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Full text of "Archiv für österreichische geschichte"

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V 


Archiv 


fUr 


österreichische  Geschichte 


Herausgegeben 

TOD  der 

zur  Pflege  vaterländischer  Geschichte  aufgestellten  Commission 

der 

kai8erlichen  Akademie  der  Wissenschaften. 


ZweiundachtzigBter  Band. 

Erste  Hälfte. 
Mit   zwei   Tafeln. 


Wien,  1895. 

In    Commission    bei    F.   Tempsky 

BockblBdlOT  dMT  k»ls.  Ak«d«Bi«  d«r  Wli 


STANFORD  UBRAW 


Dnick  von  Adolf  Hohhansen, 
k.  nn«1  k.  Hof-  und  UniTeniUU<BQelidniek«r  in  Wien. 


Inhalt  des  zweiundachtzigsten  Bandes. 

Erste  Hälfte. 


Seite 
Die  Stiuitsschnlden  nnd  die  Ordnung  des  Staatshaushaltes  unter  Maria 

Theresia.    I.   Von  Adolf  Beer.    (Mit  2  Tafeln) 1 

Mihren  und  das  Reich  Herzog  Boleslavs  II.   von   Böhmen.    Von   Dr. 

B.  Bretholz 137 

Geschichte  des  ehemaligen  Nonnenklosters  O.  S.  6.  zu  Trannkirchen  in 

OberOsterreich.    Von  God^ried  Edmund  Friess 181 


nA^t-  — ^_ 


DIE  STAATSSCHULDEN 


UND  DIE 


ORDNUNG  DES  STAATSHAUSHALTES 


UNTER 


MARIA  THERESIA. 


I. 


VON 


ADOLF  BEER, 

WIRKL.  MITOUIDK  DBK  KAJ8.  AKADEME  DER   WISSENSCHAFTEN. 


ArehiT.  LXXXII.  Bd.  I.  H&lfte. 


L 

In  einer  traurigeren  Lage  hat  ein  Regent  selten  die  finan- 
ziellen Verhältnisse  eines  Staates  übernommen  als  Maria  The- 
resia. Im  letzten  Jahrzehent  der  Regierung  ihres  Vaters 
wurden  an  die  Länder  grosse  Ansprüche  gemacht,  der  polnische 
Thronfolgekrieg  und  die  Türkenkriege  hatten  die  Leistungs- 
fähigkeit beinahe  erschöpft.  An  eine  Neuordnung  der  Finanzen 
wurde  nach  Herstellung  des  Friedens  Hand  angelegt;  die  Aus- 
gaben sollten  stark  beschnitten,  auch  der  Haushalt  des  Hofes 
thunlichst  verringert  werden,  aber  noch  vor  Durchführung  des 
neuen  ,Finanz878tem8^  starb  Karl  VI.  Die  Finanzverwaltung 
des  letzten  Habsburgers  hatte  die  Probe  nicht  bestanden. 

Der  Erbfolgekrieg  stellte  an  die  Länder  grosse  Anforde- 
rungen, und  namentlich  Böhmen,  Mähren  und  Schlesien  wurden 
stark  in  Mitleidenschaft  gezogen.  Von  den  feindlichen  Heeren 
zeitweise  überschwemmt  und  ausgesogen,  mussten  sodann,  nach- 
dem Preussen  und  Franzosen  das  Land  geräumt  hatten,  höhere 
Beträge  in  den  mannigfachsten  Formen  geleistet  und  seit  dem 
Dresdener  Frieden  auch  beträchtliche  Anlehen  ftir  den  Staat 
aufgebracht  werden,  da  die  Steuern,  die  englischen  und  hol- 
ländischen Subsidien  und  die  Aushilfe  des  Bancoinstitutes  zur 
Bestreitung  der  Kriegskosten  nicht  hinreichten.  Es  waren  sor- 
genvolle Jahre  für  die  Monarchin,  die  Mittel  ausfindig  zu  machen, 
um  gegen  die  Feinde  ihr  Erbe  zu  wahren.  So  gross  auch  die 
Verdienste  ihrer  Rathgeber  veranschlagt  werden  mögen:  sie 
war  das  treibende  Element,  und  das  Studium  der  damaUgen 
BerathungsprotokoUe  muss  jeden  mit  Bewunderung  erftdlen  vor 
der  Arbeitskraft  und  den  Ansichten  der  Frau,  die  sich  so  rasch 
in   dem  Gewirre   der  Finanzverwaltung  zurechtgefunden  hatte. 

Noch  vor  dem  Friedensschlüsse  zu  Aachen  wurde  an  eine 

Reform  der  Finanzverwaltung  Hand  angelegt.     Die  Anregung 

1* 


scheint  von  dem  Grafen  Friedrich  Wilhelm  Haugwitz  ausge- 
gangen zu  sein.  An  die  Spitze  der  Landesverwaltung  in  dem 
österreichischen  Schlesien  gestellt,  war  ihm  eine  schwierige 
Aufgabe,  die  Regelung  des  Steuerwesens,  zugefallen,  die  er 
auch  mit  Geschick  in  kurzer  Zeit  löste.  Die  Contributions- 
leistung  des  Landes  wurde  dadurch  auf  neuer  richtigerer  Grund- 
lage festgestellt,  eine  gewisse  Gleichmässigkeit  bewirkt,  gleich- 
zeitig aber  auch  eine  höhere  Einnahme  erzielt,  als  auf  Grund- 
lage des  alten  Katasters  hätte  aufgebracht  werden  können. 
Als  daher  an  ihn  die  Aufforderung  herantrat,  seine  Ansichten 
zu  entwickeln,  auf  welche  Weise  die  Mittel  flir  das  Heer  — 
anfangs  blos  107.000  Mann,  später  108.000  Mann  —  herbei- 
geschafft werden  können,  knüpfte  er  an  die  von  ihm  in  Schle- 
sien durchgeführte  Rectification  der  Grundsteuer  an,  um  dar- 
nach die  Beitragsleistung  der  anderen  Länder  zu  bemessen 
und  hieran  seine  Vorschläge  zu  knüpfen.  Die  zu  lösende  Auf- 
gabe war  eine  doppelte:  Nach  Ermittlung  des  fUr  das  Heer 
erforderlichen  Gesammtbetrages  war  die  Höhe  der  Leistungen  fUr 
ein  jedes  Land  festzustellen,  femer  die  aufzubringenden  Summen 
auf  die  einzelnen  Steuerträger  zu  vertheilen,  was  mit  einer  Recti- 
fication des  Katasters  in  Verbindung  gebracht  werden  sollte, 
welche  ohnehin  sich  längst  als  nothwendig  erwiesen  und  wozu 
die  Vorarbeiten  in  einigen  Ländern  bereits  unter  Karl  VI.  be- 
gonnen hatten.  Auch  die  Regelung  des  Schuldenwesens  wurde 
in  den  Kreis  der  Berathung  gezogen.  Nur  die  Bancalschulden 
waren  ganz  genau  bekannt.  Die  Höhe  der  Summen^  welche 
die  Stände  in  den  verschiedenen  Ländern  während  des  Krieges 
aufgebracht  hatten,  die  Grösse  der  Rückstände  jener  Schuld- 
beträge, die  noch  aus  der  Zeit  Karls  VI.  herrührten,  mussten 
zunächst  ermittelt  werden,  um  sodann  die  fUr  die  Rückzahlung 
und  Verzinsung  erforderlichen  Beträge  zu  berechnen.  Später 
wurde  auch  die  Bedeckung  der  anderen  Staatsbedürfnisse,  Ver- 
waltung und  Hofstaat,  in  Berathung  gezogen.^  Allmälig  er- 
weiterte sich  daher  die  zu  lösende  Au%abe  zu  einer  Reform 
der  ganzen  Verwaltung. 


^  In  den  Schriftstücken  damaliger  Tage  wird  das  Ziel  des  zu  errichtenden 
Universalsjstems  mit  folgenden  Worten  bezeichnet:  ^en  Militär-  und 
Cameral-Staat  als  nicht  minder  das  Schnldenwesen  znr  Sicherstellung  und 
Befriedigung  der  treuherzigen  Creditoren  in  behOrige  Ordnung  und  Aus- 


Die  Verdienste  des  Grafen  Friedrich  Wilhelm  Haugwitz 
um  die  grosse  Reform  des  Cameral-,  Bancal-  und  MiUtärfinanz- 
wesens  sind  unbestreitbar,  allein  die  bisher  vorwaltende  Ansieht 
muss  dennoch  dahin  berichtigt  werden,  dass  das  bedeutsame 
Werk,  wodurch  der  Versuch  gemacht  wurde,  Ordnung  in  den 
österreichischen  Staatshaushalt  zu  bringen  und  namentlich  für 
die  Bedürfnisse  desselben  auf  eine  Reihe  von  Jahren  die  er- 
forderUchen  Beträge  sicherzustellen,  nicht  ausschUessUch  von 
ihm  herrührt,  seine  Einflussnahme  darauf  daher  bisher  vielfach 
überschätzt  worden  ist.  Während  der  Jahre  1747  und  1748, 
als  die  Grundsätze  der  zu  ergreifenden  Massnahmen  berathen 
wurden,  hat  auch  der  Leiter  der  böhmischen  und  österreichi- 
schen Hofkanzlei  Graf  Friedrich  Harrach  einen  wesentlichen 
Antheil  an  den  der  Monarchin  gemachten  Vorschlägen,  und  die 
bisherige  Darstellimg,  als  habe  Graf  Friedrich  Harrach  sich 
von  vornherein  in  einem  schrillen  Gegensatze  zu  den  Haug- 
witz'schen  Plänen  befunden,  ist  nicht  stichhältig.  Die  Mitwir- 
kung der  Hof  kammer  und  der  Bancodeputation  war  schon  aus 
dem  Grunde  nothwendig,  da  es  sich  nicht  blos  um  eine  Rege- 
lung der  Contribution  handelte,  sondern  auch  das  Schulden- 
wesen, überhaupt  der  gesammte  Staatshaushalt  geordnet  werden 
sollte,  und  von  den  Persönlichkeiten,  welche  bisher  bei  den 
Centralbehörden  thätig  waren,  haben  alte  bewährte  Räthe  der 
Hofkanzlei  wie  Jordan  und  Kanegiesser,  ferner  Safi*an  und 
Prandau  von  der  Hofkammer  in  erspriesslicher  Weise  mitge- 
wii'kt  und  zum  GeUngen  des  Werkes  beigetragen. 

Die  Absicht  war  dahin  gerichtet,  mit  den  Ständen  in  jedem 
Lande  eine  Vereinbarung  zu  treflfen,  um  die  Mittel  fiir  die  Er- 
haltung des  Heeres  anzubringen,  sodann  aber  auch  die  erforder- 
lichen Summen  zur  Verzinsung  und  Rückzahlung  der  von  den 
Ländern  für  den  Staat  aufgenommenen  Schulden  und  der  ander- 
weitigen Vorschüsse  sicherzustellen.  Während  bisher  die  Zinsen 
6  Procent  betragen  hatten,  sollten  nunmehr  5  Procent  entrichtet 
und  ein  Procent  fUr  die  Rückzahlung  des  Schuldencapitals  be- 
stimmt werden.  Die  Abmachungen  mit  den  Ländern,  Recesse  ge- 
nannt, wurden  auf  zehn  Jahre  abgeschlossen.     Eine  bestimmte 


gleichuDg  zu  setzen,  wodurch  die  Erfordernisse  ein  so  des  anderen  ihre 
zureichende  Ausmessung  deren  zu  ihren  Bestreitungen  nOthigen  fnndorum 
erlangen  mOgen.* 


J 


Quote  der  Contribution  war  für  den  Militärbedarf  bestimmt,  da- 
her auch  Contribution  pro  militari  genannt;  dieser  fUr  jedes 
Land  festgesetzte  Betrag  war  an  die  MiUtärcassen  des  General- 
kriegscommissariats  abzuliefern;  der  Mehrbetrag  der  Contribu- 
tion wurde  zur  Bezahlung  der  Zinsen  und  des  Capitals  der 
Schulden  bestimmt;  der  etwa  übrigbleibende  Rest,  auch  Con- 
tribution pro  camerali  benamst,  sollte  an  die  Staatscassen  viertel- 
jährlich abgeflihrt  werden. 

So  wohl  erwogen  der  Plan  war,  ftlr  einen  längeren  Zeit- 
raum die  Ausgaben  und  Einnahmen  festzustellen,  so  stellten 
sich  der  Durchführung  Schwierigkeiten  entgegen.  Das  neue 
Finanzsystem  sollte  am  1.  November  1748  in  Kraft  treten,  aber 
die  Recesse  waren  nicht  überall  rechtzeitig  zu  Stande  gekommen. 
Dazu  kam,  dass  die  Einnahmen  aus  den  Bergwerken  veränder- 
lich und  vielleicht  auch  allzu  hoch  veranschlagt  waren.  Verschie- 
dene Einnahmen  mussten  verpfändet  und  der  ursprünglichen 
Bestimmung  entzogen  werden.  Der  Plan,  während  der  Friedens- 
zeit keine  Schulden  zu  machen,  ging  in  die  Brüche.  Der  Ab- 
gang musste  durch  Anlehen  aus  dem  Auslande  gedeckt  werden, 
für  deren  Verzinsung  bei  Feststellung  des  Finanzsystems  nicht 
vorgesorgt  war.  Auch  das  Bancoinstitut  wurde  in  Anspruch 
genommen,  obgleich  Graf  Rudolf  Chotek  als  Bancodeputations- 
präsident  die  stetigen  Forderungen  des  Directoriums  in  publicis 
et  cameralibus  einzuengen  suchte,  um  den  Credit  des  von  ihm 
geleiteten  Instituts  aufrecht  zu  erhalten. 

Der  dritte  Krieg  gegen  Preussen  nahm  die  finanziellen 
Kräfte  des  Staates  stark  in  Anspruch.  Die  Opferwilligkeit  der 
deutsch-böhmischen  Länder  war  eine  grosse,  allein  die  neu  ein- 
geführten Steuern,  sowie  die  freiwilligen  Beiträge  in  Baarem 
und  Naturalien,  endlich  die  von  den  Ständen  für  den  Staat  auf- 
genommenen Anlehen  genügten  nicht.  Die  Obligationen  des 
Wiener  Stadtbanco,  wodurch  nicht  unbeträchtliche  Beträge  auf- 
gebracht wurden,  standen  unter  Pari.  Femer  wurden  Obliga- 
tionen für  gelieferte  Naturalien  ausgegeben,  woftir  höhere  Preise 
bezahlt  werden  mussten.  Nicht  geringe  Summen  wurden  durch 
Zwangsanlehen  aufgebracht  und  die  Beträge  theils  nach  dem 
Kataster  auf  die  Dominien,  theils  nach  einer  arbitrarischen 
Schätzung  des  Vermögens  auf  Privatpersonen  vertheilt.  Den 
Bemühungen  des  Fürsten  Kaunitz  gelang  es,  in  den  Nieder- 
landen und  in  Italien  Anlehen  aufzubringen,  und  die  belgischen 


Stände  gewährten  Unterstützungen  mancherlei  Art,  allein  die 
Verlegenheiten  wuchsen  von  Jahr  zu  Jahr,  und  man  sah  sich 
genöthigt,  zur  Ausgabe  von  Papiergeld  zu  schreiten.  Die  An- 
regung gab  Graf  Ludwig  Zinzendorf,  der  später  seine  Finanz- 
projecte  in  Buchform  veröffentlichte.^ 

Im  November  1758,  als  die  Bedeckung  des  Erfordernisses 
ftlr  den  Krieg  in  Berathung  stand,  wurde  für  den  Betrag  von 
6  Millionen  Ghilden  ein  Zwangsdarlehen  in  Aussicht  genommen. 
Zinzendorf  bemängelt  die  ,gezwungenen  Mittel',  zu  denen  man 
bisher  gegriffen  habe:  die  Ausgabe  von  Obligationen  flir  gelieferte 
Materialien,  endlich  die  ausserordentlichen  Abgaben,  und  machte 
den  Vorschlag,  durch  ,freiwilligen  Credit^  das  Erfordemiss  auf- 
zubringen, und  zwar  durch  Ausgabe  einer  neuen  Form  fUnfpro- 
centiger  Obligationen  von  Seite  des  Bancoinstitutes,  dem  ein 
Fond  von  7  Procent  dieses  Betrages  überwiesen  werden  sollte, 
5  Procent  zur  Verzinsung,  2  Procent  zur  Rückzahlung  inner- 
halb 25Y2  Jahren.  Die  Obligationen  sollten  in  Appoints  von 
30,  120,  600  und  1200  Gulden  auf  den  Ueberbringer  lauten 
und  indossirt  werden  können,  während  die  bisherigen  Bank- 
papiere auf  den  Namen  ausgestellt  wurden.  Die  Zinsen  sollten 
nicht  wie  bisher  gegen  eine  von  dem  Inhaber  ausgestellte  Qui^ 
tung,  sondern  gegen  den  Obligationen  beigefügte  Interessen- 
scheine erhoben  werden,  und  zwar  bei  jenen  von  30  und 
120  Gulden  jährlich,  bei  den  auf  höhere  Summen  lautenden 
halbjährlich.  Die  Interessenscheine  sollten  zur  Verfallszeit  an 
Zahlungsstatt  angenommen  werden.  Mittlerweile  bis  zur  vollen 
Zeichnung  dieses  Anlehens  sind  von  der  Bank  ,Zahlungspapiere^ 
im  Betrage  von  6  Millionen  Gulden  in  Appoints  von  5,  10 
und  20  Gulden  auszugeben  (637.500  Billets,  wovon  300.000  ä  5, 
ebensoviel  ä  10,  37.500  k  20),  die  drei  Jahre  nach  Herstellung 
des  Friedens  eingelöst  werden  sollen.  Diese  ,Münze  des  Staates^ 
sei  von  dem  Banco  dem  Directorium  in  publicis  et  cameralibus 
zu  übergeben  und  von  demselben  zu  allen  Zahlungen,  die 
Zinsen  der  öffentlichen  Schulden  ausgenommen,  zu  verwenden. 
Mit    den   Billets  von   20  Gulden  sei   der   Anfang   zu   machen, 

^  FinanzYorschläge  zu  Fortsetzung  des  gegenwärtigen  Krieges  a11erh()ch8t 
Ihro  ^iöm.  Kais,  und  k..k.  apost.  Majestäten  allerunterthänigst  übergeben 
von  Ludwig  Grafen  und  Herrn  von  Zinzendorf  und  Pottendorf  dero 
wirkl.  geh.  Rathe,  Cämmerer  und  Assessor  in  denen  directoriis  publicis 
et  cameralibus.    Im  Monate  Jul.  1759. 


8 

ydamit  die  zum  Umlaufe  unter  dem  gemeinen  Mann  bestimmten 
Papiere  von  5  Gulden  zuletzt  und  nur  alsdann  im  Publicum 
erscheinen,  nachdem  der  erleuchtete  Theil  bereits  mit  seinem 
Beifalle  vorangegangen^  Diese  Papiere  sollen  an  allen  öffent- 
lichen Cassen,  auch  in  Ungarn^  an  Zahlungsstatt  angenommen 
werden,  ,ob  man  gleich  in  diesem  Königreiche  den  Gebrauch 
derselben  durch  Gesetze  zu  gebieten  sich  nicht  getrauet  Bei 
der  Hauptmauth  in  Wien  und  den  Mauthämtem  in  allen  Haupt- 
städten der  deutschen  Erblande  und  bei  der  Contribution  der 
Stände  soll  der  vierte  Theil  in  derartigen  BiUets  gefordert 
werden.  In  den  Hauptstädten  wird  eine  Börse  errichtet.  Die 
Rückzahlung  sollte  zum  Theile  dadurch  erfolgen,  dass  jene, 
welche  Gelder  bei  dem  Banco  oder  einem  anderen  öffent- 
lichen Institute  anlegen  wollen,  mindestens  die  Hälfte  ihrer 
Einlagen  in  diesen  Papieren  zu  entrichten  haben;  jene  Summen, 
welche  auf  diesem  Wege  behufs  Umwandlung  in  Obligationen 
einfiiessen,  werden  vernichtet,  auch  die  baar  einfliessenden  Be- 
träge zur  Tilgung  von  Zahlungspapieren  verwendet,  die  ge- 
tilgten Summen  verbrannt.  Die  Rückzahlung  der  Obligationen 
erfolgt  nach  der  Reihenfolge  der  Nummern;  während  des 
Krieges  könnte  die  vorgeschlagene  Operation  wiederholt  werden, 
d.  h.  an  Stelle  der  getilgten  neue  Obligationen  ausgegeben 
werden,  wobei  wahrscheinlich  die  bei  der  ersten  Emission  in 
Aussicht  genommenen  Prämien  erspart  würden. 

Eingehend  erörtert  Graf  Zinzendorf  die  Gewissheit  des 
Erfolges  und  den  Nutzen  seiner  Vorschläge.  Die  Ausgabe  von 
Zahlungspapieren  begründete  Zinzendorf  mit  dem  Hinweise, 
dass,  wenn  ein  Wechselbrief,  den  ein  Handelsmann  annehme, 
von  allen  Handelsleuten,  selbst  wenn  er  mit  denselben  nicht  in 
unmittelbarer  Verbindung  stehe,  angenommen  werde,  so  müsse 
ein  Papier,  ,welches  der  Landesftlrst,  mit  dem  alle  Unterthanen 
in  einer  unmittelbaren  Verknüpfung  stehen,  dem  aUe  Unter- 
thanen ihre  Auflagen  zu  entrichten  haben,  in  allen  seinen  Gassen 
annehme,  umsomehr  von  allen  Unterthanen  willig  angenommen 
werden*.  Die  vorgeschlagenen  Papiere  werden  von  allen  Gassen 
statt  baarer  Zahlung  angenommen,  müssen  folglich  wie  baare 
Münze  angenommen  werden,  wie  das  Beispiel  von  England,  Hol- 
land, Schweden,  Dänemark,  Sardinien,  Rom,  Neapel,  Genua 
und  Venedig  zeige,  wo  derartige  Papiere  Geldesstelle  vertreten, 
obgleich  dieselben  keine  Hypothek  zum  Unterpfande,   sondern 


blos  den  Willen  des  Landesfürsten  als  ihre  einzige  Sicherheit 
zum  Grunde  haben/  Was  in  diesen  Ländern  möglich  und 
thunlich  sei^  mUsste  es  auch  in  Oesterreich  sein,  und  wenn  die 
turinischen  Zahlungspapiere,  welche  keine  andere  Sicherheit 
als  das  königliche  Wort  unter  einer  der  unumschränktesten 
Regierungen  zum  Unterpfande  haben,  dem  Könige  von  Sardi- 
nien alle  seine  Bedürfnisse  wie  baare  Münze  verschafft  haben, 
so  werden  die  vorgeschlagenen  Papiere  die  Stelle  des  Geldes 
nicht  weniger  vollkommen  vertreten.  Zinzendorf  bemühte  sich, 
alle  Einwendungen,  die  gegen  seine  Vorschläge  vorgebracht 
werden  konnten,  in  seiner  umfangreichen  Denkschrift  zu 
widerlegen,  ohne  jedoch  die  Gegner  zu  überzeugen.  Die  Rück- 
sichtnahme auf  das  Bancoinstitut  mochte  wahrscheinlich  aus- 
schlaggebend ftir  die  Ablehnung  sein,  obgleich  Zinzendorf  in 
ausfuhrlicher  Weise  den  Nachweis  zu  erbringen  suchte,  dass  die 
Privilegien  der  Bank  nicht  verletzt  werden. 

Zwei  Jahre  später  wurden  die  Zinzendorf  sehen  Pläne  von 
anderer  Seite  in  etwas  veränderter  Form  in  Vorschlag  gebracht. 
Der  Antrag  ging  dahin,  Münzbillete  zu  5  und  10  Gulden  aus- 
zugeben, die  bei  aUen  Contributions-  und  Cameralcassen  an 
Zahlungsstatt  angenommen  und  binnen  16  Jahren  gegen  baares 
Geld  eingewechselt  imd  getilgt  werden  sollten,  wozu  ein  Fond 
für  eine  jede  ausgegebene  Million  zu  bestimmen  sei.  Der  An- 
tragsteller wollte,  dass  anfangs  nicht  mehr  als  drei  Millionen 
zur  Ausgabe  gelangen  sollten,  um  kein  Misstrauen  zu  erregen. 
Das  Directorium  befürwortete  den  Vorschlag.^  Femer  sollte 
zur  Aufiiahme  eines  Anlehens  nicht  wie  bisher  die  Garantie 
der  Stände  einzelner  Länder,  sondern  die  Gesammtbürgschaft 
der  vereinigten  Stände  aller  deutschen  Erbländer  in  Anspruch 
genommen  werden.  Die  Kaiserin  übermittelte  diese  Vorschläge 
dem  Grafen  Ludwig  Zinzendorf  zur  Begutachtung.* 

Mit  dem  Vorschlage,  den  Credit  der  vereinigten  Stände 
der  gesammten  deutschen  Erblande   in  Anspruch   zu  nehmen. 


'  Id^  des  papiers  k  former  poar  suppl^r  pr^entement  k  la  coartesse  des 
fonds  pour  rarm^e.  Der  Verfasser  anbekannt.  Femer  Entwurf  eines 
allerunterthänigsten  Vortrag^  des  Directorü  in  publicis  et  cameralibus, 
das  bei  Abgang  baarer  Geldsummen  in  Vorschlag  gebrachte  Münzsurro- 
gatum  betreffend. 

'  Das  kaiserliche  Handschreiben  lautet:  lieber  Graf  Zinzendorf  1  Das  über 
Euer  hier  anschlttssiges  Werk  verfasste  Bedenken  sammt  zweyen  dies- 


10 

erklärte  sich  Zmzendorf  einverstanden.  Anstatt  dass  die  öflFent- 
lichen  Fonds  die  blosse  Sicherheit  der  Stände  einer  gewissen 
Provinz  oder  einer  besonderen  Stadt  zum  Grunde  hatten^  heisst 
es  in  einem  von  ihm  abgefassten  Schriftstück^  erhielte  die 
Monarchin  durch  diesen  Vorschlag  einen  Nationalcredit, 
dessen  blosser  Name  nicht  ermangeln  könnte^  auf  das  ein- 
heimische sowohl,  als  auf  das  auswärtige  Publicum  den  vor- 
theilhaftesten  Eindruck  zu  machen;  ganz  Europa  werde  sich 
tiberzeugt  finden,  dass  man  den  vereinigten  Credit  aller  Stände 
der  gesammten  deutschen  Erblande  nie  werde  fallen  lassen. 
Die  Holländer  und  Engländer,  welche  bei  ihren  auf  Schlesien 
versicherten  Darlehen,  als  diese  Provinz  in  preussische  ELände 
gerathen,  einen  so  grossen  Verlust  erlitten,  da  sie  hingegen, 
wenn  dieser  neue  Credit  bereits  eingeftlhrt  gewesen  wäre, 
nichts  verloren  hätten,  werden  zwischen  dem  Credit  einer  be- 
sonderen Provinz  und  der  gesammten  Erblande  sehr  wohl  den 
Unterschied  zu  machen  wissen  und  diesem  letzteren  ein  unum- 
schränktes Vertrauen  zuwenden.^ 

Auch  dem  Plane,  Münzbillete  auszugeben,  stimmte  Zinzen- 
dorf  zu,  nur  erhob  er  Bedenken  gegen  die  Ausgabe  von  3  bis 
6  Millionen,  welcher  Betrag  keineswegs  hinreichen  würde,  das 
Erfordemiss  zu  bedecken;  auch  ermangle  es  diesem  Credit  an 
Vertrauen.  Wohl  solle  eine  Hypothek  in  GeftUen  eingeräumt 
werden,  allein  diese  unterstehen  der  Hof  kammer,  und  es  sei  zu 
zweifeln,  ob  das  Publicum  in  eine  solche  Administration  Ver- 
trauen setzen  werde.  In  Monarchien  nämlich,  meinte  Zinzen- 
dorf,  wo  die  unumschränkte  Gewalt  des  Landesflirsten  den 
Gläubiger  niemals  ohne  einige  Beisorge  wider  den  Missbrauch 
der  Gewalt  lasse,  bleibe  dem  Staate  kein  anderes  Mittel  übrig, 
um  das  Vertrauen  des  Publicums  an  sich  zu  ziehen,  als  wenn 
solcher  sich  des  Credits  gewisser,  einen  Theil  der  Staatsver- 
fassung ausmachender,  mit  uralten,  nie  angefochtenen  Privilegien 


fälligen  Vorschlägen  theile  Ich  Euch  zu  dem  Ende  andurch  gnädigst  mit, 
anf  dass  Ihr  Mir  über  ein  so  anderes  Eure  Gedanken  nach  der  Euch 
von  der  Sache  beywohnenden  Kftnntnnss  baldest  und  freymüthig  erOfhen 
möget,  und  Ich  verbleibe  Euch  übrigens  mit  k.  k.  und  erzherzoglichen 
Gnaden  jederzeit  wohl  beygethan. 

Wien,  den  17.  Martii  1761.  Maria  Theresia.* 

Anmerkungen  über  die  mein  Finanzsjstem  betreffende,  mir  zugestellte 
Bedenken.  23.  März  1761. 


11 

versehener  Corporationen  bediene,  in  deren  Uücksicht  der  Mon- 
arch bezüglich  des  festzustellenden  Credits  einem  Theile  seiner 
Gewalt  entsage,  um  sie  zu  Mittelspersonen  zwischen  sich  und 
dem  Publicum  zu  machen.^  Endlich  bemängelte  Zinzendorf  die 
Nichtannahme  bei  Bancocassen. 

Der  Beschluss  wurde  gefasst:  das  neue  Anlehen  nicht 
wie  bisher  von  den  Ständen  eines  Landes,  sondern  von  den 
Ständen  der  gesammten  deutschen  und  böhmischen  Erblande 
garantiren  zu  lassen  und  zu  diesem  Behufe  Deputirte  nach 
Wien  zu  berufen,  mit  denen  die  gesammte  Operation  durchbe- 
rathen  und  zum  Abschlüsse  gebracht  werden  sollte.  Graf  Lud- 
wig Zinzendorf  wurde  mit  dieser  Aufgabe  betraut.* 

Graf  Chotek  erhielt  die  kaiserliche  Weisung,  die  Ver- 
treter der  Stände  einzuberufen.  Man  wählte  den  13.  Mai,  um 
es  auch  den  von  der  Residenz  entfernt  Wohnenden  möglich  zu 
machen,  sich  rechtzeitig  einzufinden.  Nur  die  Frage,  ob  auch 
nach  Tirol  eine  ähnliche  Aufforderung  gesendet  werden  solle, 
wurde  auf  Befehl  der  Kaiserin  einer  speciellen  Berathimg  imter- 
zogen.^    Man  einigte  sich  dahin,  dass  es  jedenfalls  besser  wäre, 


^  Zinzendorf,  Anmerkungen,  März  1761. 

'  Am  15.  April  1761  richtete  Maria  Theresia  an  den  Grafen  Zinzendorf 
folgendes  Handschreiben:  ,Lieber  Graf  2Unzendorf!  Ihr  habt  Mir  durch 
eure  vernünftige  Finanzvorscbläge  einen  wesentlichen  Dienst  geleistet; 
und  da  ich  solche  mit  Meinem  Staatsrath  auf  das  reiflichste  untersuchet, 
so  ist  Meine  Entschliessung  dahin  ausgefallen,  die  Coupons-Obligationen 
vorzüglich  zu  erwählen  und  einen  neuen  Credit  von  6  Büllioneu  auf  die 
vereinigten  Garantien  Meiner  deutschen  Erblande  zu  gründen,  auch  zu 
dessen  Einriebt-  und  Verwaltung  eine  eigene  Deputation  mit  Zuziehung 
ständischer  Deputirten  zu  errichten,  da  ihr  aber  den  Vorschlag  an  Hand 
gegeben  und  ausgearbeitet  habet,  auch  die  beste  Kanntnuss  von  der 
Manipulation  besitzet,  so  habe  euch  vor  andern  zum  Directore  ausersehen.* 

'  Handschreiben  April  1761  an  den  Grafen  Chotek:  ,Nach  diesem  von  Mir 
begnehmigten  Aufsatz  sind  die  Rescripta  an  die  Repräsentations-Präsi- 
denten und  resp.  Capi  deren  Ständen  denen  teutschen  Erblanden  mit 
möglichster  Beschleunigung  und  ohne  dass  hieran  das  Mindeste  abge- 
ändert werde,  in  der  gewöhnlichen  Form  auszufertigen,  auch  der  Terminus 
der  Anheroknnft  solchergestalten  zu  bestimmen,  dass  auch  die  weitest 
entlegene  Deputirte  mit  denen  nahe  gelegenen  zu  gleicher  Zeit  allhier  ein- 
treffen können,  und  ist  endlichen  Mir  sogleich  nach  Empfang  dieses  Billets 
verlässlich  anzuzeigen,  ob  und  was  für  ein  Anstand  das  Rescript  dieses 
Inhalts  nacher  Tjrol  ergehen  zu  lassen,  nnterwalten  dOrfte,  und  ob  die 
mehrere  Corpora  deren.  Ständen  in  sich  fassende  Vorlande,  sowie  GOrz 
und  Gradiska  zu  dieser  Gewährleistung  beiiuziehen  nützlich,  oder  aber 


12 

die  Gewährleistung  den  gesammten  deutschen  Erblanden  aus- 
nahmslos anzusinnen.  Allein  nach  den  Landesgesetzen  Tirols 
konnte  eine  Deputation  ohne  Landtagsbeschluss  nicht  entsendet 
werden,  man  musste  daher  auf  die  Mitwirkung  eines  Vertreters 
des  Alpenlandes  bei  den  bevorstehenden  Verhandlungen  ver- 
zichten, aber  der  Landtag  sollte  anstatt  im  August  im  Juni 
einberufen  und  zum  nachträglichen  Beitritt  aufgefordert  werden.* 

Das  allgemeine  Vertrauen  sei  die  Seele  des  Credites,  heisst 
es  in  dem  Rescripte  an  die  Präsidenten  der  Länderrepräsentation, 
sowie  an  die  Vorsteher  der  Stände,  es  habe  sich  bisher  nur 
allzu  sehr  geäussert,  dass  aUe  Garantien  und  Verschreibungen 
der  einzelnen  Erblande,  wie  auch  die  übrigen  öffentlichen  Fonds 
ungeachtet  der  noch  so  sicheren  Hypotheken,  mit  welchen  sie 
bedeckt  werden,  dennoch  in  ein  unverdientes  Misstrauen  ver- 
fallen seien,  und  da  ein  neuer,  des  allgemeinen  Vertrauens 
würdiger  Credit  zu  erfinden  sei,  auch  die  Stärke  vereinigter 
Kräfte  jederzeit  grösser  als  die  einzelner  Theile  sei,  so  werde 
anstatt  des  bisher  gebräuchlichen  besonderen  Credites  der  ein- 
zelnen Provinzen  der  vereinigte  Credit  der  gesammten  Stände 
der  deutschen  Erblande  dergestalt  in  Vorschlag  gebracht,  dass 
diese  die  Gewährleistung  des  neuen  Credites  zu  übernehmen 
und  die  richtige  Zuhaltung  der  zu  bestimmenden  Zahlungster- 
mine auf  das  Feierlichste  zu  versprechen  hätten. 

,Der  aus  dieser  vereinigten  Gewährleistung  entstehende 
Nationalcredit,'  lautete  wörtlich  ein  den  Deputirten  übergebenes 


anstössig  und  überflüssig  sey,  und  wie  die  Sache  respectu  Krain,  woselbst 
sich  kein  Landeshauptmann  befindet  und  die  mehrere  und  vornehmere 
Stände  bey  dermalige  Umständen  in  der  Inquisition  verfangen  sind,  zu 
fassen  seyn  werde.  Maria  Theresia.* 

Oberhalb  der  Worte  »nacher  Tyrol  ergehen  zu  lassen*,  schrieb  die 
Kaiserin  eigenhändig:  ,ehender  mit  enzenberg  es  zu  überlegen*. 
Commissionsprotokoll  vom  20.  April  1761.  Gegenwärtig:  Johann  Chotek, 
Bartenstein,  Enzenberg,  Doblhoff,  Kanegiesser,  Getto,  Ursini.  Enzenberg 
machte  darauf  aufmerksam,  dass  es  wünschenswerth  wäre,  die  Garantie 
auch  auf  die  mitstimmenden  Stifter  Trient  und  Brixen  zu  wälzen  und  sich 
daher  um  den  Beitritt  derselben  zu  bewerben  und  zu  diesem  Behufe  den 
Trienter  Kanzler  Alberti  als  ständischen  Deputirten  hieher  kommen  zu 
lassen.  Auf  die  Heranziehung  von  Görz  und  Gradisca  legte  man  kein 
Gewicht  Die  Kaiserin  schrieb  eigenhändig  auf  das  Protokoll:  ,Wegen 
Vorlanden  und  Tyrol  zwar  die  Expedition  zu  verfertigen,  doch  nicht  noch 
ergehen  sollen;  das  Rescript  an  die  crainerische  repraesentation  an  dem 
konigl.  commissarie  dem  auersperg  anstatt  des  lamberg  zu  ergehen  haben.* 


13 

Schriftstück,  welche  am  22.  April  nach  Wien  berufen  worden 
waren,  ,ist  zuvörderst  bei  den  gegenwärtigen  Umständen,  bei 
dem  verfedirenen  Credit  aller  bisher  öffenthchen  Fonde  als  ein 
zur  Bettung  des  Staates  unumgängUches  Hülfsmittel  anzusehen; 
zudem  muss  ein  solcher  an  sich  selbst  nicht  nur  bei  dem  ein- 
heimischen PubUco,  sondern  auch  in  Betrachtung  von  ganz 
Europa  den  Credit  der  Monarchie  auf  das  Höchste  erhöhen. 
Dafeme  abo  auch  die  dringenden  Umstände  den  Gebrauch  des- 
selben nicht  nothwendig  machten,  so  stünde  gleichwohl  von  der 
Einsicht  der  versammelten  Deputirten  zu  erwarten,  dass  die- 
selben sich  nicht  nur  als  Abgeordnete  ihrer  respectiven  Stände, 
sondern  zugleich  als  Mitglieder  des  gesammten  Staats- 
körpers betrachten,  zur  Errichtung  dieses  so  erspriesslichen 
Nationalcredits  die  Hände  bieten  und  die  dem  Credite  jeder 
besonderen  Stände  dadurch  zuwachsende  neue  Stärke  auf  das 
Vollkommenste  anerkennen.^* 

Am  25.  Juni  1761  wurde  ein  Recess  mit  den  Vertretern 
der  böhmischen  und  österreichischen  Stände  abgeschlossen; 
diese  verpflichteten  sich  zur  ,gemeinsamen  Gewährleistung  und 
versprachen  im  Namen  der  Stände,  dass  diese  18  Millionen 
derart  über  sich  nehmen,  dass  eines  der  garantirenden  Erbländer 
sich  für  alle  und  alle  für  eines  den  Gläubigem  als  Vertreter 
und  Zahler  darstellet  Durch  dieses  Anlehen  wurde  daher  eine 
gesammtösterreichische  Staatsschuld  geschaffen.  Das  neue  An- 
lehen in  Appoints  zu  25,  100,  250,  500  und  1000  Gulden  lau- 
tete auf  den  Ueberbringer  ,zur  grösseren  Leichtigkeit  der  Ueber- 
tragung'  und  sollte  von  dem  Inhaber  an  sich  selbst  oder  an 
einen  Dritten  indossirt  werden  können.  Die  Interessen  betrugen 
6  Procent,  welche  bei  Obligationen  k  25  imd  100  Gulden  jähr- 
lich, bei  den  grösseren  Gattungen  halbjährUch  entrichtet  werden 
sollten,  und  zwar  nicht,  wie  bisher,  gegen  eine  von  dem  Inhaber 
ausgestellte  Quittung,  sondern  gegen  Abgabe  der  betreffenden 
der  Obligation  beigeftigten  Interessenscheine.  Diese  Interessen- 
scheine wurden  auch  nach  ihrer  Verfallszeit  bei  allen  land- 
schaftlichen Cassen  an  Zahlungsstatt  ,wie  baare  Münze'  ange- 
nommen,  sodann  auch   bei   allen   Contributions-   und  Cameral- 


^  Erläatemng  fiber  das  unter  dem  22.  April  1761  an  die  Länder  ergangene 
aUergnädigste  Rescript,  welche  den  ständischen  Depntirten  bei  ihrer  An- 
berokunft  zu  überreichen  wäre. 


14 

cassen  in  den  gesammten  ungarischen  und  siebenbürgischen, 
sowie  böhmischen  und  österreichischen  Erblanden^  in  Tirol  und 
in  den  österreichischen  Vorlanden.  Für  die  im  Auslande  be- 
findlichen ObUgationen  übernahm  der  Commerzrath  und  Ban- 
quier  Johann  Edler  von  Fries  die  Verbindlichkeit,  die  Interessen- 
scheine wie  eine  Wechselzahlung  auf  sich  selbst  trassiren  zu 
lassen.  Dieselben  mussten  girirt,  mit  dem  Namen  des  Inhabers 
unterschrieben  und  mit  der  Angabe  des  Ortes  und  des  Datums 
versehen  sein. 

Die  Obhgationen  in  Appoints  zu  26  Gulden  sollten  im  Be- 
trage von  6  MilUonen  Gulden,  demnach  240.000  Stück,  jene 
zu  100  Gulden  mit  10.000  Stück,  daher  ein  Betrag  von  einer 
Million  Gulden  ausgegeben  werden;  zur  Bestreitimg  der  Kriegs- 
ausgaben bestimmt,  sollten  sie  als  Zahlungsobligationen  bei 
allen  Zahlungen  an  den  Staat  wie  baare  Münze  verwendet,  je- 
doch Niemand  zur  Annahme  gezwungen  werden  können.  Alle 
Contributions-  und  Cameralcassen  waren  verpflichtet,  Capital  und 
Interessen  zum  Tageswerthe  anzunehmen.  Um  auch  ,den  nie- 
drigem Classen'  der  Unteiihanen,  welche  bisher  an  öffentlichen 
Darlehen  keinen  Antheil  zu  nehmen  in  der  Lage  waren,  ein 
Mittel  zu  bieten,  ihre  kleinen  Ersparnisse  mit  Sicherheit  zu  be- 
nutzen, sollten  dieselben  nicht  nur  an  der  Hauptcasse  in  Wien, 
sondern  auch  in  den  kleinen  Städten  gegen  baare  Münze  zum 
Tagescurse  ausgewechselt,  mithin  jedem  wohlhabenden  Bürger 
und  Landmanne  die  Gelegenheit  geboten  werden,  solche  an  sich 
zu  bringen.  Auch  sollten  dieselben  zum  Tagescurse  ausgegeben 
werden  können. 

Um  den  Obligationen  einen  grösseren  Umlauf  zu  geben, 
wurde  am  14.  September  1761  verkündigt,  dass  nicht  nur  Mit- 
glieder der  Stände,  sondern  wenn  auch  zwei,  drei  oder  mehrere 
Unterthanen  zusammen  mit  einer  Zahlungsobligation  von  25 
Gulden  die  Contribution  entrichten  wollen,  solche  von  den  herr- 
schaftlichen Beamten  oder  anderen  Einnehmern  jederzeit  un- 
weigerlich zum  vollen  Werthe  des  Tages  an  Zahlungsstatt  ange- 
nommen werden  soll.  Auch  Sterbe-  und  andere  Taxen  sollten 
in  derartigen  Obligationen  bezahlt  werden  können.^ 

Die  grösseren  Gattungen  von  250,  500  und  1000  Gulden 
hiessen  Darlehensobligationen  und  wurden  jenen  angeboten. 


»  Cod.  austr.  VI,  206. 


15 

welche  innerhalb ^ier  Monaten  vom  1.  Juli  1761  angefangen  stän- 
dische, seit  1756  ausgestellte  Obligationen  mit  Zulegung  einer 
gleichen  Summe  baaren  Qeldes  erlegen.^  Der  Vortheil  bestand 
darin,  dass  die  ständischen  Obligationen  mit  5  Procent,  die 
neuen  mit  6  Procent  verzinst  wurden  und  nach  zwei  Jahren 
aufgekündigt  werden  konnten.  Zur  Sicherstellung  des  Anlehens 
wurde  ein  jährHcher  Fond  von  1,080.000  Gulden  aus  den 
Eingängen  der  Contribution  bestimmt.  Die  Zahlungsobligationen 
sollten  innerhalb  fünf  Jahren  aus  dem  Umlauf  gezogen  werden. 
Den  ständischen  ObUgationen  wurden  dieselben  Begünstigungen 
und  Vorrechte  wie  den  Obligationen  des  Wiener  Stadtbanco 
eingeräumt.* 

Die  Darlehensobligationen  hatten  sich  trotz  günstiger  Be- 
dingungen keiner  grossen  Abnahme  zu  erfreuen.  Durch  das 
Patent  vom  3.  Mai  1762  wurde  die  Aenderung  beliebt,  dass  die 
zu  emittirende  Summe  um  3  Millionen  vermindert  und  dafür 
Zahlungsobligationen  ausgegeben  wurden,  nachdem  die  Depu- 
tation ihre  Zustimmung  gegeben  hatte.  Die  Nummern  der  ge- 
tilgten DarlehensobUgationen   wurden  veröflFentlicht.     An  neuen 

'  Eis  sollten  ausgegeben  werden: 

16.000    i    250  =  4  Millionen, 
8.000    i    500  =  4         „ 
3.000    k  1000  =  3         j, 

'  Patent  30.  Jani  1761.  Unterzeichnet  sind  für  Böhmen:  Gottfried  Frei- 
herr von  Koch;  für  Mähren:  Ernst  Qraf  von  Kaunitz-Rittberg;  für  Schle- 
sien: August  Otto  Freiherr  von  Post;  für  Oesterreich  u.  d.  E. :  Franz 
Graf  Harrach;  Oesterreich  o.  d.  E. :  Christian  Graf  von  Thürheim;  für 
Steier:  Maria  Carl  Graf  von  Saurau;  K&mten:  J.  J.  Graf  von  Stampfer; 
für  Krain:  Franz  Anton  Graf  von  Lamberg-Sprinzenstein;  für  Görz  und 
Gradisca:  Ottokar  Ernst  Stupan  von  Ehrenstein.  Am  24.  Juni  1761  er- 
folgte der  Auftrag  der  Kaiserin,  die  gesammten  Stände  zusammenzube- 
rufen  und  die  Erklärung  derselben  zur  Beitretung  bezüglich  der  allge- 
meinen Gewährleistung  zu  bewerkstelligen  und  die  Wahl  des  Deputirten 
zu  yeranlassen.  Ein  Handschreiben  der  Kaiserin  an  den  Grafen  Johann 
Chotek  (empfangen  am  8.  Juli  1761)  lautet:  ,Da  die  Zeit  bereits  vorhanden 
ist,  dass  die  Operation  mit  denen  Zahlungspapieren  ihren  Anfang  nehmen 
solle,  die  böhmischen  Stände  aber  ihre  Deputirte  nicht  benennet  haben, 
so  sind  gedachte  Stände  alles  Ernstes  anzuweisen,  dass  sie  ohnverzUglich 
solche  benennen  und  mit  der  gehörigen  Vollmacht  versehen  sollen.* 

Das  Präsidium  der  ständischen  Creditdeputation  wurde  dem  Grafen 
Ludwig  Zinzendorf  übertragen.  (12.  Juli  1761.  Der  Obersthofmeister 
Graf  von  ülfeld  an  R.  Chotek.) 


16 

Zahlungsobligationen  wurden  ausgefertigt  29.000  Stück  k  25 
Gulden,  daher  im  Betrage  von  725.000  Gulden  und  22.750  Stück 
k  100  Gulden  im  Gesammtbetrage  von  2,275.000  Gulden. 

Der  Gedanke  Zinzendorf  s,  ^Zahlungspapiere^  auszugeben, 
gelangte  mit  einigen  Abänderungen  durch  Patent  vom  15.  Juni 
1762  zur  Ausführung,  wie  es  daselbst  heisst,  auf  Vorschlag 
der  Ministerialbancodeputation.  Vom  Wiener  Stadtbanco  sollten 
12  Millionen  Bancozettel,  und  zwar  zu  5,  10,  25,  50  und 
100  Gulden,  ausgefertigt  werden  ,zur  Bestreitung  der  nothge- 
drungenen  Kriegauslagen^  Durch  Recess  zwischen  der  Hof- 
kammer und  der  Bank  vom  27.  Mai  1762  erhielt  dieselbe  die 
erforderliche  Bedeckung.*  Dieselben  sollten  in  Banco-Obliga- 
tionen  gegen  5  Procent  umgetauscht  werden  können,  und  zwar 
zum  Mindesten  im  Betrage  von  200  Gulden,  die  infolge  dessen 
einfliessenden  Bancozettel  aber  allsogleich  vernichtet  werden.  Die 
Bancozettel  wurden  bei  allen  Contributional-  und  Cameralcassen 
der  deutschen  und  ungarischen  Länder,  ebenso  auch  bei  den 
Bancocassen  zur  Hälfte  der  etwa  zu  leistenden  Abgaben  voll- 
werthig  als  baares  Geld  angenommen.  Wenn  die  Abgabssumme 
zur  Hälfte  durch  einen  Bancozettel  nicht  ausgeghchen  werden 
konnte,  musst«  dafUr  baares  Geld  gegeben  werden;  derjenige, 
der  nur  9  Gulden  zu  entrichten  hatte,  konnte  sich  keines  Banco- 
zettels  bedienen,  ebenso  wie  jener,  der  19  Gulden  schuldig  war, 
nur  einen  Zettel  hiezu  verwenden  konnte,  ,weil  zwei  die  Hälfte 
der  Abgabe  übersteigen'.  Auch  wurde  nicht  gestattet,  dass 
man  bei  Entrichtimg  einer  Abgabe  Bancozettel  und  zugleich 
ständische  Zahlungspapiere  gebrauche.  Damit  aber  die  Noth- 
wendigkeit,  mit  diesen  Bancozetteln  versehen  zu  sein,  deren 
Werth  desto  mehr  erhalte,  so  wurde  festgesetzt,  dass  vom 
1.  October  angefangen  ein  jeder,  der  in  die  Bancocasse  eine 
Abgabe  oder  Zahlung  zu  leisten  hat,  solche  zu  einem  Dritttheil 
in  Bancozetteln  zu  berichtigen  schuldig  sei.  Private  wurden 
zu  Annahme  der  Bancozettel  nicht  verpflichtet  Verfälscher  traf 
die  Todesstrafe. 


900.000  Zettel 

k      6  Galden  .  . 

•      4V, 

Millionen  Oulden. 

860.000       „ 

.     10 

«         •  • 

•      8V, 

n                    n 

100.000       „ 

n     26 

1»         •  • 

•       2'/. 

1»                    f» 

20.000       „ 

n       60 

f»          •  • 

1 

1»                    » 

6.000       „ 

„  100 

«          •  • 

V. 

1»                    n 

Zusammen  1,376.000  Zettel  12    Millionen  Gulden. 


17 

Zur  Bedeckung  des  Erfordernisses  fUr  das  Jahr  1763  lag 
bereits  im  September  1762  ein  Vorschlag  Hatzfeld's  vor:  ,Nach- 
dem  die  Verlegenheit  in  Ansehung  des  haaren  Geldes  zuzu- 
nehmen beginnt/  die  bereits  erzeugten  12  Millionen  Bancozettel 
zu  einer  ^gangbaren  Staatsmünze  zu  erheben'  und  noch  weitere 
10  Millionen^  jedoch  in  Appoints  zu  2  Gulden  verfertigen  zu 
lassen.  Auch  die  Privaten  sollen  verpflichtet  werden,  ,sothane 
in  die  Eigenschaft  einer  Staatsmünze  eintretende  Bancozettel' 
bei  Zahlungen  zur  Hälfte  anzunehmen.  ,Von  der  Annahme  der 
Bancozettel  seien  4)los  jene  Ausländer  zu  verschonen,  welche 
dem  bedürftigen  Staat  mit  haaren  Geldanticipationen  freiwillig 
ausgeholfen  haben,  massen  es  der  Gerechtigkeit  nicht  ähnlich 
zu  sein  scheine,  dergleichen  treuherzige  Gläubiger,  es  seye  an 
Interessen  oder  Capital,  mit  einer  Gattung  von  Papieren  ab- 
zufertigen, welche  sie  in  ihrer  väterlichen  Wohnstadt  nicht  an 
Mann  zu  bringen  vermögen.* 

In  dem  Schriftstücke  werden  aber  auch  die  Nachtheile 
einer  Vermehrung  der  Bancozettel  hervorgehoben:  Alle  Feil- 
schaften, besonders  die  aus  der  Fremde  kommenden  Waaren 
würden  vertheuert;  der  Landmann  würde  abgehalten  werden, 
seine  Erzeugnisse  zuzuführen,  wodurch  die  Stadt  Wien  einem 
Abgang  an  nöthigen  Lebensmitteln  ausgesetzt  werden  dürfte, 
da  die  ungarischen  Landleute  schwerlich  zu  vermögen  sein 
werden,  Vieh,  Getreide  u.  s.  w.  gegen  Bancozettel  zu  verkaufen; 
die  Wechselbriefe  wtlrden  in  ihrem  Werth  verringert  und  an- 
durch  das  Commercium  beschränket;  die  noch  übrigen  wenigen 
Baarschaft;en  gänzlich  verschwinden,  ,folg8am  das  Geld  ganz 
ausserordentlich  seltsam  werden'.  Zur  Einführung  ,dieser  Staats- 
mtlnze  sei  daher  nur  nach  Erheischung  der  äussersten  Nothdurft 
fürzuschreiten^^ 

Der  Beschluss  wurde  gefasst:  Zahlungsobligationen  in  Ap- 
points von  15  Gulden  auszufertigen,  ,indem  die  kleineren  Pa- 
piere auch  zu  Mehrzahlungen  verwendet  werden  können,  wo- 
durch dieselben  auch  bei  dem  Publicum  annehmlicher  gemacht 
werden*.* 


^  Opinio  Tom  29.  September  1762. 

*  Vortrag  vom  26.  November  1762.  Unterzeichnet:  R.  Ghotek,  Oberster 
Kanzler,  Herberstein,  Hofkammerpr&udent,  Hatzfeld,  ständischer  Credit- 
nnd  Ministerialbancodepatations-  anch  Qeneral-Cassa-Directionspräsident, 
Zinzendorf,  Recbnungskammerpräsident     Die  kaiserliche  Entschliessung 

▲reUT.  LUXn.  Bd.  I.  Hilfte.  2 


18 


n. 


Mühselig  genug  wm-den  die  für  die  Kriegführung  erforder- 
liehen  Summen  in  den  letzten  Jahren  des  siebenjährigen 
Kampfes  beschafft,  und  aus  eigenhändigen  Aufzeichnungen  der 
Kaiserin  ist  ersichtlich,  dass  sie  unermüdlich  Berechnungen  an- 
stellte, ob  denn  in  den  Staatscassen  die  erforderlichen  Beträge 
vorhanden  seien,  welche  von  der  Baiegsverwaltung  in  Anspruch 
genommen  wurden.  Nicht  blos  die  politischen  Verhältniss.e, 
auch  die  finanziellen  nöthigten  zum  Frieden. 

Noch  während  des  Krieges  hatte  eine  Neuordnung  der 
Finanzverwaltung  stattgefunden,  und  nach  Beendigung  desselben 
wendete  man  der  Herstellung  des  Gleichgewichtes  im  Staats- 
haushalte die  hauptsächlichste  Sorge  zu.  Während  der  Kriegs- 
jahre hatte  man  zeitweilig  von  der  Hand  in  den  Mund  gelebt. 
Nun  handelte  es  sich  darum,  die  Mittel  ausfindig  zu  machen, 
um  die  gewaltigen  Zinsen  der  Staatsschuld  zu  decken. 

Es  ist  eine  irrige  Ansicht,  dass  das  von  Josef  dem  Staate 
überwiesene  Vermögen  seines  Vaters  den  Anstoss  zu  einer  Zinsen- 
herabsetzung  gegeben  habe.     Der  Gedanke  stand  lange   vor 


lautet:  ,Der  Aufsatz  des  an  die  Länder  zu  erlassenden  Ansinnens  ist  nach 
Vorschrift  Meiner  geschöpften  Resolution  ganz  recht  verfasst  worden,  und 
es  ist  auch  kein  Anstand,  dass  die  mindeste  Gattung  deren  Papiere  auf 
15  Gulden  ausgestellt  werden  mOge.  Dass  auch  alle  ausländische  Privat- 
parteien, welche  ihr  haares  Geld  dem  Aerario  oder  den  Ständen  freiwillig 
dargeliehen  haben,  von  Annehmung  der  Papieren  bei  der  Interessen- 
Zahlung  ausgenommen  werden  sollen,  erfordert  die  Billigkeit  und  die 
Erhaltung  des  ausländischen  Credits.  Doch  ist  dieses  allein  auf  jene 
ausländische  Parteien  zu  beschränken,  welche  ihr  Geld  unmittelbar  dar- 
geliehen, nicht  aber  auf  jene,  welche  die  Schuldbriefe  eingehandelt 
haben,  und  werden  anter  den  ausländischen  Parteien  jene  zu  ver- 
stehen seyn,  welche  ausser  Meinen  teutschen  und  hungarischen  Erb- 
landen ihr  Domicil  haben.  Nachdem  aber  auch  verschiedene  inlän- 
dische Parteien  die  Schuldbriefe  auf  erdichtete  Namen  haben  ausfertigen 
lassen,  so  wird  nicht  allein  wegen  diesen,  sondern  auch  wegen  der 
würklich  ausländischen  Parteien  eine  Vorsehung  zu  machen  sejn,  wie 
die  ausländischen  Domicilien  probirt  werden  sollen,  massen  die  Cassa- 
beamten,  wenn  ihnen  der  Namen  der  ftlr  fremd  angegebenen  Parteien 
nicht  bekannt  ist,  in  verschiedene  Verantwortung  verfallen  konnten.' 
Erwähnung  verdient  eine  Aeusserung  der  Kaiserin  in  einer  Entschlies- 
sung  auf  den  Vortrag  Hatzfeld*s  vom  22.  Februar  1762,  ,die  Credit- 
deputation  sei  das  glücklich  gelegte  Fundament  eines  universalen  Credits'. 


19 

dem  Tode  des  Kaisers  Franz  auf  der  Tagesordnung.  Die  im 
Jahre  1763  eingeführte  Interessensteuer,  womach  alle  über  4  Pro- 
cent verzinslichen  Papiere  den  Mehrbetrag  als  Steuer  entrichten 
sollten,  war  der  erste  Schritt  zur  Ausführung.  Indess  die  Inter- 
essensteuer brachte  nicht  viel  ein,  und  in  einem  Handschreiben 
vom  25.  November  1764  fordert  die  Kaiserin  Beschleunigung 
der  Arbeit  über  die  Herabsetzung  der  Zinsen  von  6  und  5  auf 
4  Procent,  mit  dem  Hinweise,  dass  eine  ähnliche  Massregel  be- 
reits im  Jahre  1748  bezüglich  der  Cameralschulden  in  Böhmen 
und  Mähren  mit  Erfolg  durchgeführt  worden  sei.  Noch  waren  die 
Berathungen  nicht  beendigt,  als  Franz  starb,  und  die  Ueber- 
weisung  der  Erbschaft  an  den  Staat  erleichterte  die  Ausführung. 
Die  bisherige  Annahme,  als  habe  Josef  ausschliesslich  diesen 
hochherzigen  Act  veranlasst,  ist  unrichtig.  Noch  von  Innsbruck, 
wo  Franz  gestorben  war,  erliess  die  Kaiserin  an  Hatzfeld  die 
Weisung,  die  Cassen  ihres  Gemahls  zu  untersuchen  und  ihr 
über  den  Befund  zu  berichten.  Am  20.  October  1765  verstän- 
digte sie  ihren  Minister,  dass  sie  mit  ihrem  Sohne  einerlei  Ab- 
sichten über  die  Disposition  des  Nachlasses  zum  Vortheile  des 
Staates  habe.  Sie  bestimmte,  dass  die  böhmischen  Herrschaften 
der  Kammer  zufallen  sollen;  die  in  den  Cassen  des  Hofrathes 
Simon  befindlichen  Summen,  sowie  weitere  2Vio  Millionen  Gulden, 
welche  Titelbach  verwaltet  hatte,  seien  dem  Banco  und  der 
Schuldencasse  zu  überweisen.  Den  Rest  der  in  dieser  Gasse 
befindlichen  Sunmien,  sowie  die  Herrschaften  Altenburg  und 
Männerdorf  behielt  sich  die  Kaiserin  zur  freien  Verfligung  zum 
Besten  ihres  Hauses  und  ihrer  Kinder  vor.*  Alles  baare  Geld 
wurde  zur  Verminderung  der  Bancointeressen  bestimmt.  Die 
fiaarmittel,  welche  bisher  nicht  flir  hinreichend  gehalten  wurden, 
um  die  grosse  Operation  vorzunehmen,  Hessen  nun  ein  GeUngen 
als  möglich  erscheinen. 

Frincipiell  stand  der  Beschluss  bereits  im  October  1765 
fest,  die  bei  dem  Banco  angelegten  Capitalien  aufzukündigen 
und  den  Gläubigem  freizustellen,  entweder  ihr  Geld  in  Empfang 
zu  nehmen  oder  die  Umschreibung  von  5  und  mehr  Procent 
auf  4  vorzunehmen;   allein  man  hatte  damals  der  kaiserlichen 


*  Ans  jenen  Beträgen,  die  von  der  Kaiserin  zur  eigenen  Verfügung  zurück- 
behalten wurden  und  8*66  Millionen  ausmachten,  wurde  eine  Reserve- 
casse  gebildet. 

2» 


20 

Entschliessimg  gemäss  die  Absicht,  erst  dann  an  die  Durch- 
führung zu  schreiten,  bis  die  4-procentigen  Banco-Obligationen 
pari  stünden,  weil,  ,soIange  derlei  Obligationen  mit  Gewinn  ein- 
zukaufen die  Gelegenheit  vorhanden  sei,  Niemand  seine  5-pro- 
centigen  in  4-procentige  umsetzen  werde,  sondern  vielmehr  sein 
baares  Geld  aus  dem  Banco  zurücknehmen  würde,  dergestalt, 
dass  zuletzt  der  Banco  die  Auszahlung  zu  bestreiten  nicht  im 
Stande  wäre'.  Graf  Hatzfeld  schlug  vor,  dass  von  Seiten  der 
Regierung  Mittel  ergriflFen  werden  sollten,  um  die  4-procentigen 
Papiere  auf  den  Paricurs  zu  steigern.  Die  Kaiserin  verfügte 
darüber  commissionelle  Berathung.^ 

Zunächst  handelte  es  sich  um  die  bei  dem  Banco  angelegten 
Capitalien  im  Betrage  von  103  Millionen,  von  denen  jedoch 
nur  63  Millionen  in  Terminen  von  14  Tagen  bis  6  Monaten  auf- 
kündbar waren.  Hievon  entfielen  19  Millionen  auf  auswärtige, 
44  auf  einheimische  Gläubiger.  Es  fragte  sich  nur,  ob  die 
Aufkündigung  auf  einmal  vorzunehmen  sei.  Zinzendorf  war 
dafür.  Seiner  Meinung  nach  bestand  die  Stärke  der  Operation 
darin,  dem  Staatsgläubiger  keine  Zeit  zu  lassen,  um  sein  Ca- 
pital vortheilhafler  anlegen  zu  können.  Am  14.  October  1765 
fand  eine  Conferenz  statt,  an  welcher  sich  betheiligten:  der 
Staatsminister  Graf  Blümegen,  der  Präsident  der  Hofkammer 
und  Bancodeputation,  Graf  von  Hatzfeld- Gleichen,  Rechenkam- 
merpräaident  Graf  von  Zinzendorf,  die  Staatsräthe  Freiherr 
V.  Boriö  und  Stupan,  der  niederösterreichische  Regierungsrath 
und  erster  Hauptbuchhalter  v.  Puchberg,  der  Buchhaltereidirector 
V.  Braun,  Secretär  Hertelli.  Blümegen  eröffnete  die  Sitzung  mit 
der  Verlesung  eines  kaiserlichen  Handschreibens,  womach  in 
reife  Ueberlegung  zu  ziehen  sei,  ,welche  Operationen  im  Finanz- 
wesen zum  Besten  des  Staates  vorzunehmen  und  wie  solche  der- 
gestalt zu  bestimmen  wären,  dass  sie  als  eine  standhafte  Richt- 
schnur angesehen  werden  könnten,  und  man  nicht  Ursache 
hätte,  von  denselben  wieder  abzugehend  Die  Kaiserin  forderte 
einen    wohl    ausgearbeiteten    Plan.     Allgemeine   Ansicht    war, 

^  Vortrag^  von  Hatzfeld  am  8.  October  1766.  Die  kaiserliche  Entschlies- 
Bung  lautet:  «Hierüber  trage  dem  Grafen  Blümegen  untereinstens  auf,  dass 
er  die  hOchstwichtige  Angelegenheit  in  einer  Zosammentretang  mit  denen 
Finanzpräsidenten  und  denen  Staatsräthen  Borid  und  Stapan  in  reife 
Ueberlegung  nehmen  solle,  damit  eine  verlässliche  Finanzoperation  der- 
maleinst fixirt  werden  möge.' 


21 

dass  die  Herabsetzung  der  Staatsschuldzinsen  erspriesslich  sei. 
Die  Frage,  ob  genügende  Baarmittel  vorhanden  seien,  um  alle 
5-procentigen  Capitalien  aufzukündigen,  beantwortete  Graf  Hatz- 
feld  dahin,  dass  ihm  der  jetzige  Geldvorrath  mit  alF  den  Zu- 
flüssen, worauf  man  dermalen  rechnen  könne,  zu  einer  solch' 
wichtigen  Operation  nicht  hinlänglich  zu  sein  scheine,  wozu 
seiner  Ansicht  nach  etwa  18  Millionen  erforderlich  wären.  Vor- 
läufig sei  daher  ein  Ausweis  über  den  ganzen  Stand  der  Staats- 
schuld  nothwendig,   um  einen  genauen  Einblick  zu  gewinnen.^ 

Eine  zweite  Gattung  Schulden  waren  Staatsschulden,  wel- 
chen bei  der  Aufiiahme  des  Anlehens  die  Rückzahlung  inner- 
halb einer  bestimmten  Frist  zugesagt  worden  war  imd  hiefUr, 
sowie  zur  Zinsenzahlung  ,radicirte  Fonds'  zugewiesen  hatten.  Zu- 
meist waren  es  bestimmte  Einnahmen  des  Staates,  welche  für 
die  eine  oder  andere  Schuld  angewiesen  waren.  So  LiniengefäUe, 
Bergwerksgefklle,  die  ungarischen  CameralgeMle,  die  Erbsteuer 
u.  dgl.  m.  Der  Gesammtbetrag  beUef  sich  Ende  September 
1765  auf  105-94  Millionen  Gulden.  Eine  dritte  Gattung 
waren  ärarische  Schulden,  für  welche  ebenfalls  Rückzahlung 
vereinbart  worden  war,  die  durch  Umlagen  bestritten  werden 
musste.  Die  Gläubiger  waren  einzelne  Personen;  der  über- 
wiegend grösste  Theil  bestand  aus  Darlehen,  die  von  der  Staats- 
kanzlei in  Italien  und  den  Niederlanden  aufgenommen  worden 
waren.  In  ,Welschland'  waren  etwas  mehr  als  3  Millionen,  in 
den  Niederlanden  13*4  Millionen  aufgenommen  worden;  letz- 
tere waren  auf  den  ungarischen  Dreissigst  radicirt.  Die  Ge- 
sammtsumme  dieser  Schuldenkategorie  betrug  21*361  Millionen 
Gulden.  Endlich  gab  es  Aerarialschulden,  für  die  kein  Amorti- 
sationsfond bestand,  im  Gesammtbetrage  von  etwas  über  38  Mil- 
honen.  Die  gesammte  ärarische  Schuld  belief  sich  daher  auf 
165-4  Millionen  Gulden.« 

Kaunitz  beschwichtigte  alle  Bedenken  und  machte  sich 
anheischig,  wenn  die  in  den  Staatscassen  vorhandenen  Geld- 
mittel zur  Durchführung  der  grossen  Operation  nicht  hinreichen 
sollten,  3  Millionen  gegen  4-procentige  Banco-Obligationen, 
sowie  1 — 2  MilUonen  in  den  Niederlanden  und  in  ItaUen  zu 
beschafTen.     Auch   regte  er  den  Gedanken  an,   Bancozettel  zu 


»  Protokoll  vom  U.  October  1766. 

'  Vergl.  deD  Specialaasweis  im  Anhange. 


22 

Pensionen  und  Besoldungen  der  Beamten  zu  verwenden^  und  man 
einigte  sich^  im  Nothfalle^  wenn  das  baare  Qeld  nicht  hinreichen 
sollte,  von  diesem  Vorschlage  Gebrauch  zu  machen.  Die  end- 
giltigen  Beschlüsse  wurden  in  einer  Sitzung  am  28.  October 
gefasst^ 

Am  23.  Januar  1766  forderte  die  Kaiserin  ein  ausführliches 
Gutachten  von  den  Finanzstellen  über  folgende  vier  Fragen: 
,Auf  welche  Art  und  Weise  bei  der  Herabsetzung  der  Zinsen 
vorgegangen  werden  solle;  welche  Obligationen  hinausgegeben 
werden  sollen;  auf  welche  Weise  der  bereits  vorhandene,  sowie 
durch  Herabsetzung  der  Interessen  zuwachsende  neue  Fond 
d'amortissement  der  gesammten  Staatsschuld  anzuwenden  sei, 
und  endlich,  welche  Mittel  zu  ergreifen  seien,  um  das  durch 
die  vorgesetzte  Operation  auf  4  Procent  heruntergebrachte  In- 
teresse zu  dem  natürlichen  Interesse  des  Geldes  zu  machen  und 
dessen  Steigen  auf  das  Künftige  zu  hindern.^* 

Eine  sorgfältige  Arbeit  des  Grafen  Ludwig  Zinzendorf 
bildete  die  Grundlage  der  weiteren  Berathung.  Sowohl  Graf 
Hatzfeld  als  auch  Stupan  und  Boriä  bemängelten  einzelne  der 
gestellten  Anträge.  Die  Kaiserin  übergab  die  sämmtlichen  Gut- 
achten dem  Fürsten  Kaunitz,  der  in  den  meisten  Punkten  sich 
den  Zinzendorf  sehen  Vorschlägen  anschloss.  Hatzfeld  wider- 
sprach zum  Theil  dem  Staatskanzler,  und  auch  Zinzendorf  machte 


^  Tags  darauf  wnrde  durch  Kaunitz  Vortrag^  erstattet.  Anwesend  waren 
ausser  dem  Staatskanzler  die  Grafen  Blümegen,  Hatzfeld  und  Zinzendorf, 
die  Freiherren  Bori^  und  Stupan.  Die  eigenhändige  Entschliessung  lautete: 
,Bin  in  allem  verstanden  und  ist  nur  mit  attention  darauf  zu  halten,  dass 
alles  in  tempore  zustand  komet  und  es  nicht  gehet,  wie  mit  den  An- 
schlägen, die  schon  in  Junii  geschehen  sind.  Alle  Monat  soll  Fürst 
Kaunitz  sich  eine  Auskunfft  geben  lassen,  was  in  diesen  Sachen  geschehen 
um  es  mir  vorzulegen,  denn  das  Heil  der  Monarchie  daran  liegt' 

*  ,Da  nunmehro  die  Zeit  der  auszuführenden  grossen  Finanzoperationen 
herannaht  und  dahero  mit  so  viel  Ernst  als  Aufmerksamkeit  darauf  für- 
zudenken  nöthig  ist,  dass  das  Werk  angefangen  und  dergestalt  fortgeführet 
werde,  damit  nicht  nur  der  angehoffte  Nutzen  erreichet,  sondern  auch 
der  Credit  immer  mehr  befestigt  werde,  so  hat  er  die  anliegende  vier 
Fragen  in  reife  Ueberlegung  zu  nehmen  und  Mir  sodann  das  diesfallige 
Gutachten  insbesondere  bald  möglich  heraufzugeben.*  Maria  Theresia  an 
den  Grafen  Hatzfeld  am  23.  Januar  1766.  Beiliegend  die  vier  Fragen. 
Auf  einem  beiliegenden  Zettel  eigenhändig:  ,bis  Samstag  früh  längstens, 
wo  nicht  Freitag  verlange  die  meinung  beeder  Finanzminister  zu  haben 
über  diesen  Vortrag.*     Praes.  16.  März  1766. 


23 

einige  Bemerkungen  zum  Votum  des  Fürsten,  die  Differenzen 
waren  jedoch  nicht  bedeutend.  Darin  stimmten  Alle  überein, 
dass  sänuntliche  Bancocapitalien  ausser  den  Leibrenten,  die  sich 
jedoch  blos  auf  140.700  Gulden  beliefen,  der  Zinsenreduction 
zu  unterziehen  seien,  ,da  eine  Ausnahme',  wie  es  in  dem  Gut- 
achten von  Kaunitz  heisst,  ,nicht  nur  den  Nutzen  dieser  Opera- 
tion fUr  das  Aerar  sehr  herabmindern,  sondern  auch  der  Haupt- 
absicht desselben,  nämlich  alle  Staatsschulden  auf  4  Procent 
herabzusetzen  und  sothane  4  Procent  zu  dem  künftigen  allge- 
meinen und  natürlichen  Interesse  des  Geldes  im  ganzen  Staate 
zu  machen,  unmittelbar  widerstreiten  würdet  Da  von  den 
Bancoschulden  im  Betrage  von  103  MiUionen  Gulden  einer  an- 
gestellten Berechnung  zufolge  blos  63  MilUonen  aufgekündigt 
werden  konnten,  so  war  Kaunitz  der  Ansicht,  dass  der  zur 
Verfiigung  stehende  Betrag,  den  er  auf  19  bis  20  Millionen  ver- 
anschlagte, zur  Vornahme  der  Operation  hinreichen  würde.  Hatz- 
feld  stellte  eine  andere  Berechnung  auf,  womach  eine  geringere 
Summe  vorhanden  war.  Bezüglich  der  Frage,  ob  die  Aufkün- 
digung auf  einmal  vorzunehmen  sei,  schloss  sich  Kaunitz  der 
Majorität,  welche  dieselbe  bejahte,  an.  Nur  Bori^  war  anderer 
Ansicht,  indem  er  vorschlug,  erst  mit  den  Capitalseinlagen  von 
100  bis  10.000  Gulden  den  Anfang  zu  machen,  und  wenn  die 
Operation  glücken  sollte,  weiter  zu  schreiten.  Fast  mit  den- 
selben Worten  wie  Zinzendorf  begründete  Kaunitz  seine  An- 
sicht: die  Stärke  der  Operation  bestehe  darin,  dass  den  Gläu- 
bigem keine  hinlängUche  Zeit  gelassen  werde,  andere  Mittel 
und  Wege  zur  vortheilhaften  Anbringung  ihrer  Capitalien  aus- 
findig zu  machen,  was  durch  eine  partielle  Aufkündigung  un- 
bedingt der  Fall  sein  könnte,  indem  dadurch  den  grösseren 
Gläubigem  Zeit  gelassen  werde,  eine  bessere  Verwerthung  ihrer 
Capitalien  bewerkstelligen  zu  können. 

Interessant  ist  die  Verschiedenheit  der  Ansichten  über  die 
Frage,  ob  zur  Gewinnung  der  Banquiers  denselben  V*  ^^^r 
Vs  Procent  von  allen  durch  deren  Vermittlung  überreichten  Ob- 
ligationen zu  gewähren  sei.  Sämmtliche  Voten  hielten  den  Vor- 
schlag ftür  bedenklich,  weil  ,die  Herren  Banquiers  grösstentheils 
Fremde,  protestantischer  Religion  und  dem  Staate  wenig  geneigt 
seien,  folgUch  ein  solcher  Antrag  nicht  verschwiegen  bleiben, 
das  ganze  Werk  äusserst  verdächtig  machen  und  grossen 
Schaden  nach  sich  ziehen  könntet    Kaunitz  meinte,  man  müsse 


24 

sich  fragen,  ob  die  Banquiers  schaden  können.  Dies  schien 
ihm  zweifellos;  eine  einzige  widrige  Nachricht  auf  den  Börsen 
der  Handelsplätze^  ein  einziges  zweideutiges  Schreiben  an  ein 
Wechselhaus  in  Amsterdam  oder  Genua,  welches  den  Ton 
anzugeben  pflegt,  könne  Misstrauen  erregen  und  leicht  eine 
grössere  Aufkündigung  veranlassen.  Da  nun  die  Banquiers 
schaden  können  und  höchst  wahrscheinlich,  wenn  man  sie  als 
fremde  und  dem  Staate  wenig  geneigte  Leute  betrachte,  um- 
somehr  werden  schaden  wollen,  so  erfordere  jedenfalls  kluge 
Vorsicht,  die  Banquiers  mit  den  Absichten  des  Staates  bekannt 
zu  machen,  um  den  gewünschten  Erfolg  der  Operation  im  Vor- 
hinein sicherzustellen.  Zinzendorf  hatte  unter  Anderem  auch 
vorgeschlagen,  dass,  um  den  Wechselcurs  gegen  das  Ausland 
viel  höher  zu  erhalten,  die  Ertheilung  der  Münzpässe  so  viel 
als  möglich  zu  erschweren  und  die  Ausfuhr  des  Qeldes  mit 
aller  Schärfe  zu  verhindern  wäre.  Kaunitz  hatte  eine  derartige 
Zuversicht  in  das  Gelingen  der  Operation,  dass  er  diesen  und 
andere  Anträge  Zinzendorf  s,  die  allerdings  nur  darauf  berechnet 
waren,  für  alle  Fälle  vorbereitet  zu  sein,  bekämpfte.  Im  Noth- 
falle  schlug  Zinzendorf  bei  grossem  Andränge  auch  Rückzahlung 
in  Papiergeld  vor.  Raunitz  war  dagegen,  dem  sich  Hatzfeld 
anschloss,  letzterer  aus  dem  Grunde,  ,weil  Papier  von  den  be- 
dürftigen Percipienten  allmälig  aus  Noth  gegen  Rabatt  hintan- 
gegeben und  andurch  die  Mäkler  oder  auch  andere  gewinn- 
süchtige Käufer  verleitet  würden,  die  aufgekündigte  Baarschaft 
an  sich  zu  ziehend 

Ueber  die  Vorkehrungen,  die  bezüglich  der  ständischen 
6-  und  5-procentigen,  die  Bancofreiheit  geniessenden  Papiere 
getroffen  werden  sollten,  gingen  die  Ansichten  auseinander. 
Die  Aufkündigung  dieser  Obligationen  wurde  von  Kaunitz  be- 
fürwortet, jedoch  mit  dem  Vorschlage,  sich  den  Zeitpunkt  filr 
die  Einlösung  derselben  vorzubehalten.  Hatzfeld  wollte  nicht 
wie  Kaunitz  die  Aufkündigung  in  das  Avertissement  aufnehmen, 
da  sich  nicht  bestimmen  lasse,  ob  von  den  zur  Aufkündigung 
der  Banco-Obligationen  gewidmeten  Geldern  viel,  wenig  oder 
gar  nichts  übrig  bleiben  werde;  man  solle  blos  den  Banquiers 
mittheilen,  dass  man  die  Aufkündigung  vornehmen  werde,  auch 
von  den  Ständen  Gutachten  fordern,  wie  diese  in  jedem  Lande 
zu  bewerkstelligen  sei ;  bleiben  Gelder  übrig,  so  könne  man 
sodann  an  die  Durchführung  der  Operation  schreiten. 


25 

Die  Kaiserin  verfügte  die  Aufkündigung  aller  Capitalien 
über  4  Procent,  die  Leibrenten  ausgenommen,  und  zwar  nicht 
stückweise,  sondern  auf  einmal.  Zinzendorf  hatte  den  Vor- 
schlag gemacht,  aUe  in  den  Creditcassen  vorfindlichen  Obliga- 
tionen öffentlich  zu  verbrennen  und  ,zur  Erweckung  eines  vor- 
theilhaften  Eindrucks  bei  dem  auswärtigen  sowohl  als  einheimi- 
schen Publice  durch  die  öffentlichen  Zeitungen  bekannt  zu 
machen'.  Einer  von  ihm  angestellten  Berechnung  zufolge  belief 
sich  die  gesammte  Summe  dieser  Papiere  auf  40,719.677  Gulden, 
wovon  7,945.907  Gulden  497^  Kreuzer  aus  der  Erbschaft  des 
Kaisers  herrührten,  femer  ständische  Coupons-ObUgationen  im 
Betrage  von  24,854.935  Gulden,  endlich  7,918.835  Gulden  Banco- 
zettel.  Dieser  Vorschlag  hatte  bereits  früher  die  Genehmigung 
der  Monarchin  erhalten.  Den  sonstigen  Anträgen  wurde  mit  ge- 
ringen Modificationen  zugestimmt.  Zwischen  einheimischen 
und  fremden  Gläubigern  sollte  ein  Unterschied  bei  Festsetzimg 
der  Zahlungsfristen  nicht  gemacht  werden.  Neue  Einlagen 
nicht  höher  als  zu  3*/,  Procent  zu  verzinsen,  lehnte  die  Kaiserin 
ab,  indem  das  Publicum  leichtlich  in  die  der  Operation  nach- 
theilige Besorgniss  versetzt  werden  könnte,  dass  bald  zu  einer 
zweiten  Reduction  werde  geschritten  werden.^  Auch  die  stän- 
dischen mit  5  und  6  Procent  verzinslichen  Obhgationen  sollten 
gleichzeitig  aufgekündigt  werden.  Der  Termin  für  die  Ver- 
öffentlichung des  Avertissements  wurde  von  der  Kaiserin  auf 
den  15.  April  bestimmt,  jedoch  nicht  eingehalten;  erst  am 
18.  April  erfolgte  die  kaiserliche  Genehmigung,  mit  Abkürzung 
der  Fristen,  was  Hatzfeld  nicht  zweckmässig  fand.* 

Der  grosse  Wurf  gelang,  die  Zinsenherabsetzung  der 
Bancoschulden  glückte  über  alle  Erwartung.  Hiemit  war  jedoch 
nur  der  erste  Theil  der  Operation  beendet.  Nebst  den  Banco- 
schulden bestanden  noch  andere  Gattungen  von  Papieren,  für 
welche  eine  höhere  als  4-procentige  Verzinsung  zu  leisten  war. 
Maria  Theresia  war  von  dem  Gedanken  der  Herabsetzung  des 
Zinsfusses  so  sehr  erfUllt,  dass  von  ihr  die  weitere  Initiative 
ergriffen   wurde;   die   haaren  Gelder,   die   nach  Reduction  des 

*  Handschreiben  Yom  6.  April  1766. 

'  Der  Bürgermeister  Bellisini  wurde  ,um  der  nnnmgänglich  nOthigen  Um- 
schreibung der  neuen  4-procentigen  Banco-Obligationen  obwalten  zu  kön- 
nen, anf  3—4  Monate  von  der  Magistratssession  und  den  übrigen  Amts- 
▼errichtnngen  enthoben;  28.  Mai  1766  an  die  bOhmisch-österr.  Hofkanzlei. 


26 

Zinsiusses  der  Bancoscholden  vorhanden  waren^  sollten  nütz- 
lieh verwendet,  alle  noch  umlaufenden  6-  und  5-procentigen 
^Coupons'  aufgekündigt  und,  falls  die  Gläubiger  keine  4-procen- 
tigen  Papiere  anzunehmen  gewillt  wären,  ihnen  der  Betrag 
hinausgezahlt  werden.^  Für  ihre  Ungeduld  dauerte  es  wohl  zu 
lange,  dass  ein  Monat  verstrich,  ohne  dass  ihr  ein  Antrag  er- 
stattet worden  war.  Sie  forderte  raschere  Berathung  und  die 
Hinzuziehung  der  Staatsräthe  Stupan  und  Boriö  zu  den  Com- 
missionssitzungen.' 

Zwei  Tage  später,  am  6.  August  1766,  und  die  Sitzung 
statt.  Gegenwärtig  waren  Blümegen,  Hatzfeld,  L.  Zinzendorf, 
Eaanitz,  Bori^,  Stupan,  Boltza,  Puchberg,  Braun,  Evers  und 
Venzl.  Die  Commission  hatte  Bedenken,  mit  dem  zur  Ver- 
fügung stehenden  Betrage  (beiläufig  7  Millionen)  die  ge- 
sammten  ständischen  Darlehensobligationen  zu  6  und  5  Procent 
und  die  ständischen,  die  Bancofi:*eiheit  geniessenden  Papiere 
der  gesammten  Erbländer  zu  5  Procent  zusammen  in  der  Höhe 
von  etwas  über  26  Millionen  aufzukündigen,  und  glaubte  sich 
vorläufig  auf  die  erstere  Gattung  —  die  ständischen  Darlehens- 
obligationen —  beschränken  zu  sollen.^  Die  Entscheidung  der 
Kaiserin  lautete  in  einem  anderen  Sinne. 

Am  19.  September  1766  wurden  die  6-percentigen,  von  den 
gesammten  Ständen  garantirten  Darlehensobligationen  k250, 
500  und  1000  Gulden  vom  1.  October  an  aufgekündigt,  den 
Besitzern  freigestellt,  das  baare  Geld  sammt  Interessen  in 
Empfang  zu  nehmen  oder  gegen  4-procentige  Zahlungsobli- 
gationen umzusetzen.  Der  Präclusivtermin  wurde  bis  Ende 
Juni  1767  festgesetzt,  später  sollten  diese  Papiere  ,weder  der 
Zahlung  noch  der  Umsetzung  mehr  iUhig,  sondern  vollkommen 
amortisirt  sein^  Am  selben  Tage  wurden  auch  die  5-procen- 
tigen Zahlungsobligationen  k  15,  30,  60  und  120  Gulden  auf- 
gekündigt imd  den  Besitzern  in  gleicher  Weise  die  Wahl 
zwischen  baarem  Gelde  oder  4-procentigen  Papieren  überlassen. 
Für  diese  Gattung  wurde  ein  kürzerer  Präclusivtermin  bis 
Ende  März  angesetzt^ 

^  Ad  den  Grafen  Schlick,  7.  Juli   1766. 
'  Handschreiben  an  Blümegen,  4.  August  1766. 
•  Protokoll  vom  6.  August  1766. 

^  Die  ^Nachricht'  an  das  Publicum  von  der  deutsch-erblftndischen-stftndi- 
schen   Creditsdeputation.     Von   den    5-procentigen  Zahlungsobligationen 


27 

Für  die  ständischen  mit  der  Bancofreiheit  begünstigten 
Capitalien  hafteten  bislang  die  Stände^  \md  nach  eingehender 
Berathung  entschloss  man  sich,  die  Operation  der  Zinsenherab- 
setzung dem  Banco  zu  übertragen^  da  auf  diesem  Wege  eine 
geringere  Baarschaft  erforderlich  werden  dürfte.  Das  in  Er- 
sparung  gebrachte  1  Procent  sollte  nach  dem  Vorschlage  des 
Grafen  Hatzfeld  zur  Bedeckung  des  Amortisationsfondes  ver- 
wendet und  das  Publicum  verständigt  werden,  dass  die  Bank 
diese  Schulden  künftighin  wie  alle  anderen  Schulden  nicht 
höher  als  mit  4  Procent  verzinsen  werde,  den  Qläubigem  daher 
freigestellt  bleibe,  ihre  Capitalien  baar  zu  erheben  oder  gegen 
4-procentige  Papiere  umzutauschen.  Nur  jenen  Gläubigem 
ständischer  Obligationen,  welchen  besondere  Rückzahlungster- 
mine zugesichert  waren,  sollte  bedeutet  werden,  dass  die  Stände 
ihre  Schuldner  bleiben  und  ihnen  auf  die  stipulirte  Zeit  die 
zugesicherten  Interessen  bezahlen  werden,  falls  jedoch  jemand 
sein  Capital  erhalten  oder  dasselbe  in  4-procentige  Papiere 
umtauschen  wolle,  werde  dem  Wunsche  willfahrt  werden.^ 

Der  Recess  mit  dem  Banco  wurde  am  17.  Öctober  1766 
abgeschlossen  und  am  1.  November  kundgemacht.^  Die  Ein- 
lösung der  6-  und  5-procentigen  ständischen  bancofreien  Papiere 
wickelte  sich  jedoch  nicht  so  leicht  und  glatt  ab  wie  jene  der 
Bancoschulden.  Der  Betrag  beUef  sich  auf  22  Millionen.  Bis  zum 
5.  Februar  1767  mussten  13  MiUionen  eingelöst  werden,  wofür 
jedoch  blos  8  Millionen  vorhanden  waren.  Hatzfeld  bat  daher, 
die  Generalcasse  mit  ausserordentlichen  Anweisungen  zu  verscho- 
nen und  auswärts  ein  Darlehen  von  2 — 4  Millionen  aufnehmen 
zu  können.     Nur  ungern  gab   die  Kaiserin  ihre  Einwilligung. 

Cameralschulden  wurden  von  der  Hofkammer  aufge- 
nommen und  als  Hypothek  für  die  Rückzahlung  meist  Einnahmen 
aus  Gefällen  angewiesen,  so  das  SalzgefUlle,  welches  zu  den 
ergiebigsten  gehörte,  indem  es  fast  ein  Drittel  der  sogenannten 
Gef^einnahmen  ausmachte.  In  ähnlicher  Weise  wurden  die 
Tranksteuer,    das    TazgefäUe,    die    Zolleinnahmen,    das   Um- 


k  16,  30,  60  und  120  Golden  waren  am  4.  Juli   1666  bereits  4,677.670 

Golden  yerbrannt  worden. 
^  Protokoll  Yom  6.  October  1766.    Vorsitzender  Starbemberg;  gegenwärtig 

Blilmegen,  Hatzfeld,  L.  Zinzendorf,  Stopan,  Boltza,  Puchberg.     Vortrag 

Tom  21.  October  1766. 
'  Das  Patent  Tom  2.  November  1766.    Cod.  aostr.  VI,  947. 


28 

geld,  die  Münz-  und  Bergwerksgefillle  zur  Sicherstellung  von 
Anlehen  benutzt^  sei  es  als  ausschliessliche  oder  nur  als  subsi- 
diäre Hypothek.  In  Kriegszeiten  wurden  auch  Contributionen 
verpfUndet.  Bedeutend  waren  diese  Schulden  nicht,  da,  wie 
es  in  einem  Schriftstücke  heisst,  ,in  einem  monarchischen  Staate 
der  Cameralcredit  nicht  wohl  dasselbe  Vertrauen  gewinnen 
könne,  als  wenn  gleichzeitig  die  Gewährleistung  der  Schuld  von 
irgend  einer  anderen  Communität  übernommen  werdet  Man 
unterschied  deutsche  und  ungarische  Cameralschulden,  sodann 
alte  Cameralschulden,  d.  h.  diejenigen  Schulden,  welche  bis  zum 
Jahre  1748  gemacht  worden  sind,  deren  Rückzahlung  sodann 
durch  Recesse  im  Jahre  1748  mit  den  Ländern  geregelt  worden 
war,  und  neue  Cameralschulden,  d.  h.  solche,  welche  seit  dem 
Jahre  1748  aufgenommen  wurden,  endUch  Kupferamts-  und 
Militärschulden. 

Die  Kupferamtsschulden  waren  inländische  und  auslän- 
dische. Erstere  beliefen  sich  Ende  1765  auf  12,115.577  Gulden 
28Y^  Kreuzer,  zumeist  nicht  steuerfrei  imd  zu  5  Procent  ver- 
zinslich; die  ausländischen  betrugen  6,422.814  Gulden  durch- 
gängig steuerfrei,  wovon  3,019.774  Gulden  zu  5  Procent,  der 
Rest  zu  4  Procent  verzinslich.  Lebhaft  wünschte  die  Kaiserin 
die  Rückzahlung  jener  Beträge,  welche  von  bedürftigen  Parteien 
dargeliehen  waren.  Anlässlich  eines  speciellen  Falles,  als  ein 
Gläubiger  die  Rückzahlung  von  400  Gulden,  die  er  1756  an- 
gelegt hatte,  forderte,  aber  von  der  Behörde  wiederholt  abge- 
wiesen worden  war,  gab  Maria  Theresia  den  Auftrag,  ,dahin 
zu  sorgen,  ob  und  was  flir  eine  Summe  monatlich  für  die  Ab- 
zahlung solcher  bedürftiger  Parteien  nach  nunmehr  erfolgtem 
Friedensschlüsse  anzusetzen  wäre^  Die  Generalcassadirection 
erhob  Bedenken  und  rieth,  mit  der  Rückzahlung  der  Kupfer- 
amtscapitalien  bis  zur  Richtigstellung  des  Haupterforderniss- 
aufsatzes innezuhalten.  Die  kaiserliche  Entschliessung  erfolgte 
nicht  in  diesem  Sinne.  ,Ohnerachtet,^  lautet  dieselbe  auf  den 
Vortrag  Hatzfeld's  vom  6.  März  1763,  fllr  dermahlen  noch  kein 
System  zur  Rückzahlung  der  bei  dem  Kupferamt  anliegenden 
Capitalien  getroffen  werden  kann,  so  wird  es  doch  dem  Credit 
zum  Nutzen  gereichen,  wenn  auch  schon  jetzo,  bevor  das  all- 
gemeine Schuldensystem  errichtet  wird,  kleine  Capitalien  zurück- 
gezahlt werden.'  Obgleich  Hatzfeld  nochmals  Vorstellungen 
machte,  beharrte  die  Kaiserin  bei  ihrer  Entschliessung. 


29 


Die  Weisung,  die  Zinsen  der  Cameralschulden  herabzu- 
mindern, erfolgte  bereits  Ende  November  1765.^  Aber  erst  als 
die  21insenberabsetzung  bei  den  Bancalschulden  geglückt  war, 
wurden  die  Obligationen  der  Hofkammer  und  des  Kupferamtes 
in  neue  4-procentige  umgewandelt  Ausgenommen  waren  blos 
jene  Cameral-  und  Kupferamtscredite ,  deren  Inhaber  wegen 
besonderer  Verbindlichkeiten  die  Rückzahlung  vor  einer  be- 
stimmten Frist  anzunehmen  nicht  verpflichtet  oder  mit  welchen 
besondere  Negodationen  geschlossen  waren.  Den  Gläubigem 
wurde  tiberlassen,  zwischen  Obligationen  der  bisher  bei  jedem 
Fonde  gewöhnlichen  Form  und  den  von  den  ständischen  Credits- 
deputationen  ausgegebenen  Darlehenscouponsobh'gationen  die 
Wahl  zu  treflfen.  Nur  die  Cameralobligationen  der  Universal- 
Staatsschuldencassa  konnten  blos  in  Darlehensobligationen  um- 
gewechselt werden.  Die  neuen  Obligationen  lauteten  auf  60, 
100,  500,  1000,  3000,  5000  und  10.000  Gulden.  Für  die 
Aufktlndigung  wurde  eine  sechsmonatliche  Frist  beiderseitig 
festgesetzt.  Die  bisherigen  Couponsobligationen  lauteten  blos  auf 
den  Ueberbringer,  die  neuen  sollten  nach  dem  Belieben  des 
Gläubigers  auch  auf  dessen  Namen  ausgefertigt  werden  können. 
Bei  Obligationen  der  alten  Form  mussten  von  den  Inhabern 
bei  Erhebung  der  Zinsen  Quittungen  ausgestellt  werden,  welche 
der  Stempelpflicht  unterlagen,  die  Interessenscheine  der  neuen 
Obligationen  waren  davon  befreit  und  wurden  bei  den  k.  k. 
Cameralcassen  der  deutschen  und  ungarischen  Erblande  an 
Zahlungsstatt  angenommen.  Die  Zinsen  waren  halbjährlich  zu 
bezahlen,  konnten  jedoch  in  gewissen  FäUen  vierteljährlich  er- 
hoben werden.* 


'  Jch  g^enke/  lautet  eine  Resolution  auf  einen  Vortrag  Hatzfeld^s  Yom 
27.  November  1765,  ,wegen  Zahlung  der  alten  Cameralschulden  ein  reif- 
lich erwogenes  Systeme  festzusetzen  und  will  ihme  dahero  anmit  auf- 
getragen haben,  diese  Sache  mit  der  Rechenkammer  in  gemeinschaft- 
liche Erwegung  zu  ziehen,  und  mir  sodann  ein  solches  ausgearbeitetes 
Systeme  gutfichtlich  Yorzulegen.  Wom&chst  Ich  mich  sowohl  wegen 
der  diesfillligen  als  künftigen  Jahreszahlungen  des  weiteren  entschliessen 
werde.* 

*  Cod.  austr.  VI,  990  und  993,  wo  sich  die  Patente  vom  15.  Mai  1767,  be- 
treffend die  Cameralschulden,  und  vom  16.  Mai  1767,  betreffend  die  Kupfer- 
amtsschulden,  abgedruckt  finden.  Es  scheint,  dass  nach  Erlass  der  Pa- 
tente eine  Verzögerung  eintrat;  am  25.  November  1767  erliess  die  Kai- 
serin ein  Handschreiben  an  Hatzfeld:  ,£s  ist  von  Seiten  der  Kammer  der 


30 


lieber  die  Zeit^  wann  die  ständischen  Aerarialschulden 
entstanden^  fehlt  es  an  genauen  Nachweisangen.  Während  des 
spanischen  Erbfolgekrieges  wurden  beträchtliche,  seit  1683  vom 
Staate  aufgenommene  Schulden  durch  Recesse  den  Ländern 
überwiesen,  um  fUr  den  Staat  neue  Creditsoperationen  durch- 
führen zu  können.^  VerlässUche  Angaben  tlber  die  Höhe  der- 
selben finden  sich  erst  in  den  1748  abgeschlossenen  Recessen 
über  die  neue  Heeresorganisation.  Von  der  Contribution,  zu  wel- 
cher sich  die  Stände  verpflichteten,  sollten  bestimmte  Beträge 
von  denselben  zurückbehalten  werden,  um  die  5-procentigen 
Zinsen  zu  bezahlen,  ein  Procent  jedoch  Air  die  Capitalsrückzah- 
lung  verwendet  werden.  Bis  zum  Ausbruche  des  siebenjährigen 
Krieges  fand  eine  Herabminderung  dieser  Schulden  statt,  aber  seit 
dem  Sommer  1756  erbat  die  Regierung  ,zur  Ausführung  jener 
Massregeln,  wovon  die  Sicherheit  der  Monarchie  und  die  Erhal- 
tung der  Ruhe  und  des  Friedens  abhänget^,  fast  alljährlich  die 
Mithilfe  der  Stände,  um  die  fllr  den  Baieg  erforderlichen  Sum- 
men aufzubringen.  Die  Darlehen  erhielten  als  Hypothek  das 
,Contributionsquantum'  zugesichert.  Die  Regierung  wünschte 
anfangs,  dass  die  geforderten  Summen  im  Wege  der  freiwilligen 
Zeichnungen  aufgebracht  werden.  Später  wurden  dieselben 
auf  die  vermöglichen  Landeseinwohner  aufgetheilt.  Diese  Sub- 
sidien  wurden  als  eine  ,Schuld^  bezeichnet  und  den  Ständen 
landesftirstliche  Schuldscheine  ausgestellt. 

Die  ständischen  Aerarialschulden  waren  zu  5  und 
6  Procent  verzinslich,  eine  Herabsetzung  derselben  sollte  auf 
4  Procent  in  ähnUcher  Weise  wie  bei  den  Bancalschulden  be- 
werkstelligt werden.  Es  mussten  daher  neue  Vereinbarungen 
mit  den  Ständen  abgeschlossen  und  die  jährUche  Beitragsquote 
des  Staates  festgestellt  werden.  Der  Rest  der  aus  dem  Jahre 
1748  herrührenden  Schulden  —  ,Systemalschulden'  in  den 
Schriftstücken  genannt  —  deren  Rückzahlung  durch  die  mit 
den  Ständen  abgeschlossenen  Recesse  vereinbart  worden  war, 
die  Anticipationen  aus  den  Jahren  1756 — 1763,  endlich  alte 
Cameralschulden ,  welche  bisher  bei  den  Cameralcassen  der 
Landeshauptstädte  verzinst  und  rückgezahlt  wurden,  sollten  in 

Bedacht  daraaf  zu  nehmen,  dass  nunmehro  ohne  Anstand  das  Auswechs- 
longsgeschXft  deren  alten  Obligationen  hey  dem  Kupferamte  in  Gang 
gebracht  werden  möge/ 
*  Mensi,  Die  Finanzen  Oesterreichs  1701—1740,  S.  62—77. 


31 

eine  einzige  neue  ständische,  zu  4  Procent  verzinsliche  Aerarial- 
schuld  in  einem  jeden  Lande  zusammengezogen ,  die  fUr  Zinsen 
und  Capitalsrttckzahlung  erforderlichen  Beträge  festgestellt  und 
die  alten  Schuldscheine  gegen  neue,  auf  den  nunmehrigen  Ge- 
sammtbetrag  lautend,  ausgetauscht  werden.  Die  Stände  über- 
nahmen nicht  nur  wie  bisher  die  Gewähr  für  die  Zinsenzahlung, 
sondern  auch  ftlr  die  Rückzahlung  des  Capitals  und  erhielten 
als  Specialhypothek  die  bereits  bisher  von  ihnen  erhobene  Ca- 
meral-Landescontribution,  sowie  als  Ergänzung  zur  Zinsenbe- 
deckung  eine  bestimmte  Quote  des  Salzaufschlages  oder  anderer 
Gefälle.  Zur  Capitalsrückzahlung  in  der  Höhe  von  1  Procent 
der  betreffenden  Schuldtitel  wurden  die  Erbsteuer,  sowie  be- 
stimmte Beträge  aus  dem  Amortisationsfonde  der  sogenannten 
Systemalschuld  und  der  Universal-Staatsschuldencasse  zugesagt. 
Die  gesammte  Schuld  beUef  sich  nach  einem  Ausweise  vom 
1.  November  1767  auf  56,138.030  Gulden  37  Kreuzer. 

Nebst  den  ständischen  Aerarialschulden  gab  es  auch  Do- 
mestical schulden.  Diese  beUefen  sich  1767  auf  22,119.958 
Gulden  52  Kreuzer.  Die  Länder  hatten  •  die  erforderlichen 
Gelder  zur  ErfUUung  ihrer  Verpflichtungen  au&ubringen.  Die 
Kaiserin  forderte,  dass  die  Verwaltung  auch  für  die  Aufrechter- 
haltung des  Credits  der  Länder  Vorkehrungen  zu  treffen  habe, 
und  die  Staatsschuldencasse  erhielt  die  Weisung,  eventuell  Vor- 
schüsse zur  Zinsenzahlung  zu  gewähren.^  Graf  Hatzfeld  machte 
VorsteUungen;  die  Casse  befinde  sich  nicht  immer  im  Stande, 
die  Summen  vorzuschiessen,  auch  erwachse  ihr  grosse  Arbeit 
,Es  hat,^  lautete  hierauf  die  kaiserliche  Entschliessung,  ,bei  Meiner 
bereits  zu  erkennen  gegebenen  Willensmeinimg  sein  unabänder- 
Uches  Verbleiben.** 

Durch  Patent  vom  1.  Mai  1766  wurde  verfügt,  dass,  nach- 
dem ftlr  die  beim  Wiener  Stadtbanco  angelegten  CapitaUen  die 
Zinsen  auf  4  Procent  herabgesetzt  worden  seien,  Massregeln  er- 
griffen werden  sollen,  welche  darauf  gerichtet  sind,  4  Procent 
zum  allgemein  landesüblichen  Interesse  des  Staates  zu  machen. 
Vom  1.  November  1766  sollte  daher  die  Steuer,  welche  bisher 
von  sämmtlichen  öffentlichen  und  privaten  Capitalien  entrichtet 
worden  war,  bei  allen  jenen  entfallen,  welche  blos  4  Procent 


^  Handschreiben  vom  11.  September  1768. 
'  Vortrag  vom  3.  October  1768. 


32 

Zinsen  gemessen;  von  jenen  Capitalien,  welche  höher  verzinst 
und  in  den  öffentlichen  Fonden  angelegt  sind^  ein  Steuerabzug 
stattfinden.  Ein  Gleiches  wurde  für  Capitalien  verfügt,  die  sich 
auf  Privathypotheken  angelegt  finden^  und  der  Gläubiger  wurde 
verpflichtet,  von  dem  Schuldner  den  Zins  über  4  Procent  ohne 
Unterschied  als  Interessensteuer  abzuziehen  und  abzuführen; 
jedoch  wm'de  gestattet,  dass  zwischen  dem  Gläubiger  und  dem 
Schuldner  ein  Abkommen  wegen  freiwilliger  Reducirung  des 
Zinses  auf  4  Procent  stattfinde.  Derartige  ,Interessenreduction8- 
instrumente'  sollten  von  den  Landtafeln  taxfrei  einverleibt  werden. 
Bei  den  Landtafeln  sollten  in  Zukunft  keine  Capitalien  höher 
als  zu  4  Procent  verzinst  werden.  Auf  Wechselbriefe,  welche 
auf  einen  höheren  Zinsfiiss  lauten,  durfte  keine  Execution 
nach  dem  Wechselrecht  ertheilt  werden,  Mercantilwechsel 
allein  waren  ausgenommen.  Von  den  Justizstellen  sollte  bei 
gerichtlicher  Schätzung  der  Landgüter  auf  den  herabgesetzten 
4-procentigen  Zinsfuss  Rücksicht  genommen  werden.^ 

Diese  Bestimmungen  wurden  nach  einigen  Jahren  abge- 
ändert. Von  dem  Commercienrathe  wurde  der  Antrag  gestellt, 
zwischen  Handelsleuten  und  Fabrikanten  einen  8-procentigen 
Zins  zu  gestatten,  jedoch  ohne  förmliche  PubUcation,  sondern 
nur  die  Behörden  zu  verständigen,  dass  dieses  Zugeständniss 
unter  folgenden  Bedingungen  gemacht  werde:  einmal,  dass  das 
Darlehen  nur  auf  sechs  Monate  gewährt  werde,  sodann  dass  Pro- 
longation und  Umschreibung  der  Wechselbriefe  verboten  sei. 
Josef  genehmigte  das  Einrathen  Hatzfeld's,  der  die  Bedingung 
gestellt  hatte,  dieses  Zugeständniss  nur  für  Darlehen  zwischen 
Eaufleuten,  Fabrikanten  und  Juden,  nicht  aber  bei  Geschäften 
mit  anderen  Parteien  zu  machen,  und  wenn  das  Darlehen  durch 
keine  Realhypothek  bedeckt  werde,  auf  zwei  Jahre  zu  beschrän- 
ken, run  zu  sehen,  ob  dadurch  dem  ,übrigen  Credit^  kein  Nach- 
theil erwachse.*  In  Folge  einer  Bitte  des  Handelsstandes,  ^die 
von  Kollowrat  befürwortet  wurde,  wurde  die  Verlängerung  auf 
weitere  zwei  Jahre  genehmigt,  da,  wie  es  in  der  kaiserlichen 
EntSchliessung  heisst,  der  öffentliche  Credit  keinen  Nachtheil 
gehabt  habe.^ 


•  Cod.  auBtr.  VI,  797. 

•  Vortrag  Hatzfeld's,  vom  31.  Januar  1771. 

•  Vortrag  vom  7.  August  1773. 


33 


IIL 

Durch  diese  Massnahmen  wurde  zweierlei  erreicht:  eine 
beträchtliche  Ersparung  der  Schuldzinsen  und  in  Folge  dessen 
eine  Verminderung  der  Staatsausgaben,  sodann  aber  durch  die 
Uebemahme  von  Schulden  von  Seiten  der  Bank  eine  grössere 
Unification  der  Staatsschuld,  wodurch  sich  der  Staat  von  den 
Ständen  thunUchst  unabhängig  zu  machen  suchte.  Allein  hie- 
mit  sollten  die  reformatorischen  Bestrebungen  auf  dem  Gebiete 
der  Finanzen  nicht  abgeschlossen  werden.  Den  Weisungen  der 
Monarchin  zufolge  sollte  das  Gleichgewicht  im  Staatshaushalte 
dauernd  begründet  und  in  Friedenszeiten  auch  Vorkehrungen 
für  den  Kriegsfall  getroflfen  werden.  Schon  bei  den  Berathungen 
über  die  Herabsetzung  der  Staatsschuldzinsen  kamen  diese  Ge- 
sichtspunkte zur  Sprache,  und  nach  Durchführung  der  Operation 
drang  Maria  Theresia  wiederholt  darauf,  Vorschläge  zu  erstatten, 
um  das  vorgesetzte  Ziel  zu  erreichen. 

Zwei  Männer  waren  es  vorzüglich,  die  unter  den  öster- 
reichischen Finanzpolitikem  durch  besondere  Begabung  und 
grosse  Kenntniss  hervorragten:  Graf  Ludwig  Zinzendorf  und 
Graf  Hatzfeld.  Beide  gingen  in  der  ersten  Zeit  mit  einander 
Hand  in  Hand;  später  bildete  sich  zwischen  denselben  ein 
schroffer  Gegensatz  heraus,  der,  wie  es  scheint,  zur  persönhchen 
Feindschaft  flihrte.  Die  Geschichtschreibung  hat  bisher  für 
den  Grafen  Hatzfeld  Partei  genommen,  und  Hock,  der  zum 
ersten  Male  in  seinem  Buche  über  den  österreichischen  Staats- 
rath  den  Kampf  dieser  beiden  Männer  darstellte,  hat  das  Ur- 
theil  seiner  Nachfolger  bestimmt,  allein  der  auf  dem  Gebiete 
der  Finanzen  ungemein  kenntnissreiche  Mann  hat  nur  einen 
oberflächlichen  Einblick  in  die  in  dem  Hof  kammer- Archive  be- 
findlichen Papiere  genommen,  und  seine  Darstellung  ist  auch, 
abgesehen  von  dem  Endurtheile  über  die  erwähnten  Persönlich- 
keiten, nicht  ohne  Irrthümer. 

Graf  Ludwig  Zinzendorf,  eine  Arbeitskraft  ersten  Ranges, 
überragte  seinen  CoUegen,  den  Grafen  Hatzfeld,  unstreitig  durch 
umfassende  theoretische  Kenntnisse.  Er  beherrschte  die  da- 
malige Literatur  und  besass  eine  genaue  Vertrautheit  mit  den 
Einrichtungen  und  finanziellen  Verhältnissen  der  hervorragenden 
europäischen  Staaten.     Hatzfeld  konnte  sich  mit  ihm  in  dieser 

ArehiT.  LIXXII.  Bd.  I.  H&lfte.  3 


34 

Beziehung  nicht  messen.  Er  hatte  sich,  ehe  er  in  Wien  mit 
der  Leitung  einer  Finanzstelle  betraut  wurde,  in  der  politischen 
Verwaltung  bethätigt  und  während  seiner  Amtswirksamkeit  in 
Böhmen  sich  mit  den  wirthschaftlichen  und  auch  mit  den  finan- 
ziellen Zuständen  dieses  Landes  vertraut  gemacht.  Bei  den 
Berathungen  über  die  grossen  Finanzfragen,  welche  die  Wiener 
Kreise  im  Beginne  der  Sechzigerjahre  beschäftigten,  führte 
Zinzendorf  das  grosse  Wort,  und  die  Kaiserin  hatte,  wie  wir 
gesehen,  seine  Verdienste  anerkannt.  Seine  Anträge  erfreuten 
sich  auch  der  warmen  Unterstützung  des  Fürsten  Kaunitz. 
Zum  Gelingen  der  Zinsenreduction  hat  Zinzendorf  in  hervor- 
ragender Weise  mitgewirkt;  die  grosse  Operation  ist  fast  aus- 
schliesslich seine  That. 

Ein  tiefgehender  Gegensatz  zwischen  Hatzfeld  und  Zinzen- 
dorf trat  bei  den  damaligen  Berathungen  über  die  österreichi- 
sche Staatsschuld  nicht  hervor.  Die  Anträge  Hatzfeld's  waren 
zum  Theil  Verbesserungen,  die  an  dem  Grundgedanken  nichts 
änderten.  Wenn  Graf  Hatzfeld  die  gesammte  Finanzverwaltung 
1765  in  einem  Umfange  überkam  wie  bisher  Niemand  vor  ihm, 
so  hat  er  dies  zum  Theil  der  Unterstützung  ZinzendorPs  zu 
danken.^  Diese  freundlichen  Beziehungen  der  beiden  Finanz- 
präsidenten dauerten  jedoch  nur  kurze  Zeit;  wodurch  eine 
Trübung  derselben  zuerst  veranlasst  worden  ist,  lässt  sich  aus 
den  vorliegenden  Papieren  nicht  entnehmen.  Vielleicht  mochte 
der  Umstand  mitgewirkt  haben,  dass  der  Wirkungskreis  der 
Hofrechenkammer  bedeutend  in  die  Verwaltung  eingriff,  Zinzen- 
dorf auch  von  den  ihm  eingeräumten  Befugnissen  ernsten  Ge- 
brauch machte,  die  Vorschläge  der  Finanzverwaltung  sorgfältig 
prüfte,  nicht  selten  auch  bemängelte;  genug,  der  Gegensatz 
zwischen  Hatzfeld  und  Zinzendorf  trat  seit  Ende  1766  hervor 
und  steigerte  sich  von  Jahr  zu  Jahr. 

Während  des  dritten  schlesischen  Krieges  hatte  man  mehr 
als  früher  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dass  die  Staatsein- 
nahmen filr  die  steigenden  Belange  nicht  genügen  und  selbst 
verhältnissmässig  geringfügige  Summen  nur  schwer  zu  be- 
schaffen seien.  Ordnung  in  den  Staatshaushalt  zu  bringen,  für 
die   laufenden  Bedürfnisse  Vorsorge   zu  treffen   war   eine   der 


*  Meine  AbhaDdlung:  ,Die  Finanzverwaltnng  Oesterreichs  1749 — 1816*  in 
,Mittheiluiigen  des  Instituts  für  österreichische  Geschichte*,  Bd.  XV. 


35 

massgebenden  Beweggründe  fiir  die  Neuordnung  der  Central- 
stellen.^  Die  Männer,  welchen  die  gesammle  Finanzverwaltung 
tibertragen  wurde,  erhielten  die  Aufgabe,  schon  in  Friedenszeiten 
Massnahmen  für  den  Kriegsfall  in  Vorschlag  zu  bringen. 

Es  wimmelte  von  Projecten,  die  zum  Theil  den  Stempel 
der  Unausfiihrbarkeit  an  der  Stime  trugen,  aber  dennoch  Gegen- 
stand eingehender  Berathung  bildeten.  Noch  während  des 
Krieges,  als  man  sich  mit  den  Mitteln  zur  Fortführung  des- 
selben beschäftigte,  überreichte  Oberstlieutenant  Caratto  einen 
umfassenden  Plan,  der  den  modernen  Credit  mobiher- Anstalten 
ähnelt.  Eine  Handelsgesellschaft  mit  einem  Capital  von  10  bis 
15  Millionen  sollte  gegründet  und  später  bis  auf  60  MiUionen 
erhöht  werden,  imi  die  Schiffahrt  nach  der  Levante  zu  treiben, 
die  Militärlieferungen  zu  übernehmen,  das  Tabakmonopol  und 
den  Thalerhandel,  sowie  auch  den  Productenverschleiss  der 
Bergwerkserzeugnisse  zu  betreiben,  etwa  neue  Bergwerke  zu 
erschliessen,  überhaupt  Fabriken  zu  errichten  oder  bereits  be- 
stehende an  sich  zu  bringen.  In  Wien  sollte  eine  Hauptbank 
gegründet  werden  mit  Filialen  in  den  Provinzen,  um  dadurch 
,einen  umlaufenden  Credit  zu  bewirken^;  die  Hauptbank  sollte 
von  allen  erbländischen  Ständen  garantirt  werden;  60  MiUionen 
Bancogeld  sei  im  Umlauf  zu  erhalten,  wozu  kein  höherer  Um- 
setzungsfond als  20  Millionen  nothwendig  wäre.  Caratto  schil- 
derte die  Vortheile  seines  Projectes  in  tiberschwänglicher  Weise; 
Vermehrung  der  Staatseinkünfte,  gänzliche  Tilgung  aller  Staats- 
schulden, Erhöhung  der  Kriegsmacht  zu  Land  und  zur  See 
wären  die  Folge.  Auch  sollten  alle  Staatsschulden  in  Commer- 
cialschulden  verwandelt,  daher  der  Amortisationsfond  an  die 
Compagnie  und  die  Bank  übertragen  werden.* 

Die  Kaiserin  hatte  dem  Fürsten  Kaunitz  auch  einen  Ent- 
wurf von  Spiers  und  eines  Anonymus  über  das  gegenwärtige 
Finanz-  und  Schuldensystem  übergeben  mit  der  Aufforderung, 
ein  Gutachten  darüber  zu  ei*statten.  Kaunitz  meinte,  dass  die 
Spiers'schen  Darlegungen  unvollständig  und  unzuverlässig  seien, 
die  Vorschläge   des  Anonymus  jedoch,   welche   die  Erhöhung 

^  Vgl.  meine  oben  erwähnte  Abhandlung  in  den  ,Mittheilungen  des  In- 
stituts für  Osterreichische  Geschichte*,  Bd.  XV. 

*  Die  erste  Eingabe  Caratto's  datirt  aus  dem  Jahre  1761,  eine  zweite  vom 
1.  Juni  1762,  eine  dritte  vom  13.  Jani;  Vorschläge  über  ,circulanten 
Credit"  Tom  26.  Juni  1763. 

8» 


36 

der  Consumtionsgefillle  bezweckten,  erfordern  reife  Untersuchung, 
sie  scheinen  jedoch  ebenfalls  auf  unzuverlässige  Berechnungen 
und  Ueberschläge  gebaut.  Zunächst  müsse  ein  vollständiger 
Status  aller  Staatseinkünfte  und  aller  Ausgaben  verfasst  werden, 
ehe  beurtheilt  werden  könne,  was  zu  thun  sei.  Es  scheine  ihm 
eine  ganz  unwidersprechliche  Wahrheit,  dass  die  Entledigung 
von  der  grossen  Schuldenlast,  die  Wohlfahrt,  Aufiiahme  und 
Macht  des  Erzhauses  nicht  anders  als  durch  die  Vermehrung 
der»  innerlichen  Landeskräfte  mittelst  der  Industrie,  der  Cultur, 
Manufactur  und  des  Commerzes  gefördert  werden  könne.  Das 
grösste  und  ergiebigste  Mittel,  um  den  Nahrungsstand  der  Landes- 
einwohner zu  verbessern,  sei,  die  Einküpfte  des  Souveräns  zu  ver- 
mehren. Hierauf,  fuhr  Kaunitz  fort,  habe  der  Oberstlieutenant 
Caratto  seine  Pläne  gebaut  und  verdiene  allen  Beifall,  wie  ich 
denn  nichts  sehnhcher  wünschte,  als  dass  sein  ganzes  System 
zur  wirkhchen  Ausführung  gebracht  werden  könnte,  weil  es 
das  unfehlbare  Mittel  wäre,  die  Macht  des  Erzhauses  von  Jahr 
zu  Jahr  emporzubringen  und  mit  der  Zeit  zu  verdoppeln. 
Aber  die  vorgeschlagenen  Mittel  und  Systemata  seien  unthun- 
lich  und  mehr  in  der  Speculation  als  in  praxi  gegründet  Sie 
verdienen  jedoch  eine  gründliche  Untersuchung.  Es  möge  eine 
Commission  eingesetzt  werden.^  Das  Handschreiben  an  Hatzfeld 
ist  von  Kaunitz  entworfen.*    Bei  dieser  Arbeit,  heisst  es  in  dem- 


^  Das  eigenhändige  Marginal  der  Kaiserin  lautet :  ,ich  bin  völig  verstanden 
mit  disem  Vortrag  und  wird  mir  niemand  besser  das  billet  darnach  ver- 
fassen können,  mir  ist  eingefallen  ob  nicht  ein  gewisser  praesilia  von 
eggen  der  hier  ist,  der  viel  conaissancen  hat  und  binder  bekannt  ist  an- 
statt des  fux  oder  mit  selbem  auch  bey  diser  commission  sein  konnte, 
im  übrigen  bin  wohl  sehr  consolirt,  das  neben  denen  so  wichtigen  Staats- 
geschäften er  auch  unsere  so  verwürrte  und  einrichtungssachen  so  ein- 
sehet und  sich  selber  annimbt  mit  seiner  hillf  war  noch  möglich  zu 
helfen  hoffe  noch  was  g^ttes  zu  bewürken.  sonsten  schier  schonn  dessent- 
halben  es  vor  verlohren  gegeben.* 

'  Am  26.  März  1763  legte  Kaunitz  den  Entwurf  eines  Schreibens  an  Hatz- 
feld vor;  die  Kaiserin  bemerkte  eigenhändig:  ,placet  wan  es  morgen 
kunte  unterschreiben  damit  man  in  der  charwoche  anfangen  kunte.*  — 
Von  dem  in  der  kaiserlichen  Entschliessung  genannten  Eggen  liegt  ein 
umfangreiches  Elaborat  vor:  ^llerunterthänigster  Vortrag  und  gründlicher 
Beweis,  dass  der  Geldmangel  in  denen  k.  k.  Erbländem  mit  andern 
Üblen  Folgen  lediglich  von  der  schlechten  Beschaffenheit  des  Manufactur- 
weesens  und  aus  dem  bisherigen  bösen  Commercio  herkomme,  und  wie 


37 

selben,  ^gefallet  mir  insbesondere,  dass^der  Autor  alle  seine  Vor- 
schläge auf  die  Vermehrung  der  inländischen  Industrie  und  des 
Nahrungsstandes,  mithin  auf  die  Bereicherung  und  Wohlfahrt 
der  Länder  richtet,  mit  welchen  auch  die  meinige  verbunden 
ist^  Die  eingesetzte  Commission  bestand  nach  dem  Vorschlage 
von  Kaunitz  unter  dem  Vorsitze  von  Hatzfeld  aus  den  Hof- 
räthen  Kempf,  NeflFzer,  Doblhoff  sen.,  Nenny,  Gebier.  Auch 
soUten  zwei  der  auswärtigen  Einrichtungen  kundige  Handels- 
leute oder  Banquiers  herbeigezogen  werden.* 

Die  Berathungen  zogen  sich  bis  in  das  Jahr  1767  hin, 
endigten  aber  mit  der  Ablehnung  der  Vorschläge.  Die  Com- 
mission fand,  dass  wohl  ein  grosser  Nutzen  erzielt  werden  könne, 
hob  aber  zugleich  hervor,  dass  Caratto  zu  weit  gehe  und  seinem 
Projecte  durch  die  grossartigen  Versprechungen  schade;  die 
Handelsgesellschaft  könne  wohl  erspriesslich  sein,  da  viele  Unter- 
nehmungen nur  deshalb  sich  langsam  entwickeln,  weil  sie  die 
Kräfte  des  Einzelnen  tibersteigen.  Man  erhob  Bedenken  gegen 
die  Bank,  da  man  es  bezweifelte,  dass  20  Millionen  Gulden 
hinreichen  würden,  um  60  Millionen  Zettel  in  Umlauf  zu  er- 
halten. Auch  die  Uebertragung  der  Staatsschulden  an  die  Bank 
wurde  bemängelt,  indem  dadurch  der  Credit  und  das  Schicksal 
der  Compagnie  und  der  Bank  von  dem  Schicksale  des  Staates 
dergestalt  abhängig  gemacht  würde,  dass  der  Umsturz  und  jede 
Erschütterung  des  Staatscredits  zugleich  den  Umsturz  und  die 
Erschütterung  der  Bank  und  der  Compagnie  unmittelbar  nach 
sich  ziehen  wlirde.* 


inmittels  einer  unter  dem  Handelsstand  zu  errichtenden  Compagnie  und 
eines  anzuordnenden  Mercantil-Banco  del  Giro  die  Manufacturen,  und 
ein  gutes  Commercium  empor  zu  bringen,  die  Länder  und  Unterthanen 
zu  bereichem,  und  die  k.  k.  Einkünfte  hoch  zu  vermehren  sind,  auch 
das  Allerhöchste  Aerarium  von  aller  Schuldenlast  bald  zu  befreien  stehe. 

^  In  dem  Handschreiben  wurde  auch  darauf  hingewiesen,  dass  der  jüngere 
Fux  tauglich  zu  sein  scheine,  auch  ein  gewisser  Praesilia  von  Eggen,  der 
viele  Kenntnisse  in  Holland  erworben  haben  soll.  Auch  an  Fries  habe 
man  g^edacht,  der  werde  jedoch  seiner  vielen  Geschäfte  wegen  nicht  abkom- 
men k<$nnen.  Zu  dieser  Commission  sei  auch  Caratto  zu  berufen.  Auch 
von  dem  Klagenfurter  Industriellen  Thys,  der  bei  Maria  Theresia  in  wich- 
tigen Fragen  zu  Rathe  gezogen  wurde,  lagen  Vorschläge  zur  Gründung 
einer  grossen  Handlungscompagnie  vor. 

*  Stupan  bemerkte  über  Caratto,  der  am  25.  Januar  1765  Über  einige 
Commercial vorschlage  eine  Schrift  eingereicht  hatte:   ,Der  Caratto  treibt 


38 

Als  nach  mehrjährigen  Berathungen  der  Plan  Caratto's 
verworfen  worden  war,  forderte  Maria  Theresia,  jenen  des 
Grafen  Zinzendorf  in  Berathung  zu  ziehen.  Bereits  bei  den 
Conferenzen  über  die  Ordnung  der  Finanzen  nach  Beendigung 
des  siebenjährigen  Kampfes,  sowie  in  seinen  Ausarbeitungen 
über  die  Herabsetzung  der  Zinsen  der  Staatsschuld  hatte  Graf 
Ludwig  Zinzendorf  Anlass  gehabt,  sich  darüber  auszusprechen, 
welche  Massnahmen  ergriffen  werden  müssten,  um  eine  dauernde 
Ordnung  im  Staatshaushalte  zu  schaffen,  und  auf  welche  Weise 
die  Mittel  für  den  Kriegsfall  in  Friedenszeiten  vorzubereiten 
wären.  Graf  Zinzendorf  plante  überhaupt  eine  vollständige  Um- 
gestaltung der  Staatsschulden.  Die  Auf  kündigungsfreiheit,  welche 
bisher  die  Gläubiger  der  Stadtbank  besassen,  sollte  beseitigt 
und  eine  grössere  Unification  der  Staatsschuld  herbeigefilhrt 
werden.*     An  Stelle  von  vierzig  verschiedenen  Gattungen  von 


Bchon  durch  mehr  als  vierzig  Jahre  das  Handwerk  eines  Projectanten; 
seine  Grundsätze  sind  gut  und  unwidersprechlich ,  seine  Schlüsse 
aber  übertrieben.  Wenn  man  in  die  Einzelnheiten  eingehe,  so  stosse 
man  auf  schwärmerische  Ideen.  Dieses  General  wort  wesen  sei  an  allen 
Lehrschulen  bekannt  und  verdiene  keine  Aufmerksamkeit;  dem  Staate  sei 
nicht  mit  Worten  und  Ideen  geholfen,  sondern  Realitäten  seien  ihm 
nöthig.  Berathen  wurden  die  Pläne  Caratto's  am  12.,  17.  und  21.  No- 
vember 1766  und  9.  März  1767.  Auf  das  Commissionsprotokoll  schrieb 
Maria  Theresia  eigenhändig:  ,Nachdem  generaliter  der  Plan  des  Caratto 
nicht  anzunehmen  ist,  so  solle  allsogleich  mit  dem  gantzen  staatsrath 
und  nenj  die  planus  von  sinzendorfe  und  tiss  vorgenohmen  werden. 
Caratto  solle  4  m.  zur  tilgung  seiner  schulden  gegeben  werden  und 
aprobire,  das  seine  pension  von  2  m.  fl.  auf  4  m.  fl.  gesetzt  werde,  da- 
von 1000  fl.  seiner  frau  versichert  werden.  Alles  auflf  die  cameral 
cassa  und  Hatzfeld  solle  sehen  wie  sein  jüngerer  Sohn  anzustellen  wäre.* 
Vgl.  auch  Handschreiben  vom  24.  April  1767. 

Die  Auf  kündigungstermiue  der  Bancalobligationen  lauteten  auf  14  Tage, 
4  Wochen,  6  Wochen  bis  3  Monate;  auch  konnte  der  Gläubiger  die 
Umwandlung  einer  grosseren  Obligation  in  kleinere  fordern.  Dieselben 
lauteten  auf  Namen,  und  die  Umschreibung  war  umständlich.  Die  Zinsen 
wurden  gegen  Quittungen  ausbezahlt.  Dem  Betrug  soll,  wie  in  einer 
ausführlichen  Denkschrift  Zinzendorf  s  bemerkt  wird,  Thür  und  Thor  ge- 
öffnet gewesen  sein.  In  der  Bancohauptcasse  füllten  sogenannte  Quittungs- 
schreiber die  Formulare  auf  Begehren  der  Parteien  aus,  unterschrieben 
sogar  die  Namen  der  Inhaber  und  di'ückten  ihre  eigene  oder  eine  andere 
beliebige  Petschaft  bei.  Auf  Grund  dieser  Quittungen  wurden  die  Interessen 
und  selbst  das  Capital  ausgefolgt.  Durch  Handschreiben  vom  16.  November 
176S  verständigte  die  Kaiserin  den  Grafen  Hatzfeld,  sie  habe  beschlossen, 
unter  dem  Vorsitze  Starhemberg's  von  den  Staatsräthen  und  den  beiden 


39 

Papieren  sollte  die  erst  jüngst  eingeführte  Form  der  Obligationen 
der  ständischen  Creditdeputation  treten.  Die  Rückzahlungsfonde 
für  die  gesammte  Staatsschtdd  beliefen  sieh  nominell  auf  andert- 
halb Millionen^  waren  aber  in  der  That  geringer.  Sie  sollten 
vereinigt  und  der  ständischen  Creditdeputation  anvertraut  werden. 
Durch  die  Uebergabe  der  Amortisationsfonde  an  die  ständische 
Deputation  würden  die  verschiedenen  Gläubiger  vollständige 
Sicherheit  erhalten,  und  die  Verwaltung  aller  bisher  den  Ständen 
und  der  Stadt  Wien  eingeräumten  Gefälle  könnte  sodann  der 
Hofkammer  übergeben,  der  Nachtheil  der  verschiedenen  Ad- 
ministrationen beseitigt  werden.  Die  bereits  vorhandene  Börse 
sollte  umgestaltet  werden.  Die  Oberaufsicht  über  das  gesammte 
Staatsschuldenwesen  beantragte  Zinzendorf  der  ständischen 
Creditdeputation  anzuvertrauen.  ,Alle  europäischen  Staaten^, 
heisst  es  in  dem  umfassenden  Schriftstücke,  ,^aben  von  der 
Zeit  an,  da  sie  einen  häufigeren  Gebrauch  des  Credits  zu 
machen  angefangen,  sich  bequemen  müssen,  in  Ansehung  der 
öffentlichen  Darlehen  der  Ausübung  der  landesfbrstlichen 
Gewalt  so  viel  als  mögUch  zu  entsagen  und  zwischen  sich  und 
den  öffentlichen  Gläubigem  gewisse  Mittelspersonen  oder  soge- 
nannte Puissances  interm^diaires  festzusetzen,  welche  die  Ad- 
ministration des  Credits  über  sich  genommen  und  welche  wegen 
ihres  Ansehens  und  ihrer  Privilegien  den  Gläubigern  eine  Art 
des  Schutzes  wider  den  Gebrauch  der  unumschränkten  Ge- 
walt verschaffen  konnten.'  Zinzendorf  wies  auf  das  Institut  der 
Wiener  Bank  hin,  welches  jedoch  unter  den  gegenwärtigen 
Verhältnissen  unzulänglich  sei,  weshalb  der  ständischen  Credit- 
deputation die  Ausführung  des  neuen  Systems  anzuvertrauen  wäre. 
Einen  integrirenden  Bestandtheil  der  Finanzpläne  Zinzen- 
dorf s  bildete  die  Bank,  welche  unter  der  Aufsicht  und  Ga- 
rantie der  ständischen  Creditdeputation  errichtet  werden  sollte. 
In   Wien    wäre    die    Hauptcasse,    in    allen    Hauptstädten    der 


FinansBstellen  über  deu  wichtigen  Gegenstand  die  Berathung  pflegen  zu 
lassen,  was  für  Mittel  zur  Abhaltung  der  bei  der  Hauptbancocasse  be- 
stehenden Interessenerhebung  gegen  unechte  Quittungen  zu  ergreifen 
seien,  und  zugleich  solle  die  Frage  in  Erwägung  gezogen  werden,  ob 
den  Bancalgläubigem  die  freie  Auswahl  unter  den  Obligationen  der  alten 
Form  und  der  Coupons  mit  oder  ohne  Namen  des  Gläubigers  zu  über- 
lassen oder  ob  die  alte  Form  vOUig  abzuschaffen  und  nur  die  Wahl  der- 
artiger Ck>upon8  mit  oder  ohne  Namen  des  Creditoris  zu  gestatten  sei. 


40 

verschiedenen  Länder  aber  Filialen  ins  Leben  zu  rufen.  Die 
Bank  sollte  Billets  von  5,  10,  15  und  25  Gulden  ausstellen, 
welche  keine  Interessen  tragen,  keine  Staatsmilnze  ausmachen, 
hingegen  aber  bei  allen  Zahlungen  der  öflFcntlichen  Gassen  wie 
baares  Geld  angenommen  werden  sollten.  Um  das  Publicum 
jedoch  zu  nöthigen,  diese  Bankbillets  an  sich  zu  bringen,  so 
sollten  gewisse  Zahlungen  bei  den  öffentlichen  Cassen  minde- 
stens zur  Hälfte,  alle  fremden  und  einheimischen  Wechselzah- 
lungen zur  ganzen  Summe  in  Bankbillets  entrichtet  werden, 
alle  Zahlungen  unter  den  Privatpersonen,  welche  500  Gulden 
und  darüber  ausmachen,  mit  diesen  Billets  zahlbar  sein,  diese 
aber  bei  allen  öffentlichen  Cassen  gegen  baares  Geld  und  um- 
gekehrt ausgetauscht  werden  können.  Der  Bank  wäre  das 
ausschliessliche  Recht  zu  ertheilen,  P&nder  zu  beleihen,  und 
zwar  bei  Summen  unter  25  Gulden  ohne  Zinsen,  bei  Beträgen 
darüber  hingegen  zu  4  Procent.  Auf  gleiche  Weise  wäre  die- 
selbe zu  berechtigen,  Waaren  von  Fabrikanten  bis  auf  zwei 
Dritttheile  des  Werthes  zu  beleihen,  die  Bank  sollte  aber  auch 
auf  der  Börse  an  solchen  Tagen,  wo  sich  wenige  Käufer  finden, 
öffentliche  Papiere  mit  Rabatt  einhandeln,  um  sie  sodann  zur 
Wiederergänzung  ihrer  Gasse  an  anderen  Tagen,  wenn  diese 
Papiere  einen  höheren  Gurs  erhielten,  wo  möglich  mit  ^/,  oder 
1  Procent  Gewinn  zu  verkaufen.  Endlich  sollte  die  Bank  dem 
Staate  auf  GefUlle,  die  innerhalb  6  Monaten  eingehen,  z.  B.  auf 
die  ungarische  Gontribution  oder  andere  sichere  Einkünfte,  auf 
einige  Monate  einen  Vorschuss  zu  ^/^  Procent  per  mese  oder 
jährlich  3  Procent  vorstrecken  können.  Zinzendorf  wollte  der 
Bank  auch  die  Bergwerksproductenverschleissdirection,  den 
Thalerhandel,  die  Ueberwachung  der  Gelder  des  Staates  über- 
geben. Er  erwartete  von  dieser  Bank  grosse  Vortheile  auf  allen 
Gebieten  des  staatlichen  Lebens,  namentlich  aber  auf  jenem  der 
Staatswirthschaft.  Auch  würde  dieselbe  dem  Handel  grosse 
Vortheile  gewähren,  da  bisher  die  Wechsler  hohe  Provisionen 
und  Gommissionsgebühren  von  den  Kaufleuten  und  Industriellen 
genommen  haben.* 

An    den    wesentlichen    Grundgedanken    hielt   Zinzendorf 
auch  später  fest,  aber  er  vervollständigte  dieselben  durch  Hin- 


*  Vorgeschlagenes  Finanzsjstem  des  Rechenkammerpräsidenten  Qrafen  von 
Zinzendorf  in  Folge  des  von  demselben  in  der  den  1.  Juni  1763  «wischen 


\ 


41 

zoftlgung  neuer  Anträge  und  begründete  dieselben  in  umfassen- 
der Weise.  Der  ,Mereantilzinsfus8*,  setzte  er  auseinander,  be- 
trage gegenwärtig  Vs  ^^^  1  Proeent  monatlich,  also  jährlich 
8 — 12  Procent;  das  Wiener  Pfandamt  leihe  über  1  MiUion  zu 
11%  Procent  aus,  und  es  sei  mehr  als  wahrscheinlich,  dass 
wenigstens  eine  gleiche  Summe  zu  8  und  10  Procent  von  Pri- 
vatpersonen ausgeliehen  werde.  Eine  Depositenbank  sei  daher 
schon  aus  diesem  Grunde  ein  Bedürfniss,  indem  der  Handel 
durch  dieselbe  wesentliche  Vortheile  erhalten  würde.  Sie  werde 
dem  Fabrikanten  Vorschüsse  zu  verschaffen  in  der  Lage  sein, 
nicht  minder  auch  Wechselbriefe  discontiren  und  das  durch 
einen  hohen  Zinsfuss  bedrückte  Commercium  zu  Triest  in 
kurzer  Zeit  beleben.  Eine  derartige  Bank  sei  auch  die  noth- 
wendige  Vorbereitung  auf  eine  mit  der  Zeit  zu  errichtende 
grosse  Handelsgesellschaft.  Zinzendorf  glaubte,  dass  durch  eine 
solche  Bank  Oesterreich  einen  so  kostspieligen  Krieg  wie  den 
letzten  auszuhalten  im  Stande  wäre,  da  in  Kriegszeiten,  wenn 
die  Einkünfte  des  Staates  nicht  so  leicht  vermehrt  werden 
können,  der  Nutzen  derselben  sich  zeigen  werde.  Die  Depo- 
sitenbank sollte  durch  etwaige  Vorschüsse  auch  den  Ankauf 
von  Papieren  unterstützen,  da  die  Gelder  des  Amortisations- 
fondes,  die  hiezu  verwendet  werden  sollen,  öfters  spät  einfliessen; 
Fihalbanken  sollten  den  Kauf  und  Verkauf  der  öffentlichen  Pa- 
piere in  den  Ländern  nach  dem  Wiener  Curse  bewerkstelligen, 
durch  Auszahlung  der  Zinsscheine  aller  Fonds  ohne  Unterschied 
den  Couponsobligationen  aUgemeinen  Umlauf  verschaffen,  Dar- 
leihen  zu  4  Procent  gewähren   und   dadurch  mitwirken,   dass 


der  bOhmUchea  und  österreichischen  Hof  kanzlei  und  denen  drey  Finanz- 
Hof-Stellen  gehaltenen  Zusammentretung  abgelegter  Voti. 

Der  Qedanke,  in  Oesterreich  eine  Bank  auf  Actien  ins  Leben  zu 
rufen,  findet  sich  bereits  in  einem  Briefe  von  C.  Dietrichstein  an  R.  Chotek 
ddo.  Kopenhagen  10.  Januar  1762,  dem  ein  Exemplar  der  durch  Octroy 
vom  29.  October  1736  gegründeten  Assig^ations-Wechsel-  und  Leihbank 
KU  Kopenhagen  beiliegt.  Dietrichstein  empfiehlt,  der  Direction  Mitglieder 
aus  einer  jeden  Provinz  beizugeben,  und  zwar  ,une  personne  de  con- 
sid^ation  et  dans  laquelle  le  peuple  eüt  de  la  confiance,  11  ne  faudrait 
pas  pour  cela  que  ce  fussent  les  Landeshauptmänner  ou  les  Landtraar- 
schälle*;  auch  seien  die  wichtigsten  Banquiers  mit  entscheidender  Stimme 
beizuziehen,  deren  Unterschriften  auch  auf  den  Billets  erscheinen  sollten, 
,puisque  ce  sera  leurs  sigp[iature  qui  donnera  le  cr^it  anx  billets  de  banque 
beaucoup  plus  que  si  tons  les  ministres  de  la  Cour  les  signoient.* 


42 

4  Procent  das  natürliche  Interesse  des  Staates  blieben,  wodurch 
ftlr  den  Fall  eines  Krieges  dem  Wucher  Einhalt  gethan  und 
die  ergiebigste  Finanzquelle  der  Papiere  an  Zahlungsstatt  sicher- 
gestellt würde.  Diese  Bank,  in  den  späteren  Schriftstücken 
Länderbank  genannt,  wahrscheinlich  weil  die  Stände  der 
Länder  die  Garantie  zu  übernehmen  hatten,  sollte  anfangs  blos 
10  MilUonen  Bancozettel  ausgeben  und  nach  Bedarf  vermehren, 
jedoch  30  MilUonen  nicht  überschreiten  dürfen.  Die  Wiener 
Bank  sollte  gesperrt,  d.  h.  neue  Einlagen  sollten  von  derselben 
nicht  angenommen  werden. 

Zinzendorf  befürwortete  mit  dem  Hinweise  auf  seine  bis- 
herigen Finanzausarbeitungen,  worin  er  gegen  die  Aufkündi- 
gungsfreiheit sich  ausgesprochen  hatte,  dieses  dem  Staate  so 
gefährliche  Recht,  welches  in  den  Niederlanden,  Holland,  Frank- 
reich und  Italien  unbekannt  sei  und  durch  den  erleichterten 
Handel  mit  öffentlichen  Papieren  auf  das  Vollständigste  ersetzt 
werde,  auch  in  Oesterreich  zu  beseitigen,  weil  die  Aufkündi- 
gungsfreiheit wohl  in  Friedenszeiten,  mit  nichten  aber  im  Kriege 
eingehalten  werden  könne,  und  selbst  in  Friedenszeiten  die  Er- 
füllung dieser  Verbindlichkeit  bisher  nur  insofeme  möglich  ge- 
wesen sei,  als  durch  freiwillige  Einlagen  den  öffentlichen  Fonds 
Gelder  zuflössen,  welche  zur  Rückzahlung  der  aufgekündigten 
Summen  verwendet  wurden.  Der  von  Zinzendorf  gemachte  Vor- 
schlag ging  dahin,  den  vereinigten  Amortisationsfond  zur  Rück- 
zahlung der  Staatsschuld  durch  Ankauf  aller  Papiere  ohne 
Unterschied  der  verschiedenen  Creditcassen  zu  verwenden. 
Nachdem  aber  dieser  Fond  allein  keineswegs  hinreichen  dürfte, 
um  die  Totalität  der  Staatsgläubiger,  ,die  Geld  für  ihre  Papiere 
suchen^,  zu  befriedigen,  so  sei  ,das  Geld  des  Publicums'  mit 
zu  Hilfe  zu  nehmen.  Dies  wäre  durch  die  Börse  möglich. 
Denn  gleichwie  für  den  Verkauf  des  Getreides  öffentliche  Märkte 
bestimmt  seien,  wo  solches  zum  Verkauf  gebracht  werden  müsse, 
so  sei  auf  dieselbe  Weise  das  Geld  des  Publicums  als  diejenige 
Waare,  deren  Steigerung  man  verhindern  wolle,  an  einem  be- 
sonders hiezu  bestimmten  Orte,  nämlich  an  der  Börse,  durch 
den  Zwang  der  Gesetze  zusammenzubi*ingen.  Alle  zwischen 
Privaten  abzuschliessenden  Negociationen,  welche  nicht  auf  der 
Börse  durch  geschworene  Sensale  geschehen  und  von  solchen 
in  ihren  Büchern  ordentlich  eingetragen  werden,  sollen  als  nicht 
juristische  Acte  erklärt  werden.     Um  die  heilsame  Concun'enz 


43 

des  Qeldes  dem  Verkäufer  noch  vorth eilhafter  zu  machen,,  sei 
den  Privaten  auf  der  Börse,  welche  Papiere  einhandeln  wollen, 
der  Vorzug  zu  lassen.  Wenn  jedoch  die  von  ihnen  ange- 
botenen Bedingungen  als  zu  niedrig  erscheinen,  hätte  der- 
jenige Banquier,  welchem  man  die  Verwendung  des  Amorti- 
sationsfondes  auf  der  Börse  anvertraut,  ein  oder  anderthalb 
Procent  mehr  als  die  Privatverkäufer  anzubieten,  um  den  Curs 
der  Papiere  so  viel  als  möglich  zu  steigern;  diese  Steigerung 
habe  so  viel  als  möglich  von  Tag  zu  Tag,  aber  jederzeit 
nur  stufenweise  zu  geschehen,  damit  die  Käufer  nicht  völlig 
von  der  Börse  abgehalten  werden  und  der  Amortisationsfond 
nicht  der  alleinige  Käufer  bleibe.  Der  Curszettel  sei  täglich  zu 
veröffentlichen.  Die  eingelösten  Papiere  seien  von  Tag  zu  Tag 
zu  cassiren  und  am  letzten  December  mit  Feierlichkeit  zu  ver- 
brennen. Diese  Operation  habe  jedoch  nicht  blos  in  Wien  zu 
geschehen,  sondern  in  den  Hauptstädten  der  verschiedenen  Län- 
der im  Verhältnisse  der  verschiedenen  Nachfragen  nach  Pa- 
pieren eingeleitet  zu  werden.  Auch  die  Domesticalschulden  der 
Länder  sollten  wie  die  ärarischen  auf  der  Börse  aufgekauft 
werden. 

Ln  weiteren  Verlaufe  seiner  Arbeit  erörtert  nun  sodann 
Zinzendorf  die  Frage,  in  welcher  Weise  die  fllr  die  Fristzah- 
lungen erforderlichen  Summen  im  Betrage  von  ungefilhr  2  Mil- 
lionen ohne  Wechselkosten  und  ohne  dem  Fremden  das  Inter- 
esse hievon  zu  bezahlen,  durch  den  einheimischen  Credit  auf- 
gebracht werden  können.  Sein  Vorschlag  ging  dahin,  von  den 
jährlichen  sowohl  Civil-  als  auch  Militärbesoldungen  und  Pen- 
sionen, welche  ungefähr  6  Millionen  betragen,  jährlich  2  Millionen 
mit  Bancozetteln  zu  bezahlen,  das  daf\ir  zurückgehaltene  baare 
Geld  aber  zu  den  Fristzahlimgen  zu  verwenden.  Durch  dieses 
Mittel  würde  man  nicht  nur  die  auswärtige  Geldnegociation  zur 
Bestreitung  der  Fristzahlung  entbehren,  sondern  es  wäre  noch 
ein  Nutzen  von  weit  grösserer  Wichtigkeit  zu  erwarten,  denn 
in  einem  zuktlnftigen  Kriege  habe  man  nur  von  einer  derartigen 
Operation  die  grösste  Aushilfe  sich  zu  versprechen,  weil  da- 
durch allein  die  so  gefahrliche  Anhäufung  der  umlaufenden 
Papiere  in  den  öffentlichen  Cassen  vermieden  würde.  Es  könnte 
daher  nur  erspriessUch  sein,  durch  einige  Friedensjahre  einen 
Versuch  anzustellen,  wodurch  nicht  nur  das  Publicum  an  die- 
selben gewöhnt,   sondern  das  Ministerium  selbst  durch  die  Er- 


44 

fahrung    auf  Mittel  gefUhrt  werden  dürfte,   welche  den  Erfolg 
derselben  dauernd  sichern  könnten. 

Ueber  die  von  dem  Grafen  Zinzendorf  in  Vorschlag  ge- 
brachten Finanzpläne,  namentlich  aber  über  die  Bank  wogte 
der  Kampf  in  den  massgebenden  Kreisen  längere  Zeit  Die 
Nothwendigkeit  einer  Depositenbank  konnte  nicht  in  Abrede 
gestellt  werden.  Kaunitz  hatte  bereits  in  seinem  grossen  Re- 
formvotum die  Gründung  derselben  angeregt,  die  er  mit  der 
caisse  gön^rale  in  Verbindung  gebracht  wissen  wollte;  Filial- 
banken sollten  in  den  Niederlanden,  Italien  und  Triest  ins 
Leben  gerufen  werden,  nicht  nur  ,zur  Anfuahme  des  Credits, 
sondern  des  ganzen  Commerz-  und  Manufacturwesens^  Auch 
später  hatte  der  Staatskanzler  die  Prüfung  aller  hierauf  bezüg- 
lichen Vorschläge  warm  beftlrwortet.  In  Triest  war  die  Grün- 
dung einer  Depositenbank  verfiigt  worden,  und  aus  einigen  Hand- 
schreiben der  Kaiserin  ist  ersichtlich,  welches  Interesse  sie  da- 
für an  den  Tag  legte.  In  Wien  war  die  Geschäftswelt  filr 
ihren  Geldbedarf  ausschliessHch  auf  die  Banquiers  angewiesen, 
die  ihre  Gelder  zu  hohen  Zinsen  verwertheten.  Unter  dem  Vor- 
sitze des  Fürsten  Starhemberg  fanden  Berathungen  statt.  Graf 
Hatzfeld  gehörte  zu  den  Gegnern  und  wurde  von  den  Staats- 
räthen  Stupan  und  Bori^  unterstützt;  Kaunitz,  Starhemberg  und 
Binder    waren    dafür.  ^     Der  Staatskanzler  und   Binder  befür- 


^  Hatzfeld  sprach  sich  in  einem  von  dem  Staatskanzler  abgeforderten  Gat- 
achten,  welches  sich  auch  mit  der  Herabsetzung  der  Zinsen  beschäftigte, 
dahin  aus:  Ein  Banco  del  giro  und  del  deposito  dürfte  dem  Publicum 
angenehm  sein,  ein  Banco  del  commercio  erscheine  ihm  bedenklich;  ein 
jeder  Actionär  werde  an  der  Direction  theilhaben  wollen,  theils  weil 
er  in  die  Direction  seiner  Handlungsg^sellen  kein  Zutrauen  habe,  theils 
weil  er  sich  durch  die  Direction  einen  Nebennutzen  zu  erwerben 
hoffe,  und  unter  den  inländischen  Actionären  werden  wenige  gefunden, 
welche  einem  solchen  Werke  vorzustehen  im  Stande  sein  dürften;  ge- 
schickte und  verraögliche  Ausländer  seien  hart  zu  bekommen.*  Vom 
Staate  wäre  es  be<lenklich,  grosse  Summen  in  der  Handlung  zu  ver- 
wenden, niemand  von  den  Staatsdienern  habe  davon  einen  mittelmässigen 
Begriff.  Man  müsste  sich  also  auf  Directoren  verlassen.  Gebreche  es 
ihnen  an  Redlichkeit  und  Einsicht,  so  werde  der  Staat  Schaden  erleiden. 
Die  Berliner  Bank  könne  zum  Beweise  dieser  Wahrheiten  dienen.  Sie 
werde  entweder  nie  zu  Stande  kommen  oder  in  kurzer  Zeit  zu  Grunde 
gehen.  Das  Schriftstück  ist  vom  2.  Juni  1767.  Dagegen  befürwortete 
Graf  Blümegen  mit  Entschiedenheit  und  Wärme  eine  Bank,  die  sich  auch 
mit  Wechselgeschäften  und  dem  Handel  zu  beschäftigen  habe,  nicht  blos 


45 

worteten  in  ausflihrliclien  Gutachten  die  Vorschläge  Zinzendorf  s: 
die  Börse,  die  Verwendung  des  Amortisationsfondes  zum  An- 
kauf der  Staatspapiere,  die  Gründung  der  Bank.  In  dem  Plane 
Zinzendorf  s  war  allerdings  manch'  unklarer  Punkt,  seine  An- 
sicht über  die  Art  und  Weise,  wie  die  Banknoten  in  Umlauf 
zu  erhalten  seien,  unterlag  mancher  Anfechtung.  Die  Gegner 
bemängelten  jedoch  nicht  diese  Seite,  sondern  suchten  den  Nach- 
weis zu  führen,  dass  die  Bank  dem  Staate  grosse  Kosten  ver- 
ursachen würde  und  nicht  einmal  die  Verwaltungsauslagen  ge- 
deckt würden;  sodann  wurde  getadelt,  dass  den  Ständen  die 
Garantie  übertragen  werden  soll;  dieses  wäre  ein  ungerechtfer- 
tigtes Misstrauen  gegen  den  Cameralcredit;  man  erhebe  dadurch 
den  ständischen  Credit  über  jenen  des  Regenten,  die  Steigerung 
der  ständischen  Gewalt  würde  die  Folge  sein  und  der  mon- 
archischen Gewalt  gefährlich  werden,  die  ,gezwungene^  Anwen- 
dung der  Bancozettel  wäre  eine  gefUhrliche  Landplage,  wo- 
durch der  staatliche  Credit  und  der  Handel  niedergedrückt 
würden;  das  Publicum  verabscheue  den  Zwang,  für  den  Krieg 
können  die  erforderlichen  Mittel  auf  andere  Weise  beschafft 
werden.  Man  möge  ein  Anlehen  von  neun  Millionen  aufnehmen, 
meinte  Bori^,  und  zur  Ekitrichtung  der  Zinsen  die  Auflagen 
erhöhen. 

Die  entscheidende  Sitzung  unter  dem  Vorsitze  Maria 
Theresias  fand  am  7.  August  statt,  an  welcher  Josef,  Kaunitz, 
Starhemberg,  Blümegen,  Hatzfeld,  Zinzendorf,  Binder,  Stupan, 
und  König  theilnahmen.  Mit  grosser  Entschiedenheit  trat 
Kaunitz  für  Zinzendorf  ein.  Eine  Börse,  legte  er  dar,  sei  kein 
neues  Institut,  der  Wiener  Platz  vielleicht  der  einzige  in  Eu- 
ropa von  einiger  Beträchtlichkeit,  der  sich  ohne  Börse  befinde. 
Der  Endzweck  eines  öffentlichen  Marktplatzes  sei,  die  Concur- 
renz  der  Verkäufe  zu  befördern  und  dadurch  die  Waaren  selbst 
wohlfeiler  zu  machen.  Der  Zweck  der  Börse  sei,  die  Concur- 
renz  der  Käufer  und  dadurch  den  Werth  der  Papiere  zu  er- 
höhen. Bei  einem  öffentlichen  Marktplatze  sei  es  auf  Begünsti- 
gung der  Käufer,  bei  der  Börse  auf  jene  der  Verkäufer  vor- 
zügUch  abgesehen.  Bei  der  letzteren  handle  es  sich  darum, 
die   gesammte  Staatsschuld  in  ihrem  Werthe  thunlichst  zu  er- 


ein  Banco  dl  deposito,  sondern  auch  del  commercio,  indem  er  hervorhob, 
dass  Bodann  die  Depositen  yerwerthet  werden  können. 


46 

höhen^  dieselbe  dem  Pari  zu  nähern  und  in  Kriegszeiten  vor 
einem  tiefen  Verfalle  zu  retten.  Die  Concurrenz  der  Capitalisten 
werde  durch  einen  vom  Staate  hiezu  bestimmten  Baarfond  ver- 
stärkt und  dadurch  der  Werth  der  Papiere  gesteigert.  Hierzu 
sei  der  Amortisationsfond  bestimmt.  Der  gesammte  Papier- 
handel werde  durch  die  Hände  geschwomer  Sensale  gehen, 
wodurch  die  dem  Credite  so  nachtheiligen  Wechselgeschäfte 
aufhören.  An  Stelle  der  Aufkündigungsfreiheit  trete  der  Kauf 
durch  den  Staat.  Bedenken  gegen  den  Zwang,  dass  alle 
Wechselgeschäfte  sowie  der  Handel  mit  Papieren  der  Vermitt- 
lung der  Sensale  bedürfen,  habe  er  anfangs  gehabt.  Allein 
die  im  Jahre  1761  errichtete  Börse  sei  ohne  Wirkung  geblieben, 
weil  man  die  Freiheit  gestattet  habe,  sich  der  Börse  oder  der 
Sensale  zu  bedienen  oder  nicht.  Auch  sei  es  für  die  Direction 
der  Börse  nothwendig,  täglich  genaue  Kenntniss  über  den  Curs 
der  Papiere  zu  haben,  was  mit  VerlässUchkeit  niemals  geschehen 
könne,  wenn  nicht  der  Abschluss  von  Geschäften  durch  be- 
eidete Personen  verrichtet  werde. 

Banken  bestehen  in  allen  Staaten;  einige  dienen  blos  zur 
Bequemlichkeit  des  Handels,  andere  seien  zur  Vermehrung  der 
circuUrenden  Geldmasse  errichtet  worden,  endlich  gebe  es 
welche  zur  Unterstützung  der  Finanzoperationen  des  Staates. 
Die  von  Zinzendorf  vorgeschlagene  sei  von  der  letzten  Gattung. 
Sie  sei  ftlr  das  Publicum  nützlich.  Die  auf  4  Procent  herab- 
gesetzte Staatsschuld  werde  weder  zu  ihrem  Pari  gelangen, 
noch  das  gesetzmässige  Interesse  von  4  Procent  zum  natür- 
lichen werden,  so  lange  die  Capitalisten  ihr  Geld  höher  ver- 
werthen  können.  Die  Absicht  der  Bank  gehe  daher  darauf, 
diese  Auswege  zu  verschUessen,  dass  sie  jene  Arten  von  Dar- 
lehen, bei  denen  noch  dermalen  ein  höherer  Zinssatz  gefordert 
wird,  zu  4  Procent  selbst  übernimmt.  Sie  discontire  Wechsel, 
sie  beleihe  sichere  trockene  Wechsel,  unterstütze  Versatzämter 
mit  unverzinslichen  600.000  Gulden,  gewähre  Vorschüsse  auf 
Staatspapiere,  belehne  Depositen  von  gemünztem  und  unge- 
münztem  Golde  und  Silber.* 

Die  Vorschläge  Zinzendorf  s  wurden  genehmigt,  in  Wien 
sollte  eine  Bank,   in  den  Ländern  fünf  Filialbanken  errichtet 

*  Votam  des  Hof-  und  Staatskanzlers  Fürsten  v.  Kannitz  in  consilio  statos 
1.  Aogust  1767,  die  EIrrichtung  einer  Bank,  Börse  und  grossen  Handelscom- 
pagnie  betreffend.  In  der  Sitzung  vom  7.  August  wiederholt  Kaunitz  daaselbe. 


47 

werden.  ,Da8  nach  den  majoribus  ausgefallene  Einrathen/  lautet 
die  EntSchliessung,  werde  allergnädigst  begnehmigt,  und  der 
Graf  Zinzendorf  als  Erfinder  dieses  Werkes  zum  ersten  Präsi- 
denten der  Bank  ernannt.  Graf  Chotek  wurde  durch  Hand- 
schreiben vom  8.  August  angewiesen,  die  Stände  zur  Ueber- 
nahme  der  Garantie  aufzufordern;  die  Kaiserin  habe,  heisst  es 
daselbst,  mehrere  Berathschlagungen  pflegen  lassen,  den  Vor- 
schlag vorzüglich  zur  Erhebung  des  öflfenüichen  Credits,  zur 
Emporbringung  des  Handels  und  überhaupt  für  die  Wohl- 
£Eihrt  der  Länder  vorzüglich  gedeihlich  gefunden.  Der  Plan 
sei  den  Ständen  —  Inner-  und  Vorderösterreich  ausgenommen 
—  mitzutheilen  mit  dem  Bemerken,  dass  die  Kaiserin  die  Er- 
richtung der  allgemeinen  Länderbank  unter  der  vereinigten 
Gewährleistung  der  Stände  beschlossen  habe,  sie  sollen  Ein- 
sicht von  dem  Entwürfe  nehmen  und  nach  vorläufiger  reifer 
üeberlegung  wegen  ihres  Beitritts  die  Erklärung  nach  ihrer 
schon  öfters  erwiesenen  Willfährigkeit  ehestens  abgeben. 

Ueber  Auftrag  der  Kaiserin  erstattete  Zinzendorf  Vor- 
schläge über  den  Personal-  und  Besoldungsstatus.  Das  Gesammt- 
erfordemiss  wurde  mit  194.000  Gulden  veranschlagt.  Die  Eröff- 
nung des  neuen  Instituts  war  für  den  1.  Januar  1768  in  Aus- 
sicht genommen;  die  Fihalbanken  sollten  erst  am  1.  April  1768 
ihre  Wirksamkeit  beginnen.  Die  Räumlichkeiten  wurden  aus- 
gemittelt,  fllr  die  Besetzung  der  wichtigsten  Posten  Vorschläge 
erstattet.*  Die  Mitglieder  des  Staatsrathes  stimmten  in  allen 
Punkten  bei;  auch  der  Antrag  Zinzendorf  s,  bei  Besetzung  der 
Directorstellen  auf  die  Religion  keine  Rücksicht  zu  nehmen, 
da  die  dazu  allein  befähigten  Männer  Fremde  und  Protestanten 
wären,  wurde  nicht  beanstandet.*  Nur  in  einem  Punkte  wichen 
die  Ansichten  der  Mitglieder  des  Staatsrathes  von  den  Zinzen- 
dorfschen  Vorschlägen  ab:  der  1.  Januar  1768  erschien  als 
verfrüht,  da  die  Aeusserungen  der  Stände  noch  nicht  eingelaufen 
waren.  Auch  Kaunitz  rieth,  dieselben  abzuwarten,  und  stimmte  mit 
Bori^  und  Stupan  in  dieser  Frage  überein.  In  Folge  dessen  gab 
die  Kaiserin  mündlich  den  Befehl,  ,die  Sache  erUegen  zu  lassend  ^ 


*  Vortrag  L.  Zinzendorf  s  vom  20.  August  1767. 

'  Die  Voten  des  Staatsrathes  wurden  durch  Vortrag  vom  18.  September  1767, 
unterzeichnet  KOnig,  der  Kaiserin  übermittelt. 

*  Vortrag  vom  18.  September  1767,  unterzeichnet  KOnig. 


48 

Die  erwartete  Zustimmung  der  Stände  zur  Uebemahme 
der  Garantie  erfolgte  nicht;  einige  lehnten  die  Bürgschaft  ab. 
Der  Bankplan  wurde  fallen  gelassen/  die  Vorschläge  zur  Um- 
gestaltung der  Börse  und  die  Vereinigung  der  Amortisations- 
fonde  wurden  vertagt.*    Zunächst  sollte  ein  ,Staatsinventariuni^ 


*  Handschreiben  an  Starhemberg  vom  21.  Octobör  1767. 

*  Handschreiben  an  Hatzfeld  vom  11.  November  1767: 

Ich  habe  von  dem  Antrag  wegen  Errichtnng  einer  Banqne  derzeit 
abzugehen  befunden,  wiewohlen  von  dem  Proponenten  sowohl  als  auch 
sonderheitlich  von  dem  Fürsten  Kaunitz-Rittberg  und  der  zusammenge- 
setzten Commission  in  dieser  Anliegenheit  bethätigte  ausnehmende  Dienst- 
Eifer  zu  Meiner  ganz  besonderen  Zufriedenheit  gereichet,  und  mit  dem 
verdienten  gnädigsten  Wohlgefallen  von  Mir  aufgenommen   worden  ist. 

Der  böhmischen  Osterreichischen  Kanzley  gebe  hiemach  den  Auf- 
trag untereinstens  mit,  diese  Meine  Entschliessung  den  Capi  derjenigen 
Länder-Stände,  deren  Erklärungen  abgefordert  worden  sind,  lediglich  per 
privatas  bekannt  zu  machen. 

Ueber  die  Frage  ob,  und  wie,  unangesehen  es  von  der  besagten 
Länder-Banque  abkommt,  gleichwohlen  die  vorgeschlagene  Börse  zu  Stand 
zu  bringen  sejn  dürfte,  bleibet  Meine  Entschliessung  für  gegenwärtig' 
annoch  ausgestellet 

Da  es  anvorderst  von  der  eigentlichen  Bestimmung  des  Amortisa- 
tion-Fond anlanget,  in  wie  weit  einer  errichtenden  Börse,  darmit  die 
Unterstützung  gegeben  werden  möge,  hierzu  aber  vorerst  noch  die  voll- 
kommene Berichtigung  des  Staats-Inventarii,  und  einer  daraus  zu  ziehen- 
den allgemeinen  Bilance  erforderlich  ist; 

So  will  ich  den  beeden  Finanz-Praesidenten  andurch  mitgegeben 
haben,  die  Berichtigung  dieses  Staats-Inventarii  ungesäumt  vor  die  Hand 
SU  nehmen,  sämratliehe  Rubriquen  in  der  Einnahme  sowohl,  als  der 
Ausgabe  in  die  möglichst  verlässlichste  Klarheit  zu  setzen,  somit  dieses 
ganze  Inventarium  ehemöglichst  zu  Stande  zu  bringen,  auf  dass  solches 
sodann  bey  der  unterm  Praesidio  des  Fürsten  Starhemberg  allschon  an- 
geordneten Zusammtrettung  in  weitere  Untersuchung  genommen,  bej 
allen  Rubriquen  der  Einnahme,  und  Ausgaben,  ob  nicht  bey  solchen 
noch  einige  Ers^iarungen,  oder  Verbesserungen  in  der  Regie  erwürket 
wenlen  könnton,  gemeinschaftlich  erwogen,  und  solchergestalten  ein  voll- 
ständig, und  solides  Finani-SYsteme  zu  Stand  gebracht  werde,  wobey 
dann  sondorheitlich  den  beeilen  Finanz-Praesidenten  obliegen  wird,  all* 
dasjenige,  was  sie  in  Absicht  auf  einige  zu  erwürkende  Verbesserung,  oder 
Krs|mrnis)s  an  Hand  lu  lassen  wissen,  nach  ihrer  von  der  Beschafenheit 
der  UefKUe,  und  allseitigen  Bestreittungen  habenden  Kenntniss  gutacht- 
lich in  Vorschlag  zu  bringen. 

Im  W^brigen  communicire  ihm  Hiemebenfindig  die  von  dem 
Recheukammer-l^^aesidenten  über  den  gc^nwärtigen  Zustand  des  Credit- 
WtVHnis  gellte  Anmerkungen,  auf  dass  er  über  deren  Bestand  sich  äussern 


49 

vorgelegt  werden,  mit  dessen  Ausarbeitung  die  beiden  Finanz- 
präsidenten betraut  wurden,  die  Einnahmen  und  Ausgaben  sollten 
sorgfältig  geprüft  und  ein  vollständig  solides  Finanzsystem  zu 
Stande  gebracht  werden.  Es  handelte  sich  um  einen  Finanz- 
plan für  Friedens-  und  Kriegszeiten.  Die  Kaiserin  drängte  in 
den  nächsten  Monaten  um  Beschleunigung  der  Vorlagen.^ 

Erst  am  6.  Juni  1768  legte  Hatzfeld  einen  ausgearbeiteten 
Vorschlag  tlber  ein  ,Creditsystem  in  Friedenszeiten^  vor.  Die 
Arbeit  ist  eine  der  umfassendsten,  welche  von  Hatzfeld  her- 
rühren, und  enthält  eine  sorgßlltige  Darstellung  des  damaligen 
Standes  der  Staatsschulden  und  der  zur  Verfügung  stehenden 
Beträge  für  Verzinsung  und  Rückzahlung.  Ihr  Schwerpunkt 
hegt  jedoch  in  den  Vorschlägen  zur  Aufrechterhaltung  des  Cre- 
dits,  wobei  auf  die  Ausführungen  und  Anträge  des  Präsidenten 
der  Rechenkammer  stets  Rücksicht  genommen  wurde.  Ohne 
Benützung  der  umfangreichen  Arbeiten  des  Grafen  Ludwig  von 
Zinzendorf  hätte  Hatzfeld  sein  Elaborat  nicht  liefern  können. 
Die  Schwierigkeit,  künftighin  allen  Vei-pflichtungen  zu  ent- 
sprechen, lag  in  der  Tilgung  der  Staatsschulden;  die  Verzinsung 
war  durch  die  hieftir  bestinmiten  Fonde  ziemlich  sichergestellt, 
obgleich  auch  bei  den  hiefÜr  veranschlagten  Summen  ein  Aus- 
fall eintreten  konnte;  denn  ob  die  hiefÜr  bestimmten  Steuerein- 
gänge und  andere  Einnahmen  in  der  angenommenen  Höhe  ein- 
fliessen  werden,  Hess  sich  mit  absoluter  Sicherheit  nicht  be- 
haupten. Mit  dem  Rückzahlungssystem  hatte  auch  Ludwig  Zin- 
zendorf nicht  gebrochen,  nur  wollte  er  die  Aufkündigungsfreiheit 
der  Gläubiger  beseitigt  wissen  und  die  zur  Verfügung  stehen- 
den Beträge  zum  Ankaufe  von  Papieren  an  der  Börse  ver- 
wenden. Hatzfeld  entscheidet  sich  dagegen  für  die  Aufkündi- 
gung: sie  sei  die  natürlichste  und  nützlichste  und  dem  Pubhcum 
angenehmste  Art  der  Schtddenzahlung,  und  es  frage  sich  nur, 
ob  dieses  Princip  dauernd  auft*echt  erhalten  werden  könnte. 
I>ies  schien   keinem   Zweifel  .zu   unterliegen,    indem   bei   dem 


und  seiner  Erklärung'  gemäss  ein  neues  übereinstimmendes  Finanz-Systeme 
f&r  die  gegenwärtige  Friedens-  und  künftige  Kriegs-Zeiten  vorläufig 
entwerfen,  und  Mir  vorlegen  möge.  Maria  Theresia. 

'  Vortrag  Starhemberg's  vom  28.  Januar  1768,  die  Commission  habe  noch 
nictit  er($ffnet  werden  kOnnen,  da  die  Finanzstellen  die  Materialien  noch 
nicht  beschafft  haben.     Am   2.  Februar  Aufforderung  an  Hatzfeld,   das 
Friedens-  und  Kriegssjstem  zu  beschleunigen. 
ArcliiT.  LXXXn.  Band.  I.  H&lflo.  4 


50 

Kupferamte  von  den  aufgekündigten  Beträgen  bereits  der  dritte 
Theil  wieder  zurückgeflossen  war  und  die  wöchentlichen  Ein- 
lagen die  laufenden  Aufkündigungen  vielfach  überstiegen.  Die 
Operation  hatte  auch  die  gute  Wirkung  gehabt,  dass  alle  üb- 
rigen Staatspapiere  in  ihrem  Werthe  gestiegen  und  die  meisten 
mit  Rabatt  nicht  mehr  zu  haben  waren,  was  durch  Ankauf 
auf  der  Börse  in  dieser  Zeit  vielleicht  nicht  zu  bewirken  ge- 
wesen wäre.  Die  Erklärung  liegt  vornehmlich  darin,  dass  die 
Wiener  Stadtbank  seit  April  1767  neue  Einlagen  nicht  mehr 
annehmen  durfte,  eine  Verfügung,  die  durch  ,eine  Nachricht^ 
in  den  Zeitungen  zur  Kenntniss  des  Publicums  gelangte.  Die 
Hinauszahlung  der  verlangten  Capitalien  sollte  daher  nach  und 
nach  bei  allen  Schuldenfonds  wie  bei  dem  Kupferamte  einge- 
leitet, bei  der  Staatsschuldencasse  damit  der  Anfang  gemacht 
und  sodann  später  auch  die  allgemeine  Aufkündigung  bei  den 
ständischen  Gassen  eingeführt  werden.  Hatzfeld  sprach  sich 
für  die  von  Zinzendorf  vorgeschlagene  Börse  aus,  jedoch  nur 
zu  dem  Zwecke,  weil  sie  den  Käufer  und  Verkäufer  von  Pa- 
pieren an  einem  Orte  versammle;  sie  werde  auch  den  Handel 
mit  Bancopapieren  erleichtern  und  jenen,  welche  die  ständischen 
Obligationen  kaufen  oder  verkaufen  wollen,  die  Gelegenheit 
geben,  dies  thun  zu  können.  Geldeinlagen  des  Publicums 
sollten  mit  Ausnahme  der  Bank  bei  allen  Schuldencassen  an- 
genommen werden,  ,theils  um  damit  die  den  Fond  d'amortisse- 
ment  übersteigenden  Aufkündigungen  zu  bestreiten,  theils  um 
sich  im  Stande  zu  finden,  die  zu  den  Fristzahlungen  und  ausser- 
ordentlichen Ausgaben  unentbehrlichen  auswäi*tigen  Darlehen 
wo  nicht  zu  vermeiden,  doch  zu  vermindern'. 

Während  Zinzendorf  einen  Generalamortisationsfond  fUr 
die  gesammten  Staatsschulden  schafi^en  wollte,  trat  Hatzfeld 
flir  die  Aufrechterhaltung  der  bestehenden  Amortisationsfonde 
ein.  Seiner  Darlegung  zufolge  hatte  sich  die  Bank  bisher 
ein  allgemeines  Zutrauen  bei  dem  Publicum  erworben,  und  an 
der  Verfassung  desselben  sollte  daher  nichts  geändert  werden, 
weil  der  Credit  derselben  nicht  wohl  verbessert,  durch  eine 
Abänderung  aber  leicht  verringert  werden  könnte.  Nur  die 
Verwendung  des  Amortisationsfondes  erheischte  eine  systema- 
tische Einrichtung.  Die  Vorliebe  des  Publicums  flir  die  Bank, 
der  hohe  Werth  der  Banco-Obligationen,  welche  bereits  mit  ^/^ 
und    auch    1    Procent   Agio    abging,    bewirkte,   dass   wöchent- 


61 

lieh  kaum  5000  Gulden  aufgekündigt  wurden.  Es  gelangten  also 
beiläufig  250.000  Gulden  zur  Zahlung,  und  es  verblieben  1,250.000 
Gulden  von  dem  Amortisationsfonde  ohne  Verwendung.  ,Diese 
Summe,  meinte  Hatzfeld,  könnte  zwar  dem  Staate  gegen  Ein- 
räumung des  auf  57^  Procent  ausgemessenen  Fondes  geUehen 
und  dadurch  zum  Theil  die  Aufnahme  ausländischer  Anlehen 
vermieden  werden,  allein  auf  diesem  Wege  würde  der  Banco 
nach  und  nach  den  grössten  Theil  der  Einkünfte  des  Staates 
verschlingen  und  anderseits  dessen  Schulden  niemals  abnehmen. 
Dieser  Betrag  sollte  daher  zur  Verminderung  der  Bancoschulden 
verwendet  werden.  Die  Schuld  sei  bereits  auf  125  Millionen  an- 
gewachsen, mithin  so  gross,  dass  man  keine  solchen  Operationen 
wie  die  Herabsetzung  der  Interessen  werde  machen  können.  Das 
Publicum  sei  mit  diesen  Papieren  überhäuft,  die  Nachfrage  nach 
denselben  müsse  abnehmen.  Die  Banco-Obligationen  werden 
ihrer  innerUchen  Güte  ungeachtet  auch  an  Werth  verUeren, 
wenn  sie  ,zu  gemein^  werden.  Wolle  man  sich  also  des  Banco 
bei  Kriegs-  und  Friedenszeiten  mit  Nutzen  bedienen,  so  müsse 
man  einen  grossen  Theil  der  Obligationen  aus  dem  PubUcum 
bringen  und  dieselben  seltener  machen,  damit  der  Geldinhaber 
bei  einer  sich  ergebenden  Geldnoth  desto  begieriger  werde, 
seine  Gelder  dem  Banco  zu  übergeben.  Es  fragte  sich  nun, 
auf  welchem  Wege  die  Aufkündigung  vorgenommen  werden 
könne.  Früher  wurden  die  am  längsten  daselbst  angelegten 
Obligationen  hinausgezahlt.  Dies  war  dermalen  nicht  thunlich, 
weil  durch  die  Herabsetzung  der  Interessen  und  die  damit  ver- 
knüpfte Umschreibung  fast  alle  Obligationen  von  jüngerem 
Datum  waren.  Da  alle  ObUgationen  Jiummerirt  waren,  sollte 
durch  das  Loos  eine  Zahl  herausgezogen  werden  und  die  Hälfte 
des  zur  Verfügung  stehenden  Geldes  zur  Aufkündigung  der 
niedrigeren  und  die  andere  Hälfte  auf  die  Aufkündigung  der 
höheren  Nummern  verwendet  werden. 

In  ähnlicher  Weise  befürwortete  Hatzfeld  die  Aufrecht- 
erhaltung der  den  verschiedenen  Ländern  zugewiesenen  Amorti- 
sationsfonde. Bisher  wurden  dieselben  nur  zur  Zinsenzahlung 
verwendet,  in  Zukunft  dürfte  es  möghch  sein,  hinlänglich  Gel- 
der zur  Verfligung  zu  stellen,  um  alle  Aufkündigungen  an- 
nehmen zu  können  und  ihnen  jene  Rückzahlungsart  vorzu- 
schreiben, deren  sich  die  oberösterreichischen  Stände  mit  so 
gutem  Fortgange  bedienten.     Ein   Jeder  nämlich,   welcher   die 

4* 


52 

Rückzahlung  seines  Capitals  zu  erhalten  verlangte^  meldete  sich 
bei  dem  Steueramte,  welches  ihn  vormerkte  und  wöchentlich 
die  Summe  der  Vormerkungen  den  ständischen  Verordneten 
anzeigte.  Eine  gleiche  Vormerkung  werde  aber  über  die- 
jenigen gehalten,  welche  den  Ständen  Geld  anboten,  und  die 
Hinauszahlung  erfolgte  insoweit,  als  die  Mittel  des  Amortisations- 
fondes  oder  die  neu  angebotenen  Gelder  hiefÜr  ausreichten. 
Die  übrigen  Gläubiger  wurden  auf  die  folgenden  Termine  ver- 
wiesen,  jedoch  geschah  dies  selten,  weil  sich  die  aufgekündig- 
ten Gelder  mit  den  neu  angebotenen  gemeiniglich  ausglichen. 
Ein  ähnliches  System  schlägt  Hatzfeld  auch  für  Böhmen  und 
die  übrigen  Länder  vor,  allein  er  befUrchtet,  dass  der  einge- 
führte Zwang,  für  baares  Geld  nichts  als  Coupons  zu  erhalten, 
die  Einlagen  verhindern  dürfte.  ,Bei  dem  Vorschlage  des  Grafen 
Zinzendorf  könnte  dieser  Zwang  für  unschädlich  angesehen 
werden,  weil  man  das  Wohlwollen  der  Staatsgläubiger  zu  er- 
werben nicht,  nothwendig  hätte,  denn  dieselben  könnten  weder 
ihr  Geld  zurückfordern,  noch  das  überflüssige  dem  Staate  an- 
bieten, sondern  sie  werden  einfach  auf  die  Börse  verwiesen, 
wo  der  Amortisationsfond  den  Geldinhaber  zwinge,  entweder 
Staatspapiere  in  dem  Werthe  zu  verkaufen,  wie  er  ihn  vor- 
schreiben wollte,  oder  sich  des  Verkaufes  gänzlich  zu  ent- 
schlagen*. Nach  seinem  Vorschlage,  meint  Hatzfeld,  sei  aber 
das  Wohlwollen  des  Staatsgläubigers  und  des  Geldinhabers 
höchst  nothwendig,  sonst  werden  die  Aufkündigungen  zu  über- 
häuft, die  Einlagen  zu  sparsam,  wenn  blos  Coupon-Obligationen 
ausgegeben,  aber  Obligationen  nach  der  alten  Form,  wenn  auch 
aus  Eigensinn,  verlangt  werden;  werde  aber  den  ständischen 
Cassen  die  Aufkündigung  gestattet,  so  müsste  ihnen  auch  die 
Annahme  von  Geldern  erlaubt  werden;  die  Einleger  erhielten 
4  Procent  für  ihr  überschüssiges  Geld,  und  dem  Staate  werde 
die  Annehmlichkeit  zutheil,  so  viel  an  den  zur  Bestreitung 
der  Fristzahlungen  erforderlichen  inländischen  Darlehen  zu  er- 
sparen; die  Stände  müssten  nur  bestimmt  werden,  die  über- 
flüssigen Gelder  oder  den  nicht  zur  Verwendung  kommenden 
Amortisationsfond  der  Cameralcasse  gegen  verzinsliche  Cameral- 
papiere  zu  übergeben. 

Gleichzeitig  mit  diesem  ,Friedenscredit8ystem*  übei^ab 
Hatzfeld  zwei  Arbeiten,  ,erstes  und  zweites  Kriegsfinanzsystem* 
betitelt. 


53 

Was  dÄs  Kriegsfinanzsystera  anbelangt,  beziffert  Hatzfeld 
in  ähnlicher  Weise  wie  Zinzendorf  auf  Grund  des  Ausweises 
f&r  1763  45  Millionen  als  Bedarf  flir  das  erste  Kriegsjahr. 
Hievon  könnten  seiner  Meinung  nach  28  Millionen  bedeckt 
werden.^  Zinzendorfs  Vorschlag  zur  Beschaffung  der  übrigen 
17  Millionen  stand  in  innigem  Zusammenhange  mit  seinem 
Bankproject;  Hatzfeld  sprach  sich  dafür  aus,  den  inländischen 
und  ausländischen  Credit  hiefUr  in  Anspruch  zu  nehmen. 

In  einer  zweiten  Arbeit,  zweites  Kriegsfinanzsystem  be- 
titelt, war  Graf  Hatzfeld  anderer  Ansicht.  Bei  Beginn  des 
Krieges  wäre  durch  die  Einführung  der  ehemaligen  Bancozettel 
gleichsam  ein  von  der  Wiener  Stadtbank  abhängender  Banco  del 
deposito  zu  errichten,  welcher  nach  beendigtem  Kriege  durch 
Einziehung  der  sämmtlichen  Bancozettel  sein  Ende  erreichen 
müsse.  In  dem  ersten  Ejiegsjahre  werde  dieser  Banco  dem 
Staate  wenig  oder  gar  kein  Geld  bringen,  in  den  darauffolgenden 
Jahren  aber  einige  Millionen  unentgeltlich  und  gleichzeitig  auch 
einen  beträchtlichen  inländischen  Credit  verschaffen.  Diese  Banco- 
zettel sollen  dieselben  Eigenschaften  haben,  welche  man  den 
Papieren  der  vorgeschlagenen  Länderbank  beilegen  wollte,  fer- 
ner solle  der  Banco  berechtigt  sein,  für  diese  Zettel  verzinsliche 
Banco-Obligationen,  welche  ein  höheres  Interesse  als  die  anderen 
Staatspapiere  besitzen,  auszustellen.  Der  Banco  würde  dann  be- 
mtlssigt  sein,  durch  Einziehung  seiner  Bancobillete  5  Procent  für 
die  ausgestellten  Obligationen  zu  versichern,  weil  der  Geld- 
inhaber erst  nach  und  nach  die  Mittel  verlieren  werde,  sein  Geld 
höher  als  zu  4  Procent  anzulegen.  Wenn  aber,  wie  er  hoffe,  noch 
mehrere  Jahre  bis  zum  Abbruche  eines  BIrieges  verlaufen,  so 
würde  ein  Zins  von  47^  Procent  hinlänglich  sein,  den  Geldinhaber 
zu  bewegen,  Geld  dem  Banco  anzuvertrauen,  weil  er  gewohnt 
sein  wird,   kein   höheres  Interesse   als  4  Procent  zu    erhalten. 


'  Und  zwar  das  damalige  Erfordemiss  des  Militärs  mit  16,500.000  Gulden 
Der  Beitrag  ftir  die  niederländischen  Regimenter  mit  781.000  „ 
Die  Hälfte  der  deutschen  Contributionen  mit    .     .     .  5,092.400  „ 
Aus  den  Einkünften  der  Niederlande  und  Italiens      .  2,000.000  „ 
An  Interesse-Ersparung  durch  die  geleistete  Schulden- 
zahlung      1,300.000  „ 

Aus  dem  Amortisationsfonde 1,600.000  „ 

Erhöhung  des  Salzpreises  ans  Ungarn  und  Siebenbürgen  726.000  „ 

Zusammen  daher  28,000.000  Gulden 


54 

mithin  das  Plus  von  7»  Procent  für  einen  nicht  geringen  Vor- 
theil  ansehen  mUsse.  Der  Banco  dürfe  keine  Zettel  ausgeben, 
ohne  dafür  den  wahren  Werth  zu  empfangen,  und  es  sei  daher 
nothwendig,  auf  Mittel  zu  denken,  wodurch  der  Staat  dem  Banco 
für  seine  Zettel,  um  solche  in  Umlauf  zu  bringen^  so  bald  als 
möglich  das  baare  Geld  verschaflFe.  Hiezu  schlug  Hatzfeld  den 
,au8ländischen  Credit'  vor,  durch  welchen  die  zur  Bestreitung 
einer  Campagne  abgängigen  17  Millionen  aufzunehmen  seien. 
Die  auf  diesem  Wege  eingehenden  Gelder  wären  insgesammt 
in  Bancozettel  zu  verwandeln,  um  damit  alle  Zahlungen,  welche 
in  Papier  geschehen  können,  zu  bestreiten,  so  für  Besoldungen, 
Pensionen,  Lieferungen,  ebenso  könnten  «einige  Zinsenzahlungen 
ohne  Bedenken  damit  beghchen  werden.  Seiner  Meinung  nach 
bestand  der  Nutzen  dieser  Operation  in  Folgendem:  Erstlich 
werden  beträchtliche  Summen  Geldes,  und  zwar  während  der 
Kriegsjahre  unentgeltlich  zufliessen,  und  zweitens  werde  der  in- 
ländische Geldinhaber  seine  Baarschaft  dem  Staate  freiwiUig 
anbieten.  Als  Beweis  führt  er  an,  dass  das  Publicum  in  die 
Bank  nunmehr  das  volle  Vertrauen  setze,  und  es  sei  also  nicht 
zu  vermuthen,  dass  die  Bancozettel  mit  Widerwillen  angenom- 
men werden,  da  man,  so  bald  man  wolle,  dafUr  sein  Geld 
empfangen  könne,  weil  ja  der  Werth  der  ausgegebenen  Banco- 
zettel in  Baarem  vorliegen  werde.  Es  sei  daher  mit  einer  ge- 
wissen Sicherheit  anzunehmen,  dass  ein  nicht  geringer  Theil 
derselben  zur  Auswechslung  gegen  baares  Geld  nicht  gelangen 
werde.  Auch  die  gezwungenen  Zahlungen,  d.  h.  solche,  welche 
durch  Bancozettel  entrichtet  werden  müssen,  werden  die  Noth- 
wendigkeit  herbeiführen,  sich  mit  denselben  zu  versehen,  imd 
auch  ,den  misstrauenden  Theil  des  Publicums  zur  Zurückhaltung 
dieser  Bancozettel  verleitend  Was  nun  die  Geldeinlagen  an- 
belangt, glaubt  er  sich  einen  glücklichen  Fortgang  versprechen 
zu  können.  Dem  Geldinhaber  werden  Banco-Obligationen  an- 
geboten, die  ihm  ein  höheres  Interesse  als  das  bisherige  bringen; 
die  Masse  des  Geldes  werde  in  Kriegszeiten  durch  die  ausser- 
ordentlichen Ausgaben  des  Staates  und  theils  durch  den  grös- 
seren Umlauf  des  Geldes,  worunter  auch  die  Bancozettel  zu 
rechnen  sind,  vermehrt;  ausser  den  Lieferanten  werden  die 
Geldinhaber  und  Wucherer  selbst  nicht  leicht  Gelegenheit  haben, 
ihr  Geld  vortheilhafter  als  durch  Einlage  im  Banco  mit  Banco- 
zetteln   anzulegen,   weil   die  Anfrage  nach  dem  Gelde  bei  den 


55 

Privaten,  da  von  keinem  gezwungenen  Darlehen  die  Rede  sei, 
in  Kriegszeiten  nicht  grösser  als  in  Friedenszeiten  sein  werde. 
Es  frage  sich  nur,  auf  welche  Summe  man  mit  einigem  Grunde 
rechnen  könne.  Während  des  letzten  Krieges  wurden  7  Mil- 
Uonen  Bancozettel  in  Banco-Obligationen  in  zwei  Jahren,  mithin 
3V2  Millionen  in  einem  Jahre  umgesetzt;  künftig  werde  wohl 
eine  grössere  Summe  darin  angelegt  werden,  denn  früher  waren 
zu  wenig  Bancozettel  im  Publicum  in  allen  Ländern  zerstreut, 
und .  sie  konnten  daher  erst  durch  einen  längeren  Zeitraum  hier 
in  Wien  gesammelt  und  zur  Umwechslung  gebracht  werden. 
Auch  wurden  die  Zwangszahlungen  nicht  gleich  nach  dem 
Kriege  aufgehoben,  deshalb  wurden  auch  die  Bancozettel  von 
Vielen  zurückbehalten,  ja  sie  wurden  so  selten,  dass  sie  gegen 
baares  Geld  ein  2V2-procentiges  Agio  besassen,  künftighin  aber 
werden  die  Verhältnisse  beim  Ausbruch  eines  Krieges  bezüglich 
der  Verwechslung  der  Bancozettel  in  ObHgationen  noch  weit 
vortheilhafter  sein,  da  sein  Antrag  dahin  gehe,  20  Millionen 
hinaoszugeben.  Diese  Summe  werde  hinlänglich  sein,  um  einem 
Jeden  es  zu  ermöglichen,  sich  so  viel  zu  verschaffen,  als  er 
zur  Ueberkommung  der  Banco-Obligationen  auf  ein  höheres  Pro- 
cent nöthig  habe.  Er  glaube  daher  annehmen  zu  können,  dass 
mittelst  der  Banco-OUigationen  5  Millionen  zurückfliessen  werden, 
welche  sodann  ohne  Bedenken  wieder  zur  Bestreitung  der 
Kriegserfordemisse  verwendet  werden  können,  weil  deren  Werth 
sich  baar  in  der  Gasse  befinden  müsse.  Bei  dem  Länderbank- 
sjstem  habe  man  angenommen,  dass  sich  in  Friedenszeiten 
6  Millionen  Bancozettel  in  Curs  erhalten  werden,  er  glaube  sich 
daher  nicht  zu  irren,  wenn  er  in  Kriegszeiten  einen  höheren 
Umlauf,  also  8  Millionen  annehme,  daher  man  ein  gleiches 
Quantum  von  der  fUr  die  Bancozettel  deponirten  Geldmasse  zur 
Bestreitung  der  Kriegsausgaben  werde  verwenden  können.  Auf 
diese  Art  erhalte  der  Staat  für  das  dritte  Kriegsjahr  abermals 
einen  Vorschuss  von  4  Millionen,  und  da  nun  anzunehmen  sei, 
dass  durch  den  Verlauf  des  zweiten  Kriegsjahres  5  Millionen 
Bancozettel  in  Banco-ObUgationen  werden  umgesetzt  werden, 
80  könnten  dieselben  im  dritten  Kriegsjahre  als  ein  neuer  Fond 
wiederum  verausgabt  werden.  Für  die  folgenden  Kriegsjahre 
werde  sein  Vorachlag  so  weit  nützen,  dass  das  bei  den  inländi- 
schen Geldinhabem  befindliche  müssige  Geld  den  Gassen  der 
Bank    durch   Umwechslung   in   Bancozettel    einfliessen    werde; 


56 

dadurch^  sowie  durch  die  Aufiiahmc  von  6  Millionen  in  der 
Fremde  werde  man  schlimmstenfalls  im  Stande  sein^  die  Be- 
dürfnisse zu  beschaffen. 

Die  Aufbringung  der  für  das  erste  Kriegsjahr  erforder- 
lichen 17  Millionen  dürfte  das  Schwerste  sein,  und  es  wäre  da- 
her nothwendig,  ehe  das  Publicum  von  einem  unvermeidlichen 
Kriege  die  Nachricht  erhalte,  fremde  Anlehen  einzuleiten.  Den 
auswärtigen  Gläubigem  sei  alle  Willfilhrigkeit  zu  bezeigen  und 
das  gegebene  Wort,  wenn  es  auch  dem  Staate  lästig  sein  sollte, 
auf  das  Genaueste  zu  erftülen.  Die  Staatskanzlei  habe  in  Kriegs- 
zeiten in  einem  Jahre  7  Millionen  aufgebracht,  und  es  sei  da- 
her für  die  Zukunft  ebenfalls  ein  Gleiches  zu  hoffen,  da  der 
Credit  der  niederländischen  Finanzen  auf  das  Höchste  gestiegen  sei 
und  die  daselbst  befindliche  Geldmasse  sich  alljährlich  vermehre. 
In  Amsterdam  würde  es  nicht  schwer  sein,  in  Friedenszeiten 
in  einem  Jahre  10  Millionen  aufzubringen,  da  der  Credit  des 
Hofes  daselbst  ein  grosser  sei.  Das  Sardi'sche  Anlehen  von 
2  Millionen  war  in  wenigen  Stunden  gezeichnet,  obwohl  man 
kurz  vorher  durch  Verbrougge  und  Goll  eine  gleiche  Summe 
aufgenommen  hatte,  ja  aus  den  Briefen  Sardi's  gehe  hervor, 
dass  viele  Geldinhaber  bei  der  Zeichnung  des  Darlehens  wei- 
tere Summen  angeboten  haben,  im  Falle  man  dieselben  in  Wien 
annehmen  wollte.  Daraus  glaube  er  entnehmen  zu  können, 
wenn  er  sich  schmeichle,  in  Amsterdam  5  Millionen  aufbringen 
zu  können.  In  der  Schweiz  und  in  Genf  sind  neue  Geldquellen 
eröffnet  worden,  und  es  dürfte  daher  nicht  unmöglich  sein,  in 
diesen  beiden  Orten  nebst  Genua  und  Mailand  die  zur  Ergän- 
zung von  17  Millionen  noch  nöthigen  Summen  zu  finden.  Hatz- 
feld  weist  im  weiteren  Verlaufe  seiner  Arbeit  darauf  hin,  dass, 
wenn  zu  gleicher  Zeit  an  einem  von  den  oben  angeführten 
Plätzen  Darlehen  für  den  hiesigen  Hof  und  fUr  andere  Kronen 
eröffnet  werden  sollten,  dennoch  der  grössere  Zulauf  für  Oester- 
reich  sein  werde,  wenn  jene  auch  den  Geldinhabem  vortheil- 
haftcre  Bedingnisse  eingestehen  würden,  höchstens  werde  man 
sich  in  Kriegszeiten  entweder  zu  einer  grösseren  Provision  oder 
zu  einem  höheren  Procentsatze  verstehen  müssen. 

Seine  Ueberzeugung,  die  sich  zur  Erhaltung  seines  Kriegs- 
creditsystems  bewähren  müsse,  beötehe  darin,  dass  die  Staats- 
papiere während  der  IWegszeiten  keinen  oder  nur  einen  ge- 
ringen Rabatt  leiden  werden,  imd  dies  zu  bewirken,  müssen  die 


57 

gehörigen  Mittel  in  Friedenszeiten  ergriffen  werden.  Durch  ge- 
schickte Veranstaltungen  lasse  sich  der  Werth  eines  auch  nicht 
in  Credit  stehenden  Papieres  erhalten.  Es  wäre  in  Kriegszeiten 
zu  wünschen,  die  Aufkündigungen  auf  gleichem  Fusse  anneh- 
men zu  können,  allein  dies  dürfte  nicht  thunlich  sein.  Man 
müsse  sich  begnügen,  denjenigen  die  aufgekündigten  Capitalien 
hinauszuzahlen,  von  denen  man  versichert  sein  kann,  dass  die 
Eigenthümer  derselben  bedürftig  seien.  Es  sei  freilich  zu  be- 
fürchten, dass  in  Kriegszeiten  durch  Wucher  und  durch  den 
Vorwand  von  Bedürfnissen  CapitaUen  verlangt  werden  dürften, 
allein  er  glaube  nicht,  dass  dies  in  grosser  Ausdehnung  der 
Fall  sein  werde.     Soweit  Hatzfeld. 

Klar  und  eingehend  übte  Graf  Ludwig  Zinzendorf  an  den 
Vorschlägen  Hatzfeld's  Kritik;  das  ,System'  sei  ,kostbar',  unzu- 
länglich zur  Erreichung  des  vorgesetzten  Zieles  und  bereite  die 
Mittel  für  den  künftigen  Krieg  nicht  vor.  Die  Einlagen,  wor- 
auf Hatzfeld  seinen  Plan  gründe,  um  die  etwaigen  Aufkündi- 
gungen bestreiten  zu  können,  dürfl;en  nicht  hinreichend  genug 
sein,  denn  dieselben  werden  um  so  geringer  sein,  als  die  täg- 
lich steigende  Industrie  eine  vortheilhaftere  Verwendung  des 
Geldes  ermöglichen  werde.  Auch  die  grossen  Beträge  der 
Staatsschuld,  denen  die  Aufkündigung  zugestanden  werden  soll, 
erregen  Bedenken.  Die  Wiedereinführung  der  seit  zwölf  Jahren 
sistirten  Aufkündigung  sei  nicht  vortheilhaft,  im  übrigen  Europa 
sei  dieselbe  unbekannt,  dieses  Recht  bilde  keinen  wesentUchen 
Theil  des  öffentUchen  Credites.  Auch  das  Pubhcum  sehe  die 
Aufkündigung  mit  anderen  Augen  an.  Die  gesammte  Amorti- 
sationssumme für  die  verschiedenen  Gattungen  von  Schulden  be- 
trage 2,843.836  Gulden,  und  man  rechne  auf  Einlagen.^  Wie, 
wenn  die  Einlagen  bei  den  Gassen  nicht  hinreichen? 

In  den  Augusttagen  fanden  mehrere  Sitzungen  des  Staats- 
rathes  statt,  in  denen  die  Anträge  der  beiden  Finanzminister 
zur  Berathung  kamen.  Nach  reifer  Erwägung,  heisst  es  in  den 
Protokollen,  habe  man  sich  einhellig  vereinbart,  dass  von  dem 
Friedenssysteme  des  Grafen  Hatzfeld  der  Gebrauch  nicht  zu 
machen,  von  dessen  Vorschlägen  auch  für  den  Krieg  einige 
Sicherheit  nicht  zu  erwarten  sei.  Ein  Friedenssystem  bestehe 
schon,  nachdem  die  ganze  Staatsschuld  mit  einem  Amortisations- 


*  Die  tBemerkuDgen*  Zinzendorf  s  am  12.  Juli  1768  übergeben. 


58 

fonde  von  1  Vi  Procent  grundsätzlich  versehen  sei;  der  von  der  Ge- 
sammtsumme  fehlende  Betrag  von  357.982  Gulden  107»  Kreuzer 
sei  zu  beschaffen  und  als  Gesetz  festzustellen^  dass  die  f\ir  Ca- 
pitals-  und  Interessenzahlung  einmal  augewiesenen  Gelder  zu 
keinem  anderen  Zwecke  verwendet  werden  können.  Der  ge- 
sammte  Amortisationsfond,  sowohl  derjenige  fUr  die  Bancoschuld 
als  auch  flir  die  ständischen  Schulden,  sei  zusammenzuziehen 
und  nach  dem  Vorschlage  Zinzendorf  s  zur  Einlösung  der  öffent- 
lichen Creditpapiere  auf  der  Börse  nützlich  anzuwenden.  Bis 
dieselbe  errichtet  sei,  seien  Capitalskündigungen  bei  jenen 
Gassen,  wo  solche  dem  Gläubiger  zugesagt  seien,  zu  gestatten, 
später  jedoch  nicht.  A  vista-Zahlungen  seien  nicht  zuzugestehen. 
Von  dem  Banco  seien  künftighin  nur  Obligationen  in  der  neuen 
Form,  soweit  es  thunlich  und  ohne  Schmälerung  des  Credits 
geschehen  könne,  auszugeben. 

Was  das  ,Kriegssystem'  anbelangt,  war  die  Commission 
mit  Stupan  einverstanden,  dass  sich  für  den  Krieg  ein  Credit- 
system  mit  sicherer  VerlässUchkeit  nicht  bestimmen  lasse,  nach- 
dem das  Erfordemiss  im  Vorhinein  sich  mit  Gewissheit  nicht 
berechnen  lasse.  Die  Erhöhung  der  Abgaben  werde  nicht  hin- 
reichen, man  werde  zum  Credit  greifen  müssen.  Die  Majorität 
war  der  Ansicht,  dass  kein  anderes  Mittel  als  der  ,circulante' 
Credit  unverzinslicher  Papiere  aufgefunden  werden  könne, 
wie  solcher  von  Zinzendorf  bei  seinem  Vorschlag  über  die 
Länderbank  in  Antrag  gebracht  worden  sei;  allein  gleichzeitig 
erklärte  sich  die  Majorität  gegen  die  Gründung  eines  derartigen 
Institutes,  ,weil  dasselbe  von  den  Majestäten  im  Vorjahr  ab- 
gelehnt und  den  Ständen  hievon  Mittheilung  gemacht  worden 
sei',  auch  müsse  man  sich  gegen  den  ,Zwang'  des  von  Zinzen- 
dorf befürworteten  Papiergeldes  erklären.  Die  Emittirung  der 
Bancozettel  sei  bei  Beginn  des  Krieges  dem  Bancoinstitute  zu 
übertragen.  Die  Minorität,  Starhemberg,  der  in  einem  beson- 
deren Schriftstück  sein  Votum  begründete,  und  Binder,  sprach 
für  die  Errichtung  der  Länderbank.* 


^  Protokolle  vom  12.,  15.,  17.  und  19.  August  1768.  Ein  entschiedener 
Gegner  des  Bankprojects  war  Borie;  bereits  bei  den  Berathungen  im 
Jabre  1767  batte  er  sieb  gegen  die  Errieb tung  ausgesprocben,  und 
aucb  in  den  späteren  Stadien  der  Berathung  bielt  er  an  seinen  An> 
siebten  fest.  Der  Zwang,  Hess  er  sieb  vemebmen,  welcber  bei  Bestel- 
lung einer  Bank  verknüpft  sei,   sei  als   eine  beschwerliche  Landpla^^ 


59 

Graf  Zmzendorf  erhielt  von  der  Kaiserin  durch  den  Grafen 
Starhemberg  den  mündlichen  Auftrag,  einen  verbesserten  Vor- 
schlag zu  machen,  um  die  bei  der  Berathung  im  Jahre  1767 
gemachten  Anstände  gänzlich  zu  beheben,  ,die  Administration 
simpler'  und  weniger  ,ko8tbar^  zu  gestalten;  die  Kosten  der 
Bank  sollten  weder  dem  Aerar,  noch  dem  Publicum  zur  Last 
fallen,  vielmehr  fUr  beide  einen  Gewinn  abwerfen.  Graf  Zinzen- 
dorf  hatte  die  Garantie  der  Stände  gefordert,  wogegen  Einwen- 
dungen erhoben  worden  waren,  und  er  erörterte  daher  die 
Frage,  ob  überhaupt  eine  Garantie  nothwendig  sei.  Seit  dem 
letzten  Jahrhundert,  legte  Graf  Zinzendorf  dar,  habe  das'  An- 
sehen in  den  meisten  monarchischen  Staaten  abgenommen;  in 
Oesterreich  trete  diese  Erscheinung  seit  zwanzig  Jahren  her- 
vor; aber  die  Devotion  der  deutsch-erbländischen  Stände  kenne 
keine  Grenzen.  Die  angeregten  Zweifel  über  die  Wirksamkeit 
der  Garantie  der  Stände  habe  ihn  unangenehm  berührt,  weil 
dadurch  eine  Schwächung  des  dem  Landesfürsten  jetzt  mehr 
als  je  nothwendigen  öffentlichen  Credites  eintreten  würde.  Cre- 
dit bestehe  im  Vertrauen,  welches  der  Gläubiger  in  den  Schuld- 
ner setze;  kein  Zweifel,  dass  ein  Privater  lieber  sein  Capital 
einer  Landschaft  anvertrauen  werde,  deren  kräftiger  Fürsprache 
bei  dem  Landesfürsten  er  ein  gewisses  Gewicht  beilege,  als 
dass  er  dasselbe  einem  öffentlichen  Fonde  übergeben  sollte, 
dessen  Schicksal  den  öfters  gefährlichen  Entschliessungen  eines 
Finanzministers  überlassen  ist.  Gesetzt  auch,  das  gegenwärtige 
ständische  Ansehen  bestünde  in  der  blossen  Einbildung,  so  habe 
Niemand  mehr  als  ein  Finanzminister  diese  Wahrheit  dem 
Publicum  zu  verbergen  Ursache.  Auf  eine  Bank,  die  auf  dem 
Cameralcredit  beruhe,  könne  nicht  eingerathen  werden.     Auch 


anzusehen,  welche  den  kaum  auflebenden  Credit  und  Handel  nieder- 
drOckeu  und  alles  Volk  in  Missmuth  und  Misstrauen  setzen  würde. 
Aach  die  Beschränkung  der  landesfUrstlichen  Gewalt  durch  Uebernahroe 
der  Crarantie  von  Seiten  der  Landstände,  sei  zu  besorgen,  sowie  dass  ein 
solcher  erster  Anfang  der  Erhebung  der  Gewalt  der  Stände  weitere 
Folgen  gebären  und  der  monarchischen  Verfassung  des  (österreichischen 
Staates  gefährlich  werden  könnte.  Nicht  die  Sache,  sondern  die  Form  sei 
missrathen;  was  die  Länderbapk  Gutes  wirken  kOnne,  vermOge  auch  der 
Wiener  Banco  zu  leisten.  Das  Publicum  verabscheue  den  Zwang.  (Votum 
vom  19.  August  1768.) 

Binder  erklärte  sich  in  einem  Gutachten  vom  28.  August  1768  für 
einen  unaufkündbaren  Credit    Die  Aufkündigung  könnte  zur  Unzeit  er- 


60 

gegen  den  bei  der  Berathung  im  Vorjahre  gemachten  Vorschlag 
die  Garantie  der  Stadtbank  aufzutragen^  sprach  sich  Zinzen- 
dorf  aus.  Die  neue  Bank  erfordere  in  ihrer  Verwaltung  eine 
gewisse  Publicität  und  die  unverbrüchliche  Beobachtung  ihrer 
Fundamentalgesetze;  die  Direction  des  Wiener  Stadtbanco  da- 
gegen sei  grösstentheils  dem  Ermessen  des  vorgesetzten  Ministers 
überlassen.  Wenn  die  neue  Bank  dem  Staate  Vorschüsse  machen 
sollte,  dürfte  dies  nur  gegen  Sicherheiten  erfolgen.  Verheim- 
lichung sei  nicht  zu  gestatten.  So  glaube  das  Publicum  kaum, 
dass  die  sämmtlichen  dem  Wiener  Stadtbanco  eingeräumten  Ge- 
fälle lediglich  zur  Sicherheit  der  Interessen  und  des  Capitals  der 
Gläubiger  bestimmt  seien;  der  neue  Recess  mit  der  Bank,  wo- 
durch die  bisher  zur  Bedeckung  bestimmten  10  Procent  auf 
57^  Procent  herabgemindert  wurden,  sei  dem  Publicum  unbe- 
kannt. Zinzendorf  schlug  nun  vor,  dass  die  niederösterreichi- 
schen Stände  die  Garantie,  der  Landmarschall  die  Administra- 
tion übernehmen  solle.  Die  Kosten  würden  sich  auf  133.500 
Gulden  belaufen,  zu  deren  Bestreitung  blos  erforderlich  wäre, 
dass  3V2  MilUonen  unverzinsHch  der  Bank  zufliessen  würden  und 
gegen  4-procentige  Interessen  verwerthet  werden.  Starhemberg 
und  Binder  befürworteten  in  entschiedener  Weise  diesen  ver- 
besserten Vorschlag.  Eine  definitive  Entscheidung  der  Kaiserin 
erfolgte  jedoch  nicht.  ^ 

Erst  am  5.  Mai  1769  kam  die  Angelegenheit,  welche  seit 
Jahren    die    betheiligten  Kreise   beschäftigte,  zum  Abschlüsse.* 


folgen  und  gar  leicht  einen  Banquerott  veranlassen  oder  wenigstens  den 
Schuldner  nOthigen,  eine  namhafte  Summe  beständig  in  der  Casse  liegen 
zu  lassen;  die  Landesgesetze  sollten  wie  in  England,  Frankreich,  Hol- 
land, Niederland  den  Debitor  begünstigen.  Die  Bank  sollte  10  Millionen 
unverzinslich  und  auf  jedesmalige  Aufkündigung  zahlbare  Billets  aus- 
stellen und  zugleich  Buchcredit  eröffnen,  jedoch  nur  gegen  haaren  Erlag 
des  Geldes  in  die  Bank. 

Das  Schriftstück  Zinzendorf  s  vom  26.  August  1768;  die  Kaiserin,  heisst 
es  in  der  Entschliessung  (September  1768),  könne  ,der  Bank  wegen  sich 
unmöglich  resolviren,  selbe  einzuführen,  würde  aber  gerne  darüber  die 
Ursachen  weiters  vernehmen,  die  sie  eines  anderen  persuadiren  könnten*. 
Circulanter  Credit,  heisst  es  in  einer  g^egen  Zinzendorf  und  für  Hatzfeld 
eintretenden  Denkschrift,  wurde  in  anderen  Ländern  von  den  Kaufleuten 
gefordert;  der  österreichische  Handelsstand  sei  noch  niemals  auf  den  Ge- 
danken verfallen  und  würde  ihn  ebensowenig  wie  das  Publicum  einge- 
führt wünschen;  er  würde    demselben   wohl  keinen  Schaden,  aber  auch 


61 

Die  Vorschläge  des  Grafen  Hatzfeld  wurden  genehmigt.  Eine 
Börse  sollte  errichtet,  den  Ländern  der  Amoiüsationsfond  in 
der  bisherigen  Bestimmung  belassen,  Aufkündigungen  ange- 
nommen und  die  aufgekündigten  Capitalien  nach  Ablauf  der 
Frist  rückgezahlt  werden;  hiezu  seien  die  Amortisationsfonde 
und  die  neu  angelegten  Capitalien  von  Privaten  zu  verwenden. 
Sollten  aber  die  Aufkündigungen  höher  steigen,  so  müsse  von 
Seiten  der  Schuldendirection  eine  anderweitige  Hilfe  verschafft 
werden.  Die  Finanzstellen  haben  in  Ueberlegung  zu  nehmen, 
in  welchem  Lande  mit  den  Aufkündigungen  angefangen  und 
später  fortgefahren  werden  soll.  Die  Amortisationsfonde  seien 
nicht  zu  anderen  Zwecken  zu  verwenden  und  bei  etwaigem  Be- 
darfe  eher  neue  Schulden  zu  machen.  Vierteljährlich  sei  der 
Ausweis  über  die  Verwendung  der  Amortisationsfonde,  sowie 
über  den  Stand  der  Staatsschuld  vorzulegen.  Zur  Unterstützung 
der  Börse  sollen  nur  die  etwaigen  Ueberschüsse  des  Amortisa- 
tionsfondes,  sowie  die  Einlagen  bei  dem  Kupferamte  verwendet 
werden;  erforderlichen  Falls  habe  die  Bank  mit  ihrem  Credit 
der  Börse  an  die  Hand  zu  gehen. 

Gleichzeitig  wurde  auch  die  Genehmigung  zur  Wieder- 
einführung der  Banknoten  ertheilt,  jedoch  sollte  ihnen  die 
Eigenschaft,  gegen  4-procentige  Obligationen  umgewechselt  zu 
werden,  benommen  sein;  dieselben  sollten  nicht  nur  in  allen 
kaiserlichen  und  ständischen  Cassen  in  ihrem  vollen  Werthe  an 
Zafalungsstatt  angenommen,  sondern  auch  bei  allen  Bancalcassen 
in  den  Hauptstädten  jederzeit  in  baares  Geld  umgesetzt  werden 
können.  Diese  Banknoten '  sollen  nicht  anders  als  gegen  baares 
Geld  hinausgegeben,  alle  in  dem  Banco  umlaufenden  GefHIlszah- 
lungen  zur  Hälfte  in  Bancozetteln  entrichtet  werden.  Auf  diese 
Weise,  heisst  es  am  Schlüsse  der  kaiserlichen  Entschliessung, 
werde  auch  die  Börse  eine  neue  Unterstützung  finden,  weil  ein 


keinen  Nutzen  bringen.  Auch  in  diesem  Votum  wird  auf  den  ,unAnge- 
nehmen  Zwangt  hingewiesen,  den  die  Ausgabe  der  Zettel  mit  sich  führen 
und  der  Befürchtung,  dass  grosse  Papieremissionen  eintreten  könnten, 
Ausdruck  gegeben.  Die  Errichtung  einer  Börse  verwarf  der  Votant  eben- 
£idli,  obwohl  auch  Graf  Hatzfeld  sich  dafür  ausgesprochen  hatte.  Bezüg- 
lich der  principiellen  Frage,  schon  in  Friedenszeiten  für  den  Krieg  Vor- 
sorge zu  treffen,  wird  bemerkt,  dass  schwerlich  ein  System  gefunden 
werden  könne,  wodurch  dies  möglich  wäre.  Das  Votum  ohne  Unterschrift 
Tom  9.  Februar  1769. 


62 

Theil  des  für  die  hinausgegebenen  Bancozettel  eingenommenen 
Geldes  lediglich  auf  der  Börse  verwendet  werde  solle. ^ 

Graf  Hatzfeld  hatte  einen  vollen  Sieg  über  seinen  Rivalen 
davongetragen.  Von  den  Vorsehlägen  des  Grafen  Zinzendorf 
war  die  Bank  beseitigt  und  blos  die  Reorganisirung  der  Börse 
und  die  Wiederausgabe  der  Bancozettel  genehmigt  worden. 
Die  Frage  über  die  Amortisationsfonde  wurde  gegen  Zinzendorf 
entschieden,  obgleich  dessen  Vorschläge  geeigneter  gewesen 
wären,  dauernd  Ordnung  im  Staatshaushalte  und  eine  Verein- 
fachung in  der  Verwaltung  der  Staatsschuld  herbeizuführen. 
Die  Verrechnungen  mit  den  einzelnen  Gassen  nahmen  viel  Zeit 
in  Anspruch.  Zinzendorfs  Vorschlag,  die  Aufkündigung  von 
Seite  der  Gläubiger  zu  beseitigen,  entsprach  jedenfalls  mehr 
der  wirklichen  Finanzlage  des  Staates,  die  sich  wohl  im  Laufe 
der  letzten  Jahre  gebessert  hatte,  aber  keine  glänzende  war, 
da  noch  immer  zur  Bestreitung  des  Bedarfes  Anlehen,  wenn 
auch  zu  einem  geringeren  Zinsfusse  aufgenommen  werden 
mussten.  NamentUch  war  es  ein  Verdienst  des  Fürsten  Eaunitz, 
dass  die  in  den  Niederlanden  aufgenommenen  Anlehen  unter 
günstigen  Bedingungen  abgeschlossen  und  auch  die  Rückzah- 
lungstermine für  die  während  des  Krieges  von  den  Ständen 
geleisteten  Vorschüsse  verlängert  wurden,  wodurch  sich  die 
Staatsbilanz  günstiger  gestaltete. 

Durch  die  bisher  erflossenen  kaiserlichen  EntSchliessungen 
war  blos  das  Friedenssystem  geregelt.  In  Folge  einer  kaiser- 
lichen Weisung  kam  nun  das  Finanzsystem  in  Kriegszeiten  im 
Herbste  1769  wieder  auf  die  Tagesordnung.  Ein  Anlehen  war 
nämlich  zur  Bestreitung  ausserordentlicher  Erfordernisse  noth- 
wendig  geworden,  -und  man  beabsichtigte  dasselbe  bei  den  Wech- 
selhäusem  in  Amsterdam  und  Genua  aufzunehmen.  Eine  kaiser- 
liche Weisung  an  den  Grafen  Hatzfeld  besagte:  ,Er  hat  den 
ernsteren  Gedanken  dahin  zu  nehmen,  ein  solches  Finanz-  und 
Creditsystem  bald  zu  Stande  zu  bringen,  durch  welches  nöthige 
Darlehen  inner  Landes  gefunden  und  wenigstens  den  öigenen 
Unterthanen  die  Vortheile,  so  den  Fremden  als  Provisionen  und 
Gewinnsätze  u.  s.  w.  zufliessen,  zu  Theil  werden  mögen.'  Der 
Vortrag,  den  Graf  Hatzfeld  in  Folge  dieses  Auftrages  erstattete. 


^  Kaiserliche  Entschliessung  vom  5.  Mai  1769  auf  den  Vortrag  des  Qrafen 
Hatzfeld  vom  6.  Juni  1768. 


63 

beleuchtet  in  ausführlicher  Weise  seine  Finanzpolitik.*  Graf 
Hatzfeld  knüpfte  an  sein  der  Monarchin  überreichtes  Friedens- 
system  an,  wofür  er,  wie  er  sagte,  zum  Theil  die  Allerhöchste 
Gutheissung  zu  erlangen  so  glücklich  gewesen  sei.  Seinen  früher 
gemachten  Vorschlag,  die  Rückzahlung  der  Bancalschulden  durch 
Verloosung  vorzunehmen,  hielt  Qraf  Hatzfeld,  wie  er  nunmehr 
zugestand,  nicht  für  räthUch,  sondern  sogar  fUr  schädlich,  da 
ein  Sinken  des  Curses  zu  befürchten  sei,  weil  Niemand  gegen 
Aufkündigung  gesichert  wäre.  Wie  wir  gesehen,  hatte  Hatzfeld 
den  Ankauf  der  Banco-OWigationen  auf  der  Börse  in  seiner  ersten 
Arbeit  entschieden  bekämpft,  nun  sprach  er  sich  dafür  aus, 
nahm  also  den  Zinzendorf  sehen  Plan  auf,  wodurch  seiner  nun- 
mehrigen Behauptung  zufolge  der  Werth  der  Papiere  immer 
mehr  befestigt  würde.  Allerdings,  setzte  er  hinzu,  werde  man 
bei  dem  Ankauf  um  den  Betrag  des  Agios  mehr  zahlen  müssen.* 
Wichtiger  ist  ein  zweiter  Vorschlag  des  Finanzministers. 
Bei  den  über  die  Verfassung  des  ständischen  Creditwesens  an- 
gestellten Betrachtungen,  heisst  es  in  dem  Vortrage,  habe  er 
gefunden,  dass  die  Stände  eines  jeden  Landes  nur  sich  allein 
zum  Augenmerk,  und  zwar  ohne  Beziehung  auf  andere  Länder 
haben.  Es  sei  unter  denselben  kein  Zusammenhang,  keine 
gegenseitige  Unterstützung,  jedes  Land  habe  nach  dem  Masse 
seines  Schuldenstandes  seinen  Amortisationsfond;  er  habe  daher 
einem  gemeinschaftlichen  Bande  nachzuspüren  gesucht,  wodurch 
das  Creditwesen  aller  Länder  einen  Zusammenhang  und  eine 
wechselseitige  Unterstützung  finde,  weil  nur  durch  Vereinigung 
der  bisher  so  getheilten  Kräfte  des  Staates  etwas  Nachdrück- 
liches und  Ergiebiges  zu  bewirken  gegründete  HoflFnung  sein 
könnte.  Dieses  gemeinschaftliche  Band  sei  die  Universalschul- 
dencasse  und  diese  habe  den  Mittelpunkt  des  gesammten  Cre- 
ditwesens, sowohl  des  staatlichen  als  auch  des  ständischen,  zu 
bilden.     In  seinem  früheren  Vortrage  hatte  Hatzfeld  auf  die  in 


'  Der  Vortrag  ist  vom  17.  September  1769  datirt,  wurde  am  4.  October 
1769  der  Kaiserin  überreicht  und  gelangte  am  8.  Jnli  1770  zurück. 

'  Mit  der  Errichtung  einer  BOrse  waren  alle  Centralstellen  einverstanden, 
nur  der  Commerzienrath  erhob  gegen  eine  Bestimmung  Bedenken,  dass 
der  Kauf  und  Verkauf  der  Creditpapiere,  dann  der  Wechselhandel  an 
die  BSrse  gebunden  sein  solle,  allein  bei  einer  Zusammentretung  bei 
dem  Ffirsten  Starhemberg  wurde  dieser  Anstand  nicht  als  bedenklich  er- 
kannt, und  in  einem  Vortrage  vom  17.  September  1769  suchte  Hatzfeld 


64 

Oberöstorroich  eingeftlhrte  Modalität  bei  Rückzahlung  der  Schul- 
den hingewiesen^  und  seitdem  ging  man  auch  in  Mähren  in 
ähnlicher  Weise  vor.  Böhmen  sollte  zuletzt  an  die  Reihe 
kommen^  da  bei  der  grossen  Schuldenmasse  des  Landes  die 
Aufkündigungen  beträchtlicher  sein  werden.  Die  Universal- 
schuldencasse  in  Wien  hatte  bisher  blos  die  Besorgung  der 
ausländischen  Schulden;  die  ihr  zugewiesenen  Fonde  reichten 
aber  nur  Eur  Verzinsung  hin.  Um  auch  die  Fristzahlungen 
einhalten  zu  können,  sollten  die  Einlagen  bei  den  ständischen 
(-assen  und  die  nicht  zur  Verwendung  gelangenden  Beträge 
der  Amortisationsfoude  herangezogen  werden,  wodurch  nach  der 
Meinung  Hatzfeld^s  ausländische  Anlehen  grösstentheils  ver- 
niiedou  und  die  bestehenden  vermindert  werden  könnten.  Auch 
von  den  Einlagen  bei  der  Kupferamtscasse  war  seiner  Meinung 
nach  eine  nicht  geringe  Aushilfe  zu  erwarten. 

Per  Hauptondzweck,  bemerkte  Hatzfeld  am  Schlüsse  seiner 
Dariegungen,  welchen  man  durch  die  Festsetzung  eines  Credit- 
sY$tems  zu  erreichen  trachte,  sei,  den  allgemeinen  Credit  des 
Staates  blühend  zu  machen  und  die  Geldinhaber  zur  Beibrin- 
gung ihrer  Baarsohaft  anzulocken,  damit  der  Staat  durch  inner- 
liches Vermögen  in  Stand  gesetzt  werde^  seine  Auslagen  zu 
bt\»lreiten,  ohne  eines  ausländischen  Darlehens  zu  bedürfen. 
Dit*^  könne  jedoch  nur  durch  zwei  Mittel  erreicht  werden: 
dur\*h  Krweckung  des  Zutrauens  und  der  Vorliebe.  Das  Zu- 
trauen, meinte  er,  sei  sowohl  bei  In-  und  AusISndem  bereits 
so  gut  befestigt^  dass  vielleicht  kein  Staat  in  Europa  diesfalls 
sich  eines  Vor<ugt*s  rilhmen  könne«  die  Vorliebe  jedoch  sei 
nickt  in  s\>Ichem  i^rade  w^rhanden«  die  jeiloch  leicht  za  erlangen 
wäre«  wenn  dem  licldiuhal^r  die  voUkommene  Bequemüclikeit 


V^HBi^y  y^»m»»k  <tm»rf»W%cit;  iIik  iV«inK*«  »««»tf4«tt  Hurfilt  ^mk 
IhttdtMmm  )lai%ft  nn»w>fc  ^"«iMii  >>«(4»  mh  ),  A|«xl  im 


65 

verschafft  werde,  seines  Geldes  im  Falle  der  Nothwendigkeit 
wieder  habhaft  werden  zu  können,  sodann  wenn  ihm  die  Frei- 
heit belassen  werde,  flir  baares  Geld  jene  Papiere  zu  erlangen, 
welche  er  zu  seinem  Gebrauche  am  fUrträglichsten  erachte. 
Durch  die  vorgeschlagenen  Mittel  hoffe  er  ausländische  Anlehen 
zu  vermeiden;  die  ausserordentlichen  Ausgaben  des  Staates 
dürfen  jedoch  nicht  zu  übermässig  sein,  und  wenn  ausserordent- 
liche Hilfe  nothwendig  sei,  habe  er  die  Absicht,  dieselbe  bei 
den  Unterthanen  der  Kaiserin  in  Wälschland  und  in  den  Nieder-' 
landen  zu  erlangen.  Da  diese  beiden  Staaten  nicht  als  aus- 
ländisch, sondern  als  ein  Theil  der  österreichischen  Monarchie 
anzusehen  sind,  sei  auch  kein  Bedenken,  bei  etwaigem  Abgange 
in  den  deutschen  Finanzen  dort  die  Unterstützung  zu  suchen; 
in  den  hiesigen  Ländern  aber  ein  ordentliches  Anlehen  aufzu- 
nehmen, wäre  in  Friedenszeiten  niemals  räthlich. 

Ueber  diese  Anträge  wurden  die  Gutachten  der  Staats- 
räthe  abgefordert.  Stupan  sprach  sich  gegen  dieselben  aus: 
In  der  eingebildeten  Freiheit  und  Unabhängigkeit  der  Stände 
von  dem  Camerale  bestehe  der  Hauptcredit,  der  einem  jeden 
Lande  zugewiesene  Amortisationsfond  sei  den  Ständen  zur  Til- 
gung ihrer  Schulden  zu  belassen.  Starhemberg  äusserte  sich 
dahin,  es  fehle  dem  System  Hatzfeld's  ,an  einem  wahren  End- 
zweck und  an  der  Verbindung  seiner  verschiedenen  Theile^, 
dass  davon  kein  Nutzen  zu  erwarten  sei;  für  den  Krieg  sei  es 
nicht  ausreichend.^  Auch  Bori^  erklärte  sich  dagegen.  Diese 
Universal-Schuldencasse,  behauptete  er,  sei  nur  eine  Cameral- 
casse,  das  Publicum  setze  aber  auf  den  Cameralcredit  kein  Ver- 
trauen, sondern  ziehe  den  Credit  des  Banco  und  jenen  der 
Stände  vor.  Auch  verwarf  Borie  den  Antrag  auf  Unterstützung 
des  einen  Landes  dui-ch  das  andere:  der  Ländercredit  würde 
zerfallen,  wenn  die  Länder  verhalten  werden  sollen,  einander 
auszuhelfen;   wenn   ein  Land    eine  Unterstützung  nöthig  hätte, 


'  In  einem  Votum  Tom  3.  Norember  1769  sprach  sich  Starhemberg  noch 
schärfer  über  das  Friedenssystem  Hatsfeld^s  vom  17.  Herbstmonat  1769 
aas:  es  sei  bereits  im  Vorjahre  eingereicht  worden  und  so  beschaffen 
angesehen  worden,  dass  man  nicht  einmal  in  eine  Widerlegung  desselben 
eingehen  zu  sollen  erachtet  hat,  weil  es  auf  den  gänzlichen  Umsturz 
aller  seit  einigen  Jahren  in  dem  Creditsystem  getroffenen  Einleitungen 
gerichtet  gewesen. 

ArebiT.  LXXXII.  Bd.  I.  H4Ifte.  6 


66 

so  wäre  dieselbe  von  dem  Universo  des  Staates^  d.  h.  von  der 
Hofkammer  zu  leisten;  das  in  Mähren  eingeführte  System  sei 
auf  andere  Länder  nicht  auszudehnen;  nie  könne  die  Aufkündi- 
gung von  Schulden  in  Friedenszeiten  für  den  Credit  gut  wirken, 
wenn  dieselbe  mit  neuen  Einlagen  in  Verbindung  gebracht 
wird;  dies  wäre  nur  eine  neue  Schuldenhäufung. 

In  einer  Sitzung  des  Staatsrathes  am  6.  Juni  1770  wurden 
die  Vorschläge  des  Grafen  Hatzfeld  nochmals  erörtert.  Die 
Vermischung  des  ständischen  Credits  mit  dem  Cameralcredit 
wurde  für  bedenklich  erklärt;  durch  die  neuen  Einlagen  bei 
den  ständischen  Gassen  würde  eine  Vermehrung  der  Schulden 
eintreten.  In  Mähren  habe  man  dies  wohl  gestattet,  aber  nur 
insoweit,  als  Aufkündigungen  vorkommen;  der  jedem  Fonde  zu- 
gewiesene Tilgungsbetrag  sei  zur  Verminderung  der  Scnulden 
zu  verwenden;  die  Verbindung  des  ständischen  Gredits  mit 
der  Staatsschuldencasse  sei  zu  vermeiden.  Indess  fand  am 
12.  Juni  1770  auf  Wunsch  des  Grafen  Hatzfeld  abermals  eine 
Sitzung  statt.  Den  Vorsitz  führte  die  Kaiserin;  anwesend  waren: 
Blüraegen  und  Hatzfeld,  die  Staatsräthe  Borie,  Binder  und 
Gebier,  ferner  die  Secretäre  Kohler  und  Knoch.  Hatzfeld  setzte 
mündlich  seinen  Plan  ausführlich  auseinander;  sein  Ziel  sei, 
ausländische  Schulden  zu  vermeiden;  die  inländischen  Fristzah- 
lungen sollen  durch  die  neuen  Einlagen  bei  den  ständischen 
Gassen  bestritten  werden,  und  nur,  wenn  der  Amortisationsfond 
nicht  ausreiche,  werden  die  Gelder  der  verschiedenen  Gassen 
herangezogen  werden;  auch  etwaige  ausserordentliche  Bedürf- 
nisse sollten  durch  diese  Einlagen  bestritten  werden.  Die  Noth- 
wendigkeit  hiezu  wurde  durch  die  Thatsache  erhärtet,  dass 
der  der  Bank  zugewiesene  Amortisationsfond,  zur  Rückzahlung 
der  Schulden  bestimmt,  zu  anderweitigen  Bedürfnissen  ver- 
wendet worden  war  und  erst  seit  dem  1.  November  1769  zur 
Schuldentilgung  wieder  zur  Verfiigung  stand.  Graf  Hatzfeld 
erklärte  sodann,  monatliche  Ausweise  vorlegen  zu  wollen.  Der 
Staatsrath  stimmte  nun  den  Vorschlägen  des  Finanzministers 
bei;  eine  Börse  sollte  errichtet  werden;  nur  die  Entscheidung 
über  die  Ausgabe  der  Zettel  wurde  vertagt,  nachdem  Binder 
die  Anregung  gemacht  hatte,  die  Errichtung  einer  neuen  Bank 
einer  Privatgesellschaft  nach  dem  dänischen  Vorbilde  gegen  die 
Verbindlichkeit  zu  überlassen,  im  Kriegsfalle  einige  Millionen 
dem  Staate  zur  Verfugung  zu  stellen. 


67 

Die  kaiserliche  EntSchliessung  modificirte  in  Folge  der 
staatsräthlichen  Begutachtung  in  einigen  Punkten  die  Anträge 
Hatzfeld's.  Principiell  habe  die  Anordnung  in  Kraft  zu  bleiben, 
wonach  der  Amortisationsfond  jährlich  zur  Verminderung  der 
Baneoschulden  verwendet  werden  sollte,  und  zwar  zunächst  zur 
Rückzahlung  der  aufgekündigten  Capitalien  und  für  die  noch 
aushaftenden  Fristzahlungen;  nur  mit  dem  erübrigenden  Reste 
des  Amortisationsfondes  sei  die  Tilgung  in  anderer  Art  zu  bewir- 
ken, und  zwar,  so  lange  das  Agio  der  Bancopapiere  nicht  höher 
als  P/4  Procent  stehe,  könne  der  Aufkauf  nach  dem  Antrage 
Hatzfeld's  erfolgen,  bei  höherem  Agio  habe  die  Aufkündigung 
einzutreten,  und  zwar  zunächst  der  ältesten  Obligationen  je  nach 
dem  Zeitpunkte,  wann  dieselben  ausgestellt  wurden,  in  viertel- 
jährigen Raten.  Die  Verbindung  der  ständischen  Creditfonde 
und  der  Universal-Staatsschuldencasse  wurde  genehmigt,  imd  da 
durch  diese  Massregeln  die  Hebung  und  ,fortwürrige'  Befesti- 
gung des  Credits  und  die  Verminderung  der  fremden  Darlehen, 
ftlr  künftighin  aber  die  möglichste  Vermeidung  derselben  be- 
zweckt werden  sollten,  sprach  die  Kaiserin  die  Erwartung  aus, 
dass  der  Minister  ,zu  diesem  Endzweck  die  Anstalten  in  dem 
Creditwesen  durch  seine  kluge  Direction  zu  leiten  sich  ange- 
legen halten  werde',  namentlich  sollten  ihr  Ausweise  über  die 
Einlagen,  die  Verwendung  derselben,  überhaupt  über  die  ge- 
sammte  Staatsschuld  monatlich  zur  Einsicht  vorgelegt  werden. 
Wenn  in  kriegerischen,  überhaupt  in  kritischen  Zeiten  die 
Aufkündigungen  wider  Vermuthen  sich  nicht  fortsetzen  Hessen, 
sollen  die  Amortisationsfonde  aus  sämmtlichen  Ländern  hieher 
gezogen  und  zum  Aufkaufe  der  Papiere  auf  der  Börse  ver- 
wendet werden,  um  ,deren  Abfall  mögUchster  Dingen  zu  steuernd 
BezügUch  der  Cameral-Creditcassen  wurden  die  Anträge  eben- 
falls genehmigt. 

In  einem  neuen  Vorschlage,  für  Kriegszeiten  Vorkehrungen 
zu  treffen,  nahm  Graf  Hatzfeld  abermals  einen  von  Zinzendorf 
angeregten  Gedanken  auf:  keine  Bank  als  dauernde  Einrichtung, 
sondern  nur  eine  Depositenbank  für  die  Zeit  des  Krieges,  so- 
dann die  Ausgabe  von  Bancozettel  schon  während  des  Friedens, 
um  während  des  Krieges  davon  ergiebigen  Gebrauch  zu  machen. 
Die  Bancozettel  sollten  in  Banco-Obligationen,  denen  ein  höherer 
Zins  als  der  übUche  von  4  Procent  zugestanden  werden  sollte, 

umg^ewandelt   werden   können  5   auch   sollten  dieselben  bei  den 

6* 


68 

öffentlichen  Gassen  als  baares  Geld  angenommen  werden.  Hatz- 
feld  drang  aber  mit  diesem  abgeänderten  Plane  Zinzendorf  s 
ebenfalls  nicht  durch.  Der  Banco  di  deposito  stiess  auf  Beden- 
ken^  aber  der  Finanzminister  forderte  sodann  im  Gegensatze  zu 
seiner  früheren  Ansicht,  mit  der  Einführung  der  unverzinslichen 
Banknoten  schon  in  Friedenszeiten  in  der  Absicht  den  Anfang 
zu  machen,  um  sich  von  der  Verlässlichkeit  der  Operation  fllr 
künftige  Eriegszeiten  um  so  mehr  versichern  zu  können.^  Die 
Kaiserin  forderte  durch  Handschreiben  vom  11.  October  1770 
die  Vorlegung  einer  besonderen  Ausarbeitung,  wie  Hatzfeld  ,die 
ganze  Einrichtung  mit  diesen  Bancozetteln  zu  fassen  gedenket' 


^  Eine  aus  früherer  Zeit  herrührende  und  wahrscheinlich  g^egen  Zinzen- 
dorf gerichtete  Denkschrift  Hatsfeld*s  liegt  vor,  worin  er  entschieden 
gegen  Papiergeld  Front  machte,  ^er  eigentliche  circulante  Credit  ist, 
wann  ein  solches  Papier  in  den  Umlauf  gesetzt  wird,  welches  in  sich 
Geld  vorstellt  und  in  allen  grossen  und  kleinen  Käufen  als  Geld  gebraucht 
werden  kann.  Dieser  ist  nur  in  jenen  Ländern  fürträglich,  wo  der  Handel 
und  Wandel  mit  der  Geldmasse  nicht  in  einem  gewissen  Gleichgewicht  sich 
befindet  und  letztere  nicht  hinlänglich  ist,  die  aus  dem  Commercio  lau- 
fenden Zahlungen  zu  leisten,  wo  aber  die  Geldmasse  grosser  als  die  An- 
wendung ist,  folgsam  das  Commercium  sich  noch  nicht  so  sehr  ausge- 
breitet, um  eine  grilssere  Geldmasse  zu  erfordern,  als  von  dem  Staat  be- 
sessen wird,  so  führt  ein  dergleichen  eirculanter  Credit  das  Uebel  mit 
sich,  dass  er  das  Geld  gleichsam  verschwinden  mache.  Folgende  Gründe 
überzeugen  mich  dieser  Wahrheit.  Ein  Papier,  was  keinen  Nutzen 
bringet,  ist  niemahlen  den  Privatis  so  angenehm  als  wie  das  Geld,  weil 
letzteres  nebst  dem  äusserlichen  auch  den  innerlichen,  ersteres  aber 
lediglich  den  äusserlichen  Vortheil  hat.  Es  folgert  sich  daraus,  dass  der- 
jenige, welcher  Papier  und  Geld  besitzt,  alle  Zahlungen,  soweit  er  da- 
mit rechnen  kann,  mit  Papier  leistet,  mithin  lauter  Papier  und  kein 
Geld  iu  Cnrs  kommt.  Zweitens,  wenn  die  Geldmasse  durch  das  Papier 
dergestalten  vermehrt  wird,  dass  sie  keine  nützliche  Anwendung  in 
dem  Staat  findet,  so  führt  dessen  Inhaber  solche  ausser  dem  Land;  da- 
selbst kann  er  sich  deren  Papiere,  weilen  sie  nicht  gelten,  nicht  bedienen, 
er  muss  also  das  Geld  ausser  Land  versenden,  und  die  Papiere  allein 
bleiben  im  Staate  zum  Umlaufe.  Nun  scheint  mir  die  Geldmasse  in  dem 
Osterreichischen  Staate  noch  beständig  hinlänglich  zur  Bestreitung  des 
Negotii  zu  sein,  welchem  nach  zu  vermuthen  ist,  dass  die  Einführung 
eines  wahrhaft  circulanten  Credites,  wenn  er  mit  Zwang  vergesellschaftet 
ist,  alles  baare  Geld  aus  dem  Umlauf  ziehen  dürfte.* 

'  Handschreiben  der  Kaiserin  an  Hatzfeld  vom  11.  October  1770:  ,Nach- 
deme  Er  mir  in  seinem  Vortrage  vom  5.  October  die  bei  der  vorgeschla- 
genen Errichtung  eines  Banco  di  deposito  vorgefundenen  Bedenken  mit 
mehreren  eröffnet,  dabei  aber  nochmals  auf  dem  Antrag  bestanden,  daas 


69 

Bereits  am  30.  October  1770  erstattete  er  einen  Vortrag.  Man 
solle^  legte  er  dar^  das  Publicum  an  diese  Gattung  Papier  ohne 
Zwang  dergestalt  gewöhnen^  damit  solche  gleich  baarem  Gelde 
sich  im  Umlaufe  erhalten  und  daher  bei  Ausbruch  eines  Krieges 
in  grösserer  Anzahl  ausgegeben  werden  können^  um  bei  Zah- 
lungen des  Aerars  Verwendung  zu  finden.  Bei  Ausbruch  eines 
Krieges  brauche  man  nur  die  Vergilnstigung  zu  gewähren,  dass 
sie  in  47j-procentige  verzinsliche  Banco- Obligationen  umgesetzt 
werden  können.  Es  sei  kein  Zweifel,  dass  sie  dann  mit  Begierde 
gesucht  würden.  Die  Kaiserin  genehmigte  zur  Einführung  des 
unverzinslichen  Papiergeldes  die  ungesäumte  Veranstaltung  zu 
machen,  der  Geldbetrag  jedoch,  welcher  für  die  in  Friedens- 
zeiten im  Umlauf  sich  erhaltenden  Banknoten  einfliesse,  sei  baar 
in  der  Casse  zu  behalten.  Erwähnung  verdient  eine  Bemerkung 
Hatzfeld's  in  einem  Vortrage  vom  11.  December  1770,  es  sei 
nicht  zu  befürchten,  dass  bei  den  Banknoten  ein  beschwerUches 
Agio  jemahlen  statthaben  könne,  da  nicht  nur  die  Bequemlich- 
keit, solche  von  den  Bancozettelcassen  zu  erhalten,  dieses  ver- 
hindern werde,  sondern  auch  die  gegründete  Hofinung  sei,  dass 
diese  Billets  wegen  ihrer  Bequemlichkeit  durch  Kauf  und  Ver- 
kauf sich  wie  baares  Geld  solchergestalt  ausbreiten  werden,  dass 
sie  allerorten  anzutreffen  sein  werden. 

Durch  Patent  vom  1.  August  1771  wurde  die  Ausgabe 
neuer  Bancozettel  verfügt.  Im  Eingange  desselben  wird  be- 
merkt, dass  die  1762  ausgegebenen  Bancozettel  bis  auf  einen 
kleinen  Betrag  aus  dem  Verkehre  gezogen  seien;  der  grösste 
Theil  sei  gegen  Banco-Obligationen  umgetauscht  worden.  Der 
am  15.  Juni  1762  ergangene  Befehl,  dass  bei  allen  Gefällen, 
die  vom  Stadtbanco  verwaltet  werden,  alle  Zahlungen  wenig- 
stens zur  Hälfle  in  Bancozetteln  entrichtet  werden  sollen,  sei 
durch  einige  Zeit  nicht  befolgt  worden.  Diese  Verordnung 
werde  erneuert;  imi  dem  Publicum  die  Vortheile  und  Bequem- 


mit  EinfÜhmng  der  onverzinslichen  Banconoten  schon  bey  dermaligen 
Friedenszeiten  in  der  Absicht  der  Anfang  zu  machen,  um  sich  von  der 
Verlässlichkeit  der  Operation  für  künftige  Kriegszeiten  um  so  mehr  ver- 
sichern zn  können. 

JRo  will  Ihme  in  dessen  Verfolg  mitgeben,  Mir  hierüber  die  be- 
sondere Ausarbeitung,  wie  Er  die  ganze  Einrichtung  mit  diesen  Banco- 
zetteln zu  fassen  gedenket,  demnächstens  zu  Meinem  weiteren  Entschluss 
zu  überreichen.* 


70 

lichkeit,  welche  Bancozettel  bieten,  wieder  zu  verschaffen,  sei 
der  Auftrag  ergangen,  neuerdings  im  Gesammtbetrage  von 
12  Millionen  Bancozettel  auszustellen,  die  in  Stücken  von  5,  10, 
25,  50,  100,  500  und  1000  Gulden  auszugeben  sind.  Diese 
Zettel  konnten  jedoch  nicht,  wie  jene  von  1762  gegen  Banco- 
Obligationen  umgetauscht  werden;  sie  sollten  nur  gegen  baares 
Geld  abgegeben  und  an  den  Staatscassen  wie  baares  Geld  an 
Zahlungsstatt  angenommen  werden.  Zwangscurs  besassen  sie 
nicht.  Ihre  Annahme  im  Privatverkehr  war  ,willkürlich^  Banco- 
abgaben  mussten  zur  Hälfte  in  Zetteln  entrichtet  werden.  Es 
wurden  ihnen  alle  Vorrechte  wie  den  Wiener  Stadtbanco-Obli- 
gationen  eingeräumt.  Nachahmung  und  Verßllschung  wurde 
mit  der  Todesstrafe  belegt.^ 

IV. 

Seit  Herstellung  des  Friedens  im  Jahre  1763  war  die  Re- 
gierung ernstlich  bemüht,  Ordnung  in  den  verworrenen  Staats- 
haushalt zu  bringen,  und  die  von  dem  Präsidenten  der  Hof- 
kammer Ludwig  Grafen  Zinzendorf  geHeferten  umfassenden 
Arbeiten  ermöglichten  es  erst,  einen  klaren  Einblick  in  die  Ein- 
nahmen und  Ausgaben  des  Staates  zu  gewinnen.    Die  Kaiserin 


Das  Patent  deutsch  und  lateinisch.     Die  Stückelung  war  folgende: 

5  Gulden  gleich  3  Millionen 

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600.000  Stück 

k         5 

200.000 

n 

.       10 

40.000 

n 

«       25 

20.000 

n 

.       60 

10.000 

m 

«     100 

4.000 

n 

n     600 

2.000 

yt 

„   1000 

m 

Summa  876.000  Stück  gleich  12  Millionen. 

Um  dem  Bedürfnisse  des  Publicums  Kechnung  zu  tragen,  mit  Be- 
quemlichkeit Bancozettel  für  baares  Geld  und  umgekehrt  erhalten  zu 
können,  wurden  Bancozettelcassen  errichtet,  ausschliesslich  zum  wechsel- 
weisen Umtausch  bestimmt,  und  zwar  eine  Hauptcasse  in  Wien  und  Banco- 
zettelcassen in  den  Provinzen.  Letztere  sollten  von  den  Bancaladministra- 
tionen,  jedoch  abgesondert  von  den  übrigen  Gefällen  verwaltet  werden. 
Femer  wurde  eine  Reservecasse  errichtet,  welche  die  ganze  Summe 
von  12  Millionen  mit  einem  Ueberschusse  zur  Auswechslung  der  ab- 
genützten Bancozettel  von  der  Druckerei  zu  übernehmen  und  den  nOthigen 
Verlag  an  die  Bancozettelcassen  zu  befördern  hatte. 


71 

forderte  auch  dringend^  dass  die  Finanzpräsidenten  alljährlich 
eine  Staatsbilanz  vorlegen  und  Anträge  über  die  Vermehrung 
der  Einnahmen  und  Ersparung  der  Ausgaben  stellen  sollen. 
Das  Centralhauptbuch  sollte  alljährlich  abgeschlossen ,  von  den 
Finanzstellen  adjustirt  und  der  Kaiserin  vorgelegt  werden.*  Was 
die  Einnahmen  anbelangt,  so  reichten  dieselben  fiir  den  Staats- 
aufwand nicht  hin,  da  das  mobile  Capital  zm*  Steuerleistung 
nicht  in  entsprechender  Weise  herangezogen  wurde  und  die 
Verzehrungssteuem  ergiebige  Erträge  nicht  abwarfen,  auch  flir 
die  staatlichen  Finanzen  nicht  völlig  zur  Verfligung  standen,  da 
sie  zum  Theil  den  Ländern  zur  Verzinsung  der  Ländei*schulden 
tiberwiesen  worden  waren. 

Der  Hofstaat  blieb  ziemlich  kostspielig,  trotz  mannigfacher 
Beschränkungen  in  der  zweiten  Hälfte  der  Regierung  Maria 
Theresias,  und  Graf  Hatzfeld  machte  der  Monarchin  wegen 
allzu  starker  Inanspruchnahme  der  Finanzen  wiederholt  Vor- 
stellung. Die  präliminirten  Summen  reichten  nicht  aus,  und  flir 
die  ausserordentlichen  Fälle  waren  die  Ansprüche  nicht  unbedeu- 
tend und  bereiteten  dem  Finanzminister  vielfache  Schwierig- 
keiten; so  die  Königskrönung  Josefs,  die  Verheiratung  der 
Kinder.* 


Mit  dem  reinen  Gewinne,  der  sich  durch  die  im  Umlaufe  zurück- 
bleibenden Bancozettel  an  den  zu  ihrer  Realisirung'  gewidmeten  Summen 
ergäbe,  sollten  nach  dem  ersten  Antriige  verzinsliche  Staatspapiere  ein> 
gel($8t  werden,  welcher  Antrag  aber  durch  Allerhöchste  Entschliessung 
dahin  abgeändert  wurde,  dass  die  Regie-  und  Manipulationskosten  der 
Bancosfiettelcassen  damit  bestritten  und  der  Ueberschuss  aufbewahrt  wer- 
den solle. 

^  Kaiserliche  Entschliessung  auf  Vortrag  Hatzfeld's  vom   9.  August  1770. 

'  Zahlreiche  Handbillete  an  den  Grafen  Hatzfeld,  der  unermüdlich  auf 
Sparsamkeit  drang,  gewähren  uns  einen  Einblick  in  die  Anforderungen. 
Für  die  ,Kuchelwirthschaft*  waren  342.000  Gulden  angesetzt;  ein  Hand- 
schreiben vom  18.  Deoember  1762  besagt,  dass  damit  das  Auslangen  nicht 
gefunden  werden  könne,  eine  Forderung  der  Hoflieferanten  im  Betrage 
von  71.651  Gulden  sei  ausständig,  Erhöhung  um  80.000  Gulden  wurde 
daher  angeordnet  Am  20.  November  1763  war  für  das  Hofküchenamt 
eine  Forderung  von  110.000  Gulden  rückständig.  Für  das  Futteramt, 
für  Jagd-  und  Lustreisen  wurden  ebenfalls  grössere  Beträge  in  Anspruch 
genommen.  Nicht  selten  konnten  auch  kleinere  Summen  nicht  berichtigt 
werden,  so  z.  B.  für  LOschrequisiten  in  Hetzendorf,  ^xtrahofauslagen* 
inussten  von  dem  Finanzminister  bestritten  werden,  so  bei  dem  Tode 
Isabellas,  der  Gemahlin  Josefs,  8454  Gulden  fiir  ,Hof-  und  Trauer- 
unkosten*. 


72 

Die  grossen  Anforderungen  von  Seiten  des  Hofkriegsrathes 
machten  alle  Voranschläge  zu  nichte.  Die  Herabminderung 
der  Kosten  für  das  Heer  wurde  öfters  in  Erwägung  gezogen, 
eine  bestimmte  Summe  ftlr  die  Bedürfnisse  desselben  festgestellt, 
aber  selten  reichte  sie  aus,  und  alljährlich  wurden  grössere 
Beträge  in  Anspruch  genommen,  als  präliminirt  worden  waren. 
Zu  wiederholten  Malen  wurden  Berathungen  über  die  Herab- 
minderung des  Heeres  angestellt,  ohne  jedoch  durchzudringen. 
Auch  Kaunitz  sprach  sich  einmal  in  einem  Votum  dagegen  aus. 
Das  Contributionale,  meinte  er,  würde  um  so  weniger  zu  er- 
schwingen sein,  wenn  sich  die  Circulation  des  Geldes  durch  die 
Militärreduction  vermindern  würde. 

Nach  Beendigung  des  dritten  schlesischen  Krieges  wurde 
der  Normalbetrag  fUr  das  Heer  auf  16  Millionen  festgesetzt, 
jedoch  in  der  Regel  tiberschritten,  und  die  Kaiserin  tiberwies  bis- 
weilen Summen,  tiber  welche  sie  das  Verfligungsrecht  sich  vor- 
behalten hatte,  an  die  Kriegsverwaltung.  Später  war  es  Lascy, 
der  für  die  Heeresbereitschaft  entschieden  eintrat.  In  einem 
Votum  vom  20.  März  1769  bemerkte  er:  Als  der  dritte  schle- 
sische  Krieg  anfing,  sei  die  Armee  der  Zahl  und  den  Eigen- 
schaften nach  keineswegs  so  beschaffen  gewesen,  dass  mit  der- 
selben dem  Feinde  unter  die  Augen  hätte  getreten  werden 
können;  es  habe  noch  an  den  nöthigen  Magazinen  und  Vor- 
räthen  gefehlt.  Man  mtisse  sich  daher  im  Frieden  für  den  Krieg 
vorbereiten. 

Die  Pensionen  erheischten  grosse  Beträge,  die  sich  jähr- 
lich steigerten.  Bis  zum  Jahre  1762  wurden  dieselben  nur  auf 
eine  bestimmte  Zeit  bewilligt,  und  die  betreffenden  Personen 
mussten  sodann  um  die  Verlängerung  einschreiten.  Der  Grund 
war,  weil  man  dadurch  die  Ueberzeugung  gewinnen  wollte,  dass 
die  Personen  noch  leben  und  sich  in  dtirftigen  Umständen  be- 
finden. Bei  jeder  neuen  Bewilligung  tiber  den  Fortbezug  hatten 
die  Pensionisten  einen  Taxabzug  von  5  Procent  zu  entrichten. 
Durch  die  EntSchliessung  vom  22.  Mai  1762  auf  den  gemein- 
schaftlichen Vortrag  von  Herberstein,  Hatzfeld  und  Zinzendorf 
sprach  die  Kaiserin  ihre  Geneigtheit  aus,  wenn  den  etwaigen 
Unterschleifen  mit  VerlässUchkeit  abgeholfen  werden  könnte, 
davon  abzusehen.  Die  Kaiserin  forderte  eine  voUständige  Re- 
gulirung  des  Pensionswesens.  Ein  ,beständiges  Regulativum' 
sollte   dergestalt  festgesetzt   werden,    damit   aller  tibermässige 


73 

Aufwand  vermieden,  folglich  ,dem  Aerar  die  Bürde  dieser  so  be- 
trächtlich angevachsenen  Auslagsrubriken  möglichst  erleichtert 
werde'.  Unregehnässigkeiten  mancherlei  Axt  hatten  sich  einge- 
schlichen. Personen,  die  bei  ihrer  Pensionirung  bestimmte 
Summen  zugewiesen  erhalten  hatten,  bezogen  dieselben  nach 
ihrer  Wiederanstellung  nebst  ihrem  Activitätsgehalte  weiter 
fort,  obgleich  die  Verfügung  aufrecht  bestand,  dass  die  Pension 
aufhören  solle,  sobald  der  Pensionist  eine  anderweitige  Besol- 
dung erlangt  habe.  Es  kamen  Fälle  vor,  dass  jemand  eine 
Pension  von  1000  Gulden  neben  4000  Gulden  Gehalt  bezog; 
Verstorbene  wurden  in  den  Pensionslisten  weitergeführt;  Gross- 
jährige bezogen  ebenfalls  den  ihnen  während  ihrer  Minderjährig- 
keit bewilligten  Gnadengehalt.  Ein  umfassendes  Handschreiben 
an  den  Grafen  Herberstein  vom  12.  Mai  1762  enthielt  die 
wichtigsten  Bestimmungen,  welche  zukünftig  massgebend  sein 
sollten.  Ebenso  wichtig  war  ein  Handschreiben  vom  30.  April 
1765,  welches  den  Gesammtbetrag  für  Pensionen  auf  1  Mil- 
lion Gulden  festsetzte,  und  zwar  300.000  Gulden  für  das  Militär 
500.000  Gulden  flir  die  Cameral-  und  Civilpensionen,  150.000 
Gulden  für  Minister  und  Hofleute;  den  Rest  von  50.000  Gulden 
behielt  sich  die  Kaiserin  zu  ihrer  Diposition  vor.  Diese  im 
Laufe  der  Sechzigerjahre  festgestellten  Normen  wurden  jedoch 
nicht  strenge  eingehalten,  und  die  Kaiserin  selbst  ging  von  den 
von  ihr  verfügten  Bestimmungen  ab,  indem  sie  einzelnen  Per- 
sonen bedeutendere  Pensionen  zuwies,  als  dieselben  normal- 
massig  erhalten  konnten. 

Die  Lücke  in  den  Einnahmen  musste  durch  Credit  aus- 
geftült  werden.  Indess  gelang  es  ohne  Mühe,  die  erforderlichen 
Mittel  zu  beschaffen.  Der  Staatskanzler  Fürst  Kaunitz  unter- 
stützte die  Finanzverwaltung,  indem  durch  seine  Vermittlung 
von  dem  Hause  Nettine  nicht  unbedeutende  Summen  zur  Ver- 
fügung gestellt  wurden.  Auch  italienische  und  niederländische 
Häuser  übernahmen  bereitwillig  die  Aufbringung  von  Anlehen, 
jedoch  machten  es  kaiserliche  EntSchliessungen  der  Finanzver- 
waltung zur  Pflicht,  im  Inlande  die  erforderlichen  Summen  zu 
beschaffen.^     Den  Staatscassen  sowie  den  Ländercassen  wurde 


'  Da  es  alleseit  dem  Staate  schädlich  and  Meinen  Unterthanen  betrüblich 
fallen  moss;  wann  immerzu  neue,  fremde  Darlehen  aufgenommen  werden, 
to  ist  oDumgänglich  nOthig,  dass  diesem  immer  hoher  steigenden  Uebel 


74 

die  Befiigniss  eingeräumt^  rückzahlbare,  gegen  4  Procent  ver- 
zinsliche Einlagen  ^einzusammeln^,  wovon  das  Publicum  aus- 
giebigen Gebrauch  machte,  und  da  die  Einlagen  die  Rückzah- 
lung überstiegen,  war  es  möglich,  alte  Schulden  abzustossen. 
In  Mähren  wurde  damit  seit  dem  8.  October  1769  begonnen, 
und  die  anderen  Länder  folgten.  Am  1.  November  1769  wurde 
hinsichtlich  der  vor  zwei  Jahren  mit  den  Ständen  geschlossenen 
Recesse  über  die  Rückzahlung  der  Schulden  die  Bestimmung 
getroffen,  dass  nur  jene  Capitalien  rückzuzahlen  sind,  welche  von 
den  Parteien  aufgekündigt  werden,  der  Rest  des  zugewiesenen 
Amortisationsfondes,  sowie  neue  Capitalseinlagen  bei  der  all- 
gemeinen Staatsschuldencasse  gegen  4-procentige  Schuldverschrei- 
bungen anzulegen  sind.  Von  den  recessirten  Schulden  wurde  in 
den  nächsten  Jahren  nur  ein  Theil  zurückgezahlt  ^  Die  etwaigen 
Ueberschüsse  dieser  Ländercassen  wurden  bei  der  Staatsschul- 
dencasse als  ein  Activum  angelegt.  Die  Brünner  Bürgerschaft 
führte  darüber  Klage,  indem  durch  dieses  Creditsystem  die  Auf- 
bringung von  Darlehen  erschwert  werde.  Die  Einlagen  nahmen 
in  der  nächsten  Zeit  bei  den  verschiedenen  Gassen  zu  und 
stiegen  im  Jahre  1776  auf  8,579.000  Gulden,  und  da  die  Staats- 
einnahmen nicht  blos  fUr  die  laufenden  ordentlichen,  sondern 
auch  für  die  ausserordentlichen  Ausgaben  voraussichtlich  ge- 
nügten, stellte  Graf  Kolowrat  den  Antrag,  die  Zinsen  auf 
3^2  Procent  herabzusetzen.  Die  Genehmigung  erfolgte,  jedoch 
mit  der  Weisung,  keine  Kundmachung  zu  erlassen,  sondern 
die  Beamten  hätten  den  Einlegern  zu  bedeuten,   dass  von  nun 


Abgeholfen  werde.  Die  Finansstellen  haben  also  über  diesen  wichtigen 
Gegenstand  die  Berathung  zu  pflegen  und  Mir  sodann  den  diesfSlligen 
Vortrag  zu  erstatten.  Kaiserliche  Entschliessung  auf  Vortrag  vom  1.  März 
1768.  Als  von  Seite  der  Fiuanzstelleu  darauf  hingewiesen  wurde,  dass 
dies  mit  Schwierigkeiten  verbunden  sei,  erfolgt  die  Weisung:  Es  ist  sich 
von  der  Aufnahme  fremder  Capitalien,  ausser  wenn  Ich  hierzu  die  aus- 
drückliche Begnehmigung  ertheilen  sollte,  gänslich  zu  enthalten.  Vor- 
trag vom  25.  April  1768. 

^  Die  Einlagen  sollten  zur  Bildung  einer  Reservecasse  verwendet  werden 
im  Betrage  von  8  Millionen;  erst  im  Jahre  1776  wurde  dieses  Ziel  er- 
reicht Die  1767  abgeschlossenen  Recesse,  auf  zehn  Jahre  vereinbart, 
wurden  noch  einmal  erneuert,  sodann  ,tacite*  fortgesetzt,  die  »wirkliche 
Erneuerung*  auf  ruhige  Zeiten  verschoben.  1789  wurde  die  Aufkündi- 
gung sistirt. 


75 

an  eine  geringere  Verzinsung  platzgreife;  auch  habe  sich  diese 
Herabsetzung  nur  auf  neue  Einlagen  zu  erstrecken.  ^ 

Der  erste  mit  einem  Ueberschusse  abschliessende  Staats- 
veranschlag  wurde  der  Kaiserin  am  22.  Februar  ftlr  das  Militär- 
jahr 1775  überreicht.  Es  ergab  sich  nach  Bedeckung  sämmt- 
licher  Ausgaben  ein  Plus  von  522.000  Gulden,  und  der  Finanz 
minister  sowie  der  Präsident  der  Rechenkammer  machten  auf 
diese  ,sich  zum  ersten  Male  ereignete  gedeihliche  Lage  der 
Finanzen'  aufmerksam  und  stellten  den  Antrag,  ,dass  von  den 
durch  den  hergestellten  inländischen  Credit  einfliessenden  Baar- 
Schäften  für  alle  unvorhergesehenen  Zufälle  eine  Summe  von 
8  Millionen  als  ein  unvorgreiflicher  Vorrath  hinterlegt  werden 
möge^  ,Da  die  Zufklle  niemals  vorgesehen  werden  können/  be- 
merkte der  Hofkaramerpräsident,  , welche  einen  ausserordent- 
Uchen  Aufwand  nach  sich  ziehen,  gerathe  man  bei  dem  Eintritt 
derselben  in  Verlegenheit,  die  Geldinhaber  ziehen  daraus  Vor- 
theil,  und  man  müsse  sich  ihren  Bedingungen  unterwerfen.  Er- 
halte aber  das  allgemeine  Schicksal  eine  längere  Dauer,  so 
wachse  der  Geist  des  Wuchers  mit  jedem  Tage,  und  den 
Finanzen  bleiben  wenige  Auswege  übrig,  den  reissenden  Wir- 
kungen dieses  Ungeheuers  Einhalt  zu  thun.'  HiefUr  liefere  der 
letzte  Krieg  Belege  genug.  Man  habe  alle  Regeln  der  Finanz- 
wissenschaft aus  den  Augen  gesetzt  und  solche  Bedingungen 
eingehen  müssen,  deren  SchädUchkeit  der  Wohlfahrt  der  Unter- 
thanen  ausserordentUch  geschadet  habe.  Der  Vortheil  sei  gross, 
da  die  Finanzen  sich  in  der  Lage  befinden,  den  ausserordent- 
lichen Aufwand  ohne  fremde  Hilfe  wenigstens  für  eine  gewisse 
Zeit  aus  eigenen  Kräften  zu  bestreiten.*  Die  Kaiserin  war  wohl 
principiell  damit  einverstanden,  allein  sie  ertheilte  die  Weisung 
dass  dieser  Cassavorstand,  wie  sie  sich  ausdrückte,  nicht  zu  einer 
solchen  Grösse  anwachse,  wodurch  dem  Staate  eine  allzu  grosse 
Interessenbezahlung  aufgebürdet  und  der  allgemeinen  Geldcircu- 
lation  eine  allzu  grosse  Geldmasse  entzogen  würde.*  In  den 
nächsten  Jahren  mehrten  sich  die  Cassabestände  auf  14,180.000 
Qnlden,    was    die   Kaiserin    zu    hoch   fand,   7    Millionen    seien 


•  Undatirter  Vortrag  (März  1777).    Die  Weisung  erfolgte  an  einige  Gassen 
am  12.  März  1777. 

•  Vortrag  vom  24.  December  1776. 

•  Vortoig  vom  26.  Februar  1776. 


76 

genügend.  Graf  Kolowrat  bat,  ihn  der  Verpflichtung  zu  über- 
heben^ sich  blos  auf  diesen  Betrag  beschränken  zu  müssen, 
mit  dem  Hinweis  auf  ausserordentliche  Fälle,  die  eintreten 
könnten.  ,Wir  beede/  schrieb  Maria  Theresia  eigenhändig  auf 
den  Vortrag  —  (sie  meint  sich  und  Josef)  —  ,haben  das  billige 
Vertrauen  zu  seiner  guten  Verwaltung,  dass  wir  es  approbiren.'  ^ 
Diese  günstigen  Verhältnisse  dauerten  leider  nur  kurze 
Zeit.  Seit  Beginn  des  Jahres  1778  musste  mit  der  EventuaUtät 
kriegerischer  Verwicklungen  gerechnet  werden,  und  die  Kai- 
serin ertheilte  dem  Grafen  Kolowrat  mündlich  den  Auftrag,  ,80 
viele  Darlehen  aufzubringen,  als  die  Kräfte  des  Credits  es  ver- 
mögend So  gefestet  war  der  Credit  Oesterreichs,  dass  von 
Frankfurt  und  Holland  Anträge  an  die  Regierung  gelangten. 
Aus  der  deutschen  Reichsstadt  wendete  sich  das  Haus  Beth- 
mann  an  den  Grafen  Hatzfeld  mit  einem  Schreiben  vom  12.  Juni 
1778:  es  habe  aus  den  Zeitungen  ersehen,  dass  der  Hof  be- 
schlossen habe,  Geld  zu  4  Procent  aufzunehmen,  und  erklärte 
seine  Bereitwilligkeit,  bei  verschiedenen  Freunden  einige  Posten 
aufzubringen  in  der  Hoffnung,  durch  das  Wohlwollen  des  Grafen 
Hatzfeld  eine  Provision  zu  erhalten.  In  der  That  hatte  das  Haus 
Bethmann  seit  October  1778  nicht  unbeträchtliche  Summen  für 
den  österreichischen  Staat  aufgenommen;  es  blieb  auch  seitdem 
in  inniger  Geschäftsverbindung  mit  der  Regierung  und  konnte 
unter  Josef  als  der  hervorragendste  Banquier  derselben  an- 
gesehen werden. 


*  Vortrag  vom  12.  Homung  1778. 


EXCÜRSE. 


I. 

Baron  Wiesenhtttten. 

Seit  Ende  des  Jahres  1743  wai*  die  finanzielle  Lage  eine  besonders 
traurige,  da  alljährlich  zui*  Bestreitung  des  Heeresbedarfes  beträchtliche 
Summen  zn  beschaffen  waren.  Für  die  nächste  Zeit  waren  10  Millionen 
erforderlich,  deren  Aufbringung  nicht  leicht  war.  Bei  den  Berathungen 
wurde  der  Wunsch  ausgesprochen,  dass  man  sich  ,in  hostico  Mehreres 
ausbreiten  und  andurch  sowohl  an  Geld  als  naturali  ergiebige  Erleichte- 
rung finden  möge^  Sämmtliche  Gutachten  stimmten  darin  überein,  von 
den  Cameralgütem  Alles  hintanzugeben,  die  ohnehin  geringen  Nutzen 
abwerfen  und  zu  hohen  Preisen  anzubringen  wären.  Vomehnüich  wurde 
auf  das  Frickthal  hingewiesen;  zwei  Voten  brachten  den  Verkauf  der 
geforsteten  Grafschaft  Gradisca  in  Vorschlag,  ferner  die  Buig  Cilli,  die 
Ticedomischen  Gülten  in  Krain,  die  Herrschaft  Adlersberg,  die  Jagd- 
barkeiten in  Vorderösterreich,  wenn  sie  nur  Käufer  finden,  die  Vei^wand- 
lung  der  tirolischen  Pfandschaften  in  Lehen  u.  dgl.  m. ;  ferner  wurden 
Anticipationen  auf  Quecksilber  und  Kupfer  in  Voi*8chlag  gebracht,  ersteres 
in  England,  letzteres  in  Holland  gesucht;  in  zwei  Gutachten  wurde  bean- 
tragt, die  Güter  derjenigen  in  Böhmen,  die  in  feindlichen  Diensten  stan- 
den, zu  sequesti-iren.  (Aus  einem  Vortrage  Dietrichstein' s  vom  29.  No- 
rember  1743.)  Jahrelang  blieben  die  Beamten  ohne  Gehalt.  Die  Kaiserin 
befahl,  die  ,un verschuldeten  GeföUeS  d.  h.  diejenigen,  die  nicht  verpfän- 
det waren,  zusammenzusuchen  und  zur  Besoldung  zu  verwenden.  Die 
zur  VerftkguDg  stehenden  Beti'äge  reichten  jedoch  nicht  aus.  Erforderlich 
waren  1,747.000  Gulden,  während  blos  1,580.000  Gulden  zusammen- 
gebracht werden  konnten.     (Vortrag  vom  23.  Februar  1743.) 

Die  Verlegenheiten  steigeiien  sich,  da  die  bewilligten  hollän- 
dischen Subsidien   nicht    immer  rechtzeitig  einliefen,    indem  einzelne 


78 

Provinzen  mit  ihrer  Zustimmung  zögerten,  auch  die  üebermittlnng  der 
englischen  Gelder  nicht  selten  mit  Schwierigkeiten  verbunden  und  die 
Umwechslung  zeitweilig  nicht  leicht  zu  bewerkstelligen  war.  Vorschüsse 
auf  die  von  dem  englischen  Parlamente  votii*ten  Beträge  konnten  von 
den  Wiener  Wechslern  bei  der  geringen  Capitalskraft  derselben  nicht  in 
der  gewünschten  Höhe  gewährt  werden.^  Ende  1744  wurden  deshalb 
Berathungen  gepflogen,  um  die  erforderlichen  Beträge  mit  Yerlässiich- 
keit  zu  beschaffen.  Eine  umfassende  Arbeit  Bartenstein^s,  »Anmerkun- 
geu'  betitelt,  bildete  in  einer  Commissionssitzung  auf  Befehl  der  Kaiserin 
am  10.  November  1744  die  Gnindlage  eingehender  Berathung.  Das  Er- 
gebniss  war,  dass  es  wohl  nicht  an  ,fundisS  jedoch  an  Baarschaft  fehle. 
Für  den  Monat  December  war  ein  Betrag  von  500.000 — 600.000  Gulden 
für  das  Heer  nicht  vorhanden.  Prandau  erklärte,  die  Summe  nicht  be- 
schaffen zu  können,  auch  die  anderen  Räthe  vermochten  keine  Zusage 
zu  machen.  (Protokoll  der  Commissionssitzung  vom  10.  November  1744. 
Anwesend  waren :  Dietrichstein,  Saalburg,  Prandau,  Wiesenhütten,  Barten- 
stein,  Luchsenfeid,  van  der  Marck.)  Das  eigenhändige  Schlussmarginale 
der  Eaiseiin  lautet:  ,approbire  alles  wegen  der  vorgeschlagenen  fundis 
wan  sie  auch  nur  ad  motum  gebracht  werden  und  in  rechter  zeit  ist 
nocheinmahl  brandau  zu  befragen  ob  er  sich  nicht  getraue  selbe  auff- 
zubringen  in  denen  vorgeschribenen  terminen  wo  selber  sich  nicht  ge- 
traue wisenhütter  es  zu  proponirn  und  die  völlige  fundi  einzuraumen 
und  gerad  anzuweisen  das  er  sichergestelt  seye  und  nirgends  anderstwo 
könen  vei*wisen  werden  als  auff  seine  dispositiones  dessentwegen  wan  er 
sich  darzu  anheischig  machet  wie  ich  mich  dessen  zu  ihme  erwaiiie  zu 
denen  conferentzien  bey  graffen  starenberg  beyzuzihen  damit  er  von  denen 
dispositiones  geschwinder  allzeit  die  Information  habe  de  reliquo  Placet 
und  habe  ad  marginem  meine  übrige  anmerckungen  gesezt.' 

Maria  Theresia  m.  p. 
,yerlange  ein  abschrifft  dises  referat.' 

Nach  einigen  Tagen  schrieb  Maria  Theresia  an  den  Kammerpräsiden- 
ten auf  einem  Zettel,  (präsentirt  ddo.  16.  November  1744),  eigenhändig: 
,ich  verlange  eine  antwort  dan  an  der  zeit  alles  ligt  wer  die  fundi  über- 
nehmen oder  brandau  oder  wisenhütter  nicht  aber  von  dem  gegenwäiü- 
gen  allein  sondern  von  denen  gantzen  fundis  und  in  denen  terminen. 
bis  morgen  spatest  verlange  die  antwort.' 


^  Im  Jahre  1744  werden  vier  Banquiers  .namhaft  gemacht,  mit  denen  die 
Regierung  in  Verbindung  stand:   Aquilar,  Palm,  Riesch  und  Kummer. 


79 

Die  Kaiserin  fordei*te,  Prandau  nochmals  zu  befragen,  ob  er  die 
Baarschaft  beschaffen  könne,  der  jedoch  erkläite,  dass  er  sich  nicht  ge- 
traue, so  hohe  Summen  aufzubringen.  ^B^i'on  y.  Wisenhütten  hätte  unge- 
mein mehreren  Credit  aufsehen  von  aussen  und  geschicklichkeit,  der  es 
also  leichter,  alss  er  zu  werck  bringen  würde :  wäre  übrigens  seine  Schul- 
digkeit, eyfer,  und  Wunsch  sich  in  Allem  zu  Deme,  Was  Ihro  Königl. 
Majtt.  Befehl  und  Dienst  erfordert,  willig  gebrauchen  zu  lassen.'  Hierauf 
zeigte  sich  Wiesenhütten  bereit,  dem  kaiserlichen  Wunsche  zu  entspre- 
chen. (Conferenzprotokoll  vom  26.  November  1744.)  Anwesend  waren 
ausser  den  beiden  Secretären  v.  Luchsenfeid  und  van  der  Marck  die- 
selben wie  am  10.  November  1744  und  überdies  Starhemberg  als  Vor- 
sitzender, endlich  Uhlfeld.  ,Baron  Wisenhüten  Bezöge  sich  auf  seine 
Schrifftliche  Ihro  Eönigl.  Maytt.  in  originali  selbsten  übergäbene  unter- 
thänigste  erklärung,  und  denen  Beygeruckten  Puncten.  Die  erklärung 
Schlaget  Haubtsächlich  dahinein,  dass  obzwar  das  ansinnen  so  Gros 
seye,  dass  wohl  Kein  exempel  vorhanden,  dass  jemahl  von  einem  nur  der 
10.  Theyl  dessjenigen  was  aniezo  anbegehret  wird,  verlanget  worden 
seye,  und  Baron  Brandau  dessen  ausnehmende  Klugheit,  geschicklichkeit, 
und  Lange  erfahrung  Bekannt  seye,  sich  deme  zu  unterziehen  anstand 
nehmete,  folglichen  solcher  hierob  um  so  mehrers  Bedencken  zutragen 
hätte,  so  Binde  Ihme  doch  die  Geschworene  Treue  die  äugen,  und  gäbe 
folgsam  seine  allerunterThänigste  erklärung  also  ab,  alss  solche  Ihro 
König].  Maytt.  von  Ihme  allerGnädigst  verlanget,  und  erwartet  haben, 
gleichwie  aber  alle  Menschliche  Dinge  sich  auf  Supposita  Gi-ünden  und 
von  Ihme  nicht  werde  verlanget  werden  Können,  Geld  ohne  Fundo  zu 
verschaffen,  also  wäre  der  Schlus  von  sich  selbsten,  dass  die  in  denen 
Anmerkungen  enthaltene  in-  und  ausländische  Fundi  ehemöglichst  in 
Yerlässlichkeit  gebracht,  und  solches  zu  Bewürcken  von  Ihro  Maytt. 
dero  Hof-Stellen  ein  Terminus  gesezet  werden  möge :  seye  nöthig  dass  Er 
in  solche  umbstände  gesezet  werden  möchte,  es  ins  werck  zusezen. 
Dieses  Werck  so  auf  Millionen  hinaus  Lauffet,  Könne  nicht  änderst,  alss 
unter  dem  Königl.  allerhöchsten  Nahmen  Bewüicket  werden:  und  es 
wäre  nöthig,  dass  von  anfang  einer  neuen  Operation  derselbe  mit  solcher 
aathoritffit  Begleitet  werde,  welche  die  Wichtigkeit  einer  solchen  unter- 
nehmang,  deren  Er  sich  Belade,  erfordere.' 

Es  folgen  dann  16  Punkte  pro  conditione. 

Darauf  resolvirte  die  Kaiserin  eigenhändig: 

,68  wäre  gleich  eine  instinictiou  zu  formirn  auff  dise  puncten  und 
mir  vorzulegen.  Maria  Theresia.* 


80 

In  der  vom  12.  December  1744  datirten  Instraction  an  Franz 
Baron  von  Wiesenhütten  heisst  es:  die  zn  dem  Eriegsstaate  gewidmeten 
Fonde,  wenn  sie  auch  durch  die  Bewilligungen  der  Stände  richtiggestellt 
werden,  seien  doch  meist  so  beschaffen,  dass  dieselben  nicht  so  zeitlich 
eingebi*acht  oder  in  Baarem  abgeführt  werden  können,  als  es  Zeit  und 
Umstände  und  die  Militäropei-ationen  erheischen,  folglich  müsse  durch 
Zuhilfenahme  des  Credits  und  durch  Anticipationen  die  Baarschaft  her- 
beigeschafft werden;  für  den  Dienst  sei  auch  viel  daran  gelegen,  den  bei 
der  Oameml-  und  Militär-Schuldencassa  ganz  verfallenen  Ciedit  wieder 
emporzubringen  und  den  Werth  der  Obligationen  wieder  herzustellen,  den 
ansehnlichen  Kupfer-  und  Quecksilberfond  aber  so  zu  unterstützen,  damit 
der  Bohstoff  zum  Verschleiss  gebi*acht  werde.  Baron  Wiesenhütten  habe 
mündlich  und  schriftlich  erkläiii:  wenn  ihm  genugsam  sichere  Fonde  zu  den 
Ei'iegsausgaben  angewiesen  werden ,  jederzeit  bereit  zu  sein,  durch  Oeld- 
vorschüsso  mit  leidentlichen  Zinsen  an  die  Hand  gehen  zu  wollen,  die 
Schuldencassa  wenigstens  durch  Abtragung  der  Zinsen  in  einen  besseren 
Ci*edit  hei*zustellen,  die  Verlagsgelder  zu  dem  Kupfer-  und  Quocksilber- 
bergbau  anschaffen  und  die  damuf  versicherten  Gläubiger  sicherstellen  zu 
wollen.  An  der  Erhaltung  des  aus-  und  inländischen  Creditwesens  sei  viel 
gelegen,  wenn  dasselbe  zu  seinem  rechten  Flor  und  Wachsthum  gebracht 
werden  solle.  Seit  dem  Jahre  1742  sei  zwar  Sorge  geti*agen  worden, 
Rath  zu  schaffen,  da  man  aber  nicht  in  der  Lage  gewesen  sei,  Capitals- 
abzahlungen  zn  machen,  habe  man  wenigstens  die  Entrichtung  der  In- 
teressen erstrebt  und  hiezu  einige  Fonde  bestimmt,  namentlich  jene  wö- 
chentlichen 2000  Oulden,  welche  aus  den  Militär-  und  Cameralgefälien 
für  die  Interessenzahlung  vorbehalten  gewesen,  ferner  das  von  dem 
Tabakgefalle  dem  niederländischen  Bath  und  der  Stadt  Wien  voi*geschrie- 
bene  Quantum,  den  Ueberschuss  aus  dem  Kupferverschleiss  nach  Abzug 
des  Verlages  und  der  wirklichen  Schulden,  endlich  die  bergstättischen 
Gefälle  nach  Abzug  jener  Summe,  welche  für  den  Hofstaat  bestimmt  sei, 
und  der  von  den  Gebrüdem  von  Palm  vorbehaltenen  monatlichen  10.000 
Gulden  bis  zu  ihrer  vollständigen  Befiiedigung.  Wiesenhütten  wurde  be- 
vollmächtigt, auf  den  Kupferfond  eine  Anticipation  von  1  Million  Gulden 
zu  6  Procent  jährlich  aufzunehmen. 

Die  bisherigen  Ansichten  über  Wiesenhütten  bedürfen  einer  Be- 
richtigung. In  Fi'ankfui*t  am  Main  gebürtig,  wähnte  er  in  der  öster- 
reichischen Residenz  einen  entsprechenden  Wirkungski'eis  für  seine  un- 
leugbaren Fähigkeiten  zu  finden,  da  es  ihm  an  Verbindungen  nicht  fehlte. 
In  einigen  Schriftstücken  nennt  er  Doblhoff  seinen  Onkel.  Die  Doblhoff's 
—  es  werden  deren  zwei  genannt  —  gehörten  den  höheren  Beamten- 


81 

kreisen  an  und  übten  nnter  Maria  Theresia  eine  einflussreiche  Wirksam- 
keit aus.  Seine  Verwendung  in  dem  österreichischen  Staatsdienste  ver- 
dankte Wiesenhütten  seinem  Schwiegervater  Bartenstein,  indem  er  Ende 
1743  zum  Hofkammerrathe  ernannt  wurde.  Am  19.  November  1743  er- 
stattete der  Hof  kammerpräsident  Graf  Dietrichstein  einen  Vortrag:  Nach- 
dem die  Kaiserin  ihm  ihre  Intention  dahin  eröffnet  hat,  dass  sie  den 
T.  Wiesenhütten  aus  besonderer  Gnade  und  in  allermildester  Erwägung 
der  Merita  seines  Schwiegervaters,  des  Hofraths  und  geheimen  Staats- 
secretärs  Freiherrn  v.  Bartenstein,  zu  ihrem  Hof  kammer-  und  Bancali- 
tätsrathe  ernannt  habe,  bittet  Dietrichstein  um  die  erforderliche  Legiti- 
mation. Die  Kaiserin  gab  ihr  Placet.  An  den  Berathungen  über  die 
finanziellen  Fragen  nahm  Wiesenhütten  lebhaften  Antheil,  und  auch  durch 
seine  Beziehungen  zu  dem  Wechslerhause  Sardi  war  es  ihm  geglückt,  dem 
Staate  einige  Vorschüsse  zu  verschaffen.  Nun  wurden  ihm  die  Militär- 
und  Schuldencassa,  daher  jene  Geschäfte,  welche  bisher  die  Bancalität  ver- 
sehen hatte,  übertragen,  auch  übernahm  er  den  Verschleiss  der  Bergwerks- 
erzeugnisse:  Quecksilber  und  Kupfer.  Namentlich  ersteres  fand  auf  den 
ausländischen  Märkten  nicht  unbeträchtlichen  Absatz,  und  es  war  ein 
herber  Schlag  für  die  österreichischen  Finanzen,  dass  die  Engländer  zwei 
spanische,  mit  amerikanischem  Quecksilber  beladene  Schiffe  erbeuteten 
und  auf  den  englischen  Märkten  zu  Verkauf  brachten,  wodurch  der  Preis 
desselben  erheblich  sank.  ^ 

Als  Baron  Wiesenhütten  die  Direction  der  Schuldencassa  antrat, 
beliefen  sich  die  Militärschulden  auf  9,403.009  Gulden,  die  Cameral- 
schulden  auf  970.732  Gulden,  zusammen  10,373.741  Gulden.  Die  Mili- 
tärschulden waren  zu  6 — 9  Procent  verzinslich,  die  Cameralschulden  zu 
9  Procent.  Für  die  Bezahlung  der  Zinsen  war  jedoch  beiläufig  ein  Be- 
trag vorhanden,  dass  das  Capital  nur  mit  5  Procent  vei*zinst  werden 
konnte,  daher  die  Interessen  nicht  entrichtet  werden  konnten,  welche 
Ende  December  1744  bereits  auf  337.862  Gulden  angewachsen  waren. 
In  den  nächsten  Wochen  veimehrte  sich  die  Schuld,  da  dem  Kloster  Blasien 
eine  Assecuration  für  178.000  Gulden  ausgefei-tigt  werden  musste;  femer 
mussten  dem  Josef  Simson  Wertheimer  wegen  der  Forderung  seines 
Vaters  im  Betrage  von  503.799  Gulden  die  auf  seinen  Antheil  ent- 


*  Der  Qnecksilbervenchleiss  wird  in  einem  Vortrage  der  Hof  kammer  vom 
20.  AagUBt  1743  auf  1350  Centner  angegeben:  1060  Centner  kamen  in 
Amsterdam  znm  Verkaufe,  220  in  Triest,  40  in  Regensborg,  20  in  Wien. 
Das  Wiener  Armenhaas  hatte  im  Jahre  1740  eine  Anticipation  auf  den 
Qnecksilberverschleiss  von  250.000  Gulden  geleistet,  wovon  25.000  Gulden 
alljährlich  surQckgezahlt  werden  sollten. 
Arehiv.  LXXXIi.  Bd.  I.  H&IA«.  6 


82 

fallendeii  111.955  Gulden  und  von  dor  neuen  Anticipation  mit  50.000 
Gulden  Bancalextracte  zu  5 — 6  Procent  hinausgegeben  werden.  Die 
Kaiserin  verlangte,  dass  WiesenhQtten  für  ihr  ,allein  bekannte  Schulden' 
im  Betrage  von  700.000  Gulden  die  Zahlung  aus  den  ungarischen  Berg- 
geföUen  richtigstelle,  und  er  hatte  sich  für  300.000  Gulden  bereits  ver- 
bindlich gemacht,  den  Rest  in  Aussicht  gestellt. 

Die  zur  Verzinsung  bestimmten  Summen  beruhten  jedoch  auf  un- 
zuverlässiger Grundlage,  und  Wiesenhütten  konnte  mit  voller  Sicherheit 
darauf  nicht  rechnen.  Er  that  sein  Möglichstes.  Die  Cassapapiere  stiegen, 
standen  aber  noch  immer  20  Procent  unter  Pari.  Der  Hofkammerprasi- 
dent  stellte  ihm  das  schönste  Zeugniss  aus.  Baron  v.  Wiesenhütten, 
heisst  es  in  dem  Vortrage,  ist  voller  Eifer  den  Credit  herbeizubringen» 
von  seiner  Integrität  hat  man  ausnehmende  Proben,  und  an  Wissensdiaft, 
Correspondenz  und  Wege,  Geld  aus  der  Fremde  mit  leidentlichem  Inter- 
esse herbeizubriugen,  fehlt  es  ihm  nicht,  allein  8ei^  Eifer  kann  nicht 
wirken,  wenn  er  mit  Bealitäten  nicht  unterstützt  wird,  und  wenn  ihm 
nicht  zulängliche  Fundi,  worauf  der  Credit  herbeigebracht  werden  mag, 
eingeräumt  werden.  Die  Hofkammer  machte  Vorschläge:  eine  bestimmte 
Summe  aus  dem  Contnbutionale,  ferner  Beträge  aus  den  ungarischen 
Bergwerken  der  Schuldencassa  zuzuweisen,  endlich  audi  die  Stadtbank 
zur  vorübergebenden  Aushilfe  in  Anspruch  zu  nehmen.  ,£s  scheint  be- 
fremdend,' heisst  es  am  Schlüsse  des  Vortrages,  ,das8  kleine  Bepublikon  in 
florissantem  Credit  stehen,  wo  erste  Monarchen,  die  so  grosse  Länder  mit 
aller  Oberherrlichkeit  besitzen,  aus  Mangel  an  Credit  Noth  leiden.  Die 
Ursache  aber  sei  jenen,  so  die  Weltläufe  kennen,  nicht  unbekannt:  Repu- 
bliken sorgen  ihre  Schuldner  zu  befriedigen ;  sobald  die  Souveräne  für  ihre 
Schuldner  die  Sorge  tragen  werden,  welche  die  Republiken  hegen,  so  wii'd 
bei  ihnen  der  Credit  in  mehrerer  Aufnahm  kommen.' 

Die  eigenhändige  Resolution  der  Kaiserin  auf  den  Vortrag  vom 
26.  Jänner  1745  lautet:  ,Wegen  der  mehrern  belegung  des  contribu- 
tionale  ist  nicht  zu  gedenken  wegen  der  hungarisohen  bergwerken  appro- 
bire  es  aber  jedoch  dasselbe  nebst  denen  übrigen  zu  Interessebez^lung 
gewidmeten  fundis  bloss  zu  solchen  und  nicht  zu  capitalszahlung  ohne 
mein  vorwissen  anzuwenden  von  halb  zu  halb  jähren  mir  eine  rechnong 
darüber  zu  legen  dan  den  überschuss  von  doi-ten  vor  mich  aufbehalte  dan 
keine  Vermischung  zwischen  intei*esse  und  capitalsbezahlungen  dostiniiien 
fundis  haben  mag,  wegen  deme  was  von  banco  gemeldet  wird  approbire 
es,  werde  aber  ohender  mit  graf  starhemberg  darüber  verstehen.* 

Starhemborg  machte  sich  anheischig,  200.000  Gulden  jährlich  an 
die  Staatscassa  von  Geföllen,  deren  Erti*ag  bisher  dem  Banco  zufloss, 


83 

zo  überweisen,  worauf  Wiesenhütten  eine  Antioipation  von  2  Millionen 
bewerkstelligen  sollte.  Die  Schnldencassa  sollte  für  2  Millionen  neue 
Schuldscheine  (Schnldencassa-Obligationen)  ausstellen,  nachdem  aus  yer- 
schiedenen  Quellen  für  die  gesammte  Schuld  —  die  alten  Bancalitats- 
schulden  und  die  neu  hinzukommenden  —  zur  Verzinsung  5  Procent  und 
zur  Bückzahlung  2  Procent  —  im  Ganzen  905.000  Gulden  mit  Ein- 
Bchluss  der  obigen  200.000  Gulden  —  ausgemittelt  worden  waren.  In 
einem  ausführlichen  Vortrage  vom  17.  März  1745  wurden  die  für  dje 
Verzinsung  vorhandenen  Summen  aufgezählt,  welche  an  Wiesenhütten 
übermittelt  werden  sollen.  Der  ganze  Plan  beruhte  jedoch  auf  hypo- 
thetischer Grundlage.  Denn  mit  voller  Sicherheit  konnte  auf  die  aus  den 
Bergwerken  eingehenden  Summen  von  480.000  Gulden  nicht  gerechnet 
werden,  da  diese,  wie  in  dem  Vortrage  bemerkt  wird,  von  dem  göttlichen 
Segen  allein  abhängen.  An  sich,  heisst  es,  sei  es  zwar  eine  missliche 
Sache,  auf  den  Bergsegen  einen  beständigen  Antrag  zu  machen,  allein 
etwas  müsse  man  doch  allezeit  auf  den  Zufall  ankommen  lassen  und  sich 
in  Zeit  und  Umstände  nach  der  Thunlichkeit  schicken,  so  dass  man  nach 
dem  deutschen  Sprichworte  sagen  kann:  Kommt  Zeit,  kommt  Bath. 

Wiesenhütten  sollte  zunächst  die  Einlösung  der  mit  höheren  Inter- 
essen behafteten  Papiere  und  jene  Parteien  berücksichtigen,  ,die  sich 
zu  Dienst  der  Majestät  und  des  publici  besonders  durch  Anticipationen 
nützlich  gebrauchen  lassen,  ohne  jene  zu  vergessen,  die  ältere  Instrumenta 
obligatoria  haben  oder  ihres  Nothstands  willen  besonderer  Beflexion  würdig 
seien'.  (Vortrag  vom  17.  März  1745.)  Die  Kaiserin  gab  ihr  Placet 
und  bemerkte  eigenhändig:  ,doch  das  mir  in  mein  particulare  die  nota 
tkbergeben  werde  wem  und  wer  bezahlt  wird  ins  künftige  ohne  meine 
aprobation  es  nicht  zu  thun.'  Der  Hof  kammerpräsident  setzte  nun  in  einem 
Vortrage  vom  4.  April  auseinander,  dass  ,das  erste  Membrum'  der  kaiser- 
lichen Besolution  aufs  Genaueste  befolgt  werden  wird,  über  den  zweiten 
Theil  aber  müsse  man  sich  eine  Erklärung  ausbitten.  Denn  die  an- 
gewiesenen Fonde  reichten  nur  zur  Entrichtnug  der  Zinsen  hin,  an  Capital 
könnte  nichts  rückgezahlt  werden.  Hierauf  erfolgte  eine  eigenhändige 
Marginalbemerkung:  ,approbire  es  also  völlig  wai'e  nur  ein  misvcrstand 
iB  meiner  resolution  dan  gemeint  das  jetzt  neben  Interessen  auch  etwas 
zaweillen  an  capital  bezahlt  würde.'  Am  12.  April  1745  erhielt  Wiesen- 
hütten eine  kaiserliche,  auf  Grund  dieses  Vortrages  ausgearbeitete  Voll- 
madit. 

Wiesenhütten  leistete  dem  Staate  im  Jahre  1745  gi'osse  Dienste. 
Seinen  Bemühungen  gelang  es,  nicht  unbeträchtliche  Summen  aufzubrin- 
gen, all^  einerseits  mochte  er  seine  Kräfte  überschätzt  haben,  ander- 

•     6* 


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seits  konnte  der  Staat  die  ihm  gegenüber  übernommenen  Verpflichtungen 
nicht  einhalten,  da  die  zu  seiner  Yerfflgung  gestellten,  aus  verschiedenen 
Quellen  fliessenden  Einnahmen  nicht  rechtzeitig  eingingen.  Auch  wurde 
er  zu  wiederholten  Malen  angewiesen,  Zahlungen  zu  leisten,  wofflr  eine 
Bedeckung  nicht  vorhanden  war.  Holländische  Gläubiger,  die  1737 
2^2  Millionen  auf  das  böhmische  Contributionale  vorgeschossen  hatten, 
erhielten  während  der  Zeit  vom  1.  Juni  1742  bis  Ende  December  1744 
^ine  Zinsen.  Wiesenhfltten  übernahm  eine  Yorschussleistung  zur  Be- 
friedigung derselben.  Als  er  jedoch  die  Bezahlung  aus  der  böhmischen 
Contribution  forderte,  erhielt  er  von  dem  Obristkanzler  die  Antwort,  dass 
die  Beträge  für  die  Armee  nothwendig  seien,  und  es  wurden  ihm  2000 
Lägl  Quecksilber  zur  Bedeckung  überwiesen,  die  damals  nicht  so  leicht 
abgesetzt  werden  konnten.  (Vortrag  von  9.  Juni  1745.)  Wiessenhütten 
gerieth  in  Verlegenheit  und  konnte  seinen  Verbindlichkeiten  nicht  nach- 
kommen; im  September  1746  überreichte  er  ein  Gesuch  um  Enthebung 
von  der  Direction  der  General-Militär-  und  Schuldencassa  und  um  Ver- 
leihung einer  Hof  kammer-  und  Hofmittelsrathstelle  auf  der  Herrenbank 
bei  der  in  Münz-  und  Bergwerkssachen  angeordneten  immediaten  Hof- 
commission. Auf  dieses  Gesuch,  welches  am  19.  September  1746  in  die 
Hof  kammer  gelangte,  schrieb  die  Kaiserin  eigenhändig:  ,Obwohlen  von 
denen  geleysten  diensten  und  eyffer  des  wisenhütten  sehr  wohl  zu  friden 
so  accordire  ihm  umb  in  stand  zu  bleiben  weitere  gutte  dienst  zu  leisten 
dis  was  er  alhier  begei*t,  wegen  Kupffer  weesen  solle  die  comission  selbsten 
dises  führen  die  militar  cassa  solle  Schröder  als  Zahlmeister  führen  das 
schulden  weesen  halber  wird  es  Kayser  befehlen  wisenhütten  seynd  zum 
zeichen  meiner  gnad  50°^  fl.  zu  geben  die  camer  selbsten  vorschlagen  solle 

^^^^^'  Maria  Theresia.' 

Seine  Gegner  erhoben  Anklagen  gegen  seine  Gebahrung.  Maria 
Theresia  betraute  eine  Commission  mit  der  Untersuchung. 

,Lieber  Graff  Kollowrath. 

,Ich  höre  dass  Bartenstein  und  sein  Schwieger-Sohn  der  Wiesen- 
hüten sehr  betroffen  seyn  über  die  grosse  Hindemussen,  die  lezterer  in 
Beyschaffung  deren  Gelder  findet. 

,Die  grosse  dienste  so  Bartenstein  Mir  und  Meinem  Hauss  geleistet, 
werde  nie  in  Vergessenheit  sezen,  und  Ich  bin  überzeuget  von  denen  auf 
Millionen  belauffenden  Summen,  die  der  Wiesenhüten  in  den  beschwehr- 
lichsten  Umständen  vorgeschossen  hat,  und  ist  Mir  alles  daran  gelegen, 
dass  der  Bartenstein  in  Ruhe  gesezet,  und  sein  Schwieger-Sohn  bey 


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seinem  Credit,  und  eyffer-vollen  Devotion  aufrecht  erhalten  werde ;  Ich 
w^de  solchen  nie  fallen  lassen,  noch  weniger  zugeben,  dass  ihme  wieder 
die  Billigkeit  was  zugemuthet  werde. 

,Wie  kan  ich  aber  helffen,  wann  nicht  klar  gemacht  ist,  wie  selber 
bej  meinem  seraiio  verflochten  ist?  und  dahero  habe  ich  Euch,  nebst 
Salaborg,  Brandau,  Bartenstein,  Wiesenhüten  und  Koch  ernennet,  damit 
ihr  den  standt  deren  Forderungen,  so  Wiesenhüten  an  das  serarium  hat, 
und  wie  Er  hierunter  bedecket  sej,  ins  klare  gesezet,  und  zwar  Specifice: 
Erstlich  den  wahren  Statum,  was  er  Wiesenhüten  Successive  vorge- 
schossen, was  er  zu  Sicherstellung  dieses  Vorschusses  vor  fundos  über- 
kommen, wie  viel  aus  diesen  fundis  eingegangen,  wie  viel,  und  warum 
znruckhafftien,  mithin  in  wie  weit  derselbe  annoch  in  Yorschuss  stehe, 
damit  man  ihne  dissfalls  ganz  sicher  stellen  könne.  Andertens,  ob  der- 
selbe sich  einiger  Stadt-Banco-Gelder  wie  auch  einigen  fundis  der  vor 
das  1746  ^  Jahr  gehörig  ist,  schon  prsevaliret  habe,  weichergestalten,  und 
wohin,  damit  man  wissen  möge,  was  vor  fandi  vor  das  1746  ^  Jahr  übrig 
bleiben.  Drittens;  Ob  er  auf  dieses  schon  eingetrettene  Militär- Jahr  seine 
Dispositionen  gemacht  habe,  damit  die  Milit&r-Erfordernussen  bestritten 
werden  mögen;  auf  wie  viel  Monathen  selbe  zu-länglich  seyn;  als  nehm- 
lichen:  vor  die  Löhnungen  und  Ordonanz-mässige  Gebühr,  item,  Ee- 
croutir-Eimontining,  Artillerie,  Pontons,  Proviant,  und  übrige  Eriegs- 
Nothdurfflien. 

yVierdtens  Solle  er  Wiesenhüten  selbst  den  Vorschlag 
thun,  wie  ihme,  wegen  seines  Vorschusses  de  prseterito  zu 
helffen,  auch  durch  was  Mittel  ihme  weiter  bey-zustehen 
seye,  damit  er  in  Credit  und  Kräfften  erhalten  werde, 
auf  dass  Er  auch  künfftig  seine  vorhinige  treue  und  wich- 
tige Dienste  Mir  und  dem  gemeinen  Weesen  leisten  könne. 

,Dir  werdet  hierüber  mit  der  benannten  Commission  beejrffert  seyn, 
ohnverweilt  eine  klare  Vorstellung  zu  machen,  anbey  euere  Meynung  er- 
öffnen, wie  ein  und  anders  ob  besagtes  in  das  Werck  zu  sezen,  und  im 
Gang  zu  bringen  seye,  auch  inmittelst  sowohl  den  Bartenstein  als  den 
Wiesenhüten  Meiner  Kays.  Gnade  und  Schuzes  versichern. 

Mai'ia  Theresia.' 

Das  Handschreiben  der  Kaiserin,  ferner  eine  Note,  welche  sie  dem 
Grafen  Salaburg  zum  Circuliren  gegeben  (die  mir  jedoch  nicht  zu  Gesicht 
gekommen  ist),  bildeten  die  Grundlage  commissioneller  Verhandlungen, 
die  in  den  letzten  Tagen  des  Monats  December  1746  stattfanden.  Das 
Ergebniss  war,  dass  Wiesenhütten  10*7  Millionen  Gulden  Vorschüsse  auf 


86 

die  ODgliBchen  Snbsidien  geleistet  hat  und  71  Millionen  zorOckgezahlt 
erhielt,  daher  8*6  Millionen  za  fordern  hatte.  Dieser  grosse  Yorschnss  von 
10  Millionen»  heisst  es  in  einem  an  die  Kaiserin  erstatteten  Vortrage, 
beweise  doch  allemal  dessen  Capacität,  Attention  und  grossen  Fleiss  und 
nebstdom  Credit,  so  er  dazumahlen  gehabt  hat.  Von  dem  Gelde  waren 
allerdings  blos  circa  280.000  fl.  unbedeckt,  der  Best  auf  bestimmte  Ein- 
nahmen angewiesen,  die  jedoch  nicht  rechtzeitig  eingingen,  während 
Wiesenhütton  seinen  Gläubigern  gegenüber  haftete  und  seinen  Ver- 
pflichtungen nicht  rechtzeitig  nachkommen  konnte.  Was  die  kaiserliche 
Frage  anbelangt,  ,ob  er  sich  einiger  fundorum  so  ad  1746  gehörig  pro 
1746  bedient  habe',  wurde  von  Wiesenhfitten  zugegeben,  dass  dies  bei 
600.000  fl.  der  Fall  war,  weil  die  Eingänge  pro  1745  unzulänglich 
waren.  Die  Commission  fand  die  Befugniss  dazu  wohl  gegründet  in  seinem 
Contiact  und  seiner  Instruction.  Es  sei  dies  auch  eine  Sache,  die  vorher 
fast  alle  Jahre  in  Kriegszeiten  geschehen  sei,  auch  heuer  geschehen 
werde.  Wiesenhütten  habe  nichts  Unrechtes  und  nichts  Schädliches  ge- 
than.  Durch  eine  Weigerung  des  Präsidenten  der  Ministerial-Bancodepu- 
tation  Grafen  Kinsky,  Zahlungen  auf  Anweisungen  zu  leisten,  kam 
Wiesenhütten  in  Verlegenheit.  Kinsky  glaubte  mit  Bücksicht  darauf, 
dass  Wiesenhütten  dem  Banco  beträchtliche  Summen  schuldete  und  die 
Zahlungstermine  nicht  einhielt,  die  Sistirung  aussprechen  zu  müssen. 
Die  Commission  meinte,  Kinsky  habe  wohl  nicht  Unrecht  gehabt,  aber 
»dieses  Incideni  wäre  zu  bedauern  und  besser  gewesen,  wenn  ihm  unter 
der  Hand  die  Suspendirung  der  Zahlungen  wäre  mitgetheilt  worden^ 
Uober  den  Vorschleiss  des  Kupfers  und  Quecksilbers  äusserte  sich  die 
Commission,  dass  Wiesenhütten  ,ganz  ausnehmende  Dienste'  geleistet 
habe.  Einstimmig  war  das  Votum,  dass  er  die  Direction  so  gut,  klar 
und  oMnungsmässig  geführt  habe,  dass  zu  wünschen  wäre,  dass  jemand 
Anderer  ein  Gleiches  thun  könne. 

Nach  Empfang  dieses  Berichtes  erliess  die  Kaiserin  folgendes  Hand- 
8chmb«n: 

Jiiebor  Graf  KoUowrat 

fleh  schicke  ihm  das  refeimt  wiederum  zurück,  und  bin  ganz  zu- 
firteden«  dass  die  Sadie  so  Klar  an^geiaUen.  An  der  richtigen  und  ehr- 
kk^tt  Amtirang  dest^elben  wan^  niemahls  kMn  Zweifd,  sein  Eifer  mir 
uwt  gar  tu  b^kandi  in  selbige  wa^^  wohl  aber,  wie  diese  Commission 
a^ph)rlnH»  g^Oglauht  dasts  er  a«s  selbiger  b«^  U»er  sich  genommen, 
ais  «r  iprmlirea  KonnU^  und  also  ui  si^  n  Müni  die  Sacken  und 


87 

fandl  Yermischt;  und  nicht  im  Stande  wäre  sich  heraus  zu  helfen;  weilen 
aber  jezt  auch  dessen  übei'zeuget,  das«  er  genügsame  Capacitset,  die 
Sache  wohl  und  ordentlich  geföhret,  und  meinen  Dienst  nuzlich  besorget, 
habe  Kein  Bedencken,  dass  wann  mir  das  Beferat,  welches  erwarte,  wird 
gegeben  werden,  wo  sehen  solle,  was  er  in  das  Efinfftige  sich  getrauet, 
und  wie  es  zu  halten,  dass  selben  nicht  allein  gern  bey  seiner  Amtirung 
werde  fort  continuiren  sehen,  sondern  auch  kein  Bedendken  trage,  an  die 
Canzlejen  und  Cammer  meine  darüber  gefasste  resolution,  und  Zufrieden- 
heit seiner  diensten  zu  bezeigen.  Verlange  aber  noch  zu  grösserer  Sicher- 
heit und  allen  Unlüsten  vorzubeugen,  und  die  Sache  allzeit  klar  zu 
fOhren,  folgende  Functen,  nehmlich:  dass  er  sich  von  allen  Rimessen  an 
Banco  also  gleich  abthun,  wohingegen  mich  chargiie  der  229™  fl.,  dass 
ihm  sein  absolutorium  mit  bester  Art  gleich  gegeben  werde.  Andertens 
Verlange  eine  Klare  Auskunfft  des  Schulden  Systema  wegen,  was  und 
wer  bezahlt  an  Interesse  und  Capitali  dieses  Jahr.  Drittens,  dass  wegen 
Ausstellung  derer  Quittungen  eine  bessere  norma  Künfftighin  mir  vorge- 
schlagen werde,  dann  nicht  selbe  sollen  wie  jetzo  hinauf  geliefei-t  werden 
Können,  wie  es  mit  der  Vermögen-Steuer  und  Boss-Handler  Pingitzer 
geschehen.  Wann  also  er  sich  diesem  unterziehen,  und  das  Protocoll 
empfangen  werde,  was  seine  weitere  Erkläiiingen  betiifft,  werde  selbiges 
confereutialiter  vornehmen,  um  der  Sache  mehrers  Nachdi*uck  zu  geben, 
obwohlen  nichts  mehrers  wird  hemuskoromen,  als  was  gar  wohl  in  der 
Commission  ist  ausgearbeitet  worden,  ei-warte  also  ehestens  das  Protocoll. 

Maria  Theresia.' 

üeber  den  weiteren  Verlauf  liegen  einige  Schriftstücke  von  Wiesen- 
hütten vor,  aus  denen  ersichtlich  ist,  dass  die  ihm  von  der  Kaiserin  zu- 
gesprochenen Summen  noch  nach  Jahi'on  nicht  ausgezahlt  waren  und 
ihn  in  bittere  Verlegenheit  brachten,  er  daher  seinen  Gläubigern  die 
übernommenen  Verpflichtungen  nicht  einhalten  konnte.  Am  31.  Januar 
waren  von  50.000  Gulden,  welche  die  Kaiserin  Ende  1746  an  Wiesen- 
hütten bewilligt  hatte,  33.497  Gulden  479  Kreuzer  nicht  beglichen,  eine 
Summe,  welche  Wiesenhütten  an  Philipp  Heinrich  Stenglin  &  Sohn  in 
Hamburg  cedirt  hatte.  Dai*auf  mag  sich  die  von  Arneth,  Band  IV,  S.  82, 
aus  den  Berichten  des  preussischon  Gesandten  abgedruckte  Notiz,  welche 
von  einem  zweiten  Bankerott  spricht,  beziehen.  Da  Wiesenhütten  sich 
vollständig  gerechtfei-tigt  hatte,  macht  es  erkläi'lich,  dass  er  zunächst 
in  Idria,  sodann  (27.  Juli  1749)  als  Intendant  in  Triest  verwendet 
wurde. 


88 

II. 
Die  Flnanzreform  des  Grafen  Hangwltz. 

Wie  bemerkt,  hatte  der  Grundgedanke,  dnrch  eine  Revision  des 
Gmndsteaercharakters  eine  Erhöhung  der  Contribation  und  eine  ent- 
sprechendere Yertheilung  der  fflr  die  Erhaltung  des  Heeres  erforderlichen 
Summen  za  erzielen,  allmälig  eine  Erweitemng  erfahren.  Wir  sind  in 
der  Lage,  die  einzelnen  Stadien  der  Angelegenheit  zn  yerfolgen.  Zwei 
Schriftstücke  liegen  von  dem  Grafen  vor.  Das  eine  betitelt  sich  „Ohn- 
massgebliche  allerunterthänigste  Gemfithsmeinnng,  worin  tüber  das  neue 
Cameralsystem  Vorschläge  gemacht  werden^  (von  einer  fremden  Hand 
mit  20.  Juli  1747  bezeichnet).  Vornehmlich  fragte  es  sich,  wie  das 
Schnldenwesen  geregelt  werden  sollte.  Die  Höhe  der  Staatsschulden  wird 
auf  ISO  Millionen  angegeben,  in  einem  Nachtrage  aber  auf  106  Millionen 
Gulden  berichtigt.  Weit  wichtiger  ist  die  zweite  Arbeit,  welche  unstreitig 
von  Haugwitz  abgefasst  ist  und  fQr  den  weiteren  Gang  der  Angelegen- 
heit von  massgebender  Bedeutung  war;  sie  lautet  wörtlich,  wie  folgt: 

Fernere  ohnmassgebliche  allerunterthänigste  Oemnths  -  Meynnng 
über  die  lu  errichtende  Cameral-  und  KUtar-Systemata. 

Erster  Grund-Satz. 

Wie  betrüblich  auch  nach  ausgestandenen  Eriegs-Drangsalen  die 
Situation  deren  mehrest en  Eayser-Eönigl:  Erb-Landen  seye,  und  solches 
einer  göttlichen  Straffe,  und  Verhängnuss  zuzueignen:  So  unverantwort- 
licher, und  trostlosser  wäre,  solche  von  neuen  nicht  nur  einem  gleich- 
mftssigen  schmertzvollen  Schicksal  zu  exponiren,  sondern  wohl  gar  bey 
nicht  vorfindender  genügsamen  Gegenwehr  selbige  auf  den  äussersten 
Gipffei  einer  gründlich  besorglichen  Gefahr  zu  stellen,  von  einer  weit 
stärckeren  Macht  sich  überfallen,  und  übergewaltiget  zu  sehen. 

Anderter  Grund-Satz. 

Die  einem  Souverain,  und  Landes-Fürsten  von  Gott  dem  All- 
mächtigen anvertraute  Cron,  und  Scepter  führen  eine  Gewissens- Ver- 
bündlichkeit  in  sich,  zu  deren  nothdürftigen  protegirung,  umb  sowohl 
solche  bey  der  Durchlauchtigst-abstammenden  Erb-Folge  zuerhalten,  als 
die  ihm  von  Gott  anvertraute  ünteiihanen  kr&fftigst  zu  beschützen,  und 
unter  der  rechtmässigen  Beherrschung  zu  conserviren  allerdings  noth- 
gedrungener  die  aüssersten  Gegenwehrs-Mittel  zu  ergreiffen. 


89 


Dritter  Orund-Satz. 


Diessfallige  Gewissens- Verbfindlichkeit,  wird  bey  dem  Souverain, 
nnd  Landes-Ffirsten,  so  dann  nmb  so  stärcker,  wann  von  der  besorg« 
liehen  Gegen-Macht,  die  heilige  Catholische  Heligion  selbst  in  giösster 
Gefahr  stehet,  dergestalten,  dass  umb  solche  zu  conserriren,  gut  Catho- 
lischen  im  Gewissen  oblieget,  die  von  Gott  ihnen  yerliehene  Eräfften, 
und  Mittel  darzustellen. 

Vierter  Grund-Satz. 

Wann  man  in  Erweg^ng  ziehet,  was  bishero  in  PreOssisch-Schle- 
sien  geschehen,  so  werden  alle  nur  ersinnliche  Kräften  aüssersten 
Fleisses  herrorzusuchen  seyn,  umb  ein  gleiches  Schicksal  von  denen 
Böbmisdi-  nnd  Oesterreichischen  £rb-Landen,  werckthätig  abzuwenden: 
Immassen  diessfallig^r  Zufall  bey  gedachten  Böhmisch-  und  Oesterreichi- 
schen Ländern,  so  lang  es  zu  verhindern  in  menschlicher  Macht  stehet, 
bey  Gott  umb  so  unYerantwortlicher  wäre,  als  diese  Lande  die  reine  Ca- 
tholische-Beligion  allein  profitiren,  mithin  ehender  bey  Zeiten  alle 
extrema  anzuwenden,  als  sich  diessfiUliger  Gefahr  im  mindesten  bloss- 

zustellen. 

Fflnffter  Grund-Satz. 

Die  Ständische  Privilegia  sind  von  einem  Christlichen  Souverain 
jederzeit  so  heilig,  als  hochzuschätzen,  und  verlange  solche,  als  ein 
Sanctuarium  keinerley  Dienges  zu  berühren,  ob  aber  nicht  sowohl  der 
Landes-Fürst,  besonders,  und  hauptsächlich  aber  die  Stände  selbst,  nach 
dem  Gesatz  der  Natar,  und  der  Christlichen  Billichkeit  gemäss,  diess- 
fäUige  Maass-Beguln,  nach  der  ffirdringenden  Gefahr,  und  beywaltenden 
ümbständen  zu  dirigiren  haben,  dieses  kan  umb  so  weniger  ein  ver- 
Dfinfftiger  Mensch  in  Abrede  stellen,  je  gewisser,  ohne  das  Cron,  und 
Scepter,  Land,  und  Leute  genugsam  beschützet,  und  defendiret  werden, 
in  sich  unmöglich  ist,  die  hiervon  abhängende  privilegia  zu  beschützen 
und  zu  vertheidigen:  Anerwogen  das  Exempel  von  Schlesien  hierinnfalls 
wieder  zum  Beweissthumb  dienen  kan. 

Sechster  Grund-Satz. 

Da  nun  Landes  kündig  ist,  samb  die  EräfFten  deren  ünterthanen, 
bey  weiten  nicht  zulangen,  ohne  Beytritt  der  sonst  in  regula  befreyten 
Dominiorum  den  anverlangenden  Schutz  zu  bewürcken,  umb  andurch 
Cron,  und  Scepter,  dann  die  eigene  Ständische  Privilegia  sicher  zu  stellen, 
so  erfordert  die  Gott  liebende  Gerechtigkeit,  und  natürliche  Billichkeit, 
womit  auch  die  Dominia,  nach  beywohnenden  aüssersten  Eräfften,  diesen 


90 

80  nothdtürfftigen  kräftigsten  Schutz  beförderen  helffen,  zumahlen  die 
vorhandene  äusserste  Noth,  und  des  gemeinen  Weesens  alleinige  Auf- 
recht-Erhaltung  solches  erheischet,  wohingegen  durch  Reversales,  und 
andere  billichste  Landes-Fürstl.  Versicherungen  ihre  theuere  Privilegia 
allerdiengs  sicher  zu  stellen  sind. 

Siebender  Grund-Satz. 

Haben  die  Dominia,  und  Potentiores  bey  allen  Türckischen,  und 
Frantzösischen  Kriegen,  sich  durch  Veimögen-S teuer,  und  andere  Sub- 
sidia  sorgföltigst  angegriffen,  da  doch  die  Gefahr  der  Cron,  und  Scepter, 
und  der  durch  feindliche  Überwältigung  zu  besorgende  gantzliche  Ver- 
lust ihrer  Frejheiten,  bey  weiten  nicht  so  gross  gewesen,  als  dermahlen 
im  Frieden  solche  seyn  würde,  wann  eine  zulängliche,  die  Länder  zube- 
schOtzende  Gegenwehr  nicht  vorhanden  wäre,  anerwogen  ein  mächtiger 
Nachbar  in  dem  Hertzen  sitzet,  so  mittelst  dessenen  praepotenz,  und 
ungerechten  Tyrannischen  Verfahren,  Cron,  und  Scepter  gar  bald  rauben, 
und  zugleich  die  Stände  ihrer  Privilegien,  ad  exemplum  Schlesiens  ent- 
setzen würde,  so  sind  selbige  allerdiengs  nunmehro  im  Gewissen  ver- 
bunden, zu  ihrem  eigenen  Wohl,  wo  die  Gefahi'  alles  zuverliehren  vor 
Augen  lieget,  sich  wo  nicht  stäi'cker,  doch  wenigst  so  viel,  als  bey  derley 
Türckisch-  und  Fi-antzösischen  Kriegen,  werckthätig  anzugreifen,  umb 
andurch  jenes  Übel  zu  verhindern,  welches  so  bald  es  einmahl  geschehen, 
alle  späte  Beüe  überflüssig  machet. 

Achter  Grund-Satz. 

Wann  sich  die  Länder  nur  eben  so  starck,  als  zeitwährenden  Krieg 
anzugreifen  gedenken,  so  kan  der  Haupt-Zweck  ihrer  Beschützung  gantz 
füglich  erreichet  werden,  selbige  aber  genttsseten  anbey  zu  ihrem  Besten, 
nebst  der  anwünschenden  Sicherheit  noch  diesen  vortheilhaften  Unter- 
scheid, dass  die  Gelder  in  denen  Ländern  wiederumb  consumiret,  und 
mittelst  des  Consumo  derer  Trouppen  denen  Ländern  insgesambt  auf- 
geholfen würde. 

Neunter  Grund-Satz. 

Wollte  man  hierbey  die  Cynosur  aus  der  Schlesischen  Einrichtung 
nehmen,  so  ist  diessfalls  wohl  zu  mercken,  dass  zwar  anscheinen  wil, 
samb  der  Untei-than,  um  2  pGent  höher,  als  Preüssischer  Seits  beleget 
seye,  allein  beygeschlossene  Tabelle  sub  Num.  1.  weiset  aus,  dass  Preüs- 
sischer Seits  die  Nutzung  des  Säewerks  merckllch  höher,  als  diessortes 
angesdilagen  worden,  wordurcb  wenigstens  der  Anstand  einer  diess- 
ortigen  höheren  Belegung  von  selbst  hinwegfallet:  Besonders  da  Preüs- 


91 

sischer  Seits  über  die  Viehe-Nutznng,  annoch  die  Hatt-Wayde,  und  das 
Wiesewachs,  nebst  denen  praestirenden  Hand-Diensten,  so  hiesigen 
Ortes  ganzlich  freygelassen  sind,  mit  veranschlaget,  und  in  die  Ver- 
steuerung gezogen  worden:  Hiernächst  haben  die  Preüssischen  Contri- 
buenten,  das  beschwerliche  onus,  dass  bey  bemQssigter  Einführung  ihrer 
Feilschafften  m  die  Städte,  solche  veraccisiret,  oder  hiervon  ein  grosser 
Aufischlag  gegeben  werden  muss,  welches  wahrhafftig  sonderbarer  con- 
sideration  würdig,  mithin  die  diessortige  Contribuenten  weit  besser,  als 
die  gegenseitig-Schlesische  conditioniret  sind. 

Zehender  Grundsatz. 

Da  die  Cynosur  von  Schlesien  genommen  werden  wil,  die  Schlesier 
aber  Preüssisch-  und  hiesigen  Antheils  weniger,  als  sie  mit  Einrechnung 
des  Domestici  zu  Zeiten  Caroli  VI**  contribuiren,  wie  solches  der  sub 
Num.  2  beygeschlossene  Ausweiss,  aus  einer  dreyjährigen  Haupt-Steüer- 
Ambts-Bayttung  darstellet,  so  folget  hieraus  der  natürliche  Schluss,  dass 
in  effectu  auch  die  übrigen  Länder,  praescindendo  von  ihrem  Domestico, 
jedoch  mit  Inschluss,  der  zum  allerhöchsten  Dienst  vein/rendeten  Aus- 
gaben, allerdings  weniger,  als  zu  zelten  Oaroli  VI.  contribuiren  würden: 
Zu  gründlicher  Bestärckung  meines  diessfalligen  Grundsatzes,  so  provo- 
cire  auf  die  Untersuchung  .10.  bis  .15.  jähriger  Landes-Eayttungen, 
wordurch  sich  bey  denen  mehresten  Ländern  äussern  wird,  dass  in  dem 
angegebenen  Supposito  mich  keinerley  Dienges  geirret. 

Eylffter  Grund-Satz. 

Sobald  die  Cynosur  von  Schlesien,  und  dessen  untersuchten  Eeali- 
täten  genommen  werden  wil,  so  muss  solches  von  gantz  Schlesien  billicher 
Dienges  geschehen,  massen  gantz  Schlesien,  und  nicht  dieser  Antheil, 
mit  denen  übrigen  Eayser-Königl.  Erb-Landen,  seinen  Dividenten  hat; 
Und  eben  darumben  kan  ohnmöglich  die  auf  diesen  Antheil  ausfallende 
alte  Indiction  einen  Divisorem  constituiren,  weilen  nicht  diese,  sondern 
die  wahrhafftig  befundene  Bealitäten,  denen  Landes -Eräfiften  den  Aus- 
schlag geben. 

Nun  zeiget  beygebogener  Ausweiss  sub  Num.  8.  wie  nach  diess- 
ortig-Schlesischer  Antheil  in  gegeneinanderhaltung  sämbtlicher  Schle- 
sischen  Landes-Bealitäten,  nicht  einmahl  den  .15**  sondern  noch  unter 
den  .16**  Theil  ausmachet,  folglich  wann  die  übrigen  Erb-Lande,  nach 
diesem  Dividenten,  des  .16*'°  Theils  beygezogen  würden,  solche  wenig- 
stens umb  700.000  fl.  mehr,  als  nach  dem  Divisore  des  .15**  Theils 
würden  zu  contribuiren  haben. 


92 


Zwölffter  Grtind-Satz. 


Ich  gestehe  aufrichtig,  dass  dieser  Antheil  mit  der  aufhabenden 
Last  genug  zu  tragen  hat,  jedoch  so  bald  selber  nur  des  beneficii  Con- 
sumtionis,  bey  Eingwartirang  eines  Begiments  von  -4  Bataillonen,  auch 
wohl  eines  mehreren,  genussbar  werden,  und  die  anhoffende  Militar-Disci- 
plin  auf  das  strengeste  gehalten  würde,  so  getrauete  mir  aflerdiengs  keck 
zu  behaupten,  dass  selbtes  alsdann  dabey  gar  wohl  fahren  würde. 

Ean  nun  dieser  Antheil  Schlesien,  welcher  in  Wahrheit  nach  der 
besitzenden  guten  Eäntnuss,  grösstentheils  sehr  arm,  und  fast  das  aller- 
schlechteste  von  sämbtlichen  Erb-Landen  ist,  solchergestalten  gar  wohl 
bestehen,  und  zufrieden  seye,  so  muss  mir  billig  gegifindete  Hoffnung 
machen,  dass  viele  weit  besser  conditionirete  Lande,  darmit  ebenermassen 
wohl  werden  bestehen  können;  dann  obwohlen  von  allen  insgesambt  nicht 
die  vollkommene  Känntntüss  besitze,  so  macht  mich  jedoch  das  Exempel 
von  Schlesien  diessfalls  gantz  getrost,  wann  nur  in  der  individual  Ein- 
theilung  einerseits  die  Gottgefällige  Gleichheit  beobachtet  werde,  und 
andererseits  in  theils  Landen  zum  eigenen  Besten  in  domo  propria,  das 
ist  in  Domestico,  man  sich  besser  restringiren  wollte. 

Dreyzehender  Grund-Satz. 

Betreffend  die  aufhabende  pnvat-Schulden  derer  Länder,  so  würde 
dem  Aerario  allerdienges  unerträglich  fallen,  mit  dem  zu  nöthiger  Be- 
schützung derer  Länder  erforderlichen  Quanto  zu  deren  Yerinteressir- 
und  Bezahlung  zu  concurriren,  massen  allein  in  Cärnthen  und  Crayn 
3.  Millionen  an  Remunerationen  vorgefunden:  Wie  sollte  das  gemeine 
Weesen,  bey  diessfälliger  Unwii*thschaft  so  empfindlich  leiden?  und  an- 
durch  sämbtliche  Länder  in  äusserster  Gefahr  stehen,  zu  einem  Baub 
einer  feindlichen  Überschwemmung  zu  werden? 

Mir  schiene  demnach  billicher  ohne  alles  Maassgeben,  denen  Län- 
dern dermahlen  ihre  sämbtliche  luteressen-Fundos  in  Händen,  die  Capi- 
talia  aber  durch  reducirung  derer  Interessen  von  .5.  auf  .4.  pOent  zahlen 
zu  lassen,  wenigst  in  so  lang,  bis  das  Aei'arium  sich  im  Stand  befinde, 
zu  deren  Besten  eine  anderweitige  Einrichtung  zu  treffen: 

Verschiedene  Länder  haben  zu  deren  Yerinteressirung  Cameral- 
Fundos  in  Händen,  so  sie  auch  noch  ferners  beybehielten,  gesetzt  aber 
auch,  dass  wegen  dieser  Schulden,  sothane  Länder  mercklich  höher  als 
die  übrigen  bebürdet  würden,  so  haben  sie  solches  ihrer  eigenen  Schuld, 
wie  ein  privatus,  so  sein  Vermögen  durchbringet,  sich  allei*dienges  beyzn- 
messen;  Jedoch  könnte  aus  allerhöchster  Mielde  jenen  schwächesten. 


93 

mittelst  des  sicher  zu  stellenden  sab  Nnm.  4.  bemerckton  Bejschlusses, 
derer  extra  proportionem  stehenden  Ländern,  nach  allerhöchsten  Wohl- 
gefftUen  in  etwas  beygespmngen  werden. 

Vierzehender  Grund-Satz. 

Da  nun  wie  oben  gemeldet,  Schlesien  zu  einer  Cynosur  erwählet 
worden,  so  weisset  beyverwahrte  Nota,  sub  Num.  5.  nebst  denen  bey- 
gefugten  Tabellen  aus,  wie  meines  treu-devotesten  Oi-thes  in  Schlesien 
operiret,  und  welcherley  Quantum  nach  dem  von  Sr.  Excellenz  dem  Herrn 
Obristen  Cantzler  mir  communicirten  sub  Num.  6.  beygebogenen  Divi- 
denten, auf  sämbtliche  übrige  in  der  proportion  stehende  Erb-Länder 
ausfallet. 

Der  Banco,  und  die  Cammer  mögen  nun  die  genüssende  Cameral- 
Gefalle  behalten,  oder  solche  denen  Ständen  einräumen,  so  wäre  solches 
bey  diessfalliger  Ausgleichung  gleichgültig,  massen  jenes,  so  das  Came- 
rale  dermahlen  schon  genüsset,  von  denen  Ländern  nicht  abgefordeii; 
werden  könnte,  mithin  es  diessfalls  nur  hauptsächlich  auf  eine  respective 
unter  denen  Ländern  zu  formirende  Ausgleichung  ankommen  würde, 
damit  hierdurch  keinem  Lande  in  der  proportion  zu  nahe  getreten  werden 
möge; 

und  solchei'gestalten  sollte  unmassgeblich  vermeinen,  dass  hier- 
durch hauptsächlich  das  Militar-Systema  genungsam  bedecket  seye,  und 
sobald  die  Absonderung  der  Aufschläge,  wie  erforderlich  gemacht  seyn 
würde,  so  dürffte  sich  hieraus  ergeben,  ob  nicht  dem  Camerali,  oder 
Schulden-Cassa  etwas  zum  Besten  übrig  bleiben  möchte.  — 

Der  Beschluss  wurde  gefasst,  den  Grafen  Haugwitz  nach  Mähren 
und  Böhmen  zu  entsenden,  um  mit  den  Ständen  Verhandlungen  anzu- 
knüpfen und  dieselben  zu  einer  höheren  Beitragsleistung  zu  bestimmen. 
Über  die  Rectification  der  Giiindsteuer  war  bereits  volle  Einigung  erzielt 
worden.  Die  Grundlage  bildete  eine  aus  Böhmen  eingesendete  Arbeit. 
An  den  eingehenden  Berathungen  hat  Graf  Friedrich  Hari'ach  wesent- 
lichen Antheil  genommen  und  die  bisherige  Auffassung,  dass  er  sich  in 
einem  principiellen  Gegensatze  zu  den  Plänen  des  Grafen  Haugwitz  be- 
fanden habe,  muss  als  irrig  bezeichnet  werden. 

An  der  Eegelung  der  Contribution  in  Böhmen  und  Mähren  hat 
Harrach  in  hervorragender  Weise  mitgewirkt.  Der  Vortrag  vom  23.  Oc- 
tober  1747  über  das  Bectificationswesen  in  Böhmen,  von  Jordan  ausge- 


94 

arbeitet,  ist  von  ihm  unterzeichnet.^  Die  an  Haugwitz  ertheilte  Instruc- 
tion vom  18.  October  1747  wurde  in  der  Hof  kanzlei  eingehend  berathen, 
das  über  Böhmen  vereinbarte  Operat  wurde  ihm  mitgegeben.  Bei  den 
Berathungen  über  den  mährischen  Becess  führte  Harrach  den  Vorsitz  und 
betheiligte  sich  lebhaft  an  den  Verhandlungen.'  Die  endgiltige  Ent- 
scheidung der  Kaiserin  erfolgte  nach  dem  Antrage  Harrach's.  Harrach 
soll  insbesondere  einen  Massstab  befürwortet  haben,  demzufolge  gerade 
die  grösste  Last  auf  die  ärmsten  Provinzen  gefallen  wäi'e,  während  Böhmen 
geschont  bleiben  sollte.  Das  Archiv  des  Ministeriums  des  Innern  bewahrt 
eine  grosse  Anzahl  über  die  Vertheüung  der  Contribution  angestellten 
Berechnungen  —  die  meisten  sind  von  Jordan's  Hand  geschrieben  — 
aus  denen  jedoch  durchaus  nicht  ersichtlich  ist,  dass  Böhmen  geschont 
werden  sollte.  Auch  ist  es  unrichtig,  dass  den  Ständen  die  Beseitigung 
ihres  seit  Jahrhunderten  unangefochtenen  Rechtes  auf  die  jährliche  Be- 
willigung der  Steuern  und  Truppen  zugemuthet  wurde.  In  allen  Becessen 
wird  ausdrücklich  gesagt,  ,dass  durch  diese  Vereinbarung  die  Privilegien, 
Freiheiten,  wohl  hergebrachten  Gewohnheiten  der  freien  Verwillignng 
nicht  im  Mindesten  präjadicirt,  folglich  der  vorhinigen  Gewohnheit  nach 
der  Landtag  dennoch  alljährlich  gehalten  und  das  verwiiligte  Recessual- 
quantum  ohne  die  geringste  Steigerung  oder  Erhöhung  jederzeit  erneuert, 
und  im  Falle  etwa  bei  den  dermaligen  dem  Lande  zngetheilten  Bata  etwas 
Zweifelhaftes  unterwalte,  ein  solches  den  Ständen  zu  keiner  Zeit  einigen 
Nachtheil  noch  in  eine  weitere  Consequenz  gezogen  yrerden  sollte'.  Es 
ist  überhaupt  eine  irrige  Ansicht,  dass  Decennalrecesse  etwas  Neues 
waren,  Vereinbarungen  mit  den  Ständen  auf  eine  grössere  Anzahl  von 
Jahren  waren  bereits  früher  wiederholt  abgeschlossen  worden. 

Der  Vortrag  über  die  in  Mähren  zu  veranlassende  Bectification 
des  Dominiealis  wurde  von  Harrach  am  20.  November  1748  der  Kaiserin 
überreicht.  Ihre  Majestät,  heisst  es  darin,  habe  ihm  in  der  Sitzung  der 
Hofdeputation  ein  an  die  Stände  zu  erlassendes  Bescript  übergeben,  wo- 


^  Das  eigenhändige  Marginal  der  Kaiserin  auf  diesen  Vortrag  lautet:  ^ie 
sacb  ist  so  wohl  gefasst  and  ausgearbeitet  das  es  dient  mir  zum  billigen 
Wohlgefallen  verlange  also  auch  eine  Abschrift  von  diesem  ganzen  referat 
zu  meiner  particular  notiz  ist  höchst  nOthig  das  eigene  zu  veranstalten 
nach  dieser  norma  in  mähren  wie  mit  mehreren  dem  Obristkanaler  in 
ein  billet  informirt* 

*  Die  von  Ameth,  ,Maria  Theresia',  Band  IV,  S.  19  angeführte  eigen- 
händige Resolution,  die  nicht  durchwegs  wOrtlich  wiedergegeben  ist, 
befindet  sieh  auf  dem  ersten  Mähren  betrefifenden  Protokolle  vom  19.  April 
1748,  worin  nur  die  Modalität  erörtert  wird,  wie  das  neue  Contribution»* 
werk  in  Qang  gesetzt  werden  solL 


9Ö 

gegen  er  sogleich  Yorstelluiigen  gemacht  und  in  einer  Sitzung  der  Hof- 
kanzlei sei  ein  neuer  Vorschlag  ausgearheitet  worden,  den  er  unterbreite. 
Die  Kaiserin  gab  ihr  Placet,  das  Stück  langte  am  27.  November  1748 
aus  dem  kaiserlichen  Cabinet  herab,  wie  aus  der  Bemerkung  in  dorso  er- 
sichtlich. Der  Antrag  ging  dahin:  »Den  erbländischen  Waaren  dieselben 
Beneficia  bei  der  Ausfuhr  in  ein  anderes  Erbland  gleichwie  in  fremde 
Lande  umsomehr  angedeihen  zu  lassen,  als  sonst  die  aus  Preussisch- 
Schlesien  kommenden  Waaren,  welche  vermöge  Friedensschlusses  und 
darftber  erfolgter  Ministerial-Bancodeputations-Declaration  wie  erblan- 
disch  angesehen  werden  müssen,  denen  erbländischen  Waaren  gleich 
seien,  mithin  theils  wegen  ihrer  Güte,  theils  wegen  ihrer  Wohlfeilheit, 
worin  sie  wegen  der  nicht  zu  habenden  Feiertagen  gesetzt  werden,  es  den 
erbländischen  im  Verkauf  allemal  abgewinnen  können.' 

Harrach  machte  sich  wohl  zum  Anwalt  ständischer  Forderungen, 
aber  nur  in  Fragen,  welche  volle  Berücksichtigung  erheischten.  So  z.  B. 
wurden  in  den  ständischen  Schriftstücken  entsprechende  Massnahmen  in 
commercieller  Hinsicht  gefordert.  Was  die  Bedrückung  des  Commercialis 
anbelangt,  heisst  es  nun  in  einem  Vortrage  des  Oberstkanzlers,  da  ist 
von  Seite  der  Kanzlei  das  Dafürhalten  gewesen  und  ist  es  noch,  dass  in 
den  Erblanden  sich  niemals  eine  rechte  Lust  zu  Manufacturen,  dann 
Handel  und  Wandel  hervoiihun  werde,  wenn  nicht  auf  einmal  eine  voll- 
kommene Freiheit  "und  Genei  alerleichterung  von  einem  Erblande  in  das 
andere  gemacht,  mithin  selbe  in  der  Vermauthung  wie  ein  Land  be- 
dachtet und  also,  was  einmal  in  einem  Lande  von  fremden  Waaren  ver- 
zollt, in  anderen  freigelassen  wird.  Wie  ersichtlich,  ein  Gedanke,  der 
erst  durch  die  grosse  Beform  im  Jahre  1774  verwirklicht  wurde. 

Die  Kaiserin  bemerkte  eigenhändig:  ,wegen  herabsetzung  deren 
mauthen  von  denen  innerlichen  productis  ist  die  sache  khlar  und  specifice 
vorzulegen  und  concertim  wo  nachgehends  selbe  kintzgi  communiciren 
werde  und  yersteht  sich  ein  gleiches  von  denenjenigen  was  aus  Hungarn 
ttnznfthren  verbothen  oder  mit  höherer  mauth  zu  belegen  wäre  ob  nicht 
auch  wegen  der  in  preussischen  ländem  fabricironden  waaren  ein 
onterschied  zu  machen  wäre.'  (Eigenhändig  auf  das  Protokoll  vom 
24.  Mai  1748.) 

Die  dem  Grafen  Friedrich  Wilhelm  Haugwitz  am  18.  November 
1747  ^heilte  und  aus  21  Punkten  bestehende,  zum  überwiegenden 
Theil  von  Kannegiesser  ausgearbeitete  Instruction  lautet:  ,Da  durch  Be- 
förderung der  Ehre  Gottes  und  Aufrechterhaltnng  der  allein  seligmachen- 
den katholischen  Beligion,  dann  Administrirung  der  Justiz  der  Segen 
MX«B  auf  Land  und  Leute  gezogen  wird,'  habe  sich  Haugwitz  um  den 


96 

Statum  religionis  salvificae  zu  erkundigen  nnd  Nachforschnng  zu  halten, 
ob  die  materia  religionis  in  dem  Königreich  Böhmen  mit  genügsamen 
Eifer  besorgt  werde,  auf  die  akatholischen  Emissäre  ein  aufmerksames 
Auge  zu  tragen,  der  Geistlichkeit  an  die  Hand  zu  gehen,  damit  keine 
ketzerischen  Bücher  in  das  Land  gebracht  und  die  im  Lande  befindliche 
Ketzerei  ausgerottet  werde,  und  welche  Mittel  in  dieser  Hinsicht  zu  er- 
greifen seien.   Ferner  habe  er  die  Untersuchung  der  geistlichen  Fun- 
dationen sich  angelegen  sein  zu  lassen,  welche  nichts  Anderes  als  die 
Fortpflanzung  der  katholischen  Beligion  und  die  Vermehrung  der  Ehre 
Gottes  zum  Endzwecke  haben.   Eine  eigene  Commission  sei  angeordnet 
worden,  es  sei  daher  zu  untersuchen,  wie  weit  dieselbe  gekommen  und 
welche  Vorkehrungen  zur  Erlangung  eines  so  heilsamen  Endzweckes 
getroffen  werden  können.   Der  Status  cassae  salis  (in  bonum  religionis 
catholicae    von  Ferdinand  II.    und    Papst   TJrban  VIU.    1680   ange- 
ordnet) sei  zu  untersuchen.    Nach  der  Ehre  Gottes  und  der  Religion 
folge  die  Administration  der  gottge^ligen  Justiz.    Es  bestünde  wohl 
für  die  drei  oberen  Stände  eine  eigene  Landesordnung,  für  den  Bürger- 
stand die  Stadtrechte,  ferner  Noyellen.   Karl  VI.  habe  eine  Commission 
eingesetzt,  allein  nach  so  yielen  Jahren  und  grossen  von  Seiten  des 
Landes  aufgewendeten  Unkosten  sei  das  Werk  zu  seiner  Ck)nsistenz  nicht 
gekommen.    Der  Commissär  habe  Nachfittge  zu  halten,  durch  welche 
Mittel  dasselbe  zu  Stande  gebracht  werden  könnte.   Vor  Allem  sei  eine 
Cridaordnung  zur  Approbation  vorzulegen.    Auch  sollte  der  Tractatns 
de  successionibus  ab  intestato  schon  vollendet  sein.    Obgleich  in  der 
verneuerten  Landesordnung  und  in  den  Stadtrechten,  dann  in  den  Pra- 
gmaticis  eine  so  gute  und  gerechte  Processordnung  sich  vorgeschrieben 
befinde,  dass,  wenn  selbe  nur  beobachtet  würde,  schwerlich  in  einem 
anderen  Lande  der  Process  so  geschwind  als  in  dem  böhmischen  Lande 
zu  Ende  gebracht  werden  könne,  so  sei  es  durch  Umtriebe  der  Advocaten 
und  Connivenz  der  unteren  Bichter  geschehen,  dass  die  Bechtshändel 
zur  grossen  Beschwerde  der  armen  Parteien  oft  durch  viele  Jahre  hinaus- 
gezogen worden.   Bedacht  zu  nehmen  sei,  wie  diesen  sündhaften  Miss- 
bräuchen abzuhelfen,  ferner  sich  zu  infoimiren,  wie  und  ob  der  Pupillar- 
ordnung  nachgelebt  werde.   Der  Commissär  habe  ferner  die  Manipula- 
tionen bei  der  Statthalterei  und  den  übrigen  Instanzen,  vornehmlich  bei 
den  Kreishauptleuten  einzusehen  und  Gutachten  zu  erstatten,  was  ab- 
zuändern und  zu  corrigiren  sei. 

Die  Contribution  verdiene  besonders  eine  Untersuchung.  Dieselbe 
lasse  sich  in  das  Ordinarium,  Eitraordinarium  und  Domesticum  ein- 
theilen.    Das  Ordinarium  habe  der  ordinari  Contribuent,  nämlich   der 


97 

Borger  und  IJnterthan  zn  tragen.  Das  BecidficatioiiBweseii  sei  auBge- 
arbeitet,  und  man  mache  sich  Hoffnung,  dass  dadurch  eine  gottgefällige 
Gleichheit  so  yiel  menschenmöglich  hergestellt  werde.  Es  werde  ihm  das 
neue  Bectifications-Systema  mitgetheilt.  Er  habe  nach  in  loco  eingeholter 
Auskunft  zu  berichten,  was  abzuändern  und  zu  yerbessern  sei,  darauf  zn 
reflectiren,  dass  künftig  keine  ,Resten'  sich  ergeben,  die  Yerwilligungen 
rascher  eingehen,  zu  untersuchen,  ob  die  Executionsordnung  gut,  ob  das 
Inyaliden-Systema  solid  sei,  ob  eine  Landmiliz  beizubehalten  oder 
welche  Massnahmen  zu  treffen;  zu  erforschen,  wie  viel  nach  dem  neuen 
Bectificationssystem  der  ordentliche  Contribuent,  nämlich  ein  ganzer, 
halber  und  Yiertelangesessener  zu  tragen  habe,  ob  und  was  er  zu  con- 
tribuiren  vermöge,  ob  ihm  die  Contributionslast  zu  erleichtem  sei. 

Das  Extraordinarium  tragen  die  Dominien.  Auch  hierin  sei  eine 
gottgefällige  Gleichheit  herzustellen.  Über  das  Domesticum  verlaute,  dass 
darüber  seit  einigen  Jahren  keine  Bechnung  gelegt  worden  sei.  Auf 
schleunige  Verfertigung  derselben  sei  daher  zu  dringen  und  zu  sehen,  ob 
die  Unterthanen  nicht  allzu  hart  gehalten  werden.  Dem  Vernehmen  nach 
werde  das  Domesticum  allein  von  dem  ,ordinari  Contribuenten'  getragen. 
Er  habe  zu  untersuchen,  ob  und  welche  Bubriken  von  den  Domestical- 
au^aben  die  Stande  zu  bestreiten  haben,  wie  viel  zu  den  übrigen  Aus- 
gaben, die  das  ganze  Land  angehen,  theils  die  Stände,  theils  die  ordent- 
lichen Contribuenten  zu  concuriiren  haben,  wobei  jedoch  nicht  zu  ge- 
statten sei,  dass  den  letzteren  aufgebürdet  werde,  was  den  ersteren,  d.  h. 
den  Dominien  obliegt.  Es  sei  zu  überlegen,  ob  zu  dem  quanto  camerali 
et  fortificatorio  nicht  auch  die  Stände  mitzuconcurriren  haben,  die  Be- 
schwerden über  die  Vermögenssteuer  sind  zu  untersuchen,  Verzeichnisse 
der  Landesschulden  zu  prüfen,  die  Normen  für  die  Landesrechnungen  aus- 
zuarbeiten. 

Die  königlichen  Städte  seien  in  Verfall  gerathen.  Es  frage  sich 
daher,  woher  die  Ursachen  rühren  und  auf  welche  Weise  an  der  Empor- 
bringung  zu  arbeiten  sei,  ob  dieselben  von  den  Herrschaften  gedrückt 
werden,  ob  die  königlichen  Bichter  nicht  mehr  Activität  zeigen  sollen, 
ob  das  Becht  wegen  Einstellung  der  Professionisten,  Handwerker,  jedoch 
ohne  dass  dadurch  im  Gebirge  die  Freiheit  der  Landesmanufacturen  ge- 
hemmt werde,  wieder  einzuräumen,  ob  das  Beihbi*auen  in  den  Städten 
iu<^t  ganz  abzustellen  sei  und  die  Brauhäuser  unmittelbar  communitatis 
nomine  besorgt  werden  sollen,  so  dass  der  Nutzen  unter  die  Brauberech- 
ügten  getheilt  oder  zur  Abfühining  der  Contribution  verwendet  werde. 
Da  das  Wohl  eines  jeden  Landes  von  dem  Flor  des  Commerzes  abhängt, 
in  Böhmen  aber  Landesmanufacturen,  Handel  und  Wandel  darnieder- 

ATehh.  LXXXU.  Bd.  1.  H&lfte.  7 


98 

liegen,  sei  zu  untersuchen,  auf  welche  Weise  dem  abzuhelfen  und  welche 
Massnahmen  zur  Emporbringung  der  Manufacturen,  des  inländischen 
und  ausländischen  Handels  zu  treffen  seien,  besonders  aber  zu  prüfen, 
ob  und  was  in  den  Mauthtarifen  zu  verbessern  sei.  Die  diesbezüglichen 
Auskünfte  sind  von  dem  Commerz-Collegium  und  der  Statthalterei  ein- 
zuholen. Da  sowohl  uns,  heisst  es  sodann  wörtlich,  als  den  Ständen 
daran  hauptsächlich  gelegen  ist,  damit  die  ünterthanen  in  aufrechtem 
Stand  erhalten  werden,  so  habe  sich  der  Commissär  zu  erkundigen,  ob 
von  Seite  der  Statthalterei  und  der  Ereishauptleute  Obsorge  getroffen 
werde,  damit  dem  ünterthanen  durch  übeimässige  Boboten  als  auch  auf 
anderem  Wege  von  Seite  der  Herrschaften  nicht  zu  hart  geschehe  und  ob 
wider  die  Excedenten  und  herrschaftlichen  Wirthschaftsbeamten  mit  ge- 
höriger Bestrafung  vorgegangen  werde,  ob  die  Verhehler  der  Deserteure 
zur  Bestrafung  gezogen,  ob  die  Truppendurchzüge  nicht  zu  beschwerlich 
fallen,  wie  etwa  die  Last  nach  Möglichkeit  zu  erleichtern,  ob  die  Be- 
quai-tierung  der  Truppen  nicht  beschwerlich  sei,  welche  Beschaffenheit 
es  mit  dem  Weinbergamte  habe,  ob  die  Cameralgefölle  und  jura  fisci 
hinlänglich  besorgt  werden,  welche  Beschaffenheit  es  mit  der  Wegrepa- 
ration und  den  hiezu  gewidmeten  Fonden  habe,  was  bei  dem  Polizeiwesen 
und  der  Wohlfeilheitsordnnng  in  Prag  und  in  den  Städten  zu  verbessern 
wäre.  Von  der  Steigerung  der  Waarenpreise  in  Prag  sei  seit  Abschaffung 
der  Juden  viel  zu  vernehmen  gewesen.  Er  habe  sich  zu  informiren,  ob 
seit  der  Hinwegschaffung  aus  Prag  in  der  That  der  Preis  der  Waaren  wirk- 
lich gestiegen  und  welche  Anstalten  vorzukehi*en  sind,  damit  das  Publicum 
von  christlichen  Eaufleuten  nicht  allzusehr  gedrückt  werde ;  es  sei  zu  über- 
legen, ob  der  Dienst  um  des  Königreichs  Beste  nicht  etwa  erfordere,  die 
vermöglichen  jüdischen  Familien  beizubehalten,  in  welcher  Anzahl,  wohin 
sie  ausserhalb  Prag  zu  repartiren,.  wie  hoch  jede  Familie  zu  belegen  und 
wie  die  Uebrigen  auf  das  Fördersamste  aus  dem  Lande  zu  bringen  wären. 

Auf  einem  den  Acten  beiliegenden  Zettel  schrieb  die  Kaiserin 
eigenhändig:  ,ist  gantz  wohl  gefasst  die  Instruction  vor  dem  Haugwitz  ist 
ihme  nur  bald  zu  expedirn  das  er  bis  ende  dis  monats  zu  präg  seye. 
auff  das  schöne  rectificationsreferat  habe  wegen  mähren  was  gemeldet 
höchst  nothwendig  ist  es  die  norma  und  die  leüt  die  bey  dem  andern  ge- 
braucht worden  seynd  da,  also  wird  die  sach  leicht  gehen  wan  nur  ge- 
arbeitet wird  mit  lust,  wegen  fundus  ist  der  hauptpunct  also  einen  ver- 
schlag.' 

Umfassende  Berechnungen  über  die  Höhe  der  Beitragsleistung  der 
einzelnen  Länder  liegen  vor.  Grosse  Verdienste  erwarb  sich  Hofrath 
Jordan,  von  dem  viele  hierauf  bezügliche  Arbeiten  herrühren.  Auch  Bai- 


99 

tenstein  betheiligte  sich  an  der  Lösung  der  Fi*age.  Ein  Schriftstück 
f&hrt  den  Titel:  ,Schema  der  Eintheilnng  auf  was  Weise  nach  dem  Baron 
Bartensteinischen  Entwurf  die  zu  Versorgung  des  Militaris  unumgäng- 
lich erforderlichen  14  Millionen  unter  gesammte  Erblande  einzutheilen 
wären.* 

Die  Schwierigkeit  bei  der  Yertheilung  der  Contributionssumme  lag 
in  erster  Linie  in  der  Festsetzung  des  neuen  Schlüssels.  Die  bisherige 
Proportion  war  folgende:  Die  böhmischen  Länder  —  Böhmen,  Mähren 
und  Schlesien  —  hatten  IIV4  Theile,  die  östeiTeichischen  67*  Theile, 
zusammen  daher  18  Theile  der  Gesammtsumme  aufzubringen.  Wird  jeder 
Theil  mit  24  multiplicirt,  so  entfielen  auf  die  böhmischen  Länder  282, 
auf  die  österreichischen  150,  zusammen  432  Theile.  Nach  Abtretung 
österreichischen  Gebietes  an  Preussen  durch  die  Fiiedensschlüsse  zu 
Berlin  und  Dresden  wurde  der  Proportionsschlüssel  für  die  böhmischen 
Länder  Terringert,  indem  Glatz  von  den  auf  die  böhmischen  Länder  ent- 
Menden 282  Theilon  4^V8o»  ^^^  Katscher  District  ^^/so»  Schlesien 
87**/3ö,  zusammen  daher  92*^80  Theile,  aufzubringen  hatten.  Es  ver- 
blieben daher  von  den  ^^Va*  ^^^'  ^*®  böhmischen  Länder  blos  189V30' 
In  Folge  dessen  musste  für  die  neue  Contributionssumme  eine  neue 
Auftheilung  auf  die  verschiedenen  Länder  stattfinden.  Die  Berechnung 
wurde  nun  in  folgender  Weise  gemacht:  ,Wenn  man  die  oben  für  die 
böhmischen  Lande  mit  189^30  angegebene  Ziffer  in  Betracht  zog  und, 
um  jeden  Bruch  zu  vermeiden,  den  böhmischen  Divisor  anstatt  mit  I89V4 
auf  lauter  Viertel,  also  757  Theile,  und  den  österreichischen  Divisor 
150  ebenfalls  auf  Yieiiiel,  also  600  Theile  nimmt,  so  kommen  auf  Böh- 
men 545,  auf  Mähren  187,  auf  Schlesien  25,  daher  zusammen  757,  auf 
Niederösterreich  200,  auf  Oberösterreich  100,  auf  Steiermaik  150,  auf 
Kärnten  100,  auf  Erain  50,  daher  zusammen  600  Theile.' 

Es  entfielen  daher: 


auf  Böhmen    .     .     . 

545  Theile  oder  5,232.000  fl. 

„    Mähren     .     .     . 

187 

» 

■» 

1,795.200  „ 

„   Schlesien  .     .     . 

25 

j» 

» 

240.000  „ 

,   Niederösterreich 

200 

« 

» 

1,920.000  y, 

„   Oberösterreich    . 

100 

n 

V 

960.000  „ 

„    Steiermark     .     . 

150 

rt 

n 

1,440.000  „ 

„    Kärnten    .     .     . 

100 

V 

» 

960.000  „ 

„    Krain  .     .     .     . 

50       „ 
zusammen  . 

» 

480.000  „ 

• 

13,027.200  fl. 

7* 

100 


Da  aber  Schlesien  245.298  fl.  56  kr.  zu  zahlen  hatte,  entfielen  auf 


m  Jjander,  und  zwar: 
auf  Böhmen   .     .     . 

5,347.516  fl. 

44  kr. 

» 

Mähren    ,     .     . 

1,834.836  „ 

1  « 

» 

Schlesien .     .     . 

245.298  „ 

56  „ 

» 

Niederösterreich . 

1,962.391  „ 

28  „ 

V 

Oberösterreich    . 

981.195  „ 

44  „ 

» 

Steiermark    .     . 

1,471.793  „ 

36   „ 

m 

Kärnten   .     . 

981.195  „ 

44  „ 

n 

Erain  .     .     . 

» 

490.597  „ 

62   „ 

zusammen 

.  13.314.826  fl. 

5  kr. 

Das  Studium  der  mit  den  Ständen  abgeschlossenen  Becesse  gewährt 
uns  eine  genaue  Eenntniss  der  damaligen  finanziellen  Verhältnisse,  über- 
haupt des  gesammten  Staatshaushalts.  Graf  Wilhelm  Haugwitz  hatte  sich 
zunächst  nach  Brunn  begeben  und  daselbst  mit  Heister  und  Blümegen 
Besprechungen  gepflogen.  Die  Zusammenkünfte  fanden  am  5.  und  7.  Fe- 
bruar 1748  statt,  und  die  Ergebnisse  sind  in  einem  Berichte  vom  15.  Fe- 
biiiar  zusammengefasst.  Von  Seite  des  Landesausschusses  wurden  zu  Gon- 
ferenzen  nach  Wien  einige  Mitglieder  entsendet:  Graf  Franz  Anton  von 
Schrottenbach,  Geheimrath  und  Oberst-Landrichter  Graf  Blümegen,  der 
kaiserliche  Bath  und  Oberst-Land  Schreiber  Wenzel  Maximilian  Yon  Ki'isch, 
endlich  Lezatka;  diese  traten  in  Wien  mit  einigen  Mitgliedern  der  Hof- 
kanzlei zur  Besprechung  über  das  Contributionssystem  zusammen.  An 
den  Sitzungen  nahmen  Thoil  der  Oberstkanzler  Graf  Friedrich  Harrach, 
der  Vicekanzler  Korzensky,  Graf  Friedrich  Wilhelm  Haugwitz,  dann  die 
Käthe  Jordan  und  Kannegiesser.  Die  Commissionsprotokolle  sind  vom 
19.,  20.,  30.  April,  3.  Mai  und  8.  Juli  1748  datii*t;  am  30.  April  fanden 
zwei  Sitzungen  statt.  Die  sämmtlichen  in  dem  am  30.  Juli  1748  ab- 
geschlossenen Recesse  vereinbai^ten  Punkte  wurden  erörtert  und  bereinigt, 
die  Protokolle  sodann  der  Kaiserin  unterbreitet,  die  einige  mit  Band- 
bemerkungen  versah.  An  demselben  Tage,  am  30.  Juli  1748,  kam  auch 
der  Recess  mit  Böhmen  zum  Abschlüsse. 

In  Böhmen  hatten  die  Stände  sich  anfanglich  zu  einer  Leistung 
von  4*2  Millionen  pro  militari  und  Ol  Millionen  pro  camerali  ad  liberam 
anheischig  gemacht.  Da  aber  ,ex  post  befunden  worden',  dass  auch  auf 
die  Zurückzahlung  von  Schulden  reflectirt  und  bei  der  Unzulänglich- 
keit der  Cameralgefälle  auf  andere  Aushilfsmittel  vorgesorgt  werden 
müsse,  traten  die  Stände  auch  dem  Universalsystem  bei  und  bewilligten 


101 

5,270.488  fl.  und  verpflichteten  sich,  das  Ei-träguiss  des  relnirten  Fleisch- 
krenzers  an  den  Stadtbanco,  ferner  das  jährliche  Tabakquantumpauschale 
an  das  k.  k.  Aerar  zu  entiichten. 

Der  Betrag  für  den  Fleischkreuzer  belief  sich  nach  Abschlag  von 
4666  fl.  40  kr.,  die  auf  die  abgetretene  Grafschaft  Glatz  entfielen,  und 
?on  3111  fl.  6  kr.  4  Pf.  für  die  Judenschaft  auf  132.222  fl.  13  kr.  2  Pf. 
Auch  beim  Tabakreluitionquantnm  wurden  die  auf  Glatz  und  die  Juden 
entfallenden  Beträge  von  6000  und  3330  fl.  2  kr.,  ferner  ein  dem  Lande 
belassenes  Aequivalent  von  7536  fl.  46  kr.  in  Abzug  gebracht  und  die 
Ton  den  Ständen  zu  leistenden  Beträge  auf  134.120  fl.  54  kr.  festgesetzt. 
Die  MUitärcontribution  sollte  allmonatlich  am  28.  im  Vorhinein  geleistet 
werden.  Von  der  für  die  Verzinsung  und  Bückzahlung  der  Schulden  ver- 
anschlagten Summe  wurden  393.163  fl.  52  kr.  den  Ständen  zur  Be- 
Medignng  der  Gläubiger  belassen;  der  Best  war  in  vierteljährigen  Baten 
nach  Wien  zu  senden.  Zum  Abschluss  des  Becesses  wurden  der  Bischof 
von  Prag,  Johann  Moriz  Gustav,  der  Geheimrath  und  Präses  der  Depu- 
tation in  Böhmen,  Wenzel  Casimir  Netolicky^  Freiherr  von  Eisenberg 
und  Kost,  der  Burggraf  des  Eöniggrätzer  Kreises  in  Böhmen,  Johann 
Joachim  Wanczura  von  Bzehnitz,  der  Primator  der  königlichen  Stadt  Prag, 
Johann  Wenzel  Weywoda,  nach  Wien  entsendet. 

Der  Becess  mit  Schlesien  kam  am  8.  August  1748  zu  Stande.  Den 
Fürsten  und  Ständen  von  Schlesien  waren  nämlich  durch  Bescript  vom 
1 1 .  Juli  1 748  die  Grundzüge  des  neuen  Finanzsystems  bekanntgegeben 
worden.  Für  das  Heer  belief  sich  die  Forderung  auf  200.842  fl.  18  kr. 
4Vj  Pf.,  für  das  Camei-alsystem  auf  44.956  fl.  37  ki\  17,  Pf.  Ferner 
sollte  das  Fleischkreuzerreluitions-  und  Tabakquantum  wie  bisher  jährlich 
abgeführt  werden.  Da  bei  Berechnung  der  Contribution  für  Schlesien  blos 
der  15.  Theil  der  auf  die  deutsch -böhmischen  Länder  entfallenden  Ge- 
sammtsumme  durch  kaiserliche  Entschliessung  früher  festgestellt  war, 
wurde  bei  Ermittlung  des  Fleischkreuzers  und  der  Tabaki*eluition  nach 
der  Anzahl  der  Consumenten  eine  geringere  Beitragsquote  ermittelt,  näm- 
lich anstatt  10.000  fl.  jähi-lich  7000  fl.  für  den  Fleischkreuzer  und  5000  fl. 
für  das  Tabakgefalle.  Die  bisher  prästirten  Beiträge,  als:  Biorreluition 
1000  fl.,  das  Camerale  ad  liberam  2000  fl.,  der  Botrag  pro  re  fortifi- 
catoria  666  fl.  40  kr,  und  der  Tanzimpost  mit  20.000  fl.  wurden  den 
Sttoden  in  Händen  gelassen.  Der  Transito-Impost  für  Wein  im  Betrage 
von  20.000  fl.  soUte  fQr  die  im  Lande  befindlichen  k.  k.  Dicasteiien  und 
Landes^testen,  Stadtadministratoren,  Steuercassiere  u.  s.  w.  verwendet, 
ein  etwaiger  üeberschuss  für  Brand-,  Wetter-  und  Wasserschäden  be- 
stimiat  werden.   Die  Supererrogata,  die  Becruten-  und  Bemonten-Boni- 


102 

fication  sollten  insoweit  in  Händen  der  Fürsten  und  Stände  belassen 
werden,  als  zur  Rückzahlung  und  Verzinsung  der  Schulden  erforderlich 
war.  Durch  einen  besonderen  Becess  mit  dem  Banco  wurde  yereinbart, 
dass  die  Stände  und  Fürsten  sich  zu  einem  Salzverlag  Yon  14  Centner 
yerpfiichten.  Der  Ertrag  wurde  ebenfalls  zum  Schuldensystem  gewidmet, 
ebenso  auch  der  Ueberschuss  aus  der  Militärcontribntion  im  Betrage  von 
12.510  fl.  Die  gesammte  Gontribution  belief  sich  nämlich  auf  212.852  fl. 
44  kr.  2Vs  Pf.,  und  zwar  75.342  fl.  13  kr.  von  den  Dominien,  43.366  fl. 
31  kr.  2Vs  Pf.  von  den  Städten  und  94.144  fl.  von  den  Unterthanen. 

Was  Niederösterreich  anbelangt,  soll  namentlich  Graf  Friedrich 
Harrach  die  Zustandebringung  des  Becesses  erschwert  und  Maria  The- 
resia den  Widerstand  des  Obristkanzlers  dadurch  gebrochen  haben,  dass 
sie  ihn  seines  Postens  als  Stellvertreter  des  Landmarschalls  in  Nieder- 
österreich enthob.  Diese  Darstellung  des  Sachverhalts  ist  nicht  richtig. 
Aus  einem  Vortrage  an  die  Kaiserin  geht  hervor,  dass  ihr  die  Anzeige 
von  der  Eröffnung  der  Versammlung  der  Stände  am  14.  Juni  1748  er- 
stattet wurde;  sie  finde,  heisst  es  in  dem  Schriftstücke,  ,zu  einer  solchen 
Zeit  statt,  wo  der  böhmisch -österreichische  Obristkanzler  und  Land- 
marschall Graf  Friedrich  Harrach  Eure  Majestät  nach  Olmütz  begleitet. 
Graf  Carl  Harrach  und  Wurmbrand  scheinen,  wie  man  hört,  sich  mit  der 
Leitung  nicht  beladen  zu  wollen,  es  wäre  daher  der  niederösterreichische 
Vicestatthalter  Graf  Brenner  zum  Vorsitzenden  zu  bestimmen\  Die  Er- 
nennung des  Grafen  Haugwitz  znm  Gommissarius  erfolgte  gleichzeitig  am 
14.  Juni;  der  Obristkanzler  und  Landmarschall  konnte  damit  nicht  be- 
traut werden. 

Am  14.  Juni  hielt  Haugwitz  seinen  Vortrag.  Die  Stände  bestimmten 
den  Grafen  Carl  von  Han'ach,  die  Prälaten  von  Schotten  und  St.  Dorothea, 
den  Grafen  von  Auersperg,  den  Landesuntermarschall  von  Moser,  Herrn 
von  Lindeck  und  den  Landessyndicus  von  Krieg  zur  Führung  der  Ver- 
handlungen. Die  Sitzungen  fanden  im  Monat  Juli  (am  2.,  3.,  16.  und  19.) 
statt.  Wesentlich  waren  nur  die  Einwendungen,  welche  der  Abt  von 
Schotten  und  Graf  Carl  Harrach  am  2.  Juli,  also  in  der  ersten  Sitzung 
machten.  Der  Vorschlag  stand  in  Berathung,  dass  Niederösterreich 
1,800.000  pro  militari  und  208.968  Gulden  pro  camerali  als  Gontribution 
zu  entrichten  habe.  Der  Abt  bemerkte,  die  ständische  Deputation  sei 
hauptsächlich  dahin  instruii-t,  an  dem  Vertrag  der  verbündeten  österreichi- 
schen Lande  festzuhalten,  wonach  Niederösterreich  und  Oesterreich  ob  der 
Enns  so  viel  geben  soUen  als  die  innerösterreichischen  Länder  —  Steier, 
Kärnten  und  Erain  —  zusammengenommen ,  bei  welcher  Proportion  es 
nun  bleiben  möge.  Graf  Carl  Harrach  machte  die  Bemerkung:  ,Die  Länder 


103 

können  nichts  Anderes  suchen^  als  ihr  altes  Herkommen,  ohne  das 
k.  k.  System  zu  hindern,  zu  behaupten.  £r  bitte  daher,  das  Land  bei 
der  Proportion,  die  bisher  mit  anderen  Ländern  gehalten  worden,  zu  er- 
halten und  dasjenige,  was  das  Land  aus  allerunterthänigster  Devotion 
und  Liebe  vor  anderen  gethan,  nicht  mitzucalculiren,  inmassen  es  dies- 
falls hauptsächlich  auf  die  Possibilität  ankomme/  Haugwitz  suchte  den 
Standpunkt  der  Begierung  zu  rechtfeiiiigen ;  die  von  ihm  gestellten  Pro- 
positionen wurden  zur  Berichterstattung  übernommen.  Am  19.  Juli  er- 
ging eine  Aufforderung  an  die  Stände,  binnen  sieben  Tagen  sich  zu  er- 
klären. Diese  rechtfertigten  sich  am  20.  Juli,  dass  sie  mit  Eifer  und 
Fleiss  die  Angelegenheit  prüfen  und  gewiss  keine  Verschleppung  beab- 
sichtigen, die  Fragen  seien  jedoch  schwierig.  Dies  war  in  der  That  der 
Fall.  Es  bestand  nämlich  mit  Niedorösterreich  ein  1734  auf  zwanzig 
Jahre  abgeschlossener  Becess,  und  auch  die  anderen  zahlreichen  Punkte 
der  neuen  Vereinbarung  waren  nicht  gerade  leicht  zu  bereinigen.  Am 
29.  Juli  fand  die  letzte  Sitzung  mit  den  ständischen  Delegiiten  statt. 
Zwei  Tage  daiauf  berichtete  Haugwitz  der  Kaiserin,  dass  die  Allerhöchste 
Intention  erreicht  werden  wird.  Die  Hauptschwierigkeit  bildete  das  Con- 
tributionssystem.  Bereits  am  19.  August  erfolgte  ein  kaiserliches  Ke- 
script  an  die  Stände  auf  ihre  Eingabe  vom  12.  August,  worin  gesagt 
wurde,  man  ersehe,  dass  die  Vorschläge  wegen  des  neuen  Gontributions- 
systems  mit  solchem  Eifer  und  tiefer  Einsicht  überlegt  seien,  wie  es  die 
Wichtigkeit  der  Geschäfte  erheische;  die  Stände  haben  jederzeit  den 
übrigen  Erblanden  vorangeleuchtet.  Der  Becess  kam  am  18.  September 
1748  zu  Stande.  Dass  um  diese  Zeit  die  Verdienste  des  Grafen  Friedrich 
Hajrach  von  der  Kaiserin  anerkannt  wurden,  geht  aus  dem  Handschreiben 
vom  10.  September  1748  hervor,  worin  ihm  mitgetheilt  wurde,  dass  der 
Staat  dieMauth  von  Binick  gegen  100.000  Gulden  in  Banco-Oblicationen 
übernehme,  und  zwar  mit  Bücksicht  auf  die  vielen  und  erspriesslichcn 
Verdienste,  welche  die  Harrach'sche  Familie  und  besonders  Graf  Friedrich 
Harrach  dem  Erzhause  in  den  wichtigsten  Angelegenheiten  mit  ausneh- 
mender Dexterität  und  Eifer  geleistet  habe. 

Auch  in  Steiermark,  wohin  Graf  Budolf  Chotek  als  landesfürstlicher 
Commissär  entsendet  wurde,  tauchten  ähnliche  Schwierigkeiten  auf  wie 
in  Niederösterreich.  Die  Stände  machten  Anstände  gegen  den  ,Dividen- 
denS  d.  h.  gegen  den  auf  das  Land  als  Contribution  entfallenden  Betrag, 
nnd  wiesen  auf  ihre  Unvermögenheit  hin.  Es  gelang  auch  nur,  auf  drei 
Jahre  die  Beitragsleistung  festzustellen.  Ebenso  kamen  auch  die  Becesse 
in  £[rain,  Görz  und  Gradisca  nur  auf  drei  Jahre  zu  Stande  und  mussten 
später  zweimal  erneuert  werden.   Kärnten  setzte  einen  grossen  Wider- 


104 

stand  entgegen.  Durch  eine  kaiserliche  Yerfflgung  wm*de  der  von  dem 
Lande  aufzuwendende  Betrag  normirt.  Tirol  weigerte  sich,  die  prälimi- 
nirte  Summe  Yon  100.000  Gulden  zu  entrichten.  Es  kam  ein  Becess  auf 
zehn  Jahre  nicht  zu  Stande,  sondern  es  erfolgte  nur  eine  alljährliche  Be- 
willigung von  70.000  Gulden.  Auch  wurden  die  Zahlungstermine  daselbst 
nicht  wie  in  den  anderen  Ländern  monatlich,  sondern  vierteljährlich 
vereinbart. 

Auf  Niederösterreich  entfielen  nach  dem  festgesetzten  Haupt-Mili- 
tär- und  Schuldensystem  mit  Hinzurechnung  des  Musical -Imposts  von 
19.500  fl.,  der  den  Ständen  wieder  eingeräumt  wurde,  jährlich  2,008.968  fl. 
44  kr.  2V,  Pf. 

Von  dieser  Summe  entfielen  auf  das 

Militär 1,800.000  fl. 

und  zwar  auf  die  oberen 

Stände     ....  1,398.206  fl.  16  kr. 
auf  die  Stadt  Wien  200.836  »  52  „ 

und  auf  die  niederöster* 

Städte      .     .     .     .      200.956  „  52  „ 

die  Schuldenquote  betrug 208.968  fl.  44  kr.  2 V,  Pf. 

zusammen     .     .     2,008.968  fl.  44  kr.  2^2  Pf. 

Li  OberGsteneich  war  der  landesfürstliche  Gommissär  Ferdinand 
Bonaventura  Graf  und  Herr  von  Weissen wolf.  Es  wurden  1,004.484  fl. 
22  kr.  1  Pf.  gefordert  (6.  August  1748).  In  einer  Vorstellung  vom 
15.  August  wollten  die  Stände  nur  800.000  fl.  bewilligen,  fügten  sich 
jedoch  später  (20.  August).  Von  dieser  Summe  verblieb  den  Ständen  die 
pro  fundo  camerali  gewidmete  Quote  per  284.807  fl.  52  kr.  1  Pf.  für  die 
Bezahlung  der  Schulden.  Die  pro  militari  bewilligte  Summe  machte  daher 
719.676  fl.  30  kr.  aus.   Der  Abschluss  erfolgte  am  9.  October  1748. 

Li  Steiermark  wurden  1,506.726  fl.  33  kr.  l^s  P^>  postulirt  und 
für  die  drei  Jahre  1749,  1750  und  1751  1*2  Millionen  bewilligt,  und 
zwar  935.828  fl.  pro  militari  und  264.172  fl.  für  die  Schulden.  (Ab- 
geschlossen am  26.  October  1748  auf  drei  Jahre.  Seit  1752  wurden  für 
das  Militär  blos  835.824  fl.  vereinbart.)  Zur  Schliessung  des  Becesses 
begaben  sich  der  Landeshauptmann  Carl  Adam  Graf  Brenner,  Franz  Fer- 
dinand von  Schrottenbach  und  Eugen,  Abt  zu  St.  Lambrecht,  nach  Wien. 

Li  Gradisca  wurden  20.000  fl.  gefordert,  sodann  auf  12.000  fl. 
reducirt  (5.  August  1749),  dui'ch  kaiserliche  Entschliessung  vom  6.  Sep- 
tember 1749  für  dieses  Jahr  genehmigt.    Ein  Landtag  scheint  nicht 


105 

einberofen  worden  zu  sein,  nachdem  vom  Ausschusse  die  Zustimmung 
erfolgt  war. 

In  Görz  erfolgte  die  Zustimmung  am  22.  September  1749,  die 
kaiserliche  Genehmigung  am  25.  October  1749  auf  die  Zeit  vom  1.  No- 
vember 1749  bis  31.  October  1751,  und  zwar  24.000  fl.  pro  militari. 

In  Erain  wurden  212.457  fl.  18  kr.  pro  militari  zugestanden 
(25.  October  1749).  ^ 

Dass  die  Anspräche,  welche  an  die  Länder  gestellt  wurden,  die- 
selben ungemein  stark  belasteten,  wurde  später  anerkannt.  In  einem 
Protokolle  vom  19.  und  23.  Juni  1761  heisst  es,  dass  durch  die  Recesse 
vom  Jahre  1749  die  Länder,  wo  nicht  über,  doch  wenigstens  nach  ihren 
äassersten  Kräften  angegriffen  werden  mussten. 

Die  Stande  aller  Länder,  mit  denen  1748  die  Becesse  vereinbart 
wurden,  forderten  und  erhielten  die  Zusicherung,  dass  die  Absendung 
von  Deputirten  ihnen  zu  keinem  Nachtheile  gereichen,  dass  ,der  Becess 
ihren  Privilegien,  Freiheiten  und  Begnadigungen,  wohl  hergebrachten 
Gewohnheiten  und  der  freien  Verwilligung  keinerdingen  präjudiciren*, 
der  gewöhnliche  Landtag  dennoch  alle  Jahre  stattfinden  und  in  drei 
Wochen  geendigt  werden,  die  festgesetzten  Punkte  aber  nicht  mehr  ,in 
qaaestion'  gezogen  werden  soUten.  Dona  gratuita,  Vermögen-,  Türken-, 
Xopf-  und  Beisteuer,  Itineraria,  Foiiilficatorium ,  Wiogenband,  hochzeit- 
liche Donativa  und  wie  sonst  derlei  Postulate  Namen  haben,  sub  quocum- 
qne  praetextu,  es  mögen  Friedens-  oder  Eriegszeiten  oder  andere  Um- 
stände sich  ereignen,  sollten  nicht  zugemuthet  werden. 

Im  August  1748  wurde  eine  von  dem  Camerale  getrennte  Direc- 
tion  der  Hauptschuldencassa  angeordnet  und  mit  derselben  der  Hof- 
kanuner-Vicepräsident  Prandau  und  Hofkammerrath  von  Koch  betraut. 
(Handschreiben  des  Kaisers  Franz  vom  24.  August  1748.)  Haugwitz  er- 
hielt schon  damals  auf  die  meisten  Angelegenheiten  der  Hof  kammer  einen 
massgebenden  Einflnss.  In  einem  Bescripte  vom  9.  September  1748  an 
die  Hof  kammer,  um  dessen  Erlass  der  Präsident  ersuchte,  heisst  es: 
,Weil  nun  unser  wirklicher  geheimer  Bath,  Gammerer  und  Praeses  des 
köoig^l.  Amts  in  unserem  Antheil  von  Schlesien  Friedrich  Wilhelm  Graf  von 
Haogwitz  von  dem  Universal-Systemate  und  denen  davon  abhängenden 
Cameral- Systematibus  deren  Ländern,  mithin  von  unserer  diesfälligen 
gnädigsten  Intention  die  beste  Wissenschaft  hat,  so  wollen  wir,  dass  diese 
an  die  in  denen  Ländern  bestellte  Deputationes  erlassende  Expeditions- 
Concepten  vor  deren  Ausfertigung  demselben  communicirt  werden  sollen.' 

Bas  Schuldenwesen  in  den  einzelnen  Ländern  wurde,  wie  schon 
bemerkt,  derart  geregelt,  dass  den  Ständen  für  den  gesammten  ermittel- 


106 

ton  und  in  den  Becesson  speciell  aufgeführton  Schuldenbetrag  ein  Fond 
von  6  Procent  angewiesen  wurde,  wovon  5  Procent  zur  Bestreitung  der 
Zinsen  und  1  Procent  znr  Abstossung  der  Gapitalien  verwendet  werden 
sollten. 

Die  folgenden  Angaben  sind  den  Becessen  entnommen,  von  denen 
nur  einige  gedi*uckt  sind. 

Die  b(^hmischen  Schulden  betrugen: 

1.  BQckstanddesDarlehensvom Jahre  1731      145.000fl. 

2.  An  dem  Darlehen  vom  Jahre  1734   .     .      696.000  „ 

3.  An  dem  geistlichen  Darlehen  vom  Jahre 

1734 188.300  „ 

4.  Desgleichen  an  der  weltlichen  Anticipa- 

tion  desselben  Jahres 259.000  ,, 

5.  Die  Anticipation  vom  Jahre  1747    .     .      480.000  „ 

6.  Das  Darlehen  von  der  Geistlichkeit  vom 

Jahre  1739  auf  den  Tabakfond    .     .      234.000  „ 

7.  Das  geistliche  und  weltliche  Darlehen 

vom  Jahre  1741 970.256  „  16  kr.  3       Pf. 

8.  Das  subsidium  praesentaneum  vom  Jahre 

1748 1,173.000  „ 

9.  Den  Eriegs-Damnificatis  gebühren  noch      328.719  »  19  „  37$    r» 

10.  Die  Supererrogata  beti*agen  ....  1,257.646  „    4  „  3        „ 

11.  Die  Becruten-  undBemonten-Bonifica- 

tion  vom  Jahre  1748 716.232  „  52  „  V/^    „ 

12.  Interessen  pro  1742  noch  ausstandig  .        60.210  „ 

13.  Dem  Grafen  Eayserstein  an  Capital      .        20.555  „ 

14.  Item  demselben  an  Depositionsgeldern, 

die  von  Preussen  aus  dem  Steueramt 
hinweggenommen  wurden  ....  3.840  „ 

15.  Desgleichen  die  aus  der  steueramtlichen 

Deposition  genommenen  Fürstenber- 

gischen  Gelder 20.476  „  34  ^     7»    » 

Summa     .     .  6,552.7310.    6kr.5VitPf. 

Schuldenwesen  in  Mähren: 

Standische  Anticipationen  aus  dem  Jahre  1734  .  .  .  213.333  fl. 
Anticipationen  vom  Pralatenstande  aus  dem  Jahre  1734  63.000  „ 

Fürst  Liechtensteinische  Anticipation  aus  dem  Jahre  1 734        1 05.000  „ 


Fürtrag     .     .        381.883  fl, 


107 

üebertrag     .     .  381.333  fl. 

Weitere  Anticipationen  aus  demselben  Jahre  1734    .     .  25.000  » 

Anticipation  aus  dem  Jahre  1741 500.000  „ 

Die  rückständigen  Interessen  wurden  im  Jahre  1744 

dazugeschlagen  mit 25.000  „ 

Fürst  Dietrichstein'sche  Anticipation  von  1741    .     .     .  100.000  „ 
Dem  Juden  Low  Sintzheim  noch  im  Bückstande    .     .     .  7.500  „ 
Geistliche  und  weltliche  Subsidia,  auf  den  Tabakfond  ver- 
sichert   362.000  „ 

Der  Bepublik  Genua,  die  jetzt  dem  Banco  übertragen  400.000  „ 

Subsidium  praesentaneum  von  1747 320.000  „ 

Subsidium  praesentaneum  von  1748 508.000  „ 

•Ständische  Superrogate 2,166.037  „ 

Becruten-  und  Bemonten-Bonification  für  1748    .     .     .  249.385  „ 

Zusammen     .     .  5,044.255  fl. 

In  Steiermark  betrugen  die  Schulden: 

Bückständige  Anticipation  von  1730 30.000  fl. 

Anticipation  auf  den  Gontributionsfond  1743  .     .     .     .  29.200» 
Anticipation  vom  Prälatenstande,  Klöstern  und  anderen 

Individuen 373.400  „ 

Subsidium  aus  dem  Jahre  1747 150.000  „ 

Supererrogatum  der  Becrutirung  und  Bemontirung    .     .  227.724  „ 

Zusammen     .     .  810.324  fl. 

Die  Schuldenconsignation  für  Niederösten*eich  war  folgende: 

Der  dem  niederösterreichischen  Prälatenstande  gebührende 

Capitalsrest  mit 171.875  fl. 

Die  anno  1741  auf  die  bürgerlichen  Häuser  in  Wien  re- 

partirte  Nothsteuer  per 157.050  „ 

Die  Anticipation  zur  Bancalität  vom  Jahre  1741  mit  27.063  „ 
Die  Anticipation  vom  Jahre  1741  zur  Beförderung  des 

ungarischen  Proviant-Transportes 70.500  „ 

Die  Anticipation  von  Jahre  1742  an  die  verwitwete  Her- 
zogin von  Savoyen 50.000  „ 

Die  Anticipation  vom  28.  Februar  1744 200.000  „ 

Die  Anticipation  vom  2.  Jänner  1745 200.000  „ 

Die  Anticipation  vom  20.  December  1745       ....  160.000  „ 

Anticipation  vom  8.  Juli  1746 50.000  „ 

Pürtrag     .     .  1,086.488  fl. 


108 

üebei-trag     .     .     1,086.488  fl. 
Anticipation  voii\  Jahre  1747  auf  die  im  Jahro  1754 

offen  werdende  brabantische  Garantie 600.000  „ 

Anticipation  auf  einen  Bäckstand  anf  den  Tabakfond  218.000  „ 

Eine  Anticipation  vom  Jahre  1746 500.000  „ 

Eine  Anticipation  vom  Jahre  1747 200.000  „ 

Femer  die  rückstandigen  Interessen  von 54.676  „ 

Femer  wurden  die  zur  Tilgung  sämmtlicher  übernom- 
menen Hofschulden  durch  Becess  vom  Jahre  1739 
bis  inclusive  1754  aUjährlich  ausgeschriebenen 
130.000  fl.  für  die  Jahre  1749  bis  1754  angesetzt 
und  damit  alle  Anforderungen  an  das  Aerar  aufge- 
hoben, zusammen 780.000  „  • 

Die  Supererrogata 264.050  „ 

Die  Bonification  fQr  Becrutirung  und  Bemonten  für  1749        237.055  „ 

Gesammtsumme     .     .     3,940.269  fl. 

Die  Schulden  in  OberGsterreich  waren : 

Die  Anticipationen  der  Landschaft 900.000  fl. 

Die  Anticipationen  von  Privaten,  Cavaliers  und  Klöstern        220.098  „ 
Die  Bonification  für  die  Becruten-  und  Bemontirungs- 

ablösung  pro  1749 133.380» 

Die  Supererrogata  für  die  Jahre  1728 — 1742      .     .     .  65.561» 

Die  auf  die  vicedomischen  Gülten  von  anno  1734  bis 
1739  pro  rata  kommende  Vermögens-  und  Türken- 

Steuer 4.790  » 

Ferner  Bückstände  für  die  Unterhaltung  der  1743  in 
dem  Lande  einquartirten  19  Begimenter,  über  das 
Beglement  in  hohem  Preise  beigeschaffte  Verpflegs- 
portionen       34.804  „ 

Für  jährliche  Betinenda  als  Beitrag  für  die  10  Becessual- 

jahre,  zusammen  mit 169.900  „ 

Für  die  Artilleriesorten  und  Bequisiten 254  „ 

Für  die  1743  bis  1747  Supererrogata  im  Pauschal- 
betrage von 671.212  » 

Zusammen     .     .     2,200.000  fl. 

Die  schlesischen  Schulden,  wofür  die  Einkünfte  Schlesiens  ver- 
pföndet  waren,  wurden  zum  Theil  im  Auslande,  theils  im  Inlande  auf- 
genommen. 


109 

Die  ausländische  Schuld  hetrng  im  Jahre  1742     .     .     .     9,167.224  fi. 

und  zwar:  englische  Schuld 2,166.666  „ 

holländische  Schuld 4,100.000  „ 

belgisch-niederländische 2,900.558  „ 

Die  inländischen  Schulden  bestanden  theiis  aus  Steueramts-, 
theiis  aus  Kammer-  oder  fiancalitätsschulden  im  Qesammtbetrage  von 
3,676.541  fl.,  wovon  auf  die  Steueramtsschulden  2,040.973  fi.,  der  Rest 
1,635.568  fl.  auf  die  Bancalitätsschulden  entfielen.  Auf  Grund  des  mit 
Preussen  zu  Berlin  geschlossenen  Friedensvertrages  vom  28.  Juli  1742 
hatte  Österreich  von  den  ausländischen  Schulden  die  belgisch-nieder- 
ländische, Preussen  dagegen  die  holländische  und  englische  Schuld  zu 
übernehmen.  Von  den  inländischen  Schulden  verpfiichtete  sich  Preussen 
durch  article  s^par^  zur  Bezahlung  der  Obligationen  von  schlesischen 
Steueramts-  und  Bancalitätsschulden,  welche  schlesischen  Parteien  ge- 
hörten, während  hinsichtlich  der  Schulden  an  österreichische  Unter- 
thanen  oder  Ausländer  ein  besonderes  Übereinkommen  zwischen  Oester- 
reich  und  Preussen  getroffen  werden  sollte. 

Grosse  Schwierigkeiten  und  viele  Berathungen  erforderte  das  ,Ca- 
meralsystemS  d.  h.  die  Ermittlung  der  Einnahmen  und  genaue  Fest- 
stellung der  Ausgaben,  die  für  den  Hofstaat  und  die  Besoldung  der 
Staatsbeamten  erforderlich  waren.  Die  Berathungen  wurden  bei  der 
Hofkammer  gepflogen,  die  Vorträge  sind  von  Dietrichstein  zum  Theil 
eigenhändig  geschrieben.  An  den  umfassenden  Arbeiten  hat  auch  Haug- 
witz  mitgewirkt.  Als  Referent  fungirte  Saffran.  Am  19.  August  1748 
wurde  der  Kaiserin  Vortrag  erstattet :  ,über  das  abgefasste  Systema  be- 
treffend die  Bestieitung  des  Aulici  und  deren  dazu  erforderlichen  Fun- 
domm'.  Die  Marginalbemerkung  der  Kaiserin  lautet:  ,nach  diser  reso- 
lution  und  tabelle  die  sach  a  prima  octobns  einzurichten.'  Eine  eigen- 
händige Resolution,  welche  am  25.  August  herablangte,  lautet: 

nach  diser  tabelle  seynd  die  cameralia  zu  separirn  nemblich  das  hunge- 
rische  und  Tyrolerische  solle  der  camerpresident  das  erstere  mit  geisruck 
esterhasi  und  nagy  versehen  das  Tyrolerische  pistrich  das  böhmische  und 
alle  Österreich,  der  safran  nemblich  wo  deputationes  angesezt  und  das 
camerale  durch  selbe  schonn  fixirt  ist  also  wenig  arbeit  sein  wird  und 
nur  selbe  ganz  allein  gerad  in  mein  geheimes  camer  zahlambt  reservire 
uid  abzufahren  weillen  aber  haugwitz  in  diser  id6e  die  meiste  information 
80  wole  das  nicht  das  mindeste  in  dlsen  cameralis  was  vor  mich  destinire 
^xpedirt  würde  ohnedas  selber  es  ihme  nicht  ehender  gezeigt  und  aprobirt 
hat  oachgehends  die  expeditiones  die  wichtigere  wie  jezund  mit  denen 


110 

representationes  gehalten  worden  unter  meiner  unterschrifft  an  die  de- 
putationes  was  aber  infoimative  gienge  nur  von  der  camer  zu  beschehen. 
das  hungerische  und  Tyrolerische  lasße  allein  vor  die  hofferfordernusßen 
und  ist  mir  alle  8  Tage  an  sontag  wie  jezund  dem  Eayser  brandau  ge- 
bracht zu  geben  was  an  geld  verhanden  und  nothwendig  zu  zahlen  ohne 
meiner  unterschrifft  auch  nicht  100  fl.  passirt  werden  soUen  die  norma 
aber  der  bezahlung  deren  besoldung  behalte  bey  wie  es  kayser  einge- 
richtet yirtel  und  halb  jährig.  Der  abschnitt  von  empfang  und  ausgab 
dermallen  und  anfang  des  neuen  ist  a  prima  octobris  nemblich  mit  dem 
lezten  virtel  jähr  zu  machen  wie  dises  zu  beschehen  und  zu  erleüchtern 
damit  das  curenti  bestand  hat  ist  mir  vorzutragen  die  taxen  gedencke 
von  allen  canzleyen  zusam  zu  nehmen  und  obwohlen  in  anfang  etwas 
kunte  verlohren  gehen  wird  doch  durch  absterbung  was  weeg  fallen  und 
eine  gleichheit  beobachtet  werden  die  alle  verdienen.  Dis  ist  mir  also  in 
ein  a  parte  Vortrag  auszuarbeiten.  Der  Kayser  nehmet  brandau  und 
Koch  von  banco  der  alda  anstritt  zur  schulden  direction  die  andere  seynd 
mit  ihren  gehalt  als  pensionirt  zu  sezen  wie  schonn  villen  geschehen  wie 
die  camer  renovii*t  und  zu  denen  alten  recbnungen  oder  was  noch  zu 
machen  zu  gebrauchen  nicht  aber  in  dem  neQen  systemate  welches 
a  prima  octobris  anfangen  solle  dis  ist  also  sambt  dem  referat  mit  haug- 
wiz  vorzunehmen  damit  wan  was  zu  erleütern  ich  es  thun  kunte  und  er 
nichts  von  diser  resolution  gesehen. 

Am  8.  September  1748  fiberreichte  die  Hofkammer  der  Kaiserin 
ein  Referat  mit  einer  neuen  rectificii*ten  Tabelle  des  Cameml-Systema, 
die  von  der  früheren  unterm  19.  August  1748  fibergebenen  abwich.  In 
dem  Referat  wurde  auch  angefragt,  ob  die  von  den  1000  Gulden  über- 
steigenden Besoldungen  abzuziehenden  10  Procent  gleich  anfangs  ab- 
gezogen werden  sollen  oder  aber  ob  es  nach  der  ersten  kaiserlichen 
Resolution  mit  5  Procent  auf  ein  Jahr  probirt  werden  soll.  Die  Kaiserin 
schrieb  an  den  Rand  dazu  eigenhändig: 

,Placet  was  die  camer  einrathet  ausßer  der  5  oder  10  pro  cento 
welche  resolvirt  bleiben  auch  in  statu  anzusezen  indeme  so  wenig  auff 
die  jezige  ausweis  tabelle  halte  als  auff  die  erstere  und  ist  es  möglich  das 
so  wenig  verl&sßlichkeit  in  solchen  Sachen  sich  finden  doch  weillen  han- 
ge wiz  mich  so  plagt  so  will  die  erste  dreyvirtel  jähr  probirn  ob  es  mit 
denen  5  pro  centis  gehet  wo  nicht  und  der  mindeste  anstand  so  werden 
selbe  als  eine  resolvirte  sach  nach  geholiet  werden,  wenigstens  hätte  die 
camer  und  buchhaltereyen  verdient  wegen  diser  tabellen  als  straff  selbe 
allezeit  zu  bezahlen,  die  tabellen  behalte  ich  mit  der  roll  zur  unterschrifft 
die  andere  zu  schicken/ 


111 


ümgefertigtei  Haupt-Cameral-Systema. 

Nach  Ihro  Kajser  Eönigl.  Maytt.  untenn  26.  ]>ecembris  1748  gefasten 

allerhöchsten  Final-Resolution. 


Erste  Abtheilung. 

Am  Tyroller  Gefallen  werden  nnn  angesetzet 

Diese  werden  gewidmet  zu  denen  Both-  nnd 
Gesandschaffts-,  wie  auch  Couriers- Spe- 
sen mit 

Gleichwie  aber  aus  Tyrol  ein  merck- 
licher  Cberschuss  anzuhoffen  ist,  so  wird 
dieser  an  förderst  destiniret  den  jedoch  nicht 
zu  Termuthenden  Abgang  bey  dieser  Aus- 
gabs-Rubrique  zu  ersetzen;  Was  aber  hier- 
zu nicht  vonnöthen;  ist  bei  Ausgang  des 
Jahrs  id  est:  mit  ult*  Octobris  in  Ihro  Maytt. 
geheimes  Cammer  -  Zahl  -Amt  abzufühien ; 
mithin  Aber  diesen  Fundum  qvartaliter  be- 
sondere Rechnung  zu  legen. 

Änderte  Abtheilung. 

Werden  aus  dem  Fundo  deren  Hungarischen 
Saltz-Gefallen  dahir  in  Empfang  gebracht 

Diese  werden  destiniret:  Das  Hof-Kuchel- 
Amt  Monathl.  mit  denen  ausgesetzten 
25.000  fl.  folglich  jährlich  zu  befriedigen 
mit 

Dann  in  qyartaligen  ratis  die  samment- 
liche  Hof- Stab,  nach  der  gefertigten  Came- 
ral-Tabelle  und  zwar: 

Ersten  Obrist  Hofmeister  . 
Änderten  Obrist  Hofmeister 
Obrist  Cammerer     .     .     . 
Obrist  StaUmeister  .     .     . 
Dnrchl.  Junge  HerrschafTt 
Princesse  Charlotte .     .     . 


.   fl. 

57.956 

V 

27.509 

» 

41.918 

» 

223.442 

n 

26.418 

« 

17.254 

Empfang 
fl. 

517.000 


1,000.000 


AuBga&b 
fl. 


517.000 


300.000 


112 


Frauenzimmer     .     . 
Obrist  Silber  Cammerer 
Obrist  Küchenmeister 
Jägerey    . 
Falcknerey 
Hof-Music 
Arcieren  . 
Trabanten 
Schweitzer  Goarde 


fl. 

n 


19.189 
3.805 
29.877 
50.024 
15.000 
63.540 
24.597 
17.054 
17.044 


Summa 


Das  Angmentnm  nach  der  yon  dem  Obrist 
Stallmeister  abgegebenen  Bechnung    .     . 

Bey  Aufhebung  des  Yicedom- Amtes  die  noch 
darauf  haftende  zurückbleibende  Ausgaben 

Hiernächst  vor  die  neu  errichtende  Hof-Stadt 
des  Ertz-Horzog  Joseph 

Betraget  also  das  Totum  die  in  dem  Empfang 

hierzu  destinirte 

Was  aber  an  dißfälligen  Saltz-Gefallen 
mehr,  alß  allhier  ausgeworffen,  eingebracht 
werden  d(^i*fifte,  ist  bey  Ausgang  des  Jahi*es, 
nehmlich  mit  ult*  Octobris  in  Ihro  Maytt. 
geheimbes  Cammer  -  Zahl -Ambt  baär  abzu- 
führen, folglich  über  diesen  Fundum  Qnarta- 
liter  besondere  Bechnung  zu  legen. 

Dritte  Abtheilung. 

Nach  exscindirung  der  bereiths  in  Empfang 
gebrachten  1.  Million  von  denen  Hungari- 
schen  Saltz- Gefällen,  wird  das  von  dem 
Hungaiischen  Cammer  -  Prsesidenten  an 
Hungar*"  Cameral-Gefallen  Qvartaliter  ein- 
zubringen versprochene  Qvantum  ange- 
setzet  mit 

Dann  aus  Siebenbürgen 


Empfting 
fl. 


•  •  • 


605.000 
75.000 


Ausgaftb 
fl. 


634.627 


28.841 


12.134 


24.398 


1,000.000 


•  • 


113 


Aus  dem  Baanat  Temeswar 

Aus  Slavonien,  und  Sirmien 

zusammen  also     .     . 

Ans  diesem  angewiesenen  Fundo  sind 
folgende  Ausgaben  zu  bestreitten. 

Grössere  Diccuteria 


Reichs-Hof-Bath 

Hof-Cammer 

Extra  Besoldung  Gi-afen  von  Kollowrath 

Obrist  Hof-Marschali 

Hof  Kriegs-Bath 

N.  Ö.  Begierung 

N.  Ö.  Land-Bechten 

Siebenbürgische  Hof-Cantzlej  .     .     . 


Kleinere  Dicasieria 

Hof-Cammer-  Kriegs-  und  Schulden-Liquida- 
tions-Buchhaltereyen,  nebst  denen  Cantz- 
leyen 

Obrist  Hof-Marschall 

Hof  Kriegs-Bath 

N.  ö.  Begierung 

N.  ö,  Land-Bechten 

Siebenbürgische  Hof-Cantzley  ..... 

Jadidal-Bevisorum 

Hinterlassene  Amalische  Bedienten    .     . 

• 

PensioneSy  und  Gnaden-Gaäben  .... 
Die  Pension  der  verwittibten  Hertzogin  zu 

Braonschweig 

Geistliche  Deputate,  und  Stifftungen  .  .  . 
Hof-Bau- Ambt,  jedoch  nur  zur  der  benöthig- 

ten  Separation 

Betraget  obige  Summa  deren     .     . 

IrchiT.  LXXXIL  Bd.  I.  Hilfte. 


Empfang 
fl. 

188.000 
15.000 


783.000 


Ansga&b 
fl. 


•     • 


•     • 


80.840 

68.400 

9.000 

5.300 

46.000 

30.700 

3.250 

5.900 


123.760 

6.466 

51.244 

16.350 

790 

1.775 

1.700 

12.000 

253.723 

29.000 
16.288 

20.514 


783.000 


8 


114 


1 


Was  von  dem  Hungarischen  Cammer- 
Prsßsidenten  über  das  hier  angesetzte  Stipn- 
lirte  Qyantum  bey  denen  Hungarischen  Ca- 
meral-Gefällen,  dann  bey  Siebenbürgen,  dem 
Bannat  Temeswar,  und  Slavonien,  mehr,  alss 
ausgeworffen  worden,  eingebracht  wird,  ist 
bey  Ausgang  des  Jahrs,  nehmlich  mit  ult* 
Octobris  in  Ihre  Maytt.  geheimes  Cammer- 
Zahl-Ambt  ba&r  abzuführen,  folglich  über 
diesen  Fundum  quartaliter  besondere  Bech- 
nung  zu  legen. 

Yierdte  Abtheilung. 

Pro  fundo  extraordinario  werden  gewiedmet 
die  Post -Gefälle,  nebst  denen  Hof-Cam- 
mer-  und  Hof -Kriegs -Baths-Can  tzley- 
Taxen,  welche  zusammen  angesetzt  wer- 
den mit 

Hiervon  nun  werden  zu  bestreiten  seyn: 

Die  ordinari- Extra -Ausgaben,  worunter  die 
Livree  Meublir-  und  Unterhaltung  der 
Wiennerischen  Burg  begrieffen,  und  was 
dahin  einschlaget 


Becapitulation. 

In  der  ersten  Abtheilung  .  . 

anderen         .     .  .  . 

dritten  .     .  .  . 

vierten  .     .  .  . 


Summa 


Maria  Theresia. 


Empfang 
fl. 


AnBga&b 
fl. 


100.000 


517.000 

1,000.000 

783.000 

100.000 


2,400.000 


100.000 


517.000 

1,000.000 

783.000 

100.000 


2,400.000 


115 

Bystema 
Ihro  Eayl.  Eönigl.  Maytt.  geheim  ben  Cammer- Zahl -Amts. 

Empfang. 

Des  Taback-Appaltoris  Pingitzer- Bestand -Quantum  pr         fl.  330.000 
Von  dem  Printzen  Hildburgshansen  aus  Zenkk  and  Carl- 
waag,  so  mit  dem  Militar-Zahl-Amt  durch  monathliche 

ratas  ausgeglichen  worden „     40.000 

Mittelst  gleichmässiger  Ausgleichung  mit  dem  Cameral- 
Zahl-Amt  aus  dem  Craynerischen,  und  Littoralischer 

Camerali „  104.000 

An  Hungarischen  Fiscalitäten,  wie  solche  in  der  Cameral- 
Tabelle  beyläuffig  in  Anschlag  genommen  worden,  so 
aber  nicht  auf  ein  gewisses  zu  setzen,  sondern  steigend, 

und  fallend  sind „     86.000 

Der  Überschuss  in  denen  Ländern,  wie  solcher  durch 
die  errichtete  Cameral  -  Systemata  ausgewiesen  worden, 
und  zwar : 

Aus  Böhmen „     13.257 

Mähren „       5.309 

Schlesien „       9.101 

Steyermarck „     16.233 

Aus  Nieder  Österreich,  das  Bey  Verkauff  deren  Vicedomi- 
schen  Gülten,  und  Häusser  lösende  Kauff-pretium,  so 
dermalen  nur  mit  800  "*  fl.  angesetzet  wird,  mit  einer 

Interesse  h,  5.  pCent „     40.000 

Bann  Yon  der  Boss-Mauth  zu  Tulln „         511 

Von  der  Herrschafft  Laxenburg „         416 

Summa     .     .     fl.  644.827 

Worzu  noch  kommet,  was  in  denen  Böhmisch  und  österreichischen 
Landen  durch  die  heimfallende  Pensiones  oder  sonst  erspahret  werden 
dörffle,  wie  auch  der  anhoffende  Überschuss  von  denen  Hungarischen, 
undTyrolischen  Gefällen,  über  das  in  dem  Systemate  angesetzte  Quantum. 

Aussweiss 

Derer  Aossgaäben,  so  von  Ihi'O  Eayl.  Eönigl.  Maytt.  geheimben  Cam- 
mer Zahl-Ambt  zu  prsestiren  wären: 

1*  Das  Ton  Ihro  Maytt.  denen  N.  ö.  Ständen  zu  dem 

Schulden- Systemata  aus  dem  Taback-Fundo  zu  zahlen 

Stipulirte fl.  50.000 

8* 


116 

üebertrag     .     .       fl.  50.000 
2***  Vor  die  arme  Partheyen  auf  Monathl'  Liste  ....       „   24.000 

3"'  Stem-Creutz-Ordens-Gelder „      1.700 

4**  Collegium  Theresianum „5.300 

5^  Alle  YOifallende  Beisen  des  Hofes,  weil  Merzu  das  Ca- 

merale  keinen  Fnndum  hat. 
6**  Die  Unterhaltung  derer  frembden  Törckischen  Both- 

schaffter. 
7"^  Alle  übrige  Extraordinaria,  und  geheimbe  Ausgaben, 
weil  hierzu  in  dem  Cameral-Systemate  kein  Fundus  aus- 
gemessen worden. 
8^^  Die  verfallende  Bau-Unkosten,  oder  neueMeublirungen, 
massen  in  dem  Cameral-Systemate  zu  Unterhaltung 
derer  Gebäude  nur  20"  fl.  destinirt. 
9"*  Ihre  Kayl.  Königl.  Maytt.  selbst  eigene  reservirte  Aus- 
gaben.   

Summa     .     .       fl.  81.000 

Maria  Theresia. 

III. 

Die  Kosten  des  sielt^enJShrigen  Krieges. 

Die  Kosten  des  dritten  schlesischen  Krieges  bezifferten  sich  auf 
260  Millionen  Gulden,  wovon  167  Millionen  durch  Credit  aufgebracht 
wui'den,  93  Millionen  flössen  ,unentgeltlich'  ein.  Der  letztere  Betrag 
wurde  nämlich  aufgebracht:  Ungarische  Länder  537.726  Gulden;  Ihrer 
Majestät  Cassa  1'3  Millionen;  böhmisch -deutsche  Länder  24,696.527; 
vom  Eeich  7,848.611;  aus  den  Niederlanden  27,375.870;  von  der 
Hauptcassa  des  Münz-  und  Bergwesens  2,118.300;  von  dem  Wiener- 
sehen  Stadtbanco  21,170.571;  von  Pai-ticularibus  80.000;  Kriegsopera- 
tion 6,193.093;  besondere  Zuflüsse  644.265;  zusammen  daher  an  barem 
Gelde  92,044.963,  dazu  Naturalien  aus  den  böhmischen  und  deutschen 
Ländern  im  Werthe  von  780.000  Gulden. 

L.  Zinzendorf  gibt  die  Yennehrung  der  Schulden  während  des 
dritten  Krieges  mit  Preussen  auf  165  Millionen  an,  darunter  Subsidia 
praesentanea  in  barem  Gelde:  51,852.752  Gulden,  Naturallieferungeiiy 
wofür  Pomatken  ausgestellt  wurden  18,230.082,  Zahlungsobligationen 
zu  6  und  5  Procent  21  Millionen,  ausgegebene  Obligationen  ohne  Bar- 
einlage 16,572.767,  Bancozettel  10  Millionen.    Die  Verluste,  welche 


117 

die  Besitzer  von  Pomatken  erlitten,  waren  beträchtlich,  sie  wnrden  mit 
63  gehandelt;  die  niederösterreichischen  Papiere  standen  27  Procent,  die 
Banco- Obligationen  16  Procent,  die  Zahlungsobligationen  10  Procent 
unter  Pari. 

Betrachtliche  Unterstützung  gewährte  die  Wiener  Bank.  Während 
der  Friedensjahre  musste  sie  dem  Staate  wiederholt  Aushilfe  gewähren. 
Darch  Becess  mit  der  Hofkammer  vom  7.  März  1749  verpflichtete  sie 
sich  zu  einer  Aushilfe  von  2*285  Millionen  in  den  nächsten  fünf  Jahren, 
und  zwar  1749  750.000,  1750  622.000, 1751  479.000, 1752  229.000, 
1753  205.000.  Auch  für  unvorhergesehene  Ausgaben  hatte  sie  vorzusor- 
gen.  So  z.  B.  wurden  die  Schulden  der  Kaiserin  Elisabeth  anfangs  auf 
300.000  Gulden  veranschlagt.  Wie  sich  später  herausstellte,  betrugen 
dieselben  600.000  Gulden.  Die  Pensionen  und  anderweitigen  Ansprüche 
des  Hofstaates  mussten  von  der  Bank  übernommen  werden.  Der  Bau  der 
Grenzfestungen  konnte  nur  mit  Vorschüssen  der  Bank  bewerkstelligt 
werden.  Aber  auch  bei  reinen  Verwaltungsauslagen,  z.  B.  für  die  Uni- 
versität und  die  Theresianische  Bitterakademie  hatte  die  Bank  Aushilfe 
zu  leisten,  ebenso  bei  geheimen  Auslagen  von  geringer  Höhe,  z.  B.  von 
50.000  Gulden,  wofür  das  Directorium  mit  den  Steuereingängen  nicht 
aufkommen  konnte. 

Von  den  zwischen  der  Bank  und  der  Hof  kammer  abgeschlossenen 
Becessen  sollen  nur  die  wichtigsten  hervorgehoben  werden: 

Ablösung  der  Mauth  in  Brück  mit  100.000  Gulden  an  den  Grafen 
Friedrich  Harrach.  In  einem  Handschreiben  vom  10.  September  1748 
wird  gesagt:  die  Mauth  müsse  auf  den  Fuss  herabgesetzt  werden,  wie  sie 
weiland  Carl  Freiherr  von  Harrach  käuflich  erworben  und  sich  dem  Ur- 
bario  einverleibt  befinde;  allein  die  Kaiserin  ziehe  zu  gleicher  Zeit  die 
vielen  und  erspriesslichen  Dienste  in  Betracht,  so  dem  Erzhause  die 
Harrach'sche  Familie  und  besonders  Friedrich  Graf  von  Harrach  in  den 
wichtigsten  Angelegenheiten  geleistet  habe. 

Becess  vom  21.  März  1749.  Die  Uebernahme  eines  Pfennigs  über 
den  Fleischkreuzer,  eine  von  den  Fleischhackern  übernommene  Verpflich- 
tung 8000  Gulden  monatlich  an  die  Militärcassa  abzuliefern.  (Ein  zweiter 
wurde  durch  die  niederösterreichische  Regierung  als  Subsidie  der  von  dem 
halbvierten  Stande  zu  bezahlenden  Contribution  collectiii;.)  Im  Falle  der 
Eingang  den  Vorschuss  nicht  erreicht  habe,  habe  die  Hof  kammer  den 
AosüaU  dem  Banco  zu  ersetzen. 

Becess  des  Directoriums  in  publicis  et  cameralibus  vom  19.  Sep- 
tember 1749.   Die  Uebernahme  des  steirischen  Grenz-  oder  Hof- Salz- 


118 

verschlelsses  vom  1.  November  gegen  60.000  Qulden  in  den  nächsten 
zwei  Jahren,  vom  1.  November  1751  70.000  Gulden. 

Becess  vom  29.  November  1749.  Ueberlassang  sämmtlicher  Ca- 
meralgefälle  in  Innerösterreich  vom  1.  November  1749  mit  Ausnahme 
des  Stempel-,  Kanzlei-  und  Taxgefälles  gegen  jährliche  441.868  Gulden. 
In  Steiermark,  Kärnten,  Erain,  Fiume,  Tiiest  meist  Eingänge  aus  Salz 
und  Wein,  in  Krain  auch  üeberlassung  einiger  Mauthgefälle  der  Herr- 
schaften. 

Becess  vom  22.  December  1749.  üebernahme  der  Mauth  zu  Neu- 
dorf im  Betrage  von  100.000  Gulden. 

Becess  vom  10.  Jänner  1751.  Bezahlung  der  Schulden  der  Kai- 
serin Elisabeth,  femer  Auszahlung  der  Pensionen  (600.000  Gulden.) 

28.  October  1751.  üebernahme  der  genuesischen  Schulden,  Capi- 
tal und  Interessen  1,671.046  Gulden  gegen  einen  jährlichen  Fond  von 
67«  Procent  im  Betrage  von  108.618  Gulden,  ferner  25.000  Gulden, 
welche  die  Schuldencassa  alljährlich  infolge  Becesses  vom  29.  August  1 749 
dem  Banco  zu  zahlen  hatte,  die  von  nun  an  entfallen  sollten,  endlich 
133.618  Gulden.  Die  Tilgung  sollte  innerhalb  29  Jahren  erfolgen  mit 
67s  Procent.  Für  diese  sämmtlichen  Schulden  hafteten  bisher  die  Stände 
in  Böhmen  und  Mähren. 

Becess  vom  15.  November  1752.  Anticipation  vom  Banco  im  Be- 
trage von  500.000  Gulden  für  die  Fortification  der  Grenzfestungen.  Ur- 
sprünglich wurde  die  Verhandlung  über  eine  Anticipation  von  1,600.000 
Gulden  geführt,  welcher  Betrag  auf  das  fünfzehnjährige  geistliche  Sub- 
sidium  sichergestellt  werden  sollte.  Das  Banco -Institut  machte  sich  an- 
heischig, diesen  Betrag  binnen  fünf  Jahi*en  zur  Verfügung  zu  stellen, 
jedoch  unter  der  Voraussetzung,  dass  innerhalb  dieser  Frist  keine  weiteren 
Forderungen  an  dasselbe  gestellt  werden.  Die  kaiserliche  Besolution 
lautet:  ,Weilen  die  gewisse  Versicherung  nicht  geben  kan  das  in  fünf 
Jahren  nicht  etwas  noch  an  banco  anzubegehren  vor  nöthig  finden  werde 
so  ungern  als  selben  anbelange  so  wäre  die  anticipation  indessen  nur  auf 
zwei  jähre  mit  selben  zu  schliessen.^  Infolge  dessen  kam  obiger  Becess 
auf  die  kleinere  Summe  zu  Stande. 

Becess  vom  4.  Jänner  1753  zur  Bestreitung  einer  geheimen  Aus* 
gäbe,  30.000  Gulden  in  zwei  Jahren  rückzahlbar. 

Oontract  vom  24.  März  1753.  150.000  Gulden  zu  einer  geheimen 
Ausgabe  gegen  Bezug  des  dem  Banco  zu  ewigen  Zeiten  überlassenen 
Groschen  von  jeglichem  innerhalb  der  Linien  auszuschänkenden  Eimer 
Bier. 


119 

16.  October  1753.  Becess  zurBezablang  der  Professorenbesoldun- 
gen  an  der  Wiener  Universität  im  Betrage  von  32.746  Golden. 

22.  Jänner  1754.  Abermals  ein  Becess  znm  Ausbau  der  Grenz- 
feskmgen  vom  1.  Juni  bis  1.  October  1754  in  fünf  Baten  im  Beti*age 
Ton  143.572  Golden. 

Becess  vom  4.  November  1754.  100.000  Gulden  fflr  die  Hof- 
ausgaben. 

Becess  vom  26.  Juli  1755.    Vorscbuss  von  50.000  Gulden. 

Becess  vom  20.  Juni  1757.  260.000  Gulden  Gebäudeschulden 
inclusive  der  Anforderung  des  Malers  Quiliemo. 

Beim  Beginne  des  Krieges  verpflichtete  sich  die  Bank,  100.000 
Gulden  monatlich  dem  Staate  zur  VerfQgung  zu  stellen.   Bereits   im 
Sommer  1757  erhielt  sie  die  Weisung,  andei*thalb  Millionen  aufzubringen, 
femer  im  October  desselben  Jahres  280.000  Gulden  dem  Kupferamte  zu 
5  Procent  vorzuschiessen,  während  das  Haus  Küner  &  Comp.  6  Procent 
und  1  Procent  Provision  verlangt  hatte.   (Vorti*äge  vom  11.  August  und 
21.  October  1757.)   Im  Februar  1758  wurden  von  der  Bank  dem  Came- 
rale  400.000  Gulden  vorgeschossen,  und  am  Schlüsse  des  Jahres  kam  ein 
Becess  zwischen  der  Bancodeputation  und  dem  Directorium  zu  Stande,  wo- 
nach erstere  sich  verpflichtete,  6  Millionen  für  Kriegseifordernisse  aufzu- 
bringen, sodann  253.511  Gulden  für  die  Militärcassa  und  100.000  Gulden 
ftlr  die  Cameralcassa  vorzuschiessen  zur  Bezahlung  des  Tabakadministra- 
tors Pinzinger  (das  von  demselben  erlegte  Cautions-  und  Anticipations- 
capital  betrug  300.000  Gulden),  endlich  als  Kaufschilling  für  die  hochstift- 
lich  bamberg^hen  Herrschaften  in  Kärnten  1  Million  Gulden  zu  erlegen. 
Für  diese  Beträge  erhielt  die  Bank  5  Procent  Zinsen  und  2  Procent  für  die 
Capitalsrückzahlong  und  als  Bedeckung  das  ständische  Apalto-Beluitions* 
qoantnm  durch  zwanzig  Jahre,  welches  alljährlich  einen  Ertrag  von  475.750 
Gulden  lieferte.  (Vortrag  vom  6.  December  1758,  unterzeichnet  Haugwitz 
und  Chötek.)    Hiemit  waren   die  Anforderungen   nicht  erschöpft.   Im 
Jabre  1759  wendete  sich  das  Directorium  abermals  an  die  Bancodeputa- 
tion mit  dem  Hinweise,  dass  man  sich  in  der  äussersten  Verlegenheit  be- 
finde, die  Feldoperationscassa  zu  unterstützen  und  die  Armee  richtig  zu 
bezahlen.  Bei  der  gemeinschaftlichen  Berathung  stellte  sich  heraus,  dass 
fftr  das  Jahr  1760  von  dem  Banco  bereits  eine  Aushilfe  von  mehreren 
Millionen  in  Anspruch  genommen  werden  dürfte,  und  die  Vereinbarung 
ging  nun  dahin,  dass  die  Bank  sich  bereit  erklärte,  für  die  Besoldungen 
nnd  Pensionen  im  Betrage  von  5,458.893  fl.  33 Ys  kr.  Schuldbriefe  gegen 
«ne  5*/jjige  Verzinsung  vom  1.  August  1759  angefangen  für  ein  ganzes 
Jahr  auszufertigen  und  dem  Directorium  zu  übergeben  und  ferner  einen 


120 

weiteren  Vorschuss  för  das  nächste  Militärjahr  1760  mit  Inbegriff  der 
monatlich  derzeit  ohne  Fond  zn  verabfolgenden  100.000  Gulden  im  Be- 
trage von  4,541.106  fl.  267$  ^y-  dergestallt  sicherzustellen,  dass  vom 
1.  November  1759  angefangen  monatlich  400.000  Golden  in  baarem 
Gelde  oder  in  Schuldbriefen  des  Banco  abgeführt  werden  sollen,  wonach 
also  die  Bank  im  Ganzen  10  Millionen  Yorschnss  geleistet  haben  würde. 
Zur  Bedeckung  desselben  sollte  der  Temesvarer  Banat  mit  allen  Contri- 
butional-  und  Cameraleinkünften  in  die  Administration  der  Bank  über- 
gehen und  so  lange  im  Besitze  derselben  bleiben,  bis  das  vorgeschossene 
Capital  von  10  Millionen  rückgezahlt  würde. 

Die  Marginalbemerkung  der  Kaiserin  auf  diesen  Vortrag  lautet : 
,auff  dise  arth  werde  ich  am  leichtesten  aus  dem  verfall  gezohnen  und 
wird  es  denen  partheyen  und  dem  banco  zu  keinen  laast  wohl  aber  zur 
grossen  erleichterung  dienen.  aprobii*e  also  alles  wegen  banat  sowobl 
als  der  papiere  die  wohl  anstatt  5  nur  4%  haben  kunten  zugleich  wolle 
ich  auch  die  100.000  von  der  camer  als  die  150.000  von  theatio  darunter 
begreifen,  damit  alles  beysamen  seye.  den  stall  kuchel  kourir  und  die 
zwey  guarden  ausgenohmen  die  wie  vorhin  paar  zu  bezahlen  seyn.  wan 
all  dises  von  geld  abgeschlagen  wird,  so  möchte  noch  eher  sehen  was  in 
haaren  zur  kriegskasse  einfliessen  wird  welches  nach  abschlag  der  inter- 
essen  deren  600.000  fl.  dem  wirklichen  abgang  deren  1,300.000  und  was 
noch  paar  zu  bezahlen  dann  die  dreyssiger  und  alle  andere  solche  kleine 
beamte  auch  zu  bezahlen  sind  überbleiben  wird.  Verlange  eine  abschrift 
dises  referat  ohne  meiner  resolution.' 

Auch  in  den  folgenden  Jahren  musste  die  Bank  mehrere  Millionen 
für  den  Kriegsbedaif  aufbringen ,  allein  die  Einlagen  derselben  nahmen 
ab,  da  die  Bancopapiere  im  Werthe  bedeutend  gesunken  waren.  Das 
Publicum,  heisst  es  in  einem  Vortrage,  sei  mit  derartigen  Papieren  über- 
häuft und  finde  es  ansehnlicher,  dieselben  im  Privatverkehre  zn  kaufen 
oder  das  Capital  in  fremden  Ländern,  wo  ebenfalls  Geldbedarf  nothwendig^ 
sei,  anzulegen.  Zwei  Millionen  verpflichtete  sich  die  Bank  aufzubringen. 
Das  Institut  habe  bisher  weit  über  seine  Kräfte  hinaus  zum  Kriege  bereits 
zwanzig  Millionen  beigetragen.  (Vortrag  vom  14.  Februar  1761.)  Die 
kaiserliche  Entschliessung  lautet:  Der  Abgang  für  die  heurige  Campagne 
zeigt  sich  nur  allzu  richtig;  begnehmige  das  Anerbieten  über  die  bereits 
vor  heuer  in  barem  Geld  und  Papieren  übernommenen  6  Millionen  annoch 
auszustellende  Banco-Obligationen  für  2  Millionen^  dieselben  wären  aber 
sobald  als  möglich  auszufertigen.^ 

Eine  weitere  Aushilfe  erhielt  man  durch  die  von  den  Ständen  der 
Niederlande  gewährten  Beiträge  und  Subsidien,  und  zwar  in  den  Jahren 


121 

1758 — 1761  je  zwei  Millionen  jährlich,  zusammen  daher  zehn  Millionen 
Niederländische  Ck>nrant=  7,142.857  deutsches  Qeld,  als  dons  gratnits 
1757  und  1758  je  drei  Millionen,  1759 — 1762  je  zwei  Millionen,  zu- 
sammen 16  Millionen  Brabanter  Conrant  oder  11,428.571  deutsches  Geld. 
Femer  wurden  unter  Garantie  der  Stande  während  der  Kriegsjahre  seit 
1756  aufgenommen  17*725  Millionen  Gulden,  und  zwar  auf  Grund  Aller- 
höchster Schuldverschreibungen;  seit  1762  wurden  auch  als  Hypothek 
allgemein  ständische  sechsprocentige  Darlehensobligationen  ausgefolgt. 
Ueber  die  im  Jahre  1764  noch  haftenden  13*625  Millionen  Wiener 
Währung  (=  16*25  Millionen  niederländisches  Wechselgeld)  wurde  am 
24.  August  1764  zwischen  der  österreichischen  Finanzverwaltung  und 
dem  niederländischen  Departement,  mit  dessen  Leitung  Kaunitz  betraut 
war,  eine  Vereinbarung  getroffen,  wornach  sich  erstere  verpflichtete, 
jährlich  817.500  Gulden,  d.  i.  6  Procent  während  31  Jahren  zu  ent- 
richten und  im  32.  und  letzten  Jahre  den  Best,  nämlich  408.808  Gulden 
xu  bezahlen;  47«  Procent  sollten  zur  Zahlung  der  Zinsen  und  iVg  Pi'o- 
cent  zur  Capitalstilgung  verwendet  werden.  Am  1.  November  1774  haf- 
teten noch  111 14  Millionen  Gulden. 

In  welchen  Nöthen  der  Staat  sich  in  den  letzten  Jahren  des  Krieges 
befand,  ist  aus  zahlreichen  Schriftstücken  J.  Ch.  Bartenstein*s  ersicht- 
hch,  der  seit  1759  in  finanziellen  Fragen  eine  grosse  Thätigkeit  ent- 
faltete. Am  10.  November  legte  er,  um  das  ,christliche  Gemfith'  der 
Kaiserin  zu  beruhigen,  ,traurige  doch  bestgemeinte  diensteifrigste  Ge- 
danken' vor.  Zur  Festsetzung  eines  ständigen  Finanzsystems  wurde  1760 
eine  Hofcommission  eingesetzt  und  zu  Mitgliedern  Prandau,  Toussaint, 
Saftan,  Nenny  und  Bai-tenstein  ernannt.  Mit  der  Leitung  wurde  Graf 
B.  Chotek  betraut.  Die  Berathungen  führten  jedoch,  wie  es  scheint,  zu 
keinem  greifbaren  Ergebnisse. 

Eine  bemerkenswerthe  kaiserliche  Entschliessung  auf  einen  Vor- 
trag Chotek's  vom  2.  August  1761  lautet: 

,Wann  die  Monarchie  gerettet,  eine  Banqueroute  vermieden,  alle 
Schulden  bedeckt,  und  zu  denen  nöthigen  Staatsausgaben  Bath  geschaffet 
werden  solle,  So  muss  so,  wie  Ich  es  vorlängst  anbefohlen,  bishero  aber 
keines  weegs  befolget  worden,  von  der  Commission  zu  werck  gegangen, 
und  vor  allen  Dingen  der  Grund  zu  einem  rechten  Finanz  Systemate  ge- 
^«get,  sodann  aber  erst  nach  den  festgesetzten  general  Keglen  alle  parti- 
cölar  Rabriquen  ausgearbeitet  werden. 

fNach  diesem  offenbahr  wahrem  unwiedersprechlichen  grundsatz, 
^d  jm  endlich  ein  so  nützlich-  und  wichtiges  Werck  in  das  rechte  gleiss 


122 

zu  leiten,  und  theils  den  zeit  Verlust,  zum  theil  aber  alle  schädliche  Stack- 
arbeiten zu  yermoiden;  So  erkläre  hiermit  nochmahls  Meine  hierunter 
hegende  Willens  Meynung,  welche  dahin  abzielet,  je  eher  je  besser,  ohn- 
fehlbar  aber  und  längstens  gleich  nach  dem  Frieden  ein  ganzes  Finanz- 
Systema  festzustellen. 

,üm  nun  beurtheilen  zu  können  welches  das  beste  seye,  und 
damit  nicht  stuckweiss  decidiret,  sonderen  aus  allen  Theilen  ein  ganzes 
gemacht,  auch  vorhero  das  totum  übersehen  werde;  So  verlange  yon  der 
Commission : 

,1'')  Den  Ausweiss  aller  Schulden,  wobey  und  zwar  de  mbrica  ad 
rubricam  zu  bemercken  ist,  wann  solche  contrahiret,  was  für  Interessen, 
und  ob,  und  was  für  Zahlungs  Terminen  stipuliret,  dann  was  bereits 
daran  gezahlet  worden,  dann  ebenfalls 

,2'')  Den  Ausweiss  aller  Fonds,  worinnen  sie  bestehen,  wann  sie 
gegeben  worden,  was  sie  vormahlen,  und  was  sie  jezt  ertragen,  auch  ob? 
und  welche  Verbesserungen  hierunter  vorgenohmen  werden  könnten;  auf 
gleiche  weiss 

,3^  Die  Specification  aller  Staats-Einkünfften  und  Ausgaben,  nebst 
dem  Gutachten  über  die  Erspahrungen. 

,Ich  misskenne  keinesweegs,  dass  dieses  Arbeit  und  Zeit  erfordere; 
allein  je  wichtiger  der  Gregenstand,  desto  fleissiger  und  ohnablässlicher 
hat  die  Commission  nach  dieser  vorgeschriebenen  Methode  zu  arbeiten, 
und  Mir  ihre  Elaborata  von  Zeit  zu  Zeit  Stuckweiss  herauf  zu  geben/ 

Nach  erfolgter  Neuordnung  der  Finanzverwaltung  am  Schlüsse  des 
Jahres  1761  übergab  die  Kaiserin  die  Arbeiten  Bartenstein's  an  den 
Finanzpräsidenten  (Handscheiben  an  Herberstein  vom  24.  März  1762). 
An  Bartenstein  erliess  sie  folgendes  Handbillet: 

,S6in  durch  seine  drei  Ausarbeitungen  in  Finanzsachen  Mir  wieder- 
holt erprobter,  treuester  und  reinester  Diensteifer,  dann  hierunter  angewen- 
dete Mühe,  Sorgfalt  und  Geschicklichkeit  gereichen  Mir  zu  vollkommenster 
Zufriedenheit;  Und  gleichwie  diese  so  vortrefflich  verfassten  Aufsätze  eine 
vollständige  Auskunft  von  dem  wirklich  Geschehenen  enthalten,  so  habe 
für  Meinen  Dienst  erspriesslich  erachtet,  solche  denen  drey  Finanzpi*äsi- 
denten  mit  dem  ausdrücklichen  Befehle  mitzutheilen,  dass  sie  so  oft  als 
sie  es  nöthig  befinden,  eine  Zusammentretung  mit  ihm  veranlassen  und 
über  seine  Vorschläge  und  Ausarbeitungen  wie  auch  deren  vollständige 
Erläuterung  mit  ihme  concei-tiren  sollen.' 

Ueber  Bartenstein  ist  Arneth's  akademische  Schrift  im  ,ArchiY  für 
österreichische  GeschichteS  Band  46,  und  der  Artikel  in  der  ,Allgemeinen 


123 

deatschen  GeographieS  Band  II,  zu  vergleichen.  Eine  Ergänzung  möge 
hier  Platz  finden,  üeber  seine  Anstellung  in  Wien  verbreitet  sich  eine 
im  Jahre  1762  eigenhändig  geschriebene  Eingabe: 

,Bald  nach  dem  Schluss  derer  Badstädter  Friedenspräliminarien  bin 
ich  nach  Wien  gekommen,  nachdeme  vorhero  schon  4  Jahre  auf  Beisen 
zugebracht  hatte,  während  dem  meinem  hiesigen  Aufenthalt  hat  sich  eine 
Gelegenheit  ergeben,  dass  der  alte  Graf  von  Seillern,  seelige  Onkel  des 
letzt  verstorbenen  Österreich.  Hofkanzlers  mit  mir  zu  reden  verlanget,  und 
habe  ich  das  Glück  gehabt,  ihme  dergestalten  zu  gefallen,  dass  er  mich  an- 
geredet, ob  nicht  in  hiesige  Dienste  eintreten  wollte?  woranf  erwiderte, 
dass  mir  zwar  Wien  sehr  wohl  gefalle,  aber  ausser  Se.  Exellenz  niemanden 
hätte,  der  mir  eine  gleiche  Bedienstung  verschaffen  könnte,  als  ander- 
wärts sicher  anhoffen  könnte,  worauf  er  mir  erwiderte,  dass  er  die  Sach 
besorgen  wollte  und  weilen  vorhätte,  die  übrige  teutsche  Höfe  zu  be- 
SQchen,  ihme  in  der  Anliegenbeit  womit  er  mich  bey  denen  patribus  con- 
gregationis  sancti  Mauri  in  Frankreich  belade  von  Zeit  zu  Zeit  zuschrei- 
ben sollte.   So  auch  gethan. 

,Es  ist  aber  dieser  gi'osse  Minister  im  Januaris  1715  gestorben, 
jedoch  hat  er  noch  vor  seinem  Tode  als  des  höchst  seeligsten  Kaisers 
Miyestät  den  Grafen  Gundaker  Thomas  von  Starhemberg  seelige  zu  ihme 
geschicket  mich  in  Vorschlag,  um  anhero  berufen  zu  werden,  worauf  mir 
im  Febroario  1715  zugeschrieben  worden,  und  bin  sodann  im  October 
des  nämlichen  Jahres  nach  vollendetem  Tour  in  Deutschland  wieder 
anhero  gekommen  und  als  kais.  Bath  in  denen  wichtigsten  Beichs-  und 
Hansanliegenheiten,  so  durch  die  Conferenz  gelofen,  dergestalt  gebraucht 
worden,  dass  in  Allem,  worüber  Graf  von  Starhemberg  seelig  von  Ihro 
Majestät  dem  Kaiser  befragt  worden,  die  Feder  ganz  allein  gefühi*t. 
Um  aber  auch  von  dem  hiesigen  Interne  die  Kanntnuss  zu  überkommen, 
habe  zugleich  die  niederösterr.  Begieimng  als  damalige  Pflanzschule  fre- 
qoentirt  und  nebst  der  Besoldung  die  titulo  oneroso  mir  gleich  anfangs 
versicherte  1000  Thaler  von  dem  Banco  fortan  genossen.  Im  Jahre  1725 
bin  als  böhmischer  Hofrath  vorgeschlagen  worden.  Ihro  Majestät  hatten 
mich  aber  schon  damals  pro  successo  des  verstorbenen  Baron  Buol  seelig 
bestimmt,  mithin  wurde  im  Jahre  1726  zur  Österreich.  Hofkanzley  ge- 
zogen und  im  Jahre  1727  tratt  in  der  Stelle  des  Baron  Buol  seelig,  ohne 
dass  jemalen  der  mindeste  Anstand  geregt  worden  wäre,  dass  mir  die 
1000  Thaler  nebst  der  ordinären  Besoldung  zu  verbleiben  hätten: 

Jndem  sie  mir  versichert  worden,  weilen  wegen  des  Eintritts  in 
hiesige  Dienste  um  den  mehrsten  Theil  meines  vätterlichen  und  mfltter- 


124 

liehen  Vermögens  gekommen.  Das  Staatssekretariat  habe  bis  in  das  Jahr 
1753  in  denen  misslichsten  Zeitumständen  nach  bestem  Wissen  nnd  Ge- 
wissen versehen  nnd  sind  mir  bei  meinem  Austritt  die  kräftigsten  und 
bündigsten  Versicherungen  ertheilt  worden ,  dass  an  Allem ,  was  ich  bis 
dahin  genossen,  lebenslang  nichts  würde  benohmen  werden:  dessen  mich 
aus  allerhöchster  Gnad  bis  nun  zu  erfreuen  gehabt  habe,  und  wie  zu- 
malen  nicht  glaube,  etwas  verschuldet  zu  haben,  so  müsste  mir  zugleich 
schmerzhaft  fallen,  und  vor  der  Welt  verkleinerlich  scheinen,  wann 
derenthalben  ein  Anstand  geregt  werden  sollte. 

Wien,  den  23.  Mai  1762.  Fi'eiherr  v.  Bartenstein.' 

Am  28.  Mai  erstattete  Graf  Hatzfeld  hierüber  einen  Vortrag  an 
die  Kaiserin,  worin  dargelegt  wurde,  dass  aus  der  Banco-Bnchhalterei  und 
Kegistratur  hervorgehe,  dass  nach  dem  Tode  des  Grafen  Gundaker  von 
Starhemberg  sein  Nachfolger  Graf  Philipp  Josef  von  Kinsky  im  Jahi*e 
1745  und  Graf  Budolf  Chotek  seit  dem  Jahre  1749  diese  seit  dem  Jahre 
1715  ,füi-währende  Abreichung'  angezeigt  habe  und  dieselbe  dem  An- 
sehen nach  sowohl  von  dem  Kaiser  Karl  VI.,  als  auch  von  der  Kaiserin 
,ad  dies  vitae  gnädigst  verwilliget  und  erstrecket^  worden. 

Die  kaiserliche  Entschliessung  lautete  dahin:  ,bey  der  von  Barten- 
stein aus  der  Banco-Hauptcassa  geniessenden  Pension  hat  es  bis  auf 
weitere  Verordnung  zu  verbleiben.* 

IV. 
Die  Zinsenrednction. 

Graf  Ludwig  Zinzendorf  hat  bereits  1758  auf  die  Noth wendigkeit 
einer  Zinsenherabsetzung  hingewiesen,  Kaunitz  in  einem  Nachtrags- 
votum vom  24.  November  1761  sich  in  demselben  Sinne  ausgesprochen 
und  in  einem  Gutachten  vom  18.  Juli  1762  bemerkt,  dass  durch  Ver- 
minderung der  Interessen  jährlich  einige  Millionen  erspart  werden  können, 
unmittelbar  nach  Herstellung  des  Friedens  sei  die  Angelegenheit  in  An- 
griff zu  nehmen.  Vier  Procent  wurden  als  Verzinsuug  der  Staatsschuld 
bereits  1763  in  Aussicht  genommen.  Am  11.  August  1764  forderte 
Maria  Theresia  ein  Gutachten  von  den  Finanzstellen  und  von  der  böh- 
misch-österreichischen Kanzlei,  wie  die  Beduction  der  Interessen  bewirkt 
werden  könne.  Durch  Handschreiben  der  Kaiserin  vom  25.  November 
1764  an  den  Grafen  Herberstein  wird  verlangt,  dasselbe  ,des  förder- 
samsten  heraufisugeben*.  Tags  darauf  erlässt  sie  folgendes  Handschreiben 
an  Herberstein: 


125 

,Es  ist  ausser  allem  Zweifel  gesezet,  dass  dermalen  unter  sämmt- 
lichen  Staatserforderuissen  vorzüglich  die  Bestreitung  der  hohen  Inter- 
essen von  den  haftenden  Capitalien  Mein  Aerarium  am  meisten  drücke 
und  dass  also  unyerschieblich  hierunter  auf  die  Hülfe  fürzudenken  sei. 

ySowie  der  Ei-folg  zeiget,  ist  die  zu  einiger  Erleichterung  Meines 
Aerarii  schon  eingeführte  Interessensteuer  sehr  vielen  Inconvenienzen 
unterworfen,  da  sonderheitlich  die  Aufdeckung  des  Vermögens  durch  die 
Fassionen,  die  wenigstens  respectu  der  Privat-Capitalien  erfordert  werden, 
dem  Publice  unangenehm  und  beschwerlich  föUt,  auch  das  Passivum  von 
dem  Activo  nicht  abgezogen ,  folglich  eine  vollständige  Gleichheit  ohne 
Verkürzung  ein  oder  des  andern  nicht  wohl  erreicht  werden  mag. 

,Der  Betrag  selbst  dieser  Anlage  muss  weiterhin  von  Jahr  zu  Jahr 
ohnumgänglich  geringer  ausfallen,  nachdeme  einestheils  jeder  durch  seine 
Activa  die  Passiva  nach  und  nach  abzustossen  ti*achten  wird,  anderntheils 
aber  von  sothaner  Grebühr  die  Wechselzettel  befrejet  sind  und  solcher- 
gestalten  die  Capitalien  in  Wechsel  umgesetzet  und  der  Gebühr  entzohen 
werden  können,  woraus  sich  dann  ergibt,  dass  ein  so  grösserer  Abgang 
an  der  Bedeckung  der  Staatserfordernisse  sich  zeigen  müsse,  je  mehr 
der  Einfluss  in  dieser  Bubrik  sich  vermindern  wii'd. 

,Damit  also  in  andere  Wege  hierunter  thunlicher  Massen  Bath  ge- 
Schaft  werden  möge,  so  will  den  Finanzstellen  andurch  aufgetragen  haben, 
mit  der  böhmisch-österreichischen  Canzlej  in  reife  Überlegung  zu  nehmen, 
ob  nicht  dem  Staat  erspriesslicher  und  sonderheitlich  Meinem  Aerario 
nützlicher  wäre,  dass  anstatt  der  Interessensteuer  von  allen  sowohl  bej 
Meinen  publiken  Gassen  als  bey  sämmtlichen  Länderetänden  anliegende 
Capitalien  ohne  Bücksicht  auf  die  Bancobefreyung,  nur  allein  die  bey 
dem  Banco  selbst  radicirten  Capitalien  ausgenommen,  die  Interessen 
durchgehends  von  6  und  5  auf  4  Procent  ipso  facto  und  ohne  hierwegen 
einiges  Patent  kund  zu  machen,  reducirt  würden,  wie  solches  anno  1748 
dui'ch  das  Cameral- Schulden -System  respectu  der  Capitalien  in  Böhmen 
und  Mähren  von  6  auf  5  %  ^^^  bestem  Erfolge  und  ohne  einige  Beclami 
bewerkstelliget  worden. 

Hierüber  wii'd  Mir  das  gemeinschaftliche  Gutachten  demnächst 
zu  erstatten  und  dabey  zugleich  darauf  zu  reflectiren  seyn,  ob  nicht 
zu  gleicher  Zeit,  wie  schon  im  vorigen  Jahre  der  Antrag  war,  das  Ge- 
setz zu  erlassen  wäre,  dass  bey  allen,  auch  bey  denen  Privatis  neu  an- 
legenden Capitalien  die  Zinsen  nicht  höher  als  ä  4  %  gestattet  werden 
wollen. 

Wien,  den  36.  November  1764.  Maria  Theresia.' 


126 

Am  18.  August  1765  starb  Kaiser  Franz,  und  einige  Tage  daraaf 
erfolgt  an  den  Grafen  Hatzfeld  ein  Handschreiben: 

yNach  deme  Ich  Meines  Dienstes  zn  seyn  befunden,  Ihme  die  Ein- 
sicht aller  unter  Weyl.  des  Kaisers  Meines  Herzgeliebtesten  Oemahls 
Maytt.  Liebden  eigenen  Direction  gestandenen  Gassen,  nehmen,  und 
deren  Betrag,  Beschaffenheit  und  Widmung  untersuchen  zu  lassen.  Als 
trage  ihme  solches  dergestalten  gnädigst  auf,  dass  er  diese  Auskünften 
über  sammentlich-diesfällige  Gassen  gleich  bei  seiner  Ankunft  in  Wienn 
von  dem  Finanz-Bath  von  Posch,  auch  allen  sothane  Gassen  verwaltenden 
Beamten  einhoUen,  und  sodann  deren  Befand  Mir  allsogleich  anzeigen  solle. 

Insprugg  den  24^  Aug.  1765.  Maria  Theresia.' 

Die  Verfftgung  über  das  Vermögen  erfolgte  im  October  1765.  Die 
zwei  hier  folgenden  Handschreiben  geben  daiHber  Aufschluss: 

,Je  Yous  renvoie  ici,  mon  eher  comte  d^Hatzfeld,  la  note  touchant 
les  actions,  que  feu  S.  M.  avait  dans  ses  caisses  de  Tadmodiation,  je  les 
ai  laiss^  ä  mon  tr^sorier  Deldono,  pour  qa*il  les  vende,  et  Targent  je  yous 
les  ferai  remettre.  G*est  Fries  qui  les  veut  acheter.  Si  vous  sauriez  en 
faire  un  meilleur  usage,  il  n'y  a  qu'ä  me  le  marquer  ou  dire,  demain  11 
sera  encore  temps.  G^n^ralement  je  dois  vous  avertir,  et  je  crois  aussi 
que  rintention  de  S.  M.  I.  Beine  est  pour  les  siennes  que  vous  les  fassiez 
liquider,  mais  que  ni  de  Targent  comptant  ni  des  papiers  vous  fassiez 
encore  usage  ä  cause  de  certaines  difficultes  encore  survenues,  ainsi  que 
vous  gardiez  apr^s  avoir  aver^  les  sommes  le  tout  ensemble  sans  vous  en 
servir  ni  le  confondre  avec  d*autres  caisses. 

Ge  19  octobre  1765.  Joseph.* 

,Wien  den  20.  Octobris  1765. 

,Lieber  Graf  v.  Hatzfeld.  Ich  habe  mich  mit  des  Kaysers  Mayst. 
wegen  unserer  Erbschaft  verstanden,  und  wir  haben  auch  wegen  der 
disposition  einerley  absiebten  zum  Yortheil  des  Staats.  Was  mich  be- 
trifft, so  will  Ich: 

,1"*^  dass  alle  böhmischen  Herrschaften  der  Gamer  zufallen  sollen, 
,2^^  dass  die  ganze  Gassa  des  Simons  und  noch  von  der  Titlbachi- 
sehen  Gassa  2700"*  fl.  dem  Banco  und  der  Schulden -Gassa  fibergeben 
werden.  Nur  der  überliest  der  Titlbachischen  Gassa  und  auch  die  Herr- 
schaften Altenburg  und  Männersdorf  behalte  Ich  mir  zur  freyen  dispo- 
sition bevor  zum  Besten  Meines  Hauses  und  Kinder;  aber  auch  dieser 
Überrest  solle,  wie  Alles  vorher  gemeldete  bey  dem  Banco  zu  4  pro  Gento 


127 

angeleget  werden,  womit  also  in  der  That  der  Staat  die  ganze  Erbschaft 
bekommet  nnd  Endlich 

,3**^  destinire  Ich  alles  baares  Geld  zur  Yermindemng  der  Banco 
Interessen,  worauf  Er  mit  allem  Eiffer  bedacht  seyen  wird 

»Umständlicher  habe  Mich  in  einem  act  expliciret,  wovon  Fürst 
Eanniz  ihme  eine  abschrifft  communiciren  wird:  verbleibe  übrigens  dem 
gi-afen  mit  E[ays.  Königl.  auch  landesfürstl.  hulden  nnd  gnaden  wohl 
gewogen.  Maria  Theresia. 

Die  folgende  Nachschrift  eigenhändig: 

jDises  verstehet  sich  in  das  werck  zu  setzen  wen  all  übrige  arrange- 
ments  wegen  deren  dchulden  werden  genohmen  sein,  bis  dahin  solle  noch 
die  massa  wie  sie  jetzt  ist  beysamen  bleiben  und  a  parte  von  ihme  über- 
nehmen und  geführt  werden  zu  des  Eaysers  banden  seine  und  zu  meinen 
die  meinige  lassen  wie  sie  sind.' 

Das  Vermögen  des  Kaisers  bestand  in  Papieren  und  in  baarem 
Geide  und  wurde  von  drei  Personen  verwaltet:  Simon,  Cavallar  und 
Titlbach.  Einem  Ausweise  des  Buchhalterei-Directors  Job.  Gottfried  von 
Braun  vom  30.  October  1765  ist  zu  entnehmen,  dass  an  Baargeld 
4,095.291  fl.  28 Va  kr.  vorhanden  waren,  an  Papieren  13,639.513  fl, 
41  kr.,  und  zwar: 

67oigö  steuerfreie 4,008.419  fl.    0V4  kr. 

nicht  steuerfreie 
öVo^gö  steuerfreie    .     . 

nicht  steuerfreie 
470ige  nicht  steuerfreie 

»Voige 

ohne  Interesse  . 

Die  letztgenannte  Summe  betraf  wahrscheinlich  eine  Schuldver- 
schreibung von  Baron  Widmann  vom  18,  Juni  1755,  erst  dann  zahlbar, 
wann  der  Baron  in  besseren  Yerhältnissen  sich  befinden  werde.  Ur- 
sprünghch  betrug  die  Schuld  30.000  fl.,  worauf  eine  Abzahlung  statt- 
gefonden  hat. 

Die  obigen  Ziffern  stimmen  nicht  ganz  mit  Angaben,  die  ich  einem 
Schriftstücke  Hatzfeld^s  entnehme  und  zwar  den  ,Bemarques  sur  Tabr^gä 
des  changements  faits  en  mati^re  de  finances  depuis  la  mort  de  S.  M.^ 
Hiemach  hatte  Franz  hinterlassen:  haar  4*24  Millionen,  in  Papieren 
13*66  Millionen.  Hievon  wurden  100.000  fl.  Schulden  bezahlt,  der  Best 
in  zwei  Theile  getheilt.  Maria  Theresia  bildete  eine  Beservecasse  mit 
8'66  Millionen,  der  Best  wurde  dem  Staate  überwiesen. 


263.284  „ 

6 

3,165.420  „ 

39 

5,180.272  „ 

45V4 

996.002  „ 

23 

1.059  „ 

25.065  „ 

» 


V 


» 


128 

Aus  einer  Tabelle  Yom  Jahre  1786  über  die  gesammte  österreichi- 
sche Staatsschuld  ist  zu  entuehmen,  dass  an.  die  Staatsschuldencassa  ab- 
gegeben und  in  Empfang  yerrechnet  wurde: 

An  baarem  Gelde  mit  Inbegriff  der 

toscanischen  Gelder  im  Betrage 

von  1  Million 4,639.741  fl.    7V5  kr. 

An  Obligationen 8,306.497  „49        „ 

An  auf  den  Obligationen  haftenden 

Interessen 10.379  „21        „ 

Summe     .     .    12,956.618  fl.  I775  ta-. 

Die  Berathungen  über  die  Zinsenherabsetzung  gelangten  in  den 
ersten  Apriltagen  1766  zum  Abschlüsse.  Am  6.  April  1766  erliess 
Maria  Theresia  ein  Handschreiben  an  die  beiden  Finanzpräsidenten  Lud- 
wig Zinzendorf  nnd  Hatzfeld. 

,IJm  den  Antrag  wegen  der  bevorstehenden  Herabsetzung  der  B  a  n  c  0- 
Interessen  nnnmehro  in  seine  werkthätige  Erfüllung  zu  setzen,  will 
Meine  Entschliessung  auf  die  denen  beeden  Finanzpräsidenten  mitge- 
theilte  Fragen  und  von  seihten  darüber  erhaltene  gutachtliche  Aensse- 
rungen,  von  deren  Entscheidung  hauptsächlich  die  Einleitung  des  Ge- 
schäftes abhänget,  folgendermassen  hiemit  ertheilen  und  zwar : 

,Ad  P"  Sind  alle  in  dem  Banco  anliegende  Capitalien  mit  alleini- 
ger Ausnahme  der  ohnedem  in  capitali  nicht  mehr  zahlbaren  Leibrenten 
oder  die  schon  auf  ein  minderes  Interesse  von  4%  st^liön,  der  vor- 
habenden Reduction  zu  unterziehen,  jedoch  werden  die  Finanzpräsiden- 
ten  bey  Entwerfung  des  Auf  kündigungsavertissements  auf  einen  schick- 
samen klaren  Ausdruck  füi'denken,  wie  jene  Capitalien,  die  von  den 
Gläubigem  nicht  aufgekündigt  werden  können,  als  da  sind  die  Giro- 
papiere, die  Stiftungs-  und  Fideicommiss-Capitalien,  in  die  Be- 
duction  gezohen  werden  können,  und  bey  etwa  haftenden  Anstand  zu- 
gleich ihr  Gntmeinung  eröffnen. 

,Ad  IP""  Ist  die  Aufkündigung  nicht  stückweise,  sondern  auf  ein- 
mal vorzunehmen. 

,Ad  ni^^"""  Ist  fürs  erste  Meine  Anordnung  schon  ergangen,  dass 
mit  der  Verbrennung  deren  in  Gredit-Cassen  vorfindigen  Obliga- 
tionen, Coupons  und  Banco-Zettuln  fürgegangen  und  der  Total- 
betrag dieser  getilgten  Papiere  in  den  öffentl.  Zeitungs-Blättern  be- 
kannt gemacht  werden  soUe;  fürs  zweite  ist  das  A uf kündig nngs- 
Avertissement  in  aUen  inländischen  Zeitungen  kund  zn  machen 


129 

nnd  den  hiesigen  Banquiers  eine  gewisse  Anzahl  Exemplarien  zur  Yer- 
theilang  nnter  ihre  Correspondenten  zuzustellen,  allermassen  solches 
durch  Meine  geheime  Hof-  und  Staatskanzley  auch  Meinen  Ministern  an 
auswärtigen  Höfen  zu  gehörigem  Gebrauch  mitgethoilt  werden  wird ;  fürs 
dritte  ist  das  zu  erlassende  Interessen-Steuer-Patent,  welches  Mir 
mit  dem  Entwurf  des  Avertissements  wiederum  heraufzugeben  ist,  zu 
gleicher  Zeit  zu  publiciren  und  zur  Wissenschaft  der  Ausländer  auch 
in  den  Zeitungen  kund  zu  machen;  fürs  vierte  werde  Meiner  Obristen 
Jostizstelle  anbefehlen,  bey  Schätzung  der  Landgüter  auf  die  4  7o  ^^~ 
niedrigten  Interessen  die  Bücksicht  zu  nehmen.  Anbej  ist  in  dem 
Avertissement  die  ausdrückliche  Erwähnung  zu  machen,  dass  die  Obriste 
Justizstelle  den  Befehl  erhalten,  dieses  Werk  zu  Stande  zu  bringen, 
fürs  fünfte  mag  Hatzfeldt  nach  seinem  Antrag  die  vornehmste  der 
hiesigen  Banquiers  vor  sich  berufen,  um  denenselben  einen  Yortheil- 
hafien  Begriff  von  der  vorhabenden  Beduction  bejzubringen. 

^d  IV'"°  Sind  die  bey  den  Banco- Obligationen  nach  Proportion 
ihres  Betrages  ohnehin  festgesetzten  Auf  kündigungsterminen  gleichfalls 
zur  Bichtschnur  der  gegenwärtigen  Aufkündigung  zu  nehmen,  nur  mit 
der  Beobachtung,  dass  dem  14tägigen  Auf  kündigungstermin  4  Wochen 
und  dem  4 wochigen  14  Tage  und  zwar  allein  respectu  der  Fremden  zu- 
gegeben werden  sollen,  wohingegen  alle  übrigen  Greditores  und  die 
inländische  ohne  Ausnahme  bey  ihrer  allschon  gesetzten  genüglichen 
Frist  zu  belassen  sind. 

,Dei*  Termin  zu  Publicirung  des  Aufkündigungsavertisse- 
ments  ist  auf  den  15.  dieses  1.  M.  April  festzusetzen,  doch  muss  von 
nun  an  dieses  Avertissement  entworfen  und  nicht  nur  allein  allen  Meinen 
Ministem  an  auswärtigen  Höfen,  sondern  auch  allen  Länderstellen  zum 
TorauB  zugefertigt  werden,  damit  solches  allenthalben  in  denen  Zeitun- 
gen eingeruckt  und  in  denen  Erblanden  mit  der  grössten  Publicität 
kund  gemacht  werde.  Der  Aufsatz  zu  diesem  Avertissement  wird  also 
Ton  Hatzfeld*  schleunigst  zu  entwerfen  und  Mir  zu  Meiner  Einsicht  her- 
au&ugeben  seyn. 

^d  y*°'°  Ist  in  den  Zahlungsfristen  selbst  zwischen  einheimischen 
und  fremden  Gläubigern  gar  kein  Unterschied  zu  machen. 

^d  VI*°°  Wird  die  Zahlung  nach  den  Umständen  entweder  ge- 
schwinder oder  langsamer,  und  im  letztern  Falle  so  viel  immer  möglich 
in  Silbergeld  zu  leisten  und  die  Ausfuhr  des  Geldes  nach  aller  Schäife 
zu  erschweren,  doch  aber  bey  der  Zahlung  Selbsten  zwischen  in-  und 
toflländisehen  Gläubigern  weder  in  tempore  noch  in  re  der  geringste 
unterschied  zu  machen  seyn.  Der  Antrag,  dass  keine  neue  Einlagen  in 

IrckiT.  LXXXn.  Bd.  I.  H&Ift«.  9 


130 

dem  BaDCO  höher  als  zu  3Y9  %  angenommeD  werden  sollen^  könnte 
das  Publikum  leichtlich  in  die  der  Operation  nachtheilige  Besorgniss  ver- 
setzen, als  wenn  bald  zu  einer  zweiten  Reduction  abermals  fQrgeschritten 
werden  wüi*de,  daher  hievon  gar  kein  Gebrauch  zu  machen  ist. 

,Ad  VIP™  Ist  denjenigen  Banco- Gläubigern,  welche  der  Inter- 
essenreduction  sich  fügen,  in  dem  Avertissement  die  Auswahl  anzutra- 
gen, entweder  die  alte  Obligationen  beyzubehalten  oder  neue  nach  dem 
zweifachen  Vorschlag  des  Bechenkammer-Pi*äsidenten  anzunehmen. 

,In  Ansehen  deijenigen,  welche  die  alte  Obligationen  beybehalten 
wollen,  wird  es  keiner  besondern  Stampiglie  bedürfen,  sondern  in  dem 
Aufkündigungsavertissement  kann  in  der  von  dem  Banco- Präsidenten 
am  Ende  seiner  Fragen -Beantwortung  an  Hand  gelassenen  Art  zugleich 
erkläret  werden,  dass  alle  diejenigen,  welche  in  dem  angesetzten  Tennin 
weder  das  bare  Geld  noch  eine  andere  von  den  angetragenen  zweierlei 
Gattungen  der  Obligationen  verlangen  würden,  das  weitere  Interesse  von 
dem  bestimmten  Tage  nicht  anders  als  ä  4  %  zu  empfangen  haben 
sollen,  inzwischen  aber  werden  die  Papiere  der  von  dem  Zinzendorf 
vorgeschlagenen  zwey  neuen  Gattungen  voi'zuboreiten  und  Mir  von  8  zu 
8  Tagen,  wie  es  mit  der  Operation  gekommen,  die  Anzeige  zu  erstatten, 
auch  diesfalls  zwischen  denen  Finanzministern  das  Einverständniss  zu 
pflegen  seyn. 

,Dem  Rechenkammer-Präsidenten  will  hiemit  aufgetragen  haben, 
die  Creditbücher  bey  dem  Banco  sowohl  für  die  nach  der  alten  Form 
eingerichteten,  aber  hinfüro  mit  Nummern  zu  versehenden  Obligationen, 
als  für  die  Coupons-Obligationen  einzurichten. 

,Ueber  die  ganze  gegenwärtige  Operation  muss  eine  besondere  Bech- 
nung  geführt  werden,  die  mit  der  gewöhnlichen  Rechnung  der  Banco- 
Hauptkasse  nicht  zu  vermischen  ist.  Hiezu  hat  ebenfalls  der  Rechen- 
kammer-Präsident den  Entwurf  alsogleich  und  dergestalten  zu  verfassen 
damit  beständig  die  Operation  in  momentaneo  übersehen  werden  könne. 

,Ad  Vni^"®  Ist  denen  neu  ausfertigenden  Obligationen,  sowie  auch 
den  Coupons  eine  6monatliche  Aufkündigungszeit  nach  dem  Vorschlag 
des  Rechenkammer-Präsidenten  zu  praefigiren,  respectu  deijenigen  hin- 
gegen, so  ihre  alte  Obligationen  behalten  wollen,  ist  nach  dermaliger 
Verfassung  die  bestimmte  Zeit  ihrer  Aufkündigung  beyzubehalten. 

,Von  Einlegung  der  Firma  wird  in  dem  Avertissement  gar  keine 
Erwähnung  zu  machen  seyn. 

,Ad  IX**"*  Um  der  Besorgniss  vorzubeugen,  dass  nicht  etwa  mehrere 
Banco-Capitalien  in  der  Absicht  erhoben  werden,  damit  die  Eigenthümer 
mittelst  Aufkaufung  der  ständischen  die  Bancofreiheit  geniessenden. 


131 

5  und  ^y^igen  Papiere  einigea'  Nutzen  sich  voi*schafren,  so  werden  in 
dem Aufkündigungsavertissement  alle  diese  steuerfreieji  5  und  6^/oigen 
ständische  Papiere  zu  gleicher  Zeit  aufzukündigen,  und  denjenigen, 
welche  sich  der  Herabsetzung  auf  4  %  ^<^^^  fügen  wollen,  nach  ge- 
endigter  Operation  die  Hinauszahlung  zuzusagen  seyn. 

,Das  Geschäft  ist  also  ohne  Zeitverlust  nach  diesen  Sätzen  ein- 
zuleiten und  das  Aufköndigungsayertissement  des  fördersamsten  zu 
Meiner  Genehmigung  voi-zulegen. 

,Im  Übrigen  wird  Mir  der  Bechnungskammerprasident  über  die  ad 
quaestionem  UI^**"*  et  IV'*™  annoch  gemachte  wichtige  Vorschläge  die 
nähere  Erläuterung  zu  erstatten  haben,  damit  sodann,  wenn  vorerst 
die  gegenwärtige  Hauptoperation  berichtigt  worden,  die  weitere  Berath- 
sehlagung  darüber  gepflogen  werden  möge.  Maria  Theresia/ 

Die  Verlautbarung  übersendete  Maiia  Theresia  durch  Handschreiben 
an  den  Grafen  Hatzfeld  vom  18.  April  1766: 

,Da8  avertissement  wegen  der  bevorstehenden  herabsetzung  der 
interessen  habe  so  wie  es  anschluss  ausweiset,  zu  begnehmigen  befunden, 
und  theile  Ihme  solches  zu  dem  Ende  andurch  mit,  auf  dass  Er  davon 
nach  meiner  schon  ergangenen  Anordnung  den  gehörigen  Gebrauch 
machen  und  die  Kundmachung  vorgeschriebener  Maassen  schleunigst 
lorkehren  möge.  Maria  Theresia.' 

Eigenhändig:  ,Warumen  ist  nichts  eingeflossen  wegen  denen  mit 
banco-frejheit  versehenen  ständischen  schuld  Obligationen,  dis  aveiiiisse- 
mens  wäre  mir  abschriftlich  wieder  bis  morgen  zu  schicken.' 

In  einem  Vortrage  vom  19.  April  1766  bemerkt  Hatzfeld,  es  habe 
ihn  betrübt,  zu  ersehen,  ,dass  in  dem  Avertissement,  welches  die  Kaiserin 
genehmigt  habe,  seiner  triftigsten  Vorstellungen  ungeachtet,  eine  nie- 
mahlen  gewöhnliche  und  so  kurze  Frist  ausgemessen  werde,  welche 
den  Banco  äusserst  gehässig  machen  muss-.  Das  eigenhändige  Mar- 
ginale der  Kaiserin  lautet:  ,Ich  werde  ihme  niemahlen  die  schuld  geben 
wen  was  übles  aus  dem  kürzeren  termin  entstünde,  da  mir  solcher  von 
dem  gantzen  Staattsrath  angerathen  worden,  ich  lasse  es  also  bey  dem 
Zugeschickten  avertissement  bewenden  und  zwejfle  nicht  an  seiner  ge- 
8chid^n  bewerkstelligung.' 

Das  ziffermässige  Ei-gebniss  der  Operation  war  folgendes.   Am 

Schlüsse  des  Jahres  1765  betrug  die  Bancoschuld: 

9* 


132 

Zu  6  Procent  verzinslich 3,461.514  fl. 

„   5        „  „  100,612.934  „ 

„   4        „  „  5,655.658  „ 

ohne  Interessen 158.865  „ 

109,888.966  fl. 

Infolge  der  Aufkündigung,  wornach  haare  Rückzahlung  oder  üm- 
schi'eihung  der  höher  verzinslichen  Obligationen  in  i^ folge  zu  erfolgen  hatte, 
wurden  von  den  67oi&ön  Obligationen  haar  hinausgozahlt  1,163.210  fl., 
während  ein  Umtaasch  gegen  ^^loigQ  Obligationen  für  2,292.804  fl.  er- 
folgte. Bei  den  b^/oigen  Obligationen  bezifferte  sich  die  Baarzahlung  blos 
auf  958.378  fl.,  während  der  Rest  bis  auf  566.346  fl.  umgetauscht  wurde; 
dieser  letztere  Betrag  betraf  die  sogenannten  ,Scadenz-  und  repartirten 
Schulden*,  für  deren  Rückzahlung  ein  bestimmter  Termin  stipulirt  war, 
ferner  Cautionen  der  handgräflichen  und  hauptmauthämtlichen  Gefalle. 

Ende  1766  war  der  Schuldenstand  des  Banco: 

Zu  6  Procent  verzinslich 5.500  fl. 

»   5        „               „            566.346  „ 

„   4        „               „             107,036.666  „ 

ohne  Zinsen 158.865  „ 

107,767.377  fl. 

Bei  einer  Vergleichung  der  Zunahme  oder  Abnahme  der  Banco- 
schuld  in  den  letzten  Jahren  Maria  Theresias  muss  jedoch  das  Jahr 
1767  zu  Grunde  gelegt  werden,  da  die  Bank  die  bancofreien  Schulden 
der  gesammten  Stande  übernahm,  wodurch  sich  der  Schuldenstand  um 
16*3  Millionen  Gulden  erhöhte.   Derselbe  betrug  Ende  1767: 

Zu  5  Procent  verzinslich 566.346  fl. 

.   4        „  „  123,435.076  , 

ohne  Interessen 94.865  „ 

124,096.287  fl. 

Durch  die  Umwandlung  der  bisher  zu  6  und  5  Procent  ver- 
zinslichen Papiere  in  4^/Qige  wurde  eine  beträchtliche  Ersparniss  erzielt. 
Während  die  Verzinsung  der  Bancoschulden  im  Jahre  1765  5,478.633  fl. 
betrug,  sank  dieselbe  im  Jahre  1766  auf  4,324.183,  erhöhte  sich  1767 
auf  4,979.790  infolge  der  erwähnten  Uebernahme  der  bancofreien  Pa- 
piere, deren  Zinsen  bisher  bei  den  ständischen  Gassen  berichtigt  wurden. 
Da  die  Herabsetzung  nicht  blos  bei  den  Bancoschulden,  sondern  auch  bei 
den  ständischen  Aerarialschulden,  sowie  bei  den  Kupferamtsschulden  vor- 
genommen wurde,  trat  auch  hier  eine  Verminderung  des  Erfordeniisses 


133 

f&r  die  Verzinsung  ein,  wodurch  das  Ausgabebudget  eine  Erleichterung 
erfahr.  Der  Schuldenstand  dieser  Papiei*gattungen  belief  sich  nämlich 
am  1.  November  1765  auf  165*46  Millionen,  1766  auf  134*36  Millionen 
Golden,  die  Zinsenzahlung  sank  von  8*145  auf  5*612  und  in  den  folgen- 
den Jahren  noch  mehr  herab. 

Josef  wünschte  seinem  Bruder  Leopold  eine  Darlegung  der  Opera- 
tion zu  übersenden  und  wendete  sich  an  Hatzfeld: 

yVoulant  donner  une  idee  trte  abr^g^e  ä  mon  fr^re  Leopold  des 
changements  consid^rables  qui  depuis  son  depart  se  sont  faits  dans  les 
depariements  de  finances,  j*ai  dict^  ä  la  häte  les  ci-joints,  mais  n'ayant 
ni  priora  ni  documents,  je  me  suis  certainement  tromp^  dans  les  nombres 
et  j'aorai  oublie  ou  pas  bien  rendu  bien  des  choses.  Je  yous  prie  donc, 
eher  comte  Hatzfeld,  de  le  lire  et  d'ajouter  sur  une  feuille  apart  tout  ce 
que  vous  j  trouvez  de  trop  peu  ou  eucore  ä  ajouter  qui  y  manque.  Yous 
m'obligerez  sensiblement  et  ti*anchez  y,  je  yous  pne,  sans  le  moindre 
egard.   Adieu. 

Ce  24  d^cembre  1767.  Joseph.* 

Aus  dem  Memoire  Hatzfeld's  setze  ich  folgende  Stelle  hieher: 

,11  est  ä  remarquer,  que  cette  r^duction  des  int^rßts  a  et4  fait  sans 
employer  la  force,  ni  le  pouYoir  du  souYerain,  le  cr^ancier  avait  le  choix 
00  de  prendre  son  argent,  ou  de  le  laisser  ä  TEtat  ä  4  7o>  ^^  bout^  et 
cette  justice  aYec  laquelle  nos  augustes  souYerains  ont  dans  cette  occasion 
agi  euYers  leurs  cr^anciers  sont  la  source  du  credit  si  solidement  etabli, 
dont  ils  jouissent  chez  Tetranger  que  dans  leurs  ^tats. 

,La  clöture  de  la  banque  n'a  poiut  6t^  faite  k  Toccasion  de  la  reduc- 
tion  des  int^rßts,  une  autre  Operation  toute  differente  la  rendait  n^cessaire. 
On  aYait  r^marquö  que  la  pr^f^rence  que  le  public  donnait  ä  la  banque, 
8or  tous  les  autres  fonds  de  T^tat  proYenait  de  ce  qu'elle  rendait  ä  ces 
cr^ciers  leur  argent  toutes  les  fois,  qu'ils  le  demandent,  tandis  qu'on 
r^fnsait  le  remboursement  dans  tous  les  autres  fonds  des  dettes,  souhai- 
tant  cependant  de  procurer  ä  ces  fonds  le  mdme  credit  dont  la  banque 
jooit  et  aux  cr^anciers  le  mSme  agr^ment  de  pouYoir  retirer  leur  argent, 
on  proposa  ä  la  Cour  d*accorder  aux  creanciers  du  Kupferamt  le  droit  de 
demander  lern*  remboursement,  mais  comme  on  pr^Yoyait,  que  dans  ce 
cas  tout  le  monde  en  retirerait  son  argent  pour  le  placer  ä  la  banque,  on 
en  conseilla  la  cl6ture,  la  Cour  accorda  ces  deux  propositions  qui  sans 
diminner  Tint^r^t  du  Eupferamt  lui  ont  redonnö  en  partie  son  credit 
qo'il  ayait  presque  perdu.  On  pouyait  se  flatter  qu*il  le  gagnerait 
en  entier. 


134 


Ausweis 

Wie  die  reservirte  Kasse  mit  21**"  Hornung  1766  bestanden,  was  hioTon 
Ihro  königl.  Hoheit  der  Erzherzogin  Christina  yerabfolgt  worden,  und  in 

was  der  Ueberrest  bestehe. 


734.512.40 

2,700.000.— 
598.166.40 


fl.  4,032.679.20 


Die  reservirte  Kasse  belief  sich  bey  deren  Anfange 
auf 

Dann  betragen  die  bis  1 1***  und  2  !*•"  Hornung  1766 
hievon  erhobenen  Interessen 

Summa 

Hievon  haben  Ihro  königi.  Hoheit  die 
Erzherzogin  Christina  erhalten 

In  Realitäten 

Das  Fürstenthum  Teschen  im 

Wert  mit fl. 

Die  Herrschaft  Altenburg  und 

Mannerstorf  mit  .  .  .  „ 
dann  in  Banko  Obligationen  .   „ 

Summa  .     . 

und  endlich  zur  Entschädigung 
des  6**"  pCto  gleichfalls  in 
Bankoobligationen  .     .     . 

Summa     .     . 
Nach  deren  Abzüge  verbleibt  der  Bestand  der  re- 

servirten  Kasse  in 

welche  Summe  folgendergestalt  ausgewiesen  wird, 
und  zwar 

In  Bealitäten 

Mittelst  d.  Herrschaft  Göding     .  fl.     894.012 .  43  V, 

Holitsch  .  „  1,192.979.40 
n  •         Sassin      .  „      844.802.10 

„  „         Ekhartsau  „      318.394.40 

n  „         Hof    .     .  „      204.959.10 

Summa     .     .fl.  3,455.148. 23  Vs 

Da  Ihro  Majestät  dem  Kayser  mit  Einbegriefe  des 

Ffirstenthum  Teschen  für  obige  Herrschaften 

statt  der  in  Anschlag  gebrachten  4,189.661  fl. 


188.696. 31V2 


fl. 


8,656.689 


171.361 


4,221.375 


4,606.675 


8,828.051    36*/^ 


51 V, 

44V4 


135 


3V»  kr.  nur  4,153.658  fl.,  folglich  um  36.003  fl. 
37,  kr.  weniger  verabfolgt  worden,  so  sind  nach 
Abschlag  sothaner  36.003  fl.  3Va  kr.  hieran  nur 
anzusezen 

An  Ersaz-Posten 

Von  Ihro  Mayt.  der  Kay- 
serin  die  in  die  Banko 
Hauptkasse  zur  Ausglei- 
chung, und  Tilgung  der  aus 
dem  Banko  empfangenen 
Capitalien  abgegebenen 

und  der  dem  geheimen  Kammer 
Zahlamte    geleistete   Yor- 

schuss  mit ^ 

Summe     .     . 

Von  Ihro  königlichen  Hoheit  dem  Herzoge  Karl  v. 
Lothringen  die  gegen  Wiederersatz  ohne  Inter- 
esse erhaltenen 

Summe     .     . 


fl.  588.175. I9V4 


17.000.   — 


fl. 

kr. 

3,419.145 

20 

605.175 

19 

582.353 

3^4 

4,606.673 

42% 

calschulden 


Die 

jährlichen 
Interessen 

zu  6  o/o 

zusammen 

betrugen 

fl. 

kr. 

fl. 

kr. 

fl. 

kr. 

.92.302 

31* 

165,465.077 

58» 

8,145.782 

18 

;58.414 

2« 

134,363.956 

5^ 

5,612.736 

47 

47.503 

19« 

133,338.286 

34' 

5,563.303 

18 

74.453 

59  • 

130,078.136 

27« 

5,371.459 

38 

64.787 

19« 

128,761.157 

39* 

5,293.323 

42 

12,331 

27 

129,846.101 

40' 

5,322.206     6 

13.295 

28 

137,163.222 

16« 

5,579.726   35 

77.366 

140,914.355 

51«» 

5,714.178 

42 

4.411 

53 

143,083.824 

47 

5,775.638 

22 

9.058 

47* 

144,592.048 

1 

5,826.210 

54 

— 

146,114.268 

46 

5,850.850 

10 

- 

— 

140,161.132 

55* 

5,554474 

56 

- 

138,011.014 

26» 

5,463.518 

17 

- 

146,127.536 

28» 

5,789.186 

30 

- 

171,232.930 

47 

6,890.719 

29 

173,043.241 

36* 

6,960.422 

29 

stand 

naesticalschulden 


t 

Die 

Jah 

r 

jährlichen 
Interessen 

5°/o 

zn  6  o/o 

zusammen 

betnigen 

kr. 

fl. 

kr. 

fl. 

kr. 

fl. 

kr. 

»I.NOT. 

1765 

395 

5» 

20,692.302 

31* 

165,465.077 

58» 

8,145.782 

18 

1» 

1766 1^93 

52' 

4,358.414 

2« 

134,363.956 

5' 

5,612.736 

47 

1» 

1767 

b62 

31 

3,447.503 

19« 

133,338.286 

34' 

5,563  303 

18 

fl 

17681517 

12« 

1,574.453 

59« 

130,078.136 

27« 

5,371.459 

38 

T» 

1769 1553 

47« 

1,464.787 

19« 

128,761.157 

39* 

5,293.323 

42 

f» 

1770,708 

I 

19* 

812,331 

27 

129,846.101 

40' 

5,322.206 

6 

5 

1771 b56 

54 

643.295 

28 

137,163.222 

16« 

1 

5,579.726   35 

1772)683 

55 

477.366 

140,914.355 

51«» 

5,714.178 

42 

1773 

893 

20 

314.411 

53 

143,083.824 

47 

5,775.638 

22 

1774  B29 

• 

52 

149.058 

47* 

144,592.048 

1 

5,826.210 

54 

1775^01 

50* 

146,114.268 

46 

5,850.850  1  10 

1776 

399 

59« 

— 

— 

140,161.132 

55* 

5,554  474 

56 

1777 

399 

59« 

— 

138,011.014 

26» 

5,463.518 

17 

1778 

579 

59« 

— 

146,127.536 

28» 

5,789.186 

30 

1779 

J79 

59« 

— 

— 

171,232.930 

47 

6,890.719 

29 

780 

579 

59« 

173,043.241 

36* 

6,960.422 

29 

l 


MÄHREN 


UND 


DAS  REICH  HEßZOG  BOLESLAVS  IL 


VON  BÖHMEN. 


VON 


D«  B.  BR  ET  HOLZ. 


Arckh.  LXIXn.  Bd.  I.  HÄlfte.  9** 


JNach  dem  Zusammenstürze  des  Moimiridenreiches  zu 
Beginn  des  10.  Jahrhunderts  bleibt  die  Geschichte  Mährens 
fiist  hundert  Jahre  in  undurchdringliches  Dunkel  gehüllt. 

Der  Chronist  Cosmas  von  Prag  (geb.  kurz  nach  1039, 
gest.  1125),^  eine  Quelle,  von  der  wir  bestimmtere  Nachrichten 
erwarten  dürften,  weiss  von  Mährens  ältester  Geschichte  nur 
wenig  zu  erzählen.  Selbst  jenen  Satz,  in  dem  er  der  letzten 
Schicksale  von  Swatopluk's  Reich  gedenkt,  hat  er  zum  grössten 
Theile  einer  fremden,  uns  noch  erhaltenen  Quelle,  näulUch  der 
Chronik  Reginos  von  Prüm,  entlehnen  müssen;^  so  mangelhaft 
war  schon  in  seiner  Zeit  die  mündliche  und  schriftliche  Ueber- 
lieferung  über  diese  Periode  der  mährischen  Geschichte  im 
benachbarten  Böhmen. 

Im  weiteren  Verlaufe  seiner  Darstellung  der  böhmischen 
Landesgeschichte  erwähnt  Cosmas  das  ,regnum  Moraviae^  im 
10.  Jahrhunderte  blos  einmal,  bei  der  Grenzbeschreibung  des 
Fürstenthums  der  Slavnikinger  in  Böhmen.  Wir  erfahren  da, 
dass  schon  um  das  Jahr  981  der  Höhenzug,  in  dem  die  Burg 
Leitomischl  liegt  und  die  Zwittawa  entspringt,  die  Grenzscheide 
zwischen  Böhmen  und  Mähren  bildete.* 


*  Vgl.  Wjittenbach,  Deutschlands    Geschichtsquellen    (6.  Aufl.)  2,   203. 

'  Coius  regpoum  filii  eins  parvo  tempore  sed  minus  feliciter  tenuerunt, 
partim  Ungaris  illnd  diripientibus,  partim  Teutonicis  orientalibus,  partim 
Poloniensibos  solotenus  hostiliter  depopulantibus.  Cosmae  Chronicon 
Boemiae,  lib.  I,  cap.  14  (Mon.  Germ.  bist.  SS.  IX,  44).  Die  Stelle  bei 
Regino  (SS.  I,  606)  lautet:  ,Cuius  regnum  filii  eins  pauco  tempore  in- 
feÜciter  tennemnt,  Ungaris  omnia  usque  ad  solum  depopulantibus.* 

^Cosmas  I,  27:  ,Item  solis  ad  ortum  contra  Moraviae  regnum  castrum 
rab  silTa  sitnm«  nomine  Luthomisl,  usque  ad  rivulum  Svitava,  qui  est 
in  medüi  silva.' 


140 

Nunmehr  gedenkt  Cosmas  Mährens  erst  wieder  bei  den 
Ereignissen,  die  er  mit  völlig  ungenauer  Chronologie  ins  Jahr 
1021  verlegt.  Anknüpfend  an  die  Charakteristik  Bf'etislavs  und 
die  romantische  Schilderung  von  Judiths  EntftLhrung  aus  dem 
Kloster  zu  Schweinfurt  nach  Mähren  berichtet  er,  dass  Herzog 
Udalrich  von  Böhmen  schon  vordem  diesem  seinem  Sohne  Bfe- 
tislav  ganz  Mähren  überlassen  habe,  nachdem  die  Polen  besiegt 
und  aus  dem  Lande  vertrieben  worden  waren,  und  in  diesem 
Zusammenhange  erwähnt  er  erst,  dass  die  Polen  bald  nach 
dem  Tode  des  böhmischen  Herzogs  Boleslav  H.  (f  999)  ,wie 
die  Stadt  Prag  so  auch  ganz  Mähren  gewaltsam  an  sich  ge- 
rissen hatten^^ 

Das  sind  thatsächhch  die  ersten  bestimmten  QueUennach- 
richten  über  die  Geschicke  des  Landes  Mähren,  nachdem  die 
Ungamfluth,  die  dasselbe  Jahrzehnte  lang  bedeckte,  sich  in 
der  zweiten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  allmäüg  wieder  ver- 
laufen hatte. 

Ziemlich  allgemein  gilt  nun  aber  die  Annahme,  dass 
Mähren  ^or  dieser  polnischen  Eroberung  im  Jahre  1003  bereits 
geraume  Zeit  vom  ungarischen  Joche  befreit  und  von  den 
Böhmen  in  Besitz  genommen  war.* 

Diese  Annahme,  die  durch  eine  quellenmässige  Nachricht 
nicht  bezeugt  ist,  findet  ihre  hauptsächlichste  Stütze  einerseits 
in  Cosmas'  Schilderung  von  der  Macht  und  Grösse  des  Reiches 
unter  Herzog  Boleslav  H.,   andererseits   in   der   von   ihm  über- 

'  Cosmas  I,  40:  ,.  •  •  ^^^  antea  pater  sibi  (sc.  Bracizlao)  totam  illam 
terram  tradiderat  in  potestatem,  .  .  .  quia  revera  post  obitiim  secnndi 
Bolezlai  sicnt  urbem  Pragam  ita  totam  Moraviam  vi  obtinuerant  Polonii.' 
Diese  Eroberung  Mährens  durch  die  Polen  gehOrt  in  das  Juhr  1003; 
vgl.  Dudfk,  Mährens  allgemeine  Geschichte  2,  104. 

^  So  sagt  Palackj,  Geschichte  von  Böhmen  1,  221:  »Es  unterliegt,  trotz 
dem  Schweigen  der  gleichzeitigen  Chronisten,  keinem  Zweifel,  djiss 
Boleslav  I.  gleich  nach  dem  Jahre  966  die  einmal  errungenen  Yortheile 
gegen  die  Ungarn  weiter  verfolgte.  Er  entriss  ihnen  nicht  allein  das 
heutige  Mähren,  soweit  es  in  ihrer  Macht  gewesen,  .  .  .;'  Dudfk, 
Mährens  allgemeine  Geschichte  2,  13 :  ,Seit  diesem  Siege  (sc  von  955) 
athmete  Mähren  freier  und  stellte  sich  zum  grösseren  Theile,  dooh  als 
eine  eigene  Provinz  unter  die  Leitung  der  böhmischen  Hersoge ;^  Haber, 
Geschichte  Oesterreichs  1,  160:  3<^hon  damals  (966)  wird  der  westliche 
Theil  des  ehemaligen  Mähren,  das  Land  bis  zur  March  oder  gar  bis  sur 
Waag,  das  wohl  sehr  entvölkert  war,  von  den  Böhmen  in  Besitz  ge> 
nommen  worden  sein;*  u.  A. 


141 

lieferten  urkundlichen  Nachricht  über  die  alten  Grenzen  des 
Prager  Bisthums,  das  unter  diesem  Fürsten  gegründet  wurde. 
Allein  die  Frage  sowohl  nach  dem  Umfange  des  böhmischen 
Reiches  zur  Zeit  Herzog  Boleslavs  II.  (967 — 999),  als  nach  der 
Authenticität  der  ,Gründungsurkunde'  des  Bisthums  Prag  bildet 
schon  seit  längerer  Zeit  den  Gegenstand  wissenschaftlicher 
Untersuchungen,*  die  in  ihren  Ergebnissen  ziemlich  weit  aus- 
einandergehen, weil  das  Quellenmaterial  mangelhaft  und  un- 
zuverlässig ist. 

Es  ist  bekannt  und  von  jeher  sehr  aufgefallen,  mit  welch' 
besonderem  Wohlgefallen  Cosmas  bei  der  Geschichte  Herzog 
Boleslavs  U.  verweilt ;  er  weiss  von  ihm  ganz  im  Gegensatze 
zu  dessen  Vater,  Boleslav  I.,  dem  Bruder  Wenzels  des  Heiligen, 
nm*  Gutes  und  Grosses  zu  erzählen.  Da  aber  die  Charakte- 
ristik zum  grossen  Theile  wörtlich  jener  Ludwigs  des  Deutschen 
bei  Regino  von  Prüm  nachgeschrieben  ist,*  hegt  man  wohl 
begründete  Zweifel  an  dep  Zuverlässigkeit  seiner  Zeichnung. 
Cosmas  hat  für  das  erste  Buch  seiner  Chronik,  das  bis  zum 
Jahre  1038  reicht,  nur  wenige  imd  nicht  zuverlässige  Quellen 
besessen,  er  selbst  gesteht  dies  zu,  und  die  kritische  Prüfung 
seines  Werkes  hat  es  zur  Genüge  bestätigt.'  Wir  müssen  an- 
nehmen, dass  er  mit  seinen  Mitteln  gar  nicht  in  der  Lage  war, 
von  Boleslav  I.,  ,dem  Grausamen',  oder  von  Boleslav  H.,  ,dem 
Frommen',  ein  genaues  Charakterbild  zu  entwerfen;  er  konnte 
jeden  blos  nach  einzelnen  Zügen  und  Thaten,  die  ihm  bekannt 
geworden  waren,  beurtheilen:  den  Vater  als  Usurpator  und 
Brudermörder,  den  Sohn  als  Gründer  des  Prager  Bisthums  und 
anderer  geistlicher  Stiftungen.  Für  die  Beleuchtung  dieser 
kirchlichen  Gesinnung  Boleslavs  H.  glaubte  Cosmas  das  zu- 
treffendste  Muster    eben   in   der  Schilderung,    die  Regino  von 

'  Vgl.  J.  Loserth,  Der  UmfaDg  des  böhmischen  Reiches  unter  Boles- 
lav II.  (Mitth.  des  Instituts  f.  österr.  Geschichtsforschung  2,  15);  A.  Hub  er. 
Die  Ausdehnung  des  böhmischen  Reiches  unter  Boleslav  U.  (ebenda 
8. 386);  J.  Kalousek,  Ueber  den  Umfang  des  böhmischen  Reiches 
unter  Boleslav  IL  (Sitzungsber.  der  k.  böhm.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  in 
Prag,  Jahrgang  1883,  S.  26;  ausführlicher  in  böhmischer  Sprache  im 
Sbomlk  historick^,  1883,  S.  1-16,  97—110.) 

•  Dioeen  Nachweis  hat  Loserth  erbracht  in  der  Abhandlung:  Studien  zu 
Cosmaa  von  Prag  (Archiv  für  österr.  Gesch.  61,  Iff.). 

•  Vgl.  Palackj,  Würdigung  der  alten  böhmischen  Geschichtsschreiber, 
8. 23 ff.;  Wattenbach,  Deutschlands  Geschichtsquellen  (6.  Aufl.)  2,  203 ff. 


142 

Ludwig  dem  Deutschen  gibt,  zu  finden.    Auch  Boleslav  erschien 
ihm  als   ^ein   christlicher,   vom  katholischen  Glauben  beseelter 
Fürst',   als   ,ein  Vater   der  Waisen',   ,Beschützer  der  Witwen', 
,Tröster   der   Betrübten'   u.  s.  w.     Doch    begnügt  sich  Cosmaß 
mit    dieser    allenfalls    noch    entschuldbaren    Entlehnung   nicht; 
er  überträgt  auf  Boleslav  ebenso  auch  die  kriegerischen  Eigen- 
schaften,  die  Regino   an  König  Ludwig  hervorhebti   und  sagt 
von  ihm,  er  sei  ,in  Schlachten  stets  siegreich  gewesen',  ,er  habe 
die  Schärfe  des  Stahls  mehr  geUebt  als  den  Glanz  des  Goldes' 
—   durchwegs   Regino   entnommene  Ausdrücke   —  ohne   aber 
auch   nur   eine  Thatsache   als  Beleg   anzuführen.^    Cosmas  er- 
wähnt keine  einzige  kriegerische  Unternehmung,  keinen  Kampf 
und   keinen   Sieg,    an   welchem   Boleslav  persönlichen   Antheil 
genommen   hätte.     Um   dessen  Tapferkeit  zu  erweisen,    beruft 
er  sich   blos   auf  die  ,Thatsachen'   (ut   res   probat)   und  meint 
damit  die  Grösse   und   den  Umfang   des   böhmischen   Reiches, 
die  seiner  Ansicht  nach  Boleslavs  U.  Verdienst  sind. 

Zieht  man  andere  Quellen  zu  Rathe,  so  findet  sich  auch 
hier  kein  Beweis  für  Cosmas'  Behauptung,  Boleslav  habe  ,mit 
dem  Schwerte  die  Grenzen  seines  Reiches  ausgedehnt'.  Wir 
hören  wohl,  dass  er  den  Herzog  Heinrich  von  Baiem  im  Kampfe 
gegen  Kaiser  Otto  H.  unterstützte  und  die  hiedurch  veranlassten 
Feldzüge  deutscher  Heere  nach  Böhmen  anfangs  glücklich  ab- 
wehrte, aber  schliesslich  musste  auch  er  sich  unterwerfen. 
Femer  wissen  wir,  dass  Boleslav  mit  dem  Polenherzoge  Miseco 
Kiieg  führte,  aber  erst  als  dieser  ihm  ein  grosses  Gebiet  ent- 
rissen hatte,  das  Boleslav  zurückzuerobern  suchte.  Von  OflFen- 
sivkriegen  aber  zum  Zwecke  der  Erweiterung  der  Grenzen 
erhalten  wir  nirgends  eine  Andeutung;  denn  die  zuiUllige  Besitz- 
nahme Meissens  im  Jahre  984  stellt  sich  nur  als  eine  vorüber- 
gehende Eroberung  dar.  Und  doch  lässt  ihn  Cosmas  noch 
auf  dem  Todtenbette  die  Ermahnungen  an  seine  Söhne,  in 
Frieden  und  Eintracht  das  Reich  zu  bewahren,  mit  den  be- 
deutungsvollen Worten  schliessen:  er  habe  die  Grenzen  des 
Reiches  ausgedehnt  bis  zu  den  Triti  (Tatra)  genannten  Bergen 


^  Loserth,  der  die  Abhängigkeit  Cosmas*  von  Regino  nachgewiesen  hat, 
macht  es  auch  wahrscheinlich,  dass  Cosmas  so  weit  in  seinem  Plakat 
ging,  Boleslays  Qemahlin  mit  den  Charaktereigenschaften  nnd  dem 
Namen  (Hemma)    yon  Lndwigs  des  Deutochen  Frau  su  seichnen. 


143 

jenseits  Krakau.^  lieber  den  Zeitpunkt,  sowie  über  die  Art 
dieser  Eroberung  gibt  er  aber  nirgends  eine  Aufklärung. 

Schon  Palacky  hat  es  als  durchaus  unwahi-scheinlich  er- 
klärt, dass  dem  Herzoge  Boleslav  II.  diese  Erwerbungen  zu- 
zuschreiben seiön,  und  verlegte  dieselben  in  eine  frühere  Zeit, 
so  dass  seiner  Ansicht  nach  Boleslav  11.  schon  bei  seinem  Re- 
gierungsantritte ,iiber  alle  nächsten  Stammverwandten  der  Böh- 
men zu  beiden  Seiten  der  Karpathen  und  Sudeten'  herrschte.* 

Gegen  diese  Ansicht  Palacky's  und  anderer  Forscher, 
dass  das  bdhmische  Herzogthum  schon  um  die  Mitte  des 
10.  Jahrhunderts  und  vorher  den  grossen  Umfang  gewonnen 
hatte,  den  Cosmas  dem  Reiche  Boleslavs  II.  gibt,  wandte  sich 
zuerst  Loserth.*  Er  suchte  den  Nachweis  zu  erbringen,  dass 
Cosmas'  Angaben  über  die  Ausdehnung  Böhmens  in  jener  Zeit 
unzuverlässig  seien,  weil  die  angebliche  Grenzerweiterung  Böh- 
mens bis  an  das  Tatragebirge  blos  einer  unechten  Urkunde 
über  den  ursprünglichen  Umfang  des  Prager  Bisthums  ent- 
nommen wäre.  Weder  Boleslav  II.  noch  einer  seiner  Vorgänger 
habe  ganz  Böhmen,  wo  bis  zum  Ende  des  10.  Jahrhunderts 
neben  den  PfemysUden  das  selbstständige  Fürstengeschlecht  der 
Slavnikinger  bestand,^  geschweige  die  östlich  davon  gelegenen 
Länder  besessen;  die  Machterweiterung  des  böhmischen  Reiches 
beginne  erst  im  11.  Jahrhunderte  mit  der  Herrschaft  Herzog 
Udalrichs  und  besonders  seines  Sohnes  Bfetislav. 

Allein  Huber  und  Kalousek*  haben  alsbald  gegen  Loserth 
geltend  gemacht,  dass  sich  die  Ausdehnung  Böhmens  über  seine 
ursprüngliche  Ostgrenze  um  die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts 
nicht  auf  Cosmas'  Angaben  allein  stütze,  sondern  dass  wir  hiefür 
zwei  weitere  Zeugnisse  besitzen,  die  unzweideutig  sind  und 
volle  Glaubwürdigkeit  beanspruchen. 

Das  Erste,  worauf  Huber  aufmerksam  machte,  entnimmt 
man  dem  Berichte  Thietmars  von  Merseburg  über  den  Krieg 
Herzog  Boleslavs  H.   von   Böhmen   mit  Miseco   von   Polen   im 


'  Cosmas  I,  33:  ,.  •  •  talis  enira  nequam  artibus  et  per  legum  insoleiitiam 
coan^stabunt  hnius  regni  terminos,  quos  ego  dilatavi  usque  ad  montes, 
qui  sunt  ultra  Krakov,  nomine  Triti  .  ,  .* 

'  Geschichte  von  Böhmen  1,  226. 

*  S.  oben  8.  141,  Anm.  1. 

Vgl  Loge rth,  Der  Sturz  des  Hauses  Slawnik  (Archiv  für  österr.  Gesch. 
65,  19). 


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v^-y-«  »&  f..  -•-  ''1*  ;;;  d**  Lai^^  «wiwLec  <»d*r  and  Boba 
t.}.    »-.'-•.'^"t;   Li-^n   'iirfw.    v»   ßn^i^rc  wir,   woraaf  Kjdoosek 

K:"i--  .-^T  '•>  A-ir-:':lr,i.'.2  v^-n  B-jlcskTS  Reich  in  dem  Be- 
r.-  ■  'f.  A-*.  »j-a.'-lwrl.*;!!  Jo'i-n  Ibraklm  ibn  Jakab  aber  die 
.^^vrj-Ur.Hirr,  A'.h  er  in  Aht  Reiri'rnin?siCTt  Euser  Otto  I.,  Tid- 
S'-.'\a  u'^Si  k-irz  »'*r  Jern  Jahn?  97!,  bereist  hat* 

ni«rr  li'Kt  man  zanä'^hst  im  ersten  Capitel:  .GegenwSrtig 
•  'm'\  Iffi  dfrtt  SUren  vier  KOniore:  der  KOnig'  der  Bulgaren, 
•Wun  IMf^Uv,  iliT  KOni^  von  Prag,  Böhmen  und  Krakaa, 
f'-rii'-r  iliii';'*,  di:r  K'iiiig  vom  Norden,  nnd  NacoD  im  wesi- 
li'-ljirii  'ni'rile  d«r  Slavtiiländer.*  Und  an  einer  spXteren  Stell« 
int  «r/^lilt:  ,W3S  das  Land  dee  BolesUv  betrifft,  so  erstreckt 
jti'li  dt'-H'H  Äff  LitnK«  nach  von  der  Stadt  Prag  bis  zur  Stadt 
Knikaii,  eiiu;  Kntfemiing  von  drei  Wochen,  und  es  grenzt  der 
\Än^i;  nacli  an  diß  Lande  der  Tilrken.' 

Vi;rt;li-i<-lit  man  zunächst  diese  beiden  Berichte,  die  etwa 
zwanzig  Jahre  auseinandcrliegen,  so  nimmt  man  wahr,  doss  die 


>  C.'lwr  aiiiMMi  Ik-richt  Thietiuars  Üb.  IV,  csp.  9  (Hon.  Germ.  hisL  S8.  tll, 
11»)    v);l.  ZeiiBb«r(;,    MUeco  I.   von  Poleo   (Ari:hiv  für   Osterr.  Oescli. 

■m,  m). 

■  V|;l.  W.  Wnttenbauh,  AbmhHinJskobMnaßericbtfiher  die  SlaTSnlXader 
viiiii  Jaliro  078,  iteutavhe  UebersetKung  in  den  Geschichtaschreibem  der 
,\,:ix\*r\wn  Viirzoit,  2.  Ai»g.,  33,  IStlff,  niid  Einl.  p.  XII.  Eine  JSechische 
IJiibitrmitKiiiiifbot.glokhWUmituinfanfreicheuErUltitemugen,  J.Jireüek, 
ZjirAvf  AmbAr  oRtfodov^ka  slovanskim  (Casopis  i^eak.  Mdb.  1878  p.509ff., 
1HHÜ  p.  2t)HIT,)i  die  Zeitbeatlmtnung  uach  Wattenb&ch,  DeDtschlanda 
GeaulilcliUriuulIen  1,  33S. 


145 

Ostgrenze  Böhmens  in  den  Sechzigerjahren  des  10.  Jahrhunderts 
gemäss  Ibrahims  Zeugniss  noch  über  die  Oder  hinausreichte^ 
während  zur  Zeit  des  Krieges  zwischen  Boleslav  und  Miseco 
im  Jahre  990  nach  Thietmars  Darstellung  die  Grenze  bereits 
weit  nach  Westen  zurückgeschoben  erscheint;  -denn  Boleslav 
muss  beim  Rückzuge  von  der  Oder  nach  Böhmen  zuerst  durch 
feindliches  Gebiet  ziehen,  welches  er  verwüstet,  und  nimmt 
dann  eine  Stadt,  die  also  jedenfalls  am  linken  Oderufer  lag  — 
wie  man  vermuthet  Niemptsch  —  erst  nach  einer  Belagerung 
ein.  Es  lässt  sich  vielleicht  daraus  schliessen,  dass  unter 
jenem  ,regnum',  welches  Miseco  dem  Böhmenherzoge  entrissen 
hatte,  eben  das  Land  an  der  Oder  und  östhch  von  derselben 
gemeint  sein  dürfte.^ 

Dass  also  zur  Zeit  Boleslavs  11.  Oberschlesien  und  West- 
galizien  mit  dem  Gebiete  von  Erakau  einmal  zu  Böhmen  ge- 
hört haben,  ergeben  diese  Zeugnisse  mit  voller  Sicherheit;  man 
wird  somit  auch  die  Worte  des  Cosmas  von  der  Ausdehnung 
Böhmens  ,bis  an  die  Berge  Triti^,  was  ihren  positiven  Inhalt 
betriflFt,  als  wahr  ansehen  dürfen  und  nur  die  Beziehung  auf 
Boleslav  11.  als  Eroberer  dieser  Gebiete  in  Frage  stellen  müssen. 
Aber  alle  drei  Nachrichten,  die  bei  Cosmas,  Thietmar  und 
Ibrahim  bieten  keinen  Anhaltspunkt  flir  die  weitere  Annahme, 
dass  damals  auch  schon  Mähren  in  seinem  ganzen  Umfange 
dem  PfemysUdenreiche  einverleibt  gewesen  sei. 

Wenn  angedeutet  wurde,  dass  es  gleichsam  eine  Forde- 
rang  der  geographischen  Lage  sei,  Mähren  in  ein  böhmisches 
Reich,  das  sich  von  Prag  bis  Krakau  ausdehnte,  einzubeziehen, 
80  muss  darauf  erwidert  werden,  dass  die  Verbindung  zwischen 
den  beiden  Hauptstädten  des  Boleslav'schen  Reiches,  die  uns  Ibra- 
him nennt,  zwischen  Prag  und  Erakau,  durch  den  Besitz  Schle- 
siens an  und  fiir  sich  hergestellt  war.  Nicht  durch  Mähren,  son- 
dern nördlich  von  Mährens  äusserster  Spitze,  über  die  Nachoder 
Pässe  ftihrte   der  Hauptweg  von  Böhmen  nach  Polen  noch  im 


'  Vgl.  über  diese  Frage  Kalousek,  a.  a.  O.,  S.  28,  wo  es  heisst:  ,Dieses 
grosse  Land  .  .  .  kann  man  nirgendswo  anders  suchen  als  Östlich  von 
Böhmen  und  südlich  von  Grosspolen;*  und  Loserth,  Der  Sturz  des 
Hauses  Slawnik  (Archiv  für  Osten*.  Gesch.  65,  44):  ,Das  Beich  .  .  .  kann 
aber  nach  alledem  nur  der  ausserhalb  des  heutigen  Böhmens  selbst  ge- 
legene Theil  des  Chrowatenlandes  gewesen  sein*,  und  ebenda  in  der 
Anmerkung  die  ältere  darauf  bezügliche  Literatur. 

IrdüT.  LIXXII.  Bd.  I.  HUfte.  10 


146 

Jahre  1068^'  also  zu  einer  Zeit;  da  Mähren  thatsächlich  zu 
Böhmen  gehörte  und  andererseits  das  pohlische  Reich  sich  im 
Süden  über  Erakau  hinaus  bis  an  die  Karpathen  erstreckte. 

Man  hat  die  Erwerbung  Mährens  auch  als  eine  unmittel- 
bare Folge  def  Ungarnniederlage  auf  dem  Lechfelde  im  Jahre 
9ft6  ansehen  wollen.*  Allein  so  zweifellos  die  tapfere  Mit- 
wirkung der  Böhmen  in  dieser  Schlacht  ist;  und  selbst  zuge- 
standen; was  sich  nicht  sicher  erweisen  lässt;^  dass  Boleslav 
nuthr  aus  eigenem  Antriebe  und  nicht  auf  Grund  einer  Ver- 
l^flichtung  zur  Heeresfolge  dem  deutschen  Könige  in  der  Schlacht 
auf  d(!m  LiH'hfolde  Zuzug  leistete  und  überdies  an  der  böhmi- 
Hi'han  (Jrenzo  solbstständig  über  den  Feind  einen  Sieg  davon- 
trug, —  dttss  der  Preis  dieser  Kämpfe  Mährens  volle  Befreiung 
vom  magyarischen  Joche  und  seine  Angliederung  an  das  böh- 
miflcho  Reich  gewesen,  ist  doch  blos  eine  Vermuthung.  Denn 
sieht  man  auch  davon  ab,  dass  nirgends  in  den  gleichzeitigen 
oder  späteren  Quellen  ein  Anhaltspunkt  für  diese  Annahme 
sich  linden  lässt,  so  beweist  doch  das  sehr  langsame  Vor- 
dringen der  Baiem  in  die  einstige  Mark  im  Traungau  und  an 
der  Enns,  dass  der  grossartige  Sieg  auf  dem  Lechfelde  keines- 
wegs sofort  ausgenützt  werden  konnte.* 

Nur  in  stetem  Kampfe  gegen  die  Ungarn,  welche  sich  an 
den  Nachbargebieten  dafUr  zu  ^tschädigen  suchten,  dass  ihnen 
fernere  Züge  nach  dem  Westen  Deutschlands  verwehrt  waren, 
drangen  die  Baiem  von  der  Elnns  gegen  den  Wienerwald  vor. 
Man  bezieht  auf  die  Zeit  nach  der  Lechfeldschlacht  die  Nach- 
richt Thietmars  von  einem  Kampfe,  den  der  Bischof  Michael 
von  RegensbuT^  1 941— 972)  gegen  die  Ungarn  bestand.*  Zum 
Schatze    seiner    Colonisten   gegen    die   ungarischen    UeberfiUle 

Vgrl.  n  Cosmas  TL  23  ,Tentiim  erat  ad  custodiae  portam,  qua  itur  in 
Poloniam,  et  in  loco,  qui  dicitur  Dobenina'  die  ErlSaterang  bei  Pa- 
Ucky,  Geschichte  Böhmens  1,  304,  Anm.  113  und  H.  Jiredek,  O  sta- 
rych  cestich  i  Cech  a  i  Morary  v^>w«>P«  cesk,  Mus.  1856,  p.  123.  128), 
ferner  J.K.H rase,  Zemski  stoika  Kladsko-polskA  (Pam&tky  archaeo- 
logick*  Vm,  p.  4«\ 

*  Vgh  Dudik,  Mihrens  allgemeine  G«<9chichte  2,  26;  Huber,  Geschichte 
Oesterreichs  1,  160. 

*  Vgl  Dttmmler-Köpke,  Kaiser  Otto  der  Grosse,  S.  181,  Anm.  6,  S.  256 
und  261. 

*  V^  Huber,  Geschichte  Oesterreichs  1,  137ff.  und  177. 
»  Vgl  Büdinger,  Oesterreichische  G«0chichte  1,  267. 


147 

erbaute  er  mit  Einwilligung  Kaiser  Ottos  am  Zusammenflusse 
der  grossen  und  kleinen  Erlaf  die  Wieselburg.  ^  Unter  dem 
ersten  Markgrafen  in  der  Ostmark,  Burebard,  dürfte  die  Grenze 
nicht  bis  über  die  Waehau  am  linken  und  kaum  bis  an  die 
Traisen  am  rechten  Donauufer  gereicht  haben.*  Die  siegreiche 
Ausbreitung  der  Ostmark  bis  an  den  Wienerwald  gehört  erst 
in  die  Regierungszeit  des  ersten  babenbergischen  Markgrafen 
Luitpold,  der  von  976 — 994  die  Mark  verwaltete.  Aber  auch 
in  dieser  Zeit  konnte  Bischof  Piligrim  von  Passau,  wie  man 
aus  der  Urkunde  Kaiser  Ottos  lH.  vom  30.  September  985 
ersieht,  noch  über  die  Schäden  klagen,  die  seine  Kirche  durch 
die  Ungarn  nicht  allein  zur  Zeit  ihrer  grossen  Verheerungszüge, 
soudern  durch  neuerHche  Räubereien   derselben  eriitten  habe.* 

Wir  nehmen  also  wahr,  dass  die  Ungarn  nach  der  Lech- 
feldschlacht  die  Angriffe  auf  die  Ostmark  noch  jahrzehntelang 
nicht  einstellten,  und  der  Analogie  entsprechend  muss  man 
daher  voraussetzen,  dass  auch  in  Mähren  der  Einfluss  der 
Ungarn  erst  langsam  und  allmälig  gebrochen  werden  konnte; 
es  erhellt  wohl  daraus,  wie  gewagt  es  ist,  anzunehmen,  dass 
Mähren  mit  dem  Jahre  955  gleichsam  als  reife  Frucht  den 
Böhmen  zugefallen  sei. 

Auf  welches  Recht  gestützt,  hätte  denn  auch  Boleslav 
Mähren  für  sich  in  Anspruch  nehmen  können?  Eine  Eroberung 
des  Landes  mit  Waffengewalt  unmittelbar  nach  der  Lechfeld- 
schlacht  liegt  ausserhalb  des  Bereiches  jeder  Möglichkeit,  eine 
so  bedeutende  Waffenthat  wäre  nicht  so  vollständig  aus  der 
Eirinnerung  geschwunden;  von  Kämpfen  der  Böhmen  zur  Be- 
freiung Mährens  vom  ungarischen  Joche  in  den  folgenden  Jahr- 
zehnten, wie  sie  von  Seite  der  Baiern  um  die  Ostmark  geführt 
wurden,  erhalten  wir  nirgends  eine  Andeutung;  eine  freiwiUige 


*  Vgl.  Hub  er,  Geschichte  Oesterreichs  1,  176. 

*  Vgl.  Huber  S.  175. 

*  Mon.  Germ.  Dipl.  Ottonis  III.  p.  419,  Nr.  21 :  ,.  .  .  qualiter  Piligriraus  epi- 
scopatus  sui  pertinentiam  in  orientali  plaga  barbarorum  liraiti  adiacentis 
creberrima  eorum  devastatione  infestari  .  .  .  conquestus  est  .  .  .,  a  quibus 
etiam  barbaris  modemo  nostri  qnoque  regni  tempore  miserabili  lameu- 
tatione  adiecit  tarn  inrecnperabili  se  damno  lesum  in  interfectione  et 
direptione  aeclesiae  suae  familiae  preter  innumerabilia  depredatiounm 
et  incendiorum  dispendia,  ut  absque  habitatore  terra  episcopii  solitndine 
rilvewat. 

10* 


148 

Unterwerfung  aber  oder  ein  Anschluss  aus  eigenem  Antriebe 
ist  bei  einem  so  grossen  Lande  an  und  fUr  sich  keine  leicht- 
verständliche Annahme. 

Denn  an  einer  Thatsache  müssen  wir  festhalten,  dass  näm- 
lich trotz  der  ungarischen  Oberherrscheft  Mähren  als  ein  eigenes 
Staatswesen  fortbestehen  blieb.  Ein  ,regnum  Moraviae'  hat  es 
im  10.  Jahrhunderte  gegeben,  denn  als  solches  wird  in  der-' von 
Cosmas  überlieferten  Grenzbeschreibung  des  Fürstenthums  der 
Slavnikinger,  das  in  der  zweiten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts 
ganz  Ost-  und  Südböhmen  umfasste,  dessen  östliches  Grenzland 
bezeichnet.  Diese  detaillirten  Angaben  über  den  Umfang  und 
die  Grenzen  eines  in  Cosmas'  Zeit  lange  zu  Grunde  gegangenen 
Theilftlrstenthumes  in  Böhmen  können  zweifellos  nur  einer  alten 
noch  dem  10.  Jahrhunderte  angehörenden  Quelle  entnommen 
sein/  der  wir  daher  auch  den  in  der  Grenzbeschreibung  ent- 
haltenen charakteristischen  Ausdruck  ,regnum  Moraviae^  zu- 
zuschreiben haben  werden. 

Gegen  die  Zugehörigkeit  Mährens  zu  Böhmen  unmittelbar 
nach  der  Lechfeldschlacht  spricht  denn  auch  das  negative 
Zeugniss  Ibrahim  ibn  Jakub's.  Dieser  Reisende,  der  in  der 
letzten  Zeit  der  Regierung  Kaiser  Ottos  I.  auf  seinen  Fahrten 
auch  nach  Prag  kam,  kennt  nicht  einmal  den  Namen  Mährens. 
Es  wäre  dies  um  so  auffallender,  wenn  wirklich  die  Eroberung, 
Befreiung  oder  der  Anschluss  dieses  Landes  an  Böhmen  karz 
vorher,  etwa  in  dem  Jahrzehnte  von  960 — 970  sieh  vollzogen 
hätte.  Ibrahim  müsste  hiervon,  von  einer  so  ausserordentlichen 
Erweiterung  der  Macht  des  BöhmenherzDgs,  irgend  eine  Kunde 
erhalten  haben.  Allein  ihm  ist  Boleslav  nur  der  Herr  von 
Prag,  Böhmen  und  Krakau.  Mähren  liegt  ausserhalb  seines 
Beobachtungskreises,  da  es  damals  für  die  slavischen  Nachbar- 
länder Polen  und  Böhmen  noch  keine  Bedeutung  hatte;  nach 
jahrzehntelanger  Gewohnheit  galt  es  auch  noch  in  der  zweiten 
Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  als  ein  Theilgebiet  des  ungarischen 
oder,  wie  Ibrahim  sagt,  türkischen  Reiches. 

Wenn  eine  quellenmässige  Nachricht  diese  Ansicht  zu 
widerlegen  und  Mährens  politische  Verbindung  mit  Böhmen  in 
jener  Zeit  nahezulegen  vermöchte,  so  wäre  dies  einzig  noch 
die  vielgenannte  ,Gründungsurkunde'  des  Prager  Bisthums. 

^  Vgl.  Loserth,  Der  Sturz  des  Hauses  Slawnik,  a.  a.  O.,  S.  22. 


149 

Es  hat  eine  eigene  Bewandtniss  mit  dieser  Urkunde.  Als 
Kaiser  Heinrich  IV.  auf  dem  Mainzer  Reichstage  am  29.  April 
des  Jahres  1086  dem  Prager  Bischöfe  Gebhard  eine  Bestäti- 
gung der  alten  Grenzen  seines  Bisthums  ertheilte,  wurde,  sagt 
uns  Cosmas,  die  neue  Urkunde  auf  Grund  einer  alten,  von 
Gebhard  vorgelegten  beinahe  gleichlautend  ausgefertigt.  In 
dieser  Vorlage  hat  man  nun  das  verlorene  ,Gründungsdiplom^ 
des  Prager  Bisthums  sehen  wollen,  in  welchem  sich  daher  auch 
die  Qrenzbeschreibung,  die  wir  im  Privileg  von  1086  lesen, 
gefunden  haben  mtlsse.  Da  man  nun  hier  unter  Anderem  die 
Angabe  findet,  dass  die  Grenzen  des  Prager  Bisthums  auf  der 
Südseite,  Mähren  mit  eingerechnet,  bis  zu  dem  Waag  ge- 
nannten Flusse  und  bis  zur  Mitte  des  Waldes  und  Berges  Moure 
(Mailberge),  welcher  Baiem  begrenzt,  reichten,^  so  würde,  da  das 
Bisthum  Prag  zweifellos  unter  Boleslav  11.  gegründet  wurde, 
die  Annahme  der  Zugehörigkeit  Mährens  zu  Böhmen  zur  Zeit 
der  Errichtung  des  Prager  Bischofsitzes  allerdings  begründet  sein. 

Allein  um  diese  ,Gründungsurkunde'  schwebt  ein  harter 
Kampf.  Wie  schon  früher  mehrfach,*  wurde  sie  neuerdings 
von  Loserth  als  eine  Fälschung  erklärt,  die  Bischof  Gebhard 
von  Prag  zum  Zwecke  der  Erlangung  des  Privilegs  von  1086 
angefertigt  haben  soll.  Dem  entgegen  hat  dann  Ealousek  es 
versucht,  alle  gegen  die  Echtheit  vorgebrachten  Gründe  als 
,nicht  stichhältig  und  grösstentheils  vollkommen  irrig^  zu  er- 
weisen.' Gleichzeitig  und  unabhängig  von  Letzterem  hat  auch 
V.  E.  Regel  die  Echtheit  der  Reste  der  Gründungsurkunde 
sowie  der  Cosmas'schen  Ueberlieferungen  überhaupt  zu  ver- 
theidigen  versucht.* 


*  Cosmas  II,  37:  ,Deinde  in  ea  parte,  quae  meridiem  respicit,  addita 
regione  Moravia  usque  ad  fluvium,  cui  nomen  est  Wag  et  ad  mediam 
silvam,  cui  nomen  est  Moure  et  eiusdem  montis  eadem  parochia  tendit, 
qna  Bavaria  liminatur.* 

*  Vgl.  Dümmler,  Piligrim  von  Passau,  S.  174;  Büdinger,  Oesterreichi- 
sehe  Geschichte  1,  314;  Dudik,  Mährens  Geschichte  2,  41.  426;  Zeiss- 
berg,  Miseco  von  Polen,  a.  a.  O.,  S.  81  und  die  an  genannten  Orten  an- 
gegebene Literatur. 

*  Vgl  die  oben  8.  141,  Anm.  1  genannten  Arbeiten.  Auch  Huber  entscheidet 
sich  a.  a.  O.  B.  385  dafür,  dass  dem  Privileg  Heinrichs  IV.  keine  echte 
Urkunde  Ottos  I.  oder  Ottos  U.  zu  Grunde  liegen  könne. 

*  Ich  kenne  diese  russisch  geschriebene  Abhandlung  nur  durch  Inhalts- 
anzeigen, so  von  Kalousek,  Ruskd  uvaha  o  zakladaci  listin§  biskupstvi 


150 

Diese  Meinungsverschiedenheit  zwingt  zu  abermaliger 
Prüfung  der  für  und  wider  vorgebrachten  Gründe.  Es  sind 
im  wesentlichen  vier  Hauptpunkte^  auf  die  sich  die  Beweis- 
führung stützt: 

1.  Das  Gründungsjahr  des  Prager  Bisthums.  — Das 
Stifhingsjahr  des  Prager  Bisthums  steht  thatsächlich  nicht  sicher. 
Cosmas'  Angaben  im  ersten  Buche  sind  hiefÜr  ungenügend; 
denn  er  erzählt  Alles  zum  Jahre  967,  während  schon  aus  seiner 
eigenen  Darstellung  erhellt,  dass  die  Ereignisse  zeitlich  von 
einander  zu  trennen  sind.  Auch  ist  bekannt,  dass  seine  Zeit- 
rechnung besonders  im  ersten  Theile  seiner  Chronik  durchaus 
unzuverlässig  ist.  Von  einigem  Belange  erscheint  mir  in  diesem 
Berichte  die  Angabe,  dass  Dietmar,  der  erste  Bischof  von  Prag, 
von  ,Otto,  dem  Sohne  Heinrichs',  bestätigt  wurde.^  Die  zweite 
bestimmtere  Nachricht  über  die  Gründungszeit  entnehmen  wir 
dem  von  Cosmas  uns  überlieferten  kaiserlichen  Privileg  von 
1086,  in  welchem  es  heisst,  dass  das  Bisthum  Prag  .  .  .  vom 
Papste  Benedict  wie  von  Kaiser  Otto  dem  Ersten  .  .  .  bestätigt 
wurde,*  eine  Angabe,  die  auch  Cosmas  in  seinen  Vorbemer- 
kungen vor  dem  Texte  des  Privilegs  wiederholt.  Damach 
müsste  die  Gründung  als  vor  Ottos  I.  Tod,  vor  den  7.  Mai  973 
fallen.  Dieser  Zeitbestimmung  widerspricht  nun  allerdings  das 
Zeugniss  Otlohs,  nach  welchem  der  ,mittlere  Otto'  auf  Bitten 
Herzog  Heinrichs  von  Baiem  die  Grtlndung  vollzogen  habe.' 
Indem  man  dieser  Nachricht  grössere  Glaubwürdigkeit  zu- 
schrieb,* meinte  man  einen  Beweis  für  die  ünechtheit  der 
,Gründungsurkunde'    gewonnen    zu    haben,    aus    welcher    man 


Praisk^ho  (Sbornik  I,  p.  420);  Loserth  in  Mittheilungen  des  Vereines 

für  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen  XXIX,  37  und  W.  Milkowid 

in  Mittheilungen  des  Institutes  für  Osterreichische  Geschichte  XV,  142. 
^  Cosmas  I,    22.   23.    —    lieber   andere   späte  Zeugnisse   der  Gründang 

Prags,   die  auf  Cosmas  zurückgehen,   vgl.  Dümmler,    Kaiser  Otto  I., 

S.  603,  Anm.  2. 
'  Cosmas  U,  37:  ,quod  Pragensis  episcopatus  .  . .  tarn  a  papa  Benedicto, 

quam  a  primo  Ottone  imperatore  sie  confirmatus  est.* 
»  Otloh,  Vita  s.  Wolfkangi  cap.  29  (SS.  IV,  638):    ,At  medius  caesar  .  .  . 

a  glorioso  duce  Heinrico  ceterisque  fidelibus  est  interpellatus,    ut  quod 

apud  ipsam  gentem  inchoatum  esset,    pro  domini  amore  regali  potestate 

perageret.* 
*  Vgl.  neben  Dümmler,  Kaiser  Otto  der  Grosse,  S.  603:    Giesebrecht, 

Geschichte  der  deutschen  Kaiserzeit  (6.  Aufl.)  1,  847,  u.  A. 


151 

Dämlich  die  chronologischen  Daten^  die  sich  in  der  Urkunde 
Heinrichs  IV.  finden,  entnommen  erachtete.  Allein  Otlohs 
Zeugniss  ist  nicht  mehr  so  voUgiltig,  seitdem  darauf  hingewiesen 
werden  konnte,  dass  Otloh  auch  die  Erhebung  Wolfgangs  auf 
den  Bischofsstuhl  von  Regensburg,  die  nachweisUch  am  25.  De- 
cember  972  erfolgte,  unter  ,Otto  den  Mittleren'  versetzt.^ 

Wenn  femer  nachgewiesen  wurde,  dass  die  Weihe  des 
ersten  Prager  Bischofs  Dietmar  erst  innerhalb  der  Zeit  vom 
25.  Jänner  975  bis  28.  April  976  stattfand,  so  wurde  dagegen 
mit  Recht  betont,  dass  die  Gründung  des  Bisthums  und  die 
Ernennung  des  Bischofs  auch  geraume  Zeit  früher  erfolgt  sein 
könne.*  Vor  Allem  wichtig  ist  aber  der  Hinweis  auf  Otlohs 
Bemerkung,  der  Baiemherzog  Heinrich  habe  bei  Otto  H.  inter- 
yenirt,  wonach  sich  also  als  der  späteste  Zeitpunkt  der  Grün- 
dung das  Frtlhjahr  974  ergäbe,  denn  im  Sommer  des  näm- 
lichen Jahres  begann  der  mehrjährige  Krieg  zwischen  Hein- 
rich und  Otto,  in  welchem  Boleslav  von  Böhmen  auf  der  Seite 
des  Baiemherzogs  stand.^ 

Es  scheint  der  Wahrheit  am  nächsten  zu  kommen,  wenn 
man  beiden  Kaisem,  Otto  I.  sowie  Otto  H.,  einen  Antheil  an 
dieser  Gründung  zuschreibt.  Der  Plan  der  Errichtung  des 
Prager  Bisthums  gehört  sicheriich  der  Zeit  Ottos  I.  an,  wohl 
auch  die  principielle  Entscheidung  und  die  Ausstellung  der 
Gründungsurkunde.  Mitten  in  den  Verhandlungen,  die  durch 
Wolfgangs  Ernennung  zum  Bischof  von  Regensburg  in  den 
ersten  Monaten  des  Jahres  973  wieder  in  Fluss  kamen,  dürfte 
Otto  L  gestorben  sein,  so  dass  erst  Otto  II.  das  ihm  vom  Vater 
hinterlassene  Werk  zu  Ende  zu  führen  hatte,  die  Gründung 
seinerseits  bestätigte  und  die  päpstliche  Confirmation  erwirkte.* 

An  dem  Gründungsjahre  973  dürfte  also  ebensowenig  zu 
rütteln  sein  wie  daran,  dass  Kaiser  Otto  I.  als  der  eigentliche 
Gründer  zu  gelten  habe,  weshalb  sich  auch  in  späteren  Zeiten 


^  So  Kalonsek  8.  36,  vgl.  Dttinmler,  Kaiser  Otto  L,  S.  496,  Anm.  6  i.  f. 

*  Kalousek  ebenda  gegen  Dttmmler  nnd  Loser th. 

*  Auf  diesen  terminus  ad  quem  hatte  Dümmler  (Pilig^im  von  Passan, 
8.  174)  Tor  Jahren  Gewicht  gelegt,  bei  seinem  Versuche,  die  Gründung 
in  das  Jahr  976  oder  976  eu  schieben,  darauf  aber  keine  Rücksicht 
mehr  genommen. 

*  Beachtenswerth  erscheint  auch  die  Ausdrucksweise  bei  Otloh:  ,quod 
apnd  ipsam  gentem  inchoatum  esset  .  .  .  perageret*. 


152 

allein  an  seinen  Namen  die  Errichtung  des  Prager  Bisthums 
knüpfte.  Unter  dieser  Annahme  könnte  aber  auch  die  Nen- 
nung Ottos  I.  im  Privileg  von  1086  nicht  als  ein  Fehler  und 
Irrthum  angesehen  und  nicht  als  Verdachtsmoment  gegen  die 
Vorurkunde,  die  ,Gründungsurkunde'  verwerthet  werden. 

2.  Die  Bisthumsgrenzen.  —  Als  einen  weiteren  Be- 
weis gegen  die  Echtheit  der  Urkunde  hat  man  die  Collision 
zwischen  den  darin  angegebenen  Bisthumsgrenzen  der  Prager 
Diöcese  und  jenen  der  früher  (968)  gegründeten  Bisthümer 
Zeitz,  Merseburg  und  Meissen  angesehen.  Die  Grenzbeschrei- 
bung, wie  sie  auch  noch,  ohne  den  thatsächlichen  Verhältnissen 
zu  entsprechen,  in  das  Privileg  von  1086  aufgenommen  wurde, 
ist  ungemein  detaillirt,  doch  ist  es  nicht  leicht,  die  angeführten 
Grenzorte  immer  mit  Sicherheit  zu  deuten.  Indem  man  früher 
annahm,^  dass  die  nördliche  Grenze  auch  die  Ober-  und  Nieder- 
lausitz einschloss,  ergaben  sich  offenbare  Widersprüche  mit 
den  Diöcesangrenzen  der  bereits  früher  gegründeten  deutschen 
Bisthümer.  Genauere  Untersuchungen  scheinen  aber  zu  be- 
weisen, dass  bei  richtiger  Bestimmung  der  West-  und  Nord- 
grenze Zeitz  und  Merseburg  nirgends  in  das  Prager  Gebiet  ein- 
griffen.* Die  Collision  zeigt  sich  erst  bei  der  Nordostgrenze, 
bei  der  Abgrenzung  Prags  gegen  Meissen.  Nach  der  Grenz- 
beschreibung im  Privileg  von  1086  hätten  hier  zum  Bisthum 
Prag  gehört:  das  Gebiet  zwischen  Bober  und  Oder,  denn 
Boborane  seien  die  Anwohner  des  oberen  Boberflusses,  Dedo- 
sane  die  zwischen  der  unteren  Bober  und  Oder,  Trebovane  im 
Gebiete  des  Flusses  Katzbach,  Slasane  an  dem  Flüsschen  Lohe. 
Auf  das  ganze  linksseitige  Odergebiet  bis  zu  den  Quellen  dieses 
Flusses  erhob  aber  auch  Meissen  Ansprüche. 

Kalousek  sucht  diesen  Widerspruch  durch  die  Annahme 
zu  beheben,  dass  Meissens  Ansprüche  auf  Schlesien  blos  ,theo- 
retische'  waren,  denn  wie  man  aus  Thietmar  ersehe,  lag  dieses 
Gebiet  nie  oder  nur  sehr  kurze  Zeit  während  der  zweiten 
Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  im  Machtgebiete  der  deutschen 
Markgrafen.    Böhmen  und  Polen  stritten  sich  um  dieses  Land,* 


^  Vgl.  Dudfk,  Geschichte  Mährens  2,  42. 

'  Kalousek,  S.  32    auf  Grund  der   topographischen  Untersuchungen  To- 

n)ek*8  und  Jire^ek^s. 
8  a.  a.  O.,  S.  34. 


153 

Es  kommen  hier  auch  noch  andere  Erwägungen  in  Be- 
tracht;  wesshalb  der  Streit,  wenn  auch  nicht  zu  Gunsten,  so 
doch  sicher  auch  nicht  zu  Ungunsten  Böhmens  entschieden 
werden  kann.  Die  Bestimmung  der  Ostgrenze  des  Bisthums 
Meissen  stösst  auf  mancherlei  Schwierigkeiten,  weil  die  älteren 
Urkunden  dieses  Stiftes  erwiesene  Fälschungen  sind.*  Ferner 
wissen  wir  auch  nicht,  welche  Veränderungen  der  Besitzstand 
Böhmens  unter  Herzog  Boleslav  11.  (967 — 999)  erfahren  hat. 
Boleslav  hat  sich  mehrmals  mit  den  Feinden  Ottos  11.  und 
Ottos  ni.  verbtLndet,  er  hat  thatsächlich  an  den  Polenherzog 
Miseco  I.  ein  bedeutendes  Stück  Landes  verloren.  Es  wäre 
denkbar,  dass  unter  solchen  Verhältnissen  ein  Theil  des  ur- 
sprünglich zu  Böhmen  gehörigen  Gebietes  im  Nordosten  ander- 
weitig vergabt  wurde,  ohne  dass  Böhmen  seine  Rechte  darauf 
aa%ab. 

Wie  Ealousek  richtig  bemerkt,  Hess  sich  der  Prager 
Bischof  Gebhard  noch  im  Jahre  1086  —  sei  es  nun  mit  oder 
ohne  Recht  —  alte  Ansprüche  Prags  auf  ganz  Schlesien  und 
Polen  bestätigen,  wiewohl  die  Bisthümer  Breslau  und  Krakau 
diese  Gebiete  längst  ihr  Eigen  nannten,  so  dass  der  Werth 
dieser  Bestätigung  mehr  als  problematisch  war.  In  ähnlicher 
Weise  —  meint  Ealousek  —  habe  sich  Meissen,  falls  die  letzte 
der  drei  Stiftungsurkunden,  die  vom  Jahre  996,  echt  ist.  Rechte 
auf  Schlesien  bestätigen  lassen,  die  ihm  vielleicht  im  Jahre  968 
thatsächlich  zugewiesen  wurden,  später  aber  bei  der  Errichtung 
Prags  wieder  verloren  gingen.  Ich  möchte  aber  auch  auf  die 
Möglichkeit  hinweisen,  dass  Meissen  nach  dem  Jahre  973  ein 
früher  zum  Prager  Bisthum  gehöriges  Stück  Land  zugeschlagen 
erhalten  haben  könnte,  ohne  dass  Prag  auf  seine  Ansprüche 
verzichtete.  Die  Zeiten  Bischof  Adalberts  (983-997)  sind  für 
das  Prager  Bisthum  ungemein  stürmisch  verlaufen,  und  oft 
genug  fehlte  im  Lande  der  Hirt,  der  das  ihm  anvertraute  Gut, 


*  VgL  Cod.  dipl.  Saxoniae,  1.  Haupttheil,  1,  172.  174flf.  —  Posse,  der  Be- 
arbeiter dieses  Abschnittes,  bezeichnet  sogar  die  ziemlich  allgemein, 
anch  Ton  Kalonsek,  als  echt  angenommene  Urkunde  Ottos  HL  vom 
6.  December  9^5  als  Fälschung  (vgl.  dagegen  Sickel,  Diplomata  zu 
Otto  CL,  Nr.  186,  8.  596);  er  spricht  die  Meinung  aus:  ,Sonach  würde 
da«  Bisthum  (Meissen)  bei  seiner  Gründung  vorderhand  nach  Osten  hin 
keine  Grenzen  erhalten  haben/  Vgl.  auch  Dum m  1er,  Kaiser  Otto  der 
Groase,  S.  432. 


164 

unbekümmert   um  die  Veränderungen  der  politischen  Grenzen, 
hätte  vertheidigen  und  vor  Verkürzung  schützen  können. 

Mit  Berücksichtigung  aller  dieser  Umstände  wird  man 
daher  auch  diesen  zweiten  Punkt,  die  CoUision  der  Prager  und 
Meissner  Diöcesangrenzen,  nicht  als  solchen  bezeichnen  können, 
der  zur  Verwerfung  der  ,Qründungsurkunde^  zwänge. 

3.   Das   mährische  Bisthum  und  Bischof  Wracen. 
—  Beiweitem  schwieriger  gestaltet  sich  der  dritte  Einwand,  der 
sich  auf  die  Existenz  eines  mährischen  Bischofs  nach  der  Grün- 
dung des  Prager  Bisthums  bezieht.    Bischof  Gebhard  von  Prag 
erklärte   —    so  heisst  es  bei  Cosmas   —  vor  der  ganzen  Ver- 
sammlung, und  Kaiser  Heinrich  IV.  Hess  es  in  das  neue  Privileg 
aufnehmen,   dass   das  Prager  Bisthum  von  allem  Anfange  an 
ganz  und  ungetheilt  für  Böhmen  und  Mähren  errichtet  wurde,^ 
wie  es  eben  auch  die  Grenzausweisung  darthun  möchte.     Nun 
lernen   wir  aber   noch   aus  der  Zeit  nach   der  Errichtung  des 
Prager  Bischofssitzes  einen  ,mährischen  Bischof^  kennen.  In  einer 
Urkunde  des  Erzbischofs  Wiligis  von  Mainz  vom  28.  April  976 
werden  vier  Suffraganbischöfe  angeführt,  die  einer  Strafsentenz 
des  Metropoliten  ihre  Zustimmung  ertheilen,  und  diese  sind  die 
Bischöfe   von   Speier,  Worms,   Prag   und  Mähren.*     Den   Hin- 
weis auf  die  MögUchkeit  eines  Schreibfehlers  sollte  man  billiger- 
weise endlich  unterlassen;  besser  kann  der  Name  nicht  bezeugt 
sein,  als  wenn  er  nach  ,Pragensis^  steht.   Die  Bezeichnung  nach 
dem  Lande  hat  nichts  Auffälliges,  auch  im  1 1.  Jahrhunderte  ist 
sie  ganz  gewöhnUch.     Es  ist  aber  auch  nicht,   wie  vorgehalten 
wird,   die   einzige,   nur   einmal   vorkommende   Erwähnimg   des 
mährischen  Bischofs.    Cosmas  selbst  erzählt,  wie  er  gehört  habe, 
dass  schon  vor  den  Zeiten  Bischofs  Severs  von  Prag  (1030  bis 
1068),   unter  welchem  Mähren  ca.  1063  losgetrennt  wurde  und 
einen  besonderen  Bischof  erhielt,  in  Mähren  ein  eigener  Bischof 
existirt  habe,  der  Wracen  geheissen  haben  soll.* 


^  Cosmas  II,  37:   ,qiialiter  .  . .  Gebeardus  . .  .  conquestns  est,  qaod  Pra- 

gensis  episcopatus,  qui  ab  inltio  per  totam  Boemiae  ac  Moraviae  dacatnm 

UDUs  et  integer  constitatus  .  .  .* 
'  Cod.  dipl.  Morav.  I,  97 :  ,Astipiilantibu8  quoque  assessoribns  nostria  vene- 

rabilibus  episcopis  Spirensif  Wormatiensi,  Pragensif  Moraviensi.' 
'  Cosmas  II,  21:  ,fertQr  autem  quod  fuisset  in  Moravia  ante  tempora  Se- 

veri  quidam  episcopus,  ut  reor  nomine  Wracen.* 


155 

Die  ernstere  Erklärung,  die  man  ftlr  diese  Schwierigkeit 
bietet,  lautet  dahin,  dass  dieser  Bischof  von  Mähren  kein  selbst- 
ständiger, dem  Prager  coordinirter,  sondern  blos  dessen  Stell- 
vertreter in  Mähren,  ein  sogenannter  Weihbischof  gewesen  sei.^ 
Dagegen  lässt  sich  vor  Allem  einwenden,  dass  Cosmas  bezüglich 
Wracens  von  einem  derartigen  Verhältniss  nichts  sagt;*  femer 
aber  ist  zu  bemerken,  dass  wir  dann  kaum  den  Aushilfsbischof 
neben  seinem  eigentHchen  Bischof  bei  einer  Gerichtsverhandlung 
gleichzeitig  am  Hofe  des  Metropoliten  erwarten  dtlrften;  und 
schliesslich  ist  nicht  zu  übersehen,  dass  dieses  Institut  der  Weih- 
bischöfe in  der  zweiten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  auch  in 
den  östlichen  Ländern  stark  in  Abnahme  begriffen  war  und 
nii^ends  mehr  bei  den  Neugründungen  von  Bisthümern  in  otto- 
nischer  2^it  auftritt.'  Dass  gerade  bei  der  Errichtung  des 
Prager  Sitzes  imd  noch  dazu  fUr  Mähren  allein,  nicht  auch 
mindestens  für  das  weite  polnische  Land,  eine  solche  Einrich- 
tung getroffen  worden  wäre,  ist  nicht  ohne  nähere  Begründung 
hinzunehmen,  sondern  müsste  doch  irgendwie  wahrscheinlich 
gemacht  werden.  Die  bisherigen  Erklärungen  genügen  nicht,  wir 
müssen,  so  überraschend  es  auch  ist,  bei  der  Thatsache  stehen 
bleiben,  dass  noch  nach  der  Gründung  des  Prager  Bisthums  die 
Existenz  eines  selbstständigen  mährischen  Bischofs  quellenmässig 
bezeugt  ist 

4.  Der  heilige  Ad  albert.  — -  Der  letzte  Einwand  be- 
zieht sich  auf  die  Verbindung,  in  die  der  heilige  Adalbert  zur 
Oründungsgeschichte  des  Bisthums  Prag  gesetzt  erscheint. 
Cosmas  schildert  nämlich  in  seinem  Berichte  über  die  Ver- 
handlungen in  Mainz,  wie  Bischof  Gebhard  der  Versammlung 
ein  Privileg  vorlegte,  ,privilegium  olim  a  s.  Adalberto  episcopo 
8U0  antecessore  confirmatum  tam  a  papa  Benedicto  quam  a 
primo  Ottone  imperatore'.*  Der  Satz  ist  zweifellos  schwer  ver- 
ständlich.^  Die  eine  Auffassung  geht  dahin,  dass  Cosmas  sagen 


^  So  taerst  Dndik,  Mährens  allgemeine  Geschichte  2,  45 ff.;    wiederholt 

Ton  Kalonsek,  8.  31. 
'  Vgl.  Loserth,  8.  26,  Anm.  5. 
'  VgL  Hinschins,  Kirchenrecht,  Bd.  2,  S.  168. 

♦  n,  37. 

'  In  der  deutschen  Uebersetzung  des  Cosmas  von  Georg  Grandaur  in 
den  Geschichtsschreibern  der  deutschen  Vorzeit,  Lief.  74,  S.  135,  lautet 
die  Stelle:   ^noh  legte  er  das  sowohl  von  P.  Benedict  wie  von  Kaiser 


156 

wiU,  Bischof  Gebhard  habe  ein  vom  Papste  Benedict  VI.  und 
Kaiser  Otto  I.  dem  Bischöfe  Adalbert  von  Prag  bestätigtes 
Privilegium  besessen  und  vorgelegt,  nämlich  das  Grtindungs- 
diplom  des  Prager  Bisthums;  da  aber  Adalbert  erst  im  Jahre 
983,  zehn  Jahre  nach  Ottos  I.  Tod,  der  zweite  Bischof  von  Prag 
wurde,  so  folgerte  man  zugleich  aus  diesem  Anachronismus, 
dass  Gebhards  Urkunde   eine  Fälschung  gewesen  sein  müsse. ^ 

Allein  man  kann  nicht  übersehen,  dass  diese  Deutung  dem 
Wortlaute  nur  zum  Theile  entspricht.  Denn  bezieht  man  ,con- 
firmatum'  nur  auf  Otto  und  Benedict,  nicht  aber  auch  auf  Adal- 
bert —  welch'  letztere  AuflFassung  übrigens  gleichfalls  Schwierig- 
keiten hat  —  dann  kann  man  überhaupt  nicht  sagen,  was  fiir 
eine  Beziehung  sich  Cosmas  zwischen  Adalbert  und  dem  Privi- 
leg Gebhards  eigentlich  gedacht  habe.  ,A  sancto  Adalberto'  in 
der  Bedeutung  ,des  heil.  Adalbert^  als  Attribut  zu  ,privilegium' 
zu  fassen,  ist  unzulässig,  dass  aber,  wie  Dümmler  sagt,  ,da6 
Diplom  über  die  Stiftung  des  Bisthums  Prag  von  Adalbert 
hergerührt  habe  und  von  Otto  und  Benedict  bestätigt  worden 
sei',  liest  man  bei  Cosmas  doch  nicht  mit  jener  Bestimmtheit 
und  Klarheit,  die  für  die  Folgerung,  dass  ein  solches  Diplom 
eine  Fälschung  gewesen  sein  müsse,  nothwendig  wäre.  Es 
fehlt  für  diese  Behauptung  die  Sicherheit,  dass  Cosmas  sich 
wirklich  gedacht  habe,  die  ,Gründungsurkunde'  sei  vom  Bischof 
Adalbert  ausgesteUt  gewesen.* 

Man  hat  daher  schon  vor  langer  Zeit  diese  Erklärung 
der  Stelle  angefochten  und  versucht,  den  Satz  so  zu  deuten, 
dass  Bischof  Gebhard  in  Ermanglung  des  Originales  ein  ,Vidi- 
mus'  der  Gründungsurkunde  in  Mainz  vorgelegt  habe,  welches 


Otto  I.  bestätigte  Privilegium  des  heil.  Adalbert  seines  Vorgängers  vor.' 
Die  bdbmische  Ueberaetzung  in  der  Cosmasausgabe  in  den  Fontes  rerom 
Bohemic.  II,  p.  115  schliesst  sich  dagegen  strenge  der  lateinischen  Wort- 
folge an:  ,priyilegium  nSkdy  od  sw.  biskupa  Wojt^cha  . .  .  stwrzen^  jak 
od  pape2e  Benedicta  tak  od  prwniho  Ottj  cfsare/ 

^  So  zuerst  Dümmler,  Piligrim  von  Passau,  S.  174. 

*  Gestützt  auf  die  Stelle  bei  Otloh,  Vita  s.  Wolfkangi,  cap.  29  (SS.  IV, 
p.  638) :  ,Haec  ergo  memorans,  consensurum  se  caesari  remandavit.  Com- 
que  tempus  peragendi  concambii  venisset,  tanta  fiiit  alacritate,  nt  ipse 
Privilegium  componeret*  nimmt  man  an  (vgl.  Dudfk,  Mährens  allg. 
Gesch.  n,  37  und  Anm.),  dass  Wolfgang  von  Regensburg  die  Stif- 
tungsurkunde für  Prag  entworfen  habe.  Das  hier  erwähnte  Privileg 
dürfte  aber  wohl  nur  den  GUtertausch  zum  Inhalt  gehabt  haben. 


157 

der  heil.  Adalbert  zu  ii^end  einer  Zeit  angefertigt  habe  und 
in  dem  die  päpstliche  und  kaiserliche  Urkunde  inserirt  waren.  ^ 
lieber  diese  zwei  einander  entgegenstehenden  Auffassungen  ist 
man  bis  nun  nicht  hinweggekommen;  denn  wenn  Loserth  zur 
Unterstützung  der  Ansicht  Dilmmler's  bemerkt  hat;  dass  sich 
das  Vorhandensein  eines  Vidimus  aus  dem  Wortlaute  bei  Cosmas, 
,der  die  Urkunde  selber  gelesen  habe',  nicht  ergebe,*  so  hat 
Ealousek  hinwieder  entgegnet,  dass  der  keineswegs  klare  Satz 
einer  solchen  Annahme  doch  auch  nicht  widerspreche.*  Die 
textliche  Schwierigkeit  wird  wohl  auch  immer  ein  Hindemiss 
fttr  eine  unzweifelhafte  Auslegung  der  Stelle  bilden.  Allein 
gerade  die  Erklärung  durch  ein  Vidimus  scheint  nicht  glücklich 
gewählt;  denn  bevor  man  dieselbe  als  zureichend  ansehen 
könnte,  mlisste  zuerst  nachgewiesen  werden,  dass  Vidimus  mit 
wörtlicher  Einrückung  einer  oder  mehrerer  Urkunden  im 
10.  Jahrhunderte  in  der  bischöflichen  Kanzlei  zu  Prag  vor- 
kommen kann  und  nichts  Auffälliges  an  sich  hat.  Diese  Ur- 
kundenform,  im  späteren  Mittelalter  sehr  gebräuchlich,  war  in 
Deutschland  nicht  nur  in  dieser  Zeit  ganz  ungewöhnlich,  son- 
dern hätte  auch  noch  im  Jahre  1086  in  der  Reichskanzlei  nicht 
geringes  Aufsehen  erregt.* 

Es  kann  also  auch  dieser  Erklärungsversuch  nicht  genügen, 
abgesehen  davon,  dass  die  dieser  Deutung  zu  Grunde  liegende 
Construction  des  Satzes,  wobei  ,confirmatum'  zuerst  auf  Adal- 
bert und  dann  noch  auf  die  zwei  durch  ,tam  quam'  verbundenen 
Satzglieder  bezogen  werden  muss,  grammatikalisch  kaum  ver- 
ständlich ist;  und  nur  soviel  scheint  sicher,  dass,  nach  Cosmas' 
Atigaben  zu    schliessen,    das  Blatt,    welches  Gebhard  vorgelegt 


^  Diese  Deutung  boten  gleichzeitig,  aber  wohl  kaum  unabhängig  von  ein- 
ander Tomek,  Apologie  der  älteren  Geschichte  Böhmens  (Abhandlungen 
der  k.  böbm.  Gresellschaft  der  Wissensch.  1863,  S.  22,  Anm.),  und  Dudik, 
Mährens  allgemeine  Geschichte,  Bd.  2  (1863),  S.  427,  Anm. 

*  A.  a.  O.,  8.  26 :  ,Wenn  man  versucht  hat,  die  Sache  dadurch  zu  retten, 
dsBs  man  sagte,  Adalbert  habe  die  Bestätigungsurkunde  des  Papstes  Bene- 
dict VI.  und  Otto  des  Grossen  vidimirt,  so  heisst  es  die  Erzählung  des 
Cosmas,  der  die  fragliche  Urkunde  selbst  gesehen  und  gelesen  hat,  ge- 
radezu auf  den  Kopf  stellen/  Dass  Cosmas  die  Urkunde  selber  gelesen 
hat,  sagt  er  nicht. 

^  A.  a.  O.,  S.  30. 

*  Vgl.  Ficker,  Urkundenlehre,  insbes.  §.  172;  H.  Bresslau,  Handbuch 
der  Urkundenlehre  1,  80.  84,  Anm.  5,  und  669. 


158 

hat,  nicht  das  Original  des  Grtindungsdiploms  gewesen  sein 
kann.  Ja,  wir  können  vielleicht  weiter  gehen  und  fragen,  ob 
die  Bezeichnung  ,Grtindung8urkunde^  überhaupt  flir  die  Ur- 
kunde, die  Gebhard  besass,  ihre  Berechtigung  hat.  Was  wissen 
wir  von  derselben?  üeber  ihren  formalen  Charakter  lässt  uns 
Cosmas  im  Dunklen;^  vermögen  wir  uns  denn  über  ihren  In- 
halt eine  so  klare  Vorstellung  zu  bilden,  um  sie  als  ,Gründungs- 
urkunde^  bezeichnen  zu  dürfen? 

Cosmas  sagt  allerdings,  das  neue,  von  Kaiser  Heinrich  IV. 
dem  Bischof  Gebhard  in  Mainz  ertheilte  Privileg  sei  dem  alten 
beinahe  gleichlautend  gewesen.*  Allein  diese  Behauptung  er- 
weist sich  denn  doch  bei  näherer  Betrachtung  zum  Mindesten 
als  sehr  ungenau.  Wie  uns  das  Privileg  Kaiser  Heinrichs  IV. 
für  die  Prager  Kirche  vom  Jahre  1086  bei  Cosmas  vorliegt,* 
kann  sich  die  Benützung  einer  Vorurkunde  nur  auf  die  darin 
enthaltene  Grenzbeschreibung  beziehen,  kaum  ein  Viertel  des 
ganzen  Textes.  Alles  Uebrige  ist  durchaus  neue,  den  Zeit- 
umständen und  momentanen  Verhältnissen  angepasste  Fassung. 
Es  lässt  sich  kaum  ein  Satz,  kaum  eine  Formel  angeben,  ßlr 
welche  die  Annahme  einer  Vorlage  wahrscheinlich,  geschweige 
nothwendig  wäre.* 


^  Keinen  weiteren  Aufschluss  bietet  die  Stelle  bei  Cosmas  I,  34:  ,in 
quantam  ampliando  dilataverit  ferro  sui  terminos  dacatus,  apostolica 
testatar  auctoritas  in  privileg^o  eiusdem  Prag^nsis  episcopatos.' 

^  II,  37:  ,ad  cuius  iustam  querimoniam  imperator  .  .  .  novum  antiquo  fem 
eiusdem  tenoris  addit  Privilegium*;  das  ,fere*  wird  noch  dadurch  abge- 
schwächt, dass  Cosmas  bei  Citaten  solche  verallgemeinernde  Ausdrücke 
liebt;  so  sagt  er  gleich  darauf  bei  der  wörtlichen  Einfügung  des  kaiser- 
lichen Privilegs:  ,continet  enim  aut  hunc  aut  huiusmodi  textum.' 

^  Es  gibt  von  dieser  Urkunde,  deren  Original  nicht  existirt,  ausser  der 
Ueberliefening  bei  Cosmas  noch  eine  Copie  saec.  XII  im  Münchner 
Reichsarchiv  (gedruckt  bei  Stumpf- Brentano,  Die  Reichskanzler,  Bd.  3, 
S.  79 — 81).  Kalousek  hat  in  einer  Abhandlung:  J)nihA  kopie  cisarski 
listiny  na  sjednoceni  dioecese  Olomouck^  s  Praiskou  dan^  29.  dubna 
1086  (Sitznngsber.  der  k.  bchm.  Gesellsch.  der  Wissensch.  in  Prag, 
1883,  S.  114 — 119)  die  Abweichungen  beider  Fassungen  geprüft  und 
macht  es  wahrscheinlich,  dass  die  Ueberlieferungen  von  einander  unab- 
hängig sind. 

^  Loserth's  Bemerkung  a.  a.  O.,  S.  24,  dass  ,nicht  blos  der  wesentUche 
Inhalt  (der  Gründungsurkunde),  sondern  vielleicht  auch  einige  Formeln' 
in  Heinrichs  IV.  Urkunde  übergegangen  seien,  ist  eben  nur  zur  Hälfte 
richtig. 


159 

Die  Arenga  gedenkt  der  kaiserlichen  Pflicht,  den  an 
Kirchen  verübten  Schaden  wieder  gut  zu  machen;  das  ist  jeden- 
falls kein  Gedanke,  der  in  einer  Qründungsurkunde  vorauszu- 
setzen wäre.  Die  Narratio  führt  aus,  dass  sich  Bischof  Geb- 
hard  von  Prag  über  die  unrechtmässige  Trennung  Mährens  vom 
Prager  Bisthum  vor  Bischöfen  und  Fürsten  sowie  vor  dem 
Kaiser  beschwert  habe.  Nun  folgt  die  Aufzählung  der  zu  Mainz 
anwesenden  geistlichen  und  weltlichen  Reichsfilrsten,  sodann 
die  ausführliche  Grenzbeschreibung;  nach  dieser  die  Zustimmungs- 
erklärung des  böhmischen  Herzogs  Wratislav,  die  Corroboratio, 
sowie  die  gewöhnlichen  Schlussformeln.  Nirgends  —  von  der 
Grenzbeschreibung  abgesehen  —  findet  sich  ein  Anhaltspunkt 
ftlr  die  Benützung  einer  Vorurkunde.  Ja  noch  mehr.  Der 
Satz:  ,Pragensis  episcopatus,  qui  ab  initio  per  totum  Boemiae 
ac  Moraviae  ducatum  unus  et  integer  constitutus  estS  einer  der 
wichtigsten  der  Urkunde,  weil  er  das  einstmalige  Verhältniss 
des  mährischen  Bisthums  zum  Prager  betrifft,  lässt  deutlich 
erkennen,  dass  er  erst  zufolge  der  Bedrohung  der  Zusammen- 
gehörigkeit Böhmens  und  Mährens  und  wegen  der  bereits 
eingetretenen  Abtrennung  Mährens  von  der  Prager  Diö- 
cese  80  präcise  abgefasst  ist;  der  Ausdruck  ,ab  initio^  ist 
an  und  Air  sich  in  der  Gründungsurkunde  undenkbar,  die 
alleinige  Hervorhebung  der  Zugehörigkeit  Mährens,  nicht  aber 
auch  Polens  und  anderer  Gebiete  zu  Böhmen  ganz  unwahr- 
scheinlich. 

Wir  sehen  somit,  dass  das  Privileg  Kaiser  Heinrichs  IV. 
die  Worte  des  Cosmas  ,fere  eiusdem  tenoris^  als  eine  arge  Un- 
genauigkeit,  um  keinen  stärkeren  Ausdruck  zu  gebrauchen,  er- 
weist. Hätte  Cosmas  die  von  Gebhard  vorgelegte  Urkunde  in 
der  That  gelesen,  würde  er  eine  solche  Unrichtigkeit  nicht 
begangen  haben.  Das  Privileg  von  1086  gibt  nicht  nur  keine 
Möglichkeit,  das  vermeintliche  ,Gründungsdiplom^  zu  recon- 
struiren,  sondern  lässt  es  sogar  als  unwahrscheinlich  erkennen, 
dass  über  die  Grenzbeschreibung  hinaus  eine  Vorlage  benutzt 
worden  sei,  da  Dinge,  die  in  einem  Gründungsdiplome  irgend- 
wie berührt  gewesen  sein  mussten,  völlig  neu  concipirt  wurden. 
Nirgends  wird  auch  in  dem  Privileg  von  1086  einer  vorgelegten 
älteren  Urkunde,  geschweige  einer , Gründungsurkunde'  gedacht; 
man    beruft   sich   stets    blos   auf   die   mündliche  Aussage    des 


160 

Bischofs  Qebhard;^  dass  er  ein  authentisches  Zengniss  fUr  seine 
Ansprüche  vorgebracht  hätte,  wird  in  der  Urkunde  Kaiser 
Heinrichs  IV.  auch  nicht  mit  einem  Worte  angedeutet  Was 
berechtigt  uns  unter  solchen  Verhältnissen  aber,  von  einer  Grün- 
dungsurkunde des  Bisthums  Prag  zu  sprechen,  die  Gebhard 
im  Jahre  1086  —  sei  es  nun  in  echter  oder  unechter  Form  — 
besessen  habe?  Von  Cosmas'  Angaben  bleibt  nur  der  unver- 
ständliche Satz,  in  dem  er  die  Vorlage  Qebhards  ein  von  Adalbert, 
Benedict  und  Otto  bestätigtes  Privileg  nennt,  übrig.  Wie  immer 
man  die  Stelle  aufTassen  will,  so  darf  man  Cosmas'  Autorität  in 
diesem  Punkte  nicht  überschätzen.  Es  ist  wohl  wahr,  dass  er 
damals  selbst  in  Mainz  war,  denn  er  sagt,  er  habe  gesehen,  wie 
Kaiser  Heinrich  IV.  dem  Privileg  das  Handzeichen  beigefügt  habe.* 
Allein  anderei*seits  darf  man  nicht  übersehen,  dass  seither  minde- 
stens fünfundzwanzig,  wahrscheinlich  noch  mehr  Jahre  verstrichen 
waren,  und  dass  Cosmas  erst  als  Greis  sein  Buch  schrieb;  er 
nennt  sich  1125  einen  Achtzigjährigen  und  düi-fte  nicht  viel 
früher  das  Werk  verfasst  haben.*  Weit  entfernt,  ihm  an  dieser 
Stelle  eine  Erfindung  vorwerfen  zu  wollen  —  wiewohl  bekannt 
ist,  dass  manche  Rede  und  mancher  Brief  auf  sein  eigenes 
Kerbholz  geschrieben  werden  muss  —  wird  man  doch  hier  an 
der  Treue  und  Zuverlässigkeit  seines  Gedächtnisses  zweifeln 
dürfen.  Die  Elemente  für  seine  DarsteUung  sind  ja  fast  alle 
vorhanden:  Bischof  Gebhard  hat  in  Mainz  irgend  ein  Blatt  vor- 
gelegt, dafür  ist  die  Grenzbeschreibung  im  Privileg  von  1086 
ein  genügendes  Zeugniss;  man  könnte  sich  auch  denken,  dass 
Gebhard  diese  urkundliche  Aufzeichnung  mit  Bischof  Adalbert  in 
Beziehung  gebracht  hat.  Andererseits  las  Cosmas  im  Privileg 
von  1086  und  mochte  es  auch  selber  wissen,  dass  nach  Gab- 
hards  Aussage  Otto  I.  und  Benedict  VI.  die  Gründung  des  Prager 
Bisthums  bestätigt  hatten.  Allein  die  Verbindung,  die  er  nun 
zwischen  diesen  Elementen  herzustellen  versucht,  indem  er 
Bischof  Gebhard  ein  ,Privileg'  vorlegen  lässt,  welches  Adalbert^ 


^  ,qiialiter  .  .  .  Gebeardas  saepe  confratribus  suis  et  coepiscopis  ceteiisqne 

principibos   nostris    ac  novissime    nobis   conquestus  est*;    iqui  com  Ma- 

gimtiae  .  .  .  eandem  querimoniam  intulisset^ 
'  II,  37  i.  f. :  ^Signum  domini  Heinrici  .  .  .  quod  ego  vidi  ipsum  caesarein  siiis 

manibus  annotantem  in  privilegio  Pragensis  episcopatus.* 
^  lieber   die   Abfassungszeit    1110  oder   1119  vgl.  Loserth,    Stadien    eh 

Cosmas,  a.  a.  O.,  S.  30.  31. 


161 

Otto  und  Benedict  bestätigt  haben  sollten  und  auf  dessen  Grund- 
lage die  neue  Urkunde  abgefasst  wurde,  scheint  seine  eigene 
Combination  zu  sein,  die  nicht  nur  der  Richtigkeit,  sondern  auch 
der  Klarheit  entbehrt. 

Man  hat  mit  Beziehung  auf  die  zeitliche  Nebeneinander- 
stellung Adalberts  mit  Kaiser  Otto  I.  allerdings  bemerkt,  man 
könne  doch  Cosmas  nicht  die  ^Blödigkeit*  zutrauen,  dass  er, 
der  doch  selber  sagt,  Adalbert  sei  der  Nachfolger  des  ersten 
Bischöfe  Dietmar  geworden,*  sich  denselben  an  einer  zweiten 
Stelle  bei  der  Grlindung  des  Bisthums  Prag  zu  Otto  I.  Zeit 
betheiligt  gedacht  hätte.^  Das  ist  gewiss  auffallend;  aUein  es 
darf  andererseits  nicht  tibersehen  werden,  dass  Cosmas  wiederum 
an  anderem  Orte  den  schweren  Irrthum  begeht,  den  heihgen 
Adalbert  noch  zu  Lebzeiten  Ottos  I.  Bischof  von  Prag  werden 
zu  lassen.  Er  sagt  nämlich:  Dietmar  sei  am  2.  Januar  969 
aus  dem  Leben  geschieden,  und  in  demselben  Jahre  am  19.  Fe- 
bruar sei  Adalbert  auf  der  Burg  Levigradec  zu  dessen  Nach- 
folger erwählt  worden.®  Hatte  er  einmal  so  irrige  Anschauungen 
über  die  gegenseitigen  Zeitbeziehungen,  dann  lag  ihm  auch  die 
VorsteUung  nicht  mehr  so  ferne,  Kaiser  Otto  I.  fUr  den  heil. 
Adalbert  oder  neben  demselben  eine  Urkunde  bestätigen  zu 
lassen.  Zeit-  und  Sachverwirrungen  sind  ja  überhaupt  in  Cos- 
mas' Werk  nichts  Ungewöhnliches.* 

Wie  dem  nun  aber  auch  sein  möge,  wir  überzeugen  uns, 
je  genauer  wir  Cosmas  prüfen,  nur  um  so  deutlicher,  dass  seine 
Nachrichten  und  Angaben  in  diesem  Punkte  an  Unklarheit  leiden 
und  einander  mehrfach  widersprechen.  Es  lässt  sich  daher 
auch  nicht  mehr  mit  Sicherheit  ermitteln,  wieviel  von  seinen 
Mittheilungen  über  die  alte   von  Gebhard   producirte  Urkunde 


^  S.  unten  Note  3. 

*  Tomek,  a.  a.  O.,  S.  22,  wiederholt  von  Kalonsek,  S.  30. 

*  Cosmas  I,  24.  25:  ,Dethmanis  . .  .  anno  scilicet  domini  969  lY.  non. 
lannarii  yinclis  camis  absolutus  .  .  .  Facta  est  autem  haec  electio 
(Adalberti)  .  .  .  Levigradec  in  oppido  XI.  Kai.  Martii  eodem,  quo  obiit 
Dethmams  episcopns  anno.*  Dass  dann  cap.  26  anfangt:  ,Ea  tempestate 
adiSt  Otto  n.  .  .  .*  hat  wenig  zu  sagen,  weil  schon  diese  Worte  sowie 
alles  Folgende  bis  zum  Schlüsse  des  Capitels  wörtlich  aus  Canaparius 
entlehnt  ist  (vgl.  Mon.  Germ.  SS.  IX,  50,  Anm.  39). 

*  Vgl.  Palacky,  Würdigung  der  alten  böhmischen  Geschichtsschreiber, 
8.  24  ff.,  8.  27  (über  des  heil.  Adalbert  Verhältniss  zu  Kaiser  Otto  II.), 
8.  28  (über  die  Genealogie  Boleslavs  H.  und  III.),  8.  29  u.  «.  w. 

ArekiT.  LXXXU.  Bd.  I.  H&lfte.  11 


162 

zuverlässig  ist;  sie  für  ir^nd  eine  Form  der  Uründungsurkunde 
des  Bisthums  Prag  zu  halten^  dafür  liegen  zu  unsichere  An- 
haltspunkte vor.  Wir  können  nicht  sagen,  von  wem  dieselbe 
ausgestellt  war,  ^-ir  kennen  den  Zeitpunkt  ihrer  Abfassung 
nicht,  bis  auf  die  Grenzbeschreibung  lässt  sich  ihr  Inhalt  nicht 
mehr  reconstrulren. 

Halten  wir  uns  demnach  an  die  Thatsachen,  die  unzweifel- 
haft sind,  so  ergibt  sich: 

1 .  Bischof  Grebhard  von  Prag  behauptete  vor  der  Mainzer 
Versammlung  im  Jahre  1086,  das  Prager  Bisthum  sei  von 
Kaiser  Otto  I.  begründet  und  von  ihm  und  dem  Papste  Bene- 
dict (VI.)  bestätigt  worden. 

2.  Bischof  Gebhard  besass  eine  alte  Grenzbeschreibung 
des  Prager  Bisthums  in  einer  Tür  uns  nicht  näher  bestimmbaren 
urkundlichen  Form. 

3.  Bischof  Gebhard  behauptete,  das  Prager  Bisthum  sei 
von  Anbeginn  für  das  gesammte  Herzogthum  Böhmen  und 
Mähren  ganz  und  imtheilbar  errichtet  worden. 

Was  den  ersten  Punkt  betrifft,  so  wurde  schon  bemerkt, 
dass,  da  die  Beweise  für  die  Gründung  des  Prager  Bisthums 
unter  Otto  11.  nicht  ausschlaggebend  sind,  kein  Grund  vorliegt, 
Gebhards  Behauptung  als  wissentliehen  oder  zufUlligen  Irrthum 
anzusehen. 

Die  Grenzbeschreibung  scheint  keine  im  Jahre  1086  ad 
hoc  gemachte  Fälschung  zu  sein,  denn  sie  trägt  mit  ihrer  in 
Gebhards  Zeit  vöUig  zwecklosen  Einbeziehung  weiter,  dem 
Prager  Bisthum  längst  entfremdeter  Gebiete  den  Stempel  einer 
früheren  Periode  an  sich.^  Allein  es  ist  nicht  noth wendig,  diese 
Grenzbeschreibung  als  ein  authentisches  Zeugniss  für  den  Um. 
fang  des  Prager  Bisthums  zur  Zeit  seiner  Gründung  anzusehen? 
da  es  sich  nicht  erweisen  lässt,  dass  sie  thatsächlich  einen 
Ueberrest  des  ursprünglichen  Gründimgsdiploms  bildete.  Sie 
kann  aus  späterer  Zeit  herrühren,  es  ist  aber  auch  möglich, 
dass  sie  ebensowenig  dem  factischen  Besitzstande  zur  Zeit  ihrer 
Entstehung  entspricht,  als  das  Privileg  Heinrichs  IV.  den  that- 
sächlichen  Besitzverhältnissen  Prags  im  Jahre  1086.  Gebhard 
Hess  sich  in  diesem  Jahre  vom  deutschen  Kaiser  und  voni 
Papste  Rechte  auf  Polen  und  Scjilesien  in  unbegrenztem  Masse 


^  Vgl.  auch  Kalousek,  S.  35. 


163 

urkundUch  bestätigen,  die  auszuüben  mit  Rücksicht  auf  die 
Bisthümer  Krakau  und  Breslau  ftir  ihn  nicht  mehr  denkbar 
war;  man  konnte  ebenso  im  Jahre  973  und  später  die  Bisthums- 
grenzen  auf  Gebiete  ausgedehnt  haben,  die  nicht  im  Bereiche 
der  Machtsphäre  des  böhmischen  Herzogs  lagen.  Die  Grenz- 
beschreibung des  Bisthums  Prag,  die  uns  im  Privileg 
von  1086  vorliegt,  kann  demnach  nicht  den  Ausgangs- 
und Stützpunkt  bieten  für  den  Beweis,  dass  Mähren 
in  der  zweiten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  mit  Böhmen 
politisch  verbunden  war. 

Dass  —  um  zum  dritten  Punkte  überzugehen  —  Bischof 
Gebhard  die  Behauptung  aufstellte,  Mähren  sei  seit  der  Er- 
richtung des  Bisthums  Prag  stets  und  untheilbar  dazu  gerechnet 
worden,  ist  ja  voUkommen  begreiflich,  da  er  auf  die  Wieder- 
vereinigung der  beiden  Bisthümer  hinarbeitete. 

Wir  brauchen  Gebhard  deshalb  keiner  Fälschung  zu 
zeihen,  wenngleich  hinlänglich  bekannt  ist,  dass  sich  der  Prager 
Bischof  keines  guten  Leumimdes  erfreute.  Papst  Gregor  VH., 
der  dessen  Process  mit  dem  Bischöfe  Johann  von  Olmütz  zu 
entscheiden  hatte,  wirft  ihm  vor,  dass  er  gegen  sein  Versprechen 
anders  gehandelt  habe,  als  es  der  Papst  ihm  befohlen;  er  habe, 
sagt  Gregor,  über  die  päpstlichen  Aussagen  Lügen  erdichtet 
und  des  Papstes  Urkunden  unterdrückt.  Ebenso  offen  spricht 
sich  Gregor  in  dem  Schreiben  an  Gebhards  Bruder,  Herzog 
Wratislav,  und  an  den  Olmützer  Bischof  Johann  dahin  aus: 
Gebhard  sei  nur  auf  betrügerische  Weise  vorgegangen  und  habe 
die  päpsüichen  Befehle  und  Verfügungen  wissentlich  verkehrt 
und  entstdlt.^ 

Allein  die  Grenzbeschreibung  als'  eine  aus  der  Feder  Geb- 
hards geflossene  Urkundenfklschung  anzusehen,  dafür  liegen 
keine  Beweise  vor.     Dass  Gebhard  die  kirchliche  Verbindung 


*  Vgl.  Cod.  dipl.  Moraviae  I,  p.  165:  ,et  quod  valde  nobis  molestum  est, 
noetra  concessione  te  id  fecisse  mentitus  es*;  p.  156:  ,hac  igitnr  occasione 
et  de  nobis  mendacium  finxisti  et  decreta  subvertisti;'  p.  154:  ,de  castro 
qaodam  .  . .  contra  interdictam  nostrum  et  contra  sui  ipsius  in  manus 
nostras  datam  promissionem  etiam  de  nobis  mentiendo,  quasi  id  sibi  con- 
ceeserimos  ...  de  quo  mendacio  et  fraude  .  .  .;*  p.  157:  ,Scimus  enim, 
qoanta  fraude  Pratensis  episcopus  te  circumvenit:  qui  tarnen  non 
solam  ad  tuas,  sed  de  nobis  mentiendo  et  quasi  ex  nostra  concessione 
rapacitatem  suam  roborando,   ad  nostras  etiam  ininrias    patenter  erupit.* 

11* 


164 

Mährens  mit  Böhmen  bis  an  die  GrÜndungszeit  des  Prager 
Bisthums  zurückdatirte^  kann  sogar  seine  persönliche  Ueber- 
zeugung  gewesen  sein,  wenn  er  die  Grenzbeschreibung  fiir  älter 
hielt,  ab  sie  in  Wirklichkeit  gewesen  sein  mag,  oder  ihr  mehr 
Bedeutung  zuschrieb,  als  sie  thatsächlich  besitzen  mochte. 

Es  scheint  mir,  da  man  sich  über  die  Zeit  ihrer  Ent- 
stehung denn  doch  eine  Meinung  bilden  muss,  nicht  unmöglich, 
dass  sie  einer  ähnlichen  Quelle  entstammt  wie  die  Grenzbe- 
schreibung des  SlavnikingerfUrstenthums,  die  uns  bei  Cosmas 
erhalten  ist,  also  einer  Adalbertlegende.  Der  heil.  Adalbert 
dürfte,  ohne  dass  Mähren  in  politischer  Beziehung  zu  Böhmen 
stand,  einigen  Eanfluss  auf  die  kirchlichen  Geschicke  dieses 
Landes  genommen  zu  haben,  ebenso  wie  er  nachweislich  auch 
in  Ungarn  und  im  Polenreiche  fUr  die  Ausbreitung  des  Glaubens 
thätig  war,*  wiewohl  hier  von  einem  politischen  Connex  nicht 
die  Rede  sein  kann.  So  mag  in  einer  bald  nach  seinem  Tode 
niedergeschriebenen  Vita  die  Grenze  seiner  Diöcese  einerseita 
im  Südosten  weit  über  Mähren  bis  nach  Ungarn  hinein,  anderer- 
seits im  Nordosten  bis  an  den  Bug  und  Stry  ausgedehnt  worden 
sein.  Es  möchte  diese  Annahme  zugleich  einen  schwachen 
Anhaltspimkt  bieten,  wieso  der  heil.  Adalbert  mit  der  Urkunde, 
die  Gebhard  besass,   in  Verbindung  gebracht  werden   konnte. 

Dass  aber  der  Prager  Bischof  auf  so  unbestimmte  Gründe 
hin  im  Jahre  1086  sein  Ziel  erreichen  konnte,  das  liegt  in  den 
Zeitverhältnissen  begründet.  Das  Privileg  Heinrichs  IV.  für 
die  Prager  Kirche  ist  nur  vom  Gesichtspunkte  der  damaligen 
allgemeinen  politischen  Lage  zu  verstehen. 

Für  Kaiser  Heinrich  IV.  schien  das  Jahr  1085  einen  gün- 
stigen Verlauf  zu  nehmen.  Sein  grosser  Gegner,  Papst  Gre- 
gor Vn.,  war  gestorben,  und  es  Hess  sich  zunächst  kein  gleich 
starker  und  kampflustiger  Nachfolger  finden;  auch  auf  dem 
deutschen  Schlachtfelde  schienen  die  Gegner  sich  theils  dem 
Kaiser  zu  nähern,  theils  sich  vor  ihm  zurückzuziehen.  Allein, 
noch  vor  der  Wende  dqs  Jahres  erfolgte  der  Rückschlag.  In 
Sachsen  brach  im  Herbste  der  Aufstand  imd  die  Empörung 
wieder  los,  und  vergebens  bemühte  sich  Heinrich  zu  Be^nn 
des  Jahres  1086,  die  Ruhe  daselbst  wieder  herzustellen.  Auch 
im  übrigen  Deutschland  sammelten  sich  die  Gegner  des  Kaisers 


^  Vgl.  Dudik,  Geschichte  Mährens  2,  63.  65  und  67. 


165 

aufs  Neue.  Da  berief  in  der  Fastenzeit  des  Jahres  1086  Hein- 
rich IV.  seine  Getreuen  zu  sich  nach  Mainz.  Zugegen  waren 
die  Erzbischöfe  von  Mainz^  Köln,  Trier,  Bremen,  nebst  zwölf 
Bischöfen;  von  weltlichen  Grossen  vornehmlich  Herzog  Fried- 
rich von  Schwaben,  Luitpolt  von  Kärnten,  Pfalzgraf  Rapoto 
und  Herzog  Wratislav  von  Böhmen.  Gerade  der  zuletzt  Ge- 
nannte war  nicht  nur  einer  der  getreuesten,  sondern  auch  einer 
der  mächtigsten  Verbündeten  des  deutschen  Kaisers  seit  mehr 
als  einem  Jahrzehnte.  Die  Unterstützung,  die  Heinrich  IV.  von 
dieser  Seite  erhielt,  kann  thatsächlich  nicht  hoch  genug  ange- 
schlagen werden.  Und  wie  der  Kaiser  den  Herzog  selbst  an 
sich  zu  fesseln  wusste,  so  verband  er  sich  auch  dessen  Bruder, 
den  energischen  Bischof  Gebhard  von  Prag,  zu  treuer  Anhäng- 
lichkeit. Vom  Jahre  1077 — 1084  hatte  derselbe  das  wichtige 
Amt  eines  Reichskanzlers  innegehabt.^ 

Diese  beiden  Freunde  durch  Gunstbezeigungen  sich  zu 
erhalten,  musste  bei  den  bevorstehenden  neuerlichen  Kämpfen 
Heinrichs  erstes  Augenmerk  sein.  In  Mainz  ertheilte  der  Kaiser 
dem  Böhmenherzoge  die  Würde  eines  Königs  von  Böhmen  und 
Polen,  und  trotz  dieser  Rangerhöhung  ungewöhnlichster  Art 
erklärte  der  Erzbischof  von  Mainz  dem  Papste  Clemens,  dieser 
Fürst  wäre  für  seine  mannigfachen  Dienste  noch  grösserer 
kaiserUcher  Huld   werth  gewesen,   wenn   es  eine   solche  gäbe.* 

Eben  vor  diese  Mainzer  Versammlung  brachte  auch  der 
Prager  Bischof  seine  Klagen  und  Bitten  und  erlangte  unter 
Zustimmung  seines  Bruders  vom  Kaiser  Heinrich  IV.  die  Ver- 
einigung des  mährischen  Bisthums  mit  dem  von  Prag,  die  er 
sich  dann  allsogleich  auch  von  dem  kaiserlichen  Papste  Clemens 
in  Rom  bestätigen  hess.^  Es  konnte  für  ihn  keinen  günstigeren 
Zeitpunkt  geben,  um  einen  nun  fast  zwanzigjährigen  Streit  zu 
seinen  Gunsten  zur  Entscheidung  zu  bringen.  In  diesem  langen 
Zeiträume  war  es  ihm  nicht  gelungen,  sein  Ziel  zu  erreichen; 
erregt  schon  diese  Thatsache  den  Verdacht,  dass  seine  An- 
sprüche nicht  allzu   gut   begründet  waren,   so  noch   mehr  ein 


'  Bresslan,  Handbuch  der  Urknndenlehre  1,  360. 

'  Vgl.  Giesebrecht,  Geschichte  der  deatschen  Kaiserzeit  III,  619. 

*  Vgl.  Cosmas  II,  38:  ,Similiter  eodem  anno  Heinrico  imperatore  deman- 

dante  . .  .    domnus  Clemens  papa  secuudum  praedictos  terminos  suos  suo 

privilegio  corrobat  Pragensem  episcopatnm/ 


166 

Ueberblick   über  den  Verlauf  dieses  Processes  des  Prager  Bi- 
schofs um  die  mährische  Diöcese.^ 

Jaromir,  wie  er  mit  seinem  weltlichen  Namen  hiess,  Geh- 
hard,  wie  er  als  Bischof  von  Prag  genannt  wurde,  war  der 
viertgeborene  Sohn  Herzog  Bfetislavs  I.  von  Böhmen.  Er  stand 
noch  in  den  -  Jünglingsjahren,  als  sein  Vater  starb  und  sein 
ältester  Bruder  Spitihnev  das  Erbe  antrat.  Von  einer  Berück- 
sichtigung bei  der  Ländertheilung  war  umsoweniger  die  Rede, 
als  Jaromir  schon  vom  Vater  flir  den  geistlichen  Stand  bestimmt 
worden  war.  Während  der  Regierung  Spitihnevs,  den  Jaromir 
ftlrchtete,  weilte  er  zu  seiner  Ausbildung  auf  einer  auswärtigen 
Schule,  kehrte  aber  schleunig  in  seine  Heimat  zurück,  als  sein 
ältester  Bruder  im  Jahre  1061  gestorben  war,  der  zweite,  Wratislav, 
die  böhmische  Herzogswürde  übernahm  und  die  beiden  jün- 
geren,  Konrad  und  Otto,   sich  in  den  Besitz  Mährens  tbeilten. 

Allein  auch  Wratislav  berücksichtigte  die  Ansprüche  Ja- 
romirs  nicht;  er  veranlasste  ihn  vielmehr,  die  niederen  Weihen 
zu  nehmen,  und  versprach,  ihm  das  Prager  Bisthum  nach  dessen 
voraussichtlich  baldiger  Erledigung  —  Bischof  Severus  hatte 
dasselbe  bereits  seit  1030  inne  —   zu  übertragen. 

Das  Verhältniss  Jaromirs  zu  seinem  Bruder  Wratislav 
gestaltete  sich  jedoch  bald  so  ungünstig,  dass  der  junge  Diakon 
Prag  verliess  und  beim  Polenherzoge  Boleslav  H.  Zuflucht  nahm. 
Eine  der  Ursachen  des  Zerwürfnisses  zwischen  den  Brüdern 
dürfte  wohl  auch  die  Loslösung  Mährens  vom  Prager  Bisthums- 
Sprengel  gebildet  haben.  Etwa  im  Jahre  1063  setzte  es  nämlich 
Herzog  Wratislav  bei  dem  alten  Bischöfe  Severus  durch,  dass 
in  Olmütz  ein  eigenes  Bisthum  für  Mähren  errichtet  und  Jo- 
hannes, ein  Mönch  aus  dem  Benedictinerkloster  Bfevnov,  dem- 
selben vorgesetzt  wurde.  Trotz  der  Entschädigung,  die  der 
Herzog  dem  Prager  Bisthume  hiefür  zuwies,  lag  darin  eine  sehr 
bedeutende  Schmälerung  der  Machtsphäre  des  künftigen  Bischofs 
Jaromir,  besonders  auch,  weil  dieser  hiedurch  von  einer  inni- 
geren Verbindung  mit  seinen  beiden  Brüdern,  die  in  Mähren 
regierten,  abgeschnitten  wurde. 

Mit  seiner  Flucht  aus  Böhmen  hatte  aber  Jaromir  auf  seine 
Erbansprüche  keineswegs  verzichtet,  sondern  wartete  blos  den 

*  \g\.  die  ausführliche  Darstellung  bei  Dud{k,  Mährens  allgemeine  Ge- 
schichte, Bd.  2. 


167 

Tod  Bischof  Severs  in  der  Fremde  ab.  Als  dieser  im  Jahre 
1068  erfolgte,  kehrte  Jaromir  zurück  und  zwang,  von  seinen 
mährischen  Brtidera  Konrad  und  Otto,  sowie  einer  mächtigen 
Adelspartei  unterstützt,  Wratislav,  ihm  und  nicht  Lanzo,  den  der 
Herzog  für  den  erledigten  Prager  Stuhl  bereits  ausersehen  hatte, 
das  Prager  Bisthum  zu  überlassen.  Mähren  allerdings  sollte 
Bischof  Johannes  verbleiben. 

Doch  Bischof  Gebhard  empfand  diese  Theilung  und  Ver- 
minderung seines  Erbes  sehr  schwer.  Nach  einigen  vergeb- 
lichen Versuchen,  auf  gütlichem  Wege  den  Herzog  zur  Wieder- 
herstellung des  früheren  Zustandes  zu  bewegen,  erklärte  —  so 
erzählt  Cosmas  —  Bischof  Gebhard,  nunmehr  kein  Mittel 
mehr  zu  scheuen,  um  beide  Bisthümer  in  seiner  Hand  zu  ver- 
einigen, selbst  auf  die  Gefahr  hin,  Alles  zu  verlieren.^  WirkUch 
überfiel  er  auch  den  greisen  Olmützer  Bischof,  misshandelte 
ihn,  ohne  aber,  wie  es  scheint,  im  Uebrigen  in  den  thatsäch- 
lichen  Verhältnissen  eine  Aenderung  herbeiftihren  zu  können. 
Johann  blieb  in  seinem  Olmützer  Bisthume;  Bischof  Gebhard 
wurde  nun  aber  wegen  seiner  Gewaltthätigkeit  vom  Herzoge 
Wratislav  beim  päpstlichen  Stuhle  verklagt,  und  Papst  Ale- 
xander H.  entsandte  zwei  Legaten  nach  Böhmen,  die  Gebhard 
seiner  bischöflichen  Würde  entkleideten,  während  Herzog  Wra- 
tislav ihm  alle  seine  Güter  und  Einnahmen  entzog.  Damit  war 
jedoch  der  Streit  nicht  entschieden.  Papst  Gregor  VH.,  der  am 
22.  April  1073  Alexander  H.  auf  dem  päpstlichen  Stuhle  folgte, 
lud,  von  der  tiefen  Missstimmung  imterrichtet,  die  wegen  Geb- 
bards  Absetzung  im  böhmischen  Clerus  herrschte,  die  streitenden 
Parteien  nach  Rom  (31.  Januar  1074).  Am  16.  April  1074 
theilte  bereits  Papst  Gregor  VH.  dem  Herzoge  Wratislav  das 
Ergebniss  der  ersten  Untersuchung  mit.  Bischof  Gebhard  habe 
sich  wegen  der  am  Olmützer  Bischöfe  begangenen  Beleidi- 
gungen gereinigt  und  sei  daher  in  seinem  Prager  Bischofssitze 
wieder  aufzunehmen  und  darin  zu  schützen.  Der  Güterstreit* 
zwischen  beiden  Bischöfen  werde  erst  auf  einer  künftigen  Synode 
entschieden  werden   können,    da   diesmal   Bischof  Johann   von 


^  II,  27:  ,Qnoniam  quidein,  inquit,  iam  per  quatuor  annoH  aut  plus  sup- 
plicando  nequeo  efficere,  quod  volo,  facio,  quod  queo;  et  teste  deo  aut 
utrumque  coadunabo  aut  utroqne  carebo  episcopio.* 

'  yterram  vero,    unde  inter    episcopos  lis  est.'     Cod.  dipl.  Morav.  I,  p.  153. 


168 

Olmütz  nicht  zugegen  gewesen  sei  und  auch  die  Zeugenaussage 
des  Herzogs  selbst  hierbei  erwünscht  wäre;  vorläufig  mögen 
die  strittigen  Gebiete  im  Besitze  Johanns  von  Olmütz  verbleiben. 
Da  aber  Bischof  Gebhard  einen  Theil  derselben  gewaltsam  an 
sich  riss^  erfolgten  abermalige  Klagen^  so  dass  der  Papst  die 
Angelegenheit  vor  die  Fastensynode  (Februar)  1075  brachte. 
Am  2.  März  verkündete  der  Papst,  dass  auf  Grund  einer  Ver- 
einbarung der  beiden  Parteien  der  zwischen  Gebhard  und 
Johann  streitige  Besitz  in  zwei  gleiche  Theile  getheilt  werden 
und  vorläufig  jeder  Bischof  eine  Hälfte  erhalten  solle.  Könne 
eine  Partei  im  Laufe  der  folgenden  zehn  Jahre  sichere  Zeug- 
nisse, sei  es  schriftlich,  sei  es  durch  mündliche  Zeugen  bei- 
bringen, solle  der  Process  nochmals  durchgeflihrt  werden,  wenn 
aber  nicht,  bleibe  diese  Entscheidung  in  Kraft. 

In  dieser  Urkunde  sagt  der  Papst,  es  handle  sich  bei 
dem  Streite  der  Bischöfe  um  ,gewisse  Zehnten  und  Gtiter^, 
,de  quibusdam  decimis  et  curtibus^,  und  im  ganzen  Verlaufe 
des  Processes,  der  vor  der  Curie  geführt  wurde,  und  über  den 
uns  ftlnfzehn  Urkunden  Aufschluss  geben  (davon  eine  von  Papst 
Alexander  H.,  eine  von  Erzbischof  Sigfrid  von  Mainz  und  die 
übrigen  dreizehn  von  Papst  Gregor  VH.),*  wird  immer  nur  auf 
einen  Güterstreit  Bezug  genommen.  Ausser  dass  einmal  eine 
,praepositura*  und  ein  ,castrum  s.  Venzeslai'  genannt  wird,*  er- 
scheint das  Streitobject  niemals  näher  bezeichnet.  Vergebens 
aber  suchen  wir  nach  einer  Andeutung  darüber,  dass  Bischof 
Gebhard  vor  dem  Papste  über  die  ungerechte  Losreissung 
Mährens  vom  Prager  Bisthume  oder  über  die  neuartige  Be- 
setzung des  Olmützer  Bischofsstuhles  geklagt  hätte.  Diese  Frage 
wird  in  den  ganzen  Verhandlungen  auch  nicht  einmal  mit 
einem  Worte  gestreift,  die  langen  Briefe  des  Papstes  Gregor  VH. 
an  den  Herzog  Wratislav  oder  an  die  Bischöfe  berühren  ge- 
rade diesen,  wie  es  nach  Cosmas  scheinen  möchte,  entschei- 
denden Punkt  des  Streites  gar  nicht.'  Das  kann  weder  Zufall 
noch  Absicht  sein;  vielmehr  ist  dieser  Gegensatz  zwischen  der 

»  Vgl.  Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  163.  166—179. 

•  A.  a.  O.  Nr.  174,  p.  153;  vgl.  Dudfk  2,  379. 

'  Dieser  Widerspruch  ist  auch  schon  seinerzeit  F.  X.  Richter  aufge- 
fallen in  seiner  Abhandlung  ,Die  Olmützer  Kirche  in  den  Tagen  der 
Stürme  und  Gefahren*  in  Wolny^s  Taschenbuch  für  die  Geschichte 
Mährens  und  Schlesiens,  Bd.  3,  1829. 


169 

Darstellung  bei  Cosmas  und  dem  Inhalte  der  päpstlichen  Ur- 
kunden nur  so  zu  erklären^  dass  uns  Cosmas  vom  Anbeginne 
den  Streit  im  Hinblicke  auf  das  Endziel^  das  Gebhard  im  Auge 
hatte^  schildert^  während  der  Papst  nur  den  äusseren  Anlass 
des  Streites  kennt  und  berücksichtigt.  Nicht  nur  als  Geschichts- 
schreiber, der  bereits  die  Gesammtheit  der  Ereignisse  über- 
blickt/ sondern  auch  durch  seine  einstigen  Beziehungen  zu 
Bischof  Gebhard  war  Cosmas  befUhigt,  auch  die  tieferen  Motive 
des  Streites  zu  kennen.  Wenn  aber  Gebhard  mit  seinen  An- 
sprachen und  Forderungen  auf  Wiedervereinigung  des  Olmützer 
Bisthums  mit  dem  von  Prag  nicht  oflFen  hervortrat,  wofür  eben 
die  päpstlichen  Urkunden  ein  sicheres  Zeugniss  bieten,  so 
können  wir  den  Grund  hieflü*  nur  darin  sehen,  dass  es  ihm 
an  Beweismitteln  fehlte,  die  ihm  einen  Kampf  auf  dieser 
breiteren  Grundlage  ermöglicht  hätten. 

Anfänglich  bildete  demnach  blos  die  bei  der  Lostrennung 
Mährens  von  der  Präger  Diöcese  im  Jahre  1063  durch  Herzog 
Wratislav  verfügte  Güterscheidung  das  Substrat  der  Streitig- 
keiten zwischen  Bischof  Gebhard  von  Prag  und  Bischof  Johann 
von  Olmütz,  nicht  aber  die  Lostrennung  selbst.  Bischof  Geb- 
hard wagte  damals  noch  nicht  die  Existenzberechtigung  eines 
eigenen  mährischen  Bisthums  anzugreifen,  wie  nachmals  im 
Jahre  1086. 

Dieses  Verbergen  seiner  eigentlichen  Absichten  und 
Wünsche  ist  aber  durchaus  unvereinbar  mit  der  Annahme, 
dass  Bischof  Gebhard  die  Mährens  Zugehörigkeit  zu  Böhmen 
erweisende  Gründüngsurkunde  in  irgend  einer  authentischen 
Form  besessen  habe.  Was  hätte  ihn  zurückhalten  sollen,  mit 
Beinern  wichtigen  Documente  von  allem  Anbeginne  den  Papst 
von  seinen  Rechten  nicht  nur  auf  einige  Zehnten  und  Güter, 
sondern  auf  den  ganzen  mährischen  Sprengel  zu  überzeugen; 
warum  zögerte  er  denn  in  den  zehn  Jahren  von  1075 — 1085, 
die  der  Papst  ausdrücklich  als  Frist  zur  Erbringung  ,besserer 
Beweise'  gewährt  hatte,  dasselbe  vorzulegen? 

Zugleich  sprechen  aber  auch  diese  Verhältnisse  gegen  die 
Annahme,  dass  das  von  Gebhard  in  Mainz  producirte  Privileg 
eine  gefälschte  Gründungsurkunde  gewesen  sei.  Mit  einer 
Fälschung,  die  in  der  Reichskanzlei  von  den  zahlreichen  Bi- 
schöfen und  Würdenträgem  des  Reiches  im  Jahre  1086  als 
solche  nicht   erkannt   wurde,    hätte  Gebhard   sein  Glück  wohl 


170 

auch  bei  der  Curie  versuchen  können.  Denn  die  Annahme, 
dass  er  erst  gerade  nach  Ablauf  der  zehnjährigen  Frist,  im 
Jahre  1086  auf  dieses  doch  nicht  gar  so  fernliegende  Auskunfls- 
mittel  verfiel,  ist  an  sich  unwahrscheinlich;  ja  es  hätte  ein  so 
plötzlich  auftauchendes  wichtiges  Beweismittel  bei  den  Mit- 
gliedern der  Mainzer  Versammlung  um  so  grössere  Bedenken 
erregen  müssen.  Bei  diesem  wdt  vorgeschrittenen  Stande  der  Ange- 
legenheit, nachdem  der  Process  bereits  zwei  Jahrzehnte  gewährt 
hatte,  konnte  und  durfte  Bischof  Gebhard  ein  Gründungsdiplom 
nicht  mehr  ftllschen,  ohne  seine  Sache  zu  gefährden;  gegen 
eine  frühere  Existenz  desselben  spricht  wiederum  der  Verlauf 
des  Processes. 

So  scheinen  mir  auch  diese  Erwägungen  daflir  zu  zeugen, 
dass  wir  in  dem  ,Privilegium'  des  Cosmas  eine  viel  unwich- 
tigere, aber  keineswegs  von  Bischof  Gebhard  gefälschte  urkund- 
liche Aufzeichnung  erkennen  müssen,  deren  Haupt-,  vielleicht 
einziger  Inhalt  die  Grenzbeschreibung  des  Prager  Bisthums  war. 

Dass  Gebhard  im  Uebrigen  nicht  der  Mann  war,  seine  be- 
weiskräftigen Privilegien   in  einem   derartigen  Falle   unbenutzt 
zu  lassen,  dafür  bietet  sich  uns  ein  ganz  unzweifelhafter  Beweis, 
der  um  so  charakteristischer  ist,  als  er  sich  auf  dieselbe  Sache 
bezieht.     Nachdem   nämlich   die   Vereinigung   der   beiden   Bis- 
thümer  im  Jahre  1086  erfolgt  war,    beschloss  König  Wratislav 
von  Böhmen  im  Jahre  1088  die  Verbindung   doch  wieder  auf- 
zulösen  und  ernannte   eigenmächtig  seinen  Caplan  Wezlo  zum 
Bischof  von  Olmütz.    Da  berief  sich  aber,   wie  wir  aus  Cosmas 
ersehen,  Gebhard   sofort  auf  die  Privilegien  Heinrichs  IV.  und 
Papst  Clemens  HI.,  die  er  im  Jahre  1086   erlangt  hatte,  nicht 
aber   auf  irgend   ein   älteres.     Er  woUte   nach  Rom  eilen,    um 
wegen   solcher  Verletzung   einer  von  Kaiser  und  Papst   bestÄ- 
tigten  Verfolgung  vor  Allem   beim   apostolischen   Stuhle  Klage 
zu  führen;  denn  dies^sei  ein  nicht  nur  ihm  und  seiner  Kirche, 
sondern  auch  dem  Papste  zugefügtes  Unrecht.    Auf  dem  Wege 
dahin  starb  er  aber  in  Ungarn.* 


^  Cosmas  11,  41:  ,Quo  iu  facto  palam  se  fecit  notabilem  (sc.  Wratislaus) 
non  solum  sprevisse,  quod  ipse  coram  imperatore  et  eius  episcopis  col- 
laudayerat,  ut  nnus  foret  uterque  episcopatus,  verum  eüam  papae  Clo* 
mentis  violasse  Privilegium,  quo  eiusdem  terminos  episcopii  roboravorat. 
Haue  ut  apploraret.^pe8tolico  illatam  ecclesiae  ininstitiam,  praesul  Geb* 
hardus  iturns  erat  Romam.* 


171 

In  den  Jahren  1073 — 1086,  oder  eigentlich  von  1068  an, 
sehen  wir  Gebhard  einen  anderen  Weg  einschlagen:  zuerst 
versuchte  er  es,  wie  Cosmas  berichtet,^  mit  Bitten  und  Ge- 
schenken, dann  mit  der  Fürsprache  massgebender  Freunde  und 
schliesslich  mit  List  und  Gewalt;  den  Rechtsweg  aber,  die  Ap- 
pellation nach  Rom,  wozu  ihm  die  dem  Privilegium  von  1086 
^t  gleichlautende'  Gründungsurkunde  Ottos  I.  und  deren  Be- 
stätigung durch  Papst  Benedict  VI.  doch  gewiss  die  Möglich- 
keit gewährt  hätte,  betrat  er  nicht;  und  das  scheint  denn  doch 
ebensowohl  gegen  die  Existenz  einer  echten  als  einer  gefälsch- 
ten Gründungsurkunde  zu  sprechen. 

Wenn  die  bisherige  Darlegung  zeigen  sollte,  dass  einer- 
seits entgegen  den  unklaren  und  sich  widersprechenden  An- 
gaben bei  Cosmas  das  Privileg  Kaiser  Heinrichs  IV.  für  die 
Prager  Kirche  vom  29.  April  1086  eine  eigentliche  Gründungs- 
urkunde des  Prager  Bischofssitzes  nicht  voraussetzt;  dass  an- 
dererseits die  kirchlichen  Ansprüche  des  Prager  Bisthums  auf 
Mähren  von  der  Gründungszeit  angefangen  sich  urkundlich 
nicht  sicher  erweisen  lassen,  so  ergeben  sich  speciell  gegen 
die  Annahme  des  poUtischen  Zusammenhanges  zwischen  Böhmen 
und  Mähren  im  10.  Jahrhunderte  doch  auch  noch  andere  Zweifel 
und  Schwierigkeiten,  wenn  wir  den  allgemeinen  geschichtlichen 
Ereignissen  jener  Zeitperiode  unsere  Aufmerksamkeit  zuwenden. 

Zu  gleicher  Zeit,  als  im  Reiche  der  Pfemysliden  der  Plan 
auftauchte,  in  Prag  ein  Bisthum  zu  errichten,  trug  sich  der 
berühmte  Bischof  Piligrim  von  Passau  mit  dem  Gedanken, 
seinem  Sitze  den  Rang  einer  Metropole  zu  verschaflFen  und  für 
dieselbe  Ungarn  und  Mähren  zu  erwerben.*  Es  ist  erwiesen, 
dass  er,  um  zu  diesem  Ziele  zu  gelangen,  eine  Anzahl  Ur- 
kunden fälschte,  die  seine  Ansprüche  als  legal  erweisen  sollten. 
Mit  diesen  Fälschungen  und  einem  ausführlichen  Berichte  über 
seine  Missionsthätigkeit  im  Lande  der  Ungarn  schickte  er  eine 
Gesandtschaft  nach  Rom,   die   ihm   beim  Papste  Benedict   das 


^  U,  27:  yAnno  dominicae  incarnationis  1073  postquam  praesul  Gebeardus 
ridit,  qaod  labor  saus  cessit  in  cassnm,  quia  nee  precibus,  nee  muneri- 
bna,  nee  per  amicos  fleetere  quivit  fratrem  suam  Wratizlaum,  ut  suum 
reciperet  eoncambium  et  Johannem  eliminaret  episcopuni.^ 

*  Vgl.  im  Allgemeinen:  Du  mm  1er,  Piligrim  von  Paasan  und  das  Erzbis- 
thom  Lorch  (1854). 


172 

Pallium^    sowie  die  Bestätigang  seiner  Ansprüche  auf  die   ge- 
nannten  Gebiete  im  Osten  erwirken  sollte.* 

Die  Schwierigkeit,  die  sich  .daraus  ergibt,  dass  fast  zu 
derselben  Zeit  Mähren  sowohl  für  die  Prager  als  flir  die  Passauer 
Diöcese  sollte  beansprucht  worden  sein,  ist,  obwohl  bemerkt, 
doch  nicht  genügend  erklärt  worden.  Da  der  Zeitpunkt  der 
Qründung  Prags  sich  chronologisch  ebensowenig  feststellen  lässt 
wie  der  Plan  Piligrims,  so  schien  sich  der  Widerspruch  besei- 
tigen zu  lassen,  wenn  man  Pih'grim,  der  971  die  Bischofswürde 
erlangt  hatte,  etwa  im  Jahre  973  seine  Pläne  fassen  liess  und 
die  Errichtung  des  Prager  Bisthums  frühestens  in  das  Jahr  974 
verlegte.*  Allein  es  scheint  mir  ganz  ungenügend,  bei  der- 
artigen Ereignissen,  denen  doch  längere  Verhandlungen  voraus- 
gingen, lediglich  den  Zeitpunkt  der  endgiltigen  Entscheidung 
ins  Auge  zu  fassen.  Würde  auch  die  Gründung  des  Bisthums 
Prag  in  das  Jahr  974  oder  gar  976  gehören,  so  kann  doch 
darüber  kein  Zweifel  obwalten,  dass  der  Plan  der  Errichtung 
desselben  zur  Zeit  Ottos  I.  bereits  bestand,  vielleicht  bis  in  das 
Jahr  967  zurückreicht.  Wir  haben  die  Nachricht,  dass  die 
Oründung  des  Bisthums  hauptsächlich  durch  die  Weigerung 
des  Bischofs  Michael  von  Regensburg,  zu  dessen  Diöcese 
Böhmen  damals  gehörte,  verzögert  wurde,  bis  endlich  der  neue 
Bischof  Wolfgang,  der  im  December  972  zu  dieser  Würde  er- 
hoben ward,  in  die  Ausscheidung  des  Landes  Böhmen  willigte.' 

Piligrim,  durch  dessen  Bemühungen  hauptsächlich  Wolf- 
gang zum  Regensburger  Stuhle  gelangt  war,  muss  von  den  auf 
die  Gründung  des  Prager  Bischofssitzes  bezüglichen  Plänen  voll- 
ständige Kenntniss  gehabt  haben,  so  dass  die  Annahme  einer 
Collision  der  beiderseitigen  Ansprüche  auf  Mähren  unter  allen 
Verhältnissen  unausweichlich  wäre. 

Sehen  wir  auch  davon  ab,  dass  nirgends  in  den  Quellen 
noch  in  den  Berichten  und  Urkunden  Piligrims  dieser  ein- 
ander gegenüberstehenden  Ansprüche  Prags  und  Passaus  Er- 
wähnung geschieht,  so  ist  es  doch  weiters  sehr  unwahrschein- 
lich, dass  Bischof  Piligrim,  dessen  Pläne  ohnedies  nur  auf  der 


^  Vgl.  Cod.  dipl.Morav.  I,  Nr.  CXI,  p.  89;  Dttmmler,  Piligrim  vonPassaa, 

S.  38—40. 
*  Dttmmler,  a.  a.  O.,  S.  53.  54. 
■  Vgl.  oben  S.  166,  Anm.  2. 


^ 


173 

schwanken  Basis  gefälschter  Urkunden  beruhten,  sich  auch  noch 
zu  den  Absichten,  die  man  in  Prag  hegte,  und  die  vom  deut- 
schen Kaiser  sowohl  als  vom  Regeusburger  Bischöfe  unterstützt 
wurden,  in  Widerspruch  gesetzt  und  sich  auf  diese  Weise 
überflüssige  Schwierigkeiten  verui*sacht  haben  sollte.  Wäre 
Mähren  schon  vor  der  Zeit  der  Gründung  des  Prager  Bisthums 
fast  zwei  Decennien  politisch  mit  Böhmen  vereint  gewesen,  so 
konnte  über  die  kirchliche  Zugehörigkeit  desselben  bei  der 
Errichtung  des  Bischo&sitzes  in  Prag  wohl  kein  Zweifel  herrschen, 
und  Piligrim  hätte  durch  seine  Ansprüche  auf  Mähren  seine  in 
erster  Linie  auf  Ungarn  gerichtete  Action  nur  gefährden  können. 

Es  ist  aber  nicht  blos  dieser  innere  Grund,  den  uns  die 
Geschichte  der  Piligrim'schen  Fälschung  zur  Beleuchtung  unserer 
Frage  liefert.  Die  unechten  Urkunden  selbst  erhalten  für  uns 
einige  Bedeutung,  wenn  wir  berücksichtigen,  in  welcher  Weise 
in  denselben  Mährens  in  rein  formeller  Weise  Erwähnung  ge- 
schieht. 

In  dem  Schreiben  Papst  Eugens  U.  (823—826)  fUr  den 
zum  Erzbischof  von  Lorch  erhöhten  Bischof  Urolf  von  Passau 
mrd  diesem  das  apostolische  Vicariat  ftlr  ,Hunia,  das  auch 
Avaria  genannt  wii'd,  und  Maravia,  die  Provinzen  Pannoniens 
und  Mösiens^  übertragen.*  In  einer  zweiten  Bulle,  der  Papst 
Agapet^  n.  (946—955),  für  den  Erzbischof  Gerhard  von  Lorch 
wird  Letzterem  das  östUche  Pannonien  nebst  den  Landen  der 
Avaren,  Mährer  und  Slaven  zur  Verwaltung  übergeben.^  In 
dem  Schreiben  weiters,  in  welchem  sich  Piligrim  vom  Papste 
Benedict  VI.  das  Pallium  erbittet,  erklärt  er,  dass  es  nothwendig 
sei,  fiir  die  weiten  ungarischen  und  slavischen  Gebiete  neue 
Bischöfe  zu  ordiniren,  weil  auch  einst  zur  Zeit  der  Römer  und 
Gepiden  Pannonien  und  Mösien  sieben  Bischöfe  besessen  habe, 
die  der  Lorcher  Kirche  unterworfen  waren,  und  von  diesen 
hätten  sich  bis  auf  die  Zeit  des  Ungarneinfalles  in  Baieiii  vier 


*  Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  XIX,  p.  16;  Dümmler,  Piligrim  von  Passati, 
8.  116:  ^b  hanc  sancta  Bomana  matre  ecclesia  vobis  eum  reotorem 
transmitfimus  atque  in  praefaüs  regionibus  Hunia,  quae  et  Avaria  appellatnr, 
sed  et  Maravia,  provindamm  qnoque  Pannoniae  sive  Mesiae,  apostolicam 
Ticem  nostram  .  .  .  committimus. 

'  Cod.  dipL  Morav.  I,  Nr.  CVI,  p.  86:  ,tibi  autem  .  . .  providentiam  orien- 
talia  Ptnnoniae  regionemque  Avaromm  atque  Marahorum  sed  et  Schla- 
vomm  . . .  credimtu.*    VgL  Dfimmler,  S.  24.  26. 


174 

in    Mähren     erhalten^    wie    dem    gegenwärti^n    Zeitalter    be- 
kannt sei.^ 

Besonders  wichtig  aber  ist  das  Sehreiben  Papst  Benedicts 
an  Piligrim,  durch  welches  dem  Bischöfe  thatsächiich  die  ge- 
wünschte Metropolitanwürde  übertragen  worden  sein  soll.  Aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  ist  diese  Urkunde  blos  als  ein  Entwurf 
anzusehen^  den  Piligrim  selbst  dem  Papste  vorlegte;^  hier  heisst 
es:  die  Lorcher  Kirche  solle  in  den  Gebieten  des  unteren  Pan- 
nonien  und  Mösien^  deren  Provinzen  Avaria  und  Moravia  sind, 
in  welchen  sieben  bischöfliche  Parochien  in  alten  Zeiten  be- 
standen,  erzbischöfliche  Gewalt  haben.' 

Der  Umstand,  dass  Piligrim  Mähren  mehrmals  paraUel 
mit  Ungarn  als  eine  Provinz  Pannoniens  und  Mösiens  bezeichnet, 
kann  wohl  dadurch,  dass  die  Urkunden  selbst  Fälschungen 
sind,  nicht  beeinträchtigt  werden,  denn  diese  rein  objective 
Angabe  Piligrims  über  ein  thatsächlich  bestehendes  zeitge- 
nössisches Verhältniss  hätte  eine  fintstellung  nicht  geduldet 
Es  ist  ja  nicht  leicht  zu  erkennen,  welche  Vorstellung  Piligrim 
mit  dem  Begriffe  «inferior  Pannonia  sive  Moesia^  verbindet; 
allein  so  viel  scheint  immerhin  aus  diesem  verworrenen  geo- 
graphischen Bilde  hervorzugehen,  dass  er,  weit  entfernt,  Mähren 
mit  Böhmen  in  irgend  einen  Zusammenhang  zu  setzen,  es 
ebenso  wie  Ungarn  einer  östlichen  Ländergruppe  zurechnet, 
die  er  mit  dem  Namen  ,inferior  Pannonia  sive  Moesia'  be- 
zeichnet. 


^  Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  CXI,  p.  90 :  ,inde  quoque  visum  est,  jam  neces- 
sarium  esse,  quatenos  sanctitas  vestra  illic  jubeat  aliquos  ordinari  epi- 
scopos,  quia  et  quondam  Romanomm  Gepidammque  tempore  proprios 
Septem  antistites  eadem  orieutalis  Pannonia  habait  et  Moesia  meae 
sanctae  Lauriacensi  .  .  .  ecclesiae  subiectos;  qaorom  etiam  qnataor  usqae 
dum  Ungar!  regnum  Ba.Yarioram  invaserunt,  sicut  presenti  cognitam  est 
aetati,  in  Moravia  manserunt.'     Vgl.  Du  mm  1er,  S.  41. 

'  Vgl.  Dümmler,  8.  64;  dagegen  mOchte  Qiesebrecht,  G^chichte  der 
deutschen  Kaiserzeit  1,  585.  847  diese  Urkunde  des  Papstes  für  echt  an- 
sehen, das  Scheitern  der  Piligrim'schen  Pläne  aber  auf  den  Widerstand 
Kaiser  Ottos  II.  zurückführen. 

*  Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  CXII,  p.  95;  Dümmler,  S.  125:  ,8ancta  autem 
Laureaceusis  ecclesia  in  inferioris  Panuoniae  atque  Mesie  regiones,  qoaram 
provincie  sunt  Avaria  atque  Maravia,  in  quibus  Septem  episcoporam  pa- 
rochiae  antiqiüs  temporibus  continebantur  .  .  .  suique  antistites  arcbiepi- 
scopalem  delnceps  habeant  potestatem  .  .  .  atque  in  provinciis  Avariae  et 
Maravie,  regionnm  quoque  inferioris  Pannonie  sive  Mesie  .  .  / 


175 

Mit  ganz  Ungarn  sollte  auch  Mähren  in  den  kirchlichen 
Verband  zu  Passau  treten;  Bischof  Piligrim  dachte  beide  Ge- 
biete fllr  sein  neu  zu  errichtendes  Erzbisthum  beanspruchen 
zu  können^  ohne  dabei  die  Rechte  irgend  einer  anderen  Kirche 
zu  verletzen.  Somit  gelangen  wir  auch  auf  diesem  Wege  zu 
dem  Ergebnisse,  dass  Mähren  in  den  Siebzigerjahren  des 
10.  Jahrhunderts  weder  in  pohtischem  noch  in  kirchlichem 
Zusammenhange  mit  Böhmen  gestanden  haben  kann,  sondern 
viehnehr  als  ein  Ungarn  nahestehendes  Gebiet  angesehen  wurde.* 

In  letzter  Linie  sind  auch  noch  die  wenigen  Nachrichten, 
die  wir  über  Mährens  Anfall  an  Polen  und  über  die  Zeit  der 
Polenherrschaft  daselbst  (1003 — 1029)  erhalten,  nicht  ohne  Be- 
lang fiir  diese  Frage;  auch  sie  sprechen  keineswegs  dafUr,  dass 
die  Polen  Mähren  damals  dem  Pf emyslidenreiche  entrissen  haben. 

Nach  Boleslavs  II.  Tode  im  Jahre  999  folgte  ihm  sein  Sohn 
Boleslav  lU.,  der  Rothe  beigenannt.  Ausser  ihm  lebten  noch 
zwei  Söhne  Boleslavs  U.,  Jaromir  und  Udalrich.  Cosmas  stellt 
nun  die  Ereignisse  so  dar,  als  ob  der  Tod  des  mächtigen  Fürsten 
und  die  Wahrnehmung,  dass  ihm  sein  Sohn  an  Tapferkeit  nicht 
gleiche,  den  Polen  den  Anlass  geboten  habe,  nunmehr  ihr  Reich 
und  ihre  Grenzen  auf  Kosten  der  Böhmen  zu  erweitern.^  Be- 
denkt man  aber,  dass  bei  der  Errichtung  des  Erzbisthums 
Gnesen  ungefähr  im  Jahre  1000  neben  Kolberg  und  Breslau 
auch  schon  Krakau  ein  Suffraganbisthum  desselben  bildete,^ 
so  möchte  man  den  Verlust  Chorwatiens  mit  der  Hauptstadt 
Krakau  kaum  erst  in  das  Jahr  999,  nach  Boleslavs  U.  Tode, 
versetzen,  wie  Cosmas  berichtet,  ganz  abgesehen  von  dem  Kriege, 
der  sich  früher  zwischen  Boleslav  11.  und  Miseco  im  Jahre  990 
an  der  Oder  abgespielt  hatte. 

Sicherlich  unrichtig  und  verworren  sind  aber  Cosmas* 
Nachrichten  über  die  weitere  Entwicklung  der  Dinge  in 
Böhmen,  Nach  der  Eroberung  Krakaus,  die  er  anstatt  Boles- 
lav Chabry  irrig  dessen  Vater  Miseco  zuschreibt,  folgt  bei  ihm 


^  Vgl.  L.086rth,  Krit.  Stud.  z.  alt. Gesch. Böhmens  (Mitth.  d.  Instituts  4, 188). 

'  Cosmas  I,  34:  J'ost  cuius  obitum  filius  eius^  tertius  Bolezlaus  .  .  .  suc- 
cessit  in  ducatum ;  sed  non  eisdem  rerum  suecessibus,  uec  patemis  anspi- 
ciis  terminos  adquisitos  obtinuit.  Nam  dux  Poloniensis  Mesco,  quo  non 
fint  alter  dolosior  homo,  mox  urbem  Kracov  abstulit  dolo  . .  .*■ 

'  Vgl.  Haber,  Geschichte  Oesterreichs  1,  164;  Giesebrecht,  Geschichte 
der  deutschen  Kaiserzeit  1,  781.  732. 


176 

allsogleich  die  hinterlistige  Blendung  und  Gefangennahme  des 
böhmischen  Herzogs  Boleslav  III.  durch  den  Polenherzog  in 
Krakau.  Hierauf  zieht  dieser  gegen  Jaromir^  den  Bruder  und 
Nachfolger  Boleslavs  lU.  in  Böhmen^  den  aber  Cosmas  irrthüm- 
lieh  zu  dessen  Sohne  macht^  erobert  Prag  und  behält  es  in 
den  Jahren  1000 — 1001.  Nun  besticht  der  Polenflirst  den 
deutschen  Kaiser,  ihm  Udalrich,  welcher  an  dessen  Hofe  weilt, 
auszuliefern.  Kaum  aber  hat  Cosmas  diese  Fabel  mit  vielem 
Pathos  als  nicht  ganz  unglaubwürdig  geschildert,  fkUt  er  aus 
seiner  Darstellung  und  lässt  Udalrich  Böhmen  von  den  Polen 
befreien,  indem  er  sagt,  dass  dieser  entweder  vom  deutschen 
Hofe  entfloh  oder  vom  deutschen  Könige  zu  diesem  Zwecke 
freigelassen  wurde.  Um  sich  die  Herrschaft  in  Böhmen  zu 
sichern,  lässt  Udalrich  nach  der  Besiegung  der  Polen  auch 
seinen  Bruder  Jaromir  —  der  trotz  der  Polenherrschaft  in 
Böhmen  gebUeben  war  —  blenden.^ 

Entgegen  dieser  zusammenhanglosen  und  Widerspruchs- 
reichen  Erzählung  stellt  sich  die  Geschichte  nach  der  zweiten 
Hauptquelle,  die  wir  über  diese  Zeit  haben,  nach  Thietmar 
folgendermassen  dar.  Boleslav  IH.  war  ein  Tyrann  ärgster 
Art.*  Aber  sowohl  er  als  der  polnische  Boleslav  Chabry,  sein 
Vetter,  fanden  an  dem  Markgrafen  Ekkehard  von  Meissen 
ihren  Herrn:  ,Den  Böhmenherzog  Boleslav  machte  er  zu  seinem 
Lehensmanne  und  den  andern  Boleslav  [es  ist  der  Herzog  von 
Polen  gemeint]  gewann  er  zum  vertrauten  Freunde;  das  bewirkte 
er  theils  durch  Versprechungen,  theils  durch  Drohungen.'*  Im 
Jahre  1002  starb  aber  Ekkehard.  Der  kriegstüchtige  Polen> 
herzog  drang  unmittelbar  darauf  in  das  Gebiet  der  ihm  nächst 
benachbarten  Mark  an  der  Elbe  ein,  brachte  die  Stadt  Bautzen 
an  sich,  ebenso  wie  am  linken  Ufer  Burg  Strela  und  Meissen.'* 


^  Vgl.  Cosmas  I,  35.  36.  lieber  diese  sagenhafte  Ueberlieferung  und 
deren  weitere  Ausbildung  vgl.  S.  Hirsch,  Jahrbücher  des  deutschen 
Reiches  unter  Kaiser  Heinrich  U.  1,  490  ff. 

•  Vgl.  Thietmar,  Chronicon  Hb.  V.,  cap.  7,  16. 

'  Thietmar  V,  5:  ,Boemiorum  ducem  Bolizlavum  ...  ad  militem  sibi, 
aliumque  ad  amicum  familiärem  blandiciis  ac  minis  adipiscitur. 

*  Thietmar  V,  6:  »Interim  Bolislavns  .  .  .  moxque  coUecto  exercitu  omnem 
Geronis  marcham  comitis,  citra  Albim  iacentem,  deindeque  premissis  ob- 
sidibns  Bndusin  ciyitatem  .  . .  comprehendens,  statim  Strielam  nrbem 
invasit,  Misnenses  pecunia  corrumpere  dam  temptans.* 


177 

Herzog  Boleslav  III.  von  Böhmen  begnügte  sich  mittler- 
weile damit^  in  seinem  eigenen  Lande  alleiniger  Herr  zu  werden; 
den  einen  Bruder  Jaromir  Hess  er  entmannen,  den  anderen 
rettete  blos  ein  Zufall  vor  der  Ermordung  im  Bade.  Dann 
zwang  er  sie  und  die  Mutter,  das  Land  zu  verlassen.  Doch 
seine  Grausamkeit  bewirkte,  dass  man  ihn  selber  noch  im  Jahre 
1002  vertrieb  und  die  Böhmen  einen  Fürsten,  namens  Wladiwoi, 
aus  Polen  herbeiriefen  und  ihn  ,der  Erbfolge  gemäss  wie  aus 
Zuneigung*  auf  den  Thron  erhoben.  Doch  Wladiwoi  war  nicht 
minder  sittenverderbt  als*  sein  Vorgänger  und  starb  überdies 
schon  nach  wenigen  Monaten  im  Anfange  des  Jahres  1003, 
nachdem  er  sich  allerdings  von  König  Heinrich  in  Regensburg 
die  Belehnung  mit  Böhmen  geholt  hatte.^ 

Jetzt  kehrten  die  beiden  Brüder  Jaromir  und  Udalrich 
nach  Böhmen  zurück,  während  sich  Boleslav  IIL  nach  einem 
vergeblichen  Versuche,  bei  Heinrich,  dem  Markgrafen  im  Nord- 
gau am  Südwestabhange  des  Böhmerwaldes,  Schutz  und  Unter- 
stützung zu  finden,  zum  Polenherzog  Boleslav  Chabry  begab. 
Dieser  führte  ihn  mit  WaflFengewalt  abermals  in  sein  böhmisches 
Herzogthum,  dessen  Brüder,  Jaromir  und  Udalrich,  wiederum 
aas  demselben  vertreibend. 

Allein  Boleslavs  in.  Regierung  erwies  sich  von  Neuem  so 
grausam,  dass  die  Böhmen  sich  an  den  Polenherzog  selbst  um 
Hilfe  wandten.  Boleslav  Chabry  berief  den  Vetter  zu  einer 
Besprechung  an  einen  Ort,  dessen  Name  uns  nicht  überliefert 
wird  —  hier  erst  mündet  die  Erzählung  wieder  in  die  des 
Cosmas  —  bei  welcher  Gelegenheit  Boleslav  HE.  von  seinen 
Anverwandten  des  Augenlichtes  beraubt  wurde.  Den  Rest 
seines  Lebens  verbrachte  er  in  Polen. 

So  fiel  Böhmen  an  den  Polenherzog  Boleslav  Chabry,  wie 
es  scheint,  ohne  ernstlichen  Kampf.  In  Thietmars  sowohl  als 
in  Cosmas'  Darstellung   fehlt  in   diesem   Zusammenhange  jede 


^  lieber  die  Ansichten  bezüglich  der  Verwandtschaft  Wladiwois  mit  dem 
Pfemyslidenhause  vgl.Zeissberg,  Miseco,  a.  a.  O.,  S.  108,  und  Die  Kriege 
Kaiser  Heinrichs  II.,  a.  a.  O.,  S.  280,  Anm.  6;  mit  Rücksicht  auf  Thiet- 
mars Bemerkung,  Wladiwoi  hätte  ein  ,Erbrecht*  besessen,  Hesse  sich 
vielleicht  die  Vermuthung  aufstellen,  er  sei  ein  jüngerer  Bruder  Boles- 
laTB  IL  gewesen,  der  vor  Boleslav  DI.  oder  schon  früher  nach  Polen  zu 
Miner  Schwester  Dubravka,  beziehungsweise  zu  seinem  Schwager  Miseco, 
geflohen  war. 
irehiT.  LXXXII.  Bd.  I.  H&lfte.  12 


178 

Andeutung  über  Mähren;  dass  es  ebenso  wie  Böhmen  von 
den  Polen  erobert  wurde,  trägt  Cosmas  allein  erst  viel  später, 
zum  Jahre  1021,  nach.^ 

Allein  Boleslav  Chabry's  feindliche  Gesinnung  gegen  Kaiser 
Heinrich  U.,  der  von  ihm  verlangte,  dass  er  das  eroberte  Böhmen, 
,wie  es  das  alte  Recht  fordere^,  vom  deutschen  Reiche  zu  Lehen 
nehme,  sowie  seine  Verbindung  mit  Kaiser  Heinrichs  H.  G^- 
nem  in  Deutschland  bewirkte  seine  baldige  Vertreibung  aus 
Böhmen.  Zuerst  wurde  Boleslav  isolirt,  seine  Verbündeten,  be- 
sonders Markgraf  Heinrich  im  Nordga'u,  besiegt  und  gewonnen, 
und  im  Sommer  1004  erfolgte  dann  der  Hauptschlag  gegen 
ihn.  Er  wurde  in  Böhmen  überrascht  und  konnte  nur  durch 
die  Flucht  sein  Leben  retten.* 

Böhmen  war  für  Polen  verloren.  Allein  auch  die  Erobe- 
rungen, die  Boleslav  Chabry  schon  vorher  auf  deutschem  Boden 
gemacht  hatte,  Bautzen  und  die  Niederlausitz,  wurden  nunmehr 
in  einem  Feldzuge  Kaiser  Heinrichs  H.  gegen  Polen  im  Jahre 
1005  zurückgewonnen.  Nur  von  Mäliren  erfahren  wir  nichts. 
Es  lässt  sich  schwer  denken,  dass  gerade  dieses  Land  allein 
im  Besitze  Boleslavs  gebUeben  wäre,  wenn  es  im  Jahre  1003 
als  ein  integrirender  Bestandtheil  des  pfemyslidischen  Herzog- 
thums  an  Polen  gefallen  sein  sollte.  Als  Boleslav  Chabry  im 
Jahre  1004  beim  plötzlichen  Einrücken  Kaiser  Heinrichs  II. 
und  Herzog  Jaromirs  aus  Böhmen  fliehen  musste,  verlor  er  das 
ganze  dem  Herzoge  Boleslav  IH.  entrissene  Gebiet.  Gehörte 
Mähren  zu  demselben,  dann  müsste  man  erwarten,  dass  es 
gleichzeitig  mit  Böhmen  oder  wenigstens  nach  Boleslavs  Be- 
siegung durch  den  deutschen  Kaiser  im  Jahre  1005,  an 
welcher  Jaromir  theilnahm,  zurückerobert  worden  wäre;  hatten 
doch  Kaiser  Heinrichs  Kriege  gegen  Boleslav  den  Zweck, 
durch  Wiederherstellung  der  alten  Grenz  Verhältnisse  den 
kühnen  Plan   des     Polenflirsten,   die   gesammten   Slavenländer 


*  Dort,  wo  Cosmas  die  Eroberung  Prags  durch  Mesco  (sc.  Boleslav  Chabry) 
erzählt  (Üb.  I,  cap.  35),  heisst  es  blos :  ,dum  haec  geruntur  in  Boemia, 
duz  Mesco  veniens  cum  ralida  manu  Polonica,  invasit  urbem  Pra^am 
et  per  duo  spatia  annorum  sc.  anno  dorn.  ine.  1000,  anno  dorn.  ine.  1001^ 
obtinuit  eam.*    Bezüglich  der  zweiten  Stelle  vgl.  oben  S.  140,  N.  1. 

'  Vgl.  für  die  vorangehende  Darstellung  Zeissberg,  Die  Kriege  Kaiser 
Heinrichs  II.,  a.  a.  O.,  S.  279flf.  und  Huber,  Geschichte  Oesterroicbs, 
Bd.  1,  8.  164  ff. 


i 


179 

zu  einem  grossen  Reiche  zusammenzufassen^  zu  hintertreiben. 
Allein  von  einem  Versuche,  auch  Mähren  den  Polen  abzuge- 
winnen, erfahren  wir  nichts.  Dieses  bleibt  seit  dem  Jahre  1003, 
in  dem  es  nach  Cosmas  an  Polen  gefallen  sein  soll,  im  Besitze 
Boleslav  Chabry's,  ohne  sich  gegen  die  Fremdherrschaft  zu  er- 
heben; ja  im  Qegentheile,  wir  erfahren  sogar  aus  einem  Be- 
richte Thietmars,  dass  die  Mährer  im  Jahre  1017  in  dem 
Kriege  zwischen  Deutschland  und  Böhmen  einerseits,  Polen 
andererseits,  in  Böhmen  eindrangen,  eine  Stadt  eroberten  und 
ungeheure  Beute  davontrugen;  allerdings  wurde  ihnen  auf  dem 
Heimzuge  von  Heinrich,  dem  Markgrafen  in  der  Ostmark,  eine 
schwere  Niederlage  beigebracht.^ 

Aber  eben  diese  Kämpfe,  die  unter  Boleslav  Chabry  auch 
von  Mähren  gegen  die  Pfemysliden  gefUhrt  wurden,  lenkten 
die  Aufmerksamkeit  Böhmens  auf  dieses  Nachbarland.  Aller- 
dings, 80  lange  Boleslav  lebte,  war  ein  Offensivkrieg  gegen 
Polen  nicht  zu  wagen.  Als  dieser  aber  im  Jahre  1025  ge- 
storben war  und  seine  Söhne  in  den  folgenden  Jahren  mit- 
einander haderten,  erhob  sich  ein  allgemeiner  Kampf  gegen 
Polen,  In  Böhmen  spielte  damals  neben  dem  Könige  Udalrich 
dessen  jugendlicher,  kriegerischer  Sohn  Bfetislav  eine  hervor- 
ragende Rolle.  Dieser  benützte  die  bedrängte  Lage  Polens, 
und  es  gelang  ihm,  sich  aus  Mähren  ein  Apanagegut  zu  schaffen, 
nachdem  die  Polen  aus  allen  Städten  vertrieben  waren,  deren 
viele  gefangen  genommen  und  zu  je  hundert  mit  Ketten  ge- 
fesselt nach  Ungarn  imd  weiter  verkauft  wurden.* 

Dass  Mähren  jetzt  als  vöUig  neu  erobertes  Gebiet  galt 
und  anfangs  in  gar  keinem  'festen  politischen  Verhältniss  zu 
Böhmen  stand,  was  man  doch  voraussetzen  mtlsste,  wenn  es 
schon  frtther  einmal  vor  etwa  zwanzig  Jahren  mit  dem  Pf emys- 
Üdenreiche  kirchlich  und  politisch  verbunden  gewesen  wäre, 
möchte  sich  auch  aus  der  Erzählung  Cosmas'  ergeben,  derzufolge 
Bfetislav  seine  geraubte  Braut,  Judith  von  Schweinftirt,  nach 
Mähren  brachte,   ,damit   die  Deutschen   keinen   Grund  hätten. 


^  Thietmar  VH,  44:  Interim  Mararenses  Boemiam  ingressi,  nrbem  quan- 
dam  expiignant  et  cum  preda  ingenti  incolnmes  exibant. 

'  Cosmas  I,  40:  ,Nam  antea  pater  sibi  totam  illam  terram  tradiderat  in 
potestatem,  fugatis  canctis  de  ciyitatibas  Poloniis,  ex  quibus  mnltos 
comprehensos  centenos  et  centenos  ordiuatim  catenatos  vendi  iosserat  in 
Ungariam  et  ultra.' 

12* 


180 

sieh  über  die  Böhmen    wogen  des  ihnen  zugeftlgten  Unrechtes 
zu  beklagend  ^ 

Und  irren  wii*  nicht,  so  war  auch  Cosmas  der  Uebe^ 
Zeugung,  dass  die  erste  und  einzige  Erwerbung  Mährens  auf 
Bi^etislavs  Eroberung  im  Jahre  1029  zurückzuftihren  sei.  Bei 
der  Gefangennahme  Herzog  Ottos  II.  von  Olmütz  durch  dessen 
Vetter  Wladislav  I.  von  Böhmen  im  Jahre  1110  legt  nämlich 
Cosmas  Letzterem  diese  Worte  in  den  Mund:  ,Ich  will  ihn 
züchtigen,  damit  er  durch  solche  Züchtigung  zur  Ueberzeugung 
gebracht  werde  und  auch  seine  Nachkommen  lernen,  dass  das 
Land  Mähren  und  dessen  Gebieter  immer  unter. der  Herrschaft 
des  böhmischen  Herzogs  stehen,  wie  dies  unser  Grossvater 
seligen  Angedenkens,  Herzog  Bf etislav,  angeordnet  hat,  welcher 
dieses  Land  zuerst  seiner  Herrschaft  unterworfen  hat.'* 

Merkwürdigerweise  haben  diese  unzweideutigen  Worte 
bisher  unverdient  geringe  Beachtung  geiiinden,  und  es  wurde 
allgemein  angenommen,  dass  die  Besitznahme  Mährens  durch 
Herzog  Udalrich  und  dessen  Sohn  Bfetislav  schon  als  eine 
zweite  Eroberung  anzusehen  sei,  während  die  erste  in  die  Zeit 
Boleslavs  U.  fiele. 

Allein  nach  unserer  Untersuchung  dürfte  vielleicht  die 
Annahme  nicht  unbegründet  sein,  dass  Mähren  über  die  Lech- 
feldschlacht  hinaus  im  Banne  der  ungarischen  Raubzüge  blieb. 
Erst  gegen  Ende  des  10.  Jahrhunderts  scheint  nach  der  immer 
weiteren  Zurückdrängung  der  Ungarn  aus  den  Alpen-  und 
mittleren  Donauländern  auch  Mähren  dieses  Joch  selbstständig 
abgeschüttelt  zu  haben,  allerdings  nur,  um  in  Folge  des  ge- 
schwächten Zustandes,  den  die  jahrzehntelange  Abhängigkeit 
von  den  Magyaren  bewirkt  hatte,  seine  Selbstständigkeit  allso- 
bald  an  seine  mächtigeren  Nachbarn  zu  verlieren;  zunächst  an 
die  Polen  im  Osten,  dann  aber  dauernd  an  das  böhmische  Reich 
im  Westen. 


^  Cosmas  I,  40:  ^t  ne  daretar  Theutonicis  iusta  occasio  calampniandi 
Boemos  quasi  pro  illata  iniuria,  illico  heros  Bracizlaus  cum  nova  nupte, 
patre  salutato  duce  Oudalrico,  recta  via  profioiscitur  in  Moraviam. 

*  Cosmas  III,  34:  ,.  .  .  volo  castigare  eum,  ut  castigatus  resipiscat  et 
cognoscat  atqae  sui  posteri  discant  quod  terra  Moravia  et  eios  domina- 
tores  semper  Boemomm  principis  sint  sab  postestate,  sicat  avos  noster 
p.  ra.  Bracizlaus  ordinavit,  qui  eam  primns  dominio  suo  subiogavit.* 


GESCHICHTE 


DES 


EHEMALIGEN  NONNENKLOSTERS  0.  S.  B. 


ZU 


TRAUNKIßCHEN 


IN  OBEROSTERREICH. 


VON 


GODFRIED  EDMUND  FRIESS, 

K.  K.  PEOFESSOB  ZU  SEITBN8TETTKN. 


i 


L 

Die  &rfiiidnng  des  Nonnenstlftes  Trannklrehen 

nnd  die  Chiemganer. 

IäVl  den  ältesten  Klöstern  des  Landes  Oesterreich  ob  der 
Enns  zählte  einst  das  Stift  der  Benedictinen  zu  Traunkirchen. 
Erbaut  auf  einem  mächtigen  Felsen,  welcher  sich  vom  West- 
ufer  des  herrlichen  Traunsees  halbinselartig  in  dessen  dunkle 
Fluten  erstreckt,  ging  dieses  älteste  Frauenkloster  von  Ober- 
österreich nach  mehrhundertjährigem  Bestehen  in  den  Stürmen 
und  Wirren  des  XVI.  Jahrhunderts  aus  Mangel  an  Bewoh- 
nerinnen zu  Grunde.  Mehrere  Jahrzehnte  später  wurde  es 
der  Gesellschaft  Jesu  eingeräumt,  welche  eine  vom  CoUegium 
dieses  Ordens  zu  Passau  abhängige  Residenz  daselbst  errichtete, 
die  nach  anderthalb  Jahrhimderten  infolge  der  Aufhebung  des 
Jesuitenordens  gleichfalls  wieder  ihr  Ende  erreichte. 

Wie  über  die  Gründung  der  meisten  alten  Klöster  und 
Kirchen,  so  liegt  auch  über  der  des  Nonnenklosters  zu  Traun- 
kirchen ein  tiefes  Dunkel,  welches  nur  die  geschäftige  Sage 
mit  ihrem  so  unsicheren  Lichte  zu  erhellen  bemüht  war.  In 
grauer  Vorzeit  —  die  ausgestaltete  Sage  weiss  das  Jahr  632 
n.  Chr.  anzugeben  —  sollen  die  beiden  Markgrafen  von  Oester- 
reich Otaker  und  Leotold  an  den  Gestaden  des  Traunsees 
einst  einen  glänzenden  Sieg  über  die  Heiden  erfochten  haben. 
Zum  ewigen  Gedächtnisse  dieses  herrlichen  Triumphes  des 
Kreuzes  über  das  Heidentum,  an  welchen  grossen  Sieg  noch 
heute  der  Name  des  kleinen  in  der  Nähe  mündenden  ,Sieges- 
bach'  erinnere,  hätten  diese  beiden  Markgrafen  ein  Kloster 
gegründet  und  dasselbe  mit  Frauen  aus  dem  Orden  St.  Benedicts 
besetzt.  Als  erste  Aebtissin  habe  Markgraf  Otaker  den  Nonnen 
seine  Tochter  Ata  vorgesetzt  und  seine  Stiftung  mit  Land  und 


184 

Leuten  reichlich  ausgestattet.  So  die  Sage,  welche  in  allen 
älteren  historischen  Werken  sich  findet.  Als  ihre  Quelle  und 
zugleich  zum  Beweise  ihrer  Richtigkeit  weisen  ältere  und  auch 
jtlngere  Historiker  auf  das  Bild  hin,  welches  die  Aebtissin  von 
Traunkirchen,  Barbara  von  Kirchberg,  im  Jahre  1532  von 
einem  nicht  mehr  bekannten  Maler  anfertigen  liess,  und  das 
diese  Sage  bildlich  darstellt.  Dasselbe,  heute  noch  im  Pfarr- 
hause zu  Traunkirchen  befindlich,  weist  zwei  Fürsten  in  der 
Tracht  des  XV.  Jahrhunderts  gekleidet  auf,  welche  der 
Königin  des  Himmels,  Maria,  der  Patronin  des  Klosters,  eine 
Kirche  als  Weihgeschenk  darbieten.  Am  Fusse  des  Gemäldes 
ist  nachstehende  Inschrift  angebracht:  ,0takeru8  et  Leotoldus, 
Marchiones  Austrie,  hoc  loco  et  tota  circumiacenti  regione  ante 
nongentos  annos  de  ethnica  idololatria  victores  armata  manu 
potiti  sunt  atque  hoc  monasterium  fundarunt.  Insuper  predictus 
Otakerus  fiUam  suam  Atham  in  primam  abbatissam  ordinavit 
in  hac  ecclesia  tumulatam.  In  quorum  memoriam  reverendissima 
abbatissa  domina  Barbara  Kirchbergerin  ante  66  annos  tabulam 
hanc  pingi  curavit,  quam  vetustate  coUapsam  hac  persimili 
restituit  admodum  reverendus  et  religiosus  Joseph  Pramer  S.  C. 
Maiestat.  prefato  monasterio  Traunkirchen  administrator.^  ^ 

Zur  Bildung  dieser  Sage,  welche  in  mehrfachen  Varia- 
tionen bei  allen  Schriftstellern,  die  mit  der  Geschichte  des 
Klosters  sich  beschäftigen,  stets  wiederkehrt,  trugen  mebrere 
Umstände  bei.  Vor  allem  war  es  die  Meinung,  dass  die  Otakere 
von  Steyr  das  Kloster  gegründet  hätten,  welche  Meinung  durch 
die  sichere  Thatsache,  dass  der  Vater  der  ersten  Aebtissin  Ata 
ein  Otaker  war,  sowie  dass  der  letzte  dieses  berühmten  Hauses, 
Herzog  Otaker  VI.,  seine  Vorfahren  als  ,ftindatore8  ipsius  cenobii^ 
bezeichnete,'  selbst  in  den  Kreis  der  Nonnen  Eingang  fand. 
Zwar  war  der  eigentliche  Gründer  innerhalb  der  Klostermauem 
nicht  unbekannt,  wurde  ihm  ja  doch  alle  Jahre  ein  feierlicher 
Seelengottesdienst  abgehalten,  aber  sein  Gedächtniss  war  durch 
die  Wohlthaten,  welche  die  Otakere  dem  Kloster  erwiesen,  ver- 
dunkelt worden.  Dazu  kam,  dass  der  Stifter  nur  ein  einfacher 
,comes'  war,  während  die  Otakere  die  markgräfliche  und  selbst 

*  Nach  gütiger  Mittheilnng  des  ITerm  Pfarrers  Heinrich  Becker  in  Traun- 
kirchen. 

■  In  der  Urkunde  vom  Jahre  1191;  Urkundenbuch  des  Landes  ob  der 
Enns  n,  427,  Nr.  296. 


185 

die  herzogliche  Würde  erlangten  und  überdies  LandesfUrsten 
von  Oberösterreich  geworden  sind,  ein  Umstand,  welcher  in 
der  Zeit,  in  der  die  Sage  ihre  volle  Ausgestaltung  erhielt,  von 
hoher  Bedeutung  war.  Finden  wir  doch  im  XV.  Jahrhundert 
und  in  der  nächstfolgenden  Zeit  in  fast  allen  Klöstern  und  Ge- 
nossenschaften das  Bestreben,  die  Zeit  ihrer  Gründung  möglichst 
hoch  in  das  Mittelalter  hinaufzurücken  und  die  Stiftung  durch 
ein  fürstliches  oder  königliches  Geschlecht  geschehen  zu  lassen.  ^ 
Dass  auch  die  Nonnen  von  Traunkirchen  von  diesem  Bestreben 
nicht  frei  sich  erhalten  haben,  beweist  ausser  der  erwähnten 
Meinung  auch  die  Einzeichnung  der  Gemahlin  Kaiser  Heinrich  11., 
Eanigunde,  als  ,iundatrix  nostre  ecclesie'  in  das  Nekrologium 
des  Klosters,  welche  Einzeichnung  von  einer  Hand  des  XV.  Jahr- 
hunderts herrührt.*  Der  Hauptantheil  an  der  Bildung  der 
Gründungssage  gebührt  aber  sonder  Zweifel  jenem  von  den 
unsinnigsten  Fabeln  und  gröbsten  Irrtümern  strotzenden  Mach- 
werke, welches  unter  dem  Namen  ,Chronik  von  Goisem'  bekannt 
ist  und  heute  noch  in  vielen  Schriften,  welche  über  das  Salz- 
kammergut handeln,  seinen  Spuk  treibt.  Als  Verfasser  derselben 
gilt  der  Domherr  von  Passau  und  Pfarrer  von  Traunkirchen  Colo- 
man  Mühlwanger,  welcher  einem  im  Traunkreise  weit  verbreiteten 
Edelgeschlechte  entstammte.'  In  dieser  sogenannten  Chronik 
findet  sich  die  Erzählung  von  dem  Siege  der  Markgrafen  über 
die  heidnischen  Hunnen  an  der  Traun,  wenngleich  die  Namen 
der  Sieger  noch  nicht  angefilhrt  werden.  Diese  Erweiterung 
der  Sage  gehört  auf  das  Kerbholz  der  Nonnen  von  Traun- 
kirchen selbst. 

Die  innerhalb  der  Klostermauem  ausgestaltete  Gründungs- 
sage überschritt  ihre  engen  Grenzen,  als  sie  durch  Vermittlung 
der  Aebtissin  Anna  IV.  von  Rainer,  1551 — 1566,  dem  Hu- 
manisten  Caspar  Bruschius  bekannt  wurde.*    Zwar  fehlen   in 


^  Wendentbal's  ,Aiutria  sacrA*  bietet  viele  Beispiele. 

*  Nekrologium  von  Traunkirchen  zum  2.  Jftnner.  Der  Kürze  wegen  be- 
zeichne ich  diese  wichtige  Quelle  mit  T. 

'  Binen  Coloman  Mühlwanger  weisen  die  Urkunden  im  Jahre  13SG  als 
Viear  von  Traunkirchen  und  Pfarrverweser  von  Aussee  nach.  Diese 
,Chronik'  findet  sich  noch  heute  im  Salzkammergute  erhalten;  theilweise 
gedruckt  ist  sie  bei  Kraus,  Chronik  von  Goisem,  Wien  1881,  und  in  an- 
deren Werken. 

*  Horawitz,  C.  Bruschius,  168. 


186 

seiner  Darstellung  die  Erzählungen  von  dem  herrlichen  Siege 
über  die  Heiden,  aber  auch  er  nennt  als  Gründer  des  Klosters 
die  Markgrafen  Otaker  und  Leotold^  und  berichtet,  dass  ihr 
schönes  Denkmal  vor  dem  Hauptaltare  der  Klosterkirche  zu 
sehen  sei.*  Durch  ihn  wurde  die  Sage  nur  zu  bald  Gemeingut  der 
Historiker,  welche  sich  mit  der  österreichischen  Kirchengeschichte 
befassten,  erlitt  auch  manche  Umbildung,  wie  solche  die  fort- 
schreitenden historischen  Studien  in  Deutschland  und  Oesterreich 
mit  sich  brachten  —  die  unbekannten,  namenlosen  Heiden 
wurden  zu  wilden,  furchtbaren  Ungarn,  die  Markgrafen  von 
Oesterreich  wurden  in  die  Steiermark  versetzt  —  aber  der 
Kernpunkt  der  Sage,  ein  Sprosse  des  chiemgauischen  Hauses 
der  Otakere  von  Steyr  habe  das  Benedictinenstift  gegründet, 
erhielt  sich  durch  alle  Wandlungen  aufrecht,  um  dann,  nach- 
dem sie  der  um  die  Geschichte  von  Oberösterreich  sonst  hochver- 
diente Professor  Franz  Pritz  als  unbestreitbare  Thatsache,  ohne 
freilich  auch  nur  den  Schatten  eines  Nachweises  zu  bringen, 
hingestellt  hatte,'  gläubig  in  alle  historischen  Arbeiten  über 
Oberösterreich  aufgenommen  zu  werden.  *  Und  doch  hatte  schon 
hundert  Jahre  früher  der  bekannte  Geschichtschreiber  der 
Steiermark,  Sigismund  Pusch,  den  schüchternen  Versuch  ge- 
macht, auf  den  wirklichen  Gründer  hinzuweisen.** 

Die  späteren  Markgrafen  von  Steyr  zählten  zwar  zu  den 
hervorragenden  Wohlthätem  des  Stiftes,  doch  als  Gründer  im 
strengen  Sinne  des  Wortes  genommen  kann  kein  Mitglied  dieses 
berühmten  Hauses  bezeichnet  werden.  Es  erhellt  dieser  Satz 
aus  der  einzigen  Quelle,  die  bei  dem  Verluste  aller  anderen 
Documente  vor  1180  einen  sehr  hohen  Werth  besitzt,  aus 
dem  Todtenbuche  des  Nonnenklosters,  mit  unwiderstehbarer 
Sicherheit.  Dasselbe  hat  zum  29.  September  einen  Grafen 
Wilhelm  eingezeichnet,   dem  es   das   Prädicat  ,ftindator^   gibt 

■  —  « 

^  Nessel,  Supplementum  Bruschianum,  127. 

*  Diöse  und  andere  in  der  alten  Klosterkirche  einst  bestandenen  Denkmale 
gingen  durch  den  grossen  Brand,  welcher  1682  die  Kirche  und  das  Kloster 
in  Asche  legte,  gänzlich  zu  Orunde.  Heyrenbach's  Mannscript  Nr.  797:!  in 
der  k.  u.  k.  Hofbibliothek  in  Wien. 

*  In  seiner  Oeschichte  der  steirischen  Ottokare  212  u.  a,  a.  O. 

*  Selbst  in  der  verdienstvollen  Matrikel  des  Landes  ob  der  Enns  von  J.  Lam- 
precht  findet  sich  diese  Annahme,  ebenso  in  Klein,  Geschichte  des  Christen- 
thums  in  Oesterreich,  II.  Bd.  u.  a. 

*  In  seiner  ,Chronologia  sncra  ducatiM  Styriae*  I,  259. 


187 

^Wilhalmus,  comes^  fundator  nostre  congregationis  istius  loci/ 
wurde  an  jedem  St.  Michaektage  beim  Chorgebete  nach  der 
,Prim^  verlesen;  und  doch  wurde  ein  Chiemgauer  als  Stifter 
angenommen^  und  dem  wahren  Begründer  des  Klosters  wurde 
man,  ausser  dem  Necrologium,  nicht  einmal  im  Anniversarien- 
verzeichniss  gerecht/  obwohl  alljährlich  am  29.  September  noch 
überdies  das  feierUche  Seelenamt  stattfand,  dem  dann  das  so- 
genannte ,Gespende'  folgte,  eine  fromme  Sitte,  der  gemäss  jeder 
Arme,  Fremde  und  Reisende,  welcher  dem  Seelenamte  bei- 
wohnte, mit  Brot  und  Fleisch  betheilt  wurde.* 

Diese  fromme  Sitte  unterscheidet  sich  von  den  Spenden, 
wie  sie  die  Stiftbriefe  der  Anniversarien  nicht  selten  festsetzen, 
dadurch,  dass  letztere  von  den  Stiftern  selbst  und  in  der  Regel 
für  eine  bestimmte  Zahl  von  armen  Leuten  gemacht  wurden, 
während  erstere  von  den  Mönchen  oder  Nonnen  des  Klosters, 
um  ihrer  Dankbarkeit  gegen  ihre  Grtlnder  Ausdruck  zu  geben, 
freiwiUig  ausgeübt  und  dabei  auf  eine  festgesetzte  Zahl  von 
Armen  keine  Rücksicht  genommen,  sondern  jeder,  welcher  dem 
Seelengottesdienste  flir  den  Stifter  anwohnte,  mit  Brot  und 
Fleisch  betheilt  wurde.  ^ 

Leider  deutet  das  Todtenbuch  von  Traunkirchen  nicht  an, 
in  welchem  Verhältnisse  der  Stifter  des  Klosters  zu  der  am 
20.  August  in  T.  aufscheinenden  Leopirgis  comitissa  gestanden 
sein  mag.  Der  Umstand,  dass  T.  ihrem  Namen  die  Worte 
yfundatrix  nostre  ecclesie'  anfügt,  gestattet  den  Schluss,  dass 
Leopirgis  in  sehr  naher  Beziehung  zu  Graf  Wilhalm  gestanden 


^  Im  ersten  Anniversarienverzeichniss  fehlt  sogar  sein  Name,  dagegen  wird 
Leopold  (Leotold),  1122 — 1129  Markgraf  der  Steiermark,  als  ,8tiffter*  auf- 
geführt, im  zweiten  wird  sein  Name  zwar  erwähnt,  doch  ohne  jeden  Beisatz. 

*  Solche  Austheilungen  von  Nahrungsmitteln  fanden  in  den  meisten  öster- 
reichischen und  steirischen  Klöstern  und  Stiftern  an  den  sogenannten 
,Stiftertagen'  statt;    siehe  Keiblinger,  Geschichte  von  Melk  I,  192 — 196. 

*  In  Traunkirchen  sollen  an  dem  ,Stiftertage*  in  manchem  Jahre  mehr  als 
4000  Menschen  zusammengeströmt  sein.  Aebnliches  wissen  wir  von  an- 
deren Klöstern  (siehe  Keiblinger,  Geschichte  von  Melk;  Wichner,  Admont; 
Hartenschneider,  Kremsmünster).  In  Seitenstetten  betrug  die  Zahl  der  am 
,Stiftertag*  mit  Brot  und  Fleisch  Betheilten  im  Jahre  1690  bei  6000 
(Archiv  von  Seitenstetten).  Kaiser  Karl  VI.  und  seine  grosse  Nachfolgerin 
schränkten  das  Gespende,  mit  dem  oft  grosser  Unfug  getrieben  wurde, 
bedeutend  ein;  Kaiser  Josef  II.  hob  es  1783  gänzlich  auf  und  verwandelte 
es  in  eine  Abgabe  an  die  Armeninstitute. 


188 

haben  muss,  da  doch  nicht  anzunehmen  ist^  dieser  habe  bei 
einer  ihm  nicht  zugehörigen  Kirche  ein  Kloster  erbaut,  oder 
Leopirgis  habe  einem  nicht  von  ihrem  Gemahle  oder  nächsten 
Verwandten  gegründeten  Kloster  die  Kirche  angefägt.  Wir 
werden  deshalb  kaum  irren,  wenn  wir  Leopirgis  als  die  Ge- 
mahlin Wilhalms  ansehen. 

Auch  über  die  FamiUenzugehörigkeit  des  Grafen  Wilhalm 
selbst  gewährt  das  Todtenbuch  keinen  directen  Nachweis;  doch 
enthält  es  einige  Einzeichnungen,  welche,  wenn  auch  nicht  mit 
voller  Sicherheit,  doch  immerhin  mit  sehr  grosser  Wahrschein- 
lichkeit auf  das  Haus  zu  schliessen  gestatten,  welchem  Traun- 
kirchens  Stifter  zugehört  haben  dürfte.    Es  finden  sich  nämlich 
in   T.   zum   19.    und    25.    Juli,  sowie  zum    9.  und  11.  Augast 
vier  Grafen  eingezeichnet,  welche  den  charakteristischen  Per- 
^sonennamen    Leotold    (Liutold)   trugen.     Nach    einer   aus    den 
Zeiten  der  Nonnen  noch  stammenden  Ueberlieferung,   an  der 
auch  die  Jesuiten  stets  festgehalten  haben,  ^  soll  unter  den  zum 
9.  August  aufscheinenden  Grafen  Leotold  der  im  Jahre  1129 
verstorbene  Markgraf  von  der  Steiermark,  Leopold,  Fortis,  aus 
dem  Hause  der  Chiemgauer  sich  bergen,  gegen  welche  Ueber- 
lieferung, da  die  Namensformen  Leotold  und  Leopold  identisch 
sind,  nichts  einzuwenden  ist,  vielmehr  der  Zusatz  ^comes  nosü« 
congregationis  istius  loci*  dafiir   spricht.*    Von  den  restirenden 
drei  Leotolden   gi\>i  zwar  T.  auch  keinen  Familiennamen   an, 
aber  der  Eigenname  selbst  bietet  in  diesem  Falle  eine  sichere 
Handhabe  zur  Bestimmung  des  Hauses,    dem  dieselben  einst 
angehörten.     Die   Einzeichnungen    in    das    älteste   Todtenbuch 
von  Traunkirchen,  aus  dem  sie  in  das  um  1420  neu  angelegte 
Necrologium  übertragen  wurden,  stammen  aus  dem  Ende   des 
XI.  und  der   ersten   Hälfte   des   XH.   Jahrhunderts,   also    aus 
einer  Zeit,  in  welcher  die  Familiennamen  noch  nicht  feststan- 
den.   Die  regelmässige  Wiederkehr  bestimmter  Personennamen 
in  einer  Famihe  bietet  flir  diese  Zeit  meist  das  einzige  Mittel 
zur   Bestinmiung   der   Familie   selbst.   Dies  ist  auch  bezüglich 
des   Namens   Leotold    oder   Liutold   der  Fall,  der  fiir  die   im 


*  Heyrenbach*s  Manuscripte  in  der  k.  u.  k.  Hofbibliothek  in  Wien,  Nr.  7972, 
8638,  8689  u.  a.  Auch  das  erste  AnniversienTerzeichniss  bezeichnet  ihn 
als  Markgraf. 

*  Den  Nachweis  hiefUr  bietet  die  Geschichte  der  Otakere  nnten. 


189 

XII.  Jahrhunderte  mächtigen  Grafen  von  Piayen  oder  Piain 
geradezu  charakteristisch  genannt  werden  muss.  Nicht  weniger 
als  vier  Träger  des  Namens  Liutold  werden  aus  dieser  berühm- 
ten Familie  vom  Jahre  1130  ab  bis  zum  Jahre  1249  in  zahl- 
reichen Urkunden  erwähnt.* 

Leider  geht  es  aus  mehrfachen  Gründen  nicht  an,  die 
Leotolde  des  Necrologiums  von  Traunkii*chen  mit  den  gleich- 
namigen Grafen  von  Piain  zu  identificiren.  Aus  den  Todten- 
büchem  von  Michaelbeueni;  Admont^  Baumburg,  Eremsmünster, 
Salzburg,  Klostemeuburg  u.  a.,  sowie  aus  den  Aufzeichnungen 
einiger  Klöster,  besonders  den  Annalen  von  Nieder  -  Altaich 
stehen  die  Todestage  der  Liutolde  von  Piain  unbestreitbar  fest.* 
Diese  Angaben  —  Verschiebungen  um  einen  oder  zwei  Tage 
abgerechnet  —  differiren  mit  den  in  T.  aufscheinenden  der 
Lieotolde  nicht  blos  hinsichtlich  der  Todestage  selbst  bedeu- 
tend, sondern  auch  bezüglich  der  Monate,  ohne  dass  dieser 
grosse  Unterschied  durch  die  Stiftung  eines  Anniversariums' 
zu  einem  bestimmten  Tage  oder  durch  irgend  einen  anderen 
Grund  genügend  aufgeheUt  würde.  Dazu  kommt  noch,  dass 
die  Grafen  von  Piain  überhaupt  in  T.  nicht  erwähnt  werden; 
selbst  jene  Mitglieder  dieses  Hauses  finden  sich  nicht  einge- 
zeichnet, von  denen  doch  angenommen  werden  muss,  dass  sie, 
fiiUs  die  Familie  überhaupt  Beziehungen  zu  dem  Kloster  imter- 
halten  hätte,  sicherlich  in  das  Todtenbuch  desselben  eingetragen 
worden  wären,  wie  der  Bischof  Gebhard  von  Passau  und 
sein  Bruder,  Abt  Heinrich  H.  von  Kremsmünster,  Söhne 
des  Grafen  Liutold  H.  von  Piain.*  Jede  Identität  aber  wird 
ausgeschlossen  durch  den  Zusatz,  den  T.  dem  zum  19.  Juli 
aa£scheinenden   Leotold  beifügt,   indem   es    ihn   ,comes  nostre 


'  Wendrinsky,  Die  Grafen  von  Piain- Hardegg  im  XIII.  Jahrgang  der  Blätter 
des  Vereines  für  Landesurkunde  von  Niederösterreich,  322  ff. 

*  Liutold  L  starb  am  23.  Jänner  1164;  Liutold  IL  starb  am  17.  Juni  1190; 
Liutold  m.  gestorben  den  28.  August  1219;  der  Todestag  Liutold  IV. 
steht  nicht  fest,  er  fällt  in  das  Jahr  1249.     Wendrinsky  a.  a.  O. 

*  Eineu  Beleg  hiezu  bietet  die  Einzeichnung  Leopolds  von  Steiermark  in 
T.  Da  er  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  die  Feier  seines  Anniversars, 
den  das  älteste  Verzeichniss  schon  aufweist,  fUr  den  Vortag  vor  dem 
8t.  Laorenzfest  bestimmt  hat,  so  wurde  sein  Name  auch  zu  diesem 
Tage  in  T.  eingezeichnet.  Sein  Todestag  war  der  24.  October  des 
Jahres  1129. 

*  Wendrinsky  a.  a.  O.  322.  Stammtafel. 


190 

congregationis'  nennt.  Die  Ausübung  der  höchsten  richterlichen 
Gewalt,  zu  der  auch  der  Schutz  über  das  Kloster  zählte,  durch 
den  Grafen  Leotold  kann  nur  in  die  Zeit  vor  dem  Auftreten 
der  Otakere  im  heutigen  sogenannten  Salzkammergut  fallen; 
denn  sofort,  als  dieses  Haus  in  den  Besitz  dieses  Gebietes  ge- 
kommen war,  finden  wir  sie  als  Schutzvögte  von  Traunkirchen, 
welche  dieses  Amt,  wie  der  letzte  des  Hauses,  Herzog  Otaker  V. 
selbst  gesteht,  immer  ,propria  manu'  festgehalten  haben.*  Die 
Liutolde  von  Piain  sind  aber  Zeitgenossen  der  Otakere  gewe- 
sen, ja  die  beiden  letzten  Träger  dieses  Namens  haben  das 
Geschlecht  der  steirischen  Markgrafen  aussterben  gesehen,  wes- 
halb sie  immöglich  identisch  mit  den  Lebtolden  von  Traun- 
kirchen sein  können. 

Und  doch  weist  der  Eigenname  Leotold   so  gebieterisch 
auf  das   Grafenhaus  der   Plainer   hin,   dass   ein   Nichtbeachten 
dieser  Weisung  unstatthaft  wäre.     Dieser  scheinbare  Zwiespdt 
findet  seine  Lösung  durch  die  Annahme,  dass  der  Name  Liutold 
in   einer  Familie  heimisch  gewesen  sein  muss,  welche  mit  den 
nachmaligen  Grafen  von  Piain  stammverwandt  war.    Diese  Fa- 
milie war  das  Haus  der  Grafen  von  Raschenberg-ReichenhaU  im 
Salzburggau.   In  diesem  Hause  erbten  sich  die  Personennamen 
Wilhalm  und  Liutold  in  mehreren  Generationen  fort.     Zuerst 
begegnet  uns  ein  Graf  Wilhalm  in  jener  Urkunde,  durch  welche 
der  deutsche  König  Otto  L  im  Jahre  959  den  Canoriikem  von 
St.  Rudpert  in  Salzburg  jenes  mächtige  Waldgebiet  an  der  bai- 
rischen  Traun  verlieh,  welches  sich  durch  die  Amtsbezirke  der 
drei  Grafen  Otaker,  Sigihard  und  Wilhalm  erstreckte.*     Nach 
Richter's  scharfsinniger  Untersuchung  haben  wir  in  diesen  drei 
Grafen  die  Verwalter  der  Grafschaften  Grabenstatt,  Töning  und 
Raschenberg-ReichenhaU  zu  erbhcken.^     Vier  Jahre  später,  963, 
erscheint  ein  Graf  Wilhalm  als   Zeuge   einer  Tauschhandlung 
des   Erzbischofs  Friedrich    von    Salzburg,    welcher   Graf   woÜ 
identisch  mit  dem  im  Jahre  959  erwähnten  Wilhalm  von  Raschen- 
berg-Reichenhall  ist.     Mit   Wilhalm  wird  aber  auch  sein  Sohn 


*  Urkundeubuch  von  Oberösterreich  II,  427,  Nr.  259.  ,Qui  etiam  advocatiam 

propria  tenebant  manu*,  sagt  Otaker  VI.  (Keg.  Nr.  1.) 
«  Mon.  Germ.  Dipl.  I,  281,  Nr.  202. 
'  Untersuchungen  zur  historischen  Geographie  des  ehemaligen  Hochstiftes 

Salzburg  in  Mittheilungen  des  Institutes  für   österreichische  Geschicbts- 

forschnng,  I.  Ergänzungsband,  641  ff. 


191 

Liatold  als  Zeuge  aufgeführt.*  Von  dieser  Zeit  ab  erscheinen 
die  Namen  Wilhahn  und  Liutold  in  den  Salzbui^er  Urkunden 
durch  hundert  Jahre  nicht  selten  und  immer  in  so  naber  Be- 
ziehung zu  einander^  dass  zwischen  ihren  Trägem  die  nächste 
Verwandtschaft  bestanden  haben  muss.^ 

Diese  nahen  Beziehungen,  welche  zwischen  den  Trägern 
der  Eigennamen  Wilhalm  und  Leotold  im  X.  und  XI.  Jahr- 
handerte  existirten,  berechtigen  uns  auch  zui*  Annahme  eines 
ähnlichen  Verhältnisses  zwischen  dem  Stifter  von  Traunkirchen 
Wilhalm  und  den  in  T.  eingezeichneten  Grafen  Leotolden, 
welche  Annahme  dadurch,  dass  das  Todtenbuch  den  zum 
19.  Juli  eingetragenen  Grafen  Leotold  als  ,comes  nostrae  con- 
gregationis'  bezeichnet,  um  so  mehr  an  Bedeutung  gewinnt, 
als  das  Amt  des  Schutzherm  eines  Klosters  in  der  Familie  des 
Stifters  sich  forterbte.  Da  in  keiner  andern  gräflichen  Familie 
des  X.  und  XI.  Jahrhunderts  als  in  der  der  Grafen  von  Raschen- 
berg-Reichenhall so  innige  Beziehungen  zwischen  den  Trägem 
der  Namen  Wilhelm  und  Liutold  sich  nachweisen  lassen,  so 
dürfen  wir  wohl  auch  in  dem  Stifter  Wilhelm  von  Traunkirchen 
einen  Grafen  von  Raschenberg-Reichenhall  erblicken. 

Die  Beantwortung  der  Frage,  ob  der  im  Jahre  959  er- 
wähnte Graf  Wilhalm  I.  von  Raschenberg-Reichenhall  selbst 
oder  einer  seiner  gleichnamigen  Nachkommen  das  Nonnenkloster 
gegründet  habe,  steht  mit  der  Lösung  der  Frage,  in  welcher 
Zeit  dieses  Kloster  gestiftet  wurde,  in  innigstem  Zusammen- 
hange. Leider  kann  die  letztere  Frage,  weil  vor  dem  Jahre 
1181  alle  Documente  fehlen,  nur  annäherungsweise  beantwortet 
werden. 

In  T.  erscheint  zum  5.  März  ein  Graf  ütaker  eingezeich- 
net, welcher  ,pater  Ate  prime  abbatisse  istius  loci'  genannt  wird. 

*  Juvavia  a.  a.  O.  194,  Nr.  11.  ,Wilbalmu8  coines  et  tiliua  eins  Liutolt* 
•In  den  Tradit-Cod.  der  Erzbiscböfe  Friedrich  (958—991),  Hartwig 
(991—1023),  Dietmar  (1026-1041)  nud  Balduiu  (1041  —  1060)  von  Salz- 
bürg,  siehe  Richter  a.  a.  O.,  sowie  Zillner,  Die  Grafschaften  und  die  kirch- 
liche Frei  im  Salzbarggan  im  XXIII.  Bd.  der  Mittbeilungen  der  Gesellschaft 
für  Salsburg.  Landeskunde,  206  ff.  Wendrinsky,  Die  Grafen  von  Plaien 
(XIII.  Bd.  der  Blätter  des  Vereines  für  Landeskunde  von  Niederösterreich) 
und  nach  ihm  Zillner  1.  c.  halten  diese  Grafen  Wilhelm  fUr  identisch  mit 
den  gleichnamigen  Grafen  von  Zeltschach;  doch  ist  diese  Identität  sehr 
fraglich,  wie  schon  Richter  a.  a.  O.  bemerkt  hat.  Auch  das  Nichterscheinen 
der  bekannten  Gräfin  Hemma  in  T.  spricht  gegen  diese  Annahme. 


192 

Wie  ich  unten  nachzuweisen  versuche,  ist  dieser  Graf  Otaker 
identisch  mit  dem  Stammvater  der  späteren  Markgrafen  von  der 
Steiermark,  Otaker  I.,  welcher  im  Jahre  1027  als  Mittheilhaber 
einer  Grafschaft  (Grabenstatt)  im  Chiemgau  unter  dem  Namen  Ozi 
erscheint.  Mit  Rücksicht  darauf,  dass  sein  vermuthlicher  gleich- 
namiger Vater  noch  um  das  Jahr  980  als  Graf  aufgeführt  wird,  ist 
es  schwer,  anzunehmen,  dass  Graf  Otaker  I.  oder  Ozi  schon  vor 
1020  eine  Tochter  gehabt  hätte,  welche  zu  dieser  Zeit  das 
canonisch  festgesetzte  Alter  schon  erreicht  hatte,  um  den  Schleier 
zu  empfangen  und  die  äbtliche  Benediction  zu  erhalten.  Daraus 
ergibt  sich,  dass  das  Benedictinenkloster  zu  Traunkirchen  nicht 
vor  dem  zweiten  Decennium  des  XI.  Jahrhunderts  durch  Graf 
Wilhahn  gegründet  worden  sein  kann. 

Auf  diese  Zeit  weist  auch  die  durchschnittliche  Regierungs- 
dauer einer  Aebtissin  zu  Traunkirchen  hin.     Vom  Jahre    1181 
ab,  3  in    welchem    zum   ersten   Male    eine   Aebtissin   (Diemud) 
urkundlich  erwähnt  wird,^   standen   bis  zum  Jahre    1573,  wo 
das  Kloster  wegen  Mangel  an  Nonnen  sich  auflöste,  demselben 
vierundzwanzig  Aebtissinnen  vor;  es  beträgt  demnach  die  durch- 
schnittliche Regierungszeit  illr  jede  Aebtissin  wenig  mehr  als  sech- 
zehn Jahre.    In  T.  finden  sich  einunddreissig  Frauennamen,  die 
durch  die  Worte  ,abbatis8a  nostre  congregationis'  als   Vorste- 
herinnen von  Traunkirchen    gekennzeichnet    sind.    Von  diesen 
sind  aber  nur  neunzehn  aus  den  Urkunden  nachweisbar,  welche 
von  1181  ab  dem  Kloster  vorgestanden  sind.    Die  Ursache,  wes- 
halb nicht  sämmtliche  vierundzwanzig  Aebtissinnen,  welche  von 
1181  ab  urkundlich  nachweisbar  sind,  in  T.  aufscheinen,  ist  wohl 
keine  andere  als  die,   dass  infolge  des  Eindringens  der  Lehre 
Luthers  die  Gebete  flir  die*  Verstorbenen  und   damit  auch   die 
Einzeichnuugen  ihr  Ende  erreicht  haben.*    Der  ersten  urkundlich 
nachweisbaren  Aebtissin  Diemud  gingen  also  zwölf  Aebtissinnen 
voraus,  die  durch  den  obenerwähnten  Zusatz  in  T.  als  solche  aiis- 
drücklich  aufgeführt  wurden.    Von  diesen  zwölfen  können  aber 


»  Reg.  Nr.  1. 

*  Die  letzte  in  T.  eingezeichnete  Aebtissin  war  die  am  5.  September  1534 
verstorbene  Barbara  U.  von  Kirchberg.  E^  fehlen  demnach  die  letzten 
vier  Aebtissinnen.  In  T.  erscheint  auch  die  in  der  ersten  Hälfte  des 
XIII.  Jahrhunderts  lebende  Aebtissin  Elisabeth  I.  nicht;  dieses  Fehlen 
darfte  sich  daraus  erklären,  dass  sie  vermuthlich  an  einem  der  letzten 
Tage  des  Decerabers  gestorben  ist,  welche  Tage  in  T.  leer  geblieben  sind. 


L 


193 

nur  zehn  die  angegebene  Durchschnittsziffer  von  sechzehn  Jahren 
in  Ansprach  nehmen;  denn  zwei  von  ihnen  werden  nicht  als  abba- 
tissae,  sondern  nur  als  electae  bezeichnet^  aus  welchem  Worte 
erhellt,  dass  sie  sswar  zu  Aebtissinnen  erwählt  worden  sind,  aber 
aas  irgend  einem  uns  nicht  mehr  bekannten  Grunde  die  Con- 
firmation  und  Benediction  nicht  erhalten  haben.  Die  zehn  Aebtis- 
sinnen standen  dem  Kloster  durch  hundertsechzig  Jahre  vor  1181 
vor,  woraus  sich  ergibt,  dass  die  Aebtissin  Ata  um  1020  die  Leitung 
von  Traunkirchen  übernommen  hat.  Und'  da  kein  Grund  zur 
Annahme  vorliegt,  Traunkirchen  habe  einige  Zeit  ohne  Aebtissin 
schon  bestanden,  so  dürfte  die  Gründung  des  Klosters  in  diese 
Zeit,  um  1020,  gesetzt  werden. 

Diese  Zeit  zusammengehalten  mit  dem  Umstände,  dass 
Graf  Wilhalm  I.  von  Raschenberg  schon  im  Jahre  963  mit  sei- 
nem Sohne  Liutold  als  Zeugen  erscheint,  dieser  also  schon 
damals  der  Zeugenschaft  ftlhig  gewesen  sein  muss,  machen  es 
unwahrscheinlich,  dass  Wilhalm  I.  noch  um  1020  am  Leben 
gewesen  ist  und  das  Kloster  am  Traunsee  gegründet  habe. 
Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  birgt  sich  unter  dem  in  T.  als  ftin- 
dator  erwähnten  comes  Wilhalmus  einer  seiner  gleichnamigen 
Nachkommen.  In  welchem  Verwandtschaftsverhältnisse  der  zum 
19.  Juli  in  T.  aufscheinende  Graf  Leotold  zu  dem  Gründer 
Wilhalm  gestanden  ist,  lässt  sich  mit  Sicherheit  zwar  nicht  mehr 
bestimmen;  doch  hindert  nichts,  in  Leotold  den  Sohn  und  Nach- 
folger Wilhalms  in  dem  Besitze  und  der  Verwaltung  des  Gebietes 
an  der  oberen  Traun,  des  heutigen  Salzkammergutes,  zu  erblicken. 

Als  Stifter  des  Klosters  musste  Graf  Wilhalm  sicherlich 
am  Westufer  des  Traunsees  Besitzungen  sein  eigen  genannt 
haben,  dortselbst  abo  Grundherr  gewesen  sein,  da  doch  un- 
möghch  angenommen  werden  kann,  er  habe  das  Kloster  auf 
fremdem  Grund  und  Boden  gegründet.  Auch  bedarf  es  wohl 
keines  Beweises  daftir,  dass  er  den  Nonnen  gewisse  Güter  zu 
ihrem  Unterhalte  zugewiesen  haben  wird.  Der  Besitz  des  Stift;es 
war  in  späterer  Zeit  kein  unbedeutender  und  lag,  wie  das 
urbar  desselben  nachweist,  zumeist  im  Traun-  und  Hausruck- 
kreise. ^    Einen  Grosstheil  des  zu  Traunkirchen  gehörigen  Gutes 

^  Eine  sehr  g^te  Abschrift  dieses  Urbariums,  welches  seinem  älteren  Theile 
nach  dem  Ende  des  XIV.,  mit  seinem  jüngeren  Theile  aber  dem  folgen- 
den SXcnlum   angeboren   dürfte,   befindet   sich  im    Museum  Francisco- 
Carolinum  in  Linz. 
Arekir.  Bd.  LXXXn.  I.  H&lfto.  18 


194 

bildeten  mächtige  Forste^  die  zumeist  im   Gebiete   der   oberen 
Traun  und  ihrer  Neben-  und  Zuflüsse  sich  ausdehnten.^    Nebst 
diesem   weitläufigen   Waldbesitz  gehörte  zum  Kloster  auch  ein 
Antheil  an  dem  wegen  seiner  reichen  Salzlager  schon  in  den 
ältesten  Zeiten  berühmten  Hall-  oder  Salzberge  bei  Hallstatt, 
dessen   Ausbeute   zu  Ischl  in  dem  ,Pftindlein^  der  Nonnen  zu 
Salz  verarbeitet  wurde.  Dieser  Antheil  an  dem  Hallberge  scheint 
ein  bedeutender  gewesen  zu  sein.     Es  erhellt  dies  aus  der  Air 
die  damaligen  Zeiten  hohen  Rente,  welche  den  Nonnen  für  die 
Abtretung  ihres  Anrechtes   an    dem   Salzberge   und    der   zum 
Sieden  gewidmeten  Waldungen  alljährlich  ausbezahlt  wurden. 
Als  nämlich  die  römische  Königin  Elisabeth,  die  Witwe  Königs 
Albrecht  I.  von  Deutschland,  auf  dem  ihr  als  Witwengut  zu- 
gewiesenen Gebiete  an  der  oberen  Traun    das   für  Oberöster- 
reich so  segensreiche  Salzbergwerk  eröffnete,  löste  sie  von  dem 
Kloster  Traunkirchen  den  ihm  gehörigen  Antheil  an  dem  Hall- 
berge gegen  eine  jährliche  Rente  von  hundert  Pfiind   Wiener 
Pfenningen  im  Jahre  1305  mit  Zustimmung  ihres  Sohnes,  Bierzogs 
Rudolf  HI.  von  Oesterreich  ab;*  Herzog  Friedrich  der  Schöne 
erhöhte   im  Jahre   1312  diese  Rente   um  jährlich   zehn   Pfund 
und  verordnete  vier  Jahre  später,   1316,  dass  seine   Amtleute 
zu  Hallstatt  früher  kein  Salz  verkaufen  noch  ausführen  dürften, 
bevor  sie  nicht  der  Aebtissin  und  den  Nonnen  zu  Traunkirchen 
die  jährUche  Rente  ausbezahlt  hätten.^     Erhellt  schon  aus  der 
letzterwähnten  Bestimmung  des  Königs  Friedrich,  dass  diese  Rente 
den  wichtigsten  Theil  des  Einkommens  an  Geld  für  das  Kloster 
bildete,  so  bezeugt  die  Urkunde,  durch  welche  Bischof  Otto  U. 
von  Passau  im  Jahre  1262   den    von   der  Aebtissin  Elisabeth 
durch   ihr  unbilliges    Vorgehen    gegen    die    Nonnen    gestörten 
Klosterfrieden  wieder  herstellte,  dass  das  Erträgniss  der  Saline 
des  Klosters  von  den  ältesten  Zeiten  her  der  Bestreitung  des 
Unterhaltes  und  der  Bekleidung  der  Nonnen  gewidmet  war.* 
Das    von   den    Nonnen    im    Jahre    1305    an    die    Königs witwe 
Elisabeth  von  Habsburg  und  ihre  Nachkommen  abgetretene  Recht 
auf  den  Salzberg,  sowie  die  dazugehörigen  Wälder  an  der  oberen 
Traun   dürfen  wir  deshalb  wohl  als  Dotationsgut  deis  Klosters 

»  Anhang  Nr.  CXII. 

•  Eeg.  Nr.  12, 

«  Reg.  Nr.  13,  U. 

*  Reg.  Nr.  7. 


195 

betrachten,  welches  der  Gründer  und  seine  Familie  ihrem  Haus- 
kloster bei  dessen  Süftang  mitgegeben  haben.  ^ 

Wenn  sich  aber  sowohl  Traunkirchen  als  auch  die  Forste 
an  der  oberen  Traun,  sowie  nicht  minder  der  Salzberg  bei 
Hallstatt  und  das  ,Pßlndlein'  der  Nonnen  bei  Ischl  zu  Beginn 
des  XI.  Jahrhunderts  in  dem  Besitze  der  Grafen  von  Raschen- 
bei^-Reichenhall  befunden  haben,  so  wird  auch  die  Annahme, 
dieses  edle  Haus  war  in  dieser  Zeit  Inhaber  des  ganzen  heu- 
tigen Salzkammergutes,  kaum  einem  erhebUclicn  Widerspruche 
begegnen.  Diese  Annahme  stützt  sich  auf  folgende  Gründe: 
Bis  jetzt  fand  sich  kein  Document  oder  eine  andere  urkund- 
liche Nachricht,  aus  denen  auf  den  Besitzer  des  Gebietes  an 
der  oberen  Traun  in  der  ersten  Hälfte  des  XI.  Jahrhunderts 
mit  Sicherheit  hätte  ein  Schluss  gezogen  werden  können.* 
Herrenlos  wird  dieses  ob  seines  reichen  Bergsegens  schon  in 
ältester  Zeit  bekannte  und  bewohnte  Gebiet  doch  auch  in  dieser 
Zeit  nicht  gebUeben  sein.*  Die  Grafen  von  Raschenberg-Reichen- 
ball hatten  aber  einen  nicht  unbedeutenden  Theil  des  heutigen 
Salzkammergutes  inne,  weshalb  wir  sie  wohl  als  Besitzer  des 
anderen  Theiles  oder  des  ganzen  oberen  Traungebietes  annehmen 
dürfen.  Daftir  spricht  femer  der  Umstand,  dass  das  heutige 
Salzkammergut  noch  in  später  Zeit  als  ein  in  sich  ge- 
schlossenes Gebiet,  als  ein  poUtisches  Ganzes  angesehen  wurde 
und  seinen  besonderen  Namen  führte.  König  Ottokar  II.  von 
Böhmen  befiehlt  im  Jahre  1262  als  Herzog  von  Oesterreich 
seinen  Amtsleuten,  ,qui  pro  tempore  fuerint  in  Ischelen  provincia^, 
das  Kloster  Mondsee  bei  Einhebung  der  ihm  bei  Ischl  geschenk- 
ten Einkünfte  nicht  zu  beirren;*  im  XIV.  und  dem  folgenden 
Jahrhunderte,  1312,  1335,  1434  u.  a.,  wird  die  Sahne  des 
Klosters,  das  ,Pfkndlein^,  als  im  ,Ischellant'  hegend  bezeichnet;^ 
in  den  Jahren   1336,   1358,   1359  u.  a.   erlassen   die   Herzoge 


'  Nach  Prits  a.  a.  O.  rührte  dieser  Besitz  des  Klosters  von  einem  der  stei- 

rischen  Markgrafen  her. 
'  Wie  PritK  and  andere  Geschichtschreiber  annehmen,  soll  das  Salskammer- 

g^t  in  dieser  Zeit  schon  im   Besitze   der  Otakere  gewesen  sein,  doch 

fehlen  f^r  diese  Annahme,  die  auch  unwahrscheinlich  ist,  alle  Nachweise. 
'  Stmadt  weist  deshalb  das  Salzkammerg^t  den  Grafen  von  Lambach  zu. 

(Gebart  des  Landes  ob  der  Enns,  44). 
*  ürknndenbuch  des  Landes  ob  der  Enns  in.,  284,  Nr.  302. 
»  Reg.  Nr.  13,  21,  28,  88. 

13* 


196 

Albrecht  ü.  und  Rudolf  IV.  von  Oesterreich  Befehle  an  ihre 
Amtleute  und  Richter  in  dem  ^Ischllandt';^  1412  wird  Gtosau 
als  im  ,Yschellandt'  liegend  genannt  u.  a.  m.;*  und  vom  XVI.  Jahr- 
hunderte ab  heisst  dieses  Gebiet  das  ^Salzkammergut^,  in  welcher 
Bezeichnung  bis  heute  die  ehemalige  Zusammengehörigkeit  des 
ganzen  Gebietes  an  der  oberen  Traun  noch  nachklingt. 

Den  triftigsten  Nachweis  für  die  obige  Annahme  bietet 
aber  auch  hier  wieder  das  Todtenbuch  von  Traunkirchen,  wenn 
es  den  zum  19.  Juli  aufscheinenden  Leotold  als  Graf  der  klöster- 
lichen Gemeinde^  ^Comes  nostre  congregationis^^  bezeichnet. 
Hätte  T.  den  Raschenberger  mit  diesen  Worten  nur  als  Schutz- 
vogt des  EJosters  kennzeichnen  wollen^  welches  Amt  ihm  ohnedies 
als  Nachfolger  des  Stifters  zustand,  so  würde  es  gewiss  die  seit 
dem  Vni.  Jahrhundert  daftU*  allgemein  angenonmiene  Bezeich- 
nung gewählt  und  ihn  als  ^Advocatus  nostre  congregationis^  in 
seine  Spalten  eingeschrieben  haben;  indem  es  aber  Leotold  als 
^Comes^  bezeichnet;  wollte  es  ihn  als  den  Grafen  des  ganzen 
Gebietes,  in  dessen  Sprengel  auch  Traunkirchen  lag,  kenntlich 
machen.  Diese  Annahme  wird  durch  den  Hinweis,  dass  in  den 
Tagen  der  Raschenberger,  im  X.  und  XI.  Jahrhundert,  das 
Wort  ,Comes'  nicht  ein  leerer  Begriff  war,  sondern  auch  einen 
reellen  Hintergrund  hatte,  um  so  wahrscheinlicher,  je  gewisser 
es  ist,  dass  nur  der  wirkliche  Inhaber  eines  Comitates  damals 
den  Titel  ,Comes'  ftihrte.  Als  Gerichtsherr  des  Gebietes  an 
der  oberen  Traun  hatte  Leotold  nicht  nur  die  klösterliche  Ge- 
meinde vor  jeder  Vergewaltigung  zu  schirmen,  sondern  vor 
allem  dem  Kloster  und  dessen  Hintersassen  den  Rechtsschutz 
zu  leisten,  sowie  über  deren  Streitsachen  die  oberste  Entschei- 
dung zu  geben.  Zu  seiner  Malstatt  konnte  der  Graf  die  in 
seinem  Bezirke  wohnenden  Holden  des  Klosters  aber  nur  dann 
erfordern,  wenn  dieses  nicht  die  Immunität  besass.  Dies  war 
aber  damals  bei  Traunkirchen  wirklich  der  Fall;  denn  es  erhielt 
die  £xemption  vom  Grafengerichte  erst  nach  den  Zeiten  Leotolds, 
in  der  zweiten  Hälfte  dos  XI.  Jahrhunderts.  Wie  aus  der  Ur- 
kunde erhellt,  durch  welche  Herzog  Otaker  VI.  von  der  Steier- 
mark im  Jahre  1191  die  Immunität  des  Klosters  bestätigte  und 
so. bedeutend  erweiterte,  dass  von  da  ab  die  Entscheidung  in 

»  Reg.  Nr.  24,  38,  Ä9,  89. 

*  Kaiisler,  Geschichte  des  Marktes  nnd  Cnrortes  Ischl,  9S. 


197 

allen  Händeln  der  Elosterholden;  ^doch  ausgenommen  was  den 
tod  berurt',  der  jeweiligen  Aebtissin  zustand,  hatte  ein  Ahne 
des  Herzogs,  Graf  Otaker,  dem  Kloster  dieses  Privilegium 
gegen  Ueberlassung  mehrerer  Klostergtiter  im  beschränkten  Um- 
fange verliehen.^  Die  Otakere  kamen  aber  erst  um  die  Mitte 
des  XI.  Jahrhunderts  nach  dem  heutigen  Oberösterreich*  und 
konnten  deshalb  nicht  dem  Stifte  Traunkirchen  die  Gerichts- 
freiung  vor  dieser  Zeit  schon  ertheilt  haben.  Da  das  Kloster  in 
der  ersten  HäUte  des  erwähnten  Jahrhunderts  dieses  Privilegium 
nicht  besass,  so  war  Leotold  von  Raschenberg -Reichenhall  der 
thatsächliche  Inhaber  des  Gerichtslehens  über  das  ganze  Ge- 
biet an  der  oberen  Traun,  Traunkirchen  mit  eingeschlossen, 
oder  Comes  auch  der  Klostergemeinde.  Und  da  Leotold  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  nur  der  Nachfolger  des  Klosterstifters 
Wilhelm  war,  so  dürfen  wir  ihn  als  den  Grafen  dieses  Gebietes 
ansehen. 

Was  den  Umfang  dieses  Comitates  anbelangt,  so  sind  wir 
zwar  nicht  im  Stande,  dessen  genaue  Grenzen  anzugeben, 
dürften  aber  kaum  weit  in  die  Irre  schweifen,  wenn  wir  mit 
Rücksicht,  dass  aus  demselben  die  späteren  Landgerichte  Wilden- 
stein' und  Ort  —  letzteres  wenigstens  theil weise  —  hervor- 
gegangen sind,  annehmen,  dasselbe  habe  das  ganze  heutige  Salz- 
kanmiergut  begriffen.  Eine  Stütze  ftir  diese  Annahme  bieten 
auch  die  einstigen  Patronatsrechte  der  Pfarre  Traunkirchen. 
Aus  dem  weitläufigen  Sprengel  dieser  alten  Pfarre  bildeten  sich, 
besonders  infolge  des  Aufblühens  der  Salzgewinnung,  die  heu- 
tigen Pfarreien  Aussee,*  Hallstatt,  Geisern,  Laufen  und  Ischl, 
welche  Pfarren  deshalb  im  Verhältnisse  der  FiUaUtät  zu  Traun- 
kirchen standen.  Dieses  Verhältnis  der  Abhängigkeit  der 
Töchter  von    der   Mutter   überdauerte   nicht  nur  das  Kloster 


*  Eeg.  Nr.  2. 

*  Siehe  das  Folgende  und  Stmadfs  yortreffliche  Abhandlnngfen :  ^euerbach* 
and  ,Die  Gebart  des  Landes  ob  der  EnnsS 

*  Heute  die  in  der  Nähe  von  Ischl  befindliche  Raine  Ton  Alt-Wildensteiu. 

*  Dass  Aassee  in  älterer  Zeit  za  dem  heutigen  Lande  ob  der  Enns  und 
dadurch  zur  Diöcese  Passau  gehörte  und  erst  unter  Philipp  yon  Sponheim, 
dem  «Erwählten  von  Salzburg*  (1247 — 1256),  zu  dem  yon  ihm  eroberten 
Ennsthale  geschlagen  wurde,  scheint  mir  Dr.  Larapel  in  seiner  Abhand- 
lung ,Das  Gemärke  des  Landbuches'  (Blätter  des  Vereines  fQr  Landes- 
kunde yon  NiederOsterreich  1887,  242  ff.)  in  überzeugender  Weise  dar- 
gethan  zu  haben. 


198 

der  Benedictinen  zu  Traunkirchen,  sondern  erhielt  sich  auch, 
als  die  Jesuiten  das  verlassene  Stift  in  Besitz  genommen  hatten, 
ungeändert  fort.^  Erst  mit  der  Aufhebung  der  Gesellschaft 
Jesu  im  Jahre  1773,  infolge  derer  die  Residenz  zu  Traunkirchen 
sich  auflöste,  gingen  die  Patronatsrechte  an  den  Landesftirsten 
über,  die  Filialkirchen  wurden  zu  selbstständigen  Pfarreien, 
und  ihre  Seelsorger,  bis  dahin  nur  Vicare  genannt,  wurden 
Pfarrer.*  Der  Sprengel  der  alten  Pfarre  Traunkirchen  begriff 
demnach  fast  das  ganze  heutige  Salzkammergut,  von  Traun- 
kirchen südlich  längs  der  Traun  bis  zu  ihrem  Ursprünge.  In 
diesem  Gebiete  aber  war  Leotold  von  Raschenberg  Inhaber 
des  Comitates,  welches  sonach  den  Sprengel  der  Pfarre  Traun- 
kirchen begriff.  Es  trat  hier  der  sonst  nicht  gewöhnliche  Fall 
ein,  dass  sich  die  kirchlichen  Grenzen  der  Pfarre  mit  den 
politischen  der  Grafschaft  vollkommen  deckten.  Die  Grafen 
von  Raschenberg  waren  deshalb  die  Herren  des  heutigen  Salz- 
kammergutes in  kirchlicher  wie  politischer  Hinsicht.  Die  letz- 
teren Beziehungen  haben  wir  oben  nachzuweisen  versucht,  die 
ersteren  ergeben  sich  aus  nachfolgenden  Gründen.  Graf  Wilhalm 
erbaute  auf  eigenem  Grund  und  Boden  das  Kloster  Traunkirchen. 
Kloster  und  Kirche  waren  aber  so  innig  beieinander,  dass  die 
letztere  nur  einen  Theil  des  ersteren  gebildet  hat  In  der 
St.  Michaelskapelle  der  Pfarrkirche  daselbst  oblagen  die  Nonnen 
ihrem  Chorgebete  und  empfiogen  die  Sacramente,  in  derselben 
befanden  sich  die  Grabmäler  der  Stifter  und  Wohlthäter  und 
wurden  die  Aebtissinnen  und  Nonnen  in  ihren  Hallen  und  Ka- 
pellen zur  letzten  Ruhe  bestattet.^  Daraus  ergibt  sich,  dass  die 
Kirche  des  Klosters  zugleich  die  Pfarrkirche  von  Traunkirchen 
gewesen  sein  muss,  wie  denn  auch  nirgends  von  einer  abgeson- 
derten Kirche  oder  Kapelle  im  Kloster  selbst  die  Rede  ist  Wie 
Wilhalm  nicht  auf  fremdem  Grunde,  so  wird  er  auch  nicht  bei 

^  Infoigfe  der  Auflösung  des  Nonnenklosters  hatte  sich  auch  das  Abhingig- 
keitsyerhftltniss  dieser  Pfarreien  von  der  Mutterkirche  gelöst;  die  Jesuiten 
stellten  dasselbe  aber  nicht  ohne  Kampf  gegen  den  Bischof  Wensel 
Graf  von  Thun  (1664 — 1673)  yon  Passau,  unterstütxt  roni  kaiaerlichen 
Hofe,  wieder  her.  Heyrenbach^  Manuscript  in  der  k.  u.  k.  Hofbibliothek 
EU  Wien. 

»  Kirchliche  Topographie,  XIV.  Bd.,  104. 

'  Die  alte  Kirche,  welche  1632  gänslich  in  Asche  gfelegt  wurde,  enthielt 
mehrere  Kapellen,  von  denen  einige  wie  die  St.  Stephans-,  St.  Anna-  und 
St.  Michaelskapclle  urkundlich   erwähnt  werden. 


199 

einer  Kirche,  deren  Patronatsrecht  ihm  nicht  zustand,  sein  Kloster 
erbaut  haben.  Erhellt  schon  aus  diesem  Verhältnisse  das  Patronats- 
recht der  Grafen  von  Raschenberg  über  die  Pfarre  Traunkirchen, 
so  ei^bt  sich  dies  nicht  minder  aus  der  Schenkungsurkunde 
Herzogs  Otaker  VI.  von  der  Steiermark  an  das  Kloster  Traun- 
kirchen.  In  diesem  um  das  Jahr  1181  ausgefertigten  Docu- 
mente  beurkundet  der  letzte  Otaker,  dass  er  das  ,ius  petitionis^ 
über  die  Kirche  daselbst  zu  seinem  und  seiner  Ahnen  Seelen- 
heil für  ewige  Zeiten  dem  Kloster  geschenkt  habe,  und  dass 
keiner  seiner  Nachfolger  diese  Vergabung  antasten  solle.  ^  Der 
Herzog  vollzieht  diese  Schenkung  ,potestativa  manu^,  das  ist  als 
Herr  des  Gebietes  an  der  oberen  Traun.  Otaker  konnte  aber 
dieses  Recht  nur  durch  Erbschaft  von  seinen  Vorfahren  zugleich 
mit  dem  Comitate  erhalten  haben,  auf  welche  es  vermuthlich 
auf  demselben  Wege  wieder  nur  von  den  Grafen  von  Raschen- 
berg übergegangen  war.  Daraus  folgt  aber,  dass  Graf  Wilhalm 
und  nach  ihm  Graf  Leotold  Besitzer  des  Patronatsrechtes  von 
Traunkirchen  und  dessen  weit  ausgedehnten  Pfarrsprengels  ge- 
wesen sind.  Es  entgeht  mir,  ob  die  Raschenberger  bei  Erhalt 
dieses  Gebietes  an  der  oberen  Traun,  dessen  kirchliche,  wie 
weltliche  Herren  sie  waren,  die  Pfarrkirche  zu  Traunkirchen 
schon  vorgefunden  haben,  oder  ob  sie  von  ihnen  zugleich  mit 
dem  Kloster  erbaut  worden  ist.  Die  letztere  Annahme  hat  die 
grössere  WahrscheinUchkeit  flir  sich,  sowohl  deshalb,  weil  Graf 
Wilhalm  Grundherr  von  Traunkirchen  war,  als  auch  darum,  weil 
der  Zusatz,  welchen  T.  der  zum  20.  August  eingezeichneten  Gräfin 
Leopirgis  beifügt,  indem  er  sie  als  ,fundatrix  nostre  ecclesie'  auf- 
fuhrt, auf  die  Raschenberg-Reichenhaller  Grafen  hinleitet. 

Dieses  edle  Haus  dtlrfte  das  Gebiet  an  der  oberen  Traun 
einst  —  vermutlich  in  der  ersten  Hälfte  des  X.  Jahrhunderts 
—  vom  Erzbistume  Salzburg  überkommen  haben.  Für  diese 
Annahme  spricht  die  Vergabungsurkunde  der  alten  karlingi- 
schen  Abtei  Trunseo  an  dieses  Erzstift.  Ueber  Bitten  der 
Bischöfe  Adalbero  von  Augsburg,  Salomon  von  Constanz  und 
Dracholf  von  Freising,  sowie  mehrerer  anderer  geistUchen  wie 
weltlichen  Grossen  schenkte  der  letzte  deutsche  Karlinger,  König 

^  Urkondenbach  des  Landes  ob  der  Enns  II.  373,  Nr.  267.  Reg,  Nr.  1. 
Herzog  Otaker  verordnete  auch,  dass  zwei  oder  mehrere  Priester  von  dem 
Erträgnisse  der  Pfarre  an  der  Kirche  unterhalten  werden  sollten,  um 
die  Seelsorge  zu  verrichten  und  für  ihn  und  seine  Vorfahren  zu  beten. 


200 

Ludwig  das  Kind,  in  Jahre  909  diese  Abtei,  welche  schon 
früher  als  Commende  dienen  musste,  dem  Grafen  Arbo  und 
dem  Erzbischofe  von  Piligrim  von  Salzburg  unter  der  Bedin- 
gung, dass  nach  deren  beiderseitigem  Ableben  dieselbe  an  den 
Stuhl  von  Salzburg  zu  fallen  habe.^  Das  Besitzthum  dieser 
königlichen  Abtei,  über  deren  Gründung  nichts  näher  bekannt 
ist,^  scheint  ein  sehr  umfangreiches  gewesen  zu  sein  und  das 
ganze  Gebiet  an  der  oberen  Traun  umfasst  zu  haben;  doch 
lässt  sich  Näheres  nicht  mehr  nachweisen. 

Wie  der  Umfang  des  Gebietes,  welches  der  Abtei  Trunseo 
gehörte,^  sich  nicht  näher  mehr  festsetzen  lässt,  ebensowenig 
ist  auch  die  Besitzergreifung  dieses  Gebietes  durch  das  £rz- 
stifl  Salzbui^  urkundlich  zu  belegen,  wenngleich  dieselbe  ausser 
jedem  Zweifel  stehen  dürfte.  DafUr  spricht  schon  der  Umstand, 
dass  kaum  anzunehmen  ist,  Salzburg  habe  auf  diesen  Besitz, 
auf  den  es  doch  das  beste  Recht  hatte,  verzichtet  und  niemals 
einen  Anspruch  erhoben.  Einen  sicheren  Beleg  fUr  die  factische 
Besitzergreifung  dieses  mächtigen  Gebietes  von  Seite  des  Erz- 
stiftes bietet  das  Diplom,  durch  welches  Kaiser  Otto  11.  der 
ELirche  von  Salzburg  den  gesammten  Besitzstand  bestätigt 
Unter  den  aufgezählten  Gütern,  deren  Besitz  dieser  Kaiser  im 
Jahre  977  über  Bitten  des  Erzbischofs  Friedrich  dessen  Erz- 
stifte bestätigt,  wird  auch  ein  mächtiges  Waldgebiet  aufgeführt, 
das  sich  vom  Erlbache  im  Pinzgau  bis  zum  ,Vuassinperch  prope 


^  Original  im  k.  u.  k.  Staatsarchiv  in  Wien;  Juvaria,  Diplom.,  Anhang  121, 
Nr.  LX. 

'  Die  Gründung^zeit  dieser  königlichen  Abtei  ist  ganz  anbekannt.  Dümmler 
(Südöstliche  Marken  des  fränkischen  Reiches  im  Archiv  für  Kunde  öster- 
reichischer Geschichtsquellen  X,  75)  lässt  sie  wenige  Zeit  vor  ihrer  Ver- 
gabung durch  König  Ludwig  das  Kind  g^egründet  worden  sein;  Dr.  Alois 
Huber  (Geschichte  der  Einführung  und  Verbreitung  des  Christenthums  in 
Südost-Deutschland  lU,  189  ff.)  setzt  ihr  Entstehen  in  das  YL  Jahrhundert. 
In  Berücksichtigung  des  Umstandes,  dass  schon  vor  ihrer  Veiigabung  im 
Jahre  909  die  Brüder  Alpker  und  Gundpercht  diese  Abtei  als  Commende 
inne  hatten,  dürfte  die  Gründung  in  die  Zeit  Ludwig  des  Deutschen  sa 
setzen  sein. 

'  lieber  die  Lage  dieser  königlichen  Abtei  am  Traunsee  ist  Näheres  nicht 
bekannt.  Pritz,  Alois  Huber  u.  A.  nehmen  das  heutige  Altmünster  dafür  an ; 
doch  sprechen  hiefür  nur  die  im  XHI.  Jahrhunderte  zuerst  vorkommende 
Bezeichnung  »Münster*  (Monasteriensis)  —  die  Benennung  Altmünster 
stammt  aus  späterer  Zeit  —  sowie  der  Kirchenpatron  dieser  Pfarre, 
St.  Benedict. 


201 

Iscalam'  hinzog.*  Der  Bergname  ,Vua88inperch'  findet  sich 
heute  auf  keiner  Elarte  dieses  Gebietes,  noch  lebt  er  im  Volks- 
mimde  fort,  weshalb  auch  die  Meinungen  der  Forscher  über 
den  Berg,  der  darunter  zu  verstehen  ist,  weit  auseinandergehen. 
Während  Richter  darunter  die  besonders  steilen  und  auffallen- 
den Formen  des  Rinn-  oder  Rettenkogels  südlich  der  Ischl 
vermuthet,*  will  Lampel  in  dem  ,Vuassinperch*  das  Todte  Ge- 
birge sehen,  auf  welches  die  nähere  Bestimmung  des  Diploms 
^acutus  mons'  vortrefflich  passe.'  Mit  einer  neuen  und,  wie 
mir  dünkt,  der  einzig  richtigen  Ansicht  tritt  Dr.  Prinzinger  auf, 
wenn  er  in  diesem  unbekannten  Berge  den  östlichen  Eckpfeiler 
des  Zinkenbachthaies,  den  ,Sparber^,  erblickt.  Der  ,Sparber' 
erhebt  sich  nahe  der  Ischl,  hat  auffallend  steile  Felsenwände 
und  fragt  auf  einem  seiner  oberen  Abhänge  das  Bauemgehöft 
Hinterholz,  welches  heute  noch  im  Munde  des  Volkes  das 
,Was8engut^  heisst.^  Da  jede  urkundliche  Nachricht  mangelt, 
welche  besagte,  wie  dieses  bis  an  die  Ischl  sich  hinziehende 
Gebiet  an  Salzburg  gediehen  ist,  so  dürfte  die  Annahme,  das- 
^Ibe  stamme  zum  Theile  wenigstens  aus  dem  Besitzstande  der 
ehemaligen  königlichen  Abtei  Trunseo  her,  nicht  jeder  Berech- 
tigung entbehren. 

Das  Erzbistum  hatte  demnach  von  dem  Abteigute  Trunseo 
thatsächlich  Besitz  ergriffen,  hat  dasselbe  aber  nicht  in  der 
Hand  behalten,  sondern  seinem  grösseren  Theile  nach  wieder 
an  eine  landsässige  Familie  des  höheren  Adels  als  Lehen,  das 
sich  vererbte,  hinausgethan.  Im  Besitze  eines  grossen  Theiles 
dieses  Gebietes,   des  heutigen  Salzkammergutes,  erscheinen  im 


^  Mon.  Germ.  Dipl.  II,  185,  Nr.  165.  ,Ad  haec  etiam  firmamns  ad  prefatum 
moDaBteriüm  Junaaense  forestem  a  termino,  qui  in  Pisoncia  incipit, 
hoc  est  de  rirolo  Erilipach  osque  ad  acutum  montem,  qui  Diutiace  vocatiir 

Vuiflsinperch   prope  Iscalam '     Wiederholt  in  der  Urkunde  Königs 

Otto  m.  vom  Jahre  984,  Mon.  Germ.  Dipl.  II,  393,  Nr.  1. 

*  Untersuchungen  zur  Geographie  des  ehemaligen  Hochstiftes  Salzburg 
a.  1.  O.  714. 

'  Das  Gem&rke  des  Landbuches  a.  a.  O.  241  ff. 

^  In  den  Mittheilungen  der  Gesellschaft  für  Salzburger  Landeskunde  1890, 
XXX,  156.  Mit  Recht  verweist  Dr.  Prinzinger  bezüglich  dieses  Namens 
auf  das  heute  noch  im  Volksmunde  von  Salzburg,  wie  nicht  minder  von 
Ober- und  NiederOsterreich  gebräuchliche  Wort  ,w4ch8*  oder  ,wax»  =  ,w4ssS 
welches  nach  Schmeller  (Bair.  Wörterbuch)  ,8charf,  rauh,  kantig,  acutus* 
bleutet. 


Kl.  Jahrhunderte  die  OrBfen  Wilhelm  iied  Leolold  von  Rxschen- 
lerg-Keichenhall,  ohne  dass  wir  oachEuweisen  Tennöchten,  ob 
iie  auch  im  vorauBgehenden  X.  Jahrhundert  dasaelb«  schon 
nnegehabt  haben.  Da  die  Raschcnberger  als  Comites  Über 
las  Gebiet  walteten,  bo  war  mit  demselben  der  damalB  nicht 
eltene  Proccss  vor  sich  gegangen,  dem  zufolge  das  Leben  sum 
)omitate,  der  Vasall  zum  Comes  wurde.  Nach  anderen  ahnliden 
teispielen  eu  schliessen  hatte  diese  Entwicklung  schon  im 
[.  Jahrhunderte  stat^efunden,  in  welcher  Zeit  dieser  Procesa 
urch  die  StQrme  der  Magyaren  und  die  nachfolgenden  Wirren 
1  Baiem  sehr  gefördert  wurde.  Um  denselben  von  muichen 
nderen  geflthrdeton  Besitzungen  abzuwenden,  erwarb  sich  Er»- 
ischof  Friedrich  die  Urkunde  von  Jahre  977,  durch  welche 
[aiser  Otto  II.  den  Besitz  der  bedrohten  Güter  dem  Hochstifte 
estatigte.  Salzburg  erlangte  dieses  wichtige  Document  auf 
rund  einer  gefiÜBchten  Urkunde,  welche  angebhch  schon  König 
molf  von  Ostfranken  im  Jahre  885  demselben  verliehen  haben 
ill.'  In  beiden  Documenten,  sowohl  in  dem  gefälschten  Amolfe 
ie  in  dem  echten  Ottos,  findet  sich  mit  gleichlautenden 
''orten  das  oben  erwähnte  Gebiet  au%eflihrt,  als  dessen  nord- 
tlicher  Grenzpfeiler  der  ,Uuassinperch*  bei  der  Ischl  genannt 
ird.  Der  Grund  der  Fälschung  dürfte  kein  anderer  gewesen 
in  als  oachzuweisen,  dass  das  erwähnte  Gebiet  nicht  von 
sm  Abtoigute  Tninaeo  herstamme,  sondern  alter  Besitz  der 
Jzburger  Kirche  wäre.  Dadurch  erreichte  Erzbischof  Friedrich 
a  Zweck,  in  diesem  weil  immunem  Gebiete,  jede  Grafechaft- 
Idung  hintanzuhalten  und  auch  jeden  üebergriff  des  Inhabers 
s  anderen  Theiles  von  Trunseo  auf  den  Rest  zu  verhindern.* 
Ebenso  wenig  als  wir  wissen,  wann  die  Grafen  von 
ischenberg-Reichenhall  in  den  Besitz  des  Salzkammergutes 
kommen  sind,  vermögen  wir  anzugeben,  wann  sie  ausgeator- 
a  sind.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  dürfte  das  Letztere 
3b  der  Mitte  des  XI.  Jahrhunderts,  vermutlich  um  das  Jahr 
30,  erfolgt  sein.    Das  Haus  der  Grafen  von  Baschenberg  muBs 


JnvavlB,  Diplom.  Anhang  US,  Kr.  54  mit  der  Datirnng  690;  Uflblbuher 
R«g.  Nr.  1801. 

Ueber  den  Gnind  and  die  Zeit  der  FKIschung  handelt  in  Tortrefllicber 
Weise  W.  Erben  in  Mitlbeilungen  des  Iiutituts  filr  OEleireichiKbe  Ge- 
Hcliichteforachiing  a  a.  O.,  10.  Bd.,  607ff. 


203 

bezüglich  des  Zweiges,  der  im  Besitze  des  Salzkammergutes 
war,  mit  dem  öfter  erwähnten  Leotold  erloschen  sein.  Es  geht 
dies  daraus  hervor,  dass  die  beiden  anderen  in  T.  zum  25.  Juli 
und  zum  11.  August  aufscheinenden  Leotolde  zwar  als  Grafen 
bezeichnet  werden,  aber  in  keiner  näheren  Beziehung  zum 
Kloster  Traunkii*ehen  gestanden  sind,  weil  diese  sonst  von  dem 
Todtenbuche  gewiss  wäre  angedeutet  worden.  In  welchem 
Verhältnisse  diese  beiden  Leotolde  zu  Wilhem  und  Leotold 
gestanden  sind,  entgeht  uns.  Vielleicht  waren  sie  Vater  und 
Bruder  zu  Wilhelm,  die  im  Besitze  der  Grafschaft  Raschenberg 
Wilhelm  I.  nachgefolgt  sind;  die  urkundUchen  Nachrichten, 
welche  die  Salzburger  Kammerbücher  bieten,  widersprechen 
dieser  Vermutung  wenigstens  nicht.* 

Als  Nachfolger  der  Grafen  Wilhalm  und  Liutold  von 
Raschenberg-Reichenhall  erscheinen  nach  der  Mitte  des  XI.  Jahr- 
banderts  in  den  Grafschaftsrechten  und  im  Allodialgute  der- 
selben an  der  oberen  Traun  die  Grafen  von  Grabenstatt, 
welche  Stmadt  in  trefifender  Weise  nach  dem  Chiemgau,  in 
dem  ihr  Comitat  lag,  die  Chiemgauer  nennt.  ^  Wie  bei  den 
Raschenbergem  die  Personennamen  Wilhalm  und  Leotold  vor- 
herrschten, so  ist  für  die  Chiemgauer  der  Name  Otaker  ein 
charakteristisches  Moment.'  Der  Rechtstitel,  auf  den  gestützt 
dieses  Haus  den  Nachlass  der  Grafen  von  Raschenberg  anti*at, 
war  das  ,ius  hereditarium^     Dieses  Erbrecht  konnte  nur  durch 


'  Die  Genealogie  der  Grafen  von  Raschenberg-Reichenhall  würde  sich  in 
nachstehender  Weise  gestalten,  wobei  die  feste  Linie  die  sichere,  die 
ponktirten  Linien  die  vermutete  Nachfolge  angeben. 

Wilhelm  I.,  Graf  von  Raschenberg-Reichenhall, 
gestorben  nach  963. 

Liutold  I.,  Graf  von  Raschenberg-Reichenhall, 
gestorben  um  990(?),  2ö.  Juli. 

Liutold  n.,  Wilhelm  H., 

Graf  von  Raschenberg-Reichenhall,  Stifter  von  Traunkirchen. 

gestorben  11.  August  1060?  

Liutold  m., 
Graf  von  Traunkirchen, 
gestorben  um  1060,  19.  Juli 

*  Stmadt,  Geburt  des  Landes  ob  der  Enns,  61. 

•  Siehe  Hirsch,  Jahrbücher  des  deutschen  Reiches  unter  Heinrich  IL,  37 
Note  2. 


i 


204 

Verwandtschaft  entstanden  sein,  fUr  welche  Annahme  nachfol- 
gende  Oriinde   sprechen.     Abgesehen   von   der   Nachbarschaft 
der  Comitate  beider  Häuser,  welche  schon  auf  verwandtschaft- 
liche Beziehungen   hindeuten,   zeugt  dafUr  auch  die  meist  un- 
mittelbare  Aufeinanderfolge   dieser  Namen  in  den  Urkunden.^ 
Nach  1110  schenkt  Markgraf  Otaker  IV.   mit    seinem    Sohne 
Leopold  dem  Kloster  Garsten  eine  Saline  zu  Reichenhall,  welche 
er  ,iure  hereditario*  innehatte.*   ReichenhaU  war  aber  im  Besitze 
der  Grafen  von  Raschenberg,  und   wenn   auch  im  Xu.  Jahr- 
hunderte   die    Plainer    dieses  Comitat    innehatten,  so   schliesst 
dies   einen   Besitz  der  Chiemgauer  daselbst  nicht  aus,  da  die 
Raschenberger  von   Traunkirchen   ebenso   wie  die  Plainer  ein 
Zweig   des   Hauses   Raschenbei^-Reichenhall   waren.'     Endlich 
bezeichnet  T.  den  Grafen  Otaker  (I.)  von  Chiemgau  als  Vater 
der  ersten  Aebtissin  des  ELlosters  Traunkirchen.*    Nach  gewöhn- 
lichem  Gebrauche  stand  dem  Stifter  eines  Klosters  das  Recht 
zu,  den  ersten  Vorsteher  desselben  zu  ei*nennen,  wobei  selbst- 
verständlich der  Consens  des  Diöcesanbischofes  eingeholt  oder 
zuweilen  auch  nur  vorausgesetzt  wurde.     Den  ersten  Vorsteher 
oder  besonders  bei  Frauenklöstem  die  erste  Aebtissin  pflegte 
der  Stifter  stets  aus  seiner  Familie  oder  aus  dem  ELreise  seiner 
nächsten  Verwandtschaft  zu  nehmen.*    Auch  bei  Traunkirchen 
dürfte   diese   allgemein   geltende   Gewohnheit  zur    Anwendung 
gekommen  sein,  und  da  die  erste  Aebtissin  ausdrücklich  als  die 
Tochter   des   Grafen   Otaker   bezeichnet  wird,    so   können  wir 
mit  Recht  auf  sehr  nahe  verwandtschaftliche  Bande  schliessen, 
wenn  wir  auch  nicht  im  Stande  sind,  dieselben  genauer  festzu- 
stellen.     Diesen   nahen   Beziehungen   der  Chiemgauer  zu   den 
Raschenbergem  und  ihrem  Hauskloster  Traunkirchen  gaben  die 
Nonnen  daselbst  auch  dankbaren   Ausdruck  dadurch,  dass  sie 
alle  Glieder  des  chiemgauischen  Hauses,  von  Otaker  I.  ab  bis 
zu  den  letzten  Sprossen,  Herzog  Otaker  VI.,  in  ihr  Todtenbuch 
eingezeichnet  haben. 


»  JuyaviA,  Diplom.  Anhang  181, 182,  194,  195,  197,  Nr.  67,  68,  11,  12,  18; 
Hauthaler  a.  a.  O.  n.  A. 

■  Urknndenbnch  des  Landes  ob  der  Enns  I,  135,  Nr.  25. 

'  Siehe  die  scharfsinnige  Untersuchung  von  Richter  a.  a.  O. 

^  ,Ottakerus  comes  pater  Ate  prime  abbatisse  istius  loci*  hat  T.  zum  6.  Mfirs. 

^  Ein  Beispiel  aus  vielen  bietet  die  zu  Beginn  des  VIII.  Jahrhunderts  er- 
folgte Stiftung  von  Nonnberg;  auch  die  von  Goess  u.  a. 


205 

Dank  der  neueren  Geschichtsforschung^  wurde  dje  alte 
von  steirischen  wie  österreichischen  Historikern^  besonders  von 
Pritz,'  aufgestellte  Meinung,  dass  die  Chiemgauer  die  Nach- 
kommen des  letzten  Markgrafen  der  karlingischen  Ostmark 
Aribo'  und  seines  angeblichen  Sohnes  Otaker,  welcher  im 
Jahre  904  als  Ghraf  in  Leobengau  erscheint,*  wären,  gründlich 
abgethan.  Als  Ahnherr  des  Hauses  wird  nun  jener  Otaker  an- 
genommen, welcher  im  Jahre  959  in  der  Urkunde  König  Otto  I. 
ftlr  das  Domstift  Salzburg  als  erster  unter  den  drei  Grafen 
genannt  wird,  durch  deren  Comitate  der  geschenkte  Forst  sich 
hinzog.^  Nach  den  Untersuchungen  Richter's  lag  Otakers  Comitat 
im  alten  Chiemgau  und  hiess  von  dem  Amtssitze  desselben  zu 
Orabenstatt  ,Comitatus  Crapnastatt^  ®  Von  dieser  Zeit  ab  er- 
scheint Graf  Otaker  mehrere  Male  noch  in  den  Urkunden  des 
Erzbischofs  Friedrich  von  Salzburg.  So  erscheint  er  im  Jahre  963 
mit  den  Raschenbergem  Wilhelm  I.  und  Liutold  I.  als  Zeuge 
in  emer  Tauschhandlung  des  genannten  Kirchenfürsten  ;^  in 
gleicher  Eigenschaft  wohnen  er  und  Liutold  einem  ähnlichen 
Rechtsgeschäfte  dieses  Erzbischofes  mit  seiner  Schwägerin  Uuilla 
bei.^  Im  Jahre  976  beurkundet  er  als  Zeuge  die  Tauschacte  des 
Erzdiakons  Richarius  und  des  Ejrzpriesters  Perhtoldus  mit  dem 
Hochstifte  Salzburg,^  sowie  ein  anderes  ähnliches  Geschäft  des 
Erzbischofes.^®  Auch  in  der  um  980  in  den  Tagen  des  Bischofes 
WoI%ang  von  Regensburg  von  dem  edlen  Manne  Einhard  an  das 
Kloster   Mondsee   gethanen    Vergabung  erscheint  er  noch   als 


'  Hirsch  a.  a.  O.;  Huber,  Geschichte  Oesterreicbs  I,  216,  und  besonders 
Stmadt  in  seinen  trefflichen  Werken:  ,Peuerbach*  86,  und  fGeburf  etc.,  50. 

'  Pritz,  Geschichte  der  steirischen  Ottokare,  Geschichte  von  Oberösterreich  I, 
251  ff.,  Geschichte  von  Steyr  79  ff.  u.  a. 

*  I>fimmler,  Geschichte  des  ostfränkischen  Reiches,  H  551,  bemerkt  ganz 
treffend,  dass  die  Bestimmung  bezüglich  der  Abtei  Tmnseo  nach  dem  Ab- 
leben Aribos  schliessen  lasse,  dass  ihm  kein  Sohn  mehr  als  Nachfolger  lebte. 

*  y.  Zahn,  Urkundenbuch  der  Steiermark  I,  16,  Nr.  13. 

*  Hon.  Germ.  Dipl.  I,  281,  Nr.  202. 

*  a.  a.  O.  642. 

'  Jaravia  a.  a.  O.  194,  Nr.  11. 

*  JuTSTia  a.  a.  O.  195,  Nr.  12. 

*  Jnyavim  a.  a.  O.  190,  Nr.  1. 

^  Haatluüer,  Die  Salzburger  Traditionscodices  des  X.  und  XI.  Jahrhunderts 
in  den  Mittbeilungen  des  Instituts  für  Osterreichische  Geschichtsforschung, 
m,  Bd.,  88,  Nr.  4. 


206 

Zeuge.*  Von  dieser  Zeit  ab  klafft  durch  fast  vier  Decennien  eine 
gewaltige  Lücke.  Erst  im  Jahre  1027  erscheint  ein  Graf  Ozi  in 
der  Schenkungsurkunde  Kaisers  Konrad  U.  an  den  Erzbischof 
Dietmar  von  Salzburg  als  Mitinhaber  der  Grafschaft  Graben- 
statt mit  dem  Grafen  Chadalhoch,  durch  deren  Comitat  sich 
der  verliehene  Forst  ,Heit^  erstreckte.*  In  diesem  Grafen  Ozi 
haben  wir  jenen  Grafen  Otaker  zu  erblicken,  welchen  T.  als 
Vater  der  ersten  Aebtissin  Ata  von  Traunkirchen  zum  ö.  März 
aufführt.  Der  Beweis  fUr  die  Identität  der  Namen  Ozi  und 
Otaker  ergibt  sich  schon  daraus,  dass  Ozi  als  Graf  im  Chiem- 
gau,  wo  der  Forst  ,Heit^  sich  ausdehnte,  aufgeführt  wird.  Den 
sichersten  Nachweis  aber  dürfte  meinem  Erachten  nach  das  alte 
Todtenbuch  von  St.  Rudpert  zu  Salzburg  bieten,  wenn  es  zum 
5.  März,  also  zum  nämlichen  Tage,  an  welchem  Graf  Otaker  in  T. 
aufscheint,  den  Grafen  Ozi  eingezeichnet  hat.^  Obwohl  er  der  2^t 
nach  der  Sohn  des  im  Jahre  959  zuerst  erwähnten  Grafen  Otaker 
sein  kann,  so  halte  ich  doch  dafür,  diesen  Grafen  Otaker  oder  Ozi, 
weil  mit  ihm  in  T.  die  ununterbrochene  Reihenfolge  seines  so 
rasch  emporblühenden  Hauses  ihren  Anfang  ninmit,  als  den 
eigentlichen  Ahnherrn  zu  betrachten  und  ihn  Otaker  I.  zu 
nennen.  Von  seinen  Familienverhältnissen  wissen  wir  nichts, 
als  dass  er  die  vorerwähnte  Aebtissin  Ata  von  Traunkirchen 
zur  Tochter  hatte;  der  Nachfolger  in  dem  chiemgauischen 
Comitate  Grabenstatt,  Otaker  11.,  dürfte  sein  Sohn  gewesen  sein.^ 
Sein  Hinscheiden  dürfte  nach  dem  Jahre  1030  erfolgt  sein. 

*  Urkundenbuch  von  OberOsterreich  I,  87,  Nr.  149. 

'  Juvavia  a.  a.  O.  218,  Nr.  89.  Chadalhoch  und  Ozi  erscheinen  auch  in 
den  Urkunden  der  ErzbischOfe  Odalbert  (Hanthaler  a.  a.  O.  Nr.  3,  8,  20  ff.), 
doch  nie  als  Inhaber  einer  Gra£Bchaft  und  zugleich  mitsammen,  daher 
sie  hier  nicht  berücksichtigt  wurden. 

°  Nekrologia  Germaniae  II.  Dioec.  Salisburg.  in  Mon.  Gtorm.  Hist.  ed.  Hers- 
berg-Fränkel  112  zum  6.  März.  Strnadt,  Geburt  des  Landes  ob  der 
Enns,  52,  verwirft  die  Identität  der  Namen  Otaker  und  Ozi,  doch  wie 
mir  dünkt,  mit  wenig  stichhältigen  Gründen. 

*  Mit  dieser  Annahme  stimmt  auch  das  Vorauer  Fragment:  ,Genealo^ia 
marchionum  de  Stire*  in  Mon.  Germ.  Hist  SS.  XXIV,  72  überein.  Stmadt 
nennt  dieses  Fragment  eine  trübe  und  späte  Quelle,  die  daher  bei  Seite 
gelegt  werden  muss  (Geburt  a.  a.  O.  51,  Note  126).  Ich  kann  dieses 
harte  Urtheil  nicht  theilen.  Allerdings  stammt  das  Fragment  in  seiner 
vorliegenden  Gestalt  aus  dem  XIV.  Jahrhundert,  wie  dies  schon  die  jedem 
Otaker  gegebene  Benennung  ,marchio  Stirensis*  zeigt;  allein  der  Kern  des- 
selben ist  jedenfalls  älter  und  stimmt  die  Zahl  der  angeAihrten  Otaker 


207 

Nebst  dem  ei'wähnten  Otaker  I.^  auch  Ozi  geheissen,  dem 
Zeitgenossen  des  Stifters  von  Traunkirchen  Wilhalm  von  Raschen- 
berg^  scheinen  in  T.  noch  fünf  Träger  dieses  Namens  auf,  welche 
theils  durch  das  beigesetzte  Prädicat  ^comes,  marchio,  dux^, 
theils  durch  anderweitige  unanfechtbare  QueUenbeweise,  obwohl 
ihren  Namen  die  erwähnten  Zusätze  mangeln,  doch  als  ge- 
wesene Mitglieder  und  Sprossen  der  Orafen  von  Orabenstatt 
gekennzeichnet  sind;  es  sind  dies  die  zum  29.  März,  1.  und  9.  Mai^ 
28.  November  und  1.  Jänner  im  Todtenbuche  von  Traunkirchen 
eingezeichneten  Otakere.  Von  diesen  stehen  die  zum  9.  Mai, 
28.  November  und  1.  Jänner  angeführten  Träger  dieses  Namens 
durch  ihr  Erscheinen  in  den  Nekrologien  von  St.  Lambrecht 
in  der  Steiermark,  Admont,  Seckau,  Bein,  Eremsmünster, 
St.  Eudpert  und  St.  Erintrudis  in  Salzburg,  Melk,  St.  Andre 
an  der  Traisen  und  Klostemeuburg,  wie  Seen  im  heutigen 
Baiem  so  fest  erwiesen  da  als  Nachkommen  des  Hauses,  dass 
jeder  Zweifel  ausgeschlossen  erscheint.  Der  zum  9.  Mai  in  T. 
aufscheinende  Otaker  wird  schon  durch  das  angefügte  Prä- 
dicat ,dux^  als  Otaker  VI.,  der  erste  Herzog  der  steirischen 
Mark,  mit  welchem  im  Jahre  1192  das  erlauchte  Haus  erlosch, 
gekennzeichnet.^  Nicht  minder  ist  jedes  Bedenken  ausgeschlos- 
sen bezügUch  der  beiden  anderen,  wenngleich  ihren  Namen 
jeder  Beisatz  mangelt,  und  zwar  verbirgt  sich  unter  dem  zum 
28.  November  in  T.  eingezeichneten  Otaker  der  Markgraf 
Otaker  IV.  von  der  Steiermark,  der  treue  Anhänger  der  päpst- 
lichen Partei  in  den  östlichen  Alpenländem  und  Stifter  der 
Benedictiner  zu  Garsten,  gestorben  im  Jahre  1122,*  während 
der  zum  1.  Jänner  erwähnte  Otaker  der  im  Jahre  1164  ver- 


gSnzHch  mit  der  in  T.  eingezeichneten  Überein.  Wenn  es  Otaker  IIL  Ozi 
nennt,  so  beweist  diese  Verwechslung  nur,  dass  man  in  Voran  nicht  mehr 
wnsste,  welcher  Otaker  so  genannt  wurde,  nicht  aber,  dass  ein  Otaker  nie- 
nuüs  diesen  Namen  geführt  hätte.  Einen  Beweis  für  diese  Annahme  bietet 
aoch  die  bekannte  Melker  Urkunde  des  Markgrafen  Ernst  von  Oester- 
reich,  die  Meiller  in  das  Jahr  1074  gesetzt  hat,  offenbar  aber,  wie  Waitz 
Deutsche  Verfassungsgeschichte  V,  812,  Note  4  schon  aufmerksam  gemacht 
bat,  in  eine  spätere  Zeit  gehOrt. 

Ihn  erwähnen  noch  zum  9.  Mai  die  Nekrologien  von  St  Lambrecht  und 
Bein,  das  Nekrologium  von  Admont  zum  8.,  das  von  Seckau  zum  10.  Blai. 
Ihn  erwähnen  zu  diesem  Tage  noch  die  Todtenbücher  von  St.  Lambrecht, 
St.  Andre  an  der  Traisen  und  Admont;  das  Nekrologium  ron  Melk  hat 
den  Vortag.    Den  IV.  Kai.  Decembris  gibt  auch  die  Inschrift  der  Grab- 


208 

8torbene  steirische  Markgraf  Otaker  V.  ist.^  Es  bleiben  demnach 
nur  der  zum  1.  Mai  und  der  zum  29.  März  in  T.  eingezeichnete 
Träger  dieses  Namens  übrige  welche  beide  schon  durch  das 
Prädicat  ,marchioS  beziehungsweise  ,comes'  als  MitgUeder  der 
Chiemgauer  gekennzeichnet  werden.  Von  diesen  dürfte  der 
zum  1.  Mai  aufscheinende,  mit  dem  Zusätze  ^marchio^  ausgezeich- 
nete Otaker  der  Sohn  und  Nachfolger  Ozis  gewesen  sein,  und 
ich  nenne  ihn  deshalb  Otaker  U.  Zum  Beweise  dieser  Annahme 
stütze  ich  mich  auf  Nachstehendes.  Dieser  Otaker  findet  sich 
ausser  T.  nur  noch  im  Todtenbuche  von  St.  Lambrecht,  welche 
Aufzeichnung,  da  die  Gründung  dieses  Klosters  erst  am  Aus- 
gange des  Jahres  1102  erfolgte,*  jedenfalls  von  späterer  Hand 
geschehen  ist  als  die  zu  Traunkirchen.  Daraus  erklärt  sich^' 
weshalb  ihn  der  Einzeichner  von  St.  Lambrecht  nicht  als  ,mar- 
chio/  sondern  nur  als  einfachen  ,come8^  eingetragen  hat  Da 
ein  Otaker  um  die  Mitte  des  XI.  Jahrhunderts  die  markgräf- 
liche Würde  thatsächUch  innehatte,  der  zum  29.  März  in  T.  auf- 
scheinende Otacher  aber  nur  als  Comes  von  Traunkirchen  be- 
zeichnet wird,  so  dürfte  T.  ihn  mit  Angabe  seines  Amtes  in  seine 
Spalten  aufgenommen  haben,  was  um  so  wahrscheinlicher  wird, 
weil  dieser  Otaker  bei  seinem  Hinscheiden  Markgraf  der  ka- 
rantanischen  Mark  war.  Otaker,  den  ich  deshalb  als  den  zwei- 
ten dieses  Namens  bezeichne  und  in  dem  ich  den  Begründer  der 
MachtsteUung  seines  Hauses  begrüsse,  war  durch  das  Elrlöschen 
der  reichbegüterten  und  mächtigen  Grafen  von  Lambach  in 
den  Besitz  eines  bedeutenden  Theiles  des  heutigen  Landes  ob 
der  Enns  gekommen.  Die  Lambacher  Grafen,  deren  Ursprung 
Stmadt,  nicht  ohne  überzeugende  Gründe  daftlr  anzuftüiren, 
auf  den  letzten  Grafen  des  Traungaues,  Meginhard,  zurückzu- 
ftlhren  versucht  hat,^  besassen  im  XI.  Jahrhunderte  das  ehe- 
malige Hausruckviertel,  den  Attergau  ausgenommen,  sowie  einen 


platte  zu  Ganten  an.    Näheres  in  meiner  Abhandlang  ,Die  Wappen  der 
Aebte  von  Garsten*. 
^  Diesen  Tag  hat  nnr  noch  das  Todtenbuch  von  St.  Erintrud  in  Salzburg; 
die  Nekrologien  von  Kremsmünster,  Seckau,  Rein  und  Klostemenburig 
haben  den  30.,  Admont  hat  den  31.  December. 

*  Pangerl,  Stadien  zar  Geschichte  des  Klosters  St  Lambrecht  in  Beiträgen 
znr  Kunde  steiermKrkischer  Geschichtsquellen  Ü.  Jahrgang,  1 14ff. 

'  Siehe  unten. 

*  Gebart  des  Landes  ob  der  Enns,  43. 


211 

zu  ziehen  gesucht.  In  dem  deshalb  ausgebrochenen  Kampfe 
scheint  Otaker  unglücklich  gegen  die  Eppensteiner  gewesen  zu 
sein  und  die  Mark  verloren  zu  haben.  ^  Kurze  Zeit  später, 
am  1.  Mai  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  im  Jahre  1060,  dürfte 
Otaker  IE.  gestorben  sein.^  Von  seinen  FamiUenverhältnissen 
wissen  wir  nichts  Bestimmtes.  AUer  Wahrscheinlichkeit  nach 
dürfte  die  zum  19.  Februar  in  den  Todtenbüchem  von  St.  Lam- 
brecht  und  Traunkirchen  aufscheinende  Gräfin  Wilbirgis  seine 
Gemahlin  gewesen  sein.  Zu  Traunkirchen  dürfte  Otaker  U. 
nicht  in  näheren  Beziehungen  gestanden  sein;  in  T.  findet 
sich  keine  Andeutung  darüber.  Wir  dürfen  deshalb  nicht  ohne 
Grund  annehmen,  dass  damals  noch  Leotold  von  Raschenberg- 
Reichenhall  im  Besitze  des  Comitates  an  der  oberen  Traun  sich 
beftmden  habe.  Dieser  Umstand  dürfte  auch  die  Ursache  gewesen 
sein,  dass  Otaker  IV.  in  T.  als  ,marchio^  der  er  in  Wirklichkeit  auch 
war,  aufscheint,  während  er  für  die  Mönche  von  St.  Lambrecht 
nur  ,comes'  sein  konnte,  denn  der  Stifter  ihres  Klosters,  Herzog 
Heinrich  HI.  von  Kärnten  (Heinrich  ,mit  dem  Greim'  1090  bis 
1122),' war  der  jüngere  Sohn  jenes  Markward  von  Eppenstein, 
welcher  mit  seinem  Sohne  Liutold  und  unterstützt  von  dem 
einheimischen  Adel,  das  seinem  Vater  Albero  im  Jahre  1035 
abgesprochene  Kärnten  und  vermutlich  auch  den  grössten  Theil 
der  karantanischen  Mark  wieder  an  sein  Haus  gebracht  hat. 
Wie  f^r  die  Eppensteiner  so  war  auch  ftir  die  Mönche  von 
St.  Lambrecht,  dem  Hauskloster  dieses  Geschlechtes,  Otaker  H. 
niemals  Markgraf,  sondern  einfacher  Graf,  als  welchen  sie  ihn 
auch  in  ihr  Todtenbuch  eingetragen  haben.  Otaker  und  seine 
Gemahlin  Wilbirg  dürften  überhaupt  ihre  Einzeichnung  in  das 
St  Lambrechter  Nekrologium  nur  der  späteren  nahen  Bezie- 
hung zwischen  Heinrich  lU.  und  dem  Markgrafen  Otaker  IV. 
von  der  Steiermark  zu  danken  haben,  welche  nahe  Beziehung 

*  Wenigstens  erscheint  Markward  von  Eppenstein  im  Jahre  1066  im  Besitze 
der  karantanischen  Mark,  wie  dies  ans  einer  Tauschhandlung  desselben 
mit  dem  Erzbischof  Qebhard  von  Salzburg  erhellt;  v.  Zahn,  Urknndenbuch 
I,  77,  Nr.  68.  lieber  diesen  Kampf,  den  zuerst  Strnadt  als  sehr  wahr- 
scheinlich nachgewiesen  hat,  ist  seine  Abhandlung:  ,Gebnrf  u.  s.  w.,  66,  66 
einzusehen. 

'  Nach  Strnadt  a.  a.  O.  66,  der  auch  die  Gründe  air  das  Jahr  1060  in 
überzeugender  Weise  darlegt 

*  Dass  nicht  Markward,  sondern  Heinrich  von  Eppenstein  der  Stifter  von 
St.  Lambrecht  ist,  hat  Pangerl  a.  a.  O.  überzeugend  dargethan» 

14* 


212 

durch  ihre   Gemahlinnen  Elisabeth  und  Sophie^  Töchter  Liat- 
pold  n.  von  der  Ostmark,  entstanden  sind.^ 

Als  seinen  Sohn  und  Nachfolger  haben  wir  jenen  Otaker 
anzusehen^  welchen  T.  zum  29.  März  eingezeichnet  hat.  Stmadt' 
imd  nach  ihm  Meyer'  und  andere  Historiker  streichen  diesen 
Otaker  HL  gänzUch  aus  der  Reihenfolge  der  Chiemgauer  und 
lassen  auf  den  Markgrafen  Otaker  11.,  den  sie  als  Otaker  L 
bezeichnen,  sofort  den  Enkel  desselben  Otaker  IV.  mit  der  Be- 
zeichnimg  Otaker  II.  folgen.  Stmadt  sucht  seine  Hypothese 
durch  die  Annahme  zu  begründen,  Otaker  IV.  sei  bei  dem 
Tode  seines  Vaters  noch  unmündig  gewesen  und  habe  erst 
durch  den  Gegenkönig  Rudolf  von  Schwaben  um  1078  die  mark- 
gräfliche  Würde  erhalten.  Es  lässt  sich  nicht  leugnen,  dass 
diese  Hypothese  scharfsinnig  ist  und  daher  auch  bestechend 
wirkt;  aber  nichtsdestoweniger  muss  sie  auf  Grund  der  Ein- 
zeichnungen  in  den  Todtenbüchem  österreichischer  und  stei- 
rischer  Klöster  als  unhaltbar  bezeichnet  werden.  Die  Angaben 
der  Nekrologien  von  Traunkirchen,  Admont,  Kremsmünster  und 
Seon  im  Zusammenhalte  mit  den  Einzeichnungen  in  den  anderen 
oben  schon  erwähnten  Todtenbüchem  lauten  so  bestimmt  und 
sicher  fUr  die  Existenz  eines  Markgrafen  Otaker  in  der  Zeit 
von  1060  ab  bis  gegen  das  Jahr  1080,  dass  jeder  Zweifel  aus- 
geschlossen ist.  Wir  haben  oben  schon  die  nach  den  Angaben 
der  Nekrologien  feststehenden  Todestage  der  letzten  vier  Spros- 
sen der  Chiemgauer  angegeben,  nämlich  den  28.  November  ftlr 
den  im  Jahre  1122  gestorbenen  Otaker  IV.,  den  24.  October  ftr 
Leopold  gestorben  1129,  den  31.  December  für  Otaker  V.  ge- 
storben 1164  und  den  9.  Mai  flir  Herzog  Otaker  VI.  gestorben 
1192.  Es  bleiben,  abgesehen  von  dem  zum  5.  März  aufscheinenden 
Otaker  I.,  nach  den  Todtenbüchem  von  St.  Lambrecht,  Seon, 
Admont  und  Kremsmünster  und  namentlich  nach  den  Einzeich- 


Liupold  II.,  Markgraf  von  Oesterreich 

t  1096. 


Sophie  Elisabeth 

mar.  Heinrich  IH.  mar.  Otaker  TV., 

von  Kärnten.  Markgraf  von 

Steier. 
«  Strnadt,  Geburt  a,  a.  O.  63  ff. 

•  Meyer  von  Knonau,  Jahrbücher  des  deutschen  Reiches  unter  Heinrich  FV. 
und  Heinrich  V.,  I.,  209  ff. 


213 

nangen  in  T.^  die^  weil  alle  Otakere  enthaltend^  wohl  als  die 
Hauptquelle  zu  bezeichnen  sind,  noch  zwei  Otaker  zum  29.  März 
und  1.  Mai  übrig,  die  ^marchio^,  beziehungsweise  ,comes^  ge- 
nannt werden  und  der  Zeit  nach  vor  Otaker  IV.  gesetzt  wer- 
den müssen.  Den  zum  1.  Mai  erwähnten  Otaker  haben  wir 
als  den  um  1060  verstorbenen  Otaker  II.  nachzuweisen  ver- 
sucht, weshalb  der  zum  29.  März  in  den  erwähnten  Nekrologieu 
auftretende  Otaker  nur  dessen  Sohn  und  Nachfolger  Otaker  HI. 
sein  kann.  Die  Nekrologien  7on  Admont,  Kremsmünster  und 
Seon  nennen  ihn  ,marchio^  und  tragen,  obwohl  diese  Einzeich- 
nungen  erst  aus  der  Zeit  stammen,  in  welcher  das  Prädicat 
,Markgra{^  bei  den  Chiemgauem  schon  feststand,  damit  den  that- 
Bächlichen  Verhältnissen  Rechnung.  Otaker  in.  bekleidete  in 
der  That  die  markgräfliche  Würde,  wie  dies  sein  Sohn  und 
Nachfolger  Otaker  IV.  selbst  bestätigt,  wenn  er  ihn  ,marchio' 
nennt.^  Es  ist  nicht  anzunehmen,  dass  der  Sohn  dem  Vater 
dieses  Prädicat  beigelegt  hätte,  wenn  dieser  m'cht  wirklicher 
Markgraf  gewesen  wäre,  und  da  in  dieser  Zeit  noch  keine 
Titularmarkgrafen  existirten,  sondern  dieser  Titel  auf  reeUer 
Grundlage  basierte,*  so  muss  Otaker  m.  thatsächlich  einer 
Mark  vorgesetzt  gewesen  sein.  Diese  Mark  konnte  aber  nur 
die  alte  karantanische  Mark  gewesen  sein.  FreiUch  waltete 
Otaker  nicht  über  das  ganze  Qebiet  der  Mark,  da  ein  Gross- 
theil  derselben,  wie  aus  der  Urkunde  erhellt,  wodurch  die  Eppen- 
steiner  sich  im  Jahre  1066  vom  Erzbischofe  Qebhard  von  Salz- 
bui^  gegen  Abtretung  einiger  Güter  und  Zehente  in  Kärnten 
und  in  der  Mark  pfarrliche  Rechte  fUr  einige  Kirchen  erwar- 
ben,' im  Besitze  des  gedachten  Hauses  war;  aber  ein  nicht 
unbedeutendes  Gebiet  der  Mark,  darunter  der  grösste  Theil 
des  Ennsthales,  war  von  den  Eppensteinem  nicht  besetzt  wor- 
den, lieber  dieses  Gebiet  dürfte  Otaker  HI.  in  der  Eigen- 
schaft als  ,marchio'  die  Verwaltung  geftlhrt  haben.  Für  unsere 
Annahme  spricht  das  Auftreten  des  zweiten  Sohnes  Otakers, 
Adalbero  —  auch  Adalbert  geheissen  —  als  Graf  des  Enns- 
thales um  das  Jahr  1078,  was  nicht  leicht  mögUch  gewesen 
wäre^  wenn  die  ganze  Mark  im  Besitze  der  Eppensteiner  ge- 


*  Urkaiidenbach  des  Landes  ob  der  Enns  I,  121,  10. 

*  Huber,  Qeschichte  Oesterreichs  I,  267,  Note  3. 

'  T.  Zahn,  Urkondenbucb  der  Steiermark  I,  77,  Nr.  68. 


214 

wesen  wäre.  Die  Annahme,  dass  Markward  oder  dessen  Sohn 
Liutold  dem  Adalbero,  den  einige  Quellen  auch  ^marchio^  nennen, 
das  Ennsthal  abgetreten  hätten,  kann  deshalb  nicht  bestehen, 
weil  dasselbe  zum  grössten  Theile  dem  Hochstifte  Salzburg 
gehörte  und  der  Erzbischof  Gebhard  bis  zu  Beginn  des  Jahres 
1077  zu  dem  Kaiser  Heinrich  IV.  in  freundschaftlichen  oder 
wenigstens  in  guten  Beziehungen  stand.  ^  Viel  wahrscheinlicher 
ist,  dass  Adalbero  nach  des  Vaters  Tode  das  Ennsthal  erhal- 
ten,^ oder,  wie  es  seinem  gewaltthätigen  Charakter  nach  nicht 
undenkbar  erscheint,'  sich  desselben  mit  Gewalt  gegen  seinen 
Bruder  Otaker  IV.  bemächtigt  hat.  Zwar  erscheint  in  dem 
ganzen  Zeiträume  von  1060  ab  bis  gegen  das  Jahr  1078  kein 
Markgraf  der  karantanischen  Mark;  denn  die  Eppensteiner 
nannten  sich  nie  Markgrafen,  aber  die  wenigen  Urkunden,  die 
uns  aus  dieser  Zeit  erhalten  sind  und  in  denen  die  Mark  er- 
wähnt wird,  behandeln  nur  solche  Orte  und  Güter,  die  nicht 
im  Ennsthale  lagen  und  deshalb  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
von  den  Eppensteinem  besetzt  gehalten  wurden  oder  in  den 
von  ihnen  besetzten  Gebieten  der  Mark  sich  befanden.^  Wir 
glauben  demnach,  ohne  grösseren  Widerspruch  zu  beftirchten, 
Otaker  HI.  als  Markgrafen  annehmen  zu  müssen,  und  dies  um 
so  mehr,  da  ihn  sein  eigener  Sohn,  wie  oben  erwähnt  wurde, 
als  solchen  bezeichnet.  Um  dem  von  ihm  verwalteten  Gebiete 
nahe  zu  sein,  nahm  Otaker  in  der  Burg  zu  Steier,  welche  die 
Grafen  von  Lambach  am  Zusammenflüsse  der  Enns  und  Steier 
auf  jener  Höhe  erbaut  hatten,^  auf  welcher  sich  jetzt  das  schöne 
Schloss  der  Grafen  von  Lamberg  erhebt,  seinen  Sitz,  weshalb 
ihn  auch  sein  Sohn  ,Otaker  Styrensis'  nennt.^  Von  seinem 
ferneren  Geschicke  wissen  wir  nur,  dass  er  in  der  nächsten 
Nähe  seiner  Burg  zu  Steier,  auf  seinem  Gute  Garsten  ein  frei- 


^  Meyer,  Die  östlichen  Alpenländer  im  Invesüturstreite,  49  ff. 

*  ,Otachir  (IV.)  marchio  obiit,  qui  fratrem  habuit  Alberonem,  caios  comi- 
tatus  ab  Enswald  usque  Gtoizaerwald',  sagen  die  Ann.  8t  Radberti 
Salisb.  in  Mon.  Germ.  88.  IX,  766  ad  a.  1122. 

3  Sein  gewaltthätiger  Charakter  erhellt  ans  der  Urkunde  vom  Jahre  1086, 
wodurch  Adalbero  vom  Banne  gelöst  wurde;  v.  Zahn,  a.  a.  O.  99,  Nr.  85. 

<  V.  Zahn,  a.  a.  O.  80,  81,  84,  Nr.  69,  70,  76. 

^  Dies  hat  zuerst  Stmadt,  a.  a.  O.  44,  Note  98  überzeugend  nach- 
gewiesen. 

^  Urkundenbuch  des  Landes  ob  der  Enns  I,  121,  Nr.  10. 


215 

weltliches  Collegiatstift  gegründet  hat/  sowie  dass  er  zu  Rom 
gestorben  sei.'  Wann  sein  Hinscheiden  erfolgte^  lässt  sich  nicht 
genau  bestimmen;  doch  dürfte  der  in  dem  Güterverzeichnis 
von  Admont  als  erster  weltlicher  Zeuge  aufgeführte  Otaker 
marchio  Stirensis/  sowie  der  in  dem  Uebergabsdocomente  der 
Pfarre  Kilb  an  GU5ttweig  durch  Altmann  von  Passau  erwähnte 
Otaker^  nicht  mehr  Otaker  m.,  sondern  dessen  Sohn  und  Nach- 
folger in  der  Mark  Otaker  IV.  sein.  Beide  Urkunden  fallen 
in  die  Zeit  von  1076  bis  1083  (1087),  weshalb  auch  Otakers  IIL 
Tod  in  diese  Zeit  zu  setzen  ist.^ 

Während  die  erwähnten  Nekrologien  sowie  der  Sohn  selbst 
Otaker  m.  als  ,marchio^  bezeichnen,  nennt  ihn  T.  einfach 
,come6\  Auch  diese  Bezeichnung  entspricht  den  thatsächUchen 
Verhältnissen.  Durch  den  Zusatz  ,nostre  congregationis  istius 
loci^  bezeichnet  ihn  T.  als  denjenigen  Otaker,  auf  welchen  die 
GrafschafWechte  des  Salzkammergutes  von  Leotold  von  Raschen- 
berg-Reichenhall übergegangen  sind.  Wie  aus  dem  Umstände 
erhellt,  dass  dieses  Gebiet  noch  in  den  Zeiten  Königs  Otaker  11. 
von  Böhmen  und  der  Herzoge  aus  dem  Hause  Habsburg  als 
ein  von  dem  tLbrigen  Lande  ob  der  Enns  gesondertes  politisches 
Ganzes  erscheint,^  hat  Otaker  HI.  dieses  Gebiet  nicht  mit  dem 
Erbe  der  Lambacher  verschmolzen,  sondern  getrennt  von  dem- 
selben verwaltet.  Deshalb  war  er  ftlr  die  Nonnen  von  Traun- 
kirchen  nicht  Markgraf,  sondern  Graf,  mit  welchem  Titel  auch 
sein  Enkel  Leopold  noch  in  T.  eingezeichnet  erscheint.^  Da 
sein  Vater,  welcher  noch  nicht  im  Besitze  des  Gebietes  an  der 
oberen  Traun  war,   um   das  Jahr   1060  die  Welt  verUess,  so 


^  Ich  habe  schon  in  meiner  (beschichte  von  Garsten  (1880)  nachgewiesen, 
diss  die  gewöhnliche  Annahme,  das  Stift  Qarsten  sei  1080  gegründet 
worden,  anhaltbar  ist,  für  welche  Annahme  Stmadt  a.  a.  O.  neue  Belege 
gebracht  hat. 

'  Urkundenbach  des  Landes  ob  der  Enns  I,  121,  160,  Nr.  10  und  121; 
II,  134,  Nr.  96. 

*  ▼.  Zahn,  Urknndenbnch,  a.  a.  O.  I,  86,  Nr.  77,  setst  diese  Urkunde  zwischen 
1074  and  1086;  Stmadt  a.  a.  O.  nimmt  das  Jahr  1078,  Wiehner,  Geschichte 
▼on  Admont  I,  c.  1110  an. 

^  Fontes  rer.  Aostr.  11,  VHI,  Nr.  X,   mit    den    trefflieben    Erläuterangen 

von  Carlin  p.  12S. 
'  Vermatiilich  um  das  Jahr  1078. 

*  Siehe  oben. 

^  Nekrologium  T.  sum  9.  August 


216 

dürfte  der  Uebergang  des  Salzkammergutes  von  den  Raschen- 
bergem  an  die  Cbiemgauer  nach  dieser  Zeit  erfolgt  sein.  Als 
Inhaber  des  Comitates  an  der  oberen  Traun  konnte  er  auch 
dem  Nonnenkloster  und  dessen  Hintersassen  die  Immunität  zu- 
gestehen, und  es  ist  demnach  unter  dem  ^comes  Otacher^,  welcher 
dem  Kloster,  wie  Herzog  Otaker  VI.  im  Jahre  1191  beurkundet,^ 
die  theilweise  Gerichtsfreiheit  gegen  Ueberlassung  bestimmter 
Güter  eingeräumt  hat,  niemand  Anderer  als  Otaker  IH.  zu 
verstehen. 

Als  seine  Gemahlin  haben  wir  wohl  jene  Wihbirg  anzu- 
sehen, welche  T.  zum  27.  August  aufweist.  DafUr  spricht  vor 
allem,  dass,  wie  eine  Garstener  Urkunde  besagt,  die  Gemahlin 
Otakers  HI.  den  Namen  Wilibirg  trug.^  Auch  ihre  Einzeichnung 
in  die  Nekrologien  von  St  Lambrecht,  St.  Florian,*  Traun- 
kirchen  und  Seen  beweist,  dass  sie  in  unseren  Landen  eine 
bekannte  Persönlichkeit  war,  was  fUr  die  Gemahlin  Otakers  ID., 
der  zuerst  in  Steier  seinen  Sitz  aufgeschlagen  hat,  passen  würde. 
Ihre  Familienzugehörigkeit  lässt  sich  mit  Sicherheit  nicht  näher 
mehr  bestimmen.  Der  Umstand,  dass  sie  und  ihr  Gemahl  allein 
unter  allen  Chiemgauern  in  dem  Todtenbuche  von  Seen,  dem 
Hauskloster  der  mächtigen  Aribonen,^  aufscheinen,  scheint  auf 
nahe  Beziehungen  zu  diesem  edlen  Hause  hinzudeuten.  Ihrer 
Ehe  mit  Otaker  sollen  angeblich  vier  oder,  wie  Pritz  annimmt,^ 
fünf  Kinder  entsprossen  sein.  Die  beiden  Söhne  Otaker  IV. 
und  Adalbero  (Adilbert)  stehen  urkundlich  ausser  allem  Zweifel, 
anders  verhält  es  sich  mit  den  angeblichen  drei  Töchtern  Sophie, 
Ata  und  Elisabeth.  Die  letzte  wird  als  die  Gemahlin  des  Grafen 
Rudolf  von  Dietmarsen  aufgeführt.  Die  Annales  Stadenses 
nennen  sie  die  Schwester  Otakers  von  Steier,*  unter  welchem 


»  Eeg.  Nr.  2. 

*  Urkundenbuch  des  Landes  ob  der  Enns  I,  160,  Nr.  121. 

'  Csemy,  Das  älteste  Todtenbncb  des  Stiftes  St.  Florian,  Archiv  fttr  Öster- 
reichische Geschichte,  56  Bd.,  zum  27.  August. 

*  Das  Kloster  des  heil.  Lambert  zu  Seon  in  Baiern  wurde  im  X.  Jahr- 
hunderte von  Aribo  I.  gegründet;  siehe  Herzberg-Fränkel  in  Necrologium 
Germ.  U.  I,  217. 

'^  Geschichte  der  steirischen  Ottokare  a.  a.  O.  253. 

^  Jtem  Bodolfum,  qui  duxit  Elizabeth  sororem  Ottokkar  de  Stire,  sedante 
prolem  occisus  a  Thietmarcis*  (Mon.  Gerra.  SS.  XXVI,  326),  welch* 
letzterer  Satz  auf  keine  lange  Ehe  Elisabeths  mit  dem  im  Jahre  1144 
von  den  Dietmnrsen  erschlagenen  Grafen  Rudolf  deutet. 


217 

nach  Pritz  Otaker  IV.  zu  verstehen  sein  soll.  Elisabeth  müsste 
ein  ungewöhnlich  hohes  Alter  erreicht  haben,  wenn  sie  Otaker  UI. 
Tochter  gewesen  wäre.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  war  sie 
die  Schwester  Otaker  V.  und  Tochter  Leopold  des  Starken 
von  Steier.  Was  Ata  anbelangt,  so  wird  sie  als  die  Tochter 
Otakers  UI.  deshalb  ausgegeben,  weil  dieser  das  Kloster  Traun- 
kircheo  wieder  hergestellt  und  demselben  seine  Tochter  Ata 
als  erste  Aebtissin  gegeben  haben  soll.^  Dass  Ata  eine  Tochter 
Otakers  I.  war,  haben  wir  früher  schon  nachgewiesen.  Wie  sie 
Yon  Pritz,  um  seine  Annahme  von  der  Wiederherstellung  des 
Stiftes  Traunkirchen  zu  retten,  zur  Tochter  Otakers  III.  gemacht 
wurde,  obwohl  sie  dessen  Tante  war,  so  muss  Sophie,  welche 
der  Vermählung  des  Markgrafen  Leopolds  DI.  von  der  Ostmark 
mit  der  Tochter  Kaiser  Heinrich  IV.,  Agnes,  der  Witwe  Friedrichs 
voD  Staufen,  zu  Melk  beigewohnt  haben  soll,'  als  ein  Geschöpf 
Haathaler's  betrachtet  werden,  da  sie  sonst  nirgends  als  nur 
in  seiner  bekannten  Fälschung  erwähnt  wird. 

In  der  Verwaltung  der  Mark  von  Steier  folgte  Otaker  HI. 
mn  gleichnamiger  Sohn  Otaker  IV.  Nach  Strnadt^  soll  er 
die  markgräfliche  Gewalt  vom  Gegenkönige  Heinrich  IV., 
Rudolf  von  Schwaben,  erhalten  und  sich  nach  einem  freund- 
lichen Abkommen  mit  den  Eppensteinem  von  seinem  Allodial* 
besitze  Steier  Markgraf  von  Steier  genannt  haben.  Die  Belehnung 
durch  Rudolf  von  Schwaben  scheint  nicht  alles  Grundes  zu 
entbehren,  da  Heinrich  IV.  kaum  einem  so  hervorragenden 
Anhänger  der  päpstlichen  Partei  in  den  östUchen  Alpenländem 
die  markgräfliche  Würde  verliehen  haben  wird;  die  Beschränkung 
des  Markgrafentitels  auf  den  Allodialbesitz  Steier  infolge  eines 
friedlichen  Abkommens  mit  den  Eppensteinem  müssen  wir 
zurückweisen,  da,  wie  wir  oben  dargethan  zu  haben  glauben, 
Otaker  IH.  den  Markgrafentitel  von  diesem  Besitz  schon  ge- 
führt hat.  Dass  zwischen  Heinrich  von  Eppenstein  und  Otaker  IV. 
eine  Vereinbarung  getroffen  worden  sein  mag,  ist  an  sich  nicht 
unwahrscheinlich,  nur  dürfte  dieselbe  mit  dem  Markgrafentitel, 
dessen  Verleihung  vom  Kaiser  abhing,  nichts  zu  thun  gehabt 
haben.     Herzog  Heinrich  UI.  von  Kärnten  dürfte  sich  mit  dem 


>  PrHs  a.  a.  O. 

*  Hanthaler,   Fasti    CampilUien.  II,  1309;  nach  ihm  Aqnilin  CMsar  I,  139. 

»  Gebart  e4c,  a.  a.  O.  68  ff. 


218 

Markgrafen  Otaker  IV.  von  Steier  kaum  vor  Ende  des  Investitur- 
kampfes in  den  Ländern  der  Ostalpen  in  friedlicher  Weise 
auseinandergesetzt  haben,  sicherlich  aber  nicht  früher^  bevor 
ihm  nicht  jede  Hoffnung  auf  einen  Erben  und  Nachfolger  ge- 
schwunden war.  Durch  diese  Uebereinkunft  erhielt  das  Haus 
der  Chiemgauer  einen  wahrhaft  fürstlichen  Landbesitz  in  der 
heutigen  Steiermark,  so  das  Thal  Neumarkt  bis  an  die  Mur; 
im  oberen  Murthale  alle  seine  Liegenschaften  von  Murau  an- 
gefangen bis  gegen  Eraubat;  sein  (des  Herzogs)  Eigen  um 
Leoben;  das  gesammte  Mürzthal  von  den  Quellen  der  Mttrz 
und  den  Höhen  des  Semmering  bis  Brück  an  der  Mur  und 
endUch  all  seinen  Besitz  von  Brück  bis  Gösting  sowohl  an  der 
Mur  als  in  den  Seitenthälem.^  Ob  dieses  reiche  Vermächtnis 
an  den  Markgrafen  von  Steier  durch  den  Einfluss  von  Herzog 
Heinrichs  HI.  Qemahlin,  Sophie  von  Oesterreich,  der  Schwester 
der  Gattin  Otakers  IV.,  zustande  gekommen  ist,  lässt  sich  zwar 
urkundUch  nicht  feststellen,  dürfte  aber  wohl  kaum  einem  Zweifel 
begegnen. 

Das  Todtenbuch  von  Traimkirchen  berichtet  leider  nichts 
über  die  Vergabungen  der  Otakere  an  das  Kloster.  Dass  die- 
selben innige  Beziehungen  zu  Traunkirchen  aufrecht  gehalten 
haben,  ist  zweifellos;  denn  nur  auf  Grund  dieser  Beziehungen 
konnte  sich  trotz  des  Nekrologiums  auch  in  den  Kreis  der 
Nonnen  die  Sage  Eingang  verschaffen,  dass  die  Chiemgauer  die 
Stifter  des  Klosters  gewesen  wären.  Bekanntlich  hat  Pritz 
diese  Annahme  auch  urkundHch  zu  begründen  gesucht,  indem 
er  sich  dabei  auf  das  Document  Herzogs  Otaker  VI.  vom 
Jahre  1191  stützte,  in  welchem  dieser  seine  Vorfahren  als 
jfundatores^  bezeichnet.  Dass  aber  in  diesem  Satze  ,ftindatores' 
nicht  mit  Stift;er  oder  Gründer,  sondern  mit  ,Wohlthäter'  wieder- 
zugeben ist,  erhellt  aus  dem  Wortlaute  der  Stelle.^ 

Von  den  Vergabungen  der  Chiemgauer  an  Traunkirchen 
dürfte  der  Besitz  des  Klosters  zu  Trofaiach  und  im  Ennsthale 


1  ▼.  Zahn,  Festschrift,  a.  a.  O.  11;  Wafanschaffe,  1.  c.  84,  Nr.  263. 

*  Reg.  Nr.  2.  ,Ego  Otacher  dei  gracia  dux  StyrensiB  notum  &cio  Christi 
fidelibus,  cenobinm  Trunkirchen  hactenus  summa  pace  et  quiote  usqne 
ad  nostra  tempora  nigoisse  et  nullius  adnocati  exactione  vexatuxn  faisse 
tum  ex  anctoritate  priuileg^,  quod  illi  contulit  unus  proauomm  meomm 
Otacbar  comes,  tum  ex  clemencia  sequencium  principum  fundatoram 
ipsius  cenobii,  qui  eciam  aduocaciam  propria  tenebant  mann/ 


219 

Reihenfolge  der  Otakere  trafen  von  &rabenstatt, 

später  Markgrafen  von  Steier, 
Grafen  des  oberen  Traunthales  (Salzkammergutes), 

nach  den  Einzeichnungen  des  Nekrologiums  von  Traankirchen. 


Otaker  I.  (Ozzi), 

Graf  von  Grabenstatt  im  Cbiemgan, 

gestorben  am  5.  März  um  1030. 

Gemahlin:  N.  N. 


Otaker  11., 

Erbe  der  Lambacber  Grafen, 
Markgraf  der  karantanischen  Mark, 

gestorben  am  1.  Mai  um  1060. 

Gemahlin:  Wilbirgis  ?  von  .  .  .  . 

gestorben  am  18.  Februar  anno  ? 


Ata, 

erste  Aebtissin  von  Traunkirchen, 
gestorben  am  15.  November  anno  ? 


Otaker  m., 

Markgraf  von  Steier, 
Graf  im  oberen  Trannthale  und  des  Erbes  der  Lambacber, 

gestorben  am  29.  März  um  1078? 

Gemahlin:  Wilbirgis  aus  dem  Hause  der  Aribonen  (?), 

gestorben  am  27.  August  nach  1078. 


Otaker  IV., 

Markgraf  von  Steier, 

gestorben  am  28.  November  1122. 

Gemahlin:  Elisabeth  v.Oesterreich, 

gestorben  am  9.  October  1114. 


Adilbero  (Albere), 

Graf  (Markgraf)  im  Ennsthale, 
gestorben  am  22.  November  1088. 


Leopold,                   Wilbirgis,  Chunigu'nde, 

Markgraf  von  Steier,          Gemahlin  Ekbert  11.  Gemahlin  Bernhard  I. 

gest.  am  26.  October  1129.     von  Formbach -Putten,  von  Marburg-Sponheim, 

Gemahlin :                            gestorben  gestorben 

Sophie  von  Baiem,       am  21.  Jänner  nach  1140.  am  4.  December  1160? 
gest  am  12.  Juli  ca.  1138. 


Otaker  V., 

Markgraf  von  Steier, 

gestorben  am  1.  Jänner  (31.  Dec.)  1164. 

Gemahlin:  Chunigunde  v.Vohburg, 

gestorben  zu  Admont  als  Nonne 

am  22.  November  1184. 


Elisabeth, 

Gemahlin  Rudolfe 

Grafen  der  Dietmarsen, 

gesforben  am  ? 


Otaker  VI., 

Markgraf  von  Steier, 

erster  Herzog  der  Steiermark, 

gestorben  am  9.  Mai  1192. 


220 

herstammen.  Der  Umstand^  dass  ausser  Otaker  I.,  dem  Vater 
der  ersten  Aebtissin  des  Klosters,  Ata,  welcher  seiner  Tochter 
gewiss  manches  Gut  mitgegeben  haben  wird,  nur  Markgraf 
Leopold,  in  T.  als  Leotold  eingezeichnet,  einen  Anniversarius 
hatte,^  während  die  übrigen  fUnf  Otakere  im  Necrologium  zwar 
aufscheinen,  aber  keines  Jahrtages  sich  erfreuten,  deutet  auf 
diesen  als  Vergaber  hin.  Wie  gross  das  geschenkte  Gebiet 
zu  Trofaiach  und  im  Ennsthale  gewesen  ist,  lässt  sich  nicht 
genau  feststellen.  Aus  dem  Urbare  des  Klosters  geht  nur  heryor, 
dass  dasselbe  zu  Trofaiach  von  32  Unterthanen  einen  nicht 
unbedeutenden  Pfennigdienst  bezog,  während  es  von  seinen 
Holden  im  Ennsthale  neben  Geld  'auch  Abgaben  von  Natu- 
ralien erhob.* 

IL 
Geschichte  des  Klosters  Traanklrchen. 

Wie  die  Gründung  so  ist  auch  das  Geschick,  welches  das 
Nonnenstifk  Traunkirchen  in  den  ersten  anderthalb  Jahrhunderten 
seines  Bestehens  zu  tragen  hatte,  in  tiefen  Nebel  gehiült,  aus 
welchem  nur  die  Namen  der  ersten  Aebtissinnen  emportauchea 
und  Zeugniss  geben  ftir  die  Existenz  des  Klosters  in  dieser  Zeit 
Aber  auch  diese  ragen  über  die  dichte  Nebeldecke  in  buntem 
Gewirre  heraus,  und  nur  der  glückliche  Umstand,  dass  die 
Namen  der  Aebtissinnen  Tuta,  Wilbirg,  Judita  und  Halka  in 
den  Todtenbüchem  von  Lambach,  von  St.  Erintrud  auf  dem 
Nonnenberge  zu  Salzburg  und  von  St.  Lambrecht  in  der  Steier- 
mark von  einer  Hand  des  zwölften  Säculums  eingezeichnet 
aufscheinen,'  gestattet,  die  Aebtissinnen  Gei-trud  I.,  Margaretha, 
Gisula,  Alheid  imd  Gertrud  11.  dem  vorhergehenden  Jahrhunderte 
zuzuweisen,  wobei  freilich  von  einer  chronologischen  Reihenfolge 
keine  Rede  sein  kann.  So  wenig  wir  aber  die  bestimmte  Auf- 
einanderfolge der  Aebtissinnen  anzugeben  vermögen,  ebenso- 
wenig sind  wir  im  Stande,  zu  bestimmen,  aus  welchem  Kloster 
der  Benedictinen  Graf  Wilhalm  von  Raschenberg-Reichenhall 
die  ersten  Bewohnerinnen  seiner  Stiftung  am  herrlichen  Traun- 


^  Am  St  Lanrensta^. 

*  Urbarium  im  Archiv  des  Museums  Francisco-Carolinum  in  Linz. 

'  Siehe  T.  zum  2.  April,  12.  März,  27.  Norember,  26.  JSnner. 


221 

see  zugeführt  hat.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  dürfte  das 
uralte  Stift  der  heiligen  Erintrud  auf  dem  Nonnberge  zu  Salz- 
bürg  eine  Colonie  von  Nonnen  mit  der  Aebtissin  Ata,  Tochter 
des  Gh-afen  Otaker  I.  von  Grabenstatt  im  Chiemgau,  an  der 
Spitze  nach  der  Stiftung  des  Raschenberger's  gesandt  haben. 
Wir  schliessen  dies  aus  dem  Umstände,  dass  Graf  Wilhalm 
und  sein  Haus  mit  Salzbui^  mannigfache  Beziehungen  unter- 
halten hat,  sowie  daraus,  dass  zur  Zeit  der  Gründung  von  Traun^ 
kirchen  ausser  Frauen -Chiemsee  kein  anderes  Benedictinen- 
kloster  in  unseren  Landen  existirte.  In  dieser  Annahme  bestärkt 
uns  auch  der  Umstand,  dass  die  Nonnen  von  Traunkirchen 
zum  St  Erintrudkloster  von  alter  Zeit  her,  wie  dies  T.  nach- 
weist, freundschaftlichen  Verkehr  unterhalten  haben,  während 
mit  Frauen-Chiemsee  keine  Beziehungen  stattfanden. 

Den  historisch  sicheren  Boden,  obwohl  auch  dieser  ob 
des  Fehlens  von  urkundlichen  Nachrichten  noch  manche  Lücke 
aufweist,  betreten  wir  erst  mit  dem  vorletzten  Decennium  des 
Xn.  Jahrhunderts,  in  welcher  Zeit  die  Aebtissin  Diemud  dem 
Kloster  vorstand,  eine  fUr  die  Wohlfiethrt  ihres  Hauses  eifrigst 
sorgende  Frau.  Als  um  das  Jahr  1181  der  letzte  Chiemgauer, 
Herzog  Otaker  VI.  von  der  Steiermark,  begleitet  von  einem 
zahlreichen  Gefolge  seiner  Ministerialen,  das  Kloster  besuchte, 
v^gabte  er  als  Landesherr  über  Bitten  der  Aebtissin  Diemud 
das  Patronatsrecht  über  die  weithin  sich  erstreckende  Pfarre 
Traunkirchen  an  das  Kloster  fbr  ewige  Zeiten.  Zugleich  be- 
stimmte er,  dass  von  dem  Einkommen  der  Pfarre  zwei  oder 
mehrere  Priester  daselbst  unterhalten  werden  sollten,  um  sowohl 
den  seelsorgerlichen  Pflichten  zu  obliegen,  als  auch  f\lr  sein 
und  seiner  Vorfahren  Seelenheil  zu  beten.^  Die  Aebtissin  hatte 
bald  neuerdings  Ursache,  vor  dem  Herzoge  zu  erscheinen.  Seit- 
dem die  Chiemgauer  in  den  Besitz  des  Comitates  an  der  oberen 
Traun,  des  heutigen  Salzkammergutes,  gekommen  waren,  hatten 
sie  die  Schutzvogtei  über  Traunkircfien  stets  persönlich  aus- 
geübt Während  der  Minderjährigkeit  Otakers  VI.  aber  war 
der  Ministeriale  Arnold  von  Wartenburg  aus  dem  Hause  Pol- 
teim  damit  betraut  worden.  Dem  Beispiele  anderer  Schutzvögte 
folgend,  bedrückte  auch  der  Wartenburger  das  Kloster  und 
seine  Holden  sehr  stark;  wie  aus  der  Urkunde  erhellt,  scheint 

*  Reg.  Nr.  1. 


222 

er  namentlich  das  von  einem  Ahnheirn  des  Herzogs  dem  Stifte 
verliehene  Privilegium  der  Immunität  des  Klosters  wenig  geachtet 
zu  haben.  Um  sich  von  diesem  harten  Drucke  zu  befreien, 
wandte  sich  die  Aebtissin  an  den  Landesherm.  Als  Herzog 
Otaker  VI.  zu  Enns  G-ericht  hielt,  erschien  sie  vor  ihm,  und 
es  gelang  ihren  flehentlichen  Bitten,  unterstützt  von  des  Herzogs 
Hofcaplan  Eberhard,  Gerechtigkeit  zu  finden.  Arnold  von 
'Wartenburg  wurde  seiner  Schutzvogtei  entsetzt,  und  der  Herzog 
überliess  dem  Kloster  die  Güter  zu  Kematen,  Roitham  und 
Tann,  welche  seine  Vorfahren  und  er  vom  Kloster  der  Advocatie 
wegen  innegehabt  hatten.  Zugleich  erweiterte  das  Privilegium 
der  Immunität  der  Stifter  in  so  bedeutender  Weise,  dass  das- 
selbe die  volle  Freiheit  vom  Landgerichte,  die  todeswürdigen 
Verbrechen  ausgenommen,  erhielt.^  Auf  demselben  Gerichts- 
tage wurden  auch  die  Ansprüche  entschieden,  welche  die  Ver- 
wandten Konrads  von  Wol&ekke  auf  die  Advocatie  von  Traun- 
kirchen  erhoben,  indem  vier  hervorragende  Dienstherren  des 
Herzogs:  Gundaker  von  Steier,  Otto  von  Volchensdorf,  Herand 
von  Wildonie  und  Pillung  von  Kirchheim  eidlich  bekräftigten, 
Markgraf  Otaker  V.  habe  Konrad  von  Wolfsekke  die  Schutz- 
vogtei nicht  als  Lehen,  sondern  nur  aus  Gnade  verliehen,  wie 
dies  der  Wolfsekke  auf  dem  Todtenbette  selbst  bekannt  habe.' 
Von  dieser  Zeit  ab  blieben  die  Landesftlrsten  stets  die  Schutz- 
vögte des  Klosters,  nur  Kaiser  Friedrich  IH.  übertrug  im 
Jahre  1451  die  Vogtei  dem  Grafen  Johann  von  Schaunberg, 
Landeshauptmann  von  Oberösterreich,  und  beauftragte  ihn,  das 
Kloster  in  seinen  Rechten  und  Freiheiten  zu  schirmen.' 

Mit  dem  Aussterben  des  Hauses  der  Chiemgauer  mit  Herzog 
Otaker  VI.  im  Jahre  1192  ging  die  Schutzvogtei  an  deren 
Erben,  die  Babenberger,  über.  Leider  hat  sich  von  diesen  ritter- 
lichen Fürsten  keine  Urkunde  erhalten,  obwohl  nicht  zu  zweifeln 
ist,  dass  sie  dem  Vertrage  auf  dem  St  Georgenberge  bei  Enna 
gemäss  dem  Kloster  seine  Privilegien  bestätigt  haben  werden. 


»  Regr.  Nr.  2. 

*  Nur  auf  diese  Weise  dürfte  sich  der  Schluss  dieser  Urkunde:  ,Nam  et  ex 
predictis  qaatuor,  scilicet  Qundachar,  Otto,  Herrandns,  Pillan^us  sacra- 
mento  affirmauemnt,  Chanradom  de  Wolaesekke  eandem  adaocatiam 
non  in  beneficio  sed  ex  ^ratia  et  permisstone  Otachari  marchionis  habuisse, 
quod  et  ipee  in  extremis  confessns  est',  eiklftren  lassen. 

•  Re^.  Nr.  87. 


223 

Wie  von  diesen^  so  haben  sich  auch  von  den  Edlen  und  Mini- 
sterialen von  Oesterreich  und  Steier,  denen  der  obenerwähnte 
Vertrag  das  Recht  einräumte^  wie  an  andere  El()ster  so  nicht 
minder  an  TraunkircheU;  das  in  der  Reihe  der  Stifte  zuerst 
genannt  wird/  Vergabungen  zu  machen,  nur  sehr  wenige 
Documente  erhalten.  Und  doch  mussten  im  XTT.  imd  Xm.  Jahr- 
hundert viele  Schenkungen  an  Traunkirchen  von  Seite  der 
Edlen,  aus  deren  Kreise  die  Nonnen  zumeist  stammten,  gemacht 
worden  sein.  Es  ergibt  sich  dies  aus  dem  nicht  unbedeutenden 
QUterbesitz,  welchen  das  Kloster  dem  ältesten  Urbar,  sowie  den 
dem  Ende  des  XV.  und  dem  Beginne  des  nächsten  Jahrhunderts 
entstammenden  Lehenbüchem  zufolge  innehatte.' 

Die  Immunität,  welche  Traimkirchen  seit  den  Tagen  der 
Otakere  besass,  war  aber  ftb*  dasselbe  eine  stete  Quelle  des 
Streites  und  der  Beunruhigung.  Die  häufigen  Verletzungen 
dieses  Rechtes  durch  die  Landrichter  des  Ischllandes,  deren 
Sitz  im  XIV.  Jahrhunderte  die  Feste  Wildenstein  bei  Ischl 
war,'  nöthigten  die  Aebtissinnen  nicht  selten,  bei  dem  Landes- 
fürsten Schutz  ihrer  Rechte  und  Freiheiten  zu  suchen.  Im 
Jahre  1277  hatte  König  Rudolf  I.  von  Habsburg  zu  Wien  die 
Privilegien  des  Klosters  bestätigt,*  und  drei  Jahre  später,  1280, 
sah  sich  die  Aebtissin  Gertrud  lU.  genöthigt,  bei  dem  grossen 
Qerichtstage,  welchen  der  Landeshauptmann  von  Oberösterreich, 
Markgraf  Heinrich  von  Hohenberg,  im  Juli  dieses  Jahres  zu 
Linz  abhielt,  zu  erscheinen  und  Klage  zu  führen  wegen  Ver- 
letzung der  Immunität  ihres  Klosters.  In  öffentUcher  Sitzung, 
umgeben  von  den  ersten  Dienstherren  des  Landes  ob  der  Enns, 
den  Herren  von  Traun,  Capellen,  Losenstein,  Volkensdorf  u.  a., 
entschied  der  Lan4pshauptmann,  dass  die  Aebtissin  von  Traun- 
kirchen ,de  iure  et  de  facto  ius  iudicandi  seu  iurisdictionem  in 
Omnibus  curtibus  necnon  et  hominibus  monasterio  suo  pertinen- 
tibus  in  cunctis  causis  ipsos  contingentibus  iudicio  sanguinis 
dumtaxat  excepto'  besitze.^    Trotz   dieser  Bestätigung,  welche 


^  Urknndenbuch  des  Landes  ob  der  Eons  11,  399,  Nr.  272. 

*  Urbar  im  Musealarchiv  in  Lins. 

*  Diese  Bur^  erscheint  urkundlich  zuerst  im  Jahre  1354,  bestand  aber 
jedenfalls  schon  vor  dieser  Zeit.  Urknndenbuch  des  Landes  ob  der  Enns 
Vn,  234,  Nr.  346. 

*  Beg.  Nr.  9. 

*  Reg.  Nr.  10. 


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des 

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*v'l'l,M  i^uttU  h^ift.uu  AfliMlM.r,  HiiUÄwicker  ^nannt,  Terrielitet  wurde! 
Im*.  llih.^llMi  |(nM«im  iktiU  uUiti  UtinÜmmUi  Taxe  sn  erlegen,  die  iwiadien 
iUiiu  h**i*u^Mmi  HHUnmiti  immI  TrAunkIrchen  getheilt  wnrda 


225 

thAty  erliessen  1335  die  Herzoge  Albrecht  11.  und  Otto  von 
Oesterreich  einen  strengen  Befehl  an  denselben,  das  Kloster 
femer  nicht  mehr  zu  beeinträchtigen.^  Dass  auch  in  späterer 
Zeit  dieses  Recht  des  Klosters  missachtet  wurde^  bezeugt  das 
Verbot  des  Herzogs  Albrecht  HI.  vom  Jahre  1385  an  seinen 
Amtmann  Niklas  den  Höferlein  zu  Gmunden,  dem  Stifte  den 
ihm  zukommenden  Theil  der  Gerichtsgelder  ohne  Widerrede 
auszuzahlen.'  Vermutlich  bewogen  diese  Streitigkeiten  Aebtissin 
und  Capitel  von  Traunkirchen,  sich  mit  einem  jälirlichen  Pauschal- 
betrage Ton  fünfzig  Pfund  Wiener  Pfennigen  aus  dem  Erträgnisse 
des  Gerichtes  und  Zolles  zu  Gmunden  abzufinden.  Es  erhellt  dies 
aus  dem  Auftrage,  welchen  König  Friedrich  IV.  in  seinem  und 
semes  Mttndels  Ladislaus  Namen  im  Jahre  1448  an  den  Amt- 
m^mn  zu  Gmunden  Wolf  Freytag  erliess,  dem  Kloster  diese 
Summe,  welche  durch  einige  Zeit  demselben  nicht  ausgefolgt 
worden  war,  nachdem  die  Aebtissin  ihr  Recht  urkundlich 
nachgewiesen  habe,  wieder  auszuzahlen,  und  zwar  zu  jeder 
Quatemberzeit  zwölf  Pfiind  und  vier  Schillinge.' 

Auch  um  ihr  gutes  Recht  an  dem  Salzberge  zu  Hallstatt, 
wie  nicht  minder  an  dem  ,PiUndlein'  zu  Ischl  hatten  die  Nonnen 
zu  kämpfen.  Als  die  römische  Königin  Elisabeth,  Witwe  Al- 
brechts I.  von  Habsburg,  nach  dem  Tode  ihres  Gemahles  den 
Salzberg  bei  Hallstatt  wieder  zu  bebauen  begann  und  dadurch 
die  eigentliche  Begründerin  der  Salzindustrie  von  Oberösterreich 
wurde,*  trat  sie  auch  mit  dem  Kloster  Traunkirchen  wegen 
des  demselben  gehörigen  Antheiles  an  dem  Hallberge  in  Unter- 
handlung. Die  Nonnen  überliessen  der  grossen  Königin  gegen 
eine  jährliche  Rente  von  hundert  Pfunden,  welche  Summe 
Herzog  Friedrich  der  Schöne  im  Einverständnisse  mit  seiner 
Matter  Elisabeth  um  zehn  Pfund  jährlich  erhöhte,  alle  ihre 
Rechte  an  dem  Salzberge  und  an  dem  ,Pftüidlein'  zu  Ischl.^ 
Obwohl  König  Friedrich  im  Jahre  1316  seinen  Amtleuten  zu 
Hallstatt  verboten  hatte,  von  dem  daselbst  gewonnenen  Salze 
früher  etwas  zu  verkaufen,  bevor  sie  nicht  den  Nonnen  von 


*  B«g.  Nr.  20. 

*  B«g.  Nr.  47. 
»  Reg.  Nr.  79. 

*  Niberes  in  meiner  Schrift  ,KOnigin  Elisabeth  von  GOrz-Tirol'  19  ff. 
'  Reg.  Nr.  12,  13. 

AreUr.  Bd.  LXXXU.  1.  HUfla.  15 


228 

Traankircheii  die  jährikhe  Rente  aiu^efolgt  hätten^  ^  so  sahen 
sich  doch  diese  genötigt,  Öfters  den  Landesfiirsten  um  seine 
Intervention  zu  bitten,  damit  sie  zu  ihrem  Rechte  kämen.  So 
befahl  Herzog  Leopold  IV.  von  Oesterreich  im  Jahre  1408 
seinem  Amtmanne  Peter  Freytag  zu  Gmonden,  das  auf  das 
Amt  daselbst  angewiesene  Geld  dem  Kloster  genau  zu  ent- 
richten, welchen  Befehl  Herzog  Ernst  neuerdings  einschärfte.' 
Wie  dieses  Recht,  so  wurden  dem  Kloster  auch  die  Mauthfreiheit, 
das  Jagd-  und  Fischereirecht  auf  dem  Gmundner-  und  Hallstfttter- 
See  u.  a.  bestritten.' 

Diese  Bedr&ckungen  und  Kämpfe,  welche  das  Kloster  im 
XIV.  und  XV.  Jahrhunderte  um  sein  gutes  Recht  zu  erdulden 
hatte,  wurden  aufgewogen  durch  die  Huld  und  Gnade,  welche 
die  Landesftb*sten  demselben  erwiesen.  Obwohl  die  Nonnen 
auf  ihre  Anrechte  an  den  Salzberg  Verzicht  geleistet  hatten,  so 
gestatteten  doch  wegen  der  grossen  Not,  in  welche  das  Kloster 
durch  eine  grosse  Feuersbrunst  gerathen  war,  die  Herzoge  Air 
brecht  H.  und  Otto  von  Oesterreich  im  Jahre  1335  den  Nonnen 
nicht  blos  die  Wiederaufrichtung  der  Salzpfanne  zu  Ischl, 
sondern  auch  die  Bearbeitung  des  Salzberges  zu  Hallstatt  auf 
ihrem  und  dem  landesftirstlichen  Antheil.^  Doch  scheint  der 
Ertrag  des  Salzsiedens  fUr  das  Kloster  nicht  gross  gewesen  zu 
sein,  weil  Herzog  Albrecht  V.  im  Jahre  1412  den  Nonnen  eine 
Zeile  Salz,  gewöhnlich  weil  kirchlichen  oder  armen  Personen 
geschenkt  ,Gt)ttzeiP  genannt,  zu  dreissig  Fuder,  alljährlich  von 
dem  Sudhause  in  Hallstatt  zu  reichen  befahl,''  welche  Gabe 
König  Friedrich  in  seinem  und  seines  Mündels  Ladislaus  Namen 
im  Jahre  1449  verdoppelte.*  Ueberhaupt  bewies  sich  dieser 
FUrst  sehr  gnädig  gegen  Traunkirchen.  So  gestattete  er  1449 
der  Aebtissin  Barbara  den  Ausschank  von  sieben  ,Dreilingen^ 
Wein  in  dem  Schankhause  des  Klosters,  ohne  das  dafür  zu  be- 
zahlende ,  Ungelt'  entrichten  zu  dürfen.''  Im  selben  Jahre 
verordnete  er  auch,  dass  die  Nonnen  bei  Gelegenheit  der  Ver- 
mählung einer  österreichischen  Prinzessin,  zu  deren  Ausstattung 


>  Resr.  Nr.  14.        *  Reg.  Nr.  59,  60. 

•  Reg.  Nr.  84,  38,  39. 
«  Reg.  Nr.  21,  28,  23. 

»  Reg.  Nr.  63,        •  Reg.  Nr.  85. 

*  Reg.  Nr.  81.   Ein  Dreiling  Wein  waren  beil&nfig  sw5lf  Hectoliter,  naeli 
Melker  und  Seitenstettner  Urbarien  siebsehn  Hektoliter. 


227 

alle  Kirchen  und  Klöster  der  herzoglichen  Lande  stets  nieht 
onbedeutende  Beiträge  leisten  mussten^  niemals  mehr  als  achtzig 
Golden  zu  geben  hätten;^  auch  erweiterte  er  1459  dem  Stifte 
die  Mauthfreiheit.' 

Das  Kloster  bedurfte  aber  auch  dieser  landesherrlichen 
Wohhhaten^  da  es  trotz  seines  nicht  unbedeutenden  Besitzes 
doch  stets  mit  finanziellen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen  hatte, 
wozu  Kriege  und  Elementarschäden  wohl  das  Meiste  beitrugen. 
Schon  bald  nach  dem  Erlöschen  des  Hauses  der  Babenberger 
hatten  bairische  Kriegsschaaren  dem  Kloster  bedeutenden  Schaden 
zngeftlgt  und  seine  Finanzen  in  Verwirrung  gebracht^  Durch 
die  Kämpfe  zwischen  Albrecht  I.  und  dem  Erzbischofe  von 
Salzburg  wurde  es  in  seinen  Besitzungen  im  Ennsthale  und  bei 
ÄQssee  nicht  unbedeutend  geschädigt.  Auch  der  Kampf  zwischen 
Friedrich  dem  Schönen  und  Ludwig  von  Baiem  zog  es  in 
Mitleidenschaft;  doch  das  schwerste  Geschick  hatte  es  durch  eine 
mftchtige  Feuersbrunst  zu  erleiden.  Dem  gefrässigen  Elemente 
fielen  die  meisten  Gebäude  des  Klosters  zum  Opfer.  Auch  alle 
älteren  Urkunden,  wenige  ausgenommen,  wurden  durch  diese 
Brunst,  welche  um  1326  aus  unbekannter.Ursache  ausbrach,  ver- 
nichtet.* Das  BLloster,  welches  ohnedies  durch  die  damals  zwi- 
schen Oesterreich  und  Baiem  herrschenden  Fehden  in  seinen 
Finanzen  stark  geschädigt  wurde,  konnte  sich  nur  schwer  und 
mtthsam  von  diesem  gewaltigen  S.chlage  wieder  erholen.  Er- 
möglicht wurde  den  Nonnen  der  Wiederaufbau  durch  das  Ein- 
greifen der  weltlichen  wie  geistlichen  Fürsten.  Herzog  Albrecht  II. 
und  sein  Bruder  Herzog  Otto  gestatteten  denselben  den  Wieder- 
betrieb der  Salzpfanne  zu  Ischl,  Erzbischof  Friedrich  von  Salz- 
bni^  beauftragte  1327  aUe  Geistlichen  seiner  Erzdiöcese,  in 
allen  ihren  Kirchen  und  Kapellen  Almosen  ftir  das  verarmte 
Kloster  zu  sammeln,^  und  der  Diöcesanbischof  von  Traunkirchen, 


»  Beg.  Nr.  82.        »  Reg.  Nr.  92. 

*  Es  erhellt  dies  aus  Beg.  Nr.  7. 

*  In  der  Urkonde,  durch  welche  KOnig  Friedrich  1448  die  Aosfolgung 
der  fünlsig  Pfund  als  die  Hälfte  des  Erträgnisses  des  Stadtgerichtes  und 
der  Zelle  von  Gmonden  anbefahl,  heisst  es,  dass  die  Aebtissin  ihr  Becht 
auf  diese  Summe,  ,wiewol  die  haubtbrieff ....  in  einer  prunste  desselben 
gotz  haoses  vorlanngst  entwicht  und  verlorn  wem%  bewiesen  habe. 
Reg.  Nr.  7». 

*  Reg.  Nr.  16. 

15* 


228 

Albert  von  Passau^  incorporierte  1332  die  Pfarre  Traunkirchen 
dem  Kloster  mit  der  Bedingung,  dass  der  Rest  des  pfarriichen 
Einkommens  nach  Abzug  aller  Verbindlichkeiten  dem  Kloster 
zu  verbleiben  habe,  welches  aber  aUjährlich  den  verarmten 
Nonnen  zur  Besserung  ihres  Gewandes  unbeschadet  ihrer  son- 
stigen Bezüge  ein  halbes  Pfund  Wiener  Münze  reichen  sollte.^ 
Wie  langsam  aber  Traunkirchen  von  diesem  grossen  Unglücke 
sich  erholte,  zeigen  die  Ablassbriefe  mehrerer  Bischöfe  vom 
Jahre  1341,  welche  allen  Gläubigen,  die  zum  Wiederaufbau  des 
zerstörten  Klosters  beitragen  würden,  die  kirchlichen  Gnaden- 
schätze  spendeten,  welchem  wohlthätigen  Werke  sich  1342  auch 
der  Bischof  Godfried  von  Passau  anschloss.' 

Wie  die  Immunität  und  die  meisten  anderen  Rechte  und 
Freiheiten  des  Klosters  dasselbe  in  vieles  Ungemach  verwickel- 
ten, so  wurde  auch  das  Patronatsrecht  desselben  über  die  Pfarre 
Traunkirchen  der  Anlass  zu  manchen  Streitigkeiten.  Wie  oben  er- 
wähnt wurde,  hatte  Herzog  Otaker  VI.  von  Steiermark  dieses 
Recht  bei  seiner  Anwesenheit  im  Kloster  um  das  Jahr  1181  an 
dasselbe  vergabt,  weshalb  von  dieser  Zeit  ab  die  Aebtissinnen 
dem  Bischöfe  von  Passau  den  ernannten  Pfarrer  zur  Bestätigung 
präsentierten.  Im  Jahre  1242  verlieh  die  Aebtissin  Elisabeth 
die  Pfarre  dem  Cleriker  Heinrich  Riffl,  der  sich  aber  nicht  in 
den  Besitz  derselben  setzen  konnte,  weil  mit  Unterstützung 
des  Herzogs  Friedrich  IL  von  Oesterreich  ein  anderer  Priester, 
Godfried  mit  Namen,  sich  in  gewaltthätiger  Weise  derselben  be- 
mächtigt hatte.  Da  RifH,  entgegen  den  canonischen  Gesetzen, 
durch  fUnf  Jahre  gegen  den  Eindringling  nicht  Protest  erhob 
und  auch  nach  des  Herzogs  Friedrich  H.  1246  erfolgtem  Tode 
die  Pfarre  nicht  in  Besitz  nehmen  wollte,  überdies  jede  schieds- 
richterliche Entscheidung  ablehnte,  so  erklärte  der  Diöcesan- 
bischof  Rüdiger  von  Passau  die  Pfarre  für  erledigt,  worauf  sie  die 
Aebtissin  Elisabeth  über  seine  Empfehlung  dem  Priester  Witigo 
verlieh.'  Nach  der  damals  fast  allgemein  gepflegten  Sitte  nahmen 
es  manche  Inhaber  von  kirchlichen  Pfründen  mit  der  durch  die 
Canones  vorgeschriebenen  Residenzhaltung  in  ihren  Pfarreien 
nicht  zu  genau.  Nicht  selten  waren  sie  auch  trotz  des  strengen 
Verbotes   der  Pfründencumulation  auf  mehrere  Pfarreien   und 


»  Reg.  Nr.  17.        «  Reg.  Nr.  28,  29. 
»  Reg.  Nr.  4. 


229 

Beneficien  zugleich  investiert,  bezogen  das  Einkommen  der- 
selben, überliessen  aber  die  gottesdiensüichen  Verrichtungen 
and  p&rrlichen  Geschäfte  anderen  von  ihnen  gemietheten  Prie- 
stern, die  sie  auch  meistentheils  nicht  genügend  entlohnten. 
Auch  einige  Pfarrherren  von  Traunkirchen  bezogen  das  reich- 
liche Erträgniss  dieser  weitausgedehnten  Pfarre/  hielten  sich 
aber  selten  in  Traunkirchen  auf  und  Hessen  die  ihnen  zu- 
kommenden Geschäfte  nur  durch  zwei  Priester  verrichten. 
Den  Schaden  davon  hatte  das  Kloster  sowohl  in  religiöser  wie 
in  materieller  Hinsicht.  Nach  den  Verordnungen  der  Synoden* 
mossten  die  Nonnen  ihren  Gottesdienst  abgesondert  von  dem 
der  Laien  halten,  welcher  aber  der  geringen  Anzahl  der  Priester 
wegen  sehr  eingeschränkt  ward,  weshalb  die  Aebtissin  bittere 
Klage  beim  Diöcesanbischofe  über  diese  Vernachlässigung  fUhrte. 
Aber  auch  materiellen  Schaden  litt  das  Kloster  dadurch;  denn 
es  konnte  bezüglich  der  Anniversarien  seinen  Verpflichtungen 
nicht  nachkommen  und  musste  deshalb  die  in  den  Stiftungs- 
documenten  für  die  Nichtabhaltung  der  Jahrtage  festgesetzte 
Strafe  zahlen.  Diesen  Uebelstand  suchte  der  eifrige  Bischof 
Albert  11.  von  Passau  dadurch  zu  heben,  dass  er  im  Jahre  1332 
dem  durch  Feuer  und  Schwert  ohnedies  so  schwer  geschädigten 
Kloster  die  Pfari'e  incorporierte. '  Doch  gerade  diese  Incor- 
porirung  war  die  Quelle  neuer  Streitigkeiten.  Bischof  Albert 
hatte  nämlich  bestimmt,  dass  der  Rest  des  Erträgnisses  der 
Pfarre  nach  Abzug  der  standesgemässen  Bezahlung  des  Pfarr- 
vicars  und  der  Priester  dem  Kloster  gehören  sollte;  aber 
nur  wenige  Vicare  kamen  dieser  Verpflichtung  nach,  obwohl 
Papst  Alexander  V.  dieselbe  im  Jahre  1409  bestätigt  und  mit 
der  genauen  Durchßihrung  derselben  den  Abt  Hermann  von 
Kremsmünster  betraut  hatte,  welcher  auch  1410  dem  Auftrage 
nachgekommen  war.*  Sehr  heftig  entbrannte  der  Streit  des- 
halb zwischen  der  Aebtissin  Barbara  und  dem  ,ewigen*  Vicare 
der  Pfarre  Johann  von  Ebersdorf.  Die  Aebtissin  rief  die  Hilfe 
des  LimdesfUrsten  Herzogs  Albrecht  V.  von  Oesterreich  wie  die 


y 

^  Du  Einl^mmen  der  Pfarre  betrag  mehr  als  handertewanzig  Goldgulden 

jährlich;  siehe  Beg.  Nr.  71. 

'  Dieses  alte   Gesetz   schärfte    die    DiOcesan  •  SyDode    von    Passau    1470 

nenerdings  ein. 

•  Reg.  Nr.  17. 

♦  Reg.  Nr.  61,  62. 


230 

des  Diöcesanbischofs  Leonhard  von  Passau  an.  Der  erstere 
berief  beide  streitenden  Parteien  zu  sich  und  entschied  1429 
nach  Anhörung  derselben,  dass  der  jeweilige  Vicar  von  dem 
Einkommen  der  Pfarre  jährlich  zweiunddreissig  Pfund  der 
Aebtissin  zu  reichen  habe/  welche  Entscheidung  sowohl  Bischof 
Leonhard'  wie  der  gerade  damals  in  Oesterreich  als  L^at 
anwesende  Cardinal  Julian  bestätigten.'  Der  Vicar  ftlgte  sich 
diesem  Urtheile  wie  nicht  minder  die  Aebtissin,  doch  wandte 
sich  die  Letztere,  um  jedem  Streite  künftighin  auszuweichen, 
zur  Bestätigung  dieser  Entscheidung  an  den  römischen  Stuhl. 
Papst  Eugen  IV.  willfahrte  auch  dieser  Bitte,  bestätigte  im 
Jahre  1436  die  herzogliche  Entscheidung  und  beauftragte  mit 
deren  Durchführung  den  Dompropst  Paul  von  Passau,  welcher 
auch  1437  diesem  päpstlichen  Auftrage  nachkam,^  Durch  die 
päpstliche  Bestätigung  der  Entscheidung  Herzogs  Albrecht  Y. 
wurde  der  ärgerliche  Streit  zwischen  dem  Kloster  und  dem 
Pfarrer  zwar  beendet,  sowie  auch  dem  Mangel  an  Priestern  da- 
durch abgeholfen  wurde,  dass  denselben  von  Seite  des  Klosters 
Naturalverpflegung  gegeben  wurde,»  aber  die  Residenzpaicht 
wurde  auch  jetzt  nicht  genau  eingehalten,  wobei  die  Pfarrer 
freilich  nur  der  damals  fast  allgemein  üblichen  Gewohnheit 
folgten.  So  erscheint  nach  1425  Theodorich  Rudolfi  von  Hanunel- 
bürg  als  Pfarrer  von  Traunkirchen.  Derselbe  war  ein  berühmter 
Lehrer  an  der  Hochschule  zu  Wien  und  bekleidete  zugleich 
ein  Canonicat  von  Passau.^  Der  Pfarrer  Georg  Hochenfelder 
zu  Schlüsselburg,  welcher  1483  starb,  lehrte  canonisches  Recht 
an  der  erwähnten  Universität  und  besass  nebst  der  Pfarre 
Traunkirchen  noch  die  von  Vöcklabruck,  sowie  er  auch  Domherr 
zu  Passau  und  Propst  des  CoUegiatstiftes  Ardagger  in  Nieder- 
östelreich  war.'' 


>  Reg.  Nr.  67.        »  Reg.  Nr.  68. 

'  Aus  der  päpstlichen  Bulle  Reg.  Nr.  71. 

*  Reg.  Nr.  71,  72. 

'^  Im  Urbare  des  Klosters  wird  die  Naturalverpflegung  des  Pfarrvicars 
und  seiner  Gesellen  genau  angegeben. 

*  Hejrenbacb*s  Mannscript  Nr.  8538.  Rudolfi  Hess  auf  seine  Kosten  von 
einem  Schreiber  im  herzoglichen  Collegium  der  Universität  zu  Wieu  die 
Summa  Pisana  von  dem  Dominikaner  Bartholomäus  de  s.  Concordia 
(gestorben  1345,  2.  Juli)  abschreiben  und  testierte  sie  der  Bibliothek 
von  Traunkirchen. 

'  Siehe  T.  zum  18.  August 


L, 


231 

Was  die  inneren  Verhältnisse  des  Klosters  selbst  an- 
belangt, so  stand  an  der  Spitze  des  Klosters  die  Aebtissin. 
Dieselbe  wurde  von  den  eigentlieben  Nonnen  —  die  Laien- 
schwestem  waren  von  der  Wahl  ansgesehlossen  —  frei  gewählt 
Zur  Giltigkeit  der  Wahl  waren  nebst  anderen  eanonischen 
Forderungen  zwei  Dritttheile  der  Stimmen  der  Wählenden  flir 
eine  Aebtissin  nothwendig.  Das  Wahlgeschäft  leitete  der  vom 
Bischöfe  bestimmte  Commissär,  welcher  ftlr  Traunkirchen  meist 
der  Abt  des  benachbarten  Stiftes  Lambach  gewesen  zu  sein 
scheint,  nebst  einem  öffentlichen  Notar.  Dies  erhellt  aus  einem 
Schreiben,  welches  nach  dem  am  10.  December  1463  erfolgten 
Tode  der  Aebtissin  Barbara  Stadler  an  den  Prälaten  Thomas 
von  Lambach  von  der  Dechantin  Magdalena  und  dem  ver- 
waisten Convente  von  Traunkirchen  mit  der  Bitte  gerichtet 
wurde,  derselbe  möge  zur  Wahl  einer  neuen  ,Vorgeerin*  alsbald 
mit  einem  öffentlichen  Notar  erscheinen.^  Die  Erwählte  durfte 
ihr  Amt  aber  erst  dann  antreten,  wenn  sie  vom  Diöcesanbischofe 
bestätigt  worden  war,  sowie  sie  sich  auch  von  da  ab  erst 
,abbatis8a'  nannte,  bis  zur  Einlangung  der  bischöflichen  Con- 
iirmation  hiess  sie  einfach  ,electa'.  Das  Todtenbuch  von  Traun- 
kirchen weist  zwei  Nonnen  auf,  Wilbirg  und  Katharina,  welche 
es  als  ,electa  nostre  congregationis'  bezeichnet.*  Mit  der  bischöf- 
lichen Bestätigung  übernahm  die  Aebtissin  die  innere  Leitung 
des  Klosters  wie  die  Vertretung  desselben  nach  Aussen.  Sie 
erbat  vom  Landesflirsten  die  Bestätigung  der  Privilegien  und 
trat  ftr  deren  Aufrechthaltung  ein,'  sie  verlieh  die  vom  Kloster 
zu  Lehen  gehenden  Güter*  und  flihrte  die  Rechtsgeschäfte  des- 
selben.* In  ihren  Händen  liefen  die  Fäden  der  Verwaltung 
zusammen,  über  welche  sie  genaue  Rechnung  zu  führen  hatte. 
Dabei  standen  ihr  zur  Seite  die  Celleraria,  welche  sie  aus  den 

N<mnen  sich  auslas,^  und  der  Official,  ein  Laie,  welcher  auch 

~ • 

'  Keg.  Nr.  96. 

*  Siebe  T.  sam  11.  und  17.  Juli. 

*  Reg.  Nr.  10,  18,  31,  32,  34,  41,  42,  61,  66,  70,  86  u.  m.  «, 

*  Beg.  Nr.  18,  31,  34,  41  u.  m.  a. 

^  Reg.  Nr.  3,  6,  11,  12,  13  n.  m.  a.  « 

*  ,Celleraria*  bedeutet  nach  dem  OrdensgeBetse  der  Benedictiner  nicht 
Kellermeisterin,  sondern  jenes  Ordensmitglied,  welchem  die  Sorge  für 
das  materielle  Wohl  der  klösterlichen  Gemeinde  anvertraut  war.  In 
weniger  sahlreicben  Klöstern  oblagen  ihr  alle  Geschifte  der  Ven^Vltnng 
und  Wirtschaft. 


282 

als  Richter  über  die  Streitsachen  der  Klosterbolden  fungirte, 
dieselben  im  Namen  der  Aebtissin  entschied  und  auch  die 
nicht  bedeutende  Oekonomie  des  Stiftes  tiberwachte,  weshalb 
er  auch  Officialis  oder  , Schaffer'  genannt  wurde.  Derselbe 
gehörte  meist  dem  niederen  Adel  oder  Bürgerstande  an  und 
war  Lehensmann  des  Klosters,  von  dem  er  auch  seinen  Unter- 
halt bezog.  ^ 

Behufs  Einhebung  der  Giebigkeiten,  welche  die  Erlöster- 
unterthanen  demselben  zu  leisten  hatten,  waren  die  unterthänigen 
Gtlter  in  Aemter  eingetheilt,  welcher  Gebrauch  sich  seit  dem 
Xn.  Jahrhunderte  bei  allen  Grundherrschaften  findet.  Wie  fast 
überall,  so  bildete  auch  bezüglich  der  Güter  Traunkirchens  die 
topographische  Lage  den  Eintheilungsgrund.  Das  öfter  erwähnte 
Urbar  des  Klosters  weist  folgende  Aemter  auf:  ,ampt  hie  oben 
pei  Hiltprehtingen;'  phenninchgelt  auz  dem  ampt  des  Troun- 
gewz;'  das  perchrecht  zu  Toeblinch;^  ampt  datz  Simich;^  zinz 
von  Truveia;^  amptel  ze  Chemnaten^  phenninchgelt;  zinzze  von 
Jschel;  zinzz  ze  Gmunden;  dienst  auz  dem  Ekstal;  Olnsdorffer* 
ampt;  ampt  daz  Chenaten;  Nusdorf,^  Enstal,  Valspach^®  (Lehen^. 
Die  Giebigkeiten  waren  entweder  Naturalleistungen  oder  per- 
sönliche. Die  ersteren  bestanden  in  der  Reichung  von  be- 
stimmten Quantitäten  von  Cerealien:  Weizen,  Roggen  (Korn); 
Haber,  Gerste;  Hülsenfiüchte,  zumeist  Linsen;  Flachs  (Haar, 
Werg);  Gemüse  (Fassgemüse,^^  Krant^  Rüben);  Mohn ;"  Wachs 


>  Ren^.  Nr.  64.  Im  Jahre  1267  erscheint  ein  Siegfried  als  Offlcial,  das  Ur- 
bariam  nennt  einen  Paal  ron  Traunkirchen  als  Schaffer;  1347  wird  Otto 
von  Thalgan  in  dieser  Eigenschaft  erwähnt,  1405  erscheint  Friedrich 
der  Pndminger  ab  ,Schaffer*;  Reg.  Nr.  67. 

*  Hiltprechting,  Ritterlehen  von  Traunkirchen,  ein  ehemaliges  Schloss  in 
der  Pfarre  Ohlstorf,  jetzt  zn  Ebensweier  gehörig. 

*  Tranngew,  Tranngau  bezeichnet  im  XIIL  Jahrhunderte  und  spiter  den 
Winkel  zwischen  Traun  und  Donau.     Stmadt,  Peuerbach  65. 

*  D6bling  in  Nieder-Oesterreich. 

*  Simich. 

*  Tro£idach  in  der  Steiermark. 

*  Kematen  in  der  Pfiurre  SchOrfling. 

*  Ohlstorf,  selbststftndige  Pfarre  bei  Gmunden. 

*  Nussdorf  am  Attersee,  dessen  Patronat  zu  Traunkirchen  gehörte. 
>•  Fallsbach  in  der  Pfarre  Ounskirehen. 

^^  Fassgemttse  «vastmuis*,  eingemachte  Rfiben,  besonders  aber  Sauerkraut. 
^  Mohn,  ,magnS  sur  Bereitung  des  Oeles  sowie  f&r  Speisen  verwandt;  siehe 
auch  Stiftungsbuch  von  Zwettl  in  Fontes  rer.  Austr.  II,  S. 


233 

Käse;  Eier;  Schweine;  Gänse;  Hühner;  Lämmer;  die  letzteren 
in  der  Hand-  und  Zogrobot^  welch'  letztere  meist  auf  Zufahren 
von  Holz  aus  den  Klosterwaldungen^  sowie  des  Weines  aus 
Niederösterreich  beschränkt  erscheinen.  Dieser  wurde  auf  der 
Donau  bis  Linz  gebracht^  von  wo  er  durch  bestimmte  Holden 
mit  ihrem  Gespanne^  bei  welchem  die  Zahl  der  Pferde  festgesetzt 
war,  abgeholt  wurde.  ^  Einige  Holden  durften  nur  bis  Stadel 
(bei  Lambach)  fahren,  tun  die  bestimmte  Quantität,  meist  ein 
Fass,  abzuholen  oder  die  leeren  ^Geschirre'  wieder  dorthin  zu 
fthren,  andere  bis  Linz.«  Die  meisten  Unterthanen  hatten 
auch  einen  Dienst  an  Geld,  ,Phenniiichdienst^  zu  leisten  oder 
dem  Kloster  ein  Pferd  zu  stellen,  sobald  es  gefordert  wurde.' 
Jedem  Amte  stand  ein  Amtmann  vor,  der  ftür  seine  Mühe- 
wahang  den  Nutzgenuss  von  Gilten  und  Grundstticken  erhielt.^ 
Za  diesen  Natural-  und  Geldleistungen  kamen  die  Gefälle  der 
Gnmdherrschaft;  die  Anlait  und  Ablait  und  das  Besthaupt, 
die  Salzrente  vom  Hallberg,  das  halbe  Erträgnis  des  Gerichtes 
und  Nachgerichtes,  des  Zolles  und  Zwickens  zu  Gmunden,  die 
nicht  bedeutenden  Einktlnfte  der  eigenen  Klosterökonomie,  die 
Ausbeute  von  den  Wäldern  und  der  ,Vischwaide'.  Da  den 
Nonnen  der  Fleischgenuss  erst  im  XV.  Jahrhunderte  gestattet 
wurde  —  eine  Ausnahme  bildeten  die  kranken  und  schwachen 
Ordensleute  —  so  forderte  der  Unterhalt  eine  bedeutende  Menge 
von  Fischen,  welche  das  Ergebniss  der  Fischerei  in  dem  vor- 
deren Offensee,  dem  aus  demselben  abfliessenden  Weissenbach, 
heute  noch  Frauen  -Weissenbach  genannt,  der  Traun,  der  Lang- 
badi,  dem  Gmundnersee  bis  gegen  Gmunden  an  beiden  Ufern  und 
dem  oberen  Weissenbach  waren.  Reichte  diese  Ausbeute  nicht 
aus,  so  hatte  die  Aebtissin  das  Recht,  so  oft  die  Notwendigkeit 
es  erforderte,  in  der  Ischl  fischen  zu  lassen.    Durch  drei  Stunden 

^  So  heifst  es  im  Urbar:  ,Dats  Laising  von  vier  gftten  vier  schaff  habem, 
swen  Tot  dreiszich  gortz  choms,  vier  swein,  vnt  suln  zwelf  schaf  choms 
fftren  ouz  dem  Trovngew  vnt  ein  vas  weines  von  Lintze  vnt  vier  lerev 
vas  hintz  dem  Stadel  vnt  acht  hnener . . .' 

'  Der  Holde  seq  Aiehaim  hatte  sn  dienen:  ,ein  schaf  habem,  acht  gortz 
choms,  ein  swein,  zwai  hfiner,  chom  vfiren  vnt  wein  vnt  ein  vas  hintz 
dem  Stadel . .  .* 

*  tDats  Rohenstorff .  . .  leiht  man  uns  ein  pfert,  swo  wir  hinwellen.'  ,In 
der  Grueb  leiht  man  uns  aach  ein  pfert'  Urbar  L  c. 

^  Heg.  Nr.  58.  ,  Hansel  der  amptman  anf  dem  Tranngew*;  Stmadt,  Pener- 
bach 269  ff.,  schildert  die  Unterthanen  Verhältnisse  in  gründlichster  Weise. 


W  J»hm  'durften  die  Kloeterfischer  ,Tnderm  Laufea'  ihrer  Be- 
«vhU^un^  Dmcbgeben,  doch  rnnssten  sie  ihre  Netze  und  G«rftte, 
idoii  lewg',  sa  Laufen  nni  ein  halbes  Pfimd  Pfennige  Tertrinken, 
welche  von  der  Aebtissin  am  dieselbe  Snmme  auszulosen  war.' 
Die  Patrimonial- Gerichtsbarkeit  des  Klosters  wurde  von 
dorn  Klosterrichter  im  Namen  der  Aebtissin  geübt  und  erstreckte 
■ich  aber  alle  Streitsachen  und  Verbrechen,  todeswftrdige  aiu- 
gcnomneo,  der  Eksterfaolden.  Derselbe  hielt  auch  ah  Amtmaon 
des  Kkisten  ,das  ehaft  täding*  dreimal  im  Jahre  ab,  um  die 
BeaitaatreitigkMten  der  Hinteraaasen  zn  schlichten,  die  Rechte 
des  Klosters  diesen  zur  Eenntnlss  zu  bringen  und  die  Steuer 
■u  b^stimiuen.*  Als  gegen  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  das 
r<'>mi^'lie  Recht  immer  mehr  Qeltnng  sich  verschafite,  das  iUr 
itt«  Holden  ausser  anderem  auch  in  den  , Sportein',  dem  Sdireib- 
iyUl  0-  s,  w.  sehr  Mdbar  wurde,  trat  an  die  Stelle  des  Kloster 
»tu;:'a;uia«is  ein  gelehrter  Richter,  welcher  ,Hofrichter'  genannt 

Wif»  \U>  Aebtissia  das  Kloster  nach  aussen  hin  veitrat 
uii<.t  vtio  vWt^tv  Venrahong  führte,  so  leitete  sie  dasselbe 
Mui'h  itii  l>iiiv4vn  beaü^cfa  des  Ordenslebens.  Sie  nahm 
im  rht'io  UvM  erstvn  Ptalx  ein  und  führte  den  Vorsitz  in  den 
\  (iia«mi(itiiiiji<'M  \k>!;  Oapitels.  Ihr  zur  Seite  stand  die  zweite 
Viualolu.uH  lUit  KA<.ic!ie<js  die  Decanin,  welcher  die  genaue  Auf- 
bikIiI  uKt>i'  die  NouL-vQ  oblag.  Wie  die  Aebtissin  so  führte 
Kui'li  dua  CH^iiivt  s^tu  eigipnes.  in  der  Zelle  der  Decanin  wohl 
voiHMKrt"«  SivfjW  uud  wvvn  Documeote,  welche  eine  grössere 
Vi>iiliidi'i'iiitg  im  HiNMt^tande  mit  sich  brachten,*  die  geistlichen 
l'iniDiiloi'ttliitiuurkuuiWu*  u.a.  nor  dann  gUtig,  wenn  sie  neben 
(limi  Hn^ol  diT  Ai'btisüiu  auch  das  des  Capitels  trugen.  Die 
liociiiitii,  in  KUi!)tt>ru,  in  welchen  sich  eine  zahlreichere  Ge- 
iiii-.iiiilit  liiit'uu(),  «tuuoist  Priorissa,  Priorin  genannt,  verwaltete 
ilii>  iIkiii  Ciiiivonto  i.'i^«ntUmltch  gehßrigen  Renten  und  Pfründen. 
Mii  ImliiiiiKih  did  Nikuuon  von  der  Salzrentc  des  Hallberges 
)it)iilliOi  UM  IMUud  lYouuig«.  welche  unbeschadet  der  anderen 
Hiftiiiu   uut^r   die   Nonnen    vertbeilte.      Dieselbe 


u  Trauokirchen  um   1600. 


235 

sandte  einen  besonderen  Boten  zur  Abbolong  des  Geldes  nach 
HaUstatt^  weil  der  Urkunde  gemäss  der  von  der  Aebtissin  ge- 
sandte Bote  nicht  berechtigt  war^  dasselbe  zugleich  mit  der 
Hauptsumme  von  20  7s  Pfunden  zu  jeder  Quatemberzeit  in 
Empfang  zu  nehmen.  Auch  musste  die  für  den  Convent  be- 
stimmte Summe  von  dem  landesfürstlichen  Beamten  vor  der 
der  Aebtissin  eingehändigten  Rente  ausbezahlt  werden.^  Dieses 
Misstrauen  der  klösterlichen  Gemeinde  ihrer  Vorsteherin  gegen- 
über war  nicht  ganz  ungerechtfertigt  und  hatte  seinen  Qrund 
in  der  Not^  welche  die  Aebtissin  Elisabeth  I.  aus  dem  Hause 
Polheim  ihre  SLlosterschwestern  einst  hatte  leiden  lassen.  Die- 
selbe hatte  den  Nonnen  nicht  nur  ihren  täglichen  Unterhalt 
sehr  geschmälert^  sondern  dieselben  auch  bezüglich  der  Klei- 
dung Mangel  leiden  lassen.  Allerdings  war  der  schlechte  Stand 
der  Klosterfinanzen  infolge  der  Ejriege  und  Verwüstungen , 
welche  nach  dem  Aussterben  der  Babenberger  die  Stiftsgüter 
betroffen  hatte,  die  Hauptursache;  dass  aber  die  schlechte  Wirth- 
schaft  der  Aebtissin,  welche  keine  Rechnungen  über  das  Ver- 
mögen geführt  zu  haben  scheint,  nicht  minder  daran  schuldig 
war,  erhellt  aus  dem  darüber  erhaltenen  Documente  ganz 
deutKch.  Die  Decanin  und  das  Capitel  wandten  sich  deshalb 
an  ihren  natürlichen  Schutzherm,  den  Diöcesanbischof  Otto 
yon  Passau,  welcher  1262  die  Aebte  von  Kremsmünster  und  Lam- 
bach  mit  der  genauen  Untersuchung  der  finanziellen  Verhält- 
nisse von  Traunkirchen  beaufb*agte.  Diese  bestätigten,  dass  ver- 
m^e  der  erwähnten  Ursachen  der  Vermögensstand  des  Klosters 
zwar  ein  sehr  ungünstiger,  aber  kein  hoffiiungsloser  wäre,  und 
beantragten,  dass  die  jeweilige  Aebtissin  von  dem  Erträgnisse  der 
Saline  zu  Ischl  den  Nonnen  in  jedem  dritten  Jahre  10  Vs  Pfund 
Zur  Anschaffung  von  Pelzen,  in  jedem  vierten  Jahre  aber 
14  Pfund  Pfennige  zum  Ankaufe  von  Fellen  und  Leder  auszu- 
zahlen hätte,  unbeschadet  des  Rechtes  der  Nonnen  auf  jährlich 
6ft  Pfennige  für  jede  Schwester  zur  Besorgung  der  ELleidung. 
Bischof  Otto  bestätigte  diese  Anträge  der  Commissäre  und  ver- 
ordnete überdies,  dass  die  Aebtissin  gehalten  sei,  jeder  ihrer 
EJosterschwestem  zur  Beschaffung  des  Oberkleides  jährlich  noch 
50  Pfennige  zu  reichen.  Um  die  Wiederkehr  solch  betrübender 
Zustände   im   Kloster  zu   verhüten,  bekräftigte  er  das  darüber 

^  Reg.  Nr.  12. 


'^•a   u*3t  ij*r 


237 

zurBesseruDg  ihrer  Pfründe  erhalten  soU.^  Ebenso  machte  IJlrich 
von  Tann  im  Jahre  1346  eine  Vergabung  an  das  Kloster  zur 
Besserung  der  Pfründe  f&r  die  Nonne  aus  dem  edlen  Gkschleehte 
der  Messenpek.'  Alle  diese  Schenkungen  wie  die  frommen 
Stiftungen  von  Anniversarien  gehörten  zur  ,Obley'  des  Klosters, 
der  auch  vom  Stiftsgute  selbst  bestimmte  Güter  und  Renten  zu- 
gewiesen waren,  aus  welchen  die  Verpflegung  des  Conventes 
geschah.'  Vorsteherin  der  Oblai  war  stets  eine  Nonne,  nicht 
selten  die  Decanin  oder  auch  die  Celleraria. 

Wie  T.  in  seinen  Einzeiehnungen  aufweist,  gehörten  wie 
in  so  vielen  Herren-  und  Frauenklöstern  auch  die  Nonnen  von 
Traonkirchen  im  XIV.  und  dem  nächstfolgenden  Jahrhundert 
dem  Adel  an.  Wir  finden  die  edlen  Geschlechter:  Aistersheim, 
Panichner,  Polheim,  Chamer,  Thalheim,  Fattersheim,  Volckens- 
dorf,  Erenfels,  Teuffenbach,  Panhalm,  Hochenfeld,  Husendorf, 
Smmberg,  Stadegg,  Teufl,  Katringer,  Kirchberg,  Ror,  Messenpek, 
Perkhaim,  Mühlwanger,  Mämingen,  Schedling,  Pehaim,  Stainach 
n.  a.,  welche  zumeist  in  Oberösterreich,  Salzburg  und  Steier- 
mark ihren  Sitz  hatten,  auch  in  Traunkirchen  unter  den  Nonnen 
wieder;  das  büi^eriiche  Element  erscheint  nur  spärhch  durch 
die  Namen  Truent,  Schlegl  u.  a.  vertreten.  Die  Nonnen  unter- 
schieden sich  in  eigenüiche  Nonnen,  welche  zum  ganzen  Chor- 
gebete durch  Ablegung  der  Professio  solemnis  verpflichtet  waren 
und  daher  ,moniales^  hiessen,  und  in  Schwestern,  denen  die 
Verrichtung  der  häuslichen  Dienste  oblag,  nur  zu  gewissen 
Gebeten  verpflichtet  waren  und  in  T.  als  ,sorore8  n.  c'  auf- 
scheinen.* Die  letzteren  durften  aber  nicht  den  von  der 
Aebtissin  aus  Anlass  wichtiger  Vorkommnisse  zuweilen  unter 
ihrem  Vorsitze  zusammenberufenen  Versammlungen,  ,Capitula' 
genannt,  beiwohnen,  wie  sie  auch  des  activen  und  passiven 
Wahlrechtes  nicht  theilhaft  waren.  Ausser  dem  Chorgebete 
und  anderen  religiösen  Uebungen  beschäftigten  sich  die  Nonnen 
mit  Handarbeit   und  Unterricht  der  weiblichen  Jugend;   doch 


*  Reg.  Nr.  27. 
"  Beg.  Nr.  33. 

'  Kirchliche  Topographie  VUI,  346;  Keiblinger,  Geschichte  von  Melk  I,  383. 
Die  Oblei  von  Traunkirchen  wird  1431  arknndlich  erwähnt  Beg.  Nr.  69. 

*  In  einem  einst  der  Bibliothek  von  Traunkirchen  gehörigen  Manuscripte 
heisst  es:  ,damit  bewar  ewch  all  onserlieb  geistleichen  frawn  und  swestem 
der  allmechtig  got*. 


238 

sebdnt  die  Sloslenchale  xa  Traimkirclieii  niclit  besonders  zahl- 
mch  frequentiert  worden  zn  sein  and  sich  nnneist  anf  die  Er- 
ziehnng  nnd  Aosbildmig  solche'  Mldchen  beschränkt  zu  haben, 
welche  später  selbst  den  Schleier  in  Timonkirchen  nahmen. 

Die  Anfrechthahong  der  kktaterlichen  Ordnang  und 
I>isci|^  oUag  vor  allem  der  Aebtissin  und  ihrer  Stelhrer- 
treterin,  der  Decanin.  Die  Aebtissin  oder  in  ihrer  Abwesen- 
heit die  Decanin  leitete  das  Chorgebet^  die  religiösen  Uebongen, 
die  Handarbeiten  und  den  Unterricht.  Wie  in  allen  anderen 
FraaenklOstem  wurde  auch  in  Traonkirchen  das  Chorgebet 
in  lateinischer  Sprache  gesangen  oder  redtiert,  weshalb  die 
Nonnen  sich  zor  Verrichtang  desselben  mehrerer  Psalterien 
bedienten,  von  denen  eines,  mit  schönen  Miniataren  geschmückt, 
sich  noch  in  der  BiUiothek  des  CSerical- Seminars  za  Linz  er- 
halten hat^  Da  den  Bestimmungen  der  Ordensregel  und  den 
Satzungen  vieler  Synoden  gemftss  die  Räume,  in  welchen  die 
Nonnen  und  Schwestern  hausten,  unter  strenger  dausur  sich 
befanden,  so  mussten  sie  ihre  Beichte  dem  Confessarius  durch 
ein  vergittertes  Fenster  ablegen  und  empfingen  durch  dasselbe 
auch  die  heilige  Conmiunion.  Noch  heute  zeigt  man  in  der 
St  Michaelskapelle  zu  Traunkirchen  ein  vergoldetes  Gitter, 
durch  welches  der  Priester  den  Frauen  den  Leib  des  Herrn 
reichte.*  Bfit  grosser  Pracht  wurde  der  Gottesdienst  gefeiert 
Die  Aebtissin  Barbara  I.  von  Stadler  1429 — 1463,'  eine  der 
thatkräftigsten  Vorsteherinnen  Traunkirchens,  welche  unter 
vielen  Kämpfen  und  Beschwerden  die  Rechte  des  Klosters 
aufrecht  hielt  und  dabei  von  geistlicher  wie  landesfbrstlicher 
Seite  grosse  Untersttltzung  fand,^  verpflichtete  1434  durch 
einen  Revers  die  Vicare  von  Goisem,  Hallstatt,  Aussee  und 
Ischl  dreimal  im  Jahre,  an  den  drei  ,hochgeziten'  des  Jahres, 

^  Nach  gliti^r  Bfittheilang  des  Herrn  Bibliothekars.  In  dem  yon  Hejren- 
bach  erhaltenen  Kataloge  der  Bibliothek  von  Traunkirchen  finden  rieh 
mehrere  Psalterien  angefahrt. 

*  Kirchliche  Topographie  XIV,  77. 

*  Die  Zahlen,  welche  die  Amtsdaner  einer  Aebtissin  angeben,  rind  nach 
den  vorhandenen  Urkunden  zusammengestellt  Weil  aber  deren  Zahl 
eine  sehr  geringe  ist,  und  anderseits  die  vorhandenen  YeraeichniBse  der 
Aebtisrinnen  sehr  mangelhaft  und  willkürlich  sind  —  selbst  Bmschius 
kann  nur  von  1600  ab  als  sichere  Quelle  gelten  —  so  findet  rieh  manche 
LOcke,  die  aussEufUllen  mir  unmöglich  war. 

*  Siehe  Beg.  Nr.  67,  68,  70—74,  77,  78—87,  89,  92-94. 


239 

in  Traonkirchen  zu  erscheinen  und  dem  dortigen  Pfarrvicar 
Assistenz  beim  Gottesdienste  zu  leisten.^  Dass  die  Frauen  von 
Traunkirchen  entgegen  der  kirchlichen  Bestimmung  leinemer 
Kleider  sich  bedienten^^  sowie  des  Genusses  von  Fleischspeisen 
sich  enthielten,  haben  wir.  früher  schon  erwähnt.  Der  Genuss 
der  letzteren  Speisen  begann  erst  im  XV.  Jahrhundet  wie  in 
anderen  Frauen-  und  Männerklöstem  so  nicht  minder  in  Traun- 
kirchen  sich  einzubürgern;  um  dann,  von  kirchUcher  Seite  ge- 
stattet, allgemein  üblich  zu  werden.^ 

Gemäss  der  Ordensregel  legten  die  Nonnen  von  Traun- 
kirchen  die  drei  Gelübde  des  Ordens  St.  Benedict:  ,stetigkait, 
bekerong  der  syten  und  gehorsam V  in  feierlicher  Weise  ab; 
Yom  ersteren  Votum,  der  ,stetigkait'  (stabilitas  loci),  konnte 
der  Diöcesanbischof  von  Passau,  welcher  über  alle  Frauenklöster 
seines  Sprengeis  die  Oberaufsicht  führte,  Dispensation  ertheilen. 
So  schrieb  Bischof  Ulrich  m.  von  Passau  im  Jahre  1455  dem 
Abte  Andreas  von  Admont,  dieser  möge  als  Vorsteher  des 
Nonnenklosters  zu  Admont  gestatten,  dass  die  Nonne  Barbara 
Forster  von  Traunkirchen,  deren  Schwestern  früher  Nonnen 
zu  Traunkirchen,  jetzt  zu  Admont  sind,  gleichfalls  in  dieses 
Kloster  aufgenommen  würde.^  Abt  Andreas  gestattete  den 
Uebertritt,  verweigerte  aber  später  einem  ähnlichen  Ersuchen 
der  Aebtissin  Barbara  I.  von  Traunkirchen  für  zwei  Nonnen 
ihres  Stiftes  die  Aufnahme,  weil  dieselben  alt  und  deshalb  zum 
Chorgebete  nicht  mehr  geeignet  wären.^ 

Wie  andere  Frauen-  und  Herrenklöster,  so  scheint  auch 
Traunkirchen,  wo  im  XII.  und  XÜI.  Jahrhunderte  das  Ordens- 
leben sehr  geblüht  hat  und  in  der  Reihe  der  Nonnen  auch 
eine  Inclusa  luuenta  mit  Namen  aufscheint,^  im  XIV.  und 
XV.  Jahrhundert  einen  Rückgang  erlitten  zu  haben.  Ob  die 
vom  Herzoge   Albrecht   V.   in    Verbindung   mit  den  Concilien 

^  Kirchliche  Topographie  a.  a.  O.  90. 

'  Im  Franenkloster  Admont  wurde  der  Gebrauch  derselben  erst  im  XV.  Jahr- 
hundert gestattet.  Wichner,  Geschichte  des  Frauenklosters  zu  Admont  in 
Wissenschaftliche  Studien  und  Mittheilungen  aus  dem  Benedictiner- Orden, 
n.  Jahrgang  77. 

'  Siehe  Näheres  darflber  in  Keiblinger*s  Geschichte  von  Melk  I,  191ff.  u.  a. 

*  Beg.  Nr.  90. 

*  Nach  einem  Concepte  im  Archiv  zu  Admont.  (Gütige  Mittheilung  des 
h.  H.  Archivars  Jakob  Wichner.) 

'  Siehe  T.  zum  28.  September. 


340 

von  Constanz  und  Basel  eingesetzten  Reformations-Commissionen, 
welche  in  den  österreichischen  Klöstern  Visitationen  vorgenommen 
haben y  auch  nach  Traunkirchen  gekommen  sind^  entgeht  uns; 
doch  deutet  der  Umstand^  dass  in  der  Bibliothek  des  Klosters 
sich  ein  Diumale  findet^  in  welchem  das  Chorgebet  nach  dem 
Ritus  des  Klosters  Sacrae  Specus^  zum  Kloster  Subiaco  gehörig, 
aus  welchem  das  Haupt  der  Reformatoren  des  Ordens^  der 
spätere  Abt  Nicolaus  Seyringer  von  Melk,  nebst  anderen  vom 
Herzoge  nach  Oesterreich  berufen  wurde/  sich  angegeben 
findet,  darauf;  dass  auch  Traunkirchen  von  den  Reformatoren 
besucht  wurde,  obwohl  Bischof  Leonhard  von  Passau  das  Be- 
ginnen, weil  vom  LandesAlrsten  ausgehend,  zu  vereiteln  be- 
müht war.  Auch  dass  die  Aebtissin  Barbara  I.  eine  deutsche 
Regel  St.  Benedicts  sammt  ,der  auslegung  und  expositzion' 
schreiben  liess,'  spricht  für  die  obige  Annahme,  zeigt  aber 
anderseits,  dass  wie  in  anderen  Frauenklöstem  so  nicht  minder 
in  Traunkirchen  die  Kenntniss  der  lateinischen  Sprache  sehr 
in  Abnahme  gekommen  war. 

Neben  der  mehrmals  erwähnten  Aebtissin  Barbara  I., 
welche  auch  eine  vortreffliche  Verwaltung  geführt  zu  haben 
scheint,  waren  im  XV.  Jahrhunderte  noch  mit  dem  äbtlichen 
Kreuze  geschmückt  Magdalena  I.  Kastner  1464 — 1497  und 
Anna  HI.  von  Panichner,  welche  letztere  aber  schon  grössten- 
theils  dem  folgenden  Säculum  angehört^  da  sie  von  1497  bis 
1516  Ring  und  Stab  von  Traunkirchen  führte.  Von  Magdalena 
wird  berichtet,  dass  sie  vorzüglich  das  geistige  Leben  unter 
ihren  Nonnen  zu  fördern  bemüht  war  und  deshalb  die  Bibliothek 
des  Klosters  vergrösserte,'  sonst  ist  uns  ausser  einer  Tausch- 
handlung mit  Wolf  Mühlwanger  zu  Neitharting  und  einigen 
Lehenbriefen  nichts  erhalten.^  Die  Aebtissin  Anna  HI.  aus 
dem  edlen  Hause  der  Panichner  zu  Wolkersdorf,  einem  alten 
Ministerialengeschlechte  von  St.  Rudpert  in  Salzburg,  wird  als 
eine  Frau  geschildert,  welche  Frömmigkeit  mit  Klugheit  ver- 
band.   Mit  Kaiser  Maximilian  I.  schloss  sie  1513  einen  Tausch- 


^  lieber  diese  Beformatioii  sind  Keiblinger,  (beschichte  yon  Melk  I,  482 ff., 
sowie  meine  Studien  über  das  Wirken  der  Benedictiner  in  Oesterreich, 
m.  Heft,  SSß,  einzusehen. 

*  Heyrenbach^s  Manuscript  a.  a.  O.  Nr.  8689. 
'  Heyrenbach  a.  a.  O. 

*  Reg.  Nr.  96— 100. 


241 

vertrag  ab^  und  erneuerte  mit  Mondsee  die  geistliehe  Con- 
föderation.' 

Unter  den  Aebtissinnen  des  XVI.  Jahrhunderts  werden  als 
t&chtige  Vorsteherinnen  erwähnt:  Margaretha  IV.  von  Stainach 
and  Anna  IV.  von  Rainer.  Die  Aebtissin  Margaretha  wurde 
im  Jahre  1522  erwählt^  nachdem  sie  ihren  Vorgängerinnen 
Magdalena  I.^  Anna  III.  und  Dorothea  11.  als  ,Schafferin^  in 
der  Verwaltung  des  Klosters  durch  dreissig  Jahre  treu  zur 
Seite  gestanden  war.  Obwohl  unter  ihrem  Rogimente  die  Ein- 
künfte des  Klosters  durch  Steuern  und  Darlehen^  sowie  durch 
die  1Ö26  über  Befehl  Königs  Ferdinand  I.  stattgefundene 
Einlieferung  aller  Kirchenschätze  aus  Edelmetall  schwer  ge- 
schädigt wurden/  so  wusste  sie  doch  mit  dem  geschmälerten 
Einkommen  so  trefflich  hauszuhalten^  dass  sie  der  Chronist 
»Mater  familias  optima^  nennt.*  Unter  ihrer  Nachfolgerin  Bar- 
hara  11.  von  BLirchberg,  1530—1534,  wurde  das  Stiffcsgut  durch 
den  vom  Staate  anbefohlenen  Verkauf  des  vierten  Theiles 
des  gesammten  Klosterbesitzes,  sowie  durch  die  Veräusserung 
mehrerer  QiÜten  an  den  Verweser  des  Salzamtes  zu  Aussee, 
Christoph  von  Praunfalk,  um  die  von  den  Ständen  der  Steier- 
mark eingezogenen  Güter  der  Filialkirche  von  Aussee  an  die- 
selbe zurückzubringen/  neuerdings  sehr  geschwächt. 

Noch  mehr  aber  al&  diese  finanziellen  Verluste  schädigte 
das  Kloster  das  Eindringen  der  Lehren  Luther's,  infolge  dessen 
die  Zahl  der  Nonnen  immer  mehr  und  mehr  sich  verringerte, 
■0  dass  im  Jahre  1561  nur  mehr  die  Aebtissin  Anna  IV.  und 
vier  Frauen  die  Klosterräume  innehatten.  Es  lässt  sich  nicht  be- 
stimmen, wann  und  durch  wen  der  Protestantismus  in  Traun- 
kirchen  zuerst  verbreitet  wurde;  der  im  dritten  und  vierten 
Decennium  des  XVI.  Jahrhunderts  erfolgte  Uebertritt  des  Adels 
ond  der  Bilrgerschaft,  sowie  eines  Grosstheiles  des  Welt-  und 


*  Beg.  Nr.  103. 

*  R«g.  Nr.  102.  Daas  aber  Traunkirchen  früher  schon  mit  den  meisten 
KlOstem  von  Gestenreich  im  Verhältnisse  der  ConfiSderation  stand,  leuchtet 
au«  T.  hervor. 

'  Flacher,  Geschichte  von  Klostemeabnrg  I,  245;  Gberleithner,  Finanz- 
und  Kriegswesen  unter  KOnig  Ferdinand  I.  im  Archiv  fKr  Osterreichische 
Geschichte,  22.  Bd.;  Stüta,  Geschichte  von  St.  Florian  und  Wilhering  ti.  A. 

*  Bruichius,  Supplementum  II,  126. 
»  Reg.  Nr.  106. 

Ardilr  Bd.LXIXIT   I.  Hilft«.  l« 


242 

Ordensclenis  in  Ober-  und  Niederösterreich  wie  in  den  anderen 
Ländern  der  Habsburger  konnte  auch  auf  Traunkircben  nicht  ohne 
Rückwirkung  bleiben^  und  dies  um  so  weniger^  weil  fast  alle  um 
das  EJoster    angesessenen  Edelgeschlechter  sowie   die    Bürger 
von    Qmunden^  Ischl^   Laufen    und    anderen    Ortschaften    der 
nächsten   Umgebung   der   neuen   Lehre   huldigten.^     Dass  am 
diese  Zeit  auch  schon  das  Kloster  davon  berührt  worden  war, 
erhellt  deutlich  aus  dem  Umstände,  dass  mit  der  Aebtissin  Barbara 
die  Einzeichnungon  in  das  Todtenbuch  ihr  Ende  erreichten,  da 
der  Protestantismus  die  Gebete  fUr  die  Verstorbenen  als  unnütz 
erklärte.     Anna    IV.    wurde    im    Jahre   1551   nach   dem  Hin- 
scheiden der  Aebtissin  Euphemia  U.  von  Losenstein  1544 — 15Ö1, 
von  welcher  der  Chronist  berichtet,  dass  sie  ,canum  delicatorom 
studiosior  alumna  quam  pauperum^  gewesen  wäre,^  zur  Aebtissin 
erhoben.     Aus   den   Briefen   des   Humanisten  Bruschius  ist  sie 
als    eine   geistreiche,   das   Studium   der  Wissenschaft  liebende 
Frau  bekannt.^    Der    Visitationsbericht    des    Jahres    1561    be- 
zeichnet sie   und   ihre   vier   Nonnen  als   eine   Vorsteherin  von 
tadellosen    Sitten    und   tüchtige   Oekonomin,   welche    ihr    Amt 
,wie   ainer  abtessin   gebuerdt'   versehe.     Auch   das    Chorgebet 
wurde  noch  verrichtet;  doch  communicierten  die  Aebtissin  und 
ihre  kleine  Nonnenschaar  ,sub    utraque',   sowie   sie   sieh   auch 
beim  Unterrichte  in  der  Mädchenschule  Luther's  kleinen  Kate- 
chismus bedienten.* 

Anna  IV.  war  die  letzte  Aebtissin  von  Traunkircben, 
welche  durch  freie  Wahl  zu  dieser  Würde  gelangte.  Als  sie 
im  Jahre  1566  starb,  ernannte  Kaiser  Maximilian  II.  die  Nonne 
Magdalena  Dietrichinger  zur  Vorsteherin  des  Klosters.^  Es 
wäre  aber  auch  sehr  schwer  gewesen,  eine  Wahl  vorzunehmen, 
da  der  ganze  Convent  damals  nur  aus  zwei  Capitularinnen, 
Magdalena  von  Dietrichinger  und  Veronica  Stoppt,  bestand,  von 
welchen   die  letztere   Nonne   schon   über   ftlnfzig  Jahre  zählte. 

^  Pritz,  Geschichte  von  OberOsterreich  II,  670  ff.  und  die  historischen  Dar- 
stellungen der  einzelnen  Ortschaften,  angezeigt  in  der  Bibliographie  von 
Commenda. 

*  Bruschius  a.  a.  O. 

'  Horawits  a.  a.  O. 

^  Aus  dem  Visitationsberichte  vom  Jahre  1661.  (Kirchliche  Topographie 
XIV,  264  ff.)  ,1m  khloster  wirdt  ein  khinderschuel  von  jungen  niaidlen 
gehalten,  die  haben  ainen  khlainen  Catechismum  Lutheri .  . .' 

^  Visitationsbericht  vom  Jahre  1666  a.  a.  O.  270. 


243 

Mit  dem  Tode  dieser  Schwester  Veronica,  1571,  erlosch  der 
Convent  von  Traunkirchen,  weshalb  auch  der  Elosterrath  das 
Stift  als  ein  ^vacierendes'  Kloster  erklärte.  Kaiser  MaximiUan  II. 
überUess  1572  dem  nieder-  und  oberösterreichischen  Prälaten- 
stande nebst  den  um  diese  Zeit  auch  schon  leerstehenden 
Frauenstiften  Erla,  St.  Bernhard  in  Nieder-  und  SchUerbach  in 
Oberösterreich  das  Kloster  Traunkirchen  gegen  ein  Darlehen 
von  20.000  Gulden.^  Auf  Anordnimg  des  Kaisers  wurde  die 
Aebtissin,  weil  ,gar  ain  ainfaltiges  weib,  so  zu  aller  wirtschafft 
und  regierung  gar  khindisch',  im  Jahre  1573  abgesetzt  und 
der  Abt  Erhard  von  Kremsmünster  ,im  nahmen  des  löblichen 
Prelatenstands'  zum  Administrator  des  ELlosters  ernannt.^  Mit 
der  Absetzung  der  letzten  Aebtissin  Magdalena  U.,  welche  dann 
ganz  dem  Protestantismus  sich  ergab  imd  deshalb  durch  mehrere 
Jahre  in  Haft  gehalten  wurde^  endete  nach  fUnfhundertjährigem 
Bestände  das  Benedictinenkloster  Traunkirchen.^ 


^  Oberleitner,    Die    Finanzlage    Niederösterreichs    im    XVI.  Jahrhundert, 
Archiv  f&r  Osterreichische  Geschichte,  30.  Bd.,  17. 

*  Kirchliche  Topographie  XIY,  275.    Die  Ditrichinger  waren  ein  bairisches 
Adelsgeechlecht,  Monomenta  Boica  U,  270. 

*  Administratoren  von  Traunkirchen  waren :  Erhard,  Abt  von  Kremsmünster, 

1673—1681;  Jakob  Gisl,  Abt  von  Wilhering  1582—1586,  welcher  seinen 

Capitularen    Leonard    Schussmann    mit    der   Verwaltung    betraute,    ihn 

aber  wegen  seiner  Verbindung  mit  der  abgesetzten  Aebtissin  Margaretha 

1586  entfernte  und  ,gefXnglich'   setzen  liess,   worauf  der  Capitular  von 

Kremsmünster  Josef  Pramer  (Premer)  mit  der  Verwaltung  betraut  wurde. 

Als  Premer  1588  die  Administration  des  erledigten  Cistercienser- Nonnen- 

Stiftes   Schlierbach   übernehmen  musste,   wurde  Andreas  Mor,  Prior   zu 

Kremsmünster,  mit  der  Verwaltung  Traunkirchens  betraut.    Durch  einen 

Beschluss  des  Prftlatenstandes  sollte  Traunkirchen  eine  Benedictinerabtei 

werden,  weshalb  Andreas  Mor  zum  Abte  ernannt  wurde  1589.  Bfit  seinem 

1592  erfolgten  Tode  ging  die  Männerabtei  zu  Traunkirchen  wieder  ein, 

und  das  Kloster  wurde  durch  den  Hofiichter  Wolf  Schadt  administriert  1593 ; 

im  nächsten   Jahre   wurde  die   Administration  an  Josef  Pramer  wieder 

Übergeben,  welcher  bis  1613  die  Verwaltung  führte.    Nach  seinem  Tode 

wiurde  der  ,£innehmeramts  Gegenhandler'  zu  Gmunden,  Daniel  Ho^ändl, 

mit  der   Administration   betraut;    1614   wurde  das  Kloster  dem  Bischöfe 

Khlesl   von  Wien  geschenkt,  1620  räumte  Erzherzog  Leopold,  Bischof 

▼on  Passan,   Traunkirchen  den  Jesuiten  ein,  Papst  Gregor  XV.  incor- 

porierte  es  1621  diesem  Orden,  1624  bestätigte  Kaiser  Ferdinand  II.  die 

Uebergabe  des  Klosters  an  das  Collegium  der  Jesuiten  zu  Passau,  in 

deren  Besitz  es  bis  zur  Aufhebung  des  Ordens   1773  blieb;  von  da  ab 

steht  es  unter  kaiserlicher  Verwaltung.  Heyrenbach^s  Bianuscript  Nr.  7972 

und  Kirchliche  Topographie  XV,  274—289. 

16* 


244 


Reihe  der  Aebtissinnen  des  Stiftes  0.  8.  B. 

za  Trannklrchen. 


Ata,  um  1020. 
Gertrud  L,  XI.  Jahrh. 
Margaretha  L,  XI.  Jahrh 
Gisula,  XI.  Jahrh. 
Alheid,  XI.  Jahrh. 
Gertrud  11.,  XI.  Jahrh. 
Tuta,  Xn.  Jahrh. 
Judicta,  XII.  Jahrh. 
Wilbirgis,  xn.  Jahrh. 
Halka,  Xu.  Jahrh. 
Katharina  electa,  XII.  Jahrh. 
Wilbirg  electa,  XII.  Jahrh. 
Dimudis,    ca.  1180  bis  nach 

1191. 
Eufemia  I. 
Elisabeth    I.    von     Polheim, 

1247  bis  nach  1262. 
Gertrud  ITT.  von  Volkersdorf, 

1280—1298. 
Osanna,  1298-1306. 
Kunigunde    von    Kirchberg, 

1305—1325  (?). 
Anna  I.  von  Aystcrsheim,  1326 

bis  1332. 
Elisabeth    II.  von    Polheim, 

1332—1334. 
Gertrud  IV.,  1334-1347. 
Margaretha  U.,  1348  (?)  bis 

1369. 


Anna  11.  von   Otsdorf,    1370 

bis  1402. 
Margaretha  III.  Mülwanger, 

1402—1405. 
Dorothea  I.  Katringer,   1405 

bis  1420  (?). 
Clara  Vtzinger,  1420—1425. 
Barbara  I.  Stadler,   1425  (?) 

bis  1464.1 
Magdalena  Kastner,  1464  bis 

1497. 
Anna  HI.  Panichner,  1497  bis 

1513. 
Dorothea  11.  Strasser,    1513 

bis  1522. 
MargarethalV.  vonStainach, 

1522—1534. 
Barbara  11.    von    Kirchberg, 

1530  bis  1534. 
Helene  von  Dietricher,    1534 

bis  1543. 
Eufemia  II.  von    Losenstein, 

1543-1551.    • 
Anna  IV.  von  Rainer,  1551  bis 

1566. 
Magdalena  II.  von  Dietrichin- 

ger,   1566 — 1573,  abgesetzt, 

gestorben  nach  1592zuTraun- 

kirchen. 


1  Die  in  dem  Breve  Papst  Pias  II.  d.  a.  1462  (Reg.  Nr.  94)  angeföhrte 
Aebtissin  Agatha  von  Traunkirchen  scheint  ein  Fehler  des  Schreibers  zu 
sein,  da  eine  Aebtissin  dieses  Namens  nicht  nachweisbar  und  die  damals 
regierende  Aebtissin  Barbara  erst,  wie  T.  besagt,  1464  gestorben  ist. 


245 


Urkunden  und  Begesten. 


Nr.  I. 

1181  c  Traonkirchen. 

Otacher,  Herzog  der  Steieimark,  schenkt  über  Bitten  der  Aebtissin 
Diemnd  yon  Traunkirchen  ihi*em  Kloster  das  Patronatsrecht  über  die 
Pfarre  Traunkirchen. 

Urkundenbnch  des  Landes  ob  der  Enns  II,  373,  Nr.  267. 

Nr.  n. 
1191  nach  dem  16.  April.    Enns. 

Derselbe  bestätigt  dem  Kloster  Traunkirchen  die  demselben  ,tnm 
ex  aactoritate  priyilegii,  quod  illi  contulit  unus  proaYorum  meorum,  Ota- 
cher  comes,  tum  ex  dementia  sequentium  principum  fnndatorum  ipsius 
eoenobii,  qui  etiam  advocatiam  propria  tenebant  mann'  verliehene  Vogt- 
freiheit, gibt  demselben  die  von  seinen  Vorfahren  als  Schutzvögten  besesse- 
nen Klostergüter  zu  Kematen,  Boitham  und  Tann  zurück  und  entfernt 
den  Ton  ihm  eingesetzten  Vogt  Arnold  von  Wartenburg,  welcher  das 
Kloster  sehr  bedrückt  hatte. 

Urkundenbnch,  1.  c.  II,  427,  Nr.  296. 

Nr.  DI. 

1228.   8. 1. 

Die  Aebte  Otto  yon  Lambach  und  Friedrich  Yon  Mondsee,  sowie  die 
anderen  Schiedsrichter  entscheiden  den  Streit  zwischen  den  Klöstern 
Tnimkirchen  und  Michaelbeuem  wegen  eines  Gutes  zu  Brising. 

Filz,  Qesohichte  von  Michaelbeaem  761,  Nr.  15. 

Nr.  IV. 
1247,  24.  September.   Passau. 

Rüdiger,  Bischof  von  Passau,  beurkundet,  dass  die  Aebtissin  £(lisa- 
beth)  TOD  Traunkirchen  yermöge  des  ihrem  Kloster  zustehenden  Patronats- 
rechtes  die  Pfarre  Traunkirchen,  nachdem  der  früher  von  ihr  ernannte  Pfarrer 
Heinrich  Biffian  der  an  ihn  ergangenen  Aufforderung,  die  Pfarre,  aus  deren 
Besitz  ihn  durch  Unterstützung  Herzog  Friedrichs  II.  von  Oesterreich  der 
Priester  Gottfried  verdrängt  habe,  nach  dem  Tode  dieses  Fürsten  wieder 


246 

JD  Besitz  zu  nehmen,  keine  Folge  gegeben  hätte,  dem  Priester  Witigo, 
welchen  er  mit  Zustimmung  seines  Domcapitels  der  Aebtissin  empfohlen 
habe,  verliehen  hätte. 

Urkundenbach,  1.  c.  IV,  660,  Nr.  11. 

Nr.V. 
1260  c. 

Abt  Ortolf  von  Garsten  und  die  Aebtissin  Elisabeth  vonTraunkirchen 

überlassen  mit  Zustimmung  der  beiderseitigen  Capitel  eine  an  der  Krems 

gelegene  Au,  welche  beiden  Klöstern  eigentümlich  ist,  ihren  Untertanen 

daselbst. 

Urkundenbach,  1.  c  m,  178,  Nr.  176. 

Nr.  VI. 
1867.    8.1. 

Der  Ministeriale  Ulrich  von  Capellen  beurkundet,  dass  er  die  durch 
längere  Zeit  iwischen  ihm  und  seinen  Neffen  einerseits  und  der  Aebtissin 
Klisabeth  von  Traunkirchen  anderseits  streitig  gewesenen  Güter  zu 
Loube  gegen  Zahlung  von  acht  Pfund  Wiener  Münze  der  letzteren  über- 
lassen habe. 

Mit  ihm  siegeln:  Dom.  Wocho,  Dom.  Gundaker  von  Storchenbeig, 
Dom.  Otto  de  Wol&ekke,  Dom.  Albero  von  Polhaim,  Dom.  Wichard  von 
Polhaim,  Dom.  Helwig  von  Werne,  Gerung  von  Pusche,  Liutold  von 
Kulsheim,  Siffrid  officialis  noster,  Ortolfus  von  Owe,  Otto  officialis  de  Tal, 
Hei*andu8  von  Hiltprechtinge,  Liutold  von  Thalhoim,  Dietmar  von 
HAoho  u,  V.  a. 

Original  unbekannt,  «bochriftlich  in  Heyrenbach*8  Manuscript  in  der 
k.  u.  k.  Hofbibliotbek  in  Wien,  Nr.  8638. 

Nr.  Vn. 
186V.    ».  l 

Otto,  Bischof  von  Passau,  beurkundet,  dass  er  zur  Beilegung  des 

Zwiiito«,  welcher  iwischen  der  Aebtissin  Elisabeth  und  ihrem  Convente 

»u  Trauukiivheu  wegen  Schm&lemng  der  Präbende  ausgebrochen  war, 

dlo  Aobio  von  Ki^emsmünster  und  Lambach  mit  der  genauen  Untersuchung 

dor  VormOgtuiMYerhältuisse  des  Klosters,  mit  deren  schlechtem  Stande 

infolito  von  Wrwüstuugen  sich  die  Aebtissin  entschuldigt  habe,  beauf- 

trt^ri  \\i\iUK    l>i<^(io  hAtteu  nach  genauer  Untersuchung  der  Einkünfte  des 

KloHiortt  boittitmut,  da^s  die  Aebtissin  von  dem  Ertrage  der  Saline  zu 

Ischl  den  Nouiieu  in  je<lem  dritten  Jahre  zehn  und  ein  halbes  Pfund  zur 

Anschaffung  von  IVlien  und  in  je^lom  vierten  Jahre  vierzehn  Pfunde  zum 

Ankaufe  von  Fellen  lu  reichen  habe«  unbeschadet  des  Rechtes  der  Nonnen 

auf  die  LinnenkloiMMusr,  lu  deren  Anschaffung  jeder  Nonne  alle  Jahre 


247 

sechzig  Pfennige  ausbezahlt  werden  sollten.  Bischof  Otto  bestätigt  diese 
Beetimmnngen  nnd  verordnet,  um  die  Wiederkehr  dieser  Zustande  zu 
verhüten,  dass  die  hierüber  ausgefertigte  Urkunde  ausser  von  ihm  auch 
noch  von  den  beiden  Aebten,  der  Aebtissin  und  dem  Convente  besiegelt 
werden  soll;  überdies  bestimmt  er,  dass  jeder  Nonne  ausser  den  aufge- 
führten Beträgen  jährlich  noch  fünfzig  Pfennige  zu  einem  Oberkleide  von 

der  Aebtissin  ausbezahlt  werden  müssen. 

Monamenta  Boica  XXIX,  II,  190,  Nr.  95. 

Nr.  Vm. 

1276.  8.1. 

Hadmar  von  Sunnenberg  schenkt  das  ihm  zugehörige  Gut  zu  Fella- 

brunn  mit  einem  Talente  jähi*lichen  Einkommens  und  freier  Vogtei  an 

das  Kloster  Traunkirchen. 

Original  anbekannt,  aus  Hejrenbach^s  Manuscript,  1.  c.  Nr.  8538. 

Nr.  IX. 

1277,  25.  Juni.   Wien. 

König  Rudolf  bestätigt  über  Bitten  der  Aebtissin  dem  Kloster 

Traunkirchen  in  der  Diöcese  Passau  die  demselben  von  Kaiser  und  Königen 

des  römischen  Beiches,   sowie  von  den  Herzogen  von  Oesterreich  und 

Steiermark  verliehenen  Bechte  und  Freiheiten. 
'  UrkDndenbuch,  1.  c.  HI,  471,  Nr.  510. 

Nr.  X. 
1280,  15.  Juli.    Linz. 

Der  Landeshauptmann  von  Oberösterreich,  Heinrich  Markgraf  von 
Hochberg,  bestätigt  der  Aebtissin  Gertrude  von  Traunkirchen  die  volle 
Jurisdiction  über  die  Güter  und  Holden  des  Klosters,  das  Blutgericht 
ausgenommen. 

Uricondenbuch,  1.  c.  III,  520,  Nr.  561. 

Nr.  XI. 
1298.   8.1. 

Konrad  von  Capelln  und  seine  Gattin  Minzla  vergleichen  sich  mit 
der  Aebtissin  Osanna  von  Traunkirchen  wegen  des  Gutes  von  Peschingen. 

Original  unbekannt,  abschriftlich  im  Aaszuge  erhalten  in  He7renbach*s 
Manuscript,  1.  c.  Nr.  8538. 

Nr.  Xn. 
1306,  10.  Februar.    Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Kunigunde  von  Traunkirchen  beurkundet  die  zwischen 
ihr  und  der  römischen  Königin  Elisabeth  und  deren  Sohne  Herzog  Rudolf 


248 

von  Oesterreich  getroffene  Uebereinkunft,  dass  Ton  den  hundert  Pfunden, 
welche  dem  Kloster  wegen  Abtretung  seiner  Rechte  an  den  Hallberg  all- 
jährlich ausbezahlt  werden  sollten,  28  Pfund  unter  die  Conventschwestem 
ausgetheilt  werden  sollten,  ohne  diesen  in  ihren  anderweitigen  Pfründen 

Abbruch  zu  thun. 

Urkondenbacb,    l.  c  V,  138,  Nr.  143    mit  der   fehlerhaften   Datimng 

1315,  abschriftlich  in  Heyrenbach*s  Manancript,  L  c  Nr.  8538. 

Nr.  Xm. 
1312,  10.  Anglist    Wien. 

Die  römische  Königin  Elisabeth  und  ihr  Sohn  Herzog  Friedrich  Ton 
Oesterreich  beurkunden,  dass  der  Aebtissin  und  dem  Gonvente  zu  Traun- 
kirchen  für  die  Abtretung  ihrer  Rechte  an  den  Hallberg,  an  den  dazu  ge- 
hörigen Foi'sten  und  an  den  Sieden  zu  Hallstatt,  sowie  wegen  des  Scha- 
dens, den  das  dem  Kloster  gehörige  ,phennlein  in  dem  Tschenlandt'  durch 
das  Sieden  zu  Hallstatt  erleidet,  alljährlich  hundertzehn  Pfund  Wiener 
Pfennige  ausbezahlt  werden  sollten,  von  welcher  Summe  28  Pfund  dem 

Convente  zur  Besserung  der  Pfründe  gegeben  werden  sollten. 
Urkundenbuch,  1.  c.  V,  80,  Nr.  81. 

Nr.  XIV. 

1316,  24.  April.    Neustadt. 

Der  römische  König  Friedlich  verbietet  seinen  Amtleuten  zu  Hall- 
statt, von  dem  ,hofsalcz*  früher  etwas  zu  verkaufen,  bevor  nicht  der  Aeb- 
tissin und  dem  Convente  zu  Traunkirchen  die  von  seiner  Mutter,  der 
römischen  Königin  Elisabeth  festgesetzte  Ablösungssumme  von  himdert- 
zehn  Pfund  Wiener  Pfennige  aus  dem  Amte  zu  Hallstatt  ausbezahlt 
worden  wären. 

Urkundenbach,  1.  c.  V,  157,  Nr.  153. 

Nr.  XV. 
1320,  8.  l. 

Hermannus  Prisirinensis  episcopus,  Pataviensis  suffi^aganeus  con- 
firmat,  se  ecclesiam  B.  Mariae  Virginis  in  Hallstatt  conseci-asse  et  eccle- 
sias  8.  Martini  in  Geusam  et  s.  Nicolai  in  Tschl  reconciliasse. 

Original  unbekannt,  auszugsweise  in  Heyrenbach^s  Manuscript,  l.  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  XVI. 
1327,  8.  1. 

Fridericus  Salisburgensis  archiepiscopus  adhortatur  omnes  suae 
provinciae  clericos,  ut  eleemosynam  in  ecclesiis  parochiaiibus  et  non  paro- 


249 

chialibos  ad  restaurandum  Traunkirchense  monasterium  igne  consumptoin 
colligani. 

Original  unbekannt,  auszugsweise  in  Hejrenbach's  Manuscript,  1.  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  XVn. 
1332,  13.  Mftrz.    Passau. 

Bischof  Albert  von  Passau  incorporiert  dem  durch  Feuer  und  Krieg 
fast  gänzlich  verwüsteten  Kloster  Traunkirchen,  sowie  wegen  des  Scha- 
dens, den  die  Nonnen  durch  die  Nichteinhaltung  der  Residenz  von  Seite 
der  P&rrer  von  Traunkirchen  erleiden,  die  Pfarre  daselbst  und  bestimmt, 
dass  von  dem  Einkommen  derselben  nach  Abzug  aller  Obliegenheiten  den 
Schwestern  unbeschadet  ihrer  festgesetzten  Bezöge  alljährlich  ein  halbes 
Pfiand  Pfennige  zur  Besserung  ihrer  Gewandung  gereicht  werden  soll. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VI,  55,  Nr.  47. 

Nr.  XVm. 
1332,  16.  Juli.    Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Elsbeth  und  das  Capitel  von  Traunkirchen  geben  ihre 

Zustimmung  zur  Verpfandung  mehrerer  dem  Kloster  lehenbarer  Güter 

n  Aich  und  Medelnbach  durch  Ludwig  von  Aich  an  seinen  Bruder 

Wemhart  Ton  Medelnbach. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VI,  68,  Nr.  69. 

Nr.  XIX. 

1334,  26.  Juli.    Traunkirchen. 

Gertrudis,  Aebtissin,  Leucardis,  Dechantin,  und  der  Convent  von 
Traunkirchen  schliessen  mit  dem  Propste  Heinrich,  Friedrich  dem  Dechant 
imd  dem  Capitel  von  St.  Florian  eine  geistliche  ConfÖderation  pro  vivis 
et  mortuis. 

Urkundenbuch,  1.  c  VI,  131,  Nr.  123. 

Nr.  XX. 

1335,  6.  Februar.    Wien. 

Die  Herzoge  Albrecht  und  Otto  von  Oesten'eich  befehlen  ihrem 

Amtmanne  zu  Gmunden,  ürban  dem  Gundachker,  die  geistlichen  Frauen 

zu  Traunkirchen'  in  dem  halben  Nutzen  von  dem  Gerichte  und  dem  Nach- 

gerichte,  sowie  von  dem  Zolle  und  dem  Zwicken  nicht  zu  beeinträchtigen. 
Urkundenbuch,  1.  c.  VI,  146,  Nr.  138. 

Nr.  XXI. 

1335,  14.  MIrs.    Wien. 

Herzog  Albi-echt  von  Oesterreich  gestattet  der  Aebtissin  und  dem 
Coüvente  zu  Traunkircheu,  die  Salzpfanne  im  Ischllande  in  der  ehe- 


250 

maligen  Grösse  wieder  zu  enichten  und  daselbst  zu  sieden,  sowie  die 

Bebauung  des  Berges  (Hallberg)  an  ibrem  und  des  Herzogs  Antheil. 
Urkundenbocb,  1.  c.  VI,  160,  Nr.  144. 

Nr.  XXn. 

1335,  28.  März.    Stejr. 

Herzog  Otto  von  Oesterreich  ertbeilt  der  Aebtissin  und  dem  Oapitel 

von  Traunkircben  dieselbe  Erlaubniss. 

Original  unbekannt,  ans  Heyrenbach*s  Manuscript,  l.  c.  Nr.  8538. 

Nr.  XXin. 

1335,  23.  Mai.    Wien. 

Derselbe  wiederholt  die  Erlaubniss  zur  Aufrichtung  der  Salzpfanne 

im  Ischllande, 

Original  unbekannt,  aus  Heyrenbach^s  Manuscript,  1.  c;  gedruckt  im 
Urkundenbache,  1.  c.  167,  Nr.  160  mit  der  unrichtigen  Datimng:  ,Erchtag 
nach  dem  anffartstage'  (30.  Mai),  statt:  ,Erchtag  vor  dem  auffartstage*. 

Nr.  XXIV. 

1336,  27.  September.    Enns. 

Die  Herzoge  Albrecht  und  Otto  von  Oesterreich  verbieten  dem 
Richter  im  Ischllande,  die  Klosterholden  von  Traunkircben  mit  höheren 
als  von  altersher  festgesetzten  Strafgeldern  zu  belegen. 

ürkundenbuch,  1.  c.  VI,  217,  Nr.  211. 

Nr.  XXV. 

1336,  29.  September.    Enns. 

Dieselben  untersagen  ihren  Mauthnern  in  Oesterreich,  das  Kloster 
in  der  freien  Zufuhr  seiner  Güter  zu  behelligen. 

ürkundenbuch,  1.  c.  VI,  217,  Nr.  212. 

Nr.  XXVI. 
1340,  29.  Juli.    Ort  am  Traunsee. 

Weikart  von  Winkel  und  die  Brüder  von  Rauhenstein  vergleichen 
sich  mit  der  Aebtissin  Gertrud  von  Tr.  wegen  der  Porste  und  der  Fischerei. 

Ich  Weichart  von  Winchel  und  ich  Alber  von  Rauchenstain  und 
mein  bruder  Heilneidt  und  all  unser  erben  baidenthalben,  die  wir  nu 
habent  oder  noch  gewinnen,  veriehen  und  tuon  chunt  allen  den,  die  disen 
brief  sehent  oder  horent  lesen,  die  nu  sint  oder  hernach  chunftig  wer- 
dent,  daz  zwischen  uns  und  der  erbern  frawen  frawn  Getraudten  abb- 
tessin  ze  Trawnkirchen  und  irem  gotzhaus  langer  krieg  gewesen  ist  umb 
etleich  vischwaidt  und  voerst,  die  bei  irem  gotzhaus  gelegen  sint;  den- 


251 

selben  krieg  hat  si  an  unser  selben  gewizzen  und  beschaidenheit  genz- 
leich  an  gefaer  lassen.  Nu  haben  wir  angesehen  unser  selhail  und 
unsers  herm  dienst,  der  ime  do  erpotten  wirdet  tag  und  nacht,  und  haben 
das  gotzhaus  chnnftiges  und  gegenwii-tiges  krlegs  überhebt  und  haben  ir 
ond  irem  gotzhaus  mit  all  unser  erben  willen  und  wort  geben  von  der 
Atweng,  also  der  Kirchperg  leit,  ze  irem  gotzhaus  und  all  iren  leuten, 
die  darumb  gesezen  sind  und  zue  dem  gotzhaus  gepfarrt  sint,  allen  iren 
finmben  damit  ze  schaffen  mit  widten,  mit  Zimmerholz,  mit  zaunholz  ze 
aller  notturft  an  verchauffen  allain;  dann  von  dem  Kirchperg  unz  in  den 
Sigerspach  und  von  dem  Sigerspach  unz  in  die  Langwat  und  immer  mehr 
hinein  nach  der  Langwat  unz  hinz  der  Slrer  dew  yischwaidt  halber  Sunn- 
stains  halben,  als  die  regenwasser  sagen,  ir  und  irem  gotzhaus  die  vollst 
all  gleich  halb  ob  der  erdt  und  under  der  erdt  mit  allen  fundten  und 
gmendten  und  mit  allen  den  nuczon,  die  da  sint  oder  immer  mer  da  wer- 
den mugen,  es  sei  von  reutten  oder  von  ercz  oder  von  welicherlei  arbeit 
noze  do  immer  werden  mugen,  daz  si  und  ir  gotzhaus  das  nuzen  und 
messen  sol  nach  aller  irer  notturft  wie  das  genant  sei.  Es  sullen  auch 
all  ir  armen  lewt  mit  sambt  irer  in  der  lenng  und  in  der  weit  der  vor- 
genanten  vorst  nemen  wit,  Zimmerholz,  wes  si  beturfften  ze  all  irer  notturft 
an  ze  verchauffen  und  sich  davon  ze  nehren  an  alle  irung  und  an  alles 
pft^gsal,  wort  und  werk  unser  und  aller  unser  erben  und  aller  unser  ambt- 
lewt  immer  stet  ewigleich  an  alle  pruch.  Wer  auch  das  gethan,  das  ichtes 
darin  gearbait  wurdt  von  reutten  oder  von  wes  ist,  sein  sei  wenig  oder 
▼ill,  es  geschech  von  iren  leuten  oder  von  den  unsern,  so  soll  der  dienst 
Ton  erst  uf  iedem  guet  gleich  getailt  werden,  irrer  halber  und  uns  halber, 
unz  sein  so  vill  wierdt,  das  es  an  den  guetern  getailt  mag  werden.  Sie 
soll  auch  die  perg,  als  ver  ir  arm  leut  ir  mad  habent,  und  al  die  nuz,  die 
dazu  gehorent,  sonderbar  haben,  als  sie  es  ehe  an  allen  krieg  ingehabt 
hat.  Sie  soll  uns  auch  ierleich  vier  Ischler  fuederl  salcz  in  der  sulcz  an 
den  Torst  geben  und  sullen  wir  das  wildpret  mit  ir  tailen.  Wir  haben 
auch  einen  krieg  geendet,  des  zwischen  ir  und  uns  gewesen  ist  auf  der 
Haidt  umb  ein  gros  weit  eigen,  das  wir  also  gescheiden  haben,  das  si 
balbs  und  wir  halbs  immer  an  allen  ki'ieg  haben  sullen  mit  al  den  nuczen, 
die  darzue  gehorent  versucht  und  unversucht.  Daz  ir  und  dem  gotzhaus 
di  red  diser  Wandlung  und  unser  steten  vcrainigung  unverkert  und  un- 
xerbrochen  von  uns  und  von  all  unsern  erben,  wie  die  genant  sein,  fuer- 
bas  immer  verblib  und  ze  einer  vestigung  und  Sicherheit  faer  alle  krieg 
äer  vorgeschi'iben  Sachen,  darüber  geb  wir  ir  disen  offen  brif  ze  einem 
waren  urchundt  versigelt  mit  unser  zwai  anhangunden  insigln;  und  ich 
Herdtneidt  von  Bauchenstain  verbindt  mich  der  vorgeschriben  Wandlung 


252 

aller  under  meins  oheims  insigl,  des  vorbenanten  Weichart  von  Winchel, 
und  ander  meins  brneder  insigl,  des  vorbenanten  Albers  von  Bauchen- 
stain,  mit  meinen  gaetlichen  willen  und  wort,  wan  ich  kain  aigens  insigl 
hab  gehabt  Der  brief  ist  geben  ze  Ort^  do  man  zalt  von  Christi  gebnrt 
dreuzehen  hundert  iar  darnach  in  dem  virzigisten  iar  des  sambstags  nach 
sant  Jacobstag. 

Original  anbekannt,  Vidimua  auf  Papier  vom  Jahre  1608  im  Archir 
des  k.  k.  Blininteriams  fOr  Caltos  und  Unterricht  in  Wien. 


Nr.  XXVn. 
1341,  24.  Februar,    s.  1. 

Ulrich  von  Husendorf  gibt  ein  Gut  zu  Kirchdorf  zur  Besserung 
der  Pfründe  seiner  Tochter  Adelheid  an  die  Oblei  des  Klosters  Traun- 
kirchen. 

Urknndenbnch,  1.  c.  VI,  368,  Nr.  364. 


Nr.  XXVm. 

1341.  8.1. 

Nerces  Monasgardensis  archiepiscopns,  Benedictus  Prisninensis, 
Gracia  Vulcinensis,  Petras  Montismarani,  Matthaeus  Organchensis,  Sal- 
manus Wormatiensis,  Thomas  Tinniensis,  loannes  Gapionensis,  Bemar- 
dus  Ganensis  et  Petrus  Calliensis  episcopi  concedunt  omnibas  Christi 
fidelibus,  qui  ad  reaedificandum  monasterium  Traankirchense  igne  con- 
samptum  manus  porrigunt  adiutrices,  indulgentias  plenarias. 

Original  unbekannt,  auszugsweise  in  Heyrenbach's  Manuscript,  1.  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  XXIX. 

1342.  8.1. 

GodefriduB  Pataviensis  episcopus  confirmat  indulgentias  ab  epi- 
scopis  praenominatis  monasterio  Traunkirchensi  concessas. 

Orig^al  unbekannt,  auszugsweise  in  Hejrenbach^s  Manuscript,  L  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  XXX. 

1345.    8.  1. 

Der  Pfarrer  Albert  von  St.  Florian  zu  Gmunden  vermacht  dem 
Kloster  Tmonkirchen  zwölf  Schillinge  und  den  Priestern  daselbst  ein 
halbes  Pfund  Pfennige. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VI,  507,  Nr.  602. 


263 

Nr.  XXXI. 
1347,  17.  März.    Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Gei-tmde  von  Traunkirchen  verleiht  einen  Hof  zu 
Wehling  an  Elsbeth,  Ulrichs  von  Wasen  Witwe,  unter  denselben  Bedin- 
gungen, wie  dies  früher  die  Aebtissinnen  Osanna  und  Eunigunde  ge- 
than  haben. 

Urkandenbach,  1.  c.  VII,  8,  Nr.  9. 

Nr.  XXXn. 

1347,  8.  Juni.    SteTr. 

Herzog  Albrecht  bestätigt  dem  Kloster  Traunkirchen  die  ihm  von 
Herzog  Otachar  von  Steiermark  und  König  Budolf  verliehenen,  beziehungs- 
weise bestätigten  Bechte  des  Klosters  bezüglich  der  Vogtfreiheit. 

Urknndenbuch,  1.  c.  VU,  24,  Nr.  25. 

Nr.  XXXm. 

1349,  14.  August    8. 1. 

Ulrich  von  Tann  vergabt  sein  Qut  zu  Roch  an  das  Spital  von 
Gmunden  mit  der  Verpflichtung,  der  Messenbechin,  Hadmavs  des  Messen- 
pech Schwester  und  Nonne  zu  Traunkirchen,  jährlich  bis  zu  ihrem  Ab- 
scheiden ein  halbes  Pfund  Pfennige  zu  reichen. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VII,  122,  Nr.  123. 

Nr.  XXXIV. 
1351,  1.  Mai.    8. 1. 

Die  Aebtissin  Margreth  und  der  Convent  von  Traunkirchen  ver- 
leihen Beicher  dem  Mühlwanger  den  dem  Kloster  lehenpflichtigen  Hof 
zu  Almäning,  wovon  man  dem  Kloster  alljährlich  fünfunddreissig  neue 
Wiener  Pfennige  dient. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VII,  244,  Nr.  239. 

Nr.  XXXV. 

1356.   8.1. 

Bernhard  der  Vrchauf  und  seine  Söhne  Winther  und  Gottfried 
geben  der  Aebtissin  Margreth  von  Traunkirchen  gewisse  Einkünfte  zur 
Stiftung  eines  CapeUans  in  der  St.  Johanns-Capelle. 

Original  unbekannt,  aussugsweise  in  Hejrenbach's  Manu8cript,  1.  c 
Nr.  8538. 

Nr.  XXXVI. 

1867,  13.  April.    8.  1. 

Heinrich  von  Oven  vei-pflichtet  sich  gegen  die  Aebtissin  Margreth 
von  Traunkirchen,  ihrem  Kloster  den  Dienst  von  dem  Erbrechte  dreier 
dem  Kloster  lehenbarer  Güter  zu  Varstam  getreu  zu  reichen. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VII,  497,  Nr.  491. 


254 

Nr.  XXXVn. 

1358,  21.  März.    s.  1. 

Simon  von  Roch  verkauft  zwei  H6fe  zu  HeiTenroch,  wovon  einer 

Lehen  von  Traunkirchen  ist,  an  Hans  den  Mfilwanger. 
Urkandenbnch,  1.  c.  Vn,  666,  Nr.  &66. 

Nr.  XXXVin. 
1368,  20.  Mai.    WeUi. 

Herzog  Albrecht  von  OesteiTeich  verbietet  seinem  Pfleger  im  Ischl- 
lande,  die  Aebtissin  von  Traunkirchen' in  ihren  Rechten  bezüglich  der 
Jagd,  der  Fischweide  und  des  »vederspieP  in  den  zum  Kloster  gehörigen 
Wäldern  und  in  dem  Traunsee  zu  beirren. 

Original  anbekannt,  abBchriftlich  in  Heyrenbach's  Mannscript,  1.  c 
Nr.  8538. 

Nr.  XXXIX. 

1359,  16.  Jnli.   Wien. 

Heraog  Rudolf  von  Oesterreich  wiederholt  das  obenstehende  Verbot 
seines  Vaters  an  den  Pfleger  im  Ischllande. 

Original  unbekannt,  abBchriftlich  in  Heyrenbach's  Mannscript,  1.  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  XL. 
1359,  30.  Angust.    Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Margareth  von  Traunkirchen  belehnt  den  Mfilwanger 

mit  einem  Hofe  zu  Herrenroch. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlt,  im  Archive  zu  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  XLL 
1361,  27.  Mai.    Traunkirchen. 

Dieselbe  belehnt  Otto  von  Steten  mit  der  Hube  zu  Oberstetten,  die 

er  satzweise  innehat,  gegen  Reichung  des  gewöhnlichen  Dienstes. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VIU,  21,  Nr.  24. 

XLH. 

1363,  8.  Juni.    s.  1. 

Heinrich  der  Hohenfelder  verleiht  mit  Zustimmung  der  Aebtissin 
Margareth  von  Traunkirchen  an  Wyelant  das  dem  Kloster  lehenbare  Gut 
in  dem  Hinterwinkel  und  eine  Point  dazu. 

Urkundenbuch,  1.  c.  VIU,  140,  Nr.  428. 

Nr.  XLm. 
1865,  31.  October.   s.  1. 

Die  Aebtissin  Margreth  und  der  Gonvent  von  Traunkirchen  be* 
Urkunden,  dass  sie  die  halbe  Mühle  zu  Gmunden  bei  dem  Spitale  von 


255 

Herward  dem  Mulwäoger  erworben  haben,  und  reversieren,  dem  Pfarrer 

Ton  Münster  f&r  den  Jahrtag,  den  er  alljährlich  für  Herward  und  seine 

Vor&hren  abhalten  soll,  ein  halbes  Pfund  Pfennige  und  zwei  Pfennige 

reichen  zu  wollen. 

Urknndenbuch,  1.  c.  VIU,  248,  Nr.  247. 

Nr.  XUV. 
1375,  24.  November,    s.  1. 

Beicher  der  Mulwanger  und  seine  Hausfrau  Christina  geloben,  der 

Aebtissin  Anna  und  dem  Convente  Ton  Traunkirchen  für  den  ihnen  zu 

Lehen  verliehenen  Hof  und  ein  Lehen  zu  Altmanning  jährlich  fünfzig 

Pfennige,  nnd  von  dem  Gute  in  der  Grub  ein  schönes  Pferd,  ,also  man 

ez  gereyten  mag  nach  ainem  peychtiger  oder  in  lantschran  oder  einer 

äpptessine  hincz  der  weych',  dienen  zu  wollen, 
ürkundenbuch,  1.  c.  Vni,  788,  Nr.  752. 

Nr.  XLV. 

ISSl,  21.  April.    8.  1. 

Jeuta,  Albers  des  Chamerauer  von  Chamerek  Hausfrau,  Tochter 

Dietrichs  von  Aistersheim,  vergleicht  sich  mit  der  Aebtissin  Anna  und 

dem  Convente  von  Traunkirchen  mehrerer  Güter  halben  dahin,  dass  Jeuta 

die  vier  Güter  am  Traunfeld,  das  Gut  am  Bache,  Pfarre  Lahkirchen ;  das 

Gut  zuPenning,  Pfarre  Wimsbach ;  das  Gut  zu  Niedei-thalheim,  den  Hof 

ZD  Peisheim,  eine  Solde  und  zwei  Güter  zu  Oedenfeld,  Pfarre  Olstoif, 

Tom  Kloster  zum  Leibgeding  erhalten,  der  Aebtissin  aber  der  Hof  auf 

der  Erben,  Pfarre  Lahkirchen,  und  ein  Gut  zu  Hiltprechting  zufallen 

sollten.   Ihre  Siegel  haben  zugehängt:  Jeutas  Gemahl  und  ihre  nächsten 

Freunde  Heinrich  senior  und  Heinrich  junior  von  Aistersheim,  Leutold 

der  Espein,  Reinprecht  von  Walsee,  Hauptmann  ob  der  Enns,  Weichard 

Ton  Polheim  und  der  Bitter  Hans  Meyres. 

Orig.  Perg&ment,  Siegel  fehlen,  Archiv  zu  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  XL  VI. 
1384,  7.  Jänner.    Wien. 

Herzog  Albrecht  von  OesteiTeich  verbietet  Richter  und  Rath  von 
Gmunden,  die  Holden  von  Traunkirchen  vor  ihr  Gericht  zu  ziehen. 

Wir  Albrecht  von  gots  gnaden  herczog  ze  Oesterreich,  ze  Steyr,  ze 
Keruden  vnd  ze  Erayn,  grafe  ze  Tyrol  .  .  .  embieten  vnserm  getrewen  n. 
dem  richter  und  dem  rat  und  den  purgern  gemainlich  ze  Gmunden,  die 
DT  sind  vnd  hernach  chünftig  werdent,  vnser  gnad  vnd  alles  gut.  Yns 
^X  chnnt  getan  die  erber  geystlich  frawe  die  aptessinn  von  Trawnkirchen, 
du  ir  ir  lewt  in  der  stat  ze  Gmunden  aufhabt  und  phrengt  vmb  sogetan 


256 

Sache  ynd  Wandlung,  die  vor  der  stat  geschehent,  ee  ir  vor  der  aptessinn 
darumb  ein  recht  von  in  souchet.  Daramb  so  gebieten  wir  ew  ernstlichen 
vnd  wellen,  daz  ir  derselben  aptessinne  lewt  wider  die  recht  vnd  hant- 
feste, die  ir  gotzhaws  von  alter  herpracht  hat,  in  der  stat  nit  phrenget 
noch  aufhabt  vmb  sogetan  sachen,  die  in  der  stat  nit  geschehent,  ee  ir  ein 
recht  von  denselben  lewten  vor  ir  aptessinn  od  ir  amptlewt  souchet,  ew 
wurde  denn  von  in  ein  recht  vei*sagt,  so  wolten  wir,  daz  ir  ein  recht  dar- 
umb lasset  vbergen.  Geben  ze  Wienn  an  nächsten  phinztag  vor  dem 
Prehemtag,  LXXXmi  «> . 

Original  anbekannt,  Heyrenbach's  Mannscript,  1.  c.  Nr.  8638. 

Nr.  XLVII. 
1384  (?),  19.  Min.   Wien. 

Derselbe  befiehlt  dem  Amtmanne  zu  Gmunden,  Niklas  dem  Hofer- 
lein  sowie  dem  Richter  daselbst,  dem  Kloster  Traunkirchen  den  ihm  zu- 
kommenden Theil  der  Gerichtsgelder  zu  Gmunden  nach  altem  Herkommen 
ohne  Widerrede  auszufolgen. 

Ans  dem  Copialbache  des  Klosters  im  Archire  sn  Ort  am  Traansee. 

Nr.  XLVm. 

l«lo4,  S.  1. 

Pilgrimus,  archiepiscopns  Salisburgensis,  concedit  ecclesiae  St.  Ni- 
colai parochiali  in  Ischl  ad  monasterium  Traunkirchense  quoad  patronatns 
ius  spectanti  plenarias  indulgentias  per  quadraginta  dies. 

Original  unbekannt,  aussngsweise  in  Heyrenbach^s  Manuscript,  1.  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  XLIX. 

1385,  s.  1. 

Idem  archiepiscopns  impertitur  ecclesiae  B.  Mariae  Virginis  in  Hall- 
statt indulgentias  plenarias  per  quadraginta  dies. 

Original  unbekannt,   anssugs weise  in  Hejrenbach^s  Manuscript,    I.  c. 

Nr.  8538. 

Nr.  L. 

1386,  31.  Mira,  s.  1. 

»Choloman  Mfllbanger,  dje  zeit  ewiger  vicari  mein  lebtag  tzn  Trmwn- 
chirichen\  beurkundet,  dass  er  mit  Genehmigung  seiner  geistlichen 
Oberen  und  mit  Bewilligung  der  AebÜssin  Anna  und  des  Conventes  von 
Traunkirchen  sich  ,verlübt,  veruangen  vnd  verpunden  hat  gen  Fridrei- 
eben  den  W^olfeawerS  Agnes  dessen  Hansfran  und  die  ganae  »gemain  der 
Hällinger  vnd  purger  iw  AwsseeS  eine  ewige  Messe  an&urichtMi  in 
St.  Pauls  Gotteshanse  zu  Auasee  auf  dem  Katharina-Altare,  woOr  ihm 


l_ 


267 

Ott  der  Allmär,  selig,  Agnes,  desMon  Haasfrau,  gegeben  haben  zu  seiner 
Kirche  zu  Aussee  zwanzig  Pfund  Wiener  Pfennige  auf  folgenden  Gütern: 
einen  Hof  ,zu  Tippscharn  gelegen  in  dem  Ennstal,  duo  bona  alia  ibi- 
dem, ain  swaig  an  der  Marbicz,  ein  Gut  dacz  Seilich*  und  ein  anderes  Gut 
daselbst,  welche  Güter  in  der  Pfarre  Gröbming  liegen,  ferner  ein  Gut  auf 
dem  jZaysenperg'  in  der  Pfarre  Irdning,  ein  Gut  zu  Weissenbach  in  der 
Hauserpfarre  und  eine  Schwaige  ,in  der  Ladez  pey  Wolkchenstain'.  Jedes 
Yersaumniss  bezüglich  der  Messe  soll  mit  einem  Pfunde  Wachs  bestraft 
werden;  würden  aber  er  oder  seine  Nachfolger  die  Verpflichtung  nicht 
beachten,  so  soll  sie  der  Bischof  Hanns  von  Schärffenberg  oder  seine 
Nachfolger  zu  Passau,  oder  sein  Dechant  in  ,der  Lambacher  Techney' 
dazu  nötigen  und  verhalten.  Gesiegelt  haben  die  Aebtissin  Anna  und 
der  Conyent  von  Traunkirchen  und  der  Aussteller.  Zeugen:  Heinrich, 
ewiger  Vicar  zu  Kirchdorf  und  Dechant  des  Decanates  Lambach;  Gott- 
fried, Pfarrer  zu  Hallstatt,  und  Ulreich  von  Reichenekk,  Richter  und  Amt- 
mann zu  Aussee,  welche  auch  ihi'e  Siegel  dem  Briefe  zuhängen. 

Original  nnbekannt,   aoszngsweise  in  Heyrenbach's  Manuscript,   1.  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  LI. 
1386,  1.  Mai.    8. 1. 

Die  Aebtissin  Anna  von  Traunkii'chen  verleiht  das  Erbrecht  auf 

der  Hube  zu  Fronperg,  Pfarre  Lahkirchen,  gegen  einen  jähilichen  Zins 

von  füuf  Schillingen  zwölf  Pfennigen  Alber  dem  Neumarkter,  Bürger  zu 

Gmanden. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlt,  im  Archive  zn  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  LH. 

1388,  18.  September,    b.  L 

Die  Aebtissin  Anna  von  Traunkirchen  verleiht  das  Erbrecht  des 
Hofes  ,auf  der  Ebn'  Stephan  dem  Hausloden  gegen  ein  Pfund  Pfen- 
nige an  das  Kloster  und  eines  Huhns  an  den  Vogt  als  jälirlichen  Dienst. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlt,  im  Archive  zu  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  Lm. 

1389,  80.  November,    s.  L 

Hanns  von  Paumgarten  verkauft  mit  Zustimmung  seiner  Lehens- 
berrin,  der  Aebtissin  Anna  von  Traunkirchen,  sein  Gut  zu  Paumgarten 
in  der  Pfarre  Lahkirchen  an  Georg  den  Fröschlein.  Gesiegelt  hat  die 
Aebtissin  Anna  von  Traunkirchen. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlt,  im  Archive  zu  Ort  am  Trannsee. 
ArehtT    Bd.  LXXXU.  I.  H&lfU.  17 


258 

Nr.  LIV. 

1398,  24.  Apnl.    s.  1. 

Matthäus   der  Schuler   verkauft   alle  seine  Bechte  auf  das  Gut 

Wisperg   in  der    Pfarre   Eirchham   an   die  Aebtissin  Anna   und  ihr 

Kloster  zu  Traunkirchen.    Siegler:  Chunrad  der  Steger,  Pfleger  auf  dem 

Gugelberg;   Albrecht  der  Neumarkter  und  Christian  der  Fraunberger, 

Bathsbürger  zu  Gmunden. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlen,  im  Archive  zu  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  LV. 

1400,  18.  Jänner,   s.  l. 

Die  Aebtissin  Anna  und  der  Convent  von  Traunkirchen  vertauschen 
ihr  Gut  ,auf  dem  Puchel'  in  der  Pfarre  Lahkirchen,  gelegen  zwischen 
Moosham  und  Schachenhof,  dem  Abte  Simon  von  Lambach  gegen  ein  Gnt 
auf  dem  Wysperg  in  der  Pfarre  Kirchham. 

Orig.  Pergament,  2  Hängesiegel,  im  Archive  des  Stiftes  Lambach. 

Nr.  LVI. 

1401,  2.  Jnli.    s.  1. 

Die  Kinder  Chargleins  von  Layczing  verkaufen  Ulrich  dem  Czam 

zu  Kirchham  ihr  Erbrecht  auf  dem  mittleren  Gute  zu  Layczing,  in  der 

Pfarre  Kirchham  gelegen,  das  vom  Kloster  Traunkirchen  zu  Lehen  geht. 

Gesiegelt  haben:  Wolfgang  der  Tewrbanger  zu  Chrotendorf  und  Hans 

der  Frein  zu  Perichtering. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlen,  im  Mnsealarchive  zu  Linz. 

Nr.  LVII. 

1405,  7.  März.    s.  1. 

Katrein,  Nyklein  des  Füchslein  Witwe,  und  ihre  Kinder  verkaufen 
der  Aebtissin  Dorothea  von  Traunkirchen  die  von  ihrem  Kloster  zu  Erb- 
recht gehende  Hube  Paumgarten  in  der  Pfane  Lahkirchen. 

Siegler:  Erasem  der  Schönauer,  Pfleger  zu  Ort;  Friedrich  der  Pnd- 
minger,  Schaflfer  zu  Traunkirchen,  Alber  der  Neumarkter,  Baths- 
bürger zu  Gmunden. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlen,  im  Archive  zn  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  LVra. 

1406,  25.  Februar,    s.  1. 

Hansel  Ledraer  von  Banhenstorf  verkauft  an  die  Aebtissin  Doro- 
thea von  Traunkirchen  sein  von  ihrem  Kloster  herstammendes  Erbrecht 
auf  dem  Gute  Paumgarten  zu  Bahenstorf  in  der  PfaiTe  Lahkirchen. 


259 

Zeugen:  Leutl  der  Staufinascher,  Stephan  der  Amtmann  am  Haus- 

rak,  Bernhard  der  Amtmann  in  Oedenfeld  und  Hansel  der  Amtmann  auf 

dem  Traengan.   Gesiegelt  hahen:  Friedrich  der  Pudminger  und  Pablein 

der  Ghatringer. 

Oiig.  Pergament,  Siegel  abgefallen,  im  Archive  zu  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  LIX. 
1408,  26.  Jänner.  Wien. 

Leopold,  Herzog  von  Oesterreich,  gebietet  Peter  dem  Freitag,  seinem 
Amtmann  zu  Gmunden,  den  Nonnen  zu  Traunkirchen  die  auf  die  Aemter 
zu  Gmunden  angewiesene  Rente  ihren  Privilegien  gemäss  auszurichten. 

Original  unbekannt,  aus  dem  Copialbuche  von  Traunkirchen  im  Archive 
in  Ort  am  Trannsee. 

Nr.  LX. 

1408,  28.  Jänner.   Wien. 

Ernst,  Herzog  von  Oesterreich,  erlässt  an  den  Amtmann  Peter  den 

Freitag  zu  Gmunden  einen  gleichlautenden  Befehl. 

Original  unbekannt,  aus  dem  Copialbuche  von  Traunkirchen  im  Archive 
zu  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  LXI. 

1409,  18.  December. 

Papst  Alexander  Y.  bestätigt  die  Incorporierung  der  Pfarre  Traun- 
kirchen an  das  dortige  Nonnenstift. 

Original  unbekannt,  aus  HeTrenbach's  Manuscript,  1.  c.  Nr.  8538. 

Nr.  LXn. 
UIO,  29.  April.    8. 1. 

Abt  Hermann  von  Eremsmünster  beurkundet,  dass  er  über  päpst- 
lichen Auftrag  dem  Kloster  Traunkirchen  die  dortige  Pfarre  Incorpo- 
riert  habe. 

Original  unbekannt,  aus  Heyrenbach^s  Manuscript,  1.  c  Nr.  8638. 

Nr.  LXm. 
1412,  23.  Mars.   Wien. 

Herzog  Albrecht  von  Oesterreich  bewilligt  dem  Kloster  Traun- 
kirehen  zur  Notdurft  ihres  Gotteshauses  alljährlich  ,ain  gotzzeil  dürres 
salcz,  das  da  bringet  dreissig  fuder  salcz',  von  dem  Sieden  zu  Hallstatt 
und  beauftragt  Stephan  den  Krafften,  seinen  Pfleger  im  Ischlland,  diese 
Gabe  alljährlich  dem  Kloster  zu  reichen. 

Original  unbekannt,  aus  Hejrenbach's  Manuscript,  1.  c.  Nr.  8638. 

17* 


260 

Nr.  LXIV. 

1421,  24.  December.    s.  1. 

Die  Aebtissin  Clara  von  Traunkirchen  bittet  Beinprecht  von 
Walsee,  Hauptmann  ob  der  Enns,  ihrem  Kloster  an  Stelle  des  kranken 
und  gebrechlichen  Stephan  des  Pimbaumer  seinen  Diener  Wolf  den 
Teurwanger  als  Schaffer  des  Klosters  zu  geben. 

Orig.  Papier,  Siegel  aufgedruckt,  Landesarchiv  von  NiederOsterreick. 

Nr.  LXV. 
1424,  24.  August    s.  1. 

Dieselbe  belehnt  Erhart  den  Auringer  mit  dem  ihrem  Kloster 
lehenbaren  Gute  Förstern  in  der  Lahkirchner  Pfarre  gegen  Reichnng 
des  gewöhnlichen  Dienstes. 

Orig.  Pergament,  Hängesiegel,  im  Musealarchive  zu  Linz. 

Nr.  LXVL 
1429,  19.  August  Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Barbara  von  Traunkirchen  yerkauft  das  Erbrecht  des 
ihi'em  Kloster  lehenbaren  Hofes  zu  Amanting  in  der  PfaiTe  Gaspolts- 
hofen  an  Stephan  dem  Mail'  zu  Amanting. 

Orig.  Pergament,  Hängesiegel,  im  Musealarchive  zu  Linz. 

Nr.  LXVII. 

1429,  1.  October.    s.  1. 

Herzog  Albrecht  von  Oesterreich  entscheidet  als  erwählter  Schieds- 
richter den  Streit  zwischen  der  Aebtissin  Barbara  von  Traunkirchen  und 
dem  Pfarrer  dortselbst  wegen  des  Einkommens  der  Pfarre  Traunkirchen 
nach  Abhörung  beider  Parteien  dahin,  dass  der  PfaiTer  Johann  von 
Ebersdorf  und  seine  Nachfolger  der  Aebtissin  und  dem  Kloster  alle  Jahre 
zweiunddreissig  Pfund  Wiener  Pfennige  von  dem  Einkommen  der  Pfarre 
abzugeben  habe. 

Original  unbekannt,  aus  Heyrenbach*8  Manuscript,  1.  c.  Nr.  8538. 

Nr.  LXVin. 

1430,  12.  Juli    Passau. 

Leonai'd,  Bischof  von  Passau,  bestätigt  über  Bitten  der  Aebtissin 
Barbara  von  Traunkirchen  als  Diöcesanbischof  ihrem  Kloster  die  Urkun- 
den und  Documente,  durch  welche  die  Bischöfe  Albrecht  und  Godfrid, 
seine  Vorfahren  auf  dem  Stuhle  zu  Passau,  mit  Zustimmung  des  Dom- 
capitels  die  Pfarre  Traunkirchen,  deren  Patronat  dem  Kloster  seit  alter 


261 

Zeit  zu  eigen  ist,  demselben  incorporieren,  beziehungsweise  die  Incorpo- 
ration  bestätigen,  und  incorporiert  die  Pfarre  neuerdings  dem  Kloster  für 
ewige  Zeiten. 

Original  unbekannt,  kirchliche  Topographie  XIV,  301,  A. 

Nr.  LXIX. 
1431,  21.  September.    Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Barbara  von  Traunkirchen  beurkundet,  dass  sie  das 
Gut  ,am  Lehens  ^  der  Pfarre  Grieskirchen  und  im  Landgerichte  Starhem- 
berg  gelegen,  von  Hanns  dem  Lehner  aus  eigenem  Vermögen  erkauft  und 
gegen  Abhaltung  eines  Jahrtages  für  sich  und  ihre  Vorgängerinnen, 
Aebtissinnen  zu  Traunkirchen,  in  die  Oblei  des  Klosters  gegeben  habe. 

Orig.  Pergament,  Hftngesiegel  fehlt,  im  Musealarchive  zu  Linz. 

Nr.  LXX. 
1434,  30.  Norember.    Pressburg. 

Kaiser  Siegmund  bestätigt  über  Bitten  der  Aebtissin  Barbara  von 
Traunkirchen  die  Rechte  und  Freiheiten,  welche  die  Könige  Rudolf  und 
Friedrich,  die  Königin  Elisabeth,  sowie  die  Herzoge  Otaker  von. Steier- 
mark, Rudolf  und  Otto  von  Oesterreich  dem  Kloster  verliehen  haben. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlt,  im  Archive  zn  Ort  am  Traunsee. 

Nr.  LXXI. 
1436,  24.  April.    Bologna. 

Papst  Eugen  IV.  beauftiagt  den  Dompropst  von  Passau  mit  der 
Entscheidung  des  Streites  zwischen  der  Aebtissin  und  dem  Pfarrer  Johann 
von  Ebersdorf  zu  Traunkirchen. 

Eugenius  episcopus,  servus  servorum  dei  dilecto  filio  . . .  preposito 
ecdesie  Pataviensis  salutem  et  apostolicam  benedictionem.  Apostolice 
Qobis  desuper  iniuncte  servitutis  officio  mentem  nostram  excitat  et  in- 
dodt,  ut  circa  ea,  que  pro  religionis  propagatione  ac  divini  cultus  aug- 
mento  profutura  conspicimus,  operosis  iugiter  studiis  intendamus  ac  illis, 
que  propterea  salubriter  processisse  comperimus,  ut  illibata  persistant, 
libenter,  cum  a  nobis  petitur,  apostolici  volumus  adiici  muniminis  firmi- 
tatem.  Sane  pro  parte  dilectai'um  in  Christo  filiarum  abbatisse  et  con- 
Tentos  monasterii  Trawnkirchen,  ordinis  sancti  Benedicti  Pataviensis 
diocesis,  nobis  nuper  exhibita  petitio  continebat,  quod  alias  inter  ipsas 
et  dilectum  filium  lohannem  de  Ebersdorff,  perpetuum  vicarium  parochia- 
lis  ecclesie  in  Trawnkirchen  dicte  diocesis,  que  dicto  monasterio  in  per- 
petoum  canonice  unita,  annexa  et  incorporata  existet,  super  pensione 
quam  abbatissa  et  conventus  predicti  ex  fructibus,  redditibus  et  proven- 


262 

tibus  eiusdem  ecclesie  occasione  unionis,  incorporationis  et  annexionis 
predictamm  annuatim  percipere  et  habere  deberent,  materia  questionis 
exorta,  tandem  pai'tes  ipse  super  bis  in  dilectum  filinm  nobilem  Tirum 
Albertam  dacem  Austrie  sub  certis  modo  et  forma  promisenint,  ipseqae 
dux  bniusmodi  compromisso  in  se  sponte  suscepto  per  soam  arbitralem 
sententiam  pronunciaYit,  quod  prefatus  lobannes,  quamdiu  prefate  ecclesie 
vicarius  existeret,  abbatisse  et  conventui  predictis  triginta  dnarmn  libra- 
mm  denariorom  monete  Wiennensis  summam  in  certis  ad  hoc  statutis 
et  prefixis  terminis  dai*e  et  assignare  deberet,  coi  quidem  sententie  sm 
pronontiationi  dictus  lobannes  acquieyit  ac  etiam  expresse  emologayit, 
et  deinde  veneralibis  frater  noster  Leonardns  episcopns  Pataviensis  ac 
successive  dilectns  filius  noster  lulianns  tit.  sancte  Sabine  presbyter  car- 
dinalis,  tunc  in  partibus  illis  apostolice  sedis  legatus,  sententiam  et 
pronuntiationes  predictas  ordinaria  et  legationis  auctoritate  confirmarunt 
et  approbamnt  prent  in  litteris  anthenticis  desuper  confectis  ipsorum  car- 
dinalis,  episcopi  et  dncis  sigillis  munitis  dicitur  plenius  contineri.  Quare 
pro  parte  abbatisse  et  conventus  predictorum  asserentinm,  quod  perpetuns 
vicarius,  plebanus  sive  rector  nuncupatus  dicte  ecclesie  ex  illius  fructi- 
bnSy  redditibus  et  provontibus  ultra  prefatam  summam  etiam  ingnien- 
tibus  dicte  ecclesie  dednctis  oneribus  centum  et  quadraginta  florenos  aari 
de  Camera  percipit  annuatim,  nobis  fuit  bumiliter  supplicatum,  ut  sen- 
tentie pronuntiationi,  approbationibus  et  confirmationibus  predictis  pro- 
firmiori  illarum  subsistentia,  robur  apostolice  confirmationis  adiicere  et 
alias  super  bis  opportune  providere  de  benignitate  apostolica  dignaremur. 
Nos  igitur,  qui  de  premissis  certam  notitiam  non  babemus,  bniusmodi 
supplicationibus  inclinati  discretioni  tue  per  apostolica  scripta  mandamus, 
quatenus  super  premissis  omnibus  et  singulis  eorumque  circumstantüs 
universis  auctoritate  nostra  te  diligenter  informes  et,  si  per  infoimatio- 
nem  eandem  tibi  de  sententie  pronuntiatione,  approbationibus  et  confir- 
mationibus necnon  aliis  premissis  legitime  constiterit,  tu  illa  ac  que- 
cunque  inde  secuta  eadem  auctoritate  approbes  et  confirmes  supplendo 
omnes  defectus,  si  qui  forsan  inteiTenerint  in  eisdem,  et  quod  nichi- 
lominus  deinceps  perpetuns  ipsius  ecclesie  pro  tempore  yicaiius,  plebanus 
sive  rector  nuncupatus  abbatisse  et  conventui  predictis  i-atione  eiusdem 
ecclesie  summam  triginta  duarum  librarum  monete  bniusmodi  annis  sin- 
gulis perpetuis  futuris  temporibus  in  premissis  terminis  dare  et  assignare 
debeat  et  teneatur,  eadem  auctoritate  decernas  ac  alios  facies  ordines, 
disponas  et  exequaris  omnia  et  singula,  que  in  premissis  ac  circa  ea 
necessaria  fuerint  seu  etiam  quomodolibet  oportuna,  non  obstantibus  Con- 
stitution ibus  et  ordinationibuB  apostolicis  ac  monasterii  et  ordinis  predic- 


263 

tonim  iuramento  confirmatione  apostolica  yel  quavis  firmitate  alia  robo- 
ratis  statutis  et  consuetudinibus  ceterisque  contrariis  quibuscunque. 
Datum  Bononie  anno  incarnationis  dominice  millesimo  quadringentesimo 
tricesimo  sexto  octayo  Ealend.  Mali  pontificatus  nostri  anno  sexto. 

Orig^inal  unbekannt,  ans  der  notariellen  Beglaubigungsurkunde  ab- 
schriftlich in  Heyrenbach's  Mannscript,  1.  c.  Nr.  8538. 

Nr.  LXXn. 
1437,  21.  JnnL   Passau. 

Panlns,  Dompropst  von  Passan,  beurkundet,  dass  er  die  Bulle 
Engen  IV.  mit  ,bulla  plumbea  cum  cordula  canapis  more  Bomane  curie 
impendente'  unverletzt  und  ganz  durch  den  Magister  Leonhard  Asch- 
peck,  Priester  der  Diöcese  Passau  und  Procurator  der  Aebtissin  Barbara 
und  ihres  Oonventes  von  Traunkirchen,  in  Gegenwart  des  öffentlichen 
Notars  und  der  untengenannten  Zeugen  erhalten  und,  nachdem  der  Ver- 
treter der  Gegenpartei  Dr.  Silvester,  Decan  von  Passau,  gegen  die  Publi- 
cierong  des  päpstlichen  Auftiages  keine  Einwendung  erhob,  er  denselben 
pnbliciert  habe,  und  bestimmt  kraft  päpstlicher  Autorität,  dass  der  je- 
weilige Rector  oder  Pleban  von  Traunkirchen  der  Aebtissin  und  ihrem 
Convente  jährlich  zweiunddreissig  Pfund  Pfennige  Wiener  Münze,  und 
zwar  zu  jeder  Quatember  acht  Pfund,  reichen  soll. 

Zeugen:  Rudbert  Vberegker,  Canonicus  von  Passau;  Jacobus  We- 

Djnger,  Priester  und  Oblaiarius  des  Domcapitels  von  Passau,  und  Johann 

Arb,  Cleriker  von  Freising.    Den  ganzen  Act  bestätigt  der  öffentliche 

kaiserliche  Notar  Jakob  Widerl,  Cleriker  von  Salzburg. 

Original  unbekannt,  abschriftlich  in  Heyrenbach's  Manuscript,  1.  c. 
Nr.  8538. 

Nr.  LXXra. 
1437,  17.  December.    Passau. 

Leonhard,  Bischof  von  Passau,  bestätigt  über  Bitten  der  Aebtissin 
Barbara  von  Traunkirchen  die  von  dem  Dompropste  Paul  zu  Passau 
krafts  päpstlicher  Autorität  gefällte  Entscheidung  des  Streites  der  Aebtis- 
sin mit  dem  Pfarrer  von  Traunkirchen. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlt,  im  Musealarchive  zu  Linz. 

Nr.  LXXIV. 
1441,  30.  November.    Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Barbara  von  Traunkirchen  verleiht  Wolf  Freitag  die 
ihrem  Kloster  lehnbare  Feste  Waldbach  sammt  den  drei  dazu  gehörigen 
Hoben. 

Copialbuch  von  Traunkirchen,  im  Musealarchive  zu  Linz. 


264 

Nr.  LXXV. 

1444,  15.  Aogiut.    Traunkirchen. 

Dieselbe  präsentiert  dem  Bischof  Leonhard  Yon  Passau  den  Jakob 
Ebser,  »decretorum  doctor'  und  Bector  der  Pfarrkirche  zu  Pels  in  der 
Salzburger  Diöcese,  als  Pfarrer  von  Traunkirchen,  nachdem  derselbe  seine 
Pfarre  an  den  bisherigen  Pfarrer  von  Traunkirchen  Rudbert  Vberagger, 
Canonicus  von  Passau,  vertauscht  hat. 

Orig.  Pergament,  Siegel  fehlt,  im  Mosealarchive  zu  Linz. 

Nr.  LXXVI. 

1445,  30.  Blftra.    Traunkirchen. 

Dieselbe  verleiht  Hanns,  Caspar  und  Paul,  Söhnen  Niklas  des 

Hilprechtinger,  den  Sitz  Hilprechting  mit  einem  Hofe  dortselbst,  welcher 

von  ihrem  Kloster  zu  Lehen  geht. 
Copialbnch,'  1.  c. 

Nr.  LXXVII. 

1447,  15.  Juli.    St.  Georgenberg  bei  Passan. 

Bischof  Leonhard  von  Passau  verleiht  der  Aebtissin  Barbara  von 
Traunkirchen  und  dem  Eundrat  Hawsner,  Canonicus  von  Passau  und 
Pfarrer  zu  Taufkirchen  an  der  Tratnach,  die  Zehente  von  Neugereuten 
auf  den  Gründen  des  Klosters  in  der  Pfarre  Taufkirchen  zu  gleichen 
Theilen. 

Original  unbekannt,  auszugsweise  in  Heyrenbach^s  Manuscript,  1.  c 
Nr.  8538. 

Nr.  LXXVm. 

1448,  15.  December.    Neustadt. 

König  Friedrich  beauftragt  über  Bitten  der  Aebtissin  Barbara  von 
Traunkii*chen  in  seinem  und  seines  Mündels  Namen  den  Hauptmann 
des  Landes  ob  der  Enns,  Beinprecht  von  Walsee,  und  Wolf  den  Freitag, 
Pfleger  zu  Wildenstein  und  Amtmann  zu  Gmunden,  das  Kloster  bei  dem 
Rechte  zu  schützen,  dass  es,  ,so  die  pharrkierchen  daselbs  ze  Trawn- 
kirchen  der  ebbtissin  und  dem  convent  daselbst  lehenschafft  ledig  wierdet', 
sich  derselben  und  ihrer  Filialen  bis  zur  Neubesetzung  untei'winde. 

Orig.  Pergament,  Hängesiegel,  im  Musealarchive  zu  Linz. 

Nr.  LXXIX. 
1448,  15.  Deoember.    Neustadt. 

Derselbe  befiehlt  in  seinem  und  Königs  Ladislaus,  seines  Mündels, 
Namen  dem  Wolf  Freitag,  der  Aebtissin  Barbai-a  von  Traunkirchen  und 
ihrem  Kloster  die  fünfzig  Pfund  Pfennige,  die  sie  von  dem  Stadtgerichte 


265 

ZU  Gmunden  vom  Zoll  und  Zwicken  als  den  ihnen  vennöge  ihres  alten 
Rechtes  gebührenden  Theil  jährlich  zu  bekommen  haben,  welche  ihnen 
aber  durch  einige  Zeit  nicht  ausgefolgt  worden  waren,  wieder  auszuzahlen, 
nnd  zwar  zu  jeder  Quatember  zwölf  Pfund  vier  Schillinge,  nachdem  die 
Aebtissin  das  Recht  des  Klosters,  ,wie  wol  die  haubtbrieff,  so  ir  gotzhaws 
vmb  Bolh  vorgemelt  gerechtikait  vnd  nutz  gehabt  hilt,  in  ainer  prunste 
desselben  gotz  hauses  vorlanngst  enwicht  worden  vnd  verlorn  wem', 
dnrch  andere  Urkunden  von  Seite  der  Fürsten  von  Oesterreich  nachge- 
wiesen habe. 

Original  unbekannt,  ans  Hejrrenbach's  Manuscript,  1.  c.  Nr.  8538. 

Nr.  LXXX. 

1448,  21.  December.    Traonkirchen. 

Die  Aebtissin  Barbara  und  das  Kloster  von  Traunkirchen  verkaufen 
dem  Könige  Friedrich  ihre  Holden,  Gründe,  Güter  und  Lehen  zu  Trofaiach 
sammt  der  Salvatorkapelle  daselbst  und  allen  Rechten. 

Orig.  Pergament,  H&ngesiegel  der  Aebtissin  und  des  Conventes,  im 
k.  u.  k.  Staatsarchive  in  Wien. 

Nr.  LXXXI. 

1449,  16.  April.    Neustadt. 

König  Friedrich  gestattet  für  sich  und  seinen  Mündel  König  Ladis- 
lans  der  Aebtissin  Barbara  und  ihrem  Oonvente  von  Traunkirchen,  alle 
Jahre  in  dem  Schankhause  des  Klosters  sieben  Dreilinge  Wein  ,ungeltfrei 
vom  zaphen*  ausschenken  zu  dürfen  und  verbietet  jede  Störung  von  Seite 
der  üngelter  und  Amtleute. 

Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  LXXXn. 
1449,  15.  AprU.    Neustadt 

Derselbe  verordnet,  dass  bei  Vermählung  einer  österreichischen 
Prinzessin  vom  Kloster  Traunkirchen  als  Heiratssteuer  nie  über  achtzig 
Gulden  gefordert  werden  sollen. 

Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  LXXXm. 

1449,  S8.  April.    Neustadt 

Derselbe  bestätigt  über  Bitten  der  Aebtissin  Barbara  von  Traun- 
kirchen die  Rechte  und  Freiheiten  ihres  Klosters  in  seinem  und  seines 
Mündels  Königs  Ladislaus  Namen. 

Orig.  Pergament,  Hängesiegel,  im  MusealarchiTe  in  Linz. 


266 

Nr.  LXXXIV. 
1449,  16.  Mai.    Neustadt 

Derselbe  befiehlt  den  Ungeltern  zn  Swans  und  Gmunden,  das 
Kloster  Traunkirchen  jährlich  sieben  Dreüinge  Wein  ungeltfrei  aus- 
schenken zu  lassen. 

Copialbach,  1.  c. 

Nr.  LXXXV. 

1449,  17.  Mai.    Neustadt 

Derselbe  befiehlt  seinem  Amtmann  zu  G  munden  Wolfgang  Freitag, 

Pfleger  zu  Wildenstein,  dem  Kloster  Traunkirchen,  welchem  ,Yon  den 

nuczen  und  rennten  ynsers  salczsiedens  daselbs  zu  Gmunden  ierlich 

dreissigk  fuder  salcz'  verabreicht  werden,  ,zu  derselben  sum  noch  dreissig 

fuder  salcz*  alljährlich  aus  demselben  Amte  zu  geben. 

Original  unbekannt,  auszugsweise  aus  Heyreubach^s  Manuscript,  1.  c 
Nr.  8638. 

Nr.  LXXXVI. 

1450,  16.  September.    Neustadt 

Derselbe  verbietet  seinem  Pfleger  Wolfgang  Freitag,  nicht  wieder 
in  das  Recht  der  Aebtissin  Barbaia  von  Traunkirchen  einzugreifen  und 
ihre  Holden  wegen  Unzucht  und  anderer  Frevel  zu  strafen. 

Copialbuch,  1.  c 

Nr.  LXXXVn. 

1451,  2.  Februar.    Neustadt 

Derselbe  bestellt  den  Grafen  Johann  von  Schaunberg,  obersten 
Marschall  in  Steier  und  Hauptmann  in  Oberösterreich,  an  seinerstatt  als 
Vogt  des  Klosters  Traunkirchen  und  beauftragt  ihn,  dasselbe  bei  allen 
seinen  Rechten  und  Privilegien  zu  schützen. 

Original  unbekannt,  auszugsweise  aus  HeTrenbach^s  Manuscript,  1.  c 
Nr.  8539. 

Nr.  LXXXVm. 

1452,  10.  November,    s.  1. 

Veit  Veczinger,  Canonicus  von  Passau  und  Pfarrer  zu  Traun- 
kirchen, bestätigt  die  Stiftung  der  Frühmesse  in  seiner  Filialkirche  Aussee. 

Original  unbekannt,  auszugsweise  aus  Heyrenbach^s  Manuscript,  L  c 
Nr.  8539. 

Nr.  LXXXIX. 

1453,  11.  Jänner.    Neustadt 

Kaiser  Friedrich  bestätigt  über  Bitten  der  Aebtissin  Barbara  von 
Ti-aunkirchen  die  ihrem  Kloster  von  Kaiser  Siegmund,  den  Königen 


267 

Budolf  und  Friedrich,  der  Königin  Elisabeth»  den  Herzogen  Budolf  und 
Otto  von  Oesten*eich,  sowie  Otaker  von  ßteieimark  verliehenen  Rechte 
and  Freiheiten  betreffend :  die  Yogtei,  die  Fieiheit  des  Gerichtes,  das  Pa- 
tronatsrecht  über  die  Pfaire  Traunkiichen,  den  Bezug  der  Ablösungs- 
summe von  hundertzehn  Pfunden  Wiener  Pfennige  und  von  fünfzig 
Pfund  Pfennigen  von  dem  Gerichte  zu  Gmunden,  den  Bezug  von  dreissig 
Fuder  Gotszeilsalz,  das  Salzsieden  in  dem  Pfendlein  zu  Ischl,  die  Mauth- 
und Zollfi'eiheit  in  Oesterreich,  sowie  das  Becht  der  Jagd  und  Fischerei. 

Orig.  Pergament,  im  k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  and  Staatsarchive  zu  Wien; 
gedruckt  in  Chmers  Materialien,  H,  I,  41,  Nr.  36. 

Nr.  XC. 

1455,  24.  Juli.    Ebelsberg. 

Bischof  Ulrich  (III.)  ven  Passau  begehrt  vom  Abte  Andreas  von 

Admont  die  Aufnahme  der  Traunkirchner  Nonne  Barbara  Vorster  in  das 

Nonnenkloster  zu  Admont,  wo  jetzt  auch  ihi*e  zwei  Schwestern,  welche 

früher  gleichfalls  Nonnen  zu  Traunkirchen  waren,  sich  befinden. 
Orig.  Papier,  Schlnsssiegel,  Archiv  zu  Admont 

Nr.  XCI. 
1455,  24.  Augoat.   Traunkirchen. 

Die  Aebtissin  Barbara  von  Traunkirchen  verleiht  Katharina, 
Witwe  Jörgens  des  Gogelmüller,  die  Gogelmühle  zu  Erbrecht. 

Orig.  Pergament,  Hängesiegel,  im  Musealarchive  zu  Linz. 

Nr.  XCII. 
1459,  9.  October.   Wien. 

Kaiser  Friedrich  gebietet  seinen  Amtleuten  und  Mauthnern  in  Oester- 
reich,  den  Nonnen  von  Traunkirchen  ausser  den  gewöhnlichen  siebenzehn 
Dreilingen  Wein  für  dieses  Jahr  noch  acht  Dreilinge  mauthfrei  durch- 
führen zu  lassen,  sowie  auch  von  ,vilzschuch  vnd  annder  anuordrung* 
keine  Abgabe  zu  erheben. 

Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  XCm. 
1459,  17.  December.    Traunkirchen. 

Abt  Ulrich  von  Kremsmünstor  vidimiert  über  Bitten  der  Aebtissin 
Barbara  von  Traunkirchen  die  von  dem  kaiserlichen  Notar  Lienhaii;  Sle- 
diDger,  Gleriker  von  Salzburg,  in  ^n  Buch,  aus  dreizehn  Pergament- 
blättem  bestehend,  zusammengetragenen  Privilegien  ihres  Klosters  unter 
Zeugenschaft  von  Hanns  Traunstainer,  Vicars  zu  Traunkirchen,  Hanns 


268 

RoreryGeseliCpriester),  und  Siegmund  Strobl,  Capellans  daselbst,  sowie  der 
Edlen  Erasmus  Azinger,  Lienhard  Teueibang,  Siegmund  Muelfueker  und 
Wolf  Wochner. 

Kirchliche  Topographie  XIV,  240. 

Nr.  XCIV. 

1462,  18.  April.    Rom. 

Pius  pp.  n.  concedit,  Agatha  (sie)  abbatissa  monasterii  Traun- 
kirchensis  0.  S.  B.  homiliter  petente,  omnibus  Christi  fidelibus,  qni  ad 
reparandum  s.  Ciriaci  in  Newhaus  templum,  ad  monastenum  Tmun- 
kirchense  quoad  ins  patronatus  spectans,  manns  porrigunt  adiutices, 
indnlgentias  plenarias  per  quadraginta  dies.  Insnper  concedit  abbatissae 
facultatem  confessarium  eligendi  idoneum,  qui  eam  semel  in  vita  et  semel 
in  mortis  articulo  possit  absolvere  a  casibns  reservatis  eorumque  censuris. 

Original  unbekannt,  abschriftlich  in  Heyrenbach's  Manoscript,  Nr.  8539. 

Nr.  XCV. 

1463,  10.  December.   Traunkirchen. 

Magdalena,  Dechantin,  nnd  der  verwaiste  Convent  des  Klosters 
Traunkirchen  bitten  den  Abt  (Thomas  de  Setz)  von  Lambach,  zu  der 
Wahl  einer  nenen  Aebtissin  (,vorgeerinO  niit  einem  Notar  zu  erscheinen. 

Orig.  Papier,  von  einem  Buchdeckel  abgelöst,  im  Archive  von  Lambach. 

Nr.  XCVI. 

1469,  12.  Juni.    s.  1. 

Wolfgang  Mülwanger  zu  Neitharting  vertauscht  der  Aebtissin 
Magdalena  von  Traunkirchen  seine  freieigene  Solde  zu  Perichtering  gegen 
eine  solche  zu  Dorfhaim  in  der  Pfarre  Wimsbach  und  eine  Hofstatt  da- 
selbst, die  vom  dritten  Jahre  Lehen  ist.  Mit  ihm  siegelt  sein  Nachbar, 
der  Edle  Lambrecht  Aschpann  zu  Wimsbach. 

Orig.  Pergament,  Häng^esiegel  fehlt,  im  Musealarchive  eu  Lins. 

Nr.  XCVn. 
1473,  22.  Februar.    Traunkirchen  (?). 

Die  Aebtissin  Magdalena  von  Traunkirchen  verleiht  Siegmund 
Hohenfelder  das  ihrem  Kloster  lehenbare  B()hrlgut  zu  Nusstorf. 

Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  XCVin. 
1473,  14.  März. 

Dieselbe  belehnt  Siegmund  Voi'ster  mit  dem  Lehen  zu  Ranhenstorf, 
.Pächel*  genannt. 

Copialbuch,  1.  c. 


269 
Nr.  XCIX. 

1473,  14.  März. 

Dieselbe  belehnt  Wolfgang  Freitag,  Sohn  dee  alten  Wolfgang  Frei- 
tag, mit  dem  Sitze  Waldpach  und  den  drei  dazugehörigen  Hüben,  welche 
Ton  ihrem  £[]oster  zu  Lehen  gehen. 

Copialbuchy  1.  c. 

Nr.  C. 
1482,  23.  December.    TVaunkirehen. 

Dieselbe  belehnt  Franz  und  Jörg,  Brüder  von  Steinach,  mit  mehre- 
ren Höfen  zu  Aich  und  anderen  Gütern,  welche  ihrem  Kloster  lehen- 
bar sind. 

Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  d. 
1497,  27.  Februar. 

Anna,  Aebtissin  von  Traunkirchen,  verleiht  Wolf  dem  Thalheimer 
mehrere  Lehen  zu  Thalheim. 
Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  Cn. 
1605,  16.  November.   Traunkirchen. 

Anna,  Aebtissin,  Ursula,  Dechantin,  und  der  Convent  zu  Traun- 
kirchen 0.  S.  B.  schliessen  mit  Wolfgang,  Abt,  Florian,  Prior,  und  dem 
Capitel  von  Mondsee  0.  S.B.  eine  geistliche  Conföderation  pro  vivis  et 
pro  mortuis. 

Keiblinger's  Manuscript  im  Musealarchive  zu  Linz. 

Nr.  cm. 
1513,  17.  December. 

Kaiser  Maximilian  (I.)  tauscht  von  der  Aebtissin  Anna  und  ihrem 

Convente  von  Traunkirchen  gegen  Hingabe  einiger  Güter  und  Holden  zu 

Seissenburg  das  Gut  Amstetten  und  das  Meierlehen  zu  Strass  ein. 

Hormayr,  Archiv  1824,  296. 

Nr.  CIV. 
1617,  4.  Miü. 

Dorothea,  Aebtissin  von  Traunkirchen,  belehnt  Wolf  den  Thal- 
heimer mit  Hilprechting  und  Thalheim. 
Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  CV. 
1622,  18.  October.    Neustadt 

Erzherzog  Ferdinand  von  Oesteneich  bestätigt  über  Bitton  der 
Aebtissin  Margaretha  von  Traunkirchen  alle  Privilegien  ihres  Klosters. 

Original  unbekannt,  aus  Heyrenbach^s  Manuscript,  1.  c.  Nr.  8538. 


270 

Nr.  CVI. 

1530,  12.  JunL    Trannkirchen. 

Die  Aebtissin  Barbara  von  Trannkirchen  beurkundet,  dass  sie  mit 
Zustimmung  ihres  Conventes,  um  die  zu  der  ihrem  Kloster  incorporier- 
ten  St.  Paulskircho  zu  Aussee  gehörigen  Güter,  welche,  weil  nicht  ^er- 
steuertf  von  den  Ständen  von  Steiermark  eingezogen  worden  waren,  über 
Aufforderung  der  Landschaft  von  Steiermark  an  diese  Kirche  zurück- 
zubringen, einige  Gülten,  weil  die  Kirche  kein  Bargeld  habe,  als  Lehens- 
herrin  an  Christoph  Prausfalk,  königl.  Maiestät  zu  Hungern  und  Böheim 
Bath,  Verweser  zu  Aussee,  verkauft  habe. 

Original  unbekannt,  ans  Heyrenbach's  Mannscript,  1.  c.  Nr.  8539. 

Nr.  CVII, 
1635,  10.  Mira. 

Helena,  Aebtissin  von  Trannkirchen,  belehnt  Wolf  Walch  zu 
Praundekh  mit  mehreren  Gütern. 

Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  CVra. 
1543,  vor  AngoBt 

Helena,  Aebtissin  von  Trannkirchen  (Dietrichinn),  gibt  Hans  und 
Simon  Schönauer  einen  Erbbrief  auf  die  Bäckerwiese  zu  Ebensee. 

Kirchliche  Topographie  XIY,  113. 

Nr.  CIX. 
1543,  26.  Augnst. 

Euphemia  von  Losenstein,  Aebtissin  von  Trannkirchen,  belehnt 
Wolfgang  zu  Lindau  mit  dem  Gute  Lindau. 
Copialbuch,  1.  c. 

Nr.  CX. 
1551. 

Anna  Bainerin,  Aebtissin  von  Trannkirchen,  belehnt  Andre  von 
Polheim  für  sich  und  seine  Brüder  mit  der  Hub  zu  Medibach  in  der 
Pfarre  Taufkirchen. 

Kirchliche  Topographie  XIY,  298. 

Nr.  CXL 
1567. 

Magdalena  (Dietrichingerin),  Aebtissin  von  Trannkirchen,  belehnt 
den  jungen  Khollenpeckh  im  Namen  seines  Vaters  Niklas  mit  den  Sitzen 
Hilprechting  und  Thalheim. 

Kirchliche  Topographie  XIV,  299. 


271 

Nr.  CXn. 

Die  pönforst,  so  dem  gotzhaws  zw  Trawnkirichen  besunder 

zwo  gehSrent. 

Item  von  erst  am  Seeperig  fuess  vnd  get  vom  Seepergfuess  vnczt 
ann  Lewntschwabegk,  vom  Lewntschwabegk  annPuechegk,  vom  Pnechegk 
?ncz  jnn  Rynntpach,  vom  Rynnpach  vncz  in  Twerichenegk,  vom  Twe- 
richenegk  auff .  .  .  allew  wassersaig,  die  darzwe  geet  in  den  walden,  ist 
alles  des  gotzhawss  besunder  foerst. 

Item  von  Stainperg  vnncz  jnn  Hellgraben,  vom  Hellgraben  das 
pirig  vnncz  jnn  Lerbinegk,  vom  Lerbinnegk  das  pirig  vnncz  ann  See- 
perigfüess ;  das  sind  alles  des  gotzhaws  besonder  f5rst,  da  sol  nyemant 
jnne  an  meiner  frawn  der  abbtessinn  ze  Trawnkirichen  vrlanb  vnd  hayssen 
ze  schikchen  haben,  vnd  wer  des  vberfaren  würd,  den  sol  sy  oder  ir  an- 
waldt  darumb  pessern  nach  iren  genaden. 

Die  först,   so  dem  herczogen  von  Osterreych  vnd  dem  gotz- 
haws ze  Trawnkirichen  zwe  gehörent. 

Item  von  erst  die  walld  vom  Haynnreichsgraben  vncz  an  Prach- 
perg,  vom  Prachperg  vnczt  an  die  Schrawt,  alles  des  herczogen  vnd 
meiner  frawn  gemainschafPt  miteinander;  vnd  was  darjn  funden  wirt, 
welicherlay  das  sey  gninnt  oder  funndt,  es  sey  gold&rczt  oder  silberärczt, 
das  sol  der  fftrst  mit  meiner  frawn  als  geleych  vnd  trewlichen  tailen  als 
czwen  vinger.  Von  dem  Prachperg  uncz  jnn  Röttenpach  als  verr  des 
herczogen  marich  geent,  als  verr  hat  der  herczog  vnd  mein  fraw  gemain- 
scbafft  miteinander.  Von  dem  Rotenpach  vncz  jnhin  jnn  die  Spiegel- 
went,  auss  der  Spiegelwent  auff  den  Ausseperg  an  die  Chendel,  als  verr 
dann  daselbs  anfen  Aasseperg  des  herczogen  marich  get,  als  verr  hat 
mein  fraw  gemainschafft  mit  dem  herczogen. 

Item  von  dem  Ausseperg  gen  Oberentrawn  an  Hiersfort,  vom 
Hiersfart  vncz  an  Sneperg,  als  verr  des  herczogen  marich  gennt,  als  ver 
hat  mein  fraw  von  Trawnkirichen  vnd  der  herczog  gemainschafft  mit- 
einander. 

Item  vom  Sneeperg  vnncz  ann  Hallperg,  was  darjnn  aussgeet,  es 
sey  grftnnt  oder  funndt  oder  welicherlaj  das  sey,  das  sol  der  herczog  mit 
meiner  frawn  tailen  als  gleich  als  czwen  vinger. 

Item  von  dem  Hallperg  vnncz  an  die  Gosach,  von  der  Gosach  das 
pirig  auss  vnncz  an  Ramsaperg,  vom  Ramsaperg  vnncz  an  das  Aharnfeld, 


272 

das  piiig  daselbs  alles  des  herczogen  Ynd  meiner  frawn  miteinander  ge- 
mainschaflFt;  zw  haben. 

Item  von  Aharnfeld  ynncz  ann  Dürrenpach  geet  das  pirig  vber  her 
geen  Lewnczperig  jn  den  obem  Weyssenpach,  von  dem  oberen  Weyssen- 
pach  vncz  gen  der  HftU,  von  der  HSU  vncz  auff  den  Ghreimhiltsatel,  alles 
des  herczogen  vnd  meiBer  frawn  gemainschafft  miteinander. 

Item  vom  Chreimhiltsatel  das  pirig  anss  vncz  gen  Challttenpach, 
vom  Challttenpach  gar  ab  vnncz  jnn  die  Lanngwat,  nach  der  Lanngwat 
das  pirig  aussher  vnncz  jnn  den  Trawnsee,  das  der  herczog  vnd  mein 
fraw  darjnne  miteinander  gemainschafft  haben  suUen  vnd  pesunder  allen 
gesuech  sallen  meiner  frawm  lewt  darjnn  haben  geleich  als  wol  alls  des 
herczogen. 

Nota  die  fSrst,  so  der  von  Wallsse  vnd  mein  gen&dige  fraw 
von  Trawnkirichen  miteinander  habent: 

Item  von  erst  das  pirig  jmmermer  aussher  vom  ChSderpach  nach 
der  Lanngwat  vnncz  in  denn  Trawnsee,  alles  des  goczhawss  vnd  des  von 
Wallsse  gemainschafft  miteinannder,  vnd  sftllen  die  meiner  frawn  lewt 
allenthdben  alls  gneten  gesuech  daijnn  haben  alls  des  von  Wallsse  lewt, 
vnd  geet  das  selb  pirig  genannt  der  Sunnstain  vncz  jnn  Syherspach  alles 
meiner  frawn  vnd  des  von  Wallsse  gemainschafft  miteinander,  vnd  geet 
auch  auss  dem  Scherspach  der  Chirichperch  und  gen  Wintlugern  auss  hin. 
Auch  hat  mein  fraw  das  recht,  das  man  prennholcz  zw  der  chuchel  als 
vil  vnd  man  des  darczwe  pedorff  auss  der  Eysenaw  nemen  sol. 

Item  mein  fraw  ze  Trawnkirichen  vnd  das  goczhaws  daselbs  hat  ir 
besunnder  vischwaid  jm  Offennsee,  vnd  vom  Offensee  gancz  aussh^ 
vnncz  jnn  die  Trawn,  vnd  hat  vom  Trawnsee  ir  pesunder  vischwaid  vncz 
jnn  den  oberen  Weyssenpach.  Auch  hat  mein  fraw  das  recht,  das  sy  gen 
Ischel  schickhen  sol  vmb  visch,  wenn  ir  des  notdurft  ist,  darein  soll  sey 
niemannt  irren.  Auch  hat  mein  fraw  das  recht  vnd  das  goczhawss,  das 
man  drey  stunnd  jm  jar  ir  vischer  vnndeim  Lauffen  schickhen  schol  vnd 
s&Uen  dann  die  selben  vischer  den  zewg  vmb  ain  halb  phunnt  phenning 
daselbs  vertrinkchen,  den  sol  dann  mein  fraw  erl&sen,  damit  dem  gocz- 
haws sein  gerechtichait  nicht  entzogen  werd,  als  dann  mit  alter  gewAn- 
hait  vor  her  chomen  ist. 

Item  mein  fraw  hat  das  recht,  das  sy  schol  haben  vischer,  was  sy 
der  gehaben  mftg,  die  selben  vischer  sollen  vischen  auss  der  Lanngwat 
vnd  im  Trawnsee  vnncz  gen  Gmunden  vnd  von  Gmunden  nach  dem 
Trawnsee  anher  von  aym  ort  vncz  an  das  annder. 


273 

Item  die  vischer,  die  dana  meiner  frawn  schuldig  sind  zw  geben 
den  dinst  alle  freytag  vnnd  jnn  der  vasten  yeder  czwen  dienst  alle  wochen 
Tnd  yeder  dienst  sechs  phenning  wert  sein  do  ain  gast  gern  acht  phen* 
ning  Tmb  gab. 

Aas  dem  Urbar  des  Klosters  Traonkirchen,  abschriftlich  im  Archive 
des  Museums  Francisco-Carolineum  in  Linz,  collationiert  durch*  J.  Stttlz. 


Nekrologlum  Tranklrchense. 


Dem  nachstehenden  Todtenbuche  des  ehemaligen  Klosters 
der  Benedictinen  zu  Traunkirchen  in  Oberösterreich  liegt  nicht 
das  Originalmannscript  selbst,  sondern  nur  eine  Abschrift  des- 
selben zu  Grunde,  da  es  mir  ungeachtet  meines  eifrigsten  Suchens 
bis  jetzt  nicht  geglückt  ist,  den  Ort  seines  Stilllebens  zu  ent- 
decken. Diese  Abschrift  rührt  von  der  Hand  des  gelehrten  und 
eifrigen  Sammlers  P.  Josef  Benedict  Hejn'enbach  S.  J.^  her  und 
befindet  sich  in  der  Handschrift  Nr.  7243, 16  der  k.  und  k.  Hof- 
bibliothek zu  Wien.  Dem  P.  Heyrenbach  dürfte  dabei  das  er- 
wähnte Originalmanuscript  selbst  nicht  vorgelegen  sein,  sondern 
er  copierte  die  Abschrift,  welche  sein  älterer  Ordensbruder, 
P.  Ignaz  Querk,^  der  durch  längere  Zeit  in  der  Jesuitenresi- 
denz zu  Traunkirchen  ak  Missionär  weilte,  von  demselben  ge- 
nommen hat  Daftlr  spricht  die  volle  Uebereinstimmung  der 
Abschrift  Heyrenbach's  mit  der  des  P.  Querk,  die  sich  gleich- 
fiüls  in  der  k.  und  k.  Hofbibliothek  zu  Wien  sub  Nr.  8539,  2 
findet.  Doch  scheint  dem  P.  Heyrenbach  das  Originale  des 
Todtenbuches  nicht  unbekannt  geblieben  zu  sein,  wie  dies  aus 
einem  abschriftlichen  Fragmente  desselben,  welches  gleichfalls 
unter  seinen  Collectaneen,  Manuscript  Nr.  8538, 1  der  mehr- 
erwähnten k.  und  k.  Hofbibliothek,  sich  findet,  hervorgeht. 
Weitere  Abschriften  des  Todtenbuches  finden  sich  noch  im 
Manuscripte  Nr.  7972,  1,  c  der  Hof  bibliothek,  sowie  im  Archive 

^  Ueber  diese  beiden  gelehrten  Mitglieder  des  Jesuitenordens  siehe  Stoeger, 
Scriptores  provinciae  Austriacae  S.  J. ;  Wurzbach,  Biographisches  Lexikon 
des  Kaiserthnms  Oesterreich,  Bd.  8  nnd  24;  Allgemeine  Deutsche  Bio- 
graphie n.  ▼.  a. 

Arebir.   64.  LXXXn.  I.  Hilft«.  18 


274 

des  Stiftes  Göttweig.  Beide  stimmen  ebenfalls  vollkommen^  un- 
bedeutende Schreibfehler  ausgenommen,  mit  der  Abschrift  des 
P.  Querk  überein,  und  rührt  die  erstere  von  P.  Heyrenbach  her, 
während  die  letztere  aus  der  Feder  des  P.  Querk  selbst  stammen 
dürfte  und  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  für  den  gelehrten  Abt 
dieses  Stiftes,  Gottfried  Bessel,  gemacht  worden  ist. 

lieber  die  Auffindung  des  Todtenbuches  und  die  Art  und 
Weise,  wie  P.  Querk  seine   Abschrift,  die  besser  ein  Auszug 
genannt  werden  muss,  angefertigt  hat,  geben  seine  Worte  selbst 
den  besten  Aufschluss,  weshalb  es  gestattet  sei,  dieselben  hier 
anzuführen.^    ,Cum  pervolverem  antiquos  Codices  Ms.  ex  mem- 
branea  in  Bibliotheca  Traunkirchensi,  incidi  in  codicem,  in  cuius 
initio  erat  Ms.  Martyrologium,   deinde  regula  S.  P.  Benedict!  la- 
tina   et  in   fine   Calendarium  seu   Catalogus   defunctorum,   cui 
inscripta  erant  nomina   fiindatorum,   benefactorum,   quorundam 
episcoporum,  abbatum,  praepositorum,  plebanorum,  monachorum 
necnon  abbatissarum,  moniaUum  et  multorum  aUorum,  quisque, 
ut  suppono,  ea  die,  qua  obiit.     Desunt  autem  ultimi  quinque 
dies  mensis  Decembris.  Inquisivi  combinando  varia,  quando  hoc 
necrologium  sit  conscriptum,  et  collegi,  quod  circa  annum  1420 
sub  abbatissa  Clara,   cui  deinde  successive  adscripta  sunt  alia 
nomina,  prout  ex  diversitate  characteris  facile  colligitur,  ut  vi- 
dere  est  in  ipso  originali.  Ante  eundem  catalogum  erat  syllabus 
anniversariorum,  qui   pariter  in  originali  sequitur.     Ipsum  vero 
Necrologium,  ne  in  Bibliotheca  lateat  et  adhuc  amplius  mutiletur 
aut  penitus   intereat,   a  reliquo   codice   solutum,    cum  bis  notis 
compingi  curavi,  dignum,  quod  mehus   custodiatur,  cum  ex  eo 
variae    notitiae    de    rebus    antiquis    Traunkirchensibus    desumi 
possint.^   Nach  einer  Aufzählung  der  hervorragenden  Personen, 
welche  im  Todtenbuche  erscheinen,  fkhrt  P.  Querk  fort:  ,Cuin 
hoc   Necrologium   fuerit  pro   usu    monasterii   et   pro   memoriali 
perpetuo,  non  potest  dubitari,  quin  omnium  praecipuorum  bene- 
factorum maxime  fundatorum  nomina  in  illo  contineantur,  ita, 
ut  si  cuius  nomcn  non  sit  hie  insertum,  is  censeatur  non  ha* 
buisse  titulum  ad  specialem  sui  memoriam.     Excerpam  ergo  et 
simul     inconspectum  dabo  onmia  nomina  personarum  illostrium, 
quae  continentur  in  hoc  mortilogio  iuxta  ordinem  dierum.    Recen- 
sentur  nomina  personarum  nobilium  in  Necrologio  notata.^ 


^  Mannseript  Nr.  8539  der  k.  und  k.  Hof  bibliothek  in  Wien. 


275 

Dieses  Vorgehen  des  P.  Querk  bei  der  Anlegung  seiner 
Abschrift  macht  es  erklärlich,  dass  er  von  jedem  Monate  die 
Tage  nicht  wiedergab,  an  welchen  eben  keine  ,illustren^  Per- 
sönlichkeiten eingezeichnet  waren.  So  sehr  wir  ihm  dankbar 
sind,  dass  er  das,  wie  es  schien,  dem  Untergange  preisgegebene 
Todtenbuch  durch  seine  Sorge  und  seine  Auszüge  vor  der  gänz- 
lichen Vernichtung  gerettet  hat,  so  sehr  müssen  wir  auch  ander- 
seits sein  Princip,  nur  illustre  Personen  in  seiner  Abschrift 
wiederzugeben,  beklagen.  Abgesehen  davon,  dass  er  uns  da- 
durch die  Kenntnis  von  vielen  Namen,  die  im  österreichischen 
Salzkammei^ute  in  alter  Zeit  im  Gebrauche  waren,  vorenthalten 
hat,  müssen  wir  seinen  Vorgang  auch  deshalb  beklagen,  weil 
er  SU  den  illustren  Persönlichkeiten  nur  jene  gezählt  hat,  hinter 
deren  Namen  irgend  ein  Prädicat  folgte,  wenngleich  dasselbe 
nur  einen  einfachen  Canonicus,  Priester  oder  Mönch  bezeichnete. 
P.  Querk  übersah  eben,  was  man  ihm  fi*eilich  in  Ansehung  des 
geringen  Wertes,  den  man  zu  seiner  Zeit  den  Todtenbüchem 
gezollt  hat,  nicht  hoch  anrechnen  kann,  die  in  allen  Nekrologien 
SU  Tage  tretende  Qewohnheit,  hervorragende  Persönlichkeiten, 
deren  Verdienste  um  das  Kloster  allgemein  bekannt  waren,  nur 
mit  ihren  Taufnamen  in  das  Todtenbuch  einzuzeichnen.  Einen 
Beleg  hieft!Ur  bietet  der  1.  Jänner.  P.  Querk  fand  in  seinem  Aus- 
zug flu*  diesen  Tag  nur  den  Pleban  Albert  von  Traunkirchen 
der  Aufnahme  wert,  weil  nach  dem  Namen  ,Albertus'  noch 
der  Zusatz  ,plebanus  nostre  congregationis^  stand;  den  Namen 
,Otakerus'  liess  er  abseits  liegen,  weil  er  ohne  jedes  Prädicat 
eingezeichnet  war.  Und  doch  überragt  die  Bedeutung  des  Letz- 
teren himmelweit  die  des  einfachen  Pfarrers;  denn  unter  ihm 
birgt  sich,  wie  aus  anderen  Nekrologien  unzweifelhaft  erhellt, 
der  Markgraf  Otaker  V.  von  Steiermark,  gestorben  1164.  Dass 
dieser  Name  in  der  Original-Handschrift  des  Traunkirchner 
Todtenbuches  gestanden  ist,  bezeugt  das  obenerwähnte  Frag- 
ment der  Abschrift  Heyrenbach's  —  Manuscript  Nr.  8538  — , 
welches  leider  nur  die  vollständigen  Einzeichnuugen  der  31  Tage 
des  Jänner  und  der  ersten  21  Tage  des  Februar  enthält.  Ohne 
dieses  Fragment  wäre  die  Reihenfolge  der  Chiemgauer,  die  unter 
allen  Nekrologien  allein  in  dem  von  Traunkirchen  ganz  sich 
findet,  unvollständig. 

Die  Annahme,  das  Original-Manuscript  des  Todtenbuches 
von  Traunkirchen  sei  unter  der  Aebtissin  Clara  von  Vtzingen 

18» 


276 

1420 — 1425  neu  angelegt  worden,  ist  zwar  uncontrolierbar,  so  lange 
wir  dasselbe  selbst  nieht  kennen,  dürfte  aber  richtig  sein;  denn 
eben  in  dieser  Zeit  wurde  in  Folge  der  vom  Herzoge  Albrecht  V. 
von  Oesterreich  beschlossenen  Reformierung  der  Häuser  des  Be- 
nedictiner-  und  Augustinerordens  dem  Chordienste,  bei  welchem 
das  Nekrologium  vorgelesen  wurde,  in  den  Klöstern  wieder 
grösserer  Eifer  zugewandt.  Auch  gehören  thatsächlich  die  Per- 
sonen, deren  I^inzeichnung  P.  Querk  in  die  Zeit  nach  der  Aeb- 
tissin  Clara  verlegt,  wie  er  dies  durch  kleine,  unter  den  Namen 
oder  Zusätzen  angebrachte  Striche  kennzeichnet,  der  Zeit  nach 
1420  an.^  Die  andere  Annahme  jedoch,  dass  der  Tag,  zu 
welchem  eine  Persönlichkeit  im  Nekrologium  aufscheint,  der 
Todestag  derselben  gewesen  sei,  ist  nicht  stichhältig.  Die  zum 
7.  Juli  eingezeichneten  zehn  Mitglieder  des  edlen  Geschlechtes 
der  Herren  von  Polheim,  unter  welchen  auch  Bischof  Wichard 
von  Passau  1280 — 1282  erscheint,  dessen  Todestag  aber  der 
17.  December  ist,  widerlegen,  um  andere  Beispiele  zu  über- 
gehen, wohl  hinlängUch  diese  Hypothese;  andererseits  beweist 
aber  diese  E^zeichnung,  dass  man  wie  in  vielen  anderen 
Klöstern  so  auch  in  Tramikirchen  bei  der  Neuanlegung  des 
Nekrologiums  dem  Gebrauche  huldigte,  dem  Anniversarius  eine 
grössere  Aufmerksamkeit  zu  widmen  als  dem  eigentUchen  dies 
obitus  der  betreffenden  Personen.*  Ein  weiteres  Beispiel  ftlr 
diese  im  15.  Jahrhunderte  nicht  seltene  Qewohnheit  bietet  die 
Einzeichnung  des  Markgrafen  Leopold  —  im  Nekrologium  Leo- 
told  genannt  —  von  der  Steiermark  zum  9.  August.  Markgraf 
Leopold  starb  am  24.  October  des  Jahres  1129;  in  Traunkirchen, 
zu  dessen  Wohlthätern  derselbe  zählte,  wurde  sein  Name  am 
9.  August  verlesen,  weil  am  nächsten  Tage,  dem  St.  Laurenz- 
feste,  sein  Jahrtag  feierlich  abgehalten  wurde,  zu  dem  auch  das 
Absingen  des  Officiums  defunctorum  am  Vortage  gehörte.  Auch 
der  Abusus  dieser  Zeit,  die  Namen  der  Verstorbenen  eines  con- 
föderierten  Klosters,  welche  der  Rotelbote  den  verbündeten  Klö- 


^  Im  nachstehenden  Nekrologium  dnrch  ,EinBeichnung  nach  1420*  oder 
3And  nach  1420'  wiedergegeben. 

*  Hierüber  ist  die  sehr  instnictive  Recension  der  Schrift  Ebner's:  yDie 
klösterlichen  Qebetsverbrüdeningen  bis  zum  Ausgange  des  karolingisehen 
Zeitalters*  von  dem  Herausgeber  der  Nekrolog.  Qerm.  II.,  Prof.  Dr.  HenL- 
berg-Fränkel  in  den  Mittheilungen  des  Inst,  fflr  Osterr.  Geschichtsforsch., 
XIV.  Bd.,  1.  Heft,  EU  vergleichen. 


277 

Stern  jährlich  bekanntgab^  zu  einem  beliebigen  Tage  einzu- 
zeichnen^ an  dem  sich  im  Todtenbuche  noch  Raum  fand/  wurde 
in  Traunkirchen  gleichfalls  angewandt^  wie  dies  die  zum  17.  Juli 
aufscheinenden  ^aliqui  fratres  de  ordine  nostro  in  monasterio 
Crembsmünster^  bezeugen. 

Diesem  dem  P.  Querk  vorgelegenen  und  von  ihm  vor  der 
Vernichtung  geretteten  Nekrologium  lag  sonder  Zweifel  ein 
älteres  Todtenbuch  des  EUosters  zu  Qrunde^  aus  welchem  vom 
Schreiber  eine  Anzahl  von  Namen  des  alten  als  Grundstock  in 
das  neue  Nekrologium  hinübergenommen  wurde.  Nach  welchem 
Grundsätze  derselbe  hiebei  vorgegangen  ist,  lässt  sich  nicht 
näher  mehr  festsetzen.  Als  sicher  muss  jedoch  angenommen 
werden,  dass  die  meisten  Namen  der  verstorbenen  Mitglieder 
von  Traunkirchen,  sowie  der  des  Gründers  und  seiner  Ange- 
hörigen, wie  nicht  minder  die  der  hervorragenden  Wohlthäter 
von  dem  alten  in  das  neue  Nekrologium  hinübergewandert  sind. 
Daraus  ergibt  sich  der  Schluss,  dass  das  älteste,  wenn  nicht 
firüher,  jedenfalls  doch  in  dem  12.  Jahrhunderte  angelegt  wurde. 
Dafür  spricht  neben  der  Erwähnung  der  Grafen  von  Raschen- 
berg-Reichenhall besonders  noch  die  Eintragung  der  ältesten 
Glieder  der  Chiemgauer,  der  späteren  Markgrafen  von  der  Steier- 
mark, welche  allein  nur  in  dem  Todtenbuche  von  Traimkirchen 
vollständig  sich  finden.  Darin  liegt  aber  der  hohe  Wert,  den 
das  Nekrologium  selbst  in  der  Form  des  spärlichen  Auszuges 
fiir  die  vaterländische  Geschichte  besitzt.  Diese  Bedeutung  des 
Todtenbuches  hat  schon  der  gelehrte  P.  Heyrenbach  erkannt, 
wenn  er  schreibt:  ,Necrologium  monialium  (Trunkirchensium) 
dignum  luce  publica  semper  existimavi,  ob  eam  rem  inserui 
illud  Necrologium  collectioni  meae.  Sperabam  enim,  Necrologium 
hoc  cum  aliorum  illustri  numero  additum  conspicuum  fore  tum 
suo  tum  alieno  splendore.'^ 

Zum  Schlüsse  erübrigt  mir  ^  nur  die  angenehme  Pflicht, 
dem  Herrn  k.  k.  Hofrathe  Dr.  Wilhelm  Ritter  von  Hartel,  Di- 
rector  der  k.  und  k.  Hofbibliothek  in  Wien,  für  die  grosse  Libe- 
ralität, mit  welcher  Hochderselbe  meiner  Bitte  um  Uebersendung 
der  Manuscripte  Querk's  und  Heyrenbach's  willfahrte,  den  er- 
gebensten Dank  auszusprechen. 

^  Henberg-Fränkel  a.  a.  O.  142. 
*  Hannscript  a.  a.  O.  Nr.  7972. 


278 


Abbreviaturen. 

abb.  =  abbas.  abba.  =  abbatissa.  archieps.  =  archiepiscopas.  archiprb.  = 
archipresbyter.  pleb.  =  plebanas.  prep.  =  prepositus.  prb.  ==  presbyter. 
can.  =  canonicus.  conva.  =  conversa.  cong^.  =  congregationis.  epB.  s= 
episcopus.  1.,  la.  =  laicus  (laica).  m.  =  monachos.  ml.  =  monialis. 
n.  c.  =3  nostrae  congregationis.      oc.  =  occisus.      sor.  =  soror.      subm.  := 

submersns.     ppr.  v.  =  propria  vigilia. 


Benfitste  Hekrologien. 

N.  Ad.  =  Necrologium  Admonteiue.^  N.  Cl.  =  N.  Claustroneobargense.' 
N.  Cli.  =  N.  Campililiense.'  N.  Cr.  =  N.  Cremifanense.*  N.  st.  Fl.  = 
N.  St  Ploriani.»  N.  Hi.  =  N.  Hilarienae.«  N.  Lb.  =  N.  Lambacenae.' 
N.  8t  Lbt  =  N.  St  Lamberti.«  N.  M.  =  N.  Mellicense.^  N.  Micbb.  = 
N.  Michaelburanum.^«^  N.  R.  «  N.  Runeiise."  N.  st  Rudb.  »=  N.  St  Rod- 
berti  Salisbnrgense."  N.  See.  =  N.  Secoyiense."  N.  Sei.  «  N.  Seiten- 
stadiense.^*  N.  st  Er.  oder  N.  N.  =»  N.  St  Erininidis  Nonnbeif^nse." 
N.  Qot  s=  N.  Gottwicense.^'    N.  Seo.  »  N.  Seoneiue.^* 


1  FriesB  im  Archiv  für  Osterr.  Qesch.  LXVI,  315  ff. 
»  Zeibig  im  Archiv,  1.  c.  VH,  271. 

*  Zeissberg  in  Font.  Rer.  Austr.,  IL  Abth.,  Bd.  XLI. 

*  ManuBcript  in  der  Bibliothek  des  Stiftes  Kremsmflnster. 

*  Caerny  im  Archiv,  1.  c.  LVI,  257  ff. 

«  StülK,  Geschichte  von  Wilhering,  435  ff. 

^  Zwei  ManuBcripte  im  Archiv  des  Stiftes  Lambach. 

*  Pangerl  in  Font.  Rer.  Anstr.,  II.  Abth.,  Bd.  XXIX. 

*  H.  Fez  in  Script  Rer.  Austr.  I,  304  ff. 

^^  Filz,  Geschichte  von  Michaelbeuem,  860  ff. 

^^  Posch  et  Froelich,  Diplomat.  Styriae  II,  333  ff. 

"  Herzberg-Fränkel,  Mon.  Germ.  Nekrol.  11,  I,  77  ff. 

"  Posch  et  Froelich,  1.  c.  II,  363  ff. 

^'  Manoscript  im  Archiv  von  Seltenstetten. 

"  Friess  im  Archiv,  1.  c.  LXXl,  1  ff.;  Herzberg-Fr&nkel,  1.  c.  I,  66  ff. 

^  Manoscript  in  der  Bibliothek  des  Stiftes  QOttweig. 

^*  Hersberg-Fr&nkel,  1.  o.  I,  217  ff. 


279 


Januarius. 

1.  Jänner.  —  A.  Kai.  Jan. 

Otakerns.^  —  Albertus,  pleb.  n.  c* 

1  Otaker  V.,  1129—1164  Markgraf  der  Steiermark.  Dieses  Fürsten  gedeu- 
ken  N.  Cr.,  N.  Cl.,  N.  R.  und  N.  S.  zum  30.,  N.  A.  zum  31.  December; 
N.  N.  zum  1.  Jänner. 

'  Der  Pfarrer  Albert  von  Traunkirchen  erscheint  1345  als  Zeuge  des  Te- 
stamentes des  Pfarrers  von  Qmunden,  Albert  von  St.  Florian.  (Urkunden- 
buch  des  Landes  ob  der  Enns  VI,  606,  Nr.  502.)  Er  stiftete  für  sich  und 
die  römische  Königin  Elsbeth,  Witwe  Albrecht  I.  von  Habsbui^g,  einen 
Jahrtag  in  der  Stiftskirche  zu  Traunkirchen;  cf  Anniyersarien -Ver- 
zeichnis. 

2.  Jänner.  —  B.  IV.  Non. 

Perhta,  ml.  n.  c.  —  Mahtild,  sor.  n.  c.  —  Chnnegundis,  reg.  funda- 
trix  n.  ecclesie.  * 

'  Diese  Einzeichnung  stammt  von  einer  Hand  nach  1420.  Heyrenbach, 
Manuscript  7243,  Nr.  XV.       

3.  Jänner.  —  C.  HI.  Non. 

Perhta,  ml.  n.  c.  —  Ata,  ml.  n.  c.  —  Vlricns,  occ. 


4.  Jänner.  —  D.  Pridie  Non. 

Wilbirgis,  ml.  n.  c.  —  Judicta,  abba.   —   Gedrudis,  abba.  n.  c. 
Volkenstorfferin.^ 

*  Gertrud  m.  erscheint  1280—1298  als  Aebtissin  von  Traunkirchen.  Ob- 
wohl der  Geschlechtsname  Volkenstorfferin  erst  einer  späteren  Zeit  an- 
gehört, so  ist  er  doch  richtig;  denn  das  N.  Cr.  hat  zum  6.  Jänner  ,Ger- 
trudis  de  Ffolchensdorf  abbatissa  in  Traunkirchen.*  Ihr  Name  fehlt  in 
Wirmsberger^s  Beiträge  zur  Genealogie  der  Dynasten  von  Volkensdorf. 


5.  Jänner.  —  E.  Non. 

Hainricns,  occ.  —  Werenhardus,  occ. 


6.  Jänner.  —  F.  VIII.  Id.  Epiphania. 

Albertus,  comes.  *  —  Hiltmdis,  sor.  n.  c.  —  Vlricus,  can. 

^  Albert  n.  Graf  von  Rebgau-Piugen,  gestorben  um   1160.    (Wendrinsk^, 
Die  Grafen  yon  Rebegau-Piugen.) 


280 

7.  Jänner.  —  G.  VII.  Id. 

Chöngundis,  abba.  n.  c.  Chirichpeiigerin.  *    —    Johannes  Volken- 
storffer.  * 

^  Kanigunde  I.  von  Kirchberg,  erscheint  von  1305—1325  als  Aebtissin  von 
Trannkirchen.  Unter  ihr  wurde  der  Hallberg  au  die  K.  Elisabeth  ab- 
getreten. 

*  Johann  I.  von  Volkensdorf,  gest.  1314.    Wirmsberger  a.  a.  O. 


8.  Jänner.  —  A.  VI.  Id.  Erhardi. 

Andreas,  prb.  et  can.  —  Leopirgis,  ml.  n.  c.  —  Tyomo,  can.  — 
Hailwigis,  ml.  n.  c. 

9.  Jänner.  —  B.  V.  Id. 

Duringus.  —  Chungundis,  ml.  n.  c.  Wiwarin.*  —  Thomanus,  prb. 

^  Das  edle  Qeschlecht  der  Wibam  von  der  Feste  Wibam,  heute  Weibern 
im  Uausruckkreise,  erscheint  urkundlich  um  1210  mit  Berthold  de  Wi- 
bam.   (Urkundenbuch  des  Landes  ob  der  Enns  I,  602.) 


10.  Jänner.  —  C.  IV.  Id. 
Johannes,  prb. 


11.  Jänner.  —  D.  III.  Id. 

Mathildis,  ml.  n.  c.  —  Albuinus,  m.  —  Imma,  abba.  —  Hain- 
ricus  Kavrer.*  —  Leo,  occ.  —  Gedrudis,  Elizabeth,  mlos.  n.  c. 

*  Heinrich  von  Rohr,  Ministeriale  von  Baiem,  erwähnt  1231.  (Urkunden- 
buch, 1.  c.  m,  3.) 

12.  Jänner.  —  E.  Pridie  Id. 

Elizabeth,  ml.  n.  c.  Hilprechtingerin.^  —  Maximilianus  imperator.* 

*  Die  Hilprechtinger  waren  ein  Ministerialengeschlecht  der  Grafen  von 
Schaunberg  und  nannten  sich  von  dem  einst  bei  Gmunden  befindlichen, 
dem  Kloster  Trannkirchen  lehenbaren  Schlosse  Hilprechting. 

'  Kaiser  Maximilian  I.,  gestorben  1519  zu  Wels. 


13.  Jänner.  —  F.  Id.  Octava  Epiphanie. 

Hätbigdis,  ml.  n.  c.  —  Werenhardus  comes  Schavnberkch.* 

^  Stttlz,  Die  Grafen  von  Schaunberg  In  den  Denkschriften  der  kais.  Akad. 
d.  W.  phil.-hist    Classe  XH,  Stammtafel,  230,  zählt  acht  Glieder  dieses 


281 

berühmten  Hauses  mit  dem  Namen  Wernhard  auf.  Das  Nekrologium 
Ton  Lambach  hat  z.  d.  T.:  ^Elizabeth,  ml.  de  Traunkircheu'  von  einer 
Hand  des  13.  Jahrhunderts. 


H.Jänner.  —  G.  XIX.  Kai.  Febr. 

Budpertus,  prb.  et  can.  —  Arnoldus.  —  Eberlindus.  —  Alramus. 


15.  Jänner.  —  A.  XVIII.  Kai. 

Imma,  abba.*  —  Iringartis.  —  Chungundis,  ml.  n.  c.  ppr.  vig. 
ßorerin.* 

'  Vielleicht  die  AebtiBsin  Imma  von  Erla  in  NiederOsterreich ;  N.  Lb.  zum 
19.  Jänner.  Die  Aebtissin  Imma  von  Erla  erscheint  um  1234  urkundlich. 
(Chronik  von  Erla,  Manuscript  im  Archive  zu  Seitenstetten.) 

'  Ans  dem  Geschlechte  der  Rohrer;  ihr  Anniversarius  wurde  am  Tage  der 
Heiligen  Fabian   und  Sebastian  gefeiert,  cf.  Anniversarien -Verzeichniss. 


16.  Jänner.  —  B.  XVII.  Kai. 

Pabo,  prb.  —  Gedrudis,  abba.  n.  c* 

'  Eine  der  Aebtissinnen   von  Traunkircheu   vor    1181;    ob  die  I.  oder  II. 
dieses  Namens  lässt  sich  nicht  mehr  bestimmen. 


17.  Jänner.  —  C.  XVI.  Kai. 

Timndis,  abba.  n.  c*  —  Richardis,  Bor.  n.  c. 

'  Die  Aebtissin  Diemudis  stand  von  1180  bis  gegen  1200  dem  Kloster 
Traunkirehen  vor.  Ihrer  gedenken  die  Nekrologien  von  Admont,  Sanct 
Erintrud  und  Lambach  zum  21.  Jänner. 


18.  Jänner.  —  D.  XV.  Kai. 

Elizabeth,  ml.  n.  c.  —  Benedicta,  ml.  n.  c.  —  Richza.  —  Wolf- 

gems. 

Das  Nekrologium  von  St.  Rudbert  in  Salzburg  hat  z.  d.  T. :  Judita, 

ml.  et  decana  Trunkirch(en). 


19.  Jänner.  —  E.  XIV.  Kai. 

Heymo,  prb.  et  m.  —  Gumpoldus.  —  Walchunus. 


20.  Jänner.  —  F.  Xm.  Kai.  Pabiani. 

Leutcardis,  ml.  n.  c.  —  Etticho,  prb.  et  m. 


282 

21.  Jänner.  —  6.  XII.  Kai.  Agnetis  Virg. 

Offemia,  abba.  n.  c.^  —  Wilbirgis  cometissa.'  —  Christannus  abb.* 

^  Eaphemia  I.,  war  Yermatlich  die  Nachfolgerin  der  Aebtissin  Diemndis  %n 
Traunkirchen,  um  1200 — 1230.    Das  N.  Lb.  gedenkt  ihrer  zum  8.  Februar. 

'  Wilbirg,  Gemahlin  Graf  Ekberta  II.  von  Putten,  Tochter  Otakers  IV. 
Markgrafen  von  Steier.  Sie  trat  nach  dem  Tode  ihres  Gemahles  um  1140 
in  das  Nonnenkloster  O.  S.  B.  zu  Admont  Das  N.  Ad.  gedenkt  ihrer  zum 
18.,  das  N.  Lb.  zum  26.  Jänner. 

*  Christan,  Abt  von  Lambach,  1291—1302.  Seiner  gedenken  N.  Ad.  zum 
26.,  N.  Lb.  cum  26.,  N.  Cr.  zum  27.  Jänner. 


22.  Jänner.  —  A.  XL  Kai. 

Offemia,  ml.  n.  c.  —  Ghungundis,  ml.  n.  c. 


23.  Jänner.  —  B.  X.  Kai. 

Perngerus,  occ.  —  Budpertus,  prb.  et  can.  —  MathUdis,  ml.  n.  c. 
—  Gerungus,  prb.  et  can. 


24.  Jänner.  —  C.  IX.  Kai. 

Stephanus,  abb.  —  Otto,  can.  —  Swanbildis,  ml.  n.  c. 


25.  Jänner.  —  D.  VIII.  Kai.  Conversio  s.  Pauli. 

Adalbertus,  prb.  et  can.  —  Leocardis,  abba.^  —  Stephanus,  abb.' 

^  Vermutlich  die  Aebtissin  Leocardis  von  Saurau  zu  Judenburg,  1340  bis 
1347.  Wichner,  Geschichte  des  Clarissenklosters  Paradeis  zu  Judenburg  in 
Steiermark.  (Archiv  für  dsterr.  Gesch.  LXXIII,  459,  Reihe  der  Aebtissinnen.) 

*  Stephan,  Abt  von  Kremsmünster,  1399 — 1405.  Seiner  gedenkt  N.  Lb. 
zum  29.  Jänner. 


26.  Jänner.  —  E.  VU.  Kai. 

Timudis,  ml.  n.  c.  —  Ebrandus.  —  Halka,  abba.  n.  c*  —  Chun- 
radus,  occ. 

^  Die  Aebtissin  Halka  von  Traunkirchen  regierte  im  12.  Jahrhundert;  ihrer 
gedenkt  N.  Lb.  zum  29.  Jänner. 


27.  Jänner.  —  F.  VI.  Kai. 

Wilbirgis,  Gerbirgis,  mies.  n.  c.  —  Ricba,  ml.  n.  c. 


283 

28.  Jänner.  —  G.  V.  Kai. 

Erimbertus,  1.  —  Siboto,  1.   —  Ghalchochus,  can.  —  Witigo.* 

*  Vielleicht  jener  Witigo  scriba  ducis,  welchen,  wie  die  Cont.  Garstensis 
ad  a.  1266  erzählt,  Ortolf  von  Volkensdorf  im  Refectorium  der  Brüder 
von  St.  Florian  ermordete.  Das  alte  Nekrologium  von  St.  Florian  (Stttlz 
im  Notizenblatt  1852,  291)  gibt  den  6.  Februar  an. 


29.  Jänner.  —  A.  IV.  Kai. 

Amoldus,  prb.  et  m.  —  Gewoldus.  —  Irenhai'dis. 


30.  Jänner.  —  B.  m.  Kai. 
Gisula,  8or.  n.  c. 

N.  Lb.  hat  z.  d.  T.  3enedicta,  ml.  Tninchirchen'  mit  einer  Hand 
des  13.  Jahrhunderts. 


31.  Jänner.  —  C.  Pridie  Kai. 
Offemia  comitissa. 


Febraarias. 

1.  Februar.  —  D.  Kai.  Febmarii. 

Leotoldus,  prb.  et  can.  —  Gebharduö  comes.*  —  Gerdrudis,  sor. 
n.  c.  —  Pertha,  ml.  n.  c. 
'  Siehe  den  folgenden  Tag. 


2.  Februai*.  —  E.  IV.  Non.  Purificatio  s.  Marie. 

Gebhardus  comes.'  —  Eberlindis,  ml.  n.  c.  —  Wilhalmus,  pleb. 
in  Mnnsster.' 

'  Gebhard  HI.,  Graf  von  Rebgau-Piugen,  gestorben  1186.  (Wendrinsk^ 
a.  a.  0.)    Einige  Nekrologien  geben  den  10.  Februar  an. 

'  Diese  Einzeichnung  stammt  von  einer  Hand  nach  1420.  Munster  ist  das 
heutige  Altmünster. 


3.  Februar.  —  F.  m.  Non. 

Johannes,  pleb.  in  Nusdorf.*  —  Gerbirgis,  ml.  n.  c. 
^  Nusadorf  am  Attersee,  dessen  Pfarrkirche  unter  dem  Patronate  von  Traun- 


kirchen  stand. 


284 

4.  Februar.  —  G.  Pridio  Nun. 
Erminlindis.  ml.  n.  c. 


5.  Februar.  —  A.  Non.  Agathe. 

Dorothea,  abba.  n.  c.  Eätringerin.^  —  Dorothea,  ml.  n.  c.  Gatt- 
ringer.* 

^  Dorothea  I.  von  Katringen,  aus  einem  in  OberOsterreich  ansässigen  Edel- 
geschlechte,  erscheint  urkundlich  im  Jahre  1405  als  Aebtissin  von  Traun- 
kirchen.  (Reg.  Nr.  öT.)"^ 

'  Diese  Einzeichnung  stammt  von  einer  Hand  nach  1420. 


6.  Februar.  —  B.  VIII.  Id. 
Diemudis,  sor.  n.  c. 


7.  Fobruai-.  —  C.  VII.  Id. 
Alhaidis,  abba.^ 

*  Die  Aebtissin  Alhaid  von  Cbess,  welche  1178  urkundlich  erwähnt  wird. 
Ihrer  g^enkt  z.  d.  T.:  N.  Mi.  (Wichner,  Geschichte  des  Nonnenklosters 
Goess  O.  8.  B.  in  Studien  und  Mittheilungen  aus  dem  Benedictiner- 
orden,  XIII.  Jahrgang  [1892],  168.) 


8.  Februar.  —  D.  VI.  Id. 

Gerdrudis,  abba.*  —  Otto,  prb.  et  can.*  —  GedrudiS;  ml.  n.  c. 
—  Otto,  occ. 

^  Vielleicht  die  Aebtissin  Gertrud  I.  des  Cistercienserklosters  Schlierbach, 

1394—1417;  cf.  Brunner,  Ein  Cistercienserbuch  115. 
*  Otto,  Canonicus  und  Cellerarius  des  Domstiftes  St.  Rudbert  in  Salzburg. 

N.  st  Rudb.  z.  d.  T. 


9.  Februar.  —  E.  V.  Id. 

Hertbicus,  prb.  et  can. 


10.  Februar.  —  F.  IV.  Id.  Scolastice. 

Benedicta,  sal.*   —   Wolfinarus.    —   Ortolfus,  occ.   —   Engel- 
mudis,  ml.  n.  c.  —  Gewolfüs. 

^  Nonne  von  St  Erintmd  auf  dem  Nonnberge  in  Salzburg,  N.  st  Er.  z.  d.  T. 


286 


11.  Februar.  —  G.  m.  Id. 
Gedrudis,  ml.  n.  c. 


12.  Februar.  —  A.  Pridie  Id. 

Walchunus,  occ.  —  Timudis,  abba.*  —  Erbo,  can. 

*  Nach  N.  Lb.  war  diese  Diemnd  Aebüssin  von  St.  Qeorg  am  Längsee  in 
Kirnten  im  18.  Jahrhundert. 


13.  Februar.  —  B.  Id. 

Margaretha,  abba.  n.  c.  Stainacherin.^ 

'  Von  einer  Hand  nach  1420  eingezeichnet.  Margaretha  III.  von  Steinaeh, 
Aebtissin  von  Traunkirchen,  1522 — 1534.  lieber  ihre  Bitten  bestätigte 
Erzherzog  Ferdinand  von  Oesterreich  1522,  18.  Oct  die  Privilegien  des 
Klosters.  (Reg.  Nr.  105.) 

H.Februar.  —  C.  XVI.  Kai.  Valentini. 

Dyetmarus,  pleb.  —  Mai'garetha  Vörsterin,  ml.  n.  c.^  —  Barbara 
Pirchingerin,  (ml.)  n.  c. 

*  Nach  dem  Jahre  1120  eingezeichnet.  Margaretha  stammte  ans  dem  edlen 
Geschlechte  der  Yorster  zu  Hohenberg. 


15.  Februar.  —  D.  XV.  Kai. 

Dyetricus,  prb.  et  can.  —  Barbara,  ml.  n.  c.  Teuflin.* 

*  Nach  1420  eingezeichnet.   Barbara  gehörte  dem  edlen  Hause  der  Teufel 
von  Gnntramsdorf  an.    Ihrer  gedenkt  N.  Lb.  z.  d.  T. 


16.  Februar.  —  E.  XIV.  Kai. 

Lewtwinus,  occ.  —  Dietmarus,  prep. 


17.  Februar.  —  D.  XHI.  Kai. 
Albero,  prb. 


18.  Februar.  —  G.  XU.  Kai. 

Harlungus,  1.  —  Mahtildis. 


19.  Februar.  —  A.  XI.  Kai. 

Wilbirgis  comitissa,  m.  n.  c,  di  an  Leutoldi.*  —  Gerdrudis,  abba.* 
—  Qerbirgis. 


286 


^  Wilbirg,  vermutlich  die  Gemahlin  Otakers  11.,  Markgrafen  der  Kimtner 
Mark,  gestorben  nach  1060.  Der  Znsats  ,di  an  Lieutoldi*  stammt  von  einer 
Hand  nach  1420.  Die  Worte  ,nostre  congregationis*  scheinen  ansadenten, 
dass  Wilbirg  ihren  Qemahl  Überlebt  nnd  eu  Traunkirchen  dann  den 
Schleier  genommen  hat     Ihrer  gedenkt  z.  d.  T.  N.  Lb. 

'  Gtortmde,  Aebtissin  von  St.  Erintrud  auf  dem  Nonnberge  zu  Salzbarg  im 
13.  Jahrhundert  Ihrer  gedenken  z.  d.  T.:  N.  N.  nnd  N.  st  Radberti, 
N.  Ad.  zum  folgenden  Tage. 


20.  Februar.  —  B.  X.  Kai. 
Hertbicns,  prb.  et  m. 


21.  Februar.  —  C.  IX.  Kai. 

Engela,  ml.  n.  c.  ppr.  vigilia.^ 

^  Nach  einer  Notiz  bei  Heyrenbach,  Manuscript  Nr..  8538   1.  c^  soll  die 
Nonne  Engela  dem  Geschlechte  Fatershaim  angehört  haben. 


22.  Februar.  —  D.  VIII.  Kai.  Kathedra  s.  Petri. 
Matbildis,  c.  n.  c. 


23.  Februar.  —  E.  VII.  Kai. 
Fridericus,  pleb.  n.  c. 


24.  Februar.  —  F.  VI.  Kai. 

Chunigundis,  ml.  n.  c.  Sulczpekchin.^  —  Dieimarus,  pleb. 

*  Ein  altes,  in  den  Urkunden  von  OberOsterreich  nicht  selten  erwähntes 
(Geschlecht 


25.  Februar.  —  G.  V.  Kai. 

Liebhardus  Mühlhamer,  prb.^  —  Chunradns,  occ. 
^  Nach  1420  eingezeichnet 

26.,  27.,  28.  Februar.* 

^  Für  diese  Tage  fehlen  in  Qnerk^s  nnd  Hejrenbach's  Auszügen  die  Ein- 
Zeichnungen. 


Martins. 

l.M&rz.  —  D.Kai. 
EUiabeth,  abba.* 

*  Vermutlich  die  Aebtissin  Elisabeth  von  Schlierbach,  1372—1378. 


287 

2.  März.  —  E.  VI.  Non. 

Otto  Polhaymer.*  —  Otto,  occ. 

'  Ein  Otto  von  Polhaim  wird  1277  erwähnt.    Er  soll  in  Lambach  begraben 
sein.  Prenenhuber,  Annal.  Styrens.  455. 


S.März.  —  P.V.Non. 

Wyboto,  prb.  et  can.^  —  Perchtramus,  prb.  et  can. 
1  Canonicos  zu  St.  Radbert  in  Salzburg;  N.  st  Rndb.  z.  d.  T. 


4.  März.  —  G.  IV.  Non. 

Marquardus,  prb.  et  prep. 


5.  März.  —  A.  in.  Non. 

Elisabeth,  abba.  n.  c.  Polhaymerin.^  —  Otakerus  comes,  pater  Ate 
prime  abbatisse  istius  loci.  Aygen  vigiley  und  selambt.^ 

*  Elisabeth  I.  von  Polheim,  erscheint  arkundlich  von  1247  bis  nach  1262 
als  Aebtissin  von  Trannkirchen. 

*  Otaker  I.,  Qraf  von  Grabenstatt  im  Chiemgau,  auch  Ozi  genannt,  ge- 
storbenem 1030;  cf.  Qeschichte.  Der  Znsatz  ,Aygen  vigiley  nnd  sei- 
ambt*  rührt  von  einer  Hand  nach  1420  her.  Seiner  gedenkt  z.  d.  T. 
N.  st  Rndb.  

6.  März.  —  B.  Pridie  Non. 

Sighardus,  prb.  et  can. 


7.  März.  —  C.  Non.  Perpetue  et  Felicitatis. 

Margaretha,  abba.  —  Fridericns  submersns. 


8.  März.  —  D.  Vm:  Id. 
Marquardus,  occ. 


9.  März.  —  E.  .Vn.  Id. 

Dietmaras,  pleb.  —  Jacobus,  pleb.  n.  c.  Ebser.^ 

*  Jakob  Ebser,  ,deoretorum  Doctor*  und  Pfarrer  zu  Pels  in  der  Salzburger 
DiOcese,  tauschte  mit  Rudbert  Ueberagger,  Canonicus  von  Passau  und 
Pfarrer  zu  Traunkirchen,  1444  die  Pfarre.  (Reg.  Nr.  75.)  Die  Einzeich- 
nnng  geschah  gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts. 


10.  März.  —  F.  VI.  Id. 

Wolfmams,  prb.  et  can. 


288 

11.  März.  —  G.  V.  Id. 

Arnoldus  Haydenreich.  —  Otto,  abb.* 

^  Verinuthlich  Abt  Otto  von  Qarsten,  1317 — 1333,  ein  g^rosser  Beförderer 
der  Wissenschaft  und  Kunst  in  seinem  Stifte.  Friess,  Gesch.  v.  Garsten, 
in  Studien  und  Mittheilnng^en  aus  dem  Benedictinerorden,  II.  Jahrgang, 
1881,  17. 

12.  März.  —  A.  IV.  Id.  Gregorii. 

Wilbirgis,  abba.  n.  c.  ppa.  vigilia.^ 

^  Die  Aebtissin  Wilbirg  stand  im  12.  Jahrhunderte  (vor  1180)  TraunldrcheD 
Tor.  Ihrer  gedenkt  das  N.  st.  Lbt.  z.  d.  T.  Zum  Vortage  findet  sich  in 
T.  eine  Wilbirgis  eingetragen  mit  einer  Hand  des  15.  Jahrhunderts, 
eine  bessernde  Hand  hat  ,Dimudi8,  abba.  n.  c'  daftlr  gesetzt,  was  gänzlich 
unrichtig  ist,  da  die  Aebtissin  Dimudis  von  Traunkirchen  am  17.  J&nner 
im  Nekrologium  erscheint.  Vermutlich  stand  der  Name  Wilibirgis,  da 
sie  einen  Jahrtag  hatte,  im  alten  Nekrologium  am  Rande  des  Vortages 
angemerkt,  wie  dies  bei  diesen  und  anderen  Todtenbüchem  zuweilen  der 
Fall  ist,  und  wurde  dann  bei  der  Neuanlage  des  Todtenbuches  zum 
11.  März  eingetragen. 


13.  März.  —  B.  m.  Id. 
Gerdrudis,  abba.^ 

^  Die  N.  st.  Lbt  und  N.  Ad.  bezeichnen  diese  Gertrud  als  Aebtissin  von 
St  Georgen  am  Läng^ee  in  Kärnten.  Sie  entstammte  dem  Hause  der 
Grafen  von  Ortenburg  und  ttberliess  1190  ihrem  Bruder  Otto  Grafen 
ven  Ortenburg  zwei  Mausen  bei  Chrowat  am  Millstättersee.  (Archiv  für 
Kunde  Osterr.  Geschichtsquellen  XI,  346,  Nr.  643.) 


14.  März.  —  C.  Pridie  Id. 

Elisabeth,  ml.  n.  c.  Auerin.^ 

^  Die  Nonne  Elisabeth  entstammte  dem  edlen,  in  Gestenreich  vielverzweig- 
ten Geschlechte  der  Auer  von  Gunzing  und  Herrenkirchen.  (Hohenegg, 
Genealogie  der  Stände  von  OberOsterreich  IH,  859.) 


15.  März.  —  D.  Id. 

Florianus,  m.  in  Mensee,  prior.^ 

^  Hand  des  16.  Jahrhunderts.  Florian  erscheint  1505  in  der  Conföderations- 
urkunde  der  KlOster  Traunkirchen  und  Mondsee  als  Prior  oder  zweiter 
Vorsteher  des  letzteren  Klosters.    (Reg.  Nr.  102.) 


289 

17.  März.  —  F.  XVI.  Kai. 

Hertridus,  can.  —  Engelschalcus,  prb.  et  can.  —  Anna  Wart- 
terin,  Töchant(m).^ 
*  Nach  1420  eingetragen. 

19.  März.  —  A.  XIV.  Kai. 

Michael,  prb.  et  m.  monasterii  Lambacensis.* 

^  Dieser  Name  steht  mit  grossen  Buchstaben  yon  einer  Hand  des  16.  Jahr- 
hunderts im  Nekrologium. 


20.  März.  —  B.  Xm.  Kai. 

Fridericns  Wasner/  Elizabeth  nxor  eius. 

*  Friedrich  von  Wasen,  dessen  Mutter  von  der  Aebtissin  Gertmde  von 
Trannkirchen  im  Jahre  1347  mit  dem  Hofe  Wechling,  heute  Wachling 
bei  Kalham,  belehnt  wurde.  (Reg.  Nr.  31.)  Die  Wasner  oder  Wasen, 
XU  denen  auch  die  Herren  von  Kammer  (Chamer)  gehörten,  führten  ihren 
Kamen  von  der  Feste  Wasen  an  der  Ager  und  waren  Ministerialen  der 
Grälen  von  Schaunberg.    (Stmadt,  Peuerbach,  159,  296.) 


21.  März.  —  C.  Xn.Kal.  Benedicti. 
Bernhardas  comes.^ 

'  Vermutlich  Bernhard  I.,  Graf  von  Marburg,  aus  dem  Hause  Sponheim, 
Gemahl  Chunigundens,  Tochter  Otakers  IV.  von  der  Steiermark.  Gkaf 
Bernhard  starb  in  Palästina  1148;  das  N.  Ad.  hat  den  24.  October,  das 
Nekrologium  Mosacense  gibt  den  15.  März  als  Todestag  an. 


23.  März.  —  E.X.Kai. 
Georins,  abbas. 

'  Georg  Spatz,  1500 — 1504  Abt  von  Kremsmünster.  Die  Todtenbttcher  von 
Mariazeil  und  Spital  am  Pyhm  haben  diesen,  das  Nekrologium  von 
Göttweig  den  Vortag. 


24.  März.  —  F.  VÜI.  Kai. 

Fridericns  submersas.  —  Elisabeth  Polhaymeiin.  —  Johannes, 
capellanns  noster  Pawshntter.^ 
*  Nach  1420  eingezeichnet 


26.  März.  —  A.  VH.  Kai. 

Hertnydns,  prb.  et  decanus.  —  Hadmarus,  archiprb.  et  can.  Oster- 
bajmer.  —  Heinricas  Volchenstorffer.^ 

ArekiT.   Bd.  LXXXII.  I.  H&lfte.  19 


290 

*  Vermutlich  Heinrich  IV.  von  Volkensdorf,  gestorben  1333.   (Winnsberger 
a.  a.  O.,  32  ff.) 

27.  März.  —  B.  VI.  Kai.  Ruperti. 
Weychardus,  prep. 


28.  März.  —  C.  V.  Kai. 

Anna  Perkauserin,  ml.  n.  c. 

>  Hand  nach  1420. 


29.  März.  —  D.  DU.  Kai. 

Otakcheitis,  comes  n.  c.  illius  loci.*  —  Warbara,  ml.  n.  c.  Schenkhin. 

*  Otaker  HI.,  Markgraf  von  Steier;  cf.  Qeschichte.    Ihn  erwähnen  *.  d.  T.: 
N.  Ad.,  N.  Cr.  und  N.  8eo. 

30.  März.  —  E.  ITI.  Kai. 

Engelramus,  occ.  —  Pertha,  abba.* 

^  Das  N.  st.  Lbt.  hat  zum  28.  März   eine  Perhta,  Aebtissin  von  St  Georg 
am  Längsee,  eingezeichnet. 

31.  März.  —  F.  Pridie  Kai. 

Chungundis,  ml.  n.  c.  Auerin.*  —  Artolffus  Polhayraer.* 

^  Siehe  zum  14.  März. 

■  Nach  Hochenegg   (a.  a.  O.,  H.  Bd.,  62)  vermutlich  der  Dritte  dieses  Na- 
mens, g^estorben  um  1320. 


Aprilfs. 

1.  April.  —  G.  Kai.  Apr. 

Vlricus,  occ.  —  Vlricus,  occ. 


2.  April.  —  A.  mi.  Non. 

Tutta,  abba.  n.  c.^  —  Romanus,  ep.* 

*  Tuta  stand  dem  Kloster  Trannkirchen  vor  1180  als  Aebtissin  vor.    Ihrer 
gedenkt  N.  Lb.  zum  Vortage. 

•  Roman  L,  Bischof  von  Gurk,    1131 — 1167.    Ihn  erwähnen  zum  S.April 
die  Salzburger  Todtenbücher,  N.  Ad.,  N.  R.  und  N.  See. 


4.  April.  —  C.  Pridie  Non. 

Gedrudis,  abba.  n.  c*  —  Wolfgangus  Winkler. ^ 


291 

*  Yennntlich  Gertntd  IV.,  Aebtissin  von  Trannkirchen,  1334—1347. 

*  Nach  1420  eingezeichnet. 

5  April.  —  D.  Non. 

Mag.  Jacobus  Herbsleben,  plb.  in  Yecklapruck.^ 

*  Nach  1420  eingezeichnet. 

6.  AprU.  —  E.  VUI.  Id. 

Leocardis,  ml.  n.  c.  Lychtenbinkchlerin,   ppr.  vig.    —    Erken- 
bertns,  plb. 

7.  April.  —  F.  Vn.  Id. 

Herbnrgis,  ml.  n.  c.  Erenvelserin.   —    Petronella  Mülbangerin, 
ml.  n.  c.^ 
^  Diese  Einzeichnnng  stammt  nach  dem  Jahre  1420  her. 


8.  April.  —  G.  VI.  Id. 

Elizabeth,  ml.  n.  c.  Waldnerin.  —  Albertus,  archiep.*  —  Weren- 
hardns  Schaonberg. 

>  Adalbert  H.,  Erzbischof  von  Salzburg,  1168—1177,  1183—1200.  Ihn  er- 
wähnen ausser  den  Salzbnrger  Todtenbüchem  noch  N.  st.  Lbt,  N.  Cl. 
und  N.  Mel.  z.  d.  T.;  N.  Lb.  zum  Vortage  und  N.  Cr.  zum  6.  April. 

*  Wemhard  VII.  von  Schaunberg,  gestorben  1373;  cf.  Stülz,  a.  a.  O.  230. 
N.  Michb.  und  N.  WUh.  z.  d.  T. 


9.  April.  —  A.  V.  Id. 

Gening^s,  prb.  et  can. 


11.  April.  —  cm.  Id. 

Hainricus,  abb.^  —  Herandus,  occ. 

^  Heinrich,  Abt  von  Lambach,  1264—1286.  N.  Lb.  zum  12.  April,  N.  st.  Lbt. 
und  N.  Ad.  z.  d.  T. 


12.  April.  —  D.  Pridield. 

Soffia,  sor.  n.  c.  Wyebarin.^ 

*  Siehe  zum  9.  Jftnner. 

Das  N.  Lb.  hat  z.  d.  T.  ,Diemudis,  ml.  Trunch(irchen)S  13.  Jahrhundert. 


13.  April.  —  E.Id. 

Gedmdis,  ml.  n.  c.  Hartbaymerin.^  —  Nicolans,  ep.* 


19* 


292 


^  Die  Harthaimer,  ein  edles  Geschlecht  von  Oberösterreich,  das  sich  nach 
dem  Schlosse  Hartheim  nächst  Alkoven  nannte,  starb  nach  1321  aus. 
(Stmadt,  Peuerbach  837.) 

*  Nicolaus,  Suffra^^nbischof  von  Passau  im  15.  Jahrhundert  Die  Ein- 
Zeichnung  geschah  nach  1420. 


15.  April.  —  G.  XVn.Kal. 

Margaretha,  ml.  n.  c.  Harthaymerin,  abba.^ 

'  Obwohl  das  Wort  ,abbati8sa'  von  einer  Hand  nach  dem  Jahre  1420 
stammt,  ist  es  doch  richtig,  da  Margaretha  von  Harthaim  thatsächlich 
von  1348 — 1S69  Aebtissin  von  Traunkirchen  war.  Ihrer  gedenkt  z.  d.  T. 
das  ,KaIendarium  Alberti  plebani  in  Waldchirhen'  im  XXXIX.  Jahresber. 
des  Mus.  Franc-Carol.  in  Linz,  1881. 


16.  April.  —  A.  XVI.  Kai. 

Weyi-at,  abba.^  —  Otto,  occ. 

^  Wirad  U.,  Aebtissin  von  8t.  Erintrud  auf  dem  Nonnberge  in  Salzburg, 
urkundlich  um  1186  erwfthnt.  Ihrer  gedenken  z.  d.  T.  die  Salzburger 
Nekrologien,  sowie  N.  st.  Lbt.  und  N.  Bfichb.;  das  Todtenbuch  von  Sanct 
Erintrud  hat  den  17.  April. 


17.  April.  —  B.  XV.  Kai. 
Albero,  prb.  et  can. 


18.  April.  —  C.  XIV.  Kai. 

Chunradus,  archiep.^  —  Yta,  abba.*  —  Chnngundis  Borerin. 

^  Vermuthlich  Conrad  I.,  Erzbischof  von  Salzburg,  1106 — 1147,  dessen  die 
meisten  Osterreichischen  und  bairischen  Nekrologien  zum  8.  oder  9.  April 
g^enken. 

'  Die  Aebtissin  Uta  von  St  Georgen  am  Längsee,  früher  Nonne  von  Ad- 
mont.  Abt  Wolvold  von  Admont  sandte  sie  mit  zwanzig  Schwestern  aus 
seinem  Kloster  nach  St.  Georgen  zur  Durchführung  der  Reformation 
dortselbs!  Uta  starb  um  1160.  Wichner,  Admont  I,  78.  Ihrer  gedenken 
z.  d.  T.  die  Salzburger  und  steirischen  Todtenbücher. 


19.  April.  —  D.  Xm.  Kai. 

Elizabeth,  ml.  n.  c.  Sunbererin.^ 

'  Aus  dem  berühmten  Geschlechte  der  Herren  von  Sunnberg.  Sie  war  ver- 
mutlich eine  Tochter  Hadmars  von  Sunnberg,  der  1276  ein  Gut  su 
FellabrunU  mit  einem  Talente  jährlichen  Einkommens  an  Traunkirchen 
vergabte    (Reg.  Nr.  8.) 


293 

20.  April.  —  E.  Xn.  Kai. 
Alramos,  abb.^ 

>  Alnun,  Abt  von  Lambach,   1208—1214.     Ihn  erwähnen  N.  Lb.  s.  d.  T., 
N.  8t  Badb.  und  N.  st  Lbt  xnm  folgenden  Tage. 


21.  April.  —  F.  XI.  Kai. 

Wehagrinius,  abb.^  —  Otto,  prb.,  ,vn8er  peichtvater*.' 

^  Waengrim,  Abt  von  Lambach,  1197—1209.  N.  Lb.,  N.  Cr.  und  N.  st  Lbt 

nun  folgenden  Tage. 
'  Nach  1420  eingetragen. 


22.  April.  —  G.  X.  Kai. 
Cbristina,  abba.^ 

^  Wahrscheinlich  die  Aebtissin  dieses  Namens  von  Paradeis  in  Judenbnrg, 
1368.    (Wichner,  a.  a.  O.) 


28.  April.  —  A.  Vmi.  Kai. 
Seyboldos  Yolchenstorffer.* 

'  Siboto  n.  von  Volkensdorf,  gestorben  1405.  (Wirmsberger,  a.  a.  O.  53.) 
Das  N.  st  Bndb.  hat  x.  d.  T.  Otilia,  conya.  s.  Marie  in  Tmenchirchen 
mit  einer  Hand  des  12.  Jahrhunderts. 


25.  April.  —  D.  Vn.  Kai. 
Ottakchems  submersns. 


26.  April.  —  D.  VI.  Kai. 

ChuDgundis,  sor.  n.  c.  Stegerin. 


28.  April.  —  F.  im.  Kai.  VitaHs. 

Swariizmaimü8,abbas  des  Lambach.^  —  Budolfas  Lychtenbinkchler. 

'  Snarzmannos,  der  nennte  Abt  von  Lambach,  1194 — 1197,  starb  in  GOtt- 
weig.  N.  Lb.  z.  d.  T.,  N.  st  Lbt.  sum  folgenden  Tage.  Das  N.  st  Budb. 
hat  s.  d.  T.  Mahtildis,  ml.  s.  Marie  (in  Trannkirchen). 


29.  April.  —  G.  in.  Kai. 
Heinricns,  occ. 


294 

30.  April.  —  A.  Pridie  Kai. 

Heinricuß  dux  Barbarie.^    —    Gebolfus,  prb.  et  can.    —    Or- 
tolffus,  occ. 

^  Welcher  Herzog  dieses  Namens  von  Baiem  hier  gemeint  ist,  konnte  ich 
ni^ht  auffinden;  vielleicht  Heinrich  IX.,  der  Schwarze,  Vater  der  Mark- 
gräfin Sophie  von  Steiermark,  der  aber  nach  dem  Necrol.  Weingart  bei 
Hess,  Mon.  Guelf.  am  31.  December  1126  als  Laienbruder  von  Wein- 
garten gestorben  sein  soll.    (Riezler,  (3esch.  v.  Baiern  I,  538.) 


Malus. 


1.  Mai.  —  B.  Eal.  Mali.  Philipp!  et  Jacobi. 

Otakcherus  marchio.^  —  Wilbirgis,  abba.*  —  Fiidericus,  occ. 
—  Barbara,  ml.  n.  c.  Tungestin.'  —  Regina,  abba.  Pfaffingerin. 
Nunberg.* 

'  Otaker  U.,  Markgraf  der  Kärntner  Mark,  gestorben  um  1060;  cf.  Ge- 
schichte.   Ihn  erwähnt  z.  d.  T.  N.  st.  Lbt. 

'  Wahrscheinlich  die  Aebtissin  Wilbirg  von  Erla  in  Niederösterreicb,  er- 
wähnt um  1260;  N.  Lb.  z.  d.  T. 

*  Nach  1420  eingetragen. 

^  Regina  Pfaffinger  von  Salbernkirchen,  1505 — 1514  Aebtissin  von  Nonn- 
berg.   N.  N.  zum  27.  April. 

2.  Mai.  —  C.  VL  Non. 

Syboto,  prb.  et  can. 


3.  Mai.  —  D.  V.  Non. 

Marquardas,  prb.  et  can. 


4.  Mai.  —  E.  im.  Non. 

Elizabeth,  ml.  n.  c.  Lauerin.  —  Christina  Lobensteynerin. 


5.  Mai.  —  F.  m.  Non. 

Walthawser  Strasser.^ 

^  Hand  nach  1420. 


6.  Mai.  —  G.  Pridie  Non. 

Werenhardus,  can.  —  Katharina,  ml.  n.  c.  Sultzpergerin.^ 

*  Von  ihr  bewahrte  die  ehemalige  Klosterbibliothek  zu  Traunkirchen  ein 
8ch(}ne8  Psalterinm,  auf  Pergament  geschrieben,   das  ihr  vermutlich  von 


295 

einem  Bruder  oder  einer  Schwester  g^eschenkt  wurde,  wie  dies  aus  den 
am  Ende  geschriebenen  Worten:  ,das  puech  ist  Katharina  Sultzpergerin 
meiner  gar  hertzenlieben  swester*  erhellt  Die  Nonne  Katharina  lebte 
nach  1420. 


8.  Mai.  —  B.  Vm.  Id. 
Hainricus  submersus. 


9.  Mai.  —  C.  Vn.  Id. 

Otakcherus,  dux  Stirensis.^ 

'  Otaker  VI.,  Herzog  der  Steiermark,  gestorben  1192.    Ihn  erwähnen  die 
meisten  Nekrologien  theils  zum  8.,  theils  zum  9.  oder  10.  Mai. 


12.  Mai.  —  F.  mi.  Id. 

Ylricus,  miles  Michelsteter.  —  Walchanüs,  frater  praedicator. 


13.  Mai.  —  G.  m.  Id. 
Johannes  transfixns. 


U.  Mai.  —  A.  Pridie  Id. 

Badoifas,    miles    Liechtenwinchler.    —    Magdalena,    ml.  n.  c. 
Prenin  (?)^ 

'  Diese  Elinzeichnung  stammt  nach  dem  Jahre  1420. 


16.  Mai.  —  C.  XVn.  Kai. 

Chungundis,  ml.  n.  c.  Pibrin.^  —  Elizabeth,  ml.  n.  c.  Sleglin. 

'  Die  Piber  (Castor)    zu  Piberstein  waren  ein  altes  Adelsgeschlecht  von 
OberOsterreich;  cf.  Hohenegg,  Gtoneal.,  III.  Bd.,  52. 


20.  Mai.  —  G.  Xm.  Kai. 

Bicherus  submersus. 

21.  Mai.  —  A.  Xn.  Kai. 

Hainricus,  prb.  et  can. 


23.  Mai.  —  C.  X.  Kai. 

Budbertus,  abb.^ 
*  Rndpert,  Abt  von  Tegemsee,  gestorben  1186;  N.  st  Rndb.  zum  Vortage. 


296 

24.  Mai.  —  D.  Vnn.  Kai. 

Dietricus,  prb.  et  can.  —  Helmhardus,  miles.  —  Dorothea,  abba. 
n.  c.  Strasserin.* 

^  Dorothea  II.    Strasser,    1513  —  1622    Aebtissin  von  Traunklrchen*  ihrer 
gedenken  N.  N.  und  N.  Lb.  zum  Vortage. 


25.  Mai.  —  E.  Vm.  Kai. 

Albere,  prb.  et  pleb.  —  Johannes,  abb.  Lambacensis,^ 

1  Johann  IV.,  Abt  von  Lambach,  1474—1509. 


27.  Mai.  —  G.  VI.  Kai. 
Gerbirgis,  cometissa. 


28.  Mai.  —  A.  V.  Kai. 

Chnnradus,  prb.  et  can. 

*  Nach  N.  st  Rudb.  Canonicus  von  Berchtesgaden  im  12.  Jahrhundert 


29.  Mai.  —  B.ira.  Kai. 

Alhaidis,  ml.  n.  c.  Hüssendorferin.^ 

^  Tochter  Ulrichs  von  Hnsendorf,  der  1841  zur  Aufbesserung  ihrer  Pfründe 
dem  Kloster  ein  Gut  zu  Kirchdorf  vergabte.    (Reg.  Nr.  27.) 


30.  Mai.  —  C.  m.  Kai. 

Trystannns,  pleb.  n.  c.  —  Seyffridus,  prb.  et  can. 


31.  Mai.  —  D.  Pridie  Kai. 
BuedolffuB,  abb.^ 

^  Rudolf  I.,  Abt  von  Seitenstetten,  früher  MOnch  zu  St.  Emmeran  in  Re* 
gensburg,  1261 — 1290.  N.  St.  Emmerani  gibt  den  26.  Mai  als  Todestag  an. 


Jnnins. 

1.  Juni.  —  E.  Kai.  Junii. 

Vrsula  Aschpanin,  ml.  n.  c* 

'  Die  Aspan  (Eschpain),  Freiherren  zum  Haag  auf  Hartham  und  Wims- 
bach,  ein  altoberOsterreicIiisches  Geschlecht,  das  1645  ausstarb.  (Hoben- 
^ggi  a.  a.  O.  in,  37.)  Die  Nonne  Ursula  lebte  nach  1420  in  Trann- 
kirchen. 


297 

2.  Juni.  —  F.  im.  Non. 

Marie  Mulbangerin.  ^  —  Anna,  ml.  n.  c.  d^  Neithart.^ 

'  Nach  1420  eingetragen.  Die  MUlwanger  sa  Gmeb  und  Neidtharting 
unterhielten  viele  Besiehnngen  zu  Traunkirchen,  siehe  Reg.  Nr.  34,  37, 
43,  44,  50,  96.  Das  Geschlecht  starb  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts 
tos.    (Hoheneggy  a.  a.  O.  III,  427.) 

*  Nach  1420  eingezeichnet.  Die  Neidthart  zu  Oneissenau  starben  Ende 
des  16.  Jahrhunderts  aus.    (Hohenegg,  a.  a.  O.  m,  441.) 


4.  Juni.  —  A.  Pridie  Non. 

Alhaidis,  abba.  n.  c.  Husendorfferin.  ppr.  yigilia.^ 

'  Die  Aebtissin  Alhaidis  stand  vor  1180  Traunkirchen  vor.  Der  Familien- 
name wurde  erst  aus  dem  Anniversarien- Verzeichnisse  in  das  Nekrologium 
abertragen  und  lisst  sich  deshalb  mit  Sicherheit  nicht  bestimmen. 


5.  Juni.  —  B.  Non. 

Erasmns,  abb.^  —  Ghristina,  abba. 

'  Vermutlich  Erasmus,  Abt  von  Lambach,  1405—1410;  N.  Lb.  und 
N.  st  Lbt  geben  den  17.  Mai,  N.  Ad.  den  9.  Blai  als  Todestag  an. 
Das  N.  st  Rudb.  hat  z.  d.  T.  noch :  Jeuta,  ml.  s.  Marie  in  Traunkirchen. 


6.  Juni.  —  C.  Vm.  Id. 
Johannes,  prb.  et  can. 


7.  Juni.  —  D.  Vn.  Id. 

Stephanns,  abb.  —  Anna,  ml.  n.  c.  Täxerin. 


8.  Juni.  —  E.  VI.  Id. 

Chuno,  can.  —  Barbara  Perkhamerin,  ml.  n.  c*  —  Hainricus, 
frater  n.  c. 

'  Nach  1420  eingetragen. 


10.  Juni.  —  G.  nn.  Id. 

Odalricuß,  abb.^  —  Emestus,  can. 

*  N.  tt  Lbt  hat  zum  Vortage  ,Odalricus,  abbas  8.  Salvatoris*.  Das  Sanct 
Salvator- Kloster  ist  Kremsmttnster;  vevmutlich  Abt  Ulrich  111.  von 
Kremsmttnster,  gestorben  1182. 


298 

12.  Juni.  —  B.  Pridie  Id. 

Manegoldus,  eps,^ 

^  Maneg^old,  1206—1215  Bischof  von  Passau.    Seiner  ^denkt  N.  Lb.  snm 
9.  Juni. 

13.  Juni.  —  C.  Id. 

Agnes,    ml.  n.  c.  Mulbangerin.    —    Fridericus  imperator.^  — 

Eberhardus,  occ. 

^  Kaiser  Friedrich  I.,  ^sterben  1190.    Die  Nekrologien  geben  theils  den 
10.,  theils  den  13.  und  15.  Juni  an. 


14.  Juni.  —  D.  XVm.  Kai. 

Eticho,  prb.  et  can.  —  Pabo,  occ.  —  Thomas  Tanpeck,  can.^ 
^  Nach  1420  eingezeichnet. 


15.  Juni.  —  E.  XVn.  Kai. 

Pilgrimus  Tanberger.  —  dorn.  Johannes  Steger,  can.^ 
'  Nach  1420  eingezeichnet 


17.  Juni.  —  G.  XV.  Kai. 

Obiit  Leonardas  Layminger,  ep.  Patayiensis.^ 

>  Bischof  Leonard  Layminger,  1423—1451,  bestätigte  1430  als  Diöcesao- 
bischof  von  Passau  die  Incorporierung  der  Pfarre  Traunkirchen  und  1437 
die  päpstliche  Entscheidung  wegen  dieser  Pfarre  dem  Kloster.  (Beg. 
Nr.  68,  73.) 


19.  Juni.  —  B.  Xm.  Kai. 

Fridericus  dux  Austrie.*  —  Walpurgis,  ml.  n.  c.  Päussin.' 

^  Friedrich  II.  von  Gestenreich,  1230—1246. 
*  Hand  nach  1420. 


20.  Juni.  —  C.  XU.  Kai. 

Otilia,  abba.  in  Gossa.^  —  Fridericus,  Chunradus,  Vlricus  pueri 
de  Fatei-sheim.*  —  Margaretha,  abba.  n.  c.  Mulbangerin.' 

1  Otilia  II.,  1203—1230  Aebtissin  Yon  Goess.     (Wichner,  a.  a.  O.  170.) 
*  Die  Vaterahaimer  zu  Vatershaim  und  Pruck  an  der  Aachach  starben  su 

Beginn  des  16.  Jahrhunderts  aus.    (Hohenegg,  a.  a.  O.  III.) 
'  Margaretha  III.  von  MUllwanger,  1402—1405  Aebtissin  von  Traunkirchen. 


299 

21.  Juni.  —  D.  XL  Kai. 

Elizabeth,  ml.  n.  c.  Laverin.  —  Anna,  abba.  n.  c.  Panichnerin.' 

'  Anna  III.  von  Panicher,  1497—1513  Aebtissin  lu  Trannkirchen.  Kaiser 
Maximilian  I.  tauschte  mit  ihr  und  ihrem  Capitel  mehrere  Güter.  (Reg. 
Nr.  103.)  Die  Panichner  zu  Wolkersdorf  am  Wagingersee  waren  ein 
altes  Ministerialengeschlecht  von  Salzburg.  (Zillner,  G^chichte  von  Salz- 
burg I,  366.)  Der  Aebtissin  Anna  gedenken  N.  N.  und  N.  Lb.  zum 
22.  Juni. 

Das  Todtenbuch  von  Lambach  hat  noch  z.  d.  T.  eingezeichnet: 
3elon^  abba.  Traunkirchen*.  Helene  von  Dietrich,  die  viertletzte  Aeb- 
tissin von  Trannkirchen,  stand  dem  Kloster  von  1634 — 1643  vor. 


22.  Juni.  —  E.X.Kai. 

Dyetmarus,  prb.  et  can.    —   Leonardus,  Bertoldus,  Georius,  ar- 
migerL 


23.  Juni.  —  F.  VIEDL.  Kai. 

Fridericus,  prb.  et  can.  —  Wolfgang^s,  abb.^ 

>  Nach    1420   eingezeichnet     Wolfgang   Walcher,    150i— 1618  .Abt   von 
8t  Peter  in  Salzburg;  N.  N.  zum  folgenden  Tage. 


25.  Juni.  —  A.  VH.  Kai. 

Magdalena,  ml.  n.  c.  Perckhausserin.^ 

>  Hand  nach  1420. 


26.  Juni.  —  B.  VI.  Kai. 

Gisula,   abba.  n.  c*   —   Engelscalcus,   prep.*  —    Bicha,  abba. 
in  Edla.» 

^  Eine  Aebtissin  von  Trannkirchen  vor  1180. 

'  Engelschalk,   1182—1186  Propst  von  Chiemsee;  N.  N.  und  N.  st.  Rudb. 
.   zom  22.  und  21.  Juni. 

'  Eine  der  ältesten  Aebtissinnen  des  Nonnenklosters  Erla  in  Niederdster- 
reich,  vor  1160. 


27.  Juni.  —  C.V.Kai. 

Eberhardus,  archiep.^  —  Engelscalcus,  occ. 

'  Eberhard  L,  1147—1164  Erzbischof  von  Salzburg;  ihn  erwähnen  die 
meisten  Nekrologien  zum  22.  Juni.  Das  N.  Lb.  hat  z.  d.  T.  noch: 
Magdalena,  ml.  Trannkirchen,  16.  Jahrhundert. 


300 

28.  Juni.  —  D.  im.  Kai. 

Roedolffus,  abb.^  —  Wolframos,  prb.  et  can. 

'  Nach  N.  Cr.  war  Rndolf  Abt  des  Klosters  O.  8.  B.  Gleink  bei  Steyr,  Ter- 
matlich  der  erste  dieses  Nameus,  1261 — 1264.  Prits,  Geschichte  ron 
Steyr  468,  gibt  den  25.  Jnni  als  Todestag  an. 


29.  Juni.  —  B.  HI.  Kai.  Petri  et  Pauli. 

Elisabeth,  ml.  n.  c.  Ottersteterin.  —  Vrsula,  ml.  n.  c.  Püchlerin.^ 
^  Nach  1420  eingetragen. 

80.  Juni.  —  F.  Pridie  Kai. 

Katharina,  abba.^  —  Gerboldus,  prb.  et  prep. 

'  Katharina  von  Pemegg,  1380 — 1388  Aebtissin  von  Nonnberg;  N.  N.  som 
2.  Juli. 


Julius. 


1.  Juli.  —  G.  Kai.  Julii. 

Joannes,  prb.  et  can.  —  Nycolaus,  prb.  et  can. 


2.  Juli.  -    A.  VI.  Non. 
Andreas,  prb.  et  can. 


3.  Juli.  —  B.  V.  Non. 

Gerungus,  archiprb.*  —  Hainricus,  abb.* 

^  Gemngns,  Decan  zu  St  Rndbert  in  Salzburg,  12.  Jahrhundert;  N.  st  Rudb. 

z.  d.  T. 
*  Vermutlich  Heinrich  IL,   1312^1318  Abt  von  Seitenstetten.     Die  An- 

nalen  dieses  Stiftes  geben  den  Vortag  an. 


5.  Juli.  —  D.  m.Non. 

Osanna,  sanctimon.  n.  c.  quondam  abba.^  —  Margai*etha,  ml.  n.  c. 
Peterstorf erin.'  ^ 

^  Die  Aebtissin  Osanna  von  Traunkirchen  erscheint  urkundlich  in  dem 
Vergleiche  zwischen  Konrad  von  Capellen  und  dem  Kloster  Traunkirchen 
1298.    (Reg.  Nr.  11.) 

*  Nach  1420  eingetragen. 


301 

7.  Jnli.  —  F.  Non. 

Weichardus,  ep./    Weychardus,    Wejchardns,    Anna,    Gedrudis, 
Beinpertos,  Beinpertos,  Ortolfüs,  Ortolfas,  Chunradus,  omnes  de  Polhaim. 

>  Weichard,  1280^1282  Bischof  von  Passan,  dessen  Todestag  der  17.  De- 
cember  ist  Am  7.  Juli  wurde  fttr  diese  Polhaimer  alljfthrlich  der  Anni- 
versarius  gefeiert. 


8.  Juli.  —  G.  Vm.  Id. 

Johannes  Rorer.  —  Vrsula  Schedlinger,  ml.  n.  c.^ 

*  Nach  1420  eingezeichnet   Die  Schedlinger  waren  ein  salzbnrg-bairisches 
Ritterg^eschlecht. 


10.  JuH.  —  B.  VI.  Id. 

Anna,  ml.  n.  c.  Messerpekchin.^  —  Chunradus,  occ. 

'  Für  diese  Nonne  vergabte  1349  Ulrich  von  Tann  sein  Gut  zu  Roch  an 
das  Spital  von  Gmunden  mit  der  Verpflichtung,  derselben  bis  zu  ihrem 
Ableben  j&hrlich  ein  halbes  Pfund  Wiener  Pfennige  zu  reichen.  (Reg. 
Nr.  83.) 


11.  Juli.  —  B.  V.  Id. 

Wilibirgis,  electa  n.  c.  Stadeckerin.^ 

'  Wann  diese  erwählte,  aber  nicht  confirmierte  Aebtissin  von  Traunkirchen 
aus  dem  berühmten  Ministerialengeschlechte  der  Stadecker  gelebt  hat, 
vermag  ich  nicht  n&her  zu  bestimmen. 


12.  JuH.  —  D.  im.  Id. 

Soffia  marchionissa,  conva.^  —  Fridericus,  occ. 

'  Sophie,  Tochter  Heinrichs  des  Schwarzen  von  Baiem,  Gemahlin  des 
Markgrafen  Leopold  von  Steiermark,  gestorben  um  1138.  Sie  trat  als 
Laienschwester  in  Admont  ein.  Das  N.  R.  nennt  sie  ,pia  fundatrix  mo- 
nasterii  Runensis*.  Die  steirischen  Todtenbücher  geben  den  10.  oder 
11.  Juli  als  Todestag  an. 


13.  Juli.   —  E.m.Id. 

Hugo,  archieprb.  —  Caspar,  prep.  de  s.  Floriane.^ 

>  Hand   nach    1420.     Vermutlich   Caspar  U.  Yorster,    1467—1481   Propst 
des  Sttftee  St  Florian. 


14.  Juli.  —  F.  Pridie  Id. 

Benedicta,  ml.  n.  c.  Perkchaimerin. 


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303 


22.  Juli.  —  G.  XL  Kai.  Marie  Magdalene. 
Hartnnus,  occ. 
Das  N.  Lb.  hat  z.  d.  T.:  »Ursula,  Margaretha,  mies.  TraunkirchenS 


23.  Juli.  —  A.  X.  Kai. 

Albertus  dui  Austrie.^  —  Albaydis  regina.* 

1  Vermntlich   Herzog  Albrecht  IL    von  Oesterreich,    1330—1365,   N.  Cr. 

zum  17.  Juli. 
'  Adelheid,  die  erste  Gemahlin  Friedrichs  I. ;  N.  st.  Lbt  zum  25.  Juli. 


25.  Juli.  —  C.  Vra,  Kai.  Jacobi. 

Leotoldus  comes.^  —  Wolffgangus  Khetringer.* 

'  Siehe  Geschichte. 

*  Nach  1420  eingetragen. 

26.  Juli.  —  D.  Vn.  Kai. 

Volkmarus  Perkchaimer.^ 

>  Hand  nach  1420. 


27.  Juli.  —  E.  VL  Kai. 

Perchtoldus,  abb.  —  Rudigerus,  occ. 

*  Berthold  L,   1110 — 1142  Abt  von  Garsten;  seiner  gedenken  die  meisten 
Todtenbacher  z.  d.  T. 


28.  Juü.  —  F.  V.  Kai. 

Benigna,  ml.  n.  c.  Freytagin.^ 
*  Nach  1420  eingezeichnet.  Die  Freitag  zu  Waldbach,  eine  zu  Beginn 
des  16.  Jahrhunderts  ausgestorbene  ritterliche  Familie,  standen  in  mehr- 
fachen Beziehungen  zu  Traunkirchen.  1408  erscheint  Peter  Freytag 
(cf.  30.  October)  als  Amtmann  zu  Gmunden  (Reg.  Nr.  59,  60);  1441  be- 
lehnt die  Aebtissin  Barbara  von  Traunkirchen  Wolf  Freytag  mit  der  von 
Traunkirchen  zu  Lehen  gehenden  Feste  Waldbach  (Reg.  Nr.  74),  1448 
erscheint  derselbe  Wolf  Freytag  als  Amtmann  zu  Gmunden  und  Pfleger 
m  Wildenstein  (Reg.  Nr.  78,  79);  1450  verbietet  ihm  König  Friedrich  IV. 
den  Eingriff  in  die  Rechte  der  Aebtissin  von  Traunkirchen  (Reg.  Nr.  86), 
1473  belehnt  die  Aebtissin  Magdalena  den  jungen  Wolf  Fre3rtag  mit 
Waldbach.  (Reg.  Nr.  97.) 


29.  Juli.  —  G.  nn.  Kai.  Felicis. 

Werenhardus,  ep.^  —  Leopoldus  dui  Austrie.* 


304 


*  Wernhard  von  Prambach,    1285—1313  Bischof  von  PasMu;    N.  Bt.  Hi. 
z.  d.  T.,  N.  Cli.  Eum  28.  Juli. 

*  Leopold  VI.,  Herzog  von  Oesterreicb,   1198—1280.    Ihn  erw&hnen  die 
meisten  Kekrolog^en  z.  d.  T. 


30.  Juli.  —  A.  m.  Kai. 

Margaretha,  abba.  n.  c.^  —  Hertbicus,  occ. 

^  Margaretha  I.  von  Trannkirchen,  vor  1181. 


Angustns. 

1.  August.  —  C.  Kai.  Augusti.  Yinculas  Petri. 

Winthems,  prb.  n.  c.  —  Pabo  Ch&tringer.  —  Vlricns,  abb.^ 

>  Vermutlich  Ulrich  H.,  1368—1395  Abt  von  Lambach.  Die  Eintragung 
stammt  von  einer  Hand  nach  1420  her.  Seiner  g^enkt  z.  d.  T.  N.  Lb.; 
cf.  29.  Angnst 

3.  August.  —  E.  ni.  Non.  Invencio  s.  Stephani. 

Perichtold  Pirichinger. 

4.  August.  —  F.  Pridie  Non. 

Katharina,  ml.  n.  c.  Polliaymerin.  —  Heinricus  submersus. 


5.  August.  —  G.  Non. 

Ekbertus    comes.^    —    Hedwigis,   abba.    —   Barbara  Tmentin, 
ml.  n.  c* 

*  Ekbert  HI.,  Graf  von  Pfltten,  fiel  als  der  Letzte  seines  Geschlechtes,  der 
Grafen  von  Formbach-Neubnrg-PQtten,  1158  vor  Mailand;  seiner  geden- 
ken N.  Cl.,  N.  Ad.  and  N.  M.  s.  d.  T.,  N.  st  Lbt  hat  den  3.  August  Das 
Todesjahr  besagen  die  Annal.  Mellicen.,  die  Cont  Adm.  u.  a. 

*  Hand  nach  1420.    Die  Truenter  waren  eine  BUrgerfamilie  an  Gmnnden. 


6.  August.  —  A.  Vin.  Id. 

Chunradus,  abb.^    —   Erasmus,  subdiac.  et  m.  Perkfaalmer  de 
Kremsmunster.' 

*  Conrad  I.,  Abt  von  Lambach,  gestorben  1291 ;  N.  Lb.  a.  d.  T. 

*  Nach  1490  euageaeichnet 


305 

7.  AngoBt.  —  B.  Vn.  Id. 

Gantza,  abba.^  —  Andreas,  m.  confessor  n.  de  Kremsmunster. 

'  Eine  Aebtissin  von  St.  Erintrud  aaf  dem  Nonnberge»  dem  12.  Jahr- 
hnnderte  angehOrig:  ibrer  gedenken  s.  d.  T.  N.  N.,  N.  Ad.,  N.  st.  Rudb. 
und  N.  st.  Lbt. 


9.  August.  —  D.  V.  Id. 

Leotoldus  comes  n.  c,  istius  loci.  ppr.  vigilia.^  —  Gotfridus,  occ. 

'  Nach  der  za  Traunkircben  stets  festgehaltenen  Tradition  der  Markgraf 
Leopold  von  Steier,  1122—1129.  Sein  Todestag  ist  der  24.  October. 
Yermutlich  rühren  von  ihm  die  Besitzungen  des  Klosters  zn  Trofaiach 
und  Leoben  her,  welche  ihm  einen  Anniversarius  zum  St  Lanrenztage 
sicherten. 


10.  August.  —  E.  nn.  Id. 

Wolfhardus,  occ.  —  Thomas,  abb.  Chersberger  in  Sejtenstettin.^ 

'  Nach   1420  eingezeichnet     Thomas  von  Kersberg,   1423 — 1427   Abt  zu 
Seitenstetten;  N.  Cr.  hat  den  31.  Juli,  N.  Lb.  den  12.  August 


11.  August.  —  F.  m.  Id. 

Leotoldus  comes.^  —  Chunradus  Panhalm.*  —  Mai*tha,  ml.  n.  c. 

Alhartingerin. 

^  Siehe  Geschichte. 

'  Die  Panhalm  zu  Stadikirchen,  ein  altes  Ministerialengeschlecht,  starben 

um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  aus.     Dieser  Conrad  findet  sich  bei 

Hohenegg,  a.  a.  O.  XU  nicht. 


12.  August.  —  G.  Pridield. 

Eberhardus,  plb.  n.  c.  —  Chunradus,  occ. 


13.  August.  —  A.  Id. 

Dietricus,  prb.  et  can.  —  Petrus,  prb.  et  m.  cognomine  Pawr.^ 

*  Hand  nach  1420. 

H.August.  —  B.  XIX.  KaL 

Seybrandus,  abb.*  —  Vitus  Vtzinger,  plb.  n.  ecclesie.*  —  Elisa- 
t«th  regina.' 

*  Sibrand,  Abt  von  Tegemsee,  1339  ermordet;  N.  Cr.  zum  27.  Juli. 

'  B«8tätigt  als  Pfarrer  von  Traunkircben  14ö2  die  Stiftung  der  Frühmesse 
in  der  Filialkirche  Aussee.    (Reg.  Nr.  88.)    Die  Ytxlnger  zu  Wildenhag, 
Ar^iT.  Bd.  LXXXII.  1.  H&lfie.  20 


306 


ein  altritterliches  Geschlecht  von  Oberltoterreich,  starben  nm  die  Mitte 
des  16.  Jahrhunderts  aus.  Veit  Vtzinger,  der  schon  1452  CanonictiB 
von  Passau  war,  starb  nach  1476. 
'  Königin  Elisabeth,  Witwe  Albrecht  I.  von  Habsburg.  Sie  starb  am 
28.  October  1313;  in  Traunkirchen  wurde  aber  ihr  Anniversarius  vor 
dem  Feste  Mariae  Himmelfahrt  gefeiert,  woraus  sich  die  Einzeichnung 
zu  diesem  Tage  erklärt. 


15.  Augu8t.  —  D.  XVin.  Kai.  Assumpcio  s.  Marie. 
Heinricus,  submersus. 


16.  August.  —  D.  XVU.Kal. 

.  Margaretha  Thalhamerin.^  —  Leotoldus  Talhaimer.* 

^  Hand  nach  1420.  Margaretha  Thalhaimer  von  Thalhaim  erscheint  14S4 
urkundlich  als  Gemahlin  Wolf  des  Thalhaimers,  welcher  1497  mit  Lehen 
zu  Thalhaim  bei  Gmunden  belehnt  wird.  Ein  Sohn  dieses  Wolf  und 
der  Margaretha  erhält  1517  Hilprechting  und  Thalhaim  von  der  Aeb- 
tissin  Dorothea  zu  Lehen.    (Reg.  Nr.  101,  104.) 

'  Hand  nach  1420.  Leopold  Thalhaimer  lebte  1450;  in  Hohenegg,  a.  a.  0. 
m,  729,  fehlt  sein  Name. 


17.  August.  —  E.  XVI.  Kai. 
Hainricus,  occ. 


18.  August.  —  F.  XV.  Kai. 

Ricberus,  plob.  n.  c.    -     VIricus,  occ.   —  dorn.  Georins  Hohen- 
felder,  doctor,  plob.  n.  c* 

*  Hand  nach  1420.  Dr.  Georg  von  Hohenfelder  zu  Schlüsselberg,  Lehrer 
des  geistliclien  Hechtes,  Pfarrer  zu  VOcklabruck  und  Traunkirchen,  Ca- 
uonicus  von  Passau  und  Propst  zu  Ardagger,  starb  1483.  Sein  Grab- 
stein befindet  sich  zu  Traunkirchen.    (Kirchliche  Topographie  XIV,  77.) 


19.  August  -   G.  XIV.  Kai. 

Stephanus,  prb,  ot  m.,  prior  in  Kremsmunster.*   —    Hainricus 
Kersperger,  prb.  et  m.  in  Kremsmunster.* 

>  Nach  1420  eingezeichnet 

30.  August.  A,  XIII.  Kai. 

Siguna,  ml.  n.  c.  Towffenpekchin.    —   Leopirgis.  cometissa,  fun- 
datrix  n,  occlesie,'  —  Leonardas,  prep.* 


307 

'  Siehe  Geschichte. 

'  Hand  nach  1420.  Vermatlich  Leonhard  Kiesenschmid,  1483—1508  Probst 
Ton  St  Florian;  N.  Hi.  zum  80.  Ang^t. 


21.  August.  —  B.  Xn.  Kai. 

Leotherus,  occ. 

22.  August.  —  C.  XI.  Kai. 

Ottakcherns,  occ. 


23.  August.    —   D.  X.  Kai. 

Anna,  ml.  n.  c.  Freyerin.^  —  Mathias,  Sebastianus,  prbi.  et  cani.^ 
^  Nach  1420  eingezeichnet 

25.  August.  —  E.  Vm.  Kai. 

Elisabeth,  ml.  n.  c.  Paissin.^ 

*  Nach  1420  eingezeichnet 


26.  August.  —  G.  Vü:  Kai. 

Chungundis  Refectorin.^ 
'  Nach  1420  eingezeichnet 


27.  August.  —  A.  VI.  Kai. 

Wilbirgis  cometissa,  mater  Leotoldi.^  —   Ottakems  rex  occisus.^ 

'  Wilbirgia,  Gemahlin  Otakers  III.;  ihrer  gedenken  z.  d.  T.:  N.  st  Lbt, 
N.  st  Fl.  und  N.  Se.  Der  Zusatz  ,mater  Leotoldi'  stammt  nach  dem 
Jahre  1420  her;  siehe  Geschichte. 

*  Ottokar  ü.  von  Böhmen,  gefallen  1278. 


29.  August.  —  C.  nn.  Kai.  Decollacio  s.  Johannis. 

üdalricus,  abb.^  —  Fridericus,  Fridericus,  occisi.  —  Chlaia,  abba. 
n.  c.  Vtzingerin.* 

^  Vermutlich  ein  Abt  von  Lambach,  ob  der  erste  (1349 — 1361)  oder  der 
tweite  dieses  Namens  (1368—1895),  lAsst  sich  nicht  n&her  angeben;  cf. 
1.  August 

*  Clara  Ton  Ytzinger  (Yetzinger),  1420 — 1427  Aebtissin  von  Traunkirchen. 
Ihre  Einzeichnung  stammt,  wie  der  Jesuit  Querk  bemerkt,  nicht  mehr 
von  der  Hand,  welche  das  Nekrologium  von  Traunkirchen  um  das  Jahr 
1420  abgeschrieben  hat 

20» 


308 

30.  August.  —  D.  III.  Kai. 

Elisabeth,  ml.  n.  c.  Volchastoiffeiin.    —    ülricus  Rorbacber.*  — 
Michael  Oberbaimer.^ 

'  Nach  1420  eingezeichnet 


September, 

1.  September.  —  F.  Kai.  Septembris.  Egidii. 

Laurentius,  abb.  de  Seyttensteten  Meilenstoi'fer.*  —   Otto  Cbers- 
pek,  Anna,  uxor.*  —  Georgius  Vachendorflfer. 

^  Laurenz  von  Meillersdorf-Alindorf,   1385 — 1419  Abt  von  Seitenstetten; 

N.  Cr.  z.  d.  T. 
*  Nach  1420  eingezeichnet 

2.  September.  —  A.  lU.  Non. 

Chunradus,  abb. 


3.  September.  —  A.  HI.  Non. 

Heinricus   miles.  —  Starkandus   occisus.   —  Petrus   Sweinpek, 
prb.  et  can.  de  monasterio  sti.  Floriani.^ 
^  Nach  1420  eingezeichnet 

4.  September.  —  B.  Pridie  Non. 

GediTidis    cometissa.^    —    Katharina   Talhamerin,    ml.  n.  c.  an. 
Ixxvii**.* 

*  Gemahlin  des  Grafen  Adalbert  von  Rebgau-Piug^n.   (Wendrinsky,  a.  a.  O.) 
'  Die  Nonne  Katharina  von  Thalhaim  starb  1477. 


5.  September.  —  C.  Non. 

Tietricus,  prb.  et  can.  —  Barbara  Kirichpergenn,  abba.  n.  c.  ist 
gestorben  im  xxxiv.* 

^  Barbara  II.   von  Kirchberg,    1530 — 1534  Aebtissin    von  Traunkirchen ; 
N.  Lb.  zum  31.  August. 


6.  September.  —  D.  VIII.  Id. 

Chunradus  dux.  —  Dietricus  miles. 


309 

T.September.  —  E.  Vn.  Id. 

Magdalena,  abba.  n.  c.  Eastnorin.^ 

^  Magdalena   Kästner,    1464—1497    Aebtissin   von    Traunkirchen;   N.  Lb. 
z.  d.  T.,  doch  ohne  die  Bezeichnung  ,abba\ 


8.  September.  —  F.  VI.  Id.  Nativitatis  s.  Marie. 
Cholomanus  Mülbanger,  pleb.  n.  c.^ 

^  Da  diese  Einzeichnung  erst  nach  1420  geschah,  so  muss  Mühlwanger, 
welcher  1386  wegen  Stiftung  einer  ewigen  Messe  durch  Friedrich  von 
Wolfsau,  Agnes,  dessen  Hausfrau,  und  die  ganze  ,gemain  der  Hällinger 
und  purger  zu  Aussee*  in  der  Pfarrkirche  daselbst  als  Pfarrer  von  Traun- 
kirchen reversierte,  erst  nach  1420  gestorben  sein.  (Reg.  Nr.  50.)  Er 
gilt  als  Verfasser  der  fabelreichen  Chronik  von  Geisern. 


9.  September.  —  G.  V.  Id. 
Hainricas,  pleb. 


11.  September.  —  B.  Ul.  Id. 

Chnngundis,  ml.  n.  c.  Otterstetterin. 


12.  September.  —  C.  Pridie  Id. 

Heylca,  abba. 

13.  September.   —  D.  Id. 

Barbara  Petershaimerin. 


14.  September.  —  E.  XVHI.  Kai.  Exaltacio  s.  Crucis. 
Wemhardus  Polhaymer. 


15.  September.  —  F.  XVH.  Kai. 

Hainricus,  pleb.  n.  c.  Polhaymer.^  —  Dietmai-us  submersus. . 

*  Heinrich    von  Polhaim,    Pfarrer  von  Traunkirchen  und  Canonicus  von 
Freising,  gestorben  1383.    (Heyrenbach's  Manuscript,  1.  c.  Nr.  8638). 


16.  September.  —  G.  XVI.  Kai. 
Wemhardus  Chattringer. 


310 

18.  September  —  B.  Xim.  Kai. 

(,  pkb.  n.  c. 


19.  September.  —  C.  XTIT  KaL 
Hatnncos,  ep.^ 

>  Nach  N.  >L  Lbt  BwektÄ  nm  Brixen  ui  13.  Jabrlmiiderte;  welcher  Hein- 
rich  darantar  nch  bort,  ob  der  ED.  oder  IV~  lisst  ach  nicht  bestunmen. 


21.8eptraiber.  —  E.  XI.K1I. 

Chanradus,  abb.  de  Sejtensten  (nc!).^ 

>  VennotUch  Conrad  L,   1172—1201  Abt  ron  Seitensletten;   N.  Ad.  ziud 
20.  S^rtember. 


22.  September.  —  F.  X.  Kai. 
Otto,  ep.^ 

'  Otto  L,  1137—1158  Bischof  von  Freising,  der  grosse  Geschichtschreiber. 
Die  meisten  Österreichischen  and  steirischen  Nekrologien  haben  den 
22.  September  als  Todestag. 


23.  September.  —  G.  Vim.  Kai. 

Gregorins,  ep.  —  Magdalena,  ml.  n.  c.  Klneghamerm.^ 
^  Hand  nach  1220. 


24.  September.  —  A.  Vm.  Kai. 
Agnes  marchionissa.^ 

^  Agnes,  Gemahlin  Leopold  IIL  von  Oesterreich,  gestorben  um  1143.  Ihrer 
gedenken  die  meisten  österreichischen  und  steirischen  TodtenbGcher 
z.  d.  T. 


26.  September.  —  B.  VII.  Kai. 

Simon,  abb.  Lambacensis.^ 

>  Simon  Talhaimer,    1395—1405  Abt  von  Lambach;   N.  Lb.  cum  26.  Sep- 
tember. 


27.  September.  —  D.  V.  Kai.  Cosme  et  Damiani. 
Ottakarns,  occ. 


311 

28.  September.  —  E.  im.  Kai. 

Regemarus,  ep.  Pataviensis.*  —  Juventa,  n.  c.  inclusa.  —  mskg. 
Dyttricus,  plb.  n.  c. 

»  Beginmar,  1121—1138  Bischof  von  Pkssau;  N.  Lb.  z.  d.  T.,  N.  Cr.,  N.  Ad., 

zam  30.  September. 
'  Nach  1420  eingezeichnet. 

29.  September.  —  F.  III.  Kai. 

Wilhalmus  comes  fandator  n.  c.  istius  loci.* 
^  Wilbalm  II.  (?),  Graf  von  Raschenberg-Reichenhall,  siehe  Geschichte. 


30.  September.  —  G.  Pridie  Kai. 
Vlricus  Pays. 


October, 

1.  October.  —  A.  Kai.  Octobris.  Remigii. 

Georias  Panhalm.^  —  Caspar  Terras,  prb.  et  can.  de  monasterio 
8.  Floriani.^ 
*  Hand  nach  1420.  

2.  October.  —  B.  VI.  Non. 

Hainricus,  ep.^  —  Lucas,  abb.* 

»  Heinrich,  1167—1174  Bischof  von  Gurk,  N.  Ad.,  z.  f.  T. 
'  Lucas,  1431—1489  Abt  von  QOttweig;  der  Abtskatalog  dieses  Stiftes  gibt 
den  22.  September  als  Todestag  an. 


3.  October.  —  C.  V.  Non. 

Johannes,  plb.  n.  c.^ 
'  Hand  nach  1420. 


4.  October.  —  D.  IUI.  Non. 

Katherina,  conva.  n.  c^^ohenfelderin.' 

'  Nach  1420  eingezeichnet. 

5.  October.  —  E.  m.  Non. 

Seyffridus,  pleb.  in  Nustorflf.^ 
'  Hand  nach  1420.     Nussdorf  am  Attersee. 


312 

6.  October.  —  F.  Pridie  Non. 
Adalbero,  ep.^ 

*  Adalbero,  Graf  von  Lambach,  1046—1090  Bischof  von  Würzburg;  Grün- 
der des  Stiftes  Lambach.  Ihn  erwähnen  N.  Michb.,  N.  st.  FI.,  N.  Lb.  nnd 
N.  Ad.,  z.  d.  T.  

8.  October.  —  A.  Vm.  Id. 

Elizabeth,  ml.  n.  c.  Böttin. 


9.  October.  —  B.  VII.  Id.  Dyonisii. 

Elisabeth  cometissa.^  —  Görig  Hohenfelder,*  Salome  uxor.' 

*  Elisabeth  von  Oesterreich,  Tochter  Leopold  IL  von  der  Ostmark,  Ge- 
mahlin Otaker  IV.  von  Steier,  gestorben  um  1105.  Dass  sie 'die  Tochter 
Leopold  n.  nnd  die  Schwester  Leopold  III.,  nicht  des  Letzteren  Tochter 
war,  erhellt  ans  der  Biographie  des  heil.  Berthold.  Ihrer  gedenkt  z.  d.  T. 
N.  M.,  während  N.  Ad.,  N.  st.  FL,  sowie  die  in  ihrem  und  ihres  Gemahles 
Grabe  zu  Garsten  gefundene  Bleiplatte  den  VI.  Id.  Oct.  (10.  October) 
angeben.  (Friess,  Wappen  der  Aebte  von  Garsten.  Jahrbuch  der 
herald.  Ges.  ,Adler*  1892,  10.) 

*  Nach  1420  eingezeichnet.  Georg  von  Hohenfeld  zu  Aistersheim  starb 
nach  1600. 

'  Salome  als  Gattin  Georgs  von  Hohenfeld  kennt  Hohenegg  a.  a.  0.  I. 
nicht. 

10.  October.  —  C.  VI.  Id. 

Anna,  ml.  n.  c.  Chamerin.^ 

'  Die  Chamer  waren  ein  Zweig  der  Wasner  und  sind  die  Hohenfelder  als 
ihre  Nachkommen  zu  betrachten.  Die  Namensänderung  scheint  um  die 
Mitte  des  14.  Jahrhunderts  erfolgt  zu  sein.  (Stmadt,  Peuerbach,  296). 


11.  October.  —  D.  V.  Id. 

Sighardus,  abb.^  —  Weygandus,  abb.*  —   Anna,  sor.  n.  c.  Pe- 
heymin. 

*  SigHard  oder  Sims,  1163—1177  Abt  von  Melk.  (Keiblinger,  Geschichte 
von  Melk  I,  282  flf.)  Ihn  erwähnen^,  d.  T.  N.  M.  und  N.  st.  Lbt. 
und  N.  A. 

«Weygandus  (Wigand),  1128—1153  Abt  von  Lambach;  N.  st  Lb.  und 
N.  St.  Lbt.  z.  d.  T.  

12.  October.  —  E.  IUI.  Id. 

Hainricus,  plb.  —  Dietmanis,  occ. 


313 

13.  October.  —  F.  m.  Id, 
Wolfgang,  abb.^ 

>  Hand  nach  1420.  Wolfgang  Häberl,  1499—1521  Abt  Ton  Mondsee.  Mit 
ihm  schllessen  die  Aebtissin  Anna  nnd  das  Capitel  von  Traunkircbeu 
1506  eine  geistliche  Conföderation.  (Reg.  Nr.  102.) 


14.  October.  —  6.  Pridie  Id.  Kalixti,  der  den  pfaffen  dy  weiber  verpat. 
Gedrudis,  abba. 

17.  October.  —  C.  XVI.  Kai. 
Gerloch,  archydiac. 


18.  October.  —  D.  XV.  Kai.  Luce  Ewangeliste. 
Johannes,  occ. 

21.  October.  —  6.  XII.  Kai.  Vndecim  milium  Virginum. 
Otto,  abb.  Lambacenses.^  —  Hainricus,  pleb. 

*  Otto,  1218—1241  Abt  von  Lambach;  N.  Lb.  z.  d.  T. 


23.  October.  —  B.  X.  Kai. 

Johannes,  prb.  et  m.  de  Lambach  dictus  Pawswek. 


25.  October.  —  D.  Vm.  Kai. 

Gyburgis,  ml.  n.  c.  Jesnitzerin.  —  Agnes  Rorerin. 


26.  October.  —  E.  VH.  Kai. 

ßuedolffas   dux.*   —   Tymudis,  ml.  n.  c.  Wasnerin.   —   Helena, 
electa. 

'  Ob  hier  ein  gleichnamiger  Herssog  von  Gestenreich  zu  verstehen  ist,  oder 
ob  der  Familienname  Herzog  nicht  latinisiert  wurde,  entgeht  mir. 

27.  October.  —  F.  VI.  Kai. 

Anna,  abba.  n.  c.  Aistershaymerin.^ 

'  Anna  1.  1326—1332  Aebtissin  von  Traunkirchen. 


28.  October.  —  G.  V.  Kai. 

Anime  Friderici,  abb.^  —  Benedictus,  abb.  in  Kreinsmunster.* 


314 


*  Nach  1420  eingezeichnet. 

'  Benedict  Braun,  1484 — 1488  Abt  von  Kremsmüuster. 


29.  October.  —  A.  im.  Kai. 
Wernhardus,  abb. 


30.  October.  —  B.  ffl.  Kai. 

Petrus  Freytag,   Christina  uxor.^    —   Nicolaus,  abb.  de  Mellico.'  ' 

^  lieber  die  Frejtag  ist  der  28.  Juli  zu  vergleichen. 

*  Nicolaus   Seyringer,    1418  —  1425   Abt   von   Melk.     Die   Annalen   dieses 

Klosters  geben  den  25.  December  als  Todestag  an,    (Keiblinger,  a.  a.  0. 

I,  506). 


NoTember. 

I.November.  —  D.  Kai.  Novembris.  Omnium  Sanctorum. 
Wolffvoldus,  abb.^ 

^  Wolvold,  1115—1137  Abt  von  Admont.    Ihn  erwähnen  die  meisten  Ne- 
krologien  zum  folgenden  Tage. 


4.  November.  —  G.  Pridie  Non. 

Rudbeiiius,  ep.  Pataviensis.^  —  Christina,  abba.  —  Regina,  ml. 
n.  c.  Salchingerin.* 

^  Rudbert,   1164—1165  Bischof  von  Passau,    treuer  Anhänger  der  kuser- 

liehen  Partei.     Mon.  Germ.  88.  XVII,  471. 
'  Nach  1420  eingezeichnet. 

5.  November.  —  A.  Non. 

Albertus,  pleb.  Polhaymer.  —  Albero  Polhaymer. 

Das  Nekrologium  von  Lambach    hat  noch   z.  d.  T.:  Regina,  ml.  Traun- 
chirchen. 


6.  November.  —  B.  Vm.  Id. 

Eberhardus,  abb.^    —    Wernhardus,  pleb.    —    Afi&a,   ml.  n.  c. 
Kasnerin.^ 

*  Eberhard,  1352—1365  Abt  von  Garsten. 
'  Nach  1420  eingezeichnet. 

7.  November.  —  C.  VII.  Id. 

Wolframus,  occ. 


315 


11.  November.  —  6.  DI.  Id.  Martini. 

Anna  Hauczin,  noyicia  n.  c.^ 
*  Nach  1420  eingezeichnet 


12.  November.  —  A.  Pridie  Id. 
Beinpertos,  ep.  Pataviensis.^ 

'  Beginbert  von  Hagenaa,  1138 — 1148  Bischof  von  Passau,  gestorben  auf 
der  Bfickreise  von  Palästina  in  einem  nicht  nftber  bekannten  Orte 
Griechenlands;  N.  st  Budp.  zum  10.,  N.  Lb.  zum  11.  November. 


13.  November.  —  B.  Id. 

Andreas,  pleb.  n.  c.  —  Scolastica,  mi.  n.  c.  Müihamerin.^ 
*  Hand  nach  1420.  

14.  November.  —  C.  XVEI.  Kai. 

Heyma,  abba. 


15.  November.  —  D.  XVII.  Kai. 

Ata;  abba.  n.  c.^ 

'  Ata,  Tochter  Otakers  I.  von  Qrabenstatt,  die  erste  Aebtissin  von  Traun- 
kirchen. 

16.  November.  —  E.  XVI.  Kai. 

Vrsnla,  mi.  n.  c.  Panhaimin.  —  Offemia,  abba. 


17.  November.  —  F.  XV.  Kai. 
Elisabeth  de  Voikenstorfferin. 


18.  November.  —  G.  XIV.  Kai. 

Hainricns,  pleb.  n.  c.   —  Walchunus,  ooc.    —  Vrsula  M&min- 
gerin,  ml.  n.  c* 

'  Nach  1420  eingezeichnet 

19.  November.  —  A.  Xin.  Kai.  Elyzabeth. 

Anna,  abba.  n.  c.  Oczdorfferin.^  —  Cbristannus,  abb.* 

*  Anna  II.,  1370  (?)— 1402  Aebtissin  von  Traunkirchen.  Ihrer  gedenkt 
N.  Cr.  z.  d.  T.  Die  Otstorfer,  ein  edles  Geschlecht  von  Oberösterreich, 
nannten   sich    nach    dem   bei  Wels  gelegenen    gleichnamigen   Schlosse. 


316 


Unter  den  Aebten  von  Kremsmünster  and  Wllhering  finden  sich  mehrere 
Glieder  dieser  Familie.     (Rolleder,  Heimatkunde  von  Steier,  238.) 
«  Christian  von  Otstorf,  1346—1349  Abt  von  KremsmOnster.  N.  Cr.  z.  d.  T. 


20.  November.  —  B.  XII.  Kai. 
Joseph,  prb.  et  can. 


22.  November.  —  D.  X.  Kai. 

Vdalbertus  marchio.^  —  Chungundis  marchionissa.* 

*  Adalbert,  Bruder  Otaker  IV.  von  Steier;  siehe  Geschichte. 

'  Kunigoude,    Tochter  Diepolds    von  Vohburg^,   Gemahlin   Otaker  V.  von 

Steier.      Sie    nahm    um    1180    den    Schleier   in    Admont,    daher   K.  Ad. 

schreibt:    ,Chuniguut    ex    marchionissa    con versa',    und    starb  um  1184 

Ihrer  gedenken  zum  Vortage  N.  Ad.,  N.  See,  N.  N.  und  N.  st  Rudp.;  N. 

st.  Lbt.  gibt  den  20.  November  als  Todestag  an. 


23.  November.  —  E.  Villi.  Kai. 
Joannes  Jörger.* 

*  Nach   1420   eingezeichnet     Hans  Jörger,    Herr  zu  Roith   und  Pemao, 
starb  1447.    (Hohenegg,  a.  a.  O.  I.) 


24.  November.  —  F.  VIH.  Kai. 

Wandelmudis,   sor.  n.  c.    Rueshaymerin.    —    Martha,   ml.  n.  c. 
Peyrin.* 

*  Nach  1420  eingezeichnet       

26.  November.  —  G.  VII.  Kai. 

Andreas,  abb.  Admund.*  —  Lienhait  Sintzingor.* 

^  Nach   1420  eingetragen.     Andreas  von  Stettheim,    1423 — 1466  Abt  von 
Admont     (Wichner,  Admont  ffl,  149  ff.) 

*  Nach  1420  eingezeichnet 

26.  November.  —  A.  VI.  Kai. 

Gedrudis,  abba.  n.  c* 

^  Diese  Aebtissin  stand  vor  dem  Jahre  1180  Traunkirchen  vor;   vielleicht 
Gerdrut  I. 


27.  November.  —  B.  V.  Kai. 

Judicta,  abba.  n.  c'  —  Christina,  ml.  n.  c.   —  Otto  Erenfelser. 


317 

'  Die  Aebtissin  Jndit  lebte  vor  1180,  doch  gehOrt  sie  dem  N.  N.  zufolge, 
das  ihrer  zum  folgenden  Tage  gedenkt,  dem  12.  Jahrhundert  an. 


28.  November.  —  C.  IUI,  Kai. 
Ottakerns.^ 

^  Otaker  IV.,  Markgraf  von  Steier  1078c.— 1122.  Seiner  gedenken  z.  d.  T.: 
N.  Ad.,  N.  St.  Lbt,  N.  st  Rudp.,  N.  N.  und  N.  st.  And.;  N.  M.  gibt  den 
27.  November  als  Todestag  an. 


29.  November.  —  D.  HI.  Kai. 
HainricuSy  occ. 


Deeember, 

2.  December.  —  G.  IUI.  Non. 
Artolffas,  occ. 

4.  December.  —  B.  Pridie  Non. 
Changundis  cometissa.^ 

*  Chnnegunde,    Tochter    Otaker  IV.    von    Steier,     Gemahlin    des    Grafen 
Bernhard  von  Marburg-Sponheim ;  N.  Ad.  und  N.  See.  z.  d.  T. 


5.  December.  —  C.  Non. 
Otto,  occ. 


«.  December.  —  D.  Vm.  Id.  Nicolai. 
Grenna,  prb.  et  can. 

7.  December.  —  E.  VU.  Id. 
Steffanus,  abb.^ 

'  Nach  1420  eingezeichnet.    Stephan  von  Riedenthal,  1419—1423  Abt  von 
Seitenstetten.     (Archiv  Seitenstetten.) 


8.  December.  —  F.  VI.  Id. 

Albertus,  prior  monasterii  Lambacensis. 

9.  December.  —  G.  V.  Id. 

ßuedigerus,  pleb.  n.  c.  —  Fridericus,  prb.  capellanus  in  Trofeyacb. 


318 

10.  December.  —  A.  im.  Id. 

Mathes  Truent.  —  Anno  1465  obiit  venerabilis  abba.   Barbara 
Siadlerin,  n.  c. 

>  Barbara  Stadler,  1426—1466  AebÜBsin  von  Traunldrchen. 


11.  December.  —  B.  HI.  Id. 

Otto  Borer.  —  Hanns  MQlhamer.^ 
'  Nacb  1420  eingeseicbnet 

12.  December.  —  C.  Pridie  Id. 

Tymudis,  abba.^  —  Jörg  Mämlinger.  —  Johannes,  abb.  Stawbitz.' 

^  Dimudis  m.,   Aebtifisin    von   Noanberg,   gestorben    1186.     Mon.  Genn. 

SS.  IX.  Annal.  st  Rndb.  776;  N.  Ad.  und  N.  N.  snm  13.  December. 
*  Jobannes  IV.  von  SUnpitz,   1622—1624  Abt  von  St  Peter  in  Salsbnrg. 

Sein  Epitaphium  gibt  den  28.  December  als  Todestag  an. 


14.  December.  —  E.  XIX;  Kai. 

Peter  Tungest.*  —  Johannes,  abb.* 
»  Hand  nach  1420.  

16.  December.  —  G.  XVH.  Kai. 
Albero  Polhaymer. 


18.  December.  —  B.  XV.  Kai. 
Gundakcherns,  pleb.  n.  c. 


19.  December.  —  C.  XIV.  Kai. 
Werenhardus,  abb.* 

^  Wemhard,  Abt  von  Seon,   gestorben  um  1140  nach  N.  st.  Rudp.  i.  d.  T. 


20.  December.  —  D.  Xm.  Kai. 

Barbara,  ml.  n.  c.  Gsbentnerin.  —  Anna,  ml.  n.  c.  Puecherin. 


21.  December.  —  E.  XH.Kal. 
Rndolffus,  occ. 

23.  December.  —  G.  X.  Kai. 
Chuni*adns,  occ. 


319 


24.  Dec«mber.  —  A.  Vim.  Kai. 

Wolfgangus,  abb.  de  Lambacb,  der  frawn  peicbtvater.^ 
*  Wol^ang  I.,  1504—1507  Abt  von  Lambach;  N.  Lb.  z.  d.  T. 


25.  December.  —  B.  Vm.  Kai. 

Yrsola  Eppelshauserin,  ml.  n.  c. 


26.  December.  —  C.  VII.  Kai. 
Lampertus,  abb. 


Catalognt  annivertariomin  prior.  ^ 

Yermerkcht  wann  man  singen  scholl  dj  iartag: 

item  Dorothea  Cherspekchin,  Ix  den. 
„   Ad  conventum  in  chrastino  Nativitatis  Marie,    dauon  gibt  man 

Ix  den. 
n   Grane  Leodolten  stiffter  an  sand  Larentztag,  non  offertorium. 
y,   Wilpurg  g]*äffin  stifiPterin  am  erichtag  nach  Juliana,  praebenda. 
n   Ata  erst  abtessin,  stiffterfrewntin  in  chrastino  Briccii,  praebenda. 
n   MargraffWilhalm  in  die  Michael,  officium  a  singulls  dominabus  olim. 
ff   Alhaidis  Husentarferin   anniversarium   in   die  Barnabe   apostoli, 

praebenda. 
»   Dorothea  Kätiingerin  in  die  Dorothee  anniversarium,  dauon  1  Pfund 

den. 
jt   Hagenwalderin,  abbatissa  feria  secunda  post  assumpcionem  Marie, 

nichil. 
ff    Leuchardis  anniversarium  post  Mathie,  nichil. 
9   Awerin  Ursule  in  die  Othmari,  nichil. 
ff   Otzstorfferin  all  möntag  ain  selmess  ynd  Elizabeth  anniversaiium, 

davon  gibt  man  ain  phunt  phening. 
1,    Borärin  anniversarium  Fabiani  et  Sebastiani. 
9   all  qnottember  beget  man  herrn  Albrechten  vnd  ainer  kunigin  (Eis- 

pet)  gedachtnus  mit  ainer  collecten  vnd  iartag  nach  assump- 

« 

cionis,  gibt  man  all  quottember  xl  den. 


*  Dieee  Beseicbnang  stammt  von  P.  Heyrenbach,  der  betreffs  des  zweiten 
Verzeichnisses  bemerkt:    »Catalogns  scriptns  calamo  recentiori.* 


320 


Gatalogns  anniversariomin  alter.  ^ 

Item  notandum,  was  man  iärtag  vnd  wie  vil  man  deren  ynd  wem  man 

die  begen  sol  vnd  zn  welcher  zeit  im  iar. 
„    von  erst  graf  Lewtoid  hat  ein  aygn  iartag  vnd  beget  mau  den  an 

sand  Larentztag;  propria  vigilia. 
„    graf  Wilbalm  in  die  Michahelis,  proprium  anniversarium. 
„    margraf  Ottacker  propria  vigilia  in  Valentini  martyres. 
„    Wilbirgis  gräfin,  dy  andl  gi*af  Lewtolts,  leyt  dacz  sand  Peter  vnd 

beget  man  den  am  dritten  tag  nach  Juliana  virg.^  prop.  vig. 
„    Ata  erst  abbatissa,  leit  vor  dem  munster  in  crastino  Bricci,  habet 

proprium  anniversarium. 
„    Wilbirgis,  abbatissa,  leit  dacz  sand  Stephan  in  die  Georii,  habet  prop. 

anniv. 
„    Alberijjus  erst  plebanns,  der  reht  iartag  des  montags  nach  assnmp- 

cionis  Marie,  prop.  anniv. 
„    derselb  pharrer  hat  gestiflPt  allew  quottember  aygn  vigiley  vnd  aygen 

selmess,  vnd  alz  oft  man  dem  pharer  beget,  so  sol  man  damit 

gedachtnnz  auch  haben  der  kfinigin. 
„    Alhaidis  Husendörfferin  abbatissa  in  die  Barnabe  apostoli,  prop. 

anniv. 
„    Dorothea  Eäthringerin  abbatissa,  leit  dacz  sand  Peter  prop.  anniv. 

in  die  Dorothe. 
„    Hagenbalderin  abbatissa  de%  nagstn  mantags  nach  assumpcionis 

Marie,  prop.  anniv. 
„    Lewkardis  soror  vnd  Engula,  den  zwain  beget  man  miteinander  d^ 

nagsten  montag  nach  Mathie  apostoli,  prop.  vig. 
„    Chungundis  Barerin  in  die  Fabiani  et  Sebastiani  habet  prop.  anniv. 
„    Chungundis  vnd  Vrsnla  Panbalmin,  beget  man  miteinander  in  die 

Otmari,  prop.  vig. 
„    der  Dorothea  Kerspekchin  beget  man  ain  aigen  iartag  in  die  Egidii, 

prop.  vig. 
„    totus  conventus  habet  proprium  anniversarium  et  peragitur  semper 

in  chrastino  nativitatis  Marie. 
„    allen  Polhaymem  leset  man  ein  vigiley  mit  einander  zw  sand  Ni- 
kolai episcopi,  davon  haben  wir  iarleich  ain  nacht  anf  dem  .  . . 

an  der  andern  nacht,  dy  man  gen  hof  nympt. 


^  Diese  Bezeichnnng  stammt  von  P.  Heyrenbach,  der  betreffs  des  zweiten 
Verzeichnisses  bemerkt:    ,Catalogn8  scriptos  calamo  receutiori\ 


321 


Item  der  Lagin  beget  man  ain  iai*tag  iärlich  am  drittn  tag  nach  Chuni- 
gundis  virginis,  darumb  hat  ydew  fraw  ain  chändel  wein  vnd 
zwen  häring,  prop.  vig. 


Alphabetisches  Register. 


A.  Erzbischofe  und  Bischöfe. 


Passau. 

Leonard,  17.  VI. 
Manegold,  12.  VI. 
Nicolaus,  13.  IV. 
Beginmar,  28.  IX. 
Keimpert,  12.  XI. 
Rudbert,  4.  XI. 
Weichard,  7.  VH. 
Werahard,  29.  VU. 


Brixen. 

Heinrich,  19.  IX. 

Freising. 

Otto  I.,  22.  IX. 

Gurk. 

Heinrich,  2.  X. 
Koman,  2.  IV. 


Salzburg. 

Adalbert,  8.  IV. 
Conrad  L,  18.  IV. 
Eberhard  I.,  27.  VI. 

WQrzburg. 

Adalbero,  6.  X. 

Unbestimmt 

Gregor,  23.  IX. 


B.  Canoniker,  Pfarrer  und  Priester. 


Adalbert,  24.  I. 

Albero,  17.  U.,   17.  IV., 

25.  V.,  5.  XI. 
Albttin,  11. 1. 
Andreas,  8.  L,  2.  VII. 
Arnold,  29. 1. 
Pabo,  16. 1. 
Petra«.  12.  Vm. 
Perchtram,  3.  HI. 
Conrad,  28.  V. 
Cuno,  8.  VI. 
Dietmar,  14.  H.,  16.  IL, 

24.  n.,  9.  lU.,  22.  VI. 
Dietrich,  16.  n.,  24.  V., 

12.  VlIL,  5.  IX. 
Tiemo,  8. 1. 
Thoman,  9. 1. 
Thomas  Thanbeck,    14. 

FL 

Engelschalk,  17.  lU. 
Erbo,  12.  n. 
Erkenbert,  6.  IV. 


Emest,  10.  VI. 
Friedrich,  23.  VI. 
Gebolf,  30.  IV. 
Gerbold,  30.  VI. 
Gerloch,  17.  X. 
Gerung,    24.  I.,    9.  IV., 

3.  VU. 
Grena,  6.  XII. 
Hadmar      Osterhaymer, 

26.  lU. 
Heinrich,  21.  V.,  9.  IX., 

12.x.,  21.x. 
Hertbic,  9.  II. 
Hertnid,  17.,  26.  IH. 
Hugo,  13.  Vir. 
Jakob  Herbsleben,  pleb. 

in     Vöcklabruck,     5. 

IV. 
Johannes  Steger,  16.  VI. 
Johannes,  10. 1.,  6.  VI., 

1.  VU. 
Josef,  20.  XI. 


AiekiT.  Bd.  LXXXII.   I.  Hftlft«. 


Liebhard      Mühlhamer, 

26.  V. 
Leotold,  1.  II. 
Mathias,  23.  VUL 
Marquard,  4.  lU.,  3.  V. 
Nicolaus,  1.  VII. 
Otto,  24.  I.,  8.  H. 
Rudbert,  13.,  24.  L 
Sebastian,  23.  VUI. 
Seifrid,  30.  V. 
Siboto,  2.  V. 
Sighard,  6.  HI. 
Ulrich,  6. 1. 
Walchun,  12.  V. 
Weichard,  27.  HI. 
Werenhard,    6.  V.,    6. 

XI. 
Wibold,  3.  HL 
Wilhelm,  2.  IL,  pleb.  in 

Munster. 
Wolfmar,  10.  UI. 
Wolfram,  28.  VI. 
21 


322 


C.  Klöster. 


Admont. 

Andreas,  abb.,  25.  XI. 
Wolwoldus,  abb.,  1.  XI. 

St  Paul  in  Kärnten. 

Wernher,  abb.,  20.  VII. 

Chiemsee. 

Engelschalk,  praep.,  26. 
VI. 

Kremsmünster. 

Benedict,  abb.,  28.  X. 
Christan,  abb.,  19.  XI. 
Qeorius,  abb.,  23.  HI. 
Stephan,  abb.,  25.  I. 
Ulrich,  abb.,  10.  VI.  (?) 
Stephan,  prior,  19.  VIII. 
Perthold,      mon.,      17. 

VII. 
Erasmus,  mon.,  6.  VIII. 
Friedrich,  mon.,  17.  VII. 
Heinrich,  mon.,  19.  VIII. 
Martin,  mon.,  17.  VII. 
Stephan,  mon.,   17.  VII. 

Tegernsee. 

Rudbert,  abb.,  23.  V. 
Seibrand,  abb.,  14.  VIU. 

Traunkirchen. 

Aebtissizinen : 

Ata,  15.  XI. 

Alhaid,  4.  VI. 

Anna    I.,    27.    X.,    von 

Aystersheim. 
Anna  11.,  19.  XL,    von 

Otsdorf. 
Anna  HI.,  21.  VI.,  von 

Fanichner. 
Barbara  II.,  5.  IX.,  von 

Kirchberg. 
Barbara  I.,  10.  XII.,  von 

Stadler. 
Katharina,    electa,    29. 

vin. 


Clara,    29.    VIII.,     von 

Vtzing. 
Kunigunde,    2.  I.,    von 

Kirchberg. 
Dimudis,  17.  I. 
Dorothea  I.,  5.  II.,  Kat- 
ringer. 
Dorothea    II.,     24.    V., 

Strasser. 
Elisabeth  I.,  5.  III.,  von 

Polheim. 
Gertrude  III.,  4.  I.,  von 

Volkensdorf. 
Gertrude  II.,  16.  I. 
Gertrude  IV.,  4.  IV. 
Gertrude  I.,  16.  XI. 
Gisula,  26.  V. 
Halka,  26. 1. 
Judicta,  27.  XI. 
Magdalena    I.,     7.   IX., 

Kastner. 
Margaretha  I.,  30.  VII. 
Margaretha  II.,  15.  IV., 

von  Hartheim. 
Margaretha  HI.,   13.  H., 

von  Stainach. 
Margaretha  IV.,  20.  VI., 

von  Mühlwanger. 
Offemia  I.,  21.  I. 
Osanna,  5.  VII. 
Wilbirgis,  12.  III. 
Wilbirgis,     electa,     11. 

Vn.,  von  Stadegg. 

Decaninnen : 
Anna,    17.  III.,   Warter. 
Judita,  18.  I. 

Nonnen : 

Ata,  3.  I. 

Afra,  6.  XI.,  Kasner. 

Agnes,  13.  VI.,  von 
Mühlwanger. 

Alhaid,  29.  V.,  von  Hu- 
sendorf. 

Anna,  28.  HI.,  von  Per- 
kau. 


Anna,  2.  VI.,  von  Nid- 
hart. 

Anna,  7.  VI.,  von  Taxen. 

Anna,     10.    VII.,    von 
Messenpek. 

Anna,     23.    VHI.,    von 
Frey. 

Anna,  lO.X.,  vonCbamer. 

Anna,  20.  XII. 

Barbara,    14.    II.,    von 
Pirching^r. 

Barbara,    16.    IL,    von 
Teufl. 

Barbara,  1.  V.,  von  Tun- 
gast 

Barbara,     8.    VI.,    von 
Perkheim. 

Barbara,  5.  VHL,  Truent 

Barbara,  29.  HI. 

Barbara,  20.  XH. 

Petronella,  7.  IV. 

Benedicta,  14.  VII ,  von 
Perkheim. 

Benedicta,  18.  L,  10.11., 

14.  vn. 

Benigna,  28.  VH.,  Frey- 
tag. 
Perhta,  2.  3.  L,  l.H. 
Brigita,    19.  VIL,   von 

Messenpek. 
Katharina,    6.   V.,    von 

Sulzpeck. 
Katharina,  4.  VHI.,  von 

Polheira. 
Katharina,    4.  IX.,   von 

Thalheim. 
Christina,  27.  XI. 
Kunigund,    15.  L,    von 

Rorer. 
Kunigund,    24.  H.,   von 

Sulzpeck. 
Kunigund,  31.  HI.,  Aner. 
Kungund,   18.  IV.,  von 

Rohr. 
Kunigund,    16.  V.,   von 

Piber. 


323 


Kanigund,  11.  IX.,  von 

Otterstetten. 
Eunigood,   9.  I.,   22.  I., 

26.  vin. 

Dimudis,     26.    X.,    von 

Wasner. 
Dimudis,  26.  I. 
Dorothea,  5.  n.,  Katrin- 
ger. 
Eberlindis,  2.  II. 
Elisabeth,  14.  III.,  Auer. 
Elisabeth,    8.  IV.,    von 

Waldner. 
Elisabeth,   19.  IV.,  von 

Sunnberg. 
Elisabeth,  21.  VI.,  Laner. 
Elisabeth,   29.  VI.,   von 

Otterstetten. 
Elisabeth,  26.  Vm.,  von 

Paig. 
Elisabeth,  30.  VID.,  von 

Volkensdorf. 
Elisabeth,    8.    X.,    von 

Rot. 
Elisabeth,  12.,  18. 1. 
Engela,     21.    X.,    von 

Fatersheim. 
Engelmnd,  10.  II. 
Ermindrud,  4.  IL 
Gerbirg,    25.    X.,     von 

Jesoitz. 
Gerbirg,  27. 1.,  3.  U. 
Gertrud,    13.    IV.,    von 

Harthaim. 
Gertmd,  8.,  12.  U. 
Hadwig,  13.1. 
Heilwig,  8.  I. 
Herburg,    7.    IV.,    von 

Erenfels. 
Jeuta,  6.  VI. 
Juvencta,  inclu8a,28.IX. 
Leopirg,  8.  1. 
Lencardis,  6.  IV.,  Lich- 

tenbinkler. 
Lencardis,  29.  I. 
Magdalena,  U.V.,  Pren. 
Magdalena,  26.  VI.,  von 

Perkhaus.    • 


Magdalena,     16.    VII., 

Ascha. 
Magdalena,  23.  IX.,  von 

Klueghaimer. 
Mahtild,  11.,  23. 1. 
Martha,  24.  IX.,  Peyr. 
Martha,  11.  Vin.,Alhar. 

tinger. 
Margaretha,     14.    II., 

Forster. 
Margaretha,  22.  VII. 
Margaretha,  6.  VII.,  Po- 

terstorf. 
Margaretha,  2 1 .  VII.,  von 

Sintzinger. 
Ofemia,  22.  I. 
Regina,  4.  XI.,  Salchin- 

ger. 
Richa,  27. 1. 
Scolastica,  13.XI.,Mahl- 

wanger. 
Siguna,    20.  Vm.,    von 

Teuffenbek. 
Swanihild,  24.  I. 
Ursula,  I.  VI.,  von  Asch- 

pain. 
Ursula,    8.    VII.,    von 

Schedlinger. 
Ursula,     16.    XL,     von 

Panhalm. 
Ursula,     18.    XL,    von 

Mäming. 
Ursula,  29.  ,VI.,  22.  VU., 

23.  XII. 
Walpurg,  19.  VI.,  Pais. 
Wilbirg,  27. 1. 

Sorores : 

Anna,    11.  X.,  von  Pe- 

haim. 
Katharina,    4.  X.,    von 

Hohenfeld. 
Kungundis,     26.    IV., 

Steger. 
Dimud,  6.  IL 
Gertrud,  1.  II. 
Gisula,  30. 1. 
Heltrud,  6.  I. 


Mahtild,  1.  n.,  21.  IL 
Margaretha,     15.    VIL, 

von  Stadler. 
Richardis,  17.  L 
Sophia,     12.    IV.,    von 

Weibern. 
Wandelmud,  24.  XL 

Novise: 
Anna,  11.  XL,  Hauz. 

Beiohtv&ter: 

Andreas,    7.  VIII.,    von 

Kremsmünster. 
Otto,  21.  IV. 

Vicare    von    Traunkir- 

chen  und  deren  FUial- 

kirohen: 

Albert,  1. 1. 
Andreas,  8.  IX. 
Coloman,    8.    IX.,    von 

Mühlwanger. 
Dietrich,  29.  IX. 
Tristan,  30.  V. 
Eberhard,  12.  VIII. 
Friedrich,  23.  IL 
Friedrich,  9.Xn.,Capell. 

von  Trofaiach. 
Georius,   18.  VIIL,  von 

Hohenfeld. 
Gundaker,  18.  XII. 
Heinrich,    15.  IX.,    von 

Polheim. 
Heinrich,  18.  IX. 
Heinrich,  18.  XL 
Jacob,  9.  in.,  Ebser. 
Johannes,  3.  X. 
Johannes,  3.  U.,  pleb.  in 

Nussdorf. 
Johannes,  24.  HL,  Pa^%s- 

hutter,     Capell.    von 

Traunkirchen. 
Reicher,  18.  VUI. 
Ruediger,  9.  XU. 
Seifrid,    5.  X.,   pleb.  in 

Nussdorf. 
Vitus,  14.VIU.,  Vtzinger. 
21* 


324 


WintheruB,  1.  Vm.,  Ca- 
pell.  von  Trannkir- 
chen. 

Erla  InNiederSsterreioh. 

Ima,  15. 1.,  abba. 
Richa,  abba.,  26.  VI. 

St.  Florian. 

Caspar,  praep.,  13.  YIL 
Petrus,  can.,  3.  IX. 
Caspar,  can.,  1.  X. 

Garsten. 

Berthold  L.abb.,  27.  Vn. 
Eberhard,  abb.,  6.  XI. 
Otto,  abb.,  11.  ni. 

St.  Georgen  am  Längsee. 

Perhta,  abba.,  30.  III. 
Dimud,  abba.,  12.  II. 
Gertrud,  abba.,   13.  III. 
Yta,  abba.,  18.  IV. 

Gleink. 

Rudolf,  abb.,  28.  VI. 

Göttwelg. 

Lucas,  abb.,  2.  X. 

Goess. 

Alhaid,  abba.,  7.  II. 
Otilia,  abba.,  20.  VI. 

Judenburg. 

Christina,  abba.,  22.  IV. 
Leocardis,  abba.,  25. 1. 


Lambach. 

Alramus,  abb.,  20.  IV. 
Christanus,  abb.,  21. 1. 
Conrad,  abb.,  6.  VIII. 
Erasmus,  abb.,  6.  VI. 
Heinrich,  abb.,  11.  IV. 
Johann,  abb.,  25.  V. 
Otto,  abb.,  21.  X. 
Simon,  abb.,  25.  IX. 
Swazman,  abb.,  28.  IV. 
Ulrich,  abb.,  I.  VUI. 
Waesi^m,  abb.,  21.  IV. 
Weigand,  abb.,  11.  X. 
Albertus,    prior,  8.  XII. 
Johannes,  mon.,  23.  X. 
Michael,    mon.,   19.  III. 

Melk. 

Nicolaus,  abb.,  30.  X. 
Sighard,  abb.,  11.  X. 

Mondsee. 

Wolfgang,   abb.,   13.  X. 
Florian,  prior,  15.  III. 

Salzburg. 

8t.  Feter. 
Johann    Staupitz,    abb., 

12.  XII. 
Wolfgang,  abb.,  23.  VI. 

St.  ürintrud  auf  dem 
Nonnberge. 

Katharina,  abba.,  30.  VI. 
Dimud,  abba.,   12.  XII. 
Gertrud,  abba.,  19.  II. 
Guntza,  abba.,   7.  VIII. 


Regina,  abba.,  1.  V. 
Weyrat,  abba.,  16.  IV. 

Sohllerbaeb. 

Elisabeth,  abba.,   1.  IIL 
Gertrud,  abba.,  8.  II. 

Seitenstetten. 

Chunrad,  abb.,  21.  IX. 
Thomas,  abb.,   10.  VIH. 
Heinrich,  abb.,  3.  VH. 
Laurenz,  abb.,  1.  IX. 
Rudolf,  31.  V. 
Stephan,  7.  Xn. 

Seon. 

Wernhard,  abb.,  19.  XII. 

Unbestinmt 

Chunradus,  abb.,  5.  VL 
Chunrad  US,  abb.,  4.  XI. 
Christina,  abba.,  2.  IX. 
Friedrich,  abb.,  28.  X. 
Gedrud,  abba.,  14.  X. 
Hedwig,  abba.,  5.  VIU. 
Heilca,  abba.,  12.  IX. 
Helena,  electa,  26.  X. 
Heyma,  abba.,  14.  XI. 
Imma,  abba.,  1 1 . 1. 
Johannes,  abb.,  14.  XU. 
Lampert,  abb.,  26.  XII. 
Margaretha,  abba.,  7.  IIL 
Ofemia,  abba.,  16.  VIII. 
Stephan,  abb.,  24.  L 
Stephan,  abb.,  7.  VL 
Wernhard,  abb.,  29.  X. 


D.   Fürstliche  und  grafliche  Personen. 


Kaiser  und  Könige. 

Adelheid,  reg.,  26.  VII. 
Kunegund,  reg.,  2. 1. 
Elisabeth,  reg.,  14.  VIH. 
Friedrich,  imp.,  13.  VL 
Maxmilian,  imp.,  12.  I. 
Ottokar,  rex,  27.  VIII. 


Herzoge  und  Mark- 
grafen. 

Baiem. 
Heinricus,  dux,   30.  IV. 

Oeaterreioh. 
Agnes,  march.,  24.  IX. 
Albert,  dux,  23.  VH. 


Friedrich,  dux,  19.  VL 
Leopold,  dux,  29.  VIL 
Rudolf,  dux,  26.  X.  (?) 

Steiermark  (Chiem* 
gauer). 

Adalbert,    march.»    22. 
XL 


325 


ChuDignnd,  march.,  22. 

XI. 
Elisabeth,  mArch.,  9.  X. 
Leotold,  com.,  9.  VIII. 
OUker  I.,  com.,  5.  III. 
Otaker  II.,  marcfa.,  1.  V. 
Otakerm,  com.,29.ni. 
Otoker  I V.,  march.,28.XI. 
Otaker  V,  marcfa.,  1.  I. 
Otaker  VI.,  dux,  9.  V. 
Sophie,  march.,  12.  VII. 
Wilbirg,  com.,  19.  II. 
Wilbirg,  com.,  27.  VHI. 

Grafen. 

Bofiren. 
Albert,  6. 1. 


Gebhard,  2. 11. 
Oebhard,  4.  IX. 

Futten-Formbach. 

Ekbert,  5.  VIH. 
Wilbirg,  21. 1. 

Chiemgau  -  Qrabenstatt. 

Otakßr  I.,  5.  III. 
Otaker  lU.,  29.  III. 
Wilbirg,  19.  II. 
Wilbirg,  27.  Vm. 

Basohenberg-Reichen- 
hall. 

Leopirg,  20.  Vm. 
Leotold,  19.  VII. 


Leotold,  27.  VU. 
Leotold,  11.  vm. 
Wilbalm,  29.  IX. 

Bi>onh6lzn-Marburg. 

Chnnigund,  4.  XII. 
Bernfaard,  21.  III. 

Schaunberg. 

Wemhard,  13.  I. 
Wemhard,  8.  IV. 

Unbestimmt. 

Cfaunradus,  dux,  6.  IX. 
Gerbirg,  com.,  27.  V. 
Offemia,  3.  L 


E.  Edle  und  Borger  mit  Angabe  des  Familiennamens. 


Pais  .  .  .  . 
Panhalm   . 

Perkhaim  . 
Peteisheim 
Polhaim.  . 


Pirichinger  . 
Katäringer   . 


Rerspek.  .  . 

Tannberg.  . 
Thalhaim .  . 


Ulrich,  80.  IX 
Conrad,  11.  VIIL 
Georg,  1.  X. 
Ullrich,  25.  Vn. 
Barbara,  13.  IX. 
Albero,  15.  VU.,  5.  XL, 

16.  xn. 

Anna,  7.  VIT. 
Artolf,  31.  ra. 
Chunrad,  7.  Vn. 
Elisabeth,    24.  UI.,    21. 

VIL 
Gertrud,  7.  VH. 
Otto,  2.  HL 
Ortolf,  7.  VII. 
Reinbert,  7.  VH. 
Wemhard,  14.  EX. 
Weychard,  7.  VH. 
Berthold,  3.  VIII. 
Pabo,  1.  VIII. 
Wemhard,  16.  IX. 
Wolfgang,  25.  VU, 
Anna,  I.  IX. 
Otto,  1.  IX. 
Pilgrim,  15.  VI. 
Leutold,  16.  VUI. 


Thalhaim  .  . 
Truent    .  .  . 

Tugert .  .  . 
Erenfels.  .  . 
Fatersheim  . 


Vachendorf . 
Volkenßdorf. 


Freitag  .  .  . 

Heidenreich 
Hohenfelder 

Jörger.  .  .  . 
Lichtenbinkl 

Lobenstain  . 
Mämling  .  . 
Michelßtetter 
Mühlheim.  . 
Mühlwanger 


Margareth,  16.  VIII. 
Barbara,  5.  VHL 
Mathes,  10.  XIL 
Peter,  14.  XH. 
Otto,  27.  XI. 
Chunrad,  20.  VL 
Friedrich,  20.  VI. 
Ulrich,  20.  VI. 
Georg,  1.  IX. 
Elisabeth,  17.  XI. 
Heinrich,  2f>.  UI. 
Johannes,  7.  I. 
Seybold,  23.  IV. 
Petms,  30.  X. 
Christina,  30.  X. 
Arnold,  11.  m. 
Georg,  9.  X. 
Salome,  9.  X. 
Johann,  23.  XL 
Rudolf,  28.  IV. 
Rudolf,  14.  V. 
Christina,  4.  V. 
Jörg,  12.  XU. 
Ulrich,  12.  V. 
Hans,  11.  XII. 
Marte,  2.  VI. 


326 


Oberhaymer  Michael,  30.  VIII. 
Rohrbach  .  .  Ulrich,  30.  VIU. 
Ror  (Ranrer)  Agnes,  25.  X. 

Chunigund,  18.  IV. 

Johannes,  8.  VII. 

Otto,  11.  xn. 


SchQnauer 
Sintzinger 
Strasser  .  . 
Wasner  .  . 

Winkler.  . 


Erasmus,  18.  VTL 
Ltenhard,  25.  XI. 
Balthasar,  6.  V. 
Elisabeth,  20.  lU. 
Friedrich,  20.  lU. 
Wolfgang,  4.  IV. 


F.   Edle  und  Barger  ohne  Angabe  des  Familiennamens. 


Alram,  14.  L 
Andreas,  16.  VII. 
Arnold,  14. 1. 
Berchtold,  22.  VI. 
Dietrich,  6.  IX. 
During,  9.  I. 
Eberlind,  14.  I. 
Ebrand,  26. 1. 
Erimbert,  28. 1. 


Georius,  22.  VI. 
Gerbirgis,  19.  11. 
Gewoldus,  29. 1. 
Gewolfus,  10.  II. 
Gumpold,  19.  I. 
Harlung,  18.  II. 
Helmhard,  24.  V. 
Heinrich,     8.    VI., 
IX. 


3. 


Iringard,  15.  I. 
Irinhard,  29.  L 
Mathild,  18.  H. 
Richza,  18. 1. 
Siboto,  28.  I. 
Walchun,  19.  L 
Witigo,  28.1. 
Wolfger,  18.  n. 
Wolf  mar,  10.  IV. 


0.   Personen,  welche  anf  widernatürliche  Art  geendet  haben. 


Artolf,  2.  Xn. 
Pabo,  18.  VI. 
Pemger,     24.    I.,     20. 

VII. 
Chunrad,  26.  L,  25.  IT., 

9.  Vn.,   12.  Vm.,   23. 

XII. 
Dietmar,  15.  IX.,  12.  X. 
Eberhard,  13.  VI. 
Engelmar,  30.  III. 
Engelschalk,  27.  VI. 
Friedrich,  7.  III.,  14.  HI., 

l.V.,12.VU.,29.Vm. 


Godfried,  9.  VUI. 
Heinrich,  6.  I.,  29.  IV., 

8.v.,4.vm.,i7.vin., 

27.  XL 
Hartun,  22.  VU. 
Herand,  11.  IV. 
Johann,  13.  V.,  18.  X. 
Leo,  11.  I. 
Leotherus,  21.  VUI. 
Leutwin,  16.  H. 
Markward,  8.  HI. 
Otaker,  24.  V.,  22.  VUL, 

27.  IX. 


Otto,  8.  n.,  2.  in.,    16. 

IV.,  6.  (?)  XU. 
Ortolf,  10.  n.,  80.  IV. 
Richer,  20.  V. 
Rudolf,  21.  xn. 
Starkand,  3.  IX. 
Ulrich,      L     IV.,       18. 

vni. 

Walchun,    12.    IL,     18. 

XL 
Wemhard,  5.  I. 
Wolfhard,  10.  VUL 
Wolfram,  7.  XL 


Ausgegeben  am  29.  April  1895. 


Archiv 


fQr 


Österreichische  Geschichte. 


Herausgegeben 

Ton  der 

zur  Pflege  vaterländischer  Geschichte  aufgestellten  Commission 

der 

kaiserliehen  Akademie  der  Wissenschaften. 


Zweinndachtzigster  Band. 

Zweite  Hälfte. 

Mit  sechs  Karten. 


Wien,  1895. 


In    Commission    bei    F.    Tempsky 

Huchhlndl«r  dar  k«U.  Akiulatui«  der  WiMMn«chaacn 


Archiv 


fUr 


Österreichische  Geschichte 


«♦ 


Herausgegeben 

von  der 

zur  Pflege  vaterländischer  Geschichte  aufgestellten  Commission 

der 

kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften. 


Zweiundachtzigster  Band. 


Mit  zwei  Tafeln  und  sechs  Karten. 


Wien,  1895. 

Id    Commission    bei    F.  Tempsky 

Bochhlndler  der  kais.  Aludcmi«  der  WiM«nactwft«n 


Druck  von  Adolf  Holzhaasen. 
und  k.  Hof-  qdcI  UniveraitllU-Bucbdnicker  in  Wien. 


Inhalt  des  zweiundachtzlgsten  Bandes. 


Seite 
Die  Staatsschulden  und  die  Ordnunj^  des  Staatshaushaltes  unter  Maria 

Theresia.    I.    Von  Adolf  Beer.    (Mit  2  Tafeln) 1 

Mähren  und  das  Reich   Herzog  Boleslavs  II.   von   B{$hmen.    Von   Dr. 

B.  Bretholz 137 

Geschichte  des  ehemaligen  Nonnenklosters  O.  S.  B.  zu  Trannkirchen  in 

'  OberOsterreich.    Von  Godfried  Edmund  Friess 181 

Beiträge  zur  Geschichte  der  Husitischen  Bewegung.  V.  Gleichzeitige 
Berichte  und  Actenstücke  zur  Ausbreitung  des  Wiclifismus  in 
Böhmen  und  Mähren  von  1410  bis  1419.  Gesammelt  und  mit 
kritischen  und  erläuternden  Anmerkungen  herausg^eben  von 
Dr.  Johann  Loserth 327 

Deatschlands  südwestliche  Marken  im  10.,  11.  und  12.  Jahrhunderte.  Von 

Dr.  Victor  Hasenöhrl.  (Mit  6  Karten) 419 

Studien  Aber  die  Correspondenz  der  Generale  Gallas,   Aldringen   und 

Piccolomini  im  Februar  1634.    Von  Dr.  Alfons  Uuber     .     .     .     563 

Studien  zu  den  ungarischen   G^chichtsquellen.    III.  und  IV.    Von  Dr. 

Baimund  Friedrich  Kaindl 587 


BEITRÄGE  ZUR  GESCHICHTE 


DER 


HUSTTTSCHEN  BEWEGUNG. 

V. 

GLEICHZEITIGE  BERICHTE  UND  ACTENSTÜCKE 
ZUR  AUSBREITUNG  DES  WICLIFISMUS  IN  BÖHMEN  UND  MÄHREN 

VON   1410  BIS   1419. 


GESAMMELT  UND 

MIT  KRITISCH  KN  UND  ERLÄUTERNDEN  ANMERKUNGEN 

HERAUSGEGEBEN 

VON 

D"  JOHANN  LOSERTH, 

PROfBSSOK   DER  OKSUHICHTE  AN  DER  UNIVERSITÄT  GRAZ. 


Arcbiv.  LXXXII.  Rand.  II.  mifto.  22 


Einleitung. 


In  dem  hier  vorliegenden  fünften  Theile  meiner  Beiträge 
zur  Geschichte  der  husitischen  Bewegung  lege  ich  zunächst  eine 
Gruppe  von  gleichzeitigen  oder  zeitlich  nahestehenden  Berichten 
über  die  Lebensführung  und  den  Tod  des  Magisters  Johannes 
Hub  und  Hieronymus  von  Prag  vor,  die  ich  zum  Theile  schon 
vor  Jahren  in  mährischen  und  steirischen  Bibliotheken  und 
Archiven  gesammelt  habe.  Sie  sind  entweder  wie  z.  B.  der  aus 
Vorau  stammende  Bericht  bisher  ganz  unbekannt  gewesen  oder 
wie  die  drei  anderen  aus  Prag  und  Raigern  stammenden  nur 
in  späteren  Ueberarbeitungen  veröffentlicht  worden.  Diese  sind 
aber  nicht  genau. 

Eine  zweite  Gruppe  von  Schriflstlicken,  die  ich  in  ver- 
schiedenen Bibliotheken  und  Archiven  zu  Rom,  Wien,  Brunn, 
Raigern  und  Prag  gesammelt  und  copirt  habe,^  enthält  Docu- 
mente,  welche  sich  auf  die  Verbreitung  des  Wiclifismus  in 
Böhmen,  vornehmlich  aber  in  Mähren,  beziehen.  Einige  von 
ihnen  waren  auch  bisher  schon  bekannt,  werden  aber  hier  zum 
ersten  Male  in  ihrer  correcten  Gestalt  aus  den  betreffenden 
Registerbänden  des  vaticanischen  Archivs  in  Rom  mitgetheilt. 
Die  Stücke  20 — 27  haben  auch  vom  politischen  Standpunkte 
aus  eine  grosse  Bedeutung.  Sie  betreffen  den  Streit  des  Bischofs 
Johann  (des  Eisernen)  von  Leitomischl  mit  dem  Domherrn  Aleä 
von  Wischehrad  um  das  Olmiitzer  Bisthum.  Indem  ich  sie  mit- 
theile, löse  ich  ein  Versprechen  ein,  das  ich  vor  zwei  Jahren 


^  E>i  sei  mir  gestattet,  wenigstens  hier  in  einer  Note  dem  Danke  Ausdruck 
zu  geben,  den  ich  den  Vorständen  und  Beamten  des  vaticanischen  Archivs, 
vornehmlich  Herrn  Denifle,  dem  Vorstande  der  Wiener  Hofbibliothek 
Herrn  Hofrath  Prof.  Dr.  W.  v.  Hartel>  der  Direction  der  Prager  Univer- 
sitätsbibliothek und  den  hochwttrdigen  Herren  Aebten  von  Vorau  und 
Raigern  schulde. 

22» 


in    der   Ausgabe    des    Granum    Catalogi    praesulum    Moraviae 
(Archiv  f.  österr.  Gesch.  78,  96)  gegeben  habe. 

Was  die  Stücke  der  ersten  Gruppe  betriflPt,  so  liegt  das 
erste  in  der  Vorauer  Handschrift  Nr.  335  (alt  94)  vor.  Sie  ge- 
hört dem  14.  Jahrhundert  an,  ist  auf  Pergament  geschrieben 
und  enthält  ausser  dem  Bericht  über  die  Abdankung  Gregors  XII. 
und  der  Verurtheilung  des  Hus  noch  Schriften  Anselms  von 
Canterbury:  Cur  Dens  homo  etc.  Die  Vorgänge  der  14.  Session 
des  Concils  werden  bei  aller  Knappheit  in  der  Darstellung  doch 
ziemlich  vollständig  gegeben.  Der  Standpunkt  des  Schreibers 
ist  gekennzeichnet  durch  die  Worte :  censure  .  .  .  inter  pontifices 
nostre  obedientie  et  dictum  Gregorium  fulminate  .  .  .  Dass 
der  Schreiber  an  den  Verhandlungen  des  Concils  irgendwie 
betheiligt  war,  sieht  man  aus  der  Bemerkung:  ,Kurz,  wenn  man 
nutzloser  Weise  dem  Hus  Gelegenheit  zur  Antwort  gegeben 
hätte,  wäre  an  diesem  Tage  die  genannte  Sitzung  nicht  beendet 
worden.^  Trotzdem  findet  sich  in  der  Erzählung  ein  Irrthum, 
indem  der  Erzbischof  von  Mailand  als  derjenige  bezeichnet 
wird,  welcher  über  das  Thema  ,Corpus  conteratur  peccati'  ge- 
predigt habe,  während  es  in  Wirklichkeit  der  Bischof  von  Lodi 
war.  Der  Bericht  über  das  Benehmen  des  Hus  weist  einige 
bisher  nicht  bekannte  Züge  auf.  Es  mag  ja  wahr  sein,  wenn 
gesag:t  wird:  Territus  dicta  sentencia  incepit  in  voce  defieere 
nimium  et  loquela.  Und  die  Worte  selbst:  ,0  Deus  omnipotens, 
qualis  sentencia  contra  me  miserum  est  lata'  werden  auch  richtig 
sein.  Man  sieht  nicht,  dass  der  Berichterstatter  diese  Dinge  er- 
zählt, um  den  Muth  Husens  als  schwächlicher  darzustellen,  als 
er  wirklich  war.  Dessen  Beherztheit  tritt  vielmehr  in  den  fol- 
genden Bemerkungen  deutlich  hervor,  wo  er  Hus,  da  ihm  das 
Priestergewand  angezogen  wird,  um  ihm  dann  wieder  feierlich 
genommen  zu  werden,  sagen  lässt :  ,Et  ubi  est  iam  Pilatus,  qui 
dedueret  mihi  vestes  Christi  ?'  oder  indem  er  ihn  feierlich  seine 
Unschuld  und  dass  er  niemals  etwas  gegen  das  Evangelium  und 
die  heil.  Doctoren  gepredigt  habe,  betheuern  lässt,  oder  endlich, 
indem  er  ihn  die  Gründe,  um  derentwillen  er  nicht  abschwören 
dürfe,  auseinandersetzen  lässt. 

Leider  ist  dieser  Bericht  —  gewiss  einer  der  werth vollsten 
unter  allen,  die  wir  über  den  Tod  des  Hus  haben  —  nicht  voll- 
ständig erhalten.  Caetera,  heisst  es  an  einer  Stelle,  require  in 
fine  libri.     Dort  sind  aber  zwei  Blätter  herausgerissen,  und  so 


331 

eodet  der  Bericht  bei  der  Erklärung  des  Hus,  weshalb  er  bei 
seinen  Lehren  verbleiben  müsse. 

Den  guten  Ruf  Husens  gegen  die  Ausstreuungen  seiner 
Gegner  nimmt  die  zweite  der  unten  folgenden  Nummern  ,Aus- 
schreiben  der  Prager  Universität  an  verschiedene  Königreiche 
und  Länder'  über  die  vortreffliche  Lebensführung  des  Hus  und 
Hieronymus  kräftig  in  Schutz.  Das  Stück,  einer  gleichzeitigen 
Handschrift  (in  Raigem)  entnommen  und  ganz  im  Stile  der 
sonstigen  von  der  Universität  in  dieser  Sache  ausgegangenen 
Schreiben  gehalten,  ist  vom  23.  Mai  1416  datirt.  Husens  Lebens- 
führung sei  von  seiner  zartesten  Jugend  an  eine  so  reine  und 
vortreffliche  gewesen,  dass  Niemand  von  so  vielen  Leuten,  unter 
denen  er  alltäglich  gewandelt,  ihn  auch  nur  einer  einzigen  Sünde 
beschuldigen  konnte.  Es  werden  dann  seine  vortrefflichen  Eigen- 
schaften als  akademischer  Lehrer  und  als  Prediger  heraus- 
gehoben. Das  aUein  sei  zu  beklagen  gewesen,  dass  ihn  wegen 
seiner  Gerechtigkeit  die  Scheltworte  der  schlechten  Menschen 
getroffen  hätten.  Seine  Liebe  zu  den  Armen  sei  ohne  Grenzen 
und  sein  Eifer  gegen  trotzige  Sünder  erfolgreich  gewesen.  Vor 
Allem  aber  sei  er  bestrebt  gewesen,  den  in  Habsucht  und 
Schwelgerei  versunkenen  Clerus  zu  seiner  Pflicht  und  zu  der 
Einfachheit  der  alten  Kirche  in  den  ersten  Jahrhunderten  ihres 
Bestandes  zurückzuführen.  So  war  er  in  Allem  ein  Lehrer 
ohne  Gleichen.  Man  begreift,  dass  dieser  Nachruf  die  Fehler 
dieses  Mannes,  deren  er  nicht  weniger  hatte  als  die  von  ihm 
bekämpften  Gegner,  bei  Seite  lässt.  Kürzer  in  der  Form,  aber 
in  der  Sache  ebenso  kräftig,  tritt  diese  Schrift  für  den  Magister 
Hieronymus  ein.  Auch  er  sei  vornehmlich  ein  Eiferer  wider 
den  Stolz,  die  Habsucht,  Ausschweifung  und  Simonie  des  Clerus 
gewesen.  Durch  seinen  Märtyrertod  habe  er  über  alle  seine 
Gegner  triumphirt. 

Dieser  Bericht  über  Hus  und  Hieronymus  ist  in  zahlreiche 
spätere  Darstellungen  übergegangen  —  bei  der  Autorität,  welche 
die  Prager  Universität  in  den  ersten  Jahrzehnten  der  husitischen 
Bewegung  hatte,  eine  ganz  begreifliche  Sache.  Zu  bedauern 
bleibt,  dass  sich  darin  nicht  einige  speciellere  Züge  finden,  son- 
dern Alles  ganz  allgemein  gehalten  ist. 

Unter  den  Berichten  über  den  Process  imd  das  Ende  des 
Hieronymus  nimmt  die  Narratio  de  Magistro  Hieronymo 
Pragensi  pro  Christi  nomine  Constantiac  exusto,  welche 


332 


die  Nürnberger  Ausgabe  der  Monumenta  des  Hus,  II.  Band, 
fol.  CCCXLX*— CCCLIV  mittheilt,  eine  ganz  eigenartige  SteUe 
ein.  Der  Verfasser  sagt:  Damit  die  Wahrheit  über  diesen  Hiero- 
nymus,  der,  einem  zweiten  Elias  gleich,  auf  feurigem  Wagen 
zum  Himmel  auffuhr,  nicht  verloren  gehe:  acta  ipsius  magistri 
Hieronymi  ad  Constantiense  concilium  pergentis  decrevi,  tum 
ex  visis  per  me  inibi,  tum  et  auditis,  tum  e<Sam  ex  hüs,  que 
mihi  et  aliis  de  Constancia  veraciter  et  a  veridicis,  qui  ea  vi- 
derunt  et  audierunt,  sunt  intimata,  scriptotenus  stylo  quamquam 
inculto  in  unum  redigere  .  .  . 

Der  Autor  sagt  hier  ausdrücklich,  dass  er  aus  mehreren 
Quellen  schöpft:  theils  hat  er  die  Dinge  selbst  gesehen  und 
gehört,  theils  haben  ihm  Andere  aus  Constanz  glaubwürdige 
Berichte  von  den  Vorgängen  daselbst  zugeschickt.  Nun,  f&r  die 
Theile  vom  Schlüsse  des  dritten  Capitels  an,  dann  für  das  vierte, 
fünfte  und  sechste  Capitel  liegt  die  Quelle  in  der  Raigerer 
Handschrift  H,  h,  17  vor.  Dort  findet  sich  ein  Bericht:  ,De 
vita  Jeronymi  de  Praga^,  der  mit  dem  obgenannten  grossentheils 
wörtlich  übereinstimmt.    Man  vergleiche: 


Cod.  Riiyhrad.: 

In  qua  audiencia  plus  quam 
XL  articulis,  subtilissime  Omni- 
bus contra  cum  obicientibuS;  us- 
que  horam  meridianam  respon- 
debat,  articulos  sibi  nocivos  ne- 
gandocommisisse  etperpetrasse, 
asserens  quod  testes  Uli  inique, 
mendose  et  calumpniose,  prout 
emuli  sui,  adversus  cum  expo- 
suissent 


Mon.  fol.  C(XLn*: 

In  illa  ergo  audiencia  die 
predicta  a  mane  plus  quam  XL 
articulis,  subtilissime  omnibus 
contra  ipsum  obicientibus,  usque 
horam  meridionalem  responde- 
bat.  Articulos  nocivos  et  con- 
fictos  negando  se  commisisse  et 
perpetrasse,  asserens  quod  testes 
illi  calumniose  et  mendose,  tam- 
quam  emuli  sui,  adversus  eum 
deposuissent. 


Oder  die  Stelle,  wo  von  seinen  Reisen  die  Rede  ist: 


Deinde  totam  suam  vitam, 
quecunque  sibi  Parisius,  in  Hei- 
deberg, in  Colonia,  in  Praga,  in 
Wienna,  in  Hungaria,  in  Rus- 
sia,  in  Constancia  seu  in  viarum 
itineribus    accidorunt,    et    que 


Deinde  totam  suam  vitam, 
quecunque  sibi  Parisiis,  Colo- 
niae,  in  Heidelberga,  in  Praga, 
in  Vienna,  in  Hungaria,  in  Ras- 
sia  et  Constancia  seu  in  viarum 
itineribus    acciderant,    et    que 


333 


eciam  in  illis  partibus  et  aliis 
commisit  et  perpetravit,  po- 
tissime  quomodo  Theutunicos 
de  Praga  et  r^no  Boemie  co- 
nabator  com  adiutorio  extir- 
pare  .  .  . 


eciam  in  illis  partibus  et  alibi 
fecerit,  potissimum  quomodo 
Teutonicos  de  Praga  et  de 
regno  Boemiae  conabatur  cum 
adiutorio  et  regnicolis  libertas 
procurare  .  .  . 


Von  einer  Eintheilung  in  Capitel  ist  in  der  Raigerer  Hand- 
schrift keine  Rede ;  an  das  vierte  Capitel  der  Ausgabe  schliesst 
sich  ohne  irgend  einen  etwa  durch  eine  Ziffer  deutlich  gemachten 
Einschnitt  gleich  ,Sabbato  autem  .  .  /  an.  Ebenso  ist  es  da 
der  Fall,  wo  der  Druck  den  Beginn  des  sechsten  Capitels  als 
solches  kenntlich  macht.  Die  Darstellung  ist  in  der  ursprüng- 
lichen Quelle  viel  conciser;  man  vergleiche: 


Handschrift : 


Quo  sermone  completo  ite- 
ruin  leronymus  inter  cetera  . . . 


Drack : 


Postquam  vero  dictum  ser- 
monem  episcopus  Laudensis  iam 
dictus  finivisset,  ex  tunc  ma- 
gister  Hieronymus  iterum  .  .  . 


Das  Urtheil  ist  in  der  Handschrift  gar  nicht  eingetragen, 
weil  es  ohnedies  in  seinem  Wortlaute  allerorten  bekannt  war. 
Davon,  dass  der  locus  supplicii  genau  derselbe  war  wie  jenef 
des  Hus,  findet  sich  in  der  Handschrift  an  dieser  Stelle  nichts, 
dagegen  liest  man  gleich  an  der  Spitze:  Magister  leronymus 
sabbato  post  Ascensionem  Domini  ...  in  eodem  loco,  in 
quo  sanctus  vir  magister  Johannes  Hus  est  combustus,  in  ignis 
voragine  diem  suum  clausit  extremum.  Von  grossem  Interesse 
sind  die  in  dem  Drucke  fehlenden  deutschen  Worte:  Lyben 
kinden  u.  s.  w.  In  dem  Drucke  fehlen  auch  die  wenigen  tsche- 
chischen Worte,  die  Hieronymus  vor  seinem  Ende  gesprochen. 

Vielleicht  könnte  man  der  Meinung  sein,  dass  der  vor- 
liegende, aus  einer  gleichzeitigen  Handschrift  stammende  Be- 
richt nur  ein  Auszug  aus  einem  anderen  ist,  der  eben  in  dem 
Drucke  vorliegt.  Aber  jener  macht  ganz  den  Eindruck  des 
Ursprftnglichen :  er  will  Jemandem  oder  einer  ganzen  Corpo- 
ration Nachricht  über  das  Ende  des  Hieronymus  geben  und 
erwähnt  dann  auch  nur  jene  Dinge,  die  nicht  schon  durch 
anderweitige  Berichte  bekannt  waren  oder  bekannt  gemacht 
wurden.     Dann  halte  man  noch  folgende  im  Drucke  fehlende 


334 

8telle  hinzu:  ,De  qua  revocatione  non  ambigo  vos  non  latere/ 
Hier  wird  der  Adressat  angesprochen.  Die  Stelle  zeigt,  dass 
der  Berichterstatter  nicht  auch  den  Widerruf  im  Wortlaut  mit- 
getheilt  hat,  sonst  würde  es  wohl  heissen:  ,Worüber  ich  Euch 
schon  früher  unterrichtet  habe/  Eine  zweite  im  Drucke  auch 
fehlende  Stelle,  die  an  den  Adressaten  gerichtet  ist,  lautet: 
Materiam  sermonis  ipsius  partim  et  non  totaliter  vobis  enucleo. 
Zum  Schluss  findet  sich  eine  noch  bezeichnendere  Stelle:  Ista 
omnia  sie  fieri  vidi  et  audivi,  et  si  quis  contrarium  dixerit,  nulli 
fidem  adhibeatis.    Anno  domini  1416  die  et  horis  quibus  supfa. 

Es  ist  wahrscheinlich,  dass  der  Herausgeber  des  16.  Jahr- 
hunderts erst  mehrere  Berichte  zusammengeschweisst  hat  Dass 
ihm  der  obige  vorlag,  sieht  man  noch  aus  seiner  Bemerkung: 
Is  autem  homo  veridicus,  qui  nobis  acta  circa  condemnationem 
et  sentenciam  ipsius  magistri  Hieronymi  scriptotenus  intimavit 
et  Pragam  destinavit,  sie  concludit:  Ista  omnia  sie  fieri  vidi  et 
audivi  .  .  .  Die  Handschrift,  aus  der  der  Druck  veranstaltet 
wurde,  war  aber  keinesfalls  die  Raigerer;  denn  dieser  fehlt  ein 
ganzer  Satztheil,  der  im  Drucke  vorkommt. 

In  der  unten  folgenden  Nummer  4,  einer  Predigt  über 
den  Text:  Glücklich  sind  die,  welche  Verfolgung  tragen  um 
der  Gerechtigkeit  willen,  werden  die  ersten  husitischen  Märtyrer 
verherrHcht :  Hus,  Hieronymus  und  fünf  andere,  von  denen  drei 
in  Prag  und  zwei  in  Olmütz  starben.  Von  den  Prager  Mär- 
tyrern berichten  die  tschechischen  Chroniken  zum  Jahre  1412 
(Scriptores  rerum  Bohemic.  III  ed.  Palacky,  p.  15  =  Geschicht- 
schreiber der  husitischen  Bewegung  III,  230) :  ,Dann  im  Jahre 
1412,  Montag  vor  der  heil.  Margaretha,  wurden  drei  Jünglinge 
wegen  der  Ablässe  geköpft,  weil  sie  den  Priestern  bei  der 
Predigt  über  die  Ablässe  widersprachen.'  Es  wäre  recht  zu 
wünschen  gewesen,  dass  die  Gedächtnissrede  für  diese  drei 
etwas  Näheres  über  sie  brächte,  denn  man  weiss  aus  den 
tschechischen  Chroniken,  dass  Hus  weitläufig  über  sie  und  das 
Verdienst  ihres  Todes  redete;  auch  gab  es  Darstellungen,  die 
sich  über  sein  Verhalten  bei  diesen  tragischen  Anlässen  aus- 
liessen :  die  Art  und  Weise  a^ber,  wie  unten  in  den  allgemeinsten 
Worten  und  Wendungen  von  den  Verdiensten  der  drei  Mär- 
tyrer gesprochen  wird,  lässt  erkennen,  dass  der  Prediger  mit 
den  Einzelheiten  wenig  vertraut  war.  Ueber  die  beiden  ,Mär- 
tyrer'  von  Olmütz  berichtet  der  Stadtschreiber  Wenzel  von  Iglau  t 


335 

Et  quia  ipsius  civitatis  Olomucensis  cives  duos  laycos,  qui 
suprafati  lohannis  Hus  articulos  erroueos  predicabant  contra 
domini  Laczkonis  capitanei  in  Moravia  et  aliorum  baronum  et 
terrigenarum  (voluntatem),  in  Octava  combustionis  iam  dicti 
lohannis  Hus  forma  iudicii  spiritualis  et  secularis  debita  pre- 
Diissa  comburere  mandaverunt,  ideo  ipsi  cives  Olomucenses  tarn 
B  Boemis  quam  a  Moravis  Uli  secte  heretice  acquiescentibus  pre 
Omnibus  aliis  civitatibus  persequebantur  (sie)  .  .  .*  Von  anderer 
Seite  liegt  ein  Brief  vor,  den  die  Universität  von  Prag  dem 
Statthalter  Lacko  von  Kravaf  sandte  und  in  welchem  sie  über 
das  Vorgehen  der  Olmützer  bittere  Klage  führte.^  Aus  einer 
gleichartigen  Wendung  ist  zu  entnehmen,  dass  dieser  Brief  dem 
Prediger  nicht  unbekannt  war.  Auch  Wenzel  von  Iglau  kannte 
ihn  und  nahm  einige  Worte  daraus. 

Am  längsten  verweilt  der  Prediger  bei  dem  Lob  des  Hus, 
etwas  kürzer  ist  das  des  Hieronymus. 

Das  ganze  Stück  ist  schon  in  der  ersten  Ausgabe  der 
Monumenta  loannis  Hus  (Nürnberg  1558)  abgedruckt  worden. 
Aber  diese  Ausgabe  —  heute  schon  sehr  selten  —  ist  wenig 
correct.  Es  gibt  Fehler  darin,  die  als  sinnstörende  bezeichnet 
werden  müssen.  In  der  Handschrift  —  Cod.  univ.  Prag.  VIH. 
6.  13,  fol.  174flF.  —  lautet  z.  B.  eine  Stelle:  Et  tercio  tangendum 
est  utrumque,  id  est,  aliqualiter,  quomodo  quidam  nostri  pre- 
sentis  temporis,  nobiscum  in  morum  honestate  conversati, 
atraque  predicta  paciencia  passi  sunt  .  .  . 

In  der  Ausgabe  lautet  die  Stelle  dagegen:  Et  tercio  tan- 
gendum est  utrumque.  Quomodo  quidam  nostri  preteritis  tem- 
poribus  nobiscum  in  morum  honestate  conversati  utramque  pa- 
ciencie  persecucionem  passi  sunt  .  .  , 

In  dem  ersten  Falle  würde  der  Berichterstatter  ein  Mann 
sein,  der  unmittelbar  unter  dem  Eindruck  der  Ereignisse  seine 
Darstellung  niedergeschrieben  hat;  im  zweiten  erzählt  er,  was 
er  in  längst  vergangenen  Tagen  erlebt  hat.  Allerdings  kommt 
auch  im  Druck  später  eine  Stelle  zum  Vorschein,  die  wieder 
der  der  Handschrift  nahesteht;  denn  es  heisst  dort:  Tercio,  ut 
dixi,  tangendum  est,  qualiter  quidam  nostrum  presentis  tem- 
poris ..  .     Ich    habe    auch    diesen  Bericht    schon  vor  Jahren 


*  Mitth.  des  Vereins  für  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen  19,  88. 

*  Documenta  mag.  loannis  Hus,  p.  561/2. 


336 

copirt  und  meine,  dass  bei  den  zahlreichen  TextesänderungCD, 
die  er  im  Drucke  erlitten  hat,  ein  Wiederabdruck  in  correcter 
Gestalt  erwünscht  sei.  Gleichwohl  bin  ich  der  Ansicht,  dass  es 
nicht  nöthig  ist,  die  ausgedehnten  theologischen  und  moralischen 
Betrachtungen,  die  fast  vier  Folioseiten  fassen,  mit  abzudrucken. 
Man  wird  sich  auf  die  Wiedergabe  des  Thatsächlichen  be- 
schränken dürfen.  Die  zahlreichen  Varianten  im  Drucke  sind 
vielleicht  auf  sogenannte  Textesverbesserungen  des  Heraus- 
gebers, nicht  schon  auf  das  Vorkommen  in  einer  gleichzeitigen 
Handschrift  zurückzuführen.  Die  Varianten  sind  oft  auch  in 
kleineren  Dingen  nicht  unerheblich;  im  Druck  liest  man  bei- 
spielshalber: sed  alia  reportabat;  die  Handschrift  hat  das  rich- 
tige: sed  odia  reportabat .  .  . 

Die  Verehrung  dieser  neuen  ,Heiligen*  durch  die  Husiten, 
die  in  folgerichtiger  Durchführung  der  Lehren  Wiclif  s  von  einer 
Heiligenverehrung  überhaupt  absehen  müssten,  ist  schon  den 
katholischen  Zeitgenossen  in  Böhmen  und  den  Nachbarländern 
aufgefallen.  ^ 

Die  folgenden  Nummern  gehören  der  zweiten  Gruppe  an. 
Sie  enthalten  Briefe  und  Acten,  die  mit  der  Ausbreitung  des 
Wiclifismus  in  Böhmen  und  Mähi'en  in  Zusammenhang  stehen. 
Gleich  das  erste  Stück  (Nr.  5),  eine  feierliche  Bannbulle  Ale- 
xanders V.  (de  dato  Bologna,  20.  März  1410)  gegen  alle  Ketzer 
seiner  Zeit  enthaltend,  entnommen  dem  betreffenden  Register- 
bande dieses  Papstes  im  vaticanischen  Archive,  hat  für  uns  ein 
grosses  Interesse,  nicht  so  sehr  durch  das,  was  sie  enthält,  als 
vielmehr  durch  das,  was  ihr  fehlt.  1410,  da  war  ja  längst  die 
Verurtheilung  Wiclif  scher  Lehrsätze  und  Schriften  in  England 
und  ausserhalb  Englands  erfolgt,  seit  sieben  Jahren  fiihrte  die 
Kirche  einen  schweren  Kampf  mit  dem  böhmischen  Ableger 
des  Wiclifismus,  ohne  auf  irgendwelche  Errungenschaften  hin- 
weisen zu  können;  in  eben  diesem  Augenblicke  begann  der 
Wiclifismus  in  Böhmen  eine  Wendung  zu  nehmen,  die  ihn  viel 
gefUhrlicher   machte,   als   er  jemals  in  England   gewesen,   und 


^  Ludolf  von  Sagan  macht  sich  lastig,  dass  die  Husiten  noch  den  Heiligen- 
kalender benützen:  Si  enim  ordinaciones  ecclesie  non  recipiunt,  quid  de 
festo  beati  Marcelli  sciunt?  Ipsa  quippe  ecclesia  est,  que  nonnullos, 
qui  de  hoc  seculo  transierunt  ascribens  sanctorum  cathalogo  eorum  festi- 
vitates  vel  commemoraciones  instituit  et  certis  diebus  bas  esse  peragendas 
fidelibus  suis  iniunxit .  .  . 


337 

schon  traten  die  dem  bestehenden  Kirchenregimente  feindlichen 
Kräfte  in  England  und  Böhmen  in  Verbindung  und  richtete  Sir 
John  Oldcastle  seine  aufinunternden  Schreiben  an  die  ,Freunde 
und  Liebhaber  des  Evangeliums^  in  Böhmen  und  forderte  König 
Wenzel  auf,  sie  kräftig  zu  imterstützen :  ^  und  trotz  alledem  wird 
in  der  Bannbulle  der  Wiclifismus  mit  keinem  einzigen  Worte 
erwähnt  —  weder  der  böhmische,  noch  der  englische.  Soll  man 
annehmen,  dass  jene  Bewegung,  die  schon  bis  dahin,  und  noch 
mehr  später,  viel  Blut  und  Thränen  kostete,  in  Rom  nicht  die 
genügende  Würdigung  fand? 

Jene  Bulle  besass  allerdings  eine  seit  langer  Zeit  fest- 
stehende Form;  in  dieser  wurde  sie  von  Zeit  zu  Zeit  der  christ- 
lichen Welt  verkündigt,  aber  man  sollte  meinen,  die  Noth  der 
Zeit  hätte  es  mit  sich  gebracht,  dass  man  über  den  alten  Ketze- 
reien, die  hier  verflucht  werden,  nicht  der  neuen  vergessen 
hätte,  mit  denen  man  ja  eben  im  Kampfe  lag. 

In  diesen  Kampf  versetzt  uns  die  folgende  Kummer,  die 
mit  dem  in  Prag  im  Mai  des  Jahres  1412  ausgebrochenen  Ab- 
lassstreite in  engstem  Zusammenhang  steht  und  Absolutions- 
formeln u.  dgl.  enthält* 

In  den  Kampf  der  Curie  gegen  den  Wiclifismus  in  Böhmen 
versetzen  uns  auch  die  Nummern  7 — 9.  In  der  ersten  befiehlt 
Johann  XXHI.,  dass  der  Dialogus,  Trialogus  nebst  mehreren 
anderen  nicht  ausdrücklich  genannten  Schriften  Wiclif  s  in  Folge 
eines  Beschlusses  des  allgemeinen  in  Rom  abgehaltenen  Concils 
dem  Feuer  übergeben  werden  sollen.  Zu  dieser  Bulle  hat  Hus 
bekanntlich  eine  ausserordentlich  scharfe  Glosse  geschrieben,^ 
worin  er  sich  namentlich  über  die  Angabe,  dass  der  Beschluss 
in  einem  allgemeinen  Concil  gefasst  worden  sei,  lustig  macht: 
,Das  sei  nur  ein  Winkelconvent  gewesen':  ubi  non  catholici 
praelati  de  regnis  orbis,  sed  pauci,  monachi  symoniaci,  fuerunt 


'  8.  meinen  Aufsatz  , lieber  die  Beziehungen  zwischen  englischen  und  böh- 
mischen Wiclifiten  in  den  beiden  ersten  Jahrzehnten  des  15.  Jahrhunderts*. 
HitUi.  d.  Inst  f.  tfsterr.  Geschichtsforsch.  XII,  13 — 15. 

'  ,Beitrikge  zur  Geschichte  der  husitischen  Bewegung*,  IV,  Arch.  f.  Osterr. 
Gesch.  75,  295  ff. 

•  Sie  ist  nach  der  Wittingauer  Handschrift  A.  16  abgedruckt  bei  Palacky, 
Documenta  magistri  loannis  Hus,  p.  470—471,  nach  dem  besser  tiber- 
lieferten Stück  im  Wiener  Cod.  4941  in  den  Mitth.  d.  Vereins  f.  Gesch. 
der  Dentschen  in  Böhmen  25,  p.  331—335. 


338 

presentes,  legis  Dei  et  veritatis  emuli  manifesti.  In  dem  nächsten 
Stücke  (Nr.  8)  erlässt  Johann  XXIII.  ein  allgemeines  Verbot  der 
Bücher  Wiclif  s.  Diese  sollen  fortan  weder  in  Latein  noch  in 
der  Volkssprache  gehalten  und  gelesen  werden. 

Dieses  und  das  vorhergehende  Stück  sind  noch  aus  einem 
anderen  Grunde  von  Interesse:   sie  sind  von  den  noch  heute 
erhaltenen  oder  wenigstens  von  den  bisher  aufgefundenen  Acten- 
stücken  des  vaticanischen  Archivs  die  ersten,  in  denen  Wiclif  s 
Name  überhaupt  genannt  ist.     Weder  in   den  Registerbänden 
Gregors  XL,  noch  auch  in  denen  Urbans  VI.,  welche  letzteren 
freilich  nur  in  Trümmern  auf  uns  gekommen  sind  und  von  denen 
gerade  die  wichtigsten  fehlen,   wird  er  irgendwie  erwähnt.    In 
hundert  und  mehr  Stücken  dieser  Zeit  wird  von  den  Einkünften 
des  Papstes  in  England  gesprochen,  sehr  zahlreich  sind  die  den 
Collectoren   und   Subcollectoren    gegebenen   Weisungen:   wenn 
man  nun  weiss,  wie  Wiclif  und  die  ihm  anhängende  Partei  über 
die  päpstUche  Finanzgebahrung  in  England  dachte,  sprach  und 
schrieb,  so  erwartet  man  bei  jedem  derartigen  Schriftstück  Wei- 
sungen an  die  Prälaten,  wie  sie  sich  gegen  derlei  Angriffe  ver- 
halten sollen  —  man  findet  sie  nicht.     Nicht  einmal  jene  fUnf 
Bullen,  die  Gregor  XI.  am  22.  Mai  1377  in  Santa  Maria  Maggiore 
gegen  WicHf  schleuderte  und  die   erst  die  volle  Wucht  seiner 
Angriffe  auf  Rom  und  das  bestehende  Kirchenregiment  hervor- 
gerufen haben,  sind  in  den  vaticanischen  Registern  aufzufinden, 
trotzdem  sich  Stücke  von  demselben  Tage  und  demselben  Orte 
vorfinden.  Unter  diesen  Umständen  könnte  die  Thatsache,  dass 
die  erwähnte  Bulle  Alexanders  V.  vom  20.  März  1410  von  allen 
möglichen   Secten   und   Ketzereien    spricht,   ja   selbst  die  Ob- 
ödienzen   Gregors  Xu.    und    Benedicts  XIII.    nicht   verschont, 
während  der  englische  und  böhmische  Wiclifismus  leer  ausgeht, 
noch   umsomehr   in    dem    oben    angedeuteten    Sinne    gedeutet 
werden.   Und  doch  ist  dem  nicht  so.  Wir  wissen  aus  dem  Sta- 
dium der  Register  Gregors  XI.,   dass  kaum  ein  zweiter  Papst 
für   die  Reinhaltung  der  Lehre  so  viel  Sorge  trug  als    dieser: 
wir  kennen  sein  Vorgehen   in  der  Angelegenheit  des  Wiclifis- 
mus;   nicht  weniger  energisch  —  und  d^ch  in  gewissem  Sinne 
mild  —  trat  er  den  Ketzereien  in  Venaissin  und  anderen  <3rten 
Frankreichs  entgegen,  eiferte  er  gegen  einige  Sätze  des  Sachsen- 
spiegels und  zürnte  er  dem  Böhmen  MiU6.    Es  ist  also  wohl  nur 
zutMig,   dass   gerade   das  den  Wiclifismus  betreffende   Acten- 


389 

material  in  Rom  nicht  mehr  vorhanden,  die  unten  mitgetheilten 
Stücke  aus  dem  vaticanischen  Archiv  demnach  die  ersten  sind, 
in  denen  dort  WicHf  s  und,  wie  man  sieht,  schon  im  Zusammen- 
hange mit  Hus  gedacht  wird. 

Die  nächste  Nummer  (10)  enthält  den  Geleitsbrief  für  den 
Begleiter  des  Hus  auf  der  Reise  zum  Concil,  Heinrich  von  Chlum 
auf  Latzembock ;  auch  die  folgenden  gehören  in  die  Zeit  des 
Constanzer  Concils;  Beachtung  verdient  besonders  Nr.  13:  ,Be- 
schlüsse  König  Wenzels  und  seines  Rathes  über  die  Herstellung 
des  kirchlichen  Friedens  in  Prag  im  Jahre  1416^  In  einzelnen 
Punkten  stimmt  dies  Stück  mit  jenem  tiberein,  das  Palacky  als 
,Conventum  archiepiscopi  cum  universitate  studiorum  Pragensi' 
abgedruckt  hat. 

Unter  den  Gegnern  der  Husiten  in  Mähren  that  sich  vor- 
nehmlich die  Stadt  Olmütz  hervor:  sie  wird  denn  auch  in 
Nr.  15  vom  Concil  für  diese  ihre  Haltung  mit  Lobsprüchen 
reich  bedacht  —  den  Auftrag,  die  Decrete  gegen  die  Commu- 
nion  sub  utraque  zu  verkünden,  vollzog  in  der  Prager  Erz- 
diöcese  der  Bischof  Johann  (der  Eiserne)  von  Leitomischl  als 
vom  Concil  hiezu  erwählter  ,iudex  commissarius^  (Nr.  16)  am 
29.  Oetober  1416,  indem  er  zunächst  dem  Prager,  Olmützer  und 
Leitomischler  Domcapitel  die  erforderlichen  Aufträge  ertheilte. 
Dem  Auftrage  kam  der  Erzbischof  von  Prag  am  10.  Jänner  1417 
nach,  da  er  die  Decrete  des  Concils  in  seiner  Erzdiöcese  publi- 
ciren  liess.  Zunächst  wurden  die  Archidiakonate  verständigt  und 
beauftragt,  die  Befehle  des  Concils  den  Dechanten  und  Pfarrern 
zu  übermitteln. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  Nr.  18:  der  Rector  und 
die  Gesammtheit  der  Professoren  der  Prager  Universität  fordern 
alle  Gläubigen  auf,  sich  an  die  alten  Lehren  von  den  Fürbitten, 
der  Bilderverehrung  u.  s.  w.  zu  halten.  Hier  war  nämlich  der 
Punkt,  an  dem  sich  die  husitischen  Parteien  schieden: 
die  gemässigte  warf  endgiltig  Ansichten  und  Ueberzeugungen 
hinweg,  die  sie  seit  Jahren  mit  grösserem  oder  geringerem  Eifer 
verfochten  hatte,  und  näherte  sich  der  alten  Kirche,  die  strenge 
Partei  der  Taboriten  hob  das  Banner,  das  jene  hatte  sinken 
lassen,  auf  und  kämpfte  fortan  mit  dem  grössten  Eifer  fiir  — 
den  reinen  Wiclifismus.  Denn  diesen  ganzen  Ceremoniendienst 
m  der  Kirche,  die  Segnungen  des'  Salzes,  des  Wassers,  des 
Taufbeckens,    die  Bilderverehrung,    die   kirchliche  Lehre   vom 


340 

Fegefeuer,  die  Feier  des  Gottesdienstes  u.  s.  w.  lehnen  die  Ta- 
boriten  mit  den  Worten  und  Motiven  WicliPs  ab,  während  die 
Prager  und  an  ihrer  Spitze  die  Universität  zu  der  alten  Lehre 
zurückkehrt.  Während  jene  sich  nur  an  die  primitiva  ecclesia 
halten  wollen,  nehmen  diese  auch  die  Unterweisung  der  eccle- 
sia modema  an  und  'halten  die  Fürbitten  füi*  die  Todten,  die 
Verehrung  der  Bilder,  die  Weihen  des  Wassers,  Salzes,  Wachses, 
des  heil.  Feuers,  der  Palmen,  der  Lebensmittel,  das  Räuchern 
mit  Weihrauch,  die  Besprengung  mit  geweihtem  Wasser  und 
den  ganzen  Ceremoniendienst,  wie  ihn  die  alte  Kirche  kennt, 
ftlr  etwas  durchaus  Gebotenes.  Euer  ist  also  die  Linie,  die  den 
Husitismus  vom  Wiclifismus  trennt. 

Unter  allen  den  Husitismus  betreffenden  Schriften  nahm 
der  Widerruf  jener  verleumderischen  Anschuldigung,  die  sich 
Peter  von  Uniczow  nach  der  Meinung  seiner  Gegner  zu  Schulden 
kommen  liess,  einen  vornehmen  Rang  ein.  Er  findet  sich  in 
alten  Handschriften  oft  genug,  und  zwar  nicht  blos  in  latei- 
nischer, sondern  auch  in  böhmischer  und  deutscher  Sprache.* 
Mit  diesem  Widerruf,  der  am  13.  März  1417  im  Collegium  Ca- 
rolinum  geleistet  wurde,  und  von  dem  der  Widerrufende  selbst 
betheuerte,  dass  er,  was  ihm  die  Katholischen  nicht  glaubten,* 
ein  ganz  freiwilliger'  sei,  steht  ein  sich  unmittelbar  anschliessen- 
der Universitätsact  von  grosser  FeierUchkeit  in  Verbindung. 
Er  wird  namentlich  deswegen  mitgetheilt  (Nr.  19),  weil  er  einige 
Erinnerungen  aus  früheren  Zeiten  enthält;  doch  genügt  es,  einen 
blossen  Auszug  zu  geben,  da  der  grössere  Theil  des  Schrift- 
stückes nichts  Anderes  als  rednerischen  Schmuck  über  das  Thema 
vom  verlorenen  Sohn  enthält  und  der  Text  übrigens  auch  sehr 
verderbt  ist. 

Viele  auf  die  Verbreitung  des  Wiclifismus  in  Mähren  be- 
zügliche Stücke  finden  sich  in  einigen  Handscbriften  des  mäh- 


*  S.  Loserth,  Hus  und  Wiclif,  S.  296. 

*  Captivato  fratre  Petro  .  . .  post  afflicciones  varias  unum  e  daobus  eligere 
coegerant,  ut  vel  revocet  que  contra  eosdem  magistros  vel  contra  Wiclif  An- 
glicum  predicaverat  vel  in  eonim  manibns  ultimum  debitum  mortis  exsoWat 
Pauper  homo,  volens  tantam  crudelitatem  evadere  veritatem  plaries  a 
86  predicatam  coram  astantibus  omnibus  in  coUegio  Karoli  publice  re- 
vocavit .  .  . 

'  Profiteor  libera  et  spontanea  voluntate  .... 


341 

rischen  Landesarchivs  und  wurden  von  mir  1889  in  Brunn, 
dann  nochmals  in  Czemowitz  und  zuletzt  in  Graz  durchgesehen. 
Von  diesen  Handschriften  beansprucht  der  Cod.  358  der  Cerro- 
nischen  Sammlung  eine  besondere  Beachtung.  Sie  enthält  eine 
Menge  von  Tractaten  und  Actenstücken  zur  Geschichte  der  Con- 
dlien  von  Constanz  und  Basel.  Ein  Vorlegeblatt  zählt  den 
Inhalt  auf: 

1.  Tractatus  domini  Stanislai  de  Znoyma  contra  articulos 
Wickleffi.  S.  1 — 102.^  Daran  schliessen  sich  die  45  Artikel 
Wiclif  s  selbst  (S.  103—155). 

2.  Colleccio  variarum  decisionum  a  curia  Romana  ab  anno 
1376—1381  emanatarum,  curia  et  studio  domini  Wilhelmi  Hor- 
broch  Alemanni  dictae  curiae  (quae  alias  sacra  Rota  vocatur) 
auditoris  (S.  117—417). 

3.  Vocabularium  iuris  canonici  (S.  419 — 450). 

4.  Compendium  decretorum  (S.  453 — 520). 

5.  Tabula  auctoritatum  et  sentenciarum  biblie  inductarum 
in  compilacionibus  .  .  .  lohannis  Calderini  .  .  .  (S.  520 — 635). 

6.  Sermo  in  feste  s.  Augustini  (S.  634 — 637). 

7.  Tractatus  lohannis  Polmar  contra  veritatem  agnitam 
conscriptus  et  domino  Cracoviensi  destinatus  (S.  639 — 688). 

8.  Tractatus  luliani  (Caesarini)  magis  perniciosus  et  plus 
furiosus  contra  concil.  Basil.  (S.  688 — 796). 

9.  Determinacio  universitatis  Cracoviensis   (S.  797 — 846). 

10.  Responsio  ad  litteras  Eugenii  IV.  divulgata  13.  Jan. 
1443  (S.  847  -  869). 

11.  Literae  Alamanni  in  causa  Alsonis  et  lohannis  episcopi 
Luthomisslensis  de  dato  1417  Juni  16.  (S.  871—877). 

12.  Literae  Brandae  cardinaUs  in  causa  eadem  (S.  879 
bis  882). 

13.  Alamannus  cardinaUs  electionem  Alsonis  nullam  declarat 
(S.  883-887). 

14.  =  11. 

15.  Capitulum  Olomucense  de  Hussitis  in  dies  crescentibus 
conqueritur  (S.  897-898,  911—912). 


*  Von  diesem  Tractate  liegt  das  Concept  in  einer  anderen  Handschrift  des 
landständischen  Archivs  in  Mähren  vor.  Der  Tractat  selbst  wurde  nach 
Polen,  Schlesien  und  anderen  Orten  stark  verbreitet,  daher  er  in  vielen 
anderen  Handschriften  noch  zu  finden  ist. 


342 

IG.  Media  ad  obviandura  erroribus  in  causa  uuionis  in 
conc.  Const.  (S.  899—900,  909). 

17.  Literae  Simonis  de  Praga  in  causa  Wilhelmi  de  Kor- 
thelongen  (S.  901—902). 

18.  Literae  in  eadem  causa  (S.  903—906). 

19.  Literae  concilii  Constanciensis  ad  cives  Brunnenses  de 
damnacione  et  supplicio  lohannis  Hus  (=  Palacky,  Documenta 
mag.  loh.  Hus  568—572). 

20.  Literae  lohannis  papae  de  sede  concilii.  Dat.  Laude 
II.  Id.  Dec.  pont.  a.  IV. 

21.  Appellacio  Wilhelmi  Korthelongensis,  canonici  Olomu- 
censis  ad  archiepiscopum  Pragensem  (S.  917 — 918). 

22.  Literae  Przemislai  regis  in  quibus  antiqua  privilegia 
Olomucensis  ecclesiae  conlirmat  (S.  919 — 922). 

23.  Literae  conc.  Const.  ad  cives  Olom.,  in  quibus  pro  fide 
laudantur  (S.  925). 

24.  Bulla  Bonifacii  IX.  in  qua  declarat,  quod  omnia  bene- 
ficia  clericorum  camere  apostolice  .  .  .  sunt  disposicioni  sedis 
apost.  reservata  etc.  (S.  927 — 936). 

25.  Instrumentum  publicum  a  curia  Romana  emanatum 
contra  Buskonem  de  Gynin  de  possessione  canon.  Olomuc. 
(S.  937—954). 

26.  Bulla  Martini  papae  de  extirpendis  hereticis  a  lohanne 
episcopo  Olom.  promulgatur  (S.  954 — 955). 

27.  Literae  Witoldi  regis  (S.  956). 

28.  Bulla  Alexandri  V.,  in  qua  omnes  processus  occasione 
et  pretextu  scimatis  tolluntur  de  dato  28.  luli  1409  (S.  957 
bis  961). 

29.  Literae  continentes  litem  Mathiae  de  Gewicz  contra 
Wilhelmum  de  Kortelongen  (S.  963 — 966). 

30.  Äppellatio  Przibiconis  de  Othlochowitz  ad  concil.  Con- 
stanciense  pro  parte  Alssonis  (9.  967 — 970). 

31.  Conpulsoria  domini  Wilhelmi  Kortelongensis  canonici 
eccl.  Olom.  contra  Albertum  Creyenberg  (S.  963—975). 

32.  Credentia  SwietHci  de  Rakuska  pro  parte  Przibiconis 
ad  ep.  Luthmisslensem  (S.  977  -  978). 

33.  lohannes  Swietlik  appellationem  contra  lohannem  epi- 
scopum  ad  valvas  ecclesiae  cathedr.  Olom.  affigit  (S.  979 — 980). 

34.  Fragmentum  pertinens  ad  litem  domini  Wilhelmi  de 
Korthelongen  (S.  981—983). 


343 

Die  letzten  acht  Blätter  enthalten  verschiedene  kleinere 
Stücke  religiösen  Inhalts:  Auszüge  und  Predigten,  Stellen  aus 
den  Kirchenvätern  u.  A.  Vom  ist  auf  einem  Schutzblatt  eine 
Urkunde  für  Nicolaus  Polkenhain,  altarista  ecclesie  Glogo- 
yiensis  von  1389. 

Der  Codex  stammt,  wie  aus  dem  schwarzen  Einbände  zu 
sehen  ist,  aus  einem  ELarthäuserkloster,  und  zwar  aus  jenem, 
dem  Stephan  von  Dolein,  der  bekannte  und  berühmte  Gegner 
des  Hus,  angehörte ;  die  einzelnen  Aufzeichnungen  sind  grossen- 
theils  gleichzeitig. 

Unter  den  zahlreichen  Stücken,  welche  dieser  Codex  ent- 
hält, sind  zweifellos  jene  die  wichtigsten,  die  sich  auf  den  Streit 
zwischen  dem  Bischof  Johann  von  Leitomischl,  postulirtem 
Bischof  von  Olmütz,  und  seinem  Widersacher  Albert  (Aleä), 
Domherrn  von  Wischehrad,  beziehen  und  nicht  wenige  Angaben 
über  die  Ausbreitung  des  Wiclifismus  in  Mähren  enthalten. 
Qleich  die  erste  Nummer  enthält  hierüber  die  beweglichsten 
Klagen:  ,In  Mähren  finde  die  Ketzerei  der  Wiclifiten  und 
Hositen  allenthalben  Eingang;  sie  werde  durch  mehrere  Herren 
und  Ritter  und  einzelne  geringere  Leute  (populäres)  gefördert, 
man  verachte  die  Sacramente  der  Kirche,  die  Schlüsselgewalt, 
mache  sich  über  die  kirchlichen  Censuren  lustig,  erweise  den 
Oberen  keinen  Gehorsam,  einzelne  Barone  halten  Priester,  die 
ihnen  das  Abendmal  imter  beiden  Gestalten  reichen,  was  zum 
Hohn  der  Beschlüsse  am  Constanzer  Concile  geschehe.  Einige 
taufen  die  Kinder  in  Fischweihem,  Andere  im  Flusse,  Excom- 
municirte  halten  auf  freiem  Felde,  in  Scheunen  und  anderen 
Orten  die  Messe,  meist  nicht  auf  geweihtem  Altar;  wieder  An- 
dere wollen  von  den  canonischen  Gebetstunden  nichts  wissen, 
gehen  zu  keiner  Beicht,  Einzelne  preisen  den  Johannes  Hus  und 
Hieronymus  als  Märtyrer  und  richten  ihnen,  wie  für  verstorbene 
Gläubige,  den  Trauergottesdienst  an,  vergleichen  sie  an  Ver- 
dienst und  Opfer  dem  heil.  Laurentius  oder  ziehen  sie  selbst 
dem  heil.  Petrus  und  anderen  Heiligen  vor. 

Dagegen  werden  die  katholischen  Pfarrer  aus  ihren  Stellen 
^^JJÄgt,  ihres  Besitzes  beraubt,  mancher  erleide  sogar  an  seinem 
Körper  Unbill  von  Seiten  der  Husiten;  viele  werden  getödtet, 
andere  ertränkt:  mit  einem  Worte,  wenn  das  Concil  nicht  ernste 
Massregeln  ergreife,  sei  Mähren  ganz  und  gar  der  Ketzerei  ver- 
fallen. Das  Domcapitel  habe  die  schwere  Aufgabe,  diese  Uebel- 

inhxf.  LXXXn.  Band.  II.  Hilfte.  23 


344 

stände   za  beseitigen;   von  seiner  Seite   nicht  ausser  Acht  ge- 
lassen.  Nach  dem  Tode  des  Patriarchen  von  Antiochia^  Wenzek 
(Kralik),  ^  des  ständigen  Commendators  (perpetui  commendatoris) 
der  Olmützer  Kirche,  habe  es  an  die  Wahl  eines  Mannes  ge- 
dacht, der  sich  im  Kampfe  gegen  die  Husiten  bereits  bewährt 
habe;  das  sei  der  Bischof  Johann  von  Leitomischl.  In  derThat 
war  dieser  der  Einzige  aus  dem  böhmischen  Clerus,  der  bisher 
dem  Vordringen  des  Husitismus  kräftig  entgegengearbeitet  hatte. 
Man  kennt   die  entschiedenen  Massregeln,   zu  denen  er  schon 
damals  gerathen   hatte,   als   noch   die   Landessjnode   vom  Fe- 
bruar 1413  die  Herstellung  des  kirchlichen  Friedens  in  Böhmen 
berieth.^  Schon  damals  hatte  er  die  Axt  an  die  Wurzel  anlegen 
zu  müssen   geglaubt  und  gemeint,   dass  die  Quelle  alles  Auf- 
ruhrs  im  Lande   verstopft,   die   verführerischen  Predigten  des 
Hus  und  seiner  Genossen  verboten,  dessen  Schriften  mit  dem 
Anathem  belegt  und  an  der  Universität  unter  Magistern  und 
Scholaren    gründliche   Ordnung    gemacht   werden    müsse;    ein 
Vicekanzler   solle    bestellt  werden,    der   mit   unnachsichtlicher 
Strenge   ihre  Vergehungen   untersuche  und   strafe.     Auch  auf 
dem  Concil  war  er  in  dieser  Richtung  thätig.  Fünf  Tage  nach 
dem  Tode  des  Hus  mahnt  er  den  Erzbischof  von  Prag  zu  kräf- 
tigem Vorgehen:  man  möge  den  Anhängern  des  Hus  erst  güt- 
lich beikommen,  ,alioquin  procedetur  contra  eos  secundum  ca- 
nonicas    sancciones^'    Ihm    stellte    denn    auch    das  Concil   ein 
glänzendes  Zeugnis  aus:  Cuius  episcopi  gesta  non  parva  laude 
digna  essent,  si  nos,  quanta  pro  honore  regis  et  regni  Bohemie 
et  catholice   fidei    tuitione   seriöse  gessit,    scribere  curaremus.* 
Johann  von  Leitomischl  war  daher  auch  von  den  Husiten  aufs 
Aergste  angefeindet  und  sein  Charakter  nicht  wenig  verleumdet 
worden.     Hatte   doch  noch  Hus   selbst  nur  wenige  Tage  vor 
seinem  Tode  seinen  Getreuen  in  Böhmen  da,  wo  er  die  Ve^ 
Sammlung  von  Constanz  einen  Haufen  von  Simonisten  nennt, 
geschrieben:  Aderat  ibi  Johannes  episcopus  Lntomyslensis,  qui 
bis   archiepiscopatum   Pragensem   emere   conatus   est;    sed  alü 


*  Wenzel  Kralik  starb  am  12.  September  1416.    Vgl.  über  ihn  namentlich 
das  Qranum  Catalogi,  p.  95. 

•  S.  meinen  Hus  und  Wiclif,  S.  140. 

•  Doc.  mag.  I.  Hus,  p.  667. 

*  Ibid.  670—671. 


345 

licitatione  eum  superarunt.^  Ihn  traf  zunächst  der  Hass  der 
durch  den  Tod  ihres  Meisters  erbitterten  Husiten.  Das  Concil 
sah  sich  schon  im  August  1415  genöthigt,  den  Schutz  der  Qüter 
des  Leitomischler  Bisthums  Johann  dem  Jüngeren  von  Neuhaus 
anzuvertrauen.  Von  dem  Bischof  selbst  wird  gesagt:  Qui  pro 
magno  honore  illius  regni  et  commodo  solus  inter  praelatos 
ipsius  regni  in  sacro  concilio  perduravit .  .  .*  Nun  war 
er  derjenige,  der^  wie  schon  oben  angedeutet  wurde^  auch  die 
Decrete  des  Constanzer  Concils  gegen  die  Husiten  zu  verktinden 
hatte,^  und  der  gesammte  Clerus  in  Böhmen  erhielt  die  Weisung^ 
in  diesem  Vorgehen  ihn  zu  unterstützen.^  Noch  zu  Lebzeiten 
Wenzel  Krfdik's  hatte  Johann  von  Leitomischl  mit  diesem  Ver- 
einbarungen getroffen,  die  auf  die  Ausrottung  des  Husitismus 
Bezog  nahmen.  Es  lag  daher  nahe,  dass  das  Domcapitel  von 
Olmütz  diesen  kampfbereitesten  Gegner  der  Husiten  auf  den 
Bischo&stuhl  von  Olmütz  berufen  würde.  Dann  war  die  noth- 
wendige  Einheit  in  die  Leitung  der  kirchUchen  Interessen 
Mährens  gebracht;  diese  Leitung  zu  übernehmen,  war  nach 
den  eigenen  Worten  der  Väter  am  Concil  Niemand  geeigneter: 
^quem  alias  veluti  ex  millibus  electum  ad  regnum  Bohemiae  et 
marchionatum  Moraviae  huiusmodi  propter  opus  istud  salubre  .  .  . 
legatom  nostrum  destinavimus  .  .  / 

Johann  von  Leitomischl  wurde  denn  in  der  That  schon 
neun  Tage  nach  Eralik's  Tode  von  einer  Anzahl  von  Dom- 
herren postulirt,  der  Erzbischof  von  Prag  von  dem  Qeschehenen 
verständigt  und  das  Concil  um  Bestätigung  der  getroffenen  Wahl 
ersucht.*  Es  war  nun  aber  bezeichnend,  dass  die  Wähler  drei 
Tage  lang  aus  Furcht  vor  dem  Könige  Wenzel  sich  nicht  ge- 
brauten,   den   Wahlact   öffentlich   bekanntzugeben,^    denn   man 


*  DWd.  134. 

'  Ibid.  678—674. 
'  Ibid.  674—677. 

*  Ibid.  678—679. 

*  Post  cuius  obitam  reyerendiflsiums  pater  dominus  lohannes  de  Praga, 
episcopus  Lutbomisslensis  XI.  Kai.  Ootobris  per  decanum  et  oanonicos 
residentes  in  episcopom  et  pastorem  ecclesie  Olomucensis  est  postulatus. 
Wenn  man  diesen  Bericht  des  Granam  Catalogi  mit  dem  unten  folgenden 
AetenstUck  vom  December  1416  (Nr.  20)  vergleicht,  so  sieht  man,  dass 
ihm  das  letztere  zu  Grunde  liegt 

*  Qne  postnlacio  per  tridunm  propter  metnm  domini  Wenceslai  Bomanorum 
et  Boemie  regis  fuit  occultata. 

23» 


346 

wusste^  dass  der  König  einen  anderen  Candidaten  hatte,  den 
Domherrn  Albert  oder  Alefi  von  Wissehrad,  der  denn  auch 
von  einigen  Domherren  am  30.  September  gewählt*  und  bald 
darauf  von  dem  Erzbischof  von  Prag  confirmirt  wurde.*  Der 
Eid,  den  er  vor  diesem  ablegte,  der  kathoUschen  Kirche  treu 
zu  bleiben  und  die  husitische  Secte  ausrotten  zu  helfen,  wird 
unten  (Nr.  27)  nach  einer  Wiener  Handschrift  mitgetheilt.  Wäh- 
rend ihn  die  gegnerische  Partei  der  Begünstigung  der  Husiten 
beschuldigt,  schwört  er  hier,  Keinen  zu  schützen,  der  des  Wicli- 
fismus  verdächtig  sei,  und  Alles  zu  thun,  um  diese  Secte  aus- 
zurotten. 

lieber  die  Vorgänge  bei  der  Wahl  des  Ale§  euthalten  nun 
die  unten  mitgetheilten  Actenstücke  (Nr.  20 — 26)  viele  beachtens- 
werthe,  bisher  grossentheils  unbekannte  Einzelheiten.  Es  kam 
in  der  Diöcese  zu  einem  länger  als  vier  Jahre  dauernden  Streite, 
der  erst  nach  dem  Tode  des  Königs  Wenzel  durch  einen  Com- 
promiss  beigelegt  wurde.  Mit  Hilfe  des  Königs  gelang  es  Aleä 
und  seinen  Anhängern,  von  dem  Bisthume  ,realen  und  actnalen' 
Besitz  zu  ei^eifen.'  Schon  im  December  finden  wir  ihn  im 
Besitz  des  Bisthums.^  Johann  von  Leitomischl  hätte  sich  zwar, 
wie  es  in  dem  betreffenden  Actenstücke  heisst,  mit  bewaffneter 
Hand  entgegensetzen  können,  habe  es  aber  vorgezogen,  die 
Entscheidung  des  Concils  abzuwarten.  Seine  Anhänger  wichen 
aus  Olmütz  und  Mähren.  In  Olmütz  konnten  es  die  Husiten 
bereits  wagen,  das  Abendmahl  unter  beiden  Gestalten  zu  nehmen. 
Ein  Priester,  Namens  Johann,  soll  es  ihnen  —  es  waren  ihrer 
acht  —  gereicht  haben  und  Aleö  zugegen  gewesen  sein.^    Ja 

^  Das  Granum,  dem  untenstehenden  Berichte  folgend,  sagt:  Propter  qnod 
alii  canonici  de  Praga  ad  importunam  instigaciouem  dicti  regis  in  Olo- 
mucz  descendentes  pridie  Eal.  Octobris  non  obstante  postnlacioue  reveren- 
dissimi  patris  domini  lohannis  per  decanum  et  capitulum  eis  insinoata  in 
destruccionem  ipsius  ecclesie  penrerse  elegerant  quendam  Alssonem  cano- 
nicum Wissygradensem  in  prostitucionem  ecclesie  Olomucensis  .  .  . 

'  .  .  .  ipsiusque  protensam  eleccionem  reverendissimo  patri  domino  Con- 
rado  archiepiscopo  Pragensi  presentamnt .  .  .  qoi . . .  ipsum  Alssonem  ad 
dictam  ecclesiam  de  facto  confirmavit. 

'  S.  unten  das  Stück  vom  17.  Februar  1417:  Qni  dominus  Alsso  rirtute 
hoius  confirmacionis  et  institucionis  ipsius  ecclesie  OlomucensiB  ac  quo- 
rundam  castrorum  .  . .  realem  et  actualem  possessionem  est  aasecutos  . . . 

*•  et  occupat  die  hodiema  .  .  . 

*  Pars  Wyklefistarnm  et  Hussistarum  ex  pretensa  eleccione  et  subsecnta 
pretensA    confirmatione    et    bonorum    episeopalium    occupacione    maxime 


347 

dieser  soll  sogar  die  Olmützer  Bürger  an  dem  gerichtlichen  Ein- 
schreiten gegen  die  ^Ketzer^  gehindert  und  diese  aus  ihrer  Haft 
befreit  haben.  Das  Concil  ernannte  Johann  von  Leitomischl  bis 
zur  endgiltigen  Entscheidung  zum  Administrator  des  Bisthums 
in  allen  weltlichen  und  geistUchen  Angelegenheiten.^  Der  König 
Wenzel  hingegen  entsandte  einen  seiner  Vertrauten  (familiaris 
et  servitor  Serenissimi  principis)  mit  mündUchen  und  schriftlichen 
Weisungen  nach  Mähren  (vive  vocis  oraculo  ac  eciam  per  certas 
literas)^  um  die  Verwaltung  des  Bisthums  in  seine  Hände  zu 
nehmen. 

Am  17.  Februar  1417  appellirte  Przibico  namens  des 
Königs  gegen  den  Bischof  Johann,  der  gegen  ihn  den  Process 
hatte  einleiten  lassen^  an  das  Concil^^  verständigte  hievon  seinen 
Qegner'  und  liess  seine  Appellation  neben  dem  Eingange  zur 
Olmützer  Domkirche  in  Anwesenheit  einer  grossen  Volksmenge 
anschlagen.^  Das  Concil  sprach  durch  den  Cardinal  Alemannus 
dem  AleS  die  Administration  des  Bisthums  ab  und  verurtheilte 
ihn  (16.  Juni  1417)  zur  Zahlung  der  aufgelaufenen  Kosten.^ 
Dieses  Schriftstück  hat  schon  deswegen  eine  grössere  Bedeu- 
tung^ weil  man  aus  ihm  ersieht^  dass  Ale§  unter  den  Dom- 
herren einen  grösseren  Anhang  hatte  als  sein  Gegner.  Als 
dessen  Anwalt  in  dem  Streite,  den  nun  die  vom  Concil  ge- 
setzten Commissäre  entschieden,  ftmgirte  jener  Michael  von 
Deutschbrod,  den  wir  als  den  bedeutendsten  Ankläger  des 
Hns  kennen. 

Am  16.  Juli  erklärte  der  Cardinal  Alemannus  die  Confir- 
mation  des  erw^ten  Bischofs  von  Olmütz  Aleä  durch  den  Erz- 


animata  existit,  ita  qaod  ...  in  Adventn  Domini  proxime  preterito  quidam 
intraveront  ad  ecclesiam  et  ibidem  a  quodam  presbytero  nomine  lohanne, 
presente  dicto  pretenso  electo  Alssone,  sub  utraque  specie  sacramenti 
communicaveront. 

*  S.  unten  Nr.  21 :  Cui  sacmm  conciliom  .  .  .  male  informati  .  .  .  dantes  sibi 
nndam  administrationem  ipsius  eccleeie  Olomncensis  tam  in  spiritualibas 
qnam  in  temporalibns. 

'Nr.  21  unten:  dominus  lobannes  . .  .  me  Przibiconem  per  suas  literaa 
miflsivaa,  in  quibns  scripsit,  quia  ipse  iam  esset  episcopus  confirmatus, 
nt  de  dictis  bonis  sibi  cederem  .  .  . 

»  Nr.  22. 

♦  Nr.  23. 

'  S.  Nr.  24:  ipsumque  Alssonem  in  expensis  .  . .  coram  nobis  legitime  factis 
condempnandnm  . . . 


348 

bischof  Eonrad  von  Prag  flir  nichtig.^  AleS  vertheidigte  »ich 
gegen  den  Vorwurf  einer  Begünstigung  der  Husiten  in  lebhafter 
Weise.*  Martin  V.  bestätigte  zwar  am  14,  Februar  1418  die 
Wahl  JohannS;  aber  König  Wenzel  kümmerte  sich  wenig  danun, 
er  schützte  Aled  nicht  blos  in  dem  Besitze  des  Olmützer  Bis- 
thumSy  sondern  wehrte  dem  Bischöfe  Johann  auch  die  Heim- 
kehr nach  Leitomischl,  dessen  Administration  das  Concii  ihm 
neben  der  des  Olmützer  Bisthums  belassen  hatte.^ 


I. 

Gleichzeitige  und  spStere  Berichte  Aber  das  Leben,  die 

Verurtheilung  und  das  Ende  des  Magisters  Johannes  Hus^ 

beziehungsweise  des  Hleronymus  Ton  Prag. 

Nr.  1. 

Gleichseitiger  Bericht  yom  Constanxer  Concii  über  die  Abdankung 
Oregors  XII.  und  die  Venirtheilimg  des  Magisters  Johannes  Hos. 

(fi  cod.  VoroT.  335  [ol.  94]  non  pag.  man.  coaey.) 

Quarta  die  lulii,  in  die  yidelicet  sancti  ühici  episcopi  proiime 
elapsa,  in  Session e  publica  Constancie  in  preseDcia  regis  Bomanonun,  csr- 
dinalioin,  patriarcharum  et  ceterorum  snppositomm  Karolns  de  Mal a- 
testis  procni-atorio  nomine  qnondam  Gregorii  XU.  dnas  prodnxit  bollas 
einsdem,  una  yidelicet  roboracionis  et  confirmacionis,  vocacionis  et  congre- 
jgacionis  concilii  antedicti  et  secundam  mandati  pleni  et  irrevocabiüs  trac- 
tandi,  faciendi  et  concludendi  in  factis  nnionis  et  informacionis  ecclesie 
singula  necessaria  et  oppoiinina,  eciamsi  congraerit  per  viam  simplicis 
cessionis. 

Quibus  quidem  bnllis  lectis  et  contentis  in  eisdem,  per  dictum  con- 
cilium  receptis,  assumptis  et  giatancius  auscultatis  ac  cardinalibus,  pa- 
triarchis,  officialibns  totaque  obediencia  einsdem  Gregorii  per  diffini- 
cionem  ipsius  concilii  nostris  cardinalibus  patriarchis  officialibus  et  obe- 
diencie  integre  adnnitis  officium  ipsius  fuit  soUempniter  inceptum. 


*  S.  unten  Nr.  26. 

'  S.  unten  Nr.  26:    Falsoque  per  eos  conficto,  quod  dicttis  dominus  Alaso 

dampnate  Wiklefistarum  secte  adhereat .  .  . 
'  Frind,  Kirchengesch.  von  Böhmen  III,   173;    Palacky,  Gesch.   Böhmens 

III,  1,  .S92. 


349 

Quo  peracto  premiasis  solempnitatibus  iu  sesBionibus  fieri  consuetis 
vicecancelLarioqne  presidente  per  dictum  Constanciense  concilium  fuerunt 
plurima  et  speciaLi(ter)  sequencia  diffinita: 

Primo  quod  omnes  processus  sive  censure  etc.  hinc  inde  inter  pon- 
tifices  nostre  obedieucie  et  dictum  Gregorium  fulmiuati  sint  cassi, 
irriti  et  inanes. 

Item,  quod  constitucio  dicti  Constanciensis  concilii  nuper  edita, 
ndelicet  quod  nullus  contendencium  de  papatu  reelegi  debeat  in  papam, 
noü  faerit  statuta  dicto  Gregorio  in  vilipendium  et  confusionem  sui  status 
sed  propter  pacem  et  alia  christiano  populo  oportuna. 

Item,  quod  rex  Bomanorum  dicto  Gon8tancie(nsi)  concilio  debeat 
legitime  cavere,  ne  in  Legacione  sui  ad  Petrum  de  Luna  et  regem  Ar- 
ragonie  velit  et  obligetur  adhibere  pro  unione  et  reformacione  ecclesie 
onmem  diligenciam  sibi  possibilem  sine  fraude  qualibet  et  dolo. 

Item,  quod  rex  Bomanorum  antedictus  omnes  principes  et  ceteros 
imperio  subiectos  et  principaliter  civitatem  Gonstanciensem'  sub  pena 
panni  imperialis,  infamie,  abieccionis,  honoris  et  perdicionis  feodorum  om- 
niom  et  bonorum  teneatur  inducere  et  eisdem  striccius  mandare,  quod 
ipsum  concilium  in  sui  absencia^  usque  ad  unionem  et  reformacionem 
ecclesie  perfectam  defendant. 

Super  quibus  duabus  immediate  precedentibus  constitucionibus  ad 
statim  due  Utere  imperiales  sub  impensione  sigiUorum  maiestatis  eiusdem 
et  sub  datis  diei  prime  lunii  erant  lecte. 

Item,  quod  non  procedatur  ad  eleccionem  summi  pontificis  sine  re- 
qoisicione  yoluntateque  dicti  concilii  et  consensu.  Et  si  secus  actum  fuerit, 
taliter  electus  pro  non  papa  ab  omnibus  Ghristi  fidelibus  teneatur.  Et  in 
premissis  singulis  constitucionibus  iura  positiya,  diffiniciones  conciliorum, 
consuetudines  et  alia  ad  oppositum  facienda  penltus  suspendebantur.  Hii 
finitisEarolus  (de)  Malatestis  snrrexit  de  latere  regis  antedicti  et  pre- 
missa  recommendacione  recommendatoria  ipsius  Gregorii  et  interpretacione 
ipsiüs  proprii  nominis  scilicet  Angelus  satis  pulchra  vivo  vocis  oraculo 
ioxta  tenorem  cuiusdam  cedule  procuratorio  nomine  dicti  Gregorii 
non  coactus  nee  corruptus,  ut  asseruit,  sed  pure  propter  Deum  et  pacem 
ecclesie  cessit  et  renunciavit^  papatui  et  eundem  libere  resignavit  cum 
onmibos  iuribus,  possessionibus  et  ceteris  dicto  Gregorio  competentibus 
in  eodem  optans  exinde  premium  beatitudinis  eterne  sibi  tribui  in  futuro. 


*  Cod.:  ciyitati  Constanc.  ...        **  Cod.:  in  esse  in  sui  absencia. 

^  Cf.  Labbe,  tom.  XVI,  sess.  14,  p.  227.  —  Zur  Sache  vgl.  Boyko,  Gesch. 

der  grossen  allgem.  Kirchenversamml.  zu  Kostnitz  II,  245.        *  Die  Be- 

nnnciation  bei  Labbe,  tom.  XYI,  p.  238. 


360 

Super  quibus  omnibns  instrnmentis  more  soilto  petiiis  Tt  Deum 
laudamus  cum  VernculOf  Oracione  et  Benedkamua  Domino  fdernnt  deyocius 
cum  ingenti  gaudio  decantate  campaneque  singule  Constanciensis  civi- 
tatis polsate  et  sessio  prefata  cum  omnimoda  concordia  terminata. 

Sexta  die  lulii  una  sabbatorum  in  sessione  publica  dicti  Constan- 
ciensis concilii,  eciam  in  presencia  regis  Bomanorum,  cardinalium  et  cete- 
rorum,  de  quibus  supra,  missa  et  invoc-acione  Spiritus  Sancti  finitis  lo- 
hannes  Huss  in  dicte  sessionis  medium  ducebatur  et  archiepiscopus 
Mediolanensis^  assumpto  themate  Corpus  conteratur  ptceaH  pulchrum 
fecerat  sermonem,  in  quo  inter  cetera  introduxit,  qualiter  durante  scis- 
mate  multa  mala  in  mundi  circulo  surrexerunt,  scilicet  symonie,  rapine, 
usure,  secte,  hereses,  ecclesiarum  oppressiones  et  alia  enonnia  infinita. 
Cum  autem  Dei  providencia  universo  de  gubematore  imperii  esset  mira- 
biliter  proyisum^  idem  gubernator  ex  sue  dignitatis  officio  iuxta  suam 
potenciam  nltimam  pro  amocione,  exstirpacione  et  evellacione  dictonim 
malomm  Deum  naturam  et  ecclesiam  ledentibus  et  opprimentibus  esset 
non  modico  obligacionis  vinculo  astrictus. 

Quo  quidem  sermone  finito  per  dictum  coneilium  inter  cetera  fuit 
diffinitum,  quod  in  dicta  sessione  nuUus,  cniusque  eciam  foret  dignitatis, 
preeminencie  aut  Status  verbis,  signis,  nutibus  aut  factis  sub  pena  ex- 
communicacionis  late  sentencie,  incarceracione  duorum  mensium  et  ceteris 
penis  aliquem  fecerit  rumorem  strepitum  seir  terrorem. 

Dehinc  CGLX  articnli  in  libris  lobannis  Huss  virtualiter  (?)  con- 
tenti  fuerunt  reprobati  per  dictum  coneilium  et  dampnati,  fuitque  diffi- 
nitum  dictos  libros  Huss  et  suorum  seqnacium  debere  per  ordinarios  lo- 
corum  repertos  ubilibet  comburi.  Post  hoc  attestacionem  articulorum  pro- 
ductorum  contra  Huss  per  dominum  Wildungen  auditorem  palacii 
publicantur. 

Ipse  autem  Huss  ad  quosdam  articulos  respondit  se  illos  nanquam 
tenuisse,  predicasse  aut  dogmatisasse,  quosdam  glossayit  sopbistice  et 
satis  pueriliter  et  quosdam  dixit  se  more  scolastico,  non  tamen  assertive, 
in  disputacionibus  tenuisse.  Et  quorundam  dixit  se  oppositum  predicasse, 
et  breyiter:  Si  datus  fuisset  sibi  locus  respondendi  inutiliter,  cavillose  et 
erronee,  dicta  sessio  hac  die  non  fuisset  effectualiter  completa. 

Hiis  teiminatis  contra  dictum  lohannem  Huss  talis  sentencia  fuit 
lata,  quod  ipse  Huss  fuisset  et  esset  verus  hereticus,  qui  propter  sui  con- 


^  Nicht  der  Erzbischof  von  Mailand,  sondern  der  Bischof  von  Lodi  hielt 
die  Rede;  s.  Labbe,  In  append.  concil.  Const  tom.  XVI,  p.  1328:  Jmcobi 
episcopi  Laudensis  oracio  in  supplicium  Hussi  habita. 


351 

tomaciam  et  incorrigibilitatem  esset  a  gradu  sacerdocii  d^radandus  et 
conseqnenter  seculari  curie  tradendns.  Sentencia  itaqne  lata  Huss  mani- 
büB  et  ocnlis  in  celom  proiectis  dixit:  0  Dem  omnipotens,  gucUis  sentenda 
contra  me  müerum  e$t  lata.  Et  territns  dicta  sentencia  incepit  in  voce  de- 
ficere  niminm  et  loqnela. 

Et  tone  statim  offerebatur  dicto  Huss  qnidam  ornatns  sacerdotalis 
celebrandi  divina  officia  missaram,  que  cum  totom  indnisset,  dixit:  Et 
ubi  e$t  tarn  Päatus,  qm  dedueret  mihi  vtstea  Christif  Et  ascendit  in  altum 
eiosdem  scampni,  dicendo  quomodo  contra  Deum  et  iusticiam  morti  trade- 
retuTf  cum  esset  bonus  christianus  et  minquam  contra  evangeliea  aut  sanctorum 
doctorum*  dicta  predicasset  aliquid.  Post  modicum  tarnen,  Deo  nt  puto  dis- 
ponente,  omnes  snas  hereses  et  errores  foit  libere  confessns,  dicendo  qnod 
noUet  abinrare  articnlos  contra  ipsom  prolatos  triplici  ex  causa: 

Primo  ne  lederet  snam  conscienciam,  secnndo  ne  incorreret  per- 
iurium  et  terdo  ne  populus  scandalizaretor  qui  mnltus  et  plnrimus  foret 
coi  oppositom  predicasset.   Cetera  require  in  fine  libri.^ 

Nr.  2. 

Ansichreiben  der  Frager  üniyersit&t  an  »yersclkiedene  Königreiche 
nad  Lander*  fiber  die  yortreffliche  Lebensf&hnmg  des  Hus  nnd 

Hieronymuf.   Prag  1416,  Mai  23. 

Epistolam  8i>b8criptam  universitas  Pragensis  post  mortem 
magistromm  lobannis  Hns  et  leronymi  ad  diversa  regna  et 
terrae  testimonium  perhibens  de  vita  ipsorum  et  conversa- 

cione  laudabili  destinavit. 

(E  cod.  arch.  monast.  Bayhrad.  H.  h.  17.) 

üniversis  sancte  matris  ecclesie  katholice  filiis  toto  orbe  terrarum 
diffosis,  ad  quos  presentes  litere  pervenerint,  rector  universitatis  studii 
Pragensis  totnsque  cetus  magistrorum  unanimis  salntem  in  Domino  et 
narrantibus  veritatem  credere  Dominique  diligere  eqnitatem.  Etsi  inter 
muitas  et  ardnas  sollicitudines  nostras  et  innumerabilium  curarum  in- 
stancias,  que  continuo  in  nostri  pectoris  archa  versatur,  positi  sumus, 
fllnd  tarnen  nos  angit  potissime,  illud  precipne  nos  impellit,  ad  id  quoque 
maiime  aciem  mentis  nostre  dirigimus,  sollerti  studio  intendentes  et  ya- 
cantes,  ut,  nostre  universitati  hactenus  et  semper  inclite  cura  meliori 


*  Cod.:  dictomm  dicta. 

'  Dort  sind  aber  zwei  Blätter  herausgeschnitten. 


352 

providentes,  contra  blasfemantes  insultus  hunc  modum  referendi  et  hnic 
clipeum  utrumque  opponamus,  quo  in  suis  membris  decentissima  disposi- 
cione  nunc  velut  ante  compositis  firma,  robore,  fama  yirens  et  fnlgida 
semper  sit  et  illesa,  et  presertim  cum  necessitudinis  Caritas  nos  impeUat, 
cogat  utilitas,  et  quod  magis  accedit  ad  tituLum,  probitas  eciam  nostri 
mortui  perurgeat'  et  honestas.  Hinc  est,  quod  specialis  benivolencie  animo 
super  universitatis  nostre  divine  memorie  filio  lohanne  de  Hussinecs, 
Hus  nuncupato,  sacre  theologie  baccalaureo  formato  eximio,  inten- 
dentes,  ne  tanti  vii'i  fama  tepeat,  sed  cunctis  gi*acior  appareat  fructomqoe 
ferens  muLtiplicem  cunctis  redoleat  plus  suavis,  et  ne  figmentis  maculata 
contagio  amplius  serpat  per  fideles,  sed  ut  pocius  multorum  cormat  lin- 
gua  emulorum  inter  infideles  ex  sinceris  affectibus  quibus  solum  Deom 
prosequimur  et  ipsius  equitatem  ore  et  corde  absque  menticulosa  conscien- 
cia  publice  profitemur  ad  communem  fidelium  audienciam  hec  ea,  que  di- 
cimus,  eo  ardencius  cupientes  pervenire,  quo  tanti  viri  conversacio  intra 
nos  quoad  Deum  et  homines  extitit  maturior  et  omnibus  Christi  fidelibus 
reverendaque  eins  Tita  mox  ab  annis  teneris  semper  sub  nostris  oculorum 
posita  radiis  ita  fuit  moribus  sanctis  instituta,  ut  de  eo  culpam  eciam 
unius  criminis  nemo  nostrum  sciat  iustus  publice  profiteri.   Cuius  eciam 
intellectus  magistralis  perspicue  nobis  extitit  mirabilis,  ut  in  inielligendo 
velocior,  in  scribendo  paracior  et  in  respondendo  cunctis  aliis  esset  snbli- 
mior,  in  predicandoque  ceteiis  autonomasice  feiTencior  et  melier  a^pa- 
reret,  nee  unquam  in  erroris  perfidia  auditus  a  nobis  est  inventus  preter 
hoc,  quod  fuit  sinistris  malorum  conyiciis  sepe  pro  iusticia  laceratus. 
0  yirum  ineffabilem,  venerande  prefulgentem  speculo  sanctitatis.  0  virum 
humilem,  magno  choruscantem  radio  pietatis,  qui  cunctis  contemptor  di- 
viciis  usque  ad  excessum  suum  pauperibus  ministrabat,  qui  genua  pronus 
flectere  ad  egenos  lectos  non  recusabat,  qui  lacrimis  duros  ad  penitenciam 
provocabat  animosque  feroces  ineffabili  mulcendo  dulcedine  mitigabat,  qoi 
vicia  generaliter  cunctorum  diutine  roborata  presertim  superbi,  cupidi  et 
opulenti  cleri  antiquis  et  oblitis  scripturarum  remediis,  quasi  novo  qua- 
dam  inveccionis  et  vite  antidoto  ex  magno  caritatis  intentivo  funditus 
exurebat  apostolicisque  innixus  vestigiis  tota  sua  cura  primeve  ecclesie 

* 

mores  in  clero  restaurabat  et  populo  qui  eciam  in  verbi  fortitudine  et  sa- 
piencia  ceteros  superabat  in  omnibus  omnia  exercens  opera  caritatis  pure 
fidei  et  inviolabilis  yeritatis,  et,  ut  brevius  singula  perstringamus,  ipsum 
dlyini  muneris  specialis  gi*acia  uberioribus  afflarat  successibus,  ita  ut  in 
omnibus  fieret  magister  yite  sine  pari.  Gerte  fecit  in  eo  natura  quod 


Cod.    pemrget. 


353 

potait  diyineque  muuificencie  giaciosa  effecit  liberalitas,  ut  nedum  vir- 
tuosus  sed  dici  possit  emphatice  ipsa  virtus.  Quid  ulterius  dicimus?  Pro 
certo  res  ipsa  probat,  aspera  moi*s,  quam  a  suis  gravibus  pacientissime 
pertulit  inimicis  fidissima  subest  testis,  quod  super  fundamentum  divine 
fortitndinis  fuerit  stabilitus,  ea  ferens  operuQfi  procacissimarumque  iin- 
guarum  obprobria  piis  et  sacris  moribus  semper  a  mundi  exhordio  infesta 
et  inimica,  que  lugubris  humane  soiiiis  fragilitas  proprüs  viribus  nullatonus 
posset  sustinere.  Equidem  diyina  res  fuit  et  ipsum  robur  solius  divino 
firmitatis  tot  impia  probra,  tot  improba  supplicia,  tot  famas  et  infamias 
pro  Dei  veritate  semper  leto  et  ridenti  vultu  excipere  et  tanta  pietate 
eciam  quoad  tyrannos  immobiliter  coruscare  yitamque  iiTeprehensibilem 
in  Omnibus  indefessum  morte  acerbissima  consumare.  Hec  igitui*  omnium 
Christi  fideUum  merito  deferenda  providimus  oculis,  ne  fideles  hunc  yirum 
prorsus  virum  iustieie  aut  quemque  eins  subambulum  ac  assecutorem  du- 
biis  derogacionibus  in  anime  sue  periculum  velint  maculare  et  falsa  pro 
veris  improbo  more  asseverare,  quin  pocius,  si  non  dictis  nostris  credere, 
saltem  dubia  in  partem  meiiorem  velint  detorquere,  hoc  unum  optantes 
ex  animo,  ut  sicut  nobis  factus  est  iustum  prospicuumque  exemplar  in 
omoibuSy  ita  fiat  omnibus  Christi  fidelibus  testis  cathoLice  veritatis. 

Ceterum  quidem  de  egregio  philosopho  magistro  leronymo  de 
Praga  viro  utique  eloquentissimo  et  omnium  arcium  liberalium  profundo 
scratatore  nobis  innotescat  ipsius  nomen  celebre  et  famam  preclai*am 
scienciam  laudandam  atque  sublimem  Parisiensi,  Coloniensi  et  Heilde- 
bergensi  universitatibus,  quarum  magister  extitit  testimoniis  veritatis 
discucienda  relinquentes,  hoc  ipsum  publice  corde  et  ore  profitemui*,  quod 
ipse  magister  leronymus  predictus  vita  et  moribus  in  universitate  nostra 
et  r^^o  Boemie  laudabiliter  conversatus  et  in  fide  catholica  et  orthodoxa 
moltipliciter  commendatus,  pro  veritate  evangelica  promulganda  et  sini- 
8tra  nota  predicti  regni  Boemie  abolenda  desudavit  assidue,  sicut  ipse 
magister  Johannes  Hus  superbiam,  avariciam,  luxuriam  et  symoniam  cum 
aliis  criminibus  notoiiis  presertim  ipsius  cleri  ai'guendo  patenter  et  in- 
trepide  detestando  in  Constancia  mortem  constantissime  subiit  et  de  om- 
nibus inimicis  suis  gloriose  triumphavit.  In  cuius  rei  evidenciam  cla- 
riorem  presentes  literas  sigillo  nostro  pendenti  iussimus  communiri. 

Datum  Frage  in  pleno  concilio  nostre  universitatis  studii  predicti 
die  XXIII'  mensis  Maii  anno  domini  1416. 


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■ 

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354 


Nr.  3. 

Gleichseitiger  Bericht  über  das  Leben  und  den  Tod  des  Hiero- 

nymus  yon  Frag. 

De  vita  magistri  leronymi  de  Praga. 

(E  cod.  arch.  Rajhrad.  H.  h.  17,  fol.  2.) 

Magister  leronymns  sabbato  post  Ascensionem  Domini  hora 
qaasi  XI  a  media  nocte  compntando  in  eodem  loco  in  quo  sanctns  vir 
magister  lohannes  Hns  est  combustus  in  ignis  voragine  diem  snnm  claa- 
sit  extremum. 

Contra  quem  post  revocacionem  per  ipsnm  pndem  factam  (de  qua 
revocacione  non  ambigo  tos  non  latere)  centum  Septem  articali, 
ut  laqnenm  quem  inciderat  nequaquam  evaderet,  de  novo  fnerunt  prodncti 
et  subsequenter  per  sufficientes  testes  probati.  Ipse  antem  non  tantum 
eisdem  articulis  in  carceribus  seu  in  loco  privato  respondere  voluit,  ymmo 
in  iudices  illos  sibi  in  hac  causa  per  concilium  deputatos,  quorum  dao 
erant,  nullatenus  consentire  volebat  publicam  et  manifestam  audiencism 
habere  postulando. 

Deinde  sabbato  ante  Ascensionem  in  publica  sessione  in  loco  con- 
sueto  ad  respondendum  articulis  et  attestacionibus  eorundem  predictis 
de  mane  in  maiori  ecclesia  kathedrali  coram  pleno  concilio  fnit  ei  data. 

In  qua  audiencia  plus  quam  XL  articulis  subtilissime  omnibns 
contra  eum  obicientibus  usque  boram  meridianam  respondebat,  articulos 
sibi  nocivos  negando  commisisse  et  perpetrasse,  asserens  quod  testes  Uli 
inique  mendose  et  calumpniose  prout  emuli  sui  adversus  eum  exposuissent. 

In  eadem  sessione  quo  ad  mortem  non  excessit,  quia  omnibus  arti- 
culis usque  ad  finem  propter  horam'  meridianam  respondere  non  valoit, 
sed  propter  locum  dispendiumque  temporis  ad  respondendum  residuis  ar- 
ticulis ad  feriam  terciam  ante  Ascensionem  Domini  immediate  fuit  ei  ter- 
minus  prorogatus. 

Qua  feria  tercia  summo  mane  iterum  ad  dictam  ecclesiam  kathe- 
dralem  fuit  adductus  ad  respondendum  residuis  articulis,  in  quibus  om- 
nibus articulis  tam  precedentibus,  ad  quos  sabbato  respondit,  quam  eciam 
istis  residuis  fuit  omnino  per  testes  convictus,  solnmmodo  quod  iuita 
desiderium  et  optamen  ipsius  huiusmodi  audiencie  publice  sibi  fnerunt  per 
concilium  concesse. 


*  Cod.:  horis. 


365 

In  ista  ipsins  audiencia  a  snmmo  mane  citra  meridiem  nimis  pro- 
fande  et  subtiliter  de  diversis  materiis  loquebatnr  inter  cetera  aUegando 
quam  plores  pMlosophos  et  sapientes  ex  gentibus,*  puta  PLatonem,  Sene- 
cam,  Kathonem  et  multos  alios,  insuper  leremiam  cum  aliis  multis  pro- 
phetis  et  sanctis  in  veteri  testamento  et  sanctos  apostolos  cum  ceteris 
multis  martyribns  de  hoyo  testamento,  qnaliter  propter  veritatem  inno- 
oenter  fuermit  morüficati.  Deinde  totam  snam  yitam  qnecnnque  sibi** 
Parisius,  in  Heideberg,  in  Golonia,  in  Praga,  in  Wienna,  in  Hnngaria, 
in  Rnssia^  in  Gonstancia  sen  in  yiarmn  itineribns  accidenmt;  et  que 
eeiam  in  Ulis  partibns  et  alibi  commisit  et  perpetravit,  potissime  quomodo 
TheutanicoB  de  Praga  et  regno  Boemie  conabatur  cum  adiutorio  extirpare. 

Postremo  autem  commendayit  statum  et  sanctitatem  magistri  lo- 
haimis  Hus,  asserens  ipsum  se  a  iuventute  sua  cognovisse  et  non  esse 
fomicarium,  bibulum  neque  criminosum  sed  castum,  sobrium  et  sacri  evan- 
gelii  sanctum  et  iustum  predicatorem.  Et  quecunque  ipse  magister  lo- 
bannes  et  lohannes  Widef  tenu^nnt  et  contra  abusus  et  pompam  pre- 
latorom  scripserunt,  quod  omnia  teneret  et  usque  ad  mortem  vellet  teuere, 
qoia  sancti  viri  fnerunt.  Et  quod  ipse  eodem  modo  tenet  et  in  omnibus 
püuctis  fidei  katholice  credit,  sicut  sancta  Bomana  ecclesia  tenet,  sed 
omnes  articulos  ipsius  Yiclef  et  lohannis  Hus,  quos  contra  enormitates 
et  omamenta  prelatorum  posnerunt,  dixit  se  firmiter  et  irrevocabiliter  us- 
qae  ad  mortem  velle  teuere.  Et  finaliter  adiecit,  quod  omnia  peccata  sua 
non  remordent  ipsius  conscienciam  ad  tantum,  sicut  illud  peccatum  quod 
in  illa  pestifera  kathedra  commiserit,  quando  in  sua  revocacione  con- 
i^  illum  bonum  et  sanctum  virum  et  ipsius  doctrinam  fuisset  iniuste  lo- 
cntas,  presertim  ad  ipsius  per  hoc  condempnacionem  consenciendo,  con- 
clodens,  quod*  iam  illam  revocacionem  per  ipsum  in  predicto  maledicto 
ambone  £actam  omnino  revocaret  et  quid  propter  metum  mortis  et  pusiUani- 
mitatem  animi  sui  illud  fecisset.  Et  insuper  quidquid  contra  istum  sanc- 
tom  Yirum  locutus  fuisset,  quod  omnia  mentitus  fuisset  in  Collum  suum 
et  ipsum  et  quod  ipsum  {nc)  id  fecisset,  ex  toto  corde  peniteret. 

Hüs  et  aliis  multis  de  laude  lohannis  Wicleff,  lohannis  Hus  auditis 
inter  se  mutuo  prelati  loquebantur,  quod  per  ista  verba  se  solus  per  se- 
metipsum  sentenciasset.  Tunc  econverso  reductus  fuit  in  carceres  et  g^- 
vissime  per  manus  et  pedes  atque  brachia  cum  fen*eis  cathenis  vinculatus. 

Sabbato  autem  post  Ascensionem  Domini  de  mane  per  copiosam 
mnltitudinem  armatorum  pro  sentencia  contra  enm  ferenda  finaliter  in 
eandem  kathedralem  ecclesiam  ad  publicam  sessionem  fuit  adductus  ibique 


recte:  g^ntilibuB.         ^  Cod.:  ubi. 


yjwicuT^ir  M  ASfalK  sskugt  'i-ianniM  Wädof 
^^«Mra  laeiHiifei    ä&räoK  id  «»:   r< 


■on  snf- 

redncere 

OMitra 

-,  iter»  IrnftyM  istcr  c«tcn  ad  eo6  dint: 
Ce  er 

«^  eaiMi  OM».  »  iDa  q»e  ipce  in  todien- 
am  pr*dkti*  fiut  locstas  ralrtilissBe,  pkOoeopkke«  s^mnter  et  perti- 
B4fBi^,  qmA  caiamiu  non  smffen  auotare.  mc  ün^n  ma  enamre,  qiiia 
UotiuuDodo  materam  smnonis  ipens  partiM  et  mom  total iter  Tobis 
eaocleo,  Deineepfi  Tero  poetqnaa  ad  reTocandim  notut  consentire, 
preniMa  tone  sentencia  contra  eom  est  lata  et  lecta. 

Poet  coiiu  Beutende  proladoneB  magans  et  longiu  pUens  de  papiro 
mm  rabieand»  demonibns  depictos  fiiit  ei  apportatos,  qnem  Tidens  pro- 
iecto  captido  intra  prelatoe  ad  tarraai  accepH  et  a^ti  sno  ^un  imposnit 
dieena:  Dommus  netter  laut  Ckrtthu  kabmä  wpmeam  eonmam  m  et^üe  suo 
€00  amUm  loeo  üUu§  amort  qmui  it^mm  päemm  volo  übenti  amimo  poriart. 
Eltone  a  eecolmbiis  ilUco  foit  ^^[»prehensiis  et  postqnam  de  ecdeaU  ad 
•opplidnm  mortis  ducebator  in  exita  ecclesie:  Ocdö  m  Z>etcm,  sicot  in 
mmin  conanetom  est  asqae  ad  finem  alta  voce  transenndo  ocolis  in  celom 
elevatis  decantarit,  deinceps  totam  lethaniÄm  cantavit.  Qua  finita  in  exitn 
porte  cifitatis :  Felix  namque  es  sacra  mrgo  Maria  etc.  cantavit  Quo  re- 
«p<;nsorio  flnito  et  completo  postqnam  peirenit  ad  locum  snpplicii  flexis 
genibus  ante  stattiam  sibi  ad  comburendum  preparatam  quandam  oracio- 
nem  morose  dixit. 

Tunc  a  tortoribus  fuit  elevatus  sursnm  et  omnibns  vestimentis  ns- 
qne  ad  denudacionem  corporis  expoUatus  et  cum  quodam  iinneo  panno  in 


■  DIo  Parentbefe  fehlt  in  der  HandBchrift. 


357 

iumbis  cii'cumciüctas  et  ad  eandem  statuam  ad  instar  spissi  asseris  fac- 
tam  fnnibus  et  ferreis  cathenis  fortiter  alligatus  et  cum  ligna  in  circuitn 
ipsins  apponi  inciperentnr  Salve  ftsta  dies  cantayit. 

Quo  ymno  completo  iterum  alta  voce :  Credo  in  Deum  usque  ad  finem 
cantayit.  Quo  perfecto  ad  populum  in  ydiomate  theutunico  dixit:  Ijyben 
hynden,  aleo  geleb  ych,  unde  nicht  anders j  cUzo  eczunt  hob  ich  gesungen;  stmdir 
ich  mus  dorume  sterben,  daz  ich  nicht  mit  concilium  volde  styen*  imde  helden, 
daz  Johannes  Hits  taier  heiig ,  unrectig  vororteU,  ^  wen  ich  yn  hob  wol  begent, 
daz  her  gut  und  worheflig  prediger  des  EvangeUum  Christi  est  gewest. 

Et  postquam  fuit  ad  Tei*ticem  capitis  lignis  circumdatus  omnes 
Testes  super  ligna  imposuerunt  et  face  accensa  ligna  incenderunt.  Quibus 
snccensis  alta  voce  cepit  cantare:  In  manus  tuas  domine  commendo  spiritum 
meum  etc. 

Quo  cantu  finito  quando  iam  per  ignem  vehementer  urebatur,  in 
Tulgari,"  Boemico  locutus  fuit:  Boze,  otczie,  otpusteny  me  hrzichi. 

Et  tunc  vox  ipsius  per  vehementem  ignem  fuit  suffocata  et  de  cetero 
non  andita  sed  continue  cum  ore  et  labiis  movebat  velociter,  ac  si  aliquis 
intra  se  celeriter  loqueretur ;  et  iam  quasi  totum  corpus  et  barba  fuit  com- 
bnsta  et  in  corpore  suo  propter  nimiam  adustionem  quedam  magno  vesice^ 
adunius  ovi  quantitatem  apparebant;  et  ipse  continue  os  et  caput  mo- 
vebat fortiter  fere  ad  unius  höre  quartam  (partem),  •  Et  sie  ardendo  vixit 
in  igne  cum  magno  martyrio,  quod  posset  morose  de  sanCto  demente  ad 
eeclesiam  beate  virginis  per  pontem  in  pede  pontis  pervenii'e,  quia  nature 
fortissime  ipse  erat. 

Postquam  autem  expiravit  et  fortiter  ardebat,  tunc  lectisternia, 
pellicia,  ocreas,  capucia  de  carceribus  apportantes  omnia  in  eodem  igne 
com  ipso  usque  ad  pulveres  cremaverunt.  Quas  pulveres  igne  extincto  ad 
Rennm  in  curribus  deducentes  proiecerunt.  Ista  omnia  sie  fieri  vidi  et 
«idivi,  et  si  quis  contrarium  dixerit,  nulli  fidem  adhibeatis.  Anno 
Domini  1416  die  et  hoiis  quibus  supra. 

(Gleichieitige  Schrift;  in  einer  acht  Blätter  fassenden,  nicht  gebun- 
denen Handschrift) 


'  oder:  seyen.        >»  darüber:  odsnzen.        "  Cod.:  in  vnlgarico.        ^  Cod.: 
▼esione.        *  Cod.:  deest. 


S56 

hoiiabuntinr  enm  qm 
premittitur  de  lande 
et  doctrinaiD  ipsorni 
S«d  ipsd  valde  forti 
inter  cetera  dicendi 
guod  omne»  artieuio» 


ciUog  väam  vetlram 
et  multa  fuit  nimiB 
et  BennoniB  eins  ti 
Sciebant  unmirari. 
potuenuit.  Et  tnn 
ipsnm  fecit. 

Quo  sermont 
Vo»  mdti*  me  oond 
eordänu  vettrit  da, 
littimo  et  natitnmo 
cÜB  predictis  fnit 
nenter,  qnod  calani 
tantommodo  mat«i 
enucleo.  Deine« 
premissa  tunc  seu' 
Post  cniiis  s 
cum  rubicundis  de 
iecto  capncio  intra 
dicens:  Domimu  n 
ego  autem  looo  SU\ 
Extnnc  a  secularit 
supplicium  mortis 
missis  consnetuin 
elevatis  decantarit 
porte  civitatis :  F\ 
Bponsorio  finito  ei 
genibuB  ante  stati 
uem  morose  disit. 
Tnnc  a  tort 
qne  ad  denudacioi 

'  Die  PsrantheB 


358 


Nr.  4. 

Predigt  eines  böhmiiohen  Zeitgenossen  nber  das  Leben  und  den 
mhmvollen  Tod  des  Magister  Johannes  Hns  und  Hieronymoi  und 

fonf  anderer  «Märtyrer'. 

(Cod.  uniy.  Prag.  VIII.  G.  18,  fol.  174;  8.  Historia  et  Mon.  ed.  1558, 

fol.  CCCLX*  — CCCLXra^) 

Btati  qui per$ecucionem  paciuntur  propter  iustitiam, 

Matth.  V. 

Dominus  noster  lesus  Christus  Yolens  nos  docere  super  mnodanam 
et  super  montauam  sapienciam  in  yerbis  propositis  ascendit  in  montem 
et  discipuli  sui  eciam  sursum  ad  eum  in  montem  accessemnt,  ut  nos  posi- 
posita  mundana  sapiencia  et  philosophia  inani,  que  est  stulticia  apud 
Denm,  erigamus  sursum  corda  ad  iilam  supermontanam  et  supercelestem 
sapienciam.  Sed  quia  ad  illum  montem  sapiencie  ex  nobis  conscendere 
non  valemus,  eo  quod  nee  sufficientes  sumus  cogitare  aligtud  a  nobü  qua» 
ex  nobis  (sufficieneia  no$tra  ex  Deo  est  II,  Cor,  III),  ideo  recurramns  ad 
ipsam  sapienciam  verbi  incamatam  supermontanam  pro  auxilio  et  petamus 
in  spiritu  et  veritate  tacitis  cordis  desideriis,  ut  nos  post  se  ti*ahat  super 
montem  sapiencie  et  yirtutum,  ut  eins  sapiencie  digni  auditores  effi- 
ciamur. 

Fratres  et  patres  in  Christo  diligendi.  Secundum  Crisostomum  Sal- 
vator  noster  non  dixit:  BecUi  qui  a  gentCbus  persecucionem  pacticntur,  ne 
putes  illum  solum  beatum,  qui  persecucionem  patitur  propter  ydola  non 
colenda.  Ideo  et  qui  ab  hereticis  persecucionem  patitur  propter  yeritatem 
non  relinquendam  beatus  est,  quia  propter  iusticiam  patitur'  ...  Sed 
omnes  prophete  neque  a  gentilibus  regibus,  sed  a  suis  occisi  sunt,  non 
propter  gentiiitatem,  sed  quia  corripiebant  eorum  peccata  ... 

Et  quia  duplex  est  persecucionum  paciencia  propter  evangelicam 
iusticiam,  quedam  enim  est  persecucionum  paciencia  ante  mortem  per 
crebrum  et  multiplex  adversitatis  periculum,  alia  est  et  fieri  solet  in  ei- 
tremo  mortis  articulo  per  martyrium,  ideo  primo  yidendnm  est  quod  prima 
.  .  .  beatificatur,  secundo  videndum  erit  eciam,  quod  extremum  mortis 
martyrium  in  electis  Dei  propter  evangelium  Christi  beatificatur  ...  et 
tercio  tangendum  est  utrumque,  id  est,  aliqualiter,  quomodo  quidam 
nostri  presentis  temporis  nobiscum  in  morum  honestate  con- 


*  Von  hier  ans  gekürzt,  weil  blos  religiöse  Betrachtungen  und  nichts  Histo- 
risches enthaltend. 


359 

Tersati  utramque  predicta  paciencia  passi  suntpropter  insticiam 
evangelicam  et  qnod  ideo  beatificantnr  apnd  Deum  et  homines  hie  et  in 
futuro  .  .  . 

Tercio  (ut  dixi)  tangendnm  est,  qualiter  quidam  nostri  temporis 
inter  nos  momm  honestate  conversati  utraque  ista  paciencia  .  .  .  passi 
sunt  propter  Christum  et  suam  e?angeliQm,  pro  quo  meiito  beatificantur. 

Et  primo  veniamas  ad  narracionem  probissimi  magistri  lohannis 
Hus,  evangelici  predicatoris,  de  cuins  predicacione  multis  constat;  immo 
Testrum  ad  hoc  testimoninm  invoco,  quod  erat  in  vita  et  sermone  preclams. 
Dominos  enim  dederat  sibi  linguam  eruditam,  nt  sciret,  quando  deberet 
sermonem  proferre,  qoi  habuit  dileccionem  et  viscera  misei*acionnm  ad 
omnes  homines  eciam  ad  inimicos  et  persecutores,  qni  velnt  alter  Elyas 
zelanter  invexit  contra  saperhabundantem  iniqaitatem  Antichristi  et  si- 
moniaci  sui  cleri,  corpus  atterens  laboribus  continuis  in  salute  populorum 
iüsudabat»  in  tantum  ut  secundum  spectantis  iudicium  Labores  eins  omnem 
yalenciam  hominis  et  robur  carnis  excederent.  Nam  continuus  erat,  nunc 
eonfessiones  audiendo,  nunc  peccatores  convertendo,  nunc  tribulatos  con- 
solando,  nunc  predicando,  nunc  scribendo;  erat  castus,  pudicus,  sobrius, 
semper  timens  Deum  a  principio  studii,  non  ibi  superbia,  non  avaricia, 
non  inyidia,  pon  jpocrisis  et  cetera.  Omnia  impendebat  et  super  impen- 
debat  et  se  ipsum  pro  salute  animarum. 

Cuius  fidelis  doctrina  non  solum  per  Boemiam  et  Moraviam,  sed 
fere  per  uniyersam  ecdesiam  resonat  et  perseverat.  Ipse  tuba  altissona 
predicator  veritatis  infatigabilis,  inimicus  simoniacorum,  preco  evangelii, 
08  divinum.  Hie  iustus  omnes  nos  dereliquit  in  hoc  mundo  contemptibili 
et  maligne  et  ingressus  est  ad  Christum  Deum  et  Dominum  suum.  Et  de- 
nique  in  prudencia  responsorum  suorum  eciam  gracia  data  desuper  sibi 
et  domesticis  satisüaciebat  et  exteris.'  Quis  vacua  umquam  ab  eo  recessit 
manu?  Si  di?es  voluit^  consilium,  accepit,  si  pauper,  subsidium  repor- 
tabat;  nee  querebat  que  sua  sunt,  plus  omnibus  laborabat  et  minus*'  Om- 
nibus accipiebat  sed  odia  reportabat. 

Heu  iam  sublatus  est;  et  hec  omnia  enumerata  simul  pariter  abie- 
nmt  nobis  et  leticie;  iam  eure  irruunt,  iam  molestie  pulsant  et  angustie 
undique  sole  nobis  ipso  abeunte  remanserunt.  Nee  tamen  contradico  ser- 
monibus  sancti,  non  reprehendo  iudicium  quo  recepit  quisque  quod  dignus 
est:  ille  coronam  quam  meruit,  nos  hie  derelicti  quas  debuimus  infinitas 
miserias  et  vexaciones.  Utinam  eum  non  amitteremus  sed  premitteremus. 
ütinam  yel  tarde  aliquando  eum  sequeremur  ad  yitam  in  consorcium 


•  Cod.:  ex  terris.         *>  velit  in  cod.    Der  Druck:  venit         "  Cod.:  melius. 
ArcbiT    LIKn.  Band.  II.  Hftlft«.  24 


360 

angelonuD.  Plangamus  ig^tor  super  nos,  quia  saper  illo  iam  vetat  racio. 
Puto  eaim,  si  oportanitas  daretor,  modo  diceret:  Nolite  flere  saper  me,  sed 
flete  super  yos  ipsos.  Qaanta  obprobria  passas  est  hie  vir  indatas  domi- 
nam  lesam  Christum.  Qaanta  odia  ab  infinita  multitudine  malorum, 
quantas  susurriciones  de  se  pravas  et  falsas  habuit,  citaciones,  excommu- 
nicaciones,  aggrayaciones  iniquas  et  frivolas  et  antichristivas  sustkiuit 
pacienter  a  clero  simoniaco  propter  fidelem  magni  zeli  predicacionem, 
quanta  pericula  in  domo  die  noctuque  in  vicis  et  plateis  civitatis  per- 
pessus  est:  periculum  in  via^  et  ubicunque  adyenit^  imminebat  sibi  peri- 
culum  a  falsis  fratribus,  a  plebanis,  a  prelatis,  periculum  a  principibus 
et  aliis  potentatibus  seculi,  que*  omnia  tulit  pacienter  propter  evangelium 
domini  lesu  Christi. 

Non  latet  vos  puto,  quanta  in  Constancia  passus  est,  quanta  pri- 
mum  in  Constancia  multitudine  armatorum  captus;  de  quibus  tarnen 
Omnibus  longum  esset  dicere.  Hoc  tamen  dico  breviter,  quod  fuit  incar- 
ceratus  ultra  quam  triginta  septimanis  in  vincuUs,  ut  plurimum  cruciatus: 
fame,  siti  et  aliis  miseriis  et  temptacionibus  ac  machinamentis  ab  inimicis 
evangelice  fidei;  ad  que  omnia  dominus  futurorum  bonorum  ex  spedali 
amore  suo  militi  fideli  addidit  gi'avissimas  corporis  infirmitates,  primum 
calculum,  secundo  febres  et  tercio  dolorem  dencium  et  capitis  simul,  quarto 
Yomitum  cum  cruore,  ut  ipsemet  testatur  in  quadam  sua  epi- 
stola,^  que  dicit  a  domino  lesu  Christo  esse  sibi  data  dileccionis  signo. 
Et  in  tot  et  tantis  suis  miseriis  offerrebant  sibi  multos  articulos  imperti- 
nenter ex  suis  tractatibus  excerptos  seu  tractos,  quosdas  syncopatos  nunc 
deponendo  nunc  addendo  plura  ad  sua  verba  et  sibi  sensum  aliter  quam 
ipse  pretendebat  subdole  pervertendo.  Et  cum  nequaquam  ut  decuisset 
Yoluissent  sibi  dare  publicam  audienciam,  respondit  ad  articulos  in  car- 
cere  sedens,  et  cuius  responsionibus  cum  non  haberent  occasionem  enm 
condempnandi,  confinxerunt  contra  eum^  alios  articulos. 

Sed  finaliter  ductus  in  communem  audienciam  protestatus  est  quod 
libenter  yellet  informari,  et  si  in  aliquo  en*a88et,  humiliter  revocare.  Sed 
pro  istis  racionabilibus  ex  scripturis  responsionibus  humilibus  valde  et 
mansuetis  non  reportabat  ab  eis  nisi  derisiones  et  blasphemias  contra  se. 
Per  hec  enim  ad  maiorem  fomitem  odii  et  persecucionis  contra  eum  irri- 
tabantur.  Unde  cum  tam  diu  in  concilio  postulasset  informacionem,  fuit 
sibi  datum  responsum:  HabtctB  pro  informacione  quod  doctores  dtcunt:  ar- 


•  Cod.:  qui.        *>  Cod.:  eos. 

^  Das  ist  der  Brief  des  Hus  an  Johann  von  Chlum  vom  4.  M&rz  1415, 
8.  Palackj,  Documenta,  p.  98  und  99. 


361 

ticulos  txtractos  de  iuM  Ubdlia  esse  erroneos  quos  debes  revocare  et  illa  que 
mU  per  festes  deposita  abtwrare, 

Tandem  proximo  sabbato  post  festum  Procopii  (Juli  6)  in  qnadam 
ecdesia  in  congregacione  tocins  concilii  dantis  contra  enm  sentenciam 
diffinlüyam,  ipso  die  propositi  sunt  alii  mnlti  articuli  pretense  probati  per 
falsa  testimonia,  per  testes  canonicos,  plebanos,  yicarios,  doctores,  ma- 
gistros.  Ipso  antem  respondente  quod  non  sunt  sni  articuli  prohibebant 
eum  loqui,  inclamantes  eum  ut  taceret.  Quid  plura?  Post  hec  degrada- 
batnr,  indnebatur  yeste  sacerdotali  et  statim  postea  ab  eo  denndabatur  in 
derisom  et  snbsanacionem;  et  circa  hoc  dncebantur  qnedam  blasphemie 
contra  enm  (et)  maledicciones.  Qni  humili  corde  respondebat:  Istas  blas- 
pkmieu  libenter  amplector  pro  nimtine  lesu  Christi.  Post  hec  condempnatus 
est  tamqnam  hereticas  pertinax,  incorrigibilis  cum  omnibns  libris  suis, 
deinde  per  modom  crucis  rasns  per  episcopos  qnosdam  et  coronatns  Co- 
rona papirea;  in  qua  tres  diaboli  erant  depicti.  Snperscripcio  antem  erat: 
Icharmes  Bus  heresiarcha.  Et  imposita  sibi  Corona  ista  traditns  est  pre- 
tense sathane;  ad  qnod  ipse  hnmiliter  respondit:  Et  tgo  committo  ammam 
mtam  domino  lesu  Christo,  Tandem  flexis  genibns  cnm  lacrimis  oravit  pro 
inimicis  dicens:  Domine  lesu  Christe,  ignosce  omnibus  inimicis  meis,  qnia 
in  Domine  scis  qnod  falsos  articnlos  confinxemnt  contra  me  et  falsi  testes 
dtpotuerwnt  contra  me,  quia  nesciunt  quod  fadunt.  Pro  qno  itemm  derisns 
est  et  blasphematns.  Post  hec  traditus  est  brachio  seculari,  a  qno  dnctns 
est  in  locnm  snpplicii  et  mortis.  Tibi  in  via  transiens  clamavit,  qnod  falsa 
et  iniqna  testimonia  contra  enm  snnt  prodncta  et  qnod  non  credant  qnod 
aliqnos  tennisset  eiToneos  articnlos.  Yeniens  autem  ad  locnm  tormentomm  ^ 
orayit  flexis  genibns  leto  animo  et  facle  mbicnnda;  tandem  ligatns  in  ca- 
misia  ad  statnam  cnm  cathenis  et  zona  stme  est  lignomm  circnmdatus 
nndiqnaqne  satis  in  altnm  quod  vix  capnt  eminebat  et  (nt  cetera  dimittam) 
snccenso  vehementi  igne  ipso  clamans  et  orans  obdormivit  in  Domino. 
Cnins  spiritns  in  igne  instar  Helle,  nt  pie  credimns,  ascendit  in  celnm  ad 
coDsorcinm  angelomm. 

Magister  leronymns  fnit  in  captivitate  nltra  nnnm  annnm  yalde 
in  grayibns  carceribns  et  graviter  concathenatns  pedlbns  et  manibns  in- 
ünncatns  sive  vinculis  et  cathenis  mancipatns,  sie  quod  in  qnadam  tnrri 
snspensns  fnit  in  qnodam  tmnco  capite  deorsum  per  undecim  dies,  et  ita 
per  angnsta  foramina  et  arta  pendebat,  qnod  pedes  incipiebant  iam  putre- 
fieri,  contrita  cnte  et  came,  qnod  eciam  affligebantnr  sibi  multa  et  esnrie 
et  aliis  miserüs.  Sic  qua  suspensione  tam  dura  et  dintina  postea  inyenie- 


^  Hier  ist  die  Benützung  des  Mladenowitz  deutlich.   S.  Palacky,  Doc.  321. 

24* 


I 


362 

batur  quasi  semimoriaus.  Item  eciam  contra  (emn)*  articuli  sunt  conficti, 
in  qniboB  foit  temptatns  et  examinatos  et  specialiter  monebatnr,  nt  rece- 
deret  a  doctrina  magistri  lohannis  Hns  et  lohannls  Wikleff  et  quod  con- 
sentiret  in  condempnacionem  eorum;  et  licet  in  primis  Yidebatar  eis  con- 
sensisse  in  parte,  postqoam  vero  oblati  sunt  ei  articali  centum  et  Septem, 
tunc  in  publica  audiencia  respondens  ad  maltos  articulos  dixit  qnod  ini- 
qoi  et  falsi  testes  fialsa  testimonia  contra  eam  deposuemnt  et  false  con- 
finxeront.  In  publica  postea  eciam  audiencia  commendabat  statum  et 
sanctitatem  magistri  lohannis  Hus,  asserens  eum  sibi  a  iuventute  notnin 
et  eom  non  foisse  fomicatorem  neque  bibulum  neque  criminosum  sed 
castum,  sobrium  et  sacri  eyangelii  sanctum  et  iustum  predicatorem,  et 
quecnmque  ipse  magister  lohannes  Hus  et  Wigleff  tenuerunt  contra  ab- 
usns  et  pompam  prelatorum  scripserunt,  quod  omnia  teneret  usque  ad 
mortem,  qoia  sancti  viri  fuemnt. 

Et  in  Omnibus  Mei  catholice  pnnctis  dixit  se  credere  sicut  Bomana 
ecclesia  tenet  et  qnidquid  eis  in  parte  et  in  verbis  conscripserat  in  con- 
dempnacione  magistri  lohannis  Hus,  publice  revocayit  asserens  se  hoc 
fecisse  iniuste  contra  sanctum  yirum  et  eius  veram  doctrinam.  Tandem 
sabbato  immediate  post  Ascensionem  Domini  {30,  Mai)  simili  sentencia 
condempnacionis  instar  magistri  lohannis  Hus  est  condempnatas  ad 
mortem  ignis.  Ipse  autem  publice  contradixit  et  inter  cetera  dixit:  Ex  eo 
debeo  condempnari  et  mori  guod  nolo  c<msentir€  ad  condempnacUmtm  iüorum 
sanctorum  virorum,  quos  condempnastis  propter  articulos  eorum,  väam  vestram 
detestantes  et  arguentes. 

Post  bec  eciam  impositüs  est  sibi  pileus  super  caput  papireus  cum 
rubeis  demonibus,  prout  magistro  lobanni  Hus  sancte  memorie  similiter 
factum  est;  et  ductus  ad  mortem  facta  per  eum  oi*acione  positus  est  ad 
statuam  et  ligatus  et  affixus  et  strue  lignorum  similiter  cii'cumdatus  ns- 
que  ad  verticem  et  succenso  igne  combustus  est,  quia  noluit  negare  evan- 
gelicam  veritatem  ut  (confido  coram  hominibus  veritatem)  in  tanto  con- 
temptu  et  tanta  ignominia  mortis  ex  altaretur  post  mortem  in  gloria 
Dei  patris. 

Quid  autem  dicam  de  aliisquinque  beatis  fratribus  in  Christo,  tempos 
non  patitur;  plnribus  tarnen  constat  eis  familiariter  conversantibus,  quo- 
niam  dnxeruni  yitam  castam,  humilem,  voluntarie  abiectam  et  pauperem 
in  obseiTancia  evangelica,  innocentem  et  colnmbinam.  Erant  enim  sim- 
plices  et  recti  ac  timentes  Deum  et  recedentes  a  malo.  Qui  humili  corde 
et  suayi  devocione  tamquam  fideles  catbolici  creberrime  gustabant  divi- 


*  Cod.:  deest 


363 

nissimam  eukaristiam,  et  puto  multo  fructuosius  quam  nos.  Heu  superbi 
magistri  et  sacerdotes,  quos  sepe  ayaiicia  et  gloria  vexat  inanis,  qaod 
patet  ex  hoc,  qnia  nos  magistri  et  sacerdotes  fermento  malicie  fennentati 
post  sampcionem  sacratissime  enkaristie  non  exnimns  yere  hoihinem  ve- 
terem  noyamqne  non  indnimus,  creatnm  secnndum  Deum  in  insticia  et 
Yeritate,  prefati  vero  quinque  in  Domino  fratres  post  crebram  ac  devotam 
divinissime  eukaristie  sumpcionem  sine  ypocrisi  et  ficcione  in  humilitate 
et  paciencia  et  yeritate  ambulabant,  yiyaci  memoria  memorantes  yitam 
Dostri  Bei  redemptoris  totam  pauperem,  pönalem  ac  dolorosam  cum  igno- 
minia  crucis  sue.  Ex  quo  excitati  sunt  ad  magnum  desiderium  paciendi 
pro  domino  lesu  Christo  et  suo  eyangelio  et  captiyantes  intellectum  per 
verbum  Dei  in  obsequium  Christi  soilicite  inquirebant  per  consilia  et  alios 
Tarios  modos  oportunitatem  comodosam  paciendi  mortem  quamcunque  pro 
domino  lesn  Christo  et  pro  sua  eyangelica  yeritate.  Sed  quia  Dens  huius- 
modi  desideria  in  suis  electis  non  frustra  operatur,/eo  quod  Dens  et  na- 
tura nichil  frustra  faciunt,  ideo  saciatum  est  in  bonis  desiderium  eorum 
in  hoc  quod  finaliter  tradiderunt  se  propter  Christum  et  suum  eyangelium 
ad  Bupplicia  mortis. 

De  quorum  quinque  numero  tres  in  fide  predicte  trinitatis  spectante 
multitudine  hominum  hie  in  Praga  in  communi  spectaculo  yultu  leto  et 
facie  serena  tortoris  gladio  sua  capita  subdiderunt,  alios  yero  duos  in 
Olomucz  inmani*  et  crudeles  inimici  eyangelii  et  crucis  Christi  absqne 
vero  et  antiquo  obseryato  iudicii  examine  citissime  fomite  odii  et  iracundie 
accensi  ignis  yoragine  combusserunt.  Per  que  facta  eyangelio  commen- 
sorata  pie  credimus,  quod  sunt  translati  de  morte  ad  yitam. 

De  quibus  non  oportet  nos  yane  gloriari  sed  quod  abnegantes  om- 
nem  impietatem  et  secularia  desideria  sobrie  et  pie  et  iuste  yiyamus  in 
hoc  seculo  et  peregrinis  alienis  a  fide  eyangelica  doctrinis  neque  per 
inanem  philosophiam  yelimus  abduci.  De  qua  scriptum  est:  Perdam  aa- 
piffudam  sapientum  et  prudenciam  prudencium  reprohabo;  sed  amplectamur 
secure  eyangelicam  sapienciam  et  doctrinam  omnes  et  singuli  cum  effectu. 
Exuamus  hunc  superbum,  ayarum  et  simulatum  hominem.  Abiciamus 
omnes  yolnptates,  delicias,  crapulas  et  ebrietates  et  omnes  mundi  yani- 
tates,  splendidum  ad  ostentacionem  hominum  yestitum  deponamus  et  yere 
interius  corde  et  exterius  habitu  et  opere  abnegemus  nosmetipsos  coram 
Deo  et  hominibug  et  humiliemus,  induamusque  novum  hominem,  ut  in 
novitate  yite^  ambulemus,  amplectamurque  Domino  cooperante  hanc  du- 
pUcem  pacienciam  beatam  propter  Christum  et  suum  eyangelium,  ut  per 


*  recte:  inhnmani,  wie  der  Druck  hat.        ^  Ergänzt  nach  dem  'Drucke. 


364 

dissolueionem  corporis  possimus  cum  Christo  in  consorcio  ecclesie  trium- 
phantis  una  com  hiis  et  ceteris  beatis  martyribus  etemaliter  congaodere. 
Ad  quam  nos  perdncat  ipse,  qui  est  via,  veritas  et  vita,  cui  com  Fatre  et 
Spirita  SKncto  sit  honor  et  gloria  in  secala  seculorum  Amen. 


n. 

Doenmente,  betreffend  die  Ansbreitung  des  Wicliflsmus 
in  BSlunen  und  MSliren  in  den  Jaliren  1410—1419. 

Nr.  5. 

Alexander  V.  spricht  einen  feierlichen  Bannfluch  gegen  alle  Ketier 
und  Feinde  der  Kirche  aus.  Bologna,  1410,  Marx  20. 

Alexander  episcopus  servns  servorom  Dei.  Ad  perpetuam  rei  me- 
moriam.  Eicommunicamus  et  anathematizamos  ex  parte  omnipotentis 
patris  et  filii  et  Spiritus  Sancti  auctoritate  quoque  beatorum  apostolomm 
Petri  et  Pauli  ac  nostra  omnes  hereticos  Gazaras,  Patarenos,  paupere8 
de  Lugduno,  Arnaldistas,  Speronistas  et  Passaginos,  Fraticellos  et  quos- 
libet  alles  hereticos,  quocnnque  nomine  censeantur  ac  omnes  fautores, 
receptatores  et  defensores  eorum. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamus  omnes  pirratas,  cur- 
sarios  et  latnmculos  marinos  et  omnes  fautores,  receptatores  et  defea- 
sores  eomm. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamus  omnes,  qui  in  terris 
suis  nova  pedagia  imponunt. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamus  omnes  falsarios  bulle 
sen  litterarum  apostolicarum  et  supplicacionum  graciam  vel  iusticiam  con- 
tinencium  per  summum  pontificem  vel  yicecancellarium  seu  gereutes 
yices  aut  officium  yicecancellarii  sancte  Bomane  ecclesie  de  mandato  eius- 
dem  summi  pontificis  signatarum  aut  sub  nomine  summi  pontificis  seu 
yicecancellarii  aut  gerentis  officium  predictorum  signancium  suppliea- 
ciones  eiusdem. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamus  omnes  alios,  qui  equos, 
arma,  ferrum,  bigamina  et  alia  prohibita  deferunt  Saracenis,  quibus  Chri- 
stianos  impugnant. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamus  impedientes  seu  in?a- 

dentes  yictualia  seu  alia  ad  usum  Bomane  curie  necessaria  adducentes  Tel, 

"i  curiam  ipsam  deferantur,  impediunt  seu  perturbant  et  qui  talia 


365 

facinnt  Tel  defendont»  cuinscanque  faerint  ordinis,  preeminencie,  condi- 
cionis  et  statas,  eciamsi  pontificali,  regali  ant  alia  qnayis  ecclesiastica  seu 
mundana  prefalgeant  dignitate. 

Item,  excommnnicamas  et  anathematizamns  omnes  illos,  qni  ad 
sedem  apostolicam  venientes  et  recedentes  al)  ea  nee  non  illos  qui  iuris- 
diccionem  ordinariam  vel  delegatom  aliqnem  non  habentes  in  eadem  curia 
morantes,  temeritate  propria  capiunt,  spoliant  et  detinere  ant  ex  proposito 
deliberato  mutilare  vel  interficere  presamnnt  et  qni  talia  fieii  faciunt  sive 
mandant. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamns  iniquitatis  alnmnos 
Petrnm  de  Luna  Benedictum  Xin.  et  Angelum  Gorrario  Gre- 
gor in  m  Xn.  se  nominare  ansn  sacrilego  presumentes  insto  Dei  iudicio 
ac  per  processns  generalis  concilii  Pisani  et  nostros  eomm  demeritis  exi- 
gentibns  hereticos  ac  scismaticos  et  ab  ecclesia  prescisos  sentencialiter 
condemnatos  ac  omnes  adherentes  complices  et  seqnaces  ipsomm  et  dantes 
eis  ant  eomm  alicni  anxiliom,  consilinm  vel  favorem,  cnioscnnque  preemi- 
nencie,  dignitatis  yel  ordinis  eciamsi,  pontificali,  regali,  reginali  vel  qnayis, 
nt  premittitnr,  ecclesiastica  seu  mundana  dignitate  prefulgeant,  eciamsi 
faerint  dicte  Bomane  ecclesie  cardinales. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamns  omnes  illos,  qui  per  se 
alium  seu  alios  quascunc[ue  personas  ecclesiasticas  yel  seculares  ad  Ho- 
manam  curiam  super  earum  causis  etnegociis  recurrentes  illaque  in  eadem 
caria  prosequentes  ant  procuratores,  gestores,  adyocatos  yel  promotores 
ipsomm  yel  edam  auditores  seu  indices,  qui  super  dictis  causis  seu  ne- 
gociis  occasione  causamm  yel  negociomm  huinsmodi  yerberant,  mutilant 
Tel  occidunt  aut  bonis  spoliant  eomndem,  cuiuscunque  preeminencie,  dig- 
nitatis, ordinis,  condicionis  aut  Status  fuerint,  eciamsi  pontificali,  regali 
Tel  quayis  alia  prefulgeant  dignitate,  predicta  yel  eomm  aliqua  com- 
mittentes. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamns  omnes  mutilantes,  yul- 
nerantes  et  interficientes  seu  capientes  et  detinentes  siye  depredantes 
Romipetas  et  peregrinos  ad  urbem  causa  deyocionis  et  peregrinacionis 
aceedentes  et  in  ea  morantes  et  recedentes  ab  ipsa  et  in  hüs  dantes  auxi- 
üam,  consilinm  yel  üayorem. 

Item,  excommunicamus  et  anathematizamns  omnes  illos,  qui  per  se 
Tel  alium  seu  alios  directe  yel  indirecte  sub  quocunque  titulo  yel  colore 
occupant,  detinent,  discurmnt  hostiliter  yel  inyadunt  in  totum  seu  in 
parte  almam  urbem,  regna  Sicilie,  Trinacrie,  insulas  Sardinie,  Corsice, 
terram  Gitrafarum,  comitatum  Yenaysinensem,  Patrimonium  beati  Petri 
in  Toscia,  ducatus  Spoletan(um},  Sabine,  marchie  Anconitanensis,  Masse- 


366 

carrarie,  Bomandiole,  Campanie  atque  maritime  provincias,  ciTitates  ac 
terras  specialis  commissionis  et  Arnalphorum,  civitates  quoqae  nostras 
Bononiensem,  Ferrariensem,  Avenionensem,  Beneventanam,  Perusinam, 
Civitatiscastelli,  Tndertinensis  et  alias  civitates,  terras,  loca,  yel  iura  ad 
ipsam  ecclesiam  spectancia  et  pertinencia  et  adherentes  ac  fautores  et 
defensores  eomm,  non  obstantibas  qaibnscunque  priyilegiis  et  indulgenciis, 
literis  apostolicis,  generalibos  vel  specialibus,  eis  vel  eomm  alicni  Tel 
aliquibus,  cniuscnnqae  ordinis,  statns,  condicionis,  dignitatis  et  preeminen- 
cie  faerint,  eciamsi,  ut  premittitur,  pontificali,  regali  sea  quavis  alia  eccle- 
siastica  vel  mundana  prefalgeant  dignitate,  a  predicta  sede  sab  quam 
forma  yel  tenore  concessis,  qnod  excommnnicari  aut  anatbematizari  non 
possint  per  literas  apostolicas,  qne  plenam  et  expressam  ac  de  verbo  ad 
verbnm  de  indnlto  bniusmodi  ac  mencionem  nee  non  ordinibus,  locis, 
nominibns  propriis,  cognominibus  ac  dignitatibus  eomndem  non  fecerint 
mencionem  nee  non  consnetudinibus  et  observanciis,  scriptis  et  non  scrip- 
tis  et  aliis  contraiiis  qaibuscunque,  per  que  contra  huismodi  nostros  pro- 
cessüs  et  sentencias,  qnominus  includantur  in  eis  aut  per  ea  yaleant  se 
tneri,  et  que  qnoad  hoc  prorsus  toUimns  et  omnino  revocamns,  a  qoibus- 
dam  sentenciis  nullus  per  alium  quam  per  Bomanam  pontificem  possit  nisi 
duntazat  in  mortis  articulo  constitutus  absolvi  nee  eciam  tanc  nisi  de 
stando  mandatis  ecclesie  satisfaccione  vel  sufficienti  caucione  prestitis, 
eos  vero  cuinscunque  fuerint  preeminencie,  ordinis,  condicionis  aut  statos 
qui  contra  tenorem  presenciiim  talibus  vel  eorum  alicui  absolucionis  bene- 
ficium  et  de  facto  impendere  presampsednt,  excommunicacionis  et  ana- 
thematis  sentencia  innodamus,  eisque  interdicimns  predicacionis,  leccionis, 
administracionis,  sacramentorum  et  audiendi  confessionis  oföcium  predi- 
centes  aperte  transgressoribus  et  contemptoribns  supradictis  nos  grayias 
contra  eos  spiritualiter  et  temporaliter,  prout  expedire  viderimus  proces- 
snros.  üt  autem  buiusmodi  nostri  processus  ad  communem  omnium  noti- 
ciam  dedncantur,  cartas  sive  menbranas  processus  continentes  eosdem 
maioris  ecclesie  ac  palacii  nostri  Bononiensis  valvis  seu  hostiis  aut  limi- 
naribus  faciemus  affigi  seu  appendi.  Que  processus  ipsos  suo  quasi  sonoro 
preconio  et  patulo  indicio  publicabunt,  ut  bii,  quos  processus  contingunt 
buiusmodi,  quod  ad  ipsos  non  pervenerint  aut  ipsos  ignoraverint  nullam 
possint  excusacionem  pretendere  vel  ignoranciam  allegare,  cum  non  sit 
verisimile,  quo  ad  ipsos  remanere  incognitum  vel  occultum,  quod  tarn  pa- 
tenter Omnibus  publicatur.   NuUi  ergo  omnino  bominum  liceat  hanc  pa- 
ginam  nostre  excommunicacionis,  anatbematizacionis,  cassacionis,  irrita- 
cionis,  annullacionis,  evacuacionis  et  constitucionis  infringere  vel  ei  ausu 
temerario  contraire.   Si  quis  autem  hoc  attemptare  presampserit,  indigna- 


367 

cionem  onmipotenti  Dei  eb  beatornm  Petri  et  Paoli  apostoloram  eius  se 
noverit  incursai-um.  Datum  et  actum  Bonoale  XIII  Kai.  Aprilis  pontifi- 
catüs  nostri  anno  primo. 

In capHe:  F.  de  Mon(te)  P(olitiano).  Infim:  Coli,  per  me P.  de  Trilbia. 
H.  Erasmi. 

(E  RegiBtro  Alexandri  V.  Cod.  339  fol.  76^—78*  arch.  Vatic.) 

Nr.  6. 

Zum  Ablassstreite  in  Prag  im  Jahre  1412.^ 

Excerpta  eiusdem  bulle  indulgenciarum  papalium  etc. 

(Cod.  bibl.  univ.  Prag.  XI.  E.  3  fol.  136—137.) 

Indulgencie  infrascripte  conceduntur  omnibus  utriusque  sexus 
Christi  fidelibus  tarn  clero  quam  populo,  cuiuscunque  status,  giadus^  or- 
dinis,  religionis  seu  condicionis  existant,  qui  in  tarn  magno  necessitatis 
articttlo  iuxta  facultates  suas  subsidia  et  protecciones  facientes  beatissimo 
domino  nostro  domino  lohanni  divina  providencia  pape  XXIII  et  alme 
urbi  et  sancte  Romane  ecclesie.  Et  hec  idem  dominus  noster  papa  com- 
misit  exercendum  suis  specialibus  nunciis  et  ab  eisdem  sub  statutis  com- 
missariis  et  predicatoribus  in  vii-tute  sancte  obediencie  ad  predicandum 
Terbum  crucis  in  remissionem  peccaminum  contra  Ladislaum  de  Du- 
racio,  qui  se  regem  Sicilie  et  Neapolim  {sie)  ac  lerusalem  ausu  teme- 
rario  nominare  presumit  et  suos  sequaces. 

Primo  idem  dominus  noster  papa  concedit  omnibus  vere  peniten- 
tibus  et  confessis,  qui  hulusmodi  laborem  salutifere  crucis  signo  suscepto 
in  personis  propriis  et  expensis  saltem  per  unum  mensem  a  die,  quo  ad 
ipsius  pape  presenciam  sep  capitanei  gwerre  aut  rectons  illarum  parcium 
se  contulerint  yel  in  huius  negocii  persecucione  ab  hac  luce  migrayerint 
illam  peccatorum  suorum,  de  quibus  corde  contriti  et  ore  confessi  fuerint, 
Teniam,  que  transfretantibus  in  terre  sancte  subsidium  concedi '  tempore 
generalis  passagii  per  sedem  apostolicam  consuevit.  Et  hec  indulgencie 
sunt,  videlicet  plena  remissio  omnium  peccatorum  a  pena  et  a  culpa;  et 
idem  dominus  noster  papa  in  retribucionem  iustorum  poUicetur  augmen- 
tum  et  eciam  ipsas  recipit  sub  proteccione  sua  et  quod  non  possint  con- 
Teniri  extra  suas  dioceses  per  literas  apostolicas  vel  legatorum  eius. 


»  Cod.:  concedit. 

*  Vgl.  Beiträge  zur  Gesch.  der  bnsit.  Bewegung  IV,  296. 


368 

Item,  dominus  noster  papa  concedit  illis,  qui  non  in  personis  pro- 
priis  illnc  accesserint  sed  suis  duntaxat  expensis  ioxta  facultates  suas 
viros  idoneos  destinabnnt  illic,  ad  minus  pro  dicto  tempore,  id  est,  per 
unum  mensem  moraturos  indulgencias  supradictas/ 

Item,  illi  similiter  yiri  idonei,  qui  licet  in  alienis  expensis  in  per- 
sonis tamen  propriis  assumpte  ad  defensionem  huiusmodi  laborem  imple- 
verint,  veniam  consecuntur  supradictam. 

Item,  illi  similiter,  qui  per  se  yel  per  alios,  militare  nolentes  Tel 
non  possent,  sed  ad  arbitrium  commissariorum  personarum  qualitate  pen- 
sata  in  pecuniis  aut  bonis  aliis  predicto  domino  nostro  pape  et  ecclesie 
Bomane  subsidium  erogarunt,  consequuntur  indulgencias  snpradictas. 

Item,  idem  dominus  noster  papa  vult,  ut  omnes,  qui  ex  ordinacione 
commissariorum  principalium  ac  substitutorum  ab  eisdem  suis  predica- 
cionibus  ac  suasionibus  ad  erogacionem  huiusmodi  snbsidii  homines 
utriusque  sexus  excitando  induxerint  cum  effectu,  plenam  in  casn  predicto 
snorum**  yeniam  peccatorum  consequantur."* 

Item,  Tult  dominus  noster  papa,  ut  omnes  qui  iuxta  premissomm 
aut  alicuius  eorum  exigenciam  ad  subyencionem  ipsius  negocil  ad  commis- 
sariorum arbitriimi  de  bonis  congrue  ministrabunt  personas  familias  et 
bona  ipsorum,  ex  quo  crucem  susceperunt  ipsius  beati  Petri  et  domini 
nostri  pape  proteccione  suscipiuntur,  ita  quod  non  possint  extra  curiam 
diocesanorum  conyeniri. 

Item,  statuit  idem  dominus  noster  papa,  ut  omnes  Christi  cmce 
signati  sub  defensione  suorum  diocesanorum  existant  et  quod  si  quisquam 
contra  eosdem  crucesignatos  presumpserit  per  dyocesanum  loci,  ubi  fuerit, 
per  censuram  ecclesiasticam  appellacione  postposita  compescatur.'^ 

Item,  commissarii  a  domino  nostro  papa  specialiter  depntati  habent 
dare  auctoritate  apostolica  centum  dies  indulgenciarum. 

Item,  substituti  et  deputati  ad  predicandum  yerbnm  crucis  ab  eis- 
dem commissariis  principalibus  ac  substituti  et  snbstituendi  habent  dare 
eadem  auctoritate  quadraginta  dies  indulgenciarum,  tociens  quociens  pre- 
dicabunt  supradictum  negocium. 

Item,  mandat  dominus  noster  papa,  quod  nullus  debet  admitti  per 
literas  apostolicas  indulgencias  continentes,  nisi  in  ipsis  literis  papalibus 
de  prescriptis  indulgenciis  specialis  et  plena  mencio  habeatur. 


•  Cod.:  indulgefi  snpradict.  ^  Cod.:  snorum  concedit  idem  domimiB 
papa.  °  consequator  in  cod.  ^  Cod. :  presumpserint . . .  fuerint . . . 
compescantor  .  .  .  was  sum  yorherg^henden  quisquam  nicht  stimmt. 


369 

Forme  absolncionis  distincte  cum  pactacione. 

Eciam  anctoritate  apostolica  mihi  in  hac  parte  concessa  absolvo  te 
ab  Omnibus  peccatis  Deo  et  mihi  yere  confessis  et  contritis,  ex  quo  crucem 
assumpsisti  et  bona  fide  vera  cum  cordis  puritate  tibi  iniuncta  intendis 
adimplere,  cum  effectu,  et  concedo  plenissimam  remissionem  omnium 
peccatorum  tuorum,  quam  consueverunt  apostolici  summi  pontifices  dare 
tempore  generalis  passagii  transfretantibus  in  terram  sanctam,  que  est  a 
pena  et  a  culpa.  In  nomine  patris  et  filii  et  Spiritus  Sancti. 

Alia. 

Eciam  anctoritate  apostolica  mihi  concessa  absolvo  te  ab  omnibus 
peccatis  tnis  Deo  et  mihi  vere  confessis  et  contritis,  ex  quo  personaliter 
tibi  iniuncta  adimplere  pura  cordis  intencione  eciam  non  in  propriis  sed 
aiienis  expensis  intendis  cum  effectu  et  do  tibi  et  concedo  plenissimam 
remissionem  omnium  peccatorum  tuorum,  que  est  a  pena  et  a  culpa.  In 
nomine  etc. 

Alia. 

Et  eciam  anctoritate  apostolica  mihi  concessa  absolvo  te  ab  Om- 
nibus'  peccatis  Deo  et  mihi  vere  confessis  et  contritis^  ex  quo  perso- 
naliter presens  negocium  non  vales  perficere  velisque  facere  iuxta  com- 
missariorum  et  meam  ordinacionem,  presidium  et  auxilium  ad  predictum 
negocium  exequendum  tuo  pro  posse  fecisti,  do  et  concedo  tibi  plenissi- 
mam remissionem  omnium  peccatorum  tuorum,  que  est  a  pena  et  a  culpa. 
In  nomine  etc. 

Alia. 

Et  eciam  anctoritate  apostolica  mihi  concessa  absolvo  te  ab  omnibus 
peccatis  tuis  Deo  et  mihi  vere  confessis  et  contritis,  ex  quo  personaliter 
presens  negocium  non  vales  perficere,  ut  ex  causa  racionabili  non  teneris, 
eibortasti  tamen  tuis  predicacionibus  fideliter  et  in  antea  facere  premi- 
sisti  cum  effectu  populum  ad  hoc  faciendum,  do  et  concedo  tibi  plenissi- 
mam remissionem  omnium  peccatorum  tuorum,  que  est  a  pena  et  a  culpa. 
In  nomine  patris  et  filii  etc. 

Confiteantur  utriusque  sexus  homines  confessoribus  illis  qui  prius 
babuerunt  auctoritatem  eos  audiendi  et  ipsi  nunc  habent  auctoritatem 
>postolicam  in  premissis  absolvendum  (I). 

Pactacio  realis  sine  figmento  sequitur. 

Ita  tamen  quod  quantum  fuisset  in  eundi  et  redeundi  itinere  pro 
necndone  dicti  voti  expensum  subcollectori  generali  super  hoc  per  domi- 


*  Cod.:  hominibus. 


370 

num  nostrum  papam  in  Romana  curia  depntato  pro  fabricis  sen  repara- 
cionibus  ecclesiarum  dictorum  apostolorum  et  nichilominus  oblaciones  et 
decimas  dictornm  apostoloram  quas  obtulisset,  si  illuc  personaliter  acces- 
sisset,  transmittat  quam  primo  poterit  cum  effectu/ 

Nr.  7. 

Johann  XXUL  befiehlt,  daM  der  Dialoge  und  Trialogns  nebit 
mehreren  anderen  nicht  anidrfioklioh  genannten  Schriften  Widif i 
in  Folge  des  Beschlnises  von  Seiten  des  allgemeinen  Concili  n 
Rom  dem  Feuer  übergeben  werden.   Rom,  St,  Peter  1413,  Febr.  2. 

Bulla  qualiter  libelli  lohannls  Wicleff  yidelicet  Dialogus  et  Trialogos 

damnati  et  reprobati  fuerunt.^ 


Folg^  die  ,Probacio  et  fundacio  doctorum  defendens  et  probans  indul- 
gencias  papales  sed  falsa  et  insulsa'.  Incipit:  Primo  sie:  Apostolns 
I.  Cor.  IV  .  .  .  Explicit:  ergo  falsum  et  inspectum. 
Diese  Bulle  steht  im  Cod.  345  des  Begist.  Johanns  XXIII.  fol.  53*  und 
im  Cod.  Later.  160,  fol.  229.  Da  sie  aber  bereits  zweimal  (Documenta 
magistri  loannis  Hus  ed.  Palackj,  S.  467 — 469,  und  Mitth.  des  Vereins 
fQr  Gesch.  der  Deutschen  in  Böhmen,  25,  331)  gedruckt  ist,  so  kann  von 
einem  abermaligen  Druck  abgesehen  werden.  Doch  mögen  hier  folgende 
Textesverbesserungen  zu  dem  Palackj^schen  (nach  einer  Wittingauer 
Handschrift  angefertigten)  Drucke  eingetragen  werden: 

Der  Satz  begannt  mit:  In  generali  concilio  inter  omnes  ...   8.  467, 
Z.  2,  3 :  Christiani  popuU  ...     Z.  3 :  illa  videtur  esse  precipua  ...    Z.  8 
steht  wohl  auch  im  Regster  curiosi,  aber  gemeint  ist  offenbar  crimino« 
...    Z.  10:  cedunt ...    Z.  12:  lohannis  Wickleff  ...    Z.  16:  etc.  fehlt . . . 
Z.  12,  13:  et  alios  plures  libros  quos  presentibus  haberi  volumus  pro  ex- 
pressis  nomine  dicti  lohannis  Wickleff ...     Z.  16 :  multique  continentur 
errores  ...    Z.  17:  et  per  quos  simplices  ...    Z.  18:  atque  docti  ...    Z.  20: 
ex  iniuncti  nobis  pastoralis  officii  debito  ...     S.  468,  Z.  2:  animarum  pe- 
riculis  ...    Z.  3:  abducantur  ...    Z.  6:  optimo  ferventi  manifestat  exem- 
plo    (der  Druck   bei   Palackj    bessert   hier   offenbar   einen   Fehler  des 
Schreibers  aus,  denn  fermenti  ist  richtig)  ...    Z.  7:  apostolico  ...   Z.  17: 
theologiae  utriusque  ...     Z.    18:    commisimus  de    premissis  ...     Z.  27: 
falsam,  perversam  ...    Z.  29:  etc.  fehlt ...    Z.  30:  et  omnes  alios  huins- 
raodi  libellos  et  alia  ...    Z.  34:  in  eorum  ...    Z.  44:  dicti  lohannis  Wick- 
leff nomine  inscriptos  aut  intitulatos  ...     S.  469,  Z.  1 :  et  exponere  . .  • 
Z.  4:  spurcissimaque  doctrina  ...    Z.  7:  cum  adieccione  quod  contra  non 
parentes  procedetur  tamquam  contra  fautores  heresis  ...    Z.  8:  repertos 
...     Z.  9:  huiusmodi  ...     Z.  10:    atque  iussionis  .  .  .  violator  aut  con- 
temptor  ...    Z.  13:  dicti  lohannis  Wickleff  ...     Z.  14:  secundo,  tercio 


371 


Nr.  8. 

Johann  XXIII.  erlässt  ein  allgemeines  Verbot  der  Bacher  Wiclif  s. 
Dieselben  dürfen  fortan  weder  in  Latein  noch  in  der  Volks- 
sprache  gelesen    und   gehalten  werden.    Rom,    St.  Peter   1413, 

Pebr.  8.1 

(E  reg.  Joh.  XXIII.  Cod.  346,  fol.  54»>;  Cod.  Later.  160,  fol.  230.) 

Nr.  9. 

Johann  XXIII.  erlässt  die  Weisung,  Wiclif  s  Bacher  zn  verbrennen, 

tn  die  gesammte  Geistlichkeit  der  Diöcesen  Prag,  Olmüti  und 

Leitomischl.    Rom,  St.  Peter  1413,  Pebr.  8. 

Executoria  sentencia,  per  quam  dampnati  sant  libelli  facti  per  qaondam 

lohannem  Wytkleflf. 

Johannes  etc.  venerabilibus  fratribus  archiepiscopo  Pragensi 
dtOIomncensi  ac  Luthomislensi  ceterisqne  episcopis  nee  non  dilectis 
Miis  electis  abbatibus,  prioribas,  prepositis,  decanis,  archidiaconis  et  aliis 


atque ...  Z.  15:  apud  sedem  apostolicam  coram  nobis  vel  ...  Z.  17: 
eontigerit ...  Z.  18:  dictori,  allegatari  ...  Z.  20:  Nulli  ergo  etc.  nostre 
declaracionis,  decreti,  dampnacionis,  reprobacionis,  iassionis,  inhibicionis, 
statati,  monicionis  et  assignacionis  infringere  vel  ei  ausu  temerario  con- 
traire.  Si  qoia  autem  etc.  Datum  Rome  apud  S.  Petrum  IV.  Non.  Fe- 
broarii,  pontificatus  anno  III.  lo.  Stalberg.  An  der  Spitze  rechts:  De 
curia;  links:  de  cancellaria. 

In  dem  von  mir  nach  Cod.  Yindob.  4941,  fol.  69  pnblicirten  Stücke 
ist  die  obige  Bulle  inserirt.  Mitth.  des  Ver.  für  Gesch.  der  Deutschen  in 
Böhmen,  1.  c.  p.  331. 

Ich  habe  von  dieser  Bulle  aus  dem  genannten  Reg^sterbande  eine  Ab- 
schrift genommen,  finde  aber,  dass  sie  auch  in  dem  (Wiener)  Cod.  4941, 
fol.  69^,  aus  dem  ich  sie  vor  sieben  Jahren  abdrucken  Hess  (Mitth.  des 
Ver.  für  Gesch.  der  Deutschen  in  Böhmen,  XXV,  S.  331 — 337),  im  Ganzen 
sehr  gut  überliefert  ist,  weshalb  ich  unterlasse,  sie  hier  abermals  dem 
Druck  zu  übergeben.  Wie  dort,  so  ist  auch  im  Cod.  Vat.  345  und  Cod. 
Later.  160  die  vorhergehende  Bulle  in  dieser  inserirt  Die  Fehler  im 
Wiener  Cod.  4941  sind  ganz  unbedeutend:  S.  331,  Z.  5  lies:  archiepi- 
scopis  et  episcopis  ...  S.  335,  Z.  23 :  nee  non  astruere  ...  Z.  27 :  tenen- 
tibns  ipsis  ...  Z.  33:  ac  eosdem  ...  Z.  35:  hereseos  labem  ...  S.  336, 
Z.  17:  suspensionis  interdicti ...     Z.  23:  ad  hoc  ...     Z.  24:  opportunas 


372 

ecclesiarum  et  monasteriomm  prelatis  nee  non  inqnisitoribnB  heretice 
prayitatiSy  nbilibet  constitatis,  ad  qnos  presentes  litere  pervenerint  sa- 
lutem  etc.  Nuper  in  generali  concilio  quod  adhuc  in  Basilica  principis 
apostolonim  de  urbe  pro  reformacione  prosperi  Status  universalis  eccle- 
sie  etc.  ut  in  illa  que  est  scripta  in  isto  registro  fol.  Lim.  et  de  si- 
mili  data.^ 

Coli,  per  me  P.  de  Trilhia.  lo.  de  Tremosnitz. 

Oben  links:  De  cancellaria  dupplicata.     Rechts:  De  coria. 
(E  reg.  Job.  XXUI.  Cod.  345  et  Cod.  Later.  160,  fol.  234.) 
Im  Cod.  Later.  160  etwas  ausführlicher. 

Nr.  10. 

Oeleitbrief  Johanna  XZin.  f&r  Heinrich  von  Chlnm  alias  Latsem- 
bock.^    Dat.  Bonon.  ZI.  KaL  Sept.   Pont,   nostri  anno  V   (1414, 

Angnit  22). 

(E  reg.  Job.  XXm.  Cod.  846,  fol.  169  •.) 


(sie)  ...  Z.  28:  sen  rebellio  .  .  .  ant  corrigi ...  Z.  80:  libros  eomm  . . . 
Z.  31 :  compartos  (=  comparatos  statt  compositos  wie  die  Reinschrift, 
nnd  ans  dieser  Cod.  4941  hat)  ...  Z.  84 :  eciam  in  detestacionem  . . . 
Z.  86:  ad  id  primitns  ...  S.  387,  Z.  20:  yocandis  .  . .  Der  Cod.  4941 
hat  (nach  der  Reinschrift)  anch  noch  die  ganze  Schlossformel:  NnlU 
ergo  .  . .  die  im  Register  (wie  meistens)  fehlt.  Im  Register  nnten :  lo.  de 
Tremosnics.     Am  Kopfe  rechts:  de  cnria;  links:  de  cancellaria. 

^  Die  gleiche  Weisung  kam  zu :  archiepiscopo  Gnesnensi  et  Wratislaviensi, 
Cracoviensi,  Poznaniensi,  Wladislaviensi  ac  Placensi,  Strigoniensi,  Colo- 
censi,  ladrensi,  Spalatensi  et  Ragnsano  archiepiscopis  nee  non  Vespri- 
mensi,  lauriensi,  Qninqneecclesiensi ,  Waciensi,  Agrensi,  Nitriensi, 
Transilvaniensi,  Cenadiensi,  Zagrabiensi,  Warasdiensi,  Bosnensi,  Siri- 
miensi,  Tiniensi,  Corbaviensi,  Segniensi,  Sibinicensi,  Traguriensi,  Sardo- 
nensi,  Weglensi,  Arbensi,  Absarensi,  Corsnlensi,  Mathaicensi,  Pharensi 
episcopis,  dann  archiepiscopo  Ylixbonensi  et  Eboracensi,  Egilaviensi, 
Lameecensi  ac  Silvensi,  endlich  archiepiscopo  Magnutinensi  et  Eyste- 
tensi,  Herbipolensi,  Constanciensi,  Argentinensi,  Spirensi,  Wormaciensi, 
Werdensi,  Hildesenensi ,  Halberstadensi ,  Paderbnmensi,  Bambergensi, 
Aogustensi,  Mindensi,  Merseburgensi  et  Misnensi  episcopis  etc.  .  .  . 

Vier   mit   dem   obigen   gleichlautende   Stücke;    Cod.  Later.    160, 
fol.  234^—235*.    In  den  yatican.  Registern  fehlen  sie. 

*  Heinrich  von  Chlum  auf  Latzembok  war  einer  der  drei  Ritter,  die  Hns 
das  Geleite  zum  Concil  gaben  und  für  seine  Sicherheit  auf  der  Reiae  und 
während  des  Concils  zu  sorgen  hatte.  Hus  erwähnt  seiner  in  seinen  Briefien 
ziemlich  oft.  Am  4.  November  versicherte  ihn  noch  der  Papst,  daas  er 
gegen  Hus    nicht   gewaltthätig    vorgehen   wolle    (D.  Lacembok   cum  d. 


373 


Nr,  11. 


Fragmentnm  diarii  oniutdam  anonymi,  fautoris  Huititamm 

et 


(Ex  arch.  monast.  Rajhrad.  H,  h,  12,  3.) 

Anno  d.  Uli  currente  in  die  Omniam  sanctornm  inceptum  est 
conciliom  tocins  ecclesie  in  Constanciensi  civitate  pro  procnranda  nnione 
et  ecclesie  reformacione.  In  quo  quidem  concilio  fait  Sigismnndas  Ro- 
manoram  et  üngarie  rex  cum  omnibus  electoribns  et  multitudine  princi- 
pom  et  nobiliam.  Ad  qnod  conciliom  nmgister  lohannes  Huss  eo  anno 
Sabbate  post  Omninm  sanctornm  {3.  Nov.)  sab  salvo  condacto  regis 
Sigismnndi  pervenit,  yolens  de  sua  fide  toti  mnndo  reddere  racionem. 
Sed  non  obstante  salvo  regis  condacto  eo  anno  sexta  feria  post  Catharine 
(30.  Nov.)  capitar  et  incarcerator.  Et  contra  eam  perversas  regni  cleras 
falsos  et  fictos  prodaxit  articalos.  Qaoram  armidactor  fuit  magister 
Stephanas  Palecz  et  procnrator  fidei  Michael  de  Gaasis  agentibas 
(tic)  ad  S.  Adalbertom  in  Nova  Civitate. 

(Von  Pitter'8  Hand.) 

Nr.  12. 

Johann  ZXIII.  überträgt  die  üntenuohiing  der  Angelegenheit  des 

Ktgiiten  Johannes   Hus  den  Commissären  Johann  Patriarchen 

fon  Gonstantinopel,  dem  Bischof  Johann  von  Lebns  und  Bemard 

Ton  Civitatis  Castelli  (Castellamare).    Constanz,  1414,  Dec.  4. 

(E  reg.  Job.  XXHI.  Cod.  346,  fol.  179  •.) 

lohannes  etc.  yenerabilibas  fratribas  lohanni  patriarche 
Constantinopolitano  et  lohanni  Lnbacensi  ac  Bernardo  Givi- 
tatiscastelli  episcopis  in  ciyitate  Constanciensi  in  celebracione  gene- 
ralis concilii  constitatls  salntem  etc.  Ad  cancta,  qne  qaietem  et  salutem 
Christi  fideliam  respicinnt,  nt  tenemar  ex  debito  pastoralis  officii,  patema 
et  Tigilanti  sollicitndine  libenter  intendimns;  yeram  ad  illa,  qae  oi-tho- 


loanne  Kepka  faenint  coram  papa  et  locuti  sunt  secum  de  me.  Qui 
respondit,  qnod  nil  Tult  facere  per  yiolenciam.  Doc.  mag.  lo.  Hos,  p.  77). 
An  ihn  wendet  sich  Hus  mit  yerschiedenen  Anliegen  (Doc.  p.  88,  89,  90). 
Pro  ipsios  (Hos)  tamen  liberatione  laboratur  iam  incessanter  apnd  regem 
per  dominum  loannem  Kepka  et  Lacembok  et  loannem  Cardinalem 
(ibid.  p.  541).  Uebrigens  gab  er  sich  Mühe,  Hus  znr  Umkehr  von  seinen 
Andtditen  sa  bewegen:  ipsum  hortando  ad  conversionem  et  emenda- 
tionem  .  .  .     obstinatum  reperierunt  (ibid.  p.  560). 


374 

doxam  fidem  matrem  et  cnnctorum  bonoiiim  alitricem  concernunt,  ne  in 
ea,  quam  solidam  et  nitidam  stabilivit  omnipotens,  macule,  errores  et  per- 
versa  dogmata  puUulent,  eo  yi^ilancius  tota  mente  yacamns,  quo  ex  ipsis 
malus  scandalom  et  animarnm  periculum  vertitur,'  et  si  quod  absit  quo- 
dammodo  radices  firmaverunt  non  sine  magnis  angustiis  et  difficoltatibns 
eyellnntar,  dudom  clamosa  ac  nonnulloi-um  fidedlgnoram  querulosa  et  fere 
continua  insinuacione   percepimas   et   inpresenciarum   percipimns  lo- 
bannem  Hnss,  qui  se  gerit  pro  presbytero  Pragensis  diocesis,  cum  ali- 
quibus  suis  in  hac  parte  complicibus  plnres  errores  falsaque  et  heretica 
dogmata  contra  catbolicam  fidem  et  sanam  doctrinam  assemisse  et  ansn 
temerario  in  diversis  locis  et  potissime  in  civitate  Pragensi  et  nonnnllis 
aliis  locis  sitis  in  Boemie  partibns  predicasse  ac  dogmatizasse  et  in  qai- 
bnsdam  libellis  ac  tractatibns,  quos  publice  legendos  exposuit,  inseroisse 
et  per  boc  ipsarum  parcium  quam  plurimos  catliolicos  simplices  a  Tere 
fidei  prefate  semita  dampnabiliter  suis  yirulentis  suggestionibus  seduxisse 
et  multorum  scandalorum  ac  sedicionum  auctorem  fuisse.  Nos  igitur  buins- 
modi  erroribus,  ut  frangentibus  et  perniciosis  ei'adicatis  vepribus  leta  et 
grata  Deo  semina  germinent  et  in  salutis  fructum  proveniant,  obyiare 
summopere  cupientes  et  ut  super  predictis  debito  servando  ordine  proce- 
datur,  de  vestris  probitate  literarum  et  sacrorum  canonum  pericia  et  in- 
tegritate  ac  industria,  quibus  vos  altissimi  munere,  qui  in  domo  sua  vasa 
ntilia  esse  voluit  experiencia  magistra  cognoscimus  habundare,  plene  con- 
fisi,  tenore  presencium  apostolica  auctoritate  yobis  committimus  et  man- 
damns  quatenus  super  predictis  inquiratis  auctoritate  nostra  et  dicti  con- 
cilii  yeritatem  et  super  ipsis  ac  contra  prefatum  lobannem  citra  tarnen 
difßnitiyam  sentenciam  prout  mediante**  iusticia  et  secundum  Deum  ex- 
pedire  yideritis  diligenti  indagine  et  soliicitudine  procedatis  omnia  et  sin- 
gula  peragentes  que  in  tali  fidei  causa  forte  conspexeritis  oportuna  et  de 
Omnibus  et  singulis  supra  quibus  inquirere  et  agere  ac  de  toto  processu« 
quem  super  predictis  ordinäre  eciam  sub  publice  testimonio  yos  continget, 
super  quibus  yestras  consciencias  oneramus,  nobis  et  eidem  concilio  rela- 
cionem  nee  non  informacionem  plenariam  atque  claram  facere  studeatis, 
ut  per  boc  nos  et  dictum  concilium  plenius  informati  in  premissis  proce- 
dere  consulcius  yaleamus. 

Datum  Constancie  II.  Non.  Decembris  anno®  quinto. 

Coli,  per  me  P.  de  Trilhia.  A.  dolpbus  {sie). 

Oben  rechts:  De  Curia;  links:  A.  de  Beate.' 


»  vertitur  (?)  ita  cod.        ^  Cod.:  midiante.        "  pontificatns  nostri  fehlt 
>  Vgl.  Doc.  mag.  loannis  Hus,  p.  199,  204.    Vgl.  Gesch.  d.  hus.  Bew.  I,  140. 


375 


Nr.  13. 

Beschlugse  des  Königs  Wenzel  und  seines  Eathes  über  die  Her- 
stellung des  kirchlichen  Friedens  in  Prag  1416. 

(E  cod.  H.  h.  17  arch.  monast.  Rayhrad.  fol.  9^  manu  coaeva.) 

Anno  Domini  1416  dominus  rex  conclusit  cum  suo  consilio  super 
articTilis  infrascriptis :  * 

Primo  obediencia  et  reverencia  ecclesie  Romane  et  in  ea  presiden- 
tibus  secundum  antiquam  consuetndinem  teneatur  et  observetur,  ut  in 
articulo  .  .  .  (ak). 

Item,  qnod  magister  lessenicz  debet  manere  extra  civitatem  Pra- 
gensem  ad  tres  menses  continne  duraturos,  quousquo  eidem  de  benedcio 
absolucionis  procuraret(nr). 

Item,  piebani  et  beneficiati  ad  ipsa  beneficia  et  parrochias  resti- 
taantur  et  census  eomm  per  amplius  non  tollantur. 

Item,  ecclesie  dumtaxat  infrascripte  et  capelle  excipiantur:  sancti 
Michaelis  in  maiori  civitate  Pragensi,  sancti  Martini  ibidem  et  Bethleem, 
sancti  Stephan!  in  muro. 

Item,  in  nova  civitate  Pragensi  sancti  Henrici,  sancti  Adalberti 
inter  cerdones  et  capella  corporis  Christi. 

Item,  in  maiori  civitate  Pragensi  ecclesia  sancti  Nicolai. 

Item,  predicatores  utriusque  paii;is  in  exhortacionibus  et  sermonibns 
ipsoinmi  non  debent  concitare  populum  ad  lites  et  iurgia  nee  in  predi- 
cando  ad  singularia  condescendere  nee  aliqua  scandalosa  nunciare  sed 
legem  Dei  duntaxat  et  edificatoria  predicare;  alioquin  per  archiepiscopum, 
si  faerint  spirituales,  puniantm*;  seculares  vero  per  potestatem  regiam 
seu  consules. 

Item,  de  communione  sub  utraque  specie  una  parcium  aliam  non 
pertorbet  et  inquietet  in  locis  deputatis  eis  nee  in  divinis. 

Item,  qnod  magistri  et  studentes  per  dictum  regem  libertentur  ad 
Teniendum  in  libertatibus  studii  fundacionis  et  in  immunitatibus  gauden- 
dum  et  fruendum. 

Item,  occupantes  ecclesias  debent  deoccupare  in&a  tres  dies  exciu- 
sive,  ita  quod  deoccupent,  nt  nullum  penitus  dampnum  per  eos  commit- 


^  Vgl.  hieeu  die  Uebereinkniift  des  Erzbischofs  von  Prag  mit  der  Univer- 
ritit  ans  dem  November  oder  December  1416  in  den  Doc.  mag.  loannis 
Hos,  p.  645/6. 

ArehiT.  Bd.  LXXXII.  II.  H&lfte.  25 


376 

tAtur  tarn  in  ecclesiis  qnam  domibiis,  alias  ad  restitucionem  dampnomm 
restringentur. 

Item,  ornamenta  et  iocalia  ecclesie,  monstrancias  et  calices  et  alias 
res  ecclesiasticas  quilibet*  plebanornm  et  beneficiatorum  altaristamm  re- 
ponent  et  resignent  sine  omni  diminucione  aut  distraccione.  Alioquin 
contra  eum  procede(tur  et)**  ad  restituendnm  compelletur  sab  beneficii 
privacione. 

Nr.  14. 

Dai  Constanzer  Concil  meldet  den  Städten  Mährens  die  Verar- 

theilung  nnd  Hinrichtung  des  Hns  und  mahnt  sie,  die  Ketsereien 

und  deren  Gönner  anssntilgen.    Constans  1416»  Jnli  26. 

Concilium  Constantiense  iiteris  ad  prudentes  et  cii'cumspectos  yiros,  iura- 
tos,  consules  et  communitates  Olomucensis,  Brunnensis  et  aliarom  elvi- 
tatum  opidoinmque  marchionatus  Moraviae  datis  condemnationis  et  snp- 
plicii  lohannis  Has  rationem  reddit  hortaturque  eos,  ut  haereses  yitare 
earumque  doctores  amovere  studeant.   Constantiae,  26.  Juli  1415. 

Indp.:  Magnum  temporibus  nostris  infortunium  —  ExpUc.:  aliis 
transeat  merito  in  exemplum.  Datum  Constancie  anno  domini  1415,  in- 
diccione  octava  die  XXVI  mensis  Inlii  .  .  . 

(Cod.  arch.  Mor.  Cerr.  Coli.  358,  p.  913.) 
(Gedruckt  mit  anderer  Adresse  bei  Palacky,  Doc.  mag.  Job.  Hos,  568—572.) 

Nr.  15. 

Das  Constanzer  Concil  belobt  die  Bürger  von  Olmütz,  weil  sie  der 
Verfiihning  dnrch  die  Lehren  Wiolif  s  nnd  Hns*  nnd  deren  An- 
hänger kräftigen  Widerstand  leisten.     Constanz  1416,  Man  27.^ 

p  971  Sacrosancta  et  generalis  synodus  Constanciensis  dilectis  ecclesie 

filiis  magistro  civium  consulibus  et  communitati  civitatis  Olomncensis 
salntem  et  Dei  omuipotentis  benediccionem. 

Letati  sumus  in  hiis,  que  de  yobis  frequenter  andivirnas,  scilicei 
quod  ambulatis  in  semitis  insticie  et  fidei  orthodoxe  quodque  ut  veri  catho- 


*  Cod.:  qaibus  plebanornm.        ^  procedere  Cod. 

'  Das  Oegenstiick  hiezu:  Concilium  Constanciense  Iiteris  ad.  barones  Bohe- 
miae  orthodoxos  datis  acriter  invehitar  in  eos,  qui  ridiculos  ,libellos  fa- 
mosos^  miserint  etc.  .  .  .     Doc.  mag.  loannis  Hus,  p.  615. 


377 

lici  non  permiseritis  nee  permittitis  vos  seduci  a  complicibus  et  sectato- 

ribns  damnate  memorie  lohannisHass,  dum  vixit  sceleratissimi  ac  in 

apertissünis  heresum  fomentis  deprehensi  parlier  et  convicti.  Qui  quos- 

dam  errores  contra  puritatem  ipsius  fidei  angelo  tenebranim  procorante 

per  quendam  lohannem  Wikleff  et  eundem  lohannem  Huss  liere- 

siarchas  damnabiliter  editos  seu  in  medium  de  calice  Babilonis  eductos  ac 

dudnm  eciam  pei*  ecclesiam  et  de  novo  in  presenti  sacro  concilio  summis 

interyenientibus  cnris  et  laboribus  ac  iuste  et  sancte  reprobatos  tempo- 

libuB  istis  in  regno  Boemie  et  illi  contiguo  marchionatu  Moravie  (de  qui- 

bus  per  prius  letabunde  dicere  potuit  ecclesie  Christi  universitas,  notus  in 

BoenUa  et  Moravia  Deus)  nimium  periculose,  ut  animas  Christi  fidelium  et 

simplicium  illaquearent,  damnabiliter  asserere  atque  dogmatizare  eciam 

publice  in  contumeliam  nostri  creatoris  presumpserunt,  et  ipsi  eorundem 

lohannis  WicleffetlohannisHuss  sequaces  adhuc  presumunt  spre- 

tisque  sane  doctrine  studiis  et  tradicionibus  sanctoinim  patrum  contemptis 

ad  ipsorum  sequacium  et  multorum  aliorum  ipsis  credencium  et  favencinm 

dampnacionem  animarum  ad  vanitates  et  insanias  falsas  conversi  ex  aus- 

ceptis  de  manu  sathane  erroris  poculis  de  illis  nedum  se  ipsos  infeliciter 

impleverunt  sed  (quod  amplius  detestandum  est)  in  plures  minus  providos 

sen  incautos  ntrinsque  sexus  homines  videlicet  nobiies  et  plebeios  in  pre- 

fatis  regno  et  marchionatu  degentes  publicis  proclamacionibus  huiusmodi 

erromm  snorum  pocula  infelicius  infundere,  quibus  illos  eciam  inebriare 

non  verentur;  per  que  Status,  ritus  et  ordo  ecclesiastici  per  sanctos  patres 

Spiritu  Sancto  afflatos  pro  temporum  yarietate  et  utilitate  fidelium  dudum 

iaudabiliter  introducti  et  per  ipsam  ecclesiam  approbati  non  solum  pro- 

phanantur  sed  et  totum  nostre  fidei  decus  per  eos  in  illusionem  et  ridicu- 

lum  vertitur  scandalose.    Hec  itaque  discrecionibus  vestris  filii  carissimi, 

qnos  omnium  carismatum  iargitore  impaixiente  Domino  in  Dei  et  mili- 

tantis  ecclesie  dileccione  atque  obediencia  stipatos  atque  feiTidos  eiusdem 

fidei  existere  zelatores  apertissimis  insti-ucti  de  hoc  exemplis  quam  pluri- 

bns  laudabilibus  profitemur  ad  hunc  effectum  significanda  decrevirnus,  ut 

ad  yigilanciorem  circumspeccionis  cautelam  a  veneficis  hereticorum  pre- 

iatomm  |  yos  reddamus  afflatibus  prout  conyenit  prcmunitos  et  ad  con-  p.  912. 

surgendum  manu  yalida  in  adiutorium  sepedicte  Mei  orthodoxe  contra 

pseudodoctores  et  heresum  huiusmodi  sectatores  pestiferos  eorumque  de- 

fensores  et  receptatores  una  nobiscum  zelo  fortitudinis  excitemus.   Nos 

enim  tantas  Dei  et  ecclesie  sue  huiusmodi  iniurias  dissimulare  per  amplius 

nolumns  neque  debemus  sed  amminiculante  nobis  superna  gi*acia  (ut  spe- 

ramus)  capita  impiorum,  si  licet,  eorundem  sectatorum  ad  petram  allidere 

carabimus  et  propterea  ecclesiastico  yibrato  iam  per  nos  mucrone  contra 

25* 


378 

bereticos  et  ip8onim  fautoi*es,  receptatores  et  defensores  huiusmodi  secnn- 
dam  canonicas  sancciones  duximuB  procedendum,  et  proat  eorum  rebellio 
et  pertinacia  exegerit,  in  nomine  Domini  eciam  prout  snadet  racio  proce- 
demuB,  prndenciam  vestram  per  viscera  misericordie  domini  nostri  lesii 
Christi  et  per  aspersionem  preciosi  sanguinis  ipsins  pariter  obseerantes, 
requirentes  et  exbortantes  in  Domino,  cnius  i^es  agitnr,  qnatenns  in  zeli 
rectitndine  et  fidei  pnritate  bninsmodi,  proot  constanter  incepistis,  persi- 
stentes laudabiliter  sie  curratis  in  stadio,  nt  promissam  fideliter  openn- 
tibns  et  certantibus  coronam  ab  ipso  Domino  comprehendere  valeaiis,  om- 
nes  huiusmodi  pseudodoctores  et  sectatores  eorum,  quos  in  yestris  limiti- 
bus  reperire  contigerit,  ut  oves  morbidas,  ne  gregem  dominicum  illic  suis 
pravis  et  ialsis  dogmatibus  inficiant,  penitus  expellendo,  nuUnm  prebentes 
huiusmodi  pestiferis  hominibus  auditum,  auxilium,  consilium  Tel  üayorem, 
sed  una  nobiscum  ad  eorum  persecucionem  atque  extermininm  ad  Dei 
gloriam  virUiter  assurgatis  et  ad  illud  opem  et  operam  efficaces,  quantum 
Yobis  fuerit  possibile,  impendentes,  nt  preter  salutis  premium,  qnod  inde 
Tobis  ipso  Domino  annuente  proveniet,  de  vestris  obediencia  et  seli  recti- 
tndine huiusmodi  eciam  a  nobis  et  fnturo  snmmo  pontifice  poesitis  merito 
commendari. 

Datum  Constancie  VI.  Eal.  Apriiis  anno  a  nativitate  Domini  1416 
apostolica  sede  yacante. 

Bassianus. 

6.  de  Perusio. 

Dilectis  ecclesie  filiis  .  .  .   magistro  ciyinm,  consulibus  et  commu- 
nitati  ciritatis  Olomucensis. 

(E  cod.  arch.  Mor.  Cerron.  ColL  358,  p.  971—972.)* 

Nr.    16. 

Der  Bischof  Johmnii  von  Leitomiaehl  Yerkändigt  die  Deerete  des 
CoBttaiiter  Coneils  beiiglieh  der  Comaiuiioii  rab  ntrmqme  in  den 
Piöeeten  Prmg ,  Leitomisehl  und  Ohniti.   Leitomisehl  1416*  Oet  29. 

(E  cod.  arch.  torr.  Mor.  XII,  G.  20»  fbl.  S« — i\^ 


lohannes  Dei  gracia  episcopus  Luthomisslensis,  iudex  commis- 
sarius  et  executor  omnium  et  singulamm  causarum,  heresnm,  scismatum 
et  errorum  perrersarumqoe  docirinarum  et  dogmatum  dampnate  memorie 
lohannis  Wicieff  et  lohannis  Hu$  hereticorum  in  provinciis  et  di<H 

»  Von  diesem  Stflcke  Ut  io  deuselbeii  Oad,  a  9*5  noch  eine  «weite  Oopie: 
Explicit:  mhI«»  voeante  ^ai«*^-  Kt  »ic  est  luus  k^as. 


379 

cesibasPragensi,  Olomucensi,  Lnthomislensi  et  alias  quomodolibet 
eiortarum  et  pulnlancium  contra  quascunque  personas  aut  fautores  seu 
defensores  et  imitatores  eornndem  a  sacrosancta  synodo  genei-ali  Constan- 
ciensi  nniversalem  ecclesiam  in  Spiritn  Sancto  representante  legitime  con- 
gr^ta  specialiter  depntatns  venerabilibns  viris  dominis  et  capitnlis  Pra- 
gensis  et  Olomucensis  ecclesiarum  ac  prion  et  capitulo  ecclesie  nostre 
Luthomisslensis  ac  aliis  universis  et  singnlis  prelatis  monasteriornm  et 
conyentibns  eorundem  nee  non  parrochialinm  ecclesiarum  rectoribns  et 
plebanis  et  eomm  yices  gerentibus  ac  Christi  fidelibns  ntriusque  sexus 
oniversis  et  singulis  per  et  infra  dlocesim  Pragensem,  Olomucensem  et 
Luthomisslensem  et  alias  ubilibet  constitutis  salutem  in  Domino  et  pre- 
sentibus  fidem  indubiam  adhibere.  Qnia  dudum  itaque  per  sacrosanctam 
synodnm  Constanciensem  predictam  communio  corporis  et  sanguinis  Do- 
mini nostri  lesu  Christi  sub  utraque  specie  personis  laicalibns  utriusqne 
sexus  Sit  prohibita,  sed  tantum  sub  panis  specie  in  scriptis  concessa,  cuins 
quidem  prohibicionis  et  concessionis  tenor  seqnitnr  in  hec  verba: 

Decretum  synodi  Constanciensis  contra  communionem  sub 

utraque  specie.' 

In  nomine  sancte  et  individue  trinitatis  .  .  .  Cum  in  nonnullis 
mundi  partibns  quidam  temere  asserere  presumunt  populum  christianum 
debere  sacre  Eukaristie  sacramentum^  sub  utraque  panis  et  yini  specie 
sascipere  et  non  solum  sub  specie  panis  sed  eciam  sub  specie  vini  populum 
laycalem''  passim  communicent  eciam  post  cenam  vel  alias  non  ieiunium, 
et  communicandum  esse  contra  laudabilem  ecclesie  consnetudinem  racio- 
nabiliter  approbatam,  quam  tamquam  sacrilegam  dampnabiliter  reprobare 
conantnr,  hinc  est  quod  presens  sacrosanctum  generale  Constanciense 
concilium  in  Spiiitu  Sancto  legitime  congregatum  adversus  hunc  errorem 
salnti  fidelium  provide  satagens^  matura  plurium  doctorum  tarn  divini 
quam  humani  iuris  deliberacione  prehabita  declarat  et  decernit  et  diffinit, 
quod  licet  Christus  post  cenam  instituit  et  suis  apostolis  ministraverit  sub 
Qtraqne  specie  panis  et  vini  hoc  venerabile  sacramentum,  tamen  hoc  non 
obstante  sacromm  canonum  auctoritas  laudabilis  et  approbata  consuetudo 
ecclesie  servayit,  quod  huiusmodi  sacramentum  non  debet  confici  post 
cenun  neque  a  fidelibus  recipi  non  ieiunis  nisi  in  casu  necessitatis  aut 
alterius  necessitatis  a  iure  vel  ecclesia  concessis  vel  admissis.  Et  sicut  hec 
consuetudo  ad  vitandum  aliqua  pericula  et  scandala  racionabiliter  intro- 


•  Titel   in   anderer  Tinte.  >»  Cod.:   sacramento.  «  Cod.;   lajcom. 

'  Cod.:  satagentes. 


l 


3«) 

dacta  est,  ^ic  potuii  simili  aat  maiori  ricione  introduci  et  racionabiliter 
ob«enrari,  qa<jd  licet  in  primitiTa  ecclesia  hoiasmodi  sacnunentom  recipe- 
retar  a  fidelibus  sob  ntraque  epecie,  tarnen  postea  a  conficientibas  sub 
utraqae  specie  et  a  lakis  tantummodo  sab  specie  panis  Buscipiator,  com 
firmissime  credendnm  sit  et  mülatenas  dabitandam  integrum  Christi  cor- 
pus et  sangroinem  tarn  snb  Bpecie  panis  quam  sab  specie  Tini  veraciter 
contineri.    Unde  com  hoiusmodi  consuetado  ab  ecclesia  racionabiliter  et 
sanctis  patribos'  introducta  sit*"  et  diotissime  observata,  habenda  est  pro 
lege,  quam  non  licet  reprobare  aot  sine  ecclesie  auctoritate  pro  libito 
immutare.  Quapropter  dicentes  qnod  hanc  consuetudinem  aut  legem  ob- 
servare  sit  sacrilegium  aut  illicitum  censeri  debet  erroneum  et  pertina- 
citer  asserentes  oppositum  premissorum  tamquam  heretici  arcendi  sunt  et 
graviter  puniendi  per  diocesanos  locorum  seu  officiales  ipsorom  aut  inqui- 
sit«)re8  heretice  pravitatis  in  regnis  seu  provinciis,  in  quibus  contra  boc 
decretum  fuerit  aliqoid  forsan  attemptatum  aut  presumptum  iuxta  cano- 
nicas  sanxiones  in  favorem  katholice  fidei  contra  hereticos  et  eorum  fau- 
tores  salubriter  adinventas.  Cum  igitur  non  liceat  membra  a  capite  discc- 
dere  neque  scissuram  in  sancta  Dei  ecclesia  fieri  et  tunicam  inconsutüem 
ipsius  Christi  scindere  et  qui  contrariatur^  sancte  Bomane  ecclesie  et  fidei 
apostolice^  et  ab  ipsius  obediencia  recedit,  crimen  paganitatis  incnrrit. 
Ut  ideo  tales  sancte  Romano  ecclesie  et  sedi  apostolice  ac  sacrosancto  con- 
cilio  Constanciensi  obediant  et  ad  unionem  sancte  Bomane  ecclesie  et  ad 
sacrum  concilium  predictum  et  sedem  apostolicam  humiliter  redeant  et  de 
commissis  penitenciam  salutarem  et  absolucionem  recipiant,  cum  tales 
contemptores  ipso  facto  sunt  a  iure  et  a  sacris  canonibus  excommunicati : 
et  omnes  et  singulos  prelatos  et  presbiteros  reguläres  et  seculares  curatos 
et  non  curatos  ceterosque  Christi  fideles  per  predictam  provinciam  Fra- 
gensem, Olomucensem  et  Luthomisslensem  constitutos  ntiiusque 
sexus  et  alios  omnes  et  singulos  suprascriptos  monemus  et  requirimus  et 
hoi'tamur  in  Domino  quatenus  mox  visis  presentibus  nullus  presbyter  seu 
sacerdos  cuiuscunque  condicionis  fuerit  aliquas  personas  seculares  et  lai- 
cales  sexus  utriusque  sub  specie  panis  et  yini  amodo  et  in  ante  oommu- 
nicet*  aut  dictam  communionem  in  suis  predicacionibus  aut  exhortacioni- 
bus  autenticet  seu  publicet  ipsasque  personas  laicales  utiiusque  sexus 
prohibemus,  ne  ipsi  amodo  et  per  amplius  sub  specie  vini  ab  aliquo  pres- 


*  Cod. :  racionabiliter  et  sanctis  patribus  racionabiliter  introducta.  ^  aas- 
gestrichen und  ein  anderes  Wort,  aber  ganz  unleserlich,  darunter- 
geschrieben ;  wohl :  fuerit.  «  Cod. :  contrariantur.  ^  Hier  beginnt  ein 
neues  Blatt.  Die  einzelnen  Blätter  sind  lose.  Es  scheint  nicht,  dass  eines 
ausgefallen  wäre.         «  In  marg. :  Contra  communionem  utriusque  speciei. 


381 

bjtero  suscipiant  huiusmodi  sacramentuin  et  de  commissis  peniton^iam  ei 
absolucionem  salutarem  a  nobis  recipiant  cum  effectu;  alias  contra  ipsas 
et  eorum  quemlibet  tamquam  sectatores  errornm  et  scismaticos  nos  iuiis 
remediis  procedere  oporteret  secundum  commissionem  nobis,  ut  prefatur, 
per  sacmm  concilium  factam  et  tenorem.  Insuper  sacerdotes  Uli  seu  pres- 
byteri  omnes  et  singuli,  (qui) '  contra  prohibicionem  sacri  concilii  supra- 
scriptam  et  consuetudinem  ecciesie  Bomane  laudabilem  huiusmodi  sacra- 
menta  sub  specie  panis  et  yini  laicalibus  personis  temere  contra  prohibi- 
cionem nostram  et  sacri  concilii  predictam  declsionem  ministrare  pre- 
sumpserint  et  alias  quomodolibetpresumpserint,  de  commissis  infra  triginta 
dies  a  die  predicte  monicionis  continue  computandum,  quos  eis  et  eorum 
cuilibet  premonicione  canonica  et  teimino  peremptorio  prefigimus  et  assig- 
gnamus.  si  ipsa  dies  tricesima  iuridica  fuerit,  alias  immediate  sequenti 
eoram  nobis  in  Luthomissl  aut  alias,  ubi  nos  moram  tunc  tmhere  con- 
tigerit,  hora  terciarum  legitime  compareant,  penitenciam  salutarem  pro 
eicessibus  eoinim  et  transgressionibus  suscepturi,  alioquin  contra  ipsos  et 
eorum  quemlibet  distincte  per  censuras  ecclesiasticas  et  alia  iuris  remedia 
Deo  et  iusticia  mediante  procedemus  eciam  ad  privacionem  beneficiorum 
obtentorum  et  adnichilacionem  in  futuium  obtentorum  et  ad  alias  penas 
a  sacro  conciüo  Constanciensi  per  canonicas  sanxiones  contra  tales  inobe* 
dientes  proditas  et  fulminatas  secundum  formam  commissionis  nobis  facte 
nunciatas  et  tenorem.  Volumus  insuper,  ut  presens  noster  processus  per 
TOS  supranominatos  aut  aliquem  vestrum  communiter  et  divisim  qui  pre- 
sentibus  fueritis  aut  fuerit  requisitus  eciam  per  affixionem  portanim  Pm- 
gensium,  Olomucensium,  Luthomisslensium  et  aliarum  collegiatarum  et 
parrochialium  ecclesiarum,  ubi  tutus  accessus  fieri  poterit,  publicetur  et 
insinuetur,  et  quod  eosdem  omnes  et  singulos,  quos  presens  concernit  ne- 
gocium,  arceat  et  afficiat,  ac  si  presencialiter  et  in  propriis  personis  eisdem 
Sit  intimatum ,  fidem  vobis  yestre  excommunicacionis  autenticam  ac  in- 
strumenta publica  facientes.  In  quorum  omnium  et  singulorum  fidem  et 
testimonium  premissorum  presentes  literas  seu  presens  publicum  instru- 
mentum  mandavimus  scribi  sigillique  nostri  maioris  appensione  iussimus 
communiri. 

Datum  et  actum  Luthomissl  anno  domini  1416  indiccione  IX 
die  XXIX  mensis  Octobris. 


•  Cod.:  qui  fehlt 


382 


Nr.  17. 


Der  Snbifchof  Slonrad  von  Prag  lasst  die  yorftehenden  Decrete 
in  feiner  Srsdiöcese  pnbliciren.    Prag  1417,  Jänner  10. 

(E  cod.  arch.  terr.  Mor.  XII,  6.  20,  fol.  4^.) 

Conradus  Dei  gracia  sancte  Pragensis  ecclesie  archiepiscopos, 
apobtolice  sedis  legatus,  venerabili  domino  archidiacono  Prägens!  aut 
ipsius  yices  gerenti  salutem  in  Domino  et  presentibus  fidem  adhibere  in- 
dubiam.   Noveritis  quod  postqoam  reverendo  in  Christo  patri  domino 
lohanni  episcopo  Luthomislensi  nonnnlle  litere  a  sacro  generali  Constan- 
ciensi  concilio  seu  synodo  foissent  sub  bnlla  plombea  destinate,  ipse  do- 
minus episcopus  huiusmodi  literis  receptis  ad  ipsorum  execucionem  debitam 
procedens  ipsas  in  locis  diversis  pablicavit  ac  easdem  litei-as  suo  sub 
sigillo  pendente  nobis  transmisit  (quarum  copiam  una  cum  presentibus 
vobis  dirigimus)  nos  requirens  cum  eisdem  literis  ac  per  yiscera  miseri- 
cordie  Dei  obsecrans,  ut  contenta  in  eisdem  literis  vobis  subditis  publi- 
cai*e  et  alia  in  eisdem  literis  expressa'  facere  ac  debite  execucioni  deman- 
dare  dignaremur.  Nos  viso  earundem  literarum  considerantesque  contenta 
in  eisdem  fidem  catholicam  concernere,  ideo  ob  favorem  eiusdem  fidei  ca- 
tbolice  quam  puro  corde  et  ore  profitemur  vobis  domino  archidiacono  ante- 
dicto  aut  vestras  vices  gerenti  in  virtute  sancte  obediencie  et  sub  pena 
excommunicacionis,  quam  in  vos  nisi  mandatis  nostris  infrascriptis  infra 
novem  dies  a  recepcione  presencium  computandos,  quem  tei*minum  vobis 
pro  monicione  canonica  prefigimus,  parueritis,  cum  effectu  ferimus,  in  hiis 
scriptis  districte  precipiendo  mandamus,  quatenus  literis  presentibus  cum 
dictis  copiis  receptis  easdem  decanis  et  plebanis  dicti  vestri  archidiaco- 
natus  dirigatis  ac  easdem  et  in  ipsis  descripta  eisdem  plebanis  per  vestros 
decanos  facta  convocacione  per  vos  intimetis,  insinuetis  et  publicetis ;  quas 
üt  nos  presentibus  ipsis  intimamus,  insinuamus,  notificamus  et  publicamus 
volentes  et  presentibus  sub  excommunicacionis  pena  districcius  mandautes, 
ut  ipsi  decani  in  ipsorum  convocacionibus  infi-a  spacium  viginti  dierum  in 
literis  antedicti  domini  episcopi  descriptis  personis  ecclesiasticis  in  ipso- 
rum decanatibus  errores  quoscunque  aut  hereses  predicantes,  dogmati- 
santes,  tenentes  et  ipsorum  fautoribus  et  aliis  infamatis,  quicunque  modo 
de  heresi  ac  ceteris  prout  in  literis  pretacti  domini  episcopi  descriptis 
mandatur  et  de  nominibus  earundem  persouarum  diligenter  inquirant  et 
studeant  inquirere  et  facta  inquisicione  eandem  nobis  ipsi  decani  sab 


*■  Cod.:  expressis. 


383 

ipsornm  sigilUs  clausam  transmittant  per  nos  ulterius  antedicto  domino 
episcopo  pro  ipsius  informacione  presentandum  et  in  premissis  debitam 
diligenciam  faciatis,  nt  de  obediencia  prompta  possitis  commendari. 

Datum  Frage  anno  domini  1417  decima  die  lanuarii  yicariatus 
sigillo  snbappresso. 

Nr.  18. 

Der  Rector  und  die  Gtegammtheit  der  Lehrer  der  ünivenität  Prag 
fordern  alle  Gläubigen  auf,  ihr  Leben  zu  beBgern  und  Bich  an  die 
alten  Lehren  von  den  Fürbitten,   der  Bilderverehrung  u.  dgl.  zu 

halten.    Prag  1417,  Febr.  7. 

(E  cod.  arch.  terr.  Mor.  XII,  G.  20,  fol.  1»»— 2».) 

üniversis  et  singulis  Christifidelibus,  ad  quos  presens  tenor  perve- 
nerit,  lohannes  Gardinaiis  magister  in  artibus  et  baccalaureus  iuris 
canonici  rector  totusque  cetus  magistrorum  universitatis  studii  Pragensis 
affectnm  salutis  et  veritati  legis  Christi  firmissime  adherere.  Cum  heu 
presentibus  periculosis  ac  gemebundis  temporibus,  ad  que  mundo  senes- 
cente  fines  venere  seculorum,  de  mentis  culparum  exigentibus  inter  plu- 
rimas  licinm  mordaces  instancias  vacacioni  quoque  deditas  novitatum  ge- 
nera  plus  criminose  quam  utiliter  perscrutantes,  puta  an  purgatorius  ille 
ignis  post  humane  mortalitatis  solutum  debitum  in  complementum  peni- 
tencie  fidelium  sit  certissime  asserendus  et  an  jmagines  in  Dei  ecclosia 
sint  sostinende,  insuper  utrum  benedicciones  salis,  baptisterii  et  aque 
cum  aliis  ecclesie  benediccionibus  et  cerimoniis  possint  legitime  sustineri, 
ei  quarum  concertamine  impie  suspicaciones  ac  odia  invalescunt  sie  quo- 
que beate  paci  plunmum  detrahitur,  dum  fraterne  caritatis  unio  laceratur, 
sane  igitur  nos  dicte  divisioni  occurrere  satagentes  ipsamque  in  ambigui- 
tatüm  fluctibus  quietare  et  suffocare  radicitus  cupientes,  ne  occasione  taci- 
turmtatis  silencii  huiusmodi  lites  in  peiora  perniciosissime  fluitarent, 
fraterne  salutis  commodo  impulsi,  cui  nos  precipue  titulo  magistralis  offi- 
cii  piis  consiliis  ac  documentis  astringimur  providere,  nos  ad  predictas 
questiones  seu  lites  matura  nunc  deliberacione  respondentes  hoc  iuxta 
illas  sentire  quemlibet  adhoi^tamur,  quod  scilicet  ex  sacre  scripture  con- 
teitu  communi  doctorum  primitive  ac  moderne  ecclesie  hausta  concordi 
sentencia  post  hnius  mortalitatis  nostre  teiminura  ad  complecionis  peni- 
tencie  remedium  reatumque  culpe  in  figura  ligni,  feni  ac  stipule  eorum,  qui 
secum  deferunt  abstergendum  ignis  purgatorius  est  certissime  asserendus, 
predicandus  ac  tenendus  et  ad  diem  extremi  iudicii  duratums.  Et  hinc 
UQumquemque  fidelium  obseeramns,  ut  studeat  quisque  sie  delicta  sua  hie 


384 

corrigere,  ut  post  mortem  non  oporteai  eum  penam  tolerare.  Suffragia 
quoquo  ut  oraciones,  elemosinaciones  pro  moi*tuis  et  cetera  pietatis  opera 
esse  facienda  fiimiter  affirmamus.  Tmagines  eeiam  Salvatoris  et  sanc- 
torum  eins,  benedicciones  sacri  fontis,  Balis,  aque,  cereoram,  igniom,  pal- 
marnm,  ovorum,  caseorum  et  aliamm  rerum  pascalium,  thurificaciones, 
uspersiones,  campanarum  pulsaciones,  pacis  osculum  et  quascunqne  ceri- 
monias  diu  tentas  in  sancta  Dei  ecciesia  cum  lege  Domini  concordantes 
a  chi'istiana  religione  non  evellendas,  ymmo  sustinendas  et  tenendas  pre- 
sentibus  nunciamus.  Nam  iuxta  sanctorum  canones  in  hiis  rebus,  de  qui- 
bus  nil  certi  divina  scriptura  statuit,  mos  populi  Dei  et  instituta  maiormn 
pro  lege  tenenda  sunt;  et  sicut  prevaricatores  legum  divinaimm,  itacoa- 
temptores  ecclesiasticarum  consuetudinum  sunt  cohercendi.  Supplicamos 
igitur  Omnibus  Christi  fidelibus  et  exiniuncto  caritatis  officio  prosequentes 
deprecamur,  quatenus  huiusmodi  questiuncuias,  qne  pro  suo  merito  litem 
generant  et  sinisti^as  suspiciones  prepai*ant,  inter  fratres  tamquam  saluti 
ipsorum  minus  dignas  pretereant  sed  pocius  in  illis  et  aliis  ecclesie  dignis 
ritibus  colla  servitutis  et  obediencie  subiciant  et  cum  sanctorum  doctonim 
testimoniis  nobiscum  pariter  senciant  et  concordent.  Quod  si  autem  qois- 
quam  in  anime  sue  periculum  temeritatis  impulsus  iudicio  aliter  de  hiis 
sentire  vel  alios  docere  yoluerit  sive  publice  vel  occulte,  tamdiu  Uli  liberam 
denegetis  audienciam,  quamdiu  coram  nobis  aut  coram  hiis  quibus  interest 
suam  non  doceret  sentenciam  fore  iustam. 

Datum  Präge  anno  domini  1417  die  septima  mensis  Februarii  in 
plena  congregacione  magistrorum  universitatis  sub  sigillo.^ 

Nr.  19. 

Die  Prager  UniverBitat  nimmt  den  Widerruf  Peters  von  üniczow, 

Predigers  von  St.  Clement  in  Prag,   zur  Kenntnits  und  gewälirt 

ihm  Verzeihung.    Prag,  Carolinnm,  1417,  März  13. 

(Im  Aaszuge  mitgetheilt  aus  dem  Cod.  XII,  G.  20,  fol.  5  im  mährischeu 

Landesarchiy.) 

.  .  .  Filius'  meus  mortuus  erat  et  revixit,  perierat  et  inventus  est. 
Sic  a  simili  vel  a  pari  alma  nostra  universitas  cuilibet  discolo,  pro- 
tervo  et  rebelli,  ymmo  contra  se  muiiimranti  et  sibi  vai'iis  odiis,  livoribas 


*  Am  Rande:  Est  evangelium  de  Sabbato  ante  dominicam  Oculi.  Im  Zu- 
sammenhang mit  der  Revocatio  selbst,  die  stattfand:  Sabbato  ante  domi- 
nicam Oculi  (März  13)  anno  1417  ergabt  sich  das  Datum. 

'  Vorangeht  Palacky,  Doc.  mag.  Job.  Hus,  Nr.  110,  p.  654  et  seqq. 


385 

et  detiaccionibus  deroganti,  ad  se  tamon  revertenti  in  grcmium  suum  .  .  . 
resumit  .  .  .  Hie  etenim  ...  est  filius,  frater  de  ordine  S'*  Clementiß  et 
predicator  ibidem,  sacrosancte  tbeologie,  ut  presumitur,  professor,  ymino 
frater  noster  ac  proximus,  qui  moiiiuus  erat  et  revixit  .  .  .  Hie  enim  .  .  . 
recesserat  a  Deo  .  .  .  diseurrens  mente  vaga  per  exteras  regiones,  insur- 
gensque  in  ipsam  matrem  saam  almam,  seilieet  nostram  universitatem, 
coi  se  cum  toto  ordine  fratrum  Predieatorum  et  specialiter  fratmm  eius- 
dem  ordinis  ad  S.  dementem  maioris  civitatis  Pragensis  fraternaliter 
univit,  et  hie  de  anno  Domini  1384,  die  23.  mensis  Aprilis,  prout  luce 
clarioB  id  patet  in  matricula  iiniversitatis  nostre  et  in  litteris  super  boc 
confectis,  ipsamque  nostram  matrem,  quantum  in  eo  fait,  ymmo  totum 
regnum  Boemie  et  Moraviae  debonestavit  et  infamavit, .  .  .  multos  onores 
eidem  nostro  regno  preter  Beum  et  preter  meritum  iniuste  ascribens, 
pruut  id  ipsum  per  se  lueidins  adstat,  statim  enodabit.  Hie  enim  filius  . . . 
ipsam  nostram  almam  universitatem,  ymmo  teiTam  Boemie  adeo  evacuare 
folebat,  ut  eam  si  valuisset  nitebatur  reducere  in  antique  servitutis  gen- 
tili»  opprobria  .  .  .  Hie  .  .  .  frater  Petrus  .  .  .  profectus  est  in  regionem 
longinquam  . . .  Constaneiam  . . .  Bononiam,  Wratislaviam  et  alias  varias 
terras  .  .  .  Hone  .  .  .  nee  materne  mansuetudinis  nee  invictissimi  nostri 
domini . .  .  Weneeslai,  Romanorum  et  Boemie  regis  semper  Augusti  innata 
pietas  quam  habet  ad  almam  nostram  universitatem  a  conceptis  temerariis 
quomodolibet  rovoeavit  .  .  .  Allegatum  enim  fuit  verbum  Domini  in  ore 
ipsios,  ut  non  moveretur  eciam  super  contricionem  sancte  memorie  in  spe 
beati  et  divi  magistri  lohannis  de  Hussynecz  et  (de)  eonfratre  suo 
beate  memorie  leronymo  de  Praga,  qui  in  modum  Danielis  de  christia- 
üissimo  Boemie  regno  . . .  captivi  ducebantur  et  nicbil  tale  commiserunt, 
QQde  eiusmodi  eaptivitatem  ineurrerent,  nisi  eos  communis  casus  invol- 
veret  et  aliena  cleri  cesarei  malicia  iniuste  opprimeret  .  .  .  Hos  bie  filius 
et  alios  plurimos  chiistianissimi  nostri  regni  catholicos  homines  pro- 
miscoi  sexus  persecutus  est .  . .  Vos  igitur,  o  venerandi  magistri  ceterique 
fratres  carissimi^  hie  presentes  et  absentes,  hunc  confratrem  et  ad  vos 
redenntem  excipite  ...  qui  olim  contra  veritatem  eontenderat,  contra 
eamque  decertans  et  presertim  communionem  calicis  ipsam  subvertere 
satagebat.  Et  ad  hoc  exequendum  se  contra  varia  pericula  immensi  laboris 
accingebat,  maria  transibat,  iudicia  adibat,  pulsabat  prineipatus,  palaeia 
regum  irrumpebat  .  .  .^ 


'  Voran  steht  die  bekannte  Revocatio  Petri,  s.  Loserth,  Hus  und  Wiclif, 
S.  296.  Vor  dem  Titel  der  Revpcatio:  Item  revocacio  alia  Stanislai  de 
Radzicza  baccalaurei  studii  Pragensis  habetur  in  magno  libro  prope  finem 
et  incipit:  Coram  vobi&. 


386 


Nr.  20. 

Das  Olmützer  Domcapitel  klagt  dem  Concil  über  das  Wachtthnm 
der  husitischen  Partei  und  deren  Anmassung.  Um  ihr  entgegen- 
antreten,  habe  man  den  erprobten  Bischof  Johann  von  Leite- 
mischl  znm  Bischof  von  Oimütz  postnlirt.  Einige  Gegner  hatten 
aber  den  Domherrn  Ales  gewählt  nnd  dieser  —  ein  Parteiganger 
der  Hnsiten  —  sei  von  Erxbischof  Konrad  confirmirt  worden. 
Es    wird    dringend    um    Untersuchung    und    Abhilfe    gebeten. 

1416,  December. 

(E  cod.  358,  arch.  terr.  Mor.,  fol.  897—898,  911—912.) 

p.897.  Reverendissimi  patres  ac  prestantissimi  domini.    Exponitur  V.  P** 

pro  parte  venerabilium  yirorum  decani  et  capituli  ecclesie  Olomncensis  cum 
gravi  cordis  amaritudine  contra  et  adversus  personas  infraBcriptas.  Et 
dicitur,  quia  cum  mnltiplicata  foerit  heretica  pravitas  Wyklefistarum 
etHusystarum  in  marchionata  Moravie  et  in  diocesi  Olomucensi  dic- 
taque  heretica  pravitas  foisset  tenta  et  defensata  per  plures  barones  et 
nobiles  ac  militares  armigeros  et  nonnullos  populäres,  per  quam  qnidem 
hereticam  pravitatem  gravissime  fides  katholica  fuisset  et  de  presenti  esset 
impugnata,  sacramenta  ecclesie  per  dictos  Wyklefistas  et  Husistas 
in  levitatem  et  quasi  in  ludibrium  versa,  claves  ecclesie  et  censure  eccle- 
siastice  per  eosdem  in  derisum  posite,  obediencia  Romane  ecclesie  et  sedi 
apostolice  nee  non  aliis  episcopis  et  prelatis  per  eosdem  totaliter  snblata; 
ex  quibus  dicta  ecciesia  Olomucensis  est  multipliciter  et  nimis  cmdeliter 
unacum  canonicis  et  clero  diocesis  predicte  gravissime  oppressa.  Et  ut  ad 
specialia  descendam,  nam  quidam  barones  laici  tenent  presbyteros,  a  qui- 
bus communicant  sub  utraque  specie  sacramentali  corporis  Christi  in  coa- 
temptum  sacri  concilii  Constanciensis  et  sedis  apostolice  et  Romane  eccle- 
sie, quidam  ante  elevacionem  coi-poris  Christi  sive  consecracionem  fran- 
giint  oblatam  in  tres  partes  et  unam  partem  tantummodo  elevant  populo, 
quidam  in  piscinis,  alii  in  fluminibus  baptizant,  ubi  nullum  periculum 
mortis  adest,  parvulos,  alii  excommunicati  tam  a  canonibus  quam  ab  ho- 
mine  et  interdicti  celebrant  eciam  in  campis  et  dolus,  in  horreis  et  in 
nullo  altari  consecrato,  alii  uec  horas  canonicas  dicunt  et  sie  se  divinis 
ingerunt  neque  aliquas  confessiones  faciunt,  predicautes  populo  communi 
laicali,  quod  non  teneantur  confiteri,  alii  pro  Johanne  Huss  et  lero- 
nymo  dampnatis  hereticis'  publicis  faciunt  in  ecciesiis  coram  multitudine 


Cod.:  dampnatorum  hereticomm  publiconim. 


387 

popnli  exequias  tamqnam  pro  fidelibas  defanctis,  alii  faciunt  festiyitates 
et  cantaut  Gandeamus  et  alia  tamquam  de  martyribus,  comparantes 
eosdem  meritis  et  peais  sancto  Laurencio  martyii  et  ipsos  preferentes 
sancto  Petro  et  aliis  sanctis,  et  sie  mnlta  gravia  et  terribilia  ac  horrenda 
contra  fidem  katholicam  et  statum  ecclesie  fieri  procuraverunt  et  die  ho- 
diema  procnrant,  proper  que  dicta  ecclesia  (ut  predictum  est)  multipliciter 
eititit  oppressa.  Nam  plebani  katholici  expelluntur  de  parrochiis  propriis, 
spoliantur  pecudibos  et  pecoribns,  granis,  fimmentis  et  bladis  et  ceteris 
yestimentis  et  suppellectilibns  ac  censibus,  redditibns,  ebvencionibus  et 
emolomentis  snnt  spoliati  et  spoliantur,  ita  ut  multi  sunt  coacti  suas 
parrochiales  ecclesias  derelinqnere ,  non  habentes,  quibus  possent  circa 
easdem  ecclesias  sustentari;  nam  et  decimas  ad  ipsas  spectantes  quidam 
patroni  eis  denegant  et  alios'  prohibent,  ne  ipsis  decimas  persolvant, 
alii  oblatas  decimas  ab  aliis  parrochianis  ipsis  rectoribus  ecclesiamm 
anfemnt  et  eisdem  spoliant  et  eosdem  detinent  spoliatos,  alii  per  dictos 
Husistas  yerberantur,  captivantur  et  pro  pecuniis  exaccionantnr  et  tor- 
qoentur,  alii  submerguntui%  alii  interficinntur,  ita  quod  prefati  Husiste 
et  Wyklifiste  totum  marchionatum  deducent  in  errores  heretice  pravitatis, 
nisi  P**"  V.  celeriter  provideant  de  remedio  oportuno. 

Unde  Bey*"'  patres,  vacante  ecclesia  Olomucensi  nuper  per  mortem 
olim  domini  Wenceslai  patriarche  Anthioceni  perpetui  commendatoris 
dicte  ecclesie  capitulum  predictum  attendens  et  advertens  predicta  peri- 
cala  in  Me  katholica  et  errores,  qui  invaluerunt  per  Husistas  etWykle- 
fistas  et  subvenire  fidei  katholice  et  ecclesie  predicte  volentes  |  et  clerop.898. 
ita  cmdeliter  et  miserabiliter  oppresso  et  depresso  hincinde  cogitaverunt 
multis  diebns  et  noctibus,  qualiter  possent  ecclesie  et  dicte  fidei  katholice 
consnlere,  et  ut  talem  possent  reperire,  qui  idoneus  et  utilis  esset  ecclesie 
^tedicte  et  ipsam  ecclesiam  multipliciter  collapsam  reformare  ac  clerum 
a  Tiolenciis  et  iniuriis  eisdem  illatis  defensare  (h)ereticam  pravitatem 
extir(p)are,  et  non  valentes  (in)  toto  regno  Bohemie  (ali)quem  talem  (re)- 
perire^  concorditer  vota  sua  in  reverendum  patrem  dominum  lohannem 
episcopum  Lnthomisslensem  dederunt  et  in  eundem  convenerunt  ip- 
somque  in  pastorem  ac  defensorem  °  ecclesie  prefate  canonice  postularunt, 
ipsam  postnlacionem  ad  sacrum  concilium  Constanciense  et  ad  P.  Y.  con- 
firmandam  et  approbandam  transmiserunt.  Et  vacante  ecclesia  Olomu- 
censi consuetudo  fuit,  ut  civitates,  oppida,  castra  et  alia  bona  debuerunt 


*  Cod.:  aliis.  ^  hereticam  —  reperire  am  Rande.  Das  Blatt  ist  durch 
den  Schnitt  des  Bachbinders  verletzt.  Die  Bachstaben  in  den  Klammem 
fehlen.        *>  Die  beiden  Worte  am  Rande  ausgestrichen. 


388 

habere  respectum  ad  capitulum  et  ad  illos,  qui  ossent  de  presenti  admini- 
stratores  a  capitulo  in  temporalibus  usque  ad  futurum  episcopum  per 
sedem  apostolicain  confirmatum  et  approbatum.  Et  licet  concorditerfuissent 
deputati  nullo  contradicente  in  temporalibus  administratores  videlicet  do- 
minus Raczko  de  Trpenowicz  et  magister*  lessko  de  Dubczan  cano- 
nici prebendati  ecclesie  Olomacensis  recepissentque  promissa  a  laroslao 
de  Bozental  purgravio  in  Meraw,  quod  vellet  habere  respectum  ad  ipsnm 
capitulum  et  ad  eos  deputatos  per  capitulum;  tamen  dictus  laroslaus 
. .  .^  .  .  .  litus  promisso  suo  et  realiter  condescendit  ipsi  d(omino)  Racz- 
ko ni  nomine  supradicto  quandam  faciens  coUusionem  una  cum  quodam 
Przybislao  dicto  Schypp  de  Scheiberg  omagiali  ecclesie  de  consilio 
Ubaldini,  receptis  trecentis  et  viginti  sex  marcis  Morayicalibus  grosso- 
rum  Pragensium,  ut  dicebant  pro  dampnis»  impensis  et  expensis  dictam 
castrum  ipse  lai'oslaus  ti-adidit  in  manus  Alssonis  et  Raczkonem  ad- 
ministratorem  in  temporalibus  predictum  turpiter  et  inhoneste  de  casiro 
expellendo.  Et  licet  predicta  postulacio  canonice  facta  fuisset,  tamen  pre- 
dictus  Nicolaus  Ybaldin(us)''  et  lanko  de  Sternberg  se  alienantes 
a  predicta  postulacione  associatis  sibi  canonicis  et  de  civitate  Pragensi 
vocatis,  videlicet  domino  Wenceslao  de  Radecz,  Nicoiao  Henslini, 
Francisco  preposito  Boleslaviensi,  lacobo  de  Verona,  LocTwico 
de  Holessaw  et  nonnulli  alii,  (pro)nt  in  pretensa  litera  (ele)ccioDis 
eorum  continetur,  post  postulacionem  de  predicto  domino  lohanne  episcopi» 
Luthomisslensi  celebratam  et  consummatam  et  post  duodecim  dies  a  die 
postulacionis  facte  computatos  quendam  Alssonem  canonicum  ecclesie 
sancti  PetriWissegradensis  prope  Pragam  de  facto  elegemut  ipsius- 
que  pretensam  eleccionem  reyerendissimo  patri  domino  Conrado  archi- 
episcopo  Pragensi  presentarunt.  Et  licet  a  prefata  pretensa  eleccione  fuisset 
per  antedictos  decanum  et  capitulum  ecclesie  Olomucensis  ad  sacrosanctum 
concilinm  Constanciense  et  apostolicam  sedem  debito  tempore  appellatum. 
dictaque  appellacio  et  postulacio  tarn  domino  Conrado  archiepiscopo  quam 
parti  adverse  videlicet  Alssoni  et  alüs  inümata,  nichilominus  tamen 
ipse  dominus  archiepiscopus  ad  importunam  instanciam  pre&torum  cano- 
nicorum  et  contra  postulacionem  et  appellacionem  ad  sacrum  concilinm 
^t  ad  apostolicam  sedem  interpositam'*  et  per  ipsnm  ante  delatas  ipsom 
Alssonem  ad  dictam  ecclesiam  de  facto  confirmavit  pretensosqne  Pro- 
cessus penales,  censuras  ecclesiasticas  continentes  tam  contra  clerom 
quam  contra  omagiale^  et  alios  episcopatni  Olomncensi  su bditos  fulminavit 


*  (\mL:    magistrt.        ^  ein   Theil   des    Wortes    am    Rande   abgeschnitten> 
«^  C«>t).:  Waldin.         ^  ChmI.:  interpositamm  .  .  .  delatis  .  .  . 


389 

et  cetera  fecit,  prout  in  dictis  pretensis  processibus  lacius  continetur. 
Qqos  hie*  P.  y.  dignemini  habere  pro  sufficienter  expressis.  Ac  demum 
dicti  canonici  eundem  Alssonem  snffulti  potencia  laicali  (Io)hanni8  de 
Sadio  ac  (La)czkonis  ac  Petri  de  (S)traznicz  et  lohannis  de  (L)ompnicz  et 
N.  de  Wla(s)8ym,  nobilium  et  baronum,  ac  Ulrici  Bubcamerarii  et  Hajkonis 
et  aliomm  armigeroram  Wyklefistainim  et  Hussitamm  ipsum  potenter  et 
Tiolenter  ad  ecclesiam  Olomocensem  intmsemnt.  Et  quamvis  antedictns 
dominns  lohannes  postulatus  (sicut  premittitur)  potuisset  resistere  talibus 
Tiolenciis,  nichilominus  tarnen  sanius  decrevit  pro  illo  tempore  sapersedere 
et  dissimulare,  ex  eo  quod  liteiiis  sue  approbacionis  nondum  habaisset 
dictusque  AlsBO**  |  una  cum  prenominatis  canonicis  et  potencia  laicommp.oii 
pre&tomm  Husistarum  et  Wyklefistarum  civitates,  castra,  oppida 
et  Tillas  occnpavit  et  occupat  die  hodieraa  ac  cum  terrorihns  et  commi- 
nacionibns  snb  pena  perdicionis  corporum  et  remm  iidem  conati  sunt 
avertere  decanum  cum  nonnullis  aliis  canonicis  a  postuiacione  predicta  et 
in  eundem  Alssonem  pretensum  electum  et  sie  de  facto  confirmatum 
consentire;  propter  qne  quidam  canonici  postulantes  exacti  sunt  de  civi- 
täte  Olomucensi  recedere  et  ali(cub)i  latitare  timentes  periculum  mortis, 
ünde  et  illi,  in  quos  propter  metum  et  insultum  dictorum  Wyklefistarum 
et  Husistarum  potestas  et  auctoritas  capitnlaris  fuit  translata  et  trans- 
fhsa,  in  toto  marchionatu  non  potuerunt  habere  locum  tutnm  et  securum 
sed  coacti  sunt  exulari  de  terra  propter  predictos  hereticos  violentos  et  ea 
de  causa  maxima  dampna  sunt  perpessi,  que  tarnen  ad  estimacionem  et 
Interesse  ducentarum  marcarum  et  ultra  se  extendunt,  bona  quoque  ad 
mensam  episcopalem  pertinencia  sie  oecupata  sunt  et  dampnifieata  plus 
quam  in  duobus  milibus  marcarum,  impensas  et  expensas  coacti  sunt 
occasione  huius  facere  ad  valorem  similiter  ducentarum  marcarum,  iniu- 
rias  quas  sustinerent  et  sustinent  et  quas  noluissent  sustinere  ad  estima- 
cionem mille  marcarum,  ita  quod  ex  premissis  pars  Wyklefistarum  et 
Hussistarum  videlicet  ex  pretensa  eleccione  et  subsecuta  pretensa  con- 
firmacione  et  bonorum  episcopalium  et  eastrorum  occupacione  maxime 
animata  et  fortificate  existit,  ita  quod  ex  quadam  presumpeione  in  Ad- 
ventu  Domini  proxime  preteriti  quidam  intraverunt  ad  ecclesiam  Olomu- 
censem  Husiste  ^t  ibidem  sub  utraque  specie  sacramenti  a  quodam  pres- 
bytero  nomine  lohanne  presente  dicto  pretenso  electo  Alssone  commn- 
nicayerunt.  Qui  quidem  presbyter  nova  quadam  prophanacione  ante 
elevacionem  fregit  oblatam  in  tres  partes  et  cum  una  ex  eisdem  partibus 


*  Cod.:    Qnos   huins.        ^  Die   nächsten    Seiten   enthalten   andere  Dinge. 
Fortsetzung  erst  auf  S.  911. 


390 

fecit  elevacionem.  Et  licet  dicti,  tarn  presbyter  communicans  et  yerius 
prophanans  quam  illi  quos  communicavit,  faissent  per  cives  Olomucenses 
katholicos  detenti  et  dicto  Alssoni  presentati,  tarnen  postea  dicti  Wykle> 
fiste  et  Husiste  et  alii  plures  heretici  fuerunt  per  dictum  Alssonem 
absque  aliquo  pnnicione  et  pena  libere  dimissi,  ita  quod  octo  tunc  in  nu- 
mero  fneinint  per  dictum  Alssonem  liberati,  qui  fneiiint  notabiliter  de 
heretica  pravitate  confessi  et  convicti. 

Quare  sopplicatur  P.  V.  pro  parte  dictoimm  decani  et  capituli  et  ob 
amorem  et  zelum  fidei  katholice,  et  ne  ita  turpiter  et  miserabiliter  dicta 
ecclesia  iam  multipliciter  oppressa  finaliter  unacum  canonicis  et  clero 
opprimatur  et  destruatur  per  Husistas  et  Wyklefistas  et  dictos  mar- 
chionatus  et  terra  Moravie  graviter  infametur,  digne(n)tur  P.  Y .  de  remediis 
oportunis  providere  et  committere  et  mandare  alicui  ex  reyerendissimiB 
pakibus  ac  dominis  cardinalibus  aut  alicui  ex  venerabilibus  sacri  palacii 
causarum  auditoribus  omnia  predicta  et  singula  ac  causam  et  causas  appel- 
lacionis  et  appellacionum  ad  sacrum  concilium  Constanciense  et  ad  sedem 
apostolicam  interpositas  ac  causam  et  causas,  quas  prefati  decanus  et  ca- 
pitolum  movent  et  movere  intendunt  prefatis,  videlicet  reverendo  patri 
domino  Conrado  archiepiscopo  Pi*agensi  nee  non  et  Alssoni  pretenso 
electo  nee  non  honorabilibus  yiris  canonicis  scilicet  Wenceslao  Ba- 
de cz  etc.*  tarn  coniunctim  quam  diyisim  audiendas,  decidendas  et  fine 
debito  termiirandas  et  cum  omnibus  et  singulis  dependentibus,  inciden- 
tibus  et  connexis  ut  se  de  premissis  summarie  et  simpliciter  ac  de  piano 
informet,  et  si  predicta  aut  aliqua  repererit  vera  dictum  dominum  reve- 
rendum  patrem  archiepiscopum  ac  dominum  Alssonem  pretensum  electum 
nee  non  prefatos  dominos  Wenceslaum  etc.  compellat  ad  satisfaciendum 
p.  912.  de  impensis  et  expensis  ac  de  dampnis  et  iniuriis  |  per  censuras  eccle- 
siasticas  et  per  sequestracionem  ac  arrestacionem  fi-uctuum  et  reddituum 
beneficiorum,  prebendarum  et  dignitatum  decano  et  capitulo  pro  impensis 
et  expensis  factis  ac  dampnis  et  iniuriis  occasione  premissorum  illatis  et 
passis  dandum  assignandum  et  applicandum  et  sub  pena  ulterias  priva- 
cionis  beneficiorum  obtentorum  et  ad  futura  inbabilitandorum,  eciamsi 
opus  fnerit  cum  invocacione  brachii  secolaris  et  cum  potestate  citandi 
omnes  et  singulos  supradictos  tam  coniunctim  quam  divisim  in  curia  Bo- 
mana  et  extra  et  ad  partes  et  tociens  quociens  opus  fuerit  et  personaliter 
in  propriis  personis  eciam  ex  officio,  cum  predicta  sapiant  favorem  et  pro- 
mocionem  et  defensionem  heretice  pravitatis,  et  per  edictum  in  Bomana 


*  eine  halbe  Zeile  leer;   am  Rande  ohne  Zeichen  der  Zugehörigkeit  im 
Texte:  pro  parte  dicti  capituli. 


391 

curia  et  in  vicinis  locis  sive  paiiibus  affigendum,  cum  ad  eos  non  pateat 
tütus  accessus,  non  obstante  si  huiusmodi  cause  non  sint  legitime  ad 
curiam  Bomanam  et  ad  sedem  apostolicam  devolute  seu  in  ea  de  sui  na- 
tura tractande  aut  finiende  ac  aliis  in  contrarium  editis  non  obstante 
qoibascanque. 

Nr.  21. 

Pnibico  von  Othlochowicz,  vom  Könige  Wenzel  bestellter  Admi' 
niftrator  der  Besitzungen  des  Olmützer  BisthumSy  appellirt  im 
Vamen  des  Königs  Wenzel  gegen  den  erwählten  Bischof  Johann» 
der  gegen  ihn  den  Process  eingeleitet,  an  das  Concil  von  Con- 
stanz  nnd  intimirt  ihm  die  Appellation.    Darstellung  des  Wahl- 

Vorganges.    Littan,  1417,  Februar  17. 

(Cod.  arch.  terr.  Mor.  Cerr.  868.) 

In  nomine  Domini  Amen.  Anno  nativitatis  eiusdem  1417,  indic-p.967. 
cione  X,  die  XVII  mensis  Februarii,  horis  Vesperarum  vel  quasi,  sede 
apostolica  carente  pastore,  in  opido  Luthovia  Olomncensis  diocesis  et  in 
domo  habitacionis  providi  viri  dicti  Loss,  oppidani  eiusdem  oppidi,  in 
esioario  sive  in  stubella  superiori,  in  mei  notarii  publici  infrascripti 
testinmque  presencia  subscriptorum  ad  hoc  vocatoinim  specialiter  et  roga- 
tonun  constitutus  pei*sonaliter  validus  virPrzibico  deOthlochowicz, 
Pragensis  diocesis  familiaris  et  seryitor  Serenissimi  principis  et  domini 
domini  Wenceslaj,  Dei  gracia  regis  Romanorum  etBoemie  regis,  quan- 
dam  appellacionem  in  papiro  scriptam  quam  tunc  in  suis  manibus  tenebat 
eandem  interposuit,  interiecit  et  publicavit  ac  eandem  per  me  notarium 
publicum  infrascriptum  legi  procuravit;  cuius  tenor  de  verbo  ad  verbum 
seqaitur  per  omnia  et  est  taiis: 

In  nomine  Domini  Amen.  Cum  appellacionis  remedium  in  rele vamen 
oppressoinim  a  iure  et  a  sacris  canonibus  sit  salubriter  institutum  ac  in- 
ventum,  ut  ea  que  contra  ins  et  iusticiam  fuerint,  valeant  in  statum  de- 
bitmn  reformaii,  proinde  ego  Pribico  de  Othlocbowicz,  residens  in  Lutho- 
via Olomucensis  diocesis,  coram  vobis  bonorabiiibus  et  circumspectis 
viris  dominis  testibus  hie  astantibus  et  presentibus  et  coram  te  notario 
pablico  tamquam  persona  autentica  et  fideli  animum  et  intencionem  pro- 
vocandi'  ymmo  verius  appellandi  propono  et  dico,  quod  quamvis  reveren- 
dissimo  in  Christo  patre  et  domino  domino  Wenceslao  Dei  gracia  patriarcha 
Anthiocenensi  perpetuo  commendatario  ccclesie  Olomucensis  mortuo  et 


•  Cod.:  provendi. 
Arehhr.  Bd.  LIXXII.  II.  Hälfte.  26 


392 

eins  corpusculo  sepulture  ecclesiastice  tradito  per  honorabiles  viros  do- 
minos  canonicos  ecclesie  Olomucensis  inore  solito  et  ex  consuetudine  au- 
tiqua  apud  ipsam  Olomucensem  ecclesiam  circa  eleccionem  servata  et  tenta 
Yenerabilis  vir  dominus  Alsso  canonicus  Wissegradensis  ecclesie  prope 
Pragam  ad  ipsam  ecclesiam  Olomucensem  in  episcopum  ^t  pastorem  foisset 
electus;  quem  quidem  dominum  Alssonem  prefati  domini  canonici,  prent 
ex  communi  fama  fuit  publicum  et  notorium,  cum  decreto  sue  eleccionis 
Bot."®  in  Christo  patri  et  domino  domino  Conrado  Dei  gracia  sancte 
Pragensis  ecclesie  archiepiscopo  sede  apostolica  vacante  suo  metropolitano 
confirmandum  et  instituendum  in  et  ad  dictam  ecclesiam  Olomucensem 
presentarunt;  quem  dominus  archiepiscopus  virtute  sue  eleccionis  ad  ip- 
sam ecclesiam  Olomucensem  confirmavit,  preficiendo  ipsum  dominam 
Alssonem  eidem  ecclesie  in  episcopum  et  pastorem  ac  per  suos  certos  eie- 
cutores  sub  modis  et  formis  oportunis  circa  ipsam  ecclesiam  ab  antiquo 
tentis  investiri  et  installari  procuravit,  dans  sibi  curam  et  administra- 
cionem  in  spii'itualibus  et  temporalibus  in  eadem,  ac  de  universis  fi-uctibns, 
proventibus  censibus  redditibus  sibi  mandatis  integraliter  respondere. 

Qui  dominus  Alsso  virtute  huiusmodi  confiimacionis  et  institucionis 
ipsius  ecclesie  Olomucensis  ac  quorundam  castrorum  civitatum,  opidorum 
et  aliorum  pociorum  locorum  cum  reverencia  et  obediencia  cleri  et  populi 
civitatis  et  diocesis  Olomucensis  ut  tunc  publice  famabatur  realem  et 
actualem  possessionem  est  adeptus  et  assecutus. 

Ex  adverso  vero  videlicet  per  aliam  partem  canonicoinim  eiusdem 
ecclesie  Olomucensis  circa  eleccionem  discordancium  revorendus  in  Chi'isto 
pater  et  dominus,  dominus  lohannes  episcopus  Luthomisslonsis  fuit 
in  episcopum  et  pastorem  dicte  ecclesie  Olomucensis  postulatus,  cuiu8 
postulacionem  non  publicata  dominis  canonicis  electoribus,  ut  asseritur, 
dicti  canonici  qui  ipsum  dominum  lohannem  episcopum  postularunt  de 
acto  postulacionis  sacrosancto  Constanciensi  concilio  vel  forte  futuro  pape 
ut  moris  est  in  et  ad  dictam  ecclesiam  viiiiute  sue  postulacionis  confir- 
mandum similiter  et  instituendum  presentarunt.  Cui  sacrum  concilium 
Constanciense  animo  providentis  filii  de  eadem  ecclesia  virtute  sue  postu- 
p.968.  lacionis  existentes,  ut  veiisimiliter  presumitur,  male  informati  ad  quo- 
rundam dicti  domini  Alssonis  emulorum  suggestionem  per  suppressionem 
veritatis  credentes  ipsam  ecclesiam  ceiiio  modo  vacare  sibi  bullas  certi 
tenoris  direxerunt,  dantes  sibi  nudam  administi*acionem  ipsius  ecclesie 
Olomucensis  tam  in  spiiitualibus  quam  temporalibus  prout  in  ipsis  bullis 
lacius  continetur. 

Qui  reverendus  pater  dominus  lobannes  huiusmodi  bullis  roceptis 
se  de  administracione  ipsius  ecclesie  Olomucensis  ingerens,  ad  quam 


393 

administracionem  non  est  realiter  assumptos  neque  ad  ipsius  ecclesie 
possessionem  admissus,  sibi  onmino  dicto  domino  Alssoni  legitimo  posses- 
8ore  obsistente  et  se  in  sua  possessione  ecclesie  existente  (sie)  quosdam 
8008  Processus^  ut  fama  veriloqua  testatur,  ad  ecclesiam  Olomucensem 
direxit,  mandans  in  ipsis  processibus  qnod  decanus,  prepositus,  archidia- 
conus  ceterique  canonici  ac  ministri  einsdem  ecclesie  Olomucensis  ipsum 
dominum  lohannem  cum  aliis  personis  civitatis  et  diocesis  Olomucensis 
debitis  reverencia  et  obediencia  in  administratorem  eiusdem  ecclesie  Olo- 
mncensis  reciperent  et  admitterent  cum  effectu,  que  mandata  lacius  in 
suis  processibus  continentur. 

Ex  quibns  quidem  mandatis  prefatus  dominus  Johannes  episcopus 
coQtraveniendo  processibus  domini  aixhiepiscopi  Pragensis  supradicti  et 
obedienciam  ac  possessionem  dicti  domini  Alssonis  electi  et  confirmati  ex 
süi  odio  in  ipsa  ecclesia  Olomucensi  inter  personas  ecclesie  et  extra  per 
(otam  diocesim  et  civitatem  Olomucensem  non  modicam  fecit  scissuram 
et  magnum  scisma  in  clero  et  populo;  propter  quam  quidem  scissuram 
per  tirannos  sibi  et  dicte  ecclesie  adversancium  plurima  bona  ecclesie  Olo- 
mucensi et  ad  ipsam  spectancia  ac  aliorum  monasteriorum  et  pioiiim  loco- 
nim  inhumaniter  fuerunt  invasa,  depredata  manu  violenta  et  spoliata, 
homines  captiyi  abducebantur  per  eosdem  tirannos  et  abducuntur,  qui 
pauperes  homines  taxantur  pro  pecuniis,  divepsissimis  carceribus  tenen- 
tor  et  cruciantor  in  compedibus  et  manicis  feiTeis  die  hodierna  in  destruc- 
cionem,  desolacionem  et  annichilacionem  tocius  cleri  et  populi  ecclesie 
Olomucensis  predicte.  Serenissimus  yero  princeps  et  dominus  dominus 
Wenceslaus,  Dei  gracia  rex  Bomanorum  semper  Augustus  et  Boemie 
rex  qui  ipsius  ecclesie  Olomucensis  est  supremus  patronus  et  tutor  ex 
fandacione  et  dotacione  ac  ipsius  ecclesie  ereccione  suorum  predecessorum 
regnm  et  principum  non  infringens  per  hoc  libertates  et  privilegia  ipsius 
ecclesie,  iungens  se  parti  electorum  et  adherens  ipsorum  eleccioni  videns 
et  considerans,  quod  ex  premissis  foret  magna  scissura  in  ipsa  ecclesia 
61  dictorum  duoinim  Alssonis  electi  confirmati  et  lohannis  episcopi  postu- 
laü  supradicti  litigacione  et  quod  ex  hoc  immineret  dicte  ecclesie  et  per- 
sonamm  destiiiccio  et  bonorum,  yolens  occurrere  predicte  sedicioni  tam- 
qoam  rex  et  patronus  ac  dominus  naturalis  marchionatus  Moravie  in  quo 
territorio^  ipsa  ecclesia  Olomucensis  consistit  mihi  Przibiconi  supradicto 
tamquam  suo  Meli  servitori  yive  vocis  oraculo  ac  eciam  per  certas  suas 
regales  litteras  et  sub  obtentu  regle  maiestatis  mandavit,  ut  me  de  Om- 
nibus et  singulis  bonis  ad  ipsam  ecclesiam  in  ten'a  Moravie  spectantibus 


*  terrom  in  cod. 

26* 


394 

• 

causa  rei  servande  nomine  suo  intromitterem  et  ipsa  bona  regerem  et  ab 
p.  969.  insultibus  tyi-anaorum  et  invasione  et  depredacione  |  ac  capcione  homi- 
num  et  ipsorum  destruccione  probiberem,  qnousque  lis  et  causa  inter 
dictos  litigantes  super  eadem  ccciesia  Olomucensi  per  sedem  apostolicam 
omnino  non  discuterctur  et  diffiniretur  et  habenti  ius  alterius  contra- 
diccione  non  obstante  quod  de  illis  bonis  per  me  tentis  nomine  domini 
regis  supradicti  et  ex  mandato  ipsius  tamquam  supremi  patroni  et  tutoris 
oiusdem  ecclesie  Olomucensis  me'  cedere  deberem  cum  efifectu;  de  quibns 
quidem  bonis,  sie  ut  prefertur,  causa  rei  servande  ex  mandato  prefati 
Serenissimi  domini  Wenceslai  regis  ex  causis  premissis,  dum  mo  intro- 
misissem  et  micbi  cei*tas  gentes  armoinim  necessarias  pro  defensione  dicte 
ecclesie  et  bonorum  eiusdem  iunxissem,  ne  ipsa  ecclesia  et  bona  eiusdem 
et  persone  per  tyrannos  invaderentur,  modica  subsidia  pro  expensis  dic- 
torum  armigerorum  ab  hominibus  ecclesie  de  quibus  me  intromisi  postn- 
lando  et  pro  sustentacione  ipsorum  recipiendo,  ipsis  tamen  hominibus 
ecclesie  in  nullo  iniuriando  nee  eos  quovismodo  opprimendo  sed  pocius  ab 
oppressionibus  quorumcunque  tyrannorum  ipsis  iniurias  inferre  volen- 
cium  defendendo,  mediante  subsidio  et  presidio  dicti  domini  regis  domini 
mei  graciosissimi  et  favore,  prefatus  vero  reverendus  pater  dominus 
lohannes  episcopus  supradictus  licet  presens  me  Przibiconem  per  suas 
literas  missivas,  in  quibud  scripsit,  quia  ipse  iam  esset  episcopus  confir- 
matus  dicte  Olomucensis  ecclesie,  per  sacrum  concilium  requisiyisset,  ut 
de  dictis  bonis  sibi  cederem,  cum  tamen  hoc  nunc  non  ei-at  faciendi  nisi 
primum  hoc  obtineret  apud  regiam  maiestatem,  cuius  nomine  ipsa  bona 
gubemoi  reg'o  et  teneo  causa  rei  servande,  sicut  est  premissum  et  re- 
sponse a  me  super  suis  literis  congruo  habito  et  honesto,  hiis  non  con- 
tentus  per  hoc  volens  se  ad  dictam  ecclesiam  Olomucensem  per  me  {sie)  in- 
trudere,  ipsius  ecclesie  possessione  non  habita,  nuper  de  anno  domini 
1417  die  XIY  mensis  Febiiiarii  per  suum  certum  executorem  quosdun 
Processus  suos  contra  iuris  disposicionem  valvis  ecclesie  Olomucensis 
annexos,  in  quibus  deducit  in  dedecus  et  confusionem  meam  micbi  non 
modice  exinde  iniuriando,  non  attendens  mandatum  regis,^  qualiter  ego 
Przibico  postposito  honore  Dei  timoris  et  hominum  verecundia  ac  contra 
mea  promissa  veniendo  per  violenciam,  cogendo  dictos  homines  ecclesie 
ad  pecunias  michi  dandum  et  eosdem  captivarem,  intruncarem,  tormen- 
tisarem,  spoliarem  et  alia  plurima  gravamina  ipsis  infeiTem,  quod  tamen 
in  re  falsum  existit,  quod  ego  in  talibus  compertus  essem  et  huinsmodi 
gravamina,  ut  ponitui-,  dictis  hominibus  inferrem  et  procurarem,  sed  pocius 


•  Cod.:  mex.        *>  Cod.:  regni. 


396 

ipsos  protego  et  defendo  contra  alios  violentos  oppressores  et  tyrannos, 
qui  eosdem  homines  occasione  dicti  episcopi  et  sne  intrasionis  pretense 
molestabant,  spoliabant,  captiYabant  per  tormenta  ab  ipsis  pecunias  sie 
nt  premissum  est  extorquendo.  Ipse  vero  dominus  episcopus  supradictas 
ponens  in  suis  processibns  occasione  sue  pretense  administracionis,  asse- 
rens  se  talia  a  me  non  posse  tolerare»  conüttriando  regio  majestati  supra- 
dicte  de  premissis  disposicionem  et  ordinacionem  ac  ipsins  provisionem, 
ne  hoinsmodi  lite  pendente  ipsa  bona  ecclesie  Olomucensis  per  tyrannos 
invaderentnr,  me  et  complices  meos  per  eosdem  |  Processus  suos  publice  p.  970. 
per  affixionem  indebite  et  iniuste  movere  procnrarent  ut  ab  buiusmodi 
Texacionibus,  captivacionibns,  laxacionibus^  tormentisacionibus  dictorum 
hominum  desisterem,  alias  sex  diebus  elapsis  quod  ipso  facto  deberem  in 
sentencias  in  ipsius  processibns  contentis  incurrere  et  inyolvi  et  nichilo- 
minus  loca,  in  quibus  dego  nna  cum  complicibus  meis  quod  ecclesiastico 
subiciantur  interdicto  que  omnia  et  singula  dictus  dominus  episcopus  in 
preiudicium  mei,  ymmo  Terius  prefate  regio  maiestatis  et  ipsins  mandati 
de  facto  et  contra  iuris  disposicionem  procuravit  et  gravamen. 

Ex  quibus  omnibus  et  singulis  ego  Przibico  supradictus  senciens 
me  ymmo  verius  prefatum  dominum  meum  dominum  regem  supradictum, 
coins  mandato  premissa  geruntur,  in  premissis  ciica  premissa  et  quolibet 
premissorum  de  facto  indebite  et  iniuste  per  prefatum  dominum  episcopum 
et  per  suos  iniquos  Processus  si  dici  sie  merentnr  gravatum  timensque  in 
posterum  plus  forcius  per  eundem  vel  suos  executores  posse  gmvari  ab 
Omnibus  et  singulis  causis,  giavaminibus,  sentenciis  et  interdictis  supra- 
dictis  et  earum  seu  quolibet  eoinim  tamquam  nullis,  iniustis,  inyalidis, 
temerariis,  indebitis  et  iniquis  pro  me  et  omnibus  aliis  et  singulis  buic 
mee  appellacioni  adherentibus  et  adberere  volentibus  in  futuiiim  in  hiis 
scnptis  ad  sanctam  sedem  apostolicam  et  ad  sacrosauctum  presens  Con- 
stanciense  concilium  et  ad  futurum  papam  proTOCO  et  appello,  et  si  et 
quatenus  est  necesse  appellacionibus  primo,  secundo  et  tercio  instantissime 
sub  uno  contextu  mihi  datis  peto  et  concedo,  si  quis  sit  qui  michi  eosdem 
dare  yelit  vel  possit  vel  saltem  a  vobis  domiuis  testibus  et  te  notario  pu- 
blice literas  testimoniales  subiciens  me  decreto  et  omnia  bona  mea  et  ho- 
nores,  iura  mea  nee  non  omnes  mihi  et  huic  appellacioni  mee  adheren- 
tibus seu  adherere  in  futurum  volentibus  proteccioni  et  presidio  sedis 
apostolice  et  sacro  concilio  memoratis.  Et  protestor  quod  hanc  meam 
appellacionem  volo  prefato  domino  lohanni  episcopo  intimare,  insinuare 
et  ad  ipsius  noticiam  deducere  qnantocius  potero  ipsius  presenciam  adire 
eciam  publice  in  ecclesia  Olomncensi  publicare.  Eciam  protestor  quod 
Balvnm  sit  michi  ins  presentem  meam  appellacionem  corrigere  emendare 


396 

minuere,  diminuere  aliamque  de  novo  interponere  tociens  qnociens  mich! 
visam  fuerit  expedire  ceteris  iuris  beneficiis  michi  semper  salvis.  Qoa 
quidem  appellacione  sie  lecta  et  interposita  prefatas  famosus  Pnibico 
petivit  sibi  per  me  notarium  publicum  infrascriptuin  nnum  vel  plura  pn* 
blicom  seu  publica  confici  instrumentum  seu  instrumenta.  Lecta  et  inter- 
posita  est  hec  appellacio  anno,  indiccione,  die,  mense,  horis  et  loco  quibos 
supiii  presentibus  bonorabili  viro  domino  Ludwico  de  Holessaw  canonico 
ecclesie  Olomacensis  nee  non  famosis  viris  lohanne  dicto  Swyetlik  d« 
Raknska,  Welikone  de  01om(ucio),  Stephane  de  Ozbel  et  Michcone  de 
Nawssedlicz  Olomucensis  diocesis  et  aliis  pluribus  testibus  circa  premi^a 
constitutis. 

Et  ego  Gabriel  natus  quondam  Michaelis  de  Grecz  Pragensis  dio- 
cesis publicus  auctoritate  impeiiali  notarius  predicte  appellacionis  inter- 
p.977.  posicioni,  interieccioni  et  notificacioni  presens  interfui  eaque'  |  omnia  et 
singnla  sie  fieri  vidi  et  andivi  eandemqae  legi.  Arduis  tarnen  negociis 
occupatns  per  alium  notarium  scribi  procuravi,  hie  mea  manu  propria  sub- 
scripsi  et  in  hanc  publicam  formam  redegi  signoque  et  nomine  meis  solitis 
et  consuetis  consignavi  requisitis  in  fidem  et  testimonium  omnium  pre- 
missorum. 

Nr.  22, 

Credenzbrief  fix  den  €f«schilftsträger  PHbico*s  von  Othlochowiex, 
8wietlik  von  Bakusska.  Dieser  hat  den  Bischof  Johann  von  Leite- 
misohl  von  der  gegen  ihn  erhobenen  Appellation  m  verständigen. 

Littan,  1417,  Febr.  17. 

(Cod.  arch.  terr.  Mor.  Cerr.  358.) 

p.977.  In  nomine  Domini  Amen.   Anno  nativitatis  eiusdem  1417  indic- 

cione  X,  die  vero  XVII  mensis  Pebruarii  hora  Vesperarum  vel  quasi  sede 
apostolica  carente  pastore  in  oppido  Luthovia  Olomucensis  diocesis  et 
in  domo  habitacionis  providi  viri  dicti  Loss  oppidani  ibidem  in  LuthoTis 
in  estuario  seu  in  stubella  eiusdem  domus  superiori  in  mei  notarii  publici 
infrascripti  testiumque  presencia  subscriptorum  ad  hoc  vocatorum  et 
specialiter  rogatorum  eodem  instanti  post  leccionem  et  interposicionem 
appellacionis  constitutus  personaliter  validus  vir  Przibico  de  Odlocho- 
wicz  Pragensis  diocesis  residens  in  Luthovia  opido  supradicto  meliori 
modo,  via  iuris  et  foima,  quibus  melius  et  efficacius  fieri  potest  et  debet. 


Die  folgenden  Seiten  enthalten  andere  GegenstJlnde.  Der  eigentliche  Text 
setzt  erst  wieder  S.  977  fort. 


897 

feeity  constitnlt,  creavit  et  ordinayit  sunm  yerum  legitimnm  et  indnbitatam 
procuratorem,  actorem,  factorem  et  suorum  negociorum  gestomm  et  nun- 
cinin  specialem  famosum  virum  lohannem  dictum  Swyetlik  de  Ba- 
ku sska  annigerum  Olomucensis  diocesis  presentem  et  omnes  hniasmodi 
procüraciones  in  se  sponte  suscipientem,  dans  et  concedens  idem  consti- 
tntns  dicto  sao  procuratori  plenam  liberam  et  omnimodam  potestatem  et 
mandatnm  speciale  ad  intimandam,  insinaandum,  notificandum  reverendo 
in  Christo  patri  et  domino  domino  lohanni  Dei  gracia  episcopo  Lutho- 
misslensi  vel  ipsins  procuratori  aut  illi  vel  Ulis,  qui  sua  qualibet  credi- 
derit  Tel  crediderint  Interesse  appellacionem  seu  appellaciones  nuper 
interpositis  a  quibusdam  processus  monitoriis  a  prefato  domino  lolianne 
episcopo  et  contra  prefatum  Przibiconem  emanatis,  ut  eciam  ad  ipsius 
domini  lohannis  episcopi  claram  noticiam  deducere  per  affixionem  publi- 
cam  eiusdem  appellacionem  ad  yalyas  ecclesie  Olomucensis  nee  non  co- 
piam  ipsius  petentibus  seu  petenti  dare  et  generaliter  omnia  et  singula 
fadendum  gerendum  et  exercendum,  que  in  premissis  circa  premissa  et 
quolibet  premissorum  fnerint  necessaria  seu  eciam  oportuna,  promittens 
se  idem  constitutum  ratum  gratum  atque  firmum  perpetuo  babitumm  quid- 
quid  per  dictum  ipsius  procuratorem  constitutum  Tel  ab  eo  substitutum 
actum  gestum  seu  procuratum  fuerit  in  premissis  et  quolibet  premissorum 
et  Tolens  dictus  constituens  dictum  suum  procuratorem  ab  omni  onere, 
satisdacione  releyare  et  ab  eo  substituto  michi  notario  publico  infrascripto 
legitime  stipulanti  vice  et  nomine  omnium  quorum  interest  aut  Interesse 
poterit  quolibet  in  futurum  iudicio  sisti  et  iudicatum  solvi  sub  omni  bono- 
rum suorum  obligacione  et  ypoteca  presencium  quam  futurorum.  |  p.  978. 

Acta  sunt  hec  anno,  indiccione»  mense,  horis  et  loco  quibus  supra, 
presentibus  ibidem  honorabilibus  viro  domino  Lodowico  canonico  Olomu- 
censi  nee  non  famosis  viris  Yelicone  de  Olomncz,  St.  de  Czbel  et  Michcone 
de  Nasediicz  Olomucensis  diocesis  testibus  circa  premissa  constitutis. 

Et  ego  Gabriel  natus  quondam  Michaelis  de  Grecz  Pragensis  dio- 
cesis publicus  imperiali  auctoritate  notarius  predictis  procuracione  con- 
stitocione  omnibusque  aliis  et  singulis  dum  sie  fierent  et  agerentur  una 
cum  prenominatis  testibus  presens  interfui  eaque  omnia  et  singula  sie 
fieri  Tidi  et  audivi  arduisque  aliis  negociis  prepeditus  per  alium  fidelem 
scribi  procuravi,  hie  me  manu  propria  subscribens  in  hanc  publicam  for- 
mam  redegi  signoque  et  nomine  meis  solitis  consignavi  rogatus  et  requi- 
Situs  in  fidem  et  testimonium  omnium  premissorum. 


398 


Nr.  23. 

Johann  Swietlik  von  Eaknsska  schlägt  die  Appellation  gegen  den 
Bischof  Johann  von  Leitomischl  nehen  dem  Eingange  znr  Olmütier 

Domkirche  an.    1417,  Febr.  18. 

(Cod.  arch.  terr.  Mor.  Cerr.  358.) 

p.979.  In  nomine  Domini  Amen.  Anno  nativitatis  eiusdem  1417  indiccione 

decima,  die  vero  XVIII  mensis  Februarii  horis  terciamm  vel  quasi  apo- 
stoliea  sede  carente  pastore  in  Castro  Olomucensi  iuxta  yalyam  seu  ostinm 
ecclesie  Olomucensis  ex  opposito  cameraram  prebendariomm  einsdem 
occlesie  in  nostromm  notariorum  publicomm  infrascriptoimm  et  testiam 
preseucia  subscriptorum  ad  hoc  vocatonim  et  specialiter  rogatorum  con- 
ßtitutus  personaliter  famosus  vir  lohannes  Swyetlik  de  Baknsska  ar- 
miger Olomucensis  diocesis  nee  non  protunc  legitimus  validi  yiri  Przibi- 
conis  de  Odlochowicz  Pragensis  diocesis,  de  cuius  procuratoris  mandato 
nobis  per  instrumentum  publicum  facta  est  plena  fides,  quandam  appella- 
cionem  in  pergameno  scriptam  in  forma  publici  instrumenti  de  manu  6a- 
brielis  quondam  Michaelis  de  Grecz  Pragensis  diocesis  publici  imperiali 
auctoritate  notarii  confectis  et  consignatis  quam  tunc  in  suis  manibus 
tenebat,  ad  yalvas  ecclesie  supradicte  per  affixionem  appendit,  eandem 
appellacionem  intimando  insinuando  reverendo  in  Christo  patri  et  domino 
domino  lohanni  Dei  gracia  episcopo  Luthomislensi  aut  illi  vel  illis  qui 
sua  credunt  vel  crediderint  quomodolibet  interesse  et  ad  ipsius  vel  ipsorum 
noticiam  reducendo  cum  tali  protestacione  quod  eandem  appellacionem 
intimat,  insinuat  prefato  domino  lohanni  episcopo  aut  suis  procuratoribus 
et  quod  paiatus  esset  ipsius  copiam  dare  omni  petenti,  si  quis  esset  qni 
ipsius  copiam  habere  Teilet.   Que  quidem  appellacio  seu  instrumentum 
publicum  in  ostio  ipsius  ecclesie  stabat  appensa  infra  missam  defnnctorum 
tunc  maiori  multitudine  ecclesie  personarum  astancium  circa  divina.  Qua 
appellacione  sie  staute  appensa  et  demum  de  valvis  ecclesie  deposita  pre- 
fatus  lohannes  Swyetlik  de  huiusmodi  appellacione  insinuacione  intima- 
cione  publicacione  et  deposicione  ac  de  omnibus  aliis  per  eum  ibidem  pro- 
curatis  petunt  sibi  per  nos  publicos  notarios  unum  vel  plura  publicum  sea 
publica  confici  instrumentum  seu  instrumenta.  Acta  sunt  hec  anno  indic- 
cione die  mense  et  hora  quibus  supra,  presentibus  ibidem  honorabilibus  et 
discretis  vii'is,  qui  eandem  appellacionem  legebant,  Mai'tino  de  Wrzessoyicz 
plebano  et  perpetuo  vicario  ecclesie  Olomucensis,  Nicoiao  de  Bladjn  nota- 
rio  eiusdem  capituli  eiusdem  ecclesie,  lacobo  de  Dobris  notario  publice  et 
aliis  plnribus  testibus  fide  dignis  circa  premissa  constitntis. 


399 

Et  ego  Gabriel  natas  quondam  Michaelis  de  Grecz  Pi*agensis  dio- 
cesis  etc.  at  snpi*a  predictis  appellacioni,  affixioni,  insinnacioni,  notifica- 
cioni,  deposicioni  nna  cum  coUega  meo  infrascripto  et  omnibus  aliis  et 
singnlis  sie  gestis  et  prenominatls  testibus  presens  interfui  eaque  omnia 
et  singola  dum  sie  fierent  et  agerentur  sie  fieri  vidi  et  audiyi  et  per  meum 
collegam  scribi  procuravi,  hie  me  manu  propria  subscribenr  in  hanc  pu- 
blicsun  formam  redegi  slgnoque  et  nomine  meis  solitis  consignavi  rogatus* 
(et  requisitus  in  fidem  et  testimonium  omnium  premissorum). 

Et  ego  Gregorius  quondam  Laurencii  de  Rjmicz  Olomucensis  die-  p.  980. 
cesis  publicns  imperiali  auetoritate  notarius  predictis  appellacioni  insi- 
noacioni  notificacioni  intimacioni  affixioni  et  deposicioni  omnibusque  aliis 
et  gingulis  dum  sie  fierent  et  agerentur  una  cum  collega  meo  suprascripto 
presens  interfui  eaque  omnia  et  singula  sie  fieri  vidi  et  audiyi  manuque 
propria  conscripsi  et  in  hanc  publicam  formam  redegi  signoque  et  nomine 
meis  solitis  consignavi  rogatus  et  requisitus  in  fidem  et  testimonium  om- 
nium premissorum. 

Von  anderer  Hand: 

Ode  mne  Przybika  z  Odlochowicz  tobie  knieze  lene  biskupe  z  Lyto- 
misle  dawam  wiediety,  tak  yakoz  mnye  w  kostele  Olomuczkem  napomenul, 
wiecz,  zet  sem  sie  odwolal  k  swatemu  zboru  do  Costnycze  a  k  buduczymu 
papezy  a  to  swe  odwolanie  ohlasyl  sem  take  w  kostele  Olomuczkem  a 
chczyt  se  prawem  branyty  a  toho  odwolanie  ted.  posylam  przepyss.  Dan 
w  Lutowly  w  sobotu  po  swietym  Valentine.  (20.  Febr.)  D.  h.:  Von  mir 
Przybik  von  Odlochowicz  gebe  ich  dir,  dem  Priester  Johann,  Bischof  von 
Leitomischl,  zu  wissen:  So  wie  du  mich  in  der  Olmützer  Kirche  gemahnt 
bast,  wisse,  dass  ich  appelliert  habe  zum  Concil  nach  Constanz  und  zum 
kflnfkigen  Papst,  und  diese  meine  Appellation  habe  ich  angekündigt  auch 
in  der  Olmfltzer  Kirche,  und  ich  will  mit  Becht  vei-theidigen,  und  von 
dieser  Appellation  schicke  ich  eine  Abschrift.  Gegeben  zu  Littau  am 
Samstag  nach  dem  heil.  Valentin. 


*  Der  Rest  am  unteren  Rande  wegfgeschnitten.    Ergänzt  nach  der  unten 
folgenden  Formel. 


400 


Nr.  24. 

Der  Cardinal  Alamannas,  vom  Concil  bestellter  Richter  und  Com- 
missär  im  Streite  zwischen  dem  Bischof  Johann  von  Leitomiaclü 
und  dem  Domherrn  Alei  nm  das  Bisthnm  Olmntz,  an  den  Sr* 
bisohof  Konrad,  Alei  und  dessen  Anhänger:  spricht  dem  Domherrn 
AleS  die  Administration  des  Olmfitzer  Bisthnms  in  spiritoalibni 
et  temporalibns  ab  und  yemrtheilt  ihn  znr  Zahlung  der  erwach- 
senen Kosten,  deren  Höhe  erst  noch  su  bestimmen  ist   Constans 

14J7,  Juni  16. 

(Cod.  arch.  terr.  Mor.  Cerr.  358.) 
(p.  871—877.) 

p.87i.  Alamannus  miseraciono  divina  tituli  sancti  Eusebii  sacrosancte 

Romane  ecclesie  presbjter  cardinalis,  iudex  et  commissarius  ad  infra- 
scripta  a  sacrosancta  Constanciensi  synodo  specialiter  deputatus  reve- 
rendo  in  Chiisto  patri  et  domino  dqmino  Conrado  arcbiepiscopo  Pragensi 
nee  non  venerabilibus  viris  dominis  Alssoni,  qui  se  geritpro  electoOlo* 
mucensi,  Wenceslao  Kadecz,  Nicoiao  Henzlini,  Francisco  de  Gewiczka, 
Stephano  et  lankoni  de  Sternberg,  lacobo  de  Werona,  Nicoiao  übaidini) 
Zdenkoni  de  Labun,  Ludowico  de  Holessaw,  Chwaloni  de  Smylkow, 
Hanusskoni  de  Welwar  et  Vito  de  Lompnycz  canonicis  ecclesie  Olomu- 
censis  eisque  in  hac  parte  adherentibus  ex  adverso  principalibus  ac  Om- 
nibus aliis  et  singulis,  qnornm  interest  aut  interesse  poterit  quomodolibet 
in  futurum,  quibuscunque  nominibus  censeantur,  salutem  in  Domino 
sempiternaro. 

Nuper  ßev"""  in  Christo  pater  et  dominus  dominus  lobannes  mise- 
racione  divina  episcopus  Ostiensis  sancte  Bomane  ecclesie  cardinalis  ei 
yicecancellarius  auctoritate  dicte  synodi  sacrosancte  ad  hoc  suffultus  qoan- 
dam  commissionis  sive  supplicacionis  cedulam  nobis  per  certum  sedis 
apostolice  cui-sorem  presentari  fecit,  quam  reverenter,  ut  decuit,  recepimus, 
huiusmodi  sub  tenore: 

Beverendissime  pater,  licet  alias  sacrosancta  Constanciensis  synodos 
in  sessione  publica  cni*am,  regimen  et  administracionem  ecclesie  Olomu- 
censis  in  spiritualibns  et  temporalibus  in  i*egno  Boemie  et  marchionata 
Moravie  tunc  vacantis  et  legitime  administratore  carentis  per  obitum 
bone  memorie  Wenceslai  patriaiche  Antioceni,  qui  dum  adviveret, 
eandem  auctoritate  apostolica  habebat  in  commendam,  re verende  pa^i 


401 

domino  lohanni  episcopo  Lnthomisslensi  in  favorem  fidei  concesserit  et 
commiserit,  nichilominus  tarnen  hiis  premissis  non  obstantibus  atque 
minime  attentis  et  consideratis  vos  reyerendissime  pater  per  partem  ad- 
▼ersam,  nt  creditur,  circumventns  et  seductas  causam  et  cansas  quarnn- 
dam  pretenearom  apposicionam  pro  parte  cniusdam  pretensi  Alssonis 
pretensi  electi  ac  quornndam  pretensorum  canonicomm  dicte  ecclesie  et 
aliomm  eidem  Alssoni  adherencium  in  partibus  a  quibusdam  processibns 
monitorüs  per  dictum  dominum  lohannem  episcopum  et  administratorem 
de  et  super  administracione  eiusdem  ecclesie  decretis  emissis  et  fulmi- 
natiSy  ut  dicitur,  ad  sanctam  sedem  apostolicam  interposite  et  intei'posi- 
tarom  unacum  negocio  principali  venerabili  et  circumspecto  viro  domino 
Bertholdo  Wildunghen  sacri  palacii  apostolici  causanim  auditori,  ut 
pretenditur,  commisit. 

Qui  quidem  auditor  in  yim  huiusmodi  pretense  commissionis  cita- 
donem  per  «dictum  nee  non  inbibicionem  extra  Bomanam  curiam  et  ad 
partes  decrevit  et  concessit.  Cum  autem,  Bev"**  pater,  ista  videantnr  esse 
facta,  extorta  et  pei*petrata  contra  administracionem  predictam  et  ipsius 
synodi  decretum  et  ordinacionem  nee  non  favorem  fidei  et  in  dicte  |  eccle-  p.  872. 
sie  ac  ipsius  administratoris  predicti  non  modicum  dampnum,  preiudicium 
et  gravamen  et  scandalum  plurimorum :  supplicatur  igitur  B.  P.  V .  pro 
parte  nacionis  Germanice,  qnatenus  attentis  premissis  uni  ex  Bev""^' 
patribus  dominis  sancte  Bomane  ecclesie  cardinalibus  committere  digne- 
mini,  ut  attento  quod  administracio  huiusmodi  in  publica  sessione  decreta 
foit  et  per  consequens  notoria  existit,  dictas  pretensam  commissionem, 
dtacionem  et  inbibicionem  cum  omnibus  et  singulis  inde  secutis  mox  et 
in  continenti  absque  cuiuscunque  partis  ad  hoc  yocacione  reyocet,  cesset 
et  annullet  ac  reyocandas  cassandas  et  annullandas  nulliusque  roboris 
vel  momenti  existere  et  eis  nnllam  penitus  fore  fidem  adhibendam  decla- 
ret,  nee  non  mandet  et  precipiat  capitulo,  yasallis  et  subditis  dicte  eccler 
Bie  Olomucensis  totique  clero  et  populo  ciyitatis  et  diocesis  Olomucensis, 
qnatenus  sub  penis  et  censuris  ecclesiasticis  et  aliis  penis  formidabilibus 
qoas,  si  contrarium  fecerint,  ipsi  incnrrant  ipso  facto  prefato  domino 
lohanni  episcopo  yelut  administratori  eiusdem  ecclesie  in  omnibus  et 
per  omnia  iuxta  formam  et  teuerem  litemram  sibi  per  eandem  synodum 
super  dictam  administracionem  graciose  concessarum  pareant  et  obediant 
realiter  et  cum  effectu,  statum  cause  huiusmodi  nomina  et  cognomina 
indicum,  commissionum  impetratarum,  apposicionum  interpositarum  te- 
nores  habentes  presentibus  pro  expressis  nee  non  apposicionibus  inter- 
ponendis  stilo  palacii  premissis  et  aliis  contrariis  non  obstantibus  quibus- 
CQuqne. 


402 

In  fine  vero  dicte  commissionis  sive  sopplicacionis  cedale  scripta 
erant  de  alterius  manus  litera  superiori  litere  ipsins  cedale  penitoset 
omnino  dissimili  et  diversa  hec  verba,  videlicet: 

Audiat  Bev"***'  pater  dominus  cardinalis  Pisanus,  annollet,  re- 
Yocet,  declaret  et  procedat  eciam  sub  penis  etc.  ut  petitur,  si  et  pront  de 
iure,  revocata  tarnen  prius  inhibicione  iam  facto  probato,  quod  ex  ea 
scandalum  oriretur. 

Post  cuius  quidem  commissionis  sive  supplicacionis  cedule  presen- 
tacionem  et  recepcionem  in  causa  huiusmodi  rite  et  legitime  procedendnm 
ad  proTidi  yiri  magistri  Michaelis  de  Broda  Teutunicali  in  Bomana 
curia  et  reyerendi  patris  domini  lohannis  episcopi  Luthomisslensis 
principalis  in  iam  dicta  nobis  facta  et  presentata  commissione  principa- 
liter  nominati  procuratoris  instanciam  provido  Tiro  magistro  lohanni 
Helling  in  eadem  curia  et  prefatorum  dominorum  Alssonis  ac  alionim 
snpradictorum  ex  adverso  principalium  eciam  in  dicta  commissione  ex 
adyerso  principaliter  nominatorum  procuratore  coram  nobis  iudicialiter 
comparenti,  prout  de  ipsorum  hinc  inde  procuratorum  procuracione  man- 
datis  nobis  legitima  extitit  facta  fides  ad  dicendum  et  opponendum,  quic- 
quid  Terbo  vel  in  scriptis  dicere  sive  opponere  Teilet  contra  pretactam 
nobis  presentacionem,  commissionem  cei*tum  terminum  peremptorium 
competentem  prefiximus  et  assignayimus. 
p.  878.  In  quo  quidem  |  termino  productis  tamen  primitus  per  predictuin 

magistrum  Michaelem  procuratorem,  nomine  quo  supra  procuratorio,  coram 
nobis  nonnullis  testibus  fidedignis  ad  informandum  animum  nostrum  de 
et  super  veritate  narratorum  seu  contentorum  in  iam  dicta  commissione 
ipsisque  per  vos  receptis  et  admissis  et  in  forma  iui'isiuratis  et  exami- 
natis  eorumque  dictis  et  deposicionibus  in  publicam  formam  redactis,  com- 
paruit  coram  nobis  iudicialiter  magister  lohannes  Helling  procurator 
predictus,  nomine  quo  supra  procuratorio,  et  contra  supradictam  nobis 
presentatam  commissionem  nonnullas  excepciones  ai*ticulatas  £Etcta  realiter 
et  in  scriptis  exhibuit  atque  dedit. 

Demum  prefatus  roTerendissimus  pater  dominus  lohannes  epi- 
scopus  Ostiensis  et  vicecancellaiius  quandam  aliam  dependentem  commis- 
sionis sive  supplicacionis  cedulam  nobis  Alamanno  iudici  et  commissario 
supradicto  per  certum  sedis  predicte  cursorem  presentari  fecit  quam  ite- 
iTim  reverenter  ut  decuit  recepimus  in  hec  yerba :  Alias  exposito  V"  B"*  P*  * 
ut  sequitur:  B""*  pater,  licet  alias  sacrosancta*  —  quibuscunque.  Dicta 
signacio  fiiit  sie  signata:  Audiat  B.  P.  dominus  cardinalis  Pisanus,  anullet, 


*  wie  oben. 


403 

refocet,  declaret  et  procedat  eciam  sub  penis  etc.  ut  petitur,  si  et  prout 
de  iore,  revocata  tarnen  prius  inbibicioae,  iam  facto  probato  quod  ex  oa 
scandalom  oriretur. 

Oum  autem  R.  P.  dicta  administracio  per  decretum  sacri  concilii 
commissa  fnerit  et  cause  concernentes  catbedrales  ecclesias'sint  de  maio- 
ribus  et  infeiioribus  sedis  apostolice,  ut  concilium*  non  habeat  potestatem 
eas  committendi  presertim  postquam  sedes^  apostolica  yel  sacrum  conci- 
limn  manum  apposuit,  ne  protextu  commissionis  et  inbibicionis  huius 
dicius  dominus  episcopus  in  administi*acione  sibi  per  sacimm  concilium 
in  favorem  fidei  commissa  impediatur  et  turbetur,  dignetur  B.  P.  Y.  eidem 
domino  cardinali  committere,  ut  dictas  commissionom  domini  Bertholdi  et 
inhibicionem  per  eum  decretam  et  omnia  inde  secuta  casset,  irritet  et  annul- 
let et  mandet  capitulo  et  vasallis  et  subditis  dicte  ecclesie  sub  penis  etc. 
ut  supra  continetur  etc. 

Et  nichilominus  causas  ipsas  sibi  ut  dicitur  per  V.  Rev"**"  |  P**"p.876. 
commissas  ad  sacrum  concilium  et  sedem  apostolicam  remittat  et  se  eis 
eioneret  et  se  de  eis  ulterius  non  impediat;  statum  cause  huiusmodi  teno- 
ris  commissionis  babentis  pro  sufficienter  expressis  stilo  palacii  et  aliis 
in  contrarium  facientibus  non  obstantibus  quibuscuilque. 

In  fine  vero  dicte  dependentis  commissionis  sive  supplicacionis 
cedule  scripta  erant  de  alterius  manus  litera  superiori  litere  ipsius  cedule 
pcnitos  et  omnino  dissimili  et  diYei*sa  bec  Ycrba,  videlicet:  Andiat  idem 
Rev""*  pater  dominus  caidinalis  et  procedat  secundum  primam  signa- 
eionem,  ut  supra,  sublatis  istis  verbis,  probato  quod  ex  ea  scandalum 
oriretur. 

Post  cuius  quidem  ultimo  dependentis  commissionis  sive  supplica- 
cionis cedule  presentacionem,  nos  Alamannus  iudex  et  commissarius  su- 
pradictus  ad  providi  viri  magistri  Gerardi  de  Werdena  in  dicta  curia 
et  pre&ti  magistri  Micbaelis  de  Broda  Tbeutunicali  procuratoris 
substituti,  de  cuius  substitucionis  mandato  nobis  constabat,  prout  constat 
l^tlmis  documentis,  instanciam  prefatum  magistrum  lobannem  Helling 
procuratorem  ex  adverso  quo  supra  nomine  procnratono  per  certum  sedis 
apostolice  predicte  cursorem  ad  dicendum  et  opponendum  quidquid  verbis 
n\  in  scriptis  dicere  seu  opponere  vellet  contra  ultimam  nobis  ut  pre- 
fertur  presentatam  commissionom  dependentem  citari  mandavimus  et 
fecimus  ad  cei*tum  peremptorium  terminum  competentem. 

Quo  adveniente  termino  comparuit  coram  nobis  prefatus  magister 
lohannes  Helling,  procurator  nomine  quo  supra  procuratorio,  et  buius- 


*  Cod.:  yel  concilio.        ^  Cod.:  sedis  apostolicam. 


404 

modi  dicto  termino  pro  parte  Bua  Batisfacieudum  contra  supradictam  de- 
pendontom  commissionem  uounuUas  oxccpciones  factis  facta  et  in  scriptis 
oxhibuit  ot  produxit.  Contra  quas  quidem  excepcionem  per  profatum  ma- 
gistrom  Gerard  um  deWerdena  procaratorcm  substitutum  ex  adverso 
vci'bo  solum  et  generaliter  in  alio  termino  ad  hoc  sibi  per  nos  assignato 
oxtitit  replicatum.  Subsequenter  yero  productis  coram  nobis  per  partes 
hinc  inde  seu  eorum  procuratores  nonnullis  litteris,  ficripturis,  instru- 
mentis,  iuribus  et  munimontis  ac  testibus  fide  dignis  eisque  per  nos  debite 
roceptis  et  admissis  ac  in  forma  ioiisinratis  et  examinatis  eorumque 
dictis  et  depoBicionibus  de  nostro  mandato  in  formam  pnblicam  fideliter 
rcdactis. 

Tandem  qoadam  peticionis  cedula  per  dictum  magistrum  Gerar- 
dumdeWerdena  procuratorom  quo  supra  nomine  coram  nobis  oblata 
in  hunc  modom:  Petit  procurator  et  procnratorio  nomine  Rey'*'  patris  do- 
mini  lohannis  episcopi  Luthomisslensis  administratoris  ecclosie 
Olomncensis  per  vos  Rev"^""*  in  Christo  patrem  et  dominum  dominum 
Alamannum  tituli  sancii  Eusebii  sancte  Romane  e<xle8ie  cardinalem 
p.  876.  vestramque  sentenciam  pronunciari  decerni  et  declarari  pretensam  |  inhi- 
bicionem  per  venerabilem  et  circumspectum  yirum  dominum  Bortholdnm 
Wildunghen  sacri  palacii  apostolici  causarum  auditoris  in  causa,  que  tunc 
coram  eo  yerti  pendebatur  inter  dictum  dominum  lohannem  et  administra- 
torem  ex  una  et  quendam  Alssonem  pro  canonico  Wissegradensi  se  gereu- 
tem in  huiusmodi  causa  adyersarium  de  et  super  ecclesiam  Olomucensem 
et  ipsius  in  spiritualibus  et  temporalibus  administracionem  et  aliis  in 
huiusmodi  causa  deductis  et  eorum  occasione  paiie  ex  altera  decretum 
per  yos  reyocari  iuxta  teuerem  commissionis  yobis  desuper  facte  ipsumque 
Alssonem  in  expensis  propterea  coram  yobis  legitime  factis  condempnan- 
dum  fore  et  per  yos  condempnari  et  alias  in  et  super  premissis  sibi  fieri 
iusticie  complementum  salvo  iure  addendi  minuendi  mutandi  corrigendi  etc. 
Qua  sie  oblata  peticione  nos  Alamannus  cardinalis  iudex  et  commissarius 
supradictus  ad  sepedicti  magistri  Gerardi  de  Werdena  procoratoris  sub- 
stituti  nomine  procuratorio  quo  supra  conun  nobis  iudicialiter  comparentis 
instandam  prefato  magistro  Johanne  Helling  ex  adyerso  procuratore  ibi- 
dem presente  et  andiente  yisis  primitus  per  yos  et  diligenter  inspectis 
Omnibus  et  singulis  actis  acticatis  literis  scripturis  instrumentis  ioribus 
et  munimentis  testiumque  deposicionibus  in  hac  causa  habitia  exhibitis  et 
productis  eisque  cum  diligencia  debita  ac  matura  deliberacione  debite  re- 
censitis  de  iurisperitomm  consiUo  ad  hanc  nostram  in  hac  causa  pro- 
ferendam  et  promulgandam  sentenciam  duximus  procedendum  et  processi- 
mus  eamque  per  oa  que  vidimus  et  cognoyimus  et  de  presenti  cognoscimus 


405 

et  viderons  in  scriptis  tullmus  et  promulgavimus  ac  presentibus  promul- 
gamus  et  ferimus  in  hunc  modum  de  iurisperitorum  consilio  per  hanc 
nostram  sentenciam,  quam  fenmus  in  hiis  scriptis,  inhibicionem  per  vene- 
rabilem  yinun  dominum  Bertholdnm  de  Wildunghen  sacri  palacii  apostolici 
causarum  audltoris  in  bac  causa,  que  tunc  coi*am  eo  veiiiebatur  et  nunc 
vertitur  coram  nobis,  inter  dictum  dominum  lohannem  episcopum  et  admi- 
ni&ti*atorem  ex  una  et  quendam  Alssonem  pro  canonico  Wissegi-adensi  se 
gereutem  de  et  super  ecclesia  Olomucensi  et  ipsius  in  spiritualibus  et  tem- 
poralibus  administi'acionem  et  aliis  in  ipsa  causa  deductis  et  eorum  occa- 
sione  partis  ex  altera  decretam  revocamus  iuxta  teuerem  commissionis 
nobis  desuper  facte  ipsumque  Alssonem  in  expensis  propterea 
coram  nobis  legitime  factis  condempnandum,  quarum  taxacionem 
nobis  in  posterum  reservamus.  |  Que  omnia  et  singula  vobis  domino  Con-  p.  877. 
rado  arcbiepiscopo  ac  Alssoni  omnibusque  aliis  et  singulis  supmdictis  ex 
adverso  principalibus  intimamus  insinuamus  et  notificamus  et  ad  vestram 
et  cuiuslibet  vestrum  noticiam  deducimus  et  deduci  volumus  per  pro- 
sentes.  In  quorum  omnium  et  singuloimm  fidem  et  testimonium  premisso- 
rum  presentes  nostras  literas  seu  presens  publicum  instrumentum  exinde 
fieri  et  per  Theodricum  notarium  publicum  nostrumque  et  buiusmodi 
cause  coram  vobis  scribarium  ac  secretarium  infi'ascriptum  scribi  et  publi- 
cari  mandayimus  nostrique  sigilli  appensione  muniii.  Lecta  lata  et  in 
scriptis  promulgata  fuit  hec  presens  nostra  sentencia  per  nos  Alamannum 
cardinalem  iudicem  et  commissarium  supradictum  Constancie  in  domi- 
bus  nostre  solite  residencie  nobis  inibi  bora  vesperarum  consueta  ad  iura 
reddendum  pro  tribunali  sedentibus,  sub  anno  nativitate  Domini  1417 
iadiccione  decima,  die  vero  Mercuiii  sexta  decima  mensis  lunii  apostolica 
sede  vacante  presentibus  ibidem  venerabllibus  viris  dominis  et  magistris 
lohanne  de  Laudis,  licenciato  in  decretis,  archidiacono  Wlteranensi,  6e- 
rardo  Stuerman  canonico  Coloniensi  et  Gerardo  Lupi  litterai*um  apostoli- 
carum  scriptore  testibus  ad  premissa  Tocatis  specialitor  et  rogatis. 

Et  ego  Theodricus  de  6oy  clericus  Traiectensis  diocesis  publicus 
imperiali  auctoritate  notarius  approbatus  Bev™^  in  Gbristo  patris  et  do- 
mini  dominl  cardinalis  iudicis  et  commissaiii  prefati  in  causis  buiusmodi 
coram  eo  scriba,  quia  prefatis  scntencie  peticioni  eiusque  ut  premittitur 
in  scriptis  promulgacione  ac  aliis  premissis,  dum  sicut  premittitur  per 
prelibatum  dominum  cardinalem  iudicem  et  commissarium  ac  coram  eo 
agerentur  et  fierent  unacum  prenominatis  testibus  presens  interfui  eaque 
sie  fieri  yidi  et  audivi,  ideo  hoc  presens  publicum  instrumentum  per  alium 
fidelem  fldeliter  scriptum  de  mandato  et  iussione  ipsius  dominl  cardinalis 
iudicis  et  commissarii  prius  in  notam  recepto  exinde  confeci  subscripsi 


406 

pnblican  et  in  hanc  yublicam  formam  redegi  signoque  ei  nomine  meis 
solitis  ei  consneiis  una  com  appensione  sigilli  domini  cardinaiis  iudiciB 
ei  commiasarii  sepedicü  signayi  rogatos  ei  requisitus  in  fidem  ei  iesiimo- 
ninm  omnium  et  singolonun  premissonim.  Constat  michi  notario  de  nso- 
riB  factiB  in  Ticesima  secnnda  linea  deorsnm  computando,  in  dicdonibns  snb 
penis  etc.,  nt  petitar,  quam  approbo. 

Nr.  25. 

• 

Der  Cardinal  Alamannns,  Yom  Coneil  bestellter  Richter  and  Com- 
mittar,  erklart  die  Conflrmation  des  erwählten  Bischofs  Ton  Olmits, 
Alei,   durch  den  Srxbischof  Konrad  yon  Prag  ffir  nichtig.    Con- 

stani,  1417,  JnU  16. 

CassaciO)  irriiacio,  revocacio  et  annullacio  confirmacionis  et  omnium 

inde  secutorum. 

(Cod.  arch.  terr.  Mor.  Cerr.  Sö8,  fol.  883—887.) 

p.888.  In  nomine  Domini  Amen.   Pridem  Rev""'  in  Chnsto  pater  et  do- 

minus dominus  lohannes  miseracione  divina  episcopus  Ostiensis  sancie 
Romane  ecclesie  cardinaiis  et  vicecancellaiins  quandam  commissionem  sive 
supplicacionis  cedulam  yenerabili  et  circumspecto  viro  domino  Bertholdo 
de  Wildungen  sacri  palacii  apostolici  causarum  auditori  per  ceriom 
sedis  apostolice  cursorem  presentari  fecit,  quam  idem  dominus  Berthol- 
dus  auditor  reyerenter,  ut  decuit,  recepit  huiusmodi  sub  tenore: 

Dignetur  R.  P.  Y.  causam  et  causas  appellacionis  et  appellacionum 
pro  parte  Bev'^^  patris  domini  Alssonis  electi,  confirmati  et  Wenceelai 
Radecz,  Nicolai  Henslini,  Francisci  de  Gewiczka,  Stephani  et  lankonis  de 
Sternberg,  lacobi  de  Werona,  Nicolai  Ubaldini,  Sdenkonis  de  Labun,  Lu- 
dovici  de  Holessow,  Ghwalkonis  de  Smylkow,  Hanusskonis  de  Welwar  et 
Viti  de  Lompnicz,  canonicorum  ecclesie  Olomucensis  et  aliorum  videlicet 
cleri  et  populi  sibi  et  eis  adherencium  in  partibus  ad  sedem  apostolicam 
interposite  et  intei'positai'um  a  quibusdam  pretensis  processibus  monito- 
riis  per  Rev.  patrem  dominum  lohannem  episcopum  Luthomisslensem 
de  et  super  pretensa  administracione  eiusdem  ecclesie  Olomucensis  ut 
dicitnr  fulminatis  nullitatisque  et  iniusticie  eomndem  una  cum  n^^io 
principali  buiusmodi  ac  dampnorum,  spoliorum,  iniuiiarum  et  interesse 
ac  aliis  in  huiusmodi  causa  deducendis  et  eorum  occasione  committere 
alicui  ex  yenerabüibus  et  circumspectis  viris  dominis  sacri  palacii  aposto- 
lici causarum  auditoribus  audiendas,  cognoscendas,  decidendas  et  fine 


407 

debito  terminaadas  cnin  potestate  citandi  dictum  dominum  lohannem 
omnesque  alios  et  singulos  sua  communiter  vel  divisim  Interesse  putantes 
eciam  per  edictom  publicum  in  Bomana  curia  exti-a  et  in  partibus  in  locis 
eircumyiciniSf  cum  ad  eum  non  pateat  tutas  accessus,  affigendum '  ipsum- 
que  Be?.  patrem  dominum  Alssonem  et  singulos  canonicos  ac  adheren- 
tes  et  adherere  yolentes  prefatos  a  quibuscunque  excommunicacionis  et 
sospensionis  penis  sentenciis  et  censuris,  si  quibus  forsan  premissorum 
occasione  dicerentur  innodati,  simpliciter  vel  ad  cautelam  absolvendi  ac 
pretensum  interdictum  relaxandi  tociens  quociens  opus  erit,  non  obstante 
qnod  causa  et  cause  huiusmodi  forsan  non  sint  in  dicta  curia  tractande 
aot  faciende  seu  ad  eam  legitime  devolute.  In  fine  vero  dicte  commissionis 
8i?e  supplicacionis  cedule  scripta  erant  de  alterius  manus  litera  superiori 
litere  ipsius  cedule  penitus  et  omnino  dissimili  et  diversa  hec  verba 
Tidelicet: 

Audiat  magister  Berthold us,  citet  ut  petitur  eciam  per  edictum, 
relaxet  etc.  et  absolvet  eciam  ad  cautelam,  si  et  prout  de  iure  et  insti- 
cia  &ciat. 

Cuius  quidem  commissionis  vigore  per  eundem  dominum  Bertholdum  • 
anditorem  in  causa  et  causis  huiusmodi  ad  nonnullos  actus  inter  partes  in 
eadem  sibi  facta  commissione  contentas  processo,  tandem  idem  Bev"""' 
pater  dominus  lohannes  episcopus  Ostiensis  et  vicecancellarius  quan- 
dam  allam  commissionem  si?e  supplicacionis  cedulam  nobis  Alamanno 
eadem  miseracione  titoli  sancti  Eusebii  sancte  Bomane  ecclesie  presbytero 
cardinali  Pisano  vulgariter  nuncupato  per  certum  sedis  predicte  cursorem 
presentari  fecit,  quam  nos  reverenter  ut  decuit  recepimus  in  hec  verba:  | 

Bev""  pater.  Nuper  B.  P.  V.  causam  et  causas  appellacionis  et  f.  884. 
appellacionum  in  paiübus  ad  sanctam  sedem  apostolicam  et  presens  sa- 
emm  generale  concilium  a  nonnullis  gravaminibus  reverendo  patri  do- 
mino  Alberto  alias  Alssoni  electo  et  confirmato  ecclesie  Olomucensis 
per  reverendum  patrem  dominum  lohannem  episcopum  Luthomisslensem 
oecasione  ipsius  ecclesie  illatis  interposite  et  intei'positarum  ac  negocii 
liiÜQgmodi  principalis  commisit  venerabili  et  circumspecto  viro  domino 
Bertboldo  Wildungen  sacri  palacii  apostolici  causaiiim  auditori  audiendas, 
cognoscendas,  decidendas  et  fine  debito  terminandas.  Cuius  quidem  com- 
lussionis  tenor  de  verbo  ad  verbum  sequitur  et  est  talis:  Dignetur  B.  P.  Y. 

causam  et  causas ^  Verum  Bev"*  pater,  quia 

propter  varios  clamores  dicte  partis  adverse  dictus  dominus  Bertholdus 


*  Darüber  aber  undeutlich :  affigendi. 

*  Text  wie  oben  bis  de  iure  et  instieia  faciat. 

ArekiT.  Bd.  LIXXH.  II.  H&lfto.  27 


408 

forsan  huinsmodi  cansam  andire  non  est  bene  inclinatus  aut  saltem  aliqoi 
ex  nacione  Germanica,  ut  eam  audiat  minus  bene  sunt  content! ,  dignetnr 
B.  P.  y.  causam  et  causas  huiusmodi  ab  eodem  domino  Bertboldo  auditore 
adyocare  et  eam  seu  eas  uni  aut  duobus  ex  Rey""'*  in  Christo  patribns 
dominis  sacrosancte  Bomane  ecclesie  cardinalibus  in  eo  statu  quo  conun 
prefato  domino  Bertboldo  de  presenti  existunt,  quem  dignemini  habere 
pro  sufficienter  expresso  committere  resumendas,  ulterius  audiendai, 
f.  885.  cognoscendas,  |  decidendas  et  fine  debito  terminandas  et  quod  coratn  uno 
ex  dictis  Bev"**  patribus  dominis  cardinalibus,  quibus  forsan  causa  et 
cause  huiusmodi  committentur,  ternum  consweti  seryari  iuxta  stilum  Bo- 
mane curie  possint  et  yaleant  cum  Omnibus  et  singulis  suis  emergendis, 
incidendis,  dependendis  et  connexis.  In  fine  yero  dicte  ultimo  commissio- 
nis  si?e  supplicacionis  cedule  scripta  erat  de  alterius  manus  litera  supe- 
riori  litere  ipsius  cedule  penitus  et  omnino  dissimili  et  diyersa  hec  yerba 
yidelicet: 

Audiat  Bey"***'  pater  dominus  cardinalis  Pisanus  et  procedat  in 
Omnibus  ut  petitur,  si  et  prout  de  iure,  reyocata  tamen  prius  inhibicione, 
*  probate  quod  ex  ea  scandalum  oiiretur,  huiusmodi  itaque  commissionis 
yigore,  causa  et  causis  huiusmodi  per  nos  Alamannum  cardinalem  iudicem 
et  commissarium  supradictum  debite  resumptis  ac  inter  partes  in  eadem 
contentas  rite  et  legitime  ulterius  processo  compainiit  demum  coram  nobis 
iudicialiter  magister  GerardusdeWerdenain  Bomana  curia  et  domini 
lohannis  episcopi  Luthomisslensis  principalis  in  dictis  commissio- 
nibus  principaliter  nominati  procurator,  de  cuius  procuracionis  mandato 
nobis  legitima  extitit  facta  fides  et  nonnullas  posiciones  et  articulos  pro 
paHe  sua  in  hac  causa  facta  et  in  scriptis  exhibuit  et  produxit:  Nos  tune 
Alamannus  cardinalis  iudex  et  commissarius  supradictus  ad  eiusdem  ma- 
gistri  Gerardi  de  Werdena  procuratoris  quo  supra  nomine  instanciam' 
proyido  yiro  magistro  lohanni  Helling  in  eadem  curia  et  dominonim 
Alssonis  qui  se  gerit  pro  electo  et  confirmato  ecclesie  Olomucensis  ac 
aliorum  eidem  adherencium  in  supradictis  commissionibus  ex  adyerso 
eciam  principaliter  nominatorum  procuitttori,  de  cuius  eciam  procuracionis 
mandato  nobis  constabat  legitimis  documentis  ibidem  presenti  et  conun 
nobis  iudicialiter  comparenti  terminum  peremptorium  ad  dicendnm  et 
opponendum  quidquid  yerbo  yel  in  scriptis  dicere  siye  opponere  yellet 
contra  posiciones  et  articulos  huiusmodi  necnon  eisdem  respondendnm 
in  quautum  posiciones  existerent  et  esse  censerentur  prefiximus  et  assi- 
gnayimus.   In  quo  quidem  teimino  comparuit  coram  nobis  supradictus 

*  Cod.:  instan. 


409 

magister  Gerardus  de  Werdena  procurator  nomine  procuratorio  quo 
sopra  et  partis  sibi  in  hac  causa  adverse  non  comparentis  neque  termino 
bniusmodi  satisfacere  curantis  contumaciam'  accusayit  ipsamque  per  nos 
contnmacem  reputari  instanter  postulavit,  nos  tunc  dictam  partem  ad- 
Tersam  repntayimus  quoad  actum  et  teiminum  huinsmodi  exigente  iusticia 
contnmacem  in  eiusque  contumacium*  receptis  per  nos  ad  eiusdem  ma- 
gistri  Gerardi  de  Werdena  procuratoris  quo  supra  nomine  instanciam 
nonnullm  testibus  fidedignis  admissis^  eisdem  ac  iuratis  in  forma  nee  non 
fideliter  examinaüs  eorumque  dictis  et  deposicionibus  de  nostro  mandato 
in  formam  publicam  fideliter  redactis.  Subsequenter  vero  quadam  peti- 
cionis  cedula  per  dictum  magistrum  Gerardum  de  Werdena  procuratorem, 
qni  supra  nomine  pro  parte  sua  in  bac  causa  oblata  et  exbibita  in  hunc 
modum: 

Petit  procurator  et  procuratorio  nomine  reverendi  patris  domini 
lohannis  episcopi  Lutbomisslensis  et  administratoris  ecclesie  Olomucensis 
per  Y08  Key™*™  patrem  dominum  Alamannum  tituli  sancti  Eusebii 
sancte  Bomane  ecclesie  cardinalem  vestramque  sentenciam  pronunciari, 
decerni  et  declaraii  confirmacionem  predictam  ac  omnia  inde  secuta  fdisse 
et  esse  post  delacionem  appellacionis  attemptata  et  innovata  nee  non  ut 
talia  cassanda,  irritauda,  revocanda  et  annullanda  |  fore  ac  per  vos  cas-  f.  886. 
sariy  irritariy  i-evocari  et  annullari  ipsumque  Alssonem  in  expensis  prop- 
terea  in  bniusmodi  causa  coram  yobis  legitime  factis  condempnandum  fore 
et  per  tos  condempnari. 

Qua  oblata  nos  Alamannus  cardinalis  iudex  et  commissarius  supra- 
dictus  ad  predicti  magistri  Gerardi  de  Werdena  procuratons  quo  supra 
nomine  instanciam  supradictum  magistrum  lohannem  Helling  procu- 
ratorem  ex  adverso  ad  videndum  et  audiendum  per  nos  in  hac  causa  pro- 
nunciari  ac  nostram  sentenciam  ferri  et  promulgari  per  nostrum  portirium 
iuratum  citari  mandayimus  et  fecimus  ad  cei*tum  peremptorium  teiminum 
congmentem»  videlicet  ad  diem  et  horam  inferius  annotatas.  Quem  eciam 
terminum  eidem  magistro  Gerardo  de  Werdena  procuratori  instanti 
prefiximus  tunc  ad  idem.  Adveniente  igitur  huinsmodi  termino  comparuit 
indicialiter  coram  nobis  magister  Gerardus  de  Werdena  procurator  nomine 
procuratorio  quo  8upi*a  et  in  contumaciam  *  supradicte  partis  adverse  sen- 
tenciam per  nos  in  bac  causa  iuxta  et  secundum  formam  peticionis  per 
ipsnm  Oblate  ut  prefertur  feni  et  promulgan  debita  cum  instancia  postu- 
laYft.  Nos  tunc  Alamannus  cardinalis  iudex  et  commissarius^  supi-adictus 


*  Cod.:  contuam.         ^  Cod.:  ad  admissis.         <^  Cod.:  conessarius. 

27* 


410 

dictam  pai*tem  adversam  non  comparentem  neqne  hniüsmodi  termino 
satisfacientem  imputavirnus  id  dictante  iusticia  contumacem  et  in  eins 
contumaciam  visis  primitus  et  per  nos  diligenter  inspectis  omnibns  et 
singulis  actis  actitatis  literis  scripturis  instramentis  inribus  et  muni- 
mentis  ac  testium  deposicionibus  supradictis  in  hac  causa  habitis,  ex- 
hibitis  et  productis  eisque  cum  diligencia  debita  ac  deliberacione  matura 
recensitis  de  iurisperitorum  consilio  ad  nostram  in  hac  causa  proferendam 
sentenciam  duximus  procedendum  et  processimus  eamque  per  ea  qne  tI* 
dimus  et  cognovimns  ac  de  presenti  cognoscimus  et  yidemus  in  scriptis 
tnlimus  et  promulgavimus  ac  presentibus  promulgamus  et  ferimus  in 
hunc  modum:  De  iurisperitorum'  consilio  per  haue  nostram  sentendam 
quam  ferimas  in  hüs  scriptis  pronunciamus,  decernimus  et  declaramos 
confirmacionem  predictam,  ac  omnia  inde  secuta  fuisse  et  esse  post  dela- 
cionem  appellacionis  attemptata  et  innovata  nee  non  ut  talia  cassanda, 
irritanda  et  revocanda  et  annullanda  fore  ac  cassamus,  irritamus  reTO- 
camus  et  annullamus  ipsumque  Alssonem  in  expensis  propterea  in  hniüs- 
modi causa  coram  nobis  legitime  factis  condempnandum  fore  et  condemp* 
namus.  Quarom  expensarnm  taxacionem  nobis  in  posterum  reservamas. 
In  quoram  omniam  et  singulorum  premissomm  fidem  et  testimonium 
presentes  nostras  literas  sive  presens  publicum  instrumentum  exinde  fieri 
et  per  Theodericum  notarium  publicum  nostrumque  et  hniüsmodi  cause 
scribam  ac  secretarium  infrascriptum  subscribi  et  publicari  mandayimus 
nostrique  sigilli  appensione  muniri.  Lecta,  lata  et  in  scriptis  promulgata 
fuit  hec  presens  sentencia  per  nos  Alamannum  cardlnalem  iudicem  et 
commissarium  Constancie  nobis  inibi  hons  yesperarum  causai'um  consueta 
ad  iura  roddendum  pro  tribunali  sedentibus  sub  anno  a  natiyitate  Domini 
f  887.  1^1  "^  indiccione  decima  die  vero  Veneris  XVI*  |  mensis  lulii  apostolica 
sede  vacante.  Presentibus  ibidem  reverendo  patre  domino  Nicoiao  sedis 
apostolice  prothonotario  Pratensi  vulgariter  nuncupato  vonerabili  Tiro 
domino  lohanne  de  Laudis  licenciato  in  decretis,  archidiacono  Wltera- 
nensi  et  magistro  GerardoLupi  literamm  apostolicarum  scriptore  testi* 
bus  ad  premissa  yocatis  specialiter  et  rogatis. 

Et  ego  Theodericus  de  Goy  clericus  Traiectensis  diocesis 
publicus  imperiali  auctoritate  notarius  approbatus  reverendissimi  in  Christo 
patris  et  domini  domini  Alamanni  cardinalis  iudicis  et  commisearii  pre* 
fati  in  causa  et  causis  huiusmodi  coi-am  eo  scriba,  quia  prefate  sentencia 
in  scriptis  promulgacionum  omnibnsque  aliis  premissis  dum  sie  ut  pre* 
mittitur  per  prelibatum  dominum  cardinalem  iudicem  et  commissarium  ac 


Cod.:  iusperitonim. 


411 

coram  eo  agerentor  et  fierent  una  cum  preoominatis  testibas  prescns 
interfui  eaque  omnia  et  singula  sie  fieri  Tidi  et  audivi,  ideo  hoc  presens 
pablicum  instromentum  per  alium  Meiern  me  aliis  occnpato  negociis  fide- 
liter  scriptum  de  mandato  ipsius  domini  cardinalis  iadicis  et  commissarii 
prins  in  notam  recepto  exinde  confeci  subscripsi  publicavi  et  in  hanc  pn- 
blicam  formam  redegi  signoque  et  nomine  meis  solitis  et  consnetis  una 
com  appensione  sigilli  sepedicti  domini  cardinalis  iudicis  et  commissarii 
sigaaTi  rogatus  et  requisitus  in  fidem  et  testimonium  omnium  et  singo- 
lomm  premissoinim. 

Nr.  26. 

Cardinftl  Branda,  Yom  Papste  Martin  V.  bestellter  Commissär  in 

der  Streitfrage  um  das  Olmützer  Bisthnm,  richtet  eine  Gitation 

an  den  Eindringling  Alei.    Constanz,  1418,  Mai. 

(Cod.  arch.  terr.  Mor.  Cerr.  358,  p.  879—882.) 

Univei'sis  et  singulis  Christifidelibus  et  preseiüm  Boemie  naciouis  p.  879. 
Branda  miseracione  divina  tituli  sancti  Glementis  sacrosancte  Komane 
ecclesie  presbyter  cardinalis  Placentinensis  vulgariter  nuncupatus, 
iudex  et  commissarius  causarum  et  cause  ac  partibus  infrascriptis  a  do- 
miao  nostro  papa  specialiter  deputatus  salutem  in  Domino  et  mandatis 
oostris  hniusmodi  ymmo  verius  apostolicis  fii-miter  obediro.  Noveritis 
qnod  nuper  sanctissimus  in  Christo  pater  et  dominus  noster,  dominus 
Martin  US  divina  provideucia  papa  quintus  qnandam  commissionis  sive 
BQpplicacionis  cedulam  nobis  per  certum  suum  cursorem  prescntari  fecit, 
quam  reverenter,  prout  decait,  recepimus  huiusmodi  sub  tenore : 

Beatissime  pater.  Yacante  alias  ecclesia  Olomucensi  per  obitum 
bonememorie  domini  Wenceslai  quondam  patriarche  Anthioceni  et  dicte 
eeclesie  dum  vixit  commenda(ta)rii  venerabiles  Tiri  domini  canonici  ipsius 
ecdesie  devotam  creaturam  s.  c.  Alssonem  presbyterum  de  militari  ge- 
nere  procreatum,  tunc  ecclesie*  sancti  Petri  Wissegradonsis  Pra- 
tensis canonicum  in  suum  elegerunt  episcopum  et  pastorem,  licet  nonnulli 
61  eiusdem  ecclesie  canonicis  ante  terminum  eleccionis  indicte  aliis  cano- 
nicis  absentibus  et  in  civitate  et  provincia  P ragen si  constitutis  minime 
Tocatis  seu  saltem  debite  expectatis  reverendum  patrem  dominum  lohan- 
nem  episcopnm  Luthomisslensem  ad  eandem  ecclesiam,  ut  dicitur, 
postolarnnt.  Et  licet  precedente  proclamacione  seu  crida  solitis  et  con- 
suetis  eleccio  dicti  domini  Alssonis  per  dominum  Conradum  archiepi- 


•  Cod.:  ecclesia. 


412 

scopum  Pragensem,  in  cuias  metropoli  dicta  ecclesia  Olomncensis  dta 
eititit  vacante  sode  apostolica  confirmata  fuisset,  ipseque  dominas  Alsso 
dicte  ecclesie  Olomucensis  possessionem  assecutns  extitisset  ac  teneat 
de  presenti,  prefatur  tarnen  dominus  episcopus  Luthomisslensis 
dicta  tali  quali  sue  pretense  postnlacioni  innitens  mlssis  per  eom  certis 
Buis  nuociis  ad  sacinim  generale  Constanciense  concilinm  tacitoque  de 
eleccione  et  confirmacione  domini  Alssonis  predicti  falsoqne  per  eos  con- 
ficto,  qnod  dictus  dominas  Alsso  dampnate  Wiklefistarum  secte  adhe- 
reret,  intei-venientibus,  nt  creditur,  nonnuUoinim  dicti  domini  Alssonis 
emuloram  suggestionibus,  dictam  ecciesiam  Olomucensem  ad  certum 
tempus  iam  dudum  effluxum  per  dictam  saciiim  concilinm  sibi  obtinoit 
commondari  et  vigore  commende  administi*acionem  huiasmodi  contra  pre- 
fatum  dominam  Alssonem  canonicos  ecclesie  Olomncensis  et  ipsis  ad- 
herentes  at  dicitar  certos  pretensos  processas  pönales  fulminavit,  a  quibos 
pro  parte  dicti  domini  Alssonis  ad  prefatum  saciiim  concilinm  appellato 
et  caasa  appellacionis  hniasmodi  et  negocii  principalis  primo  Yenerabili 
viro  dominoBertholdo  de  Wildungen  sacri  palacii  apostolici  caasarum 
auditori  et  deinde  reverendissimo  patri  domino  A.  cardinali  Pisano  dici- 
tar fuisse  commissa;  quique  dominus  A.  cardinalis  Pisanus  forte  caoM 
meiitis  minus  rite  examinatis  per  suam  pretensam  sentenciam  confirma- 
cionem  eleccionis  dicti  domini  Alssonis  exponentis  per  dictum  dominom 
ai-chiepiscopum  Pragensem  factam  in  omnibus  inde  secntis,  ut  didtur, 
annullavit  et  cassavit  cum  condempnacione  expensarum;  a  quo  appellato 
et  causa  appellacionis  commissa  reverendissimo  patri  domino  F.  cardinali 
Veneciarum,  ipseque  dominus  F.  cardinalis  in  causa  ipsa  rite  etma- 
ture  procedens  prefati  domini  cai^dinalis  Pisani  sentenciam  pretensam  per 
suam  sentenciam  annullavit  ipsumque  dominum  lohannem  episcopom 
Luthomisslensem  in  exposicionibus  coram  se  et  dicto  domino  cardinali 
Pisano  factis  condempnavit;  a  qua  appellato  et  causa  appellacionis  hoius- 
modi  commissa  reverendissimo  patri  domino  cardinali  Placentinensi, 
coram  quo  ad  nonnullos  actus  dicitur  processum,  cuius  cause  statom 
S.  y.  dignetur  habere  pro  expressis.  Et  licet  beatissime  pater  S.  Y.  dicto 
p.880.  domino  cardinali  Veneciarum  eciam  inter  cetera  commisei*at,  ut  se  |  de 
eleccione  et  confirmacione  ac  habilitate  et  idoneitate  persone  dicti  domini 
A.  exponentis  infoimaret  et  S.  V.  referret  firmiterque  testes  super  pre- 
missis  per  eum  recepti  et  examinati,  interim  tamen  lite  sie  pendente  in- 
decisa  dictus  cardinalis  Pisanus,  qui  iam  dictum  A.  gravavit,  eum  plus  gra- 
vando  testes  pro  pai*te  dicti  domini  lohannis  episcopi,  ut  dicitar,  recepit, 
pro  parte  dicti  A.  ad  hoc  minime  vocata,  ad  cuius  relacionem  eciam  dicta 
lite  pendente  S.  V.  ut  dicitur  factam  V.  S.  dicto  domino  lohanni  episcopo 


413 

Luthomisslonsi  de  dicta  ecclesia  Olomucensi  lite  huiusmodi  adhuc 
coram  dicio  domino  cardinali  pendente  indocisa  dicitur  providisse.  Suppli- 
caior  igitor  humiliter  S.  V.  pro  parte  prefati  domiDi  Alssonis  electi, 
quatenus  causam  et  causas  buiusmodi  quam  seu  qoas  moYot  seu  movere 
iütendit  prefato  domino  lohanni  episcopo  tarn  super  ecclesia  Olomucensi 
quam  eciam  pretense  postulacionis  ac  nullitatis  et  ininsticie  ipsius  ac 
processuum  inde  secutorum  quam  nullitatis  processus  per  dominum  car- 
dinalem  Pisanum  in  recepcionem  pretensorum  testium  partis  advei-se  ha- 
biti  committere  alicui  ex  reverendissimis  patiibus  sancte  Bomane  ecclesie 
cardinalibus  audiendis,  decidendis  et  fine  debito  terminandis  cum  omnibus 
et  singulis  emergendis,  incidendis,  dependendis  et  connexis  cum  potestate 
citandi  ipsum  dominum  lobannem  episcopum  prefatum  eiusque  alios  et 
singulos  Bua  communiter  vel  divisim  interesse  putando*  per  edictum  pu- 
blicum in  Bomana  curia  et  in  pai-tibus  in  civitate  Olomucensi,  cum  ad 
eum  non  patet  tutu9  accessus,  tociens  quociens  opus  fuerit  affigendum, 
nee  non  inhibendum  dicto  domino  episcopo,  ne  lite  buiusmodi  pendente 
indecisa  aliquid  innoyet  yel  attemptet  eciam  sub  penis  ecclesiasticis,  de 
quibus  sibi  videbitur,  non  obstante,  quod  causa  seu  cause  huiusmodi  for- 
san  de  sui  natura  non  sint  in  dicta  curia  tractande  seu  finiende  aut  ad 
eam  legitime  devolute  stilo  palacii  constitucionibus  apostolicis  et  aliis  in 
contrarium  editis  non  obstantibus  quibuscunque.  In  fine  vero  dicte  com- 
missionis  sive  supplicacionis  cedule  scripta  erant  de  alterius  manus  litei*a 
superiori  litere  ipsius  cedule  penitvs  et  omnino  dissimili  et  diversa  bec 
ferba  Tidelicet:  De  mandato  domini  nostri  pape: 

Attdiat  reyerendissimus  pater  dominus  cardinalis  Placentinus,  mo- 
neat  dictum  Alssonem  intrusum  et  eins  adherentes  sub  penis  et  censu- 
ris  etc.  quod  desistant  ab  occupacione  etc.  cum  citacione  optima  in  casu  etc. 
eciam  per  edictum.  Posterius  quidem  commissione  siye  supplicacione  ce- 
dule presentacione  et  recepcione  productis  eciam  nobis  per  honorabilem 
fimm  magistimm  Gerardum  de  Verdena  in  Romana  curia  et  dicti 
reverendi  patris  domini  lobannis  episcopi  Luthomisslensis  princi- 
palis  indicta  nobis  facta  et  presentata  commissione  principaliter  nominati 
procuratorem,  de  cuius  procuratorio  mandato  nobis  legitima  extitit  facta 
fides  nonnullis  testibus  fide  dignis  ad  infojmandum  animum  nostrum  de 
non  kto  accessu  ad  ipsum  Alssonem  et  alios  adherentes  ipsisque  testi- 
bus per  nos  rite  receptis,  admissis,  iuratis  et  fideliter  examinatis.  Sub- 
sequenter  fuimus  per  eundem  magistrum  Gerardum  de  Werdena  pro- 
«iratorem  quo  supra  nomine  coram  nobis  constitutum  debita  cum  iustan- 

'  Cod.:  pataff. 


414 

cia  requlsiti,  quatenus  sibi  literas  monitorias  ot  in  eventum  citatorias 
contra  et  adyei*8us  Alssonem  principalem  in  eadem  nobis  facta  et  pre- 
sentata  commissione  principaliter  nominatnm  eiusqne  occasione  predicte 
ecclesie  Olomncensi  adherentes  per  edictum  publicum  in  Bomana  curia  et 
in  partlbus  in  locis  circumyicinis  exequendum,  iuxta  yim  formam  et 
effectum  signature  commissionem  supi-adicte  decernere  et  concedere  digna- 
remur.  Nos  igitur  Branda  cardinalis  iudex  et  commissarins  prefatus 
attendentes  huiusmodi  requisicionem  fore  iustam  et  consonam  racioni 
volentesque  in  causa  et  cansis  ac  negocio  huiusmodi  rite  et  legitime  pro- 
p.88l.  cedere  ac  partibus  ipsis  dante  |  Domino  insticiam  ministrare,  ut  tenemnr, 
et  quia  ex  informacione  testium  predictorum  reporimus  ad  ipsum  Alsso- 
nem et  eius  adherentes  tutum  non  patere  accessnm,  idciico  auctoritate 
apostolica  nobis  in  hac  paii;e  commissa,  per  hoc  presens  publicum  edictam 
in  audiencia  publica  literarum  contradictarum  dicti  domini  nostri  pape 
legendum  ac  Talvis  seu  portis  sancti  Stephani  Constanciensis  pro 
loco  audiencie  causarum  apostolice  specialiter  depntate  ac  cathedralis  Con- 
stanciensis necnon  in  partibus  et  locis  circumyicinis  Olomucensis  et 
Luthomisslensis  cathedralium  ecclesiarum  affigondum,  prefatos  Als- 
sonem inti-usum  eiusque  adherentes  tenore  presencium  requirimas  et 
monemus  pnmOy  secundo,  terclo  et  peremptorio '  eisque  nichilominus  et 
eorum  cuilibet  in  yirtute  sancte  obediencie  et  snb  excommunicacionis 
aggrayacione,  reaggrayacione  ac  ecclesiastici  interdicti  in  loca  ponendi  ad 
que  tales  declinari  contigerit^  ac  priyacionem  et  inhabilitacionem  benefi- 
ciornm  dignitatum  et  bonoioim  feudal i  um  ecclesiasticorum  quoiimicunque 
obtentorum  et  obtinendorum  peius  quos  ipsos  et  eoinim  qnemlibet  contra 
facientem  incurrere  volumus  ipso  facto,  nisi  fecerint  que  mandamus  di- 
stricte  precipiendo  mandantes  quatenus  infra  duodecim  dierum  spaciam 
post  lecturam  in  audiencia  publica  et  affixionem  et  apposicionem  in  yalyis 
seu  portis  antedictis,  nee  non  publicacionem  et  execucionem  presendam 
modo  et  forma  premissis  factis  immediate  sequentibus  °,  quorum  duodecim 
dierum  quatuor  pro  primo,  quatuor  pro  secundo  et  reliquos  quatuor  dies 
eis  et  eorum  cuilibet  pro  tercio  et  peremptorio  termino  ac  monicione  ca-^ 
nonica  assignamus.  Ipse  Alsso  et  alii  sibi  adherentes  seu  alias  bonorum 
dicte  ecclesie  Olomucensis  occnpatores  ab  occupacione  et  detencione  eccle- 
sie Olomucensis  possessioneque  eiusdem  ecclesie  nee  non  ciyitatnm,  ter- 
rarum,  castrorum,  yillarum  et  aliorum  quorumcunque  bonorum  ad  eandem 
ecclesiam  spectancium  et  peii;inencium  desistant,  illisque  prefato  domino 
lohanni  episcopo  seu  eius  legitime  procuratori  legitime  cedant  et  illam 


•  Cod.:  peremptoris.         ^  Cod.:  coutingorit.         **  Cod.:  sequent 


415 

seu  ilia  dimittant  realiter  et  cum  effectu  et  amplius  se  de  eisdcm  non 
miromittant  noc  de  cetero  eundem  dominum  lohannem  episcopum  super 
Ulis  impediant,  molestent  vel  perturbent  seu  per  alios  impediri  procurent 
nee  non  infitt  triginta  dies  dictos  duodecim  dies  immediate  sequentes  se 
Dostris  hoiusmodi  monicionibus  paruisse  nos  vel  alium  loco  uostii  forsan 
Burrogandom  iudicem  et  commissarium  certificent,  alioquin  dictis  teiminis 
elapsis  per  simile  edictum  modo  et  forma  premissis  exequendum  pre&tum 
Alssonem  et  sibi  adherentes  citamus,  quatenus  yicesima  die  post  publi- 
cacionem  presencium  modo  et  forma  premissis  factam  et  terminos  ante- 
dictos  immediate  sequentes,  si  dies  ipsa  vicesima  inridica  fuerit,  et  nos 
Yel  alius  loco  nostri  forsan  surrogandns  iudex  et  commissaiins  ad  iura 
reddendnm  pro  tribnnali  sederimus  Tel  sederit,  alioquin  proxima  die  iuri- 
dica  extunc  immediate  sequente  qua  nos  vel  surrogandum  iudicem  et  com- 
missarium predictum  Constancie  vel  alibi,  ubi  tnnc  foi'san  dictns  dominus 
noster  papa  cum  sua  curia  residebit,  hora  vesperainim  vel  quasi  consueta 
ad  iui-a  reddendum  pro  ti'ibunali  sedere  contigeret,  compareant  in  iudicio 
coram  nobis  vel  surrogando  predicto  per  se  vel  procuratorem  seu  procu- 
ratores  suos  ydoneos  ad  causam  seu.causas  buiusmodi  sufficienter  in- 
stnictos  se  sentencias  et  penas  ac  censuras  predictas  incidisse  declai'ari 
visori  ac  causam  racionabilem,  quaie  id  fieri  non  debeat  allegaturi,  alias- 
qae  dicturi,  facturi,  audituri  |  et  recepturi,  quod  iusticia  suadebit  et  ordop.882. 
dictaverit  racionis,  ceiüficantes  nichilominus  eosdem  monitos  et  citatos, 
quod  sive  in  dicto  citacionis  termino,  ut  premissum  est,  comparere  cura- 
verint  sive  non,  nos  nichilominus  vel  suiTogandus  predictus  ad  declara- 
donem  buiusmodi  alias  ad  premissa  omnia  et  singula  prout  de  iure  pote- 
rimus  sive  poterit  procedemus  sive  procedet  dictorum  monitorum  et  cita- 
torum  absencia  seu  contumacia  in  aliquo  non  obstante  loca  vero  audiencio 
pablice  contradictarum  ac  valvarum  seu  portaimm  predictarum  ecclesiarum 
tamquam  publica  et  ydonea  ad  monicionem  et  citacionem  nostras  buius- 
modi publicandas  ad  instar  edictorum  publicorum,  que  olim  in  albo  preto- 
rio  scribebantur  duximus  eligenda,  que  presentes  nostras  citacionem  et 
monicionem  suo  quasi  sonoro  preconio  ac  patulo  iudicio  publicabunt  in 
qaibus  ipsas  monicionem  et  citacionem  modo  premisso  decrevimus  publi- 
candas, ne  prenominati  Alsso  ex  adverso  principalis  et  sibi  adherentes 
sie  moniti  et  citati  de  premissis  ignoranciam  aliqnaliter  pretendere  valeant 
seu  in  posterum  quomodolibet  allegare,  cum  non  sit  verisimile  apud  dictos 
sie  monitos  et  citatos  remanere  incognitum  quod  tam  patenter  et  notorie 
extitit  Omnibus  publicatum,  volentes  nichilominus  et  dicta  auctoritate 
apostolica  decernentes  quod  buiusmodi  monicio  et  citacio  prefatos  monitos, 
et  citatos  taliter  arceat  et  astringat  ac  si  eis  eorum  cuilibet  fuissent 


416 

08sent  prosencialiter  et  personaliter  intimate  et  insinuate.  In  qüornm 
omnium  et  singulorem  fidem  et  tostimonium  pi-omissoi-um  presentes  no- 
stras  literas  sive  presens  publicum  instrnmentum  huinsmodi  nostras  mo- 
nicionem  et  citacionem  in  se  continentes  si?e  continens  exinde  fieri  et  per 
Henricum  notarium  publicum  nostramqne  et  huiusmodi  cause  coram  nobis 
scribam  infrascriptum  subscribi  et  publicari  mandaYimus  nostrique  sigilli 
iussimus  et  fecimus  appensionem  communiri. 

DatumetactumGonstancieprovincieMaguntinensisindomibns 
nostre  solite  residencie  sub  anno  a  nativitate  Domini  1418  indiccione  II. 
Mensis  Maii  pontificatus  dicti  domini  nostii  domini  Martini  pape  Y  anno 
primo  presentibus  ibidem  reverendo  in  Christo  patre  domino  Alexio  epi- 
scopo  Placentino  nee  non  venerabili  viro  domino  Nicoiao  de  LiptoTia 
preposito  We  sprunnensi  testibus  ad  premissa  yocatis  specialiter  et  rogatis. 

Et  ego  Henricus  Benner  clericus  Padeburnensis  dioeesis 
publicus  apostolica  auctoritate  notarius  dictique  reverendissimi  in  Christo 
patris  et  domini  domini  Brande  cardinalis  indicis  et  commissarii  caosa- 
i*um  et  cause  huiusmodi  coram  eo  scriba,  quia  presentis  monitorii  peticioni 
eiusque  decreto  omnibusque  aliis  et  singulis  dum  sicut  premittitur  age- 
rentur  et  fierent  una  cum  prenominatis  testibus  presens  interfui  atqoe 
sie  fieri  vidi  et  audivi,  ideo  presens  publicum  instrumentum  huinsmodi 
monitorium  in  se  continens  per  alium  me  aliunde  occupato  fideliter  scrip- 
tum de  mandato  ipsius  domini  cardinalis  iudicis  et  commissarii  exinde 
confeci,  publicavi  et  in  hanc  publicam  formam  redegi  signoque  et  nomine 
meis  solitis  et  consuetis  una  cum  profati  domini  cardinalis  iudicis  et 
commissarii  sigillo  signavi  rogatus  et  requisitus  in  fidem  et  testimonium 
omnium  et  singulorum  premissorum. 

Nr.  27. 

Der  Eidschwnr  des  erwählten  Bitchoft  AleS  von  Olmütz  Yor  dem  Sri- 
bischof  Konrad  von  Prag,  der  katholischen  Kirche  treu  zu  bleiben  und 
sich  der  Wiclifistisohen  Secte  fernzuhalten  und  sie  aosznrotten.  1416. 

luramontum  Alssonis  episcopi  Olomucensis  factum  coram  Conrado 

in  confiimacione  sua. 

(E  cod.  bibl.  pal.  Vindob.  8934,  fol.  148  •.) 

1  •  Ego  A.  eloctus  ecclesie  0.  promitto  et  iuro,  quod  ab  hac  hora  et  in 

antea,  quamdiu  vixero,  fidelis  et  obediens  ero  beato  Petro  sanctequo  apo- 
stolice  Romane  ecclesie  ac  concilio  Constanciensi  et  pape  futuro,  qni 


•  Die  Ziffern  sind  in  gleicher  Weise  am  Rande  vermerkt 


417 

eanonice  per  concilium  eligetur  suisque  succossoribus  canonice  intrantibus 
et  Yobis  reverendo  in  Christo  patri  domino  C.  archiepiscopo  P.  metropoli- 
tano  meo  et  apostolice  sedis  legato  ac  vestns  successoribus. 

2.  Non  ero  in  consilio,  consensu  vel  facto,  ut  vitam  perdant  aut  mem- 
bram  yel  capiantnr  mala  capcione. 

3.  GonsUinm  vero,  qnod  mihi  credituri  sunt  aut  per  nancios  sive  lite- 
ras,  nulli  manifestabo  ad  eorum  dampnum  me  sciente.    n 

4.  Papatum  Bomanom  et  regalia  sancti  Petri,  adiutor  eis  ero  ad  reti- 
neodum,  defendendum  et  recuperandum  salvo  meo  ordine  contra  omnem 
hominem. 

5.  Ac  honorem  et  statam  ipsonim,  in  quantum  in  me  fuerit,  conser- 
Tabo,  ipsisque  adherebo  et  pro  posse  fiavebo. 

6.  Legates  et  nuncios  sedis  apostolice  benigne  in  teiTis  ecclesie  mee 
soscipiam,  dirigam*  et  defendam  securumque  ducatam  prestabo  eisdem  ac 
in  enndo  et  redeundo  honorifice  tractabo  et  in  suis  necessitatibus  iuvabo 
nee,  quantum  in  me  fuerit,  permittam  eis  aliquam  iniuiiam  fieri  vel 
iaferri. 

7.  Et  quibuscunque  qui  contra  premissa  Tel  eorum  aliquod  conarentur 
aliquid  attemptare,  quantum  potero,  me  opponam  eosque  pro  posse  im- 
pediam. 

8.  Offensiones  et  dampna  predicti  domini  nostri  pape  et  dicte  Romane 
ecclesie  ac  paternitatis  vestre,  quantum  potero,  evitabo. 

9.  Et  non  ero  in  consilio  vel  in  facto  seu  tractatu,  in  quibus  contra 
ipsum  vel  eandem  Romanam  ecclesiam  aliqua  sinistra  vel  preiudicialia 
machinentur,  et  si  talia  ab  aliqnibus  procurari  novero  vel  tractari  impe- 
diam,  hec  pro  posse  et  quantocius  potero,  commode  significabo  alteri,  per 
quem  possit  äd  eorum  noticiam  pervenire. 

10.  Yocatus  ex  quacunque  causa  ad  synodum  seu  ad  cos  accedam,  nisi 

prepeditus  fuero  canonica  prepedicione,  eisque  obedienciam  et  reverenciam 

debitas  exhibebo  et  prestabo. 
U.  Apostolorum  limina  Romane  curie  existente  (sie)  singulis  annis, 

ultra  vero  montes  bienniis  singulis  visitabo  aut  per  me  vel  per  nuncium 

meum,  nisi  apostolica  absolvat  licencia. 

12.  PoBsessiones  vero  ad  mensam  meam  episcopalem  pertinentes  non 
vendam  nee  dabo  nee  inpignorabo  nee  de  novo  infeudabo  nee  aliquo  modo 
alienabo  inconsulto  Romano  pontificatu. 

13.  Item  iure  canones  sanctorum  patrum  et  constituciones  ac  consue- 
tndines  sancte  Romane  ecclesie  circa  ministracionem  corporis  Christi  per 


Cod.:  digeram. 


418 

me  et  michi  in  diocesi  mea  subiitos  tenere  et  fideliter  obsei'Yai*e,  nuUas 
novitates  circa  miüi8ti*acionein  sacramentorum  et  sacre  eukaristie  faciendo 
aut  permittendo. 

14.  Quodque  nallam  suspectum  de  secta  Wiclofistarum  taeri  aat 
meis  officialibus  in  spiritualibus  ad  quodcunque  beneficium  ecclesiasticum 
prasentandum  nee  per  me  nee  per  meos  officiales  recipiam  nee  eos  con- 
firmato  nee  confirmare  admittam. 

15.  Nee  eeiam  aliquos  ex  ipsis  ad  sacros  ordines  ordinandos  peimittuD 
ordinäre  seienter. 

16.  Et  si  aliqui  ab  ipsoiiim  beneficiis  sunt  aut  fuerint  amoti  violenter 
aliis  intimsis  in  locum  ipsomm,  euram  animamm  non  committam  nee 
committi  admittam,  sed,  quantnm  potero,  inetabo  ut  sie  amoti  ad  ipsomm 
benoficia  restitaantnr  eum  effectn. 

17.  Item  inro,  qnod  articulos  lohannis  Wicleff  et  lohannis  Has  con- 
dempnatos  et  alios  quosenmque  erroneos  et  heresim  ss^^ientes  non  tenebo 
nee  tenentes  ant  dogmatisantes  eosdem  in  mea  diocesi  fovebo  et  ad  extir- 
pandum  huiusmodi  heresim  et  errores  in  eadem  mea  diocesi  diligendun 
cum  affectu  apponam  quam  potero  ampliorem. 

Sic  me  Dens  adiuvet  et  hoc  saneta  Dei  ovangelia.     * 


DEUTSCHLANDS 


SÜDÖSTLICHE   MAßKEN 


IM 


10.,  11.  UND  12.  JAHRHUNDERTE. 


VON 


D"  VICTOR  HASENÖHRL. 


MIT  6  KARTEN. 


§.  1.  Durch  die  Lechfeldschlacht  des  Jahres  955  war  den 
UDgameinfkllen  definitiv  ein  Ende  gemacht  worden.  Es  wurde 
nun,  und  zwar  —  wie  es  scheint  —  recht  bald  darauf  für  die 
Sicherung  der  südöstlichen  Grenze  des  Reiches  Vorsorge  ge- 
troffen, indem  man  zu  ähnlichen  Institutionen  zurUckgriff,  wie 
sie  in  diesen  Gegenden  unter  den  letzten  Herrschern  aus  dem 
karoUngischen  Hause  bestanden  hatten.  Seit  den  Siebzigerjahren 
des  10.  Jahrhunderts  tauchen  längs  dieser  Grenze  einzelne 
Markgrafen  auf^  und  nach  und  nach  vereinigen  sich  die  spär- 
lichen Nachrichten  jener  Zeiten  zu  einem  deutlichen  Bilde, 
welches  eine  ganze  Reihe  von  Marken  erscheinen  lässt,  die 
von  der  Grenze  Böhmens  an  bis  zur  Adria  zu  einem  vollstän- 
digen Systeme  festorganisirter  Grenzbewachung  sich  zusammen- 
schliessen. 

Die  Feststellung  dieser  Marken  und,  so  weit  es  möglich, 
ihrer  Begrenzung  soll  den  Gegenstand  dieses  Aufsatzes  bilden. 
Diese  Verhältnisse  sind  zwar  schon  wiederholt  wissenschaftlich 
untersucht  worden,  die  bisherigen  Arbeiten,  so  bahnbrechend 
und  scharfsinnig  sie  auch  sind,  erscheinen  jedoch  deswegen 
als  ungenügend,  weil  mit  geringen  Ausnahmen  die  einzelnen 
Forscher  immer  nur  mit  den  Zuständen  einer  Mark  sich  be- 
fiissten,  bei  der  Dürftigkeit  der  Quellen  und  der  Gleichheit 
der  Einrichtungen  in  den  einzelnen  Marken  jedoch  nur  eine 
zusammenfassende  Beobachtung  zu  einem  befriedigenden  Er- 
gebnisse ftlhren  kann. 

Vor  Allem  müssen  jedoch  einige  Irrthümer  beseitigt  wer- 
den, welche  auf  diesem  Gebiete  der  Forschung  nicht  wenig 
Verwirrung  hervorzurufen  drohen.  Es  handelt  sich  darum,  das 
Verhältniss  von  marchia  und  comitatus,  dann  aber  auch  die 
Bedeutung   des  Ausdruckes  pagus  flir  diese  Zeit  festzustellen. 


422 


I.  Marehla  and  eomltatas'^). 

§.  2.  In  zahlreichen  Urkunden  des  südöstlichen  Deutsch- 
lands wird  zur  näheren  Bezeichnung  der  Lage  einzelner  Orte 
gesagt,  dass  sie  sich  ,in  marchia'  befinden.  Trägt  man  die  auf 
solche  Art  gekennzeichneten  Oerthchkeiten  auf  einer  Land- 
karte ein,  so  sieht  man,  dass  sie  sich  über  einen  breiten  Gürtel 


*)  Erläuterung  der  Abkürzungen. 

A.  =  Archiv  für  österreichische  Geschichte,  herausgegeben  von  der  kaiser- 
lichen Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien. 
CDI.  =  Kandier,  Codice  diplomatico  Istriano. 

CDM.  =  Codex  diplomaticus  et  epistolaris  Moraviae  von  Boczek,  1836  f. 
D.  =  Fontes   rerum    Austriacarum,    2.  Abtheilung:    Diplomataria    et   Acta, 

herausgegeben  von  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  in 

Wien. 
Eichh.  Beitr.  =    Eichhorn,  Beiträge    zur  Geschichte    und    Topographie  des 

Herzogthuros  Kärnten,  1817  f. 
Horm.  Beitr.  =    Hormayr,    Kritisch-diplomatische    Beiträge    zur   Geschiebte 

Tirols  2,  1804. 
Horm.  W.  =  Hormayr,  Geschichte  Wiens. 
MB.  =  Monumenta  Boica. 
MG.  =  Monumenta  Germaniae,  Scriptores. 

OeLR.  =  HasenOhrl,  Oesterreichisches   Landesrecht   im    13.    und  14.   Jahr- 
hundert, 1867. 
OeW.    =   Oesterreichische  Weisthümer,   gesammelt  von  der  kais.  Akademie 

der  Wissenschaften  in  Wien,  1870  f. 
RB.  =  Meiller,    Regesten    zur    Geschichte    der    Markgrafen    und    Herzoge 

Oesterreichs  aus  dem  Hause  Babenberg,  1850. 
RK.  =  Ankershofen,  Urkunden-Regesten  zur  Geschichte  Kärntens  im  Archiv 

der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien  If. 
RS.  =  Meiller,  Regesten  zur  Geschichte  der  Salzburger  ErzbischOfe,  1866. 
Ruh.  =  Rubeis,  Monumenta  Ecclesiae  aquilejensis,  1740. 
Schumi  A.  =  Schumi,  Archiv  für  Heimatkunde,  1882  f. 
Sitzb.  =  Sitzungsberichte  der  kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften  in 

Wien. 
UK.  =  Urkunden-  und  Regestenbnch  des  Herzogthums  Krain,  herausgegeben 

von  Schumi,  1882  f. 
UNOe.  =  Niederösterreichisches  Urisundenbuch,  herausgegeben  vom  Vereine 

für  Landeskunde  von  Niederösterreich,  1891. 
UOE.  =  Urkundenbuch  des  Landes  ob  der  Enns,  herausgegeben  vom  Museam 

Francisco-Carolinum,  1 862  f. 
US.  =  Urkundenbuch   des  Herzogthums  Steiermark,   bearbeitet   von  Zahn, 

1876  f. 


423 

erstrecken,  welcher,  an  der  Grenze  Böhmens  im  heutigen  Ober- 
österreich  beginnend,  sich  über  Steiermark  und  Krain  bis  zur 
Südspitze  Istriens  ausdehnt.* 

Hierbei  müssen  einige  Verschiedenheiten  in  den  Bezeich- 
nungen hervorgehoben  werden. 

1.  Der  gesammte  Markboden  theilt  sich  in  Verwaltungs- 
bezirke, marchiae  in  diesem  Sinne,  welche  in  verschiedener 
Weise  benannt  werden. 

Die  älteste  Bezeichnung  der  einzelnen  Marken  besteht  in 
der  Angabe  des  sie  verwaltenden  Beamten.  So  kommt  vor: 
marca  Liutbaldi  985  *  und  c.  987  ^ ;  marcha  Emusti  1066  *  und 
1067  ö;  marchiaAdalbertil019«,  1020^,10218,  1035»;  marchia 
Sigefndi  1045*^;  marchia  Adalberonis  1000";  marchia  Gote- 
fridi  1048*«;  marchia  Otacharii  1056,  1059,  1140  *»;  marchia 
OdaWci  1063,  1066,  1067  **. 

Daneben  finden  sich  auch  besondere  Namen  für  einzelne 
Marken:  marchia  Osterriche  1058**,  1058*^,  1076*^;  riedmar- 
cha,  das  erste  Mal  1115  *8;  marchia  Styriae,  jedoch  erst  1215 
vorkommend*»;  marcha  Q-eina  973,  1040 «<>,  1058 «i,  1062", 
auch  marcha  Camiola  oder  Carniole  genannt  1070^^,  1077, 
1093^,  1132«^  1210,  1214,  1220,  1230  «^  marchia  Istria,  Istrie 
oder  Hystriensis  1062,  1066  «7,  1096^8,  1210,  1214,  1220,  1230«». 
Auf  die  Zugehörigkeit  zu  einem  Hinterlande  weist  hin  die  Be- 
nennung marchia  Karentana  oder  Carintina  1058  und  1059*^. 
Nach  der  geographischen  Lage  werden  bezeichnet  die  marchia 
transalpina  c.  1145^*,  dann  die  marchia  transsilvana  oder  trans 
silvam  1091  und  c.  1145^*,  nach  dem  Hauptorte  die  marchia 
pitoviensis  c.  1130^^.  Endlich  kommt  eine  Benennung  nach 
dem  angrenzenden  Lande  vor:  marchia  hungariae  1162^  und 


»  S.  die  Kartenbeilagen.  "  MB.  28,  1.  244.  »  UNOe.  1,  3. 

*  Horm.  W.  1.  6.         »  MB.  29,  1.  173.         •  MB.  11,  143.  »  MB.  6, 160. 

*  D.  31.  62.  »  KB.  6  n.  8.  »<>  CDM.  1,  118.  119.  "  US.  1,  40. 
"  US.  1.  64.             "  US.  1.  71,  76,  196.             "  UK.  1.  62,  55,  66. 

"  Horm.  A.  f.  Südd.  2.  235.  "  UNOe.  1.6.  "  D.  4.  188. 

"  UOE.  1.  149.  "  US.  2.  205.  ^  UK.  1.  11,  34,  36,  36. 

•*  Schumi  A.  1.  6.  "  UK.  1.  51.         »  D.  40.  314.  «*  UK.  1.  63,  67. 

"  Mitth.  d.  bist.  Vereines  f.  Krain  1856.  37. 

*•  Schumi  A.  1.  41,  156,  44,  168.  "  UK.  1.  50,  55.  «»  Rnb.  549. 

*•  Schumi  A.  1.  41,  156,  44,  158.  «^  US.  1.  74,  75.  "  US.  1.  238. 

"  US.  1.  100,  238.  »  US.  1.  143.  ^  UK.  1.  149,  150. 

ArehiT.  Bd.  LXXXII.  II.  U4lfte.  28 


424 

1186^^,  vorausgesetzt,  dass  damit  das  Grenzland  und  nicht  die 
Grenze  gegen  Ungarn  gemeint  ist^^. 

Will  nun  die  Lage  eines  im  Markgebiete  befindlichen 
Ortes  angegeben  werden,  so  wird  entweder  die  einzelne  Mark 
genannt,  oder  es  heisst  nur  im  Allgemeinen,  der  Ort  liege  in 
marchia.  Felicetti  ^^  meint,  letzteres  gelte  nur  filr  Orte,  welche 
im  Flussgebiete  der  Mur  von  Rötheistein  bis  zur  ungarischen 
Grenze  und  an  der  Rabnitz  liegen;  es  fehlt  jedoch  nicht  an 
Orten  im  Südsteiermark  und  Krain,  welche  ebenfalls  als  ^in 
marchia',  ohne  Beisatz,  gelegen  bezeichnet  werden,  und  zwar 
kommt  dies  in  Krain  auch  vor  der  späteren  Scheidung  der 
Mark  Krain  in  Camiola  und  Marchia  vor.  So  die  Flüsse  und 
Bäche  Souue,  Gurke,  Copriunize,  Ohodinie  und  Oguanie  1025, 
1028  und  1130  38,  die  Orte  Gamniz  und  Razwai  1100»»,  Roas, 
dann  die  Flüsse  Zottla,  Niringa,  Sowina  und  die  Berge  Frezniz, 
Dobrich  und  Stenniz  1130*^,  femer  Brunne  und  Roger  1145*S 
Gyrio  1174*^,  Wolchenberc  1191**,  Gemniz,  Holem  und  Reiste 
1196**,  endHch  die  Karthause  Seitz  1207  *».  Auch  die  Ver- 
gleichung  zweier  Urkunden  1224  und  1229*^  spricht  gegen 
Felicetti,  indem  Bemhardus  praepositus  Frisacensis  in  der  ersten 
als  archidiaconus  marchiae,  in  der  zweiten  als  archidiaconos 
marchiae  inferioris  bezeichnet  wird,  woraus  zu  entnehmen,  dass 
auch  die  Gegenden  der  sogenannten  marchia  inferior  einfach 
marchia  genannt  wurden. 

Vielleicht  können  wir  dasselbe  auch  flir  die  Ostmark  an- 
nehmen in  Urkunden,  welche  Orte  als  in  marchia  et  in  comi- 
tatu  marchionis  N.  gelegen  angeben,*^  da  wegen  des  zweiten 
,in'  der  Name  des  Markgrafen  nur  mit  comitatus  in  Verbin- 
dung zu  bringen  und  nicht  auch  auf  marchia  zu  beziehen  sein 
dürfte. 


»  US.  1.  650. 

'*  S.  unten  §.  8  bei  Note  8  f.    Ein  ähnlicher  Ausdruck,  marchia  bohemica, 

bedeutet  die  Grenze  gegen  Böhmen  und  nicht  eine  besondere  böhmische 

Mark;  s.  unten  §.  4  bei  Note  47. 
"  Beitr.  z.  K.  steierm.  Gesch.  9. 45. 
w  US.  1.  62,  54;  UK.  1.  85. 

»•  US.  1.  103,  104.  *o  UK.  1.  85.  "  US.  1.  «44.  *»  US.  1.  530. 

*»  UK.  1.  139.  **  D.  39.  101.  **  US.  2.  134.  «  US.  2.  814,  360. 

*'  Beispiele:   996,   1033,   1040  D.  31.  51,  74,  77;   1045  CDM.  1.  119;   1067 

KB.  8  n.  2. 


425 

Es  bestätigt  sich  also,  was  übrigens  schon  Felicetti*^  er- 
kannt hat^  dass  marchia  häufig  im  Sinne  von  Markboden 
überhaupt  gebraucht  wird,  dass  aber  auch  die  einzelnen 
Verwaltungsbezirke  des  Markbodens  als  marchiae  bezeichnet 
werden. 

Auf  dem  Markboden  ist  auch  von  Grafschaften  die  Rede, 
welche  meist  mit  den  Namen  ihrer  Inhaber  bezeichnet  werden, 
fiir  welche  aber  auch  eigene  Namen  sich  finden;  so:  comitatus 
Emestonis  Osterich  dictus  1055*^,  comitatus  Hengest  1042^*^, 
comitatus  Sovuina  oder  Souna  980,  1025,  1028  ^\  comitatus  Po- 
ponis  comitis  quod  Camiola  uocatur  et  quod  uulgo  Creina 
marcha  appellatur  973  ^*  oder  comitatus  Uuatilonis  —  Creina  uoci- 
tatus  1004^^,  comitatus  Camiole  1230^;  femer  comitatus  Istrien- 
8is  oder  Istriae  1012  ^^  1041  ß*^,  1102  ^^  1132^8,  1230^^ 

2.  Wenn  man  die  Urkunden  der  damaligen  Zeit  durch- 
mustert, so  findet  sich,  dass  die  Lage  eines  Ortes  nicht  selten 
durch  die  Angabe  bestimmt  wird,  der  Ort  sei  in  marchia  oder 
in  einer  einzelnen  benannten  marchia.  Es  kommt  aber  auch 
vor,  dass  von  einem  Orte  gesagt  wird,  er  liege  in  einem  ge- 
wissen comitatus  und  in  marchia;  endlich  wird  mitunter  nur 
der  comitatus  bezeichnet,  zu  welchem  der  Ort  gehört.  Auf 
diese  verschiedene  Ausdrucksweise  der  Urkunden  gründet  nun 
Felicetti  ^^  seine  Unterscheidung  der  Verwaltungsbezirke.  Nach- 
dem er  davon  gesprochen,  dass  zur  Kräftigung  der  Landes- 
hoheit die  im  Gebiete  der  Karantanermark  gelegenen  Graf- 
schaften in  der  Hand  des  Markgrafen  vereinigt  wurden,  sagt 
er  weiter:  ,In  dieser  Hinsicht  scheint  auch  die  königUche 
Kanzlei  Unterschiede  gemacht  zu  haben.'  Sie  bezeichnete  die 
Ortslage  mit  in  comitatu  marchionis,  in  marchia  et  comitatu 
marchionis  oder  in  marchia  marchionis,  je  nachdem  die  Güter 
,in  einer  Grafschaft  des  Markgrafen  oder  in  einer  Grafschaft 
der  Mark  oder  in  der  Mark  überhaupt  gelegen  sind^  Diese 
Worte  lassen  sich  fliglich  nur  so  auffassen,  dass  Felicetti  drei 
Gebiete  unterscheidet:  1.  Grafschaften,  welche  ohne  zur  Mark 
zu  gehören   einem   Markgrafen    unterstehen;    2.    Markgebiete, 

*■  A.  a.  O.  40.        *»  MB.  29,  1.  122.       »«  US.  1.  60.        »^  US.  1.  36,  52,  64. 
*•  ÜK.  1.  U.  w  UK.  1.  23.  »*  Schumi  A.  1.  158.  »  UK.  1.  25. 

»•  CDI.  *»  UK.  1.  73. 

»•  Mitth.  d.  hiat.  Vereines  f.  Krain  1856.  37.  *»  Schumi  A.  1.  158. 

*>  A,  a.  O.  32. 

28* 


426 

welche  eine  Grafschaft  bilden,  in  welchen  also  die  Grafschafts- 
verfassung besteht,  und  3.  Markboden  ausser  dem  Grafschafts- 
verbande. Diese  Ansicht  Felicettis  wurde  trotz  der  Bemer- 
kungen Hubers  *^^  von  Mell^*  aufgenommen,  jedoch  mit  einer 
Modification.  Meli  sagt:  ,In  marchia  et  comitatu  bezeichnet  • 
das  Gebiet,  das  die  Mark  und  die  an  dieselbe  sich  anschlies- 
sende Grafschaft  als  zusammengehöriges  Ganze  umfasst.  Soll 
jedoch  die  Ortsbestimmung  eine  genauere  sein,  so  wird  blos 
„in  marchia"  oder  „in  comitatu"  gesetzt/  Meli  unterscheidet  also: 
1.  die  Mark  und  2.  nicht  zur  Mark  gehörige  Grafschaften, 
über  welche  der  Markgraf  gebietet.  Heisst  es,  dass  der  Ort 
in  marchia  et  comitatu  liege,  so  wird  überhaupt  das  Gebiet 
gemeint,  dem  der  Markgraf  vorsteht;  sollen  hingegen  die  Be- 
standtheile  dieses  Gebietes,  Mark  und  Grafschaft  (oder  Graf- 
schaften), auseinandergehalten  werden,  so  ist  nur  von  marchia 
oder  nur  von  comitatus  die  Rede. 

Die  Unhaltbarkeit  dieser  Ansichten  erhellt  daraus,  dass 
sich  nicht  wenig  Orte  finden,  welche  in  den  Urkunden  einmal 
als  in  marchia,  ein  andermal  als  in  comitatu  gelegen  aufgeführt 
werden,  ohne  dass  sich  eine  in  der  Zwischenzeit  vorgefallene 
Aenderung  der  Verwaltungsbezirke  annehmen  Hesse.  Weiters 
liegen  aber  auch  die  Oertlichkeiten,  deren  Lage  in  der  einen 
oder  anderen  Art  bezeichnet  wird,  derartig  wirr  durcheinander, 
dass  sich  auf  diese  Verschiedenheit  der  Bezeichnungen  unmög- 
lich eine  Unterscheidung  der  Verwaltungsbezirke  gründen  lässt 

Zum  Nachweise  dessen  mögen  die  einzelnen  Markgebiete 
durchgegangen  werden®^. 

Beginnen  wir  mit  den  zuerst  besiedelten  Gegenden  Nieder- 
österreichs. Die  Vuachowa  wird  972  als  in  comitatu  Bur- 
chardi  marchionis  gelegen  bezeichnet;  wenig  Jahre  darauf, 
c.  987  heisst  es,  dass  die  in  der  Wachau  gelegenen  Orte 
St.  Michaelis,  Rosseza  und  Mutarun  und  der  ganze  Landstrich 
Donau  abwärts  bis  Chlepadorf  ^  in  marca  Liutbaldi  marchionis 
sich  befinden.     1002  wieder  kommt  vor,   dass  mitten  zwischen 


«*  Mitth.  d.  Inst.  f.  österr.  Geschichtsf.  6.  391. 

•*  Historische  und  territoriale  Entwicklung  Krains  40. 

^  S.  für  das  Nachfolgende    die  Kartenbeilagen  und  die  Quellenbelege  des 

O  rtsver  zeich  n  isses. 
**  Seither    verschwundene«    Dorf   bei    HoIIenbnrg,     Meiller    RB.  191   nud 

Karlin  D.S.  116. 


427 

diesen  Orten  Liupna  in  comitatu  Heinrici  gelegen  ist.  Chre- 
misa  (Krems)  findet  sich  995  in  marcha  et  in  comitatu,  1014 
in  comitatu  Heinrici.  Schreiten  wir  weiter  gegen  das  Tuliner 
Feld,  so  ist  Liliunhova  bei  Tulln  c.  987  in  marca  Liutbaldi, 
Tulna  selbst  1014  in  comitatu  Heinrici.  Um  Tulln  herum  er- 
scheinen Asparan,  Abbatestetin  und  Zeizinmure  in  marchia, 
Sigiharteschiriha  und  Frigendorf  in  comitatu,  Alarun  in  mar- 
chia et  in  comitatu.  In  der  Traisengegend  liegen  Treisima 
(St.  Polten)  und  östlich  davon  Persnicha  und  Plintindorf  in  der 
Mark,  Herzogenburch  und  Bribesendorf  dagegen  in  comitatu 
und  Pirchehe  in  marcha  Osterrichi  et  in  comitatu  Ernesti.  Im 
Westen,  südlich  von  der  Donau,  kommen  Crebezbach,  Ardacker, 
ad  Murun,  Chrellindorf  und  Rudnicha,  dann  die  Wasserläufe 
Urula,  Zuchaha  und  Ibisa  in  comitatu  vor,  ebenso  der  Enisi- 
walt,  dagegen  Zudamaresfelt  und  Niuuanhova  in  marchia  et  in 
comitatu.  Auch  Waidhoven  und  Holnstain  müssen  in  der  Mark 
gelegen  sein,  weil  sich  in  ihnen  die  der  Mark  eigen thümliche 
Abgabe  des  Markfutters  findet.  Im  Südosten  werden  die 
meisten  Oertlichkeiten  als  in  marchia  gelegen  bezeichnet,  so  der 
mens  Comagenus,  Bobsouua  und  die  Flüsse  Tristnicha  und 
Pistnicha,  es  kommt  aber  auch  Risinpcrch  in  comitatu  Sige- 
fridi  und  Mandeswerede  in  marchia  Osterriche  et  in  comitatu 
Emestes  vor.  Die  Flüsse  Fiscaha  und  Litaha  endlich  werden 
1045  und  1051  bald  als  in  marchia,  bald  als  in  comitatu  befindUch 
bezeichnet.  Blicken  wir  auf  das  linke  Donauufer,  so  finden  sich 
im  Westen  Nochilinga  und  die  Gewässer  Sabinichi  und  Ispera 
in  comitatu.  In  der  Gegend  der  oberen  Krems  erfolgt  die 
Tradition  des  Chotiwald,  an  dessen  Grenzen  die  noch  heute 
nachweisbaren  Oerflichkeiten  pratum  Wolfperti,  Sigin  und  Vo- 
gitisawa  erwähnt  werden  ^^,  coram  marchione  L.,  was  voraus- 
setzt, dass  diese  Gegend  zur  Mark  gehörte.  Dies  wird  auch 
dadurch  bestätigt,  dass  Markgraf  Leopold  den  Wald  später  in 
8uum  ius  traxit  ^®.  Im  Norden  Oesterreichs  liegen  silva  Rogacs 
einmal  in  der  marcha,  ein  andermal  in  comitatu,  silva  Hart 
und  Valchenstein  in  marchia,  Gravenberch  in  comitatu,  Bulka 
fluvius,  Ortvvinesdorf  und  Movriberg  in  marchia  et  in  comitatu. 
SüdUch   davon   an  der  Donau   sind  Abbadorf  und  Smidaha  in 


«  D.  8.  22,  142. 

"  Vgl.  auch  Tradition  LXXII  D.  8.  21,  welche  sich  auf  diese  Gegend  bezieht. 


428 

marha  et  comitatu,  Trebinse  in  marca  Liutbaldi  marchionis. 
Nordöstlich  kommen  Chrubet  und  Gowacisbrunnun  1063  in 
comitatu  Ernasti  marchionis,  Zaia  flumen  1045  einmal  in  marcha 
et  in  comitatu,  ein  andermal  in  comitatu  Sigefridi  marchionis 
vor.  Boumgarden  erscheint  1063  in  comitatu,  1067  in  marcha 
Emusti  marchionis.  Südlich  davon  findet  sich  Auerhiltesburch- 
stal  und  Frumahana  in  comitatu,  Sahsonaganc,  Orta,  Stout- 
pharrich  und  die  Maraha  in  der  Mark,  Stillefrida  endlich  in 
marcha  et  in  comitatu. 

Ueberblicken  wir  darnach  die  Landkarte,  so  finden  wir, 
dass  eine  Scheidung  des  Landes  nach  Mark  und  Grafschaft 
hier  ein  Ding  der  Unmöglichkeit  ist.  Nicht  einmal  das  lässt 
sich  behaupten  —  was  an  sich  am  plausibelsten  schiene  — 
dass  die  an  der  äussersten  Grenze  gelegenen  Landschaften 
nicht  zu  Grafschaften  gehörigen  Markboden  bildeten,  denn 
auch  da  werden  uns  Oertlichkeiten  als  in  comitatu  befindhch 
bezeichnet  (Boumgarden,  Chrubet,  Frumahana,  Risinperch), 
während  andererseits  auch  im  Innern  des  Landes  Orte  vor- 
kommen, von  denen  gesagt  wird,  dass  sie  in  marchia  Hegen, 
ohne  dass  ein  comitatus  erwähnt  würde  (St.  Michaelis,  Rosseza, 
Mutarun,  Hart). 

In  Steiermark  wird  die  überwiegende  Mehrzahl  der 
Orte  im  Murgebiet  als  in  marchia  befindlich  bezeichnet;  da- 
zwischen finden  sich  jedoch  einzelne  Orte,  deren  Lage  in  an- 
derer Weise  angegeben  wird,  so  Gestnic,  Liutoldasdorf,  der 
Wald  Susil  und  Vduleniduor  in  comitatu  eines  Markgrafen, 
Odelisnitz  1056  in  marchia  et  comitatu  und  1185  in  marchia, 
Lipnizza  970  in  comitatu  und  1144  in  marchia,  Losnica  1045 
in  comitatu  Gotefridi,  dann  1059  und  1185  in  marchia,  die 
Svarzaha  1058  in  marchia  et  in  comitatu  und  1144  in  mar- 
chia. Im  Draugebiete  werden  ebenfalls  die  meisten  Orte  nur 
nach  ihrer  Lage  in  der  Mark  bezeichnet,  Kazwei  jedoch  kommt 
985  als  in  comitatu  Rachuuini  comitis  gelegen  vor,  später, 
1100  und  1130,  wird  es  als  in  der  Mark  gelegen  angegeben. 
Im  Gebiete  von  Cilli  endlich  finden  sich  die  Flüsse  Zotle,  Ni- 
ringe,  Soune  und  Souue  bald  in  comitatu  bald  in  marchia,  die 
Wasserläufe  Chodinie,  Copriuniza  und  Oguanie  einmal  in  comi- 
tatu et  marchia,  ein  andermal  in  marchia. 

Für  Krain  sind  in  dieser  Frage  nur  die  Urkunden  bis 
c.  1100  in  Betracht  zu   ziehen,    denn   hier  hat   sich    später  die 


429 

Unterscheidung  von  Krain  und  der  ,Mark'  herausgebildet, 
welche  die  ältere  Zeit  nicht  kannte.  Vor  1100  heisst  es  von 
den  meisten  in  Krain  gelegenen  Oertlichkeitcn,  dass  sie  in  der 
Hark  Krain  und  in  comitatu  eines  benannten  Markgrafen 
liegen.  Jedoch  gilt  dies  nicht  ausnahmslos.  Veldes  und  das 
Waldland  zwischen  der  Wocheiner  und  der  Wurzner  Save  wird 
auch  als  nur  in  comitatu  gelegen  bezeichnet,  ebenso  auch  der 
benachbarte  Fluss  Libniza,  die  Save  und  das  Gut  Strasista. 
Dagegen  wird  1003  von  der  Gegend  um  den  Berg  Otales  im 
heutigen  Görzer  Gebiet  gesagt,  sie  befinde  sich  in  marchia 
ohne  Angabe  eines  Comitatus.  Daraus  erhellt,  dass  zu  dieser 
Zeit  alle  Theile  des  Landes  zu  einem  Grafschaftsbezirke  ge- 
hörten, und  dass  auch  alle  Theile  Bestandtheile  der  Mark  Krain 
waren.  Diese  Thatsache  lässt  sich  insbesondere  mit  Mells 
Ansicht  nicht  vereinigen,  welche  er  wohl  vorzugsweise  im  Hin- 
blick auf  Krain  aufgestellt  hat,  indem  sich  kein  Theil  der 
marcha  Creina  findet,  von  welchem  man  annehmen  könnte, 
dass  er  vom  Grafschaftsverbande  ausgeschlossen  war.  Aller- 
dings kommt  es  als  vereinzelte  Ausnahme  vor,  dass  für  die 
Gegend  um  den  Berg  Otales  eine  Grafschaft  nicht  bezeichnet 
wird,  dies  berechtigt  aber  nicht  zur  Annahme,  dass  in  dieser 
weit  westlich  gelegenen,  damals  wohl  noch  zu  dem  sehr  spär- 
lich besiedelten  Waldlande  gehörigen  Gegend  eine  kleine,  zu 
keiner  Grafschaft  gehörige  Mark  bestanden  hat,  wo  doch  die 
weiter  östlichen  Gegenden  um  Bischoflack  und  Zirknitz  in  einer 
Grafschaft  lagen. 

In  I Strien  ist  es  noth wendig,  chronologisch  vorzugehen, 
weil  in  diesem  Lande,  welches  früher  zu  Italien,  später  zu 
Deutschland  gerechnet  wurde,  Aenderungen  in  den  Verwaltungs- 
bezirken möglich  gewesen  wären.  In  der  älteren  Zeit  hören 
wir  nur  von  einer  Grafschaft  Istrien,  so  991,  in  welchem  Jahre 
Schöfi*en  aus  Tergeste,  Piranum,  Justinopolis  und  Civitas  nova 
im  Gerichte  des  Grafen  von  Istrien  in  S.  Andrea  mitwirken. 
Dann  erscheinen  1012  Pisino  und  Penna  und  1041  Insula  in 
comitatu  Istriensi.  Diese  Orte  liegen  zumeist  im  Nordwesten 
Istriens  mit  Ausnahme  der  in  der  Mitte  des  Landes  befindlichen 
Pisino  und  Penna. 

Als  in  marchia  gelegen  kommen  istrische  Orte  erst  in  den 
Jahren  1062,  1066  und  1067  vor,  meist  Orte  in  Nordosten, 
aber  auch  im  Süden  St.  Petrus  und  im  Westen  Piranum,  welches 


430 

noch  991  in  der  Grafschaft  sich  fand.  Dazwischen  werden 
noch  immer  Orte  als  in  comitatu  Odalrici  marchionis  oder  in 
comitatu  Istriensi  befindlich  bezeichnet,  so  insbesondere  1064 
und  1102,  und  zwar  finden  sich  darunter  Orte  im  Nordwesten 
wie  Cernogradus,  im  Osten  wie  Vrane  und  im  Süden  wie  Cali- 
sedium,  darunter  St.  Petrus,  das  1067  noch  in  marchia  erschien. 
Als  später  der  Patriarch  von  Aquileja  die  Mark  Istrien  er- 
worben hatte,  sind  ihm  als  Markgrafen  Orte  in  allen  Theilen 
des  Landes  unterworfen.  Sie  werden  als  in  marchionatu  Istriae 
gelegen  bezeichnet,  darunter  auch  viele  Orte,  welche  früher  als 
in  comitatu  befindlich  vorkommen.  Der  Patriarch  wird  dann 
auch  c.  1300  marchio  totius  Istrie  genannt  und  hat  als  solcher 
Rechte  in  tota  Istria  ^'. 

Unter  diesen  Umständen  scheint  es  auch  in  Istrien  nicht 
zulässig,  eine  Scheidung  zwischen  Mark  und  Grafschaft  vor- 
zunehmen. Istrien  bildete  ein  einheitliches  Verwaltungsgebiet  ^, 
welches  ursprüngHch  Grafschaft  genannt  wurde,  später  aber 
nach  seiner  Vereinigung  mit  Deutschland  zur  marchia  wurde, 
wie  des  Genaueren  noch  darzustellen  sein  wird. 

Wir  werden  demnach  durch  die  Diction  der  Urkunden 
zu  der  Ansicht  gedrängt,  dass  die  Grafschaftsverfassung  im 
gesammten  Markgebiete  bestanden  hat.  Die  ganze  marchia 
war  in  Grafschaften  getheilt,  wobei  ein  Markgraf  entweder 
mehrere  Grafschaften  verwaltete,  wie  wahrscheinlich  in  Oester- 
reich,  oder  auch  nur  eine  Grafschaft  besass,  wie  z.  B.  in  Krain. 
Im  letzten  Falle  fiel  eben  die  marchia  des  Markgrafen  mit 
seinem  comitatus  zusammen.  Wenn  also  in  den  Urkunden 
gesagt  wird,  ein  Ort  hege  in  marchia  oder  in  comitatu  oder  in 
marchia  et  comitatu,  so  können  wir  darin  nicht  einen  Hinweis 
auf  verschiedene  Arten  von  Verwaltungsbezirken  sehen,  sondern 
sind  vielmehr  zu  der  Annahme  genöthigt,  dass,  wenn  nur  die 
marchia  oder  der  comitatus  erwähnt  wird,  der  Schreiber  auch 
bei  einer  weniger  genauen  Bestimmung  der  Ortslage  das  Aus- 


•'  D.  1.  289. 

^  Es  dürfte  daher  auch  die  Behauptung  Händlers,  Indicazioni  21,  und 
Czoemigs,  Görz  292  Note  2,  welche  beide  ohne  Quellenangabe  hin- 
stellen, unrichtig  sein,  wornach  die  spätere  Grafschaft  Mitterburg  oder 
Pisino  1112  von  der  Markgrafschaft  Istrien  abgetrennt  worden  sein  soll. 
8.  dagegen  Huber,  Mitth.  d.  Inst.  f.  österr.  Geschichtsf.  6.  394  und  Meli, 
Krain  72  Note  3. 


431 

kDgen  zu  finden  hofi'te.  Der  Fall  liegt  gerade  so,  wie  wenn 
heutzutage  Jemand  sagt,  ein  Ort  in  Oesterreich  befinde  sich 
im  Sprengel  eines  bestimmten  Bezirksgerichtes,  da  damit  ge- 
wiss nicht  implicite  ausgesprochen  werden  will,  dass  der  Ort 
nicht  zugleich  auch  zu  einer  Bezirkshauptmann schaft  gehöre, 
sondern  vielmehr  die  Angabe  der  Bezirkshauptmannschaflt  neben 
dem  Bezirksgerichte  nur  als  überflüssig  betrachtet  wird. 

3.  Gleichwie  die  einzelnen  Verwaltungsbezirke  bald  ab 
Mark,  bald  als  Grafschaft  bezeichnet  werden,  findet  sich  in 
den  Anfängen  wenigstens  auch  flu'  die  verwaltenden  Beamten 
abwechselnd  die  Titel  marchio  und  comes. 

In  Oesterreich  wird  der  älteste  Beamte,  von  dem  wir 
hören,  Burkhard,  stets  als  marchio  bezeichnet  *^^.  Der  erste  Baben- 
berger,  Leopold,  erscheint  anftlnglich  als  marchio '^^,  später  in 
einer  Urkunde  985  als  comes,  wobei  er  unter  Einem  auch 
Markgraf  genannt  wird  '*.  Auch  c.  987  ^*  kommt  er  als  mar- 
chio vor.  Heinrich,  der  zweite  Babenberger,  wird  von  Kaiser 
Otto  in.  995'^  als  comes  noster,  998^*  als  marchio  bezeichnet, 
von  Kaiser  Heinrich  H.  1002  am  1 .  Juli  ^^  als  comes  und  am 
1.  November'^  als  marchio.  Marchio  nennt  ihn  derselbe  Kaiser 
auch  1011  und  1014^',  wogegen  er  1015^®  wieder  vom  comi- 
tatus  Heinrici  comitis  spricht,  weiters  den  dritten  Babenberger 
Adalbert  1019  und  1020'^  als  marchio  und  1021  »<>  als  comes 
bezeichnet.  In  den  Jahren  1025 — 1040  erscheint  Adalbert  aus- 
nahmslos als  marchio®^;  nur  1043^^  ist  noch  von  einem  Orte 
situm  in  comitatu  Adalberti  comitis  et  marchibnis  et  in  pago 
Pielahe  die  Rede.  Von  da  an  hört  der  Titel  comes  für  die 
Verwalter  der  Ostmark  gänzlich  auf,  sie  werden  nun  alle, 
zuerst  1048®',  marchiones  genannt. 

In  Steiermark  kommt  ftU-  den  nördlichen  Verwaltungs- 
bezirk  der   Ausdruck    marchio    mit   einer   einzigen   Ausnahme 

<*  972  MB.  28,  1.  193,  c.  987  UNOo.  1.  4. 

^  976  MB.  28,  1.  214;  977  UOE«  2.  65. 

'*  MB.  28,  1.  243.    In  marca    actenus  liutbaldi  comitis  —  dann  weiter:  — 

nee  —  a  marchione  —  cogantur. 
"  UNOe.  1.  3.  "^  D.  31.  48.  ''*  MB.  28,  1.  271. 

'  "  MB.  28,  1.  293.  '•  RB.  3  n.  5. 

"  MB.  6.  158;   11.  141;  28,  1.  449.  '«  MB.  28,   1.  457. 

'»  MB.  31,  1.  293;  28,  1.  488.  «<>  D.  31.  62. 

"  RB.  6  n.  4—8  und  6  n.  9.  "  Fischer,  Klosternenburg  2.  115. 

•  D.  4.  187. 


432 

vor.  1005^  wird  nämlich  Adalbero  comes  genannt,  fireilich  in 
einer  Urkunde,  welche  die  königliche  Schenkung  eines  Gutes 
ausserhalb  der  Mark  in  dem  ebenfalls  von  Adalbert  verwalte- 
ten pagus  Ensitala  enthält  In  der  Pettauer  Mark  wird  der 
älteste  Beamte,  den  wir  kennen,  Rachwin,  980  und  985*^ 
comes  genannt.  Auch  in  Saunien  kommt  1016,  1025  und 
1028*^  Wilhelm  als  comes  vor.  Die  auf  ihn  folgenden  Ver 
Walter  dieser  Grafschaft  kennen  wir  nicht;  als  nach  etwa 
80  Jahren  die  Starkhande  hier  auftauchen,  fUhren  sie  den  Titel 
marchio®'. 

Die  Verwalter  Erains  werden  anfänglich  comites  genannt, 
so  Popo®*  und  Waltilo®^  Der  nächste,  Udalrich,  flihrt  in  der 
einen  Urkunde  1011  **,  in  welcher  er  vorkommt,  keinen  Titel. 
Später,  und  zwar  seit  1040  kommen  nur  marchiones  vor,  zu- 
erst 1040  »1  Eberhard,   dann  1058,    1062  und  1063»«  Udalrich. 

Aus  dieser  Quellen  Zusammenstellung  entnehmen  wir,  dass 
die  Verwalter  der  Ostmark  anfänglich  bald  comites,  bald  mar- 
chiones genannt  wurden,  ja  dass  nicht  selten  eine  und  dieselbe 
Person  abwechselnd  als  comes  und  als  marchio  bezeichnet 
wurde.  Die  Erklärung  dieser  Erscheinung  kann  nur  darin 
liegen,  dass  beide  Titel  als  gleichwerthig  betrachtet  wurden. 
Der  Markgraf  war  eben  ursprünglich  nichts  Anderes  als  ein 
Graf,  dessen  Grafschaft  in  der  Mark  lag,  seine  Stellung  war 
keine  höhere  als  die  des  Grafen,  so  dass  beide  Titel  filr  ihn 
gebraucht  werden  konnten.  Dasselbe  kommt  auch  in  der 
oberen  Karantanermark  vor,  da  Adalbero  einmal  1000»^  mar- 
chio, ein  andermal,  und  zwar  später  (1005)  comes  genannt 
wird.  Damit,  dass  die  Urkunde  1005  sich  nicht  auf  die  mar- 
chia  Adalberos  bezieht,  Hesse  sich  der  Grafentitol  in  der  ü^ 
künde  nicht  rechtfertigen,  denn  wenn  marchio  als  das  Höhere 
betrachtet  wurde,  gebührte  Albero  dieser  Titel  auch  in  den 
seine  übrigen  Besitzungen  betreffenden  Urkunden. 

Der  Gebrauch  des  Grafentitels  für  Markgrafen  nahm 
übrigens  bald  ein  Ende,  das  letzte  Mal  findet  er  sich  in  Oester- 
reieh  1021,  in  der  oberen  Karantanermark  1005,  in  der  Pettauer 

M  US.  1.  41.  «»  US.  1.  36,  39.  ««  US.  1.  44,  52,  54. 

'7  Zuerst  1103:  Starchant  marchio  de  Sone,  US.  1.  110. 

»«  973  UK.  1.  II,   13.  8»  989,  1002  UK.  1.  14,  22. 

»«  UK.  1.  24.  "  UK.  1.  34,  35,  36. 

»«  Schumi  A.  1.  6;  UK.  1.  51,  62.  "  US.  1.  40. 


433 

Mark  985,  in  Saunien  1028  und  in  Krain  1002,  so  dass  sich 
annebmen  lässt,  dass  diese  Uebung  im  3.  Jahrzehnt  des  11.  Jahr- 
hunderts in  diesen  Marken  ein  Ende  genommen  hat.  Der 
Grund  hiervon  kann  ftlglich  nur  darin  gelegen  sein,  dass  die 
Markgrafen  ziemlich  rasch  eine  höhere  Stellung  als  die  ein- 
fachen Grafen  erlangten,  so  dass,  wenn  ausnahmsweise  noch 
das  Grafenamt  des  Markgrafen  durch  den  Gebrauch  des  Grafen- 
titels betont  wurde,  man  es  für  nöthig  hielt,  den  Zusatz  ,et 
marchio^  zu  machen,  wie  wir  dies  in  der  Urkunde  1043  für 
den  Babenberger  Adalbert  sehen. 

So  wie  die  Grafschaft  kein  der  Mark  untergeordnetes 
Verwaltungsgebiet  war,  so  spricht  auch  nichts  daflir,  dass  in 
der  von  uns  behandelten  Periode  der  Graf  in  den  Marken  eine 
vom  Markgrafen  verschiedene,  unter  ihm  stehende  Amtsperson 
war,  wie  dies,  meist  ohne  jeden  Anhaltspunkt,  behauptet  wird, 
80  insbesondere  flir  Steiermark  von  Felicetti^. 

Aus  diesen  Gründen  lässt  sich  MelP*  nicht  beistimmen, 
welcher  zwar  (Note  4)  meint,  dass  für  die  Markgrafen  der 
Ostmark  comes  blos  ein  wechselnder  Ausdruck  flir  marchio 
gewesen  sei,  die  ersten  Krainer  Markgrafen  aber  nicht  flir 
Markgrafen  hält,  weil  sie  immer  nur  comites  genannt  werden, 
woran  er  dann  die  weitere  unrichtige  Folgerung  knüpft,  dass 
Krain  anfllnglich  nur  einen  comitatus  und  keine  eigentliche 
Mark  gebildet  habe.  Der  Schluss  Mells  wäre  nur  dann  viel- 
leicht berechtigt,  wenn  wir  eine  grössere  Reihe  von  Urkunden 
besässen,  in  welchen  Popo  und  Waltilo  regelmässig  als  comites 
bezeichnet  werden;  aus  den  je  zwei  Urkunden,  in  welchen  sie 
vorkommen,  lässt  sich  jedoch  nicht  mit  Sicherheit  schUessen, 
dass  die  Verhältnisse  in  Krain  von  den  Zuständen  in  den 
übrigen  deutschen  Marken  abgewichen  haben  ^*'\ 

In  Istrien  stellt  sich  die  Sache  anders  infolge  seiner 
früheren  Verbindung  mit  Italien.  Die  Verhältnisse  daselbst 
können  jedoch  erst  weiter  unten  in  einem  anderen  Zusammen- 
hange in  Betracht  gezogen  werden. 


•*  A.  a  O.  10.25.  ^  A.  a.  O.  II. 

••  Gleicher  Ansicht  wie  Meli  ist  auch  Huber,  Mitth.d.  Inst.  f.  österr.  Geschichtsf. 
6.  390  und  Gesch.  Oesterr.  1.  219,  während  Büdinger,  Oest.  Gesch.  268, 
Waitz  VG.  7.  72  Note  1  und  Riegler,  Gesch  Baierus  1.  356  in  Popo  einen 
Markgrafen  erkennen. 


434 

4.  Die  bisherigen  Erörterungen  ermöglichen  es,  einige 
Ausdrücke  zu  erklären,  welche,  wie  es  scheint,  bisher  unrichtig 
aufgefasst  worden  sind. 

a)  In  Urkunden  des  13.  Jahrhunderts,  welche  sich  auf 
die  Uebcrtragung  von  Krain  und  Istrien  an  das  Patriarchat 
Aquileja  beziehen,  werden  marchiae  Carniole  et  Istrie  cum 
comitatu  als  Gegenstand  der  Uebcrtragung  bezeichnet.  Daraas 
wurde  nun  geschlossen,  dass  es  damals  neben  den  beiden  Mar- 
ken noch  zwei  Grafschaften  gleichen  Namens  gegeben  habe, 
welche  mit  den  Marken  selbst  nicht  zu  verwechseln  seien.  Das 
Unrichtige  dieser  Anschauung  ergibt  sich  aus  der  Vergleichung 
der  verschiedenen  Urkunden,  welche  von  der  Uebcrtragung 
dieser  Marken  an  d<as  Patriarchat  handeln. 

Die  erste  Ueberlassung  der  beiden  Marken  an  Aquileja 
ging  1077  vor  sich  ^^.  Heinrich  IV.  überlässt  in  diesem  Jahre 
an  Aquileja  marchiam  Carniole  —  omnigena  lege  et  quo  sibi 
placeat  iure  utatur^®  und  in  einer  an  dem  gleichen  Tage  aus- 
gefertigten Urkunde^®  comitatum  Istrie  —  ea  quippe  racione 
ut  idem  prefatus  patriarcha  Sigeardus  liberam  potestatem  habeat 
eundem  comitatum  possidendi,  obtinendi  uel  cuicumque  dandi. 
Im  Jahre  1093  erklärt  dann  Heinrich  IV.  ^^^  marchiam  nomine 
Carniolam  ^^^  Aquilejensi  ecclesiae  —  dedimus,  postea  vero  — 
eandem  marchiam  predictae  ecclesiae  subtrahendo  abstuUmus, 
alii  eam  concedentes.  Nunc  igitur  recognoscentes  justitiam 
—  praefatae  ecclesiae  reddidimus  —  praedictam  marchiam 
Aquilejensi  ecclesiae  —  in  proprium  dedimus.  Der  Dielion 
dieser  Urkunden  entsprechend,  bestätigt  Innocenz  11.  1132^'*' 
dem  Patriarchate  comitatum  Istriae  und  marcham  Cameole. 
1210^®^  sagt  Otto  IV.:  cum  propter  enormes  excessus  Henrici 
quondam  marchionis  Ystrie,  quos  ipse  nomine  criminis  lese 
maiestatis  in  decessore  (sie!)  nostro  domino  PhiUppo  commisit, 
marchia  Carniole  et  Ystrie  cum  comitatu  et  universis,  pertinen- 
tiis  suis   —  per  sententiam   principum  sibi   fuerit  abiudicata  et 

^  Die  Nachricht  von  der  Uebertragung  im  Jahre  1070  ist  nicht  genügend 

beglaubigt,  s.  unten  §.  9  bei  Note  45. 
»••  UK.  1.  63.  w  UK.  1.  64.  ««x»  UK.  1.  67. 

****  Schumi  emendirt  willkürlich  ,Camiole*,  um  seine  noch  zu  besprechende 

Hypothese  zu  stützen. 
^^  Mitth.  d.  bist.  Vereines  f.  Krain  1866.  37. 
*<*  Schumi  A.  1.41. 


435 

ad  dominium  imperii  marchia  Ystrie  libere  et  absolute  sit  addita, 
DOS  eandem  marchiam  —  Ludovico  du  ei  Bavarie  iure  feudali 
concessimus.  Procedente  vero  tempore  —  Wolfcherus  patriar- 
cha  Aquilegensis  —  in  presencia  principum  de  predieta  mar- 
chia nobis  questionem  movit  et  quod  ex  antiqua  donatione 
Henriei  regis  augusti  tertii  ecclesie  Aquilegensi  pertineret,  pri- 
vilegiis  autenticis  ipsi  ecclesie  collatis  evidentissime  in  publice 
curia  nostre  presentibus  principibus  nobis  demonstravit.  —  pre- 
fatus  dux  sepedictam  marchiam  —  in  manus  nostras  resignavit 
et  nos  eam  —  Aquilegensi  ecclesie  cum  omni  honore  et 
universis  pertinenciis  —  donamus.  Diese  Schenkung  wird 
dann  von  Friedrich  II.  bestätigt,  zuerst  1214^^  mit  den  Worten: 
losuper  marchiam  Camiolam  et  Istriam^^^  cum  comitatu  et 
honore  et  universis  pertinentiis  omnique  jure  imperiali, 
secundum  quod  ab  antecessore  nostro  Ottone  imperatore  tunc 
ante  rege  Aquilegensi  ecclesie  de  consilio  et  voluntate  prin- 
cipum ratione  antiquorum  privilegiorum  suorum  —  Wolchero 
patriarche  —  donavit  —  eidem  Wolcherio  et  ecclesie  Aquile- 
gensi —  perpetuo  haben  da  et  possidenda  confinnamus,  dann 
als  Kaiser  im  Jahre  1220  ^®^  nahezu  gleichlautend,  jedoch  mit 
der  Aenderung:  marchiam  Carniole  et  Istrie  cum  comitatu  et 
omni  honore  etc.  Schliesslich  ist  noch  die  Urkunde  1230^®' 
zu  erwähnen,  worin  Friedrich  II.  bestätigt:  dux  Meranie  in 
presentia  principum  ceteroi-um  nostrorum  conspectui  se  presen- 
tans  petitionis  quam  dudum  contra  eumdem  patriarcham  de 
marcha  et  comitatu  Histrie  et  Carniole,  quos  dictus  patri- 
archa  in  feudum  pro  eadem  Aquilegensi  sede  ab  imperio  tenet, 
dudum  et  sepe  jam  moverat,  spontanea  cessione  et  gratuita 
voluntate  remittens  in  perpetuum  ei  et  eidem  sedi  Aquilegensi, 
omne  jus  et  questionem  que  contra  eum  in  eisdem  Marcha  et 
Comitatu  Histrie  et  Carniole  requirere  poterat  si  quid  juris  in 
Hs  videbatur  habere.  Von  diesen  Uebertragungen  beruft  sich 
die  eine  auf  die  andere.  1093  erfolgt  die  Wiederverleihung 
durch  Heinrich  IV.  im  Hinblicke  auf  die  Rechtsansprüche 
Aquilejas,  und  Otto  IV.  motivirt  seine  Verleihung  mit  dem  der 


**•  Schumi  A.  1.  156. 

**  Von  Schumi   in  ,Camiole  et  Istrie*    emendirt    aus    dem  Note  101   ange 

g«henen  Grunde. 
»*»  Schumi  A.  1.  44.  »<"  Schumi  A.  1.  168. 


436 

Fürstenversammlung  vorgelegten  Nachweise  der  Rechte  des 
Patriarchats  auf  Istrien  (fUr  Krain  fehlt  die  Urkunde),  wobei 
sich  auf  die  Urkunde  Heinrichs  IV.  ausdrückHch  berufen  wird. 
Friedrich  11.  wieder  bezieht  sich  auf  das  Privilegium  Ottos  IV., 
und  auch  in  der  Verzichtserklärung  des  Herzogs  Otto  von 
Heran  ist  die  Rede  von  den  Rechtsansprüchen  des  Patriarchats 
auf  die  beiden  Marken.  Es  lässt  sich  demnach  nicht  bezweifeln, 
dass  alle  diese  Urkunden  sich  auf  denselben  Verleihimgsgegen- 
stand  beziehen,  wenngleich  die  Bezeichnungen  desselben  in  den 
einzelnen  Urkunden  variiren.  Daraus  folgt,  dass  der  comi- 
tatus  Istrie,  welcher  1077  verUehen  wurde,  identisch  ist  mit 
der  marchia  Istrie  oder  Istria  der  späteren  Urkunden,  dann 
aber  auch,  dass,  wenn  in  den  älteren  Urkunden  nur  die  mar- 
chia und  in  den  späteren  marchia  cum  comitatu  oder,  wie  es 
1230  heisst,  marchia  et  comitatus  verliehen  wird,  die  jüngeren 
Urkunden  nichts  Anderes  und  nicht  mehr  als  die  früheren 
übertragen  wollten.  Der  Unterschied  liegt  nur  darin,  dass  man 
im  13.  Jahrhunderte  es  für  nöthig  fand,  neben  der  Mark  auch 
noch  die  durch  ihre  Verleihung  mit  übertragenen  Rechte,  dar- 
unter besonders  die  Grafschafksrechte,  hervorzuheben,  was  in 
den  älteren  Urkunden,  weil  selbstverständlich,  nicht  fiir  noA- 
wendig  gehalten  wurde.  Ob  also  die  marchia  schlechtweg 
oder  marchia  cum  omni  honore  et  universis  pertinentiis,  wie 
1210,  oder  endlich  marchia  cum  comitatu  et  honore  et  universis 
pertinentiis  übertragen  wurde,  stets  war  der  Gegenstand  der 
Verleihung  derselbe,  die  Mark  mit  den  damit  verbundenen 
Grafschafts-  und  anderen  Rechten,  so  dass  also  comitatus  in 
diesen  Urkunden  des  13.  Jahrhunderts  nicht  im  Sinne  von 
Grafschaftsbezirk,  sondern  im  Sinne  von  Grafschafls rechten 
zu  nehmen  ist. 

b)  Es  ist  nun  auch  mögUch,  die  vielbesprochene  Stelle 
Ottos  von  Freising  ^®*  zu  erklären,  in  welcher  dieser  Schrift- 
steller über  die  Erhebung  Oesterreichs  zum  Herzogthum  mit 
folgenden  Worten  berichtet:  ,Heinricus  maior  natu  ducatum 
Baioariac  Septem  per  vexilla  imperatori  resignavit.  Quibus 
minori  traditis  ille  duobus  vexiUis  marchiam  Orientalem  cum 
comitatibus  ad  eam  ex  antiquo  pertinentibus  reddidit. 
Exinde   de   eadem   marchia   cum  praedictis   comitatibus,  quos 


»^  MG.  20.  415. 


437 

tres  dicunt^  iudicio  principum  ducatum  fecit,  eumque  —  cum 
duobus  vexillis  tradidit.  Es  ist  viel  darüber  gestritten  worden, 
was  unter  diesen  drei  Comitaten  zu  verstehen  sei^^®.  Früher 
wurde  allgemein  angenommen,  es  habe  bei  der  Erhebung 
Oesterreichs  zum  Herzogthum  im  Jahre  1156  eine  Vergrösserung 
seines  Territoriums  stattgefunden,  indem  Oberösterreich  zur 
Ostmark  hinzugeschlagen  worden  sei.  Dies  begründete  man 
einmal  mit  der  Angabe  des  Privilegium  majus^**^:  ,marchionatum 
Austrie  et  dictam  marchiam  supra  anesum  commutavimus  in- 
ducatum^,  dann  aber  auch  mit  den  Nachrichten  mehrerer  öster- 
reichischer Chronisten,  welche  erzählen,  Oesterreich  sei  damals 
bis  zum  Passauer  Walde  ausgedehnt  worden.  Die  Autorität 
des  majus  ist  mit  dem  Nachweise  seiner  Uneöhtheit  gefallen; 
von  den  Schriftstellern,  welche  diese  Erzählung  bringen  ^^\  ist 
einer,  Chunrad  de  Wizzenberge,  zwar  ein  Zeitgenosse,  es  hat 
sich  jedoch  herausgestellt,  dass  die  betreffende  Stelle  ein  nach- 
träglicher Zusatz  aus  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts 
ist,  welcher  ebensowenig  Glauben  verdient  wie  die  Angaben 
jüngerer  Schriftsteller,  des  Hermann  von  Niederaltaich  und 
seiner  Nachschreiber  ^^*,  da  urkundlichen  Nachrichten  zufolge 
der  Traungau  noch  nach  1156  zum  Herzogthum  Baiern  ge- 
hört hat.  Wir  erfahren  nämUch  aus  dem  Codex  traditionum 
m.  Reichersbergensis  ^*',  dass  Herzog  Heinrich  von  Baiern  1176 


^^  Bach  mann  Zeitschr.  f.  österr.  Gymnasien  1887,  556  f.,  meint,  die  drei 
Comitate  seien  der  Traungau,  die  Riedmark  und  der  Schweinachgau  ge- 
wesen. Von  diesen  drei  Gebieten  war  die  Kiedmark  allerdings  baben- 
bergisch,  nicht  so  der  Traungau,  wie  noch  zu  besprechen  sein  wird,  und 
ebensowenig  lässt  sich  dies  für  den  Schweinachgau  annehmen.  Aller- 
dings kommt  in  Urkunden  1010  und  1040  (MB.  28,  1.  420;  20,  1.  63) 
ein  Adalbero  oder  Adalbertus  vor,  welcher  eine  Grafschaft  im  Schweinach- 
gau verwaltete  und  der  einmal  comes  un<}  einmal  marchio  genannt  wird. 
Diese  Persönlichkeit  hält  Bachmann  (und  auch  Strnadt  Geburt  30)  für 
einen  Babenberger,  Tangl  Archiv  1.  177  für  einen  Eppensteiner;  er 
kann  aber  ebensogut  aus  einer  andern  Familie  gewesen  sein,  denn  zur 
Erklärung  des  von  ihm  geführten  Markgrafentitels  genügt  die  Lage  des 
Schweinachgaues  an  der  Reichsgrenze. 

"•A.8.  112. 

*"  S.  für  das  Folgende  die  ausführlichen  Auseinandersetzungen  Strnadts, 
Geburt  des  Landes  ob  der  Enns  66  f.,  auf  deren  Inhalt  sich  hier  be- 
rufen wird. 

*"  8  die  Stellen  bei  Strnadt  a.  a.  O.  69  f. 

"*  UOE.  1.  348. 


438 

eine  Gerichtsversammlung  nach  Enns  einberief  und  bei  der- 
selben den  Vorsitz  führte,  in  welcher  über  eine  Klage  des 
Stiftes  Reichersberg  gegen  Heinrich  von  Stein  wegen  des  Dorfes 
Munsteur^^*  verhandelt  wurde,  was  nur  unter  der  Voraus- 
setzung möglich  war,  dass  Enns  zum  Jurisdictionsbezirke  des 
Herzogs  gehörte  *^'*.  Weiters  heisst  es  daselbst:  postea  ab  Omni- 
bus transito  ponte  fluuii  Ans  cum  in  unum  conuenissent  dox 
bawarie  et  austrie,  woraus  hervorgeht,  dass  die  Enns  damals 
die  Grenze  zwischen  Oesterreich  und  Baiem  gebildet  hat,  da 
die  beiden  Fürsten,  wie  es  üblich  war,  an  der  Grenze  ihrer 
Länder  zusammenkamen.  Dass  das  Land  am  linken  Ennsafer 
damals  noch  nicht  zu  Oesterreich  gehörte,  ergibt  sich  auch  aus 
der  Tradition  Un  Garsten  1170^^^,  worin  zuerst  die  Uebergabe 
eines  Hofes  in  Iphe^^^  berichtet  und  dann  gesagt  wird:  in 
austria  uero  —  curtim  unam,  was  voraussetzt,  dass  Iphe  nicht 
in  Oesterreich  befindlich  war^^*.  Als  später  Steiermark  zum 
Herzogthum  erhoben  und  damit  die  Besitzungen  der  steierischen 
Markgrafen  in  Oberösterreich  von  Baiem  abgetrennt  wurden, 
erscheint  das  Unke  Ennsufer  den  steierischen  Herzogen  unter- 
worfen. Innsbesondere  gehörte  die  Stadt  Enns  zu  deren  (Jebiet, 
daher  Herzog  Ottokar  c.  1190^^*  diese  Stadt  villam  nostram 
celebrem  Ense  nennt  und  1191^^^  ihr  die  von  seinem  Vater 
gegebenen  Handelssatzungen  bestätigt  **^  Auch  nördUch  von 
der  Donau  fand   eine  Vergrösserung   der  Ostmark   nicht  statt, 


*"  Bei  Obernberg  am  Inn. 

**°  Ganz  ungerechtfertigt  ist  es,  wenn  Bachmann  a.  a.  O.  560  in  seiner  wohl 
nicht  glücklichen  Polemik  gegen  Strnadt  sich  dem  Gewichte  dieses  Ar- 
guments durch  die.  Behauptung  zu  entziehen  trachtet,  dass  H.  Heinrich 
in  diesem  Rechtshandel  nur  als  Vermittler  aufgetreten  sei.  Die  ganse 
Erzählung  zeigt  vielmehr,  dass  der  Herzog  in  dieser  Streitsache  als  In- 
haber der  Gerichtsgewalt  intervenirte.  Mau  nehme  z.  B.  seine  Worte 
(S.  348) :  Querimoniam  super  iniuria  uobis  illata  in  auribus  meis  deponite 
illo  presente,  et  plenam  uobis  de  ipso  faciam  iusticiam  et  uindictam. 
So  kann  wohl  der  Richter,  nicht  aber  der  blosse  Vermittler  sprechen. 

"•  UOE.  1.  176. 

^"  Bei  St.  Florian,    s,  Lamprecht  Hist.-topograph.  Matrikel  ob  der  Enns  53. 

^"  S.  weitere  Beweise  bei  Huber  Sitzb.  34.  21  und  Strnadt  a.  a.  O.  83. 

"»  US.  1.  708.  ^*^  UOE.  2.  431. 

^'^  Diese  Handelssatzungen  hätten  Enns  von  den  Ottokaren  nicht  gegeben 
werden  kennen,  wenn  sie,  wie  Bachmann  a.  a.  O.  556  will,  nur  Allodial- 
besitzer  von  Enns  gewesen  wären  und  ihnen  nicht  einmal  die  Orafen- 
gewalt  an  diesem  Orte  zugestanden  hätte. 


439 

indem  die  Riedmark  schon  lange  unter  den  Babenbergern 
stand  ^**  und  der  westlich  davon  gelegene  Ilzgau  nach  wie  vor 
zu  Baiern  gehörte.  Es  bestätigte  sich  demnach  die  Angabe 
Ottos,  dass  die  drei  Comitate  schon  früher  zu  Oesterreich  ge- 
hört haben  **',  und  man  begreift  dann  auch^  dass  im  minus  von 
einer  Vergrösserung  oder  dem  Zuschlage  irgend  eines  Gebietes 
keine  Rede  ist,  sondern  nur  gesagt  wird:  marchiam  Austrie  in 
ducatum  commutavimus  ^**. 

Auch  die  von  verschiedenen  Seiten,  geschehenen  Versuche, 
die  Lage  der  drei  Grafschafken  innerhalb  des  österreichischen 
Markgebietes  festzustellen,  waren  ebensowenig  befriedigend 
als  die  Behauptung  Fickers  ^^^,  dass  unter  den  drei  Comitaten 
nur  ,nicht  verwirklichte  Ansprüche^  zu  verstehen  seien. 

Auf  das  Richtige  leiten  die  Auseinandersetzungen 
Stmadts^*^,  welcher  meint,  dass  die  drei  Comitate  nicht  ein 
von  der  Ostmark  verschiedenes  Gebiet  bedeuten.  Aus  OeLR. 
Art.  1.  ergebe  sich,  dass  die  Ostmark  aus  drei  Grafschaften 
gebildet  war,  deren  echte  Dingstätten  sich  in  Mautem,  TuUn 
und  Neuburg  befanden,  daher  die  Stelle  Ottos  von  Freisingen 
dahin  zu  übersetzen  sei,  dass  Heinrich  Jasomirgott  ,die  bis- 
herige Ostmark  mit  den  von  Alters  zu  derselben  gehörigen 
Qrafschaftsgebieten  (Gerichtssprengeln)'  erhielt.  Dass  die  Ost- 
mark in  der  Zusammenfassung  dreier  Grafschaften  bestand, 
wird  durch  die  erwähnten  drei  Dingstätten  sehr  wahrschein- 
lich^*', wie  denn  auch  die  markgräfliche  Gerichtsversammlung 
985^*®  urkundlich  als  comitatus  bezeichnet  wird.  Im  Sinne 
Straadts  kann  dieses  Wort  bei  Otto  jedoch  nicht  genommen 
werden,  denn  es  ist  wohl  unzulässig,  denselben  sagen  zu  lassen, 


"*  8.  unten  §.  4. 

*^  Damit  behebt  sich  auch  die  Hypothese  Hnbera  Gesch.  Oesterr.  1.  250 
und  Oesterr.  Reichsgesch.  7,  dass  die  drei  Comitate  das  Land  zwischen 
der  Traun  und  dem  Passauer  Walde  umfassten,  s.  dagegen  auch  Brunner 
Sitzb.  47.  366  f. 

^  A.  8.  111.  "»  Huber  Sitzb.  34.  21.  «*»  A.  a.  O.  79f. 

^  S.  darüber  auch  unten  §.  6.  Ich  trete  daher  der  Ajisicht  Brunners, 
Sitzb.  47.  321  bei  und  sehe  in  diesen  drei  Ding^stätten  die  ehemaligen 
Hauptorte  verschiedener  Gerichtsbezirke  (so  auch  Stmadt  a.  a.  O.  81  und 
Luschin  Gesch.  d.  Gerichtsw.  52  Note  70)  gegen  meine  frühere,  Oesterr. 
Landr.  179  aufgestellte  und  nun  auch  von  Huber  Oesterr.  Reichsgesch. 
50  Note  2  vertretene  Meinung. 

"•  MB.  28,  1.  244. 

ArehiT.  Bd.  LXXXII.  U.  HUfte.  29 


440 

dass  Heinrich  Jasomirgott  das  Gebiet  der  Ostmark  mit  dem 
(damit  identischen)  Gebiet  der  drei  Grafschaften  erhalten  habe. 
Uebrigens  nähert  sich  Stmadt  bereits  einer  richtigen  Auffassong, 
wenn  er,  freiUch  nicht  in  Harmonie  mit  seinen  übrigen  Aus- 
einandersetzungen^ sagt,  dass  der  Ausdruck  comitatos  hier  m 
der  Bedeutung  von  ,Gerichtsfolge,  das  ist  der  Verpflichtung, 
das  Ding  an  einer  bestimmten  Malstatt  zu  suchen',  zu  nehmen 
sei.  Diese  ^Verpflichtung'  wurde  dem  Herzoge  wohl  nicht 
übertragen,  sondern  vielmehr  die  gegenüberstehende  Berechti- 
gung, von  den  Eingesessenen  den  Besuch  des  Grafendinges  zu 
begehren,  und  in  diesem  letzten  Sinne,  also  als  Grafenberech- 
tigung ist  in  der  Stelle  das  Wort  comitatus  zu  nehmen.  Gleich- 
wie Aquileja  die  Marken  Istrien  und  Krain  cum  comitatu,  das 
ist  mit  den  Grafschaftsrechten  in  ihnen,  übergeben  wurde,  er- 
hielt auch  Heinrich  Jasomirgott  die  in  ein  Herzogthum  umge- 
wandelte Ostmark  cum  comitatibus,  d.  h.  mit  den  Grafechafts- 
rechten  in  den  drei  Sprengein. 

Stmadt  ist  noch  in  einem  andern  Punkte  zu  berichtigen. 
Die  beiden  Fahnen,  mit  welchen  Heinrich  belehnt  wurde,  sym- 
bolisiren  nicht,  wie  Strnadt  meint,  die  eine  die  Herzogsgewalt 
und  die  andere  die  Grafschaften,  also  die  bisherige  Ostmark, 
sondern  es  ist  vielmehr  anzunehmen,  dass  mit  einer  Fahne  die 
zum  Herzogthum  erhobene  Ostmark  und  mit  der  andern  Fahne 
die  Grafengewalt  in  der  Ostmark  geliehen  wurde. 

Durch  diese  Auslegung  der  Bedeutung  von  comitatus  er- 
klärt es  sich  auch,  dass  Otto  von  Freising  Zweifel  über  die 
Anzahl  der  comitatus  hegen  konnte  (quos  tres  dicunt),  denn  es 
war  leicht  möglich,  dass  er  die  Anzahl  der  comitatus,  welche 
ehedem  zur  Ostmark  zusammengeschmolzen  waren,  nicht  mit 
Sicherheit  anzugeben  wusste,  während  man  von  einem  den 
politischen  Angelegenheiten  der  Zeit  so  nahestehenden  Manne 
wie  Otto  annehmen  muss,  dass  er  das  Gebiet  des  neuen  Herzog- 
thums  genau  gekannt  habe,  also  über  neu  hinzugekommene 
Grafschaften  mit  Bestimmtheit  berichtet  hätte.  Die  Worte  Ottos 
in  dem  hier  behaupteten  Sinne  stehen  auch  genau  im  Einklänge 
mit  dem  minus:  ,ducatum  cum  omni  iure  —  Heinrico  —  con- 
cessimus.'  Die  Grafenberechtigung  fHUt  hier  unter  das  mit  dem 
Ducate  verliehene  omne  lus. 


441 


n.  Pagns. 


§.  3.  Zur  Vermeidung  von  Missverständnissen  ist  es  noth- 
wendig,  die  Bedeutung  festzustellen^  welche  in  dieser  Periode 
mit  dem  Worte  pagus  verbunden  wird.  Zur  Zeit  der  Karolin- 
ger bezeichnet  pagus^  Gau,  bekanntlich  den  Verwaltungsbezirk 
des  Grafen,  obwohl  auch  schon  damals  mitunter  kleinere  Be- 
zirke Gaue  genannt  werden^,  so  dass  schon  damals  der  Aus- 
druck nicht  immer  streng  technisch,  sondern  auch  nur  geogra- 
phUch  genommen  wurde. 

1.  In  unserer  Periode  findet  sich  der  Ausdruck  in  der 
Mark  fbr  die  einzelnen  Verwaltungsbezirke.  So  wird  die  Ost- 
mark pagus  Osterrichi  oder  Ostrich*  oder  auch  pagus  Orien- 
talist genannt,  die  Grafschaft  Wilhelms  pa^us  Seuna  oder 
Sounae*,  Krain  pagus  Creina  oder  Greine^,  Istrien  pagus  Hi- 
stria  oder  Hystriensis  ^.  Von  dem  Orte  Razuuai  (bei  Marburg) 
heisst  es,  er  liege  in  pago  Zitilinesfeld ',  d.  h.  in  der  Gegend 
des  Drauf eld  es. 

Auch  ausser  den  Marken  kommt  der  Ausdruck  pagus 
für  grössere  Verwaltungsbezirke  vor,  z.  B.  fllr  Kärnten  pagus 
Karintriche  ®,  für  Friaul  pagus  Forojulii^. 

Pagus  bedeutet  hier  einen  grossen  Bezirk,  ftlr  welchen 
sich  auch  noch  andere  gleichwertige  Ausdrücke  finden,  wie 
provincia  flir  die  Ostmark  als  provincia  orientalis  ^^,  für  Istrien** 
und  auch  für  Kärnten  **,  regio  für  die  Ostmark  *^,  Krain  **  und 


•  Waia  VG.  2.  380;     Schröder    RG.   121;    Ankerehofen    Gesch.  Kärntens 
2.359. 

•  998,  1015  MB.  28,  1.  271,  457;  1051  MB.  29,  1.  106;  10G6  Horm.  W.  1.  6; 
1076  D.  4.  188;  1078  Biß.  81,  1.  361. 

•  UOE.  1.  512;  1048  MB.  11.  166. 

•  1016,  1028  US.  1.  45,  64. 

»  1004,  1011,  1062  UK.  1.  23,  24,  51. 

•  1064,  1066,  1067  UK.  1.  64,  56,  56. 
'  985  US.  1.  39. 

•  980  RK.  n.  66. 

•  1028  Rub.  608. 

*•  1021  D.  31.  62;  1026  MB.  29,  1.  18. 

"  104O  UK.  1.  44;  1296  CDI. 

"  978  RK.n.  53;  1007  US.  1.  42,  43. 

"  996  D.  31.  50:  re^o  Ostarrichi;  1115  UOE.  2.  149:  orientalis  regio. 

**  973,  989,  1002  UK,  1.  12,  14,  22. 

29* 


442 

Kärnten  ^^  und  regnum  fUr  die  Ostmark  ^^,  Istrien  ^'  und  Kftrn- 
ten  ^®,  der  letzte  Ausdruck  auch  verdeutscht  in  den  Zusammen- 
setzungen Ostarrichi  ^*  und  Karintriche  *^,  welche  Zusammen- 
setzungen auch  für  kleinere  Bezirke,  wie  Champriche  *^,  Peuch- 
rich  (Boigreich)"  vorkommen. 

Wollte  man  auf  solche  grosse  Bezirke  hinweisen,  so  wurde 
auch  der  Ausdruck  in  partibus  gebraucht,  wie  fiir  Oester- 
reich  *'  und  Kärnten  **.  In  orientalibus  partibus  heisst  übrigens 
überhaupt  ,im  Osten'  und  wird  von  Oertlichkeiten  gebraucht, 
welche  in  Kärnten  *^,  in  der  Ostmark  *^  oder  im  Püttener  Be- 
zirke*' liegen.  Auch  orientaUs  plaga  und  oriens  werden  in 
diesem  Sinne  angewendet,  für  die  Ostmark  *®,  Steiermark  **  und 
das  Land  Putten»®. 

2.  Pagus  wird  auch  auf  Verwaltungsbezirke  ausserhalb 
der  Mark  in  Gegenden  angewendet,  für  welche  die  alte  Gau- 
verfassung durch  die  UngarneinMle  nicht  gänzUch  vernichtet 
wurde,  sondern  in  modificirter  Form  als  Grafschaft  fortbestand. 
In  diesem  Sinne  kommen  in  dieser  Periode  vor:  pagus  Tran- 
gowe»^,  Atergev»*,  Matihgowe»»,  rotgawo^  in   Oberösterreich, 


"  979  RK.  n.  55;  1039  Horm.  Beitr.  2.  37. 

'«  1014  MB.  28,  1.  449;  1017—40  MB.  6.  13. 

*'  1066    Coroniui    ten  tarnen    geneal.  179;    im   Abdtoicke    UK.  1.  55   kommt 

statt  regnum  das  Wort   pagus  vor    und  nur  in  N.  a.  das    in  ,rogo*   cor- 

rumpirte  regnum. 
"  888  Inv.  106. 

"  Z.  B.  996  D.  31.  51 ;  1066  Horm.  W.  1.  6;   1076  D.  4.  188. 
»°  980  RK.  n.  56. 

"  1050  MB.  11.  157,  in  Niederösterreich  an  der  böhmischen  Grenze. 
**  MB.  4.  296,    wahrscheinlich   für  das  Gebiet  von  Oberösterreich  zwischen 

der  Donau  und  Böhmen. 
»  C.  1081  UOE.  2.  107. 

**  965  RK.  n.  43;  c.  1030  D.  31.  67;  c.  1050  US.  1.  65. 
«ß  895  US.  1.  15. 

«°  1034  D.  31.  75;  1152,  1166  UOE.  1.  306,  364. 
"  C.  1084  UOE.  1.  643, 
•«  1002  MB.  6.  157;    1011  MB.  11,  140;    c.  1140  UOE.  1.  724;    1144  UOE. 

2.  213;  c.  1150  und   c.  1170  UOE.  1.  716,  745;  1160  MB.  28,  2.  116. 
•»  883  UOE.  2.  25,  970;  US.  1.  29. 
»°  1094,  1100  UOE.  1.  627,  780. 
"  Z.  B.  977,  1099,  1111  UOE.  2.  65,  67,  122,  144. 
"  Z.  B.  1007  UOE.  2.  74;  1035  UOE.  1,  474. 
8»  Z.  B.  1007,  1014,  1039,  1056  UOE.  2.  73,  76,  81,  89. 
^  1170  UOE.  1.  94. 


443 

pagus  Croudi  oder  Crouuati^^,  Gurcthal  oder  Gurka^^,  Grap- 
yeld'''  in  Kärnten,  pagus  Muriza^®,  LiubenetaP^,  EnstaH^  nnd 
Palta^^  im  heutigen  Steiermark,  pagus  Intale**,  Orital*',  Fins- 
gowe**,  Passyr**,  Bustrissa*^  in  Tirol. 

3.  Endlich  werden  bedeutend  kleinere  Bezirke  ebenfalls 
als  pagus  bezeichnet,  sehr  häufig  in  Tirol,  aber  auch  in  den 
übrigen  Alpenländern.  So  wird  in  Gestenreich  die  Gegend  um 
die  Pielach  pagus  Pielahe*'  benannt,  in  Steiermark  ist  die 
Rede  von  einem  pagus  Guniwiz  (Gonobitz)*®  und  von  dem 
pagus  inter  flumina  Fustrizam  et  Sedingam  (Feistriz  und  Sö- 
ding)*^.  In  Krain  kommt  später  ein  ,villa  seu  pagus^  Mettnach 
vor^^  Ganz  allgemein  werden  in  Tirol  die  Bezirke  einzelner 
Städte  oder  Ortschaften  als  pagi  bezeichnet.  Sinnachers  Samm- 
lung enthält  eine  ganze  Reihe  solcher  pagi,  wie  pagus  Lien- 
zina^^,  Varna*^  (Vahrn  bei  Brixen),  Filandres^^  (Villanders), 
Buoh**  (Buch),  Stegon^^  (Steg)  und  noch  viele  andere. 

Der  Ausdruck  pagus  hat  also  in  dieser  Periode  jede 
technische  Bedeutung  verloren  und  ist  ausschliesslich  zur  geo- 
graphischen Bezeichnung  geworden.  Er  wird  etwa  in  dem 
Sinne  genommen,  in  welchem  heutzutage  von  der  Gegend  von 
. . .  oder  vom  Bezirke  von  .  .  .  gesprochen  wird. 

III.  Die  einzelnen  Marken. 

1.  Die  Biedmark. 

§.  4.  Wenn  wir  mit  der  Reihe  der  Marken  im  Norden 
beginnen,  so  finden  wir  eine  kleine  Mark  am  linken  Donau- 
ufer, welche  bisher  nicht  als  besonderer  Verwaltungsbezirk 
erkannt  worden  ist,    die  Riedmark.     Wir  müssen  mit  ihr  und 

"  993  RK.  n.  68;  964,  961,  979  US.  1.  27,  28,  34. 

■•  975  Eichli.  Beitr.  1.  161;  1042  RK.  n.  115. 

^  993  Sinnacher,  Beitr.  z.  Gesch.  v.  Säben  u.  Brixen  2.  171. 

*  1023  US.  1.  öO.  »•  1023  US.  1.  öl. 

*  C.  1130,  c.  1140  US.  1.  144,  207.  "  1048  US.  1.  64. 
**  1097  Horm.  Beitr.  2.  82.            *»  1028  Sinn.  2.  368. 

**  1077,  1109  Horm.  Beitr.  2.  57,  125.  *»  1078  Horm.  Beitr.  2.  59. 

^  1048  Horm.  Beitr.  2.  77.  *'  1043  Fischer  Klostern.  2.  115. 

*•  1165  US.  1.  453.  *»  1146  US.  1.  254.  *«  1263  UK.  2.  248. 

"  Sinn.  2.  376.  "  Sinn.  2.  604,  606,  658.  «»  Sinn.  2.  640. 

**  Sinn.  2.  607.  »*  Sinn.  2.  612. 


444 

der  Feststellung  ihres  Umfanges  beginnen^  da  nur  auf  diesem 
Wege  die  westliche  Ausdehnung  der  Ostmark  im  Norden  der 
Donau  bestimmt  werden  kann. 

1.  Zur  Karolingerzeit  war  das  heutige  Oberösteireich 
nördlich  von  der  Donau  mit  dichten  Waldungen  bedeckt,  daher 
man  von  diesen  Gegenden  wohl  auch  noch  später  als  von  der 
Waldmark   sprach:    c.  1130^   praedia   sua  in  Windeberge  sita 

—  quod  uulgo  ibi  nuncupatur  Waldmarch  —  ibique  dilatanda 
est  per  siluestria  loca  usque  ad  Pehaim  geschait.  Konrad  ÜI. 
1142^  schenkt  an  Garsten  400  Mausen  in  silua  nostra  qae 
uocatur  Ritmarch  uideUcet  a  äuuio  Jowerniz  usque  ad  fluuium 
Agast  et  exinde  usque  ad  terminum  sclauorum.  Dieser  grosse 
Wald,  welcher  Böhmen  von  dem  Donaugebiete  schied,  wurde 
Nordwald  oder  Böhmerwald  genannt.  Von  ihm  ist  schon  in 
der  Zollverordnung  von  RaflFelstetten  die  Rede:  licentiam  — 
mercandi  habeant  usque  ad  siluam  Boemicam  *.  Er  findet  sich 
im  Ilzgau  1010^:  siluae  quae  uocatur  Nortuualt  in  comitatu 
Adalberonis  in  longitudine  a  fönte  fluminis,  quod  dicitur  Bzisa, 
sursum  usque  ad  terminum  praedictae  silvae,  qui  separat  duas 
terras  Baioariam  videlicet  et  Boemiam,  et  ita  usque  ad  fontem 
fluuii,  qui  dicitur  Rotala;  1154,  1216^  silva  boemitica  oder  boe- 
mica;  ebenso  in  der  Riedmark  853^:  inter  agastam  et  nar- 
dinam  —  ad  loca,  ubi  de  uenis  in  amnes  deriuantur  et  itaque 
usque  in  nortuualt;  1125':  ultra  lozperch  —  in  silua,  que  dici- 
tur nortwalt;  1224®:  ante  boemicum  nemus  et  in  Riedmarch, 
dann  aber   auch  im  Norden  des  Machlandes  1209*:  de  nordica 

—  silua  in  Kunegeswisen. 

Im  12.  Jahrhunderte  scheint  man  mit  dem  Roden  im 
grossen  Massstabe  begonnen  zu  haben,  und  aus  dieser  Zeit  her 
stammen  wohl  die  vielen  hier  vorkommenden  Ortsnamen,  welche 
auf  -schlag  oder  -reut  endigen,  und  auch  der  Name  der  Ried- 
mark selbst  ^^ 

2.  Die  Grenzen  der  Riedmark  lassen  sich  erkennen,  so- 
bald wir  die  Urkunden  der  späteren  Jahrhunderte  heranziehen. 


»  US.  1.  142.  «  UOE.  2.  204.  >  UOE.  2.  54. 

*  UOE.  2.  75.  >  UOE.  1.  273,  477,  681.  «  UOE.  2.  16. 

^  UOE.  2.  164.  «  UOE.  2.  648,  660.  "  UOE.  2.  617. 

*<>  Strnadt  A.  17.  155,  wogegen  Lampel  Putten  10  den  Namen  von  Ried  = 
Sumpf  ableiten  will;  Sumpfmark  wäre  aber  für  das  hügelige  Terrain 
dieser  Mark  die  am  wenigsten  passende  Bezeichnung. 


445 

Dies  ist  hier  thunlich^  da  —  abgesehen  von  der  Grenze  gegen 
Böhmen  —  Grenzveränderungen  nicht  stattgefunden  haben. 
Wir  sind  wenigstens  nicht  berechtigt,  solche  anzunehmen,  da 
die  Nachrichten  aus  den  verschiedenen  Jahrhunderten,  so  einer- 
seits die  Angaben  über  den  Passauer  Besitz  in  der  Riedmark 
im  codex  traditionum  pataviensium  ^^  und  anderseits  das  Ratio- 
narium  Austriaca*  in  genauem  Einklänge  stehen ^^.  In  der 
Kartenbeilage  sind  alle  Orte  eingetragen,  welche  ausdrücklich 
als  in  der  Riedmark  gelegen  bezeichnet  werden  und  deren 
Lage  sich  bestimmen  lässt;  wir  erhalten  dadurch  ein  Bild  ihres 
Umfanges  von  genügender  Deutlichkeit. 

Die  Südgrenze   wird*  durchgehends   von   der  Donau  ge- 
bildet. 

Im  Westen  lässt  Strnadt"  die  Grenze  den  Haselgraben 
entlang  laufen,  dann  etwa  bei  Hellmonsöd  sich  nordwestlich 
Zwettl  zuwenden  und  längs  der  grossen  Rodel  gegen  Norden 
gehen,  so  dass  Schenkenfelden  innerhalb  und  Leonfelden  ausser- 
halb der  Grenze  zu  liegen  kommt.  Dieser  Qrenzzug  bedarf 
jedoch  einer  Rectificirung,  da  die  Orte  Eizenberge,  Chramvit 
und  Eben  im  Westen  des  Haselgrabens  zur  Riedmark  gehören. 
Die  Grenze  der  Riedmark  war  hier  mit  der  Grenze  zwischen 
den  Herrschaften  Wildberg  u:nd  Waxenberg  identisch.  Als 
nämlich  die  Grenze  zwischen  diesen  beiden  Herrschaften  be- 
stimmt werden  sollte,  wurde  der  Richter  dazu  a  rege  Henrico, 
Lmpoldo  duci  Austrie  et  domino  Gebhardo  patauiensi  episcopo 
ernannt^*,  woraus  zu  schHessen  ist,  dass  beide  Landesflirsten, 
der  Babenberger  imd  der  Bischof  von  Passau,  bei  dieser  Grenz- 
bestimmung betheiligt  waren,  indem  die  zu  bestimmende  Grenze 
mit  der  Grenze  der  Amtsbezirke  dieser  beiden  Fürsten  zu- 
sammenfiel. Die  Grenze  Wildbergs  wird  nun  1198  und  1212, 
dann  nach  ergangenem  Richterspruche  *^  folgendermassen  be- 
schrieben^': loco  Teisching  nomi^ato  a  trunco  quercus  (1198: 
qnaedam   quercus)  fixo   usque  in   chvntprvnne,   a  chvntprvnne 


"  UOE.  1.  477.  "  Eauch  Scr.  2.  31  f. 

"  Kurz  Beitr.  4.  503  nimmt  ohne  alle  Begründung  GrenzYeränderungeu  au. 

"  A.  17. 16  und  die  Kartenbeilage  daselbst.  "  UOE.  1.  479. 

"  UOE.  2.  461,  635  und  1.  478.  Die  Zuweisung  des  Richters  muss  zwischen 
1222  und  1230  geschehen  sein,  da  Qebhard  1222  Bischof  von  Passau 
wurde,  ein  Leopold  aber  nur  bis  1230  in  Oesterreich  herrschte. 

"  8.  auch  die  Grenzbestimmung  c.  1220  UOE.  1.  481. 


446 

usque  in  paludem^  qui  uilzmos  dicitur,  ab  ipöa  palude  per 
medium  Greblich  usque  ad  viam,  que  Schefwech  (Schefecke) 
dicitur;  de  ueteri  via  Schefecke  (1198:  ab  ipsa  via  in  rivolum 
vocatum  Oensbach)  deorsum  usque  ad  riuulum  qui  Roetel 
(1198  in  Restie  corrumpirt)  dicitur,  de  ipso  riunlo  —  sursum 
usque  in  Wilantestanne  finiuntur,  oder  wie  es  1198  heisst:  ubi 
ad  partem  septemtrionalem  dictae  possessiones  Bofaemionim 
confinio  terminantur.  Mons  etiam  vocatus  Stella,  sicut  ex  sui 
situ  infra  terminos  dictos  probatur,  est  connumerandus  possessio- 
nibus  antedictis. 

Darnach  mag  die  Grenze  vom  Ausflusse  des  Haselbaches 
in  die  Donau  längs  dieses  Baches  etwa  bis  zur  Mitte  des 
Haselgrabens  gegangen  sein  und  sich  dann  westwärts  gewendet 
haben,  um  im  Bogen  nördlich  von  Zwettl  *®  die  grosse  Rodel 
zu  erreichen.  Von  da  hat  wohl  dieser  Fluss  die  Grenze  ge- 
bildet, welche  sich  weiter  bis  zum  Stemstein  und  bis  zur 
böhmischen  Grenze  hin  erstreckte. 

Die  in  einer  Urkunde  1110*^  angegebenen  Grenzen  der 
benachbarten  nicht  zur  Riedmark  gehörigen  Pfarre  Grama- 
stetten  stehen  mit  diesen  Grenzangaben  nicht  in  Widerspruch. 
In  dieser  Urkunde  wird  zuerst  die  westliche  Grenze  der  Pfarre 
durch  den  Lauf  der  kleinen  und  grossen  Rodel  bis  zur  Donau 
festgestellt:  a  capite  rotilich  usque  dum  idem  riuulus  rotilam 
influat  et  sie  per  chonzanwisa  et  pertinolsperch  usque  in  ripam 
danubii.  Dann  heisst  es,  gehe  die  Grenze  contra  meridiem 
usque  ad  terminum  ecclesie  buchnowe  (Puchenau)  und  weiters 
supra  montem  contra  orientem  (PöstKngberg?)  usque  hasilbach. 
Die  südliche  Grenze  läuft  also  bis  St.  Magdalena  am  Eingange 
des  Haselgrabens,  denn  dieses  ist  unter  hasilbach  zu  verstehen  '^. 
Endlich  wird  gesagt:  Quarte  quoque  a  ripa  —  danubii  contra 
septemtrionem  usque  ad  marcham  boemicam.  Von  der  öst- 
lichen Grenze  heisst  es  also  nur  ganz  allgemein,  sie  gehe  von 
der  Donau  bis  zur  böhmischen  Grenze  *^  Eine  genauere  An- 
gabe  dieses   Theiles    der   Grenze    wurde    vielleicht  deswegen 


^^  Zwettl  selbst  gehörte  znr  Pfarre  Gramastetten,  also  nicht  in  die  Ried- 
mark; 1292  UOE.  4.  176. 

"  UOE.  2.  129. 

^  Lamprecht  Hi8t.-topogr.  Biatrikel  d.  Liandes  ob  d.  Enns  159. 

'^  Darüber,  dass  dies  unter  der  marcha  boemica  der  Urkimde  zu  verstehen 
ist,  8.  unten  bei  Note  47  f. 


447 

nicht  für  nothwendig  gehalten,  weil  sie  hier  mit  der  ohnedies 
bekannten  Grenze  der  Kiedmark  zusammenfiel.  Eben  des- 
wegen, bei  der  Ungenauigkeit  oder  eigentlich  dem  Mangel 
einer  näheren  Grenzbestimmung  gegen  Osten,  lässt  sich  nicht 
sagen,  dass  die  Angaben  der  Urkunde  mit  den  sonstigen  An- 
deutungen über  den  Verlauf  der  westlichen  Riedmarksgrenze 
in  Widerspruch  stehen. 

Die  Nordgrenze  ist  nicht  genau  festzustellen.  Anfänglich 
war  das  Land  mit  Wald  bedeckt,  und  es  gab  wohl  noch  keine 
bestimmte  Grenze.  Nach  und  nach  rückten  die  Siedelungen 
und  Rodungen  von  Deutschland  aus  gegen  Norden  und  von 
Böhmen  aus  gegen  Süden  vor,  und  da  dürfte  es  im  Laufe  der 
Zeit  zu  einer  Grenzbestimmung  gekommen  sein,  die  wir  jedoch 
nicht  kennen.  Die  zur  Feststellung  der  Grenze  zu  Gebote 
stehenden  Anhaltspunkte  sind  ziemlich  dürftig.  In  der  Ein- 
leitung zu  Enenkels  Fürstenbuch  wird  der  Zug  dieser  Grenze 
folgendermassen  beschrieben**:  die  Muchel  auf  zu  perge  uncz 
recht  auf  den  spicz  des  vnctompergs  alz  die  regen wazzer 
fliezzent  vncz  in  den  Chunigsprunne  den  Chuningsprunne  her- 
nider  vncz  in  die  gostenicz  in  die  luensnich  nider  ecc.  Alle 
hier  vorkommenden  Oertlichkeiten  sind  fraglich;  vnctomperg 
dürfte  corrumpirt  sein,  vielleicht  ist  damit  der  Pernstein 
(Schindlauer  Berg)  gemeint,  welcher  auch  sonst  als  Land- 
marke vorkommt  *'.  Unter  dem  Chuningsprunne  muss  ein  nicht 
mehr  nachweisbarer  Bach  gemeint  sein  (den  Chuningsprunne 
hemider),  sonst  Messe  sich  der  Name  etwa  in  dem  heutigen 
Kaltenbrunn  südlich  von  Hohenfurt  finden.  Noch  unsicherer 
sind  die  weiteren  Angaben.  Die  Luensnich  ist  zweifellos  die 
Lainsitz,  die  Gostenicz,  wie  wir  aus  einer  noch  zu  besprechen- 
den Grenzregulirung  entnehmen^*,  der  Kastainzer  Bach;  diese 
beiden  Wasserläufe  sind  also  bei  Enenkel  in  verkehrter  Reihen- 
folge aufgeführt,  so  dass  uns  Enenkel  flir  die  Bestimmung  des 
hier  in  Frage  konmienden  Theiles  im  Grenzzuge  beinahe  ganz 
im  Stiche  lässt. 

Die  besten  Anhaltspunkte  bieten  noch  die  Oertlichkeiten, 
welche  sich  im  äussersten  Norden  der  Riedmark  finden,  näm- 
lich der  Stemstein,  Herbischlag  und  Elhenperge,    dann  Haide, 


*■  Rauch  8cr.  1.  246.  »  1164  UOE.  273;  1237  UOE.  3.  56. 

**  8.  unten  §.  5  bei  Note  93. 


448 

vorausgesetzt,  dass  unter  dem  Haide  in  der  Riedmark  das 
heutige  Ober-Haid  in  Böhmen  zu  verstehen  ist.  Damach  läset 
sich  annehmen,  dass  die  spätere  Nordgrenze  der  Riedmark 
beiläufig  dem  heutigen  Zug  der  Grenze  zwischen  Böhmen  und 
Oesterreich  entsprochen  hat.  Für  diese  Annahme  haben  wir 
auch  andere  urkundliche  Andeutungen.  Im  codex  traditionum 
pataviensium  von  c.  1220*^  ist  die  Rede  von  dem  ehemaligen 
castrum  Stella  (wohl  das  heutige  Ober-Stem  am  Pusse  des 
Sternsteins),  und  es  heisst  dann:  de  Stella  usque  ad  terminoB 
Bohemicales  protrahitur,  und  dann:  ab  origine  fluuü  dicti  Gras- 
pach  episcopales  proprietates  ac  proventus  —  usque  ad  ter- 
minos  Boemie  postea  protrahuntur,  wobei  noch  gesagt  wird, 
dass  der  Graspach  bei  Richerawe,  heutzutage  Reichenau,  west- 
lich von  Ottenschlag  entspringt.  Daraus  ergibt  sich,  dass  diese 
beiden  Oertlichkeiten  noch  entfernt  von  der  böhmischen  Grenze 
lagen.  Femer  findet  sich  betreffs  des  weiteren  Grenzzuges 
1125*®  die  Angabe,  dass  das  Land  zwischen  der  Waldaist  und 
der  Feidaist  sich  gegen  Böhmen  erstreckte:  inter  duos  bino- 
mios  fluuios,  qui  dicuntur  Aggist,  usque  ad  terminos  boemi- 
ensium. 

Die  Westgrenze,  der  wir  uns  nun  zuwenden,  scheidet 
die  Riedmark  vom  Machlande.  Ueber  das  Verhältniss  dieser 
beiden  Gebiete  zu  einander  bestehen  noch  vielfach  un- 
richtige Ansichten.  Lamprecht  *^  lässt  das  Machland  bis  zum 
Haselgraben  reichen  und  bezeichnet  die  Riedmark  als  dessen 
westlichen  Theil.  Stliltz  in  seinen  Anmerkungen  zu  Stmadts 
Aufsatz*®  zweifelt  den  Ausftlhrungen  Stmadts  gegenüber,  ob 
nicht  die  Riedmark  ein  Theil  des  Machlandes  oder  umgekehrt 
dieses  ein  Theil  jener  gewesen  sei.  Krones  **  nennt  das  Gebiet 
um  Freistadt  Machland  und  sagt,  dass  dessen  südlicher  Theil 
die  Riedmark  bildete.  Und  noch  LampeP^  fasst  die  Riedmark 
und  das  Machland  als  ein  Gebiet  auf,  welches  zwischen  Isper 
und  Nam  liege,  beschränkt  also  die  Riedmark  auf  die  Gegend, 
welche  ausschliesslich  dem  Machlande  zuzuweisen  ist. 

Stmadt^*  hat  der  erste  erkannt,  dass  beides  verschiedene, 
wenngleich  aneinandergrenzende  Gebiete   sind,   doch   wird  die 


2*  UOE.  1.  481.  ^  UOE.  2.  165. 

«'  A.  a.  O.  136,  169.  ««  A.  17.  206.  "  Gesch.  Oeat.  1.  367, 

»0  Putten  10.  "  A.  17.  161  f. 


449 

Grenze  von  ihm  nicht  richtig  gezogen.    Wenn  man  die  beiden 
Kärtchen^    welche    die   Orte   in    der    Riedmark    und    jene  im 
Machlande  enthalten^   nebeneinander   hält^   so   sieht   man,   dass 
die  Grenze  an  der  Donau  westlich  von  Nam  beginnt,  von  dort 
nordöstlich  zum  grossen  Nambach  läuft  imd  nun  diesen  Bach 
entlang  geht.     Ob   vom  Zusammenflusse   der   grossen  und  der 
kleinen  Nam   an   der   eine   oder   der  andere  dieser  Bäche  die 
Grenze   gebildet,    muss   unentschieden    bleiben.     Es    ist    daher 
unrichtig,   die  Waldaist   als   Grenze   anzunehmen^*,   und   auch 
Stmadt  hat  unrecht,  die  Grenze  weiter  östlich  in  das  Machland 
hinein  zu  verlegen.    Zwar  rechnet  er  Awe  an  der  Donau  zum 
Machlande,  woftlr  nichts  spricht,  schlägt  aber  dafür  die  Pfarrei 
Altenburg,   Münzbach,   St.  Thomas  (Plasenstein),  Pirchehe  und 
St.  Georgen   zur   Riedmark.     Er    beruft    sich    hieflir    auf   das 
Rationarium  Austrie.     In   diesem   nehmen   aber   die   Einkünfte 
aus  dem  Amte  Zell  auf  S.  58  ein  Ende,   in  den  weiteren  Ein- 
tragungen   wird  nirgends   die  Riedmark  erwähnt,    die   daselbst 
vorkommenden  Orte,   wie  z.  B.  Plasenstein,   können  daher  un- 
möglich wegen  der  Angaben  des  Rationariums  in  die  Riedmark 
versetzt   werden.     Die  Urkunden   flir   Orte,   welche   in    diesen 
Pfarren   liegen,   werden  regelmässig  von   den  Landrichtern  im 
Machlande  besiegelt  oder  bezeugt,   und  wir  müssen  sie  diesem 
Lande   vindiciren.     Am   tiefsten    lässt   Stmadt    die   Grenze    in 
das  Machland  einschneiden,  weil  er  in  dem  Pannholtz  des  Ratio- 
nariums S.  36  und  49,   welches  daselbst  in   der  Riedmark  ge- 
legen aufgeführt   wird,    ein  Pannholtz   bei  Grein   sieht.     Bann- 
hölzer  oder   Bannwälder   mag    es   aber  wohl    manche   in   der 
Riedmark  gegeben  haben,  so  dass  wir  nicht  nöthig  haben,  das 
Bannholz  bei  Grein   in   die  Riedmark   zu  verlegen.     So  findet 
sich   z.  B.   auf   der   Generalstabskarte    östlich    von    Schenken- 
felden  ein  ,Pannholz',  gewiss  zur  Riedmark  gehörig.    Die  heuti- 
gen  Pfarren    Altenburg,    Münzbach,    Bierbach,    Königswiesen, 
St.  Georgen    und   Neukirchen    sind   demnach   dem   Machlande 
zuzuweisen. 

Damit  wären  Umfang  imd  Grenzen  der  Riedmark,  so  weit 
es  möglich  ist,  festgestellt. 


"  So  Lamprecht  a.  a  O.  169,  Meiller  Regpesten  der  Salzborger  Ers- 
bischOfe  467  und  darnach  auch  Lampel  Einl.  zum  Fürstenbuch  31 
Note  1. 


450 

3.  Der  Name  Riedmark  kommt  zum  ersten  Male  in  der 
Urkunde  1115*^  vor,  mittels  welcher  Markgraf  Leopold  IV. 
das  Kloster  Garsten  a  redibitione  uel  reditu  mei  iuris  in  rid- 
marchia  uel  in  omnibus  locis  mei  regiminis  trans  danubium 
positis  befreit.  Die  Riedmark  stand  also  schon  damals  unter 
der  Jurisdiction  der  Babenberger.  Daher  war  es  auch  Herzog 
Leopold  VII.,  welcher  St.  Florian  von  der  Zahlung  des  March- 
futters  fllr  seine  Güter  in  der  Riedmark  befreite,  1202^:  iusti- 
cias  nosti'i  iuris  marchfvter  dictas  de  prediis  —  in  Riedmarchia 

—  remittimus,  und  königliche  Schenkungen  in  der  Riedmark 
erfolgten  regeknässig  unter  Zustimmung  des  babenbergischen 
Markgrafen:  König  Lothar  1125^^:  consensu  henrici  ducis 
bauuarie  eiusque  filii   heinrici   et   liupaldi   marchionis   orientalis 

—  mönasterio  St.  Flosiani  predicta  predia  (welche  alle  nach 
Urk.  1115,  Note  33  in  der  Riedmark  lagen)  donamus.  König 
Konrad  III.  1142^^:  assensu  dilecti  fratris  nostri  Heinrici  mar- 
chionis —  ecclesie  Garstensi  —  400  mansos  in  silua  nostra  que 
uocatur  Ritmarch  —  concessimus.  Wir  sahen  daher  auch  schon 
oben^'  den  Babenberger  Herzog  bei  Bestimmung  der  Grenzen 
zwischen  den  Herrschaften  Wildberg  und  Waxenberg  be- 
theiUgt. 

Wenn  nun  gleich  die  Riedmark  den  Babenbergem  unter- 
stand, so  folgt  daraus  doch  nicht,  wie  Stmadt  ^®  annimmt,  dass 
sie  einen  Bestandtheil  der  Ostmark  bildete.  Es  fehlt  nicht 
an  Anhaltspunkten,  welche  zeigen,  dass  sie  nicht  zur  Ostmark 
gehörte.  So  heisst  es,  dass  die  Besitzungen  Passaus  in  der 
Riedmark  sich  usque  ad  terminos  Australes  uidelicit  Witra  er- 
strecken**, worunter  nur  die  österreichische  Grenze  gemeint 
sein  kann,  ebenso  wie  unter  den  wenige  Zeilen  früher  er- 
wähnten terminis  Boemie  die  böhmische  Grenze.  1171*®  ver- 
spricht Heinrich  Jasomirgott  die  Besitzungen  von  Garsten  infra 
terminos  rietmarchie  et  in  austria  zu  schützen.  Die  Riedmark 
und  Oesterreich  werden  auch  auseinandergehalten;  1238*^:  pre- 
dia ante  bohemicum  nemus  et  in  Riedmarch  —  accepit  —  con- 


M  UOE.  2.  149.  »*  UOE.  2.  486.  ^  UOE.  2.  162. 

^  UOE.  2.  204.  "  S.  bei  Note  lö. 

^  Geburt  d.  L.  o.  d.  Enns  34.     Ebenso  auch  neuestens  Wernnsky  Oesterr. 

Reichsgesch.  29. 
"  UOE.  1.  478.  *«  UOE.  1.  130  und  2.  345.  "  UOE.  3.  66. 


451 

ferens  e  conuerso  predia  sua  in  Austria;  1298**:  ze  wechsil  — 
meins  aigens  daz  ich  het  in  der  Riedmarich  —  vmb  ir  aigen, 
daz  si  hetin  in  Osterreich.  Wir  mUssen  daher  in  der  Ried- 
mark ein  besonderes^  für  sich  bestehendes  Gebiet  sehen. 

Dabei  war  die  Riedmark  eine  rechte  Mark.  Schon  zur 
Earolingerzeit  gehörten  diese  Gegenden  zur  Mark.  Urkunde 
Ludwigs  des  Kindes  900**:  quidquid  seruus  quidem  noster  no- 
mine Perhart  in  aquilonali  parte  danubii  —  in  ipsa  marha 
tenuit.  Dass  aber  auch  später  hier  eine  Mark  bestand^  ergibt 
sich^  ganz  abgesehen  vom  Namen^  daraus^  dass  daselbst  die 
Abgabe  des  Marchfutters  zu  zahlen  war;  Leopold  VII.  1202**: 
iosticias  nostri  iuris  marchfvter  dictas  de  prediis  —  in  Ried- 
marchia  —  remittimus;  Ration.  Austr.*^:  in  officio  Ottonis  de 
CeUe  in  Riedmarch  hat  zu  zahlen  ad  Marchstewer  Uhicus 
ibidem  (Lugendorf)  2  modios  frumenti  etc.  —  denarii  in  eodem 
officio  (Celle)  qui  dicuntur  Marchstevr. 

Die  Riedmark  hat  also  eine  besondere,  unter  Verwaltung 
der  Babenberger  stehende  kleine  Mark  gebildet. 

Schon  Heyrenbach  *^  wollte   in  diesen  Gegenden  nördlich 
von   der  Donau   eine   besondere   Mark   finden,    welche   er  als 
böhmische  Mark  bezeichnete,  jedoch  nicht  mit   der  Riedmark 
identificirte.     Seine  Ansicht,   von  welcher  nur  das    richtig   ist, 
dass  es  hier  überhaupt  eine  besondere  Mark  gab,  konnte  leicht 
durch  Kurz*'  widerlegt  werden.     Der  Beweis  des  Vorhanden- 
seins dieser   böhmischen   Mark   wurde   nämlich   durch   den  in 
Urk.  1110*®  gebrauchten  Ausdruck  marchia  bohemica  geführt, 
bis  zu  welcher  die  Pfarre  Gramastetten  sich  erstreckte.    Dar- 
unter sollte   nämlich  nicht   die    böhmische  Grenze    verstanden 
sein,   weil    die  Pfarre  Gramastetten    sich    unmöglich   von    der 
Donau  bis  an  diese  Grenze   habe   ausdehnen  können,   es  lasse 
sich  dieser  Ausdruck  hier  also   nur  im  Sinne  von  Markgraf- 
»chaft  verstehen,  und  es   habe  demnach  eine  besondere  ,bohe- 
mica'   genannte    marchia    im   Norden    des    Pfarrbezirkes    von 
Gramastetten  bestanden.    Diese  Argumentation  widerlegte  Kurz 
durch  den   Hinweis   auf  die   Urkunde    1292**,    nach   welcher 


**  UOE.  4.  274.  *»  UOE.  2.  47.  **  UOE.  2.  486. 

**  Rauch  Scr.  2.  37,  39,  66. 

*•  Magazin  f.  Kunst  u.  Litteratur  IV.  4,  39,  1796. 

*'  Beiträge  4.  492.  ♦•  S.  oben  Note  21.  *•  UOE.  4.  176. 


452 

diese  Pfarre  sehr  ausgedehnt  war  und  Filialen  in  Leonfelden 
und  Weissenbach  hatte,  also  in  der  That  bis  zur  böhmischen 
Grenze  sich  erstreckte:  ecciesiam  parochialem  in  Greimatsteten 
—  parrochialibus  valde  diffusam  limitibus  et  habentem  in  Lon- 
uelde,  in  Newnkirchen,  in  Weyssenpach  —  ecclesias  filiales 
annexas. 

Auch  einen  Markgrafen  seiner  böhmischen  Mark  wollte 
Ileyrenbach  gefunden  haben  in  der  Person  des  Markgrafen 
Konrad.  Trotz  dem  Vielen,  was  über  denselben  geschrieben 
wurde  ^®,  ist  die  Persönlichkeit  dieses  Markgrafen  noch  nicht 
festgestellt.  Er  kommt,  abgesehen  von  einer  Stelle  im  Gtött- 
weiher  Saalbuche  ^^,  nur  in  Waldhausner  Urkunden  aus  dem 
Jahre  1147^*  vor  als  Betheiligter  oder  Zeuge  in  Angelegen- 
heiten, welche  sich  auf  das  Machland  beziehen.  Mit  der  Ried- 
mark oder  mit  den  Gegenden,  in  welche  Heyrenbach  seine 
böhmische  Mark  versetzte,  hat  er  gar  nichts  zu  thun,  und  es 
ist  daher  auch  nicht  gestattet,  ihn  damit  in  irgend  eine  Ver- 
bindung zu  bringen. 

2.  Die  Ostmark. 

§.  5.  Vor  Allem  dürfte  nach  der  Schlacht  am  Lechfelde 
die  Markgrafschaft  an  beiden  Ufern  der  Donau  wiedererrichtet 
worden  sein,  ftir  welche  die  Namen  Ostarrichi,  zuerst  996^, 
und  Austria,  zuerst  1074^,  vorkommen.  Andere  Bezeichnungen, 
wie  Orientalis  regnum,  orientalis  plaga,  orientalis  provinria, 
Orientalis  regio  u.  dgl.  m.  beziehen  sich  nicht,  wie  Meiller  ^  meint, 
ausschliesslich  auf  die  Ostmark,  sondern  bedeuten  überhaupt 
im  Osten  gelegenes  Land,  wie  wir  bereits  gesehen  haben.  Auch 
,marchia  bohemica'  bezeichnet  weder  die  Ostmark  im  Ganzen, 
noch  einen  Theil  derselben.  Wir  haben  bereits  geftmden,  dass 
in  der  Urkunde,  in  welcher  dieser  Ausdruck  sich  findet,  damit 
nicht   eine   böhmische  Markgrafechaft,   sondern   die   böhmische 


■*  Knn  Beitr.  4.  507f.,  Blnmberger  Archir  f.  Geogr.  1S18.  SSSf.,  Honnajr 
Wiener  Jahrb.  d.  Lit  31,  Am.  51  f.,  Stüli  im  Osterr.  Geochichtsf.  ChmeVi 
1.  286  f.,  Blnmbeiiper  Wiener  Jjihrb.  d.  Lit  87,  Ani.  34  f.,  Karlin  I).  8. 
194f. 

"  D.  8.  66. 

»  l*OE.  3.  888,  230,  838,  837,  838,  840. 
>1).  31.  51.         »RH.  9  n.  11.  '  RR  198. 


453 

Grenze  gemeint  ist*,  und  in  einer  andern  Urkunde  1055^, 
wo  gesagt  wird:  ,ultra  —  fluuium  Bulka  iaeentem,  in  marchia 
boemia  in  comitatu  Adelberonis,  haben  diese  Worte  auch  diese 
Bedeutung®. 

1.  Als  erster  Markgraf  Oesterreichs  kommt  Burkhard  vor. 
Er  war  Zeitgenosse  des  Bischofs  Adalbert  von  Passau  (945 — 
971);  Urk.  c.  987':  Adalbertus  episcopus  sub  Purchardo  mar- 
chione  in  sua  tenuit  vestitura;  und  kommt  zuletzt  noch  972® 
als  Markgraf  vor:  in  comitatu  Burchardi  marchionis. 

Auf  Grund  der  geographischen  Andeutimgen  des  Nibe- 
lungenliedes meint  Zamcke®,  die  Grenze  der  Markgra&chaft 
Burkhards  im  Süden  der  Donau  sei  in  eine  Linie  zu  verlegen, 
welche,  beiläufig  bei  Spitz  an  der  Donau  beginnend,  über  die 
Berge  im  Süden  bis  an  die  Traisen  unterhalb  St.  Polten  läuft. 
Spitz  oder  die  Donaubeuge  bei  Rossatz  wird  als  Grenzpunkt 
angenommen,  weil  dorthin  im  Nibelungenliede  die  Grenze 
zwischen  der  Mark  Rüdigers  von  Pechlarn  und  dem  Osterlande 
verlegt  werde  und  der  Dichter  dabei  die  Grenze  vor  Augen 
hatte,  welche  zu  seiner  Zeit  gegen  Ungarn  bestand.  Es  mag 
dahingestellt  sein,  ob  die  Dichtung,  welche  ja  die  Vergangen- 
heit darstellen  wollte,  nicht  ebensogut  einen  bekannten  älteren 
Grenzzug  berücksichtigt  haben  kann;  aber  ganz  abgesehen 
davon,  findet  sich  im  Nibelungenliede  gar  nicht,  dass  die  Grenze 
dort  war,  wohin  sie  Zamcke  verlegt,  was  er  eigentlich  auch 
zugibt.  Die  betreffende  Stelle  lautet:  ein  wirt  was  (in  Mede- 
liche)  gesezzen  —  der  wiste  si  die  straze  nider  in  Osterlant 
gegen  Mutaren  die  Tuonowe  nider.  Damit  ist  nur  gesagt,  dass 
der  Wirth  Chrimhilden  die  Strasse  ins  Osterland  längs  der 
Donau  gegen  Mautern  zu  wies,  also  dass  die  Strasse  in  das 
Osterland  gegen  Mautem  zu  ging,  ohne  dass  damit  auch  nur 
angedeutet  würde,  wo  das  Osterland  begann  und  ob  Mautem 
schon  im   Osterlande   gelegen  war.     Ebensowenig   findet   sich 


*  S.  oben  §.  4  bei  Note  48. 

*  Horm.  W.  1.4. 

'  MeUler  RB.  199. 
'  ÜNOe.  1 .  4. 

*  MB.  28,  1.  193. 

*  Beiträge  zur  Erklärung  des  NibelnngenUedes  in  Berichten  der  sächs. 
Gesellsch.  der  Wiflsenschaften  8.  174  f.  und  ihm  zustimmend  Büdinger 
Oesterr.  Gesch.  1.  268  und  Huber  Gesch.  Oesterr.  I.  175. 


454 

im  Nibelungenliede  eine  Angabe  der  Passauer  Diöcesangrenze. 
Pischof  Piligrim  kann  allerdings  Chrimhilden  nach  damaliger 
Sitte  bis  zur  Grenze  seiner  Diöcese  begleitet  haben,  doch  sagt 
das  Lied  nicht,  wo  er  von  ihr  Abschied  nahm.  In  einer 
Strophe  wird  nur  erzählt,  dass  sie  von  Melk  gegen  Mautem 
zogen,  und  in  der  nächsten  Strophe  der  Abschied  Piligrims 
ohne  Ortsangabe  berichtet,  worauf  es  dann  weiter  heisst,  dass 
sie  ,kurz  darauf'  an  die  Traisen  kamen.  Daraus  ist  also  nur 
zu  entnehmen,  dass  der  Abschied  an  irgend  einem  von  der 
Traisen  nicht  allzu  fernen  Orte  im  Westen  derselben  stattfand. 
Aus  dem  NibelungenUede  lässt  sich  also  nichts  Genaues  über 
die  Ostgrenze  der  Mark  an  der  Donau  entnehmen.  Zamcke 
führt  zwar  auch  eine  Stelle  aus  Biterolf  ins  Treffen:  der  herre 
kam  in  Osterland,  da  er  ein  burc  ouch  vant  diu  hiez  ze  Mu- 
taren. Daraus  kann  aber  auch  nicht  gefolgert  werden,  dass 
Mautern  als  in  Ungarn  gelegen  gedacht  wurde,  denn  Osterland 
bedeutet  hier  wohl  dasselbe  wie  plaga  oder  regio  orientalis  in 
den  Urkunden,  nämlich  im  Allgemeinen  die  im  Osten  gelegenen 
Landstriche. 

Die  weitere  Annahme  Zamckes,  dass  die  Grenze  zur 
Zeit  Burkharts  südlich  von  St.  Polten  gelaufen  sei,  so  dass  also 
St.  Polten  nicht  zu  Burkhards  Bezirk  gehörte,  beruht  darauf, 
dass  Zamcke  ,Treisima'  nicht  für  St.  Polten,  sondern  für  einen 
Ort  (er  sagt  ein  Dorf)  südlich  von  St.  Polten  hält.  In  der 
Urkunde  c.  987  ^^  heisst  es  aber:  Treisimam  civitatem  S.  Ypoliti 
—  ea  integritate  ut  quondam  beate  memorie  Adalbertus  episco- 
pus  sub  Purchardo  marchione  in  sua  tenuit  vestitura,  und  dass 
unter  dieser  civitas  des  heil.  Hypolit  St.  Polten  zu  verstehen 
ist,  kann  umsoweniger  bezweifelt  werden,  als  ausdrücklich  be- 
zeugt wird,  dass  das  Kloster  des  heil.  Hypolitus,  nach  welchem 
die  Stadt  St.  Polten  benannt  wurde,  im  Orte  Treisma  sich  be- 
fand: 976^^:  Treisma  ad  monasterium  S.  Ypoliti,  so  dass  ohne 
allen  Zweifel  Treisima  oder  Treisma  der  alte  Name  der  Stadt 
St.  Polten  gewesen  ist. 

Die  Grundlagen  für  die  Grenzbestimmung  Zamckes  sind 
also  zum  Theile  unsicher  und  zum  Theile  unrichtig.  Seine  An- 
sicht findet  auch  keine  Stütze  darin,  dass  die  erwähnte  Urkunde 


10  UNOe.  1.  4. 
"  UNOe.  1.  2. 


455 

von  c.  987  von  praediis  que  tunc  sub  ditione  tenebantur  domi- 
nica  spricht.  Wenn  dies  auch  voraussetzt^  dass  ein  kürzlich 
den  Ungarn  abgenommenes  Gebiet  noch  nicht  den  früheren 
Eigenthümem  zurückgestellt  war,  so  brauchen  wir  deshalb  doch 
nicht  anzunehmen^  dass  die  in  der  Urkunde  ei*wähnten  Orte 
nicht  unter  Burkhard  gestanden  seien^  da  auch  später  noch^ 
974 1«,  und  zufolge  Urkunde  985 "  selbst  zur  Zeit  Ottos  III.  i* 
(nostri  regni  tempore)  UngameinfUlle  in  die  Ostmark  stattfanden^ 
welche  eine  erneute  Regelung  der  Eigenthumsverhältnisse  noth- 
wendig  gemacht  haben  können. 

Wir  müssen  uns  übrigens  begnügen^  Zamckes  Qrenzbe- 
stimmung  als  unbegründet  zu  charakterisiren,  ohne  im  Stande 
zu  sein^  eine  andere  halbwegs  genaue  an  ihre  Stelle  zu  setzen. 
Es  steht  nur  so  viel  fest^  dass  die  Wachau  und  St.  t^ölten  zu 
Burkharts  Amtsbezirk  gehörten;  ob  er  sich  noch  nach  Osten 
weiter  ausgedehnt  hat^  bleibt  ungewiss^  doch  ist  es  wahrschein- 
lich, dass,  wenn  die  Deutschen  St  Polten  besassen,  das  Reiter- 
Tolk  der  Ungarn  die  Donauenge  westHch  von  der  Traisen 
auch  nicht  mehr  innehatte.  Es  mag  also  immerhin  ange- 
nonmien  werden,  dass  Burkharts  Mark  sich  mindestens  bis  an 
die  Traisen  erstreckt  habe  ^^. 

Die  Gründe  der  Entfernimg  Burkhards  von  der  Mark- 
gra&chaft  kennen  wir  nicht;  möglich,  dass  er  in  den  Aufstand 
Heinrichs  des  Zänkers  verwickelt  war  und  deswegen  vor  oder 
nach  dem  Scheitern  der  Unternehmung  Heinrichs  (976)  die 
Markgrafschaft  verlor  ^^.  Gewiss  ist  nur,  dass  spätestens  976^' 
ein  Getreuer  Ottos  II.,  Luitpold  von  Babenberg,  Graf  im  Donau- 
gaue (983*®:  in  pago  tounahgeuui  in  comitatu  liutpoldi),  als 
Markgraf  der  Ostmark   auftritt,   welcher   dabei   nicht   nur  den 


"  WilmÄiis  Jahrb.  2,  2.  17. 

"  MB.  28,  1.  244. 

"  Hnber  Gesch.  Oeaterr.  1.  177  Note  1. 

^  Ueber  die  Ausdehnung  seines  Amtsbezirkes  im  Norden  der  Donau  gegen 

Westen  haben  wir  keine  Daten.   Für  die  von  Huber  Oesterr.  Rechtsg.  6 

behauptete  Ausdehnung  bis  zur   grossen  Rodel  fehlt  es  an  jedem  Belege. 
'•  Vgl.  Bttdinger    Oesterr.  Gesch.  1.  272    Note    1;     Huber,    Gesch.  Oesterr. 

1.  189. 
"  Ueber  den  Zeitpunkt  seiner  Erhebung:    Meiller  RB.  187;  Waitz  Jahrb. 

1.  176. 
"  MB.  28,  1.  237. 
ArehJT.  Bd.  LXXXn.  II.  H&lfte.  30 


456 

Donaugau  behielt,  ^^  sondern  auch  noch  den  Traungau  ver- 
waltete; 977'®:  in  pago  trungowe  in  ripa  Anesi  flominis  in 
comitata  Livpoldi. 

An  der  Hand  der  Urkunden  lässt  sich  das  allmftlige 
Vorrücken  der  Colonisation  im  Donauthale  gegen  Osten  beob- 
achten, wenigstens  entnimmt  man  daraus  das  Minimum  an  Land, 
welches  jeweilig  von  den  Deutschen  besiedelt  war.  Eine  solche 
Grenzerweiterung  findet  sich  schon  imter  Luitpold  I.  Melk  ist 
zwar  gewiss  nicht  erst  von  ihm  erobert  worden*^,  dafür  er- 
fahren wir  bald  nach  seiner  Erhebung  zum  Markgrafen,  dass 
das  Land  bis  zum  Wienerwalde  von  Deutschen  bewohnt  wird; 
c.  987**:  zu  den  praediis,  que  tunc  sub  ditione  tenebantur  do- 
minica,  gehören  Güter  usque  in  cacumen  montis  Comageni  und 
ultra  Danubium  usque  ad  Marevinos  terminos;  daher  auch  Pili- 
grim  die  Zehnten  bis  zum  Wienerwald  seiner  Passauer  Kirche 
zusprechen  lassen  konnte:  c.  988*^:  tempore  Piligrimi  episcopi 
sjmodo  aggregato  —  orientales  diocesaneos  —  hanc  conivere 
sententiam  —  omnem  decimationem  infra  praescriptos  Umites 
anesi  scilicet  fluminis  et  comageni  montis  ante  proximam  barba- 
ricam  devastationem  in  dicione  et  potestate  —  pataviensis  eccle- 
siae  —  fuisse.  Auch  unter  Luitpolds  Nachfolgern  Heinrich 
(994-1018)  und  Adalbert  (1019—1055)  können  wir  das  Vor- 
schreiten der  Ansiedelungen  verfolgen.  1002  **  schenkt  Kaiser 
Heinrich  H.  dem  Markgrafen  Heinrich  predium  —  inter  durran 
liezniecham  et  trieznicham  et  insuper  XX  hobas  inter  cham- 
bam  et  maraaho  eligendas  ubicumque  sua  desiderat  optatio. 
Daraus  entnehmen  wir,  dass  das  Land  östlich  vom  Kamp, 
wenngleich  noch  sehr  dürftig  besiedelt,  doch  schon  bis  zur 
March   in   den  deutschen  Machtbereich   fiel,   der  sich  also  da- 


*•  S.  vorige  Note. 

«<>  UOE.  2.  66,  ebenso  67. 

'^  Pez  Scr.  1.  29  behauptet  dies,  bezweifelt  wird  es  von  Büdinger  t.  466 
und  Haber  1.  175  Note  4,  und  Meiller  Denkscbr.  18.  14  f.  hat  nach- 
gewiesen, dass  die  Nachricht  sich  zuerst  in  der  sehr  unglaubwürdigen 
Chronik  des  Conrad  von  Wizzenberge  findet  und  nur  von  da  in  spätere 
Schriften  übergegangen  ist. 

"  UNOe.  1.  4. 

»  MB.  28,  2.  88. 

«*  RB.  3  n.  6. 


457 

mak  bis  zur  March*^  und  Triesting*^  erstreckt  haben  muss. 
Es  ist  daher  auch  ganz  möglich^  dass  Unvizinesdorf^  in  welchem 
Kaiser  Heinrich  II.  1002  ein  Qut  seinem  miles  piUgrimus 
schenkte*^,  Langenzersdorf  am  Bisamberge  war*®.  Aus  den 
Jahren  1011  imd  1019**  finden  sich  weiters  Schenkungen  an 
Niederaltaich  von  Hüben  bei  Absdorf  und  Schmida  nördlich 
von  der  Donau.  Dann  erfahren  wir,  dass  Tegemsee  1020^® 
5  Mansen  inter  duos  fluuios  id  est  Pistnicha  et  Tristnicha,  dass 
im  nächsten  Jahre  1021*^  Weihenstephan  partem  insule  Sah- 
ßonaganc  —  usque  in  locum  Orta  —  et  inde  usque  ad  siluam 
—  Hart  und  1025**  Graf  AmoW  50  Mansen  sitos  inter 
TÜlam  frumanaha  et  inter  fluvios  Danubium  et  Maraha  in  comi- 
tatv  Adalberti  marchionis  erhielt^. 


**  Dagegen  meint  Thausing  Forschungen  z.  deutschen  Gesch.  4.  358,  aus 
dieser  Urkunde  sei  kaum  zu  schliessen,  dass  die  March  bereits  feste 
Reichsgrenze  war,  im  Geg^ntheile  zeige  die  unbestimmte  Bezeichnung 
in  so  grossem  Baume,  dass  man  von  der  Entfernung  der  March  vom 
Kamp  keinen  rechten  Begriff  hatte.  Aus  der  Urkunde  geht  aber  nur 
hervor,  dass  dieser  grosse  Kaum  noch  nahezu  unbewohnt  war;  die  March 
musste  Heinrich  II.  doch  als  Reichsgrenze  ang^ehen  haben,  da  er  die 
Freiheit  der  Wahl  sonst  unmöglich  bis  zu  diesem  Flusse  hätte  aus- 
dehnen können.  Am  wenigsten  sprechen  für  Thausing  die  gleich  zu 
erwähnenden  Urkunden  von  1011  und  1019,  denn  es  ist  nicht  richtig, 
dass,  wie  Thausing  behauptet,  darin  ,blos*  die  Gegend  zwischen  Schmida 
und  der  Donau  als  zur  Markgrafechaft  Adalberts  gehörig  bezeichnet  wird. 

^  Unter  den  beiden  Flüssen  durra  lieznicha  und  trieznicha  sind,  wie  Meiller 
RB.  193  gezeigt  hat,  die  dürre  Liesing  und  die  Triesting  gemeint.  Da 
die  dürre  Liesing  sich  nidit  sehr  weit  in  das  Gebirge  hinein  erstreckt, 
muss  das  gesclienkte  Gut  mehr  in  der  Ebene,  etwa  dort,  wo  der  spätere 
babenbergische  Besitz  Mödling  sich  befand,  gewesen  sein ;  wenn  Meiller 
meint,  dass  dieses  Gebiet  den  grössten  Theil  des  Wienerwaldes  um- 
fasst,  so  rührt  dieser  Irrthum  daher,  dass  er  die  dürre  Liesing  unbegreif- 
licher Weise  auf  der  Wasserscheide  des  Wienerwaldes  entspringen  lässt 

"  MB.  28,  1.  293. 

^  So  Fischer  Gesch.  y.  Klostemeuburg  2.  21,  Büdinger  1.  473,  Huber  1. 
180,  Hirsch  Heinrich  U.  1.  234;  a.  M.  Meiller  RB.  192. 

*  MB.  11.  140,  142.  ^  MB.  6.  160.  "  D.  31.  62. 

»  CDM.  1.  110.  »  Von  Lambach,  Meüler  RB.  195. 

^  Nicht  angeführt  wurde  die  Schenkung  Konrads  H.  an  Salzburg  aus  1020 
(luY.  216)  Ton  sex  regales  mansos  in  eapite  fluminis  —  Viscaha  vocati 
—  nbi  TituBtissimi  —  ecclesie  adhuc  manant  muri.  Diese  Schenkung 
wurde  allgemein,  noch  von  Huber  Oesterr.  Gesch.  1.  IJBl,  auf  die  nieder- 
Österreichische  Fischa  bezogen,  wogegen  Becker  NiederOsterr.  Topographie 
2.  122  dies   bestreitet  und  Lampel  Putten  38   in  der  Viscaha  den  heut- 

80* 


458 

Diesem  Vorrücken  der  Colonisation  folgend,  scheint  auch 
der  Sitz  des  Markgrafen,  der  zur  Zeit  Burkhards  wahrschein- 
lich in  Pechlam  war  **,  unter  Heinrich  I.  nach  Melk  verlegt 
worden  zu  sein,  da  dieser  die  Leiche  des  heil«  Colomann  in 
civitatem  suam  bringen  Hess,  als  deren  Name  Medelicha  be- 
zeichnet wird*®.     Später  wird  Tulln  als  Hauptstadt  genannt'^. 

Das  neu  gewonnene  Land  scheint  nicht  zu  dem  alten 
Comitate  Burghards  hinzugeschlagen  worden  zu  sein,  es  dürften 
vielmehr  daraus,  etwa  bei  jedem  einzelnen  namhaften  Vor- 
rücken der  Grenze,  süccessive  neue  Comitate  gebildet  worden 
sein,  und  so  entstanden  wohl  die  drei  Grafschaften,  deren  Spur 
wir  in  den  drei  alten  babenbergischen  Gerichtsstätten  finden. 
Wenn  es  gestattet  ist,  in  dieser  Beziehung  eine  Vermuthung 
auszusprechen,  so  ginge  sie  dahin,  dass  Mautem  die  Gerichts- 
stätte in  der  ursprünglichen  Grafschaft  und  Mark  Burkhards 
war,  dass  nach  Ausdehnung  des  Landes  bis  zum  Wienerwalde 
ein  zweiter  Comitat  mit  der  Gerichtsstätte  in  Tulln  gebildet 
und  dass  ftlr  das  Land  im  Osten  des  Wienerwaldes  und  fbr 
die  Eroberungen  im  Norden  bis  zur  March  Neuburg  als  Ding- 
stätte bestimmt  wurde. 

So  hatte  die  Ostmark  im  Norden  der  Donau  schon  die 
heutige  Grenze  Oesterreichs  gegen  Ungarn,  im  Süden  derselben 
die  Fischagrenze  erreicht.  Sie  sollte  jedoch  nicht  so  weit  vor- 
geschoben bleiben.  Nach  einem  unglücklichen  Feldzuge  sah 
sich  Kaiser  Eonrad  U.  genöthigt  im  Frieden  von  1031  dem 
Ungarnkönig  Stephan  im  Norden  der  Donau  einen  Landstrich 
von  der  March  bis  zu  einer  von  der  Fischamündung  bis  Tracht 


satage  Fiachach  genannten  Abflnss  des  Walleraees  sieht  Ist  die  Viscahs 
der  Urkunde  in  NiederOsterreich  za  suchen,  so  kann  dies  entweder  die 
sogenannte  kleine  Fischa  sein,  welche  bei  Fischan,  westlich  von  Wiener 
Neustadt,  entspringt  und  bei  Unter-Eggendorf  in  die  Leitha  mfindet, 
oder  der  Fischafluss,  welcher,  westlich  von  Ebenlurt  entspringend,  wh 
bei  Fischamend  in  die  Donau  ergiesst  Dass  aber  hier  am  Ostabban^ 
des  Wienerwaldes  ,ura]te'  Kirchenminen  sich  fanden,  ist  höchst  unwahr- 
scheinlich, Tiel  eher  ISsst  sich  dies  von  der  Umgebung  des  Wallenee« 
annehmen,  an  dessen  Ufern,  wie  sein  Name  seigt,  rGmische  AnsiedlnBg«ii 
gewesen  sein  mflssen.  Da  also  die  Zngeh5ri^eit  der  Urkunde  vom  Jtbi« 
1090  SU  NiederOsterreich  mindestens  sweifelhalt  ist,  musKte  sie  hier  na- 
berOcksichtigt  bleiben. 

**  Bfidinger  1.  466.  —  P.  Cholom.  MO.  4.  677. 

**  Enenkel,  Rauch  Ser.  1.  853. 


459 

an  der  Thaia  gezogenen  Linie  zu  überlassen.  Die  Annalisten 
der  damaligen  Zeit  berichten  zwar  nicht,  dass  der  Friede  des 
Jahres  1031  einen  Qebietsverlust  fllr  Deutschland  bedingte. 
Dass  ein  solcher  eintrat,  ergibt  sich  aber  daraus,  dass  das  Ge- 
biet, welches,  wie  wir  sofort  sehen  werden,  im  Jahre  1043  von 
Ungarn  an  Kaiser  Heinrich  HL  tiberlassen  wurde,  als  ein  Land- 
strich bezeichnet  wird,  welcher  einst  dem  Könige  Stephan  ge- 
geben worden  war  ^*.  Diese  Uebergabe  an  Stephan  kann  nicht 
vor  1025  (Jahr  der  Schenkung  von  Mansen  an  der  March  an 
Grafen  Arnold)  und  nicht  nach  1038  (Todesjahr  Stephans)  statt- 
gefunden haben;  in  diesem  Zeiträume  findet  sich  aber  kein  anderer 
Anlass  zu   einer  Gebietsabtretung   als   der  Friede  von  1031^*. 

Ungarn  sollte  das  abgetretene  Gebiet  nicht  lange  behalten. 
Die  Siege  Kaisers  Heinrich  IH.  (1043)  erzwangen  im  Frieden 
mit  Aba  die  Zusage,  dass  er  das  gesammte  Land  westlich  von 
der  March  und  Leitha  abtreten  wolle  **^.  Aus  dem  neuge- 
wonnenen Gebiete  wurde  im  Einklang  mit  früheren  ähnlichen 
Vorgängen  eine  neue  Grafschaft  und  Mark  gebildet,  jedoch 
nicht  dem  ^österreichischen  Markgrafen  Adalbert  zur  Verwaltung 
überlassen*^. 

Es  kann  sein,  dass  zunächst  Luitpold,  der  tapfere  Sohn 
Adalberts,  die  neue  Mark  als  Markgraf  erhielt.  Gewiss  ist 
dies  jedoch  nicht,  denn  wir  erfahren  nur,  dass  Luitpold  Ende 
November  1043  von  Heinrich  HI.  zum  Markgrafen  erhoben 
wurde**,  es  kann  dies  aber  ebensogut  eine  Eventualbelehnung 


*"  Ann.  Altah.  ad  1043  MG.  20.  798 :  quondam  Stephane  data  fuerat  causa 
amiciciae.  Diese  Bemerkung  kann  sich  nur  auf  das  Land  nOrdlich  von 
der  Donau  bezogen  haben,  denn  für  die  Erreichung  der  Fischagrenze 
im  Jahre  1043  spricht  nichts,  selbst  wenn  man  die  Urkunde  1020 
(Note  34)  auf  NiederOsterreich  bezieht,  Lampel  Putten  38  f. 

**  Thausing  a.  a.  O.  359  f.,  Huber  1.  182.  A.  M.  Giesebrecht  Kaiserzeit  1.  110, 
354,  dessen  Ansicht,  dass  die  Abtretung  1009  geschehen  sei,  jedoch  durch 
die  vorerwähnten  Urkunden  aus  den  Jahren  1020,  1021  und  1025  wider- 
legt wird. 

**  Herrn.  Aug.  MG.  5.  124:  Heinricus  —  regnique  usque  ad  Litaha  flumen 
partem  acdpiens,  discessit;  Ann.  Altah.  MG.  20.  798. 

"  S.  über  diese  Mark  bes.  Thausing  Die  Neumark  Oesterreich  und  das 
Privilegium  Heinricianum  1043 — 1058  in  Forschungen  zur  deutschen 
Gesch.  4.  355f.,  dann  Huber  1.  188. 

"  Herrn.  Aug.  (MG.  5.  124)  ad  1043:  Liutpaldus  Adalberti  marchionis  filius, 
—  ab  ipso  rege  marchio  promotus.  Ann.  Hildesh.  MG.  3.  104  kennen 
auch  einen  Liupoldus  marchio. 


nr..'t  fh^tfffTf'l^h    bedientet    hab^n    ab    die   Verleihiaig   der  neu 
mr.^^rK'htfrt^n  Mark^.     Kem*t^bl]s  trat  Lintpold   sein  Amt  an, 
da  er  wenige  Tage  darauf,   am  9.  December  1013  eines  pkMs- 
H^^h^^n    Todes    starb.     Beiläufig    1 '  ,   Jahre    später,    saerst   im 
März  1045,   begf^gnet   ans  in  mehreren  Ui^nnden   fSar  die  neu 
gewonnenen  Gebiete   ein  )Iarkgraf  Siegfiried,   dessen  Herkunft 
an  bekannt  ist^,  dessen  Macht  in  diesen  Gegenden  aber  durch 
amfangreiche  k<5nigliche  Landschenkongen  aaf  eine  feste  Grund- 
lage   gestellt    werden    woDte.      Er   bekam    150    mansos    infra 
flanios  I^iscaha  et  Litaha  et  Maraha,  abicnmqae  inibi  nos  sibi 
precipiamus  mensarae  in  proprium  —  stos  in  marcha  praedicti 
marchionis  CSigefridij  ^^,   dann:    15  areas  in   longam  prope  Da- 
nabiam   extensas  et  retro   has   30  regales  mansos   contra  ün- 
garicam    plateam  mensaratos   et   ab    adiacente  villa  Stülefride 
eiasdemqae     contigois    terminis    iaxta  Maraham    areas    20  in 
longitadinem   porectas,    100  qae  regales  mansos  retro  predictas 
areas   contra  Ungaricam   plateam   respicientes   et   abi   finiantur 
termini  proxime  uillae  adiacet  (sie!)  StiUefiridae  infra  Maraham 
et  Zaiam   (so  and   nicht  Taiam   im  Original  nach  Meiller  RB. 
197)  nee   non  Svlzaha  atque  iaxta  eadem  loca  et  flamina  ubi- 
cumque    sibi   per  nostram    nuncium  inibi    demonstrentur   alios 
100  regales  mansos  in  marcha  et  in  comitata  prenominati  mar- 
chionis (öigefridi)  sitos  in  proprium*^.     Dieser  Siegfried  kommt 
auch   noch  in  einigen   anderen  Urkunden  des  Jahres  1045  als 
der   Markgraf  vor,  in   dessen   Comitat  von  Heinrich  HI.   ver- 
schenkte   Güter    liegen.     So    in    der    Schenkungsurkande  ftlr 
Niederaltaich   von  10  mansos   regales  circa  flumen  Zaiove  dic- 
tum,   ab  eo  quidem  loco,   ubi  iuxta  nostre  dationis   et  praecep- 
tionis   mensuram   predium   Sigefridi   marchionis   certis  limitibus 
terminatur*',    dann    in    der   Schenkungsurkunde   für  Reginold 
von   dimidietatem  Risinperch   et  insuper   tantum  inter  flumina 


^  Ersteres  Ansicht  Meillers  RB.  205,  letzteres  die  Büdingers  1.  476,  Thau- 

sin^  a.  a.  0.  366  und  Hubers  1.  188. 
^  Die  verschiedenen  Hypothesen  über  seine  Familie  s.  bei  Meiller  RB.  193, 

Thausing    a.  a.  O.  366    Note  5,    Giesebrecht    Kaiserz.  2.  620    und   von 

älteren  Schriftstellern  bei  Schrötter  Gesch.  1.  190  und  ViXz  Gesch.  von 

Michelbeuern  1.  68. 
*»  CDM.  1.  118. 
*«  CDM.  1.  119. 
♦'  MB.  11.  162. 


461 

Litaha  et  Fiscaha;  scilicet  deorsum  jaxta  litus  Fiscaha^  donec 
10  regales  mansos  habeat^*. 

Die  Ausdehnung  der  Mark  Siegfrieds  lässt  sich  aus  einer 
Urkunde  von  1051  *^  entnehmen,  in  welcher  Kaiser  Heinrich  III. 
der  neugegründeten  Propstei  Haimburg  den  Zehenten  in  dem 
Ungarn  abgenommeneu  Gebiete  überliess.  Da  der  Zehent  in 
der  Ostmark  zufolge  einer  Verleihung  aus  dem  Jahre  1025^® 
dem  Bisthum  Passau  gebührte,  so  zeigt  die  Urkunde  1051, 
dass  das  neu  gewonnene  Gebiet  nicht  von  selbst  an  die  Ost- 
mark zurückfiel,  sondern  als  neue  Eroberung  behandelt  wurde. 
Die  darin  vorkommende  Begrenzung  der  Zehentberechtigung 
Haimburgs  muss  mit  der  Grenze  der  neu  errichteten  Mark 
zusanmienfallen. 

In  der  Urkunde  1051  wird  nun  der  Propstei  Haimburg 
geschenkt:  decimum  mansum,  rectamque  fruguum  decima- 
tionem  totius  regionis  in  finibus  ungarorum  gladio  ab  hostibus 
adquisitae  in  pago  Oesterriche  in  comitatu  ex  una 

parte  danubii  inter  fiscaha  et  litacha  ex  altera  autem  inter 
strachtin  et  ostia  fiscaha  usque  in  maraha  etc.  Den  Angel- 
punkt für  die  Bestinmiung  dieser  Grenze  bildet  die  Feststellung 
des  Ortes  Strachtin,  da  alle  übrigen  Angaben  der  Urkunde 
nur  bekannte  Namen  enthalten.  Streipfing  am  Marchfelde  (auf 
der  Generalstabskarte  Stripfing  bei  Weikendorf  südlich  von 
Angern),  welches  Meiller  ^^  für  das  Strachtin  der  Urkunde  hält, 
kann  es  nicht  sein,  da  Strachtin  nach  der  Urkunde  den  nord- 
westlichen Endpunkt  der  Zehentberechtigung  Haimburgs  und 
damit  auch  der  Mark  Siegfrieds  bildete,  diese  Mark  jedoch 
nach  den  vorstehenden  Urkunden  sich  über  die  Zaia  hinaus 
gegen  Norden  erstreckt  hat.  Nach  der  Weise,  wie  Strachtin 
zur  Grenzbestimmung  verwendet  wird,  muss  es  ein  namhafter 
Ort  gewesen  sein,  und  da  in  Niederösterreich  sich  kein  ein- 
ziger Ort  mit  einem  auch  nur  ähnhchen  Namen  findet,  so 
dürfte  die  Ansicht  Thausings^*  richtig  sein,  dass  unter  Strach- 
tin das  ehemalige  Schloss  Strachotin  oder  Tracht  nördlich  von 


*•  MB.  29,  1.  81.  *•  MB.  29,  1.  103. 

^  MB.  29,  1.  18:  omnem  decimationem  in  orientali  provincia  sitam  in  sep- 

temtrionali  parte  fluminis  Danubii  in  comitatu  uero  Adalberti  marchionis. 
^'  Veneichnis  von  Oertlichkeiten  in  Oesterr.  unter  der  Enns  des  9.,  10.  und 

11.  Jahrh.  167. 
"  A,  a.  O.  863. 


462 

Nicolsburg**  zu  verstehen  ist.  Allerdings  kann  dagegen  die 
nördliche  Lage  von  Tracht  ins  TreflFen  geführt  werden,  da 
unsere  Urkunde  doch  voraussetzt,  dass  Strachtin  nicht  in 
Mähren  oder  höchstens  hart  an  der  Grenze  liegt;  dafUr  aber, 
dass  die  österreichische  Grenze  auch  noch  später  nördlicher 
lag  als  heutzutage,  haben  wir  einen  Anhaltspunkt  in  der  Ein- 
leitung zu  Enenkels  Fürstenbuch,  woselbst  die  Schwarzawa  als 
Grenzfluss  bezeichnet  wird:  So  geht  das  gemerkch  —  die  Tey 
nider  vncz  in  di  Swarcza  ^.  Es  kann  daher  sein,  dass  Tracht 
damals  noch  zu  Ungarn  gehörte  und  1043  den  Ungarn  abge- 
wonnen wurde.  Kommt  doch  auch  im  Jahre  1030  vor,  dass 
die  Mündung  der  Thaia  in  die  March  an  der  ungarischen 
Grenze  lag:  in  conterminio  Ungarorum  iuxta  fluuium  Maraua, 
ubi  alius  fluuius  qui  Tye  nuncupatur  in  eandem  profluit^. 

Nimmt  man  an,  dass  Strachtin  das  heutige  Tracht  ist,  so 
läuft  die  Grenze  der  Mark  Siegfrieds  in  einer  Linie,  die  von 
der  Fischamündung  bis  Tracht  reicht,  geht  dann  etwa  längs 
der  Thaia  in  die  March  und  diesen  Fluss  abwärts  bis  zu  seiner 
Mündung  in  die  Donau.  Südlich  von  der  Donau  gehörte  zu 
dieser  Mark  das  Land  zwischen  Leitha  und  Fischa. 

Thausing*®  nennt  die  neu  errichtete  Mark  die  ,Neumark 
Oesterreich'.  Es  braucht  nicht  gesagt  zu  werden,  dass  dieser 
Name  ganz  unhistorisch  ist  und  daher  besser  vermieden  wird. 
Die  Urkunden  reden  nur  von  marchia  oder  comitatus  Sigefridi. 
Nach  einer  Urkunde  1051*^  gehört  das  Gebiet  dieser  Mark 
zum  pagus  Osterriche,  in  einer  andern  Urkunde  1045  ^  ist  der 
Name  des  pagus  ausgelassen:  10  mansos  regales  circa  flumen 
Zaiove  dictum   —   in  pago  et  in  comitatu  Sigefridi  marchionis. 

Nach  1045  wird  Markgraf  Siegfried  nirgends  mehr  erwähnt, 
es  mag  sein,  .dass  er  in  den  folgenden  Kriegsjahren  gegen 
Ungarn  fiel.  Dafür,  dass  er  1048  nicht  mehr  Markgraf  in 
diesen  Gegenden  war,  spricht  der  Umstand,  dass  er  sich  unter 
den  Commissären  nicht  findet,  welche  in  diesem  Jahre  von 
Kaiser  Heinrich  III.  mit  dem  Wiederaufbau  von  Haimburg  be- 
traut wurden  ^^     Aber   auch  zur  Mark  Adalberts  gehörte  das 


"  1176CDM.  t.  293:  castrum  Strachotin;  1190CDM.  1.  332:  Capella  S.  Oeor- 

gii  in  Strachotin. 
^  Rauch  Scr.  1.  246.  "  CDM.  1.  112.  »«  A.  a.  0. 361. 

*'  8.  oben  Note  49.  "  MB.  11.  152. 

^  Herrn.  Aug.  1060  (MG.  ö.  129),  Ann.  Altah.  1060  (MG.  20.  806). 


463 

ehemalige  Gebiet  Siegfrieds  noch  nicht.  Dies  zeigt  die  Ver- 
gleichung  der  zwei  vom  25.  October  1051  datirten  Urkunden, 
welche  Kaiser  Heinrich  III.  für  die  Propstei  Haimburg  aus- 
stellte. In  der  einen  bereits  angeführten  Urkunde,  durch  welche 
der  Zehent  in  der  ehemaligen  Mark  Siegfrieds  der  Propstei  ge- 
schenkt wurde,  ist  der  Name  des  Grafen,  zu  dessen  Grafschaft 
der  Zehentbezirk  gehört,  oflFen  gelassen;  in  der  anderen  Ur- 
kunde ^^  wird  der  Propstei  Haimburg  predium  Sigehailtes 
chiriha  geschenkt  und  gesagt,  es  sei  in  comitatu  Adalberti 
marchionis  —  situm.  Darin  liegt  der  von  Thausing^*  hervor- 
gehobene Beweis,  dass  damals  Rir  diese  Mark  ein  Markgraf 
gar  nicht  bestellt  war. 

Es  sind  denn  auch  die  Beweise  nicht  stichhältig,  welche 
Btidinger**  dafür  vorgebracht  hat,  dass  Adalbert  diese  Mark 
schon  1048  besass.  Die  Mitwirkung  Adalberts  bei  der  Com- 
mission  zum  Wiederaufbau  von  Haimburg  beweist  dies  gewiss 
nicht,  da  auch  der  Bischof  von  Regensburg  und  andere  baieri- 
sche  Fürsten  dabei  beschäftigt  waren.  Ebensowenig  bietet  einen 
Beweis  die  Urkunde  1048  ^*,  in  welcher  Kaiser  Heinrich  III. 
seiner  Gemahlin  30  regales  mansos  in  circuitu  duorum  flumi- 
num  que  dicuntur  Zaiowa  ubi  confluunt  sitos  schenkt,  nach- 
dem Meiller  ^  nachgewiesen  hat,  dass  statt  Zaiowa  richtig 
Taiowa  zu  lesen  ist,  so  dass  das  geschenkte  Gut  am  Zusammen- 
flüsse der  beiden  Thaias,  weit  westlich  von  der  Mark  Sieg- 
frieds lag. 

Nach  Siegfried  kommt  in  seiner  Mark  überhaupt  durch 
längere  Zeit  kein  Markgraf  vor^*;  noch  1055*®  und  1056  ^^ 
erfolgen  Schenkungen  daselbst  ohne  Nennung  eines  Markgrafen, 
es  ist  daher  möglich,  dass  die  Grafschaft  wegen  der  Unsicher- 
heit der  Verhältnisse  einige  Zeit  unbesetzt  blieb.  Erst  1063*®: 
in  comitatu  Emasti  marchionis  sita  Gowacisbrunnun  et  Boum- 
garden  ac  Chrubet,  und  dann  wiederholt,  1067  und  1074*^, 
werden  diese  Gegenden  als  zur  Mark  des  Babenberger  Mark- 


*  MB.  29,  1.  106.  "  A.  a,  O.  364. 

"  Oerterr.  Gench.  1.  477  Note  3.  "  D.  4.  187.  •*  RB.  197. 

^  Gegen  die  Ansicht  Thaasings  a.  a.  O.  371,  dass  der  1055  (D.  31.  79)  ge- 
nannte Mark^af  Otto  Nachfolger  Siegfrieds  gewesen  sei,  s.  Riezler  For- 
schungen 18.  532  f. 

••  MB.  29,  1.  126.  "  MB.  29,  1.  129.  •»  UOE.  2.  92. 

~  MB.  29,  1.  172  und  RB.  9  n.  11. 


464 


grafen  Ernst  gehörig  bezeichnet,  und  von  da  an  blieb  der  neue 
Markboden  mit  der  Ostmark  vereint. 

Thaosing '®  gkubt  aus  dem  falschen  österreichischen  Frei- 
heitsbriefe von  1058  schliessen  zu  können,  dass  Markgraf  Ernst 
schon  in  diesem  Jahre  die  Mark  Siegfrieds  verwaltet  habe. 
Von  diesem  Freiheitsbriefe  steht  nun  wohl  fest,  dass  er  einer 
echten  Traditionsurkunde  Kaiser  Heinrichs  III.  nachgebildet 
wurde,  dies  zeigt  die  mehreren  echten  Traditionsurkunden 
genau  entsprechende  Schlussformel  mit  dem  darin  vorkommen- 
den, in  den  Freiheitsbrief  gedankenlos  heriibergenommenen 
Ausdruck  traditio.  Thausing  behauptet  nun,  die  echte  Vorlage 
des  Fälschers  müsse  eine  Urkunde  gewesen  sein,  mittelst  welcher 
Heinrich  HI.  dem  Markgrafen  Ernst  Güter  in  der  ehemaligen 
Mark  Siegfrieds  geschenkt  habe,  woraus  dann  geschlossen  wird, 
dass  Ernst  damals  diese  Mark  schon  verwaltet  habe.  Zum 
Nachweise  seines  Satzes  führt  Thausing  ein  ziemlich  künst- 
liches Gebäude  auf. 

Wattenbach  ^*  hat  angenommen,  dass  die  echte  Vorlage 
des  Freiheitsbriefes  1058  ein  Diplom  gewesen  sei,  welches 
Heinrich  HI.  dem  Markgrafen  Adalbert  am  1.  October  1058 
zu  Brumeslavesdorf  ausgestellt  hat'*.  In  der  That  stimmt  die 
Schlussformel  des  Freiheitsbriefes  mit  diesem  Diplome  so  wie 
mit  einer  am  2.  October  1058  für  Passau  in  Ybbs  ausgestellten 
Kaiserurkunde '^  nahezu  wörtlich  und  jedesfalls  genauer  als 
mit  den  Schlussformeln  anderer  Traditionen  dieses  Kaisers 
überein,  wie  die  folgende  Nebeneinanderstellung  zeigt: 

Freiheitsbrief  '* 
ddo.  Tnrrinbvobc. 

Et  nt  baec  nostra 
tradicio  stabilis  et  in- 
conuulsa  omni  perma- 
neat  aevo,  banc  pagi- 
nam  indeconscribi  ma- 
nuque  propria  utsubtns 
uidetur  corroborantes 
sigilli  nostri  impres- 
sione  iussimus  insig- 
niri. 


Urkunde  für  Adalbert 
ddo.  Bmmeslavesdorf. 

Et  nt  bec  nostra  re- 
galis  traditio  stabilis  et 
inconnnlsa  omni  per- 
maneat  aevo  banc  pa- 
ginam  inde  conscribi 
mannqiie  propria  ut 
subtus  nidetur  corro- 
borantes sigilli  nostri 
impressione  iussimus 
insigniri. 


Urkunde  fQr  Passau 
ddo.  Jbese. 

Et  ut  hec  nostra  re- 
galis  traditio  stabilis 
et  inconvulsa  omni 
permaneat  evo,  hanc 
paginam  inde  conscribi 
manuque  propria  ut 
subtus  videtur  corro- 
borantes sigilli  nostri 
impressione  iussimus 
insigniri. 


'«  A.  a.  O.  876f.  "  A.  8.  91. 

^  Horm.  A.  f.  Südd.  2.  285.  «  UNOe.  1.  5. 


'*  A.  8.  10. 


465 

Man  vergleiche  damit  nachstehende^  dem  Freiheitsbriefe 
ferne  stehende  Schlussformeln.  1048'*:  Et  ut  hec  nostre  auc- 
toritatis  traditio  stabilis  et  inconuulsa  permaneat  omni  eno  hoc 
preceptum  inde  conscriptum  manu  propria  corroborantes  sigUli 
nostri  impressione  jussimus  insigniri.  Und  1061'^:  Et  ut  hec 
nostra  regalis  traditio  nunc  et  in  euum  stabilis  et  inconuulsa 
permaneat,  hanc  cartam  inde  conscribi  et  ut  subtus  cemitur, 
manu  propria  corroborantes  sigilli  nostri  impressione  iussimus 
insigniri.  Nun  meint  Thausing,  die  Datirung  ,Turrinbuohc*  des 
falschen  Privilegiums  weise  darauf  hin,  dass  auch  die  Vor- 
lage des  Fälschers  zu  Diirrenbuch  (bei  Strengberg  in  N.-Oe.) 
ausgestellt  worden  sei,  weil  sonst  der  Fälscher  unmöglich  auf 
diesen  in  das  Itinerar  Heinrichs  lU.  genau  passenden,  unbe- 
deutenden Ort  hätte  verfallen  können.  Mit  dieser  Argumen- 
tation mag  Thausing  wohl  recht  haben,  damit  ist  aber  noch 
nichts  gewonnen,  denn  es  spricht  gar  nichts  dafür,  dass  die 
unbekannt  gebliebene  Vorlage  sich  irgendwie  auf  die  Mark 
Siegfrieds  bezogen  habe.  Zunächst  weisen  die  Ausdrücke  plaga 
Orientalis  und  terra  orientalis  durchaus  nicht  gerade  auf  Sieg- 
frieds Mark  hin,  da,  wie  wir  gesehen,  diese  und  ähnliche  Be- 
zeichnungen nur  überhaupt  östlich  gelegene  Länder  bedeuten. 
Das  weitere  Argument  Thausings,  dass  die  Erwähnung  der 
jüngst  gemachten  Eroberungen  auf  die  Mark  Siegfrieds  bezogen 
werden  und  schon  in  der  Vorlage  vorgekommen  sein  müsse, 
liesse  sich  nur  aufrecht  erhalten,  wenn  die  Fälschung  richtige 
Angaben  über  diese  Eroberungen  brächte.  Das  falsche  Privi- 
legium theilt  aber  mit,  dass  Markgraf  Ernst  in  instanti  anno 
cum  exercitibus  suis  bellatorie  illas  terrarum  partes  contra  pa- 
ganos  obtinuit  vicibus  trinis  eosque  exinde  pepulit,  und  da 
dieser  Satz  nichts  als  offenbare  Unrichtigkeiten  enthält,  so  kann 
er  wohl  nicht  einer  echten  Kaiserurkunde  entnommen  wor- 
den sein. 

Bei  genauer  Betrachtung  zerfallen  also  Thausings  Ausein- 
andersetzungen in  nichts. 

2.  Nachdem  wir  einen  Ueberblick  über  das  allmälige 
Anwachsen  des  babenbergischen  Amtsbereiches  gewonnen,  lässt 
sich  genauer  auf  die  Begrenzung  des  Landes  eingehen.  Wir 
besitzen  darüber  in  der  Einleitung  zu  Enenkels  Fürstenbuch 


^  D.  4.  188.  "  ÜOE.  2.  92. 


466 

Angaben,  welche  zwar  aus  späterer  Zeit  herrühren,  die  jedoch 
im  grossen  Ganzen  auch  auf  die  früheren  Jahrhunderte  dort 
Anwendung  finden  können,  wo  Andeutungen  auf  den  gleichen 
Grenzverlauf  in  älterer  Zeit  vorliegen,  oder  wo  es  an  Anhalts- 
punkten fehlt,  welche  auf  spätere  Aenderungen  des  Grenzzuges 
hindeuten. 

Die  Grenze  der  Ostmark  gegen  Westen,  nördlich  von 
der  Donau,  kennen  wir  bereits,  da  sie  mit  der  Ostgrenze  der 
Riedmark  zusammenfallt.  Das  hier  an  die  Riedmark  grenzende 
Gebiet  wird  das  Machland  genannt.  Wir  können  dessen  Aus- 
dehnung zwar  nicht,  wie  fiir  die  Riedmark  geschehen,  aus  der 
Zusammenstellung  der  Oertlichkeiten  entnehmen,  welche  urkund- 
lich als  im  Machlande  gelegen  bezeichnet  werden,  denn  solche 
ausdrückliche  Bezeichnungen  finden  sich  nur  selten.  Daftir 
hat  man  einen  andern  Anhaltspunkt,  welcher  zu  einem  sichern 
Ergebniss  fUhrt.  In  späterer  Zeit  treten  Landrichter  ,im  Mach- 
lande' auf,  und  wenn  man  die  Orte  auf  einer  Karte  aufträgt, 
auf  welche  sich  die  Vergabungen  beziehen,  welche  durch  Land- 
richter im  Machlande  besiegelt  oder  bezeugt  werden,  so  er- 
langen wir  einen  genau  abgegrenzten  Bezirk '',  in  welchem  die 
Klöster  Baumgartenberg  und  Waldhausen  liegen  und  der  im 
Süden  von  der  Donau,  im  Westen  von  der  Riedmark  und  im 
Osten  von  der  Isper  begrenzt  wird.  Die  östliche  Grenze  des 
Machlandes  fällt  also  mit  der  heutigen  Grenze  zwischen  Ober- 
und  Niederösterreich  zusammen,  die  schon  in  einem  Copial- 
buche  des  Klosters  Baumgartenberg  vom  Jahre  1511  als  solche 
bezeichnet  wird'®:  duplex  Ischper  superior  et  inferior  diuidens 
Austriam  a  terra  Anesi  in  vno  latere.  Im  Norden  befand  sich 
im  Anfange  unserer  Periode  Waldland  ohne  feste  Grenze.  Die 
spätere  Nordgrenze  werden  wir  weiter  unten  in  Verbindung 
mit  den  übrigen  Theilen  der  nördlichen  Ostmarkgrenze  in  Be- 
tracht ziehen.  Nur  ein  Ausnahmsfall  kommt  vor,  in  welchem 
ein  Landrichter  im  Machlande  eine  Vergabung  bezeugt,  welche 
nicht  auf  seinen  Bezirk,  sondern  auf  die  Riedmark  Bezug  hat. 
1322'®  wird  die  Stiftung  eines  Seelgeräthes  auf  einen  Hof  su 
Drunsperich  in  der  Riedmarich  von  einem  Landrichter  im 
Machlande  bezeugt.  Neben  demselben  erscheinen  in  der  Ur- 
kunde  auch  die  Richter  zu  Linz  und  Perg  als  Zeugen,    die 


"  S.  die  Karteubeilage.  »"  UOE.  2.  249.  '•  UOE.  6.  319. 


467 

Zeugenschaflt  des  Landrichters  im  Machlande  scheint  daher  zu 
rühren^  dass  das  Seelgeräthe  dem  Kloster  Baumgartenberg  zu- 
gedacht wurde,  welches  im  Machlande  gelegen  ist. 

Das  Machland  gehörte  zum  Amtsbezirke  der  Babenberger, 
und  zwar  zur  Ostmark.  Dies  ergibt  sich,  abgesehen  von  seiner 
Lage  zwischen  den  übrigen  Theilen  der  Ostmark  und  der 
Riedmark,  daraus,  dass  die  Babenberger  über  das  Machland 
die  Jurisdiction  auf  der  alten  Gerichtsstätte  der  Ostmark  zu 
Mautem  ausübten.  C.  1190®*^  erfolgt  die  Delegirung  von  Gütern 
des  Klosters  Waldhausen  in  soUempni  Liupoldi  ducis  austrie 
placito  aput  Mutam,  und  1209®^  wird  dem  Kloster  Baumgarten- 
berg die  Freiheit  von  jeder  andern  als  der  landesfbrstUchen 
Vogtei  in  placito  nostro  (Leopold  VII.)  Mutam  bestätigt.  Auch 
1227  »«  wird  Us  et  controuersia  zwischen  Herrandum  prepositum 
de  walthusen  et  vlricum  de  Saehsen  super  tribus  curtilibus  von 
Herzog  Leopold  entschieden.  Endlich  bestimmt  Bischof  Alt- 
mann von  Passau  c.  1075  ®*  im  Stiftsbriefe  des  Klosters  St.  Ni- 
colaus bei  Passau,  dass  Heinrich  Graf  von  Formbach  Advocat 
der  Stiftsgüter  quocunque  loco  in  Wabaria  (Baiem)  sunt  posita, 
Markgraf  Leopold  hingegen  Advocat  des  Klosters  filr  ver- 
schiedene in  Oesterreich  gelegene  Orte  et  in  Machlant  —  et 
generaliter  super  omnia  predia  eorum  quocunque  loco  superius 
vel  inferius  in  sui  marchionatus  districtu  posita  sein  solle. 
Das  Machland  wird  also  hier  ausdrücklich  der  Markgrafschaft 
Leopolds  zugewiesen. 

Im  Machlande  waren  die  Herren  von  Machland  reich  be- 
gütert, sie  werden  jedoch  nicht  als  Grafen,  sondern  als  nobiles  ^ 
oder  liberi®^  bezeichnet,  wenn  sie  gleich  nach  einer  Notiz  des 
Baumgartenberger  Copialbuches  vom  Jahre  1511®^  Grafschafts- 
rechte in  verschiedenen  Theilen  Oesterreichs  ausübten;  es  heisst 
nämlich  daselbst,  dass  sie  comiciani  in  Spielberch,  dann  comi- 
ciam  starhenberckh,  weiten  und  rechperg  haben.  Im  Mach- 
lande als  solchem  gebührten  ihnen  diese  Rechte  nicht.  Unter 
dem  Kaufe  des  Machlandes  durch  den  Herzog  von  Oesterreich 


•*  UOE.  2.  421.     "  UOE.  2.  618.     •«  UOE.  2.  666. 

•*  UOE.  2.  113. 

•*  1139,  IUI,  1147,  1149,  1150,  1164,  1158,  1209,  UOE.  1.  479,  2.  186, 

192,  228,  247,  252,  268,  292,  516. 
•*  1141,  1142,  1209,  UOE.  2.  192,  206,  516.      ••  UOE.  2.  247  f. 


468 

kann  denn  auch  nicht,  wie  wohl  gemeint  wurde®',  ein  Kauf 
der  Grafschaft,  sondern  nur  ein  Kauf  der  Allodialgüter  im 
Machlande  verstanden  werden. 

In  späterer  Zeit  wird  das  Machland  als  eine  Grafschaft 
des  Herzogs  Albrecht  bezeichnet:  1290^  daz  achlant  und 
swaz  zue  der  selben  grafschaft  gehoeret,  und  damit  ist  es  auch 
im  Einklänge,  wenn  1293  •*  von  vestra  (des  Herzogs  Albrecht) 
provincia  in  Machland  die  Eede  ist. 

Als  Theil  der  Ostmark  gehörte  das  Machland  zum  Mark- 
boden. Die  Abgabe  des  Marchfutters  findet  sich  auch  daselbst, 
wie  aus  den  Befreiungen  des  Klosters  Waldhausen  von  dieser 
Abgabe  hervorgeht.  Urkunde  Herzogs  Ottokar  von  1252  *•: 
hanc  graciam  indulgemus,  ut  prouentus  illos,  qui  Marchvuter 
vulgariter  nuncupantur,  in  prediis  ipsorum  ad  nos  hactenus 
pertineutes  —  usibus  propriis  debeant  uendicare,  und  ebenso 
Urkunde  Herzogs  Albrecht  von  1284  •*. 

Die  Nordgrenze  der  Ostmark  entspricht  im  grossen  Ganzen 
der  heutigen  Gb*enze,  allerdings  mit  manchen  im  Einzelnen  nicht 
mehr  nachweisbaren  Abweichungen.  Ueber  den  Verlauf  der 
Grenze  in  der  späteren  Zeit  haben  wir  ausser  der  Einleitung 
zum  FUrstenbuche  noch  eine  Grenzregulirungsurkunde  K.  Fried- 
richs I.  von  1179**,  welche  sich  jedoch  nur  auf  einen 
kleinen  Theil  der  Grenze  gegen  Böhmen  bezieht.  Die  Grenz- 
beschreibung bei  Eneukel  lautet^':  vncz  in  die  Gostenicz  in 
die  luensnich  nider  vncz  in  die  obern  grub.  Die  Grenze  Uef 
also  längs  der  Lainsitz  gegen  Weitra.  Weitra  selbst  gehört 
noch  1185  zu  Böhmen,  in  diesem  Jahre  ^  verleiht  Herzog 
Friedrich  von  Böhmen  dem  Hadamar  von  Kuenring  partem 
terre  nostre  Austrie  adiacentem  Withra  uidelicet  cum  silua  a 
fluuio  Lvsnitz  usque  ad  alium  fluuium  —  Stropnitz  (heute 
Strobnitz)*^    Wenn   daher  1160*^  gesagt  wird:  usque  ad  ter- 


*^  So  in  Beitr.  z.  Landesk.  Oesterr.  n.  d.  Enns  1.  202. 

••  UOE.  4.  120.  ••  UOE.  4.  188.  *>  UOE.  3.  181. 

*^  UOE.  4.  22.  Die  Vergleichnng  der  beiden  gleichzeitig  anagesteliten  Ur- 
kunden Ottokars  vom  17.  Februar  1262  (UOE.  3.  181  und  182)  und  der 
Inhalt  der  Urkunde  Albrechts  Ton  1284  zeigen,  dass  der  proventaSy  ron 
dessen  Leistung  Waldhausen  1240  und  1247  (UOE.  3.  78,  151)  befreit 
wurde,  kein  Marohfntter,  sondern  eine  andere  Abgabe  war. 

•■  CDM.  1.  802.  ••  Bauch  Scr.  1. 246.  •*  CDM.  1.  816. 

••  Priess  Kuenringer  12,  87.  "•  UOE.  1.  478. 


469 

minos   aastrales   uidelicet  Witra,   so  kann   damit  nur  die  öster- 
reichische Grenze  bei  Weitra  gemeint  sein,  und  wir  entnehmen 
daraus,   dass  Weitra  hart  an   der  Grenze  lag.     Gegen  Norden 
verfolgte   die  Grenze   den  weiteren   Lauf  der  Lainsitz  jedoch 
nur  beiläufig  bis  Lembach.     Von   da   weicht   die  Grenze  nach 
der  Grenzbestimmung  Kaiser  Friedrichs   von  1179  vom  Laufe 
der  Lainsitz  ab.     Die   betreffende  Urkunde   sagt:  In   superiori 
—   parte    utriusque    terre  —  terminus    est   mons,    qui    dicitur 
altus;    ab    illo    monte   terminus    dirigitur    usque    ad    concursus 
duorum  riuulorum  —  Schremelize,  alter  Lunsenize;  inde  porri- 
gitur  usque   in  proximum  vadum,    quod   est  iuxta  Segor.     Ab 
illo  vado  recta  estimationis  linea  terminus  idem  extenditur  usque 
ad   ortum   Postice    (Gestice)    fluminis;    ab    ortu   vero    eiusdem 
fluminis    usque    in   Ugruch    (ürgrube).     Daraus    erfahren   wir 
also,  dass  ein  mons  altus  die  Grenze  bildete.    Ein  Berg  dieses 
Namens  findet  sich  nun  wohl  nicht  mehr  in  der  Gegend,  wohl 
aber  ein  Ort  Hohenberg  am  Fusse   des  Lagerberges,   in   dem 
wir  daher   den   mons   altus   der  Urkunde   sehen.     Die  Grenze 
muss  also,   wie  erwähnt,  etwa  bei  Lembach   die  Lainsitz  ver- 
lassen haben,  um  der  Höhe  des  Lagerberges  zuzustreben.    Von 
dort   wendet    sie   sich    zum  Zusammenflusse   der  Lainsitz   und 
jSchremeHze^    MeiUer  ®'  nimmt  an,  es  sei  dies  der  von  Schrems 
herabfliessende  Bach,   der  heutige   Braunaubach,   so   dass  also 
die  Grenze  bei  Gmünd  wieder  die  Lainsitz  erreicht  hätte,   die 
Böhmisch-Zeil   von   Gmünd   müsste   dann   als  auf  böhmischem 
Gebiet  gelegen   angesehen   werden.     Es  dürfen  jedoch  die  Be- 
denken nicht  verschwiegen  werden,  welche  gegen  diese  Grenz- 
bestimmung  obwalten.     Im  14.  Jahrhunderte   gehört   das   linke 
Ufer  der  Lainsitz  bei  Gmünd  zu  Oesterreich,  denn  es  heisst^®, 
dass  Zwettl  in  Gamundia  —  unam  curiam   ante  ciuitatem  ver- 
sus Bohemiam  ex  altera  parte  aque  Lvensnitz  habe.    Und  auch 
eine  Grenzbestimmung  zwischen  Weitra  einerseits  und  Gratzen 
und  Wittingau   anderseits   aus   dem  Jahre   1339**  spricht  für 
einen  westlicheren  Zug  der  Grenze  an  dieser  Stelle.  Diese  Grenz- 
bestimmung  beginnt  pai  dem  dorff  zu  Nakkalitz  (NagUtz),  läuft 
dann  pei  dem  moz  hin  untz  an  den  Weche,  der  do  get  zu  dem 
(uert,  des  do  haist  zu  dem  Prukklein,   von  dem  fürt  den  pach 
ze  Pei^e  der  haist  —  Rotpach  oder  Jakole,  vncz  an  den  obem 


"  RB.  234.  ••  D.  3.  504.  »»  Kurz  Albrecht  der  Lahme  360. 


470 

fort;   von  dem   obern  fürt  dem    rechten  weg  nach  untz  an  die 
dorfstat  ze  Pachek   mitten   durch  die  dorfstat  hin  untz  an  daz 
xnoz.  dem  moz  nach  untz  an  den  Pach  —  Greblein  oder  Tertz- 
gvBjy  von   dann  czwischen   dem  Laitterschothen  und  dem  moz 
hin  untz  an  den  pache  der  da  get  in  daz  wasser  —  Damnach 
oder  Tuche.    Mit  Ausnahme  von  Naglitz  lassen  sich  diese  Oert- 
lichkeiten  nicht  mehr  bestimmen^  der  Name  des  Baches  Jakole 
weist  aber  auf  den  Ort  Jakute  und  den  Jakuler  Forst  bei  der 
Eisenbahnstation  Oratzen    hin,    so   dass   wir  mehrere   Anhalts- 
punkte dafür  haben,    dass   die  Grenze   vom   mons   altus  nach 
NagUtz   und   von   dort  beiläufig   so  wie  heute  gegen  die  Lain- 
sitz  lief.    Es  wäre  dann  der  heutige  Schwarzbach  (Cema  stoka) 
identisch  mit  der  Schremelize  des  Fürstenbuches.    Unter  dieser 
Voraussetzung  würde  auch  die  Bezeichnung  der  Furt  bei  Segor, 
dem  heutigen  Suchdol  (Suchenthal),  als  proximum  vadum  ge- 
rechtfertigt,   was  kaum  passt,    wenn   man   in  der  Schremelize 
den  Braunaubach  sieht. 

Bei  Suchdol  verliess  die  Grenze  den  Lauf  der  Lainsitz 
und  ging  in  den  Bach  Gestics  über,  den  sie  bis  zu  seinem  Ur- 
sprünge verfolgt.  Dieser  Bach  ist  der  Kastanitzerbach,  welcher 
in  seinem  Unterlaufe  den  Namen  Reisbach  annimmt.  Nach 
einer  Mittheilung  in  den  Beiträgen  zur  Landeskunde  Oesterreichs 
unter  der  Enns  ^^®  wurde  dieser  Bach  wegen  der  Urkunde  von 
1179  auch  in  einem  Grenzstreite  der  Jahre  1775 — 1791  als 
Grenze  angenommen.  Derselbe  Bach  dürfte  auch  die  Gestnitz 
des  Fürstenbuches  sein,  welche  daselbst  irrig  vor  der  Lainsitz 
genannt  wird. 

Vom  Ursprünge  des  Eastanitzerbaches  bei  Neu-Bistritz 
wendet  sich  die  Grenze  nach  Osten  und  erreicht  einen  Ort, 
welcher  in  der  Grenzbestimmung  von  1179  Ugruch  oder  Ur- 
grube,  im  Fürstenbuche  obern  grub  heisst  und  den  Meiller*** 
in  dem  Dorfe  Auern,  heute  in  Böhmen  gelegen,  vermuthet. 

Das  Fürstenbuch  sagt  femer,  von  der  obern  grub  sei  die 
Grenze  gegangen:  damider  vncz  in  die  Tey  die  Tey  nider 
vncz  auf  die  sechis  der  Sechis  nider  vncz  in  die  Tey  die 
Tey  nider  vncz  in  die  Swarcza  von  der  Swarcza  wider 
nider  in  die  Tey  die  Tey  nider  in  die  March  die  markch  vncz 
in  die  Tunaw.    Aus  diesen  Angaben  ist  der  Grenzzug  wohl  nur 


»«»  1. 172.  '*"  RB.  234. 


471 

im  Allgemeinen  zu  entnehmen  und  so  viel  zu  ersehen^  dass  er 
längs  der  Thaya  und  March  lief.  Nähere  Details  fehlen  leider, 
da  es  an  Urkunden  für  diese  Gegenden  mangelt.  Von  der 
obern  grub  muss  die  Grenze  an  die  mährische  Thaia  gegangen 
sein,  weil  das  Gebiet  zwischen  ihr  und  der  deutschen  Thaia 
nach  einer  Urkimde  von  1048  *®*  und  Raabs  nach  einer  Urkunde 
von  1074^**^  zur  Mark  Oesterreich  gehörten.  Letzteres  wird 
auch  dadurch  sichergestellt,  dass  die  Pfarre  Raabs  zur  Passauer 
Diöcese  zu  zählen  ist  ^^.  Im  Allgemeinen  lief  die  Grenze  längs 
der  Thaia  und  verliess  sie  nur,  um  über  die  ,sechtis'  zu  laufen, 
ein  Name,  der  wahrscheinlich  corrumpirt  und  jedenfalls  nicht 
mehr  zu  eruiren  ist.  Wahrscheinlich  deutet  das  Verlassen  der 
Thaiagrenze  darauf  hin,  dass  das  Stück  Landes  am  rechten 
Thaiaufer,  welches  im  Süden  von  Znaim  jetzt  zu  Mähren  ge- 
hört, schon  damals  mährisch  war.  Gewiss  ist  dies  wenigstens 
von  dem  dort  befindUchen  Gnadlersdorf,  ftlr  welches  der  Mark- 
graf Wladislav  eine  Zehentvergabung  im  Anfange  des  13.  Jahr- 
hunderts sollemnizavit  *^'^.  Nach  den  Angaben  des  Fürsten- 
buch ging  die  Grenze  bis  zum  Einflüsse  der  Schwarzawa  in 
die  Thaia  und  vielleicht  auch  noch  weiter  gegen  Norden.  Dies 
macht  es  begreiflich,  dass  Tracht  als  Grenzpunkt  in  einer  öster- 
reichischen Urkunde*^*  bezeichnet  wird.  Tracht  muss  eben  in 
Oesterreich  oder  hart  an  der  österreichischen  Grenze  gelegen 
sein  und  das  Gebiet  von  Nicolsburg  südlich  von  der  Thaia 
zu  Oesterreich  gehört  haben,  so  dass  in  ihrem  unteren  Laufe 
die  Thaia  und  dann  die  March  bis  zu  ihrer  Mündung  in  die 
Donau  die  Grenze  bildeten. 

Thausing*^'  nimmt  auch  an,  dass  sich  Siegfrieds  Gebiet 
bis  gegen  Tracht  erstreckt  habe,  meint  aber,  die  Grenze  sei 
bald  darnach  viel  südlicher  verlaufen,  weil  aus  den  Worten 
einer  Urkunde  1056*^®:  Poumgartun  —  cum  omni  utilitate, 
quae  contra  boemos  quoquomodo  haberi  et  conquiri  potuerit 
hervorgehe,  dass  die  böhmische  Grenze  damals  nicht  weit  von 
Herrenbaumgarten  war.  Allein  in  derselben  Urkunde  ist  auch 
die  Rede  davon,  dass  das  geschenkte  Gut  usque  ad  definitas 
Dotas  Ungaricorum  terminos   gehe,   die   ungarische   Grenze   an 


^  8.  oben  bei  Note  63.  »«»  Horm.  Beitr.  1.  387. 

*^  D.  3.  278.  »<»  CDM.  2.  66.  »«»  S.  oben  bei  Note  49. 

*"  A.  a.  O.  374.  »«»  MB.  29,  1.  129. 

Arclüy.   Bd.  LXXXU.  U.  H&lfk«.  31 


L 


472 

der  March  ist  aber  nicht  näher,  sondern  eher  entfernter  von 
Herrenbaumgarten  als  die  Thaiagi'enze  gegen  Mähren,  das 
Gut  konnte  sich  also  ganz  gut  bis  zu  letzterer  erstreckt  haben. 
Uebrigens  dürfte  die  utilitas  conti'a  Boemos  sich  gar  nicht  auf 
die  Grenze  beziehen,  sondern  auf  die  Abgaben  der  auf  dem 
Gute  angesiedelten  Slaven,  so  dass  aus  dieser  Urkunde  keines- 
falls eine  Folgerung  auf  die  Lage  der  Grenze  gezogen  wer- 
den kann. 

Die  Grenze  der  Mark  Oesterreich  im  Süden  der  Donau 
bildete  zuletzt,  wie  wir  gesehen  haben,  die  Leitha.  Diese 
Grenze  ist  auch  bis  auf  die  Gegenwart  ziemUch  unverändert 
gebHeben.  Ebenso  wie  heute  dürfte  der  Unterlauf  der  Leitha 
auch  damals  nicht  durchgehends  die  Grenze  gebildet  haben, 
sie  mag  vielmehr  ähnlich  wie  heute  dort,  wo  die  Leitha  sich 
gegen  Südosten  wendet,  also  etwa  bei  Gattendorf  diesen  FIuss 
verlassen  haben  imd  nordwärts  an  die  Donau  gegangen  sein.  Lam- 
pel  *®^  bemerkt  zu  diesem  Theil  der  Grenze,  die  sogenannte  kleine 
Leitha  sei  ursprünglich  der  Theil  eines  alten  Donauarmes  ge- 
wesen, welcher  von  Kittsee  herkam  und  der  sich  eben  in  der 
kleinen  Leitha  fortsetzte,  die  Leitha  selbst  habe  bei  der  Pa- 
mauer  Mühle  (wohl  die  Leithamühle  der  Generalstabskarte 
zwischen  Pama  und  Gattendorf)  sich  in  diesen  Donauarm  er- 
gossen. Ich  möchte  dazu  bemerken,  dass  sich  im  TeiTain 
nördlich  und  östlich  von  Kittsee  allerdings  Spuren  finden, 
welche  auf  alte  Donauarme  hindeuten  können,  dass  es  aber 
zwischen  Kittsee  und  der  Leithamühle  an  jeder  Andeutung 
eines  solchen  Armes  fehlt.  In  der  Sache  selbst  hat  aber  Lam- 
pel  gewiss  recht,  wenn  er  auch  für  unsere  Periode  annimmt, 
dass  die  Leitha  nicht  in  ihrem  ganzen  Laufe  bis  zu  ihrer 
Mündung  bei  Wieselburg  die  Landesgrenze  gebildet  habe. 

Die  Südgrenze  verlief  in  ihrem  östlichen  Theile  anders 
als  heutzutage,  indem  der  Bezirk  Putten  zu  Steiermark  gehörte. 
In  der  Einleitung  zum  Fürstenbuche  beginnt  die  Beschreibung 
der  Grenze  erst  an  der  Piesting.  Ueber  den  Grenzzug  bis  zu 
diesem  Flusse  gibt  uns  auch  folgende  Stelle  ^^'^  der  Einleitung 
keine  Aufklärung:  Graue  Ektprecht  (von  Puten)  het  von  dem 
Semernich  vnd  von  dem  Harperch  als  vliezzunde  wasser  vlies- 


*«•  Putten  36  Note  1. 
"0  Rauch  Scr.  1.  244. 


473 

sent  hincz  (zu  der)  Pistnich  vnd  von  danne  zu  willenprukk  etc., 
denn  die  eingeklammerten  Worte  ,zu  der*,  welche  bei  Rauch 
vorkommen,  haben  wegzufallen  *^^,  unter  Pistnich  ist  daher  der 
Ort  Pistnich  und  nicht  der  Fluss  dieses  Namens  zu  verstehen. 
Dies  ermöglicht  uns  auch  willenprukk  an  der  Piesting  zu  suchen 
und  mit  Felicetti^^*  und  LampeP**  in  dem  heutigen  Steina- 
br&ckl  bei  Felixdorf  zu  sehen,  während  Meiller  *^*  den  Ort  bei 
Zillingsdorf  sucht  und  Newald*^^  sich  für  Willendorf  westlich 
von  Wiener-Neustadt  ausspricht.  Im  Wesen  der  Sache  hat 
übrigens  Meiller  allerdings  recht.  Die  Grenze  des  Landes 
PiLtten  und  damit  der  Steiermark  gegen  Oesterreich  wird  wohl 
hier  mit  der  alten  Diöcesangrenze  zwischen  Passau  und  Salz- 
bui^  zusammengefallen  sein,  diese  verliess  aber  die  Piesting 
bei  Wöllersdorf  und  lief  in  ziemlich  gerader  Richtung  bis 
zur  Mündung  der  kleinen  Fischa  in  die  Leitha  bei  Unter- 
E^endorf  ^*®. 

Eine  Bestätigung  dieses  Qrenzzuges  findet  sich  auch  in 
Folgendem.  Die  Gemeinde  Eggendorf,  nordöstlich  von  Wiener- 
Neustadt,  gehörte  zur  Diöcese  Salzburg"',  lag  also  noch  im 
Püttener  Bezirke  der  Earantaner  Mark,  die  nächsten  nördlich 
gelegenen  Gemeinden  SoUenau  und  Ebenfurth  fallen  schon  in 
den  Passauer  Sprengel,  und  da  findet  sich  nun,  dass  die  nörd- 
liche Gemeindegrenze  von  Eggendorf  und  damit  die  Diöcesan- 
grenze hier  genau  denselben  Verlauf  nimmt,  wie  er  von  der 
Südgrenze  der  Ostmark  angenommen  wurde.  Im  Banntaiding 
von  Eggendorf  1532  ^^®  wird  die  nördliche  march  und  Hotter 
%gendorfs  folgendermassen  beschrieben:  an  der  landstrass  so 
man  fort  geen  Pruckh  (Brück  an  der  Leitha)  abwertz  und 
aufwertz  zu  der  Newstat  —  darnach  —  piss  an  den  hotter  so 
da  ligt  mitten  auf  dem  Stainfelt  zwischen  hie  und  Salhenaw 
(SoUenau)  und  von  dem  hotter  piss  zu  dem  marchstain  so  ligen 
auf  dem  gemerk  so  man  zeucht  geen  Egenfuert  (Ebenfurth) 
und  darnach  von  dem  marchstain  biss  auf  an  di  Leytta. 
Dieser  auf  der  Mitte  des  Steinfeldes  zwischen  SoUenau  und 
Eggendorf  gelegene  Markstein  fUllt  ziemlich  genau  in  die  Linie 


"»  Meiller   Sitzb.  47.  11,   Lampe!    Bl.  f.  Landesk.  v.  Nied.-Oesterr.  20.  271 

Note  1. 
*»  A.  a.  0.  9.  31  Note  87.  "»  A.  a.  O.  271.  "*  A.  a.  O.  11  Note  1. 

"*  Gesch.  V.  Gutenatein  64.  "«  Meiller  a.  a.  O.  4. 

"'  Meüler  a.  a.  O.  7.  "»  OeW.  7.  107. 

31* 


474 

zMriscben  WöUersdorf  und  der  Mündung  des  Fischabaches,  be- 
stätigt also  den  behaupteten  Grenzzug. 

Die    weitere   Grenze    verlief  längs   der   Piesting,    welche 
uns  auch  als   die  Grenze   des   späteren  Landgerichtes  Wiener- 
Neustadt   angegeben  wird;   Stadtr.  Wr.-Neustadt  c.92**^:  ter- 
minos   iudicii  Nove   civitatis,   id   est    citra  montes   Hartperkch 
et   Semernik   et  aquam  Piestnik   et  confinia  Austrie   et  metas 
Ungarie.     Ebenso   auch  Enenkel,  welcher  den   Grenzzug  hier 
folgendennassen  beschreibt**^:    Das  gemerche  zwischen  08te^ 
reich   und   Steyr  ist  Piestnich   daz    wasser  von   Piestnich  auf 
hincz   Gutenstain    da   tailt   sich   die   Piestnich   endrew  So  get 
das   gemerkch    innerthalben    des   landes  an   die  Piestnich  die 
zwischen  Gutenstain  vnd  Mautam  perig  auz  dem  pirge  vliezzet 
vnd   die  Piestnich   auf  in  ir  haubt^  von   dem  haubt  der  Piest- 
nich vncz  vber  Golch  den  perch.    Diese  Angaben  sind  unklar, 
denn   einmal  ist   die   Bedeutung   der  Worte   ,innerthalben  des 
landes^  zweifelhaft,  dann  findet  sich  in  der  Gegend  kein  Berg, 
welcher   einen    dem   ,Mautam    perig^    ähnlichen  Namen    ßihrt 
Es    ist  nun   ein  Verdienst  Lampeis,   diesen  Theil   der  Grenze 
auf  Grund  des  Banntaidings  zu  Gutenstein  bestimmt  zu  haben. 
Li   diesem   Banntaidinge   wird   nämlich   die   Grenze   der  Herr- 
schaft Gutenstein  angegeben  ***,  und  diese  muss  umsomehr  auch 
als  ältere  Landesgrenze  angesehen  werden,  als  sie  zum  Theile 
auch    der   späteren   Landgerichtsgrenze    entspricht***   und   als 
auch  die  Angaben  der  Einleitung  zum  Fürstenbuche  mit  dem 
Banntaiding  in  Harmonie  stehen.    Letzterer  beschreibt  nun  die 
Herrschaftsgrenzen,   so  weit  sie  uns  interessiren,  mit  folgenden 
Worten:  Item,  die  rein  heben  sich  an  zu  Kaczenfurt  im  marg- 
stein  und   get  auf  die  Alte  Oed.   darin  gen  dreier  hem  guter, 
von   der  Alten  Oed  unz  an  das  Sebareck,   vom  Sebareck  unz 
an  den  Ruderskogel,   von  dem  Ruderskogel   unz  an  die  Weys 
erd.  von  der  Weyssen  erd  in  die  Prog,  von  der  Prog  auf  den 
Untern  perg.   Item,  vom  Untern  perg  auf  der  Griesser  gscheide, 
von  der  Griesser  gscheid   auf  das  Hamereck,   vom  Hamereck 
auf  die  Pernprunst,  von  der  Pemprunst  auf  die  Kalten  kuchen, 
von  die  Kalten  kuchen  auf  den  Hohenperg,   von  dem  Hohen- 
perg   auf  das  Hohenwerger   gscheid,    von    dem    Hohenwei^r 


"•  Winters  Ausgabe.  "«  Rauch  Scr.  1.  245.  "»  OeW.  7.  362. 

^»  OeW.  7.  334. 


475 

gscheid  auf  das  Garteneck,  von  dem  Garteneck  auf  das 
Gilger  gscheid,  von  dem  Gilger  gscheid  auf  das  Gipel.  Die 
Ghrenze  trennt  sich  darnach  von  der  Piesting  an  der  Katzen- 
fort,  welche  zwischen  Pemitz  und  Gutenstein  am  Fusse  des 
Eatzberges  zu  suchen  ist,  läuft  dann  auf  die  Höhe  des  Sebam- 
ecks,  dessen  Name  sich  noch  im  Seebauernhofe  findet,  und 
folgt  dem  Höhenzuge  zur  weissen  Wand,  welche  wohl  mit  der 
weissen  Erde  identisch  ist.  Weiter  verläuft  sie  in  die  Prog, 
deren  Name  noch  im  heutigen  Blockboden  anklingt,  und  wen- 
det sich  dann  zum  Unterberg.  Der  fernere  Zug  geht  den 
Höhen  entlang  gegen  Westen.  Das  Griesser  gscheid  muss  ein 
Uebergang  aus  dem  Griesthale  sein,  das  Hammereck  fuhrt 
noch  heute  diesen  Namen;  eine  Pemprunst  findet  sich  nicht, 
wohl  aber  das  Wirthshaus  Kalte  Küchel  am  Uebergange  aus 
dem  Hallthale  gegen  Schwarzau.  Der  Hohenperg  heisst  heute 
Hegerberg,  das  Hohenwerger  gscheid  ist  zweifelsohne  das 
Hallbachgscheid,  welches  den  Uebergang  vom  Orte  Hohenberg 
nach  Schwarzau  vermittelt.  Der  Name  des  Gartenecks  findet 
sich  nicht  mehr,  das  Gilgergscheid  ist  aber  die  Höhe  des  Gais- 
rückens  zwischen  St.  Aegyd  (St.  Gilgen)  und  Schwarzau;  über 
dieses  Joch  läuft  die  Herrschaftsgrenze  zum  Gippel  und  ver- 
lässt  da  die  Landesgrenze,  um  nach  Süden  zu  gehen.  Mit 
Hilfe  dieser  Grenzbestimmung  lassen  sich  die  Angaben  des 
Fürstenbuches  genügend  erklären.  Die  Worte  ,innerthalben 
des  landes'  zeigen  an,  dass  die  Grenze  aufhört,  dem  Wasser- 
laufe zu  folgen.  Der  Mautam  perig  ist  der  Unterberg,  und 
diese  unrichtige  Schreibweise  ist  nach  Lampeis  scharfsinniger 
Erklärung  dadurch  entstanden,  dass  der  Copist  das  m  des 
Torausgehenden  Artikels  irrthümlicher  Weise  zu  ontamperig 
hinzugezogen  hat  und  ,vnd  Mautam  perig^  statt  richtig  ,vnd 
dem  Ontam  perig*  geschrieben  hat.  Das  Weitere  erklärt  sich, 
sofern  man,  allerdings  nicht  ganz  genau,  sagen  kann,  dass 
die  Steinapiesting  zwischen  Gutenstein  und  dem  Unterberg 
entspringt 

Die  nächste  Landmarke  ist  der  Berg  Golch  des  Fürsten- 
baches, welcher  auch  1266^*^  in  einem  Schiedssprüche  als 
Qrenzpunkt  zwischen  St.  Lambrecht  und  Lilienfeld  und  damit 
zwischen  Steiermark  und  Oesterreich   vorkommt.     Im   Namen 


m 


Lampel  Bl.  f.  Landesk.  v.  Nied.-Oesterr.  20.  287. 


476 

dieses  Berges  erkennen  wir  den  heutigen  QöUer^**,  so  dass 
die  Grenze  auf  dem  Höhenzuge  zwischen  Gippel  und  Göller 
fortgelaufen  sein  muss.  Dem  widerspricht  Newald  in  seiner 
Geschichte  Gutensteins,  indem  er  den  Golch  als  Gippel  erklärt 
und  die  Grenze  von  diesem  Berge  gegen  Süden  auf  die  Schnee- 
alpe laufen  lässt.  Allein  aus  dem  Gutensteiner  Gemerke  ist 
zu  erkennen^  dass  der  Gippel  diesen  Namen  schon  in  alter 
Zeit  trug,  auch  weisen  die  weiteren  Angaben  über  die  Landes- 
grenze nicht  nach  der  Schneealpe  hin  (wohin  allerdings  die 
weitere  Grenze  der  Herrschaft  Gutenstein  ging),  sondern  nach 
dem  Westen  des  Göllers. 

Die  Fortsetzung  der  oben  ausgeschriebenen  Stelle  des 
FUrstenbuches  lautet  nämlich  nach  Benennung  des  ,Golch'  fd- 
gendermassen :  von  dannen  vncz  in  die  dürren veucht  von  dannen 
vncz  vbir  die  Pirchmalben  von  dannen  vncz  vbem  Annenperch 
der  hueczenhaupt  erlafflwez  von  dannen  vber  die  innem  alben 
vnd  die  Techling  alben  von  dannen  vber  die  wilden  leznik. 
Die  ,durrenveucht^  erkennen  wir  in  der  Gegend  ,bei  den  3 
Feuchten'  im  Westen  des  Göllers,  noch  heute  hart  an  der 
Grenze  gelegen,  duri'enveucht  dürfte,  wie  Lampel  richtig  ver- 
muthet,  im  Fürstenbuche  aus  drei  Feuchten  (Feuchte  =  Föhre) 
coiTumpirt  sein,  und  es  war  dies  offenbar  eine  alte  Landmarke, 
welche  die  Stelle  angab,  wo,  wie  wir  sehen  werden,  die  alte 
Grenze  ebenso  wie  die  heutige  sich  nach  Norden  wandte. 
Felicetti^*^  dagegen  meint  ohne  Grundangabe,  diese  Gegend 
sei  in  der  heutigen  Terz  zu  suchen,  was  ungenau  ist,  da  die 
drei  Feuchten  etwas  mehr  gegen  Nordwesten  liegen.  Die 
Pirchmalben  wird  von  Felicetti  ftlr  den  Schwarzkogel  und  von 
Lampel  fUr  die  Bürgeralpe  bei  Mariazell  gehalten,  doch  scheint 
der  Name  mehr  auf  die  nördUcher  liegende  Büchleralpe  zu 
passen,  was  auch  dem  gegenwärtigen  Grenzzug  und  der  Fort- 
setzung desselben  in  alter  und  neuer  Zeit  besser  entspricht, 
denn  der  Annaberg  des  Fürstenbuches  ist,  wie  sich  schon  aus 
der  Diction  (vbern  Annenperch)  ergibt,  nicht  der  viel  nörd- 
licher gelegene  Ort  Annaberg,  sondern  der  heute  als  Josefeberg 
bekannte  Uebergang,  an  welchem  auch  die  gegenwärtige  Grenze 
läuft.     Ftlr   den  weiteren  Zug   der  Grenze   sind   zwei  Schieds- 


"*  Felicetti  a.  a.  O.  9.  30,  10.  61;  Lampel  a.  a.  O.  279. 
»»  A.  a.  O.  9.  30. 


477 

Sprüche  von  Belange  durch  welche  die  Besitzungen  des  steieri- 
schen Klosters  St.  Lambrecht  und  des  niederösterreichischen 
Klosters  Lilienfeld  geschieden  wurden.  In  dem  ersten  von 
1266'^^  heisst  es:  ductus  terminorum  nemoris  a  monte  —  Gulch 

—  incipiens  in  fluvium  Salza  nuncupatum  porrigitur  et  per 
descensum  ejusdem  fluvii  ad  montes  apellatos  Hut,  womit  das 
ganze  Gebiet  von  Mariazell  zu  Lilienfeld  zugeschlagen  wurde, 
im  zweiten  von  1269^*'  hingegen  wurde  der  erste  Schieds- 
spruch rectificirt,  es  heisst  darin:  conventum  S.  Lamberti  debere 

—  habere  —  circulum  cuiusdam  nemoris  circa  Wizenbach 
Cella  lacu  et  salina,  ibidem  aliisque  terminis  adjacentibus  pos- 
sessionem  liberam  —  in  lacu  —  conventus  de  Lylinvelde  duos 
tantum  habere  debent  piscatores  —  molendinum  —  circa  flumen 
Wizenbach  (ein  Bach,  welcher  bei  St.  Sebastian  in  die  Erlaf 
mündet)  ipsi  monasterio  de  Lylinveld  remanebit.  Aus  diesem 
rectificirenden  Spruche  ist  zu  entnehmen,  dass  der  Erlafsee 
damals  schon  die  Grenze  gebildet  hat,  so  dass  der  Grenzzug 
vom  Annaberg  herab  dem  heutigen  entspricht. 

Der  Grenze  läuft  nach  der  richtigen  Textirung  des 
Pürstenbuches  zum  hut  ze  houpt  Erlafsewez.  Mit  Zuhilfenahme 
einer  Beschreibung  der  Gaminger  Grenze  von  1352**®,  womach 
die  Grenze  de  Prunnstain  super  Reznikegk  (in  der  deutschen 
Uebersetzung  Rezzingekk,  offenbar  der  Berg  im  Hintergrund 
des  Thaies,  an  dessen  Ausgang  der  Ort  Rasing  liegt)  et  inde 
sursum  super  exteriorem  montem  dictum  Hutt  geht,  ersieht 
man,  dass  die  Grenze  von  dem  obem  Ende  des  Erlafsees  auf 
den  Brunnstein  hinauflief  (welcher  aber  deswegen  nicht,  wie 
Felicetti  wiU,  mit  dem  Hut  zu  identificiren  ist)  und  von  diesem 
auf  dem  grossen  Zellerhut  und  auf  den  Schwarzkogel.  Von 
den  nächsten  Grenzpunkten  des  Fürstenbuches  ist  die  innere 
Alpe  nicht  mehr  zu  eruiren,  die  Teckhngsalpe  aber  nach 
den  umständlichen  Auseinandersetzungen  Lampeis***,  auf  die 
wir  hier  verweisen,  das  Marcheck,  so  dass  die  Grenze,  so  ziem- 
lich den  Lauf  der  heutigen  verfolgend,  sich  zum  Lassingbache 


**•  Lampel  a.a,0.  287. 

^^  Lampel  a.  a.  O.  290.  —  Felicetti  10.  61  Note  159  hält  dies  für  unmöglich 
und  sieht  in  den  montes  Hut  den  Hüttenboden  (so  auch  9.  30),  allein 
der  Plural  montes  weist  zu  deutlich  auf  die  drei  Zeller  Hüte  hin,  als 
dass  man  zweifeln  konnte. 

**«  Lampel  a.  a.  O.  291.  ^~  A.  a.  O.  301  f. 


478 

herabsenkte.  Alle  diese  Anhaltspunkte  rühren  allerdings  aus 
einer  späteren  Zeit  her,  dass  aber  auch  in  älterer  Zeit  der 
Grenzzug  nicht  sehr  abweichend  gewesen  sein  kann,  zeigt  die 
Urkunde,  womit  die  Grenze  der  Pfarre  Steininchirchen  fest- 
gesetzt wurde,  nach  welcher  die  Grenze  Kärntens  südlicher 
als  der  Oetscher  verlief:  ad  montem  Othzan  et  inde  usque  ad 
terminnm  chemten**^. 

Den  weiteren  Grenzzug  stellt  das  Fürstenbuch  folgen- 
dermassen  dar:  über  die  wilden  leznik  da  nider  pey  der 
Salcza  für  Gredeihalz  und  für  Raidnur  und  von  dannen 
zu  der  guldeiner  standen  und  von  dannen  über  die  Ens 
daz  sand  Gallen.  Auf  Grund  dieser  Stelle  zieht  Lampel  *'^ 
die  Grenze  in  folgender  Weise.  Er  lässt  sie  längs  des  Zeller- 
brunnbaches  nach  Dürradmer  gehen,  dann  über  die  Höhe  der 
Kräuterin  und  den  Eräuterhals  die  Salza  bei  Wildalpen  er- 
reichen. Es  heisst  nämlich,  die  Grenze  laufe  ,uber^  die  wilde 
Lassing,  und  daher  könne  sie  diesen  Bach  nur  übersetzt  haben 
und  nicht  längs  desselben  gelaufen  sein,  da  es  sonst,  wie  an 
anderen  Stellen,  die  ,wilde  leznik  nider'  hätte  heissen  müssen; 
der  Gredeihalz  sei  aber  der  Eräuterhals.  Allein  das  Fürsten- 
buch sagt,  ,vber  die  wilden  leznik  da  nider  pei  der  Salcza', 
was  wohl  nicht  anders  verstanden  werden  kann,  als  dass  die 
Grenze  längs  der  Lassing  bis  zur  Salza  lief.  Lampeis  Er- 
klärung leidet  auch  an  der  Unzukömmlichkeit,  dass  darnach 
die  Grenzlinie  zuerst  Radmer,  dann  den  Kräuterhals  und  zuletzt 
die  Salza  erreicht,  wo  doch  die  Reihenfolge  im  Fürstenbuche 
die  verkehrte  ist.  Gegen  Lampel  sprechen  auch  mehrere 
Grenzbeschreibungen  des  14.  Jahrhunderts,  in  welchen  auf 
Grund  alter  Urkunden  die  Grenze  zwischen  dem  Admonter 
Klostergut  und  den  Besitzungen  von  Gaming  bestimmt  wird. 
Admont  war  in  Steiermark  begütert,  Gaming  gehörte  zu  Oester- 
reich,  die  Grenze  ihrer  Besitzungen  muss  also  wohl  auch  als 
die  alte  Landesgrenze  gelten.  Betrachten  wir  nun  den  Inhalt 
dieser  Grenzbeschreibungen.  1346^**  wird  ermittelt,  dass  zum 
Admonter  Klostergut  gehöre:  alpis  Grideralb  tota  et  Laeznik 
minor  cum   suis  decursibus  Laeznik   rufa  de  Grasalb  cum  suis 


»*«  UOE.  1.  90. 

"*  A.  a.  O.  319,  wohl  im  Anschlüsse  an  Felicetti  9.  31. 

"•  Lampel  a.  a.  O.  305. 


479 

descensibas  et  decursibus.  Laeznik  maior  cum  suis  descensibus 
decorsibus.  Und  1352  ^"  wird  Gaming  zugeschrieben:  Tekleins- 
alben  totam  Grasalbam  usque  ad  terminos  monasterii  Admon- 
tensis.  Wir  wollen  uns  auf  die  Einzelnheiten  dieser  Grenzbestim- 
mnngen  nicht  einlassen^  so  viel  geht  jedoch  aus  ihnen  hervor^  dass 
die  Grenze  in  der  Nähe  der  Lassing  zu  suchen  ist,  ja  dass 
Admonts  Besitz  sich  noch  über  die  Lassing  hinaus  erstreckte, 
wogegen  es  an  jeder  Andeutung  fehlt,  dass  Gaming  im  Süden 
der  Lassing  irgend  welche  Besitzungen  gehabt  habe.  Insbe- 
sondere wird  die  Kräuterin  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  (tota) 
Admont  zugewiesen. 

Es  lässt  sich  daher  nicht  annehmen,  dass  Oesterreich  bis 
zum  Kräuterhals  sich  erstreckt  habe.  Die  Grenze  lief  vielmehr 
längs  der  Lassing  zur  Salza  und  dann  längs  dieses  Flusses. 
WestUch  Ton  Palfau  findet  sich  ein  Joch  zwischen  dem  Blaser- 
kogel  im  Norden  und  der  Sulzkogelmauer  im  Süden,  Hals  ge- 
nannt, welches  in  den  jenseitigen  Kreistengraben  führt.  Es  ist 
nicht  ausgeschlossen,  dass  dieses  Joch  einst  Ereistenhals  hiess, 
und  dass  man  in  ihm  den  Gredeihals  des  Fürstenbuches  zu 
sehen  hat.  Wo  Raidnur  und  die  güldene  standen  zu  suchen 
sind,  bleibt  zweifelhaft,  jedenfalls  muss  die  Grenze  den  Frenz- 
graben erreicht  haben,  da  dieser,  wie  wir  noch  sehen  werden, 
die  alte  DiOcesangrenze  zwischen  Passau  und  Salzburg  gebildet 
hat.  Uebrigens  herrschten  gerade  für  diesen  Theil  der  Grenze 
zahlreiche  Streitigkeiten,  von  welchen  uns  Lampel  erzählt, 
deren  Ergebniss  die  heutige,  auf  den  Höhenzug  im  Norden 
zurückgedrängte  Grenze  bildet. 

Es  erübrigt  noch  die  Feststellung  der  Westgrenze  im 
Süden  der  Donau.  Hier  bildete  die  Enns  die  alte  Grenze 
zwischen  dem  Traungau  und  der  Ostmark.  Enns  selbst  liegt 
im  Traungau,  977^**:  praedium  —  Anesipurch  —  in  pago 
Trungowe  in  ripa  Anesi  fluminis.  Weiter  südlich  tritt  die  Ost- 
markgrenze  von  der  Enns  zurück,  doch  lässt  sich  nicht  mit 
Stmadt^'*  annehmen,  dass  dies  gerade  bei  Kronstorf  gewesen 
sei,  denn  die  Urkunde  843  ^*^,  auf  welche  er  sich  beruft,  ent- 
hält davon  nichts.  Li  den  südUcher  gelegenen  Theilen  bedeckte 
ein  ausgedehnter  Forst,    der  Ennswald,    das  Land  zu  beiden 


*  Lampel  a.  a,  O.  803.  ^  UOE.  2.  66. 

"»  Geburt  des  Landes  ob  der  Enns  15.  >»«  UOE.  2.  13. 


480 

Seiten  der  Enns^   und  in   diesem   Gebiete   war  in   der  älteren 
Zeit   die  Grenze   zwischen   der  Ostmark,   dem  Traungaue  und 
dem  Ennsthalgaue    wohl  noch    nicht  feststehend.     Später,  als 
Rodungen  die  Wälder  zugänglicher  gemacht  hatten,  fehlt  es  an 
Angaben  über  die  Linie,  in  welcher  die  Grenze  bestimmt  wurde. 
Der  vielfache  Grundbesitz   der  Traungauer  in  dem  östlich  von 
der   Enns  gelegenen   Waldgebiete,    ermöglicht   es   uns  jedoch, 
die  Grenze   annähernd  zu   bestimmen,    da   die   Traungauer  so 
ausgedehnten    Grundbesitz    wohl    nur   in    ihrer    eigenen   Graf- 
schaft  haben   konnten.     1082  ^^^    überlässt    Markgraf   Ottokar 
von  Steier  an  Passau  predium  unum  ad  beheimperch   et  eccle- 
siam  cum  area,  in  qua  constituta  est  ecclesia,  und  erhält  daftlr 
nebst  Anderem  alles  inter  rubnicham  inferius  urbem  manantem 
(Ramingbach,   welcher  bei  Steyr  in  die  Enns  mündet)  et  rubi- 
nicham  superiorem  (Reichramingbach)  et  infra  fluuium  anesnm 
et  flumen   styram  —  et   curtem  illam,   ubi   rubincha  labitur  in 
anesum.  C.  1110^*®:  unter  den  Gütern,  welche  Markgraf  Ottokar 
an   Garsten   vergabte,  finden   sich:    dotum   trans    anesim  cum 
silua  contigua  —  et  quicquid  cultum  siue  incultum  inter  fluuio- 
los  tanpach  (Dambach)   et  fruznich  situm  est.   beneficium  arn- 
helmi  inter  rubinich   et  fruznich  —  possessio  etiam   iuxta  sita, 
que   iagirinberge   dicitur.     Einen   weiteren  Anhaltspimkt  bildet 
die  Bestimmung  der  Pfarrgrenze  von  Gaflenz  1140"*:  a  fluuio 
Robinich  usque  ad  cursum  Frodenize  alterius  fluminis  et  usque 
ad  principium  auelenze  iuxta  portam  —  fundum  predicte  eccle- 
sie    —    stirensis    marchionissa    Sophia    a    principiis    fluminum 
auelenze  discurrentium  pro  salute  anime  —  sponsi  sui  —  mar- 
chionis  Liutpoldi   tradiderit  s.  ecclesie  de  garsten.     Damit  im 
Einklänge  steht  auch  Urkunde  1160^*®,   wornach  Admont  par- 
rochiam  —  ex  utraque  parte  Anesi   usque  in   flumen  Frodnize 
erhielt,  und  die  Angabe  c.  1074,  dass  Admont  besitzt  quicquid 
utilitatis  in  Aneso  flumine  esse  potest  de  Glasibach  usque  Frod- 
niz  et  forestum  de  Ediltscach   usque  in  medium  fundum  Frod- 
nize **^.    EndUch  wäre  noch  die  Gründimgsurkunde  von  Seiten- 
stetten  1116^**  hervorzuheben,   in  welcher   dieses  Kloster  von 
Passau  decimationes  noualium  —    ex  utraque   parte    fluminis 


"'  UOE.  2.  116.  *»•  UOE.  2.  134.  »»•  UOE.  2.  188. 

"«  US.  1.  392.  »"  US.  1.  86. 

^*«  D.  33.  3 


481 

ybese  et  ad  occidentem  asque  Karintscheide  sammt  der  Pfarre 
aspach  erhält. 

Die  Zusammenfassung  dieser  Urkunden  zeigt,  dass  die 
Grenze  schon  damals  den  heutigen  Lauf  hatte.  Sie  geht  längs 
des  Ramingbaches  und  gelangt  zum  Ursprünge  des  Gaflenz- 
baches.  Die  porta  der  Urkunde  1140  ist  wohl  der  enge  Ueber- 
gang  aus  dem  Enns-  in  das  Ybbsgebiet  bei  Oberland.  Auch 
weiter  bildet  die  Wasserscheide  zwischen  Ybbs  und  Enns  die 
Grenze.  Nun  lässt  sich  auch  der  Qrenzzug  vom  Gredeihals  an 
annäherungsweise  bestimmen;  derselbe  lief  offenbar  von  da 
auf  die  Höhe  des  Gebirges  (die  Radmur  ist  etwa  in  der  Nähe 
der  Stumpfmauer  zu  suchen)  und  dann  nordwärts  in  den  eben 
beschriebenen  weiteren  Grenzzug.  Am  oberen  Ende  des  Frenz- 
grabens zweigte  sich  die  Grenze  zwischen  den  Pfarren  Admont 
und  Gaflenz  und  damit  zwischen  den  Diöcesen  Salzbui^  und 
Passau  ab. 

Hiezu  noch  einige  Bemerkungen.  Nach  der  Urkunde 
1082  besass  Markgraf  Ottokar  ein  predium  in  beheimperch 
(Behamberg  im  Osten  des  Ramingbaches).  Der  Besitz  dieses 
einen  praedium  genügt  nicht  fllr  die  Annahme^  dass  die  Graf- 
schaf); Ottokars  sich  auch  auf  das  rechte  Ufer  des  Fläming- 
baches  erstreckte^  vielleicht  veräusserte  Ottokar  dieses  praedium 
im  Tauschwege  gerade  deswegen,  weil  es  nicht  in  seiner  Graf- 
schaft lag. 

Nach  der  Urkunde  1116  liegt  im  Westen  des  Ybbslaufes 
die  Karintscheide,  die  Kärntner  Grenze.  Daraus  in  Verbindung 
mit  ähnlichen  Angaben  in  anderen  Urkunden  schUesst  Stmadt^**, 
dass  die  Grenze  der  Kämtnermark  bis  gegen  Weyer  reichte, 
und  dass  der  Höhenzug  im  Westen  der  Ybbs  schon  Jahr- 
hunderte früher  die  Grenze  Carantaniens  gebildet  habe.  Ich 
halte  diesen  Schluss  für  unzulässig,  weil  in  früherer  Zeit  und 
auch  noch  im  12.  Jahrhunderte  die  Grenze  Baiems  und  der 
Ostmark  einerseits  und  Kärntens  anderseits  hier  mit  derDiöcesan- 
grenze  von  Passau  und  Salzburg  zusammenfiel,  letztere  aber 
zweifelsohne  am  Frenzbache  zu  suchen  ist.  Der  Ausdruck 
Karintscheide  ist  daher  ein  ungenauer,  möglich,  dass  er  daher 
rührte,  dass  man  die  einzelnen  Besitzungen  des  Karantaner 
Markgrafen   nicht  unterschied,    sehr  möglich   aber  auch,   dass 


***  A.  a.  O.  17f. 


482 

die  Orientirung  der  Urkunde  von  1116  eine  unrichtige  war 
und  man  die  Earintscheide  in  den  Westen  statt  in  den  Süden 
des  Ybbsthales  verlegte"*. 

8.  Die  obere  Karantanermark. 

§.6.  1.  Die  Gebirgsgegenden  Steiermarks  scheinen  nicht 
so  viel  durch  die  UngameinfäUe  gelitten  zu  haben  wie  das 
nach  Osten  offene  Niederösterreich.  In  den  westlichen  Theilen 
der  heutigen  Steiermark  wenigstens  erlosch  nicht  alle  Cultur. 
Auch  in  den  argen  Zeiten  von  907—965  erfahren  wir  da  von 
Güterkäufen  und  -täuschen,  welche  die  Fortdauer  deutschen 
Lebens  in  diesen  Gegenden  verbürgen.  Die  Gütertäusche  des 
Erzbischofs  Odalbert  von  Salzburg  beziehen  sich  auf  Besitzun- 
gen in  Hus  (Haus  im  Ennsthal)^,  Adamunton  (Admont)^,  bei 
Rotenmannum  (Rotenmann)  *,  auf  die  Gegend  von  Judenburg 
und  Enittelfeld,  ad  Undrimam^  oder  Ingeringam^,  mit  den 
Orten  Puoch^  (Maria -Buch  bei  Judenburg  oder  nach  Felicetti' 
Buchfeld  bei  Neumarkt),  Furti®  (Fürth  bei  Judenburg  oder 
nach  Felicetti®  bei  Neumarkt),  Pouminunchirichun  ^®  (Baum- 
kirchen bei  Judenburg),  Lominichakimundi  ^^  (Gross-Lobming 
oder  St.  Stephan  in  der  Lobming),  Pnochskeho  **  (BuchschacJien 
bei  Sekkau),  dann  auch  das  Thal  der  Lieznicha^^  (Liesing) 
und  den  Ort  Vualde  **  (Wald)  daselbst,  auf  das  Liupinatale  ** 
(Leobenthal),  Muorizakimundi  *^  (Brück  an  der  Mur),  auf  die 
Gegend  an  der  Muoriza  ^^  (Mürz)  u.  dgl.  m.  Dagegen  fehlt  es 
in  dieser  Zeit  vollkommen  an  derartigen  Acten  fUr  die  östlichen 
Gegenden  der  Steiermark,  die  spätere  Mark. 


^^  Die  Besitzungen  der  Babenberger  im  Westen  der  Riedmark  wurden  erst 
nach  der  Erhebung  Oesterreichs  zum  Herzogthum  erworben,  wir  haben 
uns    daher    mit    denselben    nicht    zu    befassen.     8.  übrigens   Stmadt 
Geb.  66  f. 
»  928  US.  1.  22.  »  931  US.  1.  25.  •  927  US.  1.  21. 

•  930,  936  US.  1.  23,  26.  »  C.  926  US.  1. 19. 

•  C.  926,  930  US.  1.  19,  23. 

'  A.  a.  0. 10.  40  s.  aber  auch  46. 

•  930  US.  1.  23.  •  A.  a.  O.  10.  40. 
»0  936  US.  1.  26.                "  927  US.  1.  20. 

"  C.  926  US.  1.  18.  "  C.  926  US.  1.  18. 

"  C.  926  US.  1.  18.  "  926  US.  1. 17. 

w  927  US.  1.  21.  "  C.  925  US.  1.  18. 


483 

Allerdings  meint  Koch-Stemfeld  ^®  von  den  in  der  Urkunde 
930**  benannten  Orten  seien  Puoche  und  Piscoffesperch  mit 
Unterbuch  und  Bischofedorf  bei  Waitz  identisch^  die  Ansicht 
Tangls*®,  Zahns  *^  und  Felicettis**  ist  aber  wohl  vorzuziehen, 
welche,  wenngleich  untereinander  hinsichtlich  Puochs  diffenrend, 
alle  diese  Orte  in  das  obere  Murthal  versetzen.  Dafür  spricht 
insbesondere,  dass  das  Puoch,  welches  930  von  Odalbert  ver- 
äussert wird,  wohl  dasselbe  ist,  welches  er  mittelst  Urkunde 
925*'  erworben  hat;  in  dieser  letzten  Urkunde  wird  aber  ge- 
sagt, dass  der  Ort  ad  Infrierum  hege,  was  Zahn  richtig  in 
Inheringum  emendirt  und  wodurch  die  Ortslage  im  oberen  Mur- 
thal sichergestellt  wird. 

Erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  finden 
sich  Nachrichten  über  deutsche  Ansiedelungen  in  den  östlichen 
Gegenden,  und  zwar  zunächst  nur  für  Südsteiermark;  so  fUr 
die  Oegend  von  Lipnizza  **  (Leibnitz),  für  die  Berge  Doberich, 
Stenniz  und  Frezniz'^,  für  Razuuai*^  (Rosswein  bei  Marburg), 
dann  weiter  südlich  für  das  Land  an  der  Sann  und  Save'^. 
Später  erfahren  wir  auch  von  nördlicheren  Ansiedlungen  Stra- 
zcan*^  (Strassgang)  und  Gestnic'^  (Gösting).  Es  scheint  also 
mit  der  Colonisation  längs  der  Drau  begonnen  worden  zu  sein 
tmd  dieselbe  sich  zu  beiden  Seiten  derselben  gegen  Norden 
und  Süden  fortgesetzt  zu  haben.  Dabei  dürfte  Deutschland 
schon  damals  das  ganze  früher  deutsch  gewesene  und  durch 
die  UngameinfUlle  dem  deutschen  Machtbereiche  entzogene  Ge- 
biet bis  beiläufig  zur  heutigen  ungarischen  Grenze  für  sich  in 
Anspruch  genommen  haben,  denn  dies  und  nicht  mehr  bedeutet 
es,  wenn  K.  Otto  H.  977  «^  dem  Erzbisthum  Salzburg  nebst 
Anderem  auch  Besitzungen  bestätigt,  welche  im  äussersten 
Osten  der  heutigen  Steiermark  gelegen  sind,  von  welchen  nur 
Penninchaha  (an  der  Pinka  ^^),  Durnauua  (östlich  von  Radkers- 
hurg),  Sabniza  ecdesia   (in  oder  bei  Hartberg  ^*),  Nezilinpach 


"  A.  7.  360.     "  US.  1.  23. 

*»  A.  1. 166.     "  US.  1.  23. 

»  A.  a,  O.  10.  40.     ••  US.  1.  19.     ^  970  US.  1.  30. 

»  9S0  US.  1.  36.      "  986  US.  1.  39.     "  1016,  1026  US.  1.  46,  62. 

"  C.  1030  US.  1.  66.     »  1042  US.  1.  60.     »«  US.  1.  32. 

*^  Dass  Salzburg  Besitzungen  an  der  Pinka  hatte,   geht  ans  den  späteren 

Schenkungen  an  Admont  herror;  1166,  1169  US.  1.  362,  381. 
"  Felicetti  a.  a.  O.  10.  87. 


484 

(Nestelbach  an  der  Hz)  und  Pettovia  (Pettau)  als  solche  hervor- 
gehoben werden  sollen,  deren  Lage  im  Osten  feststeht. 

Ebenso  wie  in  Niederösterreich  findet  sich  auch  hier 
bald  nach  dem  Siege  am  Lechfelde  eine  Markeneinrichtung. 
Der  erste  Markgraf,  von  welchem  wir  hören,  war  Markward, 
der  Stammvater  der  Eppensteiner  *',  welcher  in  zwei  Urkunden 
970  und  980  **  vorkommt.  Aus  der  älteren  dieser  Urkunden 
entnehmen  wir,  dass  die  Gegend  um  Leibnitz  zu  seiner  Mark 
gehörte:  predia  in  comitatu  Marchuuardi  marchionis  nostri  in 
plaga  origentali  constituta  —  curtem  ad  Vdulenidor  lingua 
Sclauanisca  sie  vocatam,  Theotisce  vero  Nidrinhof  nominatam 
—  pariterque  etiam  ut  contiguum  atque  adiacens  eidem  cvrti 
nemus  Susil  nuncvpatum  et  ad  civitatem  Ziub  —  quicquid  in 
ea  nostrae  potestatis  vel  regiminis  esse  deprehenditur,  atque 
iuxta  situm  locvm  civitatis  Lipnizza  vocatum.  Hier  wird  also 
zunächst  Leibnitz  selbst  genannt,  dann  die  civitas  Ziub,  welche 
in  der  Nähe  von  Leibnitz  gelegen  war  (iuxta  situm),  jedoch 
nicht  damit  identificirt  werden  kann'*^,  da  es  in  der  Urkunde 
neben  Leibnitz  genannt  wird.  Tangl**  stellt  die  gewagte  Ver- 
muthung  auf,  Ziup  sei  das  heutige  Zähndorf  (richtig  Zehndorf) 
südlich  von  Preding.  Allein  Ziub  lag  nach  den  Urkunden 
977  und  1051 »'  an  der  Sulm  (Sulpa),  während  Zehndorf  weit 
von  diesem  Flusse  in  der  Nähe  der  Lassnitz  liegt.  Da  Tangl 
die  zweite  dieser  Urkunden  kannte,  so  bemerkt  er,  viel- 
leicht imi  dieser  Einwendung  zu  entgehen,  dass  in  der  Ul^ 
künde  Ziub  nicht  bloss  eine  Bui^,  sondern  auch  der  dazuge- 
hörige Landstrich  von  der  Mur  zwischen  Sulm  und  Lassnitz 
bis  zu  deren  Ursprung  genannt  werde.  Wenn  es  aber  in  den 
beiden  Urkunden  heisst:  civitatem  Ziup  —  vocatam  cum  Omni- 
bus iure  ad   eandem   civitatem  pertinentibus  —  sicut   iUa  fossa 


"*  Tangl  A.  1.  163  f.  glaubt  auch  den  Vater  dieses  Markivard  —  ebenfalls 
Markward  genannt  —  gefunden  xu  haben.  Es  ist  hier  nicht  am  Platze, 
auf  genealogische  Hypothesen  weiter  einsugehen;  daher  nur  die  Bemer- 
kung, dass  der  Hauptgrund  Tangls,  dass  der  Name  Markward  ,sosusagen 
ein  wahrhaftes  nomen  proprium,  ja  unicum,  das  ist  im  strengsten  Sinne 
nur  einer  Person  angehOrig*  sei,  ganx  unrichtig  ist,  s.  die  VeneichnisBe 
der  yerschiedenen  Markwarde  US.  1.  977,  UOE.  1.  885,  2.  820,  UKOe. 
1.  799. 

»*  US.  1.  29,  36.  «So  Zahn  US.  1.  860.  «•  A.  1. 173f. 

•'  US.  1.  33,  68. 


485 

que  incipit  de  Mora  et  tendit  usque  ad  Luonznizam  et  ut  Luon- 
zniza  et  Sulpa  in  alpibus  fluunt,  quicquid  inter  has  daas 
amnes  habemus,  so  ist  damit  wohl  gesagt,  dass  ein  gewisses  Zu- 
behör mit  der  civitas  Ziub  übertragen  werde,  nieht  aber  dass 
auch  dieses  Zubehör  Ziub  heisse.  Eher  könnte  man  Ziub  an 
der  Stelle  des  heutigen  Schlosses  Seggau  suchen,  dessen  ge- 
sicherte Lage  an  der  Sulm  und  in  unmittelbarer  Nähe  von 
Leibnitz  noch  am  ersten  auf  die  Angaben  der  Urkunden  passt. 
Weiter  kommt  in  der  Urkunde  der  Wald  Sausal  (Susil)  vor 
und  Vdulenidor,  welches  Zahn  '*  in  Udeldorf  bei  Arnfeld  sieht, 
während  Felicetti^^  wegen  dessen  zu  grosser  Entfernung  von 
Leibnitz  sich  filr  die  spätere  Salzburger  Besitzung  Tillnitsch  am 
Sausal  ausspricht.  Jedenfalls  befanden  sich  alle  diese  Oertlich- 
keiten  nicht  fem  von  Leibnitz.  Sie  sind  die  einzigen,  von 
welchen  wir  hören,  dass  sie  in  Markwards  Grafschaft  ge- 
legen waren.  Nachfolger  Markwards  war  sein  Sohn  Adalbero, 
welcher  1000*®  als  Verwalter  der  Mark  erscheint:  ,Adalberoni 
marchioni  100  mansos  donauimus  in  prouincia  Earinthia  ac  in 
marchia  comitatuque  memorati  marchionis  Adalberonis.  Derselbe 
war  auch  Graf  im  Enns-  und  Undrimathale:  1005*^:  Adamunta 
—  in  comitatu  Adalberonis  comitis  in  pago  Ensitala;  1007*^: 
Uueliza  et  Linta  (Wölz  und  Lind)  —  in  provincia  Earinthia 
et  in  comitatu  Adelberonis,  und  erhielt  1012  das  Herzogthum 
Kärnten**,  welches  er  nebst  der  Mark  verwaltete.  Im  Jahre 
1035  wurde  er  von  Eonrad  11.  abgesetzt**  und  verlor  sowohl 
das  Herzogthum  als  auch  die  Mark**.  Letztere  bekam  Arnold 
von  Wels  und  Lambach*^,  welcher  1043  als  der  Markgraf  er- 
scheint,   in    dessen    Mark    und    Grafschaft    Ramarstetin    liegt: 


*•  US.  1.  928.  ~  A.  a.  O.  1072  Note  208. 

*«  US.  1.  40.  "  US.  l.  41. 

«  US.  1.  43. 

**  Herrn.  Aug.  1012  MO.  5.  119:  Adalbero  ducatum  accepit. 

**  Herrn.  Aug.  1036  MG.  6.  122 :  Adalbero  dux  Carentani  et  Hystriae,  amissa 

imperatoris  gratia,    ducatu  quoqne  privatus  est.    Ann.  Saxo  1036  MG.  6. 

679:  dncatnm  Carentinomm  —  a  qao  priori  anno  Adalberonem  maiestatis 

reum  dimoverat. 
^  Brief  des   Clerikers   bei  Giesebrecbt   Kaisergesch.  2.  659:   Abdicaturqne 

Adalberoni  ducatos  et  marchia. 
**  Briefe   des  Clerikers  a.  a.  O.r   Marcham   vero   ipsios  Adalberonis  fertnr 

commissain  caidam  A.  de  L.;  1088  UOE.  2.  118:  mem.  Amalfo  magnifico 

comite  de  Welsa  atque  de  Lambachha. 


486 

Kamarsstetin  —  in  marchia  et  in  comitatu  Amoldi  marchionis^^. 
Die  Lage  von  Ramarstetin  oder  (wie  es  auch  genannt  wird) 
Ramprechtestetin  ^^  ist  nicht  zu  eruiren.  Es  steht  weder  fest, 
dass  es  mit  dem  Qunprehtesteten  der  Urkunde  1056  und  1059  *• 
identisch  ist,  wie  Moriz  ^^  will,  noch  dass  es  das  heutige  Romat- 
schachen  ist,  wie  Felicetti**  vermuthet.  Qegen  die  letzte  An- 
nahme spricht  insbesondere,  dass  Romatschachen  schon  im 
12.  Jahrhunderte  Ramarschache  oder  Ramasschache  genannt 
wird  **.  Gleichzeitig  mit  Arnold  kommt  auch  sein  Sohn  ^  Gott- 
fried als  Markgraf  vor.  In  seiner  Markgrafschaft  liegen  Gösting 
und  Leitersdorf:  1042^:  Gotifredo  marchioni  —  in  loco  Gestnic 
et  in  comitatu  Hengest  praedicti  marchionis;  1045^^:  Liutoldas- 
dorf  —  in  comitatu  Gotefridi  marchionis  et  foresto  Susil  iuxta 
litus  Losnicae  fluminis  situm.  Ausserdem  war  er  Graf  im 
Ennsthale  und  im  Undrimathale:  1041^^:  in  uallibus  Ensetal 
et  Baltal  in  comitatu  Gotefredi  comitis;  1048^^:  Rotenmannum 
—  in  marchia  Gotefridi  et  in  ualle  pagoque  Palta  situm.  1054 
oder  1055  fiel  Gottfried  im  Kampfe  gegen  die  Ungarn^  und 
wurde  von  seinem  Vater  Arnold  tiberlebt**. 

Das  Verhältniss  zwischen  Vater  und  Sohn  bleibt  unklar. 
Moriz*®  meint,  Gottfried  habe  erst  c.  1048  die  Markgrafen- 
wtirde  erlangt,   wenn   er  in  Chroniken  schon   frtiher  Markgraf 


*»  US.  1.  62.  ^  US.  1.  62  Note  1.  *•  US.  1.  72,  76. 

^  Abb.  d.  baier.  Akad.  121. 

"  A.  a.  O.  9.  42  N.  121;  10.  81. 

"  1187,  1188  US.  1.669,  673. 

"  1061  UOE.  2.  92.  Bestätigung  der  von  Bischof  Adalbero  von  Würzburg 
gemachten  Stiftung  des  Klosters  Lambach  durch  Heinrich  IV.  anter  An- 
gabe der  Güter,  eo  iure,  quo  parentes  eins  scilicet  auus  Amoldna  et 
item  pater  saus  Amoldus  et  frater  saus  marchio  Gotefridus  et  ad  ulti- 
mum idem  episcopus  Adelbero  —  habuerunt. 

»*  US.  1.  60.  »  US.  1.  63. 

"  US.  1.  68.  "  US.  1.  64. 

^  Ann.  Altah.  1060  MG.  20.  804:  marchio  Gotefridus  ab  iniqais  circomTeutus, 
innocens  misere  occiditur. 

^  y.  Adalberonis  MG.  12.  131:  Amoldus  itaque  comes  —  uxore  yiduatus, 
filiis  et  heredibus  excepto  Wirzburgense  episcopo  Adelberone  orbatus. 
Dieser  Adalbero  wird  denn  aach  als  der  letzte  seines  Stammes  bemeicb- 
net.  1056  Pez  Scr.  2.  12:  Adalbero  Wirceburgensis  episcopus  baeres 
parentom  suorum,  qui  in  loco  Lambach  congregationem  institnermt 
clericorom. 

•0  A.  a.  O.  23. 


487 

genannt  werde  ^^,  so  geschehe  dies  ,im  voraus',  weil  er  die 
Mark  statt  seines  Vaters  verwaltete  und  später  Markgraf  wurde. 
Muchar*'  hingegen  vermuthet,  dass  Gottfried  nur  die  Anwart- 
schaft auf  die  Mark  erhalten  habe,  Ankershofen  ®*,  dass  er  nur 
den  Titel  fUhrte.  Diese  Ansichten  widerlegen  sich  durch  die 
Urkunde  1042,  nach  welcher  Qottfiied  schon  in  diesem  Jahre 
Markgraf  war  und  eine  eigene  Grafschaft  hatte.  Die  Meinung 
Felicettis^,  dass  Gottfried  1042  die  ,eigentliche'  Leitung  der 
Mark  übernommen  habe,  und  Wahnschaflfes  ^*,  dass  er  in 
diesem  Jahre  ,neben*  seinem  Vater  zum  Markgrafen  ernannt 
wurde,  erklären  eigentlich  nichts,  zwei  gleichzeitige  Markgrafen 
fär  eine  Mark  sind  überdies  wohl  nicht  anzunehmen. 

Will  man  nicht  auf  jede  Erklärung  verzichten,  so  erübrigt 
vielleicht  nur  die  Annahme,  dass  die  sogenannte  obere  Karan- 
tanermark  ursprüngüch  zwei  Grafschaften  gebildet  habe.  Von 
der  Grafschaft  Markwards  erfahren  wir,  dass  sie  sich  im  Norden 
zur  Lassnitz  erstrecktet^,  von  einer  weiteren  Ausdehnung 
gegen  Norden  spricht  keine  Nachricht.  Ueber  die  Grösse  der 
Mark  Adalberos  fehlt  jede  Angabe,  nur  der  Umstand,  dass  er 
die  Grafschaften  im  Undrima-  und  Ennsthale  besass,  lässt  ver- 
muthen,  dass  er  auch  die  vorlagernden  Gegenden  in  der  Mark 
verwaltete.  Auch  über  die  Ausdehnung  der  Grafschaft  Arnolds 
fehlt  es  an  Nachrichten.  Der  südlichste  Punkt  in  der  Graf- 
schaft Hengist  Gottfrieds,  welcher  angegeben  wird,  ist  Leiters- 
dorf ^',  am  nördlichen  Ufer  der  Lassnitz.  Alle  diese  Angaben 
Hessen  sich  dahin  vereinigen,  dass  Mark  ward  und  Arnold  die 
südliche  Grafschaft  bis  zur  Lassnitz,  Gottfried  die  nördliche 
verwaltete;  Adalbero  könnte  beide  besessen  haben.  Mag  auch 
diese  Hypothese  als  zu  gewagt  erscheinen,  keinesfalls  hat 
Huber  ^*  mit  seiner  Angabe  recht,  dass  Arnold  und  Gottfried 
theilweise  in  denselben  Gebieten  vorkommen. 

Unter  Markgraf  Gottfried  trat  übrigens,  wie  es  scheint, 
eine  namhafte  Vergrösserung  der  Mark  gegen  Norden  ein.   Er 


*^  Thnrocz  Chr.  Hang.  c.  36  p.  123  ad  a.  1042:   Godefridus  marchio  austrie 

HuDgaros  caedit  ad  Pettoviam. 
^  Gesch.  Steienn.  4.  283.  ^  Gesch.  Kärntens  2.  830. 

•*  A.  a.  O.  10.  73. 

*^  A.  f.  Kärnten  14.  38,  s.  auch  Huber  Gesch.  Oesterr.  1.  215. 
••  Urk.  970  oben  bei  Note  34.  "  Urk.  1045  oben  bei  Note  56. 

••  Gesch.  Oesterr.  1.  215  Note  6. 
ArduT.  Bd.  LXXUl.  II.  Hüfte.  32 


488 

war  ein  tapferer  Kämpfer  gegen  die  Ungarn,  und  die  Ansicht 
Lampeis  ^^  hat  viel  ftir  sich,  dass  es  Putten  und  nicht  Pettau 
war,  um  welche  sich  seine  Kämpfe  drehten.  Auf  die  Erobe- 
rung des  Püttener  Gebietes  durch  ihn'®  ist  wohl  sein  ausge- 
dehnter Besitz  daselbst'^  zurückzuführen'*,  welcher  ihm  mög- 
licherweise durch  den  Frieden  mit  Ungarn  1045  gesichert 
wurde  '*.  Gottfrieds  Güterbesitz  ging  —  und  daraus  sieht  man, 
dass  es  Allode  waren  —  an  seine  Tochter  Mathilde  und  durch 
sie  an  ihren  Gatten  Grafen  Eckbert  von  Formbach  über  '*.  Die 
grosse  Ausdehnung  dieser  Allode  entnehmen  wir  aus  späteren 
Urkunden  der  Formbacher,  nach  welchen  diese  Besitzungen  ein 
zusammenhängendes  Ganzes  von  Putten  bis  zum  Hartberg  bil- 
deten und  sich  noch  darüber  hinaus  erstreckten.  C.  1160'^: 
Erat  autem  continuatum  eo  tempore  predium  comitis  ipsius  (Ekke- 
berti)  a  putinowe  usque  ad  montem  hartperch.  C.  1150'®:  Graf 
Eckbert  von  Putten  verschenkt  siluam  inter  albam  Lauenz  et 
maiorem  Lauenz  (Lafnitz).  Mit  Gottfrieds  Mark  wurde  sein  Ver- 
wandter, "  der  Traungauer  Ottokar  belehnt,  welcher  schon  1056, 
dann  1058  und  1059  als  Markgraf  vorkommt.  1056'*:  Odelis- 
niz  —  in   marchia   et   comitatu  Otacharii   marchionis;    1058'^: 


ö»  Putten  41. 

'®  Ann.  Altah.  1042  MG.  20.  797:  Per  idem  tempus  aliqui  de  Ungaria  eg^ressi 
contra  Carintheam  captivaverunt  innumerabilem  praedam.  Sed  Gotefrido 
marchione  superveniente  et  eosdem  iuvadeute,  omnes  occubueruut 

^^  V.  Adalb.  MG.  12.  130:  Cuias  (Gotfridi)  ditioui  cum  reditibus  circom- 
jaceutibus  serviebat  Putina,  urbs  inclyta  et  famosa. 

'*  Moriz  a.  a.  O.  27  zweifelt,  ob  die  Erwerbung  durch  Erbschaft  oder  Heirat 
vermittelt  wurde.  Das  erste  gewiss  nicht,  fUr  das  zweite  fehlt  jeder 
Anhaltspunkt. 

'3  Wahnschaflfe  a.  a.  O.  39. 

''*  V.  Adalb.  MG.  12.  130:  Gotfridus  —  habebat  tiliam,  quae  nupsit  Ekke- 
berto  comiti,  cuius  castrum  Niwenburc  dictum,  in  hora  Eni  fluminis  est 
situm.  Uuic  post  felicem  fratrum  excessum,  in  sortem  dotis  urbs  Putina 
cum  Omnibus  ad  se  pertinentibus  cecidit.  UOE.  1.  627:  Ekkebertus  — 
tradidit  —  que  conjugi  sue  in  partem  ceciderunt  de  familia  patmi  soi 
Adalberonis  episcopi.  Der  Name  seiner  Frau  kommt  vor  1094  und  1096 
MB.  4.  12,  14. 

'»  UOE.  1.  316.  ^«  UOE.  2.  670. 

"  1088  UOE.  2.  118:  haec  omnia  predictus  marchio  (Ottakerius)  —  ab  Ar- 
nulfe magnifico  comite  de  Welsa  atque  de  Lambachha  Ipsorum  consan- 
guineo  ad  eos  fuerant  deuoluta. 

"  US.  1.  71.  ^  US.  1.  74. 


t_. 


489 

Gvzbretdesdorf  et  deorsum  Svarzaha  —  in  marcha  Karentana 
et  in  comitatu  Otacheres  marehionis;  1059*®:  in  marchionis 
Otacheres  marchia  Carintina  in  uilla  —  Gunprehtesteten. 

Beweise  der  markgräflichen  Thätigkeit  Ottokars  und  seiner 
Nachfolger  finden  sich  flir  das  Püttener  Gebiet,  wie  wir  noch 
sehen  werden,  und  für  Mittelsteiermark.  Als  südlichster  Ort 
ihrer  nachweisbaren  Thätigkeit  kann  Leibnitz  bezeichnet  wer- 
den. Von  hier  ist  das  actum  einer  ihrer  Urkunden  ®^,  hier 
wird  einer  Salzburger  Urkunde  das  markgräfliche  Siegel  bei- 
gedrückt **,  und  bei  einem  Streite  über  mehrere  Güter,  darunter 
Parshalchesdorf  (Bachsdorf)  bei  Leibnitz,  heisst  es,  deren  In- 
haber in  manum  Styrensis  marchionis  locaverat®^. 

2.  Auch  in  diesem  Gebiete  wird  die  Mark  anfänglich  nur 
mit  dem  Namen  des  sie  verwaltenden  Beamten  bezeichnet, 
wovon  schon  zahlreiche  Beispiele  vorkamen.  Eine  andere  Be- 
nennung ist:  marcha  Earcntana  oder  Carintina^.  Femer  wird 
die  Grafschaft  Gottfrieds  comitatus  Hengest^^  genannt,  wor- 
unter je  nach  der  Ansicht,  welche  man  über  die  Ausdehnung 
seiner  Mark  hat,  die  ganze  oder  nur  der  nördliche  Theil  der 
Earantanermark  zu  verstehen  ist.  Marchia  superior  ist  ein 
Ausdruck,  welcher  sich  zuerst  1108®*^  findet,  später  öfter, 
z.B.  122087. 

In  einer  St.  Pauler  Urkunde,  welche  der  Herausgeber 
des  St.  Pauler  Urkundenbuches  in  die  Jahre  1123  oder  1124 
versetzt^,  Zahn®^  unter  dem  Jahre  1145  verzeichnet,  kommt 
eine  marchia  transalpina  mit  zwei  darin  liegenden  Villen  vor: 
in  marchia  transalpina  duas  trado  villas  Gomilnitz  et  Polibane. 
Schroll,  der  Herausgeber  des  Urkundenbuches,  hält  diese  beiden 
Villen  ftlr  Gomilsko,  südlich  von  Frasslau  und  Polana,  westlich 
von  Gonobitz,  Felicetti  ®^  und  Zahn  ^^  sehen  dagegen  in  Gomil- 
nitz Gamlitz  bei  Ehrenhausen;  betreffs  Polibane  meint  Felicetti, 
es  könne  dies  Pölhtschberg  bei  Ganüitz  sein;  Zahn  begnügt 
sich,  es  in  die  windischen  Büheln,  also  wohl  auch  in  die 
Nähe  von  Gamlitz  zu  versetzen.    Die  Frage,  welche  von  diesen 


*»  US.  1.  75. 

"  1136  US.  1.  171.  «  1157  US.  1.  373.  «»  1153  US.  1.  342. 

*♦  1058,  1059  US.  1.  74,  75.  •»  1042  US.  1.  60. 

**  Pez  Thes.  6.  298:  districtos  superioris  marcbiae. 

"  US.  2.  254.  "  D.  39.  80.  «»  US.  1.  238. 

«  A.  a,  O.  9.  44,  10.  86.  »»  US.  1.  770,  829. 

32» 


490 

Meinungen  die  richtige  ist,  lässt  sich  nur  durch  die  Betracht- 
nahme  anderer  Urkunden  lösen.  Gomilnitz  wird  wiederholt  in 
Urkunden  genannt.  C.  1100^*  widmen  die  Sponheimer  dem 
Kloster  St.  Paul  cui-tim  illam  et  ecclesiam  ad  Saccah,  nee  non 
et  oppidum  Saccah  cum  aliis  4  uillulis  hoc  est  Gomilniz  et 
item  Gomilniz  Meginwarstetin  et  Gozzier.  1170^^^  bestätigt  Erz- 
bischof Adalbert  von  Salzburg  die  Filialen  der  Pfarre  Leibnitz: 
s.  Marie  in  Monte,  s.  Mychahelis  in  Castro,  s.  Jacobi  in  foro, 
in  Saccach  s.  Johannis  baptiste,  item  sancte  Marie  sub  confinio 
monti»  Raedelach,  in  Klune  s.  Georii,  in  Harintschach  s.  Phi- 
lippi  et  Jacobi,  in  Gomeliz  s.  Petri,  item  Vlenberch  s.  Mycha- 
helis, in  Mukemow  s.  Nycolai,  in  Graelaw  s.  Rudberti.  Alle 
diese  Orte  liegen  begreiflich  in  nicht  sehr  weiter  Entfernung 
von  Leibnitz.  S.  Marie  in  Monte  ist  Frauenberg  südwestlich  von 
Leibnitz,  Saccah  St.  Johann  bei  Saggau,  mons  Raedelach  der 
Radelberg  zwischen  Eibiswald  und  Mahrenberg,  s.  Marie  in 
der  Nähe  dieses  Berges  wahrscheinlich  Arnfels  ^*,  Harintschach 
Heimschuh  südwestlich  von  Leibnitz,  Mukemow  St.  Nikolai  im 
Sausal  bei  Muggenau,  Graelaw  Gralla  nördlich  von  Leibnitz. 
Die  übrigen  nicht  bestimmbaren  Orte  lagen  sicherlich  auch  in 
der  Nähe  dieser  Stadt,  ebenso  Gomilnitz  ®*,  welches  daher  nicht 
das  im  Sanngebiete  befindliche,  von  Leibnitz  weit  entfernte 
Gomilsko  gewesen  sein  kann.  Auch  nach  der  Urkunde  c.  1100 
ist  Gomilniz  in  der  Nähe  von  Saggau  zu  suchen,  es  spricht 
diese  Urkunde  also  auch  für  Gamliz  und  da  dieser  Ort  sich  in 
Ober-  und  Untergamliz  theilt,  sind  auch  die  beiden  Gomilnitz 
der  Urkunde  erklärt.  C.  1220  »^  werden  dem  Kloster  St.  Paul 
sex  mansus  —  in  loco  qui  dicitur  Gemenz  aput  Gomelniz  ge- 
schenkt. Man  könnte  nun  versucht  sein,  Gemenz  mit  Eament- 
sche  zwischen  Frasslau  und  Gomilsko  zu  identificiren;  was 
dafUr  sprechen  würde,  dass  Gomilnitz  Gomilsko  sei,  allein  an- 
gesichts der  übrigen  Beweise  müssen  wir  in  Gemenz  einen 
andern,  nicht  mehr  nachweisbaren  Ort  bei  Gamlitz  sehen; 
umsomehr  als  wir  auch  in  den  St.  Pauler  Urkunden  die  Aende- 
rung    des   Namens    in    den    heutigen   verfolgen    können.    Bis 


»•  US.  1.  104.  ^  US.  1.481. 

»*  Zahn  US.  1.  767. 

^  Daher   auch    der  Pfarrer   als  Collator   für  die  ecclesia  in  Gamblits  er- 
scheint 1460,  Felicetti  10.  86  Note  266. 
^  US.  2.  266. 


491 

1367^'  findet  sich  die  Form  Goinelnitz,  1372»»  heisst  der  Ort 
Gomlitz  und  1480^^  schon  Gamliz.  Es  steht  also  wohl  ausser 
Zweifel^  dass  Gomilnicz  das  heutige  Gamliz  ist.  Dagegen  fehlt 
es  uns  an  Anhaltspunkten  zur  Bestimmung  von  Polibane^  die 
oben  mitgetheilten  Ansichten  Schrolls  und  Felicettis  sind  doch 
nur  reine  Vermuthungen. 

Dass  aber  der  Ausdruck  marchia  transalpina  nicht  blos 
eine  geographische  Bezeichnung  bildet,  sondern  auf  eine  be- 
sondere Mark  im  technischen  Sinne  hindeutet,  zeigt  die  Neben- 
einanderstellung von  marchia  transsiluana  und  marchia  trans- 
alpina in  der  bei  Note  88  citirten  Urkunde.  Die  Orte,  welche 
nach  dieser  Urkunde  in  der  marchia  transiluana  lagen,  finden 
sich  nach  anderen  Angaben  in  der  marchia  pitoviensis,  so  dass 
diese  beiden  Ausdrücke  Bezeichnungen  für  dieselbe  Mark  sind. 
Gamlitz  liegt  nun  im  Norden  der  in  der  marchia  pitoviensi 
gelegenen  Orte,  wie  Pesniza,  Dobrenga,  Circuniz  u.  s.  w.,  und 
damit  ist  festgestellt,  dass  die  marchia  transalpina  mit  der  Mark 
Markwarts  identisch  ist,  wofür  auch  der  Name  spricht,  da  sie 
vom  Standpunkte  Kärntens  aus  jenseits  der  (Kor)  Alpe  ge- 
legen ist.  Felicetti  ^^^  rechnet  ebenfalls  Gamlitz  zu  dieser  Mark, 
macht  jedoch  dazu  die  nicht  verständliche  Aeusserung,  dass 
der  zu  marchia  beigesetzte  Ausdruck  ,transalpina'  nur  den 
Gegensatz  zu  marchia  transiluana  ausdrücke  und  daher  (!)  be- 
deutungslos sein  dürfte.  Es  hängt  dies  mit  seiner  Ansicht 
zusammen,  dass  die  in  der  sogenannten  oberen  Karantanermark 
gelegenen  Orte  stets  als  ,in  marchia'  ohne  Zusatz  befindlich 
aufgeführt  werden  ^^^ 

Auch  die  Bezeichnung  ,marchia  iuxta  Rabam'  sollte  eine 
weitere  Benennung  dieser  Mark  sein  *^*.  Dieser  Ausdruck 
kommt   nur    in    einer  Urkunde    1073    und    daraus   wiederholt 


^   1291,  1296,  1303,  1319,  1342,  1363,  1367  D.  39.  177,  183,  186,  209, 

232,  241,  246. 
••  D.  39.  251. 

••  D.  39.  478.     1460  kommt  ,Gamblitz*  vor,  s.  Note  96. 
*«•  A.  a.  O.  9.  45. 
'*^  Ankershofen    Gesch.  Kärntens  2.  823    hält  die    marchia  transsiluana  und 

die  marchia  transalpina  für  eine  und  dieselbe  Mark,  eine  Ansicht,  deren 

Unrichtigkeit  aus  dem  Vorstehenden  hervorgeht. 
***  So  Wahnschaife   a.  a.  O.  46    Note    126,   Huber   Gesch.  Oesterr.  1.   213 

Note  3. 


492 

inQio3  Jq  folgender  Zusammenstellung  vor:  iuxta  Moram 
fluuium  Flachsaha^  iuxta  Liesniche  Meizzenstein,  in  marchia 
iuxta  Rabam  fluuium  Chuniperge.  Abgesehen  von  der  Un- 
echtheit  der  älteren  Urkunde^®*,  hätte  schon  die  Diction  d^r 
Urkunde  gegen  den  Gedanken  der  Verbindung  von  Raba  mit 
marchia  sichern  sollen.  Die  Lage  sämmtlicher  Orte  wird  hier 
durch  Beisetzung  der  vorüberfliessenden  Wasserläufe  bestimmt, 
die  Lage  von  Chuniperge  noch  ausserdem  durch  die  Angabe, 
dass  der  Ort  in  marchia  gelegen  sei.  Daraus  eine  besondere 
marchia  iuxta  Rabam  zu  construiren,  wäre  ebenso  unrichtig, 
als  wenn  man  aus  dem  Worte:  c.  1100*^^:  in  marchia  trans 
fluvium  Dravva  —  Razwei  und  895  *®^:  in  marchia  iuxta  So  warn 
tres  regales  ^lansos  quod  Richenburch  dicitur  annehmen  wollte, 
es  habe  zwei  Marken  gegeben,  von  welchen  die  eine  marchia 
trans  Dravva  und  die  andere  marchia  iuxta  Sowam  hiess,  wo 
doch  diese  Urkunden  nur  die  Ortslage  vor  Razwei  und  Richen- 
burch durch  Benennung  des  Flusses,  an  dem  sie  liegen,  und 
durch  die  Angabe,  dass  sie  in  dem  Markgebiete  sich  befinden, 
bestimmen  wollen. 

Seit  dem  Ende  des  11.  Jahrhunderts  nennen  sich  die 
Markgrafen  dieser  Mark  marchiones  stiriensis  oder  de  stire 
nach  ihrer  Burg  Steyer;  so  1074^^':  Oezo  marchio  de  styre; 
1074—1087^^»:  Otakari  marchionis  de  Stire  und  stirensis;  1086  >^: 
marchio  de  stire,  dann  seit  dem  Anfange  des  12.  Jahrhunderts 
in  zaUreichen  Urkunden,  s.  UOE.  2  und  US.  1. 

Auf  das  Land  selbst  wird  der  Name  stiria  angewendet 
zuerst  in  der  Zusammenstellung:  marchio  stirie,  im  11.  und 
12.  Jahrhundert  jedoch  noch  höchst  selten,  da  wir  nur  Fälle 
aus  den  Jahren  1088*^®  und  1163^^^  kennen,  wozu  noch  die 
Bezeichnung  princeps  stirie  aus  1183*^*  kommt.  Im  12.  Jahr- 
hundert kommt  die  Bezeichnung  des  Landes  als  stiria  zunächst 
bei   Schriftstellern   vor^^',    seit   dem  13.  Jahrhunderte   auch    in 


»08  US.  1.  8i,  565.  "4  Zahn  US.  1.  85  Note  1.  ><»  US.  1.  lOS. 

»«»  US.  1.  15.  10^  RB.  9  n.  11. 

*o8  US.  1.  86,    94.      Ueber    die    Jahreszahl    Huber    Gesch.  Oesterr.  1.  217 

Note  5. 
»«  US.  1.99.  "«  UOE.  2.  118. 

"1  US.  1.  443,  UOE.  2.  327. 
"•  UOE.  2.  382,  386. 
"»  S.  Huber  Gesch.  Oesterr.  1.  217  Note  6  und  Waitz  VG.  7.  74  Note  3. 


493 

Urkunden,  zuerst  1215'^*  als  marchia  Styrie  und  1242"^  per 
Styriam  et  Marchiam.  In  der  letzten  Bezeichnung  werden  die 
zwei  Bestandtheile  der  unter  der  Landeshoheit  der  Traungauer 
stehenden  Bezirke,  je  nachdem  sie  auf  Markboden  liegen  oder 
nicht,  geschieden,  während  sonst  unter  Stiria  ebenso  wie  unter 
dem  späteren  Steiermark  diese  beiden  nach  und  nach  zu  einem 
Lande  zusammengeschmolzenen  Gebiete  verstanden  werden, 
welche  1180  zum  Herzogthum  erhoben  waren. 

3.  Behufs  Feststellung  der  Nordgrenze  dieser  Mark  ist 
zunächst  die  bisher  vorausgesetzte  Zugehörigkeit  des  Püttener 
Ländchens  zur  Karantanermark  nachzuweisen.  Nach  seiner 
Lage  kann  füglich  nicht  bezweifelt  werden,  dass  dieses  Gebiet 
zum  Markboden  gehörte,  obwohl  ausser  der  noch  zu  bespre- 
chenden Urkunde  1058  auffallenderweise  keine  einzige  andere 
Urkunde  aus  dem  10.  bis  zum  14.  Jahrhundert  darauf  hinweist. 
Erst  im  15.  Jahrhunderte  wird  der  Püttener  Wald  als  , Wald- 
mark' bezeichnet,  zuerst  1428^*^*:  ungelten  in  dem  landgericht 
80  zu  der  Newnstat  gehört,  auzgenomen  der  fumfzig  phunt 
gelts  —  auf  unserm  ungelt  daselbs,  den  man  etwenn  in  die 
Waldmarch  hat  gevechsnet  und  später  öfter"',  woraus  Lampel 
mit  Recht  schliesst,  dass  dies  eine  von  Altersher  tiberlieferte 
Bezeichnung  war.  Dieselbe  deutet  nun  allerdings  auf  die 
Markeigenschaft  des  Ländchens  hin,  dabei  fehlt  es  jedoch  an 
jedem  Anhaltspunkte  für  die  Annahme,  dass  Putten  für  sich 
eine  Mark  oder  Grafschaft  gebildet  habe.  Auch  wenn  man 
mit  Felicetti^^®  die  Urkunde  1058^^^:  Gvzbretdesdorf  et  deor- 
sum  Svarzaha  —  in  marcha  Earentana  et  in  comitatu  Ota- 
cheres  marchionis,  hieher  zieht,  lässt  sich  nicht  eine  eigene 
Grafschaft  Putten  als  Bestandtheil  der  Mark  Ottokars  annehmen, 
da  dies  nur  unter  der  Voraussetzung  angehen  würde,  wenn 
Felicettis  Ansicht  über  das  Verhältniss  von  marchia  und  comi- 
tatas  richtig  wäre. 

Auch  der  Titel  ,Graf  von  Putten',  welche  die  in  Putten 
wohnhaften  Grafen  von  Formbach  führen  ^^^,  weist  nicht  auf 
eine  Grafschaft  Putten  hin;  sie  flihren  diesen  Titel  nicht  wegen 


***  US.  2.  205.  "»  US.  2.  616.  "•  Lampel  Putten  43. 

**'  Lampel  a.  a.  O.  8. 

*"  A.  a.  O.  10.  64;  so  auch  Huber  Gesch.  Oesterr.  1.  216  Note  3. 
"•  US.  1.  74.  **>  C.  1130  D.  31.  96,  c.  115«  US.  1.  379. 


494 

ihrer  Allodialbesitzungen  in  und  um  Putten,  sondern  wegen 
der  Grafschaft,  die  sie  am  Inn  besassen;  1142^'^:  in  ripa  Ini 
in  regione  norica  in  comitatu  Ekkeberti  comitis. 

Man  darf  also  nicht  von  einer  Grafschaft  Putten  reden  ^^, 
aber   auch    der   Ausdruck   Mark   Putten,    welchen   Lampel"* 
trotz    seiner    richtigen    Auffassung    des    Sachverhältnisses    be- 
fürwortet, ist  nicht  anzuempfehlen;  er  wäre  nur  zulässig,  wenn 
Putten  eine  besondere  Mark  fUr  sich   gebildet  hätte  und  nicht 
nur    ein    Bestandtheil    der    oberen    Karantanermark    gewesen 
wäre.     Der  Beweis   dieser   letzten   Thatsache  liegt    vorzüglich 
in  der  Urkunde  1058,   da  Felicetti^'^  durch  eine  scharfsinnige 
Zusammenstellung  urkundlicher  Nachrichten  dargethan  hat,  dass 
das  in  der  Mark  Ottokars   befindliche  Guzbretdesdorf  der  Ur- 
kunde,  welches  noch  Zahn  ^^^   bei  St.  Georgen  an  der  Stiefing 
suchte,   an   der  niederüsterreichischen  Schwarzau   bei  Loipers- 
dorf,   somit  im  Piittener  Bezirke   gelegen   war.     Dafilr  spricht 
ferner  Urkunde  1166^*^,  worin  die  Markgräfin  Kunigunde  den 
Kauf  zu  Burgrecht   eines  Hofes   iuxta  amnem  Viscah  (Fischa, 
N.-Oe.)  licentia  tam  nostra  quam  filii  nostri  et  consilio  consensu- 
que   ministerialium   nostrorum   bestätigt   und   dies   und  die  Be- 
stätigung von  Schenkungen   an  Sekkau   im  Eingange   der  Ur- 
kunde   folgendermassen    rechtfertigt:  -debiti   nostri  ius  videtur 
exigere  materno  affectu  consulendo  et  auxiliando  bis  subuenire 
quos  constat  in   provincia  nostre   ditionis  sub   tutela  defensioms 
mariti  et  filii  nostri  vixisse.     Der  Kauf  erfolgt  coram  ministe- 
rialibus  et  forensibus  nostris  in   foro  Uiscah  (Fischau).    Additi 
sunt  postmodum   in   negocii   huius  testimonium   coram  nobis  in 
foro  Hartperch  de  hominibus  et  ministerialibus  nostris  etc.    Es 
kann   nicht   zweifelhaft    sein,    dass    Kunigunde    hier   als   Ver- 
walterin der  Mark  auftritt,  zu  welcher  Fischau  gehört**'. 

"  UOE.  1.  284. 

"  So  noch  Meiller  RS.  470.  Felicetü  9.  32  betrachtet  die  Sache  ali 
zweifelhaft 

••  Putten  7. 

^  A.  a.  O.  9.  33;  zustimmend  Huber  Gesch.  Oesterr.  1.  216  Note  3,  Lanpel 
Ptttten  7  und  Wahnschaffe  a.  a.  O.  6  Note  9. 

"  US.  1.  74.  »"  US.  1.  461. 

*^  Keinen  Beweis  der  markgräflichen  Thätigkeit  von  Seite  der  Ottokare  im 
Bezirke  Putten  bildet  die  Mittheilnng  (UOE.  1.  677),  dass  die  Delegation 
eines  predinm  in  rorebach  in  placito  martihionis  de  styre  habito  kait- 
perge  stattfand,    da  dieses  rorebach  wahrscheinlich  nicht  Rohrbach  an 


495 

Dies  vorausgesetzt,  soll  zur  genaueren  Darstellung  des 
Grenzzuges  übergegangen  werden. 

Die  Nordgrenze  ist  identisch  mit  dem  östlichen  Theile  der 
südlichen  Ostmarkgrenze. 

Die  westliche  Grenze  bestimmt  sich  im  Allgemeinen  durch 
die  Lage  der  Orte,  welche  als  in  marchia  befindlich  bezeichnet 
werden.  Wir  entnehmen  daraus,  dass  der  Gebirgszug,  welcher, 
Tom  Semmering  ausgehend,  im  Süden  des  Hochlantsch  die 
Mur  erreicht  und  die  Wasserscheide  zwischen  der  Mürz  und 
der  Feistritz  bildet,  dann  auf  dem  rechten  Murufer  der  Höhen- 
zug, welcher  über  den  Schafi^erkogel  der  Hochalpe  zustrebt 
und  sich  über  Glein-,  Stub-  und  Koralalpe  bis  zur  Drau  fort- 
setzt, die  Grenze  gebildet  hat.  Im  Osten  dieses  Gebirgszuges 
liegen  die  Orte  in  marchia  mehr  oder  weniger  dicht,  während 
im  Westen,  mit  einer  einzigen  noch  zu  besprechenden  Aus- 
nahme, in  der  markgräflichen  Periode  der  Ausdruck  marchia 
sich  nie  findet.  In  diesem  Westen  besteht  vielmehr  eine  Reihe 
von  Grafschaften,  von  welchen  wir  annehmen  müssen,  dass  sie 
nicht  auf  Markboden  gelegen  sind,  die  jedoch  in  die  Hand  des 
Markgrafen  der  oberen  Karantanermark  gelangten  und  dadurch 
mit  dersdben  nach  und  nach  zu  einem  Gebiete  zusammen- 
schmolzen. Von  der  ursprünglichen  Sonderung  dieser  beiden 
Gebiete  finden  wir  noch  eine  Spur  in  dem  1242  ^^^  vorkommen- 
den Ausdruck  styria  et  marchia.  Wenn  aber  einmal,  nämlich 
1048,  Rotenmann  in  marchia  Gotefridi  et  in  ualle  pagoque 
Palta  erwähnt  wird  ^**,  womach  also  die  Mark  sich  auch  über 
das  Paltenthal  erstreckt  hätte,  so  kann  man  —  falls  nicht,  was 
beinahe  wahrscheinlicher  ist,  ein  Versehen  vorliegt  —  darunter 
angesichts  der  sonstigen  Nachrichten  nur  ein  Zeichen  der  sich 
langsam  vorbereitenden  Vereinigung  dieser  verschiedenen  Ge- 
biete sehen  ^*^. 


Fasse  des  niederOsterreichischen  Schneeberges,  sondern  yielmehr  Rohr- 
bach bei  Friedberg  sein  dürfte.  Und  wenn  es  c.  1185.  (US.  1.  646) 
heisst:  Pemhardns  de  Putine  presente  et  annitente  domino  sno  Otaker 
dace  Styrense  deleganit  —  mansos  apud  Harde  (bei  Qloggnitz),  so  er- 
folgt die  Zustimmung  des  Herzogs  hier  wohl  nur  in  seiner  Eigenschaft 
als  Herr  des  Ministeriais  von  Putten. 
S.  oben  bei  Note  115.  »»•  US.  1.  64. 

^^  Dass  das  Gebiet   der  Mark   die   westlichen  Qrafischaften    nicht   in   sich 
schloss,  nimmt  auch  Hiiber  Gesch.  Oesterr.  1.  213  an,   wogegen  Felicetti 


496 

Wir  gehen  mm  auf  die  Details  des  Grenzzuges  ein, 
welche  wir  hauptsächlich  aus  den  späteren  Landgerichtsgrenzen 
entnehmen,  die  bekanntlich  mit  den  früheren  Grafechaftsgrenzen 
meistens  zusammenfallen. 

Die  nördhchste  Grafschaft,  welche  sich  im  Westen  an  das 
Markgebiet  anschliesst,  ist  das  Comitat  Mürzthal.    Wir  kennen 
einen   Turdogowi   als  Verwalter    dieses  Comitats;    1023***:  in 
pago  —  Muriza  in    comitatu   uero   qui   nuper  fuit  Turdogowi; 
1025^**:    in   comitatu   comitis  Dvrgouuues   (auf  Rasur)  in  loco 
Auelniz   (Aflenz).     In   der   ersten   dieser  Urkunden   heisst  es, 
dass  Turdogowi   die  Grafschaft   nicht   mehr   verwalte,   da  aber 
in    der    zweiten   Urkunde    der   Name   Dvrguuues    nachträglich 
eingesetzt  zu   sein  scheint,   ist   kein  Grund  vorhanden,   warum 
angenommen   werden   sollte,   dass   die   beiden   Urkunden   zwei 
verschiedene  Grafen  benennen  *'*.  Später  finden  wir  bedeutenden 
Allodialbesitz   der  Eppensteiner   in   dieser  Grafschaft,   und   die 
Ottokare   übten   in    derselben   Grafschaftsrechte   aus.      Daraus, 
dass,  nachdem  die  Matrone  Beatrix  1025***  100  Mausen  in  comitata 
comitis  Dvrgouuues   von  Kaiser  Eonrad  11.  erhalten   hatte,  bei 
Vergabung  dieser  100  Mausen  durch  ihren  Enkel  Herzog  Hein- 
rich IL   von  Kärnten  1114*^^^  die  Lage   dieser  Mausen  a  ter- 
minis  Wizenbahc  et  Fuhte  bestimmt  wird  und  sie  sammt  saline 
übertragen  werden,  schliesst  Felicetti,  dass  dieser  Comitat  sich 
bis  gegen  Mariazell  erstreckt  habe,  da  erst  in  dessen  Nähe  ein 
Weissenbach   und  Salzwerke   sich   finden.     Wir  können  daher 
annehmen,   dass   dort,    wo   die  Grenze   der  Ostmark   sich  von 
der    der   Karantanermark    trennt,   die    Grenze    der   Grafschaft 
Mürzthal  begmnt. 

Den  genauen  Grenzzug  entnehmen  wir  aus  der,  wenn 
auch  aus  späterer  Zeit  herrührenden  Beschreibung  des  Raines 
der  hier  der  Reihe  nach  an  der  Grenze  gelegenen  Herrschaften 
Gutenstein,  Reichenau  und  Klamm.  Den  Gutensteiner  Rain  haben 
wir  bereits  bis  zum  Gippel  verfolgt,  von  diesem  Berge  an  ver- 
läuft er  südlich  und  bildet  anfknglich  zugleich  die  Grenze  gegen 
die  Grafschaft  Mürzthal.  Die  oben  §.  5  bei  Note  121  abgedruckte 


9.46,  10.  60  und  Wahnschaffe  42  Note   127  diene  Grafschaften  bis  xiun 

Lnngau  znr  Mark  rechnen. 
"1  US.  1.  60.  "«  US.  1.  63. 

»»  Felicetti  10.  60  beiweifelt  die  IdentitÄt.  ■«*  US.  1.  63. 

«»  US.  1.  118. 


497 

Stelle  fährt  folgendennassen  fort:  von  dem  Gipel  in  das  Per- 
schadn  von  dem  Perschadn  in  die  Gros  aw,  von  der  Gros  aw 
in  das  Steinelbl^  von  dem  Elbel  in  dem  Amaskogel,  von  dem 
Amaskogel  auf  die  Nas,  von  der  Nas  in  Rauhenstein,  vom 
Rauhenstein  auf  das  Haberfeld.  Damach  ging  der  Grenzzug 
vom  Gippel  auf  das  nächst  demselben  südlich  gelegene  Persch- 
hom  (Perschadn).  Das  weiters  im  Zug  der  Grenze  genannte 
Steinelbl  ist  Steinalpel  an  der  Kalten  Mürz.  Die  zwischen 
Perschhom  und  Steinalpel  genannte  gros  aw  findet  sich  nicht 
mehr  unter  diesem  Namen  und  dürfte  in  der  Nähe  des  Gscheides 
am  Passe  des  Perschhorns  zu  suchen  sein  oder  vielleicht  am 
Grasbache,  da  Gras  und  gross  vom  Abschreiber  leicht  ver- 
wechselt werden  konnten.  Im  Amaskogel  und  der  Nas  ist 
nicht,  wie  naheliegend  wäre,  der  Ameisbühel  und  die  Nass  zu 
sehen,  weil  es  dann  unmöglich  wäre,  im  weiteren  Verlaufe  des 
Grenzzuges  zum  Rauhenstein,  zum  Rain  der  Herrschaft  Rei- 
chenau  und  zum  Haberfeld  auf  der  Raxalpe  zu  gelangen. 
Unter  der  Nas  dürfte  daher  das  Nassköhr  und  unter  Amas- 
kogel ein  zwischen  diesem  und  dem  Steinalpel  gelegener  Höhen- 
punkt zu  verstehen  sein.  Der  Rauhenstein  endlich  ist  die  süd- 
lichste Erhebung  der  Schneealpe.  Hier  verlässt  der  Guten- 
steiner Rain  die  Grafschaftsgrenze  und  läuft  über  den  Nasskamm 
zu  dem  auf  der  Höhe  der  Raxalpe  gelegenen  Haberfeld.  Dass 
dieser  Theil  des  Raines  auch  Grafschaftsgrenze  war,  ergibt 
sich  daraus,  dass  er  die  Grenze  des  späteren  Landgerichts 
Schwarzau  und  Rohr  bildete;  1597  ^^^:  von  dem  Gippel  auf 
den  Bärschadn,  von  dem  Bärschadn  auf  die  Grossaw,  von  der 
Ghpossaw  in  das  Steinalbl,  von  dem  Steinalbl  auf  den  Ameis- 
kogel,  von  dem  Ameiskogel  auf  die  Nass,  von  der  Nass  in  den 
Rauchenstein,  vom  Rauchenstain  auf  das  Haberfeld.  Der 
weitere  Verlauf  der  Grenze  wird  durch  den  Reichenauer  Rain 
gebildet.  Dieser  Rain  wurde  1343  durch  Herzog  Albrecht  H. 
festgestellt.  Die  betreflFende  Stelle  lautet  ^^' :  Haberveid,  di 
ganz  Rächsneralbm  und  den  Amäsbüchel,  in  den  Rauchenstain, 
in  di  Mitterwant  da  der  Hochenwerger  rain  anstösst  her  wider 
das  Gflöz  under  der  Rächsner  albm,  das  gross  und  klain  Gschaid, 
den  Sitzenpuchl,  den  Taterman,  oben  auf  dem  Gämbsnpuchl 
auf  den   Chaltenberg.     Vom   Haberfeld    bis    zum   Rauhenstein 


"^  OeW.  7.  334.  "'  OeW.  G.  61. 


498 

läuft  die  OreDze   der  Herrschaft  Reichenau   längs   des  Goten-        i 
Steiner  Raines.     Vom   Rauchenstein   an   bildet   er  die  Landes- 
und   Grafschaftsgrenze.      Die   Mitterwand    kann    nur    der  im 
Norden   des  Mitterbaches   gelegene  Theil   der   Raxmauer  sein, 
so  dass  der   nördliche  Theil  der  heutigen  Gemeinde  Altenberg 
zur  Mark  gehörte.    Das  Gfloez  ist  der  sich  im  Süden  derRax 
anschliessende  Gflösswald.    Das  Preiner  Gscheid^  der  Sitzbühel 
und  Tottermanns  Kreuz  bilden  die  weiteren  Landmarken.  Von 
dort  lief  der   Rain   über   den   Gämsnpuchl    (vielleicht  Drahte- 
kogel?)    auf   den   Kaltenberg   im   Norden    des    oberen  Adlitz- 
grabens.     Die    Grafschaftsgrenze    in    ihrem    weiteren   Verlaufe 
folgte  aber  der  Grenze  des  späteren  Landgerichts  Neunkirchen 
einerseits  und  des  Landgerichts  Kapfenberg  andei-seits.    Diese 
Grenze   wird    folgendermassen   beschrieben:    1564*'®:    auf  den 
Semering  beim  creiz  da  sich  das  landgericht  Khapfenwerg  an- 
hebt von  dannen  gericht  der  Dürr  nach  biss  auf  das  geschait 
in   der    Prein.     Die    ,Durr'   bedeutet  hier    die   Wasserscheide. 
Diese  Bedeutung   des  Wortes   entnehmen  wir  aus   der  Grenz- 
beschreibung  des   Landgerichts  Aspang^   c.  1295*'*:    von  der 
Räch  unz  in  den  Slach,  von  dem  Slach  der  Dürr  nach  unz  auf 
den   Pfaffen   alz  das   regen wazzer  sait     Das   Semmeringkreuz 
muss   ebenfalls  auf  der  Wasserscheide^  also  auf  dem  heutigen 
Semmeringjoche    gestanden    sein,    denn    der    Burgfrieden   von 
Schottwien  geht  c,  1540  **•  auf  zu  dem  creuz  auf  den  semring 
der  wassersag  (nachl  unzt  an  die  lantstrass.     Damit  stimmt  es 
auch    wenn  die  Grenze  iudicii  novae  civitatis  im  Wiener-Neu- 
städter Stadtrecht'**  folgendermassen  bestimmt  wird:  citra  montes 
Hartperkch  et  Semernik  et  aquam  Piestnik  etc.     Vom  Preiner 
Gschaid    an    bildet   also   der   über   den   Drathekogel   und   die 
Kampalpe  gehende  Höhenzug  die  Grenze. 

Wir  finden  dieselbe  Grenze  mit  manchen  Detailangaben 
auch  im  Rain  der  Prein***  mit  folgenden  Worten:  von  der 
Khampalben  hinauf  in  Ganntzenpüchl,  von  dem  Ganntzenpüchl 
inn  GämbsenkhogK  von  den  Gämbsenkhögl  in  den  GU>sskhögl, 
von  dem  GosskhQgel  herab  in  die  Goss,  von  der  Goss  herüber 


»  OeW.  7.  216,  »•  OeW.  7.  106S.  »*•  OeW.  7.  317. 

*•>  Winter   Stedtr.  t.  Wieoer-NeusUdt    c.  92,     Ueber    das    YeriüÜtniss    des 
Laukdirf'nchts  Wiener-Neiutadt  mm  Landgericht  Neonkirchen  ebendas  63. 
»«  OeW,  7.  331. 


499 

in  den  tftterman   in  die   drei  stain,   von  dem   taterman    in  Siz- 
püchl  u.  s.  w.  zum  Preiner  Qschaid. 

Bevor  wir  zur  Feststellung  des  weiteren  Grenzzuges 
schreiten  können,  ist  es  nothwendig,  einen  Blick  auf  die  Grenze 
zwiscben  den  beiden  in  den  Püttener  Bezirk  gehörigen  Land- 
gerichten Neunkirchen  und  Aspang  zu  werfen.  Diese  Grenze 
von  Raach  bis  zum  grossen  PfaflFen  wird  für  Neunkirchen 
folgendermassen  beschrieben:  1564^*':  von  der  Räch  imzt  in 
den  Schlag,  von  dem  Schlag  der  Dürr  nach  biss  auf  ainen  perg 
genennt  der  PfaflF.  Für  Aspang  erfolgt  die  Grenzbeschreibung 
in  gleicherweise:  c.  1295^**:  von  der  Räch  unz  in  den  Slach, 
von  dem  Slach  der  Dürr  nach  unz  auf  den  Pfaffen  alz  das 
regenwazzer  sait;  und  Genaueres  für  einen  Theil  dieser  Grenze 
erfahren  wir  aus  den  Angaben  über  den  Burgfrieden  von 
Schottwien,  so  weit  er  mit  der  Landgerichtsgrenze  zusammen- 
fällt, c.  1540^*^:  vom  Schlag  ganz  auf  die  Dürr,  nach  der  Dur 
nach  der  wassersieg  inn  oder  nach  dem  Oder,  nach  der  wasser- 
sag gericht  hindurch  in  die  Winkhelrisen,  von  der  Winkhel- 
risen  in  Schwartzperg  zum  creüz  und  nach  dem  Schwartzperg 
auf  unzt  an  Laibrigl,  vom  Laibriegel  durch  nach  dem  Wein- 
weg inn  Altkhögl.  Die  Grenze  zwischen  diesen  beiden  Land- 
gerichten lief  also  von  Raach  bei  Wartenstein  über  Schlagl 
längs  der  Wasserscheide  zum  grossen  Pfaffen.  Von  da  wendete 
sich  die  Grenze  des  Landgerichts  Aspang  nach  Osten,  die  des 
Landgerichts  Neunkirchen  nach  Westen.  Die  Fortsetzung  der 
Grenzbeschreibung  dieses  letzten  Gerichts  lautet:  von  dem 
P&ffen  der  gericht  nach  unzt  an  die  Dürr,  auf  den  Semering 
beim  creiz,  das  heisst  vom  Pfaffen  in  gerader  Richtung  bis  auf 
die  Wasserscheide  am  Semmering  beim  Kreuz.  Würde  man 
die  Grenze  nach  diesen  Worten  allein  bestimmen,  so  wäre  an- 
zunehmen, dass  die  Grenze  vom  Pfaffen  über  den  Froschnitz- 
sattel,  Alpkogel  und  Dürriegel  nach  dem  Semmering  ging, 
was  aber  unmöglich  der  Sinn  der  Worte  sein  kann,  da  die 
Grenze,  wie  wir  gesehen  haben,  auf  diesem  Wege  den  Pfaffen 
erreichte  und  daher  nicht  wieder  in  sich  selbst  zurückkehren 
konnte,  so  dass  also  der  weitere  Grenzzug  westUcher  gelaufen 
sein  muss.  Wie  aber  die  ,gerade  Richtung^  vom  Pfaffen  auf 
den  Semmering  zu  nehmen  ist,  bleibt  fragUch,  und  ebensowenig 


"»  OeW.  7.  216.  »**  OeW.  7.  1063.  **«  OeW.  7.  317. 


500 

kommt  man  zu  einem  Ergebnisse,  wenn  man  unter  Dürr  hier 
den  Dürrkogel  oder  Dürrgraben  verstehen  wollte.  Eine  Auf- 
klärung könnte  vielleicht  in  der  Grenze  des  Wildbannes  von 
Klamm  gefunden  werden,  c.  1540^^^:  am  wein  weg  auf  die 
Fröschnitz,  von  der  Fröschnitz  hin  ubem  grossenperg  und  auf 
die  sehmelzhütten  und  aufs  Stainhauss  ausbin,  doch  darf  nicht  ge- 
leugnet werden,  dass  in  älterer  Zeit  diese  Grenze  nicht  ge- 
golten haben  kann,  da  der  wiltpan  in  der  pigmark  von  Spital 
am  Semmering  dieser  Stiftung  in  folgendem  Umfange  gehörte: 
c.  1285**^:  von  dem  perk  genannt  Düeren-Freschniz  und  mit 
dem  pächlein  das  da  entspringt,  mit  allen  andern  zuflüssenden 
wässern,  alss  wol  auf  dem  ain  tail  alss  auf  dem  andern  tail^ 
nachdem  alss  dass  regenwasser  oder  wassersag  von  dem  perg 
Sembering  obfleust  oder  anstockt  unz  an  das  wasser  Müerz, 
womach  also  das  gesammte  Gebiet  des  Fröschnizbaches  zum 
Wildbann  Spitals  zu  rechnen  war**^.  Der  Zug  der  Grenze 
zwischen  dem  Senmiering  und  dem  grossen  Pfaffen  bleibt  also 
zweifelhaft  t 

Zur  Bestimmung  der  weiteren  Grenze  haben  wir  die  An- 
gabe c.  1066  ^*® :  prope  Moram  fluuium  inter  fontem  iuxta  rotin- 
stein  quo  marcha  et  comitatus  ad  Liubana  terminantur.  Dar- 
nach war  also  die  Grenze  zwischen  der  Grafschaft  Leoben  und 
der  Mark  bei  Rötheistein.  Bis  hieher  ging  auch  die  spätere 
Landgerichtsgrenze.  Das  Landgericht  St.  Peter  erstreckte  sich 
1294  vntz  an  die  rinne  bei  Roetenstein  ^*®,  und  von  dem  Land- 
gericht Landskron  (bei  Brück  an  der  Mur)  heisst  es  im  17.  Jahr- 
hunderte*^*: das  lantgericht  erstreckt  sich  büs  zum  cretlz  an  die 
Rottleuten  bei  Fronletithen,  davon  aber  die  frau  abbtissin  zu 
Göss  denen  von  Prugg   als  pfantschaftem  dasselbige  tails  lant- 


**«  OeW.  7.  322.  "^  OeW.  6.  62. 

'^^  Es  ist  dies  genau  der  Umfang  der  ursprünglichen  Stiftung,  in  welcher  dem 
Hospitale  jedoch  nur  ein  beschränktes  Jagdrecht  eingeräumt  wurde; 
GrUnduugsurkunde  1160  (US.  1.  395):  tradidimus  (silvam  Cerwalt)  — 
cum  exitibus  et  reditibns  —  excepta  piscatione  et  uenatione  nostra, 
quam  ex  parte  nobis  seruauimus,  partim  in  usum  hospitalis  ea  uti  con- 
cessimus.  Uii  vero  sunt  termini  silue  ad  hospitale  deputate,  a  meridie 
amnis  Froscnice  cum  alpe,  a  septentrione  scaturigines  fontium  et  aqoa- 
rum  in  Murce  fluuium  confluentium  etc. 

"»  US.  1.  78. 

****  Felicetti  a.  a.  O.  10.  57  aus  dem  Admonter  Saalbuche. 

^^  OeW.  6.  330. 


501 

gericht  von  der  Kalten  rünen  ob  Röttelstain  bis  zum  bemelten 
creuz  bei  Fronleüten  im  possessorio  aberhalten  und  nunmehr  sich 
das  Pruggerische  landgericht  bei  derselben  Kalten  rünen  endet. 

Es  kann  nicht  bezweifelt  werden,  dass  der  fons  des  Jahres 
1066,  die  rinne  bei  Rötheistein  des  Jahres  1294  und  die  Kalte 
rüne  ob  Röttelstain  des  17.  Jahrhunderts  ein  uud  derselbe  Wasser- 
lauf war.  Da  nun  der  Streit  mit  Göss  um  das  Landgericht  sich 
offenbar  auf  das  rechte  Muimfer  bezog  und  auch  das  (noch  heute 
vorhandene)  Kreuz  an  der  Poststrasse  bei  Rothleiten  oberhalb 
Frohnleiten  sich  an  diesem  rechten  Ufer  befindet,  so  ist  die 
andere  Landmarke,  die  Rinne  oberhalb  Rötheistein  ebenfalls  am 
rechten  Murufer  zu  suchen.  FeUcetti^**  hat  daher  recht,  wenn 
er  den  fons  des  Jahres  1066  fUr  das  Bächlein  hält,  welches 
gegenüber  dem  Berge  Rötheistein  in  die  Mur  fkUt,  denn  dieses 
ist  die  nächste  ,Rinne^  oberhalb  des  Ortes  Rötheistein. 

Am  linken  Murufer  beginnt  die  Landgerichtsgrenze  ge- 
rade diesem  Bächlein  gegenüber  und  zieht  von  da  längs  der 
Wasserscheide.  Die  Fortsetzung  der  Grenze  für  das  Land- 
gericht Landskron  wird  folgendermassen  beschrieben:  und  von 
der  ain  seüten  hinüber  die  Mhur,  soweit  sich  der  Perneggerische 
purkfridt  erstreckt,  wehm  thuet.  Banntaiding  zu  Passail  1662^^^: 
der  Stubeggerische  purkfridt  grenzt  an  das  Bruggerische  land- 
gericht und  Pemeggerischen  purckfridt,  alles  nach  der  höche 
der  wasserschaid.  Immer  unter  der  Annahme,  dass  die  frühere 
Grafschaftsgrenze  mit  der  späteren  Landgerichtsgrenze  zu- 
sammenfUllt,  ist  nicht  zu  zweifeln,  dass  die  Markgrenze  von 
Pfeflfen  auf  der  Höhe  des  Gebirgszuges  über  das  Stuhleck  und 
die  Pretulalpe,  den  Teufelstein ,  Reschenkogel,  Kulmkogel  und 
Hochlantsch  lief,  dann  über  die  rothe  Wand  und  den  Röthei- 
stein zur  Mur  sich  herabsenkte.  Das  rechte  Murufer  um  Leoben 
herum  gehörte  zur  Grafschaft  Leobenthal;  904^^:  in  ualle  quae 
dicitur  Liupinatal,  in  comitatu  —  Otacharii  hobas  20  —  in 
loco  Zlatina  dicto  ubi  riuus  eiusdem  nominis  Zlatina  in  flumen 
Muora  dictum  intrat  —  in  uilla  Costiza.  925^^^:  in  Liupinatale 
—  beneficium  —  ad  Lieznicham  —  cum  ecclesiis.  1020**®:  Gossia 
in  comitatu  Liubana.  Darnach  gehörte  St.  Michael,  Schladnitz 
und  Göss  bei  Leoben,  diese  Orte  sind  nämlich  unter  ecclesia 


"»  A.  a.  O.  9.  64.  »»  OeW.  6.  172. 

**•  U8.  1.  16.  »w  US.  1. 17.  »w  US.  1.  47. 


502 

ad  Lieznicham^  Zlatina  und  Costiza  oder  Gossia  zu  yerstehen  ^^\ 
in  die  Grafschaft  Leobenthal.  Die  Grenze  zwischen  dieser  Graf- 
schaft und  der  Mark  ist  auch  aus  den  Landgerichtsgrenzen  za 
entnehmen.  Die  oben  citirte  Grenzbeschreibung  ftir  das  Land- 
gericht Landskron  setzt  sich  in  folgender  Weise  fort:  auf  der 
andern  Seiten  hinauf  an  Schiffal  (Berg  westlich  von  Rötheistein), 
von  danen  ans  Mclthorn^  weiter  an  die  Raineben^  von  danen  an 
die  Praütrüssen  beim  Träxelhueter  an  LauiFnizegk  (Laufnitz- 
berg)  gelegen,  als  dan  nach  des  Eüsenpass  und  an  des  Wingkhler 
albm  (der  Name  kommt  noch  heute  vor),  nach  der  wassersaig  hin 
an  die  Hochalbm.  Weiter  können  wir  die  Grenzangaben  über 
das  auf  ehemaligem  Markboden  gelegene  Landgericht  Uebel- 
bach  benützen,  welches  ^^  biss  auf  die  Hob-  und  Gleinalben, 
von  der  Hobalben  der  wassersäg  nach  auf  den  Creuzsadl  (Kreuz- 
sattel) der  wassersäg  nach  auf  den  alten  Austeig  reicht  An- 
gaben über  den  weiteren  Grenzverlauf  fehlen,  doch  genügen 
die  vorstehenden  Daten,  um  festzustellen,  dass  die  Grenze  der 
Mark  von  der  Binne  bei  Rötheistein  sich  auf  den  Schiffal 
erhob  und  längs  des  Höhenzuges  über  den  Laufnitzberg,  die 
Hochalpe  und  Gleinalpe,  weiter  aber  längs  der  heutigen  kämt- 
nerisch-steiermärkischen  Grenze  über  die  Höhe  der  Hirschegg- 
und  Koralpe  gegen  die  Drau  zu  veriief. 

Soweit  die  Ostgrenze  das  Püttener  Ländchen  umschUesst, 
ist  Felicetti^*^  zu  dem  Ergebnisse  gelangt,  dass  die  damalige 
Grenze  mit  der  heutigen  so  ziemlich  zusammenfallt.  Die  Süd- 
grenze seiner  Grafschaft  Putten  konnte  er  freilich  nicht  finden, 
da  es  eine  solche  von  der  Karantanermark  gesonderte  Graf- 
schaft nicht  gab. 

Wir  haben  die  Nordgrenze  bis  Unter-Eggendorf  verfolgt 
Am  rechten  Leithaufer,  gegenüber  Unter-Eggendorf,  findet  sich 
das  Dorf  ZiUingdorf,  welches  nicht,  wie  Meiller  *^^  angenommen 
hat,  erst  unter  Maria  Theresia  zu  Niederösterreich  kam,  son- 
dern schon  vor  1493  dazu  gehört  haben  muss.  Li  diesem  Jahre 
wurde  dieses  Dorf  nämlich  von  K.  Friedrich  HI.  der  Probstei 
Wiener-Neustadt  geschenkt  ^^^.  Die  im  Banntaiding  aus  dem- 
selben Jahrhunderte  angegebene  marich  und  hotter  des  Dorfes 


»»»  Zahn  US.  1.  834,  904;  FeUcetti  a.  a.  O.  10.  62,  64. 

^  OeW.  6.  359.  "•  A.  a.  O.  10.  66  f.  *•»  Sitab.  47.  6. 

"*  OeW.  7.  102  Note  *). 


503 

wird  in  dem  Theile,  der  hier  von  Belang  ist,  folgendermassen 
beschrieben**'*:  von  ZillingsdorflFer  prugk  hinab  nnz  auf  Sey- 
barstarflFer  werd,  nach  dem  marichstain  hinaus  unzt  auf  Stin- 
khenprunner  hotter,  von  Stinkenprunner  hotter  nach  dem  grabm 
ombhin  unzt  an  den  lebar,  dabei  h'gt  auch  ain  hotter,  und  von 
dem  botter  unz  auf  die  Hofstetegker,  daselbs  ligt  auch  ein 
hotter,  und  von  den  Hofstetegkem  unz  an  des  Smids  holz,  da 
ligt  auch  ain  hotter,  von  des  Smids  holz  und  hotter  unz  auf 
den  Turkhen,  do  ligt  auch  ein  hotter,  von  dem  Turkhen  unz 
an  die  Tamanleytn,  von  der  Tamanleytn  ab  auf  des  Haiden 
Weingarten,  nach  dem  steig  ab  unz  auf  den  Ungerweg,  von 
dem  Ungerweg  unz  auf  den  Gtisser  bei  des  Kunigsperger 
Weingarten,  von  dem  Güsser  unz  auf  den  Wartperg  da  das 
kreuz  stet,  von  dem  Wai-tperig  herwider  umb  nach  unserm 
holz  unz  auf  den  Urbarweg,  von  dem  Urbarweg  herwider  in 
unz  zu  der  Frawnhoferinn  püchl.  Vergleicht  man  diese  Grenz- 
beschreibung mit  der  Generalstabskarte,  so  stellt  sich  die 
Identität  der  damaligen  mit  der  heutigen  Grenze  heraus.  Der 
Seybarstarffer  werd  ist  die  bei  der  Neu-Ebenfurther  Papier- 
fabrik beginnende  Leithainsel,  von  wo  die  heutige  Grenze 
sich  von  der  Leitha  trennt  und  in  gerader  Richtung  gegen 
Stinkenbrunn  zu  geht.  Der  Stinkenbrunner  Hotter  bezeichnet 
den  Punkt,  von  wo  die  Grenze  sich  scharf  nach  Südwest 
wendet.  Die  scharfen  Ecken,  welche  die  Grenze  nun  bildet, 
sind  alle  durch  hotter  bezeichnet.  Der  Name  des  Haidenwein- 
garten  findet  sich  noch  heute  in  den  Haidäckern,  von  da  führt 
die  Grenze  auf  die  heutige  Strasse  von  Wiener-Neustadt  nach 
Ungarn  (Ungerweg),  zu  Weingärten  und  zu  dem  Kreuz  an 
der  Gtrenze  neben  der  Eisenbahn.  Von  diesem  Kreuze  wendet 
sich  die  Grenze  (umb)  längs  des  Zillingdorfer  Waldes  (unser 
holz)  wieder  der  Leitha  zu.  Seit  wann  dieser  Grenzzug  be- 
steht, ist  allerdings  nicht  eruirt  und  ist  es  denn  auch  fraglich, 
ob  das  am  rechten  Leithaufer  gelegene  ZiDingdorfer  Gebiet 
schon  in  unserer  Periode  zu  Deutschland  gehört  hat.  Anfänglich 
war  übrigens  die  Grenze  in  diesen  Gegenden  gewiss  nicht 
feststehend  ^^'. 

Auch   der  weitere  Grenzzug,   so   weit  wir   ihn   verfolgen 
können,  entsprach  im  Ganzen   dem  heutigen.     Die  Grenze  des 


'«■  OeW.  7.  102.  >••  Wahnschaffe  a.  a.  O.  4. 

ArehiT.  Bd.  LXXXII.  II.  H&lfte.  33 


504 

Landgerichtes  Putten  wird,  so  weit  sie  gegen  Ungarn  zu  läuft, 
beschrieben:    1527*^'*:    Judenfuii;    innerhalb    Kazlenstorff^    und 
geet  wider  aufwerz  unz   an  den  Vocann  zwischen   des  hungri- 
schen  und  teutschen  gschaid  unzt  an  den  Klingenfurt.    Ebenso 
wird  der  Burgfriede   von  Putten  beschrieben,  jedoch  zwischen 
Voraw    (Vocann)    und     dem    gschaid    der    Lajdaperg    einge- 
schaltet*^.    Für  den  weiteren  Grenzzug  ist  von  Belang,   da® 
der   auch    gegenwärtig   an    der   Grenze    gelegene    Hackbühel 
(Hackhepühel)  als  Grenzpunkt  des  Amtes  Hochwolkersdorf  an- 
gegeben wird  *^^;  femer  der  Grenzzug  gegen  Ungarn  des  Land- 
gerichtes Aspang   c.  1295**'':   der  Pinka  nach  unz  an  das  un- 
grisch  recht  gemerkch,  dem  gemerkch  nach  hinumb  unz  in  die 
SpretZy   der  Spretz   nach   auf  uncz   an  den  ungrischen  fbrt  an 
das  Spretzekk,  und  der  Grenzzug  des  Landgerichtes  Friedberg 
gegen    Ungarn    16.  Jahrhundert*®®:   an    den  hungrischen  rain 
unter  Göczingschtarff.     Nach   dem   ungrischen   rain  erwider  in 
Scheiczlehengrabm.     Und    von    Scheiczlehen    grabm    erwider 
nach  dem  hungrischen  rain  in  den  weissen  stein.    Femer:  Nach 
den   hungrischen   rain   ze  Laffnicz   mitten   zu  fiiert:   Nach  der 
Laffnicz    zu   auf  in   die    weiss   Laffnicz.     Nach   diesen   Daten 
lief  also  die  Grenze  auf  dem  Höhenzuge  von  Katzelsdorf  (Eaz- 
lenstorflF)  bei  Wiener-Neustadt  gegen  Süden,  KUngenfurt,  dann 
östlich   von  Hochwolkersdorf  den  Hackbühel,   und  weiter  süd- 
lich Spratzeck  (Spretzekk)   einschliessend^   von   dort  an  bildet 
der  Unterlauf  des  Spratzbaches  die  Grenze^  welche  dann^  sich 
nach  Westen  wendend,  südlich  von  Götzendorf  (GöczingschtarflF) 
über   die  Pinka   (an   derselben   ist   wohl   der   weisse  Stein  des 
Friedberger  Rains  zu  suchen)  zur  Lafnitz  zieht.    Es  gibt  keinen 
Punkt   dieser  Grenze,   in   welchem   eine  Abweichung  von  der 
heutigen   nachzuweisen    wäre,    womit   freilich    nicht   behauptet 
werden  will,  dass  beide  in  jedem  Detail  zusammenfielen. 

Eine  andere  Frage  ist  es,  ob  dieser  Zug  der  Grenze 
auch  schon  in  der  hier  behandelten  Zeit  galt.  Wir  haben  flir 
diese  Zeit  allerdings  keine  genauen  Greiizangaben,  und  es  ist 
überhaupt  fraglich,  wann  in  diesem  Waldgebiete  die  erste  Ab- 
markung der  Grenze  stattgefunden  hat.  Das  eine  kann  aber 
bemerkt    werden,    dass    aus    den    allgemeinen    Angaben    des 


*•*  OeW.  7.  89.  *«  OeW.  7.  85  Note. 

>••  OeW.  7.  69.  "'  OeW.  7.  1053.  ^"  OeW.  6.  88. 


505 

12.  Jahrbunderts  hervorgeht,  dass  bedeutende  Abweichungen 
von  der  heutigen  Grenze  sieh  für  diese  Zeit  auch  nicht  an- 
nehmen lassen.  Von  der  Pfarre  Bramberg  sagt  Erzbischof 
Eonrad  I.  von  Salzburg  1144^^^:  eadem  parrochia  de  adiacenti 
silua  Putinensi  —  potest  ampliari  a  loco  —  Putinowe,  usque 
ad  terminos  Ungarorum  et  usque  ad  montem  Hartperch  in 
predio  comitis  Ekkeberti.  Und  c.  1155^'®  schreibt  der  Propst 
von  Reichersberg  mit  Beziehung  auf  das  Vorstehende:  Erat 
autem  continuatum  eo  tempore  predium  comitis  ipsius  a  Puti- 
nowe  usque  ad  montem  Hartperch  —  ne  nobis  decimas  ullas 
permitteret  ultra  uallem(?)  Ungaricum,  eo  quod  illa  terra  licet 
a  comite  sub  titulo  proprietatis  possessa,  non  esset  sua  sed 
Ungarorum.  Daraus  ergibt  sich,  dass  das  Gebiet  von  Putten 
bis  zum  Hartberg  schon  damals  zu  Deutschland  gehörte,  so- 
wie auch,  dass  hier  schon  damals  eine  bestimmte  Grenzmarke 
gegen  Ungarn  bestanden  hat.  Für  das  Land  südlich  vom 
Hartberg  erfahren  wir,  dass  die  Gegend  an  der  oberen  Pinka, 
Dechantskirchen  zwischen  der  Pinka  und  der  Lafnitz,  endlich 
das  Gebiet  zwischen  dem  Lafnitzäusse  und  der  weissen  Lafnitz 
zu  Deutschland  gerechnet  wui'de;  Urkunde  977  ^'*;  dann  1161  ^'* 
Zehentbestätigung  für  Reichenberg:  certiorem  prefigimus  ter- 
minum,  uidelicet  fluuium  Pincah  ad  cuius  ripam  noualia  in 
siliia  Putinensi  —  in  decimis  —  proueniunt.  Eberhard  I.  von 
Salzburg  schenkt  dem  Kloster  Admont  1155^^^:  duos  mansus 
in  uilla  Techanschirche  cum  decimatione  tota  inter  Pincam  et 
Lauenta.  Konrad  I.  von  Salzburg  bestätigt  dem  Kloster  Form- 
bach 1146^'*:  decimationem  —  inter  duo  flumina  Lauenze  et 
minorem  Lonciviz.  1163  übergibt  Erzbischof  Eberhard  von 
Salzburg  die  Kirche  Münchwald  an  Formbach  ^'^:  petente  simul 
illustri  marchione  Stirie  —  sub  hiis  uocabulis,  ubi  uidelicet 
fluuius  Lavenz  nigra  ab  ortus  sui  principium  in  Lavenz  albam 
decurrit.  In  der  Stiftungsurkunde  von  Voran  1163^'^  werden 
die  Grenzen  des  geschenkten  predium  vom  Markgrafen  Ottokar 
bestimmt:  ab  aqua  —  Vorowe  (Voraubach)  —  usque  ad  aliam 
aquam  —  Lauenz  (Lafnitz)  —  quicquid  inter  duas  istas  aquas 
continetur    quod    ad    nostrum    spectat   dominicale    —    quicquid 


"•  US.  1.  236.  "«  US.  1.  368.  "»  Oben  bei  Note  30. 

»"  US.  1.  428.  "»  US.  1.  352.  "*  US.  1.  260. 

»»  US.  1.  443.  "«  US.  1.  415. 

33» 


506 

etiam  inter  eandem  Lauenz  et  Tucham  minorem,  item  a  capite 
riuuli  —  Sulzbach,  et  a  —  capite  riuuli  —  Zelver  skevere,  a 
capite  etiam  qui  dicitur  Lenger  skevere  (Tauchenbach,  Sulz- 
bach  und  SchäfFembäche,  sämmtlich  unmittelbar  oder  mittelbar  in 
die  Pinka  fliessend)  usque  in  Hungariam  proprietatis  habuimus. 

Für  den  weiteren  Grenzzug  entnehmen  wir  aus  obiger 
Urkunde  1146,  dass  das  Gebiet  zwischen  der  Lafnitz  und  der 
Lungitz  (Bach  im  Westen  der  Lafnitz)  zur  Karantanermark 
gehörte,  ebenso  die  Stadt  Hartberg,  was  aus  wiederholten  Tra- 
ditionen steierischer  Markgrafen  hervorgeht,  c.  1128,  1147  und 
1189177  Daher  galt  auch  in  Hartberg  bairisches  Mass;  c.  1128^^®: 
bauarice  mete  decem  —  mansus,  und  wiederholt  hielten  sich 
die  Markgrafen   in  dieser  Stadt  auf  und  amtirten  daselbst. 

Weiter  südlich  verlassen  uns  alle  Anhaltspunkte  für  den 
Verlauf  der  Grenze.  Es  mag  sein,  dass  in  den  gegen  Ungarn 
offenen  Gebieten  der  Lafnitz,  Feistritz,  Raab  und  Mur  häufige 
•Aenderungen  des  ungarischen  Machtbereiches  stattfanden.  Wir 
begnügen  uns  daher,  auf  Felicetti  ^^^  zu  verweisen,  welcher  ans 
den  schon  damals  bestandenen  Pfarrbezirken  schliesst,  dass 
grosse  Abweichungen  von  der  heutigen  Grenze  nicht  stattfanden. 

Die  Betrachtung  der  Stidgrenze  verbinden  wir  besser  mit 
der  Darstellung  der  marchia  pitoviensis,  deren  Nordgrenze  mit 
der  Südgrenze  der  oberen  Karantanermark  zusammenftÜH. 

4.  Die  Mark  Fettsu. 

§.7.  1.  Im  Süden  der  oberen  Karantanermark  finden 
wir  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  10.  Jahrhunderts  eine  be- 
sondere Grafschaft,  die  Grafschaft  Rachwins,  welche  sowohl 
von  der  oberen  Karantanermark  als  auch  von  der  Mark  Saunien 
unterschieden  wird  ^;  980*:  usque  ad  proprietatem  Marchuuärdi 


"»  US.  1.  136,  272,  684.  "»  US.  1.  136.  »»»  A.  a.  O.  10.  83f. 

^  Auf  die  älteren,  längst  widerlegten  Ansichten  über  diese  Mark,  wie  über 
die  Mark  Saunia  einzugehen,  ist  wohl  überflüssig,  vgl.  darüber  Tangl  in 
Mitth.  f.  Steierm.  7.  71f.,  welcher  die  älteren  Ansichten  widerlegt  und 
dann  eine  eigene,  ganz  abenteuerliche  Ansicht  aufstellt,  womach  die 
Berge  Doberich,  Stenniz  und  Frezniz  der  Urkunde  980  (US.  1.  36)  in 
Nordsteiermark  zu  suchen  sind,  daher  er  die  Mark  Pettau  bis  zum  Mürz- 
thale  ausdehnt!! 

'  US.  1.  35. 


507 

comitis,  quicquid  uisi  sumus  habere  in  comitatu  Rachvuini 
comitis^  ac  inde  quo  ad  usque  idem  comitatus  conuenit  et 
tangit  comitatum  —  Sovuina.  Hier  ist  allerdings  nur  von  einem 
Allode  und  nicht  von  einer  Grafschaft  des  Eppensteiners  Mark- 
ward die  Rede,  da  er  aber  als  Graf  bezeichnet  wird  und  es 
im  10.  Jahrhundert  keinen  Grafen  ohne  Grafschaft  gab,  so 
werden  in  dieser  Urkunde  die  erwähnten  drei  Grafschaften 
nnterschieden.  Die  Grafschaft  Rachwins  kommt  dann  auch 
wenige  Jahre  später  in  einer  zweiten  Urkunde  vor;  985': 
Razuuai  —  in  pago  Zitilinesfeld  —  ac  comitatu  Rachuuini 
comitis.  Unter  dem  Zitilinesfeld  haben  wir  uns  das  Pet- 
tauer  Feld  zu  denken;  nach  dem,  was  wir  oben  hinsichtlich 
des  Ausdruckes  pagus  festgestellt  haben,  wäre  es  unrichtig, 
diesen  Ausdruck  mit  der  Grafschaft  Rachwins  zu  identificiren  ^, 
derselbe  ist  vielmehr  als  eine  rein  geographische  Bezeichnung 
aufzufassen,  durch  welche  die  Lage  von  Razzuuai  in  der  Graf- 
schaft näher  präcisirt  werden  wollte.  C.  1130*  kommt  eine 
marcha  pitoviensis  vor  mit  dem  Orte  Razwei,  dann  1091  und 
c.  1145^  eine  marchia  trans  silvam  oder  transsilvana.  Die  so 
bezeichneten  Marken  sind  mit  der  Grafschaft  Rachwins  iden- 
tisch. Für  die  marchia  pitoviensis  ergibt  sich  dies  daraus, 
dass  der  Ort  Razwai  (Rosswein,  slov.  Razwina  südlich  von 
Marburg)  c.  1130  als  in  ihr  gelegen  erscheint,  nachdem  er 
985  als  in  der  Grafschaft  Rachwins  befindhch  angegeben  wurde. 
Die  oben  abgeschriebene  Stelle  980  beginnt  folgender- 
massen:  ab  orientali  parte  montis  —  Doberich,  usque  ad  sum- 
mitatem  montium  Stenniz,  Frezniz,  et  ipsius  montis  —  Doberich 
summitatem  vsque  ad  proprietatem  Marchuuardi  comitis.  C.  1130 
kommen  nebst  anderen  auch  die  Orte  Dobrenga,  Noblitwitz 
und  Boratsowe  in  marchia  pitoviensi  vor.  Das  Gebiet  dieser 
Markgrafschaft  erstreckte  sich  also  von  der  Gegend  von  Weiten- 
stein bis  an  die  untere  Mur.  In  diesem  Gebiete  liegen  aber  die 
Orte  der  marchia  transsilvana  Redimlac  (St.  Lorenzen  in  der 
Wüste),  Ruoste  (Maria  Rast),  Caminitz  (Gams)  und  Pesnitza  (Pes- 
niz),  welche  in  den  erwähnten  Urkunden  1091  und  c.  1145  auf- 
gezählt werden,  womit  festgestellt  ist,  dass  marchia  transsilvana 
auch  nur  eine  andere  Benennung  der  Mark  Pettau  ist.     ,Mar- 


•  US.  1.  39.  *  So  Felicetti  10.  98,  100. 

»  US.  1.  143.  •  US.  1.  100,  238. 


508 

chia  transsilvana^  muss  übrigens  als  feststeheirde  Bezeichnung 
gelten  und  nicht  als  eine  blos  geographische  Angabe^  da  dieser 
Name  in  zwei  mehr  als  50  Jahre  auseinanderliegenden  Ur- 
kunden gebraucht  wird. 

C.  1100  kommt  vor^,  dass  Bemhardus  comes  —  cum  aliis 
multis  in  Marchia  trans  fiuvium  Dravva  hoc  sui  iuris  predium 
Razwei  dem  Kloster  St.  Paul  widmete.  Trans  fluvium  Dravva 
ist  hier;  wie  schon  bemerkt  wurde^  nicht  mit  marchia  in  Ver- 
bindung zu  bringen®,  diese  Worte  besagen  nur,  dass  Razwei 
jenseits  der  Drau  gelegen  ist.  Felicetti  *  will  auch  eine  weitere 
Benennung  dieser  Mark  in  ,inter  Celles'  gefiinden  haben.  Wenn 
aber  H.  Heinrich  sagt:  Inter  colles  trade  villam  Pesnitza*®,  so 
will  er  damit  nur  angeben,  dass  Pesnitz  in  den  windischen 
Büheln  liege,  ohne  damit  einen  eigenen  Verwaltungsbezirk  za 
benennen. 

Marchia  inferior  findet  sich  erst  später,  urkundlich  das  erste 
Mal  1209^^  im  Titel  eines  archidiaconus  marchiae  inferioris. 
Aus  Urkunde  1257  ^'  ergibt  sich,  dass  damit  die  Mark  Pettau 
und  nicht  etwa  die  Mark  Saunien  gemeint  ist,  da  in  derselben 
Urkunde  auch  ein  archidiaconus  Sauniae  vorkommt^'. 

2.  Von  den  Grafen  dieser  Markgrafschaft  wissen  wir 
wenig.  Der  erste,  von  welchem  wir  hören,  ist  der  bereits 
genannte  Rachwin,  dessen  Familie  nicht  bekannt  ist^^.  Später 
finden  wir  hier  die  Sponheimer  reich  begütert^*,  und  es  ist 
nicht  ausgeschlossen,  dass  sie  auch  im  Besitze  der  Grafschafts- 
rechte waren.  Der  letzte  Sponheimer  in  dieser  Mark  war  Graf 
Bernhard  von  Kärnten,  Schwager  des  Markgrafen  Leopold  des 
Starken  von  der  oberen  Karantanermark.  Er  starb  1148  auf 
dem   Kreuzzuge    Konrads  m.   und   vermachte   seine  AUodien 


'  US.  1.  103. 

*  So  Muchar  Gesch.  Steierm.  2.  276,   Ankenhofen  Gesch.  Kärntens  2.  823, 
Haber  Gesch.  Oesterr.  1.  218. 

•  A.  a.  O.  10.  98.  "  C.  1123  D.  39.  81. 

"  US.  2.  148.     S.  auch  1229  US.  2.  360.  "  D.  39.  149. 

^  Schumi  A.  1.  62  irrt  also,   wenn  er  meint,   die  Grafschaft  Sannthal  habe 

sur  marchia  inferior  gehOrt. 
^^  Felicetti  10.  99  hält  ihn  für  einen  Sponheimer,  weil  seine  Besitiung  Rosa- 

wein  später  den  Sponheimem  gehOrt,   dieser  Grund  ist  aber  wohl  nicht 

ausreichend. 
>*  1091,  1100,   1124,  1130,  1146,  1164  US.  1.  100,  103,  126,  147,  249,  460. 


609 

dem  Neffen  seiner  Frau,  Ottokar;  1162^®:  amita  nostra  (Mark- 
graf Ottokars)    uxor    preclari    comitis    Bernhard!    sine    sobole 
moriens  in  extremis  suis  —  predium  —  contolit    Quod  factum 
cum  DOS  ratum    esse   noUemus^    quia   ad   nos  hereditario  iure 
respicere  uidebatur.     Von   nun   an   erscheinen   die  Traungauer 
in  dieser   Mark    begütert*^.     Auch    haben   wir  Anhaltspunkte 
dafür,  dass  ihnen  die  Grafschaflsrechte  in  derselben  zustanden. 
Im  Jahre  1222^*  sagt  Leopold  VI.  von  Oesterreich:  colla- 
tionem  —  monasterio   uestro  (St.  Paul)  per  —  Hainricum  oHm 
dncem  Earinthie  factam  de  bonis  Holern  et  Rost  (Hollem  und 
Maria-Rast  am  rechten  Drauufer,   westlich   von  Marburg)  cum 
earundem  uillarum   appendiciis  cultis  et  incultis^   scilicet  a  de- 
8censa  aquarum  ymbrium  a  summitate  montis  Pocher  (Bacher) 
osque  in  Trauum   fluuium   in   quibus   bonis  iudicium   sanguinis 
usque   ad   riuum   qui   minor   Lubenz   (Lobencicabach^   welcher 
westlich   von  Maria-Rast  in   den   Lobnitzbach   [major  Lubenz] 
sich  ergiesst)   uocatur^   ad   nos   dicitur  pertinere^   et  ab  eodem 
riuo  usque   in   riuum  Welik  (Wölkabach)  coUationem   per  eun- 
dem  ducem  cum  judicio   sanguinis  quod   ad  cum  pertinebat  — 
monasterio  uestro  traditam  —  predicta  libertates  et  iura  a  tem- 
pore —  Otakari   marchionis  sine   interruptione  usque  nunc  uos 
confitemur   —   possedisse.    Er  bestimmt  daher,   ut  a  sepedicto 
riuo  Lubenz  usque  in  riuum  sepefatum  Welik  uullus  presumat 

—  officium  usurpare,  solo  hoc  dumtaxat  excepto,  quod  damp- 
nandi  ad  mortem  —  teneantur  nostris  iudicibus  —  presentari. 
Dieser  letzte  Satz  zeigt,  dass  Leopold  VI.  Inhaber  der  Graf- 
schaft zwischen  dem  Lobencicabache  und  dem  Wölkabache  war, 
aber  auch  Markgraf  Ottokar  muss  diese  Grafschaftsrechte  be- 
sessen haben,  nachdem  gesagt  wird,  dass  diese  Verhältnisse 
sich  seit  seiner  Zeit  unverändert  erhalten  haben.  C.  1145^^: 
in  provincia  Radelach  (am  Radelberg  östlich  von  Mährenberg) 

—  inter  Chemenaten  (?)  et  Frezen  (Fresen  an  der  Drau)  — 
tres  mansus  Sigfridus  de  Liubnowe  sibi  usurpavit  per  milites 
suos  G.  et  S.,  quos  nuncius  marchionis  O.  de  Styra  —  iussu 
domini  sui  expulit.  Der  Markgraf  hatte  also  in  dieser  Gegend 
Jurisdictionsrechte,    da  er   durch  seinen  Gerichtsboten  eine  ge- 


*•  US.  1.  434;  vgl.  1161  und  c.  1190  US.  1.  429,  708. 
"  1161,  1164  US.  1.  429,  449.  "  US.  2.  275. 

»  US.  1.  249. 


510 

richtliche  Ausweisung  vornehraen  Hess.  1165**^  stiftet  Markgraf 
Ottokar  V.  die  Karthause  Seitz  in  marchia  mee  dicionis**, 
deren  genaue  Lage  er  durch  die  Angabe  feststeUt:  est  pagus 
qui  uulgo  dicitur  Qoniwiz  (Gonobitz),  so  dass  also  auch  die 
Gegend  um  Seitz  und  Gonobitz  unter  der  markgräflichen  Ver- 
waltung Ottokars  stand. 

Felicetti  **  meint,  dass  diese  Grafschaft  ebenso  wie  Saunien 
keine  eigentliche  Markgrafschaft,  sondern  eine  gewöhnliche 
kämtnerische  Grafschaft  gewesen  sei,  deren  Grafen  ,vielleicht 
auch  die  Grenzhut  zu  besorgen  hatten^  Der  Grund  dieser 
Ansicht  ist  darin  zu  suchen,  dass  die  von  ihm  anerkannten 
Verwalter  der  beiden  Grafschaften  (Markgraf  Starchant  von 
Saunien  wird  von  ihm  als  solcher  verworfen)  nur  den  Grafen- 
titel ftihrten.  Nachdem  wir  jedoch  gesehen,  dass  in  der  ältesten 
Zeit  der  Grafentitel  für  die  Verwalter  der  Marken  häufig  vor- 
kommt, zerfilllt  dieses  Argument,  und  es  besteht  kein  Grund, 
warum  man  nicht  annehmen  sollte,  dass  diese  beiden  Graf- 
schaften ebenso  wie  die  übrigen  auf  dem  Mai'kboden  ein- 
gerichteten Grafschaften  organisirt  gewesen  sein  sollen. 

3.  Für  die  Bestimmung  der  Nordgrenze,  durch  welche 
die  Pettauer  Mark  von  der  oberen  Karantanermark  sich  schied, 
besitzt  man  wenig  Anhaltspunkte.  Die  südlichsten  Orte,  von 
welchen  wir  wissen,  dass  sie  in  der  oberen  Mark  lagen,  sind 
Udelsdorf  und  Gomelnitz.  Zur  Pettauer  Mark  gehörte  das 
Gebiet  südlich  vom  Radelberg,  in  den  windischen  Büheln  Pes- 
niza,  Dobrenga  und  Circuniz,  an  der  unteren  Mur  NobUtwitz 
und  Boratsowe.  Die  Grenze  lässt  sich  also  etwa  so  ziehen,  dass 
sie  über  das  Radelgebirge,  den  Posruck  und  die  windischen 
Büheln  die  Mur  südlich  von  Gomilnitz  etwa  bei  Spielfeld  er- 
reichte und  dann  längs  dieses  Flusses  hinzog. 

Für  die  Westgrenze  finden  wir  einen  Anhaltspunkt  darin, 
dass  das  Gebiet  von  Windischgrätz  und  Saldenhofen  noch  im 
14.  Jahrhunderte  zu  Kärnten  gerechnet  wurde.  Dafür  spricht 
eine  Urkunde  1323,   wonach  diese  Bezirke  zum  Archidiakonat 


*«  US.  1.  453. 

^^  Da  von  marchia  mee  dicionis  die  Rede  ist,  kann  unter  dicio  nicht 
Eigenthumsrecht,  sondern  nur  die  markgpräfliche  Gewalt  verstanden 
werden.     S.  auch  1207  US.  2.  134:  marchia  nostre  dicionis. 

»»  A.  a.  O.  9.  55,  60. 


511 

Kärnten  gehörten*'.  Nördlich  von  der  Drau  gehörte  die  Ge- 
gend vom  ßadelberge  noch  zur  Mark**.  Im  Süden  der  Drau 
bildete  nach  der  Urkunde  1222**  der  Wölkabach  die  Grenze. 
Noch  südlicher  finden  wir  einen  Anhaltspunkt  für  die  Aus- 
dehnung der  Mark  gegen  Westen  in  der  Urkunde  980  *^.  Die 
darin  genannten  Berge  Stenniz  und  Frezniz  kommen  noch 
heute  unter  den  Namen  Wresen  (Brezje)  und  Stenica  südlich 
von  Weitenstein  vor.  Der  mons  Doberich  soll  nach  Felicetti 
der  Dobrinitzaberg  östUch  von  Stemstein  sein*'.  Dies  ist 
jedoch  kaum  richtig.  Nach  der  Urkunde  erstreckt  sich  das 
geschenkte  Gut  von  der  Ostseite  des  Berges  Doberich  zum 
Berge  Stenniz;  femer  wird  gesagt,  es  gehöre  die  summitas  des 
Doberich  dazu.  Damach  muss  sich  der  Berg  Doberich  im 
Westen  des  Stenicaberges  befunden  haben,  denn  nur  unter 
dieser  Voraussetzung  konnte  er  dem  letzteren  seine  Ostseite 
zuwenden.  Ich  möchte  daher  dafür  halten,  dass  der  Berg 
Doberich  den  Gebirgsstock  bildet,  der  nördlich  vom  Bade  Neu- 
haus sich  ausbreitet  und  auf  welchem  sich  noch  heute  eine 
Oertlichkeit  Dobaricnik  findet.  Die  Namen  Doberich,  Stenniz 
und  Frezniz  begegnen  uns  auch  später  1130*®,  jedoch  nicht 
als  Berguamen,  sondern  als  Namen  von  Prädien  des  Bisthums 
Gurk.  Das  praedium  Doberich  wäre  dann  entweder  um  den 
Ort  Neuhaus  (slov.  Doberna)  oder  um  das  nördlich  davon  ge- 
legene Schloss  Gutenegg  zu  suchen. 

Für  die  Südgrenze  fehlt  es  nahezu  an  allen  Anhalts- 
punkten. WahrscheinUch  begann  dieselbe  nicht  weit  südlich 
vom  Doberich.  FeUcetti  *^  meint,  sie  sei  über  den  Schwagberg 
im  Bacher,  den  Wotsch  und  Donatiberg  gegangen.  Dass  die 
beiden  letzten  Berge  Grenzpunkte  gebildet  haben,  ist  möglich, 
dagegen  muss  die  Grenze  weit  südlich  vom  Schwagberge  ge- 
laufen sein,  da  das  Gebiet  von  Gonobitz  noch  zu  dieser  Mark 
gehört  hat. 


*»  Notiaenbl.  1868.  405,  Felicetti  a.  a.  O.  9.  58. 

**  Oben  bei  Note  19.     Nach  Felicetti  a.  a.  O.  9.  56  bildete  auch  am  linken 

Draunfer  ein  WOlkabach  die  Grenze,  ich  finde  jedoch  seine  Grttnde  nicht 

überzeugend. 
**  8.  oben  bei  Note  18.  »«  S.  oben  bei  Note  2  und  nach  Note  6. 

"  A.  a.  O.  10.  98.     Zahn    US.  1.  801    nennt   ihn    nur   Berg    Dobritsch   bei 

Weitenatein. 
*•  UK.  1.  85.  «•  A.  a.  O.  10.  106. 


512 

Auch  über  die  östliche  Ausdehnung  der  Mark  haben  wir 
keine  Angaben  aus  dem  10.  und  11.  Jahrhunderte,  sie  dürfte 
je^  nach  dem  Stande  des  Kampfes  mit  den  Ungarn  sehr  ge- 
wechselt haben.  Seit  dem  12.  Jahrhunderte  gehörten  die  Ge- 
biete um  Radkersburg  und  Luttenberg  bereits  zur  Mark,  wie 
aus  folgenden  urkundlichen  Angaben  zu  entnehmen  ist. 
C.  1130*^:  in  marcha  pitouiensi  —  Boratsowe  —  Noblitwitz; 
11748ij  Voran  erhält  sacerdotalia  jura  von  Salzburg  infra  ter- 
minos  cuiusdam  terre  que  dicitur  Lutun werde;  1222^':  St.  Paul 
überlässt  dem  Herzog  Leopold  7  Mausen  iuxta  Bakerspurch 
quos  comes  Sifridus  dedit  ecclesie  uestre  (St.  Paul),  proprie- 
tates  quoque  predii  uestri  iuxta  Lotenwerde  quas  nostri  (des 
Herzogs)  ministeriales  fevdali  tytulo  prius  a  uobis  et  uestris 
predecessoribus  possidebant.  1242  '^  H.  Friedrich  hat  als 
Lehen  von  Salzburg  insulam  —  quae  Lutenwerde  dicitur,  cum 
Castro. 

Das  Gebiet  von  Grosssonntag  wurde  erst  im  13.  Jahr- 
hunderte den  Ungarn  entrissen.  1222^:  Friedrich  von  Pettau 
widmet  dem   deutschen  Orden  proprietatem   suam  in  Dominico 

—  eo  tempore  cum  praedictam  terram  --  pater  noster  de 
manibus  Ungarorum  eripiens  —  sue  sujjjugauit  potestati.  Später 
finden  wir  denn  auch  die  ungarische  Grenze  in  dieser  Gegend 
beiläufig  dort,  wo  sie  heute  ist.  1322**  wird  der  Umfang  des 
Bezirkes  von  Pettau  bis  zur  ungarischen  Grenze  laufend  so 
angegeben,  dass  Polstrow  (Polsterau)  und  Holrmus  (Friedau, 
welches  auch  Ormus  heisst)  diesseits  der  Grenze  zu  liegen 
kommen. 

6.  Die  Mark  Saunien. 

§.8.  1.  An  die  Pettauer  Grafschaft  sich  anschliessend, 
finden  wir  im  Süden  derselben  den  comitatus  Sovuina,  Souna 
oder  Sounae;  980^:  in  comitatu  Rachvuini  comitis,  ac  inde  quo 
ad  usque  idem  comitatus  conuenit  ac  tangit  comitatum  — 
Sovuina.  1025*:  Willihelmo  comiti  —  in  comitatu  ipsius  — 
Souna  —  in  eiusdem  marchie  locis.     1028*:   Willihelmo  comiti 

—  in  pago   et   comitatu   Sounae   —   in   eodem   comitatv  —   in 


»•  US.  1.  143.  "  US.  1.  634.  "  US.  1.  276. 

w  RS.  281  n.  614.  »♦  US.  2.  292.  "  OeW.  6.  403. 

»  US.  1.  86.  «  US.  1.  62.  •  US.  1.  64. 


513 

einsdem  marcfaiae  locis.  Auch  werden  diese  Gegenden  als 
pagos  Seuna  oder  Sounae^  bezeichnet,  wobei  pagus  in  dem 
oben  festgestellten  Sinne  zu  nehmen  ist.  Später  hören  wir  von 
Harkgrafen  de  Soune^,  c.  1130  findet  sich  eine  Ortsbezeich- 
nnng  in  Sounio^  und  seit  c.  1170^  in  zahlreichen  Urkunden 
fbr  diese  Gegenden  der  Ausdruck  Saunia,  wobei  jedoch  nicht 
behauptet  werden  kann,  dass  die  Ausdehnung  von  Saunia  mit 
der  des  anfängUchen  Comitates  zusammenfallt. 

In  einigen  wenigen  Urkunden  findet  man  auch  ,marchia 
Ungarie  oder  Ungarica^  1161®  schreibt  ein  kaiserlicher  Notar 
von  seiner  Reise:  pertransiens  Earinthiam,  Carniolam,  Istriam, 
doas  marchias,  aUas  partes  Sclaveniae  usque  in  Vngariam 
praedicans  mandatum  expeditionis  —  Inimicis  etiam  imperii, 
pseudocardinalibus  per  marchias  Vngarie  irequenter  transeun- 
tibus  insidias  etcaptionem  ordinavi.  1162 — 1164®  schreibt  der 
Patriarch  Ulrich  von  Aquileja:  terminum,  quem  sibi  (einen 
Gkafen  E.)  in  Marchia  Hungariae  locaveramus.  1177^®:  villas 
in  marchia  ungarica  juxta  Gurch  fiuvium  sitas  —  Drasizdorf 
—  Globochdorf.  1186":  in  marchia  Vngarie  Pilstain.  —  Drasiz- 
dorf und  Globochdorf  sind  Dratschdorf  und  Globoko  an  der 
Gurk  im  Westen  des  Ortes  Ober-Gurk,  diese  Orte  lagen  also 
in  der  Mark  Krain^  und  zwar  in  dem  Theile,  welcher  später 
zur  windischen  Mark  gerechnet  wurde.  Allerdings  erstreckte 
sich  die  Mark  Souna  auch  über  das  rechte  Saveufer^  da  aber 
schon  Lipnak  im  Nordosten  dieser  beiden  Orte  zur  Creina- 
marca  gehörte,  könne  Drasizdorf  und  Globochdorf  auch  im 
11.  Jahrhunderte  nicht 'in  der  Mark  Sauuien  gelegen  sein. 
Pilstein  ist  das  im  Westen  der  Sottla,  nördlich  von  Drachen- 
burg befindUche  Peilenstein,  das  somit  zweifellos  zur  Mark 
Soona  zu  rechnen  ist.  Damit  ist  festgestellt,  dass  es  zwei 
Marken  gab,  welche  als  ungarische  Marken  bezeichnet  wurden, 
wie  denn  auch  der  kaiserUche  Notar  im  Schreiben  vom  Jahre 
1161  zuerst  duas  marchias,  welche  er  bereist  habe,  erwähnt, 
und  dann,  offenbar  dieselben  Oertlichkeiten  meinend,  mittheilt, 
dass  er  in  den  ,marchias  Ungarie'  die  Pseudocardinäle  habe 
gefangen  setzen  lassen.     Auch  kann  nicht  bezweifelt  werden. 


•  1016,  1028  US.  1.  46,  64.  »  1103,  1144  US.  1.  110,  112,  230. 

•  US.  1.  147.  »  Zuerst  1173  US.  1.  621.  •  UK.  1.  148. 

•  UK.  1.  149.  »«  UK.  1.  160.  "  US.  1.  650. 


514 

dass  in  all'  diesen  Urkunden  marchia  im  Sinne  von  Markgraf- 
schaft und  nicht  in  der  Bedeutung  ,Grenze^  zu  nehmen  ist 
Drasizdorf,  Globochdorf  und  Peilenstain  lagen  nicht  an  der  ungari- 
schen Grenze,  und  im  Schreiben  des  Notars  zeigt  die  Anein- 
anderreihung von  Kärnten,  Krain,  Istrien  und  den  zwei  Marken, 
dass  auch  unter  den  letzteren  Ländergebiete  zu  verstehen  sind. 
Endlich  ist  auch  nicht  anzunehmen,  dass  der  Patriarch  den 
Grafen  E.  ,an  die  ungarische  Grenze^  habe  vorladen  lassen. 

Marchia  Ungarie  oder  Ungarica  ist  also  ein  Ausdruck, 
welcher  auch  die  Mark  Souna  bezeichnete. 

Dagegen  ist  die  Annahme  ungerechtfertigt^  dass  diese 
Mark  marchia  iuxta  Souvam  hiess^*.  In  den  Worten  der  Ur- 
kunde 895^^  ,in  marchia  iuxta  Sowam  tres  regales  mansos 
quod  Richenburch  dicitur,  et  aUud  predium  ultra  fluuium  So- 
wam Gurcheuelt'  ist,  worauf  schon  oben  hingewiesen  wurde**, 
die  Benennung  des  Flusses  nicht  mit  marchia  in  Verbindung 
zu  bringen,  sondern  sie  hat  nur  zur  genaueren  Bestimmung 
der  Ortslage  in  der  Mark  zu  dienen.  Die  Stelle  sagt  nur, 
dass  in  der  Mark  3  Mausen,  Reichenburg  genannt,  an  der 
Save  und  das  Gut  Gurkfeld  jenseits  der  Save  geschenkt 
wurden  ^^. 

Dass  die  Grafschaft  Souna  eine  Markgrafschaft  war,  wird 
ausdriickHch  gesagt,  980  und  1025  bei  Noten  2  und  3,  und 
ergibt  sich  auch  daraus,  dass  Orte  in  derselben  als  in  marchia 
gelegen  bezeichnet  werden.  Die  Verwalter  der  Grafschaft 
ftlhren  in  späterer  Zeit  den  Titel  marchio.  FeKcetti**^  hält 
allerdings  Seuna  flir  eine  gewöhnliche  Grafschaft,  welche  im 
Grenzgebiete  gelegen  war,  nur  dieses  bedeute  marchia  in  der 
Anwendung  auf  dieses  Gebiet  und  nicht  eine  eigentliche  Mark- 
grafschaft. Die  Begründung  dieser  Ansicht  mit  dem  Grafen- 
titel Wilhelms,  des  ersten  uns  bekannten  Verwalters  der  Mark, 
hält  jedoch  aus  dem  bekannten  Grunde  nicht  Stich,  weil  in  der 
älteren  Zeit  auch  die  Verwalter  anderer  Marken  diesen  Titel 
führen.     Wenn  aber  Felicetti  hervorhebt,  dass  in  späterer  Zeit 


12  So  Muchar  Gesch.  Steierm.  2.  276,  Ankerehofen  Gesch.  Kärntens  2.  823, 
Tangl  Mitth.  10.  8,  12. 

^  US.  1,  15.  "  S.  oben  §.  6  bei  Note  106. 

1^  Vgl.  auch  Urkunde  1043  US.  1.  61 :  predium  quod  apud  Sowam  in  Richen- 
burch habebat. 

"  A.  a.  O.  9.  55. 


515 

der  markgi*äflicfae  Titel  hier  nur  einmal  1103^'  vorkomme,  daher 
ihm  diese  Titulatur  verdächtig  erscheint,  so  irrt  er,  denn  mar- 
chio  de  Soune  findet  sich  sowohl  in  einer  zweiten  Urkunde 
gleichen  Datums,  als  auch  noch  1144^®. 

2.  Als  Verwalter  dieser  Mark  wird  uns  ein  Wilhelm  ge- 
nannt; 980**:  K.  Otto  IL  schenkt  ein  Gut  in  comitatu  Rach- 
vuini  coniitis  ac  inde  quo  ad  usque  idem  comitatus  conuenit 
ac  tangit  comitatum  qui  dicitur  Sovuine  dem  Grafen  Vuilli- 
helmus.  1016*^:  Heinrich  11.  schenkt  Willihelmo  comiti  pre- 
dium  in  pago  Seuna  in  comitatu  suo.  1025**  schenkt  K.  Kon- 
rad II.  Willihelmo  comiti  Güter  in  comitatu  ipsius  qui  dicitur 
Souna  und  bestätigt  1028  **  die  zwei  letzten  Schenkungen.  Da 
es  nicht  wahrscheinlich  ist,  dass  eine  und  dieselbe  Persönlich- 
keit eine  Grafschaft  durch  48  Jahre  verwaltet  habe,  nimmt 
man  allgemein  mit  Recht  an,  dass  der  Graf  Wilhelm  der  Ur- 
kunde 980  der  Vater  des  in  den  übrigen  Urkunden  vorkom- 
menden Grafen  Wilhelm  war.  Ob  nun  schon  dieser  Vater  die 
Mark  Seuna  verwaltet  habe*^,  ist  zweifelhaft,  nachdem  es  auf- 
fallend ist,  dass  980  der  comitatus  Sovuina  erwähnt  wird  ohne 
die  Angabe,  dass  er  die  Grafschaft  des  in  der  Urkunde  Be- 
schenkten sei,  und  da  der  Grafentitel  Wilhelms  auch  von  einer 
anderen  Grafschaft  herrühren  kann. 

Der  zweite  Graf  Wilhelm  starb  1036  eines  gewaltsamen 
Todes**,  Erbin  seiner  Allode  war  seine  Mutter  Hemma,  die 
Stifterin  von  Gurk.  Da  nun  bei  Uebergabe  ihrer  Güter  an 
Gurk  ein  Graf  Aschuuinus  als  ihr  advocatus  intervenirt  **,  nahm 
man  wohl  kaum  mit  zureichendem  Grunde  an,  dass  derselbe 
auch  die  Mark  Saunia  verwaltet  habe.  Dagegen  mag  aller- 
dings der  Starchant  marchio,   welcher  in   einer  Salzburger  Ur- 


"  US.  1. 112. 

'*  US.  1.  HO,  230.  —  MitFelicetti  einverstanden  ist  übrigens  Wahnschaffe 
a.  a.  O.  43  Note  131,  dagegen  nehmen  eine  besondere  Mark  Soune  an 
Hirsch  Heinrich  U.  1.  161  und  Waiz  VG.  7.  72  Note  6. 

*»  US.  1.  36.  "  US.  1.  44.  «  US.  1.  62.  "  US.  1.  54. 

**  Ankershofen  Gesch.  Kärntens  2.  823. 

**  Muchar  Gesch.  Steierm.  4.  295  schaltet  hier  einige  Markgrafen  aus  dem 
Hause  Weimar-Orlamünde  ein,  indem  er  den  Krainer  Markgrafen  Poppo 
(t  1070)  *  irrthümlicher  Weise  nach  Saunien  versetzt  und  ihm  einen 
Sohn  Poppo  Starchand  andichtet;  letzterer  wird  dann  von  ihm  mit  dem 
historischen  Markgrafen  Starchand  von  Soune  identificirt. 

»  1045  RK.  n.  118. 


516 

künde  1072*^  vorkommt,  den  markgräfiiehen  Titel  von  dieser 
Mark  gefülni;  haben.  Er  war  wahrscheinlich  der  Vater  des 
1103  vorkommenden  Starchant  marchio  de  Soune*'.  Wie  lange 
dieser  letzte  die  Mark  verwaltete,  wissen  wir  nicht,  er  wurde 
durch  Herzog  Heinrich  von  Kärnten  aus  dem  Hause  Sponheim 
und  dessen  Bruder  Graf  Bernhard  bekämpft  und  seiner  Allode 
beraubt,  vielleicht  auch  ganz  aus  der  Mark  vertrieben.  Im 
Jahre  1141  lebte  er  nicht  mehr;  Urkunde  1141  '®:  marchio  star- 
chant et  frater  ejus  Werigant  et  subsequens  huius  filia  —  nos 
pulsauerunt  prediumque  Cezt  (bei  Bohitsch)  —  suum  esse 
dixerunt.  Aus  dieser  Urkunde  geht  auch  hervor,  dass  er  einen 
Bruder  hinterliess,  der  nicht  Markgraf  wurde.  Wir  finden 
dann  einen  Gunterus  de  Hohenwarte  als  marchio  de  Soune  in 
in  den  Jahren  c.  1140,  1144  und  c.  11Ö0'^  Er  war  Sohn 
eines  Piligrimus,  von  welchem  ohne  Grund  angenommen  wurde, 
dass  er  vor  oder  neben  seinem  Sohne  die  Mark  besessen 
habe  »«. 

Markgraf  Gunter  starb  vor  1444  in  Regensbui^'*. 

Nach  ihm  soll  Graf  Bernhard  von  Kärnten  und  dann 
dessen  Erbe  Markgraf  Ottokar  VII.  die  Mark  Saunien  erhalten 
haben'*.  Dafili*  spricht  nur  eine  Stelle  Enenkels":  Der  Graue 
Pemhart  von  Marchpurg  der  dinget  dem  Marchgrauen  Otachern 
von  Öteyr  daz  haus  zu  Marchpurch  —  Er  dingt  im  Tiuer 
(Tüffer)  vnd  Sitich  das  Chlostcr  vnd  Geirowe  (Geirach),  aus 
welcher  jedoch  nichts  Anderes  hervorgeht,  als  dass  Graf  Bern- 
hard gewisse  Güter  (TUffer  und  Geirach)  in  Saunien  besass 
und  auf  Ottokar  vererbte,   von  der  Grafschaft   selbst  ist  dabei 


**  Eichhorn  Beitr.  1.  194.    Wohl  derselbe  Starchant,  Von  dem  1097  in 

A.  Salisb.  MO.  11.  67  die  Rede  ist. 
"  US.  1.  110,  112.  »  US.  1.  214. 

**  US.  1.  200,  230,  232,  296;    Ann.  Adm.  1137  MO.  9.  677  nennen  ihn  mar- 

chio  de  Cylie. 
*^  So  Machar  Gesch.  Steierm.  4.  406  und  Tangl  Mitth.  Steierm.  10.  10.    Dm- 

^gen  besonders  die  Urkunde,  in  welcher  er  neben  seinem  Sohne  genannt 

und   wohl    diesem,   nicht   aber   ihm   selbst   der  Titel    marchio  gegeben 

wird:  1444  US.  1.  230,  232. 
*^  1144  US.  1.  232:  marchio  Gunthems  de  Hohenwarte  —  Ratispone  egr»- 

taret    —  Homines  eins  mortuum  enm  per  Danubium  ad  Anesum  trmn»* 

tulerunt    S.  aber  ihn  bes.  Tangl  a.  a.  O.  9  f. 
*'  Machar  Gesch.  Steierm.  4.  406,  Tangl  a.  a.  O.  10. 
"  Bauch  Scr.  1.  244. 


517 

keine  Rede.  Ebensowenig  beweist  die  Angabe  des  rationarium 
Stiriae^  dass  dem  Herzog  von  Steiermark  officium  in  Tyver 
und  Judicium  in  Sachsenvelde  gebührt  hat^*,  den  Besitz  dieser 
Mark  von  Seite  des  Herzogs,  da  das  officium  auch  zur  Ver- 
waltung von  AUodialgütern  gedient  haben  kann,  das  iudicium 
aber  kein  indicium  provinciale,  sondern  ein  niederes  Gericht 
war.  Letzteres  geht  daraus  hervor,  dass  das  rationarium  genau 
zwischen  Judicium  provinciale  und  Judicium  unterscheidet. 
Zum  Beispiel:  iudicium  intra  muros  oppidi  Graetzen  et  iudicium 
provinciale  vltra  Muram;  officium  in  fvrstenvelde  cum  iudicio 
—  et  duobus  iudiciis  provincialibus  supra  Rabam  et  circa 
furstenvelde;  Ratgei'spvrch  cum  iudiciis  fori  et  provincie;  March- 
purch  cum  judicio  provinciali  —  item  Judicium  eiusdem  oppidi 
etc.  ^^  Damit  stimmt  denn  auch,  dass  wir  keinen  einzigen 
Verwaltungsact  kennen,  den  die  Traungauer  oder  ihre  Nach- 
folger die  Babenberger^  in  der  Mark  Souna  vorgenommen  hätten. 

3.  Die  Grenzen  dieser  M^rk  lassen  sich  nur  ganz  im 
Allgemeinen  bestimmen.  Im  Norden  fUllt  die  Grenze  mit  der 
bereits  besprochenen   Südgrenze   der  Mark  Pettau   zusammen. 

Betreffs  der  Ostgrenze  wissen  wir,  dass  Peilenstein  zur 
Mark  gehörte,  imd  dass  sie  sich  zur  Sottla  hin  erstreckte. 
Dieser  Fluss  dürfte  daher  ebenso  wie  heute  die  Grenze  gegen 
Ungarn  gebildet  haben. 

Im  Westen  wurde  der  Grenzzug  ebenso  wie  heute  durch 
die  Sannthaler  Alpen  gebildet,  nur  dürfte  das  heute  zu  Krain 
gerechnete  Möttnig  in  diese  Mark  gehört  haben,  weil  es  später 
dem  Archidiakonate  Saunien  unterstände^. 

Im  Süden  gehört  auch  ein  Gebiet  am  rechten  Saveufer 
zwischen  der  Neiring  und  der  Gurk  in  unbekannter  Ausdehnung 
zu  dieser  Mark.  1016  *':  inter  —  Zotle  et  Nirine  in  pago  Seuna 
in  comitatu  suo  (Willihelmi);  ebenso  1028'®. 

Ob  und  welche  Veränderungen  später  eintraten,  wissen 
wir  nicht.  Keinenfalls  verschmolz  Saunien  mit  der  späteren 
marchia  Winidorum*^;  1265*®:  Marchie  et  Carniolae  ac  Saunie 
archidiaconatibus.  Auffallend  ist  es  aber,  dass  später  Oertlich- 
keiten  zum  Archidiakonate  Saunien  gerechnet  wurden,   welche 


»*  Rauch  Scr.  2.  116.  »  Rauch  Scr.  2.  114,  116.  ^  UK.  2.  68. 

"  Ü8.  1.  46.  "  US.  1.  64. 

••  Annahme  Tangls  a.  a.  0. 12.  *«  ÜK.  2.  263. 


518 

in  der  Mark  Pettau  lagen,  wie  Gonobitz,  Studcnitz,  Pulsgau 
und  Sleunz^^  Anderseits  finden  sieh  in  dem  Verzeichnisse 
der  zu  diesem  Archidiakonate  gehörigen  Kii^chen  keine  am 
rechten  Saveufer  gelegenen. 

6.  Die  Mark  Kraln. 

§.  9.  Ueber  die  Zeit,  wann  die  Markenverfassung  in  Krain 
eingeführt  wurde,  fehlt  es  an  Angaben.  Es  kann  sein,  dass 
die  Ungarn  in  diesen  Gegenden  erst  später  zurückgedrängt 
wurden  und  die  Markeinrichtung  sich  dadurch  verzögerte. 
Wahrscheinlich  ist  aber  die  gleichzeitige  Begründung  sämmt- 
licher  Marken  an  der  Grenze  gegen  Ungarn.  Die  erste  Nach- 
richt von  dem  Bestehen  einer  Mark  in  Krain  aus  dem  Jahre 
973  ist  ja  doch  nahezu  gleichzeitig  mit  der  ersten  Erwähnung 
von  Markgrafen  in  der  Ostmark  (972)  und  in  der  oberen 
Karantanermark  (970).  . 

Die  meisten  Schriftsteller  nehmen  an,  dass  das  Land  Krain 
schon  im  10.  Jahrhunderte,  also  gleich  bei  der  ersten  Einrich- 
tung der  Marken  in  mehrere  (zwei  oder  gar  drei)  Verwaltimgs- 
bezirke  getheilt  worden  sei,  und  es  hat  sich  diese  Ansicht  trotz 
der  Gegenbemerkungen  Hubers*  bis  in  die  neueste  Zeit  er- 
halten; noch  der  als  Sammler  verdienstvolle  Schumi*  in  seiner 
ebenso  heftigen  als  werthlosen  Polemik  gegen  Huber,  und 
Mell^,  der  letzte  Schriftsteller,  welcher  sich  über  die  Frage 
ausgesprochen  hat,  nehmen  für  das  10.  Jahrhundert  eine  Graf- 
schaft Krain  und  eine  davon  verschiedene  Mark  Krain  an. 
Wir  wollen  diese  verschiedenen  Ansichten  vorläufig  ausser 
Acht  lassen  und  die  Verhältnisse  so  zur  Darstellung  bringen, 
wie  sie  sich  aus  der  Betrachtung  der  Urkunden  ergeben,  daran 
erst  die  Besprechung  der  bisherigen  Literatur  knüpfend,  so 
weit  dies  nöthig  erscheint. 

1.  Von  der  Schlacht  am  Lechfelde  bis  zur  Ver- 
leihung der  Mark  Krain  an  Aquileja  (955 — 1077). 


"  Notizenbl.  1868.  403. 

^  Mitth.  d.  Inst.  f.  österr.  Geschichtsf.  6.  391.  S.  auch  dessen  Oesterr.  Reichs- 
geschichte 10  Note  3. 
«  Schumi  A.  2.  2l9f 
'  Historische  und  territoriale  Entwicklung  Krains  (1888)  40 f. 


619 

a)  In  diesem  Zeiträume  wird  das  Land  Erain  Camiola^ 
Creina,  Creina  marcha  oder  marchia  Creina  genannt^.  Dass 
die  Ausdrücke  Camiola  und  Creina  marcha  gleichbedeutend 
sind,  ergibt  sich  aus  973^:  in  comitatu  Poponis  comitis  quod 
Camiola  uocatur  et  quod  uulgo  Creina  marcha  appellatur.  Die 
Vergleichung  dieser  Urkunde  mit  einer  anderen  Urkunde  aus 
demselben  Jahre  973^  zeigt,  dass  dasselbe  Land  auch  mit 
Creina  bezeichnet  wird,  denn  in  dieser  zweiten  Urkunde  wird 
gesagt,  das  Gebiet  von  Bischoflaak  liege  in  regione  vulgari 
Yocabulo  Chreine  et  in  marcha  et  in  comitatu  Paponis  comitis, 
und  dies  ist  dasselbe  Gebiet,  welches  nach  der  ersten  Urkunde 
zu  Camiola  oder  Creina  marcha  gehört.  Da  femer  Veldes 
nach  Urkunde  1011^  in  pago  Creina  in  comitatu  Odalrici  und 
nach  Urkunde  1040®  in  marchia  Creina  in  comitatu  Eberhardi 
marchionis  gelegen  ist,  so  zeigt  sich,  dass  auch  die  vierte  Be- 
nennung ,marchia  Creina'  nichts  Anderes  bedeutet.  Aus  der 
Mehrheit  der  Namen  lässt  sich  demnach  kein  Anhaltspunkt 
ftlr  eine  Mehrheit  der  Verwaltungsbezirke  in  Krain  entnehmen. 

b)  Verwalter  von  Erain  kennen  wir  in  dieser  Periode 
ftnf:  1.  Popo,  973*5  2.  Waltilo;  989^^:  in  regione  uulgari  uoca- 
bulo  Chreine  et  in  marcha  ducis  Heinrici  et  in  comitatu  Wal- 
tilonis  comitis;  1002^^:  in  regione  Camiola  et  in  comitatu 
Vualtilonis  comitis;  1004^^:  Ueldes  situm  in  pago  Creina  nomi- 
nato  in  comitatu  Uuatilonis.  3.  Udalrich  L;  1011^':  castellum 
Veldes  —  in  pago  Creina  in  comitatu  Odalrici.  4.  Eberhard; 
1040  ^*:  Circheniza  —  in  marchia  Creina  in  comitatu  Eberardi 
marchionis;  1040^^:  a  fluuio  —  Vistrizza  usque  ad  curtem  — 
Ueldes  —  in  Marchia  Creina  in  comitatu  Eberhardi  marchionis; 
1040^*:  ebenso.  5.  Udahichü.;  1058^':  in  marcha  Kraina  et 
in  comitatu  Odelrici  marchionis;  1062^^:  in  pago  Creine  in 
Marcha  ad  eundem  pagum  pertinente  in  comitatu  Vodalrici 
marchionis;  1063^*:  in  marchia  Odalrici  marchionis. 


*  lieber   den  Ursprung  des  Namens    vorzugsweise   Diemitz  Gesch.  Krains 
1.  144  und  Meli  a.  a.  O.  9f. 

»  UK.  1.  11.  «  UK.  1.  12.  »  ÜK.  1.  24.  »  UK.  1. 36. 

•  8.  oben  bei  Noten  5  und  6.  "  UK.  1.  14.  "  UK.  1.  22. 
"  ÜK.  1.  28.            "  UK.  1.  24. 

"  ÜK.  1.34.  »»  UK.  1.36. 

»  ÜK.  1.  86.  "  Schumi  A.  1.  6. 

"  ÜK.  1.  61.  »  ÜK.  1.  62. 

▲z«kiT.  Bd.  LXXIU.  IL  Hilft«.  34 


520 

Aus  diesen  Urkunden  entnehmen  wir,  dass  Popo  und 
Waltilo  dieselbe  Grafschaft  besassen,  da  nach  den  Urkunden 
973  und  989  dasselbe  Gebiet  von  Bischoflaak  in  der  Graf- 
schaft dieser  beiden  Grafen  lag.  Alle  begrenzen  das  Gebiet 
nahezu  in  denselben  Worten:  Est  —  in  ipso  comitatu  riuulus 
paruus  —  Sabniza  (Safniz),  ab  exitu  illius  ubi  oritur  —  uersus 
usque  ad  Zelsah  (Selzach)  —  trans  Zouriza  (Seizacher  Zeier) 
usque  ad  montem  Lubnic  (Lubnik)  —  usque  ad  maiorem  am- 
nem  Zoura  (Pöllander  Zeier)  sind  die  wichtigsten  Grenzangaben, 
welche  ziemlich  gleichlautend  vorkommen.  Waltilo,  Udalrichl. 
und  Eberhard  sind  aber  auch  die  Grafen,  in  deren  Grafschaft 
Veldes  liegt,  Urkunden  1004,  1011  und  1040«»,  und  da  in 
Eberhards  Grafschaft  nicht  nur  Veldes,  sondern  auch  Zirknitz 
sich  findet«^,  so  gehörte  wohl  auch  das  dazwischen  liegende 
Gebiet  von  Bischoflaak  zu  seiner  Grafischaft.  In  der  Ghraf- 
schaft  Ulrichs  11.  liegen  einerseits  montes  —  Staeinberch  et 
Otales«*  (Ottalesch,  heutzutage  im  Görzischen,  nordwestlich 
von  Idria),  anderseits  die  Gegenden  um  Obergurk;  1(^**: 
Herzogenbach  (Ponobreg  oder  Ponova  vas,  westlich  von  Weixel- 
burg)  und  1062**:  in  superiori  riuus  qui  dicitur  Gurca  sicut 
predium  Rvodperti  usque  in  riuum  Bitsa  vocatum  (Biezepotok 
westlich  von  Weixelburg)  finit,  und  uilla  Lonsa  (Laase).  Es 
muss  also  das  dazwischenliegende  Gebiet  dazu  gehört  haben, 
welches  früher  zu  Eberhards  Grafschaft  gerechnet  wurde.  Da- 
mit ist  festgestellt,  dass  auch  Ulrich  II.  dasselbe  Gebiet  ver- 
waltete, wie  die  übrigen  Grafen. 

Aus  all  dem  ergibt  sich,  dass  die  genannten  Grafen  und 
Markgrafen  dem  gesanmiten  Eo'ain  vorstanden,  soweit  dasselbe 
zum  deutschen  Reiche  gehörte.  Davon,  dass  der  Eine  oder  der 
Andere  nur  einen  Theil  des  Landes  verwaltet  hätte,  findet  sich 
keine  Spur.  Freilich  bleibt  es  dabei  ungewiss,  wie  weit  sich 
die  Mark  Krain  nach  Stlden  und  Westen  erstreckte,  wir  er- 
fahren nur,  dass  der  Berg  Ottalesch,  Zirkniz,  Ober-Gurk  und 
Lipnak  in  Krain  lagen,  dass  es  sich  also  mindestens  bis  über 
diese  Oertlichkeiten  erstreckt  haben  muss. 

c)  Dafür,  dass  Eo'ain  schon  in  dieser  Periode  eine  Mark 
gebildet  hat,   spricht   der  Titel  marchio,   welchen  die  späteren 


•0  Noten  12,  13,  15.  "  Bei  Note  14.  «  1068  Note  19. 

»  Note  17.  •*  Note  18. 


521 

Verwalter  flihren,  dann  auch  die  Benennung  Krains  als  Creina 
marcha  und  marchia  Creina^  noch  mehr  die  Bezeichnung  der 
Lage  von  OertUchkeiten  in  Eo'ain  mit  marchia  ohne  Zusatz, 
973,  1062,  1063  «^ 

Krain  bildete  aber  zugleich  auch  eine  Grafschaft.  S.  Urk. 
bei  Noten  5,  6,  11—18. 

Eine  Scheidung  zwischen  Mark  und  Grafschaft  ist  auch 
hier  nicht  zulässig;  es  bestanden  in  Krain  vielmehr  dieselben 
Verhältnisse  wie  in  den  übrigen  Marken,  alle  Theile  Krains 
gehörten  gleichzeitig  zur  Mark  und  zu  der  darin  eingerichteten 
Grafschaft*«. 

Wahnschaffe*',  Huber*®  und  Meli*®  vertreten  die  Ansicht, 
Krain  habe  ursprünglich  nur  eine  Grafschaft  gebildet  und  marcha 
bedeute  in  der  Anwendung  auf  Krain  Grenzland;  erst  unter 
Eberhard  sei  Krain  zur  Mark  erhoben  worden.  lEine  solche 
Gh'afschaft  ohne  Markeinrichtung  im  Grenzlande  findet  sich 
jedoch  nirgends,  und  auch  der  Titel  comes,  welchen  die  beiden 
ersten  uns  bekannten  Verwaltungsbeamten  Krains  ftihren  und 
auf  welchen  sich  Huber  und  Meli  berufen,  spricht,  wie  wir 
wissen,  nicht  flir  ihre  Ansicht.  Sagt  Meli*®  doch  selbst,  dass 
in  der  Ostmark  comes  nur  ein  wechselnder  Ausdruck  flir  mar- 
chio  gewesen  sei,  und  wenn  er  meint,  dass  dies  flir  Krain  nicht 
angenommen  werden  könne,  weil  Popo  und  Waltilo  nur  als 
,come8^  bezeichnet  wurden,  so  ist  dies  doch  nicht  ausschlag- 
gebend. Der  Eppensteiner  Adalbero  z.  B.  erscheint  nur  in  einer 
einzigen  Urkunde  (1000)  als  marchio  und  fiihrt  sonst  regel- 
mässig den  Titel  comes.  Nehmen  wir  nun  an,  diese  eine  Ur- 
kunde wäre  nicht  auf  uns  gekommen,  würde  es  gerechtfertigt 
sein,  aus  dem  Comes-Titel  Adalberos  in  den  übrigen  Urkunden 
zu  schliessen,  dass  die  obere  Karantanermark  keine  eigentliche 
Mark  gewesen  sei  und  dass  der  Name  Mark  flir  sie  nur  in  der 
Bedeutung  von  Grenzland  genommen  werden  könne? 

Wenn  Meli  hervorhebt,  dass  Krain  989  eine  Mark  des  Her- 
zogs Heinrich  genannt  wird,  so  zeigt  dies  nur.  dass  Krain  nicht 
unter  einem  vom  Herzoge  unabhängigen  Grafen  stand.  Dieses 
Argument  würde  nur  dann  von  Belang  sein,  wenn  ausgemacht 


Noten  6,  18,  19.  ««  Huber  a.  a.  O.  391.  "  A.  f.  Kärnten  14.  44. 

A.  a.  O.  390.    So  auch  in  seiner  Oesterr.  Reichsgesch.  10. 
A.a.O.  11.  ««A.a.O.    Note  24. 

34* 


522 

wäre^  dass  die  Markgrafen  im  Gegensatze  zu  den  Grafen  von 
den  Herzogen  unabhängig  gewesen  sind.  Man  mag  darüber  fär 
die  spätere  Zeit  was  immer  für  eine  Ansicht  haben^  für  die 
ältere  Zeit  kann  dies  gewiss  nicht  angenommen  werden,  da  ja 
in  anderen  Marken,  wie  wir  gesehen  haben,  wiederholt  eine 
und  dieselbe  Person  abwechselnd  die  Titel  comes  und  marchio 
führte  und  damit  feststeht,  dass  diese  Titel  damals  als  gleich- 
werthig  betrachtet  wurden  und  keine  Verschiedenheit  in  der 
Stellung  begründeten  *^ 

d)  Mit  diesen  Anschauungen  in  Widerspruch  sind  die 
Schriftsteller,  welche  eine  Mehrheit  von  Verwaltungsbezirken  in 
Krain  annehmen.  Hieher  gehören  Richter,  theilweise  auch 
Hitzinger  und  von  den  Neueren  Schumi  und  Meli. 

Richter"  unterscheidet  drei  Verwaltungsgebiete  in  Krain: 
Oberkrain,  Unterkrain,  welches  er  als  windische  Mark  Erains 
erklärt,  dann  Mittelkrain  mit  Möttling  und  Tschemembl,  das  er 
die  windische  Mark  Istriens  nennt.  Er  gründet  seine  Ansicht 
auf  eine  missverstandene  Stelle  in  Fröhlichs  Arch.,  und  es 
mag  vorläufig  nur  bemerkt  werden,  dass  eine  windische  Mark 
Istriens  nirgends  vorkommt,  dieses  Verwaltungsgebiet  also  ein 
reines  Phantasiegebilde  dieses  Schriftstellers  ist.  Hitzingers** 
Meinung  geht  dahin,  dass  Oberkrain  einen,  Unterkrain  mit 
Saunien  zusammen  einen  zweiten  Verwaltungsbezirk  gebildet 
habe.  Er  kommt  der  Wahrheit  nur  insofern  näher,  als  er  aus 
Krain  und  Saunien  zusammen  zwei  Verwaltungsgebiete  bildet, 
doch  ist  die  von  ihm  behauptete  Ausdehnung  der  Mark  Saunien 
bis  Zirknitz,  den  Krainer  Schneeberg  und  die  Kulpa  ohne  alle 
Begründung.  Aus  den  uns  vorliegenden  Nachrichten  wissen  wir 
nur,   dass  Saunien  am  rechten  Saveufer  sich   über  ein  Gebiet 


'V  Für  die  hier  vertretene  Ansicht  Büdinger  Oesterr.  Oesch.  1.  268,  Wutx 
y.  G.  7.  72,  Riessler  Gresch.  Baiems  1.  356.  Eine  besondere  Ansicht  ye^ 
tritt  Schumi  A.  1.  100,  114.  Nach  ihm  war  Popo  Markgraf,  weil  973  ron 
seiner  marchia  die  Rede  ist,  Waltilo  hingegen  nnr  Graf,  weil  989  der 
Ausdruck  marchia  ducis  Heinrici  Torkommt,  dem  Herzoge  also  die  Greni- 
vertheidigung  überlassen  gewesen  sein  müsse.  Es  ist  aber  aus  diesem 
letzten  Ausdruck  nichts  Anderes  zu  entnehmen,  als  daas  die  Mark  Krain 
eine  dem  Herzoge  von  Kärnten  unterworfene  Mark  war. 

"  Hormayer  Arch.  1819.  223. 

^  Mitth.  f.  Krain  1856.  34.  Ihm  folgt  Diemitz  Gesch.  Krains  1.  145,  viel- 
leicht auch  Krones  Umrisse  des  Geschichtslebens  41  und  150,  Note  50  d. 


523 

zwischen  Neiring  und  Gurk  erstreckte ;  sehr  gross  kann  dieses 
Gebiet  jedoch  nicht  gewesen  sein,  da  Lipnak  schon  in  der 
Mark  Elrain  lag.  Eine  weitere  Ausdehnung  wäre  somit  nur  am 
rechten  Gurkufer  möglich  gewesen,  ist  aber  ausgeschlossen 
durch  andere  Nachrichten,  nach  welchen  Landstrass  damals 
noch  zu  Ungarn  gehörte**;  auch  das  Gebiet  von  Möttling  und 
Tschemembl  bildete  noch  lange  keinen  Bestandtheil  von  Krain'*. 
Ueberdies  unterscheiden  spätere  Urkunden  Saunien  von  der 
Mark  und  Erain;  1265'^:  in  marchie  et  Camiolae  ac  Saunie 
archidiaconatibus. 

Richters  Ansicht  wurde  von  Schumi*'  aufgenommen.  Er 
meint,  dass  Ober-  und  Unterkrain  zusammen  marchia  Creina 
oder  Creina  genannt  worden  seien,  Unterkrain  allein  sei  die 
marchia  Greine  oder  marchia  schlechtweg,  Oberkrain  der  comi- 
tatus  Greine  gewesen.  Seine  Ausführungen  beruhen  auf  der 
besprochenen  unzidässigen  Unterscheidung  zwischen  marchia 
und  comitatus  und  hauptsächlich  auf  dem  Genitiv  Greine.  Dieser 
Genitiv  findet  sich  jedoch  noch  gar  nicht  in  den  Urkunden 
dieses  Zeitraumes,  sondern  erst  im  nächsten,  und  wir  behalten 
uns  vor,  zu  zeigen,  dass  aus  denselben  ein  Argument  ftlr  die 
Zweitheilung  nicht  gezogen  werden  könne.  Auch  in  der  Ur- 
kunde 1062*®  liegt  kein  Beweis  fiir  Schumi.  Er  schliesst  daraus, 
dass  es  neben  dem  pagus  Greine  noch  eine  Mark  gegeben  haben 
müsse,  welche  zu  diesem  pagus  gehörte,  während  Mell*^  sich 
vorsichtiger  dahin  ausdrückt,  dass  aus  den  Worten  ad  eundem 
pagum  pertinente  allein  sich  noch  nicht  mit  Sicherheit  auf  eine 
Theilung  zwischen  pagus  und  marchia  schliessen  lasse,  wenn 
dies  gleich  der  Fall  gewesen  sei.  Schumi  und  Meli  übersetzen 
die  betreffende  Stelle  mit:  ,Mark,  welche  zu  dem  Gaue  ge- 
hörte'; pertinere  heisst  aber  zunächst  ,auf  etwas  Bezug  nehmen', 
,etwa8  betreffen',  die  Stelle  redet  also  nur  von  der  Mark,  welche 
sich  auf  Krain  bezieht,   d.  h.  welche  von  Krain   gebildet  wird. 

Auf  einen  weiteren  Grund  Richters  für  die  Zweitheilung 
sind  Schumi  und  Meli  nicht  mehr  eingegangen,  nämUch  auf 
den,  welcher  aus  einer  Urkunde  989*®  hergeleitet  wurde.  Es 
heisst  darin,  dass  das  in  comitatu  Waltilonis  gelegene  und  Frei- 


•*  Schumi  A.  1.  63.  »  8.  unten  bei  Note  106.  »•  UK  2.  263. 

•*  A.  1.  61,  97;  2.  219.  »•  Oben  bei  Note  18.  »•  a.  a.  O.  29. 

*•  UK.  1.  15. 


524 

sing  geschenkte  Gebiet  von  Bischofslaak  an  die  proprietas 
Vuernhardi  comitis  grenze ;  daraus  folgt  aber  nur,  dass  das  Ge- 
biet an  ein  Allod  eines  Gi'afen  Vuemhard  grenzte,  und  nicht, 
dass  dieser  Graf  —  wahrscheinlich  ein  Graf  Istriens*^  —  auch 
seine  Grafschaft  in  der  Nähe  gehabt  haben  müsse. 

2.  Erain  seit  der  Erwerbung  durch  Aquileja  (1077). 

Markgraf  Udalrich  starb  1070**  mit  Hinterlassung  unmün- 
diger Kinder.  Was  nach  seinem  Tode  mit  der  Mark  geschah, 
wissen  wir  nicht.  In  Urkunde  1073*'  schenkt  K.  Heinrich  IV. 
dem  Bisthume  Brixen  einen  Wildbann  in  Krain,  ohne  den 
Namen  eines  Markgrafen  fUr  den  Bezirk  zu  nennen,  und  dies 
scheint  dafUr  zu  sprechen,  dass  Erain  nicht  sofort  vergabt 
wurde.  So  wird  es  auch  allgemein  angenommen;  nur  Wahn- 
schaffe** schwankt,  indem  er  die  Mark  für  unvergabt  erklärt, 
aber  doch  meint.  Markward  von  Eppenstein  habe  als  Vormund 
der  unmündigen  Söhne  Udalrichs  sie  in  Besitz  genommen.  In 
einem  EanzlerprotokoUe  enthaltenden  Codex  findet  sich  die 
Notiz**:  in  1070  —  Henricus  Romanorum  imperator  —  Gerardo 
patriarche  concessit  imperpetuum  Marchiam  Camiole  —  cum 
Omnibus  suis  iuribus  et  honoribus  uniuersis.  Diese  Aufschreibung 
ist  gewiss  ungenau,  da  Gerhard  erst  1122  den  Patriarchenstuhl 
bestieg,  und  so  dürfte  auch  die  Jahreszahl  irrig  1070  statt 
1077  lauten  sollen*^ 

Im  Jahre  1077  wurde  nämlich  die  Mark  Erain  allerdings 
von  Heinrich  IV.  an  das  Patriarchat  Aquileja  verliehen,  und 
zwar  mit  Worten,  welche  zeigen,  dass  dies  eine  erste  Verlei- 
hung war.  Die  betreffende  Urkunde  sagt*':  marchiam  Camiole 
de  nostra  regali  proprietate  et  potestate  in  proprietatem  et  po- 
testatem  s.  Aquilegensis  aecclesie  et  prenominati  eiusdem  sedis 


«^  Hitzinger  Mitth.  1856.  84  hält  diesen  Grafen  für  einen  in  Laibach  sess- 
haften  Pfalzgrafen  und  sieht  in  dem  Pfalzgrafen  Cuono,  welcher  die 
Urk.  1077  (UK.  1.  63)  bezeugt,  seinen  Nachfolger.  Die  Zogehdrigkeit 
Kunos  zu  Krain  ist  aber  durch  nichts  beglaubigt  und  Wemhard  wird 
nicht  Pfalzgraf,  sondern  einfach  Qraf  genannt. 

*'  Ann.  Saxo  1070,  MG.  6.  697:  Odalricus  marchio  Carentinorum  obiit. 

*»  ÜK.  1.  Ö9.  **  A.  a.  O.  59.  "  D.  40.  314. 

^  Schumis  (A.  1.  177)  Erklärung,  Aquileja  habe  1070  Krain  geschenkt  er- 
halten, jedoch  dessen  Besitz  nicht  erlangen  können,  wird  durch  die  Ver- 
leihungsurkunde  1077  widerlegt,  in  welcher  jede  Berufung  auf  «ne 
frühere  Schenkung  fehlt 

*'  UK.  1.  63. 


525 

patriarche  Sigehardi  suorumque  successorum  tradidimus  —  ea  — 
racione  ut  idem  Sigehardus  patriarcha  eandem  marchiam  pos- 
sideat,  obtineat  e^  omnigena  lege  et  quo  sibi'  placeat  iure 
utatur. 

Hier  taucht  abermals  die  Frage  auf,  ob  die  Verleihung 
sich  auf  ganz  Krain  oder  nur  auf  einen  Theil  desselben  bezog. 
Schumi  und  Meli  meinen,  nur  Unterkrain  sei  an  Aquileja  ver- 
geben worden. 

Mell^^  weißt  darauf  hin,  dass  die  Marken  meistens  mit 
rückwärts  liegenden  Comitaten  in  einer  Hand  vereinigt  waren, 
und  beruft  sich  auf  den  Traungau  und  das  Ennsthal  als  Bei- 
spiele, da  in  der  älteren  Zeit  der  erste  vom  Markgrafen  der 
Ostmark,  das  letzte  vom  Markgrafen  der  oberen  Karantaner- 
mark  verwaltet  wurde.  Daraus  folgt  aber  nicht,  dass  das  Gleiche 
in  Krain  vorgekommen  sein  müsse;  nach  den  Urkunden  bildete 
bis  1077  Krain  in  allen  seinen  Theilen  eine  einheitliche  Mark 
und  einen  Comitat.  Hätte  Aquileja  nur  einen  Theil  dieses  Ver- 
waltungsbezirkes erhalten  sollen,  so  würde  irgend  ein  beschrän- 
kender Zusatz  in  die  Verleihungsurkunde  1077  aufgenommen 
worden  sein. 

Schumis  Argument*^  ist,  wie  schon  erwähnt,  der  Genitiv 
in  der  Zusammenstellung  marchia  Camiole.  Er  beachtet  nicht, 
dass  in  der  damaligen  Zeit  die  Anwendung  des  Genitivs  für 
den  Namen  eines  Landes  ganz  allgemein  übUch  war,  wenn  eine 
dem  Titel  des  Landesherm  entsprechende  Bezeichnung  bei- 
gesetzt ist.  An  Beispielen  ist  kein  Mangel:  1186,  1245*®:  du- 
catus  Austrie  et  Stirie;  1192,  1203,  1217 **:  dueatus  Stirie; 
1215«^«:  marchia  Styrie;  1237**:  dueatus  Austrie  et  Styrie  et 
marchia  Camiole;  1247**:  dueatus  Austrie,  Stirie  atque  Car- 
niolae;  1261**:  in  Austrie  et  Stirie  ducatibus  ac  in  Marchia 
Camiolis.  Niemand  wird  zweifeln,  dass  es  neben  den  Herzog- 
thttmem  Oesterreich  und  Steier  nicht  noch  ein  besonderes 
Oesterreich  und  ein  besonderes  Steiermark  gegeben  habe,  eben- 
sowenig gab  es  neben  der  Mark  Krain  noch  ein  besonderes 
Krain.  Wollte  man  aber  vieDeicht  erwidern,  dass  diese  Bei- 
spiele aus  späterer  Zeit   und  nicht  geeignet  sind,   die  Latinität 


*•  A.  a.  O.  40.  *•  Bee.  A.  1.  51,  179  und  2.  226. 

«>  US.  1.  661;  2.  569.  "  US.  2.  18,  106,  228.  "  US.  2.  205. 

»•  US.  2.  456.  »*  Schumi  A.  1.  204.  »  UK.  2.  218. 


526 

des  11.  Jahrfaunderts  zu  UlustrireDy  so  sehen  wir  doch  ans  der 
Ver^eichung  der  Urkunde  1028^:  in  pago  et  comitatu  Sonnae 
und  der  Urkonde  1016*':  in  pago  Seuna  ujd  1025**:  in  comi- 
tatu —  qui  dicitur  Souna^  dass  sich  der  lateinische  Sprach- 
gebrauch des  11.  von  dem  des  13.  Jahrhunderts  in  diesem 
Punkte  nicht  unterschied. 

Ueberdies  kommt  marchia  Camiole  bei  Weitem  nicht  aus- 
schliesslich vor,  wir  finden  auch  1093**:  Marchiam  nomine  Car- 
niolam  und  1214^:  Marchiam  Camiolam  et  Istciamy  was  Schumi 
freilich  seiner  Hypothese  zuliebe  ganz  unberechtigterweise  in 
Camiole  und  in  Istrie  emendirt 

Am  gewichtigsten  spricht  die  schon  oben  vorgenommene 
VergleichuDg  der  einzelnen  Verleihungsurkunden  daftlr,  dass 
Aquileja  schon  1077  ganz  Krain  erhidten  habe,  und  zwar  kommt 
man  zu  diesem  Ergebnisse  selbst  dann,  wenn  man  der  oben 
befürworteten  Erklärung  des  Wortes  comitatus  nicht  beipflichtet, 
sondern  comitatus  im  Sinne  von  Gh'afschaftsbezirk  nimmt. 

Interessant  ist  es  zu  beobachten,  zu  welchem  Rechte  die 
Verleihungen  an  Aquileja  erfolgten.  1077  und  1093  wird  ohne 
allen  Zweifel  Eigenthum  übertragend^,  in  den  späteren  Urkunden 
heisst  es  nur  donamus  et  tradimus  oder  confirmamus,  und  zwar 
1210  libere  et  absolute  possidendam  und  1214  (und  1220)  in 
perpetuum  possidendam.  Die  eine  EigenthumstLbertragung  cha- 
rakterisirenden  Zusätze  der  Urkunde  1077:  ut  —  patriarcha 
marchiam  —  quo  sibi  placeat  iure  utatur,  oder  1093:  patriarcha 
ejusque  successores  liberam  potestatem  habeant  —  quidquid  illis 
ad  utilitatem  ecclesiae  placuerit  faciendi,  fehlen.  Ek  ist  diese 
Aenderung  in  der  Textirung  offenbar  eine  Folge  des  Wormser 
Concordates.  1230  heisst  es  auch  geradezu:  marcha  et  comitatu 
Histrie  et  Camiole,  quos  dictus  patriarcha  in  feudum  pro 
eadem  Aquilegensi  sede  ab  imperio  tenet. 

Daraus,  dass  ganz  Krain  an  Aquileja  kam,  erklärt  es  sich 
auch,  dass  kein  einziger  Vorsteher  des  angeblichen  Comitatus 
Krain  vorkommt.     Graf  Poppo  de  Creine,  dem  wir  1141"  be- 


M  UK.  1.  30.  »'  UK.  1.  27.  "  ÜK.  1.  28.  »•  UK.  1.  67. 

~  Schumi  A.  1.  166. 

•*  Irrthümlich   nimmt  Meli  a.  a.  O.  38  eine  —  vor  AbschlusB  des  Wormser 

Concordates  (1122)  unsulXssige  —  Belohnung  an. 
••  UK.  166. 


527 

gegnen,  kann  nicht  dafür  gelten  ^*^;  in  der  Mitte  des  12.  Jahr- 
hunderts nannte  sich  Graf  ein  Jeder^  welchem  in  einem  grösseren 
Gtttercomplexe  Gi*afschaftsrechte  zustanden,  dass  aber  die  Be- 
rechtigung Poppos  sich  nicht  auf  das  ganze  Land  Erain  oder 
Oberkrain  bezog,  zeigt  die  Benennung  de  Creine;  als  Graf 
Erains  müsste  sein  Titel  comes  Creine  gewesen  sein^. 

Aquilejas  Besitz  von  Krain  blieb  übrigens  nicht  unan- 
gefochten. Schon  die  späteren  Wiederverleihungen  zeigen,  wie 
oft  die  Mark  dem  Patriarchate  entfremdet  wurde  und  in  den 
Besitz  weltlicher  Fürsten  kam.  Auf  das  Detail  einzugehen,  ist 
hier  nicht  am  Platze;  es  genügt  der  Hinweis  auf  die  genauen 
Angaben  Mells  a.  a.  O.  46  fg. 

3.  Ein  Punkt  muss  noch  besonders  besprochen  werden. 
Seit  1077  kommt  die  Bezeichnung  marchia  Camiole  (oder  Car- 
niola)  nur  mehr  in  gewissen  Urkunden  vor,  nämlich  in  Eaiser- 
Urkunden,  in  einigen  päpstUchen  Urkunden,  dann  in  Urkunden, 
welche  der  Patriarch  von  Aquileja  ausstellt.  In  den  Eaiser- 
Urkunden  des  11.,  12.  und  13.  Jahrhunderts  findet  sich  diese 
Bezeichnungsweise  nahezu  ausnahmslos,  sowohl  in  Urkunden, 
welche  die  Rechte  Aquilejas  auf  Erain  sichern  sollen  (1077, 
1093,  1210,  1214,  1220,  12306*),  als  auch  in  Urkunden,  welche 
zu  Gunsten  des  deutschen  Ordens  ausgestellt  werden.  1237  ^^i 
in  ducatibus  Austrie  et  Styrie  et  marchia  Carniole  und  officia- 
libus  —  per  ducatus  Austrie  et  Styrie  nee  non  per  marchiam 
Camiole  constitutis.  In  einer  einzigen  Eaiserurkunde  dieser 
Zeit  wird  das  einfache  Camiola  gebraucht,  1249*',  in  der  Zu- 
sammenstellung: in  Stiria  et  Camiola. 

Auch  die  Papsturkunden  dieser  Zeit  bedienen  sich  regel- 
mässig des  Ausdruckes  marcha  Cameole  (1132*^)  oder  marchia 


"  Wie  Schumi  A.  1.  195  irrig  annimmt. 

^  Huber  a.  a.  O.  392,  Meli  a.  a.  O.  50. 

»  8.  oben  §.  2  bei  Noten  97,  101,  103,  104,  106  und  107. 

••  ÜK.  2.  67,  69. 

**  UK.  2.  129.  Ein  Verseben  ist  es  wobl,  wenn  Qraf  Otto  ▼.  Eberstein  als 
Statthalter  Kaiser  Friedrichs  IL  1247  (Schumi  A.  1.  204)  schreibt:  in  toto 
ducatu  Austrie,  Stirie  atque  Camiole.  Im  Entwürfe  der  Urkunde,  mit 
welcher  Kaiser  Friedrich  II.  Oesterreich  und  Steiermark  zum  Königreiche 
und  Krain  zum  Herzog^ume  erheben  wollte  (1246  Schumi  A.  1.  202),  ist 
Ton  provincia  Camiole  die  Rede,  wohl  um  mit  den  Ansprfichen  des  Patri- 
archats nicht  in  offenen  Conflict  zu  gerathen. 

••  Mitth.  f.  Krain  1856.  37. 


528 

Camiolis  (1261*');  nur  wenn  rein  kirchliche  Districte  vo^ 
kommen,  fehlt  die  Bezeichnung  marchia.  So  redet  der  Papst 
1261  ^^  Tom  Archidiakon  Marchie  et  Camiole  und  schreibt 
1265^^:  plebanis  et  vicariis  in  Marchie  et  Camiolae  ac  Saoniae 
archidiaconatibus  constitutis.  Endlich  spricht  Aquileja  selbst  in 
seinen  Urkunden  von  der  Mark  Krain,  so  1257^':  in  pardbus 
Marchie  Camiole  und  1264'*:  in  marchia  Camiole  (wobei  sich 
Patriarch  Gregor  Istriae  atque  Camiolae  marchio  nennt) ;  es  sei 
denn,  dass  es  sich  um  kirchliche  Districtseintheilungen  handelt, 
wie  1240'^:  plebanis  in  Camiola  constitutis.  Aber  es  kommt 
auch  c.  1265'^:  archidiacono  marchie  Camiole  und  anderseits 
1265'*:  vicedomino  —  patriarche  in  Carniola  vor. 

In  allen  übrigen  Urkunden,  insbesondere  in  solchen,  welche 
die  Bezeichnung  von  Ortslagen  enthalten,  findet  sich  der  Aus- 
druck marchia  Camiole  nicht  mehr,  es  ist  vielmehr  von  Car- 
niola allein  oder  von  Camiola  et  marchia  die  Rede,  wobei  der 
letzte  Ausdruck  auf  die  in  Unterkrain  gelegenen  Orte  Anwen- 
dung findet. 

Besonders  interessant  ist  in  dieser  Beziehung  der  Vertrag 
zwischen  Gregor,  Patriarchen  von  Aquileja,  und  Herzog  Ulrich 
von  Kärnten^  1261 '',  in  welchem  dort,  wo  von  den  Jurisdic- 
tionsrechten  des  Patriarchen  in  Erain  die  Rede  ist,  von  mar- 
chia Camiole,  dort,  wo  von  den  Gütern  der  Herzogin  Agnes 
(Gemahlin  Ulrichs)  in  Erain  die  Rede  ist,  von  Camiola  und 
Marchia  gesprochen  wird. 

Auch  sonst  findet  sich  die  Unterscheidung  von  marchia 
und  Camiola  1250  und  1257 '*j  wie  sich  aber  diese  beiden 
Landestheile  gegen  einander  abgrenzen,  lässt  sich  ftür  das  12. 
und  13.  Jahrhundert  kaum  bestimmen.  Man  kann  nur  sagen, 
dass  Moräutsch  (Moralsz),  Wartenberg  (Wartenberch),  Wittis 
(Vitis)  und  PüchKng  (Pvhelern)  am  Laibachflusse  die  östlichsten 
Orte  sind,  welche  in  Camiola,  und  Wolkenberg  (Wolchenberc), 
Globochdorf  (Globoko)  und  Dratschdorf  (Drasizdorf)  die  west- 
lichsten, welche  in  marchia  vorkommen'». 


••  UK.  2.  218.  '0  UK.  2.  236.  ^  UK.  2.  268. 

^'  D.  81.  194.    Du  ,etS  welches  der  Herausgeber  zwischen  ,Marcbie*  and 

,CamioIe^  einschaltet,  hat  eben  wegzufallen. 
»»  UK.  2.  260.  '*  UK.  2.  81.  '»  UK.  2.  279.  '•  UK.  2.  267. 

"  UK.  2.  228.  ^«  UK.  2.  188,  194. 

^  1146,  1177,  1191,  c.  1202,  UK.  1.  98,  139,  160;  2.  2. 


529 

Die  Gründe,  welche  diese  Verschiedenheit  in  der  Aus- 
drucksweise der  Urkunden  veranlasst  haben,  dürften  in  Fol- 
gendem zu  suchen  sein.  Auf  dem  Gebiete  von  Krain  erwarben 
weltliche  Fürsten  immer  grösseren  Grundbesitz,  mit  welchem 
nach  und  nach  auch  Grafenrechte  verbunden  wurden.  Dadurch 
wurden  die  Jurisdictionsrechte  des  Patriarchen,  als  Markgrafen 
Erains,  immer  mehr  eingeschränkt,  so  dass  für  das  gewöhn- 
Uche  Leben  die  Macht  des  Markgrafen  als  solchen  immer  mehr 
vor  der  der  besitzenden  Fürsten  zurücktrat  und  vielleicht  in 
späterer  Zeit  mehr  oder  weniger  zu  einer  nominellen  wurde. 
Am  meisten  mag  dies  durch  den  grossen  Besitzerwerb  der 
Babenberger  in  Erain  geschehen  sein,  der  den  Anlass  bot,  dass 
Friedrich  der  Streitbare  und  seine  Besitznachfolger  den  Titel 
dominus  Camiolae  annahm.  Aquileja  hielt  natürlicherweise  auf 
seine  markgräflichen  Rechte  und  auf  den  Titel  Markgraf  von 
Elrain,  im  gewöhnlichen  Leben  gaben  aber  die  thatsächlichen 
Besitz-  und  Machtsverhältnisse  den  Ausschlag,  man  sprach  nicht 
mehr  von  der  marchia  Camiole,  sondern  schlechtweg  von  Car- 
niola,  wobei  auch  die  Gewohnheit  entstand,  die  östlich  gelegenen 
Gegenden  als  marchia  ohne  Zusatz*®  zu  bezeichnen.  Hier  be- 
deutet also  marchia  nicht  mehr  Markgrafschaft,  sondern  nur 
Grenzgebiet. 

Es  wäre  irrig  Camiola  und  Marchia  in  diesem  Stadium 
der  Entwicklung  als  verschiedene  Verwaltungsbezirke  aufzu- 
fassen, erst  langsam  und  allmälig  ging  die  Scheidung  von  Car- 
niola  und  Marchia  auch  in  die  officielle  Sprechweise  über.  Dies 
zeigt  insbesondere  die  Art  und  Weise,  wie  die  besondere  Er- 
wähnung der  marchia  iiv  verschiedenen  Titulaturen,  so  den 
Titeln  des  dominus,  des  archidiaconus  und  des  decanus  Car- 
niolae  Eingang  fand.  Friedrich  der  Streitbare  nennt  sich  nur 
dominus  Camiolae®^,  ebenso  Ulrich  von  Kärnten  beinahe  aus- 
schliesshch**,  dessen  Gattin  Agnes  domina  Camiolae®*,  auch  in 


*^  Marchia  Vinidorum,  windische  Mark,  kommt  erst  am  Ende  des  13.  Jahr- 
hunderts vor. 

«  1231,  1233,  1240,  1242,  UK.  2.  66,  60,  83,  90;  1243  D.  2.  119;  1243 
RK.  1026. 

»•  1247,1262,  1263, 1266—1269,  UK.  2. 113,  153,  168,  161,  169,  170,  173,  176, 
178,  183,  186,  191,  192,  202,  208,  211,  216,  222,  223,  236,  288,  248,  260, 
261,  263,  260,  261,  271,  272,  273,  280,  284,  286,  292,  293,  296,  298,  299. 

«  1248,  1268,  UK.  2.  119,  202. 


530 

Angelegenheiten,  welche  die  sogenannte  marchia  betreffen^. 
Zum  ersten  Male  nennt  sich  Ulrich  1261  dominus  Camiolae  et 
marchiae^^y  und  auch  später  kommt  dies  mitunter  Tor^^ 

Der  Archidiakon  von  Krain  heisst  meist  archidiaconos 
Camiolae  et  marchiae^^,  aber  auch  archidiaconus  Camiolae^. 
Der  Decan  Berthold  wird  1221  und  1239  decanus  Camiole^^ 
dazwischen  1228^  decanus  Camiole  et  marchie  genannt. 

Man  sieht  also,  dass  ganz  übereinstimmend  in  diesen  Titu- 
laturen der  Zusatz  ,et  marchiae^  erst  nach  und  nach  Eingang 
fand,  und  dass  durch  einige  Zeit  diese  Titel  abwechselnd  bald 
mit,  bald  ohne  den  Zusatz  vorkommen.  Später  wurde  das  ,Car- 
niolae  et  marchiae'  ausnahmslos  angewendet.  Diese  Erscheinung 
lässt  sich  nur  damit  erklären,  dass  unter  ,Carniola  et  marchia' 
genau  dasselbe  zu  verstehen  ist,  was  man  früher  als  Camiola 
bezeichnete,  und  dass  die  Erwähnung  der  marchia  in  den  Titu- 
laturen deswegen  Aufnahme  fand,  um  den  Titel  mit  dem  all- 
gemeinen Sprachgebrauche  in  Einklang  zu  bringen. 

In  einigen  Urkunden  des  12.  Jahrhunderts  kommt  auch 
die  Bezeichnung  marchia  Ungarica  oder  marchia  Ungarie  für 
Orte  in  Krain  vor;  in  welchem  Sinne  dies  zu  nehmen,  wurde 
bereits  oben»^  auseinandergesetzt. 

Die  Entwicklung,  welche  diese  Verhältnisse  weiter  nahmen, 
und  das  Aufkommen  der  Bezeichnung  ,windische  Mark'  fkLilt 
in  die  zweite  Hälfte  des  13.  und  in  das  14.  Jahrhundert;  die 
Darstellung  all  dieses  überschreitet  daher  die  Grenzen  dieses 
Aufsatzes. 

4.  Die  Grenzen  der  Mark  Krain  lassen  sich  ftlr  diese 
Periode  nur  ganz  im  Allgemeinen  bestimmen. 

Der  nördUche  Grenzzug  wird  wohl  durch  die  natürliche 
Grenze  der  Karawanken  gebildet,  er  entspricht  der  heutigen 
Grenze.  Weiter  gegen  Osten  trat  aber  die  Nordgrenze  gegen 
die  heutige  zurück,  da  das  Land  zwischen  Neiring  und  Gurk 
bis  gegen  Lipnak  zur  Mark  Saunien  gehörte**. 


•*  So  Friedrich  der  Streitbare  1236  (UK.  2.  64)  und  Ulrich  1247   (Schumi 

A.  1.  11). 
•»  ÜK.  2.  220. 

••  1266—1268,  UK.  2.  270,  275,  282,  288,  289,  298. 

•^  1259,  1261,  1262,  1264,  1265,  UK.  2.  206,  235,  239,  241,  244,  257,  263,  276. 
••  1288, 1263  UK.  2.  79,  263.     ••  UK.  2.  32,  79.     ^  UK.  2.  43. 
*^  §.  7  bei  Note  8  f.     ^  S.  oben  §.  8  bei  Note  37. 


531 

Im  Westen  umgrenzt  das  Land  der  Gebirgsstock  des 
Tei^lou,  weiter  gegen  Süden  überschreitet  die  damalige  Grenze 
die  heutige,  da,  wie  wir  gesehen,  die  Gegend  um  den  Berg 
Ottalesch  zur  Mark  Krain  gehörte**.  Ob  Ober-Idria  zu  Ejrain 
zu  rechnen  ist,  bleibt  zweifelhaft.  Schumi**  und  Meli *^  nehmen 
es  an,  weil  Heinrich  Graf  von  Görz  1083**  der  Abtei  Kossazo 
contratam  de  Pletio  (Flitsch)  schenkte,  mit  dem  Beisatze,  dass 
dazu  auch  super  Tulminum:  Idria  imd  Livina  gehöre;  Livina  ist 
das  in  unmittelbarer  Nähe  von  Tolmein,  oberhalb  desselben,  ge- 
legene Lubinj,  und  so  wird  auch  das  Idria  der  Urkunde  nicht 
Ober-Idria  in  Krain,  sondern  Idria  bei  Baca  sein,  welches  un- 
weit Tolmein  am  Idriaflusse  gelegen  ist  Aus  dieser  Urkunde 
ist  demnach  fUr  die  Frage  der  Zugehörigkeit  von  Ober-Idria 
nichts  zu  entnehmen. 

Ebensowenig  nützt  uns  für  die  Entscheidung  dieser  Frage 
die  Angabe  des  Stockurbars  der  Hauptmannschaft  Tolmein  von 
1607  (?)*^  dass  die  Grenze  dieser  Hauptmannschaft  gegen  die 
krainerische  Herrschaft  Bischoflaak  durch  den  Bach  Cattauglia 
gebildet  werde.  Dieser  Bach  ist  offenbar  der  rivulus  Catabla, 
welcher  in  den  Urkunden  973  und  989**  als  Grenzpunkt  des 
Qutes  Bischoflaak  bezeichnet  wird  imd,  heute  Hotavlie  ge- 
nannt, bei  Hotaule  in  die  PöUander  Zeier  sich  ei^esst.  Ein 
Blick  auf  die  Karte  zeigt,  dass,  wenn  das  Tolmeinische  bis 
hieher  gereicht  hat,  der  Berg  Ottalesch  unmöglich  zu  Krain 
gehören  konnte,  es  müssen  also,  da  dessen  Lage  in  Krain  zur 
markgräflichen  Zeit  ausser  Zweifel  steht,  seither  Grenzverände- 
rungen hier  stattgehabt  haben,  welche  die  Grenzbeschreibung 
von  1607  für  unsere  Zwecke  unbrauchbar  machen.  Gewiss  ist 
nur,  dass  im  17.  Jahrhundert  Ober-Idria  noch  in  das  Görzer 
Gebiet  fiel,  von  dem  es  erst  1783  getrennt  und  zu  Krain  ge- 
schlagen wurde  ®®. 

Weiter  östlich  können  wir  ein  kleines  Stück  des  Grenz- 
zuges  genauer  bestimmen,  er  lief  von  Loitsch  nach  Zirknitz ; 
1265^^:  ab  eadem  ecclesia  (de  Cirqueniz)  tenduntur  dicti  ter- 
mini  (die  Visitationsgrenzen  der  Karthause  Freudenthal)  per 
terminos  qui  solebant  esse  inter  Patriarcham  Aquileie  et  ducem 


••  8.  oben  bei  Note  22.  •*  A.  1. 166.  •»  A.  a.  O.  127. 

»•  C«oemig  Gör«  486.  ^  Schumi  A.  1. 106.  ••  UK.  1.  18,  14. 

••  Caoernig  a.  a.  O.  621.  "»  Schumi  A.  1.  110. 


532 

Karinthie,  usque  in  Logach.  Damit  ist  auch  festgestellt^  dass 
die  Gebiete  von  Wippach  und  Planina  nicht  zu  Erain  gehörten, 
was  übrigens  auch  aus  anderen  Urkunden  sich  ergibt.  1001  ^•^ 
schenkt  Otto  III.  dem  Patriarchen  Ton  Aquileja  das  Land  inter 
Lisontium  (Isonzo),  Vipacum  et  Ortona  atque  juga  alpium  mit 
ausgedehnten  Jurisdictionsrechten,  daher  auch  1202^®*  Krain 
und  das  Gebiet  von  Wippach  auseinandergehalten  werden: 
quicquid  proprietatis  et  alodii  habet  in  Camiola  et  apud  Wipach. 
1217  ^<^»  verfiigt  Graf  Engelbert  von  Görz,  dass  das  Kloster 
Sittich  keinen  Zoll  zu  zahlen  habe  in  suo  foro  versus  comitatum 
Goritiensem,  ad  fluvium  cognomento  Vucze  (Unz).  Zirknitz 
selbst  gehörte  zur  Mark  Krain  ^^. 

Ganz  ungewiss  ist  die  Ost-  und  SUdostgrenze.  Es  scheint, 
dass  sie  sich  im  Laufe  der  Zeit  nach  und  nach  gegen  Ungarn 
ausgedehnt  hat,  ob  dies  aber  gerade  1074  geschehen  sei,  wie 
angenommen  wird^®*,  oder  später,  ist  wohl  nicht  eruirbar,  so 
lange  nicht  neue  Quellen  aufgefunden  werden.  Gewiss  ist  nur, 
dass  die  Districte  von  Sichelburg,  Möttling  und  Tschemembl 
1091  zur  Ausstattung  des  Erzbisthums  Agram  verwendet  wurden, 
da  diesem  Erzbisthume  in  diesen  Bezirken  später  gewisse  Metro- 
politanrechte zustanden  ^®^.  In  welcher  Weise  diese  Gebiete  an 
Krain  kamen,  ist  ebenfalls  ungewiss;  Einige  nehmen  an  durch 
Eroberung  *%  Andere  durch  Heiraten  der  Andechser  und  Spon- 
heimer^^. 

Der  District  von  Gottschee  endlich  scheint  in  seinen  süd- 
lichen Theilen  noch  lange  ganz  unbewohnt  und  uncultivirt  ge- 
wesen zu  sein,  so  dass  es  eine  bestimmte  Grenze  da  wohl  noch 
gar  nicht  gab.  1363  sagt  der  Patriarch  Ludwig  von  Aquileja  ^^: 
in  quibusdam  nemoribus  seu  siluis  infra  confines  curatae  eccle- 
siae  s.  Stephani  in  Reifihiz  (zwischen  Auersperg  und  Gottschee) 
—  quae  inhabitabiles  erant  et  incultae,  multae  hominum  habi- 
tationes  factae  sint.  Daher  fUr  diese  Bewohner  neue  Elirchen 
gebaut  wurden  in  Gotsche,  Pölan  (PöUand  südlich  von  Auers- 
pei^),  Costel,  Ossiwnitz  (Kostel  und  Ossiunitz  an  der  Kulpa) 
et  Goteniz  (Göttenitz  wesdich  von  Gottschee). 


»M  UK.  1.  17.  »<«  UK.  2.  6.  »«  UK.  2.  24. 

^^  S.  oben  bei  Note  14.  ^^  Von  Diemitz  Gesch.  Krains  1.  161. 

»«  Schumi  A.  1.  49.  »•»  Honnayr  Arch.  1821.  192. 

^<*  Schorni  A.  1.  58,  Meli  86.  ^^  Schumi  A.  1.  80. 


533 


7.  Die  Mark  Istrien. 


§.  10.  In  Istrien  gestalteten  sich  die  Verhältnisse  anders 
als  in  den  nördlicher  gelegenen  Marken.  Hier  wurden  die  karo- 
lingischen  Institutionen  durch  die  Ungamein&Ue  gänzUch  ver- 
nichtet^ oder  sie  blieben  doch  nur  in  Trümmern  bestehen,  so 
dass  im  10.  Jahrhundert  eine  vollkommene  Neuorganisation  der 
Marken  nöthig  wurde,  welche  kaum  noch  mit  den  älteren  Ein- 
richtungen zusammenhängt.  An  Istrien  hingegen  zogen  die 
Ungarn  bei  ihren  Einfällen  nach  Italien  wohl  wiederholt  vorüber, 
die  Halbinsel  selbst  scheinen  sie  jedoch  nur  selten  besucht  zu 
haben,  und  daher  kam  es,  dass  der  Verwaltungsorganismus  der 
KaroHngerzeit  hier  bestehen  blieb  und  die  Basis  der  späteren 
Einrichtungen  bildete;  es  ist  daher  noth wendig,  für  Istrien  von 
den  Einrichtungen  des  9.  Jahrhunderts  auszugehen. 

1.  Die  Zeit  bis  828.  Das  grosse  Gebiet  der  südöstlichen 
deutschen  Marken  imter  den  Karolingern  wurde  in  zwei  Herzog- 
thümer  oder  Markgrafschaften  getheilt,  welche  anfkngUch  dem 
Herzoge  Erich  von  FriaiJ  und  dem  Grafen  Gerold  unterstellt 
wurden.  Die  Verwalter  dieser  beiden  Marken  werden  als  ava- 
rici  limitis  custodes  oder  pannonici  limitis  praefecti  bezeichnet^. 

Für  die  Bestimmung  der  Grenze  zwischen  beiden  Ver- 
waltungsbezirken finden  wir  einen  Anhaltspunkt  in  Folgendem: 
Pannonien  bis  zur  Drau  war  von  König  Pipin  Salzburg  zuge- 
wiesen worden*.  Als  nun  der  Landbischof  Theodorich  daselbst 
eingeführt  werden  sollte,  war  es  Gerold  und  nicht  Erich,  der 
dies  vollführte:  ordinatus  est  Deodericus  episcopus  ab  Amone 
archiepiscopo  Juvavensium:  quem  ipse  Am  et  Geroldus  comes 
perducentes  in  Sclaviniam  —  commendantes  illi  episcopo  re- 
gionem  Carantanorum  et  confines  eorum  occidentaH  parte  Dravi 
fluminis,  usque  dum  Dravus  fluvius  fluit  in  amnem  Danubii*. 
In  Pannonien  bildete  also  die  Drau  die  Grenze,  für  die  west- 
lichen Gegenden  fehlt  es  an  directen  Nachrichten.  Da  aber 
anter  den  Karolingern  die  poUtischen  und  die  kirchUchen 
Grenzen  meist  zusammenfielen,  so  können  wir  annehmen,  dass 
auch  im  Westen  die  Grenze  durch  die  Drau  gebildet  wurde*, 

'»  Einh.  Ann.  826  MG.  1.  214.  "  Conv.  Bag.  MG.  11.  9. 

»  Cony.  Bag:.  MG.  11.  10. 

*  Chabert   Oesterr.  Rachtsgesch.    56    Note  6,    Ankershofen   Gesch.   Kärn- 
tens 2.  118. 


534 

da  dieser  Fluss  in  seinem  ganzen  Laufe  nach  einer  Verordnung 
Karl  des  Grossen  die  Sprengel  von  Aquileja  und  Salzburg  schied^ 
811^:  prouinciam  Karantanam  ita  inter  se  (Ursus  Aquilegiensis 
ecclesie  archiepiscopus)  dividere  jussit,  ut  Drauus  fluuius^  qui 
per  mediam  illam  prouinciam  currit,  terminus  ambarum  djoce- 
seon  esset.  Die  Ansicht  Büdingers*  und  Dümmlers',  wornacb 
ganz  Kärnten  zu  Erichs  Bezirk  gehörte,  ist  demnach  zurück- 
zuweisen. Dagegen  spricht  schon,  wie  Dümmler  auch  einsieht, 
die  geographische  Lage  der  Länder.  Es  wäre  zu  unzweck- 
mässig gewesen,  das  Hinterland  Kärnten  nördlich  von  der  Drau 
in  eine  andere  Hand  zu  geben  als  das  vorgelagerte  Pannonien. 
Dümmler  fllhrt  für  sich  allerdings  die  Worte  Einharts®  an:  in 
Carantanorum  regionem,  quae  ad  ipsius  (Baldrici)  curam  perti- 
nebat.  Allein  derselbe  Einhart  erzählt,  dass  die  Camiolenses, 
qui  circa  Savum  fluvium  habitant  et  pars  Carantanorum  sich 
Erich  ergaben*,  und  berichtet  später*®  von  einem  Gesandten, 
welcher  ad  Baldricum  et  Geroldum  —  in  Carantanorum  pro- 
vinciam  gesendet  wurde.  Wenn  man  diese  Nachrichten  im 
Zusammenhange  auffasst,  so  kann  man  die  erste  dieser  Stellen 
nur  dahin  verstehen,  dass  darin  von  einem  Theile  Karan- 
taniens,  d.  i.  von  dem  Theile,  welcher  Balderich  unterstand, 
die  Rede  ist. 

Die  südliche  Mark  wurde  zunächst  durch  Erich  verwaltet, 
nach  seinem  Tode  (799*0  folgte  ihm  Cadolaus*«  und  819  Bal- 
derich**, welcher  828  abgesetzt  wurde**. 

2.  Die  Zeit  von  828 — 952.  Nach  Balderichs  Absetzung 
wurde,  wie  die  Stelle  Note  14  sagt,  seine  Mark  unter  vier  Grafen 
vertheilt,  was  wohl  heisst,  dass  die  Mark  in  vier  Theile  getheilt 
und  jeder  Theil   einem  Grafen   übergeben  wurde,   der   keinem 


»  US.  1.  5.  •  Gesch.  Oeaterr.  1.  167. 

^  Marken  16,  Ostfränk.  Reich  1.  29.  <  Einh.  Ann.  819  MG.  1.  206. 

«  Einh.  Ann.  820  MG.  1.  207.  ^^  Einh.  Ann.  826  MG.  1.  214. 

"  Einh.  Ann.  799  MG.  1.  186. 
"  Einh.  Ann.  817  fg.  MG.  1.  203  fg.,  Danduli  Chron.  7.  15.  8 -bei  Muratori 

rer.  ital.  8cr.  12.  155. 
^  Einh.  Ann.  MG.  1.  206:  Cadolah  dux  forojolienBis,  febre  correptos,  in  ip«a 

marca  decessit    Cni  cum  Baldricas  esset  subrogatos. 
^*  Einh.  Ann.  828  MG.  1.  217:  Baldricus,  dux  Forojuliensis,  cum  propter  eins 

ignayiam    Bulgaronim    ezercitns  terminos   Pannoniae   snpeiioris  inpone 

vastasset,  honoribus  qaos  habebat  privatus,  et  marcha,  quam  sohl«  tenebat, 

inter  qoatuor  comites  diyisa  est. 


535 

Herzoge  oder  Markgrafen  untergeordnet  war.  Welches  diese 
vier  Grafschaften  waren,  lässt  sich  nicht  mit  voller  Sicherheit 
bestimmen.  Manche  Forscher  haben  diesen  Grafschaften  Ge- 
biete zugewiesen,  welche  gar  nicht  zu  Balderichs  Mark  ge- 
hörten. So  vor  Allem  Karantanien  nördlich  von  der  Drau, 
welches  von  dem  Verweser  der  nördlichen  Mark  verwaltet 
wurde;  dann  auch  das  Veroneser  Gebiet,  fUr  welches  sich  kein 
Anhaltspunkt  findet,  dass  es  zu  Balderichs  District  gehört 
hätte,  da  es  in  späterer  Zeit  wenigstens  gewiss  unter  einem 
eigenen  Markgrafen  stand.  Ebenso  sind  die  östlichen  Länder, 
welche  einst  bis  zur  Öetine  und  dem  Verbas  dem  Franken- 
reiche zugehört  hatten  ^^,  auszuscheiden,  das  Reich  der  Chor- 
vaten  in  Dalmatien  war  ebenso  wie  das  Land  zwischen  Drau 
und  Save,  letzteres  durch  Balderich,  verloren  gegangen  ^^  Das 
Gebiet,  welches  nach  Ausscheidung  dieser  Länder  übrig  bleibt, 
besteht  in  späterer  Zeit  aus  vier  Grafschafts-  oder  Markgebieten, 
und  es  dürfte  daher  die  Annahme  gestattet  sein,  dass  diese  vier 
Gebiete  im  grossen  Ganzen  durch  die  Zerschlagung  der  grossen 
Friauler  Mai:k  entstanden  sind.  Darnach  würden  die  vier  Graf- 
schaften Saunien,  Kärnten  südlich  von  der  Drau  mit  Krain, 
Istrien  und  das  eigentliche  Friaul  sein^''. 

Dafür,  dass  eine  dieser  Grafschaften  an  der  unteren  Drau 
und  Save  gelegen  war,  also  beiläufig  im  späteren  Saunien, 
spricht  das  Vorkommen  eines  Grafen  Salacho  in  diesen  Ge- 
genden c.  895^®;  auch  erfahren  wir,  dass  895  an  der  laiteren 
Save  eine  karolingische  Mark  bestand:-  in  marchia  iuxta  Souvam 
tres  regales  mansos  quos  Riechenburch  dicitur^^.  Ein  zweiter 
Theil  dürflie  Krain  und  das  kärntnerische  Gailthal  gewesen  sein, 
doch  fehlt  es  hieftir  an  Belegen. 

Die  späteren  Schicksale  dieser  beiden  Grafschaften  unter 
den  Karolingern  sind  uns  unbekannt,  auch  erfahren  wir  nicht, 
wann  und  auf  welche  Weise  sie  zu  Deutschland  gekommen  sind. 
Wahrscheinlich  waren  sie  in  Folge  der  UngarneinföUe  ziemUch 
verödet,  wurden  dann  von  Deutschland  aus  colonisirt  und  zählten 
darnach  ohne  staatsrechtlichen  Act  zum  deutschen  Reiche. 


**  Dümmler  Marken  17.  ^'  Dümmler  Marken  29. 

^'  So  auch  Chabert  a.  a.  O.  6S.    S.  über  diese  Frage   besonders  Chabert  57 

Note  15  und  Dttmmler  Marken  30. 
"  Conv.  Bag.  MG.  11.  12.  »  US.  1.  15. 

ArehiT.   Bd.  LXXXII.   II.  H&lft«.  35 


536 

Die  dritte  Grafschaft  dürfte  Istrien  gewesen  sein.  Es  bU- 
dete  schon  früher,  gleich  nachdem  Karl  der  Grosse  die  Halb- 
insel den  Griechen  abgenommen  hatte,  einen  besonderen  Bezirk 
mit  einem  von  Karl  dem  Grossen  ernannten  oder  bestätigten 
Herzog  Johannes,   welcher  später  (803 — 810)  abgesetzt  wurde. 

Der  vierte  Theil  endlich  bestand  in  der  Grafschaft  Friaul 
vom  Isonzo  bis  zur  Livenza.  Diese  Grafschaft,  welche  als 
comitatus  forojulianus  921  urkundlich  vorkommt,  bildete  das 
Kemland  des  Markherzogthums  Friaul,  mit  welchem  es  einerlei 
Namen  hatte,  darf  aber  damit  nicht  verwechselt  werden  *^ 

Schon  hier  müssen  wir  auf  einen  Unterschied  in  den  Ver- 
hältnissen Deutschlands  und  Italiens  aufmerksam  machen,  der 
für  die  späteren  Erörterungen  von  Wichtigkeit  ist.  Er  betrifft 
die  Stellung  der  Markgrafen.  In  Deutschland  bestehen  Herzog- 
thümer  und  die  Markgrafen  stehen,  wenigstens  in  den  fiüheren 
Jahrhunderten,  ebenso  wie  die  Grafen  unter  den  Herzogen,  ja 
auf  baierischem  Gebiete  hatten  die  Markgrafen  eine  nahezu 
gleiche  Stellung  mit  den  Grafen,  sie  waren  denselben  coordinirt 
und  unterschieden  sich  von  ihnen  nur  durch  die  Lage  ihrer 
Grafschaft  an  der  Reichsgrenze,  sowie  durch  eine  strammere 
Organisation  ihrer  Grafschaften.  Hier  schloss  also  allerdings, 
wie  Ficker  sagt**,  die  Markgrafschaft  die  Grafechaft  aus,  inso- 
fern nämlich,  als  jene  die  Grafschaft  selbst  bildete.  In  Italien 
hingegen  steht  der  Markgraf  im  Wesen  dem  Herzoge  gleich 
und  ist  dem  Grafen  übergeordnet.  Es  werden  daher  auch  die 
Ausdrücke  marchia  und  ducatus  anfUnglich  ftlr  dieselben  Gre- 
biete  gebraucht.  So  wird  einmal  von  der  marcha  des  Balderich 
gesprochen**,  ein  anderes  Mal  gesagt:  pulsus  est  ducatu*'.  Die 
Verwalter  dieser  Marken  flihren  übrigens  nicht  selten  den  Titel 
comes  oder  werden  abwechselnd  bald  marchio,  bald  comes  ge- 
nannt, so  z.  B.  Walfrid**.    Es  kommt  aber  nicht  vor,  dass  der 


'^  Rub.  465.  Aus  Dümmler  Ostfränk.  Reich  2.  14,  entnimmt  man,  dass  er 
allerdings  die  Qrafschaft  und  das  Herzogthnm  Friaul  nicht  g^enfigend 
auseinanderhält. 

*'  Forschungen  zur  Rechtsgesch.  Italiens  1.  7. 

"  Einh.  Ann.  828  MG.  1.  217.  «  Vita  Hludow.  MG.  2.  631. 

«*  Er  heisst  comes  876  (MG.  Leg.  1.  629),  880,  881  (Muratori  Ant.  It  1.  435, 
2,  931),  892  (Muratori  Ant.  It.  1.  937),  895  (Herrn.  Aug.  MG.  5.  110)  und 
marchio  888  (Muratori  Ant.  It.  6.  345),  890  (Tiraboschi  memoria  mude- 
nesi  1.  63)  und  896  (Ann.  Fuld.  MG.  1.  412). 


537 

Verwalter  einer  Grafschaft  marchio  genannt  wurde,  so  dass  wir 
aus  diesem  Titel  ebenso  wie  aus  dem  Titel  dux  schliessen  können, 
dass  der  Besitzer  einem  grösseren,  aus  mehreren  Grafschaften 
bestehenden  Bezirke  vorstand. 

Nach  Balderichs  Absetzung  fehlte  in  den  vier  Grafschaften 
die  höhere  Stufe  des  Markgrafen  oder  Herzogs.  Doch  scheint 
dies  flir  die  beiden  südhchen  Grafschaften  Friaul  und  Istrien 
nicht  lange  gedauert  zu  haben,  wir  finden  sie  bald  wieder  unter 
Markgrafen  vereint,  welche  später  auch  dem  Grafen  von  Ve- 
rona tibergeordnet  wurden.  Wir  erkennen  die  höhere  Stellung 
dieser  Markgrafen  an  ihrem  Titel  und  daran,  dass  ihr  Wirkungs- 
kreis sich  weiter  als  die  Grafschaft  Friaul  zwischen  Isonzo  und 
Livenza  gegen  Osten  und  Westen  erstreckte.  Der  erste  Mark- 
graf ist  hier  Eberhard,  der  Schwiegersohn  Ludwig  des  Frommen. 
Er  kommt  840  und  855  als  Graf  vor;  in  seinem  Bezirk  liegt 
sowohl  Istrien  als  Aquileja,  denn  c.  840**  bittet  der  Patriarch 
von  Aquileja  um  Zuweisung  von  Kirchen  in  Istrien  per  Eve- 
rardum  comitem,  und  855**  wendet  sich  der  Patriarch  in  einer 
andern  Angelegenheit  an  Kaiser  Lothar  ebenfalls  per  Evrardum 
comitem.  Seine  höhere  Stellung  entnehmen  wir  auch  aus  An- 
dreas Presbyter,  einem  Schriftsteller  des  9.  Jahrhunderts:  impe- 
rator  (Lothar)  Forojulianorum  Eberardum  principem  constituit*^. 
Er  starb  864  oder  866**  und  hatte  seinen  Sohn  Unruoch  zum 
Nachfolger*®,  nach  dessen  baldigem  Tode  sein  zweiter  Sohn 
Berengar  folgte,  der  888  die  Königskrone  von  Italien  erwarb. 
Später  finden  wir  Graf  Walfried  von  Verona,  der  zuerst  890 
marchio  genannt  wird*®,  also  schon  in  diesem  Jahre  ein  grös- 
seres Gebiet  als  die  Grafschaft  Verona  verwaltet  haben  muss 
und  der  seit  895  das  gesammte  Italien  östUch  vom  Mincio  und 
nördlich  vom  Po  verwaltete:  Peringariumque  perterritum  — 
Waltfi-edo  Maginfredoque  comitibus  ItaUam  eis  Padum  distri- 
buit  (Amolfus)'^.  Er  wird  denn  auch  Foro  Julii  marchensis 
genannt'*.  921  kommt  ein  Grimaldus  marchio  vor,  auf  dessen 
Bitte    Berengar    dem    Patriarchen    von  Aquileja    das    Schloss 


»  Rub.  436.  «•  Rub.  438.  >'  Rub.  427. 

^  Ann.  Alam.  864  MG.  1.  50,  Ann.  Xant.  866  MG.  2.  231. 

**  Rub.  429:  Eberardo  defnncto,   Unrochum  filinm  ejus  principatum  (Foro- 

joliensium)  sttBcepisse. 
••  Tiraboschi  memorie  modeneai  1.  63.  •*  Herrn.  Aug.  MG.  6.  110. 

«  Ann.  Fnld.  896  MG.  1.  412. 

36* 


638 

Putioli^  pertinens  et  adjacens  in  comitatu  forojuliano  schenkt''. 
Es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass  dieser  Grimoald  ein  Nachfolger 
Waltfrieds  war  und  also  auch  Istrien  verwaltete**.  Zwölf  Jahre 
später  finden  wir  einen  Uuintherius  marchio,  welcher  933'^  sammt 
den  Bischöfen  und  dem  Volke  von  Istrien  einen  Vertrag  mit 
Venedig  schliesst.  Er  tritt  in  dieser  Urkunde  als  Vorsteher 
Istriens  auf,  ohne  jedoch  Markgraf  Jstriens^  genannt  zu  werden, 
man  könnte  daher  in  ihm  einen  Friauler  Markgrafen  sehen,  zu 
dessen  Verwaltungsbezirk  Istrien  gehörte.  Allerdings  bezeichnet 
ihn  Dandolo'*  als  Vintherius  marchio  Istriae,  doch  ist  es  sehr 
fraglich,  ob  dieser  Ausdruck  flir  die  Annahme  gentigt,  dass 
Winther  Istrien  allein  als  Mark  verwaltet  habe.  Wir  finden  sonst 
in  dieser  Periode  keine  Spur  von  einer  Mark  Istrien,  und  sie 
wäre  auch  sehr  schwer  in  das  damalige  Verwaltungsgeflige 
unterzubringen.  Eher  Hesse  sich  annehmen,  dass  Dandolo  den 
Winther  als  marchio  Istriae  bezeichnet,  weil  dieser  venetianische 
Schriftsteller  ihn  als  den  obersten  Verwaltungsbeamten  in  Istrien 
vorfindet.  Vielleicht  ist  dies  ein  Seitensttkck  dazu,  dass  der 
Herzog  von  Kärnten  auch  nur  dux  Istriae  genannt  wurde*', 
obwohl  er  bei  Weitem  nicht  Istrien  allein  verwaltete. 

Wir  können  annehmen,  dass  unter  diesen  Friauler  Mark- 
grafen mehrere  Grafschaften  vereinigt  waren,  in  welchen  Grafen 
die  Jurisdiction  unter  der  Oberhoheit  des  Markgrafen  ausübten. 
Für  Istrien  finden  wir  eine  Spur  hievon.  Es  kommt  nämUch 
vor,  dass  im  Anfange  des  9.  Jahrhunderts  der  rhätische  Graf 
Hunfried  totam  Histriam  tenebat,  und  nach  ihm  erscheint  sein 
Sohn  Adalbert  in  Istrien**.  Chabert'®  bezweifelt  diese  Nach- 
richt, weil  anderen  Thatsachen  widersprechend,  sobald  man 
aber  in  Hunfried  einen  dem  Markgrafen  von  Friaul  unter- 
geordneten Grafen  Istriens  sieht,  hört  jeder  Widerspruch  auf. 
Die    Ernennung    eines    rhätischen    Grafen   ftir   Istrien   könnte 


»  Rub.  466. 

"^  Dümmler  Marken  31.  Gegen  dessen  Annahme  eines  Markgrafen  Odalrich 

in  Friaul  (a.  a.  O.),  s.  Grion  Arch.  stör.  Tr.  1.  338,  341. 
•»  UK.  1.  6. 

**  Dandali  Chron.  8.  11.  6  in  Muratori  rer.  itaL  Scr.  12.  202. 
'^  Wipo  MG.  1.  257:  duces  autem  —  contemporanei  hl  fuerant  —  Adalbero 

dux  Histriae. 
^  Translatio  sang.  Dom.  MG.  4.  448. 
'*  Oesterr.  Bechtsgesch .  67  Note  9. 


539 

übrigens  eine  Erklärung  des  immerhin  auffallenden  Umstandes 
geben,  dass  die  lex  Romana  Churrhätiens  auch  in  Istrien  vor- 
kommt**^. 

3.  Die  Zeit  von  952—1077.  Als  Otto  I.  das  Königreich 
Italien  an  Berengar  zurückgab,  trennte  er  davon  die  Mark 
Verona  und  Aquileja  imd  belehnte  damit  den  Herzog  von 
Baiem  (952**).  Die  Mark  blieb  nun  bis  976  mit  Baiem  ver- 
einigt. In  diesem  Jahre  wurde  aus  dem  von  Baiem  getrennten 
Kärnten  ein  neues  Herzogthum  gebildet  und  ihm  die  Veroneser 
Mark  zugeschlagen**. 

Zu  dieser  Veroneser  Mark  gehörte  auch  Friaul  und  Istrien; 
es  ergibt  sich  dies  sowohl  aus  der  geographischen  Lage  als 
auch  aus  späteren  Thatsachen*^.  Damit  wurde  also  im  grossen 
Ganzen  dasselbe  Gebiet  von  Italien  abgetrennt,  welches  wir 
bereits  als  Markherzogthum  Friaul  kennen  gelernt  haben. 

Für  die  Folgezeit  fehlt  es  nicht  an  Fällen,  in  welchen  der 
Herzog  von  Kärnten  in  Friaul  und  Istrien  die  herzogliche  Ge- 
walt ausübte.  In  Urkunde  1001**  wird  bezeugt,  dass,  als  publice 
iudicio  presideret  domnus  Hotto  dux  istius  marchiae  zu  Verona, 
eine  Schenkungsurkunde  über  ein  an  Grafen  Vuerihen  ge- 
schenktes halbes  Praedium  Silikano  (Salcano  bei  Görz)  et  Gorza 
(Görz)  gerichtlich  anerkannt  wurde.  Die  Kärntner  Herzoge 
erscheinen  auch  als  Intervenienten  bei  königlichen  Schenkungen 
in  Istrien;  976*^:  Otto  H.  bestätigt  dem  Patriarchen  von  Aqui- 
leja den  Besitz  von  Insula  (Isola)  in  Istrien:  Henricus  Karen- 
tanorum  dux  —  suggessit,  was  freilich  nicht  flir  sich  allein, 
sondern  nur  in  Verbindung  mit  den  übrigen  Thatsachen  auf 
eine  herzogliche  Thätigkeit  in  Istrien  hinweist.  Der  Herzog  von 
Kärnten  wird  daher  auch  Herzog  der  Veroneser  Mark  ge- 
nannt:   1001*^:  dux  istius  marchiae;    1013*'':  dum  —  in  comi- 


"  Bninner  RG.  1.  362. 

*'  Cont.  Regln.  MG.  1.  621:    Eodem    tarnen    anno  (952)  —  Berengarius  — 

Italiam  —  accepit  regendam.     Marca  tan  tum  Veronensis   et  Aquilejensis 

excipitiir,  qoae  Heinrico,  fratri  regis,  committitar. 
*^  Ueber  das  Jahr  der  Trennung  Kärntens  von  Baiem  Wabnscbaffe  a.  a.  O.  3 

Note  5. 
*•  Für  Istrien  findet  Hirsch  Heinrich  H.  1.  9  Note  1  einen  directen  Beweis 

in  den   Urkunden  von  977   (in  CDI.  976,  s.   unten  bei    Note  46)    und 

993  (UghelU  Italia  sacra  1.  746). 
**  UK.  1.  18.  «  CDI.  *•  8.  oben  bei  Note  44. 

*"*  Muratori  Antich.  Estensi  1  85. 


540 

tatu  Veronense  in  judicio  resideret  domno  Adalperio  dux  istius 
marchie  ad  —  justitias  faciendas;  1017*®:  Domnus  Adalpeyro 
dux  istius  (veronensis)  marchiae  et  Carentanorum;  auch  Herzog 
von  Kärnten  und  Istrien;  1035:  Adalbero  dux  Garen tani  et 
Istriae;  1036:  ducatum  in  Carentano  et  in  Histria*^,  dann  Adal- 
bero dux  Histrianorum  sive  Carintanorum**^  oder  gar  nur  Herzog 
von  Istrien;  1028^^:  duces  autem  —  contemporanei  hi  fuerunt 
—  Adalbero  de  Histria;  aber  auch^*  Charantae  totiusque  mar- 
chiae dux. 

Aus  diesen  Titulaturen  wurde  geschlossen^  dass  Istrien 
durch  den  Herzog  von  Kärnten  unmittelbar  verwaltet  wurde  ^'. 
Diese  Ansicht  widerlegt  sich  aber  dadurch,  dass  wir  in  Istrien 
ebenso  wie  in  den  übrigen  Theilen  der  Veroneser  Mark  Grafen 
kennen,  welche  unter  dem  Herzoge  walteten. 

Durch  die  Verfügung  Ottos  I.  wurde  die  Mark  Verona 
nicht  ein  Bestandtheil  des  Herzogthums  Kärnten,  sie  blieb  eine 
Mark  für  sich,  welche  von  dem  Herzoge  von  Baiem  und  später 
von  dem  Herzoge  von  Kärnten  verwaltet  wurde.  Darauf  wird 
auch  in  den  Nachrichten  über  spätere  Verleihungen  hingewiesen: 
Henricus  —  recepto  Bawariae  ducatu  obiit.  Cuius  filio  Heinrico 
pius  rex  ducatum  et  marcam  dedit^;  Guelfum,  —  qui  ducatum 
Carinthiorum  et  marcham  Veronensem  adquisivit^**.  Als  Ver- 
walter dieser  Mark  wird  der  Herzog  von  Kärnten  dux  mar- 
chiae genannt  und  damit  seine  Stellung  am  besten  charakte- 
riöirt.  Er  hatte  als  Markgraf  im  italienischen  Sinne  in  der  Mark 
die  gleiche  Gewalt,  welche  er  als  Herzog  in  Kärnten  hatte. 
Die  Mark  war  aber  auch  ebenso  wie  das  Herzogthum  in  Graf- 
schaften getheilt,  welche  dem  Herzoge  oder  Markgrafen  unter- 
geordnete Grafen  verwalteten. 

Solche  Grafen  finden  wir  in  allen  Theilen  der  Veroneser 
Mark.  In  der  Urkunde  1001^^  erscheinen  als  Beisitzer  des  Her- 
zogs Otto  mehrere  Grafen,  darunter  die  von  Vicenza  und  Pa- 
dua.  1027  ^"^  sitzt  Herzog  Konrad  zu  Gericht  in  veronense 
comitatu. 


«  A.  1849.  316.  *»  Herrn.  Aug.  MG.  5.  122,  124. 

w  Wipo  MG.  11.  267.  "  Wipo  MG.  11.  266. 

M  1116  Acta  79,  S.  73,  s.  Waitz  VG.  7.  72,  Note  6. 

»  Waitz  VG.  7.  72,  Huber  Gesch.  Oesterr.  l.  219. 

^  Cont.  Regin.  MG.  1.  623.  »  Hist.  Weif.  MG.  21.  461. 

^  S.  oben  Note  44.  »*  Rub.  600. 


541 

Friaul  bildete  ebenfalls  eine  Grafschaft  der  Veroneser 
Mark^  in  welcher  am  Anfange  des  11.  Jahrhunderts  ein  Graf 
Werihen  oder  Varientns  waltete;  1001^®:  Vuerihen  comes  comi- 
tatus  Forojulii;  1002^^:  Verihen  comes  comitatus  Forojulii; 
1028®*^:  in  pago  Forojulii  in  comitatu  Varienti  comitis.  Ein 
späterer  Graf  Friauls  dürfte  jener  Ludwig  gewesen  sein,  dessen 
beneficium  in  Friaul  sammt  der  Grafschaft  an  Aquileja  fiel. 
Im  Jahre  1077  ^^  schenkte  nämlich  Heinrich  IV.  dem  Patriarchen 
Sigehard  comitatum  Forojulii  et  villam  Lunzanigam^^  dictam 
omneque  beneficium  quod  Ludowicus  comes  habebat  in  eodem 
comitatu  situm  cum  omnibus  ad  regaliä  et  ad  ducatum  pertinen- 
tibus  —  in  proprium.  Damit  erhielt  Aquileja  diese  Grafschaft 
als  Eigenthum  unter  Exemtion  von  allen  herzoglichen  Rechten, 
denn  dahin  und  nicht  dahin,  dass  diese  Grafschaft  ein  eigenes 
Ducat  wurde,  sind  wohl  die  Worte  der  Urkunde  zu  ver- 
stehen ^'. 

Auch  Istrien  wird  als  Grafschaft  bezeichnet,  1012^:  civi- 
tates  in  comitatu  Hystriensi  sitas.  Von  den  Grafen  Istriens  aus 
dieser  Periode  dürfte  der  erste,  von  welchem  wir  erfahren,  ein 
Sygardus  comes  sein,  welcher  977^*  una  cum  cunctis  habitan- 
tibus  civitatis  Justinopolis  mit  dem  Dogen  von  Venedig  einen 
später  von  Otto  IL  bestätigten  Vertrag  schliesst.  Wenngleich 
dieser  Graf  hier  nur  an  der  Spitze  der  Bewohner  einer  Stadt 
erscheint,  lässt  sich  doch  annehmen,  dass  er  fiir  ganz  Istrien 
und  nicht  blos  flli*  JustinopoUs  bestellt  war;  neben  ihm  erscheint 
in  der  Urkunde  ein  locopositus  als  unmittelbarer  Stadtverwalter. 
Nach  ihm  hören  wir  von  einem  Grafen  Heribent  991^^:  rese- 
disset  Hueribent  Histriensium  comes  ad  colloquium  in  loco  — 
at  trajectum  S.  Andree  juxta  marc.  Es  ist  dies  wohl  derselbe 
Heribent  oder  Variandus,  welcher  später  von  1001  an  bis  1029 
als  Graf  von  Friaul  auftritt,  der  also,  da  wir  schon  vor  1012 
in  Istrien  andere  Grafen  finden,  die  Grafschaft  Friaul  statt  der 
Grafschaft  Istrien  erhalten  haben  muss.  In  einer  Bestätigungs- 
urkunde Heinrichs  H.  1012®',  betreflfend  die  Städte  in  comi- 
tatu Hystriensi  sitas  Penna  (Pedena)  und  Pisino,   werden  dem 

*»  S.  oben  Note  44.  »•  Rub.  491.  «>  Rub.  503.  "  UK.  1.  61. 

••  Lucenik,  zwischen  Cormons  und  Görz. 

*  Ficker  Forschungen  zur  Rechtsgeach.   Italiens    1.  269.   A.   M.   Czoernig 

G^rz  266  Note  2  und  Meli  a.  a.  O.  37  Note  2. 
•*  UK.  1.  25.  "  CDL  •«  CDI.  «'  ÜK.  1.  26. 


542 

Patriarchate  functiones  eingeräumt^  quas  liberi  homines  in  pre- 
dictis  civitatibus  habitantes  antea  tempore  Poponis  et  Sizonis 
comitum  tenuerunt.  Dies  waren  also  zwei  Istrianer  Grafen, 
welche,  sei  es  vor,  sei  es  nach  Heribent,  die  Grafschaft  ver- 
walteten. Bald  darauf  kommt  ein  comes  Vizelinus  1015^  und 
1027^^  vor,  von  dem  wir  aus  einer  späteren  Urkunde  1040'* 
erfahren,  dass  er  ein  Graf  Istriens  war". 

Wezelins  Tochter  Azika  war  die  Mutter  jenes  Ulrich'*, 
welchen  wir  schon  als  Markgraf  von  Erain  kennen  gelernt 
haben.  Er  wurde  auch  Markgraf  von  Istrien  und  kommt  als 
solcher  in  den  Jahren  1062 — 1067  urkundlich  vor;  1062^':  in 
marcha  histria  in  comitatu  Oudalrici  —  marchionis;  1062'*:  in 
marcha  histria  in  comitatu  marchionis  Odalrici;  1064'^:  in  pago 
Histria  —  in  comitatu  Odalrici  marchionis;  1064'®:  in  pago 
Histrie  —  in  comitatu  Odalrici  marchionis;  1066":  in  pago  et 
in  marchia  Hystriensi  Wuodalrici  marchionis;  1067'®:  in  pago 
Istria  in  marcha  Odalrici  marchionis'^.  Es  ist  auffallend^  dass, 
nachdem  es  bisher  nur  Grafen  Istriens  gegeben,  nunmehr  Udal- 
rich  den  Titel  Markgraf  führt.  Wahnschaffe's*®  Ansicht,  dieser 
Titel  beziehe  sich  nur  auf  Krain,  reicht  nicht  aus,  da  in  den 
Urkunden,  in  welchen  Udalrich  vorkommt,  auch  das  Land 
Istrien  mitunter  als  marchia  bezeichnet  wird.  Die  Erklärung 
dürfte  vielmehr  in  Folgendem  liegen:  Durch  die  nun  schon 
ein   Jahrhundert    dauernde   Verbindung    Istriens    mit   KUmten 


"  Ughelli  Italia  sacra  10.  312.  «»  Rub.  501. 

'®  UK.  1.  38:  Azcia  —  patre  Wecelino  et  Wilpurge  —  Hystriensium  qnondain 
comite  et  comitissa  procreata. 

^^  Meli  a.  a.  O.  17  Note  2,  hält  diesen  Wecelin  für  eiue  and  dieselbe  Person 
mit  dem  Grafen  Werihent,  den  wir  früher  erwähnt,  weil  Wezelin  ein 
Kosename  für  Wemhard  sei,  allein  aus  der  Urkunde  1027  (Note  69)  er- 
fahren wir  nur,  dass  Wezelin  auch  Valpertus  genannt  Mrurde.  Walbert 
ist  aber  nicht  derselbe  Name  wie  Wemhard.  Uebrigeus  kommt,  wie  schon 
Czoernig  a.  a.  O.  479  Note  1,  bemerkt  hat,  Varientus  in  derselben  Ur- 
kunde 1027  ebenfalls  vor  (als  Eidhelfer),  womit  jede  Identität  dieser  beiden 
Personen  ausgeschlossen  ist.  Gleicher  Ansicht  mit  Meli  ist  auch  Hirsch 
Heinrich  H.  1.  177  Note  5. 

'*  In  der  Urkunde  Note  70  heisst  es  weiter:  Azcica  consensu  —  Wolderici 
filii  sui. 

'8  A.  f.  Gesch.  1812.  178.  ^*  UK.  1.  50.  '»  UK.  l.  53. 

'•  UK.  1.  64.  "  UK.  1.  Ö6.  ^«  UK.  1.  56. 

'•  S.  über  die  Zeit,  in  welcher  Udalrich  als  Markgraf  von  Istrien  vor- 
kommt Meli  a.  a.  O.  22  Note  3.  ^  A.  a.  O.  57. 


543 

wurden  unwillkürlich  deutsche  Anschauungen  und  Einrichtungen 
allmälig  nach  Istrien  übertragen.  Man  begann  die  an  der  Grenze 
gelegene  Grafschaft  Istrien  als  eine  Mark  im  deutschen  Sinne 
zu  betrachten  und  benannte  den  zum  ersten  Male  aus  einem 
deutschen  Hause  —  Weimar-Orlamünde  —  genommenen  Grafen 
als  marchio,  und  dies  nicht  in  dem  Sinne^  dass  er  wie  der 
italienische  Markgraf  dem  Herzoge  gleichgestellt  gewesen  wäre, 
sondern  im  deutschen  Sinne  als  Grenzgraf,  Graf  einer  an  der 
Grenze  gelegenen  Grafschaft.  Damit  in  Uebereinstimmung  ist 
auch  die  Textirung  der  citirten  Urkunden  aus  den  Jahren  1062 
bis  1067  —  durchgehends  Eaiserurkunden  —  in  welchen  die 
Reichskanzlei  auf  Istrien  genau  dieselben  Ausdrücke  anwendet 
wie  auf  die  nördlicheren  Marken.  Besonders  der  unterschieds- 
lose Gebrauch  von  marchia  und  comitatus  ist  in  dieser  Bezie- 
hung charakteristisch. 

Istrien  blieb  denn  auch  trotz  seiner  Bezeichnung  als  mar- 
chia dem  Kärntner  Herzoge  untergeben,  welcher  noch  immer 
dux  Istriae  war,  und  dieses  Verhältniss  änderte  sich  auch  nicht, 
wie  wir  sehen  werden,  durch  die  1077  erfolgte  Verleihung 
Istriens  an  Aquileja®*. 

4.  Die  Erwerbung  Istriens  durch  das  Patriarchat 
Aquileja  (1077).  Im  Jahre  1077  schenkte  Heinrich  IV.  dem 
Patriarchen  Sigehard  von  Aquileja  den  comitatus  Forojulii  und 
kurz  darauf  Istrien  und  Krain.  Es  ist  interessant,  die  Diction 
der  drei  Schenkungsurkunden  zu  vergleichen.  In  der  Schenkung 
von  Friaul®*  heisst  es,  es  werde  der  comitatus  Forojulii  —  cum 
Omnibus  —  ad  ducatum  pertinentibus  geschenkt.  In  einer 
zweiten  Urkunde**  wird  der  comitatus  Istrie  ohne  allen  Zusatz 
und  in  einer  dritten  Urkunde®*  die  marchia  Camiole  auch  ohne 
jeden  Beisatz  als  Gegenstand  der  Schenkung  bezeichnet.  Es 
ist  am  Tage  liegend,  dass  diese  verschiedene  Redeweise  in 
diesen    Urkunden,     von    welchen    zwei    an    demselben    Tage 


*'  Meli  a.  a.  O.  28  f.  geht  von  der  Meinung  aus,  dass  auch  der  deutsche 
Markgraf  grundsätzlich  von  der  herzoglichen  Macht  unabhängig  war,  er 
weiss  sich  daher  die  Bezeichnung  Udalrichs  als  marchio  Carentinorum 
nicht  recht  zu  erklären  und  findet  den  einzigen  Ausweg  darin,  dass  Udal- 
rieh  in  Kärnten  thatsächlich  eine  grosse  Macht  ausübte.  Allein  abgesehen 
davon,  dass  dafür  jeder  Beweis  fehlt,  hätte  dies  doch  nur  dahin  fuhren 
können,  ihn  dux  Carentinorum  zu  nennen. 

»«UK.  1.  61.  "UK.  1.  64.  •*ÜK.  1.63. 


544 

(11.  Juni)  und  die  dritte  wenige  Monate  zuvor  (vor  Ostern) 
ausgestellt  wurde,  nicht  absichtslos  gewählt  ist.  Die  Ver- 
gleichung  der  Schenkung  Friauls  mit  der  Istriens  zeigt,  dass 
die  Exemtion  von  der  herzoglichen  Gewalt  nur  für  Friaul  und 
nicht  für  Istrien  gelten,  dass  also  Istrien  dem  Herzoge  von 
Kärnten  untergeordnet  bleiben  sollte.  Bei  Vergleichung  der 
Istrien  und  Krain  betreffenden  Urkunden  f^lt  es  auf,  dass 
Krain  marchia,  Istrien  hingegen  comitatus  genannt  wird,  ob- 
schon  letzteres,  wie  wir  sahen,  in  früheren  Kaiserurkunden  als 
marchia  bezeichnet  wird. 

Istrien  war  ursprünglich  italienisches  Territorium.  Seit 
seiner  Verbindung  mit  Baiern  und  Kärnten  wurde  daselbst  wohl 
manche  deutsche  Einrichtung  eingeführt,  die  Basis  der  Ver- 
hältnisse blieb  aber  eine  italienische.  Da  nun  nach  der  Absicht 
Heinrichs  IV.  Istrien  von  der  Gewalt  des  Kärntner  Herzogs 
nicht  befreit  werden  sollte,  so  war  es  nothwendig,  der  Schen- 
kung eine  solche  Fassung  zu  geben,  dass  ein  Zweifel  in  dieser 
Richtung  nicht  entstehen  konnte.  Wäre  nun  Istrien  in  der 
Schenkungsurkunde  als  Mark  bezeichnet  worden,  so  hätte  Aqui- 
leja  diesen  Ausdruck  im  italienischen  Sinne  nehmen  können, 
wornach  der  Markgraf  in  seinem  Gebiete  herzogliche  Gewalt 
hatte,  und  dies  mag  der  Grund  sein,  warum  der  Ausdruck 
marchia  für  Istrien  vermieden  wurde.  Bei  dem  rein  deutschen 
Territorium  Krain  fiel  diese  Gefahr  weg,  daher  die  Bezeichnung 
als  marchia  beibehalten  werden  konnte. 

Die  Ausdrucksweise  der  Urkunde  1077  gab  übrigens  An- 
lass  zu  der  Ansicht,  dass  das  Patriarchat  nicht  ganz  Istrien  er- 
halten habe,  sondern  nur  den  ,comitatus  Istriae',  welchen  man 
von  der  marchia  Istriae  unterschied  ®^  Diese  Ansicht  fand  auch 
eine  Stütze  darin,  dass  nach  1077  das  Patriarchat  durch  lange 
Jahre  nur  selten  Istrien  besass,  indem  es  regelmässig  weltlichen 
Fürsten  verliehen  wurde;  es  war  naheliegend,  anzunehmen, 
dass  das  Istrien,  welches  diesen  Fürsten  geliehen  wurde,  ein 
anderes  Istrien  sei  als  jenes,  dessen  Besitz  dem  Patriarchen 
wiederholt  bestätigt  worden  ist. 

Aus  der  Vergleichung  der  ersten  Verleihungsurkunde  mit 
den   späteren   Bestätigungsurkunden    haben   wir  jedoch    schon 


^  Krones  Gesch.  Oesterr.  1. 350.  Das  Richtige  hat  schon  Czoernig  a.  a.  O.  366 
Note  1. 


545 

entnommen^  dass  die  Unterscheidung  zwischen  dem  comitatus 
und  der  marchia  Istrie  unzulässig  ist,  dass  jene  weltlichen 
Fürsten,  welchen  die  marchia  Istrie  verliehen  wurde,  genau 
dasselbe  erhielten,  was  1077  Aquileja  zugesagt  worden  war  und 
was  ihm  später  wiederholt  wieder  genommen  wurde.  Erst  1230 
durch  die  Verzichtleistung  Herzog  Bertolds  von  Meran  kam 
Aquileja  in  den  dauernden  Besitz  Istriens.  Während  früher  die 
Bezeichnung  marchio  Istriae  nur  selten  für  die  Patriarchen  Aqui- 
lejas  sich  findet**,  wird  dies  ein  regelmässiger  Zusatz  zu  seinem 
Titel  ®^.  Auch  zeigt  die  Vergleichung  der  Ortslage,  dass  die 
Sonderung  der  marchia  vom  comitatus  in  Istrien  auch  in  den 
späteren  Jahrhunderten  nicht  durchführbar  ist.  Auf  der  bei- 
liegenden Karte  sind  die  Orte,  welche  bis  ins  14.  Jahrhundert 
als  in  der  Grafschaft  Istrien  befindlich  bezeichnet  werden,  von 
jenen  unterschieden,  welche  sich  in  der  marchia  Istrie  befinden, 
und  man  sieht,  dass  beide  Oertlichkeiten  in  ganz  Istrien  zer- 
streut sind.  Der  Patriarch  wird  denn  auch  mit  Recht  marchio 
totius  Istriae  genannt.  Aufzeichnung  von  c.  1300®*:  Ista  sunt 
jura  d.  patriarche  ac  ecclesie  Aquilegie  in  tota  Istria.  In  primis 
est  marchio  totius  Istrie. 

5.  Ueber  die  Grenzen  Istriens  in  dieser  Periode  lässt  sich 
sehr  wenig  sagen.  Wir  entnehmen  nur  aus  den  Urkunden,  dass 
die  gesammte  Halbinsel  zur  Mark  und  Grafschaft  gehörte,  und 
zwar  mit  Inbegriff  von  Triest.  Wie  weit  sich  das  Territorium 
Istriens  gegen  Norden  und  Nordwesten  erstreckte,  ob  die  Poik 
dazu  gehörte  und  der  heute  zu  Istrien  gerechnete  Landstrich 
gegen  Ungarn  zu,  bleibt  im  Dunkel.  Die  beiliegend«  Karte 
zeigt  übrigens,  dass  bis  in  das  14.  Jahrhundert  hinein  kein  Ort 
in  diesen  Gegenden  als  zu  Istrien  gehörig  bezeichnet  wird.  Auch 
die  Beschränkung  des  markgräflichen  Gebiets  durch  die  Erobe- 
rungen der  Venetianer  gehört  einer  späteren  Periode  an. 


••  1203  CDI.,  1222  Mitth.  f.  Krain  1856.  37. 

*''  1251,  1259  Minotto  docnmenta  ad  fonim  julii  patriarchatum  ecc.  spec- 

tantU  (1870)  23,  26;  1264  UK.  2.  260;  CDL;  1268,  1277,  1283  CDI. 
^  D.  1.  289.     Es  fragt  sich,  ob    diese  Aufzeichnng  identisch   ist  mit  dem 

von  Minotto  53  unter  dem  Jahre  1303    erwähnten  Instmmentum   iurium 

sive  inrisdictionnm  patriarche  in  tota  Histria. 


Verzeichniss 
der  auf  den  Karten  vorkommenden  Oertlichkeiten. 

(In  diesem  Ortsverzeichnisse  sind  alle  Orte  ausgelassen, 
deren  Lage  zweifelhaft  ist.) 


Riedmark. 


Die  im  Rationarium  Austriae  bei  Rauch  Scr.  2  vorkom- 
menden Orte  sind  mit  R  und  der  Seitenzahl  in  Rauch  be- 
zeichnet. 

Appholter,  AflFpholter  R  46,  50,  Abfoltern. 

Agsthoven,  Azehofen  R  41,   1277  UOE.  3.  470,    1287  UOE. 

4.  77,  Aisthofen. 
Agast,   Aiste   R  46;   fluvius  in   silva  Ritmarch  1142   UOE.  1. 

132,  Aist. 
Agest,  Aist  R  35,  48,  Alt- Aist. 
Alberndorf  R  47,  Alberndorf. 
Antiquum  castrum  R  48,  Altenburg. 
Aurspach,  Ovrpach  R  36,  50,  Auerbach. 
Awe,  Owe  R  35,  46,  Au. 
Panholz  R  36,  49,  Pannholz. 
S.  Petrus  R  46,  St.  Peter. 

Begeringin,  Beigirin,  1115,  1125,  UOE.  2.  150,  162,  Bairing. 
Pirche,  Pircheh,  Pyrcheh  R  39,  45,  51,  Pürach. 
Poesenperge,  Poysenperge  R  36,  49,  Besenberg. 
Praminoede  R  49,  Promenöd. 
Pregarten  R  36,  42,  48,  Prägarten. 
Chavfleuten  R  55,  56,  Kaufleu tn er. 
Chaetzlinstorf,  Cethcisdorf  R  46,  1171  UOE.  1.  130,  Kelzen- 

dorf. 
Celle  forum,  Cell  R  40,  52,  1287  UOE.  4.  77,  Zell. 
Chirchperch  R  37,  Kirchberg. 


547 

Zierknarn,  Cirtanaran,  Oberzirtnärn,  1125  UOE.  2.  162,  1343 

UOE.  6.  447,  1368  UOE.  8.  373. 
Chogelhof  R  45,  Kogelhof. 
Chranwit,  Chranwittech  R  40,  56,  Ea*anabithedt. 
Chulm  1171  UOE.  1.  130  und  2.  346,  Kulm. 
Zvluzze  R  50,  Zuliessen. 
Tal  R  34,  41,  Thal. 
Tanpach  R  32,  Tanbach. 
Tyerperch  R  50,  Thierberg. 
Dorna,  Domech  R  34,  48,  Domach. 
Threbinicha  1115  UOE.  2.  150,  Treffling. 
Traegun,  Tragaeum  R  41,  1287  UOE.  4.  76,  Tragwein. 
Durrehoven,  Duerrenhof  R  32,  43,  44,  Dlimhofer. 
Eben  R  32,  Eben. 

Eich,  Aych  R  38,  1171  UOE.  1.  130  und  2.  346,  Aich. 
Eizenberge  R  32,  Eibenberg.    Dass  das  Eibenberg  im  Westen 

des  Haselgrabens  hieher  gehört,  ergibt  sich  aus  U.  c.  1 220 

UOE.  1.  481. 
Elhenperge,  Elhenperch  R  38,  41,  Elmberg. 
Veltagst  UOE.  1.  478,  Feidaist. 
Vierlinge  R  36,  49,  FirUng. 
Flenitz,    Vloenz   fluvius,   UOE.    1.  478,    1328  UOE.    5.   521, 

Flenitz. 
Franchenberch  1171  UOE.  1.  130  und  2.  346,  Frankenberg. 
Vreinstat  1362  UOE.  8.  76,  Freistadt. 
Gaizpach  R  34,  43,  Gaisbach. 
Graben,  Fossa,  Vossen  R  34,  47,  1362,  1366  UOE.  8.  76,  281, 

Graben   (bei  Karlsberg,   Pfarre  Gallneukirchen,   oder  bei 

Freistadt). 
Grazpach  major  UOE.  1    477,  Grasbach. 
Gruob,  Ghnieb,  Gruebe,  Grube  (apud  Pregarten)  R  36,  38,  40, 

42,  43,  47,  51,  54,  Grub. 
Grvenpach  R  46,  Grünbach. 
Gvtenprunne  R  48,  Gutenbrunn.    Stmadt  A.  17  hält  dies  für 

das  Guten brunn  östlich  von  Schenkenfeld,  wogegen  jedoch 

der  Umstand  spricht,    dass  es   im  Rat.  zwischen  Lungitz 

und  Guttau  aufgeflihrt  wird. 
Gutowe  forum,  Götawe  R  36,  48,  Guttau. 
Qusen  fluvius  UOE.  1.  477,  Gusen. 
GvBin  R  35,  36,  Gusen. 


548 

Hagenperge  R  48,  Hagenberg. 

Hai  de,  Haid  R  49,  56,  Oberhaid  oder  Haid  an  der  Donau  bei  Aist. 

Hasilpach  aqua  UOE.  1.  478,   Haselbach;   Haselbach  cortile 

1171  UOE.  1.  130  und  2.  346.  S.  Magdalena. 
Helwigsöde  UOE.  1.  478,  Helmonsöd  (dürfte  auch  das  Huetdes- 

mundes  des  R  32  sein). 
Herlibschlag  R  50,   Herschlag   (und  nicht  Liebenschlag   bei 

Schenkenfelden,    wie    Lampel,    Einl.   z.   Fürstenbuch  40, 

Note  1,  meint). 
Hirzpach,  Hirspach  R  46,  50,  UOE.  1.  478,  Hirschbach. 
Hohenstein  1349  UOE.  7.  99,  Hohenstein. 
Hvngerperge  R  35,  Hungerberg. 

Jowerniz,  Jowemizze  maior  UOE.  1.  133  (1142),  478,  Jauniz. 
Lazperge,   Lozberc  R  43,  1171   UOE.    1.    130  und   2.    346, 

Lassberg. 
Lanpach  R  46,  Lambach  (-Au). 
Lancendorf  R  40,  Lanzendorf. 

S.  Leonhardus  R  37,  46,  49,  UOE.  1.  478,  St.  Leonhard. 
Liechtenowe  R  46,  Liechtenau. 
Liehtenstain  R  46,  50,  Lichtenstein. 
Lom  R  35,  36,  vielleicht  Luemer. 
Lvfsteten,  Luefstetten  R  36,  48,  Lunsstetten. 
Lvgendorf  R  37,  54,  Lugendorf. 
Lvngewitz,  Lvnkewiz  R  35,  45,  48,  54,  Lungitz. 
Marbach  castrum  R  47,  Marbach. 
Mezleinstorf  R  47,  Mazelsdorf. 
Moderreut,  Modrevt  R  31,  44,  45,  49,  Mareith. 
Neunchirchen    forum,    Gallenneunchirichen    UOE.    1.    478, 

1356  UOE.  7.  436;   1366,  1373  UOE.  8.  281,  633,  Gall- 

neukirchen. 
Keys  tat  R  32,  Neustat. 
Niwenmarkt,  Novum  forum  R  36,  50,  US.  1.  130,  1323  UOE. 

5.  359,  Neumarkt. 
Nvzpavm  R  49,  54,  Nussbaum. 
Obernaiche  R  48,  Ober-Aich. 
Ottenslag,    Ottenslage,    Ottinslage  R  46,    50,    UOE.    1.   478, 

1277  UOE.  3.  477,  Ottenschlag. 
S.  Oswaldus  UOE.  1.  478,  St.  Oswald. 
Revt  R  35,  40,  56,  Reit.    Es  finden  sich  mehrere  Orte  dieses 

Namens,  eines  östlich  von  Steiregg,  an  der  Gusen  u.  a.  m. 


549 

Strnadt  A.  17  hält  Reut  ftir  den  alten  Pfarrort  Ried  bei 
Cirtanaran,  was  sehr  unwahrscheinHch  ist,  wenngleich  auch 
dieser  Pfarrort  nach  seiner  Lage  zur  Riedmark  gehört 
hat.  Allerdings  wird  1332  UOE.  6.  78  die  Stiftung  eines 
Seelgeräthes  in  der  Pfarre  Ried  von  Landrichtern  im 
Machlande  besiegelt,  dies  erklärt  sich  aber  vielleicht  damit, 
dass  die  Stiftung  zu  Gunsten  des  im  Machlande  gelegenen 
Klosters  Baumgartenberg  erfolgte. 

Heinpach  R  46,  Rainbach. 

Reichenstain  R  42,  Reichenstein. 

Rizendorf  R  35,  Rinzendorf. 

Rotel  fluvius  UOE.  1.  477,  Rodel. 

Ruchmansöde  R  40,  Rauchenedt. 

Spedendorf  1171  UOE.  1.  130  und  2.  346,  Spattendorf. 

Spilberch,  SpinUberch  R  46,  1297  UOE.  4.  263,  Spielberg. 

Sprinzenstain  R  43.  Es  kann  dies  nicht  das  Sprinzenstein 
an  der  kleinen  Mühel,  südUch  von  Rohrbach,  sein,  denn 
nach  keinen  Kachrichten  erstreckte  sich  die  Rindmark  so 
weit  gegen  Westen.  Nach  dem  Rationarium  Austriae  besass 
ein  gewisser  Eberwinus  Hüben  an  vier  Orten,  welche  nach- 
einander aufgeführt  werden,  in  Lazperge,  Wurmsperge, 
Sprinzenstain  und  Duerrenhof.  Der  Dürrenhof  ist  noch 
südlich  von  Lassberg  gegen  Guttau  hin  nachweisbar,  und 
80  werden  wohl  auch  die  beiden  anderen  Hüben  Eber- 
win's  in  der  Nähe  gelegen  sein.  Nach  Lampel,  Einl.  z. 
Fürstenb.  40,  Note  1,  findet  sich  auch  in  der  That  ein 
Sprinzelsteiner  Hof  zwischen  Lassberg  und  Guttau,  der 
übrigens  auf  der  Generalstabskarte  nicht  vorkommt. 

Scherchen velde  R  46,  Schenkenfelden. 

Schermstorf  R  35,  Schramensdorf. 

Schilt  R  50,  SchUd. 

Schonowe,  Schoeno  forum  R  41,  Schönau. 

Sebarn  R  46,  Sehern. 

Seriestorf  R  45,  47,  Schallersdorf. 

Stadlern  R  35,  Stadler. 

Standorf,  Stendorf,  Stondorf,  Strandorf  R  34,  35,  41,  47, 
Standorf. 

Stella  UOE.  1.  477,  Sternberg. 

Stoigei  1115  UOE.  2.  150,  Steeg. 

Straeze  R  41,  Strass. 


550 

Sumerowe  R  46,  Summerau. 

Sunberch,  Sonneberch  R  46,  50,  Sonnberg. 

Swertperg  1287  UOE.  4.  76,  Schwertberg. 

Wagrein  R  34,  Wagrain. 

Waldagst  UOE.  1.  478,  Waldaist. 

Warperg  R  35,  48,  Wartberg. 

Weberperge  R  56,  Weberberg. 

Werganstorf  R  33,  48,  Weignersdorf. 

Vvitrach  1171  UOE.  1.  130  und  2.  346,  Weitrag. 

Willihartisdorf  1115  UOE.  2.  150,  WiUingdorf. 

Winchel,  Niederwinchel  R  47,  1171  UOE.  1.  130  und  2.  346, 

1373  UOE.  8.  633,  Winkel. 
Windekk  1287  UOE.  4.  76,  Windeck. 
Winden  R  54,  55,  56,  Winden. 

Hachland. 

Wo  nichts  Anderes  angegeben,  ergibt  sich  die  Lage  des 

Ortes  im  Machlande  aus  der  Besiegelung  oder  Zeugenfertigung 

der  Urkunde  durch  einen  Landrichter  im  Machlande. 

Altenpurg  1351  UOE.  7.  240,  Altenburg.  Im  Rationarium 
Austriae  bei  Rauch  Scr.  2.  48  kommt  ein  antiquum  castrum 
in  der  Riedmark  vor,  daher  auch,  wie  es  scheint,  Stmadt 
A.  17  das  Altenburg,  welches  zwischen  Perg  und  Münz- 
bach gelegen  ist,  für  einen  Ort  der  Riedmark  hält.  Das 
antiquum  castrum  des  rationarium  muss  jedoch  eine  an- 
dere alte  Burg  gewesen  sein,  da  die  sämmthchen  pag.  48 
vorkommenden  Orte  viel  nördlicher  um  Pregarten  herum 
gelegen  sind  und  der  hier  erwähnte  Pfarrort  Altenburg 
nach  obiger  Stelle  sammt  dem  ganzen  Pfarrbezirke  im 
Machlande  gelegen  war. 

Alhartzberg  1360  UOE.  7.  731,  Achatzberg. 

Aw  in  Erwinger  pfan-  1338,  1340  UOE.  6.  265,  320;  1349 
UOE.  7.  105. 

Pirichach  1337  UOE.  6.  229,  Pierbach. 

Plasenstain  aput  Machlant  c.  1150  UOE.  1.  479,  1343  UOE. 
6.  446,  St.  Thomas. 

Pranstat  1356  UOE.  7.  443,  Brandstatt. 

Kirichstegen  1348  UOE.  7.  63,  Kirchstetten. 

Chlamme  aput  machlant  c.  1150  UOE.  1.  479. 


551 

Kolwing,   Kolbing,   Cholwing  1339,    1345  UOE.  6.  300,   531; 

1358  UOE.  7.  584,  Kolbing. 
Chreuzen,  Kreutzen  1358  UOE.  7.  549;  1372,  1373  UOE.  8. 

604,  654,  Kreutzen. 
Thoman  1356  UOE.  7.  454,  St.  Thomas. 
Dunpech  1337  UOE.  6.  248,  Dimbach. 
Eben  1347  UOE.  7.  18,  Ebner. 
Eytznndorf  1347  UOE.  7,  37,  Einzendorf. 
Erwing  1338,  1349  UOE.  6.  265,  7.  151,  Arbing. 
Ganng  1356  UOE.  7.  443,  Gang. 
Gozzoltingen  1318  UOE.  5.  209,  Gassolding. 
St.  Görgen  1347,  1348  UOE.  7.  18,  41,  St.  Georgen. 
Herstorf  1357  UOE.  7.  512,  Horstorf. 
Hohnperg  1349  UOE.  7.  151,  Hohenberg. 
Imtzing,  Ymzinge  c.  1240   UOE.  3.  89,   1342  UOE.  6.  412, 

1354  UOE.  7.  383,  Inzing. 
Innerveld,   hof  in  dem  ipachlant  1313  UOE.  5.  117,  Innem- 

fellner. 
Mitterchirchen  1332  UOE.  6.  47;    1349,    1352,    1356,    1358 

UOE.  7.  147,  155,  279,  443,  449. 
Munspach,  Münspeckh  1315  UOE.  5.  146;  1343  UOE.  6.  446; 

1350,  1351  UOE.  7.  171,  225,  Mtinzbach. 
Kern,  Nären  1333,  1340  UOE.  6.  101,  351,  Naam. 
Ried  1332  UOE.  6.  78. 

Sachsen,  Sagsn  1347,  1360  UOE.  7.  37,  731,  Sachsen. 
Sachssenn dorf,  Sechssendorf  1313,   1318  UOE.  5.  102,  209, 

Saxendorf. 
Sirnicha  quod  situm  est  machlant  UOE.  1.  164. 
Stafflarn  1314,  1367  UOE.  5.  134,  8.  329,  Staffling. 
Walthausen  1371  UOE.  8.  507,  Waldhausen. 

Ostmark. 

Abbadorf  in  marha  et  comitatu  Heinrici  marchionis,  1011 
MB.  11.  141;  Abstorf  in  marha  comitatu  Adalberti  mar- 
chionis, 1019  MB.  11.  143,  Ober- Absdorf. 

Abbatestetin  in  marca  Liutbaldi  marchionis,  c.  987  UNOe. 
1.  4,  Abtstätten. 

Alarun  in  marchia  et  in  comitatu  Adalberti  marchionis,  1033, 
1040  D.  31.  74,  77,  OUem. 

ArcbiT.  Bd.LXXXU.   IL  H&lfte.  36 


552 

Ardacker   in  comitatu  marchionis  Adalberti,    1049  D.  31.  78, 

Ardagger. 
A  spar  an  (ibi  —  praedium  —  in  —  potestatem  orientalis  mar- 

chie  redeat)  D.  4.  60,  Aspem. 
Auerhiltesburchstal   in   comitatu   Emestonis  Osterich   dicto, 

1055  MB.  29,  1.  122,  Auersthal. 
Persnicha  in  marca  Liutbaldi  marchionis,  c.  987  ÜNOe.  1.  4, 

Perschling. 
Pirchehe  in  marcha  Osterriche  et  in   comitatu  Emestes  mar- 
chionis, 1058  Horm.  A.  f.  Südd.  2.  235,  Pira  (nach  Meiller 

RB.  200). 
Biesnicka,  Pistnicha,  fluvius  in  marchia  Adalberti,  1020  MB. 

6.  160,  1035  RB.  5  n.  8,  Piesting. 

Plintindorf;  praedium  ad  —  tradiderunt,  in  placito  domini 
L  (iupoldi)  marchionis  hoc  idem  denuntiauit,  D.  8.  91, 
Blindorf. 

Bobsouua  in  marchia  Adalberti,    1035   RB.  5  n.  8,  Wöpfing. 

Boumgarden  in  comitatu  Emasti  marchionis,  1063  UOE.  2. 
93;  Povngartvn  in  pago  Ostricha  in  marcha  Ernvsti  mar- 
chionis, 1067  MB.  29,  1.  173,  Baumgarten. 

Bribesendorf  in  comitatu  Adalberti  comitis  et  marchionis, 
1043  RB.  6  n.  10,  Prinzersdorf  (?). 

Bulka  fluvius  in  marchia  boemia  in  comitatu  Adelberonis,  1055 

Horm.  W.  1.  5,  Pulka. 
Zaia,   flumen   in   marcha   et  in   comitatu  Sigefridi   marchionis, 

1045  CDM.  1.  119;  Zaiove  in  comitatu  Sigefridi  marchio- 
nis, 1045  MB.  11.  152,  Zaia. 
Zeizenmure  in  marca  Liutbaldi  marchionis,  c.  987  UNOe.  1.  4, 

Zeiselmauer. 
Chotiwalt  Silva,   coram  marchione  L.  —  tradidit,   D.  8.  21, 

in    suum    ins    marchio    (Liupoldus)   traxisset,    D.   8,   41, 

Wald  bei  Kottes  (nach  Friess  Kuenringer  12  die  heutige 

Kottinger  Haide). 
Comagenusmonsin  marca  Liutbaldi  marchionis,  c.  987  UNOe. 

1.  4,  Wienerwald. 
Crebezbach  in  comitatu  Heinrici  marchionis,  1011  MB.  6.  158, 

Kroisbach  bei  Strengberg. 
Chrellindorf  in   comitatu   marchionis  Adalberti,    1034  D.  31. 

76,  Kröllendorf. 


553 

Cremisa,  Chremasa,  in  marcha  et  in  comitatu  Heinrici  comitis^ 
995  D.  31.  48;  in  comitatu  Heinrici  marchionis^  1014  MB. 

28,  1.  449,  Krems. 

Chrubet  in   comitatu   Ernasti   marchionis,    1063   UOE.   2.  93, 

Böhmisch-Krut. 
Zachaha   in   comitatu   marchionis  Adalberti,    1034  D.  31.  76, 

Zauchbach. 
Zadamaresfelt  in  eadem  marha  (es  war  früher  die  Rede  von 

einem  praediolum  —  in  confinio  nostrae  proprietatis  orien- 

talis   urbis   que   dicitur  Cremisa)   et   in   comitatu  Heinrici 

comitis,  995  D.  31.  48,  Ulmerfeld,  s.  auch  Vmaruelt. 
Trebinse   in  marca  Liutbaldi  marchionis,   c.  987  UNOe.  1.  4, 

Triebensee. 
Treisima  civitas  S.  Ypoliti,    sub  Purchardo  marchione  und  in 

marca  Liutbaldi  marchionis,  c.  987  UNOe.  1.  4,  St.  Polten. 
Triesnicka,    Tristnicha    fluvius    in    marchia    Adalberti,    1020 

MB.  6.  160,  1035  RB.  5  n.  8,  Triesting. 
Taina  in  comitatu  Heinrici  marchionis,  1014  MB.  28, 1. 449,  Tulln. 
Enisiwalt  in  comitatu  Heinrici  marchionis,   1011  MB.  6.  158; 

Enseuualda    in     comitatu     Adelberti     marchionis,     1049 

Juv.  234. 
Fiscaha,  Phiscaha  fluvius,  in  marcha  Sigefridi  marchionis  1045 

CDM.  1.  118;   in  comitatu  Sigifridi  marchionis  1045  MB. 

29,  1.  81;   in  pago   Osterrich  in   comitatu  —   1051  MB. 
29,  1.  104. 

üogitisawa,  Tradition  coram  marchione  L.,  D.  8.  21,  Vogtsau. 
Frigendorf  in  comitatu  Liutpaldi  marchionis,  1078  MB.  31,  1. 

361,  Freundorf. 
Frumahana  in  comitatu  Adalberti  marchionis,    1025  CDM.  1. 

110,  Pframa. 
Gowacisbrunnun  in  comitatu  Ernasti  marchionis,  1063  UOE. 

2.  93,  Köttlasbrunn. 
Qravenberch  in  comitatu  marchionis  Adelberti,    1051  Horm. 

W.  1.  3,  Grafenberg. 
Hart  Silva  in  marchia  Adalberti  comitis,  1021  D.  31,  62,  Mann- 

hartsberg. 
Hecimannesuisa  in  marchia  et  in  comitatu  marchionis  Ernusti, 

1057    Link   Ann.  Zwettl.    1.   49,    Kuenring   nach    Friess 

Kuenringer  6,  und  nicht  Hetzmannsdorf,  wie  Meiller  R.  B. 

200  meint. 

86* 


554 

Herzogenbarch  in  comitata  Heinriei  marchionis^  1014  MB. 
28,  1.  449,  Herzogenborg. 

Holnstain,  marichfuter  —  que  de  prediis  Frisingensis  ecciesie 

in  —  nobis  —  debebat,   1276   D.  31.  333,   ebenso    1317 

D.  36.  83,  Holenstein. 
Ibisa  fluvius   in   comitatu   marchionis   Adalberti,    1034  D.  31. 

76,  Ybbs. 
Ispera   fluvius  in   comitatu  Heinriei   marchionis,   998  MB.  28, 

1.  271,  Isper. 

Litaha  fluvius  in  marcha  Sigefridi  marchionis,   1045  CDM.  1. 

118;  in  comitatu  Sigifridi  marchionis,  1045  MB.  29,  1.  81; 

in  pago  Osterriche   in  comitatu  —   1051  MB  29,    1.  104; 

Leitha. 
Liliunhova   iuxta    TuUonam   in    marca   Liutbaldi    marchionis, 

c.  987  UNOe.  1.  4. 
Liupna  in  comitatu  Heinriei,  1002  MB.  6.  157,  Loiben  (zwischen 

Stein  und  Dlirrenstein  nach  Meiller  RB.  193). 

Mandeswerede  in  marchia  Osterriche  et  in  comitatu  Emestes 
marchionis,  1058  IINOe.  1.  5,  Mannswerd. 

S.  Michaelis  in  marca  Liutbaldi  marchionis,  c.  987,  UNOe. 
1.  4,  St.  Michael. 

Maraha  fluvius  in  marcha  Sigefridi  marchionis,  1045  CDM.  1. 

118;  in  pago  Ostricha  in  marcha  Ernvsti  marchionis,  1067 

MB.  29,  1.  173,  March. 
Mutarun   in  marca  Liutbaldi  marchionis,   c.  987  UNOe.  1.  4, 

Mautem. 
Movriberg  in  marcha  boemia  in  comitatu  Adelberonis,   1055 

Horm.  W.  1.  5,  Mailberg. 
Ad  Murun  in  comitatu  marchionis  Adalberti,  1034  D.  31.  75, 

Mauer. 
Niuuanhova  in   marcha   et  in   comitatu  Heinriei   comitis  filii 

Liutpaldi  marchionis,  996  D.  31.  51,  Neuhofen. 

Nochilinga  in  comitatu  Heinriei  marchionis,   998  MB.  28,  L 

271,  NöchUng. 
Orta  in  marchia  Adalberti  comitis^  1021  D.  31.  62,  Ort 

Ortvvinesdorf  in  marcha  Osterriche  et  in  comitatu  Emestes 
marchionis,  1058  Horm.  A.  f.  Süddeutschi.  2.  235,  Roth- 
weinsdorf. 


556 

Risinperch  in  comitatu  Sigifridi  marchionis,  1045  MB.  29,  1. 

81,  Reisenberg. 
Rogacs  Silva  in  marcha  suimet  (des  Markgrafen  Ernst)  seilicet 

Osterriche,    1074   Horm.  Beitr.   z.  Tirol   2.   387,   in   pago 

Osterriche  in  comitatu  ipsius  (Liupoldi  marchionis)   D.  4. 

188,  Raabser  Wald. 

Rosseza   in  marca  Liutbaldi  marchionis,  c.  987  lINOe.  1.  4, 

Rossatz. 
Rudnicha  in  comitatu   marchionis  Adalberti,    1034  D.  31.  76, 

Reidling. 
Sabinichi,   fluvius  in    comitatu  Heinrici   marchionis,    998  MB. 

28,  1.  271;  in  comitatu  Adalberti  marchionis,  1049  UOE. 

2.  85,  Sarming. 

Sahsonaganc   in  marchia  Adalberti  comitis,    1021  D.  31.  62, 

Sachsengang. 
Sigehartteschiriha  in  comitatu  Adalberti  marchionis  in  pago 

Ostericha,  1051  MB.  29,   1.  106,  Sighartskirchen. 
Smidaha   in   marha    et    comitatu   Adalberti   marchionis,    1029 

MB.  11.  142,  Schmida. 

Stillefrida  in  marcha  et  in  comitatu  Sigefridi  marchionis,  1045 
CDM.  1.  119,  Stillfried. 

Stovtpharrich  in  pago  Ostricha  in  marcha  Ernvsti  marchionis. 
1067  MB.  29,  1.  173,  Stupfernut. 

Vmaruelt,  marchfuter  —  que  de  prediis  Frisingensis  ecclesie 
in  —  nobis  debebat,  1276  D.  31.  333,  Ulmerfeld,  s.  auch 
Zudamaresfeld. 

Urula  fluvius  in  comitatu  marchionis  Adalberi,  1034  D.  31. 
75,  Url. 

Wagreine  in  marha  et  comitatu  Adelberti  marchionis,  1019 
MB.  11.  142,  der  Wagrein. 

Waidhoven,  marichfuter  —  que  de  prediis  Frisingensis  eccle- 
sie in  —  nobis  debebat,  1276  D.  31.  333,  ebenso  1317 
D.  36.  83,  Waidhofen  a.  d.  Ybbs. 

Valchenstein  in  marcha  suimet  (des  Markgrafen  Ernst)  seili- 
cet Osterriche,  1074  Horm.  Beitr.  387;  in  pago  Oster- 
riche in  comitatu  ipsius  (Liupoldi)  D.  4.  188,  Wolken- 
stein. 

Vuachowa  in  comitatu  Burchardi  marchionis,  972  MB.  28,  1. 
193,  Wachau. 


656 


Steiermark. 


Adelgersdorf  in  marchia,  1161  US.  1.  432,  Algerßdorf. 
Arberdorf  in  marchia,  1171  US.  1.  502,  Albersdorf. 
Padebrunne  in  marchia,  c.  1183,  1185,  1187  US.  1.  593,  614, 

627,  663,  Badenbrunn. 
Baierdorf  in  marchia,  1147  US.  1.  278,  Baiersdorf. 
Belochowe  in  marchia,  1196  D.  39.  101,  Welachau. 
Pesniza,   Pezniz   in  marchia  transsilvana  c.  1145  US.  1.  238; 

in  marchia  1196  D.  39.  101,  Pesnitz. 
Pilstain  in  marchia  Ungarie,  1186  US.  1.  650,  Peilenstein. 
Boratsowe   in   marchia  pitouiensi,   c.  1130  US.  1.  143,   Wö- 

ritschau. 
Brunne  in  marchia,  c.  1145  US.  1.  244,  Brunndorf. 
Cheinahc  in  marchia,  c.  1070  US.  1.  80,  Kainach. 
C amini tz  in  marchia  transiluana,  c.  1145  US.  1.  238,  Gamniz, 

c.  1100,  Kamniz  1185,   Gemniz  1196  in  marchia,  US.  1. 

104,  626,  D.  39.  101,  Garns. 
Celniz  in  marchia  pitoviensi,  c.  1130  US.  1.  143,  Zelnitz. 
Circuniz  wie  Celniz. 
Ziub  civitas    in  comitatu  Marchuuardi  marchionis,   970  US.   1. 

30,  bei  Leibnitz,  s.  auch  Lipnizza. 
Zotle,   Zotel  in  comitatu  Willihelmi  1016,   in    comitatu  Sounae 

1028,  in  marchia  1130,  US.  1.  45,  54,  137,  Sottla. 
Chulesdorf  in  marchia,  1179  US.  1.  569,  Kaisdorf. 
Culmen  in  marchia,  1196  D.  39.  101,  Kumen. 
Chodinie  fluens  in  comitatu  Souna  et  in  eiusdem  (Willihelmi) 

marchiae  locis   1025,   in  marchia  1028,    1130,  US.   1.  52, 

54,  137,  Köttnig. 
Copriuniza,  ebenso  wie  Chodinie,  Kopreinitz. 
Chrottendorff  (vel  Bealsdorff)  in  marchia,  1210  US.  2.  162, 

Krottendorf. 
Diepoldisperge  in  marchia,  1185  US.  1.  627,   Diepoldsberg. 
Dobrenga  in  marchia  pitouiensi,  c.  1130  US.  1.  143,  Dobreng. 
Doberich,   Dobrich  mons  in  comitatu  Rachvuini   comitis  980, 

in  marchia  1130,  US.  1.  35,  137. 
Tubilink  in  marchia,  c.  1100  US.  1.  104,  Täubling. 
Eppendorf  in  marchia,  1160  US.  1.  388,  Ettendorf. 
Eicha  in  marchia,  1217  US.  2.  218,  219,  Aich. 
Vokhir  in  marchia,  1185  US.  1.  626,  Wochera. 


557 

Fresniz  mons^  ebenso  wie  Doberich,  Wresen. 
Wstriz  in  marchia,  1147  US  1.  278,  Feistritz. 
Qestnic   in  comitatu  Hengest  marchionis  Gotifredi,   1042  US. 

1.  60,  Gösting. 
Gyrio  in  marchia,  1174  US.  1.  530,  Geiraeh. 
Gomilnitz  in  marchia  transalpina,  c.  1145  US.  1.  238,  Gamlitz. 
Gotelinsperge  in  marchia,  1185  US.  1.  627,  Götzeisberg. 
Gurka  flumen,  so  wie  Chodinie,  Gurk. 
Hainrichsdorf  in  marchia,  1171  US.  1.  502,  Heinersdorf. 
Hempsach  in  marchia,  1144  US.  1.  232,  Haimschah. 
Hizzendorf  in  marchia,  1185  US.  1.  627,  Hizzendorf. 
Holern  in  marchia,  1196  D.  39.  101,  Hollern. 
Lazlawisdorf  in  marchia,  c.  1145  US.  1.  249,  Lasseldorf. 
Ladeisdorf  in  marchia,  1185  US.   1.  627,  Ladersdorf. 
Laven z  in  marchia,  1184  US.  1.  603,  Lafnitz. 
Legindorf  in  marchia,  c.   1100  US.  1.  104,  Lendorf. 
Lipnizza,    Libeniz,   in  comitatu  Marchuuardi  marchionis  970, 

in  marchia  1144  US.  1.  29,  233,  Leibnitz. 
Livtoldasdorf  in  comitatu  Gotefridi  marchionis,    1045  US.  1. 

63,  Leitersdorf. 
Lonch  in  marchia,  c.  1145  US.  1.  244,  Lang. 
Losnica,   Lonsinice,   Losniz   in   comitatu  Gotefridi   marchionis 

1045,  in  marchionis  Otacheres  marchia  Carintiua  1059,  in 

marchia  1185,  US.  1.  63,  75,  626,  Lasnitz. 
Lubgast  in  marchia,  1173  US.  1.  522,  Ligist. 
Mocrinowe,   Mukkernowe   in   marchia   c.  1140,    1161    US.  1. 

196,  425,  Mukkenau. 
Muldorf  in  marchia,  1184  US.  1.  603,  Mühldorf 
Muora  fluvius  in  marchia,  1147  US.  1.  278,  Mur. 
Niringe,  Nerina,  wie  Zotlo,  Neiring. 

Noblitwitz  in  marchia  pitouiensi,  c.  1130  US.  1.  143,  Blitzwitz. 
Oguanie  fluens,  so  wie  Chodinie,  Wogleina. 
Odelisnitz  in  marchia  et  comitatu  Otacharii  marchionis  1056, 

Olsinize  in  marchia  1185,  US.  1.  71,  627,  Oisniz. 
Raba  in  marchia,  1073,  1179  US.  1.  84,  565. 
Rabniz  in  marchia,  1185  US.  1.  627,  Rabnitz. 
Razwei     in    comitatu    Rachuuini     cömitis    985,     in    marchia 

1100,  in  marcha  pitouiensi  c.  1130,  US.  1.  39,  103,   143, 

Rosswein. 
Radeck  in  marchia,  c.  1150  US.  1.  324,  Radoch. 


558 

Rassendorf   in    marchia,    c.    1145,    1163    US.    1.    243,    447, 

Ratzendorf. 
Redimlac  heremuni  in  marchia  trans  siluam,  1091  US.  1.  100, 

St.  Lorenzen  in  der  Wüste. 
Roas  in  marchia,  1130  UK.  1.  137,  Rohitsch. 
Rotinstein  —  fontem   iuxta  — ,  quo   marcha   et  comitatos  ad 

Liubana  terminatur,  1066  US.  1.  78,  Rötheistein. 
Rogor  in  marchia,  c.  1145  US.  1.  244,  Rogeis. 
Ruoste,   Roiste   in   marchia  trans  siluam   1091  US.  1.  100,   in 

marchia  1196  D.  39.  101,  Maria  Rast. 
Scirmdorf  in  marchia,  1124  US.  1.  126,  Schirmdorf. 
Svarzaha  —  Guzbretdesdorf  et  deorsum  Svarzaha  —  in  marcha 

Karentana  et  in  comitatu  Otacheres  marchionis  1058  US. 

1.  74,  Swarza  in  marchia  iuxta  Libeniz  1144  US.  1.  233. 

Ob   unter   dem   Flusse   Schwarza   in   der   Urk.  1058    die 

Schwarza  bei  St.  Georgen   a.  d.  Stiefing,   wie  Zahn  US. 

1.  905  meint,  oder  die  Schwarzau  im  Gebiete  von  Putten, 

N.-Oe.,  wie  Andere  denken,  zu  verstehen  ist,  bleibt  fraglich. 
Stauwenz  rivus  in  marchia,  1160  US.  1.  388,  Stainz. 
Steniz  mons,  so  wie  Doberich,  Stenitz. 

Heremum  Ordinis  Cartusiensis  in  marchia,    1207  US.  2.  134, 

Seitz. 
Strazkanch  in  marchia,  c.  1145  US.  1.  249,  Strassgang. 
Stubenik  in  marchia,  1147  US.  1.  278,  Stübing. 
Soune  fluens,  so  wie  Zotle,  Sann. 
Souuue,  Sowe  fluens,  so  wie  Zotle,  Save. 
Sülze  in  marchia,  1185  US.  1.  627,  Suk. 
Svsil,   Svsel  nemus   in   comitatu  Marchuuardi  marchionis  970, 

in  comitatu  Gotefridi  1045  US.  1.  30,  63,  Sausal. 
Vduleniduor    theotisce    Nidrinhof   in    comitatu    Marchuuardi 

marchionis,  970  US.  1.  30,  Udeldorf. 
Werde  in  marchia,  1147  US.  1.  278,  Wörth. 

Erafn. 

Bizi  et  flumen  Bizi  in  marcha  Kreina  et  in  comitatu  Odelrici 
marchionis,  1058  Schumi  A.  1.  6,  Peischat  (Pesata),  östlich 
von  Laibach,  nach  Schumi  A.  1.  7,  Huber  Mitth.  d.  Instit. 
f.  österr.  Geschichtsforsch.  6.  391,  und  Meli  Kraiu  29. 


569 

Bitsa  rivus,  in  pago  Creine  in  marcha^  ad  eundem  pagiim 
pertinente,  in  comitatu  Vodalrici  marchionis,  1062  UK.  1. 
51,  Bijcepotok. 

Zelsah  in  comitatu  Poponis  comitis  —  Carniola  —  Creina- 
marcha,  973  UK.  1.  11,  Selzach. 

Circheniza  in  marchia  Creina  in  comitatu  Eberardi  marchionis, 
1040  UK.  1.  34,  Zirknitz. 

Zoura  in  comitatu  Poponis  comitis  —  Carniola  —  Creina 
marcha,  973  UK.  1.  11;  in  comitatu  Vualtilonis,  1002 
UK.  1.  22,  Zeyer. 

Zouriza  in  comitatu  Poponis  comitis  —  Carniola  — -Creina 
marcha,  973  UK.  1.  11,  kleine  Zeyer. 

Dobelgogesdorf  in  marcha  Kreina  et  in  comitatu  Odelrici 
marchionis,  1058  Schumi  A.  1.  6,  Diepoldsdorf. 

Ueldes  in  comitatu  Ualtilonis  1004,  in  comitatu  Odalrici  1011, 
in  marchia  Creina  in  comitatu  Eberhardi  marchionis  1040, 
UK.  1.  23,  24,  35,  Veldes. 

Vistriza  fluvius  in  marchia  Creina  in  comitatu  Eberhardi  mar- 
chionis, 1040  UK.  1.  35,  Feistriz. 

Gurca  superior  rivus  in  marcha  —  Creina  —  in  comitatu  Vodal- 
rici marchionis,  1062  UK.  l.  51,  Gurk. 

Herzogenbach  in  marcha  Kreina  et  in  comitatu  Odelrici  mar- 
chionis, 1058  Schumi  A.  1.  6,  Ponovbreg  nach  Schumi 
A.  1.  7  und  Huber,  Mitth.  d.  Inst.  6.  391. 

Lipnack  in  marcha  Kreina  et  in  comitatu  Odelrici  marchionis, 
1058  Schumi  A.  1.  6,  Lipnik. 

Libniza  fluvius  in  comitatu  Vualtilonis,  1002  UK.  1.  22, 
Leibnitz. 

Lonca  in  comitatu  Poponis  comitis  —  Carniola  —  Creina 
marcha,  973  UK.  1.  11,  Bischoflaak. 

Lonsa  in  marcha  —  Creina  —  in  comitatu  Vodalrici  mar- 
chionis, 1062  UK.  1.  51,  Gross-  oder  Klein-Lack  südlich 
von  Weixelburg  und  nicht  Laze,  wie  Schumi  UK.  1.  187 
zweifelnd  annimmt,  da  letzteres  mit  den  übrigen  Angaben 
der  benachbarten  Orte  (superior  rivus  Gurka  und  Bitsa) 
nicht  stimmt. 

L üb  nie  mons  in  comitatu  Poponis  comitis  —  Carniola  —  Creina 
marcha,  973  UK.  1.  11,  Lubinek. 

Otales  mons  in  marchia  Odalrici  marchionis,  1063  UK.  1.  52, 
Otalesch. 


560 

Sabniza  rivulus  in  comitatu  Poponis  comitis  —  Carniola  — 
Creina  marcha^  973  UK.  1.  11,  Safiiiz. 

Strasista  in  comitatu  Vualtilonis  comitis,  1002  UK.  l.  22, 
Strasize. 

Sabus  in  comitatu  Vualtilonis  1002,  Sovva  maior  et  minor  in 
comitatu  Odalrici  1011,  Suowa  in  marchia  Creina  in  comi- 
tatu Eberhardi  marchionis  1040,  UK.  1.  22,  24,  36,  Save. 

Susan e  in  comitatu  Poponis  —  Carniola  —  Creina  marcha, 
973  UK.  1.  11,  Zauchen. 

Istrien. 

Adignano  facimus   gastaldionem   —   salvo  jure   marchionatus 

Istrie,  1331  CDL,  Dignano. 
Albena,  Albona.  Patriarch  ist  marchio  totius  Istriae,  in  Albena 

ponit  gastaldionem  suum,  c.  1300  D.  1.  293;  de  marchio- 

natu  Istrie  Rub.  945,  Albona. 
S.   Andrea,    resedisset   Hueribent   Histriensium   comes    —    ad 

Trajectum  S.  Andree   iuxta  mare,   991  CDL,    S.  Andrea. 
Bangul    in    comitatu    Odalrici    marchionis,    1064   UK.    1.  54; 

Baniol   castrum   in   comitatu   Istriensi,    1102   UK.    1.   74; 

so  wie  Albena  D.  1.  293;  Bagnoli. 
Parencium,  so  wie  Albena  D.  1.  294,  Parenzo. 
S.  Petrus,  in  marcha  Odalrici  marchionis,  1067  UK.  1.  56,  in 

comitatu  Istriensi    1102  UK.  1.  74;    dann  so  wie  Albena 

D.  1.  293,  S.  Peter. 
Petrealbe  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Piera  bianca. 
BellegraduB  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Bellegrado. 
Penna  in  comitatu  Hystriensi,  1012  UK.  1.  25,  Pedena. 
Bergont,  so  wie  Albena  D.  1.  293. 
Puviendi  in   comitatu   Odalrici   marchionis    1064   UK.    1.   54, 

Pinquent   castrum   in   comitatu   Istriensi  1102  UK.  1.  74, 

Pinquetto,  so  wie  Albena  D.  1.  294;   Pinventum  de  mar- 

chionatu  Istrie,  1366  Rub.  945;  de  Pinguento  —  nolebant 

mihi  de  juribus  marchionatus  aliqualiter  respondere,  1393 

CDI.,  Pinguente. 
Pirani,   im   Gerichte   des   Histriensium   comes    sind   anwesend 

scavini   de   Castro   Pirani,   991    CDI.;    Pyrian  in  marcha 

Histrie   in  comitatu   marchionis  Odalrici  1062  UK.  1.  50; 

der  Patriarch  als  marchio  totius  Istriae  —  in  Pirano  ponit 


561 

gastaldionem  sunm,  qui  cognoscit  de  omnibus  questionibus 

et  punit  omnes  malefactoreS;  c.  1300  D.  1.  290,  Pirano. 
Pisino  in  comitaiu  Hystriensi,  1012  UK.  1.  26,  Pisino. 
Pola  und  Polesana,   der  Patriarch   als  marchio  totias  Istriae 

hat  daselbst  omnem  jorisdictionem,   c.  1300   D.    1.   292, 

Pola. 
Portule,  80  wie  in  Albena  D.  1.  291,  Portulis  de  marchionatu 

Istriae,  1366  Rub.  945,  Portole. 
Ballis,   so   wie   in  Albena   D.  1.  291;    Buglis  de  marchionatu 

Istriae  1366  Rub.  94d,  Buje. 
Calisedum  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Calesana. 
Castan,  wie  Calisedum,  Castagna. 
Castrum  Veneris,  wie  Calisedum,  dann  c.  1300:  der  Patriarch 

als  marchio  totius  Istriae  —  habet  castrum  Veneris  cum 

toto  territorio,  D.  1.  291,  Castel  Venere. 
Cernogradus  in   comitatu  Istriensi,    1102  UK.   1.  74;    Ceme- 

glado,  wie  Albena  D.  1.  294,  Cemigrad. 
Ciyitas  nova,   im  Gerichte   des  Histriensium   comes   ist   an- 
wesend ein  scavinus  civitatis  nove,   991  CDI.,   Cittanova. 
Cisterne  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Sterna. 
Cholm  castrum  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74;  Culmo, 

wie   Albena  D.  1.  294;    Colinum   de   marchionatu  Istriae 

1366   Rub.  945;   de  Coline   —   nolebant   mihi   de  juribus 

marchionatus  aliqualiter  respondere,  1393  CDI.,  Colmo. 
Gabi  da    in    marcha   Odalrici    marchionis,    1067    UK.    1.    56, 

Covedo. 
Tergeste,  so  wie  civitas  nova,  Triest. 
Truscvlo   in   marcha  Odalrici   marchionis,    1067   UK.    1.   56, 

Trusche. 
Druuine  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Tribano. 
Duo  Castra,  wie  Albena  D.  1.  292;    de  marchionatu  Istriae 

1366  Rub.  945,  Due  Castelli. 
Flanona,  wie  Albena  D.  1.  293;  de  marchionatu  Istriae  1366 

Rub.  945. 
Vrane  castrum  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Vragna. 
Grimaldo,  so  wie  Albena  D.  1.  294. 
Insula  in  comitatu  Istriensi,  1041  CDI.,  Isola. 
Justinopolis,   im  Gerichte  des  Histriensium  comes  erscheinen 

scavini  civitatis  Justinopolis,  991  CDI.;  dann  c.  1300  wie 

Pirano  D.  1.  290. 


562 

S.  Laurentius,  so  wie  Albena  D.  1.  292. 

Letai   castrum  in  comitata  Istriensi,    1102  UE.  1.  74,   Letano 

wie  Albena  D.  1.  293. 
Lemo  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Lemo. 
Lovnca   in    marchia   Odalrici    marchionis,    1067   UK.    1.   56, 

Lonche. 
Malezana,  wie  Albena  D.  1.  293. 
Ad  S.  Martinum  Rus  in   comitatu  Odalrici   marchionis,    1064 

UK.  1.  54;   S.  Martini  castrum  in  comitatu  Istriensi  1102 

UK.  1.  74;  Villa  S.  Martini  c.  1300,  wie  Albena  D.  1.  293; 

St.  Martin. 
Mimilliani  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Momiano. 
Montona,  Mrie  Albena  D.  1.  292,  Montone. 
Mugla,  der  Patriarch  als  marchio  totius  Istriae  in  Mugla  ponit 

gastaldionem  qui  cognoscit  —  et  est  terra  Mugle  camera 

d'.  patriarche,  c.  1300  D.  1.  290;  Muglia  de  marchionatu 

Istriae  1366  Rub.  945. 
Ozpe  in  marchia  Odalrici  marchionis,  1067  UK.  1.  56,  Ospo. 
Razari  in  marcha  Odalrici  marchionis,  1067  UK.  1.  56,  Rosariol. 
Ronz  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  73;   Roz,  wie  Albena 

D.  1.  293,  Rozzo. 
Rana,  Rubinium,  in  comitatu  Odalrici  marchionis  1064  UK.  1. 

54;  c.  1300  wie  Albena  D.  1.  292,  Rovigno. 
S.  Sirgo,  wie  Albena  D.  1.  293,  Sergo. 
Strengi   in   marchia   Hystriensi   Wuodalrici   marchionis,    1066 

UK.  1.  55,  Stregna. 
Umego  castrum  in  comitatu  Istriensi,  1102  UK.  1.  74,  Umago. 


Berichtigungen. 

Auf  Taf.  IV  ist  Gurke  mit  ==  zu  unterstreichen. 
Auf  Taf.  V  ist  Sabniz  mit  :==  au  unterstreichen. 
Auf  Taf.  VI  statt  Porencii  lies  Parencii. 


Hasenohbl.  Dentschla 


Taf.  I. 


Kasenoiirl.  Deutschlands  südöstl.  Marken  im  10.,  11.  u.  12.  Jahrh. 


Taf.  II. 


lüacliland. 


SwiH».** 


Mafsstab  1:300.000 


5 

L. 


0 


5 

-L. 


10 


IS 


20  km 


A.^^\.tm.    #ll_    a— A^>...I^V:^.V>    /»*^.Ll.t.A.         V  ^w«r*«     «k-  „  s       VT     •*••». 


Hasenöhrl.  Deutschlands  Bfldöstl.  Marken  im  10.,  11.  u.  12.  Jabrh.  Taf.  I 


Ostmark. 


Mafsstab  1:1,200.000 


Hasenohbl.  Deutschlands  südöstl.  Marken  im  10.,  11.  u.  12.  Jahrh. 


Taf. 


Steiermark. 


"marchiw 
convttettuM 

'iruxrekia  9t  comUeUtts 

I  Zppenateiner 

II  Xcunhajcker 
m  ü-uungauer 

*  WUhdttv 

r  m^tmnHcJpmjo. 

f  ^lipitotderufis 

P  irutrtxnssüxninit 


Taf.  V. 


Kjain  Ms  1100. 


afsstab  1:600.000 


if 


iS 


ae 


as 


30  SSkffI 


•^— i^aa^Wi 


vnnarchia^et'bt  ewnitatu^ 


\  .r 


i 


J 


Hasbnöhrl.  Deutschlands  südöstl.  Marken  im  10.,  11.  ii.  12.  Jahrh. 


Taf.  VJ 


Istrien. 


O  vviruxrMjdy 
•  th^  ccrnzttUu/ 


Mafsstab  1:600.000 


0 


10 


IS 


20 


25 


30 


35  km 


Archiv  für  dsterreichiocho  Geochichte.    LXXXII.  Band    ir 


H&lfftA 


STUDIEN 


ÜBER  DIE 


COßßESPONDENZ  DER  GENERALE 


GALLA8,  ALDßINGEN  UiND  PICCOLOMINI 


IM  FEBRUAR  1634. 


VON 


D"^  ALFONS  HUBER, 

WIRKUCHBM  lOTOLIEDE  DER  KAIS.  AKADEMIE  DEE  WISSEMSCHAPTElf. 


im  k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv  in  Wien  be- 
findet sich  ein  Manuscript  (Nr.  377)  mit  dem  Titel:  , Wahr- 
hafte Relation,  wie  der  endleibte  Herzog  von  Friedland  under 
dem  praetext  gesuechter  Winterquartieren  vor  die  kaiserlichen 
soltadesca  sich  des  hohen  erzstifts  Salzburg  impatroniren  wollen, 
so  ihm  aber  durch  die  sonderbare  Schickung  Gottes  misslungen, 
und  dardurch  seine  vorgehabte  grausambe  rebellion  vomemblich 
an  den  tag  komben.  Deswegen  dan  auch  die  gerechte  straf 
Gottes  über  ihne  und  seine  vomembste  redelsftlhrer  ergangen, 
so  alles  auf  das  kürzest  hierinnen  erzehlet  und  mit  vielen 
kaiserl.  Curbair.-  Friedland-  Gallas-  Aldringen-  Piccolominischen 
und  anderen  annoch  vorhandenen  Schriften  erweiset  und  pro- 
birt  würd/  Der  Verfasser  dieser  Relation  ist  des  Generals  Aldrin- 
gen Bruder  Paul,  Titularbischof  von  TripoKs,  der  sie  mit  einem 
Schreiben  vom  26.  December  1639  dem  Erzbischofe  von  Salz- 
burg tiberreichte.  Das  WerthvoUste  in  derselben  sind  die  81  Bei- 
lagen, welche  leider  nur  aus  nicht  immer  fehlerlosen  Abschriften 
bestehen.  Sie  bilden  ihrem  Inhalte  nach  zwei  wesentlich  ver- 
schiedene Gruppen.  Die  erste  betrifft  die  Bemühungen,  dem 
Corps  AJdringen's,  welcher  sich  nach  dem  Entsätze  Breisachs 
am  Ende  des  Jahres  1633  nach  Baiem  und  endlich  über  den 
Inn  zxuückziehen  musste,  Winterquartiere  im  Salzburgischen  zu 
verschaffen,  was  bekanntlich  am  Widerspruche  des  Erzbischofs 
scheiterte.  Hieran  schliesst  sich  ein  Briefwechsel  der  Generale 
Gkdlas,  Aldringen  und  Piccolomini,  welcher  sich  auf  die  Kata- 
strophe Wallenstein's  bezieht  und,  weil  er  die  Stinmiungen  und 
das  Vorgehen  der  genannten  Generale  beleuchtet,  von  grösster 
Wichtigkeit  flir  die  Geschichte  ist. 

Schon  Hurt  er  ^  hat  dieselben,  allerdings  in  sehr  ungenü- 
gender Weise    und    ohne    nähere   Bezeichnung   seiner    Quelle, 


^  Wallenstein  s  leUte  Lebensjahre,  S.  378  ff. 


566 

benützt.  Dann  hat  Ha  11  wich,  der  verdiente  Herausgeber  der 
Briefe  und  Acten  über  ,WaUen8tein's  Ende',  in  einem  am  1.  Juni 
1879  in  der  Wanderversammlung  des  Vereines  für  Geschichte 
der  Deutschen  in  Böhmen  gehaltenen  Vortrage  ,üeber  Wallen- 
stein's  Verrath'  einige  Stellen  daraus  mitgetheilt.^  Endlich  hat 
Irmer  in  seiner  so  werthvollen  Publication  ,Die  Verhandlungen 
Schwedens  und  seiner  Verbündeten  mit  Wallenstein  und  dem 
Kaiser  von  1631  bis  1634'  (3,  130 — 317)*  die  wichtigeren  Briefe 
aus  der  Zeit  vom  14.  Jänner  bis  zum  3.  März  zu  den  betreffen- 
den Tagen  meist  vollständig  abdrucken  lassen  und  auch  in  der 
Einleitung,  S.  XLVH  ff.,  mit  der  Besonnenheit,  welche  seine 
Darstellung  überhaupt  auszeichnet,  verwerthet.  Doch  scheint 
mir  die  Anordnung  der  meist  undatirten  Briefe  Aldringen's  und 
Piccolomini's  nicht  immer  richtig  zu  sein  und  Irmer  auch  darin 
geirrt  zu  haben,  dass  er  annimmt,  Aldringen  habe  Anfangs  Fe- 
bruar 1634  im  tiefsten  Incognito  eine  Reise  nach  Wien  unter- 
nommen, und  er  habe  den  Befehl,  Wallenstein  todt  oder  lebendig 
einzuliefern,  von  dort  zurückgebracht,  worin  ihm  dann  auch 
Wittich  in  seiner  verdienstvollen  Studie  über  ,  Wallenstein 's 
Katastrophe^*  gefolgt  ist.  Bei  der  grossen  Wichtigkeit,  welche 
die  Versuche  des  Kaisers  und  der  üntergenerale  Wallenstein's, 
den  GeneraUssimus  auf  irgend  eine  Weise  unschädlich  zumachen, 
für  die  Geschichte  dieser  Periode  des  dreissigjährigen  Krieges 
haben,  dürfte  eine  eingehendere  Prüfung  der  Datirung  der  er- 
wähnten Briefe  wohl  gerechtfertigt  erscheinen,  was  nur  durch 
eine  genaue  Angabe  des  Inhaltes  möglich  ist. 

Da  muss  nun  vor  Allem  constatirt  werden,  dass  die  Bei- 
lagen zu  der  Relation  des  Bischofs  von  TripoUs  nicht  chrono- 
logisch geordnet  sind,  wie  denn  die  Briefe  des  Generallieute- 
nants Gallas  fast  alle  den  anderen  vorausgehen,  ja  dass  durch 
ein  Versehen  beim  Einbinden  Briefe  durch  Blätter,  die  einen 
andern  enthalten,  unterbrochen  sind.  Es  ist  daher  nicht  za 
tadeln,  dass  sich  Irmer  bei  der  Einreihung  der  Actenstücke  nicht 
ausschliesslich  durch  die  Handschrift,  sondern  durch  sachliche 
Gesichtspunkte  bestimmen  Uess,   obwohl  sich   mir  ergeben  hat, 


*  Mittheilangen  des  Vereines,  18,  11  f. 

•  Publicationen  aus  den  königl.  preussischen  Staatsarchiven,  XL  VI.  Bd., 
Leipzig  1891. 

', Historische  ZeitschriftS  73,  224. 


567 

dass  die  Aufeinanderfolge  der  Schreiben  Aldringen's  und  Pic- 
colomini's  in  der  Handschrift  richtiger  ist  als  in  der  Ausgabe 
Inneres. 

Sehen  wir  auf  den  Inhalt  der  Briefe,  die  ,einen  streng 
vertraulichen  Charakter  tragen',  so  ergibt  sich  aus  denselben 
mit  Sicherheit,  dass  trotz  des  am  12.  Jänner  unterzeichneten 
Reverses  von  Pilsen  und  der  damit  verbundenen  Vorgänge  bis 
zum  Ende  dieses  Monats  von  einem  Verrath  Wallenstein's  in 
ihnen  nicht  die  Rede  ist. 

Gallas  spricht  in  einem  Briefe,  den  er  noch  von  Gross- 
Glogau  aus  an  Aldringen  schrieb,  nur  von  den  Schwierigkeiten, 
in  welchen  man  sich  in  Schlesien  ,in  Folge  des  unbegreiflichen 
Verdrusses  Wallenstein's  über  den  Hof'  befinde.^  Aber  auch 
als  er  am  24.  Jänner,  einem  Rufe  Wallenstein's  folgend,  nach 
Pilsen  gekommen  war,  weiss  er  nichts  Anderes  zu  melden,  als 
dass  er  Se.  Hoheit  wohlauf  gefunden  habe,  und  dass  dieser 
dem  Feinde  nicht  traue.*  Am  l.  Februar  schreibt  Gallas 
an  Aldringen,  dass  Wallenstein  ihm  gesagt  habe,  er  wünsche 
nur  eine  Entschädigung  ftir  das  Herzogthum  Mecklenburg, 
Sicherheit  für  sich  und  sie  alle,  dass  ihm  nicht  statt  einer  Be- 
lohnung eine  Beschimpfung  (qualche  afironto)  zu  Theil  werde, 
und  Befriedigung  der  Armee.* 

Man  könnte  annehmen,  dass  Gallas  aus  Furcht,  seine 
Briefe  aus  Pilsen  könnten  in  die  Hände  Wallenstein's  oder 
seiner  Anhänger  fallen,  mit  seinen  wahren  Ansichten  zurück- 
gehalten habe.  Aber  Piccolomini  und  Aldringen,  von  denen 
Ersterer  an  den  Kaiser,  Letzterer  an  den  spanischen  Botschafter 
in  Wien  über  die  Vorgänge  in  Pilsen  (am  11.  und  12.  Jänner) 
Bericht  erstattet,*  und  welche  dieselben  offenbar  in  bedenk- 
lichem Lichte  haben  erscheinen  lassen,  denken  in  dieser  Zeit 
noch  an  keinen  Verrath  Wallenstein's,  wie  ihre  Briefe  zeigen, 


^  Qui  ne  troviamo  in  grandisimi  travagli  per  li  desgusti  inresonevoli,  che 
sna  Altezza  k  della  Corte.  Irmer  3,  164,  zum  23.  Jänner,  was  unmög- 
lich ist,  da  Gallas  nach  Schreiben  Trczka's  vom  26.  »gestemS  also  am 
24.  nach  Pilsen  kam.    Ebendas.,  S.  166  f. 

•Irmer  3,  166. 

•Irmer  3,  193. 

*  Aldringen  sagt  dies  selbst  (Irmer  3,  205),  von  Piccolomini  meldet  es 
der  venetianiBche  Gesandte  in  Wien  am  4.  und  26.  Februar.  ,Archiv  für 
österr.  Geschichte'  2S,  417  f.,  424. 

ArehiT.  Bd.  LXXXH.   II.  Hilft«.  37 


568 

in  denen  sie  sich  ganz  offen  aussprechen.  Piccolomini  erklärt 
in  den  Briefen,  welche  er  vom  26.  bis  zum  30.  Jänner  an 
Aldringen  und  Gallas  schrieb,^  unumwunden,  dass  er  mit  dem 
Verhalten  Wallenstein's,  mit  der  militärischen  Unthätigkeit,  mit 
der  Wiederankntipfung  der  Friedensverhandlungen  mit  Sachsen 
und  Brandenburg  nicht  einverstanden  sei.  jUnsere  Armeen 
schwinden  zusammen/  schreibt  er  au  Aldringen,  ,die  Feinde 
werden  die  Gunst  der  Zeit  benützen,  am  Hofe  denkt  man  an 
keine  Vorsorge.'  ,Ich  habe  nur  die  Furcht,  dass  der  Herzog 
sich  (von  den  Feinden)  betrogen  sehen  und  das  Haus  Oester- 
reich  von  seiner  Höhe  herabgestürzt  werden  wird.'  Der  Feind, 
äussert  er  sich  am  30.  Jänner  gegen  Oallas,  wird  einen  Platz 
nach  dem  andern  in  Schwaben  und  Amberg  in  der  Oberpfalz 
nehmen  und  sich  dann  mit  allen  Kräften  gegen  Böhmen  wen- 
den können;  Wallenstein  werde  sich  getäuscht  sehen,  weil 
die  Feinde,  wenn  seine  Armeen  nicht  ebenso  stark  sind  wie 
die  ihrigen,  ihm  Gesetze  vorschreiben  oder  ihn  wieder  wie 
früher  mit  leeren  Worten  abspeisen  werden.  Aber  er  hofft,  dass 
die  Ankunft  des  Generallieutenants  Gallas  in  Pilsen,  wohin  auch 
er  auf  Wunsch  Walleustein's  gehen  will,  Abhilfe  bringen  werde. 
,Mit  meiner  eigenen  guten  Absicht,'  schreibt  er  am  26.  Jänner  an 
Aldringen,  ,und  mit  der  Klugheit  des  Herrn  Gallas  hoffe  ich  den 
Herzog  zu  jenen  Entschlüssen  zu  überreden,  welche  zu  seinem 
Ruhme  und  zum  Dienste  Sr.  Majestät  gereichen  werden,  und 
wenn  Se.  Hoheit  vom  Hofe  ftir  seine  Stellung  (stabilimento) 
Sicherheit  erhält,  so  weiss  ich  nicht,  w^as  er  mehr  verlangen 
könnte,  ohne  sich  in  Labyrinthe  zu  stürzen,  aus  denen 
er  keinen  Ausweg  finden  könnte.'  Auch  in  einem  Briefe  an 
Gallas  selbst,  vom  27.  Jänner,  drückt  Piccolomini  seine  Freude 
aus,  dass  dieser  in  Pilsen  sei  und  durch  sein  Ansehen  und  seine 
Klugheit  viele  Dinge  in  das  rechte  Geleise  und  den  Herzog 
von  Fricdland  dahin  gebracht  habe,  sich  seiner  Meinung  zu- 
zuwenden. Er  sei  nicht  überzeugt  gewesen,  dass  der  Herzog 
bei  Gallas'  Ankunft  gut  gesinnt  gewesen  sei,  und  wenn  er 
jetzt  dem  Feinde  nicht  vollständig  traue,  so  handle  er  nur 
nach   seiner  gewöhnlichen  Klugheit,   welche   nicht  dulde,   sich 


Urmer  3,  172,  1S6— 190.  Der  Brief  Piccolominrs  Tom  27.  Jänner  bei 
Hof  1er,  Beiträg^e  zur  Katastrophe  des  Hersogs  von  Friedland.  .Oesterr. 
Revue',  1867,  1,  86  f. 


569 

zweimal  von  demselben  berücken  zu  lassen.  Gallas  solle  in 
Pilsen  bleiben,  bis  er  dorthin  zurückgekehrt  sei.  Wenn  der 
Herzog  und  Gallas  ihn  wollen,  sei  er  bereit,  dahin  zu  fliegen, 
um  zu  erfahren,  was  man  verhandle,  und  wenn  der  Herzog 
sich  nach  dem  Rathe  des  Gallas  benehme,  so  wollten  sie  ihn 
gross  machen,  oder  den  Feind  schlagen  und  zu  -Tractaten 
zwingen,  wenn  der  Herzog  wolle. 

Piccolomini  ist  also  von  einem  gewissen  Misstrauen  gegen 
Wallenstein  erftiJlt  und  billigt  namentlich  seine  Unterhandlun- 
gen mit  Sachsen  nicht,  weil  er  überzeugt  war,  dass  er  nur 
betrogen  werden  würde.  Aber  an  einen  ofi^enen  Verrath  glaubte 
er  sicher  noch  nicht.  ^ 

Auf  einmal  tritt  nun  aber  eine  auffallende  Aenderung  im 
Tone  der  Briefe  dieser  Generale  ein. 

Die  Ursache  lag  vielleicht  in  neuen  Nachrichten,  welche 
aus  Pilsen  eingetroffen  sein  konnten  imd  die  ihnen  bedenklich 
vorkommen  mochten,  vielleicht  aber  auch  in  den  Mittheilungen 
und  Weisungen,  welche  sie  von  Wien  erhalten  hatten. 

In  Folge  der  Nachrichten,  welche  der  Kaiser  aus  Pilsen 
erhalten,   wo  Wallenstein    am    12.   Jänner   seine   versammelten 


^  Es  kann  daher  nnr  auf  leeren  Gerüchten  bemhen,  wenn  der  päpstliche 
Nuntius  in  Wien,  Kocci,  am  24.  Februar  1634  berichtet,  dass  Wallen- 
stein schon  vor  zwei  Monaten  diesem  General  einen  Theil  seiner  Pläne 
zu  enthüllen  begonnen  habe,  die  darin  gipfelten,  sich  mit  den  Feinden 
gegen  den  Kaiser  zu  verbinden,  sich  zum  Könige  von  Böhmen  zu 
machen  und  das  Haus  Gestenreich  der  Kaiserwürde  und  seiner  erb- 
lichen Besitzungen  zu  berauben,  von  denen  er  einen  Theil  Frankreich, 
Schlesien  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  zukommen  lassen  wollte,  dass  er 
gehofft  habe,  hiezu  rasch  die  Zustimmung  der  italienischen  Fürsten  zu 
gewinnen,  wenn  er  den  Spaniern  Mailand  und  Neapel  entrisse  und  einen 
Theil  des  Mailändischen  mit  dem  K^nigstitel  dem  Herzoge  von  Savoyen, 
den  andern  Theil  dem  Herzoge  von  Parma,  weiter  dem  Grossherzoge 
von  Toscana  einen  Theil  ^es  genuesischen  Gebietes  und  dem  Papste 
Neapel  gäbe,  dass  Piccolomini,  als  er  gesehen,  dass  die  Ausführung  dieses 
Planes  im  Werke  sei,  beim  General  Gallas,  zu  dem  er,  um  ihn  zu  ge- 
winnen (Anfangs  Jänner),  nach  Schlesien  geschickt  worden,  im  entgegen- 
gesetzten Sinne  gewirkt,  dass  er  Aldringen  durch  Altieri,  den  Kaiser 
aber  brieflich  von  diesem  Verrath  in  Kenntniss  gesetzt  und  als  bestes 
Mittel  dagegen  die  Ermordung  Wallenstein^s  empfohlen  und  der  Kaiser 
ihm  dies  erlaubt  habe,  wenn  es  ohne  Gefahr  für  sein  eigenes  Leben  ge- 
schehen könne.  (Mitgetheilt  von  Gindely  in  der  ,Allg.  Zeitung*  1882» 
April  13,  Nr.  103,  Beilage.) 

37* 


570 

Obersten  und  Generale  einen  Revers  hatte  unterschreiben  lassen, 
der  sie  fest  an  ihn  ketten  sollte,  und  wo  zum  Zwecke  der 
Verhandlungen  mit  Sachsen  imd  Brandenburg  der  General- 
lieutenant Arnim  erwartet  wurde  und  der  Herzog  Franz  Albrecht 
von  Sachsen -Lauenburg  noch  früher  eintraf,  wie  in  Folge  der 
vom  spanischen  Botschafter  Onate  erhobenen  Anklagen  gegen 
Wallenstein  wurde  vom  Kaiser  am  24.  Jänner  die  Erlassung 
eines  Patentes  beschlossen,  durch  welches  er  wegen  der  Noth- 
wendigkeit,  mit  dem  General-Obristen-Feldhat^tmann  eine  Ver- 
änderung vorzunehmen,  die  Officiere  und  Soldaten  ihrer  Pflichten 
gegen  ihn  enthob  und  vorläufig  an  den  General lieutenant  Gallas 
wies  und  wegen  der  Vorgänge  in  Pilsen  allen  Theilnehmem 
Amnestie  versprach,  nur  Wallenstein  und  ,zwei  andere  Personen 
(Ilow  und  Trczka)  ausgenommen,  die  sich  zu  diesem  Werk  als 
Rädelsfllhrer  vor  andern  gebrauchen  lassend 

Doch  wollte  man  zunächst  nur  jene  Generale,  auf  die 
man  sich  unbedingt  verlassen  konnte,  Gallas,  Aldringen  und 
Piccolomini,  in  das  Geheimniss  einweihen.  Wahrscheinlich  am 
letzten  Jänner  ^  wurde  der  Generalkricgscommissär  Walmerode  an 
Piccolomini  und  Aldringen  abgesendet,  während  derselbe  nicht 
wagte,  sich  zu  Gallas  nach  Pilsen  zu  begeben. 

Ueber  die  Aufträge,  welche  Walmerode  ihnen  überbrachte, 
haben  wir  leider  keine  unmittelbaren  Nachrichten.  Doch  meldet 
der  gut  unterrichtete  spanische  Botschafter,  dass  die  getreuen 
Häupter  den  geheimen  Befehl  erhalten  haben.  Wallenstein  und 
einige  wenige  Personen,  seine  intimsten  Vertrauten,  gefangen 
nehmen  zu  lassen,  um  ihn  zu  verhören  und  ihm  wegen  der 
gegen  ihn  erhobenen  Anklagen  den  Process  zu  machen.*  Fürst 
Eggenberg  theilte  dem  bairischen  Gesandten  Eichel  mit,  der 
Kaiser  habe  denen,  ,die  es  exequiren  sollen',  den  Befehl  ge- 
geben, ,sicher  und  dextre  zu  gehen,  damit  sie  sich  selbst  und  Ihre 
Maj.  sambt  dem  gemeinen  Wesen  nit  zumal  präcipitiren,  da 
man  nit  fUr  ratsamb  befunden,  das  werk  gestrack  a  violenti 
anzufangen,  und  weil  etliche  imder  der  armada  rein,  etliche 
nit,   dieselbe   offenlich   von   einanderen   zu  trennen   und  in  ein 


^  Am  81.  Jänner  schrieb  der  Bischof  von  Wien  dem  General  Aldringen, 
Walmerode  werde  ihn  vom  Stande  der  Dinge  in  Kenntniss  setzen. 
Harter,  a.  a.  O.,  S.  376.   Früher  wird  Walmerode  nicht  abgereist  sein. 

3  Ranke,  Gesch.  Wallenstein's  (3.  Au6.),  S.  369. 


571 

raptur  zu  bringen,  sintemal  hieraus  den  feinden,  so  in  der  nahe 
und  nichts  mehrers  begehren,  grosser  vorthel,  ihrer  Maj.  aber  .  .  . 
unwiderbringlicher  schaden  zuewachsen  würde.  Den  bevelch, 
zu  exequiren,  haben  ihre  Maj.  gegeben,  aber  darneben  nit  vor- 
schreiben konden,  wann  und  wie  man's  exequiren  soll,  sonder  dies 
müessen  die  verordnete  executores  erst  ex  re  nata  schliessen  und 
sich  darnach  richten,  ob  es  ohne  erweckung  grösserer  gefahren 
violenter,  oder  in  andere  weg  sicherer  kond  exequirt  werden.'^ 

Spätestens  am  3.  Februar  muss  Walmerode  bei  Piccolo- 
mini  in  Linz  eingetroffen  sein,  weil  er  bereits  am  4.  bei  Al- 
dringen  im  Passau  war.^ 

Doch  ist  es  möglich,  dass  der  Brief,  den  Piccolomini  am 
3.  Februar  an  Aldringen  richtete,  *  noch  vor  Walmerode's  An- 
kunft abgefasst  worden  ist,  da  nichts  darin  mit  Bestimmtheit 
auf  Weisungen  vom  Hofe  hindeutet.  Piccolomini  schreibt,  dass 
ihm  der  Oberst  Diodati  mit  Zustimmung  des  Gallas  einen  chiffrir- 
ten  Brief  geschickt  habe,  den  der  ihm  sendet,  dass  man  sich  aber 
sehr  in  Acht  nehmen  müsse,  damit  der  (Wallenstein)  den  Qallas 
und  ihn  (me)  nicht  täusche.  Er  werde  sich  nach  dessen  (des 
Gallas)  •  Nachrichten  richten  und  auch  wenn  er  glaube,  dass 
es  ihn  das  Leben  koste,  nach  Pilsen  gehen  und  den  Entschluss 
fassen,  der  nothwendig  sei.  Um  Trczka  im  Vertrauen  zu  er- 
halten, habe  er  ihm  geschrieben,  dass  er  auf  das  Verhalten 
Aldringen's  sein  Augenmerk  richten  werde, ^  weswegen  dieser 
in  einem  etwaigen  Briefe  nach  Pilsen  sich  stellen  möge,  dass 
er  mit  ihm  unzufrieden  sei.  Auch  der  Hof  soll  die  Sache 
geheim  betreiben.  (Wallenstein)  leugne  dem  Gallas  gegenüber, 
was  Aldringen  demselben  gesagt;  er  wolle  aber  Frieden  machen 


Urmer  3,  242  f. 

'  Aldringen's  Schreiben  an  Wallenstein,  bei  Hall  wich,  2,  211  ff. 

'  In  der  Handschrift,  fol.  222.  Irmer  3,  200.  Was  hier  als  Postscriptum  1 
folgt,  ist  in  der  Handschrift,  fol.  223,  nicht  als  solches  bezeichnet  und 
steht  auf  einem  eigenen  Blatt,  wie  dann  auch,  fol.  224,  das  als  Post- 
scriptum bezeichnete  StUck,  das  Irmer  als  Postscriptum  2  mitgetheilt  hat. 
Im  ,Directoriam  der  BeilagenS  welches  in  der  Handschrift  der  geschicht- 
lichen Relation  beigegeben  ist,  sind  sie  als  des  Piccolomini  ,drey  under- 
schiedliche  Handbrieflein,  so  dessen  Redlichkeit  testificiren*,  bezeich- 
net.  Ich  glaube  nach  dem  Inhalte  die  zwei  letzten  Stücke  später  setzen 

^  zu  sollen. 

*  Dies  war  ihm  am  1.  Februar  von  Trczka  befohlen  worden,  der  ihm  zugleich 
die  Ankunft  des  Herzogs  Franz  Albrecht  gemeldet  hatte.    IrnTer  3,  191. 


572 

und  sich  des  Heeres  versichern,  und  dann  werde  man  sehen. 
Qallas  werde  bis  zur  Ankunft  Amim's  in  Pilsen  bleiben,  weil 
dieser  nach  der  Behauptung  Trczka's  nur  mit  ihm  unterhandeln 
wolle,  was  aber  wohl  eine  Finte  sei.  Sie  zeigen  auch  grosse 
Anerbietungen  von  Seite  Frankreichs. 

Wohl  noch  am  nämlichen  Tage  wurde  ein  Brief  Piccolo- 
mini's  an  Aldringen  geschrieben,  welcher  sich  in  der  Hand- 
schrift an  die  ,drei  Handbrieflein'  anschliesst.  ^  ,Von  Herrn 
Walmerode  habe  ich  den  Willen  (la  mente)  des  Kaisers  ver- 
nommen. Ich  bin  bereit.  Alles  auszuführen,  aber  wie  ich  früher 
gemeldet,*  muss  mich  GaDas,  ehe  ich  abreise,  benachrichtigen, 
wie  ich  mich  verhalten  soll,  weil  es  ihm,  der  jetzt  dort  ist,  zu- 
kommt, nach  seiner  Meinung  die  Sachen  anzuordnen  .  .  .  Wenn 
Gallas  mich  nicht  benachrichtigt,  ist  es  ein  Zeichen,  dass  die 
Dinge  nicht  so  gefährlich  stehen,  wie  der  Mensch  (rhuomo) 
glaubt.  Für  die  Vollstreckung  (esecutione)  muss  man  uns  andern 
Häuptern  den  Tag  mittheilen  .  .  .  Ich  bestärke  mich  in  der  io 
einem  andern  Briefe*  geäusserten  Meinung,  dass  man  Arnim  und 
Franz  Albert,  wenn  sie  dort  sein  werden,  gefangen  nehmen 
oder  tödten  soll  .  .  .  Wenn  Gallas  mich  benachrichtigt,  um  diese 
Sache  auszuführen,  ist  es  sehr  nothwendig,  dass  wir  uns  be- 
sprechen, um  darüber  Anordnungen  zu  treffen.' 

In  der  Handschrift  folgt  unmittelbar  darauf  die  Antwort 
Aldringen's,^  die  spätestens  am  4.  Februar  geschrieben  sein 
wird.  Er  meldet,  dass  er  dessen  Brief  durch  Walmerode  er- 
halten, diesem  Alles  mitgetheilt,  was  sie  vereinbart,  und  ihn 
gebeten  habe,  dass  man  am  Hofe  für  Geld  sorge  und  die  treuen 
Diener  des  Kaisers  unterstütze.  Er  sei  ganz  bestürzt,  weil  er 
vor  mehr  als  vierzehn  Tagen  dem  spanischen  Botschafter  mit- 
getheilt,  was  in  Pilsen  geschehen,  und  noch  keine  Antwort  er- 
halten habe,  während  doch  nach  seiner  Ansicht  keine  Stunde 
zu  verlieren  sei.  Er  dankt  ihm  für  den  chiffrirten  Brief  und 
lobt  seine  Rathschläge,  glaubt  aber,  dass  vor  Allem  Gallas  und 
CoUoredo  unterrichtet  werden  sollten,  damit  ein  gemeinsames 
Vorgehen  möglich  sei.  Er  werde,  wenn  es  ihm  befohlen  wird  und 
Gallas  ihn  dazu  anweist,  nach  Pilsen  zu  gehen,  weil  Wallenstein 


»Fol.  226.    Irmer  3,  204. 

'  Der  betreffende  Brief  ist  bisher  leider  nicht  bekannt  geworden. 

»  Fol.  227.    Irmer  3,  205. 


573 

keine  entschlossenen  Leute  bei  sich  hat.  Wenn  sie  dann  sehen^ 
dass  dieser  sich  nicht  in  den  gebührenden  Schranken  halten 
wolle,*  so  werden  GaUas  und  er  alle  jene  Schlechtgesinnten  und 
deren  Haupt  beim  Kopfe  nehmen,  da  er  500  Reiter  vier  Stunden 
von  Pilsen  einquartirt  habe  und  Diodati  mit  seinem  Regimente 
ebenfalls  dort  sei,  so  dass  sie  zur  Ausführung  eines  Entschlusses 
stark  genug  seien.  Er  sei  auch  der  Meinung,  dass  man  Franz 
Albert  und  Arnim,  wenn  sie  nach  Pilsen  kämen  und  man  sähe, 
dass  sie  die  Absicht  hätten,  sich  mit  Wallenstein  zu  verbinden, 
auf  dem  Wege  in  Stücke  hauen  lassen  solle,  eine  Ansicht,  die 
er  auch  gegen  Walmerode  geäussert,  damit  er  sie  dem  Hofe 
oder  dem  Fürsten  Eggenberg  oder  einem  entschlossenen  Minister 
niittheile.  Er  hoflfe  auch,  dass  G alias  und  er  den  (Wallen- 
stein) umzustimmen  vermöchten,  und  dass  diesen  das  Gewissen 
drücken  würde. 

Hier  könnte  man  vielleicht  den  von  Inner  3,  201  als  Post- 
scriptum  1  abgedruckten  Brief  Piccolomini^s  (fol.  223)  einreihen, 
worin  er  Aldringen  mittheilt,  dass  man  mit  einer  allgemeinen 
Rebellion  gegen  den  Kaiser  umgehe  und  der  GeneraUssimus 
auf  jede  Weise  sich  mit  dem  Feinde  zu  verständigen  suche, 
worin  er  weiter  sagt,  dass  er  mit  vielen  Anderen  für  den  Kaiser 
und  die  Religion  sterben  wolle,  und  den  Wunsch  nach  einer 
Unterredung  mit  jenem  ausspricht.  Denn  Piccolomini  bemerkt 
hier,  dass  Gallas  und  Colloredo  von  Allem  unterrichtet  seien, 
was  Aldringen  in  seiner  Antwort  auf  Piccolomini's  Schreiben 
vom  3.  Februar  als  vor  Allem  nothwendig  bezeichnet  hatte. 
In  einer  Nachschrift,  worin  er  die  Absendung  eines  eingehen- 
den Berichtes  über  die  Lage  und  die  in  Pilsen  gepflogenen 
Verhandlungen  erwähnt,  ersucht  er  um  die  Bezeichnung  einer 
verlässlichen  Person  ftlr  die  Correspondenz,  wenn  sie  sich  nicht 
so  bald  sehen  könnten. 

Für  eines  der  nächsten  Stücke  möchte  ich  den  Brief 
Aldringen's  halten,  welchen  Irmer  3,  209  als  Postscriptum  1  zu 
einem  vom  5.  Februar  datirten  mitgetheilt  hat,  der  aber  in  der 
Handschrift  (fol.  230)  nicht  als  solches  bezeichnet  ist  und  auch 
auf  einem  eigenen  Blatte  steht.  Er  sei,  schreibt  er,  in  grösster 
Verlegenheit  und  möchte  für  den  grossen  Dienst,  welchen  er 
dem  Hause  Oesterreich  zu  leisten  hoffe,   nicht  mit  Undankbar- 


^  Se  yedessimo,  che  S.  A.  non  vogli  stare  su  termini. 


574 

keit  belohnt  werden.  Er  habe  auf  verschiedene  Berichte  an 
Gallas  und  Colloredo  nur  einen  Brief  von  Gallas  erhalten^  und 
auch  der  Hof  schicke  ihm  keine  Nachrichten. 

Was  Inner  als  Postscriptum  2  bezeichnet,  kann  ein  selbst- 
ständiges Schreiben  sein,  wie  es  auch  in  der  Handschrift  ein  eige- 
nes Blatt  (fol.  231)  bildet,  dürfte  aber  zeitlich  mit  dem  Voraus- 
gehenden zusammenfallen.  Aldringen  meldet,  dass  Franz  Albert 
(am  1.  Februar)  in  Pilsen  angekommen  sei,  wie  auch  ein  Mann 
aus  Frankreich,  bemerkt  weiter,  dass  er  vom  Hofe  noch  keine 
Antwort  erhalten  habe  und  daher  die  Entschliessimg  desselben 
nicht  kenne,  dass  er  neuerdings  einen  Boten  um  Weisungen 
absende,  dass  er  gehört  habe,  Eggenberg  oder  andere  Minister 
soUten  nach  Pilsen  gehen,  und  dass  er  vor  Allem  die  Absen- 
dung von  Geld  verlange. 

Der  Brief  Piccolomini's,  den  Inner,  S.  206  f ,  aus  fol.  232, 
abdruckt,^  ist  oflFenbar  die  Antwort  auf  dieses  Schreiben,  nicht, 
wie  jener  meint,  auf  das  S.  205  mitgetheilte.  Piccolomini  drückt 
sein  Bedauern  aus,  dass,  während  Franz  Albert  mit  einer  Per- 
sönlichkeit in  Pilsen  sei,  Aldringen  noch  keine  Antwort  und 
keine  Entscheidung  vom  Hofe  erhalten  habe.  Jede  Verzögerung 
sei  gefkhrlich,  und  Aldringen  habe  recht  gcthan,  neuerdings  an 
den  Hof  zu  senden.  Wenn  auch  Eggenberg  oder  ein  anderer 
Minister  nach  Pilsen  gehe,  so  werde  dies  zu  nichts  dienen  als 
den  (Wallenstein)  einzuschläfern.  Vor  Allem  sei  nothwendig, 
sich  mit  Geld'  zu  versehen  und  sich  des  (Wallenstein)  und 
seiner  Anhänger  zu  bemächtigen,  was  aber  nur  durch  das  An- 
sehen des  .  .  .  (chiffrirter  Name)  oder  des  Gallas  geschehen 
könne.  Man  dürfe  aber  keine  Zeit  verlieren.* 

Endlich  trafen  aus  Wien  die  ersehnten  Weisungen  ein. 
Das  leider  ebenfalls  undatirte  und  am  Anfange  unvollständige 
Actenstück  (fol.  245)  hat  Irmer  3,  215  f  mitgetheilt.   Er  habe. 


*  Uebrigens  mit  dem  willkürlichen  Datum  ,Febr.  5,  Krumau*,  während  in 
der  Handschrift  das  Datum  fehlt. 

'  Statt  dovero  ist  natürlich  danaro  zu  lesen.    Die  Handschrift  hat  dauero. 

'  In  der  Handschrift  folg^  nun  zunächst,  fol.  233,  der  Brief  des  Gallas  Yom 
2.  Februar  (Irmer  3,  193),  dann  fol.  236  ein  ausnahmsweise  datirtes 
(di  Lintz  li  4.  Febraro  1634),  aber  inhaltlich  bedeutungsloses  Schreiben 
Piccolomini's  an  Aldringen,  dem  er  meldet,  dass  eben  Spinaci  gekommen 
sei  und  einen  Brief  Wallenstein^s  an  denselben  und  des  Gallas  an  ihn 
gebracht  habe. 


575 

meldet  der  Schreiber,  dem  spanischen  Botschafter  lebhaft  er- 
widert, was  der  Adressat  (,V.  E/)  ihm  aufgetragen,  und  nach- 
dem sie  von  9  bis  l  Uhr  die  Sache  erörtert,  habe  derselbe  sich 
die  wichtigsten  Punkte  notirt,  um  sie  dem  Kaiser  mitzutheilen. 
Die  Absendung  eines  Minister  könne  nicht  stattfinden,  weil 
dies,  da  Se.  Hoheit  (Wallenstein)  es  nicht  verlangt,  nur  dessen 
Verdacht  erregen  und  keinen  sichtlichen  Vortheil  bringen  würde. 
Denn  für  die  Zeit  vor  dem  ,Falle'  (caso)  und  bei  der  Ausfüh- 
rung desselben  sei  das  Patent  für  Gallas  sehr  umfassend  (am- 
plissima)  und  für  Alles,  was  geschehen  kann,  ausreichend,  nach 
dem  Falle  werde  gleich  N.  (chiffiirter  Name)  kommen,  die 
Armee  befriedigen  und  das  weiter  Noth wendige  thun.  Man 
möge  aber  bedenken,  dass,  wenn  auch  die  Sache  bis  jetzt  ge- 
heim sei,  jeder  Tag  die  Gefahr  der  Entdeckung  bringen  könne, 
weil  Viele  davon  wissen  und  der  (Wallenstein)  sehr  hochstehende 
Spione  (grandissime  spie)  habe.  Der  spanische  Botschafter  rathe 
d^er,  die  Execution  sobald  als  möglich  vorzunehmen,  weil  davon 
der  Dienst  des  Kaisers  und  des  Hauses  Oesterreich  und  das 
Leben  des  Adressaten  abhänge  und  der  Kaiser  sich  auf  den 
(Wallenstein)  nie  mehr  verlassen  könne.  Geld  könne  man  jetzt 
nicht  schicken,  weil  dies  nur  den  Verdacht  Sr.  Hoheit  erregen, 
das  Leben  des  Gallas  und  Anderer  in  Gefahr  bringen  und  jenen 
veranlassen  würde,  sich  den  Feinden  in  die  Arme  zu  werfen. 
Aber  das  Geld  werde  bereit  sein,  wie  der  Kaiser  und  der  Bot- 
schafter versichern,  abgesehen  davon,  dass  die  Confiscation  der 
Güter  des  (Wallenstein)  und  Trczka  die  Mittel  zur  Befriedigung 
der  Armee  und  zur  Belohnung  der  Getreuen  liefern  werde;  man 
möge  nur  die  Execution  schnell  vornehmen,  weil  jedes  Uebel, 
das  daraus  folgen  könne,  geringer  sei  als  der  Ruin,  der  jeden 
Tag  eintreten  könne,  wenn  man  diesen  Menschen  länger  am 
Leben  lasse.  Den  Antrag,  Arnim  und  Franz  Albert  in  Stücke 
hauen  zu  lassen,  wolle  der  Kaiser  nicht  gutheissen.  Das  sei 
das  Wesentliche,  was  er  neulich  erfahren  habe.  Als  er  gestern 
Abends  die  Resolution  holen  gegangen  und  am  Orte  der  Zu- 
sammenkunft gewesen  sei,  habe  ihm  der  Botschafter  durch 
seinen  Secretär  sagen  lassen,  dass  er  nichts  wisse,  und  dass 
sie  ihn  (mi)  ohne  eine  bestimmte  Antwort  nicht  fortschicken 
könnten,  dass  diese  aber  längstens  in  zwei  oder  drei  Tagen  er- 
folgen würde.  Er  halte  sich  also  Incognito  vor  dem  Thore  (alla 
porta)  auf  und  werde  die  Depesche  erwarten,  die  sie  ihm  geben 


576 

werden,  um  dem  Adressaten  Nachricht  und  an  Gallas  die  Re- 
solution zu  bringen. 

Irmer  nimmt  an,*  dass  dieser  Bericht  von  Aldringen  an 
Piccolomini  gerichtet  und  am  6.  oder  7.  Februar  geschrieben 
sei,  dass  also  Aldringen  selbst  eine  geheime  Reise  nach  Wien 
unternommen  habe,  um  durch  Onate  vom  Kaiser  bestimmte 
Befehle  einzuholen,  und  dass  er  mit  dem  Botschafter  vor  den 
Thoren  Wiens  (alla  porta)  eine  geheime  Unterredung  gehabt 
habe.  Dass  diese  Hypothese,  der  auch  Wittich  gefolgt  ist,* 
sich  nicht  halten  lasse,  unterliegt  keinem  Zweifel. 

Schon  der  Ton  des  Schreibens  zeigt,  dass  dasselbe  nicht 
an  einen  Gleichgestellten,  sondern  an  einem  Höherstehenden  ge- 
richtet sei.'  Das  Itinerar  Aldringen's  lässt  eine  Heise  desselben 
nach  Wien  um  diese  Zeit  geradezu  als  unmöglich  erscheinen. 
Wir  haben  von  ihm  Briefe  aus  Passau  vom  28.  und  30.  Jänner 
imd  von  3.,  4.  und  5.  Februar.*    Am  Morgen  des  7.  oder  des 

8.  Februar   brach    er   nach   Böhmen    auf  und    ist  bereits   am 

9.  in  Krumau.^  Zwischen  dem  30.  Jänner  und  dem  3.  Februar 
ist  er  sicher  nicht  in  Wien  gewesen,  weil  er  vor  der  Ankunft 
Walmerode's  keinen  Anlass  dazu  hatte.  Für  eine  Reise  von 
Passau  nach  Wien  und  wieder  zui'ück  zwischen  dem  5.  und 
dem  Morgen  des  8.  Februar  reichte  die  Zeit  nicht  aus.  Denn 
der  Schreiber  des  früher  mitgetheilten  Berichtes  ist  ja  nicht 
nach  Wien  gekommen,  um  etwa  mit  Onate  vor  dem  Stadtthore 
eine  kurze  Unterredung  zu  pflegen,  und  dann  wieder  rasch 
zurückgereist,  sondern  er  hat  mit  ihm  länger  verhandelt,  schon 


» 3,  LI  f. 

>  Historische  Zeitschrift,  73,  224  ff. 

'  S.  z.  B.  den  Anfang :  Ho  replicato  vivamente  all*  ambasciatore  di  Spa^« 
qaello  che  V.  £.  mi  command6. 

*  Irmer,  3,  186.  Hall  wich,  2,  201,  208,  210  f.,  216,  449.  Oesterr.  Revue, 
a.  a.  O.,  S.  87,  98. 

'Schreiben  an  den  Kaiser  bei  Hallwich,  2,  458.  Nach  dem  Berichte 
Richers  aus  Wien  vom  15.  Februar  sind  Aldringen  und  Piccolomini,  der 
eine  aus  Passau,  der  andere  aus  Linz  am  7.  Februar  ,in  der  Nacht 
morgens  früh*  nach  Pilsen  abgereist,  und  zwar  Piccolomini  um  2,  Al- 
dringen um  4  Uhr  (Aretin,  Wallenstein.  Urkunden,  S.  18).  Aber  Picco- 
lomini schreibt  noch  am  7.  von  Linz  aus  an  Aldringen  und  Gallas  und 
meldete  diesem  seine  Absicht,  am  8.  nach  Pilsen  abzureisen.  Irmer, 
3,  218;  Oesterr.  Revue,  S.  88.  Wahrscheinlich  erfolgte  also  auch  die 
Abreise  Aldringen's  am  Morgen  des  8.  Februar. 


577 

am  Tage  vor  der  Al^fassung  des  Schreibens  eine  Antwort  von 
ihm  erhalten  und  musste  dann  noch  auf  eine  definitive  Entschei- 
dung waften.  Wir  wissen  übrigens  aus  den  früher  angeführten 
Briefen  Aldringen's  an  Piccolomini,  dass  er  sehnsüchtig  Wei- 
sungen von  Wien  erwartete,  und  dass  er  einen  eigenen  Boten 
dorthin  abgeschickt  hatte.^  Dieser  ist  offenbar  der  Schreiber 
des  Briefes  und  nicht  an  Piccolomini;  sondern  an  Aldringen  ist 
er  gerichtet. 

Bald  kam  denn  auch  der  Bote  zurück  und  brachte  die 
ersehnten  Weisungen,  wie  Aldringen  an  Piccolomini  mittheilt. 
,Die  Person  (schreibt  er  diesem*)  ist  aus  Wien  zurückgekehrt 
und  bringt  vom  Grafen  Onate  die  EntSchliessung  des  Kaisers, 
sich  des  (Wallenstein)  durch  Verhaftung  oder  Tod  zu  ver- 
sichern.*' Da  aber,  fUhrt  er  fort,  die  Ausführung  schwer  sei, 
wenn  nicht  der  Hof  zur  Gewinnung  des  missvergnügten  Heeres 
Vorsorge  treflfe,  so  sende  er  von  Neuem  nach  Wien,  um  noch 
genauer  darzuthun,  dass  die  Sache  nicht  übereilt  werden  könne, 
dass  der  Hof  sich  verstellen,  für  Geld  sorgen  imd  unter  dem 
Scheine,  den  Friedensunterhandlungen  mehr  Ansehen  zu  geben, 
einen  beherzten  Minister  nach  Pilsen  schicken  solle,  um  die 
Conventikel  zu  stören,  welche  nach  der  Ankunft  Arnim's  statt- 
finden sollen.  Wenn  man  dann  (dort)  einen  Beschluss  zum 
Nachtheile  des  Kaisers  fasse,  so  bleibe,  da  man  ohne  Gallas  und 
ihn  (me)  nichts  machen  könne,  noch  Zeit,  das  zu  thun,  was 
nothw^endig  sei,  um  sich  vor  den  Gefahren  zu  schützen,  die 
man  dem  Kaiser  bereite.  Dieselbe  Person  werde  dann  zu  Gallas 
gehen  und  ihm  von  Allem  Nachricht  geben.  Da  er  sehe,  dass 
man  am  Hofe  die  schnelle  Ausführung  wünsche,  aber  lau  in 
der  HerbeischaflFung  der  nothwendigen  Mittel  sei,  so  werde  er 
ihnen  in  entschiedenen  Worten  sagen,  sie  möchten  sich  wohl 
in  Acht  nehmen,  damit  sie  nicht,  um  ein  Feuer  auszulöschen, 
ein  ebenso  gefährliches  entzünden. 

Auch  der  Inhalt  dieses  Schreibens  spricht  dafür,  dass  die 
Ansicht,  Aldringen  selbst  sei  in  Wien  gewesen  und  habe  die 
Weisung,  Wallenstein   gefangen    oder   todt    einzubringen,    mit- 


*  Vgl.  auch  die  Mittheilung  seines  Bruders  Paul  bei  Irmer  3,  214,  N.  1. 
»Fol.  237,  Irmer  3,  216. 

•  i  tomata  la  persona  da  Vienna  e  porta  dal  Conte  d'Ognate  la  risolutione 
deir  Imperatore  d'assicurarsi  del  (Wallenstein)  per  prigionar  o  per  morte. 


578 

gebracht,  unhaltbar  sei.  Aldringen  hätte  doch  gewiss  nicht  sich 
als  ,die  Person'  bezeichnet,  wie  er  denn  von  sich  immer  in  der 
ersten  Person  spricht.  Auch  die  Annahme  Hallwich's,  dass 
Piccolomini  den  Brief  geschrieben,  und  dass  Walmerode  ,die 
Person'  sei,^  lässt  sich  nicht  halten. 

Das  ,Directörium'  macht  es  auch  wahrscheinlich,  dass 
dieses  Stück  ebenfalls  am  Anfange  unvollständig  ist,  indem  es 
den  Inhalt  desselben  mit  folgenden  Worten  wiedergibt:  , Aldrin- 
gen bericht  dem  Piccolomini,  das  er  bey  Ankhunft  des  Herrn 
Walmerod's  durch  einen  aignen  nacher  Hoff  berichtet,  weillen 
er  zwar  die  kay.  Resolution  wieder  den  Friedtländer  aber  khein 
Geld  mitbracht,  und  das  er  nebent  diesen  auch  soUicitire,  damit 
man  einen  vomemben  kay.  Ministrum  von  Hoff  auß  nacher 
Pilsen  schickhe,  die  Conventicula  und  Tractaten  zu  verhindern/ 
Wenn  es  weiter  heisst:  , Aldringen  communicirt  dem  Piccolo- 
mini, was  ihme  der  Herr  Oniate  auf  seine  vnderschiedHchen 
nacher  Wien  durch  einen  aignen  tiberschickhte  puncta  geant- 
wortet,' so  deutet  dies  darauf  hin,  dass  der  früher  mitgetheilte 
Bericht  seines  Boten  über  die  Unterredungen  mit  dem  spani- 
schen Botschafter  die  Beilage  zu  einem  Schreiben  Aldringen's 
an  Piccolomini  gebildet  hat,  das  der  Verfasser  der  ,Relation^ 
nicht  unter  die  Beilagen  aufgenommen  hat. 

Der  Brief,  welchen  Piccolomini  auf  diese  Mittheilungen 
und  die  Bitte  Aldringen's,  ihm  seine  Ansicht  hierüber  bekannt- 
zugeben, an  diesen  gerichtet  hat,  liegt  uns  vor*  und  schliesst 
sich  in  der  Handschrift  (fol.  238)  unmittelbar  an  das  Schreiben 
Aldringen's  an.  Piccolomini  dankt  diesem  für  die  Mittheilung 
der  vom  Hofe  erhaltenen  Resolution  wie  eines  von  Gallas  er- 
haltenen Briefes,  billigt  seine  dem  Hofe  gemachten  Vorstellun- 
gen, ftlrchtet  aber  doch  Nachtheil  von  einer  Verschiebung  der 
Execution,  weil  ,die  Person'  (Wallenstein)  Nachricht  erhalten  und 
seine  Pläne  ausführen  könnte.  Gallas  und  Aldringen  sollen  daher 
wohl  überlegen,  was  besser  sei:  die  Ausführung  zu  verschieben 
oder  sich  ,der  Person'  und  seiner  Anhänger  zu  versichern. 

Unzweifelhaft  später  fallen  die  Briefe  Aldringen's  und 
Piccolomini's,  welche  Irmer  unmittelbar  vor  den  zuletzt  skizzir- 
ten  eingereiht  hat. 


*  Ueber  WallenBtein's  Verrath  a.  a.  O.,  S.  12. 
'Irmer  3,  217. 


579 

Aldringen  schreibt,^  Piccolomini  werde  mit  einem  andern 
Briefe  die  ihm  vom  Hofe  zugekommene  Resolution  erhalten 
haben.  Er  könne  ihr  aber  nicht  nachkommen,  ehe  er  Nach- 
richten von  Gallas  bekomme,  nach  dessen  Befehlen  er  sich 
richten  müsse.  £r  glaube,  dass  man  keine  Zeit  verlieren  solle, 
weil  Qallas  ihm  Nachi'icht  gegeben  hätte,  wenn  von  der  Be- 
schleunigung Gefahr  drohte.  Aber  wenn  der  Hof  diese  Armeen 
nicht  mit  Geld  versehe,  könne  nach  der  Execution  ein  noch 
grösserer  Scandal  entstehen.  Er  werde  thun,  was  der  Dienst 
des  Kaisei's  erfordere,  und  den  Verlust  des  Lebens  nicht  in  An- 
schlag bringen.  Er  hoflfe  übrigens,  dass  Gallas  den  (Wallen- 
stein) von  seinen  bösen  Gedanken  abgebracht  habe  und,  wenn 
die  Verhandlungen  mit  den  Feinden  abgebrochen  sein  würden, 
durch  Verstellung  sich  weiter  helfen  und  einen  entsprechenden 
Elntschluss  fassen  werde.  Er  fürchte,  dass  der  Hof  nicht  rasch 
verfahre  und  etwas  dem  (Wallenstein)  zu  Ohren  komme.  Er 
rathe  dem  Gallas  neuerdings,  im  Falle  eines  ungünstigen  Standes 
der  Dinge  die  Hände  auf  Franz  Albrecht  und  Arnim  legen 
zu  lassen.  Die  Missbilligung  dieses  Vorhabens  durch  den 
Kaiser  vermochte  also  den  General  nicht  von  demselben  abzu- 
bringen. 

Der  in  der  Handschrift^  folgende  Brief  Piccolomini's  an 
Aldringen  erscheint  nicht  als  eine  Antwort  auf  den  voraus- 
gehenden und  mag  sich  mit  diesem  gekreuzt  haben.  Er  räth 
ihm,  unter  einem  passenden  Vorwande  in  Passau  zu  bleiben, 
um  sich  dieses  Platzes  zu  versichern  und  sein  Volk  mit  den 
Spaniern  (den  in  Baiern  liegenden  Resten  des  Corps  Feria's) 
und  den  Baiern  zu  vereinigen  und,  wenn  er  (Piccolomini)  ab- 
reise, um  die  Gefangennehmung  oder  Ermordung  des  (Wallen- 
stein) auszuführen,^  nach  Linz  zu  kommen  und  die  unter  seinem 
Commando  stehenden  Regimenter  in  Gehorsam  zu  erhalten.    Aus 


»Fol.  240,  Irmer  3,  211. 

'Fol.  241,  Irmer  3,  212. 

'  Per  eseguire  o  la  prigionia  o  la  morte  del.  Dieser  Ausdruck  beweist 
wohl,  dass  die  durch  Onate  übermittelte  Weisung  des  Kaisers  bereits 
eingetroffen  war.  Es  spricht  aber  auch  gegen  die  Richtigkeit  der  An- 
gabe in  der  Depesche  des  päpstlichen  Legaten  Rocci  (vgl.  oben  S.  569, 
N.  1),  dass  Piccolomini  die  Gefangensetzung  Wallenstein^s  gar  nicht  ge- 
wollt, sondern  sammt  Altleri  mit  dem  festen  Entschlüsse,  Wallenstein  zu 
ermorden,  nach  Pilsen  gereist  sei. 


580 

Pilsen  habe  er  nichts  Neues,  was  er  flir  ein  Zeichen  halte,  dass 
die  Dinge  sich  zum  Bessern  wenden,  weil  Qallas  ihm  sonst 
Nachricht  gegeben  haben  würde. 

Aldringen  antwortet^  dem  General  Piccolomini,  das  Schrei- 
ben, welches  er  diesen  Morgen  erhalten,  gehe  von  der  Ansicht 
aus,  dass  die  Dinge  gut  gehen,  weil  er  von  Gallas  keine  Nach- 
richt habe.  Aber  heute  Mittags  sei  ein  Edelmann,  den  dieser 
ihm  geschickt,  gekommen  und  habe  ihm  mündlich  berichtet, 
dass  Gallas  den  Generalissimus  zur  Aenderung  seiner  Gedanken 
zu  bewegen  gesucht,  aber  dadurch  dessen  Misstrauen  in  einer 
Weise  erregt  habe,  dass  er  kaum  noch  mit  ihm  rede,  umso- 
weniger  mit  ihm  eine  Sache  bespreche.  Gallas  sei  in  solcher 
Gefahr,  dass  nur  eine  schnelle  und  gut  geleitete  Execution 
helfen  könne.  Wenn  Piccolomini  Ordre  habe,  möge  er  mit  der 
Ausführung  nicht  zögern;  denn  wenn  Gallas  verloren,  sei  Ab- 
hilfe schwer.  In  seiner  Hand  liege  es,  durch  Schnelligkeit  und 
ei«en  guten  Entschluss  Alle  zu  retten  oder  durch  Zögern  sie 
dem  Untergange  preiszugeben,  wobei  er  sich  auf  sein  gestriges 
Billet  beruft.  Wenn  er  von  Linz  abreise,  möge  er  die  Obersten 
anweisen,  sich  nach  seinen  Befehlen  zu  richten. 

In  der  Handschrift  folgt  ein  Schreiben  Piccolomini's,*  das 
eine  Erwiderung  auf  das  Vorhergehende,  aber  auch  vor  dem 
Eintreffen  desselben  abgesendet  sein  kann.  Er  schickt  ihm  einen 
aus  Wien  erhaltenen  Brief,  aus  dem  er  Alles  erfahren  werde. 
Er  sei  zur  Ausführung  bereit,  wünschte  aber,  dass  Aldringen 
heimlich  zu  ihm  komme,  damit  sie  über  die  Sicherung  dieses 
Platzes,  Wiens  und  der  hier  liegenden  Regimenter  sich  ver- 
ständigen könnten,  worauf  er  in  Gottes  Namen  nach  Pilsen  ab- 
reisen werde. 

An  dieses  Schreiben  Piccolomini's  schliesst  sich  zeitlich 
ein  weiteres  desselben  Generals,  worin  er  Aldringen  einen  Brief 
des  Generallieutenants  Gallas  mittheilt,  der  räth,  die  Sache  nicht 
zu  überstürzen.^ 


»  Fol.  242,  Irmer  3,  213. 

«Fol.  244,  Irmer  3,  214. 

'  Da  Irmer  diesen  Brief  weggelassen  hat,  theile  ich  ihn  ans  der  Hand- 
Schrift  (fol.  247),  mit  den  zum  Yerständniss  nothwendigen  Interpuncdonen, 
mit:  ,Mando  qni  inclnso,  quanto  mi  viene  dal  signore  Gallasso  e  redo, 
che  questo  negotio  non  bisogna  precipitarlo,  e  senza  che  il  raedesimo 
non  m'avvisi,  non  posso  mettermi  fare  cosa  alcuna.  —  Was  in  der  Band- 


581 

Auf  diese  beiden  Briefe  Piccolomini's  erfolgte  die  Ant- 
wort schon  am  5.  Februar.^  Gestern  Morgens,  schreibt  Aldrin- 
gen,  habe  er  dessen  Brief  mit  einem  weitläufigen  Berichte  über 
das,  was  die  von  Piccolomini  nach  Wien  geschickte  Person  über 
die  EntSchliessung  des  Kaisers  geschrieben,*  erhalten  und  habe 
erfahren,  dass  er  im  Begriffe  sei^  nach  Pilsen  abzureisen,  um 
Alles  zur  Ausführung  zu  bringen,  dass  er  sich  aber  früher  noch 
mit  ihm  zu  besprechen  wünsche.  Im  BegriflFe  abzureisen,  habe 
er  dessen  gestriges  Schreiben  mit  Abschriften  der  Briefe  Gallas' 
und  Trczka's  erhalten.  Er  sehe,  dass  man  glaube,  man  solle 
nichts  überstürzen;  möge  Gott  verhüten,  dass  diese  Verzöge- 
rung das  geftirchtete  Uebel  herbeiführe.  Die  Ordre  des  Kaisers 
sei  deutlich  und  bedingungslos^  und  der  Bericht  der  nach  Wien 
geschickten  Person  so  klar,  dass  er  nicht  begreife,  wie  der 
Aufschub  der  Execution  mit  dem  Gehorsam  gegen  den  Befehl 
des  Kaisers  zu  vereinbaren  sei.  Gallas  und  Piccolomini  haben 
Recht,  in  einer  deUcaten  Sache  sich  der  Rathschläge  anderer 
zu  bedienen.*  Aber  kein  Rathgeber  werde  es  rechtfertigen 
können,  wenn  man  den  Befehl,  den  man  mit  unbeschränkter 
Vollmacht  erhalten  hat,  nicht  befolgt  und  ausführt.  Er  wollte, 
dass  er  nie  an  der  Sache  Antheil  gehabt  hätte,  wenn  man  sie 
nicht  ausführe.  Die  guten  Woile  des  (Wallenstein)  und  des 
(Trczka?)  sollten  nur  dazu  dienen,  Gallas  und  Piccolomini  ein- 
zuschläfern. W^almerode  wolle  nach  Wien  zuiückkehren,  wenn 
er  sehe,  dass  die  Erwartungen  des  Kaisers  nicht  erfüllt  würden. 


Schrift  fol.  248  folgt,  scheint  der  Brief  des  Grafen  Gallas  selbst  zu 
sein:  ,11  signore  Golloredo  non  pa6  altro  in  questo  negotio,  perch^ 
&  in  sospicione.  Ma  pero  ha  saputo  (I)  cosi  bene,  che  lei  resta  descol- 
pato,    ne    posso    hora    dirle.     Con    questo    la   prego    k   non    precipitare. 

eotu. 

P.  S. :  II  586  ^  buono,  quando  venghi  da  persona  non  interessata  (Hs. :  quando 

eoiM. 

non  venghi  la  persona  interessata).  II  585  ^  buono,  quando  prima  sono 
troyati  gli  essecutori.  £  facile  la  cosa  scrivere  a  Tamico:  Fatte  fabe, 
mentre  se  sta  nella  stufa  al  caldo.  il  da  dubitare,  che  con  il  inimico  695 
si  dirk  in  un  modo  (!)  et  si  f&rk  nel  aloro  (!).  Et  questo  basti.'  Unter 
der  Chiffre  585  dürfte  die  ,EzecutionS  d.  h.  die  Gefangennehmnng  oder 
Niedermachung  Wallenst«in*8  zu  verstehen  sein. 

*Fol.  229,  Irmer  3,  208. 

'  Dieser  Bericht  fehlt  leider,  ebenso  der  später  erwähnte   Brief  Trczka' s. 

'  L'ordine  deF  Imperatore  ö  expresso  e  senza  conditione. 

*  Statt  di  non  servirsi  di  consegli  ist  offenbar  zu  lesen  di  servirsi  di 
consegli.  N 


582 

aber  er  halte  ihn  bis  zum  Eintreffen  einer  Antwort  Piecolomini*8, 
die  er  ihm  rasch  schicken  möge,  zurück.  Ehe  er  (Aldringen) 
abreise,  möchte  er  sich  mit  Piccolomini  besprechen,  aber  dieser 
müsste  ohne  Begleitung  und,  ohne  das  Ziel  seiner  Reise  be- 
kanntzugeben, kommen.  Er  möge  den  Ort  und  die  Stunde 
bestimmen,  und  er  werde  im  Fluge  hineilen. 

Es  folgt  nun  noch  ein  Schreiben  Piccolomini's  ^  an  Aldrin- 
gen, worin  er  sagt,  es  sei  mehr  als  wahr,  dass  die  Verzöge- 
rung sehr  gefährlich  sei.  Aber  Aldringen  habe  gesehen,  was 
Gallas  aus  Pilsen  schreibe,  und  ohne  Weisung  desselben  könne 
er  nicht  abreisen,  weil  jener  Alles  leiten  müsse.  Von  Wien  aus 
werde  Gallas  den  Willen  des  Kaisers  erfahren  haben.  Morgen 
oder  übermorgen  erwarte  er  seinen  Sergeant-Major  aus  Pilsen, 
den  er  vor  vier  Tagen  mit  der  Post  dorthin  geschickt  habe. 
Der  Brief,  den  er  von  Pilsen  erhalten,  sei  confus.  Er  suche 
die  Regimenter,  auf  die  er  sich  nicht  verlasse,  zu  trennen  und 
schicke  möglichst  viel  Volk  nach  Niederösterreich,  um  die 
Brücken  und  Wien  zu  beschützen. 

Lässt  sich  die  Reihenfolge  des  Briefwechseb  zwischen 
Aldringen  und  Piccolomini  mit  ziemlicher  Sicherheit  feststellen, 
so  ist  es  sehr  auifallend,  dass  diese  grosse  Anzahl  von  Briefen 
in  den  engen  Zeitraum  zwischen  den  3.  und  6.  Februar  zu 
fallen  scheint.  Aldringen  hätte  demnach  täglich  ein  bis  zwei, 
Piccolomini  zwei  bis  drei  Briefe  geschrieben.  Die  Boten  zwi- 
schen beiden  müssten  in  steter  Bewegung  gewesen  sein.  Und 
doch  lässt  sich  kaum  etwas  Anderes  annehmen,  wenn  die  Daten 
des  ersten  Briefes  Piccolomini's  (3.  Februar)  und  des  letzten 
Aldringen's  (5.  Febniar)  in  der  Handschrift  richtig  wiederge- 
geben sind.  Aber  auch  wenn  der  erwähnte  Brief  Piccolomini's 
vom  3.  Februar  nicht  die  Correspondenz  zwischen  beiden  er- 
öffnet hat,  gewinnen  wir  kaum  mehr  als  einen  Tag.  Denn 
wenn  Walmerode  am  31.  Jänner,  von  welchem  Tage  das  allem 
Anscheine  nach  als  Beglaubigung  ihm  mitgegebene  Schreiben  des 
Bischofs  von  Wien  an  Piccolomini  datirt  ist,  von  Wien  abge- 
reist ist,  so  kann  er  nicht  vor  dem  1.  Februar  Nachts  nach 
Linz  gekommen  sein.  Nach  dem  6.  Februar  aber  können 
auch  die  letzten  Briefe  nicht  abgeschickt  worden  sein,  weil 
an   diesem   oder  am   folgenden  Tage   die  Zusammenkunft  der 


*Pol.  249.    Irmer  3,  210. 


583 

beiden  Generale  stattgefunden  hat,  welche  Beide  fiir  nothwendig 
gehalten  haben. 

Nach  einem  Berichte  des  bairischen  Gesandten  RicheP 
ist  diese  Besprechung  Aldringen's  und  Piccolomini's  nicht  in 
Liinz,  wie  dieser  anfangs  beantragt^  sondern  ^n  grosser  ge- 
beimb'  in  Baierbach  an  der  westlichen  Grenze  Oberösterreichs 
erfolgt,  worauf  jener  wieder  nach  Passau,  dieser  nach  Linz 
zurückgekehrt  sei.  Auch  Aldringen's  Bruder  erwähnt  in  seiner 
Relation'  diese  Zusammenkunft'  und  berichtet,  dass  zwischen 
beiden  Generalen  dabei  Meinungsverschiedenheiten  entstanden 
und  in  Folge  dessen  ein  Bote  an  den  spanischen  Gesandten 
Onate  abgeschickt  worden  sei,  um  Aufklärung  zu  erhalten.  Es 
ist  dies  ja  immerhin  möglich.  Kur  darf  man  nicht  annehmen, 
dass  erst  dieser  Bote  die  Weisung  gebracht  habe^  sich  Wallen- 
stein's  durch  Gefangennehmung  oder  Tödtung  zu  versichern, 
da  diese  Zusammenkunft  unmittelbar  vor  der  Reise  beider 
Generale  nach  Böhmen  stattgefunden  haben  muss  und  schon 
in  den  früher  gewechselten  Briefen  von  diesem  Befehle  die 
Rede  ist.  Es  müsste  sich  um  die  Einholung  von  Weisungen 
über  andere  Fragen  gehandelt  haben. 

Früh  am  Meißen  des  8.  Februar  sind  Piccolomini  und 
Aldringen,  jener  von  Linz,  dieser  von  Passau  aus,  gegen  Pilsen 
abgereist.*  Piccolomini  ist  am  10.  in  Wodnian*  nordwestlich  von 
Budweis,  von  wo  aus  er  dem  hinter  ihm  herreisenden  Aldrin- 
gen meldet,  dass  der  von  ihm  nach  Pilsen  geschickte  Bote  noch 
nicht  zurückgekommen  sei  und  auch  bis  Abends  nicht  werde 
hier  sein  können,  und  dass  er  nach  Strakonitz  abreise,  wo  er 
Abends  spät  sein  und  ihm  Nachricht  geben  werde.  Von  Stra- 
konitz aus^  schreibt  er  ihm  dann,  dass  er  den  Hauptmann 
Altieri  an  ihn  sende,  der  ihm  mittheilen  werde,  was  Gallas  ihm 
gesagt,   dass   er  im  Begriffe   sei,   nach  Pilsen  abzureisen,   und 


^  Bei  Aretin,  WallenBtein.  Urkunden,  S.  118. 

•Irmer  3,  214,  N.  1. 

•  8.  oben  8.  ö76  N.  6. 

*Irmer  8,  247,  welcher  den  Ausstellungsort  ,di  Budiano'  auf  Budweis 
deutet,  Ton  wo  aus  Piccolomini  aber  nicht  am  nämlichen  Tage  noch 
nach  8trakonitz  hätte  gelangen  können. 

•Irmer  3,  219,  zum  7.  Februar,  indem  er  das  Datum:  ,Di  Straconiz  a 
höre  7.  dl  Febraro*  falsch  gedeutet  hat.  Der  Brief  dürfte  am  11.  Fe- 
bruar um  7  Uhr  Morgens  g^eschrieben  sein. 

iMhir.  Bd.  LXXXII.   II.  Hilft«.  38 


584 

dass  er  hoffe,  Aldringen  werde  sich  entschliessen ,  auch  zu 
kommen,  weil  er  sonst  Alles  zu  Grunde  richten  würde.  Da 
die  Luftlinie  nach  Pilsen  achtzehn  Stunden  beträgt,  dürfte 
Piccolomini  hier  am  12.  Februar  eingetroffen  sein,  wo  damals 
auch  Qallas  noch  anwesend  war.  Aldringen  dagegen,  welcher 
am  9.  Februar  in  Erumau  südlich  von  Budweis  angelangt  war 
und  von  hier  aus  Gallas  bat,  ihm  auf  der  Strasse  nach  Strako- 
nitz  einen  Wagen  entgegenzuschicken,*  wollte  nicht  nach  Pilsen 
gehen,  sondern  hielt  sich  unter  verschiedenen  Vorwänden  bald 
da,  bald  dort  auf,  so  dass  er  am  13.  vielleicht  noch  nicht  weiter 
als    nach   Frauenberg*   nördlich   von   Budweis   gekommen  war. 

Nach  dem  schon  erwähnten  Berichte  des  spanischen 
Botschafters'  hatten  die  Generale  die  Absicht  gehabt,  Wallen- 
stein und  seine  nächsten  Vertrauten  in  Pilsen  gefangen  zu 
nehmen,  den  Plan  aber  aufgeben  müssen,  weil  derselbe  unter- 
dessen die  Garnison  gewechselt  und  in  die  Stadt  und  deren 
Umgebung  Truppen  gelegt  hatte,  auf  welche  wie  auf  deren 
Officiere  er  sich  verlassen  konnte.  Es  seien  ihnen  nur  zwei 
Wege  übrig  geblieben:  entweder  sich  zu  verstellen  oder  die 
Kräfte  des  Kaisers  zu  vereinigen,  indem  man  die  Getreuen  von 
den  Untreuen  trennte.  Das  Erste  sei  immöglich  gewesen,  weil 
man  gewiss  wusste,  dass  Friedland  rasch  handeln  und  in 
kürzester  Zeit  nach  Prag  ziehen  wollte,  um  seine  böse  Absicht 
auszuführen.  Es  sei  also  nur  der  zweite  Weg  übrig  geblieben, 
obwohl  man  den  Nachtheil  und  die  grossen  Gefahren  desselben 
erkannte,  sich  zu  trennen  und  unter  verschiedenen  Vorwänden 
sich  aus  Pilsen  zu  entfernen.  Dem  Auftrage  des  Kaisers  (dem 
Patente  vom  24.  Jänner)  entsprechend  hätten  sie  nach  allen 
Theilen  Ordres  gesendet  und  erklärt,  dass  Seine  Majestät  Wallen- 
stein seiner  Würde  entsetzt  habe,  und  dass  die  Obersten  ihm 
nicht  mehr  gehorchen  sollten. 

In  der  That  entfernte  sich  Gallas  am  Morgen  des  12.  Fe- 
bruar*  unter   dem  Verwände,   dass   er  seinen   von  Wallenstein 


»»Oesterr.  Revue*,  1867,  1,  88.     Vgl.  Hallwich  2,  458. 

'  Von  hier  aus  schickte  er  am   13.  dem  ObersUieatenant  Mohra  in  Prag 

eine  geheim  in  haltende  Weisung  (boUetino)  des  Qrafen  Qallas.    Förster, 

Wallenstein's  Briefe  3,  194. 
'Ranke,  Walleustein,  S.  369. 
^  Am    12.    schreibt    er   an    Aldringen,    dass  Wallenstein    ihm    aufgetragen 

habe,  nel  far  del*  alba  sich  zu  ihm  zu  begeben.    Irmer  3,  248. 


585 

sehnlichst  erwarteten  Schwager  Aldringen  holen  wolle,  aus  Pilsen, 
kam  am  13.  nach  Frauenberg,  wo  er  mit  Aldringen  und  wahr- 
scheinlich auch  mit  dem  vom  Kaiser  nach  Böhmen  gesendeten 
General  Marradas  zusammentraf  und  mit  diesen  die  weiteren 
Massregeln  vereinbarte,  und  traf  mit  Aldringen  am  14.  Februar 
Abends  in  Gratzen,  am  15.  in  Weitra  in  Niederösterreich  ein, 
von  wo  Gallas  sich  eiligst  nach  Linz  begab,  um  sich  der  Truppen 
in  Oberösterreich  zu  versichern,  während  Aldringen  dem  Kaiser 
Bericht  erstatten  wollte.^  Am  15.  Februar  Abends  entkam  auch 
Piccolomini,  indem  ihn  Wallenstein,  der  ihm  blind  vertraute, 
nach  Oberösterreich  zurückschickte,  um  sich  der  dortigen  Plätze 
zu  versichern.  Schon  am  17.  um  Mitternacht  kam  er  in  Linz  an.' 
Wenn  Wittich  (a.  a.  O.,  S.  244  flF.)  annimmt,  dass  Gallas 
mit  Aldringen  am  14.  Februar  gegen  Abend  unweit  Budweis 
zusammengekommen  sei,  dass  diese  beiden  und  Piccolomini  dann 
zwischen  dem  14.  und  16.  das  Complott,  den  Friedländer  leben- 
dig oder  todt  in  ihre  Gewalt  zu  bringen,  geschlossen,  und  dass 
,Piccolomini  zur  Ausführung  seines  grossen  und  gewagten  Unter- 
nehmens am  16.  in  Pilsen  angelangt  oder  auf  dem  Wege  dahin' 
gewesen  sei,  so  ergibt  sich  aus  den  Quellen  die  Unrichtigkeit 
dieser  Annahme.  Piccolomini  und  Aldringen  haben  sich  nach 
ihrer  Zusammenkunft  in  Baierbach  nicht  mehr  gesehen.  Zur 
Zeit,  wo  Gallas  mit  Aldringen  zusammentraf,  ist  Piccolomini 
nicht  bei  ihnen,  sondern  in  Pilsen  gewesen,  wo  er  nicht  am  16., 
sondern  schon  am  12.  eingetroffen  sein  dürfte  und  das  er  bereits 
am  15.  Abends  wieder  verlassen  hat.  Sonst  hätte  er  ja  auch 
unmöglich  am  17.  um  Mittemacht  schon  in  Linz  eintreffen 
können. ' 


^Schreiben  Aldringen's  vom  14.  Februar  ans  Schweinitz,  vom  15.  aas 
Weitra,  bei  Are t in,  Urkunden,  S.  113 f. 

*  Nach  Schreiben  Gallas^  vom  17.  Februar  bei  Irmer  3,  257,  ,a  mezza 
notte*.  Nach  dem  Berichte  des  bairischen  Commissärs  Rogge  aus  Pilsen 
vom  18.  Febmar  bei  Ar  et  in,  S.  120  ff.,  ist  Piccolomini  ,ftlr  3  tagen  spät 
am  Abend  wider  eylends  von  hinnen^ 

*  Auch  nach  Irmer  3,  LIII  hat  Piccolomini  Pilsen  ,am  17.  Februar*  ver- 
lassen. Man  reiste  aber  damals  doch  nicht  so  schnell  wie  jetzt  mit  der 
Eisenbahn ! 


38* 


Reihenfolge  der  Briefe. 


Vorliegende 
Handschrift  Abhandlung 

Fol.  222  (Febr.  3)  .  .  Nr.  1 

»226 „2 

„227 „3 

„  223  I  , 

.  224  1 

n  .230 „5 

„231 „6 

«232 „      1 

„  236  (Febr.  4)  .  .  „8 

V    245 »9 

«237 „10 

„238 „11 

„240 „12 

„241 „13 

„242 „14 

„244 „15 

„247 „16 

„  229  (Febr.  5)  .  .  „17 

„249 „18 

„  250  (Febr.  7)  .  .  „19 


Irmer 

.  Nr.  410*  (p.  200) 
.  „  413  (p.204) 
.  „  414  (p.  205) 

„  410,  P.S.  1  (p.201) 

„  410,  P.S.  2  (p.201) 

„  416,  P.S.  1  (p.209) 

„  416,  P.S.  2  (p.209) 

„  415  (p.206) 

„411  (p.202) 

„  424  (p.215) 

„  425  (p.216) 

„  426  (p.217) 

„  420  (p.211) 

„  421  (p.  212) 

„  422  (p.213) 

„  423  (p.214) 


„  416*(p.208) 
„  419  (p.210) 


„ 


427  (p.218) 


STTJDIE]Sr 


ZU  DEN 


UNGARISCHEN  GESCHICHTSQÜELLEN. 


III.  UND  IV. 


VON 


D«  RAIMUND  FRIEDRICH  KAINDL, 


PRITATDOOENTEN  IK  OZBRNOWITZ. 


m. 

Ueber  die  ungarisch-polnische  Chronik. 

lieber  die  ,Cronica  Ungarorum  iuncta  et  mixta  cum  cro- 
nieis  Polonorum  et  vita  sancti  Stephani^,  welche  in  den  vorher- 
gehenden zwei  Studien  oft  genannt  wurde/  haben  bisher  nur 
polnische  Historiker  ausführlicher  gehandelt;  Zeissberg  und 
Marczali  haben  derselben  in  ihren  einschlägigen  Werken  nur 
kurz  erwähnt.  Da  die  fremden  Arbeiten  den  deutschen  Histo- 
rikern theils  unbekannt  geblieben,  theils  ihnen  schwer  zugäng- 
lich sind,  andererseits  aber  auch  in  manchen  Beziehungen  der 
Richtigstellung  bedürfen,  so  wird  die  folgende  Studie  nicht  ganz 
unwillkommen  sein.  Gegliedert  ist  dieselbe  in  folgende  vier 
Theile:  1.  Zeit  der  Abfassung;  2.  Interpolationen;  3.  ursprüng- 
licher Bestand  und  eigen thümliche  Nachrichten;  endlich  4.  der 
Ort  der  Abfassung  und  der  Autor. 


*  S.  Archiv  LXXXI,  1,  S.  323  ff.  —  Bei  dieser  Gelegenheit  mögen  hier 
einige  Nachträge  gestattet  sein.  Bekanntlich  bricht  die  (einzige)  Hand- 
schrift der  Vita  maior  mit  den  Worten  ,fidem  orthodoxam  servare'  ab, 
welche  Stelle  in  der  Vita  von  Hartwich  im  §.  22  (bei  Florianus,  Hist. 
hung.  fönt.  I^  60)  steht.  Während  also  bis  zu  diesen  Worten  durch  einen 
Vergleich  mit  der  Vita  maior  (and  der  Vita  minor)  die  Möglichkeit  vor- 
handen war,  den  Text  der  Legende  von  Hartwich  in  ihre  ursprünglichen 
Bestandtheile  zu  zerlegen,  ist  es  von  der  citirten  Stelle  an  sehr  schwierig, 
zu  entscheiden,  was  von  den  folgenden  Ausfahrungen  der  Hartwich*schen 
Legende  bereits  in  der  Vita  maior  stand.  Als  der  Vita  maior  ursprüng- 
lich fremde  Stellen  ist  Florianus  geneigt,  den  Schluss  von  §.  22,  dann 
zwei  Einschaltungen  in  §.  23  und  ebenso  zwei  in  §.  24  anzunehmen. 
Dieser  Ansicht  glaubte  ich  mich  ebenfalls  anschliessen  zu  dürfen  und 
habe  daher  a.  a.  O.  S.  342  die  Stelle  aus  §.  22  und  S.  344  f.  die  vier 
Stellen  aus  den  §§.  23  und  24  gerade  so  behandelt  wie  alle  jene,  die  in 
den  früheren  Paragraphen  durch  den  Vergleich  mit  der  Vita  maior  (und 
minor)  als  der  Vita  von  Hartwich  eigenthümlich  sich  ergaben.  Ob  nicht 
noch  weitere  Stellen  der  Vita  maior  fremd  und  somit  der  Vita  von  Hart- 


590 

1.  Ueber  die   Zeit   der   Abfassung   der   ungarisch- pol- 
nischen Chronik  gehen  die  Ansichten  der  einzelnen  Forscher        | 
sehr  weit  auseinander. 

Zum  ersten  Male  hatte  J.  LeIeweP  im  Jahre  1811  die 
Aufmerksamkeit  auf  die  Chronik  gelenkt,  welche  er  in  der  aus 
dem  15.  Jahrhundert  herrührenden  Handschrift  des  Sandko 
(S§dziwoj)  von  Czeehel  kennen  gelernt  hatte;  die  zweite,  ältere 
Handschrift  der  Grafen  Zamojski,  welche  aus  der  zweiten  Hälfte 
des  14.  Jahrhunderts  stammt  und  der  erstgenannten  als  Vorlage 
diente,  war  ihm  unbekannt  geblieben.  Lelewel  hielt  die  Chronik 
zunächst  ftir  ein  Werk  des  11.  Jahrhunderts,  dann  änderte  er 
seine  Meinung  dahin,  dass  sie  aus  dem  13.  Jahrhundert  (circa 
1240)  herrühre.  Zu  der  letzteren  Ansicht  gelangte  er  durch  die 
(irrige)  Beobachtung,  dass  die  in  der  Chronik  §.  6  enthaltene 
Weissagung  über  die  einstige  Verleihung  der  Königskrone  an 


wich  eigenthümlich  wareo,  mnss  dabiDgestellt  werden.  Für  die  spStere 
Einschiebung  der  ersten  Stelle  in  den  §.  23  (s.  8.  344  f.)  spricht  sowohl  die 
Wiederholung  der  Zeitangabe  aus  dem  Anfange  des  Paragraphen  (XLV 
annis),  als  die  Hervorhebung  des  päpstlichen  Einflusses  bei  der  Erhebung, 
der  thatsichlich  nicht  vorhanden  gewesen  eu  sein  scheint  (vgl.  Floria- 
nus  a.  a.  O.,  I,  217  und  II,  300)  und  somit  erst  sp&t  geltend  gemacht 
werden  konnte.  Die  zweite  Stelle  im  §.  23  erweist  sich  hiedurch  aU  eine 
Einschiebung,  weil  die  ersten  Worte  des  folgenden  Paragraphen  (Com- 
pleto  igitnr  tercie  diei  ieiunio)  sich  eng  an  die  der  Interpolation  vorher- 
gehenden Sätze  anschliessen  (triduanum  cunctis  indixit  ieiunium  u.  s.  w.), 
nicht  aber  an  die  umfangreiche  Einschaltung.  Was  aber  auf  diese  Ein- 
schaltung folgt,  muss  als  wörtliche  Wiederholung  des  bereits  vor  der 
Einschaltung  Gesagten  wegfallen.  Auch  die  Einschaltung  am  Schloss  des 
§.  24  ist  hiedurch  als  solche  gekennzeichnet,  dass  der  Anfang  von  §•  2§ 
(Mane  facto)  sich  eng  anschliesst  an  den  Satz  vor  der  Interpolation  (po- 
pulus  vero  vigiliis  et  orationibns  intentus  .  . .).  —  Hingewiesen  sei  noch 
darauf,  dass  die  Erzählung  über  Emerich*s  Seele  (Vita  §.  20,  ungar.- 
poln.  Chronik,  §.  11,  Archiv  LXXXI,  1,  S.  342)  nach  Ker^kgyÄrt<S  (Mar- 
czali,  Oeschichtsquellen,  S.  22)  erst  nach  1109  bekannt  geworden  sein 
konnte.  —  Schliesslich  sei  bemerkt,  dass  nach  unseren  Ausführungen  der 
Pester  Codex  fftnferlei  Bestandtheile  hat:  1.  Entlehnungen  aus  der  Vita 
maior,  2.  Zusätze  Hartwich*s,  3.  Entlehnungen  aus  der  Vita  minor,  4.  Zu- 
sätze des  Pester  Schreibers,  5.  noch  jüngere  Correcturen  und  Zusätze. 
Florianus  hat  diese  verschiedenen  Arten  der  Bestandtheile  weder  ge- 
nügend scharf  erkannt,  noch  consequent  durch  den  Druck  bezeichnet 
^  Vgl.  Bielowski,  Mon.  PoL  bist.  I,  494  und  E.  Swieiawski,  Zarysj 
badan  krytycznych  I,  9  f.  (Warschau  1871).  —  Ueber  das  Verhältniss  der 
beiden  Handschriften  lu  einander  siehe  Mon.  Pol.  bist.  IV,  346. 


591 

Polen  in  der  um  etwa  1260^  entstandenen  Vita  s.  Stanislai 
(angeblich)  benutzt  sei.  Wir  werden  auf  dieses  Verhältniss 
nocbmals  zurückkommen. 

Nach  der  flüchtigen  Abschrift  LeleweFs  hat  hierauf  H.  Kow- 
nacki  im  Jahre  1823  die  Chronik  herausgegeben.^  Er  hielt  sie 
wegen  ihrer  engen  Verwandtschaft  mit  der  Vita  s.  Steph.  von 
Hartwich  für  ein  Werk  dieses  Autors,  ja  er  war  sogar  geneigt, 
die  Chronik  als  das  ursprüngliche  Werk  zu  betrachten,  aus 
dem  die  Vita  ein  Auszug  sei.  Daher  hat  er  auch  die  Widmung, 
mit  welcher  Hartwich  seine  Vita  dem  König  Koloman  zueignet, 
der  Chronik  vorgesetzt.  Als  Endlicher  die  Ausgabe  des  Kow- 
nacki  in  seinen  Mon.  Arp.  Script.  S.  60  ff.  erneuerte,  druckte  er 
ohne  weitere  Bemerkung  auch  diese  Vorrede  mit  ab.  Nach 
Kownacki  wäre  also  die  Chronik  zu  Anfang  des  12.  Jahr- 
hunderts entstanden.  Wie  überaus  irrig  die  Voraussetzung  war, 
welche  ihn  zu  dieser  Annahme  führte,  ist  kaum  nöthig  zu 
bemerken.^ 

Aehnliche  Ansichten  über  die  Zeit  der  Entstehung  der 
Chronik  äusserten  Bielowski*  und  nach  ihm  St.  Pilat  in 
seiner  neuen,  im  Jahre  1864  in  den  Mon.  Pol.  bist.  I,  485 ff.  er- 
schienenen Ausgabe  der  Chronik.  Darnach  wäre  dieselbe  etwa 
am  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  (gegen  1120)  geschrieben 
worden,  und  zwar  wahrscheinlich  durch  einen  Mönch,  der  in- 
folge der  Grausamkeit  Giselas  Ungarn  verlassen  hatte,  woraus 
sich  die  Dürftigkeit  seiner  Nachrichten  für  diese  Zeit  erklärt. 
Abgesehen  davon,  dass  diese  Ansicht  ein  gar  zu  hohes  Alter 
des  Chronisten  voraussetzt,  können  für  sie  auch  nur  sehr 
schwache  Gründe  vorgebracht  werden.  Wenn  nämlich  be- 
hauptet wird,  dass  die  Chronik  unter  dem  Eindrucke  der  Heilig- 
sprechung Stefans  entstanden  sei,  so  ist  es  klar,  dass  dies  nicht 
von  der  Chronik,  sondern  von  der  in  diese  aufgenommenen 
Vita  8.  Steph.  von  Hartwich  gilt.  Wenn  femer  darauf  Gewicht 
gelegt  wird,   dass  die  Chronik  mit  Ladislaus  dem  HeiUgen  ab- 


'  Vgl.  Zeissberg,  Die  poln.  Geschichtsschreibung  im  Mittelalter  (1873), 
8.  87,  Anm.  1,  und  die  neue  Arbeit  von  Ketrzyüski  über  die  Stanis- 
lans-Legende,  Mon.  Pol.  bist.  lY,  334. 

*  ,Kronika  wfgierska  na  pocz^tku  wieku  XII.*  Warschau  1823.  Vgl.  be- 
sonders S.  VlUf.    S.  auch  Mon.  Pol.  bist.  I,  487  u.  494. 

*  üeber  das  Verhältniss  der  Chronik  zur  Vita  von  Hartwich  s.  die  Studie  I. 

*  Vgl.  Swiezawski  a.  a.  O.,  8.  11  u.  16. 


•    *■,       * 


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<(;.>/  K  •.*i^^,aw.ki  v-ir.^  -r-^iiaLi.:*=  kr-^^Les  Sks-Sm fceniis, 
|r,r,-.  d-.r.  Uo,  d.j.'tUr.t.V  he  Art^.t.»  Er  wi;:  aüt  »H«  Mhteh 
».--♦r.-.*^o,  ,U*»  di^  C».r',n.k  dem  Ende  de*  13.  oder  Titflddit 
«^ri,t  d/.in  H.  Jahrhunderte  angehört.  In  welcher  Art  er  kiebei 
v»^rfA\,n,  mnfi,:,,  Hmiic,:  Beinpiele  lehren.  Die  Ommik  des  Kea 
»M.he,,,t   ihr«    in    der  Chronik    J^enfitzt   za  sein,    weil  in   beiden 

•  Oi«  PAui^^n  B«n.«rkon,fM.  richten  nch  «omit  «och  ««n  die  oben 
»rilt|f«!tt.«i(t«  AnnHit  KownackiV 

•  Mm«,  l'ol,  hlut.  I,  r.lSf. 

•  «,  o».«„  H.  f,W,  Anm.  1  _  Bemerkt  mag  hier  werden,  <U»  eine  in  der  Kronika 
fod/lnn«  I,  190  m«r«th«a  1868)  unter  dem  Titel  ^Korona  wegienk.  ^. 
Ml«r«„«.  erschienene  Arbeit  nicht,  für  unser  Thema  Bemerkenswerth« 
hrlriKt,  trot«d«m  .i«  in  Finkel,  Bibliopraöa  hiat.  pol.  (1891)  I,  373  als 
Mn/M  Kxlinrenil  anK«nibrt  wird. 


593 

Skythien,  Dacien  und  Lithauen  erwähnt  werden  (§.  26);  das 
Eyilath  bei  Eeza,  §.  3/  sei  gleichzustellen  dem  Aquileja  in  der 
Chronik;  der  Name  der  Eneth,  welche  bei  Eeza  a.  a.  O.  als 
Frau  Menroth's  genannt  wird,  soll  mit  ihrem  Namen  auf  Ve- 
netien,  Venedig  in  der  Chronik  weisen  (S.  29).  Wenn  in  der 
Chronik  §.  3  dem  Attila  verheissen  wird,  dass  sein  Geschlecht 
einst  von  Rom  die  Königskrone  erhalten  werde,^  so  bezieht 
Swieiawski  (S.  27)  diese  Prophezeiung  auf  die  Regierung  des 
unglücklichen  Andreas,  welcher  im  Jahre  1345  auf  Veranlassung 
seiner  Gemahlin  Johanna  von  Neapel  ermordet  worden  ist. 
Hiebei  übersah  Swieiawski  völlig,  dass  die  Geisa  angeblich 
gegebene  Verheissung  bereits  an  Stefan  in  Erfüllung  ging,  wor- 
auf übrigens  der  Chronist  selbst  hinweist,  wenn  er  in  §.  5  sagt: 
.  .  .  ideirco  .  .  .  sanctum  electum  suum  Stephanum  hac  temporali 
statuerat  feliciter  insignire  corona,  postmodum  felicius  cum  de- 
coratus  aetema,  sicut  avo  eiusAquilae  per  angelum  sanc- 
tum suum  promiserat.'  Die  in  der  Chronik  verzeichneten 
Worte  der  aufständigen  und  durch  Attila  angeblich  gebändigten 
Chorvaten  (§.  3),  dass  sie  keinen  König  haben  wollten,  glaubt 
SwieÄawski  ftlr  ein  Echo  der  polnischen  Zustände  des  13.  Jahr- 
hunderts halten  zu  müssen  (S.  33).  Ebenso  scheinen  ihm  die 
Mittheilungen  von  der  ehelichen  Keuschheit  Emerichs  wenig- 
stens zum  Theil  aus  den  Anschauungen  des  13.  Jahrhunderts 
hervorgegangen  zu  sein  (S.  91)  u.  dgl.  m.*  Auf  Grund  derartiger 
3eweise^  gelangt  also  Swiezawski  zur  Ueberzeugung,  dass 
die  Chronik  ein  Werk  des  13.,  wenn  nicht  gar  des  14.  Jahr- 
hunderts sei! 

Dieser  Ansicht  stimmte  Zeissberg  in  seinen  polnischen 
Geschichtsquellen  bei.^    Bewogen  hat  diesen  bedeutenden  For- 


*  Font.  hang.  bist.  II,  55. 

*  Mon.  Pol.  bist.  I,  497  .  ,  .  generationem  antem  tuam  post  te  in  hnmilitate 
Romam  visitare  et  coronam  perpetnam  habere  faciam. 

*  Mon.  Pol.  bist.  I,  501. 

*  Man  vgl.  noch  besonders  die  Ausführungen  im  Abschnitte  über  Adelbeid- 
Sarolta  (S.  41ff.). 

*  8.  87,  Anm.  1.  Früher  war  Zeissberg  der  Ansicht,  dass  die  Chronik 
aus  dem  12.  Jahrhundert  herrühre  (Miseco  I.,  Archiv  f.  österr.  Gesch. 
XXXVIII  [1867],  S.  114.  —  Nach  Zeissberg  habe  ich  in  meinen  Bei- 
trägen zur  älteren  ungar.  Geschichte  8.  43 f.  die  Chronik  beurtheilt. 
Trotzdem  ich  nun  im  Einzelnen  hievon  abweiche,  bleibt  die  Nachricht 
über  Adelheid  völlig  unhaltbar. 


594 

Bcher  hiezu  die  Meinung,  dass  in  einer  Handschrift  der  Vita 
8.  Stanislai  jene  (angeblich)  aas  der  Chronik  entnommene  SteUe 
fehlt,  aus  der  man  das  Bestehen  der  Chronik  vor  der  Vita 
8.  Stanislai  folgerte.^  Der  nähere  Sachverhalt  ist  nftmfich  fi^ 
gender:  BekanntHch  hat  zunächst  Bandtke  im  Jahre  1824  die 
Stanislaus-Legende  zugleich  mit  der  Chronik  des  sogenannten 
Gallus  aus  der  schon  oben  genannten  Handschrift  des  Sandko 
herausgegeben.'  In  dieser  Redaction  erscheint  dasjenige  Capitel, 
welches  die  (angeblich)  aus  der  Chronik  entlehnte  Prophezeiung 
über  die  an  Polen  einst  zu  verieihende  Königskrone  enttuüt, 
am  Schlüsse  (S.  376—380).  In  einer  anderen  in  neuerer  Zeit 
in  den  Mon.  Pol.  bist.  IV  veröffentUehten  Redaction  der  Vita 
ist  hingegen  das  betreffende  Capitel  an  einer  anderen  SteUe 
untergebracht.'  Eine  Handschrift  dieser  letzteren  Redaction  be- 
schreibt Bialecki  in  seiner  bei  Zeissberg  a.  a.  O.,  S.  87  und  89 
citirten  Arbeit,  wobei  er  bemerkt,  dass  das  Schlusscapitel  der 
Vita  bei  Bandtke  diesem  Manuscript  fehle.*  Zeissberg  scheint 
nun  diese  Bemerkung  dahin  verstanden  zu  haben,  dass  der  In- 
halt dieses  Capitels  in  der  von  Bialecki  beschriebenen  Redaction 
(und  wohl  auch  in  anderen)  überhaupt  fehlte  und  schloss  daraus, 
dass  es  erst  in  die  Vita  bei  Bandtke  später  interpolirt  worden 
wäre.  Hiedurch  hielt  er  den  wichtigsten  Grund,  weshalb  man 
die  Chronik  vor  die  Vita  s.  Stanislai  (1260)  setzen  zu  müssen 
glaubte,  für  beseitigt  und  erklärt,  dass  man  den  Ausführungen 
Swiezawski^s  folgen  könnte.  Dieser  Ansicht  werden  wir  nicht 
beistinunen  können,  weil  die  Ausführungen  Swiezawski's  durch- 
aus nicht  beweisend  sind  und  überdies  noch  verschiedene  Grtinde, 
welche  wir  weiter  unten  kennen  lernen  werden,  gegen  seine 
Zeitbestimmung  sprechen.  Von  dem  Umstände,  dass  Zeissberg^s 

»  Vgl.  oben  8.  690  f. 

'  Martini  Galli  chronicon  etc.  Warschau  1824.  In  der  Handschrift  de« 
Sandko  (Gnesner  Codex,  codex  Clodaviensis,  Czartoryski)  befindet  sich 
die  Chronik  des  Gallus  (8.  242—307),  die  Vita  s.  Stanislai  (S.  307—326), 
das  Jahrbuch  des  Traski  (8.  326 — 349),  endlich  die  ungar.-poln.  Chronik 
(S.  349—359).  Dieselben  Geschichtswerke  befinden  sich  in  derselben 
Reihenfolge  in  der  Vorlage  dieser  Handschrift,  dem  bereits  genannten 
Codex  Varsaviensis  comitum  Zamoiscorum.   Vgl.  Mon.  Pol.  bist  IV,  345 f. 

»  8.  Mon.  Pol.  bist.  IV,  392  f. 

*  Vgl.  Ketrzynski,  Mon.  Pol.  hist.  IV,  320  über  die  Handschrift  H  der 
Vita  s.  Stan.,  und  8.  326  ff.  über  die  Gruppirung  der  verschiedenen 
Redactionen. 


595 

Annahme^  die  Stelle  über  die  Prophezeiung  der  Krone  sei  erst 
später  in  die  Stanislaus-Legende  interpolirt  worden,  irrig  ist, 
sehen  wir  hiebei  ganz  ab.  Es  kommt  nämlich  gar  nicht  darauf 
an,  ob  jene  Stelle  in  der  Legende  schon  ursprünglich  vorhanden 
war  oder  erst  später  eingeschoben  wurde,  denn  sie  ist  offenbar 
nicht  aus  der  Chronik  genommen  worden.  Das  Nähere  darüber 
wird  weiter  unten  ausgeführt  werden. 

Zwei  neuere  Arbeiten  —  wie  früher  übrigens  auch  Zeiss- 
berg  ^  —  setzen  endlich  die  Entstehung  der  Chronik  gegen  das 
Ende  des  12.  Jahrhunderts.  Marczali  spricht  sich  in  seinen 
ungarischen  Geschichtsquellen  (1882,  S.  156)  ohne  weitere  Mo- 
tivirung  für  diese  Ansicht  aus,  und  J.  Rosner  sucht  sie  in 
seiner  klar  und  übersichtlich  geschriebenen  Arbeit  im  ,Rocznik 
filarecki'  1886,  S.  129  ff.,  vorzügUch  durch  folgende  drei  Gründe 
zu  erweisen:  Die  Bemerkungen  der  Chronik  über  Rothrussland 
und  sein  Verhältniss  zu  Ungarn  könnten  erst  zur  Zeit  der  Unter- 
nehmung Belas  ni.  (1188)  gegen  dieses  Gebiet  veranlasst 
worden  sein;  der  den  heil.  Ladislaus  so  sehr  erhebende  Schluss 
der  Chronik  scheint  dem  Geiste  der  Zeit  kurz  vor  der  Erhebung 
Ladislaus'  zu  entsprechen  (1192);  endlich  seien  (angeblich)  die 
Nachrichten  über  Adelheid  und  die  Gesandtschaft  Lamberts  von 
Krakau  um  die  Krone  aus  der  Chronik  bereits  am  Anfang  des 
13.  Jahrhunderts,  imd  zwar  schon  mittelbar  durch  eine  Zwischen- 
quelle, in  die  Annales  Camenzenses  gelangt.' 

Zu  einer  ähnlichen  Zeitbestimmung  werden  auch  wir  in 
der  folgenden  Betrachtung,  doch  auf  einem  anderen  Wege, 
gelangen.  Schon  oben  ist  darauf  hingewiesen  worden,  dass 
nach  einer  Nachricht  im  letzten  Paragraphen  der  Chronik' 
Koloman,  ohne  König  geworden  zu  sein,  vor  seinem  Bruder 
Ladislaus  gestorben  wäre.  Dieser  Irrthum  konnte  Niemandem 
zustossen,  der  den  Zeiten  Kolomans  (f  1114)  nahestand. 
Andererseits  ist  es  sicher,  dass  unserem  Chronisten  noch 
nicht  die  ungarischen  Chroniken  vorlagen,  wie  sie  gegen 
das  Ende    des    13.  Jahrhunderts    (seit   etwa   1270)    verbreitet 


^  In  ,Miseco  1/  (1867).    S.  oben  S.  593;  Anm.  5. 

*  Letztere  Annahme  Rosner^s  beruht  auf  den  Ausführungen  in  Smolka, 
Die  poln.  Annalen  (1873),  S.  62  u.68ff.  Wir  werden  aber  weiter  unten 
sehen,  dass  8molka*s  Ansicht,  die  ungar.-poln.  Chronik  sei  die  Quelle  der 
Ann.  Camenz.  gewesen,  unbegründet  ist. 

*  Hon.  Pol.  bist.  I,  513f. 


596 

waren;*    denn    die    ungarisch  -  polnische    Chronik    weist   nicht 
nur  keine  Entlehnungen  aus  diesen  Werken  auf,   sondern   sie 
steht  mit  denselben   oft  in  den  naheliegendsten  Momenten  im 
Widerspruch.   Es  gentigt  beispielsweise,  darauf  aufmerksam  zu 
machen,  dass  nach  der  ungarisch-polnischen  Chronik  Attila  der 
Erbauer  Aquilejas  ist,   während  nach  Keza  und  den  National- 
chroniken derselbe  diese  Stadt  zerstörte;  oder  dass  erstere  von 
der  doppelten  Einwanderung  der  Hunen-Ungam,    welche  diese 
so  scharf  auseinanderhalten,  nichts  weiss.*    Und  wie  dürftig  ist 
die  ungarisch- polnische  Chronik,   wie  reich  dagegen   die  natio- 
nalen !  Der  Schreiber  der  ungarisch-polnischen  Chronik  war  aber 
durchaus  nicht  der  Mann,  eine  ihm  vorliegende  Quelle  spärlich 
auszuschreiben;  das  wird  uns  sofort  klar,  wenn  wir  bedenken, 
wie  ergiebig  er  die  Vita  s.  Steph.  ausnützte!     Nur  die  grösste 
Kurzsichtigkeit  und  die  Sucht,  seine  Hypothese  mit  allen  Mitteln 
zu  beweisen,  konnte  Swieiawski  zur  Ansicht  verleiten,  eine  Be- 
nützung  Keza's   durch   die   ungarisch-polnische   Chronik  anzu- 
nehmen.    Wenn   nun  die  Chronik   einerseits  längere  Zeit  nach 
Koloman,   andererseits  noch  etwa  vor  1270  entstanden  ist,  so 
liegt  es  nahe,   dieselbe  gegen  das  Ende  des   12.  oder  in  den 
Anfang  des  13.  Jahrhunderts  zu  setzen.     Eine  weitere  Berech- 
tigung zu  diesem  Schlüsse  ergibt  sich  aus  dem  Umstände,  dass 
unserem  Chronisten  die  um  etwa   1215  entstandene*  Legende 
des  heil.  Ladislaus  wolJ  noch  nicht  bekannt  war,  weil  er  sonst 
von  derselben  Gebrauch  gemacht  hätte.    Auch  das  Nibelungen- 
lied kennt  der  Chronist  nicht,    welches  im  13.  Jahrhundert  in 
Ungarn  allgemein  bekannt  wird  (Keza,  Anonymus).    Endlich  lag 
—  wie  dies  in  Studie  I  und  II  nachgewiesen  wurde  —  unserem 
Chronisten  noch  die  ursprüngliche  Redaction  der  Vita  von  Hart- 
wich vor  und  nicht  die  etwa  um  1200  entstandene  und  seither  in 
zahlreichen  Exemplaren  verbreitete  Pester  Redaction;  also  auch 
hier  ein  Fingerzeig  darauf,  dass  die  Chronik  kurz  vor  oder 
nach  1200  entstanden  sei. 

2.  Interpolationen.  Bei  dem  vorstehenden  Versuche, 
die  Entstehungszeit  der  ungarisch-polnischen  Chronik  zu  be- 
stinmien,  haben  wir  mit  Absicht  auf  jene  Stellen  über  Adelheid 


^  Darüber  soll  in  den  nächsten  Stadien  gehandelt  werden. 

"  Vgl.  auch  Bosnor,  a.  a.  O.,  S.  78—84. 

'  Marczali,  Ungar.  G^chichtsquellen,  S.  34. 


I 

it 


597 

und  über  Lamberts  Gesandtschaft;  welche  sich  auch  in  den 
Annales  Camenzenses  und  anderen  jüngeren  finden^  ebenso  auf 
jene  über  die  Prophezeiung  der  einstigen  Verleihung  der  Krone 
an  Polen^  welche  in  der  Vita  s.  Stanislai  und  anderen  pol- 
nischen Quellen  ebenfalls  vorkommt^  keine  Rücksicht  genommen; 
vielmehr  stützt  sich  unsere  Darlegung  durchaus  nur  auf  Stellen 
der  Chronik,  welche  ungarische  Verhältnisse  betreffen.  Dies 
geschah  aus  folgendem  Gi*unde:  während  nänüich  gar  keine 
Veranlassung  vorliegt,  irgend  eine  Ungarn  allein  betreffende 
Nachricht  als  interpoliii;  zu  betrachten,  liegt  andererseits  die 
Vermuthung  nahe,  dass  die  in  Polen  verbreitete  und  in  polni- 
schen Handschriften  überlieferte  Clironik  in  Polen  Erweiterungen 
erhalten  hat.^  Zu  diesen  späteren  Interpolationen  scheinen  alle 
oben  angeführten  Stellen,  auf  welche  sich  Lelewel  und  Rosner 
bei  ihrer  Beweisführung  stützen,  zu  gehören. 

Was  zunächst  den  Bericht  anlangt,  dass  die  polnische 
Prinzessin  Adelheid  den  Herzog  Geisa  und  mit  ihm  alle  Ungarn 
dem  Christenthume  zuführte,  so  ist  es  an  und  fUr  sich  schwer 
glaublich,  dass  derselbe  zunächst  in  Ungarn  aufkam  und  in  der 
—  wie  wir  sehen  werden  —  ebenda  entstandenen  Chronik  zum 
ersten  Male  verzeichnet  worden  wäre.  Das  Fehlen  dieser  Nach- 
richt in  den  anderen  ungarischen  Quellen  weist  darauf  hin, 
dass  diese  Ueberlieferung  in  Ungarn  gar  nicht  verbreitet  war; 
andererseits  kommt  sie  in  Polen  sehr  häufig  vor.  Wenn  aber 
behauptet  wird,  dass  sie  in  die  polnischen  Quellen  (zunächst 
in  die  Annales  Camenzenses  und  dann  in  andere)  aus  der  un- 
garisch-polnischen Chronik  gelangten,  so  scheint  vielmehr  das 
Gegentheil  richtig  zu  sein.  Man  erinnere  sich  nur,  dass  die 
Bekehrung  Geisa's  durch  Adelheid  so  sehr  derjenigen  Mesko's 
durch  die  böhmische  Dubrawka  gleicht;  ist  es  da  nicht  sehr 
wahrscheinlich,  die  Nachbildung  nach  Polen  zu  verlegen?  Und 
thatsächlich  begegnen  uns  schon  in  den  Ann.  Camenzenses 
die  beiden  Ueberlieferungen  in  einem  sehr  verdächtigen  Zu- 
sammenhange. Die  Stelle  lautet  nämlich:^  Mesco  qui  appellatus 
est  rex  Polonorum,  cum  esset  gentilis,  sub  pacto  conversionis 
accepit  Danbrovcam  filiam  ducis  Boemie  in  uxorem,  que  venit  ad 


^  Auch  Bosner  nimmt  Interpolationen  an  (S.  95 ff.);  hiebei  gehen  freilich 

seine  und  unsere  Ausführungen  zum  Theil  auseinander. 
•  Mon.  Pol.  bist.  U,  776 f. 


598 

eum  anno  incarnationis  dominice  nonagentesimo  sexagesimo  quinto, 
de  qua  genuit  Bolezlaum  Magnum.  Iste  Mesco  habuit  sororem 
nomine  Adeydeni;  quam  Jesse  rex  Ungarie  accepit  in  uxorem. 
Que  cum  esset  christiana,  virum  suum  Jesse  convertit  ad  fidem 
Christi.  Ista  post  visionem  per  beatum  Stephanum  prothomar- 
tyrem  sibi  revelatam  coneepit  et  genuit  Stephanum  regem 
Ungarie.  Also:  Mesko  führt  Dubrawka  heim,  sie  bekehrt  ihn 
und  gebiert  den  grossen  Boleslaus;  Mesko's  Schwester  Adelheid 
vermählt  sich  mit  Jesse  —  welche  Namensform  nebenbei  ge- 
sagt den  ungarischen  Quellen  fremd  ist  — j  gewinnt  ihn  für  das 
Christenthum  und  schenkt  ihm  einen  Sohn,  Stefan  den  Heiligen. 
Die  beiden  Berichte  sind  doch  allzu  parallel,  als  dass  sie  nicht 
gemeinsamen  Ursprungs  sein  soUten,  und  dieser  ist  offenbar  in 
Polen  zu  suchen.  Dem  ungarischen  Chronisten  stand  die  Er- 
dichtung der  Ehe  der  Polin  mit  Qeisa  sicher  fem;  oder  soll  er 
sie  erfunden  haben,  um  im  §.  6  scharf  hervorheben  zu  können, 
welche  grossen  Verdienste  den  Polen  die  ,gens  Ungarorum,  quae 
ferox  et  indomita  est'^  verdanke?  Kaum  denkbar!  Die  Stelle 
scheint  vielmehr  von  einem  späteren  polnischen  Interpolator  her- 
zurühren, der  sie  offenbar  einer  den  oben  citirten  Annales  Ca- 
menzenses  verwandten  und  wie  diese  auf  die  verlorenen  Kra- 
kauer Jahrbücher  zurückgehenden  Quelle  *  entnommen  hat.  Ein 
ungarischer  Chronist  hätte  sich  nie  versucht  gefühlt,  diesen  Polen 
erhebenden  Bericht  aufzunehmen.  Auch  mag  noch  bemerkt 
werden,  dass  Smolka,  welcher  zuerst  die  Benützung  der  unga- 
risch-polnischen Chronik  durch  die  Annales  Camenzenses  an- 
nahm,' gar  keine  Gründe  daßir  anführen  kann,  dass  gerade 
dieses  und  nicht  das  von  uns  angenommene  imd  wahrscheinlich 
gemachte  Verhältniss  obwalte.  * 

Unsere  Ansicht  wird  übrigens  durch  die  Betrachtung  der 
zweiten  Stelle  über  die  Gesandtschaft  Lamberts  um  die  Krone 
noch  bestärkt.     Wie  soll  der  Chronist  in  Ungarn  auf  den  Ge- 


^  Ebenda  I,  503. 

«  Vgl.  Roepell  und  Arndt,  Mon.  Germ.  SS.  XIX,  580;  f«mer  Mon.  Pol. 
hist.  II,  776;  Smolkaa.  a.  O.;  dieser  Quellengruppe  ist  anch  die  Namens- 
form  Danbrovca,  Dambrovca  eigen,  woher  sie  in  die  ungar.-poln.  Clironik 
kam.  Vgl.  unten  S.  612.  —  Auf  die  Krakauer  Jahrbücher  bezieht  sich  also 
wohl  die  Eingangsnotiz  des  Compilators  der  Ann.  Cam.:  »ista  accepta  sunt 
de  cronicis  Polonorum*. 

'  Polnische  Annalen,  S.  62  u.  72. 


599 

danken  gekommen  sein,  einen  Bischof  von  Krakau  namens 
Lambert  als  Boten  Mesko*s  anzufUbren?  Was  kann  ihm  daran 
gelegen  haben,  mit  dieser  Angabe  den  ihm  vorliegenden  Bericht 
der  Vita  Hartwich's  zu  erweitem,  wobei  noch  zu  bedenken  ist, 
dass  wir  es  hier  mit  einem  unhistorischen,  also  erfundenen 
Bischof  zu  thun  haben.  ^  Was  für  einen  Zweck  hätte  ein  unga- 
rischer Chronist  mit  allem  dem  verfolgt?!  Dagegen  gehen  die 
Annales  Camenzenses  auf  verlorene  Krakauer  Jahrbücher  zu- 
rück.* Ist  es  da  nicht  sehr  wahrscheinlich,  dass  auf  diese  letz- 
teren sowohl  die  Notiz  in  den  Annales  Camenzenses  zum  Jahre 
995  ,Lambertus  episcopus  Cracoviensis  efficitur',  als  auch  die 
daselbst  zum  Jahre  1000  angeflihrte  Erwähnung  desselben  Lam- 
berts als  Gesandten  Mesko's  um  die  Königskrone  zurückzuführen 
sei?  In  Krakau  mochte  man  Interesse  haben,  einen  Bischof 
dieser  Stadt  zu  erfinden;  aber  der  ungarische  Chronist  muss 
von  dieser  Sünde  freigesprochen  werden.  Dazu  kommt  noch, 
dass  noch  manches  Andere  gegen  die  Entlehnung  der  bezüg- 
lichen Stelle  aus  der  ungarisch  -  polnischen  Chronik  spricht. 
Vergleicht  man  nämUch  den  Bericht  der  Vita  s.  Steph.  von 
Hartwich,  welcher  der  Chronik  zu  Grunde  liegt,  mit  den  Aus- 
führungen dieser  und  mit  den  Annalen,^  so  wird  man  finden, 
dass,  abgesehen  von  dem  Namen  Lamberts,  alles  in  der  be- 
treffenden Stelle  der  Annalen  Enthaltene  und  ihnen  mit  der 
Chronik  Gemeinsame  schon  in  der  Vita  s.  Steph.  von  Hart- 
wich steht,  dagegen  die  Annalen  gar  nichts  davon  erwähnen, 
was  die  Chronik  über  die  Vita  hinaus  besitzt;  man  findet  in 
denselben  nichts  von  den  Gründen,  weshalb  die  Königskrone 
den  Polen  verweigert  wurde,  auch  nichts  von  der  Vertröstung 
auf  die  spätere  Verleihung  derselben.  Schon  dieser  Umstand 
führt  uns  auf  die  Vermuthung,  dass  die  Nachricht  der  Annalen 
direct  auf  die  Vita  von  Hartwich  zurückzuführen  sei,*  nur  dass 


^  Rosner  S.  90ff.  ist  geneigt  anznnehmen,  dass  der  Chronist  diesen  Bischof 
der  (ungarischen)  Ueberliefemng  entnahm.  Warum  findet  sich  von  dem- 
selben in  den  anderen  ungarischen  Quellen  keine  Spur? 

*  Vergl.  vorige  S.,  Anm.  2. 

*  Die  betreffenden  Stellen  sind  weiter  unten  abgedruckt. 

*  Was  Smolka,  Pol.  Annalen,  S.  72,  dagegen  anführt,  beruht  auf  einem 
Trugschluss.  Auch  er  nahm  wahr,  dass  die  Ann.  Cam.  (und  ihre  Vorlage) 
in  ihrer  Nachricht  über  die  Gesandtschaften  sehr  gut  auf  Hartwich 
zurückgehen  konnten.  Weil  aber  die  Annalen  und  die  Chronik  auch  die 
Nachricht  über  Adelheid  gemeinsam  haben,  der  Vita  von  Hartwich  die- 

Archir.  Bd.  LXXXU.  II.  H&lft«.  39 


600 

sie  tendenziös  durch  Hinzufügung  des  Namens  Lambei*ts  von 
Krakau  erweitert  erseheint.  Natürlich  genügt  aber  der  Beweis 
,ex  silentio^  noch  nicht.  Fassen  wir  nun  einen  anderen  Umstand 
ins  Auge.  Sowohl  die  Annalen  als  die  Chronik  fligen  zu  dem 
Berichte  Ilartwichs  über  die  Gesandtschaft  auch  den  Namen 
des  Papstes  hinzu;  nun  ist  in  den  Annalen  Silvester  genannt 
—  den  die  polnischen  Chronisten  mit  einer  gewissen  Vorliebe 
als  Teufelsbanner  bezeichnen*  —  in  der  Chronik  aber  Papst 
Leo;  dieser  Unterschied,  der  sich  übrigens  auch  in  späteren 
polnischen  QueUen  noch  findet,*  ist  neuerdings  ein  Fingerzeig,, 
dass  die  Annalen  nicht  aus  der  Chronik  schöpften.  Dafür  spricht 
schliesslich  auch  folgender  Umstand:  dem  Chronisten  liegt,  wie 
in  den  Studien  1  und  II  bewiesen  wurde,  die  erste  ursprüng- 
liche Redaction  der  Vita  von  Hartwich  vor;  in  dieser  erscheint 
Astrik,  der  ungarische  Bote  um  die  Königskrone,  als  Erzbischof 
(praesul)  von  Gran,  und  so  nennt  ihn  auch  stets  die  ungarisch- 
polnische Chronik.  In  den  späteren,  nach  1200  entstandenen 
Redactionen  der  Vita,  welche  aus  dem  verderbten  Pester  Codex 
flössen,  wird  Astrik  dagegen  zum  Bischof  (von  Calocsa)  ge- 
macht,^ und  diesen  Titel  führt  er  auch  in  den  Annalen.  Man 
wird  also  doch  wohl  annehmen  müssen,  dass  die  Annalen  ihre 
Nachricht  über  die  Gesandtschaft  nach  Rom  aus  der  Vita  von 
Hartwich  (in  jüngerer  Redaction)  schöpften  uüd  diese  durch 
Hinzufügung  der  Namen  Silvesters  und  Lamberts  in  tenden- 
ziöser Absicht  interpolirten ;  aus  der  Chronik  haben  die  Annalen 
nicht  geschöpft;  da  ferner  dem  in  Ungarn  lebenden  Verfasser 
derselben  die  Erfindung  und  Interpolation  über  den  Krakauer 
Bischof  fernlag,  andererseits  —  wie  wir  hinzufügen  können  — 


selbe  aber  fehlt,  so  zieht  Smolka  daraus  den  Schluss,  dass  die  Chronik 
den  Annalen  zu  Grunde  liegen  müsste.  Hiebei  geht  aber  Smolka  Ton  der 
nicht  bewiesenen  und  thatsächlich  unrichtigen  Voraussetzung  aus,  dass 
die  Nachricht  über  Adelheid  der  Chronik  ursprünglich  eigen  war. 

^  Ann.  Cam.  in  einer  Randnote  zum  Jahre  1000  (Mon.  Pol.  bist  H,  777) 
u.  Ann.  Siles.  comp,  zu  demselben  Jahre.   (Mon.  Germ.  SS.  XIX,  537.) 

*  Vgl.  die  bei  Smolka,  Pol.  Ann.  S.  68  citirten  Quellen,  ferner  das  Chron. 
Traski  (Mon.  Pol.  bist.  II,  829),  welche  sftmmtliche  Silvester  nennen, 
gegenüber  der  Vita  s.  Stanislai,  die  den  Papst  Leo  anführt  (bei  Bandtke, 
S.  379,  und  Mon.  Pol.  bist.  IV,  392);  femer  im  Chronicon  Galli  aus  dem 
Heibjberger  Codex,  S.  76  (in  ,Vincentius  Kadlubko  et  Martinus  Oallus*, 
Danzig  1749). 

'  Vgl.  meine  Beiträge  zur  älteren  ungar.  Geschichte,  S.  80. 


601 

diese  InterpoHrung  in  dem  Texte  der  Chronik  ziemlich  deutlich 
hervortritt/  so  liegt  gar  kein  Grund  für  die  Annahme  vor,  dass 
Bischof  Lambert  schon  ursprünghch  in  der  Chronik  genannt 
war.  üebrigens  scheint  auch  der  Name  des  Papstes  Leo  in  die 
Chronik  erst  später  intei'poHrt  worden  zu  sein.* 

Mit  den  beiden  im  Vorstehenden  besprochenen  Interpola- 
tionen über  Adelheid  und  Lambert  hängt  eine  dritte  grössere 
Erweiterung  der  Chronik  zusammen.  Im  §.  6  wird  nämlich 
weitläufig  erörtert,  warum  die  Krone  den  Polen  nicht  verliehen 
worden  sei:  es  sei  Qottesstrafe,  veranlasst  durch  die  Frevel  der 
polnischen  Könige;  hierauf  wird  ganz  in  biblischer  Weise ^  die 
Krone  späteren  Geschlechtem  in  Aussicht  gestellt;  der  Papst 
tröstet  Lambert  damit,  dass  inzwischen  den  Polen  hiedurch 
Ehre  und  Ruhm  zu  Theil  geworden  sei,  dass  das  wilde  und 
uncultivirte  (ferox  et  indomita)  Volk  der  Ungarn  durch  die 
Schwester  ihres  Fürsten  dem  Christenthum  und  dem  Papste 
gewonnen  wurde.  Femer  wird  scharf  betont,  dass  übngons  die 
königliche  Ehre  keinem  Fremden,  sondern  dem  Neffen  des  pol- 
nischen Herrschers  zu  Theil  geworden  sei;  und  von  hier  fand 
sich  leicht  der  Uebergang  auf  den  Friedensvertrag  zwischen 
beiden  Herrschern,  der  im  Folgenden  geschildert  wird  und  auf 
den  wir  weiter  unten  zurückkommen  werden.  Alle  diese  Mit- 
theilungen hängen  eng  mit  den  früher  citirten  über  Adelheid 
und  Lambert  zusammen;  sie  sind  mit  ihnen  eines  Sinnes  und 
eines  Geistes  und  rühren  also  ofi*enbar  auch  alle  aus  derselben 
Quelle  her:  sie  sind  polnische  Interpolationen.  Durch  die  fol- 
gende Betrachtung  wird  diese  Annahme  ihre  volle  Bestätigung 
finden.  Wie  von  den  Nachrichten  über  Adelheid  und  Lambert, 
so  nahm  man  —  wie  wir  dies  schon  oben  bemerkt  haben  — 
auch  von  den  Mittheilungen  über  die  polnische  Gesandtschaft 
um   die  Krone   und   von    den  Gründen,   weshalb   dieselbe   den 


*■  Die  Stelle  ist  unten  abgedruckt.  Nach  dem  vorhergehenden  missis  ad 
romanae  sedis  antistitem  .  .  .  nnntiis  etc.  muss  offenbar  das  folgende  Ad 
quem  accedens  praesul  Lambertus  etc.  späterer  Zusatz  sein. 

'  S.  unten  8.  611.  Gegen  die  Ansicht,  dass  die  Nachrichten  über  Adellieid 
und  Lambert  aus  der  ungar.-poln.  Chronik  herrühren,  sprach  sich  —  wie 
ich  nachträglich  sehe  —  auch  A.  Semkowicz  im  Kwart.  bist.  I,  317  aus. 

*  Aus  den  Worten  ,quia  ego  dominus  deus  fortis,  ulciscens  in  tertiam  et 
quartam  generationem^  wollte  Pilat  (Mon.  Pol.  liist.  I,  602,  Anm.  22)  Zeit- 
bestimmungen ableiten.  Indess  sind  sie  eine  der  Bibel  entlehnte  Phrase; 
vgl.  a.  B.  Exod.  20,  2;  Num.  U,  18  und  84,  2;  Deut.  5,  9. 

39* 


602 


Polen  versagt  wurde,  bisher  oft  an,^  sie  seien  aus  der  Chronik 
in  die  polnischen  Geschichtsquellen  gelangt;  und  zwar  sollen  die 
letztangefiihrten  Mittheilungen  zunächst  in  die  um  1260  ver- 
fasste  Vita  s.  Stanislai  aufgenommen  worden  sein.  Schon  K§- 
trzyAski^  sieht  sich  indess  veranlasst,  anzunehmen,  dass  dem 
Verfasser  Vicentius  der  Stanislaus-Legende  eine  andere  Bearbei- 


Vita  8.  Steph.  von  Hartwich. 

§.  9.  Quarto  post  patris 
obitum  anno,  divina  commo- 
nente  dementia  eundem  Ascri- 
cum  presulem  ...  ad  limina 
sanctorum  apostolorum  misit, 
ut  a  successore  sancti  Petri 
principis  apostolorum  postula- 
ret  .  .  .  regio  etiam  dignaretur 
ipsum  (Stephanum)  diademate 
roborare  .  .  .  Eodem  forte  tem- 
pore Misca  Poloniorum  dux, 
christianam  cum  suis  amplexus 
fidem,  missis  ad  romane  sedis 
antistitem  nuntiis,  apostoUca  ful- 
ciri  benedictione,  ac  regio  po- 
stulaverat  diademate  redimiri, 
Cuius 


peticioni   annuens   papa,   coro- 
nam  egregii  operis  parari  iam 


Annal.  Cam. 

Anno  1000  presidente 
Sylvestro  secundo  sedi  aposto- 
lice  (am  Rand:  iste  Silvester 
homagium  fecit  diabolo),  Ste- 
phanus  rex  Ungarie  post  obi- 
tum patris  sui  lesse  anno  quarto 
misit  Adstricum  episcopum  ad 
ipsum  Silvestrum  pro  Corona 
regni  petenda.  Eo- 
dem tempore  pro  simili  negotio 
premiserat  dux  Mesco  Lam- 
bertum  episcopum  Cracovien- 
sem.     Sed    dominus    papa  vi- 


*  Vgl.  oben  S.  590 f.  und 694 f.;  ferner  Mon.  Pol.  bist  IV,  838. 
»  Mon.  Pol.  bist.  IV,  338. 

^  Die  Vita  s.  Stepb.  citirt  nacb  Florianus  a.  a.  O.  I,  44 f.;  die  Ann.  Cam. 
nacb  der  Ausgabe  in  Mon.  Pol.  bist.  II,  777;    die  ungar.-poln.  Chronik 


603 

tuDg  der  Chronik  habe  vorliegen  müssen  ak  die  uns  bekannte; 
Veranlassung  zu  dieser  Annahme  bot  die  abweichende  Textirung 
beider  Stellen.  Betrachten  wir  nun  dieselben  näher;  und  zwar 
wird  es  von  Vortheil  sein,  wenn  wir  hiebei  uns  nicht  auf  die  un- 
garisch-polnische Chronik  und  die  Vita  s.  Stanislai  beschränken, 
sondern  auch  zwei  andere  verwandte  Berichte  daneben  stellen.* 


Ungar.-poln.  Chronik. 

§.  5. . . .  Unde  habito  con- 
silio  cum  episcopis  et  principi- 
bus  terrae,  quarto  post  obitum 
patris  anno,  divina  commovente 
dementia,  Astricum  praesulem, 
ad  limina  sanctorum  apostolo- 
rum  misit,  ut  a  successore  sancti 
Petri,  principis  apostolorum,  do- 
mino  apostolico  postularet .  .  . 
regio  etiam  dignaretur  ipsum 
diademate  coronare.  Eodera 
forte  tempore,  Mescho  Polono- 
rum dux,  christianam  roborare 
cum  suis  amplexatus  fidem, 
missis  ad  romanae  sedis  antis- 
titem,  Leonem  nomine,  nuntiis, 
apostolica  fulciri  benedictione 
ac  regio  postulaverat  diademate 
coronari.  Ad  quem  accedens 
praesul  Lambertus  civitatis  cra- 
coviae,  humiUter  petitionem  por- 
rexit,  dicens:  Supplicat  Sancti- 
tati  vestrae,  pater  8ancte,Mescho, 
dux  Polonorum,  ut  eum  vestra 
pia  dextra  benedicens,  regio 
dignaretur  diademate  coronare. 
Cuius  petitioni  annuens  papa 
coronam   egregii  operis   parari 


Vita  s.  Stan.  (Bandtke). 

Hoc  autem  probabile  est 
et  verissime,  quod  dicimus. 
Nam  in  descripcionibus  anna- 
lium  Polonorum  et  in  vita  beati 
Stephani,  regis  Ungarorum, 
descriptum  inveni- 


mus,  quod  Mescho,  dux  Po- 
lonie,  piimus  effectus  Christia- 
nus, ad  dominum  papam  Leo- 
nem solempnes  nuntios  misit, 
et  ab  eo,  regni  coronam  Po- 
lonie  sibi  dari,  humiliter  postu- 
lavit.  Cumque  summus  pontifex 
sue  pe- 


titioni benignum  assensum  prae- 
beret,  et  corona  miro  opere  iam 


nach  Mon.  Pol.  hist.  I,  500  flf.;  die  Vita  s.  Stan.  endlich  nach  der  Aus- 
gabe von  Bandtke,  mit  Berücksichtigung  der  Aasgabe  in  Mon.  Pol. 
hist.  IV,  392. 


604 


fecerat,  quam  ilH  cum  bene- 
dictione  et  regni  gloria  mittere 
decreverat.  Sed  quia  novit  do- 
minus, qui  sunt  eius  .  .  .  elec- 
tum  suum  Stephanum  hac  tem- 
porali  statuerat  feliciter  insig- 
nire  Corona,  ipse  postmodum 
eundem  felicius  decoraturus 
etema.  Prefixa  itaque  die,  qua 
parata  iam  Corona  Poloniorum 
duci  miitenda  fuerat,  nocte  que 
precedebat,  pape  per  visum  do- 
mini  nuntius  astitit.  Cui  et  dixit: 
Crastina  die,  prima  diei  hora 
ignote  gentis  nuntius  ad  te  ven- 
turus  esse  cognoveris,  qui  suo 
duci  coronam  a  te  regiam  cum 
benedictionis  apostolice  munere 
flagitabunt.  Coronam  ergo  quam 
preparari  fecisti  eorum  duci 
prout  peteret  eures  sine  cunc- 
tatione  largiri;  sibi  enim  eam 
cum  regni  gloria  pro  vite  sue 
meritis  scito  deberi.    lux- 


sione    roonitus    angelica   coro 


605 


iam  fecerat  u.  s.  w.  wie  in  der 
Vita  von  Hartwich,  mit  einem 
kurzen  Zusatz^  dass  diese  Krone 
schon  dem  Attila  verheissen 
worden  sei.  Damit  schliesst 
der  §.  5.  Der  §.  6  trägt  die 
Ueberschrift:  ,Quare  et  quo- 
modo  Corona  Poionis  non  fuit 
data',  und  setzt  dann  fort:  Prae- 
fixa  itaque  die,  qua  Corona  miro 
opere  praeparata  Meschoni  Polo- 
norum mittenda  erat,  nocte,  quae 
praecedebat,  Papae  per  visum 
angelus,  Christi  nuntius,  adsti- 
tit,  cui  dixit:  Crastina  die,  hora 
prima  u.  s.  w.  wie  in  der  Vita 
von  Hartwich  bis  zu  den  Worten 
meri- 


tis  scito  deberi.  Sodann  folgt 
ohne  irgendwelche  Zwischen- 
bemerkung die  Angabe  der 
Ursachen,  warum  die  Krone 
dem  Polenflirsten  verweigert 
werde:  lUi  autem,  cui  postu- 
lata  fuerat,  non  erit  data,  quia 
generatio  de  ipso  exibit,  quae 
plus  delectabitur  in  silvis  cre- 
scendis  quam  in  vineis;  plus  in 
tribuUs  crescendis  et  herbis 
superfluis,  quam  irugibus  et 
frumentis  speciosis;  plus  feras 
silvarum,  quam  oves  et  boves 
camporum;    plus    canes    quam 


fabricata  esset,  ecce  ex  Un- 
garia  eodem  tempore  Romam 
missi  veniunt  nuncii  petentes 
suum  dominum  ducem  Stepha- 
num  regio  diademate  insigniri. 
Cumque  in  cras- 


tino  Polonie  legatis  dari  Corona 
debuisset,  ecce  eadem  nocte 
per  visum  pape  Leoni,  angelus 
dei  apparuit,  et  duci  Stephane 
eam  dari  precepit.    Qua- 


re  autem  Stephane,  duci  Un- 
garie,  dari  iussit,  et  duci  Po- 
lonie non  dedit,  in  cronicis  Po- 
lonorum (andere  Redactionen: 
in  eisdem  cronicis)^  insinuatur 
per  angelum  herum  terra  ma- 
lorum:  hec  inquit  gens  magis 
diliget  calumpniam  quam  iusti- 
ciam,  silvarum  densitudinem  et 
ferarum  venationem,  quam  cam- 
porum planitiem  et  frugum 
ubertatem,  magis  diliget  canes 
quam  homines,  plus  pauperum 
oppressiones  quam  divinas  leges. 


»  Nach  Mon.  Pol.  bist.  IV,  392.  Wie  die  Vita  bei  Bandtke  lautet  die  Stelle 
in  der  oben  S.  600,  Anm.  2,  citirten  Redaction  des  Gallus. 


606 


ta  igitur  huius  visionis  modum 
prescripta  sequentis  diei  hora 
presul  Ascricus  ad  papam  per- 
venit.  Qui  officium  iDiunctum 
sibi  prudenter  exequens  et 
sancti  ducis  gesta  referens  or- 
dine,  ab  apostolica  sede  que 
premisimus  insignia  postulavit. 


Hierauf  wird  erzählt,  dass  der 
Papst  die  Bitte  gewährte  und 
dem  Boten  die  Krone  und 
»crucem  ante  regi  ferendam' 
gab.  In  §.  10  wird  dann  fort- 
gesetzt:   Impetratis    ergo    om- 


nam,  quam  duci  Mesconi  prae- 
paraverat,  transmisit  Stephane 
regi  Ungarie.  —  Hierait  sehliesst 
der  Bericht. 


607 


homines,  plus  iniquitatem  quam 
iustitiain^  plus  traditionein  quam 
concordiam,  plus  tyrannidem 
quam  caritatem;  eruntque  quasi 
belluae  vorantes  homines  et 
bestias  et  quasi  genimina  vipe- 
ramm  rodentes  cor  terrae  suae: 
obliviscentes  Domini  creatoris 
sui,  confidentes  in  stulta  po- 
tentia  sua,  et  non  credentes 
dictis  prophetiarum  sanctarum: 
Quia  ego  dominus  deus  fortis, 
ulciscens  in  tertiam  et  quartam 
generationem  et  affligentes  me 
affligam^  nee  pertransibit  apud 
me  malum  impunitum  et  bonum 
irremuneratum.  Post  hoc  gene- 
rationi  eorum  sequenti  me  mi- 
serens,  miserebor  et  eam  exal- 
tabo^  et  Corona  regni  coronabo. 
Modo  vero  fac,  ut  dixi.  Et  sta- 
tim  discessit  angelus  sanctus  ab 
60.  luxta  ergo  huius  visionis 
modum,  praescripta  sequente 
die  hora  prima^  praesul  Strigo- 
niensis  ecclesiae,  Astricus  no- 
mine, ad  papam  pervenit,  qui 
officium  u.  s.  w.,  wie  in  der 
Vita  von  Hartwich  mit  ganz 
geringen  Aenderungen  und  Zu- 
sätzen. So  ist  z.  6.  bemerkens- 
werth,  dass  mit  der  Krone  und 
dem  Kreuze  auch  ,literae  pri- 
vilegiatae'  dem  Boten  tibergeben 
wurden.  Zuletzt  heisst  es  in 
sachlicher  Uebereinstimmung 
mit  der  Vita  folgendermassen : 
Mox  praesul  Ungarorum,  Astri- 
cus, ut  fidelis  nuntius  ab  apo- 
stolica    sede    accepta    benedic- 


et  cetera,  que  ibi  continentur. 
Verump- 


tamen  per  eundem  angelum 
bona  spes  a  domino  de  regni 
restitucione  datur,  ex  eo  quod 
ibidem  legitur:  Ac  tamen  in  fine 
dierum  gentis  illius  miserebor 
et  gloriam  regni  illam  illustrabo. 
Deus  enim  prescius  futurorum 
visitans  peccata  parentum  in 
terciam  et  quartam  generatio- 
nem filiorum,  solus  novit,  quando 
debeat  misereri  genti  Polonorum 
et  restauraro  ruinas  eorum.  Ideo 
forte  usque  ad  hec  tempora  re- 
galia  insignia,  coronam  videli- 
cet,  sceptrum  et  lanceam  in 
armario  Cracoviensi  ecclesie, 
que  est  urbs  regia,  servat  re- 
condita  usque  dum  ille  veniat, 
qui  vocatus  est  a  deo  tamquam 
David,  cui  hec  sunt  reposita. 
Tu  autem  domine  miserere 
nobis. 


1 


608 


bu8  prout  petiit  presul  Ascricus 
letus  ad  propria  remeavit,  se- 
cum  ferens  propter  que  incep- 
tum  iter  prospere  peregerat. 
Benedic- 


tionis  ergo  apostolice  litteris  cum  Corona  et  cruce  simul  allatis, 
presulibus  cum  clero^  comitibus  cum  populo  laudes  congruas 
adclamantibus,  dilectus  deo  Stephanus  rex  appellatus  unctione 
erismali  perunctus,  diademate  regalis  dignitatis  feliciter  coronatar. 


609 

tione^   a  cardinalibus  et  curia-  | 
libus  romanae  curiae  petita  li- 
ceDtia^   laetus  et  exultans  Un- 
gariam  veloci  cursu  properavit. 

Nun  folgt  eine  weitläufige 
Schilderung,  wie  der  polnische 
Gesandte  ^crastina  autem  die'  kam,  den  Papst  um  die  Krone 
bat  und  dieser  ihm  mittheilt,  was  geschehen  sei:  Der  Bote  des 
Anverwandten  seines  Herrn  habe  ihm  die  Königskrone  ge- 
nommen. Dann  tröstet  er  den  verzweifelnden  Lambert:  Die  Polen 
mögen  Busse  thun,  und  Gott  werde  ihnen  die  zeitliche  und  ewige 
Blrone  wiedergeben.  Gott  habe  sich  von  ihnen  noch  nicht  gänz- 
lich abgewendet,  wenn  er  dem  Neffen  ihres  Königs  die  Krone 
gab.  Den  Polen  hätte  dafür  Gott  die  Ehre  und  den  Ruhm  ge- 
währt, dass  die  Schwester  ihres  Herzogs  den  ungarischen 
Herrscher  Jesse  mit  seinen  Mannen  zum  Christenthum  bekehrte 
und  sie  unter  den  Schutz  des  Papstes  stellte.  Beide  Fürsten 
mögen  daher  auch  Frieden  halten;  keiner  von  ihnen  soll  es 
wagen,  den  Frieden  zu  brechen.  —  Nun  eilt  Lambert  dem  un- 
garischen Boten  nach,  sie  kommen  in  Venedig  zusammen  und 
setzen  gemeinsam  ihren  Weg  fort.  Sobald  sie  sich  Stuhlweissen- 
burg  auf  eine  Tagreise  genähert  haben,  werden  Boten  voraus- 
gesandt. Der  König  geht  nun  den  Bischöfen  mit  dem  Clerus 
und  Volk  entgegen.  Astrik  übergibt  ihm  die  Krone,  das  Kreuz 
und  die  Privilegien  (cum  confirmatione  privilegiorum).  —  Der 
polnische  Gesandte  meldet  aber  von  dem  Frieden,  den  der  Papst 
anbefohlen,  und  diesen  lässt  Stefan  ,ad  memoriam  posterorum 
in  scripto  redigi^  Hierauf  wird  die  Krönung  umständlicher  als 
in  der  Vita  von  Hartwich  beschrieben,  doch  unter  Anlehnung 
an  dieselbe,  z.  B. :  praesul  cum  clero,  railites  cum  populo  Kyrie- 
eleison  cum  laudibus  congruis  proclamant,  deum  omnipotentem 
et  sanctos  apostolos  Petrum  et  Paulum  benedicunt,  quod  sanctus 
et  deo  dilectus  Stephanus  ex  unctione  sacri  crismatis  per- 
unctus   diademate    regalis    dignitatis  feliciter  coronatus  est  .  .  . 


610 

Wer  die  vorstehenden  Stellen  vergleichend  betrachtet,  wird 
zunächst  bestätigt  finden,  dass  die  Vita  von  Hartwich,  nicht  aber 
die  Chronik  dem  Schreiber  der  Annalen  vorlag;  denn  —  ab- 
gesehen von  den  anderen  oben  S.  599  f.  angefahrten  Gründen 
—  kann  man  es  kaum  einem  polnischen  Chronisten  zutrauen^ 
dass  derselbe  von  allem  Material  für  die  polnische  Geschichte, 
welches  die  ungarisch-polnische  Chronik  in  der  uns  erhaltenen 
Gestalt  bietet,  nichts  aufgenommen  hätte.  Auch  wird  man 
zwischen  den  Annalen  und  der  Chronik  stets  nur  da  eine  be- 
merkenswerthe  Berührung  finden,  wo  beide  der  Vita  von  Hart- 
wich nahestehen;  so  die  Worte  jquai-to  post  patris  obitum  anno*, 
das  ,eodem  tempore',  die  Aufeinanderfolge  der  Gesandtschaften 
(Stefan-Mesko;  dagegen  in  der  Vita  Stanislai:  Mesko-Stefan). 

Femer  wird  es  aus  der  Betrachtung  der  obigen  Citate 
klar,  dass  zwischen  der  Chronik  und  der  Vita  s.  Stanislai  durch- 
aus nicht  eine  so  nahe  Berührung  stattfindet,  dass  man  annehmen 
müsste,  erstere  sei  die  Vorlage  der  letzteren  gewesen.  Die  Reihen- 
folge der  Gesandtschaften  ist  in  der  Vita  die  entgegengesetzte; 
weder  Lambert  noch  Astrik  werden  genannt;  bei  der  Aufzählung 
der  Gründe  für  die  Verweigerung  der  Krone  herrscht  manche 
Abweichung,  ebenso  bei  der  folgenden  Prophezeiung.  Vor  Allem 
ist  aber  folgender  Umstand  bemerkenswerth:  Die  ungarisch- 
polnische Chronik  erzählt  fortlaufend  die  Geschichte  der  Gesandt- 
schaft und  knüpft  ohne  weitere  Bemerkung  daran  die  Gründe, 
weshalb  die  Polen  die  Krone  nicht  erhielten;  nirgends  eine  An- 
deutung, woher  jene  Nachrichten  stammen,  noch  weniger  eine 
directe  Andeutung,  dass  sie  etwa  aus  verschiedenen  Quellen 
genommen  seien.  Wenn  nun  diese  Chronik  von  einem  anderen 
Schriftsteller  ausgeschrieben  würde,  so  könnte  derselbe  höchstens 
bemerken,  dass  er  das  Folgende  dieser  einen  Quelle  entnahm, 
die  ihm  als  untheilhaftes,  abgeschlossenes  Ganze  vorlag.  Was 
bemerkt  aber  der  Verfasser  der  Vita  s.  Stanislai?  Die  Mitthei- 
lungen über  die  Gesandtschaft  leitet  er  mit  den  Worten  ein, 
dass  er  sie  ,in  descripcionibus  annalium  Polonorum  et  in  vita 
beati  Stephani^  gefunden  habe;  offenbar  darum,  weil  er  sie  in 
mehreren  Quellen  fand,  erscheint  ihm  das  Mitgetheilte  ,proba- 
bile  et  verissime*.  Und  sobald  er  zu  der  Aufzählung  der  Gründe 
übergeht,  da  hebt  er  ausdrücklich  hervor,  dass  er  sie  den  pol- 
nischen Jahrbüchern  entnehme.  Wie  merkwürdig  ist  diese  Be- 
merkung  gerade   an   der  Stelle,    wo    die   Mittheilungen   enden. 


611 

welche  auch  in  der  Vita  s.  Stephani  stehen,  und  wo  andere  ihr 
fremde  Nachrichten  beginnen!^  Aus  allem  dem  wird  es  klar, 
dass  der  Verfasser  der  Vita  s.  Stanislai  nicht  die  fertige  fort- 
laufende Erzählung  der  ungarisch-polnischen  Chronik  in  der 
vorliegenden  Gestalt  vor  sich  hatte,  sondern  die  Vita  s.  Ste- 
phani und  polnische  Quellen.  Aus  letzteren  entnahm  er  den 
Namen  des  Papstes  und  die  Gründe  der  Verweigerung  der 
Krone  an  die  Polen,  und  aus  denselben  Quellen,  scheint  auch 
der  Interpolator  der  ungarisch-polnischen  Chronik  beide  Mit- 
theilungen geschöpft  zu  haben.  An  die  Vita  s.  Stephani  lehnt 
sich  dagegen  der  Verfasser  der  Vita  s.  Stanislai  an,  wenn  er 
Mesko  ,nuntios'  an  den  Papst  schicken  lässt,  ohne  Lamberts  zu 
gedenken;  vielleicht  hat  er  gewusst,  dass  derselbe  unhistorisch 
sei  und  seinen  Namen  daher  ausgelassen,  wiewohl  derselbe  wohl 
in  seineu  polnischen  Quellen  stand  und  aus  denselben  vom 
Interpolator  der  ungarisch-polnischen  Chronik  dieser  eingefligt 
wurde. 

Spuren  späterer  polnischer  Interpolationen  zeigen  sich  auch 
noch  im  §.  7  bei  der  Schilderung  des  ungarisch-polnischen 
Friedensschlusses,  auf  den  wir  später  bei  der  Besprechung  der 
eigenthümlichen  Nachrichten  der  Chronik  zurückkommen  werden ; 
dann  vor  Allem  in  den  zwei  letzten  Abschnitten  (§§.  12  und  13). 
Es  steht  zwar  auch  historisch  fest,  dass  im  11.  Jahrhundert 
Polen  eine  Zufluchtsstätte  fllr  unzufriedene  oder  vertriebene 
Ungarn  war;  und  daher  mag  schon  auch  in  der  echten  Gestalt 
der  Chronik  Polen  und  dessen  Fürsten  öfters  genannt  gewesen 
sein.  In  der  uns  vorliegenden  Redaction  ist  aber  Ungarn 
geradezu  zu  dem  Range  eines  polnischen  Vasallenstaates  herab- 
gedrückt,  in   dem  Boleslaus   ganz   nach  Willkür  wirthschaftiet. 


^  Daraus  wird  klar,  wie  Unrecht  Ketrzyiiski  hat,  wenn  er  alle  in  der 
Vita  8.  Stan.  an  der  citirten  Stelle  genannten  Quellen  für  die  ungar.-poln. 
Chronik  ausgibt  (Mon.  Pol.  bist.  IV,  338).  —  Bemerkt  mag  werden,  dass 
auch  das  Chronicon  Traski  (Mon.  Pol.  hist.  II,  829),  nachdem  es  überein- 
stimmend mit  den  Ann.  Cam.  über  die  (Gesandtschaften  berichtet  hat, 
hinzufügt:  ,Sed  cur  fuerit  non  data  (sc.  Corona)  Polonis  in  cronica  ha- 
betur*. Dazu  vergleiche  man  die  Bemerkung  ebenda  S.  228  ,ut  in  cronicis 
premissis  habetur*  und  S.  531  ,ut  in  cronica  declaratur  superius*.  Ob  diese 
Verweise  auf  die  in  den  Handschriften  vorangehenden  und  folgenden 
Quollen  oder  auf  andere  sich  beziehen  (s.  oben  S.  594,  Anm.  2),  mochte 
ich  zunächst  nicht  entscheiden. 


612 

So  wird  z.  B.  erzählt  (S.  513),  dass  Boleslaus  den  König  Leventha 
mit  dem  königlichen  Diadem  gekrönt  habe;    als  ihm  aber  ge- 
meldet wurde,   dass  derselbe  gestorben  sei,   da  sei  er  plötzlich 
in  Alba  erschienen  ,et  congregatis  episcopis  et  magnatibus  terrae, 
nolnit   coronare   Belam,   maiorem   fratrem   (sc.  Leventhae),  sed 
ipse    contra    omnium    voluntatem    elegit   Petrum,    iuniorem 
fratrem   in   regem^     Dass   dies   nicht   ein  ungarischer  Chronist 
erfunden  hat,  ist  augenscheinlich.    Uebrigens  findet  sich  die  un- 
mittelbar auf  die  oben  citirte  Stelle  mitgetheilte  Nachricht,  dass 
Boleslaus  nach  der  Krönung  ,recessit  in  Carinthiam  et  ibi  metas 
(sc.  sui  regni)  posuitS    wohl  in  polnischen,   nicht  aber  in  unga- 
rischen Quellen   wieder.     Auch  Bemerkungen,    wie  ,Erat  enim 
timor  eins  (sc.  Boleslai)  super  omnia  montana  Carinthiae  et  Ale- 
maniae  et  Austriae,    quia   per  Austriam  cum  victoria  Poloniam 
reversus  est  in  civitatem  Cracoviam'  deuten  klar  genug  auf  pol- 
nische Interpolationen.     Wenn  femer  im  §.12  Dambrovca  als 
Grossmutter  der  ungarischen  Prinzen  Leventha,  Bela  und  Peter 
(den   angeblichen  Söhnen  Stefans   des  Heiligen)   genannt   wird 
und  im  Folgenden  eine  bedeutende  Rolle  spielt,   so   ging  diese 
Interpolation    offenbar    von   demselben   aus,    der   die   polnische 
Prinzessin  Adelheid  zur  Mutter  Stefans  machte.    Thatsächh'ch  er- 
scheinen in  der  oben  S.  597  f.  citirten  Stelle  aus  den  Annales  Ca- 
menzenses  bereits  diese  beiden  Frauen  nebeneinander  genannt,  und 
bemerkenswertherweise  lautet  in  diesen  Annalen  ebenso  wie  in 
der   angeführten  Stelle   der  Chronik   der  Name  Dam[n]brovca, 
während  der  Name  sonst  gewöhnlich  ohne  den  Nasallaut  in  der 
ersten  Silbe  erscheint,   so  beim  sogenannten  Gallus   (Mon.  bist. 
Pol.  I,  399)  Dubrovca,  in  der  Chronica  eccl.  s.  crucis  (Mon.  Pol. 
bist.  II,  773)  Dubrovka,  ferner  im  Jahrbuch  des  Krakauer  Ca- 
pitels    (ebenda    S.   792)    Dubrouka,    in    der    Chronica    brevior 
(ebenda)  Dubrowka,   im  Jahrbuch  des  Traski  und  in  den  An- 
nales Crac.  (ebenda  S.  828)  Dobrawca,  Dobrovca  u.  s.  w.;  nur 
in  den  sogenannten  Grosspolnischen  Jahrbüchern  (ebenda  S.  792) 
Dambrovca.  Diese  Bemerkung  bestätigt  neuerdings  unsere  schon 
oben   geäusserte   Annahme   der   Interpolation   der  Chronik   aus 
einer  auf  die  verlorenen  Krakauer  Jahrbücher  zurückgehenden 
Quelle.    Uebrigens  mag  noch  bemerkt  werden,  dass  Spuren  von 
Umarbeitungen  in    dem  letzten  Theile    der  Chronik  auch  sonst 
bemerkbar  sind,  und  zwar  rühren  sie  von  Jemandem  her,  welcher 
die    ungarische  Geschichte   wenig   beherrschte.     So   lautet   die 


613 

XJeberschrift  zum  §.  10  (S.  509)  ,De  successione  Albae  in 
regnum  post  mortem  patris';  unter  dem  ,pater'  müsste  Stefan 
der  Heilige  verstanden  werden;  diesen  Irrthum  hat  sicher  nicht 
der  ungarische  Chronist  begangen^  der  übrigens  in  seinen  genea- 
logischen Bemerkungen  Alba  nicht  als  Kind  Stefans  aufzählt. 
Dasselbe  gilt  von  der  Ueberschrift  zum  §.  12  (S.  511):  ,De  fraude 
reginae  (sc.  Giselae)  contra  Albam  regem,  maritum  suum.^ 
Bemerkenswerth  ist  auch  noch  Folgendes :  Im  §.  10  bezeichnet 
der  Chronist  als  den  ältesten  Sohn  Stefans  aus  seiner  zweiten 
Ehe  einen  Leventha,  als  zweiten  Peter,  endlich  als  dritten  Bela; 
an  der  oben  citirten  und  als  polnische  Interpolation  verdäch- 
tigten Stelle  über  die  Einsetzung  Peters  zieht  angebUch  Boles- 
laus  den  jüngeren  Peter  dem  älteren  Bela  vor.  Hier  hat  sich 
also  der  Interpolator  auch  noch  durch  seine  Unvorsichtigkeit 
verrathen. 

Nach  der  vorstehenden  Untereuchung  erscheint  es  somit 
sehr  wahrscheinlicl)^  dass  die  oben  angeführten,  Polen 
betreffenden  Nachrichten  urspijünglich  unserer  Chro- 
nik fremd  waren  und  erst  später  durch  einen  polni- 
schen Interpolator  hinzugefügt  wurden.  Von  diesem 
kann  auch  erst  in  den  Titel,  welchen  die  Chronik  jetzt  führt, 
das  ,mixta  cum  cronicis  Polonorum'  liineingebracht  worden  sein; 
dieser  Zusatz  ist  aber  wieder  ein  Fingerzeig  darauf,  dass  die 
besprochenen  Interpolationen  aus  einer  polnischen  Quelle  flössen. 
Wann  die  InterpoHrung  stattgefunden  haben  könnte,  müsste 
eine  Untersuchung  über  das  nähere  Verhältniss  zwischen  den 
einzelnen  polnischen  Quellen  erweisen.  In  der  zweiten  Hälfte 
des  14.  Jahrhunderts  liegt  die  Chronik  bereits  in  der  interpolirten 
Redaction  vor. 

3.  Wir  wenden  uns  nun  der  Betrachtung  des  ursprüng- 
lichen Bestandes  der  Chronik  und  vor  Allem  ihren  eigen- 
thümlichen  Nachrichten  zu,  insofeme  dieselben  Beachtens- 
werthes  enthalten. 

Die  Chronik  zerfällt  in  drei  Theile,  und  zwar:  1.  die  Vor- 
geschichte Ungarns  bis  auf  Stefan  I.,  2.  die  Regierung  Stefans, 
endlich  3.  die  Nachfolger  Stefans  bis  auf  Ladislaus  den  Heiligen. 

Für  die  Vorgeschichte  (§.  1 — 4)  lagen  dem  Autor  ausser 
einzelnen  Andeutungen  in  der  Vita  s.  Stephani  von  Hartwich 
sicher  keine  schriftlichen  Quellen  vor;  daher  zeigt  auch  dieser 
Theil  keine  nähere  Verwandtschaft  mit  den  anderen  ungarischen 


614 

Quellen,  wie  dies  schon  oben  hervorgehoben  wurde.  So  ist 
Attila  nach  dem  Berichte  unseres  Chronisten  nicht  der  Zer- 
störer, sondern  der  Erbauer  von  Aquileja;  nach  ihm  sei  die 
Stadt  genannt  worden  (§.  3,  S.  497).  Schon  diesem  Könige 
wh-d  das  Orakel  zutheil,  dass  seinem  Geschlechte  einst  die 
Königskrone  werde  verliehen  werden,  eine  Mittheilung,  die  den 
nationalen  Standpunkt  des  Chronisten  scharf  kennzeichnet  (§.  3, 
S.  497).  Im  Gegensatze  zu  den  späteren  ungarischen  Chroniken, 
die  in  diesem  Theile  auch  auf  gelehrter  Forschung  beruhen,* 
unterscheidet  unsere  Chronik  nicht  zwei  hunisch- ungarische 
Einwanderungen,  sondern  sie  zieht  beide  zusammen.  Für  ihren 
Verfasser  fallen  Hünen  und  Ungarn  überhaupt  ganz  zusammen^ 
ja  er  setzt  zwischen  Attila  und  Geisa  nur  noch  zwei  Genera- 
tionen. Es  ist  nun  bekannt,  dass  vor  Allem  die  mündliche  Volks- 
überlieferung es  liebt,  weit  auseinanderliegende  Ereignisse  zu- 
sammenzudrängen, wie  dies  etwa  auch  im  Nibelungenliede  ge- 
schah. Daher  wird  man  wohl  annehmei^  dürfen,  dass  der 
Verfasser  der  Chronik  füj  diesen  Theil  den  StoflF  zumeist  aus 
der  mündlichen  Ueberlieferung  schöpft  und  uns  somit  —  wie 
schon  Rosner  annahm'  —  in  derselben  die  erste  Aufzeich- 
nung der  ungarischen  Ueberlieferungen  über  Attila 
vorliegt.  Darin  wäre  der  Hauptwerth  dieses  Theiles  zu  suchen.' 
Doch  mag  auch  hier  schon  Bücherweisheit  miteingeflossen  sein 
und  Manches  auf  der  Combination  des  Chronisten  allein  be- 
ruhen. Wenn  er  z.  B.  auf  Attila  dessen  Sohn  Koloman  und  auf 
diesen  Bela  folgen  lässt,  als  des  Letzteren  Nachfolger  aber  gleich 
Geisa  nennt,  so  ist  hierin  ganz  offenbar  der  Einfluss  der  Be- 
merkung der  Vita  s.  Stephani  von  Hartwich  zu  erkennen,  dass 
Geisa  war  ,princeps  quidem  quartus  ab  illo,  qui  ingressionis 
Hungarorum  in  Pannoniam  dux  pnmus  fuit'.*  Die  Einleitung 
(Praefatio)  und  was  über  die  Regierung  Geisa's  erzählt  wird, 
ist  ebenfalls  der  Vita  entnommen,  natürlich  mit  Ausnahme  der 
späteren  Interpolation  über  Adelheid. 


^  Darüber  werde  ich  in  den  folgenden  Studien  handeln. 

»  A.  a.  O.,  S.  74. 

■  Aus  der  Ueberlieferung  schöpft  der  Chronist  auch  die  Nachricht  über  die 
Eintheilung  der  Ungarn  in  Heerhaufen  und  das  strenge  Heerfolgegesetz  (§.  1, 
S.  495),  worüber  auch  Keza  ähnlich  berichtet  (Font.  bist.  hung.  II,  67  f.). 
An  eine  Entlehnung  aus  Keza  ist  hiebei  natürlich  nicht  zu  denken. 

^  Font  bist.  hang.  I,  85. 


615 

Die  Regierung  und  das  Leben  Stefans  (§.  4 — 11) 
wird  bis  auf  wenige  eigenthtimliche  Nachrichten  des  Chronisten, 
auf  welche  wir  noch  zurückkommen  werden,  sehr  weitläufig 
nach  der  Biographie  von  Hartwich  geschildert.^  Insofern  uns 
also  ein  Plagiat  der  bekannten  Legende  voriiegt,  ist  dieser 
Theil  stofflich  werthlos.  Aber  andere  Umstände  machen  ihn 
sehr  schätzbar.  Dem  Chronisten  lag  nämlich  —  worüber  in  den 
Studien  I  und  11  ausfiihrlicher  gehandelt  wurde  —  eine  ur- 
sprünglichere Redaction  der  Vita  vor,  als  die  uns  im  Pester 
Codex  erhaltene  ist.  Da  der  Chronist  von  derselben  sehr  aus- 
giebigen Gebrauch  machte,  so  verdanken  wir  ihm  die  Kennt- 
niss  der  ursprünglichen  Legende  Hartwichs  in  ziemlich  umfang- 
reichem Masse.  Darnach  bestand  dieselbe  nur  aus  der  Vita 
maior  s.  Steph.  und  eigenthümlichen  Nachrichten  Hartwichs; 
mit  der  Vita  minor  s.  Steph.  hatte  diese  ursprüngliche  Redac- 
tion der  Hartwich'schen  Legende  keine  Berührung;  Stellen  aus 
derselben  sind  erst  oflTenbar  durch  den  Schreiber  der  Pester 
Handschrift  interpolirt  worden.  Der  Text  in  der  Chronik  gibt 
uns  femer  ein  Mittel  an  die  Hand,  eine  verderbte  Stelle  des 
Pester  Codex,  welche  in  alle  jüngeren  Handschriften  überging, 
richtigzustellen.  Nach  diesen  letzteren  würde  nämlich  Astrik, 
der  bekannte  Freund  des  heil.  Adalbert,  nicht  der  erste  Erz- 
bischof von  Gran,  sondern  Bischof  von  Kalocsa  gewesen  sein. 
Wie  dieser  Fehler  in  den  Pester  Codex  durch  die  Correctur 
eines  unauftnerksamen  Lesers  sich  einschlich,  lässt  sich  zwar 
schon  durch  einen  Vergleich  dieser  Handschrift  mit  der  Vita 
maior  s.  Steph.  erkennen.  Man  vergleiche  hierüber  Kaindl, 
Beiträge  zur  älteren  ungar.  Gesch.,  S.  80  f.  Von  grossem  Werthe 
ist  es  aber,  dass  in  der  Chronik,  welcher  noch  die  unverderbte 
Redaction  vorlag,  stets  Astrik  als  Erzbischof  erscheint.  Die 
Chronik  hat  zwar  uns  den  §.  8,  in  welcher  sich  der  Bericht 
über  die  Erhebung  Astriks  zum  Erzbischof  befindet,  nicht  auf- 
bewahrt, aber  sie  nennt  ihn  an  mehreren  Stellen  in  §.  5  (S.  500), 
§.  6  (S.  503)  und  §.  7  (S.  505)  ,praesul',  und  zweimal  (§.  6, 
S.  503  und  §.  7,  S.  505)  ausdrücklicher  ,praesul  Strigoniensis 
ecclesiae^  oder  ,praesulem  Strigoniae^  Ausser  diesen  kritischen 
Behelfen  zur  Vita  s.  Steph.  von  Hartwich  bietet  der  dem  heil. 


*  Darüber  vgl.  die  Studien  I  und  II  und  die  Anm.  1,  8.  689,  zu  dieser 

(m.)  8tudie. 
▲rehiT.  Bd.  LXXXU.  H.  Hilfte.  40 


616 

Stefan  gewidmete  Abschnitt  der  Chronik  auch  einige  bemerkens- 
werthe  eigenthtimliche  Nachrichten.  Zu  diesen  zählt  zunächst 
die  ausführlichere  Schilderung  der  Königskrönung  Stefans  im 
§.  6  (S.  504),  die  sicher  bis  auf  die  Erwähnung  der  mit  Astrik 
aus  Italien  eingelangten  polnischen  Gesandtschaft  echt  ist.  Auch 
der  §.  7,  welcher  jetzt  die  Aufschrift  trägt:  ,De  congressione 
regis  Ungariae  cum  rege  Poloniae'  (S.  504  fF.),  enthält  sicher 
ausser  der  interpolirten  Bemerkung  über  Lambert  einen  echten 
Bericht  über  die  damaligen  polnisch-ungarischen  Grenzen  und 
eine  Zusammenkunft  des  ungarischen  und  des  polnischen  Herr- 
schers, unter  welchem  letzteren  natürlich  nicht  Mesko,  sondern 
Boleslaus  I.  zu  verstehen  wäre.  So  sehr  nämlich  der  oben  an- 
geflihrte,  tendenziös  gefilrbte  Bericht  im  §.  6  über  die  Mitthei- 
lungen des  Papstes  an  Lambert  und  über  die  päpstliche  An- 
ordnung des  Friedens  zwischen  den  angebHchen  Verwandten 
verdächtig  erscheint,  so  wird  man  andererseits  sich  nicht  der 
Ansicht  verschliessen  dürfen,  dass  der  §.  7  nicht  nur  eigen- 
thümliche,  sondern  auch  beachtenswerthe  Nachrichten  des  un- 
garischen Chronisten  enthält.  Was  zunächst  die  Gründe  betriflft, 
welche  uns  veranlassen,  diesen  Abschnitt  als  in  seinen  Haupt- 
zügen bereits  der  echten  Chronik  eigenthümlich  zu  betrachten, 
so  sind  dieselben  folgende:  In  der  äusseren  Fassung  und  dem 
Geiste  des  Stückes  liegt  durchaus  kein  Grund  vor,  eine  pol- 
nische Interpolation  anzunehmen,  vielmehr  dürfte  man  in  dem 
Umstände,  dass  der  polnische  Herzog  den  König  in  Ungarn 
aufsucht  und  die  feierliche  Zusammenkunft  auf  ungarischem 
Boden  stattfindet,  einen  Hinweis  auf  den  ungarischen  Ursprung 
dieser  Mittheilungen  erblicken;  auch  kann  die  Behauptung, 
dass  Stefan  hiebei  wie  die  Sonne  unter  den  Sternen  (ut  sol 
inter  Stellas,  S.  505)  hervorgeleuchtet  hätte,  sicher  auf  keinen 
polnischen  Schreiber  zurückzuführen  sein.  Femer  spielt  bei 
diesen  Ereignissen  nicht  nur  Astrik  von  Gran,  sondern  auch 
der  ungarische  ,princeps  militiae  Alba'  eine  Rolle;  letzteren  an 
dieser  Stelle  anzuflihren,  wäre  dem  polnischen  Interpolator  kaum 
eingefallen.  Auch  wird  mitgetheilt,  dass  die  feierliche  Zusammen- 
kunft in  der  Kathedrale  zu  Gran  stattfand,  ,quae  tunc  in  ho- 
norem sancti  martyris  Adalberti,  Polonorum  et  Ungarorum  apo- 
stoli  novo  opere  fabricabatur';  die  völlig  glaubwürdige  Nachricht 
von  dem  Baue  dieser  Kirche  findet  sich  nur  noch  bei  einem 
französischen  Schriftsteller  des  13.  Jahrhunderts,   der  sie  nach- 


617 

weisbar  einer  ungarischen  Quelle  aus  dem  Ende  des  11.  Jahr- 
hunderts entnahm^  ^  nirgends  aber  in  polnischen  Quellen.  Hierzu 
kommt  noch,  dass  gerade  die  Erwähnung  des  Baues  dieser 
Kirche  in  Gran,  verbunden  mit  einigen  anderen  Bemerkungen 
über  diese  Stadt,  es  sehr  wahrscheinlich  machen,  dass  sie 
geradezu  in  Gran  niedergeschrieben  wurden.  Einige  Zeilen  vor 
der  Erwähnung  des  Kirchenbaues  verräth  der  Chronist  weit 
genauere  Kenntnisse  Über  die  Lage  der  Stadt,  als  man  sie  bei 
einem  fremden,  insbesondere  einem  in  Polen  lebenden  Schrift- 
steller jener  Zeit  voraussetzen  würde;  ausschlaggebend  ist  aber 
die  Bemerkung  im  §.  12,  dass  Ki^nig  Alba  den  Deutschen  ,ex 
ista  parte  civitatis  Strigoniensis'  entgegenzog.*  Ist  aber  die 
Chronik  in  Gran  geschrieben  —  dass  sie  in  Ungarn  entstanden 
ist,  werden  wir  noch  aus  anderen  Andeutungen  feststellen 
können  —  so  ist  es  leicht  erklärUch,  dass  wir  in  ihr  die 
Nachricht  über  die  von  Stefan  erbaute  Adalbertskirche  finden, 
und  andererseits  gewinnen  hiedurch  die  in  demselben  Para- 
graphen enthaltenen  Mittheilungen  über  die  Zusammenkunft  der 
beiden  Herrscher  in  Gran  und  den  Verlauf  der  damaligen  un- 
garisch-polnischen Grenzen  sehr  an  Wahrscheinlichkeit.  Dass 
man  über  die  längs  der  Donau  bei  Gran  dahinziehende  Grenze 
an  letzterem  Orte  auch  in  späteren  Zeiten  genaue  Kenntniss 
haben  konnte,  ist  leicht  erklärlich,  zumal  diese  Grenze  zugleich 
diejenige  der  Diöcesangewalt  des  Erzbisthums  war.  Der  Bericht 
der  Chronik  ist  auch  gerade  an  dieser  Stelle  sehr  klar  gehalten 
und  die  Grenzbestimiüung  so  deutlich  gegeben,  dass  man  auf 
einen  mit  der  OertUchkeit  und  den  Verhältnissen  wohl  vertrauten 
Mann  denken  muss.  Die  Stelle  lautet  nämUch:  ,Qui  (sc.  dux 
Poloniae)  congregato  omni  exercitu  suo,  ad  regem  ante  Strigo- 
nium  venit,  ibique  in  tenninis  Poloniae  et  Ungariae  tentoria  sua 
fixit;  nam  termini  Polonorum  ad  litus  Danubii  ad  civitatem 
Strigoniensem  terminabantur,    dein   in  Agriensem  (Erlau)*  civi- 


*  Vgl.  meine  ^Beiträge  zur  älteren  ungar.  Gesch.*,  S.  45  ff.  —  Dm  vor- 
gesetzte yPolonomm*  an  nnserer  Stelle  der  Chronik  wird  ebenfalls 
polnische  Interpolation  sein. 

'  Mon.  Pol.  hist.  I,  611.  Vgl.  anch  auf  S.  512  die  Bemerkung:  ,inter  montes 
prope  ciTitatem  Strigoniensem*.  Wahrscheinlich  handelt  es  sich  hiebei 
um  eine  LocalUberlieferung. 

'  Der  gute  Pilat  bemerkt  dazu:  »deutsch  Eger,  eine  Stadt  am  gleichnamigen 
i^usse*  (I). 

40» 


618 

tatem  ibant^  demum  in  fluvium,  qui  Tizia  nominatur,   cedentes 
regyrabant  iuxta  fluvium,   qui  Cepla  nuncupatoT;   usque  ad  ca- 
ßtrum  Galis  (Salis,  jetzt  Saros)^  ibique  inter  Ungaros,  Ruthenos 
et  Polonos   finem   dabant/     Gegen  diese    den   natürlichen  Ver- 
hältnissen sehr  entsprechende  Grenzbestimmung  wird  man  umso- 
weniger  Bedenken   hegen    müssen,   da   gegenwärtig  wohl  auch 
die  letzten  Zweifel  gegen   die  Ausdehnung  Polens  unter  Boles- 
laus  I.  bis  an  die  Donau  als  beseitigt  angesehen  werden  dürfen.^ 
Mit   dieser  Ausbreitung   der  polnischen   Herrschaft   mag  auch 
die  vom  Chronisten  geschilderte  Zusammenkunft  beider  Herrscher 
zusammenhängen,  über  die  in  Gran  vielleicht  selbst  eine  Aufzeich- 
nung vorlag.  Veranlassung,  an  dieser  Stelle  seiner  Chronik  darauf 
zurückzukommen,  mag  dem  Chronisten  folgende,  an  der  entspre- 
chenden Stelle^  der  Vita  s.  Steph.  von  Hartwich  stehende  Bemer- 
kung gegeben  haben:    ,Et  ut   pacis  per   quam  Christus  orbein 
coadunavit,  se  fore  probaret  filium,  quod  nullus  alium  hostiliter 
invaderet ...    subscriptione  federis   non   pereuntis   posteris 
suis    reliquit    stabilitum^      Der    Verfasser    der    Legende   hatte 
freilich  diese  Worte   mit  Bezug   auf  das  wenige  Zeilen   früher 
erwähnte  Decretum  I.  s.  Stephani  niedergeschrieben.  —  Die  mit 
Gran  im  Zusammenhang  stehenden  Nachrichten  sind  die  wich- 
tigsten eigenthümlichen  Mittheilungen  unserer  Chronik  zur  Ge- 
schichte Stefans;  Anderes  ist  kaum  bemerkenswerth  oder  doch 
sehr  zweifelhaft.    So  knüpft  der  Chronist  (§.  7)  an  die  aus  der 
Vita  s.  Steph.,  §.  16,  entnommenen  Worte:  ,Quadam  vero  nocte 
monitu^,  statt  in  der  Erzählung  der  Legende  fortzufahren,  einen 
Bericht,   wie   der   heil.  König   nächtlicherweile   in   den  Kirchen 
durch  das  Auflegen  seiner  Kleider  die  Kranken  heilte,  worauf 
er  dann   mit   den    entsprechenden  Mittheilungen   des  §.  17  der 
Vita  fortfuhrt.    Im  §.  8  setzt  er  zum  Bericht  der  Vita  s.  Steph. 
(§.  17)  über  den  Einfall  der  Bessen  hinzu,  dass  sie  ,pro  censu' 
Ungarn  plünderten.     In   den  §§.  9  imd  10  theilt   der  Chronist 


^  Die  Namenform  Salis  steht  auf  S.  506  und  512.  Auch  der  Anonymus 
nennt  diesen  Ort:  scilicot  usque  ad  fluvium  Souyou  et  usque  ad  castnim 
salis  (Hist.  hung.  fönt.  11,  18).  Die  Identificirung  mit  Saros  in  der  Nähe 
der  Toplaquellen  sprach  bereits  Kownacki  a.  a.  O.,  S.  49,  Anm.  61,  ans. 

•  Vpfl.  W.  Ketrzyiiski,  Die  Grenzen  Polens  im  10.  Jahrhundert^  S.  lö. 
(Abhandlungen  der  Akademie  in  Krakau,  Ser.  II,  Tom.  V,  1893.)  — 
Anders  freilich  Marczali,  Geschichtsquellen,  S.  156. 

'  Font.  hist.  hung.  I,  46. 


619 

genaue  Zeitangaben  der  Krankheitsdauer,  der  Sterbetage  und 
Sterbestunden  Emerichs,  seiner  Frau  und  Stefans  mit.  Endlich 
bezieht  er  im  §.  1 1  die  in  der  Vita  §.  20  über  die  Seele  Eme- 
richs  mitgetheilte  Erzählung  auf  diejenige  Stefans. 

Der  letzte  Theil  der  Chronik  behandelt  endlich  die  Nach- 
folger Stefans  bis  auf  Ladislaus  den  Heiligen  (§§.  10, 
12,  13);  hierzu  rechnen  wir  auch  schon  die  Mittheilungen  über 
die  Einsetzung  der  Regentschaft  durch  Stefan.  Die  Nachrichten 
dieses  Theiles  sind  überaus  wirr.  Schuld  daran  trägt  sicher  zu 
grossem  Theile  der  spätere  polnische  Interpolator,  welcher  nicht 
nur  die  ganze  DarsteDung  der  Chronik  mit  seinen  Zusätzen 
durchhechelt  hat,  sondern  hiebei  auch  überaus  ungeschickt  ver- 
fuhr; man  vergleiche  diesbezügUch  die  Bemerkungen  oben  S.  613. 
Andere  Irrthümer  wird  allenfalls  schon  der  ungarische  Verfasser 
begangen  haben,  indem  er  die  ihm  vorliegenden,  wohl  nur  spär- 
lichen Nachrichten  zu  einem  Ganzen  umzugestalten  sich  be- 
strebte, wie  die  ihm  vorUegende  Vita  s.  Steph.  war.  Hiebei  darf 
man  nicht  vergessen,  welche  bedeutenden  Schwierigkeiten  die 
Geschichte  Ungarns  gerade  im  11.  Jahrhunderte  bietet.  So  ver- 
worren aber  auch  in  Folge  aller  dieser  Umstände  die  Dar- 
stellung der  Chronik  in  der  uns  vorliegenden  Gestalt  ist,  so 
wird  man  doch  fiir  diesen  dritten  Theil  derselben  im  Gegensatz 
zum  ersten  (vgl.  oben  S.  613  f.)  neben  mündlicher  UeberHefe- 
rung^  auch  eine  schriftliche  Quelle  annehmen  müssen;  sie  ent- 
hält nämlich  doch  zu  viele  Einzelheiten,  als  dass  man  dieselben 
auf  mündliche  UeberUeferung  allein  zurückftüiren  könnte.  Vor 
Allem  ist  dies  schon  aus  dem  Grunde  schwer  glaubUch,  weil  sie, 
wenn  auch  verwirrt,  doch  fast  alle  Herrschemamen  des  11.  Jahr- 
hunderts anftlhrt;  der  Chronist  nennt  nämlich:  Alba,  Leventha, 
Peter,  Bela,  Albertus  (=  Bela  oder  Andreas?),  Jesse,  Coloman, 
Salomon  und  Ladislaus.  Dass  sich  eine  derartige  Reihe  von 
Namen  mündHch  150 — 100  Jahre  erhalten  könnte,  ist  nach  den 
Erfahrungen,  welche  man  täglich  sammeln  kann,  sehr  zweifel- 
haft. Dazu  kommt  noch,  dass,  wenn  auch  nicht  alle  seiner 
speciellen  Zeitangaben  vertrauenswürdig  sind  (vgl.  diese  S.  oben, 


^  Derselben  ist  z.  B.  die  Bemerkung  in  §.  13  entnommen:  ,unde  usqne  in 
hodiemam  diem  appellator  palus  Albae  regis*;  wahrscheinlich  auch  die 
folgende  Notiz  über  den  Tod  Heinrichs  in  den  Bergen  bei  Qran  (vgl. 
oben  S.  617,  Anm.  2);  s.  aach  unten  S.  623,  Anm.  3. 


620 

ferner  Mon.  Pol.  bist.  I,  511),  so  doch  z.  B.  die  Angabe,  dass 
Leventha  nur  ein  halbes  Jahr  König  war  (S.  514),  sehr  wahi^ 
scheinlich  ist;  auch  der  Mittheilung,  dass  Peter  zwei  Jahre 
regierte  (S.  515),  liegt  etwas  Wahres  zu  Grunde.^  Ferner  er- 
innern wir  uns,  dass  der  Chronist  über  die  Ereignisse,  welche 
Gran  betreffen,  sich  sehr  gut  unterrichtet  zeigte.  Wir  haben 
auch  schon  daraufhingewiesen  (S.  616  f.),  dass  er  in  seiner  An- 
gabe über  die  Erbauung  der  Adalbeiiskirche  in  dieser  Stadt 
mit  einer  Aufzeichnung,  die  wahrscheinUch  am  Ende  des 
11.  Jahrhunderts  entstanden  ist  und  dem  französischen  Chronisten 
Alberich  von  Troisfontaines  vorlag,  sich  begegnet.  Dieselbe 
Aufzeichnung  lässt  nun  auch  Peter  zweimal  je  zwei  Jahre 
regieren.  In  ihr  findet  bereits  auch  der  Hass  der  Ungarn  gegen 
Gisela  ebenso  scharfen  Ausdruck  wie  in  der  uns  vorliegenden 
Chronik.  Schliesslich  brach  jene  Aufzeichnung  ebenso  wie 
unsere  Chronik  gegen  das  Ende  des  11.  Jahrhunderts  ab.* 
Nach  alledem  wird  man  die  Vermuthung  aussprechen  dürfen, 
dass  unserem  Chronisten  eine  Aufzeichnung  vorlag,  die  der 
Quelle  Alberichs  verwandt  war.  Erinnert  sei  auch  noch  daran, 
dass  wir  uns  schon  oben  zur  Ansicht  gedrängt  sahen,  der  Ver- 
fasser der  Chronik  schreibe  in  Gran;  andererseits  hat  schon 
Wilmans  die  Vermuthung  ausgesprochen,*  Alberich  hätte  seine 
ungarische  Vorlage  durch  Robert  von  Leyden,  der  seit  1227 
Erzbischof  von  Gran  war  und  von  Alberich  auch  genannt  wird, 
erhalten  können.  An  sich  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  am 
Sitze  des  Erzbischofs  schon  frühzeitig  historische  Aufzeichnungen 
gemacht  wurden,  so  über  die  erste  Königskrönung,  über  jene 
Zusammenkunft  in  Gran,  über  die  Grenzen  der  Diöcese  u.  dgl., 
aber  auch  über  die  einzelnen  Könige.  Eine  solche  Aufzeichnung 
mag  auch  unser  Chronist  benützt  haben.  So  erklärt  sich  denn 
auch   die   Aufschrift   seines  Werkes:    ,Incipit   cronica   Unga- 


*  Ueber  Leventha  vgl.  Chronicon  Budense  (ed.  Podhraczky),  S.  102  und 
hiezu  Büdinger,  Oesterr.  Gesch.  I,  437;  über  Peters  Regierungsjahre 
weiter  unten  im  Texte. 

*  Vgl.  meine  , Beiträge  zur  älteren  ungar.  Geech.*,  S.  45  ff.  —  Dass  die  Vor- 
lage des  Chronisten  mit  Ladislaus  thatsächlich  abbrach,  i.st  aus  dem  Um- 
stände zu  ersehen,  dass  er  dessen  Bruder  Colomau  schon  vor  Ladislaus 
—  den  er  an  letzter  Stelle  nennt  —  sterben  lässt;  also  stand  in  seiner 
Vorlage  offenbar  nichts  mehr  von  Coloman. 

'  Archiv  d.  Gesellsch.  f.  ältere  deutsche  Geschichtskunde  X  (1851),  S.  189. 


621 

romm  iuncta  et  mixta  cum  cronicis  Polonorum  et  Vita  s.  Ste- 
phan!'; dass  das  ,cronieis  Polonorum'  nur  späterer  Zusatz  sein 
kann^  ist  schon  oben  (S.  613)  bemerkt  worden. 

4.  Es  erübrigt  nun  noch,  einiges  Wenige  über  den  Ort 
der  Abfassung  des  echten  Theiles  der  Chronik  und  über  den 
Autor  derselben  zu  sagen. 

Schon  oben  ist  darauf  hingewiesen  worden  (S.  617),  dass 
der  Chronist  wahrscheinlich  in  Gran  schrieb;  wir  fol- 
gerten dies  ausser  aus  anderen  Andeutungen  aus  der  Bemer- 
kung im  §.  12,  dass  Alba  den  Deutschen  ,ex  ista  parte  civi- 
tatis Strigoniensis'  entgegengezogen  sei.  Wenn  dagegen  Rosner* 
aus  dem  Umstände,  dass  in  der  Chronik  angeblich  über  die 
Rechte  der  Stuhlweissenburger  Kirche  mehr  mitgetheilt  sei  als 
in  der  Vita  s.  Steph.,  den  Schluss  zog,  dass  die  Chronik  in 
Stuhlweissenburg  entstanden  sei,  so  ist  dieser  Schluss  an  und 
für  sich  nicht  sehr  sicher;  man  konnte  näuiHch  auch  an  einem 
anderen  Orte  über  jene  Rechte  gut  unterrichtet  sein.  Vor  Allem 
aber  sind  thatsächlieh  die  Angaben  über  Stuhlweissenburg  in 
der  Vita  s.  Steph.  viel  reichlicher  als  in  der  Chronik.  Was  der 
Chronist  an  dieser  Stelle  über  die  Rechte  und  die  Dotirung 
der  Marienkirche  sagt,  ist  offenbar  nur  Auszug  und  Paraphrase 
der  weilläufigen  Mittheilungen  in  seiner  Vorlage.  Während  letz- 
tere flinfzehn  lange  Zeilen^  über  das  Thema  ,ut  nullus  episco- 
porum  in  ea  cuiusvis  iuris  quicquam  haberet .  .  .  vel  cuiushbet 
episcopalis  officii  exercendi  sibi  licentiam  usurparet'  handelt, 
fasst  der  Chronist  (§.  7)  dies  in  die  Worte  zusammen:  ,ut  nullus 
archiepiscoporum  vel  episcoporum  in  ea  cuiusque  iurisdictionem 
haberet';  ebenso  kurz  drückt  er  sich  über  die  materielle  Aus- 
stattung der  Kirche  aus,  indem  er  sagt:  ,deinde  canonicis,  qui 
eam  ad  honorem  dei  genitricis  officiarent,  praebendas  largas 
statuit';  die  Vita  bemerkt  dagegen  Folgendes:  ,Preterea  eiusdem 
ecclesie  populum  instituit  esse  tam  Hberum,  ut  nichil  decimarum 
cuiquam  episcopo  dare  deberet,  sed  proposito  soH  et  fratribus, 
prout  ab  eo  instutum  est,  servicium  exhiberet.  Demum  servus 
dei,  que  tunc  habebat  et  acquirere  poterat,  omnia  Christo  .  .  . 
conferre  studuit  .  .  .'  —  Dass  die  Chronik  in  Ungarn  verfasst 
worden    sei,    hatten    übrigens    ausser    Anderen    bereits    auch 

»  A.  a.  O.,  8.  130  f. 

*  Font.  bist.  hang.  I,  48  f. 


622 

Pilat^  und  Zeissberg*  angenommen,  während  Marczali'  sicher 
mit  Unrecht  die  Chronik  unter  den  polnischen  Quellen  auf- 
zählt. Für  die  Entstehung  der  Quelle  in  Ungarn  sprechen 
ausser  den  bereits  aufgezählten  Gründen  noch  folgende:  Zu- 
nächst der  ungarische  Standpunkt  des  Verfassers,  der  sich  z.  B. 
in  den  Mittheilungen  offenbart,  dass  bereits  dem  Attila  die 
Königskrone  fiir  sein  Geschlecht  in  Aussicht  gestellt  worden 
sei,  dass  Stefan  bei  der  Zusammenkunft  mit  dem  Herzog  von 
Polen  wie  die  Sonne  hervorgeleuchtet  hätte,  ebenso  auch  in 
dem  Hasse  gegen  die  Deutschen  und  besonders  gegen  Gisela.* 
Femer  beweist  der  Chronist  tiberall  eine  besondere  Landes- 
kenntniss  Ungarns.  Man  vergleiche  ausser  bereits  angeftlhrten* 
noch  z.  B.  folgende  Stellen:  §.  3  .  .  .  et  pertransivit  (Attila) 
Alpes  Carinthiae  et  venit  in  terminos  Chrvatiae  et  Sclavoniae 
inter  fluvios  Savam  et  Dravam  .  .  .  Cum  autem  post  victoriam 
fluvium,  qui  Drava  dicitur,  pertransisset  et  vidisset  terram  pla- 
nam  atque  fructiferam  .  .  .  Pertransiens  autem  Danubium  in- 
venit  terram  planam  et  campestrem,  herbisque  superfluis  vi- 
rentem,  pastoribus  et  pecudibus,  seu  iumentis  et  poledris  indo- 
mitis  plcnam;  nam  in  terra  hac  solummodo  pastores  et  aratores 
morabantur  .  .  .  Post  haec  autem  movit  se  et  pertransivit  flu- 
vium, qui  Thisa  dicitur,  ibique  planitiorem  et  spatiosiorem  terram 
invenit,  in  qua  magis  delectare  coepit.  —  Interessant  ist  auch 
noch  die  Bemerkung  §.  13  .  .  .  unde  (palus  prope  Pesth)  usque 
in  hodiemum  diem  appellatur  palus  Albae  regis. 

Was   die  Person   des  Autors   anlangt,   so  war  er   seinem 
Stande  nach  allenfalls  ein  Geistlicher.   Als  solchen  verrathen 


1  Mon.  Pol.  bist.  I,  493. 

'  Poln.  Geechichtsflchreibung,  8.  87,  Anm.  1. 

'  Ungar.  Geschichtsquellen,  S.  156. 

^  Wenn  der  Chronist  §.  2  die  heil.  Ursula  zu  Attila,  der  ilir  einen  Heirats- 
antrag macht,  sagen  lässt:  ,Inique  canis,  ferox  et  audax!  ego  regi  coelo> 
rum  copulata  sum*  u.  s.  w.,  so  wird  man  das  sicher  nicht  gegen  das  oben 
Gesagte  geltend  machen  können.  An  einer  anderen  Stelle  (§.  6)  steht 
der  Ausdruck  ,ferox  et  indomita*  in  einer  polnischen  Interpolation.  In 
§.  4  ist  der  Ausdruck  ,indomita'  der  Vita  s.  Steph.  §.  4  entnommen,  und 
auch  der  Ausdruck  ,ignota'  (§.  6)  findet  sich  bereits  in  der  Vita  (§.  9). 
Wenn  also  Pilat  a.  a.  O.,  S.  492,  aus  diesen  Ausdrücken  folgern  wollte, 
dass  der  Chronist  die  Ungarn  ,nicht  liebtS  so  irrt  er. 

*  8.  oben  8.  617  und  619,  Anm.  1. 


623 

ihn  z.  B.  Bemerkungen  wie  die  folgende:  Mox  praesul  Unga- 
rorum  Astricus,  ut  fidelis  nuntius  ab  apostolica  sede  accepta 
benedictione,  a  cardinalibus  et  curialibas  romanae  curiae  petita 
licentia,  laetus  et  exultans  ...  (S.  503).  Ebenso  scheint  die 
genaue  Beschreibung  der  kirchlichen  Feier  bei  der  Königs- 
krönung (S.  504)  und  bei  der  Zusammenkunft  des  ungarischen 
und  polnischen  Herrschers  (S.  505)  darauf  zu  deuten;  auch  bei 
der  Schilderung  der  Todesstunde  Stefans  (S.  510)  kann  er  sich 
nicht  versagen,  alle  hiebei  gesprochenen  Gebete  aufzuzählen. 
Hiezu  sei  noch  bemerkt,  dass  es  sich  an  dieser,  sowie  an  den 
anderen  SteDen  um  Zusätze  zur  Vita  s.  Steph.  handelt.  Anderer- 
seits hat  freilich  der  Chronist  wie  andere  Capitel  dieser  Vita 
80  auch  diejenigen  über  die  Errichtung  der  Bisthümer  aus- 
gelassen.^ Auf  die  Formel  ,Tu  autem  domine  miserere  nostri^, 
mit  welcher  die  Chronik  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  die  §§.  1,  2 
und  3  beschliesst,  möchten  wir  nicht  solches  Gewicht  legen  wie 
der  Herausgeber  der  Chronik  in  den  Mon.  Pol.  bist.  I,  492. 
Diese  Formel  könnte  nämlich  auch  erst  durch  den  Schreiber 
des  14.  Jahrhunderts  hinzugefügt  worden  sein.  Wenigstens 
schliesst  die  Vita  s.  Stanislai  bei  Bandtke,  welche  in  beiden 
oben  S.  594,  Anm.  2  genannten  Handschriften  der  Chronik  voran- 
geht, mit  derselben  Gebetformel,  während  dieselbe  den  anderen 
Redactionen  der  Vita  fremd  ist.*  —  Der  Nation  nach  scheint  der 
Chronist  ein  ungarischer  Slave  gewesen  zu  sein.  Trotz  seines 
ungarischen  Standpunktes  hebt  er  nämlich,  wo  es  nur  angeht, 
die  ungarischen  Slaven  hervor;  und  zwar  geschieht  dies  an 
Stellen,  wo  offenbar  nicht  etwa  an  den  polnischen  Interpolator 
zu  denken  ist.  So  wenn  er  z.  B.  in  der  der  Vita  s.  Steph.  ent- 
nommenen Praefatio  die  Worte  einflickt,  dass  die  Ungarn  ,non 
in  propria  regione,  (sed)  in  aliena,  quae  Sclavonia  nominatur' 
das  Christenthum  angenommen  hätten.  In  §.  3  theilt  er  eine 
offenbar  slovenisch-croatische  Ueberlieferung  über  das  Eingreifen 
Attilas  in  die  südsla vischen  Verhältnisse  mit.*     Auch  berichtet 


^  §.  6  (zweite  Hälfte)  bis  §.  8  incl.,  femer  die  betreffenden  Bemerkungen 
im  §.  9. 

*  Auch  der  Heilsber^r  Codex  (s.  S.  600,  Anm.  2),   der  sonst  mit  der  Vita 
bei  Bandtke  übereinstimmt,  hat  die  Gebetformel  nicht. 

*  In  den  Geschicken  »Kasimirs^  (§.  3)  verschmilzt  offenbar  die  Ueberliefe- 
rung die  Ermordung  Miroslaws  (durch  den  Ban  Pribunia)  mit  dem  Namen 


634 

er,  Attila  hätte  es  fiir  vortheilhaft  erachtet,  wenn  seine  Mannen 
,uxores  Sclavas  et  Chrvatas  copularent,  ita  terram  in  pace  et 
quiete  possideret'  (S.  497).  Attila  selbst  vermählt  sich  mit  einer 
Slovenin  imd  sein  angeblicher  Sohn  Coloman  mit  einer  Kroatin 
u.  dgl.  m.  —  Ueber  die  Fähigkeiten  unseres  Chronisten  und 
seine  schriffcsteUerische  Thätigkeit  wird  man  allenfalls  ein  etwas 
günstigeres  Urtheil  i^Uen  milssen,  als  es  bisher  oft  geschah.' 
Man  übersah  nämlich,  dass  viele  der  Irrthümer,  darunter  woJil 
auch  Missverständnisse  der  Vita  s.  Steph.,*  erst  durch  den 
späteren  Interpolator  und  die  Schreiber  veranlasst  sein  dürften 
(s.  oben  S.  613).  Ausser  bibhschen  Phrasen,^  von  denen  übri- 
gens viele  erst  der  Interpolator  einfügte,  verwendet  der  Chronist 
auch  einmal  eine  Reminiscenz  aus  einem  Alexanderroman.  Als 
Stefan  sich  anschickte,  dem  König  Konrad  entgegenzuziehen^  da 
soll  er  sich  an  die  Worte  Alexanders  des  Grossen  erinnert  haben: 
,stare  pro  patria,  patriis  titulis  et  honori  invigilare  decet^  (S.  507). 


Am  Schlüsse  möge  das  Ergebniss  der  vorangegangenen 
Untersuchung  kurz  zusammengefasst  werden.  Die  Chronik  ist 
um  das  Jahr  1200  in  Ungarn,  und  zwar  wahrscheinlicb  zu 
Gran,  verfasst  worden.  Ihr  Autor  war  ein  Cleriker,  und  zwar 
wohl  slavischer  Abkunft.  In  späterer  Zeit  (vor  dem  Ende  des 
14.  Jahrhunderts)  ist  die  Chronik  in  Polen  mit  polenireund 
liehen  Nachrichten  interpolirt  worden.  lin  ersten  Theile  scheint 
uns  die  Chronik  die  ursprünglichste  Ueberlieferung  über  Attila 
zu  übermitteln;  im  zweiten  Theile  fügt  sie  zu  dem  Auszuge 
aus  der  m'sprünglichen  Redaction  der  Vita  s.  Steph.  von  Hart 
wich  einige  wissenswerthe  Nachrichten  hinzu,  wie  sie  auch  das 
vorzüglichste  Mittel  zur  kritischen  Erkenntniss  dieser  Vita  ist 
In  ihrem  letzten  Theile    (und  wohl  auch   schon  bei  den  selbst 


seines  Vorgängers  Kresimir   oder  dem   des  späteren  Kresimir-Peter  foic 

lOöU),  ferner  mit  dem  bald  nach  dem  Tode  des  letztgenannten  Herrscher? 

erfolgten  Eingreifen   der   Ungarn.     Vgl.  Huber,   Gesch.  Oest^rr.  I,  3i*> 

bis  824.     Anders  Rosner  a.  a.  O.,  S.  77. 
>  Vgl.    z.    B.    Zeissberg,    Miseco    I.,    S.    114    (Archiv    f.    österr.    G^^ 

XXX VUI);    Marczali,    Geschieh toquellen,    S.    156;    Rosner   a.  a.  0. 

S.  107  ff.,  126  u.  ö. 
•  Vgl.  Rosner  a,  a.  O.,  S.  107  ff. 
'  Dazu  gehört  auch  die  echt  epische  Kampfschilderuug  im  §.  3,  S.  497. 


635 

ständigen  Nachrichten  des  zweiten)  scheint  sie  sich  auf  eine 
ungarische  (Graner)  Geschichtsaufzeichnung  zu  stützen,  die  bis 
auf  Ladislaus  den  Heiligen  reichte;  stofflich  ist  die  Chronik  in 
ihrer  jetzigen  Gestalt  in  diesem  letzten  Abschnitte  fast  werthlos. 


IV. 

Ueber  die  Urkunde  Stefans  des  Heiligen  fßr  Martinsberg- 

Pannonhalma. 

Ueber  die  Echtheit  der  vielumstrittenen  Urkunde  Stefans  I. 
für  Martinsberg  hat  zuletzt^  J.  Karäcsonyi  in  seiner  Schrift 
,Szt.  Istvan  oklevelei  ^s  a  Szilveszter-bulla  etc/,  Budapest  1891, 
gehandelt.  Ein  Auszug  aus  derselben  erschien  im  folgenden 
Jahre  in  der  ,Ungar.  Revue'  XII,  284  ff.  Karäcsonyi  kommt 
in  seiner  Untersuchung  zu  dem  Ergebnisse,  dass  die  Urkunde 
mit  Ausnahme  des  Postscriptes  ein  echtes  Original  sei  und  um 
das  Jahr  1030  verfasst  wurde;  das  Postscript,  welches  die  Aus- 
stellung der  Urkunde  fälschlich  in  den  Anfang  des  11.  Jahr- 
hunderts verlegt,*  sei  hingegen  erst  nach  dem  Jahre  1137  hinzu- 
gekommen. *  Zu  theilweise  ähnlichen  Schlüssen  werden  auch  wir 
in  der  folgenden  Darstellung  gelangen;  doch  sollen  in  derselben 
mehrere,  zum  Theil  weit  verbreitete  Irrthümer  berichtet  werden. 

Vor  Allem  scheint  die  Ansicht,  als  ob  unsere  Urkunde  im 
Original  uns  vorläge  —  sie  wäre  dann  die  einzige  ungarische 
Originalurkunde  jener  Zeit  —  sehr  zweifelhaft  zu  sein.    Diese 


^  Die  vorliegeude  Studie  lag  schon  längere  Zeit  druckfertig  und  zum  Ab- 
senden bereit,  als  ich  darauf  aufmerksam  wurde,  dass  Pauler  in  neuerer 
Zeit  gegen  Karicsonyi  auftrat  und  die  Urkunde  als  eine  Fälschung 
bezeichnet.  Ich  habe  seine  Untersuchung  nicht  nachprüfen  können,  aber 
düs  Ergebniss  erscheint  sehr  zweifelhaft.  Vgl.  Ungar.  Revue  1894,  S.  331, 
und  Jahresber.  d.  Gw.,  XIV,  III,  283. 

*  Nicht  1001,  wie  bisher  allgemein  und  auch  von  Kar^csonyi  angenommen 
wurde,  sondern  1002  scheint  der  Schreiber  des  Postscripts  gesetzt  zu  haben. 
Die  Stelle  ist  in  der  Urkunde  nicht  deutlich  lesbar.  Man  vergleiche  neben 
Fej^r,  Codex  dipl.  I,  282,  der  1001  ansetzt,  das  Facsimile  bei  NovAk,  Vin- 
diciae  diplomatis  (1780)  und  die  neue  Ausgabe  bei  Florianus,  Hist.  hung. 
fönt.  1, 101,  darnach  angeblich  ,MLI*  zu  lesen  ist.  Richtiger  ist  offenbar  ,MIIS 
was  auch  mit  der  Ind.  (XV.)  und  dem  zweiten  Reg^erungsjahre  überein- 
stimmt 

»  S.  291 ;  vgl.  auch  S.  288  f. 


^ 


626 

Ansicht  setzt  nämlich  amnächst  den  Ausnahmsfall  voraus,  dass 
die  Originalorkunde  nicht  datirt  war;  denn  das  irrige  Datum 
kann  nur  vom  Schreiber  des  Postscriptes  herrühren.  Femer 
ist  der  umstand  verdächtig,  dass  das  Postscript,  wenn  es  auch 
wahrscheinlich  nicht  nach  so  langer  Zeit  hinzugefügt  wurde,  wie 
Karicsonyi  meint,  in  der  Schrift  u.  s.  w.  völlig  der  Urkunde 
gleicht  Eine  so  ,vorzüghche  Nachahmung^  —  wie  sie  Karäcsonyi 
annimmt  —  würde  doch  kaum  möglich  gewesen  sein;  vielmehr 
scheint  es  wahrscheinlicher  zu  sein,  dass  uns  eine  Copie  der  Ur- 
kunde sammt  dem  bereits  früher  hinzugefügten  Postscript  vorliegt 
Diese  Vermuthung  wird  durch  die  nähere  Betrachtung  einer  Stelle 
der  Urkunde  zur  Gewissheit  erhoben.  In  Zeile  9  und  10  heisst 
es  nämlich  daselbst,  dass  Stefan  sein  bekanntes  Gelübde  bezüg- 
lich des  Martinsklosters  ,astantibus  ducibus  videlicet  Poznano, 
Cuntio,  Orozio,  domino  quoque  (10)  Dominico  archiepiscopo'^ 
geleistet  habe.  Nun  ist  es  bekannt,  dass  in  der  Zeit  des  bei 
Veszprim  niedergeschlagenen  Aufstandes  noch  überhaupt  kein 
Erzbischof  in  Ungarn  vorhanden  war  und  überdies  der  erste 
EIrzbischof  dieses  Landes  Astrik  hiess.  Es  ist  aber  auch  ferner 
in  der  Urkunde  Zeile  13  ausdrückUch  bemerkt,  dass,  als  Stefan 
nach  der  Niederwerfting  des  Aufstandes  daran  ging,  sein  Ge- 
lübde zu  erfüllen,  ,necdum  enim  episcopatus  et  abbatiae  preter 
ipsum  locum  (sc.  Martini  monasterium)  in  regno  ungarico  site 
erant^*  Folglich  ist  jenes  ,domino  quoque  Dominico  archi- 
episcopo*  sicher  nicht  ursprünglich  in  der  Urkunde  gestanden; 
hiebei  ist  es  zunächst  gleichgiltig,  ob  uns  eine  echte  oder  un- 
echte Urkunde  vorhegt,  denn  auch  der  absichtliche  Fälscher 
hätte  nicht  im  Räume  weniger  Zeilen  sich  derart  widersprochen; 
übrigens  wird  auch  in  der  Zeile  12,  wo  die  Zeugen  nochmals 
angeführt  werden,  der  Erzbischof  nicht  erwähnt.*  Wir  haben 
somit  eine  Abschrift  vor  uns,  in  welche  der  unwissende 
und  unachtsame  Schreiber,  weil  er  am  Schlüsse  der  Urkunde 
die  später  zu  erklärenden  Worte  ,Dominicus  archiepiscopus  vice- 
cancerarius  fecit^  las,  den  Erzbischof  auch  unter  jene  Zeugen 
des  Gelübdes  Stefans  einschob;   er  glaubte   offenbar,   wie  tibri- 


*  Florianus  a.  a.  O.,  8.  100. 

*  Ebenda. 

'  .  .  .  sab  testimonio   prefatorum    ducum,    multorumque    comitom,   absqu^ 
ulla  inora  .  .  . 


627 

gens  auch  manche  neuere  Historiker,  dass  Dominicas  der  erste 
angarische  Erzbischof  und  Zeitgenosse  jenes  Aufstandes  war, 
und  bemerkte  nicht  den  Widerspruch,  der  zwischen  seiner 
Interpolation  und  der  oben  aus  Zeile  13  citirten  Behauptung 
der  Urkunde  entstand.  Vielleicht  ist  auch  sein  Irrthum  durch 
eine  Bemerkung  genährt  worden,  welche  jetzt  zwischen  seiner 
Interpolation  und  der  Behauptung  in  Zeile  13,  dass  es  keine 
Bisthümer  damals  gab,  steht.  In  Zeile  11  heisst  es  nämlich, 
dass  Stefan  dem  Kloster  die  aufgezählten  Besitzungen  und 
Rechte  schenkte,  ,ne  parrochiano  episcopo  pertinere  videretur*. 
Aber  diese  Bemerkung  ist  gegenüber  der  deutlichen  Bemerkung 
in  Zeile  13  leicht  als  eine  den  Zeitverhältnissen  vorgreifende 
Bemerkung  des  —  wie  wir  sehen  werden  —  späteren  Ver- 
fassers der  Urkunde  zu  erkennen.  Da  nun  die  Schrift  unserer 
Copie  der  Zeit  Stefans  entspricht,  so  wird  man  auch  annehmen 
müssen,  dass  die  uns  vorliegende  Abschrift  nicht  allzulange 
nach  Stefan  verfertigt  wurde;  denn  an  eine  so  überaus  ge- 
lungene spätere  Nachahmung  der  Schrift  wird  man  so  lange 
nicht  denken  dürfen,  als  hiezu  kein  dringender  Grund  vor- 
handen ist.  Dass  dies  thatsächUch  nicht  der  Fall  ist,  werden 
wir  weiter  unten  gegen  die  Ansicht  Karäcsonyi's  feststellen 
können.  Hier  sei  nur  noch  bemerkt,  dass  dieser  bewiesen  hat, 
dass  die  Formeln  unserer  Urkunde  zumeist  denen  in  den 
Diplomen  Heinrichs  H.  gleichen,  also  wohl  der  Zeit  des- 
selben nicht  ferne  stehen.  Das  an  der  Urkunde  befindUche 
Siegel  ist  allenfalls  von  einer  anderen  genommen;  dieses  Ver- 
fahren setzt  aber  noch  durchaus  nicht  voraus,  dass  der  Inhalt 
der  Urkunde  gefälscht  sei. 

Nachdem  wir  die  Urkunde,  soweit  es  nöthig  und  möglich 
war,  vom  diplomatischen  Standpunkte  betrachtet  haben,  wollen 
wir  auf  den  Inhalt  derselben  näher  eingehen.  Derselbe  mag 
daher  hier  wenigstens  in  aUer  Kürze  angeführt  werden.  Er 
lautet:  Ich,  König  Stefan,  habe  auf  Veranlassung  des  Abtes 
Anastasius  vom  St.  Martinskloster,  welches  mein  Vater  begonnen 
und  ich  vollendet  habe,  diesem  Kloster  die  Privilegien  des- 
jenigen von  Monte  Cassino  verheben  (concessimus),  weil  ich 
durch  die  Bitten  der  Mönche  und  durch  den  Rath  und  die 
Mithilfe  des  Abtes  Anastasius  gestärkt  und  preisgekrönt  worden 
bin.  Auch  wollte  ich  hiemit  ein  Denkmal  an  die  Hilfe  errichten, 
welche  mir  in   meinen  Knabenjahren   (in  pueritia  mea)   durch 


628 

den  heil.  Martin  zu  Theil  geworden  ist.  In  den  kriegerischen 
Zeiten  nämlich^  als  der  arge  Zwist  zwischen  den  Deutschen 
und  Ungarn  entstanden  war,  der  Bürgerkrieg  wüthete  und  der 
Somogyer  Comitat  mich  vom  väterlichen  Sitze  vertreiben  wollte, 
da  gelobte  ich,  sobald  ich  als  Sieger  hervorgehen  würde,  den 
Zehent  des  genannten  Comitates  sofort  dem  Kloster  zu  schenken. 
Sobald  ich  Sieger  geblieben  war,  bin  ich  sofort  an  die  Aus- 
führung meines  Gelöbnisses  geschritten.  Da  nun  damals  in 
Ungarn  weder  Bisthümer  noch  Abteien  ausser  dem  Martins- 
berger  Kloster  bestanden,  und  es  mir  freistand,  in  jedem  belie- 
bigen Orte  Bisthümer  und  Abteien  zu  errichten,  sollte  es  mir 
nicht  gestattet  gewesen  sein,  für  jeden  Ort  das  zu  thun,  was 
ich  wollte?  Damit  nicht  aber  jetzt  (adhuc)  die  Kirche  zum 
heil.  Michael  und  der  Diöcesanbischof  geschädigt  werden,  habe 
ich  ihm  das  Dorf  Kortö  mit  den  Einwohnern  daselbst  gegeben. 
Wenn  dieser  aber  etwas  gegen  meine  Bestimmungen  unter- 
nehmen wollte  (Zeile  17),  so  möge  er  wissen  (sciat!),  dass 
er  einst  vor  Gott  mit  mir  rechten  werde.  Jetzt  (adhuc)  treflfe 
ich  aber  folgende  Nachtragsbestimmungen  (subjungens  dico): 
Das  Kloster  sei  (sit)  von  allen  Beunruhigungen  frei,  die  Mönche 
mögen  das  Recht  haben  (habeant)  ...  u.  s.  w.  —  es  werden 
Rechte  aufgezählt,  wie  sie  z.  B.  unter  Stefan  auch  die  Stuhl- 
weissenburger  Kirche  erhielt,  und  hiebei  wird  die  kirchUche 
Hierarchie  und  der  weltliche  Beamtenstand  in  der  vollen  Ent- 
wicklung, welche  sie  unter  Stefan  erreicht  hatten,  erwähnt.  Wer 
gegen  diese  Rechte  verstösst,  möge  100  Pfund  .des  reinsten 
Goldes  zahlen  (componat)  und  möge  verflucht  sein  (. . .  feriatur). 
Sodann  folgen  die  gewöhnlichen  Schlussformeln,  darunter  in  der 
24.  Zeile  die  Worte:  Dominions  archiepiscopus  vicecancerarius 
fecit.  In  der  25.  Zeile  beginnt  das  Postscript:  Anno  dom.  ine. 
MII*  ind.  XV.  anno  Stephani  primi  regis  Ungarorum  secundo 
hoc  Privilegium  scriptum  et  traditum  est.  Hae  sunt  nominatae 
villae  in  dedicatione  aecclesie  ab  archiepiscopo  Sebastiane  et  a 
comite  Ceba:  Piscatores  .  .  .  Murin,  Curtov  .  .  .  Tertia  pars  tri- 
buti  de  Poson  in  omnibus  rebus  sive  presentibus  sive  futuris. 
Dies  ist  der  Inhalt  der  Urkunde,  welche  den  äJteren 
Forschem  unüberwindbare  Schwierigkeiten  bereitet  hat  Da 
dieselben  nämlich  den   erwähnten  Abt  Anastasius  von  Martins- 


^  S.  S.  626,  Anm.  2. 


629 

berg  mit  dem  aus  anderen  Quellen^  bekannten  gleichnamigen 
Abt  von  Meseritz,  dem  Begründer  von  Peesvarad  und  späteren 
Erzbischof  von  Ungarn,  identificirten  und  die  im  Postscript  an 
gefiihrte  Jahreszahl  als  richtiges  Datum  der  ganzen  Urkunde 
auffassten,  ergaben  sich  ihnen  drei  gleichzeitige  Erzbischöfe: 
Anastasius,  den  sie  mit  dem  Martinsberger  Abt  identificirten; 
Dominicus,  der  die  Urkunde  schrieb;  endlich  Sebastianus,  der 
im  Postscript  genannt  wird.  Man  stand  vor  einem  Räthsel;  das 
völlig  unlösbar  schien  und  dem  auch  Karäcsonyi  nicht  völlig 
gerecht  geworden  ist.  Auch  er  ist  der  Meinung,  dass  der 
Martinsberger  Abt  und  der  Erzbisehof  Anastasius  identisch  sind. 
Das  ist  unrichtig.  Die  Stefanslegenden,  welche  doch  von  Ana- 
stasius, dem  Begründer  des  Pecsvarader  Klosters  und  ersten 
Erzbischofe,  so  viel  zu  erzählen  wissen,*  hätten  nicht  verfehlt, 
bei  der  Erwähnung  des  Klosters  auf  dem  Martinsberge  ^  auch 
mitzutheilen,  dass  derselbe  Anastasius  auch  dessen  Abt  war 
und  in  dieser  Stellung  Stefan  beistand.  Ferner  ist  es  bekannt, 
dass  dieser  Radla-Anastasius,  der  nahe  Freund  des  heil.  Adal- 
berts,  noch  am  Ende  des  Jahres  996  oder  anfangs  997  dem 
von  dem  eben  genannten  Heiligen  zu  Meseritz  in  Grosspolen 
begründeten  Kloster  als  Abt  vorstand  und  somit  frühestens 
Ekide  997  nach  Ungarn  kam>  Wie  soll  nun  in  der  kurzen 
Spanne  Zeit  bis  zur  Königskrönung  Stefans,  an  welcher  schon 
der  Erzbischof  Anastasius  theilnahm,  der  aus  Polen  gekommene 
Radla  bereit»  das  Pecsvarader  Kloster  begründet  haben,  Abt 
von  Martinsberg  gewesen  und  überdies  zu  solchem  ßnfluss 
gekommen  sein,  dass  er  dem  König  bei  dem  übrigens  vielleicht 
noch  vor  997  ausgebrochenen  Aufstande  schon  thatkräftige 
Hilfe  gewährte?!    Dies  ist  schlechterdings  unmögUch.    Anastasius 


*  Vgl   meine  «Beiträge  znr  älteren  ungar.  Gesch. S  S.  66 — 73  und  S.  75  AT. 
'  Vita   maior   §.  7   (Florianuß  a.  a.  O.,   I,    16)   und  Vita   von  Hartwich, 

§§.  7,  8  und  9  (ebenda  S.  42  ff.).    —    Nichts  gemein   hat  dagegen  dieser 
Astrik  mit  dem   im  §.  12  von  Hartwich  genannten  Ascricus  von  Calocsa; 
vgl.  meine  »Beiträge  zur  älteren  ungar.  Gesch.*,  S.  81  ff. 
»  Vita  maior,  §.  8,  Vita  von  Hartwich,  §§.  6  und  8,  Vita  minor,  §.  6  (Flo- 
rianus  a.  a.  O.,  I,  4). 

*  Die  Nachricht  über  das  Kloster  Meseritz  findet  sich  in  der  anonymen 
,Pas8io  s.  Adalperti  martiris*  (Mon.  Germ.  SS.  XV,  2,  8.  706);  vgl.  dazu 
meinen  Aufsatz  in  der  Deutschen  Zeitschr.  f.  Geschichtsw.,  IX,  106 f., 
ferner  die  soeben,  Anm.  1,  ciürten  Stelleu  in  den  Beiträgen*. 


630 

von  Martinsberg  und  der  aus  Polen  gekommene  Anastasius- 
Radla,  der  Pecsvarad  begründete  und  erster  Erzbischof  von 
Ungarn  wurde,  sind  verschiedene  Personen.  Jener  muss  schon 
früher  nach  Ungarn  gekommen  sein,  und  vielleicht  ist  er  mit 
jenem  Papas  (-Astrik)  zu  identificiren,  der  nach  Brun  von  Quer- 
furt (Vita  s.  Adalb.,  Cap.  23)  schon  am  Hofe  Geisas  und  Sa- 
roltas  geweilt  hatte  und  von  diesen  nicht  fortgelassen  wurde, 
als  der  heil.  Adalbert  vor  seiner  Reise  nach  Polen  um  ihn  sandte. 
Dass  dieser  in  Ungarn  verbliebene  Papas  nicht  identisch  sein 
kann  mit  dem  von  Adalbert  auf  seiner  polnischen  Reise  zum 
Abt  von  Meseritz  eingesetzten  Anastasius,  ist  klar.* 

Wenn  nun  aber  auch  die  beiden  Anastasius  miteinander 
nichts  gemein  haben,  so  war  doch  der  eine  thatsächlich  zu 
Anfang  des  11.  Jahrhunderts  Erzbischof  von  Ungarn.  In  welchem 
Verhältnisse  steht  dieser  zu  den  in  der  Urkunde  als  angeblich 
gleichzeitig  genannten  Erzbischöfen  Dominicus  und  Sebastianas. 
über  welchen  letzteren  auch  in  der  Vita  s.  Stephani  von  Hart- 
wich (§.  12)  erzählt  wird,  dass  er  ein  Mönch  des  Klosters 
Martinsberg  war,  und  dass  er  wegen  seiner  Frömmigkeit  vom 
Könige  Stefan  auf  den  erzbischöflichen  Stuhl  berufen  wurde? 
Karäcsonyi  hat  auch  diese  Frage  nur  zum  Theil  gelöst.*  Er 
hat  zwar  erkannt,  dass  das  angebUche  im  Postscript  enthaltene 
Datum  der  Urkunde  falsch  sei,  und  dass  dieselbe  nicht  kurz 
nach  1000  unter  Erzbischof  Anastasius,  sondern  erst  unter  einem 
späteren  Erzbischof  Dominicus  verfasst  sei;  er  hat  aber  bezüg- 
lich des  ebenfalls  im  Postscript  genannten  Sebastian  keine  Ent- 
scheidung gewagt.  Mit  Hilfe  des  oben  citirten  Berichtes  der 
Stefanslegende  ist  der  Sachverhalt  leicht  erklärt:  Der  erste 
Erzbischof  von  Ungarn  war  Anastasius,  der  bis  etwa  um  das 
Jahr  1030  regierte,  denn  um  diese  Zeit  soll  ihn  der  Mönch 
Arnold  von  Regensburg  besucht  haben;'  ihm  folgte  Seba- 
stian von  Martinsberg,  der  als  ein  Mönch  dieses  Klosters 
sowohl  die  Vollendung  und  Einweihung  der  längst  begon- 
nenen  Klosterkirche    vollzog,    als    auch    bei    dieser    Gelegen- 


^  Auch  darüber  sind  die  Beiträge  an  den  citirten  Stellen  zu  vergleichen. 

•  Seine  neue  Arbeit  über  die  ersten  Erzbischöfe  von  Ungarn,  in  welcher 
er  auch  der  Ansicht  Florianus*  über  die  Legende  von  Hartwich  beistimmt^ 
ist  mir  unzugänglich.  Vgl.  Jahresber.  d.  Gw.  XV,  III,  223. 

'  Arnold  schildert  seinen  Empfang  bei  dem  Erzbischofe  Anastasius  in  seiner 
Schrift  De  s.  Emmerammo  (Mon.  G^rm.  SS.  IV,  547). 


631 

heit  flir  das  materielle  Wohl  seiner  Klosterbrüder  Sorge  trug; 
dessen  Nachfolger  im  Amte,  und  zwar  schon  in  den  letzten 
Begierongsjahren  Stefans,  war  endlich  Dominicus,  der  in  Ueber- 
einstimmung  mit  dieser  Annahme  auch  in  der,  wenn  auch  ge- 
fälschten Urkunde  von  Bakonyb^l  zum  Jahre  1037  genannt 
wird.  ^  Unter  diesem  Dominicus  gegen  das  Ende  der  Regierung 
Stefans  ist  also  unsere  Urkunde  ausgefertigt  worden,  womit  das, 
was  oben  über  die  Formeln  der  Urkunde  bemerkt  wurde,  gut 
übereinstimmt. 

Wenn  nun  die  in  der  Urkunde  angeführten  drei  Erz- 
bischöfe einander  in  ihrem  Amte  ablösten,  so  sind  in  derselben 
offenbar  Ereignisse  aus  verschiedenen  Jahren  erzählt,  öeht 
dies  nicht  vielleicht  aus  der  Urkunde  selbst  hervor?  Man  lese 
nur  nochmals  dieselbe  oder  auch  nur  ihren  oben  mitgetheilten 
Inhalt.  Was  Stefan  in  derselben  über  die  Hilfe,  welche  ihm 
durch  Anastasius  von  Martinsberg  zu  Theil  geworden  ist,  über 
den  inneren  Krieg  und  über  sein  Gelübde  erzählt,  stellt  er  als 
längst  vergangen,  in  seinen  Knabenjahren  (pueritia)  geschehen 
hin,  wobei  er  ausdrücklich  hervorhebt,  dass  damals  noch  keine 
Abtei  und  kein  bischöflicher  Sitz  sich  im  Lande  befand  imd  er 
daher  jeder  neubegründeten  Stiftung  beliebige  Rechte  verleihen 
konnte.  Sobald  er  aber  von  den  Entschädigungen,  die  er  dem 
durch  die  Vorrechte  Maiünsbergs  geschädigten  Diöcesanbischof 
(von  Veszprim)  gewährt,  zu  sprechen  beginnt,  heisst  es:  ,Damit 
nicht  aber  jetzt  der  Bischof  geschädigt  erscheine  (ne  ad- 
huc . .  .y,  und  ebenso  werden  die  folgenden  Verfolgungen  über 
die  Rechte  Martinsbergs  mit  den  Worten  ,Jetzt  aber  treffe  ich 
folgende  Nachtragsbestimmungen^  (adhuc  autem  subjungens  dico) 
eingeleitet.  Aus  allem  dem  wird  es  klar,  dass  zwischen  den  im 
Eingange  der  Urkunde  geschilderten  Vorgängen  und  den  im 
zweiten  Theile  derselben  enthaltenen  Verfügungen  eine  lange 
Zeit  verstrichen  ist.  Vor  uns  liegt  nicht  der  Stiftbrief  der  Abtei, 
sondern  ein  ihr  später  verliehenes  Privilegium,  das  sie  gegen 
die  Angriffe  des  inzwischen  entstandenen  Diöcesanbisthums 
schützen  soll.  Stefan  gab  dem  Bischof  als  Abfindung  den  Ort 
Kortö;  dieser  sollte  hiefÜr  niemals  mehr  in  die  Rechte  des 
Klosters  eingreifen,   und  darüber  stellte  der  damals  regierende 


^  Fej^r,  Cod.  dipl.  I,  327  ff.    —  Ueber  die  ersten  ErzbischOfe  Ung&ras 
vgl.  auch  in  meinen  jB^^^rägen  zur  älteren  ungar.  Gesch.*  die  Studie  XI. 
▲rohiT.  Bd.  LXXXU.  O.  H&lft«.  41 


632 

Erzbischof  Dominicafl  die  Urkunde  aus,  in  welcher  der  Ereignisse 
vor  1000  nur  aus  dem  Grunde  Erwähnung  geschieht,  um  die 
Veranlassung  der  Vorrechte  Martinsbergs  und  deren  rechtliche 
Grundlage  gegenüber  den  Anmassungen  des  später  entstandenen 
Bisthums  klarzulegen.  ^  Dass  aber  thatsächlich  ein  ziemlich  hef- 
tiger Zwist  zwischen  der  alten  Stiftung  der  Arpaden  und  dem 
Veszprimer  Bisthum  stattgefunden  haben  muss,  geht  klar  ans 
dem  Tone  der  Urkunde  hervor.  ,Quod  si  —  ruft  Steßm  aus  — 
vos  fideles,  licuit  mihi  quo  volui  loco  episcopatus  et  abbatias 
statuere,  an  non  licuit  cuipiam  loco  quod  volui  ut  facerem?' 
Und  dem  Bischof  ruft  er  zu:  ,Quod  si  ipse  (episcopus)  contra 
mea  statuta  quid  inique  agere  vel  adquirere  voluerit,  ante  deum 
judicem  vivorura  et  mortuorum  in  die  judicii  se  contendere 
mecum  sciat!' 

Wie  kommt  es  nun  aber,  dass  dasselbe  Kortö,  welches 
in  der  Urkunde  als  Entschädigung  an  das  Bisthum  vergabt 
wird,  im  Postscript  als  Besitz  des  Klosters  angeftlhrt  wird? 
Karäcsonji  bemerkt  dazu,  dass  die  Urkunde  Ladislaus'  vom 
Jahre  1093,  welche  sämmtliche  Besitzungen  der  Abtei  anfilhrt,' 
diese  Ortschaft  ebensowenig  wie  das  im  Postscript  genannte 
Murin,  femer  den  Pressbuiger  Zoll  kennt;  daraus  schliesst  er, 
dass  das  Postscript  erst  in  späterer  Zeit,  da  diese  Besitzthümer 
an  die  Abtei  gelangten,  geschrieben  wurde,  insbesondere  erst 
nach  1 137,  weil  in  diesem  Jahre  Bela  11.  ein  Drittel  des  Press- 
burger Zolles  an  die  Abtei  schenkte.'  Wir  haben  nun  schon 
oben  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  Urkunde  (Abschrift) 
ihrem  Schriftcharakter  gemäss  kaum  in  so  späte  Zeit  fallen 
dürfte;  andererseits  wird  man  bei  dem  Umstände,  dass  Besitz- 
thllmer  verloren  und  wieder  gewonnen  werden  können,  den 
Schluss  Karäcsonyi's  als  gewagt  erklären  müssen.  Thatsäch- 
lich kann  zunächst  von  Kortö  gezeigt  werden,  dass  es  seinen 
Besitzer  wechselte.  Wie  wir  oben  bemerkt  haben,  wird  dieser 
Ort  in  unserer  Urkunde,  also  unter  Erzbischof  Dominicus,  an 
das  Veszprimer  Bisthum   als  Entschädigung   seiner   durch   die 


*  Aus  diesem  Zwecke  der  Urkunde  erklärt  sich  die  oben  S.  627  schon 
besprochene  Bemerkung  in  Zeile  11:  .  .  .  ne  parrochiano  episcopo  per- 
tinere  videretur. 

*  Fejör,  Cod.  dipl.  I,  8.  482  ff. 

*  Ebenda  U,  87. 


633 

wenn  auch  älteren  Privilegien  Martinsbergs  geschädigten  Rechte 
tiberlassen;  nach  dem  Postscripte,  also  zur  Zeit  des  Erzbischofs 
Sebastian,   gehört  Kortö   dagegen    dem  EJoster.     Erinnern   wir 
uns    nun,   dass   wir   oben   bemerkt  haben,   Sebastian  habe  vor 
Dominicus    die    erzbischöfliche    Würde    bekleidet,    so    ist    der 
Sachverhalt   sofort    klar:    unter    Sebastian    besass   Martinsberg 
Kortö ;  dann  wurde  dasselbe,  um  den  Diöcesanbischof  zufrieden- 
zustellen, an  denselben  unter  dem  Erzbisehof  Dominicus  abge- 
treten;  daraus  erklärt  es   sich,   warum   diese  Besitzung  in  der 
Urkunde  von  1093  nicht  genannt  wird;  später  wurde  sie  wieder 
gewonnen  und  seit  1216  wieder  unter  den  Besitzungen  Martins- 
bergs aufgezählt.   Aehnlich  scheint  es  sich  mit  dem  Pressburger 
Zoll  zu  verhalten;  wenigstens  wird  in  einer  Urkunde  des  Papstes 
Innocenz  in.  vom  Jahre  1215  nach  einem  vorgelegten  Privileg 
Stefans  behauptet,  ^  dass  dieser  Zoll  bereits  vom  König  Stefan  dem 
Kloster  geschenkt  worden  sei.  Dasselbe  könnte  allenfalls  auch  vom 
Orte  Murin  gelten.  Man  wird  sich  somit  den  Ausführungen  Karä- 
csonyi's  nicht  anschliessen  können;   vielmehr  ist  es  sehr  wahr- 
scheinlich,  dass    das  Kloster  thatsächhch  schon  zur  Zeit  Seba- 
stians die  genannten  Besitzungen  besass  und  das  Postscript  nicht 
allzulange   nach   der   Ausfertigung   der  Originalurkunde  dieser 
hinzugefügt  wurde.    Bald  darauf  muss  dann  von  dieser  ergänzten 
Urkunde   die   uns   vorliegende  Copie   angefertigt   worden  sein. 
Ihr  Schreiber  war  unzuverlässig  und  erlaubte  sich  willktlrliche 
Aenderungen;    auch   war   er  offenbar  in    der   Geschichte    der 
letzten  Jahrzehnte  wenig  erfahren.    So  hat  er,  wie  schon  oben 
bemerkt  wurde,  in  den  Zeilen  9/10  unter  die  Zeugen  des  Ge- 
lübdes Stefans  den  Erzbischof  Dominicus  eingeschoben.    Damit 
hängt  nun  aber  offenbar  auch  die  falsche  Jahreszahl  des  Post- 
scriptes  zusammen.    Da  nämUch  der  Copist  den  Erzbischof  Do- 
minicus in   die  Anftlnge   der  Regierungszeit  Stefans   versetzte, 
so  musste   er  nothwendigerweise   die  von   diesem  ausgefertigte 
Urkunde   ebenfalls   dahin  verlegen.     Wie  er  nun  gerade  dazu 
kam,    die   übrigens    in    ihren   Theilen   widerspruchslose*   Dati- 
rung  Mn.,  ind.  XV.,  Steph.  regis  anno  11.  zu  setzen,  wird  sich 


^  Fej^r,  Cod.  dipl.  III,  1,  172.  Das  in  dem  päpstlichen  Schreiben  citirte 
Privileg  Stefans  kann,  nach  den  Schlussworten  «Tributa  autem,  quae  etc.* 
za  ortheilen,  nicht  unsere  Urkunde  sein,  trotsdem  Fejör  dies  andeutet. 

*  S.  oben  S.  626,  Anm.  2. 

41* 


634 

kaum  bestimmen  lassen.  Am  wahrscheinlichsten  ist  es^  dass  er 
bereits  ein  Datum  vorfand,  dieses  für  unrichtig  hielt  und  durch 
irgend  einen  Theil  der  Datirung  zu  seiner  Berechnung  veran- 
lasst wurde. 

Für  die  zeitliche  Aufeinanderfolge  der  in  der  Urkunde 
erzählten  Thatsachen  ergibt  ferner  auch  folgende  Betrachtung 
ein  bemerkenswerthes  Resultat.  Man  kann  es  nicht  scharf 
genug  hervorheben,  dass  Sebastian  nicht  etwa  bei  der  Begrün- 
dung, sondern  bei  der  Weihe  (in  dedicatione  aecclesie)  an- 
wesend war.  Diese  Andeutung  hätte  genügen  sollen,  um  den 
zeitlichen  Abstand  von  Sebastian  zurück  auf  Astrik  zu  erkennen. 
So  weit  wir  nämlich  über  die  Baugeschichte  der  grossen  unga- 
rischen Gotteshäuser  jener  Zeit  unterrichtet  sind,  tritt  uns  überall 
eine  ziemlich  lange  Baudauer  entgegen;  so  wurde  das  Pecs- 
varader  Kloster  vom  Jahre  1000 — 1015  gebaut,^  und  die  Stuhl- 
weissenburger  Kirche  war  noch  beim  Tode  Stefans  nicht  ge- 
weiht,* trotzdem  ihr  Bau  ziemlich  früh  begonnen  zu  haben 
scheint.^  Es  ist  somit  auch  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  Her- 
stellung der  Martinsberger  Kirche  eine  lange  Reihe  von  Jahren 
erfordert  hat,  was  sehr  gut  damit  übereinstimmt,  dass  sie  erst 
etwa  zwischen  1030  und  1035  eingeweiht  wurde.  Dass  die  endliche 
Vollendung  und  Weihe  unter  dem  aus  Martinsberg  hervor- 
gegangenen Erzbischofe  Sebastian  erfolgte,  ist  schon  oben  als 
sehr  bezeichnend  angefahrt  worden. 

Schliesslich  mag  noch  auf  einen  Umstand  aufmerksam 
gemacht  werden,  der  sowohl  darauf  hinweist,  dass  zwischen  dem 
in  der  ersten  und  der  zweiten  Hälfte  der  Urkunde  Erzählten 
eine  Zeit  verstrichen  ist,  als  auch  mit  ein  Beweis  filr  die  Echt- 
heit der  Urkunde  ist.  Wie  schon  früher  erwähnt  wurde,  leistete 
Stefan  nach  Zeile  9  der  (noch  nicht  interpolirten)  Urkunde  blos 
in  Gegenwart  von  drei  ,duces',  neben  denen  in  Zeile  12  noch 
,comites'  als  Zeugen  genannt  werden,  sein  Gelübde;  Bischöfe 
gab   es   damals   noch  nicht,   wie   die  Urkunde   selbst  Zeile  13 


^  S.  meine  ,Beiträgpe  zur  älteren  angar.  Gesch/,  S.  72,  Anm.  21. 

*  Vita  s.  Stephan!  von  Hartwich,  §.  23  (bei  Florianus,  Hist.  hung.  fönt. 
I,  62)  ...  Et  quoniam  ecclesia  beatissime  virginis  ab  ipso  constracta 
nondum  erat  dedicata,  inito  consilio  statnunt  pontifices  prins  baailicam 
sanctificare,  deinde  corpus  (sc.  s.  Stephani)  terre  commendare  .  .  . 

'  Vgl.  die  freilich  zweifelhaften  Angaben  in  den  ungarischen  Chroniken 
(Chronicon  Budense  ed.  Podhraczky,  S.  66). 


635 

hervorhebt,  was  freilich  dem  späteren  Abschreiber  nicht  mehr 
hewusst  war.  Im  zweiten  Theile  der  Urkunde  hingegen, 
welche  nach  unserer  Annahme  Verhältnisse  der  letzten  Zeit 
Stefans  berührt,  werden  dementsprechend  schon  der  ,archi- 
episcopus,  episcopus,  dux,  marchio,  comes  et  vicecomes^  ange- 
ftüirt.  Diese  feine  Differenzirung  ist  nicht  nur  ein  Hinweis  auf 
die  zeitliche  Entwicklung,  sondern  sie  darf  auch  als  ein  Zeug- 
niss  für  die  Echtheit  der  Urkunde  gelten. 

So  weit  wir  bisher  die  einzelnen  Nachrichten  unserer  Ur- 
kunde betrachtet  haben,  erscheinen  dieselben  als  durchaus 
historisch  und  unterstützen  die  Annahme,  dass  die  Urkunde 
ihrem  Inhalte  nach  echt  sei.  Es  erübrigt  noch,  einige  Mitthei- 
Inngen  zu  prüfen.  Zunächst  die  Nachricht,  dass  das  Martins- 
berger  Kloster  schon  zur  Zeit  Geisas  begonnen  und  von  Stefan 
beendet  worden  ist.  Bei  dem  Eifer,  mit  welchem  si^h  Qeisa  des 
Christenthums  annahm  und  der  bisher  sicher  unterschätzt  wurde,  ^ 
ist  es  zunächst  ganz  natürlich,  dass  er  Stiftungen  zu  religiösen 
Zwecken  errichtet  habe.  Von  seinen  Kirchenbauten  berichtet 
die  Vita  maior  s.  Stephani  übrigens  auch  ausdrücklich,  ja  sie 
theilt  sogar  mit,  dass  Geisa  bereits  an  die  Errichtung  von  Bis- 
thümem  gedacht  habe,*  was  doch  auch  nicht  unmöglich  ge- 
-wesen  wäre.  Dass  er  unter  diesen  Umständen  auch  die  Anfänge 
zu  einem  Kloster  legte,  ist  sehr  wahrscheinlich.  Dazu  kommt 
noch,  dass  die  Vita  minor  s.  Stephani  nur  von  der  Erbauung 
einer  ,basilica'  zu  Ehren  des  heil.  Martin  nach  der  Bewältigung 
des  Aufstandes  berichtet*  und  die  allenfalls  nicht  viel  später 
entstandene  Legenda  s.  Emerici  ebenfalls  nur  eine  von  Stefan 
erbaute  ,ecclesia  s.  Martini^  erwähnt;*  man  wird  aber  wohl  kaum 
annehmen  können,  dass  die  Legendenschreiber  unter  ,basilica' 
oder  ,ecclesia*  das  ganze  Kloster  verstanden  haben.  Bemerk ens- 
werth  ist  es  femer,  dass  im  Postscript  unserer  Urkunde  eben- 
falls nur  von  der  Weihe  der  Kirche  unter  Sebastian  die  Rede 
ist.  Der  Verfasser  der  Vita  maior  scheint  freilich  der  Ansicht 
gewesen  zu  sein,   dass  Stefan  das  Kloster  (monasterium)  über- 


^  Vgl.  darüber  meine  ^Beiträge  zur  älteren  ungar.  Gesch.*,  S.  19. 
«  Im  §.  3  bei  Florianus,  I,  13. 
•  Im  §.  5  bei  FlorianuB,  I,  4. 

^  Ebenda  I,  131  ..  .  ecclesiam  s.  Martini,  quam  ipse  in  sancto  monte  Pan- 
nen ie  inchoaverat. 


636 

baupt  erbaut  habe^  was  aber  leicht  auf  einem  Irrthum  beruhen 
könnte.    Darauf  deutet  der  Wortlaut  der  Stelle  selbst,^  welche 
einen  Widerspruch  in  sich  schliesst^   indem   sie  einerseits  zwar 
von  der  Erbauung  des  »monasterium'  durch  Stefan  berichtet,  an- 
dererseits aber  doch  andeutet,  dass  sich  seine  Stiftung  an  eine 
bereits   bestehende   anschloss.     Die    betreffenden   Sätze  lauten 
nämlich:   ,Et  quoniam  Pannonia  beati  pontificis  Martyni  nativi- 
täte   gloriatur  .  .  .  rex  .  .  .  inito   cum   theophilis   consilio,    iuxta 
fundum   sancti   presulis   in  loco,   qui  sacer  mons   dicitur,    sub 
titulo  ipsius  monasterium  construens  .  .  /   Nach  allem  dem  wird 
man  wohl  die  Nachricht  der  Urkunde,  dass  das  Kloster  bereits 
unter  Geisa  bestand,  nicht  bezweifeln.    Hiezu  mag  noch  auf  die 
schon  oben  ausgesprochene  Verrauthung  hingedeutet  werden,  dass 
der  am  Hofe  Geisas  und  Saroltas  nach  den  Berichten  Bruns  von 
Querfurt  sehr  geschätzte  Papas  (-Astrik)  der  in  imserer  Urkunde 
erwähnte  Abt  Anastasius  von  Martinsberg  gewesen  sein  könnte. 
Höchst  beachtenswerth  ist  ferner  die  Bemerkung  der  Ur- 
kunde über  den  bei  Veszprim  niedergeworfenen  Aufstand.    Der- 
selbe wird  nämlich  in  der  Urkunde  als  ein  durchaus  pohtischer 
geschildert.    ,Ingruente  namque  bellorum  tempestate  —  heisst  es 
nämlich  daselbst   —    qua   inter  Theotonicos   et  Ungaros  seditio 
maxima  excreverat,  precipueque  cum  civihs  belli  ruina  urgerer, 
volonte   comitatu   quodam   nomine   Sumigiense   patria   me   sede 
repellere,  quid  fluctuanti  animo  consilii  darem  .  .  /  Der  Umstand, 
dass  in  dieser  Bemerkung  das  politische  Moment  hervorgehoben 
wird,  während  z.  B.  die  späteren  Stefanslegenden  den  Aufstand 
als   aus   religiösen  Motiven  hervorgegangen   darstellen,   ist  ein 
sehr  beachtenswerthes    Zeichen   für  die   Ursprünglichkeit  und 
Echtheit  der  Urkunde;  denn  es  ist  sicher  richtig,  dass  diesem 
Aufstande   wie  nicht  minder  der   späteren    unter  Peter   ausge- 
brochenen    Bewegung    zunächst    politische    Bedeutung    zukam. 
Wenn  die  Legenden  den  Aufruhr  allein  aus  religiösen  Motiven 
entstehen  lassen,   so  ist  dies  nur  in  Hinsicht  auf  die  besonders 
betonte  apostolische  Thätigkeit  Stefans  geschehen.    Die  Erwäh- 
nung einer  ,seditio  inter  Theotonicos  et  Ungaros^  ist  aber  völlig 
unverdächtig.    Es  ist  sicher,  dass  mit  Gisela  das  deutsche  Ele- 
ment sehr  an  Einfluss  gewann,  und  dass  es  darüber  zum  Auf 
rühr  der  Ungarn  kam,   ist  eine   in   diesem  Lande   nicht  unge- 


^  Bei  FlorianuB,  I,  17. 


637 

ivöhnliche  Erscheinung.   Damals  mag  der  Hass  gegen  Gisela,  den 
die  national-ungarischen  Geschichtsquellen,  und  zwar  schon  seit 
dem  11.  Jahrhundert  zum  Ausdrucke  bringen,^   seinen  Anfang 
genommen  haben.    Vor  Allem  ist  es  aber  sehr  beachtenswerth, 
welche  bedeutende  Rolle  die  Deutschen  bei  der  Niederwerfung 
des  Aufstandes  des  ,dux  Kuppan^  nach  der  ungarischen  Chronik 
spielen;  der  Bericht  hierüber  ist  aber  offenbar  ursprünglich  und 
glaubwürdig,  weil  der  spätere,  durchaus  national  gesinnte  Chro- 
nist weder  so  unparteiisch  und  ruhig,  noch  in  so  ehrenwerther 
Weise   der  Verdienste   der  Deutschen   erwähnt  und   noch  viel 
weniger  diesen  Bericht   erst   erfunden   hätte.     Der  Bericht  der 
Chroniken  lautet  nämlich:*  ,Sanctus  autem  Stephanus  .  .  .  convo- 
cato  exercitu,  perrexit  obviam  hosti  suo,  et  ad  amnem  Garany 
primitus  accinctus  est  gladio  (durch  die  im  Folgenden  genannten 
Schwaben  Hunt  und  Pazman,   wie   die   Chronik  an   einer   an- 
deren Stelle^  und  Keza*  berichten)  ibique  ad  custodiam  corpo- 
ralis  salutis  sue  duos  principes  Hunt  et  Pazman  constituit.    To- 
ciuß   autem  exercitus   sui   principem   et   ductorem  Vencellinum 
hospitem   Almanum    genere   prefecit.     Commisso   itaque   prelio, 
inter  utrumque  diu  et  fortiter  est  pugnatum;  sed  divine  misera- 
tionis  auxilio   beatus  Stephanus  dux(!)  gloriosam  obtinuit  victo- 
riam;  in  eodem  autem  prelio  Vencellinus  comes  interfecit  Cupan 
ducem,  et  largissimis  beneficiis  a  beato  Stephane,  tunc  duce,  (!) 
remuneratus  est.    Ipsum  vero  Cupan  .  .  .'    Aus  diesem  Berichte 
ist  klar  zu  ersehen,  dass  die  Deutschen  schon  in  der  ersten  Zeit 
Stefans  eine  hervorragende  Rolle  spielten  und  insbesondere  der 
Aufstand,   der  Stefan   leicht   den   Thron   hätte   kosten   können, 
zumeist  mit  ihrer  Hilfe  unterdrückt  worden  war.    Dies  mag  mit 
ein  Grund  gewesen  sein,  weshalb  Stefan  in  seiner  Ermahnungs- 
schrift an  Emerich  den  sonst  recht  sonderbaren  und  in  Ungarn 
längst  vergessenen  Ausspruch  that:  ,. . .  nam  unius  lingue  unius- 
que  moris  regnum  imbecille  et  fragile  est.^^ 


*  Schon  Alberich  von  Trois  fontaines  sagt  nämlich,  wobei  er  sich  auf  eine 
wohl  noch  aus  dem  Ende  des  11.  Jahrhunderts  herrührende  ungarische 
Quelle  stützt  (vgl.  meine  »Beiträge*,  S.  46ff.)  Folgendes:  sed  illa  Gisla 
regina,  ut  dicunt,  multas  malitias  in  terra  illa  fecit  etc. 

*  Chronicon  Budense  (ed.  Podhraczky),  8.  63. 

*  S.  48. 

*  Florianus  a.  a.  O.  II,  94. 
'^  Ebenda  I,  109. 


638 

Schliesslich  erübrigt  noch  zu  bemerken,  dass  die  in  der 
Urkunde  dem  Kloster  gewährleisteten  Rechte  durchaus  unver- 
dächtig sind.  Qanz  ähnliche  Begünstigungen  hat  Stefan  beispiels- 
weise auch  der  Marienkirche  in  Stuhlweissenburg  verliehen.* 
Auch  passt  zu  den  in  der  Urkunde  angeführten  Privilegien 
trefflich  die  Bemerkung  in  der  Vita  maior  und  von  Hartwich 
§.8:  ,.  .  .  simile  fecit  episcopiis.^* 


Fassen  wir  die  Ergebnisse  der  vorstehenden  Untersuchung 
zusammen,  so  ergibt  sich  Folgendes:  Unsere  Urkunde  ist 
kein  Original;  sie  ist  vielmehr  eine  der  Zeit  Stefans 
allenfalls  nicht  sehr  fern  stehende  Copie,  welcher  man  das 
Aussehen  einer  Originalurkunde  zu  geben  sich  bemüht  hat.  Die 
ursprüngliche  Originalurkunde  war  in  den  letzten  Regierungs- 
jahren Stefans,  etwa  zwischen  1035— 1038,  unter  dem  Erz- 
bischof Dominicus  ausgefertigt  worden;  sie  war  nicht  die  Stiftungs- 
urkunde der  Abtei  Martinsberg,  sondern  sollte  dieselbe  besonders 
gegen  die  Ansprüche  des  später  entstandenen  Veszprimer  Bis- 
thums  schützen.  Nicht  lange  nach  der  Ausstellung  der  Urkunde 
hat  Jemand  unterhalb  der  Datumszeile  derselben  eine  Notiz  über 
die  Besitzthümer  des  Klosters  zur  Zeit  des  Erzbischofs  Seba- 
stian, welcher  der  Vorgänger  des  Dominicus  war,  hinzugefügt; 
an  eine  Fälschung  zu  rechtlichen  Zwecken  kann  hiebei  kaum 
gedacht  werden.  Von  der  so  erweiterten  Urkunde  wurde  noch 
im  11.  Jahrhundert  unsere  Abschrift  angefertigt.  Der  Hersteller 
derselben  glaubte  die  Urkunde  in  die  ersten  Regiei-ungsjahre 
Stefans  verlegen  zu  müssen  und  hat  daher  das  ursprüngliche 
Datum  (zwischen  1035 — 1038)  in  1002  verwandelt;  da  ihm  nun 
femer  der  am  Ende  der  Originalurkunde  als  Kanzler  genannte 
Erzbischof  Dominicus  als  Zeitgenosse  der  Ereignisse  um  1000 
erschien,  so  brachte  er  ihn  mit  denselben  in  Verbindung.  Ab- 
gesehen von  diesen  zwei  Verstössen  des  späteren  Co- 
pisten,  erscheinen  alle  anderen  Angaben  der  Urkunde 
und  der  Zuschrift  als  unverdächtig. 


^  Vita  s.  Stephan!  v.  Hartwich  §13;  dem  Kern  nach  als  echt  und  ursprüng- 
lich bezeugt  durch  die  entsprechende  Bemerkung  in  der  ungar.-poln. 
Chronik  §.  7,  bei  Bielowski,  Mon.  Pol.  bist  I,  606.  Vgl.  die  vorliegen- 
den ^Studien'  I  und  n. 

*  Florianus  a.  a.  O.  I,  17  und  44. 


Ausgegeben  am  22.  Juli  1896 


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