„denn“ in Fragen. Im Griechischen frei- 
lich sind weder nunc noch tunc entsprechende Wörter Frageparti- 
keln geworden, sondern mehr Betheuerungs- und Begründungspar- 
tikeln. — Nur für den ersten Anschein scheint dagegen zu spre- 


chen, dass im Latein sonst Demonstrativa nicht als Relativa ver- 


wandt werden: aber an hat ja zum Fragewort sich in der einfachen 


Frage eutwickelt; erst als es da als Fragewort festgeworden, ward 


es auch für abhängige Fragen verwandt; wie auch num. — Aus 
der Bedeutung ἂν == „dann“ ergeben sich die beiden oben aufge- 
stellten Anwendungen leicht: dass nämlich es einmal auf einen be- 
stimmten einzeluen Umstand, der die Realisirnng bedinge, zweitens 
aber auch ganz im Allgemeinen auf die vorhandenen Umstände, 
d. h. realen Verhältnisse hinweise und positiv sage, dass wegen 
dieser die Sache (als wirklich) denkbar sei. Letzterem Aehnliches 
findet sich auch beim Deutschen „nun“ (οὖν). Der erste Fall be- 
ruht auf dem Verhältniss eines Wenn, der zweite auf dem eines 
Weil. Dabei ist keineswegs unsere Meinung, dass der letztere 
(man könnte ihn den absoluten nennen,) aus dem ersten sich 
entwickelt habe; wenigstens folgt das nicht aus der obigen Ausein- 
andersetzung; der Bedingungssatz ward nur angewandt, die ur- 
sprüngliche Bedeutung des ἄν zu finden. Freilich bin ich über- 
zeugt, gerade hierin am wenigsten Anklang zu finden. Das Wei- 


tere ist bei den einzelnen Satzgattungen zu besprechen. 


Nur scheinbar steht der Opt. mit ἄν als Wunsch. Ausge- 
sprochen ist auch da nur ein Können, also ein Urtheil; die Nega- 
tion würde οὐκ bilden, Dass der Hörende darin einen Wunsch 
oder Befehl sehe, bleibt dessen Einsicht überlassen. Der Gebrauch 


78 Das syntakt. System der Tempora und Molli 


ist algo rbetorisch, nicht grammatisch zu erklären. Οὐ, das Fut, pro 
Imper. χωροῖς ἂν εἴσω — „du kannst bineingeben“‘ kann eine sehr 
höfliche, eben deshalb aber auch sehr spitze Bitte enthalten. ΟΕ, 
Soph. Phil. 666. W. mit Electr. 603. Herm. ad Eur. Alc. 713. 
deleto ἄν serio optantis esset oratio, servato ironica est. ΟἿ Stallb. 
ad Plat. Reip. X, 608. D. 


δ. 4. Uebersicht der modalen Formen des einfachen Satzes, 


1. Jeder Satz ist entweder ein Aussagesatz (Urtheilssatz) 
oder Begehrungssatz, d. h. von einem diesen beiden entspre- 
chenden Acte des Geistes getragen, ohne dass es nöthig wäre, 
dass dafür von vorn herein verschiedene Formen vorhanden gewe- 
sen wären. (vgl. oben.) Die Sprache bemüht sick aber eine for- 
melle Scheidung zu besehaffen. Man. köonte fragen, ob es dann 
Bicht auch Gefühlssätze geben müsse, aber das Gefühl hat kei- 
nen andern unmittelbaren Ausdruck in der Sprache als unartikulirte 
Laute, also höchstens die Interjectionen bilden solche Sätze. In 
der articalirten Sprache erscheint das Gefühl nur in Form entwe- 
der einer Aussage (ÜUrtheils) oder Begehrens. — Die Formen des 
unabhängigen Satzes sind folgende: 


A. Aussagesatz (Urtheilssatz). B. Begehrungssatz. 
1) Indicativ. 1) Imperativ. 
2) Conj. mit ἄν, aber nur alt; späterhin 2) Conjunctiv. 
statt dessen Futur, 
3) Opt. mit ἄν. 8) Opt. 
4) Ind. Praet. mit ἄν, ' 4) Ind. Praet. 
Negation überall οὐκ. ' sämmtlich ohne ἄν. 


Negation un. 

Die Vierzahl der Stufenreihe der Modalität im Griech. zeigt 
sich als ursprünglich auch noch im Urtheilssatz. Die Grundbeden- 
tungen gestalten in diesem sich so: 1) Behauptung der Wirklich- 
keit; 2) Beh, des Eintretenwerdens i. d. W.; 8) Behauptung der 
objectiren Möglichkeit; 4) Beh. eines Satzes mit Behauptung der 
Nichtwirklichkeit der einzelnen Handlung, daher nur als Bedin- 
gungshauptsatz. — Im Begehrungssatz: 1) Befehl, allgemei- 
ner: Voraussetzung, dass das Aussprechen der Vorstellung ihre 
Verwirklichung zur Folge haben werde; 2) Aufforderung; 3) Wansch 
schlechthin; ‚(die Möglichkeit wird gar nicht behauptet); 4) Wunsch 
mit Behauptung der Nichtwirklichkeit der Erfüllung. 


2. Relative Zeitbestimmung, vom Standpunkte des Spre- 
chenden aus, also nach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, 
gibt παν der Indicativ und zwar nur der ersten Stufe (vgl. unten). 
Auf den andern Stufen gilt nur die absolute, (aus der Hand- 
lung selbst, nach Dauer, Vollendung oder — Moment), die den 
Tempusstämmen innewohnt; jedenfalls gilt die relative nur, so- 
. weit sie aus der modalen sich ergibt. 


8 


. im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 79 


Am Nächsten steht der Conj. als Erwartung der Zukunft, 
Der Opt. als Wunsch gehört als solcher der Gegenwart an; der 
alte Opt. ohne ἄν als Urtheilssatz, Vermuthungen aufstellend, 
wird in Hinsicht seiner Zeitgeltung wol nur von der Gegenwart 
nnd Zukunft gebraucht; an sich behauptet er gar keine Zeit. Der 
Opt. mit ἄν passt wegen seiner modalen Bedentung, da er 
das Seinkönnen behauptet, besonders für Gegenwart und Zu- 
kunft, Und so steht er eigentlich schon immer bet Homer. Nur, 
wenn ein Nebensatz mit εἰ c. Ind. Praet. die Beziehung „auf die 
Vergangenheit klar macht, steht einige Male der Opt. e. ἄν dort 
von der Vergangenheit: z.B. Il, V, 388. καὶ νύ κεν ἔνϑ᾽ ἀπόλοιτο 
"Ἄρης" εἶ μὴ --- ἐξήγγειλεν. Dass er aber an sich an gar keine 
Zeit gebunden war, zeigt Herodot, der, mehr als Homer mit Ver- 
mathungen sich beschäftigend,, ihn ohne weiteres von der vergan- 
genheit braucht. Hdt. I, 2. εἴησαν ἂν Κρῆτες: fuerint. I, 70, 
τάχα δὲ ἂν --- λέγοιεν: (ΝΒ. also auch Praesentis!) dizerint, IX, 
71. ταῦτα μὲν καὶ φϑόνῳ εἴποιεν. VII, 214. εἰδεί ἂν „konnte 
kennen.“ Cf. III, 98. VIIT, 180. Thuc. I, 9, 4. οὐκ ἄν εἴησαν: 
fuerint. Die Erklärung der beiden letzten Beispiele durch Schmalf. 
Ρ. 175. erklärt die Möglichkeit doppelter Bedeutung doch nicht, ist 
auch nach den gegebenen Beispielen überflüssig. Diese würden 
sich, wenn die Sache einmal zugestanden ist, leicht vermehren las- 
sen, so aber lassen andere allerdings auch noch die Erklärung von 
der Gegenwart zu. Nur darf man sich wundern, da Atyos ἄν ebenso- 
gut dixerit wie dicat heissen konnte, dass man so oft noch ποιή- 
σαιμι ἄν —fecerim und ποιοίην ἄν — Jaciam durchzuführen sich be- 
müht. — Die spätere Sprache nahm, im Interesse der Deutlichkeit, 
wenn die Vermuthung über eine Vergangenbeit auf die Gegenwart - 
bezogen werden sollte, lieber eigne Worte, wie δοκεῖν. ἐοικέναι 
oder den Opt. Perf. Plat. Apol. δεινὰ av εἴην εἰργασμένος. oder 
auch bei rein historischen ’Vermuthungen den Ind. Praet. c. ἄν als 
Vergangenheit des Opt. c. &v, also wieder eine temporale Verwen- 
dung von Formen ursprünglich modaler Bedeutung. Diese findet 
sich bei Homer, weun ein Satz mit εἰ c. Ind. Praet. dabei steht, 
fast durchgängig. 

Bei der 4. Stufe soll das Impf. die Gegenwart, der Aor. die 
Vergangenheit bezeichnen: ἔλεγον ἄν dicerem. ἔλεξα av dirissem, 
Aber erstens ist dies vor den Rednern jedenfalls nicht fest, Zwei- ἢ 
tens gibt es auch bei diesen noeh mancherlei Ausnahmen, die da 
zeigen, dass der eigentliche Gegensatz nur der der Tempusstämme, 
also Dauer oder Moment ist. Allerdings wird die Angabe von 
etwas noch Gegenwärtigen besser mit der Dauer zusammenpassen, 
so dass hier das Impf. wol ohne Ausnahme ist; gewöhnlich ferner 
auch von der Vergangenheit der Aor. sein, insofern es hier auf 
Angabe der Facta an sich, also des Momentanen ankommt; nicht 
selten jedoch, wenn eben eine Dauer ausgedrückt werden soll, steht 
hier das Impf. Dem, Ol. 1, 8. eiyer’ ἂν τότε, wo der Aor. wäre, 


80 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


„würdet erhalten haben.“ ΟἹ. III, 17. ἐνέκων ἄν „‚würden Sieger 
geblieben sein.“ Hier ist das Vb. Imperf. auch sonst vom ῦο. 
Aor. ziemlich geschieden. Namentlich findet sich aber dieses Impf. 
pro Aor. gern, wo das Praet. c. ἄν die Bedeutung eines in die 
Vergangenheit gesetzten Opt. c. ἄν hat, also von Nichtwirklichkeit 
nichts behauptet, Die Bedeutung des Seinkönnens schloss sich 
näber an die inchoative des Werdens beim Vb. Impf. als an die das 
Factum nackt angebende des Vb. Aor. Wir erwähnen noch, dass 
im Vordersatze es häufig auch bei den Rednern εἰ ἔλεγε pro ed 
ἔλεξε gibt, was dann aber — si dicebat, nicht — si dirisset zu 
fassen ist. 

Wir haben hier über die modale Bedeutung des Ind. Praet. 
noch etwas nachzuholen, was bei Aufstellung der Grundbedeutungen 
hätte können mitgenommen werden, aber hier unmittelbar vor Ver- 
gleichung des Latein und Deutschen deutlicher sein wird. Im All- 
gemeinen ist, wie die Ind, Praet, zugleich auch modale Bedeutung 
haben konnten, schon in der Tempuslehre dargelegt, dass nämlich 
ihre eigentliche Bedeutung die modale, die der Nichtwirklichkeit 
war, dass aber die erste Nichtwirklichkeit, mit der der ‘Geist sich 
beschäftigte, die Vergangenheit war, als etwas doch Dagewesenes, 
Wir haben uns hier gegen einige andere Auffassungen zu sichern. 
Man schreibt die Bedeutung der Nichtwirklichkeit wol dem &v zu; 
aber in so vielen Structuren (vgl. oben Begehrungssatz Stufe 4.) 
fehlt das ἄν, und das Praet. hat doch jene Bedeutung. Gewöhn- 
licher noch begnügt man sich, die Sache durch Vergleichung eines 
deutschen Gebrauchs als abgethan anzusehen. Das Deutsche kann 
nämlich den Ind. Praet. auch von der Nichtwirklichkeit gebrauchen, 
z. B. „wenn er dabei war, so geschah das nicht.‘ Das zeigt 
aber nur, wie wenig mit der Zusammenstellung von Einzelheiten 
gethan ist. Die Systeme zeigen die Auffassung beider Sprachen 
els ganz verschieden. Denn 1) ist es im Deutschen gar nicht das 
Praeteritum, was die Nichtwirklichkeit hereinbringt; denn der Satz: 
$,wenn er dabei ist, so geschieht das nicht,“ oder „wenn der Re- 
gen nicht kommt, brennt die ganze Stadt ab,‘“ kann das ebenso- 
gut bedeuten. Ist dies auch gleich einem Praes. histor, zu fassen, 
so zeigt sich dach dass Praes. und Praet. hier nur Tempora sind. 
Die Nichtwirklichkeit ist gar uicht ausgesprochen, sondern wird 
nur dem Zusammenhange entnommen. Das Praet. gibt hier nur 
ein allgemeines Urtheil (Bedingungssatz Stufe 1), beschränkt auf 
eine bestimmte Zeit. Kurz der deutsche Satz bedeutet si aderat, 
non fiebat ; nicht aber si affuisset, non factum esset. — 2) existirt 
im Griechischen sogar ein formeller Unterschied; jenes non fiebat 
stände ohne ἄν» non factum essel mit ἄν. — 3) gilt jener Gebrauch 
des Praet. in Deutschen nur von der Vergangenheit, Fritsch 
Kritik d. L.v. T. u. M. behauptete freilich, auch griechisch bezö- 
gen sich alle Fälle, genau genommen, nur auf die Vergangenheit. 
Aber unrichtig. Cf. Dem. Ol. I, 9. εἰ τότε ἐβοηϑήσαμεν αὐτοί, 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 81 


6aovı καὶ πολὺ ταπεινοτέρῳ νῦν ἂν ἐχρώμεθα τῷ Φιλίππῳ. 
Phil. A. 1. εἰ γὰρ ἐκ τοῦ πἀάρεληλυϑύτος χρόνου τὰ δέοντα οὗτοι 
συνεβούλευδαν9 οὐδὲν ἂν ὑμᾶς νῦν ἔδει βουλεύεσθαι. . Nach 
Plutarch Cat. Min, 52. ἐλλ᾽ ey’, οἷς ἐγὼ προὔλεγον ἀεὶ καὶ 
συνεβούλευον , ἐπείσϑη τις ὑμῶν, οὔτ᾽ ἂν ἕνα ἐφοβεῖσϑε νῦν, 
οὔὗϑ᾽ ἑνὶ τὰς ἐλπίδας εἴχετε. Das νῦν an sich . beweist freilich 
nichts; wenn man aber an solchen Stellen den Gebrauch von der 
Gegenwart nicht anerkennen. wollte, muss das durch aprioristische 
Voraussetzungen verschuldet sein. Fritsch wie Herling wollen frei- 
lich historisch zu Werke gehen, halten sich dabei aber zu sehr 
an die neuern Sprachen, setzen zu viel Gleichheit dieser mit den 
"alten voraus. So zeigt sich hier auch die Voraussetzung als un- 
haltbar, dass in zwei gleichen Sprachen bei gleicher Ausdrucks- 
form nothwendig auch dieselbe Auffassung zu Grunde liegen müsse. 
— 4) würde bei jener Auffassung das Griechische einer eignen 
Form für die gegentheilige Voraussetzung entbehren, während das 
Deutsche und das Latein eine solche hätten; das würde aber mit 
dem übrigen Reichthum an modaler Bezeichnung im Griechischen 
wenig stimmen. 


$. 5. Vergleichung des Latein und des Deutschen. 


1) Das Latein hat 1) nur einen. dreifachen Ausdruck der 
Modalität; denn von a) est (esto), b) sit, c) esset sind alle übri- 
gen Formen nur temporale Veränderungen; — 2) die Modi haben 
zugleich auch temporalen Gehalt bekommen, was im Griechi- 
schen erst in einzelnen Anfängen hervortritt; ausser der gegenthei- 
ligen Voraussetzung zerfallen die Conjunctive nur in solche der 
Gegenwart und der Vergangenheit: sit wird esset und fuerit; esset 
in Vergangenheit fuisset; 3) dadurch, dass eine Modalpartikel—= 
ἄν fehlt, fehlt die formelle Scheidung” von Urtheilssatz und Begeh- 
rungssatz; nur non und ne scheiden sich im Hauptsatz noch wie οὐ 
und un. 

fenber beruht diese Verminderung der Reihe der Modus- 
stufen darauf, dass. keine von der Bedeutung der 3. griechischen, 
der optativ’schen, mehr festgehalten wurde. Diese, mit ihrer be- 
wussten Ausserachtlassung der Wirklichkeit, entsprach nicht dem 
praktischen Sinne des Lateiners; wo er nicht geradezu das Sein 
(est) oder das Nichtsein (esset) behaupten wollte, hatte ihm das 
als nur gedacht Ausgesprochene, nur wo es möglich, wahr- 
scheinlich (set) schien, Bedeutung. Hier also widerstreben wir 
der Annahme dieser Bedenfungen . nicht. Nur ist festzuhalten, 
dass in der philos. Sprache, als griechischen Mustern folgend, 
das Bedürfniss eines Modus für das rein Gedachte sich geltend 
machte, und Cicero .da oft mit sit Annahmen macht, deren Mög- 
lichkeit u. 8. w. er damit wahrlich nicht vertreten wollte, so wenig er 
auch die Nichtwirklichkeit behaupten wollte, da auf diese für seine 
Demonstration ihm gar nichts ankam. Aehnlich auch anderswo, 

Archiv f. Phil. u, Paedag. Bd. XIX. Hft. 1. 6 


82 Das syntakt, System der Tempora und Modi 


z. B. die Annahmen des Damasipp beim Horaz, — „Ans dieser 
Auffassung allein erklärt sich, wie bei der formellen Gleichheit des 
Praes. Conj. mit dem griech. Opt. (vgl. $. 2.) die Bedeutung des- 
selben so verschieden sich gestaltete. Die doppelte Bedeutung 
des lateinischen. Impf. und Plusg. Conj., dass dieser nämlich 
1) Modus der Nichtwirklichkeit, 2) Modus der Vergangenheit zum 
Praes. und Perf. Conj. wurde, lässt sich nur so erklären, dass man 
als die Grundbedeutung dieser Form die des. rein Gedachten, ohne 
Rücksicht auf die Wirklichkeit, annimmt,“ indem nämlich «lie 
eigentliche Optativform (Praes. und Perf. Conj.) sehon in der der 
Wirklichkeit sich mehr annäbernden Bedeutung vorweg genommen 
war. „‚Durch jene Form sprach also das Latein sowol die gegen- 
theilige Voraussetzung aus, als auck das nur als Gedanke aus der 
Vergangenheit Beferirte, ähnlich wie biebei im Griechischen der 
Conj., weil keine Erwartung, überhaupt keine Beziehung zur Wirk- 
lichkeit mehr stattändet, dem Ορέ, weicht. Wir nennen daher das 
Impf. und Piusg. Conj. den lateinischen Optativ, das Praes. 
und Perf. Conj.. den lateinischen Comjunctiv.“ Wir glaaben m die- 
ser Darlegung weder zu dem Missverständniss, als hätten wir ver- 
gessen, dass oben δ. 2. die Form des Praes. Conj. dem griech. 
Opt. gleichgesetzt war, noch zu dem, dass nach unserer Auffas- 
sung das Praes. Conj. gar nichts von der Anwendung des griechi- 
schen Opt. beibehalten haben könnte, dass also das Impf. Conj. 
völlig mit dem griech. Opt. zusammenfallen sollte, Anlass gege- 
ben zu haben, obwol die Becension solches ans den mit Anfüh- 
rungszeichen wörtlich dem Progr, entnemmenen Stellen uns zu- 
schiebt. Die Benennung des Impf. und Plusqg. Conj. als Opt. des 
Vbi Imperf. und Perf. wendet diesen damit nur die Bedeutung 
des rein Gedachten zu, hat mit der Form gar nichts zu thun, 
und hat zur Aufhellung des Gebranches auch im Deutschen zu viel 
Bequemes, Endlich ist noch zu bemerken, dass im Latein aller- 
dings eine und dieselbe Form das rein Gedachte und die Nicht- 
wirklichkeit ausspricht, obwol wir fürs Griechische solche Behaup- 
tung als nur aprioristisch .zurückweisen mussten. 

2. Im Deutschen gibt es nur eine swiefache Scheidung 
der Modalität. Im Uhrtheilssatz gibt es nur 1) „ich habe, bin,‘ 
2) ‚ich hätte, wäre, würde Im Begehrungssatz gibt es nur 
1) den Imperativ, 2) einen Opt. des Wunsches, wo dann utinam 
sit und ulinam esset nicht mehr geschieden sind. Es ist nämlich 
eine Form für den Conjunctiv (== sc. Praes. und Perf.) aller- 
dings vorhanden, wenn auch nicht immer deutlich; aber theils darf 
sie nicht angewendet werden und in den andern Fällen hat sie 
doch keine Nothwendigkeit der Anwendung. Dies auf die Undent- 
lichkeit der Form 'bei vielen Verbis za schieben, wäre nach dem 
vom Griechischen durchs Latein hindurch verfolgten Entwickelungs- 
gange der Modalität falsch. — Jener Conjunctiv wird aber zunächst 
im einfachen Satze gar nicht mehr gebraucht; die Form er- 


im Geriechiseheu. Von Aken zu Güstrow. 83 


scheint nur, wo sie zum Ersatz für fehlende Imperativformen dient, 
also nicht als eigne Modelform gelten kann; z. B. „sei, schreibe 
(du, er) u,8.w.“ Im abhängigen Satze kann er freilich überall, 
aber statt seiner immer auch der Opt. (Impf. Conj.) eintreten, 
z. B. „er sagte, er sei‘ und „er wäre;‘‘ eben nach ‚‚er sagt, er 
denkt.“ Auch in Absichtssätzen kennt nur die Grammatik, nicht 
die Sprache die. Regel, dass in der Vergangenheit des Impf. Con). 
folgen müsse: „er that dies, damit er erlange‘“ und „erlangte;‘“ in 
der Gegenwart aber darf freilich kein Impf. Conj. folgen, (d. ἢ. 
nicht: ‚er thut, damit! er: erlangte‘‘); "und: man könnte dies als 
einen : stehengebliebenen ‚Rest des: nothwendigen: Gebrauchs des 
Praes. Conj. halten, ‘wenn nieht auch ‚hier 'statt des Praes. Conj. 
ebensogut der Iadicativ :eintreten. könnte, und nach aller Analogie 
dies für die eigentliche, der Oonj; für. erst durch die Herrschaft 
des Latein: ins: Deutsche .eingedrungene :Ausdrucksweise anzusehen 
wäre. :Wir werden hernach :namlick durchführen, dass es Conjunc- 
tionen für rein logische. Verhältnisse in den behandelten drei Spra- 
chen wenigstens ursprünglich sicht gab; dass der «ang bei Anwen- 
dung anderen Wörter- dazu: im Allgemeinen. dans der :wer, dass das 
Griechische. unbefangen ‚diese in der .nenen :Bedewtung ver- 
wandte, obne: die. Modi. zu ändern, das‘ Latein den Conjanctiv 
eintreten lässt, (ναὶ, eum caxsale mit: ἐπεί.) das Deutsche aber, 
wo die CGonjunctionen für jene Verhältnisse fest geworden sind und 
‚keine Undentlichkeit mehr zu fürchten ist, ruhig. den. Indic. be- 
hält. So also':auch bei „damit,“ Im Bedingungssetz ist sogar 
ein „wena er ser‘‘.gar nicht möglich, auaser per: orat. oblig., wo 
es aber wieder ‚gar nicht nothwendig ist. :. 
Eine Auffassımg, die diese sprachliehen Facta in ihrer Berech- 
tigung und in ihrem Zusammenkange erfassen will, hat anzuerken-. 
nen: 1) dass das Deutsche in Abnahme der Bezeichnung der Mo- 
dalität, durch blosse Verbalformen wenigstens, eine neue Stufe 
einnehme. Der Conjunctiv ist hier fast zum Luxus geworden, und 
wenn das moderne deutsche Sprachbewusstsein eine neue Sprache 
zu schaffen hätte, so würden nur der Indic., der Imper. und das 
sog. Praeter. Conj. eine Stelle finden. Sogar di& Verwendung der 
Zweiheit der Conjunctive zum :temporelen Ausdruck, wie noch im 
Latein, ist aufgegeben. — 2) dass die Grundbedeutung des sog. 
Praet. Conj. keine temporde ist. Dieselbe kann sowol den griech. 
Opt. als den Ind. Praet. {als Nichtwirklichkeit) vertreten, und der 
‚Name Optativ Vbi Imperf. und Plusq. ist schon deshalb viel pas- 
sender, weil er diese Form nicht mehr ans Praet. bindet, sondern 
sie als Ausdruck des rein Gedachten darstellt. Man könnte auch 
die beliebte Benennung Condicionalis dafür annehmen, wenn 
nicht eine auch für die andern Sprachen durchführbare Bezeichnung 
passender wäre; im Latein aber würden zwei, im Griechischen 
gar drei verschiedene Formen, ganz abgesehen vom Indic,, auf 
diese Benennung Anspruch machen können. Die ΩΝ Form 
* 


84 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


hat diesen Inhalt auch nur durch Aufgebung anderer Unterschei- 
dungen erlangt, und auch hier muss durchaus noch eine allgemei- 
nere Grundbedeutung angenommen werden. — 3) Die Behauptung, 
die nur aufs Latein zu gründen ist, dass von den beiden Conjunc- 
tiven der eine der Vergangenheit, der andere der Gegenwart ange- 
höre, zeigt sich historisch als eine nicht für alle Sprachen haltbare. 
— 4) Die Verschiedenheit der Zahl’ der Modusformen in der ver- 
schiedenen Sprache bedingt auch eine Verschiedenheit in ihren Be- 
deufungen. 

8) Die Modalformen des einfachen ‚Satzes gestalten sich fürs 
"Latein folgendermaassen: 

' Urtheilssatz. ᾿ ‚Begehrungssatz. na 
1) Ind. 1) Imperativ. 
2) Con). Praes. (gr. Opt. c. ἄν). 2) Conj. Praes. (= gr. Conj. 
und Opt. des Wunsches). 
8) Conj Practer. (gr. Ind, Praet. 3) Conj. Praeter. (gr. Ind, Praet.) 
c. dv.) ' 

Ueber die Negationen ist nur zu bemerken, dass auch in die- 
sen Sätzen schon beim Conj. pro Imper. non für ne ziemlich oft 
sich findet. 

Verfolgt man nun, dass in Vergangenheit andere Modi eintre- 
ten müssen, so erklären sich aus dieser Vergleichung sofort viele 
Fälle des „Impf. Conj. pro Plusg. Conj.“ im Latein. dice- 
res, cerneres audires etc, z. B. „maesti, crederes victos, redie- 
runt in castra.* Jenes crederes würde in der Gegenwart behauptet 
credas sein, ist also nichts als das in die Vergangenheit 
gesetzte credas. Im Deutschen wird freilich jenes ,‚man 
sollte sie halten‘“ der Geßenwart in Vergangenheit: „‚man hätte — 
sollen;‘“ da es nämlich seinen Opt.' Vbi Imperf. schon für die 
Gegenwart verwendet, muss es für crederes den Opt. Vbi Perf. 
eintreten lassen. Warum hier credas nicht credideris wird, folgt 
daher, dass es Handlungen ohne alle Beziehung auf die Gegenwart 
bespricht, — Die gewöhnliche Erklärung verlängt dagegen erstens, 
dass eins fürs andere stehen soll, ohne einen Grund dafür zu fin- 
den; und zweitens die Suppkirung eines gar nicht im Gedanken 
liegenden, meist lächerlichen Zusatzes: „„wenn du dabei gewesen 
wärest. — Das credas, videas etc. selber findet sich häufig ge- 
nug. cf. Hor. Sat. I, 1, 19. quid statis® nolint, mit Ov. Meet. I, 
438. illa quidem nollet, sed te quoque -- tum genuit. Hor. Sat. , 


3, 4. Caesar, qui cogere, "Posset, si peteret —, non quidquam . 


perficeret: wo in non’ perfecisset liegen würde: „er erlangte aber 
dennoch ;“ ganz gegen den Sinn, es ist vielmehr nur das in Ver- 
gangenheit, was si petas, nihil proficias in der Gegenwart. So 
auch quid facerent miseri? aut quid recusarent?. „was hätten — 
sollen?‘ offenbar aus quid faciam? — was sollte — ὃ (griech. 
Conj.) und „was könnte“? (Opt. c. ἄν.) Οἷς. p. Mil. 20, 48. 
quid nuncia ret? Liv. XXIII, 8. quid violentius captä fieret? 


-“ 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow, 85 


(hätte können). ib, XLV, 37. in Galba non impedire debuit, sed 
nomen deferret et interrogaret: „hätte können, immerhin 
mögen.“ (ibid. cum visurus esset privatum: „wenn es ihm 
möglich gewesen wäre.‘‘) Die Interp. citiren: 'Ter. Phorm. II, 
1, 66. non fuit necesse habere; sed id, quod lex jubet, dotem dare- 
tis, quaereret alium virum, v. 69. sumeret alicunde argentum. 
(vgl. eine halbe Seite weiter zu Xen. Hell, II, 7. 7). 

Es ist nun nachzusehen, wie das Griechisc.he hier sich helfe. 
Das Latein ist diesem nämlich temporal voran, wenn auch zum Scha- 
den der modalen Genauigkeit. Der Opt,. Perf, c. .(ἄν würde im- 
mer doch nur ein fuerit, kein esset aus sit hervorbringen können; 
auch der Opt. Aor. c..&v wird auch von denen, die den Modis des 
Aor. gern (wo es geht) die Bedeutung der Vergangenheit vindiciren, 
hier nicht in Vorschlag kommes. Bei Herodot sahen wir, unbe- 
kümmert um Zeitangabe, den Opt. c. ἄν und zwar auch Praes. hier 
verwandt, aber auch das gab mehr ein fuerif als esse. Man findet 
für esset vielmehr den Ind. Praet. c. &v gebraucht als Ver- 
gangenheit des Opt. c. ἄν —,. wo nämlich dies durch blosse 
Yerbalflexion sollte beschafft werden. ἔνϑα δὴ ἔγνω ἄν τις . ὀλί- 
γους ἂν εἶδες. ἡγήσω ἄν. vgl. Bäuml. p. 151. 8. jedoch Plat. Menex. 
240. D. γνοίη ἄν τις. Der Ind. Praet. c. ἄν hat bier natürlich 
nichts von seiner Behauptung der Nichtwirklichkeit, Isocr. Areop. 
49. ἐν καπηλείῳ πιεῖν οὐδεὶς οὐδ᾽ ἂν οἰκέτης ἐπιεικὴς ἐτόλμησε: 
— audeat in Vergangenheit; nicht ausus esset sc. tamen ausus est. 
pag. 79. τίς γὰρ av ὑπέμεινε. „Hieber ist auch wol „zu ziehen 
Xen. Hell. I, 7. 7. τότε γὰρ ὀψὲ ἦν καὶ τὰς χεῖρας οὐκ av καϑεώ- 
ρων: ist nicht = non vidissent, sc. attamen videbant, sondern = 
„hätten nicht sehen können.“ Wir haben oben dem Opt. c. ἂν 
die objective Möglichkeit, das Seinkönnen den Umständen nach 
als Grundbedeutung zugeschrieben; die Hauptanwendung davon war 
allerdings die ,„‚subjective Behauptung,‘ der gemilderte Imperativ. 
Es steht aber nichts im Wege, dass nicht auch in der ersteren, 
eigentlichen Bedeutung der Opt. c« &v seinen Ausdruck für die Ver- 
gangenheit sollte im Ind. Praet. c. ἄν gefunden haben. Man könnte 
die Bedeutung des Könnens an jener Stelle vielleicht auch aus 
dem Vbo Impf. herleiten wollen; vgl. οὐκ ἔπειθε» „konnte nicht.“ 
Aber es findet ‚sich diese auch beim Aorist. z. B. Antiph. caed. 
Her. 28. πῶς οὖν ἂν οὐκ ἐξευρέϑη; — „dann müsste es doch ge- 
funden sein‘ — „wie sollte er dann nicht gefunden sein ne (sc. οὐχ 
εὗρον). Denselben Sinn gäbe: πῶς οὐκ ἐξευρέϑη; 485. ἂν macht 
den Ind. Praet. also hier.nicht zum Modus der Nichtwirklichkeit, 
sondern bringt nur den Begriff des Könnens herein. Dass ein εἶ 
auch hier supplirt werden könne, leugnen wir gar nicht, sehen nur 
durch dasselbe nichts erklärt. Isoer, ‚pac. 79. τίς γὰρ ἂν ὑπέμεινε 
ὴν ἀσέλγειαν τῶν πατέρων τῶν ἡμετέρων; — οὐδεὶς ἂν ὑπέμεινε, 
aber ohne andere Behauptung der Nichtwirklichkeit, als die, welche 
οὐδείς bringt. Doch brechen wir hier ab; es ist dies schon der 


86 Das syntakt. Systein der Tempora und Modi 


Anfang einer allgenieinern Erscheinung, von der einige Sätze auf-- 
zustellen hier genügen muss. | ' 

Die griechische 'Sprache sucht nämlich zuweilen, das La - 
tein schon häufiger bei einem Gedariken,, der schon durch eine Ne- 
gation oder die Form der Frage negirt ist, diese Negirungnoch 
einmal an der Modalformauszuprägeh. Im Latein ist es 
verhältnissmässig jedoch‘ nicht hävfig, ' und "geschieht besonders, 
wenn die Handlung zugleich als eitie offenbar unmögliche er- 
schien, im Deutschen wird es ganz gewöhnlich. ὦ 

Am deutlichsten zeigt sich ’dies in Sätzen mit ‚‚nicht als ob ‚“ 
wo deutlich schon in Gegenwart steht „wäre,“ lat. sit, griech. 
ἐστίν. „Es gibt niemanden, der dies nicht wüsste‘ — nesciat — 
ὃς οὐκ οἶδεν. Dagegen: „‚es gibt manchen, der dies nicht weiss,“ 
wo „wüsste“ unmöglich ist. Der Lateiner hat die Anfänge davon 
auch schon: Cic. nat. I, 22, 61. Epicurus quid dicit‘, 'quod dignum 
non esset für sit: nicht wegen dicit — dizit. cf. c. 15. p. Lig. 10, 
80. ne haec quidem colligo, ‘qua& fortasse Valerent etiam apud 
judicem. 1,86], 4, 14. sensu amisso fit idem, Quasi natus non esset, 
Besouders jedoch ia Fragen: hier ist eigentlich quis dubitet? = 
nemo dubitet, also nur milder ausgedrückt. — quis dubitat?— nemo 
dubitat; und quis dubitaret —='nemo dubitaret sc. tamen sunt qui 
dubitent. Dennoch findet sich häufig quis dübifaret etc. für quis 
dubitet? z. B. Οἷς, Lael. 28, 87. quis tam 6 8 5 ἐΐ ferreus? p. Lig. 
5, 15. quam multi essent de victoribus qui ἐδ crudelem 6556 vel- 
lent, quum etiam de victis’ reperiantur Ὁ. Dej. 2, 6. quis enim civis 
ei regi non faveret?'eigentl. = nemo. non faveret, — tamen non 
favent. Verr. III, 62, 149. verum ut (gesetzt) istos ego jüdices non 
haberem, ecqnis est etc. eigentl. statt hab&am, cf.’ ibid. 64, 151. 
ut ita sit, famen non potes: wo die'Sache nicht ininder unwirklich 
ist; aber obiges sollte eine captatio der Richter sein (sc. „sed ha- 
beo severos judices). nat, ΤΊ, 57, 141. quis persequi potuisset? 
Sinn: nullus opifex pötuit oder vielmeht persecutus est, obwol der 
Ausdruck genau auf nemo potuisset — potuerunt aliqui führt. Ter. 
Eun. 3, 5, 84. ego homuncio hoc’ non facerem? Vetr. II, 1, 8. 
nos nınquam ipsimet nobis präecideremus ἰδίαπί᾽ libertatem. Liv. 
I, 7. ego timerem? | 0 

$. 6. Verschiebung der Modalität ᾿ 
bei den Hülfsverbis des ‚Wollens, Könnens, Müssens. 


1. Von der im vorigen Päragraphen in einigen Beispielen ge- 
zeigten Ungenauigkeit im Ausdruck der Modalität' ist‘ ein Fall in 
seiner Fassung durch die drei Sprachen hindurch deutlich verfolg- 
bar. Bei den Hülfsverbis des Wollens, Köntnens, (Dürfens) 
und Müssens (Sollens) wird mehr ‘oder weniger in’ allen drei 
Sprachen diejenige Modalität, die eigentlich ihrem Inhalte, d. ἢ, 
dem folgenden Infinitiv gebührt, an diesen Hülfsverbis selber 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 87 


ausgeprägt: 2. B. in „du müsstest fleissiger sein,‘ „ich kännte es 
dir 'wol sagen,‘ „ich wollte, er sagte es mir,‘ setzen wir die 
Hülfsverba in die Form der Nichtwirklichkeit, nur um auszudrük- 
ken, dass die Handlung des folgenden Infinitiv nicht der Wirk- 
lichkeit angehöre. Das Deutsche hat diese Verschiebung 
der Modalität bei allen drei Classen; das Latein beim 
Müssen nicht, beim Können mitunter, beim Wollen sehr häufig; 
überhaupt nur, soweit die Bedeutung des Hülfsverbi mit 
der der gebrauchten Modalform zusammenfällt: es 
setzt z. B. velle in die Modi des Wunsches, possim als Opt. c. ἄν 
statt possum: die Erklärung dieser Fälle durch Feinheit u.ä. will 
nicht viel sagen. Das Griechische kann die Verschiebung in 
allen 3 Classen haben; hat sie beim Müssen consequent, vermag 
jedoch den modalen Unterschied durch die Form auszudrücken 
(ἔδεε und ἔδεε ἄν)» wofür freilich temporal eine andere Zweideu- 
tigkeit eintritt. | 

Diese Erscheinung ist am wenigsten auftällig im Deutschen, 
da hier erst jene Verba völlig „Hülfsserba“ geworden sind, 
d. h. keine eigne 'Thätigkeit gegenüber der des Infin. mehr aus- 
drücken, sondern geradezu als Theile der Flexion des regierten 
Verbi anzusehen sind. (Kreilich mag. auch die verallgemeinerte An- 
wendung des Opt. (Impf. Conj.) beigetragen haben). Jene Verba 
waren nämlich ursprünglich selbstständige, eine eigne Thätigkeit 
ausdrückend, wo denn der InGnitiv ganz eigentlich als Object von 
ihnen regiert wurde. Erst später gewöhnte man sich, sie als Trä- 
ger der Flexion zum Verbalbegriff des folgenden Infin., mit diesem 
zu einem Thätigkeitsbegriff verbunden auzusehen; da regieren 
sie denn auch nicht mehr, schon weil sie gar nicht mehr eine 
eigene Thätigkeit aussprechen sollen. Jene drei Begriffe lassen 
sich nämlich fassen als nur eine Disposition. zu einer Thätigkeit 
ausdrückend. Keine verschmelzen so enge mit den Thätigkeitsbe- 
griffen, wie diese; sie lassen sich in der Flexion (—ndus, urus, 
τος) reog) und-sogar in der Nominalbildung ( oo — σις ) nachwei- 
sen; daher neuere Sprachen sie geradezu zur Tempusbildung ver- 
wenden. Wol nur zufällig, aber doch nicht ohne weiteres’ der 
Beachtung zu entziehen, ist das Factum, dass gerade βούλομαι 
(980), δύναμαι. μέλλω jene Eigenthümlichkeit des s und im 
Augment haben, die ein e schon im Praes. früher voraussetzen 
lässt. — Der historische Gang ist dann der: die ältere Sprache 
brauchte das Objectsverhältniss freier; daher findet sich hier viel 
der blosse Infin., wo später ὥστε κτλ. nöthig war. Im späteren 
Griechisch beschränkte sich dann diese Anwendung immer mehr 
auf die genannten 3 Classen Verba. Dies Verhältaiss finden wir 
daun auch im Latein vor; hier entsteht aber eine andere Art der 
Erweiterung der Structuren mit dem blossen Infinitiv dadurch, dass 
auch noch andere Vba, die nur die Möglichkeit solcher Fassung 


88 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


boten, immer mehs zu blossen Hülfsverbis abgeschwächt wurden ; 
daher prohibeor (= non possum), tentat, parat, valet etc. c. Inf. 

2. Beim Müssen und Sollen ist das Latein streng, in- 
dem es die Form der Nichtwirklichkeit diesen Verbis nur dann 
gibt, wenn das Müssen u. ἃ, selber nichtwirklich ist, Debes facere 
== 1) du musst, 2) du musstest thun, sc. thust aber nicht; da- 
gegen deberes —= „du müsstest‘ sc. „musst aber nicht.“ In Ver- 
gangenheit also debebas und debuisti = 1) ‚‚du musstest, hast ge- 
musst;“‘ 2) hättest thun müssen,‘ sc. „hast aber nicht gethan;“*. 
dagegen debuisses —= „du hättest müssen, wenn u.s.w.“ (—=„muss- 
test aber nicht‘). 

Das Griechische hat statt der zwei Formen des Deutschen 
und des Latein drei aufzuweisen: 


δεῖ ἔδει ἔδεν ἄν 
. debes debes deberes 
du musst, du müsstest, du müsstest, 


sc, thust aber nicht, sc. musst aber nicht. 
Keineswegs genügt es also zu sagen, dass bei den Vbis des Müs- 
sens ἄν „meist fehle.‘“ Dem. Phil, I, 1. εἰ γὰρ ἐκ τοῦ παρελη- 


᾿"λυϑότος χρόνου τὰ δέοντα οὗτοι συνεβούλευσαν, οὐδὲν ἂν ὑμᾶς 


ἔδει βουλεύεσϑαις. Die obige Regel wird sich festhalten lassen 
(gegen Bäuml. p. 141, 29.), wenn man nur hinzunimmt, dass ἔδει 
&v ja auch Vergangenheit von δέοι ἄν sein kann; und zweitens nicht 
ein danebenstehendes εἰ «ri. die Nothwendigkeit, ἄν zu setzen, 
bedingen lässt. Freilich ist- wol unbezweifelt der Grund, weshalb 
die Griechen die Mittelform ohne ἄν bildeten, darin zu su- 
chen, dass das Müssen hier von keiner Bedingung abhängig ist; 


aber umgekehrt folgt nicht, dass ein danebenstehendes εἰ nothwen- 


dig gerade das Müssen bedinge, z. B. „‚du hättest es ihm schon 
längst sagen müssen, wenn du Courage hättest,‘ würde trotz des 
Wenn kein ἄν beim Müssen erhalten; denn der Sinn ist: „du 
müsstest es ihm sagen. Und du würdest es ihm längst gesagt 
haben, wenn u. 8. w.““ Das ei kann also ebensowol die Handlung, des 
Inf. selber, wie das Müssen bedingen. In andern Fällen kann auch 
der Satz ursprünglich ohne den Nebensatz mit εἰ gedacht sein, 
auch allein Gültigkeit haben sollen, wie das si z. B. in nemo so- 
brius saltat, — nisi forte insanit. Dies besonders, wenn eine Auf- 
forderung, die, wenigstens indirect, in ἔδεε häufig ausgespro- 
chen liegt, gegeben werden soll. Das Allgemeine bleibt immer, 
dass ἔδει ἄν nur so gebraucht’wird, wie jeder Indic. Praet. ς, ἄν 
gebraucht werden kann; dass in ἔδει dagegen Verschiebung statt- 
findet. Dass wir ἔδει in beiden Fällen als Modus, nicht tempo- 
ral, fassen, versteht sich wol von selbst. 

Im Latein findet man gewöhnlich die Regel von debebas 
etc. ausgehend aufgestellt, wahrscheinlich weil man einen dem der 
griechischen Praeterita entsprechenden Gebrauch hier zu sehen 
glaubte, obwol der ganze Gebrauch und die ganze Stellung des 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 89 


lateinischen Systems dem widerstrebt,” und die Grammatiken sich 
genöthigt sehen hinterher noch Stellen vom Praes. selber aufzufüh- 
ren (debes diligentior esse). (Οἷς: debet; verum tamen non 
cogitur. aequius est. quid est stultins? longiores sumus, quam 
necesse est. Zumpt glaubt gar jenes debebas etc. durch die deutsche 
Uebersetzung „du solltest“ erklärt; dass diese Form aber nicht 
Impf. Indic., sondern Impf. Conj. ist, zeigt sich, wenn man statt 
Sollen Müssen setzt. — Debebas etc. ist gewöhnlich = „hättest 
müssen ;‘ doch gibt es auch Stellen, wo man statt eines debebas 
— debes erwarten könnte; jedoch ist das nie auf griechische Weise 
modal zu erklären, sondern temporal, durch das im Latein beliebte 
Voransgreifen in der zeitlichen Bestimmung, analog dixerim; ne 
dixeris! Οἷς, p. leg. Man. 17, 50. quod si Romae esset (jetzt), 
tamen is erat deligendus.. Lael. 24, 90. peccasse, non anguntur; 
objurgari moleste ferunt; quod contra oportebat. Nat. II, 35, 
163. quae si singula vos forte non movent, universa — debe- 
bant (schon längst). Hor. Od. I, 37, 1. nunc est bibendum, — 
nunc ornare pulvinar deorum tempus erat = nunc tempus illud 
adest, quod adesse vos saepe putabatis. Sat. II, 1, 7. ne fa- 
ciam, inquis, omnino versus? Ajo. Peream male, si non optimum 
erat; veram nequeo dormire: „das war das Richtige“ — ‚was 
du sagtest, das ist das Richtige. Wirklich gibt es sogar einige 
Male als Vergangenheit dazu das Plusq. Indic. Lael. 4, 15. 
fuerat aequius. p. Mur. 25, 51: während in der Regel das Impf. 
oder Perf. dasselbe auszudrücken genüßt. 

Auch finden sich bisweilen einzelne Fälle, wo das Latein dem 
deutschen Gebrauch schon sehr nahe steht. Οἷς. Verr. ἢ, II, 73, 
180. quem igitar ab egnitibus R. condemnari necesse esset, is a 
vobis absolvi potest? Tusc. V, 2, 6. ut eam accuset, quam vereri 
deberet — wegen des folg. etiamsi potuisset. 

Beispiele von deberes, wo das Müssen selber nicht wirklich 
ist, sind häufig mihi ignoscere non deberetis, si tacerem. Verr. 
ΠῚ, 40, 98. si petisset, — debuisset. Auch ist, ebensowenig 
wie im Griech. ἔδεν ohne ἄν neben εἶν auch hier nicht auffällig 
der Indic. bei einem Nebensatze mit si c. Conj. Praet., wenn eben 
nicht das Müssen dadurch bedingt wird, sondern die gemusste 
Handlung selber. Verr, IH, 61, 141. si quis pudor in te fuisset, 
sine supplicio dimittere non debuissti. Ὁ. leg. Man. 17. = erat 
mittendus, — et fuisset mittendus, etiamsi etc. Rhetorische Erwei- 
terungen des Gebrauchs des Indic. knüpfen sich leicht daran. 

2. Beim Können sagt das Deutsche unbedenklich „,ich 
könnte es dir sagen,“ auch wo das Können wirklich ist. Auch 
das Latein hat hier schon manchmal die Verschiebung. Ueber 
die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit des Könnens ist bei einer 
nicht seienden Handlung auch schwer zu entscheiden, wenn auch 
leicht etwas zu behaupten. Die Sache wird ausserdem hier da- 
durch verwickelter, dass jenes „könnte“ sowol possim als pos- 


90 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


sem sein könnte ‚(abgesehen von possum), — während beim Müs- 
sen nur der Modus der Nichtwirklichkeit in Betracht kam, wegen 
des natürhehen Gegensatzes zwischen Seinmüssen und Nichtsein. 
Possim tibi dicere ist denkbar, wo das dicere noch als möglich 
festgehalten wird z. B. sc. „was gibst du?“ possem — sc. „ich 
. sage es aber nicht.“ Das Faclische aber ist, dass nur possim 
häufig ist; für possen meist poteram, nämlich von der Gegen- 
wart; in der Vergangenheit ist potuissem sehr häufig, obwol die 
Entscheidung, wo es da durch Verschiebung und wo wirklich auch 
. die Möglichkeit als wicht vorhanden gewesen gesetzt werde, schwer 
ist. Potuerim als Hauptsatz kommt wel gar nicht ver: aus dem- 
selben Grunde, warum der Opt. c. ἄν wenig Gelegenheit fand von 
der Vergangenheit gebraucht zu werden; auch weil für diese mil- 
dere, höfliche Form nur die Gegenwart Veranlassung gibt, 

Von jeder Art nur ein Beispiel. Cic. Nat. I, 36, 101. 
possum dicere, sed nolo esse longus (könnte). — Verr. divin, 
Vi, 57. quid enim facere potwit elegantius? (hätte können). Nat. 
I, 4, 9. poterat deponere (at non deposuit). Mit Verschiebung: 
nonnulla forsitan confirmare possim. p. Mur. 29, 60. — pos- 
sem idem facere (sc. sed non faciam). 'Tusc. I, 34, 84. Nat. II, 
19, 49. mundi volubilitas, quae nisi in globosa forma esse non 
posset (sc. sed est globosa). Nat. Il, 9, 23. sine qua neque 
ali possent (sc. sed aluntar; nicht: sed possunt,) Off. II, 4, 14. 
quae unde sine homisum opere habere possemus? Daher auch 
Sall. Cat. 7, 7. memorare Bossem, ᾽πὶ etc. und Nep. Epam. 4. 
proferre possemus, sed etc. wol nicht anzutasten sind. Uebrigens 
war die Verschiebung mit possem nur als die dem System nach 
ursprüngliche, nachzuweisen; im Ganzen ist hier poteram (von der 
Gegenwart) viel häufiger, indem die Gelegenheit zum Können da- 
durch als schon vorbei seiend ausgesagt wird. cf. debebas statt 
debes. (Οἷς. Fin. III, 35, 119. quamgnam poteram, malo III, 10, 
35. poteram morbos appellare sed non conveniret. Auch hier fin- 
den wir also wieder den modalen Ausdruck dem temporalen ge- 
wichen; der modale (possem) blieb nur als nochmalige . Hervorhe- 
bung der Nichtwirklichkeit (der Handlung) durch die Modalform 
(des Hülfsverbs).,. Ein potwi findet sich so wol nie: wol, weil 
hier immer das „eben vorbei sein‘ auszudrücken war. — Dage- 
gen scheint das Plusq. Conj. potuissem, als Vergangenheit von pas- 
sem, regelmässig auch da zu stehen, wo gar kein sed non potui 
ausgesagt werden soll, z. B. p. Mil, 28, 76. quonam modo ea aut 
depellere potuissetis aut ferre? == non potuissetis, aber nicht 
== sc. sed potwstis, sondern weil der Gedanke zu Grunde liegt: 
tulössetis, ihr würdet zu tragen etc. gehabt haben,‘ sc, „habt aber 
glücklicher Weise nicht.“ Tusc. V, 2, 5. quid sine te vita esse 
potuisset? nicht sc, sed potuit sondern sc. sed est, und dach ist 
potuit in beiden Sätzen wol kaum möglich. — Zuweilen findet 
sich potueram als Vergangenheit jenes poteram, das auf tempora- 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 91 


lem Wege eine Modalität der Gegenwart bezeichnen will. Ter. 
Andr. IV, 8, 8. quibus quam facile potnerat quiesci, si hic 
quiesset! Vellej. 2, 9. vitam, qnam glöriosissime degere potue- 
rat, immatura morte finivit. 

‘ Im Griechischen ist aus denselben Gründen die Verschie- 
bung im Opt. c. &v unendlich häufiger als die mit dem Ind, 
Praet. c. av. Xen. Symp. 4, 16. δυναίμην ἂν Ἰλιάδα ὕλην 
ἀπὸ στόματος εἰπεῖν, obwol das „Können ‚wirklich ist, also statt 
δύναμαι. — Thuc. V, 68. οὐκ ἂν ἐδυνάμην γράψαι ἀκριβῶς 
τὸν ἀριϑμόν: anch hier ist das (οὐ) δύνασθαι wirklich; und eine 
etwa hinzutretende Bedingung, z. B. „wenn das gefordert würde“ 
würde nicht das Können, sondern das γράψαε bedingen. Sogar 
der Aor. von. der „Vergangenheit findet sich: Xen. Mem. Ill, 6. fin. 
μᾶλλον δὲ οὐδ᾽ ἂν ἠδυνήθην κομίσαι» wo allerdings aus dem 
Vorigen εἰ ἔδει μὲ φέρειν hinzudenken ist, was aber wieder nicht 
das ἐδυνήϑην (οὐκ), was wirklich ist, sondern das χομίσαε be- 
dingt, was der Recension wegen zu bemerken war; ebensowie, _ 
dass den Unterschied zwischen δυναίμην av und ἠδυνάμην ἄν 
durch deutsche Uebersetzung anzugeben, keineswegs nothwendig 
war, da die Bedeutung beider Modusformen dieselbe ist, wie sie 
oben angegeben war, Die Uebersetzung verstand sich von selbst, 
es handelte sich nur um Auffassung des Gebrauchs. 

8. Dem Hülfsverbo des Wollens geben alle drei Sprachen 
häufig die Modalform, welche das Verhältniss der .gewollten Hand- 
lung zur Wirklichkeit ausspricht. z. B. velim ignoscas und vellem 
ignosceres, βουλοίμην ἄν und ἐβουλόμην ἄν wird gesagt, auch 
wo das Wollen wirklich ist, also für volo und βούλομαι. Den- 
noch ist in der Fassung ein deutlicher Unterschied. im Latein 
hat diese Classe allein die Verschiebung regelmässig; nimmt man 
hinzu, dass auch beim Können fast nur diejenige Verschiebung, 
bei welcher die Modalform der Bedentung des posse entsprach, 
gebräuchlich war (d. ἢ. possim; weniger possem), so wird mar 
jenes velim und vellem so za fassen haben, duss das Wünschen 
noch einmal durch die Modusform des Wunsches aus- 
geprägt sei, womit die Fälle der Verschiebung im Latem über- 
haupt auf die oben angegebene Grundlage zurückgeführt sind, 
Man nennt dies velim etc. eine Feinheit des Ausdrucks; worin 
aber diese bestehe, war noch anzugeben. — Im Griechischen 
dagegen besteht die Verschiebung darin, dass die Modusform, die 
dem Gewollten zukäme, wenn man dessen Verhältniss zur Wirk- 
lichkeit in einem Urtheilssatze ausspräche , auf das Wollen selber 
übertragen wird ; denn sonst würde &v fehlen. Es gibt freilich 
ἐβουλόμην ohne av, aber das ist kein Wunsch, wie vellem. Denn 
schon, dass daneben βουλοίμην ohne ἄν nicht existirt, zeigt, dass 
jenes ἐβουλόμην temporal zu fassen ist. So findet es sich häufig 
bei den Rednern mit μέν» = „es war freilich mein Wunsch a. 5. w.“ 
„aber nun sehe ich doch u, 5. w.“ 


92 Das syntakt. ‚System der Tempora und Modi 


4. Nachzuholen ist, dass, was von ἔδει gilt, natürlich auch 
von allem, was gleicher Bedeutung ist, gilt, z. B. αἰσχρὸν ἦν, 
εἰκὸς ἦν, δίκαιος ἦν. ἄξιον ἦν. vgl. Bäuml. p. 145. Auch ἔπρεπεν 
cf. Plat. Rep. V, 474, Ὁ. Aehnlich im Latein. — Ferner, dass es 
natürlich auch ἔδει temporal, und auch neben εἰ c. Praet. gibt, 
ebenso δέον ἄν, ohne Verschiebung, und im Latein analog das 
Praes. Conj. der Ausdrücke des Müssens. 

Im Latein gehören hierher uoch die Formen auf turus, die 
auch neben si c. Conj. Praet. meist im Indic. stehen bleiben, als 
Angabe einer Beschaffenheit, unabhängig von dem Satze mit si, 
Die Unterschiede siehe bei Reisig. 5. 515. sq. — Der Analogie 
von turus sum folgen wieder die Sätze mit prope und paene: propne 
cecidi: denn das ‚fast fallen“ ist wirklich: „ich war (wirklich) 
im Begriff.“ Das Deutsche: ‚ich wäre beinahe‘‘ ist ebenfalls rich- 
tig, nur überflüssig, dass das Fallen noch einmal durch die Modal- 
form als nicht wirklich angegeben wird. Lucian. Somn. 5. μικροῦ 
γοῦν με διεσπάσαντος Endlich gehört noch hierher longum est 
narrare, nicht esset: aber sit gibt es häufig, wie auch im Griech. 
den Opt. c. ὄν. & λόγος πολὺς ἂν εἴη. ἐπιλείποι δ᾽ ἂν ἡμᾶς ὁ πᾶς 
χρύνος. 


Modi des subordinirten Satzes. 


δ. 7. Anordaung und Eintheilung. 


1. Kaum ist ein Theil der Moduslehre bestrittener, als die 
Frage ihrer Anordnung für die untergeordneten Sätze. Theils gab 
maır wol Bestimmungen über die augenfälligsten Satzarten, nicht 
selten kamen dann aber hinterher noch als eine besondere Art die 
„Relativsätze“, während doch alle subordinirten Sätze (ausser 
den Infinitivstructuren) relative sind; denn jener Name bezeichnet 
nur die Form ihrer Einleitung. Theils ging man von irgend 
einer a priori construirten Eintheilang der Sätze aus; dabei ent- 
schieden namentlich wieder die Bedeutungen der einleitenden Rela- 
tiva, während eine Moduslehre doch offenbar die Modasformen 
selber als Eintheilungsmoment vor allem zu berücksichtigen hat. 
Es erhielt ferner so die doch allgemein verworfene Annahme, als 
regirten bestimmte Partikeln bestimmte Modusformen, neue Stütze. 
Ferner bestand die Bestimmung, wann die einzelnen Modusformen 
hier zur Anwendung kämen, entweder in Wiederholung der auf- 
gestellten Grundbedeutuugen, — wobei denn natürlich unberück- 
sichtigt blieb, dass und weshalb gewisse Modusformen in ein- 
zelnen Satzarten gar nicht vorkämen; oder man stellte wirklich 
(wie Kühner) die in den einzelnen Satzarten wirklich vorkommen- 
den Modusformen auf; aber es blieb erstens der Mangel, dass in 
einer Moduslehre nicht nach Modusformen getheilt war, wie um 
zur Einsicht dieser zu gelangen unabweisbar ist; zweitens bestand 
auch da die Erklärung der aufgestellten nur in der schon bekann- 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 93 


ten ihrer Grundbedeutungen, ganz abgesehen davon, ob nicht 
ausser den aufgestellten noch andere als vorkommend sich erweisen 
werden, und ob die befolgte Satzeintheilung richtig .sei. 

Aprioristische Satzeintheilungen sind natürlich mehrere 
möglich ; der Streit darüber darf aber keineswegs veranlassen, solche 
überhaupt aufzugeben, wie neuerdings wol geschehen ist und auch 
den blos Formen vergleichenden Forschern am bequemsten scheint, 
Moduslehre und Satziehre hängen aufs Engste zusammen, und, 
wenn irgendwo, im Griechischen. Nur hat man sich ver will- 
kürlichen Eintheilungen zu hüten, die natürlich nichts erklären. 
So ist die Eintheilung nach Substantiv- Adjectiv- und Adverbial- 
sätzen eine willkürliche und nur dem modernen Sprachbewusstsein 
entnommene, schon weil Substantive und Adjective in den alten 
Sprachen gar nicht so geschieden sind; ferner gelten für die Modi 
der beiden letzteren dieselben Regeln. Dadurch werden freilich 
wir 088 nicht gehindert sehen, jene Namen in anderer Auffassung 
beizubehalten, 

Die Lösung (dieser Schwierigkeiten beruht auf Auffindung einer 
Vermittelung der Ansprüche der Modusformen .selber, .auf Einthei- 
lung der Sätze mit den aprioristischen. Diese aber findet sich 
leicht, wenn man (die Negation und av als modale Bestimmungen 
mitgerechnet) die überhaupt vorkommenden Modusreihen, wie 
sie zusammengehören, aufsucht und aufstellt, und die Bedeutung 
der einzelnen Reihen im Ganzen bestimmt, so ergeben sich die 
des einfachen Satzes, die finale, die causale (4. i. die im Bedin- 
gungssatz erscheinende) und die or. oblig. Durch die in diesen 
Reihen fixirten Modalformen werden wir im Griechischen vielfach 
das ausgedrückt sehen, was in späteren Spracheu immer mehr 
Sache bestimmter Wörter, der einleitenden Conjunctionen, wird. 

2. Der Form nach sind subordinirte Sätze solche, die durch 
eine Relativform eingeleitet sind. Da es freilich ursprünglich 
nur Hauptsätze gab, so kann die Form der Nebensätze keine ur- 
sprüngliche sein, sondern das Griechische verwandte als Rela- 
tiv das Demonstrativ (ὃς aus 6 κτλ.; vgl. Hom. u. Hdt.); das La- 
tein das Interrogativ (daher die qu- und ὦ beginnenden Formen 
beides sind); das Deutsche beiderlei Formen (,‚der Mann, der‘ 
und „‚welcher“, „der Ort, da“ und ,„wo“). Allerlei Fixirungen 
traten hinzu: z. B. zu tum blieb nur quando Interrogativ, quum 
wurde rein relativ. vgl. auch im Deutschen „der (τῆς) und 
„deren“ (ἧς) etc. 

Für die Relativa ergibt sich als Eintheilung die in flexible 
(adjectivische) und inflexible (adverbiale); letztere zerfallen. in Ort, 
Zeit und Art und Weise bestimmende. Weitere Bedeutungen sind 
nicht ursprüngliche, und der Ausdruck dieser „logischen‘‘ Verhält- 
nisse ist griechisch wesentlich Sache der Modi. 

Der Bedeutung nach schliesst sich der subordinirte Satz 
entweder einem schon vorhandenen Satzgliede als weitere 


9 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


Bestimmung an, oder aber, er bildet selber einen der zur Voll- 
ständigkeit eines Satzes als solchen nothwendigen Bestandtheile. 
Für letztere verwenden wır den Namen Substantivsätze, indem 
diese die Stelle eines Subjects oder Objects vertretee. Die Nicht- 
substantivsätze (auch speciell Relativsätze oder Attributivsätze 
za nennen) zerfallen in Adjectiv- und Adverbialsätze, je nach- 
dem das schon Gegebene im Satze, das sie näher bestimmen sollen, 
entweder ein Subject und Object oder — ein Praedikat, 4, h. kurz, 
entweder ein Nomen oder — ein Verbum ist. 

Die subordinirten Sätze entstehen, indem urspränglich selb- 
ständige Sätze Theile eines andern Satzes werden. Sie können 
da vertreten, oder etwas Vorhandenes näher bestimmen; dies Vor- 
handene kann entweder ein Subject und Objeet oder Praedikat sein, 
Der letztere Fall ist oben nicht berücksichtigt, denn ein Praedikat, 
die Spitze des Satzes, kann nicht durch einen Nebensatz vertreten 
werden; letzterer würde sofort Hauptsatz werden. — Nach unse- 
serer Fassung sind auch die Nebensätse nicht etwa erweiterte 
Objecte, Attribute u, ä.; im Gegentheil, die Operation mit den 
Sätzen ist viel leichter und älter als die harten Zusammenziehungen, 
wie das noch neulich Curtius in der Zeitschr. f. vergl. Spr. dar- 
gethan hat. Damit fallt auch die Nothwendigkeit darauf begrün- 
deter Satzeintheilungen. — Die Benennung der Subjects- oder Ob- 
jectssätze und Substantivsätze hat in manchen Lehrbüchern (z. B. 
bei Mager) Verwirrung hervorgerufen, indem Umschreibungen, wie 
„(der), welcher bestohlen ist‘“ oder „(das), was geraubt ist“ als 
Sabstantivsätze gefasst werden. Es ist aber nur nicht streng genug 
im Auge behalten, dass für die Substantivsätze der Nebensatz 
Subject oder Object sein solle; also ein ganzer Satz, nicht aber 
das durch einen solchen umschriebene, d. h. nur attributiv be- 
stimmte Ding oder Wesen. Die angeführten Sätze sind also nichts 
als Objectivsätze; denn das Subject ist im Hauptsatze, wenigstens 
dem Gedanken nach, vorhanden: ‚das (Ding) welches u. 5. w.“, und 
ein Satz mit is homo , qui etc., oder mit is, qui soll doch keiner 
andern Satzart angehören, als einer mit qui? Wenn ein Satz 
Snbject oder Object wird, so muss er sich zusammenziehen lassen 
in den substantivirten Infinitiv: z. B. ‚dass er beraubt‘ = 
„sein Beraubtsein‘“, denn das Allerwesentlichste eines Satzes ist 
das Praedikat; zu diesem sind alles Uebrige nur Erweiterungen; die 
Substantivform des Verbi aber ist der Infinitiv. 

Die bisherige Eintheilung ist ganz der Sache entnommen; 
als Beispiel ihres praktischen Nutzens lässt sich schon anführen, 
dass die Regel im Latein vom Conj. der „‚indireeten Fragen‘, wo 
die Schüler häufig gar keine Fragen anerkennen wollen, bestimmt 
ist, sobald man sie auf alle „‚Substantivsätze in Relativform‘‘ aus- 
dehnt. — Die aufgestellten Bedingungen halten wir für die be- 
quemsten, theilweis schon desbalb , weil es keine neu gemachte sind; 
im Uebrigen ergibt sich das für und wider beiden einzelnen von selbst. 


+ 


im Griechischen. Von Aken za Güstrow. 9 


Die Substantivsätze zerfallen, je nachdem der sabstenti- 
virte Satz ein Urtheils- oder ein Begehrungssatz gewesen 
war, in 1) die sogenannten eigentlichen {mit ὅτε und ds), und 
2) io die finalen (ὅπως, es). Ausser den finalen Substantiv- 
sätzen gibt es aber noch finale. Adverbialsätze.e Man hat nämlich 
nicht alle Sätze, in denen lateinisch ein solches ut steht, das mit 
einer Negation ne gibt, in eine Classe zu werfen, wie z.B. Küh- 
ner es thut, Die deutlich mit „‚dass‘‘ eingeleiteten von jenen simd 
Substantiv-, die mit ‚„damit‘ sind Adverbialsätze: z. B. „ich 
strebe, wünsche, befehle, dass u. 5. w‘‘, aber „küämpfe, schreibe, da- 
mit u. s. w.‘ Bei ersterer Art ist der. Satz ohne ‚‚dass‘* u. s. w. ein na- 
vollständiger Gedanke; das nothwendige Object fehlt dann; bei der 
zweiten Art enthält der Satz auch ohae den Nebensatz mit „damit“ 
schon ‚einen vollständigen Gedanken; das ‚damit‘ gibt also nur 
eine nähere Bestimmung zu einem schon vorhandenen Satztheile. 
Es ist nur zur Vermeidung von Missverständnissen - schon hier zu 
bemerken, dass wir den Namen „Object“ nicht in der weiten Be- 
deutung der Beckerschen Grammatik fassen, und dass das Objects- 
verhältniss der Substantivsätze im Griechischen sich als das eines 
Accus. effectus, einer Art des Acc. verbalis, zeigen wird, im Deut- 
schen freilich als das eines Accus. transit. Gegen die obige Auf- 
fassung spricht auch nicht, dass man wol auch einmal ein „ich 
kämpfe, dass“ u.s.w. finden kann; denn da ist rhetorisch das Käm- 
pfen praegnant als ein Verbum des Strebens gefasst. Die Trennung 
beider Satzarten findet sich richtig bei Weissenborn. 

Für die Eintheiluong der Nichtsubstantivsätze reicht, 
wie oben gezeigt, weder die Form noch die Bedeutung der ein- 
leitenden Relativa aus. Hier müssen die Modusreihen mit ker- 
angezogen werden. Diese sind: 

A die beiden des selbständigen Satzes. - 

B subjunctive oder abhängige, d. h. solche, die nur 

im abhängigen Satze erscheinen. 
1. Die causale Modusreihe: 1) Indic., 2) Conj. mit ἀν 
8) Opt. ohue ἄν, 4) Indic, Praeter. ohne ἄν. Negation 
ist μή. , 
II. Die finale: 1) Indic. Fut., 2) Conj. eigentlich ohne ἂν, 
8) Opt. ohne ἄν, 4) Indic. Praet. ohne.&v. Negation ist μη). 
Ilf. Modus der orat. oblig, ex mente alius: Opt. ohne av; 
Negation ist an sich οὐ, wenn nicht schon die or. dir. 
im selben Falle μή verlangte. 

Dass das finale und causale Verhältaiss zum Hauptsatz 
durch Modusformen angegeben wird, ist etwas schon vom latei- 
nischen, noch mehr aber vom deutschen Standpunkte ganz Verschie- 
denes; wir erwarten diese Verhältnisse durch eigene Wörter, die 
Copjanctionen dafür, ausgedrückt. Zunächst ist aber festzuhalten, 
dass keine Wurzel in der Sprache eine andere Bedeutung hat, 
als eine in der sinnlichen Anschauung gegebene. Eine solche 


96 Das syntakt. System der Tempora nnd Modi 


liegt auch der Anfügung durch Coordination zu Grunde; die co- 
pulative und disjunctive wie die adversative Verbindung lassen alle 
eine sinnliche Auffassung zu, wie das Verbinden, Trennen und 
Gegenüberstellen. Erst das causale Verhältniss (,‚denn‘‘ und 
-„daher‘‘) ist ein rein logisches, Deshalb ist aber auch bei allen 
Verbindungswörtern dieser Art die causale Bedeutung erst eine 
gewordene (vgl. „durch“, „‚wegen‘ geben auch nur den Weg 
an, den die Handlung genommen). Es lässt sich ferner bei der 
subordinirten Satzverbindung das Logische alles auf die Causal- 
verbindung zurückführen. Das Causalverhältniss beruht nämlich auf 
dem von Ursache und Wirkung, auf der Forderung des Einen 
wegen des Andern. Die Verbindung zweier Gedanken dieses Ver- 
hältnisses zu einem Satze kann auf doppelte Weise geschehen. 
Es enthält: 
I. Der Hauptsatz die causa, das Gieiens; der Nebensatz den 
Effect, und zwar 
1) objeetiv bestimmt: Cönsecutivsatz: Ξε „so dass“; 
2) subjectiv: Finalsatz: = „damit“ (auch „‚dass“); 
II, Der Hauptsatz enthält den Effect; der Nebensatz die causa. 
1) objectiv: „es geschieht dies, weil‘: der eigentliche 
Causalsatz, 
2) subjectiv: 2268 geschieht dies, wenn‘: = Bedin- 
gungssatz. 

Der Concessivsatz (wenn auch, obgleich) steht beiden 
Classen des causalen Nebensatzes parallel: zu 1) = quamqguam 
und quamvis; zu 2) eliamsi, etsi: denn beide haben das gemein- 
sam, dass etwas, was an sich möglicher Weise als Grund des 
Hauptsatzes gedacht werden kann, dennoch als solcher wegge- 
leugnet wird. quamquam und quamvis erkennen dies Etwas als 
bestehend an; quamquam ruhiger, während quamvis trotz aller 
Steigerung doch eigentlich nur ein Minimum zugibt; licet gehört 
ebenfalls hierher, wenn es auch die Existenz der Handlung nur 
dem Andern zu gefallen einräumt; dagegen etiamsi über die Exi- 
stenz jenes- möglichen Grundes, so wenig wie überhaupt ein Satz 
mit si, sich etwas anmassen will. Ebenso etsi, trotzdem, dass es 
mehr da verwendet wird, wo man an die Existenz glaubt, behaup- 
tet es sie doch nicht. 

Für alle diese Verhältnisse haben die Sprachen keine arsprüng- 
liche Bezeichnungen. Schon der Satzartikel „dass‘‘ entsteht nur 
durch eine mechanisch orthographische Abänderung des ‚‚das““. 
„Sodass‘ kann auch „in der Art dass‘ (da ut) sein; „damit‘ 
enthält von Absicht nichts; = ,‚‚da‘“ mit Andeutung irgend einer 
Verbindung überhaupt; „weil“ drückt eigentlich nur eine Zeit aus 
(vgl. „die Weile‘“‘); dialektisch wird es auch noch so gebraucht; 
„wenn“ ist kein ursprüngliches Wort; es ist eine Abschwächung 
aus „wann‘, das im Curialstil noch oft für „‚wenn‘“ sich findet; 
die Stempelung des „wenn“ zur Condicionalconjunction ist etwas 


im Griechischen. Von Aken. zu- Güstrow. 97 
an sich gar nicht Nothwendiges. „weil“ und „wenn“ sind beide 
= ὅτε; „obgleich, obschon“ sprechen nur den wegzuleug-. 
nenden möglichen Grund verstärkter aus; das „ob“ darin ist das- 
selbe, was οἱ und εἰ in Fragen, nur bier relativ, Das „gleich“ 
hebt nur die Wahrheit des Satzes an sich hervor; „obgchon‘ — 
9980 schön auch‘ u. s. w. vgl, „gleich“ findet_sich dialektisch — 
„doch“; „zwar“ — „in Wahrheit“ (alt: zeware), 

Im Latein ist ut an sich nichts als ‚wie‘; ebenso das qui 
in quin; quo nichts als „wohin“: uf gibt also mehr die Art und 
Weise, den ganzen Weg, quo nur den Endpunkt.an , ist also. schärfer. 
qued und. guia sind nur die Satzartikel; diese Sätze waren. also 
bei der freiern Anwendung des Accnsativverhältuisses in der alten 
Sprache eigentlich Objectssätze. cum — Relativ zu tum; si Relativ 
zu sic; quamquam etc. sind einfach Steigerungen. 

Im Griechischen ist are = „und .so‘“ oder einfach Be- 
lativ zu ὡς ‚vel. ῦστε. ὡς und ὅπως sind immer nur „wie; ἵνα 
„wohin“. ὅτε vgl. quad und ö bei Hom. εἰ τες si: vgl. εἴτε und sive. 
Für das .Concessivverhältniss hat es nur die Formen mit si; die 
andern werden durch Participia mit πέρ bezeichnet; nur die spätere 
Verwendung von ἐπεί; analog cum τε „obgleich“, darf wol nicht 
bestritten werden. 

Zunächst ergibt sich unter den drei Sprachen: der Unterschied, 
dass im Griechischen und Latein ‚jene Conjunctionen auch noch an- 
ders verwendet werden, nämlich in ihren ursprünglichen Bedeutun- 
gen; dass aber im Deutschen djeselben bestimmt eben jene logischen 
Verhältnisse anssprechen, sogut wie ganz in ihrer frühern Bedey- 
tung aufgegeben sind: kurz, erst. das Deutsche hat sich eigne 
Wörter jener logischen Bedeutung geschaffen, wozu in den bei- 
den andern Sprachen erst die Anfänge gemacht. sind.. — 

Dem analog: ist der Gang in der Structur. derselben der: das 
Griechische construirt diese Wörter in ihrer logischen Verwen- 
dung nieht anders, als in ihrer ursprünglichen 2, B. ξἔπεί und ὅτε 
als. quum causale doch nur mit- den. Modis des einfachen Urtheils- 
satzes und ov. Allerdings erscheinen in: jenen Sätzen neue Modus-_ 
reihen, aber diese sind ‚noch gar nicht an einzelne Wörter gebun- 
den. (nur in wenigen, Anfängen zeigen sich Fixirungen). Das 
Latein construirt im Allgemeinen, sobald jene Relativa, logisch 
verwandt werden, sie mit. dem „Conjunctiv.“ Es liegt dabei anf 
der Hand, wie wenig mit solcher Bestimmung fürs "Griechische 
etwas gesagt wäre: was kann nicht alles ἴῃ einem lateinischen 
„Conjunctivus‘ enthalten sein! wie viel mehr Hülfsmittel zum Aus- 
druck der Modalität müsste das ‚Griechische nicht ausser. denen 
noch. haben, die es schon hat, wenn es die logische Verwendung 
bezeichnen wollte! — Das Deutsche endlich, weil es eigne 
Worte zum Ausdruck des Logischen (gleichviel, auf welche Weis«‘) 
gewonnen hat, braucht durch die Modi keinen Ausdruck dafür zu 

Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 1. ἮΝ 7 


- 


98 Das syntakt, System der Tempora und Modi 


suchen, und kann in allen jenen Verhältnissen den Indicativ setzen, 
sogar bei „damit“. 

Das Latein bildet eine Mittelstufe zwischen den andern bei- 
den Sprachen, insofern in ihm das Bedürfniss nach Bezeiehnung 
der logi*then Verwendung doch schon Ausdruck gewonnen hat. 
Das zeigt sich auch darin, dass sogar „sodass“ und „weils, 
auch wenn sie noch so sehr etwas Wirkliches bringen, doch den 
'Conjunctiv verlangen. quod und 'quia müssen im Latein als selber 
schon zu deutlich „weil“ bezeichnend angesehen sein; denn das 
„Factische“ u. s, w. kann hier so wenig entscheiden, wie bei μὲ = 
„sodass“, Bei quoniam (= cum jam) und quando galten andere 
Nebenrücksichten; man wollte das offenbare Vorliegen hervorheben ; 
quamquam hat seine Structur analog quisquis, utut etc. Bei den 
Sätzen mit „wenn“ ist natürlich ebenfalls der Indic. offen gehal- 
ten, der Conj. zum Ausdruck der Wiederholung ist aber auf der 
Bedeutung des „wenn‘“ beruhend. 

Das Griechische lässt andere Modi als die gewöhnlichen des 
einfachen Satzes nur in den beiden Nebensätzen subjectiver Be- 
stimmung („damit‘ und „wenn‘) eintreten, bezeichnet aber 
diese Verhältnisse des Causalnexus eben wesentlich durch die 
Modusform, keine Beschränkung auf bestimmte Conjüunctionen 
‚ist vorhanden. Ist z. B. das Bedingende ein Ort, so kann ein 
„wo“ u.s.w. mit allen Modis des Bedingungssatzes eintreten ; also 
nicht εἰ ist das Wesen eines solchen: εὖ erscheint nur, wenn 
die Abhängigkeit des Hauptsatzes vom Nebensatze, d. h. dessen 
Thätigkeitsbegriff, nicht aber von einem Orte, Zeit a. 5. w. ausge- 
drückt werden soll, bildet aber freilich den Bedingungssatz in 
reinster Form; aber” auch hier ist εἶ nicht nothwendig; es kann 
fehlen, wie der parataktische Indicativ und bei Homer anch' Op- 
tativ (ein μὲν ἡμῖν κτξ.) darthut. Bei den Finalsätzen werden 
wir allerdings eine Beschränkung in Anwendung der finalen Mo- 
dusreihe bei andern Relativis, als den schon mehr als Finalcon- 
junctionen ἃ betrachteten εἷς, ὅ ὁπῶς; ἵνα". erkennen; aber Sätze, wie 
Dante μὲ ὅττι τάχιστα, πύλας ᾽᾿Αἴδαο περήσω und ἐπίμεινον, τεύ- 
χεα δύω, sowie der Gebrauch des Conj. metuitiv. bei Homer zei- 
gen, dass der Ausdruck des Finalen nicht wesentlich in einer Con- 
junction lag, — Auch das Latein hat noch Manches hievon. 

Danach ergibt sich, dass eine Eintheilung nach Adjectivsäfzen, 
Sätzen der Zeit, des Orts u.s.w. bis za denien der Bedingung υ. 5. w. 
nicht die für die Moduslehre passende sein kann, schon weil Wie- 
derholung derselben Modusbestimmungen sich in allen wiederholen 
würde; für Adjectiv- und Adverbialsätze gelten ja dieselben mo- 
dalen Bestimmungen. Die Eintheilung wird vielmehr folgende sein 
müssen: oo 

A, Substantivsätze, 

(der Nebensatz ist Subject oder Object = „dass“ nnd 
ein Theil der indirecten Fragen). 


im Griechischen; Von Aken zu Güstrow. : 90 


I. eigentliche: teid Urtheilssatz ist substantivirt: daher auch 
‘ dessen "Modi und: der:Opt. der orat. öblig. — Conjunctionen 
+ == 9m und og, die aber zuweilen auch ganz fehlen. 
- ἢ, finale, mit ὡς und ὅπως zur Eimleitung substantivirter Be- 
_ gehrungssätze. 
‘B, Adjeetiv- und Adverbialsätze, 
(d. h, der Nebensatz erweitert ein vorhandenes Sub- 
᾿ς ‚jeet [Object]-oder Praedicat). 
Ἐν mit Causalnexus zum Hauptsatze, : 
1) der Nebensatz bringt den Effe et; 
a) Consecutivsatz: = „sodass: ὥστε (Modi des ein- 
fachen' Urtheilssatzes). 
b)' Finalsatz = ‚damit‘: ausgedrückt durch die finale 
“τ᾿ Mödnusreilte: sowol ὡς ὅπως ἵνα. als beliebige 
"τ andere Retativa. 
2) der Nebensat® bringt die causa; 
'a) Sätze des Grundes: = „wäl‘‘; ὅτε, ἐπεί κτέ.: Modi 
des einfachen Satzes, ᾿ 
b) Bedingungssatz- ==. „wenn“ τς tausale Modus- 
reihe, 
a) eigentliche; εν 
‘ ß) allgemeine relativische Sätze (zunbest. Frequenz“), 
) Convessivsätze: ' 
, 4) ΟΝ | 
) dem „wenn‘‘ entsprechende. 
1l. Neben ine Causalnezus: dieser ist wenigstens“ weder 
durch: die Modi noch durch die einleitenden Relativa ausge- 
sprochen. Hier stehen also alle adjectivischen wie adver- 
bialen‘ Relafıva in ihrer eigentlichen Bedentung, mit den 

s Modis beider Arten .des einfachen Satzes, 

‘ Darch diese Eintheilung glauben wir 8) die Annahme, dass 
gewisse Conjunctionen bestimmte Modi regieren, im Zusammen- 
hange widerlegt}-2) die Moduslehre, wie es unbedingt nothwendig 
ist, nach den Modis :eingetheilt zu haben, ohhe dass man jedoch - 
bei Erklärang, einer einzelnen ziisammengesetzten Modusform (z.B. 
des Opt. c. ἄν mit ou) auf Wiederhölang der Grundbedentungen 
der einzelnen Bestandtheile allein zugewiesen wäre; 3) zugleich: die 
Satzeintheilung gebührendermaassen | in ihrem ' Rechte gelassen zu 
haben, ohne welche‘ allerdings, eine ‘Vergleichung mit andern Spra- 
chen unmöglich ist, 

Wie jene Sätze in Fregeform modaliter sich -gestalten, wirtl 
schliesslich im Zusammenhange anzufügen sein. 

Der Opt. der orat, oblig. ex mente alius ist der subjunctive 
Modus, der in allen Nebensätzen vorkommen kann; daher finden 
. wir ihn ‘auch sthon in den Substantivsätzen. Wir haben daher, 
und namentlich auch wegen der Vergleichung mit dem Latein, fol- 
gende allgemeine Sätze ‘aufzustellen: 1) der „griech. hen or. obhg. 


100 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


entspricht nur einem Indic. oder einem Conj. der direeten Rede; 
der Conj, mit ἄν wirft dann gewöhnlich das ἄν fort. 2) Die 3. 
und 4. Modusstufe haben keinen Ausdruck in der oral. oblig Hin 
und wieder findet sich ein Ind. Praet. als nicht durchgeführter An- 
fang einer or. oblig. der 4. Modusstufe im Adj.- und Adverbial- 
satze, wenn sich ch die meisten Fälle als Bedingnngssätze fassen 
lassen. Pi. Rep. X. 600. E: ἡ el μὴ ἔπειϑον αὐτοὶ ἂν ἐπαιδα- 
γώγουν, ὅπη αν, Men. 89. Β. ἦσαν ἂν ot ἐγίγνωσκον, von 
der Gegenwart. Doch zeigt sich immer baldiges Zurückfallen in 
den Optativ. vgl. Cratyl. 394. ἢ. Der Satz, dass das ὧν fehlen 
könne, weil e# schon im Hauptsatz stehe, ist gar nicht durchzu- 
führen; häufig kann es gar nicht stehen, besonders wenn der 
Nebensatz in bedingendem Verhältnisse zum Hauptsatze steht. — 
3) Der Opf. or. oblig. ist nur möglich, wenn der Hauptsatz in der 
Vergangenheit oder doch in einem zeitlosen Praesens steht. Diese 
Beschränkung, im Latein nicht mehr vorhanden, ist eine sehr ge- 
rechtfertigte; denn jede Relation referixt, genau genommen, Vergan- 
genes. — 4) Ferner kann der Opt. nur stehen, wenn seine Hand- 
lung der des Hauptsatzes gleichzeitig ist, nicht, wenn sie vor 
dessen Zeit fällt, ἃ. h. im Allgemeinen nur, wo er direct ein Prae- 
sens wäre. Denn der Opt. Perf. ist dafür weder häufig, noch 
drückt er, genau genommen, Vergangenheit aus. Es findet sich 
in Sätzen mit Ors ferner wol der Opt. Aor. manchmal, wo direct 
ein Praeter. nöthig wäre, aber das ist eben nur Nothbehelf 9 wo 
keine Zweideutigkeit möglich ist. Die indirecten Fragen zeigen 
das Eigentliche seiner Bedeutung deutlicher. Im Allgemeinen ist 
für einen direct in der Vergangenheit stehenden Satz keine or. oblig. 
möglich. — -ὅ) Mit diesen Beschränkungen hängt nothwendig zu- 
sammen, dass es griechisch noch gar keine Nothwendigkeit 
die oratio obliqua zu bezeichnen gibt, dass man sich also nicht 
wundern darf, Indicative zu finden, die blos die Meinung An- 
derer referiren, vom Bedenden nicht selten für unwahr Gehal- 
tenes. Die or. oblig. ist im Griechischen eben erst im Werden. 
6) Die or. oblig. als solche bringt kein μή statt οὐ; man darf daher 
solches nie als durch or. oblig. entstanden erklären. Es ist viel- 
mehr dann meist das condicienale. 


A. Modi der Substantivsätze. 


Als besondere Form dieser haben die alten Sprachen nur die 
Infinitivstructuren. Der Acc. c. Inf. ist anzusehen als äusserliche 
Zusammenstellung der zu einem Satze nothwendigen Stücke, Sub- 
jects und Praedicats; sie sind nur noch nicht in einander gefügt; 
das Subject erscheint daher noch als dasjenige, anf das die Thätig- 
keit des Praedicats zugeht, und steht deshalb im Objectscasus, 
nicht aber wird der Acc, vom Verbo des Hauptsatzes regiert, so dass . 
der Infinitiv nachschleppte. Diese Structur kennt das Deutsche 
jetzt nieht, mehr, ‘denn auch z.B. in: „ich heisse ihn etwas thun‘ 


4. . 
re 


Φ 
: 
. Φ ν os 


- im Griechischen. Von Aken zu Gästrow.- 101 


hängt der Acc. direct von heissen“ ab. vgl jubeo. Das Deutsche 
hat als bestimmte Form dieser Sätze sich den Satzartikel „dass“, 
ein Formwort im eigentlichsten Sinne, geschaffen, durch ein Ver- 
fahren, das dem Griechischen gänzlich fern liegt. Das Grie- 
chische braucht analog auch ὅ (bei Homer), und ὅτι, ferner 
εἷς, auch ὅπως» „wie“, nur dass die Fixirung nicht so durchge- 
drungen ist. Das Latein, mehr nach Bestimmtheit strebend, lässt 
den eigentlichen Substantivsatz nur im Acc. c. Inf. erscheinen ; ὅτι 
und og entsprechende Formen hat es hier nicht; nur die paar 
Fälle mit est ut, — fit ut, non veri simile est ul etc, gehören hier- 
her: denn das ut ist hier kein finales; der Conj. steht nur, wie 
im Allgemeinen bei allen Substantivsätzen‘ in Relativform im Latein. 
quod (ὅτι) hat es nur, wo es = id 'quod einen Accus. transit. 
vertritt (vgl unten), d. h. esgibt scio quod, laudo quod, aber. nicht 
puto quod etc. Einige Beispiele bei Krüger. lat. Gr. $. 563 u. 590. 
(mitto quod, adde quod). Dagegen scheidet das Latein den sub- 
stantivischen Finalsatz (‚‚dass“) nicht vom adverbialen („‚damit‘‘), 
während das Deutsche die beiden Arten des Substantivsatzes nicht 
unterscheidet (‚„dass“). Auch im Griechischen sind die Sätze mit 
ὅτι — „weil wol als Objecte gefasst, also eigentlich als Substan- 
tirsätze angeschaut: 'vgl. gaudeo, miror; auch das spricht dafür, dass 
ὅτε nie mit der causalen Modusreihe erscheinen kann, wie doch 
ἐπεί κτλ. Letztere Data sollen nur zeigen, dass die aprioristisch 
nothwendige Eintheilung in Substantivsätze und Nichtsubstantivsätze 
nicht von den alten Sprachen gedacht ist; ‚jedoch ist sie, als einen 
Anhalt für die Vergleichung bietend, entschieden beizubehalten. 


I. Eigentliche Substantivsätze. 


1. Die vorkommenden Formen sind: 4) Indic., 2) Opt. c. ἄν; 
8) Ind, Praet. c. ἄν, 4) blosse Opt. 5, Kühner u. a. Negation 
überall οὐ: obwol sich wol keine Grundbedentung von un se 
aufstellen liesse, dass, danach allein geschlessen, nicht auch die- 
ses hier sollte denkbar sein können. — Dass es nicht genügt den 
Opt. mit ἄν von dem ohne ἄν durch irgend eine aufzustellende 
Grundbedeutung des ἄν zu scheiden, ergibt sich Jdaraus, dass der 
Opt. mit ἄν recht eigentlich der Gegenwart, d. h. dem Hauptsatze 
im Praesens angehört, freilich auch stehen bleiben kann, wenn dies 
in die Vergangenheit übergeht; dass dagegen der Opt. ohne ἄν 
den Hanptsatz im Praeter. verlangt; z. B. Plut. Caes. 62. λέγεται 
εἰπεῖν ὡς δικαιότερα μὲν λέγοι Κάσσιος» αὐτὸς μέντοι. Βροῦτον 
οὐκ av παρέλθοι: das παρέλθοι ἄν ist schon in der directen Rede 
so gesprochen; das λέγοι war-da λέγει. Kurz, der Opt. ohne ἄν 
zeigt sich in allen seinen Beschränkungen als der Opt. der or. ob- 
hq., dem keine Rücksicht auf „Umstände, kein dabeistehendes 
εἰ ein ἄν beizubringen vermag. — Die drei ersten Formen erge- 
ben sich danach von selbst als die Modusformen des einfachen Ur- 
theilssatzes; dieser wird also in seiner Abhängigkeit als Substantir- 


102 Das syatakt, System der Tempora und Modi 


satz. ganz in denselben, Modusformen .belassen, die er 
als selbständiger hatte; sndass- sich won selbst auch die Mög- 
lichkeit eines ὅτι. mit οὐ μή .c, Conj.. pro :Fut. ergibt, z. B. ‘Xen. 
Hell. IV, 2, 3, Thuc, V, 69. Dem. XX11], 179.. obwol die Gram- 
matiken. dieses Falls ‚nicht gedenken, Es ist aber noch. streng 
festzuhalten, dass der Substantivsafz. auch ὑπ|.86} Ὁ 6 πὶ Tempus 
zu verbleiben habe, welches er. als ‚selbstständiger Satz - einnahm: 
denn, da im Dentschen der Opt. Vbi Imperf. (Imperf.. Conj.) bei 

den schwachen Verbis mit dem Impf. Iud. gleichlautet, ferner das 
Deutsche die orat. ablig. stets ausdrückt, so ist der Schüler leicht 
versucht im Griechischep den lad. Praet. zu setzen, wo nur der 
Ind. Praes. (oder der Opt. or, obliq.) stehen kann, Ζ, B..,,ein 
Bote meldete, dass die Feinde anrückten, (ὅτε προσέρχονται). 
Grammatiken und Anmerkungen thun diesem .Irrthume Vorschub, 
indem sie bald von „Lebbaftigkeit‘‘ reden, bald eben nur auf Wie- 
derholung der Grundbedeutungen sich einlassen und z. B. Fälle, 
‚wie jenes ὅτε προσέρχονται als „wirklich‘“ dargestellt erklärten, 
während ὅτι προσέρχοεγτο dies nur „als die Meinung u. 5. με. des 
Boten“ angäbe. Dies ist natürlich an sich wahr, hesagt aber gar 
nichts, Denn bei ὅτι. προσέρχονται übernimmt der Beferirende, 
der Schriftsteller. keineswegs. die Behauptung der Wirklichkeit; dass 
der Bote aber es als wirklich behaupte, liegt ebenso gut.in ὅτι 
προσέρχοιμτο. Soll ausgedrückt werden, dass der Schsiftsteller die 
Nachricht für wahr halte, so müsste es vielmehr heissen ars προσήρ- 
χοντο = „die Feinde rückten an; und diea.ward dureh einenu.s.w. 
gemeldet.“ Vgl. z. B. Xen, Hell. Il, 2, 22. προηγόρευδν αὐτῶν 
Θηραμένης λέγων εἷς χρὴ πείϑεσθϑαι τοῖς Δακ. enthält das χρή 
durchaus nicht als vom Xen. Behauptete, und χρή ist völlig gleich 
χρείη. Isocr. Callim. (XVII). 40. ᾿ dda...ö.: ἄρα μέμνηται —, 
ἀξιοῦτε αὐτὸν un ἐκείνων. κατηγορεῖν, ἀλλ᾽ ὡς ἐγοὶ τὰ χρήματα 
εἴληφα διδάσκειν. id. XV, 80. πεειρᾶταέ μὲ διαβάλλειν, ὡς δια- 
φϑείφρω. ΧΥΤΠ, 67. ἐπιχειρήσει λέγειν, ὡς ἡμεῖς ψευδόμεϑα: 
und so gibt es Stellen bei den Bedaern dutzendweis,, wo der In- 
dic. gerade von dem steht, was der Redenide bestreitet. permit. 
(XV). 56. τοῦ κατηγόρον . διαβάλλοντος, ὅτι τοιούτους γράφω 
λόγους», οἱ καὶ τὴν πόλιν βλάπτουσι καὶ τοὺς νεωτέρους δεα - 
φϑείφουσι. (Also auch or,’ obwol das hier seltener ist; als 
εὗρ). Ja, auch offenbare Lügen, und vom Schriftsteller ao: angese- 
bene, stehen im Indic. .z. B. Xen, Hell. I; 6, 37. πάλεν φξῥέζπεμψε, 
εἰπὼν τοῖς ἐνοῦσε — αὖϑις πλεῖν ἐς τὸ ἑαυτῶν. στρατόπεδον ἐστε- 
φανωμένους καὶ βοῶντας. ὅτι Καλλικρατίδας -νενέκη κε ναυμα- 
χῶν καὶ ὅτι al τῶν ᾿Αϑηναίων νῆος ἀπολώλασιν ἄπασαμ: nach 
der Schlacht bei.den Arginusen. Pl. Cam, 6. φασὶ. τὸ ἄγαλμα 
εἰπεῖν ὅτι βούλεται. "Alc. 36. ἔλεγε, ὡς Alu. τὸς ναῦς ἀπο - 
λώλεκε. Thuc. VIII, 14. γενομένων λόγων, εἷς ἄλλαι νῆες πολ- 
λαὶ προσπλέουσιν, ἀφίστανται Χῖοι. Auch das -Praeter. ist 
aöglich, wenn nämlich schan direct der. Satz im-Praeter. 


. ım Griechischen, Von Aken zu Güstrow, 103 


stand. Isocr. Trap. (XVII). 38. ἴσως μάρτυρας παρέξεται. ὡς 
ἔξαρνος ἐγενόμην. Lys. Agor. 70. ἐξαπατῆσαι ὑμᾶς πειράσε- 
ται, ὡς Φρύνιχον ἀπέκτεινε. οὔτε γὰρ ©. ἀπέκτεινε οὔτε κτέ. 
Dies ist also eine zweite Anwendung des Praet., wo im Deut- 
schen das Plusq. Conj. steht. Diese Vergangenheit durch pr. obl. 
auszudrücken, ist das Griechische gar nicht im Stande. Der 
Opt. Perf. würde was Anderes bedeuten, ist auch nicht häufig; der 
Opt. Aor. steht freilich gar nicht selten von Vergangenem (Thuc. 
VII, 31. ἀγγέλλει ὅτι πύϑοιτο. V, 61. ἔλεγον ὅτι οὐκ ὀρϑῶς αἱ 
σπονδαὶ γένοιντο), aber doch nur wo keine Zweideutigkeit mög- 
lich ist; dass er die Bedeutung der Vergangenheit gegenüber dem 
des Praes. nicht hat, ist in der Tempuslehre gezeigt und zeigen 
die indirecten. Fragen. Bei ὅτε und wg wird der Opt. Aor. frei- 
lich nicht von der Haupthandlung gleichzeitigen Handlangen (also 
direct — Praes.) vorkommen, aber nur, weil hier der Ausdruck der 
Dauer nöthig ist. Was hilft also die „‚Lebhaftigkeit“ als Grund 
der Indicative, wenn, in manchen Fällen, die Sprache zu dieser ge- 
zwungen war? Dann muss doch vielmehr der Grund dieses Zwanges 
aufgesucht werden, zumal da die ‚‚Lebhaftigkeit‘‘ den obigen Un- 
terschied zwischen Praes. und Praet, Indic. gar nicht berührt. PI. 
Ages. λέγουσι ὅτι μικροῖς τοῖς παισὶ οὖσι συνέπαιξεν könnte nie 
Opt. werden. Isocr. Trap. 18. ἔλεγεν ὡς ἠναγκάσϑη καὶ πει- 
φάσοιτο. Xen. Hell. II, 5, 4. ὡς οὐκ ἤφξαντο. III, 1, 8. κα- 
τηγόρουν ὅτι ἐφίει (hätte). Pl. Protag, 335. B. ἔγνων γὰρ ὅτι 
οὐκ ἤρεσεν αὐτὸς αὐτῷ καὶ ὅτι οὐκ ζϑελήσοι. Plut. Poplic. 7. 
εἶπεν ὅτι τοῖς μὲν υἱοῖς αὐτὸς ἀποχρῶν δικαστὴς ἦν (gewesen 
wäre), περὶ δὲ τῶν ἄλλων τοῖς πολίταις ψῆφον δίδωσι: wo statt 
ἦν unmöglich εἴη wäre, wol aber statt δίδωσι --- διδοίη. Ebenso 
Fab. Max. 23. λέγεται εἰπεῖν ὡς πάλαι μὲν ξώρα χαλεπὸν av- 
τοῖς, νῦν δὲ ἀδύνατον. πρατεὶν ᾿Ιταλίας. ----. Auch etwas als wirk- 
lich Darzustellendes kann im Opt. erscheinen: Plut. Alex, 6. ἐννοή- 
σας ὅτι τὴν σκιὼν ταράττοιτο: was Plutarchs Meinung auch 
ist;. gibt der Opt. es freilich nur ‘als Meinung des Alex, an, so 
würde doch ταράττεται ganz dasselbe thun; nur durch ἐταράττετο 
würde Plutarch seiner eignen Meinung Ausdrücke gegeben haben. 
Lys. Dardan. 2. εἶπον ὅτι μοι δοκοίη. adv. Pol, 10. ἔλεγε ὅσα 
εἴημεν πεπονθότες. — Erklärnngen des Wechsels wie die von 
Stallb. ad Protag. 335. B. (vgl. oben.) und Menex. 240. Ὁ. διδα-- 
σκαλοι (ἐγένοντο) ὅτι οὐκ ἄμαχος εἴη ἡ Πελοπ. δύναμις καὶ πᾶς 
πλοῦτος ἀρετῇ ὑπείκει sind nach alledem nicht haltbar. 

“ Wir fassen kurz zusammen. Die Substantivsätze bleiben in 
derselben Tempns- und Modusform, die sie als selbstständige Sätze 
hatten, — oder aber es tritt der Opt. der or.. oblig. ein, unter 
ılen angegebenen Beschränkungen. Daraus, dass irgendwo der 
Indic, gebraucht ist, die Behauptung der Wirklichkeit zu entoeh- 
men, nämlich für den Schriftsteller, (was allein in Frage kommen 
kann), ist unmöglich, Das Praes. Ind. spricht ebensa gut die Mei- 


= 


104 . Das syatakt, System der Tempora und Modi 


ming ex mente ak aus, als der Opt. Das Praeter. Iad. hat eine 
zwiefache Verwendung: 1) kann es dasselbe mit Assertion der 
Wirklichkeit von Seiten des Schriftstellers aussprechen, was das 
Praes. Indic, als ex mente alius gesprochen. angäbe; 2) kann es 
selber mens alius sein, wo es nämlich schon in der directen Rede 
stehen würde. Ersteres gibt deutsch den Indicativ‘, letzteres den 
Conj. Plusq. Nar für den’ ersten Fall bedarf es noch einiger Bei- 
spiele: Hom. 1]. V, 331. γιγνώσκων ὅτι ἔην ϑεός. Xen. Hell. IT, 
2, 11. πυϑόμενος ὅτι σῖτος ἐνῆν. Thuc. II, 88. αἰσϑόμενος ὅτι 
ἐφοβοῦντο. Οὐ V, 10. ἤσϑετο, ὅτι νικῶσι. V, 14. μετεμέλοντο, 
ὅτι μετὰ τὰ ἐν Πύλῳ οὐ ξυνέβησαν. Das sieht man gleich, dass 
auch ‚hier das Praeter., als selbstständiger Satz behauptet stehen 
würde: ,‚Sie hatten sich nicht vertragen ;** dieser Satz ist das Sub- 
ject, von dem als Praedicat das Bereutwerden ausgesagt wird. 
Wenn wir nach den Gründen dieser dem deutschen Gebrauch ge- 
genüber so auffallenden Erscheinungen fragen, fürchten wir nicht 
den N. Jahrb. Bd. 66. S. 189. gemachten Einwurf, dass dafür 
„die einfache Bemerkung genüge, dass die Griechen Sätze, welche 
nur in äusserliche Abhängigkeit zu einem andern treten, gar nicht 
als ablängige betrachten ;“ denn, wenn unter diesen die, mit ὅτε 
citat. verstanden sind, so haben wir von diesen za reden gar nicht 
für nöthig gehalten; im andern Fall wäre eine Definition der ‚;nur 
äusserlich abhängigen Sätze‘ auch so leicht nicht gegeben; endlich 
bedarf es immer noch der historischen Begründung, zumal diese 
Gründe auch weiterhin noch werden zur Geltung kommen.: Aber 
schon die Behauptung, dass die bisherige Auffassung dieser Lehre 
nicht richtig sei, verlangte andere Begründung, als eine neue ver- 
schiedendeutige Behauptung. 

Das Rectionsverhältniss eines Substantivsatzes kann ein zwie- 
faches sein; er kann als Object sowol ein Acc. transit. als ein 
Acc. verbalis (speciell efectus) sein; danach ist auch bei ihm als 
Subject eine zwiefache Auffassung möglich. Das Deutsche fasst 
ihn als Acc, transit., das Griechische geht vom Acc. verbalis aus. 
Darauf beruht alles. 

Es gibt nämlich zuerst einen Accusativ, der von jedem Verbum 
regiert werden kann, der also nicht von der speciellen Beschaffen - 
heit der Thätigkeit abhängt , sondern von dem Begriffe der‘ Thä- 
tigkeit, der jedem Verbum innewohnt: dies ist der Acc. verbalis: 
2. B. vitam vivere, pugnam pugnare,, in seiner abstractesten Form 
= „ein Sein sein.“ Er ist stets sächlicher Natur, ist’in seiner 
einfachsten Gestalt gleich dem substantivirten Infinitiv seines Verbi; 
er wird erst durch und in der Handlung. Dagegen der Acc. 
transitivus bezeichnet etwas schon vor der Handlung Fer£i- 
ges, Gegebenes, anfänglich ausser ihr Liegender, das aber von der 
Handlung ergriffen, in einen ‚‚leidenden‘“ Zustand versetzt wird; 
ihm liegt stets eine persönliche Anschauung zu Grunde; er 
kann nur nach einer speciellen Art von Verbis stehen, hängt also 


im Griechischen. Von’Aken zu Güstrow. 105 


nicht von-dem allgemeinen, jedem Verbuam innewohnenden Begriffe 
der Thätigkeit ab. Der Gebrauch des Acc. verb.: wird’ erweitert 
theils durch Sabstituirung von Synonymen und Spetialisirungen 
des Begriffs: proelium pugnare, ἀγρυπνίαν νοσεῖν, theils durch 
brachylogische Structuren μέγα κλαίειν (näml, χλαῦμα), woher das 
Adject. Neutr. pro Adverbio entsteht; piscis sapit mare (— saporem 
maris); hieher gehört auch der Accus. effectus, der entsteht, so 
bald das Verbum ein schaffendes Thun, ein Machen ausdrückt: 
2, B. „ein Haus bauen“ (aus „ein Bauen, einen Bau bauen“); 
„einen Brief schreiben;“ denn der Brief u. s. w. wird erst durch 
die Handlung. Dagegen „einen Brief abschreiben,“ ‚‚ein Haus 
anstreichen“ sind Acc, trans. So ist pacem componere = Äcc., 
verb., bellum componere— trans. (Beim Dativ ist ein ähnliches Ver- 
hältniss bei curae est, aurilio venit gegenüber dem alicui; doch ist 
jener griechisch noch nicht). Das Deutsche fasst auch den Ace. 
effectus als Acc. transit., nennt überhaupt alle Verba, die den Acc, 
bei sich: haben transitiva; das kommt aber nur, weil es überhaupt 
vom Acc, trans., dem bei ihm fast allein gebräuchlichen, ausgeht, 
als sei dies der arsprüngliche; den: vom Acc. verb. ausser dem 
effectus hat es nur vereinzelte, aus der alten Sprache stehen ge- 
bliebene Redensarten: z.B. ‚einen schweren Kampf kämpfen.‘ Der 
Acc, verb. muss aber nothwendig der ältere sein; nur ein allmäli= 
ges Aufgeben desselberi trat ein. Der Gegensatz von transitiven 
Verbis und intransitiven ist im Griechischen noch gar nicht so fest 
wie im Deutschen. Dort können noch für gewöhnlich intransitive 
jeden Augenblick transitiv verwandt werden, 2. B. ἀσεβεῖν νόμους; 
umgekehrt können sogar im Deutschen noch als trausitiva ange- 
sehene Verba intransitiv verwendet werden: z. B. „schlagen“ in 
„die Glocke schlägt,‘ „die Lerche schlägt.“ Denn „schlagen“ 
ist nichts als „einen Schlag thun;“ und so sind alle Verba ur- 
sprünglich intransitiv: nur durch die Beziehung auf ein Object wer- - 
den sie transitiv; und ‘das nach den specieHen Begriffen bei man- 
chen gewöhnlicher geworden als bei andern. Das Griechische con- 
struirt jedes afficirende Thun c. Acc.== „Gutes und Böses thun ;* 
bei Homer ist das noch weiter, indem jedes Sagen so gefasst wer- 
den kann: ϑρασὺν “Ἕκτορα εἶπεν. Das Latein hat von jenen nur 
noch spärliche Reste, z. B. juvare; das Deutsche in dieser Bezie- 
hung noch weniger, während es andrerseits die Zahl der Transi- 
tiva ins Unendliche vermehrt, dadurch, dass es darauf aus ist eine 
eigne Formation für diese zu schaffen, durch Benutzung der Vor- 
silbe „be:‘ was viel weiter geht als die Anfänge dazu im La- 
tein Ζ, B. — are, oder gar im Griechischen, 2. B. die Vba auf oo 
doch nur einen Acc. verb. als Ergänzung verlangen. Kein Wun- 
der’ist es, wenn das Deutsche daher den Begriff des Transitivums 
bei seinen Verbis dieser Art als etwas Ursprüngliches ansieht, und 
dass es auch bei der Rection der Sätze das accusativische Object 
zugleich als ein transitives fasst. Dennoch sind die Objects- 


4 


108 Das, syntakt. System der Tempora und Mali 


sätze is. ihrer einfaghsten . Gestalt nichts als Acc. effectus, alsp ver- 
hales; z.B, in „aingn Satz sagen“ oder „denken; „eine Meinung 
haben,‘ wird .der Satz und die Meinung u. s. w. erst durch die Haud- 
lang ; obwal die. deutschen Ausdrücke „einen Satz aufstellen, “ 
„eine Nachricht bringen“ u. s.w. immer das Object als etwas schon 
vor. der Handlung Fertiges fassen. Wirklich transitiv sind erst Ver- 
bindungen wie „einen Satz bestreiten, beweisen“ u. 5. w. 

‘ Hiernach erklärt sich zuerst, nach welchen Verbis die, Sub- 
stantivsätze mit ὅτε und og stehen; als Subject natürlich überall, 
wo das Verbum. des Hauptsatzes so gewählt ist, dass es vom einem 
Satze als Subjecte praedicirt werden kann (2. B. eonstat); als Ob- 
jest nur nach den Vhis sentiendi und declar.; denn ein Satz ent- 
steht nur durch einen Act des Denkens oder Sagens. Auf diese 
einfachsten .lassea sich auch die im Verhältnisse eines Acc. trans, 
stehenden immer zurückführen: z. B. „ich bestreite dass“ == „ich 
bestreite das, was. da gesagt wird, dass‘ 0.8.W, Ferner erklärt 
sich, dass 2. B, in ὁ ἄγγελος ἔλεγε ἃ ὅτι οἱ πολέμιοι προσέρχονται 
das προσέρχεσϑαν, gar nicht wirklich zu sein braucht, ἃ, h. etwas 
vom Schriftsteller u, 8. w. gar nicht als wirklich Behauptetes; es 
wird nur -objeetiv hingestellt, wie. der Satz laufe, den der Bote ge- 
schaffen habe; Ebenso beim Praet.; wenn .dies. vom Boten u. 8. w. 
gebraucht sein soll. Der Fall aber, wo das Praet. das auch vom 
Schriftsteller für wirklich Genommene angibt, gegenüber dem Prae- 
sens, zeigt sich als Acc, transit. (— id, quod). Lagisch genom- 
men, wäre jenes προσέρχονται das Hauptpraedicat des ganzen 
Satzes; das ἄγγελος ἔλεγε nur adlverbiale Nebenbestimmung: „nach 
Aussage des“ u. 8. W. Aber in ’49. μετεμέλοντο ὅτι οὐ ξυνέβησαν 
ist logisch ὅτι οὐ ξυνέβησαν Subject, also. das Bekannte, schon 
als vom Schriftsteller vorher Behanptete zu nehmen, und der Haupt- 
satz bildet dazu das Praelicat. — Das Deutsche dagegen muss 
jenes προσέρχονται durch seinen Opt. „heranzögen‘‘ geben, da es 
‚auch. diesen Satz als Acc, trans. fasst, „heranziehen“ also ebenso 
gut die Behauptung der. Wirklichkeit aussprechen würde, wie jenes 
οὐ ξυνέβησαν. Ueberdem ist eg freilich dem Deutschen überhanpt 
eigen, seine Subjectivität 'hineinzutragen, wo der Grieche sich ob- 
jectiv verhält: 5, B. πρόφασερ — „Grund“ oder „Vorwand“, eigent- 
lich nur das eben „Vorgewendete;“ ἀρνεῖσϑαι „lügen“ nnd „leug- 
nen; og ὠποκτενῶν (Xen. Anab. init.) heisst nur: „dem An- 
scheine nach als ein Wollender,‘“ ohne über die wirkliche Absicht 
ἜΝ zu behaupten, was das Deutsche „als ob er wollte“ sofort 
thut,, — 

2. Für unsere Auffassung, wonach die resp, Satzarten auch 
ohne’ die Eonjunctionen existiren konnten, ist es nöthig zu bemer- 
ken: „der Satzartikel' kann manchmal fehlen. Rost. $. 122. 
Anm. 4. cf. Tbuc. I, 3. Xen. Hier. I, 16. Plat. Ap. 20 D. ἴσως 
μὲν δόξω τισὶν ὑμῶν malte, εὖ error Vars. πᾶσαν τὴν ἀλήϑειαν 
δρῶ, Danach sind nicht so auffallend mehr Sätze wie ἔλεγον. ὅτι 


im Griechischen. Von Aken eu Güstrow. : 101 


ὄξια λέγοι" χειμὼν γὰφ ein. Xen. An. VIl, 8, .18.. Hdt. VI; 3, 
οὕκων οὔτ᾽ οἰκὸς εἴη. Thuc. I, 72. παῖδες yo σφῶν παρ᾽ 
ἐκείνοις εἴησαν; dergleichen jedenfalls. hieher zu .ziehen ist und 
nicht mit Rost δ, 119: 4. .C. aa. zum Opt. im: einfachen Satzgj‘* 
Ich fürchte nicht,. dass diese Warte hier 89 missverstanden werden, 
wie. N. Jahrb, B. 66, S. 189, wonach ‚‚mehrere‘‘ der angeführten 
Stellen einer gründlichern Prüfung bedurft hätten;‘‘ dena dass „die 
Kraft des Satzartikels sich auch über die mit γάρ und οὖν ange- 
fügten Sätze 'mit erstreckt‘ glaube auch ich und zwar nicht. blos 
für‘,,Hdt. VII, 8..und Tbue. II, 72.“ Es kam nur .auf eine Be- 
stimmung dieses „‚Krafterstreckens,‘‘ auf eine Erklärung dieseg Ge- 
brauchs an, wo lateinisch der Acc. c. Inf. stehen müsste, 

3. Häufig werden statt der: Sätze mit „dass‘‘ im :Griechischeg 
wie im Deutschen Sätze mit: „wenn“ verwendet, viel seltener im 
Latein.‘ Im Deutschen erseheint..das als reine Ellipse, während 
griechisch sich wenigstens formell zwei Arten ‘der Auffassung schei- 
den lassen. ϑαυμάξω εἰ ri. wird entweder mit causalen Modis 
und μή constzuirt, was dann als reine Ellipse zu fassen ist. z.B. 
ϑαυμάζξω εἶ μὴ φανεφόν ἔστι —ac, δτι οὐ φανερόν (ἔσει: und dies 
ist das Gewöhnliche, Nicht selten ist es aber ala Brachylogie 
zu fassen (vgl. comae sämiles „@ratüis): nämlich wenn εὖ mit den 
Modis von ὅτι, also auch οὐ, weiter geht: 2. B. ϑαυμάξω εἰ οὐ 
λυπεῖται = ϑαυμαξω εἰ [μὴ λυπεῖται; ὅτι) οὐ λυπεῖται... Dem. 01. 
IT, .24. ϑαυμάξω el οὐκ ἐϑελήσατε. Antiph.. πον, δ. 12 δεινὸν ἂν 
εἴη, εἰ οὐκ ἠξίωσαν. Μάϊ, VII, 9. δεινὸν ἂν εἴη πρῆγμα. εἰ οὐ 
τομωρησόμεϑα. Thuc. I, 121. ᾿δεινὰν ἂν εἴης εἰ οὐκ ἀπεροῦφιν. 
Weitere Unterscheidungen scheinen nicht durchführbar , .am wenig- 
sten etwa auf Grutdbedeutungen :von οὐ und un basirte; sie wür- 
den : immer doch unerklärt lassen ” wie εἰ ‚hier zum οὐ käme. 
Dass hier der Indic, allein möglich wäre (Schmalfeld), ist nicht rich» 
tig. Vgl. Xen. Cyn I, 3, 56.. ϑαυμάξοιμ᾽ ἂν εἴ τε πλέον ἂν ὦφε- 
λήσειε. III, 8, 37, ἀγαπητόν εἰ καὶ δύναιντ᾽ ἄν: wo Born. seine 
Note zu Conv. p. 101: citirt. Isocr. Phil. (V). 41... οὐδὲν ἄτοπον 
εἰ nal av δυνηθείης. (Βαϊ. streicht ἄν). Dem, Phil. I, δ, 78. 
αἰσχρὸν εἶ συκοφάντην ἂν ἡγαῖσϑε. Xen. ‚Ages. I, 1. οὐ γὰρ 
καλῶς ἂν ἔχοι, εἰ οὐδὲ ἂν τυγχάνοι. Auch εἶ ς. Opt, or. oblinn, 
end ou: Aesch. fals. 157. ἐπεῖπεν, ὡς δεινὸν ein, εἰ ὁ μὲν - γέ- 
ψοιτο; ἐγὼ δὲ οὐ κατάσχοιμι. Sogar der Ind. Praet.. ς, ἄν. An- 
tiph. salt. 29. δεινὸν» εἰ--ν πιστοὶ ἦσαν. 


Il. Finale Substantivsätze. 


Es ist bequemer die finalen Adverbialsätze (== „damit“) zu- 
gleich mit zu behandeln. Das Begelmässige des Gebrauchs is 
allen Finalsätren, soweit diese schon durch Conjunetionen 
eingeleitet sind, ist: in Gegenwart und Zukanft steht der Conjunc- 
tiv; häufig mit &v,. jedoch meist nur in den adverbinlen; in Ver- 
gankenheit der .Opt. obne div; endlich steht der’ Ind.. Präet. ‚von 


108 Das. syntakt. System der 'Tempora und Modi 


nicht etreichter Absicht; aber was in den Grammatiken beizufügen 
ist, nur wenn der Hauptsatz schon durch eine Negation oder durch 
die Modusform negativ ist. Ausserdem kann nach den Verbis des 
Strebens der Ind. Fut. mit ὅπως stehen, und zwar nach Vergangen- 
heit, wie nach Gegenwart ; dies sind die substantivischen Finalsätze 
(„dass“); diese können jedoch auch die übrigen Modi der adverbia- 
len („damit“‘) erhalten, ἕνα ist nur adverbial. ‚Negation ist über- 
all ᾿ ' 
μή Wir betrachten die finalen’ Substantivsätze als objectivirte 
Begehrungssätze ; die Conjunctien also als ursprünglich unwe- 
sentlich. Diese Entstehung bestätigen ‚Sätze wie ϑάπτε μὲ Orr 
τάχιστα, (sc. ὅπως) πύλας ’Aldoo περήσω: -ΞΞ „ich will,“ was „in 
ΠῚ. p. und II. p. zu einem „er soll“ u. s. w. werden wärde, "ἀλλ᾽ ἄγε 
νῦν ἐπίμεινον, ἀρήϊά τεύχεα δύω. Dass beide Beispiele der ad- 
verbiaten Verbindung (,„‚Jamit‘‘) angehören, thut insofern nichts , als 
die alte Sprache das Objectsverhältniss freier handhabte, also auch 
die Sätze mit „„dathit‘ als Objecte fassen konnte, und zeigt nur, 
dass, wo das -Objectsverhältniss strenger ‘war, auch eher die Unter- 
ordnung: festen Ausdruck verlangte. Ferner: gehören zu diesen 
Uebergangsformen ἄγε ἴδωμαι are: Dass ferner die Hauptsätze 
hier immer Imperative sind, zeigt nur, dass, wo auch der Haupt- 
satz ein Begehren aussprach, eher diese laxe Verbindung sich hielt. 
Endlich gehören hieher viele Sätze mit un c. Conj. bei Homer, 
wo attisch ὅπως μή, ἵνα μή stehen müsste. Der Optativ bezeich- 
net hier ohne Zweifel keinen Wunsch; auch besteht keine Noth- 
wendigkeit aus der obigen Annahme, ihn so zu fassen; denn für 
die Entstehung dieser Sätze ist immer die Gegenwart als der Aus- 
gangspunkt zu nehmen; (vgl. bei den ältesten Tempusformen ver- 
stand sich, dass die Gegenwart gemeint sei, von selbst). Für die 
Gegenwart ist die Form des Conjunctiv erklärt; in der Vergangen- 
heit trat der Optativ der orat. oblig. ein, ebense wie in den indi- 
recten Fragen derselbe ebensowol aus einem Indic, als einem Conj, 
entstanden sein kann. (NB. Fälle des Opt. ohne Conjunction gibt 
es nicht). — Ferner gibt es den Opt. auch nach Praesentibus, 
d. ἢ. nach Sätzen, die keine Zeit bestimmen wollen: d. ἢ, der 
Opt. kann überall stehen, wo die Absicht ohne Erwartung aus- 
gesprochen werden soll; dagegen findet sich der Conj., namentlich 
bei den Historikern, sehr häufig auch nach Praeteritis, sei es nun 
eine Erwartung des Handelnden, oder eine des Schriftstellers, nam- 
lich, dass das Beabsichtigte wirklich zu erwarten gewesen sei, aus- 
zudrücken. Manchmal scheint er auch das Sollen stärker her- 
vorheben zu sollen. Genug, auch diese Anwendung des Conj. 
führt darauf, diesen als den ursprünglichsten Ausdruck dieser Sätze 
anzunehmen , während allerdings der Opt. die abstracteste' und all- 
gemeinste (nicht der Zahl nach) Form derselben wird, 
8. Der Indic. Fut. bei ὅπως wird gewöhnlich (auch von 
Bäanlein) so erklärt, dass das ὅπως hier „wie“ heisse, und Rost 


. iss Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 100 


sieht einen unumstösslichen Beweis dieser Erklärung darin, „dars 
sich auch 9 ὅτῳ τρόπῳ xre. so finde. Dennoch ist sie falsch. ὅπως 
heisst ja immer. ‚wies‘, auch beim Conj. Ferner bliebe un- 
erklärt, warum denn nur nach einer bestimmten Classe von Verbis 
jenes ‚wie‘ gesagt werde. Dass, wie ὅπως, so auch andere „wie‘* 
bedeutende Relativformen so sich finden, ist ja nur cine Folge 
davon, dass der ladic. Fut, die einzige finale Modusform ist, die 
bei allen Relatjvis stehem kann,. d. bh, mittunt legatos qui dicant 
kann griechisch nicht Conj. etc., sondern nur Fut. Ind. werden, 
und eben so miserunt qui dicerent. Endlich ist auch gar nicht 
davon abzukommen, dass das Futur hier wirklich modale Fun- 
ctionen ‚hat, da es auch nach Praeteritis steht, wo die Bedeu- 
tung der Zukunft ja keinen Sinn hätte, z. B. ἔπρασσεν ὃ ὅπῶς βοή- 
ϑεια ἥξει κτξ. Keineswegs darf man .ja, wie die obige Erklä- 
rang anzunehmen scheint, den Ind. Fut. so fassen, als wenn im 
Latein hei quomodo der Indic., ‚nicht der Conj. stände, Viel weniger 
noch 'ist zu behaupten, dass der Ind. Fut. gegenüber. dem Conj, und 
Opt., etwas von „Sicherheit des Erfolgs“ u.s. w, bedeute, obwol auch 
das gewöhnlich geschieht. Hier fragt sich nämlich zuerst, ob diese 
- Sicherheit u. s.w. als vom Handelnden fest geglaubt oder als vom 
Schriftsteller behauptet genommen werden soll. Ist das erstere der 
Fall, so stimmen damit unzählige Stellen nicht, wo nur von der 
reinen. Beabsichtigung die‘ Rede ist, vom Eintreten gar nichts be- 
hauptet werden soll, z. B. Xen. Mem. I, 1, 1. εἰ. δέοι σε παι- 
δεύειν παραλα ὄντα δύο τῶν νέων» τὸν μὲν, ὅ ὅπως ἕ σται ἱκανὸς 
ἄρχειν, τὸν δὲ ὅπως μηδ᾽ ἀνξειποιήσεται ἀρχῆς, πῶς ἂν ἑκάτερον 
παιδεύοις; die Behauptung von Seiten des Schriftstellers „zeigt als 
unbaltbar Dem, Phil. III, 56. ἦσαν ἐν Ὀλύνϑῳ τινὲς, ὅπως μὴ 
δουλεύσουσι οἱ πολῖται πράττοντες) — wo Olynth schon er- 
obert ist, das Erstrebte also geradezu. unmöglich ist. Ygl.. Isocr. 
Helen. 43. ᾿Αλέξανδρος ἐπεθύμησε Διὸς γενέσϑαι κηδεστὴς, νομί- 
ἕξων — οὐδὲν ἂν κτῆμα κάλλιον καταλιπεῖν τοῖς παισὶ ἢ παρα- 
σκευάσας αὐτοῖς, ὅπως μὴ μόνον πρὸς πατρὸς ἀλλὰ καὶ πρὸς μη- 
τρὸς and Aug ἔσονται γεγονότες: wo weder im ersten noch im 
zweiten Fall der Ausdruck der Gewissheit Bedeutung hat, da diese 
Kinder gar nicht: existiren. Ebenso Pl. Rep. VIII, 564. C. δεῖ 
τὸν ἰατρὸν εὐλαβεῖσϑαι ὅπως μὴ ἐγγενήσεσθον, ἐὰν δὲ dyys- 
ψήσεσθον κτξ. Auch in gewöhnlichen Relativsätzen werden wir 
solche Fälle der Nichtwirklichkeit des Ind. Fut. finden. Ferner 
bat sich die Annahme, dass der Indic. in Substantivsätzen immer 
selbstständig die Wirklichkeit behaupten ‚müsse, schon bei der ersten 
Classe derselben als irrig ‚bewiesen. Was sell endlich diese Ge- 
wissheit u. s..w., wenn der Hauptsatz negirt ist, z. B. Pl. Rep. IX, 
591. C. οὐδὲ τοῦτο πρεσβεύων. ὅπως ἰσχυρὸς ἔσται: das Ganze 
also von vorn herein als nichtwirklich genommen wird? 

Eine richtige Erklärung kanr vielmehr nur die sein, die zu-'‘ 
gleich mit erklärt, warum diege Structur nur noch einer bestimmten 


110 Das syntakt.' Systein der Tempora une? Modi 


Classe von Verben vorkommt, ‘und warum dieselbe die eidzige 
Bnale ist, die’ auch bei andern Relativis als den schon mehr 'selbst 
zur Angabe der’ Absicht bestimmten, als Conjunetionen dienenden 
vorkomme. Nun sind Aber jene Worte (vgl. Rost. δ. 122, 10.) 
ganz dieselben, die Zumpt lat. Gr: von den verbis sent: et declar. 
&usnimmt als ut (ne) nach sich habend, wenn man nämlich zu die- 
sen die tur aus einem 'äusserlichen Grunde dort weggelassenen 
Verba timendi hinzurechnet: d.h. die Verba des Strebens und des 
strebenden Sagens: (nur' dass nach letzteren das Griechische. den 
Yaf. vorzieht). Diese Verba aber - verlangen ebenso wie die tran- 
sifiva ein Object zuihrer Ergänzung, sind ohne dies unvollständig. 
Dies objectiv jeder Handlung’ des’ 'Strebens vorausliegend 
gedachte Ziel fand im Ind. Fut. seinen Ausdruck. Während 
der Conj. und das Beabsichtigte in dem Verhältniss zur Wirklich- 
keit Aussprechen, in welchem es dem Handelnden oder dem refe- 
tirenden ‘erscheint, 'gibt ὅπως c. Ind. Fut. etwas, das sehon beim 
nückten Infinitivbegriff eines Verbi des Strebens, ebe also irgend eine 
Beziehung auf ein Subject eingetreten ist, uim einen vollständigen 
Begriff zu geben: nicht fehlen darf: z. B. Pl. Ap. 89. 'A. οὐδένα 
IT ᾿μηχαϑᾶσϑαι ὕπως - ἀποφεύξεται. —— Dass wir es aber hier mit 
de Futär als eier Modusform zu thun haben, zeigt sein Ge- 
brauch auch'nach Praeteritis; ferner das a7; ‘vor allem endlich 
seine’ Scheidung’ von den Indicativen anderer Tempora, wenn man 
solche zu 'substituiren versncht. — Das Fut. Ind, in den übrigen 
Relativsätzen (miserunt legatos, qui dicerent == οΥ λέξουσιν ist damn 
auch nichts als der final verwandte Ausdruck der Beschaffenheit, 
er emer Person attribuirt wird, und ebenfalls ‘ein Modus. ' 

'Nachzuholen ist, dhss den Verbis des Strebens Aufforderun- 
geh im Imperatit gleichgeachtet werden; das» ferner das ἄγε κτέ. 
nieht‘ durch eigne: Worte ausgedrückt zu sein braucht ,, dessen In- 
halt-auch mir im Tone oder einem Gestus gegeben zu sein braucht, 
und’ so der bekannte Gebrauch des ὅπως c. Ind. Fut. pro Impe- 
rativo mit fehlendem Hauptsatz entsteht. 

' ‘&. Der Conjunctiv hat häufig ἀν bei sich, Wäre dies 
durch Ergänzung einer Bedingung erklärt, so müsste dasselbe beim 
Opt. der Fall sein. - Bäumlein hat ihn zurückgeführt auf die Ana- 
logie der allgemein relativen Sätze, Dies ist an sich. sehr 
wohl möglich: 2, B. „ich thme dies, damit jenes geschehe“ ansge- 
drückt'durch ‚‚ich thue dies, wie auch immer nur“ u.s.w.; vgl. 
ϑούνεκα nicht blos —= „‚weswegen“‘, sondern auch „weil“. Die 
causale Modusreihe, der die’ allgemein relativen Sätze angehören, 
gibt den Grund des Hauptsatzes an, also eigentlich etwas Früheres, 
Aber :atch das Beabsichtigte lässt sich als Grund des Handelns 
denken: vgl. für diese Anschanung: ἐπί c, dat. sowol Bedihgung, 
Beabsichtigtes als Grund; die sowol = „durch“, als = „wegen 
u. 8. w. Nach andern Analogien hätten wir also darin den Anfang des 
Aufgebens einer modalen Scheidung, der der finalen und causalen 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow.: 111 


Modusreiken za sehen, Auch das Fehlen des ἄν beim Opt. wäre 
erklärt. Aber Has ἄν auf diese Entstehung allein zu beschränkehi, 
halten wir ‘für unhaltbar; einmal, weil doch wel nicht alle Fälle des 
Opf. c. ἂν sich wegcorrigiren lassen; zweitens, weil das Factum, 
dass bei Herotlot ‘der Conj. c, ἄν so häufig ist, bei Thucyd. da- 
gegen ‘gar nicht vorkommt, doch wol auch noch andere Entstehungs- 
arten desselben möglich erscheinen lassen muss; zumal nach Thu- 
cyd. derselbe wieder sehr häufig ist und:bleibt. Es wird der Con}. 
c. &» neben der obigen Entstehungsart, häufig gewiss such zam 
Zweck des Hinweisens auf eine Bedingung, noch häufiger zum Aus- 
druck eines Ethos, durch Hinweisung daranf, dass. die realen Ver- 
hältnisse dafür seien, (vgl, die beiden Classen des Opt. c. ἄν im 
einfachen Sdfze)' angewendet sein. Wir halten ‚also verschiedene 
Arten der Entstehnng für möglich, und gross ist der Unter- 
schied nie. | ΕΝ 

Die Optative c. ἄν beschränken sich fast ganz auf Fälle 
nach den Verbis des Strebens, und sind, wie häufig der ©pt. 
c. ἄν dem Futur synonyin ist, gleich dem ozog «. Ind. Fut. τὰ 
erklären. ' Dies geht daraus hervor, da®s derselbe gerade auch 
nach Praesentibus steht, wo der Opt. -ohne ἄν gar nicht ginge. 
Pl. Lys. 207. E. προμηϑοῦνται, ὅπως ἂν εὐδαιμονοίης. Stallbaum 
erklärt das = quomodo, was schon beim Ind. Fut. abgewiesen ist, 
Auch zeigt sich als Negation un, nicht οὐ: Xen. Oee. Il,:9. x» 
λεύεις us ἐπιμελεῖσϑαι ὅπως ἂν μὴ — γένοιο. Auch Hermanns „ut 
Fat, si quidem fiat“ ist nicht recht verständlich. Beisp. bei 
Bornem. ad Cyrop. I, 2, 6. Nach Praet. z. B. Dem. 35, 29. 

Das ἄν beim Conj. ist im Ganzen in adverbialen Finalsätzen 
häufiger als in substantivischen. Um so auffällender ist es, dass 
ἵνα, das nur in ersteren (= „damit‘‘) vorkommt: dies ἄν ganz 
verschmäht. Man erklärt dies gewöhnlich durch einen Macht- 
spruch aus den Bedeutungen von ὅπως und ἵνα; ἵνα bezeichne eine 
so unmittelbare Hinrichtung der Handlung auf ihr Ziel, dass eine 
Rücksicht auf Umstände u. a, (ἄν) dabei gar nicht statthaft zei. 
Aber häufig finden sich doch bestimmt „Umstände“, sogar mit el, 
beigefügt, und dennoch fehlt das ἄν; z. B, Pl. Rep. VI, 511. B. 
Vin, 669. A. Lach. 187. A. Ja, beim Ind. Praet., dem finalen, 


- steht in der Prosa eigentlich nur ἵνα; stehen aber Bedingungs- 
“ nebensätze dabei, so wird doch lieber πὼς genommen oder sonst 


ἵνα ohne ἄν. — Schmalfeld glaubt dadurch die richtige Erklärung 
gefunden zu haben, dass er sagt, ἵνα ἂν sei stets Lochladverb; 
aber das ist keine Erklärung, sondern ein Factum, das der“ Er-. 
klärung bedarf. Diese findet sich bei Zusammenfassung der histo- 
rischen Data leicht. Aus der Bedeutung des „wo ist die des 
„damit“ nicht erklärlich, wohl aber aus der des „wohin“, der 
Angabe des Endziels. Diese findet sich auch noch Hom. Od. IV, 
821. VI. 55. Sie an diesen beiden Stellen wegzuinterpretiren ist 
kein Grund, da auch sonst im Griechischen das „wo‘“ und ‚‚wohin‘ 


112 Das syntakt. System der Tempora .umd Modi 


durch eine und dieselbe Form bezeichnet wird, vgl. πῇ und den 
Dativ überhaupt. Lässt sich nun auch vielleicht nie nachweisen, 
dass ἵνα seiner Form nach ein dativisches Adverb sei, so zwingt 
dach sowol die Bedeutung des „damit“ als jene Spuren aus der 
alten Sprache, anzuerkennen, dass ἵνα auch „wohin‘ bedeutet 
habe. Ebendahin führt ferner die Vergleichung des Latein, Dies 
hat sein εὐ und quo. Dem ut entsprechen ὡς und ὕπως sogar 
formell; dann auch darin, dass sie als accusativische Adverbia die 
Verbreitung der Handlung berücksichtigend, gern auf die „Um- 
stände*‘. unterwegs Rücksicht nehmend; dem quo entspricht ἵνα, 
und beide sind, schärfer nur das Endziel ins Auge fassend, = 60 
consilio ut, Nimmt man nun hinzu, dass das Setzen des ἄν bei 
ὅπως in der Fassung der Finalsätze als allgemeiner» relativischer, 
d. h. in Aufgebung der Scheidung der finalen und causalen Modus- 
reihe, die zudem nur auf’dieser einzigen Modusstufe bestand, seine 
hauptsächlichste Veranlassung hatte, dass aber ἵνα ausser seiner 
schon ziemlich festgewordenen Bedeutung als Finalconjunction, nur 
die des „wo“ hatte, so liegt der Grund, warım es ἄν verschmähe, 
deutlich zu Tage. Denn bei ὡς und ὅπως liess sich auf die Be- 
deutung des „wie“ zurückgehen : „ich thue dies, wie, auf welchem 
Wege jenes geschehe“; bei ἵνα liess sich aus der Bedeutung ‚‚wo“ 
Analoges nicht machen, und die Bedeutung „wohin“ war vergessen, 
hier einerlei aus welchem Grunde. 

5. Bei den Verbis timendi verlangt zuerst di® scheinbar über- 
flüssige Negation Erklärung. Gewöhnlich erklärt man die als 
aus einer Frage entstanden. Aber die Fragepartikel ne ist ja 
nur eine enklitische Abschwächung aus der tonhaltigen; es ist daher 
verkehrt, einen: Gebrauch der letzteren aus ersterer herzuleiten, 
Ferner, wenn auch der Ausdruck solcher Sätze in Form einer Frage 
an sich möglich ist, bliebe doch auffallend, warum nicht auch num 
eic. und οὐ, und zwar verhältnissmässig oft vorkommen, Es wäre 
gewaltsam erklärt, wenn das Latein und das Griechische nur den 
Ausdruck der Frageform für. jene Sätze haben sollten, und keinen 
dem Deutschen entsprechenden. Endlich, und; las ist .entscheidend, 
würde griechisch der Conjunctiv hier bei” un gar nicht stehen kön- 
nen; denn Indirectheit an sich bewirkt griechisch keinen Conjunctiv, 
und, als Frage gefasst, würde ein timeo ne veniant.nur den Indic, 
oder Opt. mit av erhalten können. — Andere erklären es, weil- 
das Fürchten als ein zu verhüten suchen, zugleich ein Verbum des 
‚ Strebens sei. Das ist wahr, aber genügt nicht, denn es bleibt 
die Frage, warum das Griechische es denn anders fasse, als das 
Deutsche, unberührt; und zweitens bliebe die Negation doch uner- 
klärt, da das Fürchten die negative Tendenz.doch schon selber 
ausdrückt, — Es ist vielmehr zunächst festzuhalten, dass hier das 
deutsche „dass‘‘ einem gued und ὅτι entspricht, während μή unıl 
ne einem finalen ut. Spuren der dem Deutschen analogen Structur 
eibt es sogar im Latein, häufiger schon im Griechischen, und dann 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow, 113 


findet sich jene Negation nicht. Xen. Cyr. Il, 1, 1, ἐφοβεῖτο 
ὅτε ὀφϑήσεσϑαι ἔμελλε. ΒΩ 2, 11. μὴ φαβοῦ ὡς ἀπορήσεις, Eur. 
Heracl. 249. μὴ τρέσῃς ὕπως σέ τις βωμαῦ τοῦδ᾽ ἀποσπάσει βίᾳ. 
Dass wir das erste mit „weil‘‘, die beiden letztern Fälle mit ,,818 
ob‘‘ wiedergeben können, ist augenblicklich gleichgültig, Auch die 
Infinitivstructuren sind wenigstens zu nennen. So wie in diesen 
Fällen das Fürchten nicht als Verb. des Strebens, Verhütens ge- 
fasst ist, so wenig ist jenes μή an die Verba des Fürchtens ge- 
bunden, 2. B. ἐνθυμοῦμαι μὴ παίξῃς Plat. Hipp. Maj. 800. D. u.ä. 
Letztere sind nur deshalb so ‚häufig, weil der Satz mit a iminer 
etwas Gefürchtetes angibt, wie z, B. auch eine negative Behaup- 
tung immer ein ogveiodar ist. Danach ergibt sich, analog dem 
oben über die Subsantivsätze mit ὅτε und αἷς Gesagten, die Erklä- 
zung von selbst: in tüneo ne veniant. fasste das Latein und das 
Griechische den Satz mit μή und ne als einem Accus. verbalis 
gleichstehend, d. h. „durch meine Rede wird gleichsam der Satz‘, 
„ich schaffe durch meine Furcht den Gedanken, ne veniant|«* 
oder: „mögen die Feinde nicht kommen! das ist mein Gedanke, 
Wunsch“ — oder speciell ‚meine Furcht“. Also, dass hier die 
Modi des Finalsatzes statt des Indicativ im Deutschen erscheinen, 
beruht darauf, dass das Fürchten hier als ein Begehren, Streben 
gefasst ist; dass die scheinbar überflüssige Negation hinzutritt, dar- 
auf, dass der Grieche. vom Verhältniss des Aceus, verb. oder effectus 
ausgeht: „ich fürchte (so zu sagen) den Gedanken zurecht: 
mögen sie nicht kommen“. Ob ein Verb. des Fürchtens, oder 
Wünschens, Denkens voraufgebt, ist an sich gleichgültig. Das 
Deutsche betrachtet dagegen den obigen Satz ‚‚dass die Feinde 
kommen‘, wie immer die Substantivsätze, als einen Accus. transit., 
betrachtet ihn also als wirklich existirend, obwol doch nur das 
Deuken desselben, die Vermuthung existirt; und fürchtet nun dies 
aufgestellte Schreckbild. Damit hat es einen Urtheilssatz und einen 
positiven. 

Nun sind die Structuren leicht geordnet, Das Fürchten 
kann als ein Nichtwollen gefasst werden: vereor dicere: wo vereor 


ne dicam nur ein impotens sui sagen kann. Es kann einen Zweifeh 


enthalten; so wenn Fragen folgen: Eur, Heracl. 791. φόβος εἴ 
μοι ξῶσιν,) Vs ἐγὼ ϑέλω: — μὴ ad == „ob (auch)“; Androm. 
60. φύβῳ, εἴ τις δεσποτῶν αἰσθήσεται: un — „ob (auch) nicht‘*; 
denn diesen Unterschied des „ob und μοῦ nicht‘ drückt das 
Griechische nieht aus, Dem. 50,.60. φύβου, εἰ ἀηφϑεῖεν. Die 
Frage kann auch eine cenjunctivische sein: Ipbig, T. 1002. τὴν 
ϑεὸν ὅπως λάϑω δέδοικα, (πῶς λάϑω3). Plat. T'heaet. 195, C. δέ- 
δοικα,) ὅ,τι ἀποκρινοῦμαι. Das Fürchten kann auch einfach als 
Verb. ‚sent. und declar. stehen: Xen. Oyr. v, 2, 11. μὴ φοβοῦ ὡς 
ἀπορήσεις. VI, 2, 80. μὴ δείσητε, ὡς οὐχ ἡδέως καϑευδήσετε: 
(glaubt nicht). Der Sinn ist: ‚ihr werdet gut schlafen“: also ὡς 
5τλ. = acc. verbal. Bei Dichtern auch πὼς für wg, wie sonst, 
Archiv f.Pkil. u. Paedag. Bd, XIX. Hft.}, ὃ 


114 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


Eur. Heracl. 249. An sich wäre auch ὅτε möglich; doch findet sich 
dies hier nicht, sondern nur als acc. trans. Dem. Phil. IV, 36. 
φόβον, ὡς οὐ στήσεται: Deutsch ist hier überall am Besten „„als 
ob“ zu setzen; analog, wie es oben bei den Sätzen mit ὅτε und 
ος die mens alius stets ausdrückte.e. Zu ergänzen ist nichts; eben 
so wenig zu fragen, ob z. B. Dem. Symmor, (XIV.) 25. (ὥστ᾽ εἶ 
πάντες οὗ λέγοντες poßoiev, ὡς ἥξει βασιλεύς, wg πάρεστιν) das 
εἷς von λέγοντες oder φοβοῖεν abhänge. Davon aber, dass das 
Fürchten, wo Verb. des Strebens ist, die Negation fehlen lasse, 
gibt es kein Beispiel, 

Das deutsche „dass“ kann ferner .einem Accus. trans. ent- 
sprechen, enthält also etwas vom Bedenden als wirklich Behaup- 
tetes; nicht das Gefürchtete, sondern das, worauf die Furcht be- 
ruht. Dann steht or. Thuc. VII, 86. δείσαντες, ὅτι ἐκεκοενο-- 
Aoyyvro, μὴ ποιήσῃ; vgl. oben Xen. Gyr. I, 1, 1. Thuc, ΙΗ, 
52. Thuc. VII, 67. εἴ τις ὑμῶν καὶ τοδε πέφόβηται, δὅτιοὺκ 
ἴσαις ναυμαχήσεις id, quod. Die Fassung als „weil‘‘ ist also 
keine nothwendige; vgl. (Andoc.) IH, 28. αἷς gibt es hier nicht, 
der Deutlichkeit wegen. — Plat. Apol. 21. E. αἰσθανόμενος μὲν 
καὶ λυπούμενος καὶ δεδιαὶς ὅτι ἀπηχϑανόμην ist also ὅτι κτλ. 
weder etwa nur von alcd. und λυπ. abhängig, noch steht es zu 
diesen in einem andern Verhältniss als zu δεδιώς; vgl. Cratyl, 
408. Β. φυβοῦνται ὅτι ἡ ψυχὴ γυμνὴ ἀπέρχεται, καὶ τοῦτο πεφό- 

νται. 
Pr Dass statt μή auch ὅπως μή mit finalen Modis, auch Ind.-Fut. 
steht, geschieht nach der allgemeinen Analogie der ‚Vba des Stre- 
bens und Sorgens. — Eben so wenig bedarf un ov einer weitern 
Erklärung, auch nicht, wo kein Verbum der Furcht ‚voraufgeht, 
also scheinbar unabhängig steht, obwol dasselbe mit μή allein. wol 
nur der Dichtersprache angehört, 

Bedeutsamer ist die Scheidung von un mit mod. fin. von μή 
mit Ind. und andern Modis des einfachen Urtheilssatzes. 
Hom. Od. V, 300. δείδω un δὴ πάντα ϑεὰ νημερτέα εἶπεν. 
Thucyd. II, 68. νῦν δὲ φοβούμεϑα. μὴ ἀμφοτέρων ἃ ana ἡμαρ- 
τήκαμεν. Rost, der den Ind. Fut. (obgleich der hier einer ganz 
andern Modusreihe angehören würde) schon das sichere Eintreten 
bezeichnen liess, hilft sich durch Steigerung und sieht hier eine 
„‚feste Ueberzeugung u. s. w.‘ ausgedrückt. Von dieser ist aber 
bei unbefangener Betrachtung wenig zu sehen; die Sache erscheint 
vielmehr noch durchaus dubiös. Auch als Frage können wir es 
nicht fassen. Der Sinn solcher Stellen ist offenbar: δείδω μὴ 
[φανερὸν γένηται; ὅτι] νημερτέα εἶπεν: also brachylogisch, 
vgl. das über ϑαυμάξω εἰ Gesagte. Wir haben wenigstens so eine 
diese ganze Modusreihe umfassende Erklärung. Plut. Apophth. I, 

p. 41. Tauchn. ’Ip. ἔφη δεδιέναι, μὴ τὸν Ἰφικράτη οὐκ ἴσασιν, 
Ri καταπλήττεται τοὺς πολεμίους. Der Ind. ist ‚überhaupt gar 
nicht selten, auch Ar, Eccl. 29. φέρε νῦν ἐπαναχωρήσω πάλιν, μὴ 


im Griechischen. Von ἀκοὴ zu Güstrow, 115 


καί τις ὧν ἀνὴρ ὃ προσιὼν τυγχάνει» zu schätzen, denn gehindert 
soll da nichts werden; nur die Furcht, dass ‚es sich zeigen könne, 
dass u. 8, w. wird ausgesprochen. Auch μή mit Opt. mit ἄν 
gibt es. Thucyd. II, 95, 2. οὔτε προσδοκία ἦν, μὴ ἂν ποτε οἷ 
πολέμιοι ἐξαπιναίως οὕτως ἐπιπλεύσειαν; nach Poppo genügte 
es, ein εἰ κτλ. zu suppliren, obwol der Opt. mit ἄν den Final- 
sätzen doch fremd ist; ferner ist das „sd dmnkevosav‘‘ doch gar 
zu bedeutungslos, zu 'selbstverständlich, als dass dies ein solches 
Abweichen hervorgebracht hätte. . Nun "scheint aber ziemlich klar, 
dass Thucyd. sagen will: „sie fürchteten nicht , dass „en mit Opt.) 
es je geschehen (sich bewahrheiten) könnte, dass (or) u. 8. w.* 
Man fühlt auch gleich, dass der Opt. mit ἄν schon nach dem 
Häuptsatze i in der Gegenwart folgen würde, während der Opt. 
ohne ἄν nur durch Vergangenheit entstanden wäre; vgl. Xen. An. 
VI, 1, 28. ἐκεῖνο ἐννοῶ, um λίαν ἂν ταχὺ σωφρονισϑείην: 
wo gleich auch derselbe Satz mit ὅτι folgt. Wir sehen hiernach 
Grund genug, das Dasein einer Structur von un mit den Modis 
des einfachen Urtheilssatzes zn behaupten; obwol wir 
von μή mit Ind. Praet. mit ἄν kein Beispiel kennen, liesse sich 
ein denkbares leicht construiren ; z. B.: „Sie fürchteten, dass die 
Hülfsgelder gar nicht würden eingelaufen sein, wenn nicht 
der Einfluss des Alk. die Bundesgenossen bewogen hätte. Sie be- 
schlossen daher den Alk. noch zu schonen.‘‘ Die gemeinsame Be- 
deutung dieser Formen mit un bestimmt sich dadurch, dass sie 
durchaus noch nichts von Wirklichkeit oder nor von einem bestimm- 
ten Verhältniss der Handlung zur Wirklichkeit behaupten, wie das 
dieselben Modi mit ὅτι thun würden; sondern 'nur die Furcht, dass 
ein Satz sich bewahrheiten werde, aus welcher Bewahrheitung 
leicht eine zn fürchtende Handlung entepringeu könne; 2. B. im 
obigen Beispiele Thucyd. II, 98. ist nicht das εἰσπλεῖν selber als 
das zu Fürchtende dargestellt, sondern nur, dass die Möglichr 
keit eines Ueberfalls den Athenern-nie in den Gedanken gekom- 
men war. Vergleichung wird dies noch stützen. Der Lateiner 
sagt unbedenklich timeo ne venerit, fürchtet also auch nach der 
Vergangenheit zu; griechisch dagegen gehen die finalen 
Modi nur auf etwas erst Werdendes, Zukünfliges, Der Gebrauch 
des Perf. Conj. existirt hier äusserst ° selten, vielleicht gar nicht, 
Dem. fals, ‘4. δέδοικα μή τινα λήϑην ἣ συνήϑειαν τῶν ἀδικημάν» 
τῶν ὑμῖν πεποιήκῃ. So Baiter; das’ Plusq. -der Handschriften 
geht freilich nicht, aber der Ind. Perf, wäre das Leichteste, Der 
Conj. Aor. (μὴ τηὐσίην ὁδὸν ἔλϑῃς} ist: etwas ganz Anderes, Nun 
aber ist diese Furcht nach der Vergangenheit zu eben nichts’ als 
die vor ‘der Bewahrheitung eines Urtheilssatzes. Daher 
wählte denn das Griechische jene brachylogische Structur, mit fei- 
nem Takte, und, wie es pflegt, mit beschränktem Kraftaufwande 


viel bewirkend. 
8 τ 


116 Das syntakt, System der Tempora und Modi 


B. Adjectiv- und Adverbialsätze. 
1. mit Causalnexus, 
1) Der Nebensatz bringt den Effect. 
a) Consecutivsätze. (— sodass — ὥστε), 

1. Die Modi dieser lassen sich einfach so bestimmen, dass 
es dieselben sind, in welcher die Handlung des Consecutivsatzes, 
in einem selbstständigen Satze behauptet, stehen würde: z.B, „‚Die 
Feinde hat er geschlagen, (schlug er), sodass sie nicht wieder kom- 
men werden oder kamen (Indic.), wol nicht wieder kommen wer- 
den (Opt. .mit ἄν), nicht wieder kommen würden, wenn nicht 
u. 5. w.* (Ind. Praet, mit ἄν). Negation überall οὐ. Also keine 
subjanctiven Modi, wie im Latein. Der Optativ ohne ἄν ist nur 
möglich, wenn schou der Hauptsatz optativisch ist: so in 
dem einzigen Beispiele, das die Grammatiken bringen: Xen. -Oec. 
I, 13. εἴ τις χρῶτο τῷ ἀργυρίῳ, ὥστε κάκιον τὸ σώμα ἔχοι, als 
Fortsetzung einer Bedingung (= „und wenn“), und in dem ein- 
zigen Beispiele, „das ich ausserdem noch kenne, Xen. Hell. III, 5, 
23. ἐλογίξοντο, ὅτε οὗ νεκροὶ ὑπὸ τῷ τείχει ἔκειντο , ὥστε οὐδὲ 
κρείττοσι οὖσι („auch wenn‘‘) διὰ τοὺς ἀπὸ τῶν πύργων ῥάδιον 
sin ἀνελέσϑαι 9 als Theil einer oratio obl.; wo sich ausserdem die 
gewöhnliche Unterseheidung vom Ορί, mit ἄν) dass dieser stehe, 
wenn ein „wenn“ zu ergänzen sei, wieder als unhaltbar zeigt. 
Fälle des blossen Opt., wo er attisch dv verlangen würde, mögen 
wol etwas häufiger sein, 2. B. Luc. dial. mert. 12, 8. 

Die häufige Stractur des ὥστε mit Infin. scheidet sich so 
von der mit Mod. finitis, dass sie, die mit Iof., gar kein. bestimmtes 
Verhältniss zur Wirklichkeit behaupten, sondern nur durch einen 
reinen Begriff den Hauptaatz näher bestimmen will, Der Sache 
nach kann dies ein Seinkönnen sein, 2. B. ‚die Wagen hatten 
Sichel“, ὥστε διακόπτειν == „sodass sie durchschneiden konnten 
oder mussten‘; eine solche Behauptung ist aber eigentlich im 
griech. Inf. gar nicht gegeben, sondern nur „wie zum Durchschnei- 
den.“ Häufig soll dadurch nur eine graduelle Bestimmung ge- 
geben werden. Immer aber ist ὥστε mit Inf. nur eine Bestimmung 
des Hauptsatzes, und letztere ist die Hauptsache; ὥστε mit ınod. 
fin. enthält dagegen immer eine selbstständige Behauptung, meist 
sogar den Hauptgedanken, — Fälle, wie die obigen, seltenen des 
Opt. ohne &v, fallen sonst dem -Inf. zu, der überhaupt als be- 
quemere Structur später immer häufiger wird. — Die Inf. mit dv 
entsprechen sowol dem Opt. mit ἄν, als dem Ind. Praet, mit ἄν» 
besonders aber letzterem als Vergangenheit eines Opt. mit, ἄν. — 
Nicht selten findet sich, namentlich bei ‚Xenophon εἷς statt ὥστε. — 
Die Negation beim Inf. ist stets “μή. Dagegen sprechen ‚nicht 
Thucyd. v, 40. (ζοντο) τούς τε ᾿Αϑηναίους εἰδέναι ταῦτα ὥστε 
οὐδὲ πρὸς ᾿49. ἔτι σφίσιν εἶναι ξυμμαχίαν ποιήσασϑαι, und Dem. 
fals. (XIX.) 308. „Epn) ἀτόπους τινὰς εἶναι ὥστε οὐκ αἰσχύνεσθαι: 
denn hier liegt ὥστε mit Ind. Praes. zu Grunde, dass nur per or. 


x 


"im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 117 


oblig. sammt seinem Hauptsatz in den Inf. getreten ist; or. oblig. 
aber bewirkt kein μή. — Die Entstehung der Structur des 
ὥστε mit Inf. erklärt sich aus dem Inf., der nach Ausdrücken der 
Fähigkeit oder Beschaffenheit steht; manche Verba sind nun der 
Bedeutung, dass sie unvermittelt dem Infinitivbegriff sich anfügen; 
z. B. die, welche den Ausdruck einer Fähigkeit, ein Können ent- 
halten; ὥστε schafft auch andere zu solchen um. Daher lassen 
sich die Bedeutungen dieser Structur alle anf die Angabe einer allge- 
meinen Beschaffenheit, keiner speciellen Behauptung, zurückführen, 
Zu jener Bedeutang aber kommt ὥστε wie olog τέ εἰμι aus τοιοῦτός 
εἶμι ποιεῖν; vgl. Hom. 1]. VI, 463. Χήτει τοιοῦ δ᾽ ἀνδρὸς ἀμύνειν 
δούλιον ἦμαρ. So nämlich dann auch τοῖος, οἷος mit Inf. Aesch. Ctes. 
248. τοιοῦτος ἐστιν, οἷος μὴ γιγνώσκεσθαι. Plut. Ages. 2. πραύότητε 
τοιοῦτος ἦν, οἷος φόβῳ μηδέν. αἰσχύνῃ δὲ πάντα ποιεῖν" ὥστε 
iet also οὕτως, We. Das τε an sich ist unwesentlich; es dient nur 
wie bei ὅστε zur Anknüpfung, zum Ausdruck des Relativ. Die Er- 
klärung von ἐφ᾽ ὦτε mit Inf. — ἐπὶ τούτῳ ὥστε ist danach auch 
nur für die deutsche Uebersetzung. — Homer hat στε consecutiv 
nur zweimal; 11. IX, 43. ϑυμὸς ἐπέσσυται ὥστε νέεσϑαι. Od, XVII, 
21. τηλίκος εἰμὶ ὥστε πιϑέσϑαι (Schmalf. S. 320.); also dazu in 
Fällen, wo es gar nicht einmal vermisst werden würde; vgl. das 
über die Hülfsverba Gesagte. Viel grösser wird dagegen die Zahl 
der Stellen sein, wo.er den blossen Inf. statt ὥστε hat. 

Das zur Erklärung des Conj. im Latein und des Indic. im 
Deutschen Nöthige, ist schon oben aufgeställt. Zu bemerken ist 
noch, dass der Gegensatz der Structur von ὥστε mit Inf. und 
ὥστε mit mod. fin. weder im Latein.noch im Deutschen vorhanden 
ist. Die Uebersetzung mit „‚sodass“‘ passt nur auf die mod. fin. 
Genau genommen ist der Inf., als &gentlich Object, bier ein Sub- 
stantivsatz, und nur ὥστε mit mod. fin. ein Adverbialsatz, 


b) Finalsätze (— „‚damit‘“), 


Soweit diese durch bestimmte Conjnnctionen eingeleitet sind, 
sind sie schon bei den substantivischen Finalsätzen behandelt. 
Ohne jene Eonjunetionen, also nach beliebigen Relativis in ihren 
ursprünglichen Bedeutungen, ist kein anderer Modus möglich, als 
der Indic. Fut., woraus allein schon ersichtlich ist, dass der hier 
nichts von Wirklichkeit bezeichnen soll; er steht ferner sowol 
nach Vergangenheit wie nach Gegenwart: miserunt, qui dicerent — 
ot λέξουσι. Ein formeller Unterschied von selbstständigen Behaup- 
tungen zeigt sich durch die Negation μή. — Der Conj., der hier 
nach dem Latein erwartet werden konnte, findet sich nicht. Xen. 
Mem. 11, 1, 14. ὅπλα κτῶνται, οἷς ἀμύνονται τοὺς ἀδικοῦντας 
figurirt -bei Rost freilich noch mit ἀμυνῶνται, als sei das final, 
was aber nur ein „Sollen“ bezeichnen könnte, wie der Conj. im 
selbstständigen Satze. Is. Paneg. 44. ἑκατέρους ἔχειν ἐφ᾽ οἷς φιλο- 
τιμηϑῶσιν: vgl. Funkhänel in N. Jahrb. 1850. Bd. 60. 5. 250. 


118 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


Der Opt. (Fut.) kann durch or. oblig. entstehen, Soph. Oed. R. 
795. τὴν Κορ. χϑόνα ἔφευγον, ἔνϑα μή ποτ᾽ ὀψοίμην κτλ. Auf- 
fällig bleibt Thucyd. VII, 25. μία ὄχετο πρέσβεις ἄγουσα, οἵπερ 
φράσωσιν.. 


2. Der Nebensatz bringt die causa. 
a) Nebensätze des Grundes (= „weil‘). 


Sowol bei ὅτι wie bei ἐπεί und ὅτε treten hier nur Modi des 
Hauptsatzes (mit οὐ) ein, also nicht. wie im Latein bei quum etc. 
Subjunctive. Der Satz des Grundes bleibt vollkommen in der Mo- 
dalität, in welcher die Handlung, welche als Grund dienen soll, be- 
hauptet wird. Dasselbe gilt von allen andern Relativsätzen dieser 
Bedeutung. Hier behauptet der Indic. natürlich also immer Etwas 
als wirklich. Bei weitem das Gewöhnlichste ist allerdings der Indic., 
aber schon. die andern Vorkommenheiten machen jene genauere Be- 
stimmung nöthig. Plat. Phaed. 62. ‚E οὐδὲ φεύγειν, διὸ ἀλογίστως ὁ ἂν 
φεύγοι. ‚Xen. equest. VII, 4. τούτου ἕνεκα ἐπαινοῦμεν ὦ ὅτι ἀναβε- 
βηκῶς ἂν εἴη. Mem. π΄, 2, 2. τί δήποτε ἐπήνεσε τὸν Ay, ἄρα 
γε. ὅτι αἰχμητὴς κρατερὸς ἂν εἴη, οὐκ ei κτλ. Dem, Lept. (XX) 
114. πρὸς τί τοῦτο λέγω: ὃ ὅτι φήσαιμ᾽ ἄν. Thueyd, V, 92. ποὺς 
χρήσιμον ἂν ξυμβαίη ἡμῖν δουλεῦσαι ὥσπερ ὑμῖν ἄρξαι: ὅτι 
ὑμῖν --- ἂν γένοιτο, ἡμεῖς δὲ — κερδάνοιμεν ἄν. Auch lateinisch 
quod mit Con). — Opt. mit ἄν, 3. B. Cic. Rosc, A. 20, 56. Is. 
Paneg. 174. εἷς μόνον ἂν τοῦτο᾽ ἀγαϑὸν ἀπολαύσαιμεν; (ὡς „weil“, 
wie demonstrativ „tenn‘e: Dem. 52, 33). Dem, cor. 79. τί wor 
οὖν — οὐχὶ μέμνηται; ὃ ὅτε τῶν ἀδικημάτων κ ἂν ἐμέμνητο τῶν Eav- 
τοῦ, εἴ τι περὶ ἐμοῦ ἔγραφε. Ρ]εΐί. Phoc, 9. ἐπεὶ ἂν κἀπολώλειτε 
κτλ. Für andere Relativa: Is. Phil. πῶς γὰρ καάτοιδ᾽, ὃν y εἶδον 
οὐ δεπώποτε (.» 160. Plut, "Apophth, t. II, p. 156. Tauehn. πῶς 
οὖν αὕτη πατρὶς ὑμῶν εἴη, ἐν ἦ οὔτε γέγονέ Tg, ὑμῶν οὔτ᾽ 
ἔσται: Lyc. Leoer. 123. ὁπότε γὰρ ἐκεῖνοι — ἀπέκτειναν, τί 
ἡμὰς προσήκει ποιῆσαν! Dem. 22, 11, Ὁπού δ᾽ αἰνεῖν οὐκ ἐ ᾧ, 
πὼς οὐ σφόδρα ye δοῦναι κελεύει; “(ΞΞ „weil, nicht —= „wenn“, 
wegen οὐχ). Dasselbe gilt für Participialsätze, z.B. οὐ δενὸς ἡμᾶς 
βιασαμένου. Thue. III, 64, 8. Ferner für Concessivsätze, wo 
diese einem „weil‘“ entsprechen, ὅτι freilich gibt’s dafür nicht; auch 
ἐπεί wird bezweifelt (vgl: Schöm. ad Pl. Ag. 2, 8.), ist aber eben 
so gut „obgleich“ wie quum, während quod und quia nicht. Hom. 
Od. I, 37. ἐπεὶ πρὸ οὗ εἴπομεν ἡμεῖς. So häufig bei Plato. Auch 
mit Opt. mit ἄν und mit Ind. Praet. mit av. Protag. 333. C..335. C. 

Ber Pintarch und Lucian zeigt sich der Einfluss des. Latein, 
indem sie häufig μή statt οὐ setzen, um einen Causalnexus aus- 
zudrücken, wie das Latein da auch bei wirklichen Dingen Modi der 
Abhängigkeit eintreten lässt (cum C. Pompejum vicisset ete.). Be- 
sonders un so bei Participien und ἐπεί, doch .auch ὅτι; was attisch 
ganz unmöglich ist; z. B. Luc, ‚Somn, 9. ἐπεί. .Jup. Trag 1, 


im Giiechischen. Von Aken zu Güstrow. 119 


Plut. Pomp. 86. οὐ τοῦ τ᾽ ἔλεγεν εἶναι θαυμαστὸν, ἀλλ᾽ ὅτι μὴ 
βάλλει λίϑοις τοὺς ἀπαντῶντας ὑφ᾽ ἡδονῆς. 


Ὁ) Nebensätze der Bedingung. 


1. So benennen wir alle diejenigen, wo die causale Mo- 
dusreihe sich zeigt, ohne Rücksicht darauf, welches das einlei- 
tende Relativ oder Relativadverb auch sei, Denn nur durch jene 
M odusformen (Ind,, Conj. mit ἄν, Opt. ohne ἄν, Ind. Praet. ohne 
ἄν. Negation un) wird die Existenz des Hanptsatzes als bedingt 
durch «die des Nebensatzes ausgesprochen. Auf εἰ lässt sich dicse 
Bedeutung nicht zurückführen; principiell schon nicht, weil die 
eigentliche Bedeutung dieses Wortes die rein logische nicht sein 
kann; dann auch, weil es noch andere Anwendungen hat, beson- 
ders weil sich eine durchgreifende Trennung von den sogenannten 
allgemein relativen Sätzen nicht machen lässt, so lange εἰ als We- 
sen des Bedingungssatzes gilt. Endlich, was praktisch zwingend 
ist, jene Medi würden keine zusammenhängende Erklärung möglich 
machen, wenn man sie an εἰ knüpft, da sowol bei beliebigen an- 
dern Relativis sie in derselben Bedeutung stehen, als andererseits 
el (sogar, wenn es „wenn“ heisst) nicht an sie gebunden ist, 
2. B. εἰ οὐ: Hom. 1]. IV, „160. εἴπερ yag τε καὶ αὐτίκ᾽ ᾿Ολύμπιος 
οὐκ ἐτέλεσσεν ἔκ τε καὶ ὀψὲ τελεῖ: — „wenn es auch wahr ist, 
dass u. 8. w.“: d. ἢ, εἰ steht mit den Modis eines Satzes mit ὅτε 
in ähnlicher Brachylogie, wie oben bei ϑαυμάξω εἰς. Ganz ähnlich 
Lye. Leocr. 141. ἐχρῆν μὲν οὖν, εἰ καὶ περὶ οὐδενὸς ἀλλου νό- 
μιμόν ἔστε κτλ. Cratyl. 391. C. Auch manche der Opt. mit ἄν 
neben εἰ gehören hierher, doch beschränken wir uns hier lieber auf 
die notorisch regelmässigen Formen. — Die mit εἰ eingeleiteten 
Bedingungssätze unterscheiden sich von den andern nur dadurch, 
dass bei ersteren die Existenz des Hanptsatzes rein an die der 
H andlung des Nebensatzes geknüpft wird, ‚während bei den 8π- 
dern an einen Ort, Zeit, Person u. 8, w. ὅστις μὴ λέγει πρὸς 
χάριν; οὗτός ἔστιν ἀνδρεῖος. Dem. Chers, 60. Xen. Hell. VI, 1, 4. 
μηδὲν πίστευε, ὅ,τι ἂν μὴ φαίνηται κτλ. „Orr. Il, 4, 23. οὺς δὲ 
μὴ. δύναιντο λαμβάνειν ἀποσοβοῦντες ἂν ἐμπόδων γίγνοιντο. 
Daher auch beim Inf,, wie Plat. Lys. 207. E., nicht die or. obliq. 
Grund des μή ist, sondero die causale Modusform. "δοκεῖ σοι 
εὐδαίμων ἐἶναι, ᾧ μηδὲν ἐξείη; Protag. 827, C. ὅτου ἔτυχεν ὄ 
υἱὸς εὐφυέστατος. οὗτος ἂν ἐλλόγιμος ηὐξήϑη, ὅτου δὲ ἀφυὴς 
ἀκλεής. Plut, Lye. 9, 2. τίς γὰρ ἢ κλέπτειν ἔμελλεν ἢ ἁρπαζξειν, 
ὃ μήτο κατακρύψαι δυνατὸν ἦν κτλ. Plat. Apol. 17. E. εἰ ξένος 
ἐτύγχανον ὧν. δυνεγιγνώσκετε δήπου av nor, εἰ ἐκείνῃ τῇ φωνὴ 
τε καὶ τρόπῳ ἔλεγον. ἐν οἷσπερ ἐτεϑράμμην. Hom. Od. ΧΙ, 
630. καί νυ κ᾽ ἔτι προτέρους ἴδον ἀνέρας. οὖς ἔϑελόν περ. 
(quos voluissem = si), — Soph. Oed. T. 316. «φρονεῖν ὡς δεινόν, 
ἔνϑα un τέλη λύει φρονεῖν. Plat. Lys. 7. ὅπου ἡ λεοντῆ μὴ 
ἐφικνεῖται, προσραπτέον ἐπεὶ τὴν ἁλωπικῆν. Xen. Cyr. ταῦτα 


- 


130 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


κηρύττετε ὅπου ἂν παϑέξησϑε. Soph. Aj. 1074. οὐ γάρ wor 
ὧν ἐν πόλει νόμοι καλῶς φέροιντ᾽ av, ὄνϑα μὴ καϑεστήκοι δέος. 
Is, permnt, 15. ὅπου γὰρ ὁ ἀκηκοὼς μηδὲν πώποτε φλαῦρον 
εἰς ἀγῶνα με τηλικοῦτον κατέστησεν, ἥπου σφόδρ᾽ ἂν οἱ κακῶς 
᾿ πεπονθότες ἐπειρῶντο dv δίκην παρ᾽ ἐμοῦ λαμβάνειν. Piut. Mor. 
t. IIf, p. 216. Ta. redvalnv, ὅτε μοι μηκέτι ταῦτα μέλει. Dem. 
Halon. 7. ὁπότε ydo ἡ δύναμις ἡ ὑμετέρα μὴ δύναται κτλ. 
Plut. Mor. t. II. p. 81. οὗ δάγειν παρεκάλουν ἕως ὑγρὸν ἔχουσε 
τὸ αἷμα καὶ μήπω πᾶν ὑπὸ τοῦ διψῆν ἐκπεπηγός. Plat. Rep ΙΧ, 
574. Β. ὁπότε μὴ δύναιτο, ἁρπάξοι ἄν. Phaed. 108. C. ἐπεε- 
δὴ δέοι, διδοίης av. Xen. Cyr. V, 3, 18. δέοιτο ἄν αὐτοῦ μέ- 
vaıv, ἔοτε σὺ ἀπέλϑοις. Plat. Cratyl. 896. C. ei ἐμεμνήμην οὐκ 
ἂν ἐπαυόμην, ἕως ἀπεπειράϑην. Dem. Phil. I, 1. εἰ περὶ καινοῦ 
τινος προὐυτίϑετο λέγειν, ἐπισχὼν ἄν, ἕως ol πλεῖστοι γνώμην 
ἀπεφήναντο, ἡσυχίαν ἂν ἦγον. An solchen Stellen soll dann ἄν 
fehlen, weil es schon im Hanptsatze fehle; aber davon existirt doch 
nur für coordinirte Sätze die Möglichkeit; hier kann es gar 
nicht stehen; vgl. Isocr. Paneg. ἐχρῆν. πρὶν ἐδίδαξαν. — Xen, 
Cyr. VII, 8, 46. κέκτησο καὶ χρῶ, ὕπως βούλει, αὐτοῖς. VI, 
,8, 2. καϑίστασϑε, ὡς ἂν ἐξαγγείλῃ παρ Zuod. Die dritte Stufe 
scheint bier zu fehlen, wol, .wejl sie lieber mit ὡς εἶ κελ. gebildet 
ward. Thucyd. I, 37, 5. ὅσῳ ἀληπτότεροι ἦσαν, τοσῷδε φανερω- 
τέραν ἐξῆν αὐτοῖς τὴν ἀρετὴν δεικνύναι. Manchmal ist das ein- 
leitende Relativ mit Aufgebung seiner eigentlichen Bedeutung eben- 
sogut in die des „„wenn‘‘ übergegangen, wie εἶ, so besonders orov, 
vgl. noch Antiph. noverc. 7. ὅπου δὲ un ἐθέλησε —, πῶς «rl, 
Das Wesentliche des Ausdrucks der Bedingung zeigt sich aber 
überall in den Modusformen. 

ἃ. Die eigentlichen Bedingungssätze zeigen sich in 
folgenden vier Hauptformen (wobei wir der Kürze wegen den Vor- 
dersatz durch εἰ bezeichnen): 


ed mit Indic. (μή). Nachsatz Indic. (οὐ) 

ἐάν mit Conj. (μή) " »  Fut. (οὐ) oder Imper. 
. εἰ mit Opt, (μή) 2,2 Opt. mit av (οὐ) 

εἰ mit Ind. Praeter. (μη) » Ind. Praet. mit ἄν (οὐ) 


Als Bedeutung zeigt sich für die erste die des allgemeinen 
Urtheils; „wenn es regnet, ist es nass.“ Von Wirklichkeit des 
Angenommenen findet sich nichts behanpte. Dem widersprächen 
anch nicht blos Fälle, wie des Socrates’ εἰ διαφϑείρω) sondern 
auch die, wo ein ‚wenn aber nicht“ folgt. Schon bei den Sub- 
stantivsätzen fanden wir Indicative genug, die ausgesprochen wur- 
den, ohne die Wirklichkeit zu behaupten, Ebenso enthält hier der 
Indic, durchaus keine selbstständige Behauptung; er trägt nur 
die Farbe seines Hauptsatzes mit, in ähnlichem Verhältniss, 
wie in der orat. oblig. die wirklichsten Dinge in den Opt. kommen 
können, Auch der Hauptsatz spricht keine temporale, concrete 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 121 


Wirklichkeit aus; z. B. „‚dass es jetzt nass sei, sondern zeitlos 
und abstract. Diese abstracte, d. h. allgemein gültige Wirklichkeit 
(z. B. des Nassseins unter Umständen) bleibt dennoch immer eine 
Wirklichkeit, und ihr integrirender Theil, der Vordersatz muss, 
als sie bedingend ausgesprochen, auf gleicher Modalstufe stehen. 
Für die Entstehung des Gebrauchs kann man immer noch an- 
nehmen, dass eine wenigstens angenblickliche Annahme der 
Wirklichkeit stattfand, zu sehen, was aus der Annahme folge; oder 
(was gleich ist) dass der einfachste Weg zur Bildung einer Form 
für das allgemeine Urtheil der war, zu behaupten, dass aus der 
Wirklichkeit des Einen die des Andern folge, Das allge- 
meine Urtheil kann ebensowenig wie die Conjunctionen des Can- 
salnexus einen ursprünglichen Ausdruck in der Sprache haben, es 
ist etwas erst Abstrahirtes; die Form, die dazu verwandt wurde, 
hatte eine so abstracte Bedeutung nicht; die Sprache, soviel Fein- 
heiten der Auffassung sie anch in Flexion nnd Wortbildung zeigt, 
hatte doch nicht für alles Ursprüngliche Ausdrücke; sie ging von 
der frischen, lebendigen Auffassung des Concreten aus, wie sich 
schon bei den Temporibus darin zeigte, dass die Gegenwart eines 
eignen Ausdrucks gar nicht zu bedürfen schien, dass Vergangen- 
heit und Nichtwirklichkeit ihr zusammenfielen. Damit stimmt, dass 
der parataktische Ansdruck des Vordersatzes sich namentlich 
im Indic. findet, man setzte naiv einstweilen als wirklich. — Bei 
Berücksichtigung der historischen Data sehe ich keine andere Mög- 
I'chkeit der Auffassung, ohne indess andern Versuchen ihre Be- 
rechtigung damit abzusprechen,. Dass unser Standpunkt mit dem 
ler naiven Erklärung des Infin. für Imper. durch keine Consequenz 
verbunden ist, liegt anf der Hand. 

Die zweite Stufe darf nicht etwa nach der ersten so bestimmt 
werden; ‚‚wenn ich erwarte, dass u. 5, w., muss ich auch erwar- 
ten, dass u. 5. w.‘* sondern — ‚‚wenn es regnet, ist es nass, und 
icherwarte, dass dies Urtheil zur Anwendung komme‘“, 
was gleich ist: „wenn es regnet, und ich spreche dies mit einer 
Erwartung aus, u. 5. w.*“ Meist ist diese Erwartung die des 
„Regnens“, d. h. eine positive, doch nicht nothwendig. Also das 
ganze Urtheil trägt die Farbe der Erwartung, den Conjanctiv; 
von der einzelnen Handlung ist daher auch im Modus der Erwar- 
tung gesprochen, jedoch nicht als von einer selbstständig als er- 
wartet behaupteten, sondern nur in ihrer Verbindung mit dem 
Nachsatz. Auf die Bedingungssätze vor allem ist anwendbar das 
Gleichniss K. O. Müllers vom Gewölbe, dessen Theile an sich nichts 
sind, in ihrem Zusammenhange erst ihre Geltung erlangen. — So 
enthalten überhanpt die Stufen 2, 8, 4 den Satz allgemeinen 
Urtheils der Stufe 1 wieder in sich, mit einer Neben- 
bestimmung darüber, was der Redende von der Anwen- 
dung dieses Urtheils für den vorliegenden Fall halte, 
Und zwar spricht Nr. 2 die Annahme mit Erwartung des zur 


122 Das .syntakt. System der Tempora und Modi 


Anwendung Kommens, der Entscheidung ans; Nr. 4 dagegen mit 
Behauptung der Nichtwirklichkeit, während Nr. 3, die optativische 
Stufe, hervorhebt, dass die Annahme ohne alle Rücksicht auf 
die Wirklichkeit, ohne die Nebenbeziehungen von Nr. 2 und Nr. 4 
geschehen solle. — Die Bedeutung der Hauptsätze ist schon im 
einfachen Satze gegeben. 

Das ἄν beim Conj. dient offenbar zur Stütze des gebrauch- 
ten Ausdrucks der Erwartung, indem es nämlich diese auf die 
reale Sachlage basirt. Der Unterschied des Conj. Aor. und Conj. 
Praes. beruht auf dem ihrer Tempusstämme; der Conj. Aor. be- 
zeichnet den Punkt, mit dessen Eintreten sofort das Andere auch 
eintrete; er wird hier meist dem Fut. exact. des Latein entspre- 
chen, doch ohne dass er, wie sein Gebrauch überhaupt und gleich 
in den. allgemeinen relativischen Sätzen zeigt, etwas von Vergan- 
genheit ausdrücke, Jener einzelne Punkt ist in Gegenwart noch 
nicht da; der Conj. Praes. (== si c. Fut. I.) spricht von einer 
Dauer, wird daher von etwas schon Vorhandenem immer zu brau- 
chen sein; z. B. „falls du es etwa thun willst (jetzt schon dein 
Wollen vorhanden ist)“. — Zu beachten ist, dass εἰ c, Fut. hier 
nicht von der eigentlichen Zukunft, sondern als temp. absol. steht. 
Eine Behauptung soll ja auch der Vordersatz gar nicht geben, 
sondern nur eine Erwartung aussprechen. .Der Opt. bei εἰ soll 
hier die Möglichkeit behaupten; an eine solche Behauptung ist aber 
bei sehr vielen Anwendungen, besonders der philos. Sprache, ent- 
schieden gar nicht zu denken, während ein Ausdruck für die ab- 
stracte, reine Annahme ein Bedürfniss ist, das sogar im Latein 
Berücksichtigung findet. Auf die Behauptung einer Möglichkeit ist 
vielmehr das εἰ ἄν mit Opt. zurückzuführen. 

Ausser der iudicativischen Stufe beziehen sich alle Formen nur 
auf die Gegenwart, auch auf der vierten Stufe ist temporale Be- 
deutung nur accessorisch. — Die angenommene Vierzahl der 
Grundformen entspricht den vier Modis des Griechischen; jede an- 
dere, wie z. B. bei Rost, ist willkürlich. Nebenformen sind theils 
dadurch möglich, dass in der .ersten und. zweiten Form ein Opt. 
mit ἄν statt eines Indic. Praes. oder Fut. eintritt, theils durch 
Wechsel des Gedankens. 

8. Die Auffassung, dass es Conjunctionen für die rein logi- 
gischen Verhältnisse ursprünglich nicht gab, findet sich auch hier 
dadurch bestätigt, dass es Fälle in Masse gibt, wo εἰ fehlt, d.h. 
wo ein Satz formell selbstständig hingestellt, dem Gedanken 
nach ein Bedingungsvordersatz ist; vgl. C. Fr. Hermann de ρτοί. 
parat. 1850. Tritt dieser Gebrauch auch erst in der Prosa und 
namentlich bei den Rednern häufiger hervor, so kann dach an eine 
‚Schaffung desselben dürch die Rhetoren nicht gedacht werden, 
schon weil das Rhetorische nur in einer Verwendung von etwas 
Gegebenem bestehen kann; die älteste Sprache konnte aber 
sich gar nicht anders ausdrücken. Nachdem εἰ seine condicionale 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. i23 


Bedeutung erhalten hatte, griff dann zuerst Herodot manchmal zu 
jener natürlichen Ausdrucksweise, in seiner gemüthlichen Weise die 
Sätze nach einander selbstständig hinstellend; rhetorisch ward dann 
das genutzt, sei es, die Aufgeregtheit durch die kurzen, abgeris- 
senen Sätze zu bekunden, sei es, um durch die Form des unab- 
hängigen Satzes mehr hervorzuheben, 

Griechisch erscheint dieser parataktische Vordersatz fast 
nur im Indicätiv; dass er hier nichts von Wirklichkeit behauptet, 
ist hier nicht im mindesten schwieriger, als wenn as’ dabei steht, 
Eur. Med. 390. καὶ δὴ τεϑνᾶσι" τίς μὲ δέξεται πόλις. Ist die 
Negation μή, so ist die Unterordnung, dass der Satz nicht an sich, 
sondern nur in seinem Verhältniss zum Hanptsatz seine Geltung 
habe, schon ‘formell ausgedrückt; nur die Conjunction fehlt. So 
in dem auch von C. Fr. Hermann einzig hingestellten Beispiele 
Plat. Theaet. 193. A.  Σωκρ. ἐπιγιγνώσκει Θεόδωρον καὶ ©., δρᾷ 
δὲ μηδέτερον; also in ruhiger Demonstration. Bei οὐ dagegen 
bleibt die Untererdaung völlig ausgedrückt, daher dies eher in 
aufgeregter Rede, z. B. Dem. Ol. III, 18. οὐ λέγει τις τὰ βέλτιστα" 
ἄλλος ἀναστὰς εἰπάτω, vgl. Androt. 11. 

‚Den Conjunctiv gibt es hier nicht, (ich kann mich jetzt 
auf Hermann berufen); das häufige ϑῶμεν bei Piato ist nicht — 
„lasst uns einstweilen einmal setzen‘ sondern wirkliche Festsetzung 
von Resultaten. Der Opt. ohne: ἄν bei Hom. Od. XIV, 198. εἴη 
μὲν νῦν νῶϊν ἐπὶ χρόνον ἠμὲν ἐδωδή, ἠδὲ μέϑυ γλυκερὸν, alloı 
δ᾽ ἐπὶ ἔργον ὅποιεν, βηϊδίως κεν ἔπειτα καὶ ἐς ἐνιαυτὸν ἅπαντα 
οὔτι διαπρηξαιμε λέγων are; wo wur εἶ fehlt. Der Opt. mit ἄν 
Aesch. Choeph. 551. καὶ δὴ ϑυρωρῶν οὔτις av δέξαιτο — „gesetzt, 
es liesse keiner mich ein‘ ausgedrückt durch ‚‚es kann sein, dass‘, 
„vielleicht“. Der Imperativ: Dem. Chers. 9. ἔστω. γιγνέσθω ταῦτα. 
Im Latein gibt es den Indic. auch; doch ist hier recht der Con- 
junctiv an seiner Stelle; dieser ist wol meist concessiv; aber dieser 
Concessivus ist eben zum Ausdrnck der Bedingung verwandt; denn 
die Eoncession oder der Befehl sollen nicht an sich gelten, sondern 
nur so lange, um den Hauptsatz: darauf zu bauen. Ebenso in: 
ne sit summum malum dolor etc. ist ne nichts als die Negation des 
Begehrungssatzes; während in ut „gesetzt dass“ und at non nur 
eben andere Conjanctionen als das an sich nicht allein berechtigte 
si angewendet sind. Jene Conjunetive, sowie ‘jenes Beispiel des 
Opt. mit ἄν und das des Imper. (ἔστω) sind Versuche der spätern 
Sprache, wo jener Gebrauch des Indic, schon auffällig schien, bei 
dem schon feststehenden Gebrauche der Conjunctionen, das Bedin- 
gungsverhältniss modal auszudrücken, oder doch die Handlung in 
die Modusform zu setzen, die ihr, würde sie als selbstständiger Satz 
behauptet, zukäme. So auch im Deutschen 9.65 sei‘ und „vielleicht‘“. 
Natürlich ist dies nicht gelungen, da der Satz doch die Bedeutung, 
die jene Modi als selbstständigem ihm geben würden, nicht bean- 
spruchen kann. Danach ist auch wol die Frage, ob solche Sätze 


124 Das syntakt. System der Tempora und Modi 


als Fragen zn bezeichnen seien, leicht entschieden; die Handlung 
ist freilich fraglich, aber die Bedeutung einer selbstständigen Frage 
haben sie doch nicht; erklärt ist also durch das Fragezeichen doch 
nichts. Aneh die Stellung im Deutschen (z. B. „‚thut er es, so‘‘) 
ist ‚keineswegs dem Fragesatz entnommen, — Das Griechische 
kennt ja auch diese Versuche so gut wie gar nicht, daher hat es 
auch den a priori hier so passend scheinenden Conjunctiv nicht; 
speciell aber noch, weil dieser, der griechische, schon von subjectiver 
Behauptung über das Verhältniss zur Wirklichkeit zu viel bringen 
würde, wovon der Opt. entschieden. sich frei halten za wollen aus- 
spricht. Der Indic. gerade ist hier so häufig, als der ersten allge- 
meinsten Form des Bedingungssatzes angehörend, da bei der for- 
mellen Unabhängigkeit ein Einfluss des Hauptsatzes auf einen Ne- 
bensatz nicht stattfand. | 

4. Eine zweite Anwendung der causalen Modnsreibe zeigt 
sich in den sogenannten allgemeinen relativischen Sätzen 
oder Sätzen der unbestimmten Frequenz: z. B. „sie tödten, 
wen sie treffen“, „sie tödteten, wen sie trafen‘. Als die mit 
den Bedingungssätzen gemeinsame Grundbedeutung jener Modus- 
reihe stellt sich danach heraus, dass sie Definitionen rein begriff- 
licher Natur ausspricht, ohne etwas von Wirklichkeit zu behanpten. 
So werden in dem obigen Beispiele nicht Bestimmte als die Ge- 
tödteten genannt, sondern alle die (‚‚wenn einer u. s, w.‘), von 
denen das Getroffenwerden auszusagen sei. Daher entsteht die 
Bedeutung der Wiederholung. Dieser Gebrauch existirt aber nicht 
blos bei den speciell sogenannten Relativis, sondern auch den Re- 
lativadverbien des Orts, der Zeit, der Art und Weise, überhaupt 
also, wo ein Subject oder Object, im weitesten Sinne des Worts, 
nur abstract, einer Thätigkeit nach, bestimmt wird. Sogar Sätze 
mit εἰ sind möglich, wenn das Vorkommen des Hauptsatzes rein 
an das eines andern Satzes geknüpft wird. Für die Gegenwart 
fällt dies mit. dem Bedingungssatze zusammen; aber in der Ver- 
gangenheit zeigt sich die Scheidung, z.B. Xen, Anab. II, 8, 11 εἴ 
τινα βλακεύοντα ἴδοι, ἔπαιεν („so oft‘); wo dann im Hanptsatz so 
haufig das ἄν in seiner ursprünglichen Bedeutung — „dann“ sich 
zeigt. Als Bedingungssatz würde dieser Satz lauten εἴ zıva βλακεύ- 
ovra ἴδοι, παίοι ἄν, Der Unterschied besteht also wesentlich darin, 
dass beim allgemeinen relativen Satz der Hanptsatz, geradezu als 
wirklich behauptet wird, und nar dessen Anwendung auf ein Sub- 
jeet oder Object in rein begrifflicher Weise bestimmt wird; beim 
Bedingungssatz weder Haupt - noch Nebensatz als wirklich behauptet 
wird, sondern nur das Verhältniss ihrer Bedingung. Formell be- 
steht danach die Scheidung darin, dass beim Bedingungssatz Haupt- 
‚und Nebensatz regelmässig auf gleicher Stufe der Modalität sich 
befinden müssen, während der Hauptsatz des allgem. relat. Satzes 
im Indic. (oder doch einem Opt. mit ἄν der absoluten Bedeutung, 
wo das ὧν nicht durch den allgem. relat, Satz bedingt ist) erscheint. 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 125 


Als Modi des allgemeinen relativen Satzes selber werden ge- 
wöhnlich ans der Conj. mit ἄν (für die Gegenwart und der Opt. 
ohne ἄν (für die Vergangenheit) angegeben. Es ist aber auch in 
erster Modalstufe der Indic. vorhanden, der sich durch die Ne- 
gation un deutlich von selbstständigen Behauptungen scheidet; und 
wenn er auch für die Gegenwart sich oft schwer vom eigentlichen 
Bedingungssatze scheidet (nur ob der Hauptsatz an sich eine unab- 
hängige Aussage gibt, oder nicht, kann entscheiden), doch in der 
Vergangenheit vollkommen deutlich ist. Thucyd. IV, 108, 4. εἰω- 
ϑότες οὗ ἄνϑρωποι» ὃ ‚en προσίενται» λογισμῷ αὐτοκράτορι 
διωθεῖσθαι. IV, 61. 6. ὅσοι μὴ ὀρϑῶς προσκοποῦμεν; -- ,ἅμαρ- 
τάνομεν. IV, 57. τοὺς Αἰγινήτας, ὅσοι μὴ διεφϑάρησαν, ἄγοντες 
ἀφίκοντο ἐς τὰς 49. IV, 14, κεκωλῦσϑαι ἐδόκει ἕκαστος; ὦ μή 
τινι καὶ αὐτὸς ἔργῳ παρῆν. Hauptsatz im Opt. mit ἄν = Ind. 
2. B. Thucyd. V, 111. οἵτινες τοῖς ἴσοις μὴ εἴκουσι πλεῖστ᾽ ἂν 
ὀρϑοῖντο. v, 110. καὶ εἶ τοῦδε σφάλλοιντο; τράποιντ᾽ ἂν ἐπὶ τοὺς 
λοιποὺς τῶν ξυμμάχων ὕσους μὴ Βρασίδας ἐπῆλϑε. — Für an- 
dere als die gewöhnlichen Relative: Plat. Tim. 22. E. ἐν πᾶσι τοῖς 
τόποις, ὕπου μὴ χειμὼν ἀπείργει. ἀεὶ γένυς ἐστὶν ἀνθρώπων. 
Dem. Mid. 64. πᾶντες ἴσμεν Χαβρίαν --- οὔϑ᾽ ὕλως προσιόνϑ᾽. ’ 
ὅποι μὴ προσήκεν. Eur. Ion, 315. &nav ϑεοῦ μοε δῶμ᾽. ἵν᾽ 
ἂν λάβηῦ ὕπνος: (ΝΒ. der Conj. Aor, ist nicht nothwendig Fut. ex., 
daher auch im eigentl, Bedingungssatze dies nur accessorisch). 
Symp. 175. B. ἐνιότε „noozis, ῦποι ἂν τύχῃ ἔστηκεν. Dem. 
Chers. 52. ἐπειδὰν zu τῶν πρὸς Φαλ. ἐμπέσῃ, εὐθὺς ἀναστάς τις 
λέγει. Plut. Num. 18. ὑπορχοῦνται, ὅταν ---- ἀναλάβωσιν. Plat. Phaed, 
93. A δοκεῖ σοι ἁρμονία ἄλλως πῶς ἔχειν ἢ ἢ ὡς ἂν ἐκεῖνα ἔχῃ» 
ἐξ ὧν ἂν ξυγκέῃται (πο Eyes und ἔχοι ἂν Folgen sein würden). 
— Hom. N. II, 188. ὅντινα μὲν βασιλῆα κιχείη, — ἐρητύσασκε. 
Plat. Charm, 171. Ὁ. ἃ δὲ μὴ ἐπίσταιντο ἄλλοις παραδιδόναι (also 

μη nicht wegen Inf. oder orat. obliq.). Xen. Cyr. in, ὃ, 6. ἐϑήρα, 
ὅποῦπερ ἐντυγχάνοιεν θηρίοις. ΤΒιογά. III, 68, 1. ὁπότε μὴ φαῖεν, 
ἀπέκτειναν. Xen. Hell, I, 6, 9. ἐπεὶ σκότος εἴη; ἐξεβίβαξεν. We- 
gen εἰ: Hell. II, 2, 2. εἴ τινα ἄλλον ἴδοι, ἀπέπεμπεν. Thucyd, 
IV, 11. εἴ πη δοκοίη δυνατόν. Wegen ἂν = „dann“: X. Mem. 
IV, 6, 13. εἰ δέ τις αὐτῶ ἀντιλέγοι, ἐπὶ τὴν ὑπόϑεσιν ἔπανῆ» 
γεν ἂν πᾶντα τὸν λόγον. Auch beim Aor.: I, 3 4. εὐδόξειεν 
—, ἧττον ἂν ἐπείσϑη. Hell. VI, 2, 28. πολλάκις, ὅποι μέλ- 
λοι ἀριστοποιεῖσθαι" ἐπανήγαγεν. ἄν. Auch nach ἐπειδὴ πτλ. 
Dem. Mid. 151. ἐπειδὴ μὴ πείϑοιεν, — οὐκ ἂν ἐτόλμων. Ἡοπι. 
Od. I, 104. ἔνϑα κεν ἡματίη μὲν ὑφαίνεσκεν (wo πεν hand- 
schriftlich ist). Auch ohne Vordersatz: Luc. Somn. 6. ἄρτι μὲν 
ἂν ἡ ἑτέρα ἐπεκράτει κτλ.» was aus der Bedeutung des „dann“ 
leicht erklärlich ist: tum — tum = mode — ‚modo ; vgl. Eur, 
Phoen. 404. ποτὲ «μὲν ἐπ᾿ ἦμαρ εἶχον, εἶτ᾽ οὐκ εἶχον av. — 
Uebrigens kann auch ἐὰν auf dieselbe Weise allg. relat. Satz 
sein: Pi. Camill, 17. οὗ Ῥωμαῖοι, ἐὰν μὴ μεταδιδῶσι ὑμῖν τῶν 


126 Das syntakt,. System der Tempora und Modi 


ἀγαθῶν. ἀνδραποδίξεσθε, λεηλατεῖτε καὶ κατασχάπτετε τὰς πόλεις 
αὐτῶν; denn hier sind die Handlungen des Hauptsatzes wirklich, 
es wird nur ihr wiederholtes Vorkommen abstract bestimmt. 

5. Für die Vergleichung der Bedingungssätze im Latein 
muss hier eine Verweisung auf das bei den Temporibus darüber 
Gesagte genügen. Für die ‚„ Wiederholung‘‘ hat auch das Latein 
den Conj,, hat jedoch für die dort speciell sogenannten allgemeinen 
relativen Sätze eigne Relativformen geschaffen, bei denen dann der 
Indic.. steht. Das cumque, nach der Analogie von. quisque, ubique 
eic., und cum als Relativ zu tum gefasst, bedeutet „immer‘‘, also 
quicunque ‚wer immer‘. Bei utut, quisquis etc. ist eine Verdop- 
pelung nur scheinbar eingetreten, vielmehr ist, nach der Analogie 
von ὅστις» zu schliessen, das Indefinitum, das im Latein, ohne al, 
dem Relativ gleichsieht, angetreten, wodurch ebenfalls verallgemeinert 
wird. ὅστις. obwol quisguis, behält dennoch die causalen Modi, 
denn die Modi, nicht das einleitende Relativ, haben im Griech, 
das Hauptgewicht bei Angabe causaler Verhältnisse; zudem gibt es 
ὅστις noch in anderer Bedeutung, wo es aus Relativirung des 
Frageworts entstanden zu denken ist. —+ Dass ὅστες mit ange- 
hängtem οὖν, δήποτε κτλ. früher demonstrativ, synonym quilibet, 
ward als quicungue, ist erklärlich, da ὅς ursprünglich Demonstra- 
tiv war. . | 

Wir vergleichen noch kurz. im Zusammenhange die Fälle, wo 
nach Zumpt mit 78, 9. δ. 555. „HRelativsätze‘ lateinisch in den 
Conj. treten (ausser der or. oblig.); 1) wenn ein sic, talis etc. vor- 
hergeht, ἃ. h. der Relativsatz eine Folge angibt. Hier stehen 
griech. nur Modi des Hauptsatzes und οὐ; also namentlich bei 
τοιοῦτος, ausser wo der Nebensatz den Hauptsatz bedingt. Im 
Latein ist kein Unterschied; daher auch bei Zumpt Beispiele aus 
beiden Reihen gemischt sind: Multae res sunt ejusmodi, quarum 
exitum nemo providere possit. (== Opt, mit ἄν, Neg. — οὐ.) 
Dagegen: quf potest temperantiam laudare is, qui summum bonum 
in voluptate ponat! — ὃς av mit Conj. (si quis ponit, non potest). 
Negation wäre un; lateinisch freilich auch darin kein Unterschied, 
Ist is —. „jener“ = Epicurus,. so ist der Relativsatz. auch — 
„weil“ zu fassen; aber nie — „‚sodass“, — 2) Bei sunt qui etc. 
Hier setzt der Grieche stets Modi des Hauptsatzes und οὐ: ἔστιν 
oder εἰσὶν, οἱ (οὐ) λέγουσι, οἱ (οὐκ) ἂν λέγοιεν, οἱ (οὐκ) ἂν ἔλε- 
γον. Mit causalen Modis würde dies vielmehr bedeuten: ‚‚wer da 
sagt —, der existirt‘‘. Es sind jenes allerdings allgemeine Be- 
griffisbestimmungen, aber ohne causale Abhängigkeit des Haupt- 
satzes von ihnen; letzterer existirt hier überhaupt nur formell; der 
Nebensatz bildet, dem Sinne nach, das Prädikat. — 3) Wenn der 
Nebensatz ein „weil“ oder „da“ ausdrückt: Hier stehen grie- 
chisch ebenfalls nur Modi des einfachen Satzes, — 4) wenn er 
eine Absicht enthält: da ist griech. nur .der Ind, Fut. (μή) 
möglich. — 5) nach dignus = griech. Inf, — 6) sind die all- 


im Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 127 


gemeinen relativen Sätze. — Das Latein hat danach den 
Begriff des subjunctiven Modus sehr erweitert; es setzt nicht blos 
zum Ausdruck aller 4 Fälle des Causalverhältnisses 


sodass weil 


weil | wenn 


den „Conjunetiv, sondern auch zu dem allgemeiner Begriffsbestim- 
mungen, die ohne causalen Einfluss auf den Hauptsatz sind (sunt 
qui). Griechisch würde mit so allgemeiner Bestimmung wenig ge- 
sagt sein; umgekehrt ist es also ein Unrecht, durch solche, dem 
Latein entnommene unbestimmte Bestimmungen , eine Modusform 
oder ein un zu erklären. 


. Modi der Fragesätze. 


1. In den directen: Fragen sind die vorkommenden Formen: 
1) Indic. „ 2) Opt. mit ἄν, 3) Ind. Praet. mit ἄν, Negation bei 
allen ov, 4) Conj. (un); hierzu kommt noch 5) der blosse Opt. 
(οὐ), der jedoch i in Prosa gar nicht vorkommt, Hat. IT, 22. κῶς 
οὖν δῆτα ῥέοι ἀπὸ χίονος; — so wenig wie der Opt. ohne ἄν als 
Urtheil. Also ist auch hier mit der Zurückführung des ἄν anf 
ein εἶ wenig gesagt, da wenigstens hinzugesetzt werden müsste, 
dass man hier stets an „Umstände“ u. 85. w. denken muss, Um- 
gekehrt darf man beim Conj. nie an solche denken; denn bei ihm 
gibt es &v nicht. Es ist also vielmehr so zu bestimmen, dass der 
Fragesatz ganz in denjenigen Modusformen aufzustellen sei, die 
derselbe in einen „positiven Satz. verwandelt zeigen würde. 
— Der Opt. ohne ἄν ist aber nicht etwa als Opt. des Wunsches 
anzusehen, wie der Conj. aus dem der Aufforderung herzuleiten 
ist (v. supr.); schon weil die Negation dieses Opt. οὐ ist; es ist 
also der alte Opt. ohne &v im Urtheilssatze, und demnach τίς λέ- 
yoı ἄν — „wer kann sagen?‘ und τίς λέγοι —= „wer denkt 
daran zu sagen?‘ — „wer wollte wol sagen? wobei jedoch 
zu beachten ist, dass der Gebrauch meist auf die Anwendung des 
ersteren sich beschränkt , auch wo letztere Uebersetzung bequemer 
scheinen könnte, 

Für die Negation ist nachzuholen, dass in Satzfragen 
οὐκ auf ein Ja, μή auf ein Nein berechnet ist (denn der Ant- 
wortende kann ja einen Querstrich machen). So. kann hier also 
auch ein Opt. mit ἄν mit μή zusammenkommen, z. Β. Plat. Phileb; 
27. C. mit ρα μὴ πλημμελοίην ἄν τι. Der Conjunctiv verlangt 
einmal un, das also auch bei Erwartung eines „Ja“ bleibt. Doch 
kommt dem Griechen hier sehr zu Hülfe sein Futurum, das bier 
vom Conj. so gut wie gar nicht sich scheidet, und dem eigentlich 
nur οὐ gebührt. — Nicht selten werden auch Nominalfragen 
mit positiver oder negativer Tendenz ausgesprochen, wo dann auch 
die „Verschiebung““ in Betracht kommt. Wir können darauf hier nicht 


128 Das syntakt, System der Tempora und Modi 


eingehen; im Ganzen wird das jedoch in den spätern Sprachen 
viel häufiger. 

2. Für die indirecten Fragen ist vor allem festzuhalten, 
dass durch ladirectheit im Griechischen nie der Conjunctiv be- 
wirkt wird; dieser kann nur erscheinen, wo er. auch direct schon stand, 
Ebensowenig entsteht dadurch ein μή. Ferner ist zu berück- 
sichtigen, dass griechisch überhaupt keine Nothwendigkeit zuın 
Ausdruck der orat. oblig. vorhanden ist, was erklärlich schon da- 
durch ist, wenn man die Masse Modalformen berechnet, die das 
Griechische trotz, oder vielmehr bei allem Reichthum daran noch 
mehr haben müsste. Danach ergibt sich als die einzige brauch- 
bare Bestimmung der Madi der indirecten Fragen: dass sie ent- 
weder ganz in den Modis (und Negationen) der directen 
verbleiben, — oder in die or. obligq. treten, die keine andere 
Form hat als den Optativ. Für ersteren Fall ist nur hinzufügen, 
dass auch das Tempus dasselbe bleiben müsse (vgl. bei den Sub- 
stantivsätzen; deren zweite Möglichkeit, dass das Tempus geän- 
dert wurde, wenn eine Behauptung des Beferirenden angegebeu 
wurde, bei einer Frage nicht in Betracht kommt), und zwar auch, 
wenn die Indirectheit durch ein el „ob‘‘ angegeben ist:  Aesch. 
Tin, 135. ἐπηρώτων εἰ οὐκ αἰσχύνομαι. Dem. 854: 18. ἠρόμην 
αὐτὸν, εἰ εἰδείη ὅπου ἐστίν. — Dem. cor. 70. οὐδ᾽ „ εἶ γέγονεν, 
οἶδα. Dem. 86. 18. οὐκ ἔχει, τίνα 1ρή: Auch ἔχει» 6, τι λέγει 
(— bedeutet etwas) Plat. Phaedr. 255. E. Aber τὸ μηδὲν ἔχειν, 0, 
τι ποιῇς (aus τί ποιῶ). Xen, II, 1, 80. 80 εἰ mit Conj. Pi. Alex. 
22. Aesch. fals. 64. Dem, fals. 120, 231. Dass wegen or. obl. 
kein μή: Kleon bei Thucyd, σαφὲς εἶναι καὶ νῦν) οἵτινες τῷ μὲν 
πλήϑει ου ᾿δὲν ἐθέλουσιν εἰπεῖν, ὀλίγοις δὲ κτλ. Der Opt. mit 
ἄν gehört danach schon der Gegenwart an, und wer an consecutio 
modorum glaubt, wird auffällig finden: Dem. 36, 19. σκέψασϑε, 
ἡλίκ᾽ av τις ἔχοι τεκμήρια. Der Opt. der orat. oblig. ver- 
langt auch hier den Hanptsatz in der Vergangenheit; ferner können 
ia iha nur der Ind. (erster Stufe) und der Conj. der directen 
Frage eintreten, wonach denn auch seine Negation sich bestimmt ; 
endlich ist, ‚dieser Indie. immer ein Ind. Praes. gewesen. Aesch. 
Tim. 84. ἤρετο εἶ οὐκ αἰσχυνοίμην: ganz einerlei mit αἰσχύνομαι: 
vgl. oben $. 13. Lys. Panel. 3. ἐπυνθανόμην εἶ τενα γιγνώσκοιεν. 
Dem. 42, 6. ἠρόμην ὅπου ὁ σῖτος εἴη. Thucyd. III, 113, 8, ἤφετο 
Or ϑαυμάξοι καὶ ὁπόσοι τεϑυᾶσι. Isae. VI, 13. ιἐρομένων δ᾽ 
ἡμῶν ὄστις εἴη καὶ εἰ ζῇ ἢ an. ib. 35. ἐσκόπουν, ὅπως ἐκείνου 
ἔσοιτο ε οὐσία. Dass aus einem directen Praes. Ind, nur der Opt. 
Praes. entsteht, ist sehr erklärlich. Der Opt. Aor. kann dage- 
gen aus dem Conj. entstehen, da dieser sowol Aor. als Praes. 
gewesen sein kann. Plat. Protag. 322. Ὁ. ἐρωτᾷ οὖν Ἑρμῆς Δία, 
τίνα οὖν τρόπον δοίη δίκην καὶ αἰδώ ἀνϑρώποις. Dem. 35, 25. 
οὐκ εἴχομεν ὅτου ἐπιλαβοίμεϑα» οὔϑ᾽ οτου κρατοῖμεν. Hier zeigt 
sich denn, dass der Opt. Aor. durchaus nicht die Vergangenheit 


- 


-ina Griechischen. Von Aken zu Güstrow. 129 


gegenüber dem Opt. Praes. bedeute, dass also in den Substantiv. 
sätzen mit or, und ὡς dem Hauptsatze gleichzeitige Handlungen 
nur wegen des nöthigen Ausdrucks der Dauer in den Opt, Praes. 
traten, abgesehen davon, dass direct ein Praxs. stehen müsse. 
Den Opt. Aor. .von der Vergangenheit gibt es auch hier, jedoch 
weit seltener noch als bei ὅτε und eig: Plut. Alc. 20. ἐρωτώμενος, 
σεως τὰ πρόσωπα τῶν Ἑρμοκοπιδῶν γνωρίσειε: also allerdings, 
wo direct. der Aoristz doch nur als Ausnahme, in der spätern 
Sprache; „das regelmässige wäre der Indicativ, Thucyd, VI, 1. Kv- 
κλῶπες ὧν ἐγὼ οὔτε γένος ἔχω εἰπεῖν; οὔτε ὁπόϑεν εἰσῆλθον ἢ ὅποι 
ἀπεχώρησαν. Dem. Ti im. (24.) 158: dvegmravrdg τινος. ὅτου ἕνεκα 
τοιαῦτ᾽ ἠϑέλησε γράφειν κτλ. Dass hier οὐ (ausser beim Conj.) 
an seiner Stelle sei, ergibt sich schon ans der Analogie der indir. 
Fragen mit den Substantivsätzen, sowie aus einigen ‚obiger Bei- 
spiele; vgl. Isoer. big. 5. ἐξ ὧν ἐνθυμεῖσϑαι χρὴ» 'πόϊον κίνδυνον 
οὐκ ἂν ὑπέμενεν. Pl. Caes. 8. οὐκ οἶδα ὃ ὅπως (cur) οὐκ ἔγραψεν. 
Ρμος. 28.. 'πυνϑανόμενος εἰ ταῦτ᾽ οὐκ dv ἤϑελεν αὐτῷ πεπρᾶχϑαι. 
Eur. Hel. 915. σκόπει, πότερον βούλσιντ᾽ ἂν ἢ οὐ βούλοιντ' av. 
Auch im zweiten Gliede yon Doppelfragen: Dem. 50, 55. ἠρώτων 
αὐτὸν. εἰ ἀναπλεύσειεν ἢ οὐ; vgl. XV, 18. XXH, 16. Doch findet 
sich schon häufig μή für οὐ; Ieocr. Panath, 82. ἠρόμην; εἰ μηδὲν 
φροντίζει: namentlich ἢ μή: besonders bei den Rednera und Pin- 
ἴσο, An einen Unterschied ist häufig gar :nicht zu denken; 'man 
muss eben zugestehen, dass der Gebrauch von μή als einer Ne- 
gation der Abhängigkeit sich erweiterte, Analogien zeigen sich ja 
auch in den Modis. Noch ist zu bemerken, dass Sätze, wie ὅρα 
μὴ παίζων ἔλεγεν. Theaet. 148. Β. ὅρα, μὴ γελοῖον ἡ Dem. 36, 
31. = timeo ne zu fassen sind. Hier wäre sonst schon un gar 
nicht | erklärbar. 

Die bislier betrachteten indirekten Fragen sind, wie auch schon 
die Modi zeigen, nichts als eigentliche Substantivsätze. 
Sie geben alle den Inhalt einer als wirklich gestellt zu den- 
kenden Frage. Es ist aber, selbst bei unserer Aufgabe, nur die 
Grundzüge des befolgten Systems aufzusuchen, noch eine andere 
Art Sätze zu erwähnen, die man ebenfalls indirecte Fragen nennt: 
wir nennen sie Nebensätze der fragenden Handlung: 
2. B. „ich will einmal an die Thür klopfen, ob er'es vielleicht 
hört“; „geh du einmal zu ihm, ob er es dir, vielleicht sagt‘; 
so sogar:' „ich will ihn einmal’ fragen, ob er es mir vielleicht 
sagt (giebt)“ — d. h. „ich will etwas thun, 'in der Erwartung, 
dass u. 8. w.“ = zu versuchen, ob u. 8. 0} WO αἰδὸ nicht die 
directe Frage: „sagst du es mir?‘ zu Grunde liegend angegeben 
werden soll. Die Handlung des Hauptsatzes ist hier als eine voll- 
ständige anzusehen; diese Nebensätze sind Adverbialsätze; 
es stehen die Modi des causalen Nebensatzes: älso na- 
mentlich μή, Conj. mit ἄν κτλ. und εἰ ist hier — „wenn“, 
Hom. Od. XXI, 90. εἴρυτο φάσγανον; εἴ πως εἴξενε. 254. ἄκον- 

Αγελίο f. Phil, u. Paedag. Bd. XIX. ΗΜ. 1. 9 


130 Das syntakt. Syst. d; Temp.u. Modi imGr. Von Aken zu Güstrow. 


τίσατ᾽ αἵ κέ ποϑι Ζεὺς δώῃ. Xen. Hell. 11, 4, 16. ἀϑλα προύϑηκε 
ἥτις ἄριστα ἔχοι. Thucyd. Ill, 20, 1. ἐπιβουλεύουσιν ἐξελθεῖν 
καὶ ὑπερβῆναι τὰ τείχη, ἢ ν δύνωνται βιάσᾳσϑαι. Eur. Hel. 429. 
τοῖς ἐκεὶ ξητῶν φίλοις τὰ πρόσφορ᾽, ἦν πως ἐξερευνήσας λάβω. bc. 
σκοπεῖσθαι, weniger σκέψασθαι. Pl. Cratyl. 400. A. τόδε σκόπει, ἐὸν 
ἄρα καί σοι ἀρέσῃ. Thucyd. ΠΙ, 4,4, πέμπουσιν εἴπως πείσειαν. Υ], 88. 
ἔπεμψαν el δύναιντο, Man kann das brachylogisch fassen: 
so erklären sich dann manche un bei εἶ == „ob“: z. B. Plat. 
Caes. 56. ἐβόα, εἰ μηδὲν αἰδοῦνται: es sei doch schrecklich, 
wenn“: wenn auch man gewöhnlich übersetzen wird: ‚ob sie sich 
denn nicht schämten“;, vgl, Phoc. 36. εἰπὸν εἰ μηδὲ anodaveiv 
᾿ϑήνῃσι δωρεάν ἐστι. Isocr. Panath. 82 (v. supr.). — Xen. Hell. 
1, 7, 23. — δεῖ διαψηφέξεσθαι, ἐάν re ἀδικεῖν δοκῶσι ἐάν ve μή: 
müssen eigentlich Hauptsatzmodi stehen: die Analogie des so häu- 
figen „wenn‘‘ für „dass“ und „weil“, muss es aueh für „ob‘“ er- 
klärlich machen. 

Es sind noch weitere Bestimmungen aufzufinden; wir müssen 
sie hier übergehen. Ebenso haben wir die Adject.- und Adver- 
bialsätze mit Hauptsatzmodis gänzlich übergangen, obwol da- 
durch Vergleichung der verschiedenen Modusreihen bei den einzel- 
‚ nen Relativis, 2. B. bei πρέν, Eng, τοιοῦτος, quum εἰς. noch man- 
ches klarer werden würde, manche Einzelbestimmung nachzuholen 
wäre. Es handelte sich aber, die Möglichkeit der Vereinigung der 
historischen und der sog. philos. Grammatik: als durchführbar nach- 
zuweisen. Sollte also diese Arbeit die Ehre einer öffentlichen Be- 
urtheilung erfahren, so darf ich wohl erwarten, dass man nicht eher 
Einzelheiten angreife, bis man die dem Ganzen zu Grunde lie- 
gende Idee entweder verworfen oder angenommen hat, im ersten 
Falle aber auch zuvor ein Anderes an deren Stelle setzt. Denn 
dass das Bedürfniss eines solchen Versuches vorliege, scheint 
mir unzweifelhaft. 


Die sogenannten Silentien an den Gymnasien. 


Bei den vielen und trefflichen Einrichtungen im Gymnasial- 
wesen findet sich dennoch nicht selten die Erscheinung, dass trotz 
der neun Jahre, 416 den Gymnasiasten zur Vorbildung für die Uni- 
versitätsstudien geboten sind, eine. nicht unbedeutende Anzahl der- 
selben mehr als neun Jahre gebraucht, um sich zum Abiturienten- 
Examen zu befähigen, . dass andere, um das angedeutete Ziel in 
der bestimmten Zeit zu erreichen, zu allen, möglichen Pfuschereien 
und Betrügereien ihre Zuflucht nehmen, dass endlich manche, die 
das Examen glücklich bestehen, durch die grossen. Anstrengungen 


Die sogen. Silentien an d. Gymnasien, Von Dr. Fr. Al. Hagelüken. 131 


in den letzten Jahren vor der Prüfung ihrer Gesundheit schaden 
und wol auch mitunter den Grund zu einem’ langen Siechthume 
legen. Ohne Zweifel ist diese Erscheinung theilweise begründet in 
der Verschiedenheit der. geistigen Anlagen und der physischen " 
Kräfte, theilweise auch in der Verschiedenheit des Fleisses und der 
Strebsamkeit der Schüler. Wenn sie jedoch, was die Erfahrang 
lehrt, zur grossen Ueberraschung der Lebrer nicht selten sogar bei 
wirklich gut begabten und kräftigen Schülern vorkommt, theils 
auch bei fleissigen und strebsamen, so erhellet von selbst, dass ein 
anderer Grund oder andere Gründe dieser Erscheinung vorbanden 
sein müssen und dass es Hemmnisse giebt, die manche Schüler 
selbst bei nicht. unbedeutendem Fleisse keine solche Fortschritte 
machen lassen, wie man sie zu erwarten berechtigt wäre. 
Betrachten wir nun zuerst das Verhältniss der Schulstanden 
und der Zeit, welche der Schüler zu seiner Vorbereitung auf die 
Lectionen, zu Anfertigung der schriftlichen Arbeiten, zur Wieder. 
kolung des früher Gelernten und zu seiner Erholung verwenden 
kann, so finden wir, dass der Gymnasiast täglich sechs Stunden, 
mit Ausnahme .der Spieltage, an. denen er nur vier Schulstunden 
hat, in der Classe zubringen muss, um dem Unterrichte beizuwoh- 
nen. Rechnen wir nun zwei Stunden zu seiner Erholung, ferner 
eine Stunde und eine halbe zum -Genusse von: Speise und Trank 
und den gänzen Tag zu etwa sechzehn Stunden, so bleiben ihm 
nach Abzug der sechs Schulstunden nur noch sechs und eine balbe 
Stunde ‚für die Vorbereitung auf die- Lectionen, für die Anferti- 
gung der vielfachen achriftlichen Arbeiten und für die Wiederholung ἡ 
des früher Gelernten, Dass der Schüler mit diesen Stunden .nicht 
ausreicht und ausreichen kann, selbst wenn man die Spieltage so 
benannt annimmt, wie lucus a non lucendo, wird klar, sobald man 
durch αἷς Erfahrung belehrt , weiss, dass die meisten Schüler (ist 
es ja sogar bei den jungen Lehrern nicht anders), besonders in 
den untern nnd mittlern Classen wenigstens zwei Stunden zur Vor- 
bereitung für eine Lectionsstunde nöthig haben. Woher nimmt nun 
der Schüler. die ‘Zeit zur Anfertigung «ler: schriftlichen Arbeiten? 
Wie soll er Zeit finden , das Gelernte dann und. wann wieder durch- 
zunehmen? Und doch ist repetitio mater .studiorum-, ohne die keine 
Sicherheit, keine Festigkeit,. keine Clarheit und Deutlichkeit in’s 
Wissen kommt, ohne sie es keine Leichtigkeit: in Reproducirung 
des Gewussten, also. auch keina Möglichkeit raschen Vergleichens 
und Combinirens gibt, auf die; es doch so sehr ankommt, wenn 
die aufgenommenen und geweckten Vorstellungen, die gefassten 
Begriffe und die angeregten. Ideen wahrhaft förderlich für das fer- 
nere Studium und: fruchtbar und wichtig für das praktische Leben 
werden sollen. Man könnte allerdings entgegnen, dass die Schul- 
stunden selbst zum Theile der Repetition gewidmet würden. Allein 
diese Bemerkung erhält ein ganz anderes Licht, sobald man be- 
denkt, dass die Repetition in der Classe zunächst zu dem Zwecke 
9% 


“ 


I“ 


132 Die sogenannten Silentien an den Gymnasien. 


angestellt wird, um zu sehen, ob der Schüler seine Pflicht wirk- 
lich getban und das Vorgenommene ordentlich gelernt habe, dass 
diese Repetition, obgleich für alle angestellt, doch nur theilweise 
für den einzelnen Schüler eintritt, dass bei derselben der Schüler 
ebenso wie in den Lectionsstunden suchen wird, auch dann durch- 
zukommen und zu genügen, wenn er die Unterrichtsgegenstände, 
um die es sich handelt, nicht richtig und genan aufgefasst oder 
aber nicht gehörig verarbeitet hat, dass selbst die dabei eintretende 
Aengstlichkeit sogar hindert, das früher nicht gut Aufgefasste durch 
die Wiederholung sich klar und bestimmt anzueignen, dass end- 
lich diese Repetition sich nicht um das Einzelne überall drehen 
kann und wenn auch im Ganzen vollständig doch immerhin lücken- 
haft bleiben muss aus Mangel an Zeit, abgesehen davon, dass sie 
sich zunächst nur auf die Lehrobjecte eines Jahres erstreckt und 
«höchstens im Allgemeinen die des vorhergehenden Jahres berück- 
sichtigen kann. Soll aber das Wissen des Schülers ein gediegenes 
und tüchtiges werden, so muss er, um einen Fall anzuführen, 
“seinen Nepos und Caesar auch späterhin einmal wenigstens theil- 
weise wieder durcharbeiten, denn eben dadurch wird er bei nun 
fortgeschrittener Gewandtheit im Lateinischen Manches jetzt erst 
recht klar auffassen, in Einzeines tiefer eindringen, der Geist des 
Schriftst:llers, die Gefälligkeit, Schönheit und Bestimmtheit seiher 
Darstellung ahnen und würdigen lernen und somit wirklich Achtung 
und Zuneigung für den Classiker gewinnen, der ihm früher viel- 
leicht so wenig gefiel, dass er im Stillen wünschte, er möge nie 
geschrieben haben, damit er nicht bei demselben zu schwitzen 
brauche. Es lenchtet ein, dass durch eine solche Wiederholung, 
um bei unserm Beispiele stehen zu bleiben, die Classiker und clas- 
sischen Studien hundertmal mehr Freunde gewinnen würden, als 
durch Declamationen über den Werth derselben, den der. Schüler 
und der grösste Theil der Eltern nicht erkennt und nnr für eine 
blosse Einbildung der gelehrten Leute hält. Ja eben dadurch, dass 
Man die Classiker nicht recht kennen lernt, d. ἢ. am Gymnasio 
nicht, wo sie arge Mühe machen, und auf der Universität nicht, 
wo man sich um die Quälgeister nicht mehr kümmert und froh ist, 
ihrer los zu sein, mag es gekommen sein, dass in der neuern 
Zeit eine so grosse und starke Opposition gegen dieselben sich 
gebildet hat, des Umstandes nicht zu gedenken, dass die Classiker 
zum Theile als die Folterer betrachtet werden, die bei der Abi- 
turienten-Prüfung wenigstens die Folterwerkzeuge sind oder doch 
darbieten. j 
Doch das Angeführte wird genügen, um darzulegen, dass 
eine andere Wiederholung als die, welche in der Classe angestellt 
zu werden pflegt, statt haben muss, d. h. eine durch den Schüler 
selhst rubig und bedächtig mit Musse angestellte, .damit das Aufge- 
nommene gehörig verarbeitet und sicheres geistiges Eigenthum des 
"ülers werde, und eben dadurch, dass es Bigenthum wird, auch 


Von Dr. Fr. Al, Hagelüken. 133 


das Mittel därbiete, späterhin damit selbstständig und frei schalten 
und walten zu können, 

Wenn nun nach dem Vorhergehenden nicht wohl geläugnet 
werden kann, dass die Arbeitszeit des Schülers im Verhältnisse 
zu den Schulstunden eine zu beschränkte ist; wenn ferner zuge- 
geben werden muss, dass dem zu vielen Studiren beim Lichte, 
besonders bei fein gedruckter Schrift, wie sie die meisten Schul- 
ausgaben haben, die so häufig vorkommende Augenschwäche noch 
junger Leute so wie die vielen Klagen über Brustschmerzen und 
dergl. zuzuschreiben ist: so wird man sich gedrungen fühlen, ent- 
weder eine Beschränkung der Unterrichtsstunden zu wünschen oder 
auf Mittel und Wege zu sinnen, durch die man die kurze Zeit so 
zu sagen, wenn gleich nicht extensiv, was unmöglich ist, doch in- 
tensiv, soviel es geschehen kann, zu verlängern, um so mehr, als 
eben dieses Missverhältniss zwischen Lehr- und Lernzeit einen an- 
dern Uebelstand herbeiführet, der selbst in sittlicher Hinsicht be- 
denklich werden kann und nicht selten wird. Weil nämlich die ge- 
botene Zeit nicht ausreicht, so suchen sowol die schwächern und 
langsamern, als auch die vorzüglich lebhaften und unruhigen Schü- 
ler sich entweder durch den Gebrauch von unerlaubten Hülfsmit- 
(εἶα durchzuhelfen, oder auch auf andere fleissigere Mitschüler sich 
zu stützen oder gemeinschaftlich, gewissermaassen fabrikmässig, wie 
etwa Lustspiele in Frankreich fabricirt werden, ihre Arbeiten und 
Studien abzumachen, was um sa leichter ist, als z. B. von den 
Classikern nicht nur, sondern selbst von Sammlungen, wie von 
Jakobs’ griech. Elementarbuche, Uebersetzungen für geringes Geld 
zu erhalten sind oder aber auch in den einzelnen Classen so zu 
sagen vererben; als ferner manche Schüler, um nur an den Ver- 
gnügungen anderer Theil nehmen zu können, sich dazu verstehen, 
andern zu helfen, sie die Arbeiten theilweise abschreiben zu las- 
sen, ihnen die Praeparationshefte zu leihen; als endlich bei der 
Neigung der Schüler, gemeinschaftliche Vergnügnngen zu suchen, 
dieselben auch geschwind ihre Schularbeiten bei Seite zu bringen 
suchen, der eine ‘deshalb diese Partie übernimmt, der andere, jene, 
um doreh raschen Austausch des Einzelnen wenigstens dem Scheine 
nach ihrer Pflicht zu genügen, Dass eine solche Art, die Studien, 
wenn man es so nennen darf, zu betreiben, einerseits ein ober- 
flächliches, lückenhaftes Wissen, andrerseits eine Angewöhnung an 
Unredlichkeit, an Lug und Trug zur Folge hat,- ist wol ein- 
leuchtend, und es möchte daher wol zu erklären sein, dass beim 
Abiturienten-Examen alle Schleichwege und Betrügereien, die nur 
irgendwo möglich sind, versucht werden. Denn da von den unter- 
sten Classen an viele Schüler nur durch Pfuschen sich durchhel- 
fen , so wird ihnen dieses theils zur zweiten Natur, theils machen 
sie in der Reihe der Jahre so viele derartige Versuche, dass sie 
geübt und gewandt, ja raffinirt in dergleichen Dingen werden und 
endlich dahin kommen, nicht einmal zu denken, dass sie unredlich 


134 Die sogenanaten, Silcntien an den Gymnasien. 


handeln und, indem sie ‘den Lehrer betrügen,: sich am meisten 
Schaden zufügen. Denn man wolle nicht einwenden, dass der 
Lehrer doch bald den Betrug merken und ihn bestrafen werde. 
Allerdings wird der etwas geübte Lehrer bald sehen, wie es mit 
dem Schüler steht, wenigstens wiwl ihm mancher Zweifel hier und 
da aufstossen. Aber wenn er bei Vergleichungen der Arbeiten fin- 
det, dass zwar Einzelnes stimmt, Anderes wieder nicht, dann: auch 
einmal die Arbeit wieder gut, das andere Mal etwas besser aus- 
gefallen ist, aber doch im Ganzen Achnlichkeit hat, wenn er die 
Praeparationshefte in Ordnung findet, wenn er hört, dass der Ver- 
‚dächtige im Allgemeinen den Anforderungen , die er an ihn macht, 
entspricht, wenn. der Schüler betheuert, selbstständig und fleissig 
gearbeitet zu haben, wenn dagegen ein solcher Schäler 2. B, in 
-den schriftlichen Probearbeiten oder bei plötzlich ‘nnd 'unverhoflt 
angestellter Wiederholung des einen oder‘ des andern Abschnittes 
der frühern Lectionen wenig Sicherheit und Gründlichkeit, überall 
Lückenhaftigkeit zeigt, was wird der Lehrer, in Betracht des 
Wesens der Jugend anderes denken und annelimen, als dass ein 
solcher Schüler entweder keine glücklichen Anlagen habe. oder dass 
er zwar fleissig studire, aber nicht mit der gehörigen ' Aufmerk- 
samkeit und Kraft seine Studien betreibe? Er wird ihn theils be- 
dauern, theils ihn zu grösserer Aufinerksamkeit und zu’ wiederhol- 
ter Durcharbeitung des Gelernten auffordern; er ‘wird befürchten, 
ungerecht gegen den Schüler zu sein, wenn er mehr fordere, als 
dessen Kräfte zu leisten im’ Stande seien. Entweder 'pfuscht nun, 
was bei zahlreichen Classen, wie die Erfahrung lehrt, nicht selten 
vorkommt, ein solcher Schüler sich durch, täuscht durch sein ober- 
flächliches, zusammengerafftes Wissen and steigt von einer Classe 
allmälig zur andern, ohne etwas Tüchtiges oder Gründhches ge- 
lernt zu haben, oder er wird ötrenge beurtheilt- und am Steigen 
gehindert, bis er genügt. ‘Dass er im letzten Falle in den neun 
ıhm gebotenen Schuljahren das Gymnasium richt absolvirt und nicht 
blos‘ seinen Eltern bedeutend mehr Kosten verursacht, sondern 
auch selbst viel später eine feste Stellung im Leben sich erringt 
und somit weit weniger für die Menschheit wirkt, liegt auf flacher 
Händ, abgesehen davon, dass die Angewöhnung an Uonredlichkeit 
in einer Hinsicht ihn gar leicht auch zur Unredlichkeit in änderer 
Hinsicht führen kann. Im erste Falle wird der Schüler‘ vielleicht 
früher zum Abiturienten-Examen sich melden können, aber mit 
Angst und Zittern demselben entgegengehen, vielleicht aber auch 
leichten Muthes, indem er sich schon Wege aufgefunden hat, durch 
die er, wie früher, sein Ziel zu erreichen hofft und nicht selten er- 
reicht. Denn obgleich noch so gute Vorkehrungen getroffen wer- 
den, Betrügereien zu verhindern, so lehrt doch die 'Erfahrang zur 
Genüge, dass im Betrügen geübte Schüler noch bessere zu treffen 
wissen, um die der Lehrer zu nichte zu machen und sich dürch- 
zupfuschen. Jeder Schulmann, der mit offnen - Augen und offnen 


x 


Von Dr. Fr. Al. Hagelüken. 135 


Ohren den Verlauf der Abitarienten-Prüfangen einige Zeit verfolgt 
hat, wird davon ein erbauliches Liedchen singen können. Ueber- 
haupt thöchte man sich versacht fühlen, den Satz aufzustellen, dass, 
so wie ein Dummer mehr fragen kann, als zehn Kluge zu be- 
antworten im Stande sind, so auch die Jugend den Lehrer, selbst 
den erfahrenen, zehnmal hintergehen kann, ehe er.es einmal be- 
stimmt nachzuweisen vermag , dass er hintergangen worden ist. 
Wiewol man die Wahrheit dieses Satzes gern in Abreie stellen 
möchte, so wird man es doch nicht leicht können, wenn man auf- 
richtig und demüthig genug sein will. -Nur dann, wenn der Schü- 
ler wirklich gewissenhaft, wahrhaft religiös ist, nur dann wird der 
Lehrer immer sicher gehen können; sonst nicht, Und gerade diese 
Gewissenhaftigkeit wird leider zu oft vermisst, aus dem Pfuschen 
wenigstens machen sich die meisten Schüler eben kein Gewissen, 
Woher dies komme, dies zu erörtern gehört nicht hierher und wäre 
einer andern genauern Besprechung werth. . 

Aber damit man nicht sage, wir sähen Alles durch eine zu 
dunkle Brille an, so wollen wir einen andern Punk# nicht über- 
gehen, der nieht minder,..als das Vorhergehende, Beachtung ver- 
dient. Man findet nämlich manche Schüler, die‘ wirklich strebsam 
und: fleissig sind. and gleichwol keine bedeutenden Fortschritte 
machen. Unter diesen finden‘ sich nicht blos minder: Begabte, 
sondern oft recht talentveolle, aber flüchtige ‚und unruhige Köpfe. 
Woher, fragt man mit Recht, kommt es denn, dass solche nicht 
so rasch vorankommen,, als man zu erwarten berechtigt sein möchte ὃ. 
Die Antwort auf diese Frage ist einfach diese: „‚solche wissen 
nicht, wie sie stüdiren sollen“. Eine derartige Antwort kann be- 
fremden, wenn man daran denkt, dass in der Classe tagtäglich so 
zu sagen praktische. Anleitung gegeben wird, wie gearbeitet, wie 
studirt werden soll, Aber die weniger Begabten werden zu sehr 
mit der Lection selbst beschäftigt, dass sie auf das Wie keine 
Aufmerksamkeit richten, oder falls sie das thun, in den Versuchen 
so unbeholfen sind, dass sie bald in: den alten Schlender zurück- 
fallen; die talentvollen Köpfe, wenn sie zugleich unruhigen Geistes 
sind, achten noch weniger auf das Wie und machen in ihrer 
Weise so leicht als möglich ihre Schulgeschäfte ab, um nur ent- 
weder zu andern Gegenständen zu eilen oder an Lesereien sich 
zu ergötzen oder auch die Zeit auf andere Weise zu vertändeln. 
Das mag sein, wird man sagen, das Genie bricht sich überall 
seine Bahn. Schon gut; aber da Talent nicht schon Genie ist, 
und da selbst das Genie ohne eine bestimmte Form und Richtung. 
leicht hin- und hertappt und mitunter gerade im ersten oder im 
höchsten Auffluge ermattet and aufgerieben hinsinkt, wie die Litte- 
raturgeschichte, namentlich auch der Deutschen, mehrfach nach- 
weiset; so mögen wir es nicht za geringe anschlagen, wenn das 
Talent sogleich auf den rechten Weg gelenkt, wenn es sofort da- 
hin geführt wird, sich in sicher und stetig fortschreitender Weise 


‘ er \ 
136° Die sogenannten Silehtien an den Gymnasien. 


zu entwickeln und zu bilden. Ohne eine solehe Leitung und Füh- 
rung kommt es leicht durch viele Umwege erst zu dem Punkte, 
den es gleich anfangs hätte erreichen und von dem aus es dann 
sicher und ruhig hätte fortschreiten können. Findet man ja oft 
zu seinem grössten Erstaunen, dass Schüler der mittlern, ja der 
höbern Classen noch nicht einmal das Lexicon gehörig zu gebrau- 
chen oder die: ihnen offen stehenden und theilweise wenigstens be- 
kannten Quellen der. Geschichte zu benutzen wissen. So kommt 
es dann nicht selten, «dass manche fleissige und strebsame Schüler, 
da sie ihre Zeit im Allgemeinen gut anwenden, ihrer Gesundheit, 
zumal in den Jahren der körperlichen Entwicklung, schaden, ohne 
doch solche Fortschritte zu machen, wie.sie die Schule ferdert. 
Sie, bestehen zwar die. Abiturienten-Prüfung, haben aber zu einem 
siechen Leben den Grund gelegt. Dieser Fall tritt um so mehr 
ein, wenn sie, der Prüfung nahe, ihre Schwäche‘in wissenschaft- 
licher Hinsicht fühlen und einsehen, und dann, um nicht durchs 
Examen zu.fallen, in den letzten Jahren vor demselben mit aller 
Anstrengung®«das Mangelnde nachzuholen sich bestreben. Kein 
Wunder, wenn dann, ‚besonders in Prima, bald dieser bald. jener 
zu. kränkeln beginnt, oft auch vom Arzte den Rath erhält, seine 
Studien. auf einige Zeit auszusetzen. Was kann aber dieser Rath 
helfen, da ja das Examen bevorsteht und bestanden werden: muss? 
Es darf nicht übersehen werden, ‚dass hier die Rede von redlichen 
Schülern ist, dass. an manchen Gymnasien derartige. Fälle wol 
selten oder nie vorkommen mögen, Jass sie aber an andern wie- 
derholt vorgekommen sind, an andern sogar häufig. ‚Denn selbst 
die, ‚welehe sich auf ihre Kunst zu betrügen verlassen, haben zum 
Theil. eine gewisse Angst. vor der Prüfung und suchen, um für :die 
mündliche Prüfung noch etwas zusammenzuraffen, in: der Ueber- 
sicht wenigstens das Nöthige zu durchlaufen und studiren dann 
wol, wie man zu sagen pflegt, Tag und Nacht. Dass nun aber 
gerade solche am ersten unter der ungewohnten Anstrengung lei- 
den, leuchtet von selbst ein und findet Bestätigung in der Erfah- 
rung. Wie aber durch ein solches Zusammentreffen, trotz dem 
ddass die Gesundheit darunter leidet, eigentlich ‘nichts gewonnen, 
am allerwenigsten wahre und gediegene Geistesbildung gefördert 
wird, braucht nicht erst auseinander gesetzt zu werden. "Aber 
auch von diesem Uebelstande wie von den früher angedeuteten kKegt 
der Grund ‚offenbar zum Theile in dem Missverhältnisse zwischen 
Lehr- ‚und Lernzeit. 

Wie ist dem, fragen wir wol mit Recht, abzuhelfen? Die 
Antwort lautet wieder wie oben: entweder muss die Unterrichtszeit 
beschränkt werden, oder es ist ein anderes Mittel aufzusuchen, 
durch welches die an und für sich kurze Zeit gewissermaassen ver- 
längert wird. Mit Uebergehung des’ ersten Punktes wollen wir 
hier zunächst den zweiten ins Auge fassen und versuchen, ein sel- 
‚ches Mittel, das zwar nicht Alles, aber doch Vieles leisten kann, 


Von Dr. Fr. Al. Hiegelüken. | 187 


, anzugeben. Dieses ist nun kein anderes, als das, was’an eisigen 
wenigen Gymnasien sich noch immer bewährt, von den meisten 
aber gänzlich verschwunden ist, nämlich die Einrichtung, die frü- 
her mit dem Namen „Silentinm‘‘ bezeiehnet wurde.‘ Sie war fol- 
gende. Moriens nach zweiständigem Unterrichte versammelten. sich 
die Schüler wieder auf ihrer Classe mit den Büchern, die zu den 
Leectionen für den Nachmittag oder auch zu den gerade anzuferti« 
genden schriftlichen Arbeiten nöthig waren. Jeder Schüler gab 
sich sofort an die Arbeit. Die: Aufsicht führten gewöhnlich 2 
Praeceptoren, mitunter bei weniger Schülera nur 1 Praeceptor, wie 
man sie nannte, junge Männer, die sieh, nach Absolvirung der 
philosophischen und theologischen Studien dem Lehrfache zu wid- 
men gesonnen waren, beim Antritte der Praeceptur gewöhnlich 
schen Theologie studirten, also das Gymnasium vollständig darch- 
gemacht hatten und zwar so, dass sie zu den tächtigsten Sehülern 
immer gerechnet waren. Diese hatten darauf zu sehen, dass jeder 
Schüler selbstständig und allein sowol seine schriftlichen Arbeiten 
anfertigte als auch seine Lectionen studirte.e Da das Silentium 
Vormittags von 14 11 Uhr bis 12 Uhr, des Abends von 5 bis 7 
Uhr dauerte, so wurde, wenn die Lectionen zu studiren wären, 
gewöhnlich 2, Stunde Vormittags und 1 Stunde Abends dazu an- 
gewandt, die eine oder andere Lection entweder cursorisch oder 
auch in einzelnen Fällen statarisch darchzunehmen, d. b. der eine 
der Praeceptoren, die damit wöchentlich wechselten, ging mit den 
Schülern die Lection durch. Ausserdem aber, und das war nicht 
das Unwichtigste, hatte der Praeceptor oder hatten die Praeceptoren 
die Verpflichtung, den an sie sich wendenden Schülern bei vorkom- 
menden Schwierigkeiten belehrend und helfend zur Seite zu stehen, 
sie auf die verkehrte Art des Arbeitens, auf ihre Haltusg am 
Stndirtische u. s. w. aufmerksam zu ‚machen, kurz über ihr Thun 
und Lassem zu wachen, sie zu belehren und nöthigen Falles sie zu 
bestrafen. Zugleich wurde ein sogenannter Katalog geschrieben, 
d. ἃ, ein Blatt Papier genommen, auf dieses bemerkt, ob schrift- 
liche Arbeiten angefertigt oder Lectionen studirt ‚seien, ob: die 
Schüler sich wohl verhalten haben oder nicht und namentlich. die- 
jenigen,' welche etwa Störung verursacht oder ihre Pflicht nicht ge- 
.hörig erfüllt hatten, aufgezeichnet und das Blatt durch einen ge 
wissenhaften Schüler dem Ordinarius in der nächsten Lections- 
stunde entweder offen oder auch verschlossen eingereicht, so dass 
derselbe als unparteiischer,, leidenschaftsloser, weil unbetheiligter 
Richter sein Urtheil sprechen konnte. Dieser Katalog war, so zu 
_ sagen, ein wahrer Schrecken der unruhigen und schlechten Schüler 
und hatte sonst noch sein Gutes hiasichtlich der Auctorität des 
Ordinarius. Die lateinischen und griechischen Arbeiten wurden 
gleich zu Ende des Silentinms den Praeceptoren zagestellt, die sie 
dann zu Hause nachsahen und am andern Tage im Silentio die 
Reinschrift anfertigen liessen, so dass die Fehler am Rande be-_ 


138 Die sogenannten Silentien an den Gymnasien. 


merkt wurden. Diese Beinschrift wurde dem Ordinarins einge- 
reicht, von demselben durchgesehen, und dana das Pensum in der 
Classe durchgenommen. 

Obgleich diese Einrichtung, wie alle irdischen Einrichtungen, 
ihr Mangelhaftes hat, so wird doch nicht verkannt werden können, 
- dass sie bei weitem mehr. des Guten darbietet und bei einiger 
Modification den oben angedeunteten Debelständen zum Theile we- 
nigstens abzuhelfen geeignet ist. Denn da der Schüler unter steter 
Aufsicht eines Vorgesetzten arbeitet, so ist er einerseits gezwun- 
gen, seine Zeit ernstlich und gut anzuwenden, andererseits ist 
ihm die Möglichkeit zu pfuschen, durch andere sich die Lectionen 
vorsagen zu lassen, die Arbeiten andern theilweise oder ganz ab- 
zuschreiben oder auch von Schülern höherer Classen sich vor- 
machen zu lassen, wenn auch nicht ganz abgeschnitten, dennoch 
wenigstens do sehr beschränkt, mit so vielen Gefahren, der Strafe 
und 'zwar unmittelbar zu verfallen, verknüpft, dass er: nach eini- 
gen derartigen Versuchen, die misslingen müssen, -erkennen. muss, 
dass mit dem Betrügen nicht weit zu kommen sei. Dazu:kommt, 
dass er bei solchen Versuchen unmittelbar zum Bewusstsein ge- 
bracht wird, dass Unredlichkeit etwas Tadelnswerthes und Verab- 
scheunngswürdiges sei; ja Belbst die. Scheu vor der Conirolle: sei- 
ner Mitschüler, deren Neckereien er durch. misslungenes .Pfuschen 
sich blossgestellt sieht, wird ihn theils von ferneren Versuchen 
zurückhalten, theils ihn zur Einsicht bringen, dass gerade Unred- 
hchkeit uns in den Augen der Menschen herabsetzt. Wie ganz 
anders aber gestaltet sich die Sache, wenn der Schüler mit je 2 
oder 3 andern seine Pfuschereien treibt und den übrigen und dem 
Lehrer gegenüber sich den Anschein zu geben weiss, als ob er 
redlich und treu seine Pflicht erfülle, zumal wenn ihm, was nur 
zu oft der Fall ist, im Anfange seine Betrügerei verdeckt bleibt, 
oder er durch Lügen sich glücklich durchzuhelfen weiss! Da aber 
die Schüler der untern und mittlern Classen zum Pfuschen oft 
anch dadurch verleitet werden, dass sie über Schwierigkeiten nicht 
- anders hinanskönnen, als dass sie andere Schüler um Rath fragen 
und diese ihnen kurzweg das Gewünschte vorsagen, so ist klar, 
wie anch diese Veranlassung zur Unredlichkeit wegfallt, wenn ein 
Vorgesetzter nicht vorsagt, sondern den Schüler die Schwierigkeit 
überwinden lehrt, ihm Winke und Anleitung gibt, wie er in ähn- 
lichen Fällen zu verfahren habe, um die Schwierigkeiten zu besei- 
tigen, nm z. B. in dunkle Stellen Licht und Klarheit zu bringen 
und dergl. Auf diese Weise lernt der Schüler nicht nur das, was 
er gerade vor sich hat, sondern wird auch unmittelbar angeleitet, 
wie er überhaupt stadiren soll, Da endlich der Schüler durch 
fleissige Benutzung der Zeit, die er unter strenger Aufsicht arbei- 
tet oder arbeiten muss, einen grossen Theil der Lectionen studirt, 
einen grossen Theil der Arbeiten vollendet hat, so gewinnt er 
nicht nur Zeit für die noch übrigen, sondern auch für Wieder- 


\ - 


εὐ Von Dr. Fr. Al. Hagelüken. ' 189 
holang des früher Gelernten, die er um so eifriger anstellen wird, 
wenn er darch bevorstehende Probearbeiten, durch ihm schon an- 
gekündigte Repetitionen in der Classe sich angespornt fühlt. Ein 
ausserordentlicher Vortheil bei dieser Einrichtung aber ist der, dass 
von vorn herein eine gewisse Ordnung in das ganze Studium des 
Schülers kommt, und er so unvermerkt an Ordnung gewöhnt und 
zur Ordnungsliebe geführt wird. Denn diese Ordnung im Studi- 
ren wird ihm dasselbe nicht nur erleichtern, sondern ihm auch ei- 
nen :grossen Zeitgewinn einbringen, nicht zu gedenken der grös- 
sern Lust und Liebe am Studiren, die auf solche Weise in ihm 
geweckt wird. : Nicht minder wichtig ist es aber auch, dass zu 
lebhafte, bewegliche, das Sitzen verabscheuende Knaben allmälig 
zu einer gewissen -Ruhe sich begqnemen, vom Umherlaufen, Ver- 
tändeln der Zeit abgehalten werden und somit nicht auch andere 
zum Umbherschlendern and Nichtsthun verleiten, So kommt denn, 
nm mich so auszudrücken, em gleichmässigerer Ton in die Classe, 
und da die untern ‘and mittiern Classen (denn für diese wäre das 
Silentinm 'einzurichten) in derselben Weise einer immer grössern 
Ordnung sich befleisigen, die Sehüler der höheren Classen an eine 
solche sich gewöhnt haben, auch in die ganze Anstalt. Es wird 
auf (diesem Wege vielleicht auch am sichersten und erfolgreich- 
sten der jetzt so vielfach vorkommenden Flatterhaftigkeit und 
Renommisterei der Gymnasiasten entgegen gewirkt werden kön- 
nen, die, wie bekannt, am meisten gerade bei denen gefünden 
wird „.die ihre Studien oberflächlich treiben und, weil sie sich in 
dem bier nnd da Aufgeschnappten gefallen, eine grosse Meinung 
von sich haben, indem sie das oberflächlich Angeeignete leicht 
gewonnen habend sich für Genie’s ansehen, welche nır zu wollen 
brauchen, um alle Gelehrsamkeit zu besitzen, und weiche dann 
J.ehrer und alle Welt kritisiren und dadurch den Mitschülern zum 
Theile imponiren, die sich bestreben, solchen grossen Geistern 
nachzueifern oder sich von ihnen am Gängelbande führen lassen, 
Ein Glück noch, wenn solche Renommisten nicht auch zur Ueber- 
tretung der Disciplinargesetze verleiten oder politisiren und kanne- 
giessern, was freilich leicht der Fall ist. Die betrübende Erschei- 
nung der letztverflossenen Jahre hat leider Beispiele der Art in 
Fülle dargeboten. - 

Wie nun die Vortheile, welche gedachte Einrichtung den 
Gymnasiasten gewährt, von Bedentung sind, so kann dieselbe - 
noch wichtig werden für die praktische Bildung von jungen an- 
gehenden Lehrern. Wenn nämlich zu Praeceptoren Candidaten 
des höhern Schulamtes gewählt würden, so könnten dieselben in 
den Silentien die manpigfaltigsten Beobachtungen hinsichtlich der 
Anlagen, der Thätigkeit, des Verhältnisses zwischen diesen so- 
wol als hinsichtlich der Temperamente und Neigungen der Schü- 
ler und des jugendlichen Wesens überhaupt machen, würden bei 
"den vielfachen und vielseitigen Fragen der Schüler erkennen, wor- 


4 
. 


140 Die sogen. Silentien an d. Gymnasien. Von Dr. Fr. Al. Hagelüken, 


auf ein Lehrer besonders zu achten habe, was im Durchschnitte 
den Schülern die meisten Schwierigkeiten mache, würden sich in 
paedagogischer Lösung solcher Schwierigkeiten versuchen, würden 
feraer einsehen, wo sie selbst noch Schwächen hätten; was sie 
noch besonders durcharbeiten müssten, um den Anforderungen des 
Laehramtes zu genügen, würden allmälig in die Region der Kinder 
sich schicken. lernen und samit ‘der. Gefahr überhoben werden, zu 
viel Gelehrsamkeit in die Classe zu bringen, zu rasch vorwärts zu 
gehen und von.den Schülern zu viel zu fordern, würden einsehen, 
. dags am Gymnasium eine andere Methode als die von der Univer- 
sität mitgebrachte in Anwendung kommen müsse, würden endlich, 
was vorzüglich wichtig ist, einen gewissen paedagogischen Takt 
sich aneignen, zumal wenn sie mit erfahrenen Lehrern, zunächst 
mit dem Ordinarius der Classe über die verschiedenen Vorkomm- 
nisse Rücksprache nahmen und an den Lehrerconferenzen Antheil 
hätten. In der Classe, wo der Candidat zu gleicher Zeit be- 
schäftigt wäre, würde ihm die schönste Gelegenheit gebnten, die 
gemachten Beobachtungen und Erfahrungen mannigfach zu berück- 
sichtigen und zu erweitern, so dass der angehende Lehrer, wenn 
er sonst wirklichen Beruf zam Schulamte hätte, in rascher Weise 
gefördert würde, indem er in einem Jahre gewissermaassen zwei 
oder drei Jahre praktisch durchmachte, und bald mit Sicherheit 
und Leichtigkeit in seinem schwierigen Amte wirken könnte. 

Was aber die Remuneration der Praeceptoren betrifft, so könnte, 
falls nicht schon sonst eine angemessene ausgesetzt wäre, ent- 
weder durch unbedentende Erhöhung des Schulgekles oder dufch 
Erhebung von Silentien-Geldern ansgeholfen oder aber auch die 
vielleicht geringe Remuneration erhöhet und dadurch der Muth und 
Eifer des angehenden Lehrers belebt und angespornt werden. 

Münstereifel, am 20. Sept. 1852. 

Dr. Fr. Al. Hagelüken. 


Äuch noch einige Worte über das Demosthenische οὐδὲ πολ- 
λοῦ δεῖ und einige verwandte Ausdrücke. 


(Entgegnung auf ‘die im Philologus 1851, 4. Heft, S. 725 mir 
von Herrn K. H. Funkhänel entgegengestellten Bedenken.) 


Die nur bei Demosthenes vorkommende schwierige Formel 
οὐδὲ πολλοῦ dei, welche Schäfer mit Recht eine erux interpretum 
nennt, hat in neuerer Zeit an Herrn Hofrath Director Funkhänel 
einen "der sorgfältigsten Erklärer gefunden, und da man schon 
längst einer in die Sache tiefer eingehenden Erklärung bedürftig 
war, so ist man grösstentheils bei Erklärung der Formel der Aucto- 


Auch noch einige Worte üb. das Deniosth. οὐδὲ πολλοῦ dei u. sw. 141 


rität dieses gründlich sorgsamen, besonders um Demosthenes ver- 
dienten Sprachkenners gefulgt. Als ich bei Abfassung eines Schul- 
programmes im Jahre 1849 über die Häufung griechischer Negationen 
(bei Fr. Frommann in.Jena) auf mannigfache Erscheinungen ener- 
gisch wiederholter Negationen zu sprechen kam, konnte ich nicht 
verkennen, dass auch in jener Sprechweise weiter nichts zu finden 
sei, als eine Häufung zusammengesetzter Negationen, wodurch na- 
türlich die ganze Erklärung der Formel. eine andere werden musste, 
als die von Herrn Funkhänel versuchte. Meine Erklärungsweise 
beruhte auf folgenden in dem Programm in möglieher Kürze aus- 
gesprochenen Sätzen: 1) πολλοῦ δεῖ ist in jener Formel gleich 
einem Adverb, ungefähr gleich ἥκιστα zu betrachten. 3) Die- 
᾿ ses adverbielle πολλοῦ dei, nxıora, minime, wird wie andere Ad- 
verbien durch die zusammengesetzte Negation οὐδέ auf das Vert.‘ 
zurückbezogen; also jenes schon vorausgegangene oJ wird dadurch 
wieder verstärkend erneuert. Wie ich also sagen kann: οὐ στισεός _ 
ἔστιν ὀμνύων ὃ Κόνων οὐδ᾽ ἥκιστα, eben so auch: οὐ πιστός 
ἔστιν ὀμνύων ὁ Κόνων, οὐδὲ πολλοῦ δεῖ.. 8) 'Es kommen οὐδ᾽ 
ὀλίγου δεῖ, οὐδ᾽ ἐγγύς in derselben Bedeutung vor, .wie jenes 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ, wiewol oAlyov dei und ἐγγύς dem Begriffe nach 
dem πολλοῦ δεῖ geradezu entgegengesetzt ist. Dieser scheinbare 
Widerspruch kommt daher, dass in οὐδ᾽ ὀλέγου dei, οὐδ᾽ ἐγγύς 
die Negation nicht urgirend und hervorhebend eine vorausgehende 
nur erheuert, wie in jenem οὐδὲ πολλοῦ dei, sondern wirklich den 
Begriff ὀλίγου δεῖ, ἐγγύς läugnet, woraus dann folgt, dass οὐδ᾽ 
ὀλίγου δεῖ, οὐδ᾽ ἐγγύς gleich jenem οὐδὲ πολλοῦ dei ist. Denn οὐδὲ 
πολλοῦ δεῖ ist ja.eigentlich nur gleich πολλοῦ δεῖ, aber οὐδ᾽ ὀλέ- 
γον δεῖ hat die Negation für sich, von ihm darf die Negation üicht 
getrennt werden. 4) In einer. schen früher :von Herrn. Kunkhänel 
angeregten Stelle der Lepfinea, p. 463 heisst es: Σκεψωμεθὰ δὴ 
τί τοῦτ᾽ ἔσται τῇ πόλει, ἐὲν ἅπαντες οὗτοι λειτουργῶσιν" φανή- 
σεται γὰρ οὐδὲ πολλοῦ δεῖ τῆς γενησομένης ἄξιον αἰσχύνης. Diese 
Stelle weicht von der Analogie jener. dadurch ab, dass die einfache 
Negation nicht noch vor dem Verbum steht, nämlich nicht: οὐ yae 
φανήσεται οὐδὲ πολλοῦ δεῖ — κτλ. Ich erkläre die Stelle im Pro- 
gramm S. 7 so: Nihll in loco est, quod contra dicendi regulas sit. 
Οὐδέ, quod ne-quidem est, intendit verba πολλοῦ dei, quae efiam 
hic adverbii instar sunt, sed negatio reflechitur ad φανήσεται: nam 
οὐδέ ut omnia composita negativa et verbo antepositum et ei post- 
positum enunciati praedicatum negat. Sie recte dieas ulrumque, 
βοηϑεῖ οὐδὲ οὗτος et οὐδὲ οὗτος βοηϑεῖ. FPoterat quidem illo loco 
dicere Demosthenes, ut solet, οὐ γὰρ φανήσεται. οὐδὲ πολλοῦ dei, 
sed quod dirit 'eodem modo rectum est, ut eliam οὐ βοηϑεῖ οὐδὲ 
οὗτος, sed non minus recte βοηϑεῖ οὐδὲ οὗτος. Demonstrat igitur 
ille locus, Demosthenem non necessario post negatum verbum illud " 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ dirisse, sed usurpasse tamen ita, ut πολλοῦ dei 
post οὐδέ pro uno adverbio posuerit, ‚Dieser letzte Satz, von 


142 „Auch noch einige Worte üb. dasDemosth, οὐδὲ πολλοῦ δὲξα. einige 


mir zuerst aufgestellt, ist meiner Meinung nach der . wichtigste. und 
mit seiner Hülfe und in Verbindung mit der Lehre von den Ne- 
gationen lässt sich allein. jene Formel: genügend erklären. Diese 
Ansicht von der Sache halte ich auch jetzt noch unverbrüchlich 
fest, und unterwerfe mit ihrer Hülfe von meiner Seite aus -die 
Sache einer nochmaligen Prüfung, da Herr‘ Funkhänel durch zwei 
Bedenken allerdings den Punkt getroffen hat, indem ich nicht scharf - 
und eindringlich genug meine Sätze begründet hatte. Ich erkenne 
dieses mit ‚besonderem Vergnügen an, und freue mich, in der Sache 
durch Herrn Funkhänel’s Entgegnungen einen guten Schritt ‘weiter 
geführt worden zu sein, so wenig ich auch jetzt noch der Erklä- 
rung des Herrn Funkhänel selbst beizustimmen vermag. Dieses 
führt mich zunächst darauf, Herrn Funkhänel’s Ansicht selbst einer 
Prüfung zu ‚unterwerfen, was in meinem Programme wegen Be- 
schränktheit des Raumes weder geschehen konnte noch sollte. Es 
.'sind mehrfache Punkte, welche Herrn Funkhänel hinderten, der 
richtigen Erklärung näher zu kommen, grösstentheils daher rührend, 
dass er überhaupt die Frage nicht auf das Gebiet versetzt hat,. auf 
das sie gehört, ich meine die Lehre .von den Negationen, .Jene 
schwierige Formel kann nur im Zusammenhange mit dieser Lehre, 
nicht abgerissen von ihr, wirkliche Erklärung finden. 
Um nuu auf das Einzelne zu kommen, so hat Herr Funkhänel 
1) vor allem darin geirrt, dass er in οὐδὲ πολλοῦ δεῖ einen Satz 
angenommen, . nicht aber die adverbielle Bedeutung des πολλοῦ δεῖ 
in der Formel anerkannt hat. Bekannt ist aus der Lehre. von den 
Negatioien: Wenn eine zusammengesetite Negation, wie οὐδέ 
nach vorausgehendem schon negirten Verbum einen neuen Begriff an- 
schliesst, der nicht wieder mit Praedicat verbunden ist, 
. so erneuert diese nur den schen vorausgegangenen, schon einmal 
negirten Praedicatsbegriff. Zum ‚Beispiel: „00x ὁμολογῶ οὐδ᾽ οὔ - 
τῶς ist so viel als: οὐχ ὁμολογῶ, οὐδ᾽ οὕτως ὁμολογῶ. An die- 
sen Satz habe ich in meinem Programm die ‚Erklärung des οὐδὲ 
πολλοῦ δεῖ᾽ angeschlossen. Ganz anders aber wird ‚die Sache, wenn 
ich durch: οὐδέ einen neuen Satz anschliesse. Dieses nimmt ‚Herr 
Funkhänel für die in Frage stehende Formel an und erklärt: οὐδὲ 
πολλοῦ δεῖ, nicht viel fehlt, sondern alles.. ‘Gerade weil die Be- 
deutung des Satzes bleiben soll, ist Herr Funkhänel genötbigt, zu 
einem so unnatürlichen Gegensatze seine Zuflucht zu nehmen und 
dem viel das alles’ entgegenzustellen,. ein Gegensatz, der, wie 
wir später sehen werden, durch nichts gerechtfertigt ist: Aber das 
adverbielle πολλοῦ δεῖ durch οὐδέ gelängnet, gibt einen leicht ver- 
ständlichen Sinn: . auch nicht einmal im Entferntesten, 
wozu dann das: vorausgegangene Verbum- in Gedanken zu wieder- 
holen ist, 
‘ Dann hat uns 2) Herr Funkhänel darüber im Dunkeln ge- 
lassen, in welcher Bedeutung. er: das οὐδέ selbst aufgefasst. In dem 
Aufsatze vom Jahre 1833,:S ‚864 erklärt er es: und es fehlt 


verwandte Ausdrücke. — Von Prof. Dr. Lieberkühn zu Weimar. 143 


nicht viel, dass es nicht der Fall sei. Aber οὐδέ schliesst, 
wie bekannt, mit steigernder Kraft an, ja auch nicht, ja selbst 
nicht, und wenn es nur zu einem Worte im Satze gehört, ist 
es ne-quidem. Liegt nun die steigernde Kraft in dem οὐδέ bei 
schon negirtem Praedicate, so folgt leicht, dass der Satz ungefähr 
bedeuten muss: es ist das oder jenes nicht der Fall, ja 
selbst nicht viel fehlt daran, Das würde aber, da nicht 
viel dem Wenig gleich ist, einen ganz verkehrten Sinn geben, . 
und muss’ schon das οὐδέ nöthigen, einen andern Weg der Erklä- 
rung aufzusuchen. Für das, was Herr Funkhänel übersetzt, sollte 
wol stehen: καὶ οὐ πολλοῦ dei; aber auch dieses ohne Sinn, 
Einen Fehler in der Funkhänel’schen Erklärungsweise erkenne 
ich aber 3) besonders darin, dass dem Negirten ein Gegensatz ge- 
geben wird, der nach Sprach- und Denkgesetzen nicht möglich ist. 
Und nicht viel fehlt, sondern alles; erklärt Herr Funk- 
hänel das οὐδὲ πολλοῦ dei, das οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ erklärt derselbe: 
und nicht wenig fehlt, sondern alles. Also οὐδὲ πολλοῦ 
und οὐδ᾽ ὀλίγου haben als einen und denselben Gegensatz das 
παντός. Ehe: dieses behauptet werden konnte, mussten die Beweise 
dafür durch Erörterung derjenigen negativen Redeweise überhaupt, 
die 'einen positiven Sinn gibt, geliefert und durch. ein Sprachgesetz 
bewiesen sein, dass dem nicht viel sowol als dem nicht wenig 
im Gedanken der positive Gegensatz alles zu Grunde liege. Lei- 
der fehlen dergleichen Erörterungen und Untersuchungen überhaupt, 
so viel ich weiss; um so mehr war sie uns Herr Funkhänel schul- 
dig, der nur darauf furssen konnte. Doch bleiben wir bei dem ste- 
hen, was logische Verhältnisse und Sprachgebrauch hierüber geben, 
so finden wir einen solchen Gegensatz durch nichts gerechtfertigt. 
Will ich durch Negation auf den Begriff des alles kommen, 50 ge- 
schieht dieses, indem ich das nichts leugne, οὐδὲν οὐ, Derselbe 
Gegensatz stellt das nicht viel dem wenig und das nicht 
wenig dem viel gleich. Damit ist nun nicht gesagt, dass nicht 
ein Gegensatz wie etwa οὐκ ὀλίγοι, ἀλλὰ πάντες oder οὐ πολλοὶ; 
ἀλλὰ πάντες denkbar wäre oder vorkommen könnte; es handelt 
sich nur darum, was das negirte ὀλίγον oder πολύ; wenn man sei- 
nen Gegensatz in Gedanken postulirt, für einen Begriff inducire, 
und dieses ist durch unzählige F alle bewiesen, dass dann das οὐκ 
oAlyov dem πολύ, und das οὐ πολύ dem ὀλίγον entspricht. So 
ist es auch im Deutschen, so im Lateinischen; man denke nur an 
das non multum abest. Interessant ist nun auch, dass wir Stellen 
haben, wo das πολλοῦ δεῖ negirt vorkommt. und zwar nicht in je- 
ner Demosthenischen Weise, wo das οὐδέ mit zur Supplirung des 
vorausgegangenen . Praedicats dient, und πολλοῦ δεῖ Adverb ist, 
sondern als negative Formel zur ‚Bezeichnung eines positiven Sinnes, ᾿ 
Dieser ist aber gär nicht so, wie. ihn Herr Funkhänel ausgedacht 
hat, Es ist. dieses eine Stelle im Lysias in der 24sten Rede. so- 
gleich zu. Aufang: Hier heisst es, wiewol in persönlicher Wendung, 


'144 Auehinoch einige Worte üb. das Demosth. οὐδὲ πολλοῦ öei-u.einige 


was aber für Erklärung des negativen Ausdrucks einerlei ist: Ov 
πολλοῦ δέω χάριν ἔχειν, εὖ βουλὴ, τῷ κατηγόρῳ. Nicht viel 
fehlt, dass ich dem Ankläger Dank weiss, fast weiss 
ich ihm Dank. Es ist also der Gegensatz: nicht viel, son- 
dern wenig fehlt. Wollen wir einen Gegensatz machen: nicht 
viel fehlt, sondern alles? Diesen Gegensatz wird Herr 
Funkhänel für diese Stelle sicher nicht zugestehen. Warum nun 
- für jene Stellen ihn beanspruchen, und da es eine natürlich: 'sprach- 
gemässe Erklärung gibt, diese nicht acceptiren wollen? Ehe wir 
also Herrn -Funkhänel einen solchen Gegensatz ‚zugestehen, muss 
er erst Stellen aufweisen, wo οὐκ ὀλίγον und οὐ πολύ. oder, was 
wir anch zugestehen, wo οὐκ ὀλίγοι oder od. πολλοί den Begriff 
des alles, a lle involvirt, Denn sollte wo vorkommen, 00% ὀλί- 
γοι, ἀλλὰ πάντες») 80 wäre damit nichts bewiesen, denu ich kann 
dergleichen Gegensätze vielerlei machen, ich kann auch: sagen, οὐχ 
EE, οὐ πέντε; ἀλλὰ πάντες und noch vieles mehr; aber deswegen 
“involvirt οὐχ ἕξ doch nie den Begriff πάντες." 

Auch folgendes kann ich 4) Herrn Funkhänel nicht’ zugeste- 
hen. S. 864 der Abhandlung von 1833 sagt er: οὐκ ἔστι τοῦτο, 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ (näml, ὥστε οὐκ εἶναι), d. i. „das ist nieht der Fall, 
und es fehlt nicht viel, dass es nicht der Fall ἰδεῖ. Femer kurz 
vorher: ‚‚die Formel πολλοῦ δεῖ drückt in affirmativer Form einen 
negativen Gedanken kräftig’ und bestimmt aus. ‚Negativer Gedanke 
in negativer Form ist οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ und οὐδ᾽ ἐγγύς. Nun schei- 
nen aber diese beiden letzteren Redeweisen gelinde Verneinung za 
sein, aber durch die Zusammenstellung der Negation und eines ne- 
gativen Begriffes (öAlyov dei, ἐγγύς), welcher mit einem besonderen 
Tone ausgesprochen und hervorgehoben wird, wird die. Sache desto 
stärker 'verneint, „‚nor est‘ hoc, neque paene hoc non est; wozu sich 
von selbst der Gedanke darbietet, ‘sed prorsus non est.“ Was ich 
Herrn Funkhänel bestreite, ist dieses: Nach vorausgehendem ne- 
girten Verb folgt in diesen Sprechweisen eine ‚neue verneinende 
Formel nach. Dazu kann niemand wieder das nrgirte Verbum sap- 
pliren, sondern das nicht negirte. Z. B. οὐχ ὁμολογῶ οὐδ᾽ ἥκι- 
στα, non concedo, ne minime quidem cuncedo. Also οὐκ ἔστι τοῦτο; 
οὐδ᾽ ἐγγύς kann nur-übersetzt werden, non est hoc, ne paene qui- 
dem, nämlich est. Was soll auch heissen: reque paene hoc non est? 
Das neque non hebt sich auf, und so würde der ‘Sinn der Worte 
ufgefähr sein: θέ: paene quidem est. Eben so muss nach dem 
Sprachgebrauch nach οὐκ ἔστε τοῦτο οὐδὲ πολλοῦ δεῖ ergänzt 
werden, wie folgt: es ist ‚nicht der Fall, und es „feblt nicht viel, 
dass es sei, also nicht ὥστε un εἶναι, "sondern ὥστ ’ εἶναι, oder, 
um doch dem griechischen Sprachgebrauche treu zu bleiben, τοῦτ᾽ 
εἶναι, da wol ὥστε nach πολλοῦ δεῖ nicht vorkommt, und natürlich 
gar nicht ὥστ᾽ οὐκ εἶναι, wie Herr Funkhänel aus Versehen ge- 
schrieben hat. Nach πολλοῦ δεῖ steht gewöhnlich der Infinitiv, und 
einmal bei Plato Gorg. 517, A. wie nach einem Begriff fürchten 


» 
24 


verwandte Ausdrücke. — Von Prof. Dr. Lieberkühn zu Weimar, 145 


μή mit Conj. Aor. Aber dieses Supplirte gibt eben keinen Sinn. 
Auch hier beweist sich, dass. die adverbiellE Auffassung des πολ- 
λοῦ δεῖ in der Formel die allein richtige ist; denn nun ergänze ich: 
non est hoc, ne minime quidem, nämlich est hoc. 

Es bleibt jetzt noch übrig, die nun zum Theil schon ‚bespro- 
chenen homonymen Formeln der Reihe naeh aufzustellen und zu 
prüfen. Wir wählen als Beispiel dazu Demosthenes Red, 84, . 
δ. 40, eine Stelle, die ich früher der Funkhbänel’schen Sammlung 
nachgetragen habe, was Herr Funkhänel nicht bemerkt zu haben 
scheint, denn er trägt sie selbstständig in seiner letzten Abhand- 
lung von Neuem nach; 


Il. Οὐ δὴ Κόνων πιστός ἔστιν ὀμνύων, οὐδὲ πολλοῦ δεῖ. “ἢ 
Konon verdient durch seinen Schwur keinen Glauben, nicht 
einmal im Mindesten verdient er Glauben. 


Dass πολλοῦ δεῖ sowol als ὀλίγου δεῖ adverbiell gebraucht 
werden, hat Herr Funkbänel selbst besonders nachgewiesen in sei- 
ner letzten obenerwähnten Abhandlung, Stallbaum zum  Sympos. 
des Plat. p. 208 und zum Staat p. 378 mit Recht berichtigend. 
Die Bedeutung des adverbiellen πολλοῦ δεῖ ist leicht erkenntlich 
s.v. a. im Entferntesten, im Mindesten. Somit glaube 
ich, ist meine Erklärungsweise: auch nicht einmal im minde- 
sten, nicht efnmal πὶ entferntesten Grade, gerechtfer- 
tigt und ich meinte dieses auch im Programm, als ich das πολλοῦ 
δεῖ ohngefähr gleich ἥκιστα, minime, setzte. Gestehe ich aber 
einer Sache nicht einmal den mindesten Grad zu, so bleibt das’ 
ganz und gar nicht und es erklären demnach die Grammatiker 
die Formel ganz mit Recht: οὐδ᾽ ὅλως. 

Il. Wir benutzen das obige Beispiel auch für Erklärung der 
ähnlichen Formeln, zunächst für: 

Οὐ δὴ Κόνων πιστὸς ἐστιν ὀμνύων. οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ. 

Ich habe früher das ὀλίγου δεῖ als Satz gefasst und erklärt: 
ja auch nicht wenig fehlt, und bemerkt, dass dieses οὐδ᾽ ὀλίγου 
δεῖ also dem πολλοῦ δεῖ gleichkomme, Nach mehrfacher Ueber- 
legung fasse ich aber jetzt das ὀλίγου δεῖ nicht mehr als Satz, ᾿ 
sondern als Adverb. Schon das οὐδέ, ne-quidem fordert dazu auf. 
Ὀλίγου δεῖ, als Adverb, bedeutet fast, beinahe, annäherungs- 
weise. Der Satz heisst also:. Konon verdient durch sei- . 
nen Schwur keinen Glauben, nicht einmal beinahe, 
nicht einmal annäherungsweise, ne prope quidem. Leugne 
ich das fast, das annähernd, was schon die Sache aufhebt, so 
bleibt das gar nicht zu denken. übrig, 

II. Οὐ δὴ Κόνων πιστός ἐστιν ὀμνύων οὐδ᾽ ἐγγύς. Das 
ἐγγύς bedeutet ebenfalls annäbernd, fast, beinahe, also ist 
es: ne propemodum quidem, nicht einmal annähernd, wie 
unter 2. ‘ ᾿ 

IV. Οὐ δὴ Κόνων πιστός ἐστιν ὀμνύων" πολλοῦ γε παὶ dei 
Archiv f. Phil. u. Paedag. Βα. ΧΙΧ, Bft. 1. 10 


146 Auchnocheinige Worte üb. das Demosth. οὐδὲ πολλοῦ dei u, einige 


Konon verdient durch seinen Schwur keinen Glauben, ja daran 
fehlt viel, nämlich: dass er Glauben verdiene. 

‘V, Endlich kann man auch sagen: παντὸς dei, es fehlt al- 
les daran (nämlich dass etwas sei), oder auch persönlich: παντὸς 
δέω. Und uın dieses hier beiläufig zu sagen, auch πολλοῦ dei ist 
nicht einzige Sprechweise in unpersönlicher Form, eskommt die Forme| 
auch persönlich vor, z. B. πολλοῦ δέω, πολλοῦ δέομεν und Aechn- 
liches, z. B. Plat. rep. 395, E. πολλοῦ γε καὶ Öencopev, und die 
oben erwähnte Stelle des Lysias, 24, init. Obschon Plato häufi- 
ger das unpersönliche πολλοῦ dei, πολλοῦ γε δεῖ und πολλοῦ γε 
καὶ dei gebraucht. Siehe Apol. 37, D.’rep. 382, E. Legg. 790. 
A. Gorg. 510, E, 517, A. Phaed. 80, E, 93, A. Die Formel 
παντὸς δεῖ und παντὸς δέω ist von Herrn Funkhänel eifrig auf- 
gesucht und nachgewiesen worden; sie erscheint jedoch seltner al- 
lein, gewöhnlich wird die Formel mit μᾶλλον δέ gleichsam verbes- 
sernd angefügt. So Lucian. merc. cond. 13: ἀλλὰ πολλοῦ, μᾶλλον 
δὲ τοῦ παντὸς δεῖ, Aehnlich Plutarch de educ, 4: ἴστω πολλοῦ, 
μᾶλλον δὲ τοῦ παντὸς διαμαρτάνων. Und Aeschyl. Prometh. 961: 
πολλοῦ γε καὶ τοῦ παντὸς ἐλλείπω. Aber daselbst 1002 ff. allein: 
τοῦ παντὸς δέω. Wir führen die sämmtlichen von Herrn Funk- 
hänel gesammelten Stellen an, um durch Beurtheilung derselben zu 
beweisen, dass keinesweges jene Erklärungsweise, als ob durch das 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ und das οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ das παντὸς δεῖ inducirt 
sei, in ihnen einen Stützpunkt finden könne, Im Gegentheil, ge- 
rade durch das bekannte corrigirende μᾶλλον δέ beweisen die obi- 
gen Stelfen, dass die Formel παντὸς δεῖ etwas Anderes sagt, als 
πολλοῦ δεῖ und zwar enthält sie eine Steigerung des letzteren. 
Allerdings! denn, viel fehlt ist noch nicht so viel als: alles 
feblt daran. Will ich aber οὐδὲ πολλοῦ dei oder, was einerlei 
ist, ὀλίγου δεῖ in analoger Weise steigern, so müsste ich sagen: 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ, μᾶλλον δὲ οὐδενός, oder ὀλίγου δεῖ, μᾶλλον 
δὲ οὐδενός: es fehlt nicht viel, es fehlt wenig, ja besser 
gesagt, gar nichts daran. "Also in οὐδενὸς δεῖ liegt eben: 
die Sache ist ganz so, εἰκότως, prorsus, und keinesweges, 
was Herr Funkhänel früher durch falsche Snpplirung des voraus- 
gehenden negirten, statt nicht negirten Verbs hineinlegte: οὐδα- 
μῶς. Siehe die erste Abh. 5, 364. Den ‚Gegensatz selbst hat 
Herr Funkhänel jetzt aufgegeben. Dem οὐδ᾽ ὀλίγου dei aber, da 
es gleich πολλοῦ dei, könnte steigernd mit Recht angeschlossen 
werden: μάλλον δὲ παντός. Aber daraus folgt keineswegs, dass 
οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖν μᾶλλον δὲ παντός und dass πολλυῦ δεῖ, μᾶλλον 
δὲ παντὸς eben so viel sei, als: οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ, ἀλλὰ παντός, oder: 
πολλοῦ δεῖ, alle παντός. Das letztere lässt sich natürlich gar 
nicht sagen, das erstere aber behanptet Herr Funkhänel, Welch: ein 
wesentlicher Unterschied aber in der Bedeutung eines ἀλλά und 
eines μᾶλλον δέ! Denn das ἀλλά gibt nur den in der negirten 
Formel versteckt liegenden positiven Begriff, den Gegensatz, ‚der 


verwandte Ausdrücke. — Von Prof. Dr. Lieberkübn zu Weimar, 147 


hier des begrenzten Begriffes halber nur einer sein kann: nicht 
wenig, sondern — viel. Das ἀλλά fügt also erklärend den 
positiv synonymen Begriff an, μᾶλλον δέ dagegen gibt verbessernd 
einen neuen, zweiten, anderen Begriff. Darum sagt man ja 
auch nicht in gewöhnlicher Sprache: οὐκ ὀλίγου δεῖ, ἀλλὰ πολλοῦ 
und nicht οὐ πολλοῦ dei, ἀλλ᾽ ὀλίγου sonilern dieser Gegensatz 
wird nur von dem Grammatiker etwa als Erklärung gegeben, und 
man sagt eben nicht so, wiewol der Gedanke wahr, weil niemanıl 
gern dasselbe doppelt sagt, gerade wie im Deutschen nicht: Er 
hat nicht viel Birnen, sondern wenig. Aber verbessernd, steigernd 
einen neuen Begriff hinzuzufügen erlaubt der Sprachgebrauch gern; 
dieses thut μᾶλλον δέ: es fehlt viel daran, ja vielmehr 
alles. Also wäre wol schwerlich aus den angezogenen Stellen die 
Bedeutung jenes Gegensatzes herzuleiten, wie ihn Herr Funkbänel ἢ 
auch neuerdings wieder an die Spitze seiner Abhandlung stellt: 
οὐδ᾽ ὀλίγου dei, ᾿ 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ, 

Wohlen wir schliesslich jene Formeln nach ihrem Unterschiede . 
und nach ihrer grösseren oder geringeren Kraft vergleichen, so 
müssen wir nicht vergessen, dass alle diese eine Sache energisch 
leugnenden Bezeichnungen ursprünglich nur auf eine Raumanschau- 
ung hinauslaufen. Sämmtliche bezeichnen das Entferntsein ei- 
ner Sache von der Wirklichkeit; aber das Entferntsein ist nach 
verschiedenen ‘Anschauungen gemessen. Das positive πολλοῦ δεῖ 
drückt aus, dass die Sache weit entfernt sei von der Wirklich- 
keit; die zwei negativen οὐδ᾽ ὀλίγου δεῖ und οὐδ᾽ ἐγγύς geben 
an, dass selbst nicht annähernd die Sache statt habe, nad 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ, dass selbst nicht einmal im entfernte- 
sten Grade die Sache zugestanden werde. Alle Bezeichnungen 
des Entferntseins, zwar von verschiedenen Punkten aus bezeichnend, 
kommen doch in einem Punkte zasammen, in der Leugnang der 
Sache. Aehnlich von verschiedener Gradmessung ausgehend, ne- 
que minus und neque magis kommen «loch auch in gewissem Sinne 
überein. Aber οὐδὲ πολλοῦ δεῖ ist jedenfalls die energischste For- 
mel und darum mag sich auch wel die kraftvolle Ausdrucksweise 
des Demosthenes diese Formel angeeignet haben. Endlich ist auch 
das freilich seltne παντὸς δεῖ energisch genug und das πολλοῦ δεῖ 
noch überbietend. \ 

Uebrigens die Stelle der Leptinea $. 20 anlangend, kann ich 
durchaus keine andere Erklärungsweise aufstellen, als die von mir 
im Programm gegebene, an die sich in der letzten Abhandlung 
aueh. Herr Funkhänel anschliesst, wiewol meiner nicht erwähnend. 
Denn er sagt auch, dass hier πολλοῦ δεῖ Adverb ‚sein könne; nur 
nach den letzten Worten ist mir nicht ganz klar geworden, ob Herr 
Funkhänel die sämmtlichen Worte οὐδὲ πολλοῦ dei als Adverb 
οὐδαμῶς fassen, oder aber πολλοῦ δεῖ adverbiell verstehen und die- 
ses durch οὐδέ geleugnet ansehen will. Herr Ἐν Βδρεὶ scheint 

. 0 


9 % u [4 
ἀλλὰ τοῦ παντος. 


\ 


+ 


148 Auch noch einige Worte üb, das Demosth. οὐδὲ πολλοῦ dei u. einige 


fast das erstere za meinen. Er sagt: „So endlich wäre es anch 
nicht unwahrscheinlich, dass in der angeführten Stelle der Leptinea 
des Demosthenes die Worte οὐδὲ πολλοῦ dei in einer Art von 
Erweiterung desjenigen Gebrauches derselben , den wir sonst bei dem 
Bednaer finden, geradezu zur starken (?) Negation (:ξοὐδαμῶς) gewor- 
den und gleich einer solchen dem ganzen Satze eingereiht worden sind.‘ 
Aber ‘diese Erklärung nähme dann dem οὐδέ, dem ne- quidem die 
Kraft seiner Bedeutung; nur πολλοῦ δεῖ ist kdverb, οὐδέ in ge- 
wöhnlicher bekannter Bedeutung dasselbe leugnend, 

Die vorliegende kleine Abhandlung ist obne das gewöhnliche 
gelehrte Beiwerk belegender Stellen geschrieben; Herr Funkhänel 
gibt die meisten in seiner ersten Abhandlung, einige, gibt Viger. 
p. 468 der Herm. Ausg. ‘Nur die Beispiele von οὐδ᾽ ὀλίγου dei, 
οὐδὲ μιμροῦ δεῖ und οὐδ᾽ ἐγγύς sind noch vollständiger zu 
sammels. 

Nur um ganz am Schluss auf die mir von Herrn Funkhänel 
gemachten Einwürfe zu kommen, so ergibt sich jetzt nach neuer 
Behandlung der Sache Folgendes: nicht in der Sache und Erklä- 
rang, sondern in der Begründung und Beweisführung ist einiges 
von mir nicht ganz richtig gefasst worden. Ich will das Bessere 
jetzt dem nicht scharf Erkannten gegenüberstellen. 1) Ich sagte 
im Programm: in οὐδὲ πολλοῦ δεῖ gehört das οὐδέ nicht zu πολ- 
λοῦ δεῖν sondern es leugnet das vorausgehende Verb, welches noch- 
mals zu denken durch οὐδέ man genöthigt wird. Doch richtig ist 
zu sagen: Es leugnet das οὐδέ das adverbielle πολλοῦ dei (die ad- 
verbielle Kraft hatte ich anerkannt) im Entferntesten, und 
darch die so negirte Formel ist man genöthigt, das vorausgehende 
Verb nochmals zu denken. Zu jener nicht ganz richtigen Erklä- 
rung bin ich durch den Gegensatz gegen Herrn Funkhänel selbst 
verführt worden, weil nämlich Herr Funkhänel in οὐδὲ πολλοῦ δεῖ 
einen selbstständigen Satz annimmt and dadarch genöthigt wird, 
die Negation auf πολλοῦ zu beziehen, Ich hatte aber Recht, wenn 
ich πολλοῦ — ἥκιστα als adverbiellen Begriff setzte. 

2) Wenn ich sagte, in οὐδ᾽ ἐγγύς gehöre die Negation zu 
ἐγγύς und nicht zum Verb, ebenso in οὐδ᾽ ὀλίγου dei, 50 muss 
ich das jetzt dahin erklären: Sowol in οὐδ᾽ ἐγγύς als in οὐδ᾽ 
ὀλίγου δεῖ. behauptet das οὐδέ seine Bedeutung ne-quidem, leughet 
diese Adverbien gerade so wie das οὐδέ das adverbielle πολλοῦ 
δεῖ und das Verb ist natürlich nochmals hinzuzudenken. Ich hatte 
früher freilich in οὐδ᾽ oAlyov δεῖ einen ganzen Satz anerkannt: 
ja nicht wenig fehlt; daon hätte οὐδέ freilich nichts mit dem 
vorhergehenden Verb zu schaffen und ich hätte wenigstens für diese 
Formel Recht gehabt. Doch ich fasse jetzt ὀλίγου δεῖ auch als 
Adverb. 

Eines steht fest: im Wesentlichen ist meine Erklärung des 
οὐδὲ πολλοῦ δεῖ wie jetzt, so früber dieselbe geblieben, und die 
in der Beweisführung gemachten Versehen können weder meine 


verwandte Ausdrücke. — Von Prof.Dr.Lieberkühn zu Weimar. 149 


Erklärung aufheben, noch der Funkhänelschen zu Gute kommen: 
diese muss ich auch jetzt noch für durchaus unbegründet halten, 
Weimar, den 12. Januar 1853. Ä 
Professor Dr. Ernst Lieberkühn. 


Zur Kritik und Erklärung der fünften Satire des Persius. 
Von 
Dr. A. Häckermann. 


‘Vers 96. N 


„Stat contra ratio et secretam gannit in aurem.“ 


Zu Stat contra vergl. Mart. I, 53, 12. Juv. ΠῚ, 290. — 
secretam (vergl. v. 21 ecreti loquimur. Sat. Il, 5 At bona pars 
procerum tacita libabit acerra), nicht, wie Plum stillschweigend 
schrieb, secretum s. Hauthal I. p. 383. Hermann Rec. Allg. Schulz, 
1833 p. 339. Derselbe citirt Lect. Pers. II. p. 52 passend Juv. 
Sat. VI, 543 ‚„Arcanam Judaea tremens mendicat in aurem.‘* Stat, 
Theb. I, 532 ‚„tacitaque immurmurat aure.“ Jacob. quaest. epic, 
p. 113 sq. — Ich möchte mit Passow p. 56. Weber p. 21. Kö- 
nig p. 117. Orelli ed. II. p. 215. Heinrich p. 155. Plum p. 423 
gannit der Lesart garrit vorziehn, welche mit Anderen Jahn ed. I, 
p. 50 ed. IL. p. 28 aufgenommen hat. Besonders redete der 
letzteren Hermann Rec. Allg. Schulz. 1833. p. 339 und Lect. 
Pers. I. p. 52 das Wort. Allerdings ist garrire in aurem die ge- 
wöhnlighere, bekanntere Ausdrucksweise, welche „von dem Zischeln 
ins Ohr gerade sehr gerne‘‘ gebraucht wird. Mart. I, 89, 1. III, 
28, 2. V, 61, 3. 75, 2. Durch die Rücksicht auf Martial, „‚cujus 
jam boni libri excussi sunt,‘“ liess Jahn sich hauptsächlich bestim- 
men, garrire in den Text zu setzen. Allerdings fehlt demselben 
die handschriftliche Beglaubigung durchaus nicht, aber gannit ist 
nach Hauthal (vergl. Orelli p. 215. Achaintre p. 139. Hermann 
Lect. Pers. Il. p. 52) die Vulgate der MSS. und alten Drucke; 
auch Cornutus las gannit. Jahn p. 331. Vielleicht gingen Hau- 
thal p. 372 und Dübner p. 280 zu weit, wenn sie mit Berufung 
auf Nonius de honestis et nove vett. dictis p. 117 garrire, als be- 
dentete es ‚‚quast inepte strepere,‘‘ dem Charakter der Ratio nicht 
angemessen fanden (vergl. Cic. de orat. Il, 5); jedenfalls aber 
konnte das sellnere gannit leichter in das bekanntere garrii umge- 
ändert werden, und ist das erstere nicht blos durch Belegstellen 
gestützt, sondern passt auch durch seinen Wortbegriff in den Con® ὁ 
text. Apol. Met. II. p. 21 Pric. „in aurem mulieris obgannit.‘“ 


150 Zur Kritik und Erklätung der fünften Satire des Persius, 


V.p. 107 „avisin auribus Veneris. ,. ganniebat.‘‘ Oudendorp, ad V. p. 
372. Ter. Phorm. V, 8, 41 „ad aurem obganniat.‘ Afran. ap. Non. 
p- 450 „gannire ad aurem,‘ was Hermann für einen Schreibfehler 
hält. Gannire, für welches sich auch Creuzer Wien. Jahrb. d. Lit. 
Bd. 69. 1835 erklärt hat, wird eigentlich (Nonius de impropriis 
p- 450) von Hunden gesagt und bezeichnet das zornige Knurren 
derselben, daher auch übertragen (Mart. V, 61, 2 „gannitibus im- 
probis lacessas.. Donat. ad Ter. Ad. IV, 3, 2. Doering ad 
Catull. 83, 4. p. 159. Plaut. Asin. UI, 4, 16. fragm. 6 ap. Varr. 
L.L. ΨΙΙ, 103, p. 160 ed. Mueller: ‚‚Gannit odiosus.“ - Von der 


ratio an unserer Stelle ist ganni£ freilich stark gesagt, passt je- 
doch zu Stat contra. 


ν, 97. 


„Ve liceat facere id, quod quis vitiabit agendo.“ 


Für vitiabit hat cine beträchtliche Anzahl von MSS. nach Jahn 
ed. I. p. 50. Hauthal I. p. 888. Hermann Lect. Pers. III. p. 23 
vitiavit. Unhaltbar ist das Perfect keineswegs, im Gegentheil 
bewirkt es eine eigenthümliche Praegnanz des Gedankens, deren 
‚Härte das Gerundium agendo erträglicher macht; ,‚‚quod qui agit, 
jam commisit vitium.“ Indess gegen die Majorität der MSS. darf 
man die Vulgata vitiabit nicht aufgeben. Hermann II. p. 23 ad 
Sat. Il, 5 spricht .von einer ‚‚solemnis varietas.“ Vergl, übrigens 


Juv. Ill, 168, wo alle MSS. negavit bieten, welches Jahn p. 25 in 
negabis änderte, | 


V. 102—4. 


„Navem si poscat sibi peronatus arator, 


Luciferi rudis, exclamet Melicerta, perisse ν 
Frontem de rebus.“ 


In der Erklärung der Schlussworte hat die Ansicht des Scho- 
liasten, Frontem stehe geradezu für „pudorem; templum enim pudo- 
ris est frons,‘ bis. jetzt unbestrittene Gültigkeit gehabt. Aber 
frons ist doch nicht mehr der Sitz der Scham (Mart. XI, 27, 7. 
Jav. Xill, 242) als der Schamlosigkeit (Juv. II, 8 „‚Frontis nulla 
fides.‘‘ Hor. Epist. I, 9, 11: ,‚frons urbana.** Οἷς. ad Quint. fr. I, 
1, 5) überhaupt nach Plin. H. N. XI, 37. s. 51 „tristitiae, hilari- 
tatis, .clementiae, ‚severitatis index.“ Mit welchem Rechte denn 
nun gerade das specielle pudor?‘ Der Sinn der Persianischen 
Ausdrucksweise soll nan einmal hinauslaufen auf Hor. Epist. ἢ, 1, 
80 fl: „Clament ‚perisse pudorem Cancti paene patres.“ Aber 
„pndor‘“ passt nicht einmal für den Gedanken an unserer Stelle. 

e' Wie und mit welchem Rechte kann denn der peronatus arator un- 
verschämt genannt werden? Und zugeben, dass es hier haupt- 


Von Dr. A, Häckermann. 151 


sächlich nur auf ein Extrem von Bezeichnung ankam, so würde ein 
„unklug, verrückt‘‘ hier viel effectvoller sein. Schon W. E. We- 
ber, wie ich nachträglich gefunden, bemerkte p. 240: „Ich leugne, 
dass frons schlechthin für die Scham gesetzt werden könne, da es 
vielmehr Schamlosigkeit bedeuten müsste, wie wenn wir sa- 
gen: Mit welcher Stirne getraust du dir das zu sagen? 
-Daher nehme ich die Stelle in einer: gewöhnlicheren Uebertragung 
von frons, wo es Vorderseite bedeutet und sehe folgenden Sinn: 
Alles babe ich umgedreht, das Vorderste zu hinterst 
gekehrt. Hienach hätte ich wol dreist übersetten mögen: Jeg- 
liches kehre sich um.“ Dies kann perisse frontem unmöglich 
bedenten. Daher verstehe ich die fraglichen Worte in dem Sinne: 


„die Welt habe den Kopf, Verstand verloren.“ Nämlich frons ist 


recht eigentlich der Sitz des Verstandes, der Denkkraft; daher das 
Sprichwort frons occipitio prior Cato τ. r. 4. Plin. ἢ. n. XVII, 
5, 6 „frontem domini plus prodesse quam occipitinm.“‘ Vergl. 
über de rebus Sen. controv. p. 200. Bip. Quint, I, 2, 31. Heind, 
zu Hor. Sat. p. 129, Mit Beziehung anf diese Persius-Stelle sagt 
Augnstinus c. Julian. V, 6, 24 t. X, 1 p. 642: „Non usque adeo 
putandum est perisse frontem de rebus.‘* 


V. 124. 
„Liber ego. Unde datum hoc sumis, tot subdite rebus?“ 


Ob man Liber ego den Interlocutor, wie die Meisten annah- 
men, oder den Dichter für ihn sprechen lässt, wie König p. 122 
meinte, macht keinen erheblichen Unterschied. Sumis haben nach 
Hanthal I. p. 418 ff. die meisten und besten MSS.: dagegen las 
Jahn’ ed. I. p. 53. ed. II. p. 29 sentis, und dies vertheidigte C. 
Fr. Hermann Lect. Pers. If. p. 54 mit Berufung auf Bentley ad 
Hor. Sat. II, 2, 31. Der Erstgenannte, von dem an sich rich- 
tigen Grundsatze ausgehend, die schwerere Lesart sei die ächtere, 
änssert „sumis perfacile potuit ob illud unde datum sceribi;“* aber 
dies ist durchaus nicht der Fall, denn sumis besticht keineswegs so 
leicht, noch liegt es so nahe. Eher könnte man sagen, es wider- 
spreche gewissermaassen dem datum, wenigstens in dem Sinne, in 
welchem man selbiges bisher verstand. Nämlich, was einem gegeben 
wird oder ist, nimmt man nicht, sondern man empfängt es. Ueberhaupt 
ist der Sinn der ganzen Wortverbindung Unde datum hoc sumis 
dunkel und schwerverständlich. Dagegen, fährt Jahn fort, „cur 
sentis scriptum sit, haud faclle intelligas, nam Horatiü locum id 
effecisse parum verisimile est.*“ Auch abgesehen von dieser Stelle 
bei Horaz, bieten sich leicht Gründe dar, aus denen man sentis 
für eine vermeintliche Emendation Späterer halten darf. Da man 
bis jetzt allgemein, wie es scheint, zu datum hoc ergänzte tibi 
esse, was lag näher, als die Umänderung von sumis in sentis, um 


‘ 


1532 Zur Kritik und Erklärung der fünften Satire des ‚Persius. 


die leichte, dem Verständniss von selbst offene Construction zu 
haben. Unde datum hoc tibi esse sentis, scil. ut liber sis, denn so 
lautet die alte von Hautbal p. 414 in der Anm. erwähnte Glosse ἵ 
Dass die Reminiscenz an Hor. Sat. Il, 2, 31. „Unde datum sen- 
tis, lupus hic Tiberinus an alto Captus hiet“ zur Verdrängung 
von sumis beigetragen habe, vermutheten König p. 123. Plum p. 
437. Dübner p. 288, während Hauthal p. 414 diese Entstehung 
von sentis allerdings für glaublich, weil in einigen Codd. hinter 
dem Horaz- ein von derselben Hand geschriebener Persius stehe, 
aber doch für etwas weit hergeholt erklärt. Auch Jahn bestreitet 
oder bezweifelt es; wie sehr man aber geneigt war und ist, im 
Persius eine Nachbildung oder Eotlehnung horazischer Worte: an- 
zunehmen, lehrt ausser Anderem (vergl. zu v. 130) schon Her- 
manns Beispiel, welcher Lect. Pers. II. p. 54 folgendes .Geständ- 
Biss ablegt: „sentis vel invitis editionibus fere omnibus eo certius 
praefero, quo clarior est imitatio Horatü, quam si quaeras utrum 
ipsi Persio. potius an librarüs tribuamus, in tanta aliorum locorum 
similitudine ad ipsum puetam referre nullus dubio. Idem Bentleji 
judicium fuit ad ilum locum, nec profecto apparet, quomodo libra- 
rius nis! apprime doctus a sumis ad sentis aberrare potuerit; 
sumis autem post datum facile ex ingenio scribi poterat, quam- 
quam propius examinanti ne sententia quidem aeque arguta videbi- 
tur ae si sentis legas, quia hoc ipsum poeta negat, hominem cu- 
piditatibus adstrictum libertatis qua glorietur vel sensum aliquem 
habere.“ Eine bewusste Anspielung auf Horaz möchte ich, abge- 
sehen von der Indifferenz der Worte an sich, schon deshalb nicht 
annehmen, weil Sinn und Zusammenhang an beiden Stellen ganz 
verschieden ἰδέ, Wie aus dem schwierigen sumis das gefälligere 
sentis werden konnte, ohne dass es eines „‚librarius apprime doctus‘“ 
bedurfte, ist schon angedeutet worden; dagegen ist sumis als ver- 
meintliche Emendation unglaublic Wenn Hermann meint, sentis 
sei um seiner selbst willen passender, weil es ausdrücke, dass der 
‚Sprecher schwerlich auch nur ein Gefühl von Freiheit habe, so 
genügt es, ihn darauf zu verweisen, dass der Satiriker hier über- 
haupt nicht nach der Berechtigung eines Gefühls, sondern vielmehr 
einer Behauptung fragt. Auch entsteht, mag man nun Unde enger 
mit datum oder mit sentis verbinden, kein klarer Gedanke, wofern 
unter dem datum hoc im Sinne von „diese Gabe‘ die libertas oder 
das liberum össe verstanden wird. Ebensowenig genügte Jahn p. 
200, der sentis unter Berufung auf Madvig. ad Cic. de Fin. p. 
147. 867 für gleichbedeutend mit censes erklärt, indem er offenbar 
übersetzt; „„woher, meinst dn, sei dir dies gegeben?“ Der Dich- 
ter fragt hier nämlich so recht eigentlich nach dem Rechte einer 
Behauptung, welche unmittelbar vorher positiv ausgesprochen war. 
Nur wenn man Unde datum hoc sumis liest. und diese Worte in 
einem ganz besonderen Sinne fasst, entsteht ein dem ‚Context an- 
gemessener Gedanke. Falsch erklärte König p. 122 ,„quis bi 


Φ 


Von Dr. A. Häckermann. 153 


libertatem dedit, concessit,* übersetzte Hanthal I. p. 414 „woher - 
niommst du diese Gabe, dieses Zugeständniss des Freiseins?‘ Erst- 
lich ist bier von einer Gabe oder Concession überhaupt nicht die 
Rede und zweitens kommt der Wortbegriff von sumis nicht recht 
zur Geltung; man erwartete vielmehr ein Aabes, wenn es des Me- 
trums wegen stehen könnte, Ja, sumis und datum widersprechen 
sich eigentlich; denn was einem gegeben ist, nimmt man nicht, 
sondern empfängt oder besitzt es. Richtig Casaubonus p. 288 
Dübn. „sumis verbum philosophicum λαμβάνειν οὐκ εὐπαραχώρητα 
λήμματα eos dicebant Stoici, qui propositionibus ut concessis uleban- 
tur, quas non probassent: quod Aristoteles λαμβάνειν τὸ ἐν ἀρχῇ, 
id est τὸ £mrovuevov.““ Vergl. Cie. N. D. I., 82. Divin. II., 50: 
Liv. XXXIX, 28. Lucret. I, 9783. Mart. Cap. IV. post med. p. 125. 
Grot. Kurz, sumis steht im Sinne von ponis, statuis. Die Partikel 
Unde verbinde man nicht mit datum, sondern mit sumis. An sich 
aber bedeutet datum nicht, wie oft: Plaut. Pseud. I, 3, 72. Asin. 
I, 3, 14. ΠῚ, 1, 22: Ovid. Met. VI, 463 „Gabe, Geschenk, * 
sondern steht vielmehr, wie dare Cic. Acad. I, 3. Att. XII, 5. 
Ter. Heaut, prol. 10. Verg. Ed. I, 19. Ovid. Fast. VI, 434. Stat. 
Theb. VII, 315, für dietum, vielleicht mit einer gewissen Praegnanz, 
weil dare, d. i. einen Auspruch thun, auch ein jaristischer terminus 
ist; vergl. Suet. Claud. c. 15. Plin. Epist. VII, 6. $. 9. Tac. 
Ann, IV, 43. Cic. Rosc. Com. 1. Val. Max. H, 8, 2. Nämlich 
hoc ‘datum (vergl. Sat. IV, 3) ist das unmittelbar vorher behauptete 
Liber ego. So passt sumis vortrefflich für den Context; denn ge- 
rade darnach wird gefragt, mit welchem Rechte jene Behauptung 
geschehe. Heinrich traf das Richtige, indem er p. 157 übersetzt: 
„woher nimmst du diese Behauptung ?* Das Scholion lautet bei Jahn 
p- 384 „Unde datum hoc sumis. Et poeta: Quomodo te libe- 
rum esse dicis, quum viliorum servus sis?“ 


ν. 126---29, 


„I puer et strigiles Crispiniad balnea defer, 
Si inerepuit: cessas nugator ; servilium acre 

Te nihil impellit, πος quicquam extrinsecus intrat, 

Quod nervos agitet.“ 


Allgemein setzt man hinter defer ein Punctum. Aber unmög- 
lich können die vorhergehenden Worte, die nicht etwa der Dichter 
selbst, sondern ein Anderer zu dem Angeredeten spricht, ohne alle 
Einleitung stehn. Ebendeshalb ist mit Heinrich p. 157 zu I puer 
.. . defer das Si increpuif vorwegzunehmen, Persius stellt sehr 
oft die eigenen Worte den einleitenden voran. Siehe unten zu v. 
134. vergl. IV, 1. 3. 9. 20. Sat. V, 85. 113.158. 161—63. 171. 
Statt der Vulgate increpuit hat Hauthal I, p. 415 aus einigen der 
ältesten Codd. das gefälligere increpui aufgenommen. Aber der 
Zusammenhang gestattet die erste Person nicht, und Hauthal muss 


= 


154 Zur Kritik und Erklärnng der fünften Satire des Persins. 


zu der durchaus-unstatthaften Annahme seine Zuflucht nehmen, den 
Vers I puer .. . defer dem Dichter selbst in den Mund zu legen. 
In wiefern dies, dass der Dichter als Philosoph solches spreche, 
aus dem Folgenden Sed si intus . . : herilis unwidersprechlich 
hervorgebe, sehe ich nicht ein. JInerepuit ist die ächte Lesart; es 
steht impersonell wie z. B. inquit Juv. If, 153. Andere suppli- 
“ ren ohne Noth dominus. Die Worte cessas nugator verstehe ich 
anders, als alle Früheren. In sämmtlichen Ausgaben steht hinter 
nugator ein Fragezeichen; man lässt. nämlich auch dies noch den 
den Scheltenden sprechen. Aber dies wiederholte Drängen mit 
dem Tone des Befremdens passt offenbar nicht dem Freigelassenen 
gegenüber, welcher dem erhaltenen „Befehl nicht Folge zu leisten 
brauchte. Passender, scheint mir, ist folgende Auffassang des Zu- 
sammenhanges: cessas, nugator bildet den Nachsatz zu dem con- 
dicionalen Vordersatze Δ increpwit: I puer .. . defer! und der 
Dichter selbst spricht es. Der Zwischenredner, welchen man sich 
als Freigelassenen denken muss, hatte die absolute Behauptung 
vorangestellt Liber ego! Er kennt nämlich keinen anderen Herrn 
‚als quem vindicta relaxat. Der Dichter-Philosoph gibt ihm zu, dass 
er allerdings insofern frei sei, als er fortan nicht mehr Sclaven- 
dienste zu verrichten brauche, und führt einen Specialfall an: Wo- 
fern der Ruf erscholl „Geh, Bursche, und trage die Bürsten ins 
Bad!‘ — so säumest du Schwätzer; (denn) der harte Sclavendienst 
treibt dich nicht, auch tritt von aussen überhaupt nichts mehr (an 
‚dich) heran, was dich aufregte.“ Heinrich p» 157 behauptet, nu- 
gator sei ein gewöhnliches Scheltwort für Sclaven. Aber es bedeu- 
tet, auch wo .es von solchen im Dialog wirklich vorkommt, eigent- 
. lich „„Schwätzer,‘° und steht hier, nicht etwa wegen des cessas, wie 
Jahn namentlich p. 201 mit Beziehung auf Ter. Eun. IV, 4, 16 
Cessas otiosa meinte, sondern weil der Sprecher in Liber ego eine 
halbwahre Behauptung aufgestellt hatte. Vergl. Cic. pr. Flacc,. XVI, 
38. Plaut. Trin. IV, 2, 91. Cure. IV, 1, 1. Gell. ΧΙ, 8. ΧΙ, 2. 
"Ausserdem muss man mit Hauthal p. 82. 416 nugator als Vocativ 
verstehen, nicht als Appositionsnominativ, wie alle übrigen annah- 
men. Aehnlich Plaut. Mil. IV, 2, 87: ‚‚Vae tibi, nugator !‘“ Cic. 
Senert. 1: „non vero tam isti, quam tu ipse, nugator.““ Auson. 
Ephem. I, 17: „Surge, nugator lacerande virgis!‘“ wo nugator 
freilich in einer anderen Bedeutung, aber doch als Vocativ steht, 


V. 12931. 


‚„Sed si intus et in jecore aegro 
Nascuntur domini: quin tu impunitior exis, 
Atque hic, quem ad. strigües scutica et metus egit herilis !“ 


Nascuntur ist die handschriftlich beglaubigte Lesart, nicht 
tscuntur, welches einige der Neueren vorgezogen haben. Der 


Von Dr.-A. Häckermann. 155 


Indicativ passt wegen der grösseren Bestimmtheit besser für den 
Context; insbesondere entspricht nascuntur mehr dem ezis. Her- 
mann Lect. Pers, IIL. p. 26 „rascantur nullo nostro codice ad- 
dicente sensuque debiliore, quam fieri posse tanlum indicet, quod in- 
dicativus jam fieri declarat.“ Nach dem ausdrücklichen Zeugnisse 
Jahns ed. I. p. 54. ed. II. p. 29. Orelli’s p. 217. Plums p. 440. 
C. Fr, Hermanns Lect. Pers. II, p. 5% und besonders Hauthals I. 
p. 416—20 ist ‘nicht die Vulgate qui, sondern qusn die Lesart der 
meisten MSS, Beibehalten haben sie nur Weber p. 22. Passow p. 
58. Plum p. 440. Die nächste Frage dürfte also diese sein: gibt 
quin einen angemessenen Sinn für den Zusammenheng? Weber, 
dessen Worte Plum wiederholt bemerkt, p. 56: „‚Interrogatio cum 
quin acerbior et; magis satirica est.“ Dagegen machte Hauthal 
I, p. 417 geltend, quin sei an unserer Stelle geradezu gegen den 
Sprachgebrauch, Wenn es nämlich Fragewort und so viel zei als 
cur non, so drücke es allemal eine Aufforderung aus, etwas zu 
thun. Sat. Ii, 71—74. IV, 14—16. Ebendasselbe äusserte gegen 
Plom Hermann Rec. A. Schulz. 1833 p. 339, und Jahn berief sich 

p. 54 auf Haase zu Reisigs Vorles. p. 575 ff. Allerdings ist. es 
nstatthaft, hier an eine F rage zu denken: aber quin ist auch Af- 
firmativ-Partikel und steht im Sinne von säne, omnino. So ‚Plaut, 
Merc. II, 3, 77. V, 4, 47 „Hercle quin tu recte dieis.““ Vrgl. 
Plaut, (88. iu, 4, 9—19. So entsteht der Gedanke ‚„‚Wahrlich; in 
der That, du gehst: strafloser aus!“ was man natürlich als Ironie 
fassen muss. Mit Recht setzte daher Passow p. 58 statt des 
Fragezeichens hinter Aerilis ein Ausrufungszeichen, freilich wegen 
quin überhaupt getadelt von Heinrich p. 157 und Hermann A, Schulz. 

p. 339. Ein besonderes Gewicht legt selbiger dort und Lect. Pers, 
Ἢ p. 54 auf die Stelle bei Horaz Sat. II, 7, 105 ‚qui tu impuni- 
tior „.... captas?“ Er sieht in ihr ein offenbares Vorbild des 
Dichters, Zugegeben, es sei so: warum muss sich diese Nachbil- 
dung auch auf das qw erstrecken? Bewahrt sich doch auch in 
dem Uebrigen, dem exis u. 8. w. Perseus seine Selbstständigkeit. 
Allerdings gibt qui einen höchst passenden, bequemen Sinn und 
ist jedenfalls die gefälligere Lesart; aber'nach demselben Gruudsatze, 
nach welchem O. Jahn zu v. 124 schloss 9 sentis als das schwerere 
sei die ächte Lesart und nicht sumis, dürfte auch hier zu schliessen 
sein: quin haben die meisten MSS., es gibt einen mindestens 
wohlgenügenden Sinn: warum davon abgehn? Qui ist als spätere 
Emendation sehr glaublich, nicht aber quin. 


= 


156 - Ein Bruchstück des Trogus Pompejus, 


Ein längeres Bruchstück aus des Trogus Pompejus ver- 
loren gegangenem Geschichtswerke. 


Mitgetheilt von Dr. R. Sascke zu Breslau. 


Das Gerücht, dass mit der Einwanderung italienischer Geist- 
lichen auch ein vollständiges Exemplar des verlorenen Trogus Pom- 
pejas mit nach Polen gebracht worden sei, ist seit dem Wieder- 
erwachen der Wissenschaften in jedem Jahrhunderte mehrere Male 
aufgetaucht; wurde aber jedesmal mit der Bemerkung abgewiesen, 
dass diese Berichte nur auf der Verwechselung mit dem unter 
Justinus’ Namen bekannten Äuszuge aus jenem grösseren Werke 
beruhen, wofür sich genügende Beweise aus Handschriften anführen 
liessen. Auch mir hat dies immer so geschienen, so oft mir auch 
Nachrichten von der Existenz des ächten Trogus zukamen, In 
neuester Zeit schienen diese Berichte doch auf etwas Positiverem zu 
beruhen. Es sind nämlich einige namhafte Gelehrte, unterstützt 
von hochherzigen Männern damit beschäftigt, die älteren polnischen 
Geschichtsquellen vollständig herauszugeben, Es werden dieserhalb 
weit und breit die handschriftlichen Vorräthe gesichtet und «lurch- 
mustert. Dabei ist nun &in ansehnliches Bruchstück des Trogus 
Pompejus in die Hände des Herrn Professor Dr. Bielowsky in 
Lemberg gelangt, welches derselbe unmittelbar der gelehrten 
Welt vorzulegen gedenkt. Da er nun die etwa. sonst noch vor- 
handenen Fragmente des Trogus sammelt, so hat er sich auch an 
mich gewandt, und mich um ein hier worhandenes gebeten; das- 
selbe ist ihm auch durch mich mitgetheilt worden. Ich theile das- 
selbe hier nachstehend mit, um auf das Verhältniss aufmerksam zu 
machen, in welchem Trogus zu dem unter Justinus’ Namen ver- 
breiteten Auszuge steht, bemerke vorher aber noch folgendes. Das 
Fragment ist enthalten in einer vielverbreiteten in mehrere Spra- 
chen übersetzten Schrift des Predigermönchs Jacobus de Cessolis 
oder Cessulis in der Pikardie, welche dieser de ludo scaccorum 
am Ausgange des 13. Jahrhunderts ia vier Tractaten verfasste und 
zwar so, dass er weniger das Schachspiel selbst lehrte, als vielmehr 
bei der Behandlung der Geschichte dieses Spieles, der einzelnen 
Figuren, deren Zügen und deren Pflichten moralische Betrachtun- 
gen einflicht, die vielfach mit Stellen der Alten namentlich aus 
Valerins Maximus, Caesar und Schriftstellern des Mittelalters wie 
Boethius, Paulus Lombardus u. A. durchwoben sind. Unsere Stelle 
findet sich am Ende des 4. Capitels des II. Tractats. Von dieser 
Schrift sind hier zwei Handschriften vorhanden. Die eine Perga- 
menthandschrift, 47 Blätter 4. enthaltend aus dem Ende des 
14. Jahrhunderts, ist zwar sehr sauber geschrieben; ist aber, wie 
sich aus der Gegenüberstellung ergibt, einer andern in der hiesi- 
gen Universitätsbibliothek 4 fol. 64 bezeichneten bedeutend nach- 


᾿ Mitgeiheilt von Dr. R. Sascke zu Breslau. 


157 


zustellen. Die letztere ist gemischt aus Papier und Pergament 
zusammengesetzt und enthält ausserdem noch eine Lebensbeschrei- 


bung der heiligen Katharina und 


eme ganze Anzahl theologischer 


für die Homiletik bestimmter Hülfstractate, die zum Tbeil sehr volu- 


minös sind. Unser Schriftchen, 


das den Anfang macht, ist mit 


ganz besonderer Sorgfalt geschrieben, mit vergoldeten gemalten 
Initialen versehen und enthält auch die Abbildungen der einzelnen 


Schachfiguren. 


Es heisst also am Ende des 4. Cap. des Il. Tractatus: 


Codex Rhedigeranus. 


Quemadmodum refert Trogus 
Pompejus de Lignteo quodam no- 
bile rege, qui finxit quasdam le- 
ges observandas et juramento 
astringit civitatem et populum. 
Auctor vero ipsarum fuerat Apollo 
deiphicus pytbicus, Cum eas po- 
pulus propter earum duritiem sol- 
vere vellet et Liguteus, quia justae 
erant, populum et civitatem jura- 
mento astrinxisset, quod eas non 
solverent donec consuluisset Apol- 
lineın et reversus responsum por- 
taret ad Cretam insulam in exi- 
lium ivit, ibique perpetuum pere- 
git exilium, ut praedictae leges 
per populum servarentur. Cum- 
que morti .appropinquasset ossa 
sua in mari projici mandavit, ne, 
si forte mortui ossa ad civitatem 
adjuratam fuissent delata existi- 
marent se solutos a juramento; 
praedictas autem leges, quia justae 
erant et utiles bic scribemus. 
Prima lege populum’ in obse- 
quium principum et principes ad 
custodiam populi ad justitiam im- 
pioram formavit. Secunda lege 
parsymoniam persuasit existimans 
laborem militiae assidua frugalita- 
tis consuetadine faciliorem esse. 
Tertia emi singula non pecu- 
nia, sed compensatione mercium 
jussit. Quarta auri et argenti 


Codex in bibliotheca regia Universila- 
tis Wralslaviensis asservalus. 
Laborare debent milites, ut 

justae leges diligentins observen- 

tur. Qnemadmodum refert Tro- 
gus Pompejus de Ligurco quodam 
nobili milite, qui finxit quasdam 
leges, et quia populo durae vide- 
bantur, tamen, quia justae erant, 
auctorem earum Apollinem del- 
phicum dixit fuisse. Cumque 
eas populas propter earam de- 
mentiam  [sic!] solvere vellet et 
Ligurcus populum in civitate ju- 
ramento astrixisset, quod eas non 
solvant, donec consuluisset Del- 
phicum ac reversus responsum 
portaret; ad Cretam insulam in 
exilium ivit ibique perpetuum per- 
egit exiliam, ut praedictae leges 
observarentur. Cumque appro- 
pinguasset morti, 0882 sua in mari 
projici mandavit, ne, si forte 
mortui ossa ad civitatem adjura- 
tam fuissent delata existimarent 
se solutos a juramento ; praedictas 
autem leges, quia justae erant et 
utiles -hic subscripsimus. Prima 
lege populum in obsegüium prin- 
cipum et principes in obsequium 
populi atque in -justitiam impio- 
rum formavit. Secunda lege 
parsimoniam persuasit aestimans 
laborem militiae assidua frugalita- 
tis consuetadine faciliorem fore. 
Tertia emi singula non pecunia 


158 


Codex Rhedigerunus. 


velud omnium viliordm materiam 
constitait. Quinta ad ministra- 
tionem reipublicae per ordinem 
divisit; regibus potestatem bello- 
ram; magistratibus judicia et an- 
nulas sanctiones; senatui custo- 
diam legum; populo eligendi vel 


creandi, quos velit, magistratus 


potestatem permisit. Sexta fun- 
dos omnes equaliter divisit, ut 
equa essent patrimonia et nemi- 
nem aliis potentiorem redderent. 
Septima convivari omnes pu- 
blice jussit, ne cui divitiae sint 
causa luxuriae in occulto. Octava 
juvenibus tum non. amplius nisi 
una veste uti toto anno permisit. 
Nona pueros pauperes non: in 
foro sed in agro deduci jussit, ut 
primos -annos non in Juxuria nec 
joco sed in opere agerent. De- 
cima statuit virgines sine dote 
nubere. Undecima, ut uxores 
eligerentur non pecunia jussit. 
Duodecima et ultima maximum 
honorem non divitum, sed per 
gradum etatis senum esse voluit. 
Nulla autem lege aliquid sanctivit, 
cujus primus ipse servando alüs 
non fuerit in exemplum,. Talium 
zelatores legım fuernnt illustres 
‘milites Archanas*) Mathatias et fi- 
lii ejus ut primi et secundi lihri 
Machabheorum narrat ystoria et 
hacc de militibus dicta sufficiant. 


*) Soll wol Hyrcanus: bedeuten. 


‚ Ein Bruchstück des Trogas Pompejus. 


Codex in bibliotkeca regia Universita- 
is Wralislaviensis asservatus. 
sed compensatione mercium man - 
davit. Quarta auri et argenti 
velut omnium viliorum materiam 
instituit. Quinta administratio- 
nem reipnblicae per ordinem di- 
visit, Begibus potestatem bello- 
rum; magistratibus judicia et an- 
nuas sanctiones; senatui custo- 
diam legum; populo eligendi vel 
ereandi, quos velit, magistratus 
potestatern permisit. Sexta fun- 
dos omnes equaliter divisit, ut 
etiam patrimonia neminem aliis 
potentiorem redderent. Septima 
commiuari omnes publice jussit, 
ne cui divitiae sint causa Iuxuriae 
in occoltoe. Octava juvenibus 
non amplius nisi una veste uti 
toto anno permisit. Nona pue- 
ros pauperes non in foro sed in 
agro deduci jubet, ut primo an- 
nos non in ludo aut joco, sed in 
opere agerent, Decima statuit 
virgines sine dote nubere. Un- 
decima, ut uxores eligerentur 
non pecunia jussit. Duodecima 
maximum honorem non divitum; 
sed pro gradu aetatis senum esse 
voluit. Nulla autem lege aliquid 
sanccivit, cujus primo ipse ser- 
sando aliis non fuerit in exem- 
plum. Tales etiam legis zelato- 
res fuerunt illustres milites Mata- 
thias et filii nt Machabaeorum 
narrat historia. Et haec de mi- 

litibus sufficiant, 


Eine Vergleichung beider nebeneinander gestellten Handschrif- 
ten gibt ein deutliches Bild von der Art, wie im Mittelalter von 
Schriftstellern die Alten benutzt wurden, und welche Eigenmächtig- 
keiten sich selbst Abschreiber, mit denen wir es hier doch nur zu 


tbun haben, erlauben zu dürfen glaubten, 


Doch zeigt eine Ver- 


gleichung von Justinus III, 2, 6—12 als Parallelstelle zu obigem 


Mitgetheilt von Dr. Sascke zu Breslau. : 159 


Texte, wie bedeutend”der Unterschied zwischen dem Original und 
dem Auszuge sei. Lässt sich nun zwar nicht leugnen, dass dem- 
nach Trogus’ Darstellung sich mehr zu Plutarch’s nach Anekdoten 
haschender Erzählung bieneigt, als zu der scharfen, sachgeinässen 
Auseinandersetzung, wie wir sie bei Aristoteles (Polit. II, 9 u. 10) 
finden: so lässt sich doch nicht ın Abrede stellen, dass der voll- 
ständige Trogus, wenn er vor uns läge, gewiss über viele Pancte 
des Alterthums, die bis jetzt noch dunkel erscheinen, Licht verbrei- 
ten .werde. 


Breslau. R. Sascke, 


Miscelle XIX. 


Der Unterzeichnete hat in einer früheren Miscelle (vgl. Bd. XVII. 
S. 622.) darauf hingewiesen, dass in den Ciceronischen Briefsamm- 
lungen viele Textesverderbnisse daraus hervorgegangen zu sein schei- 
nen, dass in der ursprünglichen ungetreunten Schrift bei Wieder- 
holung derselben Buchstaben und Silben unmittelbar hintereinander 
der Schreiber des Urcodex des Compendiums sich bedient hatte, 
dass er die Verdoppelung der Buchstaben und Silben nur durch 
grössere Schrift anzeigte, wodurch sodann ein späterer Abschreiber 
verleitet ward, jene so angedeuteten Verdoppelungen 'ganz zu über- 
sehen. Es liessen sich unzählige Beispiele der Art mit Leichtigkeit 
nachweisen, wie z. B. ad fam. lib. VII. ep. 10. δ. 8. de toto statu 
tuo, wofür im Cod. Med. steht: de toto statuo, was ursprünglich 
de toto statwo war. Doch wollen wir hier nur auf einige der Fälle 
hinweisen, wo uns die wahre Emendation noch nicht gefunden zn 
sein scheint. Lib. ad fam. V. ep. 12. δ, 4. liest Orelli: Multam 
etiam casus nostri varielatem tibi in scribendo suppeditabunt plenam 
cuiusdam voluptatis, quae:vehementer animos ' hominum in legendo 
tuo scripto retinere possit. Die letzten Worte stehen im Cod. Med. 
also: in legem dote scripto retinere possit. Lies: in legendo te scri- 
ptore retinere possit. Dem vorhergehenden absoluten in seribendo ent- 
spricht das absolute in legendo am besten, te scriptore ist ΑΒ], absol. 
und deutet auf den Werth hin, welchen Cicero auf Lucceius’ Dar- 
stellung legt. In der Urhandschrift stand: in leg&dotescriptore- 
tinerepossit. Ibid. lib. VII. ep. 19. schreibt Orelli: Eum &brum 
tibi misi Rhegio. Der Cod. Med. liest: amisi st. misı. Lies: Eum 
librum tibi iam misi. In der Urhandschrift stand: eum τισι tibs 
αἰεὶ. Ibid. lib, VIII. ep. 7. δ. 2. Nest Orelli: Quaeres ubi? 
ubi hercules ego minime velles. Der Cod. Med. hat ubi nur einmal. 
Orelli nahm an, dass die Wiederholung desselben Wortes Grund zur 
Auslassunggegebenhabe. Mit Recht. Doch ist so, wie er liest, die Rede 
nicht lateinisch. Wer einmal ausliess, liess auch mehreres aus. 
Man lese: Quaeres, δὶ ἰδὲ, ubi hercules minime vellem. In letz- 


160 . Miscelle. Wiederholte Bitte. 


terer Beziehung bemerke ich noch, dass ibid. lib. V, ep. 20. ὃ. 4, 
wo der Cod, Med, liest: cum.rem a me non insipienter excogitatam 
quidem putas, nicht mit Orelli herzustellen ist: cum rem a me non 
insipienter excogitatam ne cogitatam quidem pulas, sondern vielmehr 
zu lesen ist: quum rem a me non insipienter excogülatam [a me ne 
cogitatam] quidem putas, dass ferner lib. VIII. ep. 4. $. 2. in den 
Worten: in evitandis üs consilüs, qui etc. ebenfalls eine Lücke an- 
zunehmen und etwa zu lesen ist: in evitandis üs consiliis, [quae inita 
erant ab illis,] qui etc. Nicht selten haben auch andere, falsch er- 
klärte Compendien in jenen Briefen Unheil angerichtet. Statt tri- 
bunus P L., das heisst tribunus plebis, hat der Abschreiber Ὁ. I. 
“ ep.. 9. δ. 15 geschrieben: tyrannus Publio Lentulus, was man bereits 
richtig beurtheilt hat. Doch ibid, lib. VII. ep. 33. δ. 2. hat man 
noch nicht erkannt, dass das, was im Urcodex stand: ne P. L. Ile- 
gerem tuas litteras, was der Schreiber des Cod. Med. also falsch 
las: ne pluribus legerem tuas litteras, also zu lesen sei: ne parum 
libenter legerem tuas litteras, R. Klotz. 
Leipzig. 


"Wiederholte Bitte. 


Schon bei einer früheren Gelegenheit habe ich ia diesen Blät- 
tern die bescheidene Bitte gewagt, dass meine gelehrten Gegner, 
die mich zu berichtigen bezwecken, sich die Mühe nicht verdriessen 
lassen wollen, meine Worte vorher genau anzusehen, Diese Bitte 
zu wiederholen veranlasst mich eine Stelle in dem lehrreichen Auf- 
satze über die Henkel der griechischen Thongefässe B. XVIII.S. 545., 
wo es heisst: „nach Abweisung der schon von Bergk bekämpften 
Ansichten, welche zuletzt noch K. F. Hermann theilte, dass die 
Findungsorte der Henkel zugleich für die Ursprungsorte anzusehen 
seien u, 3. w.‘* Ich habe meinen Augen nicht getraut, als ich 
diese Worte las; und ich glaube, jeder Unbefangene wird mein 
Gefühl theilen, wenn er damit die Stelle meiner Monatskunde 
5. 109 vergleicht: „da es zu misslich scheint .. . dieselben bloss 
nach den zufälligen Fundorten zu vertheilen ; zumal wenn wir sie 
grossentheils nur als die gemeinschaftlichenDorischen be- 
trachten dürfen, die uns theilweise auch in Rhodus und an- 
dern östlichen Colonien begegnen.“ Weiter konnte ich da- 
mals,. wo von dem reichen Stoffe, den inzwischen Stephani und 
Stoddart zusammengebracht haben, erst noch der kleinste Theil 
vorlag, nicht gehen, und namentlich Inschriften, von deren Vorkom- 
men ausserhalb Siciliens kaum die erste Kunde erschollen war, noch 
unter keiner andern Rubrik vereinigen; von.solcher Beschränktheit 
aber, wie sie mir jene Stelle aufbürdet, bin ich weit entfernt ge- 
wesen. K. Fr. Hermann. 

Göttingen. _—_ 


> 


JAHRBÜCHER. 
PnliologlemPacdagogik, 


oder 


Kritische Bibliothek 


für das 


Schul- una Unterrichtswesen. 


In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten 


begründet von 


M. Joh. Christ. Jahn. 
Gegenwärtig herausgegeben 
von 


Reinhold Klotz Rudolph Dietsch 
Professor in Leipzig Professor in Grimma 


nnd 


Alfred’ Fleckeisen - 


Gymnasiallehrer in Dresden. 


ER 


Neunzehnter Supplementband. Zweites Heft. 


- Leipzig, 1853, 
Druck und Verlag von B. G. Teubner. 


ARCHIV 


für 


Philologie ὦ Paedagogik. 


Φ 


Begründet von 


M. Joh. Christ. Jahn. 


Gegenwärtig herausgegeben 


von 


_ Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig . 


und 


Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma. 


Neunzehnter Band. Zweites Heft. 


Leipzig, 1853. 
Druck und Verlag von B. G. Teubner. 


Variae codicis Parisiensis A. in Civitatis Platonicae libris X. 

ο΄  seripturae supplementum a Fr. Dübnero collectum, 
a C. E. Chr. Schneidero ad Operum Platonis volu- 
mina tria Lipsiae a Teubnero a. MDCCOXXX.XXXI. 
XXXIU. edita accommodatum et accessionibus atque 
emendationibüs aucium. 


(Schluss. Vgl. Archiv Bd. XVII. 8. 485 ff. Bd. XIX. 8.5 ff.) 


_Wel; III. Praef. P, XXXU. v. 4 a f. scribas ἰσοσκελέσεν pro ἶσο- 
σκέλεσιν. 
Pag. LXXXX..11 post dieit. addas: Ac multiplicationem 
quoque eodem verbo significari potwisse cum res ipsa,. 
εὐ "tum duorum Macrobii locoram comparatio docet. Qui 
cum In somn, Scip. L. I. cap. 6. p 28. ed. Lugd. Bat. 
seripsisset: coeant enim numeri, mas ille, qui memo- 
. ratur, et femina, octo scilicet et viginti septem: pariunt 
ες ΘΑ se quingue et triginta. non ita multo post c. 7. p. 
41. posuit haec: cum vero decas, qui et ipse perfectissi- 
“mus numerus est, perfecto numero, id est heptadi, iun- 
gitur, ut aut decies septeni aut septies deni computen- 
tur anni, haec.a physicis creditur meta vivendi, et hoc 
vitae humanae perfectum spatium terminatur. 
Pag. LXXXXII. ad ea, quae v. 8—17 de diei in horas 
et horarum- in particulas divisione dicta sunt, addas: 
‘ Diei in duddecim partes divisionem non solum Platoni 
- notam, sed etiam eius aetate apud Graecos usitatam et 
notari solitam fuisse colligo ex loco Leg. L. VI. p. 784. 
A. ubi molieres quaedam dicuntur πρὸς τὸ τῆς Ellsı- 
ϑυίας ἱερὸν ἑκάστης ἡμέρας ξυλλεγόμεναι μέχρι τρίτου 
«μέρους. ὥρας. Quae verba ab aliis aliter intellecta sic 
; - interpretor, ut singulis diebus, quibus convocare eas 
placuerit magistratibus, eins diei temporis, quod ὥρα 
vocatur', 'usque ad tertiam parfem convenire sive non 
ΗΠ γα tertiam .eius partem in conventu esse dicantur. 
- Apud Xenophontem: Memor. L. IHI. c. 8, 4 sol perhi- 
‚betur τὰς gas τῆς ἡμέρας ἡμῖν σαφηνίζειν, quod ad 
quattuor tempera diei referendum esse in Animadver- 
: .. sionibus p.: 175. docuit Hindenburgius approbavitque 
Idelero (Handbuch der mathematischen und technischen 
- Chronologie: T. 1. p. 288. sq.). Talis igitur ὥρας tertia 
pars duodecima’ erat diei.. Sed ad ipsam significandam 
11* 


166 


Pag. 
Pag. 


Pag. 
Pag- 


Pag. 


Pag. 


Pag. 


Pag. 


"Pag. 


Pag. 
Pag. 


Pag. 


Variae codicis Paris. A. in Civitatis Plafonicae libris X. 


non sufficiebat ὦρας nomen, Itaque ἑκάστης ἡμέρας 
simul ad ὥρας referendum videtur. 
1, b, 20 post omnes addas: et Par. A. Dü. 
2, b, inter v. 11 et 10 a f. inseras: C δεχομένους) — νου 
a m. pr. Par. A. δ. 
pen. post: αὖτ. inseras: Par. A. Dü. item p, 5, 6, 3 
post δεῦρ᾽ et 8 a f. post ἀκούσει. 
6, a, ult., post at addas: quamque Proclus agnoscit in 
9,2, 6 a. ἢ post am. ar. inseras: sed correctus ab eadem Dü. 
b, post υἱέ, addas: πολιτείαις) — ἐς in litura Par. A. δ, 
10, a, inter v. 1 et 2 inseras: τοῖς) ταῖς a m. pr. Par. A. Du. 
11,a, 7 a f. post εὐχώμεϑα) inseras: — & — in litura Par. 
A. Dü. (a m. pr. non fuit 0) 
18, a, inter v. 18 et 19 inseras: φυτοῖς). — v — in liturs 
Par. A. Dü. 
14, 8, 1 post ξυνώπτωσι) inseras: σ᾽ — ante. correctionem 
Par. A. Du. 
4 post βραχυβίοιρ) inseras; βραχυβί-:-οἐς Par. A. Dü. 
. Anter v. 17 et 16 a f. inseras: εὐγονίας) --- ο — ὄἰα 
- litura Par. A. Di. 
ult. addas: In margine Par. A. Dü. ad αὐτοὺς adseri- 
ptum est σπα —, quod Dübnerus non dubitat quia 
12 1077 significet, 
b, 4 post γεννητῷ) inseras: Ita a m. pr. Par. A. Di. yi- 
νητῷ idem correctus (altero ν eraso). 
16, a, 1 post συξυγεὶς) inseras: — εἰ — in litura Par. 
. Dü. 


er a ἢ, post ἕκαστον inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
item p. 17, a, 15. (Eo minus dubitavi Leg. L. XI. p. 
932. C. pro ἕἔπαστον secundum Bekkeri coniecturam 
scıibere ἑκαξὸν) - 

18, a, 9 a f. addas: Par. A. Dü, 

8 a f. past ὠργύρῳ) inseras: ἀργυρῷ Par. A. Dü. 

19, a, 15 ad Par. A, addas: a m, sec. Dü, (φήσομεν am. pr.) 
9 a f. post Par. A. inseras: a m. sec. Dü. 

7 a f..post γένει inseras: Par. A, Dü. a m. pr. 
5 a f. post χρυσέου) inseras: χρυσίοῦ Par. A, Dü. 
b, 22 post Ang. B. addas: et qui * ὃν δξ a m. vet, su- 
- per 809 scriplum habet, Par. A, Dü. 
27 post nevoufvo) inseran: πενομένω -- Par, A. Di. 
30 post πλουσίω) inseras: πλουσία ante lituram Par. 
A. Du. 

21, a, inter v. 5 et 4 a f, inseras; E «oyag) Super priori a 
aliquid erasum est in Par. A, Da. " 
pen. deleas, Par. A. quippe qui Dübnero teste κεκτῆ" 
μένην habeat cum plerisqne, 


᾿ seripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 167 


5, 14 pro 68: scribas 52. 
25 ‚addas: Abest teste Dübnero, Tamen post τοὺς σο- 
᾿φοὺς et ante zoug — πεφυκότας etiam in his ϑυμοει- 
δέσει generis significatio Aptior videtur. 
Pag. 22,a, 15 deleas Par. A. εἴν. i8 post codices inseras: (Par. 
A. δ. nitidissime, 
b, 14 post οἵ τοιοῦτοι) inseras: οὗ. οὔτοι CUM 708 süper 
puncto Par, A, Dü. 
Pag. 23, a, inter v. 12 et 13 inseras: ἐν) ἐν — Par. A. Dü. 
ὃ, 5 post λάϑρᾳ inseras: Par. A. Dü. 
Pag. 25, 3, 4 pro Adimantus scribas: Socrates .. 
25 post τισιν inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
b,3 addas: (εἰλ. Par. A. Dü.) 
Pag. 28, a, 7 addas: (λάϑρᾳ Par. A. Di.) 
" inter v. 8 et 9 inseras: εὖνοι) εὔνυ.. 8 ὯΔ. ΒΓ. εὔνοι 


ἃ m. sec. Par. A. Dü. ᾿ τοὺς 
Pag. 29, a, inter v. 10 εἰ .11 inseras: αὖ τοὺς τοῦ) αὐτοὺς. τοῦ 
Par. A. Da. ᾿ 


b,7 a f. post διεληλυθέναι) inseras: δὲ — in litura Par. 
| ' ἃ, 
Pag. 30, 8.. 8. af. addas: sed ab eadem additum habet Dü. 
Ὁ, 18 post αὖ. inseras: Par. A. Dü. 


'Pag. 31, a, £ post αὐτῶν) inseras: αὐτῶι Par. A, Dü. 
9 post mei inseras: et Par. A, Dü. 
‚Inter v. 10 et 9 a f. inseras: οὕτω) — ı o Par, A. Dü. 
in litura: ante lituram os 
Pag. 32, a, post ult. addas: reAevravzeg) — ὦ — in litura Par. 
A. Dü. Ante litaram fuerat ov 
Pag. 33, b, 6 post Etiam inseras: Par. A. Dü. cuius auctoritate ad 
reliquos accedente nihil impedit, quo minus ‚deleatur 
articulus. Ck. L. VIE. Ρ. 583. Ὁ: τοῦτο γὰρ, ἔφη, 
τότε ἡδὺ ἴσως καὶ ἀγαπητὸν γίγνεται, ἡσυχία, εἰ Pflugk. 
ad Eurip. Heracl. 745. 
inter v. 15 et 16 inseras: ven) — 5 — in litura 
Par. A. Du, 
Pag. 34, a, 2 ad vavındlav addas: Par, A. Dü..a m. pr. 
b,17 post Par. A. inseras: (vi.in litura: ante lituram 
ε Du.) 
Ι 12 ἃ f. ‚post ἀνάγκη i inseras: Par. A. Dü. 
Pag. 35, a, 6 ad μὴν τόδε adscripta ita corrigas: In Par. A. Dü. 
a m. pr. μὴν οὐδὲ scriptum, deinde οὐδὲ in τόδε mu- 
tatum et ab alia, ut videtur, manu οὐδὲ ad μὴν adie- 
ctum est. . 
inter v. 13 et 42 a f. inseras: ᾿καλὸν τὸ Super ὃν 
- daarumm, super ὁ nnius Ktterae litura est in Par. A. Dü. 
11. a f. post Par. A. inseras: (ih qua Dübnero teste 


168 Variae codicis Paris. A. in Codicis Platenicae libris X. 


ἴσως πὶ in litura ab eadem mann, απ86' τόδε scripsit, 
posita sunt) 
δ) δ a f. addas: (ante correctionem fuerat δὲ Di.) 

Pag. 36, a, 2 post n inseras: Par, A. Dü. 

b,3 a f. addas: — os — in litara Par. A. Dü. 

Pag. 39, b,6 a f. post εἷς) inseras: om. Par. A. Dü. a m. pr. 

Pags 40, b, inter v. 18 et.14 inseras: φεϊδόμενορ) y — in litura 
Par. A. δ), 

8 a f. addas: item Par. A, Di. 

Pag. 41, a, 4 addas: Quamgqaam hic postea mutasse sententiam vi- 
detur. Cf. Pathol. Vol, I. p. 568. - 

‚ 18 a.f. post ἔγωγ᾽ inseras: Par. A. Di. item p. 43, a, 
5 ante Lob. 

Pag. 45, a, 8 af. post Par. A. inseras: (a m. recentiori Da.) 

b, 16 a ἢ, addas: Etiam Thucydides L. I. c, 13,2 secun- 
‘dum codices non ναυπηγηϑῆναι» sed ἐνναυπηγηϑῆναι 
scripsisse existimandas est. Atque ipsum ὀνδυρίσκειν 
probabili coniectura Dobraeus adiudicat Aristophani 
Acharo. 1037 (1001 Bekk.) nbi libri habent dynjg avev 
ρηκέν τι ταῖς σπονδαῖσιν ἠδύ. Platoni tamen haud 
scio an εὑρήσεις relinquere praestet propter sequens 
ἐνούσας», et quod ἐν in Par. A, recentius additum, 
ἐνευρίσκειν autem, ut Hasius in Steph. Thes. Vol, IIl, 
p. 1071. ἢ). docuit, posterioris aetatis scriptoribus satis 
usitatum est. 
18 af f, post τἀλλότρια et v. ult. post ἄρ᾽ inseras Par. 

ü. 
Pag. 46, b, 1 addas: (additam ab eadem m, habet Di.) 
7 a f. post ἵν᾽ inseras: Par. A. Dü. 

Pag. 47, b, inter v. 18 et 19 inseras: nAovaıwrarov) — οὐ — in 
litura scriptum et in marg. πλη manu vet. positum ha- 
bet Par. A. δᾶ, 

Pag. 48, a, 2 post γίγνωνται) inseras: — as in litura Par. A. Di. 
11 post lituram inseras: (duarum vel trium Jitterarum Di.) 
19 post om, inseras: Par. A. Dü. 
inter v.7 et 6 a f. inseras: ἐφιέντες) — ες in litura 
trium litterarum Par. A. Dü. 


Pag. 49, a, inter v. 12 et 11 a f. inseras: ὑπείκοντα) --- εἰ — 
in litura Par: A, Dü. 
Pag. 52, a, 13 a f. post σφὲς inseras: Par, A. δᾶ. 
inter v. 13 et 12 a f. inseras: αὐτοὺς) αὖ. Par. A. Dü. 
b, 15 post av. inseras: Par. A. Dü. item p. 58, a, 3 post 
συστ. 
Pag. 53 ult. in αὐτὸν Par. A. Dü. ὁ in litura positum habet. 
Pag. 54, a, 8 post ἡμέτεροι) inseras: ἡμέτεροι" Par. A, Dü. 
18 post εἰσὶ γὰρ inneras: Par. A. Dü 


"scripturae editae a Ο, E.:Chr. Schueider. 169 


21 addas: Sed quoniam’ in optimo codice utrumque 

‚+ exstare compertum est, Yubitari potest, an utrumque 

‚verum et a Platone ita scriptum sit: ὅτε ἄνδρες ἡμέ-. 

τεροι" εἰσὶ γὰρ οὐδέν. sunt isti nostri; etenim sunt ni- 

hi. In quo haud obscura inest ad arma capienda et 

ad eripiendum indignis imperium adhortatio eaque et 

. magis conveniens verbo σταραγγέλλειν (cf. Vol. IT, p. 285.) 

quam simplex in vulgata lectione. contemptus demon- 

stratio, et apte succedens iis, quibus hi ignaviam suam 

accusare sunt dicti. "Huäregos autem eadem significa- 

tione Jegitur ‚apud Xenophontem Cyrop. L. II. c. 8,2: 

v μὲν ἡμεῖς νικῶμεν (τοῦτο γὰρ ἀεὶ καὶ λέγειν καὶ 

ποιεῖν δεῖ), οἵ τὸ πολέμιοι δῆλον ὅτι ἡμέτεροι καὶ τὰ 

᾿ τον πολεμίων ἀγαϑὰ wave" ἣν δὲ ἡμεῖς αὖ ψικώ- 

μεϑα (καὶ γὰρ τοῦτο λέγειν δεῖ), καὶ οὕτω τὰ τῶν 

νεκωμένων ἀγαϑὰ πάντα τοῖς νικῶσιν ἀεὶ ἄϑλα πρό- 

πειται. (lta enim’ scribendum ‚videtur, Vulgo altera 

τὺ parenthesis dest.) Denique & ἀνδρες articulo carens 

certe non maiori offensicni est, quam in vulgata carens 
eodem sjafregoı. CA. Vol. 1. p. 18. 


inter v. 6 et 5 a f. inseras: ῥοπῆς) — o — in litura 
‘ Par. A. Du. 
b,inter v. 11 et 12 inseras: ἔξωϑεν) in litura Par. A. 
Dü: Idem sequentia verba ἐπαγομένων — συμμαχίαν 


(non $.) in margine scripta habet, 
inter v. 18 et 19 inseras: νοσεῖ) vo — σεῖ Par. A. 
Dü. (vonssı a m. pr.) 
Pag. 56, a, 4 post μάλισε᾽ inseras: ‚Par. A. Dü. 
21 addas: et Welckerus in Praef. ad Theogn. p. 
| LXXXVIT. sq. 
Pag. 57, a, 16 addas: Leg. L. X. p. 892. A. post κενδυνεύουσι. 
Pag. 58, a, 16 post μὴ δὲ inseras:.Par. A: Da. 
283 post Par. A. inseras: (δῖος — ηἰς — ηις Dü.) 
‘ b,1 post A. inseras: (e correctione Dü. ante corr. δὲ) 
Pag. 61, b, 11 af. ‚pro αὐτὰ ἅπαντα secundum Dübnerum scribas:. 
anavı” αὐτὰ 
Pag. 62, a, 12 post γενναῖα inseras: Par. A. Di. 
b, inter v. 5 εἴ 6 inseras: γνώριμα) — ὁ — in litura ° 
Par. A, θᾶ, Fuisse 'videtur 9 
Ä 7 a f. post αὖ. inseras: Par. A. Dü. 
Pag: 63, a, 2 post ὁὀρισόμεϑα inseras: Par. A. Dü. a m, pr. 
οὐ 19 addas: εἰμὲν Par. A. Dü. a m. sec. _ 
b, 10 post. Par.. A. inseras: (sine litura Dü.) 
Pag. 65, a, 16: post Par. A. inseras: (— ο — in litura Dü.) 
16. addas: Quod C. F. Hermanno aliquando in mentem 
venit Platonem scripsisse ἦ τε madcaı ξῶντα ἀδυνάτη; 
quam 'conieeturam Masei Rhenani Vol. II. anno 


170 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae Hbris X. 


MDCCCXLVI. editi Pag. 441 proposnit, id si in optimo 
codice exstaret, tamen pro sano haberi non posset, 
nisi demonstratum esset negue ἀδυνάτη formam inau- 
ditam fuisse Graeeis et παῦσαι ξῶντα ἀδύνατον ἐπι- 
ϑυμίαν eam cupiditatem significare eis potuisse, cui 
finem, dum vivit homo imponere non potest. Hanc enim 
sententiam requirit Hermannus. Exempla, quibus maxime 
opus erat, illius feminini atque huius accusativi nulla_ 
attulit et feminini mentionem facere omnino supersedit, 
accusativi autem rationem his verbis reddidit: Planius 
utique dixisset: ἢ rs ζῶντα παῦσαι αὐτὴν ἀδύνατον: 
nihil tamen insoliti habet attractio, qualem abunde illu- 
strarunt Kruegerus Untersuch. T. III, p. 438. et Bois- 
sonad. ad Marini V, Procli p. 125, πες si personalis 
eonstructio adiectivorum δυνατὸς» ἀδύνατος» dadıos, 
χαλεπὸς verba activa retineri patiebatur, quidgauam 
causae erat, guapropter haec accusativos, quos secum 
haberent, praedicativos abiicerent. Quam rationem 
nullam esse apparet. Neque enim si quid eiusmodi 
est, ut nihil causae fuisse videatur, cur dici non no- 
tuerit, ided‘ et potuisse dici et re vera dictum esse 
statuendum est, neque vero deest causa, quare tali 
accusativo locus non esset. ᾿άδδύνατος dicebatur facul- 
tatis expers, cuius facultatis notio si verbo activo de- 
finiebatur, consentaneum erat ut actionis subiectum idem 
illud esset, quod facultate careret. Itaque ἀδύνατος 
παῦσαι proprie et primum dicebatur finiendi facultate 
carens. Si vero facultas ea cogitabatur, quae recipien- 
εἶθ seu patientis esset, et tamen παῦσωι ἀδύνατος di- 
cebatur, actionis significatione remota nihil nisi finem 
| -cogitari necesse erat, cuius notio in παύειν eadem atque 
\ in παύεσϑαι inest. Recte igitur accusativum, qui ad 
agentem aliquem referendus esset, cum eiusmodi infi- 
nitivo non coniunzerunt Graeci. Non magis plausibile 
videtar quod idem vir doctus de vulgata scriptura indi- 
cat, qua negat eam necessitatem declarari,, qualem 
Plato proposuerit, cuius maxime proprium hoc sit, quod 
a nulla conditione pendeat, sed suapte natura firma et 
immobilis constet. Plato enim necessariarum cupidita- 
tum duo genera statuit, unum, quas avertere non possi- 
mus, alteram, quae si expleantur, nos invent, priori- 
busque opponit eas, quas exuere quis possit, si operam 
det a teneris, posterioribus , quae insidentes nulla ra- 
tione bonum afferant, immo contrarium nonnullae. Deinde 
οι exemplo rem illustrans cibi cupiditatem utrague de causa 
᾿ς necessariam esse docet, quia et utilis sit et vitae finem 
afferre possit. Horum in altero apparet, qualis cupi- 


scripfurae editae a €, E. Chr. Schneider. 1m 


ditas sit quam avertere non possimus, Conari enim 

“ possumus et hanc et reliquas necessarias avertere, ve- 
rum non aliter nisi ut intereamus, Quse igitur talis 
esse dicitur, quid aliud quam averti ‚posse negatur ? 
inter v. 15 et 14 a f. inseras: οὐφέλειαν) ὠφελίαν 
Par. A. Dü. a m. pr. 

12 a. f. post Par. A. inseras: (αἱ in litura Di.) 
inter v. 12 et 11. a f. inseras: ἐδεσμάτων) Inter 2 et 
ö una littera deleta est in Par. A, θᾶ. 

11 a f. post ἡ inseras: Par. A. δᾶ. 

Pag. 67, b, pen. post Par. A. inseras: (cum « super £ et & super 
‚2 ab eadem manu Di.) 

Pag. 68, a, inter v. 7 et 6 a f. inseras: Παντάπασι) — σεν Par. 
A. Du. 

b,3 a f. addas: quorum ad' similitadinem revocatum satis 
placet illud, quod Tim. p. 89. A. ante Bekkerum vul- 
gatum erat: τῶν δ᾽ αὖ κινήσεων ἡ ἐν αὐτῷ „ip ξαυ- 
τοῦ ἀρίστη κίνησις. in quo Bekkerus pro αὐτῷ secun- 
dum Par. A. Pal. A. γαῖ. Καὶ, quibus accedunt Flor. R. 
et Vind. F. scripsit &avro, quod item rectum est. Sed 
tamen codex optimus Vind. Ο. tenet αὐτῷ. 

Pag. 70, b, 16 citato Photio addas Grammaticum a Cramero Anecd, . 
Oreon. Vol. I. editum, qui p. 224. Platonem nomina- 
tim refert inter eos, qui pro κλείω dixerint χλήω. Idem 
ibidem Atticos omnes πέκλειμαι avev τοῦ 0 dixisse te- 
statur. 


Pag. 72, a, 1 post avdgelav et 7 post πῶς: et 16 post efiam in- 
 'seras: Par. A. Dü. | 
Pag. 74, a, inter v. 8 et 2 a. f. inseras: ὑδροποτῶν) — πῶ — 
am. sec. Par. A. Dü, 
ult. addas: Post ἀργῶν in Par. A, Di, quinquies dein- 
ceps positum est — 
Pag. 75,2, 6 a f. addas: — av. Par, A.Dü. . 
4 a f. post οὗτος inseras: Par. A. Dü. (sed — og in 
Ν litura) 
. b, 6 post Vind. B. inseras: Par. A. Dü. 


Pag. 76, ἃ, 27 addas Leg. L. X. p. 896 B. ubi pro γενομένη γε 
ἀρχικὴ κινήσεως in quibusdam libris φανεῖσα legitur, 
quod a Turicensibus receptum vereor ne glossema sit. 
Ab eadem verbi γίγνεσϑαι significatione petenda vide- 
tur nominis „interpretatio Tim. p. 42. C: κατὰ τὴν 
ὁμοιότητα τῆς τοῦ τρόπου γενέσεως εἴς zıva τοιαύτην 
ἀεὶ μεταβαλοῖ ϑήρειον (ποι. ϑηρίου) φύσιν. 
Pag. 79, b, inter v. 8 et 9 inseras :  ἐϑελοδούλουρ). — δόλος ἃ m. 
pr. Par. A. Do. 

post v. ult. addas: λέγομεν) — vin litura Par. A, Dü. 


472 Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicäe libris Χ. 


Pag, 83, a, inter v. 13 et 12 a f. inseras: ,ἐξίστηται) a m, pr. ἐξι- 
στῆται ἃ m. sec. Par. A. Dü. 

Pag. 85, a, 22 addas: item L. ΠῚ, Ρ. 698. Ο: καὶ διὰ πάντα zug? 
ἡμῖν ξυνέπεσο πρὸς ἡμᾶς αὐτοὺς σφόδρα φιλία. Ita 
enim codices,.non σφοδρα. 

Pag. 86, b, 10 inseras: [täque Axioch. p. 371. D: ἐγγίνεται, quod 

ον  Bekkerus tacite mutavit, restituendum - videtur. 

Pag. 87,a, pen. addas: De Par. A. nihil amplius, quam Bekkeras, 
τ ἃ τῇ, pr. in eo fuisse docet Dübneras. ΜΜελιττουργοῖς 
etiam Leg. L. VIII. p. 842. D. vulgo et:in Μ55. ple- 
risque legitur: tantum ex Ang. B. et Ric..B. Bekkerus, 
ex Flor. W. Stallbaumius μελιτουργοῖς referunt, 

b, 21 post Par. A. inseras: (sed εσϑ in iltara Dü.) 

Pag. 89, b, 2 addas: Συνεστὸς in Dione Cassio iam R. Stephanus 
edidit L. XXXVIIH, p. 59,15. nec aliter Bekkerus p. 
188,4. (ς, 5. δ. 2.) Ceterum' cf. Lobeck. Pathol. Vol. I. 

223. 
ὡς post ἀεὶ) inseras: cum s inter εὐ et ε superscripto 
Par. A. Dü. 

Pag. 94, ὃ, 10 addas: Quamquam κηφήνων βοτάνη dictio eius- 
.ınodi est, ut et ipsa ex sermone vulgari repetita esse 
videatur; qni si bona aliorum labore parta ignavis et 
falcem in alienam messem immittentibus ad consumen- 
dum proposita hac appellatione significabat, aptissime 
Socratus eam ad hos, quos ipse fucos dixerat, et ad 
divites illos adhibet. Posterior aetas ab actione civili 
ad studia litteraram translato vocabulo eos, qui ab in- 
genio et ab arte destituti strenue litteris operam dare 
nec possent πος vellent et tamen lectione -vel auditione 
delectari scriptisque vel recitationibus placere enperent, 
propter eorum futilitatem et levitatem a labore et in- 
dustria abhorrentem et nihil nisi delicias aucupantem 
κηφῇνας vocabat, et horum qnoque κηφήνων βοτάνην 
quandam, diversam scilicet a Socratica, sed item a 
vulgari, nisi fallor, sermone petita dictione Plutarchus 
commemorat Mor. p. 41. sq. ubi verum instruens audi- 
torem aäpes imitari iubet non pulcherrimos quosque 
fores, sed utilitatem et mel praebituros sectantes: 
οὕτω δὴ δεῖ τὸν φιλότεχνον καὶ καϑαρὸν ἀκροατὴν τὰ 
μὲν ἀνϑηρὰ καὶ τρυφερὰ τῶν ὀνομάτων καὶ τῶν πρα- 
γμάτων τὰ δραματικὰ καὶ πανηγυρικὰ κηφήνωγ βο- 
tavnv σοφιστιώντων ἡγούμενον ἐᾷν» αὐτὸν δὲ τῇ 
προσοχῇ καταδυόμενον εἷς τὸν νοῦν Τοῦ λόγου καὶ 
τὴν δίαϑεσιν τοῦ λέγοντος ἕλκειν ἀπ᾽ αὐτῆς τὸ χρή- 
σιμὸν καὶ ὠφέλιμον, μεμνημένον; ὡς οὐκ εἰς ϑέατρον 
οὐδὲ ὠδεῖον. ἀλλ᾽ εἰς σχολὴν καὶ διδασκαλεῖον ἀφῖκταε 
τῷ λόγῳ τὸν. βίον ᾿πανορϑωσόμενος. Hoc Plutarchi 


scripturae Vitae a Ὁ. E, Chr, Schneider, "173 


loco ad explicandum loeum Dioscoridis in ‚epigrammate 
ab Athenaeo L. VI. p. 241. sq. relato usi Casaubonus 
et Jacobsius Animadv, in epigr. Anthol. Vol, I. Part If. 
p. 400. sq. κηφῆνας interpretati sunt plagiarios, de 
‚ quibas Plutarchus vix potuit cogitare neque cur Diosco- 
zidem cogitasse statuamus, satis caussae videtur. Qoi 
postquam Machonis comici poelae ogssibus iniectam ter- 
ram ei levem esse et vivam ferre hederam: iussit, altero 
disticho iussorum rationem reddit hanc: Οὐ γὰρ ἔχεις 
πηφῆνα παλίμπλυτον. ἀλλά τι τέχνης "ἄξιον ἀρχαίης 
λείψανον ἠμφίεσας. eiusque - sententiae suae testem 
deinde ipsum citat poetam, qui hoc dicturus et operi- 
‚bus suis demonstraturus atque ut posteri intelligant 
efferturus sit, non Athenis solum, sed etiam Alexan- 
- driae aliquando Musarum in arvis acre provenisse thy- 
06), Hic et oppositoram ratio suadet, ‘ut ampliori 
. significatu- κηφῆνα dictum esse putemus, et 'quod 
σαλίμπλυτον adiectum est, cui cave ne cum Schweig- 
haeusero activam vim attribuas, maxime in poetam veria 
nervisque et colore carentem quadrat. 
5 a f. post‘ opag inseras: Par. A. δᾶ, 

Pag. 92, a,.inter v. 10 et 9.8 f, inseras: τινὰ) τιν — in litura 
Par. A. Di. . 

Pag. 93, a, 19 post προεστως). inseras: προεστὼς — — Par. A, 
Dü. et p. 95, a, 16 διὰ ᾽σῶς): σῶις Par. A. Dü. et 
inter v. 21 et 22: C ἔχων) ἔχων.. Par. A. Dü. et 
p. 96 a, 15 a f. post μέλει: Par. A, Dü. ἃ m. 8εὲ5. ΄ 

Pag. 98, b, 11 a f. post ὑπεξαίρειν ἱπβεγδδ: Par, Δ. δᾶ. 

. post v. ult. addas: αὐτὸν) ἀστὸν Par. Δ. Di. v in 6 
mutato, 

Pag. 99, a,inter v.; 10 et 11 inseras: καϑήρῃ) καϑηήιρῃ Par. A. 
Dü. sed nı in litura. 

b, 8 ΜΗ Dost Πῶς) inseras: — ἐθελήσειεν — Par. 
A 

Pag.100,b,14 a f. post γ᾽ inseras: Par. A. Dü. 
post v. ult. addas: δὴ) — in litura Par. A. Du. 

"Pag. 101, a, 14 post Οὐκ 205) inseras: — ὡς a m, sec, Par. 
A. Dü 


-b,9 addas: neque Pflugkius Praef. ad Eurip. Vol. I. p. 

XXVIW. ironice h, 1. laudatum esse Euripidem sensit. 
Pag.103,.a, 11 a f. post Flor. U. inseras: et in Par,. A. Dü. A ab 

eadem manu super ὃ scriptum est. 

b,5 a f. post. Par. A. inseras: (ovumo.ras cum .λῖ ab 
eadem m. super puncto Dü.) . 

Pag. 105, a, 17 a f. addas: Singalari usus 'videtur Axicchi auctor 
- pP. 869. :A. ἐκ σύγκλυδος ὄχλου 7᾿ αὐἱ Bekkerus cum 
Par. A. et quibusdam. συγελύδωνος ‚scripeit, Astius in 


174 Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicae libris X. 


΄ ᾿ Lex. συγκλύδων scribendum coniecit, quod Ald. Bas, 
a. exhibent. 


Pag. 107, b, 8 a f. post ἔτ᾽ et 6 ἃ f. post ἐγκαλῶ inseras: Par. 


ΤᾺ 


Pag. 109,0. inter v. 7 et 8 inseras: ἐέναι) ἱέναι — Par. A, Dü. 


Pag. 110, b, 6 post μιαιφονεῖν) inseras: — ν — in litura Par. 
inter x v. 14 et 15 inseras: ἕνὶ λόγῳ) ὶ εἰ ὁ in litura 
Par. A. Dü, ᾿ 

Pag.i11, a, 17 post a m. s. inseras: (τοῦ ab eadem m. in fine 
versus additum, κα — ab eadem scriptum in litura 
habet Di.) 

δ, 4 post Mon B. addas: et addito saperne ε ad om Par. 

A. θᾶ. 


inter v. 10 et 11 inseras: &) »—- ᾧ Par. A. Dü. cui 
τῶι fuisse videbatur. | 
Pag.112, b ‚inter v. 13 et 12 a f. ingeras: καλλωπισμοῦ) — ὦ — 
in litura Par. A. Dü. 
Pag.113,a, 5 post Par. A. inseras: (ἔκαστων, corr. ἕκαστον, ἀπο- 
λαβὼν Dü.) 
b, post v. ult. addas: αὐτὸν) ---- ὁ — in litura Par. A. Düi. 
Pag.114, a, inter v. 5 et 4 a f. inseras: καϑέξειν) --- Fer — in 
litura plurium litterarum Par. A. Dü. 


Pag.115,i 8,7 ἃ f. post ἀνειμένων) inseras: — ἐν — in litura 
. Par. A. Dü. 

. b, 20 post 319, b inseras: (ef. Tim. p. 88. A. περὶ τὴν 

᾿ς ἐν χρόνῳ γένεσιν ἰοῦσαν. P. ἫΝ A. τὸ κατὰ ταυτὰ 


εἶδος ἔχον: et Poppo ad Thucyd. L. I. c. 11, 3.) 
Pag.116, a, 16 post av. et 24 post ἐπαισχυνόμενος inseras: Par. 
A. Du. 
inter v. 24 et 25 inseras: ἀποκτείνει — ὠθεῖ) -— ηἰ 
— gı am. rec. Par, A. Dü. 
25 addas: excepto Par. A. de qno quidem’ tacet h. 1, 
Dübnerus. 
8. af. citatus ab Astio locus Leg. L. IH. p. 699. B. 
non minus, quam L. II, Ρ. 721. D. ex koc numero 
removendus et ibi pre δ᾽ αὖ cum Voss. et Par. A. in 
quo αὖ a manu recentiori superscriptum. esse testatur 
Dübnerus, scribendam videtur δή. Substitui pro eo 
potest Leg. L. VI. p. 783. C: βρῶσιν μὲν ἐλέγομέν 
σίου, καὶ δεύτερον πόσιν, καὶ ἀφροδισίων δέ τινα δια- 
πτοίησιν τρίτον. Sed εἰ hic εἰ reliqui, .quorum fere 
‘ consimilis ratio haec est, ut nomine -vel pronomine ad- 
iecto ad aliud eoque ex eodem verbo pendente non 
᾿ solam coniuncta cum antecedente, sed etiam ab ea di- 
stinguenda res vel persona signifitetur, et aliqnanto 
. rariores illi,. in quibus copulam aliud sequitur verbum, 


N 


scriptarae editae a C. E. Chr. Schneider, 175 


ut Leg. L. III. p. 708. 4. cui addatur Critiae p. 118. 
D: ἥ δὴ τήν τε ἐκ τῶν δρῶν ὕλην κατῆγον εἷς τὸ 
ἄστυ καὶ τἄλλα δὲ ὡραῖα πλοίοις κατεκομίζοντο. et, 
. quem Astius in. Lexico posuit, cuius etsi paulo alia, 
tamen omnino similis ratio est, Phaedri p. 229. D: 
καὶ ἐπιῤῥεῖ δὲ ὄχλορ τοιούτων Togyovav καὶ Ilnyasov 
etc. hi igitur omnes ita gomparati sunt, ut καὶ — δὲ 
Germanice verti possit und auch; qua interpretatione 
ad hunc adhibita sententiae gravitas perit. 
pen. post καὶ inseras: ante μὴ μετεχέτω δὲ 
Pag.117,a, inter v. 10 et 9. ἃ f. inseras: ἐρωτικὸρ) --- ὁ — in 
litura Par, A, Dü, 
9 af. καὶ in lemmate positum esse putes illud, quod 
inter οὕτω et τοιοῦτος legitur. 
b, inter v. 19 et 20 inseras: oluas γὰρ) — ıy — in Ii- 
tura Par. A, Dü. 
Pag.118, b, 13 addas: Cf. Lehrsii Quaest. ep. p. 168. 


pen. post Par. A. inseras: (λεί ab eadem manu, quae- 


scripserat λί, correctum habet Dü.) 
“Pag. 120, ὃ, 8 post δρᾶσαι) ἢ inseras: δρῶσαι —- Par. A. Dü. 
3 af. post δία et p. 121,8, 14 a f. post γ᾽ inseras: 
Par. A. Dü. 
Pag. 121, a, inter v, 11 et 10 a f.. inseras: za) inter versus scri- 
ptum habet Par. A. Dü. 
Pag.122, a, 14 post Par. A. inseras: (sed — ala — in litura Dü.) 
Pag.123, ὃ, inter v. 14 et 15 inseras: ἄξει) a m. rec. in litura 
Par. A. Dü. Prima littera fuerat v, secunda A vel μ 
vel ν. 
15 et 16 post av. inseras: Par. A. ἢ, 
ult. addas: 7 Par. A. Dü, et post ult. οὗτος =0— 
in litura Par. A. Dü. 
Pag.124, a, 14 post Vat. B. inseras: et a m. ‚vet. in Par. A. Dü. 
Pag.128,b,13 a ἢ, inseras: (ἄρα, in m. γρ ἀρετῆι, Dü.) 
Pag.130, a, 7 post προκαλεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
Pag. 131,a, 17 post προςποιησόμεϑα inseras: Par. A.Dü, a m. sec. 
Pag. 152, 6 pro σμιρκὸν scribas σμικρόν 
post τὰ inseras: Par. A. Dü. \ 
Pag. 133, a, inter v. 16 et 17 inseras: εἶναι) — να — in litura 
Par. A, Dü. 
b,9 a f. post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
inter v.7 et 6 ἃ f. inseras: πλείω) πλείω. Par. A. Di. 
4 a f. post re inseras: Par. A. δῦ. "Ὁ 
Pag. 134, a, inter v. 18 et 19 inseras: ἴσως) — Εἢὦἦ —— in litura 
‚ Par. A. δᾶ. 
δ, 8 a fe post δυστυχὴς 7) inseras: — τ — in litura 
Par. A, Dü. 
Pag. 135, a, 18 ante Lob. inseras: Par. A, Dü. 


᾽ 


176 Variac codicis Paris. A. in Civitatis Platonicne Nbris X. 


: 57 ρον! non obliqnis, sel rectis litteris pönendum fuit. 
- Pag. 136, a, 5 post 0209’ inseras: Par, A. Di. 
3 a f. post meis inseras: et a m. ΒΈΟ. in Par. A. Du. 
 b, inter νυ. 5 et 6 inseras: ἀρας) ἄιρας Par. A. Dü. 
'10 a f. post αὖ, inseras: Par. A. δᾶ. 
. Pag. 137; b, 13: post. ceteri.‘“ inseras: et ita Par. A. Dü. 
Pag. 138, 8, 8 post pr. addas: Dativi exempla v. apud Lobeck. ad 
0, Soph. Ai. 1144. ed. sec. “" 

0 b,inter v. 17 .εἱ 16 a f. inseras: Παντάπασι) - σιν 
‘Par. ἃ. Di. . 

Pag:139, a, 23 addgs: Ch: Leg- L. VAL. „P- 548. B: τῷ μὲν τοίνυν 
τοιούτῳ τῶν μερῶν τριῶν ὄντων μηδὲν 'πλέον ἐχέτω. 
λας res ‚qualitate' nulla pars- plus häbeto 8. praestato, 
reliquis duabus. : 

. 29 post Eauro) inseras: ‚Pro € in Par. A.:Dü, a m. 
„BE erat τ 
δ, 13 a f. post ἀλλὰ inseras: Par. :A. Dü, 

Pag.140, a, 24 post E. addas Eryx, p. 404. E. et 25 post οὖν 
Lib. II. p. 376. D. 

Pag. 141, a, 4. ‚citato: loco addas eiusdem libri p. 952. B: εἴτε καὶ 

ες αὐτὸρ νενοηκθος ἄττα ἧ, 4086 ompium codicum lectio 
est, et Epio. p. 992.C: κεῖτε δημοσίᾳ τις ἐπιτηδεύσας 
ταῦτα εἴτε ἰδίᾳ διαβιῷ » ‚quemadmodum etiam vulgo 
legitur. 

Pag. 142, a, 22 sqg. expositam de Par. A. dubitationem sästulit 

, Dübnerus et ἐπιστῆται in eo manu vetusta, sed eraso 
super πε accenta, scriptum esse docuit. 

b, 21 post σφαδασμῶν) inseras: σφαδαισμῶν ante cor- 
 rectionem Par. A. Dü 

Pag. 143, a, inter v. 18 εἰ 17 ἃ f. inseras: αὐτῷ ) av. Par. A. Dü. 

;  b,12 addas: V. Praef. p. CXV. sq. et Corpus inser. 
j Boeckh. Vol. I. p. 768. atque Hermanni Diss. de dua- 
"bus inscriptionibus Graecis MDCCCKXKXXV, pP 11. 
' (Opusc.. Vol, VII. p.. 185.) quamquam Hesychii glossae 
illustrandae neuter operam dedit. 
16 a f. post xgive inseras: Par. A. Dü. 

Pag. 144, a, 6. addas: Hunc locum respegit scholjastes Aristotelis 
p. 23, a, 32. 

15 addas: inter versus a manu vet. scriptum habet 
Par. A. Dü. 
5a f. deleas Fic. 

Pag.147, b, 14 post ἔχει) inseraa: — zu am. pr. Par.:A. Dü. ex 
quo deinde radendo factum ı.., tum rursus a m. Tec. 
& scriptum. 


Pag.148, a, 3 a f. post ὑποκείμενον ) inseras: — ον» sup. a a m. 
vetusta, Par. A, δᾶ, ᾿ 


-- 


scripturae editae a C. E, Chr, Schaeider. 177 


b, ult. post ostendit. inseras: sed hanc quoque τὸ habere 
-  testatur Dübaerns. 
Pag.150,b, 7 inseras: Cf. Vol, II. p. 148, a, b. 
" 28 post om. inseras: Par, A. δᾶ, .ı , 
inter v. 25 et 26 inseras: τῆς ἡδονῆς) τῆς ἡδονῆς 
Par. A. Dü. quibus signis a m, vet. inscriptis nihil in 
margine respondet. 
Pag. 152, a, pen, post in inseras: Par. A. Dü. 
Pag. 153, b, 11 post ὁ inseras: inter versus a m. vet, scriptum ha- 
bet Par. A. Dü. 
inter v. 15 et 16 inseras: γεγεῦσϑαι) — σ — in Ii- 
tura Par. A. θᾶ. 
Pag.154, a, 1 post φρονήσεωρ) inseras: „ . gg. Par. A. Dü. 
Pag. 155, Ὁ, 17 post ἄρ᾽ inseras: Par. A. Dü. 
inter v. 18 et 19 inseras: 583 μανθάνομεν) --- ὁ — 
in litura Par, A. Dü. 
post v, ult. addas: ὧν) ὧν Lobeckius ad Soph. Ai. 
1107, nescio ‘quo auctore, 
Pag. 156, 4 pro öv’ legas δύ᾽ 
... 8) inter v. 18 et 19 inseras: ἐγγυτέρω) — ροι Par. A. Dü. 
Pag. 157, a, inter v. 4 et 5 inseras: παναληϑής ἔστιν) παναλήϑης 
(ng in litura) ἐστὶν Par. A. Dü. 
12 a f. post λύπην ἡδονῇ) inseras: λύ — inter ver- 
sus Par..A. Dü, 
δ, 7 post ae’ inseras: Par. A. Dü. 
16 a f. addas: et Par. A. Dü. 
ult. addas: At Par. A. Dü. a m. pr. αἰσϑάνει, — vn 
valde recens correctum habet. 
Pag.158, a, inter v, 1 et 2 inseras: rd) inter versus a m. vet. Par, 
A. Dü. 
12 a f. post Ita inseras: Par. A. Di. am, sec. 
9 a. f, addas: et am. pr. Par. A..Dü. 
inter v. 9 et 8 a f. inseras: καὶ δυνατὸν) x. —- δ. Par. 
A. Dü. 
Pag.159, a,6 addas: V. add. ad p. 88, b, 6. 
14 addas: et Par. A. δᾶ. ΄΄.. 
22 post codices inseras: (Par. A. Di. cum duobus 
punctis a m. vet., ut videtur, super δ᾽ positis) 
Pag.160, a, 8 addas: In Par. A. Dü. — εἴσταί, in fine versus paulo 
recentius additum est, et pro ve a m, pr. fuerat rer 
12 addas: μέγισται — — Par. A. Dü. - 
12 a f. post προησϑήσεις) inseras: Ad hoc Par. A, 
Dü. in m. ἡσϑήσεις ut vocabulum notabile adscriptum 
habet. 
Pag.161,a, 4 post ἀλλ᾽ ὡς inseras: Par. A. θᾶ. 
6 ἃ ἢ, post xarw;) inseras; κατα... Par. A. Dü. am. pr. 
Pag.162, b, 9 post δία inseras: Par. A. Dü. 
Archiv f. Phil. u. Pasdag. Bd. XIX. Hft. 2. 12 


178 Variae oodicis Paris. A, in Civitatis Platonicae libris X. 


18 post γε οὖν) inseras: γ᾽ οὖν Par. A, Dü. 
9 ἃ ἴ. post sup. inseras; (a m. vet. Dü.) 
Pag. 163, b, 10 post ἡγεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (— rec.) 
6 post ον inseras: (a m. vet. θὰ) . 


Pag. 167,8, 6 a fe post ὃς ἂν) inseras: — ὧν inter versus a m. 
. Par. A. Dü. 
b, 1 Boat διαπράττηται) inseras: — ἡ — in litura Par. 
A. δ. 


11 post λέγωμεν) inseras: Ita a m. pr. Par. A, Dü. 

Pag. 168,8, 12 addas: et a m. pr. Par. A. Dü. (ἐξηγῆται multo 
recentius,) 

14 addas: eaque recenti Dü. 
b,8 a ὦ post ἄλλ᾽ inseras: Par. A. Dü. item v. pen. 
post Ita 

Pag. 169, a, 11 a f. post ἀηδέστερον) inseras: — ἡ — in litura 

Par. A. Di, 
4 a f. post Par. A. inseras: (hic νόϑων a m. pr. Dü.) 

Pag.170, a, 14 a f. pest sup. inseras: (eadem m. Dü.) 

6 a f. post ξυνοικοῖ) inseras: Par. A. Dü. a m. sec. 
et post ξυνοικεῖ: (ita Par. A. Dü. a m. pr.) 

"Pag. 171, 2 δῆλον δὴ verba ita collocata sunt, ut, quamvis re- 
liqua sic, ut in adnotatione demonstratum est, construi 
debeant, tamen commatis secernenda non magis fuerint, 
quam si ‚seriptum esset κατὰ δὲ δύναμιν καὶ τρίτην 
αὔξην δήλη δὴ ἀπόστασις. 

a, 6 post λέγῃ) inseras: — ἢ in litura Par. A. Dü. 
15 ante ἐννέα inseras: ἐννδακαὶ εἰκοσιπαὶ ἑπτακοσιο-. 
πλασιάώκις Par. A. Dü. de qua scriptura cf. Lobeckii 
Pathol. Vol. I. p. 586 sqq. 

b, 10 post Par. A. inseras: (sed — α .— in litura, teste 
Dübnero, cui antea n fuisse videbatur.) 

Pag. 172,a,9 a f. post πλεῖον) inseras: — ν in litura duarum 
litterarum Par. A. Ὁ. 

b,13 addas: Vocalem particulae dr; Par. A. Dü. in litura 
scriptam habet, 

Pag. 173,a,14 a f. post Fic. inseras: τό prius inter versus a m. 
vet. Par. A. δᾶ. 

Pag. 174, a, 4 post Πλάττε) inseras: πλάττε" Par. A. Di. 

Pag. 175,b, 7 post Zuvanse) inseras: σύναπτε᾽ Par. A. Dü. 

Pag. 176, b, 19 post ἐκείνων) inseras: — v inter versus Par, A. Ὠζ, 
6 a f. post αὖ. inseras: Par. A. Dü. 

Pag. 178, 8,8 a ἢ, addas: Dübnerus vero non ἀἐλήϑείαν, sed dAn- 
θειαν in Par. A. scriptum esse testatur. Itaque alte- 
rum accentum non Bekkerus, sed Bekkeri typotheta 
posnerit. 

b, 5 post ὠφέλειαν) inseras: ὠφελέαν ἃ πὶ. pr. Par. A. Düi. 

Pag.180,b, 8 post ἡ inseras: Par. A. Dü.- a m. pr. 


scripturae editee a C. E. Chr; Schneider, .- 179 


ἐμ 131, b, inter‘ ν. 12 et 13 inseras: πέρα) πέφαι Par. A. Dü. 
16 ad Par. addas: A. a m. pr. sed correctus a m. 
“ vet. Dü. 
Pag. 182,b, 21 ad in addas: Par. A. Dü. et 
Pag.183, b, 8 addas: et in Par. A, Dü. e a m. vet. snper αὖ scri- 
ptum est. 
Pag. 184,b, 9 post αὐτοῖς) inseras: avzoic cum ὃ a m, vet. super 
ev Par. A, Dü. 
Pag. 185, a,11 a f. addas: οὐχὶ u «u Par, A. Da. 
8 a f. post ἔτε πονηρότερος) inseras: rs — correctus, 
ἔπε — ἃ πὶ, pr. et ab eadem ems ers in margine ha- 
bet Par. A. Da. 
b, 4 addas: in Par. A. Dü. prius o in liturs, 
5 post κχοιμίξεται) .inseras: — i — in Htura Par. 
A; Di. . 
18 2 f. post τοσούτῳ) inseras: — τῷ in litura Par 
ü. 
Pag. 186, 8, 16 a f. addas: δὲ ἀλλατιμάξων a m. pr., δέ ἄλλα ar. 
Bun a m. sec. Par. A. δῆ. 
b,22 post Par. A. inseras: (— ιῆ rec, — os, ut vide- 
tur, am. pr. Di.) 
7a 1A. ad locum Euthydemi addas Leg. L. XII. p. 
968 B: os φαίης. 
Pag. 187, 8. 7 post μέλλει inseras: Par. A. Di. a. m, pr. item b, 
13 a f. post αὖ, (cwi ἃ m. sec. superscriptum est &,) 
4910 af. post av. inseras Par. A. -Dü. a m. sec. 
pen. post οὕτως inseras: Par. A. θᾶ, a m. pr. (σ era- 
sum est.) 
Pag. 188, a, 10 a f. post av. inseras: Par. A. Da. 
Ὁ, 21 ad Vind. F. addas: Per. A. δ, 
inter v. pen. et ult. inseras: γῆς) γ --- ἴῃ litura Par. 
, “ἃ, Da. 
post v. ult. addas: ἐγὼν dv) ἔγω ἐν cum x a m. vet. 
inter utrumque superscripto Par. A. δὰ, 
Pag. 189, a, 12 post quam quod inseras: idem Procas ib. p. 2,15 
et p. 40,2 significare videtur, et quod 
b, 2 addas: Ad dictionem cf. Parmen. p. 132. D: τὰ μὲν 
* εἴδη ταῦτα ὥσπερ παραδείγματα ἕστάναι ἐν τῇ φύσει. 
Pag.190,b,19 addas: In Par. A. Dü. ον super ἃ ἃ m, vet. scri- 
ptum est. 
Pag.192,b, 15 a f. post ἢ et 11 a ἔς. post συνν. inseras: Par. 
A. Dü. 
Pag. 193, b, 11 post ἀρξόμεθα inseras: Par. A. Dil. a m. pr. 
10 a f. addas: ποὺ εἰσὶ, v in litura, Par. A. Dii. 
5 a f. post ostendit. inseras: et ita legitur in Par. A. Dü. 
Pag. 195, a, 14 post vaya) inseras: — χ — in litura Par. A. Dit. 
26 addas: Leg. L. VIII. p. 859. Ὁ. + 
1 


180 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicat libris X. 


post v. ult: addas: πάντα) παντο Par. A. δ, am. 
vet. impositis quasi delendo vocabulo notis, 
Ὁ, inter v. 17 et 18 inseras: γενέσθαι) γένεσϑαι Par. 
A. Di. 
22 post αἰσϑάνει inseras: Par. A. Dü. am. pr. 
25 post τ᾽ εἴης inseras: Par. A. θᾶ... 
Pag. 196, b, 2 post ἔρχεν inseras: ξζωγράφορ) ζω!γρ. Par. A. Dü. item 
paulo post, et in seqg. habet ῷ. - 
7 a f. post ποιεῖ) inseras: — εἶ recentios, am, pr. 


- 


ι Par. A. Dii. 

Pag. 197, a, 7 a f. post δόξειδν inseras: Par. A, Di. 
5 a f. post τοιούσδε) inseras: — σ᾽ — in litara Par. 
A. Dü. 


b, 18 a f. post est inseras: nec aliter legitur in Par. A. 
Di, eiusque auctoritate pro rovrov Platonis in verbis 
‚scribas τοῦτον: hunc, quem quaerimus. 
Pag. 198, ὃ, 15 ante Vind. inseras: Par. A. Dü. item p. 199, a, 21 
post μόνον 
Pag. 199, a, inter v. 12 et 11 a f. inseras: ὑπὸ τοῦ) ὕ, τ τ τ. 
Par. A. Do. 
11 af. post un pvacı) | inseras:. μὴ φύωσιν Par. ἃ. Dü. 
pen. addas: — ἡ ἴῃ liturd Par. A. Dü. 
post v. ult. addas: zomosıe) — ev Par. A, Dü. 
b,6 a ἢ post ἢ inseras: Par. A. Da. ᾿ 
Pag. 200, b, 3 af. addas: κατ᾽ ἄν. — Par. A. Dü. 
Pag. 201, 2,6 addas: In Par. A. Dü. ἐ prioris διαφέρει in litura 
est duarum litterarum. 
inter v. 16 et 17 inseras: ὡσαύτως) ὡς -- αὕτως Par. 


. Dü. 
Pag. 208, a, Den. post Par. A, D. inseras: (ille teste Dübuero am. 
Pr. πασσοφος, rec. πᾶσσοφὸς) 
Pag. 2056. b,15 ἃ ἢ, post πειρῷτο) inseras: — oro Par. A. δᾶ. 
Pag: 206, a,7 post ὠφελία inseras: Par. A. Di. correctus (ante 
correctionem fuerat ‚p.) 


28 28 post μὴ μιμητὴς) inseras: μὴ — in litura Par. 


Pag. 207, b, 5 addas: εἶ. (nnius litterae litura) Par. A, Dü. 
Pag. 208, 2,10 a f. post σφὰς inseras: Par. A. δᾶ. 
b, 7 a f. inter In et-Vind. B. inseras: Par. A. Dii.: prae- 
scriptum, in | 
Pag. 209, a, 1 post B. inseras: neque Par. A. Du. 
13 a f. addas: habet inter versus seriptum Dü. 
b, 19 post unAnolov inseras: Par. A. Dü. a m. pr. item 
p: 210, a 10 post πυϑαγόριον; ex quo recentius fa- 
ctum est — «θεῖον. 
Pag. 211. Ὁ, 6 a f. post do’ inseras: Par. A. Da, 
Pag. 212,2, 8 addas: — ὃ — in litara Par. A. δᾶ. 


scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 181 


9 post Par. A. inseras: (corr. Dü.) 
40 post xiog inseras: Par A. Dü. a m. pr. 
h,8 addas: ἐπιστατήσωσιν Par. A, Dü. sed pro ατήσω, 
quod in litura est, a m. pr. fuisse videtur era. 
7 a .f. post oveivas inseras: Par. A. a m. pr. ut vide- 
 batur Dübnero, . | 
Pag. 213,a, 5 addas: item Lobeckio Pathol. Vol. I. p. 384. 
b, 15 addas: μεταλάβοι —- ev Par. A. Dü. 
19 auctore Dübnero delendum . est fortasse. 
Pag.214, b, 6 post om. inseras: Par. A. Dü. 
17 a f. quae ego a m. sec. scripta suspicabar, ea 
Dübnerus docet a prima esse scripta. 
Pag.215, a, 11 a f. post λέγῃ). inseras: — in litura Par. A. Da. 
j inter v. 11 et 10 a f. inseras: ἐν μέτρῳ — λέγεσϑαι) 
Haec Par. A, δᾶ. in margine a m. pr. scripta habet, 
4 a f. post tacet. inseras: Habet vero Dübnero teste. 
ἔχειν ut reliqui. 
 b,12 a f. ante positum inseras: (a m. vet. Dü. 
Pag. 216, 8, 9 a f. post corr. inseras: (a m. sec, Dü,) 
“ b,16 addas: αὐτῶ a m, pr. Par. A. Dü. 
8 a f. post δαπερ) inseras: 0 — in litura Par. A. 
Dü. Fuerat ὦ. 
Pag.218,a,3 a fr addas: — v. ἐ. Par. A. θᾶ, 
b, υἱέ, post γράφῃ) inseras: γ. — — Par. A. Dü, 
Pag. 220, a, ioter.v. 3 et 2 a f. inseras: μιμητικὸν) cum ὁ ναὶ ας 
a m, rec. super priori ı Par. A. Dü. 
b, 9 post ἰαμβείοις) inseras: ἐαμβίοις a m. pr. Par. A. Dü. 
Pag. 221, a, inter v. -18 et 19 inseras: 0iov) moiov.cum vo a m. 
vet. superscripto Par. A. Dü. 
21 post A. addas: (a m. pr. τῶν Dü.) 
Pag. 224, Ὁ, 8 a f. post πιστεύσομεν inseras: Par. A. Dü. am. pr. 
Pag.225, a, 15 addas: et interiecto inter πῶσι et λυπουμένους Va- 
cuo unius litterae spatio Par. A. Dü. 
Pag.226,b,15 a f. addas: Cf. Lobeck. ad Soph. Ai, p. 423. 
\ ed. sec. 
inter v. 15 et 14 a f. inseras: μυρίων) — ὦ — in 
litura Par. A, Dü. 
Pag.229, b, 12 post Par. A. inseras: (teste Dübnero a m. pr. fue- 
rat ὅ re, cui in 0 τι mutato tertia eaque recentior ma- 
- nus rursus superscripsit &.) . 
11 a f. post γιγνόμενον) inseras: — 09 cum ὦ super 
ο ἃ m. vet. Par. A, Dü.. 
Pag.230, a, 1 post αὐτοῦ) inseras: Ita a m. sec. Par. A. Dü. et 
post αὖ. idem a m. pr. j 
12 post ἐρεῖ inseras: Par. A. Dü. et quod 44 sqg. de 
eo codice dictum est, mutes. Ä 


I) 


182 ‚Variae codicis Paris, A. in Civitatis Platonicae libris X. 


b, 14 post Par. A. addas: qui’ teste Dübnero τὰ- in litura 
habet, ante lituram τ vel y videtur habuisse. 
13 a Ἦ post Par. A. inseras: (ἰατρικὴν -ἐ- + Dü.) 
Pag. 231,8, 10 post Par: A. inseras: (mov inter versus a m. vet. 
adlito Dü.) 
14 post λογιστικῷ) inseras: λογισμοῦ! Par. A. δᾶ. 
4 a f. post ἀπλήστως) inseras: — n — in litura Par. 


A. Dü. 

b,8 post οὐκ ἀλόγιστόν ze) inseras: — ἀλλόγ. ---- ἃ m. 
pr. Par. A. Da. 
7 a f. pro tacentibus Lehmannis ponas: et in codicibus 
Lucimi 


Pag. 2852), 1 post om. inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (in margine 
additum habet.) 


5 a f. post ξυλλεγομένοις.) inseras: Par. A. Dü. o 
prius inter versus habet. 

b, 5 inseras: Particulae littera prior in Par. A. Dü. in Ii- 
tura posita et super ea r a m, vet. scripta est. 

Pag.234,3, 7 a f. post πόλεν) inseras: — As — in litura, ante 

lituram — 44. — Par. A. θᾶ. 
6 a f. post τοῦτο iuseras: Par. A. Dü. 

b, 8 addas: Secandum Dübnerum in Par. A. ποιῶν a m. 
pr. et super οὖν aliqnid erasum, οὖν recens factum est. 
22 post φϑείρει addas: Par. A, Dü. am. pr 


Pag. 235, b, 14 post αὐτό; ᾿Αἀκούων) inseras: αὐτὸ ἀκούων: Par. 
A. δὰ. 


12 a f. post om, et 8 a f. post τραγῳδιοποιῶν inseras: 
Par. A. Dii. 

Ῥὰρ. 287, 8, 8 a f. Non miram et sqg. usque ad ostendit, deleas. 

b, 14 a f. post Öaxgvoaı | inseras: Par. A. Dü, 

5 a f. post καὶ χαῖρον) inseras: — o — in litura 
Par. A. Dü. 

Pag. 238, a, inter v. 18 et 17 a f, inseras: μέτεστιν) Iterat hoc 
in margine Par. A, Dü. sed cum punctis super u σ et 

[ 


v et unco Buper TE: μϑτεστεν 


17 a f. post ἀπολαύειν) inseras: In Par. A. θᾶ. alte- 
rum 4 a m. vet. super α et sigaum delendi, ut videtur, 
super ν positum est, ut fiat ἀπολλύει. 

b, 2 addas: Argumentum Nubium Aristoph. I. ubi Stre- 
psiades dicitur ἀχθόμενος παιδὶ ἀστικοῦ φρονήματος 
γέμοντι καὶ τῆς εὐγενείας εἰς πολυτέλειαν ἀπολελαυ- 
κύτι, qui nobilitatis hunc quasi Frustum perceperat,, ut 
sumptuosus fieret. 

Pag. 289, ἃ, 4 addas: Apud Lacianum Tox, c. 15. ἐλεεινῶς sine 
librorum discrepantia legitur. 


scziptarae editae a C. E. Chr. Schneider. 183 


3 af. addas: De crasi in ἂν facta cf. Voemelius in 
Zeitschr. f. d. Alterth. MDCCCXLIN. 12. p. 1226 κα. 
b,inter v. 4.et 5 inseras: γολωτοποιῶν) — ὦ — in li- 
tura, ante lituram — ὁ — Par. A. Dü. 
14 a f. post Par. A. inseras: (sed — ε — ia litura Dü.) 
Pag. 240, a, inter v. 12 et 11 a f. inseras: βωμολοχίας) --- Ao — 
recens insertum babet Par. A. Dü. 
αὖ) αὖτ a m, vet. Par. A. Dü,-cum litteris 
quibusdam incertis, fortasse sv, super 
z positis, 
b, 7 addas: In Par. A. θᾶ, ı a m. vet. inter ὃ et o su- 
perscriptum est. 
Pag. 241. ἃ. 18 a f. addas: (p. 268. sq. ed. sec.) 
b,inter v. 11 et 10 a f. inseras: καὶ) © . «-ὀ Par. 
A. Dü, 
5 a f. post συγχ. inseras: Par. A. θά. 
.v. ult. post cum inseras: Par. A.Dü. a m. pr. (— δὶπ — 
corr. ab eadem) 
Pag. 242, Ὁ, e post παραδέξει inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
— nrec) - 
Pag. 244, a, 21 post uıu inseras: (a m. vet. Dü.) 
Pag.245, b, pen. addas: Iu Par. A. Dü. praepositioni a m. vet. 
ΝΗ tria puneta imposita- sunt. 
Pag.246, b, 10 post κηλεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (— yrec.) 
Pag.247, 3 pro οἱ scribas οἵ | 
a, 20 in dubitationem vocatum 17 revera abest a Par. 
A. δᾶ, 
9 a f. ad Faehsio addas: et Dübnero, 
Ὁ, 25 post οὕτως inseras: Par. A. Dü. 


Pag.249, a, inter v, 13 et 11 a f. inseras: ἑὡπτομένῃ) — vn Par. 


A. θᾶ, (deinde vero σπουδαία) 
b,5 post av. inseras: Par. A. Dü. 
post v. υἱέ, addas: οὗτός) — 0 — in litura Par. A. θᾶ. 
Pag.250,a,3 a f. addas: Οἵ. Tim. p. 35. B: μίαν ἀφεῖλε τὸ 
πρῶτον ἀπὸ παντὸς μοῖραν. 
b,inter v. 4 et 5 inseras: οὐχ) in margine Par. A. Dü. 
Pag. 251.a, 16 addas: Cf. Lobeck. ad Soph. Ai. v. 569. 
5 a f. post διανοεῖ inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
b,inter v. 3 et 4 inseras: δὲ) inter versus a m, vet. 
Par. A. Dü. 
9 addas: (ἔγωγ᾽ a m. pr. Dü.) 
11 post τί inseras: Par. A. Dü. 
inter v. 11 et 12 inseras: καὶ) om. Par, A. δῦ, a 
m. pr., a m. secunda, sed vetustä δὲ καὶ inserta habet. 
inter v. 15 et 14 a f. inseras: ἰὸν) — ὁ — in litura 
Par. A. Du. ᾿ 
Pag. 252, b, 18 ἃ f. addas: ψυχῇ --- & νῦν in margine Par, A. Dü. 


184 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X. 


Pag. 253, a, 


b, 
Pag. 254, ὃ, 


12 a f. post ἀρ᾽.) inseras: ὦρα cum’ accentu .recentiori 
Par. A, δ, 

10 a f. post μάλα inseras : Par. A, Dü. 

4 a f..addas: ἦν οὖν τι Par, A. Dü. 

inter v. 4 εἰ 3 a f. inseras: D ἐνεῖναι) In Par. A. 
Dü. super ἐν a m. vet, scriptum est 4’, quod se non 
intelligere fatetur Dü. 

inter v. 13 et 12 a ἢ, inseras: Ἐννόει) ἐννόει Par. 
A. δὰ, 

12 addas: Eodem pertinere arbitror illud, quod leviter 
corruptum in cadicibus a Platone scriptum videtur 
Symp. p. 176. Ὁ: νῦν δ᾽ av αὖ βούλονται καὶ οἵ Aoı- 
ποί. nunc vero, mi fallor, rursus volunt etiam reliqui. 


‚ in quo ἂν adiiciens Phaedrus reliquorum voluntatem 


Pag.256, a, 

b, 
Pag. 257, a, 
Pag. 259, b, 
Pag. 261, a, 


Pag. 263, a, 


partim iam demonstratam hoc tempore non defuturam 
suspicatur, αὖ vero addens mutabilem eandem et modo 
huc, modo illuc ferri solitam significat. Nec dubium 
mihi, quin Xenophon Symp. c. 4,3. scripserit quod 
codices exhibent, ϑαυμαστά γ᾽ εἰ μὲν 008 τοὺς 
ἄλλους δύνασαι δικαίους ἂν moleiv αὐτοὺς, πρὸς δὲ 
σαυτὸν οὔ. mirum, si tales reddere eos potes, quales 
erga reliquos Tusti sint, erga te ipsum iustas reddere 
non potes. ita ut δίκαιοι ἂν ὄπτες intelligantur, 

20 addas: Cf. Leg. L. X. p. 897. D: κάλλιστα ἂν 
λέγοις. quibus verbis Clinias non simpliciter assensum 
praebet dictis, sed ea ratione, quam ostendit Athenien- 
sis, pulcherrime eum sermonem habituram videri de- 
monstrat. 

12 a f. post μήποτε) inseras: — πὸ — inter versus 
Par. A. Dü: | 

10 a f. post ὑπὸ inseras: Par. A. Dü. 

5 a f, post ἀνέλεγκτα) inseras: dv — inter versus 
paulo recentius Par. A. Dü. 

3 a f. post un re inseras: Par. A. Dü. 

inter v. 19 et 20 inseras: ἀληϑὴῆ) — ἢ in litura Par. 
A. Dü. 

inter v. 2 et 3 inseras: μάλιστα) ua. λιστα Par. A. 
Dü. Fuerat AA 

3 post τοὺς δ᾽ et pen. post δί᾽ inseras: Par. A. Dü. 
inter v. 2 et 8 inseras: φανεῖται!) ἡ super av et ε su- 
per εἴ paulo recentius scripta habet Par. A. Dü. 

inter v. 7 et 8 inseras: &) insertum .habet Par. A. Dü. 
16 post φύκια inseras: Par. A. Dü. 

20 addas: Luciani Πῶς dei στ. συγγφ. c. 8. pro φύ- 
#ıov codex Gorlicensis punlov habet. 
21 post ἐπηνέγκαμεν ) inseras: ἐπηινεγκαμεν Par. 
A, Dü. . 


scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. 185 


9 af. post αὐτῇ ψυχῇ) inseras: αὐτηιψυχῆι Par. Α. 
Dü. ut solet in comipositis. 
Pag.264, a, 19 a f. addas: — αὐτηδικ. Par. A. Dü. 
b,2 sqq. de Par, A. ex Bekkeri et Faehsii testimoniis 
- coniectata aliter se habere et in illo codice in verborum 
contextu ἐπειδὴ ἦν τοίνυν (κεκρεμέναι εἰσὶν, ἐγὼ πάλιν) 
in margine vero a m. vet. yg ἐπειδὴ τοίνυν, ἦν δ᾽ ᾿ἐγὼ, 
κεκριμέναι εἰσὶ, πάλιν legi testatar Dü. 
11 a f. ad παρ᾽ a. addas: Par, A. Dü. 

Pag. 265, a, 18 post Par. A. inseras: (superne additum a m, vet. Dü.) 
inter v. 22 et 23 inseras: za) inter versus a m. vet. 
Par. A. Dü. 

b, 11 post hi duo inseras: et Par. A. θᾶ. 
5 a f. post τ᾽ ἐν inseras: Par. A, Dü. 

Pag. 266, ὃ, 18 post Par. A. inseras: (Dübnerus a m. pr. δρομῆϊς 
fuisse putat ex eoque recentissime faclum esse δρομεῖς, 
testatur.) 

Pag.267,2,13 a f. inter Par. et Ὁ. inseras: A, a m. pr. Ὠᾶ, 
‚inter v.6 et 5 a f. inseras: A&yovrog) o ante ς in li- 

-  tura Par. A, Dü. 
Pag.268, a, 11 ad Faehsio addas: et Dübnero 
b, inter v. 20 et 21 inseras: ὅρα, ed) ogas a m. pr. Par. 
A.Du. . . 
21 post Ita inseras: Par. A. Dü. a m, pr. 
23 post Stobaeo addas: correctus a m. rec. Par, A. 


Dü. et 
Pag.269, b, 16 post fecit. addas: (additum ἃ m. vet, inter versus 
‘ habet δὰ.) 


21 post correctus addas: et in litura Par. A. δά. 
Pag. 270, a, 17 post ἦρος inseräs: Par, A. Dü. a m, pr. 


Pag.271, a, 12 post δ᾽ inseras: Par, A. δὰ. 

16 post ἀνεβίω) inseras: — ὧν ante correctionem 
Par. A. Dü. 
25 ad Par. A. addas: (correctus Dü. Fuerat ἐπειδὴ ον) - 
9 ἃ ἢ, post opag inseras: Par, A. Dü. 

b, 16 post sequor. addas: Is vero teste Dübnero δύ᾽ habet. 
19 post χάσματα) inseras: χ — in litura Par. A. Dü. 
7a f. post In inseras: Par. A. Di. | 


Pag.273, b, inter v. 10 et 11 inseras: ἀπιούσας) ἀπ. Par. A. Du. 
22 post rag) inseras: — g inter versus Par. A. Dü. 
inter v. 22 et 23 inseras: τοῦ) ---ο — in litura Par. 
A. δᾶ. Ä 
25 post κλαιούσαρ) inseras: Ita Par. A. Dü. recentius 
correctus, 
26 post χλαούσας inseras: Par. A. Di. a m, pr. 
ult. ante quae inseras: malorum, . 


.186 Variae codicis Paris. A. in Codicis Platonicae libris X. 


Pag. 274, a, 13 post fide addas: (Haec tamen ipsa Dübnero teste 
correctioni debetur, cum a m, pr. fuisset χιλιετη.) 
inter v. 16 εἰ 15 a f. inseras: τόδε --- πώποτέ) ---- ὃ 
— π--- πον — in litura Par. A. Da. 
11 a f. addas: (ὅσους am. pr. Dü.) 
», 3 decuplum mutes in decemplex, item decapla v. 15. 
20 post ἐκτίνοιεν) inseras: — ἰ — in litura Par. A. Du. 
Pag. 275, a, 4 decuplae mutes in decemplicis. 
Pag. 276, b, 3 a f. post ᾿“ρδεαῖος) inseras: — 5 — in litura, ante 
᾿ lituram fortasse og, Par. A. Di, 
Pag. 278, b, 18 post Platonis inseras: (Par. A. Dü. a m. sec.) 
Pag.279, b, 4 post om. inseras: Par. A. δύ, 


U 
Pag. 280, a, 1 post τοῦτον) inseras: τοῦτοιν (0 ipsum fuerat ὦ) 
Par. A. Dü. 
8 post om. inseras: Par. A. Du. 
b, 5 post ἀσμενέστατα) inseras: «ou. Par. A. θὰ. 


Pag. 281, a, 6 a f. post προσφερῆλ | inseras: — ἢ Per. A.. δὰ. 
Pag. 282, δ inter v. 15 et 16 inseras: ἄγκιστρον) ays. ıorgov Par. 
A. θᾶ, 
10 post ἐξ ἀδάμαντος) inseras: ἐξ -- dd. Par. A. Dü. 
Pag. 284, a, 5 pro ἕχτον scribas ἕκτου 
Ὁ, inter v. 7 et 6 a f. inseras: ἄτρακτον) τ prius in |i- 
tura Par. A, θὰ, ᾿ 
Ῥαρ. 285, a, 2 addas: et αὐτὸν etiam Par. A. Di. am. pr. 
pen. citato L. I. p. 336. A. loco secundum ea, quae 
ad Vol, I. p. 31, a, 3 addidimus, ex hoc numero re- 
movendo substituas Leg. L. X, p. 901. A: τί οὖν δή; 
τρυφῶν καὶ ἀμελὴς ἀργός τε, ὃν d ποιητὴς κηφῆσι 
κοϑούροισι μάλιστα εἴπελον ἔφασκεν εἶναι. γίγνοιτ᾽ 
ἂν. ὃ τοιοῦτος πᾶσιν ἡμῖν; quid ergo? mollis et negli- 
gens alque iners, quem poeta fucis ignavis marime simi- 
lem esse dicebat, nonne omnium nostrum iudicio talis sit} 
sc. qualem po&ta descripsit, qui inter alia τῷ δὲ ϑεοὶ 
νεμεσῶσι καὶ ἀνέρες dicit Ἔργ. v. 808. 
9 ἃ f. post Σειρῆνα) inseras: — εἰ --- in litura Par. 
A. Du. 
Pag.286,b, 27 post ἐεῖσαν et p. 288, a, 8 et 12 post σφὰς in- 
seras: Par. A. Dü. 
Pag. 288,b, 12 a f. post συνέσται) inseras: cum litura super ἃ 
Par. A. Dü. 
Pag. 289, 2,8 a f. post ῥῖψαι) inseras: ῥιψαι Par. A. Dü. 
6 a f. post αὐτὸν inseras; Par. A. θῇ, 
b,1 post ὃ δὲ) inseras: εδὲ a m. pr. ἔδει ἃ m. sec, Par. 
A. Dü. 
15 post Par. A. inseras: (am. pr. εἴληχεν a sec. Dü.) 
10 a f. addas: Etiam ἀνήειν Tim. p- 60. C. recte ab 


scripturae editae a C. E. Chr. Schneider. - 187 


‘eo secundum Vat, B. et m. pr. Vind. A, scriptum esse 
Vind. O. idem exhibens docet. 
Pag.290, a, 4 addası v in πρόσϑεν in litura habet Par. A. Dü. 
inter v. 17 et 18 inseras: ἰσχύν) — ῦν a m. pr. Par. 
A, Dü. 
Pag. 291, a, 8 post ὑγείαις inseras: Par. A. Dit. a m. pr. (s a m. 
sec, est.) 
10 post μεμίχϑαι) inseras: Ita etiam Par, A. Dü. quod 
corrigendum erat secundum Vind. F. 
δ, 9 a f. post dei) inseras: cum ı super de Par. A. Dü. 
Pag.292, a, 16 post εὐμαϑίαι καὶ δυσμαϑίαι) inseras: Ita Par. A. 
ü, a m. pr. | 
17 post εὐμάϑειαι καὶ δυσμάϑειαι inseras: Ita Par. 
A, Dü. carrectus, 
b,2 pro 96 legas 90. 
Pag.293, a, 8 post ἀδαμαντίνως) iuseras: — ὦ — in litura Par. 
A. Dü. 
b, 2 addas: γνῶ Par. A. Du. “ 
8 post del) inseras: cum ı super ἐέ Par. A. Dü, 
10 a f. post ἤγγελε inseras: Par. A. Dü. a m. pr. 
(ἤγγελλε rec.) - 
Ῥαρ. 294,8, 11 post Par. A. inseras: (habet inter versus ἃ m, 
vet. Dü.) 
b, 10 addas: Cf. idem ih Tim. Ὁ. 311, 21 δας respiciens. 
18 post av. inseras: Par. A. Dü. 
Pag. 295, a, 20 post αἷς δὲ καὶ εἰπεῖν» οὐκ) inseras: Pro καὶ scri- 
| ptum est ἦν apud Proclum ia Civ. Spicileg. Rom. Vol, 
VII. p. 669. in lemmate haec ponentem: ὡς δὲ ἦν 
εἰπεῖν, οὐκ ἐλάττους εἶναι ἐν τοῖς τοιοῦτοις ἁλισκο- 
μένους τοὺς ἐκ τοῦ οὐρανοῦ ἥκοντας ἕως τοῦ οὐκ ἐξ 
ἐπιδρομῆς τὰς αἱρέσεις ποιεῖσϑαι. ᾿ 
b,8 pro ραν scribas σαι 
13 a f. addas: Tim.’p. 22, 89. et in 
Pag.296,a, 11 post ἀφικνοῖτο) inseras: — οὗ — in litura Par. 
A. δ. 


b,6 addas: Proclus in commentario |]. c. p. 670. τὸν 
κλῆρον μὴ ἕν τοῖς ἐσχάτοις πίπτειν posuit. Ä 
Pag.297,b, 3 addas: et Proclas 1. Ἂς." p. 677. qui in sqq. τὴν τοῦ 
. ποτὲ ᾿Ορφέως γεγενημένην habet. 
inter v. 16 et 17 inseras: γυναικείου) — ἰου Par. A. 
Di. a m, pr. 

Pag. 298, b, 11 addas: Proclus 1. c. p. 682: εἶ δὲ δὴ τὴν Αἴαντος 
εἰκοστὴν εἶπεν λαχεῖν, δηλούτω μὲν, εἰ βούλει, διὰ τῆς 
εἰκοσάδος τὴν κατὰ ϑυμὸν ζωὴν προσεχῶς ἐκβᾶσαν 
ἀπὸ τῆς κατὰ λόγον, τῷ μὲν λόγῳ τῆς δεκάδος πρε- 
πούσης, ὥσπερ τῷ νῷ τῆς μονάδος τῷ δὲ ϑυμῷ τῆς 
εἰκοσάδος ὡς μετὰ λόγον τεταγμένῳ᾽ τοιαῦτα γὰρ ὁ 


188 Variae codicis Paris. A. in Civitatis Platonicae libris X. 


ἡμέτερος φιλοσοφεῖ περὶ τούτων πατήρ᾽ δηλούτω δὲ 
καὶ σα φησὶν ὁ Πορφύριος παρ ᾿᾿Αἰγυπτίων μαϑόντα 
τὸν Πλάτωνα περὶ τῶν ἀναφορικῶν χρόνων ἐνδείκνυ- 
σϑαι διὰ τούτων; εἷς ἄρα κατὰ τὰς ἀναφορὰς τῶν 
τοὺς βίους ὁριξόντων χρύνων εἰκοστὴν εἶχεν τάξιν ἡ 
τοῦ Alavros αὕτη ψυχή. 
'Pag.299, b, inter v. 22 et 23 inseras: ἀσμένην) «op. Par. A. Dü. 
Pag. 300, b, 16 a f. post Lob. inseras: et cum μ᾽ super ἐπ Par. 
A. Du. 
inter v. 6 et 5 a f. inseras: : δίνης) — t — in litura, 
ante lituram fortasse & Par. A. Dü. 
Ραρ. 801. ὃ, 5 post ἀμεταστρεπτὶ) inseras: — 1 in litura, ante li- 
turam εἰ) Par. A. Dü. 
25 post B. inseras: Sed his quoque in locis Par. A. 
Dü. a m. pr. &ı, ı correctus habet, 
11 a f. addas: καὶ ἅπαντας "Procs I. c. p. 702. in 
lemmate. 
$ a f. aAddas: σκήνασϑε Proclus |. c. p. 708. 
pen. addas: Par. A. θᾶ. et, qui in segg. γενομένης 
. ‚ habet, Proclus |]. c. 
Pag.302, b, 15 a T. addas: (Epist. II. p. 319. B. in uno Vat. C 
pro ἄττεις legitur αἴττέ σοι) ᾿ 
Pag. 303, a, 1 post ἐδεῖν) inseras: ἰδεῖ — in litura Par. A. Dü. 
7 addas: et Dübnero. 
8 post av. inseras: Par. A. Dü. a m. pr. (av. a m. sec.) 
13 post A. inseras: (a m. recentiori ἤδη additum ha- 
bet post κείμενον Dü.) 
inter v. 12 et 11 a f. inseras: πυρὰ) πλευρᾷ Proclus 


l. c. p. 708. 
11 a f. post οὕτως εἰ p. 804, ὃ, 22 post om. inse- 
ras: Par, A. 


Pag. 305, a, 9 post corr.’” inseras: (a m. pr. &ı Dü.) 

Pag. 334, a, 19 post, accentus, inseras: δεκέτης et similia 2, 346, a. 
17 a f. post videtur. addas: Tim, p. 36. D: ὁμοέους 
— ἀνομοίως. 

Pag. 336, a, inter v. 4 et 5 inseras: DVALIS in η. 808, b 

Pag. 338, b, 12 addas: duplex ad interrogationem duplicem 409, a. 
31 post 307, a. inseras: (Cf. Leg. L. VII. p. 802 B: 
ἐπανερόμενον ---- παραλαβόνταρ) 

‚Pag.350, b, inter v. 15 εἰ 14 ἃ f. inseras: σὺν --- ξυν 2. 54, ἃ. 

Pag.356, b, 30 post 869. A. inseras: 1. 306, a. (ἀφιῇ) 


Zur Erki. einernoch uned. Münzev.TiusinBithynien. V. Dr. Becker. 189 


Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius 
, in Bithynien. 
Von dem K. russ, Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa. 


Ebenso wie im Alterthume die vor den Donaumündungen ge- 
legene Insel Leuce, jetzt Fidonisi oder Schlangeninsel genannt, für 
die den Pontus befahrenden Griechen von höchster Bedeutung war!), 
ebenso ist dieselbe gegenwärtig für Alle, welche sich für das klas- 
sische Alterthum interessiren, von besonderer Wichtigkeit; denn 
nicht blog auf der Stelle, wo der Achillestempel stand, sondern 
auch auf der nordöstlichen, zum Meere sich etwas herabsenkenden 
Spitze der kleinen Insel sind im Laufe der Neuzeit so mänche 
Ueberbleibsel aus dem regen Leben längst verschollener See- und 
Handelsstädte aufgefunden worden. lIaschriften und Reste von Bau- 
werken stammten hauptsächlich, soviel ich habe erfahren. und selbst 
sehen können, aus der Mitte der Insel, auf deren Hochplateau 
der Tempel des Achilles majestätisch thronte, aber Münzen grub 
man in Sonderheit auf jener schon genannten nordöstlichen Spitze 
aus. Von letzteren befinden sich in öffentlichen und in Privat- 
Sammlungen manche, welche in die dunkle Geschichte der am 
Pontus gelegenen Städte einiges Licht zu bringen im Stande sind, 
und deshalb werde ich jede mir sich bietende Gelegenheit benutzen, 
um vermittelst der auf Leuce gefundenen Münzen unsere lücken- 
haften Kenntnisse nach Kräften zu vervollständigen. Von dem- 
jenigen, was aus diesem Grabe früherer Herrlichkeit ans Tageslicht 
gefördert wurde, findet sich namentlich einiges Neue und gewiss 
nicht Uninteressante in der Sammlung der Odessaer Gesellschaft 
für Geschichte und Alterthümer. Eine wissenschaftliche Behand- 
lung dieser Stücke mir vorbehaltend, will ich dieses Mal, gleich- 
sam als Beispiel, wie ich meine spätere Arbeit einzurichten ge- 
denke, nur von einer Münze sprechen, welche ich selbst besitze 
und die vor Jahr und Tag auf der Insel Leuce aufgefunden wurde. 
Bei dieser Arbeit rechne ich auf die freundliche Nachsicht meiner 
sachkundigen Leser, von denen ich Einwürfe gegen meine An- 
sichten und Vervollständigung des von mir Beizubringenden mit 
Dankbarkeit entgegennehmen werde. 


Die von mir zu behandelnde Münzestammt aus Tius oder Ti um?), 


1) Siehe Köhler Memoire sur les iles et la course consacrees ἃ 
Achille dans le Pont Euxin (Memoires de l’Academie Imp£riale de St. 
Petersbourg Tome X. p. 6531—819.) 2) Bei Strabo (nach der Kramer- 
schen Ausgabe) Vol. I. p. 519. lib. XII. cap. ὃ 8. 5., pag. 521 $. 8. u. 
pag. 560. cap 4.6.7. τὸ Tisıov, nach anderen Ausgaben Trio», wie 
bei Polybius XXVI. 6.; bei Memnon in Müllers Ausgabe der F'rragmenta 
historicorum Graecorum Vol. III. lib. XI et XII c. 7., XIII et XIV «. 
16.. XV c. 27., XVI c. 52. ἡ Tiog; bei Arrian Peripl. Pont. Eux., 
Anonymi Peripl. Pont. Eux, p. 5. und Diod. Sicul. XXIX, 23. unbestimmt, 
ob Tios oder Tio»; bei Philo Byblius nach Steph. Byzant. Tiog 


[4 


x 


190 Zur Erklärung einer noch unedirten Mänze von Tius in Bithynien. 


einem Städtchen®), das im Lande der Cauconen®) lag. Reste 
der letzteren hatten sich noch bis auf Strabo’s Zeit in der 
Umgegend des Flusses Parthenius erhalten®), allein die Meinungen 
der Alten über die Abstammung jener alten Völkerschaft (Καύκω- 
veg) waren sehr getheilt; Einige hielten sie, wie Strabo berichtet, 
für Scythen, Andere für Macedanier, und noch Andere für Pe- 
lasger. Wie dem nun auch sein mag, so kann man doch soviel mit 
Bestimmtheit sagen, dass die Cauconen nicht hellenischen Ur- 
sprungs waren und daher nicht unter dem Heere der Achäer, son- 
dern als Bundesgenossen .der Troianer vor Troia’s Mauern er- 
scheinen,’ ‚Homer erwähnt ihrer®) in Verbindung mit den Lelegern 
und Pelasgern, und nennt unter den Schaaren der Paphlagonier, 
welche. Pylaemenes nach Troia führte, statt der Cauconen, die 
nach Strabo?) vom Callisthenes hier geradezu genannt wurden, die 
drei Städte, welche $ie am Parthenius bewohnten und die Κρῶμνα; 
Alyloaog und ᾿Ἐρυϑῖνοι hiessen®). Das Land der Cauconen grenzte 
gegen Westen unmittelbar an das Gebiet der Mariandyner, und 
da diese auch in späteren Jahrhunderten, wo der alte Stamm der 
Cauconen schon fast ausgestorben zu sein scheint?), eine nicht un- 
bedeutende Völkerschaft. Bithyniens blieben, so unterscheiden die 
weniger genauen Geographen, wie z. B. Plinius, die einen nicht 
weiter von den andern, sondern umfassen beide Völkerschaften un- 
ter dem einen Namen der Mariandyner, und setzen Tius, wie es 
namentlich Plinius thut, in das Gebiet der letzteren. — Noch 
weniger Uebereinstimmung herrscht über den Namen der Provinz, 
zu welcher das Land, in dem Tius lag, zu rechnen sei, denn 
während Strabo Tius unter den pontischen Städten aufzählt, sagt 
Mela, dass es in Paphlagonien liege, und Plinius, so wie die 
neueren Schriftsteller über alte Geographie rechnen Tius zu Bithy- 
nien. Dieser Widerspruch löst sich indessen von selbst, da bei 
-den einzelnen Meinungen eine verschiedene Zeit berücksichtigt ist 
und jede also mit gleichem Rechte ihre Vertreter findet. ΄ Als 
nämlich Nicom&des Il. 74 v. Chr.') die Römer zu Erben seines 
Reiches einsetzte‘!), schlugen dieselben Bitbynien zur Provinz 
Asia und dann zu Pontus. Eine neue Eintheilung nahm Augustus 
vor, da er, den westlichen Theil Paphlagoniens, welchen Strabo 15) 
unter dem Namen Pontus versteht, dazu rechnend, Bithynien zu 
einer eigenen senatorischen Provinz machte, und diese verwandelte 
Hadrian wiederum in eine kaiserliche'®). 


vgl. Strabo XII. 3, 10 und Kramers Bemerkung zu dieser Stelle; bei 
Pompon. Mela I. 19, 8 Tiussz bei Plin. H. N. VI. 1 Tium. Die Ein- 
wohner heissen bei den griechischen Schriftstellern Τιανοί und auf Mün- 
zen ebenso, oder Tsıaror Sestini lettere e dissertazioni namismatiche 
Tom. ΠΡ. 39. 3) Strabo XII. 3. $. 8: πολίχνιον; Plin. H. N. VI. 
1.1 oppidum; Peripl. Anonym. p. 5: πόλις. 4) Strabo Xil. 3. $. 5. 
6) 1014. 6) 1. X. 429: 7) xır, 3.9.5 8. II. 851-8556. 9) 
Strabo XII..3. $. 2 u. 5. 10) Zumptii annales vet. regnorum et popu- 
lorum p. 44. 11). Vellei. Pat. II. 4, 1. und II. 39, 1. 12) XVIl. p. 


Von Dr. P. Becker zu Odessa, 191 


Unter den Städten, welche von den Griechen an der klein- 
asiatischen Küste des Pontus Euxinus angelegt oder colonisirt waren, 
muss. Tius eben keine bedeutende Rolle in der Geschichte gespielt 
haben, denn Strabo bemerkt ausdrücklich‘*), dass dieses kleine 
Städtchen nichts Denkwürdiges biete '°), und hätte das gewiss nicht 
gesagt, wenn-Tius, abgesehen von jeder politischen Bedeutsamkeit, 
als Handelsstadt von Wichtigkeit gewesen wäre, Die Nähe des 
mächtigen Heraclea, von welchem Tius-nur einige Meilen entfernt 
war!®), musste jedem Aufs&hwunge hindern entgegentreten und 
die Tianer schon frühzeitig in die Abhängigkeit von Heraclea 
bringen. Dieses sähen wir auch wol ganz deutlich, wenn uns das 
Geschichtswerk des Memnon περὶ Ἡρακλείας (welches Heraclea 
zur Unterscheidung von anderen Städten gleiches Namens den Bei- 
namen Pontica führt) vollständig erhalten wäre. Von demselben 
besitzen wir indessen durch Photius nur Auszüge und Fragmente 
aus den acht letzten Büchern; die ihnen vorhergehenden sind uns 
gänzlich verloren gegangen. Bei alledem ist Memnon fast die ein- 
zige Quelle, aus welcher unsere historischen Nachrichten über Tius 
entnommen werden können, und wir werden gleich sehen, wie viel 
‚diese fragmentarischen Notizen zu wünschen übrig lassen. 

Aus anderen Schriftstellern wissen wir, dass Tius eine Colonie 
der Milesier war'’), und dass es nach Philo beim Stephanus By- 
zantius'®) vom Priester (ἱερεύς) Tius, einem Milesier, seinen Na- 
men erhalten habe, Die Richtigkeit dieser Bemerkung bestätigen 
einige uns erhaltene autonome Münzen von Tius, auf deren Haupt- 


seite der Name TEIOL oder TEIOC") zu lesen, and der jugend- 
liche, Kopf ‚des Tius, mit Diadem oder Lorheeren im Haar, und 
bei einer?) ausserdem noch mit der chlamys auf der Schulter, zu 
sehen ist. Dass aber der Name des Gründers einer Stadt häufig 
auf den Münzen derselben vorkomme, ist bekannt, und beweisen _ 
unter anderen.die Münzen von Cyzicus'), Byzantium 33), Tomi ᾽5) u. s. w. 

Hiergach ist also der Milesische Ursprung und der Name des 
Gründers ausser Zweifel gesetzt, allein damit noch nicht die Zeit 
bestimmt, in welche die Gründung falle. Darüber fehlen uns alle 
geschichtlichen Data, allein da. wir von anderen Milesischen Colo- 
nien am Gestade des Pontus Euxinus mit Sicherheit wissen, dass ' 
ihre Anlegung ins sechste Jahrhundert vor Christi Geburt fällt, so 
lässt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die Grün- 
dung von Tius in eben diese Zeit gehöre, wo Milet auf dem 


840. 13) Dio. Cass. LXIX. 14. 14) XI. c. 3. 9. 8. p. 521 ed. Kra- 
mer. 15) οὐδὲν ἔχον μνήμης ἄξιον. 16) Plin. H. N. VI., 1: oppi- 
dum Tium ab Heraclea triginta octo milibus passuum. 17) Pomp. Mela 
I. 19, 2. Arrian. Peripl. Pont. Eux., Anonymi Peripi. Pont. Eux. p. 5. 
18) Fragm. hist. Graec. ed. Müller Vol. III, p 674. 19) Mionnet de- 
script. de med. antig. H. p. 493. Nr. 481. 482 und Sup. V. }: 269. Nr. 
1498. 149. 20) N. 1498. 21) Mionnet Il. I. II. p. 533: XTZIKOC. 
22) Ibid. I. p. 376: ΒΥΖΑΣ. 23) Ibid. I. p. 361.362: TOMOC KTI- 


' 192 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien, 


Gipfel semer Höhe stand. Die Anlegung könnte sogar noch höher 
hinaufreichen, wenn sich unter den sieben Städten, welche der 
grosse Cyrus dem ihm befreundeten Pytharchos aus Cyzicus schenkte, 
auch Tius befand. Wir erfahren dieses nach Angabe des Agatho- 
cles aus Babylon durch den Athenaeus*‘), bei welchem :aber der 
Name unserer Stadt erst durch Casaubonus in den Text hineinge- 
kommen ist; denn da Athenaeus für die sieben geschenkten Städte 
blos sechs Städtenamen, namentlich Πήδασον, Ὀλύμπιον; "Ane- 
ugvrıov, [Tlov], Σκῆπτρα» ᾿Αρτύψον, Τορτύρην angibt, so hat 
Casaubonus durch Wiederholung der letzten beiden- Silben beim 
Namen ’Axaucvrıov auch Tiov mit in die Urkunde von der Schen- 
kung des Cyrus 'hineingebracht, ‘ Die Leichtigkeit einer solchen 
Emendation läugne ich nicht, allein als historischen Beleg für die 
Existenz von Tius zur Zeit des Cyrus glaube ich sie doch nicht 
brauchen zu dürfen, und zwar hauptsächlich deswegen, weil die 
übrigen Städte in Mysien am Fusse des Olympus gelegen zu haben 
scheinen, und von Tius also ziemlich entfernt waren. Das schon 
‚bei Homer?®) erwähnte, am Flüsschen Satniois gelegene Pedasus, 
welches zu Strabo’s Zeit nicht mehr existirte®?®), ist wenigstens 
dort zu suchen. Die Lage -der übrigen Ortschaften vermag ich 
nicht genauer zu bestimmen, da sie sonst, so viel ich weiss, nicht 
weiter vorkommen. Bedeutend waren sie auf keinen Fall, da der 
herrschsüchtige Pytharchos, welcher sieh zum Tyrannen seiner Va- 
terstadt Cyzicus machen wollte?”) und deshalb ein Heer zusammen- 
brachte, dem Angriffe der gegen ihn anstürmenden Cyzicener un- 
terlag, und Cyzicus also allein, ohne fremde Hülfe seine Freiheit 
behaupten konnte. 

Als einzige Merkwürdigkeit von Tius führt Strabo®) an, dass 
der Ahnherr des Attalischen Königsgeschlechtes in Pergamus, Phi- 
letaeros, dort gebürtig gewesen sei, und diese Notiz ist insofern 
wichtig, als die Existenz unserer Stadt im vierten Jahrhunderte da- 
durch gesichert wird. Aus eben dieser und einer noch etwas frü- 
heren Zeit finden wir nun auch Nachrichten beim Memnon, und so 
kurz und beiläufig dieselben sind, so zeigen sie uns doch schon 
zur Genüge, dass Tius um die Zeit des Todes von Alexander dem 
Grossen von den in Heraclea Pontica herrschenden Tyrannen voll- 
kommen abhängig war. . Den besten Beweis hierfür bietet uns die 
Geschichte der Amastris, einer Nichte des Königs Darius Codo- 
mannus, deren Schicksale mit der Geschichte der Nachfolger Alexan- 
ders des Grossen eng verbunden sind. 

Amastris war, wie wir aus Memnon*”) wissen, eine Tochter 
des Oxathres, eines Bruders des Darius Codomannus, und wurde 
von Alexander dem Grossen, als dieser selbst des Darius Tochter 
Statira geheirathet hatte, dem Crateros zur Gattin gegeben. Diese 


CTHC 24) I. p. 30 A. 25J11. VI. 35. vgl. XX. 92. XXI. 87. 26) 


XTI. 1. pag. 119. (edit. stereot.) 27) Athen. 1. . 28) XI. 3. 8. 8, 
29) Fragm. c..4—6. 30) Fragm. 1. 31) Fragm.2. 32) Strabo XII. 


Von Dr. P. Becker zu Odessa. 198 


Ehe hatte indessen nur kurzen Bestand; denn kanm war Alexander 
gestorben, so verband sich Craterus mit des Antipaters Tochter 
Phila, und die von ihm verlassene Amastris wurde die Gattin des 
Dionysius,. welcher schon zu Lebzeiten Alexanders Tyrann von 
Heraclea gewesen war und nur durch Schlauheit die Wiederher- 
. stellung der republikanischen Verfassung in Heraclea verhindert 
hatte. Durch die Verbindung mit der Amastris, welche ihrem 
neuen Gatten eine reiche Mitgift zubrachte, und durch die Unter- 
stützung des Antigonus im Kriege gegen Cyprus stieg die Macht 
des Diunysius dermaassen, dass er, den Namen eines Tyrannen 
verschmähend, den Königstitel sich beilegen konnte. Herrschte 
er dach nicht blos über diejenigen, welche bereits den früheren 
Tyrannen unterwürfig gewesen waren, sondern auch über viele, 
die bis dahin ihre Unabhängigkeit von Heraclea zu behaupten ver- 
standen hatten. Ob Tius nun erst damals der wachsenden Macht 
Heraclea’s gewichen sei, oder ob es schon unter den früheren Ty- 
rannen in einem abhängigen Verhältnisse von Heraclea gestanden 
habe, lässt sich historisch nicht nachweisen, allein da uns Memnon?®) 
den Clearchus, welcher sich nach Umsturz der republikanischen 
Verfassung um 364 v. Ch. zum Tyrannen von Heraclea machte, 
als streng und kriegerisch schildert, und ein Gleiches in noch hö- 
herem Grade von dessen Bruder und Nachfolger Satyrus sagt®'), 
der als Vormund seiner Neffen Timotheus und Dionysius (so hiessen 
des Clearchus Söhne) sieben Jahr lang die Obergewalt in Heraclea 
führte, so ist mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das 
nahegelegene Tius schon zu den Zeiten des Clearchus seine Frei- 
heit verloren, und, wenn nicht schon friiher, so duch gewiss schon 
damals dem Staate der Heracleoten einverleibt worden sei. Doch 
wie dem auch sein mag, zur Zeit der Amastris stand Tius ohne 
allen Zweifel in der Abhängigkeit Heraclea’s, da sie die nach 
ihrem Namen benannte Stadt mit den Bewohnern von Sesamus, 
Cytorus, Cromna und Tius bevölkerte??), und dieses doch nur 
daon thun konnte, wenn sie, als Herrscherin von Heraclea, die in 
diesen Städten Wohnenden vollkommen in ihrer Gewalt hatte. 

Die Herrschaft des Dionysius war nämlich nach dessen Tode 
an seine Gemahlin Amastris gekommen; sie führte die Vormund- 
schaft über ihre drei vom Dionysius stammenden Kinder Clearchus, 
Oxathres und Amastris, und heirathete in dritter Ehe den Lysi- 
machus°®), welcher sie jedoch wieder verliess, als er sich aus 
Rücksicht auf die damaligen politischen Verhältnisse mit der. Arsi- 
no&,.der Schwester des Ptolemaeus Philadelphus, ehelich verband, 
Amastris, welche in der letzten Zeit ihrer Ehe dem Lysimachus 
nach Sardes gefolgt war und dort vielfache Beweise seiner Liebe 
empfangen hatte, kehrte verstossen nach Heraclea zurück, wo sie 
die Zügel der Regierung jetzt allein führte. 


3. $. 10. vgl. Memn. fragm. 4. 33) Memn. fragm. 4. 
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX. ΗΠ. 2, 13 


194 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien. 


Indessen rückte das Eside der Vormundschaft über ihre Kinder 
‚ immer; mehr heran, und da Amastris von ihren Söhnen Clearchus 
und Oxathres, sobald sie selbst die Herrschaft in Heraclea über- 
nehmen würden, eine traurige Zukunft für sich zu fürchten schien, 
so beschloss sie ihren Witwensitz anderswo zu nehmen und legte 


in dieser Absicht das von ihr benannte Amastris an. Hier glaubte - 


die mehrfach schwergeprüfte königliche Frau ihr bewegtes Leben 
in Frieden und Ruhe beendigen zu ‘können; die Grausamkeit der 
eigenen Söhne gestattete der armen Mutter nicht die Erfüllung 
eines so natürlichen Wunsches, denn ohne dass auch nur der min- 
deste Grund zu einer Verfolgung vorlag, liessen die entarteten Söhne 
die unglückliche Frau von einem Schiffe ins Meer werfeu und er- 
tränken °%), 

: " Die Unthat entflammte die Rathe des Lysimachus, welcher, 
obgleich er sich vor den Augen der Welt von der Amastris getrennt 
hatte, ihr dennoch im Herzen die frühere Liebe bewahrte, Unter 
der Maske eines nahen Verwandten und aufrichtigen Freundes kam 
er nach Heraclea, und strafte dort zuerst den Clearchns, dann den 
Oxathres für den an ihrer Mutter begangenen Frevel mit dem 
Tode. Bevor er darauf in seine Herrschaft nach Macedonien zu- 
rückkehrte, atelite er noch in Heraclea die republikanische Ver- 
fassung wieder her°°), welche durch die dort emporgestiegenen Ty- 
rannen gegen 80 Jahr unterdrückt worden war). 

Dennoch konnte Lysimachus nicht das schöne Land vergessen, 
welches seine frühere Gattin Amastris zur üppigen Blüthe und 
voller Kraft emporgehoben hatte, und daher priess er o‘t in sei- 
nen Reden den Wohlstand der Städte Heraclea, Tius und Ama- 
stris, und reizte dadurch seine herrschsüchtige Gemahlin Arsino& zu 
deren Besitze. Sie ruhete nicht früher, als bis sie den Lysimachus 
bewogen, ihr dieselben zu schenken. Die Uebernahme der Herr- 
schaft in Heraclea machte die Arsino& zu gleicher Zeit zur Gebie- 
terin von Tius und Amastris, und der von ihr in Heraclea einge- 
setzte Heraclides aus Cyme besass also die oberste Macht in allen 
drei Städten und waltete in allen dreien mit Strenge und Willkür ?”). 

Das Schicksal von Tius war also mit dem von Heraclea eng 
verbunden, und wenn wir auch daselbst nach dem Tode des Lysi- 
machus (281 v. Ch.) durch Aufhebung des Heraclides die republi- 
kanische Verfassung wieder hergestellt sehen (280 v. Ch.), 80 
dauerte für Tius die Abhängigkeit von Heraclea, ungeachtet man- 
cher Unterbrechungen, doch gewiss noch weiter fort. Denn selbst 
wenn Tius zu den Städten gehörte, welche Zipoethes, der König 
der Bithynier, den Heracleensern im Kriege abnahm, so kann es 
doch nur sehr kurze Zeit bei Bithynien geblieben sein. Wir wissen 


34) Memn. fragm. 5. 35) Ibid. fragm. 6. 36) Ibid. fragm. 9, 37) 
Ibid. fragm. 7. 38) Ibid. fragm. 9. 89) Ibid. fragm. 10. 40) Ibid. 
fragm. 16. 41) Ibid. fragm. 16. 42) Memnon fragm. 19: συμμαχεὲν δὲ 


Von Dr. P. Becker zu Odessa. 195 


nämlich, dass schon Nicomedes, welcher nach dem Königthume in 
Bithynien’ strebte, und gleich zu Anfange der Regierung des An- 
tiochus Soter von Syrien (280—261 v. Ch.) in einen Krieg mit 
letzterem verwickelt. wurde, Unterstützung bei den Heracleoten ge- 
sucht, und ihnen für eine grosse Summe Geldes wiederum .die 
Städte Tius und Cierus, sowie das Thynische Gebiet überlassen 
habe‘), Ausserdem setzte Nicomedes die Byzantinm beunrahigen- 
den Gallier nach Asien über, und mit Hülfe dieser und der Hera- 
cleoten gelang es ihm, sich um 277 v. Ch. zum Könige von Bi- 
thynien zu machen“). Der mit den Galliern geschlossene Vertrag, 
den wir durch Memnon kennen“), ist auch für unseren Gegen- 
stand von Wichtigkeit, da in demselben unter anderem es den 
Galliern zur Bedingung gemacht wird‘, dass sie den Tianern, He- 
raclevten, Chalcedoniern und Cieranern, so wie einigen anderen 
Städten, in deren Abhängigkeit andere Völker ständen, treue Bun- 
desgenossen sein sollten. 

Die Reihenfolge, in welcher hier die genannten Städte stehen, 
ist mehr als auffallend, und, wie mir scheint, nur dadurch zu er- 
klären, dass Photius den Anszug aus dem Geschichtswerke des 
Memnon bier aus dem Gedächtnisse machte und deshalb in ganz 
willkürlicher Ordaung die in dem Vertrage berücksichtigten Städte 
aufzählt. In Memnons Werke stand der Name der Chalcedonier, 
deren Stadt und Land die Gallier beim Uebertritte nach Asien 
zuerst berühren mussten, sicherlich an der Spitze, und auf die- 
selben folgten die Heracleoten als Bundesgennssen des Nicomedes 
mit den zu ihrem Gebiete gehörigen Tianern und Cieranern. Die 
beiden zuletzt genannten Städte waren ja, wie wir nach Memnons 
eignem Zeugnisse“) oben gesehen haben, erst kurz vordem wieder 
an Heraclea gekommen, und werden deshalb als Beispiel für solche 
. Städte, die von anderen abhängig waren, noch besonders genannt, 

So lange Nicomedes in Bithynien herrschte, scheint das’freund- 
schaftliche Verhältniss zwischen ihm und den Heracleoten nicht ge- 
stört worden zu sein, denn sterbend setzte er ausser dem Ptolemaeus 
und Antigonus auch die Byzantier, Cianer und Heracleoten als 
Curatoren ein für seine noch unmündigen Kinder aus der zweiten 
Ehe“), Die gewissenhafte Erfüllung der Bithynischen Vormund- 
schaft verwickelte die Heracleoten. gegen 250 v. Ch. in ‚einen 
Krieg mit den Galatern, welche nach einem Einfalle in das Gebiet 
der Heracleoten mit reicher Beute aus demselben in ihre Heimatlı 
zurückkehrten ®). | ' ᾿ 

Dieser Verlust hielt die Heracleoten indessen nicht ab von der 
weiteren Theilnahme an den jetzt in Kleinasien ausbrechenden 
Streitigkeiten der einzeluen Reiche, allein die Einmischung in die 


καὶ Βυζαντίοις, εἴ που δεήσοι, καὶ Tıavoig δὲ καὶ Ἡρακλεώταις καὶ 
Καλχηδονίοις καὶ Κιερανοῖς καί τισιν Eregaug ἐθνῶν ἄρχουσιν 43) 
Fragm. 16. vgl. 27. 44) Memn. fragm. 22, 46) λα, „{ragm. 22. 

ı 


® 
> 


196 Zur Erklärung einer noch unedisten Münze von Tius in Bithynien 


verwickelten politischen Händel Cappadociens und Bithyniens und 

der Ausbruch wiederholter Kriege mit den Galatern führte Heraclea 
an den Rand des Unterganges und musste, als die Heracleoten 
noch mit den Römern in nähere Berührung kamen, die Schwächung 
ihrer Macht und bald auch die Zerstückelung ihres Gebietes her- 
beiführen. | 

Als Beleg hierfür erinnere ich an den Krieg des Bithynischen 
Königs Prusias I, (etwa 228—183), welcher ausser anderen Er- 
werbungen das den Heracleoten gehörige Cierus unter dem Namen 
Prusias zu seinem Reiche schlug, und Tius, welches bis dahin in 
der Abhängigkeit von Heraclea gestanden hatte, in seine Gewalt 
brachte“), Ja Heraclea selbst wäre damals wol vom Prusias ge- 
nommen worden, weun er nicht, die Belagerung der Stadt. wegen 
einer Verwundung am Fusse aufgebend, in die Heimath zurückge- 
zogen wäre. 

Prusias I. mag Tius indessen nur wenig Jahre besessen haben, 
denn Diodorus Siculus*’) berichtet, dass Leocritus, der Feldherr 
des Pontischen Königs Pharnaces, Tius zu wiederholten Malen an- 
gegriffen und auch eingenommen habe, da er der Besatzung, die 
aus Söldnern bestand, freien Abzug zugesichert hätte, Sehr schlecht 
freilich erfüllte Leocritus sein Versprechen. Kaum hatten die 
Miethlinge Tius verlassen, so fiel er treulos über dieselben her 
und schoss sie nieder bis auf den letzten Mann. 

Aber auch in dem Besitze des Pharnaces konnte Tius nur bis 
zum Jahre 179 v. Ch. bleiben, wo es zwischen ihm und Eumenes IT., 
dem Könige von Pergamus, welchem Ariarathes von Cappadocien 
als Bundesgenosse beigestanden hatte, zum Frieden kam, Zu den 
Bedingungen desselben gehörte nach Polybius’’) die Herausgabe 
von Tius. Dem zu Folge fiel nach Polybius Worten die Stadt dem 
Ariaratbes zu, der sie aber sogleich dem Eumenes abgetreten haben 
muss, da sie nach Polybius‘”) nicht vom Ariarathes, sondern vom 
Eumenes dem Könige Prusias Hl. von Bithynien zu des letzteren 
grosser Freude geschenkt wurde. 

Heraclea’s Schwäche benutzten darauf die Galater zu .einem 
feindlichen Angriffe der Stadt, die aber aus diesem Kriege siegreich 
hervorging, und, dadurch ermuthigt, an die Wiederherstellung ihrer 
früheren Macht zu denken anfıng’). Wie weit den Heracleoten 
dieses gelungen, und namentlich, ob Tius in die frühere Abhängig- 
keit zurückgetreten sei, können wir aus Mangel an historischen 
Daten ebensowenig angeben, als mit Sicherheit nachweisen, dass 
Tius seit Prusias FI, beständig zu Bithynien gehört habe. Letz- 
teres scheint indessen das Wahrscheinlichere., 

Von den Heracleoten sehen wir später, dass sie im Mithrida- 
tischen Kriege anfänglich eine neutrale Stellung einnehmen und 


„ 46) Memn. fragm. 27: elle δὲ καὶ τὴν Tiov καὶ αὐτὴν ὑπήκοον 
αὐτοῖς οὐσαν. 47) ΧΧΙ͂Χ, 28. 48) XXVI,6. 49) Ibidem. 60) Memn. 


"Von Dr. P. Becker zu Odessa. 197 


weder dem römischen Feldherrn Muraena, noch dem Mithridates 
Hülfe zusagen‘'). Von dieser ganz yernünftigen Politik stehen sie . 
indessen bald ab; sie unterstützen den Mithridates mit ihren Schif- 
fen”) und zerfallen dadurch mit den Römern, mit denen sie bis 
dahin, wie es scheint, in gutem Vernehmen gestanden hatten. Der 
Uebertritt zur Partei des Mithridates hatte denn auch den baldigen 
Untergang Heraclea’s zur Folge, denn Mithridates bemächtigte sich 
durch die Treulosigkeit des Lamachus, welcher damals en der 
Spitze der Republik stand, der Stadt, verlegte eine Pontische Be- 
satzung in dieselbe, und setzte den Connacorix als Statthalter ein°?). 
Den den Heraclesten versprochenen Schutz gegen die Römer konnte 
EConnacorix nicht lange gewähren. Aurelius Cotta ward zwar zu- 
rückgeschlagen’*), aber als der römische Feldherr Triarius Hera- 
clea von der Seeseite absperrte, brach Hungersnoth und Krank- 
heit in der Stadt aus; Connacorix, nicht im Stande sich länger za 
halten, rettete sich durch die Flucht, und Damophiles öffnete die 
Thore der feindlichen Soldaten), ᾿ Mord, Brand, Plünderung, 
Grausamkeiten aller Art wurden nun von den nnter Cotta in He- 
raclea einziehenden Römern (70 v. Ch.) verübt), und dadurch 
die Macht der alten Stadt für immer gebrochen, 

Um eben diese Zeit musste auch Tius sich dem Triarius un- 
terwerfen. Connacorix hatte nämlich von Heraclea aus, gleichsam 
als wenn er den Heracleoten die frühere Herrschaft wieder her- 
stellen wollte, Tius und Amastris genommen, und behauptete sie, 
so lange er selbst noch in Heraclea gebot. Jetzt, wo beide Städte 
von ihm, dem Flüchtlinge, nichts mehr zu fürchten hatten, und ein 
Widerstand die Wuth der römischen Soldaten nur gereizt hätte, 
musste ein schneller Uebertritt auf die Seite der Römer als ein vor- 
theilhafter erscheinen, und deshalb lesen wir beim Memnon®”), dass 
sich beide Städte unter einer friedlichen Capitulation dem Triarius 
ergeben hätten. Welcher Art die Bedingungen waren, wissen wir 
freilich nicht, allein’ daraus, dass die uns erhaltenen Münzen von 
Tius ausschliesslich der römischen Zeit anzugehören scheinen, dür- 
fen wir die Vermuthung ziehen, dass sich die Verhältnisse der 
Stadt unter römischer Herrschaft von Anfang an nicht ganz un- 
günstig mögen gestaltet haben. 

Dem Emporblüähen von Tius war seit Jahrhunderten die Nähe 
des mächtigen und reichen Heraclea hinderlich gewesen. Seit diese 
wichtige Handelsstadt durch die Römer feindselig behandelt und 
von Cotta ganz vernichtet worden war°°), kehrte für sie, wenn 
sie auch bald darauf wieder aufgebaut wurde, die alte Bedeutsam- 
keit doch nie wieder zurück. Der Fall Heraclea’s und das Un- 
vermögen, sich zur früheren Höhe wieder hinaufzuschwingen, scheint 
aber die Hanptveranlassung zum allmäligen Emporsteigen von Tins 
fragm. 28. 51) Ibid, fragm. 36. 52) Ibid. fragm. 38. 53) Ibid. fragm. 42. 


54) Ibid. fragm. 43. 65) Ibid.!fragm, 51. 56) Ibid. fragm. 52. 
57) Ibidem. 58) Ibid. frag. 54. 


198 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tins in Bitbynien. 


gewesen zu sein. Dass es damit nur langsam ging, sehen wir aus 
Strabo®®), welcher Tius nur als ein Städtchen (πολίχνιον) nennt; 
Plinius®), der etwas später als Strabo lebte, bezeichnet dagegen’ 
Tius schon mit dem Namen eines „oppidum“, und der noch 
jüngere Anonymus®!) gar mit dem einer πόλις. Tius mag unter 
römischer Herrschaft ebenso wie die meisten andern griechischen 
Städte dieser und anderer Gegenden, eine gewisse Unabhängigkeit 
erlangt und seine eigne Verfassung besessen haben; seine glück- 
liche Lage am Meere und am Flusse Billaeus, so wie die Nähe 
des Flusses Parthenius benutzte es gewiss dazu, um den bedeu- 
tenden Handel, welchem Heraclea seine frühere Grösse verdankte, 
‘ zum Theil an sich zu ziehen. Das Land war reich an Producten 
verschiedener Art, unter denen, ausser Schiffsbauholz, Getreide, 
Hülsenfrüchte, Feigen und Wein als Ausfuhrartikel dienen konnten. 
Yon dem innern, sich selbstständig entwickelnden Leben in Tius 
fehlen uns alle genaueren Nachrichten; aber die auf uns gekom- 
menen Münzen zeugen von einem gewissen Aufschwunge gegen die 
frühere Zeit, wo Tius keine eigenen Münzen scheint geschlagen 
zu haben. Ich behaupte nämlich, dass alle uns erhaltenen Münzen 
von Tius aus der römischen Zeit stammen, und glaube dieses auch 
von den autonomen annehmen zu dürfen, welche bei Mionnet*?) als” 
solche aufgeführt werden. Es sind deren im Ganzen fünf, und von 


denselben tragen vier auf der Hauptseite die Inschrift TEIOL oder 


TEIOC mit dem belorbeerten Kopfe des Gründers der Stadt; die 
fünfte hat auf der Hauptseite keine Inschrift, zeigt aber das be- 
lorbeerte Haupt des Zeus, unter welchem eine Aehre, Was letz- 
tere anbelangt, so dürfte sich nur bei eigener Anschauung die Zeit 
einigermaassen durch Stil und Fabrik bestimmen lassen, aber da 
mir der Vortheil solch einer Prüfung abgeht, so wage ich kein be- 
stimmtes Urtheil, Auch die übrigen vier sind mir nicht zugänglich 
gewesen, allein nach der Form der Buchstaben Z und C und des 
Buchstaben € dürften diese Münzen um die Zeit des ersten Jahr- 
hunderts, und nicht früher, geschlagen worden sein. Die mit der 


Inschritt TEIOL, wo das E und L[ noch nicht gerundet erscheint, 
sind natürlich die älteren, aber auch diese gehen nicht über das 
erste Jahrhundert hinaus; die Form des Z weicht schon von dem 
Zeichen Σ᾽ ab, unı bildet den Uebergang zu dem später gerunde- 
ten Schriftzeichen. 

Die Kaisermünzen von Tius beginnen mit Domitianus und 
reichen mit einigen Lücken bis auf Gallienns herauf), Münzen 
mit dem Bildnisse und Namen des Nerva, des Hadrianus, Macri- 
nus, Severus Alexander fehlen ganz, ebenso wie die der Kaiser, 
welche nach Gordianus und vor Gallienus die Herrschaft im römi- 
schen Reiche führten. Von den Münzen des Geta nennt Mionnet‘*) 


59) XII. 3. 6.8. 60) H. N. VI, 1. 61) Anonymi Peripi. p. 5 (Hads.). 
62) Descript. de medail. II. p. 499. Sup. V. p. 257. 63) Mion. De- 


: Von Dr. P, Becker zu Odessa. 199 


nur zwei, und zu diesen füge ich als dritte noch folgende, bis 

jetzt‘ nicht bekannte hinzu: 

Haupts.: AYT. ΚΑΙ. II. TETAC. AYT Belorbeerter Kopf des 
Θεία zur Rechten; ein Kranz von Punkten ziebt um den 
„ Rand der Münze ®), 

Rücks.: ZEYC EYPF CIOC TIANQN. Zeus zur Linken ste- 
hend, im pallium, in der vorgestreckten Rechten eine 
patera haltend, mit der aufgehobenen Linken die hasta; 
zu seinen Füssen links der Adler. 


Die Hauptseite dieser Münze bietet für das Verständniss keine 
Schwierigkeit, denn dass Geta hier blos Publius und nicht voll- 
ständig Publius Septimins Θεία genannt wird, kann nicht auffallen, 
da bei diesem Kaiser bald das eine, bald das andere vorkomt., 
Bemerkenswerth ist die Art, wie das Wort KAICAP abbrevirt ist. 
Zu dem zweiten Buchstaben 4 ist der obere Strich des X benutzt 
worden, und deshalb steht das 4 mit dem ihm folgenden I höher 
als das K und könnte auf den ersten Blick als KIT gelesen und 
für eine Abbreviation von „Kaiser Publius“ gehalten werden. Das 
daranf folgende IT verbietet solch eine Deutung und erlaubt keine 
ändere, als die, welche ich der Abkürzung gegeben habe, 

Auf der Rückseite lesen wir deutlich ZEYC EYPHCIOC 
(statt EYPECIOC) TIANQN, nnd ich will mich jetzt bemühen, 
diese für Cult und Sprache wichtige Inschrift näher zu beleuchten. 

Unter den griechischen Gottheiten, welche in Tius eine be- 
sondere Verehrung fanden, muss der Cult des Zeus vor allem der 
vorragendste gewesen sein, da wir auf den autonomen Münzen, 
ausser dem Kopfe des Tius, des Gründers der Stadt, nur noch 
das belorbeerte Haupt des Zeus erblicken. 

Für Bithynien, auf das ich mich hier beschränken will, ist 
der ausgebreitete Cult des Zeus leicht nachzuweisen, denn als ge- 
wöhnlicher Typus kommt Zeus somol auf den Münzen der Bithy- 
nischen Könige vor‘), als auch auf denen, welche von den ein- 
zelnen Städten in Bithynien geschlagen wurden. Vergleichen wir 
diese Typen unter einander und mit denen von Amastris®”), der 


seript. IE p 490. «608, Sup. Υ. p. 38-209. 64) Sup. γ΄ ν. 367. Nr- 
1557 u. isbe, 65) Die von aid ΚΑΙ d.h. KAICAP gelesenen Buch- 
staben schen auf der Münze selbst so aus: Κα, 66) Mionnet II. p. 503 bis 
505. Sap. V. p. 269-374. 67) Mion. II. p. 409-505. Bap. V.p. 1269. 


200 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien. 


östlichen Nachbarstadt von Tius, so finden wir unter ihnen eine 
auffallende Uebereinstimmung in der Darstellung und können an 
einem inneren Verkehr und gegenseitigen Einfluss der Städte Bithy- 
niens kaum zweifeln. 

Abgesehen von den Münzen, auf welchen der dargestellte 
Zeus noch durch eine besondere Inschrift charakterisirt nnd genauer 
bezeichnet wird, können wir in Tius folgende Typen für Zeus un- 
. terscheiden und ihre Wiederkehr bei anderen Städten Bithyniens 
oder in Amastris nachweisen: 

1) Das belorbeerte Haupt des Zeus, unter welchem eine 
Achre, findet sich, mit Ausschluss der Aehre, auf den autonomen 
Münzen von Nicomedia°), Cratia®), Dia’), Amastris”'), so wie 
auf einer Münze des Königs Prusias II.”*) und einer Nieomedischen 
Kaisermünze des Kaisers Claudius 75). 

2) Zeus halb nackt, sitzend, mit dem Blitze in der Rechten, 
der hasta ın der Linken, kehrt wieder auf den Münzen von Bithy- 
'nium 75), Iuliopolis”®), Nicaea”®) und Nicomedia, 

3) Zeus, sitzend zur Linken, in der Rechten den Blitz, in 
der Linken die hasta haltend, mit einem Adler zu den Füssen, 
wird auf keiner anderen Münze ganz so dargestellt, aber diese 
Darstellung ist nur als eine Vervollständigung der vorhergehenden 
“zu betrachten; der hinzugekommene Adler ändert nichts in der 
Auffassung und Bedeutung des Gottes. 

4) Zeus im pallium, stehend, mit patera in der Rechten, 
hasta in der Linken und einem Adler zu seinen Füssen sehen wir 
mit kleinen Abänderungen wieder auf den Münzen von Hadriani ”°), 
wo statt des Adlers ein Baum oder gar kein Emblem angegeben 
ist””); von Apamea°°), wo statt des Adlers und der patera ein 
brennender Altar vorkommt; von Nicaea®!), wo Zeus nackt er- 
scheint, aber sonst ganz mit dem 'Type von Tius übereinstimmt; 
von Cins®®), wo der Adler fehlt und Zeus statt der patera einen 
Zweig in der rechten Hand hat oder statt desselben die Rechte 
über einen Altar hält°®), 

Die Darstellung des Zeus bei den Königen Bithyniens, nament- 
lich auf den Münzen von Prusias 1.5), Prusias II.°), Nicome- 
des II.°) und Nioomedes III.°”) hat zwar auch grosse Achnlich- 
keit mit dem unter Nr. 4 beschriebenen Type von Tius, allein 
diese Münzen können dennoch nicht hierher gerechnet werden, weil 
der Kranz in der Rechten statt der patera eine von letzterer ganz 
verschiedene Bedeutung hat; dort erscheint Zeus als der den Sieg 
verleihende, hier als der durch Opfer zu sühnende Gott. 


68) Mion. II. N. 298. Sup. V. N. 978. 69) Sup. V. N. 173. 
70) S. V. N. 199. 71) Mion. II. p. 389. N. 9. 8. V. p. 551. N. 11. 
72) 8, V. p. 270. N. 2. 73) 8. V. N. 997. 74) Mion. II, p. 416. 
NN. 41 u. 43. 75) 8, V. NN. 369. 378. 76) S. V. NN. 437. 712, 
77) 8. V. N. 1266. 78) II. N. 119. 79) Sup. V. N. 205. 80) 8. V. 
N. 77. 81) 8. V.N. 635. 83) S.V.N.147L, 83) 8. V..N. 1472, 


Von Dr. P. Becker zu Odessa. 201 


- Drei Momente. sind in diesen Darstellungen des Zeus zu un- 
terscheiden; in Nr. 1.-erkennen wir den allmächtigen Segensgott, 
auf dessen Geheiss Felder und Früchte gedeiben und Wohlstand 
die Menschen beglückt; in Nr. 2. und 3. erblicken wir Zeus in 
siegreicher Ruhe, seine Allgewalt hat er benutzt zur glücklichen 
Ordnung der Dinge, und befriedigt schaut er auf die Segnangen 
des Friedens, welche sein Werk sind. Zeus ist hier der Friedens- 
gott. Als mächtiger Gebieter, dem Himmel und Erde unterthan 
sind, erscheint er in Nr. 4. Die stehende Stellung zeigt auf der 
einen Seite, dass er zum Heile Aller thätig gewirkt hat, die pa- 
tera auf der andern, dass er für sein väterliches Walten Anerken- 
nung fordert durch Sühne und Opfer. 

Gehen wir jetzt zu denjenigen Darstellungen über, bei welchen 
Zeus durch seinen Namen allein oder durch diesen und ein Epi- 
theton noch näher charakterisirt wird, Auch hier beschränke ich mich 
blos auf die Münzen Bithyniens, und füge denselben blos eine 
Münze von Amastris bei, auf welcher Zeus gleichfalls mit beson- 
derem Beinamen dargestellt wird. . Ich beginne mit dem Ein- 
fachsten. 

In Cius sehen wir anf einer Kaisermünze des Domitianus, auf 
deren Rückseite ZETZ. T. KIANSLN zu lesen ist, Zens stehend, 
mit einer kleinen Siegesgöttin in der Rechten und der. hasta ia 
der Linken®), Der Zeus der Cianer wird bier als der sieg- 
bringende gefeiert, und das wol in Bezug auf den Kaiser Domi- 
tian, welcher ungeachtet seiner missiungenen Feldzüge gegen die 
Germanischen Völkerschaften und den Decebalus sich den Namen 
Germanicus beilegte®®) und: die verlorenen Schlachten, gleichsam 
als wäre er Sieger, durch prächtige Triumphe in Rom feierte. 
Ganz dieselbe Darstellung treffen wir nicht wieder auf anderen 
Münzen Bithyniens, aber ähnlich ıst eine Kaisermünze des Hadria- 
aus in Hadriani”°), auf welcher der sitzende Zeus mit der Victoria 
und hasta anf einen siegreichen, vollständig beendeten Krieg hindeutet. 

Aus Prusa ad Olympum kennen wir einen 414 OATM- 
IIION®°') auf einer Kaisermünze des Traianus. Zeus sitzt auf 
derselben zur Rechten und hält in der Linken eine Kugel, auf 
welcher eine Siegesgöttin, und in der Rechten die hasta. Auch 
diese Darstellung mag sich hauptsächlich, wie namentlich die Ku- 
gel andeutet, auf des erwähnten Kaisers glücklich beendigte Kriegs- 


thaten beziehen. Die Umschrift HIIPOYCAEIC ΔΙΑ. OAYMIHON 


ist sinnreich gewählt, weil sie auf der einen ‚Seite den Kaiser als 
den Olympier feiert”), und auf der anderen auf den Zeuscult am 
Olympus, an welchem Prusa lag, anspielt. 


84) Mion. II. p. 505. NN. 6. 9. cf. Sup. V. Ῥ». 369. N. 1. 85) Mion. II. 
N. 10. 86) Mion, IL. N. 51. 8. V. NN. 12.13.18. 87) 8. V.N. 
20-23. 88) Mion. II. p. 493. N. 439. 89) Dio. Cass. LXVII, 4. 
90) Mion, Sup. V. N. 204. 91) Mion. II. p. 479. N. 395. 92) 1|. 1. 
ὅ08.. Hesiod, oper. 472. Theog. 390 etc. 


«. 
Φ 


202 Zur Erklärung einer noch unedjrten Münze.von Tius in Bithynien. 


Der Zeus der Nicaeenser trägt.auf den Münzen Nicaen’s ein 
zwiefaches Epitheton; auf den einen führt er den Namen AIOC. 
ΑΓΟΡΑΙΟΥ 53), auf den andern heisst er ZETZ MHAIOC"). 
Das Epithet dyogaiog kommt auch anderweitig”) vor, und zwar 
nicht blos vom Zeus, sondern auch von anderen Gottheiten, die 
auf dem Markte (ἀγορά) besondere Verehrung genossen. Das 
Treiben .der Alten bethätigt sich aber auf der ἀγορά haupt- 
sächlich durch zweierlei; sie ist einerseits die Stätte kaufmännischer 
Thätigkeit in Handel und Wandel, andererseits der 'Tummelplatz 
alles politischen Lebens. In Bezug auf beide Eigenschaften führt 
Hermes den Beinamen ἀγοραῖος 7)» und wegen der zweiten heisst 
auch Themis ἀγοραία 8). Ferner sind Artemis und Poseidon dyo- 
oaioı ϑεοί, weil sus ihrem Reiche dem Markte Vieles zugeführt 
wird. Mit noch grösserem Rechte gilt das vom Zeus, welcher als 
segenspendender Gott den Markt vor allen beherrschte, und in 
einer so bedeutenden See- und Handelsstadt, wie es Nicaea war, 
auf das Gedriben alles kaufmännischen Treibens mächtig einwirken 
musste, Als Dank für seinen yäterlichen Schutz war ihm, wie 
auch an andern Orten®®), auf dem Markte Nicaea’s ein Altar er- 
richtet, welchen wir anf der obengenannten Kaisermünze des Tra- 
ianus unter der Inschrift 4100 ATOPAIOT flammend wieder- 
sehen !'°). | 

Grössere Schwierigkeiten für die Erklärung bietet die zweite 
Münze Nicaea’s. Auf der Hauptseite derselben erblickt man den 
Kopf des Domitianus, und auf der Rückseite entweder das unbe- 
deckte Haupt des Zeus mit der Umschrift NIKAIEI2. ΖΕΎΣ. 
MHAIOZ'*), oder Zeus, sitzend, mit. dem Blitz in der Rech- 
ten, der hasta in der Linken und den Worten ZETZ MHAIOE'®). 
Die Darstellung ist anf beiden Münzen keine neue. Wir fanden 
sowol die eine als die andere anf den nben besprochenen Mün- 
‘ zen von Tius, und erkannten in jener das Haupt des Segensgottes, 
in dieser den bildlich dargestellten Friedensgott. Beide Auffas- 
sungen scheinen indessen durch das auf den Nicaeischen Münzen 
beigefügte Epithet MHAIOZ eine Modification, wenn nicht eine 
Aenderung zu erleiden, doch das nur‘dann, wenn wir des Har- 
dnin’s Erklärung des Wortes als die einzig richtige annehmen 
wollen. Von mir soll aber gleich eine andere Interpretation in 
Vorschlag gebracht werden, und erfreut sich diese der Billigung 
meiner sachverständigen Leser, so wird das von mir oben Gesagte 
als wahr und richtig vollkommen bestätigt. Hardninus erklärt nam- 
lich, wie Eckheil'®) sagt, das Epithet MHAIOZ folgendermaassen : 


93) Mion.TI. p.452.N.218. 94) Sup.V.84. 95) Aeschyl. Agamem. 88, 
Polkıx 1,24. 96) Aeschyl. Eum. 976. Eurip. Heracl.70. Arist. Eqait. 410. 500. 
Paus. I1f. 11,9; V. 15,4; IX. 24,4. 97) Arist. Equit. 297. Paus. I. 15,1; I. 
9,8; ΠΙ. 11,11; V.17,3; VIL.32,25 IX. 17,2. 98) Hesych. Eust.ad Od. 
il. 68. 99) Paus. ΠΙ. 11, 9: V. 15, 4. 100) Paus. III. 11, 9. Schal. 
ad Arist. Equit. 410. Eustath. ad Odysa. II, 68. 101) Sup, V. p. 84. 


ιν Ven Dr. P. Becker zu Odessa. 203 


„pecorum custor, a μῆλον, ovis, pecus.‘“ Gegen diese Deutung 
wendet Eckhel nichts ein, und scheint sie also, wenu man sein 
Schweigen für Billignng nehmen darf, für richtig zu halten, Viel- 
leicht hätte er seine Beistimmung noch deutlicher ausgesprochen, 
wenn er die Existenz eines IIOZ MHASRZIOT in einer Inschrift 
von der Insel Corcyra!”) und in einer andern von der Insel 
Naxns 10) gekannt hätte. An beiden Orten wurde Zeus als Hir- 
tengott gefeiert, und als solchem war ihm in Naxos ein gewisser 
Bezirk geweiht, dessen Grenze nach der einen Seite hin durch die 
in einen Felsen roh eingehauene Inschrift OPOZ AIOZ MHALR- 
ZIOT bezeichnet wurde. ' Auf dem ihm geheiligten Platze, welchen 
die Inschrift vor Entweihung sicherte, mag sich ein Altar erhoben 
haben,’ auf welchem ihm die Hirten der Gegeni ihre Opfer dar- 
brachten. Wir baben also hier ohne allen Zweifel einen Zeus als 
Schützer der Heerden, ganz in derselben Aufiassung, wie iha Har- 
duinus in dem Epitheton MHAIOZ bereits erkannt hatte. Dazu 
die nahe Verwandtschaft im Klange von MHAIOZ und MHAS- 
ΣΙΟΣ, und die sichere Abstammung beider von μῆλον. Ferner ist 
nicht unbekannt, dass im Binnenlande Bithyniens starke Viehzucht 
getrieben wurde), und dass der Käse von Salona!”) im Alter- 
thume einen so grossen Namen hatte, dass er einen Ausfuhrartikel 
abgab. — Ungeachtet all dieser Gründe kann ich doch nicht auf 
Harduin’s Interpretation von MHAIOZ eingehen. Scheint es mir 
doch mehr als wunderbar, dass die blühende Handelsstadt Nicaea 
einen Hirtengott Zeus auf ihren Münzen bätte feiern sollen. Hir- 
ten und namentlich Schafhirten konnten ihrem Zeus den Beinamen 
MHAIOZ ertheilen, aber nicht die Bewoliner einer grossen Stadt, 
wie Nicaea. Von dem Epitheton MHAQZIOE wissen wir ja auch 
mit Sicherheit, dass es nur auf dem Lande vorkam; denn die oben 
besprochenen Inschriften gehören keinem städtischen Tempel an, 
sondern wurden an Orten gefunden, wo noch gegenwärtig Schaf- 
zucht mit vielem Erfolge getrieben wird), Alle diese Schwierig- 
keiten lösen sich auf das Leichteste, wenn wir statt MHAIOZ auf 
den beiden Münzen von Nicaea MHAIOZ lesen wollen. Wer 
mit alten Münzen zu thun gehabt hat, weiss, wie leicht man das 
4A und 4 mit einander verwechseln kann. Der untere Strich, 
welcher häufig ganz verwischt ist, macht ja den ganzen Uhnter- 
schied. Ich lese also ZETZ MHAIOZ, bringe dieses mit undog, 
wovon nur der Plaral μήδεα vorkommt, mit μήδομαι, welches ia 
den Handschriften bisweilen mit xndoues verwechselt wird’), in 
die nächste Verbindung, denke an das nahverwandte μῆτις) μητιάω» 


N. 426. 102) 8. V. p. 84. N. 427. 103) Doctr. num. vet. II. p. 424, 
104) Boeckh €. Inser. I. p. 29. N. 1870. 105) Ibid. II. p. 335. N. 2218, 
106) Strabo XI. 4. $. 7. Plin. H. N. XI, 42. 107) “ον Zalomens 
τυρός ward übrigens nach Straba I, I. aus Milch vom Kühen, nicht aber 
von Schafen oder Ziegen bereitet. 108) Boeckh C. Inser. H. p. 865, 
N. 2418, 109) Plat. de def. orac. p. 47 ἢ. . | 


204 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tias in Bifhynien. 


μητίετα, erinnere mich der Stellen bei Homer'';) und Hesiod'!'), 
wo die Verbindung Ζεὺς ἄφϑιτα μήδεα εἰδώς vorkommt, und er- 
“kenne in dem Zeus MHAIOZ den schon bei den Münzen von 
Tius charakterisirten Segens - und Friedensgott, welcher nach wei- 
sem Rathschlusse das Glück und die Zufriedenheit der Menschen 
beständig im Auge hat und mit väterlicher Weisheit für Alle sorgt. 
Gegen meine Auffassung und Erklärung wende man nicht ein, dass 
ein Adjectivum μήδιος von μῆδος. μήδομαι gar nicht vorkomme; 
meine Ableitung bat ebensoviel für sich, als die. des Harduinus, 
wenn er μήλιος von μῆλον abstammen lässt; auch für diese Form 
findet man keine Parallelstelle bei irgend einem griechischen Schrift- 
steller oder in irgend einer Inschrift aus dem Alterthume, 

In den Kreis der Bithynischen Epithete des Zeus ziehen wir 
endlich noch eines von Amastris, da das Schicksal dieser Stadt 
mit dem von Tius, wie wir oben gesehen haben, in häufige Be- 


‘rührang kam. Wir haben hier einen ZEYC CTPATHTOC so- 


wol auf autonomen‘!?), als auf Kaisermünzen''?); auf den erste- 
ren sehen wir das Haupt des Zeus, auf den andern, welche auf 
der Hauptseite den belorbeerten Kopf des Antoninus Pius tragen, 
erscheint Zeus stehend, in der Rechten mit der hasta, die Linke 
in das pallium gewickelt und mit einem Adler zu den Füssen. Hier 
ist Zeus der Kriegsgott, der die Schlachten überwacht und sie 
nach seiner Willkür lenket und leitet. Dieselbe Darstellung, aber 
ohne Inschrift und Adler, findet sich auch auf einer Kaisermünze 
des Commodus'!“), und deutet in beiden wol auf die Kriegsthaten 
der genannten Kaiser hin, während die autonome Münze die eige- 
nen Verhältnisse von Amastris und die Ausdehnung seiner Macht 
durch glücklich geführten Krieg zu berücksichtigen scheint. Für 
das Epithet CTPATHTOC finde ich in den Schriften der Alten 
keine Parallelstellen; der nämliche Begriff liegt in EZTPATIOZ, 
welcher Beiname des Zeus ein nicht ungewöhnlicher war!!®) und 
bei den Schriftstellern, aber nicht auf Münzen, öfters vorkommt, 
z. B. in Carien''), in Pontus!!”), Die Verehrung von Zeus als 
dem Kriegs- und Schlachtengotte erstreckte sich aber auch auf 
Bithynien und war sicherlich in den Städten allgemein, welche zu 
einer grösseren politischen Bedeutsamkeit gelangten. Eine solche 
besass Heraclea, wie wir oben sahen, Jahrhunderte lang, und da- 
her kein Wunder, dass Plinius'!%) von dem Culte des Juppiter 
Stratius im Gebiete dieser früher so mächtigen See- und Handels- 
stadt uns berichten kann. 

An die bis jetzt aufgezählten und genauer erörterten Vor- 
stellungen vom Zeus in Bithynien schliesst sich noch diejenige, welche 


110) ΠΟΧΧΙΨ. 88. 111) Theog.545. 112) Mion. II,p.3%0.N.14. 113) 
Mion. Il. p. 392. N. 31. 114) Sup. V. p. 224. N. 1323. 115) Hesych. 116) 
Herod. Υ. 119. Strabo XIV. 3, p. 205. ed. ster. 117) App. Mith. LXVL 70. 
118) H. N. XVT. 89. 119) Diod. IV. 41, 3; IV. 15, 4. Apollod. I, 9. 
9, 7. Apoll. Rhod. I. 341 sq. 120) Diod. IV. 16, Paus, V. 11, ἐς 


Von Dr. P. Becker zu Odessa. 205 


auf unserer Münze von Tius darch die Umschrift ZEYC EYPHCIOC 
näher bezeichnet wird. Ich kann indessen noch nicht gleich an 
die Erklärung gehen, da zum richtigen Verständniss des neuen 
Epithets ein Paar Worte über den Heraclescult in Bithynien no&h 
vorauszaschicken sind. 

-Die Verehrung des Heracles musste in Bithynien eine sehr 
allgemeine sein, theils weil die Idee von dessen irdischer That- 
kraft sich an das himmliche Walten des Zeus eng anschloss, theils 
weil die Sage mehrere von Heracles Grossthaten an das Gestade 
des Pontus Euxinus und namentlich nach Bithynien versetzte. Denn 
abgesehen von seiner Theilnahme an dem Argonautenzuge 29). sei- 
ner Bekämpfung der Amazonen '*) und. den hieran sich knüpfenden 
Mythen, finden wir den Heracles beim Lycus, dem Könige der 
Mariandyner‘?!), welchem er die Völker Bithyniens'**) und Paphla- 
goniens'?°) unterwirft. Ferner sollte Heracles mit der Dardanis, 
einer Tochter des Acheron'**), welcher in der Nähe des Vorge- 
birges Acherusium in Bithynien als König herrschte, einen Sohn 
Poemenes gezeugt haben, und nach diesem und seiner Mutter 
Dardanis wären ein Paar Ortschaften bei Heraclea, Dardanis und 
Poemene, benannt worden‘*), Weiter versetzte man nach Cius 
in Bithynien das plötzliche Verschwinden seines von den Nymphen 
geraubten Lieblinges Hylas, und knüpfte an die Sage, dass He- 
racles ihn .im ganzen Lande vergeblich gesucht, zahlreiche Mythen 
von dessen wunderbarer Wanderung durch Bithynien‘*), Nicht 
genug! Selbst eine der sogenannten zwölf Arbeiten des Heracles 
spielte beim Vorgebirge Acherusium, denn dort, glaubte man, 
habe er den Cerberus aus der Unterwelt heraufgeholt. Unter 
solchen Umständen war die besondere Verehrung des Heracles in 
Bithynien ganz natürlich, und eine solche ergibt sich dena auch 
deutlich aus den Münzen der Bithynischen Könige und Städte, bei 
deren Typen die Mythen vom Heracles gar häufig benutzt wurden. 
Unter den autonomen und den Kaisermünzen der meisten Städte 
Bithyniens'?’) erinnere ich in dieser Beziehung namentlich an die 
Münzen von Cius‘*), von Prusia ad Ηγρίυπι 39), von Nicomedia '*°), 
von Nicaea'®!) und von Heraclea'®). Ausserdem verherrlichte man 


V. 25, 11. 121) Apoll. Rhod. If, 750 sg. 133) Ibid. II. 793. 913. 
957. 123) Sohol. ad Apoll. Rhod. II. 789. 124) Gleichnamig ist ein 
Fluss bei Heraclea Schol. ad Nicandr. Alexiph. v. 13. und Apoll. Rhod. 
11. 901. 125) Schol. ad Apoll. Rhod. II. 354. 126) Memnon. fragm. 
41. 127) Mionnet descript. de med. IH. p. 435 sq. Sup. V. p. 21 sq. 
128) M. II. p. 492, NN. 443. 445. 447. 459. Sup. V. p. 247. NN. 1451. 
1452..1454. 129) M. II. p. 488. NN. 421]. 425. 428. Sup. V. 236. NN. 
1391. 1395. 1402, 1403. 14 2. 1419. 1423. 1427. 1428. 1431. 130) M. 
I. p. 472. N. 338. Sap. V. p. 169. NN. 978—980. 1082. 131) M. 1. 

. 449. NN. 201. 217. 236. 270. 276. 283. 286. Sup. V. p. 85. NN. 431. 
72. 493. 500.501. 559. 604, 619. 6%. 667. 668. 671. 672. 673. 674. 
675. 676. 678. 718. 746. 841. 860. 132) M. II. p. 438. NN. 152. 153. 
161.163. 164. 165. 166. 171. 174. Sup. V. p. 52. NN. 257—283. 285. 287.288, 
290. 291. 296. 297. 300-305. 311—314. 532. 334—336. 349-—352. 354. 355, 


“ 


206 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien, 


den Heracies als den Gründer der Stadt in Cius'*), in Nicaea ’’*) 
und in Heraclea‘®), wo ibm in der Burg, um Anderes nicht zu 
gedenken, der König Ptolemaeus von Aegypten einen Tempel aus 
pfoconnesischem Marmor aufführte!®®), und wo auf dem Markt- 
platze die Statue des Heracles mit goldener Keule, goldener Lö- 
wenhaut und goldenem Corytus prangte'”). Auch auf den Münzen 
der‘ benachbarten Amastris war der Typus des Heracles ein ge- 
wöhnlicher’®), Mit einem Worte, der Cult des Heracles war in 
der ganzen Gegend nach dem des Zeus der verbreitetste. Wie 
hätte er nicht auch in Tius, dessen Schicksale mit denen von He- 
raclea und Amastris α΄ eng verbunden waren, ein gewöhnlicher 
sein sollen? Ja selbst dann, wenn uns von Tius keine Münzen 
mit dem Heracles-Typus erhalten wären, würden wir dessen hohe 
Verehrung bei den Tianern kaum in Zweifel ziehen können. Um 
so weniger werden wir. dieselbe in Abrede stellen, seit ein Paar 
uns erhaltene Münzen?) sein Attribut, die Keule, oder ihn gar 
selbst in Tius zeigen. 

Gehen wir jetzt endlich an die Erklärung unserer Umschrift 
ZEYC EYPHCIOC, so finden wir den Schlüssel in der bekann- 
ten Erzählung, dass Heracles, als er mit den Rindern des Geryon 
nach Italien kam und im Lande der Aborigines am Palatinischen 
Berge die schönsten Triften fand, die Heerde habe weiden lassen, 
während er selbst, vom Weine hewältigt, dem Schlafe unterlegen 
seir._ Diesen Augenblick habe Cacus benutzt zum Raube der 
schönsten Thiere, die er, um nicht durch die Spur entdeckt zu 
werden, an den Schwänzen in die Höhle gezogen und dort ein- 
geschlossen hätte. Erwachend habe Heracles sogleich gemerkt, 
dass ein Theil der Heerde fehle, und habe sie gesucht in der 
ganzen Gegend. Auch zu der Höhle sei er gekommen; aber da 
die Spuren aus derselben herausführten und Cacus, vor dem Ein- 
gunge stehend, die vermissten Rinder nicht gesehen zu haben be- 
hauptete, so hätte Heracles dieselben für verloren gehalten und 
habe schon fortziehen wollen. Dennoch hätte er einigen Verdacht 
gegen Cacus gehabt, theils weil er ihm nicht beim Suchen ge- 
holfen, theils weil er zur Abwehr des Fremdlings die Nachbaren 
herbeigerufen habe, In dieser Verlegenheit sei dem Heracles der 
Gedanke gekommen, die ihm gebliebenen Thiere an der Höhle 
des Cacus vorbeizuführen, und auf das Gebrüll derselben hätten 


133) TON KTICTHN M. II. p. 493. N. 447. Sup. V. p. 248. 
N. 1454; TON KTILTHN IIPOTZIEIZ M. IH. p. 492. N. 445. 


fragm. 25. 137) Ibid. fragm. 52. 138) M. II. p. 394. N. 38. Sup. 
IV. p. 555. NN. 28, 35. 55. 86. 139) M. Sup. V. p. 261. NN. 1519, 
1558. 140) Dionys. Hal. 1, 39. Liv. 1, 7. Solin. I. 7. 141) Virg. 


Von Dr. P. Becker zu Odessa. 207 
die in der Höhle. eingeschlossenen geantwortet. Der Raub wäre 
so endeckt worden und es sci zwischen Heracles und Cacus zum 
Kampfe gekommen, und Heracles habe, nachdem er den Cacus 
mit seiner, Keule erschlagen, mit den aus der Höhle befreieten 
Rindern seinen Weg fortgesetzt‘). — Zu dieser von Dichtern 
po&tisch behandelten Erzählung‘) setzt Dionysius noch binzu: He- 
racles habe sich im Wasser der Tiber vom Morde gereinigt und 
in der Nähe des Ortes dem Ζεὺς Εὐρέσιος einen Altar errichtet; 
dort hätte er dem Gotte eine junge Kuh als Dankopfer für die 
wiedergefundenen Rinder dargebracht. Die Existenz eines Zeug 
Εὐρέσιος sichert uns ferner Solinas'*), wenn er sagt: „aram Her- 
cules, quam voverat, si amissas boves reperisset, punito Caco, 
patriinventoridicavit‘, so wie eine Inschrift '**), die ich aber selbst 
zu lesen keine Gelegenheit hatte. Bei der in Bithbynien und Tius 
allgemein verbreiteten Verehrung des Zeus und des Heracles musste ° 
ein Epithet besonders passend erscheinen, durch welches beiden 
Gottheiten zugleich die verdiente Ehre ward, und welches ausser- 
dem noch auf Italien nnd die Römer hindeutete, denen Tius sei- 
nen aufblühenden Wohlstand zu verdanken hatte. Die Darstellung 
des Zeus ist auf der Münze. dieselbe, wie wir sie’ schon oben unter 
Nr, 4 erörtert haben. Zeus, der mächtige Beschützer jedes Rech- 
tes, bat des Cacus Frevel aufgedeckt, dem Heracles zu seinem 
Eigenthume verholfen, nnd fordert für seinen thätigen Beistand 
Anerkennung durch Sühne und Opfer. Ebenso wie ihm dafür sein 
göttlicher Sohn ein Daukopfer darbringt, ebenso sollen ihn die 
Menschen ehren für den väterlichen Schutz und die reichen Gaben, 
welche von ihm ausgehen, 

Doch noch in anderer, allgemeinerer Beziehung verdient Zeus 
den Namen Εὐρέσιος. Von ihm stammen der Erfindungen viele, 
welche er, eines Zuwachses an Ehre selbst nicht bedürftig, seinen. 
Kindern überlassen hat, um deren Verdienste zu erhöhen und ihnen . 
neuen Ruhm, neue Anerkennung bei den Menschen zu erwerben 25). 
Also ist Zeus auch in dieser Hiusicht der Segensgott, der Geber 
von Allem, was das Leben der Menschen schmückt und erfreuet, 
Sein Sinnen und Streben, sein Wirken und Schaffen, sein Walten 
im Himmel und auf Erden, kurz Alles kommt ihnen zu Gute, und 
darum loderp ihm weit und breit des Dankes Opfer auf den Al- 
tären. 


VII. 195 sq. Ovid. Fast. I. 543 sq. Propert. IV. 9. 142) I. 39: 
ἁγνίσας δὲ τῷ ποταμῷ τὸν φονόν, ἴδρύεται πλησίον τοῦ τόπου Διὸς 
Eöpsciov βωμόν" καὶ ϑύει τῷ ϑεῷ δάμαλιν ἕνα τῆς εὑρέσεως τῶν 
βοών χαριστήριον, 143) I. 7. 144) Inscript. ap. Gud. 2. N. 7. 145) 
Diodor. Sieul.V.73: τούτων (i. e. τῶν ἐκγόνων») δ᾽ ἑκάστῳ μυϑολογοῦσι τὸν 
Δία τῶν εὑρεθέντων ὑπ᾽ αὐτοῦ καὶ συντελουμένων ἔργων τὰς ἐπιστήμας καὶ 
τὰς τιμὰς τῆς εὑρέσεωρ ἀπονεῖμαι, βουλόμενον αἰώνιον αὐτοῖς περιποιῆσαι͵ 
μνήμην παρὰ πᾶσιν ἀνθρώποις. ' 


208 Zur Erklärung einer noch unedirten Münze von Tius in Bithynien. 


In ähnlicher Bedeutung muss man den Zeus auf denjenigen 
Münzen von Tius fassen, auf welchen er in gleicher Darstellung 


als ZEYZ ZYPTAZSTHS oder ZEYC CYPTACTHOC erscheint. 


Diese Umschrift tragen nach Mionnet sechs Kaisermünzen, von wel- 
chen zwei auf der Hauptseite den Kopf des Domitianus'*), eine 
den des Traianus'“), zwei den des Antoninus Pius!) und eine 
den des Marcus Aurelius '*?) trägt. Auf den beiden des Domitianus, 
den ältesten, wird die Umschrift auf der Rückseite durch folgende 
Buchstaben ZETZ ZTPTAZTHZ bezeichnet, während auf den 
vier anderen dieselben beiden Worte ZETC CTPTACTHC ge- 
schrieben sein sollen. Die Darstellung ist auf der Rückseite bei 
allen sechs fast genau’ dieselbe, nämlich Zeus, stehend, in der 
Rechten mit der patera, in der Linken mit der hasta, und zu sei- 
nen Füssen der Adler. Nur auf einer sieht Mionnet®°) statt der 
patera den Blitz, allein es fragt sich, ob seine Beschreibung eine 
ganz genaue ist, und ob er nicht die patera für den Blitz ge- 
nommen, was, wenn die Münze nicht gut erhalten sein sollte, 
leicht- möglich wäre. Ferner fehlt der Adler auf einer der sechs 
Münzen 151); doch das ändert den Begriff nicht, unter welchem Zeus 
hier aufgefasst ist; durch Weglassung: des Adlers wird die Dar- 
stellung desselben Gedankens, nur weniger vollständig, ausgedrückt. 

Eckhel‘5?), dem Mionnet!’) zu folgen scheint, erklärt das 
Epithet ZTPTAZTH2 oder CTPTACTHC für eine Contraction 
von ETNEPIAZTHZ und übersetzt es durch „cooperator‘, allein 
es dürfte schwer fallen, bei irgend einem anderen Worte einen Be- 
leg für eine so gewaltsame Zusammenziehung nachzuweisen, und 
daher glaube ich, dass Eckhel’s Vermuthung nicht zulässig ist. Das 
von ihm angeführte προὔργου statt πρὸ ἔργου gehört natürlich 
nicht hierher, und kann für die Contraction von συργαστῆς Aus 
συνεργαστής "nichts beweisen. Andere 152) bringen συργαστῆς mit 
. συογάστωρ, wofür bei Hesychius in einigen Handschriften συργά- 
grop oder σύργαστρος gelesen wird, in näbere Verbindung, und 
suchen in der Erklärung des Hesychius, dass das Wort ein barba- 
risches sei und soviel als συοφορβός, ὑοφορβός bedeute, den 
Schlüssel zur Erklärung des Epithets; allein ich weiss nicht, wie 
man diese Ableitung mit dem Begriffe von Zeus in gehörigen Zu- 
sammenhang bringen soll. Viel natürlicher wäre die Annahme, 
dass das barbarische STPTAZTHZ oder CTPTACTHC irrthüm- 
lich für ETPHZIOZ oder ETPHCIOC gelesen worden sei. Die 
Aehnlichkeit der in beiden Wörtern vorkommenden Buchstaben 
könnte namentlich bei den nicht gut erhaltenen Münzen, auf denen 


116) M. II. p. 499. N. 483. 5, V. p. 258. N. 1501. u“ Sup. V. 
p. 258. N, 1503 ° 148) M. I. p. 500. N. 487. Sup. V. p. 260. N. 
1510. 149) Sup. V. p. 262. N. 1526. 150) Sup. V. p. 28. N. 1501. 
151) M. II. N, 483. 152) Doctr. num. vet, II. p. 438. 153) Sup. V 

p- 258, 154) Stephan. Thesaur. ling. Graec. 8. v. συογάστωρ. 


Von Dr. P. Becker zu Odessa. 209 


Vaillant ?%) ETPTAZTHZ sehen will, die Ungenanigkeit leicht 
entschuldigen, und würde meiner früheren Ansicht, dass überall 
das barbarische Epithet mit dem von mir wiedergefundenen griechi- 
schen za verläuschen sei, einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit 
geben. Es giebt indessen Münzen, auf denen das Epithet C TP- 
TACTHC so deutlich erhalten ist, dass an eine unrichtige Ent- 
zifferung der einzelnen Buchstaben unmöglich gedacht werden kann, 
und somit muss das barbarische GTPTACTHC neben unserem 
Εὐρέσιος auf jenen Münzen mit deatlicher Legende noch fortbe- 
stehen, und kann höchstens nur bei denen eine Aenderung erlei- 
den, wo die einzelnen Buchstaben nicht gehörig erhalten sind und 
die Substitation der von mir-vorgeschlagenen Lesart zulassen. Doch 
auch für die wohlerhaltenen ist meine Münze nicht ohne Wichtig- 
keit, denn die genaue Uebereinstimmung der Typen führt uns auf 
den sehr. naheliegenden Gedanken, dass ZETC CTPTACTHC 
ebenso aufgefasst werden müsse, als unser Ζεὺς ΕἸ ὐρέσιος. 
Odessa, im Mai 1858. 
ἐν Dr. P, Becker. 


Probe einer neuen Textgestaltung und Uebersetzung des 
Apicius Coelius de opsoniis οἱ condimentis, 
Van Chr. Th. Schuch in Donaueschingen. 


Zugleich als Ankündigung einer nenen, auf handschriftlichen Collationen 
basirten Ausgabe dieses Schriftstellers, nebst Uebersetzung, kritischem 
Apparat, erläuterndem Commentar und Glossarium von Chr. Th. Schuch 
in Donaueschingen und E. ΚΕ. Wüstemann in Gotha. 


. Apicius, 

Wahl und Bereitang der Speisen ist von höchster Bedentung 
und mächtigem Einflusse auf die Gesundheit des Menschengeschlechts, 
daber die Beschaffenheit und Wirkung der Nahrungsstoffe längsther 
die philosophischen Aerzte und Naturforscher , unter diesen vorzüg- 
ich den Hippokrates und Galenus beschäftigt, und so viele Schrift- 
steller der Griechen die Kochkunst zum Gegenstande ihrer For- 
schuhgen *) gemacht, auch die Römer die herrlichsten Andeutungen 
zur Geschichte derselben hinterlassen haben, welche noch lange 
nicht genug von unsern Archaeologen ausgebeutet sind. Wie 'sich 
schon Homerus nicht scheste, uns seine Helden beim Schmause 
vorzuführen und mit besonderem Wohlgefallen ihre saftige, dem 


155) Eckhel Doctr. num. vet. HI. p. 438.} 

*) Siehe die treffliche Arbeit Wellauers in diesen Supplem. Bd. X. 
8, 176 ff. besonders 8. 185—188. 

Archiv f. Phil. x. Paedag. Bd.XIX. Hft. 2. 14 


- 


210 Probe einer aeuen Ausgabe des Apicius Coelius, 


kräftigen Geschlechte wohl angemessene Nahrung aufzählt: so be- 
rübrt überhaupt die klassische Vorzeit, in Allem gesund, unbefan- 
gen und gerade heraus redend, die Kochkunst ohne Scham und 
Scheu wie jeden andern Gegenstand, welcher mehr oder minder 
auf das Woblsein der Menschen einwirkte. Es steht aber auch diese 
Kunst in Verbindung mit dem Natignalcharakter, der Geistesbil- 
dung der Völker, kurz mit dem allgemeinsten und höchsten Inter- 
essen des Menschengeschlechts. Ja aus dem Sinne und Verstande, 
welcher sich in der Wahl ἀρὰ Bereitung: der Speise zeigt, lässt 
sich gewissermaassen die Bildangsstufe eines Volks erkennen. ‚Die 
Kochkunst ist ein Theil der Sittenschilderung, dena der alte Satz 
ist wahr: Wie der Mensch ist, isst er, und: Essen ist nur eim an- 
deres Denken. Zudem ist es hier wie in audera Zweigen der 
Alterthumswissenschaft nicht nur an sich nafürlich, sondern auch 
von eigentbümlichern Interesse auch in kleinen Zügen die: Deber- 
einstimmung der Gewohnheiten des Altertkums mit denen unserer 
Zeit wahrzunehmen, das antike Leben theilweise ig dem unserigen 
wieder zu finden. Und schon in dieser Hinsicht ist das alte, aber 
wenig bekannte Buch, nach dem berühmten Gutschmecker ‚Apicius 
genannt, äusserst merkwürdig, obgleich es nur eine trockne Recept- 
sammlung ist. Abgesehen davon, dass wir darin theilweise die 
alte Medicin und Apathekerkımat kennen lernen — dena gar 
manche Speisen sind den Aerzten entnommen, in der. frommen Ab- 
sicht, dem Magen aufzuhelfen, den Leib zu öffnen und Blähung zu 
vertreiben. Vergl. 1, 27. 8, 2.18. 9, 13. — Ferner alle asiatische 
und alexandrimische Tischüppigkeiten neben den griechischen und 
römischen, .die- Leckerspeisen. der Gourmants des Alterthums — 
denn die Volkmahrung, Hausmannskost, also die Nationalgerichte, 
sind wenig in Betracht gezogen — ‘ist dieses Köchbuch alter fol- 
genden Muster in Form und Richtung geworden und die Fundgrube 
für manche noch immer brauchbare Hausregeln, jedenfalls für die 
meisten Küchenausdrücke der Franzosen, Italiener, Deuischen so- 
gar und ihrer Kochmanieren,. obgleich der Geschmack sich so. sehr 
verändert hat und dert die alte mit starken und vielen Gewürzen 
vertreten ist, in dem Streben, den arthaften Geschmack des Flei- 
sches zu stören,: den Chazakter jeder Spieise darcli Mischung und 
Verarbeitung zu vernichten, heisst. ea docli;4, 3.: .nemo agnoscet 
quid .manducet., keinem Nahrungsstoffe die eigenthümliche Güte zu 
lassen und nur..dem Reize der Nenlie#' sich hinzugeben und dureh 
fortgehende Steigerung gleichsam: das Neue new zu. erhalten, wie 
diese Sache der Küchenheres Ramohr :so gut‘ bezeichnet. In Felge 
des eigenthümlichen Strebens also Jddäs Einfache, Bürgerliche ver- 
schwinden zu machen, verbinden die oft wunderlichen Vorschriften, 
wenn sie auch nicht nach dem Arzte und der Apotheke riechen, 
Liebliches und Widriges, Süsses und Saures wit Bitterem und Zu- 
sammenziehendem , und müssen wegen. der-, ‚ Uebermischung und 
Üeberladung uns gräuelhaft vorkommen, ‚weniger ‚sicherlich den 


Von Chr. Th. Schuch u. E. F. Wüstemann. | 211 


Spaniern, Sieihanerp, Italienern, Griechen u. A., welche zurh 
Theil noch so essen und zum Theil dieselben Comestibilten haben. 
Und ich gestehe offenherzig, dass meine Sehnsucht nach den be- 
schriebenen Tractamenten und dem Aroma der zudem schwer zu 
erhaltenden Kücherikränter und Saucen gar gering ist, wenn auch 
nicht gerade Dacier abschreckt, welcher sich nach antikem Recepte 
in Italien eine Speise hat bereiten lassen und diesen Einfall beinahe 
mit .dem Leben hat büssen müssen; oder jener Gelehrte, welcher 
darch seinen Versuch, der Königin Christine nach Apicius zu ko- 
chen, nicht geringe Ergötzliehkeit bereitet hat. Wenn aber auch 
Apicius gerimgen Appetit macht und auf die Lebenseinrichtang wenig 
Einfuss ausübt, demmach nicht-zu befürchten ist, dass eine nene 
Bearbeitang, zumal eine Uebersetzung, die Schwelgerer fördert — 
steht ja sein Namen an der Spitze der Schwelgerei und Schlem- 
merei, gleichwie Mäcenas an der Spitze der Wissenschaft und 
Kunst — wird doch ein in so vielen Hinsichten bedeutungsvolles 
und auch selten gewordenes Büchlein endlich: emmal einer kritisch- 
exegetischen Ausgabe sich erfreuen dürfen. Ohne Paradoxie und 
Anmaassung zu sprechen, darf ich diesen Satz geben: Für Apicias 
ist noch sehr wenig geschehen und die so nöthige Recension und 
Dolmetschung erst zu erwarten, obgleich der nur ungefähr 6 Octav- 
bogen ausmachende Test direh Humelberg annotationes von 123 
Qoartseiten, durck Lister- Almeloveen eine Ausgabe von 277 obne 
variae lectiones und index und durch Bernhold’ von 156 Octavseiten 
ohne erklätenden Index, erlebt hat. Da nämlich Sprache und In- 
halt ihres Gleichen nicht hat, so ist nicht zu verwundern, dass 
unermessliche Schwierigkeiten obwalten, welche sich dadurch ver- 
mehren, dass von den ersten Ausgaben an, sich nnzählige Fehler 
eingeschlichen haben, welche die bisherigen Bearbeiter, wol recht 
brave Mediciner, aber minder grüßdliehe Sprachkenier, nur zum 
geringsten Theile zu tilgen im Stande gewesen sind. Der erste 
Herausgeber muss eine entweder ganz schlechte oder kaum lesbare 
Handschrift geradezu in die Druckerei gegeben, das erste Nach- - 
druckerpaar ohne irgend eine Beihülfe die alte Sauce aufgewärmt 
und wo möglich noch schlechte Ingredienzien durch ungeschickte 
Setzerhand zuzufügen sich gleichsam die Mühe „genommen haben. 
Jedenfalls stammen die drei ersten Ausgaben aus Einer Quelle und 
können daher füglich unter der Einen Bezeichming editio princeps 
zusammengefasst werden, weil die wenigen Varianten und Auslas- 
sangen nur vom Setzer herrühren und die vollständigere als die 
erste angesehen werden muss. Diese ist aber nicht die auch von 
noch lebenden Literarhistorikern angegebene:- Apitii Celii de re 
coquinaria kibri decem, impress. Mediolani per magistrum @uiler- 
mum Signerre Rothomagensem 1490; wozu sie Bernheld gestempeit 
hat und stolz daranf ist, sie selbst gesehen und noch mehr ihre 
Varianten, aber ohne weitere Benntzung, miütgetheilt zu haben. 


Eine solche Ausgabe existirt gar nicht. Man beliehe mar auch die 


212 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius. 


letzte Zeile anzuschauen, wo deutlich .die Zahl VIII. stebt, welche 
nicht in die vorletzte Zeile gegangen: ist. Somit stammt diese Aus- 
gabe aus dem Jahre 1498. Nach meiner Ueberzeugung ist diese 
aus der jahrzahllosen desselben Titels, timpressa Venetüis per Ber- 
nardinum Venetum, ebenfalls in klein Quart, aber in- minder schö- 
nem Aeusseren, hervorgegangen, wie. die dritte,. Venetiis 1608 
in 4. per Joannem de Cereto de Tridineo,‘ Tacuiuum alias nominu- 
“tum. Unbekannt: ist mir ;nur die vierte,; Antverp.: ap. Rob. Bellaert 
typis Joh. απαρλεὶ 1820 ia 4., wol auch nur ein Abdruck, wie 
auch die Lugdun. 1541. in 8. rein aus der'Ausgabe des Torinus, 
Basil. 1541. 4. nachgedruckt und also werthlos ist. In keiner ‘der 
drei ersten geschieht einer Handschrift Erwähnung. Ob. nun die 
kritiklose Arheit aus dem Codex in Museo Laurentii Pignorii Pata- 
vini (siehe Montfaucon, Bibi. Bibliothecar, 1. p. 487) oder .dem im 
Biblioth. Riccardiana Florent. chart. in 4. num. 29 oder dem chart. 
in 4, num. 26 eben daselbst, im J. 1464 geschrieben, oder ans 
dem eben dort befindlichen von Bernhardy Röm. Lit. Gesch, S. 657 
genannten hervorgegangen ist, kaun vor der Collation nicht be- 
stimmt werden, Der erste Bearbeiter ist Gabriel Humelberg, aus 
dem oberschwäbischen Städtchen Isny; dieser Arzt hat die Mailänder 
Ausgabe in der Hand und von einem nicht näher bezeichneten, nur 
ungefähr vierzig Mal genannten Codex unterstützt, und mit Kenntniss 
und Scharfsinn ausgerüstet, sich an die schwere, Arbeit gemacht 
und geleistet, ‘was er in der Vorrede versprochen: Quia deprava- 
lissimi sunt Apicü libri, ut in quibus nulla sit pagina, imo vix una 
aut altera quasi linea non mendosa et prodigiese corrupta, adeo 
quidem ut nullus inde sensus elici πες auctoris mens intelligi. possit, 
hinc operae prelium esse duxi casligandi onus suscipere et emen- 
dare los. —. Nos Apicium hocce nostro, qui prius multifariam et 
prodigiose saucius erat et lacerus, wunc autem opera nostra quali- 
cunque et quantum licuit medicatus et refertus splendidiore habitu 
ingreditur, ob oculos posito. contenti oblectemur. Was ibm auch 
sein Ravensburger College, Joach, Kgelf, unter andern mit diesen 
Distichen bezeugt :. 
Sed Gabriel medica praepollens. clinicus arte 
Adposuit doctas alter Apollo manus 
Et castigavit compluscula. restifuitque 
Non sine difficili manca  labore.loca. 

Auch über diese Handschrift lässt sich nicht urtheilen, nur schlies- 
sen, dass sie .keine schlechte ‚sein kann, weil Humelberg. ohne sie 
nicht im Stande gewesen wäre, aus.seiner Mailänderin .eine so 
lesbare Ausgabe zu liefern, .auf. welche die folgenden Herausgeber, 
Lesikographen und Philologen :überhaupt wie auf ein Evangelium 
geschworen haben. Die Venediger kennt er so wenig als Andere, 
nur einige Mal scheint es; als gäbe er daraus ‚kleine Zusätze; es 
.rübren aber diese von seinem mit jener übereinstimmenden Codex 
her. So ‚lange ich Apicius nach hergebrachter Sitte oberflächlich 


- 


Von Chr. Th. Schuch η. E. F. Wüstemann. . 213 


las, auch noch als ich‘ dessen Commentar excerpirte und ‘die Noten 
ans der Lister’schen Ausgabe einverleibte, der Kürze wegen die 
Varianten. überschlug .oder auch nicht kannte, und den Schriftsteller 
nicht aus sich selbst zu erklären verstand, war mir Humelberg 
Alles und ich verfertigte sogar nach seinem Texte eine Uebersetzung 
einiger. Bücher; Sobald sich ‘aber die Schwierigkeit bei dem tiefe- 
ren. Stadium immer mehr herausstelite und weitere Hülfsmittel anf- 
gespürt, die Varianten der ersten Ausgabe nnd des vaticanischen 
Codex näher gewürdigt wurden, fand sich bald, dass in den mei- 
sten schwierigen Stellen von Humelberg ab- und zu den Lesarten, 
welche jener weggeschafft, zurückgegangen werden müsse, und: dass 
er sogar viele Recepte falsch vonstruirt and Gerichte praeparirt 
habe, welche dann mächtiges Lachen erregen müssen, wenn man 
sich aus Apicius selbst eine. bessere Kochkunst zu verschaffen ge- 
lernt hat. Die geringste Eile bringt hier die grössten Tollheiten. 
Es sei hier nur daran erinnert, was für eine‘ Speise herauskommt, 
wenn (diese an und: für. sich zusammengesetzt, Gemüse oder Fleisch 
und Sauce, in Einer Pfanne oder in zweien auf einander gekocht 
und aufgesetzt wird, und wenn man nicht merkt, wo das Marien- 
bad angewendet wird , oder gar zwei und drei Recepte für ein ein- 
ziges hält. Dann gibt es ein grösseres Durcheinander, als nach 
dem Sprichworte. Kraut und Rüben. Sölehe ‚Jseckerbissen haben 
freilich die Kost der Alten noch mehr in Verruf bringen müssen! 
Und noch dazu das Küehenlatein! Was Wunder, dass es den Phi- 
lologen vor dem Apiciys gegrauset bat! Die Kost ist jedoch nicht 
so übel, geniesset sie nur nach meinen Recepten! — Wenig ge- 
kannt ist die in Basel 1541 in 4., also ein Jahr vor der Humel- 
berg’schen, erschienene, dem Titel nach vielversprechende Ausgabe 
des Alban Torin: Libri X. de re culinaria Caelüi Apitii adulatrieis 
medicinae artificis recens e tenebris eruti et a mendis vindicati 
fypisqua  summa ‚diligentia excusi. Der Medicmer erzählt in der 
Vurrede, er habe in einem Winkel der medicinischen Schnle zu 
Montpellier einen halb verrissenen und kaum lesbaren Codex des 
Apicius gefunden, sich aber erst an eine Ausgabe zu machen ge- 
traut, nachdem ilim ein Freund die Venediger vom J. 1508 -zuge- 
schickt und die Studenten ihm keine Ruhe gelassen, obschon beide 
Exemplare (nicht 2 Handschriften und jene Ausgabe nach Schwei- 
ger’s Angabe) äusserst fehlerhaft und keinem Christenkinde möglich, 
aus diesem Labyrinthe zu kommen. Wie Torin: es gemacht, sage 
er selbst: Proinde nunc edidimus tandem, ne situ prorsus emaces- 
serets, plerisque mendis nostra opera salis tumultuarla, nullo saepe 
suffragante eremplari, sublatis, adeo ut 'citra offensam sineque 
taedio ‘a stwdiosis ommihus‘ et legi et mazxima ex parte intelligi posstt. 
Ein solches Lob gebührt der Ausgabe’ nicht. Entweder hat der 
Herausgeber uns 'oft .eigerie Erfindungen statt. der handschriftlichen 
Lesarten gegeben oder, was wir: zu seiner Ehre glauben wollen, 
die Handschrift nicht immer lesen können und aus Unkunde Va- 


414 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius, 


rianten geschaffen, . Eine Probe aus B. 2. Kap, 1. der bequemen 
Vergleichung wegen mit unserem Texte gewählt, mag dieses strenge 
Urtheil rechtfertigen. „De Aysitüs: Hysitiorum varia sunt genera. 
Marina. fiunt de scylla sen cammaris et astacis, de loligine, de 
. sepia, de loeusta, de pectine, ‘de ostrea. - Hysitium autem condies 
pipere ligustico, cumine, laseris radice,‘ „Apparatus hysitinorum de 
loligine: Hysitia de loligine sublatis erinibns in pulmento tandes, 
sicuti ad solem pulpa, et in mortario et in liquamine frichtur et 
exinde hysitia plassantur (quod est effinguntur).‘“ „Apparatus hysi- 
tiorum de cammaris: Hysitia de scyllis vel de cammaris amplis ita 
fiunt: Cammari νοὶ scyllae de testa sua eximuntur et in mortario 
eonteruntur cum pipere et liquamine optimo pulpae, inde hysitia 
plassantur id est formantur. „Hysitia ex spondyks: Elixatos spon- 
dylos contere et nerros eorum eximes, deinde cum eis halica elixata 
et ova conteres et cum piperis momento assabis oenogaroque pro- 
fundes ac pro hysitiüis inferes,‘° „Apparatus omentatorum hysitiorum: 
Omentata ita fiunt: Assabis jecur porcinum et enervabis ipsum, 
antea tamen teras piper, rutani, liguamen, et sic supermittes jecur 
et teres et miscebis sicut pulpa omentata et singula involvantur 
foliis lauri .atque ad fumum suspendantur quamdiu voles. Quum 
manducare volueris, tolles de fumo ac denuo assato et succum ad- 
jicies, in mortario piper ligusticum et origanum fricabis, suffundes 
liquamen, adjieies cerebella cueta, teres diligenter, ne hastulas ali- 
quas habeat, adjicies οὐδ quinque et dissolves accurate, ut unum 
corpus efhcias, liquamen temperes et in patella aenea exinanies, 
'cogues, ubi concoctum fuerit, vwersabis in tabula nuda. Tessellas 
concides, adjicies in mortarium.piper ligusticum et origanum frica- 
bisque in se. Commisces in caccabum, effice ut ferveant, quum 
ferbueriut tractu confringes,. obligabis, coagitabis et exinanies in 
volutari, piper asperges et appones hysitia ex spondylis.“ „Alus 
hysitiorum omentatorum apparatus: Hysitia omentata etiam hoc modo 
facies: pulpam minutatim concisam teres cum medulla siliginis in 
-vino macerati infusique, piper insuper atgne liquamen, si velis, 
et baccam commixtam ac temperatam simul conteres, unde -hysitia 
pusilla formabis, interins nucleis et pipere positis, involuta istaec 
omento assabis cum careno.“ Doch genug, um 'zu erkennen, dass 
Toria als Herausgeher des Apicius geradezu nachtheilig gewirkt 
hat. Obne alles Verilienst ist der titelreiche, aber geistesarme Bern- 
hold; er hat dem Büchlein gar nichts genützt, weil er nach eigenem 
Geständnisse nichts gethan hat, als dass er den Humelberg’schen 
Text hat abdrucken lassen, ferner den Almelov. Index, und dahin 
Humelberg’sche oder auch eigene der Erklärung nicht aufhelfende 
Noten geschoben hat, mit Irrthümern jeder Art untermengt. Am 
liebsten berief man sich bisher auf die freundlich aussebende und 
notenreiche Ausgabe, Amstelod. 1709. kl. 8. Cum annotationibus 
M, Lister et notis selectioribus varüsque lectionibus integris Humel- 
‚ bergü, Barthü, Reinesü, A. van der Linden et aliorum ut et va- 


Von Chr. Th. Schuch u. E. F. Wüstemann. 215 


riarum lectionum libello, :von Th. J. Almelovken besorgt. Nach 
Art der ehemals beliebten Ausgaben cum notis variorum, nur unge- 
schickter geordnet, findet sich hier ein Wust von Noten, welche 
alles Mögliche besprechen, nur nicht was man sucht, um die.Re- 
cepte selbst zu verstehen, einige glückliche Conjecturen und Gold- 
körner abgerechnet, welche unter dem Picknick sogar leicht über- 
sehen werden können, auf den Text selbst übrigens gar keinen 
Einfluss ausgeübt haben, denn dieser unterscheidet sich von dem 
Humelberg’schen nur- durch .eine schlechtere Interpunction. 

Da nun aber Apicius ein Buch ist, welches seines Inhalts und 
seiner Sprache wegen für die Literatur- und Culturgeschichte von 
hoher Bedeutung ist, wird auch eine neue Bearbeitung höchst wün- 
schenswerth, sein, welche in sachlicher und sprachlicher Beziehung 
den Anforderungen unserer Zeit genügt. In Folge meiner Studien 
des Privatlebens der. Alten — in diesem spielt doch der. Tisch 
eine Hauptrolle — musste ich ‚ganz besonders auf die Kochkunst 
derselben kommen. und so natürlich den Apicius vorzugsweise stu- 
diren. Die kaum überwindbaren Schwierigkeiten hatten einen sol- 
chen Reiz, dass seit mehr als einem Jahre alle andern Liebhabe- 
reien hintangesetzt wurden, um allein in der Küche zu leben, ein 
ganzer Koch zu werden. Und ich glaubte endlich so weit gediehen 
zu sein, dass ich auch ohne . weitere kritische Hiülfsmittel, als 
welche die drei bezeichneten Ausgaben liefern, an eine neue Aus- 
gabe denken dürfte, da kömmt mir die freudige Nachricht zu 
Ohren, der mir befreundete Prof. E. Εἰ, Wüstemann in Gotha gehe 
mit demselben Gedanken um und habe sogar bedeutende Collationen. 
Augenblieklich setzte ich mich in Correspondenz und erhielt von 
ihm bereitwillig die Zusage gemeinsamer Mitwirkung, Wenn ich. 
schon jetzt dem Publicum eine Probe meiner Bearbeitung, wie sie 
mir nach oberflächlicher Benutzung. jener Collationen möglich war, 
vorlege, 80 geschieht dies in der Absicht, die Studiengenossen auf 
unsere Aüısgabe aufmerksam zu machen,’ ihre Urtheile zu verneh- 
men, zugleich auch sie um gütige Unterstützung, besonders Nach- 
weisung uns vielleicht entgangener Hilfsmittel zu ersuchen, 

Dem zweiten Buche ist ein Kapitel aus dem vierten beigege- 
ben, um zugleich auch darauf hinzuweisen, wie unser Apicius nicht 
nur kritisch gesichtet, sondern auch vermehrt auftreten wird. Es 
sind allein hier schon vier Recepte aus den Excerpta Apieii.a Vi- 
ntdarie, viro intitulata im sogen. codex Salmas. zu Paris beigegeben, 
deren ganze und sehr genaue Abschrift ich der ungemein grossen 
Güte des vortrefflichen Archaeologen von Pfaffenhoffen zu verdanken 
habe, dessen Bibliothek neben andern Hälfsmitteln mir auch die 
neue Ausgabe des Glossar. mediae latinit. von Dufresne zugäng- 
lich macht. BE | 

Donaueschingen. ΝΞ ᾿ Schuch. 


216 Probe einer ‚neuen Ausgabe des Apicius Coelius. 


Apiciü Sarcoptes seu Laber II. 


Cap. 1. Isicia marina et omentata. ἡ 

Isicia marina : Fiunt de cammaris etastacis, de lolligine, de saepia, 
‚ de locusta*). Isicium condies pipere, liguistieo,cumino, lasaris radice, — 
Isicia de lolligine: Sublatis crinibus in pulmento tundes, sicuti adsolet 
pulpa, in mortario et in liquamine diligenter fricatur et exinde isicia 
plassantur, Isicia de squillis vel de cammaris amplis: Cammari vel 
squillae de testa sua eximuntur et in mortario terantur cum pipere 
et liquamine optimo; pulpae isicia plassantur, Isicia ex spondylis**): 
Elixatos spondylos conteres et nervos eorum eximes; deinde cum 
eis alicam elixatam et ova conteres et piper et momento assabis; 
oenogaro perfundes et pro isiciis inferes, — Omentata ita fiunt: 
Assas jecür porcinum et tum enervas. Ante tamen teres piper, 
rutam, liquamen et sic superimmittis jecur et teres et misces sicut 
pulpa omentata***) et singula involutantur folia lauri et ad funmum 
saspenduntur, quamdiu voles. Cum manducare volneris, tolles de 
fumo et denuo assas isiciam: adicies in morftarium piper, ligusti- 
cam,’ fricabis, subfundes liquamen. — Aliter: Pulpam concisam 
teres cum medulla siliginis in vino infusi, piper, liqnuamen, si velis, 
et becam myrtae exenteratam, simul conteres. Pusilla isicia for- 
mabis intus nucleis et pipere positis; involuta omento subassabis 
cum caroeno, — Aliter: Adicies’ in mortarium cerehella cocta et 
teres diligenter, ne assulas habeant; adicies ova quingne et dissol- 
ves diligenter, ut unum corpus efficias; liquamine temperas et in 


*) De isiciis de cauda hujus locus est 9, 1, quem sic mecum emen+ 
dabis: „Folliculum, nocivam uvam prius demes.‘“ Ceterum primo isicia 
pulpa caesa fiebant, isiciola porcina 5, 4. eaque aves implebantur, quae 
farsiles inde audiebant 6, 9. Heliogabalus primus fecit de piscibus isieia, 
primas de ostreis et lithostreis et aliis hujusmodi 'marinis conchis et lo- 
custis et cammaris et, scillis, ut testatur Lampridius in ejus vita c. 19, 

**) Omni jure hic et 9, 14. ap. Colum. 8, 16, 7. Plin. 32, 5. 53 fin. 
Macrob.. 2, 9. Seneo,. ep. d5, 27. sphondylas habendus est sphondylus 
gaederopus Lin. quae mollusca Neapoli hodie dieitur spuorinulo, 'Tarenti 
scataponzolo; vel accuratius ejas cervix, ὀπόνδυλον enim nonnunquam 
dicebant τράχηλον seu conchyliorum partem anteriorem sive superiorem, 
quae sapore quidem gratam carnem, sed paulo duriorem et concoctu dif- 
fieiliorem habebat; altera contra pars interior et inferior erat mollior, 
tenerier concoctuque facilior et dicebatur μήκων papaver; ad Petron. 
130,7. pulpa ostreorum infra 4, 2. Similiter caput cardui seu articocct 
. (artichaut) σφόνδνλος appellatur 3, 19. 5, 2. quod Galenus jam docet. 

De alim. fac. 2, 51. T. br. p. 353. ed. Chart. cf. Schneider ad Colum. 
10, 235. Pallad. 4, 9, 2. 


%#*) Audiatur Rumohr; Geist der Kochkunst, p. 40. “Ich kann nicht 


umhin der Art zu erwähnen, auf welche in Italien frische Schweinslebern 
am Spiese gebraten werden: man zerschneidet dieselben in derbe Stücke, 
umwickelt diese, nachdem sie gesalzt, gewürzt, auch wol mit etwas 
Kümmel bestreut worden, mit der fetten Netzhaut des Schweines und 
reiht diese Stücke mit frischen Blättern von wildem Lorbeer abwech- 
selnd an einen Vogelspiess; dann dreht man sie bei raschem Feuer lustig 


- 


Von Chr. T h. Schuch u. Εἰ, F. Wüstemann. ἡ 217 


Apicius (Fleischhäckler) Wurstier oder Zweites Buch. 


Kap. 1. Gehacktes aus der See und im Darmnetze., 

Seefüllsel werden gemacht von Garnelen und Eremitkrebsen, 
Calmar, Dintenschnecke, Heuschreckenkrebs (T.anguste). Das Gehäksel 
würze mit Pfeffer, Laserkraut, Mohrenkümmel, Laserwurz. — Ge- 
hacktes vom Calınar: Wann die Haare (Fangarme) weggenommen, ver- 
stampfest ihn, wie man’s. beim Fleische pflegt, im Mörser zu Brei 
und verreibst ihn sorgfältig in Fischlake und daraus werden Füllsel 
oder Würste geschaffen. Gehacktes von Squillenkrebsen oder von 
den grossen Garnelen: Die Garnelen oder Squillenkrebse werden 
aus ihrer Schaale genommen und’ im Mörser mit Pfeffer und der 
besten Sorte Fischlake gestossen und aus diesem Fleische Füllsel 
öder Würste geschaffen. Gehacktes von Lazarusklappen: Verstosse 
abgesottene Lazarusklappen und nimm ihre Nerven heraus; dann 
verstosse mit ihnen abgesottene Waizengraupe, Eier und Pfeffer 
und brate sie schnell auf; übergiesse alles mit Weinfischlake und 
trage es als ächtes Füllsel auf. — Füllsel im Darmnetze 
werden so gemacht: Brate eine Schweinleber und entnerve sie dann, 
Vorher jedoch stosse Pfeffer, Raute, Fischlake und wirf dieses 
so über die Leber, stosse und menge, wie man es beim Fleische 
pflegt; die Netzwürste werden geschaffen, einzeln Lorbeerblätter 
mit eingehüllt und in’Rauch gebängt, sö lange du willst. Wann 
eine verspeisen willst, lange sie vom Rauche 'herab und brate 
sie; ἔπ in einem Mörser Pfeffer, Laserkraut, Majoran,, verstosse 
dieses und giesse'Fischlake‘ darunter. — : Anders Recept: Stosse 
gehacktes Fleisch mit dem Marke in Wein eingeweichten Waizen- 
hrodes,' Pfeffer, ‘Fischlake und verstosse damit zugleich, wenn 
willst,‘ geschälte‘ Myrtenbeeren. ' Bilde.’ daraus kleine Würstchen, 
in welche Piniolen und Pfeffer kommen; schlage sie in ein Darm- 
netz und brate sie ein wenig in abgekochtem Moste. — Anders: 
Wirf in Mörser gekochtes Schweinhirn und verstampfe es sorgfäl- 
tig, dass es keine Fladern habe; lasse fünf Eier hineinfallen und 
verkleppere sie sorgfältig, dass Einen Körper schaffest; ver- 
dünne die Masse mit Fischlake, schütte sie. in eine erzeng Pfanne 


herum und 'trägt sie auf, wann sie wohl gebraten sind.’ et p, 85. ‘Der 
Lendenbraten des Schweines mit einem Dritttheil des anliegenden Fettes, 
beides von allen Häuten und Nerven gereinigt, wird frisch angesalzen, 
stark gewürzt, dann in den Mastdarm oder in die Blase gewickelt und 
noch einmal in die Salzlake gelegt. Dieses Stück hängt man sodann in 
den Rauch. Das Fleisch dazu kann aber auch grob ausgeschabt und mit 
grob zerschnittenem Fette vermengt,, gleich einer Wurst bereitet werden. 
Auf beide Arten ass ich die beifällige Speise in den Gebirgen von Rom, 
wo man: sie pölpette nennt und mit Knoblauch und Koriander vermengt.’ 
et p.87. ‘Die Mischung von Blut, Fett, Fleischbrühe, Waizeubrod oder 
überhaupt Mehlstoffen, finden wir in dem migliaccio der Italiener wte- 
der und ihr gemeinschaftliches Vorbild in den mit Blut und Fett gefüll- 
ten Ziegenmägen 'des Homer Od. 18, 44. 20, 25.’ 


Φ 


218 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coclius. 


patella aenea*) exinanies, coques. Cum coctum fuerit, verkas in 
tabula munda, tessellas concides. Adicies in mortarium piper , ligu- 
sticum, origanum, fricabis in se, commisces in caccabum, suffun- 
des liquamen;' facias ut ferveat; quum ferverit, tractam **) confrin- 
ges, obligas, coagitas et exinanies in boletari***), Piper asparges 
et inferes. 


Cap. If. Isicia varia. 


Isicia plena: Accipies adipes phasiani recentes, praedurus et 
facis ex eis tessellas; cum pipere, liquamine, caroeno in isicie 
includes et hydrogaro .coques et inferes. — Isicia hydrogarata sic 
facies: Teres piper ligusticum, pyrethrum minimum, suffundes li- 
quamen. et aquam cisterninam, temperas dum inducet; exinanies in 
caccabo. Et isicia ad vaporem ignis pone et caleant. Et sic sor- 
bendum inferes hydrogaratum,. — Isicium simpler: Ad unum liqua- 
minis acetabulum aquae septem mittes, modicum apii viridis, triti 
piperis cochleare. Isiciola incoques et sic ad ventrem solvendum 
dabis. Hydrogaro faeces conditi+) addes. — In isicia de pullo: 
Ölei floris lib, 1. liquaminis quartarium, piperis semuncia. — Aliter 
de pullo: Piperis grana xxxı. conteres, mittis liquaminis gptimi 
calicem, caroeni tantumdem, aquae xı. mittis et ad vaporem ignis 
pones. — Isicia de pavo primum quidem locum habent:ita si fricta 
fuerint, ut callum vincant; item secundum locum hbabent de. pha- 
sianis, item tertium locum habent de cuniculis, item quartum locum 
habent de pullis, item quintum locum habent de porcello tenero, — 
Isicia amulata sic facies: Teres piper, ligusticam, origanum, mo- 
dicum silphii, zingiber minimum, mellis modicum, liquamine tem- 
perabis, misces, adicies super isicia; facies ut ferveat; quum bene 
ferverit, amulo obligas spisso ++) et sorbendufn inferes amulatum. 
— Aliter: Piper teres pridie infusum, cui subinde lignamen suf- 


*) Ea est. quae conversari potest et angularis appellatur 5, 3 et 7, 
4. Francorum terrine. 

*+*) Tractä s. tractum, quod vocabulum a trahendo derivatur, quum 
Latini trahere panem dicant, ut Plin. 18, 11, 27. Graeci ἑλκύειν λάγα- 
νον, non est apud Nostrum peculiare genus panis, quod et ap. Caton. 
76. 78. Athen. 14, 57. 3, 73. al. sed massula ex alica et farina tenuis- 
sima cum aqua subacta, orbis seu globi figura, siccata, quae jurulentis 
quibusdam cibis aliguantum consolidandis saepissime adhibetur et similis 
ratio coquendi est 7, 6. ubi modicam de bueccellis maceratis additur ut 
distringat, quo fine saepe audimus amylum mittendum esse juri bullienti, 
amulo obligandum, quocum conferendum nostrorum coquorum mehl, ge- 
riebene Brotkruste, Mürbes an die Sauce rühren, einbrennen. cf. ad 
„confractum‘“ paulo post. - μος s 

ἜΧΩ) Boletare proprie est vasculum boletis inferendis factum, deinde 
idem quod acetabulum, vasculum 8, 4, 9, 10. et Gallorum sauciere, Brüh- 
schaale, Tunknäpfchen, ἐμβάφιον et quod intus condimentum ἔμβομμα.. 

Ita equidem emendavi ex edit. princ. peces conditi et. cod, Vatic. 
feces conditi pro Humelbergii aales conditos. Scilicet faeces, faex est 


L} 
; 


‚ ἢ Von Chr. Th. Schuch u. E. F. Wüstemann. 219 


und koche sie. Ist sie gekocht, stürze sie auf ein reines Schneid- 
brett und schaeide sie in Würfel. Wirf im Mörser Pfeffer, Laser- 
krant, Majorau, verstosse sie unter sich, giesse Fischlake darunter 
und leere dieses in eine Kachel, mache dass es aufsiede; hat es 
aufgesotten, verreibe Nudeltaig und verbinde damit, rühre um und 
leere es auf ein Pilzkümpchen aus. Zettle Pfeffer. auf jene Speise 
und trage nuf. .- 


Kap. 2. Verschiedene Wurstfällsel. 


Vollwürste: Nimm frisches Phasanenfett, schmore es und 
mache daraus Würfelchen; schliesse diese mit Pfeffer, Fischlake, 
eingekochtem Moste vermengt in einen Darm, koche sie in Fisch- 
lake mit Wasser verdünnt und trage sie auf. — Würste in ver- 
dünnter Fischlake mache so: Stosse Pfeffer, Laserkraut, ganz 
wenig Dragun, giesse Fischlake darunter und Cisternenwasser, ver- 
dünne bis es zieht. Leere dieses in eine Kachel. Setze auch die 
Würste an Fenerdampf nnd lasse sie heiss werden. So trage die 
Wassersauce zum Verschlürfen auf. — Einfache Wurst: Zu 
einem halben Schoppen Fischlake thue 34 Schoppen Wasser, mäs- 
sig viel grünen Eppig, einen Löffel gestossenen Pfeffer. Koche 
die Würstchen darin und gib sie so zur Oeffnung des Leibes. Zur 
verdännten Fischlake gib Weinsteinsalz zu. — An Hühnerwürste: 
Jungferöl 1 Pfd., Fischlake } Pfd., Pfeffer 5 Quentchen. — An- 
ders: Verstosse 31 Pfefferkerne, giesse zu 1 Becher Fischlake 
erster Qualität, .eben so viel eingekochten Most, 11 Becher Wasser. 
und setze es an Feuerdampf. — Würste von Pfauenfleisch nehmen 
nur so den ersten Rang ein, wenn es vermahlen ist, dass es die 
Zähe überwindet; den zweiten die von Phasanen, den dritten die. 
von Kaninchen, den vierten die von jungen Hühnern, den fünften 
die von zarten Frischlingen. — Amelmehlsauce zu Würsten 
mache so: Stosse Pfeffer, Laserkraut, Majorau, mässig Laserwurz, 
ganz wenig Ingwer, mässig Honig, verdünne mit Fischlake, mische 
und schütte es über die Würste und mache dass es aufsiede; hat 
es gut äufgesotten, so binde mit verdichtendem (steifem Taige) 
Amelmeble und trage die Mehlsauce zum Schlürfen auf. — Anders: 
Stosse Tags vorher eingeweichten Pfeffer, giesse nach und nach 
Fiechlake so darunter, dass die Pfeffermasse wohl verstossen und 
dicht machst, mische ihr eingekochten Most bei, welcher von Quitten 
gewonnen wird und bei brennender Sonne sich in eine Honig- 


— 


eondimenti genus, nostratinm weinsteinsalz, Horatil serm. 2, 4, 55. 73. 
2, 8, 9. faecula, quae Isidoro 20, 3, 13. est uva pinguis, decocta us- 
que ad crassitudinem mellis ac refrigerata, utilis stomacho. Dioscor. 5, 
131. Eam faecem Graeci τρύγα οἰνηρὴν ὑπτὴν vocant. De vondito vino 
dicetur ad 1, 1. 

++) „Amulabis de oridia propter spissitudinem‘‘ alibi habenit Excerpta 
Apie. in cod. Salmas. εὐ 


220 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelias. 


fundes ita ut bene tritum ac lutuleatum facias piperatum, cu de- 
frutum admisces quod fit de cotoneis, quod sole torrente in mellis 
substantiam cogitur; quod si non fuerit, vel caricarum defrutum 
mittes quod Bamani colorem vocant, Accipies deinceps amulum 
infusum νοὶ oryzae sucum, adicies. et Iento igni fervere facias amu- 
latum, — Aliter: Ossicula de pullis expromas, mittis in caccabum, 
deinde porros, anethum, salem. Quum cocta fuerint, addes piper, 
apii semen, deinde oridiam infusam*), teres et addes Jiquamen 
et passum vel defrutum; omnia misces et cum insiciis inferes, — 
Apothermum sic facies: Alicam elixatam cum nucleis et amygdalis 
depilatis et in aqua infusis et lotis ex creta argentaria, ut ad can- 
dorem pariter perducantur, jamjam miscebis, addes uvam passam, 
caroenum vel passum, desuper confractum **) asparges et in boletari 
inferes, — Vulvulae isicjatae sic finnt: Piper tritum et cuminum, 
capita porrorum ***) brevia duo ad molle-+) purgata, ruta, liqua- 
men admiscentur pulpae bene tunsae et fricatae; denuo ipso sub- 
trito, ita ut commisceri possit, mittas piperis grana et nucleos et 
calcabis in matrice bene lota. Et sic coquantur ex aqua, oleo, 
liquamine, fasciculo porrorum et anetho, 0 


Cap. II. Botelli et hirae Tucanicae ++). 


Botellum sic facies: Ex ovi vitellis coctis, nucleis pineis con- 
cisis; addes cepam, porrum concisam, piper minntum, jus crudum ++) 
misces et sic intestinum farcies. Adicies liquamen et vinum et sic 
coqaes, — 'Lucanicas sirhiliter ut supra scriptum est. Teritur piper, 
cuminem, satureia, ruta, petroselinum, condimentum-++}+); bacae 


*) Rumohr p. 107. 108. de oryza bene docet: ‘Er wird nur so 
lange gekocht, bis die einzelnen Körner ganz von der Feuchtigkeit durch- 
drungen sind, so viel als hinreichen mag, die einzelnen Körner anschwel- 
len zu machen.’ Ceternm oridiam 6 codd. Salmas. Vat. ed. pr. restitui, 
ofindiam in ed. mediol. Nostri oryzae.sutcus est Horatii serm. 2, 3, 155. 
ptisanarium oryzae. cf. Plin.. 18, 7, 13... 
ως ἘΠῚ Interpz etari potes genus panis recocti, cui nomen erat δίπυρος 
ap. Athen. 3, 74. de quo quid doceat Hase in Palaeologo me adhuc latet; 
supplere tractum et convertere gereibsel, broesel, vel cum Gallis brisees. 
Simile mihi et buccella panis 7, 6. 9. 8, 6 

*+*) Rumohr p. 140: “Man nennt den gemeinen Lauch bisweilen das 
Kopflauch, weil es in seiner Zwiebel gleichsam einen Kopf hat.’ 

+) Ad molle restitui e cod. Vat. et ed. pr. pro Humelbergii a 
mole. 

++) Botellus s. botulus, unde barbarorum bodinus, Gallorum boudin, 
Armoricorum bouzell, Italorum budello, ap. Tertullian. apol, 9. sanguine 
distentus, ap. Martial. 5, 78. pultem niveam premens, coll. 11, 31, 13. 
14, 72. 13, 35.. in publica etiam via assabatar et a botulario fumans 
exclamabatur. cf. Senec, ep. 56, 3. Petron. 31, 49. Arnob. 2, 42. — 
Species sont J,ucanicae, quas Lucani priores fecerund et milites ab illis 
didicerunt. cf. Varr. ἴω. L. 5, 22. p. 114. Sp. Isidor. 20, 2, 28. itemque 
pultibus niveis corona dabantur, cf. Mart, 18, 35. 

++t) Jus crudum i. 4. cruor. Isidor. 20, 2, 20.: *Crudum guod sit 


+‘ 


Von Chr. Th. Schuch ὦ. E. F. Wüstemann. 221 


substanz zusammenzieht; hast solchen nicht, kannst auch abge- 
kochten Most von Feigen daran thun, welchen die Römer ‚Farbe‘ 
heissen, . Nimm alsdann genetztes Amelmehl (Mehlbrei, Pappe) 
oder Reisschleim, thue es daran und lasse die Amelmehlsauce bei 
langsamem Feuer aufsieden. — Anders: Nimm die Knöchlein aus 
jungen Hühnern heraus, thue diese in eine Kachel, darnach Lauch, 
Dill und Salz. Ist das Fleisch gekocht, thue daran Pfeffer, Eppig- 
saamen, dann stosse genetzten (aufgeschwollenen) Reis, gib Fisch- 
lake und Rosinenwein oder eingekochten Most zu; mische Alles und 
trage es mit den Würsten auf. — Kaltes bereite so zu: Nimm 
abgesottene Waizengraupe und geschälte, in Wasser eingeweichte 
und mit Silberkreide herausgewaschene Piniolen und Mandeln, um 
sie zu’ gleicher Weisse zu bringen; mische diese Stoffe, gib Ro- 
sinen, eingekochten Most oder Rosinenwein zu, streue Verriebenes 
(brisees) oben darauf und trage es in einem Pilzkümpchen auf. — 
Füllsel in Schweingebärmutter (gefüllte Muttertasche) wer- 
den so gemacht: Gestossener Pfeffer und Mohrenkümmel, zwei 
kleine bis auf’s Weiche geputzte Lauchköpfe, Raute, Fischlake wer- 
den zu gut gestossenem und zermahntem Schweinfleisch gemischt; 
ist diese Masse auf’s Neue so verstossen, dass sich mischen 
lässt, thust Pfefferkerne und Piniolen daran und stopfst diese Fülle 
in eine gut gewaschene Muttertasche. Lasse sie so in Wasser, 
Oel, Fischlake, einem Biischel Lauch und Dill kochen. j 


Kap. 3. Blutwürste und lukanische Würstchen. 


Blutwurst mache ao: Mische. zu gesottenen Eierdottern zer- 
häckelten Piniolen, welchen Zwiebel, zerschnittenen Lauch und ver- 
kleinerten Pfeffer zufügst, ungekochtes Blut und stopfe damit den 
Darm.. Kache die Wurst in Fischlake und Wein. Lukanische 
Würstchen werden ähnlich wie die vorige Warst gemacht. Es wird 
gestossen Pfeffer, Mohrenkinmmel, Saturei, Raute, Petersilie, 
Küchengrünes, I.orbeern, Fischlake ünd dazu gemischt gut ver- 
hacktes Schweinfteisch, und ‘zwar so, dass dieses mit der verstos- 
senen. Masse auf’s Neue vermahlen wird, nachdem Fischlake, gan- 
zer Pfeffer, reichlicher Speck und Piniolen darunter gemengt sind. 


cruentum, est enim cum sanguine’, hinc passim ap. Nostrum i. q. _ 
frigidum, non coctum, et olera cruda, αμὰ λάχανα ap. Pluterch. qu.’ 
symp. 8, 9, 3. Galen. II., 39. 40, 55. Kuhn. guae insocta comedebantar, 
qui cibus Christianorum quoque erat, unde @uopayoı appellabantur. . 
{1} Condimentum (quod ad opsonia condienda fit, idem fere quod 
embamma, intinctus; quodsi inter herbas aromaticas recensetur, videtur 
usurpari pro viridibus scil, oleribug, grünzeug nostrae culinae, χλόῃ Athe- 
naei 2, 77. 7, 41, vers. 7. 7!, 84. quae ut praesentaneo usui essent, in 
viridariis colebantur. et procul dybjo in fenestris, Plin. 19, 19. coll. 
Martial, 11, 18. ἐν περικήπϑοιρ Diogenis Laert. 9, 36. Schol. Aristoph. 


ξ΄ 


Vesp. 482, Condimenta coctiva infr. 9, 4. mortaria 6, 4. 10, 10. 


4 


„ venogaro [phasiani] perfundes, sed cuminum addes. 


.sum, quod quando cum cauda exeidebatur ὁ 


% 


222 Probe einer nenen Ansgäbe des Apicins Coelius. 


lauri, liquamen et admiscetur palpa‘ bene tunsa ita ut denuo bene 
cum ipso subtrito fricetur liquamine admixto, pipere integro et ab- 
undanti pmguedine et nucleis misces. Inicies in intestinum perguam 
tenuatim productum et sic ad fumum suspenditur. 


Cap. IV. Farcimina varia. ° 

Ova et cerebella teres, nucleos pineos, piper, liquamen, laser 
modicum et his intestinum implebis. Elixas, postea assas et infe- 
res. — Aliter: Coctam alicam et tritam cum pulpa concisa et trita 
una cum pipere et liquamine et nucleis misces; farcies intestinum 
et elixabis, deinde cum sale assabis et cum sinapi inferes vel sic 
concisum in disco*). — Aliter: Alicam purgas et. cum liquamine 
intestini et. albumine porri concisi minufatim simul elixas, elixa 
tolles, pinguedinem concides et compendia pulpae, in se omnia 
commisces, Teres piper, ligusticum, ova tria, haec omnia in mor- 
tario permisces cum nucleis et pipere integro, liquamen suffundes : 
intestinum imples, elixas et subassas vel elixum tantum appones. — 
Circellos isiciatos: Reples in intestinum impensam**) isicii et circel- 
lum facies rotundum, Fumas; quum fumaveris, subassas; exornas, 


Explicit Apicii_Sarcoptes. 


Lib. VIE cap. 4. 


Ofellae ***), 
Ofellas ostienses: Disignas+) ofellas in cute ita ut cutis sicca 
re maneat, Teres .piper, ligusticum, anethım, caminum, stlphium, 
bacam lauri unam; suffandis liquamen, fricas. In angularem refun- 


*%) Discus est mensa culinaria, τράπεξα uayfıginn, süper qua varia 
edulia parabantur, isieia plassabantur, tessellatim comcidebantur; mensa 
vero, si non est patina, in qua mazae et placentae ἃ pistore apparaban- 
tur, μαγίς, mactra dicebatur. . Cenarum reliquiis discus ornatus ap. 
Apulej, met. 2, 24. 

**) Impensa est res in aliquam rem insumenda et impendenda, &vd- 
λωμα, Aufwand; im culina esse condimentum ciborum vel fartum (eine 
Füllung) patet bene ex 6, 9. fin. 8, 6. 8, 2. 4, 2. et Arnob. 7, 25. 
„quid diversis cum fartibus deo sit confectionis jure ex multiplici atque 
impensarum varietate conditis ?“ ü 

***) Ofella s. offula, offla est frustulum porci globi forma absci- 

ἦε pentta dictum videtur 
(Plaut. Mil. Glor. 3, 1, 164. Arnob. 7, 24. Fest. in penem), quando e 
eollo, collaris (Petron. 56. sed locum emendabat Hildebr. ad Apulej. de 
mundo 36.), collare porcinum apud Nostrum 7, 5. 6. Varie condita, 
eocta, friota fuisse haec absegmina conglobata docemur ab Apicio, in 
ils rodendis Romanos ferro structoris non eguisse a Martiali 10, 48, 15. 
eaque in delieiis habuisse Claudii dicto in curia (ap. Sueton. 40.) ‘rogo 
vos,.quis potest sine offala vivere?’ Qualia frusta carnis dissecta co- 
padia quoque dici, κοπάδια, κόπαια," κόμματα, ut sunm linguas οἵ in- 


alibi docebimus. 


" primis glandulas seu glandia, hoedorum glandulas, caponum testiculos, 


ων 


Von Chr. Th. Schuch ». E. F. Wästemann. 223 


Mit diesem Taige stopfe den Dünndarm. Und so wird die Wurst 
in Rauch gehängt. 


τ Kap. 4. Verschiedene Wurstrecepte. 


Verstosse Eier und Schweinhirn, Piniolen, Fischlake, mässig 
Laserwurz und fülle damit den Darm. Siede, dann brate die 
Wurst und trage sie auf, — Anders: Mische gekochte und mit 
verhacktem Schweinfleisch gestossene und zusammen mit Pfeffer, 
Fischlake und Piniolen verstossene Waizengraupe, Stopfe damit 
den Darm. Siede die Wurst, dann brate sie mit Salz und trage 
sie mit Senf. auf‘ oder. eben so auf dem Anrichttische in Scheiben 
geschnitten. — Anders: Putze Waizengraupe und siede sie mit 
Gekrösefett und dem Weissen fein gehäckelten Lauchs zugleich ab; 
nimm den Absud, schneide Fett und Schweintfleisch in kleine Stück- 
.chen und mische Alles unter einander. Stosse Pfeffer, Laserkraut, 
drei Eier und vermenge dieses Alles im Mörser wit Piniolen ‚und 
ganzem Pfeffer und giesse Fischlake darunter. . Fülle damit den 
Darm. Siede, dann brate die Wurst oder setze sie nur gesotten 
auf. — Ringelwürstchen (Knackwürste): Thue in einen Darm 
eine Füllung und gib ihr eine runde Form. Räuchere, hast geräu- 
chert, brate an; ordne zierlich, übergiesse mit Weinfischlake, gib 
aber Mohrenkümmel dazu, 


nn 


Buch 7. Kap. 4. 


Fleischklöschen. 


Fleischklöschen von Ostia*): Stich die Fleischstückchen 
so auf der Haut an, dass die Haut trocken bleibt. Stosse Pfeffer, 


+) ‘Disignas’. vel “dissignas’ ex ed. pr. et Arnob. 1, 63. 7, 9. 
scribendum et explicandum incharaxas, χαραάσσεις, acm δ. scalpelle incidis 
et aperis, ut umor combibi possit vel emitti. cf. 6, 9. 5. idem est com- 
pungere 7, 11. 14, — Emendavimus vere sicca pro sic et desiecaveras 
pro designaveras, In ofellam ὁ margine est. : Satias 6 eod. Vat. pro 
facias; umorem, exsucabis e eod. Salmas, aprugneo more ex.ed, pr. apro- 
geneo more, et e cod. Vat. aprogneo more, pro Humelberg. aprugnese, 
Torini pro genuino more. Ex illis universum locum restitui; ed. Mediol. 
omittit verba _„piper tritum, c, m. l. a. c. j. bulliunt.‘“ asparso, aspar- 
gis e cod. Salm. qui primo loco garatas, deinde graton et garaton, in 
qua voce aliud quid latere videtur; ejusdem inogaru ego correxi. Ex- 
bromabis est facies ut umorem s. molestum odorem exspuant, vox ficta 
e gr. βρώμος, inde corrige 6, 2. exbromari pro expromari. — Cod. Vat. 
ut bene assae rodantur liquaminis sumicrato, aquae etc.; ed. pr. ut pene 
asso rodantur lig. summi cyatho etc. Humelberg correxerat ut paene 
assae reddantur. 

*%) Ostia ist als Luxusort bekannt und hat dieser besondern Art 
on Leckerbissen den Namen gegeben wie einer andern Puteoli bei 

ato . 


224 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius. 


dis simul cum ofellis;. uhi ‚zequieverit in condimentis biduo νοὶ 
triduo, ponis, surclas decussatim et in furoum mittis. Cum coxeris 
ofellas quas desiccaveras separabis. Et teres piper, ligusticum, 
suffundis liguamen et passi modicum ut dalce fat. Cum ferverit 
ius, amulo obligas. Ofellas satias et inferes. — Ofellas Apicianas: 

Ofellas exossas, in rotundum complicas, surclas, ad furnum admo- 
ves, postea praeduras; levas, ut umorem esspuant, in craticula 
igui ‚lento exsucabis ita ne urantur. Teres piper, ligusticum, ‚y- 
perin, cuminum 5 liquamen . et passo temperabis.. Cum hoc jure 
ofelläs in’ caccabum mittis. . Cum coctae fuerint, levas et siccas; 
sine jure pipere asparso inferes. Si pingues fuerint, cum surclas, 
tollis cutem, Potes et de abdomine hujusmodi ofellas facere. — 
Ofellas aprogneo more*): Ex oleo, liquamine coquuntur et mittitur 
eis eondimentum cum .coctae fuerint et superadicitur his cum in 
foco fuerint conditura et denuo bulliunt; piper tritum, condimentum, 
mel, liquamen, amulum, cuin jam bulliunt. Et sine Jiquamine et 
oleo elixantur et sic pipere perfunduntur et sic bulliunt. — Ofellas 
garatas: Ponis ofellas in sartagine, adicies liquamen libra una **), 
oleum similiter, melfis aliquantum et sic frigis.  Aliter ofellas 
garatas: Lasar, zingiber, cardamomum et unum acetabalum liqua- 
minis misces cum bis omnibus tritis et ibi ofellas coques. — Aliter 
ofellas: Ofellas assas exbromabis diligenter et in sartagine mittis, 
friges oenogaro, postea simul cum ipso oenogaro inferes et piper 
aspargis. — Aliter: In sartagine abundante oenogaro; piper asper- 
ges et inferes, — Aliter: Si in liquamine frigantur et calido melle 
unguantur et sic inferantur. — Aliter: Ofellae recte friguntur ut 
bene assae rodantur: liquaminis summi cyatho, aquae cyatho***), 
aceti cyatho et olei cyatbo simul mixtis et immissis in patellam 
fictilem friges et inferes. — Aliter: Ofellae prius sale et eumimo 
infusac in aquam recte friguntur, 


— 


*) Apri assaturam similiter parari apparet ex 8, 1. 

**) De ea constructione Nostro admodum familiari alibi dicetor. 

ἮΡΕ) Una voce hydrogari, quod aqua cisternina temperatum, liquamen 
mixtum 9, 9. oenogaro et eleogaro vilius fuit. cf. I,amprid. Heliog. 29. 
isicium hydrogaratum, quod igitur aqua et liquamine coctum est, supra 
nobis occurrit 2, 2. Liquamen summum videtur γάρσον πρωτεῖον (cf. 
Koehleri Τάριχος cap. VI), optimum 2, 1. 7, 7. 8, 1. 6. garum extellens 
Plinii 32. $. 78. garum sociorum 9. ὅ. 66. Bene. ep- 3, 25. 


‘ Von Chr. Th. Schuch u. E. Εἰ Wüstemann. 2925 


Laserkraut, Dill, Kümmel, Laserwurz, eine Lorbeere*), giesse 
Fischlake daran und reibe. Leere dies zugleich mit den Stückchen 
in eine Backpfanne;.haben sie im Gewürze zwei oder drei Tage 
geruht, lege sie ein, speile sie überzwerch und schiebe sie in Back- 
"ofen. ‘Hast die Klöschen gekocht, nimm sie weg und lasse sie 
abtrocknen. Stosse Pfeffer, Laserkraut, giesse Fischlake und 
mässig Rosinensaft daran, dass es süss werde. Hat die Sauce auf- 
gesotten, binde sie mit Amelmehl, ᾿ Sättige die Klöschen damit und 
trage auf. Nach Apicius: Entbeine die Schwanzstückchen, balle 
sie zusammen, speile und schiebe sie in den Backofen und brätle sie 
an; hebe sie heraus und dass sie ihre Feuchtigkeit abgeben, ent- 
säfte sie anf einem Roste bei langsamem Feuer so, dass sie nicht 
anbrennen. Stosse Pfeffer, Laserkrant, Cyperngraswurzel, Küm- 
mel, Fischlake und mässige mit Rosinensäft. Mit ‘dieser Brühe 
thue die Klöschen in Kachel. Sind sie gekocht, hebe sie weg: und 
trockne sie. Trage sie ohne Brühe nur mit aufgezetteltem Pfeffer 
auf, Sind sie fett, wann sie speilest, so nimm die Haut ab. Man 
kann auch vom Schweinseuter solche Klöse machen, Nach Kei- 
lerart: Min kocht sie in Oel und Fischlake und thut das Gewürz 
daran, wann sie gekocht sind, und wirft dieses Gewürz an sie, 
- wann sie in der Backpfanne gewesen und von Neuem sieden: 
Gestossenen Pfeffer, Kochgewürz, Honig, Fischlake, Amelmehl, 
wann sie schon sieden. Man siedet sie auch ohne Fischlake und 
Oel, überschüttet sie so mit Pfeffer und lässt sie so sieden. — 
Mit Fischlake: Lege Klöschen in Bratpfanne, gib: zu. Fischlake, 
1 Pfd. Oel ähnlich, etwas Honig und röste sie 80. — Anders: 
Laserwurz, Ingber, Kardamome und einen halben Schoppen Fisch- 
lake mische mit dem Gereibsel von Allem dem und koche darin 
die Klöschen. — Anders: Lasse die gebratenen Klöschen sorgfältig 
ausduften, thue sie in Bratpfanne und röste mit Weinfischlake, 
trage sie nachher mit der Weinfischlake selbst auf und zeftle Pfef- 
fer. — Anders: In der Bratpfanne mit reichlicher Weinfischlake, 
zettle Pfeffer und trage auf. — Anders: Wenn man sie in Fisch- 
lake röstet, mit heissem Honig salbet und so aufträgt. — Anders: 
Die Klöschen werden richtig geröstet, dass man die gut gebackenen 
nagen kann: in einem Becher der theuersten Fischlake, einem 
Becher Wasser, einem Becher Essig und einem Becher Oel, zu- 
gleich gemischt und in eine thönerne Pfanne getban, röste die 
Klöschen und trage sie auf. — Anders: Die Klöschen vorher mit 
Salz und Kümmel in Wasser gelegt, werden nachher ordentlich geröstet 


ἢ Damit nahm man es genau. So wird in einem ungedruckten 
Recepte, Excerpt. Apic. num. 1. unter andern ein Theil Kerbel, und 
der vierte Theil de lauri baca genommen. Bemerke auch den Gebrauch 
des Lorbeerblattes 2, 1. - ΄ 


Archiv f. Phil, u. Paedag. Bd, XIX, ΜΠ. 2, . 15 


226 Probe einer neuen Ausgabe des Apicius Coelius, 


Notulae eriicae ad Kb. 1]. 


Isicium, primo insicium a verbo insicare 8. insecare indeque 
salsicium, Italorum salsiccia, Gallorum saulceisse, saucisse, aetate 
media perperam transformatum est in esicium, ut constanter fere 
‘codices nostri et alii alibi scribunt, in quibus Antholog. Lat. 550 
-— 552. 1087, 4. ed. Meyer. cf. Varr. L. L. 5, 22. Macrob. sat. 
7, 8. pro nostra scribendi ratione praeterea est Graeculorum icıxov, 
ut Alexandri Aphrod. probl, 1, 22. seu ἐσίκιον, ut Taxami ap. 
Athenaeum 9, 19. poetae in Anthol. Pal. 11, 212. Ad rem locus 
primarius est Lampridii in vita Heliogabali 19. „primus fecit de 
piscibus isicia, primus de ostreis et lithostreis et aliis hujusmodi 
marinis conchis et locustis et cammaris et scillis.“ locusta contra 
cod. ß (vatic. 1146) Iucusta cum omnibus libris Plinii 9. $. 95. 
retinui; in illo’ita turpedo, al. ligisticum, ciminum saepius in libris, 
constanter in cod. Salm. in quo et iscilla quam ligust. cum. frigatur 
‘in duobus libris pro fricatar. iscilis codd. scillis ed. pr. squilla, 
scilla, seylla var. lect. ap. Plin. 32. δ. 151. 9, 142. Martial. 13, 
83. Sic in iisdem codd. ispcia pro spica, ispongiare, sicque alıbi 
iscorpio, al. iscripulus, lasar, lasaris e cod. Salmas, rarius in aliis. 
— jecur — eum in omnibus libris, in Paris. id eum; similiter ap. 
Nostrum oxygarus, apius, porrus, intibus, oleum viridem. invol- 
vantur Paris, involutantur ed. pr. — assas isicium e librorum et 
sicium, et siccum, et succum emendavi; Lister conj. „et sic ea ad- 
jicies. — astulas e Vat. 1145. et Paris. pastwlas pro assulas. cf. 
Voss. De yit. serm. lat. p. 360. alia dabit Sillig ad Plin. 16. δ. 
54 et 57. — et unum e Vat. y. et Par. pro ut u; idem vitium 
possim recurrit: 4, 2. scribe mecum „cunilam bubulam adsparges 
et bulliat.““ 6, 9. „reexinanies — et ferveat.“ 7, 4. „et umorem 
expnat.‘° — coques] in eo fui ut quoques scriberem cum Paris, qui 
ut Salm, fere constanter scribit quoquere, et cottus pro coctus; 
cocere malim scribere. munda codd. nuda ed. pr. sic 4, 22. patina 
munda vel patina nuda, munda cumana 5, 4. mundus caccabus 5, 
2; mundum apud Nostrum esse novum Glossarium docebit. — 
tesselns pro librorum tessalas, ed. pr. tessellas. f. in se] f. inde 
Par. — boletare ex alia pronunciatione scribitur volutare, volitare, 
quod interpretabantur vas quo volvuntur et velut vannantur res. cf. 
Dufresn. Gloss, in volutare. Jam Humelb. corr. — sphondilis, spon- 
dilis edd. sfondilis, fondilis codd. cf. 3, 20. 9. fin. Plin. 32.-$. 60. 
82. δ. 151 et 154. — piper et mom. scr. pro pipere momento νοὶ 
cod. Par. omento;, non male Hum. scr. in omento, ut sint quasi 
omentata; minus placet ejusdem et pipere, quum spondyli, alica, 
ova, piper conterantur. — inogaro pro oenogaro e cod. Salm. in 
quo etiam „porcellas inococtus“ praeparatur (sic corr, „in occuctn“ 
cf. 8, 7.), sed ejus „„pisces inotocano, inotogonon“ sunt p. in te- 
- gano, ἐν τῷ τηγάνῳ » ξωμοτεγανιστοί 9 patinarii,.qui cum eodem 


& 


‘Von Chr, Th. Schuch u. Ε. F. Wüstemann. ὁ 227 


„esozomi‘ dici possunt (scil. „porcellum exozomum 5. exodiomum‘‘ 
corrige esozomum, qui-in jure est), de quibus ad 4, 2.:— cum 
dulla siligine codd. cum medulla süigino ed. pr.; corr. Hum. — 
baccam mirtam et temperatam ed. pr., Ὁ. mirta et temp. vat., ba- 
cam myrteam extemperatam Paris. ut 7, 5. 6. qui alibi passim 
extenteratam habent ; myrtus Nostro myrta 5. mirta dicitur et 1, 
24, 5, 3. 6, 3. Catoni 125. Varroni L.L. 5, 22. p. m. 114. 
ubi intestinum murta factum murtatum vocatur. Verum jam vidit 
Hum. — nuclus i. 6. nuculeus pro nucleus e cod. Salm. cf. sur- 
clare pro surculare, οἵα pro offula, ossuclum pro ossiculum, al. — 
Ad.cap. II. fasiani pro phasiani in codd. ut faseoli 5, 8. 8, 6. et 
er eo, unde Hum, fecit „ex eis,‘ et idrogaro idrogarata pro hy- 
drogaro, ut idromeli 1, 17. et piretrum pro pyrethrum, et cum, 
isicia, sed ed. pr, tamen i, Hum, tum i; sic postea cum eam sicque 
saepius quam cogites cum accusat. secum habet, in inscriptionibus 
quoque. cf. Jahnii Jahrbb,. LXVI. p. 246. Mornei Latein. u. griech. 
Messen Aus dem zweiten bis sechsten Jahrh. p. 47. — Esicia de 
pullo in esiciato pullo de oleo floris Paris. in esicia de pullo lolae 
floris ed. pr.; olei e suo cod. corr. Hum.; idem librorum feces vel 
coruptum peces non intelligens sales conditos ex 1, 27. edidit. et 
si pro et sic corr. Lister. — isicia multa ab alieno contra Hum. 
qui is. amylata scripsit retinendum, sed illud „ab alieno“ 9, 4. 
corr, „ab aheno,‘‘ etiam ‚‚aquo‘‘ 7, 12. immutandum in „aheno.‘“ 
— silphium, silfium, silfi, gengiber, gingiber, zinziber, zingiberti 
zyniperum, gigerium et zizerium semper variant. cf. Voss. de vit. 
serm. p. 51..52. — cum bene bulluerit, amulo obligas et spisso et 
suruendum f. a. Par; cum volverit amulo obliga spisso, subruendum 
f. a. reiiqui libri; quum. bene ferbuerit, amylo obligas spisso et 


sorbendum feres amylatum, Hum. — infusum pro librorum infusi 
corr. Hum. sed aliud latere videtar; idem Zutulentum ed. quod sit 
spissum, crassum. — defrictum ad 1, 19. — cotonüs e codd. pro 


ed. pr. cotoneis. — caunarum e librorum camarum vel cammarum 
corr.; Hum. caricarum. — ac deinceps cod. Par. accipies d. ed. 

r., desunt in ß. — ossucla Vatt. ossulu Par. ossicula ed. — ori- 
diam Vatt. Salm. ed. pr., orisam Par. orindiam ed. Mediol. orindam 
Hum. — apothermum Par. apotermum reliqui i. e. ἀπόϑερμον, fri- 
gidum; Hum, apodermum i. e. ἀπόδερμον. sine intestinn. — cum 
eam scripsi pro cum jam jam. — Ad cap. Ill. ad mole ed. pr. quod 
non intelligens Hum. fecit α mole. — grana et nuclei codd. corr. 
Hum. — in matrice emend. Lister, in materia lihri. — jus crudum 
pro thus c. tus par. corr. Ham. quod thuris in opsoniis nullus sit 
usus. Lister: ‚at nee ita aliquid certi exprimit, nisi intelligatur de 
aliquo jure superioris capitis.‘“ — Ad cap. IV. petrosilenum vel pe- 
trosilinum libb. — suffricto frictetur Par. — inicies in int. codd. 
Jarices int. edd.; misces addidi ex γ. — Ad cap. V. senapi in codd. 
neque sinapi spernitur. — albamine porri Hum. corr. pro abamine 
. porro, amine porri Paris. Cum Hum. Lister mavult albumine. — 


15* 


! 


228 Sophokles’ Elektra. Metrisch übers, v. Dr, ΕἾ. Lübker. τ 


- eliza t. 6. cod. Par. elixato reliqui, — snmeaverit corr. e librorum 
miniaverit, immaverit; Hum, fumaverit. j ᾿ 


Ad libr. VII. cap. IV. in ofellam e margine est;. variant codd, 
in ofillam β. et ed. pr.; in osillam Par., designans codd. cf. Arnob. 
1, 63, 7, 9. fin. — conj. olim cufis sicca. — unam] corrige 7, 6. 
„bacam mirtae unam, passum,‘‘ pro „uvam passam.“ — disigna- 
veras an desiccaveras? — satias ex f. facias y. facies edd. — εἰ 
umorem ß. Par. ut u. reliqui. cf. ad 2, 1. — legitur et uratur. — 
ciperis codd. in par. deest. — et passum, temp. Par. — cum jure 
suo Par. cum hoc jure of. reliqui. — potest codd. potes ed, pr. sic 
6, 2. corr. manducare potest, i. 6. Hcet. — aprogneo more i. q, 
aprugineo, Aprugno, Aprino, corr. pro aprogeneo m. Hum, apru- 
gneae. — Verba inclusa omittunt Par, γαῖ. y. ed. Mediol,, De cor- 
rupto loco Hum.: ‚tum ex vetusto exemplari tum alias ratione ita 
exigente ita correxi: cum coctae fuerint, super adjicitur his, quum 
in foco sunt, conditura. Piper tritum, condimentum, mel, liqua- 
men, amylum et denuo bulliunt; quum jam bullierunt, sine liqua- 
mine et oleo elixas et siccas ) pipere asperso inferes.* — assae γ. 
- 4580 reliqui, reddantur Hum. — .ciatus, ciati οἷς, constanter codd. 
— misce- Par, pro mixtis, mixti aliorum. — in aquam codd, in 
aqua Hum, 


Sophokles’ Elektra, 


metrisch übersetzt von Dr. Friedr. Lübker, Director des Gymna- 
siums zu Parchim. 


(Vgl. Archiv f. Phil. u. Paed. Bd. XVII. 8. 593-606.) 


ZWEITER CHORGESANG,. 
4. Strophe. Chor. 


465 Wenn nicht irregeführt jetzo mein Blick, 
Klugen Sinns völlig beraubt, mich täuscht — 
Mahnend kommt die Rache ᾿ 
Gerechten Sieg in den Händen tragend, schon daher; 
Bald folgt sie, Tochter, nicht lange währt es mehr. 
470 Mir wächst gemach der Muth, 
Seit ich die süssen Klänge dieses Traumes angehört. 
Nicht wird vergessen mehr der Vater, 
Hellas König, sein, 
475 Noch jene alte erzgefügte 


.- 


Sopliokles’ Elektra, Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker. 229 


Scharfe Doppelaxt, 
Die jenen gemordet hat verrucht aufs Schmachwsllste. 

Gegenstr. Mächtig so an dem Fuss wie mit dem Arm 
In Versteck schrecklichen Hinterhalts, 

480 Ehern geht die Rache. 

Denn schiöde Lust nach dem mordbefleckten Ehebund 
Ergriff unwürdig, die nimmer es gedurft, 
+ Drum fasst mich ja der Muth, 

485 Nimmer, o nimmer nah’ uns solches Zeichen ohn?’ Gefahr 
Für Tbäter und Mitthäterin. Traun, 
Keine Mahnung liegt 
Mehr in der Menschen schweren Träumen, 
Noch im Götterspruch,, 

490 Wenn nicht diese Nachterscheinung wohl zum Ziel führet. 

Schlussgesang. Wie traf doch die mühvolle - 

Ehmalige Wettreise 
Des Pelops mit Nothfülle 
Dieses Land. 

495 Denn seit in das Meer sinkend 

Myrtilos hinabstürzte, 

Ihn der goldne Stuhl 

Schmächvollen Missgeschicks 

Zur Tiefe hinabschleudert, 

500 Noch nicht sind 
Gewichen von dem Hause - 
Des Ungemachs Drangsale. 


6. ZWEITER AUFTRITT AUF DER BÜHNE. 
Klytaemnestra. Elektra. Greis. Chor. 


Klytaemnestra (von Dienerinnen mit Opfergaben begleitet, 
tritt auf). 


Du treibst dich wieder, scheint es, zügellos umher: 
Aegisthos ist nicht da, der immer dir gewehrt, . 

505 Hier vor der Thüre auf die Deinigen zu schmähn; 
Jetzt aber, da er fern ist, kümmerst du dich nicht 
Um mich; wiewol du oftmals schon vor Vielen mich 
Verklagt, dass ich so trotzig, wider alles Recht > 
Gebiete, dich verhöhnend und das Deinige, 

510 Ich habe keinen Hohn, und schmäh ich dich, so ists, 
Weil ich so oft von dir die Schmähung hören muss, 
Der Vater sei, das ist dein ew’ger Vorwand nur, 
Durch mich gestorben; ja, durch mich; das weiss ich nur 
Zu wohl, und nimmer fällt mir es zu leugnen ein, 

515 Die Rache fasste ihn, nicht ich allein, der du 
Hättst helfen sollen, wenn du nur verständig wärst. 
Hat dieser Vater, den du stets beklagst, allein 


- 


230 Sophokles’ Elektra. 


Von allen Griechen können deine Schwester doch 
Den Göttern opfern, gleichen Schmerz empfindend nicht, 
620 Er, der ihr Vater war, wie ich, die sie gebar. 
Nun also zeige mir, aus welchen Grunde denn 
Er sie geopfert? Der Argiver wegen wol? 
Die hatten nie ein Recht zu morden mir mein Kind. 
Erwürgt er für den Bruder Menelaos gar, 
525 Was mein ist, war er da nicht Busse schuldig mir? 
Und hatte der der Kinder nicht ein Paar, das doch 
Vor dieser sterben musst’, vom Vater abgestammt 
Und von der Mutter, die die Fahrt verschuldete ? 
Was hat für grössre Sehnsucht denn der Hades doch 
530 Nach meinen Kindern wol als nach den ihrigen? - 
Erlosch dem freveln Vater meiner Kinder Lieb? 
Und die zu Menelaos Kindern lebt’ in ihm? 
Heisst das nicht unbesonnen, bösgesinnet sein ? 
So mein? ich doch, ist es auch deine Meinung nicht, ἡ 
535 Die Todte selber, hätt’ sie Stimme, spräche so. 
Drum bin ich nicht missmuthig über das, was hier 
Geschehn; schein’ ich dir aber dennoch schlechtgesinnt 
Bei so gerechtem Grunde —- wirf es den Deinen vor. 


Elektra. 


Nun wirst du doch nicht sagen, dass mit Kränkung ich 
540 Beginnend, dann von dir dasselbe erst gehört; 

Vergönnst du’s aber, werd’ ich von dem Todten jetzt 

Erwiedern nach Gebühr und von der Schwester auch, 


Klytaemnestra, 


Ja wohl verstatt? ich’s; wenn du stets mit deinem Wort 
Anhübest also, hörtest nie du Kränkungen. 


Elektra. 


545 Und schon beginn’ ich; du bekennst des Vaters Mord. 
Wo gibt es noch ein schmacherfüllter Wort als dies, 
‚Sei's nun mit Recht gethan, sei’s nicht, doch sag? ich dir, 
Nicht mordetest du ihn dem Recht zu Lieb’, dich zog 
Verfuhrung van dem bösen Mann, mit dem du lebst. 

550 O frage nur die Jäg’rin Artemis, wofür ἘΝ 
Zur Strafe sie die starken Wind? io Aulis hemmt’, 

Sonst sag?’ ich’s, weil’s von ihr zu forschen nicht erlaubt. 
Es hat mein Vater einst, so hör’ ich, auf der Jagd 
Im Hain der Götter aufgescheucht durch seinen Schritt 

555 Den bunten schöngehörnten Hirsch, ob dessen Fall 
In stolzem Rühmen er ein Wort entfallen liess. 

Seit der Zeit hat der Leto Tochter zürnend dort _ 
'Gehalten die Achaeer bis der Vater als 


Metrisch übers. v. Dr Fr. Lübker. 931 


Ersatz des Thiers die eigne Tochter dargebracht. 
560 So stand’s mit ihrem Opfer; kein Entkommen war 
‘Dem Heere weder heimwärts noch nach Illium, 
Darum, gar sehr gezwungen, widerstrebend nur 
Gab, nicht um Menelaos willen, er sie preis. 
Und hätte denn — ich red’ in deinem Sinn — er dies 
565 Gethan um ihm zu nützen, durfte darum denn 
Von deiner Hand er sterben? Wo ist das Gesetz? 
Sei auf der Hut, dass nicht, erfindend diess Gesetz 
Den Sterblichen, du Leid und Reue dir bereit’st. 
Denn darf man einen für den andern morden, dann 
570 Stirbst du, wofern Gerechtigkeit dich trifft, zuerst. 
Allein bedenk’, dass du nicht eiteln Vorwand bringst. 
Denn wenn du magst, belehre mich, weshalb du jetzt 
Die schmählichste von allen Thaten grade thust, 
Die du das Lager des Verruchten theilst, mit dem 
575 Vereint du meinen Vater einst getödtet hast, 
Und Kinder zeugst, die vor’gen Kinder aber, rein 
Aus reiner Eh? entsprossen, hart verstossen hast. 
Womit rechtfertige ich das? vielleicht sagst du, 
Dass du auch hier Ersatz für deine Tochter nimmst? 
580 Gar schimpflich, sagtest du’s nur. Nimmer edel ist 
Der Tochter wegen mit dem Feind der Ehe Bund, 
Doch darf ich solche Mahnung ja nicht geben dir, 
Die du es immer auf der Zunge trägst dass wir 
Die Mutter schmähn. Und doch fürwahr acht’ ich in dir 
585 Nicht mehr die Mutter als die Herrin gegen uns, 
Weil ich ein elend Leben lebe, stets durch dich 
Und den Genossen in das tiefste Leid versenkt. 
Der andre draussen, deiner Hand mit Müh’ entflohn , 
Der duldende Orest verbringt ein armes Loos; _ 
590 Und doch beschuldigest du mich, ich nähr’ in ihm 
Dir einen Rächer. Und gewiss, ich würd? es thun, 
Wenn ich’s vermöchte: wiss’ es wohl! Drum magst du gern 
Mich nennen immer laut vor Allen sei’s nun schlecht, 
Sei’s frech in Reden oder sei es unverschämt. 
- 595 Denn wenn. ich von Natur geübt in Solchem bin, 
Bring’ ich vielleicht nicht Schande über dein Geschlecht. 


Chor (auf Klytaemnestra blickend). 


Ich sehe Zorn sie athmen; aber ob das Recht 
Dabei ist, darum seh’ ich sie nicht mehr besorgt. 
Klytaemnestra. 
Was sollt’ ich auch wol Sorge dieser schuldig ‚sein, 
600 Die so mit ihrem Wart die eigne Mutter schmäht, 
Und das in solchem Alter gar? Scheint fähig sie 
Dir nicht zu jeder That zu schreiten ohne Scheu? 


232 Sophokles’ Elektra. 


Elektra, ‚ 


O wiss’ es wohl, wie sehr ich mich dess schämen muss, 
Wenn’s dir auch nicht so scheint; ich fühl’ es wohl, dass ich 
605 Vollbringe, was nicht mir, nicht meinem Alter ziemt, ἡ 
- Allein es nöthigt mich ja deine Feindschaft und 
Dein Treiben dieses wider Willen so zu thun. 
An böser That ja wird die böse That erlernt. 


Klytaemnestra. 


Schamloses Kind, nur allzuviel erlaube ich, 
610 Erlaubt mein Reden und mein Thun zu sprechen dir. 


Elektra. 


Du sagst es selbst, nicht ich; denn du vollbringst die That; 
Es spricht sich nur die That in meinem Worte aus. 


Klytaemnestra. 


Fürwahr du sollst, hei Artemis, der Herrscherin, 
Dem Trotze nicht entgeh’n, sobald Aegisth nur kommt. 


- Elektra. 


“618 Siehst du? In Zorn geräthst du, ob du gleich doch mir 
Zu reden frei erlaubtest, nun nicht hören kannst, 


Klytaemnestra.. 


Lässt da denn nun nicht unter frommer Stille Ganst 
Mich opfern, nachdem ich dir jedes Wort erlaubt? 


Elektra. 


Ich lass’ es, wünsch’ es, opf’re nur, beschuldige 
620 Nicht meinen Mund, der nichts mehr weiter sagen wird, 


Kiy taemnestra (zur begleitenden Dienerin). 


Heb’ auf das Opfer jetzt von Früchten, Dienerin, 

Damit ich diesem Herrscher sende mein Gebet, 

Das mich befrein soll von der Furcht, die jetzt mich hält. 
Ὁ dann du’s hörtest nunmehr, Schirmherr Phoebus, mein 

625 Verhülltes Wort; denn nicht im Kreis der Freunde wird 
Es laut, und nicht geziemt sich’s, Alles an das Licht - 
Hier zu entfalten, während die mir nahe ist, 

Dass nicht voll Neides und vielzüngigen Geschreis 
Sie falsches Wort verbreite durch die ganze Stadt. 

630 Vernimm es s0; denn so nur kann ich’s melden dir. 
Was ich geschaut in dieser Nacht, zwiefachen Traums 
Gestaltungen,, die lasse mir, Lykeerhort, 

Wenn sie zum Heil erschienen, in Erfüllung gehn, 
Doch siud sie schlimm, wirf sie zurück auf Feindes Haupt. 
635 Und wenn mich einer aus des Lebeus Reichthum hier 


Metrisch übers, v, Dr. Fr, Lübker. 958 


Mit Tücke zu verdrängen sinnt, lass nicht es zu. 

Erhalt” mir 30 bei ungestörtem Lebensglück 

Die Wohnung der Atriden und ihr Scepter stets, 

Vereint den Lieben, welche jetzt mir nahe stehn, 
640 In heit’rem Frieden, und den Kindern, welche mir 

Nicht Uebelwollen leitet oder bitt’rer Hass. 

Erhör’ uns gnädig, o Lykeerhort Apoll, 

Und gib-uns Allen so wie wir’s von dir erflehn. 

Doch alles Audre weisst du, dess bin ich gewiss, 
645 Als Gottheit sicher, auch wo ich es schweigen muss, 

Des Zeus Entspross’ne mässen billig Alles sehn. 


Greis (tritt auf als Bote aus Phokis). 


Ihr fremden Frauen, wie 'erfahr? ich’s wol gewiss, 
Ob der Palast Aegisth’s, des Königs, dieser ist? 


Chor. 
80 ist's, o Fremdling, du hast recht vermuthet schon. 
Greis. - 


650 Find’ ich denn auch in dieser hier die Göttin wohl? 
Denn sie ist würdig wie die Herrin anzuschaun. 


Chor. 
Vollkommen recht; sie stehet selbst ganz nah bei dir. 
Greis, 


Sei, Königin, gegrüsget, dir und dem Aegisth 
Bring’ ich willkomm’n® Botschaft. her von Freundeshand. 


Klytaemnestra 


655 Ich nehme freudig auf das Wort; doch wünsche ich 
Zuerst von dir zu wissen, wer dich hergesandt. 


Greis, 
Pbanoteus von Phokis gab mir wicht’gen Auftrag mit. 
Klytaemnestra. 


Sprich, welchen, Fremdling. Denn vom lieben Manne her, 
Weiss ich bestimmt, dass du uns liebe Kunde bringst. 


Greis. 
660 Orest ist todt. Ich kleid’ es ein in kurzes Wort. 
Elektra, 
Weh mir Unglücklichen, ich bin vernichtet heut’, 
| Klytaemnestra, 
Was sagst du, Freund? was sagst du? — Höre nicht auf sie. 


4 


234 Sophokles’ Elektra. 


Greis, ' 
Ich sag’ und wiederhol? es jetzt: Orest ist todt. | 
Elektra. 
So bin ich Arme denu verloren, bin nichts mehr. 
Klytaemnestra. 


665 Besorge du dein eigen Werk; doch mir, o Freund, 
“Gib treue Kunde von der Weise, wie er starb. 


ατοὶ 8. 


Dazu bin ich gesendet; Alles meld’ ich dir. — 

Als jener kam zu Hellas weitberühmtem Fest, 

Dem Prunk der Kampfesspiele, jener delphischen, 

670 Und als er hört?’ des Mannes lauten Heroldsrnf, 
Ankündigend den Lauf der Spiele ersten Theil, 
Trat er hervor voll Glanz, zum Staunen Aller dort; 
Dem Wuchse kam sein schneller Lauf zum Ziele gleich, 
Er trug davon des Sieges reichen Ehrenschmuck. 

675 Und um bei Vielem Weniges zu sagen dir, 

Ich kenne solche 'Thaten oder Siege nicht. ἢ 

Eins wisse: so viel Preis’ ertheilt der Richter Hand 

Im Lauf, der Doppelbahn, dem Fünfkampf, wie es Brauch, 
In Allem trug er jeden Siegespreis davon, 

680 Man pries ihn laut, rief ihn als den, Argiver aus, 

Orest, so hiess es, jenes Agamemnons Sohn, 

Der Hellas weitberühmtes Heer einst sammelte. 

So herrlich ging’s mit diesem; aber wenn ein Gott 
Uns schadet, könnte auch ein Starker nicht entfliehn. 

685 Denn als am andern Tag’ begann der schnelle Lauf 
Der Ross’ und Wagen mit der Sonne frühem Strahl, 
Trat er mit vielen Kämpfern in die Schranken ein. 
Achaeer war der ein’, aus Sparta war der zweit”, 
Geschirrter Wagen Lenker zwei aus Libyen; 

690 Drauf folgte er nun mit thessalischem Gespann, 
Der fünfte; dann ein sechster aus Aetolien 
Mit falben Rossen, darauf ein Magnesier; 

Der acht’, ein Aeniane, weisse Rosse führt’, - 
Ein neunter aus der gotterbauten Stadt Athen; 

695 Den zehnten Wagen dann nahm ein Boeoter ein. 
Sie standen, wie die festgesetzten Richter nach 
Geworf’nem Loose ihre Wagen ordneten, 
Fortstürmend bei der Ehernen Drommete Ton. 

Die Ross’ ermuntern sie, die Zügel schütteln sie 

700 In ibren Händen; es erfüllet die ganze Bahn 
Der Räder Rasseln, und es wirbelt hoch empor 
Der Staub; und alle durch einander bunt gemischt, 


Metrisch übers.. v. Dr. Fr. Lübker. 235 


Spart keiner seinen Stachel, um zu eilen an 
Des Andern Achs’ und Rosseschnauben hin. 


705 Denn um den Nacken und die Wagenräder floss 
Der Schaum, vom nahen Hauch der Rosse angespritzt, 
Er aber hielt dicht an die letzte Säule hin 
Und streifte stets die Narbe, liess sich frei ergehn 
Das rechte Leinross, hemmend dann das innere. 


710 Und eine Weile standen grad’ die Wagen all?,, 
Dann aber stürzten ungebändigt, voll Gewalt 
Des Aenianen Rosse vor, am Wendepunkt, 

Als sie sechs, sieben Mal die Bahn vollendeten, 
‘ „Stösst ihre Stirn auf das barcaeische Gespann. 


715 Und weiter stiess und fiel nach einem Missgeschick 
Der eine um den andern, und es füllte sich 
Mit wüsten Wagentrümmern Krissos ganzes Feld. 
Als das der kund’ge Wagenlenker aus Athen 
Bemerkt, lenkt er bei Seit’ und hemmt die Ross’ und lässt 


720 Den Wagenschwall sich in der Mitte wirbelnd drehn. ΄ 
Als Letzter fuhr daher Orest und hielt zurück 
Die Rosse, weil aufs Ziel er seine Hoffoung setzt. 
Als er nun Jenen einzig nachgeblieben sieht, 
Gellt er den hurt’gen Rossen hellen Laut ins Ohr 
725 Und setzet nach; und, gleich gemacht der Räder Reihn, 
Enteilen sie, bald dieser, bald der andere 
Um Kopfeslänge überragend im Gespann. 
Und alle andern Bahnen hatte glücklich schon 
Der Arme, hoch auf hohem Sessel, durchgeführt: 
730 Da plötzlich, als beim Wenden er den Zügel löst 
Des linken Rosses, stösst er unbemerkt den Rand 
Der Säul’ und bricht der Achse Nabe mitten durch. 
Er sinkt vom Sesselrande und verwickelt sich 
In den gewund’nen Riemen; doch so wie er stürzt, 
735 Zerstreuten sich die Rosse mitten in die Bahn. 
Und als die Schaar dahin vom Wagensessel ihn 
Gestürzet sah, beklagte sie den Jüngling laut, 
Dass ihn nach solchen Thaten solch Geschick ereilt: 
Am Boden fortgeschleift, bald himmelwärts empor 
740 Die Glieder streckend, bis die Wagenlenker ihn, 

- Nur mühsam hemmend seiner Rosse wilden Lauf, 
Befreiten so mit Blut befleckt, dass ihn kein Freund 
Erkennen konnte, sehend den entstellten Leib. 

Ihn bringen denn, am Scheiterhaufen gleich verbrannt, 
745 Arınsel’ger Asche mächt’gen Leib im kleinen Krug 

Betraute Männer jetzt hierher aus Phokerland, 

Damit er finde hier sein Grab im Heimathsland. 

So wär das Ganze, auch in Jder Erzählung noch 


236 Sophokles’ Elektra, 


Gar schmerzlich, doch für uns, die wir’s mit Augen sah’n, 
750 Das fürchterlichste Unglück, das ich je geschaut. 


Chor. 


ΔΒ, weh! So ist der alten. Herrscher ganzer Stamm 
Denn nunmehr, wie es scheinet, völlig ausgetilgt, 


Klytaemnestra. 


O Zeus, wie soll ich nennen dies? — Beglückt? 
Und nicht: Zwar schrecklich, doch gewinnreich? Bitter ist’s, 
755 Wenn man das Leben nur mit eig’nem Leid erkauft, - 


᾿ Greis. . 
Warum verstimmen, Herrin, meine Worte dich? 


Klytaemnestra. ” 


Gar schwer ist’s Mutter ‚sein; auch wenn sie Unrecht trägt, 
Kann sie doch nimmer hassen, was sie einst gebar. 


Greis. 
So bin ich denn umsonst. gekommen, wie es scheint. 


Klytaemnestra, 


760 Nicht doch umsonst. Wie redetest du wol umsonst, 
Wenn du von dessen Tode sich’res Zeugniss mir 
Zu bringen kommst, der, meinem Leben einst entstammt, 
Bald meiner Brust und Pflege fern, im fremden Land 
Verbannet lebte, und seitdem er dies Gebiet 
765 Verliess, mich nicht mehr sah; vorwerfend aber mir 
Des Vaters Mord Entsetzliches mir immer droht’, 
So dass mich nicht des Tages noch des Nachts” umfing 
, Ein sanfter Schlaf, vielmehr die Zeit, die nahe rückt’, 
Fortwährend mich gleichwie zum Tode vorwärts drängt‘, 
‘770 Jetzt aber (heute bin ich ja von Furcht befreit 
Vor dieser und vor ihm; denn gröss’rer Fluch ja lebt 
In ihr mit mir zusammen, die sich sättigt stets 
An meines Lebens reinem Blut) jetzt werde ich 
Gesichert leben wol vor ihren Drohungen. 


Elektra. 


. 775 Weh mir Unglücklichen! ‚Jetzt ist es mir erlanbt, 
Orest, um dein Geschick zu klagen, da du so 
Noch Hohn ‘von deiner Mutter erntest. Ist das recht? 


Klytaemnestra, 
Dir nicht, wohl aber ihm geschiehet so sein Recht, 
Elektra, | 
O hör’ es, du des jüngst Verstorb’uen Rachegeist: 


Metrisch übers. v. Dr Fr. Lübker. 


Klytaemnestra, 
780 Er hörte nach Gebühr und hat’s ‚wohl ausgeführt. 
Elektra. 
Jetzt spotte nur, denn jetzt erfreust du dich des Glücks. , 
Kiytaemnestra. 
Das ihr, Orest und du, mir nicht mehr nehmen könnt. 


Elektra. 
Uns ist genommen, wir ja nehmen dir nichts mehr. 


Klytaemnestra, 


‘ Du wärst gekommen, Freund, gar grossen Lohnes werth, 
785 Hättst du genommen ihr der Zunge lautes Schrein, 


Greis. 
So kann ich demnach gehn, wenn dieses wohl besorgt. 


Klytaemnestra. 


Mit nichten. Denn begegnet wäre dir, nicht mein, 

Noch auch des Freundes würdig, der dich hergesandt. 

Tritt vielmehr näher un« lass diese draussen hier 
790 Um eig’ne wie um ihrer Freunde Nothdurft' schrein, 

Ι (Geht mit dem Greise in den Palast hinein.) 


Elektra. 


Erkennet in der Armen ihr die Mutter wol, 

Die voll von Schmerz und Sorge heftig weint 

Und jammert um den also umgekamm’nen Sohn ? 

Nein, triumphirend geht sie fort. Ich Unglückselige! 
795 Orest, du Theurer, wie vernichtet mich dein Tod. 

Du hast gerissen ja aus meinem Sinne fort 

Die einz’ge Hoffnung, die mir übrig blieb, 

Du kämst im Leben, rächend deinen Vater einst 

Und mich die Arme; wohin soll ich jetzt denn fliehn ? 
800 Ich bin allein ja und von dir verlassen und 

Dem Vater. Nunmehr muss ich knechtisch dienen denn 

Bei den verhasstesten der Menschen wiederum, ' 

Den Mördern meines Vaters. Gehts dann glücklich mir ? 

Nein, ich will künftig unter Einem Dach nicht mehr 
805 Mit ihnen leben, lieber draussen hier am Thor 

Preisgebend mich, freudlos mein Leben schleppen hin. 

Dann mag mich gerne tödten, wem ich lästig bin, 

Von den im Hause; Freude ist mir’s, wenn ich sterb’, 

Und Gram zu leben, denn des Lebens Reiz ist hin. 


237 


238 Sophokles’ Elektra. 


6. DRITTER CHORGESANG. 


Chor. Elektra. 
Chor. 


810 Erste Strophe. Wo weilet des Zeus zuckender Strabl, wo 
ist das Licht 
‚ Helios, wenn schauend darauf sie 
Diess ruhig verhüllen? 


Elektra. 
Ach ach, wch weh. 
Chor. 
Was jammerst du, Mädchen ? 
“ Elektra. 
815 Weh! 
Chor. 
Ach, klage zu laut nicht. 
Elektra. 
Du betrübst — ΄ 
Chor. 
Wie? a 
‚Elektra. 


Wenn Hoffnung du weckst, welche so klar 
820 Hades Gebiet riss mir hinab, wirst du mich nur, tief schon 


gebeugt, 
Mehr in den Staub treten. 
Chor. 
Erste Gegenstr. Ich weiss, wie der Held Amphiaras plötzlich ver- 
schwand, 


Weil jene Goldkette das Weib sah; 
Jetzt unter der Erde — 


Elektra. 
825 Ach, ach, wehe. 
Chor. 
Voll Leben noch herrschet. 
Elektra. “ 
Weh. 
. Chor. 
_ Weh, jene Verruchte — 
Elektra. 
‚Sie erlag. 
Chor. 
Ja, 
Elektra 


830 Ich weiss; es erschien rächend ein Geist 
Um seinen Gram; miraberbleibt keiner hinfort ; der mir noch war, 
Weg mir gerafft ist er, 


Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. 


Chor. 
Zweite Strophe. Dulden ist, Dulderin, dein Loos. 
Elektra. 
835 Auch ich weiss das, weiss es nur zu sehr, 
Erfüllet in der Monde Frist 
Mit finst’rer Klagen Jammer. 
Chor. 
Was du beklagst, weiss ich. 
Elektra. 
Lenke drum mich nicht mehr 
840 Dahin noch ab, wo doch — 
Chor. 
Du meinst? 
Elektra. 
Nicht mehr verhleibet schwesterlich Hoffen auf des 
Edelen Sohnes Beistand. 
Chor. 
Zweite Gegenstr. Jeder Mensch fällt dem Tode anheim. 
Elektra. 
845 Und muss im Kampf hurtiger Rosse 
Wie jener sich erbarmenswerth 
Im Riemenwerk verstricken? _ 
Chor. 
Ganz ungeahnt schmählich. 
Elektra. 
Ist es nicht, wenn er fremd, 
850 Ferne von meiner Hand — 
Chor. 
Hilf Gott! 
Elektra. 
Dahinsank , ohne dass ihm ein Grabmal bereit, 
Noch eine Klag’ von uns hier? ιν 


7. DRITTER AUFTRITT AUF DER BÜHNE, 
Chrysothemis, Elektra. Chor. 


. Ν Chbrysothemis. 
Die Freude treibt, Geliebteste, in Eile mich, 
855 Vergessend selbst des Schicklichen, zu treffen dich. 
Denn Freude bring’ ich und Erlösung von dem Leid, 
Das du zuvor ertragen und bejammert hast, 
Elektra, 


Woher ersännest du für meiner Leiden Maass 
Errettung, für die keine Hülf’ erkennbar ist ἢ 


240 


860 


865 


Sophokles’ Elektra. 


Chrysothemis. 


Orest ist uns erschienen; wiss’ es und vernimm’s 
Von mir, leibhaftig so wie du mich selber schaust. 


Elektra. 


Bist rasend du, Unselige, und spottest noch . 
Mit deinen Leiden sowie mit den meinigen. 


Chrysothemis, 


Ich schwör’s beim väterlichen Herd, ich spreche nicht 
Zum Hohne dies, nein, dass er wirklich uns erschien. 


Elektra. 
Weh mir Unseligen! und welches Menschen Wort 


. Vernahmst du denn, dass du so fest darauf vertraust. 


870 


875 


880 


885 


«4 


Chrysothemis, 
Ich von mir selbst und keiner andern, weil ich sah 
Gewisse Zeichen, bau’ ich fest auf dieses Wort, 
Elektra, 


Worin Gewähr erblickend, Arme? worauf siehst 
Du denn, dass dich so unheilbare Gluth ergreift? 
Chrysothemis. 
Vernimm’s denn bei den Göttern, dass du künftig mich, 
Von mir es hörend, thöricht oder weise nennst. 
Elektra. ᾿ς 
Erzäble denn, wenn solches Wort dir Freude macht. 
Chrysothemis. 
So sag’ ieh dir denn Alles, was ich selbst gesehn. 
Denn als ich zu des Vaters altem Grabe kam, 
Erblick? ich auf des Hügels Spitze frisch gesprengt 
Die Gisse Milch und rings umher im Kreis bekränzt 
Mit allen ‚Blumen, die jefzt blühn, des Vaters. Sarg. 
Ich staune bei dem Anblick und ich späh umher, 
Ob irgendwo ein Sterblicher mich nah berührt. 
Doch als in tiefer Ruh den ganzen Raum ich sah, 
Trat ich zum Grabe näher und an Hügels Rand 
Sah ich vom Haupt geschnitten eine Locke frisch; ' 
Und als ich Arme kaum es sah, füllt mir ins Herz 
Ein trautes Bild, ich mein’ ein Zeichen hier zu seha 
Von dem. geliebtesten der Menschen , von Orest. 
Und in die Hand es nehmend schweig’ ich ehrfurchtsvoll, 
Doch füllt das Auge gleich mit Freudenthränen sich, 


on 


890 Und so weiss ich denn jetzt wie damals ganz gewiss, 


"Dass dieser Sckmuck von keinem ist als nur von ihm. 


Denn wem noch sonst als mir und dir geziemte dies? 
Und ich hab’s ja doch nicht gethan, das weiss ich wohl, 


\ 
Metrisch-übers. v. Dr. Fr. Lübker.. Al 


Noch du. Wie solltest da? die ἀπ ja nicht einmal 
895 Zur Gottheit ungestraft aus diesem Hause gehen darfst. 

Und auch der Mutter Sinn ja liebt es nimmermehr 

Solch Werk zu thun, noch übte sie es unbemerkt; 

Nein, vom Orestes sind uns diese Grabesweih’n. 

Drum, Theure, fasse Muth; nicht immer stehet doch 
900 Dieselbe Gottheit stets denselben mächtig bei. 

Sie war uns vormals gram, allein der heut’ge Tag 

Wird uns vielleicht der Anfang reichen Glückes sein. 

Elektra. 
Ach weh, wie jammert mich schon längst dein Unverstand, 


Chrysothemis. 
Wie so? bringt dir nicht Freude, was ich dir gesagt? 
Elektra. 
905 Du weisst nicht, wo du bist, nicht, wo dein Sinn dir steht. 
Chrysothemis, 
Wie wüsst’ ich das nicht, was ich deutlich selbst gesehn? 
, Elektra. 


Unsel’ge, er ist todt; das Heil für dich — von ihm 
Ist es dahin; auf jenen harre nimmer mehr. 


‚ Chrysotbemis. 
Weh mir! — von wem der Sterblichen vernahmst da dies? 
Elektra, 
910 Von einem, der ganz nah dabei war, als er ‚ starb. 
Chrysothemis. 
Und wo ist dieser? Staunen fasst mich allgemach, 
Elektra. 
Daheim, der Mutter sehr willkommen, nicht verhasst. 
Chrysothemis. 


Ich Unglücksel’ge; — aber wem gehörten doch 
Die reichen Todtenspenden auf des Vaters Grab ἢ 


Elektra. 
915 Ich denk’ am eh’sten, dass man zur Erinnerung 
Sie dem gestorbenen Orestes dargebracht. 
Chrysothemis. 
O schmerzlich Loos; voll Freude eilte ich hierher 
Mit solcher Kund’, und alinte nicht, wie tief wir sind 
Im Elend; aber jetzt, da ich gekommen bin, 


920 Find’ ich das alt? — und neues Unglück noch dazy. 
Archiv fı Phil. u. Paedag. Bd.XIX. Hft. 2. 1 


242 ....  Soghokles’ Elektra, on 


Elektra. 


Also verhäkt sich’s dir; du aber, folgst da mir, 
Wirst Hösen dieses gegenwärt’gen Leides Last. 


: Chrysothemis, 
Würd’ ich die Todten wieder auferwecken je? 
Ä Elektra. 
Das hab’ ich nicht gemeint; nicht bin ich so bethört. 
Chrysothemis. . 
925 Was forderst du denn, wofür ich dir Bürgschaft gäb’? 
Rlektra.- 
Zu wagen eine That, zu der ich dich ermahn?. 
Chrysothemis, 
Ich weis’ es nicht von mir, wenn Nutzen es verspricht. _ 
Elektra. 
Bedenke, sonder Müh? gelinget nichts dir je. 
' Chrysothemis, 
Das weiss ich; darum trag’ ich bei, was ich vermag. 
Elektra. ὁ N 


930 So höre jetzt denn, wie ich’s zu erfüllen dacht. 

Von Freunden, weisst auch du, ist keine Hülfe mehr - 
Für uns vorhanden, alle hat der Hades uns 

Entrissen und geraubt, liess uns allein zurück. 

So lange ich vom Bruder immer noch vernahm, 

985 Wie er am Leben blüht’, da hofft’ ich, dass er einst 
Erscheinen werd? als Rächer für des Vaters Mord; 
Jetzt aber, da er nicht mehr ist, schau? ich auf dich, | 
Dass du nicht zauderst, mit der Schwesterhand vereint 
Zu morden den Vollbringer väterlichen Mords, 

940 Aegisth — denn nichts darf ich dir jetzt verhehlen mehr. 
Wie lange harrst im Leichtsinn du, noch ungetrübt 
Auf welche Hoffnung bauend? die da klagen darfst 
Um des ererbten Reichthums dir geraubten Schatz, 

“Auch trauern darfst, dass du bis zu so langer Rrist 

945 Ohn’ Ehe und Vermählung so hinaltern wirst. 
Und hoff’ es nimmer, dass du dies erlangen wirst 
Jemals; so unbesonnen ist Aegisthos nicht, 

Dass er von dir je liesse oder auch von mit 
Geschlecht erwachsen, sich zum sicheren Verderb. 
“950 Doch wenn du meinem Ratlıschlag folgen willst, zuerst 
Wirst da empfangen drunten Ruhm der Frömmigkeit 

Von dem geschied’nen Vater und vom Bruder auch; 

Dann wirst du freigeboren, wie du’s bist, fortan 

Auch wieder heissen, und wirst würd’ger Ehe Bund 


* 


Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker. > 243 


955 Erlangen. Sieht doch jeder gern auf das, was frommt,. ' 
Wie grossen Ruhm der Rede aber, siehst du’s nicht 
Wirst du, wenn du mir folgst, bereiten dir und mir} 
Wo ist ein Bürger oder Fremder, der uns sieht 
Und uns mit hohem Ruhme nicht begrüssen wird ? 

960 Seht da, ihr Freunde, jenes edle Schwesterpaar, 

Das Rettung brachte seinem väterlichen Hatıs, 

Das an den Feinden einst in ihres Glückes Zeit,.. 
Des eig’nen Lebens nimmer schonend, Mord vollzog. 
Die muss man lieben, müssen preisen Alle hoch, 

965 Die an den Festen und im Kreis der ganzen Stadt 

Jedweder ehren um die That- voll Männerninth, ' 

So wird won ats dann sprechen jeder Sterbliche. 

Im Tod und Leben, dass.uns nie der Ruhm verlässt. 
Drum,. Traute, folge mir und steh dem Vuter bei, | 

970 Leid’-für den Brüder mit, befrei’ mich äus der Noth, 
Befrei? auch, dich, indem du dies beherzigest, 

Dass schmäblich leben schmählich ist für edlen Stamm. 


. Chor. 


In solchem Werke steht nothwendig Vorbedacht 
Mit Reden und mit.Hören stets im festen Bund. 


'Chrysothemir. 


975 Und vor dem Sprechen schon, ihr Frauen, hätte sie, 
Wenn sie nicht übeln Sinnes wäre, sich bewahrt 
Die Vorsicht so, wie sie dieselbe nicht bewahrt, — 
Worauf doch blickend rüstest du mit solchem Mnth 
Dich selber aus und rufest mich zu gleicher That’? 
980 Siehst du denn -nichts? Du bist ein Mädchen und kein Mann; 
“Und es vermag dein Arm nichts wider. deinen Feind. 
Und eine dunkle Macht, die ihnen günstig heut’, 
Ist uns dabingeschwunden und zu nichts verweht. 
Wer.nun, der Einen solchen Mann zu stürzen denkt, 
985 Wird von dem Schmerz der Strafe ganz befreiet sein? Ὁ 
Verhüt’, dass. wir. ‚schon leidend nicht noch gröss’res Leid 
Uns schaffen, wenn man diese Reden hören wird, 
Denn nichts ja frommt es uns noch 'nützet es mit Schmach 
Nach edler ‘Thiaten Ruhm dann in den Tod zu gehn, ΄ 
990 Denn nicht der Tod ist uns so bitter, sondern wenn 
Man ihn begehrt und dennoch nicht erlangen kann. | 
Drum flehe ich, ‘bevor wir in's ‘Verderben ganz 
Uns selber stürzen und veröden unsetn Stamm, 
Beschwicht’ge deinen Zorn. Und was gesprochen ist, 
995 Bewahr’ ich dir als ungesprochen, unerfällt. 
Du aber selbst gewinne endlich doch den Sion, 


Ohnmächtig nicht den Mächtigen zu widerstehn. 
16* 


244 ‚ Sophokles’ Elektra. 


Chor. . . 
Gib,nach. Es kann der Mensch kein schön’res Gut-empfahn 
Als "Vorbedachtsamkeit und weisheitsvollen Sinn. 
Elektra. 


4000 Nichts Unerwartetes hast du gesagt. Gar wohl 
Wusst’ ich, dass du verschmähen würdest, was ich bot, 
So muss ich denn mit eig ’ner Hand allein vollziehn 
Das Werk hier; denn ja nimmer lass’ ich’s ungethan. 


Chrysothemis, 
Weh!: 
Ach dass du doch gewesen wärest so gesinnt 
1005 Beim Tod des Vaters; Alles hättest du vollbracht. 
Elektra. 
‘Ich war’s im Keim’, doch unentwickelt war der Sion, 


Chrysothemis. 
So üb? dich solchen Sinn zu hegen alle Zeit. 
Elektra. 
‘Dein Tadel kündigt an‘, dass du nicht helfen willst. 
Chrysothemis. 
Wer Uebles unternimmt, fährt billig übel auch. 
Elektra. 
1010 Den Sinn beneide ich, deine Feigheit hasse ich. 
Chrysothemis 
Das werd’ ich ruhig hören, auch wenn Lob drin liegt. 
Elektra. 
Besorge nicht, dass du das je von mir empfängst. 
Chrysothemis. 
Lang’ ist, um dies zu richten, noch der Zukunft Raum. 
Elektra, 
So scheide denn. In dir ist ja kein Frommen doch. 
Chrysotbemis. | 
1015 Wohl ist ’s, allein des Lernens Gabe feblet’ dir. 
Elektra. 
Geh hin und melde deiner Mutter alles dies. 
Chryzsothemis, 
Ich werde nicht mit solchem Hass vergelten dir. 
Elektra. 


Allein begreif’s, zu welcher Schande du mich treibst. 


Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. - 5. 


Chrysothemies. 
Zur Schande nicht, nein nur zum Vorbedacht für dich. 
Elektra. 
1020 Was dir als recht erscheint, dem soll ich Folge thun ? 
Chrysothemis. 
Wo du besonnen denkst, da wirst du lieben uns. 
| Elektra. 
Wie schmerzlich so bei gutem Werk verkehrt zu sein. 
Chrysothemis. 
Gar recht bezeichuest du, in welcher Noth du stehst. 
Elektra. 
Wie? schein’ ich solches wider Recht zu sprechen dir? 
. Chrysothemis, 
1025 Doch gibt’s auch Fälle, wo das Recht uns Schaden .bringt. 
| | Elektra, 
Wo das die Ordnung ist, da wünsch?’ ich nicht zu sein. 
τ Chrysothemis,. 
Doch wirst du darnach thun, dann lobst du einst mich noch. 
Elektra, 
Gewiss will ich es thun, doch nicht aus Furcht vor dir. 
Chrysothemis. 
Und das ist wahr, und doch nicht änderst du den Sinn? 
| Elektra. | 
1030 Verhasster ist mir nichts als feiggesinnter Rath. 
Chrysothemis. 
"Nichts, was ich sage, dünket dich beachtenswerth. 
Elektra. 
, Schon längst beschloss’ ich das und nicht vor Kurzem erst. 
Chrysothemis. 


So geh’ ich nun. Denn nicht gewinnst du?s über dich ” 
Mir’ meine Wort’, noch ich, zu’ loben deinen Sinn. . 


Pa Elektra. 


1035 Geh du hinein; mit dir verein’ ich mich niemals, 
Auch wenn du noch so sehr dich ‘darnach sehnen solltst, 


Gar thöricht ist es, leerem Wesen nachzugehn, 
Chrysothemis. 


Scheinst weise du in deinen eignen Augen. dir 


246- τ ΤΟΣ Bophokles’ ΕἸεκίτα.. ες 


Zu sein, so sei’s in solchem Werk. Wenn du in Noth 
1040 Gerathen bist, Jann stimmst du meinen. Worten hei. _ 
"(Geht ab.) 


8. VIERTER GESANG DES EHORS, 


Erste Strophe. Warum thun wir, schauend die Vögel in der Luft 
klüglichen 'Sinns zn tliun besorgt 
Pflege für die, von denen sie selber entstammt, sie selbst empfalın 
1045 Nahrung, dies nicht in gleichem Maasse ὃ 
Wahrlich Zeus mit :dena Wetterstrahl. ΝΕ 
Und des Himmels Gerechtigkeit 
Lassen’s nicht ungerochen. 
1050 Dunkele Macht, der Menschen 'Ruf, töne 'mir jetzt. graun- 
volles Wort drunten hinab zu Atrens Stamm, mel- - 
᾿ς βεηᾷ die schmähliche, finstre Kunde. 
1055 Erste Gegenstr. Ihr altes’ Haus ist ja nunmehr so ganz zer- 
, stört, und es verharbt der Doppelstreit 
Zwischen den Kindern nicht mehr zu freundlich einträcht’gem 
Lebenslauf; einsam, .verrathen Elektra irret 
Immer nur. mit der einen Klag’. 
Um das Grab des Erzeügers, wie 
1060 Nachtigallen Gewimmer, - | 
Nimmer erschreckend vor dem Tad, willig bereit zu Grabes 
‚ Nacht, wenn sie entfernt den Doppelfluch, Wo möchten 
ediere Töchter leben? 
1065 Zweite Strophe. Wer rechtschaffen gesinnt : . ᾿ 
Elend lebet, möchte nie doch seinen Ruhm 
Schänden sich sehn, mein Kind, _ .. 
Drum hast du auch schmerzliches Elend dir erkoren 
Bekämpfend das, was nimmer recht, um zweierlei Lahn im 
ΝΣ Be einigen ‚Wort; ᾿ 
1070 Zweite Gegenst. Die edi’. und weise Jungfrau zu heissen, 
Lebe du überlegen... ' 
Deinem Feind in Mächt und Reichthum, wie dır jetzt 
Tief unter ihm lebest, -  ' 
: Ich habe ja die gesehn nicht von guter Schickung _ 
1075 Betroffen wie du in heil’ger Satzung edelePreise davon dir trugst 
Purch frommen Wandel im Götterwillen. 


9. VIERTER AUFTRITT AUF DER ‚BÜHNE. 


(Orest und Pylades nebst Gefolge bringen in einem Aschienkruge die an- 
geblichen Ueberreste des Orest.) Ε 


Orest, Pylades. Elektra, Chor. 
u | Orest. oo. rer 
Sagt an, ihr Frauen, haben richtig ‚wir gehört 
Und kommen richtig wir dahin,, wo wir begehrt. . 


_  Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker. | 947 


Chor. 
Was forschest und ia welcher Absicht kommst du her? 
Orest. 
1080 Aegisthos wo er wohnet, forsche ich schon lang. 
Chor. 
Du kommst ganz recht und der dir’s zeigt, ist ohne Schuld. 
| Orest. 
Wer von- euch meldete denn drinnen wol für uns 
Vereinte, ihnen sehr willkomm’ne Gegenwart? 
Chor. 
Die hier, wenn dies zu melden für den nächsten ziemt, 
Orest. - 
1085 Wlan, o Jungfrau, geb hinein und melde, dass 
Von Phokis Männer sich befragen nach Aegisth. 
Blektra, 
Weh mir Ungtücklichen, doch nicht von dem Gerücht, 
Das wir vernehmen, klares Zeugniss bringend nun? . 
Orest. 
Nicht kenn’ ich dein Gerücht, der greise Strophios hat 
1090 Die Botschaft vom ÖOrestes aufgetragen mir. 
Elektra. 
Was gibt's, o Fremdling, denn ? wie sehr beschleicht mich Angst. 
Orest. 


Wir bringen hier i im schmalen Raum des Aschenkrugs 
Des Todten wen’ge Ueberreste, wie du siehst. 


Elektra. 
. So kann ich Arme denn hier meinen ganzen Gram 
1095 Untrüglich jetzt vor mir sehen, wie es scheint. 
Orest. 
Wenn du vielleicht Orestes Missgeschick beweinst, 
So wisse, dieser Krog umschliesset seinen Leib. 
Elektra. 
So gib denn, Fremdling, bei den Göttera doch, wenn dies 
Gefäss ihn birgt, dass ich’s in meine Hände nehm’, 
1100 Damit ich mich und mein gesammt Geschlecht zugleich 
Mit dieser Asche hier bejammre und beklag'. 
Orest. 
Gebt ihr 68 hin, wer sie auch sei; denn nicht ale wenn 


948 Sophokles’ Elektra. 


Feindselig wäre sie gesinnt, begehrt sie dies, 
Vielmehr gleichwie befreundet oder blutsverwandt, 


Elektra. 


1105 O du vom Leben des geliebtsten Menschen mir, 
Orest, noch übrig Denkmal, wie empfang? ich- dich 
So fern von Hoffnung, wie ich einst dich ausgesandt, 
Jetzt trag’ ich dich als Nichts in meinen Händen hier; 
Und hab? einst, Jüngling, dich so blühend ausgesandt, 
1110 O hätt’ ich doch das Leben eingebüsst zavor, . 
’ Eh’ ich, mit diesen Händen dich entführend, aus 
In fremdes Land dich sandte und vom Mord bewahrt’, 
Dass du an jenem Tage sterbend lägst in dem 
Gemeinschaftlichen Antheil an der Väter Grab. 
1115 Nun weit vom Haus’, im fremden Lande wie verbannt 
Starbst du so jammervoll von deiner Schwester fern. 
“Und nimmer durft? ich arme dich mit lieber Hand 
Im Bade schmücken, noch aus zehrend Feuers Gluth, ἢ 
Wie sich’s gebührt, erheben, eine traur’ge Last; 
1120 Vielmehr du Armer unter fremder Hand besorgt, 
τ΄ Kommst nun als kleine Last im engen Raume her. 
Ich Arme, ach, wie nutzlos war die Pflege doch, 
Die meinige, die ich so oft dir widmete 
% In süsser Arbeit fühltst da doch zu keiner Zeit 
1125 Von ihr mehr Mutterliebe als von mir, und nicht 
“ Die hier im Haus’, nein ich war deine Pflegerin; 
Und ich die Schwester wurde stets von dir begrässt. 
Und nun ist dieses Alles an dem Einen Tag’ 
Mit dir im Tod erloschen. Alles hast du mir 
1130 Dem Sturmwind gleich dahingerafft: der Vater todt; 
Vernichtet ich; geschieden bist auch du im’ Tod. 
Die Feinde jubeln; und die Mutter schwärmt in Lust, 
Die keine Mutter ist, als deren Rächer selbst 
Zu kommen du so oft die Botschaft insgeheim 
1135 Mir sendetest; allein es hat ja dein und mein 
Feindseliges Geschick das Alles nun geraubt, 
Das jetzt mir so statt deiner theueren Gestalt 
Unnütze Asch’ und leeren Schatten hergesandt. 
Weh mir, weh. 
1140 Jammergestalt du. 
-Ach, ach! 
Wie schrecklichen Pfad, 
Weh mir, weh, 
Gesendet, hast vernichtet du, Geliebter, mich; 
1145 Ja wohl vernichtet, o du brüderliches Haupt. 
So nimm mich auf denn hier in dieses dein Gemach, 
“Die nichts ist, in das Nichts, damit in Zukunft ich : 


Metrisch übers. νυ. Dr. Fr. Lübker. 249 


Dort unten mit dir sei; denn als du oben warst ᾿ 
Theilt’ ich mit dir da® Gleiche und wünsche sterbend Dun 
1150 Von deinem Grabmal ausgeschlossen nicht zu sein, 
Ich sehe ja die Todten nicht in Kummer mehr, 
Chor. 


Bedenk’, Elektra, sterblich war dein Vater ja, 
Sterblich Orest auch, darum klage nicht zu sehr, 
Orest. 


1156 Weh, weh, was soll ich sagen? welches Wort ergreif’ 
Ich in der Noth; ich zähme nicht die Zunge mehr, 


Elektra. 
Was drücket dich? worauf bezieht sich dieses Wort 
Orest. ᾿ 
Seh ich in dir Elektrens herrliche Gestalt ? 
Elektra. 
Das ist sie, ja, und eine sehr armselige. 
Orest. 
1160 Weh mir um dieses unglückselige Geschick ! 
\ Elektra. 
Du seufzest doch wol, Fremdling, nicht also um mich? 
Orest. 
O Leib, wie ehr- und gottlos bist geschändet du. 
Elektra. 
Fremdling, du klagset gewiss um niemand sonst als mich? 
Orest. - ᾿ 
“ Weh um dein unvermähltes, traur’ges Lebeusloos, 
Elektra, 
1165 Waram, o Fremdling, blickst da mich so schmerzlich an? 
Orest, 
So kannte ich denn also meiner Leiden keins. 
Elektra. 
Woran hast du aus meinen Worten dies erkannt? 
Orest. 
Weil ich an dir der reichsten Leiden Fülle sah. 
᾿ Elektra. . 
Und doch siehst du die kleinsten meiner Leiden nur. 
Orest. 


1170 Wie wär's wol möglich noch. Graunvolleres za schann? 


0 Sophokles’ Elektra, 


Elektra. ΝΕ 
Dass ich zusammen mit den Mördern leben muss, 
Orest, ες ᾿ 
Mit wessen? woher stammt solch Unheil, wie du nennst? 
: Elektra. 
Des Vaters. Seitdem macht Gewalt zur Schavin mich. 
Örest, 
Und welcher Sterbliche treibt dich in solche: Noth® 
Elektra. 
1175 Sie heisset Mutter, einer Mutter gleich in nichts. 
Orest. 
Durch welches Than? Durch Darben oder durch Gewalt? 
Elektra, Σ 
Mit Darben und Gewalt und jeder Art der Noth. 
Orest. 
Und ist denn niemand, der da hilft, der abwehrt, daf 
Elektra 
Nein. Der mir war, den brachtest du’ als Asche her. 
OÖrest. 
1180 Wie jammert, Arme, mich dein Anbliek lange schon. 
Elektra. 
: So bist du dena der einz’ge Mann, der Mitleid fühlt. 
Orest. - 
Ich kosıme ja allein von deinem Leid berührt. 
Elektra, 
Da kommst zu uns doch etwa nicht als anverwandt ? 
Orest. 
Ich will es sagen, wenn die dort wohlwellend sind, 
Elektra. 


1185 Sie sind es, drum vor treuen Seelen redest da. 
Orest (fasst die Urne an). 
Setz nieder diese Uene, dass du Alles hörst, 
Elektra, 
O bei den Göttern, Freund, verlang’ es nicht von’ mir. 
| Orest. 
Foig’ meinem Worte und es wird dich nicht gereun, 


᾿ Metrisch übers..v. Di. Pr. Lübke. . 351 


Blektra, 
Bei deiner Jugend, raube nicht das Liebste mir. 
Orest (nimmt ihr ‘die Urne weg). 
11901 Ich werd? es dir nicht lassen. 
Elektra. 
Ich anglückliche, 
. Wenn ich, Orestes, deine Asche missen soll. 


Orest. 
Halt’ böse Abnung fern; du, klagest nicht mit Recht. 
Elektra. " 
Wie klagt’ ich um den todten Bruder nicht mit Recht 
OÖrest, . 
Mit solchem Wort ihn anzureden , ziemt dir Dicht, 
. Elektra. | 
1195 So wenig Achtung hab? ich bei dem Todten denn? 
Orest. 
Bei keinem fehlt sie dir, doch dies gebört dir. nicht. . 
Elektra. 
Wenn ich Orestes Asche hier in Händen hab’. 
'Orest., 
Es ist Orest nicht, nur im Wort sa dargestellt. “᾿ 
Elektra, 
Wo hat denn der Bejammernswürdige sein Grab ? 
Orest. 
1200 Gar nirgend, Denn der Lebende besitzt kein Grab. 
Elektra. 
Wie sagst da, Jüngling ? 
Orest. 
Keine Lüge, was ich sprach. 
| Elektra, ' 
Lebt denn der-Mann? 
ὌΝ Orest. 
So wahr ich selber lebend bin. 
ΕΝ ᾿ Elektra. 
Bist.du denn der? 
Orest. 


Blick her auf diesen Siegelring 
: Vom Vater, und erkenne, ob ich redlich. sprach. 


\ 


252 | *  Sophokles’ Elektra. 


Elektra, ΄ 
1206 Willkommner Tag! ΄ 
" Orest, 
Willkommen, ich bezeug’ es mit, 
Elektra, 
O Stimme, kommst du? 


Örest. 
Hör’ sie nicht mehr anderswo. 
Elektra. 
In Armen halt’ ich dich? 
Orest., 
Um stets zu halten mich. 


Elektra. 
O holde Frauen, o ihr Bürgerinnen all, 
Schaut hier Orestes, wie er erst durch "kluge List 
1210 Gestorben, nun durch diese List gerettet ward. 


- Chor. 
Wir seh’n es, Jungfrau; und um diese Fügung bricht ὦ 
Uns eine frohe Thräne aus dem Aug’ hervor. 


Strophe. Elek tra. 

Geliebter Spross 

Von dem Wesen, dem für mich theuersten, 
1215 Du kamest endlich denn, 

Du fandest, trafest, sahest die, die du begehrt. 


Orest. 
Erschienen bin ich; aber hary’ in Stille jetzt! 
Elektra, 
Was ist denn? 
Ä Orest. 
Gerathen ist zu schweigen, dass man drin nicht hört. 
Elektra. 


1220 Doch bei der Artemis, der nie bezwungenen, 
Von nun an will ich nicht mit Angst zittern mehr 
Vor jener schweren Last, aufgewälzt mir von Weibern. 
Orest. - 
Sei dennoch auf der Hut, denn auch in Weibern lebt 
1225 Des Kampfes Wuth, du weisst es aus Erfahrung wohl, 
Elektra, 
O ja doch fürwahr, fürwahr, 
Du bringest so unverhüllet, was ja nicht ist mehr zu tilgen, 


- 


Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. 


1230 Was, wie das Leid, welches uns traf, nimmer fürwahr 
Ist zu vergessen mehr. 
Orest. 
Ich weiss es wohl; allein wenn erst die Gegenwart 
Erinnert, ist.es Zeit, dass wir gedenken dess, 


Gegenstr. Elektra. 
Jedwede Zeit, 
1235 Die mir bietet sich, erlaubt willig dies 
Zu sagen nach Gebühr. 
Denn mühsam hemm’ ich jetzt der freien Rede Laut. 


Orest. 
Das mein’ ich grade; drum erhalt’ sie länger dir. ᾿ 
Elektra, 
*" Womit denn? 
- Orest. 
1240 Wozu die Zeit nicht, das besprich niemals zu lang. 
Elektra, 


“Wer möchte doch mit Recht, da da erschienen bist, 
Vertauschen wol das Wort mit Stillschweigen jetzt? 
Da ich 80 unverhofft jetzt ohn’ Ahnung dich sehe. 

Orest. 
1245 Sobald mich geh’n die Götter heissen, sahst du mich. 


Elektra. 
Du meldest, was höher noch 
Als aller vorige Segen, weno anders dich ja ein Gott zu 
1250 Unserem Dach sendete jetzt; göttlich gefügt. 
Halte ich dieses traun. 
Orest. 
In deiner Freude dich zu stören scheu? ich mich, 
Doch fürcht’ ich, dass die Lust dich überwältiget. 
Schlussgesang. Elektra, 


- © du, nach ‚langer Zeit würdigend mich, auf 
1255 Dem liebsten Pfade hier mir zu erscheinen, 
O lass nicht, der du mich im Schmerz gesehn — 


-Orest. 
Was unterlassen ? 
Elektra. 


' Lass mir nicht geraubt sein, 
Die Wonne deines Angesichtes mehr zu schaun. 


Orest. 
Fürwahr ich zürnte, säh’ ich Andres wehren dir. 


"- 


208 


Pr 2 


254 Söphokles* Elektra. 


at εὖ -Blektra, . 
1260 Gewährst du’s ? τς 
- Ὁ γε ϑὲ. 
Warum nicht? | 
Elektra. ' 


Theuren ihr, hörend «die Red’, 

Die ich nimmer hoffen durfte, 

Hemmt’ ich lautlos dep Sion mir, - BE 
1265 Nicht mit einem Wort vernehmend, ich Arme, 

Jetzt umfang? ich dich; du kumest' . 

Mir zum lieblichsten Erscheinen R 

Das ich selbst in- der Noth nicht. mehr vergässe. 


Orest.- 

Lass fahren allen Ueberfluss der Worte jetzt; _ 
1270 Und lehre weder mich, wie. schlecht die Mutter ist, 

Noch wie des Hayssse väterliches Gut Aeggisth -. 

Erschöpfend theils vergeudet theils sinnlos zerstreut, 

Den günst’gen Augenblick entriss’ uns leicht das Wort. 

Doch was für mich geeiguet in der jetz’gen Zeit, 
1275 Gib 48 mir, wo versteckt und offenbar wir. wol‘ 

Der Feinde Jabel dämpfen jetzt auf diesem Weg?. 

Du aber so, «dass dich die Mutter nicht durchschan’ 

Am heitern Antlitz, wenn ins Haus wir treten nun, 

Nein wie um Leid, das scheinbar uns gemeldet ist, 
1280 Wehklage; wenn wir erst’ das Glück erreicht, alsdann 

Wird Freude uns und Jubel frei vergönnet sein, 


Blektra. " 


Wolan, mein Bruder, so wie dir’s gefällt, so soll’s 
- Auch mir genehm sein; denn die Freuden 'hab? ich ja 
Von dir empfangen, nicht sie selbst erworben mir. _ 
1285 Und nimmer möcht’ ich, kränkend' dich οἷα wenig nur, 
Selbst. grossen Vortheil Änden; nimmer würd? ich ja. 
Dem Gotte, der hier waltet, dienen rühmlich dann. 
Wie’s aber drinnen steht, wie wüsstest da es nicht? 
Du hörtest, dass Aegisth" sei jetzt vom’ Haüse 'fern, 
1290 Daheim die Mutter, die niemals ..-- das: fürchte nicht — 
Vou Freude strahlend mein Gesicht gewahren wird, 
Denn eingewurzelt ist der alte Hass in mir, 
Und seit ich dich gesehn, da hört die Wonse nicht 
Mit ihrem Thränenstrome anf; wie sollt? ich auch, 
1295 Da ich auf diesem Einen Gange-todt dich. sah 
Und lebend; Unverhofftes hast du mir gethan, | 
Sn dass, wenn auch der Vater lebend käme, ich’s 
Nicht mehr für Wunder hielte, ihn zu sehen glaubt". 
Da ἀμ auf solchem Wege .mir gekommen bist, 


.“ 


Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. ” 255 
1300 Sa leite selbst. du, wie’s dich treibt; denn ich allein 
Hätt’ eins von zweien nicht verfehlt, ich rettete 
Mit-Ruhm mich oder fände edeln Untergang. - 
Orest, 


Zur Stille rath ich; denn ich hör’ am Ausgang dort 
Von drinnen "Jemand konnen, 


‘ Elektra (lant). 
"Gäste, geht hinein, 
1306 Zamal ‘ihr bringet, was - im Hanse niemand wol 
Wird von sich weisen oder ohne Freud? empfahn. 


- Greis; 


O gar .bethörte und des Sinns beranbte Ihr, 
So achtet ihr das Leben denn für gar nichts inehr, 
Und keine Klugheit lebte von Natur in euch, 

1310 Dass ihr, niebt an dem Bande, nein im Unglück selbst 
Befindlich , seine. Grösse dennoeh nicht erspäht ? 
Fürwahr, hätt’ ich an diesen Pfosten .nicht schon längst 
Die Hut gehalten, würden drinnen im Palast 
Euch eure Thaten eher als die Leiber sein; 

1315 Nun aber hab’ ich diese Sorgfalt aufgewandt, 

Und jetzt entfernend eurer langen Reden Maass 
Und jenes unersättlich jubelnde Geschrei, 

Gebt Ihr hinein, denn jedes Zögern bringt Gefahr 
In solcher Lage. ‚ zur Entscheidung ist jetzt Zeit. 


Orest. 
1320 Wie steht ee denn, wenn ich ins Inn’ se > trete jetzt ? 
Greis. 
_ Gar wohl; denn es gelingt dir unerkannt zu sein. 
Orest.. 
Du hast inich, scheint es, als gestorben kund gethan. \ 
Greis, | 
Du wi als einer von des Hades Bürgern hier, 
Ä Orest. 
Sind. sie denn froh darob ? wie lautet ibre Sprach’ ? 
Greis 


1325 Nach der Vollendung will ich’s sagen; wie es steht, 
Ist Alles gut bei ihnen, auch was nimmer eut. 


. Elektra. 


ι 


Wer ist der Maan, mein Binder? Bei den Göttern, sprich. . 


. Orest. 
- Erkennst du ihn nicht? 


256 - .."Sophokles’ Elektra. 


Elektra. 
Ich entsinne sein mich nicht. 
- Orest. 
Du weisst nicht, wem ἀπ einst mich in die Hände gabst? 


Elektra. 
. 1330 Wem doch? was sagst du? 

Orest. 

Dessen Hand durch deinen Rath 
Mich heimlich in das Phokerland geleitete. 
Elektra. 

Ist das derselbe, den aus vielen einst allein 
Ich treu erfand bei meines Vaters Morde hier? 

΄ Orest. 
Er ist es. Prüfe nicht mit weiterm Worte mich. 


Elektra (ergreift den Greis bei der Hand.) 


1335 O holder Anblick! Einz’ger Retter für das Haus 
Agamemnons du, wie kamst du her? bist du es denn, 
Der ihn und mich aus vieler Noth gerettet hat ἢ 
O ihr geliebten Hände, o da süsser Dienst 
Der Füsse, wie doch warst du mir so lange nah 

1340 Und doch verborgen, zeigtest nicht dich, sondern mich 
Im Wort vernichtend brachtest du die schönste That. 
Sei mir gegrüsset, Vater; einen Vater ja 
Seh ich in dir; denn wisse, dass vor allen dich 
An Einem Tage ich gehasset und geliebt. 


Greis, 
4345 Mir scheint’s genug; denn zum Bericht der Zwischenzeit — 
Da rollt der gleichen Tag’ und Nächte grosse Zahl, 
Die dies, Elektra, deutlich dir enthüllen wird. 
Euch aber sag’ ich, die ihr jetzt hier stehet, dass 
Jetzt Zeit zum Handeln, Kiytämnestra jetzt allein, 
1350 Jetzt keiner von den Männern drin. Doch zögert ihr — 
Bedenket, dass mit diesen und noch andern mehr 
Und Klügeren, als diese sind, ihr kämpfen müsst, 


Orest. 


Nicht mehr wird langen Reden also unser Werk, 
O Pylades, gelten, sondern eilig lasst hinein 
1355 Uns schreiten, betend zu der Götter heim’schem. Sitz, 
Die hier an diesem Vorpalast die Schirmherrn sind. 
(Alle knieen am Altare des Apollo nieder.) 


Elektra. 
Gebietender Apollo, höre gaädig sie 


- Metrisch übers. v. Dr; Fr. Lübker. 957 


Und neben ihnen mich, die ich so oft mit dem, 
Was ich vermochte, fieh’nde Hände za dir hob, 
1360 Jetzt, o Iykeischer Apoll, wie ich’s nur kann, 

So bitt? und fleh’ ich vor dir knieend, werde doch 

Uns dieser uns’rer Pläne Helfer gnädiglich, 

Und zeige jetzt den Menschen, welchen schweren Lohn 

Die Götter stets bescheiden der Gottlosigkeit. 
(Geht ab.) 


10. FÜNFTER GESANG DES CHORS. 
Chor. Elektra. Kiytaemnestra. (Hinter der Bühne Orest.) 
Strophe. Chor, 


1365 Sehet, wohin er sich bewegt 
Von wüth’gem Morde schnaubend jetzt, Ares Geist. 
Es gingen eben unter’s Dach des Hauses hier 
Spuren der Hund? zur Rache für böse That, 
Die nachsetzenden ; 
"1370 Drum bleibt nicht lange mehr gespannt, 
In der Erwartung schwebend, meiner Sinne Traum. 
Gegenstr. Denn es erhebt sich zu dem Haus’ 
Trüglichen Schritts ein Rächer der Unterwelt, 
Zu seines Vaters uralt-reichem Herrschersitz, 
1375 Das frischgeschärfte Mordgewehr in der Hand; 
Es führt Maias Sohn, 
Ihn Hermes hin, den Trug in Nacht 
Verhüllend, grad zum Ziel und säumt nicht länger mehr. 


Elektra (tritt wieder auf die Bühne). 


Strophe. O ihr geliebten Frau’n, es werden alsobald 
1380 Die Männer jetzt ihr Werk vollführen; still drum harrt. 


Chor. 
“Wie denn? was thun sie jetzt? 
Elektra, 
Derweil zum Grabe sie 
Den Erzkrug schmückt, stehn jene beiden nah bei ihr. 
Chor. . ᾿ " 
Du aber eiltst hinaus weshalb ? \ 
Elektra, 
Zu hüten, dass 
Nicht unbemerkt, Aegisthos: trete in das Haus. 
Klytsemmestra (hinter der Bühne). 
1385 Ach, ach. O wehe, Haus 


Von Freunden leer, von den Verderbern angefüllt, 
Archio f. Phil. w. Paedag. Bd, XIX. Afl. 2. 17 


»"»ςε 


958 Sophokles’ Elektra. 


Elektra. 
Drin tönt ein Ruf; hört ihr es nicht, geliebte Frauen? 
Chor. " 
Unsägliches hör? ich Unsel’ge, dass mich schaudert, 
Klytaemnestra, 
Ach weh mir Armen! Wo, Aegisthos, weilst du doch? 
Elektra. 
1390 Vernimm, schon wieder tönt ein Ruf. 
Kiytaemnestra. 


O Sohn, mein Sohn, 
Erbarme dich der Mutter, 
Elektra. 
Doch bei dir ja fand 
Er kein Erbarmen, noch der Vater, der ihn zeugt? 
Chor. 
Wehe, o Stadt, o unsel’ger Stamm, dich raffet 
Heute das Loos eines bittern Endes hin. 
Klytaemnestra, 
1396 Weh mir, das traf. 
Elektra, 
Verwunde zwiefach, wenn du kannst. 
Klytaemnestra. 
Weh mir, von nenem. 
Elektra. 
Träf’ es doch Aegisth zugleich. 
Chor. 
Der Fluch trifft ein, wirksam sind Geister, die drunten ruhn. 
Denn wieder fordern reichlich strömend Blut von ihren Mördern 
Die schon längst Gestorb’nen, 
(Orest und Pylades treten auf.) 


Gegenstr. Chor. 
1400 Doch sieh, da sind sie wieder, blutig trieft die Hand 
Von Ares Opfer, auszusprechen hab? ich’s nicht. 
Elektra. 
Wie steht es denn, Orest? 


Orest. 
Dort im Palaste gut, 
Wofern Apollo richtig uns geweissagt hat. 
Elektra. 
So starb denn die Unsel’'ge? 


Metrisch übers. v. Dr. Fr. Lübker. ‘ 259 


Orest. 
Nimmer fürchte: mehr, 
"1405 Dass dich der Mutter schnöder Sinn entwürd’gen wird. 
| Chor. 
Seid still, denn klar seh? ich dort nahn Aegisth von ferne, 
Elektra. 
Ihr Freunde, geht-ihr nicht zurück ? 
Orest. = 
Erblickt ihr wo 


‘. 


Den Mann? 
Elektra. 
Er kommt grad auf uns zu von draussen her 
Mit heitrer Miene *.*.*.*.*, 
Chor. 
1410 Eilet doch hinter die Thür’ so schnell als möglich 
Jetzt, wie das Früh’re, so dies zu ordnen auch. 
Örest., 
Getrost, wir enden’s wie du meinst. 
Elektra. 
So eile denn. 
Orest. 
Ich bin bereits hinweg, Ὁ 
| Elektra 
| Für. dies hier sorge ich, 
(Orest, Pylades und der Pfleger entfernen sich von der Bühne.) 
| | "Chor. 
Zum Ohre jetzt dieses Mannes Wen’ges nur milden Sinns 


1415 Zu reden würde frommen, auf dass unbemerkt er stürze 
In das Schwert der Rache. 


11. FÜNFTER AUFTRITT AUF DER BÜHNE. 
‚ Aegisth. Elektra. Orest. 


Aegisth. 


Wer weiss von euch, wo doch die Gäst? aus Plokis sind, 
Die, wie es heisset, uns vermelden, dass Orest 
Im Wagenrennen scheiternd dort sein Leben liess? 
1420 Dich frag’ ich, dich, ja dich, die du in vor’ger Zeit 
So muthig warst, ‘denn dir besonders. liegt daran, 


Scheint mir, da musst zu sagen es wol kundig sein. 
17 * 


260 Sophokles’ Elektra, 


Elektra. 
Wohl weiss ich; denn wie sollt’ ich nicht? Ich wär’ ja sonst 
Dem theuersten Geschick der Meinen gänzlich fremd, 


Aegisth. 
. 1425 Wa mögten wol die Gäste sein? Belehre mich. 
, ΕἸ εκ ἐγ, 
Im Haus, sie trafen eine liebe Wirthbin dort. 
Aegisth. 
Sie haben wirklich ihn als todt gemeldet uns? 
Elektra, 
Nein, sondern auch gezeigt, und nicht im Worte blos. 
Aegisth, 
So ist er da, um deutlich zu erkennen ihn ? 
" Elektra, 
4430 Ja wol, und nimmer ist der Anblick neidenswerth. 
Aegisth. 
Du meldest mir viel Frohes, nicht nach sonst’ger Weis”, 
Elektra, 
Du wirst dich freuen, wenn dir dies erfreulich ist. 
“ Aegisth. 


Ich heiss’ dich schweigen und erschliessen jetzt das Thor, 
Dass alle Mykenaeer und Argiver schaun: 
1435 Wenn einer noch in leeren Hoffnungen zuvor 
Auf diesen Mann sich wiegte, seh’ er jetzt ihn todt 
Und dulde ruhig meinen Zügel, wenn er nicht 
Mit Zwang in meiner Zucht Besinnung lernen will. 


Elektra. 
Und schon erfüllt sich’s meinerseits; denn ich erlern’ 
1440 Erst spät mich apzuschliessen an den Stärkeren. 
(Indem sie die Pforten öffnet, erblickt man Kiytaemnestra’s 
verhültte Leiche.) ᾿ 
u  Aegisth. 
O Zeus, ich seh’ ein Zeichen, glücklich, wenn der Neid 
Fern bleibt, doch wenn die Rache laurt, so sag? ich’s nicht. 


Entfernet jede Hülle von den Augen, dass 
Das Nahverwandte auch bei mir Wehklage find’. 


Orest, 


1445 Entfern’ es selber; mir gehört ’s nicht , sondern dir | 
Dies anzuschaun und zu begrüssen liebevoll. 


-- 


Metrisch übers, v. Dr. Fr. Lübker, 961 


| Aegisth. 
Dein Rath ist gut, ich werd? ihm folgen, du indess 
. Ruf Klytaemnestra, wenn sie dort im Hause weilt. 
Orest. 
Sie ist ganz nah bei dir; such? sie nicht anderswo. 


Aegisth (indem er die Hülle zurückschlägt.) 
1450 Weh mir, was seh’ ich ? 


Orest. 
Wer erschreckt, wer täuschet dich ? 


΄ Aegisth. 
In welcher Männer tiefe Schlingen bin ich doch 
Gerathen, ich Unsel’ger ? 
Orest. 
Merkst du nicht schon längst, 
Dass du zu Lebenden gleich wie zu Todten sprichst ? 


Aegisth. 


Weh mir, ich fasse dieses Wort; unmöglich ist, 
1455 Der Solches zu mir spricht, ein and’rer als Orest. 


Orest. 
Und du, so wack’rer Seher, täuschtest dich’ so lang ? 
Aegisth. 
So bin ich Armer denn verloren; doch vergönn’ 
Mir nur ein kurzes Wort. 

“ ΄ Elektra. 
᾿ Lass ihn nicht reden mehr, 
Nicht, bei den Göttern, Bruder, dehnen aus das Wort. 

1460 Was könnte doch wol der in Noth versunk’ne Mensch, 

Zum Tode reif, noch aus der Zeit für Vortheil ziehn ? 
Tödt’ ihn vielmehr so schnell als möglich, todt dann gib 
Den Gräbern hin ihn, denen er mit Recht gehört, 

Von unsern Augen fern; denn so erwüchse mir 
1465 Der längst ertrag’nen Leiden einziger Ersatz, 
Orest. 

So geh’ denn schleunig nun hinein; den Worten nicht 

Gilt jetzt des Kampfes Preis, nein deinem Leben gilt’s. 


Aegisth. 
Was führst da mich ins Haus? wozu ist Dunkel Noth, 
Wenn’s edel ist? wärum nicht gleich zum, Mord bereit? 


Orest. 
1470 Gebiete nicht; geh’ dorthin, wo du einst mir hast - 
Gemordet meinen Vater, dass auch du dort stirbst. 


262 Sophokles’ Elektra. Metrisch übers. v. Dr, Fr, Lübker. 


Aegisth. 
So ist’s denn unvermeidlich für dies Haus zu schaun 
Der Pelopiden jetzige und künft’ge.Noth! . 
Orest. 
Die deine ja; dafür bürg’ ich als Seher dir. 
Aegisth, 
1475 Dein Vater hatte nicht die Kunst, der da dich. rühnst. 
Orest. 


Viel Gegenred’, verzögert wird dadurch der Gang. 
Wolan, so.geh! 

Aegisth. 

Nein, fübre mich, 
Orest, 
Du musst voran. 

Aegisth, 

Dass ich dir nicht entflieh’ ? 


:Orest, 
Dass nicht näch Herzenslust 
Du stirbst; bewahren muss ich dieses Bitt’re dir. 
1480 O träfe Jeden diese Strafe doch sogleich, 
Der das Gesetz zu übertreten Neigung hat — 
Der Tod. Nicht wäre dann der Missethat so viel. 
(Alle geben ab, Orest mit Aegisth voran.) 
Chor. 
O Atreus Same, erduldend wie viel 


Bist mühsam zur Freiheit empor du gelangt, 
1485 Durch diesen Sturm nun am Ziele. 


Ueber Vor- und Zunamen des Plautus und die Echtheit 
seiner Stücke *). 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 


Es gibt keinen Namen des klassischen Alterthums, an dessen 
Andenken sich so viele Zweifel knüpfen, wie an den des Plautus. 
Bereits kurz nach dem Tode des Dichters gerieth man in Ungewiss- 
heit, ob die unter seinem Namen überlieferten Stücke sämmtlich von 


*) Ich brauche wol kaum zu erinnern, dass ich „Zuname“ stets 
im Sinne von. ‚agnomen gebrauche, da es Zunamen in unserm Sinne im 
Römischen nicht gibt. 


Ueb, Vor- u. Zunamen desPlautus. Von Prof. Dr. Geppertzu Berlin. 263 


ihm herrührten oder nicht und die Meinungsverschiedenheit wurde 
mit der Zeit so gross, dass, während ein Theil der Gelehrten nur 
einige zwanzig Komödien für echt gelten liess, Andere ihm über 
hundert zuschreiben zu müssen glaubten. Bald darauf erhob sich 
ein neuer Zwiespalt über die Auffassung der Plautinischen und 
Terentianischen Verse. Die Grammatiker stellten ein Schema für 
«dieselben auf, welches, da es augenscheinlich zu eng war, von An- 
dern verworfen wurde, die diese Gedichte allein vom rhythmischen 
Standpunkt aus erklären wollten, und, unbekümmert um die Ab- 
weichungen vom Metrum, den Versaccent allein vorwalten liessen. 
In neuester Zeit ist endlich auch das bisher geltende praenomen 
Marcus und das agnomen des Dichters, Accius, als unrichtig ver- 
worfen worden, so dass man bei Anführungen, die nicht ausdrück- 
lich den Beinamen, Plantus, geben, und die man früher dennoch 
auf Plautus bezog, jetzt in Verlegenheit geräth, da man, wenn 
sie auf den Tragiker Accius nicht passen, nicht weiss, an wen 
man zu denken hat. Wenn schon nun diese Punkte, dem ersten 

Anschein nach zu urtheilen, von einander unabhängig sind, so wird 
doch eine nähere Betrachtung derselben ergeben, dass sie in einem 
innern Zusammenhange stehn. Diesen darzuthun und das nrsprüng- 
liche Sachverhältniss in ein helleres Licht zu stellen, als es bisher 

geschehn ist, ist der Zweck der gegenwärtigen Abhandlung. 

Was zunächst die Namen des Dichters angeht, so war man 
bis zum Jahr 1841 allgemein der Meinung, er habe, wie gesagt, 
den Gentilnamen Accius, den Vornamen Marcus geführt, denn dass 
Plautus nor ein Beiname sei, gesteht jedermann ein, Da trat Herr 
Professor Ritschl in seiner Abhandlung de Plauti poelae nominibus 
(Par. p.1) gegen diese Annahme auf und suchte zu erweisen, dass 
der Gesehlechtsname des Dichters nicht Accius, sondern Maccius, 
“ sein Vorname nicht Marcus, sondern Titus gewesen sei. Seine 
Meinung fand so viel Beifall, dass seitdem nicht nur neue Aus- 
gaben des Dichters mit der Bezeichnung T. Mucci Plauti comoediae 
erschienen sind, sondern dass auch Bernhardy in der neuesten Aus- 
gabe seiner Römischen Litteraturgeschichte den Dichter mit dem 
Gentilnamen Maceius einführt: nur gegen den Vornamen Titus hat 
er Bedenken. Es lässt sich aber, wie ich glaube, die Unrichtigkeit 
beider beweisen. 

Ritsch! geht nämlich bei seiner Beweisführang von der Bemer- 
kung aus, dass sich im cod. Ambros. zu Ende der Casina die Worte 
befinden MACCI PLAUTI CASINA EXPLICIT, die sich allerdings 
ganz in derselben Weise am Schluss des Epidicus wiederholen, denn 
auch dort steht MACCI PLAUTI EPIDICUS EXPLICIT, aber 
schon aus der Vergleichung dieser beiden Stellen ergibt sich, dass 
man keinen Grund hat, aus einem verlornen “5 das sich vor den 
Worten MACCI PLAUTI CASINA EXPLICIT befindet, auf einen 
Vornamen Titus zu schliessen, denn erstens steht jenes T mit den 
andern Buchstaben nicht einmal ganz auf derselben Linie: es ist 


264 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautas u. die Echtheit sein. Stücke. 


etwas nach links heruntergerückt;, zweitens fehlt hinter demselben 
der Punkt, der es als eine Abkürzung von Titus erkennen liesse, 
und. drittens wird es vor den Worten MACCI PLAUTI EPIDICUS 
EXPLICIT nicht wiederholt. Es steht also mit den andern Worten 
des Textes, genau genommen, in keiner Verbindung und der Schrei- 
ber des codex Ambrosianus allein kann wissen, was er damit ge- 
wolit hat. 

Was nun die Zusammenschreibung von M. ACCI in MACCI 
angeht, so würde diese gewiss in keinem andern Manuscript auf- 
fallen, da dergleichen häufig ist und namentlich die Gelehrten lange 
Zeit zu der Annahme geführt hat, dass der Verfasser der Noctes 
Atticae Agellins geheissen habe, während er bekamntlich A, Gellius 
hiess: im codex Ambrosianus aber liegt dies vollends nahe, da das 
Manuscript in seinem Text überhaupt keine Worttreanungen hat, 
wovon die nächste Folge die gewesen ist, dass man bei Ueber- 
schriften, wo allein Worttrennungen vorkommen, noch mancherlei 
verbunden findet, was nicht zu einander gehört. So ist z. B. in 
der Didascalie zu den Adelphi des Terenz, die sich ebenfalls in 
dieser Handschrift gefunden hat, CTERENTIO zusammengeschrieben, 


‚ was.aber Niemand verhindern wird, C. Terentio zu lesen. (Vergl. 


Parerg. p. 261.) Daher würde man, wenn sonst keine Momente 
von thatsächlicher Wichtigkeit hinzutreten, noch immer geneigt 
sein, nach Analogie aller andern uns bekannten Römischen Namen, 
eher auf M. Accius als auf Maccius zu schliessen. 

Es kommt aber noch eine Erwägung. allgemeinerer Art in Be- 
tracht, die uns von vorn herein glauben lässt, - der Dichter müsse 
weit eher Accius als Maccius geheissen haben Er wird nämlich 
fast ausschliesslich von allen Autoren des Alterthums schlechtweg 
Plautus genannt: die Fälle, in denen sein Vor- und Vatername 
angeführt werden, sind verhältnissmässig selten. Wie sallte es zun 
wol gekommen sein, dass sein Beiname so stark prävalirte, um 
den Gentilnamen beinah in Vergessenheit zu bringen, wenn der 
letztere nicht etwa deshalb vermieden worden ist, um ihn nicht der 
Verwechslung mit einem gleichnamigen Dichter auszusetzen? Ein 
solcher Name aber war Accius, da er auch noch einem andern be- 
rühmten Dramatiker aus der älteren Dichterschule angehörte (denn 
die Schreibart Attius ist ohne alle Autorität), nicht Maccius, denn 
wenn dies der Zuname des Plautus war, so führte er ihn unsers 
Wissens in Rom ganz allein. Angenommen also, der Tragiker 
und der Komiker Accius hätten in Rom neben. einander existirt, 
so scheint es ganz angemessen, dass man den ersteren bei seinem 
Zu- den andern bei seinem Beinamen anführtee Um indessen die 
vorliegende Frage methodisch zu behandeln, wollen wir zunächst 
diejenigen Stellen betrachten, in denen der Vorname des Dichters 
entweder indirect oder direct bezeichnet wird, dann diejenigen, in 
denen seia Vatername allein vorkommt, drittens die, wo beide mit 
einander verbunden ‚sind, viertens die, wo Vatername und Beiname, 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 265 


fünftens die, wo praenomen, agnomen und cognomen neben einander 
genannt werden, 
1) Der Vorname des Dichters wird zunächst im Prolog zu 
Casina v. 34 angedeutet. Dort heisst es: 
_ Diphilus 

Hanc graece scripsit: post id rursum denuo 

Latine Plautus cum latranti -nomine, 
Die Stelle hat verschiedne Erklärungen veranlasst. Lambinus meint, 
dass mit dem nomen latrans nur schlechthin ein Hundename gemeint 
sei und da nun Paulus Silentiarius p. 231 beibringt, dass es eine 
Hunderace mit Namen plauti gegeben habe, von der Plautus seinen 
Namen erhalten haben soll, so enthielte der Beisatz cum latranti 
nomine nichts als eine Erklärung des Wortes plautus. Ritschl Par. 
p.203 Anm, stimmt ihm darin bei. Dagegen muss aber zunächst 
gesagt. werden, dass der in Rede stehende Prolog nicht jung genug 
ist, als dass man dem Verfasser desselben diese Interpretation des 
Wortes plautus zutrauen dürfte. Die älteren Schriftsteller stimmen 
nämlich sämmtlich darin überein, dass plaufus „plattfüssig‘‘ heisst 
und dass dieser Beiname ursprünglich solchen Personen gegeben 
wurde, die diese Art von Füssen hatten. So erklärt Festus das 
Wort und Plinius ἃ. n. XI, 105 stellt damit die Beinamen plancus, 
scaurus und pansa zusammen, die ebenfalls Personen gegeben wur- 
den, Jie fehlerhafte Füsse hatten. Vergl. Quinctil. I, 4, 25. Dass 
der Name plautus von einer Hunderace hergenommen sei, ist eine 
Meinung, die sich erst bei Paulus findet und der allerspätesten 
Zeit angehört. Der Verfasser unsres ‚Prologs dagegen lebte nicht 
lange nach Plautus, denn, wie aus v. 14 hervorgeht, eriunerten sich 
die ältesten Leute in seinem Auditorium noch der ersten Auffüh- 
rung der Casina bei Lebzeiten des Dichters. Er hat daher wahr- 
scheinlich von der Interpretation des Wortes plautus, die es von 
Paulus Silentiarius erhielt, noch keine Kenntniss gehabt, Ferner 
aber passt die Erklärung des Paulus auch nicht einmal zu dem Sinn 
unsrer Stelle. Denn die plauti sind, nach ihm, gar nicht durch 
ihr Gebell ausgezeichnet gewesen, sondern durch ihre Hängeohren, 
Woher sollte also gerade der Name plautus ein nomen latranı ge- 
wesen sein? Wäre es in diesem Fall, wenn nichts weiter als ein 
Hund schlechthin bezeichnet werden sellte, nicht weit angemessener 
gewesen zu sagen cum canino nomine? — Dies hat denn auch Pinzger 
bemerkt und in seiner Schrift Parerga otii Marburgens. Phüol. II. c.7 
p: 179 die Vermuthung aufgestellt, Plautus müsste unter seinen son- 
stigen Namen noch einen gebabt haben, in dem die bekannte liltera 
latrans vorgekommen sei, jene littera, über die Lucilius I fr. 22 
(ed. Roth) den berühmten Vers machte: 

Irritata canis quam homo quam planius dieit 
auf die Persius. sat. I, 109 Bezug nimmt, indem er von dem Wort 
frigescant sagt: sonat hie de nare canina bittera und mit der man 
das Wort rabula schon früh in eine stehende Verbindung gebracht 


N N 


266 Ueber Vor - u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke. 


haben mass, da Nonius unter rabula eine Stelle des Appius aus 
Sallust beibringt, wo dieser von einem Rahulisten seiner Zeit sagt: 
canina facundia exercebatur, was nach Ruhnkens Vermuthung Vel- 
leius Il, 64 nachgeahmt haben soll. Diese littera aber, das τὸ be- 
fand sich in dem Wort Marcus, weder in Titus noch in Maccius. — 
Es bliebe nun noch die Frage zu erörtern, wie der. Prolog darauf 
kam, hier in komischer Weise den Vornamen des Dichters eigends 
mit anzuführen, doch diese. wird sogleich ihre Erledigung finden. 

| Die nächste Stelle nämlich, die in Betracht kommt, ist bei 
Varro de 1. I. p.419 Sp. Varro spricht von den Ableitungssylben, 
die, von verschieden endigenden Nominativen abstammend, in den 
casus obliqui wieder gleichlautend werden, Er hat so eben ange- 
führt, dass die Männer aus dem Terentianischen Geschlecht Teren- 
tiei hiessen, die Frauen J'erentiae. Nichts desto weniger lautete 
der Dativ für die einen sowol wie für die andern Terentieis. Um 
nun auch für den Genitiv ein ähnliches Beispiel anzaführen, fährt 
er fort: dissimilia Plautus et Plautius et commune huius Plauti, 
Marei, et Plauti, d. h. Verschiedenlautend (im- Nominativ) sind 
Plautus und Plautius: gleichlautend ist davon abgeleitet (im Genitiv) 
Plauti, sowol mit dem Vornamen Marci wie sehlechthin Plauti. Ich 
habe nur Marci vor et gestellt, während die Handschriften es da- 
hinter stellen, und hierzu berechtigt mich nicht allein die Note des 
Correctors im cod. Florent,, die ausdrücklich bemerkt, dass hier von 
dem Abschreiber ein Versehn begangen ist, sondern auch der Sinn 
der Stelle selbst. Die Sache verhielt sich nämlich folgend: rgestalt, 

Wie uns Gellius III, 3, 10 mittheilt, erzählte Varro in seinem 
Buch de comoediis Plautinis, wie es Gellins nennt, dass es einen 
alten Komödiendichter Plautius gegeben habe, dessen Stücke des- 
halb, weil sie schlechtweg mit der Ueberschrift Plauti versehn wa- 
ren, mit denen des Plautus verwechselt worden wären. Daraus 
folgt denn freilich, dass diejenigen, die dem Plautus ausschliesslich 
angehörten, noch eine andere Bezeichnung gehabt haben müssen, 
die sie vor der Verwechslung sicher stellte und dies war, wie aus 
den angeführten Worten des Varro erhellt, der Vorname Marcns, 
Während man daher bei denen, die den einfachen Titel Plauti 
führten, allerdings in Zweifel sein konnte, ob sie dem Plautius 
oder dem Plautus angehörten, so war dies bei denen, die die 
Ueberschrift M. Plauti hatten, nicht mehr möglich. Das M. war 
eine sichere Gewähr für die Echtheit. Daher sagt Varro, indem 
er an ein in Rom allgemein bekanntes Factum erinnert, der Genitiv 
hiesse unter allen Umständen Plauti, es möchte nun Marcus Plautus 
oder Plautius damit gemeint sein. Dies ist aber anch ohne Zweifel 
der Grund gewesen, weshalb der Verfasser des Prologs zu Casina 
den Vornamen des Plautus mit anführt: er sollte dem Publicum eine 
Bürgschaft dafür geben ‚. dass sie es mit einer Komödie zu thun hat- 
ten, die unter dem Namen des Marcus Plautus überliefert war, 
denn die Zweifel an der Genuität der Plautinischen Komödien sind, 


_ Von Prof. Dr. Geppert za Berlin. j . 967 
wie wir später sehn werden, schon sehr früh aufgetaucht. Deshalb 
erinnert er auch die alten J,eute unter den Zuschauern daran, dass 
sie das Stück schon in ihrer Jugend gesehn hätten. Sie sollten 
ebenfalls Zeugen dafür sein, dass es von Plautus herrührte und von 
Niemand anders, 

Was nun den Komödiendichter Plautius angeht, so scheint man 
seine Existenz allerdings nur aus den unvollständig bezeichneten Stü- 
cken des Plautus geschlossen zu haben, denn wenn er wirklich ge- 
lebt hätte und von solcher Bedeutung gewesen wäre, dass’man seine 
Komödien mit denen des Plautus verwechseln konnte, so würde man 
doch irgend ein nahmhaftes Stück mit Sicherheit auf iho haben zu- 
rückführen können, aber davon ist nirgends die Rede. Er existirt 
nur als ein Doppelgänger des Plautus. Im Uebrigen aber mag man 
sich die Aufschrift jener Exemplare, die seinen Namen trugen, auch 
vollständiger bezeichnet denken als durch ein blosses Plauti, man 
wird immer gestebn müssen, dass, wenn nicht der Eigenname Mar- 
cus hinzutrat, diejenigen, welche einen Dichter Plautius neben Plau- 
tus annahmen, in ihrem Glauben nicht erschüttert werden konnten; 
denn wenn diese Komödien den Titel Acci Plauti führten, so konnte 
man Accius für einen Vornamen gelten lassen. Einen solchen führte 
der alte Seher Accius Navius bei Livius I, 36, 3 Valer. Maximus I, 4 
und Plinius h. n. XV, 20; XXXIV, 11 und 13, und wenn Diony- 
sius III p. 202 daraus einen Naevius Accius macht, so darf uns das 
nicht verwundern, da Accius schon zur Zeit des Varro so gänzlich 
aufgehört hatte, Vorname zu sein, dass man das Sprüchwort hatte: 
Accio idem, quod Titio dus esto. Gell. III, 16, 3. In ältester Zeit 
war dies, wie gesagt, nicht der Fall und der sabinische Ahnherr 
des Klaudischen Geschlechts, Accius Clausus, soll erst zu Rom den 
Namen Appius Claudius angenommen haben, Liv. II, 16, 4 und 
X, 8, 6. Die Grammatiker aber leiteten seinen Vornamen von 
einem Bezirk Actium im Sabinischen ab, wie bekanntlich auch Apollo 
seinen Beinamen Actius von der Schlacht bei Actium erhielt, denn 
mit Recht bemerkt Sigonius zu Liv. II, 16, 4, dass in der Schrift 
de praenomine, die das 10 Buch des Valerius Maximus ausmacht, 
zu schreiben ist: Titus e Sabino nomine Titurio flurit, Appius ab 
Actio, eiusdem regionis nomine. Somit wären also die Vertheidiger 
des Accius Plautius noch immer in ihrem Recht gewesen. Sie waren, 
es aber auch, wenn die Exemplare die Aufschrift A, Plauti führten, 
— eine Möglichkeit, die vielleicht dadurch einigen Schein erhält, 
dass noch heute ein Manuscript des Plautus zu Toledo auf der 
biblioteca del Arzobispo den Titel führt: M. A. Plauti comoediae 
(5. Haenel: catall. libror. mserr. ρ. 996) — denn gerade der Vor- 
name Aulus war in der gens Plautia häufiger als irgend ein andrer. 
Nur der Eigenname Marcus machte die Annahme des Plautius un- 
möglich, da er nur einem von Beiden angehört haben konnte. In- 
zwischen gebe ich diese vollständigere Bezeichnung der Plautinischen 
oder Plautianischen Komödien nur als eine Vermuthung. Aus den 


268 Ueber Vor- u. Zanamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke, 
Worten des Varro lässt sich nur schliessen, dass die einen schlecht- 
hin den Namen Plauti, die andern die Bezeichnung M. Plauti führ- 
ten und auf diese Weise sehn wir nicht nur häufig M. Cicero, 
M. Varro, M. Piso, M. Messalla, M. Agrippa, M. Perperna an- 
geführt: so nennt auch Gellius I, 24 gelegentlich unsern Dichter 
M. Plautus. 

Eine dritte Stelle unterstützt die Annahme des Vornamens Mar- 

eus. Im Prolog-zum Trinummus kommen v.17 die Worte vor: 

Huic grasce nomen est thesauro fabulae. 

Philemo scripsit, Plautus vortit barbare. 
Dies hat der Verfasser des Prologs zu Asinaria, wie ich später 
zeigen werde, wörtlich nachgeahmt, indem er v.10 sagt: 

Huic graece nomen est Onago fabulae. 

Demophilus scripsit, Marcus vortit barbare. 
Allerdings gibt dort eine palatinische Handschrift maccus, eine andre, 
um von den Verschreibungen der jüngsten zu schweigen, macus, 
aber die grosse Anzahl aller bessern Handschriften hat macrus und 
dies kann nach allen Regeln der Interpretation, die hier zur An- 
wendung kommen können, nichts Anderes sein als Marcus. Fragen 
wir nun, warum der Verfasser des Prologs zu Asinaria den Dichter 
nicht bei seinem Beinamen, sondern, wie es scheint, recht absicht- 
lich bei seinem Eigennamen nannte, so hat er gewiss dafür keinen 
andern Grund gehabt, als denselben, den auch der Verfasser des 
᾿ Prologs zu Casina hatte, d.h, den, die Echtheit des Stückes bei einer 
nach dem Tode des Dichters stattfindenden Aufführung dadnrch ver- 
bürgen zu wollen. ' 

2) Was den Gentilnamen des Dichters angeht, so wird man 
es natürlich finden, wenn derselbe, falls er Accius lautete, nicht oft 
allein vorkommt, da er ihn leicht der Verwechslung mit dem Tra- 
“ giker gleiches Namens aussetzte: hiess er freilich Maccius, so könnte 
man sich nur verwundern, ihn nicht öfter zu finden. Gleichwol 
giht es für das einfache Accius einige Belege, die mir aller Auf- 
merksamkeit werth za sein scheinen. 

Nonius p. 226, 24 citirt aus dem 28 Buch des Luciliug fol- 
genden Senar: 

Quare pro facie, pro statura Acciu’ statum. 

Dass der Dichter seinen eignen Zeitgenossen, den Tragiker 
Accius, nicht als Autorität für einen merkwürdigen Gebrauch des 
Wortes status angeführt haben wird, ist klar. Ohne Zweifel meint 
er Niemand anders als Plautus, der schon damals eine ergiebige 
Quelle für alterthimliche Sprachforschung war, und status öfters in 
dem Sinne von facies gebraucht, am bezeichnendsten aber Amphitr. 
I, 1, 118. 

Et enimnero, quoniam formam cepi huius in med et statum, 
Decet et facta tmoresque huius habere me similes item. 
Dass er aber auch statur& hiermit gleichbedeutend nahm, geht aus 
I, 1, 288 desselben Stückes hervor, wo es heisst: 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 269 


Sira, pes, statura, tonsus, oculi, nasum vel labra, 
Malae, mentum, barba, collum: totus.. 

Festus p. 259. M. führt eine Stelle „aus dem Trinummns“ des 
Plautus III, 1, Yan: Tammodo inquit Praenestinus, nennt aber den 
Dichter dabei schlechthin Accius. Gestehn wir ein, dass Festus densel- 
ben sonst immer, schon der Unterscheidung wegen, bei seinem Bei- 
namen nennt: eine Verwechslung war bei diesem Citat wol nicht zu 
befürchten, denn einen Trinummus hat nur Plautus geschrieben. Es 
ist daber wenigstens kein materieller Grund vorhanden, die Richtig- 
keit der Lesart zu bezweifeln. ᾿ 

Charisias I p. 61. P. sagt: alvum Vergilius feminino genere 
saepe dirit, sed masculine Calvus ... et Aelius Cinna ... et La- 
berius et Accius frequenter, quod magis usus celebravit. Dass er 
ınit Accins nicht den Tragiker, sondern Plautus meint, geht eines- 
theils aus der Zusammenstellung mit dem Mimendichter Laberins 
und aus der Berufung auf die Sprache des gewöhnlichen Lebens 
hervor, der es offenbar Laberius und Accius entnommen haben sol- 
len, anderntheils aus Servius ad Aen, II, 50, der ganz dieselbe 
Bemerkung macht und dabei als Beleg Plautus Pseud, III, 2, 84 
anführt, wo es heisst: Quom hasce herbas huiusmodi in suom alvom 
eongerunt. 

Charis. I p. 75. G. sagt: inimicitiae et insidiae pluraliter diei 
debent, sed Sallustius insidiam primus (die Handschriften geben: de 
insidia prima) inqwit et Accius inimicitiam diet. — Es wäre son- 
derbar, wenn Charisius, um einen alten Sprachgebrauch zu erhärten, 
den Tragiker Accius angeführt bätte, nachdem bereits Gellius XIX, 
8, 6 und Nonins p. 129 denselben aus einem älteren Schriftsteller, 
aus Ennius, belegt hatten. Offenbar ging er, da es sich darum 
handelte, wer zuerst inimicitia im Singular gebraucht habe, um 
seine Gelehrsamkeit zu zeigen, noch weiter zurück und führte unter 
dem Namen Accius den Plautus an, Die Stelle, die er im Sinne 
hat, ist Stich. Ill, 1, 8: 

Cumque eo reveni ex inimicitia in gratiam, 

Diese Zusammenstellung wird uns nun schliesslich wol keinen 
Zweifel über das richtige Verständniss der Worte des Varro lassen, 
wenn derselbe de ], 1, p. 346 sagt: Accius ait personas distortis (die 
codd. haben distortas) oribus deformis Miriones. Dass diese Benen-. 
nung komischer Masken vom Tragiker Accius ausgegangen sein 
sollte, ist gar nicht glaublich; auch in seinen didascalicis wird er 
sich nicht mit der Erfindung von Namen für. dergleichen Dinge be- 
schäftigt haben. Sie gehörte augenscheinlich einem Komiker an und 
aller Wahrscheinlichkeit nach keinem Andern, als Plautnus. Man 
wird mir vielleicht erwidern, dass Varro denselben bei seinem Bei- 
namen zu nennen pflegt. Hierauf habe ich zu entgegnen, dass dies, 
wie wir sogleich sehn werden, nicht immer der Fall gewesen ist, dass 
Varro an dieser Stelle offenbar auf einen allgemein bekannten Witz 
anspielt und dass er überhaupt in derselben nur von Plautus spricht. 


- 270 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke. 


| Von den unter dieser Nummer angeführten Stellen hat nur die 
des Festus von Seiten des Verfassers der Abhandlung: de Plauti 
peetae nominibus Berücksichtigung gefunden. Da sie ihm völlig allein 
zu stehn schien, so erklärt er sie für einen reinen Irrthum des 
Schriftstellers. ΝΣ 
8) Wenn es, wie ich glaube, durch diese Anführungen, bei 
denen man keine oder nur geringe Abweichung in der Lesart der 
Handschriften findet, ausser Zweifel gestellt ist, dass Plautus die 
Namen Marcus und Accius geführt haben muss, so werden wir jetzt 
"mit Sicherheit über die Fälle urtheilen können, wo beide neben 
einander vorkommen aber durch Unverstand oder Sorglosigkeit der 
Abschreiber verdorben worden sind. So zunächst bei Varro del.l. 
p. 381, wo der bekannte Vers des Plautus aus der Casina fl, 3, 49 
Quid fringutis® Quid istuce tam cupide cupis mit den Worten: Maccius, 
oder Mactius oder Matius (denn so variiren die Handschriften) in 
Casina angeführt wird, Sieht man nicht deutlich, wie die Abschrei- 
ber aus dem M. ACCIUS oder M. ACTIUS einen Maccius oder 
Mactius und, weil ihnen dieser Name zu unlateinisch vorkam, Matius 
gemacht haben? Auch hier tritt uns freilich wieder die oft gemachte 
Bemerkung entgegen, dass Varro den Dichter bei seinem Beinamen 
zu citiren pflegt, aber konnte der Schriftsteller nicht gerade diese 
Bezeichnung wäblen, um die Casına dadurch über jeden Verdacht 
der Unechtheit zu erheben, während er andere Stücke und, wie 
wir später sehn werden, auch solche, die er nur aus subjectiven 
Gründen für echt hielt, schlechtweg unter dem Namen Plautus an- 
führte ?-— Der Vorname Marcus und die ausdrückliche Anführung 
der Casina schützten wenigstens vor jeder Verwechslung mit dem 
Tragiker Aceius, 
Im Prolog zum Mercator v.9 und 10 heisst es: 
Graece haec vocatur Emporus Philemonis, 
. Eadem Latine Mercator ‚mactici. 
Dazu existirt die Variante mattici, denn das ct wechselt häufig in 
- den Handschriften mit einem doppelten t. Wer die zahllosen Ver- 
schreibungen in den palatinischen Handschriften kennt, wird es nicht 
für zu kühn halten, wenn wir das t als ungehörig hinauswerfen und 
durch Umstellung der drei letzten Buchstaben daraus die Lesart 
M. Accii ableiten. Dagegen ist freilich der Einwand gemacht wor- 
den, dass der Genitiv auf ii statt i zu jung wäre, als dass man 
ihn dem Verfasser dieses Prologs zutrauen könnte. Ich werde in- 
dessen später darzuthun suchen, dass der Prolog zum Mercator der 
späteste unter allen ist, die sich zu den Plautinischen Stücken er- " 
halten haben, und dass der Verfasser desselben weder die Aus- 
drucksweise noch den Versbau des Plautus gekannt lat. Die beiden 
Verse aber, um die es sich hier handelt, sind sogar in diesem Pro- 
duct, wie Osann richtig bemerkt hat, ein Zusatz von noch späterer 
Hand und können schon nach der Ankündigung, die in den beiden 
‚ersten Versen . gemacht wird, keine passende Stelle in demselben 


ι. 


«Ὁ 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 271 


finden, Dort nämlich sagt Charinus als Prologus, er wollte zwei 
Dinge mittheilen, den Stoff des Stückes und seine Liebesgeschichte. 
Mit keiner Sylbe erwähnt er den Vorsatz, auch von dem griechi- 
schen Original des Stückes reden zu wollen, ein Gedanke, der auch 
dem Charakter des ganzen Prologs fern liegt. Ich vermuthe, dass 
irgend ein Grammatiker, der seine Gelehrsamkeit zeigen wollte, 
diese Verse auf den Band schrieb, von wo sie denn auch an einer 
höchst unpassenden Stelle in unsern Text gekommen sind und hierzu 
veranlasst mich besonders die Incorrectheit des Ausdrucks, denn 
der Autor sagt: Dies Stück heisst griechisch der emporus des Phi- 
lemon, lateinisch der mercator des M. Accius, gerade als ob Phile- 
mon und Μ, Accius zum Titel des Stückes gehört ‚hätten. Sollte 
diese Annahme daher richtig sein, so würde der Genitiv auf ii nicht 
nur erklärlich, sondern auch wahrscheinlich die einzige Form gewe- 
sen sein, die der Autor dieser Verse noch kannte, 

4) Wenn es uns nicht möglich war, für die Verbindung des 
Vornamens von Plautus mit dem Zunamen desselben Anführungen 
zu machen, die mit voller Sicherheit aus der Lesart der Hand- 
schriften entnommen werden können, so ist dies um so mehr der 
Fall bei der Verbindung des agnomen mit dem cognomen. Ohne 
alle Abweichung geben die Handschriften bei Fronto epist. de orat. III. 
p- 131 Nieb. die Worte: hoc genus verborum Accius Plautus, und 
ebenso ‚sicher ist die Ausfüllung des Festus bei Paulus p. 239 M. 
wo es heisst: unde et Accius poeta, qui Umber Sarsinas erat, a 
pedum planitie initio Plotus, postea Plautus coeptus est dici. In Be- 
zug auf diesen letzten Fall wird eingewandt, der Name Accius 
hätte so ohne Weiteres nicht gebraucht werden können, ohne den 
Dichter der Verwechslung mit dem gleichnamigen Tragiker anszu- 
setzen, aber wie ist das an dieser Stelle möglich, wo ausdrücklich 
gesagt wird, dass er ans Sarsina in Umbrien gebürtig gewesen und 
den Beinamen Plautus bekommen habe? — 

5) Alle drei Namen des Dichters endlich finden sich vollstän- 
dig neben einander in dem Verzeichniss der Bücher bei Plinius 
p. 54, 56 und 67 ed. Sillig. und an diesen Stellen geben die bes- 
seren Handschriften ohne Ausnahme M. Accius Plautus, Nur eine 
untergeordnete Pariser Handschrift hat das zusammengeschriebene 
Maccius neben Plautas und dies ist in der T,hat die einzige Analogie 
für das MACCI PLAUTI des cod. Ambrosianus. Hier tritt uns 
nun die Bemerkung entgegen, dass Plinius in diesem Verzeichniss 
seiner Quellen bei den dort citirten Autoren nicht mehr als zwei 
Namen zu gebrauchen pflegt, woher denn Maccius Plautus wahr- 
scheinlicher wäre, als M. Accius Plautus, aber wenn er dies that, 
so geschah es ohne Zweifel, weil er die citirten Autoren damit 
hinlänglich bezeichnet zu haben glaubte, so z. B..den M. Varro neben” 
dem Varro Atacinus, den Atteius Capito neben dem Atteius Phi-' 
lologus; da er aber von M. Accius, dem Komödiendichter, noch‘ 
einen andern Accius, den Verfasser des Praxidicus, unterscheiden 


272 Ueber Vor-u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein, Stücke, 


wollte, und überdies die Verwechslung mit L. Accius bei der be- 
kannten Fahrlässigkeit der römischen Abschreiber sehr nahe lag, 
so hielt er es wahrscheinlich für besser, den Namen Plautus hin- 
zuzufügen, was nicht nöthig gewesen wäre, wenn der Dichter Mac- 
‚cius hiess, Ebenso nennt er den Menander comoedus, um ihn 
noch von zwei andern Autoren dieses Namens zu unterscheiden. 
Dass Plinius sich vorgesetzt haben sollte, unter keinen Umständen 
mehr als zwei Namen zu nennen, ist nicht glaublich, denn sonst 
würde er dies nicht nur in seinem index, sondern auch in seinem 
Werk selbst gethan haben, wo aber die Bezeichnung durch drei 
Namen öfters vorkommt. 

Es bleibt endlich noch übrig, von einem Missverständniss zu 
sprechen, welches die Nennung des Accius ohne den Beisatz von 
Plautus bei den Grammatikern des Mittelalters veranlasst hat. Diese 
sind nämlich offenbar durch jenes unvollständige Citat, das wir 
unter 2) mit Beispielen belegt haben, auf den Gedanken gekom- 
men, dass es zwei Komiker gegeben habe, von denen der eine 
Accius, der andere Plautus hiess. Daher sagt Isidor. origg. VIH, 7,7 
p: 275: Duo sunt genera Comicorum, id est, veteres et novi. Veteres, 
qui et ioco ridieulares existunt, ut Plautus, Actius, Terentius. 
Novi, qui et satyrici, a quibus generaliter vitia carpuntur, ut Flaccus, 
Persius, Iuvenalis. Dass man Actius hier nicht mit Plaatas zu einer 
Person verbinden kann, zeigt der Gegensatz von drei zu drei. 
Ebenso Euanthius de fab. Haec ‘cum artificiossime Terentius fecerit, 
tum ülud est admirandum, ut comoediam scriberet et temperavit ef- 
fectum, ne in tragoediam transiliret. Quod cum alüs rebus minime 
obtentum et a Plauto et ab Afranio et Accio et multis fere magnis 
Comicis invenimus. Man hat Atta statt Accio schreiben wollen, aber 
offenbar mit Unrecht. Der Accius des Lucilius, Varro, Festus und 
“Charisius wurde für die späteren Grammatiker zu einer besondern 
Person, die man mit Recht für nicht geringer hielt, als Plautus 
selbst. Auch diese Fälle sind in der Abhandlung de poet. Plauti 
nom. nicht berücksichtigt. 


Ich habe im Obigen ausgesprochen, dass die Zweifel an der 
Echtheit der Plautinischen Komödien schon sehr früh bei den Rö- 
mern aufgetaucht wären und mancher Leser mag sich gewundert 
haben, dass man ein Menschenalter nach dem Tode des Dichters — 
denn später kann der Prolog zu Casina nicht geschrieben sein — 
schon nicht mehr gewusst haben soll, ob dies Stück dem M. Plautus 
angehörte oder nicht, und doch ist dies nicht das älteste Beispiel 
einer solchen Unwissenheit. Terenz konnte nicht einmal mehr an- 
geben, ob der Colax, ein Stück, aus dem Plautus, Casina Ill, 1, 9 
einen Vers anführt, und das seiner Zeit beliebt gewesen sein muss, 
von Piautus oder von Naevius herrührte. Die Stelle ist merkwürdig 
und verdient eine eingehendere Betrachtung, als ihr Parerg. p. 99 


. Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 273 


zu Theil geworden ist. Im Prolog zum Eonuchus kommen nämlich 
nach der Lesart der meisten Handschriften folgende Verse vor: 


Colacem esse Naevi et Plauti veterem fabulam: 
Parasiti, personam inde ablatam et militis. 

Si id est peccatum, peccatum imprudentia est 
Poetae: non quo furtum facere studuerit, 

Id ita esse vos iam iudicare poteritis. 

Colax Menandri est, in ea est parasitus Colax 
Et miles gloriosus: eas se hic non negat 
Personas transtulisse in Eunuchum suam 

Ex Gracca: set eas fabulas factas prius 
Latinas scisse sese, id vero pernegat. 


Der Widerspruch, in dem diese Worte mit dem Sachverhältniss 
stehn, springt in die Augen. Dass Terenz die Personen des Para- 
siten und des Soldaten, wenn er sie, wie Luscius Lavinius be- 
hauptete, einem älteren römischen Dichter entlehnte, nicht aus ver- 
schiedenen Stücken der alten Komödie genommen haben wird, 
leuchtet ein und der Gedanke, als ob der Parasit aus einem Colax 
des .Naevius, der Miles aus einem Colax des Plautus genommen 
sei, welche beiderseits wieder auf einen Colax des Menander zurück- 
zuführen wären, ist bei dem engen Zusammenhange, in dem diese 
Personen im Eunuchus selbst mit einander stehn, von vorn herein 
unwahrscheinlich. Gleichwol scheint diese Auffassung darch den 
vorletzten Vers eine Bestätigung zu erhalten, denn der Dichter sagt: 
set eas fabulas factas prius Latinas scisse sese, id vero per- 
negat, woraus Osann geschlossen hat, dass es doch verschiedene 
Stücke des Plautus und Naevius gewesen sein müssten, die Terenz 
benutzt haben sollte, denn sonst würde er nicht den Plural ge- 
braucht haben. _ Um diesen Widerspruch zu heben, stellt der Ver- 
fasser der Abhandlung: die fabulae Varronianae des Plautus Parerg. 
p: 99 die Vermuthung auf, Terenz hätte in den letzten Versen 
geschrieben: ᾿ 
eas se hic non negat 

Personas transtulisse in Eunuchum suam 

Ex Graeca. set eas ab aliis factas prius 

Latinas scisse sese, id vero pernegat, 
so dass also an dieser Stelle gar nicht von Stücken, sondern von 
den Personen des Parasiten und des Miles die Rede sein soll. Aber 
diese Conjectur ist sprachlich nicht zulässig, denn Terenz sagt wol 
faäcere fabulam aber micht fucere personam, sondern in diesem Fall 
gebrancht er scribere. Ausserdem aber sicht man nicht ein, warum 
der Dichter in dem ersten der oben angeführten Verse überhaupt 
von einerh doppelten Colax, des: Plautus und des Naevius, spricht, 
wenn er nur einen derselben benutzte, Würde'es nicht vollkommen 
hingereicht haben zu sagen, dass es-ein altes Stück dieses Namens 
νοῦ Plautus (oder, wenn er den Naevius ausgeschrieben haben 

Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd.XIX. Hft. 2. 18 


274 Ueber Vor- u. Zupamen des Plautus’o. die Echtheit sein. Stücke. 


sollte,. von Naevius) gäbe? Dies fühlte auch Bentley sel richtig 
und schrieb daher: | 

Colacem esse nemne Plauti veterem fabulam, 

wobei er die Bemerkung macht, dass gerade in der Anführung eines 
doppelten Colax von Plautus und Naevius eine Entschuldigung für 
Terenz liegen würde, Denn wenn, wie es hierdurch wahrscheinlich 
werden kann, Plautus den Naevius nachahmte, wie konnte man 
ihm dann zum Vorwurf machen, dass er den Plautus nachahmte? — 
Freilich ist bei dieser Lesart das folgende set eas fabulas gar nicht 
berücksichfigt und darin liegt ihre grösste Schwäche, 

Die richtige Ansicht der ganzen Stelle kann man nur gewin- 
nen, wenn man auf die ältesten Manuscripte zurückgeht. Im cod. 
Bembinus nämlich fehlt das et zwischen Naevi und Plauti gänz- 
lich und ebenso im cod. Coll. Corp. Chr. bei Bentley, wenn schon 
es der letztere vielleicht nur ans Versehn ausgelassen hat. Dass 
man es aber nicht früher findet, als im Vatic. und Reg. Paris,, ist 
"ein deutlicher ‘Beweis dafür, dass es von Calliopius berrährt, der 
hier eine verbindende Partikel vermisste und daher, unbekümmert 
um den Sinn der Stelle, et einschaltete. Mit grösserem Recht aber 
wird man mit Bothe (Ausg. v. Jahr 1806) und Loman spec, crit. 
p- 83 aut zu lesen haben. Terenz hatte nämlich, und hierin lag 
offenbar der stärkste Beweis für seine Unschuld, so wenig Kennt- 
niss von dem altrömischen Colax, den er ausgeschrieben haben sollte, 
dass er nicht einmal wusste, ob er von Plautus oder von Naevius 
herrührte. Daher sagt er: τὺ N 

Colacem esse, Naevi aut Plauti veterem fabulam 

und indem er später auf dasselbe Stück zurückkommt, gebraucht 
er nicht die prosaische Wendung, die man erwarten sollte: set eius- 
modi fabulam factam prius Latinam, sondern eine ungleich stärkere 
poetische, indem er, um seine Unwissenheit recht praegnant hervor- 
zuheben, den Plural gebraucht, und sagt: set eas fabulas factas prius 
Latinas scisse sese, id vero pernegat, ἃ. ἢ. dass ein solches Stück, es 
mag nun herrühren, von wem es will, im Lateinischen schon 
existirt, dies zu wissen lengnet er. 

Hieraus folgt nun beiläufig, dass diejenigen, welche aus dieser 
Stelle geschlossen haben, es hätte einen doppelten Colax. im Römi- 
schen gegeben, ein Stück dieses Namens von Naevius, und ein 
anderes von. Plaufus, im Irrthum sind, aber sie irren auch mejnes 
Erachtens ἰ der ganzen Thatsache. Allerdings wird von einigen 
alten Schriftstellern der Colax des Plautus angeführt, von andern 
der des Naevius, aber Niemand nennt meines Wissens keide neben 
einander, noch sind die Fragmente der Art, dass sie nicht in BKinem 
Stück gestanden haben könnten. Wahrscheinlich wird sich daher 
die Uswissenheit, in. der sich schon Terenz befand, späterhin nicht 
aufgeklärt baben und ein Theil der Autoren vindicirte es dem Naevius, 
ein anderer dem, Plautus. Sollte .es aber auch wirklich zwei Stücke 
dieses Namens von diesen beiden Dichtern gegeben haben, sp. wäre 


= Yon: Prof. Dr. Geppert zu Berlin, ° ᾿ 275 


die Annahme, als ‘ob bier oder irgendwo eine Umarbeitung des 
älteren Stückes durch den jüngeren Dichter stattgefunden hätte, 
ebenso‘ unbegründet. Diese Ansicht stützt sich allerdings auf die 
Meinung des Gellins' — denn ich finde kemen Grund zu glauben, 
däss er hier die Worte des Varro wiederholt —, welcher es IHl, 8, 13 
als unzweifelhaft ansah, dass Plautus alte Stücke bearbeitet. hätte: 
ste ist aber offenbar nur dadurch entstanden, dass man sich zu sei- 
ner ‘Zeit die Anzahl von 180 Piautinischen Komödien nicht anders 
erklären konnte, 'denn wenn es anders, 'wie ans dem Prolog zum 
Eunachen erhellt, für Diebstahl angesehn 'wurde, wenn man einzelne 
Rollen, die bereits in früheren Stücken auf die Bühne gekommen 
waren, nochmals wiederholte, um wie viel mehr musste dies nicht 
mit ganzen Stücken der Fall sein? In dieser ganzen Angelegenheit 
scheint bei den Römern das Rechtsgefühl, vielleicht zum Schaden 
der Sache, vorgewaltet zu haben. Ein griechisches Stück war res 
nullius: jedermann hatte das Recht, es in Beschlag zu nehmen and 
zu seinem Vortheil zu verwenden. Nachdem aber das so occupirte 
Stück ganz oder theilweise über die Römischen Bretter gegangen 
war, stand es Niemandem frei, dasselbe, und selbst, wenn er es 
verbessert hätte, so weit es‘ schon benutzt: war, noch einmal zu 
bearbeiten und vorzuführen. Dies würde man- als eine Beeinträch- 
tigung des ersten Besitzers angesehn haben, ganz davon abgesehn, 
dass das Theater-Publicum sich für die blosse Veränderung der Form, 
und wenn es auch eine Verbesserung war, wol nicht interessirt haben 
würde, Daher hat Terenz im vorliegenden Fall, wo er 'schon da- 
gewesene Personen des Römischen Theaters benutzt haben soll, nur 
die’ Entschuldigung der Unwissenheit: dagegen war er vollständig 
in seinem Recht, als er eine Stelle aus den Συναποθνήσκοντες .des 
Diphilus, die Plautus in seinen Commorientes nicht benutzt hatte, 
nachträglich als sein Eigenthum beanspruchte und in seine Adelphi 
verflocht; s. Prolog zu  Adelph. v. 8. ᾿ 
Der Prolog zum Eunuchus, der bei der ersten Aufführung des 
Stückes gesprochen wurde, fällt spätestens in’ das Jahr 592, wo 
unseres Wissens das Stück zum ersten Mal gegeben ist, also 23 Jahre 
nach dem Tode des Plautus. Die’ Folgezeit beschäftigte sich ange- 
legentlich mit der Frage nach der Echtheif.der Plautinischen Ko- 
mödien und die Grammatiker 'verfertigten ihre indices,’ aus denen 
sie die unechten Stücke’zu entfernen suchten, So reducirte L. Aelius 
Stilo, der ‘Lehrer des Varro, die Zahl der von ihm anerkannten’ 
Komödien anf 25: dass man aber hierbei selbst mit grösserer Strenge 
zu Werk gegangen ist, als "Terenz, beweist das Urtheil- des L.’Ac-' 
cius, der in seinen Didascalicis sogar die Commorientes’ für unecht 
erklärte, ein Stück, welches Terenz im Prolög Zn den Adelphi als 
ganz unzweifelhaft hinstelt. Ausserdem bestritt er auch die Eicht-‘ 
heit von Gemini lenones, Condalium, Boeotia, Agroicos, Anus und 
Bis comptessa (Gell.' IT, "55 6), Stücke, die doch von ‘Andern für 
plaufinisch‘ gehalten sein müssen, aber dur in Bezug auf die beiden 
18 


“ 4 
x “" 


976 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke. 


zuletzt genannten, Anus und Bis compressa, scheint man ihm all- 
gemein beigetreten zu sein — wenigstens werden sie von Späteren 
überhaupt nicht mehr genannt und scheinen vergessen zu sein — 
die Boeotia erklärte Varro aus sprachlichen Gründen fir echt, Con- 
dalium führt er, ohne ein Bedenken zu äussern, öfters als ein 
Stück des Plautus an, Agroicos wird wenigstens von Nonius unter 
dem Namen des Plautus citirt und Gemini lenones von Priscian, 
woraus man wenigstens schliessen kann, dass es ursprünglich einen 
Agroicos und ein Stück Gemini lenones von Plautus gegeben haben 
mag, wenn auch Nonius und Priscian vielleicht nur Nachbildungen 
vor sich hatten. τς 

Ein neuer Versuch, die Echtheit der Planutinischen Stücke Ζι 
bestimmen, ging von Varro aus. Er sonderte zunächt 21 Stücke 
aus, die, wie Gellius Ill, 3, 3 sagt, nicht zweifelhaft waren ἀπ} 
nach dem übereinstimmenden Urtheil Aller für plautinisch gebalt: n 
wurden, dann aber erklärte er noch einige andre für echt, w il 
sie ihm der Sprache und dem ‘Geist nach plautinisch zu sein sch'e- 
nen, trotz dem, dass dieselben unter dem Namen andrer Dichter 
überliefert waren. So z. B. die von Accius verworfene Boeotia, die 
man für ein Stück des Aquilius hielt, die Varro aber dennoch dem 
Plautus zuzuschreiben kein Bedenken trug. 

Was die erste Klasse, die besonders so genannten fabulae 
Varronianae angeht, die „nach dem Urtheil Aller‘‘ feststanden,, so 
werden das, wie ieh glaube, vorzugsweise die mit der Ueberschrift 
M. Plauti versehenen Komödien gewesen sein, die über jeden Zwei- 
fel erhaben waren, dieselben 21 Komödien, die sich in unsern Hand- 
schriften des Plautus erhalten haben, und wenn sich der Saturio 
und Addictus nicht unter denselben befinden, trotzdem, dass Varro 
über ihre Echtheit nicht in Zweifel sein konnte, da er nach Gel- 
lius 1{Π{, 8, 14 sogar wusste, wann und wo Plautus dieselben ge- 
- schrieben hatte, so ist der Grund wahrscheinlich der, dass sie zur 
Zeit des Varro nicht mehr vorhanden waren. Er selbst gedenkt 
ihrer nirgends und wenn Festus einige Verse aus dem Saturio an- 
führt, so konnte er sie leicht älteren Grammatikern nachcitiren. 
Dass Varro aber, wie der Verfasser der Abhandlung: die fabulac 
Varronianae, Parerg. p-122 behauptet, neben der ersten Klasse, 
die von Andern für sicher gehalten wurde, noch eine zweite an- 
genommen habe für Stücke, die er aus subjectiren und objectiven 
Gründen für sicher hielt, geht weder aus den Worten des Gel- 
lius hervor, noch ist es an und für sich glaublich, denn da er die 
Komödien noch in der Handschrift selbst vor sich hatte, so wird 
er sich auch bei der Constituirang der ersten Klasse nicht von dem 
Urtheil früherer Grammatiker, sondern von allgemein bekannten 
Erkennungszeichen abhängig gemacht haben. . 

Die folgende Angabe des Gellius, dass Varro im Ganzen mehr 
Stücke als diese 21 für plautinisch gehalten habe, bestätigen, wie 
es auf den ersten Anblick scheint, seine Schriften, denn er führt 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 277 


selbst im Ganzen aus 26 Komödien unter dem Namen des Plautus 
Verse an, darunter aus 14, die uns erhalten sind, — von der 
faeneratrix nennt er nur den Namen, so dass man nicht weiss, ob 
er sie noch vollständig in Händen hatte, — und hierin könnte man 
eine Uebereinstimmung mit «den Worten des Gellius finden, nach 
dem Varro ausser den 21 Komödien noch „einige andere‘. ange- 
nommen hat, aber dann müsste man glauben, dass Varro in den 
uns erhaltenen Büchern alle Komödien des Plautus angeführt hätte, 
die er gelten liess, und dass er, was- noch nunwahrscheinlicher ist, 
von den uns überlieferten Komödien den dritten Theil für unecht 
hielt. Er scheint daher in seiner Bezeichnung jener von ihm als 
plautinisch angegebenen Komödien zum Theil nur der Tradition 
gefolgt zu sein, ohne seine Kritik dabei in Anwendung zu bringen, 

Das subjective Urtheil des Varro und seine Bezeichnung eines 
Stückes als plautinisch ist .daher für die Folgezeit ebenso wenig 
bindend gewesen, wie das Urtheil des L. Accins für Varro. Wenn 
er selbst de 1. |. p. 266. Sp. bemerkt, dass Andere die Boeotia für 
ein Stück des Aquilius hielten, so kann er damit freilich den L. 
Accius "und seine Vorgänger gemeint haben ; dagegen wurde Astraba, 
die er unter dem Namen des Plantıs anführt, von Gellius XI, 7, 5 
bezweifelt und von Nonius p. 70 mit solcher Entschiedenheit ver- 
worfen, dass derselbe deshalb nicht einmal einen Vers daraus an- 
führen will. Ganz ebenso ergiog cs der Nervolaria, die Gellius III, 
8, 6 ebenfalls, trotz dem, dass sie Varro als plautinisch bezeichnet, 
unter die incertae stellt: Um so mehr .aber fand das Beispiel des 
Varro, der allein aus stilistischen Gründen die Anzahl der plau- 
tinisehen Komödien selbst durch solcha Stücke vermehrt hatte, die 
onter anderm Namen überliefert waren, Nachahmung. Schon Ser- 
vius Claudius traute sich zu, nicht einmal von ganzen Stücken, 
sondern von einzelnen Versen bei dem blossen, Anhören derselben 
beartheilen zu können, ob sie von Plautus herrührten oder nicht. 
Cicero ad div. IX ep 16. Favorinus brach, als man die Nervolaria 
las, bei einem Verse derselben in die Worte aus: „Schon dieser 
Vers allein würde genügende Bürgschaft dafür sein, dass das Stück 
von Plautus 151 [6 (Gell, III, 3, 6) und Gellius selbst zweifelte bei 
dem Durchlesen eines Stückes mit dem räthselhaften Titel fretum, 
das ausser ihm Niemand kennt, nicht im Entferntesten daran, dass 
die Komödie von Plautus sei und zwar omnium marime genuina (δ. 7.) 
vergl. Macrob. Sat. II,’1. 

Wer sich jemals darauf eingelassen hat, aus subjectiven Grüs- 
den die Autorschaft bei irgend einem Kunstwerk festzustellen, wird 
wissen, welchen Täuschungen man dabei ausgesetzt ist. Sie sind 
nicht geringer, als wenn man den Wein mit verbundenen Augen 
kostet. Es ist daher gar nicht zu verwundern, «ass man sich über 
den Verfasser eines zweifelhaften Stückes nicht einigen konnte, noch 
weniger aber, dass von Leuten, die weder kritisches Talent noch 
kritische Bildung hatten, eine Menge von Stücken für plantinisch 


278 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke. 


erklärt wurden, die auf diesen Namen nur geringe ‚Ansprüche 
haben mochten. Schon zur Zeit: des Varro existiten, wenn er an- 
ders die uns bekannten 21 Komödien in Händen hatte, über 40 
Stücke, die man unter dem Namen des Plautus verbreitete oder 
mindestens kannte.. Dies waren ausser unsern 21: Anus, Bis com- 
pressa, Gemini lenones, Condalium, Boeotia, Agroioos, Commo- 
xientes, die zwar von I. Acceius verworfen aber aum Theil von 
Späteren wieder angenommen wurden, Addictus, Astraba, Cojax, 
Faeneratrix, Frivolaria,, Fugitivi, Nervolaria, Pbagon, Parasitus 
piger, Saturio, Sitellitergus und ein räthselltaftes Stück wit dem 
wahrscheinlich. corrumpirten Namen Cesistie, die :Varro. selbst an- 
führt. Die. Gornicularia, die: Varro eher dem. Naevius als dem 
Plautus zuzuschreiben scheint, wird. wenigetens.von Nonius unter 
dem Namen. des Letzteren citirt. Festus bringt noch 4 neue Stücke 
bei, von denen man bis dahin nichts erfahren hat: Artemo, Car- 
konaria, Dyscolos und. Hortulys, Gellius erklärt dje Komödie Fre- 
tum für plautinisch und citirt die Trigemin;, die ausser ihm Nie- 
mand kennt. Zugleich aber berichtet er uns, dass man zu, seiner 
Zeit 130 Komödien ‚unter dem Namen des Plautus verbreitet hätte, 
während Servins im Anfang seines Kommentars zur Aeneide die 
stufenweise Vermehrung dieser Stücke von der Zeit des Varro: an 
bis etwa zu der des Verrius Flaccus anzudenuten, scheint, indem er 
sagt, einige hätten dem Plautus 21 Komödien zugeschrieben, an- 
dere 40, andere 100, denn wenn anders Gellius, wie Parerg. p. 108 
mit starker Betonung behauptet worden ist, auf die Angabe 
des Varro hin hätte sagen wollen, dass man schon zur Zeit des 
Varro 130 plautinische Komödien angenommen hätte, so würde er 
nicht von der oratio indirecta in die directa übergegangen sein: er 
würde, nachdem er begonnen hatte: In eodem Libro Μ, Varronis id 
quoque scriptum est, ei Plautium fuisse quempiam comoediarum poe- 
tam, fortgefahren sein: ferri autem sub Plauti nomine comoedias 
circiter cenlum et triginta, Da er aber statt dessen sagt: Feruntur 
autem, und weiterhin: neque tamen dubium est, so folgt hieraus 
meines Erachtens deutlich, dass er von seiner Zeit und seiner Mei- 
nung spricht, nicht von. der des Varro. 

Trotz dieser schrankenlosen Vermehrang plautinischer Stücke 
aber. scheint doch auch zur Zeit des Gellius ihre Anzahl noch nicht 
abgeschlossen zu sein und die späteren Nachfolger des Varra liessen 
sich ebensowenig wie die früheren das Recht nehmen, plautinische 
Stücke zu creiren, die zum Theil vielleicht sehr trüben Ursprungs 
waren, Macrobius tritt mit zwei neuen Stücken hervor, Calceolus 
und Baccaria, Nonius mit Acharistio und Plociaum (wobei wir gei- 
nen Tiberius auf sich beruhn lassen), Priseian mit einem Lipargus 
und Charisius mit einem Stück Caecus aut-Praedones, Merkwürdig 
siad bei diesen Anführungen besonders zwei Dinge: erstens‘, dass 
kein noch so später Grammatiker auftritt, der nicht eine Kenntniss 
von plautinischen Stücken mitbringt, die man bei seinen Vorgängern 


N 


Von Prof. Dr. Geppert zg Berlin, 279 


noch nieht genannt findet, was mit dem sonstigen Verlauf der Dinge 
ia Widerspruch steht. Denn während man in allen andern Zwei- 
gen der klassischen Litteratur bei den älteren Grammatikern eine 
ausgebröitetere, bei den jüngeren eine mehr compendiöse Kenntaiss 
findet, so nimmt bei den plautinischen Komödien ihre Anzahl fort 
während zu. .Zweitens, dass jeder ven ibnen seinen eiguen Neben- 
kreis von plautinischea Komödien hat, den er meistens ganz allein 
kennt, ‚denn mit Uebereinstimmung werden nur die, uns erhalthen 
21 eitirt. Daraus scheint deutlich hervorzugehn, dass im Lauf der 
Jahrhunderte &ine Menge von Nachbildungen plautinischer Stücke 
gemacht sein müssen, die binterher von unkritischen Grammatikern 
für echt ausgegeben worden. Dass sich dies aber wirklich so ver- 
halten, und dass es an solchen Nachbildungen nicht gefehlt hat, 
geht deutlich aus dem Beispiel des Verginius Romanus hervor, von 
dem Plinius epp. VI, 21 schreibt: ‚Seripsit comoedias, Menandrum 
aliosque aelatis eiusdem aemulatus. Licet has inter Plautinas 
Terentianasque numeres. " ᾿ 


N 


- Was nun schliesslich die uns erhaltenen 21 ‚Komödien angeht, 
so kann es Niemandem entgehn, dass nicht Alles, was. die Hand- 
schriften unter dem Namen des Plautus überliefern , von ihm her- 
rührt. . Zum Poenulus haben wir einen‘.doppelten Schluss, wie zur 
Andria des Terenz, —. nur eine-der beiden Scenen, die dort neben 
einamder stehn, ‚scheint vom Dichter zu sein, die andere ist sicht- 
lich eine Umarbeitung son anderer Hand — der Prolog zu Casina 
ist, .wie‘ aus: dem Jahalt desselben hervorgeht, erst ein Menschen- 
alter nach der -etsten Aufführung des Stäckes und nieht mehr bei 
Lebzeiten des Dichters geschrieben, der Prolog zu den Menaechmen 
fällt, wie'es scheint, ‚in: eine Zeit, wo man schon gewohnt war, 
dramatische Werke öffentlich: vorzalesen: daher die Worte: adporto 
vobis Plautum lingua, non manu, ja, wenn wir den Anführun. 
gen alter Grammatiker und der Auctorität junger Handschriften 
tranen dürften, so müssten wir selbst die versificirten Argumente, 
weiche den einzelnen Stücken vorangehn, dem Plautus zuschreiben, 
denn Donatus zu .Andr, II, 5, 4 führt eine Wendung aus dem 
argumentum zu Asinaria v. 3 unter dem Namen des Plautus an und 
im .cod. Vratisl. hat das argumentum acrestiehon zu‘ Aulularia den 

‚Titel: argumentum verum Plauti zur Unterscheidung von dem ari- 
dern daneben stehenden, welches argumentum non Plautinum ge- 
nannt wird. -(Linge de hiatu p. 21 Anm.) Dies Alles macht uns 
däranf: aufmerksam, dass wir es in den plautinischen ‚Handschriften 
mit einer ungleichartigen Masse za tkun haben, die der kritischen 
Sichtung noch gar: sehr bedarf. - Tr 

Was zunächst die Prologe. angelit,: so sind sie mit ge- 
singen Ausnahmen, die man auch nur einstweilen dahin gestellt sein 
liess, in neuester Zeit sammt und sonders für: unetht erklärt we 


280 Ueber Vor- u. Zanamen des Plautus u, die Echtheit sein. Stücke. 


den (S. ἔχουν Ill zu der Abhandlung: die fabulae Varronianae 
Parerg. p: 180.) Prüfen wir die Gründe! — Der Prolog zu Poe- 
nulns soll namentlich deshalb unecht sein, weil das Stück in dem- 
-selben eine Umtaufe erhalten haben soll. Während es allgemein 
Poenulns heisst, soll es bei Gelegenheit einer späteren Aufführung, 
bei der der vorliegende Prolog 'gesproohen wurde, den Namen 
patruus Pulliphugorides bekommen haben und dieser Umstand eben 
soll es sein, der wieder die sicherste Gewähr dafür gibt, dass der 
vorliegende Prolog nicht von Plautus herrührt, der ihm ja ursprüng- 
lich einen andern Namen gab. — Aber diese ganze Annahme stützt 
sich auf eine sehr zweifelhafte Emendation. Die Handschriften 
geben nämlich (mit (der geringen Abweichung platus stadt. autus) 
v.53 u.54 ° 

᾿ Carchedonins vocatur haec comoedia, 

Latine Plautus patruus pultiphagonädes. 

Da das Plautus im zweiten Verse gegen den Sinn ist, und aller- 
dings graece vor latine ausgefallen .zu sein scheint, so hat schon 
Loman spec. crit. p. 66 im zweiten Vers geschrieben: 

Graece, Latine Patruus pultiphagonides. 

Aber wer sollte wol jemals darauf gekommen sein, den Hanno, 
denn ein Anderer kann doch mit diesem Namen nicht gemeint sein, 
in unserm Stück patruus Puitiphagonides zu nennen, -da in der 
ganzen Komödie nicht vom Pulsessen die Rede ist? oder, wenn 
man das Wort ganz allgemein und für. pultiphagus nehmen will, wie 
sollte der Poenulus jemals den Titel des „nichtgriechischen Onkels“ 
haben bekommen können? Schon ältere Interpreten haben bemerkt, 
dass dies Epithet nach Analogie des opifex pultiphagus' Most. Ill, 
2, 144, weit eher dem Plautus zukäme als dem Hanno, Und 
welchen Zweck sollte der Prolog überdies gehabt ‚haben, dem Publi- 
cum ein allbekanntes plautinisches Stück unter einem ganz fremden 
und zumal unpassenden Titel vorzuführen? etwa nur, um, wie es 
Parerg. ἢ. 206 heisst, „ein harmloses Spiel mit Namen‘‘ zu trei- 
ben? — Offenbar haben wir in v. 54 die Trümmer mehrerer Verse 
vor ns, die in einen zusammengezogen sind, was bei Plautus öfters 
vorkommt. Allerdings ist ein Graece vor. Latine ausgefallen, aber 
darauf folgte ohne Zweifel der Name des römischen Stückes und 
pultiphagonides gehört mit Plautus zusammen, der als römischer 
Dichter dem griechischen gegenüberstand. Wenn irgend eiwas in 
dieser Stelle unecht ist, so ist es das Wort patruus. 

Nehmen wir aber auch an, das Stück habe darch irgend eine 
uns anbekannte Veranlassung diesen sönderbaren Namen erhalten und 
die von Loman gemachte Emendation sei richtig, so würde der 
Fall darum noch immer vereinzelt stehn, denn weder hat mian bei 
nochmaligen Aufführungen plautinischer Stücke den Namen derselben 
verändert, noch haben Plautus und Terenz, wenn sie .dies bei ihren 
Umarbeitungen aus dem Griechischen thaten, verfehlt, darauf be- 
sonders aufmerksam za machen und ihre Motive für die Abweichung 


‘ Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 281 


anzugeben. Für den ersten Fall ist Casina angeführt worden, wo 
es im Prolog v. 80 heisst: 
Clerumenoe vocatur haec comoedia 

‚Graece, Latine Sortientes. 
Dass aber in der That Sortientes nicht der Name des Stückes, 
sondern nur die Uebersetzung von xAngovusvor ist, geht, wie Osann 
bereits bemerkt bat, aus der Vergleichung von Mil I,1,8u9 
hervor, wo es heisst: 

" Huic Graece Alason nomen est comeediae: 

ld nos Latine gloriosum dicimus. 

Gerade so wie Cicero Tusc: Ill, 27 gelegentlich den Heauton- 
timorumenos des Terenz ipse se poeniens nennt, womit er. doch 
eine Umtaufe nicht beabsichtigt haben kann, sondern nur eine Ver- 
deutlichung des Titels für diejenigen, die bei dem griechischen Wort 
nicht gleich an die römische Uebersetzung und die Tendenz des 
Stückes dachten. Fär den zweiten Fall, wo wirklich eine Umän- 
derung des griechischen Namens stattfand, sind besonders die Pro- 
loge zu Triaummus und Phormio merkwürdig. Im ersten heisst 
es v. 18-—21: 
Huic Graece 'nomen est thesauro fabulae. 
Philemo scripsit: Plautus vortit barbare. 
Nomen Trinummo fecit. Nunc vos hoc rogat 
Ut liceat possidere hanc nomen fabulam. 
(Im letzten Vera schreiben spätere Bücher hoc st. hanc.) Im Prolog 
zum Phormio sagt Terenz v. 24 ff. 
adporto novam 
‚Epidicasomenon quam vocant comoediam - 
Graece, Latine Phormionem nominant: 
Quia primas partis qui aget, is erit Phormio 
Parasitus, per quem res geretur marime. 
So würde anelı der Prolog zum Poenulus,. wenn er eine Umän- 
derung im Titel .des- Stückes beabsichtigt hätte, gewiss dem Publi- 
cum seine Gründe dafür angegeben haben. 

Es ist aber noch ein anderes Argument gegen die Echtheit 
des Prologs zum Poenaulus geltend gemacht worden und dasselbe 
soll auch die :Unechtheit der Prologe zu Amprhitruo und Captivi 
erweisen. In allen: dreien ist nämlich offenbar auf feste Sitzplätze 
der Zuschauer Bezug genommen, namentlich werden die designatores 
erwähnt, welche die Zuschauer dorthin führen und die conquistores, 
die sie dort aufsachen sollen. Im Prolog zu den Captivi hat ein 
zu spät gekommner Zuschauer keinen Platz gefunden und muss 
deshalb stehn. Daraus hat man geschlossen, dass diese Prologe in 
eine Zeit fallen, wo die Behörden mit geringerer Strenge gegen 
das Theaterpublicım verfahren wären und ihm das Sitzen erlaubt 
hätten. Aber ich weiss nicht, mit welchem Recht man dem Theater 
des Piautus eine solche Einrichtung absprechen will. Dass die 
Zuschauer zu seiner Zeit grösstentheils gesessen ‘und nicht ge- 


382 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus a. die Echtheit sein. Stücke. 


standen haben, geht aufs Unzweidenfigste aus den Stücken selbst 
hervor. Mil. II, 1, 3 heisst es: Qui auscultare nolst, expergat 
(codd. exsurgat) foras, ÜUt sit, uhi sedeat ille, qui auscultare volt. 
Nunc, qua adsedistis causa in .festiwo loco, εἰς. : Poen. V, 4, 54 
sitiunt, ‘qui sedent, Δα]. IV, 9,:6 sedext, quasi sint frugi. Epid. zum 
Schluss: Zumbos surgite atque exporgite (nach dem cod. Anibr.) 
Sollte man unter solchen Umständen nicht aunehmen . dürfen, dass 
auch unter den Sitzplätzen eine gewisse Ordnüng - stattgefunden 
hätte? Wenn, wie man’ behauptet hat, jeder stand und sass, wo 
er gerade seinen Platz nehmen wollte, so wärden die Stehenden, 
wenn sie sich. vor die Sitzenden stellten, diesen jedenfalls die Aus- 
sicht auf die Bühne genommen haben; wenn aber die Plätze, wie 
es scheint, nicht numerirt waren, 'so waren allerdings ‚designateres 
nöthig, die den Einzelnen ihre Plätge.. anwiesen und es ist dies, 
wie die Nennung. der 'subsellia der beste Beweis, «dass eine grie- 
chische Einrichtung des Theaters ‚noch nicht stattfand, denn die in 
demselben herrschende Ordnung war so. in die Augen fallend, dass 
man Beamte dieser Art nicht bedurfte und daher. auch nirgend ge- 
nannt findet. Dass sich aber die Zuschauer im plautinischen T.hea- 
ter ihre Sessel selbst mitgebracht und nach Belieben ‚placirt hätten, 
ist eine Annahme, die sich durch nichts erweisen lässt. Ich kann 
daher in diesen Umsfänden nichts finden, was: mich an der Echt- 
heit dieser. Prologe zweifeln liesse, . Sa schwer nun allerdings auch 
der Beweis zu führen sein-möchte, dass sie unmittelbar von Plau- 
tus herrühren, so werde ich doch später nachweisen,: dass gerade 
der Prolog zum Poenulus im Alterthum wenigstens für echt ge- 
halten sein muss, denn sonst würde man iha nicht nachgeahmt 
haben, 

Gegen die Prologe zu Asinaria, Menaechmi, Mercator ; Pseu- 
“ dolus, Trinammus nnd Trucnlentus ist geltend gemacht worden, 
dass der Dichter darin nicht.wie in denen des 'Terenz schlechthin 
poeta, sondern bei seinen Namen genannt wird. Was dies Ar- 
gument in den Prologen, wo derselbe schlechthin Plautus heisst „‚ent- 
scheiden‘ soll, weiss ich nicht. Wenn aber der Vertheidiger dieser 
Meinung Parerg. 236 dabei die Ansicht ausspricht,,.. dass es aller- 
dings nicht schwierig sei, im Sprachlichen und Mettischen in diesen 
Prologen einzelne Eigenheiten. oder Unregelmässigkeiteni im. Gegen- 
satz zu plautinischer Gewohnheit aufzuzeigen, dass aber düch. jeder, 
der sich in Rom zur Abfassung eines :solchen Prologs hergegeben, 
die sehr einfache und gewohnte Kunst verstanden habe, regelrechte 
Senare zu bauen, und dass diese Regeln durchaus keine 
andern gewesen wären, als die auch. für Plautus gel- 
tenden (Parerg. p. 236), so 'scheint er mir dadurch in deppelten 
Widerspruch zu treten, einestheils mit sich selbst, da es Parerg. 
p: 595 sehr richtig heisst, ‚‚Jass Verse, wie sie Plautus und Terenz 
gemacht hätten, von den Genossen eines späteren Zeitalters nicht 
‘mehr hervorgebracht wären, ja dass diese trotz ulles Bomühens schon 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 288 


früh jene Kunst verlernt hätten,‘“ anderntheils-mit der Sache, da 
alte und neue Grammatiker keine Elisionen bedurft hätten, wenn 
die Verse des Plautus und Terenz nach ihren Regeln abgefasst ge- 
wesen wären. Gerade dieser Punkt scheint mir für die Beurthei- 
Iung der Echtheit von höchster Wichtigkeit, ob man nämlich. die- 
jenigen Abweichungen vom regelrechten Gange des Verses bemerkt, 
die sich Plautus und Terenz gestattet haben, oder nicht. Hat der 
Autor seine Verse durchaus nach dem Schema der Grammatiker ge- 
baut, so darf man überzeugt sem, dass es weder Plautus noch 
Terenz war; ist er über die Schranken, die sich jene gestellt haben, 
hinausgegangen, ebenfalls. Um von dem ersten Fall nur ein Bei- 
spiel anzuführen, so wird man einen grossen Unterschied zwischen 
den Versen des Terenz und denen des Sidonius Apollinaris finden, 
die jenen Komödien vorangestellt sind: während jene sehr häufig 
vom Schema des Priscian abweichen, thun es diese. niemals, der 
offenbare Beweis des späteren Ursprungs, selbst wenn kein äusseres 
Zeichen vorhanden wäre. Dieselbe Erscheinung werden wir auch 
bei pseudoplautinischen Versen wahrnehmen; doch zuvor will jch 
von den Prologen sprechen, die in ihrer Anlage und ihrem ganzen 
Bau die Nachahmung verrathen, so dass man schon hieraus auf 
ihre Unechtheit schliessen kann. Dabin gehören zunächst die zu 
Asinaria und Menaechmi. 

Der Prolog zu Asinaria lautet, wenn man den Text von den 
Verderbnissen befreit, welche Glossatoren und Abschreiber über ihn ᾿ 
gebracht haben, folgendergestalt: 

Hoc agite sultis, spectatores, nunc iam, 

 Quae mihi quidem atque vobis res vortat bene 
Gregique huic et dominis atque conductoribus. 
Face nunc iam tu, praeco, omnem auritum poplum. 

5 Age nunc reside: cave modo ne gratüs. 

Nunc quid processerim huc et quid mihi voluerim 
Dicam, ut sciatis nomen huius fabulae, 
Nam quod ad argumentum adtinet, sane breve est. 
Huie Graece nomen est Onago fabulae: 
10 Demophilus 'scripsit, Marcus vortit barbare. . 
Asinariam volt esse, si per vos licet. 
Inest lepos ludusque in hac comoedia. 
Ridieula res est: date benignam operam mihi. 
* * 


* 
Ut vos item ut aliag, pariter nunc Mars .adiuvet, . 
V.2 geben die Handschriften: quidem mihi v.4 iam tu nunc =. 7 
sciretis statt sciatis. Auf v.7 folgen die Worte: nunc quad me dixi 
velle vobis dieere, dicam, die offenbar eine Paraphrase zu v. 6 sind: 
nunc quid ‚processerim huc et quid mihi voluerim, dicam, und hier- 
durch ist-v. 9 in Unordnung gerathen, der in den Handschriften 
die Wortfolge hat: huic nomen graece Onagost. Nach v. 18 ist 
eine Lücke, in der, wie es scheint, die versprochne kurze Inbalts- 


284 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke. 


angabe des Stückes gemacht wurde, Im letzten Vers fehlt ut vor 
alias in den Händschriften, 

In diesem ganzen Stück stehn wenig Gedanken, die man nicht 
an andern Orten bei Plautus besser gesagt fände, ‚wie z.B. die 
Wendung Nune quid processerim huc ganz deutlich an Rud, prol. 31 
Nunc huc qua caussa veni, das date benigne operam mihi an Mil. Il, 
1, 2 si ad auscullandum vostra aderit benignitas und der Schluss- 
vers an Cist. I, 3, 49 Vincite virlute vera, quod fecistis απ ας 
erianert. Doch vollständige Plagiate haben aus den Prologen zu 
Poenulus und Trinummns stattgefunden. Daher sind νυ. 4 u. 5 ge- 
nommen, die, mit geringer Abänderung im Poenulus prel. 1 0.15 
lauten: 

‚Exsurge,. praeco, fac populo audientiam. 

Age nunc reside, .duplicem ut mercedem feras. 
und v.9 bis 11, die aus Trinummus prol. 18—21 genommen sind: 

Huic Grasce nomen est thesauro fabulae: 

Philemo scripsit: Plautus vortit harbare. 

Nomen Trinummo fecit: nunc vos hoc rogat 

Ut liceat possidere hance nomen fubulum. 
Somit sind denn von diesen 14 Versen höchstens 6, die der Ver- 
fasser ohne nachweisbares Muster gemacht hat. Beachtet man aus- 
serdem, dass er, wie oben berrits bemerkt wurde, offenbar nicht 
ohne Absicht den Dichter Marcus ποδί, so wird man, glaube ich, 
an der Unechtheit des Prologs nicht zweifeln können, . 

Der Prolog zu den Menaechmen ist so vollständig nach dem 
Muster des Prologs zum Poenulus gemacht, dass man ihn nicht nur 
- zum Theil als Kommentar benutzen, sowdern sogar aus jenem 
emendiren kann. 

So erinnert gleich v. 14 nunc argumentum vobis demensum dabo 
dem Gedanken nach an Poen, prol. 56 argumentum hoc hic cen- 
sebitur.. Ferner die. Wendung in v. 45—46 Propterea illius nomen 
memini facilius Quia Ülum clamore vidi flagitarier an Poen. prol. 
62—63 Propteres apud vos disco confidentius Quia mihi pollinctor 
dirit, qui eum pollinzerat. Dem Worte nach stimmen noch genauer 
ν. 60 ff. Adoptat iülum puerum surrepticium Sibi filium — Humque 
heredem fecit, quom ipse obüt diem mit Poen. prul. 7677 eumque 
adoptat sibi pro filio Eumque heredem feeit, quom -ipse .obiit diem. 
Ebenso v. 68 Is εἰς habitat geminus surrepticius mit Poen. prol, 78 
Is üÜlic adulescens habitat in illisce aedibus. Endlich v. 69—71 
Nunc ille geminus, qui Syracusis habet Hodie in Epidamnum veniet 
(die Bücher haben venit) cum servo suo Hünc quaeritatum geminum 
germanum suum mit Poen. prol. 121 Is hodie huc venjet reperietque hic 
filias Et hunc. sui fratris filium. Die Worte: Haec τὸς Epidamnus 
est, dum haec agitur fabula: Quando alia agetur, aliud fiet oppidum 
v.72 u. 73 enthalten offenbar nur eine Erklärung von Poen. prol. 57 
locus argumento est suum sibi proscenium, ein Vers, der dort nicht 
an seiner Stelle ist, sondern auf v. 49 folgen muss, wo nach den 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 285 


regiones, limites und confinia des Argnments anch der locns des- 
selben, d. h der Ort der Handlung genannt wird und dies war das 
jedesmalige Proscenium, welches sich, wie der Verfasser des Pro- 
logs zu den Menaechmen richtig erklärt, in die verschiedensten Städte 
verwandelte. Am merkwürdigsten für die Vergleichung aber sind 
v. 79—82 des Prologs zum Poenulus: 
“  Revortor rursus denuo Carthaginem. 
Si quid mandare voltis aut curarier, 
Argentum nisi qui dederit, nugas egerit: 
Verum qui dederit, magis maiores egerü. 
Dies führt der Prolog zu den Menaechmen in, folgenden Versen aus: 
Nunc in Epidamnum pedibus redeundum est mihi. 
Si quis quid vostrum Epidamnum curari sibi 
Veht, audacter imperato et dicito, 
Sed ita ut det, unde curari id possit sibi: 
Nam nisi, qui argentum dederit, nugas egerit: 
Qui dederit, magis maiores nugas egerit. 
denn wenn die Handschriften auch zu Anfang des letzten Verses 
vor Qui noch Nam nisi geben, so sieht jedermann, dass dies nur 
aus dem Anfang des vorletzten Verses wiederholt ist: ich kann 
daher mit dem neuesten Herausgeber des Stückes nicht überein- 
stimmen, der, hierauf gestützt, im letzten Verse schreibt: 
Nisi quod, qui dederit, magis maiores egerit. 
Die Vergleichung mit der angeführten Stelle aus dem Poenulus zeigt, 
dass an der Stelle von Nam nisi vielmehr Verum gestanden hat, 
was deshalb ausfiel, weil auch v. 56 damit beginnt, so dass auch 
dieser Vers lauten. muss: 
Verum qui dederit, magis maiores egerit. 
Eine andere Emendation erhält der Prolog durch eine Vergleichung 
mit der Einleitung zum Miles glorjosus. V.16 nämlich lesen wir 
in allen Handschriften: 
Tantum ad narrandum argumentum adest benignitas. 
Wenn Pylades sagt, dass das Wort argumentum .in alten Ausgaben 
fehlt, so kann das meines Erachtens keinen Zweifel an seiner Echt- 
heit begründen und ich kann auch hier dem nenesten Herausgeber 
nicht beistimmen, welcher nostra an die Stelle setzt und schreibt: 
Tanta ad narrandum nostra adest benignitas, 
denn die benignitas pflegt Sache der Zuhörer zu sein, nicht des 
Erzäblers. Ich zweifle nicht, dass dieser Vers aus den Trümmern 
von zweien zusammengesetzt ist, Dem Verfasser lag Mil. II, 1, 2 
vor, wo es heisst: 
Mihi ad narrandum hoc argumentum est comitas, 
Si ad auscultandum' vostra aderit benignitas. 

(Mit Unrecht schreibt man im letzten Verse erit statt aderit.) Demzu- 
folge wird es auch wol im Prolog zu «len Menaechmen heissen müssen: 
Tantu ad narrandum [hoc} argumentum [est comitas 

Si ad auscultandum vostra] adest benignitas. 


- 


τὰ 


286 Ueber Vor-u. Zunamen des Plautns n. die Echtheit sein. Stücke. 


Was endlich die Zeit angeht, in der der Prolog zu den Menaechmen 
geschriebeh ist, so lässt sich vielleicht ans dem Eingänge dessel- 
ben abnehmen, dass er noch finger sein muss, als ‚der zu Casine, 
wenn: anders der Anfangsvers desselben: 

Salvere iubeo spectatores optumos, 
von dem Verfasser des. Prologs zu den Menaechmen benutzt und 
weiter ausgeführt sein sollte, da er beginnt: 

Ä Salutem primum iam a principio propiliam 

Mihi atque vobis, spectatores, nuntio, 
Aus v.3 aber geht, wie oben bereits bemerkt wurde, hervor,. dass 
er einer Epoche angehört, wo es schon Sitte war, dramatische 
Werke äffentlich vorzulesen, und dies wird später der Fall gewesen 
sein, als C. Octavins Lampadio, Ὁ, Vargunteius, Laelius Archelaos 


. und Vectius Philocomus nach Sueton c. 2 ihre Vorträge über epische 


und satirische Gedichte hielten, 

Der Prolog zum Poenulus scheint aber auch dem zur Casina 
als Muster gedient zu haben. und dies spricht meiner Meinung nach 
mehr als alles Andere für seine Echtheit, Υ. 30 ff, heisst es in 
dem letzteren: 

. Comoediai nomen dare vobis volo, 
Clerumenoe vocatur haec comoedid 
Graece, Latine sortientes. 
Im Prolog zum Poenalus an entsprechender Stelle 
nomen dare vobis volo “ 
Comoediai, 
Carchedonius vocatur haec comoedia 
und, wenn ein solcher Rückschluss von der Nachahmung auf das 
Original gestattet ist, im nächsten Verse: 
Graece, Latine Poenulus Carlhagine. 
Ausserdem hat der Verfasser des Prologs zu Casina auch auf den 
zum Trinummus Bezug genommen, wo es v,; {1 heisst: 
Accipite et date vacivas aures dum eloquar. 
Dies lautet bei ihm v. 29: 
Aures vacivae si sunt, animum advertite. 


"Der Schluss dagegen ist wörtlich aus Cistell. I, 3, 49 entnommen. 


Vom Prolog zum Pseudolus haben sich bekanntlich nur die beiden 
letzten Verse erhalten, die in allen Handschriften lauten: 

Exporgi meliust lumbos ‚atque exsurgere: 

Plautina longa fabula in scenam venit, 
nur mit der Abweichung, dass ein Theil derselben exsurger, der 
andere und, wenn ich nicht irre, auch der Ambr. exsurgier gibt. 
Aus der Vergleichung mit dem Epilog zu Epidicus aber und aus 
dem Zusammenhang selbst ersieht man leicht, dass umgekehrt ge- 
schrieben werden muss: " 

Exsurgi meliust lumbos atque exporgere. 
Dort nämlich steht im cod. Ambros. richtig: 

Plaudite et valete: lumbos surgite atque exporgite. 


“Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 287 


Demgemäss wird auch im Truculentus v. ult, erporgite und Miles 11, 
1, 3 exporgat zu schreiben sein. 

So viel von wörtliehen Nachähmungen. Ehe ich mich nun zu 
den pseudoplautinischen Producten wende, die sich durch die Un- 
kenntniss der Gesetze verrathen, welche den plantinischen Versen 
zu Grunde hegen, wird es nöthig sein, von der verschiedenen Auf- 
fassung zu sprechen, welche denselben im Alterthum zu Theil ge- 
worden ist, denn die Nachbildungen selbst tragen ein verschiednes 
Gepräge, je nachdem man ein engeres-oder weiteres Schema für 
den Vers als Richtschnur nahm. Im Allgemeinen habe ich diesen 
Punkt in meiner Schrift über den codex Ambrosianus p. 82 ff. be- 
sprochen: ich muss indessen hier, wo es sich um die Classification 
verschiedener Gedichte,‘ die sich bei grosser innerer Divergenz doch 
sämmtlich für plautinisch. geben, etwas näher darauf eingehn. 

Das frühste Zeugniss dieser Art besitzen wir in dem Epitaphium 
des Plautus, welches Gellius I, 24, 2 aus Varro de poetis mittheilt. 
Dasselbe lautet nach den besten Handschriften: 

“ _ Postquam est mortem aptus Plautus, comoedia luget 
Scena deserta: dein risus ludu? iocusque 
Bt numeri innumerzi simul omnes conlacrimarunt. 
(Mit Recht hat man est hinter Scena im zweiten Vers gestrichen: 
es ist offenbar nur durch Versehen aus dem ersten Vers wieder- 
holt.) Der letzte Vers hat verschiedene Interpretationen veranlasst; 
die neueste, welche der Verfasser der Abhandlung: de Plauti poetae 
nominibus, Parerg. p. 42, aufgestellt hat, kommt darauf hinans, 
dass mit den’ numeri innumeri „‚verschiedenartige Metra‘“ gemeint 
wären, welche die Stücke des Plautus namentlich vor den mehr ein- 
förmigen des Terenz auszeichneten. Ich glaube aber nicht, dass 
dies richtig ist, denn, abgesehn daron, dass es eine starke Hy- 
perbel wäre, von einem Dichter, der von den Grundmetris weder 
Dactylen, noch Choriamben noch Antispasten oder Ionici und von 
den abgeleiteten kein einziges zur Anwendung brachte, sondern sich 
im Ganzen auf Iamben, Trochaeen, Anapaester, Cretici und Bacchien 
beschränkte, zu sagen, er hätte „unzählige“ Rhytlimen benutzt, so 
ignorirt' diese Erklärung auch den Gegensatz zwischen numerus und 
innumerus, der doch nnlengbar in diesen Worten steckt, denn warum 
sollte der Dichter sonst diese scheinbar widersprechenden Begriffe 
mit einander verbunden haben? — Auch ist die Stelle von den Alten 
nicht so verstanden worden, denn Ausonius edyli. IV, 48 (Protrept. 
ad. nepotem) sagt mit unverkennbarer Hindeutung auf unser Epi- 
taphiem über den Vortrag komischer Verse: u 
en flexu et acumine vocis ᾿ 
Innumeros numeros doctis accentibus effer. 

Scaliger;: Ausonian. lectt. II, 17 p.190 macht hierzu die  Bemer- 
Κῆρ: Intelligit solutös comvediae versus, qui sunt quidem numeri, 
nam suis pedibus incedunt, sed non veri numeri, quia legibus solufi. 
Ita Horatius cum seribit ‚„„numerisque fertur lege solutis““ intelligit 


988 UeberVor- u. Zumamen des Plautas u. die Echtheit sein, Stücke. 


haud dubie innumeros numeros Pindari. Eiusmodi autem est liberior 
comica poesis. Quare et in epitaphio Plauti per innumeros numeros 
comgedia intelligitur. Auf die Stelle des Ausonius hat auch schon 
Turnebus Advers. X c. 12 verwiesen. 

Dieser Auffassung, die,. wie man sieht, ein eigentliches Maass 
für die plautinischen Verse nicht anerkannte, war offenbar auch 
Horaz zugethan, wenn er epist. ad Pison. 270 schrieb: 

Nam vostri preavi Plautinos et numeros et 

Laudavere sales, nimium pafienter ulrumque, 

Ne dicam stulte mirati, si modo ego et vos 

Scimus inurbanum lepido sepenere dicto 
“ Legitimumque sonum digilis callemus et aure. 
Ein so allgemein verwerfendes Urtheil konnte sich unmöglich auf 
einige Abweichungen im Einzelnen beziehn, die vielleicht noch durch 
Verschiedenheit der Aussprache sich hätte erklären lassen; nach dem 
Urtheil des Horaz fehlte den Versen des Plautus die Beobachtung 
des von ihm geforderten Maasses und somit der aonus legitimus. 

Dasselbe bestätigt auch von den Versen des Terenz Sidonius 
Apollinaris .opp. IV, 12 p. 104, wenn er folgendergestalt erzählt: 
Nuper ego filiusque communis Terentianae Hecyrae sales ruminaba- 
mur. Studenti assidebam naturae meminens et professionis eblitus. 
Quoque absolutius rhythmos comicos incitata dociitate seque- 
retur, ipse etiam fabulam similis argumenti, ἃ, e. Epitrepontes Me- 
nandri in manıbus habebam. Es ist wol nicht daran zu zweifeln, 
dass der Sohn des Sidonius Apollinaris so viel Metrik verstanden 
haben wird, um Gedichte, die nach dem Schema der Granimatiker 
gemacht waren, ohne Mühe vorzutragen. Hier aber handelte es sich 
darum, sich von demselben loszusagen und in das freiere Ge- 
biet der komischen Rhythmen überzugehn, was .erst durch 
Uebung gelernt werden musste. _ 

Endlich steht auch auf dieser Seite der. Scholiast zum eodex 
Bembinus, der zu Heautonfjm, prol, v. 8, (denn bieher scheint seine 
Note zu v. 9 zu gehören) wo die erste Silbe in cuia seiner Mei- 
nung nach gedehnt werden, soll, die Bemerkung ‚macht: syllabs 
moram rhythmis accipt. 5. Schopen; unedirte Scholien zum Te- 
renz p. 4. Ein Metriker würde gesagt’ haben: produeenda syllaba 
metri gralia, wie sich Sisenna in seinen Commentatien zu Plautus 
bei Rufinus de metris comicis ausgedrückt. Im Allgemeinen machte 
man nämlich den Unterschied zwischen Rhythmus und Metrum, dass 
jener von Silbenzahl und Quantität unabhängig sei, woran dies ge- 
bunden war und deshalb sagt z. B. Diomedes ΠΙ ον 84 p. 496 ed. 
Gaisf. über das anapaestische Metrum: Alienum pedem si recipiant, 
modus non facle finitur et magis rhythmus est quam metrum, 
Marius -Victorinus I, 12, 9 p. 66 von den Iyrischen, Gedichten, die 
auch in ihrer strengen Folge, von Längen und Kürzea nur scheinbar 
der Metrik angehörten: Carmen lyricum, cum metro subsistat, potest 
lamen videri extra legem metri esse, quia libero scribentis arbitrio 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 8289 


per rhythmos exigiter, und Servius de accentibus c, 30, nachdem 
er den Unterschied zwischen Rhythmus und Metrum auseinander- 
gesetzt hat, schliesst ausdrücklich mit den Worten: Terentius 
rhythmis scribit comoedias ut (die codd, geben vel) Plautus. S. die 
Analecten von Eichenfeld und Endlicher p. 535. 

Die praktische Folge dieser Auffassung endlich war die, dass 
man die Verse des Plautus und Terenz nach einem vorherbestimm- 
ten Tact recitirte, obne sich um die Abweichungen vom Schema 
der Grammatiker zu bekümmern, und dies schreibt offenbar. Bassus 
bei Rufin. de metr. com. p. 379. Gaisf. vor, wenn er von den 
iambischen Versen sagt: Jambus, cum pedes etiam dactylici generis 
assumat,. desinit iambicus wider, nisi percussione ila moderaveris, 
ut, cum pedem supplodis, iambicum ferias: ideoque illa loca nercus- 
sionis non recipiunt alium quam iambum et .ei param tribrachum, 
etsi alterius exhibuerint metri speciem. Hierauf kam es 
an. Man musste iambisch tactiren; das Andere fand sich von selbst, 

' Dass man nun freilich mit‘ einem so unbegrenzten Prineip dem 
Wesen der Sache nahe gerückt sei, lässt sich nicht glauben und 
man fasste von diesem Standpunkt die Gedichte der Komiker wol 
nicht anders auf, als die Producte der Volkspoesie, die Marius 
Victorinus de carmine heroico p. 1959. P. ebenfalls nur auf den 
Rhythmus zurückführt, indem er sagt: rhythmus — est verborum 
modulatio et compositio, non metrica ratione, sed numeri sanctione ad 
iudieium aurium examinata, veluti sunt cantica poetarum vulgarium, vgl. 
Beda p. 2380, wie auch Servius ad Georg. Il, 385 von dem viel- 
fach bestrittenen metrum Saturnium sagt: -quod ad rhythmum solum 
componere bulgares consueverunt, aber jedenfalls befand man sich hei 
dieser Auffassung besser, als bei der def Metriker, die bei jedem 
Schritt, den sie thaten, genöthigt waren, einzugestehn, dass die 
Komiker über ihre Vorschriften hinausgegangen wären, denn wenn 
nach der Meinung der Rhythmiker, wie wir jene Classe nennen 
wollen, freilich nach vielerlei vorkommen konnte, wovon die Dichter 
gerade keinen Gebrauch gemacht batten, während ‚wenigstens nichts 
von dem, was vorkam, unerklärt blieb, so befanden sich die Gram- 
matiker in einem steten Widerspruch zwischen ihrem Schema und 
den Versen der Dichter, auf die es angewandt werden sollte, weil 
es überall zu eng war. BE GE 

- Die Namen derer nun, welche die Verse der Komiker vom 
Standpunkte der Metrik aus betrachteten, hat Rufinas in seiner 
Schrift de metris comicis zusammenzustellen versucht und äussert 
sich folgendermaassen: Mensuram, .hoc est. μέτρον. essa in fabulia 
Terentii et: Plauti ac 'ceterorum comicorum [et tragieorum] dieunt ‚hi: 
Cicero, Scaurus, Firmianus, Varro, Victarinus, Caesius Bassus, 
Terentianus, Caeeilius Vindex, Sisenna, Diomedes, Aldinus, Quin- 
tilianus, Sosipater Charisius,' Helenius, Asper, Flaviüs Caper;, Aruns 
tius, Probus, Plnius, Euanthius, Sacerdos qui et Plotius, Donatus, 
Juba. ‘Der Verfasser der‘ Abhandlung de veterib. Plauti interprett. 

Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX. ΗΜ, 2, 19 


200 Ueber Vor- u. Zunamen tes Plaatus u. die Echtleit sein, Stücke. 


(Parerg. p. 357 ff.) hat die Meinung aufgestellt, als ob Refinus an 
dieser Stelle ein Verzeichniss von Schriftstellern zu geben beabsich- 
tigt hätte, weiche Plautus- und Terenz für Dichter, d. ἢ. für 
Schriftsteller in gebuhdner Bede gehalten hätten und führt. zum 
Beleg für diese Auffassung den Eingang: zur Schrift: des Priscian 
de ‚metris Ter. an, wo derselbe sagt; miror, quosdem vel abnegare 
esse in Terentü comoedhür metra vel ea quasi arcana quaalam οἱ ab 
oömnibus doctis semota sibi. solis esse: cognita confirmere,. aber abge- 
sehn davon, dass daan. Rufinus nicht von einer mensuta und Priscian 
nicht''won ‘metris, sondern Beide: von versus hätten reden müssen, 
so möchte‘ es unter allen alten Schriftstellern wol ‚keinen einzigen 
gegeben haben, der Plautus und Terenz nicht für Dichter, sondern 
für Prosaisten gebalten hätte, Ein solches Verzeichuiss hätte daher 
gar keinen Sinn gehabt. Offenbar versucht Rufious nur die Ansicht, 
welche die Metriker von Fach über die Verse der Komiker hatten, 
durch eine: möglichst grosse: und. glänzende Augahl von Namen εἰ 
unterstützen und Priscian polemisirt in, der That zur gegen die- 
jenigen, die sich vom ‘Schema der Grammatiker losgesagt hatten 
und die Verse der Komiker allein vom rhythwischen Standpunkt aus 
auffassen wollten, wenn schon ich mit Rücksicht auf XV, 14, 84 Kr. 
‚ wo er die Prosaisten sine metris scribentes nennt, nicht leugnen 
will, dass er thöricht genug gewesen sein kann zu glauben, seine 
Gegner ‘hielten Plautus und Terenz nicht für Dichter, weil sie 
ihnen das Metrum absprachen. Daher findet man denn auch im 
Verzeichnisse des. Rußaus. weder Horaz noch Ausonius noth Sidonius 
Apollinaris, noch Servins; noch, was die Hauptsache wäre, Plau- 
tus selbst, wenn anders jenes Epitaphium von ihm selbst herrührte, 
wie Varro behauptete, Alle diese nämlich hatten von den Rhyth- 
men oder numeri der Komödie gesprochen, keiner hatte den Aus- 
druck meirum gebraucht oder die Verse auf das hiikannie Schema 
der Grammatiker zurückzuführen versucht, 

Aber auch 30 ist däs -Verzeichniss noch durch einige Namen 
vermehrt worden, die ihren Platz mit Unrecht unter. den Metrikern 
gefunden haben. Caesius Bassus verleugaete, wie wir oben in der 
von Rufinus selbst angeführten Stelle gesehn haben, in der Praxis 
den Metriker, indem er die Verse ohne Weiteres nach dem ihnen 
innewohnenden Tact zu sprechen vorschrieb, ohne dass sen sich 
um die Abweichungen des Metrums kümmerte; Donatus hat, wie 
aus seinem Commentar zum Terens erhellt,; auf das Metrom durch- 
ans keine Rücksicht genommen, sondern seinen, Schriftsteller allein 
von der rhetorischen Seite aus aufgefasst. : Wie wenig er dabei 
vom Metrum verstanden haben kann, geht am evidentesten daraus 
hervor, dass er Lesarten anführt und in den Text aufoimmt, die 
gegen dasselbe verstossen... So findet man bei ihm schon eine be- 
deutende Anzahl von Versen, die dadurch, dass Interpretamente 
eingeschoben wurden, zu lang geworden sind, 'andere, die durch 
fehlerhafte oder vielmehr falsch gewählte Wortformen den Vers ver- 


\ 


Von Prof. Dr, Geppert zu Berlin. 291 


derben, akatalektische Verse in Scenen, wo nur katalektische vor- 


kommen and umgekehrt katalektische und hyperkatalektische statt 
akatalektischer, mit Einem Wort alle jene Verderbnisse des Textes, 
die das untrügliche Kennzeichen später und interpolirter Manu- 
scripte sind. Das Merkwürdigste aber ist, dass Donatus öfters die 
unmetrische Lesart im Text beibehält und die metrische als Variante 
anführt. So z.B. seine Variante :ll! zu ἡ Hec. I, 2, 19 inc 
statt er hoc II, 2, 4 facit statt faciat Eun. II, 2, 34, während 
er an andern Stellen wieder zu metrisch ‚richtigen Lesarten un- 
richtige Varianten anführt, z. B. claudicars statt laudier und negligi 
Eun. I, 2, 84 und Adelph, IV, 8, 16. In der Andria II, 1, 7 
gibt er einen ganz monströsen Vers, wie er freilich in den meisten 
Handschriften steht: 
Quanto satiust te id dare operam, qui istum amorem ex anıme 
amoveas !uo, 

und macht dabei die Bemerkung: legitur et ex corde eilcvas. 
Wenn er nur die mindeste Rücksicht auf das Metrum genommen hätte, 
so würde er dies, ‚wie auch Bentley gethan hat, als das einzig Rich- 
tige in ‘den Text aufgenommen haben. Im Uebrigen betreffen: seine 
Bemerkungen, wenn sie nicht erklärend oder rhetorisch sind, allein 
das Gebiet der Prosodie; sie erstrecken sich niemals auf das Me- 
trum. Es ist daher ganz unbegründet, wenn Rufnus auch den 
Donatus mit unter die Zahl der Metriker stellt. Ganz dasselbe gilt 
von dem Commentar des Euanthius .und wenn Rufinus seinen Namen 
anführt, so geschieht dies allein wegen der von ihm citirten Stelle 
aus dem Tracfat de fabula, wo er sagt, dass Terenz seine Vor- 
gänger in der Auflösung des Metrums im iambischen Senar über- 
tröffen. habe: Veteres etsi usi ipsi quoque metris negligentius jambict 
versus duntaxat in secundo et quarto loco, tamen a Terentio vin- 
cuntur resolutione huius metri quantum potest comminuti ad imaginem 
prosae orationis, während er'schen früher von der Komödie des 
Terenz gesagt hatte: apta metro. Ob sich nun aber die andern 
Scholiasten des Terenz, die er anführt, Helenius, Asper, Aruntius 
und Probus miehr mit dem Metrum beschäftigt haben, können wir 
freilich nicht wissen, da ihre Commentare verloren gegangen sind. 
Aus’ den geringen Resten, die auf uns gekommen sind, können wir 
nur nachweisen, dass: sie es auf Worterklärung abgesehn hatten: 
Den Asper scheint Rofinus deshalb zu nennen, weil er in der von 
ihm citirten Stelle Phorm. I, 2, 1 als einen versus quadratus be- 
zeichnet. ἡ 

Anders verhielt sich die Sache nun allerdings bei den beiden 
Erklärern des Plautus, Sisenna und Scaurus. Däss diese sich auf 
eine metrische Interpretation des Dichters eingelassen haben, zeigen 
die von Rafinus gemachten wörtlichen Anführungen aus ihren Com- 
mentaren zu Poenulus, Pseudolus, Rudens, Amphitiuo, Captivi und 
Aulalaria. So unbedeutend diese eben run ἀεὶ eilich an sich sind, 
so thun sie uns doch schon zur Genüge dar, dass Sisenna mit dem 

19* 


292 Ueber Vor- u, Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein. Stücke. 


Versen des Plautus, die sich seinem Schema nicht fügen wollten, 
seine Noth gehabt haben muss. Er glanbte indessen bemerkt zu 
haben, dass Plautus in den Reden von Weihern, da sie die ein- 
fältigeren waren, auch einfachere, oder, wie er sich ausdrückt, fass- 
barere Metra gebraucht habe. Deshalb macht er zu einer Stelle des 
„Rudens die Bemerkung: habiliore metro usus est, ut solet in mu- 
"lierum oratione. - Ausserdem konnte es ibm nicht entgehn, dass sich 
dieselben Verse des Dichters nicht’ immer mit einem und demselben 
Schema messen liessen, sie waren zn bunt dazu, und daher erfand 
er eine ungleichartige Species von Versen, ein genus versuum, qui 
non sunt uniusmodi, welches er im Amphitruo entdeckt haben will 
(vgl. Iuba bei Priscian de metr. Terent. $. 8 Qui ergo confuderunt 
et multiformiter coniugaverunt hoc genus versuum, omnibns in locis 
indifferenter posuerunt trochaeos, aut pro spondeis aut pro dactylis), 
Endlich aber riss ihm bei den Anapaesten in der Aulularia die Ge- 
duld und er schrieb einfach an den Rand: confusa sunt, ut non 
intelligas (denn dass man confusa und nicht concisa zu schreiben 
“hat, geht aus Priscian hervor, der in seiner Schrift de metris 
Terent. etc. auch auf diese confusio zurickkommt, namentlich $, 8 
λας confusione usi sunt Comici nostri in trochaicis suis, ut indis- 
crete ductylos vel spondeos vel trochaeos ponerent. $.11 nisi confun- 
dant versus scriptores. δ. 17 Terentius trochaico mixto vel confuso 
cum iambico utitur etc.). ' 

Ein Zeitgenosse des Sisenna war Cicero, den Rufinus eben- 
falls unter seinen Auctoritäten nennt, indem er in seinem Tractat 
auf die sogleich anzuführende Stelle, .wo Cicero die Senare nennt, 
hindeute. Wenn nun schon Sisenna, der Mann von Fach, der 
Commentator des Plautus, an den Versen des Dichters verzweifelte, 
ist es dann zu verwundern, dass Cicero keine bessere Kenntniss 
davon besass? Dass dies aber in der That der Fall war, geht 
deutlich aus seinen Worten orat. c. 183 hervor, wo er sagt: Comi- 
corum senarü propter similitudinem sermonis sic saepe sunt abiechi, 
ut nonnunquam vix in his numerus et versus intelligi possit. Wenn 
aber dies sein Urtheil über die iambischen Senare war, wie unver- 
ständlich müssen ihm erst die complicirteren Versarten: gewesen 
sein? — Nach den Worten des Rufinus gehörte auch Varro zu 
den Metrikern. Welche Auffassung M. Terentius Varro von den 
Versen der alten Komiker gehabt hat, wissen wir freilich nicht, 
da sich dies aus den Ueberbleibseln seiner Werke nicht mehr nach- 
weisen lässt, aber unwahrscheinlich ist es nicht, dass er auf der 
Seite des Sisenna und des Cicero stand. Rufinus nennt ihn des- 
halb, weil, er einige Verse des Terenz mit Angabe der Species , zu 
der sie gehören, citirt hatte., 

Ausserdem führt Rufinus eine Anzahl von Grammatikern an, 
bei denen die Metrik einen besondern Theil ihrer Disciplin aus- 
machte. Er nennt Firmianus, Marius Victorinus, Terentianus Mau- 
tus, Caecilius Vindex, Diomedes, Albinus, Sosipater Charisius, 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 293 


Flavins Caper, Plotias sacerdos und Iaba., Ueber Caesius Bassus 
ist schon oben gesprochen worden. Von einem derselben, dem 
Marius Victorinus, eitirt er selbst die hieher gehörige Stelle. Auch 
sie bestätigt, dass sich die Komiker nicht an die Silbenzahl ge- ΄ 
halten haben, welche .die Metriker als die höchste für den trochaei- 
schen 'Tetrameter festgesetzt hatten, Marius Victorinus sagt: Qua- 
drati legitimi'cum XV syllabis iuxt« ius proprium constare debeant, 
plerumque inveniuntur XX aut amplius syllabarum: hinc existi- 
mantur metrum non tenuisse nec sua lege composwisse. 
Was er sonst von Mar. Victorinus beibrmgt ‘und sich aus seinen 
Schriften. anführen lässt, ist allgemeiner Art. . Wenn Rufinus’auch 
den Terentianus Maurus nennt, so geschieht dies ohne Zweifel 
wegen seiner Vorschriften über den iambischen Senar, die auch 
Priscian de metris Terentü etc. $. 5 citirt, wie auch ebendort luba 
mit unter den.Schrifistellern genannt wird, die sich mit dem Me- 
traum der Komödie beschäftigten; ausser ihm noch Asmonius, ‘eine 
sonst unbekannte Auctorität. Was aber Diomedes und Charisius 
angeht, so .hat-Rufinus auch sie nur genannt, weil beide bestätigen, 
dass Terenz und Plautus iambische Septenare gemacht haben, Plo- 
tius, weil derselbe in seinem. Capitel. de asynartetis metris p. 300. 
Gaisf, einen Vers des Terenz als iamhisch anführt, Flavius Caper, 
weil derselbe die iambischen- Trimeter des Terenz Senare genannt 
hatte, Firmianus, weil er einige Allgemeinheiten über die metra 
der Komödie ausgesprochen 'hatte; was Caecilius Vindex uud Albinus 
gethan haben, bleibt dahin gestellt. ° 

Es sind noch Qninctilian und Plinius übrig. Der Erstere wird 
offenbar wegen seiner Aeusserung über die Verse des Terenz ange-. 
führt, ‘in der er sich beschwert, dass der Dichter nicht allein in 
Trimetern geschrieben hätte; denn Rufinus sagt früher Quinctiianus 
etiam trimetros nominavit:. X, 1,:99 In comoedia marime claudica- 
mus — licet Terentii scripta ad Scipionem Africanum referantur: 
quae tamen sunt in hoc genere elegantissima et plus adhuc. habitura 
gratiae,- si intr«d versus trimetros stetissent. Nan begreift diese 
Worte, an denen Bentley s6 grossen Anstoss nahm, wenn man be- 
rücksichtigt, dass die Grammatiker zur Zeit des Quinctilian bereits 
den übrigen 'Theil der plautinischen und terentianischen Rhythmen 
als unverständlich aufgegeben hatten and sich nur noch auf einige 
Vorschriften über den iambischen Senar beschränkten. Kein Won- 
der daher, dass Quinetilian wünschte, auch Terenz hätte sich in die- 
seri Schranken gehalten. - Plinius endlich kann nur wegen der Stelle 
in seinen’ Briefen, I, 16, angeführt sein, wo er sagt: Plautum vel 
Terentium, metro solutum, legi credidi. Wenn er numeris statt 
metro gesetzt hätte, so würde ihn Rufinus nicht in sein Verzeichniss 
aufgenommen haben. 

Alle diese Zeugnisse stimmen nun, soweit sie sich specieller 
auf den Gegenstand einlassen, darin überein, dass die Komiker von 
dem Schema, welches. die Metriker für ihre Verse aufgestellt F 


294 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus u. die Echtheit sein, Stücke. 


ten, abgewichen ‚sind, ohne dass..einer von diesen die Grenzen er- 
forscht hätte, die sich jene für ihre Versbildung gestellt. hatten. 
Das Schema selbst aber, welches..so vielfach verletzt worden war, 
dass 'Cicero . weder Vers: noch Rhythmus erkennen konnte, gibt nun 
Priscian . in seiner bekannten Schrift de matris Texentü et aliorum 
Comicorum. Demgemäss sollte im iambischen Trimeter an allen Stel- 
len, mit Ausnahme der:letzten, nar der Tribrachys, Anapaest, Dacty- 
us oder Spondeus eintreten können; was er über den trochaeischen 
Tetrameter in δ, 4 beibringt, ist so verwirrt und unrichtig, dass 
man deutlich erkennt,;. wie ihm hier. keine speciellen Vorschriften 
älterer Metriker mehr vorlagen. Der. grosse ‚Irrtham aber, iu dem 
sich Priscian, offenbar nach dem Vorgange früherer Aucteritäten, be- 
findet, ist .der, dass .er.das Schema: des tragischen $enars und na- 
mentlich des Patuvius auch: auf die Komiker anwendet, während die 
"Verse. des Aristophanss nicht verschiedner von .denen des Aeschylus, 
Sophocles und Euripides sein: könsen, als. die des: Plautus and Terenz 
von denen des Ennius,; .Pacuvius nnd Accius. Für Tragödie und 
Komödie aber kennt Priscian nur eine Art von Senaren. 
Ausserdem konnte es ihm freilich nicht entgehn, dass beson- 
ders die Verse des Terenz häufig gegen sein Schema verstiessen 
and deshalb. versucht er zu emendiren und zu interpretiren. Andt. 
IH, 8, 4 lautet in alle Handschriften, auch in den' seinigen: 
Ausculta: paucis et quid ögo te-velim εἰ quad fu quaeris scies. 
Offenbar tritt in den Worten. &go te velim ein pseon Ill δὼ die 
Stelle eines Dactylus oder 'Tribrachys und dies konnte Priscian nicht 
zugeben. Er adoptirt daher die von Donatus angeführte Variante 
pauca und schreibt: 
Ausculta pauca: et quid ego te. uelim, et quod Lu. quaeris aeies. 

s. XVII, 20 p. 168. und 25, 225 Κα. Ein Beispiel seiner metri- ἢ 
schen Interpretation gibt-er bei Andr. EL, 1, 89. Der Vers lautet: 
Stine invidia laudem invenias et amicos pares. 
ἴα .der ersten Stelle stebt der Bacchias statt des Anapaesten oder 
richtiger der paeon II statt des Proceleusmaticus., Dazu macht 
Priscian.I, 4 p. 22.die Bemerkung: Apud Latinos.u inyenitur pro 
nihilo in metris et mazime apud velustissimos Comicorum. Est 
enim iambicum trimelrum: quod nisi sine .in»i pro Tribracho ac- 
cipiatur, stare versus non potest. Bentley hat weder jene Emenda- 
tion noch diese Interpretation: aggenommen:. mit vollem Recht, denn 
beide Gedanken sind gleich nnglücklich.. Er bemerkt vielmehr. für 
den letzten Kall, dass nicht x zu elidiren, sondern. die erste Syde 

von invidia zu verkürzen sei, wie die von ingeriym III, 1, 8. 
Doch dies sind nur Einzelheiten, Im Ganzen war der Text 
des Terenz, den Priscian vor sich hatte, ‚nicht. besser ale der des 
Donatus, und wenn schon seine Anführungen deshalb weniger zu- 
verlässig sind, weil sie öfters mehr nach dem Sinn aly nach dem 
Buchstaben : gemacht werden, se bemerkt man doch, dass es den 
Versen des Terenz .in der Gestalt, in: der .er..aie' citirt,. weder an 


Von Prof, Dr.  Geppert zu Berlin. ΄ τ’ - 9390 


Interpolationen fehlte, die sig vernnstalten, nach an Lesarten, .die 

das Metrum verderben. So gibt.er, ganz wie Donatus Andr. I, 1, 

121 an drei Stellen, wo.er diesen Vers citirt: 
Ita tum discedo ab lo, μὲ qui se neget . 

τς, Filiam: daturum, 

Wie leicht. 'wäre es ihm ‚gewesen, hier das Metrum. herzustellen, 
wenn er darauf geachtet. hätte!. Adelph. III, -2, 52 bat er keine 
bessere Lesart als die.unsrer Handschriften .: . . 

‚Experiar. Quidistic? accedo, ut meliys‘ dicap, Tu quantum potes- 
wo an die Stelle des Trochaeus oder. Fribrachys der epitritug L tritt, 
Phorm,._ V, 1, 81.gibt er ala einen akalektischen Vers in einer 
Scene, wa "aur katalektinche vorkommen, .indem er die auch in un- 
sern Handschriften herrschende ‚Lesart collocatam filiam wiedergibt 
ΧΙ, 9, p 539. Eun. IU, 1, 8 schliesst er sich sogar dem schlech- 
teren Theil unserer Handschriften an, indem er schreibt: . 

Miki ,‚gratias agebat,. quiequid feceram,. alüs non. item, 
ein iambischer Tetrameter statt des Trimeters, den der Rhythmus 
verlangt und den die bessern Haudschriften durchweg geben. An 
andern Stellen, ist sein Text von Corruptelen entstellt, wie sie heute 
kaum in den schlechtesten. und spätesten Handschriften gefunden 
werden. : Sp eitirt er aus Andr, V, 4, 20 navi fracta apud An- 
Arum insulam, wo insulam nicht. einmal in den Gang des Ver- 
scs passt, VII, 13, 67..Phorm. 1, 2, 20 Desinas. Sic est ingenium 
mulierum, wo mulierum sogar dem Sinne nach vollkommen un- 
richtig ist, XVIII, 13, .p. 105, u. 5. w. 

Wie Priscian daber die Regeln seiner Kunst zumal auf einen 
so vwerderbten Text ‚anwenden konnte, würde völlig unbegreiflich 
sein, wenn ihm nicht das Mittel einer willkürlichen Elisivn zur 
Seite gestanden hätte, Dies ebnaet freilich, alle Wege und wenn 
der neueste Herausgeber des Stichus v. 312 seiner Ansgabe ‚ginen 
anapaestischen Tetrameter: 
Nimis vellem hae fores erum fugissent, ea cnusa ut habereni malusn 

magnum 

dadurch ermöglicht, dass wir .nach seiner Anleitung fres st. fores, 
rum st. erum und mlum st. malum sprechen, so siebt man leicht, 
dass es auf diese Weise auch nicht schwer werden würde, aus 
einem Tetrameter allenfalls einen Trimeter zu machen. Die alten 
Grammatiker waren auch schon ziemlich stark im Elidiren: Festus 
Ρ. 91 behanptet, die Alten hätten festra st. fenestra, Paulus p. 36 
sie hätten nis st. nobis gesagt. Was lässt sich auf diesem Wege 
nicht erreichen? — 

Doch dies beiläufig. ‚Aus Allem, was über die entgegenste- 
hende Auffassung der Rhythmiker und der Metriker gesagt worden 
ist,.gebt wol zur Genüge .bervor, dass keine dieser beiden Par- 
teien das: Wesen der. komischen. Verskunst, ergründet, hatte und. 
die nothwendige Folge dayom war, die, dass der Text. des. Plautug 
und Terenz unter ihren Händen nicht gewinnen konnte, doch macht 


, 


296 Ueber Vor: u Zunamen des Plautus u, die Echtheit sein. Stücke, 


sich auch hier ein Unterschied in den Händschriften geltend, je 
nachdem dieselben einer oder der andern Recension angehören. 
Die Manuscripte nämlich, die aus der Schnle der Rlıytbmiker her- 
vorgegangen sind, der codex Ambrosianus des Plautus und der 
Bembinus des Terenz, lassen wenigstens den Text so, wie sie ihn 
vorfanden: in’ ihnen haben wir meistens nur die Versehn der Ab- 
schreiber zu corrigiren; die Handschriften der späteren Recension 
dagegen verrathen deutlich das Bestreben ‘der Granimatiker, den 
Text dem Schema des Priscian anzupassen und da dies in vielen 
Fällen nicht erreicht werden konnte, ohne dass man den Vers selbst 
umgestaltete, 80 machte man, unbekümmert um den rhythmischen 
Charakter der Scene, aus Trochaeen Iamben, aus ‚katalektischen 
Versen akatalektische, aus Trimetern Tetrameter. 

Dieselbe Verschiedenheit des Charakters aber tragen nun auch 
die Nachbildungen,, welche von diesen Schulen ausgegangen sind, 
Das Beispiel einer verfeblten rhythmischen Composition gibt der 
Prolog zami Mercator. Dass derselbe nicht von Plautus 'berrähren 
kann, sieht man freilich schon aus der Sprache. In v. 52 Omnes 
tenerent, mutuitanti credere, ist tenere offenbar in dem Sinn von ca- 
vere gebraucht, was bei Pläutus sonst nicht vorkommt, v. 47 Per- 
fidiam, iniustitiam lenonum expromere, scheint expromere so viel sein 
zu sollen wie exprobrare, wenigstens würde dies ungleich besser 
in den Zusammenhang passen, v. 14 und 15 sagt der Dichter nicht 
ohne Affectation: 


dicam si opera: est auribus 
‘"Atque ad vertendum huc animum adest benignritas. 
Plautus würde einfacher geschrieben haben: 
dicam si operam dafis 
Et ad auscultandum vostra adest: benignitas. 
Am stärksten aber verräth sich der ungläckliche Nachbildner in 
einer Anhäufung der verschiedenartigsten. Dinge, die nach Plautini- 
schem Muster gemacht ist. V. 17 und 18 und 25-—31 heisst es 
nämlich: 
"Nam amorem haec cuncta vitia sectari solent 
‘ Cura, aegritudo,, nimiaque elegantia — 
Insomnia, aerumna, error, terror et fuga, 
Ineptia, stultitiaque adeo et temeritas 
᾿ Incogitantia, excors immodestia, 
Petulantia, cupiditas, malevolentia, 
Inhaeret aviditas, desidia, iniuria, 
Inopia, contumelia et dispendium 
Multiloquium, pauctloquium etc. ® 
Wer kann glauben, dass Plautus solche Abgeschmacktheiten z zu Tage‘ 
- gebracht hat? Was sollen namentlich im dritten Verse, error, terror 
und fuga unter den’ vitia amoris? Der zweite Vers scheint nach 
V,2,29 gemacht zu sein, wo'es heisst: 
Cura, miseriu, aegritudo, lacrumae, lamentatio. 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, 297 


Die folgenden erinnern an v. 7 und, 8 derselben. Scene, aber wie 
ganz anders klingen diese beiden Tetrameter bei Plautus: 

Iram, inimicitiam, stultitiam, exitium, pertinaciam, 

Meerorem, lacrumas, exilium, inopiam, solitudinem. 
Was aber besonders die Versbildung angeht, so hat sich der Ver- 
fasser dieses Prologs eine Abweichung erlaubt, die bei Plautus und 
Terens nicht ihres Gleichen findet. Diese haben nämlich allerdings 
den Creticas statt des Dactylus gebraucht, der für den ‘Trochaeus 
eintritt, aber nur unter der Bedingung, dass derselbe entweder 
aus einem Wort besteht, das einen Creticus bildet oder mit dem- 
selben schliesst, oder so dass er durch die Partikeln quidem und 
enim \erbeigeführt wird, die sich dem vorhergehenden Wort enkli- 
tisch anschliessen und mit demselben zu einem verschmelzen. Für 
den letztgenannten Fall wird es nicht nöthig sein Beispiele zu ci- 
tiren, jedermann kennt sie; was den ersten angebt, so will ich mich, 
wenn schon diese Bemerkung für alle iambischen und trochaeischen 
Verse gleiche Gültigkeit bat, darauf beschränken, nur diejenigen 
anzuführen, die im iambischen Senar vorkommen. Hier findet man 
den Creticus statt des Dactylus im zweiten Fuss: 
Mil, II, 6, 102 Verumtamen, de me quidquid est, ibo hinc domum. 
Men.Il, 1,28 Verumtamen nequeo contineri quin loquar. 
Truc.1I,4, 74 Num quidpiam me vis aliud? Ut quando otium 
im dritten Fuss | 
Most. I, 1, 82 Paucorum mensium sunt relictae reliquiae 
Truc. I, 1, 27 Sin alter alteri potior est, itidem perit 

wie man richtig statt potius und idem geschrieben hat.) 
Truc. II,1,13 Nunc ego istos mundulos urbanos amasios 
im vierten Fuss Ä 
Pseud.1,5,71 Paritas ut a med auferas? Abs te ego auferam. 
Poen.Ill,4,21 Meus servus si ad eum venerit, necne. Quippini? 
Cas. IV, 2,16 Qui amat, tamen hercle etsi esurit, nullus esurit 
(denn nullum in den palatinischen Handschriften ist nichts als die 
verzweifelte Correctur eines Metrikers, etsi statt si haben schon 
ältere Kritiker geschrieben) 
im fünften Fuss: 
Mil, I, 1, 69 Molestae (mihi) sunt: orant, ambiunt, obsecrant. 
Capt. III, 5, 5 Nam semper occant prius quam sarriunt rustici. 
Rud. IH, 1,16 Ir ius vocat me. 1δὲ ege nescio quomodo 
| II, 6,10 Quis illas nunc illic servat? Nescio quis sener. 

Dagegen wird man bei. Plautas und Terenz diesen Creticus niemals 

so gebildet finden, dass nach der zweiten oder ersten Silbe des- 
selben ein Wort endet, geschweige denn, dass er in einem mehr 
als dreisilbigen Wort die. Anfangssilben einnimmt. Die wenigen 
Fälle, die hiervon im iambischen Senar eine Ausnahme zu bilden 
scheinen, sind so leicht za beseitigen, dass sie kaum einer näheren 
Besprechung bedürfen. So bat man Bacch. I, 2, 51 zu schreiben 
Occisust kic homo statt occisus hic homost, Curc, 1}, 27 Superstiii« 


/ 


298 Ueber Vor- u..Zunamen des Plautus u. die Bchtheit sein, Stücke, 


sust kic quidem. Most. II, 2, 17 Meus seruost hic.quiden. III, 1, ἀφ 
hic homö certe ariolust. Poen. prol, 21 Div qua oliosi ἀόπιξ, dormi- 
verunt stett Div qui domi ötisse dörmierint. Im Budens dagegen 
III, 6, 9 ist die Lesart der Manuscripte: Quom ad me profectws 
ἐγε: Ibidem nunc sedent, unter allen Umständen gegen die Um- 
stellung: nänc üÜbidem sedent, die. der neueste Heräusgeber gemacht 


. bat, aufrecht zu halten; diese würde dem Verse nur schaden. kön- 


nen. An andern Stellen sind ungehörige. Worte ia den Text ge- 
drungen. .. Bacch. IV, 1, 10 ecquis koe aperit: ostium., «δι ἄορ zu 
streichen oder ecgwi zu schreiben Epid: Ill, 8, 857. Qxae. hic ad- 
hhinistraret ad rem divinam tibi: ist ad fälschlich wiederholt, . eine 
der gewöhnliehsten Corruptelen in den palatieischen Manuscripien, 
Mil, I, 1, 77 Ipse exit: kic dlle est lepidus quem αὐτὶ senex, ist 
der Creticus in exit hit doppelt anstössig', weil er durch Inter- 
punction auseinandergehalten wird. Offenbar ist 'ille zu streichen, 
Stich. Il, 2, (1 Epignomus hic quidem est, qui astat: ibo alque 
alloquar. trägt wieder die gewöhnliche Verderbniss,, die durch wie- 
derholte Buchstaben veranlasst wird, zur Schau. Die Buchstaben 
qui ast sind nichts als ein nochmaliges qui est aus guidem est, αἱ 
ibo aber adibo. Demzufolge werden wir lesen müssen: 


Epignomus hic quidem est: adibo atque alloquar. 
Pers. I, 3 27 Ecquid halleci est, ist, wie der neueste Herausgeber 
richtig vermuthet hat, ecquidnam zu schreiben: Men. prol. 57 und 
Mil. ΠΙ. 2, 17 ist is statt üle zu schreiben. Merkwürdig 158 nur 
Curc. ,:1, 33... Der Vers lautet: οι ᾿ 
Vak solus hic homost, qui sciat divinitus. 


Nach Analogie der so eben besprochenen Fälle in Bacch. I, 2,. Hi 
Curc. HI, 27 Most. I, 2, 17 wird Niemand etwas dagegen haben, 
wenn wir zunächst die Wortstellang VYoh! solust hic homo heratel- 
len, aber damit ist der Creticus in Aic homo nicht beseitigt. Die- 
ser verschwindet erst,. wenn man betrachtet, welchen Missbrauch 
die Grammatiker bei ihrer Emendation mit dem: Wert home getrie- 
ben haben. Sie bemerkten wämlich, dass Plautus dasselbe oft als 
Pyrrhichius gebraucht und supplirten es daher an vielen Stellen, 
wo ihnen der Vers eine kurze Silbe statt der Länge, die:sie vor- 
fanden, zu verlarigen schien , samentlich statt quidem, weun dasselbe 
ver einem Wort stand, das mit einem Consonauten anfog. So 
findet. man Amph. I, 1, 245 Hic homo sdnus non est. Merc. V, 2; 110 
Hie. homo non sanüst. (Amicus quin properas medicarier) Epid. I, 3, ζ΄ 
Satin lic homo lüdibrio nos, Mil. II, 3, 63 Meus ülic homest. Poen. 
V, 4, 44 Bonus est hic homo mda voluptas.. Pseud. IV, 1,28 Pro- 
bus. est: hte homo, Neque istic neque ego. IV, 7, 23 Hic homa meus 
est. Capt. IV, 2, 18 Atc homo pügüatum incipit. Poen. IH, 2, 29 
Hic homo sdpienter sapit., wo nach meiner Ueberzengung. überall 
urspröaglich quidem statt homo gestanden hat, und so würde ich 
auch im ‚Curculio schreiben: salust ‚hic quidem. Besonilers lehrreich 


- u. τα το «ἃ --- 


- Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin. 299 


ist die Vergleichung von Mil. II, 3, 63 mit Bacch. I, 1, 70. An 
der ersten Stelle soll Plautus geschrieben haben; 

Meus ülic homost: deturbabo iam ego ülum de pugnaculis, 

An der zweiten: 

Meus ülE quidemst. tibi nunc operam dabo de Mnesilocho, soror. 
Ohne Zweifel schrieb er auch im ‚Miles ebenso wie in den Bacchi- 
des maus le quidemst, die Grammatiker aber, die eine noch viel 
grössere Vorliebe für das Wort homo hatten, als Plaatus,. so dasg 
sie es sagar an. manchen Stellen ia den Text eingeschoben haben, 
wo. es überhaupt nicht passt (vgl. z. B. Most, Ill, 1, 37), haben 
aueh hier die Gelegenheit nicht vorübergehn lassen, ohne davon 
Gebrauch zu machen. An den andern Stellen haben sie, wie gesagt, 
aur die Position bei der Lesart quidem vermeiden wollen, da sie 
nicht bemerkten, dass Plautus sich. unter gewissen ‚Bedingungen 
allerdings den Creticus statt des Dactylus verstattete und quidem in 
ihren Augen gewiss keine Enclitica mehr war, sondern ein Wort, 
wie jedes andere. Will man indessen, gestützt auf die Ueberein- 
stimmung dieser Beispiele, die Lesart der Manuscripte dennoch gegen 
die allgemeine. Regel aufrecht erhalten, so wird man wenigstens. 
eipgestehn müssen , ‚dass dieser Fall, in dem δὶς homo (oder illic 
homo mit seinen letzten drei Silben) .statt eines Dactylua eintritt, 
nur eine Ausnahme. bildet. 

. Anders. verhält. sich nun die Sache im Prolog zum Mercator. 
Der Verfasser desselben muss der Meinung gewesen sein, dass der 
Creticus, auf. der ersten Silbe betont, ohne Einschränkung. statt . 
des: Dactylus gebraucht werden könnte, Daher schrieb er v.48 

Lacerari valide suam rem, illius augerier . 
Niemand wird dagegen einwenden, dass iüllius auch in der zweiten 
Silbe verkürzt werden kann: dies geschieht nur, wenn dieselbe 
unbetont ist. Ebenso bemerkt man v. 90: 
Custos. Eisce confectis navim solvimus. 
In beiden Fällen soll nach den beiden ersten Silben des Creticus 
ein Wort enden, zumal so, dass die letzte Silbe desselben zugleich 
die. Anfangssilbe eines mehrsilbigen Wortes ist, Dies. würde nur 
in Pers.1, 3, 27 ecquid halleci, eine Analogie finden; :in. den an- 
dern Versen dieser Art, die der allgemeinen Hegel widerstreben, 
folgt auf den 'Trochaeus wenigstens ein einsilbiges Wort von unter- 
geordneter Bedeutung.. 
Gerade. diese fehlerhafte Bildung, des’ Creticus aber, der für 
den Dactylus eintritt, ἰδὲ. βοῦν häufig das Kennzeichen interpolirter 
Verse. ' Sa: liest‘ man z. B. Pers, V, 1, 15 und. 16 auch: noch in 
der neuesten Ausgabe des Stückes, ohne dass irgend ein Verdacht 
geäussert wird, falgende trochaeische akatalektische Tetrameter: 
Tu Sagaristio, accumbe in simmo. Ego nil moror: cedo parem 
quem pepigi. 
Temperi. Mihi istuc tömperi serost. Höc age accumbe. hünc diem 
sudvem. 


300 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautus a. die Echtheit sein. Stücke, 


Wenn Plautus diese Verse gemächt haben soll, so muss man 
freilich eingestehn, dass er sich für die Aufnahme des Creticus statt, 
des Dactylus gar keine Grenzen gesetzt haben kann und die Lesart 
der Manuscripte würde an manchen Stellen wiederherzustellen sein, 
wo sie von den Herausgebern meines Erachtens mit vollem Recht 
geändert ist. Ich glaube indessen, dass Niemand, der den Zu- 
sammenhang der Sache näher erwägt und namentlich V, 1, 17 mit 
V, 1, 7 vergleicht, zwei Verse, in «denen ganz dasselbe gesagt wird, 
daran ‚zweifeln kann, dass v. 1&—17, wenn nicht mehr, iu dieser 
Scene von fremder Hand herrührt. Sogar die Veränderung des 
Rhythmus, der bis dahin anapaestisch gewesen ist und jetzt plötz- 
lich trochaeisch wird, bestätigt dies. Doch um ‚diese ‘Ansicht zur 
vollständigen Evidenz zu bringen, würde ich die Fälle, in denen der 
Creticus statt des Dactylus auch in trochaeischen Versen eintritt, 
näher zu prüfen haben, was ich einem andern Ort vorbehalte. 

Wenden wir uns nun zu ‚denjenigen Nachahmengen plautini- 
scher Verse, die durch‘ den entgegengesetzten Fehler auffallen, 
indem sie sich vollständig an das Schema des.Priscian halten, so 
müssen wir als solche besonders die einfachen Argumente (wie ich 
sie zur Unterscheidung von ‘den acröstichis nennen will) zu Amphi- 
truo, Aulularia, Miles, Pseudolus und Mercator bezeichnen, In 
ihnen wird man höchst selten eine Abweichung von den Vorschrif- 
ten der Grammatiker finden und wenn dies geschieht, so kann man 
leicht nachweisen, wie der Verfasser dazu gekommen ist. So ge 
stattet sich der Auctor des Arguments zu Aalularia v. 8 in der 
zweiten ‘Stelle des Verses den Bacchins statt des Anapaesten, indem 
er schreibt: 

Durüs senex' vix promittit atque aulae timens : 
aber entweder glaubte er, dass das s zum Schluss von durüs ab- 
geworfen werden könnte, was aber hier.nur an unbetonter Stelle 
geschehn kann, oder er hatte sich gemerkt, dass Plautus öfters die 
zweite Silbe von senex verkürzt und suchte seineni Verse dadurch 
einen alterthümlichen Anstrich zu geben. Nähere Kenntniss des 
plautinischen Versbaues braucht man deshalb bei ihm nicht voraus- 
zasetzen:: Plautus selbst würde 'unfehlbar Sener duürus statt Durüs 
senex geschrieben haben, In dem Argument zum Miles ist bemer- 
kenswerth, dass in v. 12 οἱ einsilbig gebraucht wird, was eben- 
falls nur Beobachtung plautinischer Verse ohne nähere Kenntniss 
ihrer Gesetze darthut. Merkwürdig ist dagegen das Argument zum 
Mercator, da dasselbe augenscheinlich erst nach dem Muster des | 
argumentum acrostichon zu diesem Stück gemacht ist. Das letztere 
lautet folgendergestalt: 

Missus mercatum adulescens ab: suo patre 

Emit atque adportat scita forma mulierem. 

Requirit, quae sit, postquam eam vidit, senex. - 

Confingit servos, emtam matri pedissequam. 

Amat senex hanc, seque adsimulans vendere 


Von Prof. Dr, Geppert zu Berlin. 301 


Tradit vicino. Eum uxor illius pulat 
Obduxre scortum sibi. Charinum tum ex fuga 
Retrahit sodalis, postquam amicam invenerat. 
Ich sehe vor der Hand von den andern Abweichungen in den Ma- 
nuscripten ab und bemerke nur, dass dieselben in v. 6 die Worte 
in der Folge eum putat uxor ülius geben, Das spätere Argument 
lautet folgendergestalt: 
Mercatum a sese filium extrudit pater. 
Is peregre missus redimit ancıllam hospitis 
Amore captus. Üt venit, navi exsilit, 
Pater advolat visamque ancillam deperit. 
5 Quoius sit, percontatur. servos pedissequam 
Ab adulescente matri ait emtam esse ipsius. 
Sener, sibi prospieiens, ul amico suo 
‚ Veniret, gnatum orabat; gnetus, ut auo: 
Hic filium subdiderat vicini, pater 
10 Vicinum. Praemercatur ancillam senex. 
Eam domi deprensam coniunx ilius 
Vicini scortum insimulat: protelat virum. 
. Mercator exspes palria fugere destinat, . 
Prohibetur ab sodale, qui patrem ilius 
15 Orat suo cum patre, gnato ut cederet. 
Die einzigen Abweichungen, die sich der Verfasser dieser Verse 
vom Schema .des Priscian erlaubt hat, beruhn darin, dass er von 
pedisseguam (denn die Form pedisegyam hat nur geringe Auctori- 
tät) die zweite Silbe verkürzt hat, ‚offenbar nach v. 4 im argu- 
mentum acrostichon,. und dass er ipsius in v.6 und ülius in ν. 11 
und 14 zu Ende des Verses als Dactylus gebraucht hat, und hierzu 
hat ihn die falsche Lesart der Handschriften in v.6 des argum. 
acrostichon verführt; im Uebrigen genügt schon die Länge der ersten 
Silbe in patre den späten Ursprung dieser Verse zu documentiren. 
Im Ganzen aber wird man bei allen fünf so eben besprochnen Ar- 
gumenten eine gewisse Nüchternheit in der Versbildung wahrneh- 
men, die den Grammatiker einer späteren Zeit charakterisirt, 
Unter solchen Umständen ist es nun höchst merkwürdig, dass 
sich trotz des Mangels richtiger theoretischer Vorschriften. über die 
Versbildung der alten Komödie dennoch die Kenntoiss derselben in 
der Praxis erhalten hat. Dies gebt nämlich unzweifelhaft aus einer 
Anzahl von Nachbildungen hervor, welche genau dieselben Abwei- 
chungen vom Schema der Grammatiker haben, die sich Plautus und 
Terenz gestatteten und dies keinesweges aus. der vereinzelten Beob- 
achtung gewisser Worte,. die man öfters bei jenen. an Stellen findet, 
wo sie dem Metrum zu widersprechen scheinen, sondern mit vell- 
ständiger Freiheit von aller antiquärischen Gelehrsamkeit . und mit 
der richtigen Erkenntniss der zu Grunde liegenden Gesetze. Hier- 
hin rechne ich nicht nur dag.supplementum zum Poenulus, von dem 
oben die Rede. gewesen ist, wie das zur Andria des 'Terenz, die 


809 Ueber Vor- u. Zunamen des Plautos u. die Echtheit sein. Stücke. 


besprochnen Prologe zu Aulularia und ‘Menaechmi, die trotz des 
späteren Ursprungs doch in der Versform alt sind, sondern auch 
die argumenta acrosticha, die besondre Aufmerksamkeit verdienen. 
‚Dass‘ diese nämlich nicht, wie man in früherer Zeit geglaubt 

bat, dem Priscian angehören können, hat Linge de hiatn in vers. 
Plaut. Ρ. 21 Anm. mit schlagenden Gründen dargethan, von denen 
ich nur den einen wiederholen will, dass die Versbildung in ihnen 
den Vorschriften, die Priscian über den komischen Senar ertheilt, 
an vielen Stellen widerspricht; wenn derselbe aber aus dem Alter 
der Sprache und dem Umstande, dass acrosticha bei Ennius vor- 
kommen, schliesst, ‘dass Plautus selbst der‘ Verfasser wäre, so 
kann ich ihm hierin nicht beistimmen. Dies würde jedenfalls die 
Voraussetzung machen, dass Plautus seine Komödien schon zur 
Herausgabe bestimmt hätte, was mir nicht glaublich ist — wahrschein- 
lich war der einzige Vortheit, den er von ihnen hatte, der, dass 
er :sie aufführen liess — äber "jedenfalls existirten diese Argumente, 
die, einem Ennius ‘fecit ähnlich, eine Gewähr für die Echtheit der 
‚Stücke, auf deren Namen sie gemacht sind‘, abgeben sollten, sıhon 
vor der Zeit des’ Varro und "bezeichneten ihm nächst andern Er- 
kennungszeichen die 21 Stücke, welche von Allen anerkannt als 
echt plautinisch dastanden, wie sie’ denn noch heute für uns eine 
wichtige Bürgschaft sind, dass die ‘Komödien, zu denen sie ge- 
hören, von hohem Alter sein müssen and von Niemand’ anders her- 
rühren, als von Plautus. Es mag‘ gewagt sein, eine Vermutlung 
über ihren Verfasser auszusprechen, äber der späteste Autor, dem 
sie angehören können, scheint auch imir Aurelias Opilius zu sein, in 
dessen Pinax sie wol eine Stelle gefünden haben können‘, wenn anders 
die Form’ dieser Schrift der des Titels, welcher näch Sueton. c. 6 
aus einem 'Acrostichon bestand, entsprochen hat.' 
"Die Abweichungen endlich, welche diese Verse vom Schema 
des Priscian  darbieten, sind mannigfach, So findet man in der 
Anacruse den Tambus stätt des Pyrrhichius i in den acrostichis zu 

' Asin. v.2 Sub imperio vivens vol senex uxorio 

Epid. v.8 ϑεά inventa gnata servolim 'emittit mann. 

Men.v.10  Ii se cognoscunt fratres postremo’ invicem. ' 

Stich: v.7 Suam’quisque retinet ac Sticho Iudus dafur. 
Ebenso anch den Trochaens in dem zu’ Cist.v.4 Tollit atque exponit. 
Ferner 'hat man den ‚Froceleusmaticns statt des ‚Spondeus in dem 
zu  Cist. 'ν. 1. 

Compr imit adulescens 'Lemnüus' Sicyoniam. 

Häufig ist auch die Verlängerung der zweiten Silbe im dreisilbigen 
Fuss, dessen erste Silbe betont und kurz ist, zumal: bei zweisilbigen 


Worten‘, wo sie schon Linge p. 88 not. bemerkt hat. "So in den 


Argumenten zu 
“ Capt:v.6 Is sdo cum domino veste vorsa ac nomine - 
"Most. v.1 Manumisit emtos s%os amores Phüolaches 
1.9 Requirit quae sint: dit vicini proxumt, 


Von Prof. Dr. Geppert zu Berlin, . ‚303 


Most, v. 11 Ab εὐϊ sodale gnati exoratur tamen. 

Pseud. v.3 Ei dat leno, qui &um cum relicno adferat 
‘Pers, v. 1 #Profecto domino stos amores Toxilus 

Cist. v. 3 Sicyonia aeque pdrit puellam. hunc servolus 
Men, v. 4. Avos paternus fäcit Menaechmum e Sosicle. 
True, v; 9  Fandem compressue pdter cognoscit omnie. 


Ebenso aber auch bei einem einsilbigen und mehrsilbigen Wörtern: 


. Cist. v; 4. Tolit. alqua exponit. dt. ex insidis aucupat 
Pers,.v..5 Atgue it.a intricatum Iudit potans Dordalum. _ 
Merc. v. 4 Gorfingit servos, emptam 'matri pedissequam - , 


Abweichend 'von : plautinischer Accentuation ist nur die Betonung 
von mullerem Pseud. v. 7 und mulierum Poen. v.2 wie die Ver- 
längerung 'der ersten Sylbe in reperit Poen. v.7. In Bezng auf den 
Hiatus dagegen findet man in diesen Versen’ ganz die freie Behand- 
lang wie bei Plautus selbst und es. gehört mit zu den Fragen, die 
sich die Verfolger -des -Hiatus bei den Komikern wol noch nicht 
vorgelegt haben, wie 'es gekdmmen 'sein mag, dass man in den- 
selben Manuscripten, welche die Komödien des Plautus und Terenz 
nebst den Argumenten viel späterer Grammatiker enthalten, den 
Hiatus nur in’ den älteren Producten findet, dagegen nirgends in 
den jüngeren. Denn bei Plautus und Terenz, wie in den älteren 
Nächbildungen ; zu denen auch die argumenta acrosticha gehören, 
ist er häufig: in- den Versen des Sulpicius Apollinaris-und den fünf 
späteren Argumenten zu den plautinischem Komödien findet man 
ihn gar nicht. Sollten die Abschreiber gerade auf dies Beiwerk 
eine so grosse Aufmerksamkeit verwandt haben @während sie die 
Hauptsache, den Text der Dichter, mit Fahrlässigkeit behandelten ? 
Doch sowol die Rechtfertigung jener Versformen aus den Gesetzen, 
welche den Versen des Plautus und Terenz zu Grande-liegen, wie 
die Beantwortung dieser Frage würde mich hier zu weit führen. 
Ich muss mich damit begnügen, vorläufig darauf hingedeutet zu 
haben. 


Beiträge zur "Emendation und Erklärung mehrerer Stellen 
in Tacitus Werken. a 


Dial, de. orat. cap. 8. Tum le, Leges Eu, quid ete. Die 
Nipperdey’sche. Conjectur hat Orelli mit Recht verworfen; sie ver- 
diente in der That gar keine Erwähnung, wie ich denn auch glaube, 
dass Herr N. sie selbst längst wird missbilligt haben, Aber Or. 
hätte nach dem Vorgange Anderer das durch P. u. Vatice. tres voll- 
ständig ‚beglaubigte tu nicht aus dem Texte verbannen rollen, wie 
ich in meinem Schriftchen 9. Quomodo. permulli etc.. p. 28. bemerkt 


Γ 2 


304 Beitr. 2. Emendation u. Erkl, mehrerer Stellen in Tacitus’ Werken, 


habe. „Zu cum affectu positum in allocutione“ cf. Kritz ad Vell, 
Paterc. 2, 66, 4. p..327. 

cap. 5B..... cum causas agere non possil. Et ego enim etc. 
Das εἰ vor enim haben Einige ausgeworfen, Ändrre beibehalten, 
Andere emendiren zu müssen geglaubt. Unter den Letzteren habe 
ich mich Il. p. 29 den Bipontinern angeschlossen and At mit ihnen 
zu schreiben gerathen. Sollte nicht vielleicht zu emendiren sein 
At ego sam? Jam und enim werden oft verwechselt, wie über- 
haupt iam oft corrumpirt ist; so z. B. emendirt Halm richtig Ann. 
12, 47 „iam paratum“ für imperatum.“ So, glanbe ich, muss 
man auch Agricol. c. 36 mit Bekker und Hertel lesen —  minime- 
que equestris ea dam eic.; etiam, was ich früher Il, p.16 empfühlen, 
verwerfe ich jetzt. 

cap. 6. Quod (P hat gd mit einem Strichchen durch d) id 
gaudium etc. Id hat Orelli nach Walther aus dem Texte gewor- 
fen. Ich glaube, dass ich Il. p. 29 ‚dasselbe richtig in et verän- 
dert habe. Man könnte auch nach Ann. 15, 12 (φμοά. ἐμὰ εἰ 
quantum decus) an unserer Stelle emendiren: quod id et quantum 
gaudium: wiewo! mir das Erstere einfacher zu sein scheint, 

Ibid, . . . quamgquam alia diu serantur atque elaborentur etc, 
„elaborentur hl. de plantis = diligentissime colantur.““ Or. Allein da 
elaborare —= „durch die übernommene Beschwerde ein Resultat her- 
ausbringen,‘“ (Doederl. Syn. 1, 116) oder, wie Zumpt Cic. in Verr. 
sagt p. 94 „ elaborare spectat ad finem,‘“ p. 113 „ad effectum per- 
tinet,‘ coll. p. 737. so, glaube ich, muss elaborentur hier erklärt 
werden durch laborando appetantur, Wir gebrauchen erarbeiten 
oder besser erngihen. 

cap, 11. Nam statum hucusque ας securitatem etc. So hat Or. 
nach Lipsius’ Emendation. Ueber status vgl. Kritz. ad Vell. Patere. 
2, 3 p. 90. Statt Aucusque ac hat P cuiusque ad; ich war frü- 
her wohl geneigt zu lesen ἢ. statum usqye ad secur. vgl. cap. 5. 
.. ultro feras (feras ist mit Lipsius zu schreiben), ipse secu- 
rus et q. v. ee. Man könnte auch emendiren . . . statum eius- 
que et sec.; eius und cuius werden hier und da verwechselt, so 
haben z. B. Vat. a u.b (ΓΖ bei Or.) Agric. c. 16. Eiusque nach 
Halm Tacitus II. p, XIV, wofür wenigstens mit Or. nach Wex 
Eiusque zu schreiben ist, vgl. übrigens, was ich über diese Stelle 
im Agric. geschrieben habe il. p. 7; et und ad sind c, 13 p. 478 
l. 7 ed. Or. T. Il. in P verwechselt; et — etiam, 
cap. 15. Et quod quibusdam solatio est, mihi auget quaestio- 
nem εἰς, „Hiat membrorum iunctura, quae requirit purticulam 
etenim“ Berah. Or. scheint diese ‘Ansicht von: Bernhardy zu thei- 
len, da er jene Worte B’s anfülrt, ohne Etwas beizufügen. Heu- 
mann hatte schon an dem et angestossen, da er at emendirt. Die 
Vulgata bedarf der Emendation nicht. Uebrigens ’hat 'diese Stelle 
mich .zu einer unzweifelhaft richtigen Emendation eiser anderen 
Stelle des Taeitus geführt,. Agricol, c. 43 lesen wir .. . aut laeta- 


Von Dr. Nolte. | 805 


tus est, aut statim oblitus est. Augebat miserationem etc. An dem 
doppelten est haben Mehrere Anstoss genommen. .Acidalius rieth 
eines zu tilgen; Oberlin und Bekker nach Marets Vorgange stri- 
chen das letztere; Dronke mit einem Unbekannten im J. L. Z. von 
1816 Nr. 127 das erstere, Orelli mit Walther hat beide im Texte 
gelassen, was mir unerträglich ist. Tacitus schrieb ohne Zweifel... 
aut laetatus est, aut statim oblitus. Et augebat miserationem etc, 

cap. 17. Quos quid antiquis temporibus etc. Für quid „forte 
cur“ Halm. Wenn an dem quid geändert werden soll, warum 
dann nicht einfacher qui geschrieben ? ᾿ 

cap 19. Nam quatenus ‚antiquorum admiratares hunc velut 
terminum antiquitatis constituere solent, quem usque ad Cassium Seve- 
rum faciuni, quem primum affırmant flexisse ab illa vetere atque 
dicendi directa via, non infirmilate ingenä πος inscitia litterarum 
transtulisse se ad illud dicendi genus contendo, sed iudicio et intel- 
lectu. Ueber diese Stelle habe ich Il. p.33 coll. p.85 gehandelt. Das dort 
Gesagte will ich jetzt hier weiter begründen und diese Stelle noch 
etwas anders emendiren, als dort geschehen, Statt des anstössigen 
Nam im Anfange des Satzes ist Jam zu schreiben als transitum pa- 
rans cf. 1], p. 85. Weiter ist einleuchtend, dass Aper mit seiner 
‚Ansicht den antiquorum admiratoribus sich entgegensetzt; daher 
‚vermisst man die Hervorhebung dieses Gegensatzes durch ein be- 
sonderes Pronomen in der Vulgata aegerrime. Für quem usque 
hat P, 9 (cum lin. transversa) usque, wofür ich 1}, p. 83 ego 
usquequagu 6 emendirt habe; in Folge dieser Emendation musste 
für ad geschrieben werden et =: etiam.: Für Cassium Severum fa- 
eiunt habe ich Il. die mit Unrecht verdrängte Leseart von PF,- 
nämlich cassium quem reum faciunt wieder aufgenommen. Statt 
Üla ist aus P ista herzustellen cf. ll. p. 28. Ein Wörtchen in- 
dessen ist mir jetzt noch anstössig, nämlich das Aunc vor velut 
terminum. Ich glaube, dass für hunc zu emendiren sei nunc. 

cap. 21. Nec unum de populo Canuti (in P war ursprünglich 
Sanuti, das C ist von einer anderen Hand in (verändert): aut atti 
de furnio et toranio quique alios etc. Ich babe schon früber in die- 
ser Zeitschrift diese Stelle folgendermaassen verbessert: Nec in uno 
(oder ullo) de populo, Canutio aut Attio et Furnio et Foranio quique 
aliorum (= in üs qui) oder aliisqgue qui und zu in uno de populo, 
Canutio εἴς, ergänzt risum somnumve me tenere non posse faleor. 
In der Hauptsache glaube ich das Richtige getroffen zu haben; nur 
hätte ich für quique alios emendiren. sollen quique al, was == el in 
alis qui; Tacitus liebt die Formel quique αἰϊὲ und ähnliche sehr, 
2. B. Hist. 1, 11. et quae aliae; 1, 25. quaeque alia; 1, 53. quas- 
que alias; 1, 55. quaeque alia; dialog. cap. 18. quosque alios; Ann. 
14, 17. et quialiu. ö. a. 

‚cap. 25. Ne üli quidem parti sermonis eius repugno, si cominus 
fatetur plures formas dicendi etc. Dass cominus corrupt sel, 
Περὶ auf der Hand. Dje von mir Il. p. 86. vorgeschlagene Con- 

Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd.XIX, Bft. 2. 20 


306 Beitr. 2. Emendation u, Erklär. mehrerer Stellen in Tacitus Werken. 


jectur, wie passend sie auch sein mag, verwerfe ich jetzt. Ich 
glaube, dass Pithoens das Richtige getroffen hat, indem er eom- 
munius vorschlug. Ich nehme alsdann « == si quidem — sin- 
‚temal, parenthesire die Worte δ᾽ communius fatetur, die höchst 
ironisch sind, nnd lasse die Worte plures formas extilisse von den 
‚Worten ne illi quidem parti sermonis eius abhangen. 

Wie die corrupte Stelle in cap. 26... sed tamen frequens 
sicut his clam et exclamatio, wie P hat, zu heilen.sei, habe ich 
noch nicht finden können. Ich habe. früber in dieser Zeitschrift 
vorgeschlagen sed tamen frequens sic ab his facta iam (und ich 
möchte aus Histor. 1, 85 beifügen et grate accepta) exclamatio. Ob 
in dem his Etwas von Aistrio, histrionalis oder scenici, scena steckt 
und in clam (oder cta, wie F. hat) Etwas von actio, astus oder 
clamor, kann ich nicht ausfindig machen. Jedenfalls. ist Tacitus’ 
Hand noch nicht. wieder hergestellt. Dagegen glaube ich, jetzt 
Tacitus’ Hand vollständig wieder herstellen zu können in den Wor- 
ten des 

"cap. 27. . . quas te solitum tractare paulo ante plane milior 
(τ cum lin,) eloquentia εἰ temporum nostrorum miratus iralus, . .. 
lacessenda. Lipsius hat, wie er sagt „e quodam libro‘‘ (,„,2:° Orelli) 
nach paulo ante dixisti beigefügt; die anderen Editoren sind ihm 
gefolgt. Ich glaube, dass Lipsius sein .„dixisti“ aus cap. 16... 
et tu paulo ante diristi , . .„.entlehnt habe. Die Rede des Mater- 
nus unterbricht Messala, wie ich schon ll. p. 37 bemerkt habe, 
so dass nach lacessendo das signum  orationis praecisae zu setzen 
ist. Ferner ist es mir gewiss, dass miratus vom Abschreiber bei- 
gefügt ist, weil er nicht unterscheiden konnte,. ob im Originale 
miratus oder iratus stand. Um sicher zu gehen, schrieb er mira- 
tus and iratus, dem .gelehrteren Leser überlassend, was er als dem 
Zusammenhange angemessen sich von beiden Wörtern wählen wolle, 
Ich streiche miratus und behalte iratus bei. Statt eloquentia et ist 
eloquentiae zu lesen; ähnliche Versehen finden sich oft, 2. B. Ann. 
12, 68. :Tom. I, p. 407, 1. 8. hat M. gloriae nitesceret für gloria 
enitesceret; für poteniiae Ann. 13, 2. p. 417 1. 15 potentia et. 
Aber, und darauf kommt es jetzt einzig an, was steckt in mitior 
(r, cum ἐμ.) Man theile das Wort, und Tacitas’ Hand ist herge- 
stellt! Es muss gelesen werden miti ore. Achnliche Ineinander- 
ziehungen der Wörter findet man oft, z. B, Ann. 14, 57 p. 525 1. 
7, hat M. praesentiara wofür Doederlein prassenti ore emendirt, 
Heinsius praesenticura. Vell. Paterc. 2, 64, 3 fulgentissimo et 
coolesti ore; Amerbach hat .scelestiore für coelesti ore. 
Man könnte auch mitiore ore schreiben den Comparativ in der Be- 
deutung von ziemlich fassend; indessen würde das eben so ta- 
delnswerth sein, als des Cicero pleniore ore, cf. Heinrich ad Juvenal. 
Satir. 10, 122 p. 394 Tom. II. Demnach ist alse misi ore in den 
Text .aufzunchmen. Vgl. cap. 11. intento ore; Anm. 14, 16, ore 
vultuque.tristi; Histor. 2, 48, placidus ore. Im Folgenden ist zu 


Von Dr. Nolte. 907 
N 


lesen, wie ich Il. p. 37 bereits gezeigt habe: „Non .. , disputa- 
tione; iam et vos offendi dedecebit. | 
cap. 87. Quae et in antiquariorum bibliothecis adhuc manent 
et cum mazxime etc. P hat bei cum mazxime ein über die Reihe 
geschriebenes nunc, das, wie ich Il. p. 40 bemerkt habe, durch. 
ans aufzunehmen ist. „Cummazime, ubi adverbialiter ponitur, 
praesentis temporis aut infiniti est, ut ubi praesentis expressa signifi- 
catione opus est, adiungat sibi nunc: nunc cummazxime, jetzt 
gerade, cf. Heusinger, ad Οἷς, de offic. 1, 13 extr. Sed de prae- 
terito dicendum tummazime. Vide Drakendorchium ad Liv, 
XXVH, 4 et imprimis Dakerum ad Filorum II, 16. 8. Zumpt. Cie. 
Verr. 4, 38, 82 p. 736. Nunc cum mazxime findet sich im Frag- 
mente der Rede des Claudius bei Orelli Tacit. I, p. 364 fin. 

cap. 87. Nam..... exceperi, quoque malor adversarius 
est et acrior quieum pugnas . . . . . ἰδὲ noblitatus ... agit, 
quorum ea natura est, ut secura nolint. So habe ich theils Il. p. 
40 und theils in dieser Zeitschrift nach dem codex P, eigener und 
fremder Conjectur diese Stelle hergestellt, mit Ausnahme des n olint, 
das ich nach Rhenanus’ Vorgange jetzt aufnehme. Etne Lücke er- 
kenne ich hier nicht an, wie ich ll. p. 40 schon bemerkt habe. 
Volo und nolo werden hier und dort verwechselt, vgl. Zumpt. Cic. 
in Verr. 2, 78, 192 p. 423. Das nolint rechtfertigt die von Schultze 
aus Cic. ad Famil. 2, 12 angeführte Stelle. Ich füge aus Quinctil, 
10, 1 hinzu: ,‚Nec fortuna modo iudiei,: sed etiam ipsorum qui 
orant periculo afficimur. 

cap. 83... . . sicut omnia pacaverat. deparaverat hat P 
und übers α ein u; depacaverat hat Tross; „verbo ab ipso 
inventum“ fügt Orelli bei; indessen liebt Tacitus Seltenheiten und 
neue Compositionen. Das einfache pacaverat entspricht der Leseart 
des codex nicht; wem Trossens Emendation nicht gefällt, der lese 
umnia iam pacaverat. 

cap. 41. Sic quoque quod superest εἰς. Wie anstössig Vielen 
das Sic quoque ist, ist bekannt. Unter den Emendationen scheint 
mir die von mir Il. p. 41 vorgeschlagene die beste und passendste. 
Indessen wird durch eine einfachere Emendation des Tacitus Hand 
wieder hergestellt. Ich emendire: Sieqwe quod superest etc.; que 
und quoque werden oft verwechselt. Sic zieht oft einen Schluss 
aus dem Vorhergehenden und zeigt an, dass das Folgende in 
Uebereinstimmung mit dem Vorhergehenden stehe == dem zu 
Folge, dem gemäss. Ebenso wird {ta gebraucht. Die Ver- 
knüpfung mit que liebt Tacitus, cf. Hand. Tars. III, p. 181; 
Roth commentatt. Tacit. specitw, in. Seebode’s N. A. 1829 p. 
85 sqgq. 

Histor. 1, 71 habe ich früher in dieser Zeitschrift also ver- 
bessert Ac Otho quasi ignosceref, sedre hostis metu eum et 
(= etiam) conciliationis (accus. plur.) adhibens statim inter intimos 
εἰς. Ein Freund, dem ich diese Conjectur nttheie > fand das ac 


“. 


308 Uebersetznpgsprobe aus ‚Ovid. 


vor einem ‚Vocale anstössig und wollte dafür atque substituiren, 
vergl. dagegen Doering zu Plin. ep. 10, 46 Tom. II. p. 327. 

ibid. cap. 88. die von mir Il. p. 85 vorgeschlagene auf das 
ae si von a, ὃ, Spir. gestüätzte Conjectur multi .afflicta fide in pace 
anzii turbatis rebus etc. gibt unzweifelhaft Tacitus’ Hand, nicht so 
gas ibid. in cap. 89 (obwol in den Zusammenhang vortrefllich pas- 
sende) vermuthete pertulerat, da die handschriftliche Leseart 
pertinuere beibehalten werden kann. Die Welthersche Explica- 
tion sagt mir nicht zu, noch auch des Oberlinus Eonjectur in; ich 
halte mit Orelli dafür, dass a d nach adversa ausgefallen und rem 
publicam zu lesen ist; über pertinere ad cf. Gierig Plin.en. 5, 9, 4. 
Tom, I. p. 480. ed. maj. Für pertulerat köngte man Histor. 1, 15 
Jortunam . . . tulisti anrufen und was ich über die abgekürzte 
Schreibart von respublica 1}. p. 86 gesagt habe, kann ich durch 
weit mehrere Stellen, als geschehen ist, belegen, 


Dr. Nolte. 


Ovids Tristien I, 3. 


Elegie I, 3. 


Wenn das düstere Bild der Nacht mich heimlich beschleichet, 
Da mein Leben sich schloss dort in der ewigen Stadt; 

Wenn ich gedenke der Nacht, da ich all meine Liebe_zurückliess, 
Gleitet das perlende Nass mir aus den Augen noch jetzt. | 

Bald nun hob sich der Tag, da Caesars Wort zu entweichen 

: Ueber Ausoniens fern saumende Marken gebot. 

Sinn nicht hatt’ ich noch Musse gehabt, für das Nöth’ge zu sorgen, | 
Lang hinbrütend in sich war mir das Herz wie versteint. Ä 

Weder um’ Diener bekümmert’ ich mich, noch um Reisegefährten, 

‘ Qder um Hab’ und Gewand, wie’s der Verbannte bedarf. 

War ich doch eben betäubt, als wer, wenn Juppiter's Strahl ihn 
Traf, noch lebet und selbst, dass er noch lebet, nicht weiss. 

Wie nun aber der Schmerz selbst löste den Schleier der Seele, 
Und zur Gesundheit mir endlich die Sinne gelangt: 

Sprach ich das letzte, das Abschiedswort zu den traurigen Freunden, 
Deren, aus Vielen, eich our Ein und der Andere fand, 

Zärtlich umklammert das Weib-den Weinenden heisser noch weinend, 

- Ueber die. Wangen, so fromm, stürzet in. Strömen die Fluth. 

Ach, nnd die Tochter ist fern, fühlt anders am Libyschen Strande, 
Kann ja die Kunde noch nicht haben von meinem Geschick. 

Wende wie immer den Blick, Wehklagen erschallen und Seufzer, 
Ja Thränguellen besitzt jeglicher Winkel im Haus. 

Ist’s bei Klieinem erlanbt, grossartige Muster zu brauchen: 
So war Troja zu schaun, da sie Gefangene ward. — 


Vom Studienlehrer Dr. Wölffel zu Nürnberg. 309 

Jetzt entschliefen die. Laute der Menschen , es schwiegen die Hunde, 
Und von der Höhe gebot Lnna den Rossen der Nacht. 

Auf nan schauend zu ihr, und die heiligen Zinnen gewahrend, 
Die sö vergeblich gesellt waren dem eigenen Herd: 

Ö ihr Mächte, die ihr so nachbarlich thronet, so rief ich, 
Und ihr Tempel, die nan nimmer mein Auge soll schau’ n, 

Götter, verloren für mich, in Quirins hochragender Hauptstadt, - 

. Seid mir segnend gegrüsst jetzo für ewige Zeit! 

Und wiewol ich zu spät todtwund erts greife zum Schilde — 
Nur von gehässiger Schuld löset, entlastet den Bann. 

Kündet, wie Irrthum nur mich befing, dem Erkornen des Himmels, 
Dass er den Fehltritt nicht achte für frevelnde That. 

Was ihr wisset, o lasst es den Schöpfer auch denken der Büsse, 
Tragen mein trauriges: Loos kann ich, versöhnt sich der Gott. 

So lag ich im Gebet vor den Himmlischen: mehr noch die Gattin, 
Schluchzen beklemmte und schloss mitten im Worte den Lant. 

Auch vor den Göttern des Herds daliegend mit fluthenden Haaren 
Rührte sie bebenden Munds än den’ verglühten Altar; 

Richtete strömende Worte sodann an den zürnenden Schutzgott: — 
Für den verlorenen Mann waren sie alle umsonst. — — 

Und schon gönnte der Nacht Umschwung nicht Raum zu verweilen, 
Nieder vom eigenen Pol ging der Parrhasische Bär. 

Muss es denn sein® So traut hielt fest mich die Liebe zur Heimath, 
Gleichwol war’s ja die Nacht vor der gebotenen Flucht. 

Ach, wie sagt’ ich so oft, wenn Jemand drängte: so lass mich ! 
Oder: wo soll ich denn hin? oder: was soll ich dena fort? 

Ach, wie log ich so oft, ich habe die Stunde genau schon 
Selber bestimmt, die ganz passe zum Ziele des Wegs. 

Dreimal schon an der Thür, zog’s dreimal wieder zurück mich, 
Ach, und dem -Herzen zu lieb zögerte säumig der Fuss. 

Oft schon sagt’ ich Lebwohl, da musst’ ich noch Manches be- 

sprechen, 
Musste zum Abschied noch geben den schliesslichen Kuss. 
Oftmals gab ich den gleichen Befehl und ich selber vergass ihn, 
Wandt?’ ich das Auge zurück, schaute die Pfänder der Lieb. 
Ha, was eil’ ich denn auch? nach Scythien soll es ja gehen, 

. Sagt’ ich, und fort aus Rom — doppelt gerechter Verzug! 
Lebend dem Lebenden wird auf ewig die Gattin entzogen, 

Haus und Herd, und das Glück unter den Lieben zu sein; 
Ihr auch, Freunde, auch ihr! von mir gleich Brüdern geliebet, 

O ihr Herzen, für mich treuer als Theseus bewährt. 
Lasst Euch, weil ich noch darf, umarmen! ich darf es vielleicht nie 

"Wieder, "Es wird zum Gewinn jede Minute mir noch, 
So ohn’ Ende nun red? ich und unvollendete Worte, 

Weil schon immer das Herz wieder das Nächste umschloss. 
Da stieg unter Gespräch und Thränen am hohen Gewölbe 

Uns zum Grame herauf Luciferg glänzender Stern. 


_ 


312 Ueber die Bekanntschaft der Griechen u. Römer mit denSiaven. 


Adria, doch waren sie von den Thraciern, den jetzigen Albaniern 
und den liburnischen Seeräubern uuterjocht ‚worden ; als auf ein- 
mal Bellonesar mit seinen 300,000 Galliern 890 Jahr vor unserer 
Zeitrechnung Italien und alle Länder zwischen dem adriatischen 
Meere und der Donau überschwemmte. Die Veneder nahmen diese 
Celten als ihre Befreier von den benachbarten Drängern, wozu auch 
die Etrurier gehört hatten, willig auf; so dass Bellonesar in lllyrien 
ein bedentendes Reich stiften und Brennus durch .sie unterstützt 
Etrurien und Rom verwüsten konnte. Auf diese Weise dehnte 
sich das wendisch-celtische Reich über Böhmen bjs zur Weichsel 
und dem Don bis an das schwarze Meer aus, 80 dass es mit den 
Griechen, sogar mit den in Siclien, um die Herrschaft zur See als 
Nebenbuhler auftreten konnte. Diodor erzählt die Vertreibung der Fiot- 
ten des Dionys aus allen Häfen des adriatischen Meeres. Unser franzö- 
sische Historiker nennt den König Bardyles den bedeutendsten An- 
führer dieser slavisch-gallischen Illyrier, welcher die akrokeraunischen 
Berge überstieg, Epirus unterwarf, und die kleinen. Herrscher in 
Macedonien zwang, ihm Tribut zu zahlen, so dass die Vorfahren 
Alexanders des Grossen jener Nation Geisseln schicken mussten, 
Doch 359 schlug Philipp den Bardyles. 

Nach dessen Tode theilten sich Clitus und Glaucias in ΠΙγ- 
rien, als Könige der Triballer und Taulanten, welche den Kampf 
gegen die Macedonier fortsetzten, in welchem die Schwester Alexan- 
ders, Synane, gegen die illyrische Heldin Caerie siegte. Nach 
dem Tode Alexanders zogen 150,000 Ilyrier mit 20,000 Beitern 
unter ihren gallischen Heerführern nach Griechenland bis unter die 
Mauern von Delphi. An dem illyrischen Hofe des Glaucias wurde 
Pyrrhus erzogen, und ein illyrisches Heer setzte ihn auf den Thron 
seiner Väter in Epiros ein. 

Um das Jahr 140 vor unserer Zeitrechnung war Argon der 
mächtigste König der Gallo-Slaven in Illyrien, denn er dehnte 
sein Reich bis nach Kärnthen aus und nach Appian waren seine 
Schiffe auf dem Meere am meisten gefürchtet, und die liburnischen 
Schiffe halfen in der Schlacht von ‚Aetium dem Kaiser August die 
Herrschaft der Welt erobern. Bald aber griffen die Römer diese 
Seemacht an; allein die illyrische Königin Teuta eroberte Corfu, 
doch mussten endlich die Gallo-Slaven den Illyriero unterliegen. 

Der Verfasser behauptet demnach, dass die Celten und Slaven 
lange den klassischen Völkern wiederstanden, uad ihren Natur- 
gottesdienst dem Götzendienste der griechischen und römischen 
Verfeinerung entgegensetzten. Auch die germanischen Völker waren 
gegen die Celten und Slaven stets feindlich gesinnt,. wogegen sich 
die beiden letztern stets verständigten. 

Durch die römische Eroberung ging.die celtische und slavische 
Sprache in Illyrien ganz verloren und flüchtete sich nur in die 
Berge von Friaul und Kärnthen, seitdem der letzte illyrische See- 
hafen Salona 54 Jahre nach unserer Zeitrechnung erobert worden 


Mitgetheilt vom Geh.-Rath Neigebaur zu Bresiao. 313 


war. Seitdem hörte man nichts mehr von den Wenden bis Pro- 
copius, der Geheimschreiber und Freund Belisars, die Slaven er- 
wähnt,‘ die er owopol nennt, und in Anten und Slaven eintheilt. 
Der gothische Bischof von Ravenna, Jornandes, nennt sie aber 
noch fortwährend die Natio Winidorum, die er in Sclavimi und 
Antes eintheilt. Unser französische Historiker behauptet, dass der 
Name: Sporen der Ursprung von dem Namen der Servier ist, der 
Sorben; er leitet das Wort von Scoriti her, welches berathschla- 
gen, sprechen bedeutet; daher auch die Slaven alle, die nicht zu 
ihrer Nation gehören, Nimiecz nennen. Noch jetzt heissen die 
abendländischen Illyrier, zwischen Venedig und Wien, Wenden; die 
östlichen lilyrıer aber, zwischen dem adriatischen Meere und Kon- 
stantinopel, Serben. Der occidentalische Jornandes hatte sie Vene- 
der, der orientalische Proeop hatte sie Spori, Serben, genannt; oft: 
aber wird der eine oder der andere Name für alle Slawen gebraucht, 
Schon Ptolemaeus hatte von den Serben Erwähnung gethan, welche 
zwischen der Rha (Wolga) und den ceranischen Bergen wohnten; 
auch Plinius spricht von ihnen zwischen dem Don und der Wolga 
am maeotischen See. Im neunten Jahrhundert erscheinen die Ser- 
ben in Russland auf einmal als ein mächtiges Volk, und 950 er- 
wähnt Kaiser Konstantin Porphyrogenetus diese Nation unter den 
seythischen Völkern als eine der bedeutendsten, in die Weis- 
sen, -oder Freien und in die schwarzen oder unterjöchten, 
getheilt. In den Werken des Bischof Salomon, Mater verborum, 
welcher im 9. Jahrhundert zu Kostnitz lebte, wird behauptet, dass 
die Serben die Autochthonen von Sarmatien gewesen. In der Chro- 
nik von Nestor werden die Slaven als die ältesten Bewohner Iliy- 
riens aufgeführt, und er sagt, dass zu den 72 Völkern, welche 
von Japhet herstammen, auch die Illyrier oder Slaven gehören; sie 
bewohnten lange die Ufer der Donau, das heutige Ungarn und Bul- 
garien, von wo sie sich nach verschiedenen Gegenden verbreiteten, 
und nach Verschiedenheit der Länder auch besondere Namen annahmen. 

Lange wurde der Name Sorben und Wenden vermischt ge- 
braucht, wie die Sorben-Wenden in Sachsen, wo jetzt nur noch 
der letzte Nume geblieben ist. In Kärnthen und Crain werden sie 
jetzt ebenfalls nur Wenden genannt, obwol sie dort nach Karl dem 
Grossen von den deutschen Lehnsherren Serben genannt wurden, 
Der ungenannte Dichter von 1310 nennt selbst die Tschechen 
Serben, welche aus Gross-Servien, oder weiss Croatien hier ein- 
gewandert waren, und noch die böhmischen Schriftsteller des 15. und 
16. Jahrhunderts übersetzen das Wort, Wende, in Serbe. 


Unser französische Historiker schliesst daher, dass die Slaven 


vor unserer Zeitrechnung gewöhnlich Wenden und nachher Serben 
genannt worden, und dass beide Namen den ganzen slavischen 
Stamm begreifen, welcher stets in einem grossen Theile Europas 
heimisch gewesen ist. 


314 Zu dem Schriftchen De origine Gentis Romamae. 


Zu dem Schrifichen De origine gentis Romanae. 
Von K. L.. Roth zu Basel. 


Die Abhandlung von Herrn .Dr. Mähly über das Büchlein De 
ἡ origine gentis Romunae, Supplementband XVII. 5.182 ff, wird hof- 
fentlich dem seit Niebuhr so oft wiederholten Gerede, dass dieses 
Sehriftchen dem Alterthum gar nicht angehöre, dass sein Verfasser 
ein Betrüger sei u. dgl. ein für allemal ein Ende machen. Hier- 
über will ich auch kein Wort weiter verlieren. 

Nur in Bezug auf die handschriftliche Ueberlieferung des- ge- 
nannten Büchleins sei mir die Bemerkung gestattet, dass die zwei 
von Schott erwähnten Codices Pulmanni und Metelli allerdings als 
zwei verschiedene Exemplare zu unterscheiden sind, . Wir können 
hierüber mit «vollkommener Gewissheit urtheilen, seitdem die eine 
dieser Handschriften wieder ans Tageslicht getreten ist. Der Codex 
Pulmanni nämlich befindet sich anf der königlichen Bibliothek in 
Brüssel. Es gibt von demselben Roulez in den Bulletins de P’Aca- 
demie royale de Bruxelles XVII, p. 261 ff. eine Beschreibung, die 
mit der von Schott gegebenen vollständig übereinstimmt. Auch für 
die einzelnen von Sehott daraus angeführten Lesarten bezeugt uns 
Ronlez die Redlichkeit des Referenten ἢ. Ueber das Alter des 
Codex Pulmanni spricht sich zwar Roulez nicht aus; aber seine 
Angabe, dass darin, von der gleichen Hand geschrieben, auch 
die Controersia de nobibtate inter P. Cornelium Scipionem et €. 
Flaminium, per legum dectorem egregiumque oratorem Bonacursium 
Pistoriensem **) enthalten sei; führt uns in die letzte Zeit des Mittel- 
alters. Es ist nun bemerkenswerth, dass auch Schott dieses Poel- 
man’sche Exemplar nirgends Csder entiquissimus oder vetustissimus 
nennt; denn codex vetus oder velustus nannte man damals jede 
Handschrift, oft selbst die alten Drucke. 

Anders dagegen verhält es sich mit der ans der Bibliothek 
des Cornelius Gualtherus in Gent stammenden Handechrift, die 
schon vor 1579 in den Besitz des Joannes Metelleus übergegangen 
war, vgl, Schoft za Aur. Victor in Caesaribus 20. δ. 30. Diese 
nennt Metellus selbst Coder antiquissimus, und noch bestimmter 
äussert sich Schott σὰ Cornelii Nepotis opera, Francof. 1609 p. 5 
dahin, dass der Codex Metelli DCCC abhine annis vel pluribus ge- 
schrieben sei. -Es kommt also dieser Altersuntersehied zu den von 
Mähly angegebenen, nur etwas zu gering angeschlagenen, Unter- 
scheidungszeichen ***) als entscheiiendes und für uns wichtigstes 


*) Das gleiche Zeugniss stelle ich Schott aus in Beziehung auf den 
Cod. Floriacensis der Epitome Sec. XI, der jetzt in Bern ist. 
**) Diese Controversia fand ich auch in einer Leydner Sallasthand- 
schrift vom Jahre 1371. 
***) Eine Verschiedenheit der Lesart berichtet Schott ausdrücklich zu 
τί ill. 31, 5. Am Schlusse der Ἐπὶ illustres stand im Codex Metelli; 


Von KL. Roth zu Basel. Gelegentl. Von Dr. Mähly zu Basel. 315 


Merkmal hinza. Hoffen wir, dass auch diese Handschrift nöch 
irgendwo ans Tageslicht kommen werde. 

. Bekanntlich enthalten einzig auch die beiden Codices Pulmanni 
und Meteli die ächte Kaisergeschichte des Aurelius Victor, während 
die in allen übrigen Handschriften enthaltene s. g. Epilome ein ganz 
anderes Werk ist. Ein Citat des Laurentius Eydus de magistr. 
Rom, 3, 7, das sich auf Aur. Victor de Caesar. 39. δ. 44 bezicht, 
setzt dieses ausser Zweifel. 

Einer fernern Untersuchung bleibt es vorbehalten, in welchem 
Verhältnisse das Schriftchen De origine g..R. zu. der anonymen 
Historia Latina steht, die Hieronymus im Chronicon benutzt hat. 
Vgl. Mommsen in den Schriften der Leipziger Ges. d. Wiss. 1860. 


S. 598 ff. 680 ff. 
Basel, ἢ K. 1,, Roth. 


Gelegenheitliches. 
Von Dr. Mähly zu Basel. 


Zu den vorangehenden Bemerkungen erlaube ich mir Einiges 
hinzuzufügen, mehr andeutungsweise, als um zu entscheiden. Dass 
der Verfasser der viri illustres nichts zu schaffen hat mit dem der 
origo ist eine ausgemachte Sache; eine andere Frage aber ist die: 
„In welchem Verhältuiss steht dieser zu den vielen Beisätzen, wel- 
che in Schott’s manuscriptum Pulmannianum den viri illustres bei- 
gegeben sind?“ Nicht nur nämlich laufen eine Menge Sätze unter, 
welehe andere codices der viri illustres nicht enthalten, somdern 
ganze Episoden, ja neun vollständige vitae sind zugefügt. Aus 
diesem letztgenannten Anhängsel lässt sich schliessen, dass auch 
die übrigen additamenta von der gleichen Feder geschrieben 
sind*), welche die _origo schrieb; ich sage nur geschrieben; 
denn selbstständig verfasst ist wahrscheinlich keiner von dieser 
Hand, indem mit Ausnahme der neun vitae aller übrige Zusatz in 
alten Schriftstellern seine Quelle und Herkunft findet. Welches sind 
"nun aber diese Schriftsteller? Man wird alsbald an Paulus Diaco- 
nus denken, und seine Meinung scheinbar bestätigt finden, allein 
merkwürdig ist, dass, wo eine Uebereinstimmang mit diesem sich 
findet, sie auch bei Eutropius zum Vorschein kommt, oder, wo 
dieser abweicht, bei Orosius (vgl. die beiden Anhängsel zu Pyrrhus _ 


“- 


Expliciunt nomina prineipum Romanorum, was aus dem Codex Pul- 
manni weder Schott noch Roulez anführen. 

*) Dass heisst nicht etwa von einem spätern Abschreiber des Codex 
erst beigefügt, 


316 .° Gelegenbeitliches. . “, 

und Tit, Gracchus). Ich glaubte dies bemerken zu sollen, um vor- 
eiligen Schlüssen vorzubauen, wie dem, dass wegen stellenweiser 
Aehnlichkeit eine Gleichheit ınit Paulus und dem Verfasser der origo 
(den wir .auch als den Compilator des übrigen Inhalts jenes Pul- 
mann’schen Godex anschen), jedenfalls jünger als Paulus sei. An 
und für sich kann man diese Möglichkeit bestreiten oder zugeben 
— nothwendig ist sie durch dieses Argument nicht. Der Ver- 
fasser der nun hinzugekommenen vitae ferner hat sicher den Pau- 
las, I. nicht gekannt (da er zuversichtlich älter ist als dieser); aber 
Paulus hit ebensowenig von ihm etwas gewusst, sonst würden ge- 
wiss einige Spuren der Benutzung sichtbar sein, die indess- gänzlich 
fehlen. . 


Wie verhalten sich nun aber ferner die viri illustres zu den 
Caesares im Schott-Pulmann’schen Codex? und die Epitome zu 
diesen? — Ist der Verfasser der neun vifae zugleich als der der 
Caesares zu betrachten, da beide erst durch jenen Fund hinzuge- 
kommen sind? Ich begebe mich in dieser Frage alles Urtheils; 
nur will ich Einiges anführen, was nicht ganz übersehen werden 
darf. Gewiss ist, dass Paulus Diaconus unsere „‚Caesares‘‘ ebenso 
wenig kannte als jene neun neuen vitae; denn wo er mit ihnen über- 
einstimmt, findet sich die Uebereinstimmung auch in der Epitome. 
Da nun aber Paulus, da, wo ihm Eutrop und Orosius seinen Stoff 
nicht liefern, mit vollen Händen aus der Epitome schöpft *), er 
die viri illustres aber insgesammt nicht benutzt hat, so ist ein sol- 


*) Vel. z.B. Nero. 
Epitom, Eutrop. Oros, Diac. 
Iste quinquen- Iste quinquen- 


nio tolerabilis vi- 
sus, unde quidam 
prodidere, Traja- 
num solitum dice- 
re, procul distare 
cunctos principes 
a Neronis quin- 
quennio, 


Inusitatae luxu- 


riae sumptuumque 
et qui exemplo Cd- 
ligulae in calidis 
frigidisque lavaret 
unguentis cett. 


Quod ipse ex 


nio tolerabilis fuit, 
unde quidam pro- 
didere Trajanım 
solitum dicere pro- 
cul distare cunctos 
principes a Nero- 
nis quiaquennio. 


Inusitatae luxu- 
riae sumptunmqne 
et qui exemplo Ca- 
ligulas in calidis 
frigidisque lavaret 
unguentis, cetk. 


Quod ipse' ©X 


altissima illa Mae- |altissima illa Mae- 


cenatiana turri 


tenatiana turrl 


prospectans, lae- |prospectans, la®- 


tusque flammae 


tusque üamma® 


pulcritudine, cett. |pulcritudine, cett. 


Von Dr. Mähly zu Basel. 817 


ches Verfahren nur daraus erklärlich, dass die Epitome und viri 
illustres von verschiedenen Verfassern herrübren, 

Aber auch Eutropins und Orosias haben nichts gemein mit den 
Caesares, desto mehr dagegen die Epitome, nicht nur ist die Sprache 
an einer Menge von Stellen ähnlich, die Erzählung meist überein- 
stimmend, sondern eine Masse von Ausdrücken, Wendungen, gan- 
zen Sätzen, Perioden ist beiden gemeinschaftlich; allein auch hier 
verdient als merkwürdig angeführt zu werden, dass diese Ueber- 
einstimmung. mit Domitian ganz aufhört, um erst wieder zu erschei- 
nen unı zugleich zu verschwinden mit Constantius. Woher dies 
“ komme, vermag ich nicht aufzuklären. ‚‚Uter ab utro?‘“ oder ob ᾿ 
beide, der Verfasser der Epitome wie des der Caesares, δὺδ einer, 
der ursprünglichen Quelle, und welcher? geschöpft haben, sind Fra- 
gen, welche eine eingehende Untersuchung verlangen ἢ). Ich be- 
gnüge mich, noeh beizufügen, dass die Caesares im Leben des 
Septimius Severus in mehreren hintereinderfolgenden Perioden wört- 
lich übereinstimmen mit Spartianus, 

Schliesslich sei mir ‚gestattet, aus einem Codex des Aurel. 
Victor, welchen ich kürzlich in Paris auf Grund der Arntzen’schen 
Ausgabe verglichen habe, die Varianten anzuführen,, welche für einen 
künftigen. Herausgeber vielleicht nicht ganz ohne Werth sind. 

“ Der Codex ist bezeichnet mit Nr: 4955 und nach Angabe des 
Katalogs „duodecimo, ut videtur, saeeulo exaratus“. Er enthält 
nur die Epitome und diese fragmentarisch, indem er mit Marcus 
Aurelius beginnt und mitten im Theodosius abbricht. 

Marc. Aurel, 7 philosophiae studens litterarumque Graecarum pe- 

ritissimus (Arntzen), deest perilissimus (Cod. Par.), 

ibid. 11 hujus tempore (A.), cujus (C.), 

Commadus. 2 respondit (A.), responderat (C.), 

Pertinax 1 ille coactus repugnansque imper. suscipiens (A.), ille 

"coactus impavit repugnansque suscip. (C,), - 

Septim, Severus 5 benevol. quo inclinasset (A.), quo se inclinas- 

set (C.), 

ibid. 9 veneni vice quod ei negab. cibum gravis (A.), v. Ὁ. qus ei 

negabatur, cibi gr. 

Caracalla 1 imperavit solus (A.), deest solus (C.), 

ibid. 3 Magnum atque Alexandrum se juss. app. (A), deest Ale- 

zandrum (C.), 

Macrinus 1 menses quatt, et ab eodem (A.), deest εἰ (C.), 

Heliogab. 3 .quam adseg. natus. defectu non poterat (A.), ποη- 
ον ἄμα post. (C.), 

Alex. Sever. 2 sub hoc imperante (A. ), deest sub (C.), 

ibid. 2 se Euphrate fl. abjecit (A.), objecit (C.), 

ibid. 4 cervices valde compressas (A.), compressus (C.), ᾿ 

ibid. 5 quamvis alteri convivio (A.), deest alter; (©.), 


*) Die ich vielleicht später werde folgen lassen. 


318 Gelegenheitliches. Von Dr: Mähly zu Basel, 


; Maximin. 1 Jul. Maxim, Thrax (A.), Thracus (C.), 
ibid. 2 apud Agnilejam (A. ), deest Aquiejam (C.), 
ibid. 2 ne catul. habend. (A.), πος, cat. hab. (C. » 
. Pupien. 2 Pupienus (A.), Pupianus (C.), 
Gordianus 2. imperavit annos ex (A.), annis sex (C.), 
Philippus 3 nullo pr. cujusq. commento (A .), a nullo pr.c.c.(C.), 
Decius 3 ut nec cadaver .ejus. p. inv. (A.), ut ne cadar. (C. )» 
Gallus 1 imperaverunt ann. d, (A.), imperavit (C.), 
Aemilianns 1 anno aet. pater sept. (A.), anno aet. patris sept.(C.), 
ibid. 3 Maurus genere, pugnax (A.), M. g. pugnans (C.), 
cap. XXXII, 3 his imperantibus (A.), his imperatoribus (C.), 
. δά. 3 Cassins Latienus (A. ), Cassius Dabienus (C. A 
cap. XXXIV. 1 Claudius imp. annis duobus (A. ), ΟἹ. imp. an- 
num (C.), 
ibid. 8 prisi morte remied. desid. (A )s prima morte remed. (C.), 
cap. XXXV. 1 imp. annis quing. mens. sex. (A.), imp. mensibus 
sex, annis quinque, (C.), 
᾿ eap. XXXV. 7 adspergens hominem (A.), adsp. homines (C.), 
cap. XXXVII. 3 opere militari (A.), ope. militari (C.), - 
cap. XXXVIIl. 1 imperavit aunos duos (A.), imp. annum (C.), 
ibid. 7 qui eum in auditorio (A.), qui eum in adjutorio, _ 
cap. XXXKIX. L'orbis Rom. (A.), urbis Rom. (C.), 
ibid. 6 utinam Sal, possetis videre olera (A.), μέ, 5. p. vivere 
holera (C.), ΄ 
Cap. XL. 3 Severus ab Herculio (A. ), Severus Caesar ab H.(C.), 
ibid: 18 Galerius Maximinus (A.), Valerius Max. (C.), 
ibid. 20 vitio senectae aetatis (A.), vitio senectae .et.aet. (C.), 
cap. XLI. 2 jumenta, quaqua iter fecerat (A.), quibus it. eg. (C.), 
ibid. 2 ad patrem in Brittanniam (A.), ad p. i. Br. situ (C.), 
ibick 5 concgrdiam custodiunt (A.), con. constituunt (C.), 
ibid. 17 Coustantinopoli dieta (A.), Constantinopolim d.-(C.), 
ibid. 21 dissentire statim. Constantius et Constans (A.), deest 
. statim (C.) 
..eap. -XLIl. 3 hortantibus perditis (A.), proditoribus (C.); 
ibid. 10 imp. annos quatt, (A.), annis quatt. (C.), 
ibid. 13 in campis Argentoratensibus (A.), i. co. Ratensibus (C.), 
ibid. 14 Chonodomarius (A.), Modomarius (©.), 
ibid, 21 Quae habes [ad mensam] (H.), deest ad mensam cc. » 
cap, XLIH. 3 inconsulto ardore (A .)» in consulto ordo (C.), 
- ibid,. 4 ex invidie rei. (A.), 6. inv. rei publicae (C.), 
ibid. 6 usu prompt. corpor. quam val. (A), «p. 6. qw vali- 
dus (C.), 
ibid. 7 cum semp. ad securit. (A), deest. cum (C.), 
cap. XLIV. 4 hic dem a Perside (A,), deest dum, 
ibid. 4 gravatus [esset] (A.), deest esset, 
cap. XLV. 3 ob cojus apud milites commend. (A. > dest apud 
mülites (C. )» : 


΄ 


Aphoristische Bemerkungen. Von R. Klotz. 819 


ibid. 5 Quamgquam esset ad loquend. (A.), quamg. hesit ad I. (C.), 

ibid. 5 infectus tamen vitiis (A.), deest tamen (C.), 

cap» XLVI. 3 sine noxa ac peric. cujusque (A.), 6. ἡ. ὁ. p. cujus- 
quam (C.), 

ibid. 3 sane valde timidus (A.), deest' sane (C.), 

cap. XLVII. Gratianus gen. Sirmii (A.), Gr. g. Sirmio (C.), 

ibid. .1 imp. annis octo (A.), annos oclo (C.), 

ibid. 1 dies (A.), diebus (C.), 

ibid. 4 summaeque voluptatis divinaeque artis (A.), summaeque 
voluptati divinaeque arti (C.), 

ibid. 5 cunctisque fuisset (A.), eunctisque essel (C.), 

ibid. 6 et prope amicitia capitur (A.), e. p. a. capi (C.). 
Basel Ende October. J. A. Mähly. 


- 


Aphoristische Bemerkungen. 
Von R. Klotz. 


II. 


Ich habe in diesem Archive Bd. XVII. 5. 618 fg. in Betreff 
des_von Vielen falsch gedeuteten Ausdrucks pocula Acheloia bei 
Virgil Georg. lib. I. ν. 9. bemerkt, dass derselbe keineswegs im All- 
gemeinen Trinkwasser bedeuten solle, sondern nur in Rücksicht 
auf den Ort der ersten Erfindung des Weines von unserem Dichter 
gewählt sei; und freue mich, diese meine Ansicht von dem gelehrten 
Herausgeber des Macrobius, L. von Jan, angenommen zu sehen, 
vgl. dessen Ausgabe des Macrobius vol. II. p. VIII sq. Ich hätte 
mit dieser Stelle gleich die Parallelstelle aus denselben Georg. lib.1. 
v. 147—149 verbinden können: 

Prima Ceres ferro' mortalis vertere terram 
Instituit, cum iam glandes atque arbuta sacrae 
Deficerent silvae et victum Dodona negaret. 


Denn auch hier scheinen die neuesten Herausgeber in Bezug auf die 


Deutung des einzelnen Ausdrucks zu schwanken und in Ungewiss- 
heit sich_zu befinden, wo die wahre Beziehung unschwer zu finden 
ist. Phil. Wagner sagt: *'sacrae süvae, lucorum, opinor, diis 
consecratorum’, und sodann: “Dodona quercetis nobilis; quanto 
humilior evasura fuisset oratio, si dixisset poeta: et victum quer- 
ceta negarent”. Aehnlich und beinahe noch schlimmer verfährt 
T b. Ladewig, der bemerkt: ‘Der Wald ist heilig, weil jeder Baum 
seine Dryade hat. Das durch seinen Eichenhain gefeierte Dodona 
steht metonymisch’ statt der Eichenwälder”. Die Auffassungsweise 
dieser Gelehrten leidet an einem doppelten Fehler, einmal weil dem 


rn 


3930 Aphoristische Bemerkungen. Von R, Klotz. ᾿ 


an sich relativen Ausdrucke sacrae silvae eine falsche Beziehung auf das 
Allgemeine gegeben wird, zum zweiten weil selbst auch Jas ganz be- 
stimmt sprechende Bodore mitaller Gewalt metonymisgh gefasst u. eben- 
falls aufs Allgemeine bezogen wird. Nach dem, was ich 8.8.0. 5.619 
. gesagt habe, dass Virgil, der allgemeinen Sage folgend, s.Plinius epist. 
lib. VIIL. ep. 24 Cogita te missum in provinciam Achaiam, illam veram εἰ 
meram Graeciam, in qua, primum humanitas, litterae, etiam fruges in- 
ventae esse creduntur., bei seiner Darstellung den Ort der Erfindungder 
feineren Lebensweise vor Augen gehabt habe, wird es für unsere Leser 
kaum der Bemerkung meinerseits bedürfen, dass hier weder sacrae 
silvae einen geheiligten Hain an sich bedeuten könne, noch dass 
Dodona.metonymisch für Eichenwald im Allgemeinen zu nehmen sei, 
sondern dass. auch an dieser Stelle unser Dichter ia historisch genauer 
Zeichnung des Verhältnisses Dodona als den Ort der ersten Erfindung 
. der Feldfrüchte vor Augen hat und dass auf gleiche Weise sacrae silvae 
* speciell auf den dem Juppiter geheiligten Hain zu Dodona zu bezichen 

- sei, indem der Dichter mit dieser relativen Bezeichnung nur dem später 
folgenden specielleren Ausdrucke Dodona vorarbeiten wollte. 


Neue 


JAHRBÜCHER 


oder 


PhilologiemPaedagogik, 


Kritische Bibliothek 


für das 


Schul=- und Unterrichtswesen. 


In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten 


begründet von 
M. Joh. Christ. Jahn. 
Gegenwärtig herausgegeben 


von 


Reinhold Klotz Rudolph Dietsch 
Professor in Leipzig “ Professor in Grimma 


und 


Alfred Fleckeisen 


Gymnasiallehrer in Dresden. 


EB 


Neunzehnter Supplementband. Drittes Heft. 


Leipzig, 1853. 


Druck und Verlag von B. G. Teubner. 


- ARCHIV 


für 


Philologie mı Paedagogik. 


Begründet von 


M. Joh Ghrist Jahn. 


Gegenwärtig herausgegeben 


von 


Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig 


und 


Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma. 


Neunzehnter Band. Drittes Heft. 


Leipzig, 1853. 


Druck und Verlag von B. G. Teubner. 


.. 


Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s und der 
Nachbarstädte. 


Vom kais, russ. Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa. ° 


An den Gestaden des Pontus Euxinus hat unter allen römi- 
schen Dichtern wol keiner sich einen so grossen Namen erworben, 
als der um 711 u. c. (47 v. Ch.) in Sulmo geborene und als Ver- 
bannter in Tomi um 770 u. c. (17 n. Ch.) verstorbene P. Ovidius 
Naso, Er, des Sohn eines begüterten römischen Ritters, hatte 
theils in Rom, theils in. Athen eine sorgfältige Erziehung geriossen, 
hatte von Griechenland aus zu seiner weiteren Ausbildung mehrere 
Reisen unternommen, und trat, auf den Wunsch seines Vaters, in 
den römischen Staatsdienst. Derselbe entsprach indessen so wenig 
- den Neigungen des jungen Mannes, dass er in einem Alter von 
etwas mehr als zwanzig Jahren die kaum begonnene politische Lauf- 
bahn schon wieder verliess, und sich ausschliesslich den poötischen 
Studien zuwandte. Letztere zogen die Aufmerksamkeit litterärisch 
und politisch hochgestellter Männer bald auf sich, und so sehen 
wir den Ovidius schon nach wenig Jahren im vertrauten Umgange 
mit den ersten damals lebenden Dichtern, und in genauer Bekannt- 
schaft mit vielen angesehenen Staatsmännern and einzelnen Personen 
des kaiserlichen Hofes, Wie hätte ein solches Leben, in welchem 
Po&sie und Zerstreuungen aller Art beständige Abwechselung boten, 
dem Dichter nicht zusagen sollen, der ernsteren Beschäftigungen ab- 
hold war? Für so sorgenlose Verhältnisse war das weiche Gemütl 
Ovid’s geradezu geschaffen, und um so schmerzlicher traf ihn die 
Strafe der Verbannung aus Rom und aus dem Kreise, in welchem 
er lange Jahre zufrieden und glücklich gelebt hatte. Was der 
eigentliche Grund der Verweisung nach Tomi in Moesien gewesen, 
wissen wir nicht mit Bestimmtheit, da Ovidius selbst sich nirgends 
darüber deutlich ausspricht, allein die Veranlassung muss keine un- 
bedeutende gewesen sein, da weder Augustus, noch Tiberius, trotz 
allen Bitten, Klagen und Verwendung, die Rückkehr aus dem fer- 
nen Exile gestatteten. Nur der Tod, welcher im’ achten Jahre der 
Verbannung erfolgte, brachte Befreiung und Erlösung aus den Ver- 
hältnissen, welche dem an das genussreiche Leben in der römi- 
schen Kaiserstadt gewöhnten Dichter unmöglich zusagen konnten. 

Der auf so viele Jahre ausgedehnte Aufenthalt in einer kleinen 
Provinzialstadt hätte jedem Fremden von Ansehen und Bedeutung 
auch in der Verbannung eine gewisse Celebrität erworben; wie viel 
mehr musste dieses bei unserem hochgefeierten Dichter der Fall 
sein, welcher in Tomi nicht blos an den Erinnerungen früheren 


21* 


"326, Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u, der Nachbarstädte, 


Ruhmes zehrte, sondern auch durch neue poöätische Erzeugnisse die 
Aufmerksamkeit der Zeitgenossen und die spätere Nachwelt auf 
sich zog. War es doch bekanntlich in Tomi, dass Ovidius an sei- 
nen früher geschriebenen Werken, den Metamorphosen und Fasten, 
noch arbeitete und nachfeilte, und dass er dort seine [τὶ Tristium, 
seine epistolae ex Ponto, seinen Ibis und Anderes, was aber entweder 
nicht vollständig oder gar nicht bis auf uns gekommen ist, ver- 
fasste. Dies alles zusammengenommen musste einen Theil des Glan: 
zes, welcher den Namen des Ovidius umstrahlte, nothwendiger Weise 
auf den Ort und die Gegend übertragen, welche lange Jahre hin- 
durch Zeugen seiner Trauer, seines Schmerzes und der Sitz seiner 
poetischen Thätigkeit gewesen waren. Tomi war für immer aus 
dem Dunkel herausgerissen, und wenn es aueh in späteren Jahr- 
hunderten der zerstörenden Wuth einbrechender Barbaren unterlag, 
und aus der Zahl der in dem alten Moesien einst blühenden Städte 
gänzlich verschwand, so tauchten die Erinnerungen an Ovidius doch 
wieder auf, sobald das schwergeprüfte Land unter günstigere Ver- 
hältnisse gestellt wurde. Der Name Tomiswar, welcher mit dem 
‚nördlich von Warna, am: Gestade des schwarzen Meeres: gelegenen 
Mangalia gleichbedeutend sein soll!), die Erwähnung eines Sees 
des Ovidius , unter welchem Pronovius2) und Sarnicius 5) den 
Dniesterliman verstehen, die Benennung Ovidiopols, welche die 
‚grosse Kaiserin Katharina II. dem früheren türkischen Dorfe Abjeder 
beilegte, kurz Vielerlei weiset ‚deutlich. darauf hin, dass die Rück- 
erinnerung an den grossen römischen Dichter in der ganzen Gegend 
festen Fuss gefasst hatte, und dass man in einer anfgeklärferen 
Zeit die Gelegenheit nicht unbenutzt liess, um durch specielle Be- 
ziehung auf die einstige Verbannung das Andenken Ovid’s bleibend 
zu ehren, und mit dem Lande selbst aufs innigste zu verknüpfen. 
Die hierzu gewählten Punkte liegen indessen zu weit auseinander, 
als dass man nicht gleich auf den ersten Blick sehen sollte, mit 
wie wenig Sicherheit man früher die Lage des alten Tomi habe 
bestimmen können. Die Annahme, dass der Verbannungsort Ovid's 
am Dniesterlimane zu suchen sei, ist indessen schon längst als un- 
statthaft aufgegeben worden, und nachdem. Schaffarik die Identität 
der alten Stadt mit Mangalia oder Mankalia schien erwiesen zu haben, 
mussten die noch abenteuerlicheren Ansichten, nach denen Tomi 
bald in der Moldau, bald in Polen gelegen, oder auf der, Stelle 
des heutigen Belgrads, Kilia’s u. 5. w. 2) gestanden habe, mit glei- 
. chem Rechte als ganz unzulässig beseitigt werden. ‘Nach dem, was 

uns durch die Reiseberichte La Motraye’s 5) bekannt geworden, und 


1) Schaffarik in den Wiener Jahrbüchern XLVI. p.49. 2) De 
scriptio Tartariae in Schwand. script. rer. Hung. vol. I. p.819. 8) Diu- 
gossi Hist. Tom. II. 4) Oberlini de Tomis Ovidii exsilio schediasma 
ad illastriss. Comitem Rabatinum Lips. 1727. 5) Voyage dü Sr. A. de 
La Motraye en Europe, Asie et Afrique. A la Haye 1727 Tom. II. 

δ et 208 eg. 


1 


Vom Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa, 327 


was Schaffarik a. a. O. gesagt hatte, war es keinem Zweifel mehr 
unterworfen, dass Tomi nur an dem Ufer des schwarzen Mee- 
res, und zwar zwischen der südlichsten Donaumündung und Warna 
habe liegen können. ‘Es beschränkte sich die Aufgabe jetzt also 
our darauf, auf dieser langen Küstenstrecke den Punkt genauer zu 
bestimmen, wo einst ‘Tomi gestanden. Schaffarik’s Untersuchun- 
gen haben für denselben Mangalia ergeben, allein ich glaube mit 
Hülfe der uns erhaltenen alten Schriftsteller und auf Grundlagen . 
der neuesten Funde beweisen zu können, ‘dass Schaflarik’s Annahme, 
ungeachtet ihrer allgemeinen Verbreitung !), doch keine ganz rich- 
tige ist, 

Hierzu ist vor allen Dingen nöthig, dass ich mich mit meinen 
Lesern über die Donaumündurgen verständige, und die Aussprüche 
der Alten mit den gegenwärtigen Naturverhältnissen, die sich auf 
keinen Fall ganz umgestaltet haben, in den nöthigen Einklang bringe. 
Freilich weiss ich wohl, dass die Untersuchmg über die verschie- 
denen Arme, im welchen der mächtige Strom in das schwarze Meer 
einmündet, eine höchst missliche ist, weil sich das Bette einzelner, 
namentlich der nördlicheren, im Laufe der Jahrhunderte wesentlich 
geändert haben mag, allein da ich Gelegenheit hatte, die kiliasche 
und sulinasche Mündung mir selbst im der Natur anzusehen, und 
mir von den’ beiden anderen, nämlich der von St. Georg und der 
portizaschen, genauere Berichte durch Andere, die, selbst dort 
waren, verschaffen konnte, so scheint mir die Lösung dieser Frage, 
in der "Hauptsache wenigstens, gar nicht se schwierig. Dagegen 
liegt es, meiner Meinung nach, im Bereiche der Unmöglichkeit, bei 
den nördlichen Mündungen in dem jetzigen Terrain das Flussbett 
jedes alten Armes genau nachweisen zu wollen. Denn während bei 
den anderen Mündungen die Terrainsveränderangen nur sehr un- 
wesentlich sein konnten, ist bei der jetzt sogenannten kilaschen 
das Bette der einzelnen Arme einem beständigen Wechsel unter- 
worfen, und wer könnte es da, bei unseren dürftigen Kenntnissen 
aller Details, zu zeigen wagen, was sich im Lanfe langer Jahr- 
hunderte dort gestaltet und umgestaltet habe. 

Am wenigsten kann ich mich hier mit der Ansicht meines hoch- 
geschätzten Collegen, des Herrn Professor Philipp Brum ?) ver- 
einigen, welcher dem Zeugnisse des Piolemaeus 3), als habe die 
nördlichste Mündung vor ihrer Ausmündung in den Pontus einen 
See, Namens Thiagola, gebildet, ein zu grosses Gewicht beilegt, 
und einen nicht mit besonderem Namen bezeichneten See bei Strabo *) 
und Tacitus 5) mit Unrecht, wie mir scheint, 'auf eben jenen See 


. 


1) Forbiger Handbuch der alten Geographie T. III. p. 1099. Minz- 
laff Bulletin de l’Acad&mie Imper. de St. Petersbourg. T. X. Nr. 20 u.21. 
2) La bouche de Kilia du Danube (Journal d’Odessa 1852. Nr. 81 et 32). 
3) Geograph. IH, 10. p. 211 ed. Wilberg, 4) VII, 3. 5. 16. 6) Ger- 
man. 1. "- 


328 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte. 


Thiagola beziehen will. Denn Strabo, seinen See ausdrücklich vom 
Stromgebiete. des Isters unterscheidend, versteht, wie ich-schon bei 
einer anderen Gelegenheit zu zeigen gesucht habe !), unter dem- 
selben den jetzigen, nördlich von der Donau gelegenen Salzsee 
Sasik oder Kunduk, und Tacitus hat, wie wir unten noch deutlicher 
sehen werden, den heutigen See Razin im Auge, dessen unteren 
Theil Plinius ?) Halmyris nennt. 

Bei der Untersuchung über die alten Donaumündungen wollen 
wir vom Einfacheren zum Complicirteren übergehen, und also mit 
derjenigen Schriftstellern beginnen, bei welchen die Anzahl der 
Donaumündungen die beschränkteste ist. Hier nimmt die Angabe 
des Eratosthenes ?), mit welcher das Zeugniss des Apollonius*) 
übereinstimmt, die erste Stelle-ein; beide wissen nar von zwei Är- 
men, und diese sind es, welche das Donaudelta, die sogenannte 
Insel Peuce, formiren. In dem einen dieser Arme erkenut man 
leicht den kiliaschen, in dem andern den von St. Georg. Bei 
Tchetal das bis dahin gemeinschaftliche Flussbett verlassend, eilen 
beide in ganz verschiedenen Richtungen dem schwarzen Meere zu. 
Jeder dieser ‚Arme theilt- sich, weiter zum Meere hin, wiederum in 
besondere Nebenarme, und bildet mit Hülfe letzterer einige grös- 
sere Inseln. Eratosthenes und Apollonius berücksichtigen indessen 
weder die Seitenarme, noch die Inseln, halten sich ausschliesslich 
an den beiden Hauptarmen, und bezeichnen das grosse, von beiden 
eingeschlossene Land mit dem Namen einer einzigen Insel, welche 
sie Peare nennen, Nach ihnen haben wir also nur zwei Mündun- 
gen des Isters. Mit einer so geringen Anzahl begnügen sich nicht 
die anderen alten Schriftsteller; die meisten kennen fünf), meh- 
rere sechs°) und viele sprechen gar von sieben”). Der Mangel 
an Uebereinstimmung erklärt sich natürlicher Weise dadurch, dass 
bei einer genaueren Beschreibung des I,andes nicht blos die Mün- 
dungen der beiden Hauptarme, sondern auch die der Nebenarme 
berücksichtigt werden mussten. Vor allem war die sulinasche Mün- 
dung als die eines besonderen Armes zu betrachten, Jann die 
Dunauvitza als eigner Arm zu nennen und. der kiliasche. Hauptarm, 
vor seiner Einmündyng in den Pontus Euxinus, in mehr oder weniger 
Seitenarme za zerlegen. Ueber die Zahl der letzteren waren näm- 
lich die Meinungen der Alten eben so getheilt, wie gegenwärtig, 
wo man häafig nur yon einem Paar spricht, während die Sachkun- 


1) Die Gestade des Pontus Euxinus vom Ister bis zum Borysthenes. 
p.59. 2) hist, nat. IV, 24. 3) Schol. ad Apoll. Rhod. IV, 310. 
4) Argon. IV, 312, 313. 6) Herod. IV, 47, 89. Ephorus beim Strabo 
VI, 3. 6. 15. Dionys. Perieg. 301. Scymn. fragm 29. Arrian. Peripl Pont. 
Eux. p. 23. Anonym. Peripl. Pont. Eux. p. 16. Avien. descript. orb. 440 
Claudian. b. Get, 332. 6) Taeit. German. 1. Plin. hist. nat. IV, 24. 
Priscian, perieg. 290. 7) Strabo VII, 3. $. 15. Ptolem. ΠῚ, 10. Mela Il, 
1, 8. Ovid. Trist, II, 189, Val..Flaoe. IV, 718, Lacan. III, 302. Am- 
mian. XXII, 19. Solin. 13. 


Vom Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa. 899 


. digen) vier unterscheiden, und jede Mündung mit einem beson- 
deren Namen bezeichnen. Dieselben heissen von Süden nach Nor- 
den Stambulsko& (Cmam6yackoe rapro), Sredneje (cpeamee rupxo), 
Otschakowskoje (Ommaxosexoe rapro) und Belogorodskoe (B%- 
A0ropoAcKoe T@pro). Bei alle dem bin ich weit entfernt zu be- 
haapten, dass die vier jetzigen Betten auch die alten seien. Die 
Stärke der Strömung. in einem meist niedrigen, zum Theil wol 
auch angeschwemmten Terrain macht es natürlich, dass sich der 
Strom beständig neue Bahnen bricht, and da ist es mehr als wahr- 
scheinlich, dass hier in. einem Zeitraume von vielen Jahrhunderten 
manche Veränderungen im’ Stromgebiete vorgegangen sind. . Von 
einigen berichten schon die jetzigen Bewohner der dortigen Gegend, 
unter denen die älteren sich erinnern, dass während ihres Lebens 
der Lauf der einzelnen Arme ein anderer geworden Ist. Von einer 
wesentlichen Zunahme: des Landes wissen sie dagegen nichts zu 
sagen, aber dessen ungeachtet unterliegt es keinem Zweifel, dass 
ein Theil desselben vom Strome oder Meere angespült worden. Wie 
viel dieses ‘set, lässt sich natürlicher Weise mit Sicherheit nicht 
angeben, allein um se sicherer sprechen die jetzigen Ortsverhält- 
nisse gegen die Hypothese, dass das ganze Gebiet, durch welches 
die oben genannten vier Arme der kiliaschen Mündung hindurch- 
ziehen, im Alterthinme unter Wasser gestanden hätte, und also eine 
Formation der neueren Zeit sei. Die Strömung ist eine viel zu . 
starke, als dass das mitgeführte Erdreich und der blose Sand 
nieht grösstentheils ins Meer hinausgestossen, und, wie Polybias 5) 
richtig bemerkt, weit in den Pontus hineingetrieben werden sollte. 
Solch? eine Bank, welche die Schiffer Σεήθη nannten, hatte sich 
nach Polybius 1. }, vor den Donaumündıngen zum 'Verderben der 
Schiffer gebildet, allein, wenm diese auch nicht mehr existirt, so 
darf man doch nicht mit Herrn Brunn I. l. annehmen, dass das 
Festland so weit vorgerückt. sei. Die. Entfernung der Bank vom 
Lande wird ja auf eine Tagereise angegeben ὃ), und so weit kann 
dasselbe doch unmöglich vorgetreten sein. Die Höhe und Festig- 
keit der Terrains von, einem grossen Theile der jetzigen Inseln 
Leti und St. Georg, so wie der dort an vielen Stellen deutlich aus- 
gesprochelie Steppenboden verbietet es, hier an Anschwemmung zu 
denken. Die Zunahme des Festlandes lässt sich mit Herrn Brunn 
anch durch den Anonymus nicht sicher. beweisen, welcher die Eat- 
fernung Peuce’s vom Festlande auf 400 Stadien angibt, während 
gegenwärtig 4) blos 24] Seemeile oder 245 Stadien ;bis zur sulina- 
schen Mündung: seien. Wir wissen nämlich nicht, ob der Ano- 


1) Amaac» \Iepnaro mopa 531. Manranapa Hnxoraesr 1841. 
Atlas de la mer noire et de la mer d’Asor par Tailbout de Marigny 
Odessa 1850. 2) IV, 41. δ) ἡμέρας δρόμον ἀπέχουσα τῆρ γῆς bei 
Polyb. I. 1. cf. Forbiger Handb. d. alt. Geograph. I. p. 550: „nach Po- 
lybius durchläuft ein Schiff: in einem Toge und einer Nacht mehr als 
2000 Stadien.“ 4) Aouin Tepuaro μορπ. p. 481. 


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880 Beiträge zur.genauenen Kenntnisse :Tomi’a u.der Nachbarstädte. 
nyaus bis. zu dieser, oder nicht vielmehr bis. zu einer anderen ge- 
messen habe. Die Entfernung Peuce’s von. der St. Geargs-Mün- 
dung entspricht fast ganz genau 400 Stadien, usd da won dort aus 
die Insel des Achilles wol am häufigsten besucht wurde, so. mochte 
dem .Anonymus eben diese Distanz, wend sie anch: nicht. die näch- 
ste vom ‚Festlande war, dort. gerade am: ersten bekannt sein. Die 
sulinasche Mündung konnte: er wenigstens nicht im, Sinne haben, 
da. bei. dieser, ‚wie Jeder . eingeatehen. wird, ‚welcher.- sie ‚selbst he- 
sucht ‚hat, keine so bedeutenden Veränderungen im Terrain vor- 
gegangen sein können... ‚Bezüge sich: die. Angabe. des Ananymus auf 
die. kilinsche ‚Mündung, - so; würden . die ‚400 Stadien auch ziemlich 
genau. herauskommen, wena..wir, 'ohre Berücksichtigung. der. vor 
der kiliascehen: Mündung liegenden Inseln, ..bis..zu: dem Festiao 
(}ζπκοιρ9ς) über dem Dorfe Wilkow.rechnen wollen... ᾿ 

: Ueherhaupt gehe ich von der Ansicht aus, dass man bei.For- 
schungen. im.Gebiete der alten Geograpbie mit Hypathesen von der 
gättzlichen. Umgestaltung des . Terraiss sehr..behutsam sein ntisse, 
nnd. dieselhen nur..dann aufstellen dürfe, wenn neuere Beobach- 
tungen. auß einen :allmäligen Wechsel. der Localverhältaisse deutlich 
kinführen. .: 80 lange. dieses nicht der Fall. ist, -mächte-ich mich nicht 
za "der Annahme entschliessen ,. dass..das Land im Alterthume eine 
von. det jetzigen ganz verschiedene Gestalt. gehabt. habe, Am we 
nigsien glaube ich. das im -worliegenden ‚Falle, wo. die. in. wenig 
Worte gefassie, aber .denrioch so anschauliche Beschreibung Stra- 
bo’s:!) der ‚nördlichen Dosanarme mit der jetzigen Oertlichkeit gans 
auffalend übereinstimmt. Die kleinen, zwischen den einzelsen Mün- 
dungen befindlichen Inseln 3) aind noch da, und wena. sie auch ihre 
frähere Gestalt nicht. mehr vollständig erhalten haben, .so sind sie 
vom, mächtigen Finsse doch zur Gestaltung des gegenwärtigen [μ0- 
eals sicherlich ‚benutzt worden. ΄. 0 

...ı Geben ‚wir zu den Namen über, welahe die. einzelnen Mür- 
dungen im Alterthume führten. Hier .muss ich bemerken, dass viele 
der. vom. Ister sprechenden Schriftsteller die einzelnen ‚Arme' nicht 
weiter besonders bezeichnen, ‚und dass. Strabo-®) statt aller sieben 
aun einen, ‚Apollonius: Rhodins4). zwei, Arrianns 5) -drei, :def 
Ananymus ©) ‚vier wadPlinius 7), Ptalemaeus ®), Solinus 9) and Am- 
mianus ‚Maxcellijnuai!?) sechs besondere Namen uns erhalten haben. 
Sieben Awden, βίοι. δὲ, keinem alten Schriftsteller, und das könnte 
fast. auf die: Vermuthung führen, dass ..die. schon von Herodot '') 
stammende, -von ‚den meisten späteren Augtoren.. wiederholte Ver- 
gleithung des ‚Intera wit dem siebenarmigen Nile die Hauptveran- 
lassung däzu geworden ist, um auch bei jenem Strome, der gleich- 


4 
"1, IV, 60. i 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker. zu. Odessa.. 331 


falls in‘. mehreren Armen dem Meere zuströmte, und durch diese 
auch vor der Mündung ein Delta bildete, die gleiche Zahl von 
Mündungen wiederzufinden. Sollte also die siebente Mündung eine 
ganz willkürlich erdachte sein? Nein, das wol nicht, nur war der 
Name weniger allgemein bekannt, als der der übrigen und des- 
halb nennt ihn keiner: der Alten ganz deutlich. Dessen ungeachtet 
können ‚wir ihn errathen, wenn. wir alle uns erhaltenen Nachrichten 
genau mit einander vergleichen, und zu einem Ganzen vereinigen. 
: Der direct ins Meer führenden und dabei bei der Schifffahrt 
benutzten Mündungen gab-es nur sechs, und für diese sind nns 
denn auch die .respeetiven Namen erhalten ; für die siebente da- 
gegen, ‚welche:nieht unmittelbar in den Pontns hineinfloss, und des-. 
hal) nur ausnahmsweise :befahren werden mochte, war den Schiffern, 
denen die alten Geographea einen grossen Theil ihrer Nachrichten 
zu danken hatten, der Name viel. weniger gelänfg oder wel ganz 
unbekannt. Deshalb :dürfen. wir bei..ähnlichen Fragen den. nöthigen 
Anfachluss weniger von denjenigen Schriftstellern erwarten, deren 
geographische Kenntnisse blos auf praktischen Erfahrungen beruhen ; 
bei weiten ‚wiehtiger sind hier diejenigen, welche, ausser ihren 
eigenen Beobachtungen, auch ale anderen sich ihuen bietenden 
Quellen, mit der nöthigen Kritik zu behandeln verstauden.: Unter 
allen ist-auch hier es wieder Strabo, welcher, wie schon bei einer 
anderen Gelegenheit !), uns zuerst. auf den: richtigen Weg führt, 
und :;mit. Hülfe des Plinius und Ptolemaeus, so wie durch. Unter- 
stützung des Solinus und Ammianus uns die Wahrheit finden lässt. 
Vor allen Dingen werden wir uns darüber verständigen müssen, 
welehe Mündung Strabo unter. seinem ξερὸν στόμα versteht. Seine 
Worte: „die heilige Mündung ist bei der Einfahrt in-den Pontus die 
erste zur Linken‘ ?) können, meiner Meinung nach, nur auf die St. 
Georgsmündung bezogen werden, und zwar aus folgenden Gründen: 
1) Die dreihundert Stadien, welche. nach ihm von dem ἱερὸν 
στόμα bis zur nördlichsten Mündung sind, entsprechen ziemlich ge- _ 
nau der jetzigen Wirklichkeit, und dürfen wegen einer Differenz 
von einigen Wersten nicht auf eine andere. Mündung bezogen wer- 
den.. Strabo beugt einer solchen Deutung selbst. vor, da er durch 
seinen Ausdruck περὶ zsgiaxocloug σταδίους das mehr oder weniger 
dahingestellt -sein lässt. Die Messung war zu Schiffe eine missliche, 
.da man wegen der. starken Strömung der einzelnen Mündungen dem 
Ufer nicht ganz nahe kam, und also mehr nach Augenmaass, als 
nach. sicherer Messung die Entfernung angab. Wie leicht man sich 
aber hier fäuschen könne, ersehen wir aus Arrian 3) und dem Ano- 
nymas 4), welche für dieselbe Strecke, von einer Mündung zur an- 


1) Siehe meine Abhandlung: die Gestade des Pontus Euxinus vom 
Ister bis zum Borysthenes in Bezug anf die im Alterthume dort gelegenen 
Colonien δι. Petersburg. 1852. p.10. 2) Τοῦτο (τὸ [2909 στόμα) δὲ καὶ 
πρῶτόν ἐστι στόμα ἐν ἀρισεερᾷ εἰσπλέοντι εἰς τὸν Πόντον. 3) pag. 23 
(ed. Huds.). 4) pag. 11. (ed. Huds.): u 


% 


882 Beiträge zur genaueren Kenntnisse 'T'omi’s u. der Nachbarstädte, 


dern messend, nur 280 Stadien, also im Ganzen 20 Stadien we- 
niger,, als Strabo. angeben. 

2) Strabo’s Ausdruck „‚die heilige Mündung sei die grösste‘ '), 
kann nur auf einen Hauptarm, nicht auf einen Nebenarm bezogen 
werden, | | | 

8) Die. Mündung (σεόμω) eines Fiusses kann nur ‚derjenige 
Ort genannt werden, wo der Fiuss zwischen zwei näher oder wei- 
ter von einander liegenden Ufern in ‘einen andern Fiuss, einen See, 
oder in das Meer einmündet, und da die jetzt sogenannte Duns- 
vitza, der südliche Arm des georgischen Hauptstromes, erst:in εἰ- 
nen grossen See (Razin) einfliesst, und durch diesen seine Wasser 
dem Meere langsam zuführt, so kann die portizasche Mändung 
nicht als στόμα des Isters, sondern'nur als δζόμα eines Sees 
(λιμένος) gelten, und darf also nicht, wie es. Kruse that 2), für die 
vom Strabo genannte „erste. Mündang‘° gehalten  werden.. Hier- 
gegen führe man nicht an, dass Strabo beim Dniester (Tyra) un 
bei dem Dnieper (Borystbenes) die von uns sogenannten Limane 
mit zum Flusse rechne. Man vergleiche nur die Gestalt jener Limane 
mit dem See Raziu, und wird ohne weiteres mir zugeben, das 
erstere den Charakter vön Flüssen in grossem Madssstabe noch bei- 
behalten haben,. während der.See Razin darch seine Buchten und 
Krümmungen , durch die unbedentende Strömung der in seinem 
nördlichen Busen einmündenden Dunaritsa, und durch die: überall 
vorkommenden Untiefen und Versandungen auch nicht im entfen- 
testen an einen Fiuss erinnert. Weder Strabo noch sonst Jemand 
der Alten sah also in der portisaschen Mündang einen Arm de 
Isters; die erste von Süden aus musste für Alle die St. Georgsmüt- 
dung ‚sein, wo der mächtige Strom zum ersten Male sich frei und 
offen praesentirte and seine Fluthen direct dem Meere zuführte. 

Nach Eratosthenes 3), welchen Apollonius 4) mit der- einen 
Dichter erlaubten Freiheit benutzt hat, bildet .die Insel Peuce die 
Gestalt eines Dreiecks, dessen Basis dem Meere zugekehrt ist, unl 
dessen Höhenseiten durch zwei Arme des Isters gebildet werden. 
Diese Insel, welche von Strabo „eine grosse‘ genannt wird, und 
alle ‚übrigen durch die Nebenarme gebildeten an Umfang bei weiten 
überragt, scheint, da Eratosthenes sie an Grösse mit der Insel 
Rhodus vergleichen kann, das Donaudelta, des ‚heisst das ganze 
Land zwischen den beiden Hauptarmen, dem von St. Georg und 


ες ἢ μέγεστον δὲ τὸ ἱδρὸν στόμα καλούμενον. 9) de Istri ostüs die 
sertatio historico-geographica Wratislaviae 1820. cf. Brunn 1. 1, 3) Ἐρα- 
τοσϑένης ἐν ο Γιωγφαφικῶν, νῆσον εἶναι ἐν τῷ Ἴστρῳ φησὶ τρίγωνον, 
ἴσην τῇ Ῥοδῳ' ἣν Πεύκην λέγει διὰ τὸ πολλὰς ἔχειν πεύκας. Καὶ τὴν 
μὲν κορυφὴν τοῦ τριγώνου αὐτῆς πρὸς ιτὸ ῥεῦμα οὖσαν τοῦ ποταμοῦ 
ἀγκῶνα ἐκάλεσε. τὴν δὲ βάσιν τὴν πρὸς τὴν θάλασσαν, εὖρος (Schol, δὲ 
Apol. Rh. 1V, 310). 4) Arg. IV, 809 ποὰ, : . 

Ἴστρῳ γάρ τι νῆσος ἐέργεται οὔνομα 'Πούκη; 

τριγλώχεν, οῦρος μὲν ἐς αἰγιαλοὺς ἀνέχουσα, 

στεινὸν δ᾽ αὐτ᾽ ἀγκῶνα ποτὶ ῥόον -. 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 333 
dem kiliaschen, umfasst zu haben. Erst bei genanerer Kenntniss 
des Landes zeriegte man dieses grosse Delta in mehrere kleine, 
durch die Seitenarme des Iaters gebildete Inseln, und deshalb nennt 
Plinius 1) ausser der Insel Peuce, der südlichsten, noch die sarma- 
tische Insel (insula Sarmatica) zwischen dem Naracustoma und dem 
Calonstoma, wmd noch nördlicher, zwischen dem Calonstoma und 
dem Pseudostoma eine dritte Insel Namens Conopon Diabasis. Strabo 
setzt ebenso, wie Plinius, die Insel Peuce in den Süden, und lässt 
sie dort von dem gleichnamigen Arme Peuce, welcher nach Ptole- 
maeus 5) auch ἱερὸν στόμα hiess, begränzen. Hiernach entspricht 
Peuce der heutigen Insel St. Georg. Ob Strabo nur diese allein, 
oder auch die jetzige Insel Leti (zwischen dem sulinaschen und 
kiliaschen Arme) mit unter dem Namen Peuce verstanden habe, 
lässt sich nicht mit aller Sicherheit bestimmen, allein, wenn wir den 
alten Namen durch die dort vorkommenden Bäume, freilich kein 
Nadelholz, sondern überall Laubholz, erklären wollen, so hat auch 
die Insel Leti, welche gegen die kiliasche Mündung zu reichlich 
bewaldet ist, ein Recht darauf, der Insel Peuce des Strabo bei- 
geschlossen zu werden, und das um so mehr, als Strabo, wenn er 
die St. Georgsinsel von der Insel Leti wirklich geschieden hätte, 
nicht sagen könnte, dass im Vergleich zu Peuce alle übrigen Inseln 
um vieles kleiner wären 8). Zwischen den Inseln Leti und St. Georg 
ist der Unterschied in der Grösse ein sehr unbedeutender, Unter 
den kleineren Inseln „oberhalb Peuce’s‘‘ versteht Strabo Jie von 
dem kiliaschen Arme zwischen Ismael und Kilia und unterhalb Ki- 
lia’s moch gegenwärtig dort sich findenden Inseln, deren Grösse 
gegen die der St. Georgs-Iusel oder die der Insel Leti nicht in Be- 
trachtt kommen kaun. Gegen die grosse Ausdehnung, welche ich 
der Insel Peuce nach Eratosthenes und Strabo gebe, spricht indes- 
sen das Zeugniss des Apollonius *), welches die beiden die Insel 
formirenden Arme Nagnxos und καλὸν στόμα nennt, und hierdurch 
Leti allein unter diesem Namen zu verstehen scheint, Wir werden 
nämlich unten noch deutlicher sehen, dass Καλὸν στόμα der süd- 
lichste Arm der kiliaschen Mündung genannt wird, und dass Nagnxog 
(wol eben so viel als Naracostoma bei Plinius, Solinus und Ammia- 
nus oder Ἰναράκιον bei Ptolemaeus) die sulinasche Mündung ist, 
Die Worte des Apollonius können hier indessen nicht den Ausschlag ' 
geben, da bei geographischen Forschungen die Aucterität eines Dich- 
ters unmöglich bindend sein kann. Der gelehrte Alexandriner wählte, 
um seine genaue Kenntniss des Locals zu zeigen, für die südliche 
Mündung eiuen weniger gewöhnlichen Namen, verstand aber unter 
demselben sicherlich nichts anderes als die St, Georgsmündung (ἱερὸν 

1) Hist. Nat. IV,24. 2 1Π,10. 3)1.L: εἰσὶ δὲ καὶ ἄλλαι νῆσοι 
πολὺ ἐλάττους. 4) Argon. IV, 311 seqg.: 
ἀμφὶ δὲ δοιαὶ 
σχίζονται προχοαί' τὴν μὲν καλέουσι Νάρηκορ᾽ 
τὴν δ᾽ ὑπὸ τῇ νεάτῃ, Καλὸν στόμα. - 


334 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte, 


στόμα). durch welche Strabo, wie ich bereits oben bemerkte, die 
Insel Peuc& gegen Süden begränzt. Lassen sich aber mit meiner 
Ansicht auch die weiteren Worte Strabo’s in Einklang bringen, 
wo es heisst !): „‚die grösste ist die sogenannte heilige Mündung, 
‘durch welche man bei einer Fahrt von 120 Stadien stromaufwärts 
zur Insel Peuce kommt‘‘.., Wozu denn eine solche Fahrt, wenn der 
Arm von St. Georg Peuce in. der That begränzte? Man hat ja 
dann auf der nördlichen Seite überall die besagte Insel und braucht 
doch wahrlich- nicht erst 120 Stadien hinaufzufahren. Je sicherer 
dieser, wie es scheint, sehr wichtige Einwurf meiner ganzen An- 
sicht von der Lage Peuce’s den Umsturz droht, "um so erfrenlicher 
ist mir es, durch Strabo selbst auf dem richtigen Wege erhalten 
zu werden, ‚Natürlicher Weise ist das.. nicht ‚möglich, wenn wir 
unter der heiligen Mündung nur die georgische verstehen, allein 
dazu zwingen uns auch gar nicht die Worte des alten Geographen. 
Derseibe begreift nämlich unter seinem Ssg0v στόμα nicht blos jenen 
Hauptarm, welcher direct in den Pontus Euxians hineinströmft und 
gegenwärtig mit dem Namen der St, Georgenmündung bezeichnet 
wird, sondern auch jenen Nebenarm, welcher in den jetzigen See 
Razin -hineinfällt, und bei uns die Dunavitza heisst. Auf jenen 
jetzteren beziehen sich die oben angeführten Worte Strabo’s, wel- 
cher mit seinem 120 Stadien die Länge der Dunavitza von ihrer 
Einmündung in den See bis zu ihrer Vereinigung mit dem St. Georgs- 
‚Arme bezeichnen wollte und auch vollkommen richtig bezeichnet hat; 
denn schifft man von der Mündung der Dunavitza 120 Stadien oder 
214 Werst hisauf, so kommt man durch den Hauptstrom zur St. 
Georgs-Insel oder der Insel Peuce der Alten. Da der kleine, in 
einen See einmündende Arm. des Isters, die Dunavitza, bei der 
Schifffahrt gewiss höchst selten benutzt wurde, so hatte er keinen 
besonderen Namen. Er war in der Benennung ἑερὸν στόμα oder 
Πεύκη, wie nach Ptolemaeus 5) ein und derselbe. Arm hiess, mit 
einbegriffen, allein gerauer genommen bätte man ein ‘grosses und 
kleines Hieron stoma oder 'eine grosse und kleine Peuce unterschei- 
den sollen, je nachdem man den St. @eorgs-Arm oder die Dana- 
vitza hätte angeben wollen. Obgleich man das nicht that, so wusste 
man doch von sieben Armen. Für diejenigen, welche nicht das 
Meer erreichen, fehlten die Eigennamen, und deshalb sieht man 
sich beim Ptolemaeas - vergeblich nach dem Namen seines zweiten 
. nördlichen Armes. um. ‘Als Mündung kann derselbe nicht gelten, 
da er nicht in den Pontus hineinfliesst. Eben so wenig Recht bat 
die Dunarvitza auf den Titel einer eigentlichen Mündung. Auch sie 
gelangt nur indirect zum Meere, allein da sie viel bedeutender ist 


1) μέγιστον δὲ τὸ ἱερὸν στόμα nalovusvov,- δι᾽ οὗ σταδέων ἀνάπλους 
ἐπὶ τὴν Πεύκην ἑκατὸν εἴκοσι. 2) ἐντεῦϑεν δὲ τὸ μὲν νοτιύτατον 
μέρορ, περιλάβὸν νῆσον καλουμένην Ilevunv, ἐκβάλλει εἰς τὸν Πόντον 
στόματι τῷ λεγομένῳ Ἱερῷ ἡ Πεύπῃ. 


- 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 335 


als jener vom Ptolemaeus genannte nördliche Arm, welcher kurz 
vor der Mündung seinen Lauf unterbricht; so stand man nicht an, 
sie als siebente, aber dafür namenlos, den sechs wirklich in den 
Pontus hineinfliessenden Armen beizugesellen, und that das um so 
lieber, als dadurch der Vergleich mit dem siebenarmigen Nile ganz 
vollständig wurde. Auf diesen namenlosen Arm, die Dunavitza, 
beziehen sich die Worte des Solinus !) und Ammianus Marcellinus 3). 
Herr Brunn ®) hat freilich diese beiden Auctoritäten auf den vom 
Ptolemaeus angeführten See Thiagola, durch welchen die nördlichste 
Mündung gleiches Namens bis zum Meere gelangt, beziehen wollen, 
allein ich glaube mit Unrecht, denn wenn auch Solinus die von ihm 
genannten sechs Mündungen von Süden nach Norden nennt, so ist 
damit doch noch nicht gesagt ,. dass die siebente, die er wegen ihres 
sumpfigen Flussbettes gar nicht den übrigen Mündungen beizählen 
will, noch nördlicher, als die sechste, Stenostoma, gelegen habe. 
Der ganz abgebrochene, dem vorhergehenden geradezu entgegen- 
gesetzte Satz zeigt uns vielmehr, dass der Polyhistor nicht mehr in 
der Richtung von Süden nach Norden fortgeht, sondern den Leser 
in eine ganz andere Gegend hineinversetzen will, und zwar zu dem 
See Razin, welchen Plinius *) genau beschreibt, und dessen Solinus 
bei der südlichsten Mündung Peuce mit keiner Silbe gedacht hat. 


Der Commentator des Plinius holt das am Schlusse seiner Beschrei- ° 


bung nach, und muss das um so mehr, da er zu seinen sieben 
Mündungen nur dadurch kommt, dass er die von Plinius nur an- 
gedeutete Theilung des südlichsten Armes vollständig und deutlich 
ausspricht. Was das Zengniss des Ammianus anbelangt, der gleich- 
falls sieben Mündungen kennt, aber nur sechs mit besonderen Na- 
men bezeichnet, so zeigt seine Beschreibung nur zu deutlich, dass 
sie dem Solinus fast buchstäblich entlehnt ist, und daher gilt das, 
was ich oben von der siebenten, namenlos beim Solinus genannten 
Mündung sagte, gleichfalls von der siebenten des Ammianus, sie 
ist auch nichts anderes als die Dunavitz.. 

In wie weit nach dem bis jetzt Bemerkten die bei den ver- 
schiedenen alten Schriftstellern vorkommenden Namen mit einander 
übereinstimmen, werden meine Leser am ersten aus der beifolgenden 
Tabelle ersehen, bei welcher ich die Mündungen von Norden nach 
Süden angeben, und ihnen zur grösseren Deutlichkeit die gegen- 
wärtigen Namen beisetzen will. 


1) ΧΠΙῚ, 1.: septem ostiis Pontum influit: quorum primum Peuce, 
secundum Naracustoma, tertium Calonstoma, quartum Pseudostoma : 
nam Boreonstoma ac deinde Stenostoma languidiora sunt ceteris. 
Septimum vero pigrum ac palustri specie non habet, quod amni com- 
paretur. 2) XXII, 8. p. 304 (ed. Bipont.): guorum (ostiorum) primum 
est Peuce insula super dicta, ut interpretata sunt vocabula Graeco 
sermone, secundum Naraoustoma, tertium Calonstoma, quartum Pseu- 
dostoma; nam Boreonstoma ac deinde Stenostoma longe minora sunt 
ceteris: septimum ingens et palustri specie nigrum. 3) La bouche de 
Kilia du Danube Journal d’Odessa 1852. Ν. 8] et32. 4) H.N. IV, 24. 


886 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte. 


Sechs Mündungen 
beim 
Ptolemaeus und Plinins. 


1) Thiogola 
δ. Psilon. - 


- 2)Boreonstoma. 2) Boreonstoma. 


3) Pseudostoma. 3) Pseudostoma. 


4)Calonstoma. 4) Calonstoma. 


5) Naracium. 5) Naracustoma. 
Ἱερὸν στόμ Pe 
Yan πόμα Ὁ uce (major 
εἶνε minor). 
Peuce (major et 
minor). 


1) 8pireonstoma. 


Solinns und Ammianus. 


1)Stenonstoma, 1)Stenostoma. 
%)Borionstoma, 2)Boreonstoma. 
3)Pseudostoma. 8) Pseudostoma. 


4)Calonstoma. 4) Calonstoma, 


5)Naracustoma. 5) Naracustoma. 


6) Peuce (major). 6) Peuce (major). 


τ T)septimam in- 
gens et paln- 
Atri specie 
ΜΕΝΟΝ von. 
anni τοΐρατο.. 5 
tar. 


Fünf Mündangen 
beim 
Arrian and Anonymus. 


1)Psilon. 1)Psilon, 


8) sine nomine pcaliari. 


4)Calon- 4)Calon- 


‚stoma. 


5)Naracon- 5)Naracon- 
stoma. 


δ) εἶπο ποι 6) ἱερὸν στό; 
ἐναίαιαο O)fegdr στόμα, 


Mündungen 
der 
Gegenwart. 


Df etwa Baropojckoe 
rmpao. 


ΠΣ 


2) | Setwa Οπιπδκοβοκοο 


rapao. 


8) g etwa cpeauee 


rapro. 
4)3 etwa Cmam6byackoe 
rapxo. 


5)sulinasche Mündung. 


kiliasche Mi 


6)8t. Georgs-Mündung. 


7) Dunavitza. 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 837 


Bei dieser vergleichenden Tabelle überrascht uns die grosse 
Verschiedenheit der Namen bei der nördlichsten Mündung; fast 
jeder Schriftsteller gibt für dieselbe einen besonderen, allein abge- 
sehen von der vereinzelt dastehenden Thiagola des Ptolemaeus und 
von dem höchst wahrscheinlich auf einem Schreibfehler beruhenden 
Spireonstoma des Plinius, lassen sich alle auf zwei Hauptnamen 
reduciren, . da bei den griechischen Schriftstellern die Benennung 
ψιλόν. bei den römischen dagegen Stenonstoma die vorherr- 
schende ist. Beide, griechischen Ursprungs, weisen darauf hin, 
dass diese Mündung eine schmale oder enge gewesen sei. Das- 
selbe bemerken denn auch namentlich Solinus und Ammianus Mar- 
cellinus von den beiden nördlichsten Mündungen in Uebereinstim- 
mung mit Strabo !), nach welchem dieselben viel kleiner seien, als 
die heilige, aber grösser als die drei auf die heilige gegen Norden 
zu folgenden. Unter za δὲ λοιπά versteht Strabo übrigens nicht 
blos die beiden nördlichsten, sondern auch die Dunavitza, und 
letztere mag er bei seiner Beschreibung jener Arme besonders im 
Auge gehabt haben. Dass aber unter dem Ausdrucke τὰ δὲ λοιπά 
nicht drei in den Pontus direct einmündende Arme za verstehen 
seien, ergibt sich aus dem Zusammenhange der ganzen Stelle, in 
welcher die drei nach der heiligen folgenden Mündungen durch die 
Worte τὰ ἐφεξῆς τῷ Ἱερῷ στόματι hinlänglich bezeichnet werden. 
während die τὰ λοιπά ohne jeden weiteren Beisatz durchrus keine 
Reihenfolge in sich schliessen, und deshalb nicht sämmtlich am 
Meeresgestade, sondern, ebenso wie beim Solinus und Ammianus 
.das septimum’ostium, auch an einem anderen Orte, namentlich 
beim heutigen See Razin gesucht werden können. Viel grössere 
Uebereinstimmung herrscht bei den folgenden unter N.N. 2. 8. 4. ὅ. 
bezeichneten Mündungen; der Unterschied beruht hier hauptsächlich 
auf der verschiedenen Schreibart, bei welcher der gleiche Stamm 
indessen nicht zu verkennen ist. Ueber die sechste und siebente 
Mündung habe ich schon oben ausführlich gesprochen, und das von 
Plinius und Ptolemaeus Angedeutete in meiner Tabelle durch ein in 
Klammern eingeschlossenes major (majus) und minor (minus) aus- 
zudrücken gesucht, 

So viel über die Donaumündungen, von denen ich hier aus- 
führlicher glaubte handeln zu müssen, um nach ihnen Tomi und 
und einige andere Pankte genauer bestimmen zu können. In dieser 
Beziehung ist aber das ἱερὸν στόμα von besonderer Wichtigkeit, da 
Strabo, Arrian und der Anonymus von diesem aus ihre Messungen 
aufstellen. Die Identität des alten Namens ἱερὸν στόμα mit der 
heutigen St. Georgs-Mündung glaube ich in dem Vorhergehenden 
hinlänglich erwiesen zu haben, und daher beginne ich denn auch von 
dieser Mündung aus die Untersuchung, an deren Spitze ich die Worte 


1)1.1.: τὰ μὲν δὴ τρία στόματα τὰ ἐφεξῆς τῷ ἱερῷ στόματί ἐστι 
μικρά' τὰ δὲ λοιπὰ τοῦ μὲν πολὺ ἐλάττονα, τῶν ὃὲ μείξονα. 
Arahio f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 3. 22 


338 Beiträge zur genaueren Kenntoniss Tomi’s u. der Nachbarstädte, 


des -Strabo setze. Derselbe, von Norden nach Süden gehend, 
sagt!) nämlich: ‘von der heiligen Mündung des Isters ist für den- 
jenigen, welcher die Küste in ihrer ganzen Ausdehnung zur Bech- 
ten behält, bis zum Städtchen Istros eine Strecke von 500 Stadien’. 
Dies gibt nach unserem Maasse 88143 Werst. Die genau uns vor- 
gezeichnete Küstenfahrt, bei welcher wir natürlicher Weise in die 
portizasche Mündung und den See Bazin nicht hineinfahren, son- 
dern beide zur Rechten liegen lassen, fuhrt uns zuerst zum Cap 
Midia, dem. Πτερὸν ἄκρον des Ptolemaeus 2), und dann zu dem 
an einer Bucht gelegenen Städtchen Kara-Irman oder. Karakerman, 
was, meiner Meinung nach, als der Hafen von Istros zu betrach- 
ten .ist, während die eigentliche Stadt selbst etwa zwanzig Werst 
tiefer im. Lande, und zwar westlich vom unteren Theile des Sec 
Razin, 'zu suchen ist. Darauf führen die Worte des Plinius ®), wel- 
cher bei seiner genauen Beschreibung des Sees ‚Razin zwei beson- 
dere Theile bei demselben unterscheidet. Den nördlichen, in wel- 
chen die Dunavitza (Peuce minor) einmündet, und 19 römische 
Meilen im Umfange hält, trägt beim Plimius keinen besonderen Na- 
men, allein der südlichere, der 63 römische Meilen gross ist, heisst 
nach ihm Halmyris. . Beide "Theile zusammen geben also einen Um- 
fang'von 82 römischen Meilen oder 116 Wersten, .was der Grösse 
des jetzigen Sees Razin ganz genau entspricht. Die Beschreibung 
des Halmyris unternimmt Plinius von Norden aus, und. deshalb 
kann es mit. seinen Worten: *eodem alveo et super Istropolim lacu 
gignitur. LXIII,M passuum ambitu ; Halmyrin vocant?.. als Anfang 
des Halmyris nur die entferntesten T'heile des jenseitigen Ufers, 
also die Südspitze. vom See Razin bezeichnen. Ueber dieser Süd- 
spitze lag. Istropolis, in einer Entfernung von etwa 15 Werst west- 
lich vom See. Näher zum. See darf man die alte Stadt nicht su- 
- chen, da das zum Wasser hin niedrige Land zu einer Ansiedelung 
nicht einladend ‘genug gewesen sein dürfte. Dagegen erhebt sich 
das Terrain .in der angegebenen Entfernung vom See sichtbarlich, 
‚und dient, wie im Alterthume den Istrianern, so noch jetzt. den 
Bulgaren in verschiedenen grösseren und kleineren Dorfschaften zum 
Wohnsitze,_ Auf die Verschiedenheit des Hafens der Istrianer von 
ihrer eigentlichen Stadt deutet wahrscheinlich auch der Doppelname 
Istros :bei Strabo, Arrian und dem Anonymus und Istropolis 
bei Plinius und Mela ®); jene hatten bei der Küstenfahrt hauptsäch- 
lich den Hafen, diese die Stadt vielmehr im Auge, und sp kummt 
‚es denn auch, dass Strabo jenen ein Städtchen (πολνέχνεον), Pl 
‚nius diese dagegen eine Stadt nennt und zu den schönsten der Ge- 
gend rechnet. Sollte in dem halben Jahrhunderte, welches zwischen 
‚Strabo und Plinius liegt, mit einer und derselben Stadt eine 80 


‚ 1) ἔστιν οὖν ἀπὸ τοῦ ἱεροῦ στόματος τοῦ Ἴστρου ἐν δεξιᾷ ἔχοντι 
eV συνεχῆ παραλίαν Ἴστρος πολίχνιον ἐν πεντακοσίοις σταδίσιβ' 
2) Geogr. IH, 10. 3) hist. nat. IV, 24. 4) Π,3, δ. 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa, 339 


grosse Veränderung vorgegangen sein? Die Möglichkeit ist frei- 
lich nicht zu läugnen, allein wahrscheinlich ist.es nicht. Könnte 
ferner der Doppelkopf auf den autonomen Silbermünzen der Istria- 
ner, den man so verschiedenartig zu deuten gesucht hat!), nicht 
mit der ‚Lage der Stadt im Zusammenhange stehen? Die umge- 
kehrt an einanderliegenden Köpfe würden daun, zusammengehalten 
mit dem Typus der Rückseite, wo ein Adler auf einem Delphine 
steht, oder einen Fisch verzehrt, als Anspielung darauf gelten, 
dass Istros und Istropolis, zwischen dem Halmyris und dem Pontus 
gelegen, in zwei ganz entgegengesetzten Richtungen. mit dem Meere 
in naher Verbindung gestanden habe. Endlich muss ich noch 
darauf aufmerksam machen, dass die Entfernung zwischen Istros und 
Tomi von Strabe um 50 Stadien geringer angegeben wird, als vom 
Arrianus und Anonymus. Dürfte dieses nicht vielleicht dadurch zu 
erklären sein, dass den wol selten die Stadt besuchenden Sehiffern 
ihre Entfernung vom Hafen nicht gauz genau bekannt war, und dass 
dadurch leicht ein Unterschied in den Angaben entstehen konnte. 
Mehr noch als all’ die von mir vorgebrachten Vermuthungen spre- 
chen die Localverhältnisse, wie sie jetzt noch vorliegen, für die 
Richtigkeit meiner Ansicht. Unmöglich konnten die Milesier bei 
Anlegung dieser Colvnie ?) die Vortheile übersehen , welche ihnen ein 
so guter Hafen, wie der von Karakerman, gewähren musste, und 
wen» daher die alten griechischen Ansiedelungen überhaupt meistens 
nur am Gestade des Pontus oder an schiffbaren in den Pontos ein- 
mündenden Flüssen, nicht aber im Binnenlande zu suchen sind, so 
gilt das gewiss auch von Istros. Wie hätten sich die umsichtigen 
Griechen von dem Elemente weit eutfernen dürfen, welches ihnen 
auf der einen Seite sichere Aussicht eröffnete auf Emporblühen durch 
Handel und Verkehr, und ihnen auf der andern Seite den besten 
Schutz gewährte gegen die drohenden Einfälle und Angriffe der in 
der Nähe hausenden Barbaren. Schon aus diesem so safürlichen 
Grunde blieben die von der Natur selbst zu Häfen bestimmten 
Plätze nicht unbenutzt, und da wäre es wol mehr als auffallend, 
wenn man ‘den von drei Seiten geschlossenen, nur nach Süden hin 
offenen Hafen von Karakerman, auf dieser Rhede die aus dem 
Süden kommenden Schiffe gegen Wind und Wetter noch gegenwärtig 
sicheren Schutz finden 3), unbeachtet hätte lassen wollen. Neis, 
gewiss nicht! In Karakerman fassten die milesischen Colonisten 
gewiss zuerst Fuss, und verlegten ihren Wohnsitz dann um ein 
Paar Meilen tiefer ins Binnenland, als sie von den dortigen Nach- 
baren nichts mehr zu fürchten hatten. Dennoch blieb das jetzige 
Karakerman immer noch der eigentliche Hafen von Istropolis, Jas 
theils als See-, theils als Land-Stadt betrachtet werden konnte, und 


1) Eckhel. doctrin. numm. veter. II. p.14. 2) Strabo, Anonymis, 
Plinius 1.1. 3) Taitbout Pflote de la mer noire. Constantineple 1860. 


pag. 38. 22" 


340 Beiträge.zur genaueren Kenntniss T'omi’s u. der Nachbarstädte, 


auch in dieser Beziehung die Wahl des auf seinen Münzen vorkom- 
menden, umgekehrt an einanderliegenden Doppelköpfe .zu rechtfer- 
tigen scheint. | 

Der nächste Ort südlich vou Istros ist Tomi !), gleichfalls 
eine. Colonie der Milesier. Bis zu derselben sind von Istros aus 
* (nach Strabo) 250 oder (nach Arrian und dem Anonymus) 300 Sta- 
dien, das ist, entweder 4413 Werst oler 52 Werst,: Wenn wir von 
diesen beiden nicht vollständig übereinstimmenden Angaben der Stra- 
bonischen den Vorzag geben, und von seinen 4443 Werst etwa 20 
auf. den Landweg, das Uebrige aber für die Fährt zu Wasser be- 
rechnen, so kommen wir nach dem heutigen Städtchen Kustundgi 
oder Kustengre, einem Orte, welcher sich seiner natürlichen Ver- 
hältnisse wegen für eine alte Ansiedelung besonders eiguete: Dorl 
tritt nämlich das hohe Festland’ um eine Werst etwa ins Meer hin- 
ein, eine Halbinsel bildend, welche von drei Seiten vom Meere um- 
schlossen ist und gegen Westen durch eine ein Paar Werst lange 
Gebirgskette vom Festlande gleichsam abgesperrt wird. In einer 
Gegend, wo von den rohen Nachbarstämmen beständige Befeindung 
zu befürchten’ war, und wo man sich nur durch Mauern und Boll 
werk vor ihren feindlichen Angriffen schützen konnte, liess sich keit 
Punkt auffinden, welcher mit geringeren Mitteln und leichter zı 
vertheidigen gewesen wäre, als eben die ganz abgesonderte Halb- 
insel. Ein so wesentlicher Vorzug, zu dem sich: noch der Vorthei 
eines geräumigen Hafens gesellte, musste in die Augen springen, 
und 'deshalb wählten die Milesier diesen Ort bei der Anlegung Το- 
᾿ mi’s. Die örtlichen Verhältnisse von Kustengie passen daher auch, 
wie bei keinem anderen Orte der ganzen Gegend, ganz überraschend 
auf die kurzen Andeutungen, welche uns Ovidius von seinem Ver- 
bannungsorte gibt. Das felsige Ufer, von welchem er spricht?), 
charakterisirt noch gegenwärtig die ganze Küste bei Kustengie, und 
ziebt sich von der Ostseite der Halbinsel in mehreren Riffen ins 
Meer hinein. Auf die im Westen der Halbinsel hingestreckte 6*- 
birgskette spielt er an®), wenn er sich nur durch die natürliche 
Beschaffenheit des Ortes und durch die Mauern der Stadt sicher 
glaubt vor den beständigen Einfällen der feindlichen Nachbaren. In 
dem See, welcher im Winter gefriert und aus dem man dann Ei 
bricht 8), erkennen wir den ein Paar Werst über Kustengie geleg®- 
nen See, welcher noch jetzt Ovidiovo genannt wird. Der Mange 
an grasreichen Triften 5), an schattigen Wäldern 6), an Weiden 
und.-Eichen 7), an Quellen süssen Wassers ®), an Singvögeln ?), & 


, 1 Strabo, Plinius, Ptolemaeus, Arrianus, der. Anonymus und Am- 
mianus; nur Mela II, 2, 5 lässt auf Istropalis nicht Tomi, sondern Cal 
latis folgen. 2) Trist. I, 8, 39, 3) Trist. V, 10, 18. 4) Trist. II, 
10, 26. ibid. II, 12, 38, 5) Trist. III, 10, 75. V, ἀ, 10. Epist. 1; 

‚23. 6) Trist. T, 4, 9, II, 10, 75. IE, 12, 16 58ὁς(ἁ 7) Ερίϑι. 
3,52. ΠῚ, 1,20. 8) Epist. II, 1,17. 9) Kpist.II, 1,21. . 


“ 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 341 


fruchtbringenden Ackerfeklern 1) erinnert nur zu deutlich an die 
Steppe, in welcher das heutige Kustengie gelegen ist, und dieses 
Bild wird ein noch anschaulicheres, wenn wir Ovids Klagen über 
die Einförmigkeit des Landes hinzunelimen, das, ebenso wie das 
Meer, eine endlose Fläche darbietend 3). sich im Frühlinge nicht 
schmückt mit blumenreichem Rasen 8), und statt aller Gräser und 
Kräuter nur reich ist an bitterem Wermuth (absiuthium) *), jener 
dem Steppenboden eigenthümlichen Pflanze. Dazu die Bemerkung 
Ovids, dass in Tomi nur Seevögel vorkämen 5), welche wit ihren 
wilden Geschrei die Luft. erfüllten; dass das Trinkwasser salzig 
oder sumpfig gefunden werde ®), und dass die Gewalt der Nord- 
winde Dächer abdecke und den höheren Gebäuden Umsturz drohe ?). 
Mit einem Worte Ovidius konnte bei der Beschreibung seines Ver- 
bannungsortes keine andere Gegend im Auge haben, als die, in 
welcher jetzt Kustengie liegt, und deshalb müssen wir .mit aller 
Sicherheit dert Tomi suchen. : Für die Existenz einer alten Ansie- 
delung an dieser Stelle sprechen auch die alten Baulichkeiten, wel- 
che ami Orte noch gefunden werden. Nies sind namentlich die Reste 
eines alten Molo’s, welcher zur Sicherung des Hafens beim Cap 
der Halbinsel angelegt war, ein Paar alte Brunnen an Orten, die 
jetzt nicht mehr zur Stadt gehören, und einige Ueberbleibsel alter 
Baulichkeiten an dem Ufer, welches im Süden von der Halbinsel 
die Westseite von der Rhede bildet. -Dass dieses alles Alterthümer ' 
von Tomi seien, kann ich freilich nicht mit der gewünschten Sicher- 
heit sagen, allein welcher anderen alten Stadt könnten sie wol an- 
gehören? Alle alten Geographen, mit Auschluss des: weniger ge- 
nauen Mela, setzen ja Istros und Tomi in den höchsten Norden, 
und lassen ohne Ausnahme Callatis und die übrigen gegen Odessos 
zu gelegenen Städte südlicher liegen. Es bleibt uns also, wenn 
wir die noch erhaltenen Reste im Speciellen irgend einer alten Stadt 
vindiciren sollen, nar die Wahl zwischen Istros und Tomi, und da 
Istros, abgesehen von allen anderen Gründen, schon seines Namens 
wegen nieht so weit vom Ister entfernt gelegen haben kann, so 
bleibt uns nar Tomi, Freilich haben einige neue Schriftsteller ®) 
Constantia oder Constantiana, welches vom Procopius P) unmittelbar 
vor Callatis erwähnt wird, bei Kustengie suchen wollen. Hierzu 
mag besonders eine ferne Aehnlichkeit im Klange des Namens ver- 
leitet haben, denn aus der SteHe, welche Kavsravrıavd in dewi 
Verzeichnisse des Procopius einnimmt , darf nichts geschlossen 
werden, da die Städte daselbst, wie aus den Namen anderer leicht 
ersichtlich ist, nicht nach ihrer geographischen Lage aufgezählt 


εἰ Epist. I, 3, 55. 2) Trist. III, I, 20. 3) Trist. ΠῚ, 11 
4) Epist. III, ι΄, 23. III, 8, 15. 9), Epist. III, 1, 21 seq. 6) bist 
I, 7, 74. 7 Trist. LIT, 10, 17. ) Forbiger Handbuch d. alt. Georgr. 
1. Ρ. 1099. 9) de aedif. IV, 11. p. 307. (ed. Bonn.) 


q 


U 


342 Beiträge zur-genaueren Kesüitniss Tomi’s n. der Nachbarstädte. 


werden. Ferner sieht man ans Constantinus Porphyrogenitus !), 
dass Constantia , wol gleichbedeutend mit Constantiana bei Procopius, 
am Flusse Varnas (Baovag) liege und also, wie schon Boeckh 2) 
gezeigt hat, der spätere Name von Odessos sei. Doch selbst dann, 
wenn man zwischen Κωνσταντιανά und Kovoravıla einen Unter- 
schied machen, unaıl jeden dieser Namen auf eine besondere Stadt 
beziehen wollte, würde Constantiana bei Procopius wol nur die Be- 
nennung eines später entstandenen Fleckens sein, wie deren im 
Verzeichnisse .des Procopius so viele vorkommen. Dieselben geo- 
graphisch zu bestimmen, ist unmöglich, da Procopius in seinem 
Cataloge Altes und Neues zusammenmengt , und von der Lage der 
einzelnen Ortschaften sehr ungenaue Kenntniss gebabt zu haben 
scheint. So zählt er z. B., um anderes zu verschweigen, Tomi zu 
den Städten des Binnenlandes. Uebrigens hält auch Motraye 3) das 
heutige Kustengie für Constantia, und bezieht mit Unrecht die zu 
seiner Zeit noch erhaltenen Reste.der alten Stadtmauern auf eben 
dieses Constantia. Die in Kustengie von ihm aufgebrachten Mün- 
zen von Constans, Constantius und Constantinus können nichts be- 
weisen, da ähnliche von ihm in der ganzen Gegend häufig gefun- 
den wurden, und, als neuere, sich auch leichter erhalten konnten, 
Dagegen legt er kein besonderes Gewicht darauf, dass er in Kusten- 
gie auch Münzen von Tomi und Callatis habe zusammenbringen 
können, und doch beweist dieses gerade, dass auf der Stelle von 
Kustengie eine ältere Stadt gestanden habe, als das im vierten Jahr-. 
hunderte nach Christus erst angelegte Constantia. Denn da den 
meisten griechischen Städten an den Gestaden des Pontus Euxinus 
schon in der Mitte des dritten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung 
das Münzrecht genommen wurde, und die uns bekannten Münzen 
in Tomi 5) sowol, als io Callatis 9) nur bis Philippns jun. hinauf- 
reichen, so werden sie zu der Zeit, wo Constantia entstand und 
blühete, nicht mehr im Gebrauche gewesen sein, zumal da das 
viel bessere Metall der alten, namentlich der tomitischen Münzen, 
eine schleunige Umprägung sehr vortheilhaft machte. Hiernach wei- 
sen also auch die von Motraye in Kustengie gefundenen Münzen 
von Tomi und Callatis schon darauf hin, dass die Stadt, welche 
auf der Stelle von Kustengie einst stand, älter sein müsse als Con- 
stantia. Mehr dürfte man unter anderen Verhältnissen aus dem 
Funde etlicher Münzen nicht schliessen, allein da ich aus den oben 
angeführten Gründen gerade in Kustengie das alte Tomi. suche, 50 
‘ wird mich, hoffe ich, Niemand eines Irrthums bezeihen wollen, 
wenn ich die von Motraye dort zusammengebrachten Münzen auch 
als Beweis für die Richtigkeit meiner Meinung über die Lage Tomi’s 
benutze. Fir dieselbe sprechen ja auch die neuerdings auf der 


1) de administr, imper. cap.9. p. 79 (ed. Bonn.) 2) ‘Corpus In- 
script. II. p.78 N. 2056. 3) Voyage en Europe, Asie et Afrique II. 
n.208. 4) Mionnet Sup. II. p. 205. 5) ibid. II. p. 63. 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. ᾿ 848 


Halbinsel und eine halbe Meile von Kustengie bei dem Dorfe Ana- 
dolkeny vom österreichischen Viceconsul in Varna, dem Herrn von 
Fedeschi-, aufgefundenen Inschriften, von denen ich unten ausführ- 
licher sprechen werde. Früher sind noch die anderen ‚Ortschaften 
zu bestimmen, welche nach Tomi von den hlten Geographen ge- 
nannt werden. Hier steht oben an: 

Callatis, welches nach Strabo !) 280, nach Arrian 3) nm 
dem Anonymus ?) 300 Stadien von Tomi entfernt war. In diesen 
Angaben erklärt sich der Unterschied von 20 Stadien leicht dadurch; 
lass Strabo mehr in gerader Richtung misst, die beiden anderen 
Schriftsteller dagegen die Entfernang nach einer Fahrt ganz un- 
mittelbar an der Küste berechnen. Bei alle dem führen uns Stra- 
ho’s 280 Stadien, die nach unserem Maasse 49,7, Werst geben, doch 
um 12—13 Werst über Mangalia oder Mankalia hinaus, und zwar 
an einen Ort, in dessen Nähe weder ein passender Hafen, noch 
Reste aus dem Alterthume zu entdecken sind. Das eine, wie das 
andere treffen wir dagegen bei Mangalia, und deshalb ist hier auf 
jeden Fall, ungeachtet die alten Maasse auch nicht vollkommen 
damit stimmen, eine der alten Ansiedelungen, und namentlich Cal- 
latis, das als ursprüngliche Colonie von Milet 4) oder Megara δ) 
Cerastis hiess, und wol erst später von Heraclea ®) neue Anpflan- 
zer erhielt, hinzuversetzen. Die 21 Seemeilen (362 Werst) 7), wel- 
che unseren jetzigen Messungen zwischen Kustengie und Mangalia, 
liegen, können den alten Maassen schon deshalb’ nich! ganz ent- 
sprechen, weil bei jenen in gerader Linie gerechnet ist, während 
die Alten, mit ihren kleinen Fahrzeugen viel näher am Ufer hin: 
fahrend, und alle Buchten und Krümmungen des Landes beräck- 
sichtigend, auf einer Distanz von 280—300 Stadien leicht eine 
Differenz von 12—16 Werst erhalten konnten. Das jetzige Man- 
galia, welches Motraye 8) nur auf seiner Karte von dem ganz neben 
demselben gegen Süden gelegenen Pangala, das er für Tomi hält, 
unterscheidet, in seiner Reisebeschreibung aber nicht weiter berück- 
sichtigt, wird seit Mannert ?) und Schaffarik 1%) allgemein für das 
alte Tomi gehalten, doch gewiss mit Unrecht, denn weder die 
Reste der hier noch erhaltenen Baulichkeiten, noch der Umstand, 
“dass Mangalia von der dortigen, nicht-türkischen Einwohnerschaft 
noch gegenwärtig Tomiswara genannt wird, ‚dürfte es nach ‘em, 
was ich von Kustengie oben gesagt habe, noch wahrscheinlich ma- 
chen, dass Mangalia der Verbannungsort des Ovidius gewesen sei: 
Da sich die Erinnerung an dieses traurige Exil bei den Gebildeteren 
erhielt, so übertrug man den Namen des Ovidins oder seines Ver- 


1)1.1. 2) pag. 34, 3) Νίοία Π, 3,5. '%)MelallI, 2,5. 5) Ovid. 
Trist. I, 10, 39.40. 6) Strabo VII, 6, 1. p. 491. Anonym. 1. 1. Memnon 21. 
7) Taitbout 1.1. p.37. 8) auf Motraye's Karte heisst der Ort Magni- 
galia. “© 9) Geograph. d. Gr. u. Röm. VII. p. 128. 10) Wiener Jr 
bücher XLVI,-49. 


344 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tami’s u,der Nachbarstädte. 


bannungsortes auf ganz verschiedene Gegenden und Punkte. Auf 
das Unstatthafte einer solchen Namenclatur habe ich schon oben 
aufmerksam gemacht, und füge hier nur noch hinzu, dass, wenn 
auf solche an Ovid erinnernde Benennungen etwas zu geben ist, 
der zwischen Baba und Kustengie gelegene See, welcher bei den 
Nichttürken noch jetzt Ovidovo !) heisst, eben so viel, und noch 
viel mehr für Kustengie spricht, als Tomiswara für Mangalia. Bei 
alle dem habe ich oben auf diesen Namen, wenn ich auch des nörd- 
lich von der Halbinsel gelegenen Sees erwähnte, kein besonderes 
Gewicht gelegt, wohl wissend, wie der Gleichklaug in Namen und 
Worten, sobald keine anderen Gründe vorliegen, nur zu leicht zu 
Irrthümern verleiten kann. Die alten Baulichkeiten, von denen uns 
Motraye ?2) in Pangala oder Mangalia erzählt, passen eben so gut 
auf Callatis, als auf Tomi, und wenn er unter ihnen auch von 
einem Thurme des Ovidius spricht?), so wird doch Niemandem 
einfallen zu glauben, dass der römische Dichter in diesem wirklich 
gesessen habe. Denn eben so wie in Rom alle Ruinen beim Volke 
und in der Sprache der oft sehr ungebildeten Cicerone ihre altklas- 
sischen Namen tragen, und erweislich mit den ihnen beigelegten 
nichts gemein haben, eben so knüpfte man an jenen Thurm, da 
man in Mangalia das alte Tomi wiederzufinden glaubte, den Namen 
des Ovidius. Ferner scheint für meine Meinung, dass auf der 
Stelle von Mangalia einst Callatis, nicht aber Tomi gestanden habe, 
der Umstand von grosser Wichtigkeit, dass Motraye 4) unter den 
in Tomiswara aufgebrachten Münzen auch mebrere von Callatis, 
und nur ein Paar von Tomi fand, und dass an der Stelle, wo er 
sein Callatis hinsetzte, auch gar keine Spuren einer Ansiedelung 
zu entdecken waren 5). Sollte Callatis, das Plinius δ) den schönsten 
. Städten der Gegend beizählt, und das erweislich 7) sich noch Jahr- 
hunderte lang erhielt, dean wirklich spurlos verschwunden sein? 
Bei anderen Städten des Alterthums ist dieses freilich der Fall, 
allein da die Reste in Mangalia, in Sonderbeit die Ueberbleib- 
sel eines alten Molo’s im Hafen®) und andere Banlichkeiten auf 
die frühere Existenz einer nicht unbedeutenden Hafenstadt, was 
Arrian und der Anonymus von Callatis namentlich sagen ?), ganz 
deutlich hinweisen, so dürfen wir das Alles, da wir für Tomi einen 
anderen Ort aufgefunden haben, für Callatis mit Recht in Anspruch 
nehmen. Meiner Ansicht über die Lage von Callatis widerspricht 
auch nicht das Zeugniss des Ptolemaeus !0), welcher Callatis unmit- 
᾿ telbar auf Tomi folgen lässt, und zwischen beiden Städten nur einen 


1) Motraye Voyage II. p.207. 2) ibid. p.209. 3) ibid.: ses 
pretendues restes de la tour d’Ovide.. 4) ibid. p.209. 5) ibid.: mais 
n’y decouvris aucunes antiquitez et pas meme des medailles. 6) Hist. 
Nat. IV, 18. p. 277 (ed. ster.).. 7) Constant. Porphbyr. de themat. p.47, 
11 (ed..Bonn.). 8) Taitbout p. 36. 9) bei beiden heisst es von Calla- 
tis I. 1.: ὅρμος ναυσίν. 10) Geogr. III, 10. 


Von Staatsrath Pr, P. Becker zu Odessa. 345 


Unterschied von 40 Minuten in der Länge und 20 Minuten in der 
Breite angibt. 

Nach Callatis nennen Arrian !) und der Anonymus 2) in einer 
Entfernung von 180 Stadien den Hafen der Carer (Καρῶν λιμήν), 
welcher bei Mela 3) portus Caria heisst, aber von den übrigen alten 
Geographen, weil es wol nur ein höchst unbedeutender Hafenpintz 
war, gar nicht besonders erwähnt wird. Die genannten 180 Sta- 
dien sind nach ‘unserem Maasse 314 Werst, und führen uns fast 
ganz genau zum Cap Chebler, wo ich den Hafen der Carer des- 
halb hinsetze, weil dort kleine Schiffe leicht einen Aukerplatz fin- 
den konnten, Für die Deutung des Namens führt Raoul-Rochette 3) 
das Zeugniss des Plinius®) un, allein aus der von ihm citirten 
Stelle geht nur hervor, dass sich in den ältesten Zeiten beim Janais 
Ansiedelungen der Carer gefunden hätten, und daraus lässt sich also 
noch nicht bestimmen, ob dieser Καρῶν λιμήν und die Gegend um 
den Hafen, der Caria hiess, in der That einer carischen Colonie 
ihren Namen verdanke, Unwahrscheinlich kommt mir es nur vor, 
dass sich die Carier zu einer Niederlassung einen so wenig durch 
die Natur begünstigten Ort ausgesucht haben sollten. Ob hier je 
Alterthümer irgend einer Art gefunden worden seien, habe ich 
nicht erfahren können. Ein alter auf der Höhe stehender Thurm, 
der früher als Leuchtthurm diente ®), gehört seinem Ursprunge nach ἢ" 
einer viel jüngeren Zeit an. 

Von dem Hafen der Carer gelangen wir nach 120 Stadien 7) 
oder 204. Werst zu dem Vorgebirge Kaliakri, welches aber bei den. 
Alten ganz anders heisst, Strabo 8) nennt es ἡ Τίρεξις ἄκρα und 
berichtet, dass Lysimachus den Ort als Schatzkammer benutzt habe, 
Die bei diesem Vorgebirge steil zum Meere hinabfallenden und ie 
eine kleine Halbinsel auslaufenden Felsen sichern vor jedem An- 
griffe von der Seeseite, während gegen das Land zu eine unmittel- 
bar hinter dem Cap sich erhebende Bergkette den nöthigen Schutz 
gewährt. Anf diese von der Natur selbst gemachte Befestigung, 
zu welcher die Menschen auch das Ihrige mögen beigetragen haben, 
passen die Worte Strabo’s: χωρίον ἐρυμνόν aufs vollkommenste.. 
Bei Ptolemaeus 9) heisst das Vorgebirge Τιρίστες ἄκρα», bei Mela!P) 
Tiristis promontorium, bei Arrian 11) Tergialeg, beim Anonymus’''?) 
Τετρισίας oder Τέτριξα oder blos ἄκρα. Ungeachtet all’ dieser 
kleinen Verschiedenheiten im Namen erkennt doch Jeder, dass von 
Allen ein und derselbe Ort gemeint sei. 

Von dem Vorgebirge Tirizis rechnen Arrian !?) und der Ano- 
nymus.1%) bis zum Städtchen Bizone (Βιζώνη) 15), welches zu 


1) pag. 24. 2) pag. 13. 3)IL, 2,5. 4) Histoire de l’&tablisse- 
ment des colonies grecques III. p. 318. 5) Hist. Nat. VI, 7. 6) Tait- 
bout 1.1. p.%6. 7) Arrian. u. Anonymus I. 8) VII, 6, 1. p. 492. 
9) III, 1, 10. p.212 (ed. Wilb.).,. 10), 2,5. 11V) pag. 41. 12) pag.13. 
13) 1.1. 14) l.l. 15) bei Arrian heisst das Städtchen Βέζον. 


‘ 


346 Beiträge zur genaueren KenntnissTomi’s u. «ler Nachbarstädte, 


Str bo’s Zeit durch Erdbeben grösstentheils vernichtet, nach Mela!) 

Plinius 2) ganz zerstört war, und das noch Arrian®) als einen 
wenig bevölkerten Platz kennt, 60 Stadien oder 102 Werst. Die- 
ses ist gerade die Entfernung zwischen Kaliakri und Kawarna, wel- 
ches letztere ich um sn weniger für das alte Bizone zu halten an- 
stehe, als die vom Anonymus gemachte Bemerkung, -dass Bizone 
keinen eigentlichen Hafen besitze, aber bei schlechtem Wetter als _ 
Ankerplatz benutzt werde, bis auf heute beim jetzigen Kawarna ®) 
ihre vollkommen richtige Anwendung finde. Wem Bizone seinen 
Ursprung verdanke, lässt der Anonymus unentschieden; nach Eini- 
gen sollte es von dort hausenden Barbaren angelegt worden sein, 
nach Anderen galt es als eine Colonie Mesembria’s. Liesse sich die 
eine Nachricht mit der anderen nicht vielleicht so vereinigen, dass 
das Städtchen ursprünglich von Mesembria colonisirt, nach seiner 
Vernichtung durch Erdbeben aber von den Völkern der Umgegend 
nen bevölkert worden sei? 

Auf Bizone folgt bei Arrian 5) und dem Anonymus δ) in einer 
Entfernung von 80 Stadien oder 1818 Werst Dionysopolis, wel- 
ches ich in dem jetzigen Baltchik wieder finde. Eben dieser Stadt 
werden auch noch andere Namen beigelegt. Den ältesten Κρουνοί 7) 
soll es von den reichen Quellen der Umgegend, den späteren, Dio- 
nysopolis ®), von der dort ausgeworfenen Statue des Dionysus oder 
Bacchus erhalten haben; als dritten nennt der Anonymas allein noch 
ἹΜατιόπολις. Ist die zuletzt genannte Benennung, wie die Meisten 
annehmen, eine irrthümliche, zo gibt uns Mela 9) über den Doppel- 
namen Koovvol (Crunos) und Dionysopolis den nöthigen Aufschluss, 
da nach ihm jener Name dem Hafen, dieser der eigentlichen Stadt 
2akam, ganz in derselben Art, wie ich das oben bei Istros und 
Istropolis zu zeigen gesucht habe. Für den Hafen von Dionysopofis 
mag sieh der alte Stadtname, besonders durch die Schiffer erhalten 
haben, welche den Ort einmal unter dieser Benennung kannten, 
und, unbekümmert um die eigentliche Stadt und deren Namenswech- 
sel, die Rhede unter ihrem alten Namen hauptsächlich im Auge 
hatten. Dieselbe diente für die durch Sturm bedrängten Schiffe 
gewiss ebenso, wie noch jetzt die Rhede von’Baltchik 10), als bester 
Zufluchtsort, und mochte daher von den Schiffern bei} eintretender 
Gefahr häufig benutzt werden. 

Von Dionysopolis kommen wir endlich nach 200 Stadien !!) oder 
843 Werst nach Odessos, dem heutigen Varna. Dass aber Varna 


‚wirklich mit dem alten Odessos identisch sei, wird, seit Boeckh 12) 


sieh auch dafür entschieden, allgemein angenommen," und deshalb 


1) TI, 2,5. 3) Hist. Nat. IV, 18. 3) pag. 24: χῶρον ἔρημον. 
4) Taitbout 1.1. p.35. 5) pag.24. 6) pag. 13. 7) Strabo, Plinius, 
Mela 1.1. 8) Plinius, Mela, Ovid. Trist. I, 10, 37, Anonymus u. Pto- 
lemaeus , „welter Dionysopolis irrthümlich gleich auf Callatig folgen lässt. 
9) II, 2, 10) Taitbout1.l. p.3$. 11) Aırian, Anonymus. 13) Corp. 
Inseript. ir, N. 2056-- 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 347 
brauche ich mich hierüber nicht weitläufig mehr auszusprechen, Die 
vollkommene Richtigkeit der Annahme ergibt sich auch durch dine 
Inschrift, welche im Jahre 1851 daselbst im Armenischen Stadt- 
viertel ausgegraben wurde!) und von mir unten näher behandelt 
werden. soll. Odessos, eine Colonie der Milesier2) aus der Zeit 
des: Astyages®) und guter Hafenplatz 4) dürfte mit Boveckh - später 
Kovstavsia (Constantia) geheissen haben; der Name des Flüss- 
chens (Βάρνας), an welchem Constantia lag), und welcher unter 
der gleichen Benennung noch jetzt bei Varna ins Meer fliesst, scheint 
das zu beweisen, Ä 

Hiermit die geographische Uebersicht der zwischen dem Ister 
und Odessus gelegenen Städte beendigend, will ich nur noch in 
einer Tabelle zeigen, wie grosse Verschiedenheit in den Bestim- 
mungen der alten Ortschaften bei den neueren Geographen herrscht, 
unter denen ich hier blos Mannert®), Gail”): und Forbiger ®) 
berücksichtige. j 


Alte Namen: 


1) Istros (Istropolis). 5) Tirizis. 

2) Tomi. 6) Bizaone. 

3) Callatis, 7) Dionysopolis (Crunos). 

.4) Carön portus. 8) Odessos. 
'Mannert: Forbiger: 
1) Kiustenza. 1) Istere. 
2) Jegni Pangola. 2) Jegni Pangola. 
3) Kollat. 3) Kollat. ᾿ 
4) Kelogra oder Kalagriah. 4) südlich von Güllgrad, 
5) beim Vorgebirge Galata. 5) Cap Güllgrad. 
6) Varna. 6) südlich von Galata. 
7) beim Flusse Camtschioder Kimsi. 7) Baldsjik. 
8) Emineh. 8) Varna. 
Gail: 


1) ad meridiem hodiernae Kara-Kerman. 

2) juxta promontorium Gustendgi. 

8) juxta Mang-Kaliah. 

4) ad septentrionem promont. Chabler - Sughi. 
5) juxta promontorium Calagriah. 

6) Kavarna. 

7) Baldjick. 

8) Varna, 


1) L’ordine, giornale politico, letterario 1851. N. 104. 2) Strabo, 
Plinius. 3) Anonymus. 4) Arrian, Arionymus. 5) Const. Porphyrog. 
de administ. imper. 9. p. 79 (edit. Bonn.). 6) Geographie der Griechen 
und Röm. VIE. p. 127 βαη. 17) Geographi minores ad Arrian. Peripl. 
8) Handbuch der alten Geographie III ρ. 1098—1100. 


348 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte. 


Meine Bestimmungen: 


1) Kara-Kerman. 6) Kaliakrı. 
2) Kustengie. 6) Kavarna, 
3) Mangaliıa, 7) Baltchik. 
4) Chebler, 8) Varna. 


Wir wenden uns jetzt zur Geschichte 'Tomi’s und der in sciner 
Nähe gelegenen Küstenstädte. Hier muss ich im voraus bemerken, 
dass die Nachriehten der alten Schriftsteller in dieser Beziehung 
höchst mangelhaft und unvollständig sind, Keiner der uns erhal- 
tenen hät jene griechischen Colonien zum Gegenstande einer spe- 
ciellen Behandlung ‘gemacht, und daher ist Alles, was wir über 
Tomi und die Nachbarstädte erfahren, ganz fragmentarisch. Ein 
so lückenhaftes Material reicht natärlicher Weise nicht aus zu 
einer gehörig gegliederten oder nur einigermaassen vollständigen 
Geschichte, Dessen ungeachtet will ich die zerstreut vorkommen- 
den Notizen gewissenhaft zusammenstellen, und es meinen geneig- 
ten Lesern selbst überlassen, aus den so vagen Andeutungen der 
Alten sich wenigstens die Hauptmomente zu vergegenwärtigen. 

Unter den näher von uns hier zu betrachtenden griechischen 
Colonien sind Tomi und Istros die ältesten, Ihre Gründang fällt 
in jene Zeit, wo die Scythen in Oberasien einfielen und durch ihre 
Verheerungen Furcht und Schrecken allgemein verbreiteten. Selbst 
die griechische Bevölkerung Kleinasiens glaubte sich nicht mehr 
sicher in ihren Wohnsitzen, und suchte der aus der Ferne drohen- 
den Gefahr durch Auswanderung zu entgehen. Namentlich war es 
Milet, welches als mächtigste der Küstenstädte Kleinasiens gerade 
um diese Zeit mehrere Colonien aussandte, und wenn die Grün- 
dung derselben auch durch Handelsinteressen und durch den natür- 
lichen Wunsch, die schon bedeutende Macht noch zu vergrössern, 
hauptsächlich veranlasst wurde, so mag die Furcht vor den Raub- 
zügen der Scythen zu den damaligen Auswanderungen doch auch 
das Ihrige beigetragen haben. Die Anlegung von Tomi und Istros 
fallt wenigstens nach Scymnus !) in diese Zeit, und deshalb ver- 
legt sie Larcher ins dritte Jahr der 86. Olympiade oder ins Jahr 
634 v. Ch. 2). Raoul-Rochette 3) wilr dagegen nach dem Zeugnisse 
des Eusebius 2) und Syncellus 5) die Gründung Tomi’s' in dasselbe 
Jahr versetzen, in welchem Olbia colonisirt wurde, und sucht die 
gleichzeitige Anlegung dreier Colonien an den Gestaden des Pontus 
durch die Nähe ihrer Entfernung von einander wahrscheinlich zu 
machen. Mit dieser Ansicht kann ich mich indessen nicht vereini- 
gen; denn abgesehen davon, dass nach den Begriffen der Alten 
die Distanz zwischen Olbia und Tomi gar nicht eine so nahe ist, 


“ 


1) fragm. 2!. Tom. II. p.44 cf. Anonym. p. 12. 2) Mannert 8oy- 
thien p. 17 vindicirt die Anlegung beider Städte dem Jahre 630 v. Ch. 
3) Hist. de l’etablissement des col. grecg. III. p.314. , 4) Chron. II. p. 213. 
Δ) Chronogr. p. 213. 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 349 


scheint es mir nicht wahrscheinlich, dass Milet in einem und dem- 
selben Jahre drei verschiedene. Colonien habe anlegen können. Die 
Gründung Olbia’s erheischte schon hinlängliche Kräfte, und die 
Anlegung von Tomi und Istros wurde wol erst dann unternommen, 
als die Milesier in Olbia festen Fuss gefasst, und durch die That 
bewiesen hatten, dass sie der Macht feindlicher Nachbaren siegreich 
entgegentreten konsten. Die Zahl der in die drei genannten Punkte 
ausgeschickten Colonisten war gewiss keine unbedeutende, da man 
an allen drei Orten den feindlichen Ueberfällen der Nachbarvölker 
beständig ausgesetzt war. Für Tomi und Istros namentlich musste 
die BRobheit der thracischen Völkerschaften, die selbst in späterer 
Zeit ihre Raubzüge nicht einsteliten, sehr gefährlich erscheinen,, 
Vom Anfang an hatte man hier an siegreichen Widerstand zu den- 
ken, und wäre derselbe wol geleistet worden, wenn man sich nicht 
gleich auf die grosse Menge der Ansiedler hätte verlassen können ? 
Eben so unsicher ist die Annahme Raoul-Rochette’s!), dass Tomi, 
wo nach Ovid?) der Mord des Absyrtus vorgefallen sein sollte, 
bereits vor der milesischen Einwanderung existirt habe, Der rö- 
mische Dichter suchte den Ursprung seines Verbannungsortes ety- 
mologisch zu erklären, und da die Sage von der Medea und deren 
Brudermorde in diese Gegend versetzt wjrd, so leitet er Tomi von 
τέμνων ab, und sagt daher Folgendes: 
Inde Tomi dietus locus hie; quwia fertur in lo 
Membra soror fratris consecuisse sui. 

Wie wenig indessen diese ganz willkürliche Ableitung dem 
Ovidius zusagt, ist schon daraus ersichtlich, dass er selbst an einer 
anderen Stelle?) dem Tomos die Gründung der nach ihm benann- 
ten Stadt zuschreibt. Für letzteres sprechen ausserdem noch die 
autonomen Münzen Tomi’s, auf denen das belorbeerte Hanpt des 
Tomos mit der Umschrift TOMOC dargestellt wird 3). 

Später als Tomi und Istros wurde von den Milesiern Odessos 
gegründet, dessen Colonisirung Scymnus ®) in die Zeit des Astyages, 
und Raoul-Rochette δ) hiernach etwa in das Jahr 572 v. Ch. 
versetzt. 

Ueber die Gründung der übrigen Küstenstädte zwischen dem 
Ister und Odessos fehlen uns alle Zeitangaben, und daher ist es 
unmöglich, hierüber etwas Sicheres zu bestimmen. 

Eben so ungewiss ist das Verhältniss, in welchem die grie- 
chischen Coloniestädte: in der Nähe des Isters zu den thraeischen 
Nachbaren standen, allein wenden wir auf letztere das an, was 
Strabo 7) bei Dioscurias von den Scythen sagt, und was Xenophon ®) 
‘über das Verhältniss der griechischen Städte zum Seuthes berichtet, 


1) 1.1. p.316. 2) Trist. III, 9, 33. 3) Trist. I, 10, 41. cf. 
Steph. Byz. 85. v. Τομεύς. 4) Eckhel Ὁ. N. II. p. 18. Mionnet descript. 
ἃ. med. I. p.361. N. 48. Sup. II. p.183. N. 730. 6) fragm. V. 143. 
6) 1.1. III. p.389. 7) VII ρ. 811, 14. 8) Hist.IV, 8, 26. 


350 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte. 


so .waren alle jene griechischen Colonien Milets den barbarischen 
Nachbaren zu einem.jährlichen Tribute verpflichtet, nnd hatten vor 
denselben nur so lange Ruhe, als sie ihre Abgaben regelmässig 
entrichteten. Der reichlichere gewinnbringende Handel entschä- 
digte für solche Opfer, allein zu grösserer politischen Bedeutsam- 
keit werden sie sich unter ähnlichen Verhältnissen schwerlich empor- 
geschwungen haben. Dieses der Grund, weshalb die alten Schrift- 
steller des Einzelnen in jener grauen Vorzeit nur ganz beiläufig ge- 
denken. Selbst Herodot, welcher über den Zug des Darius so 
manche Details mittheilt, ist in Bezug auf die genannten Städte so 
wortarm, dass er allen Combinationen und Conjecturen ein weites 
Feld eröffnet. Er nennt nur Istros bei Namen !) und erzählt uns?), 
dass Darius nach seiner Rückkehr nach Asien den Megabyzoa im 
Hellespont zurückgelassen habe, um sämmtliche. Städte zu unter- 
werfen, welche es nicht mit den Persern gehalten hatten. Ob unter 
diesen Tomi und die Nachbarstädte mit zu verstehen seien, wird 
nicht weiter angegeben, allein da wir erfahren 8), dass Perinthos für 
seine Widersetzlichkeit namentlich hart bestraft wurde, und. dass 
Megabyzos sach Züchtigung der Perinthier sein Heer durch ganz 
Thracien führte und sämmtliche Städte und dort wohnenden 
Völkerschaften dem Perserkönig unterwarf, so werden die griechi- 
schen Colonien am Gestade des Pontus von der allgemeinen Regel 
‘ nicht ausgenommen gewesen sein, und zwar um so weniger, als 
namentlich angegeben wird, dass Megabyzos das ganze Meeres- 
gestade *) in die Abhängigkeit der Perser gebracht habe. Die per- 
sische Macht war indessen keine bleibende. Die den einzelnen 
Städten entrissene Freiheit wurde nach dem Sturze der persischen 
Herrschaft wieder gewonnen, und da ist auch für Tomi und die 
Nachbarstädte anzunehmen, dass die frühere Unabhängigkeit der 
Gemeinden allsobald wieder hergestellt wurde. In Bezug auf die 
thracischen Nachbaren wird sich das Verhältniss in kurzer Zeit aber 
wol auch ebenso, wie früher, gestaltet haben, denn wenn die grie- 
chischen Städte die sich ihnen damals bietende Gelegenheit auch 
hätten benutzen wollen, um sich den Abgaben zu entziehen, welche 
sie vor dem Einbruche der Perser den Nachbaren entrichten muss- 
ten, so wird ibnen das doch schwerlich gelungen sein.- Der Sturz 
der persischen Herrschaft gab ja auch jenen ihre frühere Stellung 
wieder, und da ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Abgaben 
nach altem Brauche gezahlt werden mussten, Wenigstens wissen 
wir, dass Sitalces®), der König der Odryser, welcher das von 
seinem Vater Teres übernommene Reich bis an die Gestade des 
Pontus Euxinus und bis zum .Ister ausdehnte, sich von den grie- 
chischen Seestädten jener Gegend Abgaben zahlen liess 6), und kön- 
nen das Gleiche von seinem Nachfolger Seuthes vermuthen, welcher 


1) I, 33: Ἰστρίη, 2) IV, 144. 3) V,1. 4) ΡΝ, 10: τὰ παρα- 
ϑαλάσσια. 5) Thucyd. H, 95. 6) ibid. II, 97. 


_ Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 351 


die Herrschaft des Sitalces ungeschwächt übernahm, aber in gleicher 
Ausdehnung nicht lange behaupten konnte !); denn die zwischen 
Seuthes und Medocos ausgebrochenen Streitigkeiten scheinen den 
Seuthes hauptsächlich auf das gegen den Pontus zu gelegene Land 
beschränkt, und den Medocos zum Herrn des thracischen Binnen- 
landes gemacht zu baben. Ob diese Theilung der grossen, unter 
Sitalces- vereinigten odrysischen Herrschaft eine bleibende gewesen 
sei, wissen wir nicht; wir erfahren blos durch Xenophon ?), dass 
Thrasybulus die beiden Gegner unter sich versöhnt, und beide für 
die Sache der Athener im peloponnesischen Kriege gewonnen habe. 
Die Ausgleichung erschien dem 'Thrasybulus um so wichtiger, weil 
auf diese Weise auch die unter thracischer Herrschaft stehenden, 
vom Seuthes namentlich abhängigen griechischen Colonien am Pon- 
tus viel leichter für die Interessen Athens auszubeuten, und als Ver- 
biindete zu benutzen waren. Eine gleiche Theilnahme liess sich 
von ihnen viel weniger erwarten, wenn Seuthes als Gegner der 
Athener aufgetreten wäre, oder wenn er die griechischen Colonien 
mit in die inneren Streitigkeiten mit Medocos hineingezogen hätte. 
Die Abhängigkeit von Thracien bestand für die Griechen freilich 
hauptsächlich blos in der Entrichtung von Abgaben, allein wie hätte 
dieselbe nicht bei der Fortsetzung des Krieges mit Medocos wach- 
sen, wie nicht in die freien Beschlüsse der einzelnen Gemeinden 
störend eingreifen sollen? . Die Beilegung jener inneren Zwistig- 
keiten Thraciens gab den griechischen Colonien die frühere Frei- 
heit wieder, vermöge welcher sie in Angelegenheiten ihres Gemeinde- 
wesens nach ‘wigenem Gutdünken handeln, und das eigene Interesse 
inn Auge behalten konnten. 

Aehnlich ' war .die Stellung der meisten griechischen Colonien, 
nur weniger gelang .es, sich gleich za einer solchen Macht eınpor- 
zuschwingen, dass sie den eigentlichen Landesherrn den ursprüng- 
lichen . Tribut zu verweigern wagten, und sich auch in dieser Be- 
ziehung eine vollständige Unabhängigkeit erwerben konnten. 

Den uns hier interessirenden Colonien mochte ein völliges Los- 
reissen von äusserem Einflusse gewiss nicht gelungen sein, so lange 
die thracischen Völkerschaften in ungeschwächter Kraft ihre näch- 
sten Nachbaren waren; aber seit jene durch innere Feindseligkeiten 
sich abschwächten und aufrieben, wird es an Versuchen zu gänz- 
licher Freimachang nicht gefehlt haben. Für das Gelingen eines 
solchen Bestrebens spricht die Selbstständigkeit,. mit welcher wir 
die einzelnen bei verschiedenen Gelegenheiten auftreten sehen. So 
erzählt uns z.B. Justin 8), dass Atheas, der Scythenkönig, von 
den Istrianern bedrängt, bei Philipp von Macedonien Hülfe gesucht 
und ibm für die zu erwartende Unterstützung die Nachfolge in sei- 
nem Reiche versprochen habe. Auf so lockende Verheissungen ging 
Philipp gern ein, allein der König der Seythen hatte sich nur im 


1) ibid. IV, 101. 2) hist. IV, 8, 36. 3) IX, 2, 1-2 


᾿ 


852 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte. 


Augenblieke der Gefahr zu äbnlichen Bestimmungen verleiten lassen, 
Der Tod des Feldherrn in Istria, welcher die Seele des ganzen 
Krieges gewesen war, änderte die Sachlage plötzlich. Atheas be- 
durfte weiter keiner Unterstützung, und schien da ganz vergessen 
zu haben, was er früher versprochen. Er wollte auf nichts weiter 
eingehen, und veranlasste durch diese Treulosigkeit den Philipp zu 
einem Rachezuge, welcher mit des Atheas gänzlicher Besiegung 
endete. Ueber das Verhältoiss, ın welchem die Istrianer vor und 
nach dem Kriege mit Atheas zu Philipp standen, fehlen beim Justi- 
nus alle Nachrichten, allein ich glaube, dass sie mit dem Könige 
der Macedonier in keine nähere Berührung kamen; vor dem Scy- 
thenkriege erstreckten sich die Eroberungen Philipps auf Byzantium 
und die Städte im thracischen Chersonesus, und scheinen die nörd- 
licher am Pontus gelegenen griechischen Colonien nicht betroffen 
zu haben. Nicht anders dürften sich die Angelegenheiten nach der 
Unterwerfung des Atheas gestaltet haben, da Justinus im entgegen- 
gesetzten Falle doch wol mit ein Paar Worten der neuen Erobe- 
rangen Philipp’s in dieser Gegend gedacht hätte. Schon aus dem 
Umstande, dass sich Atheas nicht direct an Philipp wandte, son- 
dern durch die Einwohner Apollonias bei demselben um Hülfe gegen 
die Istrianer ansuchte !), ersieht man, dass letztere von Philipp 
ganz unabhängig waren. Hätten sie zu den von ihm unterworfenen 
Städten gehört, so wäre eine Vermittlung durch die Apollonienser 
ebenso unnöthig gewesen, als die glänzenden Versprechungen des 
Atheas, um von Philipp die gewünschte Unterstützung gegen Istros 
za erhalten. 

Zur Zeit Alsander’s des Grossen erschienen die griechischen 
Colonien, welche uns hier beschäftigen, in gleicher Unabhängig- 
keit?); denn ebenso wie die anderen freien Völkerschaften Tbhra- 
ciens schickten auch sie zum Alexander, welcher siegreich bis an 
den Ister vorgedrungen war, Gesandte mit der Versicherimg ihrer 
Ergebenheit. Alexander, durch diese freiwillige Unterwerfung ge 
wonnen, schloss mit ihnen unter gegenseitigen Garantien ein Freund- 
schaftsbündniss, und mag sich während seines Zuges nach Asien 
um die einzelnen nicht weiter gekümmert haben. Ä 

Anders wurde es nach dem Tode Alexander’s bei der Zer- 
stückelung des von ihm gegründeten Weltreiches Thracien und 
der thracische Chersonnesus fiel dem Lysimachus zu 3), und dieser 
scheint ein strenges Regiment in den ihm zugetheilten Landschaf- 
ten geführt zu haben. Namentlich verlegte er Besatzungen in die 
ttach Unabhängigkeit strebenden griechischen Colonien 4), welche, 
solch’ eines Druckes nicht gewohnt, den Verlust ihrer früheren 
Freiheit schmerzlich empfanden , und auf die Wiederherstellung 
ihrer alten Rechte eifrig bedacht waren. ‘Den Anfang zu einem 


1) Justin. IX, 2,1. 2) Arrian. exped. I, 4,6. 3) Diad Sic. XVII], 
8, 2. Fragm. hist. graec. ΠῚ. p.668, 684. 4) ὈΪϊδά. XIX, 73. 


Vom Staatsrath Dr. P. Beeker zu Odessa. 853 


allgemeinen Aufstande machten im Jahre 318 v. Ch. die Einwohner 
von Callatis, indem sie: sich nach Vertreibung der von Lysimachus 
bei ihnen eingesetzten Besatzung für frei erklärten. Dem Beispiele 
von Callatis folgten die Istrianer und die übrigen Nachbarstädte ; 
auch sie verjagten .die bei ihnen stationirten Truppen des Lysi- 
machus und verbändeten sich unter einander, um mit vereinigten 
Kräften Lysimachus ihre Unabhängigkeit abzutrotzen. Um ganz ᾿ 
sicher zu gehen, gewannen sie ferner noch die benachbarten thra- 
eischen und scythischen Völkerschaften für ihre Sache, und schlos- 
sen mit denselben einen engen Freundschaftsbund. Bald war ein 
so grosses Heer zusammen, dass an dem glücklichen Gelingen ihres 
Vorhabens kaum ‚noch gezweifelt werden konnte. Dennoch war 
das Resultat ein ganz anderes; denn kaum hatte I,ysimachus von 
dem’ Aufstande Kunde erhalten, so zog er mit seinen Truppen eiligst 
gegen die. Aufrührer. Er nahm seinen Weg durch Thracien, theils 
um sich von der Treue .der dort lebenden Völker za überzeugen, 
theils um durch dort geworbene "Truppen sein Heer zu vergrössern, 
zog in der Gegend des heutigen Varna’s über den Haemus, und 
belagerte Odessos, welches, da das Bundesheer nicht za Hülfe kam, 
von den auf einen solchen Angriff gar nicht vorbereiteten Einwoh- 
nern nur kurze Zeit gehalten werden konnte. Sie entschlossen sich 
zur Uebergabe auf Capitulation. Die Bedingungen derselben sind 
uns nicht weiter bekannt, allein es ist wahrscheinlich, dass sich 
Lysimachus nicht blos mit der Wiederherstellung des früheren Ver- 
hältnisses der Abhängigkeit begnügte, sondern die Freiheit der 
Odessiten noch weiter beschränkte, und ihnen namentlich grössere 
Abgaben auferlegte. Nicht besser erging es den Istrianern, welehe 
sich L.ysimachus gleichfalls aufs neue unterwarfe. Am längsten wehr- 
ten sich noch die Einwohner von Callatis, denen die thracischen 
Nachbaren und benachbarten Scythen in Folge des mit ihnen ab- 
geschlossenen  Bündnisses bedeutende Hülfstruppen gestellt hatten. 
Lysimachus griff sie vereinzelt an, ‘zwang zuerst. die durch den 
schleunigen Kampf eingeschüchterten Thracier zur Uebergabe, und 
besiegte dann in offener Feldschlacht die Sceytben, welche nach dem 
Verluste eines grossen Theiles ihrer Mannschaft in die Grenzen 
ihres Reiches jenseits des Isters zurückzukehren gezwungen wurden. 
Hierauf belagerte er das auf sich selbst beschränkte Callatis, wel+ 
ches ihm vor allem die Rädelsführer des ganzen Aufstandes auslie- 
fern sollte.. Dazu mochten sich die Callatiner nicht  entschliessen, 
so lange sie noch Hülfe von anderer Seite erwarten konnten, Sie 
hatten nämlich Antigonus für ihre Sache gewonnen, und dieser 
schickte ihnen gegen Lysimachus Unterstützung zu Wasser und 
zu Lande, Auf die Nachricht hin, dass Antigonus’ Truppen’ schon 
in Hieron seien, und dass dessen Schiffe bereits in den Pontus 
einführen, entschloss sich Lysimachus dem neuen Feinde eiligst 
entgegenzuziehen. Er liess einen Theil seines Heeres vor Callatis; 
um die Belagerung fortzusetzen, marschirte aber selbst, mit dem 
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. Hfl. 3. | 23 


854 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte, 


Kerne. seiner Armee über den Haemus. setzend, gegen Pansanias, - 


welcher die Landtruppen von Antigonus befehligte, und schlag ihn 
aufs Haupt. Pausanias blieb in der Schlacht, und die des Führers 
beraubten Truppen wurden theily für ein hohes Lösegeld entlassen, 
theils von Lysimachus in seine Reihen vertheilt. Wie es den Calla- 
&inern später ergangen sei, erzählt uns Diodorus !), welchem wir 
εἶα angegebenen Details verdanken, nicht weiter, allein es unter- 
liegt wol keinem Zireifel, dass auch sie sich ergeben mussten, 
und. für ihr Streben. nach Unabhängigkeit hart bestraft wurden, 
Erfahren wir doch von demselben Diodor 3) zum Jahre 810 v.Ch, 
dass während der Belagerung eine Hungerenoth in Callatis ansge- 
brochen sei, und dass in Folge derselben grosse Auswanderungen 
stattgefunden hätten, Der im bosporanischen Reiche herrschende 
Eumelus nahm allein ihrer. tausend bei sich auf, .trat ihnen Land 
ab, und sorgte für sie aufs wohlwollendste. 

Nach diesem verunglückten Versuche, sich von Lysimachas' 
Herrschaft ganz frei zu machen , tritt in der Geschichte der 
uns hier interessirenden Städte wieder eine Lücke ein, denn fast 
während eines halben Jahrhunderts erfahren wir nichts über das 
Verhältniss jener griechischen Colonien zu einander und zu den 
übrigen Reichen der damaligen Zeit. Die unter den Nachfolger 
Alexander des Grossen .ausgebrochenen Feindseligkeiten und Be- 
fehdungen werden indessen auch sie wol zu ihrem Vortheile mög- 
lıchst benutzt haben, und das um so eher, als sie durch ihre geo- 
graphische ‘Lage von dem eigentlichen Schauplatze der Begeben- 
heiten ganz entfernt. waren, und sich bei Allem nach den Umstän- 
den mehr oder weniger betheiligen konnten. Das Hauptaugenmerk 
richteten sie. natürlicher Weise auf die Vergrösserung ihrer Macht 
in der nächsten Umgebung, und da kam es in jenen Colonien zu 
Streitigkeiten unter einander selbst. Von solchen erfahren wir durch 
Memnon ?), welcher uns von einem um die Mitte des dritten Jahr- 
hunderts v. Ch, ausgebrochenen Kriege erzählt. Veranlassung zur 
Befehdung wurde das zwischen Istros und Callatis, gelegene Tomi, 
nach dessen Besitze sowal die Istrianer, als Callatiner verlangten, 
und das letztere bereits in ihrem Interesse auszubeuten angefanger 
hatten. Dagegen erhob sich Byzanz, welches, um mit Erfolg gegen 
Istros und Callatis zugleich anzukämpfen, bei dem pontischen Her2- 
clea «um Unterstützung bat. In gleicher Absicht wandten sich die 
Einwohner von Callatis an Heraclea, ihrer Mutterstadt, allein die 
Heracleoten gaben weder den Bitten des einen, noch dem Gesucht 
des anderen Gehör, sondern sandten in beide Städte Männer, welche 
die Feindseligkeiten friedlich beilegen sollten. Eine Ausgleichung 
gelang indessen nicht. Der Krieg brach aus, und war für die Cal- 
latiner so verderblich, dass sie sich von’ den erlittenen WNieder- 
lagen kaum wieder erholen konnten.. | 


1) XIX, 73. 2) XX, 25, 1. 3) fragm. XXI. 


. Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. . 353 


Nach dieser Begebenheit wird der lose Geschichtsfaden voll- 
ständig unterbroehen, und kann wegen Mangel an Nachrichten erst 
für die Zeit wieder einigermaassen aufgenommen werden, wo die 
Bömer in jenen : Gegenden: eine kedeutendere Rolle zu spielen au- 
fingen. Eine der hauptsächlichsten Veranlassnagen. war, hier der 
mithridatische Krieg, in. welchem die griechischen Colonien.am Pon- 
tus. die Bundesgenossen ‚des Mithridates ‚warea !), und. von. Jen 
Römern deshalb als Feinde behandelt wurden... Kriegszüge gager 
sie, und die einzelnen Völkerschaften,. welche es mit dem mächtigen 
Gegner hielten, konnten nieht ausbleiben, un wurden ‚namentlich 
von Magedonien 'aus von den römischen. Statthaltern unteraommen. 
So mag der Zug C. Scribonius Eurio’s, welcher als Procensul 
in Macedonien 75 v. Ch. Geburt die Dardaner und-Moesier unter- 
jochte ?), und von den zümischen Feldherrn zuerst bis an-die Donan 
vordrang, «den in. jener Gegend’ liegenden griechischen Colonien 
gleichfalls verderblich gewesen sein. — Mit Sioherkeit wissen wir.?) 
ferner, dass M. Terentius Verre. Lucullus, der leibliche Bruder 
des L. Licinias Lucullus *), als Proconsul Macedoniens, ja einem 
72 v. Ch. gegen die Moesier unternommenen Kriegszuge die unfern 
des Isters gelegenen griechischen Colonien brandschatzte. und plün- 
derte. Aus einer derselben, nach Strabo 5) aus Apollania, stammte 
z. B. die colossale Apollostatue,. welche in Rom das Gapitolium 
schmückte, und von M. Lucullus dortbin gebracht wordes war. Sie 
soll nach Plinius 6) dreissig Ellen hoch gewesen sein, und wurde 
fiir eine Arbeit des Calamis gehalten ἢ, ‚Uehrigens ist die Stelle, 
in welcher Appian uns. von sechs ‚griechischen Städten erzählt, die 
M. Lueullus: bei geinem. Zuge nach: Moesien feindlich bebandelt habe, 
nicht ‚vollständig erhalten. Nur von vieren finden: sich die Namen 
in dem -lückenhaften Texte, in welchen neuere Gelehrte .dit. beiden 
feblenden erst durch ‚Conjectur hineinzubringen suchen, indem sie 
zu .den’ vier Städten Istzos, Dionysopolis, Qdessos und Mesembris 
noch die Namen, von Callatis und Apallonia hinzufügen. Die Zahl 
kommt auf solche Weise freilich richtig heraus, allein bei alle dem 
bleibt es duch noch eine Frage, ob Callatis und Apolionia ursprüng- 
lich in dem Texte standen. Wird die geographische Lage. der ge- 
nannten Städte berücksichtigt, so kann auf Mesembria ganz gut 
das noch südlicher gelegene Apollonja folgen, allein Callatis. pass# 
nicht dahin, «a es, wie wir bereits oben sahen,: viel nördlieher, 
zwischen Istros und Dionysopolis zu suchen .ist, Fär 'Apollonia 
spricbt namentlich die. Notiz des Strabo, ,dasa die Apellostatue auf 
dem Capitol vom M. Lucullus eben aus Apollonia .nach Rom ge- 
bracht worden sei, Was kann .man aber für Callatis anführen? 


3) Appian. bell, Mithrid. 15 ef.69. 2) Ruf, brev. 7. Eutrop. VI, 2. 
Jornand. de regn. succ.5& 3) Appian. de reb, Hlyr. 30. 4) Drumann 
Geschichte Roms IV. p.176. 5) VII. p.319. . &).H. N. XXXIV, 18(6). 
ef. IV, 27 (13). 7) Strabo 1.1, 95 + 


Ἂ τς στ 


856 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte, 


Der lückenhafte Text!) ist unverständlich. Das in demselben vor- 
kommende ἐκ Καλατίδος leitete auf Callatis, allein dieses hätte ja, 
da die geographische Lage der einzelnen Städte von Norden gegen 
Süden berücksichtigt wird, gleich hinter Istros stehen müssen. Zu 
einer so-gewaltsamen Umstellung wird sich indessen Niemand leicht 
entsehliessen, da in den Handschriften hinter Istros keine Lücke 
ist, und das in dem Texte sich findende ἐκ Καλλατίδος durch einen 
Schreibfehler vielleicht für ἐν Καλάμιδος steht. Wäre das wirklich 
der Fall, so hätte man an den Künstler Calamis zu denken, von 
‘welchem die Apollostatue gefertigt war, und würde für den uns 
unbekannten Namen ‚der sechsten Stadt nicht Callatis in Anspruch 
nehmen. | 

Weniger glücklich als M. Lucnllus war C. Antonius, der Bro- 
der des Triumvir, welcher gleichfalls von Macedonien aus einen 
Kriegszug gegen die am Ister wohnenden Völkerschaften unternahm, 
von den Bastarnern aber bei der Stadt Istros geschlagen wurde, 
nnd an sie einen Theil seiner Fahnen verlor?). Die erlittene Schmach 
rächte indessen bald Μ, Licinius Crassns, der Grosssobn des Trium- 
vir3), Demselben gelang im Jahre 29 v. Ch. die vollständige 
Unterwerfung der Moesier, welche er als Proconsul von Macedonien 
angriff 4) und besiegte. Mit dem Schicksale der Moesier war das 
der griechischen Colonien 'am Ister eng verbunden, und daher ist 
‚kaum zu bezweifeln, dass dieselben nicht auch damals in die Ab- 
hängigkeit der Römer kamen. | u 

Es fragt sich, ob das neu eroberte Land unter dem Namen 
Moesien oder Mysien schon gleich damals in eine römische Provin 
verwandelt worden sei. Als solche fehlt sie freilich in dem Ver- 
zeichnisse der Provinzen, welche Augustus im Jahre 27 v.Ch. zwi- 
schen dem Senate und sich vertheilte®), allein in dem Berichte, 
welchen derselbe von seinen Thaten dem Senate ablegte, wird der 
Einnahme Moesiens namentlich gedacht 6) und zwar in Verbindung 
mit der Unterwerfung Galliens und Aegyptens, die in dem besag- 
ten Verzeichniss als Provinzen genannt werden. Dagegen sprich! 
indessen das Zeugniss des Appianns ?), nach welchem Moesien eret 
unter Tiberins zu einer Provinz eingerichtet worden sei.- Verbielte 
sich die Sache wirklich so, so muss es einen wundern, dass Velleju® 
beim Tiberins dessen mit keiner Silbe gedenkt, und dass Suetonius‘) 
im Leben des Tiberius Moesien ohne weiteres eine römische Pro- 
vinz nennt, was er doch wol nicht gethan hätte, wenn diese Land- 
schaft erst damals zu dem römischen Reiche geschlagen worden 


1) ἔνϑα εἰσὶν Ἑλληνίδες TE πόλεις, Πυσοῖς πάροικοι, "Torgog TE 
καὶ Διονυσόπολις, καὶ Ὀδησσὸς, καὶ Μεσημβρία ** ἐξ ἧς ἐς Ῥώμην ἐκ 
Ἀαλατίδος ἘΞ μετήνεγκδ τὸν μέγαν ᾿“πόλλωνα τὸν ἀνακείμενον ᾧ Πα- 
λατέω. 2) Dio Cass. LI, 26. 3) Drumann ἃ. a. O. IV. p. 116. N. 40. 
4) Dio LI, 25—27. Liv. epit. CXXIV. CXXV. Flor. IV, 12, 15. 
83 m Kan, 12. 6) Dio LIII, 7: τὴν Μυσίας χείρωσιν. . 7) ΠΙγτ. 80. 

1, . ἢ ’ . 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 857 


wäre. Ferner spricht die Verweisung Ovids nach dem in Moesien 
gelegenen Tomi dafür, dass dieses Land schon zur Zeit des Au- 
gustus zum römischen Reiche gehört habe. Wie hätte man dem 
straffälligen Dichter eine ausserhalb der Grenzen der römischen Herr- 
schaft gelegene Stadt als Verbannungsert anweisen sollen? Die Ab- 
hängigkeit Moesiens von Rom bestätigt ja Ovidius selbst, wenn 
er sagt}: . 
Haec est Ausonio sub iure. novissina, vizque 
Haeret in imperü margine terra tu, 

Was sollen seine Worte Ausonio sub jure anders sagen, als 
«lass Moesien schon damals römische Provinz gewesen sei? 
lich hat uns Dio?) zum Jahre 6 nach Ch, in der Person des A. Cae- 
cina Severus sogar den Namen eines Statthalters in Moesien er- Ὸ 
halten, und. wenn Tacitus 8) zum Jahre 35 nach Ch. berichtet, dass 
Poppaens Sabinus 24 Jahr lang den wichtigsten Provinzen, nament- 
lich Moesien, Achaia und Macedonien vorgestanden habe, und dass 
unter denselben Moesien die erste gewesen wäre, welche seiner 
Verwaltung anvertraut worden sei*), so dürfen wir eben diesem 
Poppaeus Sabinus, welcher im Jahre 9 nach Ch. Consul gewesen 
“αν δ), schon für das Jahr 11 nach Ch,, also noch unter Augustus, 
die Statthalterschaft in Moesien vindiciren. Dies alles zusammen- 
genommen berechtigt zu der Annahme, dass Moesien, wenn auch 
nicht gleich nach seiner Einnahme, so doch unter Augustus, rö- 
mische Provinz geworden sei, und’ beim Regirungsantritte d 
Kaiser Tiberius als solche bereits existirt habe. 

Ursprünglich war Moesien eine ungetheilte kaiserliche Provinz, 
allein später wurde sie .in zwei Theile gesebieden, und der eine 
„;Moesia superior,‘ der andere ‚‚inferior‘‘ genannt, jener begriff 
den westlichen Landstrich, dieser den. östlicheren. Wann die Thei- 
lung stattgefunden, erfahren wir von keinem der alten Auctoren 
mit positiver Bestimmmtheit, allein gewöhnlich nimmt man an 5), dass 
.dieselbe in die letzten Jahre des Domitian oder in den Anfang der 
Regierung des Traian falle, und in der That scheint ein uns er- 
haltenes Diplom’) Traians vom Jahre 106 nach Ch, das älteste 
. Document zu sein, in welchem die Theilung durch besondere Na- 
. men deutlich ausgesprochen wird. Factisch muss sie indessen schon 
viel. früher bestanden haben. Denn da wir durch Dio 8) wissen, 
dass der im Jahre 35 nach Ch. verstorbene Poppaeus Sabinus fast 
während der. ganzen Regirungszeit Tiberius®’ den beiden Moe- 
sien als Statthalter vorgestanden habe, so muss Moesien bereits 


1) Trist. II, 199, 20. 2) LV, 29: Χαικένας Σεουῆρος ὃ τῆς 
πλησιχώρου Μυσίας ἄρχων. 3) Annal. VI, 39. 4) ibid. I, 80. 
5) Zumpt Annal, vet. regn. p. 116. 6) Forbiger Handb. d. alt. Geogr. III. 
p. 1088. N. 92. Franz Corp. Inscript,. Gr. N. 5977. Becker Handb. d. 
röm. Alterth. Th. III. Abtb. I. p. 105. 7) Arneth, zwölf Militairdi- 
.plome, p.44: et sunt in Moesia inferiore sub A. Caecilio Faustino. 
δ LVıH , 20. 


358 Beiträge zur genaneren Kenntniss Tomi’s u.der Nachbarstädte. 


unter Tiberms ein zweithdiliges gewesen sein. Dafür spricht denn 
-auch der Umstand, dass schon unter der Regirung des Kaiser 
Tiberrus für mehrere Jahre zwei'Statthalter zu gleicher Zeit genannt 
‚werden; so erscheint neben Poppaeus Sabinus, welcher, wie wir 
schon oben. sahen, bereits unter Augustus Moesien einige Jahre vor- 
:stand, im Jahre 19 nach Ch. G. Latinins Pandus, und nach dessen 
Tode Pompeonius Flaccus als Statthalter in Moesien!). Ferner er- 
zählt uns Dio 2) in- Uebereinstimmung mit: Tacitus ®), dass Pom- 
ponius Labeo, welcher sich im Jahre 34 nach Ch.' das Leben ge- 
‚nommen "habe, ' um: wegen einer Anklage: auf'Besteehung der Cri- 
misihluntersuchang Aus ‘dem Wege: zu-gehen‘, acht Jalire-lang Moe- 
"siert verwaltet hätte. Auf ein doppeltes Moesien führen: uns auch, 
zur Zeit des. Vitellins, sowol die Wofte von Suetonius 5): desci- 
‚verunt ab eo exercifas Möesiarum, als auch das von Aurelius 
Vietor: legati Moesiae, Für’ das Jahr 69 nach ΟἿ, kennen wir 
sogar die Namen zweier gleichzeitiger Statthalter Moesiens. Die- 
ses ist auf der einen Seite Vespasiaus Bruder Sabinas δ). auf der 
andern Marcus Aponius 'Satarninas.‘ Auch für das erste Jahr der 
‚Regierung Vespasians, also 70-nach Ch., sind‘ uns die Namen, 
zweier gleichzeitiger’ Statthalter Moesiens in der Person des Mar- 
Cus Aponius Saturomus®), desselben, welchen wir schon fürs Jahr 
:69 nannten, und in der des Fonteins Agrippa”) erhalten. Aus 
allem diesem scheint hervorzugehen, dass Moesien schon unter Ti- 
berius in zwei Theile geschieden wurde, und dass die Verwaltung 
dieser Provinz, wenns auch nicht beständig, so doch nach den jedes- 
maligen Umständen einem oder: zwei Statthaltern anvertraut war. 
Die Bimenbang superior und inferior mag erst später, etwa unter 
'Domitian oder 'Traian, aufgenommen, und seit dieser Zeit denn 
‘auch jeiler dieser Theile beständig von- einem besonderen Legaten 
verwaltet worden sein. “ ΝΣ ᾿ 
Die Namen der uns bekunnten Statthalter-Moesiens, für welche 
sieh die ‚Zeit ganz oder ziemlich ‘genau - bestimmen lässt, "sind 
Folgende: ᾿ nl . ! ἝΝ 
᾿ Careinas.Severns im Jahre 6 nach Chr. Οἱ 8), 
 Poppaeus Sabimus v; 11-85 n. Ch.) und fürs Jahr 19 n. Ch. 
gleichzeitig rait Latimias Pandus 20) and nach dessen Tode mit 
Pomperäus Flaceus 11); von 26-34 n; OH. gleichzeitig. mit 
Pomponius Eabeo 13). .“.-  ' on 
᾿ Memmius'Regelus, Nachfölger'des Poppaens Sabinas seit 35n.Ch.1?). 
 Sabimus v. 62—69 ἡ. Ch. 4%) und fürs Jahr 69 gleichzeitig mit, 
M. Aponius Saturninus 15), 


ᾷ ἮΝ 
‘ 4, 


3) Tac. Ann. II, 66. 2) LVII, 24. 8) Ann. 1,39. 4) Vit. 15. 
3) Caes. VIH, 2. 6) TFacit: Hist. III, 76. 2, Tacı Hist. V, 26. 
&) Joseph. 'de bell, Jud, VII, 5, 3: 9)-Dio LV, 39. . 10) Tacit. Ann. 
41, 89. -T).ibld. If, 66. 12) Dio LVIII, 2% 13) ibid. LVEIL, 2%. 
14) Tacit, Hist. III, 75. 15) ibid. I, 79. II, 85. IO,6, 9, 11. 


Vom Staatsratı Dr. P. Becker zu Odessa. 359 

M. Aponius Saturninus im Jahre 70 1) und gleichzeitig mit Fon- 

teius. Agrippa 3). 

ΤΙ. Plautius Μ, F, Sılvanus zur Zeit Vespasians 3). 

Oppius Salinus unter Domitian 53) im Jahre 86 n. Ch. 

Calpurnius Macer in den ersten Regirangsjahren Traians etwa 

103 n. Ch. G.°). 

A, Caecilius Faustinus in Moesia inferior um das Jahr 106 n. Ch. 

unter Traian ®), 

L. Minicius Natalis unter Traian legatus in Moesia inferior und 

einer der nächsten Nachfolger des Faustinus 7). 

Antonius Hiberus unter Hadrian 8), nach dem Jahre 133 n. Ch. 

T. Vitrasius Pollio legatus unter Hadrian 9). 

P. Helvius Pertinax, Statthalter beider Moesien, in den letzten 

Jahren der Regierung M. Aurels, etwa 178 n. Ch. 19). 

Heraclitus unter Commodus etwa 192 n. Ch.1}), 

L. Ovinius Rusticas Cornelianus zur Zeit des Sept. Severas le- 

gatus in Moesia inferior 12). , - 

Tullius Menophilus unter Alexander Severus v. 230—233n,Ch.13). 
Ausserdem kennen wir noch aus Inschriften die Namen von drei 
Statthaltern Moesiens, allein bei denselben lässt sich die Zeit ihrer 
Verwaltung nicht näher bestimmen. Dies sind D. Pompeius Falco 1%), 
M. Caecilius Novatilianus, Praeses prov. Moesiae superioris 18) und 
C. Titius Similis,-Proconsul prov. Moesiae inferioris 16), 

Tomi uod die benachbarten griechischen Colonien, welche uns 
hier ‚beschäftigen, gehörten zu Moesia inferior, und standen also, 
seit das Land eine römische Provinz geworden war, unter der un- 
mittelbaren Controlle der Statthalter Moesiens. Sie empfanden die 
Abhängigkeit von-Rom hauptsächlich nur dadurch, dass sie zu jähr- 
lichen Abgaben verpflichtet waren, allein, sobald die Umstände es 
verlangten, fehlte es auch nicht an anderen Anforderungen und Auf- 
lagen. : Bei alle dem liessen die Römer das Gemeindewesen der ein- 
zelnen ruhig fortbestehen, und mischten sich nur in besonderen Fäl- 
len in die inneren Angelegenheiten jener griechischen Städte. Diese 
begnügten sich mit der ihnen scheinbar erhaltenen’ Freiheit, und 
mochten bei der äusserlichen Beibehaltung ihrer früheren Verfassung 

1) ibid. V, 6. 2) Joseph, de bello Jud. VII, 5, 3. 3) Orelli 
Inseript. Lat. col. N.730. 4) Jornandes de τον, Goth. 18. Suet. 6. 
Taeit. Agr. 41. 5) Plin.-Epist. X, 71 (51), 72 (69), 82 (81). 6) Ar- 
neth zwölf Militairdiplome 1843. p.44. 7) Grut. p.49, 6. Fea Framm. 
di Fasti n. 22. Mommsen Bulletino' del Instit. arch. Rom 1846. p. 43. cf. 
Franz Corp. Inscript. Gr. III. N. 5978. Digest. II, 12 1. 9. (de feriis). 
8) meine Abhandlung Tmpac» a Tupnmmm in 3arıacku OAecckaro 
O6igecmsa Hcmopimn m Äpesuocmen If. p.443. - 9) nach.einer In- 
schrift im Journale l’Ordine 1851. Ν, 104. 10) Jul. Capitol. Pertinax 3. 
11) nach einer auf Tyra bezüglichen, von mir erklärten Inschrift v. 8. 
12) Grut. p.446. Digest. XLIX, 15,9. Cod.VIII, 51,1. Digest. XXX VIII, 
17, 1. 8.8. 18) Petri Patricii fragm. 8. 14) Visconti Monum. Gabini. 
.p. 206. 15) Orelli. N.1178. 16) ibid. N.3668. - 


x 


860 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u, der.Nachbarstädte. 


und’ sonstiger Einrichtungen die Verääderüung- weniger fühlen, welche 
mit ihnen vorgegangen war. Ja einzelne gelangten in. den neuen 
Verhältnissen erst zu höherer Blüthe und grösserem Ansehen. Das 
war namentlich mit Tomi der Fall, welches. sich vor allen anderen 
Städten Moesiens den Römern scheint angeschlossen zu haben, Als 
Zeugniss dafür können die tomitischen Münzen gelten , auf denen be- 
reits das Haupt des Tiberius mit der. Umschrift TIBHPIOC KAICAP 
vorkommt !); auf den Münzen der übrigen Städte erscheinen da- 
gegen die Köpfe römischer Kaiser erst viel später, nämlich in 
Istros2) und Odessos®) seit Hadrian, in Callatis *) ‚seit Marcus 
Aurelius, und in Dionysopolis®) erst seit Commodus. Für die 
Zeit der zuletzt in diesen Städten geschlagenen Münzen herrscht viel 
grössere‘ Uebereinstimmung; in Istros, Dionysopolis und Odessos 
reichen die letzten bis auf Gordianns. und Tanaguilla®‘) und in Tomi 
und Callatis bis auf Philippus junior 7). Den Aufschwung Tomi’s 
im ersten Jahrhundert nach Ch. bezeugt ferner eine bisher noch 
unbekannte, mir selbst gehörige tomitische Münze. . Es ist dies 
folgende: 

Hanpts. K AICAPTAIOC belorbeertes Haupt des Kaisers Caligula 

zur Rechten. 
Rücks TOM HITHTOPOC aufrecht stehender cadıceus. 
E 2%. 

Die Richtigkeit der Inschrift auf der Rückseite bestätigen zwei von 
dem. Herrn von Mursakewitsch publicirte Münzen®), welche ans 
Leuce stammen, aber weniger vollständig erbalten sind. Die eine 
derselben, in der Grösse von ‘34, trägt auf der Rückseite die Buch- 
staben HI'H, die andere, in der Grösse von 3, hat als Legende 
HTHTO, was bei der einen, wie bei der andern ohne allen Zwei- 
fel eine Abkürzung von HTHTOPOC ist. Anf der Hauptseite zei- 
gen jene beiden Münzen gleichfalls den Kopf des Caligula mit der 
Umschrift KAlzZ.. TAIOT oder KAIC.. TAIOT. Hiernach kann 
es kaum noch zweifelhaft sein, dass Tomi schon zu Caligula’s Zeiten 
eine gewisse Suprematie über die benachbarten Städte ausübte, allein 
dass -diese weniger eine politische war, beweiset der aufrecht ste- 
hende caduceus, welcher, als gewöhnliches Emblem des Mercurius, 
uffenbar auf den Handel hinweist, durch den Tomi schon unter 
Caltgula vor den übrigen Städten der Nachbarschaft sich auszeichnen 
mochte. Namentlich war es der Getreidehandel, welchem Tomi 
sein Anfblühen zu verdanken hatte, und welcher bei der Frucht- 
barkeit Moesiens®) am meisten Ressourcen hat. Dies denn auch 


1) Mionnet' Sup. HU. p.183. N.731. 2) ibid. p.69. N. 91. 8) Mion- 
net deseript. des med. I. p. 895. N. 223 und Sup. II. p. 351. N. 896. 
4) Sup. UI. p.56. N, 196. 5) Sup. II. p.64. N.65. 6) Mion, Sup. II. 
v-70. N. 96; p.68. N.83; p. 362. N. 955. 7) Sup. II. p. 205. N. 860; 
p.68. N. 64. 8) 3aıuckn OAecckaro O6bugeemsa Mcm. m Ares. IM. 
p- 240. N. 16, 17. 9)'Solinus 21: Moesias maiores nostri Sure Cereris 
horreum nominabant. Ä 


Vom .Staatsrath Dr. P, Becker zn Odessa. . . 361 
der Grund, weshalb auf der einen vom Herrn von Marsakewitsch 
beschriebenen Münze 1) statt des caduceus zwei aufrecht stehende 
Aehreustengel,. über denen die Dioscurenmützen, zu sehen sind. 
Die einmal eingeleiteten Handelsverbindungen werden im Laufe des 
Jahrhunderts beständig zugenommen haben, und daher kein Wunder, 
dass ein so lebhaftes Treiben viel Fremde nach Tomi zog und zur 
Ansiedelung daselbst überredete. Bei alle dem war die Nähe der 
benachbarten rohen Völkerschaften,. welche gewiss ebenso, wie schon 
zu Zeiten des Ovidius, ihre feindlichen Angriffe nicht völlig ein- 
gestellt hatten, für Viele immer noch ein Hinderniss, um sich blei- 
bend oder auf längere Zeit in Tomi niederzulassen. Um.so in- 
teressanter ist eine noch unedirte Münze, welche der Odessaer 
Gesellschaft für Geschichte und Alterthümer gehört und näher be- 
schrieben zu werden verdient. 


Haupts. ..... NEINO. Belorbeertes Haupt des. Kaisers. An- 
toninus Pius zur Rechten. 


Rücks. .'TOMI XAIPOFZENDO. in drei Zeilen. Die geflügelte 
| Ä Victoria zur Linken ‘gewandt, hält in der aus- 
gestreckten Rechten einen Kranz, und steht mit 


einem Fusse auf einem menschlichen Kopfe mit 
langen Haaren, E4 


Tomi erscheint bier schon nicht mehr als blosse Handelsstalt, 
Der durch den Handel errungene Reichthum versetzte die Tomiten 
in den Stand, sich gegen die rohen Nachbaren durch kräftigen Wider-- 
stand zu vertheidigen, und die auf unserer Münze dargestellte Victe- 
ria zeigt uns die glückliehe Besiegung jener wilden Feinde, Seit 
dieser Zeit kann sich die von aussen nicht mehr beunrubigte Stadt 
„die gastliche‘‘ nennen, und den in ihr sich ansiedelnden Fremden 
Sicherheit und Ruhe versprechen. Die unter Antoninus Pius ge- 
stiegene Macht zeigt sich auch dadurch, dass sich Tomi unter 
demselben Kaiser MHTPONOAIC?) und seit Marcus Aurelius 
MHTPOIIOAIC TIONTOT?) zu nennen anfing, und diesen Titel 
auf allen späteren Münzen bis auf Philippus junior beständig be- 
wahrte. Mit dem zuletzt genannten Kaiser erreichte das Münzrecht 
für alle Städte der Gegend ebenso sein Ende, wie für Tomi die 
von den Römern noch nicht ganz unterdrückte Unabhängigkeit. 
Die Rauhzüge und Einfälle der Gothen mussten das Leben in den 
griechischen Colonien plötzlich unterdrücken, und wenn die Namen 
der einzelnen auch mehrere Jahrhunderte später 8) noch vorkommen, 
so zeigt uns das doch nur, dass sie in den Stürmen der Zeit nicht 
vollständig zu Grunde gegangen seien. ‚Von der früheren Bedeut- 


1)... 2) Mionnet Sup. IL. p. 185. N. 740. 3) ibid. IT. p. 185. 
N. 711 sqg.: 4) Procop. de acdit. IV, 11. p. 307, 308 (ed. Bon.) 
Constant. Porphyr, III, 47 (ed. Bonn.) Hieroclis Synecdemus ibid, p. 391. 


364 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte., 


Städte zu allen Zeiten mit einander gestanden haben mögen, auf 
den iu der. andern Inschrift .erwähnten Bund der fünf Städte be- 
zogen. Schon der oben erwähnte olbiasche Beschluss, in wel- 
‘chem. ausser Olbia noch achtzehn mit den Qibiopoliten befreundete 
‚und mit ihnen in Handelsverbindungen stehende Städte Theocles 
goldene Kränze zuenkennen, zeigt uns, dass bei ähnlichen Ehren- 
bezeugungen nicht grade‘an einen engeren Bund zu denken ist. 
Für einen solchen spricht auch nicht der Umstand, dass in der 
mesembriaschen Inschrift von. jeder Stadt einzeln angegeben wird, 
worin die Verdienste des durch Kranz und ‚Statue zu ehrenden 
Mannes’ bestanden. Die. ven jeder Stadt besonders und mit allen 
Details ausgesprochene Anerkennung lässt sich durch die kleine Zahl 
der an der Belohnung Theilnehmenden leicht erklären. Das seit 
dem ersten Jahrhundert aufblühende "Tomi konnte, da wir von dem 
Aufschwunge Odessos und der. übrigen Städte in dieser Periode 
nichts erfahren, am ersten an der Spitze eines solchen Bundes 
stehen, und durfte sich in Folge der durch den Bund. erlangten 
Macht seit Antoninus Pius den Ehrentitel MHTPOHOAIC oder 
MHTPOIOAIC ΠΟΝΤΟΥ͂ mit Recht beilegen,. Wäre dieses wirk- 
lich der Fall, so wird ‚sich der Band auf die zunächst liegenden 
Städte, nicht aber auf die weiter im Süden zu suchenden beziehen, 
und deshalb glaube ich, dass Tomi mit Istros, Callatis, Dionyso- 
polis und Odessos den Bund gebildet habe, Die genannten Städte 
scheinen wenigstens, wie man aus.den in ihnen frühzeitig geschla- 
genen, und für Tomi seit 'Tiberius in fast ununterbrochener Reihen- 
folge erhaltenen Kaisermünzen vermuthen kann, vor anderen sich 
an Rom angeschlossen, und dadurch das ‚Fortbestehen innerer und 
äusserer Wohlfahrt noch lange gefristet zu haben. Nur in Diony- 
sopolis beginnen die bisher bekannten Kaisermünzen 1) erst mit 
Commodus. Die früheren mögen uns zum Theil verloren gegangen 
sein, können aber nicht ganz geläugnet werden, da ich selbst eine 
besitze, welche dem Antoninus Pius anzugebören scheint, Es ist 
dieses folgende: 


Haupts, CEBACTOT belorbeerter Kopf des Kaisers Antoninus 
Pias (Ὁ zur Rechten. 


 Rücks.. AJIONTCOUOAGITSLN aufrechtstehende Fackel. 


Nicht vollständiger als über das öffentliche Leben Tomi’s und 
der Nachbarstädte sind unsere Kenntoisse von dem Privatleben.der 
dortigen Einwohnerschaft. Die einzige Quelle ist hier Ovidius, 
welcher indessen das Leben in Tomi mit zu grellen Farben zu 
schildern scheint, und in dem verhassten Verbannungsorte nichts 
Gutes finden will. Sitten, Sprache und Gebräuche sagen ihm durch- 
aus nicht zu2), und in der That, wenn wir den Worten Ovid’s 


1) Mionnet Sup. U. p.6%. N.65. 2) Trist. III, 8, 37 sq. 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 365 


unbedingten Glauben schenken wellen, so stand die Cultar in Tomi 
eben auf keiner hohen Stufe. Der lebhafte Verkehr mit den Bar- 
baren der Umgegend, so wie die übrigen Localverhältnisse mussten 
in mannichfacher Beziehung dem Leben der Tomiten eine ganz be- 
sondere Färbung geben. Den an die ‘Segnungen des Friedens ge- 
wöhnten Ovidius überraschte in Tomi nicht blos die Annahme bar- 
barischer Trachten und Kleidungen, bei welchen Beinkleider, Pelz- 
mützen, Tragen von Pelzwerk und langes Haar besonders erwähnt 
werden !), sondern auch das unruhige Treiben innerhalb der Manern 
der Stadt, wo bei der Furcht vor feindlichen Einfällen der barba- 
rischen Nachbaren militairische Bästungen und beständiges Wafen- 
geklirre zur Nothwendigkeit geworden: waren 2). Unter solchen Um- 
ständen konnte freilich zur. Zeit des Ovidias in Tomi weder der 
Mandel recht aufblühen, noch Künste und Wissenschaften zu ge- 
deihlichem Flore kommen. Ersterer beschränkte sich damals haupt- 
sächlich auf den Verkehr mit den Nachbarstädten und denen des 
Bosporus Thracicus, war aber mit Griechenland und Italien ein nur 
unbedeutender ?), und was letztere anbelangt, so fehlte es in Tomi 
an dem nöthigen Sinne für geistige Beschäftigung *). Den Mangel 
an Büchern 5) namentlich empfindet Ovidins ebenso schmerzlich, 
als die geringe Theilnahme an seinen dichterischen Arbeiten 6). Dazu 
die sehr beschränkte Kenntuiss des Lateinischen 7) und die Ver- 
unstaltung des Griechischen, welches durch Einmischung barbarischer 
Wörter und Formen von seiner ursprünglichen Reinheit ganz ab- 
gewichen war®). Nicht minder auffallend erscheint es dem Dichter, 
dass sich die tomitischen Frauen, denen Spinnen und Weben etwas 
Fremdes war, mit Mahlen des Getraides und Wassertragen beschäf- 
tigen?). Dies alles zusammen genommen gibt uns eben kein freund- 
liches Bild von dem- damaligen Leben der Tomiten; - dasselbe er- 
schiene: aber vielleicht in einem andern Lichte, wenn der römische 
Dichter. unter günstigeren Verhältnissen und in besserer Stimmung 
seine Schilderung verfasst hätte. Bei der endlosen Sehnsucht nach 
dem heimathlichen Ram wurde aller Hass, alle Unzufriedenheit auf 
den Ort. übertragen, welcher Ovid zum unfreiwilligen Aufenthalte 
angewiesen war, und Manches ganz anders aufgefasst, als es be- 
urtheilt zu werden verdiente. So z. B. tadelt der Dichter, wie wir 
oben sahen, die Tomiten wegen ihrer Theilaahınlosigkeit an seinen 
poetischen Schöpfungen, und doch sind es dieselben Tomiten, 
welche ihm, dem Fremdlinge, wohlwollen 30), ihn ihretwegen 
in ihrer Mitte zu erhalten suchen, und als Beweis der Anerkennung 


+ 


1) Trist. V, 10, 32. IV, 6,47. III, 10,19. V, 7,45 seq. 42) Trist. 
III, 10, 68 seq. III, 14, 38. V, 7, 10 seq.“45 se. 3) Trist. III, 
12, 32 seg. Epist. III, 1, 23. 4) Trist. III, 14, 37 seq. V, 12, 53 segq. 
5) Trist. V, 12, 53 seq. II, 14, 42. 6) ibid. u. IV, 1, 89. 7) Trist. 
IV, 1, 89, v, T, 54 8606. 8) Trist. V, 2, 67 806. IN, 14, 41. v, T, 14 
und 54. V, 10, 25. 9) Epist. IIT, 8, 10. 10) Epist. IV, 9, 97 664. 


366 Beiträge zur genaneren Kenntniss‘Toaini’s u. der Nachbarstädte. 


seines Talentes: ihn mit allen möglichen Eliren überschütten. Wo- 
durch konnten ‚sie ihren. Sinn für alles Höhere und Bessere wol 
deutlicher an den Tag legen, als dadurch, dass sie dem aus der 
Hauptstadt zu ihnen gesandten Dichter ὁ öffentlicher. Urkunde das 
‘gebührende Lob spendeter!), dass sie ihm die Immunität zuer- 
. kannten), und ihn. der öffentlichen: Bekränzung würdig fanden 3)? 
Das Alles. zeugt doch wahrlich nieht von Abstumpfung und Gleich- 
gültigkeit. Tomi hatte sich freilich sicht frei erhalten können von 
dem-barbarischen Einflusse seiner Nachbarn, allein. das griechische 
Element blieb. doch alle Zeit das überwiegende, und zeigte sich dem 
vorurtheilsfreien: Beobachter ‘ganz: deutlich in dem Lieben der dor- 
tigen Einwohnerschaft. Ina noch höherem Grade niag das der Fall 
gewesen sein, seit .Iomi dureh engeren Anschluss an Rom unter 
den -Auspicien der römischen ‚Kaiser zu häherer Blüthe. empörstieg, 
- and sich zur Hauptstadt der ganzen Gegend (MHTPOROAIC 
ITIONTOT) erheben konate. 

Nachdem ieh in dem Vorstehenden Alles zusammengetragen, 
was uns über Tomi und die Nachbarstädte einigen Aufschluss geben 
konnte, theile ich schliesslich nur noch sechs Inschriften mit, welche 
theils zur Bestätigung, theils zur Verständigung des oben Gesag- 
‚ ten dienen können. Vier derselben beziehen sich auf Tomi, zwei 

‘auf Odessos. Erstere in Kustengie oder dessen unmittelbarer Nähe 
vom Herrn von Tedeschi, dem österreichischen. Viceconsul in Varna, 
aufgefunden), eriitelt ich durch den österreichischen 'Consul in 
Odessa, den Herrn Ritter von Ceschini, welcher mir eine Abschrift 
von denselben in Varna gütigst- besorgen liess, und was die beiden 
letzteren, in Varna entdeckten, anbelangt, so kenne ich die eine 
durch das italienische Journal L’Ordine δ), und die andere durch 
gefällige Mittheilung des Herrn von Palausow. -'Für-die alte Geo- 
graphie sind alle sechs nicht ohne 'Bedeatung,, denn .die in und bei 
Kustengie gefundenen zeugen von der Richtigkeit: 'meiner Annahme, 
dass Tomi auf der Stelle der heutigen Kustengie gestanden habe, 
and ‘die ans Varna stammenden bestätigen aufs neue, dass dort das 
alte Odessos zu snchen sei. Doch auch in anderer Beziehung sind 
die Inschriften nicht ohne Wichtigkeit, wie ich bei der Erklärung 
“ der einzelneni unten zeigen werde. Ich spreche zuerst von den vier 
tomitischen, welche sämmtlich, nach Angabe des Herrn v. Tedeschi, 
"im August 1852 entdeckt wurden, und mit Ausnahme der ersten 
fast ganz vollständig erhalten zu Sein scheinen. Um so mehr be- 
dauere ich’ es, dass die mir zugestellten Copien im Einzelnen manche 
Ungenauigkeiten bieten, und dass deshalb auf ein Paar Stellen viel- 
leicht noch Zweifel über die von mir angenommene Lesart obwalten 
könnnten. 


1) Epist. IV, 9, 101. 2) ibid, 103. ν᾿ oapiet. IV, 14, 55 segq. 
4) Wiener Loyd 1852. N. 228. 5) 1851. 


: 


Vom Staatsrath Dr. Ps Berker zu Odense. 367 


Nr, 1... 

Auf «εν Ostseite . der Halbiosel, auf welcher Kustengie liegt, 
wurde im August 1852 ein marmornes, drei Cubikfuss grosses Capital 
ausgegraben, auf welchem folgende Inschrift stand: 
IMPCAEDIVITRA - + Imp. Caes., Divi Tra- 
IJANLTARHICLTDIVI veni Parthiei F., Divi 
NERWME NEPOTI TRAIANO Nervae Nepoti, T'raiano 
"HADRIANO AVCEONTI -: -  Hadriano Aug., Ponti. 
MXTR//J/STOTVTIICOSTIPI MX.,Tre. Potestat. IT, Cos. IIIP.P. 

vomeermuns»NERTOMN vermmeaunım cives Tomitis, ὦ 
᾿ς Die Tomiten feiern in dieser, im’ Jahre 119 nach Ch.) ge- 
setzten Inschrift den Kaiser Hadrianus wahrscheinlich dafür, dass 
er sie von der Gefahr befreit hatte, welche ihnen von den Sarmaten 
und Roxolanen drohete. Als sich nämlich im Jahre 118 nach Ch, 
der König der Roxolanen anschickte, wegen Verweigerung des ihm 
früher gezahlten Tributes mit gewaffneter Hand in die römischen 
Provinzen einzufallen, begab sich Hadrian selbst nach Moesien, und 
vermittelte von dort den Frieden mit den feindlichen Nachbarn 2). 
Unter welchen Bedingungen derselbe geschlossen‘ wurde, ist uns 
nicht weiter bekannt, allein wahrscheinlich wird sich Hadrianus, um 
sich von dieser Seite die Ruhe zu sichern, zu grossen Opfern ver- 
standen haben. Dafür machte er sich den Feind zum Freunde. 
Wenigstens wissen wir durch eine Inschrift®), dass sich Raspara- 
sanus, König der Roxolanen, die Namen „P. Aelius‘ beigelegt 
habe, und es ist wahrscheinlich, dass dieses aus Pietät für den 
Kaiser Hadrianus, welcher bekanntlich so hiess, geschehen sei, 
War Rasparasanys derselbe König, mit welchem Hadrian den Frie- 
den schloss, oder nannte sich so einer seiner Nachfolger?. Wie 
dem auch sein mag, die Annahme der kaiserlichen Namen scheint 
zu beweisen, dass die Könige der Roxolanen mit Hadrian in gutem 
Vernehmen standen, und während der Herrschaft dieses Kaisers die 
nördlichen Provinzen des römischen Reiches nicht weiter beun- 
ruhigten. 
Nr. 2 
Ebenfalls von der Ostseite der Halbinsel stammt ein vier Fuss 
langer Stein mit folgender Inschrift: 
D. 5 M. D. .M.*) 
MVLPIVS LONGINUS (ἡ M. Ulpius Longinus, 
EXDECVEIBVLTOM’TA ΚΓ; ex dec. vet. bul. Tomitanorum, 
SEVIVOSIBITYRIA. AQV!+IN/R se vivo sibi et Furiae Aquilinae, 
CONIVGIS\A NEMORAA FECIT coniugi, suam memoriam fecit 
ANPIAE. DIO SVO. (impen) dio suo, 


1) Eckhel doctrin. num. vet. VIIT. p.414. 2) Spartian. Hadr. 6, 
3) Orelli Inscript. N. 833. 4) Diis Man!bus Orelli Inscript. 4352. 4384. 
4422. 4338. 4464. 4.02. 4560. 4569. 4593. 


368 Beiträge zur genaueren Kenntniss Toini’s u. der Nachbarstädte. 


Von den gewöhnlichen Grabmonumenten, die sich im Durch- 
schnitt ‚nur auf die speciellsten Privatverhältnisse beziehen, zeichnet 
sich das vorliegende durch die zweite Zeile aus, in welcher der 
uns sonst unbekannte M. Uipius Longinus, welcher schon zu seinen 
Lebzeiten, was bei den Alten. eben nicht ungewöhnlich war !), sich 
und seiner Gattin Furia Aquilina das Denkmal gesetzt hatte, sei- 
nem Stande nach näher ‚bezeichnet wird. Vervollständigt man näm- 
lich die in der Inschrift abgekürzten Worte fälgendermaassen: „ex 
decuria vetere buleutarum Tomitanorum‘‘, so erselen wir aus der- 
selben, dass M. Ulpius Longinus in Tomi .zu den Senatoren der 
älteren Decurie gehörte. Hiernach war also der Senat (βουλή) in 
Tomi in zwei geschieden, von denen der eine die decuria vetus 
hiess, der andere dagegen die decuria nova.genannt werden mochte. 
In die decuria vetus, welche ohne Zweifel die geehriere war, wählte 
man die Senatoren wol aus den Altbürgern, in die nova aus den- 
jenigen, welche erst neuerdings das Bürgerrecht erlangt hatten. 
Die Trennung des Senats in zwei Decurien dürfte indessen wol erst 
in das zweite Jahrhundert nach Ch, fallen, wo Tomi als MHTPO- 
IFOAIC ΠΟΝΤΟῪ eine bedeutendere Rolle zu spielen begann, 
und durch Ertheilung des Bürgerrechts an die dort angesiedelten 
Fremden eine grössere Zahl einheimischer Bürger aufweisen konnte, 
In der alten Decurie der Senatoren, in welcher das griechische 
Element wol das vorherrschende sein. mochte, darf uns der ganz 
vollkommen römische Name des M. Ulpius Longinus nicht weiter 
überraschen, denn da Tomi sein Aufblühen zeit dem ersten Jahr- 
hunderte zum grossen Theil römischem Einflusse verdankte, so 
wird die Ertheiluong des tomitischen Bürgerrechts an die in Tomi 
ansässigen Römer frühzeitig begonnen haben. . Ueberhaupt muss 
-sich in Tomi das römische mit dem Griechischen mannichfach 
durchkreuzt, und sogar auf die Sprache mit eingewirkt haben. Eine 
solche Wechselwirkung erkennen wir selbst in den wenigen Worten 
unserer Inschrift, in welcher der als terminus gebrauchte römische 
Ausdruck: ‚‚decuria neben dem griechischen, auch bei anderen 
Colonien von römischen Schriftstellern?) angegebenen Namen der 
- Senatoren .,„‚buleutae‘‘ auf ein Ineinandergreifen beider Sprachen 
deutlich hinführt. Was die letzte Zeile anbelangt, so ist sie in der 
Gestalt, in welcher sie uns vorliegt, unverständlich. An einen Na- 
men hier zu denken, ist. kaum möglich. Mit einer etwas gewalt- 
samen Aenderung möchte ich am liebsten nach Art des gewöhn- 
licheren de suo®), de pecunia sua®) oder der griechischen ἐκ τῶν 
ἰδίων, das seltenere impendio suo in die letzte Zeile hineinbringen. 


3 


1) Orelli N. N. 4526. 4550. 4556. 4566. 4736. 4769. 4811. 4850. 

2) buleutae kommen vor in Claudiopolis (Plin. epist. X, 48), in den Städ- 

ten Bithyniens und des Pontus (ibid. X, 113, 115), in Alexandria (Spart. 

Bever, a) 3) Orelli Inscript. N. N. 4410. 4740. 47%. 4) ibid. 
. 4699. 


, Vom -Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 369 


Das zu Lebzeiten sich errichtete Grabdenkmal musste M, Ulpius 
Longinus wol auf jeden Fall auf eigne Kosten setzen. 


‚Nr. 3, 
Auf der Halbinsel fand man gleichfalls ein sechs Fuss hohes, 
zwei Fuss im Durchmesser haltendes viereckiges Stück weissen Mar- 
mors mit folgender Inschrift: 


TFLAVIOLONG.N. “  _T. Flavio Longino 
OMARCIO TVRB... - Q. Marcio Turboni 
LEGWVGPR.P.R Leg. Aug. Propraetoribus 
TITIVS CRISPVS Titius Crispus 
CORNICVL Cornicul 
EIVS eius. 


Der uns nicht weiter bekannte Titius (wol Titus) Crispus 
Corniculeias setzte dieses Monument, wie es scheint, zur Ehre zweier 
Männer, welchen als kaiserlichen Statthaltern die Verwaltung der 
dortigen Provinzen anvertraut war, und denen er zu- besonderer 
Dankbarkeit verpflichtet sein mochte. Der eine derselben Q. Mar- 
cius Turbo ist auch sonst bekannt, allein vom Titus Flavius Lon- 
ginus fehlen alle weiteren Nachrichtrn. Von Turbo, dessen Name 
auch auf einer aus Sarmizegethusa stammenden Inschrift vorkommt 1), 
wissen wir, dass er bereits unter Traian einen Aufruhr der Juden 
glücklich bekämpft hatte?2), dass er noch zu Lebzeiten 'Traians 
mit Hadrianus befreundet war?®), und dass er von letzterem, so- 
bald er zur Herrschaft gelangte, an die Stelle des aufrührerischen 
Lusins Quintus als Statthalter nach Mauritanien geschickt wurde 4). 
In dieser Würde kann Turbo indessen nur kurze Zeit, kaum ein 
Jahr, geblieben sein, denn schon 118 nach Ch. sehen wir ihn an 
der Seite des Hadrianus in Dacien, das ihm alsobald von dem nach 
Rom eilenden Kaiser zur Verwaltung überlassen wurde®). Es wa- 
ren nämlich in der Hauptstadt wegen der Hinrichtung von vier Con- 
sularen, welche dem Leben des Kaisers nachgestellt haben sollten 6), 
Unruhen ausgebrochen, und da glaubte Hadrian die aufgeregten 
Gemüther am ersten durch persönliches Erscheinen unter den Un- 
zufriedenen, durch die Versicherung, dass das blutige Urtheil ohne 
sein Wissen vollzogen worden, durch Vertheilung von Geschenken 
unter das Volk, und durch verschiedene wohlthätige Einrichtungen 
beruhigen zu können’). Den gewünschten Zweck erreichte Hadrian 
auf solche Weise vollkommen, allein die wiedergewonneue Ruhe 
schien ihm keine bleibende zu sein, so lange sein früherer Vor- 
mund Attianus, welchen er noch kurz vorher durch Aufnahme in 
den Senat geehrt hatte®), und Similis als Praefecti Praetorio mit 


1) Orelli 831. _ 2) Euseb. H. eccl. IV, 2. 3) Spart. Hadrian, 4. 
4) ibid. 5. 5) Nigrinus, Celsus, Palma, Lusius Quintus Dio Cass. 
X VEIT. Hadrian. 14 seg. °6) Spartian. Hadr. 7. 7) Spart. Hadr. 7. 
) ibid. 8, 
Archiv f. Phil. u. Paedag. Βα. ΧΙΧ. ‚Hit. 3. 24 


870 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte. 


zu grosser Macht betraut wären. Ihre Stellen sollten Männer be- 
kleiden, welche des Kaisers vollkommenes Vertrauen genössen, und 
deshalb ersetzte Hadrian die beiden genannten, weil er ihnen zu miss- 
trauen anfıng, durch Martius Turbo und Septicius Clarus 1). Turbo 
trat schon im’ Jahre 119 nach Ch, in die Stelle des Attianus?), 
und rechtfertigte durch seltenen Diensteifer und beispiellose Wach- 
samkeit das ihm geschenkte Vertrauen des Kaisers aufs vollkom- 
menste®), Daher ist denn wol anzunehmen, dass er seine Stellung 
als praefectus praetorio lange behauptete, nnd ist das der Fall, so 
werden sich die in Sarmizegethusa und 'Tomi ihm gesetzten Denk- 
mäler auf seine Wirksamkeit in den Jahren 118 oder 119 nach Ch. 
beziehen. Freilich wird er in der Inschrift von Sarmizegethusa schon 
praefectus praetorio genannt, allein diesen Titel konnte man ihm 
beilegen, da er unmittelbar von der Statthalterschaft in Dacien zu 
jener wichtigen Würde in Rom befördert wurde, und die Inschrift 
erst nach seinem Abgange aus Dacien gesetzt worden sein mag. 
Dagegen erscheint er in Tomi als legatus pro praetore und zwar 
zugleich mit dem uns nicht weiter bekannten T. Flavius Longinus. 
Letzterer war wol der eigentliche Statthalter in Movesia inferior zu 
der Zeit, wo Turbo Dacien vorstand, und durch den dort zu füh- 
renden Krieg in häufige Berührung mit Moesien kommen mochte, 
Der in Tomi ansässige Corniculeius wird beiden Männern zu be- 
sonderem Danke verpflichtet gewesen sein, und ehrt deshalb beide 
auf einem und demselben Monumente, 


| N. 4. 

Auf‘ dem Kirchhofe beim Dorfe Anadolkeny, welches von 
Kustengie kaum eine halbe. Meile westlich liegt, fand man eine 
64 Fuss hohe, 24 Fuss im Durchmesser haltende Säule von weis- 
sem Marmor, auf welcher folgende Inschrift zu lesen war: 


ATAOHI TYXHI " Ayadı τύχῃ 
TON YION TOY AYTO ᾿ Τὸν υἱὸν τοῦ αὐτο- 
KPATOPOE M AYPH »edzogog M. Αὐρή- 
AIONOYHPON KAIZA λιον Οὐῆρον Καίσα- 


ῬΑΟΟΙΚΟΣΤΩΝῈΕΝ ΤΟ ρα 0 οἶκος τῶν ἐν Τό- 
MEI ΝΑΈΚΛΗΡΩΝ ANA μει ναυκλήρων, ἀνα- 


ZTHZANTOZ TONAN στήσαντος τὸν ἀν- 
APIANTA ΕΚ TAN IAIRN ὅὃριάντα ἐκ τῶν ἰδίων 
c& TITOF ΤΊΤΟΥ N Τίτου Τίτου 
NESTEPOY νεωτέρου. 


Zum Gluck und Heil! 


„Den kaiserlichen Sohn und Mitregenten M. Aurelius Veros 
ehrt die Innung der Schiffsherrn in Tomi durch die auf eigene 


1) Spart. 9. Dio LXVIII, 18. Xiphil. IB. Zonaras XI, 24 Cedren. 
34. ed. Bonn. 2) Zumpt annal. p. 131. 3) Dio LXVII, 18. 


‚Vom "Staatsrathe Dr, P, Beöker zu Odessa. 871 


Kosten vom Titas, dem Sohne. des jüngeren Titus, gesetzte _ 
Statue,‘ 

Diese auf den Kaiser Caracalla ‚bezügliche Inschrift fallt in 
das Ende des zweiten: oder in den Anfang des dritten Jahrhunderts 
nach Ch., in die Regierungszeit des Septimius Severus, welcher 
seit 198 nach Ch, seinen älteren Sohn Bassianus, unter dem Namen 
M. Aurelius Antoninus, durch Theilnahme an der tribuniceischen Macht 
zum Mitregenten erhoben hatte!), Derselbe wird hier, wie auch 
sonst ganz gewöhnlich, statt Autoninns nach seinem Vater Sererus 
genannt, und zwar in der Form OTHPOZ, die auf Inschriften 2) 
und Münzen 3) gleichfalls vorkommt, Das Denkmal stammt von 
einem in Tomi ansässigen οἶχος, womit, ‚ebenga wie in Latei- 
nischen mit den Ausdrücken familia *), coetus®), concilium ©), col- 
legium 7), demas®), ein Stand, eine Innung bezeichnet wird. Wer 
sind aber die. ναύχληροι Nach der Zusammensetzung des Wortes 
ναυπληρος aus ναῦς und κλῆρος haben wir zuerst an die Schiffs- 
führer, Schiffsherrn zu denken, welche auf ihren Schiffen Menschen 
und Güter von einem Orte zum anderen führten®), und, zu be- 
sonderen ‚Gesellschaften oder Compagnien vereinigt, von dem Staate 
zum Transport der für das Heer und die Hauptstadt nöthigen Pro- 
ducte und Waaren benutzt wurden, ‘Das Wort bezeichnet ausser- 
dem nech einen Hauspächter 10) und bezieht sich in dieser Beden- 
tung auf diejenigen, welche vom Staate Häuser pachteten, um sie 
an andere zu vermiethen. Da den Fremden nämlich in allen grie- 
chischen Staaten der Häuserbesitz untersagt war), und selbst den 
mit der Proxenie Beschenkten der Erwerb liegender Gründe als eine 
ganz besondere Bevorzugung nur ausnahmsweise scheint gestattet 
gewesen zu sem, so gab 68 in ‚den von. Fremden besuchten 
Städten Bürger (vauxAnpoı), welche die von ihnen selbst vom Staate 
gepachteten. Häuser wieder an Fremde vermietheten, und letzteren 
dadurch den längeren Aufenthalt in den einzelnen Städten möglich‘, 
machten. Solcher Staatspächter mag es auch in Tomi gegeben 
haben, wo der Zusammenfluss der Fremden in römischer Zeit ein 
bedeutender gewesen sein mag, allein in unserer Inschrift führt 
uns der. römische Name tes Titus, welcher als Chef der Compagnie 


1) Zumpt annal. p. 137. 2) Boeckh C. I. UI. N.2047. 3) Mionnet 
Sup. II. p. 117. N. 358. p. 233. N. 166. p. 804. seg. N. 621. 622. 637, 634. 
4) bei Orelli N. 1711: familia monetalis, N. 32236: familia monetaria, 
bei Cic. Orat. I, 10: familia philosophorum, ‚oder Divin II, 1: Peri- 
pateticorum familia, bei Suet. Aug. 22: familia gladiatorum. 5) Cod. 
Just. XI. Tit. 1 (IT), 6: coetus nauarchorum. 6) ibid. Tit. V (VI), 6. 
7) Orelli N. 4108: collegium naviculariorum. 8) Orelli N. 4134. 
9) Photius: ὦ τῆς νεὼς κύριος καὶ ὁ ἐπιπλέων αὐτῇ ἐπὶ τῷ τὰ ναῦλα 
λαβεῖν, 10) Lex. rhet. Bekk. Anecd. p. 282, 10: ναύκληρος σημαίνει, μὲν 
καὶ τὸν τῆς νϑὼς κύριον, σημαίνειν δὲ τὸν ἐπιπλέρντις αὐτῇ ἐφ᾽ 0 τὰ 
ναῦλα λαμβάνειν, σημαίνει δὲ καὶ τὸν τὰ ἐνοίκια τῆς οἰκίας ἐκλέγοντα. 
Hesychius v. vaunimong: ὁ τῆς συνοικίας συνεστῶς. Pollux X, 20. 
..11) Boeckh Staatshausbalt I. p. 328. P 

24 


372 Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s u. der Nachbarstädte 


. dem Caracalla die Bildsäule setzte, vielmehr anf die römischen 
Schiffsherrn, die ihre Schiffe mit den für den Staat bestimmten 
Waaren befrachteten, und namentlich den Transport des an Getraide 
so reichen Moesiens übernommen hatten. Ihr Gedeihen hing in 
Sonderheit von den Gebietern Roms ab, und da ist es wol sehr 
natürlich, dass sie die Kaiser durch öffentliche Anerkennung und 
Ehren aller Art für sich zu gewinnen suchten. 


Nr. 5. 

In Varna entdeckte man beim Bau eines Hauses im armenischen 
Stadtviertel auf einem viereckigen Steine eine lateinisch-griechische 
Inschrift, von welcher das Journal L’Ordine 3) nur folgenden latei- 
nischen Text mittheilt: | 

IMP. CAESARE T. AELIO. HADRIANO. ANTONII 

P. P. CIVITAS. ODESSITANORVM. AQVAM. NOVO 

XIT. CVRANTE. T. VITRASIO. POLLIONE. LEG. 
und also liest: Imperatore Caesare Tito?) Aelio Hadriano Anto- 
nino, Patre Patriae, Civitas Odessitanorum aquam novo®) eduxü ®), 
curante Tito Vitrasio Pollione, Legato. Den griechischen Text 
habe ich mir trotz aller Mühe nicht verschaffen können, allein der 
lateinische ist auch schon sehr wichtig, theils weil er die Lage des 
alten Odessos auf der Stelle des heutigen Varna’s durch eine in 
die Stadt geleitete Wasserleitung unzweifelhaft macht, theils weil 
wir aus demselben die beschränkte Zahl der Legaten in Moesia 
inferior aus einen neuen Namen vergrössern können. Als solcher 
erscheint nämlich zur Zeit des Hadrianus Titus Vitrasius Pollio, 
aller Wahrscheinlichkeit nach derselbe, an welchen Hadrian das an 
Vitrasius, damals legatus Lugdunensis, gerichtete Rescript erlassen 
δι 5). dessen Name ferner noch in einer aus Nemausus stammen- 
den Inschrift vorkommt ®), und welchem das die fideicommissarische 
Manumission sichernde Senatusconsultum Vitrasianum seinen Namen 
verdankt 6). 


Nr. 6. 


Durch die Gefälligkeit des Herrn von Palausow wurde mir noch 
folgende schon vor einigen Jahren in Varna von ihm entdeckte 
griechische Inschrift mitgetheilt, welche in einen Marmorblock, der 
eine halbe Arschin im Quadrat hielt, eingegraben war, und in zwei 
Theile zerfiel, indem die erste Zeile über einen erhaben gearbei- 
teten Mann zu Pferde stand, die drei übrigen unter demselben ar- 
gebracht waren. In dem rohen, nicht gut erhaltenen Basrelief sah 
man den Reiter im fliegenden Mantel und in hosenartiger Bein- 


. 1) 185]. Ν. 108. 2) sollte wol heissen Public. 3) ich restaurire: 
induxit statt des unverständlichen novo eduzxit. 4) Reines. cl. VIII. 
N. 52. p. 6532, 2. 5) Digest. XXVII, 1, 15. 8.17. 6) Burchardi Staats- 
und Rechtsgeschichte d. Römer. 8.251. 


Vom Staatsrath Dr. P. Becker zu Odessa. 373 


bekleidung. Nach der Form der Buchstaben zu urtheilen, dürfte 
die Inschrift aus dem dritten Jahrhundert nach Ch. herstammen, und 
schwerlich früher abgefasst dein. 


HPRIXXXNIXXXTSI "How: 1) Μανιμάτῳ 
ἘΣΤΙΧΙΟΣΝΡΙΚΙΟΥΥΠΕΡ Ἑστιαίου ΝΝεικίου ὑπὲρ 
ΤΩΝΥΙΩΝΝΕΙΚΙΟΥΚΧΙΧΓΧ τῶν υἱῶν Νεικίου καὶ "Aya- 
OEINRBPOZXXPIZTHPION. Heivogos χαριστήριον. 

„Dem verklärten Manimatus (weiht) Hestiaeus, der Sohn des 
„‚Neicias, für seine Söhne Neicias und Agatheinor (dieses) als Dank- 
„geschenk,“ 

Die in dieser Inschrift vorkommenden Namen sind uns nicht 
weiter bekannt, und deshalb verbietet sich von selbst ein weiteres 
Eingehen in die daselbst angedeuteten Privatverhältnisse. Aus den 
Worten der Inschrift erfahren wir nicht einmal, aus welchem Orte 
das Denkmal stamme, allein dadurch, dass es in Varna gefunden 
wurde, glaube ich es dem alten Odessos mit vollem Rechte Ὁ vin- 
diciren zu dürfen, Odessa, Juli 1853. 


Ueber die Onomatopoeie. 
Von M. Rosenheyn. 


$. 1. Es unterliegt wol keinem Zweifel, dass den Sprach- 
elementen der Wörter eine bezeichnende Kraft eigen sei, wor- 
aus als Gesammterfolg aller Sprachelemente in einem Worte die 
Bedeutung desselben hervorgeht. Auch ist die Sache keines- 
wegs neu; schon Platon hat in seinem Kratylos?) sie zur Sprache 
gebracht. ‘Wenn ich’ lässt er Sokrates sagen: “auch glaube, 
dass es lächerlich scheinen mag, dass die Dinge mittels der Nach- 
ahmung durch Buchstaben und Silben dargestellt werden, so kann 
es doch nicht anders sein; denn wir haben nichts Besseres als 
dieses, worauf wir den wahren Ursprung der Benennungen (der 
Dinge) zurückführen könnten” Eben daselbst vergleicht Sokrates 
sehr sinnreich die Zusammenfügung der Sprachelemente zu einem 
bezeichnenden Ganzen mit dem Verfahren eines Malers, die Far- 
ben so zu mischen, dass sein Gemälde dem darzustellenden Bilde 
ganz ähnlich werde, und betrachtet daher die Bildung der Benen- . 
nungen als eine Nachahmung. Dass aber schon vor Sokrates 
die Sophisten sich mit der Entstehung der Benennungen (ὀνοματο- 
ϑεσία) beschäftigt haben, deutet Plato im Kratylos öfter, beson- 
ders durch die ironische Anspielung auf Prodikos an. Und insofern 


1) Ueber ἤρως sieh Hermann Lehrbuch der griechischen Staats- 
alterthümer II. 8.67 u. 68. N.18 u. 20. 2) Plat. Diall, ed. Bekkeri. 
P. 11. Vol. II. Berol. 1817. 


374 ᾿ Ueber die Onomatopoeie. 


rechnet Dionysios von Halikarnass 2) die Betrachtung der Buch- 
staben zum Theil zur Philosophie. Nach Platon haben scharfsinnige 
Männer wie Leibnitz, Anton, Krummaeher (über das Wörtleia 
und’), Mahn, Zeune, Grotefend, Ast (Grundknien), Städ- 
ler?) und Andere verschiedentlich wieder darauf hingedeutet. 
- Vater, (Lebrbuch der allgem. Grammatik) wagte es noch nicht, 
den Sprachelementen durchweg Bedeutung beizulegen, nabm daher 
natürliche und positiv fastgesetzte Zeichen an und hielt es also mit 
Platon und Aristoteles zugleich, wohin auch Wachter3) sich neigt. 
Andere, wie unser sonst so hellsebender Hamann®) hielten es 
für nichts als eine platonische Grille, den Buchstaben eine innere 
Bedeutung zu geben. Eine durchgeführte Zusammenstellung des 
Einzelnen” zu einem Ganzen blieb, wahrscheinlich ‘der damit ver- 
bundenen Schwierigkeiten wegen, lange aus, bis Schmitthenner 
zuerst sie versuchte δ), 


Möge es uns gestattet sein, hier zuvor einige allgemeine Be- 
merkungen voranzuschicken. 


Das geistige Leben des Menschen” ist begründet und wird ver- 
mittelt -durch Erregbarkeit. Die ganze Natur steht unsern 
Geiste als Erregendes, er ihr als durch sie Erregbares gegenüber, 
ja er ist sich selbst Erregendes und Erregbares zugleich. Von der 
Grenze des äusseren Sinnes, womit er die Welt wahrnimmt, wirkt 
das Gesetz der Erregung durch ihn hindurch bis an die entgegen- 
gesetzte Grenze seiner Wirksamkeit, wo durch die der freiwilligen 
Bewegung dienenden Glieder, zu denen auch die Sprach- 
werkzeuge gehören, seine innere Welt wieder nach aussen gebracht 
wird, Jede Erregung ist von einem gewissen Eindruck beglei- 
tet, und diese Eindrücke sigd sehr verschieden der Art nach, 
wie der Geist sie auf sich selbst bezieht, indem sie ihm erscheinen 
als sanft, mild, angenehm, wohlthätig, erfreulich oder als stark, 
heftig, rauh, hart, gefährlich, schädlich, abstossend, .schauerlich, 
grausenhaft, in Erstaunen setzenl. Da nun auch jedes ansgespro- 
chene Sprachelement nach seiner physischen Beschaffenheit, d. h. 
dareh die ihm eigene Articulation irgend einen besonderen Eindruck 
auf das Ohr und auf das mittels desselben erregte Empfindungsver- 
mögen macht, so wird es bei der Bildung eines Wortes nur darauf 
ankoınmen, die Sprachelemente zu wählen, deren Eindruck im 
Einzelnen wie im Ganzen dem Eindrucke entspricht, welcher die 
Vorstellung des darzustellenden Gegenstandes begleitet. Ist diese 
Wahl zweckmässig geschehen, so ist der Eindruck des Wortes 
mit dem Eindruck des Gegenstandes und seiner Vorstellung gleich. 


1) XIV. p. 158. ed. Schäfer. 2) Wissenschaft der Grammatik. 

3) Glossar. German. Praefat. ad Germanos p. %&, 4) Hamann’s Schrif- 

go v. Roth. 2 Th. 5. 11%. 5) Ursprachlehre. Frhfrt. a. M. 1826. 8. 
—102. 


Von M. Rosenheyn. \ 375 


Und diese Gleichheit des Eindrucks ist das Wesentliche _ 
der Onomatopoeie. 
Inwiefern das. Wesen der allgemeinen Menschensprache auf 
Onomatopoeie beruht, kann es keine besondere Sprache geben, 
in welcher dieses Princip nicht sichtbar wäre; aber es sind darum 
doch nicht alle Völker in Anwendung desselben gleich glücklich ge- 
wesen. Schon nach Wachters Urtheil zeichnen sich hierin 
die lateinische und deutsche Sprache vorzüglich aus, weniger 
die griechische. Und in der That fasst die deutsche Sprache die 
tönende Natur gewöhnlich in voller Unmittelbarkeit und die nicht 
tönende mit tiefem Sinne auf. Die lateinische mischt oft schon 
etwas Unwesentliches bei, und die griechische fügt gern 
noch Wohllaut und sprachgesetzliche Form hinzu, welche von 
der tönenden Natur fern liegt; aber die deutsche liebt die 
Wahrheit mehr als die Schönheit. Auch die alte Sanskritsprache 
hat in dieser Hinsicht viel Ausdruck. Zum Beweise hiefür mögen 
einige Beispiele. dienen: Eule, Uhu, bubo, βύας, Sanskrit: ghüka, 
mittelhochdeutsch chouch.. Krone, corona, στέφανος, στέμμα; 
διάδημα, Krähe, cornix, κορώνη. Sansk. Κακὰ, quaken, coaxare, 
κοάξ; frin, fringilla, σπίξα, vielleicht ‚auch φρύγιλας, wiehern, 
thinnire, ᾿ χρεμετίξειν; Wind, sentuc, ἄνεμος. πνεῦμα" Sansk. 
wäta. 

Die stark: bezeichnende Kraft älterer Sprachweisen verliert 
sich mehr oder weniger gewöhnlich in den späteren derselben 
Sprache, weit bei dem Uebergange des Aelteren in das Nenere 
gewöhnlich sie darstellenden Töne und Laute verkärzt, verfeinert, 
gemildert, verdünnt und bedeutangsloser werden, wovon der 
Grund wol darin liegen mag, dass zur Zeit jenes Ueberganges das 
Gefühl der Gewohnheit an dessen Stelle getreten war. In dieser 
Beziehung steht selbst das Neuhochdeutsche dem Gothischen und 
Althochdeutschen nach, wenn auch nicht in dem Grade wie die 
romanischen Sprachen dem Lateinischen und das Englische dem 
Deutschen, insofern es aus diesem hervorgegangen ist. Die vorhin 
aufgestellten Wörter von Eule bis Wind sind im Französischen 
und Englischen folgende: chouette, hibou, chat-huant coasser, 
pincon, hennir, vent; Owl, mägde-Howlet; to kroak; finch, to neigh, 
wind. — Wie wenig das englische Kiss unserm Kuss gleich 
komme, hat schon Krummacher (S. 147—150) bemerkt Das 
Griechische bildet von κύειν kein Substantiv, und φίλημα bezeich- 
net den Kuss mehr etymelogisch (als Liebeszeichen) denn onoma- 
topoietischh Ebenso osculum, eigentlich unser Mäulchen. Basium 
ist offenbar ‚bezeichnender als das daraus entstandene verfeinerte 
baiser. 

Ferner lässt sich die Sprache als Geberde auffassen, 
welche in ihrem eigentlichen Sinne sich überdem so gern der Sprache 
beigesellt, wie nach Schubert einige Vögel, besonders Dros- 
selarten, die Töne ihres Gesanges (ihre Vogelsprache) mit mimi- 


4 " 


876 . Ueber die Onomatopoeie. | 


schen tanzenden Bewegungen begleiten und der gemeine Staar im 
Takte des steigenden Gesanges seine Flügel bewegt, Denn in der 
That beruht die Geberde ebenfalls auf dem Principe der nur durch 
. andere Glieder vermittelten Nachahmung, wovon die Geberden- 
sprache der Blinden treffende Beispiele gibt, wie etwa eine weib- 
liche Verneigung zur Bezeichnung eines Frauenzimmers !). Daher 
findet Oken 32) in der. Sprache wie im Mienenspiel eine sichere 
Darstellung der Leibesbewegungen 8). 

Merkwürdig, aber sehr natürlich ist es, dass die Namen der 
Sprachwerkzeuge gerade diejenigen Sprachelemente gern enthalten, 
zu deren Hervorbringung die Thätigkeit der betreffenden Werk- 
zenge vorzüglich erforderlich ist, wobei jedoch das Griechische zu- 
weilen hinter dem Lateinischen und Dentschen zurückstebt: Kehle, 
gula » guttur, fauces, λάρυγξ, Gaumen, palatum, ovgavlaxog, 
ὑπερῴα: Zunge, lingua, γλῶσσα; Zahn, dens , odovs; Lippe, 
labium, χεῖλος. 

Fasst man die Vocale (Töne) und Consonanten (Laute) nach 
ihrem verschiedenen Antheile an der bezeichnenden Kraft der Wör- 
ter auf, so erscheipt nach. Grimms richtiger Bemerkung?) der 
Ton als die nothwendige Färbung oder Belebung der Wörter, als 
der Othem, ohne welchen diese gar nicht bestehen würden; der 
Laut begründet die Gestalt und so zu sagen die Species des 
Wortes. Wir würden sagen, der Laut individualisire das Wort, 
wie sich in Beispielen folgender Art zeigt: die, sie, sieh, hie, 
Vieh, wie, zieb; ein, dein, fein, klein, Bein, Pein, 
rein, Schein, Wein. Dass die Individualisirung des Wortes 
am Tone hafte, können wir Grimm (a. a. O.) vicht zugeben. 
Unsere Ansicht wird auch noch durch den Umstand bestätigt, dass 
durch Veränderung des Vocals bei denselben Consoranten weniger 
Wartindividuen gebildet werden als durch Veränderung der Laute 
bei demselben Tone. Wörter wie Bahn, Bein, sein gibt es 
so viele nicht, wie Bein, sein, fein u. s. w., und das sehr na- 
türlich, weil es weniger Vocale als Consonanten gibt; das Indivi- 
dualisiren aber kann nur an das geknüpft sein, was am meisten 
verschieden ist. | 


$. 2. Die bezeichnende Kraft der Töne. 


Hier mögen vier allgemeine Bemerkungen vorangehen. 

Nach dem Schlusse des vorigen δ, darf man die Töne als 
das Allgemeine in dem Ausdrucke der Wörter ansehen, das 
durch die hinzutretenden Laute individualisirt wird. So ist das 
Allgemeine der Baumblätter die grüne Farbe, welche selbst wieder 


1) Die Geschichte der Seele. 1 Bd. 1830. S. 144. 2) Naumann, 
die Taubstummenanstalt zu Paris. Königsberg 1827. S. 14. 3) Allgem. 
Naturgesch, für alle Stände. Thierreich, 1 Bd. S. 247. 4) Deutsche 
Grammatik, 1. ΤῊ]. 2. Ausg. 8. 580. 


Von M. Rosenheyn. 377 


in einiger Verschiedenheit auftritt. Durch die grosse Verschieden- 
heit der Blatirippen, den darauf gegründeten Bau der Blätter und 
durch die vergchiedene Beschaffenheit ihres Randes werden die 
Blätter classifieirt und individualisirt. In wiefern die Töne länge- 
ren Halt, ‘gleichsam mehr Ausbreitung haben, als die Laate, so 
scheinen sie einem gefärbten Raume vergleichbar, auf weichen die 
Laute Figur, Gestalt und Form bringen. Und da Töne über- 
dies mit weniger Anstrengung und geringerer Thätigkeit der Sprach- 
werkzeuge hervorgebracht wurden, so betrachten wir sie in der 
Bedeutung der Wörter als das Allgemeine, Räumliche, Ru- 
ende, 

Die Umtöne lassen sich als Verfeinerungen, gleichsam 
als Deminutive von ihren Haupttönen und als eio Vorrücken nach 
der Aussenwelt zu betrachten. Daher tönen auch mit Ausschluss 
des e und dessen Nebenton i im Deutschen die Haupttöne in Demi- 
nutiven gern :in ihre Nebentöne um z. B. Schale, Schälchen, 
Ohr, Oehrchen ἢ. 8. w. 

DieDoppeltöne enthalten eine gemischt eBezeichnungskraft, 
je nach Beschaffenheit der einzelnen Töne, aus welchen sie zu- 
sammengesetzt sind. . 

Endlich darf, worauf man noch nicht geachtet zu haben scheint, 
nicht übersehen werden, dass auch die Quantität der Vocale 
mitbezeichnen hilft. Der länger ausgehaltenre, gedehnt lange 
Ton erhält zu seiner bezeichnenden Kraft mehr Unterlage, als 
der geschärft lange, und ausserdem beruht ein grosser Theil 
der Nachahmung auf der Quantität. In Schalen wird durch 
die Dehnung des a die vom Boden aus sich allmälig immer weiter 
nach allen Richtungen hin ausdehnende Breite des Gefässes gemalt; 
in schallen dient die Schärfung des ‚a’ dazu, das schnelle 
Verhalien des Schalles auszudrücken. 

A und ä, auf der untersten Thätigkeitsstufe der Sprachröhre 
gebildet, der Brust (dem Herzen) am nächsten liegend.und von 
allen Tönen durch mitbeschränkende Organe am wenigsten modi- 
ficirt 1), der leichteste und erste Ton des lallenden Kindes verkün- - 
det die ungetrübte, klare Lauterkeit des Geistes in Beziehung auf 
das ihm Gegenständliche. Daher bezeichnet es das Klare, Ge- 
haltene, Grossartige, Erbabene?). Sansk. Brahma (der . 
Glanzvolle), makat (magnus); altus, dyadog, ἀλαλά, Hall, Schall, 
Glanz, Pracht, schwarz, starr, Alpen, aes, aestas, Härte, 
Stärke, Wärme. 

E und i haben von allen Tönen die geringste Tonfülle®); 
sie bezeichnen das Dünne, Feine, Kleine, Milde, Heitere, 
Helle,leicht Eindringende®): βέλος, δελφίν» κενεός, 


—— u 


1) Dionys. Halic. de compos, verb. 14. p. 162 u. 16% ed. Schaef, 
2) Plato Cratyl. p. 93. 3) Dionys. Halic. 1. c. p. 16% u. 166. 4) 
Plato Cratyl, p. 92, . 


378 Ueber die Onomatopoeie. Ν 
celer, tennis, femina, stella, ventus, Erde, Reh, schweben, 
wehen, Welle; Sanskr.: didhi (leicht); κινεῖν») Aivov, μικρός, 
cibus, pius, stilla, viridis, Blitz,- Licht, Liebe, still, Wind, 
geschwind. 

O und ö, mit runder Mundhöhle und runder Mundöffnung !) 
gesprochen, bezeichnen das Hohle, Runde?), Volle, Grosse 
und Hohe, Schöne, Auffallende, Staunen Erregende: 
Sanskr.: tomo (hohl), βωμός. λόγος, collum, costa, mons, potens; 
Donner, froh. Gold, hold, roth, stolz, Tod, Wort; 
coelum, Grösse, Höhe, Höhle, schön, tönen. 

U und ἃ 5), die am meisten durch mitwirkende Sprachorgane 
beschränkten und daher der Fülle ermangelnden Töne 5) bezeich- 
nen das Dünne, Dunkle, Beschränkte, das Grausen erre- 
gende Schmerzliche, aber auch das in seiner concentrirten Be- 
schränkung Starke und Erheiternde, das Gegentheil der Be- 
wegung, Sanskr.: sus (urere); xovgsvg, οὐρανύς; Blut, Glut, 
Muth, Furcht, Lust, Ruhe, stumm, stumpf; βοάς, γλυκύς, ϑύρα 
HAT φύσις; cura, füturum, fuga, lux; fürchten, glühen, kühn, 
Mühe, rühmlich, Sühne, wüthen. 

Ai trägt in sich die Bezeichnung von a und i zugleich: Hain, 
Kaiser, Mai, Saite, 

Au und äu vereinigen in sich die bezeichnende Kraft von a 
(ἃ) und u: ϑαῦμα, vadg, φαῦλος ; aurum, faustus, stauro; Au, 
blau, braun, traun, grau, Maus, rauschen; geräumig, 
säumen, schäumen, träumen. 

Ei und eu verbinden die bezeichnende Kraft der Töne, wel- 
che darin enthalten sind: Asiog, λευκός; τειχέω, τευχέω; Eile, 
Enle; heilen, heulen; Keile, Keule, zeigen, zeugen. 

Oi bezeichnet nach seinen Elementen und entspricht dem 3, 
ö, 6 und äu: λοιγός, Aoımog, μοῖρα, ῥοῖξος Geräusch, φλοῖσβος 
Getöse, φοῖβος der Glänzende. 

Oa. Um diesen Froschlaut, wie Krummacher (a. a. O. S. 145) 
ihn nennt, haben wir die Franzosen zu beneiden keine Ursache, 

Ui bezeichnet einen plötzlichen Eindruck: hui, pfui. 

δ, 8. Die Synonymie der Töne. 

Wenn nach dem bisher Mitgetheilten es nicht mehr zweifel- 
haft sein kann, dass die Vocale bestimmte Bedeutungen haben, 
so bietet sich von selbst die Vermuthung dar, dass bei ihnen auch 
wol Synonymie statthaben kann. Und in der That hat die bis- 
her nur zu einseitig behandelte Synonymie ihre Wurzel schon in 
den Sprachelementen, mithin auch in den Sprachtönen. 


1) Dionys. Halic. I. c. p. 16%. 2) Plato Crat. p. 93. 3) Ü drücken 
die Griechen durch v, die Franzosen durch u aus. Schon Krummacher 
hat es seltsam gefunden, dass beide Völker das u durch v und ἃ (or, 
ou) bezeichnen und daraus auf eine gewisse Charakterähnlichkeit ge- 
schlossen, welche hervortrete in Beider Beweglichkeit, Unbeständigkeit 
und Leichtfertigkeit. 4) Dionys. Halic. I. c. p. 164. 


* Von ΝΜ. Rosenheyn. 379 


Dass die Töne a, o, u, ü und au in einem synonymen Ver- 
-hältnisse zu einander stehen, geht aus ihrer Verwechselung hervor 
1) in den verschiedenen Sprachen: aurum, l’or, rotandus rund, lon- 
gus lang. Sanskr.: kapöta, eolumba, Taube, βούλημα voluntes, 
βοῦς bos, μῦς, mus, Maus, τὸ δαάνος. danum, ὕπαρ, aopor, 
σοφός sapiens; γηϑέω Dor. γαϑέω, gaudeo; kanfen, plttd. köpen; 
Huhn, plttd, Hoon; — 2) aus den verschiedenen Mundarten 
derselben Sprache: Movoe, 860]. μοῖσα; ἀὴρ» aeol. αὐήρ, ‚aura; 
&oraxog (eine Krebsart) aeol. ὄστακος. Aitlateinisch por, "pner; 
altlat. volt, *ult; altlat. raudus, rudis; althochd. mano, Mond, 
engl. moon (Muhn); althochd, mucea, dän. myg, Mücke; Same, 
goth. sunno, althochd. sunna; Sohn, goth. sunus, althochd. sun; 
morden, althochd. murdan; Zaun, althochd. sun; — 8) aus 
einem und demselben Wortstamme derselben Sprache ohne dialek- 
tischen Unterschied: Sanskr. guru, gravis; volo, vult; stolidus, 
stultus, kommen, kam; warf, Wurf, schlagen, schlug. 

Wie sehr nun aber auch immer die vollen Vocale a, o, u 
synonym sind, indem sie das Auffallende, Grosse und Bedeutende 
bezeichnen; so sind sie doth von einander verschieden, wie alles 
Synonyme. Am wenigsten verschieden scheinen a und o zu sein; 
sie bezeichnen das Hohe, Grosse, Bedeutende, Starke, in wiefern 
es einen erfrenlichen und erhebenden Eindruck auf das Gemüth 
macht: Glanz, Macht, Pracht, Gold, Mond, Sonne, 
Wort; beide drücken zugleich mehr nach Aussen gehende wirk- 
same Kraft aus: Adler, Wolf, Unke; Angst, Besorgniss, 
Furcht; Flamme, Lodern, Glut; Jammer, Noth, Kum- 
mer; Rache, Zorn, Wuth; schwarz, dunkel, roth; 
Sprache, Wort, Spruch; Stahl, Gold, Kupfer; stark, 
gross, gut. 

Aber auch die dünnen, schwachen Töne e und i sind als 
solche synonym; sie bezeichnen das schnell Vorübergehende, leicht 
Eindringende, Kleine, Feine, Unbedeutende und kom- 
men eben deshalb in unserer Sprache häufiger vor als die vollen 
und starken, weil die Welt des Unbedeutenden mehr hat als des 
Bedeutenden, und der deutsche Sinn die Welt tief und ernst auf- 
fasst. Ihre Synonymie tritt klar hervor aus ihrer Verwechselung 
in verwandten Stammsilben, wie nur die deutsche Sprache sie 
kennt; blenden, blind; drängen, dringen; Erde, irdisch; 
helfen, Hilfe;rennen, rinnen; scheel, schielen; schwem- 
men,:schwimmen; schwer, schwierig; tränken, trin- 
ken; Schmer, schmieren; wenden, winden u. dgl. Im 
Griechischen und Lateinischen kommt der Wechsel dieser Töne 
seltener vor, ist jedoch nicht ohne Beispiel; γίνομαι, γένος. rixro, 
τέκνον; gigno, genus; pilus, pellis. Schwerer ist die Bestimmung 
ihrer Verschiedenheit. Wir halten uns dabei an die physiologische 
Verschiedenheit beider Töne. In Folge derselben hat e bei der 
Aussprache, wie in der Schrift, etwas mehr Körper und Fülle 


, 380 u Ueber die Onomatopoeie. 


als i. Wenn nun beide das eben. Angeführte bezeichnen; so wird 
e dasselbe voller und stärker, i als Deminutiv (Nebenton) von i 
schwächer und feiner ausdrücken, z. B. schlecht, schlimm; Enteh- 
rung, Schimpf, schnell, fink ; schwer, schwierig; senden, schicken; 
treffen, triftig (v. treiben). Insbesondere zeigt sich dieser Unter- 
schied auch an den Verkleinerungssilben chen und lein, althochd. 
lin: Kindchen,, Kindlein, kindilin; Schiffchen, Schifflein, schifilin; 
Täubchen, 'Täublein, tubilin. i 

Um die Sache weiter zn verfolgen, theile man die Vocale 
nicht nur nach dem Grade ihrer Fülle und’ Stärke "εἶπ in starke 
und schwache, sondern auch nach der Aehnlichkeit ihres Tönens 
in: 1) Etöne: ἃ, e, ö, 2) Itöne: i, ie, ü, 3) Eitöne: ai, äu, ei, 
eu, Ihre Verschiedenheit zeigt sich in ähnlich tönenden Wörtern: 

1) Acker, Ecker; Ehre, Aehre, Oehre; ängsten, 
engsten, Bären, Beeren, entbehren; Bälle, belle; 
Bärse, Börse. 

2) befiehlt, befühlt; berichtigt, berüchtigt; betrie- 
ben, betrüben; Bibel, Bübel; Biene, Bühne, 

3) bei, Bai; baierich, bäuerisch; Beile, Beule; be- 
räuchern, bereichern; bereit, bereut, 

Endlich können dabei auch Wörter zu Hilfe genommen wer- 
den wie: hübsch, niedlich; entdecken, eröffnen; ärger- 
lich, anstössig; grimmig, wüthend; vertilgen, verwü- 
sten; Pfeiler, Säule; reinigen, säubern u. 8. w. 


δ. 4. Die bezeichnende Kraft der Laute, 


Nach $. 2 erscheinen die Laute in der Bedeutung der Wör- 
ter als das Besondere als das Thätige und im Raume sich Bewe- 
gende; denn die sie hervorbringenden Werkzeuge bedürfen dabei 
grösserer Thätigkeit und Anstrengung, als die die Töne bildenden, 
und sind in wirklicher Bewegung, während diese bei der Bildung 
der Töne länger in einer ruhigen Lage verbleiben. Wenn es 
zuweilen scheint, als bezeichneten die Töne Bewegung, wie in 
Blitz und schnell; so ist das zum Theil Täuschung. Die Be- 
zeichnung der Bewegung liegt in den Lauten und das Räumliche 
(i und e) ist nur schmaler und enger. Der Beweis davon liegt in 
(auf der) Plotz und plötzlich, worin die Töne voller und stär- 
ker sind, und beide Wörter drücken dennoch Bewegung aus. 
Wenn also die Vocale wirklich. an der Bezeichnung der Bewegung 
Theil haben sollen, so kann diese Theilnahme nicht in der natür- 
lichen Tönung derselben, sondern nur in ihrer Quantität beruhen. 
In den aufgestellten vier Wörtern sind die Töne der Stammsilben 
sämmtlich geschärft lang. Ein gedehnt langer Vocal wird schwer- 
lich an der Bezeichnung schneller Bewegung Theil nehmen. 

Die Art der Thätigkeit der einen Laut hervorbringenden Or- 
gane ist für die Auffindung seiner bezeichnenden Kraft eben so 


Von M. Rosenheyn. al 


wichtig als der Eindruck, welchen der Laut selbst auf das Ohr 
macht. Die durch ‚einerlei Organ gebildeten Laute werden sowol 
in ihrer physischen Beschaffenheit als in ihrem daraus hervorge- 
henden Eindruck auf das Ohr, mithin auch in ihrer -bezeichnenden 
Kraft eine gewisse Aehnlichkeit mit einander haben. 

1) Kehl- und Gaumenlaute, a) h, ch, g, k, c werden 
alle gebildet auf der untersten tiefsten Stufe der Sprachröhre, ch 
und g, wie in wachen und-wagen, (indem der hinterste Theil 
der Zunge sich so nabe an das Gaumensegel anlegt, so dass für’ 
den Durchgang der Luft nur ein enger Kanal bleibt), gehören 
beide der Beengung an, k und g, wie in kam und gam (Bräuti- 
gam), Kram und Gram, indem der hintere Theil der Zunge !) 
sich sperrend an den Gaumen legt, (beide gehören der Hemmung 
oder Sperrung an). Ihre Bildungsstelle liegt von der aller übrigen 
Laute dem Innern am nächsten, wie unter den Tönen die das a 
und von der Aussenwelt am entferntesten; sie bezeichnen im All- 
gemeinen das Bestreben des Innern nach aussen hin, das 
Streben nach dem Weiten und Hohen hinaus, Dics ist beson- 
ders der Fall Ὁ) bei h. Es ist der aus freier Mundhöhle und 
Mundöffnung hervorgehende, der am wenigsten beschränkte, aus 
dem Innersten kommende Kehlhbauch; er bezeichnet das Verlan- 
gen, gleichsam das Nehmenwollen in den Mund, den Gegenstand 
des Verlangens, das Erstaunen über das wahrgenommene Hobe 
und Grosse und das Gefühl des Abstossens, Sanskr. hansa 
(Gans), iha (das Verlangen), hed (Hass); αἱρέω, εὐρίσκω, ἅγιος, 
habeo, hio, inhio, homo, hostis; ha, halt, Hauch, Haus, hei- 
lig, Himmel, Held, Heimat, hoch, hold. c) ch, als 
durch Bewegung verstärkter Hauch und schon völlig beschränkter 
Laut, drückt dasselbe stärker und bestimmter aus, χαίνω, χαίρω, 
χαλεπὸς. χήν» χείρ, χρυσός. μάχη» ach, Bach, Dach, lachen, 
Rachen. 6) g hinter a, au, o, u, 'ist fast derselbe Laut, wie 
ch, jedoch milder und weniger plötzlich, weil der vorhergehende 
Ton immer gedehnt lang ist. Einige sprechen es auch so aus, 
dass es sich mehr dem k nähert, als dem ch. In beiden Fällen 
ist es nie Mittellaut zwischen ch und k; es bezeichnet sanfte, milde 
Bewegung, mildes Beharsen: Bogen, Bug, Lage, saugen, 
Tugend, Woge. e)g fordert wenigstens vor den vollen Voca- 
len stärkere, c, k und q allezeit die stärkste Sperrung der Luft 
auf diesem Punkte der Sprachröhre. In Folge dessen bezeichnet 
sie das Beschränkende, Beschränkte, Verschlossene, wie das 
ans der Beschränkung Hervorbrechende und Freigewordene, nur 
ınilder als die anderen: Sanskr. kapalu, Kopf, litth. galwa, κεφαλή; 
caput; Sanskr.: k&ca, κόμη, mAonanog, capillus, coma, crinie, 
litth. kassa. Sanskr. karkataka, Krebs, cancer, καρκῖνος; gula, 
guttur; Kette, Kugel, Galle, Gaumen, Geist, Gott. Ὁ) die 


1) Dionys. Halic, 1. c. p. 176. 


382 , Ueber die Onomatopoeie. + _ 


bei k vorhandene gänzliche Sperrung bezeichnet zuweilen, wie das 
die Zahnspalte verschliessende n (nein, nicht, nie, litth. nekas, 
nek’s, keiner, nichts, nullus) mit dem n am Ende das, was gleich- 
sam aus Abneigung nicht Aus- und Eingang finden soll, Vernei- 
nung, wie in kein aus ein. Mit der am Ende folgenden Sper- 
rung und Oeffnung der Lippen durch das m bezeichnet k sehr 
natürlich das anfangs Eingeschlossene, nachher Durchbrechende, 
wie in Keim. 
2) Die bezeichnende Kraft der Zungenlaute: n, r, 
l, j, (ch, g) s, sch, d, t, th, z, x. Darunter sind.8 flüssige 
oder halbvocale n, r, 1, j, 8, sch, mittels Sperrung der Luft 
durch die Vorderzunge n, εἰς t, th, mittels Sperrung und Bewe- 
gung zugleich z und „ Z = ts enthält eine Zungensperrung 
and Zungenbeengung, x — ks eine Gaumensperrung und Zungen- 
beengung. Die Bedeutung der Zungenlaute ist zu verschieden, 
als dass sich darüber etwas im Allgemeinen sagen liesse, es wäre 
denn dies, dass sie grösstentheils geräuschvoll und läarmend 
sind und davon ihre Bedeutungen haben. 


N entsteht, wenn die Zunge mit ihrem vordersten und nächst- 
folgendem Theile sich zur Sperrung der Luft an den Gaumen legt, 
das Gaumensegel sich zugleich senkt und die geheminte Luft durch 
die Nase gedrängt wird!). Es bat eigentlich eine zweifache Na- 
tur, indem es durch das Verschliessen des Ausgangs durch die 
Vorderzunge als Product der Beengung sich darstellt, Wegen des 
starken Gebrauchs der Nase bei seiner Aussprache fängt es bei 
den die Nase selbst bezeichnenden Wörtern an: Sanskr. naca, 
litth. nosis, Nase, nasus. Das griechische μυκτήρ bezeichnet die 
Nase theils nach ihrer physischen Function (Schnauzer) etymolo- 
gisch von uvoosıv, theils onomatopoietisch durch das a, welches 
wie das ἢ die Luft sperrt und durch die Nase treibt, daher μύξειν; 
die Luft durch die Nase stossen. Durch die während der Sper- 
rung nach oben in die Nase getriebene Luft bezeichnet es das sich 
"Erhebende, Erhöhte, durch die Sperrung und Ausstossung 
der Luft zugleich wie k und m das Ahgewiesene, nicht Zuge- 
gebene, die Verneinung, das Unangenehme: Sanskr. nakha, 
Nagel, litth. negelys; Sanskr. nau, Schiff, navis, ναῦς. Nebel, 
Mehl, Narbe, Neid, Noth, ne, non, nein, nicht, nullıs, 
litth. nekas, Niemand, Ferner bezeichnet es das Innere 3), Ver- 
schlossene, besonders in manchen Sprachen das sprachliche Ver- 
schlossensein des Mundes, welches andere durch m ausdrücken: 
litth. nebilka, nebylys, poln. niemy, wovon der Pole die Benennung 
für den Deutschen hernimmt, niemiec d. h. einer, der nicht mit 
dem Polen reden kann. 


R lässt die Zungenspitze am Zahnfleische der oberen Zähne 


1) Dionys, Halic. 1. c. p. 168. 2) Plato Cratyl, p. 93. - 


Von M. Bosenheyn. 888 


flattern 1), so dass die Luft bald gesperrt, bald beengt wird. Da- 
- durch bildet sich ein kräftiger Laut, welcher starke Bewegung 2), 
besonders die in gebrochener Richtung, das Runde und 
Krumme, das Auseinanderfahren, die in Absätzen geschehene Be- 
wegung, das schnarrende Geräusch, das Starke und Rauhe?) ‚und 
Rasche bezeichnet. Sankr. rata, Rad, rota, litth.. ‚ratas, τρόχος. 
Sanskr. rus, zürnen, litth, ruziti, ὀργέξεσϑαι, irasci. Sanskr. ir, 
rund, rotundus, Rauch, rauh, Reif, Ring, roh. 

L zieht die Zungenspitze erst an den vorderen Theil des 
Gaumens, während sie zu beiden Seiten Luft durchlässt *). Die 
Zunge will sperren, kann aber nur beengen. L ist ein sehr mil- 
der Laut und malt das Milde, Linde, Leise, Schmeichelnde, 
Liebliche, Leichte, Kleine, Fliessende, Sankr. lap, lal- 
len, 18. kalbeti, λαλεῖν, loqui. Sanskr. labh, (nehmen, gleichsam 
mit den Lippen ergreifen) λαμβάνειν , lambere; Sanskr. lih, lecken, 
litth. laizyti, λεέχειν, liogere; Lippe, labium 4 χεῖλος; lingus , 
γλώττη: hell, leicht, Licht, Lamm, Lob. 

Das j wird dadurch gebildet, dass die Zungenspitze sich an 
das untere, der Zungenrücken an das obere Zahnfleisch anlegt, je- 
doch so, dass noch beengte Luft durchgehen kann. Bei ch (bre- 
chen, Strich, weicht, Bücher) steigert sich das Geräusch der 
durchgehenden Luft noch um etwas. Die Bedeutung des Lautes 
ist ein leises, sanftes Wehen, milde Bewegung, das Flinke. 
Bisweilen entspricht es in anderen Sprachen dem h, s, f, v, w, z, 
weil es allen diesen Lauten homogen ist. Sanskr. juvan, jung, litth. 
jaunes, iuvenis, ἥβη. Sanskr. jawa, Gerste, litth. jawas, (vielleicht 
wegen der Bewegung der Aehren im Winde). Sanskr. jugja, Joch, 
juga, Guyös; jach, jäh, jagen, jauchzen, Jammer, jocus, juchhei. 

Das j und sein verwandter Ton i haben auch wie d, u 85) 
Ζ hindeutende, zeigende Kraft: Goth. jains, jaina, jainata, jen er, 
althochd. gener, genu, genaz, mittelhochd. jener, jeniu, jenes, 
ille, ἐκεῖνος. Daher bedient sich dessen das Sanskrit für das Re- 
lativum, in wiefern dieses auf etwas Vorangegangenes hinzeigt, wo 
dann dem j im Litth. k, im Griechischen der spiritus asper, im 
Lateinischen qu, im Gothischen hu oder hv und im Neuhochdeut- 
schen w entspricht: Sanskr. jas, ja, jad, litth. kas, kursai, ὃς "ἢ" 
0, ὅστις: qui, quae, quod; goth. hras, hro, hra; althochd. huer, 
huia, huaz oder huelibhes, welcher. Sanskr. jadvis, litth. köks, 
οἷος. ὁποῖος, qualis; goth. hveleiks, welcherlei. Sanskr. jatra, 
litth. kur, οὖ, quo, 08] goth. hvar, wo. Sanskr. jatas, litth, 
isz-kur (aus — wo), 09ev, quo, unde; goth. hvathro, althochd. 
war hera, wohez. — .Aehnliche Hindentung liegt offenbar in ja 
(aio) vielleicht mit innerer Hinneigung verbunden, (denn das un- 
verdorbene Gemüth neigt sich der Wahrheit zu), wie die innere 


" 1) Dionys. Halic. Il. c. p. 168. 2) Plato Cratyl. p. 91. 3) Dionys. 
Halic, p. 170. 4) Dionys. Halic..p. 168. ον 


384 _ τς Ueber die Onomätopocie. 


Abwendang im n bei nein. Das Hindeutende im Ja ergibt sich 
besonders aus der Art, wie manche Sprachen die Bejahung aus- 
drücken, nämlich durch das wirklich gesetzte oder auch verschwie- 
gene Demonstrativum: ἔστε ταῦτα; οὕτω nos δοκεῖ; φημὶ τοῦτο; 
ita oder sic (est); est ita, ut dicis; ajo (hos), poln. tak ject (so 
ist’s). Selbst die Wiederholung des in der Frage vorgekommenen 
-Praedicats ist eine Hindeutung auf dasselbe: mene vidisti? vidi. 
Hienach scheint es gerathener, in ja eine alte Adverbialform des 
Demonstrativs, wie da und so, zu finde, als es anzunehmen für 
das Altdeutsche a (est) 1) oder als Verkürzung aus dem hebraeischen 
hajah (fuit). 

Bei s hebt sich der hintere Theil der Zunge nach oben, der 
vordere senkt sich gegen den harten Gaumen und der vordere 
Band der Zunge legt sich breit vor die Zahnspalte, dass die be- 
engte Luft noch durchgehen kann 2) Je nachdem die Luft schwach 
oder stark von den oberen Schneidezähnen getrieben wird, ist das 
5 weich (Erz. z) oder hart (ss, 82). Sein Eindruck auf das Ohr 
ist scharf, aber sanft eindringend, und daher bezeichnet es Alles, 
was schärf und hell empfunden wird, Sausen, Tosen, das 
Starke, Veste. Oft hat es etwas Beruhigendes, wie gleich- 
förmiges Säuseln, weshalb man auch: Kinder damit in den Schlaf 
bringt: Sanskr, suanas, ἀσμα, Sang, sonus, ovgifew, sibilare, 
zischen, summen; ἥλιος» sol, Sonne; somnus; Sommer. 

Sch unterscheidet sich von s nur dadurch, dass der Vorder- 
theil der Zunge bei sch vorn nicht herabgebogen, sondern gegen 
den Gaumen erhoben ist8). Drängt die Luft sich schwächer hin- 
durch, so entsteht das schwache sch (das französiche j); es malt 
das Sanfte, Schöne, Leichthingleitende, aber zugleich auch die 
Scheu, das Verabscheute; daher werden vorzüglich Vögel damit 
verscheucht: Sanskr., snusha, Schnur; littb. szaukti, schreien; 
szikti, schiessen; szkapas, Schöps; Schaf; Schütze, Schande, 
scharf, scheiden. 


Das d entsteht, wenn der vordere Theil der Zunge sich breit 
an den Gaumen legt, wie bei n, doch so, dass keine Luft durch 
die Nase geht. Legt die Zunge sich fester an, um die stärker 
andringende’ Luft zu sperren, so bildet sich t als verstärktes d. 
Durch den dem t nachfolgenden Hauch entsteht th. Die Bedeu- 
tung dieser Laute ist das Ausstossen, das Gebundene®), 
das Deuten und Zeigen, das Darreichen, die Bezeichnung 
des Dehnens, der nach einem bestimmten Ziele strebenden Bewe- 
gung und des Berührens. In verschiedenen Sprachen entspre- 
chen sie oft dem h, 8 und sch: Sanskr. dis,’ δεέκω, δεικνύω; 


1) Wachter Glossar, German, unter jah. 2) Dionys. Halic. 1. c. p- 
168. 3) Die Griechen haben ihr 0x nicht wie wir unser sch ausgespro- 
chen, sondern als zwei Laute; eben so das Lateinische sch, z. B. in 
schola. 4) Dionys. Hal. p. 174-176. 


“Ὶ 


Von M. Rosenheyn. ᾿ | 885 


dico!), Seulen; digitus; τ Sanskr. sas, sa, sad, der, die, das; 
litth. tas, ta, tai, d, ἡ» τό, golh. sa, 80, thata, althachd, der, 
din, daz; — dieser, diese, dieses, litth. szis, 821; 0UTOg, 
αὕτη, τοῦτο, hic, haec, hoc; goth. his, hija, hita; althochd, deser, 
desju, diz; mittelhochd, disne, disiu, diz; Sanskr. da, litth. duti, 
δόειν, διδόναι» dare; Sanskr. tam, dehnen, litth. tampti, τείνειν, 
tendere; Sanskr. tua, du, goth. δα; Sanskr. tava, dein, litth. 
tawo, σός, tuus, goth, theius, Damen, tonitru; dominus, H err; 
tangere, ἅπτεσϑαι. 

8. Die Lippenlaute: m, b, p, w, v, f, ph. Hier bie- 
tet sich zunächst die Bemerkung dar, dass die durch das Saugen 
des Kindes schon früh geübten Lippen als Sprachlautwerkzeuge vor 
allen übrigen thätig werden; sie führen den Menschen zuerst in 
das Verhältniss mit der Ausgenwelt ein und regen sein Bewusstsein 
für sie an; sie bezeichnen daher fast in allen Sprachen das, was 
der Mensch zuerst wahrnimmt, und ihm das Liebste ist, Mutter, 
Sanskr. mätri, litth. mon& und motina, pola. mattka; μήτηρ» μάμμα. 
papun; mater, mamma; Brust, litth. pä4pas, poln. piers, μαξός-. 
mamma; Milch, litth. pienas, poln. mieko; Vater, Sanskr. pitri, 
litth. tewas, πατήρ» pater, goth. fadrein (parentes), althochd. va- 
tar; Bruder, Sanskr. Oprati, litth. Orolis, ἀδελφός, frater, goth. 
brothar , althochd, pruoder. Wie sehr die Lippenlaute mit einan- 
der verwechselt werden, ergibt sich schon aus den oben aufge- 
stellten Wörtern. 

2. Das m lautet, wenn bei völlig geschlossenen Lippen die 
Luft durch die Nase geht?). .Es hat mit n insofern gleiche Na- 
tur, als es, wie jenes, Product der Sperrung und der Beengung 
zugleich ist, nar mit dem Unterschiede, dass bei m die Sperrung 
durch die Lippen bewirkt wird. Als luftsperrender Laut bezeich- 
net es zuerst das :Ganze, das bei seiner Aussprache verschlossen . 
wird, den Mund (Maul), althochd. müla, plattd. muul, Sanskr. 
mukha, litth. burna. - Das Griechische στόμα bezeichnet" durch st 
den Mund als Gegenstand der Aufmerksamkeit und des Erstaunetis 
und lässt dann das m folgen. Os hängt mit orare (reden) zusam- ΄ 
men, unı in ihm ist, nachdem das o den Eingang in ihn gezeigt 
hat, das r (or — is) bezeichnend, gleichsam der Redner. Sodann 
bezeichnet es, wie n, die sprachliche Verschlossenheit des Mundes: 
uvöog, uvrrög, mutus., Das Dentsche stumm beginnt mit Been- 
gung, anf welche eine Sperrung folgt, und mit dem gänzlichen 
Verschliessen der Mundöffoung endiget es. Insofern ist stumm 
ein trefflich bezeichnendes Wort: denn der Stumme versucht zu 
sprechen, er bringt nicht gehörig artikulirte Töne hervor: aber bis 
zum Sprechen gelangt er nicht. Daher hat Man auch von dieser 


1) Plato Cratyl. p. 93. i. 6. sermone ostendo animi sententiam. 2) 
Dionys. Halic. p 
Archiv f. Phil. u. ΑΝ Βα. XIX. Hft. 3. 25 


386 ΝΙΝ Ueber die Onomatopoeie. ır 


Seite: mirtus ἐάν onomatopoetisch gehalten, für Nachahmung der 
-Töne, weiche: Stumme hervorbringen ?). - 

‚Ferner bezeichnet m das Beschränken: Sanskr. mätra , litth, 
_ miera, μέξρας, metrum, modas;' Maass; litth. „Muras, murus; moe- 
nia, Mauer. In einigen Sprachen bezeichnet” es, wie k und 'B, die 
-Vereinigung: Sanskr. ma, μή, undels- 

- Durch däs nach: innen: Ziehen der Lippen bezeichnet es “εἶπε 
-Richtung nach dem Innern, eine Hindeutung auf däs eigene Sub- 
ject, auf dessen Thätigkeiten und auf das, was ihm so angenehm 
ınd.tieb ist, ‚dass es dasselbe mit den-:Lippen gerh in sich hinein- 
.siehen und ‚innerlich 'geniessen möchte: Sanskr. mae, litth. manes, 
“μοῦ; mei,. goth.. meine: "slthochd. min, meiner; nol, μέ. mihi, 
me; mir, mich; ἡμεῖς» 008, wir; Sönke. mama, ἢ ἢ, mänas, 
ἐμός. meus, goth. meins ,..althochd., 'nimer, mein; Sanskr. mau 
(denken), litth. meneti (woran Jenken), μέμνησθαι ;. μνήμη. mens, 
meminisse, memor, memorare, meıinoria, ‚goth.' muanan (cogitare), 
.gamunan (meminisse), gamands (memoria), altd. mynd (memoria), 
altkochd. minör . (meminisse, amiare),. minna "(recerdätio,,. amor), 
.mahnen, meinen ;. Sanskr. mati, uffrig, μῆδος. (prudentia); monere, 
-althechd. manön, mahnen; litth. melöti (von melas, Lüge), men- 
‚tiri (i.. 6. mente fingere) Sanskr. manas, ndves, Gemüth (Muth); 
-Sanskr. durimanas , δυσμενής (ein’böses. Gemüth habend, feindselig); 
-Sanskr. manu (Denker), Mann, Mensch; Sanskr, manju' (aegritado, 
"ira), unvis, μαίνεσθαι: μάντις 9 μανϑάνειν, μάϑῃησιφ) μαϑητής; 
‚altd. muni (animus), munir Waaultates), muyar - (voluptas) ; Mutter 
und Milch.. 

. Auch das Grosse, die. Macht und, "was. sie vermag , wird 
als. dem Menschen Liebes und Werthes Hurch m bezeichnet; "Sanskr. 
mahat, meyds,. magaus, ‚goth. mikjls, ‚althachdi mihil, mitihd. mi- 
chel, gr.oss; mttihd, :michel, viel, me, mer,.mete, mehr; Iitth. 
macnia (Mac.ht), macqus: (michtie),, 'goth. nbagan (machen), 
:magus, (genitus, Sohn) magaths (sirgo, Magd, Mägdlein, Mädchen), 
‚mahts (Macht , möglich), me&gs .(gener); 'althd. makan', mekin (vis, 
potentia), mag (engnatus, uxar), makad (virgo), maht (Macht), 
:mak (gener);. mttihd, maht (Kraft, noch in. Qlinmacht), mage 
(cognatus), maget, magedin, meit (Mädchen).. - 

Ä 3. . Zur Bildung des b legen die- Lippen sich leise an’ einan- 
der und lassen, indem sie sich ohne Anstrengung wieder auseinan- 
der thun, die Luft durch; bei p schliessen. ‚die Jippen sich fester 
‚aneinander, die Luft wird stark gegen sie: gepresst und dringt, 
spbald sie sich etwas gewaltsam. -anseinander. thun, mit einem 
Knalle hervor 2).  Hiernach ist p ein verstärkieb b, Einer von 


1) Non. 1, 29: Mutus onomatopoeia est inceriae vocis, quasi mugi- 
tus. Nam mutus sonus est proprie, qui intellectum non habet. Isidor. 
Orig. H. M. p. 1080, 29. Gothofr.: Mutus, quia voX eius non est sermo, 
nisi mugitus: vocalem enim spiritum per nares quasi mugientes ‚emittit. 
2) Dionys. Halic. p. 174. on 


= 


Von M. Roseriheyn. © 387 


beiten Lanten kommt: gewöhnlich in der Benentung der Lippen 
vor: ἢ. lüpe, labiam 8), labtum, Lippe. Daher auch-'vom 
Nehmen mit den Lippen, lambere, beissen, und dann von jeder 
Art des Nehmens, &apete, λαμβάνέιν. "Ausser deh entsprechendeh 
Natatlauten. (patsch, pochen, puff) bezeichnen sie Alles, was 
der: Gestalt: des Mumdes: bei ihrer "Aussprache ähnlich 'ist, das Aufl 
gedunmene; -Volle, RänumEnischliessende, Gespannte, Geräusch 
muchende Bewegung. In letzterer Beziehung "bezeichnet der nicht 
ungewöhnliche Name Prafflaut ihre Natur sehr gut. P malt das, 
Alles stärker, als δ: Sanskr.-pürma, Neth. pilnas, πλήρης, plenus, 
goth. füles‘, ulthd. ‚vol, voll; Titkh. püale; rougog, vesicula, bulla, 
pustula, engl. bladder (blädder), Blase,:Blatter; litth. pilvas, 
vehter, althd; bak, Β ἀπ ἘΠῚ Sänskr.’ pädas; (fitth. 'pedas, Fass- 
stapfe) ποῦξ, pes, geth: fötas, althd: wwoz,; Fuss; Baner, 
Band; bitten, petere; beben,. Bote,‘ Butter; packen, 
Pela, Panke; Peitsche, Polster, pöltern, Pauls τ᾿ 
& Ἀγ τσ, ἢ, ph: — W entsteht; wenn die Lippen sith leise 
aneinander legen, viel heiser; als: bei m, ‘weichem: es #hnlich ist: 
doch zieht de Oberlippe "sich nicht um etwas zurück, wie bei m 
geschieht, 'und durgh- die Nase, wird keine Luft getrieben. Es 
ist von allen Sperrungen die: weichste und sanfteste. - Auch bei v 
legen: die Zippen !sibk deise'ain einander, lässen uber zum Durch- 
gange der Luft. in der Lippenspalte eine imbetldutende "Definung, 
und .die Vollendung des Lautes ‚bedarf tes Amseinanderthuns «der 
Lippen’ nicht, sondern nur .des .Stillstandes.ıder Luft. Es ist die 
mikleste .aller. Beengungen. :: Bei f.und ph'wird die Oefinuing in 
der Lippenspalte etwas weiter, ‘als bei v, die. Unterlippe lehnt 
sich: fest δέ" die untenn Zühne zurück, und-die ‚Luft geht'mit mel 
Stärke durch die. Lippenspalte. F ist daher ein verstärktes v, 
nieht 'ein 'veratärktes: w, wie von. Baer meirt?),. welcher w unter 
den: beangenden ‚Artikulationen. aufstellt. Alle vier sind’ Lippen- 


1) Den Elementen und der Sache nach vom Banskr. labh (λαμβάνειν, 
accipere, obtinere), weil die Lippen nehmen. 2) Vorlesungen über 
Anthropologie. 1. Th. 8. 474. Unserer. Ansicht ist Schubert, die 
Geschichte det Seele. 1. Bd. 1830. 8. 146. Dass die Griechen ihr p 
ausgesprochen, wie -wir- unser ph ‘und’ f, ist ganz gewiss nicht wahr. 
Zwar nehmen sie für das lateinische f allezeit ᾧ (Fabius, Φαβιος), die 
bei den Fremden etwas genaueren Römer aber für ‘p nicht ἢ, söndern ph 
(Bikswmwog, Philippus). . Auch die in Anmerk. aus Dionys. Halio. ange- 
führte’ Stelle widerstreitet jener Annahme,; Pott etymelog. Farsehun- 
gen 1853,.8. 79, hat wahrscheinlich gemacht, dass 9 wie aspirirtes x 
(ph), das_ heisst wie p mit nachfolgendem h gesprochen worden sei. 
Diese Ansicht scheint auch unterstützt zu werden durch Plato, welcher 
im Gratyl, p. 92 u. 93% mit 9, 9 mit Z Busammenstellt und alle vier 
γράμματα πνευματώδη nennt. Auch. hätten die ‚Griechen ihr p, wenn 
sie es wie f ausgesprochen hätten, mit zu den aushaltbaren (liquidag) 
rechnen müssen: sie haben das aber nicht gethan, wogegen Prisc. 1, 3, 
4, 848 Iat, T mit- unter ‘den liquidis aufgestellt. ° 05 Ps 


. 
φ 


388 Ueber die Onoutatepocie., 


pfeifer oder Lippenhauchey. Und davon erhalten’ sie ihre Bedeu- 
tung. Sie. bezeichnen sanfte Bewegung, das Weichende 
und Weiche. Inwiefern durch sie der: aus dem Innern kom- 
mende Hauch von ‚dem äussern Rande. der Lippen dahin weht, 
bezeichnen sie Bewegung und Entfernung von etwas, eine Bezie- 
hung anf Entfernter, das Entfernte, das Weite, grossen Um- 
fang habende, das, wovon Geruchstheile sich verbreiten, und 
endlich Hindentung auf Gegenständliches, In letzterer Bezie- 
hang bedient sich das Deutsche des w besonders bei relativer Zu- 
rückdeutung, wo das Sanskrit das j, das Griechische den spiritus 
asper und das Lateinische qu.nimmt. Auch bei der Frage, wel- 
ches ihrem Wesen nach ein Hindeuten auf etwas Unbekanntes ent- 
hält, behält das Deutsche das w, das Lateinische qu bei; das 


. Griechische aber nimmt dazu, bisweilen m» oder x, das Sanskrit k: 


Sanskr, kas, litth. kas, zig, quis, goth.: hvas, althd. huer, wer; 
sanskr. kadris, littb. köks, ποῖος. qualis, goth. hveleiks, von 
welcher Art, welcherlei, was für ein; Sanskr. kati, litth. 
kieli, πόσος, quot, wie viel; Sanskr. katra, litth, kur, .zoü, quo, 
goth. bvar, wo; Sanskr. katas, litth, isz, kur, πόθεν.» quo (ande), 
goth. hvar, wo; Sanskr. katas, litth. isz kur, πόϑενν quo (unde), 
goth. hyatro, althd. uuar, hera, woher. 

Uebrigens treten die bei der Relation und Frage wechseinden 
Laute auch sonst für einander ein. Sanskr. νὰ, Htth. pusti, πνέειν, 
flare, apirare, wehen (Wedel); Sanskr, waju, litth. wejas, πνεῦμα; 
ventus, Wind; Sanskr. wäri, litth. wandu, ὕδωρ, aqna, Wasser; 
Sanskr. uda (von und, fluere), litth. wilnis, κῦμα, unda, Welle, 
Woge; weich, lJitth. minksztas, μαλακός, mollis; vannus, 
Schwinge; Sanskr. wid, litth. zinöti; εἴδειν, ἴδειν, videre, wis- 
sen; Sänskr. wah, litth. wazoti, ὀχέειν, vehi, fahren, flie- 
hen, weichen, litth. begti, φεύγειν, fugere, vitare; Weg, ὁδός 
via, littb, kielas, Veilchen, viola, ἴον: fern, von; finden, 
invenire; Sanskr. wam, litth. wemti, ἐμέεεν, vomere, speien (vo- 
mer, der Schollenspeier, Pflugschar, Fass, Feld, Feind, 
Form, weit, Welt; voll. 


δ. 5. Die Bedeutung der zusammengesetzten und die 


Synaonymie der Laute. 


Gern hätte der Verfasser nun auch in bisheriger Weise über 
die Bedeutung der zusammengesetzten und über die Synony- 
mie der Laute gesprochen, doch bleibe dies einer eignen Abhand- 
lung. Das Bisherige wird es ihm möglich machen seinem jetzigen 
Zwecke durch einige Andeutung zu genügen, 


1. Die bezeichnende Kraft der zusammengesetzten Laute be- 
ruht in der Bedeutung der in der Zusammensetzung einzeln ent- 
haltenen zusammen genommen. — Nicht alle verwandte Sprachen 
bedienen sich in demselben Worte immer derselben Lautzusammen- 


Von M. Rosenheyn. 880 


setzung, oder es tretem homorgane oder homogene für einander 

ein, oder die Lautzusammensetzung erscheint getrennt: glatt, 

litth, glittus, Asiog, levis; flach, Hittb. plökszcias, ὁμαλός, Sanskr. 

drai, dormire; Sanskr, pürna, Hitth. pilnas, πλήρης.» voll, crusta, 
irste, 

2. Gr und Kr bezeichnen die aus der Beschränkung hervor- 
brechende Kraft und Bewegung, kurz abgebrochenes, widri- 
ges Geräusch und Empfindungen, welche den dadurch erregten 
ähnlich sind, das sich Krümmende, das Krallige, Schauder- 
liche, gr jedoch milder, als kr: Kraft, altıd. chraft, χράτος» 
robur; ereber, crescere, creare; Kirche, κορώνη» cornix, κρότα- 
λον, Klapper: grunzen, litth. krokti, γρύξειν, grunnire; κρά- 
Say, crocitare, wie ein Rabe schreien, Sanskr. krus, vocife- 
rari; krächzen, krähen, kratzen; kraus, crispus; Kralle, 
Kranz, Kreis; Krampf, krank; Grab, Grube, Gruft, 
Gram, Gras (gramen), greifen, Grauen, grausam, grob, 

Pf, in anderen Sprachen gewöhnlich b, p, oder ph, auch 
wol 5, ahmt zunächst den Naturlaut des Pfeifens nach: pfei- 
fen, Pfiff, litth. sezwilpinti, avolfew, sibilare; sodann Leichte, 
doch kräftige Bewegung, das Leichte, Schnelle, Kräftige, 
Befestigende: Sanskr. patha, via, πάτος (πατεῖν,. βάξειν) va- 
dum (vadere), althd. phad, Pfad; Sanskr. pipali, litth, pipirras, 
πέπερι, piper, (plttd. peper,) Pfeffer; βέλος (Ballsıv), pilum, 
Pfeil (althd. bolen', iacuları, davon noch Bolzen und vielleicht 
bosseln); Sanskr. hari, pers. paras, belg. paard, plttd. peerd, 
mitthd. pfaerit (das Reise- oder Reitpferd), Pferd, Pfund, 
pondo. 
Dr und tr. Dr bezeichnet das Bestreben einer Kraft, auf 
ein gewisses Ziel hinzuwirken: dgaeıy (δρᾶμα) handeln; δραμεῖν, 
laufen; Sanskr. druh (odisse, occidere, velle), litth. drausti, dro- 
hen (dräuen) drängen, dringen, dreschen, drücken, (pre- 
mere). Zuweilen mit dem Nebenbegriffe einer Bewegung in die 
Runde: drehen, drechseln; δράσσειν (greifen, fassen).. — Tr 
malt im Allgemeinen Bewegung, zunächst des stark Erdröhnen- 
den und Zitternden; tremere (tremulus), litth. trebeti, τρομεῖν, 
zittern; Trommel, Trompete. Dann mehr oder weniger 
starke Bewegung in Beziehung auf ein Ziel: traben, tragen; 
tragula (Wurfspiess), trahere, tractare, trans und tra mit ihren 
vielen compositis; treffen, treiben, τρέπειν) τρέχειν, trinken, 
trippeln, Tropfen, trulla (Maurerkelle). Ferner niederschla- 
gend, wirkende, gefährliche Kraft rogaeıv, tirgasıv, verwunden, 
τραῦμα. τραχύς, θρῆνος, Thräne, tristis, Trotz, trübe, trux; 
endlich aber auch das Ruhige und Feste: τράπεξα, treten, 
treu, trocken, In einigen Sprachen haben auch der Schlaf und _ 
Traum diese Laute: Sanskr. drai, ögadeiv, dormire; Traum, 
vielleicht weil der Schlaf als Zwillingsbruder des Todes etwas 
Drückendes und Beängstigendes hat, und Träume auch oft sehr 


300 Ueber die Ogomatopgeie. 


beängatigen. odes den, weicher darüber nanbdenkt, in. Erstaunen 
seizen. Andere Sprachen scheinen «das Athmen im Schlafe 
darzustellen: Urnvpg, somaus, Schlaf, das Litthauische. miegas, 
das Angenehme für das schlafende Subjec. — Merkwürdig ist, 
dass die Zahl 3 in allen mit Jem Sanskrit verwaudten Sprachen 
‚ diese Laute hat: Sauskr, trayas, littb, trys,.paln, frzy 9, τρεῖς. tres, 
gpik. thrins, .althd. &hri drei. ‚Sollte etwa:Jder Grund der sein, 
dass die Zahl 3 hei allen Völkern von alter Zeit ber eine geheim- 
oissvolle, mystische, heilige Zahl ist, ‚welche.also ein schauer- 
liches Gefühl anregte?, . Ueberhaupt aber gehört. wol die Ermitte- 
lung. der bezeichnenden Kraft der Elemente in, .den Zahlaamen zu 
den Schwierigsten, und. die. Sache, ‚wäze allein einer. besondern, 
gründlichen Untersuchung wert . . 

.& ı Bie:Synosymie der Enäte zeigt sich ‚sawol . in ein- 
zeinen Sprachen: vorn, fördern; hinten, -hiuderä; Wade, 
waten; schreiben, ‚Schrift; prangen, Pruuk; ‚sahen, 
Sieht; melken,; Milch; setzen, Sessel.u. Hgl:.,:als auch in 
mehreren verschiedenen: ealamue,:Halm; gwWa, Kehle; Sanıkr. 
hansh, 'y9V,:Gans; Sanskr, hläd (gaudere), aithd.klat, engl. glad 
(glädd), kaetus; mttihd, chist, Kind. Es bietet $ich hierbei die 
Bemerkung dar, dass die Synönymie der Laute an ihrer Ver- 
wandtschaft haftet, Dabei finden folgende ‚Fälle Statt:. 

a) Wenn derselbe Wortstammi.- durch verschiedene Sprachen 
bradarch geht und nur durch Lautverämderangen nach den Gesetzen 
der Läutverwandlung verändert wird: crispus, kraus; frangere, 
δἤγνυσθαι brechen; Sanskr. kapäla, κεφαλή) Kopf; λεέχειν» 
fingere, lecken; Sanskr. mig, liuch. maiszyli, μέσγειν» miscere, 
mischen; σύ, tu, du. ᾿ 

ἐλ Ὁ) Wenn den Benennungen Ans Gegenständer in Verschie- 
denen Sprachen nicht mehr ein gemeinschäftlicher Stamm zum 
Gründe liegt, die gewählten Wörter aber immer noch aus verwand- 
ten, mithin aus synonymen Lauten gebifdet sid: Sanskr. arija, 
ἄλλος, ‚dens, Zahn; λαμβάνειν» n’ehmen; Yilth. nebylys; poln. 
niemy, mutus, stumm; scindere, spalten ; litth. "turreti, sollen; 
litth, trukti, φλάξειν, brechen. 

ec) Ausser dieseg beiden . Fällen bleiben eine grosse Menge 
Wörter in verschiedenen Sprachen übrig, welche denselben Ge- 
genstand bezeichnen, ohne aus verwandten Lauten ‚zu bestehen. 
Dabei ist Folgendes zu bemerken: 
: 14 ‚Den verschiedenen Wörtern dieser Art liegt oft eine ver- 
schiedene Auffaspung 468 Geganstandes zum Grunde. Der 
das. Wort ὄρνις erfand, hatte gewiss einen mit Geräuseh aufflat- 
teraden Vogel im Sinne; die Erfinder von avis und V-ogel einen 
grräyschlos dahin schwebenden. Der Erfinder. von ἄνϑρωπος. batte 
yahrscheinligh die ‚von. den Alten .nicht mit Unrecht oft geprie- 
sene aufrechte Stellung des Menschen als Hauptmerkmal des- 


+ 


_ Von Μ, Rosenheyn. 891 
selben aufgefasst 1). Bei homo.scheint das Verhältniss des Menschen 
zur Erde vor Augen geschwebt zu haben, wenn auch Quincti- 
lian 2) diese Absicht fast lächerlich macht und Varro,.wie es 
scheint 3) nieht ihr. Urheber war; so muss sie doch alt sein und, 
wurde später #) beibehalten, Dass, von hpoma das Adjectiv humanus 
heisst, spricht überdem, für seine Verwandtschaft mit humus. Bei, 
Mensch liegt zum Grunde Mann, woraus es gebildet ist, goth. 
mannisk, althd. mennisk, männiseh (eigentlich ein Adjectiv), und 
darays Mensch, plftd. minsch,  (minsk.) goth. hiess auch manna, 
alt.- und mttbld. man ein Mensch, Wigal 1043: 

Da waren Büde gegossen an, 
Jegslichez geschaffen als ein man. . . 
Neben “man? sagt man.aber.auch. manniska.: Im Engl. heisst man 
(mäan) noch jetzt der Mensch, — Aqua, welches auch im Deut- 
schen eine alte Wurzel hat®), und Wasger bezeichnen beide das 
Wallen und Wogen, ‚Wasser aber daneben auch das Geräusch. 
des, wallenden Wassers, so wie-auch ὕδωρ (alt ὕδας).» bei welchem 
das. Befruchten durch Regen ὕειν die Grundvorstellung ausmacht, — 
Litth, huttas, olxag, domus, goth. und αἰ. hus, Haus; dolium, 
Vass; Fach: loculus; kämpfen, pugnare; umbra, Schatten.. 
2) Der Mangel an Worten aus syaonymen Lauten ist zu- 
weilen auch darin. gegründet, dass manche Sprachen für einen Be- 
griff, gar kein eigen gebildetes Wort besitzen, sondern es 
in Folge der Begriffäbnlichkeit von einem andern entlehnen.. So. 
fehlt im Lateinischen schweben, welches dyrch pendere, volitare 
versari. ausgedrückt wird, Ov. Met. 7,,979: . 

. Factus οἷον niveis pendebat in aera pennis. nn 
Auch das Griechische αὐωρεῖσϑαι ist nicht gebildet, um das Schwe- 
ben zu malen: vielmehr ‚geht es von der Vorstellung des Erhebens 
aus (τοῦ αἴρειν) aus. Eben, so fehlt im Griechischen und Latei- 


nl 


1) Isid. Orig. p. 1089: Graeci ἄνϑρωπον appellaverunt eo, quod 
sursum spectat. Ov. Met. 1, 88-86: ' | 

Pronaque cum spectent animalla -caeters terram, 

᾿ς, 08 homini sublime : dedit, oaelumyque.tueri ᾿ 
Iussit, et erectos ud sidera tallere vultus. | " 

Plato erklärt im Crat. p.37, ἄνϑρωπος zwar aus ἀναθρεῖν u. ὑπδὶν 
(videre): Μόνον τὼν ϑηρίων ὀρθῶς ὁ ἄνθρωπος ἄϑρωπος ὠνομάσθη, 
ἀνάθρῶν ἃ ὕπωπεν; doch schliesst diese Erklärung die aufrechte Stellang 
nicht so gänzlich aus, wie Passow unter ἄνθρωπος geglaubt zu haben, 
scheint: denn ayed'gsiy heisst eigentlich von. unten ansehen, 2) in- 
stitut. or. 1, 6, 3%. &) Heind.:zu Plato.a. ἃ. Ὁ. 4) Isid.a.a,0.: 
Homo dictus, quia ex humo factus est... 5) Ach, angels. ea, gath. 
ahwa. Von ach hat Achen (Aquae, Aix) seinen Namen. ' Und 'wenn 
Achstein für Bernstein richtige Benennung ist; so heisst er Was- 
serstein, entweder weil 'er.im ‚Wasser gefunden wird: oder weil er 
klar und. durghsichtig, wie Wasser, ist. ‚Bern-:und. Eitstein heisst er 
von bernen und eiten, d.h. brennen, Agt (in Agtstein, wie-er auch 
genannt wird) und Eit könnten sich auch wol verhalten, wie klagt, sagt, 
seit. Vergl. Beneke Wörterbuch zu ‘Wigal, unter Achstein. 


392 Ueber die Onomatopoeie, 


nischen unser Treffen - Die Wörter ὥὄπτεσθαι, βάλλειν, ἐφάπτεσθαι, 
παίειν) assequi, ferire, iaculari, percutere, tangere, welche dafür 
vorkommen , bezeichnen an sich alle etwas Anderes: Νύμφη (νύβω 
nubo), μνηστή (μυνηστεύω) Sponsa, Braut, Με, marti, marti, 
Jungfrau, virgo (vir, virago), παρϑένος, κόρη Hitth. bringen 
ἄγειν. κομίξειν. φέρειν, adducere,.afferre, ferre. 


δ. 6. Zusammen Fassung. 


1) Alle Diejenigen, ‘welche bis dahin von der auf ihren Sprach- 
lauten beruhenden Onomatopoeie der Wörter handelten, häben fast 
immer sich nur an den Anfangslaut gehalten. Plato fasste sogar 
in der oben angeführten Stelle von rg in den Wörtern τρόμος; 
᾿ τραχύς, ϑραύειν u, dgl., und von’xg in κρούειν nur dag g ins Auge, 
Wenn nun auch allerdings die "Anfangslaute für die onomafopoee- 
tische Bezeichnung der :-Wörter sehr nöthig sind, weshalb wir auch 
hier davon ausgegangen sind, so kann gleichwol die onomatopoee- 
tische Bezeichnungskraft der Wörter darin allein nicht beruhen. Be- 
trachten wir ein Wort als sprachlichen Leib für eine geistige Vor- 
stellung, so tritt es in Reih und Glied mit.den Leibern der Thiere, 
welche darauf’berechnet sind, die Geistigkeit derselben aus- 
zudrücken und ihnen in der "Entwicklung, Thätigkeit und Wirk- 
samkeit dieser Geistigkeit zu dienen. Zwar wird es Theile des 


'Leibes geben, in welchen, wie im Gesichte die innere Geistigkeit 


sich vorzugsweise ausdrückt; aber die übrigen Theile sind darum 
für diesen Ausdruck nieht ohne Bedeutung. Wir wollen gern den 
Anfangslaut eines Worts als das Gesicht desselben gelten lassen; 
aber die übrigen Elemente desselben müssen als Glieder offenbar 
an seinem geistigen Leben, welches in seiner Bedeutung sich zeigt, 
* Antheil haben. ‘Nach dieser Zusammenfassung aller Elemente mögen 
nun einige Wörter als Beispiele aufgestellt werden. 

2) Berg. Das ὁ bezeichnet nach δ. 6. 3, das Aufgedun- 
sene, Raum Einnehmende. Ein guter Anfang zum Gemälde 
eines Bergs. Das p in dem Althd. pereg, perg, malt stärker. Da 
indess die Höhe und der Umfang «er Natur sehr verschieden sind 
nnd die nähere Bestimmang derselben darch klein, gross, hoch, 
Ge(birge) angegeben werden kann, so ist auch ὁ im Allgemeinen 
schon hinreichend. Das 6 scheint freilich nur ein dünner Ton, und 
ai in dem Gothischen bairg dem Gegenstande angemessener, wie 
denn auch das Staunenerregende in der als künstliche Fort- 
setzung aus Felsenstücken kühn auf der Spitze des Berges erbauten 
Burg ganz an seinem Orte ist; aber so dünn ist es doch auch 
nicht, als es dem Auge scheint; denn dem Ohre stellt es sich als 
das dem vollen α sehr nahe liegende ἃ dar. Seine geschärfte Länge 
kündigt das bestimmt und fest entschiedene Hintreten des Berges 
vor das Auge an. Durch r wird der Gegenstand als etwas Ge- 
räusch Machendes im Gesichtsgebiete als etwas die Aufmerksam- 
keit des wahrnehmenden Geistes Anregendes vorgestellt. Wer denkt 


Von M. Rosenheyn. 393 


dabei nicht unwillkübrlich. an das parturiunt montes? Das g end- 
lich, als mildes k gesprochen, unterstützt die in der Schärfe des e 
gehaltene Abgeschlossenheit ; als 7 gesprochen würde es das sanfte 
Verlaufen oder Erhabenheit des Berges in seinen Fuss umgebende 
Fläche bezeichnen, Da haben wir den Berg. — Stellen wir mons 
daneben; so kündiget m die Beziehung des Berges auf den Be- 
trachter an. Er möchte gerne enger mit dem Berge verbunden, näm- 
lieh oben auf ihm sein, sich der schönen Aussicht zu freuen und 
sein entferntes Häuslejn in den Umgebungen zu erschauen oder nach 
der weit entlegenen Heimath und alle den Lieben zu blicken, die 
er- dort zurückgelassen, Das volle o, der Ton des Erstaunens und 
der Bewunderung, stimmt mit der Beschaffenheit des Gegenstandes 
ganz überein. Ob die Römer es gedehnt oder geschärft gesprochen 
haben, ist uns unbekannt. Der eine, wie der andere Fall, würde 
nicht ohne Bedeutung sein. Das n deutet auf die Erbebung des 
Berges hin. Wir könnten auch darin das Erstaunen finden, wel- 
ches sich aussprechen will, sich aber nur durch etwas durch die 
Nase gestossene Luft mathen kann. Das s ist offenbar dem r in 
Berg synonym. Fassen wir das für s eintretente t (mont-is) ins 
Auge; so wird uns dabei weniger die Homorganeität beider Laute, 
als. vielmehr die Beschaffenheit des t als abschliessender Zungen- 
knall bedeufsam sein, wodurch es homogen mit dem Gaumenknalle 
g in Berg ist. Da haben wir auch den Berg. — Betrachten wir 
ὄρος so bietet es uns zwei Mal das kurze o, den Ton des überraschen- 
den Erstaudens dar. Das ρ haben wir schon in Berg, das s in 
mons gefunden. Und das ist abermals der Berg. 

8) Kind. Die allgemeine Färbung erhält das Wort durch ᾧ 
das Zeichem des Schwächlichen, Kleinen und Lieblichen, 
K deutet den Gegenstand als einen (im Leibe der Mutter) beschränk- 
ten, jetzt aber hervorgetretenen frei und selbstständig gewordenen 
an. In nd hat schon Krummacher für sein Wörtlein und (S. 161) 
die Bezeichnung der Bindung wahrgenommen. Wir möchten, ‚was 
auf dasselbe hinansläuft, ein sanftes Herüber- und Hinübergleiten 
des Bildes des lieblichen Kindes in unser Herz und der Liebe un- 
sers Herzens nach dem Kinde darin finden. — Liber hat dieselbe 
.Färbung. L bezeichnet das Liebliche und Erfreuliche, ὃ das 
Ergreifenwollen mit den Lippen aus Liebe!). Das Ende des Wor- 
tes, er, bezeichnet eigentlich die männliche, dann überhaupt Per- 
‚sönlichkeit. — Τέκνον (das Geborne). Die Färbung gibt das 
dem i nahe e, welches in dem Verbum τίκτω selbst i ist, Das τ 
bezeichnet das Ausgestossene, aus der Beschränkung Hervorgegan- 
gene, fast wie k in Kind und das folgende κ, v das geistige und 
leibliche Verschlossensein, ‚die noch nicht vollendete Entwicklung, 
die sächliche Selbstständigkeit. | 


«-- --.«“....--ὄ..... 


1) Marc. 10, 14 u. 16: Jesus sprach: Lasset die Kindlein za mir 
kommen. Und er herzete sie. . 


394 Ueber die Onomatopoeie. 


.4). ‚Leben, Goth.: liban, Engl. live (livv). Auch bier er- 
scheineg e und i zur Bezeichnung des Angenehmen: und Zarten, 
I zur Andeutung. der sanften, erfreulichen Bewegung, des Merk- 
mals des Lebens, dessen Verschwinden den Tod bedingt, b als 
Ausdruck des Erfassens mit den Lippen,: um den Gegenstand 
(däs Leben in seiner süsse ‚Gewohnheit) zu "geniessen, :en und 
an als. Verbalzeichen. "Eben so. erklärt sich das mit leben gewiss 
verwandte, lieben. Ohne Liebe ist kein Leben. Aus der Liebe 
geht. es hervor.” Von der Liebe wird es getragen. Der Hass ver- 
wändelt es in Tod. - ᾿ a ἷς ; 

5) Mund. Ein ernstes Wort, welches der überlegsame Mensch 
nie gleichgültig ausspricht: denn was durch. den Mund eingehet, 
kann Leben sein oder auch Tod, und-was'zum Munde heraus- 
gehet, kommt: aus dem Herzen. und kann.-Seligkeit bringen, aber 
auch Verderben; :daher das dunkel färbende, ernste τ... Das'm deu- 
tet den Ein- nad Ausgang des zu bezeichaenden Gegenstandes an 
und :dassen Beziehung: auf das Innere,. in: wiefern er Sitz der an- 
genehmen Empfindung. des Geschmacks‘, . die Vorhalle des wohl- 
thuenden Gefühls‘ der Sättigung und der -Resonanzpunkt des schla- 
genden Herzens ist; Das μά kennen wir sehon :ans Nr. 3 dieses δ. 
Dureh dern Mund gleiten Speis und Trank nach innen und das 
Wort, welches aus dem Innern kommt und von ihm Kunde gibt, 
nach aussen hin. Der Mund bringt unser Ianeres mit der Aussen- 
welt und diese mit jenem in enge, meist angenehme Verbindung. — 
Ueber στόμα und os ist: schon δ. 6, 2 hinreichende Andeutung ent- 
halten. . u 

.6) Stille!), ein. ziemlich abstraeter Begriff,. die Negative 
des :Getäusches. Ton und Farbe leiht ihm das schwache, dünne ὦ, 
gleichsam ‘der Gegensatz von: dem, wovon das ‚ganze Wort den 
Gegensatz bezeichnet, Mit dem Geräusch machenden s fängt das 
Wort .an, gleichsam. den der Stille vorangehenden Lärm zu bezeich- 
nen, ‚aber das stark abschliessende £ ‚schlägt diesen Lärm sogleich 
nieder, An das, wenn auch schwache, «och gerade durch seine 
Schärfüng und ‘Schwäche bedautungsvolle ὁ schliessen sich’ Zl dem 
Obre 8o mild und lieblich, als Stille in sich selbst verhalten and 
vollendet sie dadurch. Vielleicht ist ‘das’ Althd. stilli_durch sein 
zweites ὁ nur noch bezeichüender, und :das' Althd. stillida zeigt 
durch das aniefügte da noch wohlgefällig auf die entstandene 
Stille, hin. — Auf gleiche Weise lässt sich die. angemessene Bezeich- 
nungskraft, der denselben Gegenstand bezeichnenden Ausdrücke ᾿ 
ἡσυχία» σιγἥ. σιωπή. silentium, litth. tylä, leicht darlägen. ἡ 
.“D Wert. Es wird beseelt durch das volle uad::geschärfte ὁ. 
welches die Benennungen der edelsten Diege biklen hilft, wie 
Gott, Sonne, hold, Gold, u. dgl. Ihm voran geht das w, welches 


.; 1) Eine geistvolle, schöne Unterhaltüng über dieses Wort findet sich 
bei Krummacher über d. Wörtl. und S. 128-138; mir 


x 


Von M. Rasenheyn. . ν᾿ 305 
so ungezwungen und mild zwischen den Lippen durchgeht, wie 
das dem Herzen erfreuliche Wort, aus dem Munde hervorquillt, 
Das Wort aber muss aus. artikulirten Elementen besteben, Was 
kaun neben 20 und o den Verlauf und die Vollendung der Artiku- 
lation wol treffender bezeichnen, als das Geräuschmachende und 
dasselbe zugleich abschneidende rt. Ueberdem ist das Wort wie 
die Sprache, Geräusch, aber artikulirtes und eben dadurch geistiges 
Leben darstellendes. — Unserm Worte sehr ähnlich ist das Latei- 
nische verbum, mag dessen Ableitung, worauf es hier nicht'ankommt, 
auch sein, welche sie wolle. Eben sa vox, Auch das.Griechische, 
an: gets (ich sage), geknüpfte φῆμα ist -gut beaeichnend; wenn der 
spiritus asper dabei nicht übersehen wird. 


"Und hier wird nun die Behanptung, dass die Sprache durch- 
aus Ongmalopoeie sei, nicht weiter zweifelhaft scheinen können, 
Sie..ist der Wiederhall der Eindrücke, welche die äusseren 
Umgebungen und die ganze Natur auf das Innere des Menschen 
machen, und der Wiederschein des durch jene Eindrücke erreg- 
ten und uuterhaltenen geistigen Lebens. Sie kaon nur Ono- 
nomatopoeie sein. 


»" 


Grammaticae SErmonis Latini philosophicae elementa. 
Condidit Noir philosopliae Doctor Mogunt, 


a ee F 

Tria sont, quae ei, qui lingaam quandam non 50] δὲ cognoscere, 
sed penitus perspicere studet, potissimum animo retinenda et dein- 
ceps persequenda videntur. "Prinum ut texturam sive materiam 
sermonis.ad cartas leges et mensaras revooet, phoneticam dica,. quae 
quidem ommnium facillime - indagari et certis finibus .eircumscribi 
potest. Deinde ut notionam originem et seriem, cognationem et 
interitum acute.distinguat et in lucem protrahat, etymologicam dicunt, 
quae quam late pateat atque quanti momenti sit, ad sermonem et 
populi ingenium perspiciendam nondam apud omnes constat. Ter- 
tium est, ut verborum ianeturam et structuram, ‘qua denique sermo 
efficitur, cognoscat; quae quidem cognitio, quami syntaxın nominant, 
longe omnium est difhcillima et creberrimis hominum erroribus 
illustrata !). 


1) Vide sis, ut in hoc studio ratio philosophica eundem processum 
commanstret, ut in ceteris omnibys, analyticym. Quippe non vocabula, 
non vocum elementa, sed sermo continuns est, quem tractamus,. ad illa 
autem tanquam ofticinam recedendum est, nisi in gravissimos errores im- 
pingi volamus. Jta Botanica elementa chemica ‚et cellulam ante omnig 
expopit, deinde caeteras plantarum partes, ἢ Musica sonos et sonorum col- 
cordiam auf, discordiam, deinde xhythmirum concentum ‚docet. Etenim 


- 


396 Grammaticae sermonis Latini philosoph. elementa. 


δ. 2. , 
lam vero quum sermo non sit unus quidam et. absolutus, sed 
multis rebus et causis formetur et varietur, ad studium linguae alia 
quoque afferenda sunt, ut ad phoneticam humanae vocis ratio et 
instrumenta 23), ad etymologicam cogitandi leges et principia, quam 
dicunt logicam caet. ®). 


.‘ 


hoc est verum philosophicae rationis signum, ut primum ea quae humanae 
cognitioni individua (Azou«) videntur ingnirat atque his perspectis ἴδηι 
intricatiora et sic deinceps ita ut si ad tertiam doctrinae partem accedas, 
priora iam implicita perspieias, sive quo ulterius procedas eo saepius iam 
absoluta repetantur. Itaque. si ad finem studiorum perveneris, habebis ta 
quidem adumbratam quandam imaginem, in qua illud, quod erat inquäsitio- 
nis tuae principium et fona, non iam tanquam res una sensus movens, sed 
tanquam ex multis composita, quae singillatim mente complecteris appa- 
rebit. Cavendum in hoc studio potissimum, ne similitudine fallaris, neve 
rerum ad simplices leges reducendarum nimio ardore captus, non veritatem, 
sed ingenii tui hallucinationes sequaris, id quod multis accidit. Namque 
si pauculis exemplis allatis „‚liber Ciceronis, carmen Virgilii, opus Ovidii“‘ 
statim genetivum auctoris constituo, qui melior sum puero vespertilionem 
inter aves recensente? — 


2) Hoc iter hucusque a plerisque neglectum primus ingressus est 
Max. Wocher variis de phonologia scriptis, pi etsi persaepe a vero 
aberravit, tamen ob hoc laudandus est, quod rei gravissimae patroci- 
natus est. — 


3) Multum sine dubio lucis logica grammaticae affandit, quum 
sermo nihil aliud sit nisi cogitatio humana certis figuris expressa. Sed quo 
propius daae hae scientiae inter se contingunt, eo studiosius cavendum est, 
ne utramgue confundas aut quae altera praecipit etiam in alteram cadere 
existimes, - Hic erat perpetuus errorum fons et futurus est, donec utrius- 
que fines accurate descripti erunt. Ut simplicissimum afferam exemplum, 
logicum est praeceptum: Quae notiones habent aliquid inter se com- 
mune, solent invicem in mente se excitare.’ Translatum ad gramma- 
ticam, paucis mutatis non minus de lingua humana valebit: “Quae vo- 
cabula formae similitadine inter se sunt propiora, solent invicem in mente 
8666 excitare.’ Ita vocabula regnum et regnare non modo sententia, sed 
etiam forma inter se proxima sunt: si unum cogitatione complecteris, statim 
alterius memineris. At cave confundas et unum utrique rei praeceptum 
constituas: Seasu congrua solere etiam formae similitudine coniungi. 
Quippe in permulta cadit ea regula, in omnia vero vix potest. Cogitandi 
enim natara ea est, ut omnium quae mente complecteris, siquidem lucida 
et distincta sunt, genesis debeat in te ipso tua opera licet alio indigitante 
procedere: cogitatorum ratio semper nova, continuum quasi flumen, quod 
novis rivalis admixtis colorem et cursum mutat. Sermo autem sive externa 
cogitatoram forma multo magis stabilis: copia vocabulorum et dictionum 
historica est, h. e. certo quodam tempore hae illae notiones hoc illo nomine 
designatae sunt. Inde fit, quum cogitationum multo uberior sit fons , multo 
agitatior decursus, ut plures notiones uno’ vocabulo designes, nisi in ser- 
mone ipso nisus formativus semper nova procreet; est autem sermo 60 
perfectior, quo accommodatior cogitationum tenori verborum copia. Ita- _ 
que ut illuc revertamur, exstat aliquando cum voce palude coniuncta notio 
aqua campestris, quare et significatione et forma similes aut cognatae 
notiones excitabantur. Quid vero factum est? Periere vocabuli elementa 
— (etymologus insigni studio ex fragmentis et linguis cognotis indagavit) — 
Romanus vocem a maioribus acceptam retinebat, propriam et antiquam 


- Condidit Noire philosophiae Doctor Mogunt. 397 
δ. 8. 


Inprimis autem sermonem non esse semper et ubique eundem,. 
sed locis temporibusque difersum observandum est. Igitur aetates 
sermonis sunt discernendae, origo quaerenda et ex reliquiis con- 
struenda, deinde periodi constituendae, prout sermo aut ex se ipso 
transformatus, aut vi quadam externa commutatus est; verbo Aisto- 
rica ratio instituenda est, quae sermonis fata et vicissitudines enarret. 


5 4. | 

Origo autem potest esse diversa; potest enim sermo esse 
genujaus sive αὐτοχϑών — tunc per se ipsum explicandus est —; 
saepius aufem accidit, ut ex antiquo quodam ortus sit aut ex plu- 
‚ribus coaluerif, tum illi sunt cognoscendi et leges indagandae, qui- 
‚bus ita transformatus sit, ut novus sermo exstiterit; cognationes ser- 
monum gravissimum afferınt momentum, iisque plurimum est tri- 
buendum, 


« 85. 

Quae non temporibns, sed locorum diversitatibus oriuntur dis- 
crepantiae, solent minores esse et quidem eo minores, quo artiore 
vinculo linguae partes continentur, et quo pauciores causae in ser- 
mene ipso aut extra eum mutationis exsistunt. JIdiotismi 4). 


vocabuli vim amisit, ita ut quae simplici paludis notioni in cogitatione 
adiacent ideae statim cooriantur, quae autem grammatice cohaerent eva- 
nuerint.: Habes exemplum servatae notionis et tesserae, haec autem non 
eadem est quae tunc quum oreretur : tunc enim stipata erat caterva 
cognatorum, qui nunc deperiere. Igitur nunc est quasi simplex quoddam 
vocabulum grammatice desolatum. — Fieri potest etiam, ut grammaticae 
sive externae formae vincula maneant, logicus autem nexus nova quadam 
fortuito exorta significatione disrumpatur. Ita librarius et deliberare 
(etymologus logicum restituit nexum, populus immemor erat) ex eadem 
stirpe prognata sunt; purus et poena aliaque. Item leges phoneticae pos- 
sunt artissime cohaerentes notiones ita seiungere, ut diversissimae vi- 
deantur, ut ubi et quo, unde, quam — Ire, eunt — Actus, examen — 
Estrix, Coena (si vere est Co-ed-na). Sexcenta afferre possumus, ex 
quibus appareat, sermonem et cogitationem non ita quadrare, ut omnibus 
numeris absoluta sit symbolica. Grammatici autem est fines subtiles et 
saepe vix deprehendendos indagare; si quis autem quod ἀχούω, Yıyyare, 
ὀσφραίνομαί τινος dicimus, statim regulam proponat, verba sensuum cum 
genetivo construi, is sciet, se magnopere errasse et fines illos neglexisse, 
— Sed de his pluribus alio loco tractabimus. 


4) Sermo locupletior quum extenuatur et quasi marcescit, si regulae 
euphonicae, flexionum et particularum ubertas amittitur. — Sermo est 
corruptus, nunquam vero ita corrumpitur, ut non quaedam in lucrum 
referenda sint, — Sin autem non depravatur, sed potius innovatur, le- 
ges phoneticae mutantur, flexionum et syntaxeos novae regulae exori- 
untur caet. verbo si iis quae ex communi sermone deprompta sunt, nova 
superstruuntur, dialectus est, quae et ipsa si neutiquam a sermone 
commani tangitur et formatur, pristinae linguae mirifice dissimilis esse 
potest (dialecti Romanenses ita commutatae, ut non dialecti, sed novae 
inguae videantur): si vero coniunctio relaxatur quidem, non vero prorsus 


= 


. 


398 Grammätieae sormonis Latini philosopb. elementa. 


g.6. 


Egregia haec est’ sermonis natura, dnod,' etiamsi tot milibus 
hominum est communis, neutiquam 'ia'singulis hominibas idem est, 
sed’ pro sua quisque natura et indole nova procreat, plura ant pau- 
cula immutat, ᾿ Hae autem diversitätes'— quas individuas dieas — 
ad sermonem 'aliquatenus mütardum tim demum valebunt, et gene- 
rales evadent, 1) quum rüdis adtiuc δὲ imperfectus sermo novis vo- 
cabulis ab ingenioso viro augetur ®), 2) quum .novarum notionum 
copia in novo dicendi genere a quodam affertur. Ita quocunque modo 
cognitiones ef scientiäe apud populum’amplificantur,, pari modo sermo 
augebitur®). Ita quod latius patet,: genus dicendi poätienm sermoni 
incrernentum' äddet, similiter oratorium, pbilosophieum, historicum. 
Prout autem ingenium pdpuli hisce insignium viroram studiis patebit, 
ita lingua ex his quasi fontibus continue hauriet‘, dönec desiderium 
expletum sit et lognendi copia cogitetionum ubertati sufficiat. — 


7, 

"Qui sermonem tractandum sibi suscepit, nisi vult irritum esse 
laborem,. naturam et persosam suam plane. exuere. cogitationis mo- 
dum .-et. rationem eorum, quorum est .sermo, Prorsus cognoscere, 
iisque quasi perfundi.debet. Igitur noü, solum populi historia qua- 
tenus #Hlustrata est, sed levissimae res diligenter ei conquirendae 
sunt: quae sermonis universalis sit natura, quid aetati, quid tem- 


interrtmpitur, dialectus erit rivulas flemini incrementum afferens, simul 
ipsa löcupletabitur ex:commun?t thösdaro., ΩΣ 

5) Plautns, Cicero, Rabelais, Kant, Goethe, Hegel. 

6) Intendendum est hoc loco accuratius, ut cognitiones et scientias 
tum demum sermonem auxisse existimemus, quum vere populares factae 
‚sunt, Quippe fuere multi et erunt decursn aetatum, qua genio indul- 
gentes, ut nova se protulisse et indagasse caeteris persuaderent, novis 
vocabulis luxuriosius abuterentur. Hi plerumgue evanuere, quoniam nulla 
negessitate exorta sermonem locupletare conabantur. Item alii, qui studiis 
absconditis et abstzusis incumbentes, notiones etiamdum incognitas novis 
vocabulis designarent: .‚hae quogue interciderunt, quum nemo aut certe 
perpauci his studiis animum intenderent; nennunquam etiam casu quodam 
per aliquod tempus obtinuerunt, tum auntem vi veritatis inania superante 
exstinctae et abolitae sunt. Quaedam ad tempus enata pariter evanuerunt, 
‚in quibus praesertim comicorum iocosa inventa. Alia ad staudia non illa qui- 
dem contemnenda pertinent, sed talia, ut populum non tangant, sed se- 
parata maneant: haec sermoni quidem vindicanda sunt, sed tantum eate- 
nus permanent, quum studia illa tractantur, pauca in. dicionem populi re- 
feruntur, pleraque ab iis qui studiis illis incumbunt servantur posterisque 
traduntur, Referendae huc etiam videhtar singulares in occupationibus 
nonnullis dictiones, ut phraseologia venatorum caet,, in-quibus studiam se 
a caeteris segregandi perspicuum est. Eae antem togititiones, quae ad 
universum populum pertinent, sive statim, sive paulatim ab eo excipiun- 
tur cum notionibus notas quoque, h.e. vocabula, sermoni immiscent. Quare 
optime ingenii acumen et studia populi cuiusgque ex sermone diiudicahter, 
neque non sermo ipse ad studia illa promovenda et petvulganda plari- 
mum confert, ΝΞ ΕΞ 


Condidit Noir philosophise Doetor Mogunt. 380 


poribus, locis, quid scribendi geheribus, quid denique singulis ho- 
minibus sit tribuendum, illustrandum est, 


! $. 8. . “ 

Phoneticae leges et fundamesta primum ex ipso sermone quam 
plurimis allatis exemplis constituenda sunt, quaenam vocales- con- 
sonantesque ori populari maxime convenerint, quas aspernetur sermo 
vel simplices vel coninnctas; num aures populi videantur delicatiores 
an patientiores; utrum hiatus vocaliam, consonantium coniunctio in- 
grata visa sit Aecne; yualem vim non modo iuxta: positae, sed dis- 
innctae kiterae exezcneript, MDistribuendi.igitar somi per classes et 
inter. se:comparandı sant;. accurate etidm enitendum, ut veram cuius- 
que 3981 pronunciationem sive testimoniis soriptorum sive analogia 
duetus inquiras 7). . 0. ες 
ἘΝ 8.9. 

In his autem ratiö historica’ necessario institnenda est, qunm 
diversis temporibus diversae etiam pronunctandi leges et regulae 
fuerint. In universum haec regula obtinenda est, antiquiores formas 
uberiores et accuratiores esse, usu autem et decursu temporis quasi 
deteri et exiliores fieri®). Multo maior est apud antiqnos sono- 
rum copia, ex qua haurire licet; quare vocabula accuratins expressa, 
flexionum notae facile internoscendae. Recentiorum sermo sonormh 
illam varietatem et ubertatem .extenuat, cuncta ad simpliciores re- 
digit normas. — 


7) Ita, si ignoraremus, littera finalis praepositionis συν, quum ante 
gutturales mutetur in y (ut ovyyoapm), nobis indicaret, illud y esse lit- 
teranı nasalem gutturalium. Mediam fuisse i in superlativis optimus etc. 
inter u et i Quinctilianus testatur (I, 4, 8), et antiquior forma optwmue 
demonstrat; quare Claudius imperator- novam litteram ἢ invenit et com- 
mendavit. In iis potissimum sermonibus quorum litteratura non respondet 
sonorum copiae (quod eät in Latino), grammatici erit, ex. cognatis sermoni- 
bus et ex. consuetudine interpretationum in nominibus propriis transsoriben- 
dis veram cuiusque soni nataram indagare; Graeca Krioap, Κικέρων, 
Zvlle comparanda sunt, sed negue Italicae dialecti „Cesare, Cicerone, 
Sulla“ negligerida. — Historica illa litterarum ratio, de qua R. a Raumer 
in libellö egregio: “Die Aspiration und Lautverschiebung’ 58. 9. anti- 
qua pronunclationis plerumque signä offert, quae persaepe tantopere im- 
mutata est, ut Υἱχ re&ulae phoneticae sufficiänt, ut in sermone Anglice. 
Caeterüm ‘ad sermonum cognationem illastrandam plurimum confert. — ° 

8) Insigne exemplum sermo F'rancogallicus praebet, in quo studium 
decurtandi et recidendi vocabula eo usque processit, ut homonymis abun- 
daret, nisi simul perspicuitati studentes vocabula denuo auxissent et ita 
inflexissent, ut accuratius distinguerentur. Ita voces solum et sol ne eadem 
ποία designentur, posterior terminatione adiectiva in soleil commutata est. 
Ita sinus et sanus, sanguis, centum, se inde, sine, serisus, pinus et 
panis, plus, placitum, pluit, cretum et creditum, f sapitum et sursum, 
falsus et falx, mare et mater, calidus et calx et'sexcenta alia in eadem 
fere vocabula commotata sunt. Pariter in sermone Anglico in flexionum 
notas et terminationes adeo saevitum est, ut vocabula plerumque denudata 
compareant, — ΕΞ 


400 Grammalicae sermonis Latini philosopb, elementa. 


, δ. 10. 

Optime autem phoneticae regulae poterant constitui secundum 
verborum et nominum immutationes, quas flexiones vocamus, In his 
enim loquentium animo euphonicae regulae semper renovantur, 
coalescunt soni, eliduntur, immutantur quovis sentiente. Hinc ad 
antiquiores 'recedere licebit vocabulorum formationes , quarum recen- 
tiores facilius dignoscendae erunt. 


δ. 11. ᾿ 

Ῥμουείίεδα regulis ita ex sermone ipso haustis ?), comparationi 
cum' cognatis sermonibus studendum est. Atque primum quidem 
sermoni antiquiori, ex quo ille, quem tractamus, derivatur: qua ra- 
tione soni immutentur, inquirendum est. (Lautverschiebung.) Si 
antiquissimus sermo intercidit, ratiocinando et colligendo ex cogna- 
tis animo restituendus est. Deinde sermonis indoles ex progenie 
diiudicabitur, h. 6. inclinationes et natura sonorum in iis, in quos 

. postea transierunt, potissimum perspicientur. 


$. 12. 

‚lud autem in toto hoc studio minime negligendum est, ut 
singulorum vocabulorum aetati anımum intendas, neve forınationes, 
quae fortasse tunc quum lingua etiamdum una esset et universalis, 
temporibus posterioribus, quibus separatim excolebatur,, ascribas, 


δ. 18. 

In toto hoc studio ad linguae humanae rationem et naturam 
tanqguam ad fontem communem recurrendum est; unde si quae in 
singulis sermonibus indagaveris, in omnes inde aliquid lucis re- 
dundabit, — 

$. 14. 


Etymologicae fundamentum est phonetica. Expositis regulis de 
sonorum natura et mutationibus demum tum poteris vocabulorum nexum 


9) Cuivis sermoni pro sua cuique indole inest hoc studium, ut ali- 
guatenus auribus blandiatur, h. 6. ut euphoniam assequatur. Non tamen 
omnibus populis “ingenium dedit ore rotundo Musa loqui’ velut Graecis, 

uorum sermo omnibus numeris potest absolutus dici. In po&tico autem 
dieendi genere studium illud latius patet, neque iis finibus, quibns in 
sermone vulgari circumscribitur, contentam est. Habes igitur in carmini- 
bus poötarım consummatam quandam imaginem, in qua quid fugiat serıno 
petatve, quum liberius agere ei liceat, clarius indicatur. Ita elisiones 
vocalium apud po6stas Graecos et Latinos, elisio litterae m. apud Latinos, 
multo magis autem color po&ticus quem dicunt, qui concinnitatem soni et 
notionum non ut sermo vulgaris cum singulis tantum iisque paucis vocabulis 
communicat, sed totis versibus et sententiis quasi superfundit (harmonie 
imitative). Conferas, quaeso, sermonem nostratium consonantium mole 
saepe impeditum cum poemate Schilleri „Die Glocke‘“ et confiteberis, 
insigne fuisse po&tae ingenium qui tam praeclaram euphoniam tot difficul- 
tatibus circumventus assecutus sit. - “ 


I 


Condidit Noire philosophiae Doctor Mogunt. 401 


et cognalionem indagare. Verum in hac quoque arte aetates εἰ 
tempora simul perquirenda sunt !9), 


$. 15. 

Vocabula, quorum copiam ingentem sermo tibi praebet, se- 
paranda et coniungenda sunt secundum similitudinem. Atqui inve- 
 nies, certam quandam vocabuli partem aut nullas aut certe mini- 
mas 'mutationes, suscipere, allas contra continuo mutari; simul repe- 
ries, illam partem varie affectam et quasi vestitam suam semper 
siguificationem servare. Habes radicem vocabuli. 


$. 16. 

: Affectiones autem eandem in permultis notsm praebere solent. 
Hae igitur colligendae, si phoneticis regulis mutatae sunt, in pri- 
stinam formam restituendae erunt et reperies afformativa, praefor- 
mativa. Eae radicum notionem certa Juadam ratione inflectere et 
commutare solent.. 


| δ. 17.. 

Intentins examinanti patebit, neque radices simplices esse et 
prima vocabulorum elementa, sed eas ipsas ex notis quibusdam sim- 
plicissimis derivatas esse, quarum primitivae formae interdum verborum 
radicibus servantur, saepias autem occiderunt, Thema. 


ἢ. 18. 

Affixa et suffixa tam dicemus, cum themate qnam ita coa- 
Inerunt, ut cogitatione tantum, non in sermonis usu dirimere pos- 
sis. Potest etiam thema suffixo praeditum iterum novo suffixo for- 
ınari, ut tegi-men-tum. — Quaedam sufüxa antiquissimis temporibus, 
sermone ‚nondum a communi matre seiuncto, ita cum thematibus coa- 
luerunt, ut vocabuli partes dignosci non possint, — 


6. 19. 


Prima sermonis origine simplices tantum notionum formae exori- 


10) Sermonis ea admiranda: est natura, ut, si posteriore tempore 
desiderium nova formandi exoritur, ea nonnunquam ex antiquo fonte 
hauriat, si quidem patet. @Quum autem temporis longo intervallo mutatae 
erunt regulae phoneticae, fieri solet,' ut idem vocabnlam recipiatur, sed 
aliter conformatum. Ita sermo Francogallicus medio aevoe ex sermune 
Latino, doctorum hominum idiomate, verba mutuatus est, quae antiquitus 
iam recepta adeo a primitivä forma declinaverant, ut sermo tanquam diversa 
(et erant forma et signiftcatione distincta) iuxta poneret. Recentiores for- 
mae initio doctorum libris tantum continebantur, posten divulgabantar. 
Huius dittologiae exempla habes ex acoeptare -acheter, accepter. Exa- 
men essalm, examen. Factio faron, ion, fragilis fröle.: Pensare 
penser, peser. Securitas sürete, securit6 Senior sieur, seigneur etc. 
Plura ‘dabit Ackermann Examen de quelques faits formes demotiques 
et scolastiques, Paris 1840. — Quaecunque vocabula iisdem elementis for- 
mantur, sed.diversas regulas phoneticas exhibent, ea non eodem tem- 
pore orta esse existimari debent, — ' 

Archiv f. Phil, ὦ. Paedag. Bd. XIX. Art. 3, 26 


402 ᾿ Grämmaticae sermonis' Latini philossph. elementa. 


&bantır;menosyllabes neque verborum neqtie subsiantivorum natura 
praedita, sed media inter utraquc: poterunt- etiam prototypa sen- 
tentiarum dici, quum id quod homo tanquam unum sentiebat ex- 
ternae formae unitate esprimere deberent 11). — 


2 εν δ. 20. ‘ 

Primitiva illa themätä duplieiter distingui possunt. Etenim sunt 
aut ‘obteetiva, quae externum aliquil similitudige soni exprimunt !?), 
aut subiechiva, quae internnm quendam ahımi sensam designent. 

21. 

Themata illa primitiva componebantur, coibant ita, ut quaedam 
ebimpositioni prgeter-caeterä apta viderentur. Haec primitivam plerum- 
406 signifioationem amisetent , partem tantum .netionis retinuerunt '?). 


\ ‘“ı . ς 


' 21) In Nnguis Aricis ὁ. Indogermanis ea formae pristinae simplicitatem 
exuerunt; possunt tamen comparatione erui et indagari;' praesertih quum 

- lingua Sanscritica antiquissimae proxima thematum origines param immt- 
taverit. Lingua Sinica autem monosyllaba illa nequaguam mutavit, quum 
fiexionibus careat. Potest autem ilia sermonis periodus antiquissima vegel« 
nuacupari, quum illis temporibus. notiones quidem nullo labore ex rerum 
externarum multitudine derivarentur, plurima autem opera in formandis 
vocabulis insumeretur. Quaenam autem fuerit ratio notiones per vocabala 
exprimendi, num 'rädices illae primitivae omnes 'fäerint onomatopoeticae, 
vix divinatione assequaris. Posterioribus quidem temporibus, quum illo- 
rum vocabulorum satis ampla copiä esset, nova rarius exoriebantur, ex 
hae quasi materia religmau netiones, prout subihant, formabantur, Quippe 
primjtivas.‚notiones illis, quae postea excitabantur, inbaerere sentiebant 
aut hliquatenus in eas cadere; inde ful-men dicebat a fulgeo, Ra-men 
a flando, ϑαλασσα a ταράσσω. Quum vero periodus prima 8. vegeta 
fuerit quasi infantis aetas sensibus etincta percipientis, -eoqu& ldonpletier, 
quo aoriotibus Acosptionibus adiuvaretur; secunda ost pueri aetan, per- 
cepta disponentis,. notipnumque exferanm quenadam ordinem constituentis. 
Cessat formationum primitivarum ubertas; sed per afformativa antiqua 
innovantur; amplificatur sermo multo mägis, quum ex uno quogue illorum 
thematum vocebulorum nova progenies exsistat. 

12) Cave confundas cum his ea quae interiorem quidem animi sensum 
significant, sed a re externa deprompta sunt. Quum dicimus cogito, 
metuo, aegre fero, horreo, rel., sunt quidem animi qualitaies, sed vo- 
cabula desumpta  sunt ab exiernis. .Etenim pleranyne ad animum huma- 
mum pertinentes notiones proprie ex notionibus exterarum rerum dedactae 
sant, guum homo. infaritis instar se .ipsum et quae in; se percepis tenguan 
extra se posita- imagiharstur. (Inde in Hebraico sermone tertie person 
primitivem verbi formam exhibet , inde permultae animi affectiones 
verbis impersonalibus exprimantur). Subisckivau Autem illae notienes 
986 sunt, .quae- pfimario et nulla cogitationis metaphora adhibita ex in- 
timis qussi anirmi 'regessibus hauriuntur;. πὸ :prasömime, inleriectiones. 
preepositiones quaedam. Quare, si quae alihe, poterunt hae ἰηπαίδθ ap- 
pellari, :quippe: quae non alia idea .extema intercedante formentur, sed 
oriantur eo ipso, quod homo exsistit et vitam agit. 

" 18) Antiquissimis sermonis religtis hao ih re plorimmk est tribuen- 
dum et gquum harum inquisitiönam fündamentum pleramgne sit infirmissi- 
mum, studium antem ipsum omnibus linguls sit commute, analogia uten- 
dum est ex sermonibus etiam non cognatis desumpta, Hebrafcus sermo 


Condidit Noir& philosophiae Doctor Mogunt. 403 


Formalia ; externa gnoque forma frequenti usu ita detrita, ut origi- . 
nem indagare fere nusquam possis. 
re vs ἮΝ $.. 22. ΝΞ ΞΕ ες ἢ ᾿ . 
Saepissime, autem .rädices . subiestirae. in formalia 'transibaut, 
gquum animi studium eniteret, externa cum notionibus innatis 5. pri- 
mitivis coniungendi, secundum eas disponendi, relatinnem denique 
quandam ubiqne' externorum gum internis restituendi. . In flexioribus, 
nominym. et, verborum habes viva. .etiamdum illius. coniunctionis 
exempla 13). EEE ΕΕΕ Ä Er μ᾽ 


ῖ 


„mipne‘“ exhibet νόσοπι originis lutidissiniae ; praepositfonis gpud cögrratio 


compositam. igoöranevur, quum supra: $. 18. iam est diatusr, tum a Pottio 
in etymologie 


14)’ Artricatissima haec est giaestio et’ intentione omni animi digna, 
quim: ea nobis reconditissigra sermönis offiema rectudatur. Quippe radi- 
ces illae subiectivae, quas’ et primitiris animi cognitionibus processisse 
diximus, quasi texturam formant, cui gquaecungue pöstea inseruntur ad- 
aegranda sant. Quas si recte indagaverimus suumque unicuique locum 
attribuerimus, dieci 'vix potest, quantum fucis sermoni äffundatur. Häe 
ttum’erunt‘ verae categoriae, quas ΟΧ ipsd sermone deduti 'necesse est, 
negque- nt saepe factunı est ingenti grammaticae detrimento, ex disciplinig' 
guanturilibet cognatis. Quod ut melius intelligatar, exempla afferemus 
quaedam lucidissima. Notum est et rationi 'congruum, verba h. 6. eag 
orationis' pärtes‘, quibus eogitätio non’ contracta et uni notiont inhaerens, 
sed quasi ligüefacta 'modo’ huic modo illi rei incumbens eontinetor, fuisse 
priora substantivis. Jam vero, guam homines tandem actionermn rei cuidam 
externae fere semper comitem anihadvertamt, conerescit. flaidum adhuc 
verbtum, δὲ individuum, sudstantivum. Haec üt simplex ita antigua sub- 
stantivorum origo plerumgue, ut videtur, pronomine tertiae personae 
obsoleto A s. AS derivatar, 'quod notiohi verbali fluxae et indefinitae ° 
certaın et, individuam quandam exsistentiam Assignat. Conf.' ’ 


Sunscer. sarp. serpere. sü gignere svan.gonare' pad.ire. " 
sarp-a serpens. 'sdva progenies. svana, sonus, "pudd.pes. " 
Graec. . 


χένω: χό-σς. Ten. τόκος. tem. τοῦ τ. φϑεγγ. φϑογγή. PER. φόρος." 
αἴϊηι. " 


reg. re. leg. len. Yıg. fuga. δου, schiba. vir. οἵομό, ' vol. dofus.' 
Triptex 'autem' illius’ pronominis natüta in compositum transibat? vis de- 
moristrativa, chi’ phopriuni erät sim, ut substantivum formaret: deihde 
triehotömia ‚generumi; ‚denigue Mexico ‘8; decithatio. 1. δ. Affectio quaedamı 
substantiri, quum in oratiore cum Allis ‘cöniungitur. Linguad quas vocant 
agglutinantes speciem adhınc vivam hutas nsus exhibent, quum in Nlis ’ 
v. δ. In eoniugatione. prononiindlia radieibius merk fixen. penant. Rüid 
= 


« 


404 Grammaticae sermonis Latini philosoph, elementa. 


δ. 28.. 

Formalium duo genera erunt distinguenda, alterum eorum, quae 
vocabulis formandis olim adhibita, recentiore linguae aetate inter- 
ciderunt, alterum eorum, quae etiamdum in memoria hominum vi- 
: ‚vant et vigent et quotidie, quum usuvenit, expediuatur et arces- 
auntur 15), 


ita, inter linguas analyticas s. recentiores sunt quae antiguissimum illum 
usum instauraverint, ut similia assequerentur: ita sermo Anglicus substan- 
tivorum communium genus accuratius designaturus pronomine she et Ae 
raefixo utitar. — Habemus igitur thema subiectivum formandae vocabu- 
orum classi cuidam adhibitum: paulatim primgriam omnine amisit signifi- 
cationem et formale factum est. Karum aut&m compositionum dici vix 
potest, quanta prima illa sermonis periodo ubertas fuerit, quas nunc uni- 
versas persequi, neque hnius est loci neque nostrarum virium. Id son 
est negligendum, in tota hac quaestione temporis accuratissime rationem 
esse ineundam et inprimis ex linguarum comparatione perquirendum esse, 
num formatio quaedam sermoni peculiaris sit, an ex antiquiore in eum 
translata; utrum quum transferretur memoriae etiamdum inhaeserit, an 
diuturnitate temporis vis et.significatio oblitterata sit. — 

15) Ex iis, quae δ. 22 exponuntur, haec illustrantur. Etenim per- 
spicuum est, quasdam verbi relationes interdum exsistere, alias fere sem- 
per subire. Illae vocabulis novis formandis, hae vivae orationi comnecten- 
dae plerumque inservinnt. Quam prope antem inter se contingant, tot 
verborum formae, quae in substantiva transierunt, comprobant. Negari 
autem non potest, formalia, quae substantiva efficiunt, tempore quodam 
antiquo non minus prompta et expedita fuisse, quam flexiones; sed 
studium illud nova formandi expletum esset, desiere, parce tantum subiere, 
naonnunguam prorsus oblitterata sunt; quaedam autem verbi flexionibus pro- 
piora permanserunt aut in aliorum locum successerunt, ut apud Latinos e.g. 
terminatio slis s. bilis, quae in multis vocabulis obtinetur, ut facilis, inna- 
bilis, inarabilis etc, in aliis terminatione verbali tus semota est, ut in 
invictus ἃ]. — Interdum etiam una terminatio quibusdam in vocabnlis 
obscyrata, in aliis clara et liquida permansit, ita ut simile aliquid invenias 
iis, quae.nota 10 exposuimus. Ita videmus 

Sanse. pi-tri (tutor a pa-) ma-tri (genetrix, ma) rel.) 
Laline. pa-ter ma-ter, verbali notione 
io utroque sermone exstincta, qguum gui lingua Sanscr. aliam ac nmomina 
agentis declinationem susceperint, dum in aliis permultis terminatio tri et 
tor primariam vim adeo non amisit, ut compositionis partes clare discer- 
nantur, imo novis vocabulis formandis interdum etiam adhibeatur. Eodem . 
modo terminatio neutra irum antiquitus usurpata ad res inanimas desi- 
gnandas, quae id quod verbali notione exprimitur, quasi sponte efficere 
cogitantar (dum alıiae flexiones apertius indicant, rem ab hominibus in 
asum quendam converti, ut instru-men-tum al.) cf. 
Σ Sansc. _ 
e’rötra (auris a s’rü) vaktra (os, locu-tor) dastra (dens a das’ mordeo) 
atine. 
rostrum (rodo) rastrum (rado) gra-irum (aro) cas-tra a ο΄ ad abscondo. 

Habemus igitur triplicem eiusdem terminationis formam, guum sermonis 
ingenium in relationem eandem primariam substantivorum distributionem 
adhiberet. Iam triplex illa forma antiquissimis temporibus vegeta fuerit, 
necesse est: in recentiores autem sermones transierunt vocabnla iam per- 
fecta et composita; uni terminationi autem iam oblitteratae in sermone Latino 
derivata alia (trix) substituta est; alia (tor) etiam saepissime, alia (tram) 


Condidit Noir philosophiae Doctor Mogant. 405 
δ. 24. 


᾿ Igitur Etymologicae est, terminationes, quoad potest, ex anti- 
quissima repetere origine, formarum mutationes et significationum 
volligere, verbo earum historiam perscribere. Distinguet inter af- 
formativa et suffixa, tempora quibus vegeta fuerint quibusque inter- 
ciderint certis limitibus circumscribet. Ostendet denique, quinam 
factum sit, ut aliae prorsus neglectae et omissae sint, novae exortae 
is eorum 'locum successerint. Constituet schema deelinationis et 
coniugationis imprimis antiguissimis sermonis vestigiis fulta, qua in 
re pronominum declinatio et anomala quam vocant coniugatio maximi 
momenti erit1°), Derivatione flexionum adiuta veram terminationum 
vim et usum illustrabit, syntaxi igitur lucrum afferct. 


, 


rarius compositionibus adhibebeter. Tum autem vocabula looum quendam 
inter verbum et substantivum medium obtinebant, verbali notione etiam- 
dum viva et memoriae inhaerente; mox autem a radice verbi segregata 
primativam quandam speciem exhibebant novisque formandis vocabulis 
inserviebant. — Conferas alias terminationes, fere idem invenies in omni- 
bus. Hoc unum observandum, significationem et vim termisationum pri- 
mariam interdam extenuatam esse et leviorem factam, ita ut magis ana- 
logiae componerentur quam ut utriusque partis vera vis loquentibus ob ocu- 
los versaretur. Ita satis compertum habemus suffixum ber,"Germ. bar re- 
ferendum esse ad radicem Sanscrit,: dri, Latine: fer-o, Graec.: φέρω 
Germ. ant.:' päri. Vera suffixi vis non est infitianda in vocabulis, ut: 
ealu-ber, oere-brum, colu-bra? Gr. Κέρβεφος, Germ. frucht- bar, 
- ehr-barz; mann-bar alg. Sed iam antiquitus vera significatio exolevit 
et ex analogia adiectiva formabantur, ut in sermone Germano bar idem 
fere sit, quod ilis, cf. essbar, trinkbar; obscurior etiam translatio apud 
Latinos in cele-ber, November, late-bra rel. (ΓΤ, Grimm Deutsches 
Wörterbuch 1120.) Primitiva autem significatio nonnunquam nova for- 
matione iterata est ei periodo, qua exorta est, congrua; ita in Latino ser- 
mone recentiora composita frugi-fer, auri-fer, morli-fer, Graeci: 
καρπο-φόρος, ϑανατη:φόρος, nos fruchtbringend nutzdringend rel. — 
Ita in sermonibus cognatis miro casu interdum accidit, ut eadem radix 
in alio iam detrita in suffixum abierit, ut lick in German. freundlich, 
königlich, dum in alio recentioris originis integra vox compositioni ad- 
hibetur ut Angl. like. — 

16) Anomala coniugatio aut declinatio fere semper flexiones antiquis- 
simas quasi ad hoc ipsum servatas in nos transtulit. Quod in iis sermo- 
nibus, quorum structuram et originem cognati non illustrant, gravissimi 
est momenti; ad cognationes obscuriores detegendas plurimum affert; in 
aperte cognatis autem ad chronologicam rationem sermonum stabiliendam 
mirum quantum subsidii praebet. Quod enim interdum fieri solet, ut an- 
tiquiores formae mero casu servatae in nostram &etatem pervenerint, ut 
ingeniosa Bergkii coniectura nuper in versu Carm., fratr. Sal. aqud Fe- 
stum pag. 205. j 

„Cume tonas, Leucetie, prae ted tremonti‘“ . 
antiquissima tertiae pluralis personae forma in onti (prorsus eadem Sanscr. 
anti Graec. ovrı, οὐσι) restituta est, hoc atque talia quum sint fortunae 
dona- raro accidere solent, Contra illud in omnibus fere linguis obtinet, 
ut pronomina antiquissimae declinationis formas immutatas exhibeant, cf. 
eius, illi-us, ti-bi, mi-ki, goth. ugkara, unsara, sansc. mahjam, 
tubjam etc, Verba anomala eadem de causa persaepe integras aut parum 


m 


406 Grammaticae sermonis Latini philosgpb. elemanta. 


$. 28. 
.  Quum autem singularum formarum vera significatio .interdum 
difficillima, sit inrenta,. persequetur has formas ultra, terminos ser- 
ınoni .constitutog, analogias colliget ex linguis non modo cognatis, 
sed quantumvis alienis, praecipue autem ex iis,. quag secutae et 


ex sua exortae sunt, 


ΝΣ . ᾿ς . ἊΣ 26... Ä | " oo. 
> „Segnitor opera non: mänus difficilis; sed.multe latius patens: 


| Vocapnla ipsa,. nnn iam eorum pertes, persequenda et explicanda 


ων 


δορὶ; 36 ἴῃ re autem- duo ‚potissimum 'eraat observanda ,: notionum 
interm:-cognatio: εἴ ‚exterhae :vooabulorum furmae. ' 


δ. 27. 

Externae formae autem ratio ante omnia ita ineunda est, ut 

nisi legibus plioneticis. jam δὲ! liquidum perdactis aligna forma re- 

spondeat, ei tempori, quo’ illäe 'leges valebant, asseri' omhino ne- 

gqueat, Praestantissima autem ratio ‚vel remotiorum, temporum cen- 

stantem aliquam, normam indagandi,. ex nomipum praprierum trans- 
scriptione quaeritur 97), — - Ν ες τ τερον τερον 


ὲ ΠῚ wert De | 


Φ 


mutatas flexiones exbibent, cf, δί- ὅω - μι. ἔστα- ϑι, κλῦ-ὃι, τέ- θη -σι, 
τι- ϑέ-ασι; Germ. aut, μὲπι, pist, ἰδέ, τόσ. bin, bist, ist; Angl. am, art, 
is; Lat. inguam etc. Ratio in. ompibus hig eadem fuisse. mihi. videtur; 
etenim antiquissimjs ἴδ) temporibus eae, radices, quyas ‚hie tractamus, 
flectebantur, quum pronomina et, verba ila simplicissimae fardae et si- 
nifjcationis sine ‚Aubio _primitiva 'sermonis materia fuerint.: ‚Quae gnum 
in Ipquendi usu frequentissime adhiberentur, factum est, ut-pecpliarj guo- 
dam .modo separatim a ‚caeferorum vorabularum flexionibus mytatiouum ex- 
pertes, manerent. Si imagine uti,mihi liceret, sermonig ingenium caetera 
immytang illis, anfiquitate, sanctis pepercisse dicerem, aut, formag illgs di- 
versas. frequenti, δὰ a caeteris partes egisge.. Quid quod in syntaxi miras 
discrepantias reperimus certo nom alja de,.causa, ut vel congruentiae leges 
fiemissimae et vix labefactandae negligantyr, conf. usum pronomm. qyisque 
et ipse in locis guibysdam: classicisı SalL Iugurth. 18. Multis sibj guisque 
imperium petentibus, Tacit, Gern, 37. subiecto et ipse Pacoro, Liv: 21,45. 
velut dis auctoribus in spem suam quisgque acceptis! Quid,mirum, quod 
in compositis talibus, ut mater familias genetivus antiquus servatus est, 
σὰ domi mene locativum etiamı fin adiectivo retinuit Ita etiam radices 
188 (as 5. es , Des. ἀπά, dä, do 'reil,) quum praediectam ob causam, 
tum etiam qnod propter jmbeoillitaten suse formae terıhinationes: deterere 
et exterinare ion ficebat. Religua' eriim substantira et verba, recentiore 
tempore enäta, vario modo radicem tutari conata sünt, praesertim termi- 
natione noh nude, sed per vocalem Hgativam apposita, cf. Sanscr. as-ti et 
tüd-ati, Eouev et φέρομεν, vis et alis, ferset gerri. ὁΘ μΈ. “ 

17) Hoc tantum äd tempora historicä.pertinere, per se liquet; accu- 
rate igitur investigandum est, quo tempore nomen gliquod primum in ser- 
mone receptum sit, quo facto ex commutatione littgrarum in usum-phone- 
ticum illius temporis conclusionem facere licebit, cf. Ulixes, Aiax eaet. 
Quae vocabula legibus illis, quibus Jitterarum mutationes indicantur, non ' 
parent, ea aliena vel insiticia habeas. Ita pater-fadar-Vater, ὅκος, ocu- 
lus, Augö genuina sunt; Fenster autem, Frucht, aliaque depromta ex La- 
tind sermone. — 00... oo: 


“ ᾿ 
χ . 
‘ , * 2 


» 


Condidit Noire philosophige Doetor Mogunt. 407 
ν . δ. 238... 


Legibus phoneticis tali modo pro’ fundamento subiectis et inpri- 
mis iis, quae cognatorum sermonum litterarum mautationes indicant, 
(Lautverschiebung) notiones primitivae s. simplices constituendae 
erunt. In quibys si acenratius distiguere vis, eogitandi radices h. e. 
eas .notiones, quae ex: intime humanae .cogitationis reoessn exorien- 
tur, in ommibus: linguis pariter reperiuntur, ut.verbum sum, pro- 
nomina personalia (v. $. 20 et notam), nurnekalia rell., .et tAemute 
notionum, quae son eadem in omnibus lingeis, tamen, quum ex an- 
tiquiore fonte repetere .ea nen liceat, primitiva.sunt: existimanda 24), 
discernere ce, τ ’. : Ze 

᾿ δ. 29. 
‚ Has autem notiones simplices ita disiunges, ut quae sermone 
antiquiore tranglatae, quaeque in ipso sermone exortae, videantur, 
accurate distingnas, — . - rn 


De Promethea ternione Abschyli. 
ν τς Seripsit T. Katterfeld. - 


“4 


Ternio Aeschyli, quae Promethea inscribitur, fabulas coniungit 
variis in locis ad nos perlatas. Gravissima pars eius in theogonia 
᾿ Hesiodea Continetur, versibus &21—616. Apparet enim Aeschylum 
ex ea sumpsisse Prometheum ob raptum. ignem poena affectum et 
Herculis ope liberatum esse. Deinde ex carmine quodam deperdito 
aliquid eius rei hausit, quod Prometheum fretum secreto quodam de 
"connubio Iovi ineundo facit. Tertiam fabulam tritam de Ione virgine 
ira JIunonis circumacta adhibuit,. Quartum argumentum interpretes 
complures desideraverunt. Est coniecturae in ea fabula locus magnus 
relictus, quum una ex tribus ternionis.partibus gola supersit, de altera 
singuli versus nos certjores faciaut,, tertia paene tota interierit. Ita- 
que hoc in amplo ingenii curriculo alius aliud, quid amplexus est, 
ut fabulam sibi explicaret. Novissimus vero editor Schoemannus 
argumentum quam maxime ex natura eius secundum volgares opinio- 
nes explicare suscepit, ut aliquid tectius inesse neget. Caeteri quas- 
dam rationes, quae in occulto sint, suspicantur. [Π|6 rem‘ad com- 
munem cultum, qui tum apud Graecos fuit, revocavit. Multa qui- 
dem .in universam rem praestitit, tamen resident quaedam „ ubi a 
summa re ad singula pergis. Neo videor ipiuria quaerere, cur, 


18) Insignis huius studii est fructus, et licet iis, qui tetam et inde- 
fessam mentis aciem in id convertere valent, populi veram indolem et na- 
turale ingenium aliquatenus perspicere. Singulae enim illae radices 
sunt quasi fons, unde caeterae cogitationes aut dechrantur aut’ certe deter- 
minantur. τ. not. 1}: ον oa .. Ä ΟΝ 


- 


408 De Promethea ternione Aeschyli. 


ubi res ea ratione absolvi possit, priores interpretes in coniecturis 
tantam operam censumpseriht. 2... 

Summa quaestio est, num.luppiter in ternione, quam tracta- - 
mus, iustus rerum moderator exhibitus sit necne. Schoemannus 
eum iustum esse contendit. -- Omnes reliqui interpretes, qnuantum 
video, iniustam dicuet et inter se tantum de. causa Jdiscrepeat, quam 
ob rem :Aeschylus lovem iniustam fecerit. Sin Schoemannus iustitiae 
' petroeinatur, etiam id tueri.debuit, deum perfectum esse aeternum- 
que, :quod :disertis verbis in .nostra fabula negatur. Multa sunt a 
Graecis non. tantum in deos inferiores, verum etiam in ipsum [ο- 
vem dicta, nobis quidem offensione non vacantia, quae tamen tam 
. disertum defensorem, atque hoc Aeschyli de love placitum, non in- 
venerunt. Ea vero Schoemanno non silentio praetereunda fuisse 
videntur, ubi quaestionem de notione Iovis, quae apud veteres va- 
lnerit, tractavit. Nam quod Aeschylus aliis locis de love vereounde 
dixit, rem non in universum absolvit, masime qüuum videamus tot 
auctores ante eum fuisse, qui aegque iniguam opinionem de love 
protulerint. Caeterum haec ipsa fabula Aeschyli etiam alias difficul- 
tates obiicit, ut si Schoemanno concesserimus lovem culpa vacare, 
tamen de aliis rebus disceptare liceat. Quae nisi et ipsae sic enu- 
cleatae, sunt, ut aliam viam munire supervacaneum sit, etiam in 
illius quaestionis explicatione non prorsus acquiescendum erit. 

Potest Iuppiter circumscripta significatione acceptus longe alius 
esse, quam: ille, quem Aeschylus Agam.176 dixit Ζῆνα---τὸν φρο- 
νεῖν βροτοὺς döndavre, τὸν πάϑει μάϑος ϑέντα πυρίως ἔχειν. 

Talis Iuppiter definitae notionis is est, a quo cives precautur, 
ut inimicos pessumdet, cui pro malo hostibus immittendo vota fa- 
cinnt. Talis Tuppiter est arcitenens unius cuiusque rei publicae. Ipsis 
Athenis, quibus fabula nostra docta est,. colitur Tuppiter Πολιεύς» 
cui Athenienses Dipolia obeunt. Si Aeschylus in Agamemnone lovem 
tantum facit, non ad id. respexit lovem Saturno pulso regno poti- 
tum esse; id eiusque similes cogitationes «de imperfecta lovis con- 
dicione non in deliberationem advocavit, sed eum numen summum 
fecit unice venerandam. Contra hunc lovem, quem in fabula Pro- 
methea tractat, novissime ait regnum occupavisse. Äb ea veio re, 
quod novas dominus est, causa duritiae eius repetitur, ut statim in 
initio- versu 88, 

Volcanus: ᾿ “ἅπας δὲ τραχὺς; ὅστις ἂν νέον κρατῇ. 
v.96 Prometb.: Τοιόνδ᾽ ὁ νέος τἀγὸς μακάρων 
| ᾿Εξεῦρ᾽ ἐπ᾽ ἐμοὶ δεσμὸν ἀεικῆ. 
v.146 Chorus: N£os γὰρ οἷακονόμοι κρατοῦσ᾽ Ὀλύμπου" 
Neoyuoig δὲ δὴ νόμοις Ζεὺς ἀϑέτως κρατύνει, 
Τὰ πρὶν δὲ πελώρια ἀϊστοῖ. _ 

Aeschylus praeceptor civium suorum fuit et eos ad virtutem et 
sapientiam institut. Simul gravissima dquaeque, quae ad rem 
publicam Atheniensium spectant, ab eo tractata sunt, ne eos in 
‘ praesentibus rebus, quae cives maxime sollicitare salent,. consilio 


Seripsit T. Katterfeld. 409 . 


suo destituat. Plares ex septem fabulis, 'quae aetstem tulerunt, 
argamentum ex rebus gestis illius temporis promptum tractant, ut 
ternio Orestea et Persae et, ut verisimilie est, Supplices. Si Aeschy- 
lus Prometbeum ignis raptorem exhibuit, facile euiqne Atheniensi 
deus Prometheus .in mentem venit, cwi Athenis singulis annis cum 
facibus decursum: est, Pausan, I, 80.. cuius in Academia ara fuit, 
ex qua cursus ille coeptus est. Nescimus, sitne in priore fabuls, 
quae deperdita est, accuratius indicatum Prometheum Athenis cul- 
tum intelligi. Certe vir doctus quidam coniectavit in ea propositum 
esse, ut Prometheus carsum illım institnerit.‘- Maxime etiam secun- 
dum nostram fabnlam Prometheum meminerunt, qui in Academia in 
una basi cum Volcano sculptus eiusque socius in illa lampadedromia 
habitus est, ubi. Aeschylus cum Volcano ignem surriptentem , deinde 
Volcani opera poenas Iaentem exhibeit. Verum gravissima gansa est 
ia condicione rerum, qualis tum fuit. Si Prometheus Iovi opponi- 
tur, io tam indefinita lovis notione, quae cuique convesit, atgue 
tam circumsceripta notione Promethei Athenienses facile cum Pro- 
metheo fecerunt. Athenienses non nucis sapientiam suam censue- 
runt. Herodotus I, 60, ubi de artificio narrat, quo Megacles et 
Pisistratus ad recuperandam urbem usi esse feruntur, in eam sen- 
tentiam verba facit: “Quandoquidem iam inde a priscis temporibus a 
barbarico genere distinctum Graecum fuit utpote dexterius et a sto- 
lida fatuitate magis abhorrens,. stultum utique debet videri usos illos 
esse tali invento apud Athenienses, qui inter Graecos sapientia fe- 
runtur principes.” Accedit, quo magis Athenienses Prometheum 
suum habeant, quod cultus eius nullus esse videtur, nisi Athenis, 
Affertur praeterea ex monte Acäcesio in Arcadia a schol, ad Hesiod. 
theog. 614, in quo Prometheus ἀχάκητα appellatur. Verum viri 
docti iam censuerunt scholiastam ex loco theogoniae hunc cultu 
finxisse, quum nomine Acacesii montis adductus sit. 

. Ubi Aeschylus Prometheo Iovem opposuit illi arbitrium consilli 
contra lovis voluntatem capiendi impertiens innuit sibi lovem circam- 
scriptae potestatis ante oculos obversari. Tamen Prometheum eius 
voluntati obnoxium non fecisset, nisi hic Iuppiter revera auctoritate 
illum ‚superavisset. Notum est, quantum Corinthii suo love Co- 
rintho gloriati sint. Eum si Aeschylus Prometheo praesidi alterius 
regionis, quae Corinthiorum revera non est, opposuissel, numquam 
ei in mentem venisset, ut talem auctoritatem ei tribueret. Itaque 
consentaneum est Prometheo praesidi lovem opponi, cuius principa- 
tus sit. Circa illud tempus Lacedaemoniorum fuit principatus, eo- 
rundem cultus amplissimus Iovis, Herodotus VI, 56, inter honores 
et privilegia regum Spartanorum hoc prfimum exhibet: sacerdotia duo’ 
Iovis Lacedaemonii et Iovis Caelestis (Οὐρανέου). Quis alter sit, 
in aperto est; est idem, atque Inppiter arcitenens Atheniensium cae- 
terorumque populorum, "Alter vero maiorem auctoritatem tuetur, 
caelestem quandam, quae in terra.nasquam amplius exstate Deorum 
princeps ibi etiam .prineipatai inter .bomines praeest. Itaque Pro- 


410 | De Promethea ternione Aeschyli. 


metkeum potissimum ad Athenienses, lovem ad Lacedaemonias ape- 
ctantem-habemus. Non diasimilis .ei ratinpi siogulas personas, quae 
indolem -gentium- exprimuat,: pro ipsis ‚gentibus ponendi ea est, si 
nostratiiım gemtiam mores. in singulis hominibus: repraesentant , si 
Francogallus, Hispanus-pro omnibus .civibns. suis.rem gerant. Quod 
in Graeco exemplo a. onnsuetndine.nastralium discrepat, omnine pro 
ingenio veferis ‘et zeeentie aevi est, quorum alterum meores cniusgae 
aceuratius indicat, alterum:'singulis rebus mazime notabilibus utitur. 
Fabula Promethea in confiniis 'temporis maxime ignoti versakur, 
quod speciem: reconditi generis dioendi amat, Nec potait Aesehy- 
jas’ipsos Lacedaemonios et Athenienses inscdenam producere, si .gui- 
dem argumentum tale traetatgrus fuit. Quare praetergnam quod 
dixi Iovem pro Lacedaemoniis poni non absonum esse nee pro Athe- 
niensibus Prom2theum voluntates imutsae gentium conziderandae sunt, 
fuerintne eae; ut cito .partes.sumpserint,. ubi quid ad. alteratram 
spectans'ezhibitum ‚cat. ΝΕ | 

“" Aeschylus sibi 'persuasit Athenienses, simulatque Prometheus 
ignis raptor in scaenam productus sit, .iniuriarum, quas tum a Lace- 
daemoniis perpessi sunt, memores futuros. "Deinde postquam Pro- 
metheus malis affectus apparuerit, etiam Ionem virginem civibus suis 
lonicam stirpem in mentem revocaturam. Alia compluria ex fabulis, 
quas in unum coniunxit Aeschylüs, colorem traxerunt. Tamen nec 
ingenio Aeschyli conveniat, ut aliquid .supervacaneum sit, nec quid- 
quam ab argumento alienum esse videtur. Gravissima quaestio est, 
utrum po&ta in Iovem quantulamcungque culpam conferat necne. Con- 
tendo. eum ‚conferre. Prometheum, cuius ope in bello 'Titanico vi- 
ctor ‘evasif, non remuneratus. est, deinde eum ad rupem affgi ius- 
sit, quum ignem cum mortalibus communicaverit, denique eum no- 
vis cruciatibus affhicit, quod’ secretum illud de coningio fatali non 
prodit, quum consentaneum sit virum ira flagrantem salutis spem 
non sponte abiecturum. Quanta vero Iovis imbecillitas! Norte, 
quum, aceiderit, ut Prometheus ad eum transierit, victoriam repor- 
tavit, _Deinde in discrimine versatur, ut dominatione exuatur. Sin 
‘ci. cum tantis noxis constare posse videtur lovem ab Aeschylo in 
fabula Promethea eum exhibitum esse, quem alibi fecerit, ei mori- 
bus Promethei eorumque iudicio, qui in scaena sunt, omnis dubita- 
tio eximitur. Prometheus cruciatibus affectus animum victorem do- 
lorum exhibet. Pudor solus eum movet, ut morte abripi cupiat, 
quum Öceani filiae in scaenam prodeunt, quae ei potestatem prio- 
rem in mentionem revocant, cf. versus 152—156 

Ei.yag μ᾽ ὑπὸ γῆν νέρϑεν τ᾽ ᾿4ἴδου 

. Τοῦ νεχροδέγμονος εἰς ἀπέραντον᾽. 

ἮΝ Τύρταρον ἥκεν δεσμαῖς ἀλύτοις 1. 
ἀγρίως πελάσας; εἷς μήποτε ϑεὸς 
. Μήτε τις ἄλλος τοῖσδ᾽ ἐπεγήϑει. . 

ες  Mexime vero in fine fabulae, ubi Mercurius. a love missns cum 


Seripsit Τὶ Katterfeld. - πος 411 


eo colloquitur, is animus generosus cum summa. gloria apparet.et 
quis Prometheys sit distincte ostendit, . Dicg 94649: u , 
. Τῆς. φὴρ λατρείαρ τὴν ἐμὴν δυᾳπραξίαν., , 
| Σαφώῶς ἐπίστασ᾽, οὐκ. ἂν ἀλλάξαιμ᾽ ἐγώ Krk. 

In bello Titanico, quod alterum discidium kovis . aliorumque 
deorum est, rursus favis inimici generosi .sunt et-quidem sacandum 
Promethei ipsius ‚dietum, cuius consilium spreverunt et quocum ma+ 
nus conseruerunt. cf. v. 204—208, imprimis 

. , αἶμύλας δὲ μηχανὰς ! 
. ἄτιμασαντες παρτεροῖς φρονήμασιν. 
Sin ‚Schoemanni iudieium iure pergtat, etiam ‚rem ‚invertere. li- 
cet, αἵ quaeramus, ‚qualis Prometheus recti comsili expers, μὲ Sehoe- 
mannus eum esse contendit, exhibendas fuerit. . Maxime eum Aeschyr 
lus sapientem et auctorem. sententiarum probabilium facere potuit, 
ut ea est, quam de love dicit: on 
: Ἔνεστε γάρ πῶς τοῦτο τῇ τυραγνδι >. = 
.. όφημα τρῖς φίλοισι un). πεποεϑέναι, 
Quod hoc loco eo maioris mamenti est, quia in. eo Promethei 
iudigum de factis Jovis coptinetur. . Caeterum otiam tenor totins. far 
bulae is est, ut .sententia 'eg erta de aulpa Iovig et immerita poena 
Promethei aitera fabpla,. quae-aubsecuta eat, demi non possit., Quod 
factym esse ea minus .axbitreri licet, qpia Prometheus iam οἱ δὶ con- 
scius. est ‚se etam alignid.commikisse,. itaque lorus. aullus admoni- 
tioni ‚et .institutigwi,, quibus,a ‚falga opinione ‚ad meliorem.tzaducatır, 
relictus est, quo Schpgmanaus. ram. absolutun] iri.genset. οἷ v. 260, 
ubi chorus. Hpegzss... Reapondet Prometheus ::.facilg eas ei, nt.ad- 
moneat, qui dalores, gon-pahiatur, pergit:  . - ., - .. Wim 
ἐγὼ δὲ ταῦϑ' Amar ἠπιατάμην;. ἀ..:: re 
Exoy, Ev ἥμαρτον, οὐκ ἀρνήσομαι. 


ἕ D 


Poeta nec lovem insontem fecit, neg Prometheum, ‚. De: Prome- 


theo dictum illud magni moment est, quo Mercurius αἱ .convicir 
atur, v. 959: ΄. ΝΥ ΕἜ 
τς Eins φορητὸς οὐκ Eu, εἰ πράσσοις καλῶς... .,. ". .. 
Quod eo gravius, .qun. minus cum .argumente .Hesiodi, cuius 
auctoritaten in ea fabula Aeschylus maxime sequitur,. nexum est, 
Praeteres ubique Prometkea pihil. nisi is animus in galis invictug 
et inimico irsidens exprobratur praeter illa chori dicta, quae supra 
attuli:. - , : ἐνὶ 2 ες Zu or ' 
255 Chorus: Καὶ νῦν φλογωπὸν͵ πῦρ ὄχουα᾽ ἐφήμεροι» 
259 sg. Idem: οὐχ ὁρᾷςυ 27 ὃ... ᾿ 
“Ἥμαρτες; ὡς δ᾽ ἥμαρτες, οὔτ᾽ ἐμοὶ λέγειν. 
Kad’ ἡδονήν. φοὶ δ᾽ ἄλγη. . . ΝΕ m 
Quum neutra pars omni culpa vacet, tamen Prometheus Iovi 
praeferendus est, eljamsi in fabula deperdita extrema rem ad Iovem 
comprobandum conrersam esse censeas, ad. quod inter fragmenta 
admodum : exigua. ansg nulla praebetur.- Verum sententiae ‚vo 
Atheniensis, qui sub Progetheo eives syos, sub. Iove ‚Jacadacmpgias 


412 De Promethea ternione Aeschyli. 


intelligit, id optime convenire apparet. Est is unus ex sapientis- 
‚ simis viris, qui tam Athenis vixerunt, ac facile primus inter omnes. 
Omnem eulpam ex Prometheo tollere noluit. Causa cavillandi Athe- 
nienses in aperto est. Quare ratio ethica ei sententiae 'non solum 
non obstat, sed eam admodum probat. 

Sufficitt hoc loco, quod scimus interpretes eo inclinare, ut fa- 
bulam nostram tempore proxime bellam Persicum tertiam sub- 
‘ sequenti doctam esse ponant. Audienda sant testimonia, quae de 
tempore bella Persica subsequenti nos certiores faciunt. 

Themistocles plebiscitum perrogavit Atheniensibus ex Salamine 
in urbem reversis, ut urbs muro circumdaretur et omnes cives ne- 
giectis suis aedificiis urbis monumenta curarent; praevidit enim La- 
cedaemonios de principatu sollieitos aliasque civitates illi munitioni 
adversataras esse, Simul nt opus inceptum est, Aeginetae legatos 
Spartam miserunt, ut Athenienses: conatu frustrarentur. Lace- 
.daemonii statim per legatos Atheniensibus detulerunt, non posse 
concedi, ut urbs extra Peloponnesum sita müniretur, quo minus 
‚hosti invasuro locus moenibus cinctus daretur expeditionibus fa- 
ciendis opportunus. Peloponnesum arcem natura oblatam totius 
Graeciae esse, in quam rebus urgentibus caeteri Graeci se reci- 
pere possent. Athenienses, ubi Lacedaemonii et socii armis rem 
gessissent, resistere 115 non potuissent; quare ad calliditatem res 
revocanda fuit, ' Itaque legatis Lacedaemoniorum responderunt se 
nibil facturos, quod communi saluti obesset, et legatos miesu- 
ros esse, qui cum Lacedaemoniis interloquerentur. Delecti sunt 
Themistocles, Aristides, Abronychas.: Themistocles Spartam se con- 
tulit, postquam cum Aristide et Abronycho rem composuit; Athe- 
nienses interea contentione omnium viriam aedificationem pro- 
moverunt. Themistocles Lacedaemone petita in publicum non pro- 
diit et interrogatus, eur non prodiret, respondit exspectandos esse 
caeteros legatos et mirari se, quod morarentur. Lacedaemonii vero 
compererunt, quid Athenienses agerent,. Themistocles negare nun- 
cios illos veros esse. Quum autem Lacedaemonii eum vehementius 
sollicitarent, hortari eos, ne nuncis incertis fidem haberent, sed ut 
legatos de publico mitterent, qui ipsi rem inspicerent. Quod factam 
est. Interim Aristides et Abronychns Athenis abire. Athenienses 
legatos Lacedaemoniorum variis praetextibus illudere et parati esse, 
ut eos vi retinerent, donec ipsorum legati reverterentur. In tanta 
perfidia enim periclitati sunt, ut ne Lacedaemonii legatos dimitte- 
rent aut dimittentes ipsis condiciones imponerentur. 'Themistocles per 
Aristidem et Abronychum certior factus est, moenia in eam altitu- 
‘ dinem exstructa esse, ut defensioni apta sint. 'Tum vera Lacedae- 
moniis prompsit. Athenienses ait, qui moenibus .se firmaverint, 
ipsos posse diiudicare, qnid et ipsis et commnni saluti conducat et 
moenia Athenarum ad sustentandam Graeciae libertatem opus esse. 
Praeterea oportere, ut, ubi plures civitates inter se iunxerint, omnes 
aut eodem praesidio utantur aut eo careant. 


Seripsit T. Katterfeld. ΕΣ 413 


Pungit po&ta Lacedaemonios, sed animos civium fervidiores 
mitigat. Cupit, ut Prometheas cum love in gratiam redeat, sed 
lovem culpa non eximit; non probat poenam, qua luppiter Prome- 
theum affecit; tamen eam patienter tolerandam et animum nimis 
elatum remittendum esse censet. Eius rei auctorem Promethco 
exhibet Oceanum, qui hoc consilium argumentis snis optime tuetur. 
Eum, quum ctiam Shoemannus potissimum po&tae sententiam susti- 
nere censeat, in medio ponam; ex quo- mwihi elucebit,. Oceannm 
non argumentis ex iustitia lovis petitis uti, sed anctorem esse Pro- 
methceo cedendi, ut malis se liberet. Inspicias versus 810 et 311, 
ubi Oceanus sic verba facit: 

Γίγνωσκε σαυτὸν καὶ μεϑάρμοσαι τρόπους 
ΜΝὝέους" νέος γὰρ καὶ τύραννος ἐν ϑεοῖς. 

ΟΡΡεγρῖὶ deinde fieri posse, ut Iuppiter exandiat convicia eins 
suadetque, ut ob eam causam cautius agat. 

Versus 317: Ζήτει δὲ τῶνδε πημάτων ἀπαλλαγάς. 


Versus 321 et 322: Cave, ne ad mala praesentia alia tibi con- 
- trahas. Pergit: 
᾿ς Οὔκουν Euoıys χρώμενος διδασκάλῳ 
Πρὸς κέντρα κῶλον ἐκτενεῖς» ὁρῶν» ὅτι 
Τραχὺς μόναρχος οὐδ᾽ ὑπεύϑυνος κρατεῖ. 

Denique postquam Prometheus oblato se interponendi consilio 
restitit, Oceanus sine molestiis discedit, Prometheum ait ipsum 
ultro properantem incitasse. Gaudet, quod bestiae suae, quibus 
insidens advectus sit, ad quietem exoptatam revertuntur. Quare 
etiam id non tanti faciendum, quo Schoemannus nititar, quod ille 
Prometheum cum love conciliare conatur. 


Fretus est Prometheus vaticinatione quadam, qua etiam lovem 
terret, ut Mercurium ad eam cognoscendam mittat. Aeschylus in 
ea exhibenda arbitrio suo multum concessit. Nam Prometheus apud 
eum secreti conscius est, quod alibi Themis profert; deinde. Aeschy- 
lus pro certo affirmavit fllium nasciturum esse, quum apud eos,. 
qni genuinam formam exhibent, lovi tantum minatur, fore, ut na- 
scatur, ubi ipse se cum Thetide coniungat. Tamen genuina forma 
oraculi nos edocere potest, quo Aeschylus rem verterit. Loci Pin-_ 
darici, in quo oraculum legimus — Isthm. 7 (8) — explicatio sem- 
plicissima ea est, ut ad Aeginam insulam referamus. Nam de Ac- 
gina et de posteris Aeginae lorisque, quorum unus, Peleus, The- 
tidem uxorem duxerit, postquam Iuppiter et Neptunus vaticinatione 
de eius connubio deterriti sint, agitur. Graeci seriores circa bella 
Persica sibi persuaserunt Aeacum et. Aeacidas. Aeginae insulae pro-. 
prios esse, de quo conferas Herodotum. Is, postquam enarravit 
consilinm a Graecis captum esse pugnae ad Salaminem committendae. 
(VIII, 64), dis, inquit, vota facere placuit et Aeacidas socios invocare. 
Deos omnes precati protinus ex Salamine Aiacem et Telamonem 
advocaverunt et ad advehendum Aeacım reliquosque Acacidas navem 


΄ 


414 De Promethena- ternione. Auschyli, . 
in Aeginam miserunt. — Idem -auctor narrat (V, 80), Aeginetas 
Boeotis, quum ab 115 post pulsum Isagoram ultionis ab Atheniensibus 
capiendae talıga auxilio vocati essent, tradidisee Acacidarıım ima- 
gines et respondisse se’ iis Aeacidas aukilio miftere. Aeginetae vero 
sunt Dores ex "Epidauro urbe. Sic Herodotus in recensu Graeco- 
rum; qai contra Persas in altero bello Persico pugnaverunt: Aegi- 
netae sunt Dorienses €x Epidauro. "Quid 'autem ea Dorica origo 
volt, quad maioris momenti sit? | Aeginetae regibus non usi sunt et 
cives Dorici et,: qui Dores non fuerumt, promistue vizerunt. Aegre 
vero Aeginetae talerunt, quad -Epidaurif anctoritatem in eos exer- 
cnerunt. Epidaurii vero Dores omnium consensu häbiti sont, Quare 
etiam cultus et tutelae Iovis Doriti, qui prineipatu fungitur, par- 
ticipes sunt. Contra Neptunus 'deus est.lIonum, ut Atheniensium, 
sic eorum, qui in Asia habitaverunt. Dissensio maxima Aeginetis 
cum Epidauriis et Atheniensibus ἔμ, Narrat Heredotus .Athenien- 
ses olivas Epidauris dedisse, ut. statuas Damiae et Auxesiae fa- 
cerent,.ea condicipne, ut victimas certig temporibus Athenas mitte- 
rent. Eas statuas Aeginetae rapuerunt, quo etiam .cum Athenien- 
sibus in inimicitias inciderunt, quia Epidaurii raptis statuis victimas 
mittere cessaverunt. Herodotus tum sie tradit (V, 83): Erant etiam 
per illud tempus, .sicuti antea, Aeginetae Epidauriorum imperia 
‚subiecti, quum aliis in rebus, tum lites suas coram iudice discepta- 
turi Epidaurum traiicere tenebantur. Deinde vero constractis navi- 
bus virium fiducia ferocientes ab Epidauriis defecerunt. Tamque 
“ut hostes et qui mari essent potentes 'vexabant illos. — Seguitur 
bellum inter Athenienses et Aeginetas, in quo Athenienses ad oram 
Aeginae naves appellentes tanta clade kunt affecti, ut ex toto exer- 
citu unus calamitatis nuncius redisse dicatur. Eas inimicitias C. 
Odof. Muelleräs in Aegineticts (V, 83) ad Olymp. 80 refert. Talis 
dissensio cum Iomibus: et Doribes manifesto oraculo subest. Viden- 
tur enim Neptunus Ionicas- et’ Tappiter Doricts' muptits "Thetidem 
deam 'marinam‘ ambiisse et’ Peleus ‘Aeaci' Aliuis eam uxbrem näctus 
esse; ‘in quoy ubi Iuppiter sea Neptunus se cum ea coniunxisset, 
autumant fatarum 'fnisse, at filius, Aeginetae, patre maior evehiret. 
A Doribus Aeginetae cultum amplissimum lovis Helleniei assumpse- 
runt, cum Ionibus sein amphictionia sub Nepteni in Calaurea in- 
stla culti praesidio eoniunzerfunt. Locus -Pindart in carmmime in ho- 
norem tivis Aeginetiei composito ihvenitur:: Poete; ut solet, de uni- 
versa civitate simul αἰεί, Recordataur cognationis’suae cam Aegi- 
netis, quod Fhebe. ef Aegina sorores' habehantur.: Pergit Aecacum 
ab Aegina pärtam esse in insula Oenopia!' eins filios ‘et nepotes 
viros stremmos fefisse,- cuius’ ref etiatı meinores’ftisse superos, quum' 
Idppiter, posfgeum ipse oräculo deterrituk sit, “uadente Themide 
Thetidem Peleo uxerem dederff.' .‚Verba ‘Pindarr de oraculo haec 
sunt: Themis deos deterruit,_ Ὁ 0000 on 
εἵνέκεν πεπρωμένον ἦν φέρτερον γόνον οἵ ἄνακτα πατρὸς τεκεῖν, 
ποντίαν Θεόν, ὃς κεραυνοῦ κρέσσον ὅλλο βέλος ν᾽  "' 


Scripsit T. Katterfeld, 45 


N 


Ψ, 


διώξει χερὶ τριόδοντος τ᾽ ἁμαιμαπέτου., di τε μισγομέναν 
ἢ «Διὸς παρ᾽ ἀδελφεοῖσιν. . - 
Apnd Aeschylam lo v. 749 quaerit, num futerum si, ut per 
uxorem loppiter solio pellatar; respondet Prometheus 
Ἣ τέξεταί γε παῖδα φέρτερον πατρός. 
Eum filum Prometheus versibus (902—904) sic accuratius indicat: 
Ὃς δὴ κεραυνοῦ κρέσσον. εὐρήσειε φλόγα, 
βροντῆς δ᾽ ὑπερβάλλοντα καρτερὸν κτύπον. 
Θαλασσίαν τε γῆς τρινάκτειραν νύσον 
Τρίαισαν. αἰχμὴν τὴν Τιοσειδῶνος σκεδᾷ. 

Hanc igitar vaticinationem ab Aeschylo ad res Athenieusium 
relatam esse apparet. Qui suo consilio accommodasse videtur. Tbe- 
tidis nomen in fabula, 4686 aetatem tulit, non invenitur, Caeterum 
Athenienses Aeacum etiam nd se transtalerunt. Post Isagoram pul- 
sum Boeoti, qui Atheniessibus simul cum Cleomene Lacedaemonio- 
rum rege bellum intulerunt, vieti aazilium ab Aeginetis impetra- 
verunt. “Atheniensibas’ ingpit Herodotus V,89. "expeditionem in Ae- 
ginetas parantikus adlatim est Delphis oraculum iubens, ut triginta 
Aannos, ἐχ quo iniuriae initiam fecissent Aeginetne, abstinerent bello; 
primo autem et tricesimo anno belli adversus Aeginetas initium 
facerent, postquam Aeaco templum statuissent. Id si fecissent, rem 
3is ex voluntate cessuram. Harc renanciata ubi audiverunt Athe- 
niehses, Aeacg templam statuerent, quod etiam nunc in foro ex- 
structum conspicitur.’ Athenienses :etiam unam ex decem tribubus 
suis ab Aiace dixerunt, Miltiades Cypseli filius Pisistrati aequalis 
originem ab Aiace ex Aegina repetivit (Herodot. VIII, 35). Eum 
Herodotus tradit recentioris memoriae civem Atheniensem fuisse ; 
Pbilaeum enim, Aiacis filium, primam ex ea familia in civium Athe- 
niensium numezum esse reteptum,. Hic Miltiades fratre usus est. ἢ 
Cimone, cuius filius est Miltiades dux Atheniensium in pugna Mara- 
thonia.. Qui quum ante pngnam Salaminiam diem supremum obisset, 
secutus enm est in vinculis publicis Cimo filius. 

Ex iis rebus elucet Athenienses propensos fuisse, ut Aeacidas 
et ea, quae de Aeacidis relata erant, dummodo liceret, ad se 
transferrent, ες 

De vaticinatione, quam plurikus fabulae nostrae locis tanquam 
res arcana tecte commeıhoretur, diversae susat voces, quarum päa- 
trocinidm .suscipere debeo, .ut.pobem Promethenm; non fluctuasse, 
sed rei exprimendae ubigue memorem fuisse. Schoemannus eos 
locos‘ ai inter. se:repugnare. Ex quo coucludit totem rem tentandi 
Promethei causa adhibitam esse.: ‚Sic efim censtt,:.<oguitum ir. 
Prouietheim sincere facinoris pbenitere, uhi sponte fiduciam - sibi 
oracdulb oblatam !abiecturss sit:: . In fabuld. ternionis ultima 8 Schoe- 
manno ex fragmentis completa Themis ex Prometbeo, quocum iam 
aligeem lovis ‚ansöorem: communieatit. intersogat: .Quid est.de filig, 
quem Jove..maiorem futurum speras: . Deinde bis Allum tentat, ἂν 
intelligat,. atrum spente spem abiccturus an diutius lovi miwaturus Bit. 


= 


416 De Promethea .ternione Aeschyli. . 
Postquam Prometheus se omissa spe cum love in gratiam rediturum 
dixit, Themis illud periculum Iovi imminuisse negat, oraculum ei 
‚ fatale fuisse, non Iovi. Videtur talis permutatio subita minns ingenio 
quum veterum po&taram omnium, tum gravissimi Aeschyli convenire, 
Aeschylus lenius incedit, personae eius mazime sibi constant, poeta non 
imprndentes nos opprimit nec rem in fine fabulae in summo momente 
relinquit, uf scriptores historiae Romanensis, qui ea re ad exspecta- 
tionem augendam utuntur. Apud veteres eruditionis genus aliud quod- 
dam fuit, quam ut ea rei vicissituadinem aequo animo perferre pussent. 

Vaticinatio ea exhibet principatum a Lacedaemoniis ad Athe- 
nienses transductum’iri. Atheniensinm deus est Prometheus. Iop- 
piter dens est principaftus, qui tum penes J.acedaemonius fait. 
Inppiter igitar-regno pelletur et magnam sorlis vicissitudinem ezpe- 
rietur, cf. versus 887899, in quibus hoc est: 

Οὐδὲν γὰρ αὐτῷ ταῦτ᾽ ἐπαρκέσει τὸ μὴ οὐ 
Πεσεῖν ἀτίμως πτώματ᾽ οὐκ ἀνασχετά. 
Deinde v.906et 907: Πτεαίσας δὲ τῷδε πρὸς κακῷ μαϑήσεται,. 
᾿ς Ὅσον τὸ τ᾽ ἄρχειν καὶ τὸ δουλεύειν δίχα. 
Ea unica salus Promethei est, ut Ioppiter regno privetur, ν. 737 et 788: 
Νῦν δ᾽ οὐδέν ἐστε τέρμα μοι προκείμενον 
Μόχϑων, πρὶν ἂν Ζεὺς ἐκπέσῃ τυραννίδος. 

Tamen Iuppiter periculo eripietur. Nam eius rei ei auctor Pre- 
metheus seu civitas Atheniensis, quae eum excipiet, erit, v. 752. 
lo versu praecedente interrogat: 

Οὐδ᾽ ἔστιν αὐτῷ τῇσδ᾽ ἀποστροφὴ τύχης; 
Respondet Prometheus: 
Οὐ δῆτα, πλὴν ἔγωγ᾽ ἂν ἐκ δεσμῶν λυϑείς. 
Ioppiter autem Prometheo ‚poenas dabit, Certe ignominia est loco 
moveri. Sic Prometheus inde a versu 167, ubi in fme: 
πρὶν av ἐξ ἀγρίων 
Ζεσμῶν χαλάσῃ» ποινάς τε τίνειν 
Τὴσδ᾽ αἰκίας ἐθελήσῃ. ᾿ u z 
Verissime rem, qualis futura sit, exprimere videntur versus 
190—193, quibus Prometheus sic: 
Τὴν ἀτέραμνον στορέσας ὀργὴν 
Eis ἀρϑμὸν ἐμοὶ καὶ φιλότητα 
ΝΝ Σπεύδων σπεύδοντι ποϑ᾽. ἥξει 
vel chori dictum 501et502: Εὐὔελσίς εἶμι τῶνδε σ᾽ ἐκ δεσμῶν ἕτι 
“υϑέντα μηδὲν μεῖον ἰσχύσειν Διός. 

De Prometheo suo Aeschylus materiam uberrimam in theogenia 
Hesiedi invenit, 520—595. Quid. vero intersit inter Prometheum 
Aeschyleum et eum, gnalis est in theogonia, aptissime ex Welckero 
in libro de ternione Promethea edocemur (tom. I. p. 11). Aeschylus, 
inguit, animum fallacem et vafrum, qui in fabula antiquiore de furto 
ignis inest et in theogonia Hesiodea Prometheum inter caeteros deos 
distinguit, exhibere nolait, sed sapientissima quaeque ex fabulis Pro- 
metheis in suam po&sin transtulit. Alter vero po&ta Atheniensis est, 


" Seripeit T. Katterfeld, 417 


alter -Boeotus, Boeotus ἃ landibas Hercnlis Thebani incipit, qui 
Prometheum cruciatibas liberaverit; ponit Prometheum igsem surri- 
peisse et cpm. hominibus communicasse , deinde Tovem mulierem 
procreasse, ex qua quum caeterae mulieres ortae sint,.miseria maxima 
in terram immigraverit, Prometheum γεγο columnae aflfixum esse. 
Ignis.-signum- est eius, qui se .contta Iovem -opponit, Sic Prome- 
theus ignem rapmit eoque: in invidiam apud, lovem incidit. Animad- 
vertendum est Prometheum et sapientiam tucri, qua Athenienses im- 
primis. freti οἴ, et facipus.'edere, quo oppositio contra Iovem de- 
signatur. Schoemannus sie iudicat Prometbeum secundum senten- 
tiam 'auctoris theogoniae naturam hominnm, 40] nondum ad deorum 
voluntatem se.accommodaverint, qui divinitati suae obloquantur, ex- 
primere idque rapto contra lovis iussnm igne dedarari. .Prome-+ 
theum ab Arschylo largitorem eius generis rerum exhiberi, quae ad 
vitam..beatami opus .non sint. Paulo remotius et obseurius id ex- 
pressum esse ipse Schoemannus confiteter, qui censet veteres vera 
quidem sensisse, sed 'verbis idoneis caruisse, Ignis furtum autem 
Prometheo maxime peculiare ‘est nec fortuito cum eo iunctum, Fa- 
bula Aeschylea post pugnam Salaminiam florentibus Athenis docta 
ex ipsius temporis ratione ansam rerum Atheniensinm laudibus ex- 
toellendarum prompsit, Etiam pugna Marathonia gloriationem Athe- 
niensium excitavit, Herodotns aueter:nobis est 5. (6) ubi de tem- 
pore proxime pugnam Marathaniam praegrerso verba facit: “Ας pri- 
mum guidem, quum adhnc in urbe essent imperatores Atheniensium, 
Spartam miserunt praeconem Philippidem. Cui ut quidem ipse 
deinde narravit Atheniensibusqune renunciavit, eirca Parthenium mon- 
tem, 4πὶ supra 'Tegeam est, deus Pan obrvius est faetns compella- 
toque nominatim Philippide iussit eum renaneiare Atheniensibus, 
nullam :illos sui curam: gerere, quum tamen bene cnpiat Athenien- 
sibas -ac-iam saepe: de illis bene meritus fuerit et posthac etiam bene 
sit meritarus, Athenienses quum iis persuasum esset vere ita ac- 

cidisze, deiride, postquam res eorum:recte fnerunt compositae, tem- 
plam Pani infra arcem statuerunt eumqne inde ab illo nuncio annnis 
sacrificiis et lampade placant.’ -— Cultus Pani post pugnam institutus 
est, in qua Athenienses sibi visi sunt servitutem ab universa Grae- 
cia atcuisse. Pan et eadem vox est, atqne τὸ πᾶν. et caeterognin 
ab eins significatione non alienus. Ἐπὶ Parthenius mons, ad qnem 
Philippides accessit, in Arcadia, in Arcadia autem Inppiter et Pan 
maxime inter se ceniuncti eunt. Est ‚Pan Lycaeus, Inppiter Ly- 
caeıs;, Hllud festum, quod -Arcades Pani obeunt, ut eius signnm 
scilla maritima verberent (cf; schel.- Theocr. 7. (6), quid aliud est, 
quam dolere’ eos, quod mare 'non attingentes manci et alterins dua- 
rum -rationum, quibns praecipuis Graecia 'utatur', mari et terra, 
expertes sint. Pan .etiam ub Atheniensibns significhtione τοῦ nav- 
τὸς exceptus est. Lampadedromia autem, qua Panas placaverunt, 
ratio est exprimendae oppositionis contra e0s, qui principatu ntüun- 
tur, ut fartuni ignis pro culpa, quam eo mode sibi contrahunt, 

 Archio f. Phil. ». Paedag. Βα, ΧΙΧ. Aft.3. 27 


418 De Prometlrea' terniune: Acschyli, 


ponater, Athenienses cheterique-Graeci sic tum se'gesserunt, ut .talie 
generis artilicia maxime ex’ indole eoram: esse apparcat. Duo-ex- 
empla 'sunt ex tempore pngnae Salaminiae, alterum:apud Herodet. 
VIII, 65: Dicaeus Atheniensis, :qui cum Persis fecit, narravit: Quo 
tempore Attica ab. Atheniensibus nuda västabatur a pedestri Xerxis 
exercitu, fuisse. tunc ‘se forte cum Demarato Lacedaemonio in 
Thriasio campo vidisseque ibi pulverem ab. Eleusine orientem tan- 
quam a triginta admodum nillibug hominum. ezeitatum; . qunmgue 
miratus esset, quibusnam ab hommibus escitaretur ille pulvis, ex- 
audisse moi vocem, quae vox ei visa esset mysticus esse. Iacchus. 
Pergit Herodatus Demarato- ignaro .sacrorum 'Eleasiniorum Dicaeum 
dixisse: Demarate, haud aberit, quin magna clades esercitum.regis 
adfiigat. Quum.enim deserte sit. Atlica, proreus manifestum esse, 
üivinum esse illäm sonum Elensine auxilio venientem Atheniensibus.’ — 
Altera närratio est in’ eodem Herodoti libre:, cap: 93’et θ4.. Est 
de 'Asdimanto; Gorintkip, qui: Thomistoch mäxime adversates est, 
quum Graecös ad Salaminem- retinere cuperet. Herodetus sic: “Adir 
mantum Corintsiorum ducem aiant Athenienses -initio statim, αἱ 
eoncurreruht' naves, metu terroreque : perculsum vela sustulisse et 
in fugam sese proripuisse; reliquosque Corinthios imperatoriam navem 
videntes aufugere pariter abisse.. Qui quum in fuga exadrerso tem- 
pli Minervae Sciradis, quod.in Salamine 'est, versarentur, incidisse 
in eos memorast celocem diviaitus missam; 'quam qui misisset, re- 
pertum esse neminem; accessisse eam aufem ad. Gorintbios- omninm; 
quae apud exercitum gesta erant, 'ignaros. Fuisse autem -divinam 
rem inde colligunt, quod, qui in.:celoce erant, dguum :ad.naves ap- 
propinquassent, haec dixerint:. Adimante, ‚tu -abduetis ‚navabus in 
fugam te proripuisse prodens Gra@eos; at illi tantam de hostibus vi- 
ctoriam fepoztarunt, quantam (psi..precati erant.: Tum Adimantum 
et relignos retre comvertisse naves ef, ze peracta in castra.Graecorum 
venisse. - Haec de:Corinthiis Athenienses narraht: At. pegamt fü- 
ctum Corinthii segne inter primos navali huic pugnae autımmant inter- 
fuisse; üsque testimoninm .exhibet : religqna ' Graecia.’ . Facile aufem 
ea ıniracula id vincit, quod de: templo Delphico a Persis servato 
perhibetur, in quo proraus consilii ;ad veritatem 'indagandam exper- 
tes esse videmus,. -Auctor rursus est Herodotiw, VIll, 36. Sacra 
pecuniasque et res preciosas in templo relietas esse -höminibus anfu- 
gientibus, ‘quum deus dixerit se ipsum ad -tutanda .sua suflicere. 
Arrıba. aponte . extra templum proposita. apparuisse. ‚Ubi barbari 
. prope templum Miservae Pronaeae fuerint, de. enelo .fulmina in 608 
decidisse, duos ‚armatos maiores,. quäm pro: kumano. mode, coR- 
tinenter iis institisse, qui visi sint heroes indigemae Phylacas et Au- 
tonous. ; Addit Herodotus saxa, quae de Paruaso deciderint, . ad 
suam üsque aetatem superfuiase, in. agro Minervae: Pronkeae .saoro 
iacentia, ‚in quem,. ppstquam per’ barbaros dewoluta sint; incubue- 
rint. "τὶ Summag ignis et quasi fons.eius.est sol. Qüuirin hoo ignis 
ysu Jbcum $ueri:solet. Athenienses autem non in sole Promethep et 


& 
% » . 


Seripsit T. Katterfeld. - 410 


Pane,' sed etiam in cultu. Minervae deae maxime sibi celebratae 
hand ratienem,:ad qnam sol et lampadedromia spectant, expres- 
serunt. Minerva. ‚cognomen Sciradis 'ex eo cultu &ccepit. Templum 
Minervae Sciradis est in Phalero, portu Athenarum nobilissimo,, do- 
neo post beilum Persicum Piraeeus exstructus est. Minerva igitur hie 
maritimas: opes--tanquam maximum Atheniensium robar, exhibet. Est 
etiäm templum Minervae‘. Sciradis in Salamine insala, πες id sine - 
eatısa.-dieteih Adinsanto celodem ἢ 'prope templum hulus deae obriam 
factam esse. Sunt Seirophoria,; in quibus Minervae Poliadis cum 
sacerdete Selis sub umbella ad löcum, οἱ Seirus’ nomen. est, se 
confert. . Non inturia igitur! me contendere puto Ζῆνω esse τὸν 
ἕνα, “Ἥλιον ‚vero' 668ε ἄλλον Ἴσν. Bi Ilisdem perscrutamur, Iap- 
piter: ‘est summus' deus,. ei subiectus est ’deus: maris, deus Ord, 
tamer nec inter. deos mliuores ‚Sol apparet nec © Inppiter solern teiere 
perbibetur. 

 „Bx Alinervae' templo, exndversum cuins ara Promethei sita 
est, :cursores in lampadedromia se in viam.dant. Pausanias ἢ 30 
tres deos esse. dit, :-qmibus Atheniß. cum faeibus decursum sit, Mir 
nervae.,; Volano; Prometheo, Prometheus vera ab Atheniensibus 
conditoe cursus -enm: facıbus habetur, ‚Hygin. P. A. li, 15; idem 
Πυρφόρος non :sslum apad Aeschylum, sed 'etiam apud Ewipidem 
Phoen. 1137, et Philöstratum Vit. Soph. Η 9 20, qui Apellonü Athe- 
niensis dicta offert 9. appellutur. 

Ea est rätio ignis 118 civitatibus propria,. quae principatu non 
utuntur, quum :majorem dignitatem affectant. Etiam Prometheus 
Tolog seu Telluris filus seu ‚pripcipatos expers est, ipse auteın 
jgnem rapuit, quia ‚contra principatum se erezit. -- Acschykus in ver 
sibus 7 et’ 8. ubi’ Vis allöqujtur Volcanum:: : ΕΣ ᾿ 
εν πε! 0 00% γὰρ ἄνθος παντέχνου πυρὸς σέλας 
3: Θνητοῖσε κλόψας. ὦπασὲν. , ' 
Volcanus Athenis' Ἰυχία' aram' Promethei, ex; qua cursoTes. Orsi 
ennt; propasifus erat. - Volcanus-Tovis’ filius ignem potissimum eum, 
qui in. dicione Tovisr:est, temet et usque‘ ab. Atheniensibus ignis custos 
habetur: Piromethens' autem' scaeptro insignis igni potiori .praeest, 
schol. :Oed.. Col. 55. . Hlerödotus in univerzum .Graecog V olcani .per 
lampadedromias . eultores  commemorat. Quum enim ments tabella- 
riorum Persicoriim' exphicare :vplt similitudinemgne ex.rakione hai " 
cursus adhibet,, sic dicit (VIE, 98): “Qui :primüs currit, 39 secundo 
tradit :mändata, sedundus tertio.:atque sie illa deinceps, alii δέχῃ 
aläl tradita per singülos transeunt, quemadmadum ‚Apud Graecos 
lampas in lampadum festivitate, quae in Voleani, honorem. celebra- 
tur? : Volganııs ἑαῤείυς, est-cam,cultü lovia,:qii ‚latissime per Grae- 
οἰῶ weiuit ,. httaimen : mapis. pro era squagani parte, Kraccorum ent 
et. aliis Graecis ‚offensivneın: eoncitarit.. Quande. thengeniae nueter 
vixerit, nom satis coristat. : 'Tamen licet caninefuram: fäoere ax re, 
in qna cum maxime versamur.: -Comperimus de. permutatione volun- 


tatis Boeotorum in. Athepienses, qualis ea. est, ‚quad Prometheus a 


420 .De Promethea ternione Aeschyli. 


viro Boeote poena affectus, post per Herculem Thebis natum libe- 
ratus dieatir. Pisistratum enim 'Thebani contra Megaclem et Athe- 
nienses adiuverunt. Flerodotus ubi narrat de consilio Pisisträteo ex 
Euboea revertendi et Atheniensibus bellum inferendi: *Pisistratus, 
inquit (I, 61), .munera colligebat ex iis civitatibus, quae eum superiore 
tempore observantia quadam eraut prosecutae. Quarum. quum mul- 
- tae magnas conferrent pecunias, Thebani praeter caeteros liberalitate 
eminuerunt.’ Itaque Pisistratus-Boeotis acceptus fuit, Megacles non 
item. Quare qui antea condenänati sunt, ab Hercule soluti esse diei 
potaerunt. Superiora vero de Prometbeo culpam contrahente ma- 
nifesto eontemptim et odiose dicta sunt, ut id est genus humanım, 
inde .a Promethei fraude ossa alba dis in aris. oflerre, v. 556. 
Sub Pisistrato autem Athenae iam multis aliis Graeciae cwitatibus 
‚antecelluerunt, maxime quidem, ut videtur, litterarum stadiss, tamen 
etiam civium opibus et urbis amplitudine Cui rei convenit, quod 
Prometheus eliam a poeta Boeoto ignis raptor εἰ aemulus Iovis tn- 
toris principatus censetur. Tamen Prometheus filius Telluris .est, 
quod idem significat, atqlıe Iuppiter arcitenens et apud Lacedae- 
monios quidem Iuppiter Lacedaemonius. Itaque Aeschylus Tellurem 
et Themidem eandem deam Prometheique matrem dixit. Schoeman- 
nus, qui id tuetur, diversas personas esse, frustra contra magnas 
difficultates se opponere videtur. Est locus Aeschyleus 209-211: 

Ἐμοὶ δὲ μήτηρ οὐχ ἅπαξ μόνον Θέμις 

Καὶ Γαῖα, πολλῶν ὀνομάτων μορφὴ aba, 

Τὸ μέλλον I κραίνοιτο προὐτεθεσπίκει. 

Argumentum Schoemanni licere, ubi Tellurem εἰ Themidem 
eandem personam dicas, pari iure etiam Tethyn, Dianam aliasque 
deas cum Tellure permutare, tollit, quod Graeci nominibus certam 
significationem tribuerint. Imprimis quum Aeschylam tam multa in 
hac fabula novasse apparuerit, minus singulari exemplo effendi de- 
buit. Caeteram in universum Aeschylus ab eiusmodi placitis non 
alienns fnisse videtur. Sic Dianam, quae Latonae filia audit, Cere- 
ris prolem feeit (fragm. 159). Schoemannus a structura nihil ob- 
stare censet, .quo minus Tellurem et Thetidem diversas personas 
faciamus, Interest autem aliquid inter locos, qui alibi duobus sub- 
iectis verbum singularis numeri subiungunt, et hunc locum. Certe 
non est causa syntactica, ob quam poöta praetulerit singularem nu- 
merum plurali, qui in tali constructione usitatior est. Sed etiam 
loci non congruere videntur, in quibus alibi pluribus subiectis ver- 
bum' smgularis numeri additur. Cic. Brut. 17: enr Lysias et Hy- 
perides amatur, quum penitus conlemnatur Cato? Cicero in univer- 
sum 'tales viros designare volt, quales sunt illi duo, qnos nomi- 
natim exhibuit, quo in unam notionem .concurrunt. In versu Per- 
sarum Aeschyli numerus singularis κατέφϑιτο in longa enumeratione 
- eoram, qui ad Salaminem procnbuerunt, v. 818 et 319: 

' καὶ Mäyos "Aoaßog ᾿Αρτάμης τε Βάκτριος 
σκληρᾶς μέτοικος γῆς ἐκεῖ κατέφϑετο. 


Scripsit T. Katterfeld. 421 


Singula etiam quasi in unam notionem coeunt. Sententia en 
semper ante oculos obversatur multos procubuisse, Persas debellatos 
esse. Porro, cur Aeschylus duas vates dixisset, quum alibi una in- 
veniatur. Ex tenore loci nulla causa excogitari potest. Accedit, 
quod in ipso hoc loco, qui numero singulari insignis est, exstat 
σεολλῶν ὀνομάτων μορφὴ μιά. quod, ut Schoemannus censet, in 
honorem Telluris dietum esse quam in universum tam in hoc po- 
tissimum loco ad fidem faciendam non idoneum est. 


Prometheo Iovis adversario ignis raptori socia accedit Io. Io 
etiam lovi infesta est. Patitur dolores, quos a Iove sibi ortos esse 
censet. Cf. versus 739— 741: 

lo: Ἦ γὰφ ποτ᾽ ἔστιν ἐκπεσεῖν ἀρχῆς Δία. 

Prometheus: “δοι᾽ ἂν» οἶμαι, τήνδ᾽ ἰδοῦσα ξυμφοράν. 

lo: Πῶς δ᾽ οὐκ ἄν, ἥτις ἐκ Διὸς πάσχω καχώς. 

Iuppiter hic idem est, atque Promethei adversarius. Non magis 
cum fabula Ius Iovis dignatio amplissima perstare potest. Schoemanni 
vindicatio admodum longe repetita est neque quidquam ad singula ex- 
plicanda facit. Putat enim vir doctissimus connubiis deorum cum rirgi- 
nibus mortalibus indicari deos homines coniunctione inennda ad gradum 
ampliorem, beatiorem extollere. Io quum din somniis exhortantibus, 
ut lovis nuptiis eam beatitudinem exprimentibus se offerat, resti- 
terit, nefas commisisse et sic puniri, ut Iuppiter eam poena affiei 
patiatur, Iuno autem, quae volgarem rerum ordinem exprimat, quo 
homines commercio deorum arcentur, eam persequatur. Schoe- 
mannus omnia ad philosophicam disciplinam refert. Iovem statait 
perfectum, certe non culpandum esse, Prometheum et Ionem, qui 
lovis inimicos se exhibeant, noxios et oflict immemores esse. Quod 
in Ione nullo modo concedendum est. Nam, quod Schoemannus 
peccatam censet, id castitatem esse apparet. Hi, quibus Aeschylus 
patrocinatur, Prometheus et Io sunt et in altero virtutes virorum; 
in altera virtutes mulierum exhibet. Est sonus nominis iam is, qui 
nobis Ionicam stirpem in memoriam revocet. Non minus nomen 
{us id sustinere potest, ut ex eo Ionica stirps dicta esse censeatur, 
quam Io, Xuthi filius. Quisque concedet in fabula Aeschyli maximi 
momenti esse, ut mulier doloribus affecta in scaenam producatur. 
Cui rei Io optime convenit, quum Io Xnthi filius eam personam 
minime tueri possit. Po&äta Ionem virginem Inachi filiam exhibuit. 
Quo cum volgari narratione concinit. Id autem hac in fabula se- 
cutus est, ut ad res vere gestas ea, quae in scaenam proferenda fue- 
runt, flectere, Quo maxime probabile est eum hoc potissimum mo- 
iitum esse, ut Ionicam stirpem seu [ones caeteros praeter Athenienses 
arcessat. lJonica stirps simul cum Prometheo dolet et dolet quidem 
malis, quibus a love illo circumscriptae potestatis deo afficitur. Ex 
lonis autem posteris Hercules erit, qui Prometheum cruciatibus li- 
berabit. Quo Inppiter ille non solum malignum, sed etiam non ne- 
cessarium ad deliberandum Prometheum se exhibet et Tones sibi ipsi 


422 De Pramethea.terpiane Asschyli. 


ad libertatem recuperandam et. regtitnendas apes auflicere videntur. 
Civitates Doricae Herculis posteris. .regibus usag sunt, tamen semper 
Doricas se apprllari voluerunt,. etiamsi. reges .eorum nan fuerunt 
Doricae stirpis, sed adoptione δὰ dnas partes eius adsgiti esse fe- 
runtur. Ea.res quasi domestica.üs, est, Herculis posteres Doribus 
praeesse; ubi vero, cum -peregrinis ‚gentibus rem gerunt, Darum 
nomen prae se ferunt, Hand: dubie, ex.antiquiore conıdicione rerum 
Graecarum ea res in tempora seriora perduravit. Dores. priores 
auctoritatem assecuti sunt aut Antiquitatem originis concedentibus 
caeteris Graecis honori sibi dederunt. _Postea vero coacti sunt aliis 
auctoritatis illius expertibus se tradere, .qui quamgquam Dores sub 
suam dicionem redegerunt, tamen novum nomen toti genti non im- 
posnerunt. Sic Hercules seu Herculis posteri efiam ex parte Doribus 
opposita snnt, ubi Graecos in duas partes discernis, Quate Aeschy- 
lus Herculem inter pasteros: Ionis referre ‚potuit: Est etiam Athe- 
niensibus acceptior, quam Bores. Herodotus. V. 72 : ."Cleomenes, 
ingnit, Lacedaemopiorum rex, qunm [sagoram contra Glisthenem susten- 
tavit, in areem eam gccupaturus ‚adscendit et,ad ‚penetrale, deae ac- 
cessit, ut eam consuleret; at sacerdos de sella surgens, priusgnam 
ille per ianuam intravit, dixit; Retrogredere, hospes Lacedaemonie, 
nes in hoc templo pedem pone,; nefas est enim Doriensibys huc. in- 
trare. . Cui ille respondit: At non Doriensis sum, o mulier, sed 
Achaeus. Itaque rex concessit: Dores Atheniensibus invisos esse, 
Achaens, quorum e numero Herculis posteri sint, eas, praeferre 
statt, . oo. ΕΟ... 
Id quidem apparet, Athenienses libenter Hereulem cum origine 
δι Coniunxisse „licet ‚non maior causa suppetiverit, «uam quod Do- 
riensjs non fuit. _ Duos autem,partes Graecorum faciendn .Aeschylus 
cangecntus est, ‚ut Hercwis posteres, quum Dores non sint, Iones 
habeat, Eodem modo etiam lonem Argivam pro Ionibus sybstituere 
licuit. Nomen 'Ionum non in,,magno honore. apud Graecos fuit, 
contra, Dores. nobiles .habiti sunt. Ad rationem Dorum et [onum 
collustrandam locus Herodbti. facit, in quo de temporibus seditionis 
Ionicae certiores reddimur:. 148, “Quym. seditio orta est, separa- 
verunt.se Milesii a caeteris lonibus non eliam ob causam, nisj quod, 
quum universa. tum stirps Hellenica infirma esset, populorum omnium 
infrmissimus et minimi momenti fuerit lonicus; nam praeter Athe- 
nas nulla alia .erat eorum civitas notabilis, Quare et alii Iones et 
ipsi Atheuienses nomen etiam .fugiebant nec Iones appellari. vole- 
bant, immo etiam nunc plerosque eorum pudet huius nominis. Sed 
duodecim civitates. nominis lonici Asianae gaudebant hac appella- 
tione, et separatim ab aliis _templum sibi statüeruut, .cui Panionio 
imposuere nomen,” — Aeschylus duas vaticinationes exhibet maxime 
inter se cognatas. : Altera est Promethei, qua diserte. indicatur na- 
sciturum esse, qui Iove maior futurus sit, ;Altera Iani in oraculo 
Dodonaeo data esse perhibetur. Οἵ, v. 815—817 de. quercubus 


‚Dodonaeis voce praeditis; . 1. ) 


Seripsit T. Kettriell. . 498 


“Ἴφ᾽ ὧν σὺ λαμειρῶς. οὐδὲν αἰνιεηρίως 
. Ip φοφηγοφεύθης ἡ Διὸς. κλεινὴ δάμαρ 
. ΜὨΜέλλουσ᾽ ἔσεσθαι. 

‚Coniux lovie in cultu Dorum est Iano. Simulatque ad [ones 
principatus. transterit, Io Iovis coniux futura est. Iliadis posta Grae- 
‘cos petisaimum Argivos, Danaos, Achivos feeit; serier est distri- 
butio in Dores, Asolas, Iones, Achivos, Aeschyli placitum, quale 
ei vindicavimus, ‚est simplidssunum et minime fortuitum, ut Dores 
ob ins quoddam praecipuum ab Ionibus segreget. 

Ip novum-exemplum duritiae kovis est. ‚Sic Prometheus simul- 
ge Io in scaenam, prodlit, rem explicat , v. 574: ı 

7 Διὸς ϑάλπϑι κέαρ 
. Ἔρωτι καὶ νῦν τοὺς ἐπερμήκειρ δρόμους 
ες Ἥρᾳ στυγητὸρ πρὸς βέαν γυμνάξεται. ' 

Quo convicium contra . Iovem "contineri : declarat dictum 740; 
"Höos. ἅν, οἶμαι» τήνδ᾽ ἰδοῦσα: ξυμφοράν." Post bella Persica lo+ 
Des MON cum cantentione omnium viriam a dominatione Persarum in 
libertatem ‚vindicati sunt; gnod , poäta Lacedaemoniis. principatum 
tepentibas: culpgde dare' potuit. 'C£, Herod. VI, 42: Artaphernes, 
inguit, Sarılium, prasfecius, post seditionem. Ionicam artesaitis legatis 
ex civitätibus co&git Iands, ut pacliones mutuäs facerent. de litibus 
ex.iuris formula dirimendis nec porro vi et. armis inter se agerent. 
Et hoc παρ facere coekit et.terras eoribdem dimensus per pärar 
sangas tributa. quibusgne. imıpasuit, 4086. inde ab.illo tempore can- 
stanter ad meam .usque detätem. eadem manent, sicut ab. Artapherae 
consfituta sunt, Discernuntur ills temporibus fones liberi ab 115, 

0008 ἐν νῇ βασιλέως "Ελληνες οἰκοῦσι, Tihucyd. VIII, 5 et 40, 
Lacedaemonii etiam cum Argivis, quoram ex. civitate Aeschylus ἴον 
nem oriundam. esse dixit, circa fenipus proximam post pugnam 
Plataeensem pugnaverunt. Nam Herodotas duo proelia a Lacedae- 
moniis contra finitimas gentes commissa inter pugoam Plataeensem 
et seditionem ‚Helotum (Ol. LXXV, 2 et LXKVIH, 4) commemo- 
rans prius id fecjt, in quo Argivi adversarü 'eorum fuerunt, Herold, 
IX, 35. Argivi. Lacedaemoniis principatum inviderynt, sibi dimi- 
diam partem depoposcerunt, iustum. esse. dicentes, ut totum Fon 
sequantur; quod quum Lacedaemonü imdignum sua auctoritate spro- 
verint, Argivi bello Persio a cura commnnis aalutis se receperunt, 
etiam , ‚suspecti ‚sunt foedus cum Persis icisse, cf. Herod, VIl, 151 et 
152,: ΙΧ, 13, Athenienses autem. cum Ipnibus Asiatieis' et cum Ar-- 
givis societates iunxerynt. Cum Argivis id paullo sarius factum est, 
quam hagc fabula dacta esse: videtur,. habemug Supplices Aeschyli, 
quas compositas esse censent, postqnam Ol. LXXIX, 3 foedus cum 
Argivis ictum est. Athenienses konibus multa commoda praestiterunf. 
Fuerunt enim auctores, ut lones in patria-remanerent, quum Lace- 
daemonii 605. in aljam terram transfarre eupiverunt, Tum, eos ad- 
versus insolentian Pausanige regis. Lageaemoniarum ‚.defenderunt 
easque in ‚suam tntelam acceperunt. De pxriori merito Herodotus 


428 De Promethea: termione, Aeschyli. 
nos. certiores facit.: De.altero Thucydides nos edocet, Postquam de 
munitione Athenarum. et de Piraeeo exstructo dizit, pergit de ex- 
peditione a Graecis duce Pausania Lacedaemonio. enarrare. Tum 
cap, 95 libri I. Quum Pausanias, ingquit, 'superbe' Graecos 'haberet, 
᾿ praecipie lones et qui recens a vege Persarum' liberatii erant, mo- 
leste insolentiam tulerunt. Ad Athenienses se convertentes- precati 
sunt ab-eis, ut duces ebrum frant nec patiantur, si’quid Pausanias in- 
solentius faeturus. sit. Athenienses cum iis consenserunt et statue- 
runt illos iniurias patientes ion negligere et eorum res inito con- 
silio disponere. Eam expeditionem initamque societätem plerigue 
virorum - doctorum. — -Clinton- fastis:. Hellen., Wuchsmuth Antigtt. 
Graec. II. p. 476, Kruegeras in stadiis  histor, p. 37 sq. ponunt 
in Ol. LXXV, 3/4 (a. Ch. 470, 8/7), Dodvell. Annal. Thucyd. in 
Ol. LXXVI, 3 (a. Ch, 470), Muellerus de republ. Dorum, vol II, 
ΠΡ. 498, in Ol, LXXVII, 2 (a. Ch. 471). Notissimum est, eo 
tempore principatum . Atheniensium.. ortum esse, qui primum lones, 
post alios insulares complexus sit; quam ob causam animi Graecorum 
suspensi fuerint, quo res cessura sit, quum illae duae ‚potentissimae 
civitates inter se concurrant, cf, Thucyd.I, 1. Inter tot res ab 
Aeschylo in Prometheo exhibitgs, quas nusquam alibi sic enarratas 
invenimus, etiam id est Prometheum lovi-in. bello contra Titanes 
opem tulisse, Iovem eius ope victoriam reportasse, Prometheum res 
novae rei publicae in ordinem redegisse. Nonne beilum Titanicum 
sic conversum est, ut spectatoribus bella. Persica in mentionem re- 
vocentur, deinde Prometheus Atheniensis lovi Dorico, cuius gloris 
et principatus eo bello amplificata erant, auttor gravissimus per quem 
id impetratum sit, exhibeatur; denique Prometheus servator humani 
generis .dicatur, quum- Iuppiter ille exstinguere voluerit? Ea sane 
mentio belli: Persici- manifestissima est. - Dori contra Graecos ante 
pugnam Marathoniam, ante pugnam Salaminiam coınmiserunt,, quod 
principatum gerentes officium non praestiterunt. Die rätione, qua 
Lacedaemomii se‘ ante pugnam Marathoniam ' gesserunt, inspicias 
Herodeti cap. 106 libri VI. “Qaum Philippides hemerodromüs Athe- 
niensis auxilium ex mandato petiverat, placuit quidem Spartanis ex- 
ercitum mittere, sed, ut Herodötus ait, id confestim facere non 
potuerunt, guum nollent contra legem agere. Erat enim nonus dies 
mensis, nono '‘autem die, quando non 'plena esset luna, se non 
egressuros negabant. Plenilunium igitur exspectabant.” — Certe non 
adfuerunt Atheniessibus in summo discrimine. Sic Herodotus VI, 
120. Ad Selaminem Themistocles maxime Peloponnesios et Eury- 
biadem regem Lacedaemoniorum summumque classis: ducem retinuit, 
minis utens, postquam officii irrito eos admonuit. _ Dixit ehim Athe- 
nienses, nisi classis appropingquantibns Persis ad Salaminem man- 
sura sit, Sirin, in urbem Italiae, emigraturos esse. Pergit Hero- 
dotus VII, 68. His Themistoclis dictis meliora edoctum esse Eu- 
rybiadem; et maxime sibi ideo illam sententiam mutasse videri, quod 
veritus sit, ne Athenienses socios deserant. Postea vero,' quum 


Scripsit T. Kotterfeld. 435 


εἰδὴ Xerxes consilium pugnae committendae cepit, Peloponnesü 
trepidaverunt; multi dixerunt necessario ad Peloponnesum esse na- 
vigandum et pro illo propugnandum; Athenienses vero et Aeginetae 
et Megarenses contenderunt, eo loco manendum et eum hoste con- 
Üigendum esse. Oppressit eos, qui fugam menlitati sunt, «allidum 
"Themistoclis consilium. Atheniensibus igitur salus Graecias maxime 
deberi videtur non tantum, quod alacerrimi in beilo faerunt (Hero-- 
dotus VIII, 97. Aeginetas sit in pugna Salaminia praecipuam lau- 
dem consecutos esse et post eos Athenienses), sed callidis eonsiliis, 
quibus Graecos nolentes ad dimicandum adegerunt. Eam callidita- 
tem etiam in Prometheo Aeschylus exhibet, versibus 204-213 de 
titanomachia. Omnia caetera consilia id superare videtur, quod Tbe- 
wmistocles per Sicinnum Xerxi suppeditavit, quia animum impavidum 
et paratum maxime declarat. Quod ubi Athenienses in fabala agno- 
verunt, necesse &st eos 'summa laetitia aflectos esse. Potuit autemm 
aliquis sibi persuadere Aeschylum id in’mente habuisse, ubi de asta- 
tia Promethei dizerit, qua etiam Titanes lovis hostes adiuvare 
voluerit. 
- ᾿Ενταῦϑ᾽ ἐγὼ τὼ λῷστα βουλεύων πιϑεῖν 
Ζιτᾶνας ...«...... 
Οὐχ ἠδυνήϑην᾽ aluvlag δὲ μηχανὰς 
᾿Δτιμάσαντες καρτεροῖς φρονήμασιν κτέ. 
Nescio, an hoc per irrisionem de Persis eorumque sociis di- 
ctum sit. Aeschylus Iovem deum principatus feecit et Titanes prae- 
sides civitatum, quae principatu non utantur. Bellum Titanicum ei 
est bellum, in quo civitates cam Lacedaemoniis dissidentes eos ag-+ 
grediuntur. Sic una Titanis nominatim ab Aeschylo .exhibetur, 
v. 855 et 856: τοιόνδε χρησμὸν ἡ παλαιγενὴς M 
Μήτηρ ἐμοὶ διῆλϑε Tiravig Θέμις. 

Mater Promethei, qui ἴονὶ obsequiam non praestitit, est una ex 
Titanibus. In: universam Aeschylas Titanes v. 205: Οὐρανοῦ re 
καὶ Χϑονὸς τέκνα .dixit. | = u 

luppiter principatas deus es Ovgdvyıog, Χϑῶὼν congruit cum love 
arcitenente, Lacedaemonio, ut appareat eos medios inter principa- 
tum et regnum alteram tenere, alterum autem affectare. Quan- 
quam- Iappiter certatim a po&tis omnibusque Graecis summus deus, 
omnium rerum initinm et finis quaeque alıa sunt, quae per- 
fecto numini conveniunt, dictus est, tamen etiam praesides suos, 
Titanes, ornare cupiverunt, ut notioni Iovis alibi indicatae oblo- 
quantur. Sic Aeschylus etiam 'Themidem, Promethei matrem, au- 
tiquissimam dixit, quae genti antiquissimae praesit. Idem lovi op- 
probrio dat, quod non ita pridem dominatione potitus est. Sic 
etiam in Orestea furiae queruntur de dis, qui serius regnum asse- 
cuti sunt, | 

Bellum Titanicum nequaquam sic exhibitum est, ut exhiberi 
solet. Id maxime insigne alioqui est lovem Titanes imperio pellere. 
Aeschylus vera v. 199: 


᾿ 


426 De Promethea ‚teraiope- Agschyli. 


....Emel τάχιστ᾽ ἤρξοντο δαίμονες χόλον... - .“.... 
ι . Σεάσις δ᾽. ἐν ἀλλήλροεσω, ὠροϑύνετο,, ἫΝ εν ὁ το ἃ 
: εἰ μὲν ϑέλοντος ἐκβαλεῖν ἕδρας. ‚Koivoy . . - ; 

Ns Zeug ἀνάσσῃ δῆθεν κτᾷ.. 

Sane onsulto eritatum esse videtur, ut aligaid exhibenter, quod 

in comparstienem cum 'bello Persico adscisci non potest. Si enim 

dietum: esset: loves contra Titanes surresisse, similitudo sublata 

esset. , Sed appd .Aeschylum divi in daas -pärten- discedunt, guarum 

altera Satarno 'praeside, altera löve utitur, ' 

Inter‘ P/ometheum et lovem Öceanus se interponere. volt. Nam 
is Iuppiter, qui: Lacedaemonioram. est, Prometheum .odit; vernm 
ubi ‚Athegienses ipsi principatum nacti erunt, Ioppiter ad.eos trans: 
ibit.. Oceanus autem Atheniensibus propitius est, φασι rebus ma- 
ritimis.operam. dant.. Isaque is est, qui lovem ad amicitiam et so- 
cietaten eur Atheniensibus iungeadam transdacıt. : Prometheus Aliamı 
ne wxorem dusit. . Versus 941-643: Chorus: 

ὌΝ Ἰότατε. γάμων: ὅνε τὸν ὁμοιατρίαν ξδ- 

νοις ἄγαγες Ἡσιόναν 

Πιϑαν: δάμαρτα κοινόλεκτρον. ı : . .. 
Oceano autem Juppiter multum gratificari - videtar, si. sperat se 
Prometheum cruciatibus fiberaturum. ‚Apparet eum regno cum love 
principatus deo coniunctum esse δὲ in mari similem esse lovis in 
töotam terram auctoritatem exercentis., Deus inferior non ausus esset 
ea sibi sumere. Oceanum: vero ipsa Juno ϑεοὺν γένεσιν et uxorem 
elus- μητέρα Τηϑυν᾽ ἀϊεῖξ — ἢ, ΧΙΡ; 800. Prometheus Telaris fi- 
lius ea ratione se extollit,; πὶ filtam Oeeani uxorem :ducat. Liberos 
Oceani magis sibi- congiliavit, quam Oceanum Ipsum. Versus 103 
et 104. Chorus: ᾿ 

προσέβα τόνδε πάγον; πατρῴας 
εὐ τ μόγις προσειποῦσα φρένας. ᾿ 

Juventus: antea hominem novam comprobat. ÖOceani philosophica 
eruditio ea est: noli, Prometheu, adverso flumine natare, cf. v. 314; 
si sedata eris' mente, ego me interponam et hanc gratiam a ἴονε 
assequar, ut, ex miseria libereris. ΄" 

Quid vero est, ‚quod ‚Promethens Oktedno’ dieit, ν' 8951. 

᾿ Ζηλῶ σ᾽ ϑούνεκ᾽ ἐκτὸς αἰτίας κυρεῖς 

ΤΙάντων μετασχον καὶ τετολμηκαὶς ἐμοί." ᾿ 
Id manifesto abloqui' videtur dictis Promethei » 86 v. 236, 
priusquam Öceanus in scaenam prodierat, protulit: 

Kol. τοῖσιν οὐδεὶς ἀντέβαινε πλὴν ἐμαῦ, 

. Eyo δ᾽ ἐτόλμησ᾽" ἐξερυσάμην βροτοὺς ᾿ 

Τοῦ μὴ διαῤῥαισϑέντας εἰς Αἴδου μολεῖν. u 
Apparet altero loco Oceanum pro mari positum esse, in quo 
Athenienses sya, fortia facta ediderint; quod quum, revera socius 
haberi non possit, Prometheus ‚non minus apte solus periculo_se 
opposuisse dici potuit. " “ 


-«ε 


Scripsit. T. Katterfel. - 4 


Manifestissime ‚discrimen inter «eos maritimgs in Teihye et 
Thetide apparet. Altera est Oceani uxor, altera plurimis sororibus 
utitur: Quemadmodum unus principatus, unus Inppiter' caelestis est, 
sed multa sunt regna, quae futela eorum, qui principatum hahent, 
utuntur. Thetidis pater est Nereus, Nerei secundum theogoniam 
Hesiodi Pontus, cuius uxor est Tellus. Ea est series deorum, quj 
sub Principatu versantur, 

, ‚[ragici ροξδίδα, simul res gestas tractaverunt εἰ instituendig 
suisque sententiis imbuendis eivibys ‚studuerunt. Neutra ratip per se 
üs suffecit. Sic Schoemannus, qui nostram fabulam prorsus ad 
philosophiam revocat, exemplum quoddam canstituit, cuius nulla alig 
fabula similis est. Duplex natura tragoediae forma ipsa; quae ex 
epica et Iyrico genere coaluit, indicatur, . Res gestae autem a tra- 
gisis .pe£tisı.sic ‚tragtantur,. ut poetae epici. viam praemopstrayerynt, 
Ea est mythica. ratio. Übi ad res gestas, quas, accuratius- sciun 
quibus. ipsi .interfuerunt, animum applicant, tamen ja mythicam for- 
mam; induunt, quam fotus cultus externas antiqui theatri indicat, 
Praecipuum monjentum ‚fabulae nostrae in singulis sententiis conr 
tineri videtur, quibus ‚poeta. meres Atheniensium, perstringit. Iig 
enim se "praeceptorem,.et admonitorem civium suorum exhibet. Eins 
genexis. est, quod Mercurius ‚dieit ‚v,959: 

ες Βἴης φορητὺὴς οὐκ ἄν, el πράσσοιρ καλῶρ.  . 

Qui insolentiam Atheniensinm notat eosque admonet,' ut si suä 
constantia : rerum potiti. int; mores sorrigant, Tum multa alia 
dieta; ut chori 260: u 

. Ἤμαρτερ" ὡς ®. ἥμαρτες» οὔτ᾽ ἐμοὶ λέγει, ΝΣ 

Καϑ᾽ ἡδονήν, σοί τ᾽ ἄλγος. ᾿ 
Eo quasi admonitio continetur, ut Äthenienses ipsi operam ‚dent 
ea cognoscere, et emendare, quae vitiosa sunt.e. Maxime autem ani- 
mus versutus eorum notatur. Quod poeta summa arte in moribug 
Prometbei,expressit, ut nemo possit, quin intelligat. id in eo expro- 
brarj. : Prometheus, qui ipse pericula. et dolores vilia - ‚habet, ea, 
quae Toni imminet, verbis. callidis amplificat, quum ‚potius. solatia 
sint adhibenda. Consulto enim agit, guo magis eum: contra loyem 
exacerbet et sotiam, irae assequalur. Versus 678, ubi ad chorum 
conversus: 

Πρό γξ. στενάξεις καὶ φόβου πλέα τις εἶ, iv 

Enloyes,, ἔστ᾽ ἂν καὶ τὼ λοιπὰ προσμάϑῃς. 
Versus725: Συ δ᾽ αὖ κέκραγας, κἀγαμυχϑίξει". τί mov. 

Δρᾶσεις, ὕταν τὰ λοιπὼ, πυνϑάνῃ κακαὶ 

Υ. 758: Καὶ μηδὲ σαυτῆς, ἐχμαϑεῖν ξήτει πόνους. 
Quod contra Iovem Aeschylus dixit, omnino, rationem,, qua” se La- 
cedaemonii gesserunt, exprimit, ut civem patriae amanteın, etumdem 
adversns alios.non iniustumg. cognoscamus. Totam ‚ternionem sic ad 
finem perdueit, ut duo papuli litigantes inter se concilient. Miseret 
eum, quod Prometheus ex cruciatihus , quibus afficitur, ipsc se mi 
eripere potest, . Alios ait eum antea 6 miseria. eripuisse, fu 


. 
sar6 » : 


428. De Promethea ternione Aeschyli, 


'antern mali medict eum similem esse, qui consilii ad salutem recu- 
perandam expers sit. Versus 464: 

| κακὸς δ᾽ ἰατρὸς ag τις ἐς νόσον 

Ilsoov ἀϑυμεῖς καὶ σεαυτὸν οὐκ ἔχεις 

Ἑύρεῖν, ὁποίοις φαρμάκοις ἰάσιμος. ᾿ 
Beneficia enumerat 9. quibus Prometheus genus humanım affecit. 
Ibi iam de ignis dono nihil commemorat,: quia id proprio sensu nul- 
lım eins donum est, Quivis enim intelliget serio Prometheum de 
rebus, quas qui dedit de humano genere bene meruit, vera facere, qui 
autem ignem se dedisse dicat, eum aut ioco uti aut alium sensum dictis 
supponere. Itaque Prometheus sic incipit, se dis, qui modo regno 
potiti siat, dignitates assignasse. Sed libere silentium de ea re 
agere, quod qui adsint, norint. Id enim extremum beneficium eins 
ἄμε, quo servata a Persis Graecia res Graecorum in ordinem rede- 
git. Primum Prometheus affert se homines edöcuisse domus ex la- 
teribus et ligno aedificare, operum ligneorum se auctorem 'esse, 
Pfinius VIT, 56 exhibet Coroebum: Atheniensem, qui figlinam inve- 
nerit; etiam Chalcosthenem Atheniensem in eadem arte figlina ela- 
borasse, XXXV, 12. Pausanias duos exhibet Pelasges, Hyperbium 
et Euryalum, qui muros latericios Athenis invenerint. Idem tradit 
Hyperbium et Agrolam murum Pelasgicum Athenis exstruxisse. — 
Res subsequentes, quae ad studia artium et litterarum pertinent, 
nos quoque .secandum auctores volgari elocutione utentes ad Athe- 
nienses referre solemus. Solonem enim auctorem accuratioris tem- 
porum distributionis eorumque notandorum rationis habemus, cf. 
Plut. V. Solon. 25. Litteras sibi peculiares Athenienses tempore Pisi- 
strati habuerunt. Suspicantur quidem fuisse antiquiores quasdam 
toti Graeciae communes, quas Romani a Graecis assumpserint; nobis 
- autem sufficere videtur, quod Aeschylus scivit, Athenienses litteras 
sibi peculiares perantiquas habuisse. Certe gravissimum auctorem 
laudare licet Wolfum in Prolegomenis, qui Solonis temporibus usam 
. litterarum increbruisse contendit. — Athenienses’ equis alendis et re 
maritima curanda eximiam laudem meruerunt. Iliadis po@ta de Me- 
nestheo Atheniensi, II, 563: . 

τῷ δ᾽ οὕπω τις ὁμοῖος ἐπιχϑόνιος γένει᾽ ἀνήρ, 
κοσμῆσαι ἵππους τε καὶ ἀνέρας ἀσπιδιώτας κτέ.᾿ 

Campus Marathonius aptus habitus est equis alendis. Itaque ap- 
paret, ut Aeschylus eam rem Atheniensibus vindicare potuerit. — 
Ars medica etiam videtur ab Ionibus exculta esse, ut Hippocrates 
ex rudimentis eorum, qui priores in ea arte operam collocaverunt, 
hayserit. Anfiquis enim temporibus eae artes per singulas genera- 
tiones propagatae sunt. - ᾿ 
τ  ,Denique Aeschylis ad res divinas transit. In iis sic ἀϊβευϊδαϊ, 
ut oracula, quae verbis disertis fiunt, Doribus et Apollini peculia- 
ria habeat, contra omnia genera caeterarum vaticinationum alteri 
parti, quae est Promethei, vindicet. Sic enim Graeci videntur haec 
genera dispertivisse, ut quattuor sint, quae Xenophon cam Aeschylo 


Seripsit: T. Katierfeld. : . 439 


coneinens exhibet: Mem, Socr. I, 1, 8: ὅσοι μαναρνὴν νομέξοψεες 
οἰωνοῖς τὸ χρῶνται καὶ. φήμαις ᾿καὶ φυρβόλοιρ. καὶ ϑυαίαις, Pro- 
metheus v. 476: - 

Τρόπους δὲ πρλλοὺς “μαντικῆς ἐστοίχισα, 

Κἄκρινα πρῶτος ἐξ ὀνειράτων, ἃ χρὴ 

Ὕπαρ. γενέσϑαι κληδόνας τε δυσκρίτους 

. Ἐγνώρισ᾽ αὐτοῖς. ἐνοδίους͵ τε συμβόλους 
. Γαμψωνύχων᾽ se πτῆσιν οἰωνῶν “κεϑρὸς 

Διώρισ᾽ ‚ri. 

Σιπλάγχνων τὰ λειότητα. a . j 
Denigue Prometheus rei metallicae inventionem sibi rindicat. 
Videntur eam rem etiam 81} εἶδ! vindicasse; Acschylus enim: 

τουσόν za τίς 

Φήσειεν ἃ ἂν. πᾷ ἕν. ἐξευρεῖν ἐμοῦ 

Οὐδεὶς, σάφ᾽ oe μὴ μάτην φλῦσαι ϑέλων. . 
Ex fine orationis apparet non tam acenrate Aeschylum res digno- 
visse. Quid enim, ubi amnes’ artes a Prometheo sunt, tempus sin- 
gula enumerando terit? Sed ardore sermocinandi, magnitudine sue- 
rum meritorum in es verba erumpit: 

Βραχεῖ δὲ μύθῳ πάντα συλλήβδην μάϑε, 

Πᾶσαι τέχναι βροτοῖσιν ἐκ Προμηϑέωο. 
Accedit autem ad amplificanda Promethei beneficia , quod nuper 
Iovi praestitit. Oceannm sibi ceonciliavit .eius filiarm uxorem duxit, 
Post pngnam Titanicam et initam cum Oceano gratiam ip invidiam 
Iovis incidit, qnia:ampliora in genus humanum contulit. Cum Pro» 
metheo dolet Ionica stirps, quae partim epyd μοξίβπι ex Jonibys 
exceptis Aihenfensibus constat, quum Prometheo oppnopatur, partım 
Athenienses simul ampleetitur.: Latiore significatione accepta est, 
ubi Io Iovis coniux futura exhibetur. Quis autem nisi lones Ionico 
mari nomen dedit, ut disertum testimonium -habeamus Aeschylum 
sub lone lonicam stirpem intelligere. Sic enim Prometheus ver- 
sibus 819 sg: 

Χρόνον. δὲ τὸν μέλλοντα πόντιος μυχὸς 

Σαφῶς ἐπίσταα᾽, Ἰόνιος κεκλήσεται. 

Τῆς σῆς πορείάς μνῆμα τοῖς πᾶσιν βροτοῖς. 
Prometheus est filius Telluris, Ögeabi ,. qui prineipatum in mari 
esprimit, fillam uxorem dasit, petrem ipsum sibi condiliavit, qui se 
neminein plaris facere confitetur, 292. Oceanus se inter lovem et 
Prometheum interponere volt, ipse principatum lovis magni facit et 
Promethei auetor est, ut lovi cedat. 

Postquam Prometheus varias admonitiones sprevit, in fine fa- 
bulae minis tentatur,. quibus eum Mercurius loris nuncius exercet, 
Tum ‘Io ἰδαὶ vesania abrepta a scaena discesserat et chorus de ea 
sententiam elocutns erat. Io enim homines eos esprimit, απ nulla 
sua culpa nec ullis meritis dolores patiantur, qui nisi casn In magnas 
res implicarenter, vitam degerent quietam εἰ ignobilem. Qnare 
chorus eam doctrinam- pereipit, optandum esse, ne casu fiat, ut 


430 De Promethea- ternione Aeschyli. 


imsior aliguis et potentior eas amore ampleefatur, quum resistere 
non possent;' ‚sapjentem esse, qui stataerit σοι υἷα inter cos, qui 
gradu pares sint, unice ‚exoptanda esse. Versus 869-871: 
Ἢ σοφὸς. ἦ συφὸς; ὃς' πρῶτος ἐν γνώ- 
μᾳ τόδ᾽ ἐβάστασε καὶ γλώσσᾳ διεμυϑολύγησεν, 
Ὡς τὸ κηδεῦσαι καϑ' ἑαυτὸν ἀριστεύει μὰκρῷ. 
Contra Prometheus 16.. 681 9. gei summa audere, summa etiam 
pati possit, qui benevolus sit amicis et ab iis.non abalienetur , quan- 
quam ob eum amorem maximis cruciatibus afficiatur, qui dolores 
viles habeat, sed ignominierk ‚„ubi ab allis in ἴδιαι miseranda con- 
dicione inveniatur, fugiat. Prometheus statim novit Ionem eumgn 
nomine 'patris compellät, deinde etiam praesagit: ei errores, qui 
subeundi sunt, eosque indicat, 4dAos perpessa est. Contra Io mi- 
ratur, qua ratione Prometheo insotuerit, ipsa cuiasgne cognitionis 
 accuratioris expers- est. Sic - Prometheus ‚cum quodam auctoritatis 
indicio eam alloquitur, versu 596: | 
ΕΣ Hvoos βροτοῖς 'δοτῆρ᾽ ὁρᾷς Προμηϑέα.. 
Respondet To: Ὦ 'ποινὸν ὠφέλημα θνητοῖσιν φανείς," 
Ἰλῆμον Προμηϑεῦ. τοῦ δίκην πάσχεις «δε; 
Poeta Prometheum &ltiorem fecit‘, "quam Volcanum', itaque, u 
videtur, modum caeterorum deorum, qui in scäenam prodeunt, EXCR- 
dentem. Vis- Volcano imperitat ν. 74: - 
' Χὥρει κάτω. σπέλη δὲ κίρκωσον Pla. 

Τὰ nobis in mentionem revocat Prometheum et Volcanem praeside 
Inıhpadedromiae 'Athenis: celebratae, quorum ‚alter sgaeptro insigni 
fuit. Schok:' ad Ρι 4. Pyth. v.35 proverbium exhibet, quo Sopbe: 
edlem usüm esse contendit: Σοφοκλῆς δὲ “ἐν "τῷ" Προμηϑεῖ: τοῦ 
Προμηθέως ϑέλων λέγειν τῆς φρονήσεως, ἀνυόχεσθαι, καὶ μὴ τὴς 
βεταμελείας. Boeckhius dubitat, num scholiastes recte hoc dictus 
eitaterit.” Certe exstitit tale proverbium εἴ proatl 'dubie apad Athe- 
nienses, Id videtur singulare exemplım wolgatioris: asus’ nominis if 
sermone Attico. Is igitur Prometheus, cuius cultus et nomen ab 
Atheniensibus celebratur, ineunte. fabula .'eonspieitur.. ‘Volcanus ot 
cupatus est, ut eum’rupi affıgat; invite id facienterh Vis et Vie 
lentia impellant. Praecessit 'fabulam Promethei' wincti Prometheis 
IIvggpogog , ‘cf. Gellü N.. A. XUI, f8,.schol. ad. Prometheam vinctu 
v.94. In ca aliquid exhibitum erat,.quod‘ ante poenam ishmissan 
gestam ‘est. Maxime quidem culpa, quam contrazit; exposita est 
videtur. Cie. Tuse. ἢ, 10:46 furto Lemnio, οὐ quad Prometheus 
punitus sit, cum commemoratione' Aeschyli toquitar τ" ‚Weniat Aeschy 
Ius, ‘non’ po&ta solum, 'sed etiam Pythagorens ‚:.sic' ent accepimusi 
duo mode fert apud 'eum Prometheus: Holorem; quem excipit οὐ 
furtam "Lemnitm, untde ignis cluet: mortalibus 'clam' däsisus? eu 
doctus Promelheus clepsisse . dolo poenusque . Ion‘ fedo expendin 
supremd.” Schoemunnus autem iam exposuit non -mimis confidendum 
esse Aescliylum in Lemno segenam exhibuisse , quod versus sequel- 
tes ex Soplioclis tragoedia sunt. Matest.esse, ut Prometheus # 


Seripsit T. Katterfebd. 4δὲ 


fabula ternionis "prima comimemöraverit δὲ igwem: ex: Leinne- sum- 
psisse, verum ipse in fabula Athenis versätus sit. Etiam id ex- 
emplo probati licet, 'scaenam antea in Lemuo fuisse , post Athenas 
transductam esse; in furiis enim Aeschyli loeus- sic Mutatus est. 
Nuptiae Promethei haud dubie uberius propositae sunt, ad quas 
ansa praebetur Piraeeo illo tempore ab. Atheniensibus exstructo, 
Thucyd. I, 93: “Themistocleg Atbeniensibug perenasit, ut quae in 
muniendo Piraeeo desint, ad finem perducant,. quuın censuerit lo- 
cum opperlunum esse, tres portus' näturales .et ipsos:nalılicos :factos 
magnopere profecturos in acquirenda potentia. Allesenim et primps 
ausus est elogui: maritimis, opibus confidendum' esse et statim ad 
Slorem. eos evexit. Latitudo διατὶ 68. est farta „ giae etiamnunc ests 
nam düo. plaustra. exadversum alteram alters obwia lapides advezerunt. 
Amplitudine, eius. insidias ab hostihys structas inritas facere 'voluit ἐξ 
arbiträtus est. 'horines : patcos : :e0sqne ' 'militiae inhabiles :ad eusto- 
diesdum locum suppetituros;. reliquis autem naves 'conscendendag 
esse. In rem.. nauticam inaxime: incumbebet‘, qui, ut.mihi. vider 
tur, intelligeret invasionem barbarorum per mare magis.iiuminere, 
quam pedestri. itinere. Piraeeum autem utiliorem esse «enst su- 
periore urbe et saepe Atheniensibus dixit, eos, si fatorum sit, ut im 
terra premanlur. naves tonserndentes omnibus posse resistere, 
Athenienses eo mode muros äccepefant statim, postquam e Graecia 
discesserunt.? 

Munus "duorum love. ΓΝ ἀὐτιῤαἐτογυίαι et ΨῬοϊοληὲ Gnitum est 
Promethes ad rupem aflızo. Postguam' is- per breve tempua 530. 
Ius relictus-.est, ubi per silentium memijnit 4. quo compulsua sit, 
Oceani fillae accedunt eique in meinoriam revooant- ‚pristinam for 
tanam. Tum ille:pudore cerripitur, : quad. iadibrio expositus est. 
Meiminit: autein: Ebenter. factorum suerum 'neque homäinibus in: nos 
verdit,. :quod.eouram causa patitar. Interim pater Oceanus advenik 


- onius adınonitiones et promissa ‚Prometheus non maltum curat, quog 


Oceanus manifesto rem non bene perspicit.'nec Promethei.mera 
satis cognuvit. Oceanus allam rem in animum nom induxit, quam 
opus esse, ut Prometheus lovi morem .gerat; . dulet, quod Prome- 
theus cunctatur, οἱ rem se citins ad eventum penducfurum esae-aperat, 
Prometheus ei nihil de :vafieinatiome :diit, qnia, ut yidetur, super- 
vacaneım censet. Postquam Promeiheus. irzito cansilio abiit, Pro- 
metbeus.-merita.sua uberius exponit Oceani filiabus audlienälius, -quse 
Prometheo ‚merem gesturae de carrı deseenderumt. . Venit.io vesanis 
incitante;: magnum - ‚disorimen ‚inter lomem ἐξ Prometheiyn ‚statim 
inennte .colloguio indictar. .. Deinde. Promethehs ‚duna res. acezetäs 
aperit,. lag. errotes.. et. enm, ἃ, quo eum.liberatum .iri-in fatis eat, 
textiam. sibj.: retinet,. quod .salus:.sua: celando ;oantineatur. Tem lo 
denuo ‚se in: viam dat ‚et Oceani:filiae eloganstur,. quae doctrina.ex 
eiua-.‚etuciatibus- percipienda #it, ' Veernm Prometheus tum: e conirarie 
animpm invictum. manifestissime: declarat, Sed etiam nare tentamini 
exponitur. - Nescio, an. poätae, bi fipem hai fahnlae. compesuit, 


482 De Promethea ternione Aeschyli. 


ante -ounlos obversati sint legati Laoedaemonierum, qui Alhenien- 
sibus :moenia exstraentibus intertenerunt.: Sic enim üs- ab Athe- 
niensibus illnsum esse, ut Alercurius a Prometheo ieridentur, esisti- 
mandum est. ‘Versus 966 Mercurius: " 
᾿ Ἐκερτόμησας δῆθεν. ὡς. παῖδ᾽ ὄντα Pr 
Idem v.987: Adyav ἔσικα πολλὰ καὶ φίἄτην. ἐρεῖν, 
Τέγγεε γὰρ οὐδὲν οὐδὲ μαλθάσσει ἔαρ 
«Διτᾳῖς. 
Denique calamıitas ingruens Prometheo "obmnnciatur. Esque brevi 
δρρδγοῖ et ἃ Prometheo animo impävide perfertur, 

Tertia parte ternionis po&ta ea,- 4186 per düas fabulas prae- 
peravit, ad eventgm. perduzit, ut εχ ea iudicinm ipsins cognitum sit, 
Fragmenta nobis exhibent chorum ‚ex TFitanibus eonstitisse, Prame- 
theum ad. Caucasum: affxum apparuisse, Herculem aquilam, quae 
Promethei iecur adederit, transfixisse et Prometheum ei iter zusci 
piendum designasse. Est etiam id coronam solere capiti: imponi in 
locum. vinculi Promethei (ἀντίποινα τοῦ ἐκείνου δεσμοῦ)» Athe- 
naeus XV, 672, E. 

-Quod Titanes e vinculis dimissi sunt, indicat condicinnem reram 
mutatanı esse; antea enim Iuppiter dictus erat ea, ‚quae magnz sunt, 
pessumdedisse, Caeli liberos impense perseqi, v. 16%. . Titanes 
longam viam emetiuntur, ut Prometheum.conveniant. Prometheus 
iis cruciatus suns longo sermone exponit, illi haud dubie anime pro- 

80. ΘΠ} andiunt. Sed etiam Promethei verba, quae de love fa- 
cit, sedatiora prioribus sant, nullae minae, wulla maledicta; — Pro- 
dit in scaenam Hercules, quem Prometheus verbis, quae aetatem 
tnlerunt, alloquiter - 

᾿Ἐχθροῦ πατρός μοι τοῦτο φίλξατον τέκνον. 
Bie odiana erampit, quangnam. non ‚data opera lovi. conviciatur, 
sed, quam Herculem allocuturns sit, meminit contrariae rationis, 
quae ei cum 'patre eins est. Hercules. cum cum palre conciliabit, 
Tum chori dietum ratum fiet, 501 οι 602;. . - 
᾿ς Βδελπίς εἶμι τῶνδε σ' ἐκ δεσμῶν ἔτι. 
“υθέντα μηδὲν μεῖον ᾿ἰσχύσειν Ads, 
vel Promethei Τὴν δ᾽ ἀτέραμνον στορέσας ὀργὴν" 
ὐ Ek ἀρϑμοὸν. "ἐμοὶ καὶ φιλότητα 
Σπεύδων σπεύδοντί ποϑ᾽ ἥξει. 
Quibus dietis nihil obstare contendimus, Chorus, qui verbe profert, is 
est, qui polissimum poätae sententiem, quam !n tertia fabula accuratins 
proponet, tueatur, Si enim, ıt Schoemannas dicit,; nos totams rem 
videmus, quum.'in altera duarum- partium litigantium geratur, tamen 
chorns certe mediam viam indicat et fortasse paulo propensior ad 
Iovem est, qnam poeta iustum aegnumgue censet. Quam multa 
sunt chori dieta, quibus Prometheum ob nimiam protervitstem, quae 
in viro eruciatibus affecto gravius notanda non est, perstringit. Tamen 
chorus in utramque partem verba facit, cf. v. 260: ἥμαρτες» v. 253: 
καὶ νῦν φλόγωπον πῦρ ἔχουσ᾽ ἰφήμεροι; contra v. 403: 


Sctipait.T. Katterfeld. ς΄ 433 


"Ὠτερήφανον. θεοῖς zeig: πάρος dvdckvucır: αἰχμάν. ες 
v..464: πάτανϑας αἰκὸς πῆμα. Hic igitur mediem viam ingressus 
et, quum verba proferat illa, 501: et 502. . Id etiam, si caetera 


reputamus, omBing pro sapientia et moderatione. jllarum virginum - 


est, ‚quae Mercurio.constantiam ei animum ad mala subeunda para- 
tum. oppemunt, ex lonis casibus doctripam percipiunt maiora Ron 
appetendi, Prometheum ob probra vituperant. —. Hercules vero pro 
love rem agit, ut love .nan.indigeamws. Nam -Iuppiter deus Dorum 
eat, Hercalesg τοῖο. οἵ, eius- posteri. summo -loco iuter Dores sunt, 
ut quod.'hi faciunt, pro deerete omnium Dorum Iavisque haberi pos+ 


sit. . Potest: esse,. ut sic:aemuli potestatis inter se cenciliantes, ut- 


Prometheo loca orientem versus sita, Herculi. ea, :quae, ad. occislen- 
tem apectant, obtingant, alter maritimas opes sibi sumat, alter ter- 
ram continentem, . Prometheus quidem, quozd fragmenta.suppetunt, 
nibil, nisi iter indicat, -in, qua, si: Apolloderi locum (II,. 5, 11) iure 
ad Asachylum. referimus, ‚mala Hesperidum EKurystheo tradenda per- 
geirit. Tamen Asschylua.videtur rem: argamento magis convenien- 
tem .exhibuisse, (quod: rem eliunde notam suo comsiljo accommadando 
perficere potuit. Etiam..dubitare. nen possumus. Agsehylum dixisse 
Chironem: in. locnm Promethei sucgessisse; ut poenam:a love immis- 
sam.pro 60° perferat. Mercurius enim ‚versibus 1007— 1009: 
Πρὶν av ϑεῶν τις διάδοχος τὧν σῶν πόνων 
ον, Ἀθανῇ.» ϑελήσῃ τ᾿ εἰς. “ἀνκύγητον μολεῖν 
ει Δ Αἷἶδημ κνοφηῖζα. τ΄ ἀμῳὶ Ταρτάρου βαϑης. 

Α ollodorus II, 5, 11 et 12 de Hercule καὶ ἐτόξευσεν ἐπὶ τοῦ Καυ- 
κασου τὸν ἐσθίοντα τὸ τοῦ Προμηϑέως ἧπαρ ἀετόν; ὄντα Ἐχί- 
δνὴης καὶ Τυφῶνος; καὶ τὸν ΠΙρομηϑέα διέλυσε ἑλόμενον τὸν τῆς 
δλαίας. "καὶ παρέσχβ τῷ. Διὰ "Χείρωνα, «ἀθάνατον ὄντνω, ϑνήσκειν 
ἀν᾽ αὐτοῦ. βουλόμενον... Aquilem ab: Heronle iinterfectam; esse frag- 
mente: Aeschyles testantur, (Οἷς. Quaest.. Tuscenl. H, 10 ἐξ Hercylis 
verba ᾿Αγρεὺς δ᾽ ᾿ἀπλλων. ὀρϑὸν. ἰϑύνοι. βέλος. 

'.Prometheum coronam: in memeoriem cermciatuum .assumpsisse 
ex Athenaei verbis, XV, p. 672. E ‚apparet. Itagne-quum videamus 
dass. rea, .quas Apollodoras commemarat,.in fabnla Aeschylea fuisse 
et videamus de successore Promethei a: Mercurio dietum esse, non 
possumus,: quin etiam Chironem, quem Sopheoeles Trachin. 719 deum 


appellät ,. Aeschyle ante .oculos obversätum esse ponamus, ‚Quid eo ᾿ 


ad..rem. coneinendsm' sontulerit, mipus- in aperto.est. . Certe Aeschıy- 
lus: nee #ic fabulam tractavit,-ut quae’tola ab eo. componatur, sed 
ad gas. res,. quae..a ‚poetis jan indicatae et: civibus. notae erant, 
ΣΘΒ igt, een 

᾿ Seeretum, ψιοὴ Prometheus. xplicavit; sesundum indieia in fa- 
bula.‚snperstite id. potissimum -spectauit, qua.rätione Iluppiter ‚evitet, 
ne.a filio supetelur. Nam Glsum in acem:edituin irt disertis: verbis 
indicatur 9. Be Ka 

Ἢ τέξεταί γέ ποῖδα. φέρτερον πατρός. : 
Tamen ποῦ. difücile- ent: dietu, ‚quo. modo.luppiter ie: ‚eritare "potuenit, 
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. Hftl. 3. 28 


. 


- 


434 De Promethea ternione: Aeschyli. 


Iuppiter enim summus est et in aeteraum manebit et οἱ fäius eum 
superat, pater stalim alteram civitatem deserit et in potiorem se 
confert, In quibus dietis gravissimae minae contra eos, quibus 
Iuppiter tum praeesse visus est, insunt, lovi antem'rdvera nullum 
periculam imminet. Aliter quidem in Innone est, 'quae eos, qui 
minores fuerunt, despieit, neqne, si Aeschyli iudicie nitimur, ad 
lones transducetur, sed Ioni loco 'vedet. ΝΞ ΞΕ ΣΕ 
Potest esse, ut Aeschylus in declarando seereto .imitatus- wit 
fabulam , qua& de Minerva divolgata erat, cf. tlieogon. Hesiod. v. 886. 
Ea enim molto habilior Atheniensibus est, quam si. de Thetide im 
-secreto dicitur, quae minns ad Athenienses spectat. Hiesiodi nar- 
ratio sapit Athenienses cultores Minervae, seu Athenienses sraculum 
Aeginetarum imitati sunt sen sponte in eam rem incklerunt. Etiam 
id eorum commentum est Prometheum ἔσνί Minervam pariture securi 
caput aperuisse. Considerandum autem est, veri simile esse Aesehy- 
lum, si eas fabulas δὺο eonsilio satis aptas habulssct ‚'iam indicium 
fabulae inserere. pro idoneo habnisse. Stat autem id Promethenm, 
qnod contenderit, ad eventum perdaxisse. Rinem. ternionis facimus 
amicitiamm inter lovem et Prometheum iuncotam. In daodbeg prioribur 
fabulis inimieitiam incipientem et sensim crescentem videmus, ita, 
ut in prima iam alignid de poena dietum sit. Scholiastes enim ad 
Prometheum vinctum v. 94 tradit: ὃν yde τῷ Πυρφόρῳ τρεῖς μυ- 
ριάδας φησὶ δεδέσϑαν αὐτόν. In extrenfa fabula Prometheus libe- 
ratur et Inppiter tantum ei concedit,. ut amieitiam cum eo iungat, 


Anhan (. 


Dem Aeschylus oder einem Andern.der späten: Neuerer am 
Mythus wird niemand eine so ins ‚Einzelne gekende Kenntniss der 
Begebenheiten, welche sie schildern, zuschweiben, dass man darams 
die Veränderungen in. dem Inhalte des Dargestellten in Vergleich za 
frühern Auetoritäten erklären möchte. Es ‚müsste denn sem, dass 
sie allegorisch sich aüusdrückten, indem sie Diuge, die 'ihner .wohl- 
bekannt sind, unter der .Form' des: Mythus erscheinen-iiessen. Eine 
solehe habe ich hier.m ‘der Promethea des Aeschyhıs nachzuweisen 
gesucht‘, die ich für eine Anspielung ‚auf die beginnende. und nament-, 
“ Kch zur Zeit der Abfassuag des Stückes durch den Bau der Mauern 
Athens unter Themistotles hervortretende Nebenbuhlerschaft zwischen 
Athen und Sparta ansehe. 'Wenn dieses Drama .allegorisch sm:ver- 
stehen ist nnd es doch vor dem ganzen Volke aufgeführt warde, so 
ist es möglich, dass Aeschylus nur auf Verständniss bei einigen sei- 
ner Zuhörer rechnete, wahrscheinlicher aber, dass mindestens der 
grössere Theil des Volkes durch ‘die eleusinischen Weihen soviel 
empfangen bätte, dass. er die einfachen Grundbegriffe, die sich auf 
einige Personificationen beschränken, verstand. Dabei koennte schon 
Sophokles, vielleicht durch die Gefahr abgeschreckt, der Aeschylus we- 
gen Veröffentlichung der Mysterien ausgesetzt gewesen sein soll (Aelian. 


Scripsit T. Katterfeld, 435 


Var. Hist. v.19, Aristot. Eth. III, 2), eine Behandlung in ähn- - 
lichem Gewande meiden. Wiederum ist einer der Dichter des troia- 
schen Sagenkreises nicht viel älter, als die attische Tragoedie,, was 
durch die Angabe. seines Vaterlandes, dessen Gründung aus jungem 
Datum ist (632 vor Ch.), vollkommen sicher gestellt wird. Hätte 
nun dieser noch etwas von dem troianischen Heereszuge gewusst, 
wahrlich anbegreiflich wäre es, dass die Nachricht von diesem Zuge 
nicht durch sicherere Kunde aus historischer Zeit-zu uns gedrungen 
ist. Die vielgefeierte Unternehmung, erhalten durch den Sänger- 
-mund in einem, Zeitraum von Jahrhunderten tiefer Nacht, konnte 
bei beginnender Aufhellung ‚nieht so spurlos verschwinden. Kaum. 
auch will es dabei etwas helfen, wenn man annimmt, die Begeben- 
heit sei zu.des späten Sängers Zeit im Einzelnen verwischt gewe- 
sen; habe aber im Umrisse noch festgestanden, Es wiederholt sich. 
in dem troianischen Sagenkreise dasselbe, was man im Verhältniss 
der Tragiker zum Epos wahrnimmt: das Historische erscheint unter 
der Hülle des Mythus, daneben geht Reflexion obne Anspzuch dar- 
auf Geschichtliches zu liefern. Bei den Ionern herrscht die Beschäf- 
tigung mit dem troiauischen Sagenkreise vor, wobei sich mit Grund 
annehmen lässt, dass je mehr ein oder der andere Dichter dem 
grossen Vorgänger, dem Sänger der Ilias, sich durch örtliche Be- 
ziehungen begünstigt anschliessen konnte, er ein desto geregelteres 
Bild gab. Ausserhalb. des troianischen Sagenkreises bewegen sich 
die Nicht-Ioner, in der. Iasau-, der Hercules-Sage, die zwar im 
Allgemeinen dieselben Grundgedanken, van denen der troianische 
Sagenkreis erfüllt ist, wiedergeben, doch eigentlich ohne gültige 
Anknüpfung dabei stehen. 

An’ den Inhalt des Dargestellten mnss man schärfere physio- 
logische Betrachtung legen. . Das einfliessende ethische Mament be- 
dingt die ganze Art und Weise: des Mythus. Diejenigen, die den 
Mythus webten, mussten doch. wol eine. genügende Kenntniss des 
Stoffes, namentlich in historischer und geographischer Beziehung 
haben, weshalb es denn sehr misslich ist, ihnen die Irrthümer auf- 
bürden zu wollen. Ihnen ist der Zweck, der in dieser ganzen Zeit 
kein durchaus historischer war, das Bestimmende. Dagegen ist das 
Verbältniss bei den späten Schriftstellern über dieses Alterthum ein 
ganz anderes. Diese wollen Historisches geben, sind aber offenbar 
zum grossen Theile nicht mehr im Besitze eines genügenden Ver- 
ständnisses. Auf der Grenze steht Hierodot miit einem eigenen 
innern Widerspruche, indem er einerseits die griechische Vorzeit 
aus Aegyptischem und Asiatischem erklären, anderseits Homer und 
Hesiod für die Schöpfer des griechischen Götterthums ausgeben will. 

“Was nun ausser der veränderten Sinnesart der Griechen, die 
sie mindern ‚Geschmack am Epos finden liesa, ‚den Mythus zu Grabe 
getragen haben kann, ‚mag vorzüglich das sein, dass die Athenien- 
ser jetzt fast das einzige Volk.wurden, das in.Jitterarischen Produc- 
tionen sich:yersuchte. Diesg sind ein jüpgerer Stamm, der aus der. 

᾿ 28* 


436 De Promethea terpione Aeschyli, Scripsit T. Katterfeld, 


Vereinzelung erst spät hervortrat, ohne Ruhm in der Vorzeit, gleich- 
sam durch historische Erinnerungen verpflichtet die Auctorität anderer 
Griechen, namentlich der Dorer, anzuerkennen. Unbeachtung des 
Mythus hiess aber Vergessen desselben, indem er nur bei tieferm 
Eingehen festgehalten werden konnte. Etwa aus diesem Stadium 
müssen ‘auch die Mysterien sein, Asyle für das Verständniss der 
Mythen, die dem sie begehenden Volke in Hinsicht auf den Inhalt 
nicht ganz zusagten. Es ist denn auch wol eitt änderer Inhalt, 
als in dem Vulgärglauben, hineingeführt, wenngleich kein tieferer, 


sondern nur ein dem individuellen Verhältniss des Volkes angepass- - 


ter. Natürlich versteht es sich dabei, dass die Begriffe eine ge- 
wisse Allgemeinheit haben mussten, um sie für einen andern Inhalt 
geschickt za machen, Ich will hier nur auf das Uebereinstimmende 
in dem Verhältniss der Athener zu den Dorern und der Troer zu 
den Griechen ‘überhaupt hinweisen, indem dasselbe beide Male einen 
gleichen Ausdruck gefunden hat. ' Prometheus, der Sohn der Γαῖα, 
der das Feuer entwendet, in Feindschaft mit Zeus; die Troer von 
Menelaus als Anbeter der Γῇ und des Helios bezeichnet gegenüber 
den Griechen, die als. Verehrer des Zeus erscheinen (llias Ill, 108 
und 104). Wie ich das schon dargestellt habe, kann Zeus Reprae- 
sentant der Hegemanie sein,: während Γαῖα den von derselben Aus- 
geschlossenen bezeichnet, Helios denselben in der speciellen Be- 
stimmung, dass er nach der: Vorstandschaft strebt. Es ist, als ob 
des Alterthums grosser Sänger nicht des Begriffs fähig gewesen 
wäre, dass ein grosses Princip die ganze Natur durchdringe, son- 
dern er in dem Sonnengött einen Nebenbühler des Erdengottes ge- 
sehen, welche Vorstellung allerdings schon durch die Sprache ange- 
bahnt ist, wenn wir der Etymologie trauen dürfen, dass Zeus der 
εἷς, in Helios ein’ ὥλλος ἴος enthalten ist. 

- Mit dieser Hoffnung auf Auflösung der Mythologie gehe ich 
auf dieses reiche Feld der Arbeit und habe schon einen Theil der 
eigenthiimlichen Sprache entziffert, wobei allerdings die Schwierig- 
keiten bei weiterm Vordringen sich mehren, je vereinzelter die 
Namen und Begebenheiten sich ‘finden. ἢ “ 


‚Horazens Brief an die Pisonen. 
Uebersetzt von J. A. Maehly. 


Nachstehende Uebersetzung bedarf einer kurzen Rechtfertigung. 
Sie entstand ohne Hülfe einer der vielen schon vorhandenen, und 
zwar geschah dies absichtlich; aus dem Grunde nämlich , mir meine 
Selbstständigkeit zu bewahren. — πος desilies imitator in artum,. — 
Ich weiss, wie schwer nach dem Vorgange guter Muster eine solche 
Selbstständigkeit ist, sobald jene zu Rathe gezogen werden; wie 


Horazens Brief andie Pisonen. Uebers. v.Dr.J. A. Machly zu Basel. 437 


man am Besseren gleich verzweifelt und sich keine Atanderung zu- 
traut, aus Furcht, es nur schlechter zu machen. 

Allein, wird man fragen, wozu denn noch eine Uebersetzung 
zu den vielen? — Ich zweifle eben stark an der unbedingten Voll- 
kommenbheit eines jeden Produkts in diesem Fach :der Litteratur; 
und bei der Ueberzeugung, dass selbst schlechtere Uebersetzungen, 
wenn sie nur auf selbststäudigem Wege fortsthritten, einzelne gelun- 
genere Wendungen und Tbeile — wenn auch vielleicht in spärlichem 
Muasse — enthalten, als diese ven Meistern der Kuast vorliegen, 
Auch ..kann allzuängstliche Feile an dem vorliegenden Stoffe Schaden 
bringen, und der Aufwand gekünstelter Trene und übergrosser Ge- 
nauigkeit wiegt nicht immer die verloren gehende .Frische der ur- 
sprünglichen ' Färbung auf, wie dies Voss in seiner letzten Ueber- . 
setzung des Homer mit auffallendem Beispiel, ohne seinen Willen, 
bewiesen hat. So viel in Betreff dieser Kleinigkeit. Sollte sie nicht 
Beifall finden, so tröste ich mich damit, dass der Aerger des Lesers 
im Verhältniss doch gewiss nicht grösser sein wird, als die von mir 
verwandte Mühe, und ich seheue mich nicht sogar die Mühen des 
Drucks und den Verbrauch des Papiers wenigstens im Gleichgewicht 
mit jener zu glauben. Einstweilen möchte ich diese Probe einer 

ünstigen Aufnabme empfehlen, besonders bei meinen geliebten 
Föttinger Lehrern und Freunden, denen ich bei diesem Anlasse gern 
nach einer, nur kurz anterbrochenen, zweijährigen Verschollenheit 
meinen Namen ins Gedächtniss zurückrufen möchte. 


Basel 1852. on J. A. M. 


Wenn ein Maler ein menschliches Haupt mit dem Nacken des Pferdes 
Wollte verbinden, und dann es mit buntem Gefieder bestreuen, 
Ueberall her die Theile sich sammeln, dass garstig in einen 
Graulichen Fisch das obeu so reizende Weib sich verlöre; 
Könnte. der Anblick euch, o Freunde, das Lachen verwehren? 5 
Glaubt, Pisonen, es mir, ganz ähslich solchem Gemälde 
Würe das Werk, das, gleich den Gesichten des fiebernden Kranken, 
Tolle Gestalten entbielte, wo Kopf und Füsse nicht passend 
Einem Gebilde sich reih’n. — *'Doch war für Maler und Dichter, 
Kübnlich zu wagen ein jegliches Ding, stets gleiche Befugnis’ 10 
Gut; lasst dieses Geschenk uns wechselnd ertbeilen und nehmen; 
Doch nicht so, dass Rohes mit Sanftem sich mische, dass Schlangen 
Sich mit Tauben gepaart, und Tiger mit Lämmern sich zeigen. 
Meist wird mächt’gem Beginnen, das Grosses zu leisen posanafe, 
Dass es blend’ in die Fern, ein glänzender Lappen von Purpur 15 
Ueber die Blösse geflickt, wenn Hain and Tempel Dianens, 
Wenn ein schlängeinder Bach, durch reizende Fiaren sich ziehend, ’ 
Wenn die Fluten des’ Rheins, wenn ein Regenbogen gemalt wird. — 
Schön; doch passt es nicht hier. Aueh malest zum Täuschen viel- 
leicht du 
Eine Cypresse; allein, dancben, verzweifelnd entringt sich 20 


438 . Horazens Brief an die Pisonen, 


Der das Gemälde bestellte, dem Schifbruch. Zu der Amphere 
Schickst da dich an; warum bringt dir das Drehen des Rads nur 
.ein Krüglein? — ! 
Was du nur schaffst, einfach soll’s sein, einheitliches Ganze, 
Meistens verführt uns Sänger, o ‚Vater and würdige Söhne, 


Was nur Scheii des Richtigen ist: Ich ringe nach Kürze, 25 
Aber ich werde nur dunkel; wer :Weiochem. und Glattem sich an- 
schmiegt, ᾿ 


Opfert ihm Sehnen und Mark; wer Erhabenem, endet im Schwulste. 
Wer zu ängstlich dem Sturm sich beugt, kriegt bald auf der Erde; 
Wer überschwänglieh ein Ding bunt wechselnd zu sehildern sich 
᾿ οὐ ἢ abmüht, ᾿ ἱ 
Gibt noch den Wäldern Delphine zum Schmuck .und Fluten den 
Ä Ä - Eber, nr 30 
Aengstliche Scheu vor dem Fehler gebiert ihn, mangelt der Kunst- 
sinn. 
Wol mag, bei des Aemilius Schul, ein Meister der Nägel 
Glanz darstellen, und weich das Gelock nachahmen im Erze; 
Gleichwol ist missrathen sein Werk ihm, weil er kein Ganzes 
Aufzustellen-vermag, Der wollt’ ich, hätt’ ich ein Werk vor, 35 
Eben so wenig sein, als wenn ich mit hässlicher Nase! - 
Neben den dunkel erglänzenden Haaren und Augen erschiene. 
Wählt, die ihr schreibt, stets so, dass Stoff und Kräfte sich 
gleich sind; ὁ ΝΞ 
Prüft auch lange vorher, was die Schultern zu tragen sich weigern, 
Was sie vermögen. Wenn einer den Kräften entsprechend die 
Wahl trifft, 
Fehlt ihm passender Ausdruck nicht, nicht Licht in' der Ordnung. 
Ordnung, trüg’ ich mich nicht, wird so nur trefflich und schön sein, 
Dass am geeigneten Ort, was gesagt soll werden, man. sage; 
Manches auf später verschieb’, und jetzt einstweilen verlasse. : 44 
Fein auch, und mit Bedacht im Verwenden der Werte, soll:dieses 
Brauchen, und jenes verschmäh’n des: versproch’nen Gedichtes Ver- 
faaser, .: 
Trefflich ist es gesagt, wenn sinn’ge Verbindung eih sites - 
Wort zum neuen erhebt; auch. wirst da, fordert die: Noth es, 
Dass den verhorgenen Stoff. ein neues Merkmal: enthülle, 
Freiheit haben, zu bilden, was unsere würdigen Väter- 
Nie noch. vernahmen; ein Maass im Gebrauche verschaffX sich Er- 
‚laubnias. 0 
Auch. wird neues und frisches Gebild nicht mangeln des’ Zutrauns; 
Wenn aus griechischem Quell, mit mässiger Beugung, es herfliesst. 
Wird dem Caecilius oder dem Plautus ein Römer gestatten, - 
Was dem Virgil er und Varias weigert? Doch warum trifft mich, 58 
Nehm’ ich ner wenig, der Neid, da Cato die Sprache der Väter, 
Da doch Ennius jene bereichert und neue Benennung 
Einzelner ‚Dinge erschaffen? Erlaubt war immer und bleibt es, 


- 


Uebersetzt von Dr. J. A. Machly zu Basel. 439 


Neu zu. erfinden die Namen, sobald von,der Zeit sie geprägt sind, 
Wie bei .neigendem Jahr. die Bäume des Schmucks sich ent- 
kleiden, 60 
Und des frühsten ‚zuerst — ΒΟ schwinden die alternden Worte, 
Und es ergrünen die neuen und δ] μη in Fülle der Jegend. 
Alle gehören mit Allem dem Tod wir. Prächtige Werke, 
Die vor Nordwinds Wüthes die Flotte beschirmen und wahren, 
Oder den See, einst unfruchtbar, von Rudern berührt nur, 65 
Schyfen zur Flur, die, nährend die Stadt, den gewichtigen Pflug 
fühlt, 
Oder den ernüteverwüstenden Strom in ein andres und bess’res .. 
Bette gezwängt — die Werke der Sterblichen .alle vergehen: 
Sollte den. Worten allein nie Gunst und Ehre. 'ersterben? . 
Wieder 'erstebn einst werden, die schon nun gefallen, und fallen 70 
Viele, die jetzt in des Ansebus Blüte, weon der Gebrauch. es 
Also verlangt, der Herr und Richter in sprachlichen Dingen. 
.: Tohaten der Fürsten’ und Helden, die traurigen Schrecken des 
| Krieges, 
Welch ein Maass sie verlangen im Lied, das lebrte Homer uns. 
Klagen ertönten zuerst im verschieden. gegliederten Verspaar, 75 
Dann schloss dieses den Dank in sich der gewährten Erfüllung ; 
Doeh, wer Lieder zuerst in kleinen Elegen gedichtet, 
Ist bei Kennern ein Streit, noch.harrend des Richters Entscheidung, 
Grimmig erfand Archilochus sich als Waffe den Iambus, 
Darin scherzte das: Lustspiel dann und erhob der Kothurn sich, 80 
Da er zum Wechselgespräche geschickt, auch über gemeines 
Tagesgespräch sich erhebt, und passt zur Geschäfteverrichtung, 
Saiten und Leier verlieb die Muse ,:um selige Götter 
Und die Geschlechter der Götter, des Faustkampfs Preis und des 
Rennens, 
Liebender Jünglinge Gram und .freies Gelage zu schildern. 8 
Wenn ich die Scheidung der Rollen, des Werkes verschiedene 
Färbung 
Nicht zu bewahren vermag, ‚sollt? ich als "Dichter begrüsst sein ? 
Sollt’, aus thöriger Scham, Nichtwissen dem’ Lernen ich vorziehn ? 
Komische Lagen verschmähen im tragischen Vers zu erscheinen ; 
Und es empört sich auch, in gewöhnlichem, oder des Lustspiels 90 
Würdigem Tone geschildert, Thyestes’ blutige Mahlzeit. 
Aber das Lustspiel auch lässt steigen zuweilen die Stimme, 
Und es ergiesst sich der Grimm des Chremes in rauschendem Wort- 
fluss. 
In der Tragoedie auch wehklagen in niederen Weisen s6 
Telephus und Peleus, da beide, in Armuth und Irrsal, 
Schmuck sammt Schminke und schwerem Gepränge der Rede ver- 
werfen, 
Wenn durch Jammer es gilt, der Schauenden Herzen zu rühren. 
‘Schönheit »icht nur sei im Gedicht, auch innige Zartheit, 


440 τ  Horagens Brief An die Pisonen. " “Ἴ᾿- 


Dass es, wohin cs nur wii, (die-Seelen‘ der Hörenden letike. 100 
Gleichwie Laehenden froh; -so sollen den Trauernden trübe ᾿ - 
Menschliche Mienen sich zeigen; begehrst du Thränen, so musst da 
Selbst 'wehklagen zuerst; dann wird dein- Jammer mich rühren, - 


᾿ Telephus und Peleus; sagt schlecht ihr :zure: Partie her,- 


’ 


Neig ich: zum Schlafe mich-oder ‘zum: Lachen. Worten des Un- 
Er En Eee U Aglücks : To 2 105 
Ziemt sich ein düster Gesicht ‚' den-drohungsschwang’ren ein’grimmes; 
Losen -ein lachendes, aber :eih stfenges ‘den -ernstlichen Worten. 
Denn uns hat die Natur ursprünglich gebildet zu allen 
Wechselgestalten des Glücks;'sie erffeut, Sie eutlammet zum Zorne, 
Oder sie drückt dutch Grames' Gewicht uns nieder zur Erde; 110 
Dann gibt unser Gefühl sie 'kund  darch''Hülfe! der’ Sprache, 
Wenn die Worte sich nicht Zur Lage des Sprechenden 'schicken, 
Dann wird Ritter und Volk ein schallend "Gelächter erheben. 
Viel ist davon bedingt, ob Davus oder ein Held ‘spricht; ΝΞ 
Ob, an Jahren gereift, ‘ein 'Greis, ob -glühend' ein Yängting, * 115 
Ob, in der Würde Gefühl, Matrone, ob rührige Amme 
Reisender Kaufherr,' oder Bebauer des .niedlichen G&rtchens, 
Kolchier'oder Assyrer; ob Landsmann Thebens, ob Argos’. 
Schliess’an die Sage dich oder gestalt in’ richtiger Folge. 
Preisest du diehtend Achilles vielleicht , ‘im’ Glanz& des Ruhmes;- 120 
Kühn zum Ka:npf, 'aufbrausend im'-Zörn, dem Flehn anerreichbar, 
Mag das Gesetz er verschmähn; mit’Waffen sich -alles erzwingen, 
Wildheit zeichitre‘-Medeh', &ewimmer die Ino, Ikion' " 
Treuloser ‘Sinn, Trrsale die-Io, Wahnsinn Orestes, ©: 
Wenn du'vön keinem Versüchtes der Bühne zuerst ’zu vertrauen 125 
Wagst, wenn heue-Gestalten du bildest, "so sollen’ zuletzt Hoch, 
Wie sie‘ zu Änfang'erschienen,  bewahret in’ Treue sie -dastehn. 
Schwer ist’s, Dinge, die Allen gemein, doch eigen zu wenden; 
Eher vertleilst du den’ Stoß’ des ilischen Liedes iti!'Acte, - 
Denn, als’erster, noch Neues md nie’nach Gesagtes'erschaffen. 130 
Oeffentlich Gut wird eigen 'Besitethum, wenn du nicht immer 
Auf den gemeinen und''weit sich erstreckendlen Plätzen’ verweilest, 
Noch ‚ 'tiäch "Brauch ‚der "Erklärer, ein Wort stets trea durch ein 
NT AN ΞΞ ΨΨἜῃ0,. ᾿ andres “Ὁ ἜΣ δα ἢν Tre ' 
Wiedererzählst, noch auch‘, 'nachahmend,, 'gerätlist in Wie Enge; 
Wo, sei’s Scham , sei’s Norm des Gedichts, dir sperren den Räck- 
ME, ΝΕ ur "weg. εὐ ἢ ταν Ν ind τὸ τὰ 136 
Nimrder beginn auch‘ 50. wie einst ein Kykliker anhub::.' " 
‘Priams Schicksal will und dei herrlichen Krieg ich besingen. 
Denn "was bringt der ‘Verfasser, das würdig so mächtigen Anlaufs? 
Schauerlich kreist das Gebiriz und wirft — eine‘ winzige Maus aus. 
Wie viel richtigerder., ‘bei’ dem nichts "Flaches sich Andet: : 140 
Sage mir, Muse, den Mann, der, nach den Geschicken von 'Troia 
Viel’ von’ ‘Städten der Metischen gesehn und Sitten gelernt hat.” ' 
Nicht ats Feuer den Οὐδ πηι" "aus Gualm will lenchtenden Glanz er 


Uebersetzt von Dr. J. A. Machly zu Basel. “1 


‚Locken, damit sich darans heilstrahlende Wunder erheben, ὁ 
Scylla sammt der Charybdis, Autiphates und der Cyclope. 145 
Nicht holt er Diomed’s Rückkehr vom Tod Mieleagers, 
Troias Krieg nicht her vom Zwillingseie der Leda. 

Stets zum Erfolg: hin eilt er, .undl in die Fluten. der Thaten 
Mitten hinein reisst er, als wären’s bekannte, den Hörer. 
Weislich lüsst er, was Glanz nicht etwa verspräche, bei Seite, 150 
Und im Dichten verwebt er die Wuhrheit so mit dem Scheine, 
Dass der Begitn sich der Mitte, die Mitte dem Eade sich füge. 

Höre nun an, was ich welbst und mit mir Alle verlangki: 

Willst du Zufriedene, welche des Vorhangs Rauschen erwarten, ᾿ 
Fest'däsitzend, bis endlich das ‘Klatscht, ihr Leute’ — ertönet: 155 
Musst du scharf den Charakter der Altersstufen: beschreiben, 
Geben, was Jedem gehört, bei ändernden Sitten und Jahren. 

Der schon Worte za sprechen vermag, der Knabe, und sichern 
Tritts hergeht, spielt gerne mit Altersgenossen, erzürnt sich 
Jäb, und besänftigt sich wieder um nichts, rasch wechselnd wis Stun- 

ΕΣ den. ᾿ τς 160 

Aber der Jüngling, endlich der Strenge des Häters entwachsen, 
Findet Vergnügen an Ritt und an Jagd und am sonnigen Felde; 
Weich, ‘wie Wachs, für des Lasters Gepräg, rauh gegen Ermahnung, 
Spät für den Nutzer im Leben bedacht, im Gelde verschwendrisch, 
Stolz und voller Begier, schnell wechselnd in Liebe und Neigung. 165 
Männliches Alter verändert den Sion, sammf solchem Bestreben, 
Sucht nach Schätzen und Freunden, und ringt. nach Würden im 

᾿ εν Staate, te 

Nimmt zu thun sich in Acht, was bald es zu. ändern gezwunges. 
Viele Gebrechen umlsgern den Greis; entweder er sammle, 

Aber er halte, der Arme, die Hand voll Scheu vom Ersparten, 170 
Oder er sei zu ängstlich. und lau im ‘Betrieb der Geschäfte, 
Zögerer, zäh in’der Hoffaung, erschlafft, sich’ sehnend nach Bess’rem, 
Voll von Launen und Klagen und Lob der vergangenen Zeiten, 
Wie er als Knabe sie sah, Zuchtmeister. und Tadier der Jugend. 
Viele Genüsse gewähren: die steigenden Läufte .der-Jahre, 175 
Vieler berauben die sinkenden uns. So lasset, damit nicht 
Etwa der Jüngling die Rolle des Greises, der Knabe des Mannes 
Spiel’, 'nns bleiben in jeglichen ‚Alters geziemeudem Spielraum. 
Handlung wird entweder im Spiel uns, oder Bericht kund. | 
Schläfriger reizt 'das Gemüth, was durch das Gehör sich hinab- 

\ oo , τὶ senkt, . 180 - 

Als was den Augen, den treueren Zeugen, sich bietet und was dann 
Selbst sich der Schauende sagt. Was aber im inneren Raume 
Sich zu vollführen bestimmt, das lege nicht bloss, und entrücke 
Manches dem Auge, was bald von redenden Zeugen wir hören. 
Dass nicht, unter den Augen 'des Volks, Medea die Kinder 186 
Schlachte, und Menschengebein nicht siede der gräuliche Atrems; 
Dass nicht Procne zum Vogel sich wandele, Cadmus zur Schlange. 


442 Horazens 'Brief an die Pisonen. 


Was du so vor ‚Augen. mir führst, ungläubig versphmäh’ ich!e. . 

: Weniger nicht, doch auch nicht mehr’ ala. fünfe der Acte 
Zähle das Stück, soll wieder: verlangt und gesehen es werden. 190 
Auch kein Gott .soll spielen; es sei denn würdig der Knoten : . 
Solches Eatscheids ;.euch soli kein Vierter zur. Sprache gelangen. 
Kraftvoll.möge der Chor des Handelnden Rolle und Pflichten 
Fötdern;; nicht’s auch sell er in Zwischenräumen der Handlang 
Singen, was nicht zu.dem Zweck in.genauem Verbaitde sich füge. 195 
Er sei Guten ein ‚Schirm nad freundlich gewog’ner Berather, 
Schlechten ein Zaum, und Freund dem der vor Felle sich hätet; 
Er audı lobe -ein mässiges Mahl, er lobe die Pfiege . 

_ BHeilsamen Rechts und :Gerichts und "Friede bei offenen 'Thoren, 

Er auch wahre Vertrautes getreu und fleh?’ zu den Göttern, .200 
Dass von den Stolzen sich wende das:Glück und kebre zum Elend. 

-Vormals tönte.die: Flöte. noch nicht, mit dem Erze verbunden, 
Wie die Trompete ‚gewaltig; gedämpf/t in mässigem Anbauch 
Blies des Chors ‚Melodieen sie hülfreich zu, und betäubte 
Noch nicht Sitze, die allzugefüllt von der Schauenden Menge. 205 
Z.ählbar hin einst stfömte das: Volk, weil klein .es.noch damals, 
Aber biderb und keusch, .ein Wahrer der ehrlichen. Sitte, ° 
Als es.jedoch ‚durch Siege (die Marken des Lands zu ‚vergrössern 
Anfing, weiter im .Kreise die Mauern sich dehaten; an Festen 
Sotder Gefalr man am. Tag bei Wein and Gelagen sich gut that; 210 
Da auch :schlich sich in Maasse und Tonart grössere Freiheit, 
Denn wo wäre Kritik bei einem Gemische von Bauern, 
Müssig und roh, mit Städtern vermengt, die plumpen mit feinen? 
So gab früherer Kunst: die Flöte zu üpp’ge Bewegtheit, 
Wenn ἔς wandelnder . Spieler das Schleppkleid durch das Gerüst 

. ες 7:7 .. 216 
So auch steigerten sich die ernsteren Klänge der Saiten, 

So die begeisterte: Rede zn. aussergewöhnlichem Nachdruck, 
Dass an nützlicher Dinge Vorsussieht, oder.der Zukpnft 
Weissagiingen sie glich dem Orakeltone za Delphi, : 
' Wer um den niedrigen Preis des Bocks mit dem tragischen 
᾿ς . .Lied stritt, ΝΝ . 220 
Brachte daranf, in halber Enthüllung, ländliche Satyrn; - 
Weiter versucht’ er den Scherz, zwar herb, doch wahrend die 
ες ᾿ ‚Würde; 
Denn durch lockende Reize der Neuheit musst’ er die Gönner 
Fesseln, welche, nach festlichen Spenden, berauscht und gesetzlos. 
Doch nur so wird’s ziemen den lachenden, neckischen Satyrn 225 
Gunst zu verschaffen, nur. so mit dem Spiele den Ernst zu ver- 
tauschen, oo 
Dass nicht, wean ein Gott etwa, .ein Held in dem Stücke 
Vorkommt,.der noch kürzlich in Gold und Purpur einberschritt, 
Er. ia ein elendes Haus zu gemeinem Gespräch sich ‚verliere, 
Oder, die Schelle vermeidend, nur Wolken und Nebel umfasse. 230 


ες 


Uebersetzt von Dr. J. A. Maehly zu Basel. 448 


Leichtes Gered’ ist unter der Würde. der tragischen Kunstart; 

Gleich der Matrone, die festliche Feier zum Tanze gezwungen, 

Tritt sie verschämt in den Chor der muthwilltreibenden Sutyrn. 

Nicht drum berrschende Worte, die baar sind jeglichen Schmuckes 

Wähl’ ich allein, Pisonen, wenn Satyrspiele ich schreibe; : 235 

Noch auch werd? ich von tragischer Färbung so mich entfernen, 

Dass kein Abstadd sei: in Davus’ Red’:und der frechen 

Pythias, wenn ein Talent dem belisteten, Simo sie abnimmt, 

Oder Silens, als Hüter und Wächter .des göttlichen ‚Pfleglings. 
Nach dem Bekannten gestalt’ ich das Lied, dass jeder das- 


i . τ selbe. 41 ΝΞ ΄ 840 
Glaubt zu vermögen, und dach trotz Schweiss und Mühe vergebens 
Anläuft; soviel Macht hat richtige. Folge. und Fügung,. . 


So viel Ehre gewinnen dem Leben entnommene Stoffe. 

Faunen, dem wälderentstammten Geschlecht, thut meines Erachtens 

Vorsicht Noth, Jass nicht, als wären sie Bürger und mitten 245 

Aus demı Gewühle der Welt, zu zart jungfräufiche Verse, 

Aber auch garstige nicht, voll Schmutz, aus ihnen ertönen. 

Denn es .empört sich, wer irgend von Ahnen und Stand und Ver- 

mögen; 

Und was Beifall findet bei Käufern von Erbsen und Nüssen, 

Wird sicht ihnen gefallen und Kränze. von ihnen ererndten. . 250 
Setzt man hinter die Kürze die Länge, so heisst es ein Iambus; 

Rasch ist der Fuss; — daher stammt eben des Trimeters Nume 

Bei den lamben, obwol er die Hebnng sechsfach bezeichnet. 

Aufangs war bis zum letzten er gleich, doch liess er vor Kurzem, 

Um mit vermehrtem Gewicht langsamer das Ohr zu berühren, 255 

Stete.Spondeen geduldig uad willig.au eigenem Rechte ες 

Antheil nehmen, doch nicht dass je von der zweiten: und vierten 

Freundschaft ihn zum Weichen vermöchte. Dieser erscheint nun _ 

Spärlich genug in Accius herrlichen Trimetern,, aber 

Ennius Verse, die-schwer und polterad die Bühne betreten, 260 

Drückt er mit lastendem Tadel der flüchtigen Eile darnieder 


Oder der. mangelnden Sorg’ und. gründlicher Kunde der Verskunst. 


Nicht ein jeglicher Richter bemerkt die Gebrechen im Versmaass, .. 
Und ein römischer Dichter bat. mehr als gebührende Freiheit, 
Sollte darum auch ich ausschweifen in freierer Schreibart, 265 
Wüsst? icb auch, dass Jeder die Fehler darinnen entdeckte? 
Sicher allein im Gefühle der Nachsicht? Tadel vermeiden 
Heisst nicht Lob sich verdient, O ihr, nehmt griechische Muster, 
Und nie rastend, behandelt bei Tage, behandelt bei Nacht sie. 
Aber die würdigen Väter von ehmals haben des Plautus 270 
Verse gelobt, und Witze gelobt, — und viel zu gefällig, 
Um nicht “thörichı?” zu sagen, bewundert; oder ich wüsste 
Nimmer mit euch vom artigen Scherze den plumpen zu scheiden, 
Und das geregelte Maass .an Fingern und Obren zu prüfen. _ 
Tihespis wird als-Erfinder bezeichnet der tragischen Gattung, 275 


444 Horazens Brief an die Pisonen, 


Welche noch keinem bekannt; er führte zu Wagen die Stücke, - 

Welche man sang und spielte, mit Hefe besalbend das Antlitz, 

Ihm folgt’ Aeschylus nach, der feinere Masken und Kleider 

Schuf und das Brettergerüst mit märsgen Balken belegte. 

Er auch lehrte der Sprache Gewicht auf hohem Kothurne. 280 

Dann erst fo!gte die alte Komoedie, Ruhm im Geleite, - 

Aber die Freiheit schlag zur Schmähsucht um: und: Gewaltthat, 

Würdig gesetzlichen Zaums, das Gesetz kam wirklich, uad schimpflich 

Schwieg nun der Chor, da zum Schmähn ihm Recht und Befugniss 
entzogen. 

Nichts ist ohne Versuch von römischen Dichtern geblieben, 285 

Und nicht liegt ihr kleinstes Verdienst in dem kühnen Bestreben, 

Griechische Spur- zu verlassen und heimisches Leben za schildern; 

Ob sie nun Helden gezeichnet, ob bürgerlich ihre Gestalten. 

Und durch Tapferkeit nicht, noch Kriegsruhm wärest du grösser, 

Latium, als durch Sprache, wofern nicht sämmtlich an einer 290 

Klippe die Dichter sich stiessen:' an Mühe des Feilens und Aufschub, 

Du, o Numa’s Geschlecht, ο tadle doch jegliehe Dichtung, 

Die nicht viel von der Menge (der ‘Tage und Striche geduldet, 

Und nicht zehnmal, nach’ der Vollendung, ängstlich geprüft ward, 

Weil Democrit das Genie für herrlicher hielt als das Mühen 295 

Jeglicher Kunst and vernünftige ‘Dichter von Helikons Höhen 

Ausschliesst, kiimmert sich Mancher nicht mehr um das Schneiden 
der Nägel, 

Nicht am ‘den Bart; sucht Oeden und: Wüsten, vermeidet die 

en Bäder: 

Denn man wird sich den Ruhm und Namen des Dichters erwerben, 

Wenn man den Kopf, den Nieswurz kaum za curiren vermöchte, 300 

Lieinus nie, dem Barbier, zur Kur- übergeben. O Thor ich, 

Der ich immer um Frähjahrszeit von: Galle mich säub’re ! 

Keiner verfertigte’ Verse, so trefflich wie: meine ‘...\. im Ernste, 

Nichts steht höher. Drum will ich des Wetzsteins Rolle_verschen, 

Der die Schärfe dem Eisen verleiht, selbst mangelnd der Schneide, 305 

Dichters Geschäft und Pflicht will, selbst nicht diehtend, ich Ichren: 

Wo er Schätze sich hole, was fruchtend und bildend dem Geist sei, 

_ Was sich 2ieme, was nicht, wo Geschmack hinführe, wo: Irrthum. 

Richtiges Schreiben hat Haupt und Quell im richtigen Denken; 

Stoff und Inhalt bieten sich dir in den Schriften der Weisen, 310 

Und an die Fülle des Stoffs reihn sich von selber die Worte. 

Wer da weiss, was dem heimischen Land, was den’ Freunden er 
schuldet, 

Wie ein Vater geliebt sein wolle, der Bruder, der Gastfreund, 

Welches des Staatsmanns Pficht, des Richters Geschäft, and des 
Führers, 

Der in den Krieg anszieht, weiss sicher die passenden Züge S15 

Jeder von seinen Personen nach Recht und Gebühr zu ertheilen. 

Willst du getreu nachahmen, so musst du das Leben und seine 


Uebersetzt von J. A, Machly zu Basel. 445 


Sitten betrachten, und hier dir schöpfen natürlichen Ausdruck. 
Manch ein Stück, das gut an Gehalt ist, und in den Sitten 
Richtig, entbehrt es det Grazie auch und der Kunst und des Nach- 
. drucks, 320 
Spendet dem Volk dach-höbern Genuss, und fesselt es eher 
Als Posäsie-, die leer an: Gehalt, und klingender Unsinn, _ 
Griechen verleihn die Musen die Fülle des Geistes und Griechen 
Zauber der Sprache, da Ruhm sie allein, nichts weiter, verlangten, 
Unsere Kaaben, was lernen sie anders, als endlich in langem 325 
Rechenezempel das Pfund durch hundert zu theilen. — “Nun soll 
τῇ mr : 
Sagen der Solin Abins , wenn von fünf Unzen ich eine 
Nehme, ‚was bleibt ὃ Du wusstest es sonst.’.—— Ein Drittel. — 
‘Vortrefflich ; , 
Du trägst: Sorge zu deinem Vermögen. Noch eine ‚dazu ? Nun? — 
Ein halb Pfund, — Und nun, sitzt. diese. zerfressende Sparwuth 330 
Einmal fest im Gemüth , 80 harreu wir noch der Gedichte, 
Die der Bewalirung würdig in Cederpöl und Cypresse ? 
 Theilweis wollen die ‚Diehter den Nutzen, und theils das Er- 


götzen, . “ . 
Oder sie schreiben zugleich für Lust und Lebre des Lebens, ΜΝ 
Kurz sei deine Moral und bündig, damit das Gesagte 335 


Schnell in den Herzen Empfängniss find’ und. treue Bewahrung. 
Alles war. über das Mauss, fliesst glott von der Seele herunter. 
Was zum Vergnügen du ‚schreibst, sei möglichst nabe der Wahrheit; 
Dass dein Stück nicht, wo es beliebt nur, Glauben verlange, 
Und nach dem Mable der. Hexe den Knaben , lebendig: hervor- 
ον zieh”, - 340 
Was des ‚moralischen Kernes entbehrt,. gibt Äerger den Alten; 
Aber die Jüngern wenden sich ‘weg von ernsten Gedichten. 
Beifall Aller.erwirbt, wer Nutzen verflicht mit der Aumutb,, _ 
Wenn er..den Leser zugleich mit Ergötzung weiss. zu belehren. 
Solch ein :Buch bringt Sesiern Geld, kommt über die Meere, 345 
Sichert den Ruhm dem Dichter noch über die Marken des Lebens. 
Doch gibt Fehler es-auch, wo Nachsicht billig für Alle; 
Denn. nicht sendet den Ton, den schlagen und hören du wolltest, 
Immer die. Saite: du wtnschest den hohen, sie sendet den tiefen, 
Und nicht immer erreicht, was. zielend bedrohte der Bogen. 850 
Doch, wo meistens Gediegnes in einem Gedichte, verletzen 
Einzelne Mäkel mich nicht, die Folge der mangelnden Sorgfalt 
Oder der Menschennatur ’ die oftmals strauchelt. Wie .also? 
Wie: ein. Schreiber, der immer,. gewarnt zwar öfter, den gleichen 
Fehler begeht, nicht würdig der Nachsicht; wie Citharoeden, 8355 
Die auf nämlicher Saite beständig .sich irren, zum, Spott sind’; 
So ist m&inem Gefühbl,. wer oftmals strauchelt, ein zweiter. 
Choerilus, den ich an wenigen Stellen mit. Lächeln bewundre; 
Wie’s mich ärgert, wenn einmal Homer ich im. Schlaf. überrasche. 


446 ' Horäzens Brief. an die Pisonen. 


Doch, bei solchem Gedicht; ‘darf einen :ein Schläfchen beschlei- 
| 7 chem. - 860 
Wie mit Gemälden, verhält’s mit Gedichten sich: einige werden 
Dir, in der Nähe besehn, und andre, von ferne, gefallen ; 
Dieses gefällt sich im Dunkel, dem Licht:gibt jenes den Vorzug, 
Ohne den prüfenden Blick scharfsinniger Richter zu scheuen; 
Dieses hat einmal, diess wird zehnmal immer ‘gefallen. 365 
Ὁ du Aeltester,, wirst du gleich dureh väterlich Mabnen, 
Wie durch’ eignen Verstand zum Rechten gebildet, bewahre 
Treu diess Wort in der Seele‘ Vergönnt ist einzelnen Dingen 
Halb und erträglich zu sein; — ein Rechtsgelehrter und Anwalt, 
Sei er nun mittelmässig und weit von der kräftigen Rede 
Eines Messala entfernt und eines Oascellius Wissen, 370 
Steht doch in Ansehn noch; —— doch mittelmässigen Dichtern, 
Denen verzeiht nicht Gott, nieht Mensch, nicht Bücherverlageplatz. 
Wie bei Freaden des Mahls ein unharmonisches Tonstück 
Oder gemeines Gesalb, und Pfeffer mit sardischem Honig 375 
Aergerlich ist, weil ohne sie auch die Tafel bestände: 
So das Gedicht, zur Wönne ' des Herzens bestimmt and erfunden, 
Wenn nur wenig vom Gipfel es. hbsteigt, sinkt es zu Grunde. 
Wer kein Fechten versteht, der meidet die Gänge des Marsfelds, 
‘Wer nicht kundig des’Balles, der Scheibe, des Reifes, belässt es, 380 
Dass die Umgebung micht sich lautes Gelächter erlaube; 
Wer nicht Verse versteht, ‘geht doch und dichtet?- "Warum nicht? 
Bin ich denn frei hicht ? edlen -Geschlechts? in die Classe der 
nl Ritter ‘ Ä 
Wegen des Geldes ‚gesetzt? und jeglichem Tadel enthoben??” — 
Du wirst ohne den göttlichen Trieb nichts dichten noch wagen; 385 
Diess sei Richtschnur dir,:diess Grundsatz; hast du indessen 
Je ein Gedicht, so lass es den Meltius hören'und prüfen, 
Lass es den Vater und'mich; neun Jahre behalte es bei dir 
Drinnen im Pulte verwahrt:''was nicht an’s Licht du gesandt hast, 
Kannst du vernichten;  däs Wort, das: entsandt, kenat nimmer den 
Rückweg, : . 3% 
Orpheus hat;’als heiliger Priester der Götter; die rohen 
Menschen von Blut umd Mord und der-gränlichen Speise entwöhnet; 
Darum wird er Bezähmer von Löwen und’ Tigern geheissen. 
. Auch Amphion hat, so heissfes, der ‘Gründer’ von 'Theben 
Steine gerührt durch Klänge der Leier; und Schmelz in den Wer- 
sen τ" 395 
Sie nach Wunsche geführt. Dies: war einst älteste Weisheit "ἢ 
Ocffentlich Wohl von dem eignen, ‘von Göttlichem ‚Menschliches 
: scheiden, ᾿ 
Wilde Verbindung hemmen, die eh?lichen Rechte bestimmen, 
Städte mit Mauern erbaun, ’ das Gesetz eingraben in Tafeln. 
So ist Namen nnd Ehre den göttlichen Sängern geworden 400 
Uud den Gedichten. : Nach’ ihnen Homerus, der "herrliche Sänger, 


Uebersetzt von.J. A. Maechly zu Basel, 447 
Und Tyrtaeus entflammten zum Krieg die. männlichen Seelen 
Durch die Gluten des Lieds; Orakel ertönten ia Liedern, 
Lebensweisheit wurde gepredigt, der Könige Beifall * 
Wurde versucht durch Kunst des Gesanges; erfunden die Spiele, 405 
Endliche Rast nach’ ermüdendem Werk. So schäme der Muse, 
Schäme der Leier dich nie und des kiederbeseelten ‚Apollo! 

Ob die Kraft der Natur, ob Kunst die Palme des Liedes, 
Hört man fragen. ᾿ Ich: glaube, der Kunstfleiss ehne des Innern 
Reichlichen Quell wirkt eben so wenig,’ als rohe Natuikraft. 410 
Wer da ‘wünscht, dereinst im Laufe das- Ziel za erreichen, 

Moasst?, als Kunbe schon , mühen und dulden und frieres und schwitzen, _ 
Fern von Weibern und: Wein; wer am Fest des Apello die Flöte 
Spielt, hat’ früh, es’ geibt; und den Lehrer, den strengen ge 
fürchtet. Me En BE Be Ku 5 418 
SelPs nun genügen, zu sagen: “Ich: mache die herrlichsten Verse? 
Treffe den letzten die Pest; für mich wär’s schmählich, zurück sein 
Und, was nie ich. gelernt,;' das. auch als solches. gestehen.’ — ? 

Wie Ausrufer zum Kaufe von Waaren die Menge heran ziehn, 
Also heisset, sa ihrem Gewinn die Schmeichler hinzugehn 420 
Irgend ein Dichter, gesegnet an Ländern und reichlichen Zinsen. 
Ist er nun ferner ein Mann, um glänzende Tafel zu halten, 

Bürgt er für armes und hiftiges Volk, reisst aus der Verwicklung 
Misslicher Händel er einen heraus, dann wundert’s mich, wean Οὗ 
Wahre von gleissenden Freunden noch: glücklich ὠὰ scheiden ver- 


τς Möchte. . 425 
Wen de: beschenkt schon, . oder für. wen du ‚Geschenke "bestimmt 
o τῶ. ως ‚hast, : 


Den lass ja:nicht, wens er vor .Ereude: ‚noch trankeni, za deinen _ 
Versen gelangen; —- er ruft sonst: “Herrlich! vorzüglieh! getroffen”. 
Wird erst eich, lockt dann aus fühlenden: Augen der Thränen 
Rieselnden "Fhau; Jetzt hüpft er. vor Imst, stampft dahn mit dem 
" Eusse. .- ' 430 
Wie bei Leichen Bezenger des Leids, zum Jammern gedungen, 
Mehr noch Klagen beinah, 65 herzlich Betrübte, so scheint .auch '. 
Grösser. des spottenden Schalks, als lobeniler Freimde, Bewegung. 
Könige, heisst es, bestürmen mit öfters gefüllten Pokalen 
Und mit den Gluten des Weins, wen gern durchschauen sie möch- 
' ten, 435 
Ob dei Verträuns er werth: so, wenn du Gedichte verfassent, 
Hüte dich’ wohl vor falschem Gemüth im gleissenden Fachsbalg. 
Went Quinctifius irgend ein Werk anhörte, so sprach er: 
“Mäch dies besser, und diess;’ und wenn, nach vielen Versuchen, 
Du’s nieht ‚möglich erklärtest 9 so hiess er-dich streichen und Με. 
"der Er 
Ueber den Ambos legen die Verse zu bess’rer Gestaltung: ΝΣ 
Wolltest du aber die Fehler vertheidigen lieber als. ändern, - 
Spart’ er jeglichen Worts und weiterer, Mühe Verschwendung, 


448 ‚ Horazens' Biief. an :die Pisonen.. . \ 


“ Liess dein Werk dich allein und ohne Rivalen bewundern.  - ' 


Wer ein ehrlieher Kenner, hat holprige Verse zu tadeln, -. . 445 
Harte zu rügen, gemeine, das Schreibrohr kehrend, mit schwarzem 
Strich zu .bezeichrien, den allzugeschuörkelten. üppigen- Zierat' 
Wegzuschneiden, ein stärkeres Licht für dunkle: zu, fordern, : 
Doppelsinn’ge za schelten, und sagen, wo Aeiderung uoth thut, 
Gleich Aristarch, auch nicht zu. sich sagen: *Soll ich ob solches: 450 
Tandes erzürnen den Freund # :-Oft wird zu..bitterem Ernste - " 
Aehnlicher. .Tand, wenn höhnender Spott ihn einmal, begrüsste, 
Wie wenn einer besessen von. eckliger. Seuche. und :Tollbeit 

Oder: von tasendem "Geist; und des. Mondlichts 'zürnendem Einfluss: 
Also- meiden ‚den, wüthenden. Bichter. und seine Berührung 455 
Alle Verständigen ; Kinder. nur ‚folgen und. necken bedachtkos. . 
Wenn nun jener, den Kopf in:der Höh’, umirrend, in Versen 
Schnaubt, und ähnlich dem Vogler, der Amaeln erspähte, hinunter 
Stürzt in.Bruinen und Graben, so.mag: er immer: “Zn. Hülfe!? 


- Schrein: Ihr Bürger! ‚Zu .Hülfe”; nur sol :ihn ‚keiner heraus- 


ες : . κοῖς ziehn. .: 00.00. 460 
Doch will einer mit rettendem Strick beisprisgen, se werd’ ich 
Sagen zu: iim: “Weisst du, dass er. mit Fleiss da binabsprang 
Und nicht Rettung. will?” — und dann. des Empedocles Tod ibm 
Jenes sicilischen Dichters verkündigen, der, um der Gottheit 
Ruf zu geniessen, mit eisigem Blut.in den glühenden Aetna .465 
Sprang. Den Poeten gestatte die Welt sich selber zu tödten, 
Wer am Leben den Müden erhält, tbut ähnlich dem Mörder. 
Denn nieht einmel.thut er’s, wnd wird, auch wenn .er: gerettet, 
Doch nicht menschlich und frei’ vom Gelüst nach bewundertem Tode. 
Auch weiss Nieniand:, was ihn: gezwungen hat Verse äuımathen, 470 
Ob er die Asche des’ Vaters’ besudelt, ob.heilige Stellen . 
Schändlich entweibt; klar. ist sein Rasen, und ähnlich dem Bären, 
Dem .es gelungen, die sebätzenden. Stäbe’ des Käfıgs zu sprengen, 
Treibt er Gelehrte und Volk. mit dem Flache des Lesens zur Flucht 
' - Sort. j 
Wen er-indessen erfasst, den liest er zu Tode, und saugt sich 475 


‚ Fest in die Haut, bis.all sein Βαϊ ον, ein Egel, getrunken. 


Ich gebe hier gelegenheitlich, nach dem Muster des 251. Ver- 
ses dieses Briefes, wo der lambus beschrieben wird, eine Versifica- 
tion der übrigen Füsse, jeden in einem ‚Hexameter abgeschlossen. 
Ich weiss nicht, ob schon etwas ähnliches existirt. Da die Länge 
einzelner Benennungen schon einen beträchtlichen Theil des Hexa- 
meters einaimmt,. und. überdies nicht ‚alle eine für den Vers pas- 
sende Quantität haben (— Antibacchius —), so wird man keine An- 
forderungen stellen dürfen. _ ' ΝΞ ΕΕΕ 

Syllaba longa, brevi subiecta, vocatur Iambus. ΄΄. Ä 1 
Verum,: ubi praegreditur. quae longa est, .ecce -Z'rochaeum 2 


- Uebersetzt von J, A. Maehly zu.Basel, 449 


Spondeus longa surgit, Jongague remittit. 3 
Pyrrhichium cernis brevibus saltare duabus. 4 
Dactylus ipse suo mensuram nomine prodit. 5 
Hic ubi pes conversus erit, tunc est Anapaestus. 6 
Amphabrachus longa est, brevibus quae cincta duabus. 7 
At longis si cincta brevis, tunc Creticus exit, 8 
Vis Tribrachi ne quem fugiat, vox indicat ipsa, 9 


Tardior incedit ternarum mole Molossus. 10 
Bis longam si praegreditur brevis, ecce Bacchium. 11 
Ast eadem, si subsequitur, fit Autibacchius. 12 
Tum Proceleusmalicus brevis est, ter et ingeminata. 13 
Bis longam si par brevium praeit sequiturve, 14 
A maiore repente, minoreque Janicus exstat. 15 
Antispastum crede Trochaeo praesulem Iambum, 16 
Paeun est, ubi terna brevis longa relevatur. 17 
At stimulante brevi longas tot, Epitritus exit. 18 


Noch eine kurze Bemerkung: 

Die Stelle Epist. lib. II, 1, 28 ist von jeher angefochten wor- 
den, und man hat mit der vulgata cessatum ducers curam nichts 
anzufangen gewusst, Mit Recht. Erstens würde bei der gewöhn- 
lichen Auffassung. das io den Commentaren ‚stehende eleganter di- 
ctum pro.etc,, sich verwandeln müssen in ein contorte oder sub- 
obscure dictum ; dann aber weiss man eigentlich nicht, was das für 
ein Vorwurf sein soll, die Sorgen durch Musik einzuschläfern;; drit- 
tens endlich stehen aber Sorgen jener urkräftigen heroischen Jugend 
des Alcinous schlecht an. Welche Sorgen denn? — Es wird hier 
nothwendig etwas Materielleres erfordert, worin sich das cutem cu- 
rare schlagender äussert. Ich habe nun schon früher vermuthet, 
es sei mit Beibehaltung des Bentleianischen certatim, das mir auch 
einfiel, zu lesen: certatim ducere cenam, Diese kleine Aenderung 
wurde aber bestritten: cena sei kein Schmaus, ducere passe nicht 
recht. Nun treffe ich beim Uebersetzen vorliegenden Briefes auf 
folgende ganz gleiche Stelle (376): 

Ut gratas inter mensas symphonia discors 

Et crassum unguentum, et Sardo cum melle papaver 

Offendunt, poterat duci quia cena sine istis. - 
Oder soll bier cena auch ein frugales Abendessen bedeuten? Ob 
nun das ducere in der Bedeutung von *in die Länge ziehen? ge- 
nommen, oder, nach Anleitung dieser Stelle, als Praedicatam or- 
dinarium zu einem Essen, Gastmahl (wie unser halten), angesehen 
wird, ist für meinen Zweck einerlkei. 


Archio f. Phil, ὦ. Paedag. Bd, XIX, ΗΜ. 3, 29 


450. , De adserbiis parum, paullum, quan etc. 
De adverbiis parum, paullum , quin et de usu vorb 
᾿ occurrendi disceptatio. 


Scripsit J. D. Fuss. 


- 1. ‚Vocis parum in classica, ut valgo loquimur, Latinitate usus 115 
addendus est, ubi novum hodie guum aliis tum insignibus gramma- 
ticis, inter quos Zumptius et Kruegerus, placuisse cernimus; quo magis 
operae precium fuerit, si quis falsum amplexos esse evincere possit. 
Nova autem,,et, quantum intelligo, falsa opinio hand ambigue 
inde repetenda est; quod viri illi, plerique doctissimi, 'parum nus- 
quam pro simplici non multum, quod Gallis peu, Germanis wenig, 
sed ubique pro non satis, trop peu, za wenig, nsurpatum, idque 
iam satis superque demonstratum esse arbitrati sunt; qnam signi- 
ficationem plurimis sane in locis, nnde illius adverbii mire varıans 
vis eruenda, nemo Latine sciens non agnoscet. Sed enim non ideo 
minus verum manifestumque putarım, eamdem significationem ad eos 
modo locos referri posse,: ubi talis est in contextu orationis sive 
. sententiarum ratio, ut ad sensum reete planeque intelligendum 
nihil intersit, parum pro non multum an pro ron satis accipiatur*). 
Atqne hoe ipsum est, quod iure mireris ab ullo homine, Latine docto, 
aut non animadversum, aut non satis ante expensum fuisse, qnam 
de adverbio parum novum quidem, sed in’ verba magistri non te- 
mere iuranti parum credibile, pronunciaret. ‘De cuius vocis usu, 
priusguam caetera adferam, id 'agendum 'est, ut, parum ubigne 8 
bonae aetatis scriptoribus pro non satis usurpari, falsım esse paueis 
quidem exemplis (nec enim hucasque 'multa satis idonea repperi), sed 
tamen, quot ad rem sufficiant, ostendam. 

2. Habes igitur apad Nepotem, Att. 18, quum imprimis lautus 
esset eques Romanus, et non parum liberaliter domum suam omnium 
ordinum homines invitaret; ubi non parum pro multum sive valde 
diei, mihi quidem adeo liquet, ut nequeam non’ ridiculam reputare, 
si quis hic quoque parum pro non satis snmendum esse contendat; 
quod tamen nec ego negerem, si Nepos illis responderet, qui 
Atticum parum liberalem dixissent. Atqui manifestum est, Atticum 
hic non, ut satis, sed ut valde liberalem praedicari. Nepotis loco 


*) ὕπο ut exemplo, quod facile ad alia traxeris, lueidius, quid velim, 
adpareat, ponamus de homine agi, quem ad munus aliquod minus aptum 
videri, ipse orationis contextus legentem dubitare non sinat. Hic nibil 
iutererit, utrum ille non multum an non satis aptus dicatur. Caeterum, 
quod in usu vocis parusm, ab orationis contextu pendenti, animadvertimus, 
idem ad alias, nec reetius in Latina quam in enlta quacungue lingua re- 
feremus. Cuius rei exemplum, ut alia plurima , praebent verba lon- 
gum et long; quatenus alteram in lingua Latina, alteram in Gallica 
pro nimis longum, quod saepe accidit, recte accipietur. Nec vero di- 
versa ratio aliarım linguarum iis in verbis erit, quae Latino et Gallico, 
quibus hic comparationis causa utimur, respondent. 


. Seripsit J. D. Fuss. 451 


addimas Ciceronis, pro On. Planc. 7. si parum multi sunt (de plebeaut 
homines novi), qui nobilitatem ament, num ista est nostra culpa? 
Hic, si parum accipias pro non satis, nmecesse erit, ut parum mulli 
accipias pro non tam multi, quam homines nobiles vellent ; atqui ratio 
probabilis nulla adparet, cur Ciceronem aliud dicere voluisse cre- 
damus, quam, inter eos, qui non sint nobiles, paucos esse, qui 
nobilitatem ament. Quod si hoc Ciceronis loco ad id, quod 
demonstrandum est, recte usus sum, Don minus recte eiusdem locum, 
qui est in Bruto 81. huc.a. me tractum esse existimem, ubi, de 
oratore loquens, kic, inquit, a magistris parum institulus, naluram 
habwit admirabilem ad dicendum. Nempe hie quogue cavendum erit, 
ne parum pro nor salis positum credentes Ciceronem aliud, quam 
volebat, dicentem exbibeamus. Aliud enim, si oratorem illum aut 
a magistris non multum didicisse, aut magistris non multum usum 
esse, aliud, si non satis institutum intelligi voluit, quo scilicet ma- 
ior, quam felici natura factus eraf, orator exsisteret: quod 'si vere 
intelligi voluisset Cicero, ita, opinor, ut lector dabitare non posset, 
locutus esset ἢ). 


*%) Quod hic cavendum dicimus, πες vanum, et multis in locis sedulo 
expendendum est. Quamvis enim in plerisque ea sit contextus ratio, ut 
prorsus nihil differat, parum pro non multum an pro non satis acci- 
pias, tamen haud raro diversa, atque eo diversa ratio est, quod, ut pa- 
rum pro non salis accipi possit, aliquid subintelligere aut supplere ne- 
cesge, idque tale est, ut, an scriptor suppletum voluerit, δα incertum sit, 
aut adeo ne credibile quidem videatur. Sie, ut uno exemplo utamur, ἡ 
quum nen multum seire quempiam dicimus, mjnime necesse est, ut eum- 
dem nön satis ‚scire intelligi velimus. Igitur, ubi νοὶ dubium vel ne 
credibile quidem erit parum pro non satis esse dietum, causa profecto 
non 'cerhitur, cur sic usurpatum esse contra scriptoris mentem fingamus. 
Mihi quidem parum non semper pro nen satis positum esse vel hoc cer- 
tissimum argumentum est, quod multis in locis, si parum pro non multum 
sumimus, sententiam, quam contextus orationis poscit, habemus, contra 
si pro non salis, aut obscure et ambigue scriptorem, aut certe id, eui 
contextus ratio repugnet, dicentem faciemus. Contextus videlicet in. 
voce parum non: modo, ubi, sitne non multum an non satis, quae- 
zitur, sed omnino plurimis in locis ea vis est, ut, quid guantumgne 
velit scriptor, ‚non: nisi ex: illo satis intelligamus. Neec. vero in tali con- 
textus vi et significationum varietate mirum est, sicubi in explicationis 
difficaltatem incidas, cui tollendae nullam adhuc regulam certam gramma- 
ticorum acumen invenerit; quaegue talis sit, ut, an regulis tolli possit, 
ineertus haereas, N 

Similis autem huic difficultatis inter exempla, (ut alias dicta hio loco 
non alieno repetam,) ponendus est vocis guin quibusdam in locutionibus 
usus, quarum simplicissimum in his specimen habe: “in forum non venie- 
᾿ bat, quin aliquid emeret; diem nulam intermitto, quin fratri scribam; 
non deterritus est, quin in castra iret.” Talia nemo nescit optimis scri- 
ptoribus usitata esse; ipsa autem locutio, quo ab aliis discernatur, in 
altero sententiae membro verbum, cui coniunctum est quin, idque in 
coniunetivo positum, in altero negationem, unde quin auo cum verbo pen- 
deat, habet. Quam negationem quam in tali membrorum ad unam sen- 


tentiam conjunctione nusquam deesse crederent grammatici, locutionem 
29 * 


452 De adverbiis parum, paullum, quih etc. - 


8. Dixi raros esse locos, quales hucusque tres, unum Ne- 
potis, duos Ciceronis adtuli. Neque 'tamen dubitem, quin alios 
"nonnullos idoneos, qui cum illis coniungantur, sim reperturus, si 
diutius, et indicibus Latinitatis copiosius instructus, quaerere per- 
gam. Sed duobus aureae aetatis scriptoribus interim πὶ} potius ad- 
iecerim, quam locutionem parum abesse, quin, eo nempe hic magis 
comparandam, quod hanc ipsam a Krebsianis non alia de causa da- 
mnatam explosamgque cernimus, quam, quia parum semper pro non 
‚satis usurpatum esse, persuasum habuere; mihi autem postquam illos 
hic errasse visum, iam nulla sat gravis ratio, cur parum abesse, 
quin damnarem, eoque minus superabat, quod locutione illa non 
Livium modo, semel utique, sed aliquot post hunc saecnlis vitae 
Virgili auctorem, quem Claudium Donatum vulgo fecerunt, usum 
esse videbam; ubi, nulla, quam quidem norim, lectionis varietate, 
legitur: parum 'abfuit, quin (a centurione) occideretur. ‚Nec vero 
hic mihi antibarbarus quisgquam aut [νι locum, 43, 4, 2, 
parum abfuit, quin ineideret in Persei mahus, corruptum, iamque 
rite emendatum esse, aut Vitae Virglii auctorem purae Latinitatis 
rudem fuisse, obiiciat, nisi prius, cur sic statuere necesse sit, non 
dubiis me rationibus docuerit. 


. 4, Etenim, quod ad Livium attinet, fateor, me non intelligere, 
. cur, qui (42, 44) dixerit haud multum abfuil, quin interficeretur, 


[4 


sine illa negatione Latinam non esse statuerunt. Kxemplo sit supra po-- 
, situm: in forum non veniebat, quin aliquid emeret; cui contrarium esse 
vides: in forum veniebat, nec tamen semper emebat: quam sententiam 
si, servato quin et sublata negatione, redderes: in forum veniebat, quin 
semper emeret; Latine doctus facile, quid velis, intelliget; atidem, nisi 
, aut spernat aut ignoret, quam dixi, granimaticorum regulam, te satis 
Latine locutum esse negabit. Ipse autem huius regulae immemor factus, 
sero, an vere peccassem, inquirens, postremo locis tribus me a vitio uti- 
que defensum existimavi. Ex his unuas Terentii, Hec.1, 2, 73., ubi talis 
est constructio, ut quin a negatione, 4086 est in sententia, non pendeat; 
alter locus est Boethii, de cons., I. 8, prosa 3, cuius eadem est negatio- 
nis ratio; tertius est Pseudoasconii, ad Ciceronis in Verrem, 1. 1, $.36; ubi 
ipsa negatio deest. His igitur locis nitenti iam Latina visa sunt, quae ante 
damnaveram; de quibus, quoniam eadem in omnibus et constructionis et 
sententiae ratio est, unum hic adferre satis erit: pater emancipari potest, 
-quin filius emancipetur, οὐ contrarium pater emaneipari non potest, 
quin filius emancipetur; scilicet quod altera adfiırmat, altera sententia 
negat, eademgue usitatissima est; contra, quae adfirmat, longe rarissima, 
ideoque quamvis me iudice vitiosa non sit, tamen non imitanda. Cae- 
terum, quod de orationis contextu in usu adverbli parum dixi, ad con- 
iunctionem guin eatenus recte referes, quatenus de voce quin pariter, 
multisgue in locis, neque certam grammaticorum regulam Endes, unde, 
sitae Latina locutio an non sit constet; neque vero ipsam scriptoris senten- 
'tiam aliter, quam e contextu orationis, vere planegque in igere queas. 
Qua in re si mihi assentiendum, consentaneum erit, in recentiorum. quo- 
que Latinitate quin damnari non posse, nisi sensum, quem contextus ra- 
tio poscit, eo modo, cuius apud bonos Aeriptores exemplum non exstet, 
expressum videas, 


” Seripsit J. D, Fuss. 458 


pro haud multum in altero leco non recte dixerit parım, quod pro 
non multum a Cicerone et Nepote usurpatum esse shpra ostendi. 
Nec vero Caesar, b. c. p. 2, 35, paullum abfuit, quin Varum inter- 
ficeret, πες Suetonius, Calig. 34, paullum afuit, quin — amoveret 
rectius dixisse censendus est, quam Livius parum abfuit, quin 
incideret; quippe paullum et parum his locis pariter pro non multum 
usurpata; neque aliam ob causam recte dicebatur parum abesse, quin, 
nisi, quod parum pro non mullum ponebatur; nam pro non saltis 
ponere plane absurdum fuisset. Quod autem apud bonae aetatis 
scriptores locutionis, de qna agimus, nullum praeter unum Livii, 
quod ad parum sciliceb attinet, exstare exemplum certum est; negue 
hinc, neminem alium illa in aetate sic locutum esse, recte colliges; 
nisi forte parem ob causam plurimi optimoram scriptorum loci pro 
corruptis habendi, qui an integri sint, hucusque nemo Latine doctus 
dubitarit*), Caeterum, valde rarum fuisse parum abesse, quin, et 
concedam libenter, et, .cur fuerit, varias adferre causas possum, 
quas hic exponere longum., 


5. Peregimus de verbo parum, ea, quam diximus, ratione - 
perperam accepto, deque parum abesse, quin, propter parum male 
acceptum, male damnato, Bestat, ut ad reliquum einsdem vocis 
usum pertinentes bonoram scriptorum locos coniungamus, in quibus 
videlicet, quod zupra $. 1. attigi, ob variam, quae in orationis sive 
sententiarum contextu cernitur, rationem, adverbium parum modo 
pro non satis, modo pro non magnopere, non valde, pro minus vel 
minimum, ac saepe adeo pro non **) recte accipiatur; omnino, ut si- 
gnificationam discriminis finem non fore haud absurde diceres. Quo 
magis nullam locis illis explicationem addere placuit; neque hoc 
brevitatis modo causa, verum etiam, quia lectoris iudicio id relin- 
quere malebam, quod satis aut subtiliter discerni aut perspicue 
explicari ne posse quidem existimabam. Locos autem, quos dizi, 
singula nonnulla, non in alia potias disputationis parte ponenda, 
excipient. Sed ipsos iam intuere. | 

6. Horatius, carm. 4, 1, 35, cur facunda parum decoro inter 
verba cadit lingna silentio; idem carm. 1, 12, 59, tu parum castis 


*) Ex ingenti vocabulorum,, quae comparationis causa congerere fa- 
cillimum foret, nil eitius elegerim, quam adverbium interim ; quia scilicet 
idem et perspicuam significationem, certamque et notissimam florente in 
Latinitate, et aliam longe diversam, adeoque raram habet, ut, quamvis 
passim occurrente utendi occasione, optimi plerique scriptores ea vix, 
aut ne semel quidem usi inveniantur. Loquor autem de interim pro inter- 
dum sive nonnunguam usurpato, Cuius tam rarum in caetera, tam fre- 
.quentem in Quinctiliani Latinitate usum intuens, si egregii huius scriptoris 
nil aut perexiguum ad nos pervenisset, sane non mirer, interim non uno 
loco a criticis pro suspecto, aut depravato, denigue pro delendo habi- 
tum esse, omninoque idem fere hic, quod in adverbio parum videmus, 
" accidisse, 

**) Quo trahendus Charisius parum in negandi adverbiis ponens. 


454 De adverbiis parum, paullum, quin etc. 


irlimica mittes fulmina hucis; idem, 1, 80, — param' comis sine te 
Iuventas Mercuriusque; Propertius 4, 8, 30, sobria..grata parum, 
quum bibit, omne decet; idem $, 3, 30, ille (Prometheus) param 
cauti pectoris egit opus; idem 3, 5, 46, quid meritum dicas, cui 
sua terra parum est? Nepos, Att. 9, quod parum odisse malos cives 
videretur; Valerius Maximus, 3, 2, 8, Sempronio parum'’ prospere 
- dimicante; idem, 3, 2, 15, si tibi propositum ex sententia parum 
cessisset (cui confer Nepotis, Alc, 7, minus ex sententid rem ges- 
serat, et Dion. 5, non multum proficiebant;) Sallustius , (qui parum 
saepissime usurpavit,) Jug. 81, neque litteras Gräecas didiei: param 
placebat eas discere; idem Jug. θά, in (colle) castris parum amplo; 
idem, ibidem 76, parum cogaeri, et, 63, parum comperimus, (qua- 
lia in optimis scriptoribus usitafıssima;) ‚Cicero, de fin, 5, 14, in 
ipsa autem (vite) parum magna vis est, ut quam optime se habere 
possit, si nulla cültura adhibeatur, idem Brut. 63, in hac (ia ora- 
tione) satis erat copiae, in illa (in actione) leporis parum, (cf. eins- 
dem Brut. 70, Messala nullo modo inops, sed non nimis ornatus 
genere verborum;) idem,, Brut. 71, — ταὶ Marcellus satis- est notus, 
Cassar autem parum; idem, de invent. 2, 3, non enim parum co- 
gnosse, sed in parum cognito stulte et diu perseverasse, turpe est; 
Phaedrus, 2, 8, cur frondis parum est?, Virgilius, Aer. 6, 863, 
sed frons laeta parum, (nec alio ullo in loco parum usurpavit;) 
Ovidius Trist.3, 11, 18, nuda parum nobis Caesaris ira malum est? 
idem, ib. 38, te tamen est uno iudice maesta parum (fortuna mea;) 
idem Trist, 2, 848, quodque parum novit, nemo docere. potest; 
Velleius, 2, 76 — parum habebat summa accepisse, nisi etc.; 
‘ Plin, Ep., 8, 19, — intende libro —: quia vereor, ne jpse, ut 
tristis, parum iatenderim ; Seneca Agam.’293, si parum est (gnatus,) 
adde et. nepos; Manilius lib, 5, semper amare parum est,, cupient 
et amare videri. Er 

7. Habes locos pra ingenti, quam addere non operosam fuis- 
set, copia, sane paucissimos; at.tales tamen,. ut, gi cum jis, quos 
aliis in partibus adtuli, coniungantur, non videam, cur maiorem 
numerum valde desideres; nisi forte in usu vocis parym distinguendo 
eo progredi lubeat, ut periculum sit, ne rem implices magis, clam 
clarius expositam teneas. Antiquarios autem quos adpellare possis 
locos, colligere non placait, ita famen, ut’ unum ex hoc genere, 
formulam parum cavisse videri, non omitterem, qua constat magistra- 
tus in sententiis de reo, quem capitis damnarent, pronunciandis 
usos esse. Quae formula, dubium non est, quin ad euphemismum 
sit referenda, odiosa, funesta, impiave verbo leniore sive declarantis 
sive adpellantis; eiusque rei in Romanorum sermone exempla repe- 
riri, notissimum est! quo citins ad hanc consuetudinem löcos quos- 
dam trahere velis, qualis est Horatii, quem inter varios iam ad- 
tali; ubi, ne incestis sive conlaminatis lucis diceret, mitiori voce, prae- 
sertim in re religiosa, usum esse po&tam, equidem non mirer; vel- 
lemgne jdem de locis adfirmare liceret, quibus, parum a paullum 


Scripsit J. D. Fass. 455 


apud bonos scriptores quomedo differat, zafis perspicerem. ἴασαι 
tamen contendere non verear, locos non prorsus deesse, υδὲ paul- 
Ium ita usurpatum, ut, si in parum mutares, eadem sententia ma 
neret; locus autem iis adiictendus esset, in quibes parum, ob ora- 
tionis in contextu rationem, eamdem, quam nen salis, vim haberet; 
de que superius, quantum satis visum, egimus. Equidem huc re- 
tulerim Horatii, epist., 2, 15, 33, Aic ubi — nil, aut paullum abs- 
tulerat, patinas cenabat omasi etc.”) ubi fortasse quantitatis di- 
versitas poetam, ne usitatiore verbo uteretur, impedivit. la altero 
astem Horatii loco carm. 4, 9, 29, paullum sepuitae distat iner- 
tiae celata Virtus, an eadem, quod ad paullum attinet, ratio sit, 
aliis dirimendum relinquere malo. Caesaris denique paullum abfuit, 
quin superius, atque ita attigi, at hic nihil addere satius reputarim. 

8. Sic ad ea, quae in extrema disputationis parte ponere 
optimum duxi, iam perveui, de singulis in vocis parum usu et pauca 
dicturus, et cuncta ad locutiones referenda, quae nostra aetate, pri- 
mom ab anrtibarbaris, tum ab aliis Latinitatis magistris damnatse, 
hodie, illoram auctoritate Latinum in vulgus diffusa, quasi uno ore, 
ut infames, repudiantear. Ipsas vero locutiones, nobis hic tractan- 
das, ex iis elegi, quae ab M.L.Seyfferto, homiae, si quis umquam 
fuit, Ciceroniano, ut falsas sive non Latinas, indicatas vidi. Sunt 
auterm quattuor, eaeque ad non parum, quam parum, parum pro 
non magnopere, tam parum pro ita non, referendae. En singulas. 

9. Non parum damnat Seyffertus, ubi pro non medioeriter pona- 
tar; velut, si quem non parum laudari dicamus; hanc enim eius sen- 
tentiam esse, dubitare nequeo; quamvis ipse, ut in sequentibus, 
exemplis abstinuerit, de omnibus videlicet iuxta planeque persuasus, 
idemque Madvigii, credo, auctoritate potissimam confisus. Nam et 
locos, specie quidem sententigae ipsorum repugnantes, sed falsa, ut 
putant , lectione corruptas, enmdem, (ad Ciceronis hb.de fin. p. 781 et 
782) tractasse, refert. Causa autem damnandi non parum eadem 
Seyfferto, quae in caeteris locutionibus, de quibus hic agimus, fuit. 
Quippe viro docto guum, uti vidimus, parum ubique non salis esset, 
consentaneum erat non parum ei ubique esse non salis (pas trop 
peu, nicht zu wenig); unde consequetur, non parum taudari Seyfferto 


*) Quamvis autem paullum hic eamdem vim habere posse. arbitrer, 
quam, in simili contextus ratione, parum, non ideo minus, paullum sic 
rarissimum, parum contra frequentissimum esse, immo fere ubique usur- 
pari, fateor. Estque adeo haec certissima quidem in usu illorum voca- 
bulorum differentia ; at eadem, si me audis, non inde, quod parum ubi- 
que sit non satis, deducenda, sed ad ea referenda est, quae in quacun- 
que lingua plurima inveniuntur, quorum causas investigans, frustra la- ὸ 
bores. Apnd ipsum vere Horatium, cuius hic uno, quod ad paullum 
attinet, loco usus sum, alios habes, in iisque (a. p. 378) — ‘si paullum 
a summo decessit, vergit ad imum’, ubi absurdum foret paullum sic ao- 
cipere, ut in nil, aut paullum abstulerat accipi posse demonstravi. 
Scilicet in hoc loco prorsus diversa, quam in altero, orationis in contextu 
ratio manifestoque cernitur. - 


456 . De adverbiis parum, paullum, quin etc. 


ideim fore, quod satis laudari; sed hoc quomodo non minus esset, 
quam nor mediocriter laudari, non videbat; nec vero ego vidi. 
At idem, quomodo non parum pro non mediccriter, id est, pro 
multum, vel valde, vel magnopere, recte dicatur, facile intelligo; 
quippe qui, ut satis demonstravi, in simili locntione perum non pro 
non "salis, sed pro non multum, sicque non parum pro non non mul- 
tum, id est, pro magnopere sive non mediocriter accipiam. Hoc 

' jgitur quum mihi recte fecisse videar, 'interim non erit, cur vel 
Seyfferto, vel Grysario, Kruegerove, viris doctissimis, aut denique 
Madvigio credendum esse existimem; quos omnes ad caetera da- 
mnanda ἃ persuasione profectos cognovi, in qua ipsa, δὶ quid mihi 
credis, a vero aberrarunt, Seyfferto autem, apud bonae aetatis scri- 
ptores, saepene, an raro, an nusquam non parum invenerit, ignoro. 
Ipse diu quaesitum hucusque nognisi semel, sed apud Nepotem, in 
loco supra, $. 2, citato repperi. 

10. Quam perum Seyflertus damnat, ubi ponatar pro quam non, 
velut, si dicas, guam parum cupidus pro quam non cupidus. Hic 
egquidem metuno, ut, quid velit, ipse satis exploratum habuerit; id- 
que ne temere fateri videar, exempli causa haec adiicio. Pone enim 
me cui dicere nescis, quam non doctus sis. Hic, Seyfferto iudice, 
Latine locutas ero; sed, de quo homine sic recte loguamur, si quae- 
ras, continup patebit, hunc non modo non indoctum esse, sed plu- 
rimum abesse, ut doctus sit, debere; ita ut Gallice diceres fu ne 
sais pas, combien tu es lein d’öire savant. Sed pone 'vertendum 
esse tu ne sais, combien tu es loin d’ölre assex (i. 6. suffisämment, 
hinreichend) savant. Videbis, δὶς et me recte dictarum nescis, 
quam. non salis doctus sis, et Seyffertum, si, ut pntat, parum ubi- 
que est non salis, recte dieturum nescis, quam parum doctus sis. 
At hoc si et ipse rectum iadicat, non vides, cur idem de quam 
parum ita loquatar, quasi, nusquam Latinum esse, crediderit; quum 
tamen exemplo, quod hic posuimus, manifestum sit, quam parum, 

_ila, guam ipse verbo parum tribyit, significatione Latisum esse 
posse, quamvis non pro quam nor ponatur; si quidem aliud est 
quam non doctus, aliud quam non salis doctus; quemadmodum mul- 
tum differt, minimumne cibi sumas, an longe absit, ut ullam su- 
mere velis. Haec adeo intuens, satisne causae sit, vide, cur, vi- 
rum doctum hic, quid velit, parum repntasse suspicemur. Denigque, 
quod eidem quam parum nunguam Latinnm esse persuasum. videtur, 
foret sane, cur ei accederes, si verba illa, quod interim adfirmare 
non ansim, 8 nullo bonae aetatis scriptore coniuncta invenirentor. 
Verum ne sic quidem eins rei causam in voce parum pro non salis 
usurpata quaerendam esse arbitrer. Quum enim quam bene, quam 
valde, quam nihil Latine dicantur, cur quam parum non perinde di- 
catur, difficile erit causam probabilem, praeter usus arbitrium, ad- 
ferre; eo qnuidem magis, si quam parum et quam paullim inxta aut 
rara, aut prorsys inusitata inveniantur, Rarissimum certe' fuisse 
quam paullum, non metuam adfirmare, _ . 


- 


Seripsit 7. Ὁ. Fuss, 457 


'11. Parum Seyffertus damnat, υἱοὶ pro nor magnopere ponatur; 
velut, si dicas aliquem parum metuere pro non multum, non valde, 
‘non magnopere meluere. Nempe, quum Seyflerto parum ubique sit 
non salis , necesse est, eidem parum meluere esse non salis meluere. 
Mihi contra parum non &st non satis, nisi ubi orationis sive senten- 
tiarum talis est contextus, ut nihil intersit, ulrum parum pro non 
multum, an pro non satis (pas assez, zu wenig) accipiatur: de quo 
superius sat multa dixi. Sic adeo probabilis causa nulla erit, cur, 
ubi contextus ratio non repugnet, parum, etsi pro non magnopere 
positum, Latinum esse megemus; nec vero ipse non parum im- 
plicitus; haud parum displicuisse; adeo parum offendere; adeo pa- 
rum liquere; parum movere; parum metuere, usurpare quidquam 
dubatavi, ΄ 


12. Tam parum Seyffertas damnat, ubi ipse diceret ita non; 
velut, (si tamen, quid velit, satis intellexi,) si, hominem laudans, 
sententiae finem facias: fam parum, quam nactus est, sorte dignus 
erat. Hic Seyffertns, cni parum semper est non satis, te non Latine 
locutum putabit; quippe pro tam parum dignus dicendum esse ia 
non dignus. Nec minus, opinor, te damnabit, si quem dicas tam 
parum culpandum esse, ut magna laude dignus videatur. Caeterum, 
sive recte hic Seyffertus, sive. non, me interim nil impediet, quominus 
in eiasmodi locutione parum pro non multum accipiam. Itaque, 
licet in praesentia, qui ita sit locutus, non meminerim, tamen, id 
nullum fecisse, vix credibile existimem. 


13. Iamque de singulis, quae, ut supra dixi, cum locis sine 
interpretatione coniunctis miscere nolebam, satis mihi disputatum ar- 
bitror. Quod autem in singulis hisce virum, inter Latine doctos 
merito celebratum, ante alios idoneum, cui meam sententiam oppo- 
nerem, iudicavi, id hac una causa factum est, quia in eius Palae- 
stra Ciceroniana p.83, plenins, quam in aliis, queis uti dabatur, 
libris, indicatum videbam, quousque progressa sit de usu adverbii 
parum quaestio, quidque in ea sive iam satis expeditum, sive etiam- 
num rectius lucidiusve explicandum restet, ut, sicubi dubitationi locus 
relictus, aut hanc tollere, aut, si parum succedat, ad verum utique 
propius accedere queamus. 


14. Disceptatiunculam hanc componenti praeter ea, quae ha- 
‚ ctenns, fangnam praecipua, queis falsam mihi visam persuasionem 
refellerem, coniunxi, alia non pauca occnrrebant, quae, tametsi le- 
vioris momenti, tamen ad rem plenius penitusque cognoscendam non 
minimum conferre possent. Sed enim ea hic tractare, quin con- 
stitutos disputationi fines longe excederem, non dabatur. Inpri- 
mis vero de vocibus parum et paullum, quas (δ. 7. et 10.) compa- 
rans attigi, tam paucis contentus non fuissem; ac magis ‚etiam de 
raro äut freguenti adverbii parum, quibusdam in locutionibus, usu 
libenter egissem; ubi multa, quorum in causis investigandis et difß- 
cillimus labor, et saepe successu carituras cernebatur. Quali in re 


\ 


7 


458 06 δᾶἂν, parum, paullum etc, Seripsit‘J. D. Fuss, 


nibil magis cavendum duco, quam, ne eos imitemur, queis ut de- 
cretam est in lingnis nihil non ad certam rationem revocari posse, 
sic usns arbitrio vix ullas hic relinguere partes consueverunt. @Qunod 
genas philologorum, inter quos viri sane doctissimi, et frequentius 
hodie est, et numgnam vehementius Latinis quoque litteris nocuit. 

Finem exigui de re non ita parva libelli facimus, caventes, ne 
quis forte ad veram, quam profitemur, aliam nobis mentem, ἃ pro- 
posito longe alienam, adiiciat. Scilicet alind est rarissima, eadem- 
que saepe nec satis certa, commendare, aliud, sive suspecta, sive 
pro falsis habita, cur tamen vitiosa non sint, docere*). Alterum 
enim, ne lingnae scriptisve veternm iniuria inferatur, utilis, et ommino 
verum amantis opera; alterım antiquarii morbo laborantis, idque 
agentis est, ut horridos putidosgue scriptores potius, quam cultos 
venustosque habeammus. Qualis usus omnino valde rarus, sed ra- 
rissimus, quum ad ea, quae apud scriptores inveniantur, maxime 
vero ad verba locutionesve refertur: ubi equidem vix unam alteramve 
illius usus exemplum exstare facile crediderim. Idem tamen car 
acciderit, causas quasdam non inanes mihi videor repperisse; in 
quibus est veterum res grammaticas tractandi sive ratio sive Ccon- 
suetudo, ἃ qua reeentiores non uno nomine valdeque discrepantes 
inveniuntur. Sed haec longae disputationi materies. Verbum autem 
pceurrere, qüuod, δὰ scripta sive libros ea, quam dixi, ratione re- 
lätum, pro bonae aetatis scriptoribus indieto haberi possit, tamen 
in aliis rebus, nec prorsus diversis, pro inveniri, exstare, esse, 
usurpatum, bonorum scriptorum auctoritate, tametsi hac quogque 
admodum rara, non destituitur. Quo equidem traxerim Melae 3, 8, 
caeterum oris ad eurum sequentibus nihil memorabile occurrit, et Pli- 
nii, 10, 47, in caeteris (avibus) nihil memorandum occurrit, eius- 
demgue, 5, 8, nec de Africa plura, quae memorentur, occurrunt, 
In quibus omnibus cavendum, ne occurrere ad auctorem referas, 
qui sibi nil occurrere, i. 6. se nil meminisse diceret; idque eo magis 
cavendum; quoniam contextus in hac locutinne talis saepe ratio est, 
at dativus recte subintelligi possit, Hic contra, occurrere pro in- 
veniri, sive exstare, vel, si mavis, pro tradi usurpatum esse, ma- 
nifestum. | 


*) Voces et loentiones, quae, etsi res passim obvias, varieque di- 
ctas, exprimentes, rarissimae tamen manserunt, mihi in Latinis recen- 


ade rem universe intuenti, non placere, ex is, quae in adnotatione 
a 


Krit. Beit. zu einig. lat. Schriftstell. Von Dr. Nolte zu Araheim. 459 


Kritische Beiträge zu einigen lateinischen Schriftstellern. 
Von Dr. Nolte zu Arnheim in Holland. 


Inhalt. 

Vollständige Angabe der Varianten des Codex Arundelianns in des 
Tacitus Germania. — Einige von Orelli nicht angegebene Varianten 
in des Tacitus dialogus de oratoribus. — Erklärungsversuch einer 
Stelle in des Tacitus Germania, — Auszüge aus ten Nuyl’s hand- 
schriftlichem Commentar über die drei kleineren Schriften des Ta- 
citus, — Emendationsversuch einer verderbten Stelle in Manilius’ 
Astronomicon und Quinctilianus de inst. Or, 


No. I. 

Im alten Cataloge der Leydener Universitätsbibliothek befindet 
sich auf p. 399, Col. 2 unter No.7 der Vossianischen “MSS prae- 
cipue Graeci, varii argumenti. In Octavo et minore forma’ die 
Varianten des sogenannten Codex Arundelianus, die wir im Nach- 
folgenden vollständig mittheilen: 

Pap. 1. im Codex Vossianus von den Varianten des Cod, Ar. 

Variantes Lectiones ex MS, Pircheimeri qui est in bibliotheca 
comitis Arundelli ja librum Taciti de moribus Germanorum. 

A Gallis Rhaetiis et Pannoniis] ita MS. Non ut vulgo Rhae- . 
tiisque et Pannoniis, 

A Sarmatis Daehisgue mutuo victu a. m. seperatur. 

Latus sinus et insularum immensa spatia εἰς. 

Quibusdam gentibus quos bellam aperuit. 

Mocdicu flexu etc. 

Danubius molliter et clementer edito montis Arnibae, 

Septimum os paludibus haurit.' 

Ipsos Germanos indigenas tradide, minimeque etc, 

Nec classibus advehebantur. 

Et immensus ultraque sic diximus, 

‚Quis porro propter periculum horride et incogniti 

Tristem cultu aspectu quam non patria sit. Ita prius scripfum fuit, 
sed correctum hoc modo: tristem caltu aspectugue cui non ‚patria sit. 

Tuistenem deum terra editum eius filium Mannum. 

Conditoremque, 

Ingeriones, medii Hermimones,: ceteri Histeriones vocantar, 
Quidam ut lic. veto plures deos ortos. 

Vandasos. 

Ut nuper additum, 

Primum Rhenum. 

Expulerunt, ac nunc Tungri ac G. vocati sunt. 

Evaluisse paulatim primum vavictore demum mox et a seipsis 
invento nomine vocarentur. 

Virorum fortiam: ituri in praelia etc. 

Quem Blandienm vocant. . 


460 Kritische Beiträge zu einigen lat. Schriftstellern, 


Terrena enim trepidantne. 

Nec tam voces ille quam mentis concentus videtur, 

Nominatumque dpvTealiov. ἣ 

Affırmare argumentis. 

pag. 2. ᾿ 

Item eoram opinionibns accedo, 

Propterea et sinceram et tantum. . 

Unde habitus quidem corporis, sed corr. corporum, 

Rutilae comae, corpora tantum ad imp. val. |. atque operum 
non eadem potentia, 

Sitim et aestum tollerare. 

Terra’ etsi aliquan'do specie aret. 

Qua Noricum, qua Pannoniam aspicit. 

Numero gaudens, h.aeque solae, 

An irati dei. 

Nec inde affrmaverim. 

Aurum argentumve gignere. 

Vasa argentea. 

Non in alia utilitate. 

Interiores simplitius. 

“ Servatos bigatos quoque magis quam aurum. 

Facilior usui est. 

In modum nostrum docentur. 

Apta et congruente equestrem pugnam veloc, 

Ex omni iuventute delectos, 

Differunt et numero, Centum e singulis pagis sunt. 

Iam nomen et honofis. Publice aluntur iisdem nemoribus ac 
. Iudis candidi et nulla mortali ope contacti quos pressos sacros curru 
sacerdos arcet vel princeps. Folium hic integrum -omitt. io MS, 

Comitatur. - ᾿ 

Cum qua bellum gerunt, eum captivum. 

Cum aliquo electo popularium, 

Victoria huius vel illius pro ludio accipitar. 

Coeunt ne quid fortuitum subitum incidat, 

Impletur luna aut inchoatur. 

Hoc auspitinm certissimum initium credunt.. 

Id ex libertate. 

Nee ut iussu conveniunt. 

Ut turba’ placuit conveniunt armati. 

Auctoritate magis suadendi. 

pag. 3. 

Accusationem quoque discrimine capitis intendiSt. 

Iniecta insuper positos rate mergunt. 

Scelera ostendi oporteat antea operimuntur flagitia abscondi. 

Convicti mulctentur. 

Pars ipsi iudicatur, Eliguntur in iisdem, 

Principes qui vita per pagos et vicos excellunt. 


Von Dr. Nolte zu Arnheim, 461 


Tum eum in ipso concilio, 
Trameaque invenem exornant. 
Ante hoc donum parum vidAntur, mox, 
R. P. Μ 
Magna patrum inclita principum. dignitatem. 
Aggregant πος rabus inter comites gradus quin ipse etiam 
comitatus habit. ' 
Apud suum principem. 
Et priocipium cui. 
Haec dignitas habet vires magno super electarum. 
Rem vero infamem in omnem vitam ac probrosam. 
Principum sacramentum est. 
Princeps pro victoria pugnat. 
Si civitas in qua sunt longa pace. 
Petunt intro eas nationes. 
Magnumgque comitatum non nisi in bello tueare. Exigunt enim 
principis sui libertate illum. 
Et quamquam compti, largi tamen. 
Vocare hostem , et vuluera. 
Et in omnes videntur sudores acquirere. 
Sanguinem parare. 
Plus per otium dediti somno, 
Delicata domus. 
Senibus et infirmissimd cuique. 
Ipsi habent intra diversitäte naturae, cum quod homines s.a.i, 
ediderin quietem. 
Gaudent praecipue suarum gentium donis. 
Sed.et publice, 
Phalarae. 
Non nostro more connexis. 
- pag. 4. 
Aut tegularum usus, 
llliniunt terra. 
Picturam aut liniamenta, 
Multo insuper fimo operiunt, suffugium εἰς, 
Et si hostis aliquando advenit. 
Ceteri intecti totos iaxta focum. 
Sarmatae atque Parthi. 
Detracta velamehta. 
Pedibusque belluarum, 
Habitus, neque foemine, saepius. 
Partem magis laudant. Nam proprie solum Barbar. 
Dotem non uxor, sed uxori maritus affert, 
Propiaqui qui ac munera. ᾿ 
Frenatum equorum._ 
Aliquid affert viro. 
Putet, tempus recipientis matrimonii auspitiis admonetur. 


462 ' Kritische Beiträge zu einigen lat. Schriftstellern. 


Veneris et. Iaborum periculorumgne. 
Ausuram hoc coniuncti boves. 
Sic vivendum, sic-parentes accipere, | Bi. liberis, 
Ad nepotes referantur. Ergo septae pudicitia. 
Quorum poena parentibus et maritig permissa. 
Intisis erinibus, i 
‘ Per omnem vicum verberans agit. 
Publicas enim. 
Nemo illic vitia ridet. ΕΝ 
Nec corrumpere nec corrampi secundum vocant. 
Votaque uxoris semel transgrediter. 
Quo unum corpus. 
Nec ultra ulla cognatio, 
Ne tanquam maritum, sed tanquam. 
In haec corpora nutriuntur et crescunt. 
Non ancillis‘ ac nutricibus. 
Educationis delitiis agnoscas. - Sera iavenum . Von, denique 
:  inexhausta pubertas, ἡ ἘΝ 
Iuventas similis. 
Partes, validae miscentur, 
pag. 5. 

Obsidibus maxime exigunt, 

Tanquam .et in animum firmius. | 

Heredes tamen succesionesgue suis ’ouique- liberis. 

- Patrui, avunculi, plus propinquorum. 

Tanto generosior senectus, 

Amicitias necesse. Nec implacabiles. 

Recipit satisfactionem, 

Convictibus et hospitiis non alia gens est, cum deficcere qui 
modo .hospes fuerat, monstratio hospitii et comes proximam domum 
ininvitati adeunt. 

Pari humanitate accipiunt. 

Ad ius hospitis. ‘ 

Poscendi invicem eadem facultas, 

Statim e summo. 

Calida aqua ut apud quos, 

Nulli probrum. Sed de reconciliandis invicem.: 

Aut ad simplices cognatos pateat animus. 

Aperit ad hoc secreta pectoris. 

Ergo dilecta et nuda. 

Similitudinem vini corrupti, ; un 

Cibi simplicis, - | 

Recens sera aut lac concretum' sine apparatu. 

Et in omni caetu idem. potentia divereis legitur inter hircinam 
silvam et rhenum memimque amnes, Excidit in MS. folium. 

Ulteriora Boique Gallica utraque gens tenues. Manct adhuc 
Bois e munere nomen significatque loci veterem viae memoriam. 


κα 


Von Dr. Nolte zu Arnheim. 463 


Treviri et Heculi. 
- Germaniae originis. 
Triboici Nemetes ‚Nubii. 
Colonia esse invenirint. . 
Transgressi olui et experimento. 
Gente virtute praecipui Batavii. 
Insulam Rhetii armis coluns Cathorum. . 
Pars Romani imperii foret. 
pag..6... . 
Antiquae societatis nam et tributis contemnuntur. 
Exemti honoribus et collocationibus. 
In usum priorum suppositi. 
Magnitudo populi ultra Rhenum, 
Similes Mactiacis nihil et ipsi addunt terrae suae. 
Non miraverim inter Germaniae, \ 
Eos qui decumatos agros, 
Caiti initium sedis ab Herimo salta inchoant, 
Paulatim rarescunt, Cathos suos. 
Proponere electiones, audire propositas. 
Differentias impetus, diem vallare noctem, 
Quodque rarissime non nisi Romanae disciplinae. 
Alios ad pra’sium ne videas, Cattos ad bellum, 
Cunctatio proprie constantiae est. 
Nec non hoste ceso. 
Virtutis hi oris habitum. 
Velut vinculum gerit. 
Ne in pace quidem cultu mitiore mansuescunt. : 
Usipi ac Teveri colunt. Teutones super. solitam. 
Peditum laug quam Teutonts equitum. 
Hic Jusus infantium. - μον . ; 
Perseverat. senes. , 
Ιυχίγα Teutones Bruteri olim oecurrebant, 
Nunc Camavos et Aggrivarios migrasse, 
Pulsis Bruteris. | 
Seu facie quadam ergo nos deorum. 
Quando in vergentibns imperii fatis, 
Agrivarios et Camovos a tergo Dulciborni et Chasparii claudunt 


aeque, gentes ac perinde memoratae. . 
Frisi. ” 
pag. Ts 
Frisis. 


Et modo virium. 

Navigatis Ipsum quin etiam occ’anum teutavimus. 
In claritatem eius referre consuevimus. 
Chaucorum gens. 
Frisis, - 
Latebris obteaditur, 


464 


cum 


PP 


Kritische Beiträge zu einigen lat. Schriftstellern. 


Taononensium terraram spatium, 

Cavei, sed et implent. 

Marult iustitia tueri. 
Raptibus aut latrociniis apellantur. 

ld praecip. 

Si res poscit exercitus. 

Ut quiescentibus, 

In- latere Caveorum Cathorumque. 

Pacem vi lacessiti nutrierunt, 

Qui inter impotentes, 

Nomine superiores sunt. Itaque olim boni,' 

Inhertes ac stulti vagantur. 

Toti continua gens adversarios rerum, ex quo sotii sunt, üü 
in secundis, 

Eundem Germaniae titum, 

Et magni exitus fidem. 

Computemus consülatum. 

Amisso ipso Venti dium dejectus oriens deiecent, 

Occasionem discordiae nostrae, 

Et Gallias affectavere. 

Rursus pulsi, nam proximis temporibus,. 

Calthanim tente ronımque gens. 

Nodagque substringere. 

Separantur in altis gentibus. 

Cognatione aliqua, seu quod saepe, 

Rarum et in ea iuventae spatium, 

Capillum retro sequentur. 

In ipso solo vertice negligant. 

Ornato rem habent. Ea cura fortunae, sed inopiae. 

Hostium oeulis armentur. Vetustissimos nobilissimosque Sue- 


vorum Semone memorant, . 


Religione sinatur statuto tempore. 
Sacrum nominis eiusdemque sanguinis, 
Cesosque publice hodie celebrant Barbari. - 
pag. 8. 
Subiecta atque pereuntia. 
Autoritatem senionum fortune. 
Longnobardos. 
Nobilitas plurimis ac valentissimis nationibus coniuncti non per 


‚ obsequium. 


Ang)ii et Varnii. 

Verthum id est terram. 

Invehi populus arbitrantar. 

Dicatumque in ea templum veste contectum. 
Multa quom veneratione. 

Laeti tunc dies festa quemcumque adventn. - - 
Clausum esse ferrum pax et quies, 


Von Dr; Nolte zu Arnbeim. : . 465 


Tunc tantum armata done, . ᾿ nn . 

Secreto lacu abluitur δαὶ ministrante. | 

Quid si id quod tantum perituri vident, 

Pars verborum in secretiora porrigitor. propxipr ut quoniam 
paulo ante. 

Danubiam sequatur Hermundiorum, 

Non ripa commertium. oo ΝΕ 

In Hermundjis. Albis. Ba a 

‚Marisci. 

Nec Marisci eaque_Germaniae veht. frona. .,. 

Danubio peragitur. ὁ. 

Marcodetüi et Tudri gentes iam et externos, 

'Nec minus Üüalenti retro Mansigni, Gatini, Osiburi,. . 

E quibus Mansigni ab omnj sermone; cultugne. 

Gottinos Gallica. 

_Quadi etiam, Emigenis imponupt. 

Pudeat ferrum. ΝΣ 

Montium iugaque inscenderpnt. 

Sueviam extimum montium ipgum ultraqye plurimae gentes. 

Latissime post Ligiorum.nomen,. -. 

Nominasse sufficeret Harios Helyeronos Maricino "Heliscios, 
Nahannovabos. 


I, 


pag. 9, 
Sed deos "Castorem Pollusemgue Wwemorant, ‚ea vis in unum 
nomen aleis nulla simulachra.. on " 
_Fratres, tamen et iuvenes. , ... en 
Caeterum alii super uidere ‚qnamvis enumeratoe: ua hi 
᾿ Truci insitae feritati.  . ... nn un 
“"Noctes eligunt. um en a 
.. Oculis vincuntur, | εν να u 
Gothones regnant paulo i iam adduclius. μος 
Portinus deinde ab Oceano, Rugü ‚Lemonü omniymgne. 
Ergas reges. 
Suironum hinc. civitates ipse in Oceanym praeter, 
Eo differunt quod utrimgue. prora. .  ... 
Paratam aspera pulsum frontem agit. . .. ..... 04 
Solutum in quibusdam Aluminum,, | " 
Hinc alis illinc remigium et apud illos. ee 
Clausa sunt custode et ‚quidem, suo, 
Hostium cursus prohibet. | | 
Otiosa porro armatorım acies per 'caneos comppnitur.. Codes 
loco dummodo rursus instes οί quae supra omittuntur, hoc loco 
ponuntur in MSto. τον er 
Consilium inire ignominio fas., . u 
Infinita ac libera potestas. on 
Duces exemplo potins quam imperio, _ 
Administratione praesunt, rn 
Archiv ἢ Phil.w. Paedag. Bd.XIX, Bft. 3. 30 


460 Kritische Beiträge’zu ’einigen- lät. Schriftstellern. 
Neque vincere, ne-verberare. Ὁ EEE en 
Neo dictis iussu.. 
Velut Deo inspirante. " 
.:Detracta lueis in praelio sunt. 
Praecipium fortissimis incitamentum est. 
Nec fortuna conglobatio: 
- Laudatores adiurans ad coniuges. 
Vulnera .sunt, nec illae mirare nec exigere plagas parent! (So 
hat Vossius.) ΝΞ , 
Memoriae proditur apnd quasdam acies. . "© 
Et monstrata communi captivitate. _ ΝΕ ΝΕ Ν 
νον pag: 10. τς ΝΕ ᾿ " 1, 
Üt officiati- obligentur anni civitatum, ' nn 
Imperant hi esse qui etiam sanctum aliquid. © nn 
Consilia earum aut responsa. 
Veledüm diu apud plerosque minus. loco aitian, Er et 
olim complures alias. 
Mercurium colunt quoi certis diebus. 
“Herculem-'ac 'Märtem toncesis animalibus. 
In modum liburnae signatum''docet. ' 
In 'ullam- kumani hominis spetiem. 
Secretum id quod sola reverentia vident. 
Publice consideret sacerdos civitatis sui privatim. 
- :Si"proliibuerint nulla ‘de eadem re in endem die, 
Et id qnidem etiam hoc votum avium 'voces, ' 
Equorumque praesagia ac motus esperiri, nüdi iuvenes quibus 
id ludicrum est gladios' se atque infestas‘ frameas iächint, d&cquae 
sequuntur, quae omnia praepostero ordine in 'MSto eollocantur. 
Artem parit, ars decorem. 

Lasciviae patrum est voluptas eropectanfium. Aleaim äbidem 
mirifice sobrii. rd 
Cum ommia ‚defecenint' extremo' et novissimo." ΕΝ 

De libertate ac de corpore. “ 

Eam in re’parra pervicaciam ipsi fidem vocant, 
Conditionis huius commertia tradunt. ' Ze 
Ut se quoque pudori victoriae. " 0. 
Non mertium more ‚descriptis. 

Suos quisque penates. 

Frumenti iure dominus ant 'pecoris. 

‚Hactenus iteret. Caetera domus. 

Vinculis’ et ‚opefi cohercere. N 

Ira et inimicum neque ‚Äimpane 7 ee 
Raro aliquid momenti in domo, 
Gentibus quae regnantur. [δ] enim.' 
Impares liberi hibertatis, 
Magis servantur quam sincerum u τ“ 
 Agrum pro numero cultorum. ἦς u 


. 


ες, Von: Dei Nolte:zu Arplkeimi: . 1.7 467 


Ab, wwiversis vices ‚oenupanter-.quas: mer. BE FE | 
Secundm. dignitatem partinnter... : ΞΕ 
.PaBs: Ada DE eo “9 


ον Ausplitndiae soli Iabone. contendent... εν ΝΣ 
- Prata separant nt::hortos.rigent. a ἯὩἊἜἘα 
‘  Bona igoorastnr finiet non nulla ambjtio. ar re | 
Solum: obegryant ph eprpera:, 0“ | | 
Quorumdum igitur et equus adicitur Bulchrum cespes. 
Tarde deponunt foeminis, 
Hoc ip commune de omni Germanoram genere ac. 
-- -Ritustpaei-quatemib /demihamt.! ©: 0 1: 4} 
.:» ılar Gallfas dommigrerent eupedtam. ' ee N en 
Ὁ ‚quaedue ' gens’ ewaluerat‘. gerimhretgäb "jeden promiseuas 
adhuc et nulla regnorum manus facile. Enimvero neque "nobilem 
manum neque ingenuum ne libiittieue’ quidem armis proponere regia 
utilitas est, Terras Suivonas aliud mare &ct.. Hic revertit MS 
liber,. ad ea unde digressus fuerat. ὦ en | ᾿ 
Äc proprie immotum. ' I tn ΝΣ 
Claudiqui Herranim orbem. 1, 
Quod extremum radens iam solis falgor, in ortu se durat, 
adeo clare ut sidera hebetet id 'est sonum. - 
; Autdiri :fortunasgee  eoram at ‚radios. ı 
.:Ut fama non. tamen: natura... 9.20 nee 


. 
% 
Φ 


: Gentes' abluunfuti .΄“ + 9ῦϑ 1.1: rer, er 
. Pro..anmis: omnium ‚quaegue. inte, νιν ES er 
rn ii gelesim. vocast. .. 11: ne \ ERrue: 
::Nec.:quae natura. ‚gnaene MOR gan, ΞΕ 
- ΟἹ Bude. Jegitir pretium. !:-.« -- Δ N ee 
-»/ :Buccum‘ tamen; arkiorumi Intelligen. . ΟΝ 


τοῦς Φ)άγοερθηξο: materia 'claudnatur, .' δὴν “Toien. : 
Nemora lucique sunt orientisu - . "un. u" τωρ τοι 
ον „Bbi:mirra.balsamague sudänt. να ἀν μὲ Ὁ 
‚Inesse csödendum.gqiae. vieini: solie. fadiis. ΝΕ 
. In- möglum δοοοποϊέψε. δἰ 486. δίαμι piaguem < εἰ. lie ὁ nor. ‘in 
picem resinamve lentescit. 
.‚Suionibus Sitonum gemten. :., | : ἀρ πα δ δος 
- Foemina .dominatur.itemgue.: ποῦ made. a Eee 
PaS- 11. vo. ne εν ἢ ! 
; Deganetaf. id ; εξ ἫΝ . 
Prutiorum Venetorum et Femiorum. en, nn! 
.Germaniae ‚an. ,Särmaätis adseribam, . 7. ἜΣ 
Quamgquası . Prutini- quos:quidam; "man En 
:  Sommuhlis. miitos..  ::. ΝΞ ΝΣ 


. Sarmataram habita: fedantuf: . . , 1“. 

. Veseti:multass ef ᾿ϑιοεῖθηδι presunt., “" '. . 

‚Inter. inittimos Sennosque eiwarıım, ac- montiun eisgitur lar. 
trocinüis. oh. 


805 


488. Kritische Beiträge 2 einigen lat. Schriftstellern. 


Quia et deos fingant: et scuta'geutunt, et pedituni'usu. 
Equoque iuventibus temırs intra ‚feritan (So:Voss.y. ᾿ 
‘Nec aliud infantibus foemihärum imbrium ‚suffugium. 
Sed beatius arbitrantur quam ihgeniom: agris; in tabore demibus. 
Ne voto quidem opus esset. "Caetera iam fabelone, Alvosios et 
Oxianos ora hominum- δ. a beta Min, 
EXPLICIT CORNELII TAcıTT ΝΕΡΟΤΙΝ LIbER: 
u 


Num, I. " ΝΝ Ν" ER 


In Dial. de oratoribus. cap. 21.hat.Codex Perisonianns: -- 
‚nisi qui et carmina eorundem miralur’,. und cap, 26 ‘veritus eredo, 
pe mulfos Iaederet,’ Beide Varianten siod Fon Orelli nicht, ‚angegeben. -- 


ray 4 1 rt Nas Ἠξ: “ ΝΞ EZ) 


“Ὁ Βο German, cap. 8 Sunt ilfis haec quoque cdrmin etc. haec 
nicht auf proelia bexogen und carmina gefasst werden ‚können als 


Gegenstand der carmina? — ΝΕ 


Ν ‚Nom, W. 

Im Catalogus librorum MSs, mit weichen. vom Jahre 1741 an 
die: Leydener Universitätsbibliothek bereichert worden ist, befindet 
sich p. 174 unter No. 586. *XXTII. Gronov. 102, Libellus' 60 folio- 
‘ rum in Octavo, S. Tennulii Adnotatio in Taciti-Germaniam, Vitam 
Agricolae, et Dialogum de causis corruptae eloquentiake, Constat 
accurata πος indocta expäieatione verberum. ——.: Catalog. Gron. 
p. 61, No.68.” Am Schlusse des Werkes .stebf: “Finis. Anno re- 
paratae nobis a Christo Iesu Salutis MDGLAV.. pridie: Nonarum Au- 
gusti. Samuel Ten Nuyl.? Wir:tkeilen dem Leser. im ‚Nachfolgen- 
den einige Erklärungnn daraus mit: : nn 

Germ. 1 Lati sinus] = spätiosa. maria. terrhm ieträmtia, -- 
Insularum immensa spalia] maximas insulas. : lb. de: οτδὲ, :c. 19 
Jmperstissimasum! orabionem sputia pro verbosis et dongis: sed sine 
sensu orationibus. 

c. 2. Adversus oceanus] qui positum ant pertinet ad‘ partem 
orbis nobis eontrariam, δὲ antichthones vel antipodes sunt. Stat. 
1. Theb. v.539: Tethyos adversde. 

Tristem cultu aspectuque] quae nee coli nec hakitari nec vi- 
deri iucunde possit. 

Ita nationes nomen non 'geatis’ xalaisse] ita quod. partis unius 
populerum illorum nomen fuerit, nen omnium asu :et:gignificatione 
eo usque productum esse, ut primo Galli omnes Transrhenanos dice- 
rent Germanos, ab illis a quibus Rhenum 'transgressis:eraut devicti, 
pari metu omnium, idem omnibns: nonien - iribuenteb;- :posten iidem 
γύρη Rhkennm ' 'transgressi‘ proprie se nomine voraverant: Tahgros. 
Sall, Iug. 101. 


"Von Dei, Nolte zu Aroheim.: 469 


.cap..& Satis ferox} pro ablative: plarali nz. frugen et legumina e4 
quae seruntur affatim producens. Virgil. Sata laeta, beumque: labores, 

cap. 6 Definitur. namens] stotnitur et constituitr. — ‚'dque ipsam] 
hondradlag yogastur,. «: .: - .. 

cap. 7 hat er infnita Jant, libers potasfany: — eigene plages; 

cap. 11 Ut turba plaeuit] Melior leatin. - 

cap. 12 sealera], in; qeibes, est. attocitasi; — Fingita] ὦ in. quibus 
est turpifude. et.dedeeus. . . -. 

cap. 13 Principis dignationem ee, } fackint, ἐψηξ. etiam adoleseen; | 
tuli guidam..qui tantım ex Ephebis exeasserunt, eligantun principes, 

cap. 19 Et cum‘ spe .votoque.atc.] -spes: votamque. ‚puellarumı.de 
φοπραρίο. eaningie sartientHe. non. repeliter, :non iteratur. ΘΟ: 

A ,(Quomode. num corpus -etc;]; quae !scil; aminsa- nunquam. rd» 
eunt. 

‚Ne.ulla,’cogitatie ultra ete.]: wt assuescant.. non: alinn optare, 
non 1 Posten ‚cupere. nee.:quem. babent. mesitum, at unam.-personam, 
suins,.in Jocum paossit alius suıcoedere, . sed. ut ammem ‚spam con- 
jugi. ament. - ᾿ oa dee 

.<3p- 80 Romanze Hisciplinae, legt... : 

ap. οἱ Iamgue sanent. (Gron. carent! legendum puiat) ; inaignes 
etc.}. quie - ‚habuerung et.per..ılätam. cansam ‚deposuerunt illum- ferrenm 
annnlum , eo ipeo- insigoes. et. elari. habentur et. ‚hostihns sis SulSr 
que spectati. BEE 

. ‚Visn nota- (lege) culty. mitiete. diese) etc 
με 86 Fracti ruina] lege. = ᾿ Br Euer 
p. 38 -Insigne gentis — substringere] pecaliären nofam ha-. 
bent, "quod capillum oalligant # m veripat,. ve‘ in vertice ; ‚sbique mode 
viacant...' 

«ἄρ. 89° ‚Adieeit Ὁ πὶ habehitaittar (lee) ori} ΤῊΝ οὐπυήν 
et ‚religione maiorem fidem tonciliat potentia viresqne 'et op&s natio- 
his, 86 cemtum pagos implet, ‘atque äden vel- ob 'fpsam magitu 
dinem suad civitatis, se prineipes. Suevorum' fernnt: ΝΣ : 

 eap. 46: Sordes omnium ac torpor] = 'ormnes 'sordidi,- ignavi.— 
sunt, ac Procerum connubiis mixtis, nonnibil in Sarmatoram ha- 
bitum foedantur]) = sed quia pfoceres. eörum ‚gäudent e Sarmatis 
uxozes petere, de ilsdem' nonnihil‘; in kiabitum » 'sive ‚ gorporum sive 
vestiunh äsciscunt. Ὁ 


κοὐ ὐξιν τρις ΠΝ ΕΣ Er EB 
De Akricotal BEE A 
cap. ı Quamgqnam suorum etc.] — cum sperneremus ‚808 aus 
bus intereramus, qın. ea ‚aetate vixerunt, qua .nos,, , ᾿ 
Iguorantia recti] == qua prasatangia ilorum, RR. potest agngee 
per. vulgares. homines, . 
ον Sine. gratia ef ambitigng] npn. 'velchant Dlanere, "quad gupgrant 
testimanium. zeddere snae ‚industriag , | äve. ef qnod..hil, aljud pro- 


’ 


470 Kritische Beiträge: zu.einigen lat, Schriftstellern. 


positum habebant, quam ut‘ walinfiterdat‘ mu deriderio ὌΝ ‚de re- 
publica‘ 'merendi .- |. 

 Bonge ‚tantamı .conseiantiae 'presio] ‚dnosbantut. . 
Fiduciam potius morum] = argumentum potias‘ indobi- 
tatae.guse: et ipsis quoque enguitae probitatis, 

Er liest ni cursaturas, + ᾿. "' εν ἢ τα τ με 

: eap, $ Facilitatem :unperii]': ‚commoditatens, 3 ᾿Ἰκεηϊδαέει; - 

Nostri superstites sumus] = ργϑεπιοσίθα q. \mälord' εξ ‚iieliore 
parte 'nostri .aegrim .spiritum trabentis, ll. 

ὁ eäp; 6. modu rat, et abund. duxit] = tantam iNeos dena; 
quaasam rationi jconrenieng εἰ 'suflicare' videbatun ee 

Uti longe a Iuzuria ete.] «= quemalmodum non ἈΝ 
sic tamen-magniäßoe, üt de splendore Illorum homines’ ‚togfierentur, 
et fama excitaretur. 

‘Leber: die sehwierige Stelle: ‚Invicem- ‚antepönerde Yupsemper 
alter altexum sibi ;anteporieret, 'potiorem :'duceret: ie utorem, illa 
maritum) — 'nisi quod etc.) qua ex re“ uterque "parem ' laudem 
meruit, nisi quod bonae uxoris. tanto maior debet esse las‘; Julio 
mala uxor gravius malum est: -!(minor laus; 816 ᾿ἀαϊάδην' legaitt) — 
qua in re βίο minoreimläudem uxor 'merait' Qunne 'maritus:‘ sed fit 
welgo, ut: boda uxor non! taptopore laudetar;;' qttuim'-calpetur' meh, 
qui& qmae buna est videtar'nihil ‚aliud facere -quam offitiam quod 
debet, at mala nullum malum gravius est. 

cap. 7 Ne cuius'alterlus sacrilegium. resp.’ αἱ Neronis fecinset] 

== ne quis praeter Neronem aut post edmi de 'sacro raplis frmeretur. 

‚Gap 10 .hat'er nit ‚et. hiemd. abdebat: τος qune propter.;perpe- 
tmam biemem et:ingentbs- nineg inacoessa eratı :. . 0, 

cap. 18 velox ingenii, mobilis poenitentia] — nulla i in, 76 con- 
sistene,, instabilis, ‚inconstans «et in ‚chpras mutans propogitum. 

‚cap, 18. .altering manps , genturiones alterjun.vim.et sentumelias 
miscere] —= ‚procaratopega per. ‚Bpparitoreg, ‚et .minigtgpg aus, Iegatum 
per centuriores omni.genere, violeptiae et, cantumeliae gragsari, 
[εἰ cap. 27. Αἱ ‚Britagi folgt er..Freigshaims von: n:Gronor sebiligter 

‚eseart, nd 

. ‚cap. 46, Temporalibus]. lege, immortzlibus. _ or 
‚ - Si. natura suppeditat militum (lege ‚imitatuı. ‚aut, similitudiney ‚de- 
coramus] — si assequi nobis tantum liceat similgg ‚nos .tibi_prae- 
stando colamus. 

Aus den Erklärungen über den Dialogus, die von Fol. 37a — 
59b sich erstrecken, (dagegen die. über die Germania nur von Fol. 
1a— 160 und die ‚über ‚den Ägricola von 17a—36 b) heben wir 
diöses aus. ' ΩΝ I 

Ex stylo videtitr sinlogus edse Quinetifiant, 

“eäp: 1 lisdem numeris] imitatur Virgil Εοὶ, 9, 45: Nünerde ı me- 
mini, si verba tenerem; — verba non possum teferre, sed sensum 
persetjuaf. —— -Nütneri sent ‚Birnguli''sensus;,' Hei Singulae' sententine. 
ri eap: δ᾽" Reue dcipletior] - dieiar‘, " οὐΐωξ΄ fähte’ But bone) αἱ 


Von Dr. Nolte zu Arnheim. ur ga 
lauta possit &eri confiscatio et magnum praemiam obveniat aucasatars 


bus, ideo sit quadruplatoribus in maiori periculo. 

cap. 7 liest er mit Freinsh.: Quod in animo oritur, nec in co- 
dicillis datur u, vgl. Maxtial, 14, ep. 4. _ 

‚cap, 19 Nunc, mihi cum etc; (lege) non vera πες, 

cap. 27 In vorabulo miratus, latet aliguid vitii, 

: cap. 38 Quae ‚etsi nuac aptior 'est veritati etc.) — inreniende 
in iudiciis vero sive justo Qninct. lib,, 12, cap 1: Quota pars erit, 
quae ‚veritati contra calymniam aderit.. 

cap. 40 Sine severitate contumax] Sic Iege, 

:Leges] nempe Tiberii et Caj. . 
Bonae formam. eloquentiae etc.] cf, Iuvenal. 10, 125. 
cap. 41 Quod superest ex antiquis oratoribus forum ngn emen- 
datae, nec que? ad votum compositae] Sic lege. 


Num. .V, 
᾿ Emendatipnsversuch : ‘einer verderbten Stelle in. des Manilius 
Astronumicon und einer in Quinctilians Prooem, libr. VII. 
Ausser vielen anderen Stellen im Manilius findet sich: nach 
unserem Dafürhalten auch eine Libr. 1, 21, an welcher Stelle Sca- 
liger und Bentley, wie auch der neweste Herausgeber - Fr, Jacob zu 
unserem Befremden keinen Anstoss genommen. hoben. ‚Die Stelle 
lautet also: 
Bina mibi positis lucent altaria Hammis: ες 
Ad duo templa precor, duplici cireumdatus aestu, ..., 
. Carminis. et. rerum, etc, ες 
Ich emendire . ς 0.0 κὸν onen... βαριὰ 
‚ Ad duo, templa.. Premor doplic etc, 


“Im 'Prooemium des Quinctilian zum VIII. Buche, δ, 29. und 
$. 80. der edit. Spalding lesen wir: ‚“Alioqui, sicut qui patrimonium 
non pararunt, subinde qnaerunt: ita in arafione, qui non satis la- 
borarunt. ‘Si praeparata vis dicendi fuerit, erunt in officio, sic ut 
non ad requisita respondere, sed ut semper sensibus inhaerere vi- 
deantur, atque ut umbra corpus sequi.” Ebenso stehtaich im Texte 
von Burinan, in dessen Addenda sich über. diese Stelle Nichts fin- 
det, während durch das, was Vol. V. ed. Spald. pag. 377 gibt, das 
Verständnis und die Wiederherstellung in Nichts ‚gefördert ist, Es 
wird der Text auf folgende Weise herzustellen sein: “Alioquin, sicut qui 
partui nomen non pararunt, sub diem (sc. nominalem sive lustricum) 
quaerunt, ita in oratione, qui non satis labararunt. _Si praeparata 
vis dicendi feerit, verba erunt in officio, sic, ut non ad res quae- ΄ 
sita respondere 2... vVideantur οἷς. Unsere Stelle erinnert uns an 
Horat. A.P.311: .... Verbaque provisam r rem non invita sequentur. 

Arnheim. oo r, Nolte. 


- 478 Ueber die Hardbücher der Welfgeschichte von W. Pütz. 


Veber die Handbücher der Weltgeschichte von Wilhelm | Pütz. 
Eine offene Bespreghung , von, Dr. Goebel. 


Vorbemerkung. Unter den neueren Handbüchera der’'Weit- 
geschichte dürften’leicht die von Hin. Pütz in’ Ode‘ verfassten die 
weiteste Verbreitung‘ gefanden haben. 'Diesetben’ ἘΠῚ ἃ nicht‘zur in 
vielen Gegenden: -Deutschlanäs, in’der ‘österreichischen’ Mo- 
narchie u. s.w. als Schulbücher eingeführt; söndern;, laut den Vor- 
reden zu diesen Handbüchern: und 'laut den Mittheilungen;, "welche 
von Zeit zu Zeit die Cölnische Zeitung zu’ bringen in Stäild ge- 
setzt wird, gibt es auch bereits Üebersetzuhgen ἢ ins Französische, 
Engfische, : Holländische, ' Dänische; Schwedische, 
Ungarische u. s.w. Diese weite Verbreitung‘ haben die genannten 
Handbücher ohne Zweifel der Richtung der Zeit zu verdanken, wo 
man von Allem Etwas wissen ‚will, sei es auch noch so mager und 
dürr, Dieser Richtung der Zeit’ tragen jene Bücher wenigstens in 
jeder Beziehung Rechnung; Je grösser aber gerade die Verbreitung 
dieser Werke ist, um so mehr scheint es sich‘ als Pflicht und Be- 
dürfniss' herauszustellen, eininal darauf aufmerksam zu’machen, mit 
wie grosser Vorsicht dieselben zu gebräuchen 'seien, 
soll’ anders nicht eine ganze’ Menge von 'fälsChen geographischen 
. and historischen Vorstellungen: sich wuchernd verbreiten. Nicht Jeder 
hat I.ust und Musse, stets auf die Quellenwerke zurückzugehen. 
Referent hat zwar gelegentlich schot verschiedene Berichtigungen 
dem Hrn. Pütz‘ zugehen lassen, die denn’ such; 80 ‘weit eine neue 
Auflage des betreffenden Theiles erschienen ist, benstzt worden sind; 
aber beim “weitern Gebrauche -der- Pütz’schen Handbücher "hat sich 
ihm so Vieles aufgedrängt, dass’ er däfür' ΜΙ, er dürfe es hei 
piner hlosgen Mittheilung an den Hrn. Verfasser nicht mehr bewenden 
assen,‘ zumal wo man nicht weiss, 'wie Jange. noch neue Auflagen 
der betreffenden Theile ausbleiben werden. - So wird denn hoffent- 
lich Herr Pütz, über kleinliche Rücksichten erhaben, im Interesse 
des Geschichtsunterrichts, dem er ja 'selbst,'sein Leben ge- 
widmet, grgen diese offene Besprechung seiner Werke'Nichts ein- 
zuwenden haben; ‚von manchem Andern aber dürfe dieselbe will- 
Kommen geheissen werden, 

Sendu n. g L. 
“Grundriss der Geographie. und Geschichte ‘der älten,, , mittlern und 
 wenern Zeit. Für die oberen Classen "höherer Lehranstalten, 
"Von Wilhelm Pütz. — Mittelalter, — 5. Auflage. _ 'Coblenz 
"bei Bädeker. 1851.’ 
"A, Geographische Unsiehtigkelten 
ΟΣ beigefügten Karte vori Deutschland nach seiner Bintheilyng in 
‚10 Kreise, {entworfen von W. Pütz.) ΄. 

1) Die Stadt Oldenburg wird von Hra. Pütz einen "halben 
Grad südostsüdlich von Bremen verlegt, und zwar an die Weser; 
sie liegt aber in Wirklichkeit westnordwestlich von Bremen! 


Von Dr. A, Goebel zu Trier. - : 473 


2) Küstrin (auf dem rechten Oderufer bei der Binmühdung 
der Warthe) liegt auf der genannten Karte auf dem linken Ufer!! 
:8) Zwickan, Saarlouis ἃς A. sind ebenfalls auf die ent- 
' gegenigenetsken: Elussufer 'gezeiehnät.: - '. - 
4).Wohlan in Schlesien liegt ‚bekanbtlich- An ziemlicher Bat: 
fernung ;von ‚der ‘Oder auf: des rechten Otlerseite; halbwegs zwi- 
schen Glogdu und: Breslau ; bei-Hrh. Pütz aber nach ' weiter ab, auf 
cer linken Seite zwischen Liegmitz- und Denthn! τ. 1 - 

5) Wahlstatt liegt bei Hrn. Pütz weit :nordästlich von 
Liegnitz, in. Wirkliehkeit aber in gerin ger Entfetnung südöstlich 
son Liegmtz. ' - 

::5).Prebssisch Eylan: läge nach Hrn. Püts ger ἡ Grad süd- 
licher‘ als Dauzigt! |! .- . 

'7):Windisch löge nach Hrn. Pütz am » Zusanimenflusse von Aaz 
und Rüeih %. (vielmehr: 'am Zusammenflusse vol Aar und Reüss). 

8) Einsiedeln in der Schweiz wäre nach Hrn. Pätz weit 

südlich von: Glärus: gelegen, "ungefähr da,::wo.sich ἐσέ Dödi bis 
zu 12000. Fuss erhebt?! Es liegt vielmehr 'no.rdwestlich.' 
“ 9) Man :vergteiche noch die Lage folgender Oertlichkäiten zu 
einander, wie sie’hei Hrn. Pütz, und wie sie auf -richtigen Karten 
ist: Bologna zu Bavenna, ' Ostrolenka zu. Pultusk, : Czauslau zu 
Deutsch-Brod, Meeheln: zu Brüssel, Murten zu Bern, Paria zu Mai- 
land, Turin zu Chieri, zu Alessandria, Mailand zu Mopzä und zu 
dem Comer See,. Tottona zu Novi; Ferrara Zum: 'Ῥὸ ν "Brunnen zum 
Vierwaldstädter ‚See u. 8. w. Ὁ. 5. w. u.5.w. =" " 

10) Viele Ortschaften, welche’ unmittelbar an einem’ Flusse ge- 
legen sind, finden sich auf der Pütz’ schen Karte soweit davon ab- 
liegend, dass man die ‘wirkliche Entfernung zu etlichen Meilen vor- 
anschlagen müsste, z.B. Heidelberg, Wesel, Thorn, Culm u. 5. w. 

Im Programme des käth. Gymn. zu ‘'Cöln von 1858 gibt Herr 
Pütz, vorläufige Proben von einem Handbuche der phys. und 
polit.. Geographie, ' welches demnächst erscheitien würde; wir 
erlauben uns hier den Wunsch- äuszusprechen, dass darin grössre 
Achtsamkeit und Gründlichkeit angewandt sein möchte, als bei Ent. 
werfang oben genänhter Karte. 2 


κα Ὁ B. Historische Unrichtigkeiten,. 
+1) Seite 57 (δ. 16.): “Unter Walid wurden die Eröberungen 
sowohl über den Oxas, 'als über 'den Indas ausgedehnt; dagegen 
misslang eihe abermalige "Belagerung -Constantirinpels;: die . ‚ganze 
arabische Flotte ward -durch das griech: Feuer vernichtet, und eine, 
über 100,000. Mann starke Armee. duirch Hunger, Pest und unerhört 
strengen Winter .aufgerieben.? — Mehr, als blos. unklar. aus über- 
grosser Kürze‘! Vielmehr wurde von Walid’s. (705715) Nach- 
folger ‘und Bruder, Soliman (715—717) sein Bruder Muslem gegen 
Constantinopel abgeschickt. Erst Soliman’s Nachfolger Omar 

(717-726) hiess die Uebderbleibeel des Hieros abziehen (17). 


0) 


414 Ueber die Handhücher der Weltgeschichte von W, Pütz. - 


Vgl. Schlosser. Weltgesch, V., 58. 94, Rues, Gesch. des 

Mittelalters p. 169. Gesch, des Mittelalters .von -Höfler,-$. 115. 

- 3) 8.90, 6.24: “Won König Rudolf 1}. von Burgund: erhielt 
Conrad II. das Versprechen der Eabfolge i in Bergunid; deun Rudolf ᾿ 
hatte keine Kinder, und:schon sein Vorgänger, der Hbch- und 
Niederburgund vereinigte, hatte dem Könige. Heinrich EI. (v ‚Destsch- 
“ and) die Nachfolge zugesichert? —1? — Unbegreiflich.. . - 

Der I. König von.H o ch bargund ist. RudoKT., τ, 888 (889)-:912. 
Der, König von Hoch burgahd (und weit 934 - 
erster König des vereinigten Burgund) ist.Bidolf I1,.912—987 ; 
zweiter König des vereinigten B, ist — Conrad 937—998; - 
: dritter König’des vereinigten B.ist— Budo III. 993-1032. 

Also kann 1) die Vereinigung von Hoch- und Niederbergnnd nicht 

unter Radolf’s Ill. Vorgänger. stattgehaäbt, 2). Conrad, “der Vor- 

gänger’, nicht fäglich :dem Könige Heinrich AL. (1002-1024) die 

Nachfolge zugesagt haben. . : onen 

Vgl. Rues 8. 482. Schlosser VI 178 £, Becker IV.’ 268. 
8) S.96, δ. 24:.-“Der Gegenkänig Rudalf sei angeblich durch 
den Herzog Gottfried von Böuillon tödtlich. verwundet worden’ 
wird wel heissen sollen “durch. den, nachmuligen Herzog;’: denn 

Gottfried wurde- erst viel später,. ungefähr. 1087, Herzog. . 

4) 8:102,-6. 26 heisst Hugo. Capet ein’ En kel. Oda's‘ (statt: 

Grosmmeile); die Stamintafel is6 folgende: 

: "#KRobert, der Starke,: Graf von: Paris... 0. τι, 


um une, | 
‚Ode, nA Robert, "Herzog. von Frauzien (Gegenkönig 


Enden) | , ‚von Carl.IIl.) 
Hugo, der Grosse, Herzog. τ ᾿ς 


Hugo Capet, König 
u. 8. w. 

Vgl. Anqudtil., Histöire de France I. τ. 255, 258, 263. 

.5) Ebendaselbst; ‘Nach dem Aussterben der Carolinger 
liess sich Huga zum Könige ausrufen (987). — ‚Aber es wird j ja 
eine Versammlung zu Compiegne gehalten, um Ludwig’s des Faulen, 
Oheim väterlicher Seite, Carl von Nieder-Lothringen (+ 991), zum 
Könige auszurufen; dieselbe: wird .:jedoch- won Hege gesprengt. 
Carlis Sohn, Otto (+ 1005), war ebenfalls Herzog in. Lothringen ; ja, 
aelbst nach diesem nach .lehte ein Carolinger:. Arnulf, natürl. S. 
von Lothar von Erankeeich, war. EBisch. v. Rbeims u. starb 1029 (?). 

Ludwig. IV,. von. Frankg, #954. 


—— pn 
Lothar. ᾿ Cal, ‚Arz. von N, Lothringen (+ 991.) 


ne am, 
' Ludwig V. Arnulf. - Otto ) Fig. γ. «N. Lothingendt 1005.) 
“Ὁ (98) (4108) 5 


᾿«βϊεδε AnquetihL. p. 2696, Höfler «Gesch, dee Mih-A. 177. 


Von Dr, A. Goebel zu Trier. 475 


6) Ebendaselbst: !ihm folgte Rudolf, Herzag von Börgund 
(3936) [nämlich zuf .dem französ, Thron) und Carl der. Einfäl- 
tige starb in der Gefangenschaft: ’.— Nieht Rudolf, sondern der 
Graf Heribert von Vermandeis, der später Rudolf selbst bekämpfte, 
hatte ikao verrätherischer Weise gefangen genommen, :und bediente 
sich seines Gefangenen, ἐπα ‚Rudolf Mantherlei abzutretzen, indem 
er ἴω. Weigerungslahle mit Wiedereihsetzung Carl!s „drohte. 

-" Angquetil.l. p: p: 260. ΕΝ 

: 7) 8.108, δ: 28: “ΑΙταὰ theilte- des Land ie Genfschaften, 
Hemdrede and Thritinge®. -— Nicht etwa ein Druckfehler, da so 
in-den verschiedenen Ausgaben sich findet. Titking == Zehnte, alsc 
Tithinge, oder besser mit engländischem iPlarel: Hundreds, Tithings. 
Siehe Johnson Dictionary 8. v.  ' 

'8) 8. 106. δ; 29: "Edward, der’Bekenner, erregte durch seine 
Hingebung an normännische Gänstlinge,. namentlich.an 
dem Grafen Godemwine (Godwin) .:.. die Unzufriedenheit der 
Arigelsachsen? — God. aber. war. nicht ein Normanne, sondern 
ein Angelsachke,. Führer der: angelsächsischen. Partei (und zwar, 
wie ea:heisät, war er. in der Jugend Hirt, darauf ‚Soldat im däni- 
schen Heere, .sodlann Ofcier u 5. w. u.#..w.). . Das Nähere in jeder 
Geschichte Englands von etwas Ansführlichkeit, ‚Vgl. Lappenberg 
Gesch. von Engl. I. p:494 Ε΄. 

: 9).5. 108, δ- ΝΕ *Vielfache Gräuel ἐν. führten zuletzt eine 
Theilgng- in‘ 2 Königreicbe::- Castilien, wozu schon nach zwei 
Jahren Lean kam, und Aragonien herbei.” — ‚Nun aber fand diese 
Theilung bekanntlich ο.. 1076 Statt, die. Vereinigung 'Leon’s ‚mit 
Castilien aber nicht 1078, sendern,schon 1037, zwei Jahre nach . 
Sancho’s Tode (1035), durch den Sieg Ferdinand’s über seinen 
Schwager Bermudes IIf, bei Carriow. 

Vgl Schäfer, Gesch.. von Spanien (1844) IL S. 281. Vgl. 
Part de verifier les dates - - nouvelle &dition - - par Saint-Allais. 
vol. v1. p- 540. Schlasser. VIII, S. 341 ff. 
᾿ς 710) 5. 110, $. 88: Leon trenhte 'sich wieder von Castilien, 
... Natarra verlor nicht nur "Theile an Castilien.,' sondern’ auch 
Aragon ward losgerissen, undedieses nicht nur mit Barcelona 
vereinigt, sondern auch durch die Eroberung’ von Saragossa 
ünd Valencia’ erweitert.” — !!’-— Allein 1) Navarra ver- 
1ör nicht Arägon, sondern mimgekehrt tremnt. sich 
Navarra von Aragon. Als nämlich Alonso, ‘der Schlachtenlief- 
rer, König von: Aragon nnd Navarra: (anfangs auch durch: seine 
Gemahlin ἼΩΝ Uraca eine. Zeit lang König von Castilien) am 
T. September 1184. in der Nähe von Fraga von den Sarazenen üm- 
zingelt und zusammenigehauen worden war, und nan die aragonischen 


Grossen Ramiro H., “den : Mönch’, wie er zubenaänt wurde, zum - 


Könige erhüben: ἐδ trennten sich "die Nararresen von ihnen, indem 
ihrien dieser zu schwach zu dein: schien, und erkoben zu Pamphuna 
den’ Infknten’ Garcia Ramirez’(Ramiro)' auf den Thron won'Navarra, 


416 Ueber die Handbücher der Weltgeschichte von W. Pütz. 


(Vgl. E. A. Schmidt. .Gesch. von Araganier im: Mittelalter. p. 56 
und 72.) Anch hiess ja das vereinigte Königreich nicht‘ Navarra; 
sondern Aragonien. Vgl. Pütz, δ. 81. .— 2) Die Eroberung van 
Saragossa hatte: Statt am 18. "Dec, 1118, als noch vor der Los- 
sagung Navarra’s ; ‚somit: wird nicht das nm:Navarea geschmälerte 
Aragon erst durch.diese Eroberung erweitert, wieis.der Fall war durch 
die Einnahme. von Valencia 1238. (demni diese 1Μὲ hien gemeint, nicht 
die kurze Behauptung dieser Stadt darch Cid,. die.in.:den whrigen 
Zeitraum. fällt). Ferner. 3) Barcelona wurde .mi£ Azsgon. dadurch 
vereinigt, dass 1137 statt: des genanfier ‚Ramirp ll: Graf Ramen 
Berenguer (Raimund: Berengar. IV. von Barcelone) sum Könige von 
Aragonien erwählt wurde; also erfalgte Biene ‚Vereinigung lange nar L 
der Eroberung von Saragossa (1118). - ᾿ 

Vgl, Schmidt, Gesch: 'von. Aragenjen. 5,74, 101.: Saint- 
Allais, Part de verifier' te. VI. 566, : . 

11) 5. 111, δ. 38: Polen ‚umfasste im Anfange dieses Zeit. 
raumes (h. e. 10961273) Mähren.—.? — Nachdem die Polen 
seit 1004 Mähren: besessen hatten, kommt: es Zwischen 1025 und 
1030, also bereits im 'vorigex Zeiträume, wieder an Böh- 
men. Eine spätre 'Behasptung  Mährens exiktirt' nicht. . 

Vgl. Nidani’Poloniae historiae corpus. tom, II. p. 446. 


12) S. 115, $. 34: “Die Dynastie der Fatihiden in: Aegypten 
wurde (1168) gestärzt ‘durch den Feldherrn des Saltans von Da- 
imaskus, Nureddin, dem bald’ sein Neffe Saladin folgte.”‘ Mehr, als 
bloss’ zweideutig!. Der Feldherr des Sultans Nütreddin ist Schirkuah, 
und Schirkuab’s Neffe ist Hr Die Stämmtafel ist: 

Shadi 


ὌΝ : ἝΝ ‘ — u . . ει 
Schirkugb 6. Ayub . 
el u mn, . 
᾿ς Saladin Adel ' 
| Kamel. 
Man vergleiche Rotteck’s Weltgesgkichte. Wilken, "Gesch, 


der Kreuzzüge, Band ΠῚ. 2. ‚Abtheilung 5. 86 fl. Raumer, Gesch. 
der Hobenstaufen. Buch’V, Cap.. 2. (Band II. p. 299 ff.) 


.18) 8.127. 6. 36: ‘Um. dieselbe. Zeit erhielt der Herzog ‚von 
Bühmen ‚ebenfalls wegen Dienstleistungen ayf diesem Zuge (d.i i. 
dem ersten Zuge Friedrich Barbasassa’s ‚nach Italien) aus desKai- 
sers Händen die. Königskrone? — In Wirklichkeit. erhielt 
Herzog Wladislay II. wegen.-Dienstleistungen im:Kriege gegan Bo- 
leslav IV. von Polen.die Königswürde (1157). Backer’s Weltgesch. V, 
5. δ4. — . Wahrscheinlich: ist jobige ‚Angabe entstasden durch -Anein- 
anderreihung von dem, was Raumer Hohenst. Il p. 48 und p. 5% 
(Buch IV. Gap. 2) sagt: “Herzog Wladislav von Bähmen, ein Maun 
tüchtig zu Rath.,.und That, welcher schon viel treue Diengte ‚gelei- 
stet, «οὐ empfing, mit Beistimmung der Fürsten aus dea Hän-- 
den Friedrich?s dis Königskrone’, webei dann unberücksich- 


. / , . .᾿. j 


v ᾿ ν ἣ 


rs Von Dr. A, Goebel zu Trier. 20147 


tigt‘ geblieben ist, dass bei’ Raumer unmittelbar vorher von dem 
Feldzuge gegen die Polen’ die Rede war, in welchem Wladislav 
so thätig gewesen ist, . _ 

14) 5. 128: “Auf dem 4. ital, Zuge: zwang Friedrich die Rö- 
mer durch 'einen Sieg ‚bei Tusculum den Papst Pascal Ill, anzü- 
erkennien.’' — -Missverständlich. _ Während Friedrich die Stadt  An- 
cona belaßerte, erfocht έν. ΕΒ, Christian von. Mainz den ‚genannten 
Sieg über die Römer (30, Mai. 1167). ᾿ 0 

 Vel. ‚Ranmer:, ‚Hohenst, Buch IV. Cap. 6.. . 

'15) 8. 129: “Auf dem 6: ital. Zuge’ fiel Heinrich, der Löwe, 
von hi Friedrich‘ Barbarossa. ab’ —?! Als wenn Heinrich damals mit 
seiner Macht beim Kaiser in Italien ‘gestanden hätte! 

: 46)-8: 141, 5.39: “Die Katharer und Waldenser unter- 
schieden sich im Wesentlichen dadurch;,' däsä "die Katharer mehr 


4: 


die Dogmen der katholischen Kirehe, "die, Waldenser mehr die 


äussere Erscheinung derselben anfeindeten,’ Die äussere. Er- 
scheinung?! Man sehe doch blos Alzog’s Kirchengeschichte nach: 
δ. 235,. wo es heisst: Den Waldensern galt die beil. Schrift als die 
alleinige‘ Glaubensquelle; die Transsubstantiation in der Eucharistie 
werde durch den würdigen Empfang, nicht durch die Consecration 
des ‚Priesters .bewirkt. Besonders anstössig © erschien ihnen die kath. 
Lehre von..der Beichte.? 

"Doch diese Belege ° reichen hin, unsere Ὁ obige Behanptung 
binsichtlich der Pütz’schen Geschichte des Mittel- 
alters zu erhärten; wir gehen über — zur Besprechung seiner 
Geschichte des Alterthums. ' 


," 
᾿ 


ei der Geographie ‚und Geschichte. Für die oberen 
Classen höherer 'Lehranstalten. Von Wilhelm Pütz, — Das 
Alterthum. --- 7. ‚Auflage. Coblenz bei Bädeker 1862." ? 


A. Geographische. 


1) N 62 heisst . Epidamnus eine corinthische Colonie (im 
8. 66 — dagegen findet sich die richtige Angabe nach Thucyd. TI, 24). 
2) δ. 84: ‘Oenotria habe die italische Halbinsel vom Flusse 
Laus. an (gen Süden),: vam -Laus bis zum ‚Tiberflusse Ausonia oder 
Opica geheissen τι. 8. w.’ — Also Herr Pütz im grellsten Widerspruche 
sowot mit den Angaben der Alten, als mit dem von ihm excerpir- 
ten Niebuhr, "Man sehe Strabo lib. VI, 1, 1—3. ibid. 1, 15. 
lib, V. init., Herodot I, 167 [wornach Hyele oder Elea (in Lu- 
canien) "ἐπ. :Qenotria liegt], Plin. Hist. N. IE, 18 — u.A, — 
Niebuhr:.aber' sagt 1, S. 60: ‘Die Oenotrer bewohnten Bruttium 
und’ Lucanien; denn vor dem Einbruch der Sabeller” (und"Herr 
Pütz redet ja eben von den ältesten Namen Italiens) ‘gehörte 
auch „die Westküste ‚bis. Posidonia zu Oenotrien. 


k 


- 


478 Ueber die Handbiicher der Weltgeschichte von W. Pütz. 


Wahrscheinlich ist.di6 Angabe von Hrn; Pütz, wie die Niebuhr’schen 
Worte ‚und Wendungen in dem genannten $. 84 nur zu stark. vermuth 
lassen, durch eilfertiges Excerpiren von Nieb. I. 8. [4—27 entstanden, 
vielleicht durch Combiniren der betreffenden Stelle auf 3. 26 mit den auf 
8.18 siehenden Referaten Niehuhr’s,. . EEE | 
:$. 011: Erander bätte eine Stadt ‘Palatium’ gegnündet.. Die Stadı 
deg Erander’s hiess bekanntlich. Palanteum ; Palatiym dagegen’ heisst der 
Hügel, .auch hiess so später eine Region von Rom u. s. w.; aber wo 
wird die Stadt des Evander also genannt ἢ Schwerlich dürfte sich Herr 
Pütz auf Servius zu Virg. Aen. 9, 244 stützen 'wollen, wo es heisst: 
nos in obscuris vallibus .noslii. vidimus primum: unbe; ἢ. ει primam 
parte urkis: nam Palatium in monte eat, non in vellibue.’. (An- 
dere-lesen Pallanteum). Diese Stelle von Servius erklärt sich. durch 
seine Bemerkung zu’ en. 8,’ 313 von selbst: *Romanae conditor urcis. 
Conditor Pallantei, ubi nunc Palutium ert:.”. Wahtscheidfich Kegt 
der. Angabe :von Hrn: Pütz ein Missverständniss von Livi J,; 5 zu Grunde. 
Jam tum in Palatino monte Lupercal hoc fuisse ludicrum ferunt, et 
a.Pallanteo, urbe Arcädica, Pallantium, dein Palatium montem 
appellatum, — oder von 1, 7: Palatium primum;, in quo ipse erüt edu- 
catus, muniit, k. e., montem Palatinum, 5 DE SEE 
on - B. Etbnographisches  . 

. :4).In β. 4. theilt Herr Pütz die Völker des alten Asiens hauptsächlich 
der Sprache nach in 5 Hauptstämme, und zwar werden die Sinae zu 
dem indischen Stamme gerechnet !! Er e 

5) 'Ebendaselbat.. Zufolge der gegebenen Eintheilung würden ‚die 
Armenier zum semitischen Stamme gehören, sanach ihre Sprache 
eine semitische sein, während. sie doch, zu den indogezmanischen ge- 
hört. Vgl. Ritter, Erdkunde, Theil X. p. 577 ff. und die dort ange- 
führten Werke. ΟΠ ᾿᾿ ᾿Ξ ΞΟ 


.. 


C. Geschichtliches. 1, (ἢ 
6) $. 18: «Nach Ktesias war Cyrus mit Astyages gar nicht verwandt, 
sondern griff diesen bloss aus Eroberungssucht an, eroberte Ecbatana, 
nahm den König. gefangen, schenkte ihm, Anfangs die Freiheit, liess 
{hn aber nachher in einer Wüste verhungern’ — emo “0 πὰ ὁ τ- 
bare Abkürsung von Löebell, "Weltgesch, I.:8.366: ---- +. selifte ihn 
wie einen Vater, zetzte' iba zum Statthalter der Barkanier ein, nnd hei- 
rathete seine Tochter Amytis. Später da Tochter und Sc wiegersohn 
sich sehnep, ihn wieder zu sehen, ‚wird er auf dessen Befehl abgeholt, 
um nach Persis gebracht zu werden; aber der Eunuch, der ihn geleitet, 
lässt ihn in der Wüste zurück, wo er werschmachtkt. . : 
. 7.5.55: Thesens und ’Pirithous hätten den ‚Argenautenzug. 
macht, Allerdings werden beide in einer verschollenen Stelle von-Apol- 


lodor.I, 8, 3 unter den Argonauten’aufgezählt; die sonstigen: Classiker_ 


aber, und namentlich die in den Sohulen geliesenen sotzen-;dak 
Gegentheil :voraps , wo sie von den Argonauten ‘oder von den Thaten des 
Theseus reden. 2. B. Ovid. Met. VII, 405 ff. 420 ff. — Apollonins 
Rhod,I, 101 bemerkt ausdrücklich,. Theseus und Pirithous hätten ge- 
feszelt in der Unterwelt gesessen und darum den Zug nicht mitmaeffen 
Onnen. ‘ “" 4 ᾿ DER ."' 
8) 5.601: "Die Messenier behaupteten sich ..... ähletzt nar.ia 
Isthome.. Ihr König Aristodemus, nachdem er zufolge.'eines Orakak 
“spruches. ‚seine eigene Tochter zum Opfer angeboten und... erstochen 
hatte, besiegte ... die Spartaner.? — ?! — Als Aristodemus seine Toch- 
ter opferte (737), war noch Euphaes König über die Messenier; dieser 
fiel erst 6 Jahre später in einem Trofleh gegen die Spartaner, und 


΄ 


\ ' Von Dr, A, Goebel zu Trier. , -: #79 


da ern wurde Aristodemus zam Könige gewählt. Pansan.IV,9, 5. 

9). 8.68: Themistokles’ Tod wird in dieselben Jahre ungefähr gösetzt, 
wo Pausanias und Aristides starben !!' ᾿ 

10) $. 100: ‘Servius Tullius ward ermprdet durch seinen Schwieger- 
sohn .L.. Targuinius Sup., welcher nach der Ermordüng seines 
.Bryders Arauns dessen Gemahlig die Schwestermörderin Tullia ge- 

beirathet hatte.’ ‚Ks kann dies unmöglich als :Brachylogie gelten für 
die sonstige: Erzäblungsweise, wonach Tarquinins Sup. seine erste Frau, 
und. die Tullia: ihren .ersten Mann, den Aruns, ‚aus dem Wege ge- 
räumt Βα... 0.T ;.! Rx νος ΝΝ 

11) ς. 104: *Tarquinius ging nach. Tarquinii’ (nämlich riach seiner 
Vertreibohg aus Rom). . Offenbar entstandeh aus-einem Missverständnisse 
von Niebahr’s Worten (I, 621), ‘Von Caere, wo der verbannte Fürst 
ner : Aufnahme ‚gefunden hätte, begab er.sich nach Farguinü; hier und 
den Vejentern konnte er die-Gaue anbieten, welche Rom ihren Land: 
schaften «utrissen,?’: ἃ. h., um dert:etwas.anderes, als .blosse Auf- 
nahme, nämlich um Hälfe zuwerlarigen: eiae Umschreibung von’ Liv. 11,6: 
cireumire:supplex Etruriue urbes, erare maxime6 Veientee Tarqusnien: 
sesque; über des Tarquinius’ Wahl seiner: Wehnstätte dagegen : sagt 
Livius I, 60: Due (liberi) patrem secuti sunt, qui exsulatum ECnere 
in. Etruscas ierunt,. Sext. Tarquinius Gabios tanquam in; suum regnum 
profeetus. — Dionysius sagt ungenauer: ὁ βασιλεὺς φεύγει σὺν ὀλίγοις 
εἰς Γαβέίων zolıs. Dionys. Hal. p.276. ed Sylburg: .Und.dieser 
Darstellung sind mehrere Schulhandbücher der,alten Geschichte gefolgt, 
Die Pützsche Erzählung hingegen entbehrt der Auctorität., Ὁ ᾿, 

. 227 5. 103: "Den Consuln waren wahrscheinlich abwechselnd 
einen Monat: lang #2 Lioetoren beigegeben.’ . Wahrscheinlich ?. Cicero, 
der:es doch sicherlich wissen konnte und ihusste, sagt (de. Rep. II, 31, 56) : 
Publicola instituit-primus, ut singulis conewlibus ulternis mensibus 
lietores praeirent, me plura insigwia essent .imperti. in libero populo 
qua in regno fuissent. Vgl. Plutarch. Podlo.i12. 

713) 8.106: "Als die Plebejer den Kriegsdienst weigerten, 
siedelten sich 306 F'abier'am Fiusse Cremera an.” — δ! — Wahrschein- 
lich verdankt dieser Irrthum dem Umstande seinen Ursprung, dass sofort 
Liv. m: 48 extr: mit Liv, II, 43 in Verbindung gebrächt und das da- 
zwischen 'biegende unbeachtet gelassen würde, oder aber einer ähnlichen 
mit Niebahr 'vorgenonimenen’ Manipulation. ‘Bei Nieb. II, 9.216 wird 
über did bekannte Halsstärrigkeit der Plebejer gegenüber ‘den Consuln 
aus der dantals noch missliebigen gens Fabia gehandelt; auf 8. 219 
wird 'der..Ausgug. der Fabier erzählt. .:Die danwischenliegenden Seiten 
aber, wo die Aussöhnung der Fabier mit der Plebs und ihre nunmehrige 
Beliebtheit geschildert wird, scheinen eben übersprungen worden zu sein, 
wahrscheinlich weil man blosse Nebensachen dort vermuthete. Zur Zeit, 
wo die gens Fabia an den Cremerafluss zog, dachte man nicht an Wei- 
gerung des Kriegsdienstes. Die eigentlichen Beweggründe zu diesem 
Schritte — bei Livius 1.1. 

14) $. 107. ‘Der Tribun C. Canuleius trug auf Einführung des Con- 
nubiums zwischen Patriziern und Plebeiern an; seine Collegen ver- 
langten, dass ein Consul aus jedem Stande gewählt werden sollte 
(ut alterum ex. plebe consulem liceret fieri).” Die Hauptungenauigkeit 
dieser Stelle (um die andern zu übergehen) schreibt sich wahrscheinlich 
abermals von einem Missverständn'sse des Livius her. Liv. IV, 1: 
Anni principio et de connubio putrum et plebis C. Canuleius tribunus 
plebis rogationem promulgavit; ... et mentio primo sensim illata a 
tribunis, ut alterum ex plebe consulem liceret fieri, 60 processit 


480 Ueber die Handb, d.Witgsch, v, Pütz. Von.Dr. A. Goebel zu Trier. 


deinde, ut rogationom novem tribuni promulgarent: ‘ut 
populo potestas esset, seu de plebe, seu de patribus vellet, consules 
faciendi,’. (Eine andere Rogation als Herr Putz angibt!). Das novem 
tribunt: hat Herr Pütz auf die übrigen Tribunen ausser Canuleius be- 
zogen. Aber Liv. IV,3. Canuleius suis ita disseruit .... “Altera 
connubium petimus et. altera hihil novi ferimus, sed, ... ut, 
quibus velit, populus Romanus honores mandet ete. : Hiernach ‘gehört 
Conuleius allerdings zu jenen neun Tribunen, und der Sinn der frag- 
Hchen Stelld ergibt sich von selbst, wenn-'man nur daran denkt, dass 
damals noch im Tribünen-Collegium Stimmenmehrheit entschied, dass es 
also einen gewältigen Eindruck machen musste, weh nicht ein einzel- 
ner hiermit beauftragter Tribun den betreffegden Getetzesvorschlag δὶ 
: den Comitien. machte, sondern all’ die neun, welche von den zehn: Tri 
bunen dafür waren. — Niebuhr, welcher hier nach Livius erzählt, drückt 
sich über: unsern Gegenstand freilich etwas kurz aus, wenn.er sagt: 
‘Das Jahr. 310 brachte. Entscheidung. Neue Tribunen promalgirten die 
Rogation, dass: 1 Consult aus jedem Stande genonimen, einer von 
ihnen, C. Canuleius., dass das Connubium zwischen ‘den. Ständen einge- 
fährt ‚werden: solle? Ν. 11. 434.:::‘Einer von:ihnen’: ==. vog den 
‘aeun Tribunen.’ ' Vielleicht, dass die Niebuhr’sche:Kürze die Angabe 
unsers Schul-Handbuchs veranlasst hat... - ΄΄. 
-19)'$. 128: "Nachdem Metellns, den Besieger ‘des Andrisens, die 
Stadt Numahtia vergebens belagert hatte, .... übertrug das Volk die 
Beendigung des Krieges dem Bezwinger Carthago’s.”——- Wo in der Welt 
ist uns überliefert worden, dass Metellus Macedonicus Numantia belagert 
habe? Der Ursprung dieser falschen Angabe ist In eiriemi Missverstehen 
von Appian. Hispan.' cap. 76. zu suchen, sei es nun; dass Herr Pütz 
oder: der von ihm excetpirte: Schriftsteller den Auctor“so wissyerständen 
hat.. Appian erzählt nämlich, Oaecilius’ Metellus, ‘der von'BRom aus mit 
einem '‘stärkeren Heere gegen die Vaccaesr und Numantinier au 
sandt. worden sei, habe zwar die Vaocaser, indem er sie während der 
Ernte angefallen und durch schnellen Angriff in Schrecken gesetzt habe, 
überwältigt, aber Termantia.und Numantia seien ihm.noch zu 
bezwingen übrig geblieben.’ Nirgends etwas von einer Belagerun 
Numantia’s durch Metellus. Dagegen hätte man.in Yemselben Cs itel 
finden können, dass erst Quintus Pompeius, des Metellns’ 
Nachfolger im Oberfeble, ein Lager vor Numantia aufge- 
schlagen hahe. Die ‚Pütz’sche Angabe widerstreitet auch ganz 
und gar den anderweitigen Darstellungen des Nomantiner-Krieges. For. 
II, 18. Liv. Epit. 1.54 ff. Oros. V, 4. Vell. Paterc. Il, 1. . Statt 
Caecilins Metellus muss. es unbedingt heissen Quintus Pompeius. 


| Trier. Anfangs Januar 1854. Ä Dr. A. Goebel. 


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JAHRBÜCHER 
PhllologlemPaedagogik, 


oder 


Kritische Bibliothek 


für das 


Schul- una Unterrichtswesen. 
In Verbindung mit einem Vereine von Gelehrten 
begründet von ΄ 
M. Joh. Christ. Jahn. 


Gegenwärtig herausgegeben 


von 


Reinhold Klotz Rudolph Dietsch 
Professor in Leipzig Professor in Grimma 


und 


Alfred Fleckeisen 


Gymnasiallehrer in Dresden. 


ei 


Neunzehnter Supplementband. Viertes Heft. 


———— 


Leipzig, 1854. 
Druck und Verlag von B. G. Teubner. 


ARCHIV. 


für 


Philologie und Paedagogik. 


Te 


Begründet von 


M. Joh. Christ. Jahn. 


Gegenwärtig herausgegeben 


von 


Prof. Reinhold Klotz zu Leipzig 


und 


Prof. Rudolph Dietsch zu Grimma. 


Neunzehnter Band. Viertes Heft. 


Leipzig, 1854. 
Druck und Verlag von B. G. Teubner. 


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Hesiodus 
aus dem Gesichtspunkte der Entwicklung der religiösen Idee. 


Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 


Das Sein des Weltgeistes ist für uns ein Werden in Zeit nnd 
Raum, was seine Geschichte ist. In seinem Natursein entwickelte 
er in Asien seine stufenartigen Sphären. In China ist schon die erste 
Stufe (sein Instinct-, — Traum-, — Gefühlsieben —) überwunden, 
und das Verstandesprincip macht den Gegensatz za dem Phantasie- 
pripeip in Indien. Persien und Aegypten sind dieselben Gegen- 
sätze in höherer Potenz. Die Vermittlung keimt in Iudaea, wäh- 
rend die kleinasiatischen Länder und Völker Griechenlands Princip 
vorbereiten *). Von ihnen überkommt Griechenland die Blüthen der 
asiatischen Natursphäre, setzt sie zar Erscheinung und zum Selbst- 
ausdruck des Geistigen um und individualisirt sie, und erhebt be- 
«sonders die menschliche Gestalt zur. Erscheinung und Form des 
Göttlichen. Natur- und Menschenleben ist im Anfange die Er- 
scheinung des Götterlebems. Dies ist die homerische Welt, welche 
auch die Gycliker darstellten, jedoch nicht mehr rein und- unbefan- 
gen. Hesiodus war nicht im Cyclus. In ihm wird schon die Sub- - 
jeetivität siehtbar, wie ‚sie die Mächte seines Zeitalters entwickelten. 
Er. steht höher als die Cyeliker, welche der freien geistigen Ent- 
wicklung widerstanden, von der Begeisterung für die vergangene 
Gotteinheit festgehalten. Auch Hesiodas- gibt sich im Ganzen noch 
dieser Begeisterung hin; er hält noch fest an den Sagen, wie auch 
an der herkömmlichen Form der Darstellung, selbst an dem Dialekt, 
obwol früher in Aeolien, dann in Boeotien wohnend. Aber die wirk- 
liche objective Welt ist ihm die abgefallene, welche nur noch von 
den zürnenden Göttera an ihr Urbild, an ihre Gesetze gehalten 
wird. Die Sitte ist darin nicht mehr die herkömmliche, substan- 
tielle, göttliche, und das Leben nicht mehr ein unmittelbar. gege- 
benes, worüber hinaus keine Frage freistehe; die Könige sind nicht 
mehr die gotterfüllten, der substantiellen Sittlichkeit hingegebenen; 
überall trat die menschliche Individualität mit allen ihren Schwächen 
und Blössen hervor und dem Allgemeinen, Substantiellen gegenüber. 
Das Volk erhebt sich gegen die Fürsten, reisst sich von ibnen los 
wie vom eignen Vaterlande. Ueberall Gährung zer Trennung, Auf- 
hebuang des Alten. Die Götter selbst stehn ferner. Besondere Mittel 
werden erfunden, dass sie den Verlassenen in ihrer Rathlosigkeit 
momentan beistehen (Orakelwesen) oder auf immer sich wieder mit 


*) In. wiefern Vorderasien in seinem geographischen Verbältniss Ver- 
mittler der Principien war, siehe bei Stuhr, Relig. Syst. 8.885. 


31* 


A86 Hesiodus, 


Einzelnen vereinigen und sie besonderen Schutzes würdigen (Myste- 
rien), oder Gesammtheiten, Stämme, Völker beschirmen (detaillirter 
Cultus in Tempeln, vom Staat bestimmte Priester und vorgeschrie- 
bene Functionen, das Festwesen, heilige Ceremonien, Spiele —), 
oder die Sündenstrafen erlassen (Sühnopfer —). Das Unheil spricht 
sich ‘in besondern Sagen aus als ein verschuldetes oder durch die 
nun gleichfalls schlechteren Götter absichtlich herbeigeführtes (Sünd- 
Autb, Pandora, Nemesis- Helena —) und ein Grauen schwebt über 
der Welt und neue Göttergestalten. (Hekate, die persönlichen Dae- 
monen) treten hervor, 

Dies Alles war im Gefolge von den dorischen Wanderungen, 
des Steatengründungen, den neuen Keiintnissen,. ferien. Colonisi- 
rungen, neuen Erfindungen,. wachsenden Handelaver bindungen. mit 
zunehmendem Beichthum, wachsenden Lebensgenüssen. und Lebens- 
bedürfnissen, ausgebreiteten Erfahrungen u.s. f :In Hesiosls. Tagen, 
gegen ΟἹ. 20, sagt Voss Mythol. Br. 3,..bAtte die Gestade des 
"Mittelmeeres ionischer Unternebmungsgeist nordwärts bis zum Istros, 
südwärts bis zum Neilos und Libyen, we die junge Kyrene gedieh, 
westwärts bis zu Adrias Bucht, den Latinere, Tyrsenera.und Li- 
gyern, ja mif. einem Sturinwinde bis Erytheia und. den tartessischen. 
‚Hyperboreern ausgekundet und mannichfaltige Erfahrungen heimge- 
ρος, Zugleich aus dem gewerbsamen Lydophrygien und Phoenike 
kamen mit kunstreichem Metall und Weihrauch neue Begriffe von 
Gott und Sehöpfung u. 5. f. Und allerdings kann man viel auf diese 
äusserliche Weise Ueberkommenes in Hesiodus nachweisen, 2. B. aus- 
ser der Kenatniss von jenen Völkern, Latinera, T'yrsenern. u. 8. w. und 
ihren Sagen, besonders Vorstellungee .des wesentlich... mystischen 
Orients, von Olen und Orpheus in ‘Thracien, von Kadmos, Har- 
monia, -Kypris-Helena und den .Dioskuren,, lasea.—- in. Samothra- 
cien, vom der. in Kypros aus dem Meer arigekommenen Kypris uad 
des. begleitenden Daemonen in Kypros, der.Kassiopsia,, dem Kilix, 
Belas, Phiaeus, der Andromeda, Eurepa —- den Telchinen — in 
Südkleinasien; den phrygischen Gestalten, Midas, den Satyren, dem 
Silen —, Korybanten, Dactylen, der Rhea-Kybele — in Phrygien; 
der unsterblichen Ariadne, den Kureten, dem kretagebornen 
Zeus — in Kreta — u.s.f.*). Aber die Hauptsache ist, die.eigene 
ianere Kraft der Idee, die ihre Momente auslegt und durch Zeit 
und Raum ‚weiter führt. - Und bierher: gehört vorerst: dasjenige, was 
‚man das jüdische Element. im Hesiodus nennen kasa, von. F. A. Wolf, 
Voss u. A. anerkannt, das sich ‚nicht bles auf die heilige Sieben- 
zabl,. den- Herakles- und Promethepsmythus und die Schäpfungs- 
'sag6, : oder .den Waltmana .(Voss ‚Mythol. Br. 13, 47.) erstreckt, 
sonderri hanptsächlich zum Theil in: der Hekate, zum Theil im 
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*) Himmel und Erde im Cultus Chinas aufzuführen, wo King und 
Kwang,.der Kaiser und die Kaiserin, Himmel und Erde sind, und mit 
dem Uranus and: der Gaea zusammenanstellen ‚unterlassen wir. 


Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 487 


Dionysos-Phanes, in der ersten. Ahnung der Einigkeit Gottes und 
eines Mittiers hervortritt, wpran sich dann die mythisch-mystische 
Dreieinigkeitsfornm anschliesst, zuerst in Samothracien, dann in der 
orphischen J,ehre, besonders im ahnungsreichen Baeotien. In der: 
Stierform war ‘der jüdische Gott schon früher über Thapsakos den 
Völkern ersehienen (Voss 1.1, p.9), aber in ähnlichen Götterformen 
dieser Völker 50 untergegangen, dass kaum noch der Gedanke sich 
erhalten, Der Untergang der poetischen Götter und der ethnischen 
Staaten führte den Gedanken in reiner Form wieder hervor, der wie 
vieles Andere, lange vor Hesiodas in namentlich orphischen Priester- 
thümern vorhanden, vor der Macht der Homerischen Weltanschanung 
zurückgetreten war. Vom Verhältniss der orphischen Lehre und 
orphisehen Theogonie zu Hesiodus wird später gesprochen werden. 
In beiden ist zwar die. Reflexion, aber bei Hesiodus nicht in mysti- 
scher Tiefe und Consequenz, sondern äusserlich, aunbefangen, naiv. 
Hesiodüs- stellt blos das Ueberkommene dar ohne einen bestimm- 
ten Plan; er reiht oft Verschiedenes, zuweilen sich Widersprechen- 
des an einander. Zuweilen versucht er etymologische "Erklärungen, 
Paronomasie, wie schon in Homer, meist ungeschickt. Seine Sagen 
und Vorstellangen selbst sind schon die vom Lichte des Verstandes 
gestalteten oder von der Reflexion getrübten, wie sie sein Zeit- 
alter derbot, ‚also nicht in ursprünglicher Reinheit. Der Zweifel 
und die Speculation blickt schon hinein. Hiesiodus weiss schon, dass 
nicht alle Dichtungen wahr sind, dass man auch Lügenhaftes dich- 
ten kann. Th. 27, 28. Dies setzt ein widernatürliches Verbältniss 
voraus, einen Abfall. Hesiodus selbst steht nicht mehr im home- 
rischen, ursprünglichen Verhältnisse zu den Göttern. Er sagt auch 
nicht unbefangen: sage oder singe mir Muse —; sondern ist schon 
ein priesterlicher Prophet, Günstliog der Musen, ihr Diener, dem 
sie Wahrheit verkünden, dem sie den Stab geben, vom grünenden 
Lorbeer den Spwössling herrlich zu pflücken, dem sie einhauchen 
götliche Bede, zu vernehmen was ist, was künftig sein wird und 
was vordem gewesen, und den sie singen heissen der ewig Seligen 
Geschlecht; eine Gabe, die allen Kummer in der Seele vergessen 
mache. Sie lehren ihn also Wahres singen, d.h. die Sagen und 
Vorstellungen , die durch die pierischen Sänger in Boeotien und durch 
die homerischen in Kleinasien meist schon‘, aber in unvollkommener 
Form und zum Theil unwahr, dargestellt werden oder im: Mande 
des Volkes und innerhalb der Priesterthümer vorhanden waren *). 
Die pierischen Priestersänger hatten das Chaos verschiedenartiger 
Vorstellungen und Sagen schon längst in Theogonien, Kosmogogien 


*) Aristides.(p. 366) tadelt den Hesiodus, weil er es gewagt babe 
Gm Prooemnium zu Theog.) seinen Namen unter die der Götter zu setzen. 
Vgl. Loc. de saltat..$.24. — Keineswegs um seiner Weisheit Eingang 
zu verschaffen, erzählte Hesiodus seine Weihun:, sondern weil er die 
Göttlichkeit des menschlichen Geistes in sich empfand, Lucian, dissert. © 
Hesiod. $.9. ᾿ 


Ι] 


488 Hesiedus. -᾿ zu “ 


zn ordaen begonnen, und den orientalischen Geschlechtsregistern 
. ähnliche Stammtafela entworfen. Hier mag die Unvollkommenheit 
mehr in der Form bestanden haben. Eine andere Sängerschule, die 
orphisch-mystische, hatte deren Objectivität einem subjectiven Zwecke, 
unterworfen, einem theelogisch-philosophischem , und sie also, wie 
Hesiodus meinte, nicht nach der Wahrheit besungen: Das physiko- 
philosophische Princip, welches bei Hesiodus hin und wieder hervor- ἡ 
leuchtet, ist nur eine Fortsetzung und Steigerang einer besonderen 
Weise der homerischen Po&sie, die keineswegs für eine bewusste 
Allegorisation gebalten werden muss, sondern für ein Fortdichten 
im Sinne des symbolisirenden objeefiven Mythus selbst. Hierher 
gehört besonders die Benamung der Nebengestalten: 5. Nitzsch za 
Od.1, 8. II, 386. VIII, 111. Diese Gestalten der dichtenden Vor- 
stellung waren zugleich mit dem Namen da, und hatten Theil an 
der Heiligkeit der Hawptgestalten, za denen sie gehörten, wenn sie 
auch im Volkscultus wenig oder gar nicht hervortraten. Sie sindimmer 
gesonderte Beziehungen des allgemeinen Geisteslebens, wie es im 
Glauben noch war oder in der Vorstellung gewesen war. Als ge- 
wesen erscheinen bei Hesiodus eine Menge solcher Gestalten als 
Vorläufer der neuen Götterdynastie. Sie sind gewesen, sind aber 
auch noch und zwar aufgehoben in dieser, deren elementarischer 
Grund. Sie sind zum Theil, obwohl überwunden, immer noch ehr- 
würdig und mächtig im neuen Götterreich. Sie gehören einer frühe- 
.ren Sphäre deg Geisteslebens, dem mehr elementarischen, blos na- 
türlichen Geistessein an, oder machen dieselbe aus, sind geschicht- 
lich wahr, obwohl den Griechen nicht alle aus sabjectiver Erinnernng 
und Tradition, sendern aus der Vorstellung, aus einer in die Ver- 
gangenheit gehenden Prophetie, wie Hesiodus selbst angibt, zuge- 
kommen waren. Weil diese Gestalten der Vergangenheit nicht eitle, 
willkürliche Erdichtungeu eines Individuams sind, sondern in der 
Geschichte des Geisteslebens begründet, so dass der Geist nur in 
sich geht oder zurück in die Bahn seiner Erscheinungen, so konn. 
ten bei diesen oder jenen: weniger vorgetückten Völkern diese Ge- 
stalten auch als noch vorhanden in der Wirklichkeit angetroffen wer. 
de» und an ihnen die Prophetie ‚in Bezug auf die προδόντα einen 
historischen Halt haben; ebenso ‚wie in Bezug auf τὰ ἐόντα das 
ldeelle aus der Wirklichkeit, was doch nur allen dem Dichter als 
solchem angehört, und in Bezug auf τὰ ἐσσόμενα die Keime der 
Zukunft hier oder dort wirklich hevorgetreten sein mögen (Th. V, 32 
eil. 38); und es lässt sich dies auch zum Theil nachweisen, Im Orient 
finden wir einige der Gestalten der hesindeischen Vorwelt noch; 
andere bestariden wenigstens noch zu jener Zeit; viele waren längst 
schon in griechische Sage und Cultus aufgenommen, Auch das blos 
Natürliche bestand für den prophetischen Dichter noch fort, sogar 
das Chaos, das Urerste, als die Gränze der Erscheinungswelt, aus 
welchem noch immer die Negation der Erscheinung, die obere und un- 
tere Nacht — "Egeßog— hervorging (s.O.K. Muellers Prolegg. p.318). 


Von Professor ἢν. Haupt zu Königsberg. ἡ "480 


Der”Egos, das Urprindip der Vermittieng und Gestaltung, waltete 
noch fort, es hatte Persönlichkeit in fremden, mystischen Cnlten, 
Ursprünglich unpersönlich ist er die aufgehobene Naturnothwendig- 
keit, die zur Persönlichkeit der Schöpfungen hindrängt, damit sie 
weiter erzeugen können, wie denn schon die sich sontlernden Natur- 
mächte als Titanen den Keim der Individualität und Persönlichkeit 
in sich haben und so die ganz persönlichen, aber doch noch in der 
Naturmacht wurzelnden Götter zeugen, welche sich dann zur freien 
Geistigkeit erheben. Vgl. Solger W. Il, 668. Die Persönlichkeit 
der Daemonen hat in derselben Anschauung ihren.Grund, und der 
Orient hatte sie, obwohl in weniger bestimmter Form, ebenfalls schon 
im Cultas*). . Wie Aether und Tag aus jenem Erebos, ganz 
analog der ersten Schöpfung, hervorgehen, so waren z. B. in Aegyp- 
ten und in Vorderasien ähnliche Schöpfungsmächte durch den Cultus 
geheiligt. Φοίβη mit Ayro und Kindern sind eigentlich nur eine 
Variation derselben Vorstellung, wie sie in Lycien und Karien im 
Ουἱίμε fortiebte, Im griechischen Cultusgebände waren die Momente 
der vorangegangenen religiösen Entwicklung des Orients erhalten, 
wie die Titanen bei Homer und Hesiodus in der Unterwelt. Der 
Prophet erschaut sie, und führt sie wieder an das Licht’ als die 
Urelemente des Gewordenen und Bestehenden. Das Werden ist 
ein Losreissen, ein Geschehen, welches das Ursein aufbebt und 
vernichtet, darum von diesem gehemmt wird mit List und Gewalt, 
aber doch nicht ganz unterdrückt werden kann, das von innerer 
Nothwendigkeit oder Liebe getrieben wird. Das ist die Kosmogenie- 
Theogonie. In Kreta verschlang der Urherrscher (Κρόνος von 
Κραίνω, nicht von Χρόνος: schon weil Χρόνος seine Kinder bis in 
alle Ewigkeit fort verschlingt, was dem .Mythus widerstritte. Siehe 
Zeitsch, f. Alt. Wiss. 1839. Dec. Uranos, Kronos 0,8. w.) seine Kinder; 
wie in ‚einem andern Mythus Zeus die Metis verschlingt, bis Zenn, 
Kronas jüngster Sohn ihn bezwang. Dies Symbol war in dem 
Alterthum Kretas begründet und durch den Cultus gebeiligt. Die 
alten Sänger einverleibten es als eine neue Entwicklungsperiode, da 
ursprünglich es nur eine und dieselbe bedeutet, Es war dies die 
jüngste Eintwicklungsperiode der orientalischen Sphäre des Geistes- 
lebens, der wesentlich mystischen, unmittelbare Einheit setzenden; 
und so sehr sie mit dem strengen Monarchismus auf Kreta zusam- 
menhipg, ebenso sehr blieb sie doch auch auf der anderen, inneren 
Seite daselbst in dem noch orientalisch-mystischen Cultus befangen. 
Griechenlands Genius riss den Zeuscultus von seinem mystischen 
Elemente las, wie alle übrigen orientalischen Cultusformen , indem 
er in kindlicher Heiterkeit sich die mythische Weltanschauung: schuf, 
worin die Menschen unbefangen in der Gottheit leben, die ihre. 
Natureinheit nur noch als Voraussetzung hat und frei ihr einiges 


*) Hier entsprungen zanächst aus dem Todtencultus und der Ver- 
ehrung der Vorfahren, die man als Geister umhorschweifend glaubte. 


400 ΄ 0.2 Βρίοάι. nt 


Wesen’ in seine Momente; als selbstständige Indivicralitäten, wel- 
ches die ‚verschiedenen Volksgettheiten sind ,: entlassen hat. ‘ Zeus 
hat die Naturmacht unterworfen; sie ist ihm diengtbar. Atich die 
blos natürlichen Geistesmächte. Er ist. politischer -Gott, ist das 
Bewusstsein jener Mächte. - Die Nacht und die Erde. hätten jene 
Wesen der’ physischen und morälischen Nothwindigkeit' geboren. 
| Nach dem Chads nämlich war unmittelbar-auch Erde:und Tar- 
taras und Eros, Aber ans. dem Chaos wurden Rrebos und die 
schwarze Nächt. : Aus der Nacht, wie in der Genesis, wiederum 
Aether und Tag, die sie mit dem Brebos 'erzeugte. Die Erde’aber 
gebar den 'gestirnten Hitsmel und die Berge. Was war, oder ni- 
mittelbar ward, ist‘ allgemeine! Grundlage, die in sich die Gegen- 
sätze enthält,” welche durch Bros verbunden wieldergebärende Be- 
sondetheiten' gebären. Nur den Pontus, das .tedte Salzmeer ,'gebar 
. die. Erde obrie Liebe; dagegen sie den OkeAnos gebar aus der Umar- 
mung des Himmels, Uranus, - wie-auch den Koies, Krios ; Hyperion, 
lapetus, die Fheia, Rhea, Themis, Mnemoszne, die goldumikränzte 
Phoebe und liebreiche Tethys, ὑπ sach dem jüngsten, dem Kronos, 
die übermüthigen Kyklopen— Brontes, Sterope, Arge —- die dem Zeus 
ΒΖ und Donner machten, dann die übermüthigen Hunderthändigen 
-- Kottos, Briareus, Gyges —, die Uranos sammt jenen allen, 
weil sie ihm verhaskt waren, in die Finsterniss verschless. : An der 
Spitze der sd geborenen ‚Erscheinungswelt steht also Okeanos, den 
Homer Θεῶν γένεσιν nennt, weil alles, also auch die von der Ur- 
substanz losgetrennten Götter, nach .orientalischer Vorstellung, aus 
dem Wasserurstoff entstanden war, wie- von Aphrodite hernach bei 
Hesiodus unalog ausgesagt wird.‘ Es folgen andere physische und 
dann physisch-geistige Urmächte; das Geistige and: blos -Natürliche 
ist darin noch nicht getrennt, Licht un. Verstand. -' Sie scheinen 
als solche wirklich aus dem orientalischen Cultussystem überkommen 
zu sein, nämentlich aus dem Blementendienst, Kriös, Herrscher, 
wohl vom -Widdersymbole. Koios —, in dessen Natnen die Begriffe 
des Lichtes, der Reinheit des Orients (der samothracische Sühn- 
priester) und des Verstindes noch beisammen sind, wird aus seinen 
Kindern erkannt. Andere Weisen des ursprünglichen Lichtseiris sind 
Hyperion, Theia, Pboebe. ᾿ Sicher sind- Rbea und lapetos asiatisch- 
historisch. In allen aber liegt der Begriff ‘der "Trennung in eigner 
Macht, des Sicherhebens in Bezug auf den allgemeinen Urstofl. 
Auch Themis und Mnemüosyne sind gesonderte Kräfte und zwar der 
geistigen Substanz. Themis (die Satzung als Bund zwischen Göt- 
tern und Menschen) trat im Eultus hervor, während Mundmosyne nur 
erst in ihren mit Zeus erzeugten Töchtern Geltung hatte.’ Tethys, 
lie Nährkraft, Die Kyklopen und die Hundertarmigen (Donner- 
riesen) sind rohe. Göttergestalten, meist elementariseh, welche die 
Furcht rohsinnlicher Völkerstämme auf entlegenen Inseln oder Län- 
dern im Nordwesten geschaffen hatte. In der nordischen Religion 
kommen ähnliche Gestalten vor, Sie sind schrecklich, tobend, über- 


Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 491 


müthig wie diese Völker selbst. Das Licht des Verstandes tritt 
hinter die Körperkraft in ihnen zurück. Dass diese barokken Ge- 
stalten mit einem Ange (das Auge war Symbol des göttlichen: 
Geistes) sich jene Völker selbst geschaffen, ist wahrscheinlicher‘, als 
dass griechische Symbolik mit dem einen ‘Auge das. Zurücktreten 
des Geistigen von Ihnen habe bezeichnen wollen. In ihrem Natur- 
seelenleben erlangten die Schamanen magische Kraft und bei den 
Naturmenschen Göttergeltung. Die Namen aber sind griechisch, 
wiewohl von der Art, dass ihre Wurzeln in der allgemeinen Sprache, 
aus der sich das griechische Idiom gebildet hat, gelegen haben, 
älso mit der äusseren Gestalt selbst, die sie bezeichneten, “über- 
kommen sein können. Das allen ihnen angeborene Trennungsprin- 
cip in seiner Macht war dem Urvater Uranus verhasst, der dar'n 
seinen Untergang sah; aber das die Geltung der Kinder erheischende 
Mutterherz seufzte ob der Grausamkeit des Vaters und sann auf 
Rache, Sie rief die 'eingesperrten Kinder auf, mit dem von ihr 
verfertigten Sichelschwert den Vater zu verderben. Kronos, der 
jüngste ihrer Söhne, mähte listig des Vaters Zeugungsglied hinweg, 
und machte sich selbst zum Herrscher und Princip von neuen, voll- 
kommner individualisirten Zeugungen. Aber mit den Blutstropfen der 
abgerissenen " Schaam des Uranos nahm die Erde die Keime seiner 
letzten Erzengungen auf und gebar die Etinyen, die Giganten und _ 
der melischen Nymphen unendliches Geschlecht. Diese sind also 
aus dem ersten Frevel entsprossen. Alle drei sind nach ihrem Eigen- 
namen (Erinyen von ἔρα, Giganten von γῆ) oder nach ihrem Ap- 
pellativum (die Melisch - Nymphen heissen‘ αὐτόχϑονες, χϑόνιαι) 
Erdgeborene, gehören zur göttlichen Lebenssubstanz; aber es ist 
wegen jener Erzeugung ihr Leben ein gebrochenes oder negatives, 
In den Erinyen ist Zorn, in den Giganten blinder Trotz, in den 
melischen Nymphen Schmerz über ihr unfreies Dasein. Die Erinyen 
haben ihr wirkliches Leben nur erst im Frevel gegen das Substan- 
tielle, und der eigensinnige Trotz ist der Todeskeim der Giganteı. 
Als die Schaam des Uramus selbst lange im Meere ümhergetrieben 
war, und sich um sie her ein weisser Schaum gebildet hatte, jing 
daraus (im Widerspruch ınit Homer) Aphrodite hervor, die 'sich 
zuerst dem heiligen Kythere (so schon bei Homer) näherte und von 
da nach Kypros' schwamm. Letztere Mythen beruhten besonders 
auf den zahlreichen Localculten an der Küste, wie auch der Ur-. 
sprung der Kypris aus dem Wasser überhaupt, wo sie als Meer- 
beherrscherin verehrt ward. Als allgemeine Naturzengungskraft, 
mit ptallischen Symbolen (Lucian de dea Syr.) besonders auf dem 
Continent dargestellt, ist sie auch noch in der hesiodeischen Dar- 
stellung, die sicherlich darauf beruht, zu erkennen; die älteste und 
erste der neuen Götter, noch substantiell wie Eros in der früheren 
Götterwelt, aber doch schon in individueller Persönlichkeit, und 
Eros ihr dienstbar, nach der allgemeinen Analogie. Hesiodus hält 
sie für eine einheimische Göttin (nicht aus Askalon wie Herod.). 


492 ον Hesiodos. 


Der Ersählung des Ursprungs lässt er etymolegische Namens-Er- 
klärungen folgen. — Rein negative Gestalten, die von natürlicher 
Seite her das Moment der Negation in sich haben, gebiert das der 
positiven Erde entgegengesetzte Element, die Nacht: Schlaf, Traum, 
Tod. und Todesmächte, Moiren und Keren, auch die Hesperiden: 
denn Abend und Alter (T’jeas) und Tod sind verwandt. Nemesis 
und Neid negiren gleichfalls. Auch ’Oifug und Ἔρις, welche letz- 
‚ tere die detaillirten Unbheilsgestalten erzeugt, auch den Eid als Ver- 
anlassung zum Meineid. Die Nacht gebar ohne Liebesumarmung. — 
Der ohne Liebe erzeugte Pontos aber erzeugte den wahrhaften 
pröphetischen Nereus.. In der Substanz überhaupt wehte der Götter- 
athem, Wahrheit verkündend, in Erde uud Meer — durch Natur- 
laute, Mit der Erde gebar er das Staunen, den Phorkys, die Keto, 
und Eurybia (slarüber 5. Zeitschr. f.d. Alt. W. 39. 1. S. 29.), also all- 
gemeine Wundererscheinungen des Meeres. Nereus erzeugte die Ne- 
reiden, geriogere und liebliche Erscheinungen in und auf dem Meer, 
Das Staunen, ®aupag, heirathete die Elektra, die Glänzende, und 
erzeugte die Iris und die Sturmwinde (die Harpyen, Aello und Oky- 
pete). Dass viele dieser Unterwesen im Glauben der meeranwoh- 
nenden und Schifffahrt treibenden Völker gewesen sind, lässt sich er- 
weisen, Phorkys ist im Cultus gegeben (Hom. Od. ll, 71. Al.), ist 
von ὅρκος», Pferch, benannt. Ihm erzeugt Ayo, dunkler Urstoff, 
graue Seeerscheinuagen, (Graeen) wie Ilspendo ‚Brandung; ’Evvo, 
Anströmung, dann die am Nurdwestmeer wohnenden Gorgonen, d.i. 
Schreckens - oder Schauergestalten, die die Vorstellung dunkler Ferne 
von selbst in sich trägt. Das Meer machte die eine Seite der Ferne 
zugänglich (τῇ δὲ μιῇ παρελέξατο Κυανοχαίτης —); der durch- 
dringende Verstand bieb dem Ungeheuer den Kopf ab, hob auf den 
entsetzenden Anblick des fernen wüsten Orients, und es trat her- 
vor Chrysaor und Pegasus, volksthümliche orientalische Symbole, wo- 
von das Flügelross zu Zeus kam, dem es Donner und Blitz trägt. 
Chrysaors und der Kalirrhoe Sohn war Geryoneus, der im west- 
lichen dunklen Fabelland (Gewitterland), wo Erythia (Abendroths- 
insel), herrschte durch magisch-kräftig Natureinheit, den die rein 
menschliche Thatkraft — Herakles — überwand und seine Rinder 
forttrieb, nachdem er auch den Hund Orthros und den Hirten Eu- 
rytion erschlagen. Des Phorkys und der Keto Tochter im Lande 
der Arimer, wie sie Hesiodus beschreibt, ist sie orientalisches Sym- 
bol einer vulkanischen Erscheinung. Mit ihr soll Typhon — Glut- 
wind — den Orthrus, Cerberus, die lernaeische Schlange, die Chi- 
maera, die Sphinx und den nemeischen Löwen erzeugt haben, Sinn- 
bilder ähnlicher Erscheinungen in Natur- und Völkerleben, die der 
-griechische Genius in Herakles, Bellerophon, Oedipus überwanu. 
Noch erzeugte Phorkys und Keto die Schlange, die die Aepfel der 
Hesperiden bewachte: ein bekanntes Symbol. Die hesperischen 
Gärten sind nach derselben Ausdrucksweise benannt wie die Gefilde 
oder Tanzebenen (nicht Chöre)‘der Eos im Morgen. Es sind dies 


Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 493 


wie alles folgende weder blos phantastische noch allegorische Ge- 
stalten, sondern concrete Gemiüthsanschaunngen, lebendig im Cul- 
tus, symbolisch, d. b. im organischen Zusammenhang stehend. Dem 
Herrscher (Krios) gebar die weitgewaltige (Burybia) den Astraior, 
Pallas und Perses. Astraios, der dunkle Stoff und Raum der Luft- 
erscheinuougen (analog dem Erebos und der Nacht als Eltern des 
Aether und der Hemera) erzeugte mit Eos die drei Winde Zephyros, 
Boreas und Notos, den Stern Phosphoros und die übrigen Gestirne, 
Auch dies ist nicht blos physisch, wiewol die Φυσικοὶ ähnliches 
lehrten (Solger 8. II. p. 742), sondern zunächst aus dem religiösen 
Glauben und Cultus genommen, an den sich die (Φυσικοὶ anschlos- 
sen, ihn erklärend. Religion und Philosophie ist im Anfange in- 
eins; daan trennt sich letztere nach und nach, von den physischen 
Inhalt jener ausgehend, ihn vor dem Verstande zu rechtfertigen. 
Dem Pallas gehar die Styx den Zelos (Eifer), die Nike und Kraft 
und Gewalt, welche immer beim Zeus wohnen, wie es der Mutter, 
als sie ihm mit den Ihrigen im Titanenkriege beistand, geschworen. 
Pallas, der Schwinger, war uraltes Symbol der natürlichen Schwung- 
kraft als Gottheit vorgestellt. Wo sich die allgemeine Gottheit 
vorzugsweise in dieser Eigenschaft offenbarte, lässt sich aus den 
Sagen von Pallas und den Pallantiden (s. O.K. Muell. darüber) 
abnehmen. Pallas macht den Uebergang zum Geistigen, das in 
Perses, dem vor allen an kundigem Geiste sich hervorthuenden, 
hervortritt. Ὁ | 

Phoebe und Koios gebaren die dunkle, mildgesinnte Leto und 
die Asteria, die Perses zur Gattin nahm und die die Hekate er- 
zeugtes Dies sind vorderasiatische Göttergestalten, wo die Begriffe 
von Reinheit und Licht nnd Geist zusammenflossen. Leto kann 
recht wohl nächtliches Dunkel, das die Ruhe einschloss, bedeuten, 
und so Sternhelle gebären, mit der sich die rasche Thätigkeit des 
durchdringenden Verstandes gattet und die Hekate erzeugt, welche 
die unerkaunte, unsichtbare Fernwirkung der göttlichen Substanz 
oder des göttlichen Geistes ist, und selbst, auf das Menschliche ge- 
wandt, wieder Licht und Reinheit und Geisteskraft, kurz alles was 
im orientalischen Sinne Φῶς ist, gewährt, Sieg, Heil, Rettung, 
Glück aller Art, auch Lebenskraft namentlich bei der Jagend. 516, 
diese μονογενής» ist der Geist Gottes, der alle drei Reiche der 
Welt durchdringt, und in Einheit erhält. Woher diese allmächtige 
Gottheit, die alle in sich vereinigt, Geist and Natur verbindet ? 
In Samothracien, Boeotien and auf Aegina hatte sie mystischen Cultas 
und die Cultussagen führen auf den Orient zurück, wie der Begriff 
seibst. Aber welches Land, Volk — erfasste diesen Geist Got- 
tes® Auch in seiner griechischen, mythischen Einfassung und Ge- 
staltung erkennt man in ihm den Begriff, der aus-Iudaea durch die 
Phoenizier verbreitet worden sein mag. Es ist merkwürdig, wie 
dieser Begriff zu dieser Form und zur weiblichen Gestalt gekom- 
men ist. — Die Rhea, die obere, geordnete Erde, gebar dem Kronos 


“ 


494 u Hesiodus. 


die Hestia-(Famjlienprincip), dann die Demeter (Fruchtbarkeit der 
bebauten Erde), Here (gubstantielle Sittlichkeit),. den ‚Hades: (un- 
tere ‚Erde), den Eirderschütterer. Poseidon und den klugen Beratber 
Zeus, unter. dessen. Donner ‚die Erde erbebt. Es sind dies- die 
Mächte des gegrdneten Lebens, welches hervorging, als sich der 
Widerspruch der Unmittelbarkeit. selbst aufhob. Die geistige Sub- 
jectivität erhob sich in Zeus, ‚van. der erhaltenden Mutterliebe ge- 
schützt, wieder durch List; in Kreta erhob sich zunächst .die neue 
Lebensordnung über .ılie naturgebundene Unmittelbarkeit, das freie 
geistige Bewusstsein als das Princip; welches im Mittelpunkt Grie- 
chenlands, in Delphi, seine Trapäen aufstellte.e Die durch ihn 
befreiten Titanen unterstützten dankbar seine Herrschaft; er sollte 
sicht blos politischer Gott sein. Er ΝΞ 

Iapetus ist die titanische Kraft im Menschengeschlechte, die 
Trennung, Wanderung hervortreibt,, besonders übers Meer bis an 
die Weltgrenzen, in unerschütterlicher Ausdayer. Er heirathete dem- 
nach die Kiymene die Okeanine, ‘die ihm den Atlas gebar, aber 
auch den frechen Verderbenbesteher Menoitios, den Zeus in den 
Erebos warf, den erfinderischen Prometheus und Zielverfehler Epi- 
metheus: gewaltige Bestrebungen der Menschen auf der höheren 
Culturstufe, die mit: Zeus begonnen, Warum Atlas an der Erd- 
grenze den Himmel trägt, liegt nahe. Prometheus leidet an den 
Folgen und an der Reue über die Trennung und den Abfall vom 
natürlichen Verhältniss, bis die griechische Thatkraft den Grund der 
Beue in der äusserlichen neuen Lage aufhebt und zwar mit Bewil- 
ligung des Zeus, obwol dieser auf Promethens zürnte, weil er 
ihm gleich sein wollte an Klugheit (ähnlich sagt Jehovah: siehe, Adam 
ist worden wie. unser einer), Denn er hatte ihn mit dem Kuochen- 
opfer überlisten wollen; Damals als (in Mekone) über die Lebens- 
dauer die Menschen mit .den Göttern rachteten (unsterblich —, Gott 
sein wollten in der. Genesis I. I, Welcker, der in Aeschyl. Trit. den 
Mythus richtig behandelt, fasst die Opfergeschichte zu äusserlich, 
Das Gottgleichseinwoljer® liegt in der Schmälerung und. Entziehung 
des Opfers gleichfalls), Wegen dieser Ucberlistung entzog Zeus den 
Menschen das Feuer. _Der lapetide stahl es ihm. Zur Vergeltung 
schafft. Zeus die verfübrerische verderbenbringende Pandora, und 
führt die von Athene ausgeschmückte vor die Götter und Menschen 
(die hier immer beisammen sind in Gesellschaft) —, von der das 
verderbliche Weibergeschlecht abstammt. Prometheus aber büsste 
der Ueberlistung thörichten Versuch in Banden. Ein höchst merk- 
würdiger Mythys, obwohl an dieser Stelle des Hesiorlus mit Ver- 
änderung der ursprünglichen Aufeinanderfolge im Einzelnen erzäblt: 
vgl. ’Eoy- 42—105. 108 —200! Der mensrbliche Verstand (die listige 
Schlange) hebt die selige Unmittelbarkeit, das ursprüngliche Leben 
io Gott, auf, nach dem Mythus, der aus wirklich Geschehenem 
das Ideelle hervorbebt, selbst immer das Ideelle der Erscheinungs- 
welt ist und deren Selbstbewusstsein. ‚Die Genesis und das Buch 


4 


Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. 495 


Henoch beweist, wie sich das Bewnsstsein dieses Actes des Geistes- 
lebens im Menschlichen zunächst, in Asien, dem Mutterboden; und 
namentlich in dem frühzeitig entwickelten’ jinlischen Volke gebildet 
hat. Das Allgemeine wiederhult sich: im Einzelnen; und als’ sich 
die höhere Entwicklung der Griechen in Thessalten' zutrug, wurde 
der allgemeine Mythus darnach bestimmt; °Die immer neuen, wach- 
senden Bedürfnisse nach jenem Naturzustand und daraus folgenden 
Bestrebungen zeigten sich in Thessalien' (Titaea —, "Titanen) wie 
vordem in Asien, und nagten (wie auch besonders‘ zur Zeit des He- 
siodus) am Menschenherzen und erweckten: neue Erfindungen und 
Künste, wodurch der -Bruch immer weiter ging. Es ward so ein 
neues Menschengeschlecht, ‘— Wie von dem prometheischen Ge- 
ilanken, dass ‘der Mensch in seiner geistigen Kraft der Götter nicht 
bedürfe und ' durch ‚Ausbildung der Vernunft der Naturkräfte und 
der ‘Götter: selbst Herr‘: werden könne, Asien erfüllt gewesen ' ist, 
siehe bei Stuhr, Relig. -Syst..S.208:’ ‘Die Titanen wohten sich der 
strengen Oberherrschaft des: Zeus’ nicht unterwerfen. — Die Natur- 
Götter der Verstandesperiode: nicht der geistigen Subjeetivität.' Aber 
die natürlichen Mächte mussten aufgehoben werden ins Geistige und 
die Einheit νοῦ beiden ‘so hervortreten, dass Was Geistige das Herr- 
schende blieb, mit mehr Inhalt erfüllt. "Kottos; Briareus und'Gyges 
standen ‘dem Zeus zur Serte und'durch sie siegte das neue Götter- 
geschlecht im furchtbaren Kampfe. Die alterfrüheste Periode’religiöser 
Entwicklung, die'blos natürliche, war mit'der' blos geistigen’ im Bunde: 
denn’ sie sind im Begriff: eins.‘ Die das Trenntmgsprincip oder den 
Verstand: überwindende Einheit- des’ ‚Natörliähen und: Geistigen ist 
indessen noch 'keine freie, absölhte.  '-' ὁ: 

“Die "Fitanen wolmen nun: verschlössen"im Tartaris ‘und dienen 
der Zeusherrschaft' im ‘Grunde ‘der Erde, an den Marken der Er- 
scheinungswelt,' die’ dort ihre Wurzeln hat, wo Nacht ünd Tag sich 
begegnen. Da wohnen der ‘Nacht Kirider, Schlaf und Tod. Da 
ist das Reich des Hades und der Persephone, vom Cerberus, einem 
Hunde, bewacht, ‚der alle hinein , ‚Niemanden, herauslässt (orien- 
talisches Symbol): 

Daselbst wohnt auch die Nyx, wo der berührhte Quell kalten 
Wassers ist, bei dem die Götter schwören; und wer falsch schwört, 
ist von der Göttergesellschaft und ' ‚Göttermahizeit ein Jahr lang aus- 
geschlossen, während dessen er sinnlos auf einem Lager liegt (von 
einem betäubenden Quell in Arkadien entlehnt), und dann noch neun 
Jahr (alte heilige Sühnperiode) von der Mahlzeit und Gesellschaft 
der Götter ausgeschlossen ist. Das sittliche Selbstbemusstsein ” Ge- 
wissen; von seiner Naturseite, titanisch. 

Die Erde gebar nun das’ jüngste Kind, aus der Umarmung- des 
Tartarus, den schrecklichen 'Typhoeus, von dem auch die ver- 
derblichen Winde abstammen (weil die Alten vulcauische Aus- 
brüche von unterirdischen Winden herleiteten). Zeus bändigte auch 
diese, als Gottheit gedachte, Erdgewalt. Dann ordnete Zeus die 


‘ 


496 Hesiodus, 


Herrschaft . der neuen Principien. Zur Gattin nahm er zuerst die 
Metis. ihre geistige Wiedergeburt, die -Athene, höhere Potenz Jes 
geistigen Princips, Die Metis aus titanischem Stamm, sollte ihm 
zwei Kinder gebären, die Tochter dem Vater gleich an Macht und 
Weisheit und den Sohn noch mächtiger als er selbst,. Zeus weiss 
den verhängten (im Wesen des Geistes enthaltenen) weiteren Ent- 
wicklungen Einbalt zu thun, indem er. die Metis verschlingt. Er 
legt seinen Begriff aus, zeugt ehelich mit der Themis (— gesetzte 
- Ordnung des Substantiellen) die Horen und, als Wiedergeburt, die 
Moeren, mit der Eurynome die Chariten (an den Bund mit den Göt- 
tern schliesst gich ihre Huld und Gnade, an verbreitete gesetzliche 
Ordnung schliesst sich Anmuth an: so die Grazien in gebildeteren 
Lebensverhältnissen der. (Griechen als) Minyer, von denen ihr Cul- 
tus ausging), mit der Demeter die Persephune, die er dem Hades 
gab, mit der Mnemosyne die Musen, mit der Leto den Apollo und 
die Artemis, und zuletzt mit der Here die Hebe, den Ares und 
die Eilithyia; alles Gottheiten der einzelnen pelasgisehen Völker, in 
denen der griechische Geist seine einzelnen Momente zur Erschei- 
nung gebracht, und die dem allgemeinen Begriff untergeordnet waren. 
Demeter und Tochter, sowie auch die Musen, gehören thracischen 
Stämmen au (Princip der Erdfruchtbarkeit und der Kunstbegeiste- 
rung); Apollo und Artemis (Lebensprigcipe) der lycischen Völker- 
schaft, wo Licht und ‚Lebenskraft als Eins erschien; Here (Princip 
der. sittlichen Familie) ist allgemeiner, die Herrin, zunächst und 
besonders vou den Samiern und Argivern gebildet. Ihre Kinder 
haben enge Beziehung anf dus Gedeihen blübender Jugendkraft. Zu 
Heres Sohne, dem ohne Liebe erzeugten Hephaestos, verhält sich 
Athene wie Geist zur Materie. Er ist unfrei, beschränkt. Sie ist 
die freie geistige. Erregtheit, also auch kampfliebend. Sie ging 
‚zunächst aus rhodischen, er aus lemnischen Entwicklungsverhält- 
nissen hervor. Triton, den Amphitrite dem Poseidon gebar, ver- 
dankt wol dem libyschen See gleiches Namens den Ursprung. Pho- 
bos und Deimos, dem Mars von der Kypris: geboren, sind seine 
- eigene Bestimmtheit. Die Tochter Harmonie, die- Kadmos .heim- 
führte, ‘gehört in den mystischen, samothracisch-thebanischen Kreis. 
Untergeordnete Auffassungen des Göttlichen, als des Vermittlers, der 
Naturbegeisterung, der Thatkraft sind die unehelich gebornen Kinder 
des Zeus, Hermes von der Maia, Dionysos von der Semele und 
Herakles von der Alkmene. Man könnte sie unhellenisch und mystisch 
nennen. Ueber Herakles sprechen wir unten, 

‚ , Hephaistos heirathet die jüngste Charis, Aglaia, — symbo- 
lische Sage, abweichend von Homer, wie das was folgt von der unal- 
ternden unsterblichen Ariadne als Gattin des Dionysos. Beides aus 
neuen Cultusverhältnissen durch Völkerverkehr, Herakles mit ebe, 
mit der er ebenfalls unalterlich im Olymp wohnt (Vgl. Homer Od, XI, 
600), ist der Griechen eigene frühste Thatkraft, mit ewiger Jugend 
gepaart, _ 


= 


Von Professer Dr. Haupt zu Königsberg. 497 


Dem Helios gebar die Okeanine Perseis die Kirke und den 
Aetes, der des Okeanos Tochter Idria heirathete, die die Medea 
gebar. Asiatische Begriffe, anf Sonnencult und Zauberei, nament- 
lich am schwarzen 'Meere, bezüglich. 

Demeter gebar den Plutus aus lasions Umarmung auf Kretas 
Brachfeld: mystischer Mythus nach äusserlicher , kretischer Ge- 
staltung. Ebenso altmystisch, und nach thebanischer Gestaltung, sind 
des Kadmus tınd der Harmonia Kinder, Ino, Semele, Agaue und 
Autonde, mit ’der'Aristaens den Pol dor’in Theben gebar. ' Heilige 
Sühnungen, orgiastischer Cult und Segnungen davon — gestalteten 
diese Wesen. — Kyprische Vorstelluigen über das Morgenland Hie- 
gen den Geschlechtssagen von Merinon nnd Phaethon zu Grunde. — 
Medeä, von Jason nach Iolkos mitgebracht, gebar ihm den Medeios, 
den Chiron aufzog; eine aus dem: Verkehr der ältesten Griechen 
mit den Pontusumwohnern entstaridene Sage. Dem Haibdunkel der 
Geschichte Griechenlands gehört Phokus, des Aeakus und der Psa- 
mathe Sohn, und Achilles des Peleus und der ‘Thetis Sohn. Eben 
dahin gehören Aeheas von der Kypris und Anchises erzengt, Agrios 
und Latinos, der Kirke und des Odyssens Sohn, auch Nausithoos und | 
Nausinoos, dem Odysseus von der Kalypso geboren. Wie sich hierin 
Götfinnen mit ‚Menschen vermischen, so die mythische Idealität mit 
der geschichtlichen Wirklichkeit. Hierin endet dies grosse Cultus- 
gebäude, das’ von unbestimmten allgemeinen Vorstellungen ausgehend 
und die Gemüthsahnungen an die Naturerscheinungen anschliessend 
zum phantastischen Concreten übergeht, dessen vereinzelte Gebilde 
gliedert und zum erschöpfenden angemessenen Ansdruck des ganzen 
religiösen Gemüthsinhalts erhebt, bis dass es eben diese nun ge- 
schehnne Entwicklung 'der Religion, den wahrhaften Kern aller Ge- 
schichte, als die alles bewegenden und durchdringenden göttlichen 
Ideen, in Göttergestalten verwandelt, in sich niederlegt, so dass 68 
selbst zu einer Natur wird, zur belebenden und beseligenden Natur 
des Volksgeistes , welches der rubige Grund und Boden aller wei- 
teren Erscheinungen und Entwicklungen des Volkes ist. 

Das zweite Werk des Hesiodus, die Tage und Werke, haben 
auch die Tendenz, das was ist und wie es ist, ans der Geschichte 
der geistigen Entwicklung abzuleiten. Es sind hier die verschie- 
denen Menschenalter diese Entwicklungsperioden. Dies war ein 
Hanptdogma der in Boeotiens 'Thälerri durch die pierischen Priester- 
sänger gegründeten ‘Weltanschauung, das sich an die orientalischen 
Paradiesmythen als Erweiterung und Fortsetzung anschloss. Diese 
finstere‘ trübe ‘Weltanschauung hatten die Zerworfenheiten, welche 
der Abfall vom Heroenthum mit sich führte, und die wachsenden; 
mit dem sich’ erweiterüden Handel und Verkehr sich ausdehnenden 
Bedürfnisse ‘und ‘neuen Befriedigungsmittel und die mit der freien 
Subjectivität zunehmende Macht des gesonderten Willens nnd Privat- 
interesses herbeigeführt. Von der Prometheussage und ihrem Ver- 
hältniss zur 'biblischen Paradiessage haben wir schon gesprochen und 

Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. Hfl. 4. 32 


498 | . Hesiodus, 


besonders. anf Welcker verwjesen.. Die andere Erzählung v. 108 sqq. 
hat dieselbe. Tendenz, den. Ursprung des Uebels zu erklären. Sie 
hat an der Spitze den inhaltschweren Gedanken gleichsam. als Re- 
sultat der Entwicklung alles religiösen, Bewusstseins: eins ist das 
Geschlecht der-@ötter und Menschen in seinem Ursprunge und Grunde, 
Dann folgen die verschiedenen Perioden dieger Gotteinheit.. Die erste 
war die ganz unterschiedlose, unmittelbare, ‚Diese Menschen wur- 
den nach dem Tode fromme Daemonen der obern Erde, Horte des 
Guten und der -Vergeltang, unsichtbar: überall umherschwebend, den 
Menschen zum Schutz und Heil. Zu vergleichen ist, v. 252 sq. wo 
der Verfasser - die nngerechten Könige warnt, an jene Hüter- des 
Rechts sie. erinnarnd. Diese individualisirten daemonischen Wesen 
sind die sittliche Substanz, Es ist.dies eine Verklärung orientalischer 
Glaubensichren. : Als Substanz, cbaotisch, ungegliedert stoffartig 
ist der δαίμων. (οἵξ ϑεὸς genannt) bei Homer, das unerkannte, un- 
bestimmte, dunkle Geschick, Erdmacht im Menschen immanent, 
Das zweite, silberne. Geschlecht, von den Götterg geschaffen, fing 
zuletzt an, sich von ihnen zu trennen und wird von Zeus.unter die 
. Erde verborgen. - Sie wurden sterbliche Daemonen, die zweiten. Das 

dritte Geschlecht war das eherne, das hart und übermüthig, von 
Zeus ganz vertilgt ward. Hierauf folgten als viertes Geschlecht die 
Halbgötter (zu vgl. Hom. XII, 28.) oder Heroen,. welche nach ihrem 
Tode auf die seligen Inseln gesetzt wurden. Sie führten den the- 
banischen und troischen Krieg. Der Glaube.an das Daemonische 
ihrer Seelen. gründete den Cultus derselben, der zunächst Todten- 
cult war. Die in die Substanz zurückgefallenen Geschlechter daemo- 
nischer Natur, liegen, über die Welt des individuellen Bewusstseins 
hioaus, ‘sind titanisch, Das an die Gölterwelt gebundene Bewusst- 
sein der Heroen ist eben dadurch so hehr und mächtig; von dieser 
seiner Wurzel 'abgelöst. ist es dem Elend und Verderben preis- ὁ 
‚ gegeben, was das fünfte Geschlecht ist, das eherne, das gottver- 
lassene, gultvergessene, wo weder unter Gastfreunden und Freun- 
den, noch zwischen Eltern und Kindern Liebe mehr herrschen wird, 
sondern Frevel und Gewalt. Die Fabel vom Habicht und der Nach- 
tigall, der älteste Ainas, soll dieses Unheil veranschaulichen, Dann 
folgen allgemeine Klugheitsregeln, natürlich sittliche Gesetze, Er- 
mahnungen, besonders in Sprüchwortsform, als Gnomen, endlich 
Vorschriften, die sich auf Haushalt, Schifffahrt und Landbau beziehen, 
und den Bruder Perses, dem das Ganze gewidmet ist, besonders 
angingen. Das Grosse daran ist eben die Auffassung des Ethischen, 
getrennt vom ‚Allgemeinen und gewissermaassen dem in der Tbeo- 
gonie gegebenen religiös- geschichtlichen Cultusmoment entgegen- 
gesetzt. Dadurch geht das Sittliche über seine Natürlichkeit hinaus, 
wird ein Gesetztes, reflectirt (δίκη dem Homer nach die unreflectirte 
Sitte, das berkömmjich Schickliche). Die Klagen über die Unge- 
rechtigkeit der Könige und ihren Abfall von der substantiellen Sitt- 
lichkeit bereiteten gewissermaassen ihren Sturz vor. Aehnlich ver- 


Von Professor Dr. Haapt au Königsberg. Ps 


halten sich die Kingen über das Weibergeschlecht zum nachherigen 
Verhältnisse derselben. Jenes war für den Staat, dies für die Fa- 
milie einflugsreich, Alles dies im Geiste der sich entwickelnden Ρο- 
litschen Klegie. . Kremd dem .alten Glauben sind auch die dies 
fousti und Anfausti, . : " . ες 

Der Schild ‚des,-Hercules ist eis Bruchstick eines grösseren ἰὼ 
Weise .der cyclischen verfassten Gedichtes. Dies grössere Gedicht 
enthielt verschiedemartige Localsagen, die oft mit dem allgemeinen 
Mythus ig Biszelnen wenig übereinstuamten. So ist denn auch Εἴη. 
zeines in diesem Kragment nicht ganz wit der sonstigen mythischen 
Welt übereinstimmend, z..B. was.ein alter Kritiker tadelt, dass 
darisı Hepbaestos. den Feinden seiner Mutter Waffen schenke. Cycnus, 
des. Ares Sehn, plündert die nach Delphi Weihgeschenke Bringen- 
den und wird vom Herakles erlegt (obwol.ihre Mars selbst half), 
dem Hepbaestos ‘den weitläufg beschriebenen Schild geschenkt 
hatte. Eine mehr geschichtliche Sage ohne immanente Idealität. In 
der ‚Beschreibung des Schildes scheint Einiges nach Homers Vor- 
geng gerlichtet,. Andres schwer mit dem Ganzen vereinbar, Vieles 
mehr phantastisch als. im. religiösen Glauben begründet zu sein. Eine 
treffliche Erklärung der künstlerischen ‚Anlage des Schildes verdan- 
ken wir K. O. Müller. Fragen wir aber, was diesem Fragmente 
die Ussterblichkeit verschafft hat, ao glauben wir den Grund in der 
religiösen Zutwieklung des prophetischen Boeotiens, der ja über- 
hanpt' ‚die hesiodische Poäsie. ihren. Ursprung verdankt, suchen. zu 
müssen nnd zwar. in: dem auch in der Theögonie ausgesprachenen 
mystischen Glawubensdogma,: dass, wie die Menschen von ihrem 
Gettseja herabgesunken, so einst ala Menschen zur Götterwürde 
und: Götterseligkeit sich heraufarbeiten würden, wozu die Gewiss- 
heit in. Herakles Vorbild ihnen gegeben sei, der Mensch war und 
durch seine fromme. Thatkraft Gott ward. Dass die Menschen ur- 
sprünglich mit den ‚Göttern eines Geschlechts sind, war der Haupt- 
gedanke- jener beiden. Werke. Und hiermit ‚haben wir den Grund 
und das Wesen der ganzen hesiodischen Peesie ausgesprochen, und 
werden: in den folgenden Entwicklungen nachweisen, wie dieser Ge- 
danke. -zur Reife: kommt. bis er Früchte trägt und im Christen- 
thum in Erfüllang geht. . = τος 
| ΝΕ Haupt. 


Die COycliker aus ‚dem Gesichtspunkt der Entwicklung der 
religiösen Idee betrachtet. Ä 


Die cyclischen Dichter aus dem Gesichtspunkte der sich ent- 
wickelnden ‚Idee zu hetrachten, ist. bei dem wenigen Fragmenten 
derselben and beiıden. schwankenden Nachrichten der Alten schwierig, 

| | 32 


500 - Die Cycliker, 


Was wir von ihnen historisch wissen, ist, dass im Geiste der flins 
und Odyssee sie sich ergänzend und weiter ausführend an den ho- 
merischen Stoff eng anschlossen. Warum das homerische Epos nur 
ein grosses Fragment jener Mythenwelt sein musste, haben wir 
in früheren Abhandlungen dargethan ; und namentlich waren es 
die mystischen Beziehungen, in der allgemeinsten "Bedeutung des 
Worts, die in der durchweg äusserlichen epischen Behandlung ganz 
in den Hintergrund getreten sind. Ausserdem konnten auch von dem- 
jenigen, was der Hias und Odyssee voranlag oder nachfolgte, nur 
dasjenige darin Aufnahme finden, was die Einheit des Bildes nicht 
störte, und auch dies nur als Hindeutungen: so dass diese Gedichte 
in Bezug auf Vergangenheit und Zukunft prophetisch sind. — Diese 
Beziehungen haben wir meistentheils angegeben. Zwischen dem 
Homer und manchen cyclischen Dichtern liegt aber anch eine ereig- 
nissvolle Zeit in der Mitte; und das auf die Zukunft gehende Pro- 
phetische war theilweise schon in Erfüllung gegangen. Es war dies 
der successive Abfall von dem hersischen Ingoltsein, die Anord- 
nung eines besondern Cultusgebäudes in’Griechenland (die Begeben- 
heit in Troia nach Il. Vi, 286 sq. gehört zur orientalischen Sphäre), 
die‘ Trennung des Einheitsverhältnisses zwischen Volk and König, 
die Entstehung der πόλις») die Stiftung der Colonien, das Hervor- 
treten des Begriffs dixn, σοφία, und der Subjectivität in Bezug auf 
die Götter, die sich der Erde entfremden und durch intensive Opfer, 
Reinigungen u. dgl. versöhat werden müssen, wodurch das Priester- 
thoım einen anderen Charakter annimmt, das Loos der Menschen 
unglücklicher erscheint, Orakel alle Bestimmungen geben u, 8. f.; 
die fernen, Zurückgezogenen Stämme waren thatkräftig hervorge- 
treten, um die- neue Zeit herbeizuführen; ihre Stammsagen und in- 
dividuellen Anschauungen hatten sie geltend gemacht; und diese, ins 
Vulksbewusstsein getreten, reizten zur Darstellung in homerischer 
Weise. Im rein homerisch-heroischen Geiste konnten sie nicht mehr 
dargestellt werden, weil dieser nicht mehr vorhanden war. Denn 
‘schon im humerischen ‚Zeitalter war nicht mehr jenes nnbefangene 
Leben in den Göttern; nicht mehr der substantielle Glaube, die 
substantielle Sittlichkeit, die diese Einheit der Menschen mit den 
"Göttern gewährten, auch noch als die wirkliche Heroenwelt schon 
dahin schwand. Als Charakter der Heroenwelt ist dies. Wurzeln 
der Willens- und Thatkraft der Heroen in den Göttern anzusehen, 
ihr unmmittelbares Bestimmtsein durch die Mächte an die sie glauben. 
In diesem unmittelbaren , unbefangenen Verhältnisse hatten die Heroen 
ihre Bedeutung, Wahrheit, Freiheit. Sie glaubten an die über ihnen 
und unter ihnen sich unter einander befehdenden, vom Zeus aber 
an das Allgemeine gehaltenen Götter; und die Götter erschienen 
unter ihnen und in ihnen, gleichsam ihrer bedürftig. Dies Verhält- 
niss in seiner ganzen Objectivität ist das homerische Epos. Homer’s 
Persönlichkeit war darin ganz aufgegangen. Aber schon in der 
Odyssee glimmt der Funken der Subjectivität. Odysseus erscheint 


Von Professor Dr. Haupt an Königsberg. 501 


vom Allgemeinen losgerissen; seine Individualität wurzelt zwar in 
der herrschenden Idee, ist aber als solche schon ein Herausgehen 
aus dem Allgemeinen, ein Uebergang zum Subjectiven, obwol noch 
erst ein traumartiger, mährchenbafter. Wie sich einzelne Staaten 
selbstständig gründeten „ so treten einzelne Persönlichkeiten, vom 
Ganzen abgelöst, hervor und zwar wie im Gebiete äusserlicher That- 
kraft, in Gründungen ‚und Stiftungen maacherlei ‘Art, so im Gebiete 
geistiger Thätigkeit, als Priester, Sänger’ n..s. f., frei von der frü- 
heren Allgemeinheit und der substantiellen Einheit. Diese Subjec- 
tivität tritt auch in. den cyclischen Dichtern hervor, von denen manche 
sich mehr dem Gefühl der Trauer um die vergangene Zeitperiode, 
andere mehr dem Genusse der Güter der Gegenwart hingeben, theils 
mehr elegisch,, theils mehr in naivem Humor die Mythen behandeln, 
dieser mehr ethisch oder tbeologisch oder speculativ, jener mehr 
dramatisch oder Iyrisch., So konnte sich aus ihnen entwickeln oder 
an sie anschliessen die hesiodische (politisch-elegische) Poesie, die 
doppelte Hymnenpoösie und die Dramatik, 0 

Als Vorläufer der hesiodischen Theogonie und der Eöen kön- 
nen die cyclische Theogonie und Heroogenie betrachtet werden, 
welche sich aber durch ihren äusserlichen, homerisch-epischen Cha- 
rakter von den hesiodischen Gedichten deutlich unterschieden. Sie 
hatten noch meist die homerische Grundanschauung der Götter- 
- und Heroenwelt, und führten nur das im Homer Angedeutete weiter 
aus. Auf das Menschliche mehr gerichtet waren die mit gleicher 
Grundanschauung gedichteten Epopeen, die sich auf einzelne grie- 
chische Stämme und Staaten bezogen, auf die Dorier, anf Boeotien, 
namentlich auf Theben, auf Korinth, Attika n.s. w., wohin gehörca 
die Danais, des Eumelus Korinthiaka, die Alkmaeonis, die Minyas, 
Europia, Thebais; Theseis, Argonautika, die auf Herakles sich be- 
ziehenden Gedichte, die Atthis und andere Gedichte, welche das 
damals erwachende Selbstgefühl der einzelnen Stämme und Staaten 
hervorrief: denn sie alle hatten gleich den van Homer gefeierten 
in der Heroenzeit ihre. von den gegenwärtigen Göttern geschützte 
und gepäegte Kindheit, ihr goldenes Zeitalter, gehabt. Was den 
Einen der troianische Krieg, das war den Andern die. Argonauten- 
fahrt, oder die kalydonischen Ereignisse, die Amazonenkämpfe, die 
thebanischen Kriege u. 8. f. Einige setzten. den Iason, Herakles, 
Thesens —, andere die Europa, lo, Medea — an die Spitze ihrer 
Stammsagen. Diese einzelnen Stämme und ihre Sagen machten οἷ 
in sich zusammengehendes Ganze, einen Kreis aus, ganz Griechen- 
land in seiner göttlichen Vergangenheit umfassend; und die Dichter, 
die sich dem Geiste dieser Vergangenheit bei der Darstellung so 
hingaben, dass ihre Subjectivität, wenn auch nicht ganz wie die des 
Homer in seinen Gedichten, verschwand, und darin mehr oder wer 
niger aufging, ernteten den Preis ihrer ‚Objectivität: ihre Gedichte 
wurden dem allgemeinen Volksepos.an die Seite gesetzt, Ja sie wur- 
den von Einigen. dem Homer selbst,. da sie demselben geistigen 


02 Die -Cyeliker. 


Focus entsprungen, zugeschrieben. Da die Subjectivität und Per- 
sönlichkeit, wie die des Homer dariu mehr oder weıliger aufgehoben 
war, so musste die Kunde ihres 'Urhebers etch in ein ähnliches 
Dunkel versinken, und man kann (mit Müller u. A.) es allerdings 
als Kriterfon der echten eyclischen Würde ansehen, wenn von den 
Gedichten, die zum Cyclus gerechnet werden, der Verfasser un- 
‚bekannt ist oder. Homer als Verfasser genannt wird; nur 'bei deu 
Gedichten des troischen Kreises, wo es leichter war in den home- 
rischen Ten’ einaustimmen, und wo die Dichter dem Homer be- 
stiminter endgepengestellt werden, ‘dürfte eine Beschränkung ein- 
treten müssen. Ob die Anlage und Oekonomie der’ Gedichte der 
homerischen gleich kam, ist zu. bezweifeln, auch 'wenn Aristoteles 
es nicht ausdrücklich verneihte, :'Die'' Interessen 'des Weltgeistes 
waren überdem schon im ‘Homer offenbart, ‘und die Particularitäten 
konnten eind ‚so grossärtige Auffassung nicht gestatten. “ Aber im 
Einzelnen war der echte antike Geist herrschend und objtctiv er- 
halten, wie uns z. B. die ‘Bruchstücke ats der Tihebais dartkun, 
Die homerische Weise ‘scheint’ oft bis aufs Einzelnste von den Dich- 
tern . des 'troischeri Sugenkreises ausgeprägt wörden zu sein: denn 
da diese Weise sich ‘als Norm festgesetzt hatte, so musste sie be- 
sonders bei Bearbeitung desselben Stoffes sich geltend machen. Da- 
her der Tadel der Einförmigkeit und Nachäffung: Cällim. Epigr. 29, 
Anthol. Gr. ΧΕ, 80. Und da viele’ dieser Dichter es besonders auf 
Vollständigkeit ‘des Sagerlstoffs abgesehen hatten, so konnte’Schwer- 
fälligkeit und Ueberfüllung nicht vermieden werden, wodurch die 
lichtrolle Einheit verloren ging. Bekannt ist, was in dieser Hin- 
sicht Aristoteles von: den Kyprien und: der kleinen Ilias sagt in 
Vergleich zur Ilias und Odyssee (Arist. poet. 23). Bei dieser Ueber- 
ladenheit' mag indessen zu bemerken sein, dass dadurch manche 
alte vorhoinerische Lieder, wie wir dergleichen asch im Homer et- 
wähnt und benutzt finden ,„ dem’ wesentlichen Inhalte nach lange er- 
halten worden sind, wovon sich die Spüren noch bei den Tragikern 
finden, die aus ihnen ihre Stoffe nahmen und schori ziemlich jedes 
einzelne Sujet datin "abgeschlossen und gesondert behandelt vorfan- 
den, wie sie ans:der Kleiiten Ilias Aristoteles an jener Stelle nam- 
haft macht, ' Ze Bu 

Die Gedichte ans dem troischen Kreise, die sich an Homer 
anschlossen ohne ihre Selbstständigkeit- ganz aufzugeben, warten die 
Kyprien, die Aethiopis ües Arktinos, die kleine Ifias des Lesches, 
und die mehr .ia den Kreis der Odyssee'gehörenden Gesänge, näm- 
lich ‘des Arktinos Ἰλίου πέῤσις») des Augias oder Agias Nöcro:, des 
Eugammon Telegonie. Diese zusammen bilden: ein grosses Ganze, 
das man ein fünfactiges Trauerspiel nennen dürfte. Den tragischen 
oder elegischen Ton schlugen die Kyprien sogleich an, indem sie 
die mit allen Reizen ansgestattete Helene 'Fochter des Zeus und 
der Nemesis nannten and die Scheu und ‚Flucht der Nemesis vor 
der Umarmuug des Zeus schilderten. Die Versöhnung scheinen sie 


Sn 


Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg. | 503 


in naiver, -humoristischer Weise erzielt zu haben, da nach ihnen 
Zeus durch den Krieg die Erde von der Ueberfüllung von Men- 
schen befreien wollte (ähnlich fasst dies Welcker auf). Die Sub- 
‘ jeetivität. scheint also den objectiven Mythus in diesem Ausgangs- 
punkte- fast zu beherrschen: Εἶπα Immoristisch versöhnende Ten- 
denz mögen auch die Verse bei Athen.II, 1. p. 36 und Suid. 5. v. 
οἶνος haben; ja wir erkennen sie auch in den herrlichen Fragmen- 
ten bei Athen. XV, 8. p. 682; sowie auch in den Versen in Pla- 
tons Emthyphron ein solcher Ton erkennbar ist. Dessen, was im 
Homer nicht ausdrücklich erwähnt ist, haben dje Kyprien sehr viel, 
z. B. die Hochzeit der T’hetis; aber ‘deni 'Homer ganz unbekannt 
ünd fremdartig ist Palamedes '(enboeische Stammsage), Kassäindras 
Pröphetentham, die Opferung 'Iphigenias, sowie Einiges über Memnon, 
Philoktet ‘und selbst über Achill,; desgleichen von Kastor und Polluz, 
die wol nicht in der symbolischen Bedeutsamkeit, in welcher sie 
nach inystischer Anschauungsweise zur Helena gehören, dargestellt 
water; von Kyknos, Troilöos, Lykaou -—— lässt es sich weniger nach- 
weisen. Beachtungswerth ist hierbei das durch Aphrodite und Thetis 
eingeleitete Zusammentreffen der Helena mit Achilles und das dadurch 
motivirte Verfähren des Achilles, seine Eroberungen and Zerstörun- 
gen in Vorderasien. Diese und manche andere Begebenheit lassen 
sich als Vorspiele zu den grösseren in der Ilias betrachten, haben 
aber auch als solche einen nicht sowol streng ethischen, als viel- 
mehr gemüthlichen Charakter. Dem kalten, finstern Vernichtungs- 
"beschlass des Zeus durch die Nemesis ist Aphradite mit der Fülle 
ihres sinnlichen Zaubers und süsser Allmacht gegenübergestellt, und 
als beider Werkzeug Paris und Helena, welche das Verderben in 
Troia einführen. Die Freiheit von den religiösen Banden des Mythus, 
die sich hierin zeigt, die subjective Auffassung und ‚Gestaltung oder 
Umgestaltung beurkundet den Beginn einer neuen, von der home- 
rischen. verschiedenen, Zeit, wo auf der einen Seite, in Bezug auf 
die epische oder künstlerische Götterwelt, die fromme Scheu schwand, 
auf der andern Seite, in Bezug auf die priesterliche Disciplin (Sühn- 
opfer der Iphigenie, die prophetische' Kassandra, die Dioskuren, 
die Nemesis), der Glaube zunahm. Die heraclidischen Ereignisse, 
die Colonisirungen, Staatengründungen — entsprechen auf der an- 
dern ‚Seite diesem Abfall vorm Substantiellen, wie es in der ‚home- 
rischen Po&sie objectivirt und der allgemeinen Erkenntniss oflen-. 
bart war). ὁ 

Diesen Umschwung finden wir auch in der Aethiopis des Ar- 
ktinos: denn wegen des Mordes des Thersites schifft Achilles nach 
Lesbos, epfert dem Apolion, der Artemis und Latona und wird 


*) Die Kypria wurden in Salamis an den Aphrodisien vorgetragen, 
worauf zwei der erhaltenen Rhapsedenprooemien sich beziehn. Wegen 
dieses Gedichts, welches nach der Sage, die bei Pindar vorkam, Homer 
einem Kyprier schenkte, gaben die Kyprier Homer für einen Sohn ihres 
Landes aus. Welcker. | 


504 ον τ τ τ Die Gyeliker. 02. 


vom Oılysseus entführt: Eine solche Eutführung ist dem. homerischen 
Geiste fremd. Das Opfer und die Entrückung der Iphigenia in (den 
Kyprien- ist. damit verwandt.» Auch im Schlusse und in der Ver- 
söhnung, ist ‘ein fremdartiges ‚Moment enthalten: denn Thetis ent- 
führt‘ den. Achilles vom Scheiterhaufen nach der Insel Leuke,. wo er 
als Heros verehrt ward. Ob ein solcher Heroencult auch in Bezug 
auf Memnon aus den Worten des Proklus (τούτῳ μὲν ας παρὰ 
Διὸς αἰτησαμένη ἀϑαγασίαν δίδωσι) zu folgern sei, ἰδὲ schwer zu 
behaupten , obwol Arktinos geflissentlich das Loos des Memnon als 
dem’des. Achilles gleich dargestellt zu.haben scheint. Dass Thetis 
dem. Achilles die Begebenheiten „mit dem Memnon prophezeit, darin 
liegt wenigstens. eine Weiterführung homerischer Gedanken, ‚welche 
wir auch darin erkennen, Jass Thetis mit ihren Schwestern und den 
Musen' herzukemmen , den: van Paris und Apollon, getödteten. Achilles 
zu. beweinen, womit die Todtenklagen um Hektar am Ende der. 
Hias zusammenzustellen sind. Das gilt auch. überhaupt: von der 
Bedeutsamkeit des Memnon, sowie der Amazone Pentbesilea ia die- 
sem Gedichte, Der ferne Norden: und der fergste Osten treten mit 
den Griechen in den ‚Kampf, wo das Geschick der ‚Westwelt und 
der Ostwelt auf der "Wage lag; Jie Principien in ihrer endlichen Er- 
scheinung heben sich einander auf, erlaugen .aber dadurch ein ver- 
klärtes unendliches Fortbestehen, Hierin hat die herrliche Aethio- 
pis ihre Bedeatsamkeit, ; Be 
| Die ‚kleine Ilias ist insofern ein Gegenstück der Ilias, als hierin 
der listenreiche Odysseus das war, was-in Homers Ilias Achilles... Die 
Sagen, die. sie_ enthielt, werden zum Theil schon :im Homer er- 
wähnt, als von Sängern -besungen und.im Munde des Volks lebend: 
Pd. 1V, 176 sq. 276 sq- VIII, 492 sqg. Indem sie die 'Thaten des 
Odysseus, die er mit Hülfe der listenreichen Athene vellbringt, dar- 
stellte, -machte sie zugleich. ein Vorspiel aus zu der Odyssee, be- 
sonders in der Il&gaıg, der wahrscheinlichen zweiten Hälfte, - Sie 
fing Ja an, wo die Aethiopis geendigt, mit dem. Streite.um Achilles 
Waffen, endigte ‚nach Proklus aber mit der Aufnahme des hölzernen 
Pferdes in Troia.. Nach Achilles Tode begann ein ‘'n’euer Krieg 
(der.. der List), worin Neoptolemos, des ‚Achilles Sohn, eine 
Rolle spielte, von Odysseus dazu herbeigeholt; .Auch.Philoktet war 
von. Lemmog: herheigeholt worden. Erst mit: dem. Raube des Palla- 
diums wurden. die Griechen — und dies ist die Idee der kleinen 
Ilias — ihres siegenden Princips sicher. Aber diese Bedeutsamkeit 
des Palladiums ‚scheint urgprünglich.. mystisch zu sein und gehört 
einer „Zeit an, wo die .Gegenwart der helfenden Götter oder der 
unhefangene Glaube daran vorüber.war,. Die Binde der reinen Süh- 
nerin, der Ino Leukothea in der Odyssee, ist ein leiser erster An- 
klang. . Dieser neuen religiösen Ansehauung gehörte in der kleinen 
Ilias auch das an, was Proklus in den’Worten undeptet: καὶ Ayık- 
λεὺς avıp φαντάξεται. Mit der Entfremdung des Göttlichen waren 
die politischen Zerwürfnisse in Wechselwirkung, und die damit ver- 


Von Professor Dr. Haupt zu Königsberg, 505 


bundenen Abstumpfungen edler, zarter Gefühle könnte man in Bezug 
auf Behandlung der Gefangenen in dem Fragment bei Tzetzes ad Ly- 
cophr. 1263, wenn anders dies wirklich zur kleinen Ilias gehörte, 
und in Bezug auf das Laos des weiblichen Geschlechts im Schol. 2,. 
Aristoph.-Ritt. 1055. erkennen. 

Die eigentliche Zerstörung Troias hatte.zu seinem Hanptzweck: 
das Gedicht des Arktinos Ἰλίου πέρσις. Obgleich von der noch 
lebeni:ligen ‚Sage ‚beherrscht ‚und: an. der Idealität derselben fest hal- 
tend, konnte der Dichter bei einem solchen Stoffe dennach nicht, 
ganz von dem Einflusse der veränderten Zeitumstände. auf. seine 
Individualität frei bleiben:: Es scheint eine Art van Ironie über.das 
Ganze ausgegossen zu sein. Atbenes Palladium hatte Troia durch 
Dardanos vom Zeus empfangen. Athene bewirkt den Raub des 
Palladieums, und. ein Trugpalladium, mit Troias Verderben geschwän- 
gert, ziehen die Troianer in die ‚Stadt, nnd üherlassen sich nun, 
sicher. im Vertrauen auf. diesen Hort der Göttin, der ausgelassenen 
Freude über ihre endliche Befreiung und Erlösung yon.den Kriegs- 
leiden .und' Gefahren. Da bricht in der Nacht das lauernde Ver- 
derben hervor, Die grössten Grausamkeiten werden in wilder Wuth 
vollbracht, ja auch furchtbare Frevel, z. B. von Aiax Oileus, der 
die prophetische, gottgeweihte Kassandra, die sich in den Tempel 
der Athene flüchtete und die Statue der Göttin fest umschlungen 
hielt, bei den Haaren hinwegreissend, die Bildsäule selbst von ihrer 
heiligen Stelle riss, und dann sich der Steinigung eatzog durch’ die 
Flucht zum Altar der Göttin. Eben diese Göttin ersinnt dann das 
Verderben der zurückkehrenden Griechen! Bine solche Ironie über 
die Mythenwelt konnte nur durch die unheilvollen Kämpfe des sich 
gestaltenden neuen Princips erzeugt 'werden. 2 ἮΝ 

Die ἽΝοϑίδεη des Augias von Troezene Βοῦθη vom Streit des 
Agamemnon und Menelaus über die’ Rückkehr an, welchen. Streit 
Athene bewirkt, ‘und endigten:mit des Orestes Rache an der Kly- 
taemnestra und mit Menelaus Heimkehr. Dass auch in diesem Ge- 
dicht die Athene und’ ihr Zorn der Mittelpunkt von allen Ereignissen 
gewesen, lässt sich auch aus der Angabe des Proklas gleich im 
Anfange, und dann auch daraus abnehmen, dass Diomedes das Pal- 
ladium abführte, und gerettet nach Hause kam, und dass Nestor 
in der Odyssee nach seiner Heimkehr dem Dienst dieser Göttin be- 
sonders oblag, sowie auch aus Agamemüons und Orestes Geschick. 
Das. Meiste findet sich in der Odyssee kurz erzählt; aber neu und 
dem: Homer fremd ist das was Proklus mit den Worten anfihrt: 
τῶν δὲ πεῤὶ τὸν ᾿ἀγαμέμνονα ἀποπλεόντων ᾿Αχιλλέως εἴδωλον ἐπι» 
φανὲν πειρᾶται διακωλύειν προλέγον τὰ. συμβησόμενα. u 

‘ Die Odyssee hat die Nostensagen zer Voraussetzung. Auf sie 
folgte die Telegonie des Eugammon von Kyrene, des Odysseus und 
seiner Frau, des Telemachus und des von der Circe erzeugten 
Telegonus letzten Schicksale: enthaltend. Es sind dies die späte- 
sten Sagen vom spätesten cyclischen Dichter (O1. CHI.) erzählt. Von 


x 


δ De medii generis futaris passive usurpatk. 


der homerischen Idealitit ganz abstehend, wur z.B. die eingewebte 
Geschichte von 'Trophonias und Agamedes, wenn sie nicht in eigen- 
thämlicher Bezielung auf Apolloealt stand, der ja die. Richtusgen 
der neuen Lebensperiode leitete und die Gegensätze aussülinte, wie 
auch der Mythus von Orestes dartbat. Hiervon finden 'sich näm- 
lich in dem Auszuge: des Proktus! Andeutungen, dewen verttanend 
man glanben ‚kann, dass Eugemmon in Bezug auf.den Kern des 
ganzen Nationalepos, Homers und der Cycliker, den ideellen Faden 
‚aus der Odyssee aufnahm und .den. Apullon: mit der Athene versöhnt 
als Princip des echten Hellenenthums erblicken ‚liess. Denn auf 
dieser‘ treuen ‘Aufnalime und.-treuen -Fortsetaung dieses: epischen. 
Falens 'beruhte: die. Wärdigkeit eibts Gedichte in den Grelus δι. 
getiomtnen Zu τόρ θη. Ὁ. ὁ 

Was- sich aus der wo sehr: veränderten Beligionsansicht i in Bezug 
auf die Beuntwortung der Frage über die schriftliche Abfassung 
der homerischen Gedichte ergibt, ist schon von Nitzsch hervör- 
gehoben worden «. Od. II. XXU. ᾿ 

BZ Zu Haupt. 


+ 
.o> 


De. medil generis futuris passive usarpatis. 
Scripsit et emendatias nunc edidit Prof, Dr. Georgius Ludovicus Janson. 


- Utrum ia futurorum ‚ustı, Graeci ex linguae ‚suae natura verbi 
quod dieitur .genus minus accurate distinxerint, an veterum hbrario- 
rum aut recentiorum culpa acgiderit editarum, ut quae propter suam 
formam discernenda erant, nofj discernerentur, eo dignior in quam 
diligentius inquiratur, videtur esse res, quo politior: scriptorum. 2 πὶ 
id vitii'admisisse putantur, oratio, existimatur, Vix, enim profecto 
ezputari potest,. quum tanta Graecus sermo abundaret formarum 
copia, adeo inter 8688 confusas fuisse singulig verborum temporibus 
impressas nöfiones atque intelligentias, nt pro scriptoris alicuius 
libidine atque arbitrio eidem formae modo. activa modo passiva 
assignaretut #ignificatio. Ko’ magis mirari licet, quod, Poppo, vir 
Graece doctissimus , 'quamfis -optimos codices tuitus, scribi äus- 
sit*) apud Kenophäntem Anabas, VII, 2, 14 ἤδη δὲ ὄντων πρὸς 
τῷ τείχει» ἐξαγγέλλει τις τῷ Ξενοφῶντι , ὅτι, εἰ εἴσεισι, συλλήψε- 
τῶι καὶ ἢ αὐτοῦ -τι πείσεται» ἢ “nl Φαρναβαΐῳ παραδοϑήσεται, 
pro. συλληφϑήσεέται. " Neque enim quum idem scriptor deponens ac 
passivum huius verbi genus alibi sexcenties .discriminaverit, hanc 
differentiam cur uno loca migraverit, potest inteligl In altero 


*) In programmate Francofarti ad Moenum a. 1827 edito: de Grae- 
corum verbis mediis, passivis, ‚deponentibus reute discernendis et de de- 
ponentium usu. p.5 not, 


Scripsit G. Lud. Janson. \ 507 
. N 

airtem ἰοζό qtem idem vir, ut passivam huius faturi vim ac pote- 
statem probaret, in’ medium protulit, mitum quantum a vero ab- 
erravit: Herod. VIII, 74 of μὲν --- τοιούτῳ πόνῳ συνέστασαν — καὶ 
τῇσι νηυσὶ οὐκ ἐληκίξοντες ἐλλάμψεσθαι, “nec navibus i. 6. proelio 
navali sperantes se gloriam esse relaturos.” υδὶ ἐλλάμψεσϑαι non 
est Tonice dittum pro ἐλλήψεσϑαι sed ab ξλλάμπεσθϑαι, cf. id. 1, 80. 
Futura enim deponentia quoram praesentia aclivae forınae sunt, pas- 
siva urmiquam vi ihstructa fuisse, contra omnem ptignat grammaficae 
rationem et si qua inveniuntur quae pässiva significatione esse vi- 
deantur, aut sunt corrupta Aut aliter explicanda. . Ergo recte &cri- 
psit lacobitzius ἀρπὰ Lucianum ἴον. trag. c. 5. ἀλλ᾽ οὔτε ἀγνοηθή- 
σέτὰι ταῦτά pro &yvonoera: coftra Bekkerum, ''gui apud Demosthe- 
nem de cor. 249 reckpit: ολλὰὲ 64” ὧν μάλιστα ὑπελάμβανον 
ἀγνοήσέσϑαι pro ἀγνοηϑήδεσθαι. 5" Ν Ν 
| peciosus quidem est ‘locns Aeschyli Chaeph. 1, 902: 

000" ϑήλεια γὰρ φρήν. εἶ δὲ un, τάχ᾽ εἴδεται... ἡ 
abi Wellauerus cam Erfurdtio ad Soph. Oed. R. 1499 ad. min. εἴσεται 
passive explicant. Ad quod in alio haius verbi tempore licebat, at 
ἀπροσώπως" poneretur v.:c. perfectnm, veluti apud Platoneın de 
rep. I, 29 a. τὸ γὸὺρ τὸν ϑάνατον δεδιέναι. ὦ ἄνδρες. οὐδὲν ἄλλο 
ἐστὶν ἢ δοκεῖν σοψὸν εἶναι, μὴ ὄντα " δοκεῖν γὰρ εἰδέναι ἐστὶν ἃ 
οὐκ οἶδεν. ἐς, Hemsterh. ad Luc. Nigr. T. I, p. 66. Markl. ad 
Lys. p. 439.) id’cur in’fütaro denegatum fuerit, non video. Neque 
ässentior A. Matthiae, qui Gr. δ. 495 εἴσεται bis passive δρᾷ Eu- 
ripidem interpretatus est. Prius Phoen. 268. | . 

dv (μάχην) Ἄρης τάχ᾽ εἴσεται ° ἊΝ 
| “παισὶν Οἰδίπου φέρων 
. πήμονὰν Ἐρινύων. . ὌΝ 
δὶ Ald. et multi codd. ὀΐσεται habent. Alii cum Par. ‘A. Flor.:2.10.33. . 
Vict. Taur. Hav: εἴσεται, memoratum etiam scholiastae, qui mogev- 
ϑήσεται Ἢ) interpretatur. Simplicissimum est: quam pugnam Mars 
cito experietur.‘ Tum Iph. A; 975. ' 

E τάχ᾽ εἴσεται σίδηρο. ᾿ u 
cto cognoscet ferrum, ubi ex Jyricae dictionis ratione translata vi- 
detur verbi vis, quae’pfoprie homini Conveniebät, ad. rem, veluti 
spud Sophocl, Electr, v. 1239. 2 

οὗ δέ more λησόμενον 

ἁμέτερον | 

οἷον ἔφυ κακόν. ᾿ | "Ν ΝΣ 
ubi ληδόμενον pro ἐπιλησϑησύμενον passive dietum observat Tri- 
ciinius. Nec tantum apud me valet Piersoni äuctoritas, nt illad 
oratorum Atticorum tritissimum dvayvactras ad Moerin p. 334 de- 
ponens pro passivo esse docenti concedam, Hoc enim ‚oratores si 
significare ‚voluissent, usi essent passivo,. ut Lysias: ἀναγνωσϑη- 


*) A. Matthiae Gr. s. v. εἰδέναι jüre negat εἴσεσθάι apud tragicos 
nmquam fuisse futurum verbi' l#vas. 


508. De medii generis futgris passive nsurpatis, 


σονται δὲ ὑμῖν αὐταὶ al ,ἀπογραφαί. et Isaeus T. III, 69,.7, ὅ. 
καὶ ὑμῶν ἥτε διαϑήκη αὕτη ἀναγνωσϑήσεται. 

Huic communiter recepto usui duo obstant loci. Sophoc. Ai, i 153. 

. εἰ γὰρ ποιήσεις, ἴσϑι πημανούμενος. 
‘Malum tibi. scite .contractum iri.’ ὁ 

ubi aliquid certe po£tae tragici licentiae condonandum videtur. Nam 
πημανεῖται acliva significatione legitur Aristoph. Ach. 842. Tum 
Tbhuc. VI, 69 extr. τὸ δὲ ὑπήκοον τῶν ξυμμάχων, μέγιστον μὲν 
περὶ τῆς αὐτῆς σωτηρίας 9 ἦν μὲν͵ πκρατῶμεν 5. τὸ πρύϑυμον εἶχον. 
ἔπειτα. δὲ ἐν παρέργῳ καὶ «εἴ τι ἄλλο ξυγκαζαστρεψομένοις ῥᾷον, 
αὐτοῖς. ὑπακούσεται. .cuius loci extrema verba ubi esplicamus: 
“num forte facilius a se (sc. sociis) obediatur, δὶ una cum iis (sc. 
Atheniensibus) hostes in eorum ‚potestatem redegerint’,, vere est 
passiva futuri deponentis, significatio.. At iam scholiographum illud 
offendit legentem ὑπακού σονται; quod restituendum videtar, Etiam 
minus huc pertinet ἀκού σεσϑα!ι» veluti ἀκούσομαι κακός apud 
Sophoclem, quoniam et eius praesens eundem obtinet usum et 
futurum passivum satis vulgatum est, ‚ut Plat. de rep«. P. 907 d. 

ὃ ἐὰν. μὴ παραγένηται τρίτον, ἡ μὲν. οὐκ ἀκούσεται, ἡ δὲ οὐκ 
: ἀκουσθήσεται. 

- Quantum vero Graeci formae quae certo quodam usu esset de- 
scripta, perspicuitati. tribuerint, colligi potest ex ἐπαινέσεσϑαι quod 
non dicebatur nisi activa significatione, pro quo num umquam ἐπαι- 
νεῖσϑαι dictum fuerit, valde dubito. Passivum enim est apud 
Dinarch. contr. Philocl. T. III. d. 191, 22 (Bekk.) ἀκριβῶς γὰρ ἴστε, 
ὦ Adnvaioı, ἀκριβῶς , στε ὑμεῖς μὲν «ταρὰ πᾶσιν ἀνϑρώποις 
ἐπαινεῖσϑε ταῖς γεγενημέναις ζητήσεσιν ὑπὲρ τούτων τῶν χρη- 
μάτων. quod tamen ambigi potest, num sit futurum, ut τελέ- 
εσϑαι apud epicos: poetas et χαλεῖσϑαι apud Sophoclem, an 
praesens. Neque minys.constat usus, quo deponentjum *) verborum 
futura rarissime habeant passivam significationem. Huic autem ca- 
noni unus adversatur locus Aristoph. Ran. 810. (797 Diad.) 

καὶ γὰρ ταλάντῳ μουσικὴ σταϑμήσεται, 
cnus activum σταϑμᾶν in "Etym. M. citatum apnd Athen. U, 18, 
456. legitur, ‚Ceterum in Etym. M. 744, 20 ille versus sic pro- 
fertur: ἀλλ᾽ ἢ ταλάντῳ μονσικὴ κριϑήσεται. quod videtur ex 
interpretatione esse. σταϑμη ϑή σεται denique. citatur ex libris 
Dobraei. De futuro λησόμενον iam supra disputatum est. Nec 
vero recte vulgo passive accipiunt ὃ ιαχρήσεσϑαι apud Herodo- 
tam I, 110: καὶ τάδε του ἐκέλευσε εἰπεῖν. ἣν μὴ ἀποκτείνῃς αὐτὸ 
(παιδίονλ, ἀλλά τεῷ τρόπῳ περιποιήσῃ». ὀλέϑρῳ τῷ κακίστῳ σε 
διαχρήσεσϑαι. ubi Gragcorum more subiectum (regem) ex praece- 


*) Peıfecta deponentiam nonnumquam ‘inter activam et passivam 
significationem fluctuari notum est, ut in εἰ ργάσϑαε, ἐσκέφϑαε, allisz 
4546 tamen inconstantia non ad fatura, quae passiva significatione eius- 

em generis forma insigniri potuerunt, transferri debet, 


.-»᾿ 


D 


Scripsit G. Lud. Janson. 509 


dentibus ad infinitivum supplendum est. Aliter se habet res in ver- 
bis et deponentibus et iisdem activis quorum futura 'pro contexta 
orationis et activa et passiva interdum ponuntur significatione, cnius 
rei exempla invenimus baec: ° ° | 
ἀπαιρήσεσϑαι apud Herod. V,35. ἐδόκεξ τὲ τὴν βασιληΐην τῆς 
MiAnrov ἀπαιρήσεσϑαι. pro quo in Mediceo, aliis libris est ἀπαι- 
ρεϑήσεσϑαι. Illud confirmari potest Dionysii Halicarnassei au- 
ctoritate de compos. 6. extr. qui ἀφαιρήσεσϑαι passiva signi- 
ficatione praeditum ex oratore quodam Attico citavit. At deponens 
est apud Demosth. de fals. Ig. p. 447 (Steph.) T. IV. p. 431, 11 
Bekk.) ταῦτ᾽ ἀφαιρήσεταί τις ἡμῶν. Passive contra usurpatum 
est διασιρήσεσϑαι Platoni Politic. 250, 20 (261.) καὶ πάντα 
οὕτως ἤδη διαιρήσεται. quamquam et hoc deponentis tenet vim, 
, πὲ Demosth. contr. Olympiod. p.1269 extr. καὶ ὄρκους ἰσχυροῦὲ 
ὠμόσαμεν ἀλλήλοις, ἦ μὴν τὰ ὑπάρχοντα φανερὰ ὄντα καλῶς 
καὶ δικαίως διαιρηήσεσϑαι. et universe διαιρεῖν et διαερεῖσϑαι 
nullo‘ fere discrimine in Atticorum usu fuisse docet Poppo ad Xen. 
Cyrop.5, 2, 6. Ergo Schweighaeuserum secutus passive explico 
ϑύσεσϑαι apud Herod. VIl, 197. ἣν δὲ ἐσέλθῃ.» οὐκ ἔστι ὅπως 
ἔξεισι πρὶν ἢ ϑύσεσϑαι μέλλῃ ᾿ ὥστε ἔτι πρὸς τούτοισι πολλοὶ 
ἤδη τῶν μελλόντων τούτων ϑύσεσϑαι δείσαντες, οἴχοντο ἀποδράν- 
τες ἐς ἄλλην χώραν. Athamantidarum enim genti quae ρίδουϊο quo- 
dam obstricta esset, aditus ad curiam non erat apud Achaeos con- 
cessus, nisi jis ne ad aram mactarentur meluendum esset. ° 
Vidimus ergo generi$s perspicnitatem mirifice -obscuratam fuisse, 
si aliquod certa quadem affectione expressumi tempus nactum 'esset 
significationem sibi plane contrariam.. Mediorum tamen verborum 
futura non pauca, quorum vis ac potestas et ad medium et ad pas- 
sivum genus referri potest, effecisse videntur, ut Graeci generis 
naturam permiscuisse dicerentur. Rationem 'namque cur Graeci ad 
verbi genus minus accurate respexisse videantur, Ν᾽ exploramus, 
rei cardo it eo potissimum vertitur, quod multis huiusmodi verbis 
significatio medii et passivi adeo affinis est, vix ut ullam intelligatur 
utriusque generis discrimen, ‚Huc faeit Moeridis Atticistae p. 107 
observatio : yvuvaostas, "Arunöc, γυμνασϑήσεται,) Ἑλληνικῶς. 
Atque sic φαίνεσϑαι, ὠφελεῖσϑαι ἀπαλλάττεσϑαι, ϑω- 
ρήσσεσθαι; φοβεῖσϑαι» alia pro significatione et medii esse 
possunt et passivi, unde eorum aoristi utroque fere genere-expri- 
muntur, quibus ex parte quidem addenda sunt verba motum signi- 
ficantia’quae et ipsa activa forma neutraliter ponuntur, ut ἀνάξεσϑαι" 
κατάξεσϑαι". ὁρμήσεσϑαι, περαιώσεσϑαι. συμβαλεῖσϑαι. alla. Huc 
accedit, quod apud Homerum praeter μιγήσεσϑαι non inveniun- 
tur passiva futnra, quorum fere loco media passivae significationis 
successerunt, veluti διακρινέεσϑαι, ᾿ κρανέεσϑαι. κατακπτανέεσϑε; 
πέρσεται, σαώσεαι, τελέεσθαι. τελευτήσεσϑαι, φιλήσεαι2 τρώσε» 
dar, φϑίσονται. τεὐύξεσϑαι et per ἀναδιπλασιασμὸν formata: 
βεβρώσεσϑαι, τετεύξεσθαν) πεφήσεαι 2 quorum praesentia media ne 


3 


510 De medii generis futuris. passive gsurpatis. 


usitata qudem fuerunt. Üt igitur quae forma similia sunt, diverse 
tamen re, accuratius secernantur, duo futurorum mediorum, "quae 
passive usurpata inveniuntur, genera discludenda ernst. Prinsquam 
vero ad rem ipsam aggrediamar, scripfores quos ad hanc rem di- 
Jigentins explanandam legimus, hie eitamus Homerum, Hesiodum, 
Herodotom, poetas Iyricos, tragicos, bucolicos, Aristophanem et 
ceteros solutae orativnis scriptores Atticos. 


L. . 

Futura media passivae significationis generis nataram 

sequuntur. 

Multa fuisse verba, quae quum et ad medium et ad passivgm 
geous pertinere viderentur, duplici futurorum formae apta essent, 
modo exposuimus. Nihilomiaus de passiva significatione interdum 
jare dubitari potest. Sic παταστή σεσϑαι num passive ppni pos- 
sit, ubi quaeritur, omnis dubitatio tolleretur loco Isocratis Areop. 
164, 35, 1 (Bekk.) — μικρῶν ἀποστερηϑήσεσϑαι τούσδ᾽, ἣν 
ὁπορήσωσι τῶν ἀπαρπούντων, εἰς τὴν ἐσχάτην ἔνδειαν καταστή- 
σεσϑαι. misi cod. 5, haberet κατασταϑήσεσϑαι, etsi medium 
defendi potest non tantum. eodem Isocr. T. II. de pace, 183, 25, 7. 
(ed. Bekk.) εἰς τὰς αὐτὰς καταστησόμεϑα ταραχάς, ubi nulla est 
dittographia, sed 'etiam Platone de rep. VI. p. 546 e: ἐκ δὲ rov- 
τῶν ἄρχοντες οὐ πάνυ φρυλακικοὶ καταστήσονται modg τὸ δοκιμά- 
ξειν τὰ Ἡσιόδου τε καὶ τὰ παρ᾽ ἡμῖν γένη quae medii forma of- 
fenderg possit, quod paullo ante idem futurum legitur .deponens: 
ὧν καταστήρονται μὲν τοὺς ἀρίστους οἵ πρότεροι» ubi tamen unus 
codex oflert καταστήσουσι. Apertior vero medii vis est in 
στήσεσθαι, ἀποστήσεσθαι, ἀναστήσεσϑαι, ἐκστήσεσθαι. Corruptam 
. autem esse scripturam futuri ἀναϑηφομένην passive positi apud 
Dinarch. T, III. contr. Demosth. p. 158, 43, 4: καὶ ἐς τὴν ἀγορὰν 
ἀναϑησομέγην εἰκόνα, rectissime dicit. Reiskins pro eo ἄνατεϑη- 
σομένην restituendo, Jam vero singula deinceps media futura, 

uae ad utriusque generis naturam inclinare videntur, proponamus. 

“yeadaı ‚Homeri 04.9, 379 

αλλ ὁτὲ δὴ zay’ ὦ μοχλὸς Baivog ἐν πυρὶ. μέλλει 
. aweodan u u 
clarior esf passivi vis in composito apad Aeschyl. Suppl, 415, 

καὶ (ὅπωρ) μήτι δῆρις βυσίων ἐφάψεται... ἐς 
Deinde ἀπαλλάξεσϑαι quod non zolum, est discessurum esse, qua 
quidera significatione medii natura exhibetur, ut Xenoph. Anab.. V, 
1, 14: λέγων ὅτι ϑᾶττον ἀπαλλάξονται, ἣν εὔποροι γένωνται αἵ 
ὁδοί, sed etiam liberatum iri, veluti Plat. Apolog. Socr, p.35 b. νῦν 
γὰρ τοῦτο εἴδγασθε οἰόμενον; ἀπαλλάξεσϑαι τοῦ διδόναι ἔλεγχον. 
εἰ Herod. 5, 67: ἐφρόντιξε μηχανὴν τῇ αὐτὸς ὁ "άδρησεος anal- 
λαξεται. cf. Xenoph. Cyrop. 5, 2, 32 εἰ sexcenties alibi. _ Δὲ dv- 
ταλλαξεσϑαι (Eurip. Phoen. 1628) pro significetionis ratione ad 
medium tantum referendum est. Inde autem factum est, ut passira 


Seripsit G. Lud, Janson, bl 


forma aegııe frequentaretur , ut ἐξοσᾳαὶλ αχθή σεται Soph. ΕἸ. 990. 
ἀπαλλρχϑήσομαι Eurip. Με, 678. Hippp!. 866. Aristoph, Av.9 

ὃ ιαλλαχϑή σεται Aristoph, Vesp. 1895. tum altera futuri passivi 
forma ἀπαλλαγήσεσθαι apud Xenoph. hist. Gr.4, 63. de vectig. 
6, 1 et alibi. 

Tım αὐξήσεσϑαι Xenoph. Cyr.6, 1, 12 τὰ δὲ τῶν πολε- 
μίων αὐξήσεται. cf. Plat. de rep. Ρ. 497 a. quae et ipsa significa-., 
tionis nota inest ih passivo αὐξηϑή, σεσϑαι- ef. Demostb. contr. 
Dionys. p. 1297 ἐκ δὲ τούτων αὐξηϑήσεται ἡμῖν τὸ ἐμπόριον. Cum 
hoc iam ob significatiopem comparandum est ὠφελήσεσϑαι, de 
quo copiose egerant nostri grammatici et quod saepe de loco cer- 
tat cum ὠφεληϑήσεσϑαι cf. Xen. Men, 4, 3, 8, Plat. de rep. I. 
Ρ. 848 b. cf. Markl. ad Eurip. Suppl. 521. Buttm. ad Dem. Mid. 
$.10.n.4. Eamıem analogiam sequitur ἐλαττώσεσϑ' αι, quod apud 
Herod. VI, 11 cum passiv ἔλασδσωθήσεσθαι variat. Passivum 
praeterea legitur apud Thuc.V, 34, 6.2. et Demosth. contr. Mid, 
p. 536. idque conferendum videretur cum ἡττήσεσθαι et ἐνανὶ 
τιώσεδϑα (9 si horum activa in usu‘“fuissent, Aoristerum vero 
ἥττή ϑὴην εἴ ἠναντιώϑην formae describunt verborum naturam, 
praesertim quum etiam ἡττηθήσομαι non modo apud Enripidem 
Hippolyt. 722, 972, sed etiam apud Lysiam T: I, 328, 32. 5 (Bekk.) 
inveniatar. Pariter ἡττή σεσϑαι apud eumdem Lysiam ib. 368, 9, 8 
et Xenoph. Anab.'2, 3°, 18 οὐχ ἡττήσεσϑδε εὖ ποιοῦντες. Ab hoc 
genere non abhorrent δ᾽ηῖ ὦ σεσθαι εἰ pavel σϑαι. ᾿1Ππ|4 apud 
βορβ. Col. 587: ' 

. φοίῳ (χρόνῳ) γὰρ ἥ σὴ ᾿πρῦσφυρὰ δηλώσεται. ΝΕ 
Hoc eöntra eiusque loco φανη δεσϑαάιν tam frequens esf, nt ex- 
empta afferre ‚supersedeamas. Tum οὗ significationis. similitudinem 
huc pertinent διδάξεσϑθαι, παιδεύδεσϑαι; ϑροέφεσθαι, 
διαιτησεσθαιῦ,  Νδχας per medii generis naturam .paallum ΟΠ, 
ferunt διδάξέσθαι et διδαχϑήσεσθαε, cf. Aristoph; Nub; 127. 
Soph. Antig. 722: Eurip. Ahdrom. 780. "Theogn. citat. a 'Xenophonite 
Mem. 1, 2, 20. et Plat. Men. p. 95. D. pro ‘quo tamen Bergkius in 
poöt. Iyr. fragm. p. 861 scripsit μαϑή σεαι" ex 'Clementis Alex. 
Stram. ΜΝ, .p. 677. θεῖε. παιδεύσεσθαι. Plat, Crit. p. 54 a. 
N τοῦτο μὲν οὔ, οὐτοῦ δὲ τρεφόμενος σον ξῶντος βέλτιον Hab 
ψονται καὶ παιδεύσονταο μεὴ ξυνόντος σοῦ αὐτοῖς... passivum air 
δευϑήσονται eadem vicum ϑρέψονται iungitur de rep. p.375 e. 
Hoc passivum fregnentius est medio. cf. Plat. Hipp: p. 228 e. Min. 
p-319 b. de rep. 876 e. epist. XI. p. 369 ὃ. Tum Holwecdhar , 
qnod modo iuxta πον βῥεύσεσϑαι positum legimius, crebro ‚zepe- 
titur. Ex multis Thuc. VII, 49 ϑρέψονται πορϑούντερ. τὰ. τῶν 
πολεμίων. Et vicissim τραφήσεσϑαι passivam ἰυχία eiusdem 
significationis medium γηροτροφήσεσϑαιει collocatum est a De- 
mesthene orat. funebr. p, 1399. Haud dispar denigque est significa- 
tio in διὰ ἱιτήσεσϑαι apud Platonem de rep. Il, 372 a. Neque 
latet medii ratio in futuro ξξεσϑαι ut apud Hom. 11.9, 102. ... 


512 De medii generis futuris passive tsurpatis, 
σέο δ᾽ ἕξεται, ὅττί κεν ἄρχῃ ᾿ Ε ᾿ 

cf. Demosth. pro Megal. T. IV, 188. 28, Ζ. et similiter Eurip. Or, 516. 

| del γὰρ εἷς ἔμελλεν ἔξεσϑαι φόνῳ. ΕΙΣ 
ubi schol. explicat ἔνοχος ἔσεσϑαι τοῦ φονευϑῆναι. Eodem modo 
Plato de rep. V. p.479 d. οὐκ, ἀλλ᾽ ἀεί, ἔφη » ἕκαστον ἀμφοτέ- 
ρῶν ἕξεται. Ad passivum. vero magis accedit συνέξεσϑαι apud 
Demosth. ep. 3. p. 1484. ἅμα ἀδοξία καὶ ἀπορίᾳ φόβῳ συνέξομαι. 
et ἐνέξεται apud eumdem de cor. trier. p.1231 — all” dav μὲν 
πένης τις δι’ ἔνδειαν ἁμάρτῃ, τοῖς ἐσχάτοις ἐνέξεται, --- Dubia 
tamen est scriptura apud Aeschylum Suppl, 165, ubi Η. Schützius et 
Hermannus expresserunt: j 

"al τότ᾽ οὐ δικαίοις 

"Zeug ἐνέξεται λόγοις.᾿ | 
Alteram denique. formam quae Homeri est, σχήσεσθαι et depo- 
nentis et medii habere significationem observarunt lexicographi. 
Huius generis praeterea sunt xıyn0sgPdas, κοσμήσεσϑαι, λεί- 
yeodar, μενήσεσϑαι;, συμμίξεφϑαι, ξενώσεσϑαι; πεί- 
σεόσϑαι, πληρώσεσϑαι, σπαράξεσϑαι, ταξεσϑαι, φύσε- 
σϑαι. Ac primum quidem κινήσεσϑαι apud ‚Platonem Tim. 
p.57 e.. τὸ μὲν κινησόμενον ἄνευ τοῦ κινήσοντος ἢ τὸ κινῆσον 
ἄνευ τοῦ κινησομένου χαλεπόν, μᾶλλον δὲ ἀδύνατον εἶναι. ck. id, 
Theaet. p. 182.c. Demosth. 90, 7, 4, οὐδὲν μᾶλλον ὑμεῖς γε κινή- 
σεσϑὲε et-militare illud Xenoph. hist. Gr. 2, 1, 22 πρρεῖσπε (Ly- 
sander) ὡς μηδεὶς κινήσοιτο ἐκ τῆς τάξεως μηδὲ ἀνάξοιτο. quod 
proximum est medii naturam, quamquam eadem ‚significatione et 
passivum reperitur apud Aeschinem contr. Ötes, T. III, 436, 160, 14 
ἀπετόλμα δὲ λέγειν ες οὐ κινηϑήσεται ἐκ Moxsöoviag.. cf. Aristoph. 
Ran. 809 cuius loco κενήσεται aeque pani- potuit, ‚Sic medii 
proprietati prope adiunctum est κοσμῇή δεαθαι apud Xenoph, 
Cyrop. I, 8, 4. Συ δὲ, Κῦρε, ἔφη, πότε κοσμήσῃ; Futuri deinde 
λείψεσϑαι ratio clare patet, ut Hes, op. et d, 196. 
— τὰ δὲ λείψεται ἄλγει λυγρὰ | 
, ϑνητοῖς ἀνθρώποις. | nn 

Sic apud Xenoph. Anab, 5,.6, 12 καταλείψεσϑαι. — εἰ μὲν μέλλει 
πλοῖα ἔσεσθαι ἱκανὰ ἀριϑμῶ, cc ἕνα μὴ καταλείπεσθαι, ἐνθάδε 
ἡμεῖς δηὴ»πλέοιμεν ἄν " εἰ δὲ μέλλοιμέν οἱ μὲν καταλείψεσϑαι, οἵ 
δὲ πλεύσεσθαι, οὐκ. ἂν ἐμβαίημεν εἰς τὰ πλοῖα. Ita ἀπολει- 
φϑήσεται apud Demosth, Aristogit. I. -p.792. c. Leochar. p. 1083, 
et Aeschin. c. Ctes. Τὶ IH. p. 492,.149 ἀβίωτον ἡγησάμενος εἴ 
τινος ἀπολειφϑήσεται δωροδοκίας et περιλειῳϑήσθτεαι. Ari- 
stoph. Nub. 725. ΟΝ 

ὑπὸ τῶν κόρεων εἴ μού τι περιλειφϑήσεται. . 
Tom μετή σεσϑαιν semel apud Herod.V, 86 ἀποστάσιος οὖν γενο- 
μένης πολλὰς εἶχε ἐλπίδας μετήσεσθαι ἐπὶ ϑάλατταν. “multas ha- 
bebat.spes ad mare dimissum iri.? Porro δενωσεταὶ semel apud 


Söph. Phil, 303, 


Scripsit G. Lud. Janson. 513 


οὐ γάρ τις ὅρμος ἐστίν, οὐδ᾽ ὅποι πλέων 

ἐξεμπολήσει πέρδος) ἢ ξενώσεται. 
quo refertur illud scholiastae καταχϑήσεται og ξένος. Tum συμ- 
μίξεσϑαι. Theogn. eleg. V, 1245. 

οὔ ποϑ᾽ ὕδωρ καὶ πῦρ συμμίξεται. 
Prae omnibus vero maxime denotat generis naturam πείσεσϑαι, 
quum ponitur pro πεισϑήσεσϑαι» iam Homero U], 20, 266 usur- 
patum: 0 
— οὐδὲ τὸ ἤδη) ὃ οὐ πείσεσϑαι ἔμελλεν. 
et apud Plat. Soph. 486 b, πεισϑησόμεϑα εἰ πεισόμεϑα 
variant. Usitatius vero est passirum maxime in prosa. cf. Demosth. 
περὶ τ. ἐν χερσ. 91, 43, 3 (Bekk.). Isocr. Areop. 170, 57, 1 et 
apud Xenophontem. Passiva forma plerumque dominatur in com- 
positis ἀναπεισϑήσεσϑαι; μεταπεισϑήσεσθαι. Tum πλη- 
ρώσεσϑαι Xen. de off. mag. ε4. 8, 6. πληρώσεται τοῦ δρόμου τὸ 
πλάτος. frequentius est passivum, cf. Aeschin, de fals. lg. T. III, 
326, 37, 2. ἐπὶ ταῖς ναυσίν, οὔποτε δὲ πληρωϑησομέναις. cf. Plat. 
de τερ. p. 494 d. Num vero σπαράξεσϑαε passive dictum fuerit, 
vix potest dubitari, etsi apud Eurip. Androm. 1210 

— οὐ σπαράξομαι κόμαν 
mediü attigit naturam. At idem Iph. Aul. 1461 

τίς μ᾽ εἶσιν ἄξων πρὶν σπαράξεσϑαι κόμας. 
ubi Flor. 1, 2. κόμης praebent. Minus vero recte iudicat Elmsleius 
futuri huius infinitivam esse soloecum, quod σπαράξασϑαειε non 
possit pro σπαραχϑῆναι dici, et inde correzit onaparrscdes, 
quasi .huius faturi vis usquequaque cum eiusdem generis aoristo 
concinät. . 

Restant igitur rafsc9aı, φυλαξεσϑαι,) φύσεσϑαι. 
Primum composita forma παραταξεσϑα!ε medii quidem denotat 
significationem, ut apud Demosth, Phil. T. I. p. 43, 23, 2 (Bekk.) 
τοσαύτην μέν, οὗ ἄνδρες ᾿Αθηναῖοι. διὰ ταῦτα, om οὐκ Evi νῦν 
ἡμῖν πορίσασθαι δύναμιν τὴν ἐκείνῳ παρφραταξομένην, — 
quamguam neminem sane offendisset Demosthenes, si παρατα- 
λϑησομένην scripsisset, ut ἐπιτάξεσϑαι passiva vi legitur 
apud Eurip. Suppl. 521. 

— ἄνω γὰρ ἂν δέοι 
. τὰ πράγμαϑ᾽ οὕτως: εἰ ᾿πιταξόμεσθϑα δή- 
Alterum ῳφυλάξεσϑαι apud Soph. Philoct. 48. 
ἀλλ᾽ ἔρχεταέ τε καὶ φυλάξεται στίβος. Ä 
cf. Xenopb. Oecon. 4, 9. Tertium φύσεσϑαι apud Aeschyl. 
Prom. 878. 
σπορᾶς γε μὴν in τῆσδε φύσεται ϑρασύς. 
minime, pugnat contra medii naturam, cf. Xenoph. Cyrop. 5, 2, 32. 
ϑάρσος δ᾽ ἐμφύσεται. cf. Plat. de legg. 8, 831 a. quod futurum hic 
ne commemoratum quidem foret, nisi Lucianus Jov. trag. 19 ean- 
dem significationem descripsisset passivo ἀναφυήσεσθαι. 


Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX, Hft.4, 33 


514 De medii generis futuris passive usurpatis. _ 


IL. 
Futura media passive usurpata ad medil generis naturam 
parum convenientia. 

Etsi eadem formae nota expressa est in ἄξεσθαι» ἐναβα- 
λεῖσϑαι"» ἐκβαλεῖσϑαι: μεταβαλεῖσθαε; καταλύσεσθαι, 
οἴσεσθαι; τιμήσεσϑαι:. quae et ipsa deponentiam instar usur- 
pabantur, eorum tamen significatio passiva haudguaquam se ad me- 
dium genus referri patitur. Nam primum abschaı, quod apud 
Soph. Oed. Colon. 1460 deponens est, uti προάξεσϑαι apud 
Demosthenem de pace Ὁ. ὅδ, 14, passive positum est non modo 
ab Aeschylo Agam. 1632. - 

συὺ δ᾽ ἐξορίνας ηπίοις ὕὑλάγμασιν 

ἄξῃ. 
sed etiam a Platone de rep. V. p. 458 d. — ὁμοῦ δὲ ἄναμεμε- 
γμένων καὶ ἐν γυμνασίοις καὶ ἐν τῇ ἄλλῃ τροφῇ ὑπ᾽ ἀνάγκης. 
οἶμαι, τῆς ἐμφύτου ἄξονται πρὸς τὴν ἀλλήλων μίξιν. veluti com- 
positum προσάξεσϑαι apud Thucyd. IV, 115. μηχανῆς μελλούσης 
προσάξεσϑαι αὐτοῖς ὑπὸ τῶν ἐναντίων. 

Deinde ἀναβαλεῖσϑαι et ἐκβαλεῖσθαι quorum illud ex 
Athenaeo, hoc ex Epicteto affert Buttmannus gr. $.114 5. v. βάλλειν, 
passivam habent significationem, quibus adde μεταβαλεῖσθϑαι: 
Thuc. VIll, 54. καὶ ἅμα ἐλπίξων (δῆμος) εἷς μεταβαλεῖται ἐνέδωκε. 
αἱ Dukas erplicat: ἡ ὀλιγαρχία δηληνότι. Ceterum svußalsi- 
σϑαι» ὑπερβαλεῖσϑαι xr£. medii tenuerunt vim. Vicissim pas- 
siva ἀναβληϑή σεσϑαι (Isocr. Busir. T. Il, 263, 25, 8) δεα- 
βληϑήσεσϑαι (Eurip. Hec. 863) ἐμβληθήσεσθϑαι (Xenoph. 
Cyrop. 2, 2, 1) non raro leguntur, quorum loco Attici certe scri- 
ptores nonnunquam paulopostfuturo usi sunt*). Neque vero omit- 
tendum est illud Homericam συμβλήσεαι (Il. 20, 305), quod 
significatione proxime ad medii notionem accedit. Num vero futu- 
rum καταλυσεσθαι passive -poni possit, satis dubiam est, quam- 
quam sine memorabili dittographia legitur ap- Xenoph. Cyrop. 1,6, 9. 
Αὐτίκα δήπου οἶσθα, Or, εἰ μὴ ἕξει τὰ ἐπιτήδειω ἡ στρατιά, 
καταλύσεταί σου εὐϑυὺς ἡ ἀρχή. 

Certissima tamen mihi videtur emendatio καταλελύσεται 
secundum Dionysium Halicarnasseum, qui de compos. verb. p. 57. 
ait elegantiarum studiosi scriptoris esse dicere pro λυϑήσεσθαι 
λελύσεσϑαι. cf. ‚Xenoph. Cyrop. VI, 2, 37. ubi ἀπολελύσονται 
legitur. Verum ἐπολύσομαι apud Demadem T. Ill. p. 487, 6 
(Bekk.): ἐὲν δὲ ταύτης (ἐλπίδος) κατατύχω, πάσας ἀπολύσομαι 
τὸς διαβολάς non abhorret a medii natura. Contra deponens est 
ἀναλύσεσϑαι τὰς προτέρας πρὸς τοὺς “Ἕλληνας duepriag apud De- 
mosthenem περὶ συμμ. T. IV, 169, 848. ubi alii codd. δεαλύ- 
sec®as offerunt. cf. Xenoph. hist, Gr. 7,5, 18. Tum δεαλύσε- 


*) Cf. programma a me Rastenburgii editum: de Graeoi sermonis 
paulopostfatari forma atque usu p. 13. 


Scripsit G. Lad. Janson. 0... 5815 


σϑαι τὸν πόλεμον apud Isocr. Phil, T. II, 92, 7, 3. ubi non multo 
post: ἃ πάντα ταῦτα διαλύσεις activum faturum legitur, cf. dx4- 
λύσεσϑαι Lys. T. 866, 88. 4. Passiva denique Außngsras, 
διαλυϑήσεται, καταλυϑήσεται are. frequentissima zunt. 

Futurum deinceps οὔσεσϑαι deponens est et apud Homerum 
et saepe apad scriptores prosaicos, ut Antiph, T. I, 52, 81, 2 
(Bekk.) τὴν μὲν ἐλευϑερίαν ἐλπίσας οἴσεσθαι. Compositum συν- 
οσεσθαι contra iam apud epicos ροξίαβ et medii et passivi re- 
fert naturam. At apud alios scriptores et οἴσεσϑαι et διοίσε- 
σϑαι passiva vi instructa invenimtur. Eurip. Or. 440. 

ψῆφος nad’ ἡμῶν οἴσεται τῇδ᾽ ἡμέρᾳ; 
ubi apte observat scholiasta: ἦτοι κρίσις καὶ ἀπόφασις ἐξοισϑή- 
σεται. καϑ'΄ ἡμῶν κατὰ ταύτην τὴν ἡμέραν. Quocum compara 
Demosth. c. Leocharem p. 1094. περὶ γὰρ ταύτης (sc. δαιμαρτυρίας) 
ἡ ψῆφος οἰσϑήσεται νυνί. Quin etiam Xenuphon eodem futuro 
medio passive usus est Oecon. 18, 6. 

ἦ — οἶσθα, ἣν ἐκ τοῦ προσηνέμον μέρους τῆς ἅλω ἄρχῃ» 
δι᾿ ὅλης τῆς ἅλω 

οἴσεται τὰ ἄχυρα. | 

Tum διοίσεσθϑαι» quod apud Demosth. c. Polycl. p. 1215 

8 medii significatü non abhorret, apud Soph. Ai, 506 passivum est: 

οἴκτειρε, δ᾽ ὦναξ, παῖδα τὸν σόν. εἰ νέας 

τροφῆς στερηϑεὶς σοῦ διοίσεται μόνος 

ὑπ᾽ ὀρφανιστῶν μὴ φίλων --- 
quod Lobeckius cum scholiographo Barocc. explicat χωρισϑή σεται. 
Hermannus iactari, huc üÜluc trudi; quae explicatio comprobatar 
Herodoto VIII, 76: ἐνταῦϑα μάλιστα ἐξοισομένων τῶν re av- 
δρῶν καὶ τῶν ναυαγίων, “quum et homines et naufragia huc maxime 
delatum iri videantur.? 

Denique τεμήσεσϑαι de quo luculenter disseruit Buttman- 
nus II. p. 87, num deponentis habuerit vim,.dubium est, quum uno 
loco, ubi eam tenere videbatur, Xenoph, Cyr. 8, 7, 5: τίς δὲ ἄλλος 
τιμήσεται δὴ ἄνδρα μέγα δυνάμενον οὕτως. a Dindorfio emendatum 
sit: τιμήσεται δι᾿ ἄνδρα, comprobante Bornemanno, qui apte inter- 
pretatur: “quis alius propter virum multum valentem ita ab aliis 
honorabitur;’ — quamquam et Homerus rıun0as#as (Il. 22, 235) 
et idem Xenophon (conviv. 4, 49) ὃν πλείστον τιμῶμαι hunc de- 
ponentis usum satis confirmant. _Passivum ετιμηϑήσεσϑαι Thuc., 
VI, 80 et Demosth. de fals. lg. 371, 235, 5 offerant. 

lam vero de iis dicendum est futuris mediis, quorum prae- 
sentia a medii forma plerumque abhorrere videntur. . Haec autem 
num Graecis sub aurium mensuram ita ceciderint, ut pro numero 
ac rhythmo aut legerentur aut spernerentur, difücile est diiudicatu. 
Neque Schaefero assentimur, cui horum futurorum anomaliam inde 
repetit, quod Graeci de forma, ut passiva, falsi fuerint, duod. gui- 
dem siin στερήσεσϑαι factum videtur, vix in μαστιγώσεσθαι, 


2 Ὁ 


516 De medii generis futuris passive usurpatis, 


στρεβλώσεσϑαι et aliis probari potest, cuius erroris manifesti 
sunt, qui apud Aristopbanem Nub. 1878 τυπτήσομαε scripserunt 
pro τυπήσομαι» quemadmodum iam diu correxit Buttmannus 
Gr. I. p. 59. 
Quo vero clarins horum futurorum usus perspiciatur, eam in hac 
re inibimns rationem, ut.separentur ea, quorum radices in vocalem 
exeunt, ab iis quae in consonantem. 


A. Futura passivae significationis media guorum radices . 
΄ in vocalem terminantur. 


a) in a. . 

Huius generis sunt ὠπατήσεσθαι Plat. Phaedr. p. 362 B. 
pro quo duo codd. ἀπατηϑήσεσθαι habent et ἐξαπατήσε- 
σθαι Xenoph. Anab. VII, 3, 3., cuius loco apud Platonem Gorg. 
499 c. et Cratyl. 436 b. ἐξαπατηϑήσεσθαι invenitur. cf. De- 
mosth.e. Ctes. ΤΟ IV, 439, 168, 3 (Bekk.) Tum τελευτήσεσϑαι 
quod et Homeri est et Euripidis Hippol. v. 370. et Platonis de legg. 
IX. p. 895. c. μέλλοντος ὑπὸ τῶν γονέων τελευτήσεσϑαι. ubi unus 
cod. offert τελεσϑήσεσϑαι i. 6. τελευτηϑήσεσϑαι. Porro ἐάσεσϑαι 
Euripid. Iph. Αι]. 332. Thuc. I, 142. Tum ἑστιάσεσϑαι Plat. 
de rep. I, 345. et ἀνιάσεσϑαι Theogn. eleg. v.991. Xenoph. 
Mem. 1, 1, 8 et Anab. 4, 8,27. De τιμήσεσϑαι» oradun- 
σεσϑαι, ἡττήσεσϑαι; διαιτήσεσϑαι iam supra disputatum 
est. Multo maior est numerus eorum, quorum radix' m & desinit. 
Quorum forma quum terminationi qua passivum genus describitur, 
persimilis videretur, num Graeci ea externa specie perducti 118 quasi 
per errorem abusi fuerint, in medio relinquimus. | 

b) in ®. 

_ In horum futurorum usu praeivit Homerus, qnuem φιλήσεαι pas- 
sive usurpasse constat eumque secuti sunt Antiphon Tom, I. p.10, 19 
(ed, Bekk,) et Theocritus id. 28, 6 ἀντιφιλήσομαι usus. Huc 
etiam pertinet epicum futnrum τελέεσϑαι, uti — τὸ δὲ καὶ re- 
λέεαϑαι ὀΐω et — ra δὲ καὶ τελέεσϑαι ἔμελλον ; quod ubi cum 
τελευτήσεσϑαι ἔμελλεν (Hom. Od. 9, 511. 1]. 18, 100) contu- 
leris, non pro praesenti habebitur, sic ἃ οὐκ ἔμελλε τελεῖσϑαι An- 
tiph. de venef. T. I. p. 10, 19, 13. cf. Aeschyl. Agam. 68. Soph. 
Ai. 671. 

Huius generis praeterea sunt haec: 
ἀδικήσεσϑαι. Demosth. contr. Mid. p. 524 — ἀλλὰ τοὐναντίον 
᾿ ψόμους ἔϑεσθε πρὸ τῶν ἀδικημάτων ἐπ᾽ ἀδήλοις μὲν τοῖς 

ἀδικήσουσιν ἀδήλοις “δὲ τοῖς ἀδικησομένοις. et alibi frequen- 

tissime. εἴ, Eurip. Iph. Aul. 1442. Thuc. VI, 87. Isocr. ad ΝΊςοοϊ. 

Τ᾿ ΤΠ. p.19, 16, 17 (Bekk.).  Xenoph, Cyrop. 3, 2, 18. Pfat. 

Gorg. p. 509 d. etc. - 
ἀμφισβητήσεσϑαι cui opponitur ὅμολογήσεσϑαι apad Plat. 


. » 
᾽ . ᾿ 
. . «- , 
Ν 


Scripsit G. Lud. Janson. 517 


Theaet. 171 c. ἐξ ἁπάντων ἄρα ἀπὸ Πρωταγόρου ἀρξαμένων 
ἀμφισβητήσεται, μᾶλλον δὲ ὑπό γε ἐκείνου ὁμολογήσεται. 
γηροτροφή ὅεσϑαι ἰᾶπιὶ supra p. 11 ex Demosthene citatum. 
εὐλογήσεσθαι. Isocrat. Eaag. T. N. p- ‚212, 5,6 οἵ τε νεώ- 
τεροι φιλοτιμοτέρως διέκειντο πρὸς τὴν ἀρετήν, εἰδότες 6 ὅτι τρύ- 
av εὐλογησονται μᾶλλον — υδὶ tamen cod. s passivum tuetur 
svloyndnoovrei. 

& ROT Era. Plat. de rep. 450 d. xal εἰ ὅτι μάλιστα γένοιτο, 
ὡς ἄριατ᾽ ἂν εἴη ταῦτα," καὶ ταύτῃ ἐπιστήσεται. ubi cod, Θ 
ἀπιστήσψαι superscripto ἀπιστήσετε offert et inverso ordine D. 
ἀπιστήσετε K. quam scriplurae varietatem etiam in aliis id genus 
futuris observavimus, ut in μαρτυρήσεται apud Xenophontem 
Apol. 26. cuius tamen futuri usus confirmatur eodem Xenophonte 
Mem. IV, 8, 10., etsi passivo saepins occurrimus ut apud De- 
mosth. de fals, leg. p. 353 καὶ νῦν μαρτυρηϑήσεται. cf. Isoer. 
T.I. p- 98, 13, 5 (Bekk.). 

ϑορυβής σεσϑαι. Plato conv. P- 194 b, ἐπιλήσμων μέντ᾽ ἂν 
εἴην, ὦ ᾿4άγάϑων, εἰπεῖν τὸν Σωκράτη; ὃ εἰ --- νῦν οἰηϑείην σε 
ϑορυβήσεσθϑαι ἕνεκα ἡμῶν ὀλίγων ἀνθρώπων. 

μι σήσεσϑαι bis apud Eurip. Ion. 559, 613. 

μεταμελήσεσϑ αι. Xenoph. Mem. 2, 6, 28 καὶ τὴν ὀργὴν κα- 
λύειν εἷς τὸ μεταμελησόμενον idem est atque ἡ μεταμέ- 
λειεα. cf. Matth. Gr. Gr. δ. 570. 

οἐκήσεσϑαι crebro usu frequentatum, cf. Thoc, VIII, 67. Plat. de 
rep. VIl, 520:c. Aeschin. c, Tim. T. Ill. p. 257, 23. Isoer. contr. 
Nicocl, τ. Il. p.19,.16, 7.. Sed διοικήσεσθαι apud Demosth. de 
Cherson. p. 93: πράττεται δὲ τοῦτο καὶ κατασκευάζεται, ὅπως --- 
μετὰ πλείστης ἡσυχίας ἃ πάνθ᾽ oda βούλεται Φίλιππος διοική- 
σεται. deponentis habet significatum, unde eius passivum eadem 
forma 640187 910309 u1ı expressum est apud Lysiam: adv, Ni- 
comachum extr, . 

παιδαγωγήσεσϑαι. Plat. Alc. I. p. 186 fin. οὐ γὰρ ἔστιν ὅπως 
ουὔ παιδαγωγήσω, σε ἀπὸ τῆσδε τῆς μέρας; σὺ δὲ ὑπ᾽ ἐμοῦ παι- 
Öaywynosı. cui forma congraum est. ψυχαγωγήσεσϑαι apud 
eundem Tim. 7 ἃ. — εἴ τί πη καὶ μεταλαμβάνοι τινὰς αὖ τῶν 
αἰσϑήσεων οὐκ ἔμφυτον αὐτῷ τὸ μέλειν τινῶν ἔσοιτο λόγων; 
ὑπὸ δὲ εἰδώλων καὶ φαντασμάτων νυκτός τε καὶ μεθ᾽ ἡμέραν 
μάλιστα ψυχαγωγήσοιτο. ubi alterius scripturae ψυχαγωγή- 
δσαιτο nulla est ratio. 

πολεμή σεσϑαι. Thuc. VII, 43, υδὶ unns cod, habet πολεμη- 
ϑήσεσθϑαι etib. VII, 14 variat διαπεπολεμήσεταει cum δια - 
πολεμήσεται. Apnd Demosth, contr. Aristocr. p. 657. ei πολεμή- 
ἄεται δὲ. “si autem bellabitur,? — nonnulli codd. πολεμήσδτ 
- praestant, de qua scripturae varietate modo exposuimus, Etiam poste- 
rioris aetatis scriptores, ut Paus. 1, 19, 1 eodem futuro passiveusi sunt, 

πολιορκπήσεσθϑαι crebro ab historieis usurpatum raro-locum con- 
cessit passivo πολιορκηϑήσεσθαι,, αὖ apud-;Xenoph. hist. 


“ 


\s 


518 , De medii generis füturis passive usurpatis. 


Gr.IV, 8, ὅ. στερήσεσθαι et ἀποστερήσεσθαι tam fre- 
quenti 'usu divulgatum est, ut exemplis nihil tritius sit. Attamen 
ἀποστερήσεσθϑαι cum ἀποστερηϑήσεσϑαι nonnumquam 
de loco certat, ut apud Demosth. p. 765. Isoer. Areop. T. II, 
164, 34, 7. 
᾿στυγήσεσθϑαι semel apud Sophoclem Oed. a. 672. 
— οὗτος δ᾽, ἔνϑ᾽ ἂν ἡ στυγήσεται. 
τηρήσεσϑαι ap. Thuc. IV, 30, 4. Zonar. 929. 
τυραννήσεσθαν apud Demosth. adv. Lept. 606., ubi tamen qua- 
tuor codd. habent τυραννηϑήσεσϑαι. Eadem dittogrophia 
est in καταφρονήσεσθαι apud Platonem Hipp. Hipp. Mai. 
init. et ipsa passiva καταφρονηϑήσεσϑε et καταφϑονη- 
$r7j0e0de variant ap. Aeschin, T. III. p. 807, 176. Medium 
φϑονήσεσϑαε invenitur apud Xenophontem Hieron. II, 15. ubi 
Weiskius medium aeque ac passivum defendi posse ait. 
φρουρήσεσϑαι solum est apud Eurip. Ion. 685. 
ὠθήσεσϑαι maxime dubium ap. Eurip. Med. 888. 
τάχ᾽ ἐξ ὁπαδῶν χειρὸς ὠϑήσῃ βίᾳ. 
‘pro quo Dindorfius secandum plur. codd. ἰυσϑήσει emendavit. 
Passiva denique significatione, quamvis aclivae expertia for- 
mae, sunt εὐνομεῖσϑαι εἰ δημοκρανεῖσϑαι, quorum futura 
ΕΣ passivo genere nasci oportebat. Nihile secins apud Herod. 1, 97. 
καὶ οὕτω N TE χώρη εὐνομήσεται, cf. Plat. de rep. II, p. 880 b. 
atque δημοκρατήσεσθαι tuetur Poppo ad Thuc. VIII, 75. 
quamquam :idem simplex πκρατηϑήσεσϑαι secundum nonnullos 
codices ib. IV, 9 :recepit. Confirmatur illud medium non tantum 
exemplo Demosth. contr. Timoer. p.731: εἶτ᾿ des δημοκρατησόμεϑα, 
sed efiam Lysiae T.1. p. 397, 4, 4. ὧν ὑμεῖς. ἀντεχόμενοι βεβαίως 
δημοχρατήσεσϑε. Vicissim ab πορεύεσθαι, quod eandem formae 
speciem prae βὲ fert, est κορευθήσομαι δρυὰ Earip. Alec, 314. 


oo e) in ;, 
Huius loci solum est Homericum ῳϑίσεσϑαι, quod }!, 19, 329. 
Od, 13, 384 et alibi pässive usurpatum est. 


d) ἴῃ ὃ. . 

Ut ab Homero incipiamus, proponenda sunt hic σαώσεαι 
servabere Od. 21, 309. atque haud δεὶο an recte emendaverit Berg- 
kius ad Theogn. eleg. v. 226. 

οὐδὲν ἐπιπιρέπεε ἡμῖν ἅτ᾽ ἀνδράσε σωσομένοις pro vulgari σωζο- 

μένοις. . 

Tum τρώσεσθαι 11.12, 66. εἰ βεβρώσεσϑαι Οἀ.8, 208: 
Χρήματα ---- βεβρώσεται, quod minime est paullo post faturum. 
of. programma meum supra citatum p. 12. 

ξημιώσεσθαι crebro usu frequentatum, ut Thuc, III, 40. Andoc. 
de myster. T.-I..p.105, 74, 4. Herod, VII, 39. Demosth. c. 
Callip. p. 1289 non semel variat cum passivo, ut apud Plat, 


Scripsit G. Lud, Jaoson. 519 


Hipparch, 227 e. Demostb. Ol. I, 17, 4. Deinde sorrupte 
scriptura cum ξημιώσασϑαι apud- Iaoer. ad Callim. T. II. 
p- 453, 37, 6 (Bekk.). 
ἐξογκώσεσϑαι Eurip. Hippol. 935. 
εἰ γὰρ κατ᾽ ἀνδρὸς βίοτον ἐξογκώσεται. 
ubi non inepte explicat scholiographus: εἰ γὰρ ἐπαρϑήσεται ἑνὸς 
ἑκάστου ἀνδρὸς ὁ βίος. 
ἐπανορθϑώσεσθϑαι semel apıd Platonem Lach, 200. Ἐγὰ 
οἶμαι ἐμοὶ περὶ ὧν ἐλέγομεν νῦν τε ἐπιεικῶς εἰρῆσθαι, καὶ 
εἴ τε μὴ ἱκανῶς εἴρηται, ὕστερον ἐπανορϑωώσεσϑαι καὶ μετὰ 
Jaumvog. υδὶ tamen quum explicamus: me emendaturum esse, 
etiam deponens esse potest, quod propter codicem r. prae- 
ferendum videtur, qui ἐπανορϑύύσασϑαι habet,, 
ϑανατώσεσϑ as semel „apud Xenophontem Cyrop. 7, 5, 31. εἰ 
δέ τις ἔξω ληφϑείη;, or ϑανατώσοιτο. 
μασειγώσεσϑαι εἰ στρεβλώσεσθαι locum invenerunt inter 
. plura passivae formae futnra- apud Pat. de rep. II, 362.a, cf. 
ib. X, 513 e. ubi sub trium codicum scriptura στρεβιήσε- 
σϑαι στρεβλωθήσεσϑαν latere videtur, 
Postremo de δηλώσεσϑαι, ξενώσεσϑαι, ἑλασσώὦδσε- 
σϑαι, πληρώσεσϑαι"» quoniam propter medii naluram a pas- 
siva significatione non discrepant, iam supra exposuimus. 


.e) in υ. 

κωλύσεσϑαι Thuc. I, 142 μέγιστον δὲ. τῇ τῶν χρημάτων 
σπάνει κωλύσονται. nihilo minus recte receptum est a Bekkero apud 
Lysiam contr. Andoc. T. |]. „P- 209, 15, 7 — οὐδ᾽ αὐτῶν κωλύ- 
σετε τῶν ἱερῶν ἐπιβαίνειν ἢ εἰσιόντα οὐ τιμωρήσεσϑε pra κωλύ- 
σεται» quod duo codd. praebent. 

ὕσεσθαι. Herod. 2, 14 εἰ μήτι γε ὕσεταί σφι ἡ χώρη. veluti 

ἡ γῆ ὕεται ib. I, 198. 

De futuris ϑύσεσθαι; φύσεσθαι, ἐμφύσεσϑαι, κα- 
ταλύσεσϑαι supra dietum est. 

Iam de futuris, quorum radices in ‚diphthongos exeunf, dicen- 
dum est,.cuius generis ea tantum invenimus,, quae in εὖ terminan- 
tur. Nam apud Homerum Il. 24, 355 ἄνδρ᾽ ὁρόω, τάχα δ᾽ Anus 
διαῤῥαίσεσθαι ὀΐω. sc. αὐτόν, i. 6. eum nos interempturum puto, 
est deponens, etsi eiusdem verbi activi futurum, Il. 1X, 78. 

vu δ᾽ ἥδ᾽ ἠὲ διαῤῥαίσει ὀτρατὸν ἠὲ σαώύσει. 
ab illius significatione ΜΙ differt. Sed vere passivae sigficationis 
sunt hbaec: 
ἐπιβουλεύσεσϑαι bis apud Xenophontem Cyrop. V, 6, 84. 
καὶ αὐτοὶ ἐπιβουλευσόμεϑα, καὶ ὁ οἶκος ὅλορ. et ib. VI,1, 
u 34. καὶ nıpl τῶν σφετέρων φρουρίων es ἐπιβουλουσο, 
γῶν. 
ἐνεδρεύσεσθαι. Xenoph. hist. Gr.7, 2, 18. οὐκ ἀγνοοῦντες, 
ὅτι ἐνεδρεύσοιντο ὑπὸ τῶν πολεμίων. 


520. De medii generis futuris passive usurpatis, 


1:77) ἀπεύδεσϑαι semel apud Platonem Alc. 135, dubia ; scri- 
ptara: ὦ γένναιε) πελαργοῦ ἄρα ὁ ἐμὸς ἔρως οὐδὲν διοίσει; 
εἶ παρὰ σοὶ ἐννεοττεύσας ἔρωτα ὑπόπτερον ὑπὸ τούτου θερα- 
πεύσεται. -ubi nonnulli codd. θεραπεύεται tuentur; quam scri- 
pturam ideo probandam duco, quod id futurum’apnd Antiphon- 
tem T. IL ‚P 38, 2, cum obiecto coniunetum Invenitur: soole- 
γόντων γὰὶρ τῶν ἄλλων ἰατρῶν εἰ ταύτην τὴν ϑεραπείαν ϑε- 
ραπεύσοιντο. cf. Xen.Cyr.V, 4, 17. Similiter Schneiderus cum 
Zeunio scribere volunt apnd Xenoph, de: offc. mag. eq. 2, 7 
τεταγμένων γε μὴν οὕτως. χρὴ 9 ὥσπερ καὶ τοῖς φυλάρχοις 
προαγορεύεται ἡ χώρα ὑπὸ τοῦ ἱππάρχου. pro προαγορεῦσε- 
ται, quae est codicum scriptura. 

ϑρανεύσεσθαι. Aristoph. eg. 869. 

ἡ βύρσα σου θρανεύσεται. 
aM μονεύσεσϑαι semel apud Euripidem Heraclid. 33. 
μνημονεύσεται χάρις. 
euius loco in prosa passivum saepius invenitur, ut’ apud Demosth. 
de cor. T.1V. p. 272, 231, 8. Isocr. Panath: T. IT. p. 290, 129, 6 
et ib. p. 308, 199, 2. : 

De παιδεύσεσϑαι et παιδευϑήσεσϑαι supra disputatum 
est. Passivae contra formae sunt δισκευϑήσεσϑαι Eurip. Ion. 
1267. πιστευϑήσεσϑαι „Dem. c. I. p. 830. κινδυνεδυϑή- 
σεσϑαι Dem. contr. Onet. 1. p.866., ubi unus cod. δεακινδυνευ- 
ϑήσεσθαι habet. ἀνασχινδυλευϑήσεται Plat. de rep. II. 
p. 362 a. | 


B. Futura passivae significationis media, quorum radices 
in consonantem terminantur. 


In horum futurorum genere primum de iis, quae in labiales, 
deinde quae in gutturales, tum quae in dentales, denique quae in 
liquidas terminautur consonanteg, disserendum est, 


a) βλάψεσϑαε Thuc. VI, 64. cf. Buttm. L ἫΝ 


ἐρέψεσθαι Eurip. Bacch. 304. 
κισσῷ ἐρεψόμεσϑα καὶ χορεύσομεν. 
περιέψεσθαι Herod. II, 115. εἴ. Buttm:1, c. 
τρίψεσθϑαι Thuc. VI, 18 καὶ νομέσατε — τρέφεσϑαί τ τὸ αὐτὴν 
(πόλιν). quad scholiographus δαπανήσεσϑαι καὶ φϑαρήσεσϑαι 
eplicat; εἴ recte scriptum est „vi, 4% (ed. Popp.). N yag κα- 
τορϑώσας ἕξὲιεν Συρακούσας. N ἀπάξειν τὴν στρατιὰν καὶ οὐ 
τρίψεσϑαι ἄλλως ᾿Αϑηναίους τὸ τοὺς ξυστρατευομένους καὶ 
τὴν ξύμπασαν πόλιν. pro τρέβεσθαει, quod nennulli codd. 
offerunt. Ceterum passivum κατατρεβησεσϑαι legitur Xen. 
.h. Gr. ὅ, 7; 60. 
De aliis, ‚quae huius loci sunt, ἅψεσθαι, ἐφάψεσθαι; ϑρέψεσθαι, 
λείψεσθαι. ἀπολείψεσϑαι: καταλείψεσθαι supra disceptavimus. 


Scripsit-G. Lad, Janson, 521 


ß) ἄρξεσθαι Plat. de rep,. III, 412 b. de’ οὐκ αὐτῶν 
οἴτενες ἄρξουσί τε καὶ ἄρξονται. quae generis oppositio saepius 
invenitur, ut Herod. IX, 122. Lys.I. ρ. 867. 7, 2. cf. Aeschyl. 
Oers. 588. ΄ . 

ἔρξεσϑαι Soph. Oed. R. 890 ch. 


καὶ τῶν ἀσέπτων ἔρξεται. 


pro quo Eismleius δἴρξεταε substituit. Rectior fortasse est hkaec 


ionica forma in illa lege, quae legitur apud Aechinem c. Ctes. T. II. 
Ρ. 422, 122, 12, ἥτις δ᾽ ἂν μὴ παρῇ πόλις, εἴρξεται τοῦ ἱεροῦ 
καὶ ἐναγὴς ἔσται καὶ τῇ ἀρᾷ ἔνοχος. 

κηρύξεσϑαι. Eurip. Phoen. 1625. 

᾿ς φηρύξεται δὲ πᾶσι Καδμείοις τάδε. 

quod scholiographus κηρυχϑήσεται explicat idque saepius repe- 
ritur. Ex multis cf, Dem. adv. Ctes. IV. p. 461, 231. j 

λέξεσϑαι non lantum Sophocles usurpavit (cf. Ellendtii lexic. 

Soph.), sed etiam Euripides, cf. Porson. ad Hec. 297. et inter- 

dum in prosa variat cum 1 δλέξεσϑαι» cl. programma meum 

supra citatum p. 12. 

προσαμέλξεσϑαι pro quo dorica forma apud Theocr. id. I, 26. 
ἃ (alt), δύ᾽ ἔχοισ᾽ ἐρίφως. ποταμέλξεται ἐς δύο πέλλας. 
ταράξεσϑαι. Thuc. VIl, 67. — πῶς οὐ σφαλοῦσί τι τὰς ναῦς 
καὶ ἐν σφίσιν αὐτῶν πάντες, οὐκ ἐν τῷ αὐτῶν τρόπῳ κινού- 
μενοι ταράξονται. 
διατινάξεσθϑαι. Eurip. Bacch. 846. 
μέλαϑρα διατινάξεται πεσήμασι. | 
In his etiam habendum est eu ξ ε6ϑ αι apud Homerum Il, 5, 658. 
σοὶ δ᾽ ἐγὼ ἐνθάδε φημὶ φόνον καὶ κῆρα μέλαιναν 
ἐξ ἐμέϑεν τεύξεσϑαι, --- ᾿ 
pro quo idem poäta per ἀναδιπλασιασμὸν etiam rereväaraı for- 
mavit, cf. 1.12, 345, 21, 322, 585. 

De ἀλλάξεσϑαι et compositis, de £Eso#as, ἐνέξεσθϑαι" 
συνέξεσϑαι, ἄξεσϑ αι et compositis, de συμμίξεσϑαι. διδα- 
ξεσϑαι, σπαράξεσϑαι, ἐπιτάξεσϑαι. παρατάξεσθϑαι, 
φυλάξεσθϑαι jam supra expositum est, 


y) Huic verborum ordini conveniens est πείσεσθαι, per- 
suasum iri, quod iam supra, quam de medii generis natura latius 
disputaremus, ex Homero citatum est; idemque poeta πέρσεσθαι 
passiva-vi praeditum semel posuit Il. 24, 729. 

πρὶν γὰρ πόλις ἥδε κατ᾽ ἄκρης πέρσεται. | 
Reliqua sunt verborum in sfeıy quorum haec exempla inve- 
nimus: 
ἀνδραποδιεῖσϑαι. Herod. VI, 17. Διονύσιος ὁ Φωκαεὺς --- 
νέας ἑλῶν τρεῖς τῶν πολεμίων, ἀπέπλεε ἐς μὲν Φωκαιαν οὐκ- 
ἔτι» εὖ εἰδώς. εἷς ἀνδραποδιεῖται σὺν τῇ ἄλλῃ Ἰωνίῃ. Idem 
scriptor non semel ἀνδραποδίζεσθαι cum obiecto, ut τὴν πολεν» 
coniunxzit, 


522 De medii generis faturis pass, ususp. Serips. C, L. Janson. 


‚avassolomıeichar. Herod. III, 132, καὶ τοῦτο μέν; τους 
Αἰγιπτίους insgovs, οἱ βασιλέα πρότερον ἰῶντο, μέλλοντας 
ἀνασκολοπιεῖσθαι ---- ἐῤῥύσατο. 

ὄ μαλ ιεἴσϑαι. Xenoph. Oecon. 18, 5. ὕπως δὲ τὸ δεόμενον 
πόψουσι» καὶ ὁμαλιεῖται d ἁλοητός. 

ὀνειδιεῖσϑαι.- Soph. Oecd. Tyr. 150. 

ὠστιεῖσϑαι quod Hesych. ὠσθήσεσθαει interpretatur, legi- 
-tur apud Aristoph. Acharn. 24, 844. 


δὴ) Homeri sunt χρανέεσϑαι. ILIX, 626. passiva forma 
κρανϑήσεσθαι ap. Aeschyl. Prom. v. 919. διακρινέεσϑαι 
Od. 18, 149. 20, 180, et κατακτανέεσϑαι. 11.14, 481. Tum 
repn0scı, quod daplicis significationis huic verborum generi iure 
adnumerandum videtur. cf. progr. meum supra citatum,. Beliqua 
sunt haec: 
ἐχϑαρεῖσϑαι dubia scriptara apud Soph. Antig. 93. 
εἰ ταῦτα λέξεις. ἐχϑαρεῖ μὲν ἐξ ἐμοῦ. 
vulgo ἐχϑρανῇ. sed ἐχϑαρῇ Ald. et in marg. Turneb. ne memorante 
quidem Brunckio. 
κατισχανεῖσϑθαι. marceralum iri in Aeschyl. Prom. v. 268. 
Οὐ μήν τι ποιναῖς γ᾽ ὠόμην τοιαῖσί με 
 πατισχανεῖσϑαι πρὸς πέτραις πεδαρσίοις. 
σφαλε ἰσϑαιΐ dubia scriptura apud Xenoph. Conviv. 2, 25. ταχὺ 
ἡμῖν καὶ τὰ σώματα καὶ α γνῶμαι σφαλοῦνται. σφαλοῦν- 
ται in margine Stobaei superest, in textu σφάλλονται. Ceterum 
δσφαλήσεσθϑαι frequentissimum "est. 
ἀποκαϑαρεῖσθαι. Xen. Cyr. Il, 2, 27. Ed δὲ ἴστε ---- ὅτι 
οὐδὲ τοῦτο μόνον ὠφελοῦσιν of κακοὶ ἀφαιρεϑέντες --- ἀλλὰ 
καὶ — ταύτης (sc. κακίας) ἀποκαϑαροῦνται πάλιν. quae 
omnium fere codicum scriptura recte edita est a Weiskio et 
Schneidero, a Zeunio contra ἀνακαϑαροῦνται. 
φϑερεῖσθαι. Soph. Oel, r. 273. 
ἀλλὰ τῷ πότμῳ 
τῷ νῦν φϑεφεῖσϑαι, κἄτι τοῦδ᾽ ἐχθίονι. 
apud Herodotum VIII, 108 — ἡ στρατὴ διαφϑαρέεται legitur, con- 
tra διαφϑερέονται ibid. IX, 42., ubi cf. adnot: Wesselingii atque 
sic recte ap. Thucydidem VII, 48. φϑερεῖσϑαι scribitur, ubi plures 
codd. φϑαρεῖσϑαι habent, Passivum denique φϑαρήσεσϑαι 
creberrime reperitur. 
Postremo πημανεῖσϑαι» τελεῖσϑαι, ὠἀναβαλεῖσϑαι» 
ἐκβαλεῖσθαι, φανεῖσϑαι iam δυρτὰ proposita sunt. 


4 


De Graeci serm. nomin. in ἐς deminut. -Scrips. G.L. Janson. 523 


De Graeci sermonis nominibus in ἃς deminutivis. 
Scripsit et emendatius nunc edidit Prof. Dr. Georgius Ludovicus Janson. 


Graeci sermonis nomina in ἐς deminutiva, quorum sexu signi- 
ficationis 'quaedam declarari videtur proprietas, num a sua natura 
adeo discesserint, ut virile quogue secus voces aliqua deminutionis 
vi infringendae in muliebres mutarentur, quum guaeritur, vix ullam 
afferre possunt dubitationem: animalium appellationes: κανθαρὶς sive 
est scarabaeus frumentum erodens, sive piscis-quidam (Athen. VII, 
326 f.) xıxuuls*), noctua. Scholiastes ad Aristoph. av. 264 κικ- 
xaßnv explicans ait τὰς γλαῦκας οὕτω λέγουσιν" ὅϑεν κικκάβας 
αὐτοὺς λέγουσιν" ἔστε δὲ τῆς ᾿4ϑηνᾶς᾽ οἱ δὲ κικομοΐδας ὡς Καλ- 
λίμαχος ᾿ 

καρτ᾽ ἀγαϑὴ κικυμίς. 
quod scholium aut corruptum est aut decurtatum. . Tum ἡ κορυ- 
δαλίς, alauda, de cuius scriptura cf. Kiessling ad Theocr. VII, 23. 
Tum λαρὶς 1. ᾳ. λάρος apud Leonidam Tarentinum VII, 162. neque 
cerftum est, num σκορπίδες atque σκορπίοι diversi fuerint pisces, 
quos Aristoteles in libro de anim. -V, 9, & p. 194 saepius comme- 
morat. cf. Athen, VII, 320 f. 

“Animantium**) quoque sexus hac ratione discriminari posse 
exemplo est ἀλέκτωρ ἀλεκτορίς., sed caetera, quorum memoria suc- 
currit, paraschematista sunt, aut diversas species significant, βάτος 
et Paris, φύκης et puxlg? Sic defendi potest Alexidis orgovdig, 
υἱὲ Dindorfius scripsit apud Athen. XII, 565 e, contra Casaubonum 
qui στρουϑός expresserat. quamvis Homero Il. II, 311 

ἔνϑα δ᾽ ἔσαν στρουϑοῖο νεοσσοὶ νήπια τέκνα . 
nomen commune fuerit. Eiusdem notae videtur esse ϑυννίς. Ex 
grammatico quodam Etym. m. p. 459, 21: ϑυννίδες οἵ νῦν ϑύννοι 
ἢ ἄλλοι τινὲς ἰχθύες patet, iam veteribus non salis constitisse, 
quomodo illi inter sese pisces discrepaverint, etsi Athenaeus 
p. 808. testatar: Σώστρατος δὲ ἐν δευτέρῳ περὶ ξώων τὴν πηλα- 
μύδα ϑυννίδα καλεῖσθαι λέγει" μείξω δὲ γινομένην.» ϑύννον᾽ ἔτι 
δὲ μείζονα ὄρκυνον᾽ infra subiungens verba: Athenienses dixisse 
Buvvlöas, quos alii ϑύννους, cf. Aristoph, et Iphicrat. apud Athen. 
II, 118 d. IV, 131 4. Huiusmodi species etiam a primitivis ae- 
qualis sexus denominatas esse, ut βελονίς. δρακαινίς, nasvig, σαυ- 
eic, Veıvic, infra ostendemus. Eadem cautio, ne voces quae pri- 
mitiva videntur habere, temere deminutiva putentur, adhibenda est 
in plantaram quodam genere, ut τευτλίς 5. σευτλίς, quamvis Athen: 
IX, 370 Diphilum citet comicum aliquem vituperantem qui τευτλίς 
usurpaverit pro τεῦτλον. Similiter Attici dapavig accurate distin- 
zerunt a ῥάφανος. cf. Lob. ad Phryn. 141. Eiusdem forsitan sit 
generis ὁροδαμνίς apınd Theoerit. VIII, 88. 


*) Of. Lobeck. pathol. p. 1711. . ' 
*) Sunt verba Lobeckiü pathol. p. 46. 


524 De Graeci sermonis nominibus in ἃς deminutivis. 


τοὶ δὲ ποτὶ omssgais ὁροδαμνίσιν αἰϑαλίωνες. 

a quo epyllio deminutivum longe abhorret, quam ad rem convenit 
scholiastes h.1. dicens ὀροδαμίδες παντὸς δένδρου τοὺς κλάδους λέγει. 

In huiusmodi igitar nominibus, nisi in animantibus per sexum 
femininae significarentur, generis mutatio aperte nititur paronymia, 
de cuwius ratione infra copiosius exponetur. Plus vero mirationis fa- 
ciunt rerum nomina, quae ab impari genere profecta demisntiva 
fere iudicantur, ut βαϑμίς, cuius ultima syllaba contra Pindari usum 
a Meleagro epigrammatista (VII, 428) producta est, quod neque 
quam significat statuae basin, ut apud Pind, N: 5, 1 unde per 
figuram apull eundem Pyth. 5, 7 

αἰῶνος ἀκρᾶν βαϑμίδων ἄπο᾽ 
cf. Hesych. neque quum ἃ Polluce ad peculiarem medicorum usum 
respiciente explicatur: αὕτη ἡ συμβολὴ τοῦ πήχεως πρὸς τὸν βρα- 
χίονα βαϑμὶς καλεῖται (cf. Foes. Oecon. Hippocr. s. v. βαϑμίς) ad 
deminutivi se rationem referri patitur. Ceterum videtur hoc ab 
Atticorum usu abhorruisse.,. Nam unus Aeschyli suppl. 876 locus, 
ubi Badul legitur corruptus est. Trieliains autem Sophoclis Oed. 
R. 142 βάϑρα per βαϑμίδες ‚exponendo: ὁ τόπος ἔνϑα ] ἐκκλη- 
σία ἐγένετο, βαϑμίσιν ἦν κύκλῳ διειλημμένος. ἄλλα ἐπ᾽ ἄλλαις. 
haud dnbie ad soae aetatis usum respexit. Huic et origine et sigui- 
ficatu affine est αὖ βωμέδες.» proprie arulae sive earum formam 
referentes gradus, semel apud Herodotum I, 126 ἐποιήϑη δὲ ὧδε 
αὕτη ἡ πυραμίς" ἀναβαϑμῶν τρόπον; τὰς μετεξέτεροι κρόσσας» οὗ 
δὲ βωμέδας ὀνομάξουσιν.. Deinde ex Atticorum fragmentis huc 
afferri potest ἢ κωρυ κίς culeus, Jdeminutivam vulgo appellatum, 
Eustathius p. 1684, 87 κώρυκον δὲ τὸν ϑύλανον. --- οἱ δὲ παλαιοὶ 
καὶ κωρυκίδ α τὸ τοιοῦτον σκεῦος καλοῦσιν; παράγοντες καὶ 
᾿Δριστοφάνους χρῆσιν τοιαύτην. 
- Σπυρὶς οὐ μικρὰ καὶ κωρυκὶς ἥ. τοὺς μάττοντας ἐγείρει. 

quae ex Holcadibus sumpta esse colligi potest ex. Polluce X, 172. 
Tum’ translatum fuit ad rubiginem, qua laborant: ulmi secundum 
Theophr. hist. plat. 3, 15. Huius loci etiam est orvälg, quod uon 
semel de loco certät cum ornäls, cf. Strab. T. II. p.226 ed. Tschuck. 
Piut. Pompei. 24. Vere autem deminutivum est impari sexu notabile 
nomen Ψωμὶς» offula, a lexicographis omissam, quod secundum 
Athenaeum IX, 188. Aristoteles usurpavit. Tum extremae Graeci- 
tatis βροχές» tendicula, demiutivum, ut videtur, apud Oppianum 1, 
8595. Incertior vero deminutionis vis apparet in quibusdam vasis 
atque instrumentis, quae propter significationis -proprietatem etiam 
species suorum esse possunt primitivorum, οἷ. χυαϑές, κοτυλῶδες 
ἀγγεῖον apud Athen. XI, 480 b. ubi Sophron citatus est. Simile 
videtur esse ‚populg sportula, proprie corbis ex iuncis texta, cf. 
Aristoph. Vesp. 58. et ibi schol, eandem illud secutum analogiam 
quam σαργανίς, de quo infra, et σχοινές, ultima syllaba longa, 
funis ex iuncis factus, neque quisquam, denique vocab. zloxauis, 
quod idem esse atque ὅ πλόκαμος dicit Eustathius ad deminutivi 


Seripsit G. Lud. Janson. 525 


vim revocaverit.‘ Ceterum poetas ultimam huius vocabuli syliabam 
produxisse notum est. cf. Spohn. de extr. p. Od. p. 175. Tertiae 
denique flexionis impari sexu insignia sunt zıvexic, tabula, quo usi 
sunt Machon ap. Athen. XIII, 582 c. Philyllius ap. Polluc, X, 58. 
cf. Spohn. de extr. Od. part. p. 175: Deinde xavovig, regula i. e, 
ἐργαλεῖον καλλιγραφικὸν secundum Suidam idque ultima longa vere 
videtur habere significationeg '‘deminutiram. Postremo a neutrius 
generis primitivis proficiscuntur nulla deminutiva in ἐς nisi illud-ex- 
tremae aetatis vocabulum φασγανίς » culter tonsorins, quo Phanias 
in A. P,VI, 80 usus est. Nam reliqua quae videntur pro ποῖ 
hypocorismo certare, immerito hunc locum obtinent, ‘ut ἡ προσωπίς 
sine ratione a lexicographis deminutirum appellatum. Pollux enim X, 
227, servavit ex Aristophanis Danaidibus fragmentum, ex quo ap- 
paret fuisse inter τὸ ἐν yvvarsavlrıdı σκεύη atque alibi idem Il. 453 
καὶ παρωπὶς δὲ, ἡ καλουμένη τῶν γυναίων (ser. γυναιπῶν) προ- 
σωπίς εἰ Hesychius ad suae, ut videtur, aetatis usum spectans: 
προσωπεῖον ἡ νῦν καλουμένη προσωπίς. Neque deminutivum est 
κληματίς,), pluraliter tantum dicetum. Βεείε΄ Hesychius κληματίδες 
αἵ τῶν κλημάτων δέσμαι, cf. Jungerm. ad Poll. VII, 109. Hane 
collectivam significationem confirmant quum Thucydides VII, 53 καὶ 
ἐπὶ τὰς λοιπὰς ἐμπρῆσαι βουλόμενοι ὁλκάδα παλαιὰν κληματίδων 
καὶ δἄδος γεμίσαντες ,) tum Aristophanes 'Thesm. 728 ᾿ 
. ἴωμεν ἐπὶ τὰς κληματίδας, ὦ Μανία" 

cf. Diod. Sic. XII, 18. Lucian. epigr. A. P.VI, 238. Hinc suam 
fortasse habet explicationem ἢ χαμευνίς 9 stramentum, cuius pluralis 
χαμευνίδες (Theocr. VII, 103) explicatur a scholiasta Aristoph. 
pac. 436. ᾿ἰδίως στιβάδας τὰς χαμευνίδας ἐκάλουν. Ä 


Ut tamen, ne quid omisisse videamur, ad.illa priora“redeam, 
adiectivorum formam prae se ferre videntur haec: ἡ ἐσοπτρίς, spe- 
culam, cf. Jacobs ad A. P.T. VIII. p. 169. ἡ μετανιπτρίς. 1. q. 
μετάνιπτρον Athen. XV. p. 698. αἵ megıßaglösg, calceamenta mur 
liebria apud Aristoph Lys. 45. μυρτοχειλίδες pro μυρτόχειλα dietum. 
cf. Poll. II, 174. Haec vero adiectivi species etiam clarius per- 
‚spicitur, quuam voecula in ἐς vel a colore, quem res refert, νοὶ ab 
alia proprietate denominata est, ut πιτυρίς.» sc. ἐλαία. cf. Athen. II, 
65 c. Volgaris autem sermonis nomina in ἐς terminata, quae a neu- 
trius generis primitivis repeti possunt, sunt Asmig s. λοπὶς (cf. Lob. - 
pathol. p.443) et μερίς ἢ» quae nemo adhuc in deminutivis collo- 
cavit. Improbatum tamen fuisse Attieis talem metaschematismum, 
quo sine ulla significationis mntatione nomina in alias transirent for- 
mas, .licet videre ex Athenaeo IV. p.658 c. reprehendente Macedo- 
nes, qui. mensam secundam "ἐπιδειπνὶς᾽ dixerint pro vulgari ἐπέ- 
deınvov. Hac vituperatione num dignus sit Diotimus, qui in epi- 
grammate quodam A, P. VI, 267 ὀνϑεμίς, flos, usurpavit pro 


Ὁ) 'Tragicorum solus eo usus est Eurip. Suppl, 238. 


5926 De Graeci sermonis nominibus in sg deminutivis, 


ἄνϑεμον, quum illnd etiam esse possit päronymon voculae obsoletae 
ab Hesychio servätae ὠνθέμη, vix potest discerni. 

His igitur nominibus nemo erit qui comprobet, Atticos in huius- 
modi deminutivis formandis ad primitivorum sezum non respexisse. 
Raro haec regula ab iis migrata est in deminutivis duplicis formae 
sexog et soxn, uti in σκελίσκος apud Aristoph. Eccl. 1203. σανδα- 
Aloxog Aristuph. ran. 409. mirabiliusque si corruptela vacat, in 
- αἰγίσκος apud. Hesychium, ' At κοτυλίσκος ap, Athen. XI, 479 c. 
etiam a κότυλος (Athen. p.480 b.) duci potest. 

e Quantum vero in Graecorum sermone valuerit paronymia, in- 
᾿ telligitur ex magna vocabulorum in ἐς exeuntium, quae a suis pri- 
mitivis significatione haud differre inveniuntur, copia. Ita iam ex 
vetustissimi po&tae usu liquet fuisse nomina in ἐς) quae primigenito- 
rum vim ac potestatem vel aequipararent vel per metopymiam quan- 
dam ad eorum quasi dignitatem adspirarent. Haec autem alia gravi, 
alia acuto scribebantur accentu. . ‘Veterrimos Atticos’ inquit Lo- 
beckius ad Phryn. p. 165 “ἴγδιν dixisse apparet ex Aristophanis et 
Solonis-versibus’ et scholiastes ad Theocr. I, 75 (p. 837 ed. Kiessl.) 
ἔστε δὲ ἡ δάμαλις. τῆς δαμάλεως" οἵ δὲ ποιηταὶ καὶ ἡ δαμάλη 
τῆς δαμάληρ λέγουσιν. ἀφ᾽ οὗ ἐνταῦϑα al δαμάλαι. Pertinet huc 
Etym. m. p.379, 21. ἐροτὶς (scr. ἔροτις) ἡ ἐροτή )" ὡς γὰρ παρὰ 
τὸ κάλπη καλπις᾽ καὶ φήμη ping" οὕτω καὶ τὸ ἑορτὴ ἑορτὶς καὶ 
καϑ᾽ ὑπέρϑεσιν ἐφοτίς (ser. ἔροτιο) dg αὐλὴ αὐλὶς (scr. αὖλις). 
cf. Seidier. ad Eurip, Electr. 620. Idem metaschematismus est m 
ἄκοιτις» κίϑαρις, ἄκρις (jugum), κύστις, κόνις» τράμις, hoc postre- 
mum apud Aristophanem οἱ Lucianum. Ia nonnallis huins generis 
vocabulis accentus fluctuat, ut in δάπις et zanlc, cf. Sturz. lex, 
Xen, 8. v. et xlorıg pro κιστίς fortasse ludente Aristophane propter 
κύστις. cf. Eimslei. ad Aristoph. Acharn. 1099. -Herodianus secun- 
dum schol. Arist. Vesp. exponens τοὺς καδίσκους per καάλπεις. ἔνϑα 
τὰς ψήφους xadlesav ol δικάζοντες. (cf. Jacobs A. P.-p. 309) 
aperte distinzit a καλπίς, quod fuit pocali genus ab- Athenaeo XI, 
468 f. ex Philemane citatum. Multa tamen praeterea in ig desinen- 
tia nomina eodem, atque deminutiva, accenta distincta,' horum signi- 
fieatu carent. In his iterum secerneridi sunt animantes a rebus, qua- 
rum non pauca in ες formata nomina putanda suat paronyma, Prioris 
generis sunt dumis Homeri aliorumgue po&tarum usu nobilitatum, 
Atticis vitatum,- posterioris aetatis scriptoribus, ut Plutareh; vit. Ea- 
mill. 33. non spretum. Ea autem Atticistis interdum improbata fuisse, 
exemplo est "Thomas Magister, qui ab Attieis abiudicat £rarelg, 
quo non modo Xenophon, sed alii quoque speetatae auctoritatis 
scriptores usi sunt, quamvis eiusdem notae nomina Begamauwvig 
(Plat. de legg. VII, 808), ὀρχηστρὶς apud Aristoph. παλλαπκὶς non 
tantum Homeri, sed optimi cuiusque scriptoris usu comprobata sint, 


Dinlcke Fa in libello, qui inscriptus est: Ueber den Aeolischen 


Scripsit G. Lad. Janson, ᾿ 527 


omnisque fides videtar deroganda scholiastae Aristophanis Plut. 435. 
discriminanti καπηλίς. acutum, velut deminutivum, a κάπηλις gra- 
vato: ἡ τὸν οἶνον πιπράσκουσα γννή. 

Eodem modo formatum est ἀμνίς (cf. Lobeck. pathol, 452. 8.7.), 
sic tamen, ut ab ἀμνὴ et ἀμνὸς derivatum esse possit. Cum his 
vocibus faciant nomina per mefonymiam. formata, maximam partem 
a poetis frequentata, ut zuvig, uxor, ap. Eurip. I. A. 397. σηκές, 
ancilla, apud Aristophanem, Zewrig, amica, apud Thecer. IV, 59. 
pariterque κλεμακίδες, scilicet κολαχίδες, quarum per terga ut per 
scalas Artabazi mulieres rhedas ascendere solere ait Clearchus ap. 
Athen. VI, 256. cf. Plut. discr. adul. et amic, 5. neque multum 
interest, utrum τηϑίς.» matertera, cum Lobeckio ad Phryn. p. 134. 
deminutivum dicas, an metonymon, ut αἀλχυονὶς Apollon, Rhod. I, 
1085, si est pullus halcyonis. Eiusdem analogiae sunt, quarum 
primitiva sunt mascula iam supra citata, quibus nonnulla, quod ad 
primitiva attinet, ὁμογενῆ respondere videntur «nöovig Eurip, 
Rhes. 506. Theocr. VIII, 38. χελιδονὶς Jacobs A. P. T. III. p. 866. 
κακκαβίς, perdix, Alcman. ap. Athen. IX, 389. Haec häctenus de 
animalibus. Jam alterius classis, quibus res significantur, nomina 
non alia nisi terminationis diversitate a primitivis diversa sunt ληῖς 
᾿ apud Homerum et Aeschylum, παρηΐς apud Aeschylum et Euripidem. 
Eadem forma notatum est af ἀγκαλέδες apud Homerum, ut in for- 
mulis ἐν ἀγκαλίδεσσι εὕδειν εἰ φέρειν atque ἀγκαλιδοφόροε 5. ἀγκα- 
λιδηφόροι εἰ ἀγκαλεδαγωγεῖν certum definitumque derivati usum satis 
comprobant. Ut vero de Homeri tragicorumgue, a quorum dicendi 
genere. deminutiva abhorrere dicuntur, usu conficcam, iam comme- 
meoranda sunt, quibus vulge hypocorismus attribuitur, primum Ho- 
meri oxapig et ψηφίς. ' Illud in Etym. m. deminutivum appellatum 
in vasis culinariis habetur a Polluce X, 24 μάκτραν explicante, 
quam. et eandem significationem etiam primitivo assignat. Galenus 
denique in lexico Hippocr. dicit Atticis *) σκαφίδα fuisse ποιμενικὴν 
σκάφην» illum Homeri Od. IX, 223 versum-subiungens. cf. Athen. XI, 
499 f. Huius igitur voculae deminutio non clare perspicitur. At 
magis est dubia res in ψηφίς» cuius ultima syllaba contra deminu- 
tirorum rationem producitur. Quod si quaeritar, num de lapide, 
ut aiunt, pagillari usurpatum fuerit, lusit quidem Hipponax apud 
Athen, XV, 698 c. 

Μοῦσά μοι Εὐρυμέδοντ᾽ ἄδοις τὴν ποντοχάρυβδιν 

τὴν ἐγγαστριμάχαιραν, ὃς ἐσϑίει οὐ κατὰ κόσμον" 

ἔννεφ᾽ ὅπως ψηφῖδι κακῇ κακὸν οἶτον ὅληται ᾿ 

βουλῇ δημοσίῃ παρὰ ϑῖν᾽ ἁλὸς ἀτρυγέτοιο" 
cf. Diod. Sic. V, 26. atque Herodotus VI, 109 nomine composito 
ψηφιδοφόρον eum significavit, qui suffragium fert. Sed ex Homero, 
qui eo semel ἢ, XXI, 263 usus est, de lapillis maritimis, lexico- 


*) Cf. Pollux X, 102., qui id voc, ex Aristophanis Holcadibus citat, et 
schol. Theocr..V, 59. 


528 De Graeci sermonis' nominibas in ἐς deminutivis, 


graphoram veterum interpretatio probatur, ut Zonarae ἰεχίς, p. 1872 
οἵ μικροὶ λέϑοι. cf. Etym. magn. Recentiorum deinceps scriptorum usus 
non est rarus, ut Lucian. Piscat. 75. Pausan. I, 71 et alibi. Hinc 
ergo, quamquam concedatar oportet, derivati cum primitivo signifi- 
eationem omnino concinuisse, de vera huius voculae deminutionis vi 
aliquastum dubitari potest. Veram autem paronymiam animadver- 
timus apud Homerum in πλημυρίς 8. πλημμυρέξ. cuius primitivum 
Homero ignotum est, quum tragicis tum ipsis prosaicis probatum, 
Tragicorum deinde sunt- negovig, zenvis, orollg, στροφίς9 quae 
iniuria habentur in deminutivis. Ac primum quidem περονές. fibula, 
„Soph. Trach. 921. non differt a primitivi sui significatione. Etiam 
minor est hypocorismi species in χρῃνίς» cuius ultima syllaba pro- 
ducitur, apud Eurip. Hippol. 210, 

Πῶς ἂν δροσερᾶς ἀπὸ κρηνῖδος 

καθαρῶν ὑδάτων nom ἀρυσαίμην. 
quod insequentibus verbis (v. 225) τί δὲ κρηναίων νασμῶν ἔρασαι 
suam invenit explicationem. Neque magis deminutivum esse στολίς; 
patet ex Eurip. Bacch. 929, 

tövei τέ σοι χαλῶσε κοὐχ ξξῆς πέπλων 

στολίδες ὑπὸ σφύραισι τείνουσιν σέϑεν. . 
εἴ, id. Phoen. 1505. oroAlöx κροκόεσσαν. Helen. 1372. νεβρῶν 
παμποίκιλοι στολίδερ. meque recentiorum po&@tarum, qui in nostris 
“lexicis citantur, usus pro deminutiva significatione certat. Derivata 
denique, quae inde evaserunt nomina, ut στολιδωσαμένη apud Eurip. 
Phoen. 1768 et στολιδωτὸρ apud Xenoph, Cyrop. 6, 4, 2 clare 
ostendunt, certam iam fuisse, qua cum primitivo fere adaequaretur, 
significationem. Postremo orpopig apud Euripidem Androm. 719, 
σιλεκτὰς ἱμάτων στροφίδας est de habenarum loramentis (cf. Lobeck. 
pathol. p. 460). Atque hanc formandi rationem Iyricorum potissimum 
fuisse propriam, quum ex tragicorum canticis apparet tum ex paucis 
illorım poetarum fragmentis, ut μηλὶς i.q. μηλέα et οἐνανϑίδες 
i. q. οἶνάνϑαι citantur ex Ibyco ab Athenaeo XIH. p. 601 b. 

Haec proxime attingunt, quorum primitiva verbalia abstractam, 

ut aiunt, habent vim, quae quum forma in ἐς exprimantur, con- 
cretam fere recipiunt. Hanc autem formationem minus recte demi- 
nntivam dicit Methodius in Etym. magn. 48, 44 axlg, τὸ τοῦ βέλους 
σιδήριον παρὼ τὸ ἀκή᾽ παρὰ τὸ ἀκὴ οὖν γίνεται ὑποκοριστικῶς 
ἀκίς. σκάφη σκαφίς» ἀμνὴ auvls. Atque raro tantummodo talia 
primitivorum vim aequant, ut v. ἃ. βολὲς etiam pro βολῇ valet, 
cf. Lobeckii pathol. p.450. Eiusdem rationis sunt γλυφές» crena, 
Homeri a posterioris aetatis poötis etiam pro telo positum. Tum 
4] γραφίς 9 penecillus, apud Aristophan. Ran. 1545 et alibi obvium. 
Tum κοπὶς et gladius Persicus apud Xenophontem, unde κοπίδι 
βαρβαρικῇ apud Plut. vit. Alex. 15 (cf. Curt. VIII, 14, 29), et cul- 
ter victimarius apud Euripidem, unde Strabo μαγειρικῇ κοπίδι. 
Sic κουρὶς paronymon in Etym. magn, 534, 10, apte appellatum, 
cf. Bekk..Anecd. 47. κουρίδες, μάχαιραι, αἷς κείρουσι τὰ πρόβατα. 


Scripsit G@. Lud.' Janson. 529 


Rinsdem notae est &eis, scalprum, μεταλλικὸν σκεῦος καὶ λιϑουρ- 
᾿γικὸν secundum Hesychium. cf. A. Pl. 1. IV. ep. 68. Tum σφαγίς, 
culter vietimarius , apud Eurip. Blect. 816. ° Cum hoc congruit ἡ 
δσρίς, cuius siguificationis ratio exposita est in Etym. magn. p. 284, 13, 
δορίδες. μάχαιραι μαγειρικαὶ εἰς τὸ ἐκδείρειν τὰ ϑύματα ἐπιτήδειαι. 
cf. Pull. VI, 89. X, 104. Hesch. s. v. eique semiel occurri ap. 
Athen. IV. p. 169. tum δαφίς» acus sutoria, cf. Bekk. anecd. 113, 14 
et piscis quidem, cf. Suidas 8. v. Jam proponenda sunt quoram 
primitiva cum derivatorum vi ac potestate plane consentiunt. De 
nominum λαβίς. ὀλπίς παγὶς ‚paronymia jam din egit summus vir 
ad Phryn, p. 256. 

Animantium sunt quaedam piscium species ut βελονὶς Hermippus 
ap. Poll. X, 136 qui et βελόνη pro pisce ex Eupolide citavit. cf. 
Athen. VII, 323 b. abi Speusippus composuit: πέστραν » βελόνην; 
᾿ cavoide, de quo mox. 'Tum δρακαινὶς in piscihim catalogo tomme- 
moratur ab Ephippo apud Athen. VII, 322. μαινίς, 1. 4. μαΐίνη, 
Aristoph. Ran. 1012. pisciculus, qui halecis instar sale condiebatur. 
cf. Athen. VII. p.342. Tum σαυρὶς nominis et σαύρα et σαῦρος 
paronymon in medio- proposuit Speusippus ap. Athen, loco supra 
citato. Tum vaıvig Epicharmus ap. Athen. Vil, 306. cf. p.226 e. 
Numenius ib. Ρ. 323, eundem piscem dicit ὕαιναν, neque voculae 
roıyAlg, quae in lexicis ut deminutivum prostat, ex paucisimis qui- 
dem, quibus legitur locis, species satis clarä est, quamquam Dorion 
ἐν τῷ περὶ ἰχϑύων ap. ‚Athen. vil, 300 f. esculentis piscibus ad- 
numerat τριγλίδας μιπράς: quo attributo αὐ deminntie describatur, 
tantum abest, ut contrarinm demonstrari possit, neque quidquam 


alter Athenaei loeus p. 313 c. probat, ubi ex Epicharmo Hecatae 


referuntur cibi: μαινίδες καὶ τριγλίδες. 

Tum rerum appellationes: ἡ ἀτμίς *), vapor, cuius paronymon 
ἀτμὴ apud Hesiod. theog. 486 legitur, in Bekk. anecd. 460: ἀναϑυ- 
μίασις. ἄκρον πυρός. ut apud Athen. II, 410, πυρὸς ἀτμίς: cf. 
Plat. Tim.431 4 (87a), Berod. IV, 75. 

ἀνεμωνὶς Nicander ‚ap. Athen. xv. Ρ. 684 c. 

ἀρβυλίς, calceus, in Etym. magn. 135, 10 recte .in paronymis 
numeratum semel legitur apud Theocr.7, 26. 

διφϑερίς., i. q. διφϑέρα9 Α. Ρ IX, 540. 

ϑοιδακινίς, lactaca Strattis ap. Athen. II, 69 a. καλαμίς, cf. Papii 
lexic. ἡ 

Aopvis, ij. 4. λοφνία, legitur in Thessali epigrammate A. P.IX, 20. 
cf. Etym. magn. s. v. Stephanus in _thes. L. Gr. affert Athenaeum 
λοφνίαν esse dicentem τὴν ἐκ φλοιοῦ λαμπάδα. 

vorlg, cuius primitivum νοτέα solum ροδίαγταπι est, non modo 
tragicis, sed etiam Atticis usurpatum. cf. Plat. Tim, 60 d. 


*%) Schol. Aeschyl. ad Sept. c. Theb. 50. καπνὸς ἀπὸ ὕλου" ἀτμὸς 
ἀπὸ ὕδατος" αἰϑαάλη ἀπὸ λέϑου" βδῆλος ἀπὸ λύχνων" λιγνυς ἀπὸ ἐλαίου 
καὶ κηροῦ" κνίσσα δὲ ἀπὸ κρεῶν. 

Archiv f. Phil.u. Paedag. Βα. ΧΙΧ, Hft. 4. 834 


530 De Graeci sermonis nominibus in ἐς deminutivis. 


πεζίς» limbus, i.q. πέζ.ε. Apud Photium p. 401. πεξίδα τὴν 
ὦαν τοῦ ἱματίου" ᾿Αφριστοφάνης σκηνὰς καταλαμβανούσαις. 
oapyavis; corbis, de cuius formatione supra p. 6. dictum est, cor- 
rexit Porsonus adv. p. 7. σαργανίσιν Pro sapyavoicı in Pra- 
tinae versu ap. Athen. IH. p.119 c. ch, Meinek. frgm. Com. 
T, II, 1. νυ. 41. 
onpapls, i. q. σησαμῇ, satis antiquos auctores invenit Stesichorum 
aut Ibycum secundum Athen. IV, 172 e. et Eapolin sec. eund. 
XIV, 646 f. quod schol, ad Ar, pac, 834. posteriorum po&- 
tarum usui adscripsit, 
σταφυλίς. uva, i.q. σταφυλή. apud Theocr. 27, 9, 
oradls, spatha. Aristoph. “Ζαιταλεῦσιν apud Poll, X, 119. cf. ib. 
VII, 74. 
χελωνίς, i 1.q. χελώνη» Posidonius ap. Athen. V, 210 f. cf. Papii lexic. 
goswınds, cuius pluralis apud Demostbenem contr. Androt. 22, 72 
et advers, Timocrat. 24, 180 modioli sunt coronarum, quae signi- 
ficatio translata est a curruum modiolis, quibus axis inditur, Ionibus 
πλῆμναι vocatae, cf, Etym. magn. 675, 40 et 822, 9. Scholiastes 
ad Aristoph. Plut.275 cum yeivız illanı vocem componens: αἱ γὰρ 
χοινικίδες πέδαι τινές εἶσιν" χοῖνιξ δὲ πᾶν περιφερές διὸ καὶ 
τὸ μέτρον χοῖνιξ καλεῖται. — haud scio an ad 5086 aetatis usum. 
respexerit. 
qurels, olla, primitivo sigoificatione simile num ultimam syllabam 
habuerit longam, ambigitar, quum Porsonus Batonis versum ap. 
Athen. VII, 279, 
καὶ Aeoßlov χυτρῖδε λαμβάνειν δύο, - 
ufi Schweigh. expresserat, ad Aristoph, Acharn. 1170, emendaverit 
χυτρίδια. Ita χυτρῖδες ex Aristotele citavit Athen. XI, 464 c., ubi 
ante Dindarfium οχυτρίδες scribebatur. Apud Herodotum ν, 88, 
variatur ἐκ χυτρίδων εἰ ἐκ χυτρίων. οἴ, ad h. |. Creuzer. 
lam progredimur ad ipsa deminutiva in ἃς terminata. Haec 
propter suum sexum maxima parte a primae flexionis nominibus 
oriri per se clarum est. Cuius generis sunt haec: 
ἁμαξὶς plostellum. Herod. III, 113. Aristoph. Nub. 854, 870, 
ὉΔῚ ab uno scholiasta μικρὸν ἁμάξιον., ab altero nescio quo 
iure πλακοῦντος εἶδος, quod placantulae genus illius tempore 
κοπρὴ vocatum fuerit, exponitur. 
ἐσχαρίς 9 turibulum. cf. Poll, X, 101. Alexis apud Athen.XIV, 642 f. 
ubi olim male scribebatur Eayapıg , legitur praeterea apud 
Plutarch, Poplic. 17.. Crass. 16. 
θυρίς. fenestra, Plat. de rep. 869 ἡ. Aristophan. Vesp. 338 et 
. erebro alibi, 
καλπὶς ἃ κάλσις diversum, cf. p. 8. 
κεφαλὶς proprie eapitulum ad extremas aliarum rerum transfertur 
partes, ut κεφαλίδες ἥλων ap. Athen. XI, 488. 
xAuvig, cf. Papii lexic, 
xıorls, cistula, Aristoph. Ach. 1138. cf. p.8. 


Scripsit G. Lud. Janson. 931 


κοιτὶς eiusdem significationis a recentioribus crebro usurpatum. 
οἵ. Papüi lexic. 

xogmwig, corolla. Stesich. ap. Athen. IN, 81 d. 

κρεαγφίς, parvulus forceps. Ariston. A. P. VI, 806. 

xurpelis, arcula.  Aristol. h. a. 9. 30, De aurium sordibus aeque 
ac κυψέλη Lucian. Lexiph. 9. cf. schol. 

λεκανέρ, patella. Teleclides comicus iam a nostris lexicis Jaudatus. 

λογχίς, parvula hasta, Lycophronides ap. Athen. XV, 670 e. 

μαχαιρίς. culter culinarius. cf. Iungerm. ad Poll. X, 89. unde 
apud Aristoph. eq. 410. cum Bekkero secundam Poll, X, 104. 
μαχαιρίδων τε πληγὰς seribendum est pro μαχαϊριδέων τὲ πλ. “ 
uti prius scribebatur. Idem Pollux X, 140, citat Eupolin qui ᾿ 
pro novacula usurpaverit. cf. Phot. lexic. 250. 

πελλίς ," pelvis, Hipponax ap. Athen. XI, 495 d. qui et ὧς πελ-. 
Aldog* et ἐκ πέλλης πίνειν dixisse fertur, ubi et Phoenicis Co- 
lophonii auctoritas adscripta est. 

zcvAlg, ostiolum 5. portula, Thucydidi, Herodoto aliisque fre- 
quenter usurpatum. 

osıols, funiculas. Xenoph. Tyneg. 9, 14, 19. 

oxvroils, parvus fustis. Herod. ἵν, 60, Strab. T. γι. Ῥ. 114 ed. 
Tschuck. 

oxnvis;, umbracolom, Plutarch. Lucull. 7. 

ornAls, cf. p. 6. 

στραγγαλίς. resticula. Strattis ap. Poll, X, 183 et figurate στραγ- 
γαλίδες τὰ δύσλυτα ἄμματα. cf. Suid. 8. v. et Zonar, ‚lex. 1674, 
unde Pherecrates apud Phot. p. 541, ὑμεῖς yag ἀεὶ στραγ- 
γαλίδας ἐσφίγγετε. cf. Plut. de Stoic. repugn. 2. 

φιαλίς, scutella, Lucian. Lexiph. 7. 

Deinde secundae flexionis primitiva quae mascula ita deminuta 
videntur, supra βαϑμίς, Bouls, κωρυκίς, ὁροδαμνίς. ψωμίς, βροχὶς 
sunt allata. Cetera nullum generis discrimen habent, ut ἀμπελίς, 
vitecula , Aristoph. Acharn. 959. cf. Lob. patholog. p. 463. 

aßdıyis, eorbicula, in lexicis vulgaribus. omissum, legitur apud 
Athen. IV, 189 c. ab καὶ ἄδῥιχος oriundum, quo ΔΙ οὶ quidem | 
usi fuisse dienntur. cf. Bekk. anecd. 446, 

δοπίς, virgula. cf. Papiüi lex. . 

νησίς» de cuius ultimae ayllabae productione v. Draco p.23, 4. 
qui et idepf 47, 20. eandem esse affırmat brevem, unde non 
usquequaque aequalis tenor servatur. cf. ‘Herod. VIII, 76. 
Plut. Luc. 24. Diod, Sic.V, 38. Atticorum creber. est usus. 
cf. Thoc. VIII, 14. et Papii lex. 

πλινϑίς, posteriorum fuisse scriptorum dicit Papius in lexico, 
euius locis citatis adde Callixenum Rhodium apud Atben.V, 206 c. 

προχοῖς plerumque deminutivum vocatum semel apud Xenoph. 
Cyrop. 8, 8, 10, invenitur, ubi matula explicatur. cf. Bornem. 
ad h.1. Athen, XI, 496 e. In Bekk, anecd. 292. προχοῖς ἐπί- 
χυσις καλουμένη videtur de poculo, quo salus propinatur, diei. 


34” 


% 


532 Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius. 


Tertiae denique declinationis primitiva paucis absolvi possunt. 
De inaegaali, si cum’eorum primitivis comparantor, Dominum πενακὶς 
et xavovig‘ genere iam supra dictum est. Aequalis generis sunt 
κλιμακίδες , parvulae scalae, de cnius vocis metonymia supra expo- 
sitom est, in Bekkeri anecd. 272, 18. αἵ τῶν πλοίων ἀποβάθϑραι 
explicatum. cf. Poll. , 97, 10. εἰ κυλικίές» pyxidicula, quod ab 
Athen. XI, 480 c. officinae medicae apad Athenienses vasculum fuisse 
dicitur. 

Ut iam eorum, quae ante sunt disputata, rationem ineam, rei 
summa haec fere est: primum nulla fuisse in .; deminutiva, decli- 
nata a nominibus animantes plantasve significantibus; deinde horum 
deminutivorum sexui ea tautum convenientia fuisse nomina, quae 
cum iis hac in re congruerent; denique ultimam eoram syllabam, 
paucis, de quoraum natura adhuc certatur, exceptis, esse brevem. 


Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius 
mitbesonderer Rücksicht auf die zweite Schulausgabe derselben 
von Halm, Leipzig, Weidmann’sche Buchhandlung (1853). 


Von Dr. C. E. Putsche zu Weimar, 


Nicht eine Anzeige oder Benrtheilung der Halm’schen Ausgabe, 
über deren Werth durch das schnelle Vergreifen der ersten Auflage 
bereits das untrüglichste Urtheil gefällt worden ist, beabsichtige ich 
mit diesen Zeilen, sondern Nachträge, Zusätze, Verbesserungsvor- 
schläge zu derselben, welche bei dem eben so humanen als gelehr- 
ten Herausgeber gewiss nicht minder freundliche Aufnahme finden 
werden, als die Recension von Ameis iu der zweiten Auflage der 
Miloniana bereits gefunden hat. 

Eine Hauptzierde der Halm’schen Schulausgaben von Cicero’s 
Reden sind die Einleitungen, an denen ich nicht einmal das weg- 
wünschte, was besonders an der Einleitung zu den. catilinarischen 
Reden als ein embarras de richesses bezeichnet worden ist, nämlich 
die unter dem Texte der Einleitung als Noten angebrachten Quellen- 
citate, von welchen ich die lateinischen wenigstens nicht gern mis- 
sen würde. Ich pflege nämlich diese nicht blos durch die Trefflich- 
keit ihres Inhalts, sondern auch durch die Einfachheit, Klarheit 
und antike Classicität ihrer Darstellung ausgezeichneten Einleitungen 
zugleich zu lateinischen Stilübungen zu benutzen, bei welchen die 
‚wörtlich unter dem Texte citirten Belegstellen auch den Schülern 
"bisweilen sehr zu Statten kommen, und vielleicht dürfte die Be- 
nutzung solcher Einleitungen za Stilübungen (natürlich erst dann, 
wenn die Lectüre der dadurch eingeleiteten Schrift selbst beendigt 
ist), für Zeitersparniss, für die Spannung der Aufmerksamkeit, für 
Anbildung eines echt lateinischen Colorits eben durch diese Wech- 


Von Dr. Ο, E. Putsche zu Weimar. . 5893 


‚selbeziehung zwischen Lectüre ‚und Stilübungen empfehlenswerther 
sein als die von Firnhaber zu diesem Zwecke herausgegebenen - 
Materialien zam Uebersetzen aus dem Deutschen ins 
Lateinische auf dem Grunde vorausgegangener Lectüre 
lateinischer Prosaiker. Freilich sind nicht alle Einleitangen 
auch der übrigen Bearbeiter der Haupt-Sauppe’schen Schulausgaben 
ebenso zu diesem Zwecke geeignet wie die Halm’schen. Daher 
dürfte es die Brauchbarkeit dieser Ausgaben wesentlich erhöhen, 
wenn auch andere klerausgeber bei einer etwaigen. neuen Auflage 
die Halm’schen Einleitungen sich zum Muster nehmen und darnach 
die ihrigen, von denen einige wenigstens an Breite und Schwäülstig- 
keit leiden, sorgfältig umarbeiten wollten. 

Was ich aber namentlich an der Halm’schen’ Ausgabe der Rede 
für den Ligarius vermisse, ist für den Schluss der Einleitung eine 
eingehendere Zergliederung und Nachweisung des artificium oratoris, 
wie es Eichstädt zu nennen pflegte, und zwar um so mehr, als Halm 
selbst bemerkt, dass diese Rede Cicero’s ‘schon im Alterthum 
mit Rechtalseine seiner vollendetsten gepriesen wurde.’ 
Alles, was Halm in dieser Beziehung am Schluss seiner Einleitung 
sagt, beschränkt sieh auf die Bemerkung Drumann’s: ‘Nur ein 
Cicero konnte unter so peinlichen Verhältnissen die Würde und Frei- 
müthigkeit des Republicaners mit der Feinheit und Zurückhaltung 
des Hofmanns vereinigen,’ welcher Bemerkang Halm nur noch im 
Allgemeinen beigefügt: *die Hoffnung einer Verzeihung wird vorzüg- 
lich auf die Milde gegründet, welche der Sieger auch andern An- 
häugern des Pompeius bewiesen habe. Dabei zeigt sich nun die 
Geschicklichkeit des Redners besonders darin, dass, während er 
unter Vergleichung der Sache des Tubero mit der des Ligarius in 
der ersteren sogar noch grössere Schuld herausfindet, er zu gleicher 
Zeit die Hauptmilderungsgründe für Ligarius mit grosser Kunst ein- 
zuweben versteht, deren Gewicht um so schwerer wiegen musste, 
als Tubero unter ganz ähnlichen Verhältnissen für eine gleiche, wenn 
nicht grössere Schuld, vollständige Verzeihung - erlangt hatte? — 
Zwar hat Halm die drei Haupttheile der Rede, die narratio, tra- 
ctatio und deprecatio in den Anmerkungen angedeulet, doch abge- 
sehen davon, dass eine solche Zerlegung des Kunstwerkes der Rede 
am besten erst dann mit den Schülern vorgenommen wird, wenn 
die sprachliche Erklärung des Ganzen beendigt ist, vermisst gewiss 
mancher Lehrer sehr ungern eine speciellere Zergliederung der 
kunstreichen Zusammenfügung der einzelnen Hanpttheile. Deshalb 
wäre am Ende der Einleitung etwa folgende Uebersicht über die 
Disposition der ganzen Rede zusammen zu stellen: 

‚Die Rede besteht aus 5 Theilen, 1) dem ezxordium, 2) der 
narratio, 8) der tractatio causae, 4) der deprecatio, 5) der per- 
oratio oder conclusio, von welchen jeder mit einem besonders nach- 
drücklichen Gedanken schliesst. 

I) Das exordium (δ. 1 u. 2) besteht. den 8 Haupttheilen der Rede 


4 


584 - Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius. 


entsprechend aus drei Gliedern, von weichen das erste den Gegen- 
stand der Anklage (@. Ligarium in Africa fuisse), das zweite und 
dritte die beiden Hauptgründe bezeiehmen, auf: welche der Redner 
seine Hoffaung für die Begnadigung des Angeklagten baut, näm- 
lich die Gnade des Richters und die Mitschuld des Anklägers, von 
welchen beiden Gründen der erstere als der wichtigere im exordium 
vorangestelit, in der Ausführung aber eben deshalb zuletzt behan- 
delt, der Jetztere in der Ausführung zuerst behandelte eben deshalb 
chiastisch in die Schlussworte des ezordium zusammengefasst wird: 
itaque prius de 'vestro delicto eonfileamini necesse est, quam Lägarü 
ullam culpam reprehendatis, - 

II) Auch die narratio ($.2—5) besteht aus 3 Gliedern, in wel- 
chen der Redner für das dem Ligarius zur Last gelegte Verhalten 
8 Zeitabsohnitte (quod profectus est in Africam, quod remansit in 
Africa, quod post adventum Vari in Africa restüi) unterscheidet 
und für den ersten und zweiten die völlige Unschuld, für den drit- 
ten den Drang der Umstände und die Absichtslosigkeit des Ligarius, 
ja die Unlast: desselben in Africa länger zu verweilen nachweist, 
und letztere durch die den Schlussgedanken der rarratio bildende 
πῆρε Liebe and Selmsucht der drei Gebrüder Ligarius motivirt: 
Cum ipsa legatio plena desiderü ac sollicitudinis fiisset propter in- 
eredibilem quendam fratrum amorem, hic aequo animo esse potwit belli 
discidio distrackus a fratribus ὃ 

IIh Ebenso lassen sich drei Untertheile auch in der tractatio 
(8. 6----.290) nachweisen, . Denn da ihr ganzer Zweck nicht auf Wider- 
legung, sondern nur auf Schwächung der Anklage hinausläuft, so 
sucht der Redner diesen Zweck zu erreichen, A) durch eine capta- 
tio benevolentiae Caesars, die er in den Gedanken einkleidet, dass 
Caesar dem Ligarius um so gewisser verzeihen werde, als er ja ihm, 
dem Vertheidiger, und selbst dem Ankläger 'Tubero verziehen habe, 
obgleich beide sielr noch mehr zu Schulden kommen liessen ($.6—10: 


. acuet: oratia?); B) durch den dem Tubero gemachten Vor- 


werf der Rachsucht und unmenschlicher Grausamkeit, den er je- 
doch daderch mildert, dass er ihm nicht die bewusste Abscht der- 
selben zutraue, sondern es nur als einen Mangel von Klugheit be- 
trachte, nicht anch den Schein der Grausamkeit gemieden zu haben 
($.10—16: extorquebit tuam); endlich C) durch den Beweis, dass. 
die That des Ligarius wenigstens kein Verbrechen sei, 1) weil es 
noch Niemand so gemannt habe, sondern nur entweder error, oder 
timor, 6der spes, oder cuptditas, ‘oder odium, oder pertinacia oder 
temeritas, eigentlich aber nur eine fatalis calamitas zu nennen sei; 
2) weil sonst auch Pompeius und viele andere ebenfalls Verbrecher 
gewesen sein würden; 3) weil Caesar es selbst. weder so genannt, 
noch betrachtet habe, da ja sonst Caesar a) mit Verbrechern habe 
Frieden schliessen wollen, b) sich durch die Begnadigung seiner 
Gegner ein weniger grosses Verdienst um dieselbe und gar keines 
um den Staat erworben haben würde, sondern weil Caesar es nur 


Von Dr. C. E. Putsche za Weimar. 585 


als eine secessio, nur als ein ciwile dischdium, nicht als bellum oder 
 hostüe odium bezeichnet habe; 4) weil beide Parteien vor guten, 
patrietischen Absichten geleitet worden seien; 5) weil bei gleicher 
Würde der Parteihäupter, die Parteigänger des Pompeius viel- 
leicht besser gewesen wären; 6) weil die Sache anfangs verfänglich 
und die Entscheidung für die eise oder die andere Partei schwierig 
gewesen sei; 7) weil ja sonst 'Tubero auch ein Verbrecher, und 
zwar noch ein grösserer sein würde, da er a) zwar auch auf Befehl 
des Senats wie Ligarius nach Africa gegangen sei, aber za einer 
Zeit, wo der Senat, welchem Ligarius gehorchen musste, keine 
Macht mehr hatte, und wo sich Tubero mit Gesundheitsräcksichten 
hätte entschuldigen können, b) da Tubero mit der Absicht nach 
Africa abgegangen sei, es für den Pompeiue. in Besitz zu nehmen, 
währemd dies nicht Ligarius, sondern Varus gethan habe, 6) da 
Tubero ein viel hartnäckigerer Gegner Caesars gewesen sei, durch 
welchen Grund der Redner zugleich den. energischen Schluss der 
ganzen fractatio vermittelt, dass Tubero den Ligarius nur als einen 
Privatfeind. verfolge und sich gewaltig irre, wenn er dem Caesar, 
der grossmüthig seinen eigenen Feinden verziehen habe, Privatrache 
für Andere zu üben zumuthe (videte, ne erretis, qui Caesarem ve- 
stris inimicis iratum fore putelis, quum ignoverit suis), 

IV) Die deprecatio endlich oder die Fürbitte für Ligarius bauet 
die Hoffnung für die Begnadigung des Ligarius auf folgende fünf 
Hanptgründe, 1) dass Caesar nicht als strenger Richter, sondern 
als ein milder Vater angefleht werde ($.30); 2) dass Caesar durch: 
die Begnadigung vieler Andern, ja des Vertheidigers Cicero selbst 
dem Ligarius ebenfalls Hoffnung gemacht habe (δ. 31); 3) dass 
Caesar nicht sowol die Person als die Sache der Fürbittenden, 
nicht sowol’ ihr persönlich nahes Verhältniss zu ibm als zu dem 
Angeklagten, und die Gerechtigkeit und Grösse ihres Schmerzes 
berücksichtige (δ. 32 u. 33); 4) dass Ligarius selbst dem Caesar im 
Herzen stets ergeben und nar durch die Macht der Verhältnisse fort- 
gerissen worden sei (8. 34); 5) dass Caesar dem einen Bruder des 
Ligarius für eine ihm bewiesene Dienstgefälligkeit sogar zu Dank 
verpflichtet sei ($.35 α. 86); 6) dass Caesar. durch die Begnadi- 
gung des Ligarius seinen Ruhm und seine Popularität erhöhe. und 
seine Gottähnlichkeit durch nichts mehr als durch seine Gnade be- 
weisen könne: homines enim ad deos nulla re propius aecedunt quam 
salutem hominibus dando, welchen Schlussgedanken, den eflectvoll- 
sten der ganzen Rede, man fast nur seimes polytheistischen Gewan- 
des zu entkleiden braueht, um ihn in emen ‘der schönsten und er- 
habensten Aussprüche Christi zu verwandeln: Gott ist die Liebe. 
und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Θοί und 
Gott in ihm. 

V) Unter dem mächtigen Eindrucke dieses Gedankens konnte, 
ja durfte die peroratio oder der Schluss nur ein ganz kurzer sei, 
und doch lassen sich selbst in den wenigen Worten desselben wie- 


536 . Ueber Cicero’s Rede für -den Ligarius. 


der drei Hauptmomente, 1) die gedrängte.. Recapitalation seiner 
Hoffnungsgründe für die Begnadigung des Ligarius (du kannst, 


du willst, du wirst mithin begnadigen), 2) die mit feinem Lobe- 


Caesars gemischte Entschuldigung seiner Rede gegen die möglichen 
Vorwürfe zu grosser Länge und Ueberflüssigkeit oder Kürze und 
Unvollständigkeit, 8) eine uochmalige Erinnerung an die Grösse 
des durch die Begnadigung des Ligarius zu erwerbenden Verdienstes, 
unterscheiden. 

: Trotz dieser ausführlicheren Zergliederung wird dem: Schüler 
immer noch Stoff genug zu eignem Nachdenken übrig bleiben, wenn 
nur der Lehrer selbst ihn gehörig darauf aufmerksam zu machen 
versteht. Der typographische Raum aber zu 'solch’ einer Dispositions- 
nachweisung hätte zum Theil durch Weglassung einiger allerdings 
nur weniger Anmerkungen erspart werden können, : welche meines 
Erachtens für Secundaner, mit welchen diese Rede in der Regel 
gelesen zu werden pflegt, noch nicht recht geeignet sind. Dahin 
rechne ich 2. B. die S.95 wörtlich abgedruckte Stelle Quinctilians 
über die Frage: ob im prooemium auch die sogenannte ἐποστροφὴ 
statthaben dürfe? ferner eben daselbst die abgedruckte Stelle des 
 Rhetor Julius Victor über Zweck und Vorzüge der narratio. In 
beiden Fällen hätte für den ‚Lehrer ein kurzes Citat genügt, um 
allenfalls mündlich eine Andeutung zu geben, eine ausführlichere Er- 
örterung dagegen liegt doch noch der Reife und mitbin auch dem 
Interesse der meisten Secundaner zu fern. Noch mehr hätte ich 
den Wegfall der Bemerkung 5. 112 gewünscht, dass Cicero durch 
Erwähnung des Corfidius, der doch ‚damals schon todt war, einen 
Gedächtnissfehler begangen habe. Dies und das darauf bezügliche 
Geständniss Cicero’s in einem Briefe an Atticus ist wol an sich 
eine interessante Notiz, für. das Verständniss der Stelle aber ohne 
Nutzen, für die gute Meinung des Schülers von der Genauigkeit, 
der Gewissenhaftigkeit des Auctor (dessen Auctorität wie die des 
Lehrers beim Schüler so gross als möglich sein soll), sogar nach- 
theilig. Eben so wäre.8S.114 die Bemerkung, wie sehr Cicero 
bereits seine frühere Republicanersprache geändert habe, wol auch 
besser, wenigstens ganz ohne Schaden. für den Schüler, in Weg- 
fall. za bringen. 

Dagegen erlaube ich mir den verdienten Herausgeber auf einige 
Zusätze aufmerksam zu machen, deren Beifügung die gewiss bald 
zu erwartende dritte Auflage dem Schüler noch nutzbarer machen 
würde, Gleich bei der Anrede Caesar’s zu Anfange des ersten 
Capitels wäre kurz der Grund anzugeben, warum erst Gai Caesar 
mit G. geschrieben, dann aber in der Abkürzung ΟἹ Caesar das Ο, 
beibehalten wird. Ferner. lässt die Bemerkung zu den Worten δ. 1: 
idque C. Pansa ausus est confiteri, dass es der bekannte An- 
hänger Caesar’s sei, der als Consul mit Hirtius bei 
Mütina im Jahr 43 fiel, den Anfänger immer noch im Unklaren, 
was es denn mit dem confiteri des Pansa für eine Bewandtniss habe, 


Von .Dr, C. E. Putsche zu Weimar. 587 
wenn ihm nicht bemerklich gemacht wird, dass (wie Klotz in zei- 
ner Einleitung zu dieser Rede bereits angegeben hat) Pansa als 
vertrauter Freund Caesar ’s bei jenem noch vor Cicero 
den Sprecher für Ligarins gemacht hatte, weshalb ihn 
anch Cicero einige Zeilen später seinen Verbündeten in dieser 
Sache (meus necessarius) nennt. . 

Zu C. 2: habes igitur confitentem reum 9 sedetamen hoc confitentem, 
se in ea parte fuisse, qua be, qua.virum omnilaude dignum, patrem 
tuum, wo man tu.und pater tuus erwartet, dürfte wol nicht eine Be- 
merkung fehlen, über diese besonders in vergleichenden Neben- 
sätzen des acc. ce. inf. gewöhnliche Satzverschmelzung, welche 
darin besteht, dass das Subject des verkürzten Nebensatzes, anstalt 

‘im Nominativ zu stehn in den -Subjectsaccusativ des abhängigen 
Hauptsatzes. tritt. Vgl. Cic..de sen. 1: te suspicor üsdem rebus qui- 
bus me ipsum inlerdum gravius eommoveri. —: Ο, 8. wäre partım 
cupiditate inconsiderata, partim caeco quodam timore wenigstens durch 
eine kurze Verweisung auf E.6: alü. errorem appellant, alil timo- 
rem; qui durius, spem, cupiditastem, odium, perlinaciam, zu 
erläutern. — €. 5 ist. honestum .mendacium zwar richtig durch eine 
Lüge, die sich sittlich rechtfertigen liesse, erklärt, nar 


ist dies für die Uebersetzung zu breit, weshalb etwa sittlich er- 


laubt in Parenthese beifügen. — C.6 wäre wel das dem Anfän- 
ger öfter schwierig zu übersetzende carere in der Verbindung sce- 
leris crimine carere durch den Ausdruck verschont bleiben, wie 
kurz vorher isto nomine ila adhuc causa caruil durch: diesen 
Namen führte jene Sache bisher nicht zu erleichtern ge- 
wesen. 

C. 6 zu Ende wäre zu den Worten: cognita vero clementia tua, 
quis non eam victoriam probet, in qua occiderit nemo nisi ar- 
matus,. auf die Parallelstelle io der auch sonst noch manche Ver- 
gleichungspunkte darbietenden Rede für den Deiotarus C. 12 zu 
verweisen: solus es, inquam, C. Caesar, cuius in victoria ce- 
eiderit nemo nisi armaltus, 

C. 9: quid. eupiebas? “quid opfabas? wo der Anfänger, der 
beide Verba durch wünschen zu übersetzen gewöhnt ist, mit der. 
besonderen Uebersetzung beider in. Verlegenheit geräth, wäre dem- 
selben wol ein Fingerzeig für die substantivische Wendung: wel- 
chen Wunsch hegtest, welchen äussertest du? zu 
gönnen. Ä . 

C.10 ist die Anmerkung zu den Worten erravit, lapsus est, 
non pulavit, si unquam posthac zwar zur Erklärung von non puta- 
vl, nicht aber von si unquam posthac ausreichend, wenn Halm sagt: 
‘non putavit, τοὶ, se quidquam mali committere. Sowol diese 
als die folgende Breviloquenz ist der Sprache des ge- 
meinen Lebens entnommen. Donatus bemerkt unter 
Anführung der Ciceronischen Stelle zu Terentius An- 
dria 1, 1, 86: putare est eius, qui simplicitate pectoris aberravit.? 


538 Ueber Cicero’s Hede für den Ligarius. 


Wenigstens würde die Verweisung auf die ähnliche Ellipse bei Te- 
renz Phormio 1, 2, 91: nune amitte quaeso hunc: celerum post- 
hac si quidquam, nikü precor, und auf die jene Ellipse erläu- 
ternde Redensart im Eun. 5, 2, 13: unam hanc noxiam amiltte: 
si aliam admisero unquam, occidite, den Anfänger gewiss ein 
sehr nützlicher Fingerzeig gewesen sein. ' - 
Endlich wollte ch mir .erlauben noch einige, aber auch fast 
die einzigen Punkte hervorzuheben, in welchen ich mit dem gelehr- 
ten Herausgeber nieht‘ gauz übereinstimmen kann. Dahin gehört 
gleich im ersten Capitel zu den Worten: paratus enim veneram, cum 
tu id neque per te scires neque audire aliunde potuisses, ut igne- 
ratione tua ad hominis miseri salutem abuterer, die verfängliche An- 
merkung: “scires — potuisses, so für scias etc. als abhängig 
von paratus veneram. Man darf demnach nicht übersetzen: 
da du nicht wusstest,’ wodurch der irrige Glaube geweckt 
werden kann, als müsse übersetzt werden: da du nicht weisst, 
während doeh: da du nicht wüsstest die einzig richtige 
Uebersetzung ist. Ferner C. 2: domo est egressus non modo nullum 
ad bellum, sed ne ad minimam quidem suspicionem belli die Note: 
“Mit dem Begriffe des Zweckes verbindet sich in der 
Praeposition.ad die locale Beziehung, welche in dem 
Gliede sed ne ad: minimam quidem suspieionem ὁ οἶδέ (ineine Gegend, 
wo u.s.w.) allein vorherrscht.’ Allerdings ist hier die Prae- 
position ad beilum nnd ad suspicionem in verschiedener Beziehung 
gebraucht, nur möchte ich die letztere nicht local erklären, und 
durch in eine Gegend übersetzen, sondern, zumal mit Rück- 
sicht auf das vorhergehende: cum esset nulla belli suspicio, lieber 
temporell, wie so oft ad in Verbindungen wie ad hanc famam, 
auf dieses Gericht bin, oder ad haec visaauditaque (als man dies 
hörte und sah) ingens clamor eritar kei Livius 2, 23, und dem- 
nach übersetzen: nicht allein zu keinem Kriege, sondern 
nieht einmal auf die leiseste Ähnang eines Krieges hin. 
Am wenigsten kann ich Halm in der Stelle beistimmen, wo er 
eine Texteslücke annimmt C. 9: Quwd? cum ista res nihil commo- 
visset eius animum, ad quem veneratis, langyidiore, eredo, studio in 
causa fuistis; tantum modo in praesidüs eratis, animi vere a causa 
abhorrebant: an, ut fit in civilibus bellis, *** nec in vobis magis 
quam in reliquis? omnes enim: vincendi studio tenebamur.‘ Pacis 
equidem semper auctor fui, sed tum sero: eral enim amentis, cum 
atiem videres, pacem cogitare. Omnes, in guam vincere volebamus, 
tu. certe praecipue etc. “Die Texteslücke’ sagt Halm ‘ha 
Madvig zuerst richtig erkannt; er hat jedoch selbst 
keine Ergänzung versucht, sondern bemerkt. nur: er- 
eiderunt quas proprie de Tuberonum studio dicta erant. Die Fort- 
führung des Gedankens mit nec magis zeigt, dass die 
ausgefallenen Worte eine negative Fassung hatten, 
etwa: oder fand, wie es bei Bürgerkriegen zu geschehn 


Von C. E. Putsehe zu Weimar. 589 


pflegt, ‘keine: Nachgiebigkeit, keine Versöhnliehkeit 
statt, und zwar bei euch eben so wenig als bei den 
übrigen?” Eine Texteslücke anzunehmen wäre doch wol nur 
dann gestattet, wenn entweder die Handschriften selbst noch Spu- 
ren davon zeigten, wovon nichts erwähnt wird, oder wenn der 
Sinn unvollständig und lückenhaft erschiene, was durchaus nicht der 
Fall ist. Vielmehr wird. durch die von Halm versuchte Ergänzung 
der Sinn nicht sowol ergänzt als geschwächt. Denn dem langui- 
diore studio fuistis steht ganz passend das vincendi studio tenebamur 
entgegen, nur dass es nicht, wie man nach der angefangenen Con- 
struction erwarten sollte, in der zweiten Person mit blosser Be- 
ziehung auf die Tuberonen, sondern in der ersten Person Pluralis 
steht, um auch den Redenden (Cicero) mit einzuschliessen. Des- 
halb möchte ich hier nicht eine Texteslücke, sondern nur ein Ana- 
coluth annehmen, und zwar ein sogenanntes durch eine Paren- 
these veranlasstes Attractionsanagoluth, Anstatt nämlich dem vor- 
angehenden larguidiore studie fuistis entsprechend fortzufahren: an, 
ut fit in civilibus bellis, nec in vobis magis quam in reliquis omnibus, 
vincendi studio tenebamini? fährt:der Redner zur Erläuterung der 
Parenthese mit omnes enim vincendi' studio tenebamur fort uud kehrt 
erst, nachdem er noch einmal nachdrücklich den Inhalt der Paren- 
these mit. omnes, inquam, vincere volebamus, zusammengefasst hat, 
mit den Worten tx certe. praecipue “zu der ursprünglichen zweiten 
Person,.jedoch nicht mehr fragend, sondern gleich bejahend zurück. 
Demnach wäre die Stelle. ohne Anacoluthie im Dentschen etwa so 
übersetzen: oder wurdet ihr, wie es in Bürgerkriegen 
der Fall, wie es πιο blos. bei euch, sondern auch 


bei den übrigen, bei uns allen der Fall war, fortwäh« 


rend von dem eifrigen Streben zu siegen beseelt? 
Die letzte Stelle endlich, wo ich mit der Halm’schen’Erklärung 
nicht einverstanden bin, findet sich C. 12: ‚sed parum est me hoc 
menminisse; spero etiam te, qui oblivisci nihil soles nisi iniurias, quo- 
niam hoc est animi, quoniam etiam ingeni tui, te aliquid de huius 
illo quaestorio officio .. reeordari, wozu Halm. bemerkt: . 'Sowol 


dein treffliches Herz als dein Verstand. gebieten | 


dir Dienstgefälligkeiten nicht za vergessen.” Abge- 
sehen davon, dass sich Caesar nicht sehr hätte geschmeichelt füh- 


len können, ‚wenn Cicero seine dankbare Erkenntlichkeit für em-. 


pfangene Gefälligkeiten auch als eine Sache der Berechnung und 
des Verstandes erklärt hätte, so würde der Bedner, wenn er den- 


noch “65 hätte sagen wollen, nicht ingenüi,. sondern wol pruden-. 
tiae gebraucht haben. Vielmehr scheint Cicero, worauf auch. das 


steigernde stiam vor ingemi hindeutet, Caesar eine fernere Ar- 
tigkeit sagen zu wollen und inderh .er mit amimi auf sein gutes 


Herz hinweiset, welches nur Beleidigungen, nie empfangene Wohl--- 


thaten vergesse, das Vergessen empfangener Wohlthaten sogar als 
eine der bekannten Gedächteissstärke Caesars widerspreckende Un- 


540 Die Griechen und Homer. 


möglichkeit zu bezeichnen, so dass der Sinn ist: der Du bei dei- 
nem trefflichen Herzen Wohlthaten nie vergissest, 
ja deinem treuen (nur für Beleidigungen vergesslichem) Ge- 
dächtnisse zu vergessen gar nicht im Stande bist, eine 
Aufforderung, welche durch eine noch deutlichere Anspielung Cicero’s 
. auf die Gedächtnisstreue Caesar’s in der Bede für den Deiotarus 

unterstützt wird, wo es Ὁ, 15 heisst: memoriam tuam implorat, 
qua vales plurımum. 


Weimar 1868. Dr. €. E. Putsche. 


Die Griechen und Homer. 


Von Dr. M. Weishaupt, Professpr am Gymnasium und Lyceum 
zu Solöthurn. 


Man kann nicht leugnen, dass die Cultur der alten Griechen, 
wenigstens in den ersten Anfängen, mit der Cultar anderer alten 
Völker in innigem Zusammenhange stehe. Die Nator der Sache, 
die alten Sagen und: selbst die Geschichte weisen darauf hin, dass 
Vieles in Bezug anf Religion, bürgerliche Einrichtungen und .son- 
stige Schöpfungen des Menschengeistes aus Asien und Afrika nach 
Griechenland gekommen sei. Sicher haben die Schaaren, die in 
der Folge zum Griechenxolke heranwuchsen, bei ihrer Einwanderung 
einige Cultur von ihren Vätern aus der. Urheimath mit sich ge- 
bracht, und sicher ist von allen Völkerschaften, mit denen dieselben 
im Laufe der Zeit in Berührung kamen, mehr oder minder zur Er- 
weiterung dieser angestammten Cultur beigetragen worden. Um 
jedoch ermessen za können, von welcher Natur und Ausdehnung 
diese nicht aus dem Griechenvolke selbst erwachsene Cultur gewesen 
sei, sollte man mit Bestimmtheit wissen, auf welchem Grade der 
Caltur die gedachten Völker standen, als sie den Griechen Vorbild 
sein konnten. Es fehlt nicht an Anhaltspunkten hierfür; doch gehen 
wir jetzt lieber darüber hinweg, und begnügen uns mit der unbe- 
streitbaren Thatsache, dass die Cultur der Griechen, mag sie auch 
in einem sehr bedeutenden Theile ursprünglich fremdes Verdienst 
sein, mit der Zeit einen so eigenthümlichen Gang genommen und 
sich so selbstständig gestaltet habe, dass sie wesentlich von jeder 
‚anderen verschieden ist, und mit Recht ein Original genannt werden 
darf. Die griechische Cultur ist ein Original, und zwar ein solches, 
das wegen seiner erhabenen Natur und seines rein menschlichen 
Charakters zugleich als das bedeutsamste und würdigste Muster der 
Nachahmung dasteht. Griechenland hat den Ruhm, aus sich selbst 


Ausgezeichnetes in der Cultur hervorgebracht, das Reinmenschliche _ 


zur Vollkommenbheit in der Kunst erhoben und eine wunderherr- 


Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 54 


liche Litteratur geschaffen und zur vollendeten Reife gebracht zu 
haben *), . 

Von der griechischen Cultur im Allgemeinen wollen wir hier 
nicht weiter reden, weil uns dieses zu weit führen würde; von der 
griechischen Kunst aber behaupten wir , dass sie das- Edelste, Schönste 
und Grösste hervorgebracht habe, was der Menschengeist durch die 
Kunst darzustellen fähig ist. Die griechischeu Kunstwerke sind un- 
übertreffllich; und darum werden’sie auch für alle Zeiten Muster der 
Nachahmung bleiben, 

Und welchen Werth haben wir der griechischen Litteratur ein- 
zuräumen ὃ Gewiss keinen geringeren als der Kunst. Ja in der 
Litteratur hat sicher kein Land der Erde aus sich selbst, ohne fremde 
Beimischung, Ausgezeichneteres hervorgebracht, kein Land eben so 
Herrliches. wie Griechenland. Die griechische Litteratur ist ein rein 
griechisches Product, das seine volle Cultur ganz dem griechischen 
Volksgeiste verdankt, und, wenn möglich, noch unabhängiger da- 
steht als die, griechische Kunst, 

Den Griechen gebührt darum in der Geistescultur unstreitig der 
erste Rang unter allen Völkern. Die Griechen haben nicht nur 
zuerst eine vollendete Litteratur geschaffen, sondern sogar. die Classen 
in der Litteratur gegeben, gerade wie wir sie in den modernen 
Litteraturen noch haben, und in denselben allen höchst ausgezeich- 
nete Muster für alle Zukunft geliefert. Wir dürfen darum die 
griechische Litteratur das Fundament aller ausgebildeten Litteraturen 
nennen; und es wird schwerlich Jemand mit guten Gründen uns der 
Uebertreibung beschuldigen können, wenn wir behaupten, dass, wenn 
die Griechen nicht gewesen wären, die Geistescultur gegenwärtig 
nicht so hoch stehen würde. Zur Stütze unserer Behauptung be- 
rufen wir uns auf das Römervolk. Die Römer waren doch gewiss 
eine achtbare Nation, hatten gute Gesetze, übten Ackerbau und 
Künste verschiedener Art, wurden sogar die Herren der Welt, und 
gelangten auf die höchste Stufe des socialen Lebens und Gedeihens, 
bevor sie etwas der Rede Wertbes in der Litteratur geleistet hatten. 
Ja es ist Thatsache, dass ihre classisehe Litteratur erst durch Be- 
nutzung der griechischen entstanden ist, und in allen Theilen und 
wesentlich eine Nachahmung .derselben genannt werden darf. Kein 
einziger lateinischer Auctor der classischen Zeit findet sich, dem man 
die griechische Bildung nicht anmerken könnte. 

‘ An natürlichen Anlagen aber möchte wol kein Volk von denen, 
die im Laufe der Zeit in Bezug auf Geistescultur einen grossen 
Namen gewonnen und in der Litteratur einen hohen Grad von Aus- 
bildung erreicht haben, dem Römervolke vorzuziehen sein, Die ger- 


*) Vielleicht deuten die Namen Olen und Olympus auf asiatischen 
Einfluss; aber von Wichtigkeit kann derselbe nicht gewesen sein, da in 
der griechischen Literatur, wie sie jetzt vor uns liegt, nicht die mindeste 
Spur davon nachweisbar za sein scheint. 


542 Die Grieehen und Homer. 


amanischen Stämme stehen heut zu Tage in der Cultur sehr hoch, 
und ihre Geisteskraft, ihr speculativer Sinn, ihr reiches Gemüth und 
ihre Beharrlichkeit gelten als Merkmale, wodurch sie sich von an- 
„dern Stämmen der modersen Zeit vortheilhaft auszeichnen; aber 
‚auch von ihnen möchte keiner zur Hervorbringung einer unabhängig 
und vollkommen ausgebildeten Litteratur, wie wir bei den Griechen 
finden, geeigneter oder fähiger gewesen sein, als es die grossen 
Römer waren. 

Woher nun wol diese Schöpfungskraft und Geistesüberlegen- 
heit der alten Griechen? Gewiss nicht von der geographischen 
Lage des Landes, auch nicht von der politischen Getheiltheit der 
Stämme; denn sonst wäre das, was die Griechen schufen, sicher 
‚auch anderswo geschaffen worden. Wir suchen die Gründe in na- 
türlichen Anlagen, die Gott den Griechen als Auszeiehnung vor allen 
übrigen Völkern der Erde gegeben hat, dann aber auch in der Ge- 
schichte, die das Griechenvolk hatte, ferner in den eigenthümlichen 
Lebensverhältnissen, und endlich, und zwar nicht am Wenigsten, 
in der reichen und wunderherrlichen Sprache, 

Geistige, erfindungsreiche, immer weiter und weiter strebende 
und wetteifernde Regsamkeit ist eine der vielen rühmlichen Eigen- 
schaften, welehe das Griechenvolk auszeichnen, aesthetischer Sinn und 
Wohlgefallen an allem Schönen eine zweite. Diese genannten Eigen- 
schaften in Verbindung mit einer ausserordentlichen Vorliebe für das 
Nationale und auf griechischem Boden Entstandene scheinen nun jene 
bewunderungswürdige Geistestüchtigkeit und Schaffungskraft haupt- 
sächlich geweckt und fort und fort unterhalten zu haben. 

Von welchem mächtigen Einfiusse dann die -Geschichte anf die 
Geistescultur gewesen sei, weiss wol jeder, der auch nur von den 
grossen nationalen Kriegen, und. von dem dorischen Einfalle und 
dem, was damit zusammenhängt, genaue Kenntniss gewonnen hat. 

Und waren nicht auch die Lebensverhältnisse so, dass sie zur 
Hebung der Geistescultur sehr viel beitragen mussten? Um die 
Industrie musste sich der Sclave bekümmern; der Freie ἅδον hatte 
zunächst keine andere Beschäftigung, als an den Volksversamm- 
lungen und am öffentlichen, Geist nährenden und ausbildenden Leben 
Theil zu nehmen, und die Theater, Gymnasien u. s. w. zu be- 
sachen. 

Und wieviel hat endlich die Sprache mitgewirkt? Die Sprache 
spielt in der Geschichte einer jeden Litteratur eine bedeutende Rolle, 
und sie ist eine Hauptursache, warum sich die Litteratur so oder an- 
ders gestaltet. Offenbar muss darum bei Besprechung der griechi- 
schen Litteratur auch der griechischen Sprache eine gewisse Einwir- 
kung zuerkannt werden. Die Sprache des Griechen ist eine wunder- 
herrliche Sprache. Sie ist vielfach gegliedert, voll Kraft und Wohl- 
laut, und enthält fast lauter einheimische Gewächse in endloser 
Fülle und Mannichfaltigkeit. Dabei ist das Meiste durchsichtig und 
auf eigenem Boden erkennbar. Bekanntlich haben wir vier griechische 


φ΄ 


᾿ Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 543 


Dialekte, die zur Würde von Schriftsprachen sich emporgeschwuagen 
haben; und wir dürfen sagen, ein jeder derselben scheine gerade 
für den Zweig der Litteratur der geeignetste zu sein, der in ihm 
sich ausgebildet babe. Das ist aber offenbar ein grosser Vorzug, 
und mag uns schon beweisen, wieviek die Sprache an und für sich 
zur Hervorbringung der so berrlichen litterarisehen Schöpfungen bei- 
getragen habe. Ein ‚bedeutender Vortheil liegt auch darin, dass die 
altgriechische Sprache keine Mischsprache ist, und dass die grie- 
chische Litteratur auf keine fremde Litteratur fusset. _ Denn darum 
konnte leicht jeder Grieche Kenngr seiner Sprache und fähig sein, 
ein Litterat zu werden. Deswegen war Geistescultur unter den 
Griechen wirklich ein solches Gemeingut, wie sie es unter keinem 
andern Volke geworden ist,-moch je werden wird. Die alten Römer 
hatten es schon schwieriger; denn sie mussten, um ihre Auctoren 
verstehen zu können, mit dem Griechenthum und mit der griechi- 
schen Cultur vertraut sein. Und wieviel wird erst in der moder- 
nen Zeit verlangt, his Einer seine Landeslitieratur gehörig versteht ? 
wieviel vorausgesetzt, bis Einer seine Muttersprache recht kennt 
nnd zu handhaben weiss? Die sämmtlichen modernen Sprachen 
siad, streng genommen, eigentlich nur dem Sprachforscher ganz 
verständlich; für den Laien dagegen bestehen sie grossen Theils 
aus unverständlichen Lauten, Und dieses gilt in der That nicht nur 
von den sogenannten Töchtersprachen, sondern auch von unserer 
deutschen Sprache, die doch eine Muttersprache oder Stamm- 
sprache. ist. 

Man spricht von hoher Bildung der jetzigen Zeit, und wirk- 
lich gibt es unter modernen Völkern mehrere, die sich durch edle 
und reichhaltige Sprachen und durch reiche und grossartige Littera- 
turen auszeichnen. Dass man das vorhandene Verdienst anerkenne, 
ist billig; wenn man aber unparteiisch urtheilen will, so muss man 
sagen, dass in Wahrheit doch keine von den modernen Litteraturen, 
wenn. sie auch noch so reich und herrlich ‚sind, die griechische an 
innerer Würde übertreffe. In den meisten Zweigen sind die grie- 
chischen Muster bei Weitem noch nicht erreicht, Oder wer hat ge- 
dichtet wie Homer, Archilochus, Sappho, Pindar, Sophokles, Aristo- 
phanes ὃ wer in Prosa geschrieben wie Thucydides, Xenophon, Plato, 
Demosthenes? Gesetzt aber auch, irgend eine moderne Litteratur 
übertreffe jetzt an innerer Würde die griechische, so bliebe doch 
immer noch das Factum fest, dass die griechische die Grundlage 
davon sei, den ersten Anstoss gegeben und den Weg zu dieser 
Würde gezeigt habe. | = 

Viele der modernen Völker stehen auf einer sehr hohen Cultur- 
stufe, und in mancherlei Beziehung unstreitig weit höher, als die 
Griechen standen und stehen konnten. Sie haben bessere Religion 
und Moral, klarere Begriffe von Menschenrecht und Freiheit, um- 
fassendere Wissenschaftlichkeit, Ueberlegenheit im Technischen und 
Naturwissenschaftlichen und in Allem ,. was sich anf den realen Nutzen 


n44 Die Griechen und Homer. 


bezieht; aber das ist und bleibt fest, dass Originalität, Reinheit 
des Geschmackes, aesthetischer Sinn und Gefühl für das Schöne und 
Erhabene Vorzüge sind, die den Griechen keine Zeit .. streitig 
machen wird. 

Wenn wir nun aber diE ausgezeichnete Grösse der Griechen 
in Sprache und Litteratur anerkennen müssen, wenn uns bewiesen 
ist, dass die griechischen Geistesschöpfungen der Born sind, aus 
dem die lateinische classische Litteratur und die Litterataren der spä- 
teren Zeit ihr Dasein geschöpft und Aufschwung und Grösse gewon- 
nen haben; wenn sich annehmen lässt, dass kein Volk durch sich 
selbst ohne Benutzung der Griechen in der Litteratur so hoch ge- 
stiegen wäre: so ist es gewiss ein Zeichen grosser Verkehrtheit, 
von der griechischen Geistescultur mit Geringschätzung zu reden, 
oder zu behaupten, das Studium: der griechischen Sprache sei Zeit- 
verlust, und gewähre keinen Nutzen. Die Quelle der geistigen 
Grösse der lateinischen und der späteren Litteraturen muss doch wol 
Nutzen gewähren! — Offenbar hat derjenige den Geist und das 
Wesen der oben genannten griechischen Auctoren höchst oberfläch- 
lich oder 'nicht kennen gelernt, der nicht die vollkommene Ueber- 
zeugung erlangt hat, dass dieselben zur Ausbildung des Geistes und 
Herzens, zur Läuterung des Geschmackes and zur Gewinnung von 
Seelenstärke und Charakterfestigkeit ganz vorzüglich beitragen, und 
dass man an ihnen mehr als an den besten neuen Auctoren den 
Verstand üben, das Urtheil schärfen, die Geisteskräfte ausbilden, 
den Sinn für das Reinmenschliche beleben und stärken und sich zu 
eigenen litterarischen Schöpfungen befähigen könne *). 

In unserer Zeit, wo fast Alles nur auf materiellen Gewinn aus- 
geht, und wahre Geistes- und Herzensbildung blosse Nebensache zu 
werden ‘droht, wird leider der Ruf nur gar zu häufig und gar zu 
gern vernommen, der von dem Studium der griechischen Sprache 
und Litteratur abwendig zu machen sucht;. aber um so mehr ist es 
Pflicht eines Jeden, dem die Sache am Herzen liegt, gegen diesen 
Ruf in die Schranken zu treten, und mit aller Kraft vor einer Rich- 
tung zu warnen, die unsere Geistescultur am Ende Allem, was dem 
Menschen den wahren Werth gibt, entfremden und unsere Litteratur 
zur Gemeinheit herabwürdigen würde. 

Es versteht sich: allerdings von selbst, dass heut zu Tage **) 
nicht Jedermann höhere Geistescultur erstreben kann, und es ist 
ganz natürlich, dass man nur von demjenigen, der zu den höher 
Gebildeten gezählt werden will, höhere litterarische Bildung begeh- 
ren soll; aber billig ist es auch, dass man Keinem gestatte, sich 
den Namen höherer Bildang anzumaassen, der die Grundbedingungen 


*) Das Uebersetzen der antiken Meisterwerke ist eine Schule für 

Gewandtheit und Gediegenheit im Ausdrucke, wie es keine zweite gibt.’ 
aumer. 

%*) Wir leben unter ganz andern Verhältnissen, als die alten Griechen. 


Von Professor Dr. M, Weishaupt za Solothurn. 545 


der höheren Bildusg, ‘die Vertrautheit mit der Geistescultur der 
classischen Völker: des Alterthums missachten 'oder in Abrede stel- 
‘len will. - | Ze 

Wir haben gesagt, die moderne Geistescultur sei auf die Cul- 
tor des Alterthums gegründet, und unsere Kunst und Litteratur be- 
wegen . sich auf einer Bahn, welche uns von den Griechen vorge- 
zeichnet worden sei. : Ausser diesem allgemeinen Werthe, der das 
Studium des griechischen Alterthums Allen zur Pflicht macht, die 
sich um höhere Geisteseultur interessiren und zu den Gebildeten 
zählen wollen, lässt sich aber noch auf einen speciellen aufmerksam 
machen. ‚Bekanntlich fussen alle unsere freien Künste und Wissen- 
schaften auf das- griechische Alterthum, bekanntlich ist unsere Re- 
ligion aus: dem Alterthume hervorgegangen, und bekanntlich sind 
die heiligen Urkunden derselben in griechischer Sprache geschrie- 
ben. Wer nun diese Urkunden verstehen will, wer überhaupt die 
geistigen Erscheinungen und Lebensrichtungen der modernen Zeit 
gründlich zu kennen begehrt, der darf mit dem Alterthume, in wel- 
chem dieselben wurzeln, gewiss nicht unbekannt sein. ' Es muss 
darum nicht nur der Philolog, sondern auch der Theolog, der Jurist, 
der Philosoph, der Mathematiker, der Astronom, der‘ Geograph, 
der Historiker, der: Naturforscher u. 8. w., ein Jeder aus speciellen 
Gründen, zu den Griechen in die Lehre gehen, wenn sie würdige 
Priester der 'Wissenschaften sein sollen, die sie zu pflegen haben. 

Nachdem wir so die hohe Bedeutsamkeit und Würde und den 
umfassenden Natzen der griechischen Geistescultur angedeutet haben, 
erlauben wir uns, unseren Blick auf den Mann zu werfen, der 
den Grundstein zu derselben gelegt ünd das Fundament zu dem 
prachtvollen Aufbaue bergestellt hat *). Der Gedanke an diesen 
grossen Mann, dessen Geist'belebend und schaffend durch das ganze 
Gebiet der griechischen Litteratur hin waltet, erfüllt uns mit Be- 
wunderung und Ehrfurcht. Diesem Manne hat das Alterthum 'Tem- 
pel und Altäre gebaut; und wenn je ein Mensch’ so hohe Ehre ver- 
dienen kann, so hat er sie bei Weitem zuerst verdient. 

Ueber diesen Mann ist in der alten und neuen Zeit unendlich 
viel untersucht, ‘geredet, geschrieben und gestritten worden, und den- 
noch hat man es nicht einmal in Betreff seiner Zeit und Heimath, 
ja nicht ‘einmal in Betreff seiner Persönlichkeit zu einem allgemein 
gültigen Resultate brmgen können **). Um in Bezug auf die Zeit, 


*%) XKenophanes Coloph. nennt-Homer den Urquell aller Bildung; und 
D. Chrysostomus sagt, Homer sei der Anfang, .die Mitte und das Ende 
alles Wissens. für Kind, Mann und Greis.. Aeschylus sieht in seinen eige- 
nen Tragoedien nur Fragmente vom Tische Homer’s. Und welchen Ein- 
fluss des grossen Dichters bemerken wir in den Werken Herodot’s und 
Platoes! — . “. . 
 ##) Viele Gelehrten der neueren Zeit haben sogar sein Vorhandensein 
als Individuum in Zweifel gezogen, und in ihm den Collectivnamen einer 
ionischen Sängerschule zu finden geglaubt, während Andere denselben für 
dem Zusammenfüger bereits vorhandener und von mehreren Sängern her- 
Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX, Aft.4. 


- 


546 ᾿ Die Griechen . und Homer. 


in der.er gelebt haben soll, nur von den Annahmen der. Alten zu 
reden, so machen ibn Einige derselben zu einem Zeitgenossen des 
troianischen Krieges; Andere aber lassen ihn in einer mehr oder 
minder spätern Zeit leben. Krates. setzt Homer’'s Geburt 60 Jahre 
nach Troia’s Fall, ἢ. e. 1124 ante Christum natum; Aristarchüs in 
die Zeit der ionischen. Wanderung, i. 6. ungefähr in’s Jahr 1040 
a. Chr. nat.; Apollodorus, Eratosthenes, Porphyrius und das Mar- 
mor Parium lassen den Dichter im zehnten Jahrhunderte vor Christi 
Geburt zur Welt kommen; Sosibius versetzt. ihn in die Zeit des 
Lykurgus (— dieser Annahme folgten die meisten Römer —); 
Herodot in die Mitte des neunten Jahrhusiderts v. Chr. Geburt; 
und Theopompus, der ihn am Spätesten zu setzen scheint, in die 
Zeit des Gyges, welcher im Jahre 678 a. Chr. nat. gestarben sein 
soll. — Binnen fünf Jahrhunderten war, wie Fr. A. Wolf sagt, 
kein Menschenalter, in welches Homer nicht you irgend 'einem Chro- 
nologen gesetzt worden wäre,  Indessen haben: doch die meisten 
und wichtigsten Autoritäten unsern Dichter in’s eilfte Jahrhundert 
vor Christi Geburt gesetzt. 

Anlangend die Heimath Homer’s wissen ‚wir, dass, wie die 
Alten selbst melden, sieben Städte um die Ehre stritten, demselben 
das Dasein gegeben zu haben. Wollte man aber. alle Sagen berück- 
sichtigen, so könnte man diese Zahl verdreifachen. Jede Stadt 
eben, in. welcher die Homerische Dichtung Aufnahme und 
Pflege fand, scheint Homer’s Vaterstadt geworden zu sein. So ist 
Homer von dem Einen zu einem Aeolier, von dem Andern zu einem 
Ionier, von dem Dritten zu einem Dorier, und bald zu einem Eu- 
ropaeer, bald zu einem Asiaten, bald zu einem Afrikaner gemacht 
worden. 

Um uns nun gerade bei dem Stamme aufzuhalten, so glauben 
wir, die ersten zwei Ansichten berücksichtigen und prüfen zu müs- 
sen, nämlich diejenige, welche den Dichter zum Ionier, und dann 
die, welche ihn zum Aeolier macht. Die erstere ist die allgemei- 
nere *), durch die meisten Zeugnisse. unterstützte und durch den 
epischen Dialekt selbst, wie man meint, beglaubigte und empfoh- 
Jene. Aristarchus, den man mit Recht für einen höchst ausge- 
zeichneten Kritiker des griechischen Alterthums hält, und der in 
Allem, was den Homer betrifft, von sehr bedeutendem Gewichte 
ist, hat diese Ansicht mit vielen Belegen unterstützt, und die Gründe 
aufgeführt, die nach seiner Meinung mit einem aeolischen Homer 
unvereinbar wären. Nach ihm ist nun Homer ein geborener Athe- 
ner, der an der ionischen Wanderung Theil nehmend (im Jahre 
1040 a. Chr. nat.) nach Smyroa (— υῤῥα myrrha, ein ursprüng- 
lich semitisches Wort, wovon σμύρνα eine Participialform zu sein 


rührender Gesänge erklärten, und npch Andere ihn für das Haupt der 
ionischen Sängerschulen auszugeben suchten, 

Ὁ δον lich heisst Homer der ionische Sänger, oder der Sänger 
von Chios. 


Von Professor Dr, M. Weishaupt zu Solothurn. 547 


scheint —) kam und dort die Ilias und Odyssee 'dichtete. Von 
Smyrna wäre dann seine Poösie im Laufe der Zeit nach den Städ- 
ten gekommen, welche von den Sagen als Heimathen des Dichters 
genannt werden,:im Jahre 983 v. Chr. Geb. nach Chios *), im 
Jahre 908 nach Kolophon, im Jahre 884 nach Samos, im Jahre 842 
nach Milet, im Jahre 726 nach Cyprus, im Jahre 694 nach Kyme, 
im Jahre 625 vor Christi Geburt nach Knossos’ auf Kreta.u. s. w. 

Die zweite Ansicht hat ihren Urheber und ersten Vertheidiger 
in Krates von Mallos, dem Stifter der Schule zu Pergamus. und 
würdigen Gegner .des grossen Aristarchus. .-Dieser:. Krates setzte 
Homer’s Geburt, wie oben erwähnt wurde, in’s Jahr 60 nach dem 
Falle von Troia, also vor die Zeit des dorischen Einfalles in den 
Peloponnesus, und'vor die Zeit der Auswanderung der Ionier nach 
Asien, gerade in die Periode, in welcher die Volkssage die aeolische 
Pflanzung in Asien entstehen lässt. Als Anhänger und Vertheidiger 
dieser Ansicht können wir zunächst den ‚Magnesier Zopyrus, den 
Dicaearchus und den Ephorus anführen; im Allgemeinen aber hat 
dieselbe unter den Alten wenig Beifall gefunden. Was nun die Ge- 
lehrten der modernen Zeit betrifft, so haben sich zwar auch die 
Meisten für einen ionischen Homer ausgesprochen (Wolf sagt: 
„Ausgemacht ist, dass Homer »aur in lIonien entste- 
hen konnte‘); daneben ist aber von Vielen eben so eifrig und - 
mit triftigen Gründen der aeolische in Schutz genommen worden, 
Um .nicht zu weitläufg zu werden, übergehen wir Namen und 
Schriften derjenigen ‚Männer, die für die eine oder für die andere 
Ansicht in die Schranken getreten sind, und erlauben uns nur 
folgende Bemerkungen: Aristoteles und Aristarchus 'und :fast alle 
Notabilitäten der: alten Griechen sind ftir einen ionischen ‚Homer, 
und zunächst: wol darum, weil die ionischen Griechen in Bezug 
auf Pflege und Verbreitung des Dichters sich unstreitig am Meisten 
verdient gemacht haben, und weil die epische Sprache am Besten 
imit dem ionischen Dialekte zu harmoniren schien. Dabei wurde 
aber bemerkt, dass sich gar viele Aeolismen und Dorismen: in ihm 
finden **); was man. aus dem Umstande erklärte, dass unter den 
Ioniern grosse Massen von aeolischer und dorischer :Abkunft waren, 
wie Herodot ‚meldet ***), 

Ein 'Fäctum wäre demnach, dass der epische Dialekt ein Ger 
misch vön: Ionismen, Aeölismen und Dorismen sei. Es ist That- _ 
sache ‚die wol’ von keinem Sachkundigen in Zweifel gezogen wird, 
dass die Dialekte immer mehr an Unterscheidung verlieren, je weiter 


*) Im Hymnus auf den Apollo (v. 172) heisst es, Homer.habe auf 
Chios gewohnt; und es ist die Annahme zugelassen, ‚dass er anderswo 
eboren worden sei. Damit stimmt ann auch die. Meinung des Aristoteles 
überein. 
: %%*) Mehrere derselben hat Aristärchus geradezu über. Bord geworfen, 
und attische und zonische Varianten dafür aufgenommen. on 
+++) lib. I, 146. ι- ᾿ς 
35* 


548 Die Griechen und Homer. 


dieselben ins Alterthum zurückgehen, bis die Unterschiede am Ende 
ganz schwinden. Wenn wir nun annehmen, der Dialekt des Ηο- 
mer sei aus einer Zeit, wo die Sprache Griechenlands noch nicht 
in so markirt verschiedene Mundarten sich getheilt batte, so brau- 
chen wir nicht zu eingefinssenen Aeolismen und Dorismen unsere 
Zu@ucht zu nehmen. Waren ‚aber eismal die grellen Dialektsunter- 
schiede da, dann ist es kaum wahrscheinlich, dass der Dichter einen 
Mischmasch von Dialekten gewählt hätte, wenn auch gleich Leute 
vor allerlei Stämmen in seiner Heimath neben einander gewohnt 
hätten. Und hat er keinen Mischmasch gewählt, wie man aus trif- 
tigen Gründen annehmen darf *), so ist kaum denkbar, dass ein 
solcher mit der Zeit von seinen Landsleuten zugelassen worden 
wäre. Sind Ilias und Odyssee ursprünglich ionisch gewesen, so 
mögen Aeolier und Dorier, falls diese Gedichte bei ihnen Aufnahme 
und Pflege fanden, für sich Aeolismen und Dorismen in dieselben 
hineingebracht haben ; die Ionier aber haben gewiss am ursprünglich 
ionischen Texte festgehalten. Man brauibt keinen andern Grand 
hiefür zu nennen, als die menschliche Eifersucht und Eitelkeit. Ια- 
dessen. wäre aber doch noch der Umstand. von besonderm Gewichte, 
ılass-es die Ionier waren, die zur Verbreitung und Pflege der beiden 
grossen Epopeen am Meisten beigetragen haben. 

Der Dialekt, den wir im Homer finden, ond den Aristarehus 
für den alt-ionischen gehalten. bat, ist derselbe, dem wir im Hesiod, 
dem Verfasser.der ἔργα καὶ ἡμέραι dem boeotischen Dichter, der 
wol keinem ionischen Einflusse ausgesetzt war, begegnen. In dem 
gleichen Dialekte wurden auch die alten ‘Orakelsprüche gegeben, 
und er wär überhaupt die Mundart, in der jede ältere litterarische 
Composition abgefasst war. Stasinus von Cypern, Bumelus von 
Korinth, Kinaethon von Lacedaeman haben in ihm gesungen. 

"Er ist also in den verschiedensten Gegenden . Griechenlands 
gebraucht und verstanden worden und darum! gewiss sehr alt: 
Diese Mundart.hat eine sehr poetische und masikalische Natur, und 
zeichnet sich durch wunderbar lebhafte Beweglichkeit und Biegsam- 
keit, und durch ‚Wohlklang, natürliche Einfachkeit und Energie aus. 
Frohsinn ‘und Lebbeaftigkeit .bilden einen Grundzug im Charakter 
des Ioniers; aber die männliche Kraft und Energie, die wir im 
epischen Dialekte. finden, stimmt nicht recht zur Weichliehkeit und 
zum -Laxus des ionischen Volkes, Dazu kömmt noch der Umstand, 
dass die Tonier in Asien, wie von den Alten gemeldet wird, lange 


. Ὦ Wie fest einmal gegebene Dialektsunterschiede nicht nur stamm- 
weise, sondern sogar familienweise haften, davon liefert die Geschichte 
Beweise genug. Homer hat daram sicher den. Dialekt seines Stammes 
geschrieben (das Beispiel Herodot’s ist kein Gegenbeweis, wie man leicht 
wissen kann), zumal wenn es ein Factum ist, wie ich glaube, dass in je- 
der Trennung der Grund zur Eifersucht und Feindseligkeit gelegen sei, 
und dass jeder Volksstamm seine Sache für die bessere halte. 


Von Professor Dr. M, Weishaupt zu Solothurn. 549 


Zei die nämliche Mundart gesprochen haben, welche sie aus Attika 
mit sich gebracht hatten. 

Aus dem Gesagten liesse sich nun abnehmen, dass die epische 
Sprache weder für ein Product der asiatischen lonier gelten könne, 
noch auch atisschliesslich ‘die alt-ättische sei, sohdern dass man in 
ihr eben die Mundart anzuerkennen habe, welche vor der dorischen 
Invasion im europaeischen' Griechenland allgemein ‘verständlich und 
für die Abfassung eines jeden litterarischen Productes’ allgemein ge- 
bräuchlich gewesen zu sein 'scheint.: Sonach kann aus ihr auf die 
ionische Abkunft Homer’s nicht -geschlessen-werden. Aber auch die 
grosse Achtung und Pflege, die der Dichter 'mit Vorzug unter den 
Joniere genossen bat, können uns nicht bestimmen, ihn deswegen 
schon für einen Ionier zu halten, zumal’ wenn Zeugnisse vorhanden 
sind, die ihm diese‘ Abstammeng streitig machen. Und solche lie- 
gen, wie wir so eben gehört haben, in Homer’s Sprache; und wie 
wir sogleich hören werden, in Homer’s Werken, Es ist eine na- 
türliche und ganz gewöhnliche Thatsache, dass dem Menschen seine 
Heimath *) und seine nächsten‘ Verwandten und Bekannten am Mei- 
sten am Herzen liegen, und dass von ihnen zu reden, und sie 
hoch zu stellen und zu preisen eine Herzenslust ist, die er sich 
nicht leicht versagt, wenn er sich ihr hingeben kann, Wenn nun 
Homer ein lonier war, warum hat er denn die lonier so unbeachtet 
gelassen? Für den ionischen Stamm ist er ja nirgends eingenom- 
men. ‘Seine bevorzugten Helden sind keine: Ionier. Der: einzige 
Held aus dem ionischen Muttersitze Athen, der in der'llias genannt 
wird **), ist Menestheus;" und seine Erwähnung kann wol keine 
rühmliche heissen. Kein Athener erscheint‘ irgendwo als Sieger 
über einen Feind. Dagegen werden so viele aeolische und achaeische 
Krieger gepriesen, ja sogar die Herakliden, die Erzfeinde des ioni- 
schen Stammes finden ihr Lob. Und wenn die Stelle in der Ilias 
(1V, 51 sqq.) den Beweis liefern sollte, 4888 der Dichter‘ nach dem 
dorischen Einfalle‘ gelebt habe, und dass ihm das Loos von Argos 
bekannt gewesen sei, so läge in derselben eine unbegreifliche Gleich- 
gültigkeit gegen die Schicksale seines Stammes. 

Homer beginnt seinen Schiffskatalog mit Boeotien, einem aeoli- 
schen Lande ***). Die Haupthelden der Ilias und Odyssee sind 
aeolischen Stammes. Aeolische Sagen finden hauptsächlich Berück- 
sichtigung. _ Vorliebe für die Aeolier ist allenthalben sichtbar, sowie 
Bekanntschaft mit den aeolischen Landen; und fast. alle Gemälde 
und Schilderungen in Ilias und Odyssee verrathen den Aeolier. Bei- 
nahe jede Seite in der Iliade liefert den Beweis, dass der Dichter 
von Gegenständen spricht, die ihm gehau bekannt wären, ‚wenn er 


*) φίλη πατρὶς und οὐδὲν γλύκιον τῆς zeigte sind Gedanken, die 
bei Homer häufig vorkommen. Fr 
II, 553. Cfr. IV, 338. 
vo.) Cir. Thucyd, vo, 57: vi, u 100. ın, 9. 


550: ee Die Griechen’ und Hoier. . 


vom.aeolischen Lande redet. Da.ist er daheim, da.nennt er viele 
Orte, da gibt er nicht nar allgemeine Umrigse von der Landschaft, 
sondern beschreibt: Alles bis. in’s kleinste Detail: . Berge, .Hügel, 
Thäler, Ebenen, Vorgebirge, Flüsse, Furten, Waschgruben, Quellen,. 
Strassen, Gärten, Grabmäler,. Bänme, Landesmarken u. 8, w. sind 
ibm' ganz genau bekannt. . ες ΝΞ ΞΕ 

Auf aeolische Abkunft Homer’s deuten auch die .socialen und 
‚ politiachen Zustände,. die der Dichter schildert, Als die Iouier ana- 
wanderten, hatte ‚Athen keine Könige.mehr; und es lässt sich nir- 
gends «in Beweis finden, dass die ionischen Colonien irgend einmal. 
Känige im homerischen Siene "gehabt haben. Die, aeolischen Colo- 
nien sind. aber viel älter; sie. datiren von. der Zeit der troianischen 
Eroberung, und scheinea das patriarchalische Leben, das im ‘Homer 
vorwaltet, eine.geraume Zeit'nach ibrer ersten Ansiedelung. noch 
beibehalteg .zu haben.. Be 

Die kleinasiatigche Küste, ‚die wir. unter dem Namen. Tonien 
kennen, wird von Homer ziemlich gleichgültig behandelt, Die ein- 
zige ionische Stadt, die. in der llias mit Namen genannt wird, und 
zwar nur einmal, nämlich im Schiffskatalog,. ist Milet *), Samos 
wird nie erwähnt; und Chios, das man mit Verzug die Heimath 
Homer’s. genaunt bat,.kömmt μὰν in der Odyssee vor **). — Athen 
selbst, die. Mutterstadt, und Zuflucht der Ionier, spielt einge höchst 
unbedeutende Rolle, und. wird nur selten berührt, ΝΣ 

Wir, zellen alle Achtung dem Alexandriner Aristarchus und den 
vielen grossen ‚Kritikern der alten.und neygen Zeit,. dje mit ihm in 
Homer, einen lonier ‚gefunden haben;. aber aus den angeführten 
Gründen_lässt una weder die feine Cultur des ionischen Stammes, 
‚ noch .die hohe Pflege und Verehrung, die Homer unter den loniern 
genossen hat, in Ipgien sein Vaterland sshen. ‚Wir anerkennen einen 
aeolischen Homer, oder, um genauer zureden, einen Homer, der in 
dem, Theile von Kleinasien geboren wurde und .jebte, welchen wir 
unter dem. Namen Aeolien kennen, Wenn wir: ddem:genannten Kra- 
tes folgen wollen, setzen .wir die Geburt unseres Dichters ungefähr 
_ in das Jahr 1124 ante Christum natum ***). Mit, diesem . Ansatze 
kommen wir zwar in Widerstreit mit der, Sage, die den Dichter in 
Smyrna zur; Welt kommen lässt; denn Smyraa wurde erst im Jahre 


*) II, 868. — Milet und Samos scheinen semitische Namen zu 
sein. Samos bängt mit hebraeisch schamaim' zusammen, und heisst 
Anhöhe; Miletos aber darf man. vielleieht mit hebr. τὰ δὶ αἱ verbinden. 

**) III, 170 eqq. — Χέορς = die Stürikische. : Οἷς. lat. hiemsz 
gr. χεῶν»: sanscr., kıma: Schnee. . a ΜΝ 

*+*) Dieser Ansatz ist erst neulich von Herrn Bengebusch in den 
Neuen Jahrb. für Philologie und Paedagogik, Band 67, in einer Recension 
der Geschichte, der Homerischen Pa&sie. von Lauer (Berlin 1851) be- 
stritten worden; allein Alles, was Herr Sengebusch vorgebracht hat, 
scheint uns, den oben erwähnten Gründen, gegenüber weder die ionische 
Abkunft noch das spätere Zeitalter des Dichters beweisen zu können, . 


Von Professor Dr, M. Weishaupt zu Solothurn. 551 


1015 vor Chr, Geb. gegründet. Auch Kyme, die älteste aeolische 
Stadt in Asien, die Mutter von Smyrna, die zugleich als Heimath des 
Hesiod gepriesen wird, ist jünger; denn sie scheint-erstim Jahre 1033 
vor Chr. Geb., also lange nach dem dorischen Einfalle, erbaut wor- 
den zu. sein. Wir müssen demnach auf Smyrna und Kyme ver- 
zichten, wenn es sich um Bezeichnung des wirklichen Heimathsortes 
unseres Dichters handelt,. und können in den Sagen, durch welche 
die angeführten Städte als Heimathsorte Homer’s hervorgehoben 
werden, nur figürliche Angaben erblicken, welche auf aeolischen Ur- 
sprung und hohes Alterthum desselben hindeuten. Dass aber: 
Smyrna und Kyme, jenes die berühmteste und dieses die älteste 
aeolische Stadt in Kleinasien, mit der Zeit Ansprüche auf den be- 
rühmtesten. aeolischen Sänger erlangten und zu behaupten suchten,. 
ist leicht begreiflich. ' Ä j 
Dürfen wir, wie uns scheint, nach’den Lebensgemälden und 
nach den socialen und bürgerlichen Verhältnissen schliessen, die 
wir in der Ilias geschildert finden, und die sicher nach der Wirk-- 
lichkeit gezeichnet sind *), so müssen wir Homer’s Leben in eine 
Zeit setzen, in welcher der alte patriarchalische Zustand und der 
Respect vor den Fürsten wenigstens im Lande des Dichters. noch 
in voller Geltung waren, die alte Sitte und Einfachheit aber: doch 
schon der feinern Cultur und Sitte Platz zu machen anfing. Mit 
dieser Annahme ‚scheint auch die epische Sprache am Besten zu 
harmoniren, wie' wir bereits angedeutet haben. Eine solche Zeit 
können wir uns nun unter derjenigen denken, welche für das tro- 
ianische Land bald nach: dem Falle Troia’s erfolgt ist. Die sieg- 
reichen Griechen, die 'däs Land in Besitz nahmen **), behielten: 
sicher noch eine Zeit lang ihre alte Verfassung und Lebensweise 
bei, kamen aber natürlich zugleich in vielfache Berährung mit der. 
feinen Cultur und dem Luxus der asiatischen Nachbarn.: Diese 
ersten griechischen Ansiedier auf troianischem Boden waren'nicht 
— - Ge -"" ἱ 
*) Die kunstlose Aufrichtigkeit Homer’s lässt uns nicht glauben, 
dass die Sachen, die er schildert, leere Erdichtungeu oder höchstens 
Auffrischungen längst veralteter Zustände seien. Dass Fürsten Opfer- 
thiere schlachten und braten, Heerden weiden, und Hand anlegen beim 
Aufbaue von Gebäulichkeiten für sich; dass Prinzessinnen Gewebe ver- 
fertigen und die: Wäsche besorgen u. 4. w., das mag der Dichter Alles 
selbst gesehen haben. Die Pracht in Gebäuden, Mobilien, Gemälden, 
Kleidern u. s. w., die er neben jener alten: Einfalt zeichnet, ‚beweisen 
nur, dass jene Einfalt eine Zeit lang neben der eingedrungenen' feinen 
Cultur sich: zu halten wusste. nn 
᾿ς ἈΚ) Dass die Griechen das eroberte Land in Besitz nahmen, ist un- 
zweifelhaft.-: Man erobert kein so schönes Gebiet,:um es hernach von 
der Hand zu werfen. Und wäre: dieses dennoch der Fall gewesen, 80 
hätten sicher die alten Bewohner das verlassene Land sich wieder an- 
geeignet: und dann. hätten die im Jahre 1120 vor Christi Geburt ein- 
dripgenden Aeolier nicht so leichtes Spiel gehabt, sich im Lande fest zu 
setzen, — Dass die Sage den "Orestes die aeolische Wanderung leiten 
lässt, ist hier von grosser Bedeutung. nn ΝΕ 


δ .- Die.Grischen:und Homer... 


van .einerlei Abstammung ; ‚die Hauptmasse: davon aber scheint aeuvli- 
schen Blutes gewesen zu sein. Dex Beweis, dass die Aeolier we- 
nigstens Ton angebend waren, mag in. dem Factum liegen, dass 
die. grasse aeplische Wanderung, die, wie schon angedeutet worden 
ist, ungefähr ins Jahr 1124 vor: Christi Geburt gesetzt werden 
kann, dahin gegangen ist *). 

Nicht lange nach der aeolischen Wanderung scheint sich der 
sociale und politische Zustand des Landes geändert zu haben. Die 
menarchische Verfassung zerfiel und republikanische trat an deren 
Stelle. Vor diese Zeit und in dieses Land setzen wir Homer’s 
Geburt, und zwar nicht lange nach Troia’s Fall, ohne uns an ein 
bestimmtes Jahr und an einen: hestimmten Ort zu halten; und wir 
glauben hiermit den Gründen, die sich ‚aus seinen Werken für seine 
Heimath und Lebenszeit ergeben, gehörige Rechnung zu tragen, 

. Auf jeden ‚Fall ergeben sich für. diejenigen, welche ihn zu 
Kyme. oder .Smyrna, also nach Entstehung“ der Heraklidischen Staa- 
ten, geboren werden lassen, bedeutende Schwierigkeiten. 

Jeder Künstler .borgt aus seiner Zeit und aus seiner Heimath, 
Nun ist. aber sicher kein Lebensgemälde in den beiden grossen 
Gedichten .zu finden, in. welchem man auf.republikanische Verfas- 
sung der Heimath des Dichters sehliessen könnte. Auch von dem 
dorischen Einfalle wird nirgends gesprochen **).. Und dieses Er- 
eigniss war doch gewiss ein sehr wichtiges. Zudem liebt es ja der 
Sänger, wie er selbst aagt, das Neueste zu besingen, weil das Neueste 
am Liebsten gehört werde ***), . τς 

Anlangend die Localitäten aber, die. in Ilias und Odyssee so 
meisterhaft beschrieben sind, und die ziemlich weit auseinander lie- 
gen, bekommen wir Aufschluss, wenn wir Homer’s. Lebenszeit nicht 
lange nach dem.-Falle. von: Troia setzen.: Durch Leute, die ans. 
den gedachten Ländern stammten, und mit der grossen Expedition 
oder in Folge Uerselben -nach Troia,: dem nachherigen aeolischen 
. Lande, gekommen waren, und neben den Eltern des Homer als 
Ansiedier im eroberten: Lande wohnten, kotnnte: der Dichter seine 
Kenntniss von Argos und Sparta, von Thessalien und Boeotien, 
von Ithaka u, s, w, gewinnen }).. Darauf scheint uns auch die 


Ὁ Die Berrennung Αἰολούς (== ἀξολεύς: ὦ == zusammen: Fo- 
λεύς mit lat. volvo und varius verwandt) kann den Begriff des Al- 
lerlei in sich schliessen. Bs kann aber auch ’der Begriff von versu- 
tus in ihr liegen. Porphyrias nimmt an, αἰόλος sei = εὐκύνητορ. 

ἘΠῚ Die Verse Iliad. IV, 51 sqq. kann man doch wol nicht im Ernste 
als Anspielung auf vorausgegangenen dorischen' Einfall gelten lassen. 

' #6) Odyss.; I, 3851-sgq. 
+) Wahrscheinlich gab es auch ältere epische Lieder, aus denen 
Homer Kenntnisse in Bezug auf das europaeische Griechenland erlangen 
konnte. Sicher war Homer nicht der erste Epiker; denn keine Kunst 
erschien je auf einmal vollkommen. Für das Vorhandensein früherer 
epischer "Lieder scheint Homer selbst Zeugniss zu geben. Cfr. Odyss. 
I, 154, VIII, 88 sqg. . ΕΣ 


Von Professor-Dr. M. Weishaupt zu Solothurn, 553 


Biographie Homer’s, die wir’ unter Herodot’s Namen haben, tinzu- 
weisen. Nach derselben war der Grossvater des Homer ein ge- 
borener Thessalier, der in Kleinasien sich ansiedelte und bei seinem 
Tode seine einzige Tochter  Κρηϑηΐς der Sorgfalt eines Mitcolo- 
nisten, Namens Kleanax aus Argos, übergab. Als Kritheis (oder 
Kretheis) zur Jungfrau herangewachsen war, wurde sie schwanger; 
und aus Aerger habe Kleanax dieselbe nun einem Freunde aus 
Boeotien, Namens Ismenias, übergeben, der eben im Begriffe stand, 
mit Leuten von Kyme, unter Leitung eines’ thessalischen Führers, 
Smyrna zu gründen. Bald nach der Ansiedelung sei Homer am 
Ufer des Flusses Meles geboren worden. Phemius, ein berühmter 
Sänger, habe den Homer adoptirt, und in der Musik und Dicht- 
kunst unterrichtet. Nach dem’ Tode des Phemios *) sei Homer 
mit einem befreundeten -leukadischen Kaufmanne Namens: Mentes 
nach Griechenland, Tyrrhenia nnd Iberia gekommen und habe sich 
unterweges wegen eines Augenübels lange Zeit auf der Insel Ithaka 
bei einem wackern Manne Namens Mentor aufgehalten u. s. w. — 

“ In dieser Sage sind, wie man sieht, Kyme, Smyrna, Thessalien, 
Argos, Boeotien, Akarnanien, -Ithaka, Italien und Spanien mit Homer 
in Verbindung gebracht, und es wird in ihr behauptet, dass Homer 
in Kleinasien von einer Mutter geboren worden sei, deren Vater 
aus Thessalien stamme. Wir nehmen die Sache nicht buchstäblich ; 
finden aber in ihr eine Bestätigung unserer Ansicht. 

Die Sagen meiden ungemein viel von'Homer. Sie lassen ihn 
namentlich grosse Wanderungen machen, dabei blind: sein, Noth lei- 
den, betteln und sogar Hungers sterben. | 

Aber wie wir für Zeit und Heimath des Dichters hauptsächlich. 
aus der Ilias und Odyssee Kenntniss schöpfen, so anerkennen wir 
auch für seine Lebensschicksale kein Zeagniss, das nicht zugleich in 
jenen zwei Werken Bestätigung fände. Nach seinen eigenen Angaben 
zu schliessen, war nun Homer ein Mann, der in glücklichen und 
sorgenlosen Verhältnissen lebte, und bei seinem Volke in hohem An- 
sehen stand. Sein poötisches Talent war gleichsam ein Adelsdiplom, 
das ihm Zutritt zu den Häusern der Reichsten und Mächtigsten 
sicherte, und allenthalben ehrenhafte ‘Auszeichnung und Geschenke 
aller Art verschaffte, | | ΒΝ 

- Jene unfreundlichen Sagen müssen darum, wenn’ überhaupt et- 
was Wahres in ihnen ‚liegt, entweder nur figürlich zu nehmen sein 
(z.B. das Herumwandern, das anf die allmälige Weiterverbreitung 
seiner Gedichte gehen mag), oder auf Schicksale von Rhapsoden und 
spätern Zeiten bezogen werden **), 


''*) Pliemios heisst auch der berühmte Sänger im Hause des Odys- 
seus; und man glaubte, Homer habe ihn in seinem Gedichte aufgeführt, 
um dadurch seinen Adoptivvater und Lehrer zu verherrlichen. 

**) Eine der albernsten Ainahmen ist, Homer ‚sei blind gewesen, 
als er die Ilias und Odyssee verfasste. ‘Wer so etwas glauben kann, der 


Sb Die Griechen ‚und Homer, 


Wir haben oben behauptet, Homer sei der ausgezeichnetste Dich- 
ter des.griechisehen Alterthums,. Diesen Rang räumt ihm das grie- 
chische Alterthum selbst ein, indem es den. Homer gewöhnlich mit 
Vorzug „den Djchter“ nennt’). Alles, was gross ist und wun- 
derbar in der griechischen Litteratur und Kunst, habe sich nach 
ihm gerichtet. — Die ganze. griechische Geistescultur hat in ihm 
ihre Basis. Homer ist der ausgezeichnetste Dichter der Griechen, 
und man darf beifügen:„ kein Dichter der Erde habe ihn übertreffen. 
Was sonst grosse Dichter in einzelnen Punkten Grosses geleistet 
haben, ‚das findet sich Alles in höchster Vollkommenheit im Homer 
vereigiget. . Wahre und schöne. Schilderungen, markirte naturge- 
traue Charaktere, eine Fülle von. dramatischem Leben in den Dar- 
stellungen, interessante Grußpirungen und Situationen, Mannigfaltig- 
keit in den Gemälden (— Anmuth und Zartbeit in den einen, Kraft 
- und Grösse, oder auch dunkles, abenteuerliches und übernatürliches 
Walten io den andern —), Würde in Gedanken und Ausdruck, 
Wohlklang und Harmonie in Sprache sind Vorzüge Homer’s, die 
Jedermann anerkennt, der ihn gelesen, und aufgefasst hat. — Wun- 
derbar und von keinem seiner vielen Nachahmer**) in gleichem 
Grade erreicht ist ‚die Art, wie er die epische und dramatische 
Kunst in seiner Behandlung zu verbinden weiss; wunderbar ist zu- 
gleich der’ Umstand, dass uns dabei der zarteste Sinn, und der 
reinste Ausdruck, wie man sie nur in einer fein cultivirten Zeit zu 
finden- pflegt, neben der natürlichen Einfalt und Kraft. des alten 
hersischen Zeitalters entgegentritt. Höchst eigenthümlich ist dane- 
ben die Erscheinung, dass sich nirgends eine Spur von romantischer 
Liebelei nnd Sentimentalität entdecken lässt, obgleich das weibliche 
Geschlecht in beiden Gedichten vielfach berührt wird, und .das freie 
Weib hochgestellt ist im Leben. - | j 

Ilias und Odyssee. sind,. wie schon mehrmals erwähnt wurde, 
die zwei grossen Werke, die wir dem Homer verdanken. Es 
stimmt aber nicht Jedermaun dieser Annahme bei. Schon zur Zeit 
der Alexandriner wurde in Zweifel gezogen, dass der Verfasser der 
Ilias zugleich Verfasser der Odyssee sei, — Ein gewisser Xenon, 
der nicht lange: vor Aristarchus gelebt zu haben scheint, oder dessen 
Zeitgenosse war, glaubte die Entdeckung gemacht zu haben, dass 
die Odyssee von einem andern Dichter herrühren müsse als die 
Ilias. :Diese Ansicht, der auch ein gewisser Hellanikus, ein Gram- 
matiker aus der. Zeit des Aristarchus, huldigte, scheint sich indessen 
auf schwache Gründe gestützt zu ‚haben; denn nachdem. sie von 


hat sicher die genannten Gedichte nie gelesen, oder war beim Lesen mit 
geistiger Blindheit geschlagen, 

*) Der Name unseres Dichters kommt bei Tyrtaeus und Archilechus 
vor, die beiden Werke, Ilias und Odyssee, werden aber erst von Hero- 
dot (lib. II, 116) mit Namen aufgeführt, 

.. ἢ Wir wollen nur an die epischen und unter diesen nur an Vir- 
eilias, Tasao und Milton eringem. 


Von Professor Dr, M. Weisbaupt zu Solothurn. 555 


Aristarchus angefochten worden war, gewann sie nirgends mehr 
festen Fuss, und wurde später höchstens noch als alte Rarität an- 
geführt*). Xenon und Hellanikus sind .sonach die einzigen Sepa- 
ratisten. des Alterthums, von denen wir Kunde erhalten haben; 
und wir dürfen mit Sicherheit annehmen, dass man unter den alten ἡ 
Griechen ziemlich allgemein an einen Homer ‚geglaubt und diesem, 
die. Abfassung der beiden grossen Gedichte zugeschrieben habe, 

Bis gegen das Ende des XVII. Jahrhunderts galt gun. Homer 
allgemein als Verfasser der Ilias und Odyssee; aber bis dahin be- 
gannen neue Ansichten aufzutauchen, die bald noch Mehr in Frage 
zu stellen drohten als die alten Separatisten versucht hatten. Gio- : 
vanni Battista Vico, einer der originellsten Denker, geboren zu 
Neapel im Jahre 1660 nach Christi Geburt, benutzte diese Ansich- 
ten, und sprach zuerst oflen wieder‘ von einem Homer der Iliade 
und einem andern der Odyssee, und behauptete, die Pisistratiden 
haben zuerst die homerischen Gedichte, die ursprünglich nur münd- 
lich und stückweise fortgepflanzt worden seien, gesammelt und in 
Ilias und Odyssee zusammengestellt; und später seien diese zwei 
Werke durch die Alexandriner aufgeschrieben worden. — Genann- 
ter Vico ἘΠ) und später Robert Wood***) (1717—1775) können die 
Vorläufer von ΕἾ, Aug. Wolf (1759—1824) heissen, - 

Nach Fr. Aug. Wolf sind aber auch die einzelnen Theile der 
Ilias. und der Odyssee von verschiedenen Dichtern, aus 4—5 Men- 
schenaltern, und Pisistratus ist der, erste, der die Stückwerke dieser 
Dichter jn eine gewisse Ordnung, gebracht und aufgeschrieben hat, 
Höchst. wahrscheivlich, sagt Walf, liegen den beiden Gedichten 
Gesänge von einem Dichter Homer zu Grunde; keines aber von 
beiden sei so, wie es vor uns liege, das Werk eines einzigen 
Dichters, sondern rühre von mehrern Verfassern her, und die 
Odyssee sei wenigstens 100 Jahre jünger als die Ilias, 

Wolf’s ‚Ansicht hat zahlreiche Anhänger gefunden, und einige 
derselben sind sogar noch weiter gegangen als Wolf selbst gehen 
wollte; aber auch Gegner haben sich in grosser Menge erhoben 
und mit Kraft gegen die neue Lehre gekämpft. Der Streit: wird, 
nun schon bereits mehr als ein halbes Jahrhundert fortgeführt, ‘und 
ist beiderseits oft ziemlich hitzig und. bitter ‘geworden, und hat, 
wie man bei einem Blicke in die Litteratur der neuesten Zeit be 
merken kann, noch kein Ende gefünden +)- Die mässigsten An- 


.*) Seneca de brevit. vie. cap. 13. redet von dieser Lehre des Xenon 
als einer nutzlosen Spitzfindigkeit: Lucian (Ver. -histor. lib. II,: 20) be- 
spöttelt sie; und Longinus (213—273 post Ohr. nat.) fand es nicht einmäl 
der Mühe werth; an sie zu erinnern. - 

**)' Cfr. Scienza nuova di Giambattistä Vico. Milan: 1836. 
+*+) Essay on the original genius of Homer. 1769. 
* +) Es scheint uns überflüssig, die Schriften aufzuzählen, in. denen 
Wolfs Forschungen theils widerlegt oder. vertheidigt, und berichtigt, 
theila vervollständigt und mit neuen Ansichten bareichert, worden sind, — 


556. . 2.2 Die Griechen und Homer. 


hänger Wolf's halten ‘wenigstens an der alten separafistischen Lehre 
des Xenon fest, dass nämlich die Odyssee von einem andern Ver- 
fasser- herrühre als die Ilias; und eine gewöhnliche Annahme dabei 
ist, dass‘ sich mit der Zeit viele Fälschungen ‘in "beide Gedichte 
eingeschlichen haben*). Als. unächt- ‘oder nicht von Homer herrah- 
rend hat man bezeichnet: : " ᾿ς 
den Schiffskatalog (H. II, 484 sqq.); "Helena und Priamus auf der 
Mauer (ἢ. Mi, 1:5 sqq.); ‘Helena und Paris daheim im Zimmer 
(1. 11, 421 sqq.); die’ Episode, in welcher Glaukus und Diome- 
- des einander gegenüber treten (ll. VI; 119 sqq.); Andromachens 
τ Anrede (Tl. VI, 407 sqq.); die Doloneia (Il. X, 314 sqq.); die 
Episode in Bezug auf den Schild des Achilles (ll. XVIH.); das 
"letzte Buch der Ilias; den Gesang des Demodocus (Odyss. VIlI.); 
- den letzten Theil des X1: "Buches der Odyssee (v. 668—629); 
“ das XXIV. Buch der Odyssee, ΝΟ... 
Ferner sind für ünächt erklärt worden: ὁ’ - 
1. 1Π - ΤῊ incl; 11. VII. und IX.; and Hiad. XXIV, 677—804. 
‘ Hermann bielt den 8., 9., 10. 11. und 12..Gesang in der lliade 
“ für eine grösse: Interpolation. Wolf erklärte die letzten sechs 
᾿ Bücher für -ein Supplement aus’ späterer Zeit, und meinte, die 
Tliade habe lange nur 18 Gesänge gehabt, ‘Andere, denen diese 
Abschränzungen zu stark schienen, begnügten sich damit, dass 
sie die zwei letzten Bücher für unächt hielten. Wieder Andere woll-. 
ten die Aechtheit der sechs letzten Gesänge im ‘Allgemeinen gel- 
- ten ‘lassen; meinten aber, in denselben befände sich mancher un- 
ächte Theil, 2. B: der Götterkampf, die Leichenspiele, die Klage 
"über Hector’s Leiche**). — Mehrere von den angefochtenen Stel- 
‘ len gehören gerade zu’ den schönsten und anziehendsten. Wir 
erinnern an die Scene äuf der Mauer (Il. III, 145 sqg ‘), an 
Glaukus und Diomedes (Il. VI, 119 sgq.), an die Gesandtschaft 
“ an Achilles (1. IX, 162 sqq.), an den Schild des Achilles 


. 


Sogar aus Unterschieden im'Gebrauche der Praepositionen hat man auf 
die allmälige Entstehang der Gesänge der Ilias schliessen wollen! — 

*) Sonderbar ist, dass aber auch jene Gelehrten. von Interpolationen 
reden, die in.jedem der beiden Gedichte das Werk: mehrerer Dichter er- 
blicken. Friedr. Aug. Wolf hat in seiner Ausgabe des Homer 93 Verse 
in der Ilias. und 111} Verse. in der Odyssee als vermuthlich untergescho- 
bene eingeklammert. ' 

**) Aristarchus und Aristophanes nahmen an, mit dem 296. Verse 
des XXIII. Gesanges sollte die .Odyssee schliessen. Homer aber wolite 
hier nicht schliessen; denn 'Odyssaus sagt (Od. XXILU, 117 sqq.), dass 
er in der Stadt nicht mehr. bleiben könne, nachdem :or 80 viele Freier er- 
schlagen, und (v. 137 sqq.) dass man die Kunde von ‚der Ermordung der 
Freier verhindern solle, bis er hinaus auf’s Land gegangen.sei. Und die 
Wiedererkennung gehört doch wol auch noch zu dem Gedichte. Wenn 
diese Stelle nicht da wäre, so würde dem Gedichte etwas fehlen, was 
man für einen wirklichen Mangel halten dürfte. Die Psyohapompfe (XXIV, 
1—204) ist allerdings von keinem grossen poötischen Werthe, und scheint 
nicht im rechten Zusammenhange mit dem Vorhergehenden zu stehen. 


Von Professor Dr. M, Weishaupt zu Solothurn. 557 


(ll. XVIIE.), an die edlen ‘und pathetischen: Stellen im letzten 
‚Gesange der Ilias, 
‘ Würden die angefochtenen Stellen aus Homer’s Werken wirk- 
lich herausgenommen, so würden offenbar Haunptzierden verdrängt. 
Die Separatisten und Zerstückler haben indessen Gründe in 
Menge für ihre Behauptungen aufgestellt. . | 
Für den Satz, die Odyssee ‚sei jünger als die Ilias, wurde gel. 
tend gemacht, dass in der Odyssee ein milderes Leben, mildere 
Sitten, bessere Religion und ediere Lebensseiten sich zeigen als 
man in der Ilias entdecken könne. Der politische und sociale Zu- 
stand erscheine in jeder Beziehung cultivirter in der Odyssee*) als 
in der:llias, Dann finde man mehr geographische Kenntniss in 
jener ..als in dieser**); und es komme in der einen manche An- 
gabe vor, die in der andern noch nicht stehe, und.mit Sicherheit 
auf spätere Abfassung 'binweise***), So finde sich z. B. der Name 
Messene nur in der Odyssee. — Auch Sprache. und Darstellung 
seien in der Odyssee ganz anders als in der' Ilias. In jener zeige 
sich viel weniger Leben, viel weniger Geist, viel weniger Origina- 
lität, viel weniger poetische Kraft als in der Ilias, Dass die Odyssee 
und, Ilias nicht. den gleichen und nicht die gleichen Verfasser habe, 
ergebe sich noch aus gar manchem Umstande, am Auffallendsten 
aber aus der Verschiedenheit in Bezug auf historische Facten, My- 
thologie, Lebensansichten;, Darstellung und Sprache. — In mytho- 
logischer Bezieltung legt man ein grosses Gewicht auf den Umstand, 
dass in der Odyssee Merkur die Götterbotschaften besorge, in der 
Ilias dagegen Iris sie verrichte; und das in jener Venus, in- dieser 
aber Charis als Gattin des Vulcan erscheine. Ferner seien die Vor- 
stellungen von. der Uoterwelt anders in der Ilias und änders in der 
Odyssee. | 
Für die Behauptüng, dass jedes der beiden grossen Gedichte, 
die wir: unter Homer’s Namen aus dem Alterthume haben, das Werk 
mehrerer Dichter sei, hat man nachzuweisen gesucht: 
ae) Mangel an innerm Zusammenhang; . | 


. *) P. Kaight, meint, weil in der Odyssee bei Neanung der Leier 
Κάλλοπες erwähnt werden, von denen die Iliag ‚nicht spreche, sei die 
Odyssee jünger als die Ilias. Dagegen wird aber in der Ilias das ξυγὸν 
aufgeführt, wovon die Odyssee nichts weiss. Ferner liest man in der 
Ylias von Götterstatuen, Wagenrändern u. 8. w,, während die Odyssee 
davon nirgends redet. ΝΣ 

ἘΠῚ Das ist aber natürlich; denn die Odyssee jst ein geographisches 
Gedicht. 

*%*) In der Iliade werden aber mehrere Künste erwähnt, von denen 
in der Odyssee keine Spur sich findet. Die Ilias nennt Hornarbeiter, 
Lobgerber, Lederschneider, Wagner, Waffenschmiede, Hafner, Kunst- 
reiter. Ferner wird in ihr von Bewässerung der Pflanzgärten ‚von Boh- 
nen- und Erbsenbau, vom Dreschen und Worfeln, von köstlichen Sticke- 
reien, vom Bemalen des Elfenbeins u. 8. w. geredet, während die Odyssee 
von allen diesen Sachen nirgends redet. Wollte man nun darnach schlies- 
sen, so müsste man eher die Ilias für ein späteres Werk erklären. 


3 


558 - - Die Griechen und Homer. 


ß) Verschiedenheiten in Rücksicht auf Lebensverhältnisse, An- 
sichten nnd Vorstellungen ; 
y) innere Widersprüche; | 
δὴ) Ungleichheit in Bezug auf Sprache und Darstellung. 
Ergibt sich nun aber wirklich daraus: 
1) die Ilias habe einen andern Urheber’ als die Odyssee? 
2) die Odyssee sei wenigstens um 100 Jahre jünger als die Ilias? 
3) beide grosse Werke bestehen ein jedes aus mehrern Partien, 
‘von denen eine jede einen andern Dichter zum Verfasser habe ? 
‘.4) die von verschiedenen Dichtern herrührende, innerhalb eines 
Zeitraumes von ungefähr 500 Jahren (XI—VI. Saecalum) 
verfassten epischen Gesänge, die gegenwärtig die Ilias und 
. Odyssee ausmachen, seien mit der Zeit gesammelt, nach 
zwei Hauptrichtungen eingetheilt und 530 geordnet worden, 
dass sie am Ende als zwei von einander geschiedene m sich 
‚abgeschlossene Ganze: gelten konnten? 
Wir glauben nicht. Unsere Ansicht ist vielmehr: - ΝΣ 
1) Ilias und Odyssee sind’Werke Homer’s, und rühren also von 
‚einem und demselben ‘Verfasser her; 
“ 2) mit der Zeit mögen diese Werke Zusätze und Verderbnisse 
τς, erfahren haben, bedeutend aber können diese bei der hohen 
Verehrung, in welcher der Dichter stand, nicht gewesen 
sein, zumal, da’es soviel’ wie sicher ist, dass Ilias und Odyssee 
von Homer’ selbst aufgesehrieben worden sind. 
Zur Begründung dieser. ünserer Ansicht erlauben wir uns Fol- 
gendes beizubrisgen. ͵ τος 
᾿ Ilias und Odyssee. haben natürlich nicht einerlei Charakter, 
denn sie haben: auch nicht einerlei Lebensseifen und Sitten zum 
Gegenstande. Die Personen in der Iliade sind meistens Fürsten und 
Krieger ; in der Odyssee hingegen. kommen: Wanderer und :Müssig- 
gänger und Leute von allerlei Ständen vor. Die Handlung’ in der 
Ilias bilden hauptsächlich Schlaehten, Kriegstäthe, Kriegspläne, Kriegs- 
rüstungen, Leichenfeierlichkeiten; in der Odyssee kommen haupt- 
sächlich Abentener vor, in der Fremde und daheim, zu Lande und 
zu ‚Wasser, verschiedene Lebens- und Sittenschildernngen, und 
Scenen aus. dem gewöhnlichen und häuslichen Leben. Das häus- 
liche Leben ist in der Ilias Nebensache und nur im Allgemeinen 
berührt; in der. Odyssee. aber. ist, wol die Hälfte der Handlung in 
das Innere von Gebäuden verlegt. In der Odyssee haben: wir ein 
sehr grosses Terrain; in der Hias aber ist die Handlımg auf einen 
schmalen Raum beschränkt. Die Jlias ist arm an Facten, äber 
reich an Gleichnissen; in der Odyssee dagegen herrscht mehr Facten- 
‘ reichthum und darum Armuth .an Gleichnissen; — Neben’ dieser 
Verschiedenheit, die durch den Stoff herbeigeführt ist, gibt es wol 
noch einzelne andere, darunter aber sicher keine einzige, die so 
wäre , dass man dabei nothwendig an verschiedene Verfasser den- 
ken müsste.‘ Vieles liesse sich auch in der Verschiedenheit des 


- 


Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 559 


Lebensalters, 'in welchem das eine und das andere Gedicht von 
Homer verfasst wurde, genugsam erklären, — Ungleichheiten in 
Bezug auf Stil sind jedenfalls ein weit geringerer Beweis für die 
Annahme: verschiedener Verfasser als Gleichheit für die Annahme. 
eines einzigen. Es herrschen aber wirklich bedeutende Gleichheiten 
in beiden Gedichten. Es herrscht in beiden durchgängig ein gewisser 
Grundton, der sich ‘in Denkart, Darstellung und ‘Sprache bemerk- 
bar macht, und eine charakteristische Auszeichnung genannt werden 
darf. Wir’ erinnern an die Auflassung und Zeichnnng der Charak- 
tere, an den dramatischen Gang der Erzählung, an die Weitläufig- 
keit in den Beschreibungen, an die Ausschmäckung bis zum Ueber- 
maasse, an die Art und Weise Gedanken zu beschreiben und in 
Conflict tretende Gefühle darzustellen, an die Eigenthümlichkeit | 
durch Anwendung von Gleichnissen der Erzählung Reiz zu geben, 
wo Armuth an Handlung: es föthig macht, an die Beschaffenheit 
der Gleichnisse,: an die Benutzung des: Contrastes, um’ die Dar- 
stellung lebhafter und interessanter zu machen, an das komische 
Element, an den Hümor, an die Päralltelstellen, ar die Art der 
Monologe, an Widersprüche und Ungenauigkeiten, an die Nei- 
gung zur Spielerei und zum Scherze, an die zur Erklärüng, Zeich- . 
nung und Ausschmückung der Gegenstände angewandten Epitheta, 
an die Titulaturen, an die Stellung der Worte, um durch den Klang 
den Inhalt zu malen, an die Satzverbindung u. s, w. lauter Eigen- 
thümlichkeiten, die auf die gleiche Weise überall in der Odyssee 
und lias- vorkommien. Es mag von 'den genannten Punkten der 
eine und der andere in dem einen Gedichte seltener sich finden als 
in dem andern; aber wo sie vorkommen, da ‚gleichen sie einander 
wie ein Ei dem andern. : In der Ilias begegnen wir dem gleichen 
Humor, der die ganze Odyssee dnrchzieht, an leiehf zählbaren Stel- 
len; ‚aber in beiden Gedichten hat er überall einerlei Gepräge. Eben 
so verrathen die pathetischen und’ erhabenen Stellen, .die in der 
Odyssee in viel geringerer Zahl als in der Ilias sich zeigen, überall 
den gleichen Meister: Die Gleichheit der Denkart und Vorstellung 
stellt sich in beiden Gedichten noch in manchem andern Punkte 
heraus. — Leidenschaften und Gemüthsstimmung werden überall auf . 
die gleich eigenthümliche Weise gezeichnet und Ansichten verschie- 
dener Art auf. die gleich eigenthümliche Weise dargestellt. „Der 
frevelnde Wille unterliegt der Strafe der göttlichen 
Gerechtigkeit; wer den Göttern gehorcht, die Götter 
verehrt und zu ihnen betet, der:findet Erhörung und 
Hülfe, wenn er sie nöthig hat; der Gedanke an über- 
standene Leiden erfreut; das Mitgefühl geht aus, 
Selbstsucht hervor; dem Kummer sich hingeben ist 
eine Lust; das Leben vergeht schnell, und die Men- 
schen entstehen und vergehen wie die Blumen des 
Frühlings; u. 8. w.‘“ Diese und ähnliche Gedanken und Vor- 
stellungen finden sich in beiden Gedichten .auf die gleiche Weise. 


560 Die Griechen und Homer. ὑ 


Bücksichtlich der ‚Bebauptung der Separstisten, die Lebens- 
zustände in der Odyssee seien viel cultivirter und milder als in der 
Ilias, und zeigen, dass jenes Gedicht aus einer viel caltivirtern 
und spätern Zeit stamme, haben wir oben schom bemerkt, dass 
dagegen die Ilias eine Menge von Künsten und afti 
nenne, die in der Odyssee nirgends vorkommen, und die eben so 
gut für Beweise höherer Cultar hingenommen werden könnten. Wir 
haben auch auf die Verschiedenheit des Stoffes hingewiesen und bei- 
gefügt, dass möglicher Weise die zwei Gedichte aus zwei verschiedenen 
Lebensperioden des Dichters herrühren können, das eine aus der 
Jagend und dem kräftigen Mannesalter, das andere aus der spätern 
Lebenszeit. 

Etwas besonders Trügliches bei Ausmittelung des Ursprungs 
und des Alterthums schien uns der Beweis zu sein, der aus der 
Sprache entiehnt werden will; und wir meinten, wenn man die alter- 
tbümlichen Formen, wie sie genannt werden, berechnen wollte, so 
würde wahrscheinlich ein Resultat herauskommen , das eher für ein 
böberes Alter der Odyssee zeugen dürfte. - 

Aus diesen Gründen nun, und weil Aristarchus, Aristoteles, 
Aristophanes, Krates, Longiaus und, mit unbedeutender Ausnahme, 
das ganze classische Alterthum Ilias und Odyssee für Werke Ho- 
mer’s angesehen haben, halten auch wir sie für Werke Homer’s. 

Wir baben uns mit unsern Angaben nun zwar schon zugleich 
gegen die Annahme derjenigen erklärt, welche in jedem der beiden 
Gedichte das Werk mehrerer Verfasser erblicken, und die gegen- 
wärtige Gestalt einem Sammler und Zusammensteller zuschreiben*) ; 
wir müssen indessen doch noch Einiges zur Beleuchtung und Unter- 
stützung unserer Ansicht beibringen, Wir geben. zu bedenken: 

1) dass das grösste Genie nicht immer gleich gut aufgelegt ist, 
und dass darum bei jedem .grössern Geistesproducte leicht 
Ungleichheiten entstehen, und die einer Partien schöner und 
ansprechender ausfallen können als. die audern; 

2) dass Verstösse und Widersprüche versehiedener Art wirklich 
auch in grössern Gedichten anderer Dichter sich finden **); 


*) Pisistretus war der Gründer einer öffentlichen Bibliothek in Athen, 
und für diese sammelte er die homerischen und andern epischen Werke. 
Weitere Dienste hat er dabei nicht geleistet, als dass er vielleicht Werke, 
die man im Allgemeinen, weil sie ähnlicher Art waren, auch homerische 
nannte, was sie aber wirklich nicht gewesen sein mögen, ausschied, und 
dafür sorgte, dass die Rhapsoden öffentlich nur ächt homerische Gesänge 
vortragen durften. Dass man ihm vorwirft, er habe in seiner Ausgabe 
sich Fälschungen erlaubt, spricht gerade dafür, dass Homer’s Werke schon 
aufgeschrieben waren. 

*) Wir wollen einige aus Virgils Aeneis hervorheben. 

2) 1, 667 verbirgt sich Helena im Tempel der Vesta; VI, 511 erscheint 
sie dagegen als Mitschuldige,, die den Griechen die Thore öffaet. 


2) IT, 16 ist das hölzerne Pferd aus Föhrenholz; II, 112 von Ahorn; 


II, 186 aus Eichenholz. 


“ 3) U, 181 verkündigt der Schatten der Creusa dem Aeneas, er habe 


Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 561 


8) dass, wenn Ungleichheiten, Verstösse und Widersprüche in 

- jedem grössern Dichterwerke (sogar aus der neuern Zeit) 
sich entdecken lassen, ein poetisches Werk aus so alter 
Zeit nicht wol von solchen Mängeln frei sein könne; 

4) dass es, wie schon bemerkt, etwas sehr Gewagtes sei, in 
den homerischen Gesängen aus vermeinten Verschiedenheiten 
in sprachlicher Beziehung auf verschiedene Verfasser schliessen 

‚ zu wollen, zumal wenn geborene Griechen, die zugleich für 
ausgezeichnete Kritiker gelten können, wie Aristarchus und 
Krates, von einer so viel sagenden Sprachverschiedenheit 


nichts wissen; . 


5) dass die Kritiker in Bezug auf Ausscheidung sehr uneins 
sind und dass der eine für unächt hält, was dem andern 
für ächt gilt. ει 

Wenn mehrere Dichter zur Hervorbringung der Ilias oder .der 

Odyssee beigetragen hätten, so wäre es wahrhaft wunderbar zuge- 
gangen, wenn der eine Etwas gedichtet hätte, was als Anfang, der 
andere Etwas, was als Fortsetzung, der dritte Etwas, was als 
Schluss eines grossen Gedichtes dienen konnte, 

Wären die einzelnen Partien, von denen jede einem andern 

Dichter zugeschrieben wird, wirklich das Werk mehrerer Ver- 
fasser, so ergäbe sich ferner der Fall, dass Griechenland in einer 
Zeit, die man als rohe zu bezeichnen pflegt, eine Menge von’ vor- 
trefflichen Dichtern - besessen habe, dergleichen kein anderes: Land 
aufweisen kano, 


seine Zukunft in Hesperien und an der Tiber zu finden; III, 7 da- 
egen ist Aeneas incertus, quo fata ferant, ubi sistere detur. 

r, 85 lässt Acolus durch den Kurus, Notus, Africus und Aquilo die 
Flotte des Aeneas anfallen; und doch erscheint der bei dieser Ge- 
legenheit umgekommene Orontes (I, 154) später (VI, 334) als Opfer 
des Auster ; und Leukaspis, der in letzterer Stelle mit aufgeführt wird, 
kommt bei der Beschreibung des Sturmes gar nicht vor. 
5) IV, 52. 309 sqg. verlässt Aeneas ἀπ Dido mitten im Winter; beim 

Landen in Sicilien aber, das wenige Tage nachher Statt gefunden 

haben muss, ist es Sommer oder wenigstens vorgerückter Frühling. 


4) 


6) IV, 310 fährt Aeneas mit dem Aqnile von Africa ab; IV, 562 ist es, 
bfahrt wehte (eigentlich hätte der. 


dagegen Zephbyrus, der bei der 
᾿ Süd wehen sollen); und V, 2 wird Aquilo ‚wiederholt genannt. 


ΤΥ, 715 werden alle troianischen F'rauen in Sicilien zurückgelassen ; 


zu Anfang des VII. Gesanges aber stirbt Caieta auf dem Wege nach 
Latium; IX, 216. 284 erscheint die Mutter des Eurylus wieder, und 
der Dichter sagt uns, sie allein habe das Schicksal der Flotte thei- 
len wollen, während doch auch die genannte Caieta im gleichen Falle 
gewesen war, und eigentlich alle Frauen mitzufahren begehrt hatten, 
8) X, 496 sqg. behält Turnus vom erschlagenen Pallas nur den Gurt, 


und doch heisst es XI, 91, auf dem Scheiterhaufen des Pallas seien’ 


nur Helm und Spiess gewesen, weil die übrige Wehr (Schild, Har- 
nisch, Beinschienen) von "Turnus erbeutet worden seien. 


9) VI, 269 befindet sich Aeneas im Hause des Hades; VI, 424 kann er . 


nicht über die Schwelle kommen, bis Kerberus gewonnen ist. 
Archiv f. Phil. uw. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ. 4. 


562 Die Griechen und Homer. 


Und da wir in der Hauptsache und im Wesentlichen eine durch- 
greifende Einheit, gleichen Plan, ‚gleichen Gang, gleichen Geist, 
‚gleiche Originalität, gleich lebhaften Eindruck „der Naturerschei- 
nangen mit gleich graphischer Gewalt der Beschreibuug, gleiche 
Auffassung und Aufrechtbaltung der Charaktere, gleiche Darstellungs- 
weise, gleiche dramatische Haltung, gleiche Art des bildlichen Aus- 
drucks, gleiche Einfalt und Grösse, gleiche Eigenthümlichkeit in Zeich- 
nupg der sinnlichen und geistigen Gegenstände, gleiche Ansichten 
und Vorstellangen, gleichen Mechanismus u. 8. w, bemerken, und 
alle diese Punkte sehr herrlich sind und bei keinem andern Dich- 
ter in gleicher Weise vorkommen, so hätte in jenen alten Zeiten 
in Griechenland etwas geschehen müssen, was sonst gewiss nie und 
nirgends geschieht, dass nämlich eine Menge von Dichtern alle so 
in ihren Dichtungen übereinstimmten, dass sie, ohne von einander 
zu wissen, miteinander ein Werk von solchem innern Zusammen- 
hange und solcher Einheit und Schönheit schufen, dass es in dieser 
Beziehung . ganz gut für das eines einzigen höchst ausgezeichneten 
Verfassers angesehen werden kann. 

Ist es ferner wahrscheinlich, dass, weun viele Dichter an der 
lliade gedichtet hätten, alle so übereinstimmend die Handlung auf 
so kurze Zeit beschränkt hätten? Und kann man im Ernste glau- 
hen, mehrere griechische Dichter haben für ein griechisches. Publi- 
cum nur solchen Stoff zum Gegenstande ihrer Muse gewählt, der 
sich einzig und allein auf die Entzweiung und Erniedrigung der 
Griechen bezieht? Solche Verkehrtheit aber muss man annehmen, 
wenn man die Ilias für das Werk mehrerer Dichter erklären will. 
Hat ein einziger Dichter die ganze Ilias verfasst, dann ist das Miss- 
geschick der Griechen am Platze,, weil darauf die Verherrlichung folgt. 

Im siebenten Gesange (338 fgg.) wird von Anlegung einer Ver- 
schanzung gesprochen, auf die in allen folgenden Gesängen hinge- 
dentet wird, während in den ersten sechs keine Spur von einer 
solchen gefunden werden kann. Es ist nicht anzunehmen, dass die 
Griechen wirklich 9 Jahre Jaug in einem feindlichen Lande ohne 
verschanztes Lager geblieben seien. Dass nun -aber in den ersten 
sechs Gesängen der Ilias keine Verschanzung erwähnt wird, selbe 
“ aber in allen folgenden zum Vorscheine kömmt, lässt sich ganz gut 
erklären, wenn ein einziger Dichter das Ganze verfasst hat, wäh- 
rend die Erscheinung keine vernünftige Erklärung findet, wenn man 
mehrere Verfasser gelten lässt. 

Und wie kam es denn, dass der Name "Elinv und ‘Eilag bei 
Homer nirgends als generelle Benennungen auftreten, wenn Ilias 
und Odyssee wirklich von mehrern Dichtern und aus einer Periode, 
die von 1100 bis 600 vor Christi Geburt sich erstrecken soll, her- 
vorgegangen sind? Und warum ist die Benennung Πελοπόννησος 
in keinem der beiden Gedichte zu entdecken? — Wir wissen ja 
doch, dass der Name Ἑλλάς schon bei Hesiod (Ἔργα καὶ ἡμέραι 
vers. 651) als Benennung für das ganze Griechenland vorkömmt; 


Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn. 563 


und dass der Name Peloponnes schon in dem sogenannten homeri- 
schen Hymnus anf den Apollo mehrere Male erwähnt wird (250. 
290. 419. 480. 482.). — 

Warum kömmt. nirgends Reiterei vor? warum nirgends gesot- 
tenes Fleisch? warum nirgends Fischspeisen und Geflügel? Wenn 
ein einziger Verfasser für das Ganze gilt, dann sind die 'genannten 
Punkte erklärlich; wenn aber 10, 20, 30, 40, 50 Verfasser gelten. 
sollen, so scheint die Uebereinstimmung in der Sache völlig unbe- 
greiflich. Denn es wird doch wol Niemand glauben, dass genannte 
Sachen in gedachter Zeit den Griechen wirklich unbekannt gewesen 
seien! Kaum das lässt sich denken, dass mehrere Sänger so 
übereinstimmend in der Ilias die Iris und in der Odyssee den Mer- 
cur zur Besorgung der Götterbefehle und Botschaften auserkoren 
hätten. . 
Im VIII. Gesange der. Ilias verbietef Jappiter den Göttern, am 
Kampfe Theil za nehmen. Dieses Verbot wird durchgängig berück- 
sichtiget (wenn es auch gleich von einigen widerspenstigen Göttern 
verletzt wird), bis es Juppiter im XX, Gesange zurücknimmt. Diese 
Uebereinstimmung spricht ‚gewiss anch' mehr für einen Verfasser als 
für viele, 

‘ Kurz, wenn auch gleich in jedem der beiden Gedichte Un- 
gleichheiten, Verstösse und Widersprüche verschiedener Art vor- 
kommen, so lässt sich das bei grössern Gedichten wol erklären: 
unerklärlich aber ist es, wie eine so auffallende Einheit in Bezug 
auf die Handlung, auf die Charaktere u. s. w. sich hätte ergeben 
können, wenn mehrere Dichter und in verschiedenen Zeitaltern an 
jedem der beiden Werke gedichtet hätten. | 

Man wird doch wol nicht behaupten wollen, der Sammier habe 
die Einheit hergestellt! — Und warum hat derselbe alsdann nicht 
auch die Widersprüche u. s. w. beseitiget? — Warum hat er dann 
jene auffalliende Ungenanigkeit in der Erzählung stehen lassen, nach 
‘weicher Telemachus in 11—12 Tagen (II, 874) von seiner Reise 
zurückkehren will, darauf aber ohne Grund 86 Tage abwesend: 
bleibt, und volle 28 Tage im Hause des Menelaos verweilt, wäh- 
rend er sich ernstlich geweigert hatte, auch nur 10 Tage lang da- 
selbst zu verweilen, weil er die harrenden Gefährten nicht so lange' 
warten lassen dürfe? — Warum änderte er die Stelle nicht, nach 
welcher (Od. X, 433) Eurylochus wusste, dass seine Gefährten in: 
Schweine verwandelt worden seien, während vorher nirgends ange-: 
deutet ist, dass er die Verwandlung gesehen oder erfahren habe ? — 
Warum nahm er keinen Anstoss an der Angabe (El. 1, 424), Zeus’ 
und alle Götter seien gestern zu den Aethiopiern gegangen, wäh-' 
rend kurz vorher, am nämlichen Tage, an dem Thetis von der 
Abreise der Götter redet, Minerva zu dem Achilles gekommen war ? 
— Warum heisst es Il. X, 1 sqg-, alle griechischen Führer, mit 
Ausnahme von Agamemnon, haben die ganze Nacht geschlafen, wäh- 
rend wenige Verse darauf (X, 26) gemeldet wird, Menelaos habe 

367 


564 Die’ Griechen und Homer. 


ebenfalls nicht geschlafen? Warum sieht (Tl. X, 10 sqg.) Aga- 
memnon verzweiflungsvoll über «des Schlachtfeld hin, während er 
wenige Verse darauf (v. 21) noch in seinem Bette liegend er- 
scheint? -— Warum, sage ich, hat der Sammler diese und ähnliche 
Disharmonien nicht beseitiget? — Wenn Einer im Stande ist, so 
bewonderungswürdige Einheit in der Hauptsache und in allem We- 
sentlichen herzustellen, wie sich in beiden Gedichten wirklich findet, 
so kann es für ihn doch gewiss keine. Schwierigkeit sein, Einheit 
und Zusammenhang auch in untergeordgeten Dingen herzustellen, - 

Wir finden in den vielen Disharmonien gerade einen Beweis 
für die Aechtheit der beiden Gedichte, und sehen darin die Be- 
bauptung bestätiget, dass das griechische Alterthum gewissenhaft an 
dem ursprünglichen Teste hielt, und dass Niemand es wagen durfte, 
Wesentliches an demselben zu verändern. 

Wir können indessen wol zugeben, dass gewisse Partien im 
Innern der Gedichte erst nach Abfassung des Ganzen gedichtet und 
eingereihet worden seien; aber diese Nachdichtung und Einreihnng 
legen wir auch dem Homer bei, und stellen uns vor, er sei dazu 
aus einem ähnlichen Grunde veranlasst worden, aus welchem Thu- 
cydides einige Stücke mehrere Jahre nach Abfassung des Theiles, 
in welchem sie jetzt figuriren, verfasst und eingereihet hat*). Zu 
solchen Partien kann man den Schiffskatalog (Il. II, 484 sqq.) und 
die Doloneia (Tl. X.) rechnen, Der Dichter fand, dass an der Stelle, 
wo jetzt der Schiffskatalog steht, die Aufzählang der Streitkräfte 
am Platze sei, und dass etwas Wesentliches fehlen würde, wenn 
er sie unterlassen wollte. Und wäre die Doloneia unterblieben, so 
fehlte eine Episode, die offenbar den Zweck hat, den Eindruck zu 
mildern, welchen das Missgeschick der Griechen, das so lange an- 
dauert, auf eine griechische Zuhbörerschaft haben musste. — Wir 
wiederholen es, der ganze Plan, die ganze Ausführung, der ganse 
Zusammenhang, die Eigenthümlichkeit, die sich durchgängig gleich 
zeigt, — Uebereinstimmung in Stoff und Form, — bewegen uns, 
einen Homer anzunehmen und diesem einem beide Gedichte zuzu- 
schreiben. " 

Haben sich mit der Zeit, wir wiederholen auch dieres, sei es, 
um. wirkliche oder nur vermeinte Mängel zu beseitigen, oder aus an- 
dern Gründen, Interpolationen ergeben, so können diese, wir wir: 
oben bemerkt haben, auf jeden Fall nicht-.bedeutend gewesen sein. 
Es wird uns gemeldet, von den alexandrinischen Gelehrten, _beson- 
ders von Zenadotus, seien viele Stellen angefochten worden; aber 
damit, dass sie angefochten wurden, ist die Unächtheit noch nicht 
bewiesen. Nach unserer Ueberzeugung ist das Unternehmen, die 
Fälschungen im Homer zu entdecken, ein sehr gewagtes, zumal aber 


*) Wir erinnern nur an Thucyd. IV, 81, 2. 108, 8. II, 65, 3—9. 
100, 1.. — Spätere Abfassung und Kinreilung genannter Stellen ist δο- 
wiss jedem aufarerksamen Leser klar. _ 


Von Professor Dr. M. Weishaupt zu Solothurn, 565 


für-einen Kritiker der modernen Zeit. Wenn ein moderner Kriti- 
ker auch gleich ein ausgezeichneter Philolog sein sollte, so ist er 
doch noch kein Grieche der alten Zeit, und durchaus nicht sicher, 
dass er sich nicht irre. Nur gar zu leicht, glauben wir, könne Einer 
Schein für Wahrheit nehmen, und als unächt ausscheiden, was ächt 
ist, dagegen Untergeschobenes für ücht erklären. — Wenn gewisse 
Wortgestalten. nur in einem der beiden Gedichte oder nur in der 
einen oder der andern Partie eines Gedichtes vorkommen, wenn in 
den .einen Rhapsodien mehr glänzende Gedanken sich finden als in 
den andern, wenn ‘in dem einen Theile der Dichter für uns ver- 
ständlicher ist als in dem andern, oder wenn wir heim Lesen in 
dein einen Gesange viel mehr unbekannte Wörter antreffen als in 
einem andern, wenn ein Held in einem Gesange barscher und ener- 
gischer auftritt als in einem andera, so lässt sich dieses doch ge- 
wiss erklären, obne dass män geradezu zur Annahme verschiede- 
ner Dichter greift. — Wie schon gesagt worden, bleibt der geist- 
reichste Mensch nicht immer gleich geistreich, und der beste Dich- 
ter nicht immer gleich dichterisch gestimmt. Sodann mögen An- 
sichten und Geschmack eines Menschen nach seinen verschiedenen 
Altersjahren und Lebensstafen, die er durchlebt, leicht verschie- 
dene Färbung annehmen; und was kleine Disharmonien betrifft, so, 
finden sich solche, wie wir aben hinlänglich angedeutet haben, auch 
in andern grössern Werken. . 

Wechsel in Bezug auf Wortgestalten, Wortverbindung und 
Ausdruck kann durch die Natur der Handlung herbeigeführt sein. 

Bei Homer kömmt überhaupt gar Vieles zur Berücksichtigung, 
und gewiss nicht am Wenigsten der Wohlklang. 

Hiermit schliessen wir unsern Artikel. 


‚Miscellaneorum criticorum fasciculus quinius. 


1. Quae L. Annaei Senecae tragoediis adiungitur Incerti Octavia 
cum alias ob causas viros doctos exercuit, tum Nutrix Poppaeae post 
dominae nnptias cum Nerone factas inde a vs. 604 talia profert quae 
ab editoribus aut explicata sint male aut temere tentata. Nam post- 
quam tantam consecuta honorem non laeto vultu prodiit Poppaea 
sed trepido pertarbatoque animo, fidelis famula praeter reliqua do- 
ıninam sic fingitur consolari: 

Caesari iuncta es tno 
taeda iugali, quem taus cepit decor 
et culpa Senecae, tradidit vinctum tibi 
genitrix amoris, maximum numen, Venus. 

Nullam discrepantiam e libris scriptis aut Franc. Ritter in .editione 
huius fabulae commemoravit aut apparatus lemairanus, sed asperae 
orationi medelam qualemcungne attulerit addita post genitrir copula, 


506 . Micellaneorum criticorum fascdculus quintus. 


meminique ipsam illad genitrixque in Veneta estare, quae a, 1492 cum 
notis Bern, Marmitae prodiit: certe vel audacissima Gronovii conietura 
et culpa nuptae simul requirere videtur genärizyue vitandi asyndeti 
causa. Facilius sibi videbatur scribere Bothe πες culta Senecae, ut 
praeter Poppaese virtutes ipsa Venus, neglecta illa a philosopho 
et contemta conciliasse nuptias iactaretur; sed nonne in’ levissima 
hac coniectura nec referetur ad dradidit, quo sententia ineptissime 
procedit? . Erat cum non displiceret et culta Senecae (sc. Octavia) 
tradidi vinetum {ἰδὲ genitrizque Amoris, ut praeter veaustatem pel- 
licis dicerentur nuptiae contractae esse a Venere et ab ipsa Octavia, 
quia Neroni propter tristitiaın et meorositatem invisa eraf: sed neque 
Octaviam unice coluerat Seneca quem scriptores ἢ) argwant com- 
mercio inter prineipem et: Acten libertam favisse (quia nalla iniuria 
fieri videretur abalienato a Clandii filia mariti animo), neque libro- 
rum antiquorum lectio statim abiicienda erat. Nam codices, ut mo- 


*) Disputat quidem pro Octavia contra Poppaeam in tragoedia Seneca, 
sed postquam Nero divortio facto id egit ut pellex iusto matrimanio 
sibi iungeretur, Ipse imperator Buetonio teste Ner. 35 “Octaviae con- 
suetudinem cito aspernatus corripientibus amicis sufficere illi debere re- 
spondit uzoria ornamenta’, nee negAaverim ἐπέξῥο etiam Senecam opem 
tulisse imperatrici, siquidem credibile est hunc quoque ex istis smicis 
fuisse: sed postquam implacabile discipuli odium et fastidium animadver- 
tit, historia teste in ἰδία Neronis voce acquievit atque ipse contra Agrip- 
pinae impotentiam amores principis adiuvit, donee vel nomen uxoris 
filiae Claudil eriperetur. Nam si hispanus princops apud Lesage Gil 
Blas 5, 1. 405 germ. vers. non inepte affırmat ‘diligi guidem vehementius 
pellices, sed uxores in maiore honore habendas esse’, rursus pro viribus 
sustentare Octaviam conveniebat Senecae, ubi vidit de divortio cogitari: 
7° pertinet etiam egregium Burri dietum apud Dionem Cass. 62, 13 

.4. 68 Sturz. Βούῤῥδου ἐναντιουμένου καὶ κωλύοντος ἀποπέμψασϑαι 
καί ποτὲ εἰπόντος Οὐκοῦν καὶ τὴν προῖκα αὐτῇ (τουτέστι τὴν ἡγεμο- 
νίαν) drodog’. Ceterum quomodo purpuratum adolescentem rexerint idem 
Burrus et Seneca, multis indiciis constat: Dio 61, 4 T. 4. 10: τὸν δὲ δὴ 
Νέρωνα ερυφᾷν εἴων ὅπωρ ϑδιακορὴς (ἄνευ μεγάλου τινὸς τῶν 
κοινῶν πάντων κακοῦ) ὧφ ἐπεθύμει γινόμενος μεταβάληται. Ta- 
citus Ann. 13, 2 “iuvantes invicem quo facilius labricam principis aeta- 
tem, si virtutem aspernaretur, voluptatibus concessis retinerent’. Idem 
13, 12 “infracta paullatfin potentia matris delapso Nerone in amorem li- 
bertae, cui vocabulum Aote fuitz — — ne severioribus quidem principis 
amieis adversantibus, muliercula nulla euiusguam iniuria cupidines prin- 
cipis. explente — — — ne in stupra feminarum illustrium prorumperet, si 
1116 libidine prohiberetur’; constatque e sequentibus in celango hoc amore 
magnas partes fuisse Annaei Sereni familiarissimi nostro philosopho. 

‚Idem Cluvio auctore 14, 2 narrat “Agrippinam usque eo provectam ut 
medio diei, cum id temporis Nero per vinum et epulas incalesceret, of- 
ferret se saepius temulento comtam et incesto paratam; iamque lasciva 
oscula et praenuntias flagitii blanditias annotantibus proximis, Senecam 
contra muliebres illecebras subsidium a femina petivisse, immissamque esse 
Acten libertam, quae simul suo periculo et infamia Neronis anxia defer- 
ret — — non toleraturos milites profani principis imperium’. Ac ne Pop- 


Amen quidem ante nuptias adversatum esse Senecam, liquet ex eodem 
‚Tacito Ann, 14, 1 extr. 


Soripsit Fr, Vater. 567 


noi, plane aliud flagitant, misi quod vetusta editio Bibliothecae re- 
giae berolini quae quarta forma minori 8. |. et a. prodiit, solasque 
Hercnlem Fur. et Octaviam (nisi memoria post viginti annos fallit) 
continet, illam locum menduse sic exhibet “et culpa Senecae tra- 
didit iunetum tibi genitrix maximum munere Venus’ omisso amoris: 
de qnibus sordibus me iudice non amplius quaeretur. Quomodo 
autem se expediverunt interpretes qui merito vulgatam exponebant? 
Nimiram cum Delrio existimabant Senecam dissuadendo consecutum 
esse ut Poppaeam Nero acrius amaret, hancque ipsam coniici in 
sapientem culpam; quare Baden ad sermonem inter magistrum et 
discipulum inde a vs. 682. provocabat, docebaturgue e Plauto quod 
dissuadetur placere, et ex Ovidio' nfti homines in vetitam atque ac- 
cendi vitia irritarigae vetando. Sed talia et trita sunt neque tollunt 
st qua est diflicultas: nam si Seneca vel invilus nuptias Poppaeae 
adiuverat, non culpa sed potius: benefcium videri debebat nufriei 
Poppaese, quod enim Octavia crimen putabat, idem pellicis amici 
aliter aestimaturi erant. Ac si mentem Ritteri recte capio qui me 
interprete Senecam Neronis cum Octavia consuetudinem clam adin- 
visse suspicatur (quemadmodum eundem in annotatione demonstra- 
vimas Acten contra Ägrippiaam subornasse): illa quoqne opinio iis- 
dem rationibus redarguitur, satisque constat ex historia quod non 
dant proceres dare mulierculas pro tantis eiusmodi meritis. Itaque 
quidquid fecerat, si causa istius matrimonii extiterat Seneca, non 
vituperatura erat Nutrix sed laudatara praeceptorem Neronis et (sit 
venia verbo) mercurium. Praeterea fertur etiam de caede Agrip- 
pinae a Delrio mentio iniecta esse: cuius si auctor argueretur phi- 
losophus apud bonos quidem culpa non vacaret; sed dubito an ve- 
tula ista scelus atrocissimum sine quo nuptiae dominae peragi non 
potuerant noluerit tam severe castigare: quis enim persuaserit sibi 
facinus Poppaeae gratissimum culpae fuisse Senecae apud ancillam 
eius, quam praeterea non latebat ipsum Neronem cum Othone suo ἢ 
Poppaeamgue necis architectos fuisse, etiamsi praeceptor rem non 
plane improbaret **)? Sed dudum exagitamus quae incredibilia 


*) Suetonius Oth. 3: *Omnium autem consiliorum secretorumque par- 
ticeps, die quem necandae matri Nero destinaverat ad avertendas suspi- 
ciones coenam utrique exquisitissimae comitatis dedit’. At oonstat Agrip- 
pinam occisam esse a. U. 813 Othonemque revertisse 822 e Lusitania, 
quem tamen Suetonius 1. J. provinciam per deeem anyos administrasse 
auctor est. Igitur aut error est aut cogitandum de tentata caede sed 
non perfecta: nam idem Suetonius Ner. 34 scribit “cum ter veneno ten- 
tasset sentiretque antidotis praemunitam, laeunaria quae noctu super dor- 
mientem laxata machina deciderent paravit’, et de veneno testes quedam- 
modo etiam Tacitus Ann. 14, 3 et Dio 61, 12 T.4. 28 sunt. Certe Bau- 
lis ab Othone exceptam esse Agrippinam parum credibile est. 

ἘΝῚ Videor mihi quam modestissime de Seneca locutus esse, de quo 
Dio 61, 12 T. 4. 48 καὶ αὐτὸν καὶ ὁ Σενέκας ὡς πολλοῖς καὶ ἀξιολόγοις 
. ἀνδράσιν εἴρηται παρώξυνεν, εἴτ᾽ οὖν τὸ ἔγκλημα τὸ nad’ ἑαυτοῦ ἐπη- 
λυγάσασϑαι βουληθείς (arguebatır &nim stupri eum Agrippina commissi), 


568 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus, 


sunt: superest ut solam veram interpretationem ne mutatä quidem 
littera offeramus. Scilicet ipsa Venus vocatur culpa ‚Senecee, quia 
pbilosophus propter stoicorum rigorem importunitatemqgue certe ver- 
bis voluptatis osor *) erat et immundas Neronis libidines fortasse 


"size καὶ τὸν Νέρωνα ἐς μιαιφονίαν ἀνόσιον προαγαγεῖν ἐθελήσας ἵν᾽ 
ὡς τάχιστα καὶ πρὸς θεῶν καὶ πρὸς ἀνθρώπων ἀπόληται. Bed quid- 
quid est qui cum aliis semper id egerat ut potentia Agrippinae infringe- 
retur, ilie certe scriptum meditatus est quod Nero occisa matre ad sena- 
tum misit: “ergo iam non Nero’ ut cum Tacite loquar Aan. 41; 11 ‘culus 
immanitas omnium questus anteibat, sed adverso rumore Seneca erat 
quod oratione tali confessionem scripsisset’”. Gravius oorripitur philo- 
sophus ab interpr. Dionis T. 6. 425 sp. pigetque quantum aut domina- 
tionis cupido aut eloquentiae ostentatio optimam indolem corrumpere va- 
laerint. Negue vero praetermittendum quod Tacito auctore Ann. 15, δὲ 
morti proximus ipse Beneca affırmat: 'nec sibi promtum in adnlationes 
ingenium; idque nulli magis gnarum quam Neroni, qui asepius libertatem 
Senecae quam servitium expertus esset’. 

”) Non maximam castitatem philosophi fuisse apertum est, quanquam 
et ipse innocentiam simulat et B. Hieronymus in Catalogo sanctorum 
oollocasse fertur Senecam, propter commercium cum apostolo Paulo (coll. 
interpr. ad Taeit. Ann. 15, 73) continentiesimae vitae fuisse ratus: quas 
laudes non tam factis quam soriptis consecutus est. Quam diversus 
enim ille guem Dio 61, 10 T.4. 22 monstrat! ὁ δὲ Σενέκας αἰτίαν ἔσχε 
καὶ Evenindn ἄλλα τε καὶ ὅτι τῇ Aygımnlvy συνεγίνετο. [οὐ γὰρ 
ἀπέχρησεν αὐτῷ τὴν Ἰουλέαν μοιχεῦσαι οὐδὲ βελτέων ἐκ τῆς φυγῆς 

ἔνετο, ἀλλὰ καὶ τῇ ᾿ἡγριππίνῃ τοιαύτῃ τε οὔσῃ καὶ τοιοῦτον υἱὸν ἐχούσῃ 
ἐπλησίαξεν)]. οὐ μόνον δὲ καὶ ἐν τούτῳ αλλὰ καὶ ἐν ἄλλοις πάντα 
τὰ ἐναντιώτατα οἷς ἐφιλοσόφει πριῶν ἠλέγχθη. velut 62, 2 Τ' 4. 48 
bellum britannicum cruentissimum Senecae avaritia iactatur exarsisse. Tum 
priore loco carpit sceriptor τὰς ἀσελγείας ἃς πράττων γάμον τε ἐπιφα- 
veorazov ἔγημε καὶ μειρακίοις ἐξώροις ἔχαιρε καὶ τὸν Νέρωνα 
ποιεῖν ἐδίδαξε, καίπερ τοσαύτῃ πρόσϑεν αὐστηρότητι τῶν τρόπων 
χρώμενος, ὥστε καὶ αἰτήσασθαι zug’ αὐτοῦ μήτε φιλεὶν αὐτὸν μήτε 
συσσιτεῖν αὐτῷ. [καὶ τούτου μὲν καὶ πρόφασίν τινα ἔσχεν ἵνα ηδὴ καὶ 
φιλοσοφεῖν ἐπὶ σχολῆς δύνηται, μηδὲν ὑπὸ τῶν δείπνων αὐτοῦ ἐμποδι- 
ξόμενορ" τὸ δὲ δὴ τοῦ φιλήματος οὐκ ἔχω συννοῆσαι διότι ἐξέστη. ὃ γάρ 
τοι καὶ μόνον ἄν τιρ ὑποπτεύσειεν ὅτι οὐκ ἤϑελε τοιοῦτο στόμα φιλεῖν, 
ἐλέγχεται ἐκ τῶν παιδικῶν αὐτοῦ ψεῦδος ὄν]. Putabam de alio ho- 
mine verba fieri, quia videbam eadem occasione Burrum οἱ Pallantem 
accusatos et Senecae preoibus absolutes ‘esse; quorum Burrus gratus 
Agrippinae ideoque suspectus Neroni erat teste Tacito Ann. 13, 20, Pal- 
las autem Claudii libertus praeter Caiam principem Lepidumque (Dio 59, 22 
T.3. 699. Tacitus Ann. 14, 2 c. int.) Soforium Tigellinum (Dio 59, 23. 700. 
schol. Iavenal. Sat. 1, 155) Serv. Sulpicium Galbam (Sueton. Galb. 5) 
Fenium Rufum (Tacitus Ann. 14, 57. 15, 50) A. Plautium (Suetonius Ner. 35) 
aliosque maxime famosus Agrippinae adulter vocatur apud Taeitum Ann. 
12, 25. 65. 14, 2: sed rem rursus tetigit Dio 61, 12 T. 4, 28 Senecae ad- 
hortationibus ad interfiiendam matrem compulsum esse Neronem asserens, - 
τὸ ἔγκλημα τὸ xa®”’ ἑαυτοῦ ἐπηλυγάσασϑαι βουληθέντος, negue incre- 
dibile est dominationis ergo εἰΐδαι Agrippinam et constupratam esse a 
philosopho et fastidii causa νοὶ propter perioulum deinde interfectam. 
Ceterum ut etiam hoc moneatur, non dubito quin haec iecerit Dio per 
occasionem rerum a Iunio Silano gestarum, quae quibus machinis Agrip- 
pinam detulerit narrat Tacitus Ann. 13, 19 8ηᾳ. (tunc enim ope Senecae 


/ 


“οὖ Seripsit Fr. Vater, 569 


damnaverat aliquoties-fortiter et severe. Quod ubi sumitur (et quidni 
samatur ἢ) sola distinctione deaque revocato cum libris ommibus legimus: 
| . quem tuus cepit decor, 
et culpa Senecae tradidit vinctum tibi 
gemitrix Amoris, maximum numen Venus. 


dignationem Burro retentam esse F'abius Rusticus prodiderat); vel si hoc 
magis placuerit, potest etiam de indicio Paeti cogitari qui eodem teste 
13, 23 aftirmaverat Pallantem et Burrum consensisse ut Cornelius Sulla 
ad imperium vocaretur. — Sed ut eo redeat sermo unde digressus est, 
lenius de altero Senecae adulterio iudicat idem Dio 60, 8 T.3. 740, in- 
vidia Messalinae primum relegatam et paullo post ocolsam 6880 nAr- 
rans Iuliam Germanici filiam, ἐγκλήματα αὐτῇ ἄλλα τὸ καὶ μοιχείας 
παρασκευάδσης ἐφ᾽ 7 καὶ ὁ Σενέκας ὁ Avyvıog ἔφυγε: quae 
verba detorqueri possunt cum vet. int. Iuvenal, Sat. 5, 109: *“8eneca 
sub Claudio quasi conscius adulterorum Iulise Germanici filiae in Cor- 
sicam relegatus post octennium revocatus est’. Suetonius Claud. 29 *Iu- 
liasque alteram Drusi alteram Germanici filiam erimine incerto nlec de- 
fensione ulla data occidit’. Cum Seneca Apocol. alteram ferro alteram 
fame prodat perisse, dubitare licet an Auctor Octaviae Germanici filiam 
et per. eam Senecam adsolverit vs. 946 “Iulia matris fata secuta est; post 
longa tamen tempora ferro oaesa est quamvis primine nullo’; nam Beneca 
videtur ordinem temporum secutus esse, constatque ante Drusi filiam oc- 
cisam esse Germanicı filiam (Dio Cass. 60, 18 T. 3. 762); praeterea autem 
Tacitus testatur Ann. 13, 43 ‘Iuliam Drusi filiam Sabinamque Poppaeam 
ad mortem actas’, quae dictio a ferro aliena sit sed famem maxime com- 
mendat (quemadmodum Poppaea ‘terrore carceris ad voluntariam mortem 
propulsa’ ferebatur fato functa esse Ann. 11, 2, atque Neronem Germa- 
nici filiam Tiberius teste Suetonio 54 fame necavit, quem putabant ad 
voluntariam mortem coactum esse cum ei carnifex laqueos et uncos osten- 
taret); denique quamvis inter caedes Agrippinae fillaeque Iuliae apud 
tragicum interiectum sit supplicium Liviae (quare editores temere de 
Drusi Iulia cogitabant), tamen e manifesta Taciti imitatione Ann. 14, 63 
infra cap. 15 nostram interpretationem astruximus, quia Drusi filia non 
relegata sed statim fame interemta est. Dicemusne igitur etiam prae- 
-textae sceriptorem Senecae innocentiae patrocinari? Sed hunc rursus 
damnat iudex non aequissimus P. Suilius apud Tacitum Ann. 13, 42 ‘in- 
fensum Claudii amicis (Senecam) sub quo iustissimum exilium pertulisset 
— — se quaestorem Germanici, illum domus eius adulterum fuisse — — - 
corrupisse cubicula principum feminarum’. Si autem recte sentio Demo 
acrius telum ipso Seneca praebet: ubi enim spurcissimas Hostii Quadrae 
voluptates explodit Quaest. nat. 1, 16 incalescere videtur.ipse et prurire, 
atque immandissima titillatio verba ministrasse; quare iam vet. interpres. 
honestius’ inquit tacuisses, Seneca! pudet enim haec commentari aut 
legere’, neque satis recte ista excusabat Legrange in edit. lemair. T.5. 
150 sqq. Quanto verius Lessing (Rettung des Horaz T. 4. 212) de phi- 
losopho ‘Er giebt sich alle Mühe die Augen seiner Leser auf diesen 
(schmutzigen) Gegenstand recht zu heften: Man sollte schwören er 
rede von dem freiwilligen Tode des Cato, so feurig wird er dabei’. 8i- 
mili autem. impetu Apologetae quidguid sordium antiqua mythologia offe- 
rebat studiose conguisiverunt et oblivioni eripuerunt (velut fabulam Pro- 
sumni cam Boekh. ad Corp. Inscr. gr. 1535 T. 1. 708 vel Polyhymni), 
facile ut credas ne tantis quidem viris foedissimas histerias displicuisse! 
taato cam ardore narravere quae profani maluerunt praetermittere! Ne- 
que dedita opera castigarem nisi ipsi castitatem simularent ceosque iInse- 


570 Miscellaneorum criticorum faseiculus quintus. - 


Similiter Amphitruo Herc. F. 1315 nuncupatur ‘Hercalis sant scelus? 
voluntaria Aleidae morte moriendi necessitate etiam nutritori impo- 
sita. Satis autem notum est eiusmodi vocahula, velut scelus horro- 
rem odium vim iniuriam (ut cum Gellio loquar N. att, 19, 12 qui 
de ultimo egit) tam illorum esse qui patiuntur quam qui faciunt. 
Livius 4, 32, 5 scelus legatorum contra ius gentium interfectorum. 
Silins Ital. 5, 391 gelidusque sub ossa pervasit miseris conspectus 
consulis horror. Caesar B. civ. 3, 110, 4 vim suorum defendebant. 
Cicero in Pison. 1, 1 bominum querela frontis tuae, Idem tausc. 
disp, 4, 11, 27 mulierum odiam ut Hippolyti, et ut Timonis ge- 
neris humani. Caesar B. gall. 1, 30, 2 pro veteribus Helvetiorum 
iniuris populi romani. Livius 2, 55, 10 querantur iniurias suas, 
vim plebis, Idem 1, 14, 3 espiarentur legatorum iniuriae regisque 
cuedes. Caesar B. εἶν. 1, 7, 7 imperatoris sui tribunorumgue ple- 
bis iniurias defendere etc. ᾿- 

2. Quodsi aut fama obtinebat damnari a Seneca flagitinsos 
Neronis amores, aut si ipsi stoico eiusmodi rumörem spargere pla- 
cebat, recte producebatur in tragoedia vitae dissolutae quamı prin- 
ceps vivebat reprehensor, poteratque a sectatore et admiratore qui 
Octaviam edidit vel propter superstites tragoedias Seneca Hippolytis 
accenseri ipsaque Venus novi Euripidis odium perhiberi*): certe 
petulantissimam Poppaeam eiusque famulam talis irrisio maxime de- 
cebat. Nec praefracte negaverim de se quogue ipsum Senecam 
hoc iacere potuisse, si tale argumentum tractasset: sed’ ubi super- 


ctarentur quibus livebant: nam Horatium (quem Lessing temere cum Hostio 
confadit) propter Suetonii vitam minus fastidio quam ἰδίου -publicos pee- 
“ dagogos, qui tamen bacchanalia aut vivunt aut vivere cupiunt.. Ac iusta 
interpretatio non maiorem atrecitatem in victu Horatii (si vera ferebantur) 
concesserit quam in moribus optimi viri Isocratis, qui teste Vita plutar- 
chea 839 A ἐγένετο πρὸς τὰ ἀφροδίσια καταφερὴς More ὑποπάστῳ 
παρειλκυσμένῳ ἐν τῇ κοίτῃ χρῆσθαι, κρόκῳ διάβρογον ἔχοντα τὸ προσ- 
κδῳάλαιον, quibuscum verbis compono Die Chrys. 62,6 T.2. 323 R. de 
Sardanapallo ἀποδιδράσκων εἰς τὴν γυναικωνῖτιν καθῆστο ἐπὶ χρυση- 
λάτου κλένης ἀναβάδην ὑπὸ ἁλουργέσι παστοὶς. . 

*) In Octavia inde a vs. 552 Seneca adversus Amorem debaccchatur 
ac tribuitur eidem versus 431 “turpi libido venere dominatur poten»’: 
quare haec fortasse confirmant Hippolytum a philosopho editam esse, quae 
tragoedia una acerbissime castigat laceratque mulierum libidines. Constat 
quidem Prisciaaum quoque versiculum eiusdem fabulae Senecae assignasse, 
sed videtur his testimoniis philosophus guoque ipse addi posse, si sta- 
tuator leni irrisione sua carmina tetigisse Epist. 104 ‘Maeander poätarum 
omnium (velut Prudentii Cathem. 73) exezcitatio et ludus implicatur ere- 
bris anfractibus et saepe in vicinum alveo δα admotus antequam sibi in- 
fiuat flectitur”. Nam praeter Herc. F, 684 c. Baden p.82 ed. sing. et 
Phoen. 605 rursus Hipp. 14 Maeander pro Cephisso attico ponitur de- 
seribiturque eleganter, ubi in librorum lectione acquieverimus comparata 
Sophoclis parodo Oed. ©.685 sqq. Accedit quod emendatio "ut Maeander? 
et codicibus adversatur et praeter necessitatem ad Ilissum transfert quae 
minus idonea sunt. ᾿ 


Seripsit Kr. Vater. - S7l 


stitem praetextam Incerto assignabam, profitebar aeque errare me 
indice qui L. Annaeo Senecae quondam tribuebant *) ac Franc, 
Ritterum Ouriatio Materno vindicaturum, [5 vero haec primum ex- 
plodatur opinie, considerandus. est ipse Maternus de quo Eckstein 
noster .. erudite disputabat in Proleg. in Taciti qui fertur Dial. de 
Orat. Bal..1835 inde a p. 5. ' Id tamen amico largiri non possum 
quod nimis audacter Materno solum praetextas p. 7 concedebat, ipse 
non immemor ’Medeae et 'Thyestae quas tamen ‘de aliorum fabulis 
accipiendas et ad Ovidii Variique tragoedias nobilissimas referendas 
esse’ p.9 opimabatur, merito adversante Welckero de trag. graec, 
1461 not. Credibile vero est istas coniectaras dudum .spretas esse 
a viro clarissimo; quod enim putabat “ingenii eius natara reddi pro- 
babile’ (a Materno solas praetextas editas esse) “et indicari Apri 
verbis’ (in Dial. 3 Domitium et Catonem, id est nostras quoque 
historias et remana nomina Graecorum fabulis aggregas): hoc nobis 
plane aliter visam est. Nam ad carpenda suae aetatis vitia lau- 
dandasque virtutes non minus apfa erant graeca argumenta, quia 
et Mida rex teste Vita Persii ad Neronem referebatur et Agamemno 
vel Atreus **) eidem consilio maxime convenire videbantur, siquidem 
aliud sonabat aliud intelligebatur: nam ut est in proverbio pro asino 
sarcinas feriebant. Praeterea qui libris scriptis fidem habeant vi- 
derintque certe Thyestem nulla interpretatione removeri posse: iis, 
inguam, testari videbitur Aper argumenta Materni cum e Graecorum 
mythologia tum ex historia romana hausta esse: nam fabulas Grae- 
corum apud Tacitum ***) non tam tragoedias Graecorum esse quam 


*) Praetermitto quorundam coniecturam quam Lange commemorat 
Vind. trag. rom. 9, Scaevam Memorem auctorem Octaviae esse, qui vi- 
dentur solam elementorum similitudinem spectasse: nam si ‘romani fama 
cothurni’ vocatur Memor, nondum certum est eum praetextas scripsisse, 
et tribuitur ei Hercules aliqua. Ac si ductus rimaremur, L. Annium (sive 
Aurelium) Verum commendaremus (de cuius nominibus vid. int. ad Dion. 
Cass. T. 6. 677), quem cum L. Annaeo (Seneca) confusum esse non mi- 
rarer, cuiusque aetati Octavia maxime convenit. Sed testimonium Aur. 
Victoris Epit. 16 “carminum, maxime tragicorum studiosum fuisse’ non- 
dum fidem facit Verum tragoedias etiam scripsisse. 

ἘΚ) Suetonius Tib. 61 ‘obiectum est poetae quod in tragoedia Aga- 
memnonem probris lacessisset’”. Eodem principe teste Tacito Ann. 6, 29 
‘delatum est argumentum tragoediac a Mamerco Scauro scriptae, additis 
versibus qui in Tiberium flecterentur’: quam Atreum fuisse affırmat Dio 
58, 31 T.3. 626 c. int. T. 6. 302 et Welckero |. 1. 1438. Etiam alibi 
Tiberius Agamemno est apud Dion. 59, 19 T.3. 686, quemadmodum Pom- 
peius Magnus ibid. 42,5 T.2. 12. Plutarch. v. Pomp. 67. 654. Propter 
similes carminum aut orationum figuras perierunt Aelius Saturninus sub 
Tiberio apud Dion. 57, 22. 566, sub Caio Carinas Secundus ibid. 59, 20. 
690, ipse Maternus ibid, 67, 13 T. 4. 276 sub Domitiano et Hermogenes 
tarsensis atque Helvidius filius apud Sueton. Dom. 10 etc. 

*++) Dialogum sine omni haesitatione Tacito reddidi, cuius nomen 
haud facile a quoquam in suspicionem vocatum esset, nisi occasionem dubi- 
tandi Quinctilianı libelus de causis corruptae eloquentiae obtulisset: 


‚572 Miscellaneorum criticorum fasciculgs quintus. 


dramata latina ipsiusque Materni ex historia Graecorum fabulosa 
derivata totias loci sententia suadet. Denique eiusdem Apri verba 
Dial. 9 (neglecta illa ab Ecksteinio) “cui bono est si apud te Aga- 
memno aut Iaso diserte loguitur ?? iterum offerunt Medeam et Thye- 
stem (si quidem in hac adolescens prodierit Atrei filius), aut adco 
fertiam testantur graecam: quam Welckeri opinionem 1. l. 1461 cum 
Rittero praef. XXIV not. praetulerim, quia regem Agamemnonem 
eredibilius est disertum fuisse in curiatiana fabula‘ quam invenem. 
Ulterius autem progressus est vir subtilissimus Ritter, qui non tam 
solas praetextas Materno concessit quam solum Maternum post nero- 
niana tempora in hac specie elaborasse asserebat p. XII; .quem mi- 
Τοῦ tam fortiter affırmasse quod argumentis neque demonstrari pot- 
est neque refelli. Qna enim fiducia hoc asseveraret, si Taciti dia- 
logus una cum multis aliis bonis operibus perditus esset? Itaque 
si praeter hunc similis argumenti libelli hodie quoque extarent, for- 
tasse ne alios quidem praetextarum auctores aeque aut magis ido- 
neos ignoraremus: unde patet in tanto optimarum litterarum nau- 
fragio incertissiimam et plane frivolam esse coniectaram. 

. 8. Visum tamen est in Materni Domitium sive Neronem altius 
inquirere, quod inde quoque commentum vanıssimum male susten- 
tatır et nescio quid praesidii petitur. Nam de Demitio quidem nulla 
praeter nomen extaret memoria, nisi.cum Neukirch de fab. tog. 98 
(quo libro invitus carebam) Eckstein 1.1, 8 et Welcker 1464 pro- 
babiliter sumerent, Neronem quae creditur et Domitium diversa eius- 
dem tragoediae nomina fuisse, quae pleno Domitii Neronis nomine 
inscripta fuerit. Provocatur etiam ad Tacitum Ann. 12, 14 quo 
teste discordiae inter Neronem et Brittannicum initium fuit quod 


- 


quare vel hoc erepto multi praeter necessitatem diffidere malebant quam 
codicibus aliisque argumentis cedere. Nam ubi bona hominis vel libri 
existimatio semel ab imperitis vel improbis vexata est, ne refutatis qui- 
dem rationibus aut criminibus facile absolvitur, sed circumspiciunt nova 
argumenta quibus id consequantur quod antea vano successa tentabatur. 
Rectissine autem Eckstein 1, l. 84 Dialogum gravissimis de causis Tacito 
vindicari affırmabat ‘praeter dicendi genus a Taciti usu plane abhorrens’, 
quanquam vel hoc breviter explicari poterat. Neque enim satis mirari 
licet quod dialogi dictionem cum annalibus et historiis miscuerunt, simi- 
les multitadini atticae quae Kuripidem aliquando cum persona tragoediae 
confudit; aut quis Platonem ad ea exiget quae apud eum Protagoras Pro- 
dicus Thrasymachus Gorgias Aristophanes aliique disputant? Sic Aper 
quoque et Maternus Messalaque et Secundus clarissimi nominis erant et 
lectoribus non ignoti: quis igitur aequo animo tulisset si Tacitus tantis 
viris suos flosculos suasque figuras tribueret, morsibus suis ut solet 
dissimnlatis orationeque obliquis dictis adulterata? Α qua arrogantia ipse 
scriptor se defendit in exordio, non ingenio sibi opus fuisse causätus sed 
memoria ac recordatione, ut quae a viris praestantissimis et excogitata 
subtilitier dietague graviter erant (dum formam sui quisque et ingenü 
‚redderet), ipse iisdem numeris iisdemque rationibus persequeretnr; me- 
ritoque iam Schulze Proleg. XXV concessit ‘speciose observari scriptorem 
alios facere loquentes et ex eorum persona orationem struere’. 


Scripsit Fr, Vater. 573 


post adoptionem illius “obvii inter se Nero Brittannicum nomine, 

ille Domitium salutavere’, quare Agrippina multo.cum questu ad 
Claudium detalit sperni adoptionem. Apud Suetonium autem Ner. 7 
‘Brittannicum fratrem quod se post adoptionem Adnobarbum ex con- 
suetudine salutasset, (Nero) ut subditirum apud patrem arguere 
conatus est”. Denique idem 41 auctor est post Vindicis defectum 
nihil aeque doluisse. Neronem “quam ut malum se citharoedum in- 
crepitum ac pro Nerone Aenobarbum appellatum; ac nomen quidem 
gentile- quod sibi per contumelium exprobraretur resumturum se pro- 
fessus est deposito adoptivo”. Addi poterat sermo quo fortissima 
Tyndaridarım Bunduica illum principem locarat apud Dionem 62, 6 
T.4, 58: un y’e τοι, μὴ ἐμοῦ und ὑμῶν Erı βασιλεύσειεν ἡ 
Νερωνὶς ἡ Δομιτία, ἀλλ᾽ ἐκείνη μὲν Ῥωμαίων ἄδουσα δεσπο- 
ξέτω. Quare collectum est, quam proprie Neronem nuncuparet Ma- 
ternus fabulam, eandem ab Apro maligne Domitium vocari; neque 
negari potest aliquid dedecoris cum tali denominatione coniunctum 
fuisse, quanquam ÖOctavianus Augustus -in causa simillima (cam a 
M. Antonio triumviro in epistolis per contumeliam saepe Thurinus 
appellaretur), ipse teste Suetonio Oct. 7 “nihil amplius quam mirari 
se rescripsit pro opprobrio sibi prius nomen obücl’”. Diverso autem 
et novo modo Ritter praef. XV, negavit praetestam Materno pleno 
Domitii Neronis nomine potuisse inscribi: nam ‘is’ inquit ‘qui fa- 
bulae nomen dedit Nero romanus imperator ante adoptionem Domi- 
tius Aönobarbus, adoptatus autem continuo Nero Claudius nec un- 
quam Domitius A&nobarbus vocatus est; ex diversis autem tempori- 
bus nemen gentile Domitium et familiae vocabulum Neronem a Ma- 
terno commixtum esse, neque credi neque explicari potest’”. Itaque 
inique negatur Materno concessum fuisse, quod auctori maxime ido- 
neo Plinio maiori aliquoties placuit, velut H.nat. 4, 5, 2 (de Isthmo 
perfodiendo) Domitius Nero infausto incepto tentabat. 4, 10, 2 uni- 
versae Achaiae libertatem Domitius Nero dedit. 7, 15, 4 in Agrip- 
pina Domitii Neronis matre. 11, 96, 2 Poppaea Domitii Neronis 
uxor. 37,7, 2 auferente Nerone Domitio, et 4110], Etiam Dio 60, 31 
T.3, 790 scribit a Claudio ductam esse Agrippinam τὴν τοῦ 4ομι- 
τίου τοῦ Νέρωνὺς ἐπονομασθέντος μητέρα et a Iuvenale Sat. 8, 228 
quem antea Neronem vocaverat, mutationis causa nomine Domitii 
carpitur.  Atque nunquam plane e gente domitia .excessisse Nero- 
nem etiam illud mihi documento est, quod nata ‚Neronig e Poppaea 
filia teste Tacito 15, 28 decretum est ut, “ludicrum eircense, ut 
inliae genti apud -Bovillas, ita claudiae domitiueqne apud Antium 
ederetur’. Denique quid de Scipione Africano de Octaviano Au- 
gusto de Tiberio imperatore aliisque plurimis dicam, qui etiam post 
adoptionem prius nomen aut retinuerunt aut leviter immutatum ad- 
miscoerunt? Nam de Augusto Dio Cass. 46, 47 T.2, 456: ov- 
zog ἐξ ἐκείνου Γάϊος Ἰούλιος Καῖσαρ ’Oxtaovievog (coll. int. ad 
Sneton, Oct. 17) ἐπεκλήϑη" νενόμισται γὰρ ἄν τις εἰσποιηϑῇ τὴν 
μὲν ἄλλην αὐτὸν πρόσρησιν ἀπὸ τοῦ ποιησαμένου λαμβάνειν, ἕν 


: 


574 Miscellaneorum eriticorum faseiculus quintus. 


δέ τι τῶν προτέρων ὀνομάτων σχηματισϑέν πως τηρεῖν, ubi 
interpres idonea exempla (etiam ἱπέερτί cogneminis) apposuit Τ᾽, ὅ. 601. 
Tiberias quoque.aliqnando superstite Augusto in publico monumento 
teste Dione 55, 27 T. 3, 402 suum nomen inscripsit Kiavdınvdv 
Eaurov ἀντὶ τοῦ Κλαυδίου. did τὴν ἐς τὸ τοῦ «Αὐγούστου γένος 
ἐχποίησιν ὀνομάσας; postea enim respuit, wid. interpr. T. 6, 191. 
Suetonius Galb. 4 “adoptatus a noverca sua Livium nomen et Ocel- 
lae*) cognemen assumsit, mutato praenomine: nem et Lucium mox 
pro: Servio usque ad tempus imperii usurpavit’. Quanta vero' licen- 
tia tunc femporis in nominibus assumendis et reiiciendis obtinuerit, 
cum Sabina Poppaea T. Ollio patre genita docet, quae ut cum Ta- 
cito loquar Ann. 13, 45 *‘nomen avi materni sumserat, illustri me- 
moria Poppaei Sabini consulari et triumphali decore praefulgentis’, 
tum cognasci potest ex annotatfonibus ad Dion, 69, 20 sq. T.6, 6764. 
et Ernesti ad Tacit. Agr. 6. Taedet enim pigetque haec persequi, 
quia levissimam assertionem vel unus Plinius redarguit, quem in- 
credibile est aut irae causa toties diversae aetatis nomina consociasse, 
aut quid dicere conveniret **) ignorasse: quare me quidem iudice 
non amplias dubitari licet, quin praetextae suae Maternnus Domitio 
Neroni' inscribere potaerit, si coniectura illa per se stare videatur. 


%) Cur in suspicionem venerit ignoro: est Ocella v. ὁ. apud Cice- 
ronem Epist. 2, 15. 
**) Ubi Piutarchus de maioribus Neronis imperatoris agit V. Anton. 
87. 955 F', recte de variis. nominibus scribitur: 4γριππίνα δὲ υἱὸν ἐξ 
Anvoßagßov Asednıov “ομίτιον ἔχουσα, Kievdin Καίσᾳρι συνῴχησεν" 
καὶ θέμενος τὸν υἱὸν αὐτῆς Ἀλαύδιος Νέρωνα Γερμανικὸν προσωνόμασεν,. 
pleniusque Zonaras Ann. 11, 10 T. 2. 469 post adoptionem vocatum esse 
asseverans Τιβέριον Αλαύδιον Νέρωνα Ζροῦσον περμανικὸν Καίσαρα, 
quemadmodum infanti teste Suetonio Ner. 6 Caius princeps per iocum et 
aspernante Agrippina nomen Claudii patrui sui dederat a quo posthac 
Indibrio Fortunae revera adoptatus est. Propter illa nomina adoptiva 
ost oppressam coniurationem pisonianam factum est, ut ‘mensis gai apri- 
em .eundemque neroneum sequebatur maius Claudii, iunius G@ermanici 
voecabulis mutarentur’: vid. Tacit. Ann. 16, 12. Luöii praenomen confir- 
mat Tacitus Ann. 11, 11 “L. Domitius adoptione mox in imperiam et co- 
guomentum Neronis ascitus’; inepte igitur interpres Diosis T. 6. 396 
contendit Neronem nondum adoptatum Cn. Domitium Aänobarbum voca- 
tum esse. Cui adversatur etiam Suetonius Ner. 1 posteriores Aenobarbos 
affırmans solis Gnei et Lucii praenominibus vicigsim alternantes per 
singulas personas usos esse: quo documento et a C. Iulii Caesaris ad- 
versario ad Lucium ratione subducta pervenimus, et patri prineipis Gnei 
praenomen fuisse satis constat 6 Taacito Ann. 4, 76. 6,1. 45. 47. 12, 3. 64. 
13, 10, quibus locis accedunt lapides antigui apud interp. Suetonii Ner. 9 
et Vit. 2, quorum in altero “in sacra via memorlae Cn. Domitii Ahenobarbi 
immolasse’ Nero se testatur, in altero autem ‘Cn. Domitius Ahenobarbus 
cos. suf. Kal. ial. A. Vitellius cos.” oomparent; denique avum Neronis 
Lucium Tacitus Ann. 1, 63. 4, 44 offert. Neque praetermittendum est 
patrem Neronis consulem apud Suetonium Galb. 6 olim male Lucium 
scriptum esse, et amatorem Tigellini *Zucium Domitium maritum Agrip- 
pinae’ etiam in schol. Iavenal. Sat. 1, 155 perperam vocari: unde for- 
tasse manavit Reimari error. 


Scripsit Fr. Vater, Ä 575 


Itaque iam ipsa' Taciti verba Dial. 11 expendenda sunt, ande plu- 
rima commenta fluxerunt; Apro enim ut missis tragoediis veras cau- 
sas ageret hortato Maternus fertur sic respondisse: “ego autem sicut 
in causis agendis efficere aliquid et eniti forlasse possum, ita reci- 
tatione tragoediarum et ingredi famam auspicatus sum, tum quidem 
cum in Nerone improbam et studiorum quoque sacra profanantem 
vaticiniü potentiam fregi; et hodie si quid in nobis ποι εἶδα ac no- 
minis est, magis arbitror carminum quam orationum gloria partum’. 
Hoc autem testimonio freti plerigue omnes primam Curiatii fabulam 
Neronem fuisse suspicabantur, nec habeo quae his opponam; sed 
argumentum principis tragoediae nendum satis a quoquam videtur 
explicatum esse. Neque enim credibile est id in hac prastexta 
egisse Maternum, ut nervos po&seos neronianae succideret (quae vi- 
detur Welckeri interpretatio esse 1. I. 1462 sq. vaticinium rati pro 
carmine irrisionis causa nove fingi), aut Vatinü (sic enim plurimi 
scribebant pro vaticinii) concuteret auctoritatem, Prior autem inter- 
pretatio neminem morari poterit; nam et vaticinium (ubi de car- 
minibus vatum Faunorumque quae ille dicebat cogitaveris) insolenr 
tissimum est atque inauditum, nec video quomodo Maternus famam 
. gloriamque consecutus sit exagitatis laceratisque Neronis iam sepulti 
cantilenis. .Quoties enim cunque istam opinionem expendi, in me- 
moriam Diopysius tyrannus rediit simillimus Neronis : superatum 
vero et quasi extinctum tam inficetum poetam quis affırmaverit Ma- 
terno non. ultimam laudem attulisse? Qui autem pio po&ta ipso 
defuncto neroniana carmina valde eurabant *) nisi forte Vitellii? aut 
quid damni afferebant imperante Vespasiano? denique quam tandem 
perniciosam potentiam exercebant bonisque litteris exitiabilem?. Aec 
si vatem syracusanum aliquoties comici salibus suis perfricuerant, 
hoc ‚tamen nequit documento .esse etiam, ir tragoedia hominem ro- 
manum gravitatis maximae, famam ingressurum tam' vile argumen- 
tum potuisse eligere. Apage igitur invenustissimum commentum ! 


4. Sed restat emendatio supra modum a Rittero exornata et 
commendata: cui si oredere fas esset, Catonis 'Thyestaegue scriptor 
non vitia..et flagitia Neronis proscinderet, sed amabilem innocen- 
temque puerum monstraret in Domitio ipso tyranno superstite. Cur 
autem tota tragoedia in pueritiam Neronis iranslata est, nisi propter 


*%) Non satisfaciunt quae Welcker 1463 in huno finem disputabat. 
Nam si carmina Neronis non pessima erant, cur bellas istas et tantum 
non praeclaras cantilenas vocarit Maternus improbas et studiorum quo- 
que sacra profanantes? Itaque quo melivra illius principis carmina visa 
sunt (qua de ve prae ceteris consulendus Suetonius ΝΟΥ. 10) eo minus 
causae erat cur Materuus in ea igne et ferro grassaretur, iisque prostra- 
tis gloriaretur. Si autem vituperantur et tantummodo adulatoribus et in- 
doctae turbae placnerant, res non tam gravis erät ut in tragoedia vulgi 
iadicia corrigerentur. Praeterea de sceleribus cogitari iubent et verba 
Dialogi et nomen praetextae Nero. 


576 . Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus. 


Domitii nomen? quod ostendimus ne ab imperatore quidem alienum 
foisse. Quo argumento erepto num quid amplius puerum commen-' 
dat? num reliqua disputatio rectius procedit? Nimirum provocatur 
ad discrimen quod viva Messalina aut imminuerat L. Domitio Aöno- 
barbo aut ferebatur imminuisse: nam ut Suetonii verbis utar Ner.6 
‘gratia gquidem et potentia revocatae restitutaeque matris usque eo 
floruit, ut emanaret in vulgus missos a Messalina axore Claudii qui 
eum meridiantem quasi Brittannici aemulum strangularent; additum 
fabulae eosdem dracone e pulvino se proferente conterritos pro- 
fugisse. Quae fabula exorta est deprehensis in lecto eius-circum 
cervicalia serpentis exuviis, quas tamen aureae armillae ex volun- 
tate matris inclasas dextro brachio gestavit aliguamdiu, ac taedio 
tandem. maternae memoriae abiecit, rursusgque- extremis suis rebus 
frustra requisivit’. De exuviis illis etiam Dio 61, 2 T. 4. 6: 
λεβηρὶς περὶ τὸν αὐχένα τοῦ Νέρωνος παιδίου ἔτ᾽ ὄντος εὐρεϑεῖσα 
παρέδωκε τοῖς μάντεσι λέγειν, 6 ὅτε ἰσχὺν παρά του γέροντος μεγά- 
λην λήψεται, ἐπειδὴ τὸ γῆρας διὰ ταῦϑ᾽ οἵ ὄφεις ἐκδύεσϑαι νο- 
μέζονται; praetermissis tamen insidiis: Taeitus autem narrat Ann. 
11, 11 cum in Claudii ludis secularibus a. U. 800 Britfannicus et 
L. Domitius inter pneros nobiles equis ladicrum Troiae inirent, 
“favorem plebis acriorem in Domitium loco praesagii acceptum esse; 
volgabaturque affuisse infantiae dracones in modum custodum , fabr- 
losa et externis fabulis assimilata; nam ipse haud quaquam sui de- 
tractor unam omnino anguem in cubiculo visam narrare solitns est”. 
. Itaque periculum pueri solus Suetonius commemorat qui et ipse ad 
fabulas retulit; atque Tacitus quoque addit semper quidem infestam 
Agrippinae fuisse Messalinam et tunc adeo commotiorem, sed quo- 
minus strueret crimina et accusatores navo et furori proximo C. Silüi 
amore detentam esse. Quare non verisimillimum est tunc ab eadem 
sicarios subornatos esse, Quo etiam refelli videtur vanissimum rumo- 
rem Materno qui minime adulator erat ad tragoediam componendam 
sufficere potuisse. Sed Suetonins opinor ad Messalinam retulit quae 
nuper adoptato Nerone ab amicis Brittannici sectatoribusque Messa- 
linae gesta esse iactabantur; quae vel ob eam causam consideranda 
sunt quod post nostram de Domitii nomine disquisitionem Rittero 
licebit etiam hanc historiam in maiorem tragoediae suae gloriam con- 
vertere; accedit quod res cum exitiabili illa Brittannici salutatione 
coniungitur. Prodidit igitur Dio 60, 32 T.3. 792 et ex eo Zona- 
ras 11, 10. 470: καὶ ὁ μὲν Νέρων ηὔξετο Βρεττανικὸς δὲ οὔτε 
τινὰ τιμὴν οὔτε ἐπιμέλειαν εἶχεν, ἐλλ᾽ N, ᾿Δγριππίνα τούς τε ἄλ- 
λους τοὺς αεριέποντας αὐτὸν τοὺς μὲν ἐξέβαλε; τοὺς δὲ καὶ ἀπέ- 
xrawvs, καὶ τὸν Σωσίβιον ὦ ἥ τε τροφὴ καὶ ἡ παιδεία αὐτοῦ 
προσετέτακτο κατέσφαξεν ὡς καὶ τῷ Νέρωνι ἐπιβουλεύ- 
ovra, κἀκ τούτου παραδοῦσα αὐτὸν ΄ οἷς ἤϑελεν ἑκάκου ὅσον 
ἠδύνατο: atque ad hunc potissimum spectat Tacitus Ann. 12, 41 
qui post offensum a Brittannico Neronem matrisque questus adiecit: 
‘commotus his quasi criminibus Claudius optimum 'quemque educato- 


Seripsit Fr. Vater. 577 


rein ΠΝ (Britannici) exilio ac morte affieit datosque a noverca ἢ) 
custodiae eius imponit’, unde apertum est falso insidierum crimine 
ab Agrippina circumventum esse Sosibium, ita ut tale argumentum 
a consilio Materni alienissimum fuerit, putaremgae pueri educato- 
rem etiam probissimum fuisse nisi obstarent quae de eodem idem 
Tacitus 11, 1. 4 memoriae prodidit. Sed quidquid est, eiusmodi 
tragoediam neque vivo imperatere (ut Rittero placuit) neque post 
eins obitum Materno concedere possumus, cuius ingenio plane in- 
digna est. Non ignoramus Aenobarbum aliquando amorem et de- 
licias generis humani fuisse: sed qui Catonis nobile letam ornatu- 
ΓΒ erat verberaturusque in Thyesta tyrannos, eandem negamus 
pueruli quamvis venusti rationem habere potuisse fictorumque diseri- 
minum (neque enim servilis adulationis reus est Maternus sed aspi- 
rabat ad altiora), et plane ignoramus quomodo gloriam e tali tra- 
goedia partam poeta jactare sustinuerit. Omnem autem fidem exce: 
dit,. liberrimi spiritus virum post. immania Neronis sceera ostendere 
voluisse innocentem iuventutem ejus (quem probissimus quisque de- 
testabatar) amabilemque ingenuitatem : nam ut cum Piutarcho loquarV. 
Anton. 87. 955: οὗτος ἄρξας ἐφ᾽ ἡμῶν **) ἀπέκτεινε τὴν μητέρα 
καὶ μικρὸν ἐδέησεν ὑπ᾽ ἐμπληξίας καὶ παραφροσύνης ἀνατρέψαι τὴν 
Ῥωμαίων ἡγεμονίαν, ita ut Sporo puero ἃ Nerone in matrimonium 
ducto non inepte tactaretur “bene agi potuisse cum rebus humanis si 
Domitius pater talem habuisset uxorem’; atque ipsa Agrippina in 
Octavia optat “utinam anteguam te parvulum in lucem edidi aluique; 
saevae :nostra lacerassent ferae viscera! sine ullo scelere sine sensu 
innocens meus occidisses, iunctus atque haerens mihi semper quie- 
tam cerneres sedem inferum , proavos patremgue nominis magni 
viros, quos nunc pudor luctusque perpetuus manet ex te, nefande, 
meque quae talem tuli?! Ut autem fieri solet, non solum hoc no- 
mine mtolerabilis est coniectura Ritteri, sed τοὶ concesso isto tra- 
goediae argumento nullis argutiis Aenobarbi periculum cum fracta 
Vatinii potentia comeiliari poterit. Videbitur quidem omnem vilissi- 
mae assentalionis modum excessisse, qui patris fratris matris soro- 
ris eiusdemque coniugis denique praeceptoris plurimorumgue pro- _ 
borum et honestoram viroram parricidam 'nocentissimum eandemque 
totius orbis pestem ***) immundissimam -post longam et continuam 
mmanitatem produxerit qualis in pueritia aut fuerat aut se esse 


*) Teste Suetonio Tit. 2 Vespasiani filius maximus educatus in aula 
cum Britannico simul ac paribus disciplinis et apud eosdem magistros in- 
stitutus est. 

ἈΦ) Vituperatur Paulus Diaconus quod Plutarchum quoque cum Mu- 
sonio neronianae aetatis philosophis accensuerit; sed non est absurdum 
si de primo eius flore cogitetur, quod demonstrabo ad librum de Mundo 
qui Aristoteli tribuitur, ubi de gente Plutarchi agetur. 

*%%) Apud Cliearchum Athenaei 12. 541 D iunior Dionysius vocatur 
σαπἀσης Σικελίας ἀλάστωρ, quod dietum ab Eustathio sine nomine excer- 
ptum male retuli ad priorem Dionysium, De Isocratis Epistolis 1. 61. 

Archie f. Phil. u, Paedag. Bd. XIX. ΗΜ. 4. 37 


578 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintas. 

simulaverat multis et magnis virfutibus insignem; videbitur ipsius 
Materni causa ut merilissimas laudes eustodire possit et conseryare 
negandum esse, produci licuisse Neronem nisi saevum tyrannum 
foedamque ‚bestiam, quem .tandem sera numinis vindicta consequatur 
(quemadmodum Seneca scribit Herc. F. 922 ad excusandum suum 
occisi Claudii consortium “victima baud ulla amplior potest magisque 
‚.opima mactari Iovi quam rex iniquus’): utut igitur hoc Neronis ar- 
gumentum viro praestantissimo dignum, ἐμά turpe et vile est, ta- 
men facilias in Ritteri partes concederem, si. ullum Domitii cum 
Vatinid commereium cogitari posset, si ingenuum hominem deceret 
subornatum Aenobarbi percussorem Vätinio assimilasse et adaequasse, 
postremo si Vatinii perniciosa potentia ante Galbae principatum 
videretur minuta aut fracta 6886. 

6. Quis vero postulabit ut comments viri ingeniosi quae ipsa 
ruunt copiose refutentur et plane? Nihil enim memorise proditum 
est nisi circa extremos Neronis annos contra iu fasque Vatiniom 
gratia apud imperatorem valuisse, de quo Tacitus Ann, 15, 34 
(Beneventi 8, U. 818) ‘gladistorium munas a Vatinio celebre ede- 
batar. Vatinius inter foedissima eius aulae ostenta fuit, sutrinae 
tabernae alumnus corpore detorto facetiis scarrilibus; primo in con- 
tumelias assumtus deinde optimi cuiusque criminatione usque eo va- 
luit, ut gratia pecunia vi nocendi etiam malos praemineret’. Sub 
Nerone autem aut supplicio eum affectum aut a familiaritate prin- 
cipis remotum esse, neque ullo testimonio constat neque prababile 
est. “At posthac non amplius comparet” Ritter ait praef. XXI, 
quasi necessarium sit hominem qui tunc primum emergebat et caius 
"condicio obscmissima erat quavis occasione commemorari; alia enim 
ratio Ephori et indoles, fuit quem ferunt ubivis patriae suae men- 
tionem iniecisse. Nec fugit Ritterum per occasionem graecae Nere- 
nis peregrinatianis improbum Vatinii dictum a Dionis epitomatore 
conservatom esse; unde tamen .colligi passe negat scurram inter Ne- 
ronis cumitea fuisse ]. 1. not. Xiphilinns enim post narrationem de 
graecis imperatoris coronig 68, 15 'T. 4. 120 seripsit, τὴν δὲ γε- 
govolay οὕτως δεινῶς ἐμίσει (Nero), ὥστε καὶ τῷ Οὐατινίῳ ὡς 
μαλέστα χαίρειν ὅτι ἔλεγεν ἀεί ποτε πρὸς αὐτόν “Μισῶ σε, Καῖ- 
Gag, ὅτε συγκλητικπὸς εἶ) χρήσομαι γὰρ αὐτῷ τῷ λεχϑέντε ὑπ᾽ 
αὐτοῦ ῥήματι. Quae vox cur huic potisaimum occasioni assignetur 
nondum explicatum est, sed ostendere videtur Suetonius Ner. 36 
‘in auspicando opere Isthmi magna freguentis clare ut sibi ac populo 
romano bene res verteret optavit dissimulata senatus mentione’; at- 
que apud Dionem quoque statim post illa transitur ad miracula in 
Isthmo perfodiendo obserrate, Itaque quanguam saepenumero ista 
iactabat Vatinias, multo tamen probabilius est eum tunc quoque in- 
ter numerosissimam amicorum cohortem qui non nominantur singil- 
latim affuisse; sed quidquid est quod apud alios scriptores non con- 
iungitur in Graecia Nero cum sutore, nequit documento esse iam 
mortuum fuisse Vatinium. Nam si teste Tacito Hist. 1, 37 circa 


Seripsit Fr. Vater. 59 


Gelbae caedem iam obiisse videtur etiam Vatinius, id sub ipso Galba 
accidisse maxime probabile est; Otho enim iam imperator salutatns 
apud milites sic loquitar: “‘septem a Neronis fine menses sunt et 
iam plus rapuit Icelus quam (propter) quod Polyeleti et Vatinü et 
Helii et alii perierunt’. Si igitur sententiam loci corrupti recte 
perspeximus (nt de supplicio rapacissimi delatoris cogitandum sit), 
non dubito quin Vatinius quoque una cum reliquis a Galba casti- 
gatus sit: car enim a Tacito coniungatur cum Polycleto et Helio, 
nist eadem horum omnium sors fuisse videatur? At suppliciom Heli 
et Polyeleti planissime testatur Plutarchns V, Galb. 17. 1060 B. 
τῶν νερωνιανῶν τοὺς πονηροὺς ἀπέκτεινεν ἐν οἷς ἦν ὃ Ἥλιος καὶ 
Πολύκλειτος “καὶ Πετῖνος καὶ Ilarpoßıog, ubi neseio an ipse Βατί- 
νιὸς restituendus sit; Petinus enim νοὶ Petilius nullas inter Neronis 
sodales commemoratur ἢ. De Polycleto autem etiam Tacitus Hist: 
2, 95 similiimo loco 'nondum quartas a victoria (Vitellii) mensis 
et libertus Vitellii Asiaticus Polycletos et Patrobios et vetera odio- 
rım nomina aegnabat’; qui omnes semel tantummodo in Neronis histo+ 
ria apud Tacitnm prodeunt (Helius Ann. 13, 1. Polycdetus 14, 89. 
Patrobius demum Hist. 1, 49 ‘libertus is Neronis punitus a Galba 
fuerat”): unde tamen non colligi potest, si postea inter mortaos 
recensentur, eos e gratia Neronis excidisse aut ipso vivo coercitos 
esse. Nam ille scriptor multum mancipiis istis atque adeo simkm 
tribuit quod brevi praeconio eripuit oblivioni, nisi principes aucto- 
res in’perdendis Romae decoribus fuerant, quod alienum ab illorum 
humilitate atque ignobilitate; nec si de Polycteto Helio Patrabio 
alii scriptores saepius loquantur, id argumento esse potest sordi- 
dissimum adulatorem postea abiectum esse a Nerone, quia memorise 
homivum casui maxime obnoxine sunt. Itaque desunt Rittero testi- 
monia perditissimum sutorem favore imperaforis unquam caruisse, ut 
aut oceideretur aut opibus exutis ad relictam crepidam rediret; multo 
autem incredibilius est eiusmodi mutationem Materni praetexta effe- 
etam esse. Neque Vatinius proprio impetu id egit ut praeserlim 
niobiles et senatoris ordinis viros apud principem criminaretur (quae 
Ritteri epinio est praef. XX propter illad Xiphilini testimonium); 
sed in hoc quidem dicterio pessimum servittam se plane accomme- 
davit’ingenio domini, de quo Octavia vs. 87 ‘odit genitos. sangyine 
claro”, utque in hac quoque re vel superaret patronum susm obgan- 
nire Neroni solebat μισῶ oe, Καῖσαρ, ὅτε συγκλητικὸς el. Nam 
vehementissimum illud senatus odium Neronis etiam Dato Atellana- 


΄ 


*) Suspectus est etiam Narcissus apud Dionem δέ, ὃ T. 4. 160 inter 
occisos, τῷ δὲ δήμῳ σφόδρα ἀξιοῦντι τὸν Tıysllivov καὶ ἄλλους τινὰς 
τῶν πρότερον ὑβρισέντωον ἀποθανεῖν οὐχ ὑπεῖξε, τάχα ἂν ἀποκτείνας 
αὐτοὺς εἰ μὴ ἐκεῖνορ τοῦτ᾽ ἠἡτήκεισαν" τὸν μέντο; ἥλιον καὶ τὸν N &o- 
πισσον τόν ra Ilnr ὄβιον καὶ τὴν Δουκούσταν τὴν φαρμακίδα καὶ ἂλ.- 
λους τινὰς τῶν FR τοῦ Νέρωνος δικικολασάντων κατὰ τὸ τὴν "πόλιν 
πἄσαν δεδεμένουρ περιαχθῆναι καὶ μετὰ τοῦτο κολασθῆναι ἐκέλευσεν. 
Alios ante Galbae adventum interfectos praebet Piutarchu Tr Galb. 8. 108 


. 580 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus. 


rum histrioni irrisui fuerat, qui in novissima clausula *) cantici cu- 
iusdam, *Orcus vobis ducit pedes’ ita teste Suetonio Ner. 39 de- 
monstraverat ut senatum gestu notaret; nec ruper ‚post Vindicis de- 
fectum destinaverat “senatum universum veneno per convivia necare” 
nt idem 43 atque Dio 63, 27 T. 4. 138 scribunt, Bed “elatus in- 
flatusque’ occisis uliquot senatoribus’ multas nec dubias significa- 
tiones saepe iecit ne reliquis quidem se parsurum senatoribus, eum- 
que ordinem sublaturum quandoque e rep. ac provincias et exercitas 
equiti romano et libertis permissurum’, ut rursus Suetonius 37 nar- 
ravit. Et Galba quidem teste Plutarcho in Vita 3. 1054 B ἐπέμῳφϑη 
ὑπὸ Νέῤωνος Ἰβηρίας ἄρχων οὔπω δεδιδαγμένου φοβεῖσθαι 
τοὺς ἐν ἀξιώμασε μεγάλοις τῶν πολιτῶν : sed iudice Plutarcho non 
Vatinius τὸ χάϑαρμα docebat nullis civium collegiis circumscriben- 
dam esse libidinem imperii, sed ὁ διδάσκαλος καὶ παιδαγωγὸς τῆς 
τυραννίδος furrat Sofonius Tigellinus 1.1. 17. 1060 B, ὑφ᾽ ᾧ τὸ 
ξίφος ἦν τοῦ Νέρωνος ut Philostratus loquitur V. Apoll.4, 42 p.82 
Kays. cui ibid. 44. 84 itidem πάσης ὠμότητος τὸ καὶ ἀσελγείας 
διδάσκαλος τῷ Νέρωνι vocatur “corrupto ad omne facinus Nerone’ 
(quae Taciti verba sunt Hist. 1, 72) ἢ). Spretis igitar vel detortis 
omonibus fontibus de vita et indole et valore Vatinii, Materni Do- 
mitium, qua hominem a fastigio deiectum arbitrabatur, paullo ante 
iter Neronis graecnm collocavit; finzitque productum vilem impro- 
bumque adulatorem Yatinio assimilatum, qui persuaderet Messalinse 
sua causa et propter Britannicum cum Aenobarbum tollendum esse 
tum quidquid Romae dignitate et nobilitate praemineret; denique 
ipsum Neronem spectato illo δαὶ sodalis aemulo infensum poenituisse 
faroris sui, ita ut punito parasito Maternus et gratiam optimi cuius- 
que mereret et famam gloriamque recitatione sua consequeretar. 
Quid enim sicarios iam prope Domitium astantes commemeorabo an- 
guiumque miraculum aliaque quae ad commovendos percellendosgue 
auditorum animos maxime idonea videbantur? .Nam omnia iste me 
iudice et historia megistra vanissima sunt, nec facile perspicitur 
quomodo talibus artificiis et argutiis propter personatum Vatinium 
Neronis animus a familiari suo abalienatus fuerit, quem sciret nulla 
consuetudine cum Messalina coniunctum fauisse et a quo sibi nihil 
unguam metuendum esset. Immo eiusmodi iniuria ipse opiner tra- 
gicus non aolum Neroni sed etiam probissimo euique invisus- factus 


‚ *) Atellanicam exodium vocatur a Suetonio Tib.45 vel scenicum exo- 
dium ibid. Domit. 10. 


i'jDe hoc homine deterrimo vid. etiam interpr. ad Taciti Ann. 14, bl 
et ad Dionem 62, 13 T.6, 453. Etiam Calvia Crispinilla (de qua Dio 
6 12 Τ᾿ 4. 116) nu acie unit. 1 1 'magi ira libidinum Neronis’ vo- 
oatar, ubi non recte de vina L. Iunii Silani sorore cogitabiturguae 
a Claudio Italia pulsa (Tao. Ann. 13, 8) sed post Agrippiine caedem a 

Nerene restituta (ibid. 14, 12) rursus comparet extremo Vespasiani prin- 
cipatu apud Suetoniam Vesp. 23, licet libidines eius petulanter notaverit 
Seneca Apocol, 


Sceripsit Fr. Vater. 581 


esset, quia honestum virum falsis et "αέΐξ criminibus ne maleficos 
guidem impugnare et perdere decet, 

6. Demonstratum est superstite Nerone potentiam Vatinii neque 
a Materno neque ab alio quoguam fractam esse: Galba autem prin- 
cipe neque ulla Neronianorum praeter Tigellinum auctoritas erat, 
neque aeguum fuisse videtur a Materno lacerari scurram- iam de- 
jectam et humilem pavidumque; certe praeter Vatinium ratio habenda 
fuerat etiam Helii Polycleti Tigellini’aliorumgue plurimorum, Prae- 
terea autem statim post introitum Galba Neronianos Romae videtur 
punivisse, ut inepte arroganterque jaetaverit Maternus sua tragoedia 
alieui supplicium irrogatum esse; cui post extinctum Neronem ne 
tempus quidem ad meilitationem aut occasio ad recitandam coram 
novo imperalore praetextam suppetivisse videtur. Itaque fatendum 
est emendationem tacitini testimonii et incertissimam putandam esse 
et absurdissimam, donec evictum sit quid commercii inter Vatimum 
et cariatianam Neronem obtinere potuerit. Jam si a nobis postula- 
tur uf de loco intricatissimo et spinosissimo nostrum qualecunque 
iudicium edamus, et quomodo aut explicandus sit aut emendandus 
doceamus; ingenue confitemar multo facilias interrogari quam re- 
sponderi, maximeque suspectum esse nobis interpretem qui spera- 
verit fore ut omnia a se aut exponantur recte aut tententur (saepe 
enim in eo acquiescendum est ut quae male monita sunt refellamus, 
propter virium imbecillitatem a vero reperiendo et commendando 
alieni): sed in Materni sermone librorum lectionem omnium vatteinü, 
reiectis quae. prolatae sunt emendationibus et explicationibus, vide- 
mur nobis commode interpretari posse, Satis enim eonstat quan- 
tum damni astrologi mathematici aliique vaniloqui homines (quos 
Aristophanes ϑουριομάντεις ἑἰατροτέχνας σφραγιδονυχαργοκομήτας 
ac μετεωροφένακας appellavit) et privatis attulerint et universae 
reip. ita ut improba eorum potentia ab. optimo quoque restricta sit 
severissimis edictis. Quare contendo is Nerone propositum fuisse 
Materno cuiusvis superstitionis osori, ut religionum animos nodis 
exsolvere tentaret; neque dubito quin tam sublime argumentum co- 
tburno romano dignissimum fuerit maximeque decuerit Curiatium gras- 
‚sari adversus ‘genus hominum potentibus infidum, sperantibus fal- 
lax, quod in civitate nostra et vetabitur semper et retinebitur” ut 
ille ait Hist. 1, 22. Sed haec altius repetenda sunt et e fide rerum 
gestaram monstrandum est, nihil magis Nerone principe remp. af- 
flixisse quam improbam potentiam vaticiniü: quo una explicabitur cur 
hunc potissimum locum in Nerone sua ornaverit tragicus. Jam su- 
pra negavimus immanitatem, qua in senatores omnesque illustres 
viros saeviit imperator ille, primum nalum esse e propudioso Va- 
tinii contubernio; atque tam altas radices in animo tyranni egerat, 
ut Tigellinum quoque non tam magistrum huius saevitiae quam mi- 
nistrum promtumque adiutorem fuisse persuasum habeam. Nam vel 
Tarquinii Superbi bistoria (ut Graecorum testimonia praetermittam) 
abunde docet maxime optimates et principes viros metuendos esse 


382 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus. 


tyfannis; atque Neronem praeter ingenitam crudelitatem mazime 
-timiditas et superstitio cum interpretationibus mathematicorum contra 
"senatores irritaverunt: tantum religio potuit suadere malorum! Pro- 
dit igitur Suetonius Ner. 36: *stella crinita quae summis potestatibus 
exitium portendere vulgo putatur, per continuas noctes oriri coe- 
perat; anzius ea de re (Nero) ut ex Babilo ἢ) astrelogo didicit, 
solere reges talia ostenta caede aliqua illustri expiare atque a se- 
met in capita procerum depellere, nobilissimo cusque exikum 
destinavit. Enimvero multo magis et ‚quasi per. iustam- causam, 
Jduabas coniurationibus provulgatis, quarum prior maiorque pisoniana 
Romae, posterior viniciana Beneventi **) conflata atque detecta est”: 
undo patet de eo cometa verba fieri, qui paullo ante Senecae ne- 
cem observatus est. De eodem etiam Taeitas egit Ann. 15, 47 ad 
a. U. 818: “fine anni vulgantur prodigia imminentium malorum nun- 
tia; vis fulgurum non alias crebrior et sidus. cometes sanguine illustri 
semper Neroni expiatum; bicipites hominum aliorumvre animaliam 
partus abiecti in publicum, ‚aut in saerifieiis quibus gravidas hostias 
immolare mos est reperti; et in agro placentino vianr propter natus 
vitulus cui caput in crure esset. Secutaque karuspicum interpre- 
- tatio parari rerum humanarum aliud caput sed non fore validum 
"neque occaltum, quia in utero repressum aut iter iuxta editum sit”. 
Igitur iam ante hunc annum saepe propter cometam in principes viros 


*) Cogitandum est de Barbillo Vespasiani amico, de quo Dio Casa. 
66, 9 T. 4. 220 τοὺς ἀστρολόγουρ ἐκ τῆς Ῥώμης ἐξώρεσεν (Vospasianus), 
καέτοι. πᾶσι τοῖς ἀρίστοιρ αὐγῶν χρώμενος, ὥστε καὶ διὰ Βάρβιλλάν 
‚zıva ἄνδρα τοιουτότροπον, ἀγῶνα τοῖς Ἐφεσίοις ἱερὸν ἄγειν συγχωρῆσαι, 
ὅπϑρ οὐδεμιᾷ ἄλλῃ πόλει ἔνειμεν, c. interpr. Τ΄. 6. 553 sg. Hinc inter 
Indos coronarios Corp. Inser. Gr. 2810, 9 T. 2. 526 Βαρβίλιηα ἐν Ἐφέσω 
non ante Hadrianum; 3208, 14. 739 Ἔφεσον Ἐφέσηα, Bing Com- 
modi aetati; et paullo antea 3675,.6. 937 Βαρβίλληα ἐν Ἡφέσῳ: sed 
T.2. 1112 n. 2810. ὃ, 16 et, 19 Ἔφεσον Βαλβίλληα bis circa eandem 
astatem, ita ut putes quosdam τραυλίσαι instar Alcibiadis apud comicum 
-Vesp. 44 et nostratium quorundam qui Balbier pro Barbier pronuntiant. 
Quare non intelligo quomodo in titulo 3664. a, 18 pro I‘. Βαλβιλλιανὸς 
Boeokh T. 2. 925. ὁ corrigere sustinuerit Βαρβιλλιανός. Mitte Βάβηλον 
Ἑρμογένου qui Suetorii Babilo maxime convenit 3438, 9. 807: sed notis- 
simus est C. Balbillus cui Nero Aegyptüm permisit teste Tacito Ann. 13, 22, 
quem commemorant etiam Plinius H. nat. 19, 1, 3. Seneca Qu. nat. 4, 2 
sed ita ut lectio apud utramque inter Balbillus Babillns Babilius fluctuet ; 
atque Harduin opinatur ad Plinium praefectum Aegypti ion diversum esse 
ab astrologo Neronis Babilo. Ego ut temere quid mutandum esse nego, 
sic non video cur in tanta romani imperii magnitudinse omnes locos ad 
eundem hominem referamus; nam astrologo quidem convenit quod Aegypto 
raefectus est: sed e lapidibus nominatur ab interpr. Taciti etiam “Ti. 
ulius Balbillus sacerdos solis’ qui Chaldaeum redolet. Ceterum apud Ta- 
eitum Hist.2, 78 non Barbillus sed Seleucus quidam mathematicus reotor 
et praescius apud Vespasianum fertur, nmotus ille ex historia Othonis 
(Sueton. Oth. 4), cui tamen Tacitus Hist. 1, 22 et Plutarchus V. Galb. 
23. 1063 Ptolemaeum mathematicum tribuunt, 
. ,**) Apud Tacitum Beneventi emergit Vatinius; fortasse igitur in 
viniciana coniuratione delätor fait et sie Neroni insinuatus est. 
% 


Scripsit Fr. Vuter, 583 


auimadversum est; quod referri potest ad claudianae neeis cometam 
et maxime ad priorem neronianum qnem Tacitus Ann, 14, 22 a.U. 
814 assignat quique propter perpetuitatem (nam per sex menses 
conspectus est) plurünorum caede expiatus esse videtur, ita ut seriptor 
semper faotum esse dixerit quod ad eandem stellam pertinebat sed 
saepenumero repetebatur. Ipse tamen Tacitus caedes non comme- 
moravit; “inter quae” ingait ‘et sidus cometes effulsit, de quo valgi 
opinio est tanquam mulationem regnis portendal ; igitur quasi iam 
depulso Nerone quisnam deligeretar anquirebant, et ommiom ore 
Rubellius Plautus celebrabatur. — — Auxitque rumorem pari vani- 
tate orta 'interpretatio fulguris*); nam quia discumbentis Neronis 
apud Simbruiaa stagna cui Sublagueum nomen est ictae dapes men- 
saque disiecta erat; idque Aaibus Tiburtum acciderat unde paterna 
Plauto origo, hunc illum numine deum destinari credebant? — —: 
quare Plautus litteris' Neronis in Asiam relegatus est. Nonnullas 
tamen caedes iussas esse .propter diuturnitatem illius sideris, donec 
Seneca se opponeret, suspicari licet e Dione qui de eadem re 61, 18 
T.4. 40 scribit τεράτων δέ τινῶν γεγονότων τότε μὲν οὗ μάν- 
τεες ὄλεϑρον αὐτῷ ταῦτα φέρειν εἶπον καὶ συνεβούλευσαν ἐς 
ξτέρους τὸ δεινὸν ἀποτρέψασθαι. κἂν συχνοὺς εὐθὺς 
κατεχρήσατο Ἴ5) ei μὴ ὁ Σενέκας ἔφη αὐτῷ Or ὅσους ἂν ἀπο- 
σφάξῃς οὐ δύνασαι τὸν διάδοχόν σον ἀποκτεῖναι, quae tamen ad 
a. U. 813 referri videnter. Quidquid autem est, de prioribus cae- 
dibus certe Tacitus auctor est, neque erraverimus si multa et atrocia 
Neronis facinora ad cometas retulerimus (qui Plinio teste principatu 
eias assidui praope ac saevi fulserunt) aliaque prodigia quae vide- 
bantur saevitiam cummendare: nam pavidus et superstitiosus prin- 
ceps .(etiamsi probus est ut Claudius) plas damni et luctus afferre 
solet quam iracundus et eradelis et dirus qui tamen constantia prae- 
ditas est, Ceterum cum Tacitus Ann, 14, 12 post solis defectum 
a. U. 813 reliquaque prodigia scribat: ‘quae adeo sine cura deum 
eveniebant, ut multos post annos Nero imperium et scelera continua- 


*%) Philostratus V. Apoll. 4, 43. 83 de a. U. 820: γενομένης ποτὲ 
jeed eodem anno) ἐκλείψεως ἡλίου καὶ βροντῆς ἐκδοθείσης (ὅπερ ἥκιστα 
ν ἐκλείψει δοκεῖ ξυμβαίνειν) ᾿ἀναβλέψας ἐς τὸν οὐρανόν ἔσται τι ἔφη 
«μέγα καὶ οὐκ ἔσται". — τρίτῃ δ᾽ ἀπὸ τῆς ἐκλεέφεως ἡμέρᾳ ξυνῆκαν 
τοῦ λόγου πάντερ᾽ σιτουμένου γὰρ τοῦ Νέρωνος ἐμπεσὼν τῇ τραπέζῃ 
σκηπτὸς διήλασε τῆς κύλικος ἐν χεροῖν οὔσης καὶ οὐ πολὺ ἀπεχούσης 
τοῦ στόματος" τὸ δὴ παρὰ τοσοῦτον ἐλϑεῖν τοῦ βληϑῆναι αὐτόν, πεπρά- 
ξεσϑαί τε εἶπε καὶ μὴ πεπράξεσϑαι. Non incredibile est de eodem ostento 
agi, ut tempora confusa sint; certe Dio 61, 16 T. 4. 36 statim post 
Agrippinae necem a. u. ὁ. 813 et defectum solis commemorat narratque 
σχηπτός ποτε τὸ δεῖπνον αὐτοῦ πᾶν ἐσφερόμενόν ol κατέφλεξεν, ὥσπερ 
τις ἄρπυια τὰ σιτία αὐτοῦ ἀφελόμενος, atque δρυὰ Tacitum. Ann. 14, 12 
eadem occasione ‘sol repente obscuratus et tactae de caelo quatuordecim 
urbis regiones’ feruntur. Vid. interpr. Dionis T. 6. 413 sq. _ 

Ἐπ) Negat Dio frequentes caedes factas esse; sed non obstat quominus 
aliquot nobiles interfectos esse statuamus. 


584 Miscellaneorum criticorum fascjculus quintus. 


verit’, non dubitari potest quin iam tum porteniorum interpretes 
principem de discrimine δυο admonuerint et ad occupandos adver- 
sarios excitaverint. 

7. Satis superque de improba vaticinii potentia videtar dictum 
esse; sed iuvit ex primo aerae nostrae seculo aliquot exempla pro- 
mere, ut perniciosa artis illius varitas penitas perspiceretur.. Vitellius 
Suetonio teste 14 “suspectus ‘et in morte mafris fuit, quasi aegrae 
praeberi cibum prohibuisset, vaticinante Catta muliere cui velut. ora- 
culo acgniescebat, ita demum firmiter ac .diatissirme imperaturum si 
superstes parenti extitisset’; et fortasse Nero quogue simili fraude 
ad occidendam matrem irritatus est, certe constat fillum Thrasylli 
mathematici matricidium nato infante praedixisse, qua de re infra 
agitur. Exitiabile autem studium optime cognoseitur e Dionis loco 
de Tiberio 57, 19 T.3. 558, πολλοὺς δὲ καὶ τὴν ἡμέραν καὶ 
ὥραν ἐν ἢ ἐγεγέννηντο ἐξετάζων» καὶ ἐκεῖθεν καὶ τὸν τρόπον καὶ 
τὴν τύχην αὐτῶν διασκοπῶν ἀπεκτίννυεν. εἰ γάρ τῷ ὑκπέρογκόν τι 
καὶ εὔελπε πρὸς δυναστείαν ἐνεῖδε, πάντωρ ἀπώλλυεν. οὕτω δ᾽ 
οὖν τὸ πεπρωμένον ἑκάστῳ τῶν πρώτων καὶ ἐξήταξε καὶ ἠπίστατο 
ὥστε καὶ τῷ Γάλβᾳ τῷ μετὼ ταῦτ᾽ αὐταρχήσαντι ἀπαντήσας γυναῖκα 
ἐγγεγυημένῳ εἰπεῖν ὅτι “καὶ σύ ποτε τῆς ἡγεμονίας γεύσει. ἐφεέ- 
σατο γὰρ αὐτοῦ ὡς μὲν ἐγοὶ δοκῶ ὅτι xal τοῦτ᾽ αὐτῷ εἱμαρμένον 
ἦν, εἷς δ᾽ αὐτὸς ἔλεγεν ὅτε καὶ ἐν γήρα καὶ μετὰ πολὺ τῆς τελευ- 
τῆς αὐτοῦ ἄρξοι. Non aliter Domitianus (ubi muscae deerant) 
eodem teste 67, 15 T. 4. 282 agebat: πάντως γὰρ καὶ ὁ Δομιτια- 
νὸς τῶν πρώτων τάς τε ἡμέρας’ καὶ τὸς ὥρας ἐν αἷς ἐγεγέννηντο 
διασκοπῶν.» οὐκ ὀλίγους (οὐδὲ ἐκ τούτων ἐλπιξόντων ἐν δυνάμει 
τινε ἔσεσϑαι) προανήλισκε᾽ καὶ τόν ya Νερούαν ἀπέσφαξεν ἄν, εἰ 
μή τις τῶν ἀστρολόγων εὔνοιαν αὐτῷ ἔχων ἔφη ὅτι ἐντὸς ὀλίγων 
ἡμερῶν τελευτήσει. Potentiam autem vaticiniorum plarimis testimo- 
niis astruere "possumus: Caius imperator “Baiarum medium inter- 
vallum puteolanas ad moles trium milium et sexcentorum fere pas- 
suum ponte coniunxit, contractis undique onerariis navibus et or- 
dine duplici ad ancoras collocatis superiectoque aggere terreno ac 
directo ia appiae viae formam’: quod non videtur aemnlatione Xerxis 
fecisse, sed causam operis interiores aulici prodiderant avo Suetonii 
Cai. 19: “quod Thrasylius mathematicus anxio de successofe Tiberio 
et in verum nepotem proniori affırmasset, Non magis Caium impe- 
raturum quam per baianum sinum equis discarsurum’, Ipse autem 
Tiberius magno cum damno civium Capreis consenuit; nam ut Taciti 
verbis utar Ann, 4, 58: *ferebant periti caelestium iis motibus si- 
derum excessisse Roma Tiberiam ut reditus illi negaretur, unde 
exitii causa multis fuit properum finem coniectantibus vulgantibus- 
que: neque enim tam incredibilem casum praevidebant ut undecim 
per annos libens patria careret. Mox patuit breve confinium artis 
et falsi, veraque quam obscuris tegerentur; nam in urbem non re- 
gressurum haud forte dictum, ceterorum nescii egere cum propin- 
quo rure 'aut littore et saepe moenia urbis assidens extremam 56- 


Scripsit Fr. Vater. 585 


nectam compleverit’”. Etiam Septimius Severus persuasum habebat 
se 6 Britannia non rediturum esse, de quo Dio 76, 11 T. 4. 632: 
εἰδοὶς ὅτι οὐ ἀναπομισϑήσεται' ἤδει δὲ τοῦτο μάλιστα μὲν ἐκ τῶν 
ἀστέρων ὑφ᾽ ὧν ἐγεγέννητο" καὶ γὰρ ἐς τὰς Opopag αὐτοὺς 
τῶν οἴχων τῶν ἐν τῷ παλατίῳ ἐν οἷς ἐδίκαξεν ἐνέγραψε, ὥστε 
πᾶσι. πλὴν. τοῦ μορίου τοῦ τὴν ὥραν ὥς φασιν ἐπισκοπήσαντος 
ὅτε ἐς τὸ φῶς ἐξῃει ὀρᾶσϑαι (τοῦτο γὰρ οὐ τὸ αὐτὸ ἑκατέρωϑι 
ἐνετύπωσενλ)᾽ ἤδει δὲ καὶ παρὰ μάντεων ἀκούσας" ἀνδριάντι 
γὰρ αὐτοῦ πρὺς ταῖς πύλαις δι᾽ ὧν ἐκστράτεύειν ἔμελλεν ἑστῶτι 
καὶ πρὸς τὴν ὁδὸν τὴν ἐκεῖσε φέρουσαν κἐποβλέποντι σκηπτὸς ἐμ- 
πεσὼν τρία amd τοῦ ὀνόματος αὐτοῦ γράμματα ἀπήλειψε: καὶ διὰ 
τοῦϑ᾽ ὡς οἵ βάντε ig ἀπεφήναντο οὐκ ἐπανῆκεν ἀλλὰ καὶ τρίτῳ 
ἔσει μετὰ τοῦτο μενήλλαξε: quem locum exempli causa adscripsi, 
sam ne religui quidem principes sapientiares erant atque alins alio 
nequior nisi quod' unus fere Vespasianns teste Suetonio 14 ‘ut su- 
spicione aliqua vel metn ad perhiciem euiusquam compelleretur, tan- 
tum abfuit, ut monentibus amieis cavendum esse Metium Pomposia- 
num απο vulgo crederetur genesin habere imperatoriam (quare oc- 
cidit Domitianus Suetonii 10), insuper consulem fecerit spondens 
quandoque beneficii memorem futurum’; quanquam vel Vespasianus 
optimo quoque astrologo usus esse fertur apud Dionem 66, 9 T.4.220: 
τοὺς ἀστρολόγους ἐκ τῆς Ῥώμης ἐξώρισε. καίτοι πᾶσι τοῖς ἀρέστοις 
αὐτῶν χρώμενος. Sed quidquid est ille quidem etiam in periculo 
mortis de prodigüs iocatas esse dicitar apud Suetonium Vesp. 28, 
quemadmodum Augustus Suetonio eodem teste 94: “tantam mox 
fiduciam fati habuit at thema suum vulgaverit nummumque argenteum 
nota sideris Capricorni quo natus est percusserit’, vel ut Dio scri- 
bit ‚56, 25 T.3. 464: τοῖς μάντεσι ἀπηγορεύϑη μήτε καταμόνας 
τινὶ unse περὶ ϑανάτου (μηδ᾽ ἂν ἄλλοι συμπαρῶσίν οἵ) χρᾶν, καί- 
τοι οὕτως οὐδὲν τῷ Αὐγούστῳ τῶν καϑ᾽ ἑαυτὸν ἔμελεν, ὥστε καὶ 
ἔκ προγραφῆς πᾶσι τὴν τῶν ἀστέρων διάταξιν. ὑφ᾽ ὧν ἐγεγέννητο 
φανερῶσαι: sed ταϊαπὶ plerique omnes tam prineipes quam vulgus, 
turpissima δεισιδαεμονέᾳ capti propfer vanissimas superstitiones pro 
modulo virium res humanas turbarnnt, ita ut aut alıis exitio essent 
ant propter ridiculam imprudentiam ipsi perirent. Multos enim poe- 
nituit vanae sterilisgue superstitionis, sicut Libonis Drusi probat 
esitas cuius sortem Tacitus Ann. 2, 27 sqq. uberius ornavit, quia 
tunc primum reperta sunt qnae per tot annos remp. exedere. Nec 
postulari poterit ut singiHatim recenseam quibus velnt Lepidae apıd 
Tacit. Ann. 3, 22 obiectum- sit ‘“qnaesitum per Chaldaeos in domum 
Caesaris’, aut Lolliae ibid. 12, 22 “chaldaeos magos interrogatum 
Apollinis clarii simulacrum super nuptiis imperatoris’, Furio Scribo- 
niano ἰδία, 12, 52 “quasi finem principis per chaldacos scrutaretur?, 
Statilio Tauro ibid. 59 ‘magicarum superstitionum’ crimen: nam im- 
prövidorum et facilinm inanibus nomina sub omnibus principibus 
comparent, atque Neroni quoque delatum est ibid. 16, 14: “An- 
teium et Ostorium imminere rebus et sua Caesarisque fata scrutari’, 


“τ ἈΝ. 


Ὡς Ναικουδααεοζαδε criticorum fasciculus quintas. 


Sereiiorgue Serum Aline crimini datım ibid. 16, 30: “quod pecmiam 
μερὰ diinazrita esset’, coll. Diene 62, 26 T.4. 92. Optime igitar cum 
perier tum poste de salule εἰν! πὶ merituri erant, qui aut mini- 
φναξ ϑαυδια aupesstitionis per flagitia invisos severissimis edictis et 
is castigarent, aut indoctam multitedinem prae- 
ein zuiemmibes et bonis admonitionibus adiuvarent, praeserlm 
Beume quo cumcta undigue atrocia aut pudenda confluebant celebra- 
bester denique odio humeni generis convictos et novissima ex- 
eupin weräos de fastigio deiicerent. Itaque omnes fere imperatores 
pericum et exitiosam istam cohortem co@rcuerant, velut sub Augusto 
πρπανὶ Muecenate ‚apud Dion, 52, 36 Τ. 8. 148: ᾿Δγρίσεπας τοὺς 
sngeleyovc καὶ τοὺς γόητας ἐκ τῆς «όλεως ἐξήλασε ibid. 49, 43 
T- ΟΣ 756 cum int. T. 5. 609, variaque edicta adversus chaldacos 
εἰ θεὲ genus vatum commenorantur sub Tiberio apıd Tacitum 
Ama. 2, 32. Suetonium Tib. 36. 63. Dionem 57, 15 Τ. 8. 558, sab 
Glendio teste Tacito Ann. 12, 52. Suetonio Claud, 25. Zonara 
Am. 11, 10 Τ. 2. 470. Eaedem leges videntur Nerone prindpe 
valuisse, sed novi quid addit Philostratas V. Apoll. 4, 35. 80: Νέρων 
οὐ ξυνεχώρει φιλοσοφεῖν, ἀλλὰ περίεργον αὐτῷ χρῆμα οἱ φιλοσο- 
φοῦντες ἐφαίνοντο καὶ μαντικὴν συσκιάξοντες ; καὶ ἤχϑη ποτὲ d 
τρίβων ἐς δικαστήριον ὡς μαντικῆς σχῆμα; coll.&, 47. 85. 
Veteres autem tragici non solum in eos invect+ sunt gai lingaam 
avinm intelligunt plusque ex alieno iecore sapiunt quam ex δυο, sed 
etiam omnem quamcunque vaticinationem reiecerunt velut duce Ennio 
Quintus apud Ciceronem de Divin, 1 extr. probat: ‘Testabor non 
me sortilegos, neque eos qui quaestus causa hariolentur, ne psycho- 
mantia quidem agnoscere. Non habeo denique nauci marsum augu- 
rem, non vicanos haruspices, non de circo astrologos, non isiacos 
coniectores „ non iaterpretes somniorum. Non. enim sunt ii auf 
scientia aut arte divini, 
sed superstitiosi vates impudentesque harioli, 
aut inertes aut inanes aut quibus egestas imperat; 
qui sibi semitam non sapiunt, alteri monstrant viam; 
quibu? divitias pollicentur, ab iis drachmam ipsi petunt; 
de his divitiis sibi dedacant drachmam, reddant cetera’. 
Quo autem tempore ἰδία studia capitalia erant et felicitatem cama 
publicam tum privatam subvertebant, ille locus poötae patriae aman- 
tissimo placere prae ceteris debebat; et quemadmodum Schiller in - 
sto Wallenstein multa hnius farinae admiscuit, sic campım in quo 
expatiaretur Materno latissimum Nero praetexta praebuit, quia ille 
princeps praeter ea quae allata sunt, “facto per magos sacro evo— 
care manes (Agrippinae) et exorare tentavit? ut est apud Suetoniurmn 
Ner. 34, et Tacito teste Hist.1, 22 “multos secreta Poppaeae ma — 
thematicos, pessimum principalis matrimonü instramentam , habue — 
rant’ ; talesque homines Suetonius Ner. 40 narrat principi pratdixisse 
fore ot quandogne destitaeretur, spopondisse tamen quosdam de— 
stituto orientis dominationem, nonnullos nominatim regaum Hier — 


‘ 


Scripsit Er. Vater. | 587 


solymorum; consultum etiam Delphis Apollinem praecepisse ut se- 
ptuagesimum ac terlium annam caveret, Qai si post hoc responsum 
oblitus Galbae stultissima Aducia egit, et post Vindicis defectum 
(cam in itinere annotasset inscalptum monumento militem gallam ab 
equite romano oppressum trahi erinibus) ad eam speciem exiluit gau- 
dio caelumque adoravit (Sueton. Ner. 41), facile intelligitur quomodo 
Maternus potissimum in Nerone adversus- varias superstitiones .de- 
bacchari potuerit. Denique praeter prodigia passim commemorata 
quande adoptatus est Nero teste Zonara 11, 10 T. 2. 469: xale- 
σϑαι ὁ οὐρανὸς τὴν ἡμέραν ἐκείνην Böofev, item cum regnuin ca- . 
pesseret; praeter claudianum cometam a Dione 60, 85 T.3. 798 
commemoratur ἡ ψεκὰς ἡ αἱματώδης ὅ τὸ σκηπτὸς ὁ ἐς τὰ δορυ- 
φορικἃ σημεῖα ἐμπεσὼν coll, Tacito Ann. 12, 64. Suetonio Cland. 46, 
et ἃ, U.816 apud Tacitum Ann. 15, 22 gymnasium ictu falminis 
conflagravit effigiesque in eo Neronis ad informe aes liquefacta’, 
Bectissime autem communi vaticini vocabulo usus est ad species 
superatitionis diversissimas deyignandas, cuius generis et omnia ora- 
cula erant et psychomantıa sortesge praenestinae fortunae antia- 
tinae mulieres cattae druidae metoposcopi (Sueton. Tit. 2) atque 
adeo honestae virginis vaticinatio (Sueton. Galb. 9) praeter haruspi- 
ces magos chaldaeos mathematicos astrologos genethlialogos aliosque 
alogos et γόητας; nam omne vaticinium et expetebatur ab impru- 
dentibus rerumque novarum cupidis et suspectum erat dominantibus, 
a quibus ut monitum est vel ὅ τρίβων ἐς δικαστήριον ἤχϑη ὡς 
μαντικῆς σχῆμα. et relegati synt philosopbi ὡς μαντικὴν συ- 
σκιάξοντες. Certe πεϑοῖο 4πὸ aptiore vocabulo Maternus (de cuius 
dictione solus Taciti Dialogus testis est) varia divinationis tempe- 
ramenta complecti potuerit: nam Caecilium Aemilianum οἷς καὶ τῷ 
Ἡρακλεῖ τῷ ἐν τοῖς Γαδείροις χρησάμενον ἀπέκτεινεν Caracalla 
teste Dione 77, 20 T. 4. 692, et ut alia mittam sub ΟἸαυαάΐο cri- 
mini dabatur: interrogatum Apollinis clarii simulacrum, ut Tacitus 
Ann. 12, 22 refert, quemadmodum Vespasianum apud eundem Hist. 
2, 78 responsa vatum et siderum motus ad imperium vocabant. Op- 
ponitur quidem apud. Dion. 52, 36 T.3. 150: ἡ μαντικὴ τῇ μα- 
γευτικῇ in Maecenatis sermone, sed ab eodem 55, 12. 366 Tibe- 
rius vocatur ἐμπειρότατος τῆς διὰ τῶν ἄστρων μαντικῆς et 57, 
15, 548 μαντείᾳ τινὶ καϑ᾿ ἑκάστην ἡμέραν χρώμενος. idemque 
ibid. commemorat τούς τε ἀστρολύγους καὶ τοὺς γόητας εἴτε «τινὰ 
ἕτερον καὶ ὁποιονοῦν. τρόπον ἐμαντεύετό' τίς. Jam si patet: istas 
pestes etiam doctrinae quandam speciem prae se tulisse (quid enim 
aliad astrologiae et genethlialogiae nomina iactant?)) et hoc artificio 
veram sapientiam adulterasse; perspicere mihi videor quomodo in 
Domitio Nerone praetexta (quae ut nomen docet argumentum e fla- 
gitioso Nerunis principatu *) traxit) improbam et stadioram quoque 


*) Plus affırmare periculosum est, nam perpetua Neronis immanitas 
plarimis tragoediis sufficiebat. Suetonio teste Ner. 56 religionam usque- 


588 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus. 


sacra profanantem vaticinii potentiam fractam esse” a se gloriari 
potuerit Maternus. -Nam et odiam principis vatinianum adversus 
praestantissimum quemque reliquamgque eiusdem saevitiam probabiliter 
e praeceptis mathematicorum et ex vanitate exitiabilibusque artibus 
istorum sceleratorum derivavimus, et sordes illins δοκησισόφου sa- 
pientiae adhac per totam mediam aetatem stadiorum sacra pro- 
fanabant et foedabant. Cur igitur singillatim commemoro teste Pro- 
culo ad Tim. 4. 285 F eresinm Theophrastum ϑαυμασιωτάτην iu- ' 
dicasse τὴν τῶν Χαλδαίων περὶ (τὰ ἄστρα) θεωρίαν.» va re ἄλλα 
προλόέγουσαν καὶ τοὺς βίους ἑκάστων καὶ τοὺς ϑανάτους᾽ --- — 
πάντα γοῦν αὐτοὺς καὶ τὰ ἴδια καὶ τὰ κοινὰ προγινώσεειν ἀπὸ 
τῶν οὐρανίων φησίν ὃ quid Ciceronem de Divin. 1, 1, 2 quo-teste 
chaldaei diuturna observatione siderum seientiam putantur eflecisse, 
ut praedici posset quid cuique eventurum et quo quisque fato natas 
esset’? quid denique ipsum Tacitum qui Ann. 4, 58 breve ton- 
finium artis et falsi iactat et 6, 20 de scientia chaklaeorum artis 
loguitur *)? nam Cicero quidem de Divin. pr. μαντικὴν interpretater 
praesensionem et scientiam rerum faturarum, 


- 8. Expedito Materno **) potissimos Octaviae locos considera- 
bimus, 6 quibus liquet hanc tragoediam L. Annaeo Senecae nullis 


‚guague contemtor (instar Tiberii apud eundem 59) addictissimus erat 
‘Nero mathematicis aliisque id genus vatibus atque prodigia ostentaque 
supra modum expavit; suspicor igitur maxime id egisse tragicum ut osten- 
deret quomodo hanc superstitionem pro perversitate indolis suae in per- 
niciem civium verterit princeps, atque ex historia neroniana comprobaret 
exemplis saevitiae imperatoriae et calamitatum domesticarum nihil plus re- 
bus romanis nocuisse quam nationem illam deterrimam. — Ceterum com- 
pareban etiam locum Suetonii Vit. 11, qui de hoc Neronis sectatore scri- 

it “eitharoedum admonnit, ut aliquid et de Domitio diceret, inchoantique 
neroniana cautica primus exultans etiam plausit’, sic enim valgo legitur: 
sed in recentioribus editionibus e melioribus libris receptum est de domi- 
nico, et dominicum interpretantur collectionem canticorum neronianorum; 
giod non intelligo quibus rationibus conseguantur. In tali aliquo carmine 

omitius Nero teste Plinio H. nat. 37, 13, 3 capillos Poppaeae succina 
appellaverat, quod novum exemplum est adversus Ritteri de nominibus 
'Nerönis disputationem. ον 

ν᾿ Vid. maxime Ann. 6, 22 totum. 

ἘΞ) Pro subtilitate sua Ritter praef. XXVIIT. sqq. suspicabatur Do- 
mitiano principe recitatam esse Octaviam a Materno, atque huc retulit 
testimonium Xiphilini 67, 12 T. 4. 276 de Domitiano Maregvov δὲ τὸν 
σοφιστὴν ὅτι κατὰ τυράννων εἶπέ τι ἀσκῶν ἀπέκτεινεν, ut conliceret 
superstitem praetextam supplicii causam extitisse. Sed de declama- 
tione cogitandum esse color loci abunde probat, nec facile σοφιστὴν 
appellasset tragoediae scriptorem; nec si in Faeiti dialogo a labore forensi 
abhorrere et totus tragoediis componendis vacare videtar Maternus, id 
documento esse potest postea quoque arten et exercitationem spretam 
fnisse ab eodem. Sententiam autem me iudice extra dubitationem ponit 
alter Dionis locus 59, 20 T. 3. 690 de Carinate Secundo rhetore quem 
Cajus relegavit ὅτι λόγον τινὰ ἐν γυμνασίᾳ κατὰ τυράννων εἶπεν. Acute 
tamen monuit Neronis cum Octavia divortium nuptiasque cum pellice ap- 
plicari potuisse ad nefarium Domitiani cum Titi: fratris filia commercium 


Scripsit Fr. Vater. 589 


argutiis tribui posse. Ignoramus quidem quibus rationibas J. G. C. 
Klotzsch Viteb. 1804 in Prolusione de Octavia L. Annaei Senecae 
sustentaverit opinionen dudum explosam; iuvat tamen affırmasse ne- 
que Klotzschiam consecutum esse, neque alium quenquam consequi 
posse quod historia rerumque gestarum ordo redarguunt. Visum 
autem est 8 loco Phüostrati exordiam capere V. Apoll. 5, 10. 89 
Kays. ubi narratur (quo tempore in Graccia cantabat Nero et lulius 
Vindex in Gallia defectum parabat) Gadibus cum praefecto Baeticae 
familiares et secretos sermones instituisse Apollonins ille. Nescio 
an alii quaesiverint quis extrema Neronis aetate Baeticae praefeetus 
fuerit, sed portentosa est Kayseri annotatio -et quadruplici errore 
vitiosa p.188: “quis fuerit tum temporis praeses Baeticae ex Tac. 
H.1, 9 (sic) et 2, 56 (sic) apparet; Cluvius quidam’! At nonne 
plane incredibile est editorem Vitae Apollonii oblitum esse ipsum 
Serv. Sulpiciom Galbam usque ad caedem Neronis-(quam Cluniae 
ut videtur comperit teste Pintarcho V. Galb. 6. 1055 E) praefuisse 
Hispaniae tarraconensi? Deinde scire debebat M. Cluvium Rufum 
qui post Galbam hanc provinciam rexit in graeco itinere et comitem 
et praecouem fuisse Neroni, id est ipso eo tempore quo Gadibus 
versabatur Apollonius. Tertio temere confudit ulteriorem Hispaniam 
siıve Baeticam cum citeriore Hispania: Baeticam autem neque Galba 
neque Cluvios unquam administraverat. Denique facili opera .6 
Tacito aliisque illorum temporum scriptoribus doceri poterat, quem 
Baeticae praefectum a Philostrato significari probabile esset. Sed 
iuvabat haec uberius persequi. Cluvio igitur nostro inter maioreg 
fuisse videtur C. Cluvius senator quem victo Antonio in pumerum 
consularium retulit Octavianus Caesar teste Dione 52, 42 T.3. 160 
ἕς ya τοὺς ὑπατευκότας δύο ἄνδρας ἐκ τῶν βουλευόνετων Kiovoviov 
τέ τινα καὶ Φούρνιον Γαΐους ἐγκατέλεξεν, ὅτι προαποδεδειγμένοι 
οὐκ ἠδυνήϑησαν ἄλλων τινῶν τὸς ἀρχὰς αὐτῶν προκαταλαβόντων 
ὑπατεῦσαι.» quare merito suspicantur non diversum esse „Aoyxsov 
Kiovoviov quem Antonius ποιήσας Te ἅμα ὕπατον καὶ παύσας 
(συνῆν γὰρ αὐτῷ) ἐπὶ τῷ τοῦ Καίσαρος πολέμῳ ὥρμησεν. apud 
Dionem 49, 44 T. 2. 758, πες dubitandum quin Cicero hunc (C.) 
Cliuvium puteolanum familiarem suum vocaverit Epist. 18, 66, ad 
quem sibi adhuc coniunctum et C. Iulio Caesari ipse scripsit Epist. 
13, 7. Noster autem M. Cluvins Rufus Consul snff. comparet a. U. 
799 a.:Kal. iul. cam Pompeio Silvano et inter scriptores historiae 
meronianae commemoratar a Tacito Ann. 18, 20. 14, 2 Plutarcho 
Oth. 8. 1067, quanquam Plinius Epist.9, 19 non plane eius libro 


repudiatea legitima coniuge Domitia; addique poterat Suetonio teste 10 a 
Domitiano oceisum esse Helvidium filium “quasi scenico exodio sub per- 
sona Paridis-et Oenonae divortium suum cum uxore tazasset’. Maximae 
autem offensioni esse debuit iracundo principi quod Claudii cum Agrippina 
illi citus amer incestaeque nuptiae in Octavia 140 acerbissime castigaren- 
tur: ‘genitumque fratre coniugem captus sibi toris nefandis flebili iunxit 
face’. Tam facile est vanam coniecturam exornare! 


590 - Miscellancerum criticorum fasciculus quintus. 


esnfdere videtur. Sub Nerone inter cohortem amicorum principis 
receptus est, quod cum e frustulis hietoriarum cluvianarum colligi- 
mus tam ex eo quod post L. Iunium Gallionem (Bio 61, 20 T.4. 42) 
mumnere  praeconis in Neronis certaminibus functus est, velut apud 
Suetonium Ner, 21 princeps ‘per Cluvium Rufum consularem pro- 
nuntiavit Nioben se cantaturum’, et Dione teste 63, 14 T. 4. 120: 
4γωνίσατο δὲ ἐν πάσῃ ὁμοίως (Grasciae) πόλει ἀγῶνα ἐχούσῃ. 
κήρυκι πρὸς πάντα τὰ κηρύξεως δεόμενα Κλουβίῳ Ῥούφῳ ἀνδρὶ 
ὑπατευκότι χρησάμενος: denique Helvidius apud Tacitum Hist. 4, 48 
ἃ laude Cluvii Rufi orsus, qui perinde dives et eloquentia clarus 
nulli anquam sub Nerone periculüm facessisset” auctor' est hominem 
in aula praepotentem fuisse; atque sub Vitellio Neronis sectatore e 
provincia Hispania arcessitus comitatui principis teste Tacito Bist. 
2, 65 adiectus, atqaue in ultimo Vitellii et'Flavii $abini congressu 
(ibid. 8.,. 65) cam solo Silio Italico testis adhibitus est. Nerone 
defuncto sine dubio ἃ Galba Hispaniae citeriori praeposifus est; 
nam a. U. 822 pr. paullo ante Othonis defectum Hispaniae praeerat 
Cluvras Rufas teste Taeito Hist. 1, 8, vir facundus et pacis artibus, 
beilis inexpertus’. Rerum potito Othone ex- Hispania allatum est 
iurasse in eum milites, laudatüsque per edictum Cluvitıs Rufus, nt 
scribit Tacitus Hist. 1, 76; 'atque huc spectat Plutarchus V. Oth. 8. 
1067: Κλούβιος *) δὲ Ῥοῦφος εἰς ’Ißnolav φησὶ κομιόϑῆναι διπλώ- 
ματα οἷς ἐκπέμπουσι τοὺς γραμματηφόρους, τὸ τοῦ Νέρωνος ϑε- 
τὸν Ovoua προσγεγραμμένον ἔχοντα τῷ τοῦ ᾿Ὄϑωνος: “et statim 
cognitum est conversam ad Vitellium Hispaniam?” ut apud Tacitam 
additurr. Cum Luceius Albinus a Nerone Mauretaniae caesariensi 
praepositus, addita per Galbam tingitanae provinciae administratione, 
caeso Galba etiam Hispaniae immineret in Othonem pronus; Clu- 
vius Rufus Tacito teste Hist. 2, 58 decimam legionem propingnare 
Hittori ut transmissurus iassit, praemissis centurionibus qui Maurorum 
animes Vitellio conciliarent: quo effectum est ut Albinus cum fidis- 
"simo Quogae ἃ suis frueidaretar. Nihilominus ab Hilario Vitellti 
liberto delatam est, tanquam M, Cluvins Rufus audito Vitellii et Otho- 
his prineipatu propriam' ipse potentiart et possessionert Hispaniarım 
tentasset eoque diplomatibus nullum principem praescripsisset, ut ait 
idem "Tacitns Hist.2, 65; quare omissa Hispania Caesarem iam a Lug- 
dano digressum assecutus Cluvius se ita defendit, ut eius auctoritas 
praevaleret libertumque puniri ultro iuberet Vitellias. Deinde ut iam mo- 
hitum est comitatui principis adiectus negue motu neque ademta Hispa- 
nia quam rexit absens. Etiam testem afluisse pactorum inter Sabinum 
et Vitellium supra relatum est: sed a. U. 824. Primo Antonio osten- 
tabatur eittrier Hiepania “discessu Chuvii- vacaa’ ut rursis Taeitus 


’.%* Sic nuper demum eorrexit Döhner in editione Piutarchi didot. inben- 
tibus Lipsio ad Taeiti Ann. 18, 20 et Reimaro ad Dionem 63, 14 T.6. 488: 
vulgo corrupte Κλαύδιος. Praeter reliqua hic locus docet scriptorem et 
consularem eundem esse. ΄ 


Scripsit Fr. Vater. 591 


Hist. 4, 39 docet; unde colligimus Mucianum prohibuisse quomimug 
aut rediret Clavius in provinciam aut ahsens regeret. — Reiecto 
igitur Cluvio dispiciendam est quis videatur fuisse ὁ τῆς Βαιτικῆς 
ἐπιτροπεύων apud Philostratum; qua in re adiuvamur scriptoris prae-» 
‘ conio quo iudice χρῃστός τὸ εἶναι ἐλέγετο καὶ διαβεβλημένος πρὸς 
τοὺς Νέρωνος μίμους, quique affırmat Apollonium sua auctoritate 
ξυντάξαι τῷ Βίνδικε ὅμορον ἄρχοντα. Scribit Dio 60, 24 T.3.772 
Umbonium Silionem ἄρχοντα Βαιτικῆς a Claudio imperatore revo- 
-catum. et senatu motum esse ὅτι τισὶ τῶν ἀπελευϑέρων προσέ- 
xgovse: unde patet hunc alienum esse, licet condicio similis fuerit, 
Sed disceptandum est inter Allienum Caecinam et Othonem 'atque 
ipsum Galbam. Primus se offert Caecina Galbae iam principis pro- 
ditor, victor Othonis, primum legatus Vitellii tum desertor: de.quo 
Tacitus Hist. 1, 53 “in superiore Germania Caecina decora iuventa 
corpore ingens animi immodicus scito sermone erecto incessu atudia 
militum (pro Vitellio) illexerat. Hunc iuvenem Galba quaesiprem in 
Baetica impigre in partes suas transgressum legioni praeposuit, το χ 
compertum poblicam pecuniam avertisse ut peculatorem flagitari 
iussit”. Auctorque est Dio 66, 15 T. 4. 230 de Vespasiano μονο- 
μοαχίαις. ἀνδρῶν οὐ πάνυ ze ἔχαιρε.» καίτοι τοῦ Τίτου ἐν ταῖς τῶν 
ψεανίσχων παιδιαῖς σκιαμαχήσαντός ποτε πρὸς τὸν ᾿ἀλμηνὸν ὅπλοιξρ, 
ex quo adolescentulorum commercio coniicere licet Caecinam quoque 
in comitatu Britannici (quemadmodum Titum Sueton. Tit. 2) vixisse 
et propter veterem banc familiaritatem suspectam fuisse Neroni eius- 
que sodalibus, de quibus Philostratus. Praetermitto victos ab Alliena 
Caecina eiusque collega Fabio Valente Othonianos; pro quibus me- 
ritis ut Vitellins “Valenti et Caecinae vacuos honoris menses aperi- 
ret, coartati aliorum consulatus? teste Tacito Hist. 2, 71. Deinde 
in ipso consulatu missus est Caecina contra Antonium Primum, al- 
latoque nuntio descivisse et ab exercitu vinctum esse, in senatu ab- 
sens damnatus est Caecina “qnod consul remp., dux imperatorem, 
tantis opibus tot honoribus cumulatus amicum prodisset? ibid.3, 87: 
sed vinculis exsolvit secunda fortuna flavianarum partium, adeo ut 
a Vitellianis deprecator causae suae destinaretur. Nam ut cum Dione 
loquar 65, 14 T. 4. 190: ἔλυσαν τὸν ὕπατον καὶ αὐτὸμ τῇ τε 
ἐσϑῆτι τῇ ἀρχικῇ καὶ ταῖς ῥάβδοις κοσμήσαντες ἔπομψαν ἀνϑ᾽ 
ἱκετηρίας καὶ ἔτυχον τῶν σπονδῶν" ὁ γὰρ ᾿Δλλιηνὸς διὰ τὸ ἀξίωμα 
καὶ διὰ τὴν ξυμφορὰν ἔπεισε ῥῳδίως τὸν Πρῖμον. τὸν ὁμολογίαν 
σφῶν δέξασϑαι: Tacito autem teste Hist. 8, 81 *ubi Checina prae- 
texta lictoribusque insignis dimota turba consul inceseit, exarsere vi- 
ctores, superbiam saevitiamque (adea invisa scelera sant) etiam per- 
fidiam obiectabant ; obstitit Antonius datisque defensoribus ad Vespa- 
sianum dimisit’. De supplicio eius Dio 66, 16. 232 de Vespasiano 
κἂν τούτῳ ἐπεβουλεύϑη μὲν ὑπό τε τοῦ ᾿Αλλιηνοῦ καὶ ὑπὸ τοῦ 
Μαρκέλλου, καίπερ φίλους τε αὐτοὺς ἐν τοῖς μάλιστα νομίζων 
καὶ πάσῃ εἰς αὐτοὺς ἀφϑονωτάτῃ τῇ τιμῇ χρώμενος" οὐ μὴν καὶ 
ὑπ᾿ ἐκείνων ἀπέθανε, φωραϑέντες γὰρ ᾿Αλλιηνὸς μὲν αὐτοῦ ἐν 


592 Miscellaneorum criticorum fasciculus guintus. | 


τῷ βασιλείῳ ἐξαναστὰς ἐκ τοῦ συσσιτίου εὐθὺς ἀπεσφάγη τοῦ 
Τίτου κελεύσαντος. μὴ καὶ φϑάσῃ τε νεοχμῶσαι (τῶν γὰρ στρα- 
τιωτῶν συχνοὺς προπαρεσκεύαστο), Magxeilog δὲ δὴ κριϑεὶς ἐν 
τῷ συνεδρίῳ καὶ καταδικασϑεὶς ἀπέτεμε τὸν λαιμὸν αὐτὸς ξαυτῷ 
ξυρῶ. οὕτω που τοὺς φύσει κακοὺς οὐδὲ αἴ εὐεργεσίαι νικῶσιν: 
ὁπότε κἀκεῖνοι τῷ τοσαῦτα εὐεργετηκότι σφᾶς ἐπεβούλευσαν. Μὶ- 
tins tamen Suetonias Tit.6 “A. Caeeinam consularem virum vocatum 
ad coenam ac vixdum triclinio egressam confodi iussit, sane urgente 
discrimine cum etiam chirographum eius praeparatae apud milites 
contionis deprehendisget’; teste autem Aur. Victore Epit. 10. “Cae- 
cinam consularem adhibitum coenae vixdam triclinio egressum ob 
suspicionem stupratae Berenices uxoris suae ingulari iussit’. Quae- 
ritur an talis vir χρηστὸς εἶναι videri potuerit, cum praeter allata 
testimonia Tacitus Hist. 1, 52 de profusa eius cupidine et insigni 
temeritate loquatur , turbidumgque eius ingenium ibid. 67 notet; quem- 
admodum Plutarchus quogne V. Oth. 6. 1069 scribit Καικένας μὲν 
οὔτε φωνὴν ἦν οὔτε σχῆμα δημοτικός» ἀλλ᾽ ἐπαχϑὴς καὶ dAloxo- 
τὸς σώματος μεγάλου γαλατικῶς ἀναξυρίσι καὶ χειρίσιν ἐνεσκενα- 
σμένου σημείοις καὶ ἄρχουσι δωμαϊκοῖς διαλεγόμονος᾽ καὶ τὴν γυ- 
ναῖκα (Saloninam Tacit. Hist. 2, 20) παρέπεμπον αὐτῷ λογάδην 
ἱππεῖς ὀχουμένην ἵππῳ» κεκοσμημένην ἐπιφανῶς. Putabimusne 
eiasmodi ducem Apollonii sermpnes expetivisse atque aspernanti tu- 
mentique sponte obviam factum esse, ἀφελόντα τὸν τῆς ἀρχῆς 
ὄγκον ut est apud Philostratum ὃ Sed licet hoc superstitio effecerit 
addaturgue reliquis Apollonii miraculis, Caecina neque Vindici ac- 
cessit sed Galbae, neque ὅμορος Galliis ἄρχων commode dici potait 
longo terrarum tractn a Vindice seiunctus; praeterea ille quaestor 
fuisse dicitur quo tempore ad Galbam tranziit, vulgoque Baetica 
praetorio parebat, qua de re postea dicetur. Itidem sunt quae 
Othonem et commendent et redarguere videantur. Post nuptias Pop- 
paeae Sabinae iactari potuit διαβεβλημένος πρὸς τοὺς Νέρωνος μί:- 
μους: Tacito enim teste Ann. 18, 46 “diritur famikaritate sueta, 
post congressu et comilatu (Neronis) Otho, et postremo ne in Urbe 
aemulatus ageret provinciae Lusitaniae praeficitur, ubi nsque ad 
civilia arma non ex priore infamia sed integre sancteque egüt procax 
otii et potestatis temperantior’; vel ut Suetonius Oth. 3 scribit *di- 
ducto matrimonio sepositus est per causam legationis in Lusitaniam; 
id satis visum ne poena acrior mimum omnem divulgaret, qui tamen 
sic quogue hoc disticho enotuit 
car Otho mentito sit quaeritis exul homore: 

uxoris moechus coeperat esse suae. 
Provinciam administravit quaestorius per decem aunos, moderatione 
et abstinentia singuları’. PlutarchusV. Galb. 30. 1061 auctor est Sene- 
cam caedem eius avertisse, quo suadente ἐξεπέμῳφϑη “υσιτανῶν στρα- 
τηγὸς ἐπὶ τὸν ὠκεανόν. καὶ παρέσχεν ἑαυτὸν οὐκ ἄχαριν οὐδ᾽ 
ἐπαχϑῇ τοῖς ὑπηκόοις εἰδὼς φυγῆς ὑποκόρισμα καὶ 
παρακαάλυμμα τὴν ἀρχὴν αὐτῷ δεδομένην. Quare de ultione 


Scripsit Fr. Vater. | 593 
recte lognitar Suetonius Ομ. 4: ‘ut tandem ultionis occasio data 
est, ‘conatibus Galbae primus accessit’, vel ut Plutarchus |]. ]. ἀπο- 
στάντος δὲ Γάλβα πρῶτος αὐτῷ προσεχώρησε τῶν ἡγεμόνων, et 
Tacitus Hist. 1, 13: “in provinciam Lusitaniam specie legationis se- 
posuit (Nero). Otho comiter administrata provincia, .primus in 
partes transgressus nec segnis”. Habemus igitur hominem qualem 
Philostratus requirit, qui χρηστὸς εἶναι ἐλέγετο. neque vero Baelicae 
sed Lusitaniae praefectus erat. Quanquam eidem Othoni teste Ta- 
cito Hist. 1, 22 astrelogus Ptolemaeus “in Hispania comes’ erat; 
atque apud Dionem 87, 52 T.1. 352: Καῖσαρ τῆς “υσιτανίας 
μετὰ τὴν στρατηγίαν ἦρξε ἢ)» de quo Suetonius Caes. 18 ex prae- 
tura sortitus est uiteriorem Hispaniam, Plutarchus V. Caes. 11. 712: 
ἀπὸ τῆς στρανηγίας τῶν ἐπαρχιῶν τὴν Ἰβηρίαν λαβῶν. collato 
Auctore de B. hispan. 42, 2 etc. Non eontendam Othonem toti 
Hispaniae ulteriori praefuisse **) (quae teste Plinio H. nat. 3, 2 in 
duas provincias dividitur Baeticam et-Lusitaniam, amne Ana discre- 
tas); sed non incredibile est Philostratum arbitrum Lusitaniae negli- 
genter -Baeticae praefectum vocasse, quia utraque provincia olim 
coniuncta fuerat. Ceterum iam Augustus qui primus novaın divisio- 
nem provinciarum instituit, teste Suetonio Aug. 47: “nonnullas com- 
mutavit interdum’; quare non in eo haerendum quod Lusitaniae 
quaestorius praepositus est Otho, et fortasse Baetica quoque tune 
quaestori Caecinae paruit ***); nam nisi hoc statuatur credi possit 


*) Interpretes T.5. 164 putant parum accurate locutum esse; sed 
alia ratio erat C. Iulii Caesaris aetate, neque probabile ante huius prae- 
turam duas ulterioris Hispaniae provincias fuisse.. Plane eodem modo 
post consulatum Gallias impetravit Caesar, quarum comatam ipse primus 
pacavit, Pompeiusque utrique Hispaniae praeerat. 

**) De divisione et rectoribus Hispaniae vid. Lipsius ad Taciti Hist. 
1, 13. Octaviano principe ut auctor est Dio 53, 12 T.3. 188: ἐνομίσϑη 
— — Βαιτικὴ τοῦ re δήμου καὶ τῆς γερουσίας εἶναι, τοῦ δὲ δὴ Καίσα- 
οος ἡ λοιπὴ Ἰβηρέα ἤ τε περὶ Ταῤῥάκωνα καὶ ἡ Λυαιτανέα. Strabo 
17. 1198 A inter provincias senatorias δέκα στρατηγίας commemorat, qu&- 
rum primam τῇ» ἐκτὸς Ἰβηρίαν λεγομένην ὅση ἐπὶ τὸν Βαίτην ποταμόν, 
et 3. 253 A νυνὶ δὲ τῶν ἐπαρχιῶν --- ἡ μὲν Βαιτικὴ πρόσκειται τῷ δήμῳ 
καὶ πέμπεται στρατηγὸς ἐπ᾽ αὐτὴν ἔχων ταμίαν τε καὶ πρεσβευτήν, 
-- — — ἡ δὲ λοιπὴ Καίσαρός ἐστι, πέμπονται δ᾽ ἀπ᾽ αὐτοῦ δύο πρεσ- 
βευταὶ στρατηγικός τε καὶ ὑπατικός" ὁ μὲν στρατηγιπὸς ἔχων σὺν 
αὑτῷ πρεσβευτὴν δικαιοδοτήσων Λυσιτανοὶς τοῖς παρακειμένοις τῇ 
Βαιτικῇ — — καλοῦσι γὰρ τὴν χώραν ταύτην ἰδίως οὕτως ἐν 
τῷ παρόντι κτλ. 

*%*) Non negabo Caecinam sub praetorio cogitari si forte alius Bae- 
ticae praefectus circa motum Galbae ostendatur, quemadmodum Caesar 
iam ante praeturam in Hispania ulteriore teste Suetonio 7 “mandatu prab- 
toris iare dieendo conventus (de quibus Plinius H. nat. 3, 3) circumivit 
Gadesque pervenit’: sed non semper eadem ratio obtinuit. Strabo 3. 253 A 
de ipsa Hispania τὸ μὲν αὐτῆς μέρος εἶπον τὴν ἐκτὸς (Romeni), τὸ δὲ 
ἕτερον τὴν ἐντός, ἄλλοτε δ᾽ ἄλλως διαιροῦσι πρὸς τοῦς και- 
ροὺς πολιτευόμενοι. Idem 17. 1197 Ο εἰς μὲν τὰς Καίσαρος ἡγε- 
μονέας καὶ διοικητὰς Καῖσαρ πέμπει διαιρῶν ἄλλοτε ἄλλως τὰς 

Archiv f. Phil. u. Paedag. Bd, XIX, Hft.A, 38 


594 Miscellaneorum eriticorum fasciculus quintus, 


Othonis quaestor in Baetica fuisse Caecina et simul cam Otkone ad 
Galbam defecisse. Sed quidquid est ne Otho quidem ὅμορος erat 
Vindici aut unquam ad Vindicem transiit, οὐ conatus. statim a 
legionibus germanicianis retusi sunt; neque <renibile est plane prae- 
termissum esse a scriptore Galbam, cuius commercium cum Viadice 
ei non pofuit ignotum esse. Igitur eo inclino, ut Baeticam cum 
tarraconensi provincia confusam esse stateam, nisi forte tunc 
quaestor Baeticae subiectus erat Galbae. Ipse autem Gelba si levem 
bunc errorem ignoveris unus aptissimus est; teste enim Tacito Hist. 
1, 49: “proconsul Africam moderate, iam senior Hispaniam citerio- 
rem pari iustilia continuit’; denique severitate in coercendiz delictis 
offenderat amicos Neronis: nam ut cum Suetonio loquar Galb. 9: 
‘paullatim in desidiam segnitiemque conversus est ne quid materiae 
praeberet Neroni et ut dicere solebat quod neme rafionem otil swi 
reddere cogeretur’. Sed demus vanitati scripteris quod Apollonium 
saum rebus gestis intexuit; nam ut Suetonmus pergit “Carthagine 
nova conventum agens (de septem conventibus citerioris Hispaniae 
vid. Plinius Hist. nat. 3, 4) tumultuari comperit Gallas, legato Agui- 
taniae anxilia implorante, supervenerunt et Vindicis litterae hortantis 
ut humano generi assertorem ducemque se accommodaret’. Clemen- 
tiam vero in regenda Hispanja testatur etiam Plutarchus V. Galb. 
“ 4, 1054. ε 


9. Quodsi Apollonius teste Philostrato Vindicis motum προγε- 
γνώσκων cum Hispaniae praeside conspirabat, num credibile est Se- 
necam quoque praevidisse fore ut propter Julü Vindieis conatus 
Nero destitneretur? Facilius crederem a fonte relatum Ammonis, 
quoniam Delphis oracula cessabant. Sed Vindicem aperte tangit Octa- 
viae locus ab interpretibus neglectus, eoque luculentissime demon- 
strat scriptam esse fabulam post Neronis fata. Ubi enim Agrippina 


χώρας καὶ πρὸς τοὺς καιροὺς πολιτευόμενος, εἰς δὲ τὰς δημοσίας ὁ δὴ- 
μος στρατηγοὺς ἢ ὑπατικούς" καὶ αὗται δὲ εἰς μερισμοὺς ἄγονται δια- 
φύρους ἐπειδὰν κελεύῃ τὸ συμφέρον, quae de universis ἀϊοία sunt. 
Dio 53, 12 T.3. 190: ὕστερον τὴν μὲν Κύπρον καὶ τὴν Γαλατίαν τὴν 
περὶ Νάρβωνα τῷ δήμῳ ἀπέδωκεν, αὐτὸρ δὲ τὴν Δαλματίαν ἀντέλαβε" 
καὶ τοῦτο μὲν καὶ ἐπ᾿ ἄλλων ἐθνῶν μετὰ ταῦτα ἐπράχθη κτέ. 
Sub Tiberio apad Tacit. Ann. 4, 13 commemoratur ‘Vibius Serenus pro- 
consul ulterioris Hispaniae’, quemadmodum ipse Caesar proconsule agit 
in sadem provincia apud Sueton. Caes. 54 cum interpr. idemque scriptor 
Aug. 47 de provinciis senatoriis “proconsulibus sortito permisit’”. Sub 
Caracalla quoque Dio 77, 20 T. 4. 690 Caecilium Aemilianum τὸν τῆς 
Βαιτικῆς ἄρξαντα habet, et ut idem 53, 12 T.3. 190 scribit νῦν» zweis 
ἕκαστον αὐτῶν (τῶν ἐθνῶν) ἡγεμονεύεται- ἐπεὶ τό γε ἀρχαῖον καὶ ἐπὶ 
πολὺ καὶ σύνδυο καὶ σύντρια τὰ ἔϑνη ἅμα ἤρχετο. --- Ceterum iam Μ. 
Tullius Cicero Epist. 2, 16 discessurus provinciae praeposuit quaestorem, 
quod affırmat se omnium fere exemplo fecisse; ac si qui absentes provincias 
regebant, velut Pompeius M. Cluvius L. Arruntius patet arbitrium apnd 
inferiores fuisse. Cn. Piso quoque (guem Catilina cum exerecitu ad ob- 
tinendas duas Hispanias missurus erat, Sallust. Cat. 18) postea ab ipso 
senatu in citeriorem Hispaniam guaestor pro praetore missus δαὶ, ibid. 19. 


Seripsit Fr, Vater. 505 


post divortiam Octaviae prodiit ab inferis redux, novis filii nuptiis 
' cum Poppaea initis facem stygiam praelatura, inter diras matris 
haee verba leguntur vs. 594: ' 

nubet his flammis meo 

Poppaea nato iuncta, quas vindex manus , 

dolorque matris vertet ad tristes rogos. 
Neque ehim dubito quin omnes Vindicis admoniti mecum affırment, 
non temere usum esse poelam vocabulo quod aptum quidem etiam 
sine alia notione est, sed tum demum plenam significationem con- 
sequitur ubi resciveris potissimum, Vindicis defectu Neronem prin- 
cipatu exutum esse, Sic cum Nero oppressa Pisonis coniuratione 
pugionem quo- petitus fnerat ϑείᾳ μοέρᾳ IOVI VINDICI dedicaret, 
Tacito teste Ann. 15, 74: “in praesens haud animadversum, post 
arma Juli Vindicis ad anspicium et praesagium futurae ultionis trahe- 
batur’. Ac ludebatur quoque isto nomine Romae a petulantioribus 
civibus, siquidem secundum Suetonium Ner. 45: ‘ascriptum et co- 
lumnis iam gallos eum: cantando excitasse; iam noctibus iurgia cum 
servis plerique simulantes crebro vindicem poscebant”. Neque enim 
mihi persuadebitur fortuitum vocabulum excidisse tragico, nec alter 
locus quo Octaviae nutrix *) dominam consolatura vs. 254: suspicatur 
“forsitan vindex deus existet aliquis, laetus et veniet dies’ a Jusu 
in Vindieis nomine abhorret; quid enim ad nos quod Vindex neque 
Poppaeae quidquam detraxit neo condicionem Octaviae mutavit, utra- 
. 486 aliqnot annis ante eius coninrationem extinctis? Satis enim est 
ambiguo vocabulo ab Agrippina ultionis tempus, ab Octaviae fanmnla 
laetiorem reip. statum qui Vindicis motu adductus est **) tactum esse. 


*) Nomen fidae famulae in tragoedia non proditur, credibile tamen 
est ab ea colorem duxisse po&tam quae in summo diserimine fidem prae- 
stitit dominae. Nam cum servus Eucerus ἱ, e. Evxegmg a Poppaea Octa- 
yiae adulter subornaretur, Tacito teste Ann. 14, 60: “actae ob id de an- 
cillis quaestiones et vi tormentorum victis quibusdam ut falsa annuerent, 
plures perstitere sänctitatem döminae tueri; ex quibus ung instanti Ti- 
gellino castiora esse muliebria Octavige respondit quam os eiue. Die 
Cass. 62, 13 T.4. 70: μόνη ἡ Πυϑιὰς οὔτε τι κατεψεύσατο αὐτῆς 
καίπερ πικρότατα βασανισϑεῖσα, καὶ τέλος ὡς ὁ Τιγελλῖνος ἐνέκειτο αὐτῇ, 
προσέπτυσέ τε αὐτῷ καὶ εἶπϑ “καϑαρατερον, ὦ Τιγελλῖνε, τὸ αἰδοῖον ἡ 
δέσποινά μου τοῦ σοῦ στόματος ἔχει. Nam sive sola Pythias in fide 
mansit sive ut Tacito placuit fidelissima fidelium fuit, praecipue hanc de- 
cebat tragicum Octaviae comiteni facere nisi oocubuerat; quare puto 
Pythiadem fuisse nutricem Octaviae. Neque enim causa erat cur potis- 
simum nuirix cum domina prodiret, nisi ipsa illa Pythias erat, Postea 
alius adulter repertus est Anieetus, qui teste Suetonio Ner. 85 dolo stu- 
pratam a se Octaviam inepte fatebatur. 

ἘΔ) Eum demem imperium Vespasiani attalit, ut @. Curtius Rufus 
me iudice affirmat 10, 9, 3 “proinde iure meritoque populus romanus 88" 
lutem se principi suo debere profitetur, qui noctis quam paene supremam 
habanimus novum aidus illaxit. Huius hercule, nor solie ortus lucem ca- 
liganti reddidit mundo, cum sine suo capite discordia membra trepidarent?. 
Apertissime enim respicitur ad pugnam cremonensem, in qua post noctem 
ancipitem teste Taeito Hist. 3, 24: “orientem solem (ita in Syria mos est) 


38* 


ὝἜἼ 


596 . Miscellaneorum triticornm fascieulus quintus. 


Speciosjus obieceris ne Vindicem quidem rein bene gessisse, atque 
ipsi Neroni turbas Galliae. derisui fuisse,, siquidem de rebns agendis 
disserens teste Suetopio Ner. 41 addebat *!si. per‘ Vindicem liceat’; 
quemadmodum C. Iulius Caesar apud eundem Caes, 78 per continuos 
dies nemini quidquam nisi sub .exceptione pollicebatuer “si tamen per 
Pontium Aquilam licuerit’: quo despectum et contemtum suum testa- 
, tas est. Atque ipse Galba apad Tacitum Hist. 1, 16: ‘sit ante 
oculos Nero, quem longa Caesarum serie tumentem non Vindex cum 
inermi provincia aut ego cum una legione sed ‚sua immanitas sua 
luxuria cervicibus publicis depulere. Quid quod adeo laetatum esse 
Neronem scribunt Suetonius et Dio? quorum hic 63, 26 T. 4. 136 
prodidit ὁ δὲ Νέρων μαϑὼν τὰ κατὰ τὸν Βίνδικα ἐν Νεαπόλει 
τὸν γυμνικὸν ἀγῶνα ἐπ᾽ ἀρίστου ϑεωρῶν οὐκ ἐλυπήθη; ἀλλὰ 
καταπηδήσας ἐκ τῆς ἕδρας ἀθλητῇ τινὶ συνεσπούδασεν --- — --- 
χαέρων τοῖς ἠγγελμένοις ὅτε ἄλλως τε κατακρατήσειν τοῦ 
Βίνδικος ἤλπιξε καὶ ὑπόθεσιν ἀργυρισμοῦ καὶ φόνων εἰληφέναε 
ἐδόκει. ille autem Ner. 40 “adeo lente tulit et secure ut gaudentis 
etiam suspicionem praeberet, tanquam' occasione nata spoliandarum 
inre belli .opulentissimarum pravinciarum’, Sed quanquam ipsum 
coniurationis cäput post societatem. cum Galba factam in pugna con- 
tra germanicas L. Virginii Rufi legiones cum omnibus copiis (Tacit. 
Hist. 1, 51) ceciderat: tamen neque mors Vindicis Neronem adiuvit 
et semper Galli eorumque dux princeps causa exitii Neroni erunt. 
Ac si Piotarchus guogue V. Galb, 5. 1055 A scribit ὅτε ὀρϑῶς ὁ 
Οὐϊνδιξ καὶ λελογισμένως ἐξεκαλεῖτο τὸν Talßav ἐπὶ τὴν ἡγεμο- 
νίαν ἐπιστώσατο μάρτυρι τῷ ΙΝέρωνι' προσποιούμενος γὰρ 
ἐκείνου καταφρονεῖν καὶ παρ᾽ οὐδὲν ἡγεῖσϑαι τὰ Γαλατῶν») ἅμα 
τῷ πυϑέσϑαι τὸ περὶ Γάλβαν (ἔτυχε δὲ λελουμένος nal ἀριστῶν) 
ἀνέτρεψε τὴν τράπεζαν: primum non magni facio iadicium Neronis 
. qui et cum simulatione et stulte egit (nam e sequentibus Phrtarchi 


tertiani salutavere’, unde rumor sparsus advenisse Mucianum, quo viotoria 
paria est. Dio 65, 14 T.4. 190: ἐνατεέλαντος δὲ τοῦ ἡλίου καὶ 
τῶν στρατιωτῶν τῶν ἐκ τοῦ τρέτου στραταπόδου τοῦ γαλατικοῦ: καλου- 
μένου καὶ ἐν τῇ Συρία γειμάξοντος, τότε δὲ κατὰ τύχην ἐν τὼ Οὐεσπα- 
σιανοῦ μερίδι ὄντος ἰσπασαμένων αὐτὸν ἐξαίφνης ὥσπερ εἰώϑε- 
σαν, ὑποτοπήσαντες ol τοῦ Βιτελλέου τὸν Μουκιανὸν παρεῖναι NALoLo- 
ϑησαν καὶ πτοηϑέντες ὑπὸ τῆς βοῆς ἔφυγον. --- Simili exaggeratione 
Vespasiaum appellabant τὸν σωτῆρα καὶ εὐεργέτην τοῦ κόσμου Corp. Inser. 
στ. 4270 T.3. 148, quare etiam Pacis vastissimum templum ipse Vespasianus 
eondidit testibns Suetonio Vesp. 9. Dione 66, 16 T. 4. 280 cum Int. T. 6. 
559sq. Ceterum Sueton. Vesp. I: “rebellione trium principum et eaede incer- 
tum diu et quasi vagum imperium suscepit firmavitque tandem gens flavia’, 
ibid. 5: “quandoque proculcatam Hesertamque remp. eivili aligua pertur- 
batione in tutelam eius ac velut gremium deventargam’ (Tacit. Hist. 3, 69 
resp. in Vespasiani sinum cessit). ibid. 8: ‘per totum iniperiem nibil ha- 
buit antiquias quam prope afflictam nutantemgue remp. stabilire primo 
deinde et ornare’. De Vespasiano cngitabat etiam Demetrius Kriukoff in 
oratione de Ὁ, Curtii Rufi aetate, Mosquae 1836, cui tamen nox suprema 
τοὶ: ultima calamitas male videbatur incendium Capitolii. 


Scripsit Fr. Vater. 597 


verbis οὐ μὴν ἀλλὰ τῆς συγκλήτου ψηφισαμένης πολέμιον τὸν Γάλβαν 
αὐτός τὲ παίζειν καὶ θρασύνεσθαι πρὸς τοὺς φίλους βουλόμενος, 
οὐ φαύλην ἔφη προῤῥησιν ἐμπεπτωκέναι λογισμοῦ δεομένῳ χρη- 
μάτων αὐτῷ; καὶ τὰ μὲν Ταλατῶν ὅταν ὑποχείριοι ἐνωνται λα- 
φυραγωγήσεσϑαι καὶ λίαν», ἡ δὲ Γάλβα πάρεστιν οὐσία χρῆσϑαι 
καὶ πωλεῖν ἤδη πολεμίου πεφηνότος patet efiam:hoc discrimen agt 
celasse Neronem aut prave aestimasse); tum autem ‘non obliviscen- 
dum est historia teste ipsum hunc Vindicem assumto Galba (sive cum 
Vindice Galbam ut est apıd Invenalem Sat. 8, 222) et. exterruisse 
Neronem et perdidisse (quare sapientia et consilio Vindicis perüt); 
denique ipse Galba testatus est quantum Gallis eoramgae duci de- 
bonerit, qnem milites δ seditiosi apud eundem Plutarchum 32, 1062 E 
affirmabant μόνῳ τῷ Οὐΐνδικι χάριν εἰδέναι καὶ. τιμᾷν τεϑνη- 
κότα καὶ γεραίρειν δημοσίοις ἐναγισμοῖς. ὡς ὑπ᾽ ἐκείνου ἀποδε- 
δειγμένον αὐτοκράτορα, et a quo Ταεῖϊο teste Hist, 1, 8: “Galliae 
super memoriam Vindicis obligatae recenti dono romanae civitatis et 
in posterum tributi levamento’, id est “remissa quarta tributorum 
pars? ibid. 51, quae detorquentur a Plutarcho V. Galb. 18. 1060. 

Magnum igitur meritum Vindicis ‚est quod primus contra ‚Neronem 
conspiravit, maius autem quod οὐχ ξαυτῷ τὴν ἀρχὴν πράττων (ut 
est apad Dionem 63, 28 T. 4. 132) ‚Galbam praetendit' atque hoc 
ad principatum vöcato steleratum dominum ‚plane prostravit: ‘quod 
eum ex historia rerum gestarum cognoscitur tum ipse Nero apud 
quosdam scriptores perspexit, velut apud Suetonium‘Ner, 42: 'post- 
quam deinde etiam Galbam et Hispanias *) descivisse cognovit, col- 
lapsus animoque male fracto din et sine voce et prope intermortuus 
iacuit ;' utque resipuit veste discissa capite converberato actum de se 
pronuntiavit?, et apud Dionem 63, 27. 138: ἐν δέει μεγάλῳ ἐγένετο. 

Quae si recte disputata sunt, liquet C. Iulium Vindicem qui tunc 
pro praetore Gallias obtinebat dici potuisse Neronis nuptias i.'e, 
felicitatem in tristitiam convertisse auctoremgue mortis’ extitisse: quo 
simu! datur- Octaviam a L. Annaeo Seneca alienissimam esse, Quis 
enim affirmaverit stoicum qui novos planetas inventnm'iri divinabat 
de Benef. 4, 23, quique cum alibi 'suspicabatur non longissimum ter 
per mare atlanticum in Indiam esse tam in Medea de America va- 
ticinabatur, etiam Vindicis motnm eiusque successum potuisse prae- 
videre? Est quidem appropinquante morte multo tivinior animus, 
ut Cicero ait de Divin. 1, 30, 63: sed neque Seneca quo tempore 
tragoedias meditabatur eo ‚pervenerat ἐν ᾧ μάλιστ᾽ ἄνϑρωποι χρησμὼ- 
δοῦσιν ὅταν μέλλωσιν. ἀποϑανεῖσθϑαι, neque quisquam alius team 
singularem incredibilemque rem praesagire poterat:. nam quae de 
Apollonio produntur alius generis sunt. Est enim in rebus modus, 
et quanquam sollertia quorundam hominum sapientiaque plurima de- 
texit gquae inertes inqgue diem viventes aut irrideant aut instar ora- 


----.. 


*) Si -accurate locutos est scriptor, α eius testimonio affırmari potest 
iam ante necem Neronis ad Galbam defecisse Othonem et Caecinam. 


= 


598 , __ Miscellaneorum criticarum faseiculus quintus. 

culorım admireatur, tamen ultra certos quosdam finea ne praestan- 
tissina quidem ingenia procedere possunt; certe fortuita et speciulia 
excluduntur. 

10. Sequitur somnium Poppaeae quae post laetissimam nuptia- 
rım diem recubans cum Nerone praeter alia moesta spectacula in 
quiete matrem quoque mariti viderat cruore sparsam valtua minaci 
facem furiarum instar quatientem. Quibus cum nutrice sua comma- 
nicatis sic Poppaea vs. 724 pergit: oa 

.  quam dum sequor *) coacta praesenti metn 

didueta subito patuit ingenti mihi 
Tellus hiatu, lata quo praeceps toros 
cerno iugales pariter et miror meos 
in quis resedi fessa; venientem intuor 
comitante turba coniugem qüondam meum 
satumque; properat petere complexus meos 
Crispinus, intermissa libare oscula: 
irrupit intra tecta cum trepidus mea ” 
ensemque iugulo condidit saevum Nero. 
beu, quid minantur inferum manes mihi 
aut quem cruorem ceriugis vidi mei. 
Apertum est tangi Neronis egitium tali modo qui praedici non pot- 
erat: quare recte Jacobs in diss. de Senecae tragoediis (quae io 
Additamentis ad Sulzerum prodiit et latine. reddita est ἃ Pierrot 
ante edit, lemair.) T. 1. LXIV not. affırmabat, distincte Neronis 
necem significari ab ipso sibi illatam ut debitae poenae se eriperet, 
eundemgue in finem etiam Baden scribebat *irepidus haud dubie 
Nero cuins et iugulum intelligi vult poeta visum fingens ex facto’. 
Sed cum Gronovias concessisset etiam ad Rufium Crispinum referri 
posse verba, hanc hariolationem unice probavit propter ultimam 
Poppaeae quaestionem “aut quem cruorem caniugis vidi mei’? Fe- 
citne hoc ut a communi intellectu recederet, an oblitus est Tacito 
teste Ann. 16, 17: in Sardinia accepto iussae mortis nuntio semel 
interfecisse pristinum Poppaeae maritum? Itaque patet quam aliena 
a rerum gestarum fide nova ἰδία interpretatio sit; nec trepidi est 
alios occidere sed fugere et ubi hostes instant atque elabi nequeat 
ipsum sibi mortem dare, ut Neronis probat exitus; teste enim Sue- 
tonio Ner. 49 trepidanter ferrum iugulo adegit. Postremo eodem 
ducit expositio Nutricis vs. 722: 


‚. *) Apertum est telluris hiatum ἃ tragico transumtum esse ex ultima 
historia Neronis, ad Poppaeam translatis quae ipse imperator per quie- 
tem teste Suetonio Ner. 46 viderat ‘trahi se ab uzore Octavia in artis- 
simas tenebras’. Apud Dionem 67,16 T.4. 284: αὐτὸς ἐν τῷ ὕπνῳ τόν 
te Povorınov ξίφει προσιέναι ol, καὶ τὴν Adnvav ἣν ἐν τῷ κοιτῶνι 
ἱδρυμένην εἶχε τὰ ὅπλα ἀποβεβληκέναι, καὶ ἐπὶ ἄρματος ἵππων μελάνων 
. ἐς χάσμα ἐσπέρτϑοιν ἔδοξεν incertum est utrum Minerva an Domitia- 

nus significetur. 


Scripsit Fr. Vater, 599 


‚ iagulo quod ensem condidit princeps fuus, 
beila haud movebit,-pace sed ferram teget: - 

nam si de alius iugulo cogitaret anus, id oportebat perspicue signi- 
ficari, quia oraculo quidem saepe obseura sunt, sed non item inter- 
pretationes oracnlorum vel somniorum; e variis autem lectionibus 
quas memini ferri pro tuus, suo videtur ab interpolatore profectum, 
tuo autem ineptum est quia calcis ictu Poppaeam ocecidit Nero. Verus 
igitur sommiorum interpres et coniector sic locum e mente scriptoris 
esplicabit: si in ercum *) sequitar Agrippinam Poppaea, huic rtiam 
mortem instare; sique ad se apıd inferos sedentem properant Cri- 
spinus et filius, hos quoque moritaros esse ante Neronem, qui ul- 
timas in .eundem locum transfixo gutture advenit. Et quanguam 
non proditam est quando obierit Poppaeae -filius (quia Suetenins Ὁ 
Ner. 35 sine ordine scelera miscet),..tamen scimus eum impuberem 
adhuc quia ferebatur ducatus et imperia ludere mersum esse ıwari 
e mandato würici; et credibile est post matris obitum tam putrem 
quam filiom extinctos esse. Πίαπι autem Rufium Crispinum (qui 
quondam praefectus praetorii fuerat et consularibus insignibus do- 
natus, ‘quemque vidimns paullo post exilium in Sardinia periisse) 
non diversum esse a Poppaeae marito, praesertim patet ex eodem 
Tacito Ann. 15, 71 ‘pellitar et Rufus Crispinus occasione coninra- 
tionis (pisonianae),, sed Neroni invisus .quod Poppaeam quondam ma- 
trimenio tenuerat’”. Denique Neronis mors non aliter apuıd scriptores 
narratur; in fuga enim circumventus ab equitibus “ferrum ingulo ade- 
git invante Epaphrodito a libellis’, ut. scribit Suetonius Ner,. 49, Sed 
de hao:etiam pöstilla dicetur explicatius: nunc autem quia ‘eo con- 
silio instituta est disquisitio, invat adiecisse strenuum rerum gesta- 
rum aestimatorem facile quidem potuisse praesagire fore“aliquando 
ut Neronem vindieta numinis hominumgue supplicinm maneret; sed 
eo redactum ἴτε principem ut ipse mucrone ingulum sibi transfigeret, 
quam longissime abfuit ab humano intellectu. Neque quisquam mor- 
talinm vaticinari potuit ante Neronem obituros esse Poppaeam Cri- 
spinum horumgue filiam: qui omnes hoc ordine perierant post Se- 
necam. 

11. Coniunetus cum hac quaestione est alter de Neronis exitu 
locus: eo enim cuius iam faeta est mentio sermone Agrippina tan- 
git fugam quogue filii et verbera (a senatu decreta) et sitim et cae- 
dem. Fingitur autem pristinus imperator Claudius propter suam 
Brittannicique sortem infestus vexare apud inferos et persequi Agrip- 
pinam, necisque auctorem poscere Neronem: quibus commemoratis 
16 sermone ad Claudium converso inde a vs. 617: 

iam parce! inguit, dabitur tempns haud longum peto; 
ultrix Erinys impio dignum parat 
letum tyranno, verbera et turpem fugam 


*) De orco cogitandum esse et res docet et Nutricis interpretatio ' 
vs. 750: Sinferum sedes toros stabiles futuros spondet, aeternae domu»’. 


600 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus, 


poenasque. quis et Tantali vincat sidim 

(dirum laborem Sisyphi Tityi alitem 

Ixionisque membra rapientem rotam). 

veniet dies tempusque quo reddat suam 

animam nocentem sceleribus, iugulum hostibus 

desertus et destructus et cunclis egens. 
Notum autem est equitibus ad recessum quem princeps cum Sporo 
Phaonte et Epaphrodito petiverat accedentibus 9 προστάξαι τοῖς 
παροῦσιν αὐτὸν ἀποκτεῖναι, ἐπεί τε οὐχ ὑπήχοὺσαν ἀναστενάξαι 
τε καὶ φάναι ἐγὼ μόνος οὔτε φίλον οὔτ ᾿ἐχϑρφὸν ἔχω). καν τούτῳ 
πελασάντων αὐτῷ τῶν ἱππέων. αὐτὸς ἑαυτὸν ἀπέκτεινε τὸ 
ϑρυλούμενον ἐκεῖνο εἰπών " ὦ Ζεῦ. τεχνίτης οἷος (ὧν) ἀπόλλυμαι: 
καὶ δυσϑανατοῦντα αὐτὸν ὁ Ἐπαφρόδιτος προσκατεεργά- 
σατο. ut scribit Dio 63, 29 T. 4. 142 et cum eo Zonaras Ann. 
11, 13 T. 2. 481. Similiter Suetonsas 1. |, quo teste Domitianus 14 
‘Epaphroditum a libellis capitali poena condemnavit quod post de- 
stitutionem Nero in adipiscenda morte manu eius adiutus existima- 
batur’: quod affırmat etiam Dio 67, 14 T.4. 280. Quem igitur 
- e toto orbe terrarum tres tantum comites sequebantur (Neophytum 
enim praeter illos solus Aur. Victor offert Epit. 5, 7), is recte a 
tragico nominatur desertus mirorgue desiderari a Rittero praef. XXIII 
Vatinium, qui quominns inter desertores Neronis distingueretur ob- 
stabat ignobilitas eius, quemgne altori fidem servasge vel nasus ve- 
tat notus ille e luvenalis Sat. 5, 46 Martialisgue Epigr. 14, 56: 
ubicunque enim terrarum tempora si fuerint nubila obscoeni tecta 
domusgqne deseruere .canes et quidquid nare sagaci aera non 
sanum mdtumque cadavere zentit. Rectius defensor Senecae op- 
posnerit , tragoediam ante mortem Neronis editam esse videri, 
quia Vespasiani aetate scire debebat scriptor non hostibus redditum 
esse iugualum sed amico Epaphrodito, nisi solus se ipse percnssit 
Nero. Est tamen ex hoc indicio me iudice nihil aliud colligendum 
nisi aut aliquanto post Vespasianum scriptam esse ÖOctaviam quo 
tempore einsmodi errores excusantur, aut consulto et scientem in 
vaticinie commutasse rem gestam poetam. In talibus enim existi- 
mamus tragicos ad alias leges exigendos esse quam scriptores, cum- 
que et somnium Poppaeae doceat accurate cognitum habuisse au- 
etorem quomodo Nero perierit, et reliqua quae Agrippina vaticina- 
tur plane cum historia congruant: vel artificium hominis agnoscere 
nobis videmur qui noluerit oblivisci auditores tantummodo praedici 
imperatoris caedem. Verbera autem explicat Suetonius Ner. 49 “in- 
ter moras perlatos a cursore Phaontis codicillos praeripuit legitque 
se hostem a senatu iudicatum et quaeri ut punialur more maiorum, 
interrogavitque quale id genus esset poenae; et cum comperisset 
nudi hominis cervicem inseri furcae, corpus virgis ad necem caedi: 
conterritus duos pugiones quos secum attulerat arripuit’, Neqne 
de οἱ tacent scriptores: nam et Dio 63, 28 T.4. 142 narrat 


Scripsit Fr. Vater. - 601 


,κανταῦϑα καὶ ἔφαγε πεινήσας ἄρτον ὁποῖον οὐδὲ πώποτε ἐβεβρώ- 
κει καὶ ἔπιε διψήσας ὕδωρ ὁποῖον οὐδὲ πώποτε ἐπεπώκει" ἐφ᾽ 
ᾧ δυσανασχετή σας εἶπε “τοῦτό ἐστιν ἐκεῖνο τὸ. ποτὸν τὸ ἐμὸν 
τὸ ἄφϑονον᾽", atque apud Suetonium legitur 48 “aquam ex subiecta 
lacuna poturus manu hausit et Aaec est inquit Neronis decoota? et 
paullo post “fame interim et siti interpellante, panem quidem sor- 
didum oblatum aspernatus est, aguae autem tepidar aliguantum bibit. 
Turpem autem fugam fuisse cum e militis dicto apud eundem 47 patet 
qui Neroni tribunos centurionesque de fugae societate tentanti .ob* 
gannivit usque adeone mori miserum est? tum in solitudine (in quam 
se receperat ‘desertas et destructus et cunctis egens”) flebat atque - 
identidem instar Dionysii dictitabat “qualis artifex pereo’! ac modo 
Sporum hortabatur ut lamentari et plangere inciperet, modo orabat 
ut se aliquis ad mortem capessendam exemplo iuvaret; ioterdum se- 
gnitiem suam his verbis inerepabat ‘vivo deformiter ac turpiter, οὐ 
πρέπει Νέρωνι οὐ πρέπει, νήφειν δεῖ ἐν τοῖς τοιούτοις, ἄγε ἔγειρ8 
σεαυτόν. Jlamque equites appropinquabant quibus praeceptum erat 
ut vivam eum attraherent: quod ut sensit trepidanter (ut est in 
Octavia vs. 732 „rrapit trepidus —  ensemque iugulo condidit) 
effatus ἵππων μ᾽ ὠκυπόδων ἀμφὶ κτύπος οὔατα βάλλει ferrum iu- 
gulo adegit. Sic memoriae prodidit Suetonius Ner. 49 similisque 
questus et lamentationes legi possunt apud Dionem 63, 28 sq. Quare 
apertissimum est rem gestam tragico satis notam fuisse; ac si quis 
acrius insistat, dicemusne primariam necis cansam equites fuisse, 
ac dum ipse guttur suum pugione transegit‘proprie Neronem Aosti- 
bus obtulisse iugulum? 


12. De aetate autem qua in lucem edita sit Octavia nihil cum 
confidentia asserere audeo, tantumque abest ut quae Ritter attulit 
demonstrare possint Neroni aequalem fuisse poötam, ut iisdem aliis- 
que documentis evincere mihi videar ab accurata aevi neroniani cogni- 
tione alienissimum fuisse tragicum; ut negaveris ante centesimum 
post Neronem annum recitari 'potuisse Octaviam. Quid enim Ritter 
de cometa® ‘Ab aliis iam animadversum hoc est? inquit praef. ΧΙ pr. 
“aevi neroniani cometen describi tam accurate et tam luculente ut 
etiam hinc ad aequalem po&tam vel aetate supparem deduci videamur?! 
Sed veremur ut vir doctissimus satis expenderit et arte oculos ha- 
buerit quae s£riptores prodiderunt, quorum quaedam supra allata 
sunt cap. 6: nam plane aliter aequalem scriptorem loqui docere pos- 
sunt Senecae de cometis testimonia. Ornatu enim po&tico detracto 
quid in tragoedia supererit praeter vulgaria et trita? quol vel ma- 
xime patebit consideratis ipsis Octaviae verbis adversus Neronem 
debacchantis inde a vs. 230: 


vidimus caelo inbar 
ardens cometam pandere infaustam facem, 
qua plaustra tardus noctis aeterna vice 
- ταορὶξ Bootes frigido arctoo rigens. 


608 Miscellaneorum criticorum faseiculus quintus. 


En ipso diro spiritu saevi ducis - 

polluitur aether! gentibus novas clades 

minantor astra quas regit dux impius! . 
Quid enim ia toto hoc Joco aut accaratum sit aut Iaculentum prae- 
ter illad quod cometa de quo sermo est septertrionali plagae assigoa- 
tur? nam quod pestilentiam et funera et beila aliasque calamitates 
minari et portendere credebantar haec sidera, de hoc sopra 1. 1. 
vulgaris superstitio et communds error commemorabatur, velut Silius 
Ital. 8, 637 de prodigiis cladis cannensis “non unus crine corusco 
regnorum eversor rabuit letale cometes’, pluraque offert Manilius 
Astron. f, 868 sqqy., Quod autem Bootam Arcturumque ad septen- 
trionem retulit, hoc ipsum omnibus omnium aetatum scriptoribus pla- 
cuit; qua occasione puerilis Ritteri in ännotatione error explodendus 
est: *Arctonm?” inquit ad vs. 233: “pro Arcto dizit sive Arctaro melri 
grafia’! abrogata lege pedia: nam quod ad ipsam rem. satis con- 
stat frigidum pro frigore (quod Bothe coniiciebat) hoc loco poni. 
Ceterum miror quod Claudiae πέδας solummodo urus cometa natus 
est: eam enim 4686 extinctum patrem acerbissime luget aequam erat 
ve alterius quidem cometae oblivisci qui cum nece Claudii apparue- 
rat. Licebitne igitur suspicari tragicum posteriore aetate e variis 
hbris solas fere res cum ÖOctaviae exilio et caede coniunetas et com- 
pilasse et disposusse? @Qauid quod Plinio teste H. nat. 2, 23 co- 
metarum neroniano aevo nulla fere intermissio dabatur? nam ‘spar- 
guntur aliquando? inquit et errantihus stellis ceterisque crines,. sed 
cometes nunquam in occasura parte caeli est, terrificum magna ex parte 
sidus ac non leviter expiatum ut civili motn Octavio consule iterumque 
Pompeii et Caesaris bello; in nostro vero aevo circa venehcium quo 
Clandius Caesar imperium reliquit Domitio Neroni ac deinde prin- 
cipatu eius assiduum prope ac saevum”! Haec enim si vera sunt 
‘nec diri toties arsere cometae’, mirari libet ita loqui Octaviam quasi 
semel et per breve tempus crinita stella fulserit: sed primum tenen- 
dum est Plinium sub Vespasiano suos libros edidisse et loqui etiam 
de illo sidere quod multis post Octaviae scenam annis sub Sene- 
cae letum apparuit (ifa ut prope perpetui viderentur cometae, pae- 
sertim quia medins per integros sex menses conspiciebatur); deinde 
autem suspicor eruditissimum compilatorem etiam similia ostenfa com- 
ınuni cometarum nomine complexum esse," quod etiam Vossio ad Vir- 
gilii Georg. A, 487 de aliorum temporum testimoniis visum est. Nam 
interpretatio Harduini (qui. aeque ac Reimar ad Dion. Τὶ 6. 436 
ultimam cometam cum medio confudit) vel ideo non ferri potest 
qnod Plinium praeter claudianum de utrogue loqui oportebat sidere 
neroniano; itaque si medius cometa per totos sex menses assiduus 
erat non solus claudiano opponi poterat sed habenda ratio erat etiam 
eins qui pisonianam coniurationem praecessit. Seneca vero, cui de 
ultimo scribere non licuit, de utrogne quem 'observaverat testis est 
maxime idoneus, atqde praesertim ad eius praecepta exigendi erant 
Octaviae versiculi, Et ille quidem memoriae prodidit Quzest. nat.7, 6 


- 


Scripsit Fr. Vater. 6083 


‘alii”) cometae in unam partem ignem vagum in modum comae por- 
rigunt et stellas praetermeant, quales duo nostra aetate visi sunt’; 
tunc 7, 17 “πες est quod putemus eundem (cometam) visum esse 
sub Claudie quem sub Augusto vidimus, nec bunc qui sub Nerone 
Caesare apparuit et cometis detrazit infamiam illi similem fuisse qui 
post necem divi Iulii ludis Veneris Genetricis circa undecimam horam 
diei emersit’; atque ibid. 7, 21: ‘sex mensibus hic (cometa) quem 
nos Neronis principatu laetissimo vidimas spectandum se praebuit, 
in diversum illi claudiano circumactus: ille enim ὦ septentrione in ver- 
ticem surgens orientem petiit semper obscurior, hic ad eadem parte 
coepit sed in occidentem tendens ad meridiem flexit et ibi se sub- 
duxit oculis’; denique 7, 29: “intra sextum mensem dimidiam caeli 
. partem transcurrit hic proximus (cometa), prior intra pauciores men- 
ses recepit se. — — hic proximus ἃ septentrione motus sui initium 
fecit et per occidentem in meridiana pervenit erigensque suam cur- 
sum oblituit, alter ille claudianus a septentrione primum visus non 
desiit in rectum assidae celsior ferri donec excessit’. Plura de his 
sideribus apud Senecam non extant, nec satis intelligo qno consilio 
Ritter (qui graviores locos post alios appdsuit) in ipsis testimoniis 
septentrionis mentionem omiserit, quae sola demonstrare potest poe- 
tam bonum fontem secutum esse et ut ille ait accurate et luculente 
egisse. Sed vel hoc praeter claudianım praetermissum offensioni 
est, quod iste cometa tantummodo in septentrione collocatur, nulla 
ratione habita itineris a Seneca descripti **). 


*) Etiam hic locus documento est potuisse Plinium cometas minus 
stricto sensu vocare, putogue ei eiusmodi prodigia simul obversata esse 
qualia Seneca tangit Quaest. nat. 1, 1: ‘nos quoque non semel vidimus 
flammam ingentis pilae specie quae tamen in ipso cursu suo dissipata 
est; vidimus circa divi Augusti excessum simile prodigium, vidimus cum 
de Seiano actum est, nec Germanici mors sine tali denuntiatione fuit’. 
Itäque. fortasse apud Tacitum quoque Ann. 15, 47: 'sidus cometes san- .' 
guine illustri semper Neroni expiatum’ (de quo loco dictum est cap. 6.) 
ad similia ostenta spectat. 


**) Qui locum tractatum sequuntur versus ‘proh summe genitor, tela 
cur frustra iacis invicta toties temere regali manu? in tam nocentem 
dextra cur cessat tua’? admonent ostenti de quo dictum est cap. 6 annot.3. _ 
Teste enim Tacito Ann. 14, 22: discumbentis Neronis fulmine ictae sunt 
dapes mensaque disiecta: itaque credibile est tunc de fulmine. frustra et 
iemere iacto conquestos esse homines, Wed sivd hoc notum erat tragico 
sive ultro in locum communem incidit, comparari potest Seneca Quaest. 
nat. 2, 42: “quid tam imperitum est quam credere fulmina e nubibus 
Iovem mittere, columnas arbores statuas suas nonnunquam petere, ut 
impunitis noxiis — — pecudes innoxias feriat’? F'ons videtur Aristo- 
phanes Nub. 399: καὶ πῶς — — εἴπερ (Tuppiter) βάλλει τοὺς ἐπεόρκους 
δῆτ᾽ οὐχὶ Σίμων᾽ ἐνέπρηφεν οὐδὲ Κλεώνυμον οὐδὲ Θέωρον ; καίτοι σφο- 
δρα γ᾽ εἴσ᾽ ἐπέοφρκοι, ἀλλὰ τὸν αὑτοῦ γε νεὼν βάλλει. καὶ Σούνιον ἄκρον 
4ϑηνῶν, καὶ τὰς δρῦς τὰς μεγάλας τί μαϑών: οὐ γὰρ δὴ δρῦς ἐπιορμεῖ : 
guae plurimi imitantur velut Lucianus ἴον. conf. 16 τέ δήποτε τοὺς, ἴε- 
ροσύλους καὶ λῃστὰς ἀφέντες καὶ τοσούτους ὑβριστὰς καὶ βιαίους καὶ 
ἐπιόρκους δρῦν τινα πολλάκις κεραυνοῦτε ἢ λίϑον ἢ νεὼρ ἱστὸν οὐδὲν 


> 


604 Miscellaneorum criticorum fasciculus quintus, 


13. Maxima autem cum cupiditate Ritter etiam eo tragoediae 
loco quo caedes Agrippinae ornatur in hunc finem abusus est, ut 
vetustam esse auctorem doceret. Uhi enim -chorus narrata navigii 
fraude de Aniceto ad occidendam matrem a Nerone designato agit, 
inde a vs, 366 leguntur haec: 

missus peragit iussa satelles, 
reserat dominae pectora ferro; 
eaedis morieng illa ministrum 
rogat infelix, 
utero dirum condat nt ensem: 
hic est hic est fodiendus ait 
ferro monstrum qui tale ἐπε! ᾿ 
Allato enim Taciti loco Ann. 14, 8 “circumsistunt lectum percusso- . 
res et prior trierarchus (Herculeus) fusti caput eius afflixit; iam in ᾿ 
mortem centyriani (Oboarito) ferrum destringenti praetendens ute- 
rum ventrem feri exclamavit, multisque vulneribus confecta est’: 
ad vs. 370 scribit Ritter “fortasse hic fabulae nostrae locus ei famae 
divulgandae ansam praebuit; res certe per se parum credibilis’! Me 
vero iudice aliter de Taciti fide iudicandum est quem nego Annales 
quos e praetexta mediocris poetae exornaturum fuisse; quamvis ipsa 
scriptoris verba in quibusdam codicibus ex Octavia nastra inter- 
polata sint, de quo infra disserui. Quod autem illa Agrippinae 
vox parum credibilis videtur, id refellitur observatione Lessingii, 
quem monere memini argutias ne a vero quidem dolore alienas esse; 
et nonne. ipse Nero quem timidissimum fuisse constat appropin- 
quantibus occisoribus ἐν οὐ δέοντε ingeniosus fuit mentioue facta 
versus homerici? Nam si pudor quidam putidus obscoenitatem rei 
fastidit, in memoriam revocandus est alius Taciti locas Hist. 2, 13, 
ubi cam milites othoniani municipinm Albium Intemelium vastarent 
“auxit invidiam praeclaro exemplo femina ligus, quae filio abdito (cum 
simul pecuniam occultari milites credidissent eoque per. eruciatus 
interrogarent ubi Alium occuleret) uterum ostendens latere respon- 
dit; nec ullis deinde terroribus aut morte constantiam vocis egregiae 
mutavit’; atque Lacaena apud Plutarchum Lacaen. apophth, 3. 241: 
τῶν υἱῶν φυγόντων ἐκ μάχης καὶ παραγενομένην ὡς αὐτήν, “ποῦ 
φησίν “ἥκετε δραπετεύσαντες,. κακὰ ἀνδράποδα; ἢ δεῦρο ὅϑεν 
ἐξέδυτε καταδυσόμενοι᾽ ; ἀνασυραμένῃ καὶ ἐπιδείξασα αὐτοῖς τὴν 
κοιλίαν, Getaque occiso mater τὸν ϑάνατον αὐτοῦ ἐς αὐτὰ τὰ 
σπλάγχνα τρόπον τινα ἐξ ὧν ἐγεγέννητο εἰσεδέξατο teste Dione 77, 3 
T. 4. 664, cuius observatio docet homines ne in obscoenis quidem 


adınovons; Lucretius 1, 416: “postremo cur sancta deum delubra suasque 
discutit infesto praeclaras fulmine sedes et bene facta denm frangit simu- 
lacra?’ Persius Sat. 2,24 de Iove "ignovisse putas, quia cum tonat ocius 
ilex sulfure discutitur sacro quam tuque domusque?’ Cicero de Divin. 
1, 12, 19 in secundo de Consulatu suo “nam pater altitonans stellanti 
nixus Olympo ipse suos quondam tumulos ac templa petiyit et capitolinis 
iniecit sedibus ignes? etc. 


, Scripsit Fr. Vater. 605 


acımina refugisse. Accedebat autem quod imperatrici cum in nau- 

fragio occasio ad meditandum data erat, tum caedem iam dudum 
expectabat atque adeo per longam annorum seriem divinabat, si- 
quidem astrologus ) stätim post natum Neronem ut Dio 61,2 T.4.4 
seribit δύο ἅμα περὶ αὐτοῦ ἐ μαντεῦ σατο ὅτι τε βασιλεύσει καὶ 
ὅτι τὴν μητέρα φονεύσει. ἀκούσασα δὲ ταῦϑ᾽ ή ᾿4γριππίνα σα- 
ραυτίχα μὲν οὕτως ἐξεφρόνησεν ὡς καὶ αὐτὸ τοῦτο ἀναβοῆσαν 
᾿ἀποκτεινάτω με; μόνον βασιλευσάτω᾽, ὕστερον δὲ καὶ πᾶνυ μετα- 
νοήσειν “ἐπὶ τῇ εὐχῇ ἔμελλεν. Ipsam rem narrant etiam Dio 61, 
13. 31 et Zonaras 11,, 12 T. 2. 477: ἰδοῦσα δὲ (τοὺς ναύτας) 
ἐκείνη ἔγνω τε ἐφ᾽ ἃ ἥκουσι καὶ ἐναπηδήσασα ἐκ τῆς κοίτης τήν 
τε ἐσθῆτα περιεῤῥήξατο παὶ τὴν γαστέρα ἀπογυμνώσασα “παῖε 
zevınv’ ἔφη "Avlunte, παῖε ὅτε Νέρωνα ἔτεκεν. Posteriorem par- 
ticulam invertit Apollonius Philostrati Vit, 5, 10. 89 quo iudice Vin- 
dex erudelissimum Neronis scelus praetermiserat τὴν γὰρ μητέρα 
ἐν δίκῃ ἀπεκτονέναι ἐπειδὴ τοιοῦτον ἔτεκε: nam siquid video haec 
acamina ‘ipsius Apollonii sunt emendaturi orationem Vindieis ex qua 
Dio.63, 17. 130 ipsa illa attulit ὅτε τὴν μητέρα τὴν ξαυτοῦ καὶ 
ἤσχυνε ᾿καὶ ἀπέκτεινε. BReeurrit etiam in tragoedia ubi et Agrip- 
pinue umbra de suis Neronisque maioribus locnta addit vs. 640: 
‘quos nunc pudor luctusque perpetuns manet ex te, nefande, meque 
quae talem tuli? (quae irridere videtur Nero δῖα. vs. 824: cur non 
caede populi madet “funerea Roma quae viros tales tulit’?) et cho- 
rus vocem ipsi nanfragio assignat vs. 334: *hac sum fateor digna 
carina quae te genui, quae tibi lucem atque imperium nomenque 
dedi Caesaris amens’: quanguam apud Tacitum Aun. 14, 5 monente 
Rittero “Agrippina silens eoque minus agnita?” nabat in undis, quo 
tamen non negatur eam haerentem adhuc in navigio declamasse, Sed 
supersunt aliae discrepantiae graviores quae demonstrare videntur 
non satis noftum füisse tragico quomodo res acta sit: nam in tra- 
goedia plane resolvitur navis quemadmodum apud Dionem 61, 13 
T.-4. 30: διελύϑη μὲν ἡ ναῦς καὶ ἡ ᾿Αγριππίνα ἐς τὸ ὕδωρ ἐξέ- 
πεσεν (euins fidem non praeferre debebat Reimar T. 6. 427) et 
apud Philostratum γι. Apoll. 4, 38. 81 de Nerone οὐτοσὶ δὲ καὶ 
εἰσποιηϑεὶς ὑπὸ τῆς μητρὸς: γέροντι βασιλεῖ καὶ κληρονομήσας τὸ 
ἄρχειν φναυαγίῳ: τὴν μητέρα ἀπέκτεινε πλοῖον ἐπ᾽ αὐτῇ ξυνϑεὶς 
Up οὗ ἀπώλετο πρὸς τῇ γῇ : sed certissimum est Ἐ Taciti ac: 
cnratissima deseriptione non secutam esse dissolutionem navigit; unde 
merito suspicamur tantum abesse ut praetexta nostra inter fontes 
Taciti recenseri queat, ut cum hoc peccatum tum alii errores pro- 
dant poetam remotiorem ab aevo neroniano fuisse,. Nam declama- 


*) Etiam Tacito teste Ann. 6, 22: “praediotum Neronis imperium’ a 
filio Tbrasylli Tiberio familiarissimo ; cumgue scriptor de hoc infra me- 
moratum iri promitteret, negabant Taciti editores Lipsius et Ernesti in 
superstitibus libris huius vaticinii mentionem fieri: sed superest Ann.14, 9: 
Agrippinae “consulenti super Nerone responderunt Chaldaei fore ut im- 
peraret matremqgue occideret; atque illa occidat inquit dum imperet’. 


΄ 


606: Miscellaneorum criticorum fastieulus quintus. . 


᾿ toris consilio etiam aptior erat repugnantia navigii, quasi ne hoc 
quidem tanto sceleri parere vellet et Nero ipso mari saevior esset, 
qnemadmodum Tacitus seribit “noctem sideribus illastrem et placido 
mari quietam quasi convincendum ad scelus dii praebuere. \ 
14. Supersunt Actae libertae monumenta quae satis. obacure 

tanguntur a nutrice Octavia vs. 192 sgaq. ‘ 

violare prima quae toros ausa est tnos ' 

animumque domini famula possedit die 

δι metuit eadem ... . 

Octavia, 
nempe praelatam sibi. 
Nutrix. 

subiecta et humilis, atque monumenta extruit 

quibus timorem fassa testatur suum: 
sic enim perpetuum Pythiadis sermonem distinctis Octaviae vocibus 
rectissime disposuit Ritter, adiutus ille a Bothio qui animadvertit 
quidem interpellationem dominae sed eidem etiam duos sequentes 
versiculos male tribuit. Id quoque bene monuit Ritter praef. X non 
posse commode cogitari de aede numini alicui ab Acta postquam 
sensit iam se negligi a Nerone dedicata: nam eiusmodi monumento 
non tam metum quam amorem fassa easet, velut Hippolyti Phaedra; 
πες idonga est statua vel aliad opus in honorem aut Octaviae aut 
Poppaeae posita, 'quia non ea tunc condicio erat Claudiae filiae 
qyam quis propter metum exoraret atque adeo augere poterat eius- 
modi adulatio timorem Actae quia princeps iam perdebat uzorem 
eiusqgue famtliares, si autem Poppaeam conciliatum ibat hoc nihil 
solatii -allaturum erat Ortaviae, Itaque non dubito de monumentis’ 
sepulcralibus cam Rittero cogitare quae propter instantis mertis 
mwetum ἰδὲ aedıficari iusserit Acta: quanquam non intelligo quomodo 
ex re tam exili tamque secundaria (ut cum Rittero loquar) suepi- 
cari hceat ipsum po&tam suis oculis aut integrum monumentum Actae 
aut collapsi reliquias vidisse: quo probare nititur Ritter suppar ne- 
ronianae aetati drama esse. Me enim iudice verba nihil aliud signi- 
ficant quam metu perculsam esse Actam et se Ad moriendum prae- 
parare; quemadmodum est apud Lucanum Phars. 2, 157: “δὶς ro- 
bora busti extruit ipsi sibi, necdum emni sanguine fuso desilit in 
flammas et dum licet occupat' ignes’. In tali autem. discrimine di- 
vites quibus nondum essent monumenta sepuleralia extruere solebant, 
Kirchmann de funer. rom. ὃ. 11. 260 sq. et vix sepulcrum gentile 
libertae erat. Üt autem nos dicere solemus aliquem iam testamen- 
tum facere ubi aut propter morbum aut ex alio periculo mortem 
expectat; sic Romani quibus splendor exequiarım et magnifica se- 
pulcra cordi erant, tempestive curabant ipsi mausolea 5888. velut 
Angustus apud Suetonium Oct. 100 “id opus inter flaminiam viam 
rıpamque Tiberis sexto sno consulatu extruxerat, circumiectasque 
silvas et ambulationes in usum populi iam tum publicarat?” coll. Dione 


53, 80 et 54, 28 T. 3. 234 ct 310 cum interpr. T. 6. 133; negue 


Scripsit Fr. Vater. 607 


aliter Traianus apud Divnem 68, 16 εἰ 69, 2 T.4. 318 et 352 
atque Hadrianus ibid. 69, 23. 386, de Septimio Severo autem idem 
76. 15. 642 scribit τὰ ὀστᾶ ἐς ὑδρίαν πορφύρου λίϑου ἐμβλη- 
ϑέντα ἔς τε τὴν Ῥώμην ἐκομίσϑη καὶ ἐς τὸ ᾿Αντωνινεῖον ἀπετέθη" 

λέγεται δὲ τὴν ὑδρίαν ὀλίγον πρὺ τοῦ ϑανάτου μετα- 
πέμψασθϑαι αὐτόν (Septimium ) καὶ ἐπιψηλαφήσαντα εἰπεῖν 
ἐχωρήσεις ἄνδρα ὃν ἡ οἰκουμένη οὐκ ἐχώρησεν᾽ constatque- tanc 
Severum certum fuisse de prosima sua morte. Post exempla autem 
Augustoram quid commemoro Quintillum Plautianum ? qui meri ius- 
sus teste Dione 76, 7 T.4. 624: ἤτησε τὰ ἐντάφια 6 πρὸ πολ- 
λοῦ παρεσκεύαστο ; καὶ ἐπειδὴ διεῤῥυηκότα αὐτὰ ὑπὸ τοῦ χρόνου 
εἶδε “τί soüro’, ἔφη ᾿ἐβραδύναμεν ;’ quid fidelissimam eunuchorum ? 
qui domina Cleopatra capta τοῖς τε ἑρπετοῖς ἑαυτὸν ἐϑελοντῆς πα- 
ρέδωκε καὶ δηχϑεὶς ὑπ᾽ αὐτῶν ἐς σορὸν προπαρεσκευασμένην of 
ἐσπεπηδήπει,) ut est apud eundem Dionem: nam exemplum [0} ἢ 
Sabini, qui eodem teste 66, 8 et 16 T.3. 210 et 282 in sepul- 
crali monumento per novem annos uxore comite latuerat et duos 
fililos procreaverat, videtar alias generis esse; sed aptissimi sunt 
Antonius . et Cleopatra quorum “temulum ab ipsis inchoatum perfici 
inssit” Octavianus apıd Suetoniam 17, nam metu Caesaris Cleopatra 
ϑήκας ἔχουσα καὶ μνήματα κατεσκευασμένα περιττῶς εἴς re κάλλος 
καὶ ὕψος & προσῳχοδόμησε τῷ ναῷ τῆς Ἴσιδος, ἐνταῦϑα τῶν 
βασιλικῶν συνεφόρει τὰ πλείστης ἄξια σπουδῆς χρυσὸν ἄργυρον 
σμάρογδον μαργαρίτην ἔβενον ἐλέφαντα κινάμωμον ἐπὶ πᾶσι δὲ 
δα δὰ πολλὴν καὶ στυππεῖον, ut scribit Plutarchus V. Anton. 74. 950, 
quare in hag historia apud Dionem 51, 8 T. 3. 22 Cleopatrae uvn- 
μεῖον commemoratur , quo teste 51, 10. 26 ἐς τὸ jolov ἐξαίφνης 
ἐσεπήδησε ὡς τὸν Καίσαρα φοβουμένη καὶ προδιαφϑεῖραι τρόπον 
τινὰ ἑαυτὴν βουλομένη. Suspicor autem Actam (quae posthac ipsa 
sepelivit Neronem apud Suetonium Ner. 50) eo consilio publice timo- 
rem testatam esse, ut hac humilitate simulatoque morbo saevitiam 
Poppaeae deleniret et exoraret; quemadmodum Seneca teste. ‚Dione 
59, 19 T. 3. 688 sub Caio διεφϑάρη παρ᾽. ὀλίγον μήτ᾽ ἀδικήσας 
τι μήτε δόξας.» ὅτι δίκην τινὰ σορόντος αὐτοῦ ἐν τῷ συνεδρίῳ 
καλῶς εἶπε' τοῦτον μὲν οὖν ἀποϑανεῖν κελεύσας ἀφῆκε γυναικί 
τινι ὧν ἐχρῆτο πιστεύσας ὅτι φϑόῃ τε ἔχοιτο κακῶς καὶ οὐκ ἐς 
μακρὰν τελευτήσοι , Domitianusque apud eundem 77, 15 T. 4. 282 
καὶ τόν γε Negovav antopabev av, εἰ μή τις τῶν ἀστρολύγων εὖ- 
ψοιαν αὐτῷ ἔχων ἔφη ὅτι ἐντὸς ὀλίγων ἡμερῶν τελευτήσει" πιστεύ- 
σας γὰρ ὄντως τοῦτ᾽ ἔσεσϑαι οὐκ ἤϑελε κἀκεῖνον πεφονευκέναι 
ὡς πάντως μετὰ μικρὸν τεϑνηξόμενον. Et nonne Poppaea aemulae 
infensa apud Tacitum Ann. 18, 46 criminatur *Neronem pellice an- 
εἶα et assuetadine Actes devinctum nil e contubernie servili nisi 
abiectum et sordidum traxisse’? Certe non mirarer si iam subacto 
Nerone Actae quoque caput postulasset Poppaea, quemadmudum 
eadem hortante trucidata est Octavia ne quando princeps inchnatione 
populi mutaretur, ut produnt Tacitus Ann, 14, 61 et Zonaras 11,12. 477. 


N 


608 Miscellaneorum eriticorum fasciculus quintus, 


| Itaque si regio genere tumens Acta (nam quo tempore parum abfuit 
quin libertam, teste Dione 61, 7 T.4. 16: πεπραμένην ἐκ τῆς 
᾿Ασίας. iusto matrimonio sibi coniungeret, Nero summis erat con- 
sulares viros qui regio genere*) ortam peierarent, ut est apud 
Suetonium Ner. 28 vel ut Dio ]. 1. scribit ἐς τὸ τοῦ "Arrakov γένος 
ἐσήχϑη); porro si pii gregis arieti post Neronem cara et intimo com- 
mercio devincta (interpr. ad Dion. T. 6. 419) nihil de’ fastu suo 
remisisset, sine dubina sortem Agrippinae et Octaviae nacta esset: 
sed humilitatis ergo et caritatis a saevissimo hoste ei parcebatur 
quam aemulam Octavia nurum Agrippina Taciti Ann. 13, 13 de- 
testatae erant; neque- enim credibile &st humilitatem ex ista conver- 
sione natam esse, ut monumenta Actae destiaarentur. pervigiliis, 
quae illa fidei columna instituerat Romae πάλαι τε Σαῦλος Στρε- 
ψιάδης δὲ δεύτερον. Eo autem minus haerendum in monumentis 
sepulcralibus huius libertae, quo plures vel hodie Asiae (unde orta 
est Acta) supersunt inscriptiones in quibus imprecationibus et multis 
cavetur ne alienus in eundem tumulum recipiatur. Denique:ne quid 
praetermittatur, teste Reimaro ad Dion. 61, 7 T.6. 418: ‘mentio 
Claudiae Actes vel simpliciter Actes in pluribus operum. inacriptio- 
nibus apud Phil. a Turre in Monument. vet. Antii p.1 c.8 p.121 sq. 
quae opibus et gratia eam floruisse probant’: .quibus nisi explicari 
tragoediae locus **), certe redargui Ritteri de aetate poötae ex istis 
versibus collecta coniectura; cur enim negemus monumenta qQuae 
hodie extant nota fuisse tragico? Aatii autem et Nero et Ailia 
Neronis nati sunt. 


15. Hactenus et demonstravimus recentiorem L. Annaeo Seneca 
esse auctuorem ÖOctaviae, et Ritteri argumenta refatavimus quibus 
Curiatium Maternum poetamve Neroni supparem commendabat: 


Ἀ) Simillima fraude nequissimo Claudii imperatoris libertino Pallanti 
auctore Scipione Cornelio apud Tacitum Ann. 12, 53 grates publice actae 
sunt *‘quod regibus Arcadiae ortus veterrimam nobilitatem usui publico 
postponeret seque inter ministros principis haberi sineret’. 


**) Paullo post solandae alumnae causa Nutrix commemorat inde a 
vs.200: Iovem quoque post multos amores iam fidelem esse Iunoni suae: 
‘passa est similes ipsa dolores regina deum, cum se formas vertit in 
omnes dominus caeli divamque pater. — — vicit sapiens tamen obse- 
quium coniugis altae pressusque dolor; sola tonantem tenet aetherio se-. 
cura toro maxims luno, nec mortali captus forma deserit aliam Iup- 
piter aulam’. Quae mihi in memoriam revocant verba Lactantii Inst. 
1, 16, 10. 104 sq. “non illepide Seneca in libris moralis philosophiae 
Quid ergo est, inquit, quare apud poetas salacissimas Iuppiter desierit 
liberos tollere? utrum sexagenarius factus est et illi lex papia fibulam 
imposuit? an impetravit ius trium liberorum ? an tandem {ΠῚ venit in 
mentem: Ab alio expectes alteri quod feceris, et timet ne quis sibi faciat 
quod ipse Saturno ὃ Nam quamvis diversissimus color loci sit, sententia 
tamen plane eadem est, et videtur tragicus diligenter Senecae scripta 
versasse. Quod autem Ritter praef. XI scripsit ‘is qui hanc fabulam egm- 
posuit Senecam imitatur ac fere pusillus Seneca est’, ille quidem ad solas 
tragoedias Senecae retulit, : 


‚  Seripsit Fr, Vater. - . -. 600 


restat ut ea sub uno conspactu ppnamus'unde calligi possit, ze prori- 
mum quidem neroniano principatui vixisse ‚tragicum.. Ac si ‚de loco 
quo fabula agatur quaeritur, nonne apertissimum est lotam. renı 
Romae.. gestam esse? Sed apud Tacitum plane diversa rerum.. fa- 
cies est: nam Rubellio Plauto et Fausto Cornelio .Sulla interemtig *), 
quemadmodum in tragoedia iam deposito timore Nero Poppaeae nuptias 
ob eiusmodi terrores dilatas maturare paravit Octaviamque .coniugem 
amoliri, ut ille narrat Ann. 14, 59. Itaque extarbavit Octaviam 
sterilem dictitans et coniunctus est Poppaeae, quae ‚Ärımaadi miatri- 
monii causa aemulae servilem amorem .obiecit de quo dietum est 
eap. 9 ann. 1; tum mota est Octavia civilis discidii specie, domo 
Burri praediisqgue Plauti acceptis, sed mox in Campaniam ;pulsa est 
addita militari custodia. RBevocata tamen.propter vnlgi yuestug Octa- 
via cum multitadn laeta deos. venaretur,. effigies Poppaeae: proster- 
neret, ÖOctaviae imagines floribus spargerent atqne laudandi. prin- 
cipis causa pallatium clamoribus complerent: .emissi militum globi 
verberibus et intento ferro turbam disiecerunt, repositusgne est Pop- 
paeae honos, Quibus gestis e mandato Neronis Poppaeaeque. Ani 
cetus fassus est adulterium Octaviae; qno crimine Claudii filia. in 
insulam Pandatariam relegata et dehine paucis interiectis diebus mori 
iussa est. At in tragnedia nulla fere horum memoria extat, ἴδῃ» 
tumque abest μὲ Nero stupra Octaviae commentus sit cum prae- 
fecto eius caedem mandaret, ut solum populi favorem et furorem 
vs. 866 praetendere potuerit.. Seditionis quidem mentio iniicitur, 
sed non propter revocatam e Campania, Octaviam sed statim. post- 
quam haec :principis aulam reliquit**); sedatoque plebis tumulta 
confestim in Pandatariam deportatur Britannici soror. Cur igitur 
dicemus campanum exilium plane praetermissum esse? affırmabimusne 
ante illam seditionem revocatam et restitutam esse Octaviam,. quia 
Tacito teste Ann. 14, 61 in ipso illo tumaltu “Octaviae imagines 
gestant humeris, spargunt floribus, foroque ac templis statuunt; re- 
petitam venerantur’? Sed quomodocungue ultima verba aut .expli- 
cabuntur aut emendabnntur (maxime placet los. Nerü repetitum venere 
Antium id ut sit: ad repetendam Octaviam turba. usque ad Antium 
progressa est ubi fortasse Nero tunc commorabatur aut quo Octa- 
via 6 Campania profecta erat): id certe e 'Tacito constat ante re- 
ditum Octaviae exarsisse tumultum jstum Poppaeae infestum, quae 


*) In tragoedia 436. Nero ait “mitte qui Plauti mihi Sullaegne caesi 
referat abscissum caput’. Pene iisdem vocabulis Tacitus Ann: 14, 57: 
trelatum caput Sullae Nero illusit’. Dio 62, 14 T. 4. 70 de Plauto τὴν 
κεφαλὴν προσενεχϑεῖσάν οἵ ἰδών “οὐκ. ἤδειν᾽ ἔφη “ὅτι μεγάλην. bin 
εἶχεν᾽. Ac de hoc quoque Tacitus 1. 1.59 “caput interfecti relatum’. 

**) Ineptissine Ritter vs. 660—667, qui in libris Octaviae continuan- 
tur οὖ unice apti sunt, choro dedit. Num inauditum erat secum loqui 
personam tragoediae? et nonne verba ‘En illuxit suspecta diu fama to- 
ties iactata dies’! apertissime monktrant, tunc primam misceri chori ser- 
monem ? , 

Archio f. Phil, u, Paedag, Bd. XIX. ΗΜ. 4. 39 


610 Miscellaneorum eriticorum fasciculus quintus. 


ieh ad extorquendam: aemalae caedem' recentt maritd maximum di- 


scrimen ant& ochlos ‚ponit si *omitteret (Octavia) Campaniım. et in 
Urbem’'ipsarm pergeret ad cuius nutum: ubsentis tumultus cierentar”. 
Itaqae aut ighorantia seriptoris coneedenda est aut statirendum vo- 
luisse poötam locum  aebion!s 'unum esse; quanquam #cena in ipsa 
Urbe variis ‚locis versatur. Simul aufem' conßteri debeinus bonum 
poötam etiare #imwlafis illis: Octaviae adulteris τὶ potuisse ad mise- 
ricordiam Üctavise  commövendam Nerdnisgue sceleratum animum 
revelandam. Non minus suspeetam 658 in hac tragoedia Sefonium 
Tigellinum *) virtatem docere et moderationem. Nam postqnam Nero 
Burro Afranio -praefecto‘ Sremedium' Ad fauces pollicttas' toxicum 
mist? quo periit, ut est ἀρὰ Suetonitm Ner. 35 coll. Diowe 62, 13 
T.4. 68. Taeito Ann. 14, 51; praetorüs cohorlibus {praeter Fe- 
nium Rufem) Caesar Tacito ‚teste ‘veterem’ impudicitiam atqne in- 
fimiam ἰὼ eo Secufus” praeposuit Tigellinum, cuias flagrantissima 
Nlagitia'.et adulteria 'et ‘öives detestabantur et princeps spectabat,‘ita 
ut iatimis eins’ libidinibus assnineretur: Ne multa de spureissimo 
homine qui 'odiis'generis Aumani ereptus T. Vinii potentia etiam Gal- 
bae printipatum 'subvertit, quique ut est Apud Tacitum Hist. 1, 72, 
kobscaris-' parentibus foeda pueritiä impudica seneeta, praefecturam 
vigtlum &et’praetörii’et ala ptaemia virtatum quia velacius erat vitnis 
adeptus, crudelitatem imox, deinde avhritiam et vitilia scelera exer- 
euit Torrapto-ad omne faciınas Nerone, quaö&d&m ignaro ausus, ae 
postremo einsdem desertor ac 'proditot?! - 'Qüis’ autem aequo animo 
ferrei possit hunc ipsum, wem 'naximam partem romanarım 'cladium 
appellaveris, iussa;'Octaviae caede perturbari horrere rigere, ätgue 
non δον huic 'opein -ferre' sed effam in Castiganda multitudinis se- 
ditione miliora docere et clönientiam 'principi commendare? itane cre- 
dibile Θεὲ egisse sceleimm' omhiam mapisttum et patronum? Qaid 
autem: de hoc ertore Ritter? “Hominem nequam? inquit ad vs. 844 
‘et Nerone nihilo meliorem: hie noster aliquants mitiorem et aeguio- 
rem in subsequehte collogeio mhonstravit, uf NVeronem perfectum tyran- 
num et: omni 'humano sensüu destäutum Wueulenttus pingere possel”. 
Est 'aliquid veri in hac observafiörie, sed 'vereor' ne tragicas si satis 
cognitum habeisyet Tigeiinam etindem 'finern Imelits et’ reetins con- 
sequi potüerit. ' Nam ut pehfitas 'perspiceretur nutritem popalo ro- 
meno, : Phaethontem orbi: terrarum fatsse Neronein, non Tigellino 
aliquo opus erat sed familiari principis honesto atque probo; quem- 
admodum ‘in superioribug Seneca producitur. caedibus Sullae et ‚Plauti 
atque. diyortio Octaviae adversaturus.. Ac si rursus Senecam past- 
quam ‚mäle dimissus ‚est. produci. displietit ‚ef Äpsa-res militem pestu- 
lare visa est, quidni altero praefecto usns sit Fenio Rufo, cnius 
certe 'segnem innöcentiam Tacitus &rgnit Ann. 14 „51? Qui olim 
annonae 'praefectus ibid. 13, 22; post Burri necem una cum Tigellino 
präetorüis ‚cohortibus impositus est, et vita famaqua laudatug (nt est 


*) De co vide etiam supra cap. 5 ann. 3. 
. ᾿ Δ j ᾿ τ ΕΝ 


Scripsit Pr. Vater. on 611 


ibid. 15, 50) demum in coniuratione pisoniana periit. 11Ma igitur nen 
gratissimus principi me iudice präeter Senecam unus maxime ido- 
neus Ὁ) erat ad mitigandam Neronis iracundiam immanitatemgne; 
negne poterat a co&rtendo tumulta alienus putari, si quidem et ipse 
inter inquisitores detecto Pisohis mota commemorater' ibid. 15, 66. 
Πίδαμε nisi ‚forte rursus ad imperitiam itventiogig et: dispositionis 
confugere visum fuerit, scriptori bistoriem non satis notam fuisse 
confiteberis: quod ipsum documento est inferieri aetati assignandam 
esse Octaviam. Quod :confirmare videtur L. Zuniüs Silanus, wener 
Claudii imperatoris designatus maritusgue Octaviae faturas, nisı in- 
sidiae ‚Agrippinae obstitissent; nam &ut fallor amt confadit scriptor 
netem Lueii cum caede Appii patris. Detestata enim Glaudii cum 
Agrippina matrimonium tangham, etordium plurimorum seelerum fon- 
temque, sic declamat nntrix Octaviae. inde ἃ vs. 144: | 
mactata soceri' concidit thalamis gener ° 
vietima tais **) ne fieret hymenaeis potens;'- 
'pröok faeinus ingens! ferninae est munus datus 
Sılanus et cruore foedavit sun ᾿ = 
patrios penates criminis fcti reus. a 
Quicnrique enim rem gestam ignofaverint ıion 'dubitabunt quin Si- 
lanus confossus sit in ipsa principis aula, ubi patries pehates gaede 
sua micuwlare potuit αἶα &bnepos 'Augusti fuit et affinitate con- 
ianctus cum domo--caesarea,. : Eodem autern modo -Zonaras Ann, 
11, 10. 468: πείθουσι τὸν Κλαύδιον ἐς ἐπιβουλεύοντά of 
ἐποκτεῖναν ad generem retulit quae ad consocerum pertinent, in- 
sidiarim 'enim crimine oceidit Appius Silanas, filius aufem Lucius 
alia accusatione circumventus est. De ülo autem nemo actpratius 


tt. : 


“, 


| *) Negue enim prababile est celandi Magitii causs solum: adhibjtum 
esse Tigellinum, utut suspecins erat.Fenius. -Nam guemadmodum in multo 
atrociore scelere de occidenda matre Nero Burrum quogue Consuluit et 
Senecam ut videtur, sic credimus etiam de nece Octaviae toram familia- 
ribus disceptatum esse, Ceterum apud Tatitam Arm. 15, 51 etiam !chilier« 
chus in (misenessi): elasse: Volusids Progehas ocoadendae matris Nerohls 
inter ministroes, nen ex magnitudine. aceleris provectus ut rebatur’ gom- 
paret. Ille igitur in detestabili illo navigio operam pfaestitisse videtur, 
nam 2 descriptione scaedis terrestris ‚accuratissima deest: vid. supra 
cap. 13 pr. ᾿ u ΝΣ ΝΞ ΞΈΕΕι ᾿ 
**) Inepte Ritter ad vs. 145: *vulgata Ἔσο εὐππεϊαὺ Silanum deiectarh 
esse conjugio Octaviae δὲ compulsum :ad::mortem, ne potentiam adipisoe- 
retur; sed id Agrippins. minus curavit jiime emnia ee consiliv ia hac re 
fecit. ut Alius suns Qctaviae potens hymenaeis fieret’: qnare ngscjo quam ob 
causam tui.scribebat, . Quomodo autem Neronem Octaviae hymenaeis po- 
tentem fieri credibile erat, si eiusdem hymenraeis Sihanus potens factus exset ? 
Nam 'ipsam femisam' fortasse neuter curabat sed dotem εἴτις expetebant, 
quemadmodum Burrus: Tepudiatere:.uxerem respondit οὐκοῦν nal εὴν 
σιροῖκα αὐτῇ {τουτέστε τὴν Ayepovdwr) ἀπόδορ apud Dionem δὲ, 13 
T.4. 68, .Τίαφας si hanc dotem ij. e. ‚potentiam sihe puella cansequi por. 
tuisset Nero, sine dubio de Octavia parum söllicitus dotem accepisset, 
mulierenm 'Silano vel alii expetitori reliquisset. ' ? 391 ΟΕ 


Φφ 


612 Micellaneorum criticorum fasciculus qaintus. . 
Suetonio: epit Cland, 37 “quem cum Messalina εἰ Nareissus con- 
spirassent perdere, divieis partibus alter ante lugem similis attonite 
patroni cubiculum irrupit, affırmans somniasse se vim ei ab Appie 
ülatam, altera in admirationem formata sibi guoque eandem speciem 
aliqnot iam’ noctibus obversari retulit. Nec multo post ex compo- 
sito .irrumpere Appius nuntiatus, cui pridie ad id temporis ut ad- 
esset praecepfum: erat, ‚quasi plane repraesentaretur somnii fides, 
‚arcessi (Lipsius ad.-Tacit.. Ann. 11, 29 arceri) statim ac meori ius- 
sus est. Nec dubitavit postere die Claudius ordinem rei gestac 
perferre δὲ senatum ac liberte: gratias agere quod pro salute sua 
etiam dormiens excubaret’. Similiter Dio 60, 14 T. 3. 752: συνέ- 
σλασὲν ὄναρ ὃ Νάρκισσος ὡς σφαττόμενον τὸν Κλαύδιον ὑπὸ τοῦ 
Σιλανοῦ αὐτοχειρίᾳ ἰδών. καὶ αὐτὸς τε εὐδὺς ὑπὸ τὴν ἕω ἐν τῇ 
εὐνῇ οἱ Er’ ὄντι τὸ. ὄναρ ὑπότρομος διηγήσατο. καὶ ἡ Meo- 
σαλίνα παραλαβοῦσα ἐδείνωσε᾽ καὶ ὁ μὲν οὕτως ἐξ ἐνυπνίου παρα- 
πώλετο. Demonstravimus personatum insidiatorem quem Zonaras 
Claudii generum facit:; nonne credibile est tragicum quoque de ap- 
piana caede inaudivisse et hanc ipsam ob causam mactatum in Clandii 
thalamis Lucium offerre? Quod tamen quominus affırmetur obstat 
Tacitus Ann. 12, 8: qno teste Livius ‘die auptiarum (Claudii cum 
Agrippina) δὲ mortem conscivit, sive eo usque spem vitae pro- 
duxerat seu delecto die augendam ad.invidiam’. Quare poeta dicere. 
potest Silanum .illicitarum istarum nuptiarum quasi victimam et pia- 
culum occisum esse, quia mors ei indicta esse videtur siquidem Sue- 
tonius Claud. 29 scribit ‘Silanus abdicare se praetura ante quartum 
Kalendas. ianuarias morique initio anni coactus, die ipso Clandii et 
Agrippinae nuptiarum’ collato Dione 60, 31 Τ. 8. 790, refertque 
Tacitus 1.1. etiam sororem punitam esse *“Calvina soror eius Italia 
pulsa est’, quia ut Seneca Apocol. iocatur Silanus ‘sororem suam 
festivissimam omnium pudlarum, quam ommnes Venerem vocarent, 
maluerat Iunonem vocare’. Neque vero ista victimae interpretatio 
inepta est si Lucii mors voluntaria propter ignominiam erat: quod 
commendat Seneca in praecgdentibus “quantum quidem in ipso fuit 
(Claudius) damnatum incesti L. Silanum generum suum occidil?. 
Sed quod discrepat sit in’medio: qnare iis quae supra cap. 1 ann. 4 
de Juba Germanict filia disputavimus addi potest, alteram claudianae 
aetatis Iuliam tragico videri ignotam fuisse. Nam si Tacitus Ann. 
14, 63 de Octavia in Pandatariam insulam relegata scribit: “non 
ala exul visentium oculos maiore misericordia affecitz meminerant 
adhuc quidam Agrippinae a Tiberio, recentior Iuliae memoria ob- 
versabatur Claudio pulsae’, ipsa res docet matrem cum filia con- 
iunctam esse (πος mihi constat Iuliam Drusi Liviaeque filiam in exi- 
lium actam esse): at si tragicus eadem ocaasione et aperta Taciti im:- 
tatione (in recensu miserarum e domo augusta feminarum) inter Agrip- 
pinam et Iuliam interposita Liviae sorte pergit vs. 946: *Iulia matris 
. fata secuta est, post longa tamen tempora ferro caesa est quamvis 
crimine nullo’; tum vero dubitari potest utrum mater Agrippina 


Scripsit Fr. Vater. . 613 


significetur .an.quae proxime praecedit Livia. ' Quodsi e Tacito aliis- 
que argumentis_ docuimus cogitandum esse de filia Agrippinae, tra- 
gicus non’ 'videtur absolvi posse, quia si altera Fulia ei nota.fuisset 
non tam aneipitibus. verbis uti potuisset: unde merito ignorantiam 
eius notamus, quae a scriptore flaviani temporis quam maxime ab- 
horret. Denigne in memoriam rovocamus quae cap. 19 extr. de 
' Ägrippinae naufragio dicta sunt, quae evincunt turbidos fontes hau- 
sisse auctorem: quibus collectis negamus upparem neroniano seculo 
scripsisse po@tam. 


16. Postgnam demonstratum est incerta post: Treianum actate 
editam esse, eonsiderandus est Taciti locus Ann. 14, 8 extr. in quem 
inepte librariorum sedulitate ‘duo nostrae Octaviae versiculi irrepse- 
runt; qua in re piget confiteri deesse nobis editiones vetuktas, ita 
ut in lemairiana acquiescere nos oportuerit. Ubi enim caedes Agrip- 
pinae narratur, ad verba “iam in mortem centurioni ferrum destrin- 
genti protendens uterum ventrem feri exclämavit’ Lipsius monuit 
‘sustuli insigne glossema aliquot versuum qui huc transcripti e Se- 
necae Octavia (vs.368 54.) verbatim, eaque omnia iure desunt va- 
ticano’; affırmatque Ernesti verba insiticia abesse etiam ab ed. pr. 
sed mox adiecisse Puteolanam sequentibus aliis, atque extare ferun- 
tur in cod. ms. budensi. Praeterea Senecae interpretes ad Oct. 368: 
*caedis moriens illa ministram rogat’infelix’ adscripserunt: “habentur 
haec si non ad verbum at certe eodem sensu in Taciti Ann. 14, 8 
scilicet Agrippina exclamavit rogans ministrum-ut utero dirum ensem 
conderet, adiiciens Aic est fodiendus ferro monstrum quk tale tulit: 
post hanc vocem mixtam gemita animam tandem per fera tristem 
vulnera reddidit. Haec igitur omnia olim in Tacito legebantur, 
sed ms. Agric. pro ventrem feri exclamavit exhibere dicitur “hunc,, 
exclamavit, hunc feri, monstrum qui tale tulit’, ubi vincta oratio 
fontem arguit. Nihil autem ex hoc testimonio praesidii de aetate 
Octaviae quaerentibus: nam et Senecae editores de codicibus qui 
ultinram tragoediam contineant deque eorum' discrepantiis paucissima 
disseruerunt, et ne Taciti quidem interprefes enucleate docuisse: vi- 
dentur quibusnam eodicibus desit interpolatio maxime insignis aut 
quinam sponsores eius sint. Nam soli budensis et Agricolae Hbri 
nominatim citari videntur, quorum hic pancula fantummodo verba 
ex Octavia affert et negatur vetustus esse, ille autem et ipse non 
scribi ‚potuit ante finem seculi 15, quanquam creditur e vetusto 
exemplari manasse: vid. edit, lemair, T.1. x sqq. Quare credibile 
‚est interpolationem recentiorem Octaviae codicibus esse, ipsis mon- 
strantibus Taciti libris ms. sed quia omnes qui supersunt Taciti 
codices ne excepto quidem florentino e communi fonte derivantur, 
etiam versiculi illi ad superiora secula (fortasse ad ipsum Taciti 
imperatoris aevum) referri poterant, ‘quo tempore scribae, doctio- 
res erant quam seculo quinto, decimo et margini appinxisse vi- 


614 Miscellaneorum eriticorum fasciculus “quintus. 


dentur : quäe legen&bus. Octäviam. ant spectantibus *) maxime pla- 
 enerant.. ὁ oo 
17, Videmur' nobis 'demonstrasse Octaviam tam a L. Annaeo 
Seneca quam a Curistio Materno alienam esse, et errores historicos 
obstare quominus proximo post Neronem. tempari tragoedıa assigne- 
tür, nisi scriptor iness erat et rerum gestarum anctoribus yti ne- 
seiebat. Reliquum igitur est ut fateamur: prae Serecae tragoedis 
maxime nobis: placere Octaviam istam, quae viiis illarum caneat et 
virtutibus vix superetur. Non dictum hoc est eo fine ut philosopbi 
fabulis detraberetur, quas propter acumen sententiarum locosque 
Hlustres atque prepter metrorum dictionisque elegantiarh et ipsas 
adıniramur ; sed 'displitet oeconomia Uissoleta, quaeque“aliis occa- 
sionibus optima essent allasque maxime decerent personas, ea vitiosa 
indico et tarpia quia neque proposito satis conducunt neque apte 
haerent. - Nihil autem iniquims esse potest indicio Langii Vind. trag. 
rom. Lips. 1822 p. 2 sq. ‘romanae tragoediae quae hoc nomine digna 
sit paucissima 'tantum fragmenfa easu verius gaam consilio. servata 
sunt, eague fere itd lacerata: .et truncata ut: etiam periisse ruinas 
cam poöta propemodum dicere liceat: Sed kaud scio un inftstiore 
quaque οὐδ factum sit ut Sensae tragosdiae. servarenixt ex quibus 
*) Non dubito guin pleraegne omnes Romanorum tragoediae quae sub 
imperatoribus editae sant maxime recitafioni inservierint, quanquam non 
video cur negemus aliquando vel Senecae fübulas actas esse. Certe me- 
mini. Erasmum Epist. 23, 5. narrare a Petro vei Thoma Phaedro romano 
quinti decimi seculi rhetore- publice Romae maximo cum applausu actam 
ess6 Senecae Phaedram, unde ei cognomen Phaedri inditum est. Ritter 
vero praef. XXVI nimis audacter me iudice negat artas. esse aut Senecae 
tragoedias aut Octaviam; nam de Materno disserens “idem’ inquit “Sene- 
cam- ducem 'etiam ita secutns est ut fabulas suas non histrionibus sgendas 
committeret (id .quod Pamponius Secundus aaqualis aetate paullo maior 
fecit) sed recitantem se audientibus et max legentibus quae scripsisset 
carmina destinaret. Quapropter dubitari nequit quin insigne ckori decus 
(sed quod in romani theatri orchestram induci non posset!) dramatis suis 
adsciverit, etiam in hac re Senecae exemplum secutus” coll. p. XI. Non 
affırmabo quidem unguam publics actam esse Outädviam yuia rei non in- - 
credibili tentes desunt; sel Ritteri argumentum, unioum ἃ. cheri decore 
petitum lange -levissimum .est. Ipse enim concegsit Pomponium carmina 
sua scenae dedisse testisque est. idoneus Tacitus Ann. 11, 13: ‘cur igitur 
notissima Terentiani Mauri de choris eius verba neglexit “in tragicis 
iunxere ohoris hun (bucolicum) saepe diserte. Annaeus Seneca et Pom- 
ponius ante Becandus’ et “inserit haac aegne Pomponius in okarigis sie’, 
quae cam alü certatim attulergnt tum Welcker de, trag. 1442}, Nec di- 
gnitas Senecas obstabat, nam Pomponius quoque cousularis erat cym thea- 
tralem populi lasciviam experiretur. . Ceterum plurima quae -Welcker 
1.1. 1440 sq. de: Pomponio füdit incerta sunt (propter' cdgnomina) ant 
falsa: nam de Quinctiliani aetate rectius disputabat Fir. Müller Quaest. 
Quiactil. Hal. 1840 coll. C, Fr. Hermango' de:.scriptor. ill. apud Hieron. 
Gott. 1848. 35,. et si Quinctilianus Inst. 8, 3, 31 de. tragico agit Pom- 
ponio, eodem iure Welcker affımare poterat, Scnecam quoque su Galbae 
principatu superstitem fuisse, quod absurdum. Sed Quinctilianus sub 
Caio natus adolescentiam Romae litteris Claudio principe dicavit, 


-- 


. ‚Sexipsit Fr. Vater. 618 


“ pauci fortasse erunt qui mon deteriorem de tota μοδεὶ tragica Boma- 
norum opinionem concipiant, congeptamque in animo haerere et pene 
se inscios ad iniquiora de tragoedia romana iudicia adduci patiantır, 
Quodsi integra aliqua Pacuvii Attive fabula, si modo Varii T,hyestes 
aut Oyidii Medea superesset, mitiorem. aliquanto sententiam non 
dubito laturos esse qui nunc.in Ramanorum scena non nisi Grae- 
coram simios, gothurnatos gladiatores, imanes causidicos-, tumidos 
rbetores prodiisse contendınt’”. Eiusmodi enim declamationes dguag 
et ipsae fumore laborant .nihil valere.poterunt apud peritos et ido- 
neos iudices, quia. ecorum qui .Senecam longissimo intervallo post se 
reliquisse iactantur nihil superest ‚praeter paucissimog versicules; 
atque credi potest ab iis, qui senfentiarum causa veterem tragoediam 
consuluerunt optima quaeque excerpta. 6836: ifaque si quis iisdem 
condicionibys flores superatitum .tragoediarum .legerit, facile opusan- 
kum nascetur egregium et. supra Attiog Pacuviosgue ad quos pra- 
vocatur,. _Totius enim quaestionis cardo in eo yertitur ut osfenda- 
tur. veteres tragicos melius Seneca dramata disposuisse: quod optari 
. guidem sed affırmari nequit et vel propterea incredibile est, quod 
ne una quidem fabula romana e fragmentis probabiliter restituta 
est; immp quo plara frustyla servata sunf eo -difücilior redditur quae 
stio, .quia nondum quisquam docuit quamodo sententiae cum argu- - 
mento hominumque indole quos egisse necessarium est conciliari 
possint. Sed ut .haec mittantur quae altioris indagieis sint, videtur 
exponendum esse .cur Octaviam anngeanig fragoesliis praeferendam 
esse exisfimaverim: qua in re prppemodum Ritteri iudicium sequi 
licet praef. ΧΙ: “is qui hanc fabulam composuit Senecam imitatur 
ac fere-pusillus.:Seneca est, minoribus meruis et oralione poetici ser- 
monis luminibus minus ilustri sed eadem sohrie ‚plerwnque. coercita et 
prudenter temperata, ut in vitium kumoris.et fucali ornatus rarius 
incidat: quam uctor. ceterarum tragoediarum. quibus Senecae nomen 
recte inscriptum legitur. Apud utramque longae orationes, multi 
elocutionis flores, inventionis et actiopis.inopia, einsgmogi materiag 
mythicae usus ut in.fabulis vigor et. vita.-desjderetur’”., Neque vero 
erat cur talibus argumentis vir doctissimus p. VI Octaviam “ceteris 
vi ac virtute tragica paullo inferiorem? culparet: nam aegrotantis 
est simplices cibos_ aversari οἱ fastidire, .eb ut cum Tacito loquar 
Dial. 6: “malim hercule C. Gräcahi impetym aut L. Crassi maturi- 
tatem quam calamistros Maecenatis ‚aut tinnitus Gallionis;. adeo me- 
lius est orationem vel Airta .togg induere quam fucatis et merelricüs 
vestibus insignire. Neque enim.(gravis) iste, immo. bercyle ze viri- 
lis quidem cultus est, qug plerique ita utuntur ut lageivia, verborum 
et levitate sententiarum ‚et licentia compositionis histrionales modos 
exprimant’. Semper-enim yalebit Cicerogig : de Gaesaris, commen- 
tariis iudicium Brut. 75, 262%: “μιά sunt reeti et, venusti, omni or- 
natu orationis tanquam veste detracta;. sed dum.voluit. alios habere 
parata unde sumerent qui vellent seribere historian , igeptis gratum 
fortasse fecit qui volent illa calamistris inurere, sanos quidem homines 


816 Miscellaneorum criticorum fascieulus quintus. 


a scribendo deterruit’: _quae qui attulit Suetomus Caes. 66: simul 
laudat A, Hirtii de iisdem vocem de B. gall. 8 praef. 5: “adeo pro- 
bantur omnium iudicio ut praecepta non praebita facaltas scriptoribus 
videatur’. Absit igitur ‘ut annacanarum tragoediardm confusam elo- 
quentiam, catachannae ritu partim iligneis nucibus Catonis partim 
molliculis et febriculosis prunulis insitam, praeferam nativae gravi- 
tati Oictaviae et temperatae;  tanquam reconditoram -acuminum foe- 
toribus orbata neque tam discincta at 'illaram diffluens oratio aut 
inferior sit aut vilior maxima istarami μυροβρεχῶν cincinnorum mul- 
titudine. Neque vero ipsum Ritterum fugit etiam in Octavia (ut 
affırmat ad vs. 917) flores non ita raro spiendescere, inbetque eos 
paullo diligentius considerari a censoribus qui paucis verbis fastugne 
plenis iudicare solent de tragoedia romana, Nemo autem incon- 
sideratius I. Lipsio praef. ad Plantinianum disserebat, qui verbere 
eruditorum excipiendam esse existimabat Octaviam non plausus: *quid 
non iu ea protritum, vulgare”? inquit, “immo et vile? quam mnlta 
rebus verbisque inepta? piget excerpere et obiicere tibi singillatim ; 
puer ego sum nisi 8 puero ea scripta, certe pueri modo’. Cuius 
auctoritati quomians cedam eum meum qualecunque indicium obstat 
tum inepta eius admirativ Thebaidis, quam gemmulam aevi augustei 
snspicatur, altamque vocat doctam grandem et quae sno iure am- 
Bulet in cothurnis; riihil nsquam iuvenile arcessitum aut fucatum esse, 
acumina virilia fortia etc. Longo enim usu mihi cognovisse videor 
unam illam ineptissimam esse et invenustissimam: quid enim infice- 
tius aut foedius Oedipi iam caeci dicto v8s.49: “nulum facere iam 
possum scelus.... possum miser; praedico, discede ἃ patre, dis- 
cede virgo; timeu post matrem omnia?’!? quibas verbis arcet Anti- 
gonam detestabili illa subtilitate qguam praesertim argenteae aetatis 
auctores affectant, cuiasque ne Schiller quidem noster expers est 
velut in Puella aurelianensi “ich darf ihn hassen, ich hab? ihn ge- 
boren. Porro quid unquam aut vilius aut indignius declamator 
scripsit quam quae eidem Oedipo tribuuntur, capto moriendi con- 
silio Antigonae cedenti inde a vs. 306? | 
grrata, quid genibus meis 
fies advoluta? quid prece indomitum domas? 
 unum hoc habet Fortuna quo possim capi 

invictus aliis, sola tu affectus potes 

mollire duros, sola pietatem in domo 

docere nostra; nil grave aut miserum est mihi 

quod te stiam voluisse, tu tantum impera! 

hie Oedipus aegaea tranabit freta 

jubente te, flammasque quas siculo vomit 

de monte tellus igneos volvens globos 

excipiet ore, seque serpenti offeret 

quae saeva furto nemoris herculeo furit; 

iubente te praebebit alitibus iecur, 

iubente te vel vivet! . 


Seripsit Fr, Vater. | 647 


Sicine 'oculis captus senex idemque pater? ineptiusne invennstiusve 
adolescentem amore deperditum ceram deliciis snis debaechari po- 
tuisse?_ Sed’haee speciminis causa quo de Lipsii faeultate iudicandi 
constaret, neque Dan. Heinsii sententiam amplector qui prae ceteris 
‚ Troatdas commeıdat, Octaviam aeqne deepieit' quasi trivieli monete. 
cusam; concedit tamen inesse quaedam minus putida πος minus la- 
tina quam in Hercule vet, 'quae ubique tırmeat; huic vero ne sermone 
quidem cedere, negne kızuriam 'istam ac redandantiam habere, humi 
tamen serpere etc. vid. Seneca ed, lemair. T. 1. XXXV sqq. Sed 
quam ille Scaligero duce divinam et principem. tragoediam vendi- 
tabat, Troades nonne infamatur rixa scurrili Agamemnonis et Pyrrhi ἢ 
Praeivit quidem talia Euripides plebeculae atticae gratificatus litinm 
cupidissimae, sed declamator noster post maximam contentionem 
iracundiamque tranquillum sine causa praestat Agamemnonem et te- 
mere mitem; nam cum videretur iam ad gladios perventum esse, 
ille vs. 353 sudita tranguillitate animi ait: ᾿ . 

compescere equidem verbo :et audacem malo 

poteram domare, sed meus captis quoque 

scit parcere ensis; potius interpres deum 

Calchas vocetur: fata si pöscunt dabo. 
Cur igitur statim dabas quae non ignorabas in fatis esse? cur de- 
honestabas te ignava ferocia? cur conviciis lacerabas virum de pa- 
tria meritissimum;, ipse quoque -ab δος indigno passus ?Sed deerat 
po£ttae rectum iudicium decorique sensus, qui v3.130 cum luxis- 
sent troianae mnlieres Hectoris caedem, Hecubam iussit dicere- 

vertite planctus, Priamo vestros Ä 

fundite fletus! safis Hector habet! 
Et quid inficetius quam praecepta eiusdem Hecubae, miserrimam 
Troiae Troianorumqne sortem fleturae vs, 87? “ΝΕ 

veste remissa . 

substringe sinus, uteroque tenus 

pateant artus! cui coniugio 

pectora velas, captive pudor ? 
quanto enim honestias Lucanus Phars. 2, 24: ‘cum mater crine so- 
luto 'exigit ad saevos famularum brachia planctus! Sed haec per- 
sequi longum erat, πες videbatur aeguum esse Senecam nimis se- 
vere castigare, cuius tragoedias et ipsas magni aestimarem quemque 
communi istius aevi' labe contactum et infectum. scirem. ’Tragici 
enim romani 'primum plane 6 graecis pendebaut, sed graecae sim- 
plicitatis pertaesi mox quaestinnculas spinosas: salebrosasqne e late- 
bris scholae (ad modam Epicharmi) suis imitationibus immiscwerunt. 
Sed qno'tempore nonnulli iam feliciter audebant, mutabatur reip, 
forına „ quaegue mentern pungebänt non amplius ad publicum usum 
transferri poterant: quare optimus quisque cor .triste et sollicitum 
fevabat deelamationibus aut virus effadit in alieno..argumento, arbi- 
trati illi intellectum iri- quorsum illa tenderent.. Paullatim demum 
novo statai reram assneti-trangailliores facti sant homines, illogaue 


τ 


618 Ueber die Bedeutung van .agnomen. 


tempore inde a seeulo millesimo sine- vano illo .perditae libertatis 
desiderio .et .sine simulafo ναὶ dissimulato dolore rem, sorte sua con- 
tenti aggressi.sunt. Tune igitur: etiam simplicitas 'rediüt ‚taligye 
aetate etiam Octaviam -quidqwe- ille est meditabatur , Aon insignis 
magnis: virtutibus. sed argumento ipso adiutus quad aine argytiis ‚et 
artifichhs movere et pereellere. Jdebehat auditeres. ‚Itaque:poeta me- 
diveris est οἱ τῶν ἀπτώτων. praeterea::ut Ritter recte .monuit imi- 
kator Semecae ; -sed, tragoedia. ipsa lauge. superare videfur quidquid, 
tragoediarum a. Bomanis seriptem est: : -- . 
πο, Kasani m. Sept. 1862 ° Ὁ. , ᾿΄. Fr. Vater. 


‚Ueber die Bedeulung von‘ agnomen, 
ein Nachtrag zu Seite 262 fl. 
‘Von Professor Dr. Geppert: zu' Berlin. 


‚ Ich habe in meinem Aufsatz “über Yar - und Zungmen des Plautus 
und die Echtheit seiner Stücke’ das Wort agnomen in dem Sinn von 
nomen gentile gebraucht. Um etwaigen. Missverständnissen vorgu- 
beugen, erlaube ich mir nachträglich folgende Bemerkungen. 

: Dass (die Bedentang, welche die Grammatiker dem Wort aga0- 
men‘ beilegen, indem sie. unter. demselben. ee besondre Art von 
Beinamen verstehn, nicht. die richtige. sein kann ; ἠδὲ von. den älteren 
Schriftstellern, die sich mit diesem ‚Gegenstaude. besonders beschäf- 
tigt haben, einstimmig Auerkamnt. 'So hat Osuphrius. Panvinius de 
antt. Rom. nominib. in Giaeres thesanrus Il. p. 1042 darauf auf- 
merksam gemacht, dass, - während::der: Pseudo - Valerius.: de prae- 
nomine die Reihenfolge der römischen :Namen dahin angibt, dass 
das agnoınen der vierte in ‚derselben sein aoll,. Valerius Maximus 
selbst, III, 7, 1 den Beinamen Africanua.in dem Namen .des P, Cor- 
nelius Scipio entschieden als cognomen und. nicht ala agnomen be- 
zeiehnet. Ebetise hat :Sigonius- de Hom. nominib..a.a.0. 3.978 
bemerkt, dass‘ Cicero die; Beinamen Sapiens und Diver, die Cato 
und Crassus- führten, gleichfalls cegnosisa nennt und der rümisnhe 
Arzt 'Serviis:(Petros) hatin seinen Miscellaseen, im. appendix zu 
ὁ. ΨΗΪ de agnomine et eognomine, ‘den Greevins in:der Vorrede 
zum zweiten Theil 'semes thesaurug wieder ‚ahdrucken , liess, ‚aus 
Livins; Valerins Maximus, Saetonius, ‘Velleius, Mäcrohius, Florus 
und Rüftis' ;wachgewieseh, . dass nicht zur der. vierke;.;sonsern auch 
jeiler folgende Name in der Reihe der römischen Nomendlatur ebenso 
wie der dritte von: den alten: Schriftstellern sogsomen. und nicht 
agnomen genannt 'wurde j wie: denn ::digselben ‚auch: nicht, von meh- 
reren cögnominibus "hätten sprechen können; wenn -dieser Begriff 
nur "auf (die Gattung der’ Familiennamen beschränkt gewesen. wäre, 
wohin ‘ihn die Grammatiker ausschliesslich "verweisen. Deszelben 


Von Professor Dr, ‚Geppert zu Berlin. - 649, 


Gegenstand ‚hat neuerdings auch Kempf.:- de incerti anctoris frag- 
mente, quyod inseribitar de praenominibug (Programm zum: 8. April 
1854 gr. Kloster) p. 21. ausführlich erörtert. 

Es hätte aber vielleicht auch- nicht einmal dieser. Nachweise 
bedurft,. um die Willkür, welche die . Grammatiker bei der Aus- 
legung dieser Worte leitete, darzuthun, denn, es springt in die Au- 
gen, dass’ ihre Definitionen zum Theil nur aus falscher Etymologie 
ehtsprungen sind. So namentlich die von cognomen. Priscian. 1, ἢ 
p-71:.Kn. sagt... cognamen, cognatsonis communes weiterhin: Cicero — 
Familiae. eis «ognomen; Diomed«s: p. 306.P, eognomex uniuscuiysgue 
pröprium est, ut Catoy. Seipio; Pompeins p, 100.ed, Lind, cogromina 
quasi. natyralia sunt,. nebiscum quig (Lind. guasi) ‚nascuntur, aber. 
das cognomen hat weder davon seinen Namen, dass es mehreren 
Personen. gemeinschaftlich ist, noch davon, dass man- damit. geboren 
wird, sondern allein davon, dass. es gemeinschaftlich mit dem ngmen 
zur Bezeichaung einer Person dient. . Es ist nichts als, ein Beiname 
in der: allgemeigsten Bedeutung das Wortes und ‚die alten Schrift- 
steller habon keinen Unterschied gemacht, ab.derselbe einer ganzen 
Familie. oder einem Einzelnen angehört, ob man ihn bei der Geburt 
oder später bekommen hat, ‚Erst das. abgeleitete Adjectiv. cognpminis 
hat: die Bedeutung, dans es Personen bezeichnet, die einen gemeig- 
samen Namen führen und dies mag zu dem, Irrthum der. Gramma- 
tiker die Veranlassung gegeben haben... :. .. 

Noch sonderbarer siad ihre ‚Definitionen , von, agnomen ,. die 
Kempf a.a. ©. p. 27 zusammengestellt bat. ‚Priscian a.:a. O. erklärt: 
agnomen est, quad. ab aliquo ‚evanty ‚\mponitur,, ut ‚Africanus, Iseu- 
ricus; Diomedes: agnomen est, qguod extrinseeus cognominibus ‚adüca 
solet ;: es: αἰχμα ralione vel virkute quaesitum, ut ast Africanus, Nu-,- 
mantinus: ἐξ simiia; Pompeius: Omnia agnamina ab achibus veniunfy 
weshälb, seiner Meianng nach , Kinder, gar kein agnpmen haben, 
können, .und Ellendt de cognomine ef agnomine Romano $.3, mit 
Hinweisung: auf .Priscian und Diomedes: agnomen ipsa originatione, 
indicare videlur nomen alteri quasi er abundanti additun., Wie 
sollten aber die Röwer wol: daranf gekommen sein, diese, Art von 
Beinainen, die ab aliquo eventu- nder. ab actibus oder ex abundaati 
ertheilt ‘wurden; von ‚den andern :auszusondern :und mit. dem Namen 
agsömina zu bezeichnen? Er. aliqua ratione vel virtute ‚aber wird 
doch gewiss jeder Beiname gegeben. worden sein. _ 

: Dies haben auch Jie älteren -Speoialschriftsteller über- diesen 
Gegenstand erkannt und nach einer andern.-Begriffsbestimmung für 
agnomen gesucht, we denn keine Art von Namen, weder das eogno- 
men noch das nomen gentile noch das praenomen, der Identifieation 
mit. dem. agnomen entgangen: ist... Sigonius a, 8. Ὁ, entschied sich 
dafür, cogsomen und agnomen für: gleichbedeytend. zu nehmen, weil 
die: von den: Grammatikern so. genanhten agnomipa von den Clas- 
sikern selbst nor. als eognomina ;bezeichnet „werden, Robortellus de 
nominibus.' wollte darunter das nomen- gentilicium verstehn ,. indem 


- 


620 - Ueber ‚die Bedeutung von agnomen. : Θ᾿ , 


er annahm, die agnati hätten «das agnomen geführt, wo freilich der 
Begriff der agnatio sehr weit ausgedehnt werden müsste, wenn er 
die Mitglieder einer gens umfassen soll, Lipsius zu Tacitus Annal. IV 
p. 133 Note 167 gebraucht agnomen in dem Sinne von-praenomen, 
indem er die weiblichen Vornamen (Secanda, Tertia, Quarta, Quinta) 
agnomina nennt, an einer andern Stelle dagegen, p. 50% exc. F., 
versteht er’ unter agnominafi solche Personen, die einen abgeleiteten 
Namen: tragen, ‚wie Cornelianus, Gellianus, Clodianus, Servius end- 
lich, der das letzte Wort in dieser Angelegenheit za sprechen suchte, 
gab die Bedeutung des Wortes dahin an, dass es den Namen be- 
‚zeichnen sollte, den man bei der Adeption in eine fremde Familie 
noch behielt, so z. B. Scipio in dem Namen Qu. Caeclius Metel- 
lus Scipi. ' | 

᾿ Keine von diesen Definitionen scheint Anklang gefunden zu 
haben, Die älteren Pbilologen zogen es vor, das Wort agnomen, 
von dessen Bedeutung sie sich nicht genügende Rechenschaft geben 
konnten, ‚gänzlich zu vermeiden und da sie nach dem Vorgange 
der Classiker cognomen für eine jede Art von Beinamen gebrauch- 
ten, so war ihnen agnomen vollkommen entbehrlich. In neuester 
Zeit dagegen scheinen diese Untersuchungen ganz in Vergessenheit 
. gerathen zu sein: wenigstens gebraucht Ellendt in der angeführten 
Schrift das Wort ganz in dem von den Grammatikern angenommenen 
“ Sinn mit einer Zuversichtlichkeit, als ob nie ein Zweifel gegen die 
Richtigkeit desselben geäussert worden wäre, 

Wenn ich es nun unternehme, diese von so vielen Seiten an- 
. geregte Frage wieder ‚aufzunehmen und die eigentliche Bedeutung 
des Wortes darzuthun, so wird es vor allen Dingen darauf ankom- 
"men, nachzuweisen, ia welchem Sinne die alten Schriftsteller das 
‚Wort gebraucht haben können, denn zunächst ist zu bemerken, 
dass es in dieser Form gar nicht bei ihnen vorkommt. Bei Cicero 
de inv. rhet. 2, 9 wo man früher las: nomen cum dieimus, cogno- 
men quoque et agnomen intelligatur oportet, sind die Worte et agno- 
men, die nur den Zusatz eines späten Grammatikers enthalten, auf 
die Autorität der besten Handschriften gestrichen, und wenn es 
bei Capitolinus im Verus c. 3 heisst: Nec aliud ei honorificentiae ad 
nomen adiunctum est, quam quod Augusti filius est uppellatus, so 
werden wir nicht mit Casaubonus ad und nomen zu einem Wort 
verbinden, sondern ad, das nur aus adiunctum entstanden ist, zu 
tigen haben. Der Schriftsteller sagt: es wurde ihm kein andrer 
Ehrenname beigelegt, nicht: es wurde ihm kein andrer Ehrenbei- 
name beigelegt. Andere Stellen, in denen agnomen mit Unrecht in 
den Text gesetzt ist, hat Kempf 8. 8. Ο. p. 25 erörtert. 

Dagegen findet man, wenn auch nicht agnomen, so doch agno- 
mentum an einer Stelle, und da dies der Bedeutung nach ebenso 
wenig von agnomen verschieden sein kann, wie cognomentum von 
cognomen, so muss diese die in Rede stehende Frage entscheiden. 
Appuleius nämlich sagt in seiner Apologie, opp.Il. p. 519 ed. Oudend., 


’ 


Von Professor Dr. Geppert.zu Berlin. 621 


von seinem Ankläger Sieinius Aemilianus: Igitur agnomenta (der 


. eod. d’Orvillianus hat ignomina,. worin offenbar agnomina liegt). οἱ 


due indifa: Charon, μὲ igqm dudum dixs, ab oris et animi djritetem, 
sed alterum, quod libentius audit, ob deorum conlemtum, Mesentius. 
Hier hat. agnomentum augenscheinlich nicht die Bedeutung eines 


Beinamens, die ihm die alten Grammatiker: beilegen, sondern die ᾿ 


von nomen, denn es ist kein coggomen, welches Sicinius Aemilianns 
neben’ seinem nomen erhält, sondern ein neuer Name, den er statt 
des seinigen tragen soll und wer ihn Charon oder Mezentius namnte, 


nannte ihn nicht mehr Siciniog, weil er in, jenem Namen eine pas- 


sendere Bezeichnung für 'seine Person gefunden zu haben meinte, 
‚wie ‘dies auch 'Appuleius in seiner Rede selber thut. Bei :einer 
wiederholten Namengebung oder emer Umtaufe, dieser Art aber ge- 
brauchen die alten Schriftsteller nur das Wort namen. Sp ‚sagt 
Plautus Capt. V, 8, 6: Quod erat.ei nomen? — Paegnium. vocir 
tatust: post vos indidistis -Tyndare. . Hätte. der Dichter gesagt: 
post cognominastis Tyndaruım, so würde dies einen ganz andern 
Sinn geben, denn dann hätte die betreffende Person den Namen 
Tyndarus zu dem schon vorhandnen Paegnium erhalten, während 
sie vielmehr den ersten verlor, als sie den zweiten bekam. Ebenso 


heisst es Capt. I, 1, 1 Iuventns nomen indidit scorto mibi III, 5, 68 | 


Sexcentoplago nomen indetur tibi Men. I, 1, 1 Iuventus nomen fecit 
Penicnlo mihi und bei Cicero p. Caec. 10 Sex. Clodius, cui nomen 
est Phormio, lauter Namen, die statt der ursprünglichen Personen- 
bezeichnung eintreten sollten, und, was hier entscheidend ist, Ap- 
puleius selbst sagt an der Stelle, auf .die er sich in den oben mit» 


getheilten Worten bezieht p. 444: Neque enim diu est,. cum te. cre- ἢ 


brae mortes propinguorum immeritis hereditatibus fulserunt: unde {ἰδὲ 
potius quam ob istam teterrimam faciem, Charon nomen est*). 
Wenn es demnach von dieser Seite. feststeht, dass Appuleiug 
agnomentum ganz gleichbedeutend mit. nomen gebraucht, ' so erhält 
dies auch andrerseits durch sein archaistisches Streben eine Bestä+ 
tigung, welches ihn dazu trieb, für die gewöhnlichsten Worte die 


alterthümlichsten Formen zu wählen. So hatte er ohne Zweifel be=- - 


merkt, dass die älteste Sprache diese Zusammensetzungen mit dem 
abundanten ad, dessen Erklärung schon den Grammatikern bei Gel- 
lias VII, 7 so grosse Schwierigkeiten machte, vorzugsweise liebte. 
In dieser Weise findet man namentlich bei Plautus adaeque, adde- 
cere, admederari, admutilare, adolere, adsolere, apprime,‘approbe, 
adformidare, attondere, attrepidare, adproperare, bei Cato adareo, 


adindere, aduti, bei I. Accius adauctare und bei andern Schrift- . 
stellern dieser Art, die Festus nicht näher bezeichnet, adsipere. 


*) Dasselbe Resultat würde sich aus einer Grabschrift bei Gruter 


inscriptt. p. DCLXXX. 8 V.2ergeben, wo, wie Burmann anthol. II. p.172 


bemerkt, ein Gegensatz in den Worten forma puerum: agnomine Priscum 
enthalten ist, doch der Vers ist corrupt und kann daher zu keinem Be- 
weise gebraucht werden. 


622 Uebersetzungsprobe ans Onid. 


Gerade diese ‘Classe von Wörtern aber ist es, derefi Nachahmung 
sich Appuleius besonders angelegen sein lässt. Er gebraucht ado- 
perta in dem Sinn von secreta, adsonare, adlaerimare,, adsuspirare, 
adtolerare, affıgere ganz in der Bedentung von fingere ; adlubescere, 
adlubentia, annancius (nach dem Muster des Plautinischen renuncius) 
adusque und andre Wörter dieser Art. ᾿ Zu ihnen gehört auch agno- 
mentum in dem Sinne von nomen. 

So viel von dem Gebrauch des Wortes. ‘Ob nun dasselbe ur- 
sprünglich dazu gebildet worden ist, ufn das nomen καὶ ἐξοχήν, 
d. ἢ. das nomen gentile, wie Robortellus vermuthete, zu bezeich- 
nen, will ich nicht behanpten, weil es sich nicht beweisen lässt: so 
viel ist gewiss, dass, wenn &nders agnomen mar eine-andere Form 
von nomen gewesen ist, es auch .die praegnante Bedentung dessel- 
ben, d. h. die von nomen gentile, getheilt haben muss. Mir aber 
war’ diese Form erwünscht, da sie mir sehr geeignet schien, um 
das nomen (gentile) mit Einem Wort dem praenomen und cogno- 
men als eine besondre Species gegenüberstellen zu können. 


Ueborsolzungsprobe von Ovids Tristien ht 7 8. 
| ‚Elegie 8. 


Nimmt’ dich Wunder vielleicht, warum mern ‚hentiges- Briefchen‘ 
" Andere Handschrift zeigt: wisse, ich selber bin krank. ΄ 

Krank am Ende der Welt in den fremd unheimischen Gauen, 
Und mich des Lebens sogar musst’ ich beinahe: verzeih’n. 

Wie dabei mir zu Muth, ans Lager gebannt in der Wildniss 
Unter Sarmatischem Volk, denk dir! und Geten zu sein. 

Weder vertrag’ ich die Luft noch konnt? ich das Wasser gewöhnen, 
Sonderbar —— selber das Land, find’ ich, behaget mir nicht, 

Wenig bequem ist das Haus, undienlich dem Kranken die Kost hier, 
Nirgend ein Jünger Apoll’s, kundig zu stillen die Pein. 

Nicht ein einziger Freund, der Trost zuspräche und plaudernd 
᾿ Kürzte den schleichenden Gang träger Minuten, ‘erscheint. 

Matt hier lieg’ ich, erschöpft, in der Völker entiegensten Marken, 
Ach, und dem Leidenden taucht jetzo die Ferne. empor. 

Alles und Jedes empor — doch voran du Allem, 0 Gattin, 
Mehr ja als halb und zum Theil hast du mein ‚Herz in Besitz: 

Dir in der Ferne: ja gilt mein Wort, dich nennet ‘mein Ruf nur, 
Niemals naht sich die Nacht ohne dich, nimmer der Tag. 

Selbst da Wirres ich sprach, sei’s also, sapt men, gewesen, 
"Dass noch im Irrsion mir lebte dein Name im Mund, 

Würde die Zunge mir schon anklebend am. Gaumen versagen, 
..Kaum. ‘durch träufelnden Wein 'neu zu. beleben noch sein: 
ss mich: „‚die Herrin ist da“,-— dann hören; vor, Lager ersteh’ ich 
Und das Verlangen ı nach dir "führt mich ing Leben :zuräck. 


Vom Stadienlehrer Dr. Wölffel zu Närnberg. 623 


Nun bin ich am Leben verzagt, du lebst in der Heimath, 
Kennst ja die meinigen nieht, heitere Tage vielleicht. 
Nein, ich beschwör’ es, o nein: "ich weiss ja, Geliebte der Hetzens, " 
- Tage verlebt ohne mich haben nur Düster für dich, — 
Hat nun aber erfüllt mein T.oos, die es sollte, die Jahre, 
Tritt so schleunig das Ziel jetzo des Lebens mieh an! 
Himmlische Mächte, was war's dann Grosses des Sterbenden Haupt 
noch 
Schonen, dass heimische Erd wenigstens’ wölbte mein Grab. 
Hätte die Busse sich doch auf: die Stunde verschoben des: Todes, 
Oder beschleunigter Tod mir die Verbannung erspart. 
Schmachlos konnt”ich noch jüngst dies Licht mit Freuden gesegnen, 
Jetzo zu enden im Bann ward mir-das Leben gewährt. 
Soll ich wirklich so fern, am: fremden Gestade, verscheiden Ὁ 
Soll noch selber der Ort werden "zum  Jammergeschick ?- 
Nicht auf traulichem Pfäbl soll schwinden das leibliche Sein mir, 
Nicht Ein Auge nur soll weinen km Sarge mit nach? 
Soll die Gebieterin nicht mit Zähren bethauen mein Antlitz, 
Dass mein Leben die Frist kurzer Minuten gewinnt? 
Soll kein letztes Gebot ich geben? beim Schreie des Scheidens 
Keine befreundete Hand schliessen mein brechendes Ang? 
Soll kein Trauergeleit dies Haupt, kein ehrendes Grabmal .; 
Haben und thränenberaubt ruh’n in barbarischer Erd? 
Ach! wie, wenn du es hörst, wirst ganz du im Herzen verstört sein, 
Wirst an die Brust, so tren, schlagen mit bebender Hand! 
Ach! wie wirst du umsonst hieher ausgtrecken die, Arme, ,, 
Jammernd um deinen Gemahl rufen sein Namengespenst! 
Lass es jedoch, zu verletzen die Wang’ und zu raufen die Haare, 
Nicht jetzt erst, mein Licht; werd’ ich entrissen dir sein. 
Da ich die Heimath liess, da, "denk es dir, bin ich gestörben, 
. War’s doch der frühere mir:, . war’s doch .der.berbere Tod,. 
Jetzo, wofern du es kannst, doch du kannst nicht, beste :der 
Frauen, 

Freue dich, macht’ ja der Tod all meinen Leiden ein 'End; 
Mindre, so. weit du vermagst, dein Leid, starkmuthig es tagend 
Hast seit lange ja schon Uebung des Herzens dafür. 

Ach, und sänke doch ..nur mit dem Leibe dahin anch die Seele, - 
Rettete ‚nur kein. Stück mir sich vom flammenden Sthlund!. . 
Denn wenn ledig vom. Tod. sich der Geist hoch auf in den Luft: 

9. raum 

Schwingt, und der Samische 'Greis Becht in. der. ‚Lehre behäld:. 
Unter Sarmatischen datin umirret der Römische Schatten, ᾿ 

Wird bei Wilden zu Gast ewig als Schemen noch ‚sein, ἢ 
-Immerhin lass das Gebein heimbringen i im engen Gefässe, 

Dass ich hinfort nicht ‚sei selber als Leiche venbannt. 
Niemand wehret dir dies, Die.Thebaeerin legte den: todten- 

Bruder — der König verbot’s — schwesterlich dennoch in’s Grob, 


Gern wol schrieb ich noch’ mehr; doch die Stimme, vom Beden 


den würzigen. Staub von Amomum, 


Br: 69.848 ΤΑ pr mag folgende Verse der Wandrer, 
“ HüchliE . Schrift hau’'n in den Marmor am Grab, 
Dre mit a ein Spielmann zärtlicher Liebe, 
„Det bier Kite verdankt Nano, der „Diehter } den Tod. εἰ 
Seinem ° 4 geliebt, im Vorbeigelu £ das Wort nic 
Dock da: Ὡς möge doch sanft ruhen des Naso Gebein !“ 
Schwe! siegel genügt. Mit Mehrerem sind\ja die Büchlein 
Dee Door dauernd zugleich. Tafeln der Maltnung an mich. 
fi) . 6 . . . . 
‚7 das weiss ich gewiss, — wie sehr sie geschadet, sie werden 
N aızen und langen Bestand ihrem Erfinder verleih’n. 
:edoch bringe den, Zoll letztweiliger Ehre dem Todten, 
Ds von Thränen bethaut sein den gespendeten Kranz. 
Ob io Asche den Leib auch wandelten feurige Gluthen, 
Füblet der trauernde Staub dennoch den-Liebeserweis. . 


@ 

» or das Laod ea bei in verschlosgener Gruft.. 
f 

t 


ermüdet, 
Und der vertrocknete Gaum weigert. zu sprechen die Kraft. 


Und sg empfange das Wort, vielleicht aus scheidendem Munde, | 
Dess der Entsendende selbst nicht sich erfreuet, J.ebwohl! 


Nürnberg. Ὁ 


Wölfel. 


 Collationen zu Cicero’s Reden. 
Von Heinrich Wagner, Cand. Philol, zu Stuttgart. 
| No.L 


In Pisonem incipit Cod. Erl. Nr. 847 Fol. 51 cellationirt mit 
Zugrandlegung des Textes von Nobbe Lips. 1849 ın den ersten 


Tagen des April 1868. 


1. iam vides, belua 
querela hominum 
Nunc enim | dentes putidi 
catitus 2 
luculenta vitia noramus 
non modo illestre. | ymaginum 
nihil habes | praeter colores. 
2. gloriebatur, 
homini * detulit * fehlt novo, 
Nam (5 | mandabant icive edilis es 
factus - 
Piso etap. r. 
virtuti perfectae 
3. attamen * quae * fehlt ea 
comPendam == conprendam ? == com- 
__ prehendam ὃ : 
cons — consulibus, 


recusares his & quibus 
quin te luce dignum 
oms ornes — omnes ordines, 


4. et honos omnes 
grabirio | sed usus ea. 
5. cum antonio communicavi 
iussu * a quo * fehlt ut 
tella mense decembri 
extingui. _ 
6. meque catulus iuxta te 
dequertu (dequercu) civi camcoro- 
nam ' 
cumque his mihi | permitterer 
7. tacite δίῃ. tantım 
approbavit Ἐ quidem tempore *fehlt 
quo . 


“--- 


Von Heinrich Wagner, Cand, Philol. zu Stutigart. 


8. Indi campitalicy 
1. iustellum et G. marcium 
quos que Metellus 
inportuna belua 
designatos cons optinuit. 
campitaliorum dies incidissent 
ac non modo facie. 
. 9. post triduo | te Clodio a fatalt 
porcento versa est 
trangquilitatis face urbis 
eodem hormine | severitas * sublata 
__ "fehlt censoria 
cost roma 
10. passus sit, sendenti (stait 
sedenti) 
rationemque censoriam 
äudicare ὃ — iudicaretur ? 
11. necouemete quidem 
hilari oribus 
dilettus  habebatur ab eo Clodio 
turpe esse dixit. . 
vidente * constituebantur * fehlt te 
arıs consideras tabulam 
que m senatu 
12. ausus est 
atr. pl.Clodio Anthonio sisuaconsilia 
coniuxisß 
ὁ sicuti ego | o fehlt bei Klotz 
collego meo 
ne qui sic qui 
frontis involutum 
13. cum cum a te 
quata fere hora 
ore fendo ' 
ceterrimam 
vinulentis 
paulisper iecisti statt eiecisti. 
14. sentires eisdeconsolatu meo 
Catilinus 
aliquis * Affricanus aut maximns 
* fehlt aut cesonius 
diligens fuit bona consulis 
qualiö tn iustitia forte accidisset 


et fanneto 

15. qua n. |. catilinam 
legem incendere 
vi terrere patriam 
coniuratorum armis 
propter quem urbis 
vestri similem cöss. 

16. C. n. Pompeium 
ne enim me stante resistentec.n.p. 
coniuratorum mentes 
maius iudicium 

17. cui cum senatus 
dolorem * vestis * fehlt suum 


Archio f. Phil. u. Paedag. Bd. XIX. ΗΠ, 4, 


. 


628 


consule me dioere ut senatus con- 
sultu me obtemperet. 

quitquam, . 
18. quis hoc facit hoc in stychia 

merorem non relinguis 

auffers 

tamen id his 

Ac quaerebat 
19. at putidae 

quitquam mibi 

aut ornamento 

consulem, inquit 

amiali statt maiali 

si stetisset * non * fehlt modo 


-tytulum 


Quum enim esse 
ac tamen si 
cum Cilodio illo bustorie 


20. deorum imertaliam * coniungo 
* fehlt laude 
*G.illo Mario * fehlt qui 
et consuli * et eius invictis # fehlt 
et sextum consuli 
cedendum esse dixit 
cum G. Mario 
cum altro barbaro epicurio 
quod neque hercule ego * superci- 
lium * fehlt neque 
collegae tui crotalia fuge que tam 
turpinibus 
cum collegae tui 
21. sed sic his 


 discessu cum meo 


tecta urbis ipsa 
et flagitiorum * concretum * fehlt 
impunitate 

‘22. in publice vidit 
collegi tui domus 
in bnno saltaret 
in quo * tum quidem * feklt ne 
tuum illum saltatorium 
laphitarum 
aut vomuerit an eff. 

23. tum etiam 
toga et praecepta 
quae ornamto etiam * Clodio * fehlt 

in Sex. 

Clodia ni canis 
maximeg. quam id quod vis 
vis nominis ipsa praescribit 
an ego consulem 
sinleo eo nec reges quidem. 
dilectus haberentur 
sublato adito 
praevaxicatore 
cum ulcore 
religarentur 


40 


- 


626 


lepidibus * foro * fehlt e 
24. mehbercule 
vibellio 
25. balsateque bucce 
splendissimorum Capua te 
-universi remp. 
meminit 
donarunt desciverant 
decretisgq. legatis 
26. an tum coss. eras 
impalacio 
ignibus inuectis 
Et quod 
wu illo * tempore * fehlt ipso 
ad meam domum exhauriend. 
patefaceras 
quisguam dixit 
quisquam disparuit 
in curiam venienti curiam venienti 
assurexit. ’ 
contiguissent 
merert et boni 
27. Ac ne tunc quid. 
Iatulente ceso 
cum expta 
s’m simulate 
C. N. Pompeio, 
tanquam Innsta 
in mortalem 
28. feudus 
icceras 
ut * tibi prov. * fehlt si 
omnium ut suorum 
in illo * fracti * fehlt tumultu 


ictns Ipa cottidie 
29. statuit * non posse. * fehlt 
esse. 
consules 4 cum de. re. 
verbum facere tempatis 
nihil * vos acturos * fehlt esse 
30. hominibus * non videbater 
Ἢ fehlt esse lex 
capta respublica 
hanc qui semet o’e 
dicerent * cons. * fehlt hos 
in dampnati 
si uis uos 
sed liberos esse Putet 


oppressa fuerit pnna 

ligua 

consularis putet 

non iura, non moresnorias. 
31. atque omibus saltem 

cristissimis 

Tunc etiam 

mecum discessum istum 


Collationen zu .Cicero’s Beden. 


in mortalem 
obmurmuratione 
ac semivivi 
peculantiamg. 
32. in sgqualorem 
cetera * in maledicti * fehlt illa 
publice rei vulnera 
quasi. esset coniunctus 
atque * dolor * fehlt ille 


cam tm. Ῥ- x. beneficiis x 
33. exire a patria 
execrarentur 
medius filius | eius fuga 
tranquiliss, 
34. coccasumgue * rei ** primus 
* fehlt nostrum ** feklt publi- 
eae 
ac fortissimo viro. 
insuper ausus dicere es. 
conservatoremg. implorandum esse 
putavit 
ceterorumgue civitatis - 
35. delegassent (stalt promul- 
gass.) 
praeterque duo 
T.r. statt tribunos ἂς plebis fehlt 
ganz 
36. nemini tui 
multitudinem hom, tantum 
neq. spendidiorem 
tabulae publicae 
statt diribitores st.C. Erl. distribu- 
tores j 
37. ex ara ex cola 
optinnisti. finibus his, 
liberi atquo plane 
erit tibi Ach. 
tessalia 
38. idem fines 
gladiatorum 
ulturius 
89, ne cum qnidem Paule 
tabulas. constant, iam mea refert 
despexerat 
silentio * temeritt * fehlt δὺο 
condempn. s0 constant geschrieb. 
malum statt malim, an amicos 
aut ce videri statt a. te νυ. 
40. quod si non ta vero tuis 
cessalanice tum vero paulo 
41. helluo 
non (statt quam) publicanos vobis 
cum 
non ille auderet 
tunc etiam adeo atque vos 
facta sunt 
hee vonciones 


Von Heinrich Wagner, Cand. Philol. zu Stuttgart. 


munieip. atque colon, 
quae non modo ego 
42. afficeretur 
ex fama 
nullam * supplicium * fehlt est 
casu aliquo quo 
isti tu dicunt statt tui 
includis — correatur 
ed — illad?. ᾿ 
se se que 
43. accidere non potest nisi _ 
non iussu senatus 
Nec nichil 
inligatum G. Marius 
quem * servata* fehlt Italia. 'Thiestea 
Affrica execratio sapientium 
evis creatus 
sanie * sanguine * fehlt et 
44. perit gloriae laude vivit, 
illam mors ea ex proviucia 
sic ad senatum absensimperator 
C. n. dola belle 
et ex ea t6 
45. qui * χορ. * fehlt bene 
gesserunt 
de vobisordo non opinatur nec se- 
cusac 
deterrimis | 
quos equites romani + siatt quad 
vos. 
<quod ceteri ordines? diese Worte 
fehlen im Codex 
46. admitteritis 
mihi n veniret 
esse * impios * fehlt in 
hec sunt impiorum 
haec!!flamae haec!! faces 
. 47. athanante dementionem 
primente 
parte epercitus quam potes solici- 
tatis tuae. 
furere * non * fehlt nipi 
non civitates - 
suum * maior * fehlt leve est 
haec est vue statt vite 
48, presidium * populir. * fehlttu 
effusa * maxima * fehlt am 
publicanor. * ex * fehli quam 
eius praedam 
in missa statt immensa 
intollerab. edificio 
constituisset 
iussu statt iussa 
regi egiptio vendit 


49. regi Allexandro. quod hoc 


turpius egiptum Allexandrinis 
Allexandriam 


627 


50. plurimum leges 
lex cornelia maiestas. huic ordinum 
statt ordini cum 
51. * fuit a brundusio * fehlt is, 
venerunt gratulatum 
concursum solennes 
apud omnes sunt . 
52. P.Q@.R. cennisa sedibus se- 
dibus suis ' 
conservatum suum. colocaverunt 
63.. quando quidem 
qui scit imitavit | 
quis hospes uox erat pro die 
non solitudo neque pacem generis 
cognationis deditus 
ıriorum legatorum 
54. mecum n. cum |. flaceus 
hys consiliis - 
servandam remp. 
narrabat. 
rei p. militaris 
cum non longe afluisses 
fuisses otios. 
55. statt [οὐ] des Nobb, st. Dr. 
C. Erl. qui 
canditatorum 
ammoniti et nullius 
celi montana 
venisse responsione me menia 
equilina introisse la fessivit 
consulibus an patuit, 
ex maced. * triumph. * fehlt non 
56. ut salutem 
* arsisse defedes * fehlt te 
dieimus silanus cof: 
atque enim 
57. atque dimissi iussi triumpbi 
contempnere. 
ut omnes umbras 
vere luxistis honestissimus 
n’o non modo * postul. * fehlt.non 
=vero 
manu precium everso per te 
errarium hyeme 
nisi preda ut rapinarum capiditas 
ceta 
58. profecto tantopere 
quinte metelle p. affricane 
cum ipsi pontino camercem paulum 
59. non mutare non epicureus 
hec parate clara 
ffertur restringes 
facetus continuus 
es cola 
quod * supplicationes * fehlt te 
totiens 


x 


. tantopere delectant 


40 * 


6283 Gollationen zu Cicero’s Reden. 


ille noster diyiinus 
non faues (statt facies) videbis 


60. scolam per orbem 


61. φαΐ flamius 1. paulus 
conculcari 
Xn (quindecim ?) 
celi montanam collocasset. 
sid tua lex videbat 
in relegi statt in re legi 
proscripte scite 
argutu’ et doctum cethece. 
hac tu ratione 


62. speculis nullo certe hoste . 


irriaa est abs te paul 

eontempnend. . 

cocta statt Cotta 

habundantior 

ydeote 

* appellas * fehlt ut tu 
63. coronae laureae 

ut tantis statt ta tantis 

* licet temista * fehlt sis 

si ostunm 


er 
verbarie voluisti. quoniam quidem 


comparem 
digressum 

64. nunc 
cottidiana assiduaque 
sanatoriam 
aut * verius * fehlt ut 
infirmissimo. ordinis et nominis 
religatus 


65. post instant hominum me- 


„ ... moriam 
paratissimi. comitte 
vüae scolae ac clametur 


times dolorem est malum. neque ine- 


ptiae 
dignittiscausa 


nisi forte ut cum patribus con- 


scriptis 

hoc est cum maioribus suis cens 

66. ydiotis ες 
solet * in * feklt enim 
aufferre. sordibus 

67. ingelo latum (statt laut) 
magnopere conchilys 
qu’ in lectulis 


odem dosolis (statt eod. d. dolio) 


gallicantum colli 
68. ego esse hd — homo? 


irato fronte n. fugit eius amicitiam 


aput humanisimo cetu 
sed * lubricum * fehlt tamen, 
phos epicurios r&cte iam secuß. 


69. volupttem a phlopho volüitarios 
magistratum virtutis disserte deeer- 
nere, 
et tamen dietum opinor 
70. quld Grecus philosophya 


fiei (statt fieri) 


cam licet si qui volet 

ut potius incidit 

famam ferebatur de isto ad istum 

omnia stupra diese Worte fehlen 
im Cod. Erl. 

adulteria * eius * fehlt denmique 
71. si qui velit abhorrent detraht 


volo 
phya — philosophia phm = philo- 
sophum 
73. sceno 
muchi statt mihi nen ulla tibi 
scripsisti enim VeTBus 
quid cum hec res tibi 
at hic nusquam oppiner 
sepulchro. 
iubeatis at non quod M. Cie, 


73. in isto versu quo = quo- 


niam ? 
sed quae pacis more poetarum 
pati statt paci . 


74. otio cessurum 
probab. agnosces mirabit 


in illo altero ymo metercle gram — 
gratiam 

mererem 

detractam * cruentis * fehlt e 

obiecisti, iudicasti 

sed * minimae * fehlt 'etiam 

ista oratione . intelligis 

non nocuerit 

75. non fuisse eum uno violarem 

versu. 

consulatoris vorsum suum (oAne fuis- 


set 
tu quidem tu apud quod tu. com- 
plecti vis 
oculte. mecum hos 
qui plus pnt. 
76. me c.n. pompeius atqueamore 
insidiarum mearum vestrae cupidittes 


ce 

efferunt illius periculorum nefarie 
fictae sunt 

eorum qui... .....eollocaverunt ut 
ego exclud. auditu prohiberentar 

77. *ne * fehlt ut sed contra 
consulibus ex se 

78. et quid . quid hys responderis 
ipse torquatus in oonsulatus fuisset 
dein — deinde 


Ν» 


Von Heinrich Wagner, Cand. Philol. zu Stuttgart. 


tr. non pl. defuturum 

79. et ei statt ut ei 
ego quidem beneficiis adducta rei 
manerent * rescind. * fehlt an 


conciderent sed si cur* non * * fehlt ei - 


sed anteposuit. 
80. complexisest 
salutis me proficeretur. 
hy us = huius? m’ =mihi 
inimicum et hostem ἡ 
amicus fuit ac ibi .amicicior 
81. ne tu quidem cum, umquam 
amic. Caesar 
si sempr. iratus geretque quottidie 
reni . obicio 
82. perfecit illi 
Die Worte omnes exaruissent feh- 
. len im C. Erl. 
cur ibi nomen a me attinet 
solicitudinis atque onoris 
perinde * dbebat * feklt atq. 
consalaribus spolys 
tam afflieto, tam opimo, tam infimo, 
tam enuu’atoreo 
vider$ — videris fehlt also eine 
Silbe zu videreris, 
siml9 —= simillimus ὃ 
83. an tu vero parum 
1labos imperii adorantes 
notanda a nobis dyrrachis. ipius 
‚simphoniacis 
"muneribus accepisti trementem 
tessalonicam cervices subire 
tecum tu eduxeras 
hominis incideretur, 
8+. cam equidem 
regi coddo 
praesidia * auxilia * fehlt et 
polliceret ceteros legatus 
dense letis defectione macedonica 
p- r. cutata est efficisti. 
perturbatum 
85. Iovis ut suf dereptum 
se creare 
simt — semel? — simul? 
86. vary vasary 
alscripseras adtributum 
C talenta 
Appinnate equite romanum 
profectog. 
miserias funditus civitates - 
farmenti. boety 
Byzäti 
existimatör. 
87. acerbissimas * liberationes 


* fehlt damnationeslibidinosis- 


"simas 


629 


ipse * quot * fehlt licebit recordare. 
marmorum officinam 

et quid (statt ecquid) 

pecore compulsie 


88. centuriatos 
ο 


Δ Ὁ = numeratum ? 
exanguiset mortuis . 


89. totiens sescentos 
quid * cum * fehlt quod 
doloremg. defensionis 
tharsum psaltatoribus 
timode N 
qui * cum inde ἘΞ recipiens * fehls 

uod ** fehl te 
enhadie exegisti 
absoletys tassalonicam 
et tempsttem beroam 
falsa quodque ramor 


. 30. et te accipere verebat 


cueore — = evomere? popolis . 
ctum 
91. disiuncta est gentibus . arsino. 
anthracum hysquos 
tuam bracie 
dimisti statt dimisisti 
neque illam penam 
numerorum 
reliquiascque 
92. exitureorum. damnasset 
eudi in re spectaret statt exitum 
ex<pectaret - 
trophea eaque * bellicae * fehlt quae 


victoriae q monimenta ' 

dirrachaciü 

ab ipsis hys militibus ἃ se esse di- 
missos, 

Brundusiumque 

adriani 

93. dyrrachy arbitrantur conmoti 

dyrrachini nocta profugisse 

statüäm illius 

celeberrimo * loco * fehlt in 

in id eius ymaginem 

94, excellent ut turbam 

ammoneri amonebit 

mibi * magis * fehlt quidem 

et quid vides * lege * fehlt ecquid 
sentis 

quos post hec vides 

*non legetur * fehlt nec quisquis 
noluerit 

nulli continentur * nomambicio * feh- 
‚len die Worte in illum ordinem, 
nulli 

eximentur hy quos lex 


830 


invitus invitabis 
inutabit 

95. expulsaciones. habuit εἷς eui9 
l. Opimus sed in hys qui 
absolutus hys Catilini. 

96. septu aginte tabelle 
diripiantur enim * aditu * fekli te 
tr. mil. inimi9 tessalia 
dyrrachium appollonia 
parthenn bulienses 
phocy, boety acarma (st. Acarnania) 
perhebia 
achamanumque 
agris exterminari. qui in hys locis 

97. domesticum iustitia iudicium 
‚sententie et dampnacionis tue 
ocultus 
o provincia littere 


Collationen zu Cicero’s Reden. 


nullae ex trinis 

esti vis nulli triumphi nientio 

folia laurea adiecta ad pertam 

videri provincia fecisse iusti. 

*cogitaras id * vor cogit fehlt si 
98. indempnatum . stipendarii 

effugierunt 

cui*'non apud ullum ordinem * fehlt 

non apud senatum 
non * urbe * fehlt in 


qui se ıp. 

99. sanguinem expectavi tuum. 
obiectum . guitquid. videte te volui. 
forte fiat. et minus libenter 
mentem videbo 
sordidatum viderem, 
explieit liber in pisonem. 


Nr. I, | ' 
Cicero’s vier oratt. in Catilin, collationirt nach Cod. Erlang. Nr. 847 
Foll. 3750 mit Zugrundlegung des neuesten Textes von R. Klotz. 
Leipz. B. G. Teubner 1852. Part. II. vol. II. 


Ueberschrift: liber invectivarum 
in Catilin am primus Tuly Cicero- 
nis Marciincipit. 

1. Catilina, abutere, etiam atq. 

etiam furor 
iste * nos * fehlt tuus. 
söse effränata (so steht im Cod.) 
nihil ne. palacy. 
timor. (is von spätr. Hand.) 
constrictam * omnium horum * fehlt 
iam 

2. * scientia, * fekli con. ymo 

_* eciam * fehlt vero 
que3 (= quemque) pestem istam quam 
* sciencia * fehlt con. 

3. at vero. Graccum. 

Catilinam vero orbem 

servilius hala spurium elium. 
uit steht im Cod. nur ein Mal. 
adcerbissim. coercent, 
habemus enim senatus consultum. 

4. sedicom Gaius grachus 
patre natus a maioribus. G. Mario. 
goanm servilium pr. At vero nos. 
habescere. hui9® (—huiuscemodi 
Intalibus (= in tabulis) tanquam 
interfectum te esse. p οὔ (= ptr. 

eonscr.) 
sed ia me ipsum inercie. 


δ. näs — numerus. in senatu vi- 
demus. ᾿ 


cottidie. michi & nichil constant 
non * pocius * fehlt hoc oms boi = 
omnesboni 
quisgs. (= quisgüe ? = quisquam ?) 
interficiam te. inprobus. 
6. vuıset vues. olp[[us oopres- 
sus? 
sus ἢ 
expectes. ceptus nefarios 
coniuracionis * potest * fehlt tuae. 
mihi crede’ 
tenebris undique quae, etiam. 


7. an die xıı marü kalendarum no- 
vembris. 

in armes. 

ante diem vm kale’ nov&b’ die 
drei Worte mit rother Dinte 
unterstrichen. gaium manlium 

dixit g° in senatu. tam tuorum 

profagerunt.- 

conmovere. contentum te. 


8. quid cum tu ne pneste 
noveb’b9 (== novembribns) prae- 
sidys custodys vigibjsq. 
quod ego. mecum -tandem. in m 
manly lece qufpf’es (=complures) 
video ergo hicesse in senatu 


9. ody inmortales. ubi noui gen- 
ciam hic * sunt nostro in nu- 
mero * fehlt hic. 


Von Heinrich Wagner, Cand, Pbilol, zu Stuttgart. 


pe’ (= patr. conscr,) de nostro 
omnium nostrum interitu 

urbis huius. hos te ego video 

sentenciam interrogo. ferro cruci- 
cari 

ytalie. quogue quemque. Roma re- 
linqueres 

* partes ad incendia * fehlt urbis 

paululam tibi. quo ego vice’, 

paulo ante ante lucem. 

me in medio lectulo 


' 10. haec ergo omnia cetu nostro 

salutatam mane miseras. 

iam cum multis ac sumis quidem 
viris. 

aliqu = aliquando. manliana, 

tecum * omnis * fehlt eciam. 


11. dys. periclitata. pdio (prae- 
dio? — praesidio ?) 
competitores. noluisti. magna 
12. universa petis. ytaliam deni- 
que totam quom == quoniam 
qd’ = quod öfters. comicum. 
(Doch ist der Buchstabe im 
Cod. so geschrieben, dass sich 
t und c fast nie unterscheiden 
lässt) exilium 
13. si me swadeo consulis. dele- 
ctari. qui te non metuat * do- 
mesticae * fehlen die Worte: 
nemo qui non oderit. quae nota. 
inista vita tua est. 
rerum deditus, affuit. quid corru- 
ptelarum, 


14. domü vacli fecisses, . in hac 
civitati. extit. ydibus sencies. 


15. sps = spiritus iocund. 

cum scies. Καὶ, January leppido. 
interficiedorum 

timorem * sed * fehlt tuum. con- 
missa postea quotiens. — quo- 
ciens vero consulem interficere 
voluisti νοὶ conatus es. utayunt. 

nichil agis, nichil assequeris , nichil 
moliris. 

16. quociens iam tibi exorta est 
sica ἰδία quociens vero excidit. 
Nach elapsa est folgen im Cod. 
Erl. noch die Worte: et tamen 
ea carero d’'ucius non potes. 


quid eciam (etiam ausgestrichen u. 


von derselben Hand, von der 
der Cod. geschrieben, corrigirt 
auf den Rand: eam 


63: 


patasesses. ut non odio. mißicordia. 
paulo. 

homini (statt nemini) expect. con- 
tumelyam, vacua facta. animo 
hoc tibi. 

17. servi hercule pacto * metuunt 
omnis cives * fehlt metuereut 
ut te. urbem nunc (statt non) 

oculis omnium. etiam statt et ἴδηι. 

wineras eorum * Si te * fehlt aspe- 
ctum praesentiamque vitare. 

ut ut oppinor, aliquos concederis, 

communis * parens * fehlt est. etiam 
diu nichil de te iudieat. per- 
timescis. 

18. extitit Pte (= per | te) 
vincendas perfringendasque voluisti. 
propter * unum quitquid * fehlt te 
Contra me me iniri. tumorem eripe 
ne opprimat, 


19. vitandi suspicionis, m lepidum 
a quo iam non ats. (fehlt 4) = at- 
que. domui' meae te adfvare 


0 
rogasti. tüto. hisdem moeni q3 
== quoque. hisdem parietibus | 
bus. ΝΒ. sonst wird im gan- 
zen Cod. nie ein diphthong 
'geschriben & so sonst immer 
menibus. 

ad quintum metellum pr. videlicl 

suspicand iudicand (statt vindicand) 

se ipsum 'iam dignum iudica’et. 
eque animo 


debitis justisque. refer inquit 
haec referam Idquod abhorreat (haec 
statt non) un 
sed tamen. quid hy. quid attendas. 
οἱ quid Afada’tis 
21. acsihoc idem. huic adolensti. 
dixissem * hoc * fehle iam mihi 


consuli. 
iure optimo senatus. dec’nuit (= de- 
cernant) 


neque hy. auctoritas tibi. qui stant 
circa senatum 

studia perficere. paulo. absque iam 

iam pridem vastarc. reliquentem. 


22. ta * umquam * fehlt ut. ἂν 
inmortales 
tametsi inbeo (statt video). recente 
memoria. - 
sed est tanta. tua ista sit. vicys, 
pador * a * jehlt umquam. rovo- 
. carit, 


632 Collationen zu Cicero’s Reden. 


23. inmitto statt inimice. recte 
erge. ΄ 
feceris * molem * fehlt vix. ege- 
dere. inportuna. 
‘manlium. ab onis. exulta. inutatus. 


24. ego inuittäte prestularentur. 
manlio. 
porniciosam esse confido ac funestam 
ceui domui, ac tuis altaribus 


235. tua ista. aflert. amenciam nen 
natura 
voluptas exercuit. nepharium 


nactus * ex * fehlt es. sed etiam spe 
impbü (= improborum?) 
26. exultatibus. voluntate bacha- 
bere 
tanto * tuorum * fehlt numero. ad 
obsistendum. facinus abeundum, 
martrorum. illam praeclaram 
tuam 
97. perfeci cum. repuli. exul. id 


quod esset. abste. pt quondam. 
percipite quae dili genter q 
dicam, ytalia. m, tuly. ' 
quem * hostem * fehlt esse. ex- 
pectare 
vocatorem $eniorum, perditorem 
aut abste inmissus in orbem. 
nonne hunc. impetrabis, 
28. at pse. multaverunt. 
hy quia a rep. populo non referes 
tam maturum. invideam. 


29. non est vehemencius, te * exi- 
stimas * fehlt non, factom iu- 
dicarem. 

p x. (statt patres conscr.) multari 
summi viri et clarissimi cives, 


grachorum quam pinnn (statt com- 
plurium) saguine 
ti h9 οἵδ sp. fui 
30. inminent ea quae videant. 
non credentem roboraverunt. 
aladv’tissent manliana pervenie 


coniuracioni esse factam. inprobum 
sonst aber bei diesem Adiectio 
Jast immer improb. interse c’to 
intelligo. paulisper. conprimi. 
aggregaverit 
31. p con. (=patresconscr.) in in 
hys. insidysq. saepe homineseg’ 
morbo. afflictantur. ingrauaseit. 


i 
32. ab onis p. t. conggentur. id- 
quod saepe domi sue. tribunal 
pretreis gladys denique scri- 
ptum hoc p. t. diligencia. au- 
ctoritatem * in * fehlt tantam. 
tantum in omnibus bonis consen- 
sionem 
profeccione 33. et cum tua peste 
proficisse Tum tu Iupiter cuius 
haec urbs auspicys ὃ constituta. 
impery. a tuis ara ceterisq. 
templis civium * aterbis *feklt 
omnium. nepharia iactabis. 
explicit primus liber invectivarım. 


In Catilinam sequitur secandus eiusdem. 
Catilinaria II. 


$. 1. Hier finden sich vor dem 
Beginn der Rede folgende Worte 
als Argumentum, obwohl dieser 
Name nicht genannt ist: 


Superiore libro Catilina circam- 


ventus eloquencia Ciceronis spon- 
taneum elegit exilium unde oratori 
maxima venisse dicebatur invidia. 
Sed postero die timore simulato 
processitad 'populum fingens se ti- 
mere quod emiserit Catilinam, ut 
minus sit invidiosum, quam in exi- 
00eM - 
liam expulerit. Primum sumptum ab 
exultacione dicentis verbis paene 
triamphantibus qui sine reipublicae 
beilum superare potuerit. 


- 


1. mitantem. urbe, 1. eiecimus. 

abyt. 

maenibus ipsis intra menia. dncem 
domestici iam * hoste * fehlt 
cum magnificeg.vidimus vicimus 

2. stant& urbe. afflict. prostratasg. 
est quirites. r. saepe * hanc 
* fehlt δὰ, qua me suis lactari 
mihi. _ 

3. exultat. culpa .q. r. affect. de- 
fenderunt.* multos * fehlt quam. 
inprobitatem 

invidia mea, etiam * periculo * fehlt 
vitae 

4, Quae cum viderem. multassem 
hostem.g.r, intelligatisquietiam, 


ΓΌΝΟΝ atmen AED πὰ πᾶσ. κῃ. “πὴ... .. EEE .........- 


Von Heinrich Wagner, Cand. Philol. zu Stuttgart. 


comitatus exiret amare ceperat 
in praetaxata, 

calumpnia publicum et, minucium. 
vales — valentes 

5. illum radm exercitum ergalli- 
canis 

magno piceno. hys copys cottidie. 
contempno. exhysqui. 

Nos quos videa secum suos milites. 
non iam exercitum. quod quid 
cogitent 

6. apulea. hy quid expect. leuita- 
tem. vos omnis Catilinae simi- 
118. sentire non potes. lenitatis 


locus. demonstrabo tunc iter 


7. sentinam huius urbis. iecerit, 
revelata statt levata 
ille concepit. ytalia veneficys. 
nepharium nll’o—in ullo alys — alys 
tlagiciosissime amori serviebat. 
mortem parentem 
ne ullo * in * fehlt quidem. fedus 
obstruu’t. 

9. atque ut huius. paulo. assue- 
fact. ac siti 

10. si comites. praeclara in lau- 
dem. fuit mediocres. toller. nisi 
caedes. habundancia. 

conmessaciones. esse illi quidem. 

hos vero quas forte possit inertes. 
sobrys. 

in comuisys complexi 

11. impondere. inprobitati facere 
posset paccata. qui. r. (= qui- 
rites) 

Nach hominum perditorum folgt 
der Rest des $. im Cod, in folgen- 
der Ordnung: 
proditorum, Proinde aut exeant, 

aut quiescant. Quae sanari 
poteruntqyacung. racione sana- 
bo. quaeresecanda eruntnnon pa- 
- Te 

ciar ad perniciem civitatis KA 
nere. Proinde aut exeant aut 
quiescant aut si et in urbe et 
in eadem mente permanent, ea 
quae merentur expectent, 

12. qui τ᾽ (= quirites) exil. si 
vrbe assequi eicerem qui haec 
locuntur. paruit qui ut. die 
* cum fehlt quirites. domi mee. 
vocavi rem omnem ad p. c. de- 
tuli, inpost. 


13. exilium eicio. mı lecam. pa- 
tefieri cetera. nach egisset fol- 


633 


gen noch die bei -Klotz feh- 

lenden Worte: ubi fuisset. 
te’netur (statt tene’tar — teneretur) 
sacrarium scelerum domi suae. 


14. in exil. eiecebam . que stats 
qu& == quem. manliug statt 


manli9. magno fesulano. 
castra possuit. agunt. conferret. belli 
faciendi et belli. indampnatus. 
improb. me non diligentissimum - 
me consulem 


15. est mihi * qui χ᾽ * fehlt tanti. 

iniga (= iniquae) nefary, dys. optabo 

2: r. relevandae. id est si inter- 
ectus esset, 


16. Massaliam ferentur. statt ve- 
rentur. manlium. ire maluit. 
sine me hercule quod * num- 

»  quam * fehlt agit. exulem. aduc. 
opte9 statt opte9 = optemus 

17. et * quia * fehlt quem; de 
hys qui. si illo modo. fieri pt 
(— potest? = possit?) 

ulcisci studio. fy’ = fieri. vobis qui, 
r. afferam. 18. possessiones 
habeant inpudent. sacro sanotas, 
An cubulas novas. 

erant (statt errant.) expect. so im- 
mer, daher ich es jetzt nicht 
mehr notire. 

locupletioribus * et * fehlt his. aut 
adduci. vide’ (==videntur) nota 
statt vota. 

“19. eorum est. consequi se. maximä 
* multitudine * fehltin. copias 
milltum. pftes = praesentes. 
intin’e (= in cinere) sagwine. 
nepharia. aut dictatores. süu- 
perant statt sperant, 

20. affectum. exorcitacione. estips® 
mälius. Hy sunt homines ex 
hys colonys quas sesulas silla 
constituit. 

hy sunt colony. 
* fehlt in 

peccunys. hy. tanquam beatitudinum 
predys. lectitis familys. con- 
vivys apparat9. silla sit his abi 
excicandus, 

in nullos statt nonnullos. candem 
utrosque, quirites in eodem, 


pditorum statt praedatorum. 


monio. et proscripciones. tpm 
—temporum . 
21. vadimonys, iudicys, proscri- 


se * insperatis 


634 ‚ Collationen zu Cicero’s Reden. 


pcionibus bonorum defetigati 

letzteres Wort ganz uberein- 

stimmend mit Klotz) 

- et 
permulti* et ex agris * fehlt ex urbe. 
nont pät = non possunt. sed ne 

{πὶ vicini turpiter perire arbi- 

trantur. 0 

22. divelli ab eo. latcinio. carcet 
statt carcer. delectu. vmo vere. 
inberbes. pene barbatos. tritis 
talaribus statt tunicis talaribus. 
cogis statt togis. 

23. in hys. omnis aleatores inpu- 
dicique. hic pueri tam tam le- 
pidi delicati quinon solum. can- 
tari et saltare 

seminarium catilinaram. quemadmod. 

*illis Ἐ fehltautem. hys. appen- 

ninum. perferrent hyemem. tol- 

leraturos, 


24. magnopere. scortatorum. de- ᾿ 


bilitatem manum. toci9 ytalie. 
- 95, cuncta ytalia provincys. hys. 
obmissis. intersese quam *illi*ferlt 
valde pugnatpudor. „fraudacio“ 
illine (was bedeutet das Zei- 


chen „— “ ὃ) vicys. confligunt. 
dy ipsi inmortales. ab hys- 
26. iam ante dixi. custodys vigi- 
Iysq. 
urbi * vestro * fehlt sine maxime 
manum et certissimam. 
meliore animo. Quintus Metellus. 
conservandis statt constituendis. 
27. adeo qui contra. omniumg. 
nostrum. 
quia nati sunt cives. monitos eos. 
hys zwei Mal statt his (namlich cum 
hys — pro hys) portae custos. 
consulere sibi possunt (statt 
connivere possum) cuius si ego 
nephariorum. 
28. sicagem’ qui. τ΄, ut res maxima. 
aministrabo. q. r.* si*fehlt ut 
fy’ potuit (statt poterit) periculum 
patriae. 
optandum videretur. vos iam omnis. 
29. multorum et non dubys deo- 
ruminmortal. utquädäsolebant. 
defendent. quos * quir* fehlt 


vos. ᾿ 
florentissimam potentissimamg. se- 
paratis, 


Explicit liber secundus invectivarum in Catilinam. 
Incipit tertius eiusdem. 
Catilinaria 11]. 


$. 1. inmortalium. et ἴδηι 

ferro * paene * fehlt ac. 

2. vobis iocundi. hy dies quibus 
consequamur. condidit Romulum 
ad deos immortales. benivolen- 
cia. debebit his qui. amplifica- 
tumag. totis urbis. menibus omni- 
bus subiectos. restrinximus item- 

„que. recudimus, 
a vigilys vestris 

3. ut et quanta et quam manifesta 
et qua racione u. 8. w. vos qui 
et ignoratis et expectatis scire. 
huiusce -f- nefary 

reliquifß. * et providi * fehlt semper 
vigilavi. eieciebam. exterminari 


nolebam. . 
aut eos qui remansissent vel resti- 
tissent. 


4. et quid agerent. Pp = prope? 
= propter? ut tumultus. so- 
licitatos, eosdemg. in galliam 
tris = literis? — litteris? co- 
mitemque his adiuctum esse 
*aultorann * feilt T. ” 


diffücilimum. adys inmortalibus ut 
tota 
5. et gaium p. optinium. rem 
omnem exposui. pontem mol- 
vium. An 
ita biptiti’ tyberis. ὁθ4ᾳ9 —= cuius- 
quam ὃ suspicacione, eduxerunt. 
quamplures. assidue. 6. pon- 
tem molvium. wlturci9. sic oder 
sit (im (σά, nicht deutlich zu 


lesen.) educuntur * ab * fehlt _ 


et glady. 

Res erat praetoribus, tü interverü 

litterae. cum vnn dilucesceret. cym- 
bram nichil tf. item accersitur. 
p.statalius.eum *Cethegus *fehlt 
C. in litteris dandishis (litteris 
hier wie sehr selten ganz aus- 
geschrieben, meist tris abbre- 
virt.) 

7. et clarissimis * civitatis * fehlt 
huius mane ad me. litteras auch 
hier mit tt. aperiri priusquam. 
senatum rem deferri, adme de- 
leta. sceleriter ut videtis. 


ἢ 


Von Heinrich Wagner, Cand. Philol, zu Stuttgart. 635 


8. admonit allobrogüi €’ suppli- 
cium pr. sicarium numerum et 
gladiatorem. fidem ei publicam. 
sine timore statt sine meta wie 
Klotz hat. ut cum urbe 


9. tras a, p. lentulo. ducas esse 
dixisset. ab hys et ale assio. 
sibillinisaruspicum. se esse ter- 


cium illum Cornelium. ncce = 
necesse Syllam. eundemg. esse 
annum. esset decim9 annus. 

vicen9 statt vicesim9. 10. quae 
antea quoque dicebatur datae. 
lignum incidimus. futur. esse 
statt factur. etam illi statt item 
illi. praecepissent statt rece- 
piss. paulo. ac de sicis depre- 
hensae,. farramentorum. 

conscientia cöufctus = coniunctus ? 
== convinctus. 

manum et signum suum. fere in ean- 
dem. cognosceretne se signum. 
annuit. ignotum. ymago. 

1). cum hys quam ob rem. venis- 
seret statt venissent. 

Cui cum illi. fastis sibillinis cle- 
mens statt demens. 

consciencia vis. oppin. imprudencia. 
improbasque defet = defecit. 

12. aperiri iussit. et sign. suum 
et manum. 

progressus * vide quid& * fehlt et. 
nach quide folgtiam tibinecesse 
sit. inpudenter. ex hys quae, 

13. sunt visa. iudicia sceleris, 
alabya. statt ab aliis. iudicari. 
sedipsi viderenfur se iudicare. 
Iudieys editis quirites senatum 
consiliü. 

de summa reipubl. salute. 
dietae sunt autem a. 

1%. periculis maximis. et c. prom- 
ptinus. p. τ΄, r’. = praetores. 
lausimpartitur. 

particeps fuissent. abdicasset * tra- 
deretur * fehltin custodiam. uti 
* ceth. * fehlt C.1. salius. sol- 
litandos, apuleiam. 

esse attrib. ex hys colonys quas. 
l. silla. in quintum manlium chi- 
lonem. 

solicitacione. senatus est usus. ὁ 

tantaque vi ac multitudine. sanare 
posse. 

15. dys inmortalib. post hanc urb. 

et hys decreta verbis est. 


ceteris supplicacionibus conferatur 
quirites. pate factis indieyset 
confess. 
praetoris vis. et quaereligio * Mario 
* fehlt C. ea nos religone 
16. sceleratissimi, depellebam Ἐ]. 
cassy * fehlt nec. nec 6. ce- 
thegi. ille erat solus. menibus 


urbis. solicitare. Erat em 
neq. ligua neq. manus. ad ceteras 
res. mandaverat. 

17. tam acc& param tam audacem 
tam callidum. dicam eo id quod 
seneio 

non facile * nobis 8aturnalia con- 
stitaisset * fehlen die Worte: 
hanc tantam molem mali a cer- 
vicibus vestris depulissem. 

Non ille. tanti ante exicy. ut sign. 
et trae nullä in privat. dom. 
furtum unquam. in tota republ. 
manifeste. quo adfuit hostis 
fuisset. 


18. amistrata. idque * coniect.' 


* fehlt quum 
vix videretur humanis consilys tan- 
tam molem rerum gubernacio 
consequi potuisse. ab oriente. 
motus * ceteraque quae * fehlt re- 
linguam, ut omittam. dy inmort. 
sim dicturus. 

19. quamplur. statt complur. deo- 
rum inmortalium depula. lique- 
facta sunt tact9 aruspices ex 
tota ethruria. 

ul’ legum (= vel) dy inmortales. 
20. tunc et ludi decem per dies. 


Idemque iusserunt. colocareatzan 


fuerat signum videtis quod statt 
signum quod videtis, 

signum ita collocand. neq. a super. 
neg. ano bis. 2]. esse quirites 
tam aversus a viro. inmortal. 
atgq. potestate, 

ämistrari. interitumgq. et ca a per- 
ditis civibusquae. et cum ho 
dierno die 

eorum iudices concordiae dicerentur. 
Diese Worte (et senatus et vos) 
hat auch Cod. Erl. 

22. non sum ferendus. iupiter. 


dys ergo inmort. mentem * volunta- 
temg. * fehlt Quirites. solici- 
tatio sic a. p. lentulo. tanta 
res credita. 

commisse que tre adys inmortal. 


636 


huie tanto audacie. et * nolle * fehlt 
; non. 

rerum amplissimaruım nostramque 

salutem. 

23. quo ad omnia. celebrato te. 
dis inmort. et erepti sine. san- 
gwine. uno rogato. 24. ne; eas 
solum. vos * meministis * fehlt 
met ipsi. 1. silla. ex urbe eiecit. 
G. Marium. G.n. Octavius. ex 
urbe collegam suum 

expulit. aceri9 statt acervis san- 
gwine extinct. silla. diminu- 


cione, et fortissimo. non tam 
istius 25. eiusmodi quirites 
quae ad cömittandam exitü reip. 
nu’o = numero. 

ut omnes salvi. supüctm (= super- 
futurum ?) esse putassent. 

26. p'mü (=praemium) In anmis 
ergo nris möfmeta. assequi. 
vre res alentur. monimentis. et 
roborabuntur. Eandemg. fore 
et ad salutem urbis et ad me- 
moriam consulatus mei propa- 


Zur Kritik des Florus. 


getam uno * tempore * fehlt 
que extit-. imperii vestri. ter- 
minare. 27. non est ead. for- 
tuna, 
quid mihi cum illis vivenium sit. et 
subegi illihostes. ac interfectos 
aut oppressos. recte facta sua 
prosint. mihi quidem isti Ta 
πόσο pt (—nocere ?—=noceri?) 
Magnum enim in bonis est. quam 
qui negligerit. 28. Est etiam 
in nobis animis Quid si omnis 
impetus. obtulerunt invidie. ad 
fructum vitae. quitquam, alcius, 
quodmihi. 29. perficiam pro- 
fecto. invidia in consero.curamgq. 
ut. qüö iam est nox. venera- 
mini illum iovem custodem. 
etin nra tecta. periculum est depuls. 
aeque et priore. custodys. vigilysq. 
* ne vobis * fehlt id. 
providebo quirites deo gräs amen. 
Explicit liber tercius Invectivarum 
in Catilinam marcituly Cicero- 
.nis. Quartus eiusdem incipit. 


Zur Kritik des Florus. 


Von Conrector Dr. Böhmer zu Oels. 


Das in den Neuen Jahrb. für Philolog. und Paedag. No. 69, 2 
p- 179, 180 — vom Dir. Karl Halm veröffentlichte Supplement des 
Iul. Florus aus dem Bamberger Cod., gibt allerdings nicht neue 
und wichtige historische oder sprachliche Aufschlüsse, ist aber ge- 
wiss — vorausgesetzt, dass es eben diplomatisch getreu abgedruckt 
ist — mit grossem Danke anzunehmen und der Conjecturalkritik 
.zur Uebung angelegentlichst zu empfehlen. Dass im Florus im 
8.. Kapitel des 4. Buches eine merkliche, Sinn und Zusammenhang 
störende Lücke ist, kann man als unzweifelhaft voraussetzen, doch auch 
das Supplement des Cod.B. füllt das Fehlende nicht vollständig aus. 

Der Ueberschrift nach soll das Cap. enthalten bellum cum Sexto 
Pompeio, also die Seekämpfe zwischen Octavian und Sext. Pompeius 
im Jahre 39—36 a. Christum. Als Quellen der Geschichte für diese 
Jahre bis zur Schlacht bei Mylae im Jahr 36 a. Chr, sind Plutarch. 
vit. M. Antonii von Cap. 32 an; Vellei. Paterculus 2,. 77; 79; Dio 
Cassius 48, 38 ff. Appian 6, 73; bei den übrigen Schriftstellern 
finden sich über diese Zeit und diesen Seekrieg meines Wissens 
nur vereinzelte und unerhebliche Notizen. Mit Zuziehung dieser 
Hülfsmittel erkläre ich mir das Bruchstück nun folgendermaassen: 
die eine Seite, vielleicht das eine Blatt des Originals, woraus die 
δεν, Codd, flossen, schloss mit den Worten: Aic secum piraticam 


Vun Conrector Dr. Böhmer zn Oels. 637 


turbam agitabat, die zweite mit den Worten: -beili navalis agitaret ; 
die Nachlässikeit und grosse Unwissenheit der Schreiber, wenn sie 
wirklich ein gutes Exeriplum vor sich hatten, liessen sie.nun diese 
gan2e Seite überschlagen. Aber auch der Cod. B. der das: fehlende 
Stück enthält, ist gewiss mit nicht zu eutschuldigender Nachlässigkeit 
geschrieben und aus den Zeichen der Buchstaben schwerlich ein les- 
barer Text herzustellen. Als wahrscheinlich kommt mir Folgendes vor: 

O quam diversus a patre! ille Cilicas extinxerat, δὶς secum pi- 
raticam turbam agitabat per Puteolos, Formias, Liternum; denique 
᾿ totam Campaniam, Pontiam et Aenariam, ipsa tiberini fluminis ora 
depopulatus est. Subinde congressas Caesaris naves et incendit et 
demersit. nec ipse tantum, sed Menas et Menecrates, foeda servitia, 
quos classi praefecerat, praedabundi per litora cuncta volitabant *). 
u lacuna. 

Ob haec tot prospera centum bubus' auratis (in) Peloro litavit 
spiranteraque equum cum auro in fretum immisit dona Neptuno 
hocque petebat, ut se maris rector in suo mari regnare pateretur. 
Eo denique discriminum ventum est, ut foedus, ut pax cum hoste — 
si modo hostis Pompei filius — tandem feriretur. — Quantum id **), 
sic breve gaudium fuit. Zum in Baiani litoris mole de reditu eius 
et bonorum restitutione convenit; cumque invitante ipso in navem 
discubitum est, tlle, aut sortem suam increpitaus: hae sunt, inquit, 
Carinae meae! aut imcomiter ***), quod (cum in celeberrima parte 
Urbis (in Carinis pater eius habitasset) ipsius domus ct Penates in 
navi penderent +). 

desunt quaedam, 

Sed imperturbata res Antoni, et. Pompeianorum bonorum (quorum 
sector ille_fuerat) praedae devoratae possessio manere non poterat. 
Itaque et ille detrectare coepit foederis pactum — [et Caesar] ad arma 
rursus [ruere]. Jam totis imperü viribus classis in iuvenem compa- 
rata est }+), cuius molitio ipsa magnifica. quippe interciso Hercula- 
neae viae limite refossisgne litoribus Lucrinns lacus mutatus in por- 


*) Hier scheint nun, um das folgende tot prospera zu erklären, ent- 
weder ein ganzer Satz, wenigstens aber doch Bestimmungen, wie victo- 
res, „oder impune, ausgefallen zu sein. ᾿ 

**) Vor Quantum id scheint ein Satz zu fehlen, der die Beseitigung 
des Bürgerkrieges und die nun erfolgte Getreide-Zufuhr nach Rom zum 
Inhalt haben dürfte, nebst der Angabe des persönlichen Zusammentreffens 
des Caesar und Antonius mit dem Pompeius auf dem Vorgebirge Misenum. 
” %**) gncomiter bleibt ohnerachtet der Paralleistelle Macrob. Saturn. 
1, 7: incomis et tenebrosa vita verdächtig, wenn man es auch in dem 
Sinne von: unwirsch, nimmt. 

+) Entweder fehlt nach penderent wieder ein ansehnliches Stück, 
oder der Text ist gründlich verderbt; um mit möglichst weniger Aende- 
rung .weiter losen zu können, wagte ich folgenden Versuch: wo ich 
dann res für Besitz nehmen muss. ὃ ᾿ 

11) Die Hauptschwierigkeit dieser Stelle liegt darin, dass man nicht 
wissen kann, wie viel oder wenig Florus von den im Dio Cass. und Piu- 
tarch erwähnten Umständen hier erzählt oder andeutet, 


! 


m ————— ro -.-- - 


638 Berichtigung. 


tum eique, interrupto medio, additus est Avernus, ut in illa aqua- 
rum quiete classis exercita imagineım beili navalis agitaret ἢ). 
desunt quaedan. Zu 
Tanta-mole belli ctr. 
Eine Rechtfertigung der Conujecturen scheint unangemessen; 
einige scheinen nothwendig, andere mögen sich von besseren ver- 
drängen lassen. Dr. Böhmer. 


*) Anstatt agitaret, würde ich lieber lesen imiteretur, weiss aber 
nicht, ob der Cod. die Endung — ur zuweilen abbrevirt. 


\ 


Berichtigung. - 
In meiner Abhandlung über die griech. T. und Modi im letzten Sup- 
plementheft der N. Jahrb. sind mancherlei Druckfehler, die bei der Kürze, 
in der das Ganze gehalten werden musste, um so störender sind. Da 
mir erst in den letzten Tagen jenes Heft zu Gesicht gekommen ist, wird 
diese etwas späte Berichtigung wohl Entschuldigung finden. 

Seite 57 2.13 v.u. lies dort statt doch. — 8.58 Ζ. 3 v. o. Impf. 
oder Praet. statt Praes. — ib. Ζ. 39 v.o. in statt mit. — S.60 2.30 
v.o. si statt σι. — ib. Ζ. 10 v.u. Plusg. statt es. — 8.62 2.3 v.o. 
dicerent. — ib. 2,17 ergänze werden nach aufgestellt. — 8.63 Z.2 
lies Modi des Futur. — ib. Z.4 das statt des. — ib. 2.24 das- 
selbe für denselben, — 8.65 2.20 mit statt nach. — 8.67 2.24 musste 
tatt müsste. — ib. 2.27 lies ist dort nur, — 8.77 2.8 v.u, ward 
von uns. — 8.81 2.3 noch statt nach. — S.83 2.3 Modalform. — 
ib. 2.5 ebenso statt eben. — ib. 2.7 das statt des. — 8.84 2,7 in 
den statt in der. — ib. 2.8Sprachen, — 8.85 2.25 pac. statt pag. — 
ib. 2.31 Indicativ statt Imperativ. — 8.86 2.11 deutsch statt deut- 
lich. — 8.88 2,6 müsstest. — 8.93 2.24 Semicolon hinter bestimmt. — 
5.94 2.14 lies der Fall der Vertretung eines Praedicats. — 
5.94 2.31 Adjectivsätze statt Objectivsätze. — ib. 2.3 v.u. Be- 
nennungen statt Beding. — ib. Z.1 v.u. bei den. — 8.95 2.8 
deutsch statt deutlich. — 8.98 2.25 von dessen. — ib. 2.28 in der 
letzteren statt hier. — 8.99 Z.11v.u, angewiesen. — 8.103 2.13 
v.u. Ausdruck, — 8,105 Z.19 denn statt den. — ib. 2.32 das ist. —. 
5.109 Z.1 v.u. nach statt noch. — 8.110 2.4 Verba statt Worte. — 
8.112 2.10 ν΄ π᾿ nehmen. — 5.114 Ζ.9 wo es. — ib. Z.29 es also.— 
8.116 Ζ. 18 v.u. letzterer. — 8.117 Ζ. 4 νυ, ἀμύπωνται. — Β. 120 
2.16 stehe statt fehle. — 5.128 Ζ.17 unausgedrückt. — 8.125 Ζ.2 
nur statt aus. — 8.-127 2.5 damit für weil. — ib. Z.9 streiche ein. — 
ib. Z.16 lies fast gar. — 8.129 2.4 müsste. ΄ . 

Endlich wünschte ich es bestimmter zusammengefasst und hervorge- 
hoben zu haben, dass der Indicativ, obgleich er auch in Bedingungs- 
vordersätzen erster Stufe keineswegs immer die Wirklichkeit behauptet, 
dennoch in dieser als seiner Grundbedeutung völlig geschützt bleibe, des- 
halb weil das Verhältniss des Satzes als Factor griechisch immer mit in 
Anschlag zu bringen ist; dass ebendeshalb auch der parataktische- Indi- 
cativ nicht dagegen spreche, weil Coniunctionen zur Angabe des Satz- 
verhältnisses griechisch nachweisbar ursprünglich nicht vorhanden, also 
auch nicht nothwendig waren. 

Güstrow, 15. Nov. 1853. ᾿ Aken. 


639 


Inhalt 


des neunzehnten Supplemenibandes. 


Erstes Heft. 
. . Seite 

Variae codicis Parisiensis A. ceivitatis Platonicae libris X. 

scriptarae ‚supplementum. 8 - ΕἸ. Dübnero 'cellectum a C. E. 

Chr. Schneidero ad Operum Platonis volumina' tria Lipsiae 

a Teubnero a. MDCCCXXX. ΧΧΧΙ. XXXIJII. edita accom- 

modatum et accessionibus atquo emendationibus auctum. . . 5—30 
Ueber das Inventum Varronis. — Von Conrector Dr. Elster 

zu Helmstedt. . . 31-52 
Das syntaktische System der "Tempora und Medi im Griechi- 

schen vom historisch-comparativen Standpunkte — Von Aken, , 

Gymnasiallehrer zu Güstrow. . . . 62-130 
Die sogenannten Silentien an den Gymnasien, ὦ Von Dr. Fr. 

Al. Hagelüken zu Münstereifel. . . 1350-10 
Auch noch einige Worte über das Demosthenische οὐδὲ πολλοῦ 

δεῖ und einige verwandte Ausdrücke. — Von Professor Dr. 

Lieberkuhn zu Weimar... . . ὁ . 140-149 
Zur Kritik und Erklärung der fünften Satire des Persius. -- 

Von Dr. A. Häckermann. . 0... .149-155 
Ueber ein längeres .Bruchstück des Trogus Pompeias — Von 

Dr. R. Sascke zu Breslau. . . . 0. . 156-159 
Miscelle XIX. — Von Professor Dr. R. Klotz zu Leipzig. . . 159-160 
Wiederholte Bitte. — Von Professor Dr. X. Fr. Hermann zu 

Göttingen. 2 2 0 2 ee 2 ee. een. 160 


Zweites Heft. 


Variae codicis Parisiensis A. in Civitatis Platonicae libris X. 

scripture supplementum etc. [Schluss des ersten Artikels des 

vorhergehenden Heftes.) . . - . . . 165-188 
Zur Erklärung einer nech unedirten Münze von Tius in Bi- 

thynien. — Von dem K. russ. Staatsrathe Dr. P. Beeker zu 

Odessa... .» . . 189—209 
Probe einer neuen "Textgestaltung und "Uebersetzung "des Api- 
- cias Coelius de opsoniis et condimentis. — Von Professor - 

Dr. Chr. Th. Schuch zu Donaueschingen und Hofrathe Prof. 

Dr. E. F. Wüstemann zu Gotha. . eo 0 2. 209—228 
Sophokles’ Elektra, V, 465—1485, metrisch übersetzt von Dr. 

Fr. Lübker, Director des Gymnasium zu Parchim. . . . 228-262 
Ueber Vor- und Zunamen des Plautus und die Echtheit seiner 

Stücke. — Von Prof. Dr. G@eppert zu Berlin. . . « . . 262—303 
Beiträge zur Emendation und Erklärung mehrerer Stellen in 

Tacitus’ Werken. — Von Dr. Nolte zu Arnheim. . . . . 303—308 
Uebersetzungsprobe aus Ovid. — Von Dr. Wölffel zu Nürnberg. 308—310 
Ueber die Bekanntschaft der Griechen und Römer mit den Slaven. 

Nach Cyprian Robert mitgetheilt von dem Geh. Rath Ritter 


Neigebaur zu Breslau . . « . . . . 810--818 
Zu dem Schriftchen: De origine gentis Romane, _ Von Pro- 

fessor Dr. K. L. Roth zu Basel. . . nn. 8]Έ 0. 
Gelegehtliches. — Von Dr. Μάϊ zn Basel. . . . 315—319 


Aphoristische Bemerkungen. Nr. If. — Von Professor Dr. R. 
Klotz zu Leipzig. . . » 2 2 220. een. ϑιθᾷ. 


640 Inhalt. 
Drittes. Heft. 


Beiträge zur genaueren Kenntniss Tomi’s und der Nachbar- 
städte. — Vom.K. russ, Staatsrathe Dr. P. Becker zu Odessa. 325—373 
Ueber die Onomatopoeie. — Von M. Rosenheyn, Lehrer am _ 


Seite 


Realgymnasium zu „Marienburg in Preussen. . . . . 373-395 
Grammaticae sermonis Latini philosophiae elementa. — - Con- 
didit Noire, philosophiae Doctor Mogunt. . . 395—407 


De Promethea ternione Aeschyli. — Scripsit τ΄ Katterfeld, 
Candid. philol. Dorpatensis. . . 2 2 000 00 0 0 + 407 —431 


Anhang dazu, . - . 2. 434—436 
Horazens Brief an die Pisonen -- " Vebersetzt von Dr. J. A. . 
Maehly, acad. Privatdocenten zu Basel. . . . . 436-449 


De adverbiis parum, paullum, quin et de usu verbi oceur- 
ı rendi disceptatio. — Scripsit J. D. Fuss Lovaniensis. . . 450-458 
Kritische Beiträge zu einigen ‘lateinischen Schriftstellern. — 

Von Dr. Nolte zu Arnheim. . . . 459471 
Ueber die Handbücher der Geschichte von Wilhelm Püts. — 

Eine offene ‚Besprechung voh Dr. Göbel zu Trier.. . . . 472-480 


Viertes Heft. 


Hesiodus aus dem Gesichtspunkte der Entwicklung der religiösen 

Idee. — Von ‚Professor Dr, Haupt zu Königsberg. . . . 485—499 
Die Cycliker aus dem Gesichtspunkt der. Entwicklung der re- 

ligiösen Idee ‚betrachtet. — Von Professor Dr. Haupt zu 

Königsberg. Fa ar Da 0 0. .- 499506 
De medii generis faturis passive usurpatis. -- Seripsit etemen- . 

datins nune edidit Prof. Dr. Georgius Ludovicus Janson. . 506—522 
De Gyaeci sermonis .nominibus in τῷ deminutivis. — Scripsit 

et emendatius nunc edidit Prof. Dr. Georgius Ludovicus 

Janson. . . 523—532 
Ueber Cicero’s Rede für den Ligarius mit besonderer Rücksicht 

auf die zweite Schulausgabe derselben von Halm. Leipzig, 1853. . 

— Von Professor Dr. C. E. Putsche zu Weimar. . . . ᾿ 532-540 
Die Griechen und Homer. — Von.Dr. M. Weishaupt, Professor 


am Gymnasium und Lyceum zu Solothurn. . . . 549-565 
* Miscellaneorum eriticorum faseiculus quintas. -- Seripsit Fr. 
Kater. ... . . 566-618 
Ueber die Bedentung von agnomen, ἢ -- "Von Professor Dr. 
Geppert zu Berlin. . . 618622 
Uebersetzungsprobe aus Ovid’s Tristien. — Von ‘Dr. Wälfel 
zu Nürnberg. . » ... 622—624 
Collationen zu Cicero’s Reden. — Von Heinrich Wagner ᾽ 
Cand. Philol. zu Stuttgart . . . 624-636 
Zur Kritik des Florus. — Von Conreotor Dr. Böhmer zu α δε. 636-638 
Berichtigung. — Von Aken. . ... . . 638 fe. 


Inhalt des neunzehnten Supplementbandes. een. 689-640 


= 


-