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Full text of "Archiv für österreichische geschichte"

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Archiv 


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österreichische  Geschichte. 


HerEusgegeben 

▼OD  der 

zur  J^ege  vaterländischer  Geschichte  aufgestellten  Commission 

der 

kiiiserlieheii  Akademie  der  Wissenschaften. 


Aohtundsiebzigater  Band. 

Mit  19  PlAnen,  1  Karte  und  1  Dislocations -Tabelle. 


Wien,  1892. 

In    Commission    bei    F.   Tempsky 

BM^kiiidl«r  dw  kftia.  Ak»d«mi«  dm-  WiMtatehtfUn. 


Druck  TOD  Adolf  Holshansen, 
k.  und  k.  Hof-  and  UniTeniUU*Bachdnioker  in  Wien. 


^ 


Inhalt  des  aehtundsiebzlgsteii  Bandes. 


Seite 
Die    VerhandluDgen  Ferdinands    I.    mit    Isabella    von   Siebenbürgen. 

1651— 16ÖÖ.     Von  Alfons  Huber . 1 

Da«  Granmn  Catalogi  praesnlum  Moraviae.    Nach  der  Handschrift  des 

Olmfitzer  Domcapitelarchivs  herausgegeben  von  J.  Loserth  41 

Bnkowinas  Entstehen  und  Aufblühen.  Maria  Theresias  Zeit.  I.  Theil.  1772 
bis  Juni  1775.  Von  Dr.  Daniel  Werenka.  Mit  19  Plänen,  1  Karte 
und  1  Dislocations -Tabelle 99 

Zwei   Denkschriften  Erzherzog  Bainers  aus  den  Jahren  1S08  und  1809. 

Herausgegeben  von  Eduard  Wertheimer 297 

Aufenthalt  der  Erzherzoge  Johann  und  Ludwig  in  England  (1815  und 

1816).    Nach  ungedruckten  Quellen  von  Eduard  Wertheimer    377 

Der  Anabaptismus  in  Tirol  von  seinen  Anfängen  bis  zum  Tode  Jakob 
Huter's  (1526 — 1536).  Aus  den  hinterlassenen  Papieren  des  Hof- 
rathes  Dr.  Josef  R.  von  Beck  von  J.  Loserth 427 


DIE 


VERHANDLUNGEN  FERDINANDS  I. 


%       • 


MIT 


I8ABELLA  VON  SIEBENBÜRGEN 


1551—1555. 


VON 


ALFONS  HÜBER, 

WIRKL.  MITOUID  DER  KAIS.  AKADEMIE  DER  WIBSBNSOHAFTEIf. 


ArcbiT.  Bd.  LIITIII.  I.  Hälfte. 


Unter  dem  Titel  Jzabella  ^s  Jdnos  Zsigmond  Lengyel- 
orszägban  1552—1556'  (Isabella  und  Johann  Sigmund  in 
Polen  1552 — 1556)  veröffentlichte  der  ungarische  Historiker 
L.  Szädecky  im  Jahre  1888  ,auf  Grund  urkundlicher 
Quellen^  eine  Abhandlung,  welche  die  Beziehungen  Ferdinands  I. 
zur  Königin  Isabella^  der  Witwe  Johann  Zäpolya's,  von  ihrer 
Verzichtleistung  auf  Siebenbürgen  bis  zu  ihrer  Rückkehr  in 
dieses  Land  schildert  und  die  Versuche  des  Königs  auseinander- 
setzt^ seine  Rivalin  wegen  der  ihr  fiir  Siebenbürgen  und  ihre 
Besitzungen  in  Ungarn  zugesicherten  Entschädigungen  zu  be- 
friedigen. Doch  hat  der  Verfasser  nicht  den  ganzen  auf  dem 
Titel  angegebenen  Zeitraum,  sondern  nur  die  zweite  Hälfte  von 
Weihnachten  1553  an  eingehend  behandelt,  gerade  die  Periode, 
welche  von  geringerer  Wichtigkeit  ist,  weil  Isabella  in  dieser 
Zeit  bereits  entschlossen  war,  dem  Rufe  ihrer  Anhänger  in 
Ungarn  und  Siebenbürgen  zu  folgen  und  wieder  in  dieses 
Fürstenthum  zurückzukehren,  und  die  Unterhandlungen  mit 
Ferdinand  nur  noch  zum  Scheine  führte.  Was  in  der  Einleitung 
über  die  vorausgehende  Zeit  seit  dem  Abschlüsse  des  Abtretungs- 
vertrages, wie  über  diesen  selbst  mitgetheilt  wird,  ist  ausser- 
ordentlich lückenhaft  und  auch  nicht  frei  von  Irrthümem.  Und 
doch  liegt  der  Schwerpunkt  der  Verhandlungen  in  den  Jahren 
1551  bis  1553,  weil  man  nur  aus  diesen  erkennen  kann,  ob 
der  König  ernstlich  bemüht  war,  seinen  vertragsmässigen  Ver- 
pflichtungen nachzukommen,  und  ob  Isabella  genügende  Gründe 
hatte,  sich  mit  den  Feinden  desselben  in  Verbindungen  einzu- 
lassen. Diese  Lücke  auszufüllen,  soll  die  Aufgabe  der  folgenden 
Abhandlung  sein,  welcher  die  Abtheilung  ,Hungarica'  des 
k.  k.  geheimen  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchives  zu  Grunde  liegt. 


1* 


Nach  langen  Verhandlungen,  welche  zwischen  den  Bevoll- 
mächtigten Ferdinands  I.,  Johann  Baptista  Castaldo,  Mark- 
grafen von  Cassano,  Generalcapitän  des  Königs,  Thomas 
Ndda&dy,  Judex  curiae  von  Ungarn,  und  Andreas  Bäthory, 
Magister  tavemicorum  regalium,  und  zwischen  der  Königin- 
Witwe  Isabella  unter  Vermittlung  des  Bruders  Georg  in  Mtihl- 
bach  geführt  worden  waren,*  wurde  am  19.  Juli  1551  der 
Vertrag  von  Weissenburg  unterzeichnet.* 

Isabella  und  ihr  Sohn  Johann  Sigmund  traten  alle  ihre 
Besitzungen  in  Ungarn  und  Siebenbürgen  mit  der  Königskrone 
dem  Kaiser  und  dem  Könige  Ferdinand  ab.  Dagegen  überliess 
dieser  dem  Prinzen  Johann  das  schlesische  Ilerzogthum  Oppeln 
und  verpflichtete  sich,  wenn  die  Einkünfte  von  demselben 
25.000  ungarische  Gulden^  nicht  erreichten,  sie  durch  die  Hin- 
zufügung anderer  Güter  bis  auf  diese  Summe  zu  ergänzen. 
Andererseits  wurde  bestimmt,  dass  der  Herzog  Johann  und 
seine  Nachfolger  dem  jeweiligen  Könige  von  Böhmen  Alles  das 
zu  thun  und  zu  leisten  verpflichtet  seien,  was  die  anderen 
Bchlesischen  Fürsten  demselben  geleistet  haben  und  leisten. 
Falls  Johann  keine  männlichen  Nachkommen  hinterliesse,  sollte 
Oppeln  an  den  König  zurückfallen,  wie  umgekehrt  Ungarn  wieder 
an  jenen  kommen  sollte,  wenn  die  Nachkommen  des  Kaisers 
und  des  Königs  im  Mannsstamme  ausstürben.  Da  Oppeln  (wie 
Ratibor)  damals  dem  jungen  Markgrafen  Georg  Friedrich  von 
Brandenburg  verpfkndet  war  und  erst  ausgelöst  werden  musste, 
so  sollten  Isabella  und  ihr  Sohn  bis  Weihnachten,  wo  die  Ueber- 
gabe  dieses  Herzogthums  stattfinden  sollte,  in  Kaschau  bleiben 


^  Näheres  in  meiner  Abhandlung:  Die  Erwerbung  Siebenbürgens  durch 
König  Ferdinand  I.  im  Jahre  1551  und  Bruder  Georgs  Ende.  Wien  1889. 
(Aus  dem  LXXV.  Bandes  des  , Archiv  f.  {Jsterr.  Qeschichte'). 

'  Die  Urkunden  bei  Og.  UtieSenovid,  Lebensgeschichte  des  Cardinais 
Georg  UtieSenovic  genannt  Martinusius  (Wien  1881),  Urkundenbuch 
S.  32  ff. 

'  Nach  einer  Notiz  auf  einem  undatirten  Actenstücke  vom  Jahre  1562  im 
k.  k.  g.  A.  waren  4000  ungarische  Gulden  gleich  5000  rheinischen 
Gulden.  Ein  ungarischer  Gulden  zu  100  Denaren  hatte  nach  Acsädy, 
Magyarorszng  penzügyei  I.  Ferdinand  uralkod^a  alatt  (Ungarns  Finanz- 
wesen unter  Ferdinand  I.)  p.  32  in  den  Jahren  1547—1564  einen  Münz- 
werth  von  zwei  Gulden  53*47  Kreuzern  der  heutigen  Osterreichischen 
Währung,  während  der  innere  Werth  (nach  den  üetreidepreisen)  un- 
gefähr zehn  Gulden  gleichkam. 


und  dieses  mit  allen  Rechten  und  Einkünften  besitzen.  Für  die 
Zehnten  dieses  Jahres^  die  sie  in  Siebenbürgen  besassen,  sollten 
sie  zu  ihrem  Unterhalte  in  Kaschau  3000  Gulden  aus  den  Er- 
trägnissen des  Erzbisthums  Gran  oder  des  Bisthums  Erlau  er- 
halten. Auch  für  die  Geschütze,  die  sie  in  den  ungarischen 
und  siebenbürgischen  Festungen  zurückliessen,  sollte  der  König 
andere  gleichwerthige  in  Oppeln  geben  oder  den  entsprechenden 
Werth  zahlen.  Endlich  wurde  dem  Prinzen  die  Hand  der  Erz- 
herzogin Johanna^  der  jüngsten  Tochter  Ferdinands  I.,  zuge- 
sichert. 

Die  Königin  Isabella^  welcher  von  ihrem  Gemahle  ungarische 
und  siebenbürgische  Burgen  als  Widerlage  (pro  contradote)  für 
140.000  ungarische  Gulden  verschrieben  waren,  sollte  für  die 
Verzichtleistung  auf  dieselben  entsprechend  entschädigt  werden. 
Für  40.000  Gulden  sollten  ihr  die  Herzogthümer  Münsterberg 
und  Frankenstein  (welche  der  König  kurz  vorher  vom  Herzog 
Friedrich  HI.  von  Liegnitz  eingelöst  hatte)  verschrieben  werden. 
Von  den  übrigen  100.000  Gulden  sollte  der  König  die  eine 
Hälfte  bis  Weihnachten,  die  andere  binnen  drei  Jahren  zahlen 
und  innerhalb  dieser  Zeit  mit  5%  verzinsen.  Auch  sollte  es  ihr 
freistehen,  für  eines  oder  beide  Herzogthümer  die  entsprechende 
Geldsumme  von  je  20.000  Gulden  zu  verlangen,  die  dann  binnen 
drei  Jahren  gezahlt  werden  sollten.  Nur  musste  sie  dies  ein 
Jahr  früher  dem  Könige  bekanntgeben. 

Am  23.  Juli  erläuterten  die  Bevollmächtigten  König 
Ferdinands  einige  Artikel  dieses  Vertrages  und  erklärten 
namentlich,  dass,  wenn  Johann  Sigmund  keine  Söhne,  wohl 
aber  Töchter  oder  eine  Witwe  hinterliesse,  jene  geziemend 
verheiratet  und  diese  mit  einem  Witthum  versehen  werden 
sollte.^ 

Isabella  begab  sich  dann  mit  ihrem  Sohne  nach  Kaschau. 
Aber  kaum  war  sie  dort  angelangt,  so  begannen  auch  schon 
die  Klagen  und  wurden  neue  Forderungen  erhoben.  Sie  fand 
dort  nicht  die  Bequemlichkeit,  die  sie  erwartet  hatte  und  bei 
ihrem  leidenden  Zustande  (sie  hatte  das  Fieber)  brauchte.*  Ihr 


*  Dieses  wie  andere  Actenstücke,  wenn  nichts  Anderes  angegeben  ist,  in 
der  Abtheilnng  ,Hungarica*  des  k.  k.  g.  A.  zu  den  botreffenden  Tagen. 
Theils  sind  es  Concepte  (wie  alle  vom  K{$nige  Ferdinand  herrührenden 
Stücke),  theils  Copien,  theils  (namentlich  viele  Briefe  Isabella's)  Originale. 

*  Isabella  an  Castaldo  o.  T.,  von  diesem  empfangen  am  20.  Sept 


Hofmeister  Mathias  Loboczky,  den  sie  am  14.  Oetober^  an  den 
König  schickte,  um  ihn  ihres  Gehorsams  zu  versichern  und  den 
Vertrag  von  Weissenburg  au  bestätigen,  wurde  beauftragt, 
mehrere  Wünsche  vorzubringen,  welche  über  die  getroflfenen 
Vereinbarungen  hinausgingen.  Zwar  ihre  Bitte,  Ochsen,  Lämmer, 
Pferde  und  Wein  nach  ihren  schlesischen  Fürstenthümem  zoU- 
fi'ei  einführen  zu  dürfen,  war  von  geringer  Wichtigkeit  und 
wurde  auch  vom  Könige  genehmigt,  soweit  es  sich  auf  die  Be- 
dürfhisse des  Hofes  bezog.  Aber  von  grösserer  Bedeutung  war 
das  Ansuchen  Isabellas,  dass  ihr  Sohn  von  der  Kriegspflicht 
und  die  Unterthanen  von  allen  Steuerleistungen  gegenüber  der 
Krone  Böhmen  frei  sein  sollten.  Ferdinand  antwortete,  dass 
Johann  und  seine  Erben  dieselben  Rechte  und  Pflichten  haben 
sollten  wie  die  anderen  schlesischen  Fürsten,  wie  dies  ja  auch 
im  Vertrage  von  Weissenburg  ausdrücklich  festgesetzt  worden 
war.  Auch  auf  die  Bitte,  dies  wenigstens  für  eine  Anzahl  von 
Jahren  zu  bewilligen,  ging  er  mit  Rücksicht  auf  5as  Reich 
Böhmen  und  die  böhmischen  und  schlesischen  Stände  nicht  ein.* 
Bald  erhoben  sich  neue  Differenzen.  Loboczky,  der  vom 
König  mit  zwei  Commissären  nach  Münsterberg  und  Franken- 
stein geschickt  wurde,  dann  Oppeln  besuchte  und  am  11.  No- 
vember nach  Kaschau  zurückkam,  machte  der  Königin  über 
den  Zustand  dieser  Fürstenthümer  die  ungünstigsten  Schil- 
derungen. Münsterberg  und  Frankenstein  seien  zwei  kleine 
,Gütchen'  und  noch  dazu  fast  verlassen.*  In  Oppeln  sei  die 
Oekonoraie  durch  die  Beamten  vernachlässigt,  die  Fischteiche 
und  Güter  leer,  das  Schloss  baußillig.  Die  Herzogthümer  wtirden 
nicht  die  Hälfte  der  vereinbarten  Einkünfte  abwerfen.  Zudem 
hatte  Isabella,  wie  sie  wenigstens  behauptete,  vorausgesetzt,  dass 
ihr  Sohn  mit  dem  Herzogthum  Oppeln  auch  Ratibor  erhalten 
würde,  weil  beide  Fürstenthümer  in  letzter  Zeit  immer  vereinigt 
gewesen  waren.  Endlieh  beklagte  sich  die  Königin,  dass  ihr 
von  der  Summe,  welche  ihr  Sohn  als  Ersatz  für  die  Einkünfte 
des  Herzogthums  Oppeln   für  die  Zeit  vom  19.  Juli  bis  Weih- 


*  Diesen  Tag  gibt  sie  im  Schreiben  an  Castaldo  vom  20.  November  an. 

*  Die  durch  Loboczky  erhobenen  Forderungen  und  die  Antworten  des 
K^tnipfs  sind  in  mehreren  Actenstücken  unter  ,Hung.  1552  8.  d.*  enthalten. 
Die  Verhandlungen  müssen  in  der  zweiten  Hälfte  des  October  stattge- 
funden haben. 

^  dfw  dunUixat  exigua  aUodiola  et  ea  pene  deaerta. 


nachten  am  1.  November  hätte  erhalten  sollen,  nur  die  Hälfte, 
nämlich  8000  Gulden  rheinisch,  und  die  3000  Gulden  von  den 
Zehnten,  die  sie  schon  nach  ihrer  Ankunft  in  Kaschau  hätte 
bekommen  sollen,  noch  gar  nicht  gezahlt  seien. 

Der  König  fühlte  sich  durch  die  Redereien  Loboczky's 
nicht  mit  Unrecht  gekränkt.  Gegenüber  der  Behauptung,  dass 
Münsterberg  und  Frankenstein  nichts  eintragen,  wies  er  darauf 
hin,  dass  diese  Fürstenthümer  auch  dem  Herzoge  von  Liegnitz 
um  die  gleiche  Summe  wie  ihr,  um  40.000  Gulden,  verpfändet 
gewesen  seien.  Wenn  übrigens  dieselben  der  Königin  nicht  ge- 
nehm seien,  so  werde  er  ihr  dafür  in  anderen  Ländern  die 
entsprechenden  Geldsummen  anweisen.  Bezüglich  Ratibors  be- 
tonte er,  dass  dieses  Herzogthum  nie  unter  der  Bezeichnung 
Oppeln  verstanden  worden  sei  und  dass  auch  im  Vertrage  nichts 
von  diesem  stehe;  er  habe  nur  die  25.000  Gulden,  wenn  sie 
von  den  Einkünften  Oppelns  nicht  eingingen,  aus  anderen 
Gütern  zu  ergänzen.  Den  Rest  der  Summe  für  die  Einkünfte 
dieses  Jahres  und  die  3000  Gulden  für  die  Zehnten  werde  er 
am  Weihnachten  entrichten  und  damit  einen  seiner  Hofleute 
direct  nach  Kaschau  schicken.  Zugleich  bat  er  die  Königin, 
Bevollmächtigte  zu  senden,  um  am  30.  December  in  Breslau 
von  seinen  Commissären  den  Besitz  Oppelns  zu  übernehmen, 
wogegen  sie  Alles  für  die  Uebergabe  Kaschaus  vorbereiten  sollte, 
die  gleichzeitig  stattzufinden  hatte.  Nur  bat  er  sie,  ihm  die 
50.000  Gulden  für  ihre  Widerlage,  welche  ebenfalls  um  Weih- 
nachten zu  zahlen  waren,  gegen  entsprechende  Verzinsung 
noch  einige  Zeit  zu  lassen,  da  die  Türken  nach  der  Besitz- 
nahme Siebenbürgens  und  des  östlichen  Ungarns  durch  seine 
Truppen  den  Krieg  gegen  ihn  erneuert  hatten.  ^ 

Auf  die  Bitte,  ihm  die  50.000  oder  wenigstens  25.000  Gul- 
den, wenn  nicht  auf  länger,  doch  auf  ein  Jahr  zu  lassen,  wollte 
Isabella  durchaus  nicht  eingehen,  weil  sie  selbst  grosse  Aus- 
lagen gehabt  habe.  *  Aber  für  die  anderen  Eröflfnungen  und  die 


'  Isabella  an  Castaldo  20.  Nov.,  an  König  Ferdinand  22.  Nov.;  Loboczky 
an  König  Ferdinand  20.  Nov.,  König  Ferdinand  an  Isabella  10.  Nov., 
4.  und  10.  Dec.,  an  Loboczky  4.  Dec. 

*  laabella  an  König  Ferdinand  11.  Dec.  1551,  an  Castaldo  4.  Jan.  1552, 
KOnig  Ferdinand  an  Isabella  27.  Dec.  1551.  Am  16.  Jan.  1552  schrieb 
diese  aber  doch  an  Castaldo,  wenn  sie  das  Geld  durchaus  nicht  haben 
könne,  möchte  sie  ein  benachbartes  Land. 


dadurch  an  den  Tag  gel^:ten  guten  Q^sinnangen  dankte  me 
am  11.  December  in  geradezu  überschwänglicher  Weise.  Sie 
sehnte  sich  jetzt  nur  wegen  der  kriegerischen  Bewegungen  und 
Unruhen  bald  aus  Kasehau  wegzukommen  und  in  ihre  schle- 
sischen  Fttrstenthümer  gefUhrt  zu  werden.  Nicht  blos  dem 
Könige,  sondern  auch  dem  General  Castaldo,  dem  sie  die  freund- 
schaftJichsten  Briefe  schrieb  und  den  sie  als  Vermittler  dem 
Könige  gegenüber  benützte,  äusserte  sie  wiederholt  den  Wunsch, 
,von  diesem  gesegneten  Lande  und  verfluchten  Volke'  befreit 
zu  werden.  * 

Die  übrigen  Gelder  trafen  auch  rechtzeitig  in  Kaschau  ein. 
Abor  über  die  (^ommissäre,  welche  dieselben  gebracht  hatten, 
i^rhob  die  Königin  Castaldo  gegenüber  am  4.  Jänner  1552  die 
bittcmtou  Klagen,  weil  sie  von  der  Summe  fiir  die  BXnkünfte 
aus  ( )|>poln,  wir  wissen  nicht  aus  welchen  Gründen,  fast  500  Du- 
caton  abgOBogon  und  das  Ende  des  Jahres  mit  Weihnachten 
toHtgtmetiEt  hätten.  Sie  bat  den  General,  dahin  zu  wirken,  dass 
der  König  il^r  nicht  mehr  Gesandte  schicke,  ,welche  ohne  Respect 
gegen  die  Fürston  einen  Kreuzer  in  vier  Theile  zu  theilen 
auolion*. 

Dom  Könige  seibat  gegenüber  sprach  sie  übrigens  ihren 
Dank  aus,  dnss  er  ihr  den  Rest  der  Summe  fiir  Oppeln  ,voll- 
ständig*  goHohiekt  habe,  und  versprach  mit  ihrem  Sohne  die 
Gnade  des  Königs  duivh  kindliehe  Hingebung  zu  verdienen.* 
Nachdem  Ferdinand  sie  auch  von  der  Einantwortung  Oppelns 
benachrichtigt  hatte,  übei^gab  sie  am  27.  Jänner*  1552  Kaschau 
an  dessen  (\)nimi88Än*  Georg  Werner,  Commandanten  der  Burg 
SÄros,  und  (leorg  Kakowsky  und  reiste,  begleitet  vom  Neffen 
Castaldo's,  über  Polen  nach  Oppeln  ab.  Am  7.  oder  8.  Februar* 
kam  sie  nach  Krakau,  begab  sich  von  da  auf  die  Burg 
Krzepice^^  nordwestlieh  von  C-zenstochau,  wo  sie  zwei  Tage  mit 

*  lucir  in  tuUo  di  queato  befieilrtto  paese  e  maladeUa  generatiane.  An  Ca- 
»uMo  am  15.  Dec.    Aehnlich  am  8.  Uoc. 

*  All»  Kaffchau  6.  Jan.  1652. 

»  W«»fiiKi.u»n«  iH-hreibt  sie  am  26.  Jan.  an  König  Ferdinand,  dass  dies  am 
fol^fridori  Tage  geschehen  werdo. 

*  »fpUnto  ofMru:  die  nach  Bericht  Sigmunds  von  Herberstein  und  des 
J>r,  Johann  Lang  an  König  Ferdinand  ddo.  Petrocow  14.  Febr.  1552  im 
k,  k.  g,  A.  (l'olonira). 

»  Von  hior  auM  m^hreibt  sie  am  3.  März  an  Castaldo,  am  4.  an  König 
nrdiriiind.    Ihr  lirudor  war  am  27.  Februar  von  Piotrkow,  wo  er  einen 


ihrem  Bruder,  dem  Könige  Sigismund  August  von  Polen,  bei- 
sammen war,  und  reiste  dann  von  hier  mit  ihrem  Sohne  über 
Rosenberg  nach  Oppeln,  wo  sie  am  12.  März  eintraf.  ^ 

Aber  Isabellas  Aufenthalt  in  Oppeln  sollte  nur  von  kurzer 
Dauer  sein. 

Die  Königin  wurde  durch  den  Zustand,  in  dem  sie  Oppeln 
fend,  auf  das  Unangenehmste  berührt.  Sie  habe  hier,  schreibt 
sie  am  24.  März  an  Castaldo,  Ruhe  und  Erholung  von  ihren 
Strapazen  und  Ausgaben  gehofft.  Aber  noch  sei  kein  Tag  ohne 
Thränen  vergangen,  wenn  sie  an  ihr  unglückliches  Loos  denke. 
Durch  den  früheren  Verwalter  des  Herzogthums,  Pazadowsky, 
sei  Alles  vernachlässigt  worden.  Oppeln  sei  eine  Wüste  inner-  , 
halb  und  ausserhalb,  das  Schloss  fast  leer.  Ihre  Habseligkeiten 
habe  sie  noch  auf  den  Wagen,  weil  sie  keinen  Platz  habe,  wo 
sie  dieselben  abladen  könnte.  Sie  sei  gezwungen,  zu  ihrer 
Mutter  zu  gehen,  welche  ebenso  wie  ihr  Bruder  sie  bei  sich 
aofhebmen  wolle.  *  In  der  That  reiste  sie  schon  wenige  Wochen 
darauf  nach  Polen  ab.  * 

Aber  nicht  blos  die  langweilige  Lage  Oppelns  und  die 
Bauftklligkeit  des  dortigen  Schlosses  verleidete  der  Königin  den 
Aufenthalt,  auch  die  Einkünfte  erwiesen  sich  als  viel  geringer, 
als  man  vorausgesetzt  hatte.  Da  Oppeln  bisher  nicht  im  Besitze 
der  Krone,  sondern  des  Markgrafen  von  Brandenburg  gewesen 
war,  hatte  man  die  Erträgnisse  dieses  Fürstenthums  auch  nicht 
annähernd  gekannt.  Während  man  sie  auf  25.000  ungarische 
Gulden  veranschlagt  hatte,  beliefen  sich  dieselben  nach  den 
Registern,  die  Isabella  am  24.  März  an  Castaldo  schickte,  auf 
höchstens  7300  Gulden.* 

Dass  die  Einkünfte  von  Oppeln  weit  hinter  den  Erwartungen 
zurückblieben,   hatte   sich   übrigens   schon   bei   der  Uebergabe 


Reichstage  gehalten  hatte,  nach  Krzepice  abgereist.  Selbstbiographie  Sig- 
munds Freih.  von  Herberstein  in  F.  R.  Austr.    SS.  1,  392. 

'  Nach  Angabe  Herberstein's  a.  a.  O.  S.  393. 

'  Schreiben  Isabellas  an  König  Ferdinand  aus  Oppeln  vom  20.  März,  an 
Castaldo  vom  24.  März  (2  Briefe),  Johann  Sigmunds  an  Castaldo  Yom  20.  März. 

'  Am   15.  April  schreibt  sie  noch   in  arce  nostra   Oppolia,  am   6.  Mai   in 
oppido  Tharehyn  (Tarczyn  südwestlich  von  Warschau). 

*  Summa  tUUnlium  proventuum fl.  4059  gr,  2 

„       ingtabüium  vel  incerUtrum  „   3234    „     8 

Summa  summarum   .  .  .  ß,  7294  gr.  6  quemlibel  ßor,  pro  36  gr, 
comptUando, 


10 

herausgestellt,  und  Ferdinand  hatte  auch  bereits  Soi^e  getragen, 
sie  auf  die  vereinbarte  Summe  zu  ergänzen.  Schon  am  9.  Februar, 
also  lange  vor  Isabellas  Ankunft  in  Oppeln,  schrieb  er  ihr,  dass 
seine  Commissäre  über  diese  Angelegenheit  nicht  hätten  ver- 
handeln können,  weil  sie  die  Verzeichnisse  oder  Regesten  der 
Einkünfte  von  den  Beamten  des  Markgrafen  von  Brandenburg 
noch  nicht  erhalten,  dass  aber  diese  die  baldige  Uebersendung 
versprochen  hätten.  Da  er  wisse,  dass  Isabella  den  Wunsch 
habe,  dass  die  fehlende  Summe  auf  solche  Besitzungen  ange- 
wiesen werde,  welche  dem  Herzogthum  Oppeln  benachbart  seien, 
so  habe  er  an  die  Vormünder  des  Markgrafen  Georg  Friedrich 
das  Ansuchen  gestellt,  ihm  unter  billigen  Bedingungen  auch 
das  Herzogthum  Ratibor  zu  überlassen,  und  es  sei  zur  Fort-- 
Setzung  und  Vollendung  der  Verhandlungen  der  1.  April  fest- 
gesetzt worden.  Hätten  diese  Erfolg,  so  werde  er  ihrem  Sohne 
auch  Ratibor  übergeben,  und  wenn  auch  dies  nicht  genügte, 
um  die  25.000  Ducaten  voll  zu  machen,  diese  noch  anderweitig 
ergänzen  und  auch  den  Entgang  für  die  abgelaufene  Zeit  zahlen 
lassen.  ^ 

Aber  die  Verhandlungen  über  die  Einlösung  Ratibors 
zogen  sich  in  unerwarteter  Weise  hinaus,  da  sich  unter  den 
Vormündern  des  jungen  Markgrafen  von  Brandenburg  auch  der 
Kurfürst  Moriz  von  Sachsen  befand,*  der  gerade  im  Frühjahr 
1552  den  Krieg  gegen  den  Kaiser  begann. 

Isabella  wartete  übrigens  die  Erledigung  dieser  Angelegen- 
heit gar  nicht  ab,  sondern  schickte  schon  bald  nach  ihrer  An- 
kunft in  Oppeln,  um  die  Mitte  des  April  ^  1552,  ihren  Hofmeister 
Loboczky  an  den  König  Ferdinand  nach  Wien,  um  über  die 
vollständige  Ausführung  des  Weissenburger  Vertrages  zu  ver- 
handeln und  einige  weitere  Wünsche  durchzusetzen.* 


*  Unter  Auszügen  aus  Schreiben  K^nig  Ferdinands  an  Isabella  und  Lo- 
boczky zum  22.  Oct.  1552. 

'  Ausser  ihm  bildeten  die  Vormundschaft  der  Kurfürst  von  Brandenburg, 
der  Markgraf  Hans  von  Cüstrin,  die  Mutter,  des  Markgrafen  Georg 
Witwe,  Herzog  Albrecht  von  Preussen  und  die  Räthe  von  Ausbach. 
Lanz,  Correspondenz  des  Kaisers  Karl  V.    3,  524. 

'  Vom  15.  April  ist  Isabellas  Beglaubigungsschreiben  für  denselben  an 
den  böhmischen  König  Maximilian.  Am  25.  schreibt  Loboczky  bereits 
von  Wien  aus  an  Ferdinand  I. 

*  Die  J'ropositio  legationis  Mathiae  Loboczky  ad  Ro.  Regiam  M^®™  no- 
mine Reginae  Isabel lae    facta*   im  k.   k.   g.   A.    1552  s.   d.  ist    offenbar 


11 

Vor  Allem  sollte  Loboczky  den  traurigen  Zustand  schildern, 
m  dem  Isabella  Oppeln  getroffen  habe.  Das  Schloss  sei  bau- 
ßÜKg  und  mit  Holz  gestützt,  die  Güter  verwahrlost  und  ohne 
Gross-  und  Kleinvieh,  die  Fischteiche  zerrissen  gewesen.  Das 
Saatkorn  fUr  den  Sommer,  Lebensmittel,  Hausrath,  Tische, 
Stühle  und  Betten  habe  sie  kaufen  müssen,  so  dass  sie  nichts 
gehabt  habe,  wo  sie  mit  ihrem  Sohne  ihr  Haupt  hätte  hinlegen 
können,  und  sie  nicht  einmal  ihre  Habe  abladen  konnte.  Der 
Mangel  an  Lebensmitteln  nöthige  auch  Isabella,  Oppeln  zu  ver- 
lassen und  sich  zu  ihrer  Mutter,  der  Königin- Witwe  Bona  zu 
begeben.  Die  Einkünfte  des  Herzogthums  beliefen  sich  nur  auf 
ungefähr  7000  Gulden,  während  für  die  Instandhaltung  kaum 
10.000  Gulden  ausreichen  würden.  Loboczky  sollte  weiter  das 
Ansuchen  erneuern,  dass  ihr  Oppeln  frei  von  allen  Steuern  und 
Abgaben  und  von  der  Kriegspflicht  überlassen  werde,  und  für 
ihren  Sohn  den  Aufschub  der  Huldigung  bis  zur  Erreichung 
der  VoUjährigkeit  erwirken.  Ebenso  sollte  derselbe  darauf  drin- 
gen, dass  sie  für  die  in  Siebenbürgen  und  Kaschau  zurück- 
gelassenen Geschütze  endlich  entschädigt  werde. 

Bezüglich  der  50.000  Ducaten,  die  sie  dem  Könige  als 
Darlehen  lassen  sollte,  bemerkte  sie,  dass  es  ihrer  unwürdig 
sei,  Zinsen  zu  nehmen,  da  sie  und  ihre  Vorfahren  nie  von  Zinsen 
gelebt  hätten.  Der  König  möge  ihr  für  die  ganze  Summe  von 
100.000  Ducaten  ein  entsprechendes  Land  zu  Erbe  oder  Pfand 
geben. 

Unter  anderen  weniger  bedeutenden  Dingen  bat  Isabella, 
der  König  möge  ihr  wenigstens  einen  Theil  der  Schätze  des 
am  17.  December  auf  Befehl  Castaldo's  ermordeten  ,Mönches' 
(des  Bruders  Georg  Utissenieh)  geben,  da  dieser  seit  dem  Tode 
des  Königs  Johann  die  Verwaltung  geführt,  ohne  Rechnung  zu 
legen,  dessen  Schatz  an  sich  gerissen  und  die  in  Grosswardein 
gelassenen  Silbersachen  ihres  Gemahls  nicht  herausgegeben 
habe,  und  er  möge  die  Schuld  von  750  Gulden  auf  sich  nehmen, 
welche  sie  von  Johann  Weresch,  Richter  in  Hermannstadt,  ge- 
liehen und  deren  Zahlung  ,jener  Mönch'  versprochen  habe. 

Als  aber  Loboczky  nach  Wien  kam,  war  Ferdinand  zu 
einer  Zusammenkunft  mit  Moriz    von  Sachsen   nach  Linz  ab- 


während Isabellas  Aufenthalt  in  Oppeln  abgefasst  worden,  wenn  sie 
auch  erst  den  im  August  geführten  Verhandlungen  zu  Gninde  gelegt 
wurde. 


12 

gereist.  Auf  den  Rath  Sigmund  Herberstein's,  der  auf  der  Rück- 
reise aus  Polen,  wo  er  in  besonderer  Mission  gewesen  war,  mit 
Isabella  in  Oppeln  zusammengetroffen  war,  ^  beschloss  Loboczky 
dem  Könige,  weil  dieser  mit  Geschäften  überhäuft  war,  nicht 
gleich  nachzureisen,  sondern  erst  eine  Weisung  desselben  ein- 
zuholen, ob  er  ihm  folgen  oder  ihn  in  Wien  erwarten  solle.* 
Später  verfligte  er  sich  auch  wirklich  zum  Könige.  Aber  da 
dieser  in  Passau,  wohin  er  sich  Ende  Mai  begab,  um  mit  Moriz 
von  Sachsen  und  seinen  Genossen  einen  Reichsfrieden  zu  ver- 
einbaren, die  fiir  die  Verhandlungen  mit  Loboczky  nothwendigen 
Actenstücke  nicht  zur  Hand  hatte  und  die  erforderlichen  Auf- 
schlüsse nicht  leicht  erhalten  konnte,  so  schickte  er  ihn  nach 
Wien  zurück,  um  mit  seinem  Sohne  Maximilian  die  Unter- 
handlungen zu  beginnen.» 

Maximihan  wollte  aber  über  diese  Angelegenheiten  in  Ab- 
wesenheit seines  Vaters  keine  Entscheidung  treffen,  und  auch 
als  er  von  diesem  neue  Weisungen  erhielt,*  schob  er  bezüglich 
aller  wichtigeren  Punkte  eine  bestimmte  Antwort  bis  zur  Ankunft 
desselben  hinaus.^ 

Erst  als  König  Ferdinand  am  13.  August  selbst  wieder 
in  Wien  eintraf,^  wurden  die  Unterhandlungen  ernstlich  auf- 
genommen.^ 

Der  König  zeigte  sich  auch  jetzt  bereit,  die  Bestimmungen 
des  Weissenburger  Vertrages  im  vollen  Umfange  auszuftihren 
und  auch  über  dieselben  hinaus  geringfiigigeren  Wünschen 
Isabellas  entgegenzukommen.  Aber  alle  ihre  Forderungen  wollte 
und  konnte  er  auch  nicht  erftOlen. 


1  Dessen  Selbstbiogpraphie  a.  a.  O.  S.  393. 

'  Loboczky  an  König  Ferdinand  vom  25.  April  1552. 

*  Ferdinand  an  Isabella  ddo.  Patavie  2.  Juni  1552. 

*  Loboczky  an  König  Ferdinand  ddo.  Vienne  20.  Juni.  Ferdinand  an 
Loboczky  Patayie  5.  Juli  und  Weisungen  an  seinen  Sohn  vom  gleichen 
Tage. 

*  Antwort  des  Königs  (Maximilian)  von  Böhmen  auf  einige  Artikel  Lo- 
boczky*8  vom  7.  August. 

«  (Gevay),  Itinerar  König  Ferdinands  I.  (Wien,  1843). 

'  Propositio  legationis  Mathiae  Loboczky  (s.  S.  10  Nr.  4.)  —  Responsum  Ro. 
Regiae  Mtis  ad  propositionem  Mathiae  Loboczky  s.  d.  —  Replica  Ma- 
thiae Loboczky  ad  proximura  Rom.  et  regiae  Mtis  responsum.  —  Re- 
sponsum Ro.  Regiae  M^'s  ad  replicam  Mathiae  Loboczky.  (Alle  s.  d.) 
—  Responsum  S.  R.  M.  ad  articulos  per  dominum  Loboczky  Ma*»  sue  in 
scriptis  datos,  29.  Aug. 


13 

Wenn  Loboczky  im  Auftrage  seiner  Herrin  in  lebhaften 
Farben  die  Verwahrlosung  Oppelns  geschildert  hatte^  so  sprach 
Ferdinand  sein  Bedauern  darüber  aus,  bemerkte  aber,  dass 
dies  nicht  ihm,  sondern  dem  Herzoge  von  Oppeln  und  dessen 
Nachfolger,  dem  Markgrafen  von  Brandenburg,  zur  Last  falle, 
dass  er  übrigens  Alles  thun  werde,  um  die  Königin  und  ihren 
Sohn  zu  befriedigen,  und  dass  er  ihr  die  Ausgaben  für  Haus- 
rath,  Hafer  und  Gerste  ersetzen  werde.  Er  machte  zugleich 
darauf  aufmerksam,  dass  er  derselben  ja  auch  Frankenstein 
und  Münsterberg  überlassen  habe,  wo  sie  bequem  residiren 
könnte,  wogegen  aber  Loboczky  einwendete,  dass  in  Franken- 
stein und  Münsterberg  zwar  die  Wohngebäude  gut,  aber  der 
Aufenthalt  wegen  der  Unfruchtbarkeit  und  Armuth  der  Gegend 
unbequem,  auch  diese  Gebiete  der  Königin  nur  verpfändet  seien. 

Die  Behauptung,  dass  die  £inkünft;e  des  Herzogthums 
Oppeln  sich  nur  auf  ungefähr  7000  Gulden  beUefen,  bestritt 
Ferdinand,  da  er  von  verlässlichen  Leuten  entgegengesetzte 
Nachrichten  habe.  Damit  übrigens  keinem  Theile  Unrecht  ge- 
schehe, wolle  er  die  Erträgnisse  aus  den  Regesten  der  letzten 
zehn  Jahre  feststellen  lassen  und  sei  auch  bereit,  zur  Revision 
derselben  zwei  oder  mehrere  Commissäre  nach  Oppeln  zu  senden, 
was  auch  Isabella  thun  möge.  Auch  erklärte  er  neuerdings 
seine  Absicht,  einen  etwaigen  Abgang  von  den  25.000  Ducaten 
aus  den  Einkünften  Ratibors  zu  ersetzen,  zu  dessen  Rücklösung 
er  bereits  die  Zustimmung  erhalten  habe,  wenn  er  sich  auch 
mit  den  Besitzern  über  die  Entschädigung  noch  nicht  habe 
einigen  können. 

Mit  der  Absendung  von  Commissären,  die  in  Oppeln  zu- 
sammentreten sollten,  erklärte  sich  auch  Loboczky  einverstanden, 
und  man  einigte  sich  auch  über  den  Zeitpunkt  der  Verhand- 
lungen. Nur  wünschte  Loboczky,  dass  jene  auch  Vollmacht 
zur  Uebergabe  Ratibors  erhalten  sollten,  was  Ferdinand  zusagte, 
sobald  mit  den  Vormündern  des  Markgrafen  von  Brandenburg, 
mit  denen  die  Commissäre  am  17.  September  zusammenkommen 
sollten,  eine  Einigung  erzielt  wäre.  Auch  forderte  Loboczky 
die  Wiederherstellung  der  Litegrität  des  Herzogthums  Oppeln, 
von  dem  der  edle  Adam  von  Ketzendorf  aus  dem  Herzogthume 
Brieg  (vielleicht  mit  Zustimmung  seines  Herrn)  und  ein  ge- 
wisser Schweinichen,  Hauptmann  von  Klein-Glogau,  Theile 
occupirt  hätten.  Auch  dazu  erklärte  sich  Ferdinand  bereit. 


14 

Diese  Commissäre  sollten  auch  von  Isabella  über  die  vom 
Könige  Jobann  in  Qrosswardein  zurückgelassenen  G^enstände 
nähere  Aufschlüsse  einholen^  worüber  dem  Könige  Ferdinand 
nichts  bekannt  war.  Dagegen  liess  Loboczky  die  Forderung 
der  Schätze  des  Bruders  Georg  fallen^  nachdem  Ferdinand  be- 
merkt hatte^  dass  ihm  von  einem  Schatze  desselben  gar  nichts 
bekannt  und  dass  das  Wenige,  was  er  hinterlassen  habe,  in- 
ventarisirt*  und  zur  Vertheidigung  Siebenbürgens  verwendet 
worden  sei.  Die  Zahlung  der  Schuld  an  den  Richter  von 
Hermannstadt  hatte  bereits   der  König  Maximilian  angeordnet. 

Die  Entschädigung  fUr  die  in  Kaschau  und  Siebenbürgen 
zurückgelassenen  Geschütze,  Kugeln  und  Pulver  wurde  neuer- 
dings zugesichert,  und  es  war  bereits  an  Castaldo  geschrieben 
worden,  um  darüber  die  nothwendigen  Aufschlüsse  zu  erhalten^ 
worauf  gleichwerthige  aus  Bauzen  gegeben  werden  sollten. 

Auch  der  Aufschub  der  Huldigung  ftir  Johann  Sigmund 
bis  zum  vierzehnten  Lebensjahre  desselben  wurde  bewilligt. 

Unbedingt  abgelehnt  wurde  nur  auch  jetzt  die  Bitte  wegen 
der  Befreiung  Oppelns  von  allen  Abgaben  und  Leistungen,  nicht 
blos  weil  dies  für  Böhmen  und  Schlesien  nachtheiUge  Folgen, 
sondern  auch  weil  eine  solche  Bewilligung  des  Königs  ohne 
Zustimmung  der  Stände  keine  Giltigkeit  hätte.  Auch  das  An 
suchen  Loboczky's,  der  König  möge  sich  wenigstens  beim 
nächsten  böhmischen  Landtage  dafUr  verwenden,  dass  dem 
Herzoge  Johann  Sigmund  den  anderen  schlesischen  Fürsten 
gegenüber  irgend  ein  Vorrecht  eingeräumt  werde,  wies  Ferdinand 
zurück,  weil  dazu  doch  keine  Aussicht  wäre. 

Ebensowenig  ging  Ferdinand  auf  den  Wimsch  Isabellas 
ein,  ihr  für  die  100.000  Ducaten,  die  er  ihr  schuldig  war,  ein 
Land  einzuräumen.  Er  habe  jetzt  kein  Land,  das  er  ihr  ver- 
schreiben könnte,  entgegnete  er.  Wohl  aber  erklärte  er  sich 
bereit,  der  Königin  für  einen  Theil  dieser  Schuld  liegende 
Güter,  fUr  den  anderen  Zölle  und  andere  Einkünfte  anzuweisen, 
so  dass  sie  jährlich  5000  Gulden  erhalte.  Auf  die  Anweisung 
von  Einkünften  wollte   sich   nun   aber  wieder  Loboczky   nicht 


*  Nach  einem  Berichte  Castaldo's  fand  man  nur  4500  Mark  Silber  in  Stangen, 
1000  alte  (Goldmünzen  mit  dem  Bilde  des  Lysimachus,  1000  Gulden 
baares  Geld,  einige  Steinerze  mit  Goldadern  und  eine  goldene  Schlange, 
in  der  obige  (}oldm(inzen  gefunden  worden  waren.  UtieSenovic^  a.  a.  O. 
S.  148. 


15 

einlassen,  da  diese  unsicher  seien.    Die  Königin,   bemerkte  er, 

sei  aufinerksam  gemacht  worden,  dass  Gross-Glogau  und  Jauer 

in  Schlesien,  weiter  Löwenberg,  Görlitz,  Bauzen,  Zittau,  Bunzlau, 

Sprottau,  Muskau,  Tribol,  Friedland  u.  s.  w.  frei  seien,  Uebrigens 

sei  ihr  noch  Ueber  die  Zahlung  der  100.000  Ducaten,    da   sie 

dafUr  näher  gelegene  Güter  als  Eigenthum  kaufen  könnte.   Die 

Abtretung  eines  oder  mehrerer  der  genannten  Gebiete  erklärte 

nun  wieder  Ferdinand  flir  unmögHch,   weil  sie  theils  von  der 

böhmischen  Krone   ohne  Wissen   und  Zustimmung   der  Stände 

nicht  getrennt  werden   dürften,    theils  zur  Entschädigung  für 

Batibor  in  Aussicht  genommen  seien.  Er  stellte  daher  neuerdings 

das  Ansuchen,  die  Königin  möge  ihm  wegen  der  Kriegskosten 

diese  Summe   noch  ein  Jahr  lang  lassen,    wogegen  er  ihr  bis 

Weihnachten  durch  den  Zahlmeister  in  Schlesien  ^  6000  Ducaten 

entrichten   und   binnen  Jahresfrist  entweder  Güter,   wovon   sie 

die  Einkünfte  beziehen  könnte,  übertragen  oder  das  Geld  baar 

zurückzahlen  woUte.  Da  Loboczky  den  Räthen  der  Uofkammer 

mitgetheilt  hatte,   dass  der  Bischof  von  Breslau   die  Burg  und 

Herrschaft  Pless  verkaufen  wolle,  so  wollte  er  mit  demselben 

wegen  der  Erwerbung  unterhandeln. 

Die  Königin  Isabella  war  mit  den  Ergebnissen  dieser  Ver- 
handlungen nichts  weniger  als  zufrieden.  Nach  ihrem  ergebenen 
und  wohlwollenden  Verhalten  gegen  den  König,  schrieb  sie  dem- 
selben am  1.  October  aus  Warschau,  habe  sie  eine  günstigere 
Abfertigimg  ihres  Gesandten  erwartet.  Er  habe  sie  aus  ihrem 
Reiche  weggeführt  und  das  Wenige,  was  er  ihr  versprochen 
habe,  nicht  erftillt,  so  dass  sie  mit  ihrem  Sohne  nicht  leben 
könne  und  auf  den  Burgen  ihrer  Mutter  weilen  und  von  ihr 
unterhalten  werden  müsse.*  Der  König,  schrieb  sie  am  27.  Sep- 
tember bitter  an  Castaldo,  habe  sich  nur  entschlossen,  auf  den 
Michaelistag  (29.  September)  Commissäre  nach  Oppeln  zu  schicken, 
,um  die  Vögel  in  der  Luft  und  die  Fische  im  Walser  zu  schätzen, 


^  magUtrum  gol^Uumis  in  Silesia. 

^  Vorübergehend  scheint  sie  indessen  doch  an  die  Rückkehr  nach  Schlesien 
gedacht  zu  haben.  Denn  am  23.  October  schrieb  sie  an  Castaldo's  Neffen 
Johann  Alfons  Castaldo ,  sie  habe  aus  Furcht  vor  der  Pest  Warschau 
verlassen  und  nach  Oppeln  zurückkehren  wollen.  Als  sie  aber  auf  dem 
Wege  gehört,  dass  sie  daselbst  Hungers  sterben  würde,  weil  dort  keine 
Lebensmittel  und  Alles  furchtbar  theuer  sei,  habe  sie  in  Dobrecice  (wohl 
Dobryszyce  zwiiwhen  Piotrkow  und  Czenstochau)  Halt   machen  müssen. 


16 

damit  die  Einnahmen  über  die  von  ihr  angegebene  Summe 
(7000  Gulden)  erhöht  würden^ 

Die  Unzufriedenheit  Isabellas  konnte  um  so  üblere  Folgen 
haben,  als  auch  die  Haltung  der  Feinde  des  Hauses  Habsburg 
eine  drohende  und  die  Stinmiung  der  Siebenbürger  eine  immer 
bedenklichere  wurde. 

Im  Sommer  1552  setzte  sich  ein  grosses  türkisches  Heer 
gegen  die  ehemaligen  Besitzungen  des  Sohnes  Zäpolya's  in  Be- 
wegung, eroberte  am  30.  Juli  Temesvär  und  bedrohte  Sieben- 
bürgen, da  dessen  westliche  Vormauer,  die  Festung  Lippa,  von 
ihrem  Commandanten,  dem  Spanier  Aldana,  feige  verlassen  worden 
war.  Ferdinands  Befehlshaber  Castaldo  musste  den  Fortschritten 
der  Feinde  unthätig  zusehen,  weil  die  in  Siebenbürgen  stehen- 
den Truppen,  welche  seit  mehreren  Monaten  keinen  Sold  er- 
halten hatten,  ihre  Dienste  versagten  und  sich  gegen  die  Ein- 
wohner wendeten,  die  Adeligen  aber  anfangs  sich  weigerten, 
ein  allgemeines  Aufgebot  zu  beschliessen,  und  später  wenigstens 
nicht  über  die  Grenze  ziehen  wollten.* 

Unter  solchen  Verhältnissen  erhielten  die  Gegner  König 
Ferdinands  in  Siebenbürgen  und  dem  östlichen  Ungarn,  welche 
Johann  Sigmund  und  seine  Mutter  auf  den  dortigen  Fürsten- 
stuhl zurückführen  wollten,  wieder  Oberwasser.  Schon  am 
12.  April  1552  schrieb  Castaldo  an  den  König  Ferdinand,  er 
möge  Isabella  so  weit  als  möglich  befriedigen,  denn  sie  werde 
ununterbrochen  von  verschiedenen  Seiten  zu  Neuerungen  auf- 
gereizt, und  wenn  sie  auch  bisher  grösseren  Widerstand  ge- 
leistet, als  irgend  ein  anderes  Weib  leisten  könnte,  so  könnte 
es  doch  geschehen,  dass  sie  von  Verzweiflung  erfasst  ihren 
Sinn  änderte. 

Die  Türken  suchten  ebenfalls  mit  Isabellens  Hilfe  die  Herr- 
schaft Ferdinands  in  Siebenbürgen  zu  stürzen.  Am  '19.  August 
berichtet  Castaldo  dem  Könige,  es  sei  ein  Castellan  des  Peter 
Petrovich,  des  Verwandten  und  ehemaligen  Mitvormundes  Johann 
Sigmunds,  in  seine  Hände  gefallen,  durch  den  die  Türken  die 
Verhältnisse   in   Siebenbürgen   auszuspioniren   suchten.     Dieser 


^  lieber  die  VerhUltniase  Siebenbürgens  und  die  Lage  Castuldo's  in  dieser 
Zeit  handelt  (ungarisch)  A.  Sziligji  in  der  Einleitung  zum  betreffenden 
Abschnitte  der  ,Mon.  comitialia  Transylvaniae*  1,  362  sqq.  Eine  ein- 
gehendere Darstellung  auf  Grund  der  reichhaltigen  Materialien  des 
k.  k.  g.  A.  wäre  eine  dankenswerthe  Aufgabe. 


17 

habe  bekannt;  dass  die  Türken  durch  ihn  an  Isabella  und 
Petrovich  Briefe  geschickt  hätten  mit  dem  Versprechen,  ihnen 
Temesvär  und  Lippa  zurückzugeben,  wenn  sie  den  Sohn  des 
Königs  Johann  wieder  nach  Siebenbürgen  brächten.  Wie  er 
von  Franz  Kendy,  einem  der  angesehensten  siebenbürgischen 
Grossen,  gehört  habe,  sei  jetzt  die  Königin  sehr  verändert^  und 
es  sei  zu  fürchten,  dass  sie  noch  mehr  sich  verändere,  da  das 
Glück  so  sehr  gegen  den  König  sei. 

Auch  der  König  Heinrich  II.  von  Frankreich,  der  in  diesem 
Sommer  mit  Zustimmung  des  Kurfürsten  Moriz  von  Sachsen 
und  seiner  Freunde  dem  deutschen  Reiche  die  Städte  Metz, 
Toul  und  Verdun  entrissen  hatte  und  deswegen  einen  Angriff 
des  Kaisers  Karl  V.  befUrchten  musste,  suchte  Isabella  durch 
eine  eigene  Botschaft  zur  Rückkehr  nach  Siebenbürgen  zu 
bewegen.  Eingedenk  der  Freundschaft  seines  Vaters  Franz  I. 
zum  Könige  Johann  (Hess  er  ihr  melden)  bedauere  er  sehr  die 
grossen  Rüstungen  des  türkischen  Kaisers  gegen  Ungarn,  das 
ihrem  Sohne  und  den  Christen  entrissen  werden  solle.  Diese 
Gefahr  könnte  nur  dadurch  abgewendet  werden,  wenn  Ungarn 
durch  den  Sultan  ihrem  Sohne  zurückgestellt  würde,  und  dies 
hoffe  er  durch  seine  Vermittlung  zu  erreichen,  wenn  er  nur 
wisse,   dass  sie  und  ihr  Sohn  Ungarn   zu  besitzen  wünschen.^ 

Isabella  theilte  den  Inhalt  dieser  Botschaft  am  1.  October 
dem  Könige  Ferdinand  mit,  indem  sie  bemerkte,  dass  sie  trotzdem 
von  ihrem  Vorsatze,  ihm  geftlUig  zu  sein,  nicht  einen  Finger  breit 
abgewichen  sei;  nur  möge  auch  er  sich  seiner  Versprechungen 
erinnern  und  der  Erftillung  derselben  keine  Schwierigkeiten 
bereiten. 

Ferdinand  antwortete  ihr  am  22.  October,  er  werde  allen 
seinen  Verpflichtungen  nachkommen  und,  wenn  die  nach  Oppeln 
gesendeten  Commissäre  sich  nicht  einigen  könnten,  zur  Verein- 
barung  eines  Vertrages    an   sie   selbst    einen   Bevollmächtigten 


^  In  der  That  erfuhr  König  Ferdinands  Gesandter  in  Polen  Ende  1554  yon 
dem  am  Hofe  Isabellan  weilenden  türkischen  Tschauss  Mahmud,  dass  die 
Verbindung  der  Königen  mit  den  Gegnern  Ferdinands  bald  nach  deni 
Verluste  TemesTÄrs  begonnen  habe  und  y$ich  hernach  durch  den  Türken 
und  Fransoten,  ao  »ich  der  Sachen  bald  angenommen,  geweiiert*.  Szk- 
deczky  a.  a.  O.  S.  79,  N.  1. 

'  Beilage  zum  Schreiben  Isabellas  an  KOnig  Ferdinand  aus  Warschau 
vom  1.  October  1652. 

Archiv.  Bd.  LXXVIII.  I.  Hilfte.  2 


18 

schicken.  Am  8.  December  meldete  er  ihr  neuerdings  diese  Ab- 
sicht, und  zwar  bestimmte  er  dazu  seinen  Kämmerer  Sigmund 
Freiherrn  von  Herberstein  und  den  Dr.  Johann  Lang,  ,fisci  nostri 
Austrise  praefectum'.  Schon  war  am  21.  December  die  Instruc- 
tion fiir  dieselben  ausgefertigt  und  Ferdinand  kam  den  Wünschen 
der  Königin  Isabella  in  einem  neuen  Punkte  entgegen,  indem 
er,  wenn  sie  glaubte,  dass  seine  jüngste  Tochter  Johanna  für 
ihren  Sohn  zu  jung  sei  und  sie  lieber  einen  Anderen  wollte, 
sich  bereit  erklärte,  demselben  die  Erzherzogin  Helena'  zur 
öemahhn  zu  geben.* 

Da  kam  von  den  nach  Oppeln  gesendeten  Commissären 
Friedrich  von  Redem  und  Dr.  Kindler  die  Nachricht,  dass  sie 
sich  mit  Isabella  Über  alle  Punkte  geeinigt  hätten.  Diese  Mit- 
theilung wurde  dann  auch  durch  ein  Schreiben  der  Königin 
vom  17-  December  bestätigt,  worin  sie  aber  bat,  ihr  die  ganzen 
Herzogthümer  Oppeln  und  Ratibor  nur  mit  dem  Ansätze  eines 
jährlichen  Einkommens  von  16.000  ungarischen  Gulden  zu  flber- 
lassen,  so  dass  Ferdinand  an  Johann  Sigmund  noch  jährlich 
9000  Gulden  baar  zu  zahlen  gehabt  hätte. 

Am  20.  December  war  auch  mit  den  Vormündern  Georg 
Friedrichs  von  Brandenburg  der  Vertrag  wegen  der  KUcklüsung 
Ratibors  abgeschlossen  worden,  nachdem  Ferdinand,  wie  er  am 
December  an  Castaldo  schrieb,  alle  von  denselben  gestellten 
lingungen  angenommen  hatte,  obwohl  er  sie  hart  fand  und 
ibte,  dass  sie  durch  eine  längere  Verhandlung  hätten  ge- 
ilert  werden  kOnneu.  Dem  jungen  Markgrafen  wurden  fUr 
peln  und  Katibor  das  Herzogthum  Sagan  mit  Priebus  und 
imburg  und  die  vier  Biberstein'scben  Herrschaften  Sorau, 
skau,  Tribel  und  Friedland  verpfändet,  wenn  nicht  hinnen 
r  Jahren  die  Hauptsumme  von  1B3.338  Goldgulden  bezahlt 
rde.*  Die  Kurfürsten  und  Fürsten,  welche  die  obersten  Vor- 

Helena  war  1613,  Johann«  1547,  Johann  Sigitiuml  Belbst  IMO  geboren. 
21.  Dac.  ,ArticiiliiB  eitractiiB  ex  instnictione  dominorum  SigiBmandi  liberi 
baroniB  in  Herberstein  etc.  et  j.  u.  doctorU  JoanniB  LM,ngi'  mit  dem 
BeiBstze:  ,Haoc  inetructio  non  fuit  Bortit«  effwtom,  quia,  cum  iam  eeeet 
diBceaBurus  dominuB  ab  Harberstein,  nonciatum  est  M^  snse  a  commis- 
sariis  fluia  (!)  domino  Friderico  a  Redern,  de  onmibua  cum  r^na  eaae 
transactnm.'  —  Dieser  Bericht  mnsB  nach  dem  28.  Dac.  eingetroffen 
Bein,  na  KOnig  Ferdinand  noch  von  Graz  aus  den  Dr,  Lang  vod  der 
beabsLchtiglen  Sendung  versündigte  (k.  k.  g.  A.  Polonica). 
Biicholtz,  Cieochichte  der  Regierung  KBaig  Ferdinand  I.  4,  493. 


19 

mtinder  des  Markgrafen  waren,  bestätigten  den  Vertrag  und 
bestimmten  den  letzten  Februar  1553  zur  Uebergabe,^  worauf 
anch  Ratibor  dem  Sohne  Isabellas  eingeräumt  wurde.  Nur  auf 
das  Ansuchen  derselben,  die  Hinkünfte  der  beiden  Herzogthümer 
auf  nicht  mehr  als  16.000  Gulden  zu  berechnen,  gi|ig  Ferdinand 
nicht  ein.  Sie  wurden  auf  20.000  Gulden  veranschlagt  und  vom 
Könige  die  fehlenden  5000  Gulden  für  die  nächsten  vier  Jahre 
auf  das  schlesische  Zahlmeisteramt  angewiesen  mit  dem  Auf- 
trage, sie  jährUch  am  24.  April  ohne  Kosten  nach  Oppeln  zu 
liefern.* 

Isabella  zeigte  sich  jetzt  wirkUch  befriedigt.  In  einem 
Briefe  aus  Krzepice  vom  30.  Jänner  1553  sprach  sie  dem 
Könige  Ferdinand  flir  seine  väterliche  Gesinnung  und  für  die  Er- 
fbllung  ihrer  Bitten  ihren  Dank  aus.'  Mehrere  Monate  hören  wir 
fortem  nichts  mehr  von  Klagen  oder  Forderungen  der  Königin. 

Unterdessen  wurde  aber  die  Herrschaft  König  Ferdinands 
in  Siebenbürgen  immer  mehr  gefährdet.  Die  Türken  erklärten 
den  Ständen  wiederholt,  dass  sie  ihnen  nur  dann  Frieden  be- 
willigen würden,  wenn  die  Deutschen  vertrieben  und  ein  Ein- 
heimischer zum  Woywoden  gewählt  würde.  Schon  begannen 
die  Unzufriedenen,  die  besonders  unter  den  Sz^klem  zahlreich 
waren  und  an  einigen  angesehenen  Adeligen  gewandte  Führer 


*  Nach  Schreiben  König  Ferdinands  an  Isabella  ddo.  Grätz  18.  Febr.  1653. 
In  Schreiben  an  dieselbe  vom  2.  April  spricht  er  die  Erwartung  ans, 
dass  Ratibor  in  ihren  Händen  sein  werde,  in  Schreiben  an  Castaldo  vom 
15.  April  meldet  er  dies  als  sichere  Thatsache.  Am  3.  Mai  nahm 
Friedrich  von  Redern  mit  den  anderen  königlichen  Commissären  in  der 
Ratibor* sehen  Handlung  ,nach  richtiger  Vergleichung*  von  der  Königin 
Urlanb.  Redem's  Bericht  vom  7.  Mai  1653.  ^-  Auch  wegen  der  schul- 
digen 100.000  Ducaten  dürfte  wohl  um  diese  Zeit  ein  Abkommen  zu 
Stande  gekommen  sein,  womach  Ferdinand  dieselben  bis  zum  6.  Jänner 
1564  zurückzuzahlen,  für  das  laufende  Jahr  aber  mit  6  Procent  zu  ver- 
zinsen versprach.  Dass  der  König  sich  dazu  verpflichtet  hat,  steht  jeden- 
falls fest  durch  dessen  Instruction   vom   22.  Nov.  1553  (s.  unten  S.  33). 

'  Unaosgefertigtes  Original  oder  Abschrift  der  Urkunde  König  Ferdi- 
nands ddo.  Oedenburg,  24.  April  1563. 

*  Nach  Antwort  Ferdinands  an  Isabella  ddo.  Grätz,  18.  Febr.  1653.  Isa- 
bellas Brief  selbst  fehlt.  —  Auch  in  Schreiben  an  Castaldo  vom  17.  Febr. 
bemerkt  der  König,  er  könne  nicht  glauben,  dass  Isabella  nicht  ehrlich 
gegen  ihn  handle,  da  jetzt  alle  Zwistigkeiten  zwischen  ihnen  ausge- 
glichen seien  und  sie,  wie  sich  aus  ihren  und  Loboczky's  Briefen  ergebe, 
vollkommen  zufriedengestellt  sei. 

2* 


20 

I^A^ten.  ädi  za  of^^minsren-  ünurekefcrt  ▼ierfi«ss  Cmstaldo  im 
Frühjahre  1553  mit  ZoatnaiTZüe  ii«s  K*?iasES  das  Land,  und 
auch  die  fremden  Truppen,  wicfche  sich  durch  ihre  Ansecbwei- 
Amgen  fbrchtbar  rerhaäst  semaeht  hatten,  wurden  znrückbemfen. 
Der  Wovwode  Andreas  Bäthi>rT  war  ein  bejahrter,  in  Folge 
seiner  heftigen  Oiehtl^^iden  zn  jeder  Thltigkeit  nnfiü&iger  Mann, 
was  endHcfa  anch  den  K<>n^  bewoe.  an  dessen  Scefle  am  26.  Mai 
zwei  Andere  zu  WoTwoden  zn  ernennen,  nftmfieh  den  Sieben- 
bürger  Franz  Kendj.  einen  der  einftesreichslen,  aber  bisher 
mit  Mtsstraaen  b*?trachteten  Masnatec  ocd  den  Ungarn  Stephan 
Dobo,  der  sich  im  letzten  FeMznge  durch  seine  heldenmüthige 
Vertheidignng  Erlaos  gegen  die  Türken  gmasen  Rnhm  erwor- 
ben hatte. 

Von  ihren  siebenborgtschen  and  nagarischcn  Anhängern 
wie  Ton  der  Pforte  wurde  Isabefia  zur  Röckkehr  aa%efordert 
und  sie  nahm  diesen  Lockungen  gegeniri»«*  wenigstens  keine 
ablehnende  Hahnng  ein. 

Am  22,  December  15ö^  meldete  Castaldo  dem  Könige  Fer- 
dinand. Isabella  unterhandle  schon  oAm  wegen  der  Rückkehr 
nach  Siebenbürgen.  Es  existiren.  schreibt  er,  Briefe  Ton  Secre- 
Uüren  derselben  an  die  Einwohner,  dass  sk  guten  Muthes  sein 
sollten^  da  sie  die  Konigin  Isabefla  und  ihren  Sohn  bald  hier 
haben  wurden.  Eines  dieser  Schreiben  sei  an  Martin  H.  ge- 
kommen,  der  beinahe  zum  Burgermetst»-  ron  Hermanmstadt 
gewählt  worden,  aber  jetzt  gestorben  sei,  «n  anderer  an  den 
dortigen  Richter,  der  gefiüuüch  krank  seL  Er  werde  för  die 
Wahl  von  Nachfolgern  sorgen,  die  dem  Könige  anhängen. 

Friedrich  Ton  Redem,  der  am  3.  März  1553  ab  Ferdinands 
Gesandter  zn  IsabeDa  nach  Krzepice  kam  und  dem  ae  Tim  den 
Anträgen  der  Siebenbörger  und  dem  Versprechen  des  Sultans, 
ihrem  Sohne,  wenn  sie  ihn  sendete,  eine  Krone  zu  schicken  und 
ihn  znm  Konige  von  Ungarn  krönen  zu  lassen,  Mittheilung  machte^ 
scheint  zwar  von  ihren  guten  Gesinnungen  gegen  den  König 
nnd  von  ihrer  Vertragstreue  überzeugt  gewesen  zu  sein,^  aber 
es  war  doch  sehr  bedenklich,  wenn  sie  diesem  oder  dem  Könige 
F'erdinand  selbst  gestand,  sie  habe  den  Siebenbürgem  und 
Ungarn,  die  sie  gebeten,  mit  ihrem  Sohne  zurückzukehren, 
in   einer  Weise  geantwortet,    dass    ihnen    die   Hoffiiung    nicht 

■  HtAtt  Beriebt  rem  6,  Min  im  Concept  im  k.  k.  g.  A. 


21 

genommen  würde/  und  habe  ihnen  nichts  Bestimmtes  sagen 
wollen,  bis  sie  des  Königs  Meinung  darüber  erfahren  hätte.^  Es 
war  dies  gewiss  ein  höchst  sonderbares  Benehmen,  und  Ferdinand 
hatte  Recht,  wenn  er  ihr  bemerkte,  dass  er  ihr  die  Antwort 
nicht  vorschreiben  wolle,  da  sie  selbst  am  besten  wissen  werde, 
was  sie  nach  der  zwischen  ihnen  bestehenden  Freundschaft 
antworten  solle.  Er  versprach  ihr  übrigens  neuerdings,  ihrem 
Sohne  seine  Tochter  Helena  statt  der  jüngsten  Johanna  zur 
Gemahlin  zu  geben,  und  sendete  ihr  durch  Redern  ein  Porträt 
derselben,  worüber  sie  sich  hocherfreut  zeigte.  Sie  fand  zwar 
das  Bild  Johannas  schöner,  aber  sie  erklärte  sich  doch  damit 
einverstanden,  dass  ihr  Sohn  deren  Schwester  heirate,  damit 
die  Ehe  um  so  eher  vollzogen  werden  könne.^ 

Ob  sie  damit  dem  Plane,  nach  Siebenbürgen  zurück- 
zukehren, entsagt  hätte,  ist  freilich  zweifelhaft,  da  die  Anträge 
'  der  Pforte  immer  verlockender  klangen.  Ein  Bote,  der  dem 
Ladislaus  Popel  von  Lobkowitz  Briefe  aus  Krakau  brachte,  er- 
zählte diesem,  er  habe  daselbst  einen  Tschauss  des  Sultans 
mit  Briefen  gesehen,  der  am  9.  Mai  vom  Könige  von  Polen 
empfangen  worden  sei  und  auch  zu  IsabeUa  nach  Krzepice 
habe  gehen  wollen.  Der  Inhalt  der  Briefe  sei,  wie  es  allgemein 
heisse,  der  König  von  Polen  möge  dem  Sohne  König  Johanns 
zum  Besitze  des  Reiches  Ungarn  verhelfen;  der  Sultan  würde 
ihm  dann  Alles  zurückgeben,  was  sein  Vater  gehabt  habe.* 
&nst  war  es  dem  Sultan  freilich  mit  diesen  Versprechungen 
gewiss  nicht,  denn  er  dachte  sicher  nicht  daran,  die  Hauptstadt 
Ofen,  die  er  dem  Sohne  Zäpolya's  im  Jahre  1541  treuloser 
Weise  entrissen  hatte,  und  die  später  eroberten  Theile  Ungarns 
wieder  aus  den  Händen  zu  geben. 

Bei  der  Schwäche  seiner  finanziellen  und  militärischen 
Hilfsmittel   erkannte  König  Ferdinand  immer  klarer,   dass   der 


'  tU  ipsot  in  9pe  stupenaos  tenerel, 

*  So  nach  Schreiben  König  Ferdinands  an  Isabella  ddo.  Grätz,  2.  Apr.  1553. 
Ob  Isabella  dies  ihm  selbst  geschrieben  oder  es  etwa  dem  Friedrich  von 
Redem  mitgetheilt  hat,  der  nach  einem  Berichte  vom  6.  März  zu  ihr 
am  3.  nach  Krzepice  gekommen,  geht  ans  dem  Schreiben  des  Königs 
nicht  hervor. 

*  Nach  Eedem's  Bericht  vom  7.  Mai  1553  (Orig.). 

*  Ladislans  PopePs  Bericht  an  König  Ferdinand  ddo.  Prag,  20.  Mai  1553 
im  k.  k.  g.  A.    Polonica. 


Htmtz  i^henhüTpetu  und  des  Rates  tob  Ungarn  bot  darcli 
etnen  Frieden  mit  d«n  T&rkeo  ra  retten  m.  Um  onca  aoldieii 
berbeimftliren,  erbat  and  erwirkte  er  sich  siclieres  Gelek  ftr 
setne  Oesandtea»  welche  mh  dem  Pascha  tob  Ofen  die  Unter- 
handfamgen  fbhren  soUteiL  Er  giaabte,  dass  diese  wesentlich 
erleichtert  werden  würden«  wenn  dem  Sohan  die  Oekgcnh^ 
benommen  wflrde,  ab  Beschfitzer  Isabellas  nnd  ihres  Sohnes 
aa£Eiitreten.  Er  liess  daher  ftr  Friedricfa  Ton  Redem.  seinen 
Bathf  den  er  mit  den  Porträten  seiner  beiden  jüngsten  TSchter 
an  die  Kdnigin  geschickt  hatte,  am  29.  April  eine  Instmction  ent- 
werfen, womach  derselbe  Isabella  bestinunen  soUte,  die  schrift- 
liche Erkllmng  abzugeben,  dass  sie  and  ihr  Sohn  Ton  ihm 
vollständig  befriedigt  and  zwischen  diesem  and  seiner  Tochter 
eine  Heirat  beschlossen  sei.  Das  betreffende  Schreiben  sollte 
Redem  durch  einen  eigenen  Boten  nach  Wien  senden.' 

Die  Königin  wollte  aber  offenbar  darch  eine  solche  &^  * 
klflrang  sieh  und  ihren  Sohn  nicht  der  Aussicht  auf  den  Wieder- 
besitz Siebenbürgens  oder  gar  der  Krone  von  Ungarn  berauben 
nnd  gab  auf  die  Bitte  des  Königs  Ferdinand  eine  ausweichende 
Antwort.  Sie  schrieb  ihm  am  22.  Mai,  sie  sei  zwar  bereit,  was 
er  sowohl  durch  einen  Gesandten  als  auch  brieflich  über  ein 
an  den  Sultan  zu  richtendes  Schreiben  verlangt  habe,  zu  thon, 
aber  sie  habe  den  Zweck  eines  solchen  nicht  einsehen  können. 
Sie  wisse  nicht,  ob  er  dadurch  ihre  Treue  prüfen  woUe  oder 
seine  Sache  beim  türkischen  Kaiser  zu  fördern  strebe.*  Später 
scheint  sie  dann  Kränklichkeit  als  Hindemiss  Air  die  Ausfer- 
tigung dieser  Erklärung  vorgeschützt  zu  haben. 

Der  König  begnügte  sich  nicht  mit  der  Betheuerung,  dass 
er  nur  im  Interesse  Siebenbürgens  und  Ungarns  auf  den  Sultan 
einwirken  wolle,  weil  er  glaube,  diesen  leichter  zum  Frieden 
bewegen  zu  können,  wenn  er  aus  ihren  Briefen  sehe,  dass  sie 
und  ihr  Sohn  befriedigt  seien  und  selbst  die  Rückkehr  nach 
Siebenbürgen  nicht  mehr  wünschen.  &  beschloss  Mitte  des  Juni 
eine  eigene  Gesandtschaft,  nämlich  den  erwähnten  Friedrich 
von  Redem   und   den  Mathes   von  Logau,   seinen  Hauptmann 


*  Drb  Concept  der  Beglaubigung  für  Kedern  vom  2».,   das  der  Instruction 

vom  29.  April  1653. 
'  Den   Inhalt  dienes  Schreibens,  das  nicht  erbalten  ist,  kennen   wir  nur 

aus  Ferdinands  I.  Antwort  vom  31.  Mai. 


23 

in  Schweidnitz  und  Janer^  an  sie  zu  schicken,  um  einen  Druck 
auf  sie  auszuüben.^  Diese  sollten  sich  bei  ihr  eine  Audienz  er- 
bitten und  die  Hoffnung  aussprechen^  dass  die  Schwachheit, 
welche  die  Absendung  des  von  ihm  gewünschten  Schreibens 
verhindert  habe,  gewichen  sei  und  dass  sie  dasselbe  bereits 
abgesendet  habe,  sonst  aber  die  Ausfertigung  betreiben  und  es 
durch*  einen  Tag  und  Nacht  reitenden  Boten  schicken.  Sie 
sollten  weiter  melden,  dass  er  zwar  nicht  zweifle,  Isabella  werde 
gegen  ihn  und  sein  Königreich  und  Land  nichts  unternehmen, 
dass  er  aber  doch  nicht  unterlassen  könne,  ihr  zu  melden,  dass 
bei  etlichen  unruhigen  Leuten  beschwerHche  Praktiken  vor- 
handen und  der  Anschlag  sein  solle,  den  Herzog  Johann  Sig- 
mund wieder  nach  Ungarn  und  Siebenbürgen  zu  bringen.  Es 
sei  das  gewiss  nicht  ihr  Wille.  Da  aber  die  Läufe  und  Prak- 
tiken seltsam  und  die  unruhigen  Leute  in  ihren  Anschlägen 
geschwind  seien,  so  möge  sie  gegen  eine  etwa  versuchte  Ent- 
führung ihres  Sohnes  Vorsorge  treffen.  Wenn  sie  aber  merkten, 
dass  Isabella  Ausflüchte  suchte,  so  sollten  sie  sich  nicht  ab- 
weisen lassen  und  ihr  vorstellen,  dass  die  Schidd  einer  Ent- 
fiihrang  sie  treffen  würde.  Auch  sollte  die  Königin  den  sieben- 
bürgischen  Ständen  ebenso  wie  dem  türkischen  Kaiser  schreiben, 
dass  sie  zufriedengesteUt  sei.  Durch  Ausreden  sollten  sie  sich 
nicht  hinhalten  lassen  und  im  Nothfalle  den  König  von  Polen 
um  seine  Vermittlung  angehen. 

Um  Isabella  seinen  Wünschen  günstiger  zu  stimmen,  er- 
klärte sich  Ferdinand  bereit,  die  Einkünfte  vom  Herzogthum 
Ratibor,  obwohl  sie  auf  11.000  ungarische  Gidden  geschätzt 
worden  seien,  nur  zu  10.000  Gidden  anzuschlagen  und  ihr 
1000  Gulden  anderweitig  zu  zahlen,  weiter  die  zu  diesem  Her- 
zogthum gehörige,  aber  vom  Herzoge  Hans  von  Oppeln  einem 
Adeligen  auf  Lebenszeit  verschriebene  Herrschaft  Tost  ihrem 
Wunsche  entsprechend  zurückzuerwerben.  Auch  die  noch  immer 
nicht  gesendeten  Geschütze  durften  ihr  die  Gesandten  in  Aus- 
sicht stellen. 

Von  Isabella  sollten  diese  sich  zum  Könige  von  Polen  be- 
geben und  auch  von  ihm  verlangen,  dass  er  eine  Entftlhrung 
Johann  Sigmunds  verhindere  und  auf  die  Entfernung  aller  ver- 


*  Die  Instruction  für   dieselben  im  Concept  vom   14.  und  in  Copie  vom 
15.  Juni. 


3i 

ruir^a.   h^ss  a»f  "cut   Iir  '^^  »lo^  x.i-ir  ii»**ir   üiaui  ^^titti    Wenn 
i'»*r  F-iTT  Tarnt  *j  -vTnscait.   Tr«r:»*  «i*    ta*  >:är«2b«L  feiigt^n. 


er- 


t  .»-r   2«?c«^':-fa   u  :t*.    T-irsi-ic;!    rx   ^\zi^     laouc   ^hAt   d^orcfa 
Zk^  «rT-äaii.rrra  ai»fi:r::'!L   3a»!'i    £*!i  -—Vrifa  m^wl  Worten 


jangen 

l  «-<^a  *.^cr^r-?.    ä<  i^n^ü  ä-  T^-rmi^.  i  -rtajirifa  oimI  werde 

4.  ?.   '£^^-1:  i  z^r^if^L  iias  =ii=-  zc:ikr:jr*,  iz.  Miaificli  nach 


l^r^Z^rz.  n  rihr?::-  j.-»**  5»  ■-.  -*^  ^  ^^^  ;i-rT»ez3  isat  geneigt 
^,z'  -ir^i  *;:-•:  T:r  dea  K^r-^rz^     n  T^frli^iiire  Reden  haben 

S'r:n  aai  3,  Juli  nris:«:::    il-:  »^rÄULi^en  Dach  Krakau  zum 

K  .:.4'*:  r^.^-i^TziU'i  Aar:i5i.  l^i  irz:  <w  am  d.  Andiena  hatten.^ 
tf^  ^,:,*z:t.  Xamen  enteilte  ihn-:-  d-r  Vicekanaler  der  Krone 
l'v^;,.  l''  r  Erzbischof  toü  Gnt- sen.  auf  liie  von  ihnen  vorgebrach- 
Uu  Vi';,w:he  Antwort,  welche  dahin  lamete,  dass  der  Köniff 
je^\*,'^r  h'fjwester  auf  das  Höchste  die  Zuladung  der  EntAlhrung 
^J;r<  *  r^^Muf^  widerrathen,  die  Ausferdgung  des  Schreibens  an 
t\'U  r'Jt^n  wie  an  die  Stände  von  Siebenbürgen  aber  befiir- 
w/rUrt  habt', 

\)\t',  Ofmandten  drangen  dann  auch  noch  auf  die  Erftülung 
t\t^*i.  WMn**''hc»,   da«8  die  verdächtigen  Personen  vom  Hofe  der 

'  n»r«  \U^\n.iimi  rom  3.  Juli  1553  (Orig.)  im  k.  k.  g.  A. 
*  iU^UiUtu  vom  13.  Juli  (Orig.). 


25 

Königin  Isabella  entfernt  werden  möchten,  und  scheinen  auch 
Massregehi  verlangt  zu  haben,  um  eine  Entführung  Johann  Sig- 
munds zu  verhindern.  Aber  der  Vicekanzler,  der  zu  ihnen  in 
ihre  Herberge  kam,  bemerkte  ihnen  privatim,  dass  der  König 
nicht  befugt  sei,  sich  seines  Vetters  zu  versichern,  weil  dieser 
nicht  sein  Sohn  sei  und  er  keine  Gewalt  über  ihn  habe,  auch 
trotz  seiner  freundlichen  Gesinnung  gegen  den  römischen  König 
dieses  der  Räthe  und  der  Landschaft  wegen  nicht  thun  dürfe. 
Später  gab  ihnen  der  Vicekanzler  den  officiellen  Bescheid,  dass 
der  König  an  den  Praktiken  kein  Gefallen  habe  und  auch  bei 
der  Königin  fUr  die  Abwendung  derselben  gewirkt  habe,  aber 
mehr  nicht  thun  könne. 

Die  meisten  Polen  standen  aber  mit  ihren  Sympathien  auf 
der  Seite  Johann  Sigmunds,  der  ja  der  Enkel  eines  polnischen 
Königs  war,  und  ftihrten  zu  dessen  Gunsten  auch  politische 
Gründe  ins  Feld.  Die  Polaken,  berichten  die  Gesandten,  sagen 
öffentlich,  dass  das  Königreich  Ungarn,  obwohl  es  dem  römischen 
Könige  gehöre,  von  diesem  nicht  behauptet  werden  könne,  und 
dass  es  daher  besser  sei,  wenn  es  ein  christlicher  Herr  als  der 
Türke  innehabe,  wogegen  sie  betonten,  dass  ein  Kind  Ungarn 
gegen  die  Türken  nicht  zu  beschützen  vermöge,  und  dass  der 
Sultan  Siebenbürgen  und  ganz  Ungarn  um  so  leichter  beherr- 
schen könne,  wenn  ein  Kind  den  Thron  innehabe. 

Nachdem  Logau  und  Redem  am  14.  Juli  beim  Könige 
neuerdings  Audienz  gehabt  hatten,  der  sie  seiner  besten  Ge- 
sinnungen versicherte,^  machten  sie  sich  wieder  auf  den  Weg 
zur  Königin  Isabella  nach  Krzepice. 

Diese  war  aber  bereits  von  dort  abgereist,  wahrscheinlich 
um  der  ungarischen  Grenze  näher  zu  sein,  da  die  Bewegung 
der  unzufriedenen  Siebenbürger  zu  Gunsten  ihres  Sohnes  sich 
bereits  offen  hervorwagte. 

Die  Sz^kler  hielten  eine  Versammlung  in  Marcs -Vdsdrhely 
und  richteten  am  30.  Juni  an  den  Woy  woden  Mircse  der  Wa- 
lachei ein  für  den  Sultan  bestimmtes  Schreiben,  um  diesen  von 
dem  Abschlüsse  eines  Friedens  mit  dem  römischen  Könige  ab- 
zuhalten. ,Denn  wenn  er  vom  Könige  Ferdinand  Tribut  nimmt, 
werden  wir  Alle  von  demselben  getödtet  werden.^  Auch  Anton 
Kendy,  der  Bruder  des  neu  ernannten  siebenbürgischen  Woy- 


»  Bericht  vom  14.  Juli  1553. 


28 

fürchtete  man^  würde  leicht  merken^  dass  das  Schreiben  nicht 
von  dieser  herrühre,  und  es  würde  daher  mehr  schaden  als 
nützen.^ 

Man  wird  wohl  nicht  fehlgehen,  wenn  man  annimmt,  dass 
Isabella  eben  deswegen  sich  geweigert  habe,  die  Briefe  selbst 
zu  concipiren,  und  dass  sie  die  Gesandten  trotz  ihres  Sträubens 
zur  Vorlegung  fertiger  Concepte  gedrängt  habe.  Bestätigt  wird 
diese  Annahme  durch  das  weitere  Verhalten  der  Königin. 

Wie  Erzherzog  Ferdinand  am  16.  August  dem  Könige 
von  Polen  berichtete,  erhielt  zu  derselben  Zeit,  wo  Isabella 
dieses  Schreiben  vertraulich  an  den  König  Ferdinand  schickte, 
auch  dessen  hervorragendster  Gegner  Petrovich  eine  Abschrift 
desselben.  In  der  That  war  dieser  schon  am  31.  Juli  in  der 
Lage,  eine  solche  dem  Sultan  zu  senden.  Aus  Ungarn  wurde 
gemeldet,*  dass  ein  Pole  Namens  Ossoczky,  der  vertrauteste 
Kämmerer  der  Königin,  mit  Petrovich  nach  Ungarn  gereist  sei, 
wie  denn  dieser  überhaupt  Alles  im  Einvernehmen  Isabellas 
thue.^  Petrovich  richtete  am  31.  Juli  aus  Debreczin,  wo  er  am 
Tage  vorher  aus  Polen  mit  500  Reitern  eingetroflfen  war,  um 
den  unzufriedenen  Siebenbürgen!  die  Hand  zu  reichen,  ein 
Schreiben  an  den  Sultan,  worin  er  erklärte,  dass  die  Königin 
und  ihr  Sohn  ihn  mit  aufgehobenen  Händen  und  gebogenen 
Knieen  bitten,  sie  unter  seinen  Schutz  zu  nehmen  und  ihnen 
ihr  Reich  zurückzugeben.  Den  Brief,  den  König  Ferdinand 
von  Ihrer  Majestät  erhalten  zu  haben  behaupte  und  dessen  Ab- 
schrift er  geschickt  habe,   habe  sie  demselben  nicht  freiwillig, 


^  Diese  Ansicht  ist  in  einem  Schreiben  des  Erzherzog  Ferdinand  an  den 
König  von  Polen  vom  16.  August  ausgedrückt.  Der  Erzherzog  war  ge- 
rade vorher  im  Auftrage  seines  Vaters  selbst  bei  Isabella  gewesen,  ,um 
mit  ihr  Einiges  zu  verhandelnd  Schreiben  König  Ferdinands  an  Isabella 
vom  28.,  an  seinen  Sohn  vom  29.  Juli  1553.  Nähere  Nachrichten  fohlen. 
—  Vgl.  auch  den  vom  Könige  Ferdinand  unterschriebenen,  aber  nicht 
gesiegelten  Revers  für  Isabella  vom  28.  Juli. 

*  Nach  demselben  Schreiben  des  Erzherzogs. 

'  Damit  stimmt  ein  Bericht  des  Bischöfe  von  Siebenbürgen,  Paul  Bome- 
misza,  an  König  Ferdinand  vom  9.  Aug^t:  hodie  kic  untu  precipuu» 
Sicultu  Emericus  Ldzdr,  qui  nomine  puhUco  cum  eoUega  nundu»  venerat, 
secrele  mihi  narravü,  quendam  »ervüorem  Thome  Mihah/fi  Melchiorem 
Bcdog  nomine  octdi»  «m«  vidisse  lüleras  regine  habelle,  qutu  acripterat  ad 
Peirum  Petrowith,  ut  in  negodo  incepto  conatanter  pergerety  non  ob*tante 
id,  quod  antea  ad  cum  »cripaerat.    Mon.  comit.  Transylv.  1,  453,  N.  3. 


29 

sondern  gezwungen  geschickt,  da  sie  in  der  äussersten  Gefahr 
gewesen  sei,  ihr  Leben  zu  verlieren,  und  die  Ermordung  ihres 
Sohnes  durch  seine  Feinde  habe  beftirchten  müssen.  Der  Sultan 
möge  gleich  seine  Heere  marschiren  lassen.^ 

Isabella  selbst  erhob  wieder  die  alten  Klagen,  dass  König 
Ferdinand  den  mit  ihr  geschlossenen  Vertrag  nicht  vollständig 
erMlt  habe.  Sie  wollte  wohl  gerechtfertigt  erscheinen,  wenn 
sie  selbst  mit  Verletzung  desselben  im  Falle  des  Gelingens  der 
siebenbtirgischen  Bewegung  im  Namen  ihres  Sohnes  vom  früheren 
Fttrstenthume  desselben  wieder  Besitz  ergriflF.  Wenige  Tage, 
nachdem  sie  die  Erklärung  abgegeben  hatte,  dass  sie  mit  ihrem 
Sohne  vom  Könige  Ferdinand  befriedigt  sei,  liess  sie  einem 
Gesandten  des  Kaisers  Karl  V.  eine  Denkschrift*  überreichen, 
worin  sie  gerade  das  Gegentheil  behauptete.  Trotz  aUes  dessen, 
was  König  Ferdinand  für  sie  und  ihren  Sohn  gethan  und  wofür 
sie  ihm  ihren  wärmsten  Dank  ausgesprochen  hatte,  behauptete 
sie  neuerdings,  in  finanzieller  Beziehung  benachtheiligt  worden 
zu  sein.  Sie  habe  geglaubt,  dass  die  25.000  ungarischen  Gulden, 
welche  sie  nach  dem  in  Siebenbürgen  geschlossenen  Vertrage 
jährlich  erhalten  sollte,  nach  den  Gewohnheiten  Ungarns,  nicht 
Schlesiens,  in  Einkünften  an  baarem  Gelde  bestehen  sollten. 
Jetzt  aber  sehe  sie,  dass  diese  nicht  einmal  eine  Summe  von 
9000  Gulden  ausmachten  und  das  Uebrige  vom  Ackerbau  und 
der  Oekonomie  herrühre.  Von  so  geringen  Einkünften  könnten 
sie  und  ihr  Sohn  nicht  in  geziemender  Weise  leben.  Zugleich 
richtete  Isabella  auch  an  den  Kaiser  die  Bitte,  er  möge  be- 
wirken, dass  die  Herzogthümer  Oppeln  und  Ratibor  und  die 
Herrschaften  Frankenstein  und  Münsterberg  fllr  ihre  und  ihres 
Sohnes  Lebensdauer  von  allen  Abgaben  befreit  werden  mögen. 


^  Mon.  Hang.  Dipl.  3,  10.  Ibid.  ähnliche  Schreiben  an  türkische  Würden- 
träger. 

*  ,Memoriale  R^o  domino  oratori  excellentissimi  Rom.  imperatoris  Caroli 
etc.  per  Mt<^™  reginalem  Hungariae  etc.  Isabellam  datam  a.  1553  mense 
Aogusto.*  (Mon.  Hung.  Dipl.  3,  26,  auch  in  Abschrift  im  k.  k.  g.  A.) 
Da  die  Entgegnung:  ,Infonnatio  seu  declaratio  Sacrae  Rom.  etc.  Regiae 
Ma*>»  pro  Revdo.  domino  oratore  s.  imperatoriae  Ma*»»  super  iis,  quae 
imper.  suae  Ma^i  nomine  Sern^^e  Reginae  Isabellae  proponenda  habet* 
(ibid.  3,  28  sqq.),  oder  wie  sie  im  k.  k.  g.  A.  auch  betitelt  ist:  ,Memo- 
riale  pro  oratore  Caesareo',  hier  die  Bemerkung  hat:  ,exhibitum  16.  Au- 
giuti  1563%  so  muss  Isabella  ihre  Beschwerdeschrift  wohl  schon  An- 
fangs August  übergeben  haben. 


30 

Es  wurde  Ferdinand  nicht  schwer,  in  seiner  Gegenschrift 
die  Klagen  Isabellas  zn  widerlegen.  Einmal,  bemerkte  er,  seien 
die  Einkünfte  immer  nach  der  Gewohnheit  des  betreflFenden 
Landes  zu  berechnen.  Zweitens  halte  man  in  Schlesien  wie 
anderswo  die  Abgaben,  welche  die  Unterthanen  in  Getreide 
u.  dgl.  entrichten,  für  viel  werthvoUer  als  die  Geldzinsen,  da 
jene  immer  unter  dem  Marktpreise  berechnet  würden.  Zugleich 
betonte  er  mit  Recht,  dass  die  Königin  nach  dem  letzten  Ueber- 
einkommen  vollkommen  zufrieden  gewesen  sei  und  nur  gebeten 
habe,  ihr  die  1000  ungarischen  Gulden  nachzulassen  und  zu 
schenken,  um  welche  die  Einkünft;e  von  Ratibor  höher  gewesen 
seien  als  jene  von  Oppeln,  was  er  ihr  auch  bewilhgt  habe.  Sie 
habe  daher  keine  Ursache  zu  Beschwerden,  besonders  da  sie 
in  Schlesien  ruhig  leben  könne,  während  Siebenbürgen  von 
Feinden  bedroht  sei  und  er  wegen  der  Türkengefahr  und  des 
in  ihrem  und  ihres  Sohnes  Namen  angezettelten  Aufstandes  von 
diesem  Lande  nichts  einnehme. 

Was  die  Bitte  um  Befreiung  der  genannten  schlesischen 
Herzogthümer  und  Herrschaften  betreflfe,  so  sei  im  Vertrage  mit 
Johann  Sigmund  ausdrückUch  der  Vorbehalt  gemacht  worden, 
dass  derselbe  den  Königen  von  Böhmen  Alles  zu  thun  und  zu 
leisten  verpflichtet  sei,  was  die  anderen  Fürsten  geleistet  Laben 
und  leisten.^  Der  König  könnte  es  daher  weder  bei  den  StÄnden 
Böhmens  noch  bei  den  übrigen  Fürsten  und  Ständen  Schlesiens 
rechtfertigen,  wenn  er  zwei  so  reiche  Herzogthümer  von  den 
gemeinsamen  Lasten  ganz  oder  theilweise  befreite,  und  ohne 
deren  Zustimmung  könnte  er  es,  auch  wenn  er  wollte,  nicht 
bewilligen.  Auch  würde  er  dadurch  Anderen  ein  böses  Beispiel 
geben,  ihrerseits  die  Hilfe  zu  verweigern. 

Isabella  machte  aus  ihrer  Absicht  immer  weniger  ein  Hehl. 
Als  im  September  Castaldo's  Neffe  Johann  Alfons  sie  in  Polen 
besuchte,  gestand  sie  ihm  offen,  sie  habe  einem  neuen  Gesandten 
des  Sultans,  der  zu  ihr  gekommen  war,  geantwortet,  sie  würde 


^  foicta  reaervalione,  quod  ipse  Ulustrisaimut  Joannes  dux  .  .  .  maietUUi 
regiae  auiaque  haeredihiu  et  auccessoribua,  regibua  Bohemuie,  omnia  illa 
facere  et  praettare  deheat  et  teneatur,  quae  hactenut  aUi  principe$  et  duce» 
antecestoribtu  maieaicUU  regiere  et  ipn  quoque  regiae  maieataU  de  jure  vei 
consuetitdine  praestiterunt  vel  hodie  etiam  fasere  et  prciestare  tenentur, 
heisst  es  im  Weissenburger  Vertrage  vom  19.  Juli  1551  bei  Utie- 
enoviö,  Urkundenbucb  S.  34. 


A< 


31 

nach  Ungarn  zurückkehren,  wenn  ihr  derselbe  nicht  blos  Lippa 
nnd  Temesvär  mit  dem  Reste  von  Niederungam,  sondern  auch 
Szolnok  und  Ofen  zurückgäbe,  wie  er  ihr  frühere  Male  für  den 
Fall  der  Volljährigkeit  ihres  Sohnes  versprochen  hatte.  Sie  begab 
ach  auch  jetzt  aus  Wielum  an  der  schlesischen  Grenze,  wo  sie  sich 
einige  Zeit  aufgehalten,  nicht  nach  dem  noch  nördlicher  gelegenen 
Sieradz,  das  ihr  Bruder  ihr  angewiesen  hatte,  sondern  nach 
dem  östlicher  liegenden  Piotrkow,  ,einem  Ort,  geeignet,  um 
sich  von  da  sowohl  nach  Ungarn  als  auch  nach  der  Moldau 
zu  begebend  ^ 

Aber  die  Hoffnungen,  die  sie  auf  die  Türken  und  die 
Unternehmungen  ihrer  ungarischen  und  siebenbürgischen  An- 
hänger gesetzt  hatte,  erwiesen  sich  vorläufig  als  illusorisch.  Die 
Türken,  deren  Kräfte  durch  einen  Krieg  mit  Persien  in  Anspruch 
genommen  waren,  beschränkten  sich  auf  leere  Versprechungen. 
Einige  moldauische  und  walachische  Schaaren,  welche  in  der 
zweiten  Hälfte  des  September  die  Grenze  Siebenbürgens  über- 
schritten, kehrten  nach  ein  paar  Tagen  wieder  um.  Von  Aussen 
ohne  Unterstützung  gelassen,  musste  Petrovich  sich  in  seine 
Feste  Munkdcs  zurückziehen.  Seine  ungarischen  Anhänger 
wurden  zerstreut,  die  Sz^kler  zur  Unterwerfung,  die  aufständi- 
schen siebenbürgischen  Adeligen,  welche  sich  in  der  Burg 
Bethlen  zu  behaupten  gesucht  hatten,  zur  Capitulation  gezwungen.* 

Bei  dieser  günstigen  Wendulig  der  Dinge  mochte  König 
Ferdinand  glauben,  dass  Isabella  sich  seinen  Wünschen  ent- 
gegenkommender zeigen  würde.  Er  schickte  daher  Ende  No- 
vember 1553  neue  Gesandte,  den  Raaber  Bischof  Paul  von 
Öregoriancz  und  den  Matthäus  von  Logau,  an  den  König  von 
Polen,  an  die  Königin  Isabella  und  an  deren  Mutter,  die  Königin 
Bona,  welche  ab  eine  entschiedene  Gegnerin  des  Hauses  Habs- 
burg galt.'  Sie  sollten  sich  in  möghchster  Eile  zum  Könige  be- 
geben und  ihm  vorstellen,  wie  Ferdinand  Siebenbürgen  er- 
worben und  was  er  Alles  zur  Befriedigung  Isabellas  gethan,  wie 
aber  Petrovich  mit  neuerungssüchtigen  Leuten  in  Siebenbürgen 
and  den  Gebieten  östUch  von  der  Theiss  zum  Zwecke  der  Zu- 


'  Giov.  Alf.  Castaldo's  Relation  ohne  Datum,  aber  wohl  in  diese  Zeit  ge- 
hörend. In  den  Acten  liegt  sie  einem  Schreiben  Castaldo^s  an  Isabella 
vom  2.  October  1553  bei. 

*8zilÄgyi  in  Mon.  comit.  Transylv.  1,  452  sqq. 

•  Die  Instruction,  11  Blätter  umfassend,  ist  vom  28.  November. 


32 

rückflihrung  des  Sohnes  König  Johanns  Verbindungen  ange- 
knüpfty  Briefe  an  den  Sultan  und  an  Paschas  geschrieben  und 
mit  Unterstützung  der  Türken  die  WaflFen  ergriffen  und  dabei 
behauptet  habe,  er  thue  dies  Alles  im  Auftrage  Isabellas  und 
ihres  Sohnes,  die  ihm  folgen  würden.  Dies  sei  auch  bestätigt 
worden  durch  Briefe  Isabellas,  welche  man  bei  einem  von  den 
Soldaten  der  Festung  Erlau  abgefangenen  Schreiber  Petrovich's 
gefunden  habe.  Es  habe  sich  also  gezeigt,  dass  das,  was  König 
Ferdinand  von  verschiedenen  Orten,  auch  von  der  Pforte,  über 
Isabellas  Absicht,  mit  ihrem  Sohne  nach  Siebenbürgen  zurück- 
zukehren, und  über  ihre  Praktiken  mit  dem  Sultan,  dem  Könige 
von  Frankreich  und  den  Rebellen  erfahren  habe,  nicht  unbe- 
gründet sei.  Ferdinand  habe  deswegen  den  König  von  Polen 
und  IsabeUa  öfters,  besonders  durch  den  Erzherzog  Ferdinand 
zur  Zeit  der  Vermählung  des  Ersteren  mit  der  Erzherzogin 
Katharina  (im  Juli  1Ö53)  gemahnt  und  der  König  habe  auch 
versprochen,  seiner  Schwester  davon  abzurathen  und  ihn  durch 
einen  eigenen  Boten  von  dem  Ergebniss  zu  verständigen.  Aber 
bis  jetzt  habe  er  nicht  erfahren,  was  derselbe  ausgerichtet,  und 
auch  Isabellas  Gesandter  Martin  Cromer,  Domherr  von  Krakau 
und  Ermeland,  habe  keine  Antwort  gebracht.  Die  Königin 
selbst  habe  ihm  immer  gute  Worte  gegeben  und  ihn  gebeten, 
keinen  Verdacht  gegen  sie  zu  hegen.  Als  er  sie  aber  um  den 
Brief  an  den  Sultan  gebeteii,  habe  sie  ihn  nach  dem  seinen 
Gesandten,  die  ihres  Styles  und  der  Formen  der  Kanzlei  un- 
kundig waren,  abgenöthigten  Entwürfe  schreiben  lassen,  so  dass 
er  ihr  denselben  zurückgeschickt  habe,  weil  er  mehr  geschadet 
als  genützt  haben  würde.  Auch  habe  sie  eine  Abschrift  an 
Petrovich  gesendet,  mit  dem  Vorgeben,  sie  sei  von  Ferdinand 
zur  Fertigung  des  Briefes  gezwungen  worden,  und  mit  der 
Bitte,  dies  den  Türken  bekanntzugeben,  was  Petrovich  denn 
auch  gethan  habe,  der  sogar  behauptete,  sie  hätte  im  Falle  der 
Weigerung  filr  ihr  Leben  flirchten  müssen.  Auch  habe  sie, 
wie  er  von  seinem  Gesandten  beim  Sultan  erfahren  habe,  sich 
bei  diesem  beklagt,  dass  sie  zum  Vertrage  wegen  Siebenbürgen 
nur  gezwungen  worden  sei  und  dass  sie  denselben  für  ungiltig 
halte. 

Trotzdem  wolle  Ferdinand  alle  seine  Verpflichtungen  er- 
ftillen,  wenn  Isabella  von  ihren  Umtrieben  ablasse,  und  als 
Beweis   hiefUr   beim  Sultan  durch   einen  eigenen,   mit  seinem 


33 

Gesandten  an  die  Pforte  zu  schickenden,  Boten  wie  bei  den 
Siebenbtirgem  und  den  Bewohnern  des  Landes  jenseits  der 
Theiss  erkläre,  dass  sie  die  geschlossenen  Verträge  halten 
werde  und  den  Plan,  mit  ihrem  Sohne  nach  Ungarn  oder  Sieben- 
bürgen zurückzukehren,  aufgegeben  habe,  wenn  sie  vielmehr 
den  Sultan  bitte,  ihn  im  ruhigen  Besitze  Siebenbürgens  zu  lassen, 
wenn  sie  endlich  Peti'ovich  zurückrufe  oder  ihm  alle  Unter- 
nehmungen gegen  ihn  verbiete,  und  wenn  sie  alle  Ungarn  ihrer 
Verpflichtungen  gegen  sie  enthebe  und  von  ihrem  Hofe  entlasse. 

Obwohl  es  nur  billig  wäre,  wenn  er  wegen  der  Praktiken 
der  Königin  die  100.000  Ducaten,  die  er  ihr  bis  zum  6.  Jänner 
zu  zahlen  versprochen,  ganz  zurückhielte,  so  werde  er  sie  doch 
bis  zum  6.  Jänner  1555  abzahlen  und  dazu  6000  Ducaten 
Zinsen,  wenn  sie  bis  dahin  sich  gedulde  und  nicht  deswegen 
Güter  der  Breslauer  Bürger  oder  Anderer  arrestiren  lasse, 
was  übrigens  wohl  der  König  von  Polen  hindern  würde.  Dieser 
soll  auch  ersucht  werden,  auf  die  Königinnen  Isabella  und 
Bona  einzuwirken  und  ebenfalls  einen  Gesandten  an  die  Pforte 
zu  schicken. 

Gregorianczy  und  Logau,  welche  den  polnischen  König 
im  Flecken  Knyszyn  in  Podlachien  trafen^  und  am  2.  Jänner 
1554  bei  ihm  Audienz  hatten,  richteten  nicht  das  Geringste  aus. 
Auch  Sigismund  August  trat  jetzt  als  Vertheidiger  seiner 
Schwester  auf,  erklärte  alle  Beschuldigungen  derselben  fUr 
unbegründet  und  beklagte  sich  über  die  Nichtausführung  der 
Verträge.  Noch  heftiger  äusserte  sich  Isabellas  Mutter  Bona, 
mit  welcher  die  Gesandten  auf  dem  Rückwege  in  Warschau 
verhandelten.  Isabella  selbst,  die  sie  dann  in  Piotrkow  besuchten, 
zeigte  sich  als  voUendete  Schauspielerin.  Sie  vergoss  bei  jeder 
Audienz  Thränen  wegen  der  Beschuldigung,  dass  sie  mit  Petrovich, 
den  Aufständischen  und  den  Türken  im  Einverständnisse  sei. 
Aber  sie  lehnte  die  Ausstellung  der  vom  Könige  Ferdinand 
von  ihr  gewünschten  Erklärungen  unbedingt  ab,  bis  alle  ihre 
Forderungen  erfüllt,  die  100.000  Gulden  mit  den  rückständigen 
Zinsen  von  6000  und  die  ihrem  Sohne  als  Ergänzung  für  das 
letzte  Jahr  schuldigen  5000  Gulden  gezahlt,  die  Geschütze  ihr 
ersetzt,  die  Burg  Tost  an  das  Herzogthum  Ratibor  zurückgestellt 

*  Für  das  Folgende  halte  ich  mich,  was    das  ThatsÄchliche  betriflPt,  an 
Szideczkj'd   anfangs    erwähnte  Abhandlung  und   glaube   mich    daher 
kurz  fassen  zu  dürfen. 
ArehiT.  LXXVm.  Bd.  I.  H&lfte.  8 


34 


wäre.  Auch  die  melirtiUrigen  Verfaandlangen«  welche  die  Ge- 
s;andton  Ferdinands  Anfangs  März  lo«>4  mit  dem  polnischen 
Ki*Tii::v  und  den  Kuni^rinn^n  Bona  und  Isabella  in  Kock  führten, 
lianen  kein  besseres  Enrobniss.  Nur  eine  Frist  bis  Pfingsten 
w .  Ihe  Isa Wlla  dem  Köniire  für  die  Zahlung-  der  Hauptsumnie 
i-ewilll^-n. 

Xvvh  in  Kock  wurde  von  Seite  des  polnischen  Königs 
umi  der  Widtn  Koni^nnen  die  Abst^nduHiT  <  iner  Gesandtschaft 
rjkcij  W'ii-n  bo>olJo55>on,  um  den  König  Ferdinand  mr  Erfiilliiiig 
d- r  \Vur.5-ohe  InäKiIüs  zu  K^stimm^ k.  Abrr  diese  waren  der 
Atl  dÄ55s  woLl  dit-  Annahme  Wreohtijt  ist,  die  Königin  habe 
Lur  .l.«e  Vrrlu^r.-V.ur.gx'a  hiuzit-iion  Wv^ilt-n.  bis  sie  über  ihre  Aus- 
>\  :.:^r.  au:"  vi:e  Wit-dt^  nrewir.uuiü:  >icl»-  nl'üTuvns.  besonders  über 
l.r  Kxlr^n^  ctr  Pt>r:e  kUrt^r  sciV.o.  Nioh:  K-«>  Wstand  ae  auf 
irr  ^r.Arrxu^I:. :.-.::  Ert\u:ur.j-  ihrer  gxTt-oLtrVrd^en  Forderongren, 
s». :.  :rm  iCr  t-ra/r.rv  wit^ier  Waii>o:;e  Vv^r,  vci:  denen  sie  wnsste, 
ii.-<>  r^T  Frr.i_:Är.i  wtivr  in^will: j\^n 'm  -C:e  rx-b  konnte,  Sie  ver- 
la^^t  r"-r  :'..rtr.  S*.:.::  r.:\l.ts  iierlr.irvrts  als  die  v.lle  Souveränität 
■ir  i  .1 1  F«--.  fr:  .irc  >t:r.vr  sohlt  >:>vhtr.  Ht  rt  :-irii:üiner  von  der 
Lr •■:i.>l.it:::  dtr  Kr:ne  IK-Kuita  und  die  Best&dgimg  des 
i-Lr:.':-r  ik"^?i->tT:lltiLir:r- Priv-Jt^cs  durvh  die  K  rmiischen  StiLnde. 
A-»tr£-.r-  f  ritrre  sce  iiiT^v'.er  cinin  Thtil  der  Sckitse  des 
S-^l^r*  •.":-. rr  :i::i  +.  ■-••.•  DuvAtin.  welche  dieser  einst  dem 
Si-^tt   i^_-it-  Line.  .TiAch  dtiu  WMU*  des  Bmders  Georg*. 

S*— j:    FcrljULiii    jr*b   Ki  ctn   VerV.an  ilTir.j>?n   dh    den 


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36 

W6g  berichtete^  dass  er  in  Constantinopel  zwei  Gesandte  der 
Königin  Isabella  und  des  Petrovich,  den  Polen  Ossecki  und 
den  Ungarn  Baky,  getroffen  habe^  die  gegen  ihn  agitirt  und 
ihn  als  Spion  bezeichnet  hätten,  und  brachte  zugleich  schrift- 
liche Befehle  des  Sultans  an  die  Siebenbtirger  und  deren 
Woywoden  mit,  Johann  Sigmund  als  Fürsten  und  bis  zu  dessen 
Ankunft  Petrovich  als  Regenten  anzuerkennen.  Den  Woywoden 
der  Moldau  und  Walachei  und  den  Paschas  der  Grenzprovinzen 
wurde  Auftrag  gegeben,  den  jungen  Fürsten  im  Nothfalle  mit 
WaflFengewalt  nach  Siebenbürgen  zurückzuftlhren.  Petrovich 
erhielt  als  Geschenk  Lugos  und  Karansebes,  wo  er  die  beste 
Gelegenheit  hatte,  mit  seinen  siebenbürgischen  Parteigenossen 
Verbindungen  zu  unterhalten. 

Nach  diesen  Mittheilungen  dachte  Ferdinand  nicht  mehr 
daran,  der  Königin  Isabella  die  fllr  den  8.  Juni  versprochenen 
11.000  Ducaten  zu  zahlen  und  ihr  damit  selbst  die  Mittel  zu 
weiteren  Umtrieben  zu  liefern.  Unverzüglich  schickte  er  mit 
dem  Original  des  Schreibens  des  Sultans  und  einem  Auszuge 
des  Gesandtschaftsberichtes  W^g's  den  Erasmus  Haidenreich 
an  den  polnischen  König,  um  diesen  von  den  Umtrieben  seiner 
Schwester  zu  überzeugen  und  zu  erklären,  dass  unter  solchen 
Verhältnissen  von  der  Zahlung  der  erwähnten  Summe  und  der 
Uebergabe  Tost's  keine  Rede  sein  könne. 

Auch  diesmal  spielte  IsabeDa  die  Gekränkte  und  unschuldig 
Verleumdete  und  erklärte,  dass  Ossecki  nicht  von  ihr,  sondern 
von  Petrovich  ohne  ihr  Wissen  an  die  Pforte  geschickt  worden 
sei.  Sie  bat  ihren  Bruder,  beim  römischen  Könige  dahin  zu 
wirken,  dass  er  sie  nicht  mit  Verdächtigungen  und  Hinaus- 
schiebung der  Erfüllung  seiner  Verpflichtungen  quäle  und  sie 
zwinge,  Dinge  zu  unternehmen,  an  die  sie  nie  gedacht  habe. 
Ihre  Mutter,  welche  bei  Haidenreich  für  sie  *das  Wort  führte, 
erbot  sich,  mit  Ferdinand  in  Olmütz  zusammenzukommen,  um 
eine  Vereinbarung  zu  bewirken. 

Der  König  hatte  aber  offenbar  jedes  Vertrauen  zu  Isabella 
und  ihren  Versicherungen  verloren  und  wollte  jetzt  dieselbe 
Waffe  gebrauchen,  deren  sie  sich  früher  bedient  hatte,  die 
Hinausschiebung  einer  Entscheidung.  Er  schrieb  am  1.  August 
der  Königin  Isabella,  dass  er  jetzt  mit  ihr  nicht  zusammen- 
kommen könne,  weil  er  nach  Prag  reisen  müsse,  wo  am 
28.  August   der  Landtag  eröffnet  werden   solle,   dass   er  aber 

3* 


36 

nach  dem  Schlüsse  desselben  einen  Gesandten  schicken  wolle, 
um  die  Zusammenkunft  zu  vereinbaren.  Am  Hofe  Isabella's 
beschuldigte  man  den  König  sogar,  dass  er  durch  gedungene 
Meuchelmörder  ihren  Sohn  habe  aus  dem  Leben  schaffen  wollen. 
Aber  die  Berichte  waren  von  der  Art,  dass  man  diese  An- 
schuldigung unmögUch  ftir  wahr  halten  kann.* 

Auf  den  Gang  der  Unterhandlungen  zwischen  Ferdinand 
und  Isabella  hatte  dieses  Gerücht  keinen  Einfluss,  aber  zu 
einem  Ergebnisse  führten  dieselben  nicht.  Man  bewegte  sich 
dabei  eben  immer  in  einem  Kreise.  Ferdinand  woUte  der  Königin 
kein  Geld  schicken,  so  lange  sie  ihm  nicht  die  verlangten  Er- 
klärungen an  die  Pforte  und  an  die  Siebenbürger  ausgesteUt 
und  dadurch  Beweise  für  das  Aufgeben  aller  feindlichen  Be- 
strebungen gegeben  hätte.  IsabeUa  sah  in  der  Nichterfüllung 
der  Verpflichtungen  von  Seite  des  Königs  einen  genügenden 
Grund,  ihre  bisherige  Haltung  fortzusetzen  und  sich  die  Mög- 
lichkeit  offen   zu   halten,  von   Siebenbürgen  wieder  Besitz    zu 


*  Wir  erfahren  davon  aus  einem  Schreiben  König  Ferdinands  an  Haiden- 
reich  vom  4.  Sept.  1554  bei  Szddeczky,  S.  58  N.  1.  Damach  sei  ein 
Mann,  der  sich  für  einen  Boten  Petrovich's  ausgab,  nach  Warschau  ge- 
kommen und  habe  von  der  Königin  Isabella  Audienz  erbeten,  aber  nicht 
erhalten.  Er  habe  dann  einigen  Hof  leuten  gesagt,  es  scheine,  dass  man 
ihn  für  einen  Spion  oder  für  einen  zu  einem  Verbrechen  Gedungenen 
halte,  und  sei  abgereist.  Die  Königin  und  ihr  Hofmeister  haben  ihm 
nachsetzen  und  ihn  fangen  lassen  und  auf  der  Folter  habe  er  bekannt, 
dass  er  vom  Könige  Ferdinand  zur  Ermordung  des  Sohnes  des  Königs 
Johann  gedungen  worden  sei  und  in  Warschau  noch  drei  Genossen  habe, 
bei  denen  man  verschiedene  Gifte  und  , wunderbare  Werkzeuge*  finden 
würde.  Am  18.  Juli  zwischen  1  und  2  Uhr  in  der  Nacht  sei  dann  unter 
dem  Fenster  des  Schlafzimmers  des  Sohnes  Isabellas  ein  Schuss  gefallen, 
der  einen  der  Pagen  (puerij  des  Fürsten,  der  zufällig  am  Fenster  sass, 
so  erschreckte,  dass  er  von  diesem  in  das  Zimmer  fiel.  Nachdem  er  sich 
gesammelt  und  die  vor  dem  Gemache  Wache  haltenden  Hof  leute  ver- 
ständigt habe,  haben  diese,  zum  Fenster  eilend,  auf  der  Strasse  drei 
Männer  gesehen,  von  denen  einer  eine  lange  Büchse  gegen  das  Fenster 
gerichtet  habe,  in  der  Absicht,  ,wie  man  vermuthen  konnte*,  um  den 
Priilzen,  wenn  er  zufallig  auf  den  Schuss  beim  Fenster  hinausgesehen 
hätte,  zu  tödten.  Als  aber  die  Hof  leute  sie  angerufen  und  zum  Thore 
des  Schlosses  gelaufen  seien,  hätten  dieselben  auf  das  Geräusch  des 
Thores  die  Flucht  ergriffen  und  sich  gerettet.  —  Der  König  von  Polen 
und  wie  dieser  versichert,  auch  Isabella,  legten  der  Sache  keine  Be- 
deutung bei  und  in  der  That  müsste  man  doch  bessere  Beweise  haben, 
um  Ferdinand  des  Meuchelmordes  zu  beschuldigen. 


37 

ergreifen,  wozu  sie  ein  Abgesandter  des  Sultans  wie  ihre  Anhänger 
ununterbrochen  drängten.  Im  November  1554  sprach  sie  auch 
die  Absicht  aus,  aus  Piotrkow  nach  dem  ihr  vom  Könige  ge- 
schenkten Sanok  zu  übersiedeln,  wo  sie  der  ungai*ischen  und 
siebenbiirgischen  Grenze  näher  gewesen  wäre. 

Auf  die  Nachricht  hievon  schickte  Ferdinand  Castaldo's 
Neffen  Johann  Alfons^  nach  Polen,  um  Isabella,  die  demselben 
persönUch  gewogen  war,  von  diesem  Schritte  abzuhalten  und 
sie  zur  Ausstellung  der  gewünschten  Schreiben  zu  bewegen,  wo- 
gegen er  ihr  bis  zum  6.  Jänner  die  Zahlung  der  ihr  schuldigen 
Gelder  in  Aussicht  stellte. 

Isabella,  die  auch  jetzt  wieder  Petrovich  und  Ossecki  in 
den  kräftigsten  Ausdrücken  desavouirte,  verschob  in  der  That 
besonders  in  Folge  der  Vorstellungen  und  Drohimgen  ihres 
Bruders  die  Uebersiedlung  nach  Sanok,  Aber  sie  lehnte  zu- 
gleich jede  Verantwortung  fiir  alle  künftigen  Ereignisse  ab, 
wenn  ihr  der  neue  Termin  wieder  nicht  eingehalten  würde,  und 
erneuerte  ihre  Fordenmgen  wegen  der  Befreiimg  ihres  Sohnes 
und  seiner  Fürstenthümer  von  allen  vasallitischen  Pflichten 
gegen  die  Krone  Böhmen. 

Die  Drohung  Isabellas  und  die  Berichte  seiner  Gesandten, 
dass  die  Sympathien  der  meisten  Polen  auf  Seite  Johann  Sigmunds 
seien,  bewogen  den  König  Ferdinand,  Haidenreich  gleich  nach 
seiner  Rückkehr  aus  Polen  im  Jänner  1555  in  Eile  wieder 
zurückzusenden  und  ihn  mit  Instructionen  zu  versehen,  welche 
wohl  geeignet  schienen,  als  Grundlage  einer  Vereinbarung  mit 
der  Witwe  Zäpolya^s  zu  dienen,  wenn  sie  ihren  Plänen  auf 
Siebenbürgen  endgiltig  entsagen  wollte. 

Er  versprach,  der  Königin  ftlr  die  ihr  und  ihrem  Sohne 
schuldigen  Summen*  die  böhmischen  Herrschaften  Chlumetz, 
Rohesetz  und  Skal  zu  verpfänden^   oder  wenn  sie  das  baare 

*  SzAdeczky  S.  69  verwechselt  ihn  mit  seinem  Oheime,  dem  ehemaligen 
Militär-Gouverneur  von  Siebenbürgen,  der  Johann  Baptista  hiess. 

»  Diese  beliefen  sich  jetzt  auf  122.000  Goldgulden,  nKmlich  100.000  als 
ursprüngliche  Schuld  an  Isabella,  12.000  Gulden  als  Zins  für  zwei  Jahre, 
lO.OOO  als  zweijähriger  Betrag  zur  Ergänzung  der  Einkünfte  von  Oppeln 
und  Ratibor  auf  26.000  Gulden. 

*  Ferdinand  schätzte  die  Einkünfte  von  Clumetz  auf  8000  Thaler,  von 
Rohesetz  und  Skal  auf  4000  Gulden  jährlich.  Ersteres  hatte  er  selbst 
um  111.000  Thaler  erworben.  Die  Verzinsung  der  Schuld  an  Isabella 
wäre  also  eine  sehr  hohe  gewesen. 


-^        —  -^     -r--  K  xaUen  und  ihr  unter- 
.   i_-ra:  BeshzimgeD  zu  üb«- 

von  Tost  in  Aiß" 

.-bens  auf  die  ^uern 

Sigmunds  zu  Tcr- 

ak  seinem  künftigen 

«tchlesischen  Fürsten 

nni:  König  von  Polen, 

nach  dem  fernen 

Tuni:  eingetreten. 

•  'frei:  Schritt  gethan, 

h.  Jänner  1555 

r- .    nicht  eintraf, 

*^T«nze  auf  die 

-ZI  «ntschlossen, 

T  Ferdinands 


:  ,'f!E  Feinden 
s-   in  dieser 

'   T^aaosischen 

"  ^^t  reschickt 
>    i*>Bigs  ab 

-^  '  *n»*'m  Efl^ 
.  -  -':;»- innnung 
T-*.u-:''i?äschen 

-     i^-^'ii  Hofe 

-•r  iii-j:  blos 
Ulli    Sorgen, 

■•-••■  II' ir:  hatte, 


-».      — '^ 


VLJl 


•„  .*-     i^'i   itn  A?T?chluss 

.-     ••''.     l' a  i\;ick-:n  frei 

:    .*  •*  X  Uii;>  Fenünand, 

.\   -V   iLj  ^u    vf^ni;indelten, 

.  -i  ^',  \>t'im  nicht  Sieben- 

:^*^-.' '»«-11    wilnie.    schickte 

^  :  •.'.  >t  v»^Mi>iir::tiü:?v  wenn  sie  mit 

.    ...'-  ^1  '    at'U  PaÄ.*has   der  nörd- 

\    -.  ^^' il^u    it.r  Moi<latt  und  Walachei 

i.ü'    ii^j^s^  Land  bereit  zu  halten. 


'  1 


39 

Die  von  allen  Seiten  sich  aufthtirmenden  Gefahren  und 
das  geringe  Vertrauen  auf  die  Macht  König  Ferdinands  er- 
regten in  den  siebenbtirgischen  Anhängern  des  Hauses  Zäpolya 
neue  Hoffnungen  und  entmuthigten  die  Freunde  Oesterreichs.^ 
Am  23.  December  1555  beschloss  ein  Landtag  in  Maros-Väsdr- 
bely  die  Aufstellung  eines  Heeres  von  3000  Mann  unter  Melchior 
Balassa.  Es  geschah  dies  angeblich  zur  Vertheidigung  des 
Landes.  Aber  die  wahren  Absichten  enthüllt  der  Umstand, 
dass  zum  Verwalter  der  zur  Unterhaltung  der  Truppen  votirten 
Steuern  Anton  Kendy,  das  Haupt  der  Anhänger  Johann  Sigmunds, 
bestellt  wurde,  während  die  Woywoden  ganz  bei  Seite  ge- 
schoben wurden.  Ein  Landtag  in  Thorda  beschloss  am  2.  Februar 
1556  die  Zurtickberufung  Petrovich's.  Am  12.  März  wurde 
Johann  Sigmimd  als  Herr  und  Petrovich  als  dessen  Statthalter 
anerkannt.  Am  L  Juni  wurde  die  Gesandtschaft  gewählt,  welche 
den  Fürsten  zurückführen  sollte,  und  an  deren  Spitze  der  Woy- 
wode  Franz  Kendy  gestellt,  der  zu  den  Aufständischen  über- 
getreten war.  Am  22.  October  zogen  IsabeUa  und  ihr  Sohn  in 
Klausenburg  ein.  Die  Herrschaft  Oesterreichs  über  Sieben- 
bürgen war  für  lange  Zeit  vernichtet. 


*  Für    die    Vorgänge    in    Siebenbürgen    vgl.    Szildgyi    in    Mon.    comit. 
Transylv.   1,  471  sqq. 


DAS 


GRANUM  CATALOGI  PRAE8ULUM 

MORAVIAE 


NACH  DER 


HANDSCHEIFT  DES  OLMÜTZEE  DOMOAPITELARCHIVS 


HEBAUSGEGEBEN 


VON 


J.    L  O  S  E  R  T  H. 


AreUT.  Bd.  LXXYUI.  I.  Hüfte. 


Einleitung. 


I.  Aeltere  und  neuere  Ansichten  Aber  das  Granum 

Catalogi. 

Das  Granum  Catalogi  war  den  Forschem  auf  dem  Ge- 
biete der  mährischen  Landesgeschichte  schon  seit  lange  bekannt. 
Der  Erste,  der  es  einer  näheren  Beachtung  würdigte,  war  der 
Olmützer  Domherr  und  Geschichtsforscher  Augustin  Käsebrot, 
gewöhnlich  nur  mit  seinem  Vornamen  Augustin  genannt,^  Ge- 
heimschreiber  des  Königs  Wladislaw  und  Freund  des  Olmützer 
Bischofs  Stanislaus  Thurzo.  Augustin  unternahm  eine  völlige 
Neubearbeitung  des  Granum.  Da  es  mit  der  am  3.  October 
1434  erfolgten  Wahl  imd  der  am  22.  August  des  nächsten  Jahres 
stattgefundenen  Installation  des  Bischofs  Paul  von  Miliczin  ab- 
schloss,  fiigte  er  noch  die  Geschichte  der  folgenden  Bischöfe 
Johannes  XI.  (1450-1454),  Bohussius  de  Zwola  (1454—1457), 
Prothasius  de  Czernahora  (1457 — 1482),  Johannes  XII.  (Vara- 
diensis  1482 — 1497)  und  Stanislaus'  I.  Thurzo  hinzu.  Dieser 
Katalog  wurde  zuerst  in  Wien  1511  in  4^  gedruckt.*  Freher 
hat  ihn  in  seine  Sammlung  der  Scriptores  rerum  Bohemicarum 
aufgenommen,  und  ebenso  findet  er  sich  in  der  Gruter'schen 
Sammlung.  Im  Jahre  1831  wurde  er  von  dem  Olmützer  Bi- 
bUoÜiekar  Franz  Xaver  Richter  neuerdings  herausgegeben,  bis 
auf  die  neueste  Zeit  fortgeführt  und  mit  einem  ausführlichen 
britischen  Commentar  versehen.'  Richter  theilt  aus  dem  Granum 


'  Ueber  ihn  vgl.  d*Elvert,  Historische  Literatargeschichte  von  Mähren  und 

Oesterr.- Schlesien,  S.  89. 
'  d'Elvert,  Nachträge  zur  Geschichte  der  historischen  Literatur  von  Mähren 

and  Oesterr.- Schlesien  im  VI.  Bande  der  Schriften  der  hist-stat.  Section 

der  k.  k.  mähr.-schles.  Gesellschaft  zur  Beförderung  des  Ackerbaues,  der 

Natur-  und  Landeskunde,  S.  239. 
*  Fortsetzungen  des  Augustin'schen  Kataloges  wurden  schon  früher  gemacht; 

B.  ebenda  8.  241 ;  sie  sind  aber  nicht  gedruckt  worden. 

4* 


48 

in  Betracht  kommt,  ein  Pergamentband  in  Folio,  305  Blätter 
fassend,  liegt  im  Archive  des  Domcapitels  zu  Olmütz  und  fUfart 
die  Nummer  205.  An  der  Spitze  steht  etwas  ungenau:  ,Roma- 
norum  decretalia  pontificum  synodalia  tempore  prestant  conven- 
tibus  non  incongrue  in  nostre  defloracionis  opusculo  primae  sibi 
vendicant  partes/  Die  Beschreibimg  findet  sich  bei  Wattenbach, 
Reise  nach  Oesterreich  in  den  Jahren  1847,  1848,  1849  im  10. 
Bande  des  Archivs  für  ältere  deutsche  Geschichtskunde,  S.  682. 
Dieser  Theil  der  Handschrift  gehört  dem  12.  Jahrhundert  an. 
Daran  scUiesst  sich  dann  der  Katalog  der  OlmUtzer  Bischöfe, 
der  von  einer  und  derselben  Hand  des  15.  Jahrhunderts  — ' 
wahrscheinlich  in  der  Zeit  der  Hussitenkriege  geschrieben  wurde. 
Der  Text  ist,  wie  schon  Wattenbach  bemerkt  hat,  von  einer 
zweiten  Hand  sorgfWtig  durchcorrigiert.  Es  ist  kein  Zweifel, 
dass  ein  Theil  des  Textes  verloren  ist  imd  dieser  früher  weiter 
reichte,  denn  er  bricht  nunmehr  mitten  im  Satze  ab.  Vielleicht 
ist  <erst  in  verhältnissmässig  später  Zeit  ein  Blatt  des  Codex 
abhanden  gekommen  und  sah  Ziegelbauer  die  Handschriflb  noch 
unverletzt;  dann  würde  sich  auch  seine  oben  citirte  Angabe 
leicht  erklären  lassen. 

Eine  zweite  Handschrift,  aus  der  Mitte  des  vorigen  Jahr- 
hunderts stammend,  enthält  nur  vereinzelte  Fragmente  des 
Granum  Catalogi,  das  ist  die  Handschrift  12232  des  landstän- 
dischen Archives  in  Brunn.  Sie  besteht  aus  28  Papierblättem 
in  Folio  und  enthält  ein  Stück  von  dem  ersten  Theile  des 
Olomucium  Sacrum  des  bekannten  mährischen  Geschieht - 
Schreibers  Magnoald  Ziegelbauer,  wie  man  schon  aus  der  Ueber- 
schrift  entnimmt:  Olomucium  Sacrum,  quo  historia  ecclesiastica 
Moraviae  et  eins  episcopatus  exponitur.  Authore  R.  P.  Domino 
Magn.  .  .  .  Ziegelbauer,  monasterii  Zwifaltensis  coenobita.  Eine 
Randnote  hiezu  sagt:  ,Concordat  cum  codice  Cerroniano,'  Olo- 
mucium Sacrum  tom.,  la,  p.  59  usque  ad  p.  92. 

Magnoald  Ziegelbauer  schreibt  nun  zunächst  den  Anfang 
des  Granum  —  doch  mit  Hinweglassung  der  Verse  —  bis  zu 
dem  Satze:  ,Anno  Domini  1415  (Granum:  915)  regnum  Moraviae 
per  Amolphum  imperatorem  unacum  uxore  Swatopluk  regi 
restitutum  fuit^  ab  und  gibt  zu  dem  ganzen  Abschnitte  ausführ- 
liche ,Notae  et  additiones'  nebst  einigen  6  Blätter  fassenden 
,Tabulae  chronologicae'.  In  den  ,Notae'  wird  auf  die  fast  un- 
glaublichen   Verstösse    hingewiesen,    welche    dieser   Theil    des 


49 

Orannm  enthldt,^  und  in  den  ^Tabulae  chronologicae^  eine  rich- 
tigere Ansicht  "von  der  ältesten  Qeschichte  Mährens  bis  zur 
Aoflösung  des  grossmährischen  Reiches  dargeboten. 

Hierauf  folgt  von  anderer  Hand  wieder  ein  Theil  des 
Granom  (fol.  9—20),  und  zwar  der  Schluss  dessen,  was  das 
Orannm  zum  Jahre  1131  meldet  (animae  quam  aliorum  fidelium 
animarum  salute  exhiberent  obsequia,  quatuor  praeter  eos  in 
priori  ecclesia  sancti  Petri  pro  iugi  Dei  servicio  relictis)  bis 
nngefkhr  an  den  Schluss  des  Granum,  wie  es  in  der  Olmützer 
Handschrift  vorliegt.  Es  schliesst  mit  dem  ersten  Worte  des 
vorletzten  Satzes  daselbst:  ecclesie  Olomucensis  est  postulatus. 
Qae  .  .  . 

fol.  19  beginnt  abermab  von  anderer  Hand  das  Granum 
vom  Neuen  und  diesmal  auch  mit  den  Versen.  Den  Schluss 
bildet  der  Satz:  A.  d.  928  beatus  Wenceslaus  dux  Boemie  ab 
impio  fratre  suo  Bolesslao  martirio  est  coronatus. 

fol.  20  ist  leer.  fol.  21  und  22  stehen:  Extraeta  ex  Pro- 
tocollo  circariae  (!)  Bohemiae  in  vitam  B.  Henrici  Zdik,  epi- 
scopi  Olomucensis  et  canonici  Premonstratensis. 

fol.  23  und  24  enthalten  wieder  Theile  des  Granum,  und 
zwar  den  Schluss  des  zu  1157  erzählten  sublimatur  ac  catha* 
iogo  presulum  ipsius  ecclesie  nonus  in  ordine  annotatur  bis 
1194:  sed  et  omnem  clerum  ecclesie  ad,  und:  Anno  domini  863 
cepta  est  christianitas  et  senior  dux  Moraviae  Swat.  a  b.  Cyrillo 
baptizatur  bis:  Anno  domini  816  ...  in  archiepiscopatum  suc- 
cessit. 

fol.  25  und  26  finden  sich  einige  Analecta  ad  seriem 
episcoporum  Olomucensium;  fol.  27  abermals  ein  Stück  des 
Granum  zu   den  Jahren  1194   (prandium   invitare   —   plumbo 


'  Et  hanc  —  sagt  Ziegelbauer  —  chronotaxin  Actonim  SS.  Cyrilli  et 
Methudii  notis  illustrem?  huic  ego  additiones,  id  est,  errores  erroribus 
accumulem?  tot  enim  tantaque  contra  veram  temporis  rationem,  ut  de 
bistoria  ipsa  nihil  dicam,  sunt  errata  et  menda,  ut,  unde  anaschronismis 
(sie)  confiitandis  exordiar,  plane  nesciam.  Annon  iure  igitur  et  merito 
me  poeniteat  e  tenebris  situ  squal  (sie)  anonymum  prodncere  seriptorem, 
cuiuB  nisi  ad  singulos  fere  passus  prolabi  velim,  vel  in  ipso  limine 
deseram  vestigia?  Operae  tamen  pretium  facturus  mihi  videor,  si  erronea, 
confiisa  et  perturbata  auctoris  chronologia  ad  examen  vocata  meliorem- 
qne  redacta  in  ordinem,  apostolica  SS.  Cyrilli  et  Methudii  acta  in 
Moravia  firmiore  locata  basi  ob  oculos  constituam. 


50 

veativit)  und  1199  XVT.  Kai.  Jan.  dominus  Engelbertus  —  eins 
det  Dens  etemam).     Auf  ' 

fol.  28  sind  drei  Glockeninschriften  aus  dem  Jahre  1518 
aufgezeichnet. 

Die  Fragmente  des  Qranum^  welche  in  dieser  Brünner 
Handschrift  enthalten  sind,  sind  eine  Copie  des  Olmtttzer  Exem- 
plars, dessen  Leetüre  dem  Copisten  manche  Schwierigkeiten 
bereitet  hat.  Man  sieht  das  aus  den  Worten  (auf  fol.  24*): 
aliquot  linee  legi  minime  possunt.  Zum  Jahre  895  (sie)  ver- 
mochte der  Copist  das  auf  cum  uxore  folgende  Wort  nicht  zu 
lesen  und  mühte  sich  mit  der  Abzeichnung  des  Wortes  ab. 
Einige  Worte  sind  von  ihm  hinzugeftigt  worden,  so  zum  Jahre 
886:  cepta  est  christianitas. 

m.  Die  Quellen  des  O^rannm  Catalogi. 

1.  Die  Nekrologe  der  Olmützer  Domkirche. 

In  Betracht  kommen:  1.  Das  sogenannte  Kalendarium  vom 
Jahre  1137,  in  welches  die  Sterbetage  der  Olmützer  Bischöfe 
von  Johann  (f  1085)  bis  zum  Bischöfe  Bawor  (f  1201)  ein- 
getragen wurden.  Dieses  Kalendarium  befindet  sich  in  der 
königl.  Bibliothek  zu  Stockholm  und  wurde  von  Dudik  im  59. 
Bande  des  , Archivs  für  österreichische  Geschichte^,  S.  639—657 
veröffentlicht.  Der  Herausgeber  bemerkt,  dass  die  Einzeichnung 
der  Sterbetage  der  Olmützer  Bischöfe,  dann  vieler  regierenden 
Pfemysliden  nebst  einigen  Domherren  von  Ohnütz  von  der- 
selben Hand  vorgenommen  wurde,  die  auch  den  übrigen  Theil 
des  Codex  geschrieben  hat.  Die  Sterbetage  der  genannten 
Bischöfe  könnte  der  Compilator  des  Granum  in  diesem  Nekro- 
loge vorgefunden  haben;  aber  es  will  uns  scheinen,  als  habe 
er  sich  mehr  an  das  jüngere  Nekrolog  der  Olmützer  Eorche 
gehalten,  das  aus  dem  Jahre  1263  stammt,  im  Archive  des 
Olmützer  Domcapitels  liegt  (zu  dessen  wichtigsten  Bestandtheilen 
es  gehört)  und  von  Dudik  im  65.  Bande  des  ,Archivs  flir  öster- 
reichische Geschichte'  S.  516 — 589  mitgetheilt  wurde.  Dass 
der  Compilator  dieses  jüngere  Nekrolog  stark  ausnützte,  ergibt 
sich  aus  Folgendem:  dem  Nekrolog  ist  eine  ausführlichere  Er- 
zählung, welche  von  der  Veranlassimg  zur  Anfertigung  des 
Nekrologiums   berichtet,   vorausgesendet.     Da   hier  namentlich 


51 


Yon  der  Wahl  Brunos  zum  Olmützer  Bischöfe  etwas  aosftlhr- 
licher  gesprochen  wird,  so  bezeichnete  Boczek  dieses  Stück 
als  sogenannte  vita  Brononis.^  Ich  habe  diese  sogenannte  vita 
Bnmonis  im  Jahre  1878  übrigens  auch  in  der  Handschrift  2. 
n.  21  der  Ohnützer  Stadienbibliothek  gefunden.*  Die  histo- 
rischen Notizen  über  Bruno,  welche  dem  Nekrolog  von  1263 
Yoransgesandt  werden,  wurden  von  dem  Compilator  des  Granum 
lasgeschrieben,  wie  man  aus  der  folgenden  Gegenüberstellung 
sieht: 


Sogenannte  vita  Bnmonis. 

Archiv  für  Österreichische  Geschichte 
65,  494. 

.  .  per  quorum  industriam 
yenerabihs  pater,  dominus  Bnmo 
de  Schowenburch ,  Saxonum 
progenitus  alto  sanguine,  ruti- 
lans  prestancia  bone  fame  et 
Spirans  bono  virtutis  odore  eciam 
Qsqae  ad  exteras  naciones  ad 
Olomucensem  ecclesiam  in  epi- 
scopum  canonice  et  concorditer 
est  electus,  domino  Wilhelmo, 
predicto  Olomucensi  electo,  in 
manus  summi  pontificis  eleccio- 
nem  snam  primitus  resignante, 
Chunrado  prefato  intruso  per 
apostoUcam  sentenciam  ab  ea- 
dem  ecclesia  remoto.  .  .  . 


Granum  Catalogi. 


1247  per  ipsorum  industri- 
am venerabilis  dominus  Bruno 
de  Schowenburg  de  genere 
Saxonum  vir  bone  fame  ad  ec- 
clesiam 


Olomucensem* in  episcopum  ca- 
nonice est  electus,  domino  Wil- 
helmo predicto  in  manus  summi 
pontificis  Adriani  quarti  eleccio- 
nem  suam  primitus  resignante, 
prefato  Chunrado  intruso  per 
apostoUcam  sentenciam  ab  ea- 
dem  ecclesiam  remoto. 


Dass  er  sich  an  das  jüngere  Nekrolog  gehalten,  möchte 
man  auch  aus  den  Angaben  über  die  Sterbetage  der  Bischöfe 
Andreas  und  Heinrich  Zdik  entnehmen.  Vom  Bischöfe  Andreas 
sagt   das    Granum    in    Uebereinstimmung   mit    dem   jüngeren 


»  Chlamecky,  Die  Regesten  der  Archive  Mährens  und  Anton  Boczek*s  Be- 
richte über  die  Forschungen  in  diesem  Lande,  S.  XXIV,  und  d*Elvert, 
Historische  Literaturgeschichte  von  Mähren,  S.  10. 

*  Vgl.  meinen  Aufsatz  über  die  sogenannte  Vita  Brunonis  im  XXIIL  Bande 
der  3fittheilungen  des  Vereines  für  Qeschichte  der  Deutschen  in  Böhmen*, 
8.264. 


52 

Nekrolog:  obiit  XI  Eal.  Jnnii,  während  das  ältere  Nekrolog  den 
20.  Mai  =  XIII  Kai.  Junii  angibt.  Vom  Bischöfe  Heinrich  Zdik 
sagt  das  Granum  gleichfalls  in  Uebereinstimmung  mit  dem 
jüngeren  Nekrolog:  septimo  Kai.  Jnlii . . .  presul  Heinricus  (exoit 
artoS;  monte  Syna  magnifice  tectus),  während  das  ältere  Nekro- 
log XI  Kai.  Jolii  hat. 

Die  Möglichkeit;  dass  der  Compilator  auch  das  ältere  Ne- 
krolog zu  Rathe  gezogen;  ist  gleichwohl  nicht  abzuweisen;  man 
wird  in  dieser  Ansicht  durch  den  Umstand  bestärkt;  dass  Hein- 
rich, der  Nachfolger  des  Bischofs  Andreas,  der  im  ersten  Ne- 
krologium  nicht  genannt  wird,  auch  im  Granum  fehlt.  Im 
jüngeren  Nekrolog  wird  er  zwar  genannt,  aber  hier  fehlt  die 
Ordnungszahl  bei  dem  Namen,  und  so  wusste  der  Compilator 
mit  ihm  vielleicht  nichts  anzufangen  und  Hess  ihn  weg. 

Das  Nekrolog  vom  Jahre  1263  bildet  eine  der  wichtigsten 
Quellen  für  den  Compilator;  aus  ihm  hat  er  die  Ordnungs- 
zahlen der  einzelnen  Bischöfe  entnommen,  und  wo  sich  im  Ne- 
krolog Fehler  finden,  da  sind  sie  auch  im  Granum  anzutreflFen. 
Der  Bischof  Johann,  der  1085  starb,  wird  in  beiden  Nekrologen 
Johannes  HL  episcopus  Olomucensis  genannt.  Nun  sind  hier 
offenbar  als  Vorgänger  Cyrillus  und  Methodius  gedacht.  Da 
der  Compilator  diese  beiden  ab  Erzbischöfe  von  den  Bischöfen 
schied,  im  Uebrigen  aber  die  Ordnungszahlen  der  Nekrologe 
beibehielt,  war  er  genöthigt,  zwei  Namen  einzuschieben,  den 
Bischof  Johannes,  den  er  zum  Jahre  916,  und  den  Bischof  Sil- 
vester, den  er  zum  Jahre  942  nennt.  Von  beiden  weiss  die 
Geschichte  bekanntUch  nichts.  Da  er  in  seiner  Vorlage  den 
Bischof  Wracen  ebensowenig  fand  wie  den  Bischof  Wecel,  so 
fehlen  diese  auch  in  dem  Granum.  Die  Benützimg  der  Olmützer 
Todtenbücher  durch  das  Granum  ist  noch  zum  Jahre  1380, 
bei  welchem  die  Geschichte  des  Bischofs  Peter  Gelito  erzählt 
wird,  nachzuweisen;  auch  die  Notiz  über  den  Bischof  Nicolaus 
de  Prussia,  genannt  Pröpstl,  scheint  aus  ihnen  zu  stammen. 


Granum. 


.  .  .  dominus  Nicolaus 
de  Prussia,  dictus  Prebstl,  de 
ecclesia  Constanciensi  per  dic- 


Necrologium  vom  Jahro  1263. 

Archiv  für  österreichische  Geschichte 
65,  544. 

(Vm  Id.)  Obiit  hoc  die 
anno  domini  MCCCXCVH  ve- 
nerabilis   pater  dominus  Nico- 


53 


tarn  dominum  papam  (Urbanum 
VI.)  est  translatus  .  .  . 

MCCCXCVI(I)  octavo 
Idus  Junii  in  municione  Drzeb- 
czicz  prope  Pragam  predictus 
dominus  Nicolaus,  Olomucensis 
ecciesie  pontifexyicesimus  septi- 
mas . . .  migravit  a  seculo ;  cuius 
corpus  in  ecclesia  Olomucensi 
in  choro,  ubi  evangelium  per 
ministros  altaris  legitur,  est 
sepultum. 

Die  Todestage  der  Bischöfe  Johannes  Mraz,  Laczko  von 
Krawar,  sowie  auch  jener  des  Bischofs  Johann  von  Neumarkt 
sind  in  dem  Ohnützer  Todtenbuche  nicht  eingetragen.  Der 
Compilator  folgte  sie,  mit  Ausnahme  des  von  Johannes  Mraz, 
liinzu,  da  er  sie  als  Zeitgenossen  offenbar  genau  kannte. 


laus,  natus  de  Prussia,  de  ec- 
clesia Constanciensi  ad  eccle- 
siam  Olomucensem  translatus 
per  sanctissimum  in  Christo 
patrem  dominum  Urbanum  pa- 
pam VT.  Obiit  idem  dominus 
Nicolaus  in  Drzebicz  prope 
Pragam,  sepultus  in  ecclesia 
Olomucensi,  XXVII.  episcopus 
Olomucensis. 


2.  Die  sogenannte  xnährisohe  Legende  von  Oyrill 

und  Method. 

Diese  Legende^  stammt  nach  dem  Urtheile  Dobrowsky's 
aas  dem  14.  Jahrhundert.  Der  Bischof  Johann  von  Neumarkt 
erliess  im  Jahre  1380  das  Statut,  dass  die  Feier  des  Gedächt- 
nisses der  beiden  Heiligen  (sie  werden  genannt:  beatissimi  et 
gloriosissimi  confessores  Christi  et  episcopi  Cyrillus  et  Methodius, 
patres,  apostoli  et  patroni  nostri  precipui)  am  9.  März  vom 
gesammten  Clerus  und  Volk  der  Olmützer  Diöcese  festlich 
(per  divinornm  officiorum  celebracionem  solempnem)  begangen 
werde.*  Dobrowsky  meint,  dass  die  mährische  Legende  aus 
Anlass  der  Einführung  dieses  Festes  entweder  im  Jahre  1380 
oder  kurz  vorher  von  Johann  von  Neumarkt  oder  einem  Geist- 


'  Zuerst  Yon  den  Bollandistcn  in  den  Acta  SS.,  Martii  tom.  11  veröffentlicht 
Correcter  ist  der  Druck  bei  Dobrowsky,  Mährische  Legende  von  Cyrill 
und  Method.  Prag  1826.  Damach  in  Ginzel,  Geschichte  der  Slaren- 
tpoftel  Oyrill  und  Method,  Anhang  S.  12—18  und  in  den  SS.  rer.  Bohe- 
mic.  I,  8.  100—107.  Vgl.  auch  Dobrowsky,  Cyrill  und  Method,  der  Slaven 
Apostel.    Prag  1823. 

*  Angostini  Olomucensis  Episcoporum  Olomucenslum  Series,  8.  117. 


54 


liehen  seines  Sprengeis  verfasst  worden  sei.^  Der  Compilator 
des  Granum  hat  sie  ftb-  die  Geschichte  der  beiden  Heiligen  in 
umfassender  Weise  ausgenützt.     Man  vergleiche: 


Leg.  Moravioa. 

Qinzel,  Geschichte  der  Slayenapostel 
Cyrill  und  Method.    Anhang  p.  16. 

Cap.  vn. 

Sciens  omnium  esse  virtu- 
tum  veram  in  humilitate  custo- 
diam,  episcopatum  renun- 
cians  .  .  .  dereliquit  post  se 
sanctum  Methodium  fratrem 
suum  .  .  . 


Granum  Gatalogi. 


892  beatus  Cirillus  resigna- 
vit  archiepiscopatum  (sie)  Wele- 
gradensem  et  ad  eundem  sub- 
stitutis  beatum  Metudium  .  .  . 


Noch   deutlicher  wird   die  Benützung   dieser   Quelle   aus 
dem,  was  zum  Jahre  900  berichtet  wird: 

Cap.  X. 

Postquam  vero  devotus 
rex  fuisset  naturali  morte  de- 
functus  et  Swatopluk  regnum 
Moravie  gubemaret  .  .  .  re- 
belles  contumaces  asperna- 
bantur  legem  Domini  pluri- 
mis  iniuriis  afficientes  sacerdotes 
Domini  .  .  . 


Cap.  IX. 

.  .  .  ut  seditiosus  Swato- 
pluk princeps  doli .  .  . 

Quapropter  in  ipsum  Swa- 
topluk^ frontosum  principem  et 
suos  satellites  et  in  omnes  eins 
gades  excommunieacionis  ful- 
minavit  sentenciam. 


Swatopluk  princeps  doli 
et  cupidus  vane  glorie  .  .  . 

Hie  contumaciter  asper- 
nabatur  legem  Domini  ip- 
sumque  beatum  Metudium  et 
sacerdotes  Dei  plurimis  iniuriis 
aflfecit. 


Quapropter  in  ipsum  re- 
gem et  sathalites  eins  et  in 
omnes  gades  ipsius  excommuni- 
eacionis sentenciam  fulminavit. 

Auch  der  Beiname  des 
Swatopluk  frontosus  findet  sich 
im  folgenden  Abschnitte: 


*  Kritische  Versuche,  8.  29. 


55 


Cap.  xn. 

Qao  facto  Romam  abiit^ 
Tolens  beatum  Cyrillum  secum 
reducere  


Eodem  anno  beatus  Me- 
tudius  Romam  abiit  beatum 
CiriUum  secum  reducere  volens 
ad  sedandum  seviciam  Swato- 
pluk  principis  frontosi. 


Dass  dem  Compilator  die  meisten  Legenden  der  böhmischen 
Heiligen  bekannt  waren,  wird  man  unbedingt  zugestehen  dürfen. 
Von  jener  Lebensbeschreibung  der  heil.  Ludmilla,  welche  auch 
Christian,  der  Compilator  der  Legende  von  St.  Ludmilla  und 
St.  Wenzel  ausschrieb,  ist  dies  nachweisbar.  Der  Satz:  Idem 
rex  (Swatopluc)  procuravit  beatum  Cirillum  in  archiepiscopum 
Welegradensem  sublimari  stimmt  mit  einem  Satze  der  genannten 
Legende  überein,  nur  dass  statt  Methodius  im  Granum  Cyrillus 
gesetzt  wird. 

8.  Gosmas  von  Prag. 

Aus  Cosmas  I,  14  ist  der  Satz  genommen:  894  beatus 
Metudius  Borziwoy  ducem  (maritum  sancte  Ludmille)  baptizavit; 
denn  nur  in  Cosmas  oder  in  einem  aus  diesem  stammenden 
chronologischen  Abriss  fand  er  die  bestimmte  Jahresangabe 
894.  Aus  Cosmas  dürfte  auch  der  Satz  stanmien:  915  regnum 
Horayie  per  Amolphum  imperatorem  una  cum  uxore  Swatopluc 
regi  restitutum  fiiit.  Doch  hat  der  Compilator  die  Stelle  bei 
Cosmas  falsch  au%efasst,  wie  es  auch  in  den  sogenannten 
Annales  Bohemie  zum  Jahre  887  lautet:  Amolfus  filius  Karolo- 
manni,  rex  Romanorum,  concessit  Zwatopluc,  regi  Moravie, 
compatri  suo,  ducatum  Boemie.  Welche  Umdeutungen  der 
Satz  des  Cosmas  in  den  sonstigen  Quellen  erfuhr,  sieht  man 
am  deutlichsten  aus  den  Hradischer  Annalen:  Amolfus  Zwato- 
pluk,  filio  suo  Moraviensium  et  Boemiensium  a.  d.  890  concessit 
dacatom. 

Qanz  sicher  stammt  das,  was  das  Granum  Catalogi  zum 
Jahre  971  berichtet,  aus  Cosmas.     Man  vergleiche: 


Cosmas  II,  87. 

Die  Urkunde  Heinrichs  IV. 
de  dato  m  Kai.  Maii  1086. 


Granum. 


971  tempore  sancti  Adal- 
berti  Pragensis  episcopi  secundi 


56 

.  .  .  quod  Pragensis  epi- 
scopatus  qui  ab  initio  per  totum 
Boemie  ac  Moravie  ducatum 
unus  et  integer  constitutus  et 
tarn  a  papa  Benedicto  quam 
a  primo  Ottone  imperatore  sie 
confirmatus  est 

Auch  im  Texte  der  Cos- 
mas  selbst  finden  sich  diese 
Worte  wieder. 


anno  episcopatus  sui  tercio  Mo- 
raviensis  episcopatus  Pragensi 
episcopio  Benedicti  pape  sep- 
timi  Othonisque  imperatoris 
secundi  confirmacione  et  pii 
Boleslai  ducis  Boemie  consensu 
accedente  usque  ad  tempora 
Severi  episcopi  Pragensis  sexti 
et  Vratislai  ducis  Boemie  iuit 
unitus. 


Die  Notiz  vom  Tode  des  heil.  Adalbert  stammt  gleichfalls 
aus  Cosmas.  Auch  die  Nachrichten  zu  den  Jahren  1004  und 
1038  sind  freilich  mit  nicht  imwesentlichen  Aenderungen  Cosmas 
entlehnt.  Was  das  Granum  zum  Jahre  1063  meldet,  stammt 
aus  Cosmas  I,  cap.  21,  27,  28,  29  und  30,  die  Berichte  zum 
Jahre  1086  aus  Cosmas  11,  37,  jene  zimi  Jahre  1091  aus  Cos- 
mas n,  49.  Die  Uebereinstimmung  ist  mehr  oder  minder 
wortgetreu.     Man  vergleiche: 


Cosmas  III,  2. 

Anno  dominice  incama- 
cionis  1094  .  .  .  dux  Braciz- 
laus  transmittit  electos  Cosmam 
et  Andream  episcopos  (ad  sy- 
nodum)  in  urbe  Maguntia, 
committens  eos  comiti  Rapote 
rogans,  ut  eos  offerat  Magun- 
tino  archiepiscopo  ordinandos . . . 


Granum. 

Anno  1094  Bretisslaus  . . . 
mittit  ad  imperatorem  Henricum 
tercium  in  Magunciam  Cosmam 
et  Andream  electos  supplicans, 
ut  ipsos  Maguntinensi  archi- 
episcopo committeret  consecrari. 


In  Cosmas  fand  der  Compilator  das  Jahr  der  Wahl  des 
Bischofs  Johannes  Ventrosus;  aus  Cosmas  fUgte  er  beim  Jahre 
1126  zu  dem  Namen  des  Bischofs  Heinrich  die  Worte  qui 
et  Zdyk  bei. 


4.  Die  Hradisoher  Annalen  und  Vinoentiiis. 
Die  Beimohronik  Dalimils. 


Annal.  Orad.  a.  annum  1096. 

Anno  1096  Dedicacio  ec- 
clesie  sancti  Viti .  . 


Granum. 
1096  .  . 


57 


Eodem  anno  Andreas,  Mo- 
raviensis  episcopus,  obiit. 

Eodem  anno  (1126)  IX 
Kai.  Mar.  obiit  Johannes,  VII 
episcopus.  Item  eodem  anno 
electos  est  XI  Kai.  Aprilis 

Presul  Heinricus  vere  pie- 
tatis  amicus, 

Dextera  pauperibus  in- 
finnis  atque  baciüus. 

Anno  1131  gloriosissima 
et  famosissima  .  .  .  dedicacio 
.  .  .  a  reverendissimo  provi- 
sore  suo  Heinrico  episcopo  II 
Kai.  Julii  facta  est  presente 
serenissimo  principe  Sobezlao 
et  conioge  sua  nee  non  pluribus 
proceribosacinequiparabili  miü- 
titudine  cleri  et  populi. 

Der  Compilator  hat  für 
diesen  Theil  ausser  dem  Be- 
richte der  Hradischer  Annalen 
auch  die  Urkunden  des  Olmützer 
Domcapitels  fleissig  benützt, 
wie  man  das  Nähere  weiter 
unten  entnehmen  wird. 


.  .  .  Andreas,  Olomucen- 
sis,  alias  Moraviensis  epi- 
scopus, obiit. 

1126,  IX  Kai.  Marcii  .  .  . 
Johannes  Ventrosus  .  .  .  obiit 
.  .  .  et  eodem  anno  XI  Kai. 
Aprilis  pro  eo  eligitur 

Presul  Heinricus  vere  pie- 
tatis  amicus, 

Dextra  pauperibus  infirmis 
atque  baculus. 

1131  famosissima  trans- 
lacio  ...  et  gloriosissima  dedi- 
cacio .  .  .  a  reverendissimo  pro- 
visore  suo  domino  Heinrico, 
alias  Zdykone,  episcopo  Mora- 
viensi  .  .  .  H  Kai.  Julii  facta 
est  presente  serenissimo  prin- 
cipe Sobesslao  et  coniuge  sua 
et  aliis  quam  pluribus  proceribus 
et  inequiparabili  multitudine 
cleri  et  populi. 


Vincentius  ad  annum  1151. 

Anno  dominice  incamacio- 
nisUöl  (sie)  dominus  Heinricus, 
Moraviensis  episcopus,  in  senec- 
tute  bona,  plenus  operibus  bonis 
et  elemosinis,  circumstantibus 
fratribus  plurimis  et  pro  ipso 
Demn  orantibus  VH  Kai.  Julii 
reddit  Deo  spiritum  feliciter. 
Qui  prout  optaverat,  in  mona- 
sterio  montis  Syon  . . .  sepelitur. 

ArchiT.  LXXVUI.  Bd.  I.  Hilft«. 


Granum. 

1150  VII  Kai.  Julii 
Humilis  atque  pius  virtutumnec- 

tare  plenus 
Presul  Heinricus  mortales  exuit 

artus, 
Monte  Syna  vectus  .  .  . 


58 

Vielleicht  geht  auch  das,  was  das  Granum  über  die  An- 
wesenheit des  Bischofs  Daniel  von  Prag  in  Olmütz  zum  Jahre 
1157  meldet,  auf  eine  Notiz  des  Vincentius  zurück. 

Nicht  völlig  sicher  ist  es,  ob  dem  Compilator  die  Reim- 
chronik Dalimils  vorlag;  doch  kann  man  mindestens  die  Ver- 
muthung  aussprechen,  dass  der  Satz:  915  regnum  Moravie  per 
Amolphum  imperatorem  unacum  uxore  Swatopluk  regi  restitu- 
tum  fuit  nur  mittelbar,  durch  die  Reimchronik  Dalimils,  aus 
Cosmas  stammt.  Einiges  in  dem  Capitel  Dalimils,  ,welches  sagt, 
wie  Merherland  komen  ist  zu  Behmerland',  scheint  darauf 
hinzudeuten. 

6.  Die  Urkiinden  des  Obnützer  Domarohivs.    (Der  angebliche 

Bischof  Friedrich.) 

Ueber  den  Streit  zwischen  dem  Prager  und  Olmützer 
Bisthum  um  den  Besitz  von  Sekyf-Kostel  lagen  dem  Compilator 
zweifellos  die  bekannten  Urkunden  des  Olmützer  Domarchivs 
vor.  Woher  er  übrigens  die  Nachricht  hat,  dass  Sekyf'-Kostel 
im  Jahre  1068  Streitobject  zwischen  Prag  und  Olmütz  war, 
dürfte  sich  aus  dem,  was  oben  über  die  Benützung  des  Cosmas 
von  Prag  (11,  Cap.  20)  gesagt  wurde,  ergeben.  Die  Notiz 
Boczek's  aus  dem  von  ihm  erdichteten  Hildegardus  Gradicensis 
(Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  CLXU)  dürfte  vielleicht  auch  auf  das 
Granum  Catalogi  ad  annum  1063  zurückzuflihren  sein. 

Die  Schenkungsurkunde  Sobßslaws  ftlr  den  ,Circuitus' 
Lubac  in  Kremsier,  deren  das  Granum  zum  Jahre  1104  ge- 
denkt, fand  der  Compilator  im  Archive  des  Domes  (vgl.  Cod. 
dipl.  Morav.  I,  Nr.  CCXXIII,  CCXXIV).  Was  er  bei  dem  Jahre 
1130  von  der  Uebertragung  des  Bischofssitzes  zur  St.  Wenzels- 
kirche erzählt,  hat  er  zum  Theile  wörtlich  aus  der  Urkunde 
des  Bischofs  Heinrich  vom  Jahre  1131  (das  Tages-  und  Monats- 
datum fehlt)  genommen  ^  (s.  Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  CCXXXI). 
Im  Archive  fand  er  die  betreflFende  Concession  des  Erzbischofs 
Adalbert  von  Mainz  (Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  CCXXX)  und 
den  ,Assensus^  des  Herzogs  Soböslaw,  welche  er  dann  fast  mit 
denselben  Worten  im  Granum  erwähnt.  Ueber  die  grossartigen 
Schenkungen  Wladislaws  und  Pfemysl  Ottokars  an  das  Kloster 


^  Die  näheren  Nachweise  siehe  unten  ad  annnm  1131. 


59 


Welehrad  in  Mähren,  deren  der  Compilator  zum  Jahre  1204 
erwähnt,  fand  er  im  Domarchive  zahbeiche  Urkunden,  in 
welche  er  Einsicht  nahm.  Die  Wahl  Brunos  von  Schauenburg 
hat  er,  wie  schon  bemerkt,  nach  der  sogenannten  Vita  Brunonis 
erzählt.  Von  den  reichen  Schenkungen,  welche  dieser  Bischof 
und  Staatsmann  der  Olmützer  Kirche  hinterhess,  erzählt  das 
Granum  auf  Grundlage  der  Actenbestände  des  Domarchivs; 
er  bedient  sich  in  einer  erheblichen  Anzahl  von  Fällen  sogar 
der  Ausdrucks  weise,  die  er  in  den  Urkunden  vorfand.  Von 
den  vielen  Belegstellen,  die  hieflir  beigebracht  werden  können, 
will  ich  an  dieser  Stelle  nur  einige  wenige  anführen.  Man 
vergleiche: 


Granum. 

Idem  pater  Olomucensis 
ecclesie  episcopus  XVII  ab 
inclito  principe  Wenceslao  Bo- 
hemorum  rege  quarto  decimas 
secundum  formam  sacrorum 
canonum  per  totam  suam  dio- 
ceaim  per  plebanos  recipi  im- 
petravit. 


.  .  .  opidumque  Hulyn 
cum  villis  Prawezicz,  Ny  emczicz 
et  Antiqua  viUa  a  rege  Prze- 
niissl,  aUas  Ottakaro,  pro  eccle- 
sia  sua  impetravit,  comitatum 
Hakenwald  cum  Castro  et  opido 
Ostravia  cum  omnibus  villis  et 
pertinencüs  eorum  .  .  . 


Boczek, 
Cod.  dipl.  Morav.  m,  p.  96! 

Nos  igitur  . . .  vobis  et  suc- 
cessoribus  vestris  in  perpetuum 
ius  Olomucensis  ecclesie  ac  om- 
nium  aliarum  declarando  per 
presentes  literas  indulgemus,  ut 
per  totam  diocesim  Olomucen- 
sem  decimas  secundum  formam 
canonum  recipiatis  et  exigatis 
ex  integre. 

Das  Testament  Brunos  von  Olmütz. 
Ebendaselbst  S.  402—408. 

Item  dominus  noster  rex 

pro  laboribus  et  serviciis,  que 

frequenter  impendimus  ipsi,  de- 

dit    et   contulit    in    perpetuum 

nobis    et    ecclesie    nostre  .  .  . 

oppidum    forense    de    Hulyn, 

villas  de  Praweziz,   de  Alden- 

dorph  et  ex  Nemziz  .  .  . 

Emimus  eciam  a  Francone 

comite  de  Hukeswagh  circuitum 

qui  incipit  ...  In  quarta  parte 

Oztrava  .  .  . 

6* 


60 


Hie  eciam  scolastriam  et 
quatuor  prebendas  in  Vytonicz 
et  Friczowicz  de  novo  creavit, 
villam  Vyklek  decanatui  Olo- 
mucensi  adiunxit .  .  . 


Gran  um  ad  annum  1281. 

Hie  ad  instanciam  fer- 
videque  devocionis  peticionem 
magistri  Wemheri  eoneanonici 
Olomucensis  statuit,  ut  de  ce- 
tero  missa  matura  ad  honorem 
beate  virginis  Marie  per  eb- 
domadarium  viearium  sub  nota 
solempnitatis  cantaretur  .  .  . 


Item  ad  quatuor  preben- 
das per  nos  creatas  in  Olomu- 
eensi  ecelesia  damus  sexagintA 
laneos  in-villa  de  Fritzendorph, 
que  sita  est  in  distrietu  bono- 
rum^ que  apud  comitem  emimus, 
adiuneta  villula  episcopali  que 
vocatur  Witanicz  .  .  . 

ibid  p.  251. 

quatuor  prebendas  cano- 
nieorum  de  redditibus  episco- 
palibus  in  ecelesia  Olomucensi 
ereavimus  et  yillam  Witanicz 
. . .  assignavimus  .  .  .  per  adiec- 
eionem  ville  Wiklech,  que  ad 
mensam  pertinebat  episcopalem, 
duximus  augmentandos  .  .  . 

Cod.  dipl.  Moray.  V,  p.  125. 

.  '.  .  quod  ad  instanciam 
et  peticionem  dilecti  fratris 
Bemheri  .  .  .  canonici  nostri 
statuimus,  quod  ab  hac  die  de 
cetero  illa  missa  beate  Marie 
virginis  .  .  .  cum  nota  per  eb- 
domadarium  seu  viearium  de- 
beat  celebrari. 


Manche  Urkunde  wurde  von  dem  Compilator  kaum  in 
rechter  Weise  verstanden.  So  ist  ein  Fall  vorhanden,  in  wel- 
chem er  durch  die  falsche  Auflösung  einer  sonst  ziemlich  häu- 
figen Abkürzung  die  Serie  der  Olmfitzer  Bischöfe  um  einen 
vermehrt  hat,  den  es  erwiesenermassen  niemals  gegeben  hat. 
Am  13.  April  1237  sandte  der  Papst  Gregor  IX.  an  den  Bischof 
von  Olmütz  ein  Schreiben  —  damals  regierte  Bischof  Robert 
—  in  welchem  dieser  wegen  seiner  ,Stigmatisation8^-Divergenzen 
scharf  getadelt  wurde.  Die  Adresse  lautete:  Gregorius  epi- 
scopus  servus  servorum  Dei.  Ad  perpetuam  rei  memoriam. 
Venerabili  Fr(i?)  episcopo  Olomucensi  salutem  et  apostolicam 
benediccionem.     Hier  las  der  Compilator  Venerabili  Friderico 


61 

episcopo  Olomucensi  und  stattete  ihn  mit  dem  Prädicate  ,8ecu- 
kris'  aus^  mit  dem  er  sodann  in  den  jüngeren  Katalogen  er- 
scheint, so  z.  B.  in  der  Series  episcoporum  der  Handschrift  2, 
VI.  25  der  Olmützer  Studienbibliothek^  woselbst  Friedrich  als 
16.  Bischof  (Fridericus  episcopus  Olomucensis  secularis)  auf- 
gezählt wird.  Augustin  nahm  ihn  offenbar  auf  Grundlage 
dieser  Quellen  in  seine  Series  episcoporum  Olomucensium  auf: 
Fridericus  sextus  decimus,  Roberto  vita  functo,  ecclesie  Olo- 
mucensi praeficitur.  Nihil  de  hoc  memorabile  legitur.  Moritur 
anno  Christi  1241  .  .  .  Und  Richter  macht  in  seiner  Ausgabe 
der  Augustin'schen  Series  diesem  zum  Vorwurf:  Aut  nescivit 
aut  reticuit  Augustinus  contentionem;  quam  Fridericus  aUas 
pacis   studiosissimus    cum   fratribus    Minoribus    de    stigmatibus 

5.  Francisci  ipso  suo  eleccionis  anno  habuit,  donec  summus 
poQtifex  hac  in  re  definiendo  pronuntiasset  anno  1237  nostroque 
presuli  saluberrime  rescribens  sub  obediencia  sedi  Apostolicae 
debita  silentium  imposuisset.  Caeterum  (fügt  Richter  bei)  sub 
icone  huius  episcopi  legitur:  ,qua  prudentia  et  doctrina  rerum- 
qae  divinarum  intelligencia  fuerit.^    Potthast  lässt  Friedrich  am 

6.  Oetober  1245  abgesetzt  werden.  Erst  Dudik  ist  zur  rich- 
tigen Erkenntniss  des  Sachverhalts  gelangt. 

Von  dem,  was  von  Brunos  Nachfolger,  dem  Bischof  Theo- 
derich von  Neuhaus,  gesagt  wird,  lässt  sich  fast  ein  jeder  Satz 
durch  Urkunden  belegen.  Leider  ist  von  den  letzteren  ein  und 
das  andere  Stück  verloren  gegangen.  So  ist  die  Urkunde,  betref- 
fend die  Schenkung  des  Dorfes  Slatyna  durch  den  Bischof  Theo- 
derich an  die  Olmützer  Kirche,  im  Original  nicht  mehr  vorhanden. 

Ich  übergehe  weitere  Belegstellen,  aus  denen  die  Be- 
ntltzang  des  archivalischen  Materiales  durch  den  Compilator 
ersichüich  wird,  da  das  Nöthige  in  den  erklärenden  Noten 
der  Ausgabe  des  Granum  angedeutet  ist.  Nur  auf  die  That- 
sache  möchte  ich  noch  hinweisen,  dass  bei  passender  Gelegen- 
heit von  dem  Compilator  auch  die  Legenden  der  Grabsteine 
eines  Bischofs  mitgetheilt  werden,  wie  dies  z.  B.  bei  dem  Bischöfe 
Johann,  dem  Vorgänger  Dietlebs,  der  Fall  ist. 

4.  Die  Zelt  der  Abfassung  des  Grannm  Catalogl. 

Ist  aus  dem  Vorhergehenden  ersichtlich,  in  welcher  Art 
das  Granum  Catalogi  entstanden  ist,  so  handelt  es  sich  nunmehr 


62 

um  die  Frage^  wann  diese  Compilation  entstanden  ist.  Man 
wird  kaum  fehlgehen,  wenn  man  ihre  Abfassung  in  die  ersten 
Jahre  der  husitischen  Wirren,  etwa  in  die  Zeit  um  1421  — 
welches  Jahr  bei  der  Erwähnung  des  Abfalls  Konrads,  des 
Erzbischofs  von  Prag,  zu  den  Wiclifiten  genannt  wird  —  ver- 
legt. Schon  der  Name  Granum  Catalogi  ist  recht  bezeichnend: 
er  erinnert  nämlich  ganz  und  gar  an  die  in  jener  Zeit  üblichen 
Büchertitel  wie  MeduUa  Tritici,  Fasciculi  zizanniorum  u.  a. 

In  jenen  Tagen,  als  in  Böhmen  die  heftigen  Angriffe  auf 
den  Besitz  der  todten  Hand  erfolgten,  stellte  man  in  Olmütz 
in  sorgsamer  Weise  alle  die  Besitztitel  fest,  welche  die  Olmützer 
Kirche  hatte,  und  legte  mehr  oder  minder  umfangreiche  Register 
an,  die  zum  Theile  noch  erhalten  sind.  Solchen  praktischen 
Zwecken  sollte  wohl  zunächst  auch  das  Granum  Catalogi  die- 
nen: es  sollte  in  knappster  Weise  eine  kurze  Geschichte  der 
Olmützer  Bischöfe  bieten  und  die  unter  ihnen  erfolgte  Ver- 
mehrung, beziehungsweise  Verminderung  des  Besitzes  sollte 
ebenso  knapp  angegeben  werden.  Nicht  ohne  Grund  ist  dann 
auch    die   Ausarbeitung   auf  actenmässiger   Gnmdlage   erfolgt. 

Dass  diese  Zusammenstellung  nicht  viel  früher  erfolgt 
sein  kann,  sieht  man  schon  aus  dem,  was  oben  über  die  so- 
genannte mährische  Legende  des  heil.  Cyrillus  und  Methodius 
gesagt  wurde,  die  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  selbst  erst 
um  1380  entstanden  ist  und  im  Wesentlichen  die  Grundlage 
für  die  ersten  Abschnitte  des  Granum  bildet.  Noch  aus  dem 
Jahre  1387  werden  einzelne  wichtige  Dinge  nicht  erzählt,  so 
z.  B.  dass  der  Bischof  Gelito  im  Banne  starb.  Erst  mit  den 
neunziger  Jahren  des  14.  Jahrhimderts  sind  die  Nachrichten 
so  genau,  wie  sie  nur  von  einem  Zeitgenossen  aufgezeichnet 
werden  konnten.  So  erzählt  er  mit  aller  Umständlichkeit  die 
Geschichte,  wie  der  Bischof  Johannes  Mraz  sich  am  26.  Juli 
1398,  als  ob  er  die  Reliquien  der  HeiUgen  verehren  wollte, 
zur  Kirche  begibt,  die  Kirchenschätze  wegnimmt  und  ver- 
schleudert. Er  kennt  die  Stichelreden  von  diesem  Bischöfe: 
Episcopus  Olomucensis  est  molendinator  Cremesirensis.  Ebenso 
genau  sind  seine  Nachrichten  über  die  Consecration  des  Laczko 
von  Krawaf,  sowie  die  Erzählungen  über  Konrad  von  Vechta, 
Wenzel  Kralik,  Johann  den  Eisernen  und  AleS. 


Prephaelo  ad  Infraserlpta. 

Kathalogi*   grannm  terre  Moravie  patrum,  fol.  203». 

Hü  quid  gessere  per  tempora  queqne  faere, 

Describit  breyiter,  vitans  dispendia  semper, 

Plurimifl  ex  diotis  oongestum,  nt  pia  nostris 

Temporibns  nosoat  mens,  Christo  preces  quoqne  fondat, 

Patribos  nt  dictis  donet  bona  cum  benedictis. 


Granum  cathalogi  presnlum  Moravie. 

Anno  domini  ^  886  Swatopluk  senior  rex  Moravie  a  beato  Cirillo 
est  baptizatus.^ 

H87^  idem  rex  procuravit  beatum  Cirillum  in  archiepiscopum 
Welegradensem  sublimari.* 

891  beatus  Cirillus  corpus  sancti  Clementis  pape  et  martyris 
de  ecciesia  sua  Welegradensi  (in)^  curiam  Romanam  de- 
portavit.' 

892®  beatus  Cirillus  resignavit  archiepiscopatum  Welegraden- 
sem et  ad  eundem  substituit  beatum  Metudium.^ 


*  In  der  Handschrift  steht  W  (yersos),  durch  Striche  zu  jedem  einzelnen 
Verse  bezogen.  ^  Die  Worte  anno  domini  finden  sich  auch  vor  den  weiter 
folgenden  Zahlen,  werden  aber  oben  des  Raumerspamisses  wegen  hinweg- 
gelassen. ^  In  marg.:  archiepiscopus  primus  in  rother  Tinte.  '^  Fehlt 
*  In  marg.:  U  gleichfalls  in  rother  Tinte.  So  sind  auch  weiterhin  die 
Reihenziffem  der  einzelnen  Bischöfe  am  Rande  angegeben,  was  hier  ein- 
f&r  allemal  angemerkt  sein  mag. 

'  Cjrillns  (Constantinus)  starb  am  14.  Februar  869,  s.  Dümmler,  Geschichte 
des  ostfränkischen  Reiches  H,  261.  Die  Reise  der  beiden  Glaubensapostel 
nach  Mähren  fand  in  der  ersten  Hälfte  des  Jahres  863  statt  Das  obige 
Datum  ist  darnach  durchaus  falsch. 

'  Cyrillus  erhielt  bereits  im  Jahre  867  die  bischöfliche  Würde. 

'  Die  Stelle  stammt  aus  dem  VI.  Capitel  der  mährischen  Legende  von 
St  pTrillus  und  Methodius;  cf.  Dobner  ad  Ann.  Hajec.  HI,  79. 

*  Ist  dem  VUl.  Capitel  der  mährischen  Legende  entnommen.  Vgl.  hiezu 
die  Note  7  in  Ginzel,  Geschichte  der  Slavenapostel  Cjrillus  und  Metho- 
dius, S.  47.  Die  Zahlenangabe  ist  hier  ebenso  falsch  wie  in  den  beiden 
vorhergehenden  Absätzen. 


64 

894  beatus  Metudius  Borziwoy  ducem  Boemie  maritum  sancte 
Ludmille  baptizavit.^ 

900  beatus  Cirillus  Rome  in  basilica  beati  Clementis  migravit 
ad  Christum  et  sepultus  iuxta  corpus  beati  Clementis.^ 

Eodem  amio  Deo  devotus  rex  Swatopluk  senior  vita 
est  functus.  Cui  successit  in  regnum  iuvenis  Swatopluk, 
prineeps  doli  et  cupidus  vane  glorie.  Hie  contumaciter 
aspemabatur  legem  Domini  ipsumque  beatum  Metudium 
et  sacerdotes  Dei  plurimis  iniuriis  affecit.  Quapropter  in 
ipsum  regem  et  sathalites  (sie)  eins  et  in  omnes  gades* 
ipsius  excommunicacionis  sentenciam  fiilminavit.* 

Eodem  anno  beatus  Metudius  Romam  abiit,  beatum 
Cirillum  secum  reducere  volens  ad  sedandum  seviciam 
Swatopluk  principis  frontosi.* 

901  beatus  Metudius  a  Johanne  papa  VIII  ad  vocacionem  ipsius 
regis  Swatopluk  ad  ecclesiam  suam  Welegradensem  remit- 
titur,  papali  benediccione  fiileitus.^ 

907  Amolphus  imperator  ob  rebellionem  regis  Swatopluk  reg- 
num Moravie  ferro  et  igne  devastavit.^ 

Anno  Domini  eodem  beatus  Metudius  flens  et  eiulans 
desolacionem  sui  gregis  et  destruccionem  regni  Moravie  a 
sede  sua  Romam  ad  basilicam  beati  Clementis  profectus  est. 

912  beatus  Metudius  ibidem  defunetus  est  et  iuxta  corpus  fi^- 
temum    beati   Cirilli   honorifice    est    sepultus.     Post    cuius 


»  Gades  (v.  Du  Gange,  Glossar,  med.  et  infimae  latinitatis,  tom.  IV,  6 
ed.  1885)  ^  limites  seu  terras. 

^  Diese  Notiz  (mit  der  unrichtigeii  Jahresangabe)  stammt  ans  Cosmas  ad 
annum  894  (v.  lib.  I.,  cap.  10).  Hinzugefügt  ist  oben  nur  der  Name  der 
heil.  Ludmilla. 

■  Cyrillus  starb  am  14.  Februar  869.  Dass  er  nicht  längere  Zeit  in  Rom 
als  Mönch  gelebt  habe,  s.  bei  Ginzel  a.  a.  O.  p.  50. 

'  Stammt  aus  der  mährischen  Legende  von  Cyrillus  und  Methodius  (cap.  IX). 
Auch  Swatopluk's Todesjahr  ist  oben  falsch  angegeben:  Swatopluk  starb  894. 

^  Stammt  aus  der  mährischen  Legende. 

^  Desgleichen.  901  sind  sowohl  Johann  VIII.  (f  882),  als  auch  Methodius 
(t  885)  nicht  mehr  am  Leben. 

^  Diese  Notiz  scheint  aus  Cosmas  I,  14  genommen  zu  sein;  doch  ist  auch 
hier  das  Jahr  ganz  unrichtig. 


66 

decessom  sedes  episcopalis  Moravie  fere  per  quinquennium 
vacavit.  ^ 

915  regnum  Moravie  per  Amolphum  imperatorem  una  com 
uxore  Swatopluk  regi  restitutum*  fuit.* 

916  Terra  Moravie  aliqualiter  reformata  Johannes  episeopus 
Moraviensis  primus  ^  beato  Metudio  in  episcopatum  successit 
et  apad  Welegrad  quondam  sedem  metropolitanam  in  eccle- 
sia  sancti  Petri  annis  viginti  quinqiie  resedit  ibidemque 
obdormivit  in  pace.* 


*  Cod.:  restitnm.  ^  Hier  beginnt  am  Rande  eine  neue  Zählang,  da  die 
folgenden  Kirchenvorsteher  nnr  Bisch^Jfe  sind. 

^  Hethodios  starb  am  6.  April  885,  s.  Dümmler,  Qeschichte  des  ostfr&nki- 
schen  Reiches  III,  253.  Nach  der  Conversio  Carantanomm  ist  Metho- 
dios  in  M&hren  gestorben  und  wnrde  daselbst  begaben.  8.  die  Erl&u- 
teningen  Ginzel's  1.  c,  p.  90,  91.  Der  Olmützer  und  Brünner  Propst 
Atigostin  hat  einzelne  Sätze  aus  dem  Qranum  abgedruckt,  s.  Augustini 
Olomncensis  episcoporum  Olomncensium  series  ed.  F.  X.  Richter,  p.  3,  4. 

*  Kaiser  Arnulf  starb  am  8.  December  899.  Das  mähiische  Reich  erlag 
906  völlig  den  Angriffen  der  Magyaren;  s.  Dümmler,  lieber  die  südöst- 
lichen Marken  des  fränkischen  Reiches  unter  den  Karolingern,  S.  66. 
Woher  der  Compilator  die  obige  Notiz  genommen,  ist  nicht  genau  er- 
sichtlich. Auch  in  Dalimirs  Reimchronik,  an  die  zunächst  zu  denken 
wäre,  ist  die  Sache  doch  wesentlich  anders  dargestellt.  Einige  ähnliche 
Bemerkungen  könnte  man  ans  dem  Capitel,  ,welches  saget,  wie  Merher- 
lant  kommen  ist  zu  Behemerlant*,  herauslesen.  Leider  ist  über  die 
,merherische  Cronica*,  von  der  daselbst  gesprochen  wird  (Fontes  rer.  Bohe- 
mic  p.  265),  nichts  Näheres  bekannt. 

'  Wie  willkürlich  die  obigen  Angaben  zusammengestellt  sind,  springt  in  die 
Augen.  Von  einem  ,aliqualiter  reformata  terra  Moravie*  kann  weder  916 
noch  in  den  unmittelbar  darauffolgenden  Jahrzehnten  die  Rede  sein.  Den 
obenstehenden  Satz  citiert  auch  Richter  in  Augustinus  Series  episcoporum 
Olomocensium,  p.  6.  Richter  sieht  in  diesem  ,ersten*  Bischof  von  Olmütz 
jenen  «Johannes  archiepiscopus*,  der  im  Auftrage  des  Papstes  Johann  IX. 
im  Jahre  899  in  Begleitung  der  Bischöfe  Benedict  und  Daniel  nach 
Mähren  kam,  um  sich  hier  über  die  kirchlichen  Zustände  des  Landes 
zu  unterrichten  (s.  Boczek,  Cod.  dipl.  Morav.  I,  60 :  Sed  venerunt,  ut  ipsi 
promulgarunt,  de  latere  vestro  [Johannis  IX]  tres  episcopi,  videlicet 
Joannes  archiepiscopus,  Benedictus  et  Daniel  episcopi  in  terram  Schla- 
Tonun,  qui  Maraci  dicuntur  .  .  .).  Sie  theilten  Mähren  in  vier  Sprengel, 
einen  eizbischöflichen  und  drei  bischöfliche.  Dass  sie  aber  nicht  selbst 
die  für  Mähren  bestellten  Bischöfe  gewesen,  s.  bei  Ginzel  a.  a.  0.  8.  100. 
Im  14.  Jahrhundert  war  es  an  der  Olmützer  Kirche  feststehende  Tradition, 
dass  Methods  Nachfolger  Johannes  geheissen.  Zu  dieser  Tradition  dürfte 
der  Compilator  die  oben  stehenden  Zahlen  hinzugedichtet  haben. 


66 

942  Silvester  Moraviensis  episcopus  secundus  ordinatus  est  et 
sedit  annis  decem  et  novem. 

961  obiit  dominus  Silvester  Moraviensis  episcopus  secundos; 
post  cuius  mortem  vacavit  episcopatus  annis  decem;  nam 
per  illos  fuit  unitus  ecclesie  Ratisponensi  usque  ad  tem- 
pora  sancti  Adalberti^  ut  sequitur.^ 

971  tempore  sancti  Adalberti  Pragensis  episcopi  secundi  anno 
episcopatus  sui  tercio  Moraviensis  episcopatus  Pragensi 
episcopio  Benedicti  pape  VII"*  Othonisque  imperatoris  se- 
cundi confirmacione  et  pii  Boleslai  ducis  Boemie  consensu 
accedente  usque  ad  tempora  Severi  episcopi  Pragensis 
sexti  et  Vratislai  ducis  Boemie  fuit  unitus.' 

928  beatus  Wenceslaus  dux  Boemie  ab  impio  fratre  suo  Bo- 
leslao  marlyrio  est  coronatus.» 

920  regnum  Moravie  per  resignacionem  Swatopluk  regis  in 
personam  ducis  Boemie  cessavit.* 

996  beatus  Adalbertus  Pragensis  ecclesie  (episcopus)*  secundus 

in  Prussia  martyrio  est  coronatus.^ 
1004  beati  quinque  fratres  Benedictus^  Matheus^  Johannes^  Isaac 
et  Cristinus  in  heremo  Polonie  circa  Kneznam  ab  impiis 
latronibus  martyrio  sunt  coronati.^ 
1038  Corpora  sanctorum  Adalberti  Pragensis  episcopi  secundi^ 
Gaudencii  archiepiscopi  Kneznensis  fratris  ipsius  Adal- 
berti, et  quinque  fratrum  predictorum  per  Brzetisslaimi 
ducem  Boemie  et  Severum  Pragensem  episcopum  ecclesie 
sextum  de  predicta  ecclesia  Knesnensi  ad  Boemiam  sunt 


*  Cod.:  deest. 

^  Auch  die  auf  Silvester  bezüglichen  Daten  sind  nicht  besser  beglaubigt 
als  die  vorhergehenden. 

'  Vgl.  hierüber  die  Einleitung  S.  56.  Ueber  die  Einzelheiten  siehe  Köpke- 
Dümmler,  Jahrbücher  des  deutschen  Reiches  unter  Otto  I.,  S.  50,  und 
meinen  Aufsatz  ,Der  Umfang  des  böhmischen  Reiches  unter  Boleslaus  I.* 
in  den  Mittheilungen  des  Institutes  für  österreichische  G^eschichtsforschung 
n,  27;  s.  Richter,  Series  episc.  Olom.,  p.  9.  Von  dem  mährischen  Bischöfe 
Wracen,  dessen  Cosmas  gedenkt  (U,  21),  weiss  das  Qranum  Catalogi 
nichts.  Siehe  hierüber  Dudik,  Mährens  allgemeine  Geschichte  II,  S.45— 46. 

'  Wenzel  wurde  am  28.  September  929  ermordet  Das  falsche  Datum  findet 
sich  auch  in  Neplach  (SS.  rer.  Boh.  III,  463). 

*  Stammt  aus  Dalimil  (SS.  rer.  Boh.  m,  266,  49,  50). 
^  Stammt  aus  Cosmas  I,  31. 

*  Cosmas  I,  38.     Dalimil,  cap.  XXVm. 


67 

translata  et  in  urbe  antiqua  Boleslavia  honorifice  coUocata. 
Demum  post  aliquot  tempora  corpus  beati  Cristini  ad  ec- 
clesiam  Olomucensem  est  translatum  et  per  reverendissi- 
mum  in  Christo  patrem  dominum  Robertum»  ipsius  ecciesie 
Olomucensis  episcopum  deeimum  quintum  in  sarcophago 
opere  puleherrimo  pollito  supra  maius  altare  ipsius  ecciesie 
honorifice  est  coUocatum.^ 

1063  dux  Wratislaus  Boemie  de  consensu  Severi  Pragensis 
episcopi  sexti  Moraviensem  episcopatum  a  Pragensi  epi- 
scopio  divisit  tempore  Alexandri  pape  secundi  et  Henrici 
imperatoris  tercii  Jofaannemque  canonicum  Pragensem  Mo- 
raviensem episcopum  tercium  instituit.  Hie  a  Sigelfrede 
Maguntino  episcopo  ordinatur;  hie  eciam  viriliter  pro  iuri- 
bns  et  bonis  Podywyn  ecciesie  sue  contra  Jaromir  alias 
G^ebhardum  Pragensem  episcopum  septimum,  qui  eadem 
bona  minus  iuste  occupavit,  anno  ordinacionis  ipsius  Geb- 
hardi  secundo  (qui  fuit  annus  Domini  1068)  instetit.* 

1086  septimo  Kalendas  Decembris  reverendus  pater  dominus 
Johannes  episcopus  Moraviensis  tercius  ab  hoc  seculo 
migravit  ad  Dominum.'  Post  cuius  mortem  Moraviensis 
ecciesia  quasi  per  quinquennium  suo  legittimo  fuit  viduata 
pastore;  nam  prefatus  Gebhardus  Pragensis  episcopus 
oecasione  prioris  quondam  unionis  per  eadem  tempora 
ipsam  occupavit.* 

*■  Scheint  arsprünglich  Toblam  gelautet  zu  haben. 

'  Des  Cosmas  Bericht  ist  hier  wesentlich  geändert.  Vgl.  Cosmas  II,  4 — 6. 
Der  letzte  Tbeil  der  obigen  Notiz  stammt  aus  dem  Olmützer  Nekrolog 
voD  1267:  Item  eodem  anno  obiit  .  .  .  Rupertos  .  .  .  qui  fecit  tumbam  s. 
Cristini.  S.  Dudfk,  Ueber  Nekrologe  der  Olmützer  Domkirche,  Archiv 
fÖr  Österreichische  Geschichte  LV,  S.  571. 

'  Ans  Cosmas  II,  cap.  21,  27—30.  Der  Satz  findet  sich  auch  in  Augustini 
Olomncensis  Episcoporum  Olomucensium  Series,  p.  11.  Vgl.  die  Bemer- 
kungen über  den  Besitz  von  Podiwin  und  dessen  Bedeutung  für  die 
Olmützer  Kirche  ebenda,  8.  12,  Note  16.  Boczek,  Cod.  dipl.  Morav.  I, 
Nr.  159,  281,  und  Richter,  1.  c.  p.  279.  Der  erste  Bischof  von  Olmtita 
war  nicht  Prager  Domherr,  sondern  Benedictiner  von  Bi'ewnow,  s.  Dudfk, 
QMchichte  Mährens  II,  503. 

*  Nicht  1086,  sondern  am  25.  November  1085,  s.  Dudfk,  AUgemeine  Ge- 
schichte von  Mähren  II,  434.  Richter,  1.  c.  p.  12,  Note  17.  S.  die  Ne- 
krologe der  Olmützer  Kirche  (ed.  Dndik),  p.  580,  und  Archiv  für  öster- 
reichische Geschichte  59,  658. 

*  8.  Coimas  n,  87. 


68 

1090  Q^bhardos  Pragensis  episcopos  septimus  in  Strigonio  reg- 
ni  Hangarie  decimo  Kai.  Jnlii  mortuus  est.|  ^ 
fol.  203^.  1091  industriosissimus  princeps  Wratisslaus  rex  Boemie  primus 

ob  rebellionem  quondam  fratris  sui  Gebhardi  episcopi 
ecciesias  Pragensem  et  Moraviensem  pro  se  disiimxit  et 
unionem  earum  effectualiter  interrupit;  nam  Cosmam  de- 
canum  Pragensi  et  Andream  canonicum  Pragensem  Mo- 
raviensi  prefecit  ecclesiis,*  constituens  in  Moravia  Olomu- 
censem  civitatem  apud  sanctum  Petrum  episcopalem  de 
cetero  sedem^  que  olym  in  Welegrad  temporibus  Swato- 
pluk  regum*  Moravie  archiepiscopalis  fuerat,  demum  tem- 
poribus ducum  apud  sanctum  Petrum  prope  Welegrad  in 
PoUessowicz*  extiterat  (secundum  alios  vero  in  Cunowycz).^ 

1094  Bretisslaus  princeps  regni  Boemie  filius  prefati  Wratislai 
regis  mittit  ad  imperatorem  Henricum  tercium  in  Magun- 
ciam  Cosmam  et  Andream  electoS;  supplicans^  ut  ipsos 
Maguntinensi  archiepiscopo  committeret  consecrari.  Quod 
per  Richardum  Maguntinensem  archiepiscopum  mox  im- 
pletum  est.* 

1096  XI  Kai.  Junii  venerabilis  pater  domiuus  Andreas  Olomu- 
censis,  alias  Moraviensis  episcopus  quartus,  obiit  et  apud 
sanctum    Petrum    ecclesiam    kathedralem    est    sepultus.^ 


*  Nämlich  des  älteren  und  jüngeren  Svatopluk.  ^  Die  Einschaltung  von 
anderer  Hand. 

^  Cosmas  verzeichnet  VIII  Kai.  Jnlii.  Nach  den  Ausführungen  Palacky's 
(Geschichte  Böhmens  I,  321)  fällt  Jaromir  Gebhards  Tod  schon  in  das 
Jahr  1089. 

'  S.  Cosmas  II,  49.  Zwischen  Johann  und  Andreas  erscheint  noch  ein 
BischofWezelo  (Cosmas  n,  41),  der  wohl  ernannt,  aber  nicht  consecrirt 
wurde. 

'  S.  hierüber  Richter  in  Augfustins  Series  epp.  Olom.  Dort  ist  auch  der 
obenstehende  Satz  des  Granum  Catalogi  abgedruckt. 

^  Ist  wörtlich  aus  Cosmas  m,  2  entlehnt. 

^  In  den  Hradischer  Annalen  heisst  es:  Eodem  anno  (1096)  obiit  Andreas 
Moraviensis  episcopus.  Das  ältere  Nekrolog  der  Olmützer  Kirche  (Archiv 
für  österreichische  Geschichte  59,  647)  sagt:  Xm  Kai.  Junii  obiit 
Andreas,  lY  episcopus  Olomucensis.  Das  jüngere  Nekrolog  (ebendaselbst 
65,  542),  sowie  das  böhmische  Nekrolog  (Dobner,  Mon.  bist.  Bob.  III,  12) 
nennen  den  22.  Mai  (=  XI  Kai.  Junii).  Von  dem  Nachfolger  des  An- 
dreas, Heinrieh,  weiss  das  Granum  nichts,  und  doch  ist  im  Nekrolog  von 
1263  sein  Sterbetag  eingetragen  (Archiv  für  österreichische  Geachichte 
65,  545). 


69 

Cui  successit  Petrus  canonicus  regularis  ordinis  Premon- 
stratensis  montis  Sina,  alias  Strahow/  episcopus  quintus^ 
cuios  eleccionem  prefatus  princeps  Bretislaus  ex  ordina- 
cione  sui  patris  Wratislai  regis  fieri  procuravit,  et  ut 
deinceps  nuUus  extraneus  nisi  canonicus  regularis  predicti 
monasterii  montis  Syna  in  presulem  Olomucensis  ecclesie 
eligeretur,  ipsi  monasterio  ac  abbati  cum  conventu  litteris 
suis  in  odium  episcopi  et  capituli  Pragensis,  qui  sibi  elec- 
cionem episcopi  Olomucensis  de  ecclesia  sua  captose  (sie) 
usurpare  nitebantur,  statuit  et  firmavit.  Que  quidem  elec- 
cio  fratrum  de  Strahow  per  capitulum  Olomucense  a 
presenti  domino  Petro  episcopo  Olomucensi  quinto  usque 
ad  dominum  Bawarum  Olomucensem  episcopum  decimum 
quartum  duravit.« 
1104  (V  Nonas  Julii*)  dominus  Petrus  episcopus  Olomucensis 
quintus  feliciter  moritur  (et  in  Strahow  sepelitur^).  Cui 
Johannes  Ventrosus  canonicus  regularis  de  Strahow  sub- 
stituitur.^  Hie  villam  Kremsir  cum  foro  et  omni  iure  suo 
a  principe  Moravie  Otthone  nigro  pro  trecentis  marcis 
emit  et  ecclesie  Olomucensi  incorporavit.  Insuper  circui- 
tum  Lubak  in  Boemia  a  Sobesslao  duce  Boemie  impetravit 
et  ecclesie  sue  perpetuo  possidendam  tradidit.* 


*  Die  Einschaltung  von  anderer  Hand.    ^  Ebenso. 

'  Dass  Peter  nicht  aus  Strahow  stammte,  s.  bei  Richter,  Augustini  Series 
epp.  Olom.,  p.  17,  Note  24. 

'  Dobner  hat  (Annalium  Hagecianorum  etc.,  Pars  VI,  p.  61)  die  Bemerkung 
gemacht,  dass  dieser  Peter  aus  der  Bischofsreihe  von  Olmütz  zu  streichen 
sd;  wiewohl  ich  das  Gewicht  der  Argumente  Dobner*s  nicht  verkenne, 
kann  ich  mich  nicht  entschliessen,  ihm  hierin  beizupflichten,  denn  Petrus 
wird  nicht  blos  in  dem  jüngeren,  sondern  auch  in  dem  älteren  Nekrolog 
von  Obntttz  genannt,  s.  Archiv  fttr  österreichische  Geschichte  59,  648; 
65,  549.  Was  dagegen  oben  davon  gesagt  wird,  dass  die  Olmützer 
Bischöfe  aus  den  Mitgliedern  des  Strahover  Stiftes  gewählt  werden  sollen, 
ist  nicht  richtig.  Es  heisst,  wie  auch  schon  Dobner  angemerkt  hat,  bei 
Gerlach  von  Mühlhausen  zum  Jahre  1182:  Mortuus  est  Dietlebus  Olo- 
mucensis episcopus,  cui  successit  Pilgrimus,  Pragensis  prepositus,  assump- 
tes  tarn  de  choro  quam  electus  in  capitulo  Pragensi,  quo  in  loco  solent 
i^Momi  omnes  ecclesie  illius  episcopi.  Nur  der  erste  Satz  dieses  ganzen 
Absatzes  ist  in  Aug^ustin's  Series  abgedruckt. 

I>u  Jahr  der  Wahl  Johanns  fand  der  Compilator  in  Cosmas.     Davon, 
dsM  Johann  dem  Kloster  Strahow  angehörte,  kann  keine  Rede  sein. 
*  Vide  Cod.  dipl.  Morav.  I,  223,  224. 


70 

1126  nono  Kalendas^  Marcii  humiUimus  pater  dominus  Johannes 
Ventrosus  Olomucensis  episcopus  sextus  obiit  et  in  Stra- 
how  sepelitur  et  eodem  anno  undeeimo  Kalendas  Aprilis 
pro  eo  eligitur 

Presnl  Henricus*  vere  pietatis  amicus, 
Bextra  pauperibus  iofirmis  atque  baculus,^ 

qui  et  Zdyk  vocabatur,  Olomucensis  ecelesie  septimus, 
canonieus  regularis  de  Strahow.* 
1130  inclitus  et  vere  katholicus  ecelesie  filius  dux  Vacesslaus 
Ottonis  marchionis  Moravie  filius  pia  devocione  inflam- 
matus  ecciesiam  beati  Petri  in  suburbio  Olomucensi  sitam, 
que  eiusdem  provincie  ecclesiarum  mater  erat,  pro  sui 
parvitate  ad  capiendum  populum  confluentem  non  suffi- 
cere  conspiciens  utpote  verus  Dei  cultor  perpendens  beati 
Vacesslai  martyris  ecciesiam  quam  pater  eins  in  castro 
Olomucensi  fundaverat  sed  imperfectam  morte  preventus 
relinquerat  (sie),  cum  iam  egritudine  detineretur,  eam  ad 
perficiendum  in  curam  dicti  domiui  Henrici  episcopi  com- 
mendavit,  et  ut  perfectam  episcopalis  sedis  dignitate 
decoratam  omnium  ecclesiarum  dicte  provincie  matrem 
constituere  studeret,  humiliter  postulavit;  quod,  ut  nunc 
cemitur,  obtinuit.  Prefato  namque  duce  religiosissimo 
anno  quo  supra  Kalendis  Marcii'  vocante  Domino   viam 


*  In  marg.:  Vergas.    ^  Cod.:  bacillis. 

^  Diese  Angabe  findet  sich  auch  im  Necrol.  Boh.  Dobn.  M.  M.  EU,  18  and 
den  Olmützer  Nekrologfien,  s.  Archiv  für  Osterreichische  Qeschichte  59, 
643  und  65,  627.  Der  Mönch  von  Sazawa  hat  ein  anderes  Datum: 
Eodem  anno  XI  Kai.  Martii  .  .  . 

'  Dieser  Satz  ist  g^Osstentheils  aus  den  Hradisch-Opato witzer  Annalen  zum 
Jahre  1126  genommen,  wo  sich  auch  die  obigen  Verse  zuerst  finden. 
Die  Worte  qui  et  Zdyk  nominabatur  stammen  ans  Cosmas  HI,  51  und 
die  letzten  hat  der  Compilator  in  weiterer  Ausführung  dessen,  was  er 
oben  über  das  Verh&ltmss  des  Strahower  zum  Olmützer  Bisthum  gesa^ 
hat,  aus  Eigenem  angefügt. 

'  Der  Canonieus  von  Wjssehrad  (ad  annum  1129)  sagt:  pridie  Kalendas 
Martii  exspiravit;  in  der  Richter- Augusün'schen  Series  ist  das  Citat  aus 
dem  Granum  nicht  genau,  denn  es  heisst  da  VIII  Kai.  Martii.  Die  oben 
erwähnten  Thatsachen  fand  der  Compilator  in  der  Urkunde  des  Bischofs 
Heinrich,  betreffend  die  Uebertragung  des  bischöflichen  Sitzes  nach  der 
Kirche  zu  St.  Wenzel.     Er  nahm  die  obenstehenden  Worte  ,et  vere  ec- 


71 

universe  camis  ingresso,  prenominatus  H(enricus)  epi- 
scoppis  eandem  Dei  ecclesiam  quantum  divina  annuere 
dignata  est  clemencia  fideliter  elaboravit. 

1131  famosissima  translacio  episcopatus  Moraviensis  a  sancto 
Petro  preurbii  •  Olomucensis  ad  castrum  Olomucense  divina 
annuente  clemencia  de  speciali  consensu  permissioneque 
reverendissimi  domini  Adalberti  archiepiscopi  Magunti- 
nensis^  et  metropolitani^  assensu  eciam  ducis  Sobesslai^ 
nee  non  sanctissimi  patris  domini  Innocencii  secundi  con- 
firmacione  accedente*  et  gloriosissima  dedicacio  eiusdem 
ecclesie  Olomucensis  sancti  Wenceslai  martyris  a  reveren- 
dissimo  provisore  suo  domino  Heinrico  alias  Zdykone 
episcopo  Moraviensi  septimo  anno  ordinacionis  sae  quinto 


clesie  catholicas  dax  Wacezlaos  decenter  inflammatus*  n.  s.  w.  in  derselben 
Folge  in  seine  Darstellung  anf;  s.  Boczek,  Cod.  dipl.  Morav.  I,  Nr.  231. 
Zorn  Bau  der  Kirche  wurde  übrigens  nicht  blos  vom  Herzoge  und  dem 
Bischöfe,  sondern  auch  von  anderen  Gläubigen  reichlich  beigesteuert: 
Prefato  namqne  duce  .  .  .  viam  universe  camis  ingresso  tarn  ex  eins  im- 
pensis  quam  ex  ceteromm  fidelium  oblacionibus  additis  eciam  proprüs 
pro  nosse  nostro  facultatibus  nos  eandem  Dei  ecclesiam  et  perficere  et 
perfectam  rebus  necessariis  ac  utilibus  quantum  divina  annuere  dignata 
est  clemencia  elaboravimus. 

*  Richter,  Series,  p.  23:  preurbio. 

'  Für  diesen  ganzen  Abschnitt  hat  der  Compilator  zweifellos  die  Urkunden 
des  Olmützer  Capitelarchivs,  welche  hieher  gehören,  ausgenützt;  den 
Grundstock  hat  aber  auch  hier  die  Nachricht  der  Hradisch-Opatowitzer 
Annalen  zum  Jahre  1131  abgegeben:  Anno  1131  gloriosissima  et 
famosissima  dedicacio  scilicet  sancti  Wenceslai  martyris  a  re- 
verendissimo  provisore  suo  Heinrico  episcopo  H  Kai.  Julii 
facta  est  presente  serenissimo  principe  Sobeslao  et  coniuge 
sua  nee  non  et  pluribus  proceribus  ac  inequiparabili  mul- 
titudine  cleri  et  populi.  Die  Concession  des  Mainzer  Erzbischofes 
Adalbert  findet  sich  im  Capitelarchive  zu  Olmütz;  s.  Boczek,  Cod.  dipl. 
Morav.  I,  Nr.  230. 

'  Des  ^assensus  ducis  Sobezlai*  wird  ausdrücklich  in  der  obenerwähnten 
Urkunde,  Boczek  I,  Nr.  231,  p.  205,  gedacht. 

*  Auch  hievon  spricht  die  genannte  Urkunde:  ut  autem  hec  laudabilis  ac 
Tenerabilis  egregii  ducis  largicio  et  nostre  humilitatis  ordinacio  rata  et 
inviolabilis  in  postemm  permaneat,  auctoritate  Dei  omnipotentis  et  beati 
Petri  apostolorum  principis  confirmavimus,  et  ut  eandem  tam  domini 
Qniversalis  pape  Innocentii,  quam  domini  Maguntini  archiepiscopi  auc- 
toritas  potestate  a  Deo  sibi  tradita  roboraret .    . 


72 

indiccione  nona^  secundo  Kai.  Julii  facta  et  solempnisata 
est  preseDte  serenissimo  principe  Sobesslao  et  coniage  sua 
et  aliis  quam  pluribus  proceribus  ac  inequiparabili  multi- 
tudine  cleri  et  populi  de  tanta  solempnitate  Deum  lau- 
dantis  in  excelsis;  quam  quidem  ecclesiam  pontificalis 
sedis  dignitate  decoratam  ceterarum  in  marchionatu  Mo- 
ravie  ecclesiarum  matrem  constituit  et  in  ea  numerum 
duodenarium  canonicorum  et  decanum  iuxta  numerum 
apostolorum  cum  Christo  instituit.^  Qui  sedula  Deo  tam 
pro  ipsius  anime  quam  aliorum  fidelium  animarum  salute 
exhiberent  obsequia^  quatuor  preter  eos  in  priori  ecciesia 
sancti  Petri  pro  iugi  Dei  servicio  relictis. 
1150  septimo  Kai.  Julii 

Humilis  ^  atque  pios  yirtutam  nectare  planus 
Presol  Heinricos  mortales  exuit  artus, 
Monte  Syna  yectos  ibidem  magnifice  tectus, 
Vivat  ut  in  celis,  ubi  vivit  quisque  fidelia.' 

cui  Johannes  Obedenovit,**  canonicus  regularis  de  Litto- 
missl  ordinis  Premonstratensis  pridem  prefati  domini  Hein- 
rici  capellanus^  in  episcopatum  successit  et  in  ordine  epis- 
copatus  Olomucensis  octavus  notatus. 


*  In  marg.:  Versus.  ^  Wohl  ein  Beiname.  Dudik  nennt  ihn  den  Sohn 
Obiden^s. 

^  In  der  Indictionsbestimmung  liegt  ein  Fehler  des  Compilators  oder  spä- 
teren Abschreibers  vor  .  .  . 

'  Hier  lag  dem  Compilator  ohne  Zweifel  die  Stiftnngsnrkunde  Heinrichs 
vom  Jahre  1132  (Boczek  I,  233)  vor.  Dort  heisst  es:  et  nt  eadem  Dei 
ecciesia,  qne  eiusdem  provincie  ecclesiarum  mater  appellari  meruit  duo- 
denario  canonicorum  polieret  numero,  quatuor  scilicet  preter  bos 
relictis  qui  in  priori  ecciesia  sedula  Deo  exhiberent  obse- 
quia,  soUicite  elaboravi. 

'  Das  ältere  Olmützer  Nekrolog  hat  das  Datum  XI  Kai.  Julii,  das  jüngere 
das  obige  Datum.  Letzteres  sagt:  YH  Kai.  Julii  obiit  Sdiko  Vu  epi- 
scopus  fundator  inclitus  huius  sedis,  qui  kathedram  episcopalem  de  eccie- 
sia sancti  Petri  ad  castrum  transtulit.  8epultus  in  Strahow.  Vgl.  auch 
das  Necrol.  Boh.  bei  Dobner  IH,  13.  Der  Mönch  von  Sazawa  meldet: 
Anno  domini:  1150  vir  clarus  vita  Sdiko  septimus  episcopus  Olomucensis 
ecclesie  subtrahitur  ab  hoc  mundo,  victurus  perpete  vita.  Cui  successit 
Johannes,  canonicus  de  monte  Ztragow.  Dass  der  Ck>mpilator  an  dieser 
Stelle  vielleicht  auch  den  Vincentius  vor  sich  hatte,  wurde  oben  in  der 
Einleitung  angemerkt. 

*  Siehe  dazu  die  Note  30  in  Biohter-Augustin's  Series  epp.  Olom.,  p.  36. 


73 

1157  undecimo  Kai.  Marcii  Johannes  episcopus  Olomucensis 
octavus  ab  hac  valle  lacrimarum  migravit  ad  Christum.^ 
Coius  dum  ex  more  in  ecclesia  Olomucensi  celebrarentur 
exequie,  antistes  Pragensis  ecclesie  Daniel  eum  tumulaturus 
supervenit  *  et  in  medio  choro  violenter  eum  humare  deli- 
beravit.  Ast  canonici  non  modicum  pro  hac  re  conster- 
nati  viriliter  ei  contradixerunt,  et  ne  presumptuosa  eius 
protervitas  id  ad  effectum  nsque  perduceret,  onmimodis 
(sie)  inhibuerunt.  Tandem  post  diutumam  concertacionem 
honorifice  ante  introitum  chori  ad  stalla  sub  albo  lapide^ 
ubi  responsoria  et  versiculi  per  chorales  et  alios  clericos 
ipsius  ecclesie  decantantnr^  est  sepultus.' 

Pro  quo  equivocus  eius  Johannes  dictus  Calvus  eius- 
dem  professionis,  vir  magne  discrecionis  summeque  beni- 
volencie  et  largitatis  ac  mire  sanctitatis,  eligitur  ad  ponti- 
ficiique  dignitatem  ecclesie  Olomucensis  sublimatur  ac 
cathalogo  presulum  ipsius  ecclesie  nonus  in  ordine  anno- 
tatur.* 

1172  ipso  Kai.  Aprilis  prefatus  dominus  Johannes  Olomucensis 
ecclesie  episcopus  nonus  feliciter  obdormivit  in  Christo  et 
a  canonicis  suis  honorifice  in  monasterio  Gradicensi  sepe- 
litur.    Circa  cuius  sepulturam  tale  epitaphium  continetur:* 

Gracia  diyina  Johannes,  quem  pia  Christi 
Graoia,  quam  grata  pietas  a  climate  Christi 
Mundane  molis  ad  yere  gaudia  solis 
Transtulit,  eterna  meritis  pietate  patema 
Fresul  honorandos,  presul  pius  ao  memorandus, 


*  In  marg.:  Versus. 

^  Siehe  auch  den  Mönch  von  Sazawa  und  die  beiden  Olmützer  Nekrologe. 
Die  betreffende  Notiz  aus  dem  jüngeren  Nekrolog  gehört  aber  erst  dem 
16.  Jahrhundert  an. 

'  Daniel  war,  wie  Vincentius  von  Prag  meldet,  auf  einer  Gesandtschafts- 
reise nach  Ungarn  begriffen.     S.  Richter  a.  a.  O.  p.  39. 

'  Der  Satz  ist  auch  in  Richter- Augustinus  Series  abgedruckt. 

^  Genauere  Angaben  über  die  Vorgänge  in  Olmütz  nach  dem  Tode  des 
Bischöfe  Johann  m.  finden  sich  bei  Vincentius  zum  Jahre  1157.  Johann  IV. 
wurde  in  festo  sancti  Michaelis  ,in  choro  Pragensi*  gewählt,  nachdem 
Dragon,  des  Herzogs  Wladislaw  Caplan,  die  auf  ihn  gefallene  Wahl  ab- 
gelehnt hatte.  Es  ist  wohl  ein  Irrthum,  wenn  die  Herausgeber  des  Vin- 
centius in  den  Fontes  rerum  Bohemic.  H,  426  diese  Wahl  auf  den 
29.  September  1158  yerlegen. 
ArehtT.  LXXVni.  Bd.  I.  H&lft«.  G 


i 


76 

Olomucensem  intrusisse  nitebantur   de  ecdesia  Pragensi^ 
quemcunqne  voluissent.* 

1194  pridie  Idus  Januarii*  reverendus  pater  dominus  Kajn 
episcopus  Olomucensis  duodecimus^  benignissimus  amator^  * 
vitam  presentis  secuK  feliciter  terminavit.  Hie  quocies- 
comque  venit  in  Olomucium  sive  de  partibns  remotis  vel 
proximis^  solitus  erat  non  solum  canonicos  sed  et  omnem 
clerum  ecclesie  ad  prandium  invitare  et  benigne  vitare. 
Iste  presul  vis  sibi  soli  sofficiendo  omnibus  suffecit,  quam- 
diu  Yvsiit,  ylaris  dator^  pater  orphanorum  et  egregins  cantor : 
Vox  eins  quasi  tuba  Dei  et  quasi  vox  angelorum.  Delec- 
tabilius  fuit  misse  ipsius  interesse  quam  convivio  regio  vel 
mense  festivaliter  ornate.' 

Huie  successit  Engelbertus^  canonicus  regularis  de 
Strahow  ordinis  Premonstratensis  nacione  Brawancias, 
pridem  ecclesie  Olomucensis  archidiaconus  et  canonicus^ 
vir  discretus  in  consiliis,  constans  in  adversis^  felix  in 
prosperis^  sapiens  in  factiS;  babens  favorem  principum  et 
nobiUum  terre  utriusque.  Hie  per  Baldwinum  decanum 
et  fratres  ecclesie  Olomucensis  kathedram  episcopalem 
numero  deeimus  tereius  possedit  dilexitque  canonicos  suos.  ^ 
Hie  eciam  totam  ecclesiam  Olomucensem  plumbo  vestivit. 

1199  decimo  sexto  Kai.  Januarii^   dominus  Engelbertus^  pater 
metuendus^  ecclesie  Olomucensis  episcopus  deeimus  tereius 


*  Hier  fehlt  wohl  ein  Wort.  ^  Auch  in  diesem  Satze  scheinen,  und  zwar 
nach  Olomucensis,  einige  Worte  zu  fehlen. 

^  Auch  Eaim  war  gleich  seinem  Vorgänger  kein  Premyslide;  s.  hierflber 
Dndfk,  Geschichte  Mährens  IV,  68,  Note  2. 

'  Im  Necrologium  der  Olmützer  Kirche  vom  Jahre  1268  heisst  es:  Idus 
Januarii  obiit  Chayu  XII  episcopus  Olomucensis;  s.  Dudik,  Ueber  Ne- 
krologe der  Olmützer  Domkirche  1.  c,  p.  618.  Das  Datum  des  Necro- 
log^ums  ist  jedenfalls  das  richtigere.  Im  älteren  Katalog  fehlt  übrigens 
der  Sterbetag  des  Cajn. 

'  Den  Satz  theilt  Augustin  mit  in  seiner  Series  epp.  Olom.,  p.  49. 

*  Dudik  setzt  die  Denomination  Engelberts  durch  den  Bischof  (Herzog) 
Heinrich  auf  den  Jänner  1194.  Die  Investitur  erhielt  er  von  Kaiser 
Heinrich  VL  und  die  Consecration  durch  den  Metropoliten  Konrad  wahr- 
scheinlich in  Worms  im  December  1195;  s.  Dudfk,  1.  c.  IV,  128. 

*  Das  jüngere  Nekrolog  der  Olmützer  Kirche  gibt  zwar  als  Sterbetag  den 
IS.  December  (XV  Kai.  Jan.)  an,  aber  der  Herausgeber  des  Nekrologs 
hält  das  für  einen  Irrthum  und  entscheidet  sich  für  die  obige,  mit  dem 


77 

senio  confectus  ex  hac  luce  migravit  ad  Dominum;  cuius 
anime  Deus  omnipotens  propicietur  in  secula.  In  cuius 
locum  Bawarus  canonicus  regularis  de  Strahow  ordinis 
Premonstratensis,  vir  nobilis,  nacione  Boemus/  sed  clericus 
pauper  in  pontificem  ecclesie  Olomucensis  decimum  quartum 
eligitur.  Hie  dum  consecratur,  sibi  evangelia  inter  seapulas 
ponuntur;  sed  dum  resumuntur  in  apercione  eorum  pre- 
nosticum  reperitur:  Wach  qui  destruis  templum  Dei  (Matth. 
XXVn,  40).  Hie  non  edifieavit  pacem  in  ecclesia  sed 
infregit,  ventri  magis  et  gule  deserviens  quam  paci,  sed 
pacem  anime  eins  det  Deus  etemam. 

1201  prenominatus  dominus  Bavorus  Olomucensis  ecclesie  epi- 
scopus  decimus  quartus  ipso  Kai.  Octobris  in  Boemia  in 
monasterio  Milewsk  consecravit  altare  in  honore  sancti 
Egidii  et  celebrans  missarum  solempnia  infra  canonem, 
dum  primam  benediccionem  super  calicem  extenderet, 
occulto  Dei  iudicio  gravi  morbo  repente  percussus  ab 
altari  corruit,  oris  et  omnium  membrorum  officio  sibi 
adempto^  eademque  nocte  post  crepusculum*  occupatus 
est  vite  termino  et  in  monasterio  Strahoviensi  ante  altare 
sancti  Augustini  est  sepultus. 

Eodem  anno  Ropertus  venerabilis  sacerdos,  prior 
Nepomucensis  monasterii  ordinis*  Cisterciensis  Pragensis 
diocesis,  nacione  Anglicus,  vir  consilii  magni,  clericus  lite- 
ratus,  multe  sciencie  et  honeste  vite  pollens  electus  est 
in  episcopum  Olomucensem  decimum  quintum.     Hie  per 


ilteren  Nekrolog  übereinstimmende  Angabe  (17.  December).  lieber  die 
Nekrologe  der  Olmützer  Kirche  1.  c,  p.  586,  und  Archiv  für  österrei- 
chische Geschichte  59,  653. 

*  Von  anderer  Hand. 

^  Ans  der  Familie  der  Bawor  von  Strakonitz.  Wer  ihn  consecrirte  und 
wo  er  consecrirt  wurde,  ist  nicht  bekannt.  Augustin  hat  in  seiner  Series 
die  ohnehin  schon  dunkle  Schilderung  des  Granum  Catalogi  noch  um 
einige  TOne  dunkler  gehalten,  wie  schon  Ziegelbauer  mit  Recht  getadelt 
hat    Vgl.  auch  Dudik,  Geschichte  Mährens  V,  13  ff. 

'  In  dem  Olmützer  Necrologium  von  1263  ist  der  Gedenktag  Bawors  von 
Stnkonitz  zum  6.  October  eingetragen:  II  Non.  obiit  Bawarus  XIV  epi- 
acopug  Olomucensis.  S.  Dudik,  Ueber  Nekrologe  der  Olmützer  Domkirche, 
1-  c,  p.  569.  Ebenso  im  älteren  Nekrolog;  s.  Archiv  für  österreichische 
6«Khichte  59,  654  und  Dudik's  Geschichte  Mährens  V,  13. 


78 

Baldevinum^  decanum   et  canonicos  ecclesie  Olomucensifi 
Dominica    Dens    omnium^    est   inkathedratas.      In   cuias 
introitu  primum  pax  ecclesie  reformata  est  et  concordia 
inter  fratres  solidata. 
1204  VI  Idus  Maii  Olomucensis  ecclesia  mit  per  incendiom  et 
multis  privilegüs  et  rebus  d^mpnificata  est  quam   multis 
reliquiis  sanctorum  et  preciosis   omamentis.     Idem  vene- 
rabilis  pater  honorifice  decoravit  crucem  eciam  pulcherri- 
mam    de    lapide    Onichino    cum    pede    cristallino    habens 
crucifixum  aureum  quatuorque  bonos  zaphiros  et  a  tergo 
spinam  de  Corona  Domini  ac  aliis  pluribus  gemmis  cum 
auro    muremilatam    ipsi    ecclesie    contulit.     Sed    cum   se 
totum  Deo  operam  dedisset  et  gloriam  domus  Dei  subli- 
masset  utpote  vir  discretus,  tandem  fecit  fieri  sarcophagum 
quasi*  scrinium  quoddam  elegantissimum  cum  ymaginibus 
argenteis   deauratis  ex  utroque  latere  obductum  cum  co- 
lumpnulis    deauratis   opere   pulcherrimo    insculptis    super- 
ficiemque  scrinii  in  acumine  ordinati  quasi  celi  fastigium 
erigens  miro  tabulatu  ymaginum  contextum  lapidibus  pre- 
ciosis quasi  choruscantibus  stellis  irradiavit  et  ad  decorem 
domus  Dei  depositis  intus  reliquiis  sancti  Cristini  in  altari 
maiori    sublimatum   honorifice    collocavit.      Quod    semper 
clausum  manet^  firmiter  seratum  et  nonnisi  in  sollempni- 
tatibus  magnis  ad  gloriam  Dei  et  laudem  onmium  sanc- 
torum aperitur.* 


•  In  marg.:  sepulcrum  s.  Christini. 

^  Augastini  Olomucensium  episcoporum  Series,  p.  53:  Fuit  ea  tempestate 
memorabilis  ille  Balduinus,  decanos  Olomucensis,  nacione  Bomanus,  per- 
petuo  preconio  ob  ipsius  in  ecclesiam  bene  merita  celebrandus.  Qui 
ordinem  cantus  et  psalmodie,  qui  hodie  in  ecclesia  Olomucensi  obser- 
vatur,  primus  distinxit,  libris  antiphonarüs  ad  id  proprüs  sumptibus 
coemptis.  Omnibus  insuper  se  humanum  et  facilem  prestitit  et  Italici 
licet  sanguinis,  hospitalem  se  ac  liberalissimum  et  extemis  et  domesticis 
preter  modum  exhibnit.  Moritur  anno  Christi  1203  VI  Kai.  Decembris; 
8.  Dudik,  Geschichte  Mährens  V,  32,  Note  1. 

*  Der  dritte  Sonntag  nach  Pfingsten  (23.  Juni  1202).  Robert  war  bis  zu 
seiner  Wahl  am  Hofe  Pfemysl  Ottokars  I.  als  Caplan  thätig.  Die  Weihe 
erhielt  er  durch  den  Cardinallegaten  Guido  von  Präneste  zu  Köln  am 
21.  April  1202.  Richter  citirt  in  Augustinus  Series  der  Olmützer  Bisciiöfe 
den  ganzen  Bericht  des  Granum  Catalogi;  s.  p.  58,  59. 

'  Eine  sehr  gute  Uebersicht  über  die  gesammte  Thätigkeit  dieses  Bischof^ 
findet  sich  in  Dudik,  Geschichte  Mährens,  Gren.-Reg.  S.  519 — 522. 


79 

Tempore  huiuB  pii  patnB  Wladiaslaus  marchio  Mo- 
ravie,  frater  Praemisl  tercii  regia  Boemie,  venia  zelator 
eccieaiarum,  pater  clericomm,  coiisolator  lugencium,  refu- 
g;iaia  viduarum  pupillorumque  et  orbatorum  fidelissimus 
protector  extitit.  Hie  coutulit*  eccleste  Olomuceasi  crucem 
aoream  duodecim  marcarum  auri  in  se  eontinenteTii,  Upi- 
dibus  precioBiBsimiB  et  gemmiB  diversia  intextam  cum 
pede  argenteo  [  deaurato  in  opus  pulcKeirimum  deducto.'  fol.  20ii<. 
Hie  quamdiu  vixit,  pacem  terre  et  iueticiam  eccleeie  illi- 
batam  semper  conservavit.  Hie  eciam  villam  Miedwieczy 
eccleaie  Olomaceusi  perpetuo  poseidendam  eontulit  eamque 
adinstar  alionim  bonorum  eccleaie  libertarit.  Denique 
idem  marchio  una  cum  proridencia  Roberti  episeopi  mo- 
nasterium  in  Welegrad  de  loco  primo  fmiditus  aubmoventee 
in  alio  loco  opere  miriHco  decorantes  eonetnixerunt,  ipsom- 
qne  redditibuB  honeBtiBBimia  perpetuaque  Übertäte  exalta- 
venmt. 

!22  n  IduB  Aagusti  *> 

ArtubuB  exutuB  mortalibus  est  Wladislaus 
nee  non  ingressus  viain  caniis  universe  et  in  dicto  mona- 
sterio  Welegrad  munifice  est  sepultus.* 

iSS  XVI  Kai.  NovembnB  derotlBSimuB  in  Christo  pater  dominus 
Robertus  Olomucensis  eccleeie  episcopuB  deeimus  quintos 
plenuB  dierum  cursum  Tite  consiimando  migravit'  ad  suum 
factorem  et  in  monasterio  Welegrad  bonorifice  est  sepultus. 
In  cuius  locum  dominus  FridericuB  Becularis  in  episcopum 

•  Die  letzten  drei  Worte  von  anderer  H&nd.     ^  Veraua, 
'  B.  Dndlk.  Öerchichte  Mährens  V,  149. 

>  Im  Olmntxer  Nekrolog  stehen  die  Worte:  (Id.  Aof.)  obiit  Wlsdialans 
manhio,  qni  crucem  auresm  eontulit  et  plurs  bona  fecit  eccleaie,  fun- 
dator  Welegradeiuis.  Im  Nekrolog  findet  sich  ein  Fehler  in  dem  Datum, 
H.  hierQber  Dudik,  Ueber  Nekrologe  der  OlmUtser  Domkirche,  1.  c, 
p.  6S5. 

*  Im  Nekrolt^;  (XYI  Kai.  Nov.)  obiit  Roberto»,  XV  epiacopna,  qni  deci 
TtTit  eccleaiun  voiiia  omatibns  et  epiicopatnm  redditibua  angmentavi 
Duo  am  Rande:  Item  eodem  die  obiit  Bopertua  XVII  (aic)  epiacopi 
(Xom.,  qni  fecit  tiunbam  S.  Criatini,  et  habet  3  mr.,  qui  aoIvuDtnr  d 
Crenowies.  Divimo  pauperibus  4,  ad  hoapitale  (  gr.,  leproaiB  2,  bon 
botiboB  2  gr.  Robert  starb  nicht  1332,  sondern  120;  s.  HH.  G.  bis 
SS.  XVII,  714  and  Dobner,  MM.  UI,  217. 


80 

decimum  sextam  Olomucensis  ecclesie  est  electus  et  con- 
finnatus.^ 
1241  reverenduß  dominus  Fridericus  Olomucensis  ecclesie  epi- 
scopus  decimus  sextus  feliciter  solutis  nexibus  camis 
transiit  ab  hoc  seculo  ad  Dominum.^  Post  cuius  mortem 
Johannes  decanus  cum  confratribus  honorabilem  dominum 
Wilhelmum  confratrem  ipsorum  in  episcopum  et  pastorem 
legittime  et  concorditer  elegerunt.  Quam  eleccionem  Wen- 
ceslaus  rex  Bohemorum  quartus  impedivit  et  quendam 
Conradum  de  Wrideberg  ad  ipsam  ecclesiam  Olomucensem 
violenter  intrusit.  Qui  quidem  Johannes  decanus  cmn 
confratribus  suis  pro  ecclesie  Ubertate  ferme  per  septen- 
nium   in   exilio   constitutis   eleccionem    ipsam   de   domino 


^  S.  die  Note  52  zu  Augustinus  Series,  p.  63.  In  dem  Yon  Richter  ange- 
führten Briefe  des  Bischofs  Gregor  IX.  wird  aber  der  Name  des  Bischofs 
▼on  Olmütz  nicht  genannt.  Der  Brief  ist  vielmehr  an  den  Bischof  Robert 
gerichtet.  Indem  nun  aber  der  Compilator  des  Granum  die  Worte  der 
Aufschrift  der  Bulle  Venerabili  Fr.  episcopo  Olomucensi  fllr  Friderico 
episcopo  statt  fratri  episcopo  las,  war  er  genOthigt,  an  dieser  Stelle  einen 
Bischof  einzuschieben,  der  in  Olmütz  niemals  regiert  hat. 

'  Die  falsche  Darstellung  des  Granum  Catalogi  ist  in  die  späteren  Bischofs- 
kataloge übergegangen.  Von  der  Resignation  des  Bischofs  Robert  weiss 
übrigens  das  Granum  auch  nichts,  Termuthlich,  weil  hierüber  die  Quellen 
auch  nichts  sagten.  Im  Uebrigen  erscheint  Robert  noch  in  einer  Urkunde 
vom  4.  Juli  1240  (Cod.  dipl.  Mor.  II,  370)  als  Bischof.  Nach  seinem  am 
17.  October  erfolgten  Tode  traten  die  Domherren  zur  Neuwahl  zusammen 
und  diese  traf  ein  Mitglied  des  Domcapitels,  den  Archidiakon  Wilhelm 
▼on  Prerau.  Die  Domherren,  im  November  1239  von  dem  Metropoliten 
Siegfried  von  Mainz  excommunicirt,  hatten  aber  nicht  das  Recht  der 
Wahl.  Daher  protestirte  Siegfried  gegen  diese  und  ernannte  mit  Wen- 
zels Einverständniss  den  Hildesheimer  Domherrn  Konrad  von  Fried- 
berg zum  Bischof.  Dieser  setzte  sich  in  Besitz  des  Bisthums,  kerkerte 
die  widerspenstigen  Capitularen  ein  und  verjagte  die  anderen.  Am  13.  April 
trug  der  Papst  Gregor  IX.  dem  Archidiakon,  Cantor  und  Decan  von 
Breslau  die  Untersuchung  hierüber  auf,  wer  als  rechtmässig  gewählt  zu 
gelten  habe  (Cod.  dipl.  Mor.  HI,  1).  Konrad,  vom  Könige  unterstützt, 
regierte  unangefochten  seine  Diöcese  und  der  Streit  über  den  Besitz  des 
Bisthums  dauerte  fort.  Im  Jahre  1245  designirte  der  Papst  Innocenz  IV. 
den  Dompropst  von  Hamburg,  Bruno  von  Schauenburg,  zum  Bischof  von 
Olmütz;  Wilhelm  wurde  zur  Resignation  bewogen  und  zwischen  Konrad 
und  Bruno  (1246)  ein  Ausgleich  zu  Stande  gebracht;  hienach  wurde  dem 
ersteren  eine  jährliche  Pension  von  300  Mark  Silbers  nebst  anderen 
Beneficien  bewilligt.  Die  Anerkennung  Brunos  durch  den  König  erfolgte 
zu  Ende  1246. 


81 

Wilhelmo  factam  in  curia  Romana  personaliter  contra 
dictum  Conradum  intrusum  prosequentibus  .  .  .*  Tandem 
de  anno  Domini 
1247  per  ipsorum  industriam  venerabilis  dominus  Bruno  de 
Schowenburg  de  genere  Saxonum^  vir  bone  fame  ad 
ecclesiam  Olomucensem  in  episcopum  canonice  est  electus, 
domino  Wilhelmo  predicto  in  manus  summi  pontificis 
Adriani  quarti  eleccionem  suam  primrtus  resignante  pre- 
£Eito  Conrado  intruso  per  apostolicam  sentenciam  ab  eadem 
ecclesia  remoto. 

Idem  pater  Olomucensis  ecclesie  episcopus  decimus 
septimus  ab  inclito  principe  Wenceslao  Bohemorum  rege 
quarto  decimas  secundum  formam  sacrorum  canonum  per 
totam  suam  diocesim  per  plebanos  recipi  impetravit^  opi- 
dumque  Hulyn  cum  villis  Prawczicz,  Nyemczicz  et  Antiqua 
villa  a  rege  Przemissl  alias  Ottakaro  pro  ecclesia  sua 
impetravit,*  comitatum  Hukenwald  cum  Castro  et  oppido 
Ostravia  cum  omnibus  villis  et  pertinenciis  eorum'  nee 
non  comitatum  Ssamburg^  cum  Castro  et  oppido  Gelcz  et 
villis  eorundem  et  alia  multa  predia  pro  ecclesia  sua 
comparavit  et  super  eisdem  a  prefato  magnifico  principe 
libertatem  graciosam  acquisivit  et  obtinuit.  Hie  eciam 
scolastriam  et  quatuor  prebendas  in  Vylonicz  et  Friczo- 
wicz  de  novo   creavit,*  villam  Vyklek  decanatui  Olomu- 

*  Hier  ist  offenbar  ein  Zeitwort  ausgelassen.  In  der  hier  angenföllig  be- 
nützten sogenannten  Vita  Bninonis  (Archiv  für  Osterreichische  Geschichte 
65,  494)  lautet  die  Stelle:  Et  quia  placet  aliquid  superaddere,  qualiter 
idem  fuerit  ad  ecclesiam  Olomucensem  electus,  et  quidem  prosequentibus 
canonicis  Olomucensibus  eleccionem  suam  de  concanonico  ipsorum  Wil- 
helmo in  curia  Bomana  contra  predictum  Chnnradum  de  Vrideberch 
▼iolenter  intrusum:  Johannes  decanus,  Bartholomeus  .  .  .  eandem  eccle- 
siam sunt  in  Bomana  curia  personaliter  persecuti,  ipsis  et  aliis  canonicis 
pro  ecclesie  libertate  fere  per  septennium  in  eidlio  constitutis  .  .  . 

'  Die  hierauf  bezügliche  Urkunde  de  dato  in  Idus  Decembris^l248  bei 

Bocsek,  Cod.  dipl.  Mor.  ni,  Nr.  128. 
'  Hierüber  lagen  dem  Compilator  Urkunden  des  erzbischöflichen  Archives 

vor,  und  zwar  Boczek  1.  c,  p.  251,  311   und  404.     Dudik,  Geschichte 

Mährens  V,  471.       ' 
'  Ibid.  p.  403  aus  dem  Testamente  des  EIrzbischofs  Bruno. 

*  Beete:  Schönberg. 

*  Bocxek,  Cod.  dipl.  Mor.  1.  c,  p.  261,  405.     Dudik,  Geschichte  Mährens 
V,  444. 


censi  «diunxit,'  civitatem  CremeBu-  de  lacu  miserie  ad 
monteiu  super  flomen  Morave  traduxit  et  maro  cinxit 
ibidomque  ecclesiam  collegiatam  sancti  Mauricü  extnixit' 
prepositumque  et  canonicos  in  ea  instaurarit  et  certis 
redditibus  dotavit,'  camiaie  superiorem  partem  gloriose 
Virginia  Marie  et  alias  mnltae  reliquias  in  ea  collocavit 
et  ne  perquenpiam  inde  aaferaatur  anathematizaTit;  ibidem 
oi-iam  in  Oemair  ecclesiam  parrochialem  in  tonore  beate 
Virginia  Marie  de  novo  erexit  et  pro  defensione  ecclesie 
■uo  militea  et  famosos  vasalloa  in  bonis  ecclesie  creavit 
et  infoodavit.*  Sicqae  eccleBiam  soam  Olomucenaem  multi- 
pltetter  aublimavit  et  quasi  alter  Aiodator  ipsam  instgniter 
exaltavit. 
IDH)  duododmo  Kai.  Marcii'  preatantiBsimus  dominus  Bruno 
«eclcaie  (^lomucenaia  epiacopus  decimus  aeptimus,  vir  magni 

■  ll<K'i»k,  CmI.  dipl.  MoT.  I.  c,  p.  251, 

*  hör  IIa»  dnr  Colli^alkiTch«  St.  Mauritiiu  in  Krenuiet  wnrde  ISSO  be- 
j(iiiiii<»i  iiiiil  ilii>  Kir<:'he  rekh  dotirt;  b.  Dudik.  Geschichte  Hühreiu  VU, 
ni>,  Itlrhior,  Keries  1.  c,  p.  75.  Der  ante  Propst  daselbst  war  Hejdolf; 
nr  wird  erwHIint  in  dem  Testamente  des  Bischof  Bnino,  Bociek  I.  c, 
p,  iOV.     Uaa  Colle^ateapitel  kam  1362  nach  Kremsier. 

*  llli<rllb(tr  wird  in  dem  Teatamente  f^esafft:  Item  In  eodem  diatrictn  et 
»llva  adhuc  extirpanda  cunferimns  et  damus  centnm  laneos  ad  cooven- 
liialfiiii  i'anunicanim  ecclesiam  S.  Uauricii  in  Crenieser,  ad  quam  eciam 
i'HpitiiU  nnstri  intervenient«  consenau  villulas  eptscopales  de  Mertenic, 
■In  Itdleu,  de  Cassiz,  quo  habent  onmoa  triginta  octo  laneos,  nt  ad  pre- 
tidiiilait  Ipiiiiui  ecclesie  jierpettiu  debennt  pertinere  ...  Ad  prepositnram 
du  ('ruinöser  damus  villulam  episcoj>alem  de  Gernon'iti  que  habet  sei 
UiiiKii  .  ■  .  Item  quindecim  sunt  et  esse  debaant  altaria  in  ipsa  eccl«sia 
Ah  ('riinteser,  quorum  qnataor  nint  dotata.  Ad  nodecioi  Ulla  coDferimm 
in  AiiUim  triginta  tree  marcas  .  .  . 

*  M.  lilerUlier  Dudfk,  Geschichto  MUhrens  VI.  68,  69,  174,  176. 

*  tim  iibige  Angabe,  dasa  Bischof  Bruno  Xn  Kai.  MartÜ  (=  18.  Februar) 
guttiirimn,  ist  zwar  in  die  meisten  neueren  Schriften  (aus  Augastini 
h^rlna  epp.  Olom.)  flbergegangen,  aber  doch  unrichtig.  Bruno  starb  am 
IT.   Kebruar,    wie    es    in    dem    an    den   Mainzer    GrEbischuf  gerichteten 

lirviben  de»  Olmfltzer  Domcapitels  Aber  die  Wahl  von  Bmnos  Nach- 
ffiiT  Theodericb  richtig  heisat:  Brunone  ecclesie  nostre  Olomncensis  et 
■tr't  epUcfipo  proxima  secunda  feria  post  Dominicam  qua  cantatur  Ex- 
tgi  IJomine,  Hicut  placuit  Domino,  ab  bsc  luce  subtracto  .  .  .  Der  Fehler 
<jr«iium  stammt  ans  dem  Nekrolog  der  OlmUtEsr  Kirche,  noaelbst 
r  11.  Februar  (III  Idns  Febmarii)  durch  ein  Venehen  des  Schreiben 
IM  /«fall,  wKhrend  die  goldene  Zahl  und  der  Sonutagibnchetabe  richtig 
m  II.  Fnbruar  angesetzt  sind  und  in  ihrer  richtigen  Reihenfolge  fort- 


83 

consiliiy  mire  largitatis,  mansaetudinis  et  humilitatiSy  ye- 
nnstate  morum  conspicuus^  tutor  cleri,  refiiginm  panperum, 
adiutor  pupillorum  et  viduarum  pius  consolator,  obdormivit 
in  Domino  sepultusque  Cremesir  in  ecclesia  coUegiata, 
quam  ipse  ftindaverat^  in  choro  ante  maius  altare.  Post 
cuius  decessum  venerabilis  dominus  Theodricus  Olomu- 
censis  canonicus  in  episcopum  et  pastorem  eiusdem  ec- 
desie  Olomucensis  deeimum  oetavum  concorditer  est  electus 
et  confirmatus.^  Hie  ad  ipsius  magnam  instanciam  cano- 
nicatus  et  prebenda*  in  Powla  per  illustrem  prineipem 
dominum  Przemisl  fundata  per  Wenceslaum  regem  filium 
dicti  Przemisl  est  ratificata  et  in  persona  magistri  Henrici 
primi  possessoris  confirmata.^  Hie  eciam  cum  Budisslao 
decano  et  capitulo  ecclesie  Olomucensi  de  anno  domini 
1301  tercio  Nonas  Aprilis  ad  instanciam  fervideque  de- 
vocionis  peticionem  magistri  Wemheri  concanonici  Olo- 
mucensis statuit,  ut  de  cetero  missa  matura  ad  honorem 
beate  virginis  Marie  per  ebdomadarium  vicarium  sub  nota 
solempnitatis  cantaretur.^  Prefatus  eciam  reverendissimus 
pater  quatuor  prebendas  cum  redditibus  in  Slatyna  de 
novo  in  ecclesia  sua  creavit  et  dotavit.* 
1302  sexto  Idus  Octobris  venerabilis  pater  dominus  Theodricus, 
Olomucensis  ecclesie  episcopus  decimus  octavus  post  diu- 
turnos  huius  seculi  labores  diem  clausit  extremum  spiritum 
Domino  reddens,  qui  creavit  illum;  sepultusque  est  in 
ecclesia  Olomucensi  in  ingressu  stacionis  chori  canonicorum 


Uafen,  so  dass  der  Jrrtham  nur  im  römischen  Kalender  fortgeht.  Beim 
22.  Februar  bemerkte  der  Schreiber  den  Fehler  und  schrieb  dann  die 
Ziffern  des  römischen  Kalenders  bis  zum  Schluss  des  Monats  nicht  weiter. 
S.  Dudik,  Ueber  die  Nekrologe  der  Olmützer  Kirche  1.  c,  p.  525. 

*  Cod.:  preben. 

'  Theoderich  (Dietrich)  von  Neuhaus  (ans  der  Familie  der  Witigonen) 
wurde  am  26.  März  1281  in  der  alten  St.  Peterskirche  zu  Olmütz  (nicht 
in  der  sonst  benützten  Kathedrale)  gewählt;  s.  Boczek,  Cod.  dipl.  Mor. 
IV,  p.  246. 

*  Die  Urkunde  Wenzels  II.  de  dato  XII  Kai.  Aprilis  1286  bei  Boczek, 
Cod.  dipl.  Mor.  IV,  314,  316. 

'  Die  Urkunde  ist  gedruckt  in  Boczek's  Cod.  dipl.  Mor.  V,  p.  126. 

*  Die  betreffende  Urkunde  lieg^  nicht  mehr  vor.  Einige  Satztheile  aus 
dem  Qranum  finden  sich  in  den  Series  epp.  Olora.  Augnstins  ed.  Richter, 
p.  87. 


84 

exBHieflL^  Qtt»  deegatci  et  rcrerenter  humato 
B  dr^miüiB  Johiimfff  dictni  Naly  kathedram 
episcopalem  sueecct.*  ffie  ecdesam  {MUTOchialem  in  Sla- 
panyex  scoj*^ne  O^jcraettiä.  uDrit  et  incorporavit '  et 
deinceps  sWtt'I  -ji  Mrct^Sacauatmi^  scolmstria,  custodia 
noonisi  caao:ucs$  prebendatis  ecclegic  CHomacensis  con- 
ferantnr. 

1311  tercio  Xocus  Octobiis  rerermdiasimiis  presol  dominus 
Johannes  dietos  XjJt.  «^omaeeitsis  decinuis  nonus  soluto 
camis  ergastulo  spirittm  exalaTit  et  in  ecdesia  Olomu- 
censi  ante  ahare  sanece  Ladmille  iMnarifice  est  sepultus/ 
In  cuius  locam  dominus  Petms  dictas  Bradawicze^  nobilis 
de  Konvex,  in  episeopum  rieesmiim  iptius  ecclesie  est 
institutus.^ 

1300  .  .  /  deoimo  quinto  Kai.  Marcü  Tenerabifis  antistes  dominus 
Petrus  dictus  Bradawicze  Ok>muceiias  ecclesie  vicesimus 
ab  hac  eaUginosa  luce  migravit  ad  Christom  et  in  ecclesia 


*  In  codice:  MCOC;  flr  das  ««xtcre  Dstum  fieUt  der  Baum.  Dies  wieder- 
holt sich  auch  welter  witea  la  ■tfkieiott  Stellea. 

^  Im  Nekrologr  der  Olmütxer  Domkireke.  da»  der  obigea  Ziuammenistellang 
lu  Grunde  lag,  beisst  es:  VI  Id.  obüt  Ilieodefficvsv  XVUl  episcopus  buios 
ecoleaie,  qui  crearit  quinqn«  pr^b^odas  et  miilta  bona  fecit  ecclesie. 
Archiv  fttr  österreichische  Geechich»  65,  569;  s.  Dndik,  Gescbicbte 
Mährena  VII,  263. 

*  Der  Name  wurde  ron  Aogxistiji  und  deBentsprecbend  Ton  vielen  neue- 
reu Forschem  Haly  gelesen;  Nähr  lautet  er  aber  auch  im  Nekrolog  der 
Olmütxer  Kirche.  Ob  er  au5  der  Familie  Waldstein  stammte,  wie  Augu- 
stin-Richter  u.  A.  woUea.  ist  nicht  sicher.  Ebensowenig  weiss  man, 
wann  und  wo  er  die  Weihe  erhielt 

■  Die  Urkunde  ist  gedruckt  bei  Bocxek,  Cod.  dipL  Mor.  V,  p.  199,  201. 

*  So  auch  der  Nekrolog  der  Olmütxer  Kirche:  UI  Non.  Oct  obiit  Johannes 
episcopus  XIX  huius  dictus  Nali  anno  domini  1311  in  ecclesia  Olomu- 
censi  sepultus. 

*  Peter  wird  hier  ,nobilis  de  Konitx*  genannt.  Er  hiess  Peter  Angeli. 
Sein  Vater  Angelus  war  Domherr  in  Prag.  Clemens  V.  bestätigte  dem 
neugewählten  Olmütxer  Bischof  einen  Legitimationsbrief  des  Bischöfe  von 
Prag,  Tobias  von  Bechyn,  vom  26.  September  1287,  in  welchem  gesagt 
wurde,  dass  Peter  geboren  wurde,  ehe  noch  sein  Vater  Domherr  und 
Subdiakon  war;  s.  Cod.  dipl.  Mor.  VI,  Nr.  59.  Peter  Angeli  war  in  der 
kOnigl.  Kanzlei  bedienstet  und  brachte  es  daselbst  bis  sum  Kanzler.  Er 
besass  bei  seiner  Wahl  die  Propsteien  bei  St  Veit  und  am  Wyschehrad 
und  Canonicate  in  Breslau,  Prag  und  Sadska  (s.  Cod.  dipl.  Mor.  VI, 
Nr.  60). 


85 

Pragensi  est  sepultus.  Cuius  anime  Dominus  det  vitam 
etemam.^  Et  post  eias  obitum  dominus  Conradus  in  epi- 
scopum  vicesimum  primum  et  pastorem  dicte  ecclesie  per 
Jenczonem  decanum  et  capitulum  honorifice  est  receptus. 
Hie  villam  prope  Cogetin,  Chrzenowicze  a  nobili  Zawissio 
de  Potenstadt  pro  capitulo  et  ecclesia  Olomucensi  perpetuo 
possidendam  comparavit,  postremo  laudabilia  statuta  in 
ecclesia  Olomucensi  predecessorum  suorum  confirmatoria 
sub  rigidis  penis  promulgavit*  et  statuit  a  clero  sue  dio- 
cesis  firmiter  observanda.^ 
1326  sexto  Idus  Augusti*  reverendissimus  pater  dominus  Con- 
radus ecclesie  Olomucensis  pontifex  vicesimus  primus  con- 
summatis  huius  vie  diebus  obdormivit  in  pace  magnificeque 
est  sepultus  in  ecclesia  Olomucensi  circa  ingressum  chori 
ante  altare  sancte  Cordule  virginis  iuxta  oves  proprias. 
Cuius  mors  (sie)  ^  cecidit  super  dominum  Hinconem  dictum 
Berka  nobilem  de  Duba/  alias  domini  in  Lypa,  pro 
eoque  in  episcopalem  kathedram  ecclesie  Olomucensis 
rite  est  promotus.  Quam  salubriter  Domino  duce  rexit 
et  gubernavit.     Nam    cum    post   mortem    prefati    domini 


*  Cod.:  provulgavit.     *»  ^ecte:  Sors. 

'  Peter  starb  am  7.  Juni  1316;  s.  Königsaaler  Gteschichtsquellen,  p.  380  und 
Nekrologe  der  Olmützer  Kirche  a.  a.  O.,  p.  544. 

*  Von  dem  obigen  Texte  ist  ein  Theil  von  Augustin  in  seine  Series  wört- 
lich an^nommen  worden;  s.  p.  92.  Conrad  I.  wurde  am  16.  Jnli  1316 
gewählt;  s.  die  K($nigsaaler  G^eschichtsqnellen,  p.  380.  Ueber  seine  nie- 
dere Herkunft  s.  ebenda  S.  439.  Die  Verkaufsurkunde  von  Kfenowitz 
bei  Kojetein  ist  gedruckt  im  Cod.  dipl.  Mor.  VI,  8.  150.  Die  Schenkung 
an  die  Olmfitzer  Kirche  s.  im  Testamente  Konrads,  Cod.  dipl.  Mor.  VI, 
242.  Von  den  Statuten  dieses  Bischofs  und  seiner  Bestätigung  älterer 
Statuten  ist  aus  gleichzeitigen  Quellen  nichts  bekannt.  Dagegen  besitzt 
man  von  diesem  Bischof  das  älteste  Verzeichniss  der  Lehen  und  Lehen- 
visailen  der  Olmützer  Kirche;  s.  Dudik,  Gteschichte  Mährens  XI,  353; 
Cod.  dipl.  Mor.  VH,  837. 

*  Das  Nekrolog  der  Olmützer  Kirche  gibt  fälschlich  den  7.  statt  den 
6.  August  als  Todestag  an.  Archiv  für  österreichische  Geschichte  65, 
553.  Vgl.  dagegen  die  Königsaaler  Geschichtsquellen,  p.  439.  Der  ganze 
folgende  Abschnitt  aus  dem  Granum  Catalogi  bei  Augustin-Richter,  Se- 
ries, p.  99. 

*  s.  Cod.  dipl.  Mor.  VI,  245.  Bulle  Johanns  XXII.,  durch  die  Hinko  und 
Doba  zum  Bischof  von  Olmütz  ernannt  wird;  vgl.  Königsaaler  Geschichts- 
quellen,  p.  462. 


CoiurmÜ  pä  et  derod  ponti&ns  aermsaimiis  princeps  Jo- 
hairnea  Boemie  et  Poknie  rex  et  Laczenboi^nsis  comes 
de  Tilla  Clun^iowiex  oeeaaone  derofaicioiuSy  quam  memo 
ratos  domimss  Conradus  snmpdbiis  suis  pro  ecclesia^  et 
ea^Htok)  CHomuceiis  comparaTerat^  ae  intromiaisset  et  occu- 
paaaet^  mosx  eidem  domino  regi  se  Tirifiter  pro  eadem 
M.  ^oftr  vüla  I  oppoeuit  et  in  laatiim  effecit  quod  idem  dominus 

rex  dictam  YiHam  cum  ommbos  suis  appendicüs  sibi  et 
Hinconi  amiHter  dicto  Berka  domino  in  Lvpa  Uberaliter 
reddidit  et  ad  perpetne  poaadendnm  et  ntifiraendom  con- 
firmavit*  Quo  facto  piiis  pater  demom  ipsi  capitolo  suo 
Olomucensi  dictam  TiUam  effectnaüter  in  manus  honora- 
büis  yiri  Ortwim  ecdesie  Cremsirensis  decani  et  eiosdem 
ecdesie  Olomacensis  coneanonici  omni  occasione  post- 
poeita  gratoite  resignarit  et  condescendit'  Hie  eciam 
ecclesiam  parrochialem  in  Wissknow  decanatoi  ecclesie 
Olomucensis  propter  parritatem  ipsios  dignitatis^  qae  prima 
in  eadem  ecciesia  post  pontificalem  existit^  gratoiter  et 
£&yorabiIiter  incorporaTit.^ 
1333  qaarto  Kalendas  Janoarü  memoratas  dominus  Hinco  et 
pater  metuendissimos  Olomucensis  ecclesie  presul  vice- 
simos  secondas  terminato  hoins  vite  corsu  requievit  in 
Domino  et  in  ecciesia  Pragensi  bonorifice  traditos  est 
sepnlture/ 


*  Cod.:  pro  ecciesia  somptibiis  suis  pro  ecciesia. 

*  Cod  dipl.  Mor.  VI,  266,  310. 

•  IHd.  313. 

•  Ibid.  p.  278. 

^  So  ist  der  Todestag  auch  im  Olmütaer  Nekrolog,  allerdings  Yon  einer 
jüngeren,  erst  dem  15.  Jahrhundert  angehangen  Hand  eingetragen.  Der 
Herausgeber  Dndik  hält  denn  dies  Datum  auch  fOr  correct.  Aber  rich- 
tiger dürfte  doch  die  Angabe  Peter^s  von  Zittau  sein,  der  wohl  bei  dem 
Leichenbegftngniss  dieses  Bischöfe  zugegen  gewesen  sein  wird  und  diese 
Partien  seines  Werkes  ziemlich  gleichzeitig  mit  den  Ereignissen  ge- 
schrieben  hat.  Er  sagt  (p.  600) :  Anno  Domini  1332  sexto  Kai.  Januarii 
in  die  beati  Johannis  Evangeliste  dominus  Hinco  Dei  et  apostolice  sedis 
gracia  Olomucensis  episcopus  vir  nobilis  genere  dictus  de  Duba  Präge 
moritnr  et  in  Pragensi  maiori  ecclesie  sepelitur.  Hie  quia  frequentes 
infirniitates  habuit,  in  Moravia  propter  inconsuetum  aerem  manere  timuit, 
ideo  in  Boemia  frequencius  habitavit  Dudfk  hat  in  seiner  (beschichte 
Mährens  XII,  16  (hier  richtig)  und  seiner  Ausgabe  der  Olmützer  Nekro- 
loge (8.  688)  widersprechende  Angaben. 


87 

Quo  humato  dominus  Wolko^  filius  domini  Wenceslai 
regis  Boemie  in  pontificem  et  pastorem  ecclesie  Olomu- 
censis  est  assumptus  et  inter  presules  diete  ecclesie  vice- 
simus  tercius  ordine  numeratns.^  Hie  monasterium  sancti- 
monialium  prope  Pustmyr  suis  propriis  sumptibus  et 
expensis  erexit  et  fundavit  copiosis  redditibus  et  proven- 
tibus  dotavit  ac  ornamentis  nobilibuS;  calicibus  et  sancto- 
rum  reliquüs  ad  laudem  et  honorem  Dei  genitricisque  sue 
Marie  virginis  gloriose  et  tocius  celestis*  sanctorum  curie 
magnifice  et  multipliciter  decoravit.*  Prefatus  eciam  re- 
yerendissimus  pater  a  domino  Karolo  marchione  Moravie 
consanguineo  suo  ratificacionem  et  confirmaeionem  pri- 
vilegiorum  et  libertatum  ecclesie  sue  graciosam  impetravit.* 
1300  .  .  .  decimo  Kai.  Octobris  prenominatus  reverendissimus 
pater  dominus  Johannes  ecclesie  Olomucensis  antistes  vi- 
cesimus  tercius  post  huius  illecebrosum  camis  exilium 
feUciter  migravit  ad  Christum*  et  in  prefato  monasterio 
prope  Pustmyr  corpus  eins  reverenter  est  reconditum, 
ipsoque  sie  sepulto  ad  promocionem  invictissimi  principis 
Romanorum  et  Boemie  regis  domini  Earoli  reverendus 
dominus  Johannes  dictus  Oczko  prepositus  Omnium  sanc- 


*  Cod.;  celesti. 

^  Die  Emennang  dnrch  den  Papst  erfolgte  im  April  1334  (Cod.  dipl.  Mor. 
Vn,  4  und  5 — 7).  Die  Eönigsaaler  Chronik  meldet  hierüber:  Post  hone 
dominus  Johannes  Wissegradensis  prepositus  reg^  Boemie  cancellarius 
incliti  domini  Wenceslai  regis  Boemie  et  Polonie  fundatoris  Aule  regie 
naturalis  filius  canonice  in  ecciesia  Olomucensi  eligitur  et  a  domino 
Matthia  Moguntino  archiepiscopo  confirmatur.  Pro  eleccione  .  .  .  Karolus 
marchio  Moravie  laboravit  cum  Nicoiao  duce  Oppavie  bona  fide.  Hie 
electus  et  confirmatus  eodem  anno  in  Quatuor  temporibus,  quibus  Caritas 
Bei  canitur,  in  Wissegradensi  ecciesia  in  diaconum  ordinatur;  s.^Onig- 
saaler  Geschichtsquellen,  p.  500/1.  Von  einer  Wahl  kann  keine  Rede 
sein,  denn  der  Papst  hatte  sich  für  diesen  Fall  die  Besetzung  des  Bis- 
thums  vorbehalten;  s.  Cod.  dipl.  Mor.  VII,  5. 

»  Die  Stiftungsurkunde  im  Cod.  dipl.  Mor.  VII,  209;  s.  Dudik,  Geschichte 
Mihrens  Xn,  221. 

*  Die  betreffende  Urkunde  findet  sich  gedruckt  im  Cod.  dipl.  Mor.  VU, 
290.    Sie  ist  datirt  vom  1.  April  1342. 

*  8o  auch  der  Nekrolog  der  Olmützer  Kirche:  X  Kai.  Oct.  obiit  Johannes 
XXni  episcopus  huius  ecclesie.  Archiv  für  {österreichische  Geschichte 
65,  666.  Johann  von  Olmütz  starb  am  22.  September  1351.  Vgl.  K(}nig- 
saaler  Geachichtsquellen,  S.  606. 


s^ 


torsa  m  eastro  Prmgensi  in  pastorem  et  episcopum  vi< 
^=13=1  QUArmm  ipsias  eccleae  Olomnceiias  legithne    r 
«leenss  et  cocfinnatus.^     Hie  de  mnno  Domim  13Ö2    d* 
«ieer^»  terrto  mensts  Septembns  ad  inatamtem  p^cione? 
J.baiizds  pr^positi  et  eapitnB  C4omiiceiisi8    circa   statn« 
per  ipski»  edita  de  opciombiis  prebendamm  et  obedienci? 
ni^,    de  ecllae>viibas,   Tiearüs  ei  eccJeäe  sancd  Petr» 
<i2e  i^xta  deniontatem  reeepe>*>Qis  üeri  solent  et  de  can< 
nkis  exüanozneranis  sea  electb^  de  eapisqne  prdatorui 
et  earrnScorora  in  piiriia  reeepe-c-ne  eomparuidis.  de  pn- 
c;aaö::db:ss  haben-üs  ae  de  fN^axs  non  sol^eucium  capa 
et  aEft  oii'era  inv^iinbencEa  de  a25«   eoinphnibas  grmcios* 


arrr.'^baTTt  et  conÄnnavit.* 

e^fvriftae  «>l."n:ioes.5i5  P5>ft?dl  vseesci^«  Chianas  de  eadeu 
evvdesäa  ad  Piniperiseri  s^tr:  p:£sar^rr.  eee-iesiam  ex  pro 
cv'X'zie  vliv"^  o.n~  Kar:::  es%  a:ic>j*r;si*  et  demmn  a<i 
carvür^iiari^s  k*5£l^v->e  d:s.>i^-£=:  a5^:i«::.j:cTs=  est  promoUis.'* 
Kx*  ex3?5^er<  Praf^üÄS  arviitrc?*:-:!«^«  r>e^?rue  ecdesie 


*  «'».-litjunx.  v,>tt  tK"uEfv^.«k  IV.'QvC  rx  AVtM^ifOir««  ac  Aar  ftapv  Bvi;^^  und 

Xucf  V:i   i','C  »xr  JUS  ijss  tw^"**     0.»«DfiB*  VI 

\\k'r  .  X  v\nä  Ar.:  >i,v  >::i.  « 

4I.U    Ä%v     "^''>  ftfy     %».«  "vi,"w>  ,»•      »>.»        «V>    X /»H^B-ft^rr     Wh.    C 


■  die    K-  - 


88 

tomm  in  Castro  Pragensi  in  pastorem  et  episcopum  vice- 

simmn  qnartom  ipeios   ecdesie  Olomucensis   legitime  est 

electos  et  confirmatas.^     Hie  de  anno  Domini  1352  die 

deeimo  tercio  mensis  Septembris  ad  instantem  peticionem 

Johannis   prepositi    et    capituH  Olomncensis    circa   statuta 

per  ipsos  edita  de  opcionibus  prebendanun  et  obediencia- 

rum,    de   collacionibns,    vicarüs   et  ecclesie    sancti  Petri, 

que  ioxta  senioritatem  recepcionis  fieri  solent  et  de  cano- 

nicis  extranumerarüs  seu  electis,  de  capisque  prelatorum 

et  canonicorum  in  prima  recepcione  comparandis^  de  pro- 

curacionibus  habendis  ac  de  penis  non  solvencium  capas 

et  alia  onera  incumbencia  de  aliis   comploribos   graciose 

approbavit  et  confirmavit.* 

1300  .  .  .  prefatus  dominus  venerabilis  pater  Johannes  Oczko, 

ecclesie  Olomucensis  presul  vicesimus  quartus   de   eadem 

ecclesia  ad  Pragensem  metropolitanam  ecclesiam  ex  pro- 

mocione  dicti  domini  KaroH  est  translatus'  et  demum  ad 

cardinalatum  basilice  duodecim  apostolorum  est  promotus.* 

Hie  existens  Pragensis  archiepiscopus  memorate   ecclesie 


»  Johann  von  Wlaschim,  Propst  ro  Allerfaeili^n  auf  der  Präger  Burg  und 
Domherr  zu  Breslau,  ein  vielseitig  gebildeter  und  diplomatisch  gewandter 
Mann,   führte  den  Beinamen  Ocako  =  ocellus  daher,   weil   sein   linkes 
Auge  kleiner  war  als  das  rechte.   Clemens  VI.  ernannte  ihn  am  17.  No- 
vember 1351  «um  Bischof  von  Olmütsi  und  verkündete  diese  Ernennung 
dem  Clerus,  der  Bevölkerung  der  Olmützer  Diöcese,  den  Olmützer  Va- 
sallen, dem  Prager  Erzbischofe  und  dem  Kaiser  Karl  IV.  unter  demselben 
Datum;    s.  Cod.  dipl.  Mor.  Vm,    92.     Privilegien    des  Papstes    für    ihn 
s.  ebendaselbst  Nr.  143,  144.    Karl  IV.  bestätigte  ihm  die  Privilegien  der 
Olmützer  Kirche  am  7.  Mai  1353;  s.  ebendaselbst  Nr.  205. 
*  Die  Statuten  des  Bischofis  Johann  Oczko   für  die  Olmützer  Kirche   sind 
gedruckt  im  Cod.  dipl.  Mor.  Vm,   147—149.      S.   149,  Z.  20  v.  o.     In 
der  oben  angemerkten  Datirung  findet  sich  vielleicht  ein  Fehler.     Die 
Statuten  sind  datirt  vom  13.  December  1352.    Freilich  ist  zu  bemerken, 
dass  die  Handschrift  (Olmützer  Studienbibliothek  II,  II,  21),  aus  welcher 
das  Document  abgedruckt  ist,  auch  erst  dem  16.  Jahrhunderte  angehört, 
derselben  Zeit  also  wie  das  Granum  Catalogi,  und  von  sonstigen   Irr- 
thümem  nicht  frei  ist.    Es  ist  daher  vorläufig  zweifelhaft,  welches  Datum 
als  das  richtige  anzusehen  ist.     Der  Verfasser  des  Granum   hatte   auch 
hier,   wie  man  aus  der  Fassung  einzelner  Stellen  sieht,   die   Urkunde 
vor  sich. 

•  Johann  Oczko  von  Wlaschim  wurde  am   12.  Juli  1364   zum  Erzbischof 
von  Prag  gewählt. 

*  Cf.  Dobner,  MM.  Bob.  bist.  HI,  40.    Chron.  Bob.  SS.  rer.  Bob.  n,  463. 


89 

Olomacensi  soUempnem  ornatum  albi  coloris  unacum  dyal- 
maticis  et  capa  aoro  contextis  gratum  sui  memoriale  con- 
talit  et  assignavit. 

Quo  sie  promoto  et  translato  venerabilis  pater  domi- 
nus Johannes  de  Novoforo  episcopus  Luthomysslensis  et 
cancellarius  dicti ,  domini  Karoli  Romanorum  imperatoris 
in  pastorem  ecclesie  Olomucensis  canonice  est  postulatus 
(yicesimum  quintum).''  Hie  monasterium  fratrum  Here- 
mitarum  ordinis  sancti  Augustini  in  civitate  Lithomisslensi 
fimdavit  pulcrisque  ornamentis  et  reUquiis  fulcivit  et  de- 
coravit*  Hie  eciam  ad  instanciam  Herborti  prepositi, 
Nicolai  ärehidiaconi  et  capituli  Olomucensis  circa  statuta 
de  residenciis  canonicorum^  de  anno  gracie  prebendarum, 
de  domibus  residencium  canonicorum  et  de  officiis  vica- 
riorum  priora  statuta  per  hec  plus  dilucidata  anno  Domini 
1367  die  decimo  mensis  Junü  graciose  approbavit  et 
confirmavit.5  Hie  insuper  Hbrum  pontificalem  memoriale 
sui  apud  ecclesiam  Olomucensem  reliquit. 
1380  decimo  Kai.  Januarii  idem  dominus  Johannes  cancellarius^ 
Olomucensis  ecclesie  episcopus  vicesimus  quintus^  debitum 
camis  solvit*  et  in  pace  quievit  ac  in  predicto  monasterio 

*  Cod.:  fehlt;  nur  der  Raum  hieftir  ist  vorhanden. 

*  Noch  vor  der  Wahl  Oczko^s  zum  Prager  Elrzbischof  bat  Johann  von 
Neomarkt,  damals  noch  Bischof  von  Leitomischl,  Karl  IV.,  seiner  bei  der 
Besetzung  des  Olmtttzer  Bistimms  eingedenk  zu  sein,  falls  Oczko  zum 
Erzbischof  von  Prag  ernannt  würde.  Cod.  dipl.  Mor.  IX,  Nr.  373.  Karl  IV. 
verwendete  sich  hierauf  für  ihn  bei  dem  Papst  ibid.  Nr.  374.  Desgleichen 
Wenzel,  Karls  IV.  Sohn,  und  Johann,  Markgraf  von  Mähren;  s.  ibid. 
Nr.  375,  376.  Ueber  die  früheren  Lebensverhältnisse  Johanns  von  Neu- 
markt vgl.  die  Einleitung  zu  A.  Benediktes  Ausgabe  des  ,Leben8  des 
heil.  Hieronymus^  in  der  Uebersetzung  des  Bischofs  Johann  VHI.  von 
Olmütz,  p.  I— Vni.  Th.  Lindner,  Das  Urkundenwesen  Karls  IV.,  p.  16, 
17,  21,  Tadra,  Das  Formelbuch  Johanns  von  Neumarkt  (Archiv  für 
österreichische  Geschichte  LXVIU,  1—2). 

'  Die  Stiftungsurkunde  im  10.  Bande  des  Cod.  dipl.  Mor.,  Nr.  129.    Sie  ist 

dttirt  vom  8.  August  1371. 
'  Die  SUtuten  des  Bischofs  Johann  von  Olmütz  de  dato   10.  Juni   1367 

sind  gedruckt  im  Cod.  dipl.  Mor.  X,  Nr.  10. 

*  Johann  von  Neumarkt  starb  in  vigilia  Natalis  Domini ;  s.  meine  Ausgabe 
des  Cod.  epist.  Johannis  de  Jenzenstein,  Archiv  für  österreichische  Ge- 
schichte LV,  p.  314.  Augustins  Series  gibt  fälschlich  den  20.  December 
^  Sterbetag  an.  Das  Nekrolog  der  Olmützer  Kirche  verzeichnet  ihn 
^eder  zu  dem  einen,  noch  zu  dem  anderen  Tage. 

ArckiT.  UIVm.  Bd.  I.  Hilft«.  7 


90 

in  Lytomysl  per  ipsnm  fundato  decenter  est  hamatus. 
Post  cuius  obitum  venerabilis  pater  dominus  Petrus  dictus 
Gelito/  qui  primum  erat  episcopus  Chorensis^  demum  ad 
ecclesiam  Lythomyslensem^  postea  ad  ecclesiam  Magde- 
burgensem  translatus^  ultimo  ad  promocionem  serenisshni 
principis  domini  Wenceslai  Romanorum  et  Boemie  regis 
ad  ecclesiam  Olomucensem  est  postulatus.  Hie  anno  Do- 
mini 1382  municionem  Drzewczicz  prope  Pragam  et  villam 
Popowicz  cum  omnibus  eorum  pertinenciis  pro  se  suisque 
successoribus  Olomucensis  ecclesie  pontificibus  de  speciali 
consensu  et  voluntate  prefati  domini  Wenceslai  Romanorum 
et  Boemie  regis  emit  et  comparavit  hereditarie  perpetuo 
possidendum.'  Ceterum  monasterium  fratrum  canonicorum 
regularium  sancti  Augustini  ante  opidum  Lanczkron  de 
novo  exstruxit  et  fundavit  sufScientibusque  redditibus  in 
Boemia  et  Moravia  dotavit,  calicibus  et  alüs  omamentis 
decenter  decoravit  altareque  in  ecclesia  Olomucensi  in 
honore  sancti  Briccii  et  sancti  Erazimi  similiter  erexit  et 
dotavit  coUacionemque  ipsius  altaris  preposito  dicti  mona- 
sterii  in  Lantzkron  contulit  et  dotavit^  insuper  sollempnem 
monstranciam  cum  tribus  turribus  et  pede  argenteo  deau- 
rato  opere  mirifico  factam  et  omatam  largitus  est  gratuite 
predicte  sue  sponse.' 

1387  devotissimus  in  Christo  pater  dominus  Petrus  dictus  Grelito 
Olomucensis  episcopus  vicesimus  sextus  verus  ecclesie 
zelator  clerique  amator  post  lugubrcm  huius  seculi  vitam 
nature  solvit  debitum;  cuius  animam  redemptor  noster 
perducat  ad  salutis  portum^  corpusque  eins  in  predicto 
monasterio  ante  Lanczkron  decenter  et  humiliter  est  hu- 


*  Peter  führte  den  Beinamen  Gelito  (=  Jelito)  d.  i.  die  Wurst  nach  eiuem 
der  yWnrstgrand*  g«nailnten  Bauernhofe  bei  Landskron  in  Böhmen.  Seit 
1366  war  er  Bischof  von  Chur,  seit  1364  Bischof  von  Leitomischl,  seit 
1371  Bischof  von  Magdeburg.  S.  Lindner,  Geschichte  des  deutschen 
Reiches  unter  Wenzel  I.  I,  p.  21. 

*  Die  Urkunde  hierüber  ist  gedruckt  im  Cod.  dipl.  Mor.  XI,  Nr.  272. 

*  S.  Augfustini  Series  episcoporum  Olomucen.sium,  p.  123.  Aehulich  wie 
oben  lautet  der  Bericht  im  Nekrolog  der  Olmützer  Kirche,  der  von  dem 
Compilator  zweifellos  benützt  wurde;  s.  Archiv  für  Österreichische  Ge- 
schichte 1.  c,  p.  525. 


91 

matum.^  Post  cuins  mortem  Jodocos  et  Procopius  mar- 
chiones  Moravie  dominum  Johannem,  germanum  ipsorum 
tanc  episcopum  Luthomislensem,  manu  violenta  ad  eccle- 
siam  Olomuceneem  intruserunt^  et  bona  ecclesie  occupa- 
verunt,  demum  tarnen  per  Urbanum  papam  VI.  ad  patri- 
archalem  ecclesiam  Aquilegiensem  est  translatus/  dominus 
vero  Nicolaus  de  Prussia,  dictus  PrebstI,  de  ecclesia  Con- 
stanciensi  per  dictum  dominimi  papam  ad  ecclesiam  Olo- 
mucensem  est  translatus/  In  huius  introitu  primum  bona 
ecclesie  Olomucensis  ceperunt  dissipari.  Nam  idem  dominus 
Nicolaus  castra  Modrzicz  et  Melicz  et  oppidum  Wiskow 
cum  eorum  appendiciis  dicto  marchioni  Jodoco  obligavit.* 
Hie  matri  et  sponse  sue  ecclesie  Olomucensi  solemnem 
omatnm  album  cum  dyalmaticis  et  capa  chorali  ad  hono- 
rem annunciacionis  beate  virginis  Marie  ymaginemque 
sancte  Katherine  virginis  cum  ipsius  reliquiis  memorialia 
sui  reliquit  et  assignavit. 
1396  octavo  Idus  Junii  in  municione  Drzebczicz  prope  Pragam 
predictus  dominus  Nicolaus,  Olomucensis  ecclesie  pontifex 
vicesimus  septimus,  post  huius  labilis  vite  curricula  spiritu 


^  Gelito  starb  am  13.  Febroar  1387.  S.  das  Nekrolog  der  Olmtitzer  Kirche 
L  c,  p.  526,  und  Cod.  dipl.  Mor.  XI,  Nr.  416.  Vgl.  über  seinen  Tod  den 
Cod.  ep.  Job.  de  Jenzenstein  1.  c,  p.  363. 

'  S.  den  Cod.  epist.  Johannis  de  Jenzenstein  1.  c,  p.  340.  In  einer  Urkunde 
Tom  11.  Mai  1388  nennt  sich  Jobann  Sobeslaw  ,postulatus  ecclesie  Olo- 
mucensis*. Cod.  dipl.  Mor.  XI,  Nr.  476.  Noch  1388  schreibt  Wenzel  an 
den  Papst  wegen  Besetzung  des  Olmützer  Bisthnms;  s.  ebendaselbst 
Nr.  532.  Nach  dem  Tode  Peters  verwaltete  Heinrich  yon  Lipa  im  Namen 
des  Königs. 

*  Ende  1387.  Die  Ernennung  war  bis  Mai  1388  in  Mähren  nicht  bekannt; 
8.  Cod.  dipl.  Mor.  XI,  Nr.  476.  Am  10.  August  1388  nannte  sich  Johann 
Sob^law  noch  Aquileg^ensis  patriarcha  et  Olomucensis  postulatus;  Cod. 
dipl.  Mor.  XI,  Nr.  496. 

*  Die  verschiedenen  Ansichten  über  seine  Abstammung  s.  bei  Lindner, 
Geschichte  des  deutschen  Reiches  unter  Wenzel  I.,  p.  407.  Lindner  hält 
Nikolaus  für  einen  Abkömmling  der  böhmischen  Riesenburge  und  ihm 
schlieast  sich  V.  Brandl  an.  Cod.  dipl.  Mor.  XI,  p.  Xm.  Am  22.  April 
1387  nannte  ihn  Urban  VI.  bereits  ,episcopus  Olomucensis*.  Seine  In- 
thronisation in  Mähren  erfolgte  erst  am  15.  December  1388;  Cod.  dipl. 
Mor.  1.  c,  Nr.  526. 

»  Ibid.  Nr.  627. 

7» 


I 


92 

exalato  migravit  a  seculo;^  cuius  corpus  in  ecclesia  Olo- 
mucensi   in   choro^   ubi   evangelium   per   ministros  altaris 
legitur,  est  sepultum.     Post  cuius  mortem  dominus  Pro- 
copius,  marchio  Moravie,  civitates  ecciesie  occupavit.  Anno 
vero  domini 
1398  die   vicesimo   quinto    mensis   Januarii    dominus   Johannes 
dictus  MraZ;  decretorum  doctor^  olim  prepositus  monasterii 
in  Zderaz  Cruciferorum  rubee  duplate  crucis,  de  ecclesia 
Lubucensi  translatus  est  ad  ecclesiam  Olomucensem  per 
Bonifacium  papam  nonum  et  vicesimus  octavus  episcopus 
numeratus.  |  * 
fol.  206*».  Hie  anno   domini   1399   die  vicesimo   sexto   mensis 

Julii  Sabbato  in  crastino  sancti  Jacobi  apostoli  sub  specie 
devocionis  adiit  ecclesiam  Olomucensem  quasi  volens  reli- 
quias  sanctorum  venerari,  non  ut  tutor  ecciesie  et  defensor 
sed  ut  dilapidator  et  dissipator  ex  suggestione  cuiusdam 
Smilonis  de  Wiczow  canonici  dicte  ecciesie  Olomacensis 
suique  vicarii  in  spiritualibus  et  officialis  res,  peconias  et 
iocalia  ipsius  ecciesie  et  apud  ipsam  ecclesiam  pro  tuta 
conservacione  bona  fide  deposita  tam  per  spirituales  quam 
seculares  personas  in  auro  et  argento  violenter  et  improbe 
more  lupino  abstulit  et  alienavit  in  Dei  manifestum  con- 
temptum  ecclesieque  sue  scandalum  dampnum  pariter  et 
iacturam.' 

Hie  eciam  malum  malo  cumidans  quasi  omnia  bona 
ecciesie  dissipavit;  nam  castra,  mimiciones  civitatum  cum 
eorum  appendiciis  contra  expressam  voluntatem  sui  capi- 
tuli  et  reclamacionem  et  precipue  castrum  Hukenwald  cum 
ipsius  districtu  eciam  contra  inhibicionem  apostolicam  in 
manus  serenissimi  principis  domini  S(igismundi)  Ungarie 
regis  tradidit  et  assignavit/  castrum  (sie)  Mirow  et  mo- 


■  S.  das  Nekrolog  der  Olmttteer  Kirche  1.  c,  p.  644.  Nicolans  starb  nicht 
1396,  sondern  1397. 

*  Ueber  die  Abstammung  dieses  Bischofs  s.  den  Cod.  dipl.  Mor.  XII,  p.  VI. 
Die  Emenuungsarkunde  im  Cod.  dipl.  Mor.  XII,  Nr.  409. 

*  Siehe  hierüber  Brandt  im  XII.  Bande  des  Cod.  dipl.  Mor.,  p.  VIII.  Die 
Entlehnung  geschah  in  Folge  der  grossen  Noth,  in  welcher  sich  der 
Bischof  befand.  In  einer  Urkunde  vom  12.  Mai  1399  bekennt  der  Bischof, 
dem  Domherrn  Smil  von  Vi^ow  200  Mark  schuldig  xu  sein.  Cod.  dipl. 
Mor.  Xn,  Nr.  536. 

*  Vgl.  ibid.  Nr.  537. 


- 


93 

lendinum  in  Cremesir  curiaque  in  Chechowicz  pro  utilitate 
et  mensa  sua  duntaxat  reservatis;  unde  et  proverbium 
inoleverat:  Episcopus  Olomucensis  est  molendinator  Cre- 
mesirensis.  In  tantum  ergo  idem  presul  ecclesiam  Olo- 
mucensem  involvit,  quod  non  de  facili  nisi  ex  speciali 
divina  providencia  ad  pristinum  statum  potest  reduci. 
1402  ^  memoratus  dominus  Johannes  Mraz  Olomucensis  ecclesie 
episcopus  vicesimus  octavus  debitum  camis  solvens  ob- 
dormivit  in  pace  et  in  ecclesia  Olomucensi  in  introitu 
chori  ante  sacristiam^  ubi  iocalia  et  alias  res  ecclesie  ac 
per  personas  spirituales  et  seculares  ad  sacra  sedes  ad 
fideles  manus  deposita  improbe  abstulit^  sepultus  est  et 
loco  eins  venerabilis  dominus  Laczko,  nobilis  de  Crawar, 
alias  de  Giczin  in  episcopimi  et  pastorem  ipsius  ecclesie 
concorditer  est  electus.*  Cui  dominus  Jodocus  marchio 
Moravie  adversarium  dominum  Smilonem  prefatum  de 
Wiczow  subordinavit  et  ad  prosequendam  causam  eidem 
octo  millia  florenorum  auri  puri  amministravit  et  donavit. 
Qui  tamen  minime  profecit;  nam  in  brevi  tempore  idem 
Smilo  miserabiliter  et  improyise  in  curia  Romana  debitum 
nature  solvit  contumelioseque  ibidem  est  sepultus  et  sie 
mercedem^  quam  propter  ecclesiam  Olomucensem  pro- 
meruit,  accepit. 

Hic  anno  Domini  1403  dominica  Rogacionum,  qua 
cantatur  Vocem  iocunditatis  (20.  Mai),  in  ecclesia  Olomu- 
censi per  reverendum  dominum  Nicolaum  episcopum 
Abelonensem  solempniter  est  consecratus  et  coronatus,  et 
eodem  anno  castra  Mirow,  Melicz  et  Modrzicz  ac  oppida 
Osoblaha  et  Kethrze  et  alia  nonnulla  bona,  que  per  pre- 
decessorem  suum  dominum  Johannem  Mraz  erant  alie- 
nata  et  obligata,  redemit  nee  non  et  opidum  Switaviam 
a  sepedicto  domino  Sigismundo  rege  Ungarorum  reim- 
petravit.  Postea  tamen  idem  dominus  Laczko  aliqua 
bona,  que  prius  redemerat,  in  notabili  summa  obligavit. 
Hic  eciam  solempnem  librum  missarum  bene  fulcitum 
cum    pulcrä    casula    et    dyalmaticis    albi    coloris    auro 


^  NicM  1402,    sondern  1403  nach  dem   11.  August;    s.  Augustini   Series 

L  c,  p.  134. 
*  VgL  Richter^s  Bemerkungen  in  Angustini  Series  Episc.  .Olom..  p.  136. 


I 

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I4tjfi  octeTo  SttbboJ»  terao  Xc 

Oi: 
Ci 
toxici  poUeö  ab  Loc  cpimabrtt>  <ivfe  adj^rmrit  ad  bcem 

Iranutoe 
p^r^i««  oGfli   pce«rarri«cri   posiiiäicis  eccfesie  Okmacenas 
«kfnmj  Brmonis  exafdesi  ecc2«sie  et  ciritatis  fimdataris.' 
p«r  efcccioticin  Concorden  decatm  sc  capiddi  (Mo- 
ad    promocionem    je.if  niHwm    pnncipis   domini 
Weaee»lai   Rr>nuuwnim   ec   Boemie  regis   honormbifis  vir 
AoamwB  fymrmdmB   de   Wedda'   wmpSriit   genctis  Best- 
pfaaliUy  i^<^gni  Boemie  sabcameranos,   at  dioebatiir  homo 
D^Tomanticiia^  et   aortflegns,   ad  epiacopalem   cadiednm 
^>lomiieenaeai  fiicceaeit.    Hie  more  mercatoiis  bona  eccksie 
fpffian  inrolTit  et  obligaTit;  nam  bona,  qne  per  predecessores 
wofj*  erant  obligata,  quasi  redemerat  omnia  Bterasqae  ea- 
modern  obUgaciomun   predicto  domino  Wenceslao  Roma- 
Doram  et  Boemie  regi  ac  baronibus  terre  Moravie  denome- 
rarerat  Tolem  per  hoc  commendari  et  applaadere  eisdem. 
8ed  latebat  fratu  doloea  in  corde  eins.    Nam  sient  serpens 
afrtatas  eadem  bona^  que  redemerat,  dam  et  occnhe  sine 
•rnta  et  rohintate  capitoli  aliqna  in  dnpHci  et  aüqoa  in 
triplici  fumma  vesanice  obligavit.    Ecce  mercator  dolosns 
et  fraadolentuB  sponsam  soam  astute  et  sabrepticie  involvit 
1412  prefatos  dominus  Conradus  Olomucensis  ecclesie  episcopus 
tricesimus  de  predicta  ecclesia  per  modum  commutacionis 
ad  eccletiam  Pragensem   est  translatus.^     Cuius   ecclesie 
fere  omnia  bona  distraxit,  dilapidavit  et  obligavit^  postremo 

'  D«r  g»nze  AbtAtx  Ut  mitgetheilt  von  Richter  in  der  Series  episc.  Olom., 

p.  186. 
'  L>«r  Todattag  Lacsko^s  von  Kraraf  ist  in  dem  Nekrolog  der  Olmütier 

Kirche  nicht  mehr  eingetragen. 
'  H.  Über  Conrad  von  Vechta  meine  Beiträge  zur  Geschichte  der  husitischen 
r  Bewegung  III.     Archiv   flir  nsterreichische   Qeschichte,  Bd.  LX,   p.  401. 

\  *  Oeiichichtschr.  der  husitischen  Bewegung  II,  270. 

f.  ^  Hoine  Bestätiguug  verzog  sich  bis  um   die  Mitte  des  folgenden  Jahres; 

1  s.  Frind,  Kirohengeschlchte  von  Böhmen  HI,  62. 


95 

vero  videlicet  anno  1421  *  in  reprobum  sensum  datus  in 
heresim  Wiklephistarum  et  Hussitarom  est  lapsus  et  sie 
ex  archipresule  Christi  faetus  est  heresiarcha  Antiehristi. 
Cui  reverendissimus  pater  dominus  Wenceslaus  dietus 
Elralik  patriarcha  Anthiocenus  de  commenda  prepositore 
Wissegradensis  *  in  sedem  ecclesie  Olomucensis  predicto 
anno  successit  ipsamque  in  commendam  snccessit.  Hie 
fuit'  homo  inutilis  et  vaniglorius;  nam  stalla  chori  ecclesie 
contra  voluntatem  capituli  nulla  necessitate  urgente  depo- 
suit  et  destruxit,  nisi  forte  foret  illa,  ut,  dum  divina 
celebraret  in  eminenciori  loco  positus  a  communiori  populo 
plus  solito  videretur  et  in  gestis  suis  admiraretur,  qui  in 
ipsa  ecclesia  dissueti  erant,  ita  ut  de  ipso  dicere  posset 
illud  proverbium:  Factvs  sum  spectcumlvm  omni  populo. 
Hie  eciam  fdit  pecuniarum  vanus  dilapidator.  Nam  de 
anno  Domini  1414  gloriosum  et  famosissimum  in  orbe 
terrarum  celebrabatur  Constanciense  concilium.  Ad  quod 
prefatus  dominus  patriarcha  dicebat  se  volle  profecturum. 
Unde  de  consensu  et  voluntate  capituli  quingentas  marcas 
g.,  quas  ab  ipso  capitulo  pro  bonis  in  Hulyn  et  quibus 
castrum  Modrzicz  liberari  debebat,  secreto  capituli  diligenter 
recepit  tali  sub  condicionC;  quod  si  ad  dictum  sacrosanctum 
concilium  extra  regnum  Boemie  proficisceretur  et  progre- 
deretur  et  tunc  fracto  secreto  capituli  ad  progrediendum 
oheriuB  dictam  pecuniam  in  suum  et  suoiaim  concomitan- 
cium  usum  convertere  deberet  Quod  et  facturum  se 
sponte  et  libere  dicto  capitulo  promisit.  Sed  minime  im- 
plevit.  Nam  quam  primum  ad  civitatem  Pragensem  per- 
venit;  mox  dictam  pecuniam  fracto  secreto  distraxit,  iocalia 
vana  et  alias  res  ad  apparenciam  vanitatis  pro  se  suisque 
comparando  inutiliter  consumpsit  et  ultra  dictam  summam 
ibidem  per  integrum^  manens  diversis  se  debitis  involvit 


*  mte^mm.    Hier  fehlt  ein  Wort  (annom?). 
'  Am  21.  April. 

*  8.  Prind  a.  a.  O.  DI,  282/8.     192—195. 

'  Diesen  Sats  theilt  Richter  in  Augustinus  Series,  p.  142  mit.  Mit  Recht 
bemeiict  Richter,  dass  das  Worte  sind:  ma^  ab  invidia  quam  a  charitate 
christiana  prolata  und  gibt  den  wahren  Grund  an,  weshalb  dieser  Bischof 
Wensel  Knüik  (veteri  prosapia  Wrabiorum  equitum  de  Bumits  in  Bohe- 
nüa  natus)  sich  den  erhöhten  Sitz  anfertigen  liess. 


\ 


96 

sed    morte  preoccupatus   minime    persolvit.*     Hie   eciam 
per   totam    diocesim   statuit^    ut   in    memoriam    dominice 
passionis  singnlis  feriis  sextis  hora  ineridie(i)  maior  cam- 
pana   cuiuslibet    eeelesie    pulsaretur^    infra   quem  pulsum 
Omnibus^  qui  tria  Pater  noster  et  Ave  Maria  et  totidem 
Credo   dixerint   quadraginta    dies   indulgeneiarum   de  in- 
iunctis  eis  peniteneiis  dummodo  in  mortalibus  non  existerent, 
relaxavit.     Domum   insuper   episeopalem   retro   ecdesiam 
Olomueensem  quasi  pro  media  parte  pulcro  opere  refor- 
mavit.* 
1416  prefatus  reverendissimus  pater   dominus  Wenceslaus  pa- 
triarcha  Antiocenus  et  eeelesie  Olomucensis  commendatarios 
in  ordine  episcoporum  tricesimus  primus  pridie  Idus  Sep- 
tembris  est  vite  fiinctus  et  in  ecclesia  Olomueensi  sepultos.' 
Post  euius  obitum  reverendissimus  pater  dominus  Johannes 
de  Praga  episcopus  Luthomisslensis  XI.  Kai.  Octobris  per 
deeanum  et  canonieos  residentes  in  episeopum  et  pastorem 
eeelesie  Olomueensis  est  postulatus.^     Que  postulacio  per 
triduum  propter  metum  domini  Weneeslai  Romanorum  et 
Boemie  regis  fuit  oceultata.     Propter  quod   alii  canonici 

'  Anch  diesen  Satz  hat  Richter  in  der  Ausgabe  der  Series  Augustinus, 
S.  144  mitgetheilt  Ast  vero,  Aragt  Richter,  coiasnam  aes  Wenceslaus 
consumsit,  proprium  an  alienum?  Qningentae  marcae,  quas  a  capitnlo 
acceperat,  ex  vendicione  episcopalis  oppidi  Holin  proyeniebant,  ideoque 
pleno  iure  ad  episeopum  spectabant  .  .  .  Ex  eo  quod  iocalia  coemit  — 
fortasse  ut  more  illius  aevi  convenientem  episcopo  Olomueensi  splendorem 
in  medium  tot  principnm  ecclesiasticomm  et  secularium  Constantiae  con- 
gregatomm  adferret  —  minime  sequitur,  quod  thesaurum  ecclesiae  dila- 
pidaverit,  etenim  iocalia  ab  eo  coemta  partem  thesauri  episcopalis  effi- 
ciebant  Auch  in  Betreff  des  oben  getadelten  Aufenthaltes  des  Bischöfe 
in  Prag  sucht  Richter  nachzuweisen,  dass  die  Vorwürfe,  welche  dem 
Bischof  von  dem  Compilator  des  Granum  gemacht  werden,  in  keiner 
Weise  gerechtfertigt  seien. 

*  Ueber  seine  reformatorische  Wirksamkeit,  die  sich  allerdings  nur  auf 
den  Erlass  einzelner  Statuten  beschränkt;  s.  Frind  a.  a.  O.,  p.  233. 

*  Augustin  gibt  als  den  Sterbeort  Wenzel  Kralik's  die  mährische  Stadt 
Zwittau  an;  mit  welchem  Rechte  ist  nicht  ersichtlich.  Vgl.  Richter, 
Series  a.  a.  O. 

*  Ueber  die  Vorgeschichte  Johanns  s.  Frind,  Kirchengeschichte  von  Böhmen 
m,  168—173.  Ueber  seinen  Streit  mit  Ale&  (Albert),  dem  Domherrn 
von  Wyschehrad,  finden  sich  im  Cod.  Cerr.  358  des  Brünner  Landesarchivs 
eine  Anzahl  wichtiger  Actenstücke,  auf  die  ich  bei  Gelegenheit  näher 
einzugehen  beabsichtige. 


97 

de  Praga  ad  importunam  instigaclonem  dicti  regis  in  Olo- 
mucz  descendentes  pridie  Kai.  Octobris  non  obstante  postu- 
lacione  reverendissimi  patris  domini  JohgnDis  per  decanum 
et  capitulum  eis  insinuata  in  destruccionem  ipsius  ecclesie 
perverse  elegerunt  quendam  Alssonem  canonicum  Wissy- 
gradensem    in   prostitucionem    ecclesie   Olomucensis  .  .  .* 


*  Das  Weitere  fehlt  in  der  Handschrift  des  Olmützer  Domcapitels. 


i 


BUKOWINAS 

entlStehen  und  aufblühen. 


MARIA  THERESIAS  ZEIT. 


NACH  ACTEN  AUS  FOLGENDEN  ARCHIVEN: 

ttlKD  K.  KKIEGSMINISTERIOM;   DESSEN  KARTENARCHIV;  K.  UND  K.  HAUS-, 
HOF-  UND  STAATSARCHIV;  K.  K.  MINISTERIOM  DES  INNERN;  DESSEN  ADELS- 
ABCHIV; K.  K.  MINISTERIUM  FÜR  CÜLTÜS  UND  UNTERRICHT. 


I.  THEIL.  1772  —  JUNI  1775. 


TON 


D"^  DANIEL  WERENKA. 


lOT  19  PLÄNEN  UND  1  KARTE. 


i 


Einleitung. 


In  der  vorliegenden  Schrift  soll  zum  ersten  Male  der 
Versnch  gemacht  werden,  eine  actenmässige  Specialgeschichte 
der  Bakowina  zu  liefern,  was  bisher  unseres  Wissens  von  Nie- 
mandem unternommen  wurde.  Selbst  Ameth  in  seinem  monu- 
mentalen Werke  ,Maria  Theresia'  hat  nur  in  grossen  Zügen 
angedeutet,  was  wir  hier  ausführlich  in  allen  Details  nach  ver- 
läßlichen Quellen  darstellen  wollen. 

Die  Benützung  eines  reichen  Acten-  und  Quellenmaterials  ^ 
hat  es  ermöglicht,  nicht  nur  die  einzelnen  Thatsachen  und  ihren 
Zusammenhang  festzustellen,  sondern  auch  vielen  allgemein  ver- 
breiteten Irrthümem  entgegenzutreten  und  manche  Ungenauig- 
keiten,  zum  Beispiel  in  der  Nomenclatur,  zu  beseitigen. 

Der  erste  Theil  behandelt  die  Geschichte  der  Occupation 
der  Bukowina  bis  zur  Convention  vom  7.  Mai  1775,  durch 
welche  die  Cession  der  Bukowina  an  Oesterreich  vollzogen 
wurde.  Daran  wird  sich  die  Darstellung  der  inneren  Organi- 
sation unter  Maria  Theresia,  der  Reformen  Kaiser  Josefs  U. 
bis  zu  der  flir  das  Land  so  unheilvollen  Vereinigung  mit  Gali- 
zien  reihen. 

Durch  die  bereitwilligst  ertheilte  Erlaubniss,  die  Schätze 
der  hiesigen  Archive  zu  benützen,  beziehungsweise  durch  die 
überaus  freundliche  Förderung  vorliegender  Arbeit  haben  mich 
zu  grossem  Danke  verpflichtet:  Se.  Excellenz  der  Herr  k.  und 
t  Reichskriegsminister  Arthur  Graf  v.  Bylandt-Rheidt,  Se.  Ex- 
cellenz der  HeiT  Ministerpräsident  und  Leiter  des  Ministeriums 
des  Innern   Eduard   Graf  v.  Taaffe,    Se.  Excellenz   der  Herr 


^  Ans  den  Archiven:  k.  u.  k.  Kriegsministerium;  dessen  Kartenarchiv ; 
k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv;  k.  k.  Ministerium  des  Innern; 
denen  Adelsarchiv;  k.  k.  Ministerium  für  Cultus  und  Unterricht 


102 

Minister  ftkr  Cnhos  und  Unterricht  Paul  Freiherr  v.  Gautsch, 
Se.  Excellenz  der  Herr  geh.  Rjitfa  und  Director  des  geh.  Haus-, 
Hof-  und  Staatsarchivs,  Alfred  Ritter  v.  Ameth,  sowie  der  Herr 
Sectionschef  im  IGnisterium  des  Innern  Rudolf  Freiherr  v. 
Breisky,  der  frühere  Director  des  k-  k.  Kriegsarchivs,  Herr 
Feldmarschall- Lieutenant  Adolf  Freiherr  v.  Sacken,  der  jetzige 
Director  desselben,  Herr  Oberst  im  Generalstab  Leander  v. 
Wetzer,  der  Vorstand  des  Schriftenarchivs,  Herr  Oberst  Rech- 
berger  v.  Rechkron,  der  frühere  Vorstand  des  Kartenarchivs, 
Herr  Oberstlieutenant  Cari  Herradauer  Edler  v.  Heldenauer, 
dessen  Nachfolger  in  dieser  Stellung,  Herr  Major  Ludwig  Ritter 
V.  Weiss,  femer  der  Herr  Sectionsrath  Josef  Ritter  v.  Fiedler 
im  k.  und  k.  geh.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv.  Endlich  spreche 
ich  meinen  besonderen  Dank  fttr  die  meinen  Arbeiten  sehr 
reichlich  zugewendete  Unterstützung  dem  Herrn  Hilfsämter- 
director,  kais.  Rath  Carl  HackenfeUner,  dem  Herrn  Adjuneten 
Albert  v.  Nagy  und  Herrn  Official  Anton  Herzig  im  k.  k.  Mini- 
sterium flir  Cultus  und  Unterricht;  dem  Herrn  Dr.  Fellner, 
Vorstand  des  Archivs  im  k.  k.  Ministeriimi  des  Innern,  dem 
Herrn  Director  Eduard  Borecky  und  dem  Herrn  Official  Joh. 
Langer  in  der  Registratur  des  k.  und  k.  Reichs-Kriegsministe- 
riums,  sowie  allen  übrigen  Beamten  der  erwähnten  Archive  aus. 


öchon  zu  Beginn  des  russisch -türkischen  Krieges  (1768 
bis  1774)  wurde  Oesterreichs  Aufmerksamkeit  wiederholt  auf 
die  Moldau  und  Walachei  gelenkt.  Russland  versprach  Oester- 
reich  beide  Fürstenthümer,  wenn  es  wenigstens  durch  eine 
drohende  Sprache  oder  feindliche  Demonstration  die  Türkei 
zwinge,  die  russischen  Friedensvorschläge  anzunehmen.^  Dies 
fand  jedoch  in  Oesterreich  wegen  des  bedrohlichen  Anwachsens 
der  russischen  Macht  keinen  Anklang.  Dagegen  schloss  Oester- 
reich mit  der  Türkei  am  6.  Juli  1771  eihen  geheimen  Vertrag,* 
auf  Grund  dessen  die  kleine  Walachei  bis  zum  Altflusse  an 
Oesterreich  fallen  sollte,  wenn  es  die  Türkei  gegen  Russland 
unterstütze.  Aber  dieser  Vertrag  kam  nicht  zur  Ausführung, 
weil  England  schon  1772  davon  Kenntniss  erlangte  und  dies 
RussJand  verrieth. 

Auch  zur  Zeit  der  Verhandlungen  wegen  der  ersten 
Theilung  Polens  wurde  die  Frage  der  Erwerbung  der  beiden 
Fürstenthümer  erwogen,  was  aus  einem  Briefe  der  Kaiserin 
Maria  Theresia  an  Lacy  vom  6.  Februar  1772  hervorgeht:  ,Es/ 
kostet  mich  ein  Opfer/  schreibt  sie,  ,mit  den  Uebrigen  zu 
theilen;  muß  es  aber  einmal  sein,  dann  paßt  dieß  für  uns  nur 
in  Polen.  Die  Moldau  und  Walachei,  ungesund  und  zu  Grunde 
gerichtet,  wie  sie  sind,  conveniren  uns  nicht.' ^  Daraus  ergibt 
sich,  dass  bis  zu  diesem  Zeitpunkte  Oesterreich  es  nicht  für 
opportun  erachtete,  diese  Länder  zu  erwerben.  Die  Nothwen- 
digkeit  der  Erwerbung  eines  Theiles  der  Moldau  zeigte  sich 
erst  nach  der  ersten  Theilung  Polens. 


*  KAunitz^  ^nweisun^  und  Punktation*  ddo.  Wienn  30.  July  1776. 

'  V.  Hammer  Josef,  Geschichte  des  osmanischen  Reiches.  VIII.  Bd.,  S.  567  . . . 

(Art  n,  m).     Dohm's  Denkwürdigkeiten,  I.  Thl.,  S.  470,  471,  472,  476, 

BeiLLVn. 
'  Arneth,  Maria  Theresia,  IX.  Bd.,  S.  504. 


104 


1.  Capitel. 


Die  Torgeschiehte  der  Erwerbang  der  Bakowina  bis  zum 
Frieden  za  Entsehnk  Kainardsche  (1772  bis  17.  Jall  1774). 

Nachdem  Oesterreich  Galizien  in  Besitz  genommen  hatte, 
musste  es  in  erster  Linie  darauf  bedacht  sein,  die  zum  grössten 
Theile  offenen  Grenzen  dieses  Landes  entsprechend  zu  sichern. 
Diese  Sicherung  fand  statt  zuerst  nicht  von  Galizien,  sondern 
von  Siebenbürgen  aus,  wo  seit  Beginn  des  russisch -türkischen 
Krieges   rumänische   Freiwillige    die    österreichischen   Grenzen 
oft  überschritten  und  die  nächstgelegenen  Orte  grausam  heim- 
suchten.^   Dabei  wurden  auch  die  Grenzen  der  beiden  Fürsten- 
thümer  gegen  Siebenbürgen  erweitert,  so  dass  sich  Oesterreich 
schliesslich  genöthigt  sah,  das  usurpirte  Gebiet  wieder  zu  be- 
setzen und  die  Grenzen  desselben  durch  Aufsteckung  kaiser- 
licher Adler  kenntlich  zu  machen.     Eine  diesbezügliche  Stelle 
finden  wir  auch  in  einem  Schreiben  Kaunitz'*  an  den   Feld- 
marschalllieutenant Barco:    ,Bey   diesen   allerseitigen  Versiche- 
rungsanstalten hat  sich  sogleich  der  Hauptumstand  hervorgethan, 
welcher  der  besonderen  allerhöchsten  Aufmerksamkeit  vorzüglich 
würdig  war,  daß  nämlich  ein  beträchtlicher  Theil  der  zwischen 
Siebenbürgen,  der  Moldau  und  Walachey  befindlichen  Gränzen 
strittig,  imd  an  sich  dergestalten  beschaffen  gewesen,  daß  wir 
Uns  allerdings  im  Stande  sahen,  die  von  den  Wallachen   und 
Moldauern  seit  vielen  Jahren  immer  erweiterte  Usurpation  dieser 
Siebenbürgischen  Gränz-Districte,  folgUch  Unser  hierauf  haben- 
des  Recht  mit   Documenten,   auch   anderen   hinlängUchen   Be- 
weisen darzuthun  und  behaupten  zu  können.^ 

,Wenn  nun  die  Gränz-Districte  mit  den  kaiserUchen  Adlern 
nicht  bezeichnet  und  in  den  Militär-Cordon  miteinbezogen  wor- 
den wären,  so  hätten  Ihre  Majestäten  durch  diese  Unterlassung 
und  weitere  Zurücksetzung  gedachter  Gränz-zeichen  Allerhöchst 
dero  eigenen  Ansprüchen  und  Gerechtsamen  ipso  facto  unmittel- 
bar praejudiciren  müssen.  —  Zu  Vermeidung  dessen  sahen  sich 

>  Hurmuzaki  VII,  8.  47  ff.  (Brognard  an  Kaunitz,  1.  Febr.  1768);  ibid.  S.  50 
(Brognard  an  Kaunitz,  Febr.  1768);  ibid.  8.  51,  52  (Brognard  an  Kaunits, 
16.  März);  ibid.  8.  55  (Kaunitz  an  Brognard,  16.  März);  (Kaanitz  an 
Brognard,  19;  Aug.  1768). 

'  Kaunitz'  ,Anweisnng  und  Punktation*,  Wienn  30.  July  1775. 


105 

also  Ihre  Majestäteu  in  die  unvermeidliche  Nothwendigkeit  ver- 
setzt, erwähnte  Siebenbllrgische  Gränz-Distriete  in  den  MiHtär- 
Cordon  mit  einziehen  zu  lassen/ 

Aber  nicht  allein  auf  die  Grenzen  Siebenbürgens  richtete 
Eaanitz  seine  Aufmerksamkeit^  sondern  auch  auf  diejenigen 
Pokutiens.  Diesbezüglich  schreibt  er:  ,Nach  der  .  .  .  erfolgten 
Revindication  der  Königreiche  Galizien  und  Lodomerien  haben 
wir  nicht  nur  historische  Nachrichten,  sondern  auch  Original- 
Documente  entdeckt,  daß  der  sogenannte  Bukowiner  district 
zu  Pokutien,  folglich  zu  einem^  Unserem  Allerhöchsten  Hofe 
von  dem  König  in  Polen  und  der  Republik,  cedirten  Lande 
gehöret  hat,  daß  solcher  durch  allmählige  Usurpation  zur  Moldau 
gezogen  worden,  und  daß  Ihre  Majestäten  folglich  berechtiget 
seyen,  denselben  Jure  cesso  zu  revindiciren/ ^ 

Nach  der  Erwerbung  Galiziens  und  Lodomeriens  handelte 
es  sich  darum,  dieses  Land  gegen  Russland  und  die  Türkei, 

« 

namentlich  gegen  die  Moldau  zu  sichern.  Denn  gegen  die 
letztere  hatte  es  fast  keine  natürlichen  Grenzen,  und  es  war 
nicht  einmal  eine  Möglichkeit  vorhanden,  mit  Erfolg  einen  feind- 
lichen Einfall  zurückzuweisen,  da  die  Bukowina  gebirgiger  war 
als  Pokutien.  Abgesehen .  von  dieser  offenen  Grenze  im  öst- 
lichen Theile  Galiziens  lag  ein  Theil  der  Moldau  zwischen 
Galizien  und  Siebenbürgen  wie  ein  Keil,  so  dass  die  Behaup- 
tung des  Königreiches  dadurch  fUr  die  Zukunft  sehr  fraglich 
erschien.  Was  konnte  also  näher  liegen  als  der  Gedanke,  die 
Erwerbung  eben  des  zwischen  Siebenbürgen  und  Galizien  lie- 
genden Theiles  der  Moldau  anzustreben?  Dies  war  vom  poli- 
tischen und  militärischen  Standpunkte  eine  dringende  Noth- 
wendigkeit. 

Allein  es  war  eine  sehr  schwierige  Sache,  auf  friedlichem 
Wege  das  Land  von  der  Türkei  zu  erlangen,  und  Kaunitz 
wosste  diese  Schwierigkeit  ganz  gut  zu  würdigen.  ,Diesen 
District  so  zu  sagen  in  petitorio  von  der  Pforte  zu  erhalten,' 
schrieb  er,  ,würde  eine  ganz  vergebliche  Sache  gewesen  seyn, 
da  eine  vieljährige  Erfahrung  uns  nur  allzu  überzeugend  be- 
lehret hat,  daß  die  Pforte  zu  einiger  Abtrettung  ihrer 
in  wirklichem  Besitz  gehabten  Usurpationen,  oder  auch  nur 
zu  einer  gütlichen  Gränzbehandlung  und  Einver- 


»  Ibid. 

ArckiT.  LXXym.  Bd.  I.  Hilft«.  8 


106 

ständnis  nie  bewogen  werden  konnte/^  Man  musste  die 
Pforte  vor  ein  fait  accompli  stellen,  und  zwar 'mit  Hilfe  Russ- 
lands, dessen  Trappen  die  Moldau  besetzt  hielten. 

Zum  Glücke  waren  die  Russen  jure  belli  noch  Herren 
der  beiden  Fürstenthümer,  so  dass  es  vorderhand  nicht  noth- 
wendig  war,  wegen  der  Bukowina  mit  der  Türkei  zu  ver- 
handeln. Daher  unternahm  man  den  Versuch,  von  dem  rus- 
sischen Feldherm  Grafen  von  Romanzow  die  Erlaubniss  zu 
erhalten,  dass  österreichische  Truppen  nach  Abzug  der  Russen 
den  zwischen  Galizien  und  Siebenbürgen  gelegenen  Theil  der 
Moldau  besetzen.  Das  Verdienst,  diese  Erlaubniss  erhalten  zu 
haben,  gebührt  Barco,  welcher  seit  1772  im  rassischen  Haupt- 
quartiere als  Volontär  sich  aufhielt  und  sich  die  Achtung  und 
Freundschaft  Romanzow's  in  hohem  Masse  erworben  hatte. 

Kaunitz  wollte  also  theils  durch  eine  vorhergehende  Be- 
setzung der  Bukowina^  theils  durch  Vorlage  von  Documenten 
die  Türkei  bewegen,  diesen  Theil  der  Moldau  freiwillig  abzu- 
treten. Dass  dieser  Plan  der  richtige  war,  lehrt  uns  der  Erfolg. 
Mit  dem  russischen  Hofe  wollte  man  auch  nicht  verhandeln, 
weil  es  zu  unliebsamen  Erörterungen  mit  der  Türkei,  mit 
Preussen,  welches  die  Gelegenheit  nicht  versäumt  hätte,  ,Aeqai- 
valenzansprüche^  zu  erheben,  schliessUch  vielleicht  zu  Unan- 
nehmhchkeiten  selbst  mit  Russland  geflihrt  hätte.  Man  wollte 
die  Bukowina  nur  ,als  eine  von  den  Türken  usurpirte  Zu- 
behörung  Pokutiens  und  als  eine  durch  die  von  der 
Repubh'k  Polen  erhaltene  Cession  dem  durchlauchtigsten  EIrz> 
haus  anheim  gefallenes  Recht  in  wirklichen  Besitz  nehmen'.' 
Warum  Kaunitz  sich  an  Romanzow  und  nicht  an  den  russischen 
Hof  wendete,  erklärt  uns  noch  folgende  Stelle:  ,Damit  aber 
der  Russische  Hof  in  kein  impegno  mit  der  Pforte  verfalle, 
und  ihm  aller  Schein  einer  befugten  Beschwerde  benommen 
werde,  so  ist  unserer  Seits  nicht  verabsäumet  worden,  sowohl 
von  unserm  Vorhaben,  als  von  unserer  rechtlichen  Be- 
fugnis den  ernannten  Herrn  Feldmarschallen  vertraulich  zu 
benachrichtigen,  .  .  /^ 

Romanzow  zeigte  sich  Barco  gegenüber  wUlfkhrig  — 
trotzdem  mancher  der  russischen  Generale  dem  Plane  feindlich 


»  Ibid.    *  Ibid. 

»  Hurmuzaki  VU,  8.  106  (Kaunitz  an  Thugut,  20.  Sept.  1774). 


107 

gesinnt  war  —  und  gestattete,  dass  noch  vor  dem  Abmärsche 
der  Russen  aus  der  Moldau  —  Mai  1774  —  zwei  österreichische 
Commanden  in  die  Bukowina  einmarschiren,  um,  sobald  die 
Russen  die  Moldau  verlassen,  die  Adlet  auszustecken.  ^ 

Der  Plan  betreffs  der  Erwerbung  der  Bukowina  scheint 
Kaunitz  schon  zur  Zeit  der  Verhandlungen  der  Mächte  wegen 
der  ersten  Theilung  Polens  beschäftigt  zu  haben,  wie  aus  einem 
Berichte  Thugut's  an  Kaunitz  vom  Anfang  des  Jahres  1773 
hervorgeht,  in  welchem  ersterer  sich  über  die  Mängel  der  von 
Kaunitz  erhaltenen  Karte  beklagt.*  Darin  heisst  es  unter  An- 
derem, dass  die  ,nämUchen  Gegenden  öfters  mit  verschiedenen 
Namen  beleget  zu  werden  pflegen^,  dass  die  etwaigen  Grenzen 
näher  bezeichnet  werden  sollen,  und  bittet,  ,die  ganze  Sache 
zum  voraus  auf  die  klarste  unzweifelhaftieste  Art  auseinander- 
zusetzen, je  mehr  man  ohnehin  jederzeit  Mühe  hat  den  Mini- 
stem der  Pforte,  die  nicht  die  geringste  geographische  Kännt- 
üiü  besitzen,  bey  dergleichen  Verhandlungen,  nur  einmal  den 
Stand  der  Frage  begreiflich  zu  machen,  wobey  sie  dann  nach 
der  mistrauischen  Denkensart  der  Nation  jederzeit  in  die  Bey- 
sorge  zu  stehen  pflegen,  daß  man  ihre  Unwißenheit  zu  miß- 
brauchen, ...  sie  zu  übervortheilen  suchet  ,  .  /  Trotzdem  warnt 
Thugut  vor  einem  ,allzu  engen  Einverständnisse  mit  Rußsland', 
d.  i.  vor  einem  ernsten  Bruche  mit  der  Pforte,  weil  ,dadurch 
dem  Muhzun  Oglu  Anlaß  geschafet  würde,  seine  geftlhrUchen 
Abachten  bey  dem  neuen  Großherm  durchzusetzen,  und  durch 
einen  anüberlegten  Frieden  vor  der  Zeit  alles  in  die  Rußischen 
Binde  zu  liefernd 

Auf  diese  Weise  wurden  die  diplomatischen  Unterhand- 
lungen bezügUch  der  Erwerbung  der  Bukowina  in  Fluss  gebracht. 
ADein  damit  hätte  Oesterreich  schwerUch  etwas  erreichen  kön- 
nen, wenn  nicht  gleichzeitig  auch  vom  miUtärischen  Standpunkte 
die  Lösung  dieser  Frage  in  Angriff  genommen  worden  wäre. 


*  Vortrag,  Wien,  den  6.  August  1774.  R.  d.  R.-Kr.-M.  68/68:  »seyend  .  .  . 
bereits  vor  einigen  Monaten  zwey  Uussaren-Commandi  unter  dem  Vor- 
w&nde  einer  Rimontirung  in. die  Moldau  abgeschicket  worden,  damit, 
sobald  die  Moldau  von  den  Russen  vollständig  geräumet  wird,  die  Aufl- 
steckung  der  Adler  auf  dorn  von  der  Moldau  neu  einzuschliessenden 
Terrain  ohne  weiters  sogleich  erfolgen,  und  wenn  es  die  Umstände  noth- 
wendig  machen,  gegen  das  Land-Volk  souteniret  werden  könne!'  .  .  . 

»  Hannuzaki  VII,  S.  99,  100,  101. 

8» 


108 

Da  österreichischerseits  immer  mehr  Truppen  an  den 
neuen  Grenzen  concentrirt  wurden,  sah  man  sich  veranlasst^ 
wie  gewöhnlich,  Officiere  in  das  angrenzende  Land  zu  schicken, 
um  das  Terrain  kartographisch  aufzunehmen.  So  geschah  es 
an  der  Grenze  Pokutiens.  Aus  Galizien  wurden  Officiere  mit 
demselben  Auftrage  in  die  Moldau,  oder  sagen  wir  in  die  heu- 
tige Bukowina  geschickt.  Unter  diesen  befand  sich  Oberst 
Seeger,  welcher  vor  der  ersten  Theilung  Polens  an  der  Spitze 
der  österreichischen  Truppen  als  Erster  in  Galizien  einmarschirt 
war  (1769),  die  Adleraussteckung  und  die  Mappirung  vor- 
genommen hatte.  Er  wurde  später  mit  einer  Mission  nach 
Warschau  geschickt,  verblieb  daselbst  längere  Zeit  und  forschte 
nach  Belegen,  um  die  von  dem  unter  seiner  Leitung  stehenden 
Generalstabshauptmann  von  Mieg  vorgeschlagene  Grenze  gegen 
die  Moldau  auch  durch  historische  Thatsachen  zu  unterstützen. 

Seiner  Direction  wurden  die  in  der  Bukowina  mit  der 
Mappirung  dieses  Landes  beschäftigten  Officiere  unterstellt. 
Der  rangnächste  und  hervorragendste  unter  diesen  war  jeden- 
falls der  oben  genannte  Hauptmann  Friedrich  von  Mieg,  der 
in  der  Bukowina  eine  ähnliche  Rolle  spielte  wie  Seeger  seiner- 
zeit in  Galizien. 

Zu  Anfang  des  Jahres  1773  erhielten  einige  Officiere 
unter  Leitung  des  Majors  v.  Steinbacher  —  Director  war  Seeger 
—  die  Ordre,  den  nächst  Pokutien  gelegenen  Theil  der  Moldau 
zu  mappiren.  Die  beiden  Fürstenthümer  befanden  sich  damals 
jure  belli  in  den  Händen  der  Russen.  Die  ganze  Strecke  zwi- 
schen Dniester  und  Czeremos  wurde  derart  getheilt,  dass  der 
wichtigste  Theil  derselben,  d.  i.  das  Gebiet  zwischen  Dniester 
und  Pruth,  Hauptmann  Mieg,  von  Sniatin  bis  Kuty  Haupt- 
mann Kuzersdorff,  von  Kuty  bis  an  das  triplum  confinium* 
Hauptmann  Harbach  erhielt,  welcher  seine  Arbeit  mit  der 
Operation  des  Hauptmanns  vom  Ingenieurcorps,  Ho  ff  mann, 
zu  vereinigen  hatte.  Sniatin  ward  zur  Operationsbasis  erwählt. 
Da  Kuzersdorff  im  Gebirge  hinter  Dolina  erkrankte  imd  nach 
Tismenitz  gebracht  werden  musste,  so  übernahm  Mieg  bis  zur 
Ankunft  eines  andern  Offlciers  auch  dessen  Strecke,  damit  die 
Arbeiten  keine  Verzögerung  erleiden.  Dennoch  nahmen  sie 
viel  Zeit  in  Anspruch,  so  dass  Mieg  erst  am  17.  September  1773 

^  Moldau,  Siebenbürgen  und  Galizien. 


109 

in  die  Lage  kam,  eine  Generalkarte  der  Bukowina  sammt 
einem  Berichte  an  das  k.  k.  General-Militärobercommando  ein- 
zuschicken.^ Die  hier  erwähnte  Karte  war  selbstverständlich 
norBrouillon  oder  eine'^Entwurfszeichnong^.  Elrst  im  nächsten 
Jahre  arbeitete  Mieg  eine  ausführlichere  Generalkarte  der  Bu- 
kowina aus,  die  sich  ebenfalls  in  der  Anlage  befindet.^  Das 
ist  die  älteste  Specialkarte  der  Bukowina. 

Diesem  Berichte  entnehmen  wir,  dass  Mieg  von  Sniatin 
nach  Czemowitz,  von  da  ^auswärts  des  Bukowinawaldes'  nach 
Chotim,  dann  weiter  nach  ^aminiek,  von  hier  wieder  zurück 
über  Chotim  nach  Horodenka  reiste,  aus  welchem  Orte  er 
seinen  Bericht  abschickte.  Er  macht  auf  die  Vortheile  der 
Bukowina  in  miUtärischer  und  poUtischer  Hinsicht  aufmerksam 
und  schlägt  vor,  die  offene  Grenze  Galiziens  aufzuheben  und 
bis  zur  heutigen  Grenze  der  Moldau  auszudehnen. 

Im  selben  Jahre  (1773)  konnte  die  Mappirung  des  ganzen 
Terrains  noch  nicht  erzielt  werden,  weil  die  ungünstige  Witte- 
rung und  die  Erkrankung  eines  Officiers  dies  verhinderten. 
Aber  Mieg  verstand  es  vortrefflich,  diese  Ruhepause  im  Inter- 
esse seines  Staates  auszunützen.  Er  erkundigte  sich  nämlich 
bei  den  angesehensten  Persönlichkeiten  des  Landes,  ob  nicht 
etwa  die  von  ihm  gefundene  natürliche  Grenzlinie  jemals  die 
Grenze  zwischen  Polen  und  Moldau  gewesen  sei.  Dies  wurde 
nicht  nur  von  denselben  mündUch  bestätigt,  sondern  ein  Edel- 
mann, namens  Striska,  hatte  sich  sogar  bereit  erklärt,  ihm 
eine  Donationsurkunde  aus  dem  17.  Jahrhunderte  gegen  Be- 
lohnung und  Geheimhaltung  seines  Namens  gegenüber  den 
Russen  und  Türken  für  kurze  Zeit  zu  überlassen. 

Erfreut  über  diese  unverhoffte  Entdeckung,  schickte  Mieg 
einen  zweiten  Bericht  an  seine  vorgesetzte  Behörde,  worin  er 
davon  eine  Mittheilung  macht  und  die  Urkunde  beischliesst.' 
Mit  dieser  Urkunde  erhielt  Stephan  Holubowski  für  seine  Ver- 


^  Bea  L 

•  ,Oenend-Carte  von  der  neuen  geometrisch  Aufnahme;  theibj  von  denen 
k  la  vue  aufgenohmenen  Gegenden  zusammengesetzt,  zu  Ersehung  der- 
jenigen Gräntzlinie,  welche  bey  formirung  eines  Arrondissements  der 
Bokovina  vor  das  Allerhöchste  Interesse  fürzuwählen  .erforderlich  wäre« 
Znaammengesetzt  von  Major  v.  Mieg  1774;  1 :  130.  900.' 

•  Beil.  rV,  VII,  Vni,  IX.  Das  Original  war  in  polnischer  Sprache  ver- 
iiatdj  die  Abschrift  in  lateinischer. 


%-* 


110 

dienste  vom  Könige  Johann  Sobioski  am  20^  December  1691 
das  Gebiet  von  Piedekautz  *  zum  Geschenke.  Diese  Schenkungs- 
urkunde war  flir  Kaunitz  unzweifelhaft  von  hohem  Werthe, 
weil  sie  die  Realisirung  seines  Planes  am  meisten  zu  fördern 
vermochte. 

Auf  einer  Reise  nach  Chotim,  welche  Mieg  durch  den 
Bukowinawald  zurücklegte,  fand  er  einen  Bergrücken,  der  sich 
mitten  durch  diesen  Wald  von  Czernowitz  bis  Chotim  hinzog. 
Der  Bergrücken  schien  eine  sehr  günstige  natürliche  Grenze 
zwischen  Bukowina  und  Moldau.  Mieg  wurde  in  dieser  An- 
nahme noch  dadurch  bestärkt,  dass  ihn  ein  Jude  auf  der  er- 
wähnten Strecke  auf  einen  alten  Grenzstein  bei  FontAna  Sauchi 
aufmerksam  machte,  der  die  ehemalige  Grenze  zwischen  Polen 
und  Moldau  gebildet  haben  mochte.  Ja,  er  erfuhr  sogar  die 
Namen  der  letzten  zwei  polnischen  Starosten  im  Czemowitzer 
Districte,  nämlich  Potocki  und  Turkul.  Auf  welche  Weise  die 
Biikowina  aus  polnischen  in  türkische  Hände  kam,  darüber 
konnte  Mieg  nichts  Authentisches  erfahren.  Er  schloss  diesen 
Bericht  mit  der  Aufzählung  der  bei  der  Erwerbung  der  Buko- 
wina sich  ergebenden  Vortheile.* 

Welche  Wichtigkeit  diesen  Berichten^  höchsten  Orts  bei 
gemessen   wurde,   erhellt  vor  Allem    daraus,   dass  Seeger   und 
Mieg   die   kaiserliche   Anerkennung,   dem   letzteren   ausserdem 
der  Majorsrang  zutheil  wurde.* 

Während  sich  also  Mieg  mit  den  Verhältnissen  in  der 
Bukowina  vertraut  machte,  beschäftigte  sich  Seeger  in  Warschau 
mit  der  früheren  Geschichte  dieses  Theiles  der  Moldau,  um 
nachweisen  zu  können,  dass  die  Berichte  Mieg's  einer  histori- 
schen Grundlage  nicht  entbehrten.  In  seinem  ersten  Berichte^ 
aus  Warschau  versucht  er  auf  Grund  älterer  Werke  den  Nach- 
weis zu  erbringen,  dass  die  von  Mieg  gefundene  natib'liche 
Grenze  die  alte  Grenze  Pokutiens  gewesen  sei.  Innerhalb 
eines  Zeitraumes  von  zwei  Monaten  schickte  er  nach  Wien 
einen  anderen  längeren  Bericht,^  worin  die  Begründung  der 
Ansprüche  der  polnischen  Könige  auf  den  zu  erwerbenden 
Theil  der  Moldau  enthalten  ist. 


*  Dorf  in  der  Bukowina. 

»  3eil.  in.     »  Beil.  H,  IH,  IV.    *  Beil.  V,  VI,  VU.    »  Beil.  U.    •  Beil.  XIIL 


111 

Auf  Grund  der  im  obigen  Berichte  angeführten  historischen 
Thatsachen  steht  es  ausser  Zweifel^  dass  die  heutige  Bukowina 
durch  Jahrhunderte  ein  Zankäpfel  zwischen  Polen  und  Mol- 
dauern war.  Die  Bukowina  gehörte  zur  Moldau,  aber  ihre 
exponirte  Lage  brachte  sie  oft  in  fremde  Hände,  so  dass  die 
Grenze  Pokutiens  manchesmal  bis  an  den  Bukowinawald  oder 
eigentlich  bis  zum  Bergrücken,  welcher  sich  durch  diesen  hin- 
zog, sich  erstreckte.  Dazu  trugen  auch  die  traurigen  Verhält- 
nisse in  den  beiden  Fürstenthümern  viel  bei,  wo  die  Fürsten 
sich  gegenseitig  bekämpften  und  bei  den  Polen,  mit  denen  sie 
oft  in  verwandtschaftlichen  Beziehungen  standen,  Hilfe  suchten. 

Kurze  Zeit  darauf  unternahm  Seeger,  den  Nachweis  zu 
fthren,  ,daß  beyde  Wallacheyen  von  undenklichen  Zeiten  zur 
Krön  Hungam  gehörten  .  .  .'  Dieser  geschichtliche  Auszug 
fthrt  die  Aufschrift:  ,Kurze  Beschreibung  von  Aerf  Moldau  und 
Wallaehey  aus  bewährten  Autoribus  ausgezogen.*^  Dies  be- 
ginnt mit  dem  Jahre  1330  und  endigt  mit  dem  Jahre  1718. 
Am  Schlüsse  dieser  Arbeit  finden  wir  Seeger's  Urtheil,  welches 
interessant  genug  ist,  angefahrt  zu  werden.  ,Wer  wird,'  schreibt 
er,  ,wohl  im  Stande  seyn  aus  allen  demjenigen,  was  hier  von 
denen  Begebenheiten  deren  Pohlen  in  der  Moldau  gesagt  worden, 
etwas  anderes  herauszuschliessen  als  daß  die  Republic 

zwar  die  Herrschaft  über  die  Moldau  ge- 
wünscht, dass  aber  alle  ihre  Versuche  sich  auf 
keine  Rechte  gründeten,  daß  solche  ebenso  un- 
glücklich, als  unrechtmäßig  war,  und  daß  man 
auch  sogar  die  Unternehmung  des  Johann  Zamoiski 
1595,  welche  unter  allen  vorigen  die  glänzendste 
war,  nichts  anders  als  eine  Diversion  nennen 
konnte; 

,Damit  aber  der  Unterschied  zwischen  der  Gültigkeit  der 
Hungarischen  Prätensionen  und  der  Unrechtmäßigkeit  der  pol- 
nischen um  so  viel  mehr  in  die  Augen  falle,  so  wird  es  nötig 
8eyn,  der  Allianz  gegen  die  Türken  zu  gedenken,  welche 
zwischen  ELaiser  Leopold  und  Johann  Sobiesky  von  Pohlen 
1683  geschlossen  wurde,  wobey  es  im  8^°  Articul  heißt,  atque 
ita  Hostem  duobus  in  locis  invadendo,  Caesar  Hungariam,  Rex 


"  ,W»r8cban  im  J.  1774.*     (Orig.  R.  d.  R.-Kr,-M.  53/56.) 


112 

Podoliam  et  Ukrainam  recuperabit.  *  Hätte  Johann  Sobiesky  ge- 
glaubt^ eine  Prätension  auf  die  beyden  Wallacheien  zu  haben, 
80  wären  solche  hier  eingesezt  worden,  aber  es  stehet  bloß 
PodoUam  et  Ukrainam.  Wollte  man  vielleicht  den  Einwurf 
machen,  daß  solche  von  Seiten  des  Kaisers  auch  nicht  seyen 
genannt  worden,  so  ist  dieser  dadurch  sehr  leicht  beantwortet, 
daß  unter  dem  Namen  Hungariam  alles,  was  dazu  gehört  be- 
griffen worden,  und  also  auch  beyde  Walacheien. 

,Es  wäre  vielleicht  noch  ein  einziger  Punkt  übrig,  welchen 
die  Republik  Pohlen  zu  ihrem  Vortheil  anführen  könnte.  Es 
ist  bereits  unter  dem  J.  1689  oben  gesagt  worden,  daß  die 
Republik  bey  dem  Karlowitzer  Frieden  Kamuniec  und  die 
beeden  Wallacheien  von  denen  Türken  verlangte.  Man  könnte 
dennoch  einwerfen,  daß  die  bey  der  Schließung  des  Friedens 
gegenwärtigen  kaiserlichen  und  hungarischen  Gesanten  es  denen 
Pohlnischen  niemals  würden  zugegeben  haben,  eine  solche  Prä- 
tension an  die  Türken  zu  machen,  wenn  sie  solche  nicht  selbst 
gebilliget,  und  folghch  der  Republik  das  Recht  auf  die  beyden 
Wallacheien  überlassen  hätten:  Aber  dieser  Einwurf  hebt  sich 
selbst.  Der  Kaiser  und  die  Republik  waren  alliirt.  Die  kaiser- 
lichen Gesandten  konnten  es  wohl  sehr  leicht  einsehen,  daß 
die  Türken  denen  Pohlen  die  beyden  Wallacheien  niemals 
übergeben  würden,  zumalen  da  diese  kein  Recht  hatten  solche 
zu  verlangen,  sie  hielten  es  also  für  unnötig  ihre  Alliirten  durch 
die  Protestation  gegen  ein  Begehren  unwillig  zu  machen,  wovon 
sie  voraussahen,  daß  es  von  denen  Türken  niemals  würde  er- 
füllet werden. 

,Daß  aber  hieraus  gar  leicht  eine  für  Pohlen  favorable 
Folge  zu  ziehen  ist,  dieses  erhellt  zu  zweytens  auch  daraus, 
weil  in  dem  ersten  Congress  vor  dem  Karlovitzer  Frieden, 
wobey  aber  noch  kein  Schluß  zu  Stand  kam,  der  Kaiser  die 
oben  unter  dem  J.  1689  erwehnte  Prätension  in  Ansehung 
^r|  deren  beyden  Wallachey  für  sich  selbst  machte.' 

'    '  ,Zuletzt  verdient  hier  noch  ein  Umstand  vom  J.  1692  aus- 

geführt zu  werden,  welcher  von  Ketteier  S.  634  erzehlet  wird: 
"  '  Die  Republik  Pohlen  war  in  diesem  J.  gegen  die  Tartaren  so 

s^-  glücklich,  daß  ihnen  der  Chan  die  Vestung  Kaminiec,  und  die 

Ukraine  auf  ewig  verspräche,  wofeme   sie  mit  ihm   ohne  Zu- 


"^--f 


> , 


*   < 


« 


Ä.  Li. 


\ 


,'»  »  Ketteier,  S.  577. 


113 

«iehuDg  ihrer  Abirten  einen  Particular  Frieden  schließen  wolten: 
die  pohlischen  Senatoren  hielten  diese  Bedingungen  ftir  so  voiv 
theilhafl,  daß  sie  den  Frieden  sogleich  eingehen  wollten.  Allein 
d^  König;  wolte  das  Völker  Recht  nicht  beleidigen^  and  ohne 
Vorwissen  derer  Aliirten  keinen  Frieden  machen.  Hätte  die 
Republic  eine  gegründete  Prätension  auf  beyde  Wallacheien 
gehabt,  so  würden  die  polnischen  Senatoren  einen  Frieden, 
wobey  sie  nicht  alles,  was  zu  der  Republic  gehörte,  zurück- 
erhielten, gar  nicht  für  vortheilhaft  angesehen,  und  bey  so 
günstigen  Umständen,  wo  dem  Tartar  Chan  so  sehr  am  Frieden 
gelegen  wäre,  ganz  sicher  nicht  ermanglet  haben,  die  beeden 
Provinzen  von  Ihme  zu  begehren ;  Allein  Sie  waren  mit  Kami- 
nieck  und  der  Ukraine  zufrieden,  imd  der  König  allein  war 
Ursache,  daß  es  nicht  zum  Frieden  kam. 

,Ohngeachtet  aus  allen  hier  angezeigten  Begebenheiten 
deutlich  erhellt,  daß  die  Republic  Pohlen  auf  die  ganze 
Moldau  gar  keine  Prätension  machen  könne:  so  sind  doch 
die  Traitate  sub  Lit.  A  und  B,'  welche  die  Republick  mit  der 
Pforte  in  den  neusten  Zeiten  geschloßen,  hier  beygelegt  worden, 
um  zu  beweisen,  daß  die  Türken  bey  ihrer  angemasten  herr- 
schaft  über  die  Moldau  sich  sogar  auch  noch  von  der  Republic 
Pohlen  verschiedene  Einschränkungen  haben  müssen  gefallen 
lassen,  welche  sie  bey  einer  von  Rechtswegen  ihnen  gehörigen 
Provinz  schwerlich  jemals  würden  eingegangen  seyn.' 

Wenn  wir  die  beiden  letzten  Berichte  Seeger's  miteinander 
vergleichen,  so  sehen  wir,  dass  in  dem  ersteren  historische 
Thatsachen  reproducirt  sind,  welche  die  von  Mieg  gefundene 
oatürliche  Grenze  zwischen  Moldau  und  der  Bukowina  als  eine 
einmal  zwischen  jener  und  Pokutien  gewesene  Grenze  bestä- 
tigten, während  im  zweiten  die  Rechte  Ungarns  auf  die  beiden 
Fürstenthtimer  hergeleitet  werden.  Also  von  Polens  Rechten 
auf  die  Moldau  kann   hier   entschieden   nicht  die   Rede   sein. 


^  Lit  A.  Limites  Re^i  Poloniae  et  M.  D.  Litvaniae  ex  originalibus  et 
exemplis  auUienticis  descripti  et  in  lucem  editi  1758  per  Math.  Dogiel, 
Scholanim  Piarum  Vilnensium  Rectorem.  Vilnae  in  Typographia  Reg. 
et  Reip.  Coli:  Viln.  Scholarum  Piarum.  p.  6227:  Dislimitatio  sive  Trao 
Utu«,  inter  Achmetum  Imperatorem  Turcarum,  et  Augustum  II.  Regem, 
et  Regpaum  Poloniae,  quo  fines  et .  .  .  defininntur.  Datum  14.  Novembrls 
Anno  a703.*  Lit.  B.  Ibidem  ...  Ex  Archivo  Regni  Acta  Annorum 
«tc    Tom.  1,  foU.  248. 


114 


1 


1.* 
r"' 


.!i^... 


ebensowenig  auf  die  Bukownia,  die  durch  ihre  Lage  öfters  von 
den  Feinden  zwar  besetzt^  aber  durch  längere  Zeit  nicht  be- 
kaaptet  werden  konnte. 

Man  konnte  auf  Grund  des  von  Mieg  und  Seeger  ge- 
sammelten historischen  Materials  die  Erwerbung  dieses  Landes 
gegenüber  der  Pforte  unterstützen,  ohne  eine  Complication  der 
damaligen  kriegerischen  Verhältnisse  hervorzurufen,  was  bei 
einer  eventuellen  Berufung  auf  die  früheren  Rechte  Ungarns 
auf  die  beiden  Ftirstenthüraer  sehr  leicht  hätte  eintreten  können. 
Deswegen  vermied  Kaunitz,  von  Ungarn  und  dessen  Rechten 
auf  die  Moldau  irgend  welche  Erwähnung  zu  machen,  und  er 
beschränkte  sich  blos  darauf,  Polens  Anspruch  auf  die  Buko- 
wina geltend  zu  machen,  was  unter  den  damals  obwaltenden 
Verhältnissen  richtiger  war. 

Während  Seeger  und  Mieg  im  Interesse  Oesterreichs  eine 
intensive  Thätigkeit  entwickelten,  war  General  Barco  im  rus- 
sischen Hauptquartiere  nicht  weniger  thätig.     Nachdem  er  ein 
ziemlich  umfangreiches  Journal   über  die  russische  Campagne 
gegen  die  Türken  pro   1773  mit  verschiedenen  Anmerkungen 
über  die  socialen  und  materiellen  Verhältnisse  in  der  Moldau 
und  Walachei  eingeschickt  hatte,  sendete  er  bald  darauf  andere 
wichtige   Meldungen    an   den   Hofkriegsrath,    die   imsere   volle 
Anfrnerksamkeit  in  Anspruch  nehmen.     Vor  Allem   spricht  er 
von  der  Fruchtbarkeit  und  dem  Reichthume  der  beiden  Fürsten- 
thttmer.*     Früher  wollte  zwar  Maria  Theresia  von  der  Erwer- 
bung  dieser  Länder  nichts  wissen,*   und   es   ist  auch   Grund 
vorhanden,  anzunehmen,   dass  der  österreichische  Hof  vor  der 
Mission   Barco's    über    den   Zustand    der  Fürstenthümer   nicht 
genügend  unterrichtet  war.    Erst  nach  Einlangen  des  Journals  * 
von  Seite  des  im  russischen  Hauptquartiere  sich  aufhaltenden 
Generals  änderte  sich  auch  die  Meinung  des  österreichischen 
Hofes. 

Doch  hing  Alles  von  der  Beendigung  des  russisch -türki- 
8<:hen  Krieges  ab.  Zu  Beginn  des  Jahres  1774  zeigte  sich 
eine  grössere  Rührigkeit  im  russischen  Lager.  Fürst  Serbatow 
erschien  in  Jassy,  um  fiir  den  Unterhalt  der  Armee  zu  sorgen. 
Auch  der  russische  Minister  Obreskow,  welcher  sich  in  der 
Moldau,   und  zwar  in  Roman  aufhielt,   um  bei  den  Friedens- 

«  B«L  X.    *  Siehe  S.  103,  Anm.  3.    »  BeU.  X. 


115 

onterhandlangen  Romanzow  rasch  unterstützen  zu  können, 
wurde  daselbst  erwartet,  da  Russland  daran  liegen  musste,  den 
Krieg  sobald  als  möglich  zu  beendigen,  denn  es  hatte  in 
diesem  Kriege  sehr  grosse  Verluste  erlitten,  und  auf  einen  vollen 
Ersatz  konnte  umsoweniger  gerechnet  werden,  weil  Pugatschew 
die  Fahne  des  Aufstandes  aufgepflanzt  hatte,  worauf  mehrere 
Regimenter  sich  ihm  anschlössen.*  Damit  war  aber  das  Mass 
der  Unglücksfälle  noch  nicht  voll,  denn  nach  Jassi  kam  die 
Nachricht,  dass  der  russische  General  Bibikow  von  Pugatschew 
in  der  Gegend  von  Kasan  geschlagen  wurde,*  weshalb  noch 
mehr  Truppen  aus  Russland  gegen  Pugatschew  geschickt  werden 
raussten.  Das  Heer  der  Russen  in  der  Moldau  und  Walachei 
dürfte  Jänner  1774  ungefähr  108.000  Mann  stark  gewesen  sein.^ 

Um  bei  dem  bevorstehenden  Abmärsche  des  russischen 
Heeres  vollständig  freie  Hand  zu  haben,  befahl  Kaiser  Josef  IL, 
die  längs  der  Grenze  Pokutiens  ausgesteckten  Adler  auszu- 
,  graben,  daher  diese  unmarkirt  zu  lassen,  und  erst  nach  dem 
Rückzüge  der  Russen  die  Adleraussteckung  längs  der  neuen 
Grenze  (der  Bukowina)  vorzunehmen.*  Maria  Theresia  hin- 
gegen schrieb  kurz  darauf  an  Siskovics,  dass  an  der  sieben - 
bürgisch-moldauischen  Grenze  der  innere  Bau  der  Karpathen 
untersucht  werden  möge.^ 

Aus  der  Moldau  kam  die  Nachricht,^  dass  Preussen  da- 
selbst eintrafen,  um  Pferde,  Hornvieh,  Wachs  und  Honig  ein- 
zukaufen, und  dass  im  russischen  Heere  sich  eine  Bewegung 
zeige,  woraus  man  auf  eine  nahe  bevorstehende  Action  schliessen 
müsse.' 

Unterdessen  wurden  in  der  Bukowina  Vorkehrungen  ge- 
troffen, um  im  Laufe  des  Jahres  die  Mappirungsarbeiten  zu 
vollenden,®  denn  die  Pest,  durch  welche  der  Fortgang  der 
Arbeiten  verzögert   war,   hatte  Ende  Jänner   1774  aufgehört.® 


^BeU.Xn.     2  Beil.  XIV.    »Ibid.    *  Beil.  XV.    »  Beil.  XVI.     «  Beil.  XVIH 
'  Ibid.    •  Beil.  XVII. 

*  Die  siebenbürgische  Sanitätscommission  an  Maria  Theresia.  (Orig.,  R. 
d.  B.-Kr.-M.  62/26.)  »Herraanstadt,  den  30ten  März  774.  Es  scheinet, 
daß  die  Überbleibsel  der  Pest  in  der  Wallachey  mit  Ende  Jenner  gänz- 
lich erloschen  seynd;  Wenigstens  kommen  alle  seitherige  Nachrichten 
Übereins,  daß  nirgends  die  mindeste  Spur  dieses  Übels  anzutreffen  sey; 
die  Moldau  ist  ohnehin  des  ganzen  leztverwichenen  Jahrs  davon  frey 
geblieben.    Hermanstadt,  den  30ten  März  774.* 


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3*» 


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116 

Befehle  und  Verhaltungsvorschriften  ergingen  an  Mieg 
seitens  seiner  Vorgesetzten,  als  jener  angezeigt  hatte^  dass  die 
Russen  in  der  Bukowina  Anstalten  treffen,  dieselbe  zu  ver- 
lassen. Schon  jetzt  wurde  der  Gedanke  angeregt,  kleine 
Truppenabtheilungen  in  die  Bukowina  vorzuschieben,  welche 
die  künftige  Besitzergreifting  dieses  Landes  vorbereiten  sollten.* 
Dies  geschah  auch  bald  darauf,  weil  auch  der  Kaiser  damit 
einverstanden  war.  Nur  mahnte  letzterer  zur  Vorsicht,  die 
Russen  ja  nicht  in  ihrem  Rechte  zu  beeinträchtigen,  weil  da- 
durch die  Absicht  leicht  vereitelt  werden  könnte.  Vor  Allem 
wünschte  man  vorläufig  keine  Adleraussteckung;  wenn  dies 
aber  nach  Abzug  der  Russen  geschehen  sollte,   so  musste  die 

r'})-^  Extension   der  Grenzen  derart  ausfallen,   dass   man  auf  einen 

occupirten  Theil  eventuell  Verzicht  leisten  könne.* 

Um  Alles  festzustellen,  unternahm  der  Commandirende 
von  G;alizien,  Feldzeugmeister  Elllrichshausen,  selbst  eine  Reise 
in  die  Moldau,  um  sich  persönlich  von  dem  Stande  der  Ver- 
hältnisse zu  überzeugen,'  worüber  er  in  einem  längeren  Schreiben 
Bericht  erstattete.* 

Doch  hing  die  Lösung  der  Bukowinafrage  lediglich  von 
einer  glücklichen  Beendigung  des  Krieges  seitens  Russlands 
ab.  Siegte  Russland,  dann  konnte  Oesterreich  auf  eine  bal- 
dige Erwerbung  der  Bukowina  hoffen.  Wenn  nicht,  dann 
hätten  Kaunitz  auch  die  Vorbereitungen,  die  er  bereits  getroffen 
hatte,  nicht  viel  nützen  können.  Daher  mussten  auch  die 
Nachrichten  vom  Kriegsschauplatze  eine  erhöhte  Bedeutung 
erhalten. 

Nachdem  die  Russen  ihre  Klriegsrüstungen  halbwegs  wieder 
vollendet  hatten,  arbeitete  Romanzow  auf  eine  Entscheidung 
hin.     Er  brach  nach  einer  abgehaltenen  Musterung  von  Jassy 

i:t/;^j  auf  und   ertheilte  den  Befehl,   die  Türken   anzugreifen.^     Die 

Russen  überschritten  infolge  dessen  bei  Gura  balta  die  Donau 
imd  errangen  blutige  Siege  über  die  Türken  zwischen  Schmnla 
und  Vama,®  so  dass  Romanzow  dadurch  die  Pforte  bald  zum 
i  Friedensschlüsse  zu  zwingen  hoffite.'' 

■W'  Je  näher  man  demselben  kam,  desto  lebhafter  gestaltete 

'■l^<*i  (  sich  die  Thätigkeit  derjenigen  Personen,  welche  berufen  waren. 


»  Beil.  XIX.      '  Beil.  XX.      »  Beil.  XXIII.      *  Beil.  XXIV.      »  Beil.  XXI. 


/    f^  «  Beil.  XXI.  XXn.      '  Beil.  XXI. 

OL 


117 

die  ihnen  von  den  einzelnen  Höfen  anvertraute  Aufgabe  zu 
lösen.  EUrichshausen  schreibt  in  einem  langen  Berichte  über 
wichtige  Anordnungen^  die  in  der  Bukowina  ausgeführt  zu 
werden  verdienten  und  im  Laufe  der  Jahre  auch  ausgeführt 
wurden.  Die  von  Mieg  geftindene,  von  Seeger  historisch  unter- 
stützte neue  Grenzlinie  zwischen  der  Moldau  und  der  Buko- 
wina wurde  von  EUrichshausen  in  Augenschein  genommen^  fUr 
vortheilhaft  geAinden  und  deren  Annahme  befürwortet.*  Da  die 
damaligen  Bewohner  dieses  Landes  sich  hauptsächlich  mit  der 
Viehzucht  beschäftigten,  so  wurden  gleich  anfangs  einige  be- 
sonders grasreiche  Gegenden  zur  Anlegung  eines  Gestütes 
empfohlen.  Vorzüglich  war  die  Radautzer  Gegend  dazu  ge- 
eignet, weswegen  später  die  Errichtung  eines  solchen  daselbst 
auch  durchgeführt  wurde.  Heute  ist  dieses  Gestüte  eines  der 
blühendsten,  und  die  Geschichte  desselben  muss  bis  auf  das 
Jahr  1774  zurückgeleitet  werden.  Auch  die  Anlegung  von 
Glasfabriken  wurde  angeregt  und  später  durchgeführt. 

Da  die  galizische  Grenze  gegen  die  Moldau  offen  und 
von  Waldungen  entblösst  war,  so  war  man  ai|f  die  Erwerbung 
solcher  bedacht,  weil  der  Holzmangel  mancher  Gegenden  die 
Bevölkerung  sehr  empfindlich  traf.  Daher  fasste  man  die  Cho- 
timer  Gegend  ins  Auge. 

Die  Vortheile  des  Besitzes  der  Bukowina,  welche  auch 
höheren  Orts  anerkannt  worden  sind,  waren  auch  vom  mili* 
tftrischen  Standpunkte  so  bedeutend,  dass  weder  Mieg  noch 
EUrichshausen  es  unterlassen  durften,  auf  einige  wichtige  Punkte 
die  Aufmerksamkeit  höherer  Kreise  zu  lenken.^ 

Major  Mieg  beschäftigte  sich  um  die  Zeit  des  Friedens 
za  Kutschuk  Kainardsche  mit  Mappirungsarbeiten,  nachdem  er 
die  Begehung  der  neuen  Grenzlinie  zwischen  Bukowina  und 
Moldau  beendet  hatte.  Kaum  wurde  dieser  Friedensschluss 
EUrichshausen  bekannt,  als  auch  Mieg  von  letzterem  aufge- 
fordert wurde,  die  Beendigung  der  wichtigsten  Terrainaufnahmen 
zu  beschleunigen  und  dann  nach  Czemowitz  zu  eilen,  um  die 
Bewegungen  der  Russen  besser  beobachten  zu  können.* 

Die  schwierigste  Rolle  bei  der  Erwerbung  der  Bukowina 
hatte  unstreitig  Freiherr  von  Thugut,  welcher  damals  Oesterreich 
bei  der  hohen  Pforte  vertrat.     Die  Verhandlungen  darüber  mit 

*  BeU.  XXIV.     «  Beil.  XXV. 


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118 

der   Pforte  einzuleiten^    fiel   ihm   zu.     Dieser   verlangte  schon 
Februar   1773    in   einem   Schreiben^    an   Eaunitz   von   diesem 
eine  gute  Karte  der  Moldau^  damit  er  sich  diesbezüglich  orien- 
tiren  könne.     In  diesem  Schreiben  erwähnt  er  einer  Relation, 
die  er  von  Enzenberg  —  derselbe  stand  damals  an  der  Spitze 
des  2.  walachischen  Grenzregiments  in  Siebenbürgen  —  erhalten 
hatte,  worin  eine  ,durch  die  Moldau  zu  führende  Verbindung 
zwischen  Pokutien  und  Siebenbürgen^  projectirt  wurde.   Anfangs 
beschränkte  sich  Thugut   darauf,   die  freundschaftlichen  Bezie- 
hungen zwischen  beiden  Reichen  zu  pflegen,  zu  erhalten,  fremden 
Einfluss,  der  dieselben  hätte  stören  können,  fernzuhalten,  und 
die  Wege,  welche  zu  den  Verhandlungen  mit  der  Pforte  be- 
züglich der  Erwerbung  eines  Theiles  der  Moldau  führen  mussten, 
für.  die  Zukunft  zu  ebnen.     Nachdem  er  sich  überzeugt  hatte, 
dass  diesbezüglich  von  der  Pforte  auf  friedlichem  Wege  nichts 
erreicht  werden  könne,  glaubte  er  auf  den  Umstand  hinweisen 
zu  müssen,  dass  es  leichter  sei,  gegenüber  der  Pforte  besetztes 
Gebiet  zu  behaupten,   als  solches,   wenn  man  auch  ein  Recht 
dazu  hätte,  auf  friedliche  Weise  zurückzuerlangen.     Seine  Be- 
mühungen unterstützte  Barco. 

Der  russische  Feldherr  gestattete  schon  Mai  1774,  also 
ungefähr  drei  Monate  vor  dem  Friedensschlüsse,  dass  einzelne 
österreichische  Truppentheile  im  Czemowitzer  Bezirke  bis  an 
den  erwähnten  Bergrücken  vorgeschoben  wurden,*  natürlich 
unter  der  Bedingung,  den  Russen  in  keiner  Weise  hinderlich 
zu  sein. 

In  welch'  hoher  Gunst  Barco  beim  russischen  Feldherm 
'^■^  >|  stand,   kann   man   daraus   schliessen,   dass   er   wohl   der   Erste 

war,  der  am  selben  Tage,  an  welchem  der  Friede  zu  Kutschuk 
Kainardsche    geschlossen    wurde,^    davon    Kenntniss    erlangte, 


*  Hurmuzaki  VU,  8.  98—101  (Pera  bei  Constantinopel  den  3.  Febr.  1773). 
«  Vide  S.  107,  Anm.  1. 

•  Beil.  XXV  ...  Barco  schrieb  am  17.  Juli  1774,  dass  der  Friede  am 
selben  Tage  geschlossen  worden  sei.  Zinkeiseu  sagt  im  V. Bd.,  S.  959 :  , Am 
16.  Juli  trafen  die  osmaniscben  Bevollmächtigten  mit  einem  einzigen, 
dem  Fürsten  Nicolaus  von  Bepnin  zusammen;  in  4  Stunden  war  Alles 
zugestanden,  Alles  abgethan.  Am  nächsten  Tage  sollte  die  Unterzeichnung 
des  Friedensvertrages  stattfinden.  Die  Russen  bestanden  darauf,  dass 
sie  bis  zum  21.,  dem  Jahrestage  dös  Friedens  am  Pruth,  verschoben 
werde.*  Dohm  hingegen  schreibt  im  I.  Theile  seiner  ,Denkwürdigkeiten*, 
S.  505,  der  Friede  sei  am  21.  Juli  geschlossen  worden.     Von  Oncken 


119 

wenn  er  auch  über  die  einzelnen  Punkte  de^elben  wahrschein- 
lich nicht  unterrichtet  war.  Es  herrschte  durch  längere  Zeit 
(krüber   ein    Geheimniss^    unter   welchen  Bedingungen   dieser 


erhalten  wir  als  Datum  dieses  Ereignisses  den  6.  Juli  (Allgemeine  Ge- 
schichte in  Einzeldarstellungen.  Das  Zeitalter  Friedrichs  des  Grossen, 
2.  Bd.,  S.  500);  Tassara  gibt  sogar  den  10.  Juli  an  (Tassara  an  Eaunitz, 
Pera  bei  Constantinopel,  den  23.  Jänner  1778.  Orig.  im  k.  n.  k.  Hans-, 
Hof-  und  Staatsarchiv).  Welches  Datum  ist  das  richtige?  —  Schon  der 
Umstand,  dass  Barco  mit  brennender  Ungeduld  auf  den  Abschluss  dieses 
Friedens,  der  Oesterreich  zu  einer  Erweiterung  seiner  Grenzen  führen 
sollte,  wartete,  dass  von  einem  verspäteten  Eintreffen  dieser  Nachricht 
unabsehbare  Verwicklungen,  ja,  bei  der  damaligen  Weltlage,  Kriege  und 
die  Verzichtleistung  auf  die  Erwerbimg  der  Bukowina  abhingen,  dass 
also  dabei  die  wichtigsten  Interessen  Oesterreichs,  die  Barco  im  russischen 
Hauptquartiere  zu  fördern  hatte,  auf  dem  Spiele  standen,  dass  er  gerade 
berufen  war,  die  erste  Nachricht  über  den  geschlossenen  Frieden  nach 
Wien  zu  schicken,  dass  er  sich  die  Freundschaft  Romanzow*s  in  hohem 
Masse  zu  erwerben  verstanden  hatte,  dass  er  als  Diplomat  und  Officier 
mne  der  wichtigsten  Pflichten  erfüllen  musste,  dass  er  also  mit  Leib  und 
Seele  daran  betheiligt  war,  spricht  dafür,  dass  sein  Bericht  mehr  Glanben 
verdient  als  jeder  andere.  Er  schrieb  an  Ellrichshauseu  deutlich  genug, 
dass  der  Friedensvertrag  am  erwähnten  Tage  von  Romanzow  und  den 
beiden  türkischen  Gesandten  unterfertigt  wurde,  und  dass  die  Ratificirung 
von  Seite  des  Grossveziers  nach  drei  Tagen  erfolgen  sollte,  d.  i.  am 
20.  Juli.  Wir  kOnnen  wohl  hier  anfügen,  dass  diese  Ratificirung  nicht 
Am  20.,  auch  nicht  am  21.  stattfand,  wie  die  Russen  erwarteten,  sondern 
erst  am  6.  Juli  1779,  nachdem  vorher  am  21.  M&rz  1779  zwischen  Russ- 
Und  und  der  Türkei  diesbezüglich  ein  Vergleich  zustande  gekommen  war 
(Tassara  an  Kaunitz,  Pera,  März  1779,  und  Tassara  an  Kaunitz,  Pera,  Juli 
1779.  Orig.  im  k.  u.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv).  Zink  eisen,  der 
seine  osmanische  Creschichte  auf  Grundlage  der  ihm  in  Berlin  ziir  Yerfü- 
gong  gesteUten  Archivalien  verfasste,  erwähnt  den  17.  Juli  gar  nicht,  was 
ans  nicht  befremden  darf,  da  die  damaligen  preussischen  Gesandten  bei 
der  Pforte  Öfters  ihrer  hohen  Mission  nicht  gewachsen  waren  und  infolge 
dessen  ihre  Berichte  manchesmal  beträchtliche  Lücken  aufwiesen.  Leichter 
liesse  sich  das  Datum  Oncken*s  erklären,  wenn  wir  voraussetzen  kannten, 
d^ss  er  in  seinem  Werke  dieses  nach  dem  julianischen  Kalender  ge- 
rechnet habe.  In  diesem  Falle  würde  sich  der  6.  Juli  a.  St.  mit  dem 
17.  Juli  (n.  St.)  decken,  weil  der  Unterschied  zwischen  dem  julianischen 
nnd  gregorianischen  Kalender  im  18.  Jahrhunderte  11  Tage  betrug 
Oncken  gibt  aber  nicht  genau  an,  welchen  Stil  er  gemeint  habe,  weshalb 
^  Missverständniss  leicht  entstehen  kann.  Der  6.  Juli  n.  St.  würde 
^  dieser  Stelle  gar  keine  Begründung  finden.  Das  Datum  Dohm's 
basirt  nur  auf  der  russischen  Annahme,  daher  es  von  unserem  Standpunkte 
als  unhaltbar  angesehen  werden  muss.  Was  das  Datum  Tassara's  be- 
trifft, so  habe  ich  alle  Berichte  —  soweit  sie  mir  zur  Verfügung  standen 


120 


Friede  geschlossen  wurde;  erst  der  Monat  September  brachte 
in  dieser  Sache  mehr  Licht.  Barco  schickte  aus  Jassi  in  der 
ersten  Hälfte  dieses  Monats  die  wichtigsten  Friedenspunkte  ^ 
nach  Wien,  während  Lobkowitz  aus  Petersburg  Mitte  Sep- 
tember nach  Wien  berichtete,  dass  er  ,das  geschlossene  Frie- 
densinstrument nur  zum  Durchlesen  von  dem  Grafen  Panin 
erhalten  hattet*  Vom  russischen  Ministerium  konnte  er  jedoch 
keine  Abschrift  erlangen. 


2.  Capitel. 

Vom  Frieden  zu  EutschnkKalnardsehe  17*  Juli  1774  bis 
zu  der  7*  Mal  1775  zwischen  Oesterrefeh  und  der  Tfirkei 

geschlossenen  Conrention« 

In  diesen  Friedensvertrag  haben  die  Russen  einige  Punkte 
aufgenommen,  welche  die  Moldau  und  die  Walachei  ^  betrafen. 
Die  Türkei  gewährte  den  Bewohnern  der  beiden  Fürstenthümer 
vollständige  Amnestie  und  unbeschränkte  Religionsfreiheit.  Die 
von  ihr  den  Klöstern  und  Privatpersonen  entfremdeten  Güter 
wurden  denselben  zurückgestellt.  Sie  erweist  der  Geistlichkeit 
die  schuldige  Achtung,  gestattet  freie  Auswanderung,  verlangt 
keine  nachträgliche  Entrichtung  von  Steuern  und  behandelt 
die  Einwohner  während  der  folgenden  zwei  Jahre  in  Bezug 
auf  die  zu  erhebenden  Abgaben  mit  möglichster  Schonung  und 
Milde  u.  s.  w.;  Barco  ftlgt  diesen  Punktationen  die  Bemerkung 
hinzu,  dass  der  österreichische  Hof  auf  Grund  des  Karlowitzer 
Friedens  eigentUch  auf  das  ganze  Gebiet  von  Chotim  Ansprüche 
zu  erheben  berechtigt  sei.* 


—  dieses  Gesandten  durchgesehen,  den  Frieden  zwar  mehrmals  erwlüint 
gefunden,  aber  vom  17.  August  1776  bis  1780  das  Datum  ,10.  Juli*  nur 
einmal.  Da  dieses,  wenn  es  auch  aus  der  Feder  eines  Diplomaten  kommt, 
gar  keine  Begründung  findet,  so  müssen  wir  es  als  ein  Versehen  be- 
trachten. Bei  Hammer  finden  wir  ebenfalls  den  17./21.  Juli,  8.  Dschem- 
ewwel  1774  als  Datum  angegeben.  Der  21.  scheint  wohl  mit  Rücksicht 
auf  den  Wunsch  der  Russen  gesetzt  worden  zu  sein  (Josef  v.  Hammer, 
Geschichte  des  osmanischen  Reiches,  8.  Bd.,  S.  441 — 444). 
»  Beil.  XXVI. 

*  Hurmuzaki  VII,  8.  106;  Kaunitz  an  Thugut,  Wien,  20.  Sept.  1774. 

•  Beil.  XXVI.     ♦  Beil.  XXVH. 


121 

Aus  einem  späteren  Berichte^  Barco's  an  den  Hofkriegs- 
prfisidenten  entnehmen  wir  auch  den  Termin,  bis  zu  welchem 
Tage  sich  die  Russen  verpflichteten,  die  beiden  Fürstenthümer 
zu  verlassen.  Die  Walachei  sollte  vom  Tage  der  Unterferti- 
gung des  Friedensvertrages  nach  zwei,  die  Moldau  nach  fünf 
Mcmaten  geräumt  werden.  Die  Räumung  des  letzteren  Landes 
fand  jedoch  infolge  ungünstiger  Witterungsverhältnisse  beinahe 
einen  Monat  später,  d.  i.  im  Monate  Jänner  1775  statt,  zu 
welcher  Zeit  die  Bukowina  thatsächlich  im  Besitze  Oester- 
reichs  war. 

Infolge  des  erhaltenen  Auftrages,  gleich  nach  dem  ge- 
schlossenen Frieden  sich  an  die  projectirte  Grenze  zu  begeben, 
reiste  Mieg  nach  Suczawa  ab,  um  die  Stimmung  des  Landes 
kennen  zu  lernen  und  die  Meinung  hervorragender  Persön- 
lichkeiten bezüglich  des  Friedens  zu  hören.  Die  darüber  ge- 
machten Erfahrungen  schrieb  er  nieder  und  schickte  sie  in 
^em  längeren  Berichte^  an  ElLrichshausen.  Um  ja  genaue 
Erkundigungen  über  Land  und  Leute  einzuziehen,  scheute  er 
sogar  nicht,  nach  Jassi  zu  reisen,  wo  er  mit  Barco  und  russi- 
schen Officieren  zusammentraf. 

Die  Bojaren  und  das  Volk  befanden  sich  in  einer  sehr 
gedrückten  Stimmung.  Von  dem  unvermuthet  rasch  geschlos- 
senen Frieden  erwarteten  sie  nichts  Gutes,  und  durch  längere 
Zeit  blieben  sie  über  die  Friedensbedingungen  in  voller  Un- 
kenntniss.  Das  Land  war  ganz  verarmt.  Bemerkenswerth  ist 
die  Aeusserung  des  Bojaren  Millio,  wornach  sich  Romanzow 
deshalb  den  Frieden  zu  schliessen  so  sehr  beeilte,  damit  den 
anderen  Mächten  die  Möglichkeit,  denselben  zu  beeinflussen, 
benonunen  werde,  und  weil  die  Anwesenheit  des  Ministers 
Obreschkow,*  der  damals  mit  Romanzow  im  Zerwürfnisse  war, 
verhindert  werden  sollte.  Die  Abwesenheit  dieses  Ministers 
bedauerten  jedoch  die  Bewohner  beider  Länder  sehr.  Ausser- 
dem theilte  Mieg  noch  mit,  dass  er  in  der  Moldau  zwei  grosse 
Landstrassen  kennen  lernte,  die  von  Suczawa  nach  Jassi  und 
von  hier  nach  Sniatin  —  wohl  über  Mamomitza  —  führen, 
und  bemerkte,  dass  von  der  Dislocation  russischer  Truppen  in 
die  Gegend  von  Suczawa  abgesehen  wurde.  Nachdem  also  in 
der  Bukowina  von  den  Russen  nur  sehr  schwache  Besatzungs- 


*  B^.  XXXI.    J  Beil.  XXVII.    »  Ibid. 
ArchiT.  Bd.  LXXVIII.  I.  HÄlfte.  9 


n 


122 

truppen  zurückgelassen  wurden  und  auch  nach   dem  Frieden 
in    der   Suczawagegend    keine    grösseren   Truppenmassen    der 
U  Russen   nach   der  Meldung   erwartet  wurden,   so   lag  der  Ge- 

danke nahe,  mit  Einwilligung  Romanzow's  grössere  Truppen- 
körper seitens  Oesterreichs  in  dieses  Land  vorschieben  zu 
lassen.  Die  Absicht  fand  auch  bei  Kaiser  Josef  II.  eine  ent- 
sprechende Berücksichtigung,  demzufolge  er  die  Durchftlhrung 
einiger  diesbezügUchen  Massregeln  ^  anbefohlen  hat.  Mieg  erhielt 
unter  Anderem  den  Auftrag,  ein  Geschenk  für  Komanzow  nach 
Jassi  zu  bringen  und  es  durch  Barco  übergeben  zu  lassen. 
Zwei  Brigaden,  Spleny  imd  Kiss,  standen  bereit,  in  die  Buko- 
wina einzumarschiren.*  Man  zögerte  aber  mit  dem  Vormarsche 
bis  zum  Eintreffen  der  Zustimmung  Romanzow's,  was  zum 
Glücke  bald  geschah. 

Dem  Vorschlage  •"*  Kaunitz'  an  die  Kaiserin  entnehmen 
wir  noch  einen  anderen  Grund,  warum  man  sich  bezüglich  der 
Besetzung  der  Bukowina  nicht  an  den  russischen  Hof  wandte. 
Es  waren  damals  an  der  galizischen  Grenze  Streitigkeiten  ent- 
standen, die  noch  nicht  behoben  waren*  und  die  man  durch 
Verquickung   mit  der  Bukowinairage   nicht  verschärfen  wollte. 

Weshalb  man  sich  veranlasst  sah,  an  Romanzow  ein  Ge- 
schenk zu  schicken,  darüber  äussert  sich  der  österreichische 
Reichskanzler  in  der  mehr  erwähnten  Meldung  dahin,  dass 
Romanzow  die  Aufmerksamkeit  gebühre  ,wegen  vieler  Freund- 
schaft, Rücksicht  und  Gastfreyheit^,  wie  es  ja  der  König  von 
Preussen  auch  gethan  hat.* 
^>|  Bald  darauf  mieldete  Barco  aus  Fokscheni,  dass  Romanzoipv 

die  sofortige  Besetzung  der  neuen  Grenzlinie  zugestanden 
habe  und  nach  seinem  Aufbruche  auch  die  Aussteckung  der 
k.  k.  Adler. **  Zugleich  war  in  der  Meldung  auch  die  Nachricht 
enthalten,  dass  Romanzow  plötzlich  erkrankt  sei.  Die  Wirkung 
derselben  war  deprimirend  genug,  als  nebstbei  bekannt  wurde, 
dass  Qtsl{  Soltikow,  ein  Gegner  Romanzow's,  den  Oberbefehl 
über  die  russische  Armee  übernommen  habe.' 

Wie  wenig  dieser  zeitweilige  Wechsel  in  der  Leitung  der 
friedlichen  Stimmung  schadete,  beweist  der  Umstand,  dass   in 


. .' 


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»  Beil.  XXVm,  XXIX.     2  Ibid.    «  Beil.  XXX. 

♦  Dohm*8  »Denkwürdigkeiten',  I.  Th.,  8.  610. 

ß  Beil.  XXVin,  XXX.     «  Beil.  XXXI.     '  Beil.  XXXVUI. 


123 


einer  aus  dem  Jahre  1777  stammenden  Beamtenliste  General 
Spleny  seine  Thätigkeit  als  Administrationsdirector  über  die 
Bukowina  mit  dem  Amtssitze  in  Czemowitz  schon  seit  dem 
I.September  1774  datirt,  da  seine  Brigade  unmittelbar  nach 
der  erfolgten  Einwilligung  von  Seite  Romanzow's  bereits  am 
31.  August  1774  in  die  Bukowina,  respective  Czemowitz  ein- 
marschirt  sei.^  Dies  müssen  wir  gegenüber  anderen  Zeitangaben 
festhalten.  In  Czemowitz*  aber  stand  eine  Husarenabtheilung 
in  fester  Stellung,  die  wahrscheinlich  seit  Mai  d.  J.  dorthin 
beordert  worden  war. 

Oeneral  Kiss  scheint  nach  dem  Berichte '  EUrichshausen's 
vor  Spleny  in  die  Bukowina  einmarschirt  zu  sein,  wenn  wir 
nicht  irren,  in  die  Gegend  von  Prevorodek  —  in  der  Hand- 
schrift Prudek  —  wo  das  Stain'sche  Regiment  auch  nach  der 
Dislocationstabeüe  ^  seit  dem  Einmärsche  seine  Quartiere  bezog. 

Damit  begann  eine  allgemeine  Vorrückung  der  zur  Be- 
setzung und  Behauptung  der  Bukowina  bestimmten  Regimenter:^ 
Thürheim,  Siskowitz,  Nugent,  Brinken,  Stain,  Hadik-  und 
Barco-Husaren.  Das  Török'sche  Husaren-  und  das  Württem- 
bergische Dragonerregiment  bezogen  ihre  Quartiere  dicht  hinter 
den  ersteren.  Die  ersteren  drei  Infanterieregimenter  mit  den 
Barco-Husaren  standen  am  rechten  Flügel,  die  beiden  anderen 
mit  den  Hadik-Husaren  am  linken,  mit  der  Front  gegen  die 
Moldau.  Die  Hauptpunkte  des  Landes  wurden  selbstverständ- 
lich stärker  besetzt,  weniger  wichtige  schwächer;  in  welcher 
Weise  dies  geschah,  ersieht  man  aus  der  Dislocationstabelle  * 
and  dem  Berichte  EUrichshausen's.  Man  könnte  höchstens 
noch  hinzufügen,  dass  den  Truppen  eingeschärft  wurde,  gegen 
die  Bewohner  der  neuen  Provinz  freundlich  und  gefällig  zu 
sm,  die  Russen   aber  mit  grosser  Höflichkeit  zu   behandeln. 

Um  die  Verbindung  zwischen  den  Truppen  dies-  und 
jenseits  des  Pruth  leichter  herzustellen,  erging  der  Befehl,  über 
diesen  Fluss  eine  Schiffbrücke  herzustellen.''  FreiUch  konnte 
der  Befehl  nicht  so  leicht  ausgeführt  werden.  Erst  im  Jahre 
1775  wurde  eine  ärarische  Schiffbrücke  über  den  Pruthfluss 
g^chlagen.  Bis  1775  besorgte  die  Ueberfuhr  über  den  Pruth 
das  Kloster  Horecza,  dem  dieses  Privilegium  von  den  früheren 


'  Beil.  XXXV.    «  Beil.  XXXH.    »  Ibid.     *  Beil.  LXXIH.    »  Beil.  XXXIH. 
LXXITT.    •  Ibid.     »  Beil.  XXXV. 

9* 


j 


124 

MoIdaufÜrsten  verliehen  worden  war,  weil  es  wegen  seiner 
ungünstigen  Lage  arm  war  und  von  den  Ueberfahrgebühren 
sein  Dasein  fristete.  Noch  zwei  Jahre,  d.  i.  bis  1777,  scheint 
die  Administration  in  Czernowitz  dem  Kloster  die  flinnahmen 
belassen  zu  haben,  weil  die  Schiffbrtlcke  über  den  Pmtk  wahr- 
scheinlich nicht  dauerhaft  war  und  dem  lebhafteren  Verkehre 
allein  nicht  entsprechen  konnte.  Im  Jahre  1777  aber  hatte 
die  Brücke  jenen  Grad  von  Festigkeit  und  Sicherheit  erreicht, 
um  jede  Concurrenz  auszuschliessen.  Daher  verlor  das  Kloster 
das  alte  Privilegium,  welches  es  zwar  durch  ein  Majestätsgesuch 
wieder  erlangen  wollte,  aber  nie  mehr  zurückerhielt,^  weil  die 
Brücke  von  nun  an  auf  ärarische  Kosten  erhalten  wurde. 

Mit  dem  Einmärsche  der  österreichischen  Truppen  in 
Czernowitz  und  mit  der  Errichtung  einer  Landesadministration 
daselbst  wurde  der  Grund  zu  der  heutigen  Grösse,  Schönheit 
und  Bedeutung  dieser  Stadt  gelegt.  Wenn  sie  in  Bezug  auf 
ihre  Vergangenheit  den  anderen  älteren  Städten,  wie  Suczawa, 
Radautz  und  Siret,  nicht  gleichgestellt  werden  kann,  so  war  sie 
doch  durch  ihre  günstige  Lage  auf  einem  Bergrücken  am 
Pruthflusse,  an  einer  Hauptstrasse,  die  von  Jassi  nach  Lembei^ 
führte,  durch  ihre  Nähe  an  der  polnischen  Grenze  frühzeitig 
berufen,  in  der  Geschichte  eine  Rolle  zu  spielen.  Ln  15.  Jahr- 
hundert residirte  in  Czernowitz  bereits  ein  Starosta.' 

Die  bisher  in  die  Bukowina  eingerückten  Truppen  reichten 
aber  noch  nicht  aus,  um  das  Land  vor  allen  drohenden  Ge- 
fahren zu  schützen.  Deswegen  wurden  diese  Truppen  nach 
und  nach  verstärkt.^  Erst  am  24.  October  schrieb  EUrichs- 
hausen  an  Hadik,^  dass  die  militärischen  Massregeln  im  Lande 
bis  25.  desselben  Monats  vollendet  sein  werden.  Nachdem  dies 
geschehen  war,  trachtete  man,  die  Aussteckung  der  Adler 
noch  vor  dem  Abzüge  der  Russen  vorzunehmen,  weil  die 
Türken  von  dem  Einmärsche  der  Oesterreicher  bereits  Kunde 
erhalten  hatten,  wodurch  sich  die  Verhältnisse  ernster  gestalten 
konnten.     Die  Aussteckung  der  Adler  war  bereits  am  19.  No- 


'  Kloster  Horecza  an  Kaiser  Josef  II.,  ddo.  6.  October  a.  St.  7272. 

'  Bei  Czernowitz  soll  ein  Kampf  zwischen  Moldauern  und  Polen  statt- 
gefunden haben,  in  welchem  sich  der  Gros^vater  des  Geschichtschreibers 
iSamicius  ausgezeichnet  hat     Beil.  XIU. 

«  Beil.  XXXIX.     *  Beil.  Uli. 


125 

rember*  eine  ToUendete  Tbateache,  trotzdem  die  RuBsen  bis 
JSimer'  1775  in  der  Moldau  verblieben. 

Die  Einqnartirung  der  Truppen  in  der  Bukowina  hatte 
manche  Unzukömmlichkeit  im  Gefolge.  Infolge  dessen  sah 
sicli  Kaiser  Josef  II.  veranlasst,  folgende  Resolution  zu  erlassen: 
J)asselbe  Brinkische  Bataillon  (ganz)  soll  nicht  bemttssigt 
seyn  in  der  späten  Jahreszeit  viel  weniger  im  Winter  ganz 
in  Hatten  die  Postirung  zu  halten,  sondern  in  den 
uAchst  rückwärts  liegenden  Dörfern  zu  unterbringen  getrachtet 
werden.' 

,Die  anstalten  sind  dergestalten  zur  Besetzung  zu  massigen, 
iiZ  die  Manschaft  nicht  leide  noch  viel  weniger  die  iuwohner 
gedruckt  werden,  wanneii  hero  von  der  winterpostirung  in 
Hütten  es  gänzlich  abzukommen  habe,  da  ohnedies  nichts  feind- 
liches, aosgenommen  von  einigen  gesUndel,  zu  befürchten  ist'^ 

Wie  man  mehl,  hat  Kaiser  Josef  damals  auf  die  Bewohner 
der  Bukowina  besondere  Rücksichten  genommen.  Dies  vemr- 
uchte  bei  der  Bevölkerung  eine  grössere  Neigung  für  Oester- 
reich  als  fUr  Russland,  weil  letzteres  während  des  Krieges  durch 
rfickmchtsiose  Behandlung  derselben  sich  die  Sympat^iien  ver- 
scherzt hatte.  Aus  der  Moldau  allein  wurden  13.484  bespannte 
Wagen  *  von  den  Russen  zu  verschiedenen  Transporten  requirirt. 
Der  Czemowitzer  District  musste  1500  Wagen,'  der  Suczawaer 
sogar  2000  derselben  ihnen  zur  Verfügung  stellen. 

Nach  dem  Friedensschlüsse  begannen  die  geflüchteten 
Familien  allmälig  wieder  in  die  DoDaufiirstenthämer  zurtlck- 
nikehren.  Diejenigen,  welche  während  des  Krieges  ihren 
Aufenthalt  in  Siebenbürgen  genommen  hatten,  richteten  an  den 
commandirenden  General  von  Siebenbürgen,  Feldzeugmeister 
Preias,  ein  Dankschreiben"  in  italienischer  Sprache,  welches 
nach  Wien  geschickt  wurde.  Bekannte  Namen,  wie  Cretuleseul, 
ßaccovita,  Vacarescul,   Stirbei   u.  a.  finden   wir   unterzeichnet. 

Der  Einmarsch  der  Oesterreicher  in  die  Bukowina  und 
die  Besetzung  der  wichtigsten  Punkte  dieses  Landes  konnte, 
wenn  auch  die  Russen  noch  im  Besitze  desselben  waren,  bei 
dem  nun  lebhafteren  Verkehre  nicht  lange  verborgen  bleiben. 


'  BöL  LXt  LXVH.     •  Beil.  LXXIX. 

'  Tortn^.  Wien,  den  6.  Sept.  1771.  BAndbemerkonft-  (Eigeohlndig  23/640.) 

'  B«il.  XLVni,     »  Beil.  XLIX.     •  Beil.  XL. 


126 

Der  Divan  in  Jassi  erfuhr  zuerst  davon  und  benachrichtigte 
sogleich  den  Pascha  von  Silistria^  von  dem  dann  die  Kunde 
nach  Constantinopel  gelangte.  So  geschah  es^  dass  der  Divan 
allsogleich  zwei  Bojaren^  nach  Czemowitz  entsendete;  welche 
an  den  Cordoncommandanten  drei  kategorische  Fragen^  zu 
richten  hatten.  Major  Mieg  war  aber  schon  früher  von  der 
Ankunft  dieser  Deputirten  durch  Barco'  in  Kenntniss  gesetzt 
worden,  infolge  dessen  jener  denselben  solche  Antworten  er- 
theilen  konnte^  die  letztere  zufriedenstellten.  Er  theilte  nämlich 
dem  Senator  Georgi  Beltimanü  mit,  dass  der  Einmarsch  auf 
Befehl  Sr.  Majestät  erfolgt  sei,  um  die  Grenzen  vor  Raub  und 
Plünderung  zu  schützen;  hingegen  die  Aussteckung  der  Adler 
zur  Bezeichnung  einiger  geometrischer  Punkte  geschehen  sei. 
Damit  schienen  die  Bojaren,  Beltimanü  und  Sturza,  zufrieden 
zu  sein. 

Es  zeigte  sich  aber  bald,  dass  der  Divan  die  Sache  ernster 
auffasste.     Er  verständigte   von   der  Besetzung   der  Bukovrina 
den  Pascha  von  Silistria,  welcher  seinerzeit  dem  Stellvertreter 
Romanzow's,  Repnin,  davon  Mittheilung  machte  und  denselben 
frug,   ob   diese   Mittheilungen   auf  Wahrheit  beruhen.     Repnin 
wusste,   allem  Anscheine   nach,   von   den  Absichten  des   öster- 
reichischen Hofes  nichts*  und  handelte  in  diesem  Falle  nur  im 
Auftrage  Romanzow's,^  der  damals  zwar  noch  krank  war,  aber 
die  Verhandlungen  mit  der  Pforte   zu   führen   sich  vorbehielt 
Nachdem  nun  die  Pforte  von  dem  Einmärsche  der  Oester- 
reicher  in  die  Bukowina  Kunde   erhalten  hatte,   war  es  Barco 
schwer,   aus   den   Absichten  Oesterreichs   noch   lange   ein   Ge- 
heimniss  zu   machen,   weshalb   er  sich  entschloss,   dem  Divan 
von  Jassi  den  wahren  Sachverhalt  auseinanderzusetzen.    Dieser 
Schritt  des  Generals  war  in  mehr  als  einer  Hinsicht  geeignet, 
die  Aufmerksamkeit  der  Nachbarmächte   in  hohem   Masse   in 
Anspruch  zu  nehmen.    Er  schien  anfangs  auch  Mieg  nicht  un- 
bedenklich zu   sein,^    weil  infolge   dessen    nicht  nur   mit   der 
Türkei,  welche  das  von  den  Russen  geräumte  Land  allsogleich 
besetzen  wollte,  ein  Zusammenstoss  stattfinden  konnte,  sondern 
auch  mit  den  Russen,  welche  einzelne  Punkte  in  der  Bukowina 
noch  besetzt  hielten,'  daselbst  die  vielen  Tausende  von  Wagen 


>  BeU.  XLm.       «  Ibid.      »  Beil.  XU.    XLIV.      *  Beil.  XLVI.    XLVIL 
»  Beil.  XLV.       •  Beil.  XLIX.       »  Beil.  LI. 


127 

reqniiirtea  und  26.000  Löwenthal  er  vom  Lande  zu  fordern 
hatten.'  Barco  muse  daher  diesen  Schritt  im  höheren  Auftrage 
gethftu  hstben. 

Die  nächste  Folge  war  die  sofortige  Besetzung  auch  der- 
jeoigcn  Punkte  in  der  Bukowina,  welche  von  den  KusseQ  noch 
besetzt  gehalten  wurden.  Nach  den  erhaltenen  Meldungen^  war 
sogar  die  Verbindung  mit  Siebenbürgen  bereits  hergestellt,  so 
dass  nur  die  Auasteckung  der  Adler  bis  zur  RUckkehr  Ro- 
maiiBOw'e  nach  Jassi  verschoben  wurde.  Die  am  24.  October 
1774'  auch  tbatsächlich  erfolgte  Besetzung  der  ganzen  Grenz- 
linie gegen  die  Moldau  war  ein  erfreuliches  Zeichen  fUr  die 
baldige  Erwerbung  der  Bukowina. 

Von  Romanzow  wurde  erwähnt,  dasa  er  gleich  nach  dem 
ZugestAndnisse  der  Adleraussteekung,  d.  i.  am  20.  August  1774/ 
erkrankte  und  am  vierten  Tage  darnach  sein  Zustand  sich 
derart  verschlimmerte,  dass  der  General  en  chef  Graf  Soltikow, 
welcher  sich  bereits  auf  der  Rückreise  nach  Petersburg  befand, 
dorch  einen  Eilboten  zur  KUckkehr  in  das  russische  Haupt- 
cjuartier  veranlasst  wurde.  Dass  diese  Krankheit  ein  bösartiges 
Fieber  und  nicht  eine  Geraiithskrankheit  war,  wie  Barco  an- 
fangs annahm,  ergibt  sich  aus  dem  Verlaufe  der  Krankheit 
selbst,  die  drei  volle  Monate  dauerte.  Jedenfalls  bat  der  Tod 
des  Veziers,  mit  dem  er  den  Frieden  zu  Kutscliuk  Kainardschc 
abgeschlossen  hatte,  deprimirend  auf  sein  GemUth  gewirkt,  weil 
er  furchten  musste,  um  die  Frucht  seiner  Mühen  zu  kommen. 
Anfangs  war  zu  besorgen,  dass  er  infolge  seiner  Krankheit 
nach  RuBsland  zurückkehren  werde.  £s  scheint  jedoch  das 
Schreiben  des  neuen  Grossveziers  Soliman  Pascha  den  Fcld- 
marachall  zum  Verbleiben  umgestimmt  zu  haben,  nachdem  der 
bihalt  desselben  ihm '  die  freudige  Botschaft  brachte,  dass  auch 
er  (Grossvezier)  den  geschlossenen  Frieden  voIUnhaltlich  be- 
slätige.  Damach  war  die  Räumung  der  Walachei  ebenfalls 
nach  zwei,  die  der  Moldau  nach  fünf  Monaten  festgesetzt.* 

War  schon  die  Ungewissheit,  in  welche  Oesterreich  durch 
die  Krankheit "  des  ihm  befreundeten  Romanzow  versetzt  wurde, 
Dod  dessen  Stellvertretung  durch  Soltikow  peinlich,  so  schien 
die  Uebei^abe   des   Commandos   an   den  Fürsten   Bepnin,   der 


128 


*6j^' 


als  entschiedener  Feind  RomanzoVs  und  Oesterreichs  bekannt 
war^  aDe  Erfolge  Barco's  in  Frage  zu  stellen.  Aber  bald 
darauf  erkrankte  auch ,  Repnin,  und  RomanzoVs  Krankheit 
verschUmmerte  sich  noch  mehr,^  so  dass  Oberst  Tutohnin  der 
Höchstcommandirende  in  den  beiden  Fürstenthümem  war.* 
Gerade  um  diese  Zeit  sind  dem  Divan  und  somit  auch  Tutel- 
min  die  Absichten  der  österreichischen  Regierung  bekannt 
geworden.' 

Von  Fokscheni*  wurde  Romanzow  nach  Berlad,^  von  da 
endlich  nach  Jassi  gebracht.  Diesen  Zeitpunkt  benutzte  nun 
Barco,  um  mit  Romanzow  wieder  in  Unterhandlung  zu  treten, 
die  so  lange  unterbrochen  werden  musste.  Anfangs  November 
machte  die  Wiedergenesung  Romanzow's  rasche  Fortschritte, 
so  dass  er  ein  Schreiben  an  die  Kaiserin  Maria  Theresia  richten 
konnte,  welches  von  Barco  seinem  eigenen  Briefe  an  Ellrichs- 
hausen  zur  Weiterbeförderung  beigeschlossen  wurde.^  Im  selben 
Schreiben  wird  noch  hervorgehoben,  dass  Romanzow  zwar 
wegen  schlechter  Witterung  in  Berlad  bleiben  musste,  hingegen 
die  Aussteckung  der  Adler  an  den  Grenzen  der  Bukowina 
gestattet   habe.'     Barco   beauftragte   unter   dem    12.  November 

1774  den  General  Spleny,  die  Aussteckung  der  k.  k.  Adler  zu 
veranlassen,  was  bis  zum  19.  desselben  Monats  auch  ausgeftlhrt 
wurde.®  Wir  müssen  denmach  das  Datum  des  12.  November 
1774,  womit  die  Vorbereitungen  seitens  Oesterreich,  Bukowina 
zu  erwerben,  ihren  Abschluss  gefunden  haben,  in  der  Geschichte 
dieses  Landes  als  ein  sehr  wichtiges  ansehen. 

Anfangs  December  war  Romanzow  von  seiner  Krankheit 
so  weit  hergestellt,  dass  Barco  aus  Jassi  seinen  Bericht  niit 
dem  Beifügen  ergänzen  konnte,  der  Feldmarschall  werde  am 
11.  oder  12.  December  diese  Stadt  bereits  verlassen.^  Die  Abreise 
erfolgte  um  einen  ganzen  Monat  später,  und  erst  am  14.  Jänner 

1775  sehen  wir  Romanzow  in  seinem  neuen  Bestimmungsorte 
Mohilew.^^  Es  hatte  sich  nämUch  der  Ausmarsch  der  russischen 
Armee  infolge  des  hohen  Ki*ankenstandes  sehr  verzögert  Das 
Spital  in  Jassi  hatte  allein  2363  Kranke  zu  verpflegen;  ^^  in 
den  anderen   Spitälern   soll   die   Zahl   derselben   noch   grösser 


»  Beil.  XLVm.     «  Beil.  XLIX.    »  Ibid.    *  Beil.  LIL    »  Beil.  LVL    •  Beil. 
LX.  LXI.       '  Ibid.  und  Beil.  LXII.      «  Beil.  LXVH.      •  Beil.  LXVm. 
"  Beil.  LXXVm.     "  Beil.  XLU. 


129 

gewesen  sein.  Die  Transportiruiig  dieser  Kranken,  die  bis  snim 
11.  September'  hatte  geschehen  müssen,  war  unter  den  da- 
maligen Verhältnissen  mit  beträchtlichen  Schwierigkeiten  und 
fbr  die  Moldau  mit  Aufbietung  einer  besonders  grossen  Zahl 
Ton  Wagen  verbunden.  Dieses  Land  musste  deren  allein  13.484* 
rar  Verfügung  stellen,  die,  wenn  sie  die  russische  Grenze  über- 
schritten hatten,  nie  zurückgekehrt  wären.^  Es  lag  daher  im 
Interesse  der  in  die  Bukowina  eingerückten  KsteiTeichischen 
Trappen,  zu  verhüten,  dass  die  für  den  Transport  aufgebotenen 
W«gen  fUr  dieses  Land  verloren  gingen.*  Beachtenswerth  war 
daher  der  Vorschlag*  Mieg's,  der  von  Romanzow  die  Einstellung 
(lieser  beträchtlichen  Wagenansfuhr  zu  erwirken  bezweckte. 
Allein  dies  war  nicht  so  leicht  zu  erreichen,  weil  Bare»  Ro- 
manzow ja  versprochen  hatte,  den  Russen  in  keinerlei  Weise 
hinderlich  zu  sein. 

Auch  hier  nahm  aber  die  Sache  eine  glückliche  Wendung, 
Die  Russen  requirirten  nämlich  die  Wagen  mittelst  ,Executions- 
commanden',  die  entweder  aus  Infanterie  oder  Cavallerie  be- 
standen.^ Sobald  mm  ein  solches  Commando  die  von  den 
Oesterreichem  besetzte  Grenzlinie  zu  überschreiten  im  BegriflFe 
war,  wurde  es  unter  der  Zusage,  dass  die  Oesterreicher  dies 
(Ar  die  Russen  besolden  würden,  zurückgehalten.^  Später  haben 
rerschiedene  Umstände  die  ganze  Angelegenheit  in  Vergessenheit 
gebracht,  infolge  dessen  die  Russen  auf  die  Wagenrequirirung 
aus  der  Bukowina  verzichteten. 

In  diese  Zeit  ßlllt  auch  die  Ernennung  Ghika's  zum 
Fürsten  der  Moldau,  die  fUr  Oesterreichs  Ahsichten  auf  die 
KrwerbuDg  der  Bukowina  von  nicht  geringer  Bedeutung  war, 
ßrigori  Ghika  war  vor  dem  Jahre  1768  Dolmetsch  hei  der 
Pforte.  Als  solcher  erwarb  er  sich  die  Gunst  des  preussischen 
Emissärs  Rexin  *  dadurch,  dass  ihn  Ghika  zum  Nachtheil  Oester- 
reichs unterstützte.  Im  Jahre  1768  wurde  Grigori  Ghika  zum 
Fürsten  der  Walachei  ernannt  und  erhielt  wahrscheinlich  auch 
die  Verwaltung  der  Moldau.  Das  Letztere  ergibt  sich  nämlich 
aas  einem  Berichte  Thugut's  an  Kaunitz  vom  17.  Augast  1774/ 


'  BeU.  Xm.      '  Boil.  XLVIU.      »  Beil.  LV 

'  BeU.  LIX.     »  Ibid. 

'  Hnnnniaki  VII,  8.  103. 

'  Ibia.,  3. 103.   Vgl.  Ärneth,  8.  Bd.,  H.  4T&. 


130 

welche  Thatsacbe  jedoch  von  den  Historikern  bisher  Übersehen 
wurde. 

Im  Jahre  17G9  verlor  er  seine  Länder,  weil  die  Russen 
nach  dem  Siege  bei  Chotim  über  die  Türken  (am  18.  September) 
zuerst  die  Moldau  und  dann  auch  die  Walachei  in  Besitz 
nahmen.  Im  Juli  1770  begibt  er  sich  an  der  Spitze  einer 
Deputation  nach  Petersburg,  um  seine  Unterwerfung  zu  be- 
weisen' und  seine  Freundschaft  filr  Russland  an  den  Tag  zu 
legen.  Mit  der  Aufnahme  am  russischen  Hofe  konnte  er  zu- 
frieden sein,  denn  die  Kaberin  beschenkte  ihn  und  nahm 
ausserdem  seinen  Sohn  in  das  Petersburger  Cadettencorps  auf.* 

Nach  dem  Frieden  zu  Eutschuk  Kainardsche  bewarb  sich 
Gbika  neuerdings  um  die  Fürstenwiirde  in  den  Donaufürsten- 
thUmem,  indem  er  seine  HotFuungen  auf  die  Freundschaft 
Russlands'  und  Preussens  setzte,  welch  letzteres  seinen  früher 
geleisteten  Diensten  die  Anerkennung  nicht  versagen  konnte. 
RuBsland  war  damals  in  Constantinopel  noch  durch  keinen  Ge- 
sandten vertreten,  aber  der  prcussische  Gesandte  Zegelin  über- 
nahm die  Verpflichtungj  im  Sinne  Russlands  zu  handeln.* 

Nichtsdestoweniger  erfahren  wir  aus  der  Depesche  Tha- 
gut's,*  dass  auch  letzterer  von  Zegelin  wiederholt  um  die  Un- 
terstützung der  Wahl  Ghika's  gedrängt  wurde,  was  Thugut 
erst  nach  einer  vorangegangenen  Aufrage  bei  Kaunitz  nur 
bedingungswcise  zu  thun  steh  e ntsc bloss, '^ 

Gliika  selbst  Hess  keine  Gelegenheit  vorübei^ehen,  um 
auch  Oestorreich,  im  Falle  er  gewählt  würde,  seiner  Freund- 
schaft zu  versichern.     Dies   erfahren   wir  aus   dem  Schreiben 

»  Zinkeisen  V,  S.  922,  923. 

'  Kaunitz  an  Thu^t,  21.  Au^st  1770. 

»  Beil.  XLII. 

*  Ametb,  8.  Bd.,  S.  475.  Daraus  ist  auch  die  Darstellung  Zinkeisen'e  VI, 
S.  88  ff.  zu  folgern,  weither  Zegelin  da«  grössta  Veritienst  luschreibt, 
Ghika's  Wahl  zum  Woyivoden  der  Moldau  durchgesetzt  zu  haben,  der 
anderen  MKchte  aber,  die  dar.u  beigetragen  haben,  keine  Erwähnung  thut. 
Dieser  Historiker  fllhrt  uns,  um  Zegelin'a  Verdienst  begoadan  herrorsa- 
leben,  auch  die  diesbezügliclie  Stelle  aus  einer  Depeache  des  letzteren 
an,  weiche  besagt,  dass  die  Pforte,  .einem  so  wahren  Freunde,  wie  jh^ 
der  KOnig  von  Prenaeen  sei,  nichts  refMren  kOnne'!  (Zinkeisen,  VI.  Bd 
8.  88,  89.) 

»  Thugut  an  Kaunitz,  17.  August  1774. 

*  Kaunitz  an  Thugnt,  6.  September  1771.     Honnuzaki  VII,  8.  106. 


131 

Buco'b  an  Hadik,'  der  die  AeuBserung  Ghika's  erwähnt,  ,dafl 
wann  Er  wie  es  alle  AascheinuQg  hat,  wieder  als  Fürst  in  der 
Moldau  eingesetzt  werden  solte,  Er  alles  vortheilhaftes  fUr 
unsere  Allerhöchsten  Hoff  verschaffen  wolle'.  Wenn  Oesterreich 
dieaen  Worten  nicht  das  rechte  Vertrauen  entgegenbrachte,  so 
war  dies  hauptsächlich  durch  das  frühere  Benehmen  des  Fürsten 
gerechtfertigt.  Dennoch  befürwortete  Thugut  den  erhaltenen 
Instructionen  gemäss  Ghika's  Ernennung  zum  Fürsten  in  der 
Moldau  in  der  Erwartung,  dass  wenigstens  dessen  Schwieger- 
vater, Jakohaki  Biso,  eine  freundschaftliche  Haltung  gegen 
Oesterreich  beobachten  werde,  welche  Hadhung  später  auch  in 
Erfüllung  ging.  Diesem  zuerst  setzte  Thugut  die  Vortheile 
auseinander,  deren  Crhika  eventuell  theilhafdg  würde,  wenn 
Oesterreichs  Interesse  durch  ihn  eine  Förderung  erfahren  sollte.* 
Bald  darauf  erschien  in  Constantinopel  eine  moldauische 
Deputation  mit  den  Insigoien  und  Geschenken  für  den  künf- 
tigen Fürsten,^  woraus  man  schliessen  konnte,  dass  die  Er- 
nennung deBselbeii  bald  erfolgen  werde.  Am  12.  oder  13.  Oc- 
lober  n.  St,  1774  —  der  Tag  Iftsst  sich  aus  den  Handschriften 
ganz  genau  nicht  bestimmen  —  wurde  Ghika  zum  Fürsten 
enianDt  Dies  entnehmeD  wir  einer  Relation  Mieg's  an  EIl- 
richshauseo,*  woraus  folgende  Stelle  hervorzuheben  ist:  ,Der 
Ehemalige  Fürst  Kika  (=  Ghika)  ist  nuumehro  von  der  Pforte 
als  Fürst  in  der  Moldau  fbnnlich  bestätiget  worden.'  Die  Er- 
nennung war  eine  lebensIängUche,  und  es  war  wohl  überlegt, 
wenn  die  Bemerkung  hinzugefügt  wurde,  ,da(i  dieß  nur  unter 
der  BedingniU  geschehe,  daQ  er  sich  nicht  eines  wichtigeren 
wohlerprobten  Verbrechens  schuldig  machen  würde'.*  Russland 
selbst  soll  auf  der  Aufnahme  dieser  Bedingung  bestanden  haben, 
infolge  derselben  war  die  Freude  Ghika's  keine  ungetrübte, 
denn  das  Damoklesschwert  schwebte  stets  über  seinem  Haupte. 
Als  volle  vier  Jahre  später  die  Nachricht  von  seiner  Ermordung 
sich  verbreitete,  da  dachte  Niemand  an  die  Bedingung,  welche 
Rusaland  an  die  Ernennung  Ghika's  zum  Fürsten  geknüpft 
liatte.  Auch  die  Historiker  haben  bisher  derselben  keine  Be- 
achtung  geschenkt,    sonst  hätten   sie   die   Ermordung   Ghika's 

■  BeU.  XXXI. 

■  Ameth,  8.  Bd.,  S.  476,  4T7. 

'  Beil.  XUn,  XLVI.     '  Beil.  XLDt. 
^HnnDuzaki  VII,  S.  116. 


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B^  «II   vi>i'lliiiiilit(i'ii.     liuaoDclerB   wicbtif  n:^ 

—  Iii^  UldHii*   uml  Sniatin  und  die  bap&-' 

\V  tolttiK^'r  ««■»»•lioint  dagegen  ät  isn 

y\w  \\\\k\w»\m  der  MiliUrverwaltung  n  =^ 

1  sei  obneluD  n*^  - 

a^  daher  die  B*''"' 

itj^it.  infolge  ii^  ■ 


.li3L  UITf.U^ 


137 

-     .^trigouvemement  in  Lemberg  30 — 40  Meilen  entfernt 
Mw^'^m.  ..Ansicht  pflichtete  auch  der  Kaiser  bei. 

■^8S-    -  1775   sprachen   alle  Anzeichen   dafür,    dasa   die 

—      '       "— 1^    einer   baldigen   Lüstin g   entgegengehe.     Schon 

■^     *  iber  1774,*  also  wenige  Tage  nach  seiner  Abreise 

^  .^^=:3nte  Barco  an  Hadik  berichten,   ,daU  die  TUrken 

^H      ^c:  n  uns)  beschehene   occupirung  eines  Theiles  von 

—  -  -  _  ;=..  en  Kopf  neigen  und  diesen  Fürgang  dem  Publice 

*     ■—     inen  Farben  abmahlen',*   Man  unterschätzte  dabei 

^     -M»   — keiten   nicht,   die   dieser  Lösung   sich   noch   ent- 

^g^^^    i  ■   Denn  es  erhoben  sich,  wie  vorauszusehen  war, 

_^^^    -—  tretung  der  Bukowina  Stimmen,  welche  bei  aller 

,^,    ^   ^  der  Pforte  fllr  Oeaterreich  noch  immer  ihre  Wir- 

^       ^  ^     Sultan  nicht  verfehlen  konnten,    Zegelin,  Repnin, 

j^,  I  der  IranzCIsische  und  englische  Botschafter  waren 

^^,1,-     mehr  oder  weniger  in  Rechnung  gezogen  werden 

"  " '^   ^_  T    der   Intelligenz    und    grossen    Geschicklichkeit 


,    tTTlÖBC^ 


j8  ZU  verdanken,   dass  Oesterreichs  Bestrebungen 


m  Erfolg  begleitet  wurden. 

.  1^  £t^  war    im  Jahre   1769    an    Brognard's   Stelle    zum 

j^  VJik*^^^  '°  Constantinopel  ernannt.*   Als  er  in  Pera  ein- 

,   ^^jj_gB»  fi^  Oesterreichs  Einduss   daselbst  auf  ein  Minimum 

Tral^  tt  nach  und  nach   gelang   es   ihm,   denselben  bei 

'^^  ^i;eder  soweit  zur  Geltung  zu  bringen,   dasa  er  die 

""         'j^;  zur  Abtretung  der  Bukowina   zu   bringen  hoffte. 

Jjf»   ^jj^Ljfjn  Ahschluss   der  hierauf  bezüglichen  Convention 

,j;e  uu^        ^^li  ßjng  derartig  bedenkliche  Erkrankung,  dass  er 

11-    ^^     1  jfgabe  vollenden  wollte,  um  dann  aus  dem  Staats- 

;,i  i«!»»'         jheiden.     Aber  bis   dies   geschah,   entwickelte   er 

^antinopel  eine  äusserst  rege  und  1775  vom  grössten 

■  ■-"Wtf"*''^^   ^^tete  Th&tigkeit.     Anfangs  Jänner'  erhielt  er  von 

.iT  Sß"'      j  vertrauliche  Mittheilung  über  Ghika,   daas  letz- 

^  ;^ir»*  "  .    .rte   gegen  Oesterreich   aufzustacheln  suche.     ,Dio 

j^m^^     ^an  freundschaftlichen  Veraicherungen  dieses  Staates 

_»«■  -S^*  tt  trauen',   schrieb  Ghika,   ,da  Oesterreich   durch 


T     ■  Beil.  LXXVn.    »  Ibid. 
I,  8.  200,  201. 
"niuiiU,  Pera,  4.  JSnner  1776.   Hnrrnnziiki  Tu,  S.  HS. 


138 


J.' 


''  >.* 


die   Besetzung    der   Bukowina    das   Qegentheil   beweise.     Das 
besetzte  Land  sei  viel  fruchtbarer  und  habe  auch  eine  grössere 
Bedeutung   als   der   übrige  Theil   der  Moldau.     Sogar   die  Be- 
wohner verlangen,  dass  die  Pforte  die  Bukowina  an  Oesterreich 
nicht  abtrete.   Falls  dies  aber  dennoch  geschehen  sollte,  würden 
sie   entweder  zur  Selbsthilfe   ihre  Zuflucht  nehmen  oder  sich 
am   Beistand  an   eine   fremde   Macht   wenden.     Derzeit  wäre 
das  österreichische  Besatzungsheer  so  schwach,  dass  es  geringer 
Mühe  bedürfe,  dieses  zurückzuwerfen.'     Riso  suchte  die  mol- 
dauische Deputation  zu  verhindern,   diesen  Bericht  der  Pforte 
zu  überreichen,  was  ihm  jedoch  nicht  gelang.   Der  Reis  Eflfendi 
entliess  die  Deputation  mit  dem  Bemerken,  dass  er  die  Sache 
prüfen  werde.     Das  Benehmen  Ghika's  gegenüber  der  Pforte 
reizte  jedoch  den  Reis  Eflfendi  derart,  dass  er  seine  Aufmerk- 
samkeit mehr  diesem  als  dem  abzutretenden  Theile  der  Moldau 
zuwendete.    Zwar  fragte  er  Thugut,  was  an  der  Nachricht  von 
der  Besetzung  der  Bukowina  Wahres  sei,  begnügte  sich  aber 
mit  der  ausweichenden  Antwort  Thugut's,  dass  Näheres  darüber 
ihm  bald  mitgctheilt  werden  wird.   Bei  dieser  Gelegenheit  erfiihr 
er  auch  von  der  Geneigtheit  Oesterreichs,  auf  friedliche  Weise 
und  im  Einverständnisse  mit  der  Pforte  eine  Grenzregulirung 
vornehmen  zu  wollen.   Andererseits  versicherte  er  Thugut,  dass 
d(;r  Sultan  trotz  vieler  Intriguen  ein  besonderes  Vertrauen  auf 
Oesterreichs  Freundschaft  setze. 

Darauf  hin  glaubte  Thugut,  Ghika's  Feindschaft  wenig 
fürchten  zu  müssen,  da  die  Pforte  letzterem  sehr  misstraute; 
ab(;r  Kaunitz  gegenüber  sprach  er  doch  seine  Ueberzeugung 
dahin  aus,  dass  die  Freundschaft  Ghika's  jedenfaUs  die  Nego- 
tiationcn  mit  der  Pforte  wesentlich  erleichtern  könnte.  Des- 
wegen gab  er  Kaunitz  den  Rath,  die  österreichischen  Truppen 
nach  und  nach  weiter  vorrücken  zu  lassen,  damit  die  Pforte 
den  ernsten  Willen  Oesterreichs,  die  Bukowina  zu  behalten, 
erkenne,  auf  jede  feindliche  Agitation  gegen  Oesterreich  ver- 
7AchUi  und  sich  auf  eine  freundschaftliche  Weise  mit  geringem 
VerluHU}  begnüge.  Denn  Thugut  fürchtete  mit  Recht,  dass 
die  Pforte,  weil  man  sie  dazu  mit  Gewalt  zu  zwingen  keine 
Veranlassung  habe,  die  Verhandlungen  wegen  der  Cession 
der  Bukowina  so  lange  als  möglich  hinausschieben  werde, 
bis  irgend  ein  Zufall  darüber  später  eine  Entscheidung  herbei- 
führe.    Ein   anderer  Grund   zu  dieser  Befürchtung  lag   darin, 


ki^: 


( 'r 


139 

zu  Beginn  des  rassisch  -  türkischen  Krieges  nur  von 
der  Cession  eines  Stück  Landes  in  der  Walachei  die  Rede 

Noch  an  demselben  Tage  schrieb  Thugut  an  Kaunitz  einen 
zweiten  Bericht  über  die  Zudringlichkeit  Zegelin's^  sich  in 
fremde  Angelegenheiten  zu  mischen,  wobei  letzterer  sich  den 
Anschein  gäbe,  als  ob  er  sich  bei  der  Pforte  eines  besonderen 
Einflnsses  erfreue,  jedoch  von  Russland  in  einer  nicht  misszu- 
verstehenden  Weise  abgewiesen  wurde.* 

Kaunitz  war  von  den  Bemtihungen  Thugut's,  die  Pforte 
zu  einer  friedlichen  Cession  des  Bukowina-Districtes  zu  bewegen, 
ToUkommen  überzeugt  und  hoffte  dabei  auch  die  Unterstützung 
des  Pascha  von  Chotim  erlangen  zu  können,  um  die  besetzte 
Grenze  bis  Rohatin  zu  erweitem.  Wenn  dies  aber  durchaus 
nicht  gelingen  soUte,  so  müsse  Thugut  trachten,  das  Gewonnene 
SU  behaupten.^  Da  durch  mancherlei  Intriguen  Fremder  das 
Vertrauen  der  Pforte  zu  Oesterreich  in  letzter  Zeit  einigermassen 
erschüttert  wurde,  so  ermahnte  Kaunitz  Thugut  sich  zu  be- 
mfthen,  die  Wege,  welche  zur  Wiederherstellung  der  früheren 
fireondschaftUchen  Beziehimgen  zwischen  Oesterreich  und  der 
Pforte  führen  könnten,  durch  ,überzeugende  Mittel^  zu  ebnen. 
Dadurch  hoffte  Eoiunitz  auch  die  verderblichen  Folgen  des 
Friedens  zu  Kutschuk  Kainardsche  abschwächen  zu  können. 
Er  fürchtete,  dass  die  Türken  in  ihrer  jetzigen  traurigen  Situation 
aus  Europa  leicht  vertrieben  werden  könnten,  in  welchem  Falle 
man  dies  den  Russen  nicht  allein  überlassen  dürfte,  sondern 
auch  Oesterreich  sich  daran  betheiligen  müsste.  Es  ist  aber 
besser  —  schrieb  er  an  Thugut  —  wenn  das  türkische  Reich 
in  Europa  so  lange  als  möglich  erhalten  bhebe.  Infolge  dessen 
war  Thugut  angewiesen,  die  Pforte  auf  die  ihr  von  Osten 
drohende  Gefahr  aufrierksam  zu  machen,  ohne  dass  sie  die 
eigentliche  Absicht  Oesterreichs  errathe.  Denn  Kaunitz  flirchtete 
die  Indiscretion  der  Pforte,  welche  leicht  die  damalige  poUtische 
Lage  Europas  compUciren  konnte. 

Die  Pforte,  welche  damals  wie  heutzutage  recht  lange 
Zeit  zu  einer  Entschlussfassung  nöthig  hatte,  musste  von  dem 


'  Thu^t  an  Kaunitz,  Pera,  4.  Jänner  1776.    Hnrmuzaki  VU,  8.  115. 

*  Ebendaselbst  S.  111. 

*  KamiiU  an  Thugut,  Wien,  6.  Jänner  1776.  Hurmuzaki  VH,  8.  (116),  117. 

10» 


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140 

festen  Willen  Oesterreichs,   den  Bokowinadistrict  zu  erlangen, 
überzeugt  werden.       Da    sie   aber   daran   nicht   recht  glauben 
wollte    so  war  Kanxdtz  anfangs  der  Meinung,  sie  zuerst  durch 
Truppenconcentrimngen  an  der  Süd-  und  Ostgrenze  zu  beun- 
ruhigen    obwohl    andererseits  zu   besorgen   war,    dass   gerade 
dieses  andere  unliebsame  Complicationen  zur  Folge  haben  würde. 
Daher  war  es  den  damaligen  Umständen  angemessen,  als  Thugut 
seinen  erhaltenen  Instructionen  gemäss  der  Pforte  offen  erklärte, 
dass     insolange    sie    mit   Oesterreich    bezügUch   der   Bukowina 
kein  freundschaftliches  Uebereinkommen  treffe,   die  österreichi- 
schen Truppen  diesen  Theil  der  Moldau  besetzt  halten  würden, 
weil   er   früher   zu    Oesterreich   gehörte.     Daraufhin   verlangte 
die  Pforte  schriftliche  Beweise  für  Oesterreichs  Ansprüche  auf 
die    Bukowina     welchem  Verlangen  auch   entsprochen   wurde. 
Um  iedoch  den  Streit  nicht  noch  mehr  zu  verschärfen,  erhielt 
Thuffut  von  Kaimitz  den  Auftrag,  der  Türkei  eine  Convention 
vorzuschlaee^j    in    welcher    vor  Allem    auf   einen    dauernden 
Frieden   hingearbeitet   werden   soUte.     Im   Uebrigen   stand  es 
Thugut  frei,  diesbezügUch  der  Türkei  sogar  Anträge  zu  stellen; 
nur  durfte  dem  Frieden  nicht  die  Form  eines  neuen  Tractates 
eeceben    werden,    weil   man    einen    Widerspruch    seitens   der 
übricen   Mächte    befilrchtete-     Der    zweitwichtigere    Punkt   in 
der    Convention    sollte   den  Bukowinadistrict   betreffen,    dessen 
Grenzfrage  durch  beiderseits  gewählte  Commissäre  an  Ort  und 
Stelle    gelöst  werden  sollte.     Auch  Altorsowa  soll  gegen   Ab- 
trotunir    einer  [Donauinsel   zu    erlangen    versucht    werden,    da 
dioscH  Objeot  filr  Oesterreich  von  Wichtigkeit  wäre.    Das  durfte 
aber    die  Lösung   der  zweiten  Frage   durchaus   nicht  hindern. 
Freie    Schiffahrt   auf  der  ganzen   Donau   soUte   flir   die   k.  k. 
Unterthanen   erwirkt  werden;    dies  wäre   nicht  als   besondere 
neue  Begünstigung   zu  betrachten,   sondern  als   ein  Recht  auf 
Grund  des  zweiton  Artikels  des  Passarowitzer  Friedens.^ 

Darauf  schrieb  Thugut  an  Kaunitz,  dass  er  im  Sinne  der 
orhaltenon  Instruction  handeln  und  ihn  von  der  Unterredung 
mit  Jakobaki  Kiso  in  Kountniss  setzen  werde.  Letzterer  erhielt 
nämlich  von  Uhika  den  Auftrag,  Thugut  die  Mittheilung  zu 
machen,  dass  er  (ührka)  jetzt  gezwungen  sei,  der  Pforte  die 
von  den  moldauischen  Bojaren  über  die  Bukowina  eingeschickten 


1  KauniU  an  Thugut,  Per«,  6.  JKnnw  1776.    Hurmuxaki  VII,  S.  121. 


.^«.^j 


141 

Rapporte  zu  überreichen^  damit  er  in  der  Lage  sei^  dagegen 
entsprechende  Massregehi  zu  ergreifen. 

Ausserdem  schickte  der  Fürst  ein  Manifest  des  Generals 
T.  Spleny  aus  Czemowitz,  ebenso  ein  Schreiben  desselben  an 
den  Klostervorsteher  von  Suczawa  ein,  worin  dfen  Bewohnern 
der  Bukowina  die  Nichtbeachtung  der  türkischen  Erlässe  an- 
befohlen wurde. 

Thugut  erwiderte  Riso,  dass  es  im  Interesse  des  Fürsten 
und  der  Pforte  gelegen  wäre,  solche  Nachrichten  nicht  zu  über- 
treiben. Riso  möge  daher  mit  der  Ueberreichung  der  Berichte 
Ghika's  noch  zögern.  In  der  That  wurde  die  Pforte  von  den- 
selben erst  später  in  Kenntniss  gesetzt,  womit  Thugut  sich 
zufriedenstellte  und  derzeit  die  Aufrichtigkeit  Ghika's  ihm 
gegenüber  für  wahr  hielt.  Dies  dauerte  jedoch  nicht  lange,  denn 
immer  wieder  wurde  Thugut's  Argwohn  gegen  Ghika  von 
Neuem  angeregt.  In  diesem  bestärkte  ihn  auch  die  Thatsache, 
dass  Ohika  seine  Briefschaften  an  Riso  einem  russischen  Courier 
anvertraute,  woraus  man  schliessen  musste,  dass  dies  im  Ein- 
verständnisse mit  Romanzow  geschehe.  Ausserdem  hatte  Jeder 
von  der  Gepflogenheit  der  Russen,  fremde  Briefe  zu  eröffnen, 
Kenntniss. 

In  der  letzten  Zeit  machte  der  Reis  Efendi  im  Namen 
der  Pforte  Thugut  ernstere  Vorstellungen  wegen  der  Bukowina 
und  wies  darauf  hin,  dass  die  freundschaftUchen  Versicherungen 
Oesterreichs  mit  dessen  Vorgehen  in  dem  besetzten  Lande 
nicht  im  Einklänge  stünden  und  eher  auf  eine  offene  Feindschaft 
hindeuteten.  Thugut  suchte  dieses  zu  entkräften  und  vertröstete 
ihn  mit  den  Worten,  dass  er  nächstens  diesbezüglich  neue  In- 
structionen aus  Wien  erwarte.^ 

Während  der  schriftliche  Verkehr  zwischen  Wien  und 
Constantinopel  sich  inmier  reger  gestaltete  und  die  Thätigkeit 
Barco's  im  russischen  Hauptquartier  mit  seinem  Abschiedsbesuch 
in  Mohilew  zum  Abschluss  gebracht  wurde,  setzte  der  Com- 
mandirende  von  Gtilizien,  General  EUrichshausen,  die  Bereisung 
ier  Bukowina  fort,  um  höheren  Orts  eingehendere  Berichte 
darüber  erstatten  zu  können.  Seine  Vorschläge  beziehen  sich 
hauptsächhch  auf  die  Conmiunicationen :  bequemere  Strassen 
mit  weniger  Brücken  im  Gebirge,  Befestigung  der  strategischen 


*  Thugut  an  Kaunitz,  Pera,  18.  Jänner  1776.    Hurmuzaki  VII,  S.  124,  126. 


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142 


Punkte,  so  des  Munticelu  gora  dromalai  zwischen  dem  Kloster 
Humor  und  Bordestie,  dann  eines  anderen  Punktes,  eine  halbe 
Stunde  vom  Kloster  Humor  entfernt,  bei  einem  Wirthshanse 
gelegen,    wo    die   Strasse  von   Vama   nach   Capucodndui  und 
Roman  fiihrte,  und  die  Vortheile  der  Communication  zwischen 
Siebenbürgen  und  Bukowina  im  Falle  eines  Krieges  waren  die 
wesentlichsten   Punkte,    die  Ellrichsfaausen   in   diesem  Berichte 
behandelte.     Aus  Siebenbürgen  könnten  die  Truppen  leicht  in 
die  Thäler  von  Roman,   Suczawa  und  Sireth  verlegt  und  da- 
selbst verpflegt  werden;  ebenso  könnten  zwischen  Siebenbürgen 
und  dem   Passe   bei  Humor  ohne   Gefahr  Magazine   angelegt 
werden.    Im  Falle  eines  Krieges   mit   der  Türkei  müsste  die 
letztere  ihre  Streitkräfte  theilen,  daher  würde  sie  weniger  wider- 
standsfähig sein,  und  bei  einem  weiteren  Vordringen  der  öster- 
reichischen Truppen  sähe  sie  sich  gezwungen,  sich  auf  Widdin 
und  Silistria  zurückzuziehen,   infolge  dessen   die  Oesterreicher 
leicht   Bosnien    und   Serbien    besetzen    könnten.      Am    Unken 
Donauufer  würden    sich    die   Türken   nur    schwer    behaupten. 
Auch  im  Falle  eines  Vordringens  der  Türken  in  die  Bukowina 
müssten  sie  immer  ein  Debouchiren  aus  Siebenbürgen  gegen 
ihre  Flanke  fürchten,   daher  ein  solches  Vorgehen  seitens  der 
Türkei  sehr  unwahrscheinlich  sei.     Dagegen  könnte  man  sich 
in  der  Moldau   imd  Walachei  wegen   ihrer  Fruchtbarkeit  län- 
gere Zeit  behaupten.     Ebenso   gross  wären   die  Vortheile   der 
Communication  zwischen  Siebenbürgen  und  der  Bukowina  auch 
','t^  1f  im  Falle  eines  Krieges  mit  Russland  imd  Preussen.^ 

Zu  den  oben  erwähnten  wichtigen  Verschanzungen  von 
Prevorodek  ^  und  Sniatin  wären  noch  die  von  Pojana  Samlina,' 
Pojana  blc^i,*  deal  mare  beresova,^  pojana  Harlu^a,^  f<5nt4na 
sauchi,'  Czernauka,®  pojana  Kosu^na,^  Stanahora,^^  Zuczka,^^ 
Comau^i,^^  Mamornita/^  Lukawetz,^*  Derehlui,^*  Siret,^^  Bor- 
dujeni,^'  Parhau^i,^^  Humor  ^®  und  Bistri^afluss  *^  zu  erwähnen. 
Diese  dienten  theils  zur  Bestreichung  des  tiefer  liegenden  Ter- 
rains, theils  zur  Absperrung  der  Thäler,  theüs  zur  Behauptung 


*  Beil.  LXXIX.  «  Beil.  LXXX,  PI.  1.  »  ibid.  PI.  2.  *  Ibid.  PI.  3.  »  Ibid. 
PI.  4.  «  Ibid.  PI.  5.  '  Ibid.  PI.  6.  •  Ibid.  PI.  7.  •  Ibid.  PL  8.  "  Ibid. 
PI.  9.     "  Ibid.  PI.  10.     "  Ibid.  PI.  11.     "  Ibid.  PI.  12.     "  Ibid.  PI.  13. 

"  Ibid.  PI.  14.      1«  Ibid.  PI.  15.      "  Ibid.  PI.  16.      »«  Ibid.  PI.  17.       »  Ibid. 
PI.  18.     ^  Ibid.  PI.  19. 


143 

der  Strassenkreuzungspunkte  und  haben  auch  unter  den  heu- 
tigen veränderten  Verhältnissen  ihre  Wichtigkeit  nicht  ein- 
gebüsst 

Um  das  Land  für  alle  Fälle  zu  sichern,  theilweise  auch 
zur  Diu-chfuhrung  der  nothwendigsten  Culturarbeiten  verstärkte 
Kaiser  Josef  die  dortige  Besatzung  durch  eine  Abtheilung  des 
Temesvarer  Regimentes.^  Aber  so  lange  die  Unterhandlungen 
mit  der  Pforte  nicht  abgeschlossen  waren,  sollten  solche  An- 
ordnmigen,  die  für  unumgänglich  nothwendig  erachtet  wurden, 
im  Interesse  des  Landes  selbst  getroffen  werden,  sonst  habe 
es  beim  Status  quo  zu  verbleiben.*  Dabei  verlangte  er  von 
Ellrichshausen  ein  Gutachten,  welcher  Theil  des  besetzten 
Landes  ohne  Nachtheil,  d.  h.  ohne  die  Communication  zwischen 
Siebenbürgen  und  Galizien  zu  unterbrechen,  an  die  Türkei 
abgetreten  werden  könnte.^  Daraufhin  schickte  Ellrichshausen 
an  Hadik  einen  Bericht,  in  welchem  er,  dem  Vorschlage  Mieg's 
rieh  anschliessend,*  der  Abtretung  eines  Theiles  des  besetzten 
Chotimer  Gebietes  bis  Rohatinbach,  deal  mare  beresova,  Huko- 
bach,  Pruthfluss,  Molnitzabach,  Turiatkabach,  Molnitzagraben 
bis  Sirethfluss  seine  Zustimmung  gab.^  Der  Kaiser  hatte  auf 
Grund  dessen  den  Befehl  erlassen,  bei  der  künftigen  Grenz- 
regulirung,  zu  der  Barco  und  Mieg  zu  delegiren  seien,  haupt- 
sächlich darauf  zu  achten,  dass  im  Allgemeinen  so  wenig  als 
möglich  von  dem  besetzten  Gebiete  cedirt  werde,  und  dass  die 
Communication  zwischen  Siebenbürgen  und  Galizien  beizube- 
halten sei  und  eine  genaue  und  vertheidigungsfahige  Gb*enzlinie 
bestimmt  werde.  Er  zeigte  sogar  seine  BereitwiUigkeit,  von 
Hukobach  eine  gerade  Linie  bis  Brajestie  ziehen  zu  wollen 
mid  auf  das  ganze  Gebiet  von  Sireth  und  Suczawa  zu  ver- 
achten, wenn  Prevorodek  behauptet  werden  könnte.^  Sollte 
diesbezüglich  von  Seiten  der  Fürsten  in  der  Moldau  und 
Walachei  eine  Anfrage  erfolgen,  so  möge  das  Grenzcommando 
erwidern,  dass  seitens  Oesterreichs  an  die  Pforte  bereits  Anträge 
ergangen  seien,''  worüber  beiderseits  eine  Entscheidung  getroffen 
werden  wird. 

Es  ist  oben  bereits  angedeutet  worden,  dass  die  Russen 
in  Cbotim  noch  längere  Zeit  sich  aufhalten  mussten.    Als  end- 


*  Beil.  LXXXn.      •  Beil.  LXXXIH.      »  Beil.  LXXXV.      *  Beil.  LXXXVI. 
'  Beil.  LXXXVn.      •  Beil.  LXXXVIII.      '  Beil.  LXXXI. 


144 


lieh  die  Schwierigkeiten^  die  der  Räumung  dieser  Festung  ent- 
gegenstanden^ zwischen  Russland  und  der  Türkei  behoben 
wurden,  traf  die  letztere  Anstalten,  Chotim  in  Besitz  zu  nehmen. 
Dem  wurde  jedoch  seitens  Oesterreichs  besondere  Aufmerksam- 
keit geschenkt.  Deswegen  unternahm  OberstUeutenant  v.  Wein- 
bergen des  Regiments  Stein  eine  Reise  nach  Chotim,  um  sich 
darüber  Gewissheit  zu  verschaffen.  Dortselbst  wurde  er,  in 
Vertretung  des  russischen  Brigadiers  v.  Beutling,  vom  Oberst 
Baron  v.  Rothkirch  empfangen,  der  ihm  eröfihete,  dass  die 
künftige  türkische  Besatzung  von  Chotim  bereits  auf  dem 
Marsche  sei  und  bei  Stefanestie,  8  Meilen  von  Chotim  entfernt, 
Halt  gemacht  habe.  Auf  die  Frage  über  die  Stärke  derselben 
erwiderte  ihm  Rothkirch  anfangs,  dass  sie  circa  1600  Mann 
stark  wäre,  welche  Angabe  er  jedoch  später  richtigstellte  und 
sie  um  mehr  als  die  Hälfte  reducirte.^ 

Nachher  erfuhr  v.  Weinbergen  noch  von  einem  preussischen 
Officier,  der  sich  wegen  Pferdeankauf  in  der  Moldau  aufhielt, 
dass  die  Türken  bei  Stefanestie  in  der  Stärke  von  ungefähr 
480  Mann  mit  10  Kanonen  stünden.  Daraus  schloss  er,  dass 
die  Chotimer  Garnison  voraussichtlich  650  Mann  betragen  werde, 
fllr  deren  Erhaltung  aber  noch  gar  keine  Vorsorge  getroffen 
war.    An  der  Spitze  dieser  türkischen  Schaar  stand  der  Jani- 


1  Während  dieses  Gespräches  trat  auch  ein  Pascha  von  zwei  Rossschweifen 
mit  aclit  Türken  ein.  Der  Pascha  erkundigte  sich  bei  Weinbergen  um 
das  Wohlbefinden  der  grossen  Kaiserin  und  fUgte  hinzu,  dass,  so  lange 
sie  lebe,  die  Türkei  keinen  Krieg  -zu  fürchten  habe,  ,allein  ihrem  Sohn 
ist  nicht  viel  zu  trauen*.  Weinbergen  benihigte  ihn  diesbezüglich,  wodurch 
der  Pascha  recht  erfreut  war.  —  Dass  Maria  Theresia  auch  in  der  Türkei 
allgemeiner  Verehrung  sich  erfreute,  geht  nicht  nur  aus  diesem  Gespräche, 
sondern  auch  aus  einem  Berichte  Tassara*s  an  Kaunitz  vom  17.  Jänner 
1778  hervor.  Um  diese  Zeit  verbreitete  sich  nämlich  in  Constantinopel 
die  Nachricht  von  der  Erkrankung  Maria  Theresias,  wodurch  die  Pforte 
sehr  beunruhigt  war.  Natürlich  beeilte  sich  der  türkische  Reichskanzler, 
bei  Tassara  Erkundigungen  einzuziehen,  worüber  letzterer  unter  Anderem 
Folgendes  schreibt:  , Wobei  der  besagte  Reichskanzler  von  den  seltenen 
Eigenschaften,  den  auszeichnenden  Naturgaben  und  Tugen- 
den dieser  wahrhaft  großen  und  unvergleichlichen  Monarchin 
in  jener  Ehrfurchtsvollen  Begeisterung  spräche,  die  aller 
Menschen  Herzen  und  Zunge  belebet,  sobald  von  einem  so 
erhabenen  Gegenstande  der  allgemeinen  Liebe  und  Vereh- 
rung die  Rede  vorfallet.'  (Tassara  an  Kaunitz,  Pera,  17.  Jänner 
1778.     Hofarchiv  1778,  Nr.  2  L.  E.) 


145 

tBcIiaren  Aga  Ifmar  Liatij;  der  Pascha  von  Chotim  wurde  erst 
im  Mai  erwartet.^ 

Allein  man  blieb  dabei  nicht  stehen,  sondern  Thugut  sollte 
die  Pforte  zu  einer  freiwilligen  Cession  der  Bukowina  bewegen. 
Dieser  Diplomat  hatte  die  Pforte  durch  die  Vermittlung  des 
Dragomans  Testa  darauf  bereits  vorbereitet.  Er  lud  den  Reis 
Efendi  zu  einer  Unterredung  zu  sich  ein,  welche  am  1.  Februar 
stattfand.  Bei  dieser  war  auch  der  türkische  Dragoman  Kostaki 
Momzi  zugegen.  Thugut  sagte  dem  türkischen  Minister,  dass 
er  aus  aufrichtiger  Freundschaft  fllr  den  Padischah  die  berech- 
tigten Forderungen  des  österreichischen  Hofes  nicht  nur  früher 
bekannt  gemacht,  sondern  diese  auch  auf  ein  Minimum  restrin- 
girt  habe.  Oesterreich  wolle  nur  den  occupirten  Theil  flir  sich 
beanspruchen,  weil  er  für  die  Communication  zwischen  Gali- 
zien  und  Siebenbürgen  unumgänglich  noth wendig  sei;  diesen 
Theil  aber  wird  es  künftig  mit  aUem  Ernste  behaupten.  Er 
beantragte  zu  diesem  Behufe  eine  gemischte  Commission  ein- 
zusetzen, welche  die  Aufgabe  hätte,  auch  die  Grenze  zwischen 
Siebenbürgen  und  der  Walachei  zu  rectificiren.  Die  Frage 
bezüglich  Altorsowa  wurde  ebenfalls  berührt  imd  die  Bemer- 
kung hinzugefügt,  dass  es  für  die  Pforte  vortheilhaft  wäre, 
wenn  dieses  Stück  Land  an  Oesterreich  auf  Grund  des  Bel- 
grader Friedens  wieder  zurückfallen  würde.  Am  Schlüsse 
dieser  längeren  Unterredimg  kamen  beide  überein,  dass  der 
Reis  Efendi  darüber  dem  Sultan  und  seinem  Ministerium  Bericht 
erstatten,  Thugut  hingegen  der  hohen  Pforte  ein  Memorandum, 
betreffend  die  Forderungen  Oesterreichs  in  Bezug  auf  die  Bu- 
kowina, überreichen  sollte.  Aus  Allem,  was  er  hörte  und  sah, 
glaubte  er  Kaunitz  gegenüber  die  Hoffnung  aussprechen  zu 
soüen,  dass  der  Reis  Efendi  nicht  abgeneigt  zu  sein  scheine, 
auf  die  Forderungen  Oesterreichs  einzugehen. 

Ghika  hatte  unterdessen  eine  neue  Karte  der  Bukowina, 
welche  er  einem  Rapport  beigeschlossen  hatte,  der  Pforte  über- 
reichen lassen  mit  dem  Bemerken,  dass,  wenn  sie  auch  einen 
Theil  der  Moldau  an  Oesterreich  cedire,  so  dürfe  doch  nicht 
das  ganze  von  Oesterreich  besetzte  Gebiet  abgetreten  werden. 
Riso  versuchte  Thugut  gegenüber  die  Bedeutung   der  letzten 


>  BeU.  LXXXIV. 


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-r^- JZb^.    I3L    rann   in  Bnsshind 
.:/>-  in  -iir*it^n-     ^'-e^:*  -rtr-ie   *»t*£jca  •iNütteficich  zum 

JJ*^     i*imi::;r''aiit'a    Tirs«  i-rj-nnrin    i»2j   SJLwiegcrraters 
.  .  ca  ^    i-i.*::i  A-üinicz.   i^ünr-r  3i<iii»frr:uatiTi  ^Gmmiing  folgend, 

i.'.  7  '  ijT'.r  *n  "  iraTL2_-a  x^*:ir  ^-ilj^il  Et  äkrte  an,  dass 
/;.x-t  •  ra  ü^-rrniL  w  riÄH^i-'-irkiÄüa^ia  Kritf^es  an  die  Emi- 
jr/*'.  .  n  ui.^  i»*r  2.ik  T-jia  zt  c-tTr::-.  i^a  R.tr'iel  daselbst  er- 
v*;-r*r-*»  vier  x  i^i^cii  "■:i..'Tn.'*rct:?.  *.t':  ?^.i,  sei  BoäsJand  ganz 
*-':^-  .**n-  tiwi^-r  itm»?  ^t»  ljjd.  ziciit  ^Iticiziltig  sein^  wenn 
.  ^*':,'r^'At',\  -h^in*^  »rr^rjieii  ■irsr-itrnr^  -cA  -üe  dominirenden 
*'';<*.*  >.  i-r  if  1'ij.x  üi  B-f^*!!  :i*ti:r.e-  U=i  dem  k-  k.  Hofe 
•-.'/  /' *:.r^;.i/\*iivn,  ini  »'L^ki  iz^:»rs*:"  iere  toci  Forsten  Repnin 
.--.  ,  .t^v,-*^  -v.rt^r^  H>. r^-r^r.  i^i  .üe  HjLltrLHi:  Romanzow's  in 
'...•j'-r  H  ."i^i'ht  t^ine  d-frn  Zr^amiij*?is  en^csprechende  gewesen. 
,V.M  i'i  <*^  " .>  AAL-iz  An-:«.':::  ceLe  «Lihii.  Jass  der  Veriust  der 
,";  ,^.,'v  na  ir.-.,r%m  rlr  'ien  H--:?!«  «Lur  c:ch  empfindlicher  werde, 
+K  •\  *^  rvVtr-r*  irr-  :r^nrj.:::ea  weu"eii  dvs  Verlustes  ihrer  Be- 
-(  r/'.  ;-;  r»  !.■.  'i -r  Iiik:irir^  in  einer  unAn^renehmen  Weise  laut 
v'r'.t-n  \.-^^f-r»,  O^ik^i'*  Bemühaiiz^c.  »iieses  Land  wieder  zu 
/'  v.r,..*  n,  w  ir^I'rn  *>  lanze  wietlerholt  werden,  bis  er  sich 
',  ^1 II  fi  '*  »^'.r/^rx^aX  haben  winl.  dass  Oestorreich  es  auf  jede 
V/  ../',  \,^\,A  ,^.U',n  wolle.  Wenn  man  auch  -reneigt  wäre,  Ghika's 
V//#f,I  z-irri  Or'^nzcomrniasär  bei  der  Pforte  durchzusetzen,  so 
!<'  irf\",  *;^  fVif,  Türkei  nicht  zugeben,  weil  sie  seine  Unverläss- 
h'fik'if,  b'5r^it,H  erkannt  habe.  Uebrigens  wolle  er  es  Thugut 
u\,t'r\fk'iH"Uf  entsprechende  »Schritte  zu  thun,  um  einerseits  Ghika 
fiir\tt  'AU  einer  offenen  Feindschaft  zu  treiben,  und  andererseits 
in  V»*'zu^  auf  die  dringenden  Vorstellungen  der  Pforte  freund- 
Hchuftliehe  Anträge  zu  stellen.^ 


»  in."  ^ 


'  ThuyM  an  Kniiiiitz,  Pera,  3.  Februar  1775.    Hiurmnzaki  VH,  S.  130,  131. 
•  KrtfinlU  An  Thnpfiit,   Wien,  7.  Februar  1775.    Ebendaselbst  S.  133,  134. 


i 


147 

Auf  die  Geneigtheit  der  Pforte,  Bukowina  an  Oesterreich 
zu  cediren,  gestützt,  erliess  Kaunitz  an  Thugut  weitgehendere 
Instructionen  bezüglich  der  Erweiterung  der  Grenzen  gegen 
die  Moldau.  Daraufhin  machte  Thugut  Kaunitz  aufmerksam, 
dass  es  sehr  gefährlich  wäre,  in  so  kurzen  Zeitintervallen  mit 
neuen  Vorschlägen  auf  Extension  der  Grenzen  an  die  Türkei 
heranzutreten.  Er  meinte,  damit  warten  zu  müssen,  bis  auf 
seinen  letzten  Vorschlag  die  Antwort  der  Pforte  erfolge.  Nach 
allen  eingetroffenen  Nachrichten  wäre  zwar  Hoffnung  vorhanden, 
die  Cession  der  Bukowina  zu  erlangen,  aber  nicht  in  dem  vor- 
geschlagenen Umfange.  Riso  habe  ihm  wieder  vertraulich  mit- 
getheilt,  dass  Ghika  neuerdings  einen  Bericht  sammt  einer 
Karte  der  Pforte  einschickte,  in  welcher  das  Gebiet  zwischen 
Prutii  und  Sireth  und  Theile  zwischen  Sii*eth  und  Moldau  ein- 
gezeichnet waren,  die  in  letzter  Zeit  von  Oesterreichem  besetzt 
wurden.  Davon  hat  die  Pforte  Thugut  nicht  in  Kenntniss 
gesetzt.  Aber  der  Umstand,  dass  Ghika  eine  Karte  einschickte, 
welche  die  Erweiterung  der  Grenzen  enthielt,  bewies,  dass  sich 
General  Barco  in  seinem  Rapporte  an  den  Kjriegspräsidenten 
im  Irrthum  befand,  als  er  darin  bemerkte,  dass  die  Moldauer 
nicht  wüssten,  wo  die  k.  k.  Adler  früher  gestanden  seien. 

Wenn  diese  Verhandlungen  nur  zwischen  den  betheiligten 
Mächten  geführt  worden  wären,  wäre  der  Abschluss  derselben 
leichter  vorauszusehen  gewesen.  Allein  auch  der  französische 
Botschafter  mischte  sich  in  sie,  so  dass  die  Sache  immer  com- 
plicirter  und  schwieriger  wurde.  Bei  der  Unterredung  des 
letzteren  mit  Thugut  bemerkte  jener  (de  Priest),  dass  die  Pforte 
durch  das  Verhalten  Oesterreichs  sehr  beunruhigt  sei.  Thugut 
möge  einen  Tausch  in  Vorschlag  bringen,  worauf  Thugut  er- 
widerte, dass  hier  von  einem  Tausche  nicht  die  Rede  sein 
könne.  Nebstbei  suchte  er  den  Botschafter  zu  überzeugen, 
dass  die  Pforte  am  besten  thäte,  wenn  sie  freiwillig  auf  die 
Bukowina  verzichten  würde.  ^ 

Thugut  Hess  kein  Mittel  unversucht,  auch  den  türkischen 
Dragoman  durch  Versprechungen  für  sein  Interesse  zu  gewinnen, 
womit  Kaunitz  sich  einverstanden  erklärte,  da  dies  den  gegen- 
wärtigen Unterhandlungen  nur  zum  Vortheil  gereichen  könnte. 


'  Thugnt  an  Kaunitz,   Pera,   17.  Februar   1775.     Hunnuzaki  VU,  S.  186 
bis  1S7. 


148 


Femer  theilte  Kaunitz  Thugut  mit,  dass  der  Divan  zu  Jassi 
einen  förmlichen  Recurs  nach  Russland  sendete,  in  welchem  er 
sich  die  russische  Protection  gegen  Oesterreichs  Ansprüche  auf 
die  Bukowina  erbat.  Auf  seine  Intervention  aber  habe  sich 
Russland  beeilt,  zu  antworten,  dass  die  Moldau  jetzt  unter  der 
türkischen  Oberhoheit  stehe  und  Russland  in  fremde  Angele- 
genheiten sich  nicht  einmischen  könne.  Nichtsdestoweniger 
glaubte  Kaunitz  Thugut  auch  auf  den  Umstand  aufinerksam 
machen  zu  sollen,  dass  von  russischer  imd  preussischer  Seite 
gegen  Oesterreich  im  Geheimen  fortwährend  intriguirt  werde, 
obgleich  ein  solches  Verfahren  derzeit  keine  üblen  Folgen  nach 
sich  ziehen  könne. 

Das  Benehmen  Ghika's  schien  Kaunitz  noch  immer  räth- 
selhaft;  er  tröstete  sich  aber  mit  dem  Gedanken,  dass,  wenn 
die  Sache  immer  so  günstig  stünde  wie  derzeit,  er  die  Freund- 
schaft Ghika's  leicht  entbehren  könne.  ^ 

Die  Pforte  bUeb  Thugut  die  Antwort  auf  das  Memorandum 
noch  schuldig.  Es  wurde  zwar  ein  Ministerrath  abgehalten, 
an  dem  der  Grossmufti  und  türkische  Rechtsgelehrte  theilnah- 
men,  aber  ohne  dass  irgend  ein  Beschluss  gefasst  worden  wäre. 
Dass  dabei  die  Cession  der  Bukowina  besprochen  wimie,  davon 
erftihr  Thugut  erst  später.  Die  meisten  dieser  Mitglieder  waren 
ftir  ein  gütUches  Uebereinkommen  mit  Oesterreich.  Dies  stellte 
Thugut  günstige  Resultate  bezüghch  seiner  Unterhandlungen 
mit  der  Pforte  in  Aussicht.  Freilich  war  diese  Aussicht  einiger- 
massen  dadurch  getrübt,  dass  Riso  Thugut  von  einem  neuer- 
Uchen  Berichte  Ghika's  an  die  Pforte  mittheilte,  deren  Inhalt 
das  weitere  Vordringen  der  österreichischen  Truppen  in  die 
Moldau  betraf,  infolge  dessen  das  Territorium  von  Slatina  bis 
Siebenbürgen,  sowie  das  zwischen  Sireth  und  Suczawa  und 
zwischen  Suczawa  und  Samos  besetzt  wurde.  Auch  diesmal 
hatte  Ghika  seinem  Berichte  eine  Karte  beigeschlossen. 

Dadurch  beunruhigt,  veranlassten  die  Bojaren  den  Fürsten, 
eine  grosse  Deputation  an  den  Sultan  zu  schicken,  imi  über 
diesen  feindlichen  Schritt  Oesterreichs  Klage  zu  ftlhren.  Die 
Entsendung  der  Deputation  verzögerte  Ghika  angebUch  aus 
besonderer  Sympathie  für  den  österreichischen  Hof.  Dagegen 
mahnte  er  gleichzeitig  Riso,  seine  eigenen  besonderen  Wünsche 


1  Kaunitz  an  Thugut,  Wien,   21.  Februar  1776.     Hurmuzaki  VII,  S.  140. 


149 

nicht  aus  dem  Auge  zu  verlieren.  Thugut  trat  ihm  aber  offen 
entgegen  und  erklärte^  er  möge  solche  Wünsche  und  Hand- 
lungen, die  nicht  zum  Ziele  führen  können^  durchaus  üJlen 
lassen.  Kiso  bemühte  sich  nur^  seine  Person  zu  vertheidigen, 
wenn  er  hinzufügte,  dass  er  ja  dem  k.  k.  Interesse  ergeben 
sei,  aber  nicht  glaube,  dass  das  neubesetzte  Territorium  der 
Moldau  mit  Erfolg  behauptet  werden  könnte,  da  die  Pforte  auf 
eine  solche  Cession  nie  eingehen  und  sogar  die  durch  Oester- 
reicher  zuerst  besetzte  Grenzhnie   schwer  anerkennen  werde. 

Befremden  musste  auch  die  Nachricht  Thugut's  erregen, 
dass  Zegelin  sich  in  diese  Sache  einmische  und  die  Moldauer 
sogar  einen  Recurs  an  seinen  König  zu  ergreifen,  veranlassen 
wolle.  * 

Eaunitz  wollte  die  Regelung  der  Bukowina- Angelegenheit 
ab  einen  gegenseitigen  Austausch  und  als  eine  Grenzrectification 
ansehen,  ohne  die  Pforte  zum  Glauben  zu  berechtigen,  dass 
Oesterreich  günstigen  Falls  sich  zu  einem  geheimen  Bündnisse 
f^  die  Zukunft  herbeilassen  werde.  Wenn  die  Cession  im 
j^zigen  Umfange  nicht  en*eicht  werden  könnte,  so  müsste 
wenigstens  getrachtet  werden,^  das  zuerst  besetzte  Gebiet  zu 
erlangen. 

Aus  Thugut's  Berichten  wurde  aber  bald  klar,  dass  die 
Pforte  endlich  eine  Art  Botschaft  nach  Wien  zu  schicken  be- 
absichtigte mit  der  Weisung,  den  Allerhöchsten  Hof  zu  ver- 
anlassen, entweder  die  Truppen  aus  der  Moldau  ganz  zurück- 
zuziehen und  auf  die  Cession  der  Bukowina  zu  verzichten, 
eventuell  wenigstens  die  Forderungen  desselben  möglichst  herab- 
zusetzen, oder  überhaupt  dafür  einen  anderen  Modus  acquirendi 
aasfindig  zu  machen.  Weil  aber  Thugut  damit  nicht  einver- 
standen war,  so  entschloss  sich  die  Pforte,  nachzugeben,  und 
ertheilte  die  Bewilligung  zur  Wahl  einer  Gh*enzconunission. 
Beide  türkischen  Conmiissäre  hätten  sich  hauptsächlich  mit  der 
Cession  desjenigen  Theiles  der  Moldau  zu  befassen^  welcher 
filr  Oesterreich  zur  Herstellung  der  Communication  zwischen 
GaUzien  und  Siebenbürgen  nothwendig  erscheine.  Die  Pforte 
bezeichnete  zuerst  eine  GrenzUnie  nach  dem  Plane  Ghika's, 
welche  sich  von  Siebenbürgen  nach  Pokutien  zog.    Später  war 


'  Thngot  an  Kannitz,  Pera,  4.  M&n  1775.     Honnusaki  VII,  8.  141—143. 
*  Kannits  an  Thugut,  Wien,  7.  Mars  1775.    Ebendaselbst  &  145. 


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■fh'' 


'•f. 


150 


sie  mit  der  Linie^  welche  von  Siebenbürgen  nach  Podolien  ge- 
zogen und  von  Oesterreich  besetzt  gehalten  wurde,  einver- 
standen. Auch  gab  sie  zu,  dass,  nachdem  die  Grenzlinie  fixirt 
sein  wird,  beide  Commissäre  noch  solche  Gebietstheile  zu  be- 
rücksichtigen hätten,  welche  durch  ihre  Lage  geeigneter  und 
passender  ftlr  eine  markante  Grenze  zwischen  beiden  Staaten 
wäre.  Das  von  den  k.  k.  Truppen  besetzte  Chotimer  Terri- 
torium müsste  aber  dann  an  die  Pforte  abgetreten  werden. 

Thugut  war  aber  damit  noch  nicht  zufirieden  und  ver- 
langte von  der  Pforte  eine  solche  Erweiterung  der  Grenzlinie, 
welche  den  Allerhöchsten  Intentionen  entsprechender  wht.^ 

Auch  hierin  schien  die  Pforte  nachzugeben.  Nur  gegen 
die  Cession  des  Chotimer  Districtes  und  die  von  Altorsowa 
erhoben  sich  noch  grosse  Schwierigkeiten.  Der  Reis  Efendi 
und  Muftizade  Ahmet  (der  Delegirte  der  Legisten),  wdche  mit 
Thugut  in  der  Nacht  vom  2.  auf  den  3.  April  eine  Conferenz 
abhielten,  widersetzten  sich  entschieden  dieser  Cession  und  er- 
klärten, dass  der  Padischah  eher  auf  die  Freundschaft  Oester- 
reichs  verzichten  würde  als  auf  das  Gebiet  der  Festung  Chotim. 
Darüber  verlor  Thugut  nicht  die  Geduld,  sondern  bemühte  sich, 
einen  anderen  Ausweg  ausfindig  zu  machen.^ 

Kaunitz  war  mit  dem  Vorgehen  Thugut's  ganz  einver- 
standen. Auch  er  wünschte,  dass  die  Pforte  detaillirte  Be- 
stimmungen erlasse,  auf  Grund  deren  nachträglich  bei  der 
Begehung  der  Grenze  keine  Missverständmsse  zwischen  den 
Grenzcommissären  entstehen  könnten.  Das  Ansehen  der  Pforte 
müsse  bei  jeder  Gelegenheit  respectirt  werden,  schrieb  er. 
Aber  wenn  die  Ernennung  der  Grenzcommissäre  noch  verzögert 
werden  könnte,  wäre  es  fiir  die  in  Rede  stehende  Sache  er- 
spriessHcher.  Dadurch  würde  der  jetzige  Eifer  der  Türken 
einer  nüchternen  Ueberlegung  weichen,  während  Oesterreich 
Zeit  gewinnen  würde,  seine  Herrschaft  zu  befestigen.* 

Nachdem  die  Unterhandlungen  mit  der  Pforte  so  weit 
gediehen  waren,  dass  eine  baldige  freiwillige  Cession  der  Bu- 
kowina in  Aussicht  stand,  ging  man  daran,  das  besetzte  Land 
in  ein  engeres  Verhältniss  zu  Oesterreich  zu  bringen.   Desw^en 


*  Thugut  an  Kaunitz,  Pera,  18.  März  1775.  HurmuzakiVII,  8.(146),  147,  148. 
»  Thugut  an  Kaunitz,  Pera,  3.  April  1776.    Ebendaselbst  S.  (149),  160. 
»  Kaunitz  an  Thugut,  Wien,  7.  April  1776.    Ebendaselbst  8.  (161),  162. 


^ 


151 

schlug  Elirichshaosen  vor^  unter  dem  Namen  ^Sommerbeihilfe' 
Ton  jedem  Hanse  in  der  Bukowina  zunächst  eine  Steuer  von 
2  fl.  30  kr.  rfa.  zu  beheben^  da  das  Land  grössere  Steuern  zu 
zahlen  noch  nicht  un  Stande  wäre.  Sonst  möge  man  Alles  im 
Statu  quo  belassen.  £llrichshausen  glaubte  dadurch  nicht  nur 
die  Einwohner  Oesterreich  geneigter  zu  machen,  da  Ghika 
statt  nach  zwei  schon  nach  einem  Jahre  5  ^/^  fl.  rh.  von  jedem 
Hause  in  der  Moldau  als  ^freiwillige  Ghtbe^  beheben  Hess,  son- 
dern auch  die  Emigration  aus  dem  Lande  zu  verhindern.^ 
Dieser  Vorschlag  fand  auch   höheren   Orts  volle   Würdigung. 

Endhch  gelang  es  Thugut,  von  der  Pforte  die  Abtretung 
der  Bukowina  an  Oesterreich  auch  schriftlich  zu  erlangen.  Mit 
dem  GeftQiIe  freudiger  Genugthuung  theilte  Thugut  den  am 
7.  Mai  1775  erfolgten  Abschluss  einer  Convention^  mit  der 
Türkei  am  12.  Mai  in  einer  kurzen  Depesche  nach  Wien  mit. 
Die  Ursache,  warum  er  die  frohe  Nachricht  nicht  früher  ge- 
schickt, war  die,  dass  noch  am  10.  Mai  einige  Schwierigkeiten 
behoben  werden  mussten.* 

Dieser  Vertrag  enthielt  zwar  nicht  Alles,  was  Thugut 
gewünscht  hatte,  aber  im  Grossen  imd  Ganzen  musste  er  Oester- 
reich befiiedigen,  umsomehr,  als  dieses  ohne  Blutvergiessen 
erworben  war.  Und  wenn  auch  Maria  Theresia  von  dem  Ab- 
schlüsse des  Vertrages  nicht  so  sehr  angenehm  berührt  zu  sein 
schien,  als  man  erwartet  hätte,  und  mit  der  Verleihung  des 
Commandeurkreuzes  des  St.  Stephansordens  an  Thugut  anfangs 
nicht  einverstanden  war,  so  wird  wohl  dieses  mehr  darauf 
zurückzuführen  sein,  dass  die  strategische  Wichtigkeit  des  neu 
erworbenen  Landes  in  Bezug  auf  Galizien  noch  nicht  in  vollem 
Uasse  gewürdigt  wurde.  Dieser  wichtige  Punkt  ist  indessen 
dem  Nachfolger  der  grossen  Kaiserin  nicht  entgangen.  Das 
dürfte  auch  der  Grund  sein,  warum  die  erste  Idee  *  zur  Erwer- 
bung der  Bukowina  dem  Kaiser  Josef  H.  zugeschrieben  wird. 

Mit  der  Vereinigung  der  Bukowina  mit  Oesterreich  war 
auch  der  Grund  zu  ihrem  Aufblühen  gelegt.  Die  Bevölkerung 
war  von  einem  schweren  Joche  befreit  und  konnte  ungehindert 
der  Cultur,  die  von  Westen  bis  hierher  gednmgen  war,  folgen. 


*  Beil.  LXXXIX.      «  Beil.  XC.  XCI. 

*  Thugut  an  Kaunitz,  Pera,   12.  Mai  1775.     Hurmazaki  VII,  S.  160,  161. 

*  Vgl.  Ameth  Vni,  S.  488—491. 


152 

Es  ist  einleuchtend;  dass  die  Uebelstände^  an  denen  die  Ein- 
wohner bisher  gelitten,  nicht  auf  einmal  behoben  werden  konnten, 
denn  dies  war  ja  unmöglich.  Aber  dass  der  grösste  Uebelstand 
gleich  anfangs  beseitigt  wurde,  beweist  nicht  nur  der  Vorschlag 
Ellrich'shausen's,  den  Bewohnern  nur  eine  kleine  Steuer  auf- 
zuerlegen, sondern  auch  das  Schreiben  Eaunitz'  an  Hadik  mit 
der  AuflFordenmg,  dass  ,diese  Interimalsteuer  —  2  fl.  30  kr.  — 
noch  billiger  und  flir  die  Armen  gelinder  gemacht  werde'.^ 
Die  Religion,  die  Nationalität,  die  Sitten  und  Gebräuche  des 
Volkes  wurden  von  den  Oesterreichem  respectirt.  Kurz,  es 
wurde  seitens  der  Militärverwaltung  Alles  aufgeboten,  was  die 
Bewohner  zu  einer  neuen  erfolgreichen  Thätigkeit  anregen,  sie 
mit  den  neuen  Verhältnissen  zufrieden,  sie  glücklich  machen 
konnte. 


>  Beil.  XCn. 


BEILAGEN. 


I. 

Mieg  an  das  Q^neral-Militar-Oberooininando. 
Orig.  (R.  d.  R.-Kr.-M.  67/7.  1774.)*    Horodenka,  den  17.  September  1778. 

In  gehorsamster  Befolgung,  deren  von  Einem  hohen  General 
Miütair  Ober  Commando,  überkommenen  Instructionen,  in  Betreff  der 
Verlängerung  der  diesseitigen  Gräntz  Carte,  vermög  Allerhöchsten  Ge- 
sinnungen, unterlasse  nicht  meinen  gehorsamsten  Bapport,  über  die 
Einleitung  dieses  Auftrags  unterthänigst  zu  unterlegen.  Mit  gehor- 
samster Meldung,  wie  daß  ich  denjenigen  Landesstrich,  welcher  zwischen 
Niester  und  Pruth,  eingeschlossen,  in  die  tiefe  längs  ersteren  Fluss  bis 
nach  Khoczjm  und  längs  letzteren  bis  Czemowitz,  wegen  der  Wichtigkeit 
<üese6  terrains  zu  meiner  Eigenen  Operation  fürgewählet,  die  linie  aber 
Ton  Snjatin  bis  Eutty,  dem  Eapitaine  lieutenant  Euzersdorff  und  jene 
von  Eutty  bis  an  das  triplum  confinium  dem  Eapitaine  lieutenant  Hai'- 
bach  zu  besorgen  aufgetragen,  welch'  letztere  so  dann  seine  arbeith,  mit 
der  Operation  des  Capitaine  lieutenant  Hofmanns  vom  Ingenieur  Corps 
(an  welchen  vermög  Vorschrift  zu  geschrieben)  zu  verbinden  hat.  Da  mir 
aber  der  Capitaine  lieutenant  Euzersdorff,  welcher  erst  vor  einigen  tagen, 
von  denen  gebürgen  hinter  Dolina,  wohin  er  zu  rectificirung  deren  puncten 
von  der  kleinen  carte  beordert  gewesen,  krank  zurück  gekommen,  und 
sick  nach  Tismenitz  zu  seiner  cur,  transportiren  zu  laßen  genöthigt  wurde, 
M  werde  trachten  mäßen,  die  erwähnten  capitaine  lieutenants  destinirte 
''trecke,  selbsten  aufzunehmen,  falls  ich  von  unserm  Obristwachtmeister 
von  Steinbacher,  welchem  so  eben  die  Meldung  hieiDber  erstatte  nicht 
^en  Ersatz  gegen  diesen  Abgang  erhalten  kann. 


*  R.  =  Regifltratar.    R.-Er.-M.  =  Reichs-Erieg^Ministerium. 
iKkir.  LXXVm.  Bd.  I.  Hilfte.  11 


154 


Ich  habe  indeßen,  ain  mir  eine  General  Idee  von  diesen  Gegenden 
zu  formiren,  sogleich  nach  meiner  Anknnft  an  die  Gränzen  einen  conrs 
von  Snyatin  nach  Czemowitz,  Ton  da  auswärts  des  Bukowina  Waldes, 
nach  Ehoczym  so  weithers  nach  Kaminieck,  und  so  dann  wieder  zurück 
fiber  Ehoczym  mit  der  großen  Landstraße  nach  Horodenka  vorgenommen, 
Ton  denen  Gegenden  Eine  General  Carte,  Ton  Ehoczym  aber  und  Ka- 
minieck special  plans,  so  viel  mir  die  Efirtze  der  2^it  und  das  besondere 
Mißtrauen  des  Comandantens  der  letzteren  Festung  (welcher  seine  Wach- 
samkeit bis  zu  äußersten  unhöflichkeit,  gegen  ufficiers  von  fremden  Troup- 
pen  treibet)  erlaubet  hat,  entworfen,  welche  dann  ebenmässig  nebst 
meinen  darüber  verfaßten  anmerkungen,  unterthänigst  einzusenden  ohn- 
ermangeln  werde. 

Gegenwäi-tig  unterliege  unterthänigst  die  copie  von  der  General 
Carte,  woraus  zu  ersehen,  daß  diese  Gegend  von  denen  beträchlichsten 
Voiiheilen,  sowohl  zu  militair  als  Provincial  absiebten  seyn  würde,  wenn 
die  dermalige  unkennbare  und  unnatürliche  Gränzlinie  von  Niester  bis 
Snyatin,  bis  an  die  angedeutete  linie  vorgerficket  werden  könnte,  wo 
würklich  die  natur  selbsten  eine  landes  Gräntze  bezeichnet  zu  haben 
scheint.  Das  Land  würde  dadurch  auf  diese  seithen  gantz  leicht  gegen 
einen  feindlichen  Einfall  gedecket,  gegen  die  Pest  gesperet,  und  die 
emigration  verhindert  werden  können,  der  bey  Horodenka  von  Holz  ent- 
blößte Landesstrich,  könnte,  mit  Holti  versehen,  und  die  Viehzucht  sehr 
vermehret  werden,  in  deme  dieses  der  wahre  Heuwinkel  is,  von  welchem 
bey  jetzigen  jenseitigen  Operationen,  im  winther  etliche  russische  Oaval- 
leiie  Regimenter,  welche  sich  gemeiniglich  nach  dem  Schluß  der  Cam- 
pagne  bis  in  die  Gegend  von  Ehoczym  zurück  zu  ziehen  pflegen,  leben. 
Außer  deme  würde  der  nach  seiner  vortheilhaften  läge  vortreffliche  punct 
okopi  eine  Respectable  gräntzfestung  gegen  zwey  Länder  abgeben,  und 
denen  zwey  benachbarten  nur  dem  Nahmen  nach  fürchterlichen  festungen 
tete  biethen  können. 

Von  dem  Pruthfluß,  könnte  sodann  diese  neue  Gi-äntzlinie  längs 
dem  linken  Ufer  dieses  Flußes  in  die  dermahlige  an  den  Czeremos  ein- 
fallen, oder  nach  Maaß  der  obwaltenden  gefälligen  Glesinnungen,  deren 
Nachbarn  längs  denen  Gräntzen  des  Czemo witzer  Distiicts  gegen  •  die 
Siebenbürgische  Gräntze  zulaufen,  und  würde  vermuthlich  gegen  Doma 
aboutiren.  Erwähnter  District  enthält  100  Dörfer  und  diese  6000  Haus- 
väter oder  Familien.  Von  Czernowitz  bis  Euttj  gehen  schon  keine  förm- 
liche Fuhi'stiaßen  mehr,  sondern  nur  Fußsteige,  und  Holzwege,  welche 
schon  das  fast  impracticable  terrain  an  zeigen,  von  Euttj  fangen  als  dann 
schon  die  abfallende  hohe  Füße  des  Gräntzgebürges  an,   von  welchem 


'S 


155 

allen  bey  der  dermahligen  detaillirang  des  teiTains,  noch  die  genanere 
Untersuchung  vornehmen  werde. 

Horodenka,  17.  Sept.  1773. 

Fried,  v.  Mieg 

Hauptmann  vom  General  Staab. 
II. 

Seeger  an  Hadik. 

Orig.   (R.  d.  R.-Kr.-M.  67/9.  1774.)      Warschau,  den  10.  December  1773. 

Da  ich  meine  übrige  müssige  Standen  nur  dazu  anwende  in  denen 
allen  bewährten  Polnischen  Authoribus  nachzusuchen,  was  daiinn  zur 
Vertheidigung  unserer  angenommenen  Gränze  und  zum  Allerhöchsten 
Dienst  nüzlich  angenommen  werden  könnte;  So  ist  mir  unter  andern  des 
Simonis  Starovolski  seine  Beschreibung  von  Pohlen,  zu  Breslau  an.  1733 
imaosgegeben,  und  bey  Joh.  Jacob  Korn  daselbst  im  Verlag,  zu  banden 
gekommen,  welche  in  der  Beschreibung  und  Abtheilung  von  Roth  Reussen 
pag:  25  sehi*  deutlich  saget:  „Quartae  Russicae  Satiapiae  Districtus  est 
Haliciensis,  montibus Transylvaniae  aboccasu  hyberno,  ämeridieautem 
Moldaviae  fdginis  sylyis  cinctus;  Tyra  Fluvio  rapidissimo  h  montibus 
Carpathycis  orto,  versusque  Eui'um  in  Mare  Euxinum  decurrenti,  quasi 
per  medium  sectus,  cujus  Pars  Australior  quae  trans  Tyram  est 
posita,  Yulgo  Pocutia  appelatur^. 

Jene  Buchwälder,  welche  von  Chozim  gegen  Pogutien  zu  liegen, 
ond  unter  dem  Nahmen  Bukowina  bekannt  seynd,  auch  nach  der  Pol- 
nischen Sprache  das  wort  „Bukowina^  Buchwald  sagen  will,  mögen  die 
Gränsen  von  Pogutien  nach  des  Authoris  Beschreibung  der  Moldau  vor- 
mahls  entschieden  haben.  Was  dieser  Author  weiteres  von  der  Pogutischen 
Gräntze  in  Zutheilung  des  gegen  Morgen  über  dem  Niester  gelegenen 
Stuck  Landes  sagen  will,  und  was  die  von  dem  Polnischen  Artillerie 
Haablmann  Fotin  in  seine  Caiiie  von  Pohlen  angezeigten  Gi*äntz  Linie 
von  Choczim  von  Czemoucz  und  Sireth  bedeute,  überlasse  ich  höheren 
Orthen  zu  entscheiden.  Genug,  ich  finde  eben  diesen  Bukowina  Wald, 
QBd  den  gegen  Czernowiz  und  Sireth  dann  Burgos  in  Siebenbürgen  zu 
laofenden  Berg  Rucken  nach  des  Herrn  Haubtmann  Mieg  eingeschickten 
Bapport  so  nutzlich  als  natürlich,  und  richtig,  daß  man  aus  meinen 
weiteren  Beweisen  schwerlich  einen  Zweifel  wird  ziehen  können,  ob  dieses 
nidt  die  vormahlige  fixirte  Gränze  gewesen  seye.    Eines  theils  scheint 

diesen  um  so  glaublicher  zu  seyn,  da  fast  alle  zwischen  der  jetzigen  im 

11» 


156 

flachen  Lande  gezogenen  Linie  und  diesem  Bnkowiuawatd  befindlichen 
DSrfer  meist  Bussiscbe  oder  Polnische  Nahmen  fähren. 

Zweitens,  unsere  Gränze  von  Pocutien  zwifichea  dem  Niestor  und 
PrutbAoG  in  eine  ohnglaublichen  und  bey  Landes  Gränzen  niemahls 
üblichen  Plaine  lauffet,  in  welcher  unsere  Unterthanen  an  dem  notli- 
wendigsten  zu  ihrer  Lebens  Unterhaltung,  nehmlich  an  Holz,  den  grdfiten 
Mangel  leide. 

Drittens,  da  ich  von  dem  Daenischen  Herrn  Oesandscbafts  Pre- 
diger Scbeidemantel  alhier,  welcher  vorhin  in  der  Moldan  bei  der  Evan- 
geliscben  Gemeinde  zu  Philippi,  und  Zalesczy  in  Both  KeuBen  Frediger 
wäre,  und  den  icb  obnTermiitliet  im  Discurs  dahin  fahrte,  als  von  einem 
gelehrten  und  in  der  Historie  wohl  versirten  auch  eben  in  dieser  Gegend 
gut  bewanderten  Mann  in  dieser  meiner  Vermutbung  gest&rket  werde. 
Viertens,  auf  diesem  von  Herrn  Haubtmann  Mieg  gefandenen  Berg 
Bücken  vermag  die  Polnische  historie  nuterschiedene  trefi'en  zwischen 
den  Poblen,  TOrken  und  Moldauern  vorgefallen,  welche  Streittigkeiten 
gemeiniglich  an  denen  Gränzen  Btcb  ergeben.  Fünftens,  der  be;  den 
Pohlen  sehr  berühmte  und  in  groOem  Ansehen  stehende  Geschieht 
Schreiber  Andreas  Chrysoatomos  in  Zaiuskie  Zaluski  Primo  KiwiensiB, 
poBtea  Plocensis  et  num  Varmensis  Kpiecopns  St.  B.  et  Princ.  Terramm 
Prnssiae,  Praesidis  et  supremi  Begni  Poloniae  Cancellarins  in  seinen 
EpistoÜB  Historico  familiarinm  Tom:  I  Bmnsbei^se  an.  1709.  Typis 
mandatua  pag:  493.  De  relatione  Chocinenais  Victoria«  an:  1673  genau 
das  Land  bey  Choczim  anf  beeden  Ufern  des  Niestere  beschreibet,  weme 
es  dazumahlen  zugehöret  habe,  wann  er  dentlicb  saget: 

„Pulcher  erat  Ordo  seriesque  signorum  Castrensium.  FloB  inerat 
Procei-um,  et  Primamm,  in  Begno  propaginum  nomina.  Adeo  non  <rili 
sanguine  itum  est  in  Barbaros;  tantum  vel  gtoriae  publicaeque  rei  anor, 
vel  nuperae  lapis  abolendae  Studium  animos  impleverat,  Tjrae  trans- 
mittendus  eo  loco,  ubi  utra  que  rtpa  Leehiei  Juris,  hie  imbrinm 
vi  auctus  vadum  negaverat,  et  ausos  per  ipsa  tranare  pehcnla,  vortici 
implicitoa  gnrges  hausit".  Die  ganze  Beschreibung  von  diesem  Treffen 
bey  Choczym  zeiget  klar  an,  daß  sich  die  Türken  bey  Chociym  an  dem 
Niester  als  in  dem  Winkel  an  der  Grenze  von  Podolien  und  Pogntien 
verschanzt  hatten,  und  tbeils  durch  diese  Verschanzongen  als  durch  die 
feste  Laage  an  der  Grenze  sich  ihrer  starken  position  versichert  zu  seyn 
glaubten,  wodnrch  sie  gleichsam  den  vierfachen  Winkel  ihrer  damahligen 
Gränze  an  dem  Niester  zwischen  Podolien,  Gallicien  oder  Both  BeuBen, 
Pogutien  und  Moldau  behaubten  wolten;  dann  wann  der  geographische 
Scribent  Simon  Starowolski  zuvor  die  Buchenwälder  über  dem  Niester 


157 


(wie  oben  erwähnet)  zu  der  Bogutischen  Gränze  bestimmet,  und  dieser  Za- 
loskie  femer  in  der  weitläufigen  Beschreibung  der  Laage  bey  Choczim 
expresse  saget  pag.  496:  „Altera  Tyrae  ripa,  Podoliae  limes  ac 
inimitinm  est.  Superiorem  Arcem  et  zwanecnm  oppidum  Choczimo  intra 
pila  tonnentariae  jactum  objectat;  opposito  lateri  dissidum  duabus  leucis 
incubat  Camenecum". 

So  glaube  mich  nicht  zu  irren,  wann  ich  eben  dorten  bey  dem 
Eiülanf  des  Podhoi*ze  Flußes  in  den  Niester,  und  da  wo  eben  dieser 
berühmte  gelehrte  Pohle  den  Anfang  der  Gränze  von  Podolien  bestimmet, 
das  Ende  von  Roth  Beußen  suche.  Wir  hätten  also,  wann  man  die  Sache 
genau  nehmen  wollte,  noch  nicht  einmahl  jenes  kleine  Stuck  von  Podo- 
lien, welches  uns  vermög  Tractaten  abzuschneiden  erlaubet  ist,  durch 
Annebmnng  des  Podhorzeflußes  erhalten,  außer  es  mußte  nach  der  geo- 
graphischen Abtheilung  des  Simonis  Starowolski  das  sehr  kleine  Stuck 
von  Panjouce  oder  Palczyniec  seyn  mögen,  welches  dazumahlen  nach 
Podolien  gehöret  haben  mag.  Wann  dieser  Zaluski  ferner  in  einigen 
Linien  weiter  unter  pag.  496  et  497  saget: 

„Castra  vallum  et  fossa  munierat,  nee  non  quadraginta  fuhnina- 
trices  machinae  firmaverant.  Amnis  sie  pi*aemunitus,  Polono  h  Podolia 
uccorsnro  aditum  vetuit,  sed  Tyras  finibus  Podoliae  illabens  alibi  Polonum 
transtnlit  hosti  praeter  spem  aliunde  illapsum,  qui  front^m  munierat.^ 
Und  wenn  ich  dieses  mit  der  obigen  annectode  Tyras  transmittendus 
eo  loco  ubi  utraque  ripa  Leohioi  Juris  confrontire,  schließen  muß; 
Weilen  wegen  der  ersten  Laage  und  der  Türken  gemachten  guten  Anstalt 
solche  in  ihrem  bevestigten  Laager  von  der  Seite  der  Podolischen  Gränze 
nidit  zu  attaquiren,  und  der  Niester  nicht  zu  passir  wäre,  die  Pohlen 
aber  ohnversehends  sie  auf  einer  andern  Seite  überfallen  haben,  daß  der 
Anthor  diesen  hier  vermeinten  Einbruch  durch  Hallicien  und  Pogu- 
tien  unter  dem  Wort  alibi  verstehe;  Wann  aber  dazumahlen  die  Roth 
Reußische  und  Pogutische  Gränzen  8  Meilen  ober  Choczim,  wie  anjezo 
solche  Gränzen  in  der  Carte  angezeiget  seynd,  angefanget  hatte,  so 
würden  die  Türken  wenigstens  bis  dahin  längst  den  Niester  ihre  Posten 
aosg^tellet,  und  den  Bukowina  Wald  über  den  Niester  besetzt  gehalten 
haben.  Folglich  denen  Pohlen  ohnmöglich  geworden  seye  einen  March 
S  Meilen  aufwärts  diesseits  und  8  Meilen  abwärts  jenseits  zu  machen, 
dabey  den  Niester  zu  passiren  und  zugleich  ohnversehend  den  Feind 
m  attaquiren,  wozu  vor  die  leichtesten  trouppen  in  denen  forcirtesten 
Minchen  wenigstens  3  Tage  Zeit  gehören,  und  der  Feind  hätte  in  diese 
Zeh  ohnfehlbar  Nachricht  von  ihrem  Marsch  erhalten,  und  nicht  so  leicht 
svprfmiret  werden  können.   Weilen  aber  die  Türken  dazumahlen  über 


i 


1Ö8 


ihre  Grenzen  nnd  auOer  Cborzim  kein^  P««ten  st^bon  hatten,  so  haben 
die  Fohlen  Yon  der  Griaxe  von  P<M)**lieD  durch  Roth  Reaßen,  welche 
Grftnzen  von  PodoHen  nahe  bey  Ch*icxim  Mistoßen  und  durch  Pogntien 
mittelst  einen  ktirzeren  und  «chneleren  nurth  die  Tfliten  ohnversehends 
fl herfallen  kennen,  dahero  auch  der  Aothor  hier  ausdröckentlich  einen 
Unterschied  von  der  Seite  aus  Podolien  machet   Nachdeme  ich  nun 
diese  Reflexion  gemachet  und  nicht  weiß  was  von  Allerhöchsten  Orihen 
weitershin  wegen  den  Pocutischen  Grimen  Allergn&digst  beschlossen 
wird ;  so  habe  dem  Herrn  Obnstwachteeister  Sieinbacher  unter  8^  No- 
vember c.  a.  aufgetragen,  dafi  er  bey  Annäherung  des  Winthers  mit 
Aussteckung  der  Adlers  bey  dem  Xie«1er  aufhören  solle  und  hiednrch 
die  Zeit  gewinne  die  weitere  Allerhöchsten  Gesinnungen  wegen  der  Pocu- 
tischen  Gränze  erhalten  zu  können,  welche  Arbeit  auf  das  künftige 
Frflbjahr  viel  natfirlicher  und  ohne  Ahndung  vor  sich  gehen  kann  als 
wann  wie  vor  heuer  von  der  Gallicischen  Gränze  in  flachem  Lande  die 
Adlers  ausstecken  mit  solchen  im  Frühjahr  vorrucken  würde.  Aus  obigen 
Gründen  halte  ich  dafür,  daß  der  Po«ihorze  ebenso  leicht  gegen  die  Pohlen 
bey  gegenwärtiger  Discussion.  als  die  andere  Linie  von  Choczim  längst 
dem  Bergrucken  nach  des  Hauptmann  Mieg  rec(^oscirung  mit  der  Zeit 
bey  einem  Friedens  Schluß  gegen  die  Türken  behaubtet  werden  könnte. 
Ich  habe  von  ohngefahr  eine  Carte  von  Pohlen  in  sehr  verjungten 
Maaßstaab  gezeichnet  zu   Gesicht  bekommen,  welche  von  der  hiesigen 
königlichen  Kriegs  (Kommission  herausgegeben  worden  seyn  solle,  wo- 
rinnen  die  Gränzen   von  denen   abgetretenen    Provinzien   angemerket 
seynd,  und  worinnen  sie  uns  den  Theil  über  den  Bug  welcber  die  Roth 
Reußischen  Gränzen  v<»r  Lubomil  an  der  zugleich  Chelmischen  Gränze  an 
dem  Brescianischen  und  Volhynische  Palatinat  bestimmt  von  Selbsten 
zugemessen  hat,  woraus  zu  schließen,  daß  die  Pohlen  die  Auslegung  der 
Tractaten  dem  Wort  Verstand  nach  ebenso  machen  wie  ich  in  meinem 
unterm  24**"  Februar  h:  a:  unterthänigst  erstatteten  Rapport  vorgestellt 
habe,  damit  wir  die  so  beträchtliche  und  remarquable  Commerden  Straße 
aus  Podolien,  Ukraine,  Volhynien  und  Bruslavischen,  auf  unsere  Seite 
ziehen  möchten,  indeme  sie  von-  und   in  dem  Bug  bis  an  die  Roth 
Reußische  Gränze  vor  Luboml  gehen,  und  dadurch  den  ganzen  District 
vom  terra  Chelmensis  uns  zueignen.   Es  scheint  mir  nun  mehro  um  so 
weniger  bedenklich  zu  seyn,  diesen  wichtigen  Vortheil  an  uns  zu  ziehen 
und  den  vom  Potorze  Fluß  daneben  zu  behaubten  nach  dem  der  König 
von  Preußen  die  Herrschaften  Draheim,  Lauterburg  und  Butow  durch 
die  Tractaten  zugestanden  worden,  und  in  dieser  nehmlich  von  der  Kriegs 
Commission  heransgegeben  seyn  sollenden  Carte  annoch  der  Distnct  vom 


U 


1S9 

Posner  Palatinat,  welcher  auf  dem  rechten  Ufer  der  Notez  verbleibet, 
nicbt  aber  directe  durch  die  Tractatea  anf^wiesen  ist,  zngetheilet  worden. 
Es  ist  dieeee  nur  die  unterthänig  gehorsamste  Anzeige,  welches  ich  nach 
mfinem  ÄllerhÖchBten  Auftrag  zu  erOiiern  vor  schuldig  gefunden,  über- 
laese  aber  Euer  Bxcellenz  und  höhern  Orten,  nach  Befund  der  Sache 
einen  Gebrauch  davon  machen. 

Mich  —     —     —     —    —     —     ^      -       _____ 

Warschau,  den  10.  December  1773. 

untertbänigst  geboraarnster 
Freyherr  Seeger  von  Durrenberg 


Hiegg  an  das  General -HUltär-Ober-Commando. 
Orig.   (R.  d.  B.-Kr.-H.  57/9.  1774.)         Lemberg,  den  28.  December  1773. 

Da  die  eine  auszeichnang,  desjenigen  Holdaniacben  Gr&ntzen  Ter- 
rains, so  diesen  Herbst  unter  der  mir  gnäd^t  anvertrauten  Direction 
aofgenohmen  worden  (welcher  sodann  die  mehr  Detaillirte  Militair  Be- 
schreibung dieser  Gegenden  denen  hohen  Verordnungen  Qeroäß  bejiu- 
fägen,  nicht  unterlassen  werden)  noch  einige  Zeit  erfordert;  ich  aber 
indessen  vor  nothwendig  halte,  vorläufig  zu  Höherer  Einsicht,  mein^ 
Aber  diesen  terrain  gemachte,  und  Bekräftigte  politische  Anmerkungen, 
Einem  Hohen  Militair  General  Ober  Comroando  untei-th&nigst,  zu  onter- 
l^n,  wann  etwa  nach  deren  Befundener  Prtlfung,  es  vor  den  Aller- 
höchsten Dienst  ersprieBlich  wiU-e,  sie  biB  zn  allerhOcbsten  Orthen  zu 
beßrdem,  um  einigen  Gebrauch  davon  zu  machen.  So  bemerke  durch 
Etgeawärtiges  unterthänigst;  wie  daS  ich  schon  bey  der,  mir  vaijährigen 
u^bvgenen  Gräntz  Säulen,  Aussetzung  an  die  Pokutzischen  Gr&ntie, 
diem  Gräntzlinie  welche  sich  vom  Niester  bis  Pmth  Fluß,  über  flache 
Felder  in  einer  ohnkennbaren  Linie  ziehet,  sehr  nnnatfirüch  und  blichst 
nichtheilig  gefunden,  wo  ich  G^entheilB  in  Meiner  diesjährigen  Operation, 
Ulf  dem  Bergrlicken  von  Chotym  biß  Czemowitz,  durch  den  s(^enannten 
Bukowina  wald,  eine  linie  ai^troffen,  wo  die  natnr  selbsten,  eine  wahre 
landu  Gräntze  bezeichnet  hat; 

Von  meinen  pflichten  also,  zu  Beförderung,  des  Aller  Höchsten 
IHenstes,  Belebet,  hab  mir  alle  Mühe  gegeben,  biei-über  einige  Kenntnuß 
m  erlangen,  und  nachrichten  einzuziehen,  worauf  ich  dann  von  denen 


bauern  gleich  anfan^  ^neralement  belehret  wordeD,  wie  dafi  sie  gehöret 
hätten,  daß  die  Pohlnische  Grftntze  einmabl  anf  erwähnteD  ROcken  ge- 
gangen; die  Juden  haben  mir  einen  noch  wirklich  eiietirendeo  Gräntx- 
stein,  bey  fontinit  Sankj')  gezeiget;  und  da  ich  mir  das  Vertranen  Tun 
einigen  Bojaren  erworben,  so  haben  sie  mir  eingestanden,  daß  der  gantze 
Czemowitzer  und  Snzaver  Dietrict  ehemahls  zn  Fehlen  gehöret,  zu  dessen 
l^aler  dednction,  mir  auch  einer  aus  seinen  Familien  Schriften,  ein 
original  donations  Instrument,  anf  einige  Grund  Gilther,  vom  KSnig 
Johann  Sobieskj  unterfertigt,  übergeben;  gegen  Versprechung  einer  Be- 
lohnung und  besonderer  Geheimhaltung  seines  Nahmens,  da  er  ansonsten 
von  seithen  der  Tarken,  bey  deren  Zurückknnft,  um  seinen  Kopf,  und 
bey  denen  anjetzo  dominirenden  ßuQen,  wegen  Si^birien  &ueer6t  besorgt 
seyn  mDßte.  Ich  fflge  demnach  dieses  original  Urknnd  nnterthänigst 
bey,  um  deßen  gnädige  ZorScksendung  aber,  die  dermalige  besitzer 
deren  daiinnen  Benannten  Grund  Güther,  Juan  Stiritzka,  Kapitän  di 
Tirku  Siretulj,  und  sein  söhn,  der  Bojar  von  Selenuo,  zu  legttimation  in 
ihren  posseseionen,  das  untorthänigste  Anersuchen  machen.  Der  vor- 
letzte  Staroste  des  Czemowitzer  Districte  als  er  noch  in  Pohlnischen 
Händen  gewesen,  wäre  ein  Fototzkj  and  letzterer  ein  Turkul,  ans  Fohlen ; 
diese  Steroeteyen  wai'en  nicht  auf  hierländischen  Fuß,  lebenslänglich 
Bigenthflmlich,  oder  mit  der  gäntzlichen  Nutz  Genießnng,  sondern  be- 
stunden nur  in  der  Gerichtsbarkeit,  Ober  die  districte,  wo  mit  gewiße 
revenOen  verknüpfet  wai-en.  Welches  auch  dermahlen  noch  üblich  ist, 
da  jeder  Zeit  2  bnjaren  als  Starosten,  von  dem  Bivan  zu  Jassy  benennet, 
anch  wlillkflriich  wieder  abgesetzet  werden,  wie  ein  solches  erst  diesen 
Sommer,  dem  geweßten  Starosten  Imbault,  einem  national  Frantzosen, 
unter  einer  nng^rOndeten  Beschuldigung,  daß  er  mit  dem  k.  k.  Herrn 
Generalen  v.  Barco  in  geheimer  r.orrespondontz  stünde  wiederfahren. 

Eb  ist  also  klar  und  ohne  wieder  Spruch,  dafi  diese  districte  ehe- 
mals zu  Fokutien  gehörig,  ohne  welches  ein  Kdnig  von  Fohlen,  weder 
donationee  darinnen  couferiren,  noch  Pohlniscbe  Starosten  einsetzen 
können.  Auf  was  vor  eine  Arth  aber,  dieses  territerium  entwendet  worden 
habe  derroahien  bey  der  Ignoranten  nation,  noch  nicht  klar  genug  Emiren 
können.  Da  mir  einige  sagen,  daß  es  als  eine  Ärth  von  Schadloßhaltung, 
denen  Türken  bey  Zunlckgebung  der  Festnng  Kaminieck  nnd  also  in 
dem  Carlowitzer  Friedensschluß,  Überleben  worden,  andere  aber,  daß  es 
spätei',  dui'ch  König  Aogustum  den  3'°"  und  ohne  förmliche  Einwilligung 
der  Republiqne  wäre  abgetretten  worden.   In  dessen  ist  es  grflndJich 


161 


genug,  daß,  anf  was  vor  eine  Arth  auch  diese  Yei-äußerung  vorgegaDgen, 
diese  Districte,  als  zu  Gallizien  gehörig,  niemahls  zum  Nachtheil,  deren 
hierauf  gegründeten  rechte  des  Aller  Durchlauchtigsten  Eayserlichen 
Ertzhauses  veralieniret  werden  konnten. 

Der  Chotymer  district  hat,  wie  dessen  Grantzen  in  meinem  special 
Plan  anzeigen,  2  Dörfer  diesseits  des  Bukowina  waldes,  nemlich  Bala- 
matka,  und  Dersavenetz,  welches  aber  nur  als  usurpirtes  territorium  an- 
zusehen ist. 

Die  allgemeine  Vortheile,  die  bey  der  rechtmäßigen  besitznehmung 
dieses  winkeis,  vor  den  Allerhöchsten  Dienst  erwachsen,  welche  mir  bey 
memer  einzuschickenden  Militair  beschreibung,  genauer  zu  detailliren 
Tomehme,  Bestehen  in  dem  alignement  der  Pokutzischen  Gräntzlinie,  mit 
dem  besonders  Yortheilhaften  punct  okopi. 

In  einer  natürlichen  Versicherung  dieser  Gräntze,  in  beträchtlicher 
▼ennehrung  der  Viehzucht,  Verhinderung  der  emigration,  ersetzung  des 
Holzmangels,  in  denen  von  Holz  entblößten  Gegenden,  von  Horodenka 
und  Snyatin,  deren  Einwohner  aus  der  bloßen  Gnade  deren  benachbarten 
Moldauern  leben,  und  in  dem  arrondissement  mit  Siebenbürgen,  wohin, 
wie  ich  nach  dem  particulairen  Eenntnüß  dieses  Landes,  sicher  glaube, 
ein  Fuhrweg  über  den  Borgoser  Paß  zubereithen  werden  könnte,  welcher 
sodann  in  militair  als  provincial  absiebten  fast  unschätzbar  seyn  würde. 
Bey  Yorschlagung  also  dieser  linie  müßte  selbe  indessen  nach  denen  local 
Tortheilen,  generalement  von  Okopj  auf  Czernowitz  und  von  da  über  Si- 
reth,  vorwärts  dem  Burgoser  Paß  nach  Siebenbürgen  deteiminiret  werden. 


Lemberg,  den  23.  December  1773. 


Friedr.  von  Mieg 
Haubtmann  vom  General  Staab. 


IV. 


I>onatioxi8urkunde  des  Königs  Johann  Sobieski  an  Holubofski. 


Cop.  (R.  d.  R..Kr..M.  57/9.  1774.) 


Jayorovise 
die  20.  Mensis  Decembris  1691. 


Johannes  Tertius,  Dei  gratia,  Bex  Poloniae,  Magnus  Dux  Lithuaniae, 
Bwsiae,  Prussiae,  Massoviae,  Samogitiae,  Kioviae,  Volhiniae,  Podoliae, 
Podlachiae,  Livoniae,  Smolensci,  Severiae,  Czernichoviae  etc  .  .  . 

Significamus  bis  litteris  nostris,  omnibus  in  concreto,  et  cuivis  in 
particulari,  cui  scire  competit;  habendo  considerationem  meritorium,  et 
Bulitariom  servitiorum,  generosi  Stephani  Holubofskj,  Locum  tenentis  ex 


4 


erhörte  Inrtcata  Genenvi  Zahiir»Tskj  OipiUiiei  nnstri,  in  lecKiDpcnsim 
<1ictorum  tneritorum  re»>lrin(ie.  derolnta  ad  dispoGitionem  nostram  lU- 
gi&m,  c«rtiB  ei  lUtionihoe  Buna  s«h  Campns  deeertos  in  limitibus  Hol- 
daviae,  eupra  fluvjuin  Pnitb  jac«Dtia  Predijksuti'  nnminata,  aotefito 
Generoso  Holubofgkj.  jnrf  adriulitio  itn  ei  canferr«,  prouti  dunns  et 
c^nfertmus,  hocce  Pririlc^  noetro  qoti  nominab«  Campos,  uns  cnm 
fundia,  Apibns,  siItib,  lacobus.  snbdil  «t  illonim  debitie  laboribus,  DiHni- 
natus  QeneroBDG  Bolobofskj,  tenebit  ei  iis  ntetnr,  usque  ad  alÜmmii 
suae  Vitae  tenninam.  Promittend«  qood  tarn  nt«,  quam  etiam  sereoiEsiiiii 
Saccessoree  nnebri,  Generoenm  Holnbofskj  a  possessione  predictomm 
Campomm,  non  alienabimns,  Deqne  ad  alienationem  ulli  facultatem  Iri- 
baemus,  sed  penes  nsn  dictomm  bonorum  pacifim  omnino  coEBeirsbiniDS. 
Ex  ratione  vero  hujnece  Posswsiiinis.  ad  restanrationes  pontium,  ibidem 
eiistenti  dlctns  generosas  Holabofskj  spectabit,  et  tenebitur.  Pro  quo 
in  M^orem  Odern  sab  sabecription«  maniiB  nietrae,  Si^llam  Begni  im- 
presfium  est.  Datom  Javaroviae  die  20.  Henis  Decembris  1691  R(^ 
noBtri  XVn»'. 

Campi  Vacni,  in  Limitibas  HoMaTiae  in 

Joannes  itei.  Tpiritorio  OiornivTifn^i  existentes,  Piedji- 

(L.  S.)  kautze    num-upaÜ,   GeneruBO  Holnbofskj 

lri>ciimt«neuti,  ei  Cohorte  Geuerosj  Zaho- 

rowG^. 

Frant'isscDB  Michael  Denhoff 

SUroatn  Stawganlakj  S.  R.  M.  Secretarius  m.  f. 


Hadik  an  CanmelU. 

Orii;.    (K.  d.  K.-Kr.-H.  5T/'J.}  Lember^,  den  3a.  Dezember  177;!. 

Hochgebohrner  Grafl 
Welcher  Gestalten  der  Heri'  Oberete  Ban>n  von  Seeger  sowohl,  als 
der  Hauptmann  von  Mieg  vom  großen  General  Staab  zu  ei^proben  ti-achtc, 
daß  auf  den  Bei'grücken  von  Chotpn  bis  Czernowitx  durch  den  Buge- 
nannten  Bukowina -Wald  die  wahi«  Gr&ntz-Linie  von  Pokutien  sey,  mit- 
hin dieses  Stflck  Landes  zu  Pokutien  gehöre,  solches  belieben  £uet 
Eicellenz  aus  ihren  beyverwahrten  beeden  Original  Berichten  und  dem 


s  i'iedijksutz  lioiMeu. 


163 

gerade  dem  le/.teren  be^fandigen  zugleich  auch  in  das  Latein  flbergezten 
polnischen  DuDations-InstruTDent  dee  Bojaren  von  Seleniin  des  mehreren 
HDSchwer  zu  ersehen. 

Ich  entstehe  dafaero  nicht  welche  Euer  Excellenz  zur  gefälligen 
Einsicht  und  dieOBam  ermessenden  Gebrauch  hiemit  einzusenden  und 
hiebe;  den  UeiTn  Oberst  Seeger  sowohl  als  den  Herin  Hauptmann  Mieg 
ihres  für  den  Dienst  und  das  Allerhöchste  Interesse  zeigenden  besonderes 
Eifers  halben  gehorsamst  anzuempfehlen,  mir  aber  seiner  Zeit  das  dem 
Bericht  des  lezteren  beyverwahrte  polnische  Original  Instrument  wieder 
larQek  zu  erbitten;  womit    —     —     —     —     —     —     —     —     — 

VI. 

AUenmtertliänlgBter  Vortrag. 

Eigenh.    (B,  d.  R.-Kr-H.  57/9.)  Wien,  den  4.  Jilniier  1774 

Anmerkung:  „Dem  Obristen  Seeger  und  Hauptmann  Hieg  vom 
grüßen  Generalstaab  ist  Meine  Zufriedenheit  Aber  ihren,  bey  ansfladig- 
macbung  des  eingeschickten  douationsbriefes,  beze^ten  treuesten  Dienst- 
eifer zu  erkennen  zu  geben,  und  ernenne  Ich  den  Herrn  Hauptmann 
Mi^  zum  Major  mit  dem  gewöhnlichen  Gehalt  bey  sothaneu  General- 
staab, worüber  das  gewöhnliche  zn  veranlassen  ist. 

Mit  der  Ansstecknng  der  adtern  nach  der  nefl- angemerkten  Gränze 
Ton  Pokutien  ist  dermalen  noch  inne  zu  halten,  weil  in  der  Angi'änzenden 
Uoldaa  annoch  Kassische  Truppen  vorhanden  seynd;  So  bald  aber  diese 
lue  Holdan  räumen  sollten,  ist  mit  gedachter  Anssteckung  der  Adler 
nicht  weiter  zu  säumen,  sondern  ist  selbe  also  gleich  vorzunehmen,  und 
wird  man  nach  hero  sehen,  wie  selbe  Anssteckung  unter  dem  Namen 
einer  Gräntibericbtigung  bey  der  Pforte  durchzusetzen  seyn  wird. 
Joseph  Corregens. 


An  den  Herrn  QanerBl  der  Cavallerte  Grafen  v.  Hadik,  den 
Hof-  and   Staatskansler    Herrn   Fürsten    v.  Kaunitz   Bittberg. 

Or%.   (R.  d.  K.-Kr.-H.  57/4.)  Wien,  den  8.  JKiiner  1774. 

P.  P-  jjer  particulare«. 

Dasjen^e,  was  Enei'   ....  schätzbarstes  Schreiben  vom  35.  des 
htit  au^tretteaeo  Honaths  und  Jahrs  wegen  der  Ton  dem  Herrn 


16i 

Obristen  Seeger  und  dem  HauptmaiiD  Hieg^  angetragenen  Extension  der 
Gr&ntzen  tod  Pokatien  zu  entnehmen  gegeben  bat,  ist  si^lflich  vom  Hof 
Kriege  Rath  Sr.  Majest&t  überreicbet  worden.  Nach  der  hierüber  ab- 
geschöpften AllerhSchster  Resolation  haben  Se.  Hajest&t  Ällergnädigst 
anbefohlen,  daß  dem  Herrn  Obristen  Seeger  und  dem  Hanptmanne  Miegg 
dero  Allerhöchste  Zufriedenheit  Qber  ihren  bey  Ausfindigmachang  des 
eingeschickten  Donations- Brief  bezeigten  trenesten  Diensteifer  za  er- 
kennen gegeben  werden  solle,  allermassen  dann  auch,  wie  es  Ener  .... 
auB  dem  an  das  General  Commando  ergehenden  Befehl  entnehmen  werden, 
Se.  Hi^estät  den  Hauptmann  Mi^^  znm  Major  mit  dem  gewöhnlichen 
Gehalt  bey  dem  großen  General  Staab  zu  ernennen  geruhet  haben. 

Vennög  der  ferneren  Allerhöchsten  Gesinnung  soll  mit  der  Ans- 
steckung  der  Adler  nach  der  nen  angemerkten  Gräntze  von  Pokutien 
dermalen  noch  inn^^halten  werden,  weil  in  der  angi'enzenden  Moldau 
annoch  Russische  Trouppen  vorhanden  seynd,  wohei^egen,  sobald  diese 
die  Moldau  räumen  sollten,  mit  gediichter  Aussteckung  der  Adler  nicht 
weiter  zu  s&nmen,  sondern  selbe  alsogleich  vorzukehren  und  den  Erfolg 
hievon  seiner  Zeit  anzuzeigen  ist. 

Be;  der  gelegenheit  wo  ich  ein  und  anderes  von  der  Allerhöchsten 

Willensmeinung entstehe  ich  zugleich  nicht,  das  einbefOrderte 

anf  die  dem  benannten  Stephan  Holubofsk;  an  denen  Holdauischen 
Gräntzen  zu  Theil  worden  Orund>Oflther  sich  beziehende  Pohlnische  Ori- 
ginal Danations-Inetmment  de  anno  1691  hierüber  in  der  Absicht  wieder 
zurückzustellen,  damit,  wenn  die  Eigenthümer  von  sothanen  Instrument 
auf  die  dieeföllige  Zurückgab  behaarten,  selbe  mit  einer  vidimirten  Ab- 
schrift zu  befriedigen  getrachtet,  und  das  Originale  bey  der  unter- 
stehenden Feldkriegs  Eanzlej  wohl  aufbewahrt,  auf  den  Fall  hingegen, 
wenn  etwa  der  Eigenthflmer  das  Instrument  gleichwolen  zu  ihrem  Ge- 
brauch ohnumgftnglich  nötbig  hätte,  oder  mithin  ihnen  dasselbe  auszu- 
händigen käme,  eine  legalisirte  copie  mit  der  Uebersetzung  in  actis  bey- 
behalten  werde";  —     —     —     —     —     —     —     —     —    —    — 

vni. 

Kaonlts  an  Siskovios. 

Ori^.    (R.  d,  R.-Kr.-M.  57/9.)  Wien,  den  12.  JSnner  1774. 

Der  Hof  nnd  Staatskanzler  giebt  sich  die  Ehre  des  Herrn  General 
Feld  Zeug  Meister  Freyfaerm  von  SiskovJcä  Excellenz  den  anhero  mit- 
getheilteu  Vortrag  die  Erweiterung  der  Pokutischen  Qränzen  betrefend 


165 

wieder  danknehmigst  mit  der  Erinnerung  zarflckinstellen,  daß  es  er- 
f  Anschlich  wäre  hierorts  zu  allf&lligen  Gebrauch  eine  authen- 
tische, UDd  legalisirte  Copie  des  qu&stionirten  Donations 
Instraments  in  der  Ursprache  und  in  einer  ächten  Ueber- 
s«l2D&g  bey  handen  lu  haben,  wegen  deren  Einschickung  die  gefall^ 
Verfngnng  an  das  GaliKiscbe  General  Commando  sich  erbetten  wei-den. 


An  das  Oenentloommaiido  in  Oalliieii,   den  Herrn  Hof-  und 
StaatakuiBler  Fürsten  v.  Eaunits  Rittberg. 

Ori«:.   (K.  d.  E.-Kr.-M.  &T/16.)  Wien,  den  IS.  Febniar  1774. 

Anfrage,  ob  das  einige  Grondstflcke  betrafende  Original  donations 
Instrament  in  legalisirte  Copie  dem  Eigenthümer  fibergeben  wurde,  oder 
dag  Original. 

Dem  Fürsten  wird  der  Bericht  eingeschickt  mit  einer  vidimirten 
Abschrift  in  der  Ursprache  und  in  lat«in. 


Baroo  an  den  Hofkiiegarath. 
Orig.   [R  d.  H..Kr.-M.  62/5^)  Jawy,  den  12.  Jitaner  1774. 

Anmerkung. 
Ueber  die   Einkfinfte,  welche   Rnßlandt  von  denen  2  FQrsten- 
thämem  Wallache;  ond  Moldau  dermalen  jShrlicfa  beziehet. 

Ton  der  Moldau. 
Aj)  Arenda  für    den    Zehend    des 

Weinw 108.300  fl. 

Ad  derley  ffir  das  Sah 58.500  „ 

1^  den  Zehend  des  Honigs  und  der 

Schweine 68.000  „ 

Flr  die  Yerbachtnag    des    30«~° 

Hanth  Ton  Hornvieh,  Pferd  und 

Kaufmannswaaren   ....     100.000  „ 
fit  die  Terbachtung  des  Zehend  von 

Schaffen 60.000  ,    (Summa  394.700  fl.) 


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166 


Die  Wailachey  hat  vor  deme  an  derley  Arenda  und  Yerbaditnng 
immer  um  die  Hälfte  mehr  getragen.  Ich  will  aber  bej  dermaligen 
Eriegs-zeiten  nur  so  viel  als  anjetzo  die  Moldau  gibt  rechnen  394.700  fl. 
Betragen  also  die  beyden  Fürstenthfimer  zusammen  an  haaren  789.400  fl. 
Alle  diese  Verbachtungen  haben  die  hiesige  Landtes  Boern  und  Eanf- 
leuthe,  welche  über  dieses  Quantum  noch  halb  so  viel  gewünst  darans- 
ziehen. 

Nebst  deme  wird  in  diesen  zweyen  Fürstenthümem  durch  den 
Landtmann  so  vieles  Hey  ohnentgeltlich  für  die  Armee  zusammen- 
geschlagen, wo  mit  die  ganze  Ai*mee,  und  dessen  ohnendlich  großes  Fuhr- 
wesen, den  ganzen  Winter  über  vom  8^^^  angefangen  bis  Ende  April 
versehen,  und  auch  noch  davon  die  80.000  Kayserlichen  Ochsen  welche 
von  Jassy  aus  bis  an  die  Donau  zu  Proviantzufuhr  eingetheilt  sind,  nebst 
denen  noch  besonders  aus  Fohlen,  ükrain  und  in  hiesigen  zwey  Fürsten- 
thümem zum  Theil  bedungene,  und  zum  Theil  ausgeschriebene  fuhren,  eben- 
fals  den  ganzen  Winter  über  vom  8^^^  bis  Ende  Martj  unterhalten  werden^ 
welches  nach  gemachten  Ueberschlag  die  Portion,  welche  so  wie  dermalen 
da^  Hey  hier  theuer  ist  auch  auf  6  kr.  zu  stehen  kommt,  nur  gering  ä  2  kr. 
gerechnet  eine  summa  Geldt  von  andei-thalb  Million  ausmacht. 

Dann  was  diese  2  Fürstenthümer  jährlich  an  vei-schiedenen  Gre- 
dreit,  als  Korn,  Gersten,  Kukurutz  und  hirsch  Brein  dann  Schlacht  Vieh 
für  die  Armee  ohnentgeldlich  liefern  müssen,  betragt  auch  nur  gering 
gerechnet,  eine  Geld  Summa  von  zwey  Millionen;  Außerdem  werden  zu 
dem  Schifban  und  deren  Transportirung  auf  den  Seret  Fluß  und  der 
Donau  vom  Ausfluß  bis  Hii'sova  Täglich  bis  1000  Bauern  auch  ohn- 
entgeldlich zur  Arbeit  gebraucht. 

In  Fi'iedenszeiten  hat  der  Fürst  oder  sogenannte  Hospodar  in  der 
Moldau  alle  Monath  gehabt  120  Beitel  Geldt  der  Beutel  ä  500  fl.  so 
jährlich  betragen  72.000  fl.  außer  deme  hat  er  jährlich  bekommen  unter 
dem  Titl  Sommer  Beyhielf  300.000  fl.  und  unter  den  Titl  Winter  Bej- 
hielf  600.000  fl.  Zudeme  sind  alle  Jahr  die  Landtes  Chargen  abgelegt, 
und  an  die  jenige  wieder  vergeben  worden  welche  dem  Fürsten  unter  der 
Hand  das  meiste  gezahlt  haben,  so  auch  gegen  200.000  fl.  ausgemacht. 

Obiges  jährliches  Geld  Quantum  für  den  Landesfürsten  ist  damals 
von  der  Contribution ,  welche  anjetzo  durch  Fourage  und  Pi-oviant  Lie- 
ferung, dann  durch  die  Fuhren  und  Arbeits  Bauern  abgethan  wird, 
bestritten  worden. 

Der  Landesfürst  in  der  Moldau  hat  mit  allen  Jährlich  in  fixo  3  Mil- 
lionen und  an  Sportein  V^  Million  mithin  zusammen  dV2  Million  nebst 
seinen  Unterhalt  bekommen.    In  der  Wailachey  soll  das  flzum  4V2  ^il" 


lionen  und  die  Sportein  '/^  Million  zuBammen  also  5  Millioaen  Jäb 
lu^macbt  haben. 

Die  Moldan  ohne  Bessarabien  hat  allein  nur  l  Million  SeeleE 
Dibret,  nnd  die  Wallache;  l'/i  Million.  Die  Moldau  könnte  anch  i 
SD  viel  TenuOg  dessen  Grösse  und  die  Glitte  des  Erdreichs  erbalten, 
u  a  proportione  auch  die  Wallachej. 

Wenn  man  denen  Bussen  die  Bilance  ziehet,  was  Ihnen  der  Di 
halt  Ihrer  Trouppen  in  ihren  Landt,  und  hier  kostet,  so  kommet  so 
liisrlands  um  die  helfte  geringer  zu  stehen  und  das  änrch  die  in  1 
and  hier  in  diesen  3  Füi'stenthümeru  überkommende  wohlfeilere  Le 
Mittela,  ohne  in  Betrachtung  zu  uohmeu.  der  Cours  ihrer  Bchlec 
Müntie,  worunter  besoudei-s  die  liier  Lands  geschlagene  Kupfer  M 
ron  welcher  3  kr.  nicht  einmal  den  WerÜi  eines  unsrigen  hat,  in 
sehung  der  Qualität  der  Haterrie  und  des  leichten  Gewichts.  E: 
nicht  zu  zweiflen,  daß  anstatt  der  zu  schlagen  erlaubten  2  Milli 
BDb«l  Kupfer  MQntz  auch  3  Millionen  gepreget  worden  seynd,  wie 
also  dem  Baron  Gai'tenbei^,  welcher  diese  Mflnzung  auf  sich  gehabt  d 
gewonnen  hat,  ist  leicht  zn  ermessen.  Nach  deme  er  nebst  Abliefe 
der  3  erlaubten  Millionen  Kübel  (welche  gewissen  Couditioneu  ui 
«orfen  waren,  als  die  alte  eroberte  Tflrkische  Stück  fOr  ein  gewi 
Preis  den  Centner  abzunehmen  und  der  Eron  Ober  Abzug  der  Unk( 
TOtxDmflnzen,  von  Anfang  her  seine  aufgestelte  Leutbe  zu  Gold 
Silber  einwechslen,  im  Landt  gehalten,  und  von  der  Zeit  als  d 
»bleckte  Geldt  mehr  kenntbar  worden,  immer  mehr  und  mehr  für 
SacateD  gegeben,  so  daß  Er  nun  den  Ducat  bey  der  HQntz  fOr  T 
köderen  Orten  für  6  fl.  einwechslet.  Diejenigen,  so  es  wissen  s 
ben}nderE  der  Herr  Feld  Marschall,  von  welchen  alles  abhänget, 
Nachtheilig  diese  HQutze  vor  das  allgemeine  Weesen  ist,  da  der  S 
wlbsten  täglich  mit  diesem  Geldt,  die  Officters  hingegen,  -  mit  dem  Si 
and  Goldt,  was  auch  eipre.  in  Bußland  zur  hiesigen  Verwendung 
KhUgen,  und  abgeschickt  wird,  bezahlt  worden,  sehen  nicht  nach, 
Sie  auch  Antheil  daran  iudirecte  durch  die  dritte  Hand  nehmen.  I 
Khlechte  Münz,  die  in  öffentlichen  Blättern  gelesene  wieder  Zui 
stelluDg  dieser  zwojen  Provinzen  und  die  flble  Mannszncbt  der  Treu; 
'ntferuet  die  Anfangs  gehabte  Neugung  der  hiesigen  Boein  gegen 
Rntseu  gänzlich  und  wünschen  alle  vorzüglichst  unter  den  Schutz 
Hajestät  des  Kajsers  zu  kommen. 

Es  mag  das  Schicksal  dieser  zwei  Piovinzen  bey  Herstellung 
hiedeuH  ausfallen,  wie  es  wolle,  nu  haben  alle  angr-änzeude  Ländter  i 
Emigration  vorzubeugen,  das  Augenmerk  hauptsächlich  zu  nehmen 


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1i||^^  V    I  weilen  alle  angränzende  Ländter  gegen  die  2  Provinzien  in  allen  Stücken 

ff)^  in  gar  keinen  Vergleich  zu  setzen,  nachdem  diese  2  Fflrstenthümer  alles 

in  der  Quantität  und  Qualität  leicht  hervorbringen,  was  die  umliegende 
nur  theil weise  mit  grosser  Mühe  und  Arbeit  erzwingen,  besonders  wann 
hier  noch  ein  Comercium  eingeführet  würde. 

Ueberdies  ist  der  Landt  Mann  überhaupt  kein  Unterthan  und  nach 

der  hiesigen  Landtes  Constitution  ist  er  seinem  Grund  Herrn  das  Jahr 

hindurch  nur  12  Tage  zu  arbeiten  schuldig  (welches  wohl  zuweilen  einige 

Boers  hoher  treiben)  oder  zahlt  für  diese  12  Tägige  Arbeit  2  fl.  jährlich 

von  allen  Producten  giebt  er  seinem  Hen-n  den  Zehend,  an  Steuern  und 

^  Gaaben,  entrichtet  Jährlich  der  geringste  Bauer  zu  12  und  15  fl.  Ein 

.  4?  "^z  jeglicher  Bauer  kann  von  einem  Grund  Herrn  zum  andern  ziehen,  und 

'  .;  •  darf  Ihn  weder  der  GrundheiT,  von  welchen  er  weg  gehet,  aufhalten, 

^:  -1  noch  derjenige  bey  welchen  er  sich  wieder  setzen  will,  abschaffen,  welche 

von  lezteren  auch  wohl  niemahlen  geschiehet.  Von  allem  deme  haben 
die  Eaysl.  Königl.  Unterthanen  an  denen  Gränzen  schon  eine  kleine 
EenntnüO,  die  Polnische  und  Russische  haben  durch  die  zufuhi*en  auch 
schon  den  Geschmack  davon.  Da  ohneiticht  des  Krieges  sich  immer  zu- 
gleich einige  mit  ihren  habschafften  hereinziehen.  Dagegen  die  hiesige, 
wann  Sie  schon  bey  gegenwartige  Eriegszeiten  stark  gepreßt  sind,  sich 
gleichwohlen  nicht  von  hier  wegbegeben,  um  wie  viel  mehr  würden  also 
nicht  die  auswärtigen  suchen  herein  zu  wandern,  wann  Ihnen  nach  her- 
gestelten  Frieden  von  denen  hiesigen  Boern,  durch  Emisarios  noch  viele 
Vortheile  versprochen  werden,  so  wie  es  bis  hero  von  Ihnen  geschehen  ist. 
Der  Verlust  der  Russischen  Trouppen  in  diesen  Krieg  wird  einiger- 


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/,^r,  j?  massen  ersezet,  durch  die  aus  Bulgarien  theils  herüber  getriebene  theils 

freywillig  gekommene  christliche  Famillien  welche  nach  und  nach  in  die 
Russ.  Länder  überführet  werden,  man  schätzet  Sie  in  die  40.000  Famil- 
lien, welche  alle  mit  zug  Vieh,  Schaf  und  Kieh  versehen  waren,  ohne  den 
vielen  allerley  Vieh,  was  die  Russen  von  jenseits  der  Donau  und  aus  diesen 
^  ^3^  2  Fürstenthümern  abgenohmen,  und  in  Ihre  Länder  getrieben  haben. 


^  ^V  Sigl.  Jassy  den  12.  Jan.  1774. 


::  t  XI. 


Baroo  an  den  Hofkriegsrath. 

Orig.    (R.  d.  R.-Er.-M.  62/23.)  Jassy,  den  13.  Jänner  1774. 

Es  haben  sich  von  denen  hiesigen  Moldauer  Boern  die  größten 
gegen  mich  dahin  geäußert,  wie  daß  Sie  sich  vor  allen  andern  voi'züglichst 


169 

MerhOchst  Ihro  M^estät  dem  Kayser  ergeb«!!  wollen,  sich  auch  nichts 
Hhnlicheree  wQiiBchea  als  unter  deBsen  Allerhöchsten  Schutz  zu  kom- 
men, welcher  we^u  Sie  ein  unterthänigstes  Bittschreiben  an  Ihro  Maje- 
stlt  dno  Eaysei'  mir  übergaben  wollen,  wann  Ich  Sie  versichere,  daß 
solches  TOD  mir  ans  nur  allein  Sr.  Majestät  zu  Händen  kommt. 

Ich  habe  nun  diese  Sache  indessen  noch  ohuentechieden  belassen 
DDil  mich  zuvor  bey  £ner  Eicellenz  unt«rth&nigst  ^boi-samst  anfragen 
sollen,  ob  ichsothanes  Bitt  Schreiben,  wann  mich  erwehnte  Boers  hier- 
wegen  nochmalen  angehen,  annehmen  und  sonach  directe  an  Ihro  Haje- 
stit  dem  Eayser  einreichen  solle  oder  nicht  worüber  mir  den  gn&digen 
Verbaltungs  Befehl  nntei-th&nigst  erbitte. 

Womit  mich  zu  hohen  Gnaden    —     —     —    —     —     —     — 

JasBj  den  13.  J&nner  1774. 

ganz  Unterthenigst  Gehorsamster 

Vincent;  Br.  Barco 

F.  U.L. 

xn. 

Baroo  an  den  Hofkriegaratb, 
Ong.    (R.  d.  B.-Kr.-H.  li!/89.)  Juay,  den  la.  Jlnoer  1774. 

Au  denen  Weihnachtsferien  nach  alten  Styl  ist  der  Herr  Feld- 
■ufBchall  Graf  von  BomanzofT  nach  Jassy  gekommen  alwo  sich  dieselben 
bis  Heil,  dreykönig  aufhielten,  und  sonach  wieder  in  sein  dorf  nach  Cor- 
BMt  luröck  hieben  werde;  untern  5.  dieses  ist  auch  der  FOrst  Serbatow, 
■elcher  das  Proviant  Amt  dirigiret  hier  eingetrofen  um  nach  Anordnung 
i»  Herrn  Feldmarscfaalln  die  Itfagaziner  auf  die  künftige  Campagne  ein- 
urichten;  immer  unter  B""  d.  wurde  von  dem  Groß  Vesier  ein  Schreiben 
u  den  Herrn  Feldmarschall  durch  einen  Courier  hieher  Oberbracht,  wor- 
iDf  den  9""  der  Minister  Oppreskow  welcher  noch  dato  in  Homan  seineu 
anfeathalt  hat  auch  hier  zu  Jassy  eingetroffen,  einestheils  die  feüre  Tage 
lüer  lu  halten,  mehi'eren  theils  aber,  um  die  Antwort  auf  das  Schreiben 
lee  Vesier  mit  dem  Herrn  Feldmarschall  zu  combiuiren. 

Unter  11""  d.  hat  der  General  Schesztakow  hieher  zur  Armee  8000 
Vun  frische  Trouppen  aus  Bußland,  welche  von  denen  dort  liegenden 
Bcpmentern  ausgezogen  wurde,  gebracht  und  gehet  nun  wieder  zurQck. 

Ansonsten  hOret  man  hier,  daß  dem  sich  in  Sybirien  neu  aufge- 
iirienen  Kayser  schon  einige  ganze  Begimenter  ergeben  haben  und 
tolcbw  auch  schon  bei   100  Kanons  übeikommen  haben   solle.    Man 

iRUi,  LIXTIU,  Bd.  I.  HUlta.  1ä 


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170 

schickt  also  anjetzo  noch  mehr  Trouppen  und  unter  andern  auch  daß 
in  Moskau  stehende  Leib  Cuiraßier  Begiment  nach  Sjbirien  ab,  und  an 
die  Regimenter  ist  der  Befehl  erlassen  worden  bis  weiterhin  keine  Delin- 
quenten mehr  dahin  abzuschicken.  In  Boman  und  um  Jassy  herum  ist 
die  Pest  wieder  ausgebrochen. 

Jassy  den  13.  Jänner  1774. 

Vincenty  Baron  v.  Barco 

F.  M.  L. 

xni. 


Seeger  an  Hadik. 

?i^  H  Orig.    (R.  d.E.- Kr.- M.  57/38.)  Warschau,  den  8.  Februar  1774. 

Was  könnte  mir  vergnüglicher  und  tröstlicher  fallen  als  wenn  ich 

der  Allerhöchsten  Zufriedenheit  und  Gnade  Sr.  Eayserlichen   Majestät 

tt,^'.  unseres  Allergnädigsten  Monarchen  durch  Euer  Excellenz  gnädiges  vom 

l^ten  December  wegen  meinen  geringen  Dienste  Allergnädigst  versichert 
werde?  Wie  wünsche  ich  so  sehnlichst,  daß  ich  jeder  zeit  in  meinen 
Aufträgen  die  richtige  Maas  und  Wahl  treffen  möchte,  um  weder  zu  weit 
zu  gehen,  noch  was  zu  verabsäumen.  In  Absicht  dessen  wünsche  ich,  daß 
.>v  gegenwäiiiige  meine  Allerunterthänigste  Remarquen  wegen  der  Pogu- 

tischen  Gränze  ebenso  Allergnädigst  wie  jene  aufgenommen  werden 
e  ♦•  mögen,  über  meine  Alleinntei-thänigste  Pflicht  durch  meine  treue  Ge- 

>j,,  '-,  sinnungen  bis  an  mein  Ende  darlegen  dörfte. 

In  Continuatione  meines  unterm  6*®°  Dec:  pt:  a:  unterthänig  er- 
lassenen habe  zu  Erläuterung  der  alten  Gränze  von  Pokutien  in  einigen 
bewährten  Authoribus  noch  folgendes  gefunden,  deren  wichtigste  Stellen 
ich  von  Wort  zu  Wort  eztrahiret,  welches  Euer  Excellenz  zu  höherer 
^^'  Beurtheilung  untei-thänig  überreiche. 

Es  ist  unter  denen  Historien  Schreiben  eine  ausgemachte  Sache 
*j  daß  Sarmatien  oder  Pohlen  in  vorigen  ältesten  Zeiten  viel  weiter  als 

jetzo  sich  erstrecket  habe,  und  ihre  Gränzen  in  Oceano  bis  an  Pontum 
Euxinum  und  an  die  Donau  gegangen  seyn. 
. ,  1  Obschon  aber  hier  nicht  mein  Absehen  ist,  bey  diesem  mich  auf- 

\,Ä  ;.*  zuhalten,  sondern  mir  haubtsächlich  die  alte  Gi*anze  von  Pogutien  aufeu- 

suchen;  so  finde  doch  vor  nöthig  mich  etwas  weitläuffiger  in  vorige  Zeiten 
einzulassen,  sofern,  als  die  Voifallenheiten  solche  Provinz  angegangen, 
um  desto  richtiger  seh  Hessen  zu  können,  daß  unsere  dermahlige  mit 


171 


Pfählen  bezeichnete  Pocutlsche  Crränzen  von  Niester  an  vor  Snyatin  und 
Kotti  bis  an  Ungarn  nur  von  denen  Türken  oder  Moldauffirsten  durch 
jener  Hfilfe  tiieils  von  langen  Zeiten  her  theils  banbtsächlich  seit  dem 
Gariowitzer  Frieden  hereingedrükt,  und  wider  die  Tractaten  denen  Fohlen 
gewalthätiger  weise  aufgedrungen  worden  seyen. 

Als  anno  1416  Alexander  der  Fürst  von  der  Moldau  und  Wallachey 
mit  allen  seinen  Bojaren  dem  Könige  Uladislav  Jagelloni  zu  Snyatin 
den  Huldigungs  Ayd  solenniter  ahgeleget,  verpfändete  ihme  dieser  König, 
Snyatin,  Colomin  und  ganz  Pocutien  vor  eine  gewisse  Summe  Geldes 
ond  trat  ihme  sogar  einige  districte  ab,  die  würklich  vor  diesem  zu 
Pocntien  gehöret  hat,  welches,  wie  wir  hernach  klärer  ersehen  werden, 
der  Chotimer,  Czernowitzer,  Suczawaer,  Sorikaner  und  Niem- 
cier  District  gewesen  seyn  müssen  (Dlugoss  Lib.  XI  p.  367;  Cromer 
übr.  17  p.  278  Edit:  Col:). 

Alexander  ließ  zwei  Söhne,  Eliam  und  Stephanum  hinter  sich;  diese 
Terfielen  wegen  der  Theilung  mit  einander  in  Sti*eit  und  Uladislaus  ein 
Sohn  des  Königs  Jagellonis  theilte  in  zwey  Theile  nehmlich  in  die 
Moldan  und  Wallachey,  doch  scheinet  es,  daß  er  obige  Districte  nicht 
eigentlich  zur  Moldau  getheilet,  sondern  zu  Fohlen  gerechnet  haben  möge, 
weilen  die  Historie  lehret,  daß  solche  jeder  Zeit,  als  zu  Fohlen  gehörige 
Provinzien,  angesehen  und  bestritten  worden  seynd.  Elias  erhielte  den 
Theil  von  der  Moldau  an.  1436  und  Stephan  den  von  der  Wallachey 
((^mer  Hbr.  17  p.  278  Edit.  Col.). 

Elias  leistet  sogleich  zu  Lemberg  in  der  haubt  Kirche  den  Ayd 
der  Treue  öffentlich  und  mit  großer  feyer,  verspräche  den  anverlangten 
Tribut  zu  geben  und  die  Herrschafft  Sabiuska,  welche  sein  Vatter  Ale- 
xandre von  Uladislav  Jagellone  verschrieben  bekommen  hatte,  zurück- 
logeben.  Zu  gleicher  Zeit  erschienen  die  Gesandt  von  Stephano,  welche  so 
Tohl  den  König  als  die  Polnisch.  Stände  bathen,  auch  von  ihren  Fürsten 
den  HuMignngs  Ayd  abzunehmen,  indeme  er  zugleich  versprechen  ließe, 
das  königreich  Fohlen,  Both  Beußen  und  Fodolien  wider  alle  Anfälle 
tapfer  zu  vertheidigen  (der  Author  saget  aber  nicht,  warum  es  ihnen  ab- 
geeehlagen  worden  seye)  (Dlugoss  lib.  XII  p.  691.  692). 

Sobald  König  Casimir  an:  1484  den  Tod  des  Fürsten  Elias  erfuhr, 
begab  er  sich  Selbsten  mit  seinen  Trouppen  an  die  Gränze  von  Both 
Benfien  und  Fodolien  um  allen  Unruhen  vorzukommen,  und  er  vor  seine 
Persohn  gieng  nach  Caminick,  seine  trouppen  aber  ließ  erindieQegend 
Ton  Choczim  und  Caminick  campiren,  schickte  von  da  Abgesandte  zu 
^  Petro,  welcher  dem  Elia  succedirte,  damit  er  ihme  Homagium  leisten 
^te,  durch  welche  er  zwar  alle  treue  versprach,  sich  aber  anfanglich  nicht 

12* 


4 


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.. ::  j'ir»cir,  Scsepano- 
SUphanskj 
B-H#cian)  Cho- 
•fr  XündKa   Porsten 
^<..    .    •2ai-=^-aafc'  ««''is.  v«lciiem  ün- 
—  ^■^  '"*  j"*«a  «ira.  wmiuL  sift  lu 
..-*  ^-  ^  Ä»    ^«  *»ff  Krieg  sicbl 
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:.»-••«  ^  -  m  ?>a.  lithiv  befinden 
.    ^    ,Vx  —   .    :^.«aM»  geschickt ,     die! 


173 

>larino  ftbereingekoinmdn,  ds6'er  3  Districte  zurück  gegeben,  and  die 
Schwester  des  KCnJgB  Elisabeth  znr  Gemahlin  versprodten  bekommen 
bitte,  man  er  kathotisdi  würde  (Ding.  1.  Xm  p.  81). 

Wie  kommet  Cromer,  SamiciiiB  und  Dlugoss  nicht  mit  einander 
über  eins,  denn  letzterer  saget,  daO  Bogdnn  an.  1451  gefangen  ond  der 
Kopf  abgeschlagen  worden  wäre  als  za  welcher  Zeit  CasimiruB  noch 
raperet  hatte.  Weilen  aber  hier  nicht  mein  Entiweck  ist,  eigentlich 
tine  nwammenh&ogende  Historie  oder  Chronologie  zu  entwerffen,  son- 
dem  nur  zu  behaubt«n  snchen  will,  daB  vorbesagte  Districte,  warom  di« 
Pohlen  gestritten  haben,  ganz  sich  von  ohndenkliidien  Jahren  her  zu 
Pogntien  gehöret  haben  sollen,  so  führe  ich  ferner  an,  dafi  Ulasdislaus 
König  von  Ungarn  daznmahlen  3  Gesandte  nahmens  Stephan  Teleyde, 
F^ciscns  Bolossa  und  Emeric  Czobor  in  Pocutien  schickte.  Dann  da 
Pohlen  anf  die  znrückgebnng  derer  abgerissenen  Districten  berahete,  so 
Miten  diese  Hinistres  sothane  Sache  arrangiren  (Timon  in  Imagine  Hun- 
gviu  novae,  p.  75). 

Hier  gernhen  E.  Eic.  gnädig  in  die  Pariser  Carte  zn  sehen,  wie 
Jiase  3  pancten  Sorocii?  (welches  vielleicht  verschrieben,  nnd  den 
Kähnen  Czobor  gleich  kommen  solte)  Stephanesty  und  Boloczani  oder  Bo- 
innani '  mit  einander  alieniret,  und  vielleicht  eben  diese  3  gegeuden  sey n 
nigen,  welche  beeagte  Minietres  untersnchet,  sich  darinn  eingeüieilet, 
die  iwistigkeiten  regnüret,  nnd  alsdann  ihr  genommenes  Orte  oder  daraus 
«rbaute  Städte  nach  ihrem  Nahmen  benennet  woMen  sejn  dörften. 

Man  wird  ans  der  vom  Könige  üladislav  diesen  Ambassadeurs  zu 
Offen  am  St.  Gallitag  mitgegebene  Instruction  mehreres  ersehen  können, 
wdehe  tnlibro  tabulariiquaesturaeBegisScepusiensis  zu  finden 
Mjn  wird. 

Obiger  berühmte  Anthor  St.  Sarnicius  (Dli^.  Sarn.  Ind.  Tab. 
Sun.  Urbinm  p:  1896,  1930,  1932)  führet  auch  in  seiner  Descriptione 
Polaniae  oder Indice  Tabulae  Sarmatiamm  Urbium  das  Schloß  Choczim 
t- 1895.  Czernowiz  oder  Zarnow  p.  1980,  das  Städtgen  Sereth 
f.  19S2  Niemienczize  nnd  Niemojevice  (in  der  Carte  Niemez  nnd  Niem- 
iinl)  als  KU  Fohlen  oder  Pogutien  gehörige  Ortschaft  und  Stätte  an, 
%sgen  man  die  großen  Jassj,  Boman,  Bender  und  andere  wflrklich  in 
in  Moldau  gel^eoe  Sl&tte  nicht  darinnen  findet. 

Wie  kOnte  die  Gränie  von  Pogatien  deutlicher  angezeiget  seyn? 
ik  wann  dieser  Sarnicius  in  Descript:  Pol.  Sann.  Urb.  p.  1886  (Dlug. 
SttD.  in  Descr.  Pol.  de  Limitibus  veteris  Sarmatiae  p.  1886)  von  langem 


174 

her  solche  determiniret:  ,Es  stehet  an.  1300:  Circa  tempora  Henrid  Sep* 
timi  divulsae  Poloniae  vires  ob  dissidia  Ducum  Boieslaidamm  ansam 
praebuerunt  vicinis  Regibus  et  Principibns  attrectandi  fines  eorum.  ünde 
consequutum  est,  ut  undiqne  accisis  finibus  limites  Poloniae  intra  Octo 
Gruces  haeserint,  quas  scriptores  nostri  ita  consignant: 

Prima  ad  Pagosz,  qnae  nos  ä  Pomerania  dividit:  etc:  Quinta  ad 
Chotim  (oder  Choczim)  ä  Yalachia  etc:  Hae  cruces  ä  nobis  in  Tjpo  Sar- 
matiarum  apertius  rubre  expressa  sunt:'  Man  muß  also  an  denen  Gren- 
zen von  Ghocimer  District  diesen  Oi-th,  wo  das  Kreuz  gestanden 
haben  solle,  aufsuchen  oder  nach  der  ausfühi'lichen  Beschreibung  Pauli 
Piasecii  (Cronica  p.  223)  folgen,  wo  er  saget: 

Nee  minori  celeritate  movens  Zamoyscius  ad  Confinia  Moldaviae, 
cum  audisset  ad  famam  adventus  sui  hostem  soluta  obsidione  Chocimi, 
ad  tutiora Moldaviae  recessisse,  ipse  quoque  Ghocimoomisso  per  Com- 
pendia  Viarum  apud  Golodropkam  (in  der  Pariser  Garte  stehet  Eono- 
lowska)  vado  transiens  Tyram  fluvium,  recta  per  Alpes  MoldaTioas 
Bukowina  yocitatai  et  transitu  difBciliorei  in  Moldayiam  penetra- 
Tit,  ac  magis  itineribus  praetergrediens  Soczayianam  hostis 
munitam,  ejus  oppugnatione  dilata  ne  ea  mora  ä  persequendo 
distineretur,  superato  etiam  fluvio  Seretho,  eum  usque  in  fini- 
bus Valaohiae  asseqnitur  ad  Telesinum  Amnem  (in  der  Carte 
vid:  Tazienfluß)  dessen  Ursprung  eben  da  unter  dem  Gier  Berg 
anfanget,  wo  der  Niemczer  District  aufhöret  und  die  Gränze 
zwischen  Pogutien,  Yallachey  und  Siebenbürgen  unterschie- 
den gewesen  seyn  muß)  alveo  limosum  et  ripis  alte  praernptis 
in  acossum  Michael  castra  posuerat  et  vadosa  ejus  omnia  firmis  praesi- 
diis  insederat.'  Ich  führe  dieses  haubtsachlich  um  dessen  willen  an, 
weilen  diese  Beschreibung  uns  die  alte  Bukowina  Wälder  und  die 
Gränze  zwischen  der  Moldau  und  Pogutien  zu  determiniren  scheinen 
mögen,  auch  diese  Beschreibung  nach  Aussage  der  in  dortiger  Gegend 
bekannten  Männern  vollkommen  übereinkommet,  wonach  richtiger  Ton 
den  Gränzen  Pocutiens  zu  urtheilen  seyn  werden,  wann  diese  Gränz 
Beschreibung  gegen  denen  von  Pohlen  in  dem  Garlowizer  Frieden  hinaus- 
gegebenen und  weiter  unten  angeführten  gleichen  Instructionen  an  die 
Gränz  Gommissarios  gegen  einander  gehalten  wird,  folget  man  dem  March 
dieser  Beschreibung  und  denen  Instructionen,  so  mag  man  vermög  all 
zugleich  überkommenden  Gitationen  die  richtige  Gränze  von  Pogntien 
und  denen  dazu  gehörigen  Districten  haben. 

Nun  gehe  ich  wieder  zurück  und  sehe,  daß  dem  König  Stephan 
Bathory  alles  ganz  ruhig  gienge,  da  er  mit  dem  Türk.  Kayser  Amurath 


175 

den  Frieden  erneuerte.  Gleich  als  unter  Sigismundo  m  der  Kayser  Budol- 
phus  in  dem  Türken  Krieg  an.  1595  eine  Diversion  in  die  Moldau  machen 
ließ  (Paul  Piasec:  Cronic.  p.  151,  152),  und  durch  Siebenbürgen  in  ge- 
dachte Provinz  gegen  Suczawa  einfiele,  sah  der  König  in  Pohlen  diese 
Provinz  als  eine  von  den  seinigen  an,  und  der  Pabst  legte  sich  sogar 
darinne,  daß  er  Pohlen  yorstelte,  wie  sie  verhindern  weiten,  dem  Feinde 
aller  Christenheit  eine  Diversion  zu  machen.  Die  Pohlen  also  besetzten 
den  Choczimer  und  Suczawaer  District  und  ernannten  Hieremiam 
Mohilam  zum  Woewoden  von  der  Moldau.  Als  die  Siebenbürger  sich 
wieder  zurückgezogen,  widersetzten  sich  die  Türken  denen  Pohlen,  und 
schickten  den  Tartar  Can,  welcher  aber  von  Zamoisky  geschlagen  und 
zugleich  Frieden  Pohlen  und  den  Türken  gemacht  wurde,  worinnen  beede 
Provinzien  denen  Pohlen  abgetretten,  und  von  den  Türken  versprochen 
worden  wäre,  sich  von  dem  Theile,  welcher  Pohlen  einverleibet  wäre, 
zorAck  zu  ziehen.  Nach  dem  Woywod  Michael  von  der  Wallachey  an: 
1600  ebenfalls  diesen  Theil  von  der  Moldau  haben  wolte  (Ibid.  p.  221), 
und  den  Jeremiam  Mohilam  daraus  vertriebe,  auch  Suczawa  als  die 
vornehmste  Yestung  mit  accord  an  ihn  übergienge,  wäre  Hieremias  ge- 
zwungen, sich  andasSchloßChoczim  zu  reteriren.  Weilen  nun  diese 
Provinz  und  Hieremias  als  ein  fürstl.  Vasall  den  Ayd  an  Pohlen  ab- 
geleget  hatte,  so  h&tte  selbige  wohl  billig  von  der  Republik  vertheidiget 
werden  sollen,  aber  es  wäre  ohnmöglich,  weilen  sie  mit  Schweden  in 
einen  Krieg  verwickelt,  und  die  dahmalige  Reichstage  nicht  zu  seiner 
Beschatznng  verwilligen  weiten. 

An:  1612  fiengen  die  Ohnruhen  an  den  Moldauischen  und  Pogu- 
tischen  Qränzen  wieder  aufs  neue  an  (Paul  Piasec.  Chron.  p.  334),  da 
der  ältere  Sohn  Gonstantinus  nach  des  Hieremiae  Mogilae  Tod  succedirte, 
welche  Familie  das  Erbrecht  erhalten,  wie  der  Author  meldet  auch  solches 
der  Türk.  Kayser  confirmiret  und  die  Pohlen  solches  Recht  durch  das 
Schwerdt  an:  1662,  1572,  1695,  1600  jederzeit  behaubtet  hatten,  daß 
also  diese  dem  Königreich  Pohlen  einverleibte  Provinz  (Provincia  socia 
Begni  Poloniae,  nempe  cui  ä  multis  retro  saeculis  socialem  fidelitatem 
Dti  clientes  Duces  illi  jurare  solebant)  von  vielen  ohndenkl.  saeculis  her 
die  verbündliche  Treue  als  fürstl.  Vasallen  dem  Könige  geschworen  haben. 
Die  Republiqne  wäre  damahls  auch  mit  Moscau  in  Krieg  verwickelt, 
konnte  also  keine  trouppen  zu  Gegenwehi*  an  die  Mold.  Gränzen  schicken. 
Stephanns  Potocki  aber  samlete  vor  sich  einige  trouppen,  zöge  die  Be- 
satzung aus  Gaminiek  und  gienge  gegen  den  Feind,  wurde  aber  geschla- 
gen und  selbst  mit  Gonstantino  Mogila  gefangen.  Der  nur  von  den 
Törken  eingesezte  Woywod  Tomas  Tomza  behaubtete  also  die  Moldau. 


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An.  1616  wolten  die  Türken  Frieden  mit  den  Pohlen  machen, 
jedoch  mit  den  Beding,  daß  sich  Pohlen  nicht  mehr  in  die  Moldaniscbe 
Affairen  mischen  selten.  Es  wurde  dahero  Czausius  an  den  König  nach 
Warschau,  und  Georgiuö  Kochanski  zu  den  Türken  als  Legate  gesandt, 
die  Friedens  Unterhandlungen  zu  unternehmen,  und  Polnischer  Seits  za 
verlangen,  daO  die  Moldau  in  alten  Stand  gesezt,  oder  wenigstens  Tomza 
zurückberufen,  der  in  die  Türk.  Gefangenschaft  gefallen,  Korecki  aos- 
geliefert,  und  diesem  die  Regierung  besagter  Provinz  zurückgegeben 
werden  solle  (Paul.  Pias.  Cron.  p.  334,  356). 

An.  1617  schloßn  Zolkiewski  zu  Bnssau  oder  Buszau  mit  den 
Türken  tractaten,  vermög  welchen  das  Schloß  Choczim,  welches  noch 
die  Mohilauischen  Erben  innen  hatte,  und  Nico:  Inonius  Präfect  wäre, 
verlassen  werden  solte,  worüber  auch  dieser,  weilen  er  den  Befehl  anin- 
nehmen,  sich  geweigert  hatte,  den  Kopf  verlohre  (Ibid.  p.  361).  —  Obn- 
erachtet  dessen  dauerten  die  Ohnruhen  an.  1618  an  der  Mold.  Gr&nze 
noch  immer  foii;  und  1620  nahete  sich  der  Feldherr  Zolkiewski  mit  denen 
Poln.  trouppen  der  Mold.  Gränze;  und  nach  dem  sie  deliberiret  hatte, 
wo  sie  ihr  Laager  nehmen  selten  fiele  der  Schluß  an  den  Gr&nzen  der 
Moldau,  wie  der  Author  (Paul.  Pias.  Cron.  p.  397)  solches  p.  397  deutiich 
beschreibet: 

,Difficilior  autem  inciderat  deliberatio  suodentibus  aliis,  ut  ipse 
Zolkievius  positis  munitisque  castris,  subsisteret  in  limite  Poloniae 
et  Moldaviae  ad  fluvium  Tyram  circa  Arcem  Chocimum,  et 
uon  objiceret  ita  potenti  hosti  manum  tam  exignam,  sed  Campi  Praefecto 
militari  Stan.  Koniecpolski,  qui  promtam  suam  operam  ad  hoc  offerebat 
dimisso  cum  parte  exercitus  expeditione  versus  Teinam,  ibi  Skinder  Bas- 
sam ä  Pi'oposito  distineri  curaret.'  Solchennacb  rückte  Zolkiewski  bis 
Cicora  (in  der  Pariser  Carte  stehet  Szokoram)  ohnweit  den  Gho- 
timer  Gränzen)  mit  seinem  Corps  vor.  An.  1621  fienge  der  Krieg 
erst  recht  an  mit  den  Türken,  Carolus  Chodkiewicz  versammelte  mit  An- 
fangs August  die  Armee  und  schlug  sein  Laager  bei  Choczim,  wohin  auch 
der  Poln.  Königl.  Prinz  Uladislaus  mit  16000  M.  auserlesener  Mann- 
schaft gekommen  ist.  Im  Monath  Oct:  d.  a.  schiene  es  zum  Frieden  za 
.  kommen,  wurde  auch  würklich  Stan.  Zorawenski  Castel:  Beizens:  und 
Jac:  Sobieski  in  das  türk.  Laager,  die  Tractaten  zu  schließen  abgeschickt, 
von  wo  sie  die  Türken  bis  zu  dem  völligen  Friedens  Schluß  nicht  zurück- 
ließen. Diese,  als  sie  nichts  von  des  Königs  Ankunft  vernahmen  und 
sich  vor  dem  kostbaren  Kriege,  welcher  das  ganze  Yei*derben  des  Landes 
drohete,  fürchteten,  schlössen  den  9**"  Oct.  1621  bey  Choczim  den  vor 
Pohlen  so  nachtheiligen  Frieden,   welcher  sich  auf  die  zwischen  dem 


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Zolkitwski  und  dem  Skinder  Bassa  zu  Biwza  (Bnzeu)  geschlossene  Tnu 
taten  ^Dilete,  der  <1ie  weitere  Besiezung  der  Moldau  denen  Pohlen  ve 
ttgt«.  Die  TOrken  zogen  eich  znrOck,  nnd  4  Tag  hernach  auch  die  Pohli 
littorl  Holdavica  arce  Choczim  die  Pohlen  haben  also  doc 
nicht  gani  die  Gegend  von  Choczim  verlassen  nnd  wo  sie  nicl 
?or,  doch  gleich  hinter  Chocsim  nicht  aber  bey  Sniatyn  in  d< 
groBen  Fläch«  die  Oränzen  besezet,  sonst  wQrde  es  nicht  helßei 
littori  Koldavica  Arce  Choczim,  sondern  Snyatio  benennet  habei 
KAnig  Sigismundns  111  wäre  Ober  diesen  Frieden,  der  wider  sein  nnd  d< 
Repnbliqne  Wissen  und  Willen  so  nacbtheilig  geschlossen  sehr  ohi 
gehalten  und  h&tte  ihm  ohnfehlbar  gleich  damahls  nrngestoBen,  wenn  < 
nidit  in  selbiger  Zeit  im  Nordischen  Krieg  verwickelt  gewesen  w&r 
(Ibid.  p.  406,  412.) 

An.  1624  geschahen  beständige  EinßUle  der  Tartarn  in  Pogutiei 
welche  bis  m  dem  Tode  Sigismundi  in  fortdauerten. 

An.  1631  fielen  die  Tflrken  noch  zn  unterschiedenen  mahlen  i 
Pohlen  ein.  An.  1632  et  1633.  Zn  Anfang  der  Regierung  Uladisla 
brache  der  Kri^  mit  den  TDrken  durch  Veranlassung  der  Moskowiter  i 
rechte  Flammen  aas,  sie  rQckten  bis  Caminiek  vor,  giengen  aber  doch  i 
dieser  Campagse  bis  an  die  Donau  wieder  znrQck.  Die  Pohlen,  welcl 
noch  immer  mit  den  Schweden  und  Moskowitern  zu  tbnn  hatten,  ve 
folgten  die  Türken  bey  ihrem  Abzug  keinesw^es,  nnd  wolt«n  lieber  jen( 
«riitenen  Schaden  geduldig  ertragen,  als  sich  von  den  Türken  vorwerft 
lauen,  offensive  agirt  zn  haben,  sondern  schickten  Alexandre  Trebins 
nach  Constantinopel,  welcher  die  Sache  dahin  einleitete,  daß  nach  gi 
Khlossenen  Frieden  mit  Moscan  auch  der  Frieden  mit  den  Tflrhen  a: 
1634  erneuert  wurde. 

Ton  1648  bis  1678  gehen  mir  die  Jahrgänge  der  Foln.  Geschieh 
ab,  inner  weldier  Zeit  sich  die  Türken  Caminiek  bemeistert  haben  mflsee; 

An.  168S  hat  Potocki  Castellan  von  Cracau,  Podolien,  Wallache 
Tnram  Jassy  (dnrch  diese  Benennung  kann  man  schliessen,  daB  Jasi 
<^D  ein  besonderer  District  war)  wieder  besezet,  aber  damahlen  wa 
die  Testni^  Caminiek  schon  in  tflrk.  H&nden.  (Zalnski:  Tom  I,  Pars 
f.  ibO.)  Das  Jahr  darauf  an.  1684  schlug  der  KOnig  Johannes  Sobiesl 
ntn  Laager  bei  Choczim  nnd  seine  trouppen  hielten  den  ganzen  Winb 
üb«  die  Holdan  besezt;  und  dafi  dieser  KQnig  solche  noch  inne  batt 
Kkd  zwar  an.  1691,  das  Jus  Dominii  daselbst  ausgeübet  hat,  erweis 
nae  in  diesem  Jahr  d«n  Holubowski  gegebene,  und  E.  Excel,  von  de 
Hubtaoann  Mieg  in  Originali  eingereichte  Donation,  wo  in  der  Citatic 
^W  n  lesen,  daß  diese  ihm  geschenkte  Felder  an  der  Uoldauschf 


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Gränzen  in  dem  Czernowizer  District.  welohes  noch  heutige»  Tages  eine 
Starostey  ist,  ligen.    (Ibid.  p.  851.) 

Wir  müßten  also  die  Gränzen  von  Pocutien  am  Ende  dieses 
Czernowizer  und  Chocimer  Districts  aufsuchen,  und  glaube  ich 
nicht  zu  fehlen,  wann  wir  obig  angezogener  in  der  Gronica  Pauli  Piasecii 
pag.  223  Torgefundene  Gränze,  nehmlich  Ton  Colodrobka  (in  der 
Cfiuie  Konolofska)  denen  Moldauischen  Alpen  nach  durch  die 
Bukowinische  Wälder  und  felder  aufier  den  Czernowizer  und 
Suczawaer  District  bis  an  den  Berg  Gier  (in  der  Carte  Bakiri  dag) 
an  die  Siebenbürger  Gränzen  aufsuchen,  welchen  Berg  Gier 
von  der  Poln.  Republique  besonders  und  ganz  deutlich  denen  Commissa- 
rien,  welche  den  G^^  May  1703  bey  dem  Carlowizer  frieden,  mit  den 
Türken  die  Gränzen  zu  reguliren,  abgeschicket,  in  ihrer  Instruction  an- 
recommendiret  worden,  nehmlich  (Zal:  Tom.  III  p.  483  et  484):  ,Provin- 
ciam  Vallachiam  vel  Collateralem  Moldaviam,  quandoquidem  ä 
Dominus  Suae  Mtis  et  Reipubl.  ipsamet  dislimitavit  natura  etc. 

Weit  unten  werde  ich  die  Gränze  noch  entschiedener  anzeigen; 
und  daß  der  Bukowina  Wald  bis  gegen  Cecora  sich  erstrecket  hat, 
erweiset  die  auf  dem  Reichstage  an.  1685  gemachte  Relation  wo  der 
Author  saget:  (Zal.  Tom.  I  Pai*s  11  p.  940);  post  transgressis  Buko- 
winam  exValachia  relatum,  hostem  divisum  esse  movisseque  ex  Ce- 
cora, ad  cujus  certitudinem  inferendam  expeditus  Iskra  Colonellus  sab 
Periciam  (in  der  Carte  Peretita)  exercitus  interea  locutus  sub  Bujany 
etc.  ...  Es  ist  doch  sehr  bedenklich,  daß  man  aus  dem  ganzen  Zusam- 
menhang der  von  Poln.  Seiten  gegen  den  Türken  geführten  Kriegen  er- 
siehet,  und  öfters  angezogener  findet,  daß  die  Pohlen  hauptsächlich  eben 
diesen  Cordon,  nehmlich  von  Cicora  oder  Czokorany  über  Pereti-ta, 
Stephanesty,  Boloczany  und  Suczawa  zu  defendiren  gesucht  hat, 
und  daraus  zu  schließen  daß  sie  diese  Disti'icte  als  eben  jenes  Land, 
welches  zu  Pogutien  immediate  gehöret  haben  und  abgerissen  worden, 
angesehen  und  behaubten  weiten,  wegen  der  Moldau  und  Wallachey  aber 
sich  eher  zufrieden  gegeben  haben  würden.  Ehe  ich  das  weitere  bey 
dem  Carlowizer  Frieden  vorgefallene  remarquabele  erwehne,  muß  ich  in 
der  Ordnung  meiner  Jahrgänge  verbleiben. 

An.  1686  gienge  der  König  Johannes  Sobieski  Selbst  in  eigener 
Persohn  nach  Jassy,  wo  er  von  dem  Metropolitan  in  Begleitung  seiner 
Geistlichkeit  und  Wallachischen  Bojaren  mit  großer  Submission  empfan- 
gen wurde  und  nach  der  Huldigung  in  dortiger  kath.  Kirche  ein  Dankfest 
gehalten  worden,  womach  er  in  das  Schloß  zurückgienge  aber  im  nächsten 
Laager  übqi'nachtete.  (Zal :  Tom.  I  Pai's  11  p.  962 ;  Tom.  11  p.  629  u.  630.) 


179 

in.  1669  nahmen  wieder  die  Friedenshandlangen  ihren  Anfuig 
wo  die  Poblen  unter  anderem  die  Moldau  und  Wallache;  nebst  dem 
Schlofl  Caminiek  und  Podolien  znrflckrerlangten  (Zal.  T.  I  Pars  II 
p.  1109.);  Weilen  aber  die  aliirte  Potenzien  zu  ^roQe  Forderongen  an 
<leB  Türken  machten,  käme  der  Frieden  nicht  zu  stände,  sondern  der 
Kri^  continnirte  bis  in  das  fmh  Jahr  1698  wo  wieder  aufs  neue  an  das 
Priedenswerk  geechritten  wnrde,  und  endliäi  im  fmh  Jahr  1699  auch 
ilersellw  allgemein  sn  Carlowiz  geschlossen  worden.  Zur  Baais  und  fan- 
dament  wurde  fee^sezet  nach  der  e^nen  Interpretation  des  Tflrk.  Oe- 
Mndten  aelbsteu,  uti  possidetis  atque  nnoa  quisque  possideat  ea,  quae 
pflssidet,  eadem  tenore  quo  declaratur',  (Zal.  Tom.  II  p.  578.  In  Inter- 
imtatione  iraditi  k  Pluptiarüe  Eicelsi  Ottomanici  Imperii  pro  fandamento 
paciB  instmmesti.)  Die  Türken  hatten  dazumahl  Caroiniek  und  die 
Pohlen  die  Uoldan  in  Besitz;  Jenes  zn  Terlassen,  worauf  die  Fehlen 
standhaft  verblieben,  und  diesee  zu  verliehren,  fiele  denen  Tflrken  sehr 
■chwer  es  solte  also  die  Moldau  eine  Auswechslung  gegen  Caminiek 
werden,  welches  endlich  die  Poblen  gezwungener  weise  eingehen  mußten; 
ilocfa  aber  die  alte  Gränzen  von  Pocntien  sich  reservirten,  wie  aus  ihrer 
dienen  Qrlinz  Commissarien  hinausgegebenen  Instruction  zu  ersehen. 
IniwiEchea  continnirt«n  die  Feindseligkeiten  zwischen  diesen  beeden; 
unil  die  Türken  machten  neue  Einfalle  in  Both  Benßen  und  käme  auch 
vOrfclich  anfangs  Sept.  1698  he;  Podhayce  zwischen  ihnen  zu  einem 
Treffen,  worinn  die  Fohlen  victorisiret  hatten,  doch  aber  von  Caminiek 
nicht  Meister  werden  konnten.  (Zal.  T.  n  p.  632.)  Zu  gleicher  Zeit 
«nMunde  ein  neuer  aufmhr  in  Lithauen,  und  in  dem  vom  Kön^  ge- 
haltenen Consilio  wolten  die  Pohlen  haben,  daS  die  Sächsische  trouppen 
aus  dem  Lande,  welches  der  KSnig  vor  dem  Tötligen  Friedens  Schluß  nicht 
ta  geben  volte,  marchiren  solt«n.  Er  beschloß,  daß  seine  trouppen  den 
Winther  über  ohne  Schaden  des  Landes,  ein  Theil  in  dem  Schloß  St. 
trinitatis  oder  sogenannten  Okopy  an  der  Gränze  von  Fodolien  g^on 
Jen  Feind,  der  andere  Theil  in  die  kto^l.  GQther  nach  Lithauen,  und 
ihr  dritte  Theil  bey  Warschau  verlegt  werden  solten. 

Der  kays.  Herr  General  Rabutin  besezte  noch  kurz  vor  der  Fi'ie- 
ileos  Unterhandlung  die  äußere  und  untere  Moldau  uud  Wallache; 
»iKhen  dem  Niester  und  der  Donau,  und  die  friedensnnterhandlnngen 
■uhmeu  gleich  darauf  ihren  Anfang.  Stan.  Malachowsky  wurde  zu  diesem 
'^wchäfte  von  der  Bepublique  als  Gesandter  ernennet,  und  ihme  die  In- 
■Wnction  mitgegeben,  daß  nach  dem  4**°  punct  er  verlangen  solte,  daß 
'^JDiek  absolute  denen  Pohlen  abgetretten  werde  solte;  nach  dem 
'''"  panct,  daß,  da  Jassy  als  die  Haubtstadt  von  der  Moldau  dem  Könige 


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schon  an.  1686  in  Persohn  den  Ayd  der  Trene  abgeleget,  der  Repübliqne 
verbleiben  solle,  wann  nicht  die  ganze  Friedens  Unterhandlung  zerrissen, 
und  der  Krieg  Fohlen  allein  auf  den  hals  verbliebe.  (Zal.  Tom.  II 
p.  628,.  629,  630).  Im  7^"  punct  wird  ihme  aufgetragen,  daß  er  stand- 
haft daranf  beharren  solle,  die  Districte  Gzernikow,  Soczawa, 
Chocim  und  Soroca  nach  ihren  alten  Gränzen  und  mit  ihren 
Zugehörigen  teritoriis  Zu  erhalten,  welche  auch  wfirklich  damabls 
mit  Poln.  trouppen  und  Besatzung  versehen  gewesen  sejnd.  Bej  der 
Ankunft  dieses  Gesandten  entstünde  ein  Pracedenz  Streit  zwischen  ihme 
und  dem  Moskowitischen  Gesandten,  welcher  einiger  massen  bejgeleget 
worden  (Ibid.  p.  676,  677).  —  In  seiner  ersten  Friedens  Unterhandlung 
den  2^**  Dezember  1698  mit  dem  Türk.  Gesandten  drückte  er  sich  wegen 
Caminiek  also  aus:  Podoliam  vero  tenemus,  possidemus  et  praesidiis 
firmatum  habemns  ita,  ut  Cameneco  nee  egressus  sit  über.  Non  perti- 
net  Podolia  ad  Camenecum;  sed  Camenecum  est  extremnm 
Podoliae,  tanquam  accessorium  sequitur  suum  principale^.  Ich  glaube 
dieser  Ausspruch  kann  uns  das  Argument  von  Podhorze,  daß  nach 
meinem  vorigen  unterm  6^"  Dezember  pt.  a.  mitgemachten  Bappoii 
dieser  Fluß  vor  diesem  die  alte  Gränze  von  Roth  Beußen  ge- 
macht habe,  bekräftigen,  dann  der  Gesandte  erkläret  sich  ganz  deutlich, 
daß  Caminiek  an  der  Gränze  von  Podolien  gegen  Both  Beußen 
liege,  und  ich  habe  in  dem  ganzen  Lauff  dieses  Krieges  wahr- 
genommen, daß  so  lang  als  die  Türken  Podolien  occupiret 
halten,  die  Pohlen  durch  ihren  gezogenen  Cordon  längst  des 
Podhorze  Flusses  von  Swanicz  über  Sadanow  bis  Orchechowce, 
und  mit  dem  vielmahls  bey  Trembowla  genommenen  haubt 
Laager  die  Gränzen  von  Both  Beußen  vertheidigen  wollen. 

Da  nun  bey  dem  Carlowizer  Frieden  die  aliirte  vornehmlich  dai*auf 
sahen«  daß  das  alignement  ihrer  Gränzen  und  besonders  des  Allerhöchsten 
Haus  Oesterreich  mit  Pohlen  und  Venedig  yoL-theilhaft  gegen  den  Türken 
genommen  und  angeschlossen  werden  möchten,  und  dahero  auch  causam 
communem  unter  einander  machten.  So  überließ  ich  denen  Herrn  Staats 
Verständigen  über,  warum  von  k.  k.  Seits  an  die  Ottomanische  Pforte 
in  dem  Zweiten  Art:  der  Fi'iedens  propositionen  zugleich  von  der  Poln. 
Gränze  eine  Erwehnung  geschehen?  wo  es  heißet:  „Gonfinia  Casarea 
Mtes  trans  Danubium  incipiendo  ab  extrema  Moldaviae  oraqua 
Podoliae  fines  respicit  continuis  Alpibus,  quis  Transilvania 
(optimo  pleno  et  perpetuo  Jure  Oaesai'eae  Majestatis  vindicata  nuUisqae 
in  posterum  portae  Ottomannicae  praetensionibus  aut  pi'aetensionum  reli- 
quiis  obnoxia)  cingitur,  et  primum  ä  Moldovia  deinde  ä  Vallachia  usqne 


181 

id  jMtrtae  ferreae  vicinam  naturae  ipsius  opeie  et  beneficio  dividitur  dJE- 
ereta  et  separata  intelli^tiu'  etc.  (ZaI.  T.  11  p.  692). 

In  den  Friedens  Schluß  mit  Fohlen  stehet  (ZaI.  T.  II  p.  765): 

Ut  inter  eicelsam  Imperium  et  Seren:  Regem  incHtamque  Bem- 
pnbltcam  Poloniamm  miilto  abhinc  tempore  intercedens  disBidinm  omnino 
lollatnr,  atque  vetns  illa  sincera,  et  bene  vicinitati  congrua  amicitia 
il«nim  altisgimi  Dei  favore  coalescat,  et  subditi  ntriusque  pai-tis  pristina 
qniete,  tranqutlitate  fmantitr  amotis  omntbus  vicis§im  hostUitatibuB  ante 
dao  bella  nltima,  constituti  vetores  limites  in  pristinnm  sta- 
tom  restituantur  h  Confiniis  IniperialibuB  tnm  Moldaviae  tum 
tliornm  Distiictunm  subjectoiam  eicelso  Imperio,  ita,  ut 
eadem  ratione  qua  ntraque  Cuufioia  distinguebantur  ante 
pennUimum  bellum,  rnrsus  separeutur,  neque  utrinque  ant  prso- 
tensio,  aut  eitensio  aliqna  fieri  possit,  sed  tales  limiteG  tanquam  sacri 
religiöse  et  inviolabiter,  observentur  atqne  colantur". 

In  des  Herrn  Job:  Jac:  Zinhens  füi-stl.  Sächsischen  Hofraths 
Friedens  Unterhandlungen  3*°  und  4'°"  Abtheilung  p.  1139  zu  Coburg 
bcf  Paul  Günther  Pfottenhauer  und  Sohn  an.  17ST  verlegt,  findet  man 
ebenfalls  p.  1129  in  dem  kays.  Friedens  Puncten  Art.  I  in  das  deutsche 
übersetzt: 

,Ärt.  I.  Das  Land  Siebenbürgen,  gleichwie  anjetzo  in  Ihrer  kays. 
Hajest.  PossessioD  und  Gewalt  ist,  solle  unter  deroselben  Domlnio  ver- 
bleiben, und  von  den  Podolischen  Gränzen  bis  an  die  äußerste 
Confinen  der  Wallachey  mit  Bergen,  welche  vor  gegenwärtigem 
£ri^  die  alte  Limites  Zwischen  Siebenbürgen  auf  einer  Seite  und 
iwisdien  der  Moldau  und  Wallachey  auf  der  andern  Seiten,  dann  von 
der  Wallachischen  Gräuze  bis  an  den  Marosch  ebenfalls  mit  denen  Bergen, 
«eiche  die  alte  Gränz  Entscheidui^  gewesen,  umschreiben,  auch  die 
Limites  beyderseits  also  observiret  werden,  daß  sie  von  keinem  Reich 
weder  hinter  sich  noch  vor  sich  extendiret  werden  kennen". 

Wenn  man  hier  kays.  königi.  Seiten  der  Podolischen  Gr&nzen 
gedenket,  bo  haben  wir  entweder  den  untern  Theil  der  Moldau  und  Wal- 
lachey,  welchen  Prinz  Engenius  durch  den  General  Babutin  besezen 
lieSa,  übernehmen  müssen,  oder  man  hat  durch  diese  Benennung  der 
Po^tisdien  Gränze,  welche  zwischen  denen  Türken  und  Pohlen  von 
Podolien  an  der  Moldau  anfanget,  über  jene  oben  bemerkte  Moldauische 
ilpen  Gebürgs,  und  zwar  von  dem  Niester  von  Kolodrobka  dui-ch  den 
Bukowina  Wald  bis  an  den  Gier  Bei^  gehen  aolte,  nach  der  Publen 
nchtffläßig  formii-ten  Präteusion  als  unsere  Aliirten  gedenken  wollen. 


182 

Sonst  hätte  es  heißen  müssen  statt  von  den  Podolischen  (Pogu- 
tischen  Grämen,  woran  Siebenbürgen  nach  den  aken  GHtnien  an^ 
stoßen  haben). 

Vielleicht  bat  man  dieses  Kays.  Seits  mit  gutem  Vorbedacht  und 
reserrirung  des  Rechts  an  Halicien  oder  in  Betracht  dunaliger  Allianc« 
gethan,  um  desto  deutlicher  Pt^utien  von  der  Moldau  zn  entscheiden. 
Wann  wir  also  auf  die  Polnische  oder  Pogutische  Gränzen  vor  denen  2 
lezteren  kriegen  znrflckgehen,  ohne  die  Iffteren  tartariechen  EinMle  in 
Pohlen  zu  rechnen,  so  kommen  wir  auf  denjenigen  zurQck,  welcher  durch 
den  Chocimer  Frieden  an.  1621  geendtget,  aber  nicht  i-atißciret  worden, 
und  welchen  der  König  Sigismund  der  dritte  niemahlen  gebilliget  hatte. 
Vor  Anfang  dieses  Krieges  hatten  die  Pohlen  Choczim  und  besagte 
Districte  innen,  nnd  nach  welchem  Choczimer  Frieden  sie  doch 
nur  biß  Choczim,  nicht  aber  biß  Snyatin  zurückgezogen  haben. 

Obiger  Zink  (Friedenshandlg.  p.  1174  et  1175)  giebt  es  noch 
deutlicher  in  seiner  Übersetzung  des  Carlowizer  Friedens  p.  1174  et  1176 
mit  den  Pohlen  Art.  I:  Sollen  die  alte  Gränzen  zwischen  beeden 
Reichen  wie  sie  vor  den  2  letzteren  Kriegen  gewesen  wieder 
restituiret  und  stabiliret,  die  Pola.  Provinzien  von  dem  Türken  so 
wohl  an  der  Moldau  als  andere  Oi-then  nach  solchen  separiret  und  unter- 
schieden, auch  hinkünftig  von  keinen  Theil  einige  Prätonsion  nach  ex- 
tension  gemachet,  sondern  die  alte  Gr&nzeu  ohnTerrflckt  nnd 
obnTer&ndert  gehatten  werden. 

Job.  Jac.  Zink  p.  1176  stehet:  „Weilen  auch  die  alten  so  wohl 
Poln.  als  Mold.  Gränzen  noch  bekannt  seynd,  so  solle,  wenn 
das  Wetter  es  znlassen  wird,  künftigen  Hünath  Marth:  zur 
evacuation  der  Anfang  gemacht  werden,  auch  sobald  es  geschehen 
kan,  die  Poln.  Miliz  aus  der  Holdan  abgeführet,  die  Vestnng  und  Stätte 
evacuiret  werden,  und  diese  Provinz  frey  verbleiben,  auch  soll  zu  eben 
der  Zeit  die  Vestung  Caminieh  zu  räumen  angefangen,  und  mit  solcher 
ohne  Verzug  und  Säumniß  also  continniret  werden,  daß  sie  zu  längst 
den  15*"  May  vOIlig  evacuiret  seye".  —  Da  man  hier  von  der  alten 
Kenntnfls  der  Gränze  zwischen  Pohlen  und  der  Moldau  ihre  trouppen 
bis  dahin  zui'ück  zu  ziehen  geendet  hat,  so  ist  denen  Pohlen  überlassen 
worden  wie  sie  es  mit  den  Türken  bey  der  GrAuz  Commissiou  reguliren 
Qrde.    Nun  ist  nicht  zu  glauben,  daß  sie  sich  zu  ihrem  Nachtheil  bis 
lyatin  zurOckgezt^en  haben,  wo  sie  die  prätension  auf  die  vorliegende, 
id  oben  beuente  districte  machten.   Weilen  aber  der  CburfQrst  von 
randenbui^  eben  zu  dieser  Zeit  nehmlich  anfangs  1699  Eibingen  be- 
izet und  diese  Strittigkeiteu  erst  an:  1700  sich  geieget,  die  Tartaren, 


183 


noch  ehe  die  Friedenspunkten  in  Carlowiz  unterschrieben  waren  aufs 
neue  in  Beußen  eingefallen.  Die  Ohnruhen  in  Lithauen  fingen  zu 
nehmlicher  Zeit  wider  an.  (Zal.  T.  n  p.  737  und  740).  Einige  Zwistig- 
keiten  zwischen  dem  Moskowitischen  und  Poln.  Gesandten  ereigneten 
sieb  bei  der  Friedensunterhandlung  in  Carlowiz  wegen  einiger  Schlösser 
am  Nieper  (Zal.  T.  n  p.  756;  T.  HI  p.  43).  Die  Beschwerden  von  den 
Pohlen  über  die  Sachsen  hatte  kein  Ende,  und  mußten  von  denen  Mold. 
Granzen  gegen  die  Schweden  marchiren.  Die  dortige  Gegend  wurde  von 
den  trouppen  entblößt.  Der  Krieg  mit  Schweden  nahm  1701  einen  An- 
fang; die  Granz  Commission  wurde  erst  an.  1703  unternommen,  also 
hatten  die  TQrken  die  beste  Zeit  und  Gelegenheit  die  Gränzen  an  Pogu- 
tien  nach  ihrem  Belieben  zu  ziehen  und  zu  usurpiren.  Wie  nun  an.  1703 
der  6^  May  denen  von  der  Bepublique  ernannten  Commissariis  ihre  In- 
structiones  hinaus  gegeben  wurde;  so  müssen  die  Commissarii  solche 
schon  usurpiret  gefunden  haben.  In  der  Instruction  findet  man  folgendes 
(Ibid.  p.483,  484):  „Provinciam  Vallachiam  vel  CoUateralem  Molda- 
Tiam  qnandoquidem  ä  Dominus  suae  Majestatis  et  Bepubl: 

ipsamet  dislimitavit  natura  etc Dislimitatio  ab  illa  eo  faci- 

hter  videtur  ad  pacificandam;  quia  tarnen  in  locis  quibusdam  ultra 
Sniatinum  et  praecipue  inter  Dniestrum  et  Pruthum  occurunt  circa 
limites  differentiae;  proinde  removendo  occasiones  ulteriores  ad  laesiones 
ex  assueto  inter  finitimos  certamine  exacte  inquirent  per  omnes  in- 
stantiaSy  et  antiquos  ex  hac  parte  examinabunt  ductus;  si  aliqui  ir- 
repserunt,  corrigent  defectus,  distinguent,  renovabunt  dislimitationibus 
documentis  et  monumentis  eorundem  Commissariorum  Providentia  et  dex- 
teritas.  Facta  imprimis  expostulatione  et  omni  conatu  exhibito,  ut  circa 
Tractatnm  limitum  ultra  Sniatinom  sit  limes  Bukowina  per  me- 
dium ineipiendo  dnctnm  k  Oier  usque  ad  Niestrum  in  quo  spe- 
cialiter  activitas  illorum  obstringitur.  Hieraus  ist  zu  schließen, 
wie  ich  auch  von  einigen  guten  Freunden,  die  in  dortiger  Gegend  be- 
bnnt,  zuverläßig  versichert  werde,  daß  der  Bukowina  Wald  von  Niester 
h)B  anf  den  Berg  Gier  (in  der  Pariser  Carte  stehet  Pakiri  dag)  ge- 
gangen seye. 

Euer  Excellenz  erlauben  mir  noch  aus  der  zwischen  dem  Türk. 
ond  Poln.  Commissarien  unternommenen  Dislimitatione  eine  Stelle  an- 
rafthren  (Zal.  T.  m  p.  597): 

Item  ut  Conftnia  inter  Poloniam  et  Vallachiam  sint  munda  propo- 
oebatur,  repositum  internes  et  Yalachos  ipse  Dens  fulmine  et  ira 
dislimitavit  (oben  heißet  es  natura  dislimitavit  sc:  durch  die  Alpen 
Gebürge,  welche  sich  durch  den  Bukowina  Wald  gezogen)  ut  nunc  tem- 


i 


^ 


184 

poris  quoad  fimdum  nemo  quaeritur  ex  Yallachia  multas  ii\jiirias  eontn 
yeterem  consuetudinem  in  aliquibus  locis  circa  Sorikan  et  Chocimum 
trajectus  vulgo  promi  solom  nostri  erant,  et  aliquot  annis 
Palatini  Yalachiae  illos  quoqne  sibi  usurparunt,  qood  est 
veteri  et  moderne  tractatu  (quoniam  nobis  solum  competunt)  cau- 
tum.  Itaqae  ut  praefati  trajectus  Polonis  tantum  serviant  deferri  id 
Praefulgidae  Portae  yolunt,  optimnmque  forma  ad  Palatinnm  Valladiiae 
2^>promittitar,  ut  haec  injuria  esset,  quae  Parti  infertnr.  Der  vom 
Gränz  Commissario  Huniecki  an  die  Bepubliqne  Pohlen  auf 
dem  Reichstag  im  Späth  Jahr  an:  1703  erstattete  Rapport  von 
diesen  Geschäft,  welcher  an.  1727  zu  Lemberg,  dem  Vernehmen 
nach,  gedruckt  worden  seyn  solle,  wird  ein  näheres  Licht 
geben,  wie  die  Gränzen  dazu  entschieden  worden,  nnd  was  für 
Zwistigkeiten  dabey  vorgefallen  seynd.  Ich  habe  mir  alle  Mfthe 
gegeben  ihn  zu  erhalten,  es  ist  mir  aber  ohnmöglich  gewesen,  ihn  in 
erhalten. 

Es  ist  zu  glauben,  daß  die  Gränzen  auch  bey  der  (Kommission 
Tiolirt  geblieben  seyn  müssen  der  dt.  21^°  Juli  an.  1718  bey  Passarowiz 
zwischen  Sr.  Majst.  dem  Eayser  Carl  VI.  und  den  Türken  geschloßenen 
Frieden  beweiset  solches  deutlich  in  dem  XVI  Ai'ticul,  wo  zu  lesen  ist 
(Zink.  Friedhlg.  b.  Passai*.  frd.).  Nachdeme  Ihro  Kays.  Majst.  Gevoll- 
mächtigte  Commissahen  vorgetragen,  daß  der  König  von  Pohlen  und 
dessen  Republique  solten  zugleich  in  diesen  tractat  mit  verfaßt  seyn  ist 
zur  Antwort  gegeben  worden,  daß  zwischen  dem  König  in  Pohlen  samt 
dessen  erstbenannten  Republique  und  dem  Ottomanischen  Reiche  keine 
Streitigkeit,  vielmehr  ein  immer  wählender  und  beständiger  Frieden  sey. 
Wann  aber  die  Pohlen  wegen  Choczim  oder  wegen  anderer 
Sachen  etwas  voi*zubringen  hätten,  könnten  solche  bey  der  Ottom. 
Pforte  durch  Abgesandte  oder  durch  Schreiben  notificiren  und  anbringen, 
welche  aldann  billig  und  recht  entschieden  werden  solten.  Was  könnte 
klarer  seyn,  als  daß  der  Disput  wegen  Choczim  und  die  Gränze  von 
Pogutien  müsse  vorgewaltet  haben,  weilen  sich  die  Türken,  selbst  da- 
rinnen anklagen?  und  muß  Pohlen  nur  an  der  Gewalt  gefehlet,  nnd  ihre 
Übeln  Verfassung  sie  gehindei-t  haben,  sich  mit  Nachdruck  denen  türk. 
Usurpationen  an  ihrer  Gränze  zu  widersetzen. 

Ich  überlasse  also  £.  Exe.  hohen  Einsicht  und  dem  Allerhöchsten 
Au8spruc)ie,  ob  ich  mit  meinen  Offiziei-s  in  Ausstecknng  der  Adler  an 
den  Pogutischen  Gränzen  im  Frühjahr  bey  denen  schon  ansgesteckten 
Pfählen  verbleiben,  oder  dem  Haubtman  von  Mieg  mit  noch  einigen  Ofß- 
ciers,  wann  die  Witterung  es  zulassen  wird,  in  diese  Gegend  zu  schicken 


185 


solle  wo  als  dabn  die  Localitat  mit  diesen  hier  gemachten  Remorquen  von 
der  alten  Gränze  genauer  gegen  einander  gehalten,  untersuchet  und  die 
alte  wahre  Gräntze  von  Pocutien  vorgefunden  werden  könne,  und  oh 
alsdann  die  Adlers  nach  dieser  entdeckten  alten  Gränz  Linie  ausgestecket 
werden  sollen? 

Es  könnte  dieses  um  so  eher  ohnvermerkt  geschehen,  da  der  Herr 
Obristwachtmaister  v.  Steinhacher  mit  Aussteckung  der  Adler  nur  bis  an 
den  Niester  gekommen,  und  ich  ihn,  um  Zeit  zu  dieser  Untersuchung  zu 
gewinnen,  hey  der  ohnehin  damahls  eingefallenen  übelen  Witterung 
alldort  habe  endigen  lassen.  Wann  diese  alte  wahre  Gränze  alsdann  hey 
dem  Frieden  zwischen  den  Russen  und  den  Türken  mit  inseriret  wurde, 
was  hätte  Unser  Allerhöchstes  Haus  nicht  nur  in  eine  vortheilhaften 
Granzlinie  und  Communication  aus  Pogutien  nach  Siebenbürgen,  sondern 
auch  wegen  dem  so  sehi*  fruchtbai'en  Boden  und  starken  Viehzucht,  tils 
auch  wegen  denen  noch  in  der  Erde  verborgen  ligen  sollenden  Cinober, 
Tielleicht  auch  Gold,  Schwefel  und  Kupfer  Bergwerken  vor  einen  beträch- 
lichen  Nuzen! 

Joh.  Tob.  Seeger  Freyherr  von. Durrenberg 

Obrist. 


XIV. 


Barco  an  den  Hofkriegsrath. 


Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  57/88.) 


Jaasy,  den  20.  Febniar  1774. 


Euer  Exellenzien  an  mich  durch  das  Siebenbürger  General -Co- 
mando  erlassenen  gnädigen  Befehl  vom  25^°  Jener  habe  die  Gnad  anmit 
20  bestättigen,  und  zugleich  folgendes  unterthänigst  einzuberichten. 

Von  den  Herrn  Generali  en  Cheif  Graf  Soltikow  aus  Bukaiest  ist 
Düter  14**°  Februar  die  Nachiicht  eingelanget,  daß  der  Türkische  Kayser 
gestorben  und  an  statt  dessen  seyn  Bruder  auf  den  Thron  gekommen 
seyn  solle:  welcher  wegen  wie  bemelter  HeiT  General  selbsten  gehöret,  in 
RBsciuk  mit  Canons  gefeüei-t  worden.  Diese  nehmliche  Nachricht  hat 
uieh  ein  von  Rusciuk  aus  der  Gefangenschaft  sich  selbst  rantionirter 
Kosak  mitgebracht. 

Von  den  nach  Sybirien  mit  einigen  Regimentern  abgeschickten 
^^«neral  Pibikow,  um  die  daselbst  entstandenen  Unruhen  aufzuhöben 
ninret  sich  hiei*,  als  hätte  derselbe  in  der  gegend  von  Kasan  von  dem 
wo  aufgeworfenen  Peter  den  3^®"  eine  Schlappe  bekommen,  worauf  Ihme 

ArchiT.  LXXVIII.  Bd.  I.  H&lfte.  13 


( 


186 

sogleich  noch  mehrere  Trouppen  aus  Rußland  nach  Sjbirien  zugeschickt 
worden  seyen. 

Ansonsten  hat  sich  hier  bey  der  Armee  der  Zeit  nichts  merkwür- 
diges zugetragen.  In  April  Monath  werden  der  Erb  Prinz  von  Darmstadt, 
und  ein  Prins  von  Holstein  hier  erwartet,  welche  der  künftigen  Campagne 
beiwohnen  wollen. 

Dieser  Tagen  ist  mir  ein  Entwurf  zu  Gesicht  gekommen,  vermög 
welchen  die  Armee  im  Monath  Dezember  und  Jan.  Jeden  Monath  27000 
Csetvei-t  Mehl  consumiret  habe.  Ein  Csetvert  so  ohngefahr  zwey  öster- 
reichische Motzen  ausmacht,  wird  auf  ein  ganzes  Monath  für  4  Mann 
gerechnet. 

Wie  ich  Euer  Exellenzien  die  Gesinnungen  der  hiesigen  Moldauer 
Boern,  welcher  wegen  Sie  abermahl  Erwehnung  gemacht  als  schon  unter 
13^°  Jan.  unterthänigst  einberichtet  hab,  so  solle  hier  noch  ganz 
gehorsamst  beyrücken,  daß  sich  gleichergestalten  auch  die  Boers  von 
der  Wallachey  dießfalls  bey  mir  insinuiret  haben,  Ich  unterfange  mich 
dahero  bey  Euer  Exellenz  wiederholt  wie  in  dieser  Sache  füi*zugehen 
hab,  den  gnädigen  Verhaltungs  Befehl  unterthänigst  gehorsamst  zu 
erbitten. 

Schlüßlichen  bemerke  hier  nur  noch  bloß  um  Euer  Exellenz  auch 
von  diesen  unterthänigst  zu  benachrichtigen  wie  daß  sich  in  Russisch 
Eayserlichen  Diensten  ein  gewisser  Baron  Lilbat  von  Lillienberg  bej  den 
Jaroslavischen  Bataillon  zu  Jaroslav  als  Lieutenant  befindet,  welcher 
seinen  Vorgeben  nach  und  producirten  Patenten  dann  Attestaten  von 
seiner  Dienstleistung  vor  deme  in  kaysl.  konigl.  Diensten  bey  dem  Bot- 
taischen  Infanterie  Regiment  als  Major  gestanden,  von  wannen  er  zu  die 
Croaten  ti-ansferiret  worden,  alwo  er  einen  Griechischen  Bischoff  habe 
echapiren  lassen,  sonach  dieser  wegen  auch  selbsten  zu  die  Türken  über- 
gegangen, und  zwar  zum  Bassa  von  Dalmatien,  welcher  Ihme,  wenn  er 
renegiret  seine  Tochter  zu  geben  versprochen,  welches  er  auch  that,  der 
Bassa  darauf  aber  sein  Woii;  nicht  gehalten,  da  mittlerweilen  mehr  be- 
nannter Baron  Lilbat  von  Lillienberg  in  kurzer  Zeit  die  Türkische  und 
Arabische  Sprache  lesen  und  Schreiben  erlernet  und  nebst  seiner  Bömi- 
schen  Mutter  Sprache,  auch  der  Teutschen,  französischen,  Wallachisch 
und  Ruzischen  Sprache  kündig,  so  ist  er  im  vergangenem  Jahr  bey  dem 
letzten  Congress  in  Bukorest  des  Reuß  Effenti  seinen  Ober-Dolmetscher 
als  unter  Sekretaire,  und  Translateur  beygegeben  worden^  und  als  er 
daselbst  entdeckt  wurde,  daß  er  ein  Renegat  und  veimög  seines  Amts 
Ihm  alle  die  dem  Reyß  Effentj  von  der  Pforten  zugekommene  Yerhal- 
tungen  bekannt  seyen,  ist  er  gegen  große  Verheißungen  von  den  Russen 


187 

deboachirt,  so  nach  aber  zu  den  obbesagten  Jai'oslayische  Baon  nur  als 
Lieutenant  abgegeben  wurde. 

Jassy  den  20**°  Februar  1774. 

Vincenty  Baron  Barco 
F  M  L. 

XV. 
Vortrag. 

Ei^nh.    (R.  d.  R.-Kr.-M.)  Wien,  den  6.  Merz  1774. 

Anmerkung:  ,Des  Seegers  Eifer  ist  zu  beloben  und  verbleibt  es 
sonst  bey  der  lezthin  ertheilten  verbescheidung;  doch  ist  noch  dem  Galli- 
cischen  General  Commando  dieses  nachzutragen ,  daß  längs  Pokutien, 
keine  adleraufsteckung  vorgenommen  werde^  die  würklich  vorhandenen 
Pfeile  ausgegi'aben  und  also  eine  ganz  ohnentschiedene  gräntze  allda 
belassen  werde,  der  Mieg  aber  diesen  Frühjahr  so  gut  als  es  nur  möglich 
seyn  wird,  zur  richtigen  aufnehmung  des  neu  von  der  Moldau  einzu- 
schließenden Terrain  gebrauchet  werde,  dergestalten,  daß  bey  ruckzug 
der  Bußen  die  adlers  alsogleich  auf  selben  ausgesteckt  und  mittelst  Ver- 
legung auch  einiger  Trouppen  allda  souteniret  gegen  das  Landvolkh 
werden  könnten.* 

Joseph  Corregens. 
XVI. 
Maria  Theresia  an  Siskovios.^ 

Ori|;,   (R.d.R.-Kr.-M.  41/20.)  *       Wien,  den  19teii  Mftrz  1774. 

« 

Mit  eintrettendem  Frühe  Jahr  wird  in  den  neu  eingezohenen  Ge- 
genden Siebenbürgens  an  den  Moldauischen  Gr&nzen  durch  den  abord- 
nenden Markscheider  Will  die  weitere  Schürfung  auf  Bergwerke  unter- 
nommen werden.  Der  Hofkriegsrath  hat  dem  Militär  Commando  aufzu- 
geben, damit  seihten  mit  Commandirung  der  nöthigen  Begleitung  und 
sonsten  all-billige  Assistenz  geleistet  werde. 


*  SUkovicfl  wRr  darnalü  Stellvertreter  des  Hofkrieg.sratb9-PrKsidenten  Lacy, 
der  krankheitshalber  beurlAubt  worden  war. 

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188 


xvn, 

Hadik  an  den  Hofkriegsroth. 


Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  57/40.) 


Lemberg,  den  20t«n  Martii  1774. 


Eben  als  das  Befehl-Sclireiben  des  in  Abwesenheit  des  Herrn  Hof- 
kriegsiaths-Präsidents  das  Präsidium  führenden  Herrn  Generain  Feld- 
Zeug-Meisters  Baion  V.  Siskowics  ddto  12^"  delabentis  erhalten  hatte 
und  die  hier  immittelst  wegen  der  Adler  Aussteckung  in  Pokutien  zu 
vernehmen  gegebene  weitere  Allerhöchste  Entschließung  dem  Herrn  Obri- 
sten  Bai'on  t.  Seeger  und  Obristwachtmeister  Mieg  des  großen  General 
Staab  zur  nachrichtlichen  Direction  zu  bedeuten  im  Begriif  stunde,  ist 
mir  von  dem  letztern  die  hierbey  verwahrte  General  Charte  der  Sieben- 
bürgisch-Marmaroßer  und  Gallicisch-Moldauschen  Gräniz  Mappirungs- 
Operationen,  wie  ihme  solche  von  denen  in  Hungarn  und  Siebenbürgen 
dirigirenden  Officier  mitgetheilet  worden,  zugelanget,  woi-aus  Eine  Hohe 
Instanz  sowohl  die  Verbindung  ersagter  3  Länder  und  den  Zusammen- 
hang der  Arbeit  selbsten,  als  auch  wie  weith  diese  Operation  bereits 
vorwäi'ts  poussiret  worden  und  was  noch  auszufühlen  nöthig,  sohin  wie 
weit  diese  Arbeith  nach  Maaßgab  der  Hohen  Befehlen  annoch  zu  conti- 
nuiren,  und  was  für  ein  Zeit  Raum  oder  Individuen  hierzu  erforderlich 
seyn   därften,   unschwer   abzunehmen  geruhen  wird.     Gedachter  Herr 
Obristwachtmeister  hat  sich  zugleich  dahin  geäußeret,  daß,  wann  es  bey 
dem  gelb  angelegten  Zwischenraum  sein  Bewenden  haben  sollte  er  nebst 
der  Beywürkung  des  Gapitain  Lieutenant  Hofifmann  vom  Ingenieur  Corps 
und  den  bey  diesem  stehenden  Oberlieutenant  Fleischer  vom  General 
Staab,  welche  ohnehin  an  ihren  alten  Punkten  attachiret  bleiben  müssen 
füglich  mit  2  Officiers  diese  Operation  in  dem  bevorstehenden  Sommer 
vollenden,  und  auch  die  nach  Siebenbürgen  von  dieser  Seite  abgehende 
Haupt-Piayen,  oder  Wege  würden  untersuchen  können,  wobey  dersdbe 
ferners  das  Ansuchen  gemacht  hat,  womit  ihme  sein  derzeit  in  Sieben- 
bürgen befindlicher  unlängst  als  Lieutenant  in  dem  großen  General-Staab 
placirter  Bruder  als  ein  geschickter  Zeichner  von  dorten  beygegeben 
werden  möchte,  um  ihm  bey  dieser  Gelegenheit  noch  mehr  vor  des  Aller- 
höchsten unterrichten  zu  können.   Da  ich  nun,  so  viel  die  dem  Obristw. 
Mieg  zu  der  an  heüer  annoch  übrigen  Moldauischen  Gi-änitz  Mappirung 
erforderliche  Officiers  vom  großen  General-Staab  anbelanget,  allerdings 
besorgt  seyn  werde,  demselben  die  benöthigte  Anzahl  tüchtiger  Indivi- 
duen von  dem  Henn  Obrist  Baion  v.  Seeger  zutheilen  zu  lassen,  so  wird 
es  in  Gegentheil  lediglich  von  Einem  Hochlöbl.  Hofkriegsrath  abhangen, 


■  ■ 

1 


189 

ob  demselben  seinen  Bruder  den  Lieutenant  Mieg  zu  zeichnen  beyzugeben, 
and  zu  dem  Ende  nacher  Stanislaw  in  Pokutien,  als  des  wiederhohlten 
Obristwachtmeister  dermaligen  aufenthalt-Ort  aus  Siebenbürgen  beor- 
deren zu  machen  gefallig  sejn  wolle,  anerwogen  nicht  zu  zweiflen  stehet, 
daß  er  Herr  Obristwachtmeister  diesen  seinen  Bruder  in  dem  Dienst  wie 
mehrere  Fähigkeit  beyzubringen  sich  bestens  angelegen  seyn  lassen  werde. 

Lemberg  den  20**'"  Martii  1774. 

Hadik. 

xvm. 

Baroo  an  den  Hofkriegsrath. 
Orig.   (R.  d.  R-Kr.-M.  62/63.)  Jassy,  den  26*«»»  Marty  1774. 

Als  gestern  sind  von  verschiedenen  Preußischen  Houssarn  Regi- 
mentern Commandien  zum  Bimonten  Aufkauf  anhero  gekommen  von 
welchen  die  meisten  wegen  hiesigen  Mangel  an  Pferden  von  dem  Hen'n 
Feld  Marschall  Graff  v.  RomanzoflF  Paßporte  nach  der  Ukrain  zu  gehen 
erhalten  haben.  —  Der  lezthin  bemelte  Damnitz  von  der  Preyßischen 
Gamer  kauft  nicht  allein  Wax  und  Honig,  sondern  auch  vieles  Hörn  Vieh 
ond  Pferde  hier  Lands  zusammen. 

Wie  ich  aus  gewiessen  Vorkehrungen  annehme,  so  wird  der  Herr 
Feld  Marschall  Graff  Romanzoff  in  balden,  wann  es  die  Witterung  nur 
ein  wenig  zulaßt,  mit  der  Armee  ausrucken. 


XIX. 
Hadik  an  den  Hofkriegsrath. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  57/63.)  Lemberg  den  26ten  April  1774. 

Diejenige  Belehi'ung,  welche  Eine  hohe  Instanz  in  Ansehung  der 
Arbeiten,  so  der  Herr  Major  Mieg  von  großen  General  Staab  in  diesen 
Frühjahr  zu  besorgen  hat,  unter  2*^^  dieses  anhero  zu  ertheilen  geruhete, 
hab  ich  sogleich  ihme  Mieg  zu  seiner  genauen  Nachachtung  neuerlich 
gegenwartig  gehalten,  und  es  ist  mir  von  demselben  eben  jezo  hierauf 
die  Anzeige  eingelanget,  wienacher  bereits  mit  Anfang  künftigen  Monats 
bei  der  sich  zeigenden  guten  Witterung  die  Moldau  Gräniz  Operation 
SQzutreten  glaube,  und  daß  von  Seiten  der  Marmaroß  der  zu  diesem 


190 

Geschäft  beordei'te  Ingen.  Capitainelt.  Hoffman  nebst  Obeii.  Fleischer  v. 
großen  6rl.  St.  auch  allschon  zu  Stanislay  eingetrofen  seyn,  am  mit  ihnen 
aldoH  die  fernem  Yerhaltungs-Befehle,  und  besonders  die  Bestimmung, 
wie  weit  die  Operation  annoch  zu  poussiren  wäre,  abzuwarten. 

Herr  Oberstwachtmeister  Mieg  berichtet  weiters,  wie  nacher  von 
dem  Herrn  Oberst  B:  Seeger  in  Ansehung  des  alten  triplicis  Confiny  von 
Siebenbürgen,  Fohlen  und  der  Moldau  eine  aus  alten  Schriftstellern  ge- 
zohene  Belehrung  auf  einen  benannten  Gier-Berg  überkommen  hatte, 
den  er  Mieg  in  der  Sieb.  Operation  als  cher-berg  benennet  finde,  welches 
sowohl  nach  allen  Land  Karten,  die  jederzeit  Fohlen  mit  Siebenbürgen 
angränzen  machen,  bekräftiget  würde,  als  auch  nach  Siebenbürger  Luxen- 
stenischen  Karten,  worinnen  die  alte  Landes  Gränzen  an  der  goldenen 
Bistrieze  angemerket  sind,  übereinstimme,  auch  eine  viel  natürlichere 
Gränze  foimire,  als  die  dermalig  Winkelmäßige  wobei  man  bey  der  neu- 
eren Siebenb.  Adler  Aussteckung  nur  zum  Grundsatze  angenomen,  den- 
jenigen usurpirten  Moldan  Terrain  wieder  einzuziehen,  der  nicht  extra 
memoriam  Hominum  wäre,  und  also  jene  Landes  Gränze  bey  dermaligcn 
Umständen  mit  Recht  wiederum  bis  an  diejenige  Linie  ausgebreitet 
werden  könnte,  so  an  dem  Kisfekete  Bach  bey  dem  ersten  Adler  des 
ersten  Szekler  Regiments  wieder  in  die  jezige  Gränze  einfallet. 

Außer  deme  seye  der  benante  Cher  Berg  in  dem  wahren  Allignc- 
ment  mit  dem  Bukowina  Wald  und  Okopi  so,  daß  er  Mieg  in  dessen  im 
fixii-ung  des  interimal  arrondissement  sein  Haupt  Augenmerk  darauf 
richten  könne,  wen  nicht  die  eigene  Aussage  der  jenseitigen  Innwohnern 
ihn  in  ein  größeres  Licht  von  den  alten  Gränzen  versezen  oder  besondere 
Absichten  zu  Beförderung  des  Allerhöchsten  Interesse  eine  weitere  Aus- 
dehnung  erheischen  selten,  nach  weiterer  Miegisch.  Äußerung  sollen  dem 
wiederholten  Vernehmen  nach,  die  Beamten  der  Buss.  Kaysl.  Münze,  die 
bishero  zu  Sadagura  gestanden  ihre  Effecten  zu  verkaufen  anfangen, 
sohin  sich  zu  Transportirung  erwehnter  Münze  zu  bereitten  wie  auch  die 
in  dem  einzuschließenden  Ten'ain  vorfindig  geweste  Russisch  Trouppen 
und  Marode  Fferde  und  Troß  theils  schon  abgegangen,  theils  in  Abmai'sch 
begriefen  seynd,  weswegen  also  HeiT  Major  Mieg,  wenn  sich  diese  Nach- 
richt bekräftigte,  die  Anfrage  zugleich  machet,  ob  nicht  sogleich  eine 
Trouppe  von  einem  officier  mit  30  Mann  von  Sniatin  bis  Gzernowitz  und 
ein  anderer  officier  von  Horodenka  bis  Frevorodek  poussiret  werden 
wolten,  welche  sich  anfänglich  unter  dem  Verwand  eine  Rimontirung 
daselbst  zu  postiren  hätte,  nachgehende  aber  nach  besezten  Nebenwegen 
die  wesentlichen  Dienste  leisten  könnten,  die  diesseitige  Gräniz  Operation 
desto  respectabler  zu  machen,  die  Einwohner  dieses  Winkels  die  in  dem 


191 


bloßen  Czernowiizer  District  in  6000  Familien  bestunden  gegen  die  ent- 
kräftende Liefernngen  bis  zur  Donau,  Absendung  der  Wägen  zu  der 
Armee,  und  den  Leüthen  zu  Artill.  und  Fuhr  Knechten  zu  decken  folgsam 
dieVermischung  mit  der  Armee,  falls  etwas  von  Krankheiten  zu  besorgen 
wäre,  zu  verhindern,  wodurch  die  Beobachtung  der  Ck)ntumaz  Praecau- 
tionen  zugleich  erleichteret  und  der  Grund  zu  künftigen  Besiznehmung 
geleget  werden  könnte. 

Was  nun  die  angesonnene  Yerhaltungs-Befehle,  und  die  Bestim- 
mung, wie  weit  die  Moldau.  Graniz  Operation  annoch  zu  poussiren  wäre, 
betrifft,  da  gebe  ich  wiederholten  Herrn  Major  unter  einem  mit,  daß  Er 
sich  nach  Maasgab  der  in  Sachen  erfloßenen  Hohen  Anordnung,  und  der 
Ton  dem  Herrn  Obersten  B*^  Seeger  erhaltenen  Belehrung,  wie  auch  fer- 
nab nach  den  eigentl.  Local  Befund,  und  denen  authentice  in  Erfahrung 
bringenden  Aussagen  der  Inwohnern  auf  das  genaueste  achten,  sofort 
seine  Arbeit  nach  diesen  Ziel  fortsezen  solle. 

So  viel  hingegen  dessen  weiteres  Ansinnen  wegen  sogleicher  Yor- 
stoßung  einiger  Trouppe  bis  Czernowitz  und  Brevorodeck  nach  Abzug 
der  Russisch  Kays.  Münze  von  Sadagura  und  Abruckung  der  Russen 
nach  der  Donau  anbelanget,  da  scheint  mir  solches  von  dämme  dermalen 
nicht  wohl  thunlich  zu  sejn  weilen  erstlich  die  Hohe  Anordnungen  in 
dem  ziel  und  Maaß  sezen,  daß  man  erst  alsdann,  wenn  die  Russen  aus 
der  Moldau  abgerucket  sind,  mithin  solche  ganzlich  verlassen  haben 
dörften,  die  Adler  in  dem  neu  einzuschließenden  Terrain  auszustecken, 
and  mittels  auszustellender  Mannschaft  zu  souteniren  seye  zweitens  aber 
ich  nicht  ungegründet  bevorsehe,  daß  wenn  dieser  Terrain  jezo  mit 
Mannschaft  besezet,  und  bevor  ab  denen  Russen  die  vivres  Wägen  und 
Leathe  aus  diesen  Theil  heraus  zu  ziehen  benommen  oder  auch  nur  er- 
schweret werden  solte,  von  Seiten  des  Herr  Feld  Marschalen  Grafen  von 
fiomanzow  gar  bald  dargegen  verschiedene  Klagen  angebracht  werden 
dörften,  welches  auch  allenfalls  zu  unangenehmen  Weitläufigkeiten  Anlaß 
geben  könnten,  und  finden  mich  dahero  bemüssiget  was  diesen  Punkt 
betrift,  die  Sache  dem  Höheren  Ermessen  zu  unterziehen  und  mir  sofort 
Ton  einer  Hohen  Instanz  die  Hohe  Entschließung  gehorsamst  zu  erbitten, 
ob  nach  dem  obigen  unangesehen,  dennoch  alsbald,  als  die  Russen  aus 
der  Moldau  nach  der  Donau  abgezohen  diesfällige  Besezung  des  neu  ein- 
zoschließenden  Terrains,  bis  nach  gänzlich  erfolgter  Räumung  der  Moldau 
Ton  den  Bussen  verschoben  bleiben  solle. 


Lemberg  den  25.  April  1774. 


Hadik. 


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XX. 

Vortrag. 


Eigenh. 


Wien,  den  3t6D  März  1774. 


(Randbemerkung):  In  dieser  Maaß  ist  das  Gallizische  General 
Commando  zu  verbescheiden,  nemlich: 

Es  komt  bey  der  angetragenen  Mappiining  in  der  Moldau  auf  2 
Fi-agen  an: 

jmo  ^ag  ^lem  Obristwachtmeister  Miegg  füi*  eine  Belehrung  zu 
geben?  und  2^^  was  wegen  der  an  den  Granzen  Siebenbürgens  ausge- 
steckten adlers  zu  veifügen  seye? 

ad  l"**  bin  Ich  mit  dem  Hofkriegsrath  und  dem  Gallizischen  Ge- 
neral Commando  überhaupt  verstanden,  daß  Miegg  auf  die  bereits  er- 
lassenen Verordnung  noch  mal  zu  weisen;  folglich  mit  aussteckung  der 
Adler  nicht  eher,  als  bis  die  Moldau  von  den  Russen  geräumet  ist,  oder 
ihm  fast  ein  positive  ordre  zukommen  wird,  vorzugehen  seye.  Was  die 
Verschiebung  zweier  Commandi  unter  dem  Vorwand  einer  Rimontirung 
betrifft,  so  sehe  Ich  solche  zu  Erreichung  der  gefaßten  Absicht  ebenfalls 
für  dienlich  an,  nur  wäre  dem  Obrist  Wachtmeister  Miegg  der  Satz  wohl 
begreiflich  zu  machen,  daß  die  Moldau  als  eine  von  Rußland  jui*e  belli 
eroberte  Provintz  in  so  lange  zu  betrachten  seye,  bis  sie  nicht  von  die 
Russen  entweder  selbst  völlig  geräumet  und  verlassen,  oder  dui'ch  den 
Frieden  etwas  anderes  stipuliret  wird,  daß  folglich  den  Russen  nicht  nui* 
keineswegs  die  geringste  Hinderniß  verursacht,  sondern  vielmehr  auf  alle 
nur  thunliche  Art  getrachtet  werden  müsse,  sie  bey  gutem  Willen  zu 
erhalten,  und  besonders  den  in  der  Nähe  commandirenden  Officier  zu 
gewinnen,  damit  er  und  seine  unterhabende  Truppen  die  Mappirung 
ruhig  geschehen  lassen. 

ad  2^""  komt  die  Haupt  Betrachtung  zum  Giiind  zu  legen  und 
sind  hier  nach  alle  weitere  Maaßnehmungen  abzumessen,  daß  wenn  mau 
mit  der  Pforte,  wegen  der  Pokutischen  Granzen  dereinst  naher  zur  Spradie 
kommen  solle;  zum  voraus  der  Gelegenheit  zu  menagiren  und  vorzu- 
bereiten seye  die  Erweiterung  von  Seite  Pokotiens  durch  eine  Nachgie- 
bigkeit auf  anderen  seiten  zu  ersetzen  und  die  Sache  durch  eine  Art  von 
Austausch  zu  berichtigen. 

Joseph  Corr. 


Buoo  BD  dan  Hofkrlegsratli. 

Orig.   (B.  d.  R.-KT.-H.  62/48.) 


Hauptquuijer  Oura  balla 
den  23'«>  Juny  177*. 


Euer  Ezcelleoz  hab  mehnnalen  die  Gnad  von  deaea  sich  der  zeit 
hier  ge&nSerten  B^benheiten  fol^ndes  nnterthänigst  ^borsamst  ein- 
zoberichten;  der  lezthio  vom  Yesir  Dacher  Brailla  eingelangte  TOrkische 
Carter  ist  als  bald  nieder  mit  gegentheiligen  Demonstrativis  ganz  kui-tz 
abgefertüget  worden,  auf  welcher  der  Minister  Obreskow  (von  welchen 
?in  seiniger  Translateitr  hier  geblieben)  wieder  auf  seinem  vorigen  Posten 
nach  Roman  abgangen,  ond  der  Herr  Feld  Harschall  Graf  von  Bomanzoff 
sich  hieher  nach  Gnra  balla  begeben  hat,  allwoWir  den  22.  frnh  morgens 
eingetroffen  sind;  anf  der  Anhero  ReyÖ  den  21'"'  in  der  Nacht  ist  durch 
ein  Carier  die  Nachriebt  an  besagten  Herrn  Feld  Marschall  Oberbracht 
KOrden,  daQ  der  General  Soltikow  Jennseits  der  Donau  zu  Turtoka;  den 
Hascban  Pascha,  von  welchen  Kr  zu  Wasser,  und  zn  Lande  angegriefen 
wurde,  nach  einem  starken  QefOcht  geschlagen,  ein  Canon  4  Fahnen, 
und  das  ganze  feindliche  Laager  erobert,  dann  be;  150  Mann  nebst 
einem  hin  Pascha  zu  Kriegsgefangene  gemacht  habe,  an  Todten  sollen 
rürkischer  Seits  1500  Mann  geblieben  seyn,  die  Russen  hingegen  geben 
ihrer  Seite  dabe;  verlohren  zu  haben  nur  10  Mann  an.  Den  22**°  darauf 
Abends  langte  anch  von  dem  General  Kamensky  die  Nachricht  ein,  daß 
vilcber  nach  dem  Er  sich  mit  dem  General  SzubaiofF  be;  Bujuktschau- 
meelik  conjagiret  hat,  auch  so  glücklich  gewesen  und  dem  Beyß  Effenti, 
velcher  nach  Aussage  der  gefangenen,  70.000  Haan  stark  gewesen  seyn 
eulle,  bey  Easlatschi  zwischen  Warna  und  Schumlau  geschl^en,  30 
oene  Canons,  dos  ganze  Laager  nebst  der  KeyB  Effenti  sein  Zelt  erobert 
Dsd  eine  noch  ohnbekannte  starke  Anzahl  Türken  nebst  einem  Pascha 
Tun  zey  Ro6  Schweifen  zu  Kriegsgefangenen  gemacht,  Todt  sollen  Tflr- 
tjscber  Seits  mehr  denn  2000  M.  geblieben  seyn,  Russischer  Seite  aber 
«erden  in  allen  nur  100  Todte  gerechnet,  und  diese,  weillen  Sie  die 
T&rken  erstlich  ans  dem  Walde  haben  müssen  heraus  Jagen,  um  mit 
Ihnen  auf  der  Sleine  zu  schlagen ;  von  diesem  geschlagenen  Chor  haben 
!ich  sonach  ein  Theil  nach  Warna  und  dei'  andere  Theil  nach  Schumlau 
^flüchtet,  und  die  beyden  General  Kamensky  und  Schubaroff  werden  nun 
mitsamen  vereinigter  weiters  gegen  Schumlau  vorrflckeu.  —  An  heunt 
gehet  auch  der  Herr  Feld  Marschall  hier  bey  Guia  balla  über  die  Donau 
211  seinem  Chor,  welches  mit  einem  Theil  von  dem  Fttreten  Repniu  seinen 


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194 


bereits  übergesezt  haben,  allen  Ansehen  haben  wieder  einen  Versuch  auf 
Silisti'ia  zu  machen,  nach  dem  diesseits  auf  der  gegenüberliegenden  Insul 
(allwo  hin  der  General  Loyk  ein  Engelländter  mit  4  Begimenter  beordert 
ist)  abermahlen  Zurichtungen  gemacht  werden  solches  zu  beschflssen, 
mitlerweyl  der  General  Soltikow  das  feindliche  Chor  bei  Busciuk  in  Zaum 
haltet,  und  so  soll  auch  schon  morgen  Turno  zu  pombartiren  angefangen 
dp>5;;  werden.   Auf  obige  nach  einander  so  glücklich  erfolgte  zwey  Unterneh- 

mungen schmeichelt  sich  nun  der  Herr  Feld  Marschall  den  Vesir  andurch 
zum  Frieden  zu  zwingen. 

xxn. 

Baroo  an  den  Hofkriegsrath. 

Orig.  Feldlaager  an  der  Donau  4  Stunden  unterhalb 

(R.  d.  R.-Kr.-M.  62/42.)  Süistria  den  28teii  Juny  1774. 

Gegenwärttigen  Anschluß  an  den  Kussisch  Kayserl.  Minister  Herrn 
Fürsten  von  Galitzin  hat  Mir  heunte  der  Herr  Feldt  Marschall  Graf  von 
Romanzoff  zur  weiteren  Beförderung  übergeben,  welchen  anmit  Gnad 
habe  Euer  Excellenzien  zur  gnädigsten  Bestellung  an  gedachten  Herrn 
Fürsten,  untei-thänigst  gehorsamst  zu  unterlegen  und  anbey  folgendes 
ganz  gehorsamst  einzuberichten :  den  25.  dieses  ist  des  Feld  Marschall 
sein  Chor  von  Gura  balla  eine  Stund  weit  vorwärts  gegen  Silistria  bis 
ohnweit  eines  defile,  wo  die  Türken  die  Brücken  nicht  abgeworfen  haben, 
in  drey  Quarre  marchii-t,  und  den  26*®°  wurde  das  defile  mit  zwey  Regi- 
menter Cavalerie  und  zwey  Infanterie  Regimenter  besezet;  Wier  stehen 
nun  4  Stundt  weit  unterhalb  Silistria,  und  anheunt  wird  wieder  weiters 
vorgerückt,  allen  Anscheinen  nach  sucht  der  Herr  Feldt  Marschall  das 
feindliche  Chor  bey  Silistria  nächster  Tagen  anzugreifen.  Bey  der  lezthin 
mit  dem  General  Kamensky  und  den  Reiß  Eflfenti  zu  Kaslatschi  voi*ge- 
^*.  fallenen  Affaire  sind  nach  eingelangten  zweyten  Rapport  in  allem  34 

V  Canons  und  3  Mörser,  dann  107  groß  und  klein  Fahnen  erobert  worden, 

;{:   \  bey  dieser  Gelegenheit  selten  sich  auch  aus  dasiger  Gegend  bey  3000 


Wägen  mit  Christlichen  Familien  auf  die  Russische  Seiten  herüber  ge- 

^^,  ,^  flüchtet  haben;  Noch  Niemahlen  sollen  die  Türken  so  standhaft  gewesen 

t^,r  -*  seyn  als  bey  dieser  AflFaire,  wo  Sie  den  Angiif  zu  Viermahlen  wiederholt 

'  vV  "^  haben  und  beynahe  in  ein  Infanterie  Regiment  eingehauen  hätten,  wann 

'  ''ä^^^  nicht  zu  rechter  Zeit  zwey  Eskadrons  Houssarn  dem  Feind  in  Rücken 

,^;;  *^  gefallen  wäre;  die  ganze  AflFaire  hat  bey  4  Stunden  lang  gedauert,  und 

t  in  Lauter  Waldungen,  nur  der  lezte  Angrief  ist  auf  der  Bleine  geschehen; 


195 

lie  Tor  Trouppen  vud  Eamenskischen  Chor  »treifen  nun  bis  hioter 
Scbumlau  and  Warna  dann  Silistiia  sind  schon  von  SchuHilau  ab^- 
schDitten. 

Der  tieneml  SzubaiufT  hat  sich  mit  dem  General  Kamensk;  at^e- 
wurfeo,  sonach  biank  gemeldet  und  vom  Chor  at^egangen. 


ElMohshauflen  an  Hadik. 

Ori^.   (R.  d.  K.-Kr.-M.  63/63.)  Lenberg  den  S*»  J11I7  1774. 

Euer  Exuellenz  beede  hohe  Befehl Bchreiben  vom  äl*™  nnd  24"° 
JuDj  aus  Reschow  (die  ich  mir  zur  gemessenen  Richtschnur  nehme)  hatte 
ich  die  Ehre  allererst  be;  meiner  Backkonft  zu  Lombei^  zu  erhalten 
luch  dem  ich  zur  Besichtigung  deren  Gränzeu  von  Kutti  bis  Brody  12 
Tage  abwesend  wäre;  bey  welcher  Gelegenheit  mich  in  der  Moldau,  ohne 
im  mindesten  erkannt  zu  werden  begäbe,  und  während  einoB  daselbstigen 
aofenthalt  von  5  Tagen  mit  dem  Uajor  Hi^  jenen  District,  so  denen 
<lieseitigen  absiebten  gemäß  wäre,  durchritten  und  ziemlich  genaue  Eännt- 
ddB  innegenommen.  Da  aber  die  SiebenbQrgische  Commnnication  ein 
Hauptg^nstand  dabey  ausmachet,  so  fände  nöthig,  dem  Major  Kieg  auf- 
zutragen, jenen  nächsten  Eingang  in  die  Uoldauscbe  Oebürge,  so  über 
Monaster  Suczevize  aacher  Siebenbürgen  führet,  noch  vorhero  zu  be- 
augenscheinigen, ob  uehmllcben  der  gahe  FuD-Steig,  so  von  Monaster 
Suczewize  nach  Houaster  Holdovize  ziehet,  zu  einem  Fnbi-Weg  zuzu- 
richten se;e;  annebst  von  ihme  einen  vorläufigen  Plan  von  ers^ten 
Koldauischen  Bezirk  verfertigen  zn  lassen,  um  andurch  in  dieser  Sache 
&.  Eic.  ein  ganzes  Submissest  Vorlegen  zn  können,  und  welches,  sobald 
«  mir  vom  Major  Mieg  eingehet  zu  befolgen  ohneimangle  da  ein  hochlöbl. 
t.  k.  Uofkriega-Bath  meinen  hiesigen  Gehalt  bereite  bestimmet  hat.  Euer 
Eicellenz  unterthänigst  bitte,  das  dieseiivegen  hochdenenselbe  einge- 
teichte  gehorsamste  pro  Memoria  zu  keinem  weiteren  Gebrauch  zu  nehmen. 

Lemberg  den  S""  Julj  1774. 

Ellrichshansen 
G.  F.  z. 


196 


XXIV. 


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XSUriohshaiuen  an  Hadik. 


Orig.    (R.  d.R..  Kr.- M.  63/63.) 


Lemberg  den  22ten  July  1774. 


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Nachdem  von  dem  Major  Mieg  der  Plan  über  den  Moldanscben 
Winkel  und  sein  diesfölliger  Beriebt  mir  zugekommen,  so  unterfange 
mich  bey  deßelbigen  Einbeförderung,  in  gefolge  meines  gehorsambsten 
Erlasses  vom  8*®°  dieses  Euer  Excellenz  jene  Beobachtungen,  so  ich  wäh- 
rend meines  doiiigen  fünftägigen  aufenthalts  angemerket  hab  submissenst 
beyzulegen;  diese  hatte  gleich  damahls,  und  zwar  in  der  Erwartung 
niedergeschrieben,  daß  zur  Communication  nacher  Siebenbürgen  die  kür- 
zere Straße  im  Mol  dauschen  Gebürge,  nehmlich  über  Monaster  Suczawitze 
und  monaster  Moldawitze  zugerichtet  gerade  und  angenommen  werden 
könnte;  alleine  so  wird  diese,  nach  dem  Major  Miegischen  bericht  aller- 
dings vor  unthunlich  zu  erwürken  angesehen  und  folglich  auch  der  Cordon 
gegen  meinen  ersteren  Antrag,  etwas  weiters  hervorgestoßen ;  ich  kann 
Euer  Excellenz  unterthänig  versichern,  daß  bey  der  local-Einsicht  die 
Vortheile  noch  viel  mehreres  bedeutender  erscheinen,  und  dahero  die 
beybringung  dieses  Terrains  in  den  dieseitigen  Cordon,  gewiß  alle  Mühe 
und  Kosten  verdiente;  So  bald  die  Plans  von  Snyatin  und  Okopi  eingehen, 
so  will  nur  alsdann  die  gleichmäßige  freyheit  nehmen,  selbige  an.  E.  Exe. 
mit  meinen  geringen  Bemerkungen  zu  begleiten;  beede  diese  orte,  sind 
ihrer  laage  halben,  von  besonderer  Erheblichkeit;  der  aufwand  bey  er- 
steren würde  mäßig  und  bey  dem  anderen  gering  seyn;  hingegen  ver- 
dienete  alsdann  Stanislau,  keine  andere  Verbesserung,  als  nur  die  von 
einem  bedekten  Weeg;  bey  dieser  Vestung  findet  des  Ingenieur-Majors 
Hausser  Antrag  keinen  statt,  daß  sich  nehmlichen  ein  Corps  Trouppe  in 
ein  verschanztes  Laager  auf  der  angezeigten  Anhöhe  vor  der  Vestung 
setzen  könne,  angesehen  der  Raum  oder  Terrain  zwischen  diesem  und 
der  Glacie,  besonders  vor  Cavallerie  allzu  enge,  und  neben  der  Vestung 
der  Morastige  Terrain  Verhindernüsse  zu  Bewegungen  verursachet.  End- 
lichen kann  nicht  umhin,  von  der  Polnischen  Vestung  Kaminiek  berühren, 
daß  ich  solche  hart  am  Graben  gantz  umritten  habe,  Diese  liegt  wie 
bekannt  völlig  in  der  Tiefe  hart  am  Graben  mit  Anhöhen  umgeben; 
zwischen  dem  Polnischen-  und  Russischen  Thor  in  der  Tiefe  des  Grabens 
von  2 — 3  glaftern  und  dieselbe  Seite  ohne  alle  Defension,  dahero  auch 
vor  keinen  haltbaren  ort  zu  consideriren,  zu  keinem  Depot  die  Sicherheit, 
darinnen,  viel  weniger  daß  ein  corps  d'armee  eine  vortheilhafte  Position 
daselbst  findete;  es  sterret  diese  Vestung  weder  ein  Zugang,  noch  dienet 


197 


das  Land  zu  decken,  so  daB  selbe  als  ein  unnfltzer  oii.  zu  militärischen 
absiebten  betrachtet  werden  kann. 


Orig. 


Gehorsamste  Noten. 


Nach  einer  Torgenommenen  Untersuchung  desjenigen  allignements 
Yon  Okopi  Bis  an  die  Siehenbürgische  Gräntzen  zeiget  die  Natur  eine 
Linie,  welche  nach  der  Laage  des  Terrains  und  denen  dahin  einschla- 
genden Umstanden  interimaliter  erwählet  worden  und  in  dem  anliegenden 
Plan  ersichtlich  dann  durch  nachstehende  Funkten,  Besonders  durch 
denjenigen,  welchen  die  communication  mit  Siebenbürgen  Betrift,  erläu- 
tert wird ;  diese  Linie  Biethet  verschiedene  Vortheile  sowohl  zu  militaires 
als  provinciales  absiebten  an,  wobey  dann  jene  militärische  Gegenständte 
in  die  Vortheile  in  friedens  Zeiten,  und  in  Kriegs  Operationen  können 
abgetheilet  werden. 

1"^  Als  die  militärische  Vortheile  in  friedenszeiten  bestehen;  daß 
der  Cordon  bey  Bedrohen:  der  Gefahr  deren  Epidemischen  krankheiten, 
bey  der  fast  völliger  Umschlüßung  dieses  Terrains  durch  Waldungen  mit 
mehrere  Sicherheit  und  wenigeren  Mannschaft,  als  der  dermaligen  in 
Pokutien  und  Podolien  kann  besorget  werden. 

2^^  würden  3  Cavallerie  Bgt.  in  diesem  Bezirke  um  so  schicksamer 
und  wirthschaftlicher  bequartiert,  und  verlegt  werden  können,  als  selbige 
sowohl  an  der  grünen  fütterung  als  auch  an  Heu,  die  hinlängliche  Er- 
fordernüß  findeten,  wobey  über  dieses, 

3^'^  noch  so  viel  Graß  und  Heu  sich  vorräthig  befinden  würde,  um 
okng^ehr  vor  6  Regimenter  so  beträchliche  Stuttereyen  anlegen  zu 
können,  daß  Sie  hinlänglich  seyn  wüi'de  sich  davon  zu  remontiren  und 
zwar  dargestalten,  daß  nach  deme  solche  ein  mahl  eingerichtet  und  dabey 
die  gehörige  Wirthschaft  zu  deren  ferneren  Unterhaltung  beobachtet 
werden,  diese  so  dann  wenig  oder  gar  keine  Auslage  dem  aerario  zuziehen 
döiften;  Zu  letzterem  Gegenstandt  könnten  Hauptsächlich  die  schönen 
Thäler  des  Sirets-  und  Suczawa  flnßes,  denn  Jener  beträchliche  zwischen- 
ramn  von  beyden  erst  benannten  Aussen,  nicht  weniger  die  große  Eotto- 
weti  und  Horodize  wiesen,  wo  sich  in  allen  diesen  orten,  die  ausgiebigste 
Graßereyen  vorfinden,  bestimmet  werden,  wobey  nur  generaliter  noch 
sa  berühren  kommt,  daß  falls  der  hierzu  bestimmte  Terrain  (welcher  doch 
ohngefähr  8 — 9  quadrat  Meilen  betragen  wird)  nicht  hinlänglich  seyn 
solte,  man  sich  der  in  diesen  Gegendten  eingeführten  Gewohnheit  be- 
dienen könnte,  in  dem  Sommer  die  grüne  Fütterung  auf  denen  Alpen 
oder  hohen  Gebürgen  zu  suchen,  um  die  Thäler  zu  dem  Heu  zu  machen, 
Uid  wmterlichen  Unterhalt  zu  conserviren;  und  endlich  würde  die  Ab- 


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L.r-T^  i.-:.a  .fM  mir.  WriKrn 
-  1  -  .^i_-,u^  4^ir^^-C(fBa- 


199 

nication  zu  Nutzen  machen  will  und  da  gleich  Vorworts  der  Cordons- 
Linie,  das  Land  sich  öfnet,  so  können  im  Gegentheil  die  Zubereitungen 
des  feindes  so  ehender  wahrgenohmen  werden, 

6^^°^  kann  man  sich  des  Hier  vorfindigen  Häufigen  Hörn  Zug-Viehs 
zur  Transpoi-tirnng,  welche  art  von  Bespannung  in  der  Moldau  sehr  gut 
brauchbar  bedienen,  Imgleichen  deren  Menschen  zu  Heu  machen,  Holtz- 
fallen,  Flößen,  und  dergleichen,  wovon  uns  die  Russen  die  Beyspiel  der- 
mahlen  geben;  wobej  man  dann  wahrscheinlich  auch  den  Pruth,  wenn 
er  etwas  von  denen  darinn  Befindlichen  Bäumen  gereiniget  würde,  zu 
Transportirung  deren  Eriegs-Geräthschaften  aufflößen  benutzen  könnte; 

ytcns  ^irde  diese  zuwachsende  Vortheile  dem  Feindt  benehmen; 

gt«ns  ^[q  flanque  von  Siebenbürgen- deckt  die  fronte  von  Pokutien, 
wie  die  fronte  von  Pokutien  die  oberen  Theile  von  Siebenbürgen,  wan 
nur  noch  einige  Trouppen  am  Suczawa-fluß  und  am  fuß  des  Moldauschen 
Gebürgs,  wo  die  Comunication  in  Siebenbürgen  führet,  und  dadurch 
gleichsam  im  Mittelpunkt  zwischen  Siebenbürgen  und  Gallicien  zu  ver- 
legen wäre,  um  ein  oder  anderen  Theile,  mittelst  dieser  kurtzen  Linie  die 
erforderliche  Aushülfe  zu  leisten;  ferner  durch  diese  Communication  die 
Trouppen  in  Siebenbürgen,  So  vorhero  bloß  zur  Defension  ihres  Landes 
Bestimmt  waren  und  angedient  hatten,  nun  mehro  in  der  Moldau  gezogen 
und  zum  offensiven  Krieg  mit  bey  würken  können;  dieser  Haupt  Vortheil 
der  Comunication  erfordert  die  im  Plan  angemerkte  Gräntz  Linie  und 
erlaubet  nach  der  Natur  der  Situation  nicht  weiters  damit  ruckwerts  zu 
gehen; 

Qtens  faiig  man  genöthigt  wäi'e,  die  hierländische  regulii-te  Trouppen 
anderwerts  zu  verwenden,  kan  derselben  Stelle  zur  Besetzung  der  dies- 
seitigen frontieres  durch  die  Siebenbürgische  Gräntz-Trouppen,  vermittelst 
dieser  Communication  ersetzet  werden. 

10**""  Imgleichen  wird  ein  Theil  von  Podolien,  von  dieser  hervor- 
gestoßenen Linie  bedecket,  so  mehr  da  man  als  dann  2  Brücken  über 
den  Niester  als  eine  bej  Okopy,  und  die  andere  3  Meilen  aufwärts  davon 
bey  Zomosina  etabliren  kann ;  welche  Position  am  Niester  auf  der  Podo- 
lischen  Seite,  eine  flanque  gegen  die  Moldau  zugleich  mit  formiret,  so 
daß  durch  diese,  und  jene  mittelst  der  Siebenbürgischen  Communication, 
der  Feindt  vom  Eindringen  in  Pukutien  füglich  abgehalten  werden  kann. 

Utena  Wenn  in  einem  offensiven  Krieg  nur  ein  Marche  von  dem 
Bukowina  Wald  vorgerucket  wii'd,  ist  Choczim  abgeschnitten,  dessen 
daselbstige  Brücke  über  den  Niester  leicht  zu  ruinireu  ist; 

I2tens  ijj  einem  offensiven  Krieg  kann  eine  von  hier  aus  vur- 
nickende  Armee  die  Subsistenz  aus  Siebenbürgen  durch  den  Gyemesen 


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und  besonders  Ojtoser-Pass,  welcher  an  jenen  fruchtbaren  Gegenden  von 
Horomzak  und  Purzel-Land  aboutirt,  ziehen,  welche  Depots  von  Lebens- 
mitteln gantz  sicher  in  jenen  Thälern  könen  errichtet  werden. 

13**"  kan  man  aus  der  Linie  des  Bukowina  Waldes  auch  in  einen 
defensiven  Krieg,  einen  großen  Theil  deren  gegenseitigen  gegendten  in 
Contribution  setzen; 

14*®°"  findet  nach  geendigter  Campagne  ein  großes  Corps  Cavallerie 
in  diesem  Winkel  rauhe  futterung  (Bezeuget  dieses  würklich  die  Bußische 

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Cavallerie)  und  eine  beträchliche  Trouppe  sichere  Cantonnirungs-Quartier, 
wobey  die  äußere  Kette  von  Dörfern  längst  dem  Bukowinawalde  die 
Postirungen  anbiethet,  welche  ohne  avunturirt  zu  seyn,  alle  feindliche 
Bewegungen  beobachten  könne;  die  innere  Linie  von  Dörfern  aber  die 
Bequartirung  zur  Besetzung  deren  Durchgänge  durch  den  Wald  formiret. 

Die  Gräntz-Trouppen  Formirung  würde  in  Betracht  der  voran- 
gemerkten Bequartirung  deren  3  Cavallerie  Rgtr.,  deren  dabey  zu  errich- 
tenden beträchtlichen  Stuttereyen,  wozu  sowohl  ein  großer  Theil  dieses 
Bezirks  an  Ortschaften  als  Ländereyen  erforderlich,  einige  Erschwerung 
finden,  da  wegen  zu  leistender  Aushülfe  dieses  Winkel,  bey  erfolgenden 
Vorrucken  zu  kriegs  Zeiten  in  die  untern  Theile  der  Moldau,  sowohl  an 
Fuhren,  fourage  Liefferungen,  Arbeitern  zu  Heumachen,  Straßen  etc: 
Formirung  des  Schlacht  Viehs  (Holtz-Schlagens,  und  Flößen)  wovon  uns 
die  gegenwärtige  Operationen  der  Ruß.  Armee  zur  merklichen  Wirtschaft 
des  aerarii  die  Bey  spiele  giebt,  das  Land- Volk  verwendet  wird,  welches 
aber  bey  errichteten  Gräntz-Trouppen  nicht  stattfindete;  annebst  bis 
man  von  der  Zuneigung  und  Treu  deßelben  versichert  seyn  könnte;  So 
wäre  man  des  dafürhaltens,  die  Errichtung  deren  Gräntz-Trouppen  in 
diesem  Moldauschen  Theil  anfänglich  in  anstandt  zu  belassen,  und  in- 
dessen diese  gegendt  nur  mit  einer  Anzahl  deren  gewöhnlichen  Halb 
Invaliden,  Cordonisten  und  ein  Gai*nisons  Bataillon  zu  versehen; 

Provincial  -  Gegenständte. 

jmo  Werden  durch  die  in  diesem  Moldauschen  Bezirkh  nefiere 
Gräntz-Linie  die  anstoßende  Pohlnische  Provinzien  gegen  die  Epide- 
mischen Krankheiten  mehrere  Sicherheit,  dabey  mit  noch  geringeren 
Kosten-aufwandt  gesetzt. 

2do  yqj^  jqqj  iQ  Pokutien  existirenden  Holz-mangel  ans  jenen 
Mold.  Bezirkh  reichliche  Aushülfe  beschehen,  und  noch  über  dieses  aus 
dem  Bukowiner  walde  ein  Beti-ächlicher  Holtz  Verschleiß  mittelst  des 
Xiestei-flußes  nacher  Bender,  und  in  denen  Sii'eter  Wäldern  Glaß  fabri- 


201 

qoen,  ohne  denen  militaerischen  Absichten  zu  Nahe  zu  Tretten  mit 
Katzen  errichtet  werden. 

S*»»  Die  grüne  und  rauhe  Fütterung  vor  anbemerkten  3  Cavallerie 
Begimenter  würde  in  Pokutien  wo  es  in  deßen  oberen  Theil  ohnehin 
Mangel  daran  hat,  ersparet,  und  der  dortige  Landmann  von  dem  quartier 
Last  enthoben. 

4^  Die  Emigration  aus  diesseitigen  Fohlen  sowohl,  als  jene  aus 
deme  oberen  Theil  Siebenbürgens  wird  zurückgehalten. 

5^  Durch  eiTichtende  Communication  zwischen  Siebenbürgen  und 
Pokutien  wird  Hungarn  von  allen  Hin  und  Her  Märchen  von  Trouppen, 
So  viel  nemlich  solche  in  hiesige  Lande  betrift,  enthoben. 

6^  Snjatin  ist  zu  einer  Handlung  in  die  Moldau,  und  andere  Türk. 
Provintzien  sehr  gelegen,  wo  sodann  die  im  ersteren  Orte  sich  nieder- 
laßende Handels-Leute  und  Professionisten  durch  den  Mold.  Gordon  sich 
desto  gesicherter  finden,  und  kan  der  Saltze  Verschleiß  in  den  oberen 
Mold.  Theil  desto  füglicher  statt  haben." 


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Lemberg  den  22*«°  Julij  1774. 


Ellrichshausen. 


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XXV. 
EUriohsliauaen  an  den  Hofkriegsrath. 

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Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  63/53.)  Lemberg  den  29ten  Julü  1774.  ^ 

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Da  lauth  eines  von  dem  Herrn  Feld  Marschall  Lieutenant  Baron  i 

▼on  Barco  eben  jetzo  an  mich  eingelangten  Schreibens  ddto  17*®°  dela-  f 

bentis  der  Fried  zwischen  Rußland  und  der  ottomanischen  Pforte  sub  |; 

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eodem  geschloßen,  und  die  diesfällige  Instrumenten  in  der  fürgewesten 
Conferenz  zwischen  dem  Herrn  Feld  Marschall  Graf  v.  Romanzoff  und  \ 

denen  an  ihme  von  groß  Yezier  zu  dem  Ende  abgeschickten  zweyen  tür-  i 

kisehen  Gesandten  beedseitig  ausgefertlget  worden  die  Ratificirung  der- 
selben auch  von  Groß  Yezier  binnen  3  Tagen  ä  dato  die  Ausfertigung 
folgen  solle;  so  erbitte  ich  mir  von  Einem  Hochlöblichen  Hofkiiegs 
fi^  biemit  in  Unterthänigkeit  die  Weisung  was  bej  so  gestaltig  ver- 
änderten Laage  die  Sachen  in  Ansehung  der  von  dem  Herrn  Major  Mieg 
des  großen  General-Staabs  besorgt  werdenden  Mappiimng  in  der  Moldau, 
womit  derselbe  bis  Ende  künftigen  Monaths  Augusti  fertig  zu  werden, 
sich  jüngst  anhero  geäußeret  hat,  zu  beobachten  seyn  därfte;  Womit  nur 
annoch  gehorsamst  zu  bemerken  finde,  daß  ersagten  Major  unter  einem 

AreU?.  LXXTm.  Bd.  I.  Halft«.  14 


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202 

aufgetragen  werde,  sothanes  geschäft  auf  alle  nur  immer  mögliche  Art 
zu  beschleinigen,  und  sich  für  seine  Persohn  nacher  Czernowitz  zu  be- 
geben, um  in  der  Nähe  daselbst  sowohl  auf  die  Bewegungen  der  Rußen 
in  der  Moldau,  als  auch  der  dortigen  Innwohnern  desto  fuglicher  ein 
obachtsames  Aug  tragen,  und  solche  in  verläßliche  Erfahrung  bringe, 
sofort  darüber  hin  von  Zeit  zu  Zeit  den  anverlangten  Bericht  zu  weiters 
gehorsamsten  Anzeige  anhero  erstatten  zu  können; 

Womit  etc. 

Lemberg  den  29*«°  Julii  1774. 

Ellrichshausen. 

XXVI. 

(Copia 

der  herausgegebenen  Friedens  Functen  aus  dem  griechischen  in  das 
Französische  übersetzet  die  Fürstenthümer  Wallachey  und  Moldau  be- 
treffend.) 
(R.  d.  E.-Kr.-M.  29/10.) 

Copie  des  articuls  sur  la  Yalachie  et  Moldavie. 

1 .  Tous  les  habitans  de  ces  deux  Principautes  seront  Compris  dans 
Tamnistie  generale,  eux  et  leurs  effets;  on  fera  une  remission  ä  touts 
ceux,  qui  ont  paru  pendant  le  Cours  de  cette  guerre  contraires  aux 
interets  de  deux  Cours,  ä  ceux,  qui  en  sont  soup9onnes,  et  le  souvenir 
en  sera  eternellement  efface;  on  n'en  tirera,  aucune  vengence,  et  on  ne 
laissera  pas  d'autres  ä  les  inquieter  la  dessus,  on  ä  leurs  causer  le 
moindre  domage,  sous  quelque  pretexte,  que  se  soit. 

au  Contraire  on  les  laissera  vivre  selon  leurs  anciens  ränge,  et  ils 
jouiront  de  toutes  les  prerogatives,  et  Privileges,  dont  ils  se  sont  con- 
tentes  avant  le  commencement  de  cette  guerre  eux,  et  leurs  terres. 

2.  on  leur  laissera  libre  la  profession  de  leur  Relligion,  et  ils  au- 
ront  la  libert^  de  batii*  des  eglises  neufs,  et  de  raccomoder  les  an9iennes, 
comme  auparavant. 

3.  Le  clerig^  sera  honorablement  distingu^,  et  il  jouira  de  tous  le 
honneurs  attach^  ä  ses  rangs  ecclesiastiques. 

4.  on  restituera  toutes  les  terres,  et  fernes  injustement  enlev^s  des 
environ  de  Braile,  chotzin,  Bender,  et  autres  forteresses: 

5.  on  ne  leur  demandera  aucune  somme  d'argent  que  selon  les 
an9iens  reglements,  sous  quelque  denomination,  que  ce  soit. 


203 


6.  On  ne  leur  demanderä  aucnne  sorte  de  tribut  poui*  tout  le  tems 
de  la  gnerre,  et  encor  pour  deox  ans  ä  compter  depus  le  change  des 
prisonniers. 

7.  L*echeance  pass^e,  on  gardera  la  grandenr  d'ame,  et  Thumanite, 
on  prendra  le  tribut  par  des  deputes,  envoyes  pour  cette  affaire,  quand 
on  prendra  cet  ai'gent  les  bachas  et  les  autres  officiers  ne  les  contrain- 
dront  point  ä  payer  d'autres  sommes  sous  -quelque  denomination^  que  ce 
^it;  mals  ils  jouiront  de  touts  les  prerogatives,  et  la  tranqUillit^,  dont 
ils  ont  joni  pendant  le  regne  de  Mahomet  IV. 

8.  les  Princes  de  ces  deux  Principautes  auront  des  cbarg^s  d*affaire, 
de  la  Beligion  greque,  qui  auront  sein  des  affaires  de  ces  Principautes  ci 
dessus  mentionnees,  et  ils  seront  en  Correspondence  avec  la  Porte  et  ils 
joniront  de  toutes  les  prerogatives  du  Droit  des  gens. 

9.  la  Port^  consent,  ques  les  ministres  de  la  Russie  residents  ä 
Constantinople  selon  les  o^urances  pourront  faire  des  representations  ä 
Ja  Porte  pour  Tutilite  de  ces  Principautes  et  la  porte  promet  de  les 
ecooter  conformement  k  Tbonneur,  et  ä  Tamiti^  des  autres  souverenet^s. 

(Eigenhändig.) 

NB.  Hier  kommt  zu  reflectiren,  daß  mit  der  Earlovitzer  Pacifi- 
cation  Chotzim  hätte  sollen  der  Moldau  restituii*et  werden,  was  aber  die 
Pforte  nicht  gehalten,  Stefan  Gika  hätte  es  schon  einmahl  an  sich  gezogen 
dnrch  intrigen  des  Mnffti  aber  wieder  geräumet,  ich  vermuthe,  daß  der 
Hof  hierwegen  reflectiren  wird,  ich  habe  dieses  nicht  notiret. 

Diese  erheblichen  Puncten  hab  S^  Excellenz  dem  Eriegspräsidenten 
eingeschicket  und  wie  oben  bemerket  wegen  der  Earlovitzer  Pacification 
nichts  notiret,  da  ich  mir  ohnehin  vorstelle,  daß  man  alles  hervorsuchen 
wird,  was  nur  geltend  sejn  kann. 

Vincenty  Br.  v.  Barco. 


xxvn. 

Copia 

Ein^  an  S®  Excellenz  Commandirenden  Generain  in  den  Kötiigreichen 
Gallicien  und  Lodomerien,  Preyherrn  v.  Ellrichshausen  vom  Herrn  Obrist- 
wachtmeister  von  Mieg  vom  grossen  Generalstabe  ddto  Czemowitz  4*®° 

August  1774  erlassenen  Schreiben. 

Cop.  (R.  d.  R..Kr.-M.  62/139.) 

Unter  unterthänigster  Bestattigung  des  Ersteren  von  E.  Exe,  de 
dato  21*««»  Juli  erhaltenen  gnädigsten  Befehls-Schreiben,  hab  die  Ehre 

14» 


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204 

in  anterth&nigem  Gehorsam  zu  melden,  wie  dass  ich'  zu  dessen  genaue- 
sten Befolgung  den  29^^^  passati  eine  Tour  nach  Suczawa  zu  dem  be- 
rühmten Bojar  Innigati  Millio  vorgenohmen,  um  nach   dem  erfolgten 
Frieden,  eine  politische,  und  instructive  Conferenz  mit  ihm  zu  haben, 
von  da  hat  mich  mein  Eifer  vielleicht  fehlerhaft  weit  getrieben,  da  ich 
meinen  Bitt  bis  nach  Jassy  selbst  fortgesezet;  wovon  ich  aber  nun  mehro 
nach  erhaltenen  2**°  gnädigsten  Schreiben  von  28**"  Juli  um  desto  mehr 
beruhiget,  in  der  Hofnung  einer  gnädigen  Vergebung  E.  Exe.  das  unter- 
thänigste  Geständnis  mache  als  mich  diese  Beise  über  die  dermaliche 
critische  Lage,  dieser  Nachbarschaft  in  ein  gioßes  Licht  gesezet  hat,  um 
davon  einen  desto  deutlicheren  unterthänigsten  Bapport  abstatten  zn 
können,  dahero  dann  auch  E.  Ex.  meine  ganz  gesammelten  Nachrichten 
(obwohlen  von  Herrn  General  Feld  Marschal  Lieutenant  Baron  von  Barco 
gründlicher  einlaufen)  unterthänigst  beyfüge,  wie  ich  sie  von  verschie- 
denen Nationen  und  Ständen  hab  combiniren  und  einsammeln  können, 
wozu  mir  dann  besonders  der  obige  vernünftige  Bojar  einen  sehr  guten 
Grund  geleget,  diesen  habe,  so  wie  fast  samtlich  andere  Bojaren  sind, 
wegen  erfolgten  Frieden  sehr  consterniret  angetrofen,  worüber  er  mir 
folgende  Erklärung  gegeben:  Mich  und  meine  Compatrioten  macht  dieser 
praecipitirte  Frieden  sehr  bestürzt,  da  er  uns  wegen  dem  Geheimnis,  so 
man  uns  nicht  allein  von  den  Articuln,  sondern  sogar  von  dessen  Würk- 
lichkeit  macht,  alles  Übles  fürchten  läßt,  da  es  sehr  wahrscheinlich,  daß 
man  bey  diesem  übereilten  Frieden,  blos  auf  die  General  Vortheile  des 
rußischen  Beichs,  und  nicht  auf  die  Sicher^tellung  unseres  dem  Baub 
ausgesezten  verlassenen  Landes  gedacht  hat,  dieser  Friede,  sagte  er  mir, 
ist  von  Feld  Marschal  Grafen  von  Bomanzoff,  praecipitiret  worden,  theils 
um  denen  anderen  Höfen  alle  Influenz  darbei  zu  benehmen,  theils  ans 
dem  obwaltenden  Misverständniß  zwischen  Feld  Marschall  Grafen  von 
Bomanzoff  und  Ministre  Grafen  Obreskow,  welchen  letzteren  erwähnter 
Feld  Marschal  mit  einem  so  kurzen  Zeit  Termin  zu  kommen  ersnchet, 
daß  es  sowohl  wegen  der  Zeit,  als  angelofenen  Wässern  zu  bewürken 
nicht  möglich  wäre,  wovon  von  denen  beyderseitigen  Anhängern  ver- 
schieden gesprochen,  und  der  Ministre,  der  sehr  mißvergnügt  nach  Peters- 
burg abgereiset,  der  Forchsamkeit  wegen  Wasser  und  der  Langsamkeit 
auf  der  Beise  beschuldiget  wird,  da  ich  doch  Selbsten  vielle  Post-Pferde 
von  seiner  Beise  todt  gefahren  gefunden;  Indessen  bedauern  die  Vor- 
nehmsten von  Landt  alle,  daß  der  Ministre  nicht  gegenwärtig  wäre,  wie 
mich  dann  erwähnter  Millio  versichert,  daß  er  die  beste  Gesinnungen 
von  die  Provinz  gehabt,  und  bey  jenem  fruchtlosen  focgsaner  Friedens 
Gongress  in  Ansehung  der  Moldau  folgendes  Systeme  fomiret,  nach  deren 


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205 

Abtrettnng  erstens  eine  längere  Dauerzeit  der  Regierung  des  Fürsten 
fest  zu  setzen,  zwejtens  die  Summa  des  an  der  Pforte  zu  leistenden 
Tributs  zu  bestimmen,  3*®°'  die  enorme  praesenten  an  die  Türkischen 
Kron-Beamte  zu  abolii'en,  oder  wenigstens  zu  moderiren,  yiertens  ein 
Contributionale  des  Landes  vor  dem  Fürsten  zu  fixiren,  6**"  eine  Re- 
gienmgsform  unter  Garantie  der  russischen  Monarchie  in  dem  Land  ein- 
raführen,  endlichen  Ghotym  zu  schleifen,  und  diesen  District  der  Mol- 
daaischen  Jurisdiction,  und  Eigenthums-Recht  zu  übergeben. 

Alle  diese  vortheilhafte  Aussichten  verschwinden,  bej  der  großen 
Sorgfalt,  die  man  braucht,  die  Friedens-Articul  so  geheim  zu  halten,  imd 
macht  bey  dem  sicheren  Bewustsejn  daß  das  Land  (vielleicht  ohne  die 
mindeste  Praecaution  von  Amnestie,  oder  Sicherheit)  wiederum  denen 
Türken  übergeben  wird,  groß  und  Klein  außerordentlich  bestürzt,  und 
furchtsam,  wie  ich  dann  auch  ein  von  denen  Senateui*s,  den  Yistiar,  .oder 
Grand  Thresorier  Cantercuzenj,  ein  sehr  guter  Freund,  vom  Herrn  Ge- 
neral Feld  Marschall  Lieutenant  Baron  von  Barco,  und  feinen  Mann  an 
den  mir  der  Innigati  Millio  ein  Adresse-Schreiben  mitgegeben  mit  gleich- 
mäßigen Gesinnungen,  und  sehr  constemiret  gefunden,  so  daß  auch 
würklich  schon  viele  Leuthe,  theils  aus  Forcht  vor  denen  Türken,  theils 
Tor  den  Russen  einpacken  und  auf  die  Flucht  denken,  wobey  es  also 
sicher  zu  vermuthen,  daß  sich  ein  großer  Theil  dieser  Nachbar  in  die 
diesseitige  k.  k.  Länder,  wann  sie  einer  guten  Aufnahme  versichert,  be- 
geben werden.  Wie  mich  dann  schon  würklich  der  oft  erwehnte  Bojar 
Innigati  Millio,  Isbrawnik  von  dem  Suczawer  District  instfindig  gebethen. 
Dun  ein  Passport  von  Euer  Gnade  auszuwürken.  daß  er  seine  Gestütterey 
(die  eine  der  schönsten  im  Land  seyn  soll)  als  auch  seine  eigene  Persohn, 
und  Familie  in  der  Gegend  von  Szalleszyk  in  Sicherheit  bringen  därfte, 
welches  ich  ihm  denn  auch  bey  Euer  —  „  zu  erbitten  versprechen  außer  deme 
hat  mich  in  Jassy,  und  Potosann  viele  Kaufleuthe  gefraget,  ob  es  erlaubt 
seyn  würde  sich  hierüber  zu  flüchten,  welchen  ich  dann  auch  die  beste 
Aufnahme  zugesaget;  Wobey  sich  dann  auch  besonders  die  Stanislauer, 
Tismenitzer  und  Snyatiner  Armenier,  mit  ihren  zahlreichen  Viehheerden 
sehr  in  Ängsten  befinden,  da  sie  in  Pohlen  keine  hinlängliche  Weide  zu 
finden  glauben,  denen  ich  indessen  den  Winkel  hinder  dem  Buccowina 
Wald  zu  ihrem  Zufluchts-Ort  vorgeschlagen.  In  Potusam  kämme  ein 
Broder  Jude  Nahmen  Jakob  Abraham  zu  mir;  dieser  hat  ein  Pferdcon- 
tract  proponiret,  vermög  welchem  er  sich  bey  denen  jetzigen  fürchter- 
lichen Aussichten  engagiret,  in  2  Monathn  200  oder  mehrere  Stück  halb 
Dragoner,  halb  Hussam  diensttaugliche  Pferde,  die  Wallachen  das  Stück 
a  10  #,  die  Stuten  ä  7  und  8  #  zu  liefern,  verlanget  nichts  als  vor  jedes 


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206 

Pferd  einen  Teut8chen  Gulden  Anbringgeld,  er  begehret  kein  Geld  in 
seine  Hände,  sondern  nnr  daß  ein  Officier  nebst  4  Commandirten  mit  4 
oder  500  #  k  Conto  komme,  welcher  die  Pferde  besichtigen,  und  Selbsten 
auszahlen  solle,  vor  den  mehreren  Vorschuß  will  er  schon  Credit  finden, 
da  dieser  benannte  Jud  sich  wegen  anderem  handel  ohnehin  noch  einige 
Zeit  in  Potusan  aufhält,  so  will  er  einen  Monath  auf  die  gnadige  Rnck- 
antworth  in  Betref  dieses  Vorschlags  daselbst  abwarthen,  und  ich  glaube 
fest,  daß  bey  der  allgemeinen  Furcht,  die  in  dem  Lande  ist,  er  diesem 
Versprechen  ein  genfigen  leisten  könnte,  und  dieses  ein  sehr  guter  Zeit- 
punkt zu  Remontirung  seyn  kann.    Mein  Ritt  nach  Jassy  hat  mir  die 
Vortheile  verschaft  die  2  Straßen,  als  jene  von  Suczawa  dahin,  und  die 
grosse  Landstrasse  nach  Snyatin  kennen  zu  lernen,  ich  bin  während 
meinen  dortigen  Aufenthalt,  wobey  ich  mir  das  Geschäft  gemacht  den 
Herrn  General  Feld  Marschall  Lieutenant  Baron  y.  Barco  mit  Depeschen 
aufzusuchen,  und  24  Stund  zu  erwarten,  von  denen  Bussen  sehr  gfitig 
aufgenohmen  worden,  Herrn  General  und  Gouverneur  Karzakow  hat  mir 
sogleich  ein  Praesent  mit  einem  k.  k.  Deserteur  des  Löbl.  Nugenti  Re- 
giment, welchen  mit  anhero  gebracht,  gemacht,  und  versichert  seine 
nachbarliche  Freundschaft  in  diesem  Punkt  auf  das  Beste,  wie  er  dann 
erst  vor  etlichen  Tagen  eine  Truppe  von  12  Köpfen,  wovon  er  aber  nicht 
die  Regiments-Nahmen  gewust,  an  die  Siebenbürgen  Gi*änze  hat  abführen 
lassen.  Major  Wölfing,  den  ich  mit  noch  anderen  sehr  geschickte  Staabs- 
Officiers  habe  kennen  lernen,  hat  mich  ersuchet,  seine  unterthänigste 
Respects  Versicherungen  Euer  —  „  abzulegen  und  er  würde,  wenn  es 
anders  möglich,  noch  vor  ihrem  Ausmarche  auf  Lemberg  selbst  konmien, 
Euer  —  „  untei-thänigst  aufzuwarthen.    Meine  militärische  Gegenstande 
bestunden  darinnen,  wann  es  möglich  wäre,  zu  eifahren,  ob  oder  wann 
die  Armee  über  die  Donau  defilire,  bis  wie  weith  gegen  unsere  Nachbar- 
schaft sich  ihre  Dislocation  erstrecken  würde,  und  wie  lang  ihr  Aufenthalt 
noch  in  dieser  Provinz  dauern  sollte,  ich  habe  aber  der  Kurze  Zeit  nichts 
recht  gründlich,  sondern  nur  folgendes  in  Erfahrung  bringen  können, 
daß  der  Feld  Marschall  Graf  Romanzofif  vor  6  Tagen  noch  selbst  über  die 
Donau  waren,  und  erst  2  Regimenter  defiliret,  man  erwarte  den  Grafen 
Romanzoff  etwa  in  10  Tagen  in  Jassy  wornach  die  Regimenter  folgen 
würden,  in  Ansehung  der  Dislocation  kann  man  aus  der  Disposition  von 
Heu  machen  schliessen,  daß  sich  selbe  nicht  bis  Suczawa  und  dem  Czer- 
uowitzer  District  erstrecken,  weilen  rückwärts  Suczawa  und  in  hiesigen 
Gegenden  kein  Heu  gemacht  wird,  wogegen  es  in  denen  übrigen  Theilen, 
besonders  bey  Torhaj,  Chotim,  Sorok  und  Jassy  sehr  eifrig  continuiret 
wird,  mit  dem  einzigen  Unterschied,  daß  der  grosse  Heu  Vorrath,  der 


207 

oad)  der  ersten  Disposition  ganz  bey  Jassy  hat  formiret  werden  sollen ; 
nanmehro  in  selber  Gregend,  in  dem  ümkreys  auf  etwa  eine  Meile  zer- 
theilet  wird,  zu  welcher  Arbeith  eine  außerordentliche  Menge  Menschen, 
ond  fahren  verwendet  werden.  Da  nach  der  neueren  Landes-Beschreibung 
der  Di?ident  getrofen  worden  daß  8  Häuser  ö  zweyspännige  Wagen,  und 

4  Mann  einen  Arbeither  liefern  müssen.  Der  Herr  General  Eorzakow 
bat  lezthin  den  Suczawaer  District  recognosciret,  um  ein  Cavallerie  Re- 
giment dahin  «u  verlegen,  wogegen  ihme  aber  jener  Isbrawnik  vorgestellet, 
daß  es  fast  nicht  mehr  thunlich,  da  daselbst  keine  Anstalten  zu  Heu 
machen  gemacht  werden,  und  fast  alle  seine  Leuthe  außer  dem  District 
waren. 

Es  ist  also  wahrscheinlich,  daß  sich  die  Aimee  mehrentheils  in  die 
Gegend  von  Jassy  zusammenziehen  und  von  da  Colonnenweiß  aufbrechen 
wird,  hieher  zu,  wird  sich  ihre  Dislocation  wie  ich  glaube  nur  bis  Torhay 

5  Meilen  von  hier  erstrecken,  weilen  sie  sich  sonsten  gar  zu  sehr  von 
ihrer  Route  entfernen,  in  Ansehung  des  Ausmarsches  hat  mir  der  Christ 
fiothkirch  selbsten  gesagt,  daß  die  lezteren  wegen  dem  schröckbaren  Troß 
kaum  vor  3  Monathen  werden  abgehen  können.  In  Betref  deren  Friedens- 
Articuln,  die  man  allhier  selbsten  noch  nicht  weiß,  oder  sehr  behutsam 
geheim  halt,  habe  von  denen  Leuthen,  die  ich  geglaubet,  daß  sie  am  meh- 
resten  wissen  können,  folgendes  eingesamlet,  wie  weit  es  aber  gegründet 
ist  wird  Euer  —  „  vermuthlich  schon  sicherer  bekannt  seyn.  Nach 
memen  Entdeckungen  zahlet  die  Pforte  an  die  Russen  30  Millionen 
Babeln  an  Eriegs-Unkösten,  consentiret  in  der  freyen  Schiffahrth  auf 
dem  schwarzen  Meer,  die  Crimm  bleibt  indipendent,  jedoch  mit  russischem 
Besatzongs  Recht  in  2  Festungen  Jenikale  und  Cafa.  Russland  bekommt 
die  Festung  Kiebum,  Otschakow  und  Chotym  werden  rasiret,  dagegen 
tritt  Bussland  denen  Türken  die  Moldau  und  Wallachey  wiederum  ab. 
In  Ansehung  der  Formalitat  bey  diesem  Friedensschluß,  oder  vielmehr 
die  Gesezgebung  deren  Russen  bekräftigen  sich  alle  lezt  von  mir  unter- 
thäoigst  gemeldete  Umstände  der  betrübten  Situation  der  türkischen 
Armee  so  unglaublich,  und  ohnbegreiflich  mii*  auch  selbe  vorgekommen, 
worinnen  mich  besonders  ein  so  eben  von  der  Armee  nach  Jassy  gekom- 
mener sehr  geschickter  Officier  des  russischen  General  Staabs  deutlich 
belehret  hat,  der  einzige  angemerkte  Umstand  wäre  änderst,  daß  nehmlich 
der  Groß  Vizir  nicht  selbsten  gekommen  den  Frieden  zu  tractiren,  son- 
iem  den  neuen  Effendi  Bassa,  und  Achmet  Bassa  geschicket  ihn  gleich- 
sam zu  erbitten  und  zu  schliessen.  Ansonsten  sprechen  die  Russen  auch 
von  einem  neuen  Arrondissement,  an  ihrer  pohlnischen  Accquisition, 
vermuthen  die  Muß  vergnügen  anderer  Höfe  über  diesen  Frieden,  und 


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sagen,  daß  das  Feuer  der  Rebellion  in  Rußland  noch  nicht  y^llig  ge- 


j'Y  f  •  dempfet  seye. 


Selten  nun  obige  Friedens  Punkten  wQrklich  existiren,  so  glaube 
fast  sicher,  daß  wir  auf  Vorstellung  des  Herrn  Feld  Marschall  Lieu- 
tenant Baron  v.  Barco  mit  Bewilligung  des  Feld  Marschall  Graf  von  Bo- 
manzoff  die  Districte  von  Czernowitz  und  Suczawa  unter  den  Vorwand 
der  Sicherstellung  unserer  Gr&nzen  gegen  die  nach  erfolgenden  Frieden 
gemeiniglich  sich  ausbreitende  liederliche  Gesindel  und  besonders  die 
Wallachischen  Volontairs  besetzen  dörften,  um  so  mehr,  wann  sie  nicht 
mit  ihren  eigenen  Truppen  beleget  werden,  und  man  ihnen  verspricht 
keine  hindernis  in  Ansehung  deren  daraus  zu  ziehenden  Nothwendigkeit 
zu  machen.  Dadurch  würde  der  Allerhöchste  hof  fast  alles  Ceremoniels 
eine  Negotiation  mit  der  Pforte  enthoben,  wann  man  sich  berufete  die 
Abtrettung  dieses  Theils  von  denen  Russen  noch  vor  dem  Friedens-Schluß 
vermög  darauf  haftenden  k.  k.  Rechten  erhalten  zu  haben,  die  Russen 
von  ihrer  Gloire  geblendet,  werden  es  als  eine  Kleinigkeit  ansehen  und 
die  gedemüthigte  Türken  werden  es  vor  Schmerz  nicht  fühlen  in  der  That 
aber  auch  selbsten  wird  es  ohne  diese  politische  Absichten  zu  Sicherheit 
denen  Granzen  einige  Militair  praecaution  erfordern  die  nach  Maaß,  als 
sich  der  Schwann  deren  ohngezäumten  Kosaken,  oder  i*äuberische  Wal- 
lachischen Volontairs,  deren  noch  einige  1000  M.  bey  der  Armee  seyn 
sollen,  die  jetzt  alle  nach  hauß  zurückkommen,  und  wegen  denen  Türken 
nicht  werde  bleiben  därfen,  denen  Granzen  nähern,  mehr  oder  weniger 
Solid  seyn.  Um  desto  sicherer  von  denen  entfernten  Gegenden  die 
Nachrichten  deren  Bewegungen  zu  erhalten,  werde  unmaßgeblich  nicht 
unnützbar  seyn,  wan  ich  einen  vernünftigen  Ünter-Officier  der  die 
Landes-Sprache  kann,  mit  4  Husarn  unter  dem  wahren  Nahmen  einen 
Communications  Posten  mit  Herrn  General  Feld  Marschall  Lieutenant 
*'  Baron  von  Barco  so  lang  selber  noch  in  Jassy  oder  nach  dessen  Abreise 

einer  würklichen  Rimontirung  nach  Potusan  aussezen  dörfte,  wozu  dann 
auch  der  obbemeldtermassen  bemeldte  Rimontirungs  Officier  dienen 
könnte.  Außer  deme  würde  auch  noch  um  weithere  Nachrichten  einzu- 
ziehen der  von  dem  Halliczer  Kreiß- Amt  entlassene  Ober  Director  Nieder- 
mayer,  welcher  einige  Dörfer  voi-wäiis  Potusan  in  Pacht  genommen,  und 
Einsicht  genug  besizet,  vielleicht  voiiheilhaft  gebi-aucht  werden  können 
die  eigentliche  Anzahl  oder  Stärke  der  jenseitigen  zu  vermuthenden  Emi- 
gration last  sich  dermalen  noch  nicht  bestimmen,  sondern  wird  sich  erst 
fernerhin  nach  Proportion  deren  alldort  verschlimmernden  Umständen 
verofenbaren ;  Indessen  vermuthe  ich  nach  der  Wahrscheinlichkeit,  daß 
diese  Emigration  bloß  in  Bojaren,  Kaufleuthen  und  denen  obangeführten 


209 

Moldauischen  VolontAirs,  die  hierlands  angesessen  sind,  und  nicht  aus 
Bauern  bestehen  wird,  wann  nicht  die  Religion  die  mehresten  nach  Buss- 
land oder  neu  Senden  ziehet. 

XXVIII. 
Ponoten. 

Orig.   (R.  d.  R.-Kr.-M.  63/53.)  Wien,  den  8ten  August  1774. 

So  bey  abschiclning  in  den  Grantzangelegenheiten  zwischen  dem 
Niester  und  Siebenbürgen  zu  beobachten  sejnd. 

imo  ^,.(1  You  i^[qy  der  Courier  Tamozzi,  so  der  Pohlnischen  Sprache 
kündig,  sobald  als  nnr  die  Expeditionen  fertig  seyn  werden,  an  den 
General  Ellrichshausen  abzuschicken  sejm. 

2^*  zur  Verfertigung  dieser  Expeditionen  ist  die  Instruction  und 
pnnctation  von  Fürst  von  Eaunitz  in  allem  zum  grund  zu  legen,  so  wie 
als  beylaagen  nebst  dem  Plan  A)  (so  remittiret  wird)  samt  relationen  von 
Mieg,  auch  eine  anschaffung  B)  an  die  Landes  Cassa  Ton  der  hiesigen 
gallizischen  Hofdeputation,  dem  general  Ellrichshansen  alsogleich  6000 
species  Ducaten  auszuzahlen,  beygeleget  werden  muß,  welche  Ich  schon 
fiberschicken  werde.  C)  eine  mit  brillanten  besezte  Tabattiere,  so  ich 
wohl  eingepakter  auch  überschicken  werde. 

3^  hat  an  den  general  Ellrichshausen  der  Befehl  zu  ergehen,  daß 
er  den  Major  Miegg  allsogleich  nacher  Lemberg  berufe,  ihm  die  Instruction 
nnd  (resinnting  des  Hofs  wohl  begreiflich  mache,  und  nachhero  ihn  ehe- 
stens, mit  denen  6000  #,  der  Tabattiere  und  dem  Plan,  an  den  General 
Barco  abschicke,  um  alda  die  ihm^  durch  die  vom  Fürst  von  Kaunitz  ver- 
fertigte Instruction  bekannte  Behandlung  zu  veranlassen. 

4®  wird  der  Courier  in  Lembei'g  in  so  lang  beyzubehalten  seyn, 
bis  dnrdi  anknnft  einiger  Nachricht  von  des  general  Barco  seiner  Unter- 
bandlnng  dessen  glücklichen  oder  unglücklichen  Erfolg,  eingeloffen  seyn 
wird,  nach  welcher  selber  zurück  zu  expediren  kommete. 

5^  es  verstehet  sich,  daß  in  dem  Fall  des  glücklichen  Erfolgs,  die 
anstoßenden  zwey  brigaden  von  Spleny  und  Kiss  durch  das  general 
Oommando  zu  besetzung  deren  neuen  Gränzen^  so  wie  die  vorhandenen 
Mappirer  vom  general  staab  zu  Aussteckung  der  Adler  alsogleich  be- 
felliget  würde. 

6^  von  hieraus  wäre  an  general  Barco  die  Instruction  zu  erlassen, 
die  Fürst  Kaunitz  wirklich  verfaßet,  und  wäre  solche  durch  den  Conrier 
abiQschicken  um  mittels  des  Migg  an  ihn  sicher  zu  gelangen;  von  dem 


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ganzen  detail  dieser  instruction  wäre  der  general  Ellrichshansen  nicht 
zu  informiren,  und  ihme  zu  benachrichtigen,  daß  dieses  ganze  Geschäft 
nicht  durch  den  gewöhnlichen  Weeg  und  Kanzleymanipulation,  sondern 
nur  durch  ihn  und  einer  vertrauten  Person  in  geheim  zu  veranlaßen 
wäre,  wie  es  dann  auch  allhier  nicht  durch  den  gewöhnlichen  Weeg  der 
Exhibitations  Protocollen  und  Rathssessionen  laufen  solle. 

7**  wären  die  empfangenen  6000  4  und  Tabatiere  dergestalt  zu 
verwenden,  daß  Barco  aus  Dankbai-keit  für  die  gut  geleistete  Nachbar- 
schaft und  die  ihme  Barco  so  wie  denen  volontaires  bey  der  Armee  vom 
Feld  Marschall  Bomanzow  bezeigte  gefalligkeiten  von  Ihro  Majestät  der 
Kayserin  aus,  diese  brillantene  Tabatiere  samt  5000  n  ihme  als  ein  Ge- 
schenkniß  zum  Zeichen  Ihrer  Zufriedenheit  übergeben  könne,  hierauf 
nachhero  nach  der  vom  Fürst  Kaunitz  gemachten  Funetation,  die  Be- 
handlung anstelte  die  noch  übrigen  1000  n  aber  zur  Verwendung  theils 
bey  ein-  oder  anderen  zum  Geschäft  nützlich  seyn  könnenden  oder  Bojern 
oder  andern  a^jutanten  oder  Kanzley-Beamten  nach  seinem  gutdünken 
überlaßen  würden. 

8^  Diese  Expeditionen  hätten  heute  noch  verläßlich  durch  den 
Courier  abzugehen  dem  die  Postspesen  zu  bezahlen  kommen. 

Wien  den  8*«"  Aug.  1774. 

Joseph  Corregens. 

XXIX. 
Kaunitz  an  Kaiser  Josef  II. 


Cop.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  53/53.) 

Sire. 


a  Vienne  ce  8*  Aout  1774. 


J^ai  rhonneur  de  renvoyer  tres-humblement  ä  Votre  Majeste  Im- 
periale le  papier  qu'Elle  a  daign^  me  communiquer,  et  je  n*ai  aucune 
ObseiTation  ä  faire  sur  Son  content,  si  ce  n*est  que  le  Major  Miegg  ne 
devant  etre  envoye  au  General  Barco  que  pour  lui  donner  les  Connois- 
sances  locales  dont  il  pourroit  avoir  besoni  et  pour  lui  appoiier  avec  ses 
Instructions  la  Tabatiere  et  les  6000  ducats,  il  me  poroit,  qu'il  est  non 
seulement  supei'ßu  de  le  faire  venir  ä  Lemberg,  mais  que  Ton  perdroit 
meme,  sans  necessite,  tout  le  tems  qu'il  lui  faudroit  pour  aller  et  venir 
et  que  par  Consequent  il  pourroit  etre  peutotre  plus  Conforme  aux  Inten- 
tions  de  Votre  Majeste  de  Charger  Le  General  Ellrichshansen,  d'envoyer 
tout  de  Suite  Le  Courier  que  Votre  Majeste  va  lui  depecher,  ä  Miegg  avec 


211 

la  Tabatiere  les  6000  Ducats,  et  rinstruction  de  M^^  de  Barco  et  avec 
ordre  d'aller  remettre  incessamment  tont  cela  ä  ce  Oeneral,  et  de  ce  cou- 
forme  d'allleui'S  ä  tont  ce,  qu'il  Ini  demandera,  et  ordonnera. 

Je  soumets  cependant  cette  ti*es  hnmble  Observation  an  bon  plaisir 
de  Votre  Majestö,  k  laquelle  j*ai  Thonneur  d'envoyer  la  Lettre  treshnm- 
blement  ci-jointe,  que  je  viens  de  recevoir  tonte  k  Thenre. 

a  Vienne  ce  8*«°  Aont  1774. 

Eaunitz  Rittberg. 

XXX. 
Kaunits  an  Maria  Theresia. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  63/—.)  (Ohne  Datum.) 

Allergnädigste  Kayserin  Apostolische  Königin  und  Frau! 

Da  nunmehro  die  Friedens  Präliminaiien  zwischen  Bussland,  und 
der  Pforte  geschloOen  seynd,  so  scheinet  keine  Zeit  mehr  zu  verabsäumen 
zn  seyn,  wegen  Besetzung  und  Einziehung  des  bewusten  Bukowina  Di- 
stnctes  in  der  Moldau  die  nöthige  Einleitungen  zu  treffen.  Bishero  war 
es  gantz  und  gar  unthunlich  hierwegen  etwas  unmittelbar  an  den  Russi- 
schen Hof  zu  bringen,  weil  von  demselben  das  dieOheitige  Besitz  Recht 
des  Districts  bis  an  den  Sbrutz  noch  immer  fort  widersprochen  worden, 
und  da  diese  Schwürigkeit  noch  bis  diese  Stunde  noch  nicht  gehoben  ist, 
so  wfirde  es  auch  noch  dermalen  sehr  Bedenklich  seyn,  wegen  des  Buko- 
winer  Bezirks  gegen  das  Russische  Ministerium  directe  zur  Sprache  zu 
kommen. 

Hey  dieser  Laage  der  Umstände  scheinet  also  kein  anderer  Ausweg 
als  der  Versuch  vorhanden  zu  seyn  ob,  und  in  wie  weit  desfalls  bey  dem 
Feld  Marschall  Romanzow  auszulangen  seyn  därfte. 

Es  stellt  sich  hierzu  eine  ganz  natürliche  Gelegenheit  dar.  Da 
B'*"  Barco  durch  so  lange  Zeit  bey  dem  Feld  Marschall  Romanzow  als 
Volontaire  gestanden,  und  von  ihm  mit  so  vieler  Freundschaft,  Rücksicht 
and  Gastfreyheit  behandelt  worden,  so  sehe  ich  es  wegen  des  Allerhöch- 
sten Decori  ohnehin  für  unveimeidlich  an,  ihm  wie  es  von  dem  König  in 
Preußen  vorlängst  geschehen  eine  Allermildeste  Verehrung  zukommen 
w  lassen. 

Mit  dieser  Verehrung  wäre  ein  bescheidener,  geschickter,  und  von 
^»n  local  Umständen  des  mehr  gedachten  Bukowinor  Districts  wohl  unter- 
richteten Officier  bald  möglichst  abzuschicken,  welcher  solche  dem  Grafen 


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12 

imanzo«  zn  über^h^n  und  sodaan  mit  dem  Feld  HsreduU  Li«ateDknt 
w  Ton  fiarco  in  ersb'  Cberlfgnng  in  lieheo  hätte,  wie  and  auf  t«lche 
bickliche  Art  Iw;  dem  Feld  Hanchall  der  Anwnrf  za  machen  eejD 
ift«  dafl  er  die  Auesteckniig  der  Eajserlichen  Adler  aaf  den  Gnntieii 
s  oft  erwehnten  District,  ond  die  Besetsiing  deßelben  mit  diesseibgen 
'onppen,  o4er  weniptens  die  Einrflckiing  nnd  Ansstellong  eini^r 
iliUr  Commandi  nntr  was  immer  für  einem  Yonrand,  conniTendo 
statten  mügt*. 

Die  Bewegangs-Creachen  hierau  mästen  nnter  mehreren  aixleni 
nptüächlich  darinn  bestehen. 

DasB  man  durch  die  Einxiebnng  dieses  kleinen  and  an  sich  gaoti 
{beträchtlichen  District  nichts  anderes  als  eine  Vortheilhaflc  Hilitü 
isition  gegen  die  Türken  in  Absicht  aaf  SiebenbDrgen,  Gallizien  etc.  in 
winnen  snche,  welches  dem  eigenen  Interesse  seines  Hofes  nicht  an- 
ret  als  vollkommen  gemäfi  sejn  kOnnte.  Daß  wir  die  Hanpt  Sache 
idann  mit  der  Pforte  für  ans  gantz  allein  ausmachen  würde. 

Daß  folglich  weder  Er  Feld  Uarechall  noch  sein  Hof  jemalen  auf 
jend  eine  Art  hierwegen  im  geringsten  compromittirt  werden  würde. 
ittlerweile  als  dieses  geschiehet;  wird  sich  anf  dem  lezten  nach  Peters- 
iig  abgeschickten  Courier  die  Gesinnung  des  Baßischen  Hofes  Aber  die 
)b)nische  Gräntz-Berichtigungs-Werk  deutlich  aufklären,  nnd  sodann 
kher  bestimmen  laflen,  ob  und  in  wie  weit  es  thunlich,  nnd  rithlich 
yn  därfte,  bey  demselben  ein  unmittelbaren  Anwnrf  we^en  dta  Boko* 
ina  Districts  zn  machen. 

Sollten  Euer  Hayestaet  diesen  meinen  Allernnterth&nigsten  Bin- 
itungs  Vorschlag  der  AllerhJicbsten  Beangnehmigang  würdigen,  so 
Ute  1*^  der  Uofkricge  Praesident  Graf  von  Hadib  Aber  die  Answahl 
ts  an  den  Feld  Marschall  Bomaniow  abmschickenden  OfBcier  sich  gut- 
thtlich  zn  änßern. 

2^"  die  zn  seinem  and  des  General  Bare«  Instrairnng  nOthige  aaf 
16  locale  sich  beziehende  Materialien  an  Hand  zn  geben; 

3i*°  die  bereits  im  Werk  befindliche  Happirnng  des  qaaestionirten 
istrict  nach  aller  Möglichkeit  beschleinigen  zu  machen,  and 

4*0  die  weitcrB  erforderlichen  Bei ehrnngen  und  Anweisangen  an 
IS  Gallizische  General  Commando  za  erlassen. 


Kaunitz  Bittberg. 


213 


XXXI. 

Baroo  an  Hadilr. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  29/6.)  Foksan,  den  24*««»  August  1774. 

Euer  Excellenz  verweylle  nicht  den  Umstandt  welcher  sich  allhier 
äußeret  über  Siebenbürgen  untei*thänigst  gehorsamst  einzuberichten ; 

Aus  meinen  vorgehenden  über  Lemberg  nnterthänigBt  erstatteten 
Bericht  werden  Euer  Excell.  gnädigst  zu  ersehen  geruhet  haben,  wie  daß 
der  Herr  Feld  Marschall  Graf  von  Bomantzoff  die  Besetzung  der  neuen 
Giintzlinie  von  Pokutien  gegen  die  Moldau  gleich  Jetzo,  und  nach  seinen 
Aufbrach  von  hier  alsdann  auch  sogleich  die  aussetzung  der  k.  k.  Adlers 
zugestanden  haben,  wie  nicht  minder  daß  gedachter  Herr  Feld  Marschall 
tags  darauf  erki-anket  seye :  Nun  ist  heunte  schon  der  vierte  Tag  wo  sich 
deßen  Krankheit  immer  mehr  vei*schlimmeret,  es  mag  solches  (da  Er  sehr 
aprehensifisch  ist)  vielleicht  von  daher  kommen,  daß  der  unvermutete 
Todesfall  des  Yezirs,  welchen  man  nicht  gleich  erfahren  konnte,  daß 
solchen  eine  plötzliche  Krankheit  verursachet  hat,  in  denen  Friedens 
Verhandlungen  bey  der  Pforten  einige  Schwierigkeiten  veranlaßen  könnte; 
Es  ist  dahero  der  General  en  Chef  Graf  Soltikow  welcher  den  22**°  um 
Mittagszeit  von  hier  nach  seinen  Landt  abgelaßen  wurde^  durch  einen 
den  23**'*  Abend  Ihme  nachgeschickten  Curier  wieder  anhero  zurück 
berufen  worden,  um  Ihme  das  Commando  von  der  Armee  zu  übergeben, 
and  wie  ich  vernehme  so  will  alsdann  der  Herrn  Feld  Marschall  sogleich 
von  hier  abgehen,  da  nun  solcher  in  seiner  dermahligen  krankheit  invi- 
sibel  ist,  und  bey  seinem  Abgehen  dem  General  en  Chef  Graf  Soltikow 
in  Sachen  nichts  hinterlaßen  sollte,  welches  zu  vermutten  da  Sie  Beyde 
gar  nicht  gut  zusammen  sehen;  So  unterfange  mich  bey  E.  E.  unter- 
thänigst  gehorsamst  anzufragen  wie  Ich  mich  alsdann  weiters  in  Sachen 
gegen  gedachten  Herrn  General  Graf  Soltikow  allenfalls  zu  benehmen 
liätte;  Sollte  sich  der  Fall  ergeben  daß,  noch  bevor  Ich  die  weitere  gnä- 
dige Yerhaltungs  Befehle  von  Euer  Exe.  erhalte,  der  Herr  Feld  Marschall 
von  hier  abgienge,  und  nachhero  der  General  Graf  Soltikow  allenfalls 
wegen  der  Bezohenen  Gränz  Linie  gegen  mich  eine  Erwehnung  machete; 
So  werde  Ihme  darauf  antworten  daß  dieses  die  wahre  Granzen  von  Po- 
Initien  vermög  Urkund  sind,  und  daß  mann  solche  gleich  anfänglich  be- 
sezet  hat,  seye  bloß  um  die  mehrere  Bequemlichkeit  willen  für  die  Bußische 
Kayserliche  Armee  so  lang  der  Krieg  dauert  geschehen. 

Ansonsten,  hat  sich  der  Fürst  Giga  gegen  mich  dahin  geäußert 
daß  wann  Er  wie  es  alle  Anscheinung  hat,  wieder  als  Fürst  in  der  Moldau 


setzt  werden  solte  Er  alles  vortheilhaft^s  für  nnsern  AIIerhOchsteD 
rerschaffcn  wolle. 

Gestern  ist  von  dem  nenen  Vezir  Soliman  Pascha,  an  den  Herm 
Harschalln  ein  Schreiben  mit  dem  Inhalt  eingelanget,  daS  es  bej 

denjenigen,  was  bey  denen  Friedens  Abhandlungen,  durch  sein 
hrer  bescbloflen  worden  seye  gänzliches  Verbleiben  habe.  Ton  dem 
ier  Unterschrift  soll  die  Wallachey  nach  Verlauf  zwey,  und  die 
n  nach  fünf  Honathen  von  denen  KuBen  geräomet  werden. 

Allhier  ergeben  sich  nun  vielierley  Anstoße  wegen  der  schlechten 
,  die  Lieferanten  sind  auch  Bbel  daran,  mann  will  Ihnen  das  in 

und  hier  zu  Foksan  abgelieferte  Proviant  nicht  mehr  annehmen; 
)n  Jenseits  der  Donau  Thoils  frefwillig,  Theils  mit  öewalt  herüber 
chte  Famillien  werden  um  nach  Servien  zu  gehen  gezwungen. 
r  Krieg  soll  Bussland  viermahl  Handert  Tausend  Mann  gekostet 
,  welche  im  Krieg,  durch  die  Pest  und  andere  Krankheiten  umge- 
en  sind.  .  . 

Durch  den  Verstorbenen  Vezir  seine  Frau,  eine  Schwester  des 
«n  Kajsere  soll  mann  alles  bey  Pforten  auswirken  können. 

Foksan  den  24'*"  August  1774. 

Vincenty  Baron  t.  Barco 
F.  M.  L. 

XXXII. 
Ellriohshauaen  &n  den  Uofkriegarath. 
>.    (R.d.B.-Er.-M.  Sü/SS.)  Lemberg  den  2&.  Ang.  1774. 

In  gehorsamster  Befolgung  derselben  hoben  Anordnung  vom  15** 
tntis  solle  hiemit  Einer  Hohen  Instanz  anforderist  die  gehorsamste 
ge  zu  machen  nicht  entstehen,  daB  die  jüngsthin  durch  den  Courier 
iczy  hieher  abbeforderte  Belehrung  den  Herrn  ObrI st- Wachtmeister 
unverzüglich  nach  seinen  dennal^en  Aufenthalts  Ort  durch  den 
:hen  Courier  zugefertiget,  wie  anch  dieser  letztem  inmittelst  bereits 
umen  zurück  ai^elanget,  und  die  ferneren  Befehle  allhier  abzu-. 
u.  .  . 

Wegen  Obersiedlui^  Holdauiscber  Innwohner  an  Genera  Spleny 
:iss  Anfti-äge  erlaßen,  daß  sie  unter  sich  als  anch  mit  dem  Halliczer 

Amte  einvernehmen. 


215 

Dem  Herrn  Obrist- Wachtmeister  von  Mieg  ist  in  dieser  Angelegen- 
heit besonders  mitgegeben  worden,  daß  derselbe  zwar  denen  der  Emigi'a- 
tion  halber  sich  meldende  Bojaren,  Eaufleuthen  und  anderen  Moldauischen 
Innwohnern  die  Yersicheining,  daß  sie  hierlands  nicht  allein  bestens 
aufgenommen  sondern  eventuell  auch  mit  Assistenz  an  Händen  gegangen, 
aber  so  vorgegangen,  daß  bei  den  Bußischen  Trouppen  und  insbesond^-e 
dem  Herrn  Feld  Marschall  von  Bomanzoff  kein  Mißvergnügen  erzeugt. 

Er  solle  sich  mit  dem  entlassenen  HaUiczer  Kreisamt  Ober  Director 
Niedermayer  nicht  einlaßen,  weil  er  keine  vertrauenswürdige  Person  ist. 

Bey  der  russischen  Armee  wären  sogenannte  walachische  Yolontairs 
Dnd  anderen  dergleichen  Baubgesindels  von  Barco  darüber  Wolmeinung, 
weU  man  Einfälle  befürchtet. 

Zu  dem  Behufe  unter  dem  Verwände  Sanitäts-Praecantionen,  das 
Siskoviczische  Garnisons-Bataillon  von  Buczacz  nacher  Snjatin,  dahin- 
gegen jenes  von  Thiersheim  aus  Brodij  nach  den  Numern  des  ersteren 
in  Marche  gesetzt  und  dem  Herrn  General  Splenij  mitgegeben,  sobald 
dieses  Siskovicsische  3^  Bataillon  zu  Snjatin  befindliche  2.  Compagnie 
des  Nugentischen  Garnisons  Bataillons  herauszuziehen  und  zwischen 
Kntti  und  Snyatin  an  die  Gränzen  zu  verlegen,  nur  aber  den  Nugen- 
tischen  Obrist  Lieutenant  Cordon  Commando  in  den  letzteren  Ort  zu 
belafien  und  das  Siskovicsische  Bataillon  an  denselben  anzuweisen. 

Das  Barco'sche  Husaren  Begiment  zwischen  Horodenka  und  Sny- 
atin jenseits  und  das  Törröcksche  Begiment  dießseits  des  Dniester,  das 
Bataillon  von  Brinken  zu  Salleszick  und  Gegend  bequartiert  auch  noch 
40  Pferde  von  Bai*co  zu  Czernowitz  und  Prevorodek  in  der  Moldau  noch 
commandirt  stehen  daher  die  Moldauische  Gränze  der  Länge  nacher  be- 
setzet ist;  auch  hat  General  Kiss  Auftrag,  das  Steinische  Bataillon 
sogleich  ohne  Anfrage  nacher  Prudeck  und  Gegend  am  Dniester  vorzu- 
stoßen. 

Lemberg  den  25*«°  Aug.  1774. 

EUrichshausen. 

xxxin. 

EUrichshausen  an  Hadik. 

Orig.    (R.  d.  B.-Kr.-M.  23/640.)  Lemberg  den  29ten  August  1774. 

Vorläufige  Disposition  zur  Vorrückung  dereijenigen  Truppen, 
welche  bej  Aussetzung  deren  Gränz-Pföhlen  in  der  Moldau  zu  verwenden 


mu4  ttu4  *<fo  dMn  Hetm  Geoerml  Major  Baron  t.  SplMii  n  hMtaktcs 
oiid  u  befolgen  komnut; 

I**  Dif)  2  OaruiaoiiB-BatailloiiH  Ton  Nngpnt  und  Zükoviti  mtt- 
Mhinm  nach  Czernuwitz,  enteres  verbleibet  daMlbet,  letirtn«  aber  aicb 
Koczawa. 

2*«  Von  BarcoUchen  Hnoaren  B^ment  werden  2  dirisioB«  wo 
Ur«»emiilck  ara  Dniester  Flua  an  bis  an  den  PrnUiflnB,  in  d»  Dwf- 
Hi;)iafti-n  ilicHHi'itB  (If^B  Bukowin«r  Waldes  verlegt  and  deßen  Staab  uch 
Hailatfiira  unt^nt ragen.  Die  3**  Division  von  Barco  kommt  jenseits  des 
I'nithtluMns  nach  Ozornowitz,  Sirei  und  3nczawa  im  letzteren  Ort  «in 
MtaabK  Offlciin-s. 

»""  Das  ifurniaon  Bataillon  von  Brinken  wird  bestimmt  tu  Deckung 
di'i'  llauiit-SliaHHo  iiucb  Jossy,  zwischen  dem  Bukowina  Wald  und  dem 
I'riithfliiD;  hat  wegen  Ermangelung  oinos  Dorfs,  seinen  Laager  FUti  bej 
ili'i-  <laNi>lbHti|{i'n  alten  Schanze  zu  nehmen,  sogleich  mit  standhaften 
Hntten  HieU  zu  verbauen  einen  Offtcier  Posten  vorwärts  zu  setzen,  and 
wi'lnhur  mit  einigen  Vorschanzungen  nach  Einleitung  des  Herrn  Major 
v.  Mii>K  tu  ittmkeii  ist;  dieses  Bataillon  mnQ  sich  den  Platz  im  Bukowina 
Wnld,  w<i  es  sein  Holi  sowohl  zum  Verbauen  als  zum  Verbrennen  ta 
ni'lmien  hat  von  dem  Major  Miog  anweisen  lassen. 

4'°  Diu  fltainisfho  Qarnisons  Bataillon  kommt  nach  Palamntks 
lind  Di>i-)i»wi<ni>ti  zur  Besetzung  der  Hauptpassage  die  zwischen  dem 
DnlcKtiTllull  und  dem  Bukowina  Wald  nach  Chozim  ziehet. 

Der  ObiisUieutenant  Weiubei^'r  dieses  Bataillons  hat  sich  nach 
der  I.iingi'  des  ilortigt'n  Terrains  mit  einigen  Verschantznngen  zu  decken; 
itnni>tiHl  ln\v  xeiuou)  pi>sto  aus  dem  DniesterflnB  so  viele  Schiffe  als  ku 
lliidon  (iiNiuiunon  bringvn  zu  lassen. 

^*"  Von  denen  i  Bataillons  Brinken  and  Stain,  Werden  nicb 
AnweixuitK  des  Mitjor  Mieg  3  OfSciers  Posten  anf  den  Kitcken  des  Bnka- 
Whin  Witids  «ii<  die  tirinie  ziehet,  anf  den«n  Fahrweege  aasgesetzt  um) 
dli>  kU'h  aldivtfu  ütaudhafte  Hatten  in  «rbaaen  haben  die  Mannschaft 
mt  A  'Uf\<  Uft>t. 

ti**  Yiti'lwmutnt^  4  Bataillons  nekinen  Du*  ngriiftrige  AitiUerie 
JeiliB'h  ivhne  Kiiserve  tuuititi^'u  aül  sich. 

t-"  Y.'tt  Nl^^^•«^  »»rvhirvn  ji*  F»1J  Bataükn  Obnst  nach  Sniatin 
«Hj  d»!.iv"i'  u*vhste  Ortsvhaftrn  reit  der  noch  »brig»n  AitiÜMie  von  der 

S    lV*,x  WöMvtaNTireÄi*  lV»y>a*r  fi«rärat  k«oefcM  JieTorherip' 


217 

9.  Das  Töröckische  Husaren  Begiment  rückt  in  die  Ortschaften 
am  DniesterfluO  vor.  Nota  und  eins  und  das  andere  dieser  zweyen  Ca- 
Tallerie  Regimenter  nebst  dem  Nngentischen  Obiist  Bataillon  nach  Er- 
fordemiß  in  die  neue  Cordonslinie  sogleich  vorstoßen  zu  können. 

10"^  Der  Herr  General  Major  Baron  v.  Spleni  nimmt  sein  Quai  tier 
zu  Czemowitz  und  sind  sämmtliche  yorbenannte  Begimenter  und  Ba- 
taillons an  Ihn  angewiesen. 

limo  Eg  iß^  alsdann  zu  trachten  eine  Schiffbrücke  auf  Pruthfluß 
bey  Czemowitz  sobald  möglich  zu  etabliren. 

12.  im  Moldauischen  Winkel  ist  vorzüglich  wegen  Heu  kaufen 
roizfiglich  das  Barco  Begiment  dahin  anzuweisen. 

13.  Gegen  Landinnwohner  beliebt  und  gefällig  zu  seyn. 

14.  Gegen  russische  Truppen  sehr  höflich  und  bescheiden. 

Lemberg  den  29*«°  August  1774. 

Ellrichshausen 

G.  F.  Z. 

XXXIV. 

Baroo  an  EllriohshaTisen. 

Orig.   (B.  d.  B.-Kr.-M.  29/9.)  Jassy  den  Iten  September  1774. 

f  Die  letzthin  Euer  Excellenz  unter  andern  gehorsamst  im  Berichte 

Krankheit  des  Herrn  Feld  Marschall  Grafen  v.  Bomanzoif  hat  nun  in  ein 

doppelter  tertian  Fieber  mit  einer  Geschwulst  an  Händen  und  Füßen  aus- 

i     geschlagen,  wornach  sich  gedachter  Herr  Feld  Marschall  ein  paai*  Tage 

I     &ber  in  etwas  zu  Besseren  angefangen  haben,  dessen  Equibage  wurde 

jedoch  allschon  den  27^°  August  von  Foksan  nacher  Jassy  abgeschickt, 

wohin  auch  der  Herr  Feld  Marschall  wenn  seine  Besserung  anhält  in 

j     wenig  Tage  sich  zu  begeben  entschloßen  haben,  Ich  bin  dahero  auch 

I     wieder  von  Foksan  nacher  Jassy  zurückgegangen,  allwo  Ich  vor  zwey 

I     eingetroffen  bin,  und  den  Herrn  Feld  Marschalln  erwartet  mann  nun  hier 

I     Stündlich,  wie  lang  ich  sonach  hier  zu  Jassy  dieselben  aufhalten  werden  ist 

derzeit  noch  ohn  bekannt,  wie  bald  aber  gedachter  Herr  Feld  Marschall 

Ton  hier  abreysen^  werde  nicht  ermanglen  Euer  Excellenz  davon  in  Zeiten 

<üe  fSrdersamste  Anzeige  zu  machen  und  auch  zur  Gewinnung  der  Zeit 

tlen  Herrn  General  Major  Baron  v.  Spleny  zu  avisii*en,  weswegen  den 

Nogentischen  Infanterie  Begiment  ünterlieutenant  noch  hier  behalte  und 

dinut  als  dann  die  Aussetzung  der  k.  k.  Adlers  sogleich  veranlaßet  werden 

kfinne.  Ansonsten  haben  ihre  Migestät  die  Bussische  Eayserin  eröfterten 

ArUt.  LXXVm.  Bd.  I.  HUfto.  15 


i 


k. 


i\ 


218 


Henn  Feld  Mai*schaU  von  denen  eroberten  neuen  nach  französischer  Art 
von  M.  Tod  verfertigen  Türkischen  Canons  6.  SechspfQnder  zu  ange- 
denken  der  Fammille  geschenket.  Unterm  26.  August  ist  ein  Courier 
von  Petersburg  hier  eingelangt,  welcher  unter  andern  die  Dislocation 
mitgebracht  hat,  wie  die  Regimenter  und  Divisions  im  Lande  die  Quartiers 
zu  beziehen  haben,  vermög  welcher  der  Herr  Feld  Marschall  mit  einer 
Division  von  50000  M.  in  seinem  Gouvernement  in  die  Ukraine  zu 
stehen  konunt. 


Jassy  den  1.  September  1774. 


V.  Baron  v.  Baro 
F.  M.  L. 


t»^.--»j 


K  %.«/ 


P.  S.  In  dem  Augenblick  als  Ich  gegenwärtiges  von  hier  ablaßen 
wolte,  erhalte  Euer  Excellenz  hohen  Befehl  von  26.  August  nach  welchem 
Mich  in  allen  genauestens  achten  werde;  Der  Herr  Feld  Mai*schall  Graf 
V.  Romanzoff  hat,  so  wie  der  Antrag  war,  den  Tag  nach  meiner  von 
Foksan  hieher  nacher  Jassj  aufbrechen  wollen,  zu  dato  aber  sind  die- 
selben aiihier  noch  nicht  eingetroffen.  Man  erwartet  Ihn  anjetzo  taglich 
und  stündlich;  wie  bald  also  gedachter  Herr  Feld  Marschall  hieher  an- 
kommen und  deßen  gesundheits  Umstände  es  anders  zu  laßen,  werde 
sowohl  wegen  den  Commandanten  von  Chotim,  als  auch  was  zur  Sache 
noch  sonst  vortheilhaft  sein  kann,  das  nöthige  einleiten,  nicht  minder 
wie  bald  als  der  Herr  Feld  Marschall  von  hier  abreyset,  Euer  Excellenz 
sogleich  davon  die  fördersamste  Anzeige,  gehorsamst  erstatten,  und  auch 
zu  Gewinnung  der  Zeit  zugleich  dem  Herrn  Major  Mieg  davon  avisiren. 


idem  qui  in  litteris. 


XXXV. 


meg  an  seine  vorgesetste  Behörde. 

Czernowitz  den  l^^n  gept  1774. 

Unterthänigste  Meldung. 

Das  Czemowitzer  Haubt  Commando  ist  gestern  als  den  31**^  pass: 
eingerücket,  worauf  sich  das  1***''*'  alte  Commando  sogleich  gegen  Suczawa 
in  Marche  gesetzet,  denn  so  dan  heuthe  das  nach  Sii-^th  bestimmte 
nachgefolget,  beyde  Stationen  werden  morgen  bezogen.  Den  Offlciers 
Posten  der  Infanterie  habe  an  die  Warna  oder  das  große  Wirthshaus,  an 


\f- 


—  i* 


219 

die  Landstraße  von  Chotyn  und  Jassy,^  einen  detachirten  ünterofficiers- 
posten  aber  mit  6  Mann  vorwäiiis  an  die  Brücken  des  Stanahorabachs  ^ 
postirety  die  detachirte  kleinere  Infanterie  Commando  im  Wald  sind  eben- 
falls beuthe  aasgesetzet  worden,  daß  also  morgen  der  gantze  Gordon  dieser 
Linie  denen  Hohen  Befehlen  gemäß  (ausgenohmen  der  Posten  vor  Eapu- 
dodrnluj^  welcher  einen  Tag  spater  eintrifft)  formiret  seyn  kann.  In 
betreff  der  Vei-pflegung  habe  mit  Herrn  Verpfleg  Commissario  v.  Linde- 
mann die  Veranstaltung  getroffen,  daß  das  Infanterie  Commando  und 
wann  es  erforderlich  das  Verbovitzer  Commando  mit  Brod  jederzeit  von 
Snjatin  aus  kann  versehen  werden,  wie  dann  auch  ersterem  dermahlen 
aaf  6  tage  nachgeschicket  worden,  die  übrigen  Commando  werden  mit 
brodgeld  versehen  werden»  und  damit  bestehen  können.  Was  die  fourage 
anlangt,  so  wird  erwähnter  Verpflegs  Commissarius,  ehestens  1000  fl. 
zu  deren  Erkanfung  dem  Bittmeister  Weselinj  übermachen,  wie  ich  dann 
auch  dem  detachirt  Officiers  indeßen  a  contogelder  mitgegeben  und  bin 
versichert  daß  an  fourage  kein  Mangel  seyn  wird,  da  man  dann  wirklich 
schon  heute  allhier  50  Koretz  alten  Haber  geliefert,  den  aber  noch  um 
1  fl.  bezahlen  müßen,  wogegen  man  mir  den  neuen  wohlfeilen  verspricht. 
In  Sireth  und  Suczawa  wohin  Nachschub  etwas  weith  und  die  Vorspan 
beträchlich  würde,  findet  man  Gersten,  deren  man  sich  statt  dem  Haaber 
wann  dieser  nicht  zu  bekommen  wird  bedienen  müßen.  An  Heu  ist  kein 
Mangel  und  werden  wir  daran  etwas  ersparen  können.  Es  sind  hier  in 
der  Nähe  einige  Schober  Heu  von  die  Russen  gemacht,  die  zugeführet 
werden  sollen,  und  30000  portionen  betragen,  ich  hoffe  sie  aber  als  eine 
erbschaft  zu  erhalten.  Nunmehr  bin  ich  beschäftiget  die  Dislocations- 
carte  dieses  Winkels,  zu  hohen  Einsicht,  Eines  hohen  General  Ober 
Commando  zu  formiren.  Zwischen  Snyatin  und  Czernowitz  habe  eine 
Feldpost,  bestehend  in  12  Pferden,  4  wägen,  und  6  Bauern  den  eine 
Infanteriewacht  von  Meine  Mappirungs  Commandirenden  beygegeben  auf- 
gerichtet, auch  die  hiesige  mit  beßeren  Pferden  versehen  lassen.  Wie 
ich  denn  auch  schon  zur  Verfertigung  einer  Schiffbrücke  über  den  Pruth 
die  benöthigt  Anstalten  gemacht,  das  benachbarte  Kloster  Horezi  hat  die 
Privilegien  und  den  Genuß  deren  hiesigen  überführt  und  brückenschla- 
gung,  ich  hab  also  mit  deßen  öecumen  oder  Probst  und  denen  Starosten 
eine  berathschlagung  gehalten,  wobey  dann  der  Haubtgegenstand  von 
Vorschießung  deren  im  Kloster  gewesen,  wozu  der  Probst  das  Kloster 
lu  arm  declarirte,  da  Er  aber  sine  rechte  zu  verliehren  fürchtete,  so 
f^fbuchte  er  den  gewesten  Staroster  Imbault,  der  dazu  den  Vorschuß 


*  Vide  die  PlÄne. 

15» 


macht,  worauf  Ihme  das  Kloster  den  Brflckeu  Zoll,  bis  er  wiedemm 
bezahlet  ist,  unter  meiner  und  deren  Starosten  Gai-antle  abtratt. 

Der  Fluß  hat  be;  mittleren  Wasser  50**  breithe,  diese  erfordern 
zn  einer  soliden  passage  3Ö  Eähne,  wovon  jeder  vor  8  teütsche  Gulden 
Ton  denen  Holz  Zigeunern  behandelt,  auch  schon  die  Hälfte  darauf  ge- 
geben worden,  das  Thauwerke  zn  denen  schiffen  werden  auch  einige 
100  fl.  ertragen  40  von  Erwähnten  Zi^unem  werden  also  montags 
anfan^n  zu  arbeithen  und  ich  hoffe  in  S  Wochen  damit  fertig  zn  werden, 
wobey  es  beförderlich  seyn  würde,  wenn  ich  noch  einige  Zimmerleuthe 
erhalten  kOnnte. 

Man  spricht  schon  von  verschiedenen  strafen r&nbereyen  und  Uord- 
thaten,  ich  weiß  nicht  in  wie  weith  es  gegründet,  indeßen  Flüchten  schon 
viele  Landleuthe  Ihi'e  Sachen  hieher,  und  die  Kaufleuthe  werden  schon 
furchtsam  zu  reisen. 

Czemowitz  1**°  September  1774. 

Mi.g 
Obristwachtmeister  vom  QeiieraUt&ib. 

XXXVI. 

Doering  an  Baroo. 

Oiig.   (R.  d.  B.-Kr.-U.  S!/^.)  Sodagura  den  4Md  September  ITT4. 

Promemoria  an  Ihro  Exceltence 

den  Herrn  General  Lieutenant  v.  Barcol 

Be;  Euer  Excellenz  wird  hierdurch  at^fraget  ob  Sie  von  einer 
Quandität  circa  ^  Centner  Kanonen  Metale  einen  Gebranch  zu  machea 
wiQen,  den  Wiener  Centner  liefre  ich  bis  am  Dnieeter  fflr  10  n  im  zweyten 
Fall  aber  wenn  man  für  Dero  Hoff  vertige  Kanonen  nach  vorgeschrie- 
benen Kaliber,  inclusive  aller  Kosten  verfertigte  kOnnte  solches  des 
Centner  zu  fünf  und  dreißig  Dacaten  liefern. 

ich  erwarte  über  beede  Fragen  von  Euer  Eicellenz  auf  das  baldigste 
resolution. 

Sadagura  den  4.  September  1774. 

J.  A.  Doering. 


L'iüAj'iy.'i 


221 


xxxvn. 

Baroo  an  EUriohshausen. 

Orig.   (R.  d.  R..Kr,-M.  62/Ml.)  Jassy  den  6t«n  September  1774. 

Es  hat  sich  ein  gewisser  Doering  so  zu  Satakura  des  Baron  Gartten- 
berg  sein  ganzes  Werk  geföhret,  ein  veimögender  Mann,  und  von  welchen 
leb  versichert  bin,  daß  Er  es  zu  prästiren  im  stände  ist,  bey  Mir  mittelst 
des  hier  in  originale  gehorsamst  anverwahrten  promemoria  insinuii*et, 
ob  der  allerhöchste  k.  k.  Hoff  nicht  eine  Quantität  von  5  bis  6  Tausend 
Wiener  Zentner,  entweder  bloßes  Metal  oder  davon  verfertigende  Canons 
nach  den  Caliber  wie  Er  verlangt  wird,  gegen  den  Bemerkten  Preiß 
herbey  schaffen  zu  lassen  allergnädigst  entschlossen  wäre,  wo  alsdann 
besagter  Doering  von  Satakura  oder  an  einen  andern  ort  in  dortiger 
Gegend  etwas  näher  am  Niester  entweder  das  bloße  Metall  abliefere,  oder 
daselbst  die  Canons,  wann  es  Chotin  halber  nicht  zu  nahe  ist  verferttigen 
wolle,  wobey  ein  dai-zu  Bestimmter  das  Werk  verständiger  Officier  zu- 
gegen seyn  könnte,  um  nachzusehen,  daß  die  Yerferttigung  der  Canons 
nach  der  Allerhöchsten  Intention  geschehe;  Es  verlangt  derselbe  keinen 
Vorschuß,  sondern  nur  daß  so  wie  Er  das  Metal  oder  eine  Canon  nach 
der  andern  ablieferet,  auf  ort  und  Stelle,  Dune  der  Betrag  in  Gold  sogleich 
ausbezahlt  werde. 

Ein  solches  hab  in  der  Absicht,  daß  es  vielleicht  zum  Vortheil  der 
allerhöchsten  aerarij  gereichen  därfte,  Euer  Excellenz  unterthänigst  ge- 
horsamst einzuberichten  nicht  ermanglen  sollen,  mit  der  unterthänigsten 
Bitte  Euer  Excellenz  geruhen  die  hohe  Gnad  zu  haben  Mir  die  gnädige 
Resolution  auf  das  Baldigste  zukommen  zu  lassen,  damit  wann  dieser 
imterthänigste  Vortrag  allerhöchsten  Orts  begnehmiget  wird,  eröfterter 
Doering  das  Metal  noch  vor  dem  Ausmarsche  der  Bussischen  Armee  an 
sich  bringen  könne,  welches  Er  wie  Ich  Schlüsse  aus  der  Krim  herbei- 
schaffen will. 

P.  S.  Bey  gegenwärtigen  Friedenschluß  ist  nun  denen  Lieferanten 
welche  zu  Russischen  Armee  geliefert  haben,  ein  großer  Vorrath  an  Mehl 
nnd  haber  geblieben,  Mir  hat  dahero  ein  von  diesen  Lieferanten  ange- 
tragen 12000  Koretz  glares  Mehl  und  20000  Koretz  haaber  an  einen 
oder  andern  Ort  bis  an  Niester  abzuliefern,  wann  Er  mit  dem  Preiß, 
welchen  mann  unser  Seits  bestimmen  wird  bestehen  könne,  Ich  habe 
solches  S'  Excellenz  Commandirenden  Herrn  General  Baron  v.  Ellrichs- 
hansen  berichtet,  auf  daß  wann  allenfalls,  nachdem  wie  Ich  vernohmen 


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dortiger  Landen  anheuer  ein  fehl  Jalir  sich  ergeben  hat,  obige  qoantität 
unserer  Seits  nöthig  wäre,  der  Contrahimng  halber  alsdann  das  weitere 
vorgekehret  werden  könne.  Wobey  zugleich  auch  bemerket,  daß  ohnmaß- 
geblich  auf  das  von  denen  Russen  in  dem  neuen  Bezirk  geschlagene  hey 
ein  Augenmerk  zu  tragen  wäre,  damit  solches  nicht  durch  die  Boers 
unter  einen  andern  Vorwand  vertragen  werden,  welcher  wegen  Ich  meines 
Orts  das  nöthige  allhier  behöriger  Orten  Vorkehren  werde. 


Jassy  den  6*®°  September  1774. 


V.  Br.  V.  Barco 
F.  M.  L. 


xxxvm. 


Bäroo  an  EUriohshausen. 


Orig.    (R.  d.  R.- Kr.-M.  62/ifi.) 


Jaasy  den  6t«n  Tbris  1774. 


Euer  Excellenz  habe  die  Gnad  unterthänigst  gehorsamst  ein  zn 
Berichten,  wie  daß  der  Herr  Feld  Marschall  Graf  von  Romanzoff  dessen 
Besserung  von  Tag  zu  Tag  zuniehmt  und  nun  Täglich  anhero  erwarttet 
wird,  das  Commando  von  der  Armee  dem  Herrn  General  en  Cheflf  Grafen 
von  Soltikow  übergeben,  die  Regierung  von  Lande  aber  sich  vorbehalten 
hat;  Ich  erwarte  also  nur  die  Ankunft  des  Herrn  Feld  Marschall,  wo  ich 
alsdann  wann  es  seine  Gesundheits  Umstände  erlauben  sogleich  dahin 
trachten  werde,  daß  Er  einwillige,  womit  die  kaiserl.  königl.  Adlers  noch 
vor  seiner  Abreyße  von  hier  auf  der  bemerkten  Gränze  aufgestellet 
werden  können,  desgleichen  werde  auch  dem  General  Ober  Proviant 
Commissär  Herrn  Fürsten  von  Scherbatow  dahin  zu  verleiten  suchen, 
damit  Er  beym  Ausmarche  der  Armee  in  diesen  Bezirk  so  viel  möglich 
keine  Ausschreibung  mache;  .  .  .  Uebrigens  wartte  auch  nur  noch  bis 
der  Fürst  Ghiga  (dessen  Freundschaft  Mir  erworben  hab)  zum  Fürsten 
von  der  Moldau  würklich  ernennet  wird,  welchen  Ich  dann  schon  auch 
dahin  probariren  werde,  damit  Er  die  Sache  bey  der  Pforten  nicht  er- 
schwere; die  grösten  Boern  hier  Landts  mutmassen  aisschon  aus  deme, 
da  die  neue  Gränze  hin  und  wieder  mit  unseren  Truppen  bereits  besezt 
ist,  daß  dieser  Theil  von  der  Moldau  wegfallen  wird,  worüber  dieselben 
welche  daselbst  einiger  Gütter  besitzen,  sich  gantz  freudig  bezeigen,  und 
dem  äußerlichen  anscheinen  noch  solches  wünschen. 

Die  Friedens  Articuln  die  Wallachey  und  Moldau  betreffend,  wie 
solche  von  dem  HeiTn  Feld  Marschall  dieser  zweyen  Fürsten  Thümern 


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223 

mjtgetheillet  worden  sind,  Schlüsse  hier  in  Abschrift  onterthänigst  ge- 
horsamst bey.^ 

Ansonsten  ist  in  neu  Servien  ein  Project,  welches  zur  Ausführung 
begnehmiget  worden  seyn  solle,  vermög  welchen  an  den  Gränzen  in  denen 
Pnncten  wovon  die  Vortheile  gegen  die  Einfälle  der  Tartaren  abgesehen 
werden,  neue  Dorfschaften  angelegt,  und  solche  in  4  Viertel  eingetheilt 
werden  sollen  nehmlich  zwei  viertel  Soldaten,  also  ein  Viertel  Infanterie 
und  bey  ein  Viertel  Cavallerie  dann  ein  Viertel  Invaliden,  und  ein  Viertel 
Bauern,  die  Soldaten  bleiben  zum  Dienst,  welche  die  Invaliden  durch  die 
Erzeugung  ihrer  Kinder  vermehren,  die  Bauern  hingegen  den  Unterhalt 
verschaffen,  die  Soldaten  eines  Jeden  Dorfes  stehen  unter  der  Absicht 
eines  Staabs-Officiers,  die  Invaliden  und  Bauern  aber  unter  dem  Civille 
and  alle  diese  Granz  Ortschaften  sollen  mit  einigen  kleinen  Werkern 
befestiget  werden. 

Jassy  den  6.  7ber  1774. 

V.  Br.  V.  Barco 
F.  M.  L. 

xxxrx. 

EUriohshausen  an  Hadik. 

Orig.   (R.  d.  R.-Kr.-M.  29/9.)  Lemberg  den  9*«n  Sept.  1774. 

Den  von  Herrn  General  Feld  Marschall  Lieutenant  Baron  von 
Barco  einstweilen  eingegangenen  Bericht,  in  originali  Euer  Excellenz 
hie  mit  unterthänigst  vorlege;  Sobald  derselbe  anderweitige  Anzeige  von 
der  Herrn  Feld  Marschall  Graf  v.  Romanzoff  Abreise  eingehet,  so  bestehet 
ohne  den  mindesten  Verzug  und  allsogleich  die  Aufstellung  deren  Adlers 
und  die  VoiTUckung  deren  mehrere  Trouppe  in  Gemäßheit  der  Euer  Ex- 
cellenz unter  dem  29**°  August  a.  c.  submissest  eingehenden  vorläufig 
entworfenen  Disposition;  indessen  laße  gleichwohlen  den  bereits  beste- 
henden Cordon  mit  Mannschaft  in  kleineren  Anzahl,  sowohl  von  Husaren 
als  Infanterie,  nach  und  nach  ohn vermerkt  verstärken;  der  anliegende 
Major  Miegische  Bericht  bezeuget,  daß  mit  einer  Brücke  über  den  Brut- 
Fluß  bey  Czernowitz  bereits  der  Anfang  gemacht  worden  seye,  als  welche 
Communication  ohnumgänglich  erforderlich  ist. 


»  Vide  Beil.  XVI. 


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224 


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*! 


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Zu  hohen  Gnaden  mich  gehorsamst  anempfehle  in  tiefesten  Bespect 


erharre 


Lemberg  den  9.  September  1774. 
E.  Ex.  nnterth.  Gehörs. 


Ellrichshausen 
G.  F.  Z. 


XL. 


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Die  Bojaren  an  Freiss. 


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Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  41/79.) 


Kronstadt  den  12ten  7briß  1774. 


Excellenza! 


Avendoci  concesso  TAltissimo  jddio  la  desiderata  pace  e  messo  fine 
alle  Nre  Calamitä  e  sciagura  e  pensando  giä  di  rimpatriarci  non  abbiamo 
voluto  mancare  al  Nro  dovere  di  rendere  a  Vostra  Eccellenza  i  Nri  ümi- 
lissimi  ringraziamenti,  per  la  Somma  Bentä  e  Gentilezza  che  ne  a  aynto 
per  noi  prottegendoci  nelle  ocorenze  in  qoesto  Sacratissimo  Asilo,  se 
condando  la  Magnanima,  e  Generosa  Volontä  de  Suoi  Aiigustissimi  Soyrani. 
Asilo  che  fu  concesso  contanta  Clemenza,  e  Grazia  anche  ai  Nri  Antenati 
in  simili  circonstance  da  tempi  i  piü  remoti ;  e  per  lui  non  cesseremo  di 
pregare  TOgnipotente  Dio  con  tutto  il  fervore  per  la  Conservazione  et 
ogni  Sorte  di  prosperitä  delle  Loro  Sacratissimo  Maestä  e  di  tutta  TAn- 
gustissima  Familia  Imperiale.  Saremo  memori  anche  della  Benignitä  di 
V:  Eccellenza  ricercando  tutte  le  ocasioni  per  poter  dimostrare  la  'StSl 
Gratitudine  e  ricommossenza  secondo  gli  Ufficii  della  Vicinanza  frattanto 
la  supplichiamo  di  conservanci  anche  per  Tawenii-e  la  sua  Grazia  e  Bene- 
Yolenza  e  restiamo  con  tutto  il  rispetto  e  Yenerazione 

Cronstadt  li  12.  7bris  1774. 

Di  Vostra  Eccellenza  devotiss™**  obligatis™®  servi 

Thom:  de  Krezulescul:  Demetrius 
de  Baccoyizza.  Bodbp:  de  Yacca- 
rescul  Bade  Stirbej,  Joannes  de 
Yaccarescul,  Joannes  de  Julians, 
G.  de  Saul  Thes:  Yal:  et  tutti  j  Bo- 
jari,  Y.  del  Binci  papo  di  Yalachia. 


226 

XLI. 
Baroo  an  EUriohshauBen. 

Orig.   (R.  d.  R.-Kr.-M.  57/107.)  Jassy  den  13*«»  September  1774. 

Eaer  Excellenz  verweylle  nicht  zu  hoch  dero  Einsicht,  waO  noch 
auf  mein  lezten  gantz  unterthänigst  gehorsamsten  Bericht  in  betreff 
denen  von  Divan  auf  Veranlassung  (wie  sie  vorgeben  des  Herrn  Feld 
Marschall  Graf  Eamanzoff  über  abgestatteten  Rapport,  der  beschehenen 
Vorrfickung  Unserer  Trouppen  in  der  Moldau)  zweyen  heutte  abgehenden 
Boem  nacher  Csernaust  anzumerken  kommet.  Es  solle  der  Divan  die  er- 
haltene Antworth  des  alda  Commando  führenden  Officiers  directe  an  die 
Pforte  gelangen  machen.  Der  Herr  Major  Mieg  ist  noch  gestern  von  mir 
praeveniret  worden,  daß  falls  Er  nicht  hinlängliche  Instruction  auf  die 
ergebende  Anfragen  zu  beantworten  hätte  Sie  Boers  mit  dem  verbe- 
scheiden solle;  dass  Er  es  an  daß  hohe  General  Commando  einberichten 
wird,  und  die  darauf  erfolgende  Antworth  Dinen  durch  mich  in  Jassy 
ertheilet  werden  solle.  Bey  so  gestalten  Sachen  hatte  ich  dem  Herrn 
Feld  Marschall  Graf  Romanzoff  (welcher  wider  schlächter  geworden,  und 
noch  sehr  Math  und  invisibel  ist  zu  Consentirung  der  Adlers  Aufstellung 
gleich  angegangen,  nun  muß  es  schon  bis  auf  seine  Genesung,  welche 
dessen  Abreise  gleich  veranlassen  soll  abwahrten. 

P.  S.  Morgen  wird  daß  hiesige  Hospital  bestehend  in  2363  Ki'anke 
nacher  Chieff  zu  transportiren  angefangen.  Cassan  solle  in  brand  gelegt 
seyn  worden  und  man  besorget,  daß  N  ? .  Bugatscheff  sich  nacher  Moskoff 
wird  wenden  wollen  allwo  Er  eine  große  parti  Freunde  haben  soll,  es 
gehen  von  hier  2  Generali  eilends  ab  umb  dorten  zu  commandiren,  einer 
ist  Ozaroff  und  der  andere  Volkoff. 


Jassy  den  13*«°  Sept.  1774. 


V.  Baron  v.  Barco 

F.  M.  L. 


XLn. 

Baroo  an  Ellriohshausen. 

Orig.   (R,  d.  R.- Kr.- M.  29/10.)  Jassy  U.September  1774. 

Euer  Excellenz  gnädiges  Befehl  Schreiben  vom  10*«'^  d.  habe  heute 
frohe  zn  entsieglen  die  Gnade  gehabet;  wessen  gantzen  Inhalt  in  genau- 
sten folzug  zu  bringen  nichts  übersehen  werde;  so  bald  nur  der  Herr 
Feld  Marschall  Romanzoff  auß  der  gefahrlichen  recitivirung  in  welcher 


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Selbter  noch  nicht  außer  Gefahr  darnider  liget;  visibl  sein  wird,  auß 
beygebogenen  Copia  geruhen  Euer  Excellenz  die  dii'ecte  an  der  Pforte 
beschloßene  Rückstellung  dieser  beyden  Provintien  Walachei  und  Moldau 
gnädigst  zu  ersehen,  umb  so  mehr  daß  bis  zur  Stunde  noch  keiner 
zumfürsten  publiciret  worden.  Gregoir  Giga  hoffet  durch  Vermittlung 
des  HeiTn  Feld  Marschall  es  vor  andern  in  der  Moldau  zu  werden.  Womit 
mich  zu  fürwehrenden  hohen  Gnaden  empfehle  und  in  submisten  ßespect 
ersterbe. 

P.  S.  Der  vor  4  tagen  auß  Adrianopel  zurückgekommene  Russische 
Officier  hatt  mitgebracht,  daß  die  Türkische  Armee  sich  schon  fellich 
auseinander  begeben  habe,  binnen  3  Tagen  wird  daß  hisige  Spitall  aus 
2363  Kranke  bestehendt  angefangen  transpoiiiirt  zu  werden  derley  Spi- 
teler  gibt  es  3  und  die  Bericht  nach  stärker  in  der  Zahl  seyend, 

Mens.  Pugatcseff  hatt  Eassan  angezunden  und  man  besoi'get  daß 
er  sich  gegen  Moskoff  gewändet,  Er  macht  mit  30000  berittenen  der 
Parthey  gehorsame  tnip  hatt  Er  in  3  Theile  eingetheilet  und  so  nihmbt 
Er  immer  2:  zur  Ausführung  seiner  projecten  zusammen  der  gantzen 
Pauern  Standt  hengt  ihme  an,  es  seynd  vor  3  Tagen  2  Generals  von 
hisigen  dahin  gereisot  der  eine  ist  kränklich,  der  andere  sehr  duck  beyde 
Spillen  liber  als  recognosciren. 


Jassy  14.  September  1774. 


V.  Br.  V.  Barco 

F.  M.  L. 


XLin. 

Mieg  an  Hadik. 


Orig.    (R.d.R.-Kr.-M.  29/10.) 


Czemowitz,  15.  September  1774. 


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Endlich  ist  gestern  (14.  Sept.)  abends,  der  von  Jassy  an  mich 
deputirte  Sonateür  Georgj  Beltimanu,  bey  mir  angekommen,  der  von  dem 
Starosten  Sturtza  begleithet,  nach  den  vorläufigen  Anfragen  ob  ich  der 
Commandant  des  Neuen  k.  Cordons  wäre,  mir  vorgetragen,  wie  daß  sich 
der  Divan  genöthigt  gefunden  (da  nunmehr  der  Friede  geschloßen),  nach 
welchen  dieses  lande  wiederum  in  vorigen  Stande  den  Tüi'ken  abgetreten 
worden,  die  k.  k.  Trouppen  aber  ohne  vorhergegangene  Meldung  hier 
eingeracket  wären,  ihn  an  mich  abzuschicken,  um  sich  auf  folgende  3 
Cathegorische  Fragen  die  Erklärung  auszubitten: 

;^8tiich  a^f  wessen  Befehl  ich  mit  denen  k.  k.  Trouppen  eingerücket? 

2teM  warum  diese  Trouppen  vorrückung  geschehen? 


Ma 


227 

3t«Dt  ^ng  ^Q  ijj  j^r  Gegend  Suczava  ausgestelte  Zeichen  bedeuten? 

Worauf  ich  den  !*•**  punct  beantwortet,  daß  die  in  dieser  Gegend 
befindliche  Commando  auf  allerhöchsten  Befehl  S^"  Eaisl.  Majestät  unseres 
Allergnädigsten  Monarchens  vorgerücket  worden. 

Daß  in  Ansehung  des  2^**  das  Dasejn  deren  k.  k.  Detachements 
dermahlen  keine  andere  Absicht  als  die  Sicherheit  unserer  Granzen,  und 
dieser  Gegenden  haben,  um  sowohl  die  Pest  Gefahr  als  Räubereien  von 
unserer  offenen  ]4indes  Gräntzen  entfernt  zu  halten, 

und  3***"  die  in  den  Suezaver  district  und  anderen  orthen  aus- 
gesetzte Zeichen  gar  nichts  bedeuteten  da  es  bloße  geometrisch  visir 
poncten  wären,  auf  welche  der  Mappirungs  Officier  in  der  mit  S^  Ex- 
cellenz Herrn  Feld  Maischall  Graf  von  Komanzoff  Genehmhaltung,  vor- 
genohmenen  Aufnahm  visiret  hätte.  Mit  dieser  Erklärung  ist  erwähnter 
Bojar,  gantz  zufrieden  über  meine  gute  Aufnahme  heute  Nachmittag 
wieder  von  hier  über  Suczawa  nach  Jassy  abgereiset.  Wobey  ich  dann 
von  diesem  Herrn  deputirten  in  Erfahrung  gebracht,  daß  der  10.  dieses 
alten  Stils  festgesetzet  worden,  als  der  termin  auf  welchen  die  Russen 
denen  Türken,  Bukarest  und  die  Festungen  an  dem  linken  Ufer  der 
Donau  übergeben,  und  so  dann  heraufwärts  zu  defiliren  anfangen  sollten, 
der  Feld  Marschall  Graf  von  Romanzoff  seye  von  seiner  Krankheit  besser, 
nnd  werde  nunmehro  sicher  in  einigen  Tagen  in  Cornesty  bey  Jassy 
erwartet,  wo  Selbsten  Er  aber  noch  wenigstens  einen  Monath  zubringen 
dörfte  ehe  er  das  Lande  verlassen  würde.  Mit  Ihme  würde  anjetzo  der 
nene  Fürst  Eika  nach  Jassy  kommen. 

2  Bojaren  wären  nach  Constantinopel  abgesendet  worden,  um  die 
Neue  Unterwürfigkeit  des  Landes,  der  Pforte  zu  bezeugen,  und  vor  den 
Fürsten  den  Cafftan  und  die  gewöhnlich  2  Rossschweifen  zu  holen.  Der 
Chotymer  district  würde  gantz  sicher  dem  Lande  eingeräumet,  so  daß  die 
Türken  nichts  als  die  bloße  Festung  überkämen. 


Czernowitz  15.  September  1774.  ,, .        .,  . 

Mieg  Major. 


XLIV. 

EUriohshatLsen  an  Hadik. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  57/107.)  Lemberg  den  16*«»»  Septemb.  1774. 

Der  Herr  General  Feld  Marschall  Lieutenant  Baron  v.  Barco  er- 
täeilet  mir  die  Nachricht,  daß  der  sogenannte  Divan  zu  Jassy  zwey 


228 


Depatirte  nacher  Cxernowiti  abschidren  werde,  um  den  Mi^or  Mieg  über 
die  Ursache  seines  und  deren  bey  sich  habenden  Troappen  dortigen  Auf- 
enthalt ZQ  befragen,  um  die  eriialtene  Antwort  an  die  Pforte  zu  Qber- 
schicken;  gleich  wie  das  gehorsamst  beygelegte  Schreiben  den  nemlichen 
Gegenstand  begreiife;  falls  nun  diese  zwej  deputirte  sich  bey  dem  Major 
Mieg  auch  würklich  einfinden  sollten,  so  ist  derselbe  allschon  instruiret, 
sie  mit  ein  wenig  bedeutenden  Antwort  abzufertigen. 

Des  Herrn  Feld  Marschall  Graf  t.  Bomanzoif  Unpäßlichkeit  solle 
zu  Foksani  annoch  fQr  dauern.  Die  hier  submissenst  anliegende  Carte 
erkläret,  wie  die  eine  Moldauische  Cordons-Linie  sich  ziehet  and  wo  die 
Posten  deimahlen  aufgestellet  sind,  welche  leztere  ich  bereits  auf  400 
Köpfe  vermehret  habe. 

Dem  Czernowitzer  District  alleinig,  sind  Ton  denen  Russen  26000 
Loewentbaler  als  Hdckständige  Naturalien  abzuliefern  aufgetragen,  und 
da  die  Moldau  in  25  dergleichen  Districte  abgetheilet  ist,  so  betraget  das 
ganze  eine  beträchliche  Summe. 


Lemborg  den  16**"  September  1774. 


EUrichshausen 
G.  F.  Z. 


XLV. 


Bepnin  an  Baroo. 


Orijc.    (H.  d.R.- Kr.- M.  29/13.) 


A  Focwiny  Le  ||  Sept  1774. 


i 


Monsieur! 

Son  Excellence  le  Marchai  vient  de  re^evoir,  saus  s'y  etre  attendu, 
une  lettre  du  Pacha  de  Silistrie;  par  la  quelle  il  lui  fait  part,  qu'etant 
instruit  de  Tentree  des  trouppes  de  leurs  Mayestes  Imperiales  et  Boyales 
dans  les  frontieres  de  la  Moldavie,  il  lui  demande  comment  cela  s'est  fait, 
et  quelles  sont  les  raisons  qui  yont  donnö  lieu.  Son  Exellence  ayant  re9u 
en  meme  tems  un  rapport  du  Divan  de  Jassy  sur  la  demarche  que  les 
boyars  ont  fait  a  cet  egard,  premierement  visavis  de  Monsieur  le  Major 
de  Miege,  commendant  ces  trouppes  de  leurs  Mayestes  Imperiales  et 
Royales,  et  en  second,  lieu  vis  avis  de  Votre  Excellence,  qui  marque  que 
vous  les  avez  renvoy6  Monsieur,  pour  avoir  la  dessus  uiie  reponse  finale, 
jusqu'a  la  reception  des  ordi-es  qui  vous  seront  donnöes  de  la  part  du 
General  qui  commande  dans  ces  environs  Tarm^e  de  leurs  Mayestes  Im- 


229 

periales  et  Boyales,  son  Excellence  le  Marechal  n'a  pu  se  dispenser  dans 
la  reponse  qa*il  a  fait  faii'e  au  Pacha  de  Silistrie,  de  le  faire  instmire  de 
ce  qn'il  savoit  snr  cette  affaire,  pai*  le  susdit  mpport  du  Divan  de  Jassj, 
et  est  Ini  meme  snrpris  Monsieur,  d'entendre  que  les  tronppes  de  lenrs 
Majest^  Imperiales  et  Boyales  non  seulement  son  enti*ees  dans  les 
endroits  susmentionnes,  mais  qu'elles  ordonnent  aussi  tontes  sortes  de 
livraisons,  ce  qni  ne  peut  cei*tainement  qu'empecher  Celles,  que  ces  con- 
tra doivent  faire  a  notre  aim^e,  dailleurs  il  est  connu  a  Yotre  Exellence 
qne  par  le  trait^  de  paix  nouvellement  conclu  entre  TEmpire  de  Bussie 
et  la  Porte  Ottomane,  les  Principautes  de  Valachie  e  de  Moldavie  retour- 
nent  au  pouvoir  de  c^tte  derniere,  et  ce'est  pour  cela  que  Son  Exellence 
le  Marechal  n'a  pu  se  dispenser  dinstruire  le  Pacha  de  Silistrie,  selon  la 
demande  qu'il  lui  en  a  fait,  de  tout  ce  qui  est  sidessus. 

Son  Exellence  le  Marechal  etant  encore  alite,  fort  foible,  et  hors 
d'etat  d'ecrire  a  Votre  Exellence,  m'a  chargö  Monsieur  de  le  faire,  et  de 
Tous  communiquer  tout  ce  qui  est  dit  plus  haut  il  se  flatte  que  leur 
Mayestös  Imperiales  et  Boyales  y  verront  la  droiture  de  sa  c^nduite,  et 
bne  leur  trouppes  agiront  conformement  a  la  bonne  inteligence  qui  sub- 
siste  entre  les  deux  Cours  Imperiales,  ainsi  qu*a  celle  qui  yient  d'etre 
retablie  avec  la  Porte  Ottomane. 

Nie.  P<^«  Bepnin. 

XLVI. 
Baroo  an  EUriohshauBen. 

Orig.   (R,  d.  R.-Kr.-M.  29/13.)  Jaasy,  den  30.  September  1774. 

Ans  dem  hier  gehorsamst  anverwahrten  original  Schreiben  ^  werden 
Euer  Excellenz  gnädigst  zu  ersehen  geruhen,  was  der  Herr  Feld  Marschall 
Graf  Ton  Bomanzofif,  welcher  in  seinem  ki-änklichen  Umstanden  noch 
immer  invesibil  ist,  durch  den  Herrn  Fürsten  von  Bepnin,  welcher  vor 
4  Tagen  das  Commando  der  Ai'mee  von  dem  General  Soltikow  übernehmen 
in  betreff  der  in  den  Bukkowiner  District  eingerückten  k.  k.  Trouppen 
an  Mich  erlassen  hat  und  wie  Er  die  verabredete  Sache  gegen  die  Pforte 
fahret;  auf  welches  ungeachtet  die  Türken  von  der  Einiückung  unserer 
Trouppen  in  den  Bukkowina  District  wie  aus  erwehnten  Schreiben  er- 
kellet  schon  benachrichtiget  seynd,  welches  zweifelsohne  durch  die  von 


^  Siehe  Beil.  XLV. 


m 


230 


hier  nacher  (^onstantinopel  abgegangenen  zwej  Boers,  welche  mit  Ein- 
helligung  aller  Boers  den  Eika  zum  Landesfürsten  zu  erlMtten  suchen, 
dem  Pascha  von  Silistria  beygebracht  worden  ist,  und  in  Constantinopel 
auch  ganz  gewiß  anzeigen  werden,  So  hab  Ich  gleich  wollen  die  wahre 
Absicht  und  die  Beweg-Ürsachen,  welche  zu  dieser  Einrückung  Anlaß 
gegeben  haben  denen  Boern  der  zeit  noch  nicht  entdecket,  welche  auch 
noch  in  so  lang  zu  verzögern  suche,  bis  Ich  mit  dem  Herrn  Feld  Mar- 
schalln  nochmahlen  werde  gesprochen  haben,  damit  die  Sache  auch  nicht 
gleich  dem  Fürsten  von  Bepnin  bekannt  sejn  möge,  maßen  derselbe 
solches  seinem  Hoff  sogleich  anzeigen  dörfte,  da  seine  alte  Wunde  Ton 
Herrn  Feld  Marschall  noch  nicht  gänzlich  geheilet  ist. 

Wie  bald  Ich  also  nur  mit  dem  Herrn  Feld  Marschall  sprechen 
kann,  werde  so  viell  möglich  suchen  dieselbe  dahin  zu  verleiten,  damit 
Er  die  in  dem  Bukowina  District  hinter  unseren  Cordon  stehende  Bußische 
Ck)mmandien  einziehen  lasse,  und  die  Aussteckung  der  Adlers  alsbald 
noch  vor  seiner  Abreise  Beangenehmigen  möge,  womach  Ich  alsdann 
erst  nach  der  Mir  von  Euer  Excellenz  unterm  d^*^  dieses  ertheilten  gnä- 
digen Anleithung  denen  Boers  auf  die  an  mich  gemachte  Anfrage  die 
wahre  ürsach  der  Beschehenen  Einrückung  in  den  Bukkowina  District 
zur  Antworth  bejzubringen  gedenke. 

Ansonsten  da  der  gesetzte  Termin  wo  die  Wallachej'von  denen 
Russen  geräumet  seyn  solle,  als  den  20^*^  October  nach  unseren  StjU 
hei-annahet,  so  fanget  schon  allgemach  die  Armee  an  sich  in  die  Moldan 
zurückzuziehen,  besagte  Moldau  hingegen  wird  erst  in  zwey  Monathen 
damach  auf  den  20.  Dezember  geräumet  und  —  alsdann  auch  zugleich 
die  Vöstung  Bendern  und  Chotin  übergeben  werden. 

Womit  mich  zu  hohen  Gnaden  und  Hulden  unterthänigst  gehor- 
samst empfehlend  in  tiefesten  Bespect  ersterbe — 

Jassy  den  80*«°  Sept.  1774. 

Vincenty  Br.  Barco 

F.  M.  L. 

XLvn. 


EUriohBhaiuen  an  Hadik. 


*:-c. 


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Orig.    (R.  d.R.- Kr.- M.  29/13.) 


Lemberg  7.  October  1774. 


Da  der  Anschluß  von  dem  Herrn  General  Feld  Marschall  Lieutenant 
Baron  v.  Barco  vorgestern  bereits  allhier  eingetroffen  ist  und  mit  der 
heutigen  ordinaire  Post  an  Euer  Excellenz  allererst  unteii;hänigst  ein- 
befördert  werden  könnte,  so  Wird  solcher  um  diese  zwey  Tage  veralten. 


231 

In  dem  Fürst  Bepninsclien  Schreiben,  so  nach  des  Herrn  General 
Yon  Barco  Äußerung,  an  Euer  Excellenz  anschlüssig  ist  Wird  von  Lief- 
fenmgen  im  Moldauischen  an  die  diesseitige  Trouppen  Erwähnung  ge- 
macht; ich  beantworte  aber  diesen  Ungrund  dem  Herrn  General  von 
Barco;  der  dasige  Land  Mann  besitzet  gegenwärtig  ohnehin  nichts  anderes 
alfi  Heu,  dessen  einiges  die  Verpflegung,  gegen  baare  Bezahlung  erkauft 
hat;  Wie  dann  überhaupt  diesseits  sich  bestens  beflißen  wird  Weder 
denen  daselbstigen  Innwohnern,  noch  denen  Eussischen  Trouppen,  die 
mindeste  Ursache  zu  einigen  Unwillen,  viel  weniger  zu  Elagden*zu  geben; 
Indessen  hab  den  Cordon  gegen  Suczava  mit  dem  Siskowischen  Gar- 
nisoDS  Bataillon  verstai*ken  lassen,  theils  wann  es  an  der  Zeit,  die  Posten 
im  hohen  Moldauischen  Gebürg  (Wo  sich  dermahlen  noch  Eussische 
Trouppen  vorfinden)  sogleich  zu  besetzen  anderen  Theils  aber  einen 
Testeren  Fuß  daselbst  als  die  weitest  entlegensten  Gegend,  gegen  alle 
Eingelenke  zu  nehmen;  und  endlichen  so  nahet  die  Winterszeit  heran. 
Wo  auf  das  unterkommen  deren  an  diesen  Moldauischen  Bezirk  bestimmte 
Trouppen,  die  Vorsorge  genommen  werden  muß; 

Des  Hen-n  General  von  Bai-co  Bericht  bezeuget  übrigens  klar,  daß 
der  Herr  Feld  Marschall  Graf  ?on  Eomanzoff,  dem  deimahlen  Comman- 
dirente  Bussische  Herr  General  Fürsten  von  Eepnin,  Von  der  diesseitigen 
eigentlichen  Absicht,  noch  keine  Eröffnung  gebracht  hat,  und  daß  nach 
(erfolgender  Abreise  des  Henn  Grafen  v.  Eomanzoff  der  Fürst  von  Eepnin 
denen  diesseitigen  Handlungen  entgegenstehen  werde;  ich  werde  mich 
aber  nicht  im  mindesten  dabey  irie  machen  lassen,  und  als  eine  Sache 
die  zwischen  denen  betreffenden  Höfen  behandelt  Wird,  zur  Eückäußerung 
geben.  .  ." 

Lemberg  7.  October  1774. 

EUrichshausen 

G.  F.  Z. 

XLvm. 

Baroo  an  EUriohshauBen. 

Orig.    (R.  d.  B.-Kr.-M.  23/611.)  Jassy,  den  14tGn  October  1774. 

Mit  Euer  Excellenz  hohen  Begleitungs  Befehl  vom  8*®"  d.  habe  das 
Schreiben  von  S^  Excellenz  Herrn  Feld  Marschall  und  Eriegspräsidenten 
Grafen  von  Hadik  unterm  12^°  dieses  rechtens  zu  behändigen  die  gnad 
gehabt,  welchen  enthalten  hat,  wie  der  hiesige  Divan,  welchen  auf  wieder- 
holte Frage  wegen  Extension  der  Bekannten  Gränze  allschon  eine  meiner 
Instruction  gemässe  Antwoii;  ertheilet  hat,  wann  Er  hierwegen  noch- 


mahlen  eine  Frage  machBn  solle,  weitere  zu  verbescheiden  seje.  Der 
Herr  Feld  Marschall  Graf  v.  Eomanzoff  seine  Krankheit  wird  noch  immei 
von  Tag  zn  Tag  bedenklicher,  und  der  dermahlen  das  Conuuando  der 
Armee  führende  Herr  General  Pflrst  v,  Eepnin  ist  nun  auch  erkranket. 
Anaonsten  gehet  hier  die  Kunde,  daß  der  Groß  Sultan  wegen  ohn- 
lohigkeit  zur  Regierung  abgeseit  worden  seyn  solle,  und  daS  sich  is 
Archipellaga  ein  allgemeiner  Aufstand  gegen  die  Bussen  en^et  bat, 
dann  auch  daß  die  Tartaren  denen  Bussen  Janiknle  und  Kerci  nicht  ab- 
treten wollen,  deme  hier  auch  noch  gehorsamst  heyrflcke  wie  daß  die 
Holdan  allein  zu  verschiedenen  Transportirungen  13484  Fuhren  zu  geben 
befehliget  worden  ist.  ,  . 

Jassy  den  14""  October  1774. 

V.  Br.  V.  Barco 
F.  M.  L. 


Ueg  an  EUriohalurasen. 
Orig.    (B,  d.  R.-Kr.-M.  28/ill.)  Ciarnowiti  den  16t«n  Octob.  1774. 

Euer  Eicellenz  gnUiges  Befehl  Schreiben  vom  14**°  praes.  den 
dabey  verwahrten  AnscblnQ  an  Herrn  Feld  Harschall  Lieutenant  Baron 
T.  Barco,  nebst  dessen  erfolgten  Äbschickui^,  solle  anmit  in  unterthS- 
nigstem  Qehorsam  bestittigen. 

Bey  Gelegenheit  des  gestr^en  an  Euer  Eicellenz  nnt«rth&n^t 
einbeßrderten  Schreibens  commnniciret  mir  Erwähnter  Herr  General, 
daß  die  Krankheit,  des  Herrn  General  Feld  Harschall  Graf  von  Bomansow 
von  Tag  zn  Tag  bedenklicher  werde,  nnd  der  eine  Commandirende  Fürst 
Bepnin  auch  iichon  erkrankt  seye,  wir  werden  also  bald  den  4**°  benach- 
barten Commandirenden  Herrn  General  haben,  und  dessen  Gesinnungen 
erfahren,  wobey  aber  jeder  Zeit  der  Geist  des  Obristen  Tntolmin  in  Be- 
gierung  der  Moldauischen  militair  und  provincial  machine  mitwOrken 
wird,  von  welchem  auch  dermahlen,  die  schrOckbare  wagen  ans  Schreibung, 
die  sich  in  dem  Czernowitzer  District  auf  1500  und  in  dem  Suezaver  Ober 
2000  erstreckt  herrühret,  nnd  dadurch  veranlasset  wurden,  daß  der  Divan 
sich  geweigert,  denen  Bussen  Diren  proviant  Vorrath,  nach  Ihi'en  anver- 
langten exorbitanten  Summen  abzukaufen. 

Zugleich  bemerket  Herr  Feld  Uarschall  Lieutenant  B""  von  Barco 
folgende  bedenkliche  Nachricht:  Dem  hieeigen  Divan  habe  ich  nun 
auf  wiederholt  an  Mich  gemachte  Frage,  wegen  der  bekannten 
Gr&ntzen  eitension  die  Eigentliche  Absicht,  der  beschehenen 


233 

Yorrflckniig  unserer  Trouppen  eröffnet,  und  somit  mich  in  der 
Sache  demasqniret:  Da  nun  die  ErOfnang  nicht  allein  an  den  Divan, 
sondern  zugleich  auch  an  die  Russen  in  der  Persohn,  des  Eigentlichen 
darinen  präsidirenden  Christen  Tutolmin  geschehen  und  entweder  in  der 
B^nstigung  des  Herrn  Feld  Marschall  Graf  von  Romanzows  oder 
Fürsten  von  Bepnin  oder  hier  zuerhaltenen  förmlichen  Authorität,  ihren 
(knnd  haben  muß,  scheinet  mir,  daß  nunmehr  bemeldter  Herr  General 
berechtiget  seje,  entweder  auf  eine  freundschaftliche  arth  um  eine  mo- 
deration  dieser  wägen  ausschreibung  in  diesen  declarirten  districten  an- 
xnsehen  oder  sie  cathegorisch  abzuschlagen.  .  .  Zugleich  aber  würde  auf 
diese  besehene  declaration  die  Adler  aussetzung  und  consolidirung  des 
Cordons  fast  eine  natürliche  Folge  seyn;  weilen  wir  sonsten  wani^  die 
Russen  über  diese  erklärung  unzufrieden,  anstößigkeiten  und  vielleicht 
starke  Bussische  Cantonirungen,  in  diese  Districten,  Selbst,  um  ihre 
teritorial  Jurisdiction  bis  zur  ankunft  deren  Türken  zu  behaubten,  worum 
sie  (wie  man  vorgiebt  würklich  von  lezten  sollen  angesucht  worden  seyn) 
zu  erwarten  haben.  In  Ansehung  der  Pest  ist  es  dahier  noch  gantz  stille 
erwarthe  dahero  von  Herrn  Feld  Marschall  Lieutenant  B"^  von  Barco, 
hierüber  die  weithere  Belehrung,  und  von  Herrn  General  Baron  von 
Spleny,  die  Befehle  zu  denen  dießfalls  zu  nehmenden  Maaßregeln,  welche 
sodann  mit  hiesigen  Starosten  einzuleithen,  mir  eifrigst  werde  angelegen 
seyn  lassen.  Der  Ehemalige  Fürst  Kika  ist  nunmehro  von  der  Pforte  als 
Fürst  in  der  Moldau  förmlich  bestattiget,  in  der  Wallachey  aber  Alexander 
Ypselandj,  ge wester  DoUmetscher  bey  der  Pforte,  als  Fürst  erwählt  worden. 
In  betreff  deren  empfangenen  Anticipations  Gelder  Berechnung,  beobachte, 
dabey  alle  mögliche  Ordnung  und  Aufmerksamkeit,  würde  sie  auch  täglich 
einschicken  können,  wenn  ich  Aicht  noch  das  Ende  der  dermahligen 
Speciell  Mappirung  deren  Positionen  und  Adleraussetzung  abwarthen 
wolte,  weilen  ich  recht  sehr  davon  entledigt  zu  seyn  wünschte.  .  . 

Czemowitz  den  16.  October  1774. 

Mieg  Major. 

L. 
Meldung. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr..M.  67/40.)  Doraa,  den  17*en  October  1774. 

P.P. 

Endesgefertigter  thue  hiemit  notificiren,  wie  das  bey  gegenwärtiger 
Vorrückung  in  der  Moldau,  Eine  Compagnie  von  Siskovics  zu  Vama  und 

ArchiT.  UXVIU.  Bd.  I.  Hälfte.  16 


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46«  ia  K^wsa  C<«BsaaAdin  £t«li<eiidea  Corponl  zarBeförderui^  öberg^ben, 
z«f)^kk  alNer  »^Ib^  toh  Hhih  Obriftli^ateBimt  t^^b  Füo  d«6  Lieblichen 
hsut/ii»^i^ttfU  B'^^ijftHit«  bodMxU-t  wonkA  sejre,  difi  er  sidi  mit  seinem 
OiWAaiuio  w^iv-r  t^/t  g>!^n  Dorna,  alwo  die  Kosaken  bishefo  gestanden, 

Da  ab^r  di<«!rr  nf'o  zs  beziehen  gleich  angesonnenen  posto  nicht 
rM  wt^'tUin  roTwirU  doch  schon  wirklich  aof  jenseitigen  Gehieth  existiret, 
it^f  warf;  nicht  rf.rmi'rg^üd  ohne  mit  hohen  befehl  gedeckt  zu  sejn  die 
Orioz^n  Q^i^rschritU'n  zo  laßen,  welches  auch  gedachter  Heim  Obrist- 
\l*füU:u&ni,  «?rwiedfret  worden  ist.  Zur  Beförderung  der  ankommenden 
iirii^  habe  aber  schon  die  geschärffte  Befehle  ertheilet,  und  damit  solche 
um  so  geschwinder  eipedirt  werden  m5geu,  so  habe  auch  Ton  dem  (Kom- 
mando zu  Knkurassa  einstweilen  einen  Gefreiten  und  3  Gemeine  deta- 
cbiret  und  selbe  zwischen  Eosna  und  Eukurassa  auf  halben  Weeg  in 
dii'ser  al>sicht  ausgestellet  bey  yerbleibung  dieses  Umstands  wäre  aber 
obfiumgänglich  erforderlich  den  Posten  Kukurassa  wieder  zu  ergäntzen 
stttts  diesen  einen  derweil  unterlegten  Posten  zu  Bef5rderung  der  Briefe 
ab^jr,  zwei  derley  etwas  stärkere,  auszustellen. 

Welches  also  mittelst  einer  Expressen  Ordonanz  unterthänigst 
mMh  und  mir  was  weiters  zu  veranlassen  seye,  die  hohe  diesßLUige  Be- 
fehle gehorsamst  erbitten  solle. 

Beristoni  de  Kall  Schlaun 

Grl.  Major.  Obristlieutenant. 


1 


235 


LH. 
Baroo  an  EUrichshauBen. 

Orig.   (R.  d.  B.-Kr.-M.  23/«^.)  Jassy,  den  19ten  October  1774. 

Euer  Excellenz  Beyde  hohe  Befehl  Schi'eiben  das  vom  12^°  mit 
dem  Anschluß  an  Herrn  Feld  Marschalln  Graf  y.  Bomanzoff^  welcher 
sogleich  dahin  bestellet  worden,  und  lezterer  von  14^^  d.  habe  die  gnad 
rechtens  zu  erhalten  gehabt ;  Gegen  die  unter  dem  bey  Bukorest  gestandenen 
Corps  ausgebrochene  Pest  ist  in  der  Armee  schon  alle  Vorsicht  gebraucht 
worden,  um  dieses  übel  nicht  weiters  kommen  zu  lassen,  die  suspecte 
Maimschaft  wird  im  Marsche  und  in  abgesonderten  Stationen  immer  se- 
parirt  geführt,  und  yerwachet,  noch  hat  mann  auch  nichts  gehöret  daß 
sich  dieses  Übel  weiters  ausgebreitet  hätte,  indessen  aber  werde  ein  sorg- 
^tiges  Augenmerk  darauf  haben,  und  wann  hier  oder  auf  dem  Lande  in 
hiesiger  Gegend  herum  etwas  solte  verspührt  werden.  Euer  Excellenz 
sogleich  davon  gehoi-samst  zu  benachrichtigen,  und  auch  den  Herrn  Major 
Mieg  zu  avisiren  nicht  ermanglen,  hauptsächlich  ist  auf  die  dermahlen 
aus  unsern  Cordon  zur  Russischen  Annee  verschriebenen  Fuhren  welche 
Mann  nicht  weiß  zu  welcherley  Transportirung  solche  gebraucht  werden, 
bey  ihrer  zurückkunft  zu  invigilliren,  welches  unter  einstens  auch  dem 
Herrn  Major  Mieg  mitgebe. 

Den  18^°  dieses  war  der  Aufbruch  des  Herrn  Feld  Marschall  von 
F(dman  bestimmt  und  seine  anhero  Beiß  in  6  Stationen  eingetheilt,  mithin 
sollen  nun  dieselben  innerhalb  6  Tagen  hier  eintreffen,  ohngeacht  Er 
nodi  sehr  schwach  ist,  welcher  wegen  auch  ein  neuer  Medicus  von  Peters- 
burg stündlich  anhero  gewärtiget  wird;  nach  der  Ankunft  des  Herrn 
Feld  Marschall  werde  so  hald  wie  nur  möglich  wegen  Aussezung  der 
Adler  suchen  an  Ihn  zu  kommen,  und  da  ohnedies  die  Sache  schon 
bekannt,  so  glaubete  Ich  ohne  aller  Maaßgaab,  daß  wann  schon  die  Adler 
noch  nicht  aufgestelt  sind,  der  Cordon  gleich  wollen  allenthalben  mit  so 
Tiellen  Trouppen  als  nöthig  seynd  besetzet  werden  könnte. 

Jassy  den  19*«°  October  1774. 

V.  Baron  v.  Barco 

F.  Ba.»  la. 


16» 


236 

Lm. 

EllriohBhatisen  an  Hadik. 

Orig.    (EL  d.  R.-Kr.-M.  23/||£.)  hemherg,  den  24t6B  8briB  1774. 

Den  mir  so  eben  von  dem  Herrn  General  Baron  von  Barco  ein- 
gehenden Bericht,  Euer  Excellenz  nnterih&nigst  vorlege;  So  wie  ich  hoch- 
denenselben  unter  dem  21^°  d.  die  vollkommene  Besetzung  des  Moldau- 
ischen Cordons  vornehmen  zu  lassen,  submissest  angezeiget  habe,  so 
wird  solche  auch  bis  morgenden  Tag  volzogen  worden  sejn;  and  eben 
auch  Morgen  frühe  gehe  noch  Selbsten  dahin  ab. 

Gegen  die  Besorgung  der  bej  einem  Russischen  Corps-Tronppen 
sich  geäußeiien  Pest,  ist  sowohl  auf  den  Moldauischen  als  Pokutischen 
Cordon  sogleich  alle  mögliche  Vorkehrung  getrofen  worden. 

Lemberg  den  24*«*»  8bris  1774. 

Ellrichshausen 
P.  Z.M. 

LIV. 
Prelss  an  den  Hofkriegarath. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  67/40.)  Hermanßtadt,  den  25ten  Oct  1774. 

Es  hat  das  2^  Wallachische  Begiments  Commando  die  in  Abschrift 
beyliegende  Meldung  anhero  gelangen  lassen,  vermög  welcher  der  Barco- 
ische  Herr  Obristlieutenant  Pilo  aus  Borna  in  der  Moldan  das  derselbe 
gleichfalls  in  copia  beyliegende  Aviso  an  den  von  Doma  am  nächsten 
gelegenen  Siebenbürgischen  Posten  des  2^°  Wallachischen  Regiments, 
Eoszna  genannt,  und  von  dannen  weiters  an  den  in  Enkuraza  stehenden 
Officier  gelangen  lassen  und  verlanget,  daß  ein  Posten  von  diesem  Wal- 
lachischen Regiment  bey  Doma  aufjgestellt  und  somit  die  Route  zur 
Correspondenz,  welche  aus  der  Moldau  nach  Siebenbürgen  und  aus  Sieben- 
bürgen nach  der  Moldau  zu  gehen  habe,  hergestelt  werde. 

Ob  nun  zwar  hier  keine  Befehle  vorhanden,  Trouppen  oder  Posten 
aus  Siebenbürgen  in  der  Moldau  aufzustellen  so  hab  nicht  desto  weniger 
aus  Anlaß  der  Nachrichten,  welche  mir  der  Herr  Feld  Marschall  Lieute- 
nant Bai'on  von  Barco  von  denen  Veranstaltungen  gegeben  hat,  welche 
in  der  Moldau  zur  Beförderung  der  Correspondenz  nach  Siebenbürgen 
und  vice  versa  getroffen  worden,  nicht  anstehen  zu  dürfen  erachtet,  gleich 
ich  dann  auch  unter  einstens  die  Veifügung  erlasse,  daß  der  lezte  Sieben- 


237 

bürgische  Posto  zn  Kossna  mit  einem  Corporalen,  einem  Gefreiten  und 
6  Mann  gegen  Doma  in  der  Moldau  Yorgestoßen,  an  dessen  Platz  zu 
Eoszna  ein  anderer  Posto  von  einem  Gefreiten  und  8  Mann  und  wiederum 
soviel  zwischen  Koszna  und  dem  Hauptposto  Eukuraza  aufgestellt  somit 
in  diese  Wege  die  sichere  Correspondenz-BefÖrderung  nach  Siebenbürgen 
erzielet  worden,  diese  Posten  aber  sammentlich  an  den  Officior  zu  Euku- 
raza der  zugleich  fOr  die  gewöhnliche  ablOsungen  zu  sorgen  haben  wird, 
aügewiesen  bleiben  mögen. 

Hermanstadt  den  25^  Oct.  1774. 

Preiß  F.  Z.  M. 

LV. 
Kaiser  Joseph  TL.  an  Hadik. 

Eigenh.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  23/653.)  Wienn,  den  27.  October  1774. 

Lieber  Feld  Marschall  Hadik! 

Sie  werden  dem  General  Ellrichshausen  per  privatas  nur  auftragen, 
daß  er  den  Buccowiner  district  von  der  Moldau  mit  einer  hinlänglichen 
Anzahl  Truppen  ehestens  besetze  und  besetzt  beybehalten  solle,  um  sich 
?on  allen  Insulten  der  Moldauer  oder  auch  der  Türken  sicher  zu  stellen. 

Dann  werden  sie  ihm  gewöhnlicher  maßen  rescribiren,  daß  wenn 
er  zu  dieser  absieht  mehrere  Truppen  benöthigte,  die  zwey  Regimenter 
Samnel  gjulag  und  Johann  Palfy,  welche  ohne  hin  in  der  gegend  von 
Caschau,  Eperies,  Leutschau  und  Mongacz  bequartirt  liegen,  auf  sein 
wstes  anverlangen  nach  Gallizien  zu  rücken,  schon  im  Voraus  den  Befehl 
hüten;  und  in  folge  dessen  werden  sie  demnach  untereins  das  nöthige 
auch  an  das  Hungarische  General  Commando  erlassen. 

Wienn  den  27.  October  1774. 

Joseph  Corr. 

LVI. 
Baroo  an  EUriohshausen. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  23/IM.)  Jassy,  den  3 Ite»  October  1774. 

EuerExellenz  verweylle  nicht  auf  das  unterm  21^^  dieses  an  Mich 
erlassene  gnädige  Befehl  Schreiben  in  betreff  der  Fuhren  gehorsamst  zu 


288 

berichten:  wie  daß  dermahlen  in  der  Sache  um  so  weniger  ein  günstiger 
Erfolg -erwartet  werden  kann,  weillen  anjetzo  die  ganze  Armee  sich  in  der 
Moldau  befindet,  welche  zu  verschiedenen  Transporten  unendlich  viele 
Fuhren  nöthig  hat,  und  der  von  uns  occupirte  Antheil  von  Seiten  der 
Russen  nur  als  ein  freundschaftliches  bezeigen  mit  der  Einquartiimng 
befreuet  geblieben,  auch  wäre  die  Einiückung  unser  Truppen  welche  wie 
in  meinem  vorhergehenden  gehorsamst  erwehnet,  anjetzo,  da  die  Sache 
schon  offenbahr  geschehen  könne,  nach  der  Behandlung  mit  dem  Herrn 
Feld  Marschall  noch  außer  der  Zeit,  Ich  bin  dargegen  aber  schon  ver- 
sehen Mich  zu  verantworthen  allenfalls  von  dem  Herrn  Feld  Marschall 
hierwegen  eine  Erwehnung  an  Mich  geschehen  solte,  und  überdies  ist  in 
der  Eepartition  der  Wagen  in  unsere  Antheil  mit  andern  ein  gleicher 
Divisor  getroffen  worden ;  diese  Anzahl  zu  verringern  oder  mit  Geld  zu 
redimiren  lasset  sich  gar  kein  Antrag  machen,  zumahlen  wann  es  möglich 
wäre  der  Divan  solches  für  sich  auch  mit  3  n  per  Wagen  gewisslich  ab- 
lehnen würde,  und  überhaupt  in  der  ganzen  Sache  kann  die  hiesige  Com- 
mission  zu  unserer  wünsche  nicht  das  geringste  bejtragen,  da  Sie  den 
Befehl  durch  den  Fürsten  Bepnin  im  Nahmen  des  Herrn  Feld  Marschall 
erhalten  haben.  Besagter  Herr  Feld  Marschall  ist  auf  der  ersten  Tag 
Beiß  in  der  Station  zu  Berlat  noch  müßlicher  geworden,  folglich  allda 
liegen  geblieben.  Es  sejend  nun  bis  5  Medici  um  Ihm  zur  Erzwingung 
der  Gesundheit;  Ich  machete  Mir  die  Näherung  Euer  Exellenz  gerne  zu 
Nutzen,  um  persönlich  gehorsamst  aufwartten  zu  können,  wann  mich 
nicht  das  genaue  aufpassen  auf  den  Herrn  Feld  Marschall  und  anderer, 
daran  hinderte;  dann  so  bald  Ich  nur  mit  dem  Herrn  Feld  Marschall  zu 
sprechen  gelangen  kann,  werde  um  die  baldige  wieder  Zurücklassung  der 
Wägen  das  Ansuchen  machen. 

Ansonsten  solte  wohl  ohne  Maaßgaab  die  Verzögerung  der  Aus- 
steckung  der  Adler  dem  Herrn  Major  Mieg  so  vielle  Zeit  verschaffen  die 
vortheilhaf teste  Punkten  auszusehen,  um  besonders  gegen  die  Sieben- 
bürgische Gränze  einige  nutzliche  Berge  oder  gegend  in  unsem  Cordon 
zu  bringen. 

Übrigens  hab  Ich  denen  hier  laudesbefindlichen  aus  Siebenbürgen 
entwichenen  Gränitzer  und  ünterthanen  um  solche  in  unseren  Cordon  zu 
Ziegeln,  unter  der  band  hin  und  wieder  kund  machen  lassen,  daß  Mann 
Sie  daselbst  annehmen  und  Ihnen  den  Aufenthalt  vei*schaffen  wird,  wes- 
wegen ein  solcher  Punct  auszusehen  wäre,  wo  derley  leuthe  wenn  einige 
dahingelangen  zusammen  gezogen  werden  könnten,  welches  unter  einstens 
auch  dem  Herrn  General  Feld  Wachtmeister  Baron  von  Spleny  bekannt 
gemacht  hat. 


289 

Schließlichen  bestättige  zugleich  gehorsamst  den  unter  22^^^  dieses 
anbero  erlassenen  Anschluß  an  den  HeiTn  Feld  Marschall  Graf  Yon  Bo- 
manzoff,  welcher  sogleich  dahin  befördert  worden,  rechtens  erhalten  zu 
haben  und  so  ist  Mir  auch  Euer  Exellenz  gnädige  Zuschi'ift  von  18^*^ 
dieses  mit  dem  Beyschluß  an  den  Herrn  Obristen  von  Bothkirch  in  betref 
der  Loslassung  seines  Vetters  (für  welche  Euer  Exellenz  meine  unter- 
tiiänigste  Danksagung  erstatte),  richtig  zu  banden  gelanget. 

F.  S.  Eine  Nahmhafte  Anzahl  Amanten  und  Volonteurs,  welche 
in  diesen  Krieg  wider  die  Türken  gedient  haben  und  anjetzo  hier  im 
Lande  sich  nicht  aufzuhalten  getrauen,  wird  von  die  Bussen  nach  neu 
Senden  zu  gehen  beredet,  wohin  Sie  aber  nicht  sonderlich  lust  haben, 
wann  Ich  demnach  allenfalls  diese  leuthe  auf  unsere  Gränze  lenken 
könnte,  so  beschiehet  die  unterthänigste  Anfrag  ob  solche  unserer  Seits 
angenohmen  und  placiret  werden  wollen,  worüber  Mir  von  Euer  Exellenz 
eine  baldige  Buckantwoii;  gehorsamst  erbitte. 


Jassy  den  31*«"  October  1774. 


Vincenty  Bron  v.  Barco 
F.  M.  L. 


Lvn. 

Kaunitz  an  Hadik. 

Orig.  (R.  d.  R.- Kr.- M.  23/111.)  Wien,  den  31ten  October  1774. 

In  Betref  der  unteim  29^'^  dieses  anhero  mitzutheilen  beliebten 
Nachrichten  von  dem  eingezogenen  Moldauischen  Bezirke  glaubte  der  Hof- 
ond  Staatskanzler,  daß  dem  Herrn  Feldzeugmeister  Ellrichshausen  fol- 
gende Beti-achtungen  zu  seiner  Direction  gegenwärtig  zu  halten  wären: 

l»o  und  in  dieser  überhaupt  sehr  häcklichen  Sache  auszulangen, 
komme  es  hauptsächlich  und  wesentlich  darauf  an,  den  Bußischen  Hof 
auf  alle  mögliche  Ai*t  günstig  zu  erhalten,  folglich  seiner  Generalität 
nicht  die  geringste  yei*anlas8ung  zu  billigen  Beschwerden  zu  geben. 

2^^  was  die  Aussteckung  der  Adler  betrift,  sey  solche  von  dem 
Herrn  Feld  Marschall  Bomanzow  nach  den  Abmai*sch  der  Bußischen  Trup- 
pen aus  der  Moldau  bewilliget  worden. 

3^^  es  sey  auf  Allerhöchsten  Befehl  von  dem  Herrn  Generalen  von 
Barco  dem  eiiiannten  Herrn  Feld  Marschall  die  ausdrückliche  Yersiche- 
rong  ertheilt  worden,  daß  man  ihin  ungeachtet  der  Besetzung  des  quästio- 


240 

nirten  Districts  in  die  Liefemngs  Ausschreibangen  oder  in  irgend  einem 
andern  Anbetracht  auf  keine  Weise  hinderlich  fallen  wolle  und  werde. 

Wornach  sich  also  in  allen  diesen  Punkten  genau  zu  richten  wäre, 
den  einzigen  Fall  ausgenommen,  wenn  man  eine  Abänderung  entweder 
in  Absicht  auf  die  frühere  Aussteckung  der  Adler  oder  in  Ansehung  des 
Ankaufs  der  ausgeschriebenen  Naturalien  oder  derer  Verführung  außer 
den  Cordon  auf  gute  Art,  und  mit  Bewilligung  der  Bussischen  Generalität 
erhalten  könnte. 

Wien  den  31*«»  October  1774. 

Eaunitz. 

Lvm. 

EUriohBhauBen  an  Hadik. 

Orig.  (R.d.R.-Kr.-M.28/IM.)  Lemberg  den  7ten  November  1774. 

Heute  frühe  komme  von  der  Visitirung  des  Moldauischen  Gordons 
zurück^  dieser  nimmt  seinen  Anfang  zu  Prevorodek  am  Dniester-Fluß 
Okopi  gegenüber  und  erstrecket  sich  bis  Dorna  an  der  Siebenbürgischen 
Grantze  dergestalten ,  daß  eine  halbe  Stundt  davon  zu  Todorkany  der 
erste  Siebenbürgische  Gräntz  Posten  vom  k.  k.  2'*°  Wallachischen  Regi- 
ment sich  befindet,  mithin  die  Correspondenz  nacher  Siebenbürgen  an- 
durch  erreichet  ist;  der  gäntzlich  practicable  Fubrweg  gehet  eine  halbe 
Stundt  über  Kompolong  gegen  die  Siebenbürgische  Gi*äntze,  als  dann 
weiters  ein  Fuß-  und  Reitweeg,  diesen  Winkel  zum  Fuhrweeg  zuzu- 
richten wird  bey  gegenwärtiger  Winterszeit  allerdings  nicht  thunlich,  auf 
das  fruh-Jahr  aber  bis  an  die  alte  Siebenbürgische  Gräntze  gegen  den 
Borge  Paß  zu  eine  Arbeit  von  ohngefahr  2  Monathen  mit  300  arbeitern 
sein  können,  dermahlen  ist  dieser  Moldauische  Cordon  mit  dem  ganzen 
Barcoischen  Husaren  Regiment,  und  denen  4  Garnisons  Bataillons,  Stein, 
Brinken,  Nugent  und  Siskovics  besetzet  und  das  Thierheinische  Bataillon 
so  zu  Sniatin  gestanden  ist  auf  dem  Marche  in  das  hohe  Moldauische  Qe- 
bürg,  zur  noch  mehreren  Versicherung  der  Siebenbürgischen  Oommuni- 
cation  als  des  Hauptgegenstandts,  Begriffen,  dagegen*  ein  Nugentische 
Feld  Bataillon  nacher  Sniatin  abgerucket.  Von  diesen  Trouppen  ist  die 
Mannschaft  so  wie  die  Dienst  Pferde,  vor  welche  letztere  die  Stallungen 
durchaus  erbauet  werden  musten  zur  hinlänglichen  Nothdurft  unter- 
gebracht worden;  Sobald  als  nach  Czernowitz  angekommen  wäre,  hatte 
den  Herrn  General  von  Barco  in  der  billigen  Vermuthung  davon  belehret, 
daß  dei*selbe   die  erwirkte  Adler-Aussteckung  mir  zu  wissen   machen 


241 

werde,  Statt  dessen  aber  die  Verzögerang  davon  deßelben  eingegangener 
hier  gehorsamst  anliegender  antwortlicber  original  Bericht  das  Mehrere 
besaget.  Die  aus  dem  dießeitig  occupirten  Moldauischen  District  von 
draen  Bussen  abgeschigte  Bespannte  Wägen  belaufen  sich  auf  2500 ;  Ich 
hab  dem  Besagten  Herrn  General  von  Barco  den  Auftrag  gemacht,  sein 
äußerstes  anzuwenden  diese  Wägen  ablieferung  wenigstens  zum  Theil 
rackstellig  zn  machen,  zu  mahlen  nach  denen,  Bisherigen  Eiempeln  nim- 
mer mehr  anzuhoffen  ist,  daß  ein  einziges  Stuck  Vieh  davon  wiederum 
znrfickkomme,  mithin  dieser  District  von  Zugvieh  zum  größthen  Nach- 
theil deren  dießseitigen  Trouppen  gänzlich  entblößt  wfirde,  allein  so  be- 
stehet derselbe  dennoch  auf  derselben  Abgabe;  allein  diesem  ohnerachtet 
diese  Abgabe  durch  veranlassende  Verzögerung  zu  etwelcher  Yerminde- 
nmg  einleite;  und  was  endlich  mehr  erwähnter  Herr  General  von  Barco 
Ton  denen  Bußischen  amauten  und  Yolontaires  in  Vorschlag  bringet,  so 
erwiederte  demselben,  daß  dieses  Zusammen  gerafte  liederliches  Gesindl 
um  so  weniger  vor  den  dießeitigen  allerhöchsten  Dienst  angemessen  seye, 
als  selbigen  bey  der  Annahme  sogleich  Menschen  und  Pferde  die  Verpfle- 
gung abgereicht  werden  müsse,  und  sich  ohne  ausdiücklichen  hohen 
Befehl,  in  diesen  Gegenstand  einzugehen  keineswegs  vermögend  seye; 
Was  nun  Euer  Excellenz  in  dem  gnädigen  Erlaß  von  27**"  8bris 
bey  dieser  Moldauischen  Angelegenheit  und  vorzüglich  die  Verstärkung 
des  daselbstigen  Oordons  gegen  alle  Insulten  sicher  zu  stellen  weiter  an- 
zubefehlen geruhen,  ein  solches  nehme  zu  meiner  gemeßenen  Bichtschnur 
und  nöthigen  Vorkehrung.  Es  wird  hiebey  zu  meiner  noch  weiteren 
Maaßnehmung  abhangen  ob  die  Türken  lediglich  die  Garnison  vor  Oho- 
ciim  oder  über  diese  noch  mehrere  Trouppen  in  die  Moldau  einrücken 
lassen  werden. 

Lemberg  den  7**°  November. 

Ellrichshausen 
F.  M.  L. 

LIX. 
EUriohshaasen  an  Hadik. 

Orig.  (R.d.  R.- Kr.- M.  29/16.)  Lemberg,  den  Uten  9ber  1774. 

Euer  Excellenz  beede  hohe  Befehl  Schreiben  vom  31.  October  und 
1^  November,  an  Submissesten  Bespect  behändige  die  Adler-Aussteckung 
auf  dem  eingenommenen  Moldauischen  Cordon  werde,  dero  liöchsten  Ge- 
sinnung gemäß  nicht  ehender  vornehmen  lassen,  als  bis  duich  den  Herrn 


242 

General  Feld  Marschall  Lieutenant  Baron  v.  Barco,  von  der  diesf&lügen 
Einwilligung  des  Herrn  Feld  Marschall  Grafen  von  Bomanzo£f  belehret 
worden  seyn  werde,  die  Bnßische  Trouppen  haben  in  dem  dieseitigen 
Moldanischen  District  nicht  den  mindesten  Natnral-Yorrath  Ton  irgend 
einer  Gattung  die  anverlangte  leere  Fuhren  sind  zwar  dem  Vorgeben  nach 
zum  Magazins  Transports  jedoch  auch  wahrscheinlich  zur  Fortbringong 
ihrer  Spit&ler  mit  bestimmet;  ohnerachtet  nun  genuglich  einzusehen  ist, 
daß  die  Abgaabe  einer  so  beträchlichen  Anzahl  Fuhren,  der  Nothdnrft 
vor  das  diesseitige  Militare  ein  bedeutender  Nachtheil  seyn  wird,  so  hab 
ich  dennoch  dem  Herrn  General  Migor  von  Spleny  wiederholend  aufge- 
geben, solche  nach  Möglichkeit  zu  bewürken,  um  der  Bussischen  Gene- 
ralität auf  keinerley  Weise  einigen  Anstoß  zu  Mißvergnügen  zu  geben; 
.die  Anforderung  dieser  Fuhren,  Wai*en  zugleich  mit  Bussischen  ^xe- 
cutions-Commando  von  Infanterie,  und  Cavallerie  begleitet,  es  sind  aber 
solche,  unter  dem  Verwand  deren  nöthigen  Sanitäts-pr&cautionen,  und 
auf  gute  Art,  sogleich  an  Ortschaften  außerhalb  des  Cordons,  mit  der  Zu- 
sage zurück  verwiesen  worden,  daß  man  die  Eintreibung  dieser  Wägen 
durch  die  dieseitigen  Trouppen  selbsteo,  um  sie  ihnen  sodann  übergeben 
zu  lassen,  besorgen  werde.  Womit  dann  sowohl  diese,  als  auch  der  zo 
Jassy  in  diesem  Geschäft  aufgestellte  Bussische  Obriste  Tutolmin  voll- 
kommen zufrieden  wäre  Euer  Excellenz  unterhabendes  Husaren  Begiment 
wäre  schon  ohnehin  gegen  die  Moldauische  Seite  zu  verlegen  bestimmet 
und  angetragen,  dieses  und  der  anwachsende  Mangel  an  Korn,  rauher- 
und harter  Fourage,  besonders  von  Casimir  an  bis  in  die  Gegend  Brody 
hat  Mich  so  mehr  veranlasset,  dasselbe  gegen  den  20^°  dieses  Monaths 
in  die  Bukowina  so  wie  die  beede  Gamisons  Bataillons  Durlach  und 
Carl  Coloredo  au  den  Dniester  Fluß,  und  zwar  das  erstere  nach  Mi- 
linze,  und  das  andere  nacher  Zalistschek  abrücken  zu  machen.   Durch 
das  Husaren  Begiment  wird  meines  Ermessens  der  Moldauische  Corden 
auf  alle  Weise  vollends  sichergestellt  und  die  beede  Bataillons  können 
nach  Erforderniß,  sowohl  in  der  Bukowina,  als  in  der  Podolischen  Gräntze 
zur  Beobachtung  der  dereinstigen  Türkischen  Chozimmer  Garnison  in 
jener  Gegend  mit  verwendet  werden;  und  wegen  dem  nöthigen  Unter- 
kommen sowohl  vor  die  Manschaft  als  vor  die  Dienst-Pferde,  ist  schon 
im  Voraus  gesorget,  sollen  die  Türkischen  Trouppen  allenfalls  mit  einer 
ungewöhnlichen  größeren  Anzahl  in  die  Moldau  einrücken,  so  bin  ich 
noch  immer  an  der  Zeit  die  weitere  Maase  darnach  zu  nehmen. 

Bereits  vor  vier  Wochen,  hab  durch  den  Major  von  Mieg  über  den 
Pruth  Fluß  bey  Czernowitz  eine  gantz  neue  standhafte  Schiff-brücke  auf 
welcher  zwey  Last  Wägen  einander  ausweichen  können  zur  allgemeinen 


243 

Bequemlichkeit,  besonders  aber  damit  die  Tronppen  Yon  beeden  Seiten 
dcfl  Pruthflnfi  einander  mit  so  mehrere  behändigkeit  die  Hand  biethen 
können  errichten  lassen;  weder  wegen  anrichtung  dieser  brücken,  noch 
anderen  mehreren  bereits  erforderlich  geweßten  Bedürfnissen,  ist  noch 
biflhero  der  mindeste  aufwand  dem  kaiserlichen  königlichen  aerario  nicht 
aufgelegt  worden,  und  nur  alleine  das  was  die  mit  depechen  jeweilige 
Abschickung  deren  Ober-  und  Unterofficiers  an  den  Herrn  General  Ton 
Barco  veranlassen;  wie  ich  dann  auf  diesen  Wirtschaftlichen  Gegenstand, 
so  ?iel  nur  immer  thunlich,  den  gefließentlichen  Bedacht  nehme.  Da  die 
Russen,  unter  andern  alle  Pferde  weggenommen  haben,  so  mußte  der 
letztere  von  Jassj  nach  Czernowitz  zui-ückgekommene  Officier,  auf  dieser 
Beute  mehrmahlen  seinen  Weeg  zu  Fuße  fortsetzen,  welcher  Umstand 
dann  anjetzo  die  expeditionen  dahin  in  etwas  verzögeret;  der  Posten  Be- 
trag in  Verpflegung  deren  in  der  Moldau  sich  befindlichen  dieseitigen 
Tronppen,  wird  gegen  jene  so  in  dem  oberen  Theil  Galiziens  verlegt 
sind,  geringer  ausfallen,  indeme  an  Heu  in  der  Moldau  und  an  Körner  in 
Podolien  noch  der  wohlfeileste  Preis  bestehet. 

Die  mit  -der  letzteren  Post  zugleich  mit  beygeschlossenen  beede 
Schreiben,  als  eines  von  der  Hof  und  Staatskanzley  an  den  Herrn  Feld 
Marschall  Graf  v.  Bomanzow  und  das  andere  von  Euer  Excellenz  an  den 
Herrn  General  Feld  Mai-schall  Lieutenant  Baron  v.  Barco  sind  auf  der 
Stelle  befördert  worden  .  .  . 


Lemberg  den  11*«°  November  1774. 


Ellrichshausen 
F.  Z.  M. 


LX. 
Baroo  an  EUriohshaiisen. 

Orig.   (R.  d.  R.-Kr.-M.  57/iM.)  Jassy,  den  12ten  November  1774. 

Gegenwärtigen  Anschluß  an  Sr.  Excellenz  Herrn  Kriegspräsidenten 
and  Feld  Marschall  Grafen  von  Hadik,  in  welchem  ein  Schreiben  von  dem 
Herrn  Feld  Marschall  Grafen  von  Romanzofif  an  allerhöchst  Dire  Majestät 
üe  Kayserin  sich  befindet,  hab  die  Gnad  Euer  Excellenz  zu  weiteren 
hochgeneigten  Beförderung  zu  unterlegen  und  an  bey  zugleich  ganz  ge- 
borsamst  einzuberichten,  wie  daß  Ich  den  Herrn  General  Feld  Wachtmeister 
Baron  von  Spleny  unter  einstens  avisiret  hab,  daß  nunmehr  auf  dem 
D«'oen  Cordon  die  k.  k.  Adlers  aufgestellt  werden  können.  Jedoch  aber 
^  die  Eussisch  Kayserlichen  Trouppen  bis  zu  ihren  völligen  Ausmarsch 
WS  der  Moldau,  welcher  den  21**"  Xber  geschehen  werde,  in  keinerley 


244 

BeüQrfnisBen,  und  annoch  einzufordern  habenden  Geldern»  als  den  zehend 
von  Honig  und  Schaafen,  dann  was  der  gleichen  mehr  ist,  vermög  meiner 
dem  Herrn  Feld  Marschall  Graf  yon  Bomanzofif  gegebenen  Yersiehenmg 
im  geringsten  nicht  gehindert  werden  sollen.  Den  Herrn  Feld  Marschall 
Graf  von  Bomanzofif  seine  Krankheit  hat  sich  nun  wieder  in  so  weit  ge- 
bessert, daß  Er  zuweillen  aus  dem  Beth  aufstehen  kann,  und  sich  wegen 
noch  allzu  großer  Mattigkeit  im  Zimmer  herum  führen  Ifist,  befindet  sich 
aber  noch  zu  dato  in  Berlat,  von  wannen  Er  anjetzo  wegen  der  gahling 
eingefallenen  Witterung  nicht  aufbrechen  kann  .  .  . 

Jassy  den  12**'*  November  1774. 

V.  Baron  v.  Barco 

F.  M.  L. 

LXI. 
Baroo  an  Hadik. 

Orig.  (R.d.R.-Kr..M.67/iM)  Ja«ßy,  den  12ten  Norember  1774. 

Gegenwärtiges  Danksagungs  Schreiben  an  allerhöchst  Ihro  Majestät 
die  Kayserin  und  Königin,  welches  Mir  von  dem  Herrn  Feld  Marschall 
Graf  von  Bomanzofif  zur  Beförderung  zugeschicket  worden  ist,  habe  die 
Gnad  Euer  Excellenz  ganz  gehorsamst  zu  unterlegen  und  anbey  unter- 
thänigst  einzuberichten,  wie  daß  Ich  unter  einstens  Sr.  Excellenz  dem 
Commandirenden  Herrn  General  Baron  v.  Ellrichshausen  eröfnet  hab, 
daß  nunmehr  die  k.  k.  Adlers  auf  den  neuen  Cordon  von  Pokutien  auf- 
gestellt werden  können  (welches  also  auch  gegen  den  16^®°  oder  17****  d. 
geschehen  wird)  Jedoch  aber  daß  nach  meiner  dem  Herrn  Feld  Marschall 
Graf  von  Bomanzofif  gegebenen  Versicherung,  die  Bussen  bis  zum  völligen 
Ausmarsche  aus  der  Moldau  (welcher  den  21*®°  Xber  seyn  wird)  in 
keinerley  Bedürfnissen,  und  annoch  einzufordern  habenden  Geldgaaben, 
als  den  Zehend  von  Honig  und  Schaafen,  denn  was  dergleichen  mehr  ist, 
im  geringsten  nicht  gehindert  werden  sollen.  —  Der  Herr  Feld  Marschall 
Graf  von  Bomanzofif  seine  Krankheit  hat  sich  nun  wieder  in  so  weit  ge- 
bessert, daß  Er  schon  zuweillen  aus  dem  Beth  aufstehen  kann,  und  im 
Zimmer  wegen  noch  allzu  großer  Mattigkeit  herumfahren  last,  Befindet 
sich  aber  noch  zu  dato  in  Berlad  von  wannen  Er  wegen  der  gähling  ein- 
gefallenen üblen  Witterung  noch  nicht  aufbrechen  kann  alles  was  um  Ihn 
herum  ist  und  von  der  Armee  hieher  nacher  Jassy  kommt,  liegt  am  Fieber 
krank.  Ich  selbsten  auch  bin  schon  eine  Zeit  her  immer  ki'änklich  .  .  . 

Jassy  den  12*®"  November  1774. 

V.  Br.  V.  Barco 

FML. 


245 

Lxn. 

Baroo  an  Ellnohshausen. 
Orig.  (R.d.R..Kr.-M.67/4^)  •^'^y»  ^^^  ^^^"^  November  1774. 

Euer  Exeellenz  Beyde  hohe  Befehl  Schreiben  vom  7*®°  und  9**" 
dieses  nebst  der  Mir  gnädig  intimirten  von  S""  Etcellenz  Herrn  Kriegs- 
präsidenten ergangenen  hohen  Verordnungen,  dann  den  besondern  An- 
schluß von  der  geheimen  Hof-  und  Staats  Kanzley  an  den  Bussischen 
Kayserlichen  Herrn  Feld  Marschall  Grafen  v.  Romanzoff,  welcher  nach 
Empfang  untern  15*®°  dieses  sogleich  dahin  beförderet  worden,  habe  die 
gnad  zu  bestättigen. 

In  Betreff  der  Aussetzung  der  Adlers  werden  Euer  Excellenz  aus 
meinem  letzteren  vom  12*^  dieses  allschon  zu  ersehen  geruhet  haben, 
daß  Ich  dem  Herrn  General  Major  B^<*°  v.  Spleny  solche  nun  Mehro 
befolgen  zu  können  unter  einem  avisirt  habe,  mit  der  Erinnerung,  daß 
andorch  gleichwohlen  denen  Bussen  bis  zu  ihren  völligen  Ausmarche  aus 
der  Moldau  im  geringsten  keine  Hinternisse  in  Weg  geleget  werden. 

Ansonstens  vemiemt  Mann  derzeit  hier  noch  nicht  das  geringste 
von  einem  Anmärsche  der  Türken,  auch  ist  weder  noch  bekannt  ob  nui* 
die  gewöhnliche  Anzahl  zu  Besetzung  der  Yöstung  Ghotin  (welche  vor 
dem  Krieg  nur  aus  200  Mann  Bestünde)  oder  mehrere  in  die  Moldau  zu 
kommen  bestimmt  sind.  Mann  sagt  wohl  daß  nach  Chotin  und  Bender 
eine  zahlreiche  Guamison  kommen  soll.  In  der  Wallachey  ist  die  Yöstung 
Brailla  nur  mit  einem  Pascha  und  30  Türken  übernehmen  worden.  Ich 
sdüüsse,  daß  die  Moldau  eben  auf  die  nehmliche  Art  so  wie,  die  Wal- 
lachey von  denen  Bussen  wird  geraumet  werden,  und  also  die  Türken 
auch  nicht  eher  in  die  Moldau  einrucken,  als  bis  solche  die  Bussen  gänz- 
lich werden  verlassen  haben,  mithin  dörfte  Mann  die  Starke  derselben 
wohl  etwas  spät  erfahren,  indessen  aber  Trage  Ich  hierw^en  schon  eine 
genaue  Aufmerksamkeit,  um  von  sothaner  Einruckung  der  Türken  in 
Zeiten  sichere  Nachricht  zu  haben,  wovon  Ich  so  nach  Euer  Excellenz 
die  fördersamste  Anzeige  zu  machen,  und  zu  gewinnung  der  Zeit  auch 
den  Herrn  General  Baron  v.  Spleny  zu  avisiren  nicht  ermanglen  werde. 

Von  hier  aus  der  Moldau  wird  die  Bussische  Ai'mee  in  4  Divisionen 
marchiren  und  die  Begimenter  fangen  sich  schon  allmählig  nach  Fohlen 
zu  ziehen  allwo  mann  auch  schon  in  Begrif  stehet  das  Hauptquartier 
diesen  Winter  über  zu  bestimmen.  XJebrigens  ist  der  Zeit  hier  in  der 
Moldau  von  keiner  Pest  nichts  zu  verspüren  und  Mir  entübrigt  der- 
mahlen  nur  noch  gegenwärtige  Anschluß  an  S^  Excellenz  Herrn  Feld 


246 

Marschall  uod  Hof  Kriegs  Raths  Pi'äsidenten  Grafen  v.  Hadik,  Euer  Ex- 
cellenz zur  weiteren  gnädigen  Bef5rderung  ganz  gehorsamst  zu  unterlegen. 


Jassy  den  15*«"  November  1774. 


V.  Br.  V.  Barco 
FML. 


Lxni. 

Baroo  an  Hadik. 

Orig.  (R.d.R..Kr.-M.57/-4^.)  Jaasy  den  15ten  November  1774. 

Euer  Excellenz  hochgnädigen  Befehl  vom  1^^  dieses  mit  der  ander- 
weiten Belehrung  von  S'^  Excellenz  Commandirenden  Herrn  G^neraln 
})roD  y  Ellnchshausen  habe  in  unterthänigsten  Bespect  rechtens  zu  er- 
halten die  gnad  gehabt. 

In  Betreff  der  Aussetzung  der  Adlers  werden  Euer  Excellenz  aus 
meinem  letzteren  vom  12^"  dieses  allschon  gnädigst  zu  ersehen  geruhet 
haben,  daß  Ich  S^  Excellenz  dem  Commandirenden  Herrn  General  Feld 
Zeug  Meister  Baion  v.  Ellrichshausen  sothane  Aussetzung  der  Adlers 
veranlassen  zu  können,  unter  einem  Benachrichtiget  habe,  mit  dem 
Beysatz  daß  denen  Bussen  gleichwohlen  noch  und  bis  zu  ihren  völligen 
Ausmai*che  aus  der  Moldau  im  geringsten  keine  hintemiß  in  Weg  ge- 
leget werde. 

Ansonsten  vernimmt  man  derzeit  hier  noch  nicht  das  geringste  ob 
von  Seiten  der  Tüi'ken  nur  die  gewöhnliche  Anzahl  zur  Besetzung  der 
Vöstnng  Chotin  (welche  vor  dem  Krieg  nur  aus  200  Mann  bestund) 
oder  mehrere  in  die  Moldau  zu  kommen  bestimmt  sind,  Mann  sagt  wohl 
daß  nach  Chotin  und  Bendern  eine  zahlreiche  Garnison  kommen  soll ;  In 
der  Wallachey  ist  die  Yöstung  Braila  nur  mit  einem  Pascha  und  30  TOr- 
ken  fibernohmen  worden.  Ich  Schlüsse,  daß  die  Moldau  eben  auf  die 
nehmliche  Art  so  wie  die  Wallachey  von  denen  Bussen  wird  ger&omet 
werden,  und  also  die  Türken  auch  nicht  eher  in  die  Moldau  einrucken, 
als  bis  solche  die  Bussen  gänzlich  werden  verlassen  haben,  mithin  d&rfte 
mann  hier  den  Anmarche  und  die  Stärke  derselben  wohl  etwas  spät  und 
erst  damahls  wann  Sie  schon  in  Marsche  begriffen  sind,  erfahren.  In- 
dessen aber  Trage  Ich  hierwegen  schon  eine  genaue  Aufmerksamkeit,  um 
von  sothaner  Einruckung  der  Türken  in  Zeiten  sichere  Nachricht  zu 
haben,  und  davon  so  nach  S^  Excellenz  den  Commandirenden  Herrn  Ge- 
neral Feld  Zeug  Meister  B'^'^  v.  Ellrichshausen  fördersamst  Benachrich- 
tigen zu  können. 


247 

Von  hier  aus  der  Moldau  wird  die  Bussische  Armee  in  4  Divisionen 
marcbiren,  und  die  Begimenter  fangen  sich  schon  allmählich  an  nacher 
Fohlen  zu  ziehen,  all  wo  mann  auch  schon  in  Begriff  stehet  das  Haupt- 
quartier diesen  Winter  üher  zu  bestimmen,  wie  es  heißt  zu  Laticsoff.  — 
Von  der  Pest  wird  derzeit  hier  in  der  Moldau  nichts  verspüret. 


Jassy  den  15*®°  November  1774. 


V.  Br.  V.  Barco 

F.  M.  L. 


LXIV. 


Extract-Sohreiben 

▼on  dem  Herrn  Generalfeldwachtmeister  Baron  von  Spleny  ddto  Czerno- 

witz  den  16*«"  November  1774  an  den  hierlands  Commandirenden  Gene- 

ral-Peld-Zeug-Meister  Preyhemi  v.  Elh-ichshausen. 


116 


(R.d.B..Kr..M.67/^.) 

Die  Emigration  deren  Amanten  betreffend,  habe  ich  die  Ehre  das- 
jenige was  ich  dieserwegen  von  dem  Herrn  General  Feld  Marschall  Lieu- 
tenant Baron  von  Barco  unter  einsten  bekommen  haben  E. -wort  vor 
wort  zu  communiciren :  Hiemit  hab  zu  erwiedern:  daß  die  letzthin 
S^  Eicellenz  Commandirenden  Herrn  Generalen  Bemerkte  An- 
zahl Arnauten  und  Volontaires  bloß  Wallachische  Bauern 
sind,  welche  mit  allen  ihren  Haabseligkeiten  auf  unsere 
Seite  sich  Begeben  wollen,  und  also  lediglich  als  Emigranten 
anzusehen,  welche  vielleicht  zum  Gränitz  Soldaten-Stand  ge- 
braucht werden  können;  noch  sind  sie  eben  nicht  gäntzlich 
entschloßen  auf  die  Seite  zu  kommen,  sondern  da  Sie  in  den 
Banat  näher  als  hieher  haben,  so  gedenken  Sie  dahin  leichter 
and  mit  weniger  Schwürigkeit  kommen  zu  können,  wovon  Sie 
mich  aber  noch  Benachrichtigen  werden,  dieses  ersuche  Euer 
Excellenz  einsweilenS'ExcellenzdemCommandirendenHorrn 

General  zur  Wissenschaft  gereichen  zu  lassen. 

Gleichwie  nun  dieses  Emigrations-Gesch&ft  von  der  weiteren  Äuße- 
rung des  Herrn  Feld  Marschall  Lieutenant  Baron  Barco  abhanget  so  habe 
aoch  inzwischen  die  Verfügung  getroffen,  daß  Beyde  zu  Sziredt  und  Lu- 
bweiz  auf  Commando  stehende  Ofßciers  mit  nötiiigen  Gräntzdörfer 
Listen,  in  welche  die  Emigranten  instradiret  werden  können,  versehen 
wyn  sollen,  wornach  nur  darauf  ankommet,  daß  oft  gedachter  Herr  Feld 


348 

Marschalf  Lieutenant  solche  Leute  nur  nach  Szired  und  nach  Lukawetz 
instradiren  möge;  gleich  wie  ein  solches  demselben  durch  mich  bekannt 
gemacht  wird. 

LXV. 
Baroo  an  EUriohshaiusen. 

Orig.  (R.d.  R.-Kr.-M.62/1M.)  Jassy  den  17ten  9ber  1774. 

Euer  Excellenz  ermangle  nicht  ganz  gehorsamst  einznberichten, 
wie  daß  sich  dieser  Tagen  yon  der  Türkischen  Seiten  ein  Csuhadar  Bej 
dem  neuen  Fürsten  von  der  Moldau  eingefunden  hat,  welcher  einen  Juden 
aus  Chotin  angetragen,  ob  Er  nicht  für  20000  Janitscharen  Proviant  zu 
liefern  auf  sich  nehmen  wolle  auf  welches  der  Jud  geantwortet  Ja,  wann 
Er  von  der  Pforten  durch  einen  Ferman  sicher  gestellet  werde;  womit 
nachhero  erwehnter  Csuhadar  wieder  abgegangen  ist.  Auch  befindet  sich 
schon  seit  etwelchen  Tagen  Bey  dem  Herrn  Feld  Mai-schall  Grafen  Bo- 
manzoff  mit  geschäften  ein  gewisser  Türk  Nahmens  Yaziff  Achmet  Effendi, 
welcher  Bey  der  ersten  Friedens  Negotiation  mit  Commissionen  aus  seiner 
gefangenschaft  von  Petersburg  entlassen  worden  ist. 

Ansonsten  gehet  hier  unter  groß  und  kleinen  die  Rede  von  einem 
Bevorstehenden  Krieg  zwischen  uns  und  der  Pferden. 

Schlüsslichen  habe  die  gnad  Euer  Excellenz  gegenwörttigen  An- 
schluß an  S'^  Excellenz  Herrn  Feld  Marschaln  und  Hof  Kriegs  Raths  Prä- 
sidenten Grafen  v.  Hadik  zur  weitern  hochgeneigten  Beförderung  ganz 
gehorsamst  zu  unterlegen. 


Jassy  den  17*«"  9ber  1774. 


V.  Br.  V.  Barco 

F.  M.  Li, 


LXVI. 
Baroo  an  Hadik. 

Orig.  (R.  d.  R.- Kr.- M.  62/166.)  j^ggy  den  17ten  November  1774. 

Euer  Excellenz  solle  nicht  ermanglen  unterth&nigst  gehorsamst 
einzuberichten,  wie  daß  sich  dieser  Tagen  von  der  Türkischen  Seiten  ein 
Csuhadar  Bey  dem  neuen  Fürsten  von  der  Moldan  eingefunden  hat,  wel- 
cher einem  Juden  aus  Ghotim  angetragen,  ob  Er  nicht  für  20000  Ja- 
nitscharen Proviant  zu  liefern  auf  sich  nehmen  wolle,  auf  welches  der 
Jud  geantwortet  Ja,  wann  Er  von  der  Pforten  durch  einen  Fennan  sicher 


249 

gestellet  werde,  womit  nachhero  erwehnter  Csuhadar  wieder  abgegangen 
ist.  Auch  Befindet  sich  schon  seit  etwelchen  Tagen  Bey  dem  Herrn  Feld 
Marschall  Grafen  Bomanzoff  mit  geschäften  ein  gewisser  Türk  Nahmens 
Vaziff  Achmet  Effendi,  welcher  Bey  der  ersten  Friedens  Negotiation  mit 
Commissionen  ans  seiner  Gefangenschaft  von  Petersburg  entlassen  worden 
ist.  Ansonsten  gehet  hier  unter  groß  und  kleinen  .die  Bede  Ton  einen 
Bevorstehenden  Krieg  zwischen  unß  und  der  Pforden. 

Schlüsslichen,  da  Es  von  Tag  zu  Tag  mehr  und  mehr  scheinet 
durch  die  Einleitung  des  Marsches  der  Armee,  daß  sich  der  Herr  Feld 
Marschall  Graf  v.  Bomanzoff  bey  herannahung  des  zur  Baumung  der 
Moldau  auf  den  21^°  Xber  Bestimmten  Teimins,  noch  vor  Ausgang  des- 
sen, durch  die  hin  und  wieder  für  Ihn  gemachte  quartiers  ohnmerkbahr 
nacher  Pohlen  ziehen  will,  um  denen  zerschiedenen  Klächlichen  Anfällen 
auszuweichen.  —  So  unterfange  Mich  Euer  Excellenz  um  die  hochgnädige 
Befehle  meiner  weitern  Verhaltung  halber  unterthänigst  gehorsamst 
zu  bitten.  .  . 


Jassy  den  17**"  November  1774. 


V.  Br.  V.  Barco 
F.  M.  L. 


LXVU. 

EUriobshaiusen  an  Hadik. 

Orig.    (R.  d.  B.-Kr.-M.  57/411.)  Lemberg,  den  18.  November  1774. 

So  eben  gehet  mir,  das  anliegende  Schreiben  von  dem  Hen-n  Feld- 
Marschall  Lieutenant  Bai*on  v.  Barco  ein,  welches  ich  nebst  dem  Anschluß 
an  Euer  Excellenz  hiemit  unterthänigst  einsende,  zu  gleich  bestehet  mir 
von  dem  in  dem  dieseitigen  Moldauischen  Bezirk  angestelten  Herrn  Ge- 
neral Major  Bai'on  von  Spleny  unter  dem  15**^  dieses  Nachts  10  Uhr  die 
Anzeige,  daß  diese  von  dem  Herrn  Generain  von  Barco  Ihme  zu  vollziehen 
angedeutete  Adleraussteckung  den  Tag  darauf  als  den  16^°  vom  Dniester- 
Fluß  an,  bis  an  den  Ort  Siret  von  diesem  leztern  Ort  an  aber,  bis  an  die 
Siebenbürgische  Gräntzen  der  weiteren  Entfernung  halber,  nicht  ehender 
als  bis  auf  den  18*®°  und  19*®"  gantz  ohnfehlbar  befolget  seyn  werde. 
Womit  also  diese  so  sehnlich  erwartete  Adlers  Aussteckung  der  neuen 
Moldauischen  Gräntzlinie  bis  morgenden  Sambstag  ihre  Bichtigkeit  er- 
langet haben  wird.  .  . 

Lemberg  den  18.  November  1774. 

Ellrichshausen 

G.  F.  Z. 

Arebiv.   LXXVIII.  B4.  I.  Ufclfta.  17 


254 

Der  Erfahrung  gemäß  ist  gegen  die  Türken  der  Gebrauch  der  Ar- 
tillerie das  würksamste  und  ansgebigste  Mittel  sowohl  znr  attaque,  als  zur 
vertheidigung,  wornach  also  gegen  diesen  Feind  bej  einer  unzulänglichen 
Anzahl  Trouppen  solche  durch  ein  größeres  quantum  artillerie  ersezet 
und  hiedurch  zugleich  die  Verpflegung  und  Subsistenz  eines  Corps  d'armee 
zum  merklichen  Vortheil  erleichteret  wird:  Es  wird  dahero  in  Gemäßheit 
dieses  angenohmenen  Sazes  auf  jede  Bataillon  4  und  auf  jedes  Cavallerie 
Begiment  2  Piecen  Geschüzes,  nebst  einem  proportionirten  quanto  an 
Artillerie  und  Munition  zur  reserye  angetragen. 

Zur  Defension  der  Posten  in  dem  hohen  Moldauischen  Gebürge 
und  um  andurch  die  Communication  mit  Siebenbürgen  sicher  zu  stellen 
sind  in  denen  zu  dieser  absieht  daselbst  angeordneten  Yerschanznngen 
Sechs  6  tiSfge  und  Sechs  3  Pfundige  Canons  erforderlich,  welche  aber  auch 
von  Ejsen  seyn  oder  von  der  vorgefundenen  Pohlnischen  Artillerie  her- 
genohmen  werden  könnten. 

Um  noch  weithers  die  Moldauische  Gränze  zu  verwahren,  Depots 
zu  Magazins  nach  allen  Gattungen  zu  Kriegs  Bedürfnissen  anzulegen 
und  in  Sicherheit  aufzubehalten,  wird  in  Antrag  genehmen,  die  Orthc 
Snjatin  und  Okopi  sowohl  wegen  ihrer  voi-theilhaften  Laage  zur  Deckung 
des  Landes,  als  des  minderen  Kosten  Aufwandes  zu  bevöstigen  und 
werden  die  diesföllige  Plans,  und  Aufsäze  ehemöglichst  gehorsamst  unter- 
leget werden.  Als  dann  hat  Stanislawow  keine  weithere,  als  die  deraeit 
schon  vorhandene  Befestigung  nötig,  und  dui'ch  Okopi  wird  sogleich  ein 
Theil  Podoliens  bedecket,  wie  nicht  minder  die  Türkische  Yöstung 
Chotzym,  und  die  dasige  Brücke  über  den  Dniester  zu  allen  Zeiten 
menaciret. 

Mittelst  dieser  beeden  Yöstungen,  und  der  Communication  mit 
Siebenbürgen  verbleibt  Gallicien  von  Seiten  der  Moldauische  Gränze,  auch 
noch  ih  jenem  Fall  hinreichend  verwahret,  wenn  anderweitige  umstände 
erheischen  sollten  die  Trouppen  von  dieser,  und  der  Podolischen  Seithe 
hinweg-  oder  gänzlich  aus  dem  Lande  zu  ziehen  ohne  daß  ein  bedeutender 
Nachtheil  auf  der  Moldauischen  Seithe  jemals  zu  besorgen  wäre,  und  ehe 
und  bevor  man  nicht  dahin  noch  in  rechter  Zeit  zu  Hilfe  eilen  könnte, 
massen,  so  ferne  jedoch  ein  feind  von  daher  eindringen  wolte  selber  sich 
allzeit  der  Gefahr  aussezen  müsse,  durch  die  Siebenbürger  Comunication 
einen  Einfall  in  sein  eigenes  Land  zu  gewärtigen  und  dadurch  im  Bücken 
genehmen  zu  werden. 

Zu  dieser  Comunication  mit  Siebenbürgen  wäre  fördersamst  nötig, 
daß  von  Poserit  in  dem  hohen  Moldaugebürge  bis  an  dem  Siebenbürgischen 
Borgo-Paß^  wo  deimalen,  wieder  im  nachfolgenden  zweyten  Aufsaze  alle- 


deren  in  der  Moldau  sich  befindlichen  R( 


Flügel 


Rogimente 
Bataillon 


Caval- 
lerie 


Infan- 
terie 


o 
o 


S 

u 


CO 

o 

»3 


Äuserster  Avis 
und 
Communications  Post 


Kiritu:  1  Corp.  7  Mann  von  Thürheim. 


Stulpikany:  1  Corp.  7  Mann  von  Thürl 
Bukowicz:  2  Hussaren 


Stupka:  2  Mann  von  Siskowits  .... 
Illisestie :  2  Hussarn 


TTafna!  4  Hussam 


st 


n 


255 

girte  Plan  N®  1  erkläi-et,  nur  ein  Fuß-Steig  existeret,  diese  Distanz  zu 
einem  Furthweeg  zugerichtet  und  mit  dieser  arbeit  im  nächst  künftigen 

1^^  Monath  april,  sobald  es  nemlich  die  Wütterung  verstattet,  ohne  Verzug 
der  Anfang  gemachet  werde. 

Femers  kann  vor  Gallicien  die  standhafte  Zurichtung  der  Strasse 

=  zur  Communication  mit  Hungarn  durch  das  carpathische  gebürg  an  denen 
drejen  Eingangen  von  Yeröczkö  aus  Hungai*n  nach  Skola  in  Gallicien, 
von  Wirowa  aus  Hungarn  nach  Scavne  in  Gallicien  und  von  Bartfeld  aus 
Hongam  nach  Dukla  in  hiesiges  königreich,  als  eine  unumgängliche  Noth- 
wendigkeit  in  billige  Betrachtung  gezogen  worden,  anerwogen  bej  diesen 
drejen  Conmiunicationen  mit  Hungarn  in  friedenszeiten  unter  denen 
hiednrch  erleichtert  werdenden  und  alle  aufmerksamkeit  verdienenden 
Gegenstanden  begriffen:  die  Zufuhr  des  Weines  als  eine  unausweichliche 
Nothdurft  für  Gallicien,  die  zahlreiche  Transports  vor  die  daiinnen  be- 

rlr  quartirte  Siben  Hungarischen  Regimenter,  femers  jene  an  Artillerie 
Munition  und  dergleichen  mehr  wie  dann  auch  diese  route  aus  Gallicien 
durch  Hungarn  nach  Wienn,  und  Triest  um  ein  merkliches  kürzer  als 
jene  durch  Ober  Schlesien  und  Mähren  ausfallen  werde;  noch  vielmehr 

—  aber  verdienet  diese  Communication  zwischen  Gallicien  und  Hungam 
die  Bücksicht  auf  die  Eriegszeiten  nachdeme  die  Communication  nach 
Ober  Schlesien  zu  unterhalten  und  sicherzustellen  allezeit  sehi*  villen 
erheblichen  Umständen  unterliegen  würde. 

Übrigens  verursachen  diejenigen  Trouppen,  so  aus  Gallicien  in 
^  dem  neu'  enclavirten  Moldauischen  Bezirk  vermöge  anfindiger  Cordons 
^ ,  und  Dislocations  Tabelle  Litt.  B.  bereits  eingerücket  sind,  und  wirklich 
auch  vor  die  zukünftige  daselbst  zu  verbleiben  haben,  bey  der  ehehin 
•angetragenen  Dislocation  in  Gallicien  und  Lodomerien  einige  Abänderung 
wie  die  zu  diesem  Ende  abgefasten  hierneben  ebenfalls  sub  Litt.  C. 
-gdiorsamst  angebogenen  Dislocations  Nota  ausweiset,  wodurch  zugleich 
das  S**  Majestät  des  Eaysers  Allerhöchsten  Nahmen  führenden  Chevaux- 
fegers  Begiment  aus  dem  Gebürge  in  die  Ebene  zur  würthschaftlicheren 
'Terpflegung  gezogen,  so  wie  das  Ferrarische  Begiment  aus  ihrer  deimalig 
Oflfstreuten  Dislocirung  an  der  Gränze  von  dieser  Entfernet  wird  und 
urch  der  Desertion  nicht  mehr,  wie  vorhero  ausgesezt  verbleibet. 

Lemberg  den  14**"  Dezember  1774. 

Ellrichs^Hsen 

G.  F. 


Amuerkungeii  sur  Commiin  teatton  der  Holdauisobfln  Irailu 
mit  Siebenbfiigen. 

Orig.    <R.  d.  R.-Kr.-H.  2»/!i  ITTB.)  Leniberg  U.  Deiember  im 

Die  DiBtanz  UDd  Zeit  ErfordeniQß  voa  CiernowitE  an  d«m  Pniä- 
Fliiß  bis  anf  den  Sieben börgi sehen  Bui^-Pafi  ist  aus  der  Anli(?«aiifi 
Strassen -Tabelle  N"  1 '  ereichtlich,  ans  dem  anderweithen  ÄnschlBW  ei^ 
N°  2  *  aber  die  Eintbeiluog  der  diesfällig  -  mefarentbeils  mlas^n  HuxIt' 
Stationen.  Nach  Bothaner  Utu^be-route  theilet  sieb  der  Wee^  b«y  im 
Hnmori-Bach  ober  Monaster-Hnmori  darch  den  Sireth  Thal  nach  &m»- 
witz  und  anderer  Seithe  auf  Kapukodrnlnj,  wovon  dieser  Baeh  nur  eist 
Heile  entfernet  ist,  etwas  vorwärths  desselben  aber  bricht  ein  aD^ni 
Weeg  Ober  Ilie-Seste  anf  Suczawa  heraus,  welchen  man  von  Hninori  te 
Suczawa  in  zwe;  kleine  Märchen  zürBckle^n  kann. 

Die  Distanz  von  Eapukodmluj,  alwo  sich  das  Thal  g^en  Bomi 
in  der  Moldau  Offnet,  bis  anf  den  ersten  SiebenbSi^ischen  Grftnita  fositt 
an  dem  Eosna-Bach  oder  Caseli-Todorkanij  längst  dem  Wass«-,  usd 
ErQmmnngen  bedn^^t  11  ordinari  Meillen. 

Der  Communications  Woeg  in  SiebenbOrgen  wird  von  darinaci 
Ober  den  fioi^-PaO  vorgeschkigen,  weil  dieser  viel  praetieablec,  and  ir' 
laage  nach  angemessen  seyn  solle,  als  jener  Aber  den  Bodoa-PaB. 

Der  Fnhrwe^  gehet  dermalen  bis  Poserit  an  dem  EinfluB  i<t 
Putna-Baches  in  den  Moldau-floQ,  und  ist  vor  alle  Gattungen  von  FdIu- 
werk  practicable  erforderet  aber  einige  reparation  die  mit  50  Ärbeitben 
in  ungeßlhr  14  Tagen  vollzc^en  werden  kan.  Bis  auf  diesen  Punct  hu 
der  eigentlich  Fuhrweeg  ein  End  obwobien  man  noch  ein  StOck  längä 
dem  Putna-Bach  mit  Bauern- Wägen  einen  sehlechten  Weeg  fahrei  bo. 
wo  sodann  der  Fuß-weeg  naeh  dem  Sub  'S'  3  anligenden  Plan  bis  auT 
den  Bo^^  Paß  fortgehet,  dessen  Beschaffenheit  ans  obangefibiln 
Sti'assen-Tabeite  zn  ereeben  ist,  und  wird  von  Foserit  an  bis  an  ili^  ^^ 
SiebenbOrgiscbe  Gränze  mit  300  hOebstens  300  Arbeithern  io  Zeit  vi» 
zween  Monaten  zu  einem  Fuhrweeg  zugerichtet  werden  k&nuea. 

Auf  dieser  Communications  Strasse  in  hoben  gebürge  kan  vor  in- 
malen  das  Unterkommen  fOr  marchirende  Tronppen  nur  Compagiwwi'ill 
angetragen  werden,  jedoch  befindet  sieb  allenthalber   —  f*--:; 


'  Vide  Seite  358.  259.       '  Vide  Seite  258  ,Coiuigiiatiai 


257 

mehreren  ünterkommenii  das  dazu  erfuiderliche  Hob  im  überflübHigen 
Torrathe  in  der  JSÜta. 

Was  die  Subsistente  in  diesem  botien  GebQrge  betrifft,  du  ei-zeugon 
iB   die  Innwobner  kein  eigenes  Getreyd  und  bestehet  der  Yonath  ibrcr  all- 
einigen BedOrfnns  in  dem  sogenannten  kuknitz,  hingegeu  ist  an  Hörn 
and  Scbaf  Vieh,  ingleichen  an  GoflQgel  ein  ÜberflnQ  zu  finden  und  an 
Foarage  etwas  Heu  nnd  Gi-aserey  vorhanden. 
;  Magazins  und  BackiJfen  wflrden  vorzt^ltch  zu  Kimpolong  als  in 

der  Hitte  des  GebOrges,  dann  zu  Hnmori,  wo  sich  der  Communications 
__t_  Weeg   nacber  Czemowitz    und   jener  nach  Suczawa  theilet,    angelcget 
j^  werden  können. 
. ;.  Die  Cordons  und  regpcctive  Dislocations  Tabelle '  der  in  dem  neu 

■j  SDclavirt  moldauischen  Bezirke  dermalen  verlegten  Ti-ouppen  ist  bereits 
.  ij  in  dem  Ersteren  Aufsatz  angeschlossen,  nnd  wird  bey  dieser  nur  noch 
^    gvhoreamst  zu  bemerken  befunden  daO  das  Durlachische  Garnisons  Ba- 
_.:-tailIon  zwischen  Hillnicz  und  Okopi  dann  das  Carl  Colloradische  Garni- 
Bons  Battaillon  In  und  bey  Szalleschik  jenseits  des  Dniestei'  FtuDcs  und 
^.  iwar  Ersteres  TorzQglich  in  der  Absicht  aogestaltig  verleget  seyn,  um 
^^-nm  Station  des  Posten  zu  Prevorodek  mittels  der  gegonOber  aufgefühi'ten 
ftt'^J   Canons  und  der  be;  Händen  habenden  Schiffe,  womittolst  die 
pannscbaft  ei'forderticbenfalls  Qbersezet  werden  kan,  anzudienen,  gleich 
, .  ^me  auch  übrigens  die  beede  Battaiilous  nach  Umständen  entweder  noch' 
.   ii  die  Moldau,  oder  an  der  Fodollschen  Gränze  verwendet  worden  können. 
-  ■  Zur  Sicherstellung   der  Haupt-Posten   des  Moldauischen  Cordons 

_  rv^d  Erdvorschanzungen  angetragen,  womit  aber  der  Anfang  nicbt  mehr 
".. -^  diesem  Jahre  gemacht  werden  kontp,  sondern  solches  bis  auf  das 
'.  .^ähejahr  ausgesetzt  verbleiben  muB:  Inzwischcu  ist  man  beSiessen  go- 
,  :JHeii,  selbige  mit  Pallisaden,  Schanschen  Reithern  und  ein  Schlag  auf 
\,.phack  zu  versehen  und  wird  nur  vor  jetzt  sub  'S'  i  von  dem  Posten 
^Jy  Preworodek  am  Dniester  der  Plan  *  gehorsamst  bejverwahret. 

Die»  Gränze  hat  allerdings  an  diesem  Orthe  des  Dniester  FlnQes 
eti-agen  werden  müssen,  weilen  solche  eines  Theils  mit  jener  von 
dolieo  fast  in  die  Linie  trifft  anderen  Theils  aber  von  da  den  Berg- 
ken des  Bukowiner  Waldes  fortziehet  und  da  der  Posten  zu  Prevo- 
ek  nnr  l'/g  Stund  von  Chotzim  entfeiuet  ist  folglich  am  ersten  einer 
alte 
herhc 


,  Fiti 


(K.  d,  K.-Kr.-M.  23/*».) 

ConsignBtion 

derer  Harcho-Stationen,  welche  vun  Czcrnowitz  bis  nach  SicboabQrgtB 
bestimmet  werden  kannten :  als: 

von  CzernowiU  nach  Kuczur 

„    StircEe 

„    Krainisesty 

„    Parhani 

„    Solonica 

„    Honaeter  Humori 

n    Wama 

„    Posorita 

„    Jakobeny 

„    Doma  Eantreny 

^    alte  Schantz  bey  Dornicaora  Bach 

^    Bui^ser  ContnmaE 

LXXV. 

Strauen  Tabelle  von  GBemovits  nach  Siebenbürgen. 


259 


Die   Weg^e   sind 

1 

Anmerkungen 

Xomina 

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von Berhane  wo  man  den  Sn- 

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cxawa  floß  passiret  wird  ftber 

Soloniea.  Bordestie  bis  Mon*- 

^  ster  Hnmori  bereits  an  dieser 
gebirgigen    Communications- 
Strasse  gearbeithet,  und  solche 

Monaster 

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1 

1 

1 

1 

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1 

Homori 

zu  aller  Gattung  fuhrwerk  «u- 
gerichtet. 

dieser  Weg  geht  S  Mal  durch 
den  MoldawaluB,  welcher  brei- 

Vama 

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ter  und  tiefer  als  obige  beide 

flOBe  ist. 

Kimpolung 

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1  Kimpolung  passiret  man  5  mal 

1  den  Moldata  tuB,  wenn  man 

laber  ftber  die  Strimba  gehet, 

nur  8  mahl  dieses  Wasser  und 

Posorita 

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ist  allhier  noch   etwas  tiefer 
und  bei  Posorita  8  mahl. 

▼on  Jakobeny  passiret  man  18. 

Jakobeny 

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mal   den  Putnabach,   weicher 
aber  klein  und  etwas  steinigt  ist. 

bey  Dorna  passiret   man   die 

Dorna 

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Bistrite  ftber  einen  bereits  vor- 

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stftck- 

sehr 

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handenen  ffuten  Steg  und  so- 
dann 2  mal  durch  den  Dorna 

lantreny 

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fluB,  der  nicht  sehr  betrieb- 

lich ist. 

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Man    passiret   8   mal    obigen 
Dorna  fluB  auf  der  Wiesen  bey 

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1 

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»>raBach 

dieser  alten  Sohanx  wäre  ehe- 

'  mals  ein  Dorf  und  welches  zum 

Behuf  der  Unterkunft  wieder 

wrgo  alte 
Contamaz 

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angeleget  werden  kann. 

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^ota.    Wovon  Warna  bis  an  den  Burg 

o  Pa»8  c 

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Iße  zu  passiren  sind, 

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LXXVI. 

Orig.  (R.  d.  R.-Kr.-M.  23/M  1775  )       Lemberg,  den  14ten  Dezember  1774. 

Anmerkungen 

zum  Beweise,  daß  die  Besorgung  der  Provincial  Angelegenheiten  in  dem 
neu  enclavirten  Moldauischen  Bezirke  gleich  anderen  derley  Gränitzen 
unter  der  Direction  des  Militaris  zu  belassen,  dem  allerhöchsten  Dienste 


260 

nach  der  Laage  de»  Landes  und  den  vorwaltenden  Umstanden  weith  mehr 
angemessen  seyn,  als  solche  durch  die  Civil  Stelle  verwalten  zu  lassen. 
Die  Moldauische,  gleich  anderen  der  Türkischen  Bothmässigkeit  unter- 
woifenen  Provinzen  sind  zu  einem  Militär  gouvernement  angewöhnet 
und  wie  sehr  die  Innwohnern  dieses  enclaviiiien  Moldauischen  Bezirkes 
bey  dieser  Gewohnheit  zu  verbleiben  wünschen,  bewähren  die  bereits  von 
denen  Bojaren,  und  gemeinen  Louthen  ganz  allgemein  geäußerte  Besorg- 
nüsse und  Widerwillen,  daß  selbige  der  Willkühr  der  Civil-Beamten  über- 
geben werden  möchten,  angesehen  sie  von  Selbsten  gar  wohl  einsehen, 
daß  sie  dem  gewöhnlichen  Eigennütze  und  meist  unbescheidenen  Benehmen 
dieser  Civil  Beamten  um  so  mehr  ausgesezet  verbleiben  müssen,  als  das 
Landesgouvernemont  allhier  in  Lemberg  auf  30  und  40  Meilen  weith 
von  den  Ortschaften  dieses  Districts  entfernet  ist,  folglich  die  Abhilfe  in 
ihren  anbringen  und  Klagen  und  die  Justiz  überhaupts  von  langer  band 
anzuhoffen  hätten,  welches  aber  eine  ganz  andere  Gestalt  gewinnen  würde, 
wenn  sie  sich  in  Ein  so  andern  Art  dem  in  Loco  zeitlich  angostelten 
Herrn  generalen  directe  verwenden  und  anmelden  könnten. 

Es  ist  keinem  Zweifel  unterwoifen  daß  bey  dieser  lezteren  Arth 
die  Landes  Inwohnern  weith  mehrere  Neigung  und  vertrauen  zum  Militari 
überkommen  auch  zum  Militar-Stand  und  dienste  sich  eher  herbeylassen 
würden,  welches  dann  noch  mehr  andern  nüzlichen  folgen  in  einem  der- 
gleichen Gränitz  Districte  sowohl  in  Friedens,  als  Kriegszeiten  nothwendig 
hervorbringen  muß. 

Die  vielfaltige  Beyspille  bestätigen,  wie  sehr  ein  unbescheidenes, 
noch  mehr  aber  ein  eygennuziges  Benehmen  der  Beamten  die  Emigi*ation 
der  Insaßen  veimehre,  anstatt,  daß  im  Gegentheil  ein  gelindes  und  denen 
Umstanden  angemessenes  Betragen  sothane  Emigration  und  villmehr  in 
das  Land  hereinzubringen  pfleget. 

In  einer  Gränitz  Provinz  wie  dieser  Moldauische  Winkel  ist,  will 
besonders  zu  Militär  Absichten  für  das  Beste  des  allerhöchsten  Dienstes 
unumgänglich  erforderlich  seyn,  daß  den  Landes  Inwohnern  ein  etwas 
mehr,  als  erträgliche  Contribution  auferleget  werde,  welche  Rücksicht 
aber  bey  einer  Civil-Verwaltung  sehi*  selten  statt  findet,  da  derselben 
vorzügliches  Augenmerk  meistens  nur  auf  die  haare  Geld  Einnahme 
gerichtet  ist. 

Die  Defensiou  der  Gränze  erfordert  über  dieß,  daß  die  Abholzungen 
der  Waldungen  nach  der  Militär  Absichten  bewerkstelliget  werden  könne. 

Zu  den  nöthigen  Comronnicationen  der  Qnartiers-Stationen,  Wacht- 
posten, besonders  aber  zur  Gommunication  mit  Siebenbürgen  sind  die 
Zurichtung  der  Strassen,  die  Brücken  über  die  zerschiedene  Flüsse  und 


261 

Gewässer  besonders  in  den  Thälern  des  hohen  Gebürges,  wo  selbige  zum 
öfteren  zu  passiren  kommen,  nnd  die  Unterhaltung  dieser  Strassen  und 
Brücken  stättshin  unausweichlich  Etablissements  zur  vollen  Zucht,  die 
Einrichtung  der  Bequartiinings  Arth  für  die  Trouppen,  so  zugleich  der 
Defension  der  Granze  und  des  Landes  angemessen  ist,  mithin  weder  dem 
Landmann  zu  beschwärlich  fallet,  noch  bey  Errichtung  einer  Granitz 
Militz  einige  Hindernüß  im  Weege  leget,  die  Vei-pflegung  der  Trouppen 
zu  mehrerer  Wirtschaft  aerarij  nnd  weß  dergleichen  mehrere  Gegenstände 
SU  seiner  Zeit  annoch  vorkommen  mögen,  sind  bey  einer  Provincial-Ver- 
waltong  durch  die  Civil  Beamte  nicht  nur  stätshin  Anstößigkeiten,  Un- 
thnnlichkeiten,  Verzögerungen  und  zum  Nachtheil  des  Dienstes  gerei- 
chenden Versäumnissen  ansgesezet,  sondern  es  lehret  auch  die  Erfahrung, 
wie  sehr  dieser  Satz  in  der  Würklichkeit  gegründet  seye. 

Endlichen  unterfange  ich  mich,  ganz  gehorsamst  vorzustellen,  wie 
PS  seiner  Zeit  allerdings  sehr  nüzlich  und  bedeutende  folgen  für  den 
allerhöchsten  Dienst  hervorbringen  würde,  wenn  die  aus  dem  moldauischen 
Winkel  zu  ziehende,  bishero  ohnedies  allen  ärarischen  Gassen  unbekante 
und  folglich  auch  unmerksame  Einkünfte  als  ein  Extra  fundum  für  die  in 
Gallicien  angetragene  10  leichte  Cavallerie  Regimenter,  um  selbe  auf  den 
Kriegsfuß  zu  sezen  und  stätts  dabey  zu  erhalten  zu  bestimmen  und  ver-  * 
wenden  zu  lassen  allergnädigst  verwilliget  werden  solte. 

Lemberg  den  14**°  Dezember  1774. 

Ellrichshausen 

G.  F.  Z. 

Lxxvn. 

Baroo  an  Hadik. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  62/1   1775.)  Czeraowitz  den  löton  Xbris  1774. 

Euer  Excellenz  habe  die  Gnad  unterthänigst  gehorsamst  einzu- 
berichten,  daß  nachdeme  sich  die  Bussische  Armee  schon  völlig  in  Marche 
gesezet  hat,  und  die  Regimenter  aus  Jassy  den  11*®°  dieses  aufzubrechen 
beordert  worden  sind,  auch  der  Herr  Feld  Mai-schall  Graf  Bomanzoff 
diesen  Tag  von  dannen  nach  Mohilow  abzugehen  sich  vorgenohmen  hat, 
^  hab  Ich  mich  auch  um  aus  dem  gedräng  zu  kommen,  Tags  vorhero 
als  den  lO*®'^  dieses  von  Jassy  wegbegeben  und  einsweillen  in  den  neuen 
Cordon  hieher  nach  Czemowitz  gezogen  um  allda  Euer  Excellenz  weitere 
^ige^  Befehle  unterthänigst  einzuwartten. 

Nach  meinem  Abgehen  von  Jassy  haben  die  dasigen  Regimenter 
wieder  ordre  zum  halt  bekommen,  wegen  der  üblen  Witterung  und  der 


l 


262 

an  vielen  Orten  durch  das  Eiß  weggerissenen  Brücken.  Bis  solche  wieder 
zurecht  gerichtet  seye,  und  damit  die  Begimenter  eines  von  dem  andern 
wehrenden  Marche  nicht  aufgehalten  werden,  Es  därfte  also  wohl  auch 
der  Herr  Feld  Marschall  Graf  Bomanzoff  um  ein  paar  Tage  sp&tter  in 
Mohilow  eintreffen,  Ich  hahe  mich  von  demselben  noch  gar  nicht  beur- 
laubet, sondern  Mir  ausgebetten  in  besagten  Mohilow  nochmahlen  per- 
sönlich aufzuwarten.  —  Wie  bald  Ich  demnach  die  Mir  von  Euer  Excelleni 
unterthänigst  ausgebettene  weitere  gnädige  verhaltungsbefehle  erlange, 
werde  versprochener  massen  dem  Hen*n  Feld  Marschall  Grafen  von  Bo- 
manzoff in  Mohilow  meine  Persönliche  Aufwartung  abstatten,  mich  von 
selben  beurlauben  und  sonach  mich  dahin  verfügen,  wohin  mich  Euer 
Excellenz  gnädige  Befehle  weitera  berufen  werden. 

Ansonsten  hab  Ich  noch  vor  meinem  Aufbruch  aus  Jassy  verschie- 
dene Siebenbflrgische  Emigranten  die  sich  ihrer  Bflckkehr  halber  bey  mir 
gemeldet  haben,  Paßporter  zurückgelassen  und  zugleich  den  Moldauer 
Herrn  Fürsten  Giga  angegangen,  an  die  Landtes-Stellen  die  Befehle  er- 
gehen lassen  zu  wollen,  auf  daß  diese  Leuthe,  welche  Theils  aus  Mangel 
des  Viehes,  Theils  wegen  der  Unsicherheit  auf  denen  Strassen  bey  gegen- 
wärtigen Ausmarche  der  Bussischen  Armee  sich  noch  eine  Zeit  lang  hier 
im  Landt  aufzuhalten  bemüssiget  sind,  zur  Zeit  wann  solche  zurückkehren 
keiner  Orten  aufgehalten  werden  mögen.  Bey  eben  dieser  Gelegenheit 
hab  Ich  in  der  Besagten  Fürsten  seine  Kanzley  in  einem  Schreiben  ent- 
decket, daß  die  Türken,  gegen  die  von  uns  beschehene  occupirung  eines 
Theiles  von  der  Moldau  den  Kopf  neigen,  und  diesen  Fürgang  dem  Publice 
mit  verschiedenen  Fai'ben  abmahlen;  Schlüsslichen  ftge  deme  hier  noch 
unterthänigst  bey,  wie  daß  Ich  eine  General  Karte  überkommen  hab,  die 
sehr  exact  ist,  welche  enthaltet,  einen  Theil  von  Pohlen,  ganz  Moldau, 
Besserabien,  die  Walachey  bis  an  den  Alt  Fluß,  und  Jennseits  der  Donau 
von  Bulgarien  soweit  die  Bussen  daselbst  ihre  Operationen  gefühi't  haben, 
diese  Karten  werde  nun  suchen  hier  aus  dem  Bussischen  in  das  Deutsche 
übersetzen  zu  lassen  und  sonach  Euer  Excellenz  zui*  hohen  Einsicht 
unterthänigst  einzureichen. 

Czernowitz  den  15**"  Xber  1774. 

V.  Br.  Barco 

i .  M.  L. 


263 

Lxxvm. 

Baroo  an  Hadik. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  13/227.)  Cserkow  den  19t«n  Jänner  1775. 

Euer  Excellenz  habe  die  Gnad  audorch  nnterthänigst  gehorsamst 
zu  berichten,  daß  nachdeme  der  Hen*  Feld  Marschall  Graf  von  Eomanzoff 
seine  Abreiße  aus  der  Moldau  bis  nach  beschehenen  yöUigen  Ausmarsche 
der  Armee  verzögeret  hat;  Ich  mich  dann  auch  in  so  lang  auf  der  Granze 
ohnweit  Csemowitz  zu  Satagura  in  der  Absicht  aufgehalten  hab,  daß 
wann  allenfalls  wehrenden  Marsche  der  russischen  Trouppen  einige  An- 
st^sigkeiten  vorkommen  sollten  (wie  wohlen  sich  im  geringsten  keine 
geäusseret  haben)  solche  sogleich  beylegen  zu  können.  Von  wannen 
nachhero  wie  Ich  des  Herrn  Feld  Marschall  sein  Aufbruch  aus  der  Moldau 
nacher  Mohilow  vernehmen,  auch  dahin  abgegangen  bin,  allwo  Ich  den 
12.  d.  eingetroffen  und  den  14^*^  darauf  auch  der  Herr  Feld  Marschall 
Graf  Bomanzoff  dahin  eingelanget  ist,  bey  welchem  Mich  zwey  Tag  über 
aufgehalten,  so  nach  von  solchen  gänzlich  beurlaubet  und  den  16^^^  d. 
von  dannen  meine  Beyse  wieder  weiters  nacher  Lemberg  fortgesetzet  hab, 
allwo  Ich  den  25**°  d.  sicher  eintreffen  werde.  Bey  gegenwärttiger  Ge- 
legenheit sagte  gedachter  Herr  Feldt  Marschall  unter  andern  zu  Mir  Er 
hat  vernehmen,  daß  sein  Hof  hätte  haben  wollen,  daß  der  unsrige  die 
ganze  Moldau  occupiren  solte  und  fragte  Mich  zugleich,  ob  mir  hierwegen 
was  bekannt  seye,  worauf  Ich  geantwortet,  dass  mir  davon  nichts  wis- 
send seye. 

Ansonsten  habe  Ich  zu  Mohilow  vernehmen,  daß  sich  zu  Bubno 
wieder  eine  neue  Conföderation  anspünnet  und  daß  die  2  Yestungen 
Bendern  und  Chotin  nicht  eher  an  die  Türken  wieder  zurückgegeben 
werden,  als  bis  daß  die  Yestung  Kinborn  in  der  Krim  geräumet  seyn 
wird,  welche  Bäumung  hingegen  anjetzo  gleich  nicht  geschehen  könne, 
weil  aus  besagter  Yöstung  die  Besatzung  mit  ihren  Famillien  bey  gegen- 
wärtiger harten  Winterszeit  abzuziehen  nicht  im  Stande  seyn,  bis  wohin 
also  auch  noch  die  Bussen  Bendern  und  Chotin  besezt  halten  und  so 
wird  auch  die  Armee  aus  Fohlen  unter  4.  Monaten  nicht  ausmarchiren. 

Wonebst  Euer  Excellenz  unterm  31^°  Dezember  an  Mich  gnädig 
erlassenen  Befehl  Schreiben,  nnterthänigst  gehorsamst  bestättige  zu  ge- 
borsamster  Folge  dessen  nicht  ermanglen  werde,  die  erwehnte  Karten, 
welche  eben  anjetzo  noch  in  der  Übersetzung  ist  gleich  nach  dessen  Ver- 
fertigong  nnterthänigst  einzusenden;  Belangend  diejenige  Siebenbür- 
gischen  Emigranten,  welche  sich  ihrer  Bückkehr  halber  bey  mir  gemeldet 


264 

und  denen  Ich  zu  dem  Ende  passpoi*te  eriheilet  hab,  haben  sich  die 
meisten  entschlossen  in  den  neu  occupirten  Antheil  von  der  Moldan 
zurück  zu  gehen  wovon  dem  hiesigen  hohen  General-Commando  dio  An- 
zeige gemacht,  und  von  dannen  hierwegen  das  nöthige  vorgekehret 
worden  ist. 

Cserkow  den  19^"  Jänner  1775. 

Vincenty  Baron  v.  Barco 

F.  M.  L. 


LXXIX. 
Ellrichshausen  an  Hadik. 


Orig.   (R.d.R.-Kr.-M.  62/J.)  Lemberg  den  26ten  jxnn.  1775. 

Mittelst  Euer  Excelienz  gnädigen  Zuschrift  vom  10^°  abeilenden 
Monats  geruheten  Hochdieselbe  mir  unter  anderen  zu  vernehmen  zu 
geben,  was  massen  S®  Majestät  wegen  der  angetragenen  Communications- 
Eröfnung  mit  Siebenbürgen  annoch  detaillirtere  Ausweisen  anverlanget 
haben,  welche  Euer  Excellenz  zukommen  zu  machen  seyen,  allermassen 
Allerhöchst  gedacht  S®  Majestät  nach  genohmenen  Local- Augenschein  so- 
thane  Communication  nicht  so  leichte  solid  herzustellen  erachten. 

Um  mich  nun  hierunter  pflichtschuldigst  zu  äußern,  solle  ich  hie- 
mit  in  Verfolg  meines  letzthinnigen  Berichts  vom  14*®°  Xbris  abbin  ge- 
horsamst bemerken,  daß  ich  damahls,  wie  ich  in  kurz  gedachtem  Monat 
den  Moldauisch  enclaviiiien  Bezirk  bereiset  hatte  die  Zurichtung  der  Com- 
munications Strasse  von  der  7  bürgischen  Qrenze  bis  nach  Kloster  Humori 
des  vorgefundenen  häufigen  Schnees  halber  nicht  so  genau  untersuchen, 
sondern  nur  so  vieles  beurtheilen  können,  daß  einen  großen  Theil  der 
Passage  über  daselbstige  Gewässer  durch  die  Eingrabung  eines  Fuhr- 
weges in  die  Berge  ausgewichen,  und  andurch  die  Anzahl  deren  niedri- 
gen zu  erbauenden  Brücken  verminderet,  so  mit  auch  die  Beysorge  des 
zum  öfteren  sich  ereignenden  Verderbs,  oder  Einsturzes  dieser  letzteren 
aus  dem  Weege  geräumet  werden  könnte.  Ueber  den  Suczawa  Fluß  hat 
zwar  der  Herr  Obristw.  Mieg  die  Brücke  bey  Borhaucz  angetragen  nach 
meiner  letzt  genohmenen  Einsicht  aber  würde  solche  bei  Berliszen  mit 
einem  zweyfach  größeren  Vortheile  errichtet,  allermassen  andurch  die 
Route  um  zwey  Meilen  von  der  Grenze  weiters  entfernet  und  folglich  in 
mehreren  Sicherheit  gesezet  wird,  welches  allhier  von  darumen  gehorsamst 


265 

anzofOliren  ünde,  weilen  es  anduich  in  den  nnterm  14^*°  elapsi  8ub- 
missest  eingesendeten  Marche-Stationen,  und  Strassen-Tabelle  in  so  weit 
eine  Abänderung  gewinnet. 

Auf  dieser  Siebenbürgischen  Communications-Strasse  ergeben  sich 
iwey  Haupt-Punkten,  die  gleichsam  die  Thüre  zu  dereelben  Ein-  und 
Ausgang  vorstellet,  nemlich  der  eine  am  Fuß  des  Humori  Berges  Morti- 
ollo^  gura  ti'umoli  genannt  so  zwischen  Monaster  Humori  und  Pordieste 
liget,  der  andere  hingegen  bey  dem  Humori  Strassen  Wiithhaus  am  Mol- 
dawa  Fluß  ungefähr  eine  halbe  Stund  yon  Monaster  Humori  entfernet, 
wo  die  Strasse  von  Wama  hero  nach  Eapokodruli  in  das  Thal  von  Boman 
sich  ziehet. 

Bey  diesen  beeden  Haupt-Punkten  werden  meines  unmaßgebigsten 
Dafürhaltens  nach  Solide  Forts  und  Bedeuten  erforderet,  die  allen  An- 
fallen wiederstehen,  und  wegen  ihi'er  vortheilhaften  Laage  auch  auf  solche 
Art  zugerichtet  werden,  das  Soutien  und  die  Aushielf  an  Trouppen  aber 
von  der  Tbürgischen  Seite  her  zu  allen  Zeiten  unbehindert  erhalten 
kOnnen. 

Sollte  über  dieses  Allerh(k^h8ten  Orts  annoch  ein  mehreres  detail  in 
Ansehung  der  Communications-ErCfnung  mit  7bürgen  anverlanget  wer- 
den, so  erbitte  ich  mir  von  Euer  Excellenz  den  gnädigen  Finger-Zeig, 
worinnen  solches  eigentlich  zu  bestehen  und  auf  welche  bestimmte  Gegen- 
stände es  sich  zu  erstrecken  hätte,  wobey  jedoch  auf  dem  letzteren  Falle 
vorläufig  nicht  verhalten  kann,  daß  in  so  lange  nicht  das  Eis  gebrochen 
and  die  Witterung  leidentlicher  werden  dörfte,  in  Sachen  eine  standhafte 
Untersuchung  anzustellen^  und  den  genauen  Augenschein  zu  nehmen 
nicht  wohl  thunlich  seyn  werde. 

Bei  dieser  Gelegenheit  erlauben  Euer  Excellenz  die  wesentlichen 
Vortheile,  so  mittelst  dieser  Gommunication  ei-zillet  werden  können,  etwas 
näher,  als  in  meinem  letzteren  beschehen,  bei*ühren  zu  dörfen,  es  bestehen 
solche  vorzüglich  darinnen  daß 

l»o  zu  allen  Zeiten  die  Trouppen  aus  7bürgen  gezohen,  in  die 
Thäler  von  Boman,  Suczawa,  und  Sireth,  wo  ein  ei*giebiger  Yon'ath  an 
Bauch-  und  grüner  Füttei*ung  sich  vorfindet,  verleget,  und  alle  Bispo- 
sitiones  zu  denen  vorzunehmenden  Operationen  angekehret  werden  kön- 
nen, ohne  daß  der  Gegentheil  das  mindeste  davon  zu  entdecken  veimag. 
In  jener  Communications-Strecke  von  Tbürgischen  Grenze  bis  an  den 
Hnmori  Pass  können  Magazine  mit  aller  Sicherheit  angeleget  werden. 
Wenn  alsdann  zu  einem  offensiven  Krieg  gegen  die  ottomanische  Pforte 


I  -SB  Monticello  gara  dromnlui. 

Arekir.  LXIVUI.  Bd.  I.  H&lft«.  18 


266 

in  dem  enclavirten  Moldauischen  Bezirk  ein  Corps  d'arm^e  formiret  wird, 
so  mnO  dieselbe  ihre  Macht,  die  sie  in  verwichenen  Kriegen  jedesmahl  in 
Toller  Maaß  gegen  Hnngarn,  nnd  dem  Temeswarer  Banat  alleinig  ange- 
wendet hatte,  zertheilen,  um  die  Wallachey  zu  schützen,  nnd  bey  weiteren 
Vordringen  der  diesseitigen  Trouppen  an  die  Donau  wird  dieser  Feind  ge- 
nötiget, sich  Yon  den  Hungarischen  Grenzen  zu  entfernen,  und  um  seinen 
Bücken,  und  die  Ck)mmnnication  mit  seinen  Ländern  sicher  zu  stellen 
sich  nach  Widdin  und  Silistria  zurückzuziehen,  hiedurch  aber  den  diessei- 
tigen Unternehmungen  auf  der  Seite  von  Belgrad  nnd  Bosnien  freye  Hand 
zu  lassen.  Solte  es  sich  ergeben,  daß  der  diesseitige  Allerhöchste  Hof  mit 
dem  Bussischen  gemeinschaftlich  gegen  die  Pforte  zu  Werke  gienge,  so  kann 

2^^  diese  Tbürgische  Communication  vieles  beytragen,  dass  sich  die 
türkischen  Truppen  ohne  bey  einer  ernstlichen  Erwartung  sich  zu  yer- 
weillen,  aus  der  Wallachey  über  die  Donau  sich  zurückziehen,  und  andurch 
die  Festungen  diesseits  dieses  Flußes  ihrem  Schicksaal  überlassen  müssen. 

3***  Wenn  bey  einem  Defensiv-Krieg  mit  dem  Türken  die  dies- 
seitige Truppen  aus  der  Moldau  zurück  nach  Glallicien  gedrücket  würde, 
kann  der  Feind  dennoch  niemahls  mit  Würksamkeit  in  Pokutien  Tor- 
dringen  wo  derselbe  nicht  ehevor  der  Tbürgischen  (Kommunikation  halben 
seinen  Bücken,  und  sein  eigenes  Land  sicher  gestellet  hat. 

4^  Hat  ein  Corps  d^arm^e  in  der  Moldau  noch  diesen  wesentlichen 
Yortheil,  daß  es  hinlängliche  Subsistenz  findet,  nemlich  die  Bauh  und 
grüne  Fourage  in  der  Moldau  und  Wallachey,  wovon  die  Bussisch-Eaiser- 
liche  Arm^e  im  erst  abgewichenen  Krieg  den  vollen  Beweis  gegeben  hat. 
Das  Getreid  aus  Galicien  und  Pohlen,  ingleichen  aus  7bürgen,  dann  das 
Schlacht-Vieh  und  Schaafe  im  Überfluß  so,  wie  den  Wallachisch-  nnd 
7bürger  Wein.  In  betracht  der  reichlichen  grünen  Fütterung  kann  die 
Ochsen  Bespannung  zu  Fuhrweesen,  die  Moldauische  und  Wallachische 
Gebürgspferde  zu  Fortbringung  der  Zelter  statt  der  Manlthiere  ge- 
brauchet werden,  wobey  die  Zufuhr  auf  den  Dniester  und  Pruthfluß  an- 
noch  zustatten  kommet,  womach  mithin  der  Aufwand  zum  Unterhalt 
einer  Arm^e  in  dieser  Gegend  um  ein  merkliches  geringer,  als  in  anderen 
Ländern  sich  erweisen  wird.  Wenn 

5^  bey  einem  Ki*ieg  gegen  die  Bussen  diese  letztere  gegen  die 
k.  k.  Erblande  vorzuschreitten  im  Stande  wären,  müßen  sie  zuvor  ihre 
Depots  in  Pohlen  in  Sicherheit  wissen,  woferne  sie  solche  durch  die  Com- 
munication aus  Tbürgen  keiner  Gefahr  aussetzen  weiten,  und  dafeme 

6**»  bey  einem  Krieg  gegen  den  König  von  Preussen  dieser  wieder 
vermuthen  Mittel  finden  solte  in  Gallicien  die  Oberhand  zu  gewinnen, 
nnd  dabey  von  dem  Gebürg  Passagen  aus  Hungam  oder  Tbürgen  Meister 


267 

zu  seyD,  so  kann  derselbe  doch  niemahls  den  Einmarche  der  diesseitigen 
Truppen  dordi  die  7bürgischen  Communikation  nach  Pokutien  ver- 
hindern, bevor  ab  mann  selbige  durch  die  Befestigung  Snyatin  daselbst 
einen  oppny  finden,  um  falls  auch  der  König  von  Prenssen  in  Kriegs- 
zeiten die  Oberhand  in  Pohlen  erlanget  hätte,  kann  derselbe  wegen  der 
Tbflrgischen  Communication  seine  Rimonten  aus  der  Moldau  und  dem 
Bepublikanischen  Kiover  Palatinat  niemahls  mit  Sicherheit  an  sich  brin- 
gen. Endlicher  werden 

7"^^  die  Yortheile  so  sich  durch  die  TbQrgische  Communication  dar- 
biethen  bey  den  beeden  Fürsten  in  der  Moldau  und  Wallachey  eine  Beweg- 
ürsache  mehr  ausmachen  sich  viefeher  um  die  k.  k.  Protection  zu  be- 
werben als  sich  der  Gefahr  auszusetzen  von  dieser  Seite  Ihnen  ihre  Ab- 
neigung zu  allen  Zeiten  empfinden  zu  machen.  .  .  . 

Lemberg  den  26*«"  Jänner  1775.  r^,,  .  ,    , 

EUrichshausen 

G.  F.  Z.  M. 

LXXX. 

Anmerkungen  bu  denen  Versohantsungen.  ^ 

Orig.   (K.  A.«  d.  B.-Kr.-M.)  Ciseraowitz,  den  Sten  Febr.  1775. 

N®  1.  Prevorodeck  hat  zur  Absicht  die  Versicherung  dieses  postens, 
gegen  einen  insult  der  benachbarten  Chotymer  garnison;  dieses  ändert 
sich  aber  dermahlen  nach  denen  auf  aller  Höchsten  Befehl  in  den  Cordon 
eingeschloßenen  dominirenden  Anhöhen  ab,  und  wird  daselbst  eine  solide 
Verschantzung,  wohin  die  natur  eine  sehr  vortheilhafte  laage  aubiethet, 
vonnöthen  seyn. 

N®  2.  bojana  Samlina,  ein  avisposten  von  bojana  blesj,  zum  pa- 
trouilliren  gegen  Bohatin,  und  observirung  des  abgegebenen  Mühlen- 
weegs  am  Niester. 

N®  3.  Bojana  blesj  zu  Sperrung  der  Chotymer  Landstraßen,  an 
einen  orth,  wo  sich  schon  fast  alle  dorf  und  waldweeg  concentriret  haben. 

N^  4.  Dial  mare  beresova,  Ein  Hauptposten,  sowohl  zu  Sperrung 
eines  Grofien  wiewohl  schlechten  weegs  nach  Dersavenetz,  als  auch  zur 
einsieht  in  jennseitige  Gräntzen  wozu  dieser  posten  eine  sehr  schöne 
laage  hat,  da  er  aber  etwas  weith  avanturiret,  so  ist  noch  dieser  weeg  an 
dem  steilen  poru  Herezuluj  verhauen  worden. 

N^  5.  Harlusza  ein  avisposten  von  Fontina  saukj,  zu  observirung 
eines  schlechten  Fußsteiges  nach  Dersavenetz,  welcher  unten  verhauen  ist. 


*  Tide  die  PUne. 

'  K.  A.  —  Karten- Archiv.  Btikowlna  Landeskunde.  Kasten  12.  EnveloppeVIa. 

18* 


1 


268 


N*  6.  Fontoa  sukj,  zu  Sperma  dtm  Gni»  mad  mhr  beqiiem«i  . 
weegs,  welch«-  tob  Dobnoots  d<*n  Bukowina  wiU  tnTerain<  nd  skk 
in  viele  jennsettigie  Dörfer  aasbratliet. 

N®  7,  Cxenuokj  ein  STispoetPn,  vor  4lie  in  Cier&uks  beqnartirte 
Compagnie,  selbigen  »o  Tiel  Zeit  Gewinn,  Z«  nucben  sidi  fomiren  n 
können,  und  die  rfickwirtsliegende  Yerfa«  xa  beaetiem. 

N*  8.  BojanA  Koeotnuu  ein  Haubtposten  xn  spermng  eines  6fo6en, 
und  verschiedener  Kleiner  Waidwe«ge,  welche  von  Sadagnn  diesen  theil 
des  Bukowina  wmlds  traversiren,  und  alüiier  vereinigt  sind. 

K*  9.  Stanahora  Ein  Hanb-avisposten,  welche  von  Snjatin  auf 
Chotjm  und  Jassj  gehet. 

K*  10.  Verschan txnng  von  Zocxka  xu  Yernchemng  d««n  quar- 
tieren, und  Sperrung  obiger  Landstraßen,  wo  ra  besonders  der  mahlen 
dieser  platz  wegen  nähe  deren  habitationen  fftrgewihlet,  und  indefien  die 
2  redonten  förmlich  verfertiget,  die  öbrige  linien  und  redans  aber  eine  in 
einen  ausgeworfenen  graben  bestehen,  indenen  zu  einer  besonders  soliden 
Yerschantznng  etwas  weithers  vorwärts  eine  vortheilhafie  laage  vor- 
findig ist. 

Das  Dorf  Zucika  ist  wegen  seinen  sehr  conpiri  und  Morastigen 
boden,  schon  fast  natüiüch  gegen  einen  Einbruch  gesichert,  dahero  aoch, 
es  mit  einem  Verhau  noch  beOer  zu  verwahren,  bifi  auf  weitheren  Fall 
der  Nothwendigkeit  aufgeschoben  worden,  der  Stana  hora  graben,  der 
theilß  hohe  Ufer  hat,  theilß  sehr  morastig  ist,  ist  auch  durch  äb^bnng 
der  weeg  und  Verhau  noch  mehr  versichert  worden. 

N®  11.  Czemowitxer  Schantze,  Ein  alarm  Platz,  vor  den  in  Czer- 
nowitz  bequartirte  Trouppe,  da  dieses  orth  Selbsten  wegen  seiner  zer- 
streuten, und  unvortheilhaften  laage  keiner  Verschantzung  fähig.  Dieser 
punct  kann  auch  dienen  eine  weithers  oberhalb  geschlagene  Communi- 
cations Brücken  über  den  Pruth  Fluß,  alß  ein  in  dem  Klokutzka  Thal  an- 
zulegendes Magazin  and  Beckerey  zu  decken,  und  kan  diese  Verschantzung 
nach  Maas  aller  dieser  umstanden,  und  der  nach  obigen  orth  bestimmten 
gamison  rückwärts  mit  pallisaden,  oder  Erdwerk  gesdiloßen  und  in  an- 
sehung  des  beträchtlich  steilen  berges  sehr  gut  versichert  werden. 

N^  12.  Mamornitze  ein  avis  posten,  auf  der  Landstraße  nach  Jassy 
um  diese  straße  gegen  leichte  Streif ereyen  zu  dedcen. 

N®  13.  Lukawetz  ein  avis  posten  auf  dem  ziemlich  Großen  und  ge- 
triebenen weeg  welcher  von  Buda  kommt,  deßen  man  sich  auch  bedienen 
kann,  wann  man  aus  dem  Sireth  thal  den  Kutsurer  wald  ausweichen  will. 

N®  14.  Treholuj  Schantze,  dieses  wäre  eine  sehr  alte  ruinii-te 
Schantze,  welche  dermahlen  nur  verbeßert  worden,  und  wohin  die  von 


j 


269 

Jassj  iLommende  Landssii'aße,  und  alle  jennseitige  dorfweege  eingeleithet 
werden  können,  wann  man  die  übrige  über  den  mit  hohen  jQfern  verse- 
henen und  morastigen  Treholujbach  unbi*auchbar  machen  will. 

N®  15.  Sirether  Bedouten  zu  Sperrung  des  Sirets  thals  gegen  eine 
incursion. 

N^  16.  Boduszener  schantze  ein  avis  posten,  an  der  Landstraße 
von  Jassj. 

N^  17.  Berhauczer  linie  zu  Sperrung  des  Suczava  ThalO  gegen  eine 
incursion. 

N<*  18.  Yerschantzung  und  Verhau  in  dem  Humori  Thal,  zu  Ver- 
sicherung der  communication  mit  Siebenbürgen,  und  Sperrung  des  Großen 
Landtweegs,  welcher  sich  von  Eoman  in  dieses  thal  ziehet,  dahero  dann 
auch  dieses  thal  alß  ein  Haubt  Gegenstandt,  ein  besonderes  augenmerk, 
und  eine  recht  sehr  solide  Bevestigung,  welche  in  dieser  rauhen  winters 
Zeit,  noch  nicht  die  nöthige  Vollkomenheit  hat  erlangen  können  verdienet. 

N®  19.  Bistritza  Verhau  hat  die  Absicht  dieses  Thal  zu  sperren, 
weldies  zwar  nur  durch  den  engen,  und  felßigten  Grund  einen  schröck- 
baren  Fußsteig  hat,  der  sich  aber  vermittelst  dieses  Thalß  über  Piatra 
bis  in  die  Moldauische  Ebene  ziehet,  um  also  vollkommen  diese  communi- 
cation zu  versichern. 

Außer  diesem  ist  von  S'  Excellenz  dem  Commandirenden  Herrn 
Generalen  an  dem  Fuß  des  Humorj  bergs,  ein  vortheilhafter  punct,  auf 
dem  Monticello  gura  Trumuluj,  zu  einer  Verschantzung  und  deckung 
dieses  debouchöes  fürgewählet  worden.  Wie  dann  auch  ferners  der  berg 
von  Grenisestj  mir  ein  Vortref  lieber  punct  zu  einer  Haubt  Verschantzung 
scheinet,  sowohl  die  communication  von  Siebenbürgen  die  bey  Berliszen 
projectirte  Suezaver  brücken,  alß  auch  den  offenen  Landesstrich  zwischen 
Suczava  und  Sireth  fluß  zu  decken. 

Czernowitz  den  3*®°  Febr.  1775. 

Mieg 
Obristwachtmeister  vom  General  Staab. 

LXXXI. 
Kaunitz  an  den  Hof  kriegs-Bath. 

Orig.   (R.  d.  R.-Kr..M.  41/27.)  Wien  den  6t«n  Februar  1775. 

Nota. 

Den  anhero  mitzutheilen  beliebten  original  Bericht  des  Sieben- 
böigischen  General   Gommando    stellt    man    einem  Löblichen  kaiser- 


270 


».  iii  4er  k.  k.  Hof 


iKiGZ5^«s  Irrong««  laf  ene  wM«  «ai  iiiitifte  Art 


Um  iiftiküvft  MS»  Uöikk»  bTscfikbem  SKä  k«a^^ 
Sjtks Ti.lx.aoKa  T«r9taai«ft.  ond  fi^  bv  Bock  des  ÜBsUad  Wj,  di0 
4cr  Ftm  ^  Wal!acfa*7  S'ick  imma^  fortfiüff«  ««««•  Bttedicfe  ab  tker- 
imgcttJ^  B*»^*»  T'-a  9^tn>r  vakres  I>eT<.Hi«>B  xb  g^kea.  tob  4tem  Vbttitm 
m  4cr  MÄiiB  aSn^  ü<»  Eri^kkternBf  odn-  EnckvoBB^  der  nt  der  Pforte 
aBf»«t^6>-3-*-B  B^-TüL^r  R^^taadluBg  ib  vi^lf^B  SlöckeB  akkasg«  BBd  da- 
her»  fcr  4**b  AIl^r!iv<h«v&  Di^^-Bst  <«lir  er^n^ffiek  si^j,  dea&elbeB  aik  bot 
immfiT  th?nl:<iw'  B&tk«i*:ü:  zni  AchtBBg  zu  bexeogMU  vekkes  bc90Bd«fs 
dem  in  d^m  Bokowin^^r  District  befiadlkk^^B  Militari  BJtkdiBtksaattt  aB- 
ZG^rapMikB  wai>>. 

WieB  kn  6"*  F*^>niar  1775. 

KaBBitz  fiittberg. 

LXXXII 

Faiiwr  Joseph  II.  bb  Hadik. 

Eifc&ii.  /R.  d.  R-Kr.-M.  9^  €9.)  Win  dn  6tt>  Horan^  177ä. 

Liefier  Feld  Marschall  Hadik. 

Da  das  so  stark  aBgewarhseae  GaniisoBS  BcgiiBeBt  xb  Tcaesvar 
eiaige  Abiademag  zu  erfordera  flcketae^  oad  der  aese  Bakowiaer  Besirk 
ia  Bokotiea  eiae  Art  tob  Tmppea  erheisdiea  wird,  wekbe  mittelst  Hai- 
toag  der  Sanitäts  Postea,  ia  d^^ai  Dieaste  aicht  so  wie  aadere  geibt  wer- 
dea  kdaaea,  so  habea  sie  Mir  eiaea  Yorsdilag  samt  des  Hof  kriegs  Batks 
Meianag  herauf  zn  gebea,  ob  oad  wie  aus  dem  aajelao  ia  Teaiiswar  Tor- 
baadeaea  gnaraisoBS  Begiaieate,  deaea  ia  Haagara  oad  Sdaroaiea  da- 
tob  zerstodteh  rerlegtea  G>mpagaiea  sammt  deaea  ia  Pküipsbcrg  oad 
dem,  Back  deaen  Ken  zote^eadea  Maoth  Aastahea  rieDeickt  aafrabebea 
Bi(Kglifbeii  Desertioas  CorJ*>n  ia  B$faBiea  oad  Mikrea;  wie  also  aas  aOea 


271 

diesen,  zwey  guarnisons  Regimenter  errichtet,  mit  officiren  versehen,  und 
eines  davon  ganz  mit  18  Compagnien  nacher  Gallizien  in  die  Bukowina 
verleget,  das  andere  ganz  in  Temisvar  verblibe,  nur  wäre  zu  bemerken, 
daß  dasjenige  Regiment,  so  in  die  Moldau  zu  stehen  kommete,  mit  lauter 
gedienten  Leuten  besezet,  zu  dem  aber,  so  in  Temisvar  verblibe,  alle 
jnnge  Leute  und  Recruten  zugetheilet  würden,  wie  dieses  zu  bewerk- 
stelligen seyn  wird,  und  ob  sie  es  räthlich  halten,  wird  mir  der  Hof- 
kriegs Rath  seine  ausführliche  Meinung  heraufgeben. 

Wien  6*«°  Homung  1776. 

Joseph  Corr. 

Lxxxm. 

Kaiser  Joseph  II.  an  den  Hof  kriegsrath. 

Eigenh.  (R.  d.  R.-Kr.-M.  79/».)  Wien  den  8t«n  Febr.  1776. 

Da  bekanntlich  der  Bukowiner  Districkt  Unserer  Seits  besetzet 
worden;  so  ist  nothwendig,  daß  die  erforderliche  Sanitäts  anstalten  vor- 
werts  Kutty  und  Pokutien  eingeleitet,  und  der  Moldauische  Cordon  sowohl, 
als  Pokutien  von  Sanitätswidrigen  Prävaricationen  sichergestellt  werde. 

Ich  habe  zur  Erreichung  dieser  heilsamen  Absicht,  dem  Gallizischen 
Gubemio  bereits  durch  die  Kanzley  Meine  Befehle  ertheilen,  und  demsel- 
ben mitgeben  lassen,  daß  selbes  inzwischen  hierinnfalls  alles  veranlassen 
solle,  was  von  dem  General  Commando  begehret  werden  wird  damit  je- 
doch dieses  Letztere  in  dieser  Angelegenheit  mit  der  erforderlichen 
Behutsamkeit  fürgehen  möge;  so  hat  Hof  kriegsrath  demselben  zur  un- 
verbrüchlichen Regel  vorzuschreiben,  daß  noch  dermalen,  und  bis  auf 
weiteren  Befehl  in  dem  gedachten  enclavirten  Bezirk  nichts  neues,  als 
was  die  äußerste  und  unvermeidliche  Nothwendigkeit  erfordert  verordnet, 
alles  übrige  in  statu  quo  belassen  und  besonderes  die  Publicirung  solcher 
öffentlichen  Patente,  oder  die  Verfügung  solcher  Anordnungen  vermieden 
werden  solle,  welche  die  mit  der  Pforte,  wegen  des  erwehnten  besezten 
Districkts  vorhabende  Unterhandlung  erschweren,  die  dortige  Unterthanen 
mißmuthig  machen,  oder  denen  in  den  benachbarten  Gegenden  annoch 
befindlichen  Russischen  Truppen  zu  Beschwerden  Anlaß  geben  können. 

Wien  den  8**°  Februar  1775. 

Joseph  Correg. 


272 

LXXXIV. 

Bericht 

des  Stainschen  Herrn  Obristlieutenant  v.  Weinbergen  ddto  Balamiitka 

den  15*«"  Februar  1775. 

(R.d.R.-Kr..M.  62/9.) 

Des  erhaltenen  Befehls  zufolge  bin  ich  den  14^°  nacher  Chotym 
abgegangen,  woselbst  der  Herr  Brigadier  und  Gommandant  v.  Beutling 
übel  auf  ist.  Herr  Obrist  Baron  v.  Rothkirch  vormahls  gewesener  CJom- 
mandant  zu  Jassy,   hat   das  Interims  Commando   der  Festung  unter 
anderen  fienge  der  Obrist  selbst  an,  mii*  zu  sagen ;  nun  werden  Sie  bald 
ihre  neue  Nachbahm  in  Chotym  haben,  Sie  haben  das  ansuchen  schon 
gemacht,  um  die  Festung  zu  übernehmen,  Sie  wären  auch  gerad  hieher 
marschiret,  wenn  wir  Sie  nicht  in  Stefaniste  hätten  halten  machen  (Ste- 
faniste  ist  8  Meilen  von  Chotym  entlegen)  die  abgeordnete  aber  haben 
wir  nebst  einem  Courier  nacher  Mohilow  an  den  Feld  Marschal  grafen 
V.  Romanzow  abgeschicket,  welche  morgen,  oder  doch  gewiß  übermorgen 
retourniren  müssen ;  worauf  ich  ihm  ei^wiederte,  daß  uns  die  Ankunft  der 
neuen  Herrn  Nachbahm  ganz  gut  wissend  wäre,  die  Herren  Bussen 
müsten  ihnen  in  dem  letzten  Krieg  gewaltigen  abbruch  zugefüget  haben,  da 
Sie  ihre  Festungen  so  schwach  besetzten.  Ja  wohl,  sagte  der  Oberste,  Sie 
kommen  nur  mit  8  oiiias,  wovon  eine  auf  200  oder  250  Mann  geschätzet 
wird.  Glauben  Sie  es  nicht  erwiederte  ich,  die  oiiias  bestehen  nicht  aus 
250  Mann;  Ich  glaube  selbst,  sagte  der  Obrist,  Es  kann  seyn,  daß  Sie 
sich  nicht  auf  200  Mann  belauffen,  man  gab  Sie  uns  aber  so  stark  an. 

Unsere  Rede  wurde  unterbrochen  da  der  als  Geißel  aufbehaltender 
Bassa  von  2  Roßschweifen  mit  einem  Gefolge  von  8  Türken  in  das  Zim- 
mer tratt.  Er  fragte  sogleich  die  vice  Commandanten  in  Bosniakischer 
Sprache,  ob  ich  kayserlicher  wäi*e?  Ja,  erwiederte  der  oberste,  ich  ließe 
nur  nichts  merken,  daß  ich  Bosniakisch  verstünde,  um  zu  hören,  was  der 
Türkh  sagen,  und  der  Obrist  dollmetschen  würde.  Der  Bassa  sagte  zu 
mii-:  wii-  sind  uralte  iVeunde;  ich  ließe  durch  den  Obersten  erwiederen: 
gewiß  und  rechtschaffene  freundte.  allein,  sagte  Er  das  ist  nicht  freund- 
schaftlich, daß  Sie  diesen  Theil  der  Moldau  besetzen.  Ein  jeder  nihmt  das 
Seinige,  wäre  meine  antwoii;  und  dieses  kann  die  alte  Freundschaft  nicht 
brechen.  Die  Rede  wurde  allgemein,  die  anwesende  Rußische  Officiere 
sagten  mir,  daß  Sie  schon  ihre  mehreste  Bagage  über  den  Dniester  nach 
Praga  geschaft,  wo  auch  der  Brigadier  v.  Beutling  sein  quartier  neh- 
men wird. 


273 

Ich  sähe  selbsien  beym  hineinfabreu  Eine  Menge  Vorspanns  wägen, 
die  bey  ihrem  Lazareth  aufgeladen  ich  sähe  auch  viele  Bagages  den 
Dniester  passiren  auch  ist  schon  das  übrige  Pulver  und  Bley  nach  Ka- 
minicz  verkauft  und  dahin  transportirt.  wie  ich  da  nichts  mehr  zu  einfah- 
ren glaubte  beurlaubte  ich  mich  bey  allen  anwesenden,  der  Bassa  fragte 
mich;  ob  die  alte  Eayserin  noch  lebte?  ganz  gewüß,  und  recht  gesund 
sagte  ich,  0 !  so  lang  diese  lebet,  haben  wir  keinen  Erleg  mit  Euch,  sagte 
der  Bassa;  allein  ihrem  Sohn  ist  nicht  viel  zutrauen. 

Jenes  vom  Sohn  hatte  mir  der  Obrist  nicht  verdoUmetschet,  da  ich 
aber  gern  darauf  antworten  wolte,  so  sagte  ich;  wenn  ich  mich  nicht  be- 
trüge, so  hat  Er  ja  vom  Sohn  auch  etwas  gesagt,  ja  ja!  wäre  des  Obristens 
antwort.  Ich  antwortete  so  dann  dem  Bassa:  Der  Sohn  wäre  eben  so 
gütig,  ebenso  großmüthig  und  friedfertig,  als  seine  Mutter,  wovon  der 
Bassa  recht  zu^ieden,  und  vergnügt  zu  seyn  schiene. 

Mittelst  der  Aussage  Einiger  Griechen,  besonders  aber  eines  Preus- 
sischen  Officiers  so  auf  Remontirung  in  der  Moldau  stehet,  und  seine 
Commandirte  in  der  Gegendt  von  Stefaniste  stehen  hat;  sind  die  8  ortas 
oder  abtheilungen  sehr  Schwach,  man  schätzet  gar  nur  eine  auf 
25 — 30  Mann,  der  Preuß  sagte,  daß  die  ganze  Türkische  Trouppe  so  bey 
Stefaniste  stehet,  nicht  stärker,  als  480  Mann  wäre,  welche  10  Canonen 
bey  sich  führe. 

Die  flüchtende  Bauern,  wovon  ich  auch  mit  verschiedene  gespro- 
chen, machen  sie  zwar  stärker,  darauf  ist  aber  nicht  zu  gehen,  da  diese 
Leute,  von  der  Furcht  zu  viel  betäubt  sind. 

Wenn  ich  folglich  alle  Nachrichten,  so  ich  eingeholet,  der  Wahr- 
scheinlichkeit gemäß  combiniren  solte;  So  wird  sich  die  in  Stefaniste  halt 
machende  Türkische  Chocymer  garnison  über  500  Mann  belaufen,  und 
wenn  die  dermahlen  in  Chotym  sich  befindliche  gefangene  Türken,  wovon 
zu  14  und  18  desertiren,  weil  nicht  viel  Obsorge  mehr  auf  sie  getragen 
wird,  auch  zur  Garnison  geschlagen  wurden,  so  kann  sich  alles  und  jedes 
nicht  über  650  Mann  erstrecken.  Da  ich  endlich  auch  wegen  denen 
etwann  vor  die  Türken  zu  errichten  kommenden  Magazinen  nachforschte, 
am  daraus  etwas  schlüßen  zu  können,  so  wurde  ich  sowohl  vom  Obristen 
Botiikirch,  als  allen  übrigen  versichert,  daß  hiezu  noch  nicht  die  geringste 
Veranstaltung  gemacht  wurde. 

Ingleichen  bestättigen  auch  alle  Nachrichten,  daß  der  gantze  An- 
zug der  Türken  nur  aus  Infanterie  bestünde. 

Es  ist  der  Janitscharen  Aga  Nahmens  Ifmai*  Liaty  so  vor  dem  Krieg 
in  Chotym  als  Baschivus  in  Garnison  gestanden,  so  mit  dieser  Trouppe, 
k*nnmet,  und  die  Festung  übernehmen  wiid;  der  Bassa  von  Chotym  wii*d 


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i 


274 

allereitst  im  Majo  erwartet;  wie  stark  sein  Grefolg,  oder  Bedeckung  seyn 
wird,  ist  noch  nnwißend. 

Palamutka  den  15*«°  Februar  1775. 

V.  Weinberger 
ObrisUieuteiiaiit. 

LXXXV. 

Kaiser  Joseph  n.  an  Hadik. 

Eigenh.  (R.  d.  R- Kr.- M.  62/11)  Wienn  den  27t«n  Hertas  1775. 

Lieber  Feld  Marschall  Graf  Hadik!  Sie  werden  an  den  General 
Ellrichshausen  alsobald  den  Auftrag  ergehen  lassen,  daß  derselbe  Mir  die 
genaue  Anzeige  ehestens  mache,  welcher  Theil  des  neu  occupirten  Mol- 
dauer-Districts  oder  Buccowina  genannt  am  leichtesten  und  mit  dem 
mindesten  Nachtheil  hindangegeben  werden  könnte,  um  dadurch  fCir 
den  übrigen  die  freundschaftliche  Einwilligung  von  der  Pforten  zu  erhal- 
ten, doch  dergestalten,  daß  dadurch  die  Communication  zwischen  Sieben- 
bürgen und  Gallitzien  nicht  unterbrochen,  oder  gar  zu  sehr  erschweret 
würde,  ja  auch  die  Gränzen  von  Pokutien  ohne  hinlänglicher  Versicherung 
an  dem  Gebürg  nicht  gelassen  würde.  General  Ellrichshausen  mag  dieses 
allenfalls  in  einer  eigens  dazu  verfertigenden  kleinen  Karten,  so  nur  für 
mich  wäre  und  vor  die  sich  ereignenden  Umstände  zu  gebrauchen,  Mir 
ehestens  vor  Augen  legen. 

Joseph  Corr. 
LXXXVI. 

Mieg  an  den  Hofkriegsrath. 

Orig.  (R.d.R.-Kr.-M.62/l».)  Lemberg  den  10*«»  AprU  1776. 

Unterthänigster  Vorschlag 

desjenigen  Gräntztheilß,  welcher  von  den  Bukowiner  district,  mit  bey- 
behaltung  deren  Haubt  Absichten,  vor  das  Allerhöchste  Interesse  (als  der 
Deckung  deren  Pokutzischen  Gräntzen,  und  den  zu  errichtenden  Sieben- 
bürgischen comunication)  ohne  Nachtheil  zui*ückgegeben  werden  könnte. 
Mit  folgender  linie. 

Vom  Niester  Fluß  vorwärts  des  Dorfes  Bohatin  längst  dem  Bohatin 
bach  hinanf  biß  zu  deßen  Ursprung,  von  da  auf  dial  mare  beresovu,  so- 
dann  auf  dem  oberen  bergrücken  fort  biß  zum  Anfang  des  vorderen  Huko- 
baches,  welcher  zwischen  Horlusza  wießen  und  fontina  sauki  entspringet, 
selbigen  cotoyrend  bis  zu  seinem  Einfluß  in  den  Pruthfluß,  weithers  an 


275 

dem  rechten  Ufer  dieses  Flußes  heranterwäi-ts,  bis  wo  der  Molnitza  bach 
einMet,  diesen  sodann  binanfwärts  bis  auf  den  Sireter  bergrücken  bey 
Küliczenj  in  Tariatka  bach,  so  ferners  in  den  Molnitzagraben,  längß  biß 
zu  dessen  Einflnß  in  den  Siretfluß  continuirend,  von  welchem  pnnct 
abermahlen,  die  dermahlige  existirende  linie  bey  zu  behalten  wäre. 

Es  ist  wahrscheinlich  daß  der  Mangel  des  Holzes  durch  die  der 
Festung  Chotym  entzogene  benachbarte  Theile  des  Bukowina  Waldes  diese 
Garnison  in  Verlegenheit  setzen  muß  und  nebst  unserer  gar  zu  nahen 
Nachbarschaft,  die  Ihnen  ombrage  verursachet,  die  Haubtanstößigkeiten 
erregen  Ean  wozu  besonders  auch  Kommet,  daß  die  auf  jennseitigen  ab- 
fallen Band,  unserer  Gräntzlinie  liegende  Dörfer,  die  jederzeit  dem 
Chotymer  Bassa  gleichsam  als  Kuchel-güther  gehöret,  fast  nicht  mehr 
bestehen  Können. 

Wann  nun  auf  die  letzthin  in  die  Gräntzen  eingezogene  Prevo- 
rodecker  Anhöhen,  welche  die  vordere  Front  des  Forts  okopj  dominiren, 
Keine  besondere  Allerhöchste  Absichten  gerichtet  sind,  so  können  die 
vordere  Theile  bis  an  den  Rohatin-bach  ohne  Nachtheil,  theils  als  schon 
sehr  ruinirte  wälder,  und  zur  Defense  unföhige  bloßen,  welche  wegen  der 
Nähe  obiger  Festung  einem  beständigen  insult  ausgesetzet,  von  unserer 
Seithen  starke  comando  erfordern  würde,  und  dennoch  nicht  leicht  sou- 
teniret  werden  Könnten,  zurückgegeben  werden,  wodurch  unsere  defense 
linie  concentriret,  und  hinther  dem  steilen  Rohatin-thal  sehr  solid  ver- 
sichert werden  kann,  auch  überhaubt  die  Gräntze  eine  mehr  schicksame 
linie  erhaltet,  die  jennseits  des  sirets  und  suczawa  flußes  liegende  theile, 
werden  vor  die  Türken  Kein  so  beträchtliche  gegenstände  ausmachen. 

Die  linien  im  Gebürg  können,  wegen  deckung  der  comunication 
nicht  abgeändert  werden.  .  .  . 

Lemberg  den  10**°  April  1775. 

Fried,  v.  Mieg 
Major. 

Lxxxvn. 

EUriohBhaiuen  an  Hadik. 

Orig.     (R.  d.  R.-Kr.-M.  62/11.)  Lemberg  den  10*««»  April  1775. 

Da  ich  zur  ünterfertigung  der  unter  dem  27*«°  Marty  gnädig  an- 
befohlenen Gräntz- Karte  von  dem  Bukowinaer  District,  um  solche 
S^  Mayestät  unterlegen  zu  können,  den  Herrn  Major  v.  Mieg  hieher  zu 
berufen  nöthig  hatte,  so  hat  sich  andurch  die  sublige  Einsendung  in  etwas 
verspätet,  und  dieserwegen  um  gnädige  Nachsicht  unterthänigst  bitte. 


Wv  HIB  T4a  4M«ea  wagraetlaiMM  B^awmcr-Dntnci,  ohsa 
:iaÄH:  IV  T-rackraBg  irr  PtfiiilibrfciB  Gfüte  «»1  ar  KtaAttnug 
athiaMBgiwfcM  «ünokaläoB  ait  Gdnin  kufaagvtUen  Wert«! 
Oft»-  ia  tiM«U  m  ier  Eart»  srActeB  aagtwpt.  alt  n  der  ^er- 
-är^a  AÜK»  *fUint :  Se  «tthriget  Bir  4d«j  mwt  weh  dvaes  Iw- 
Im  nImrmM  aaxtOknm.  ia$  udirae  ü  GcaiiAMt  <kr  mit«- 
I  14^  Juvut]  a:  c:  Toa  E«er  Smütmx  mir  ■■  «cIbcsb^  gtgeben 
KhTtl««  -^rimaw^  die  AikO»  as  n^Hem  Ufw  4»  DuMter-FlaS 
«inE  P»»w»d(k  fo  das  Tordcn  Ihirachtf  t  im  Ofaifi  diwuina, 
K<ck  ix  ditMtipa  Tvinn  nii  täpachkfc»  Warte,  solcke  ab»  in 
I  Iriianct  «•>  hiadaaialafea  War»,  sh  bcgrdba  ömL,  m  der  B««org- 
I  T.vUHb«.  üb  kiaiu*B  mkkt  g«s«  dw'  aOtiWcfest*  Atekkt«  ge- 
'£'1^  V->r-i'.  OB  abw  «in»  g^naa^f»  li**  t^  dMfl»  IwaMldttta  An- 
M4  *j»a*h»iB  la  ktaB«a.  ?•>  to\fH  kKVr  «üe  tcb  dea  Herra  Major 
I  Ki«^  nrfetigt^  Zwhaan;  ■•  daaritody  Terstkaatauigca  auf 
^j4r>i-  ArwB.  di«  jrdock  ali-'wii  nmt  B«oicU>cfe  B«saiz«Bg  crfor- 
Va.  -AA*  -^cwaiu  d«ii  T< 'J*M  Cadivtck  n  «mi^»: 

Nafä  K->^BeB  «kBBaa£g«bIidt«B  EractaeB.  WArd«  b»y  «iacf  alka- 
£  i-vwaä^'irB  Gräna-CoaiBiiswB.  nm  «iB«r  9^  patea  Wftrkung 
a.  f>  f-ra«  tl-T  Bafcha  lud  WftiUitk-*  rMaaliai  n  ChooiB  (da 
.<*  a-.<h  aL-r^rft  ■las^Ibc^t  ^ravtot  virdi  X-thttv  dordi  ciar  n- 


LvN>r7  •i*a  lO*"  April  tT75. 

EUrichshaaseB 


G.  r.  Z.  M. 


:i£Tnh      R.  AK.-Ki.-)L«:!11.  Wkb  4a  l9H  April  ITT3. 

iKaaiVni-*rkaii£  t  IVr  H>>irkh'^  Kalk  kat  itm  GaUicbchen 
iM^  Cmiiuiilvv  in  «isMB  —rkfa.  d>i  irk  la  d»  griataschndangs 
mnisfioa  mit  J-^b^d  törfciscb^D  C^wMisari«a.  ta  aasna  d«B  FM 
rxhiil-'ztetsAai  But>>  oad  Ma>T  Xk;  t^^b  f^amal  sab  «neiuie 
«b#  «bbb  «s  ttM  »TB  airi  skk  aa  di«  giiaB».  oitr  kcstato  wtlt  zn 
^«B  kab«a  ««id^a.  uii  aack  eiacr  *v>a  HdfkiHgs  Kalk  ihaea  nad 
I  d^r  Staats  Kaazler  n  f^twadea  ta&tnKÜM  diiew  gcsckäSt  Iwst- 
cti>:kst  n  $iand  in  bcia^va  Imcki^a  ««rdHi  dW  kaabtpaactaa  ihrer 
ttactioB  Bise«  fel|;«ad<f  »ra.     rrsteas  a»  «vaig  >b  ndin>n  als 


277 

möglich,  zwey tens  die  freye  Comunication  von  Borgoer  Paß  aus  Sieben- 
fofirgen  bis  an  das  Stack  Podoliens  so  zu  Gallicien  gehöret  und  über  dem 
Niester  ligt  drittens  so  viel  möglich  klai'e  und  zur  vertheidigung  nutz- 
bahre gräntzen  zu  erhalten  eine  progression  zu  machen  seyn  wird.  Das 
preTorodek,  wegen  denen  anhöben  gegenüber  von  Okopij,  wäre  erst  auf 
die  letzte  zn  cediren,  und  ich  hätte  keinen  anstand  von  Hucko  bach  an, 
bis  Brajesti,  an  den  Moldavitza  fluß,  eine  gerade,  denen  Gebürgen  und 
anhöhen  folgende  linien  zn  ziehen,  und  denen  türken  die  ganze  Sireter 
und  Suczawaer  gegend  lieber  zu  überlassen,  als  Prevorodek;  weiter  herein 
aber  als  Bohatin,  und  die  yon  mir  jetzt  genannte  linie  konnte  ohnmöglich 
gemcket  werden,  und  wäre  also  die  so  in  paessimum  casum  nur  als  ein 
Ultimatum  vorzuschlagen  nach  haubt  regeln,  wird  der  Hof  kriegsrath  noch 
mehrere  progressionen  machen^  in  der  zu  verfertigenden  instruction  und 
alles  übrige  der  geschicklichkeit  der  beeden  Comissarien  überlassen 
welchen  billige  liefer  gelder  anzuweisen  seyn  werden  und  welche  extra- 
ordinarie  von  der  hoffcamer  zu  fordern  seyn  werden. 

Joseph  Corr. 

LXXXIX. 
EUriohshauBen  an  Hadik. 

Orig.    (R.  d.  R.-Kr.-M.  87/1.)  Lemberg,  den  5t«n  May  1775. 

Mittelst  des  hohen  Befehl-Schreibens  vom  22^^^  Jänner  abhin  haben 
mir  Euer  Excellenz  unter  anderen  gnädig  zu  verordnen  geruhet,  daß  in 
dem  neu  eingezohenen  Bukowina  Bezirk  inzwischen  alles  in  Statu  quo 
tu  belassen,  und  nur  interimaliter  durch  das  darinnen  befindliche  Militare 
die  gewöhnlichen  Steuern  eintreiben  zu  lassen  seyen. 

Ich  würde  diesem  Befohl  sogleich  die  geziemende  folge  geleistet 
haben,  wenn  ich  mich  nicht  der  vorliegenden  umstände  halber  bewogen 
gesehen  hätte,  hierinnen  in  so  lange  keine  Anforderung  zu  veranlassen, 
bis  nicht  der  neue  Fürst  in  der  Moldau  seiner  Seits  damit  fürgegangen 
seyn  würde. 

Dieses  ist  nun  mehro  dergestalten  Erfolget,  daß  ersagter  Fürst 
onter  dem  Vorwand  eines  Doni  gratuiti,  welches  bey  dem  Antritt  der 
Begierung  eines  jeden  Moldauischen  Fürsten  gewöhnlich  ist,  von  jeg- 
lichem Hause  5  Y^  fl.  Bh.  hat  abheuschen,  und  einziehen  lassen,  ange- 
sehen veimög  des  Friedens  Tractaten  zwischen  dem  Bussischen  Kais. 
Hof  und  der  otomanischen  Pforte  in  der  Moldau,  und  Wallachey  dui'ch 
2  Jahr  lang  kein  Tribut  abgeforderet  werden  solle. 


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•j 


278 

Wenn  nun  nach  der  Verhältnis  derjenigen  Abgaben,  so  die  In- 
wohner der  Provinz  Moldau  vor  dem  Ki'ieg  zu  entrichten  hatten,  solche 
von  dem  dermahlen  eingezohenen  und  diesseits  besezten  Bnkowiner  Bi- 
strict  auch  noch  mit  etwelcher  Mässignng  aufgeleget,  und  erhoben  werden 
weiten,  so  würde  selbige  jährlich  auf  eine  Summa  von  wenigstens  ^  f. 
Bh  sich  erstrecken,  ohne  jene  Voftheile  dazu  zu  rechnen,  welche  von  den 
SOigst-Gefällen  von  wohlfeilerer  Anschaffung  des  heu  für  die  Cavallerie 
des  Brenn-holzes  für  das  Militär -Verpflegs -Amt,  und  denen  etwa  dort- 
selbst  zu  errichtenden  Gestüttereyen  herflüssen  dörfen:  Meines  unter- 
thänigst  ohnmaßgebigsten  Erachtens  aber  scheinet  es  in  dem  gegenwär- 
tigen Zeit-Punct  dem  Allerhöchsten  Interesse  noch  nicht  angemessen  zu 
seyn,  daß  die  vorbesagte  Contributions  Summa  in  ihrer  vollen  Maaß  sdion 
dermahlen  anrepartiret,  und  eingehoben  würde,  sondern  es  wäre  vielmehr 
am  fürträglichsten,  für  jetzo  lediglich  unter  dem  Nahmen  von  Sommer 
Beyhilfe,  welches  in  diesem  Lande  auch  vorhin  jeweils  üblich  wäre  von 
jeglichem  Hause  2  fl.  80  kr.  Bh.  einzutreiben,  so  eine  Suma  von  ungefähr 
46000  fl.  ausmachen  würde,  anerwogen  auf  diese  Art  der  in  dem  für- 
gewesten  Krieg  von  den  Bussen,  und  Türken  sehr  haii;  mitgenohmene, 
und  dahero  annoch  äußerst  entkräftete  Landmann  die  k.  k.  Allerhöchste 
Milde  anerkennen,  hierdurch  seine  Zuneigung  vermehren,  und  zugleich 
um  so  weniger  einige  Emigration  zu  besorgen  stehen  würde. 

Hiernächst  Kommt  es  auch  annoch  auf  die  hohe  Entscheidung  an, 
ob  bey  erwehntem  Einzug  dieser  Sommer  Beyhilfe  zugleich  das  quantum 
der  künftigen  Contribution  bestimmet,  und  festgesezet,  oder  darmit  bis 
zur  Berichtigung  der  Gränze,  und  vollzohener  Conscription  zugewartet 
werden  solle. 


Lemberg  den  6^^  May  1775. 


EUrichshausen 
G.  F.  Z.  M. 


XC. 
Convention  du  7.  May  1775. 


Orig.    (H.-  Hf.-  u.  8t.-A.)* 

j  (Kr.-A.«  62/i*.) 


Le  Sieur  Baron  de  Thugut,  Internonce  et  Ministre  Plenepotentiaire 
de  LL.  M.  M.  J.  et  J.  R.  A.  ayant  remis  ä  la  Sublime,  Porte  un  memoire 


'  »  H.-  Hf.-  u.  St.-A.  =  Hans-,  Hof-  und  Staat« -Archiv. 

y  •  Kr.-A.  =  Kriegs -Archiv. 


f 


279 

scell^,  dans  leqnel  il  a  fait  connoitre,  qu'il  ^toit  Charge  de  la  pari  de  Sa 
Cour  de  certaines  representations  amicales,  qni  etoient  relatives  au  besoin 
d'nne  Communication  par  des  passages  faciles  ä  travers  les  Terres  de 
Moldavie,  entre  la  Transylvanie  et  les  Provinces  de  Galicie  et  de  Lodo- 
merie,  possed^s  actuellement  par  rAugnste  Maison  d'Autriche  d'apr^ 
Lear  revendication  sur  le  Boi  et  la  Bepubliqne  de  Pologne;  et  de  plus  k 
une  fixation  et  determination  plus  particuli^re  des  Confins  des  deux  Em- 
pires dans  quelques  Parties  des  Fronti^res  de  la  Transylvanie;  L'Inter- 
nonce  et  Ministre  Plenipotentiaire  de  L.  L.  M.  M.  J.  et  J.  B.  A.  ayant 
en  autre  notifi^,  qu41  se  trouvoit  muni  des  PleinpouYoirs  necessaires, 
pour  traiter  et  statuer  sur  les  dites  Propositions,  fond^es  sur  la  sinc^re 
imion  et  parfaite  harmonie,  qui  subsistent  si  beureusement  entre  les 
deox  Cours,  ainsi  que  sur  le  Desir  d'aflfermir  et  consolider  de  plus  en  plus, 
l'ancienne  Amitiö  des  deux  Empires;  La  Sublime  Porte  ayant  de  son  cot6 
nomm^  ses  Plenipotentiaires,  pour  regier  d^finitivement  les  susdits  objets; 
Le  tres  honor^  Ahmed  Effendi,  cidevant  Juge  suprdme  de  Constantinople, 
et  le  tres  Excellent  Ismail  Baif  Beg  Effendi,  Beisukkutab  Actuel  de  TEm- 
pire  Ottoman,  et  ces  Plenipotentiaires  ayant  tenu  plusieurs  Ck)nferences 
a?ec  le  dit  Internonce  et  Ministre  Plenipotentiaire,  dans  lesquelles  les 
demandes  amicales  de  la  Cour  Imperiale,  ont  ^t^  duement  expos^es  et 
discut^es;  de  plein  gr6  et  d'un  commun  accord  des  deux  Parties,  et  en 
Consid^ration  du  bon  Yoisinage  et  de  Tancienne  Amiti6  on  est  convenu 
des  quatres  Articles,  qui  se  trouvent  de  duits  et  declares  ci-apres  mot 

pour  mot. 

Art:  !• 

Ayant  ^rd  aux  representations  amicales  de  L.  L.  M.  M.  J.  et 
J.  B.  A.  sur  le  besoin  d*une  Communication  facile  et  d'une  Contiguit^ 
immediate,  entre  la  Transylvanie  et  les  Provinces  de  Galicie  et  de  Lodo- 
merie,  possedees  actuellement  par  la  Cour  Imperiale,  d'apr^s  leur  r^vin- 
dication  sur  le  Boi  et  la  Bepublique  de  Pologne;  et  poor  donner  une 
Preuve  non  ^uivoque  d^amiti^,  d'aflfection,  et  de  bon  Yoisinage;  La 
Sublime'  Porte  abandonne,  et  c^de  ä  la  Cour  Imp^®  les  Terres  contenues 
d'une  part  entre  le  Niester,  les  Confins  de  Pokutie,  de  Hongrie  et  de 
Transylvanie,  et  bom^es  de  Tautre  part  par  les  Limetes,  qui  seront  ex- 
pliquees  et  declares,  ci-apr^s,  de  maniere  que,  le  Territoire  susmen- 
tionne,  renferm^  entre  l^s  dites  Limites,  appartiendra  d^sormais  k  perpe- 
tüite  k  la  Cour  Imperiale  en  pleine  jouissance  et  propriet^:  En  Conse- 
qaence  de  qnoi  L.  L.  M.  M.  J.  et  J.  B.  A.  aussi  bien  que  la  Sublime 
Porte,  destineront  et  enverront  des  Commissaires,  pour  faire  une  D^mar- 
cttion,  qui  distingue  d'une  maniere  claire  et  pr^cise  les  Domaines  des 


280 

deux  Empii*e8,  et  pour  etablir  et  fixer  des  Limites,  qui  ä  ravenir  senriront 
de  Separation  stable  aux  Possessions  r^ciproqnes;  Et  comme  il  ä  ete 
convenn,  que  les  dits  Commissaires  respectifs,  se  regleront  depnis  la 
fronti^re  de  la  Transylvanie  jusqu'au  Temtoire  de  Chotzim,  sur  la  Carte, 
qu'a  exhiye  de  la  part  de  Sa  Cour  Llnternonce  et  Ministre,  Pienipotenz 
tiaire,  de  L.  L.  M.  M.  J.  et  J.  B.  A.  et  que  la  Sublime  Porte  a  de  son 
cot6  egalement  adopt^e ;  il  sera  fait  deux  Copies  Authentiques  de  la  sns- 
dite  Carte,  Tune  desquelles  sei-a  remise  aux  Commissaires  de  L.  L.  M.  M. 
J.  et  J.  R.  A.  et  Tautre  aux  Commissaires  de  la  sublime  Porte;  de  sorte 
que  lorsqu'ils  mettront  la  main  ä  Touvrage  de  la  Delimitation,  en  com- 
men^ant  aux  Extr^mit^s  de  la  Transylvanie,  au  Buisseau  appell^  Tesna 
impuzzitae  et  renfermant  successivement  les  Villages  de  Eandreny,  Stul- 
pikani,  Eapokodruluij,  Suczava,  Siret  et  Tchernovitz^  et  au  de  \k  du  Pmt 
devant  Tchernauka,  Lieu  du  District  de  Tchemovitze,  et  qui  restera  en 
dedans  dos  confins  Imperiaux,  jusqu'au  Territoire  de  Chotzim,  ils  se  con- 
foimeront  ä  la  caii;e  ci-dessus  mentionn^e;  et  sans  outrepasser  les  par- 
ties  de  TeiTain,  qui  y  sont  design^es,  ils  choissiront  les  endroits  propres 
pour  la  Separation  des  fronti^res,  a  fin  d'eviter  les  nouvelles  contestations, 
aux  quelles  le  doute  et  Tincertitude  pourroient  donner  lieu,  et  ils  auront 
soin  d'etablir  les  Limites  concert^es  dans  la  meilleure  forme  et  la  plus 
convenable:  Pour  ce  qui  concerne  la  demarcation  ulteneure  des  Terres 
jusqu'au  Niester  depuis  Tendroit,  oü  le  territoire  de  Chotzim  Joint  le 
district  de  Tchemovitze  Ton  est  convenu  du  consentement  des  deux  parties 
sur  ce  point  en  cette  maniere,  qu*ä  Condition,  que  les  Comissaires  de  la 
Sublime  Porte  indiquent  hors  du  Territoire  de  Chotzim,  depuis  le  dit 
endroit  jusqu'au  Niestre,  des  Frontieres  bien  distinctes,  et  semblables  a 
Celles,  qu'ont  etablies  actuellement  les  officiers  de  la  Cour  Imperiale,  Les 
commissaires  de  la  dite  conr  nes'opposeront  point  de  Difficult^  ni  de 
contradiction  ä  ce  que  les  Terrains,  affect^a  ä  la  Forteresse  de  Chotzim, 
restent,  comme  pai'  la  pass4  en  la  Possession  de  la  Sublime  Porte. 

Art:  2* 

II  ne  sera  point  bäti  de  Forteresse  de  la  part  de  la  Cour  Imperiale 
dans  Tetendue  des  Terres,  que  la  Sublime  Porte  Lui  abandonne  et  cede, 
seien  les  Limites  et  la  d^signation  ci-deHsus  enonc^es. 

Art:  3« 

Comme  les  habitans  de  la  Moldavie  et  de  la  Valachie,  par  des 
Hsurpations  successives  ont  envahi  sur  les  Frontidres  de  la  Transylvanie, 
le  long  des  confins  de  Moldavie  et  de  Vallachiei  differents  terrains,  les* 


281 

quels  ont  ^te  ensuite  r^unis  depuis  quelques  annees  ä  la  dite  Province 
de  TraDsjlvanie  par  le  placement  des  Aigles,  ä  fin  d^obyier  k  toute  dis- 
pute et  Contestation,  qui  ponn-oit  s'^leyer  dans  ravenir,  et  Confoi'm6ment 
ä  la  Demande  faite  par  la  cour  Imperiale,  il  a  ete  statue  sur  cet  objet, 
du  commun  accord  des  denx  Parties,  qn'il  sera  adress^  de  la  part  de  la 
Sublime  Porte  auz  Princes  de  Moldayie  et  de  Yalachie,  ce  qu'il  est  neces- 
saire  d'ordres  rigoureux,  pour  que  les  Limetes  dans  les  sus  dites  Parties, 
soient  obsenrees  ä  perpetuite,  telles,  qu'elles  sont  design^es  dans  la  Cai-te, 
qu'a  present^e  Tlnternonce  et  Ministre  Plenipotentiaire  de  L.  L.  M.  J. 
A.  J.  B.  A.  et  comme  elles  se  trouyent  determinöes  actuellement  par  les 
Aigles,  qu'a  fait  placer  la  Cour  Imperiale,  et  pour  que  les  dits  Princes 
s'abstiennent  de  toute  transgi'ession  et  yiolation,  qui  seroient  contraires 

ä  ce  präsent  reglement. 

Art.  4. 

Comme  du  cote  du  Bourg  de  yieux  Orsoya,  situö  sur  la  riye  gauche 
du  Danube,  yis-ä^-yis  de  la  Foi-teresse  d'Orsoya,  le  melange  respectif  de 
Territoire,  et  sujet  ä  occasioner  du  trouble  dans  Tordre  stabil  pour  la 
quarantaine  et  les  Douanes  de  la  Cour  Imperiale,  aussi  bien  qu'ä.  d*autres 
egards,  il  a  4t^  propose  de  la  paii;  de  la  dite  Cour  que  la  sublime  Porte 
abandonn&t  le  susdit  Bom'g  ainsi  que  la  langue  de  Terre,  qui  s^y  trouye 
annexfe.  Mais  yü  que  la  Sublime  Porte  s'engage  de  röprimer  les  habitans 
de  yieux  Orsoya,  et  de  poui-yoir,  ä  ce  que  de  Leur  part,  il  soit  desormais 
Soigneusement  6YiU  tout  acte  conti-aire  aux  deyoirs  du  bon  Voisinage,  ä 
la  Tranquillitä  des  Etats  de  L.  L.  M.  M.  J.  et  J.  B.  A.  et  ä  Tordre  y 
^tabli,  il  a  et^  conyenu,  que  les  Limetes  des  deux  Empires  dans  la  partie 
ci-dessus  mentionnee,  resteront  dans  TEtät,  ou  Elles  se  trouyent  actu- 
ellement. 

Ces  quati'e  Artides  ayant  6t&  conlus  et  reglos  selon  la  teneur  ci- 
dessus,  dans  la  yue  d'affermir,  et  consolider  de  plus  en  plus  les  lieus  de 
la  parfaite  union  et  sincere  amitiö,  qui  regnent  si  heureusement  entre 
les  deux  Empires  et  ä  fin,  qu'en  toirtant  relatiyement  aux  frontieres 
r^spectiyes  tout  differend  et  toute  altercation,  conti*aires  k  Taffection  du 
bon  Voisinage,  la  Bienveillance  reciproque  soit  pr^sery^e  de  tout  Change- 
ment,  et  de  toute  alteration ;  et  comme  ainsi  il  ne  doit  plus  rester  desor- 
mais aucun  Sujet  de  Contestation,  Concernant  les  Domaines  et  les  Limites 
des  deux  Cours;  ä  cet  effet,  et  pour  Texacte  et  fidelle  obseiTation  des 
quatre  artides,  tels  qu'ils  se  trouyent  exprim^s  au  long  ci-dessus;  Nous 
Fran9ois  Marie  Baron  de  Thugut,  Conseiller  Aulique  Actuel,  Internonce 
et  Ministre  Plenipotentiaire  de  L.  L.  M.  M.  J.  et  J.  B.  A.  en  yertu  des 
Pleinpouyoirs,  qui  nous  ont  6t6  donn^s  par  Leurs  sus  dites  Majest^s, 

▲tqUt.  LXXyin.  Bd.  I.  HAlfto.  19 


avonB  Biga6  le  pt^Bent  Inatrnmeat  Aatheatiqne,  «t  y  avons  fait  apposer 
le  Cacliet  de  nos  Armee,  ponr  etre  ^bange  contre  nn  Eiemplaire  4crit 
en  Langne  TnrqDe,  Sigai  et  sceDä  en  dne  forme  psr  le  tr^  Eicellent  et 
HagDiflque  Snprime  Tizir  de  l'Empire  Ottoman,  Ti-zet  Hehmed  Fachs, 
OD  verta  de  sea  PleinpoDToirB  et  de  rabsolne  et  libre  Poissance,  qn'il 
tient  de  son  Hinigt^re.  Hai,  l'an  mille  Bept  Cent,  Boiiant  et  qoiiiw. 
Fait  h  ConstaDtinople  le  T*f*  Ha;  1T75. 


(L.  8.) 


rancoii 


BaroD  de  Tbn^t. 


(H- 


Ceaiion  *  de  Is  Baohovine 

(«D  177G). 


L'AmbaBsadenr  de  lenra  Hajeat^a  l'Empereur  et  Tlmperatriee  prös 
la  Snblime  Porte,  le  Baron  de  Thn^t  a  pr6aent6  i  la  S.  P.  nne  not« 
mnnie  de  Bon  Be'ean  dana  la  quelle  il  repr^ente  la  n^sgit6  qu'il  j  a  de 
laiaaer  le  pasBsge  libre  de  la  Transilvanie  en  Moldavie  par  la  Qalicie  et 
la  Lodomerie,  qni  ont  6t6  reclamäea  an  roi  de  Fotogne,  et  qni  maintenant  i 
sont  sons  la  domination  de  rAutriche.  11  j  dit  de  mSroe  qa'il  a  4t6  cbarge 
par  sa  conr  de  faire  des  räpr^Beotations  amicaleB  poar  fixer  en  quelques  , 
endroits  lea  limites  de  la  Tntnailvanie  entre  les  dem  FnisBances,  et  qn'il 
a  re9u  pleinpoaToir  de  traiter  et  de  faire  dea  dJBpoBitions  snivant  les  ditea 
intentionB  bas^a  snr  la  bonne  intillig^nce  entre  la  S.  F.  et  la  Cour  Ira- 
p4riale,  ponr  maintenir  leur  ancienne  amitÜ. 

De  la  part  de  la  S.  F.  ont  6i6  c^natitn^  comme  pMnipotenUaires 
Ahmed  Bffendi,  ci-devant  jnge  de  Constantinople,  et  lam&el  Bayf-Be;- 
ECFendi,  miniBtre  actnet  des  affaireB  ^trangiree,  ponr  faire  le  dit  trait^. 
Dans  IcB  dlfferentes  Conferences  entre  lee  dite  charg^  de  pouroir  on  a 
eiposä  les  propoaitiona  amicalea  de  la  Cour  Impeiiale,  et  d'apr^  les 
rbglsB  da  bon  voisinage  on  a  fixä  Ipb  qiiatre  Articles  snivans  h  la  satis- 
faction  rfeiproqae  des  deui  conre. 

Article  I. 

Ponr  satisfaire  am  devoirs  de  l'amitiä  conatante,  ayant  ig^rd  aux 

propositions  amicales  de  leura  Hajeatäa  l'Empereur  et  rimpäratrice  pouT 

faciliter  la  commnnication  et  le  paasage  de  la  Transilvanie  dang  la  Galicie 

et  la  Lodomerie,  qui  par  la  cession  faite  par  le  roi  de  Pologne  ge  tronvent 

'  DsMelbe  in  itnlieniRrher  Sprnrhe  bei  Hlinrnzfihi.  S.  167 — 189. 


283 


S0Q8  la  dominatioD  d*Aiiti*iche,  la  S.  P.  c^de  ä  la  Cour  Imperiale  les  terres 
bom^es  d'nn  cot^  par  les  riri^res  Turla  et  Bokadgia  et  par  les  fronti^res 
de  la  Hongrie  et  de  la  Transilvanie  et  de  Tautre  cot^  par  les  limites 
qn'on  va  fixer  ci-apr^s. 

De  cette  mani^re  ces  terres,  renferm^es  dans  les  dites  limites, 
resteront  d^rmais,  tant  qu'il  plaira  ä  Dieu,  sous  la  domination  de  la 
Conr  Imp.  Boyale  ä  titre  de  possession.  On  constituera  et  on  exp^diera 
des  Gommissaires  de  la  part  des  deux  Courts,  pour  s^parer  leurs  provinces 
en  fixant  des  frontiäres  qu'on  doit  respecter  ä  ravenir.  Ces  commissaires 
iroDt  des  confins  de  la  Transilvauie  jusque  vers  Ebotin,  et  se  serriront 
de  la  carte  g6ographique  propos^e  par  T Ambassadeur  de  la  Sa  Majeste 
TEmpereur,  et  acceptee  et  d^clar^e  autbentique  par  la  S.  P. ;  k  cet  effet 
on  en  fera  une  copie  ^xacte  et  on  en  donnera  un  exemplaire  aux  Commis- 
saires de  la  S.  P.,  et  un  autre  ä  ceux  de  la  Cour  Imperiale.  En  fixant 
ainsi  les  frontieres  on  commencera  par  les  rivi^res  Tezuna  et  Impudgina, 
renfermant  les  villages  nommes  Eandradgi,  Ustulkani,  Eapu-Eodruli, 
Sodgiava,  Siret  et  Gernovidg,  et  on  viar  jusqu'  ä  Ebotin  vis  ä  vis  de 
Dgemauka,  qui  entrera  aussi  dans  les  frontieres  Imperiales,  d^pendant 
de  Dgemovitcbe  par  sa  Situation  sur  la  rivi^re  de  Prut.  Suivant  la  dite 
carte,  et  en  se  gardant  de  ne  pas  aller  audelä  des  endi'oits  cidevant 
nommes,  on  cboisera  les  places  convenables  pour  planter  les  bornes;  ils 
fixeront  ainsi  les  limites  comme  bon  leur  semblera,  poui*  ^loigner  toute 
incertitude  et  pour  ^yiter  les  altercations  qui  pourraient  maltre.  C'est 
le  cote  oppos^  de  la  place  qui  s^^tend  jusqu'  ä  Czernovitcbe,  appartenant 
ä  Ebotin,  dont  les  confins  doivent  Stre  rdgl^s;  et  on  a  dötermin^  ayec  le 
Gonsentoment  r^ciproque,  que  les  commissaires  de  la  S.  P.  doivent  fixer 
les  confins  de  la  mdme  mani^re,  de  laquelle  ceux  depuis  lesusdit  endroit 
josqa'  ä  la  rivi^re  Turla  bors  dudit  district  de  Ebotin  viennent  d^dtre 
fixfe  par  les  commissaires  de  la  Cour  Imp.  par  des  Aigles  Imperiales;  les 
commissaires  de  la  Cour  Imp.  ne  doirent  point  s'opposer  ä  ce  que  le 
district  qui  appartient  ä  la  forteresse  de  Ebotin,  reste  comme  jusqu*  ä 
present  sous  la  dominatic^ne  de  la  S.  P. 

Article  11 

La  Cour  Imperiale  ne  bätira  point  de  forteresses  dans  le  district 
ci-dessns  d^signe,  qui  lui  a  6U  c6de  par  la  S.  P. 


Article  m. 

On  a  recuie  les  limites  et  plante  les  aigles  Imperiales,  il  y  a  quel- 
ques ann^es,  au  de  lä  de  quelques  endroits  situ^s  sur  les  frontieres  de  la 

19* 


284 

Yalachie  et  de  la  Moldavie  aux  extr^mit^s  dela  Transilvanie,  k  cause  de 
quelques  hostilii^s  exerc^es  successivement  par  les  habitans  de  la  Ya- 
lachie et  de  la  Moldavie^  et  on  les  a  r^unis  ä  la  Transilvauie.  Pour  obTier 
douc  ä  toute  contestation  qni  pourroit  s'^lever  dans  la  suite  sur  ce 
dintrict,  on  est  conveuu  d'apr^s  la  demande  de  la  Cour  Imp.  de  regier  le 
limites,  en  plantant  des  aigles  Imperiales,  comme  11  est  indiqu6  sur  la 
caii;e  geographique  que  le-dit  Ambassadeur  a  proposee,  et  de  donner  de 
la  part  de  la  S.  P.  les  ordres  n^cessaires  aux  VaiTodes  de  la  Yalachie 
et  de  la  Moldavie,  afinque  les  froati^res  soient  respectees  d^sormais 
comme  elles  sont  fix^es  par  les  pr^sens  traites. 

Article  lY. 

La  yieille  ville  d'Oraoya,  situee  vis-ä-vis  de  la  ville  nouve  d'Orsova 
qui  est  sur  la  rive  gauche  du  Danube,  ayant  ^t^  possidöe  par  les  deux  Cours 
a  fourni  de  occasions  de  troubler  Tordre  de  la  quarantaine,  fix^e  par  laCour 
Imp.  et  d'autres  r^glemens.  La  Cour  Imp.  a  propos^  que  la  S.  P.  cMe  cette 
ville,  ainsi  que  les  envii'ons,  comme  Tendroit  appel^  Dil;  mais  la  S.  P.  pro- 
met  de  maintenir  l'ordre  parmi  les  habitans  de  la  vieille  ville  d'Orsova, 
afinqu'ils  s'abstiennent  dösormais  de  toute  action  contraire  aux  d^voirs  du 
bon  voisinage  et  aux  r^gles  de  bon  ordre;  et  les  limites  entre  les  deux  pnis- 
sances  dans  les  dits  endi'oits  resteront  dor^navant  telles  qu^elles  Existent. 

Article  de  Conclusion. 

Nous  avons  en  vte  de  mettre  en  pratique  la  bonne  intelligence 
stabile  entre  les  deux  Cours  par  la  Constitution  de  ces  quatre  articles, 
d'^loigner  chaque  entreprise  contraire  au  bon  voisinage  et  k  la  bonne 
intelligence  sur  les  confins  entre  les  provinces  des  deux  puissances,  enfin 
de  mettre  cette  ancienne  amitiä  ä  Tabri  de  toute  alt^ration.  D^sormais 
11  ne  reste  plus  d'objet  k  discuter  r^lativement  aux  possessions  et  aux 
limites  des  puissances.  D'apr^s  le  Pleinpouvoir,  que  moi,  le  Grand- Yisir 
et  plenipotentiaire  de  la  S.  P.  j'ai  de  mon  Empereur,  etc.  etc.  de  faire 
obseiTer  et  garder  sincerement  ce  qui  a  ^t^  fix^  dans  les  quatre  articles 
ci-dessus,  j'ai  soussign^  et  muni  de  mon  sceau  ce  trait^,  pour  dtre 
^chang^  contre  la  ti'aduction  fran^aise  du  präsent  traite  sign^e  et  saline, 
comme  k  Tordinaire  par  le  Baron  de  Thugut,  Internonce  et  conseüler  de 
PEmpereur  et  Tlmp^ratrice  d'apr^s  le  Pleinpouvoir  qu'il  a  de  sa  Cour. 

Fait  k  Constantinople  le  7.  de  lune  Bebiul-Ewel  en  1189  (7.  Mai 

1775). 

L.  S.  Izzet-Mehmed, 
(Traduit  et  copi^  par  G.  de  Chabert.) 

^     '^  Grand- Viiir. 


286 

xcn. 

EaiinitB  an  Hadlk. 
Orig.  (K.d.R.-Kr.-M.87/4.)  Wien  den  20.  May  1775 

Der  Hof  und  Staatskanzler  giebt  sich  die  Ehre  des  Hof  kiiegs  Raths 
Präsidenten  Herrn  Grafen  von  Hadik  Excellenz  die  mitzutheilen  beliebten 
Original- Anlagen  wider  danknehmigst  zurückzustellen. 

Was  die  Sache  selbst  betrifift,  so  ist  der  Hof-  und  Staatskanzler 
der  Meynung,  daß  es  in  verschiedenen  wichtigen  Anbetracht  bedenklich 
und  fOr  das  wesentliche  Allerhöchste  Intereße  sehr  nachtheilig  wäre, 
wenn  die  neuen  Unteiiihanen  des  eingezogenen  Bukowiner  Districts 
häi-ter  als  ihre  Nachbarn  gehalten  werden  sollten. 

Der' Hof  und  Staatskanzler  ist  dahero  mit  dem  mäßigen  Antrag  des 
Herrn  Feld  Zeug  Meister  Ellrichshausen  vollkommen  verstanden  und 
stellt  dem  Erlauchten  Eimessen  des  Hof ki'iegspräsi deuten  Herrn  Grafen 
V.  Hadik  Excellenz  anheim,  ob  es  nicht  thunlich  und  räthlich  sejn  därfte, 
daß  zwar  der  Generale  Anschlag  von  2  fl.  30  kr.  auf  jedes  Haus  zu  Grund 
gelegt,  und  hiernach  auf  jedes  Dorf  oder  allenfalls  auf  einen  jeden  zu 
bestimmenden  District  das  nach  Anzahl  der  Häuser  ausfallende  quantum 
bestimmt,  die  Subrepartition  aber  auf  jeden  einzelnen  Hausbesitzer  den 
Gemeinden  selbst  nach  Maaß  des  größern  oder  geringern  Vermögens  eines 
jeden  überlasßen  oder  andurch  diese  Interimal  Steuer  noch  billiger  und 
fl&r  die  Armen  gelinder  gemacht  würde. 

Wien  den  20.  May  1776. 

Kaunitz  Bittb. 


Abkürzungen. 

Arneth,  A.,  Ritter  v.:  Maria  Theresia,  10  Bde. 

Dohm's:  Denkwürdigkeiten,  2  Theile. 

Hammer,  v.:  Geschichte  des  osman.  Reiches,  grOsstentheils  aus  bisher  un- 
benutzten Handschriften  und  Archiven,  9  Bde. 

Hormusaki:  Documinte  privitoare  la  istoria  Rom&nilor,  7  Bde. 

Oncken:  Allgemeine  Geschichte  in  Einzeldarstellungen.  Zeitalter  Friedrich 
des  Grossen,  2  Bde. 

Zinkeisen,  Joh.  Wilh.:    Geschichte  des  osman.  Reiches  in  Europa,   7  Bde. 


Wortregister. 


I 


•n 
'/ 


Abdul  Kerim  Effendi  261. 

Abraam  205. 

Adrianopel  226. 

Ahmet  Effendi  248,  249,  279,  282. 

Ahmet  Pascha  207. 

Albert  172. 

Albrecht  v.,  Hauptmann  234. 

Alexander  171,  172. 

Alt-Orsowa  140,   145,   150,  281,  284. 

Aluta,  siehe  Olt. 

Amurat  IV.,  Sultan  174. 

August  II.  von  Polen  160. 

B. 

Balamutka  161,  216,  272,  274. 

Barco,  Freiherr  v.,  Vincenti,  Feld- 
marschall -  Lieutenant  104,  106, 
114,  118,  119,  120,  121,  122,  126, 
127,  128,  129,  131,  132,  133,  134, 
137,  141,  143,  147,  160,  165,  168, 
169,  170,  185,  189,  193,  194,  201, 
203,  204,  205,  206,  208,  209,  210, 
211,  212,  213,  214,  215,  217,  218, 
220,  221,  222,  223,  225,  226,  227, 
228,  229,  030,  281,  282,  233,  284, 
236,  236,  237,  289,  240,  241,  242, 
243,  244,  245,  246,  247,  248,  249, 
250,  261,  262,  261,  262,  263,  264, 
276. 

—  Husaren-Regiment  123,  136,  215, 
216,  240. 

Bartfeld  255. 

Belgrad,  Friede  145,  266. 

Beltimanu,  Bojar  126,  226. 

Bender,  Festung  133,  134,  173,  200, 
202,  246,  246,  263. 


Beristonl  de  Kall,  Generalmajor  234. 

Berlad  128,  238,  244. 

Berlischeni  264. 

Bassarabien  167,  262. 

Beutling,  Brigadier  144,  272. 

Biala  253. 

Bialacerka  134,  262. 

Bibikow,  General  116,  186. 

Binci  de,  V.  224. 

Bistri^,  Fluss  142,  190,  269. 

Bogdan  172,  173. 

Böhmen  270. 

Bojan  178. 

Bokadgia,  Fluss  283. 

Bolussa  178. 

BordesÜe  142,  269,  265. 

Bordigeni  (.  .  j  =  fra.  j)  142. 

Borgo,  Pass  166,  161,  240,  256,  258, 
259,  277. 

Bosnien  142,  266. 

Bottai'sche  Infanterie-Regiment  186. 

Botuscheni   172,  178,  205,  206,  208, 
269. 

Braila  193,  202,  245,  246. 

Brajestie  143,  277. 

Brandenburg  182. 

Brinken-Regiment  123,  125,  136,  216, 
216,  240. 

Brody  195,  216,  242. 

Brognard,  Osterr.  Internuntius  137. 

Bucsacz  215. 

Buda  268. 

Bug  168. 

Bujuktschausmelik  198. 

Bukowina  104,  106,  106,  107,  108, 
109,  110,  111,  113,  114,  115,  116, 
117,  119,  121,  122,  128,  124,  125, 
126,  127,  128,  129,  132,   134,  136, 


287 


136,  137,  138,  139,  140,  141,  142, 
146,  146,  147,  148,  149,  160,  161, 
166,  161,  174,  178,  183,  212,  229, 
242,  271,  274,  282. 

Bukureschti  132,  133,  186,  186,  227, 
236. 

Bnlgaiien  168,  262. 

Bntow  168. 

Bu»5u  176,  177. 


C. 


C&ropalnng  135,  234,  240,  267,  269. 

Candreni  =  Kandreni  280,  283. 

Cantacuzen  206. 

Capucodrului  136,  142,  219,  234,  266, 
266,  280,  283. 

Caramelli  162. 

Cerkow  263,  264. 

Chelm  168. 

Cfaodkiewicz  176. 

Chotiin  =:  Choczim  ==  Khotim  109, 
HO,  120,  130,  132,  133,  134,  139, 
143,  144,  146,  146,  160,  163,  164, 
166,  166,  167,  158,  169,  162,  171, 
172,  173,  174,  176,  176,  177,  180, 
182,  184,  199,  202,  208,  206,  206, 
207,  216,  218,  219,  230,  241,  246, 
246,  248,  260,  261,  264,  267,  263, 
268,  272,   278,  276,  276,  280,  283. 

Cicora  176,  178. 

Colorado  136,  242,  267. 

Constontlnopel  126,  130,  131,  137, 
141,  144,  146,  177,  203,  227,  230, 
261,  279,   282. 

Comeschti  169,  227. 

Cre^ulesca  126,  224. 

Cromer  172,  173. 

Cucaraza  136,  234,  236,  237. 

Cxvuiiu  176. 

CieremoB  108,  164. 

Csernanlui  142,  268,  280,  283. 

Ciemowitz  =  CernftQ^  109,  110,  117, 
123,  124,  126,  134,  141,  163,  164, 
166,  169,  161,  162,  172,  173,  180, 
190,  191,  202,  203,  208,  216,  216, 
217,  218,  219,  220,  223,  226,  226, 
227,  228,  232,  233,  240,  242,  243, 


247,  266,  267,  268,  261,  262,  263, 
267,  269,  280,  283. 
Czobor  Emerik  178. 

D. 

Dalmaüen  186. 

Damnitz  189. 

I^armfitadt  186. 

Deal  mare  beresoTU  142,  143,  267. 

Denhoff  162. 

Derehlui  142,  268,  269. 

Deraawenetz  161,  216,  267. 

Dlogosch  173. 

Dniepr  183. 

Dniester  (Niester  »  Tyra)  108,  163, 

164,   166,   166,  167,  168,  169,  171, 

172,   174,   176,  179,  181,  183,  185, 

199,  200,  209,  216,  216,  221,  267, 

272,  273,  277,  279,  280. 
Dobronaats  268. 
Doering  220,  221. 
Dohm  118,  119. 
Dolina  108,  163. 
Donau  116,   140,   166,  168,  170,  177, 

179,  180,  191,  193,  194,  206,  266, 

281,  284. 
Doma  136,    164,  233,  234,  236,  237, 

240. 
Dorna  Candreni  268. 
Dornischora  268,  259. 
Dorochy  172. 
Draheim  168. 
Dnbno  263. 
Dukla  266. 
Darlach-Regiment  136,  242. 

Effendi  Pascha  207. 
Elbing  182. 
EHas  171. 
Elisabeth  173. 
EUrichshaosen  Freiherr  v., 

meister  116,    117,    119, 

128,   131,   134,  136,  136, 

143,   160,   162,  195,  196, 

209,  210,  214,  215,  217, 

223,  224,  226,  227,  228, 

231,  232,  235,  236,  237, 


Feldzeug- 
123,  124, 
141,  142, 
201,  203, 
221,  222, 
229,  230, 
239,  240, 


288 


241,  244^  245,  246,  247,  248,  249, 
252,  253,  255,  257,  260,  264,  267, 
274,  275,  276,  277,  278,  286. 

England  103. 

Enzenberg  118. 

Eperies  237. 

Eugen,  Prinz  181. 

Europa  139. 

F. 

Filo  Jos.,  Oberstlientenant  135,  234, 

236. 
Fleischer  188,  190. 
Foc^ni    (Fokscheni)    122,    128,    213, 

214,  217,  228,  236. 
Font&na  Sauchi  (Fontina  Sauki)  110, 

142,  160,  268. 
Fotin  155. 
Friedrich  II.  yon  Preussen  266. 

G. 

GaUzien  104,  105,  106,  108,  109, 
116,  135,  136,  141,  143,  145,  149, 
161,  166,  166,  157,  161,  182,  199, 
203,  212,  237,  243,  250,  251,  253, 
264,  256,  260,  266,  271,  274,  276, 
277,   279,  282. 

Galitzin  Demetrius,  Ffirst  und  russi- 
scher Botschafter  194,  250. 

Gartenberg,  Freiherr  v.  167,  221. 

Ghika  Grigori,  Fürst  der  Moldau  129, 
130,  131,  132,  137,  138,  140,  141, 
146,  146,  147,  148,  149,  161,  222, 
226,  227,  230,  233,  251,  262. 

Ghika  Stefan  203,  213. 

Gier  174,  178,  181,  183,  190. 

Grenisestie  269. 

Gura  balta  116,  193,  194. 

Gyimes  199. 

Gyulai-Regiment  237. 

H. 

Hadik  Andreas,  Graf  und  Feldmar- 
schall 124,  131,  134,  136,  136, 
137,  143,  152,  156,  162,  163,  170, 
188,  189,  195,  196,  212,  213,  215, 
223,  226,  227,  231,  236,  237,  239, 
240,   241,   243,  244,  246,  248,  249, 


260,   251,   262,  253,  261,  263,  264, 

270,   274,  275,  277,  286. 
—  Husaren-R^ment  123,  136. 
Hammer  120. 
Harbach  108,  163 
Hassan  Pascha  193,  251. 
Hausser  196. 
Heinrich  VH.  174. 
Hermannstadt  236,  237. 
Hirsowa  166. 
Hofmann,  Hauptmann  108,  153,  188, 

190. 
Holstein  186. 

Holubo£iki  109,  161,  162,  164,  177. 
Horecza  123,  219. 
Horodenka  109,   154,   155,   161,   190, 

215. 
Horodize  197. 
Horomczak  200. 
Huko  143,  274,  277. 
Humiecki  184. 
Humor  142,  256,  257,  268,  269,  264, 

265,  269. 

I. 

Ifmar  LUty  146,  273. 

nisestie  256. 

Imbault  160. 

Inonius  176. 

Ismael  Reif  Beg  Effendi  279. 

Izzet  Mehmed,  Minister  282,  284. 

J. 

Jakobaki  Biso  131,  138,  140,  141, 
145,  147,  148,  149. 

Jakobeni  258,  269. 

Jaroslaw  186. 

Jassi   114,   116,   120,   122,    124,  126, 

127,   128,   132,  134,  137,  148,  160, 

165,   166,   168,  169,  170,  173,  177, 

178,   179,   186,  189,  198,  204,  206, 

206,  207,  208,  216,  217,  218,  219, 

221,  222,  223,  225,  226,  227,  228, 

229,  230,  231,  232,  236,  237,  289, 

242,  243,  244,  246,  247,  248,  249, 

250,  261,  262,  261,  262,  268,  269, 
272. 

Jaworow  161. 


289 


Jenikale  133,  207,  232. 

Jeremia  Mogfila  175. 

Joflef  n.   115,    122,    125,    135,    143, 

161,  168,   187,  192,^210,  237,  270, 
271,  274. 

K. 

Ktfii207. 

Kunenski  198,  194,  195. 

Ktminiec  109,  112,  113,  154,  157, 
160,  171,  176,  177,  179,  180,  182, 
196,  273. 

Karlowitz,  Friede  112,  120,  160,  171, 
174,  178,  179,  180,  182,  183,  203. 

Karpathen  155. 

Kuan  115,  185,  225,  226. 

Kuchau  287. 

Kaomir  171,  172,  173,  242. 

KaiUtachi  193,  194. 

Ktuiitz  Wenzel,  Fürst,  Staatskanzler 
104,  105,  106,  107,  110,  114,  116, 
118,  122,  129,  180,  138,  139,  140, 
144,  145,   146,  147,  148,  149,  150, 

162,  168,   164,  165,  209,  210,  211, 
212,  240,  269,  270,  286. 

Kertsch  133,  232. 

Ketteier  112. 

Kibnm  207,  263. 

Kimpolong  vide  Cftmpulnng 

Csfekete  190. 

Kias  122,  128,  209,  214,  215. 

Kloknczka  268. 

Kochanski  176. 

Kolodropka  174,  178,  181. 

Kolomin  171^ 

KomeqK>lski  176. 

Konitantin  176. 

Korecki  176. 

Konakow  206,  207. 

Kosatxna,  siehe  Poiana  Kosn^na. 

Koflsna  185,  234,  286,  237,  256. 

Kotoweti  197. 

Krakan  177. 

Kninicsesti  258. 

Krim  207,  221,  268. 

Kronstadt  224. 

Kaknraza  ride  Cncuraza 

Knbcseni  275. 

Kttty  108,  158,  171,  195,  198,  2Ö8. 


Kutschuk   Kainardsche,    Friede    104, 

117,  118,  120,  127,  130,  189. 
Kutschur  258. 
Kntzersdorf,  Hauptmann  108,  158. 


Lacy  108. 

Ladislaw  Jagello  171,  176,  177. 

Ladislaw  178. 

Lanterburg  158. 

Lemberg  124,  184,  137,  161,  171, 
184,  188,  189,  195,  196,  201,  206, 
209,  210,  213,  214,  216,  217,  223, 
224,  227,  228,  230,  231,  236,  240, 
241,  249,  251,  252,  253,  255,  256, 
259,  260,  261,  263,  264,  267,  274, 
275,   276,  277,  278. 

Leopold  I.  111. 

Lentschan  237. 

Lilbat  186. 

Lindemann  219. 

Lithauen  161,  172,  179,  188. 

Lobkowitz,  Fürst  120. 

Lodomerien  105,  208,  258,  255,  279, 
282. 

Loyk,  General  194. 

Lubomil  158. 

Lukawetz  142,  247,  248,  268. 

M. 

Mahomed  lY.  203. 

Mähren  270. 

Malachowski  179. 

Blamomi^  142,  268. 

Maria  Theresia  103,  114,  115,  128, 
144,  151,  187,  211. 

Marmaros  189. 

Marosch  181. 

Michael  174,  175. 

Mieg  y.,  Friedrich,  Major  108,  109, 
110,  113,  114,  116,  117,  122,  126, 
129,  131,  182,  143,  158,  155,  156, 
158,  159,  161,  162,  168,  164,  165, 
177,  184,  187,  188,  189,  190,  192, 
195,  196,  201,  203,  209,  210,  214, 
215,  216,  218,  220,  225,  226,  227, 
228,  282,  233,  235,  238,  242,  264, 
269,  274,  275,  276. 


290 


,  106, 

107, 

108, 

,  113, 

114, 

116, 

,  121, 

123, 

126, 

,  133, 

134, 

137, 

,  144, 

146, 

146, 

,  166, 

166, 

162, 

,  171, 

172, 

173, 

,  178, 

179, 

180, 

,  189, 

190, 

191, 

,  201, 

202, 

204, 

,  216, 

222, 

225, 

,  233, 

236, 

237, 

,  243, 

244, 

245, 

»,  260, 

261, 

266, 

,  266, 

267, 

270, 

,  278, 

280, 

281, 

f.' 


Milinie  242,  267. 

MilUo,  Bojar  804,  206. 

MohUew    128,    134,    141,    262,    261, 

868,  263,  272. 
Moldau  103,  104,  106 

109,  110,  111,  112 

116,  117,   118,  120, 

127,   129,   130,  131 

138,   140,   142,  143 

147,   148,   149,  161 

163,  164,   166,  167 

174,  176,   176,  177, 

181,   182,   183,  187 

192,   196,   199,  200, 

207,  211,  213,  214 

226,  228,  230,  232 

238,  239,  241,  242, 

246,  247,  248,  249 

267,  262,  263,  264 

271,  272,  273,  277 

284. 
Moldof«itM  196,  196,  277,  282. 
MolnitM  143,  276. 
Mongacs  237. 
Moruzi  Constantin  146. 
Moskau  170,  176,  177,  225,  226. 
Muftizade  Ahmed  150. 
Muhzun  Oglu  107. 
MunÜcelu    (Muntitschelu)    gttra    dnt- 

mnlui  142,  265,  269. 

N. 

Neam^ul  173. 

Neu-Oraowa  281,  284. 

Neu-Serbien  133,  209,  223,  239. 

Niedennayer  215. 

Notez  169. 

Nowgorod  172. 

Nngent-Regiment  123,  136,  206,  216, 

217,  240. 

0. 

Obreskow  114,  169,  193,  204. 

OcBakow  207. 

Oerterreich  103,  104,  107,  116,  117, 
120,  122,  126,  127,  128,  129,  130, 
131,  132,  134,  137,  138,  139,  140, 
141,  143,  144,  145,  146,  147,  148, 
149,   150,   161,  180,  282,  283. 


Ofen  173. 
Oitos  200. 

Okopi  136,   161,   179,   190,  196,  197, 
199,  240,  254.  267,  275,  276,  277. 
Olt  103. 

Oncken  118,  119. 
Orchechowce  180. 
Osarow  226. 

P. 

Palczyniec  157. 

Falfy-Regiment  237. 

Panin,  Graf  120. 

P&räul  Hersului  267. 

Parhiu^  142,  258,  264. 

Passaro  Witz,  Friede  140,  184. 

Pera  137. 

Peretita  178. 

Peter,  Czar  186. 

Peter  171,  172. 

Petersburg  120,   127,   130,   133,  218, 

235,  248,  249,  261. 
Philipp!  156. 
PhiUpsburg  270. 
Piasecius  174,  178. 
Piedekautz  HO,  162. 
Podhaice  179. 
Podhorze  157,  158,  180. 
Podolien    112,    160,    156,    157,    168. 

171,  177,   179,  180,  181,  197,  199, 
243,   264,   257,  277. 

Poi&na  ble^i  142,  267. 

—  Harlu^a  142,  267,  274. 

—  Kosu^na  142,  268. 

—  Samlina  142,  267. 

Pokutien    105,    106,    108,    HO,  111, 

113,   116,    118,  149,  155,  156,  157, 

158,   160,   162,  163,  164,  170,  171, 

172,  173,   174,  177,  178,  179,  182, 

183,  184,  186,  187,  188,  189,  192, 
197,  198,  199,  201,  213,  244,  253, 
266,  267,  270,  271,  274,  279. 

Polen  103,  105,  106,  107,  108,  109, 
HO,  111,  112,  113,  114,  155,  158, 
160,  161,  166,  170,  171,  172,  173, 
174,   175,   176,  177,  180,  182,  183, 

184,  190,  245,  247,  249,  251,  262, 
263,  266,  267,  279. 


291 


PontUA  Euzinus  170. 

Potocki  110,  160,  176,  177. 

Posorita  264,  266,  268,  269. 

PMga  272. 

PraiflB,  Feldxeugmeister  126,  186,  224, 

236,  237. 
PraoMen  106,  122,  130,  142,  161,  211. 
Preworodek   128,  142,  143,  190,  191, 

216,  240,  263,  267,  267,  276,  277. 
Priest  de,    französischer  Botschafter 

147. 
Pruth   108,  118,   123,  124,  143,  147, 

163,   164,    166,  169,  162,  183,  198, 

216,  217,  219,  266,  268,  274,  280, 

283. 
Pngatscheff  116,  226,  226. 
Pntna  266. 


B. 


Rabutin  179,  181. 

RaccoYita  126,  224. 

RadantE  124. 

Heiss  Effendi  138,  141,  146,  160,  186, 
193,  194,  279,  282. 

Repnin,  Fürst  118,  126,  127,  128, 
137,  146,  193,  229,  230,  231,  232, 
233,  238,  261. 

Reschow  196. 

Rezin  129. 

Rodna  136,  234,  266. 

Rohatin  139,  143,  267,  274,  276,  277. 

Roman  114,  142,  169,  170,  173,  266, 
266,  269. 

Romanzow,  Graf,  Feldmarschall  106, 
116,  116,  119,  122,  123,  126,  127, 
128,  129,  134,  141,  146,  169,  189, 
191,  193,  194,  201,  204,  206,  208, 
210,  211,  212,  213,  216,  217,  218, 
222,  223,  226,  227,  228,  229,  281, 
232,  233,  236,  239,  242,  243,  244, 
246,  248,  249,  260,  261,  262,  261, 
262,  263,  272. 

Rothkirch,  Freiherr  v.,  Oberst  144, 
207,  239,  272,  273. 

Radolf  n.  176. 

RnssUnd  103,  106,  106,  107,  116, 
116,  119,   126,  127,  130,  131,  139, 


142,   144,  146,  148,  161,  166,  167, 
169,   186,   192,  201,  203,  207,  208, 
209,  211. 
Rnstschuk  186,  194. 

8. 

Sabinska  171. 

8ada«rara  216,  220,  221,  263,  268. 
Sadanow  180. 
Samos  148. 
Samicios  172,  173. 
Saul  de  224. 
Schestakow  169. 
Scheidemantel  166. 
Schlann  234. 
Schlesien  266. 
Schumla  116,  193,  196. 
Schweden  176,  183. 
Seec^r,  Freiherr  v.  Dorrenberg^,  Oberst 
108,   110,   111,  113,  114,  117,  165, 

159,  162,  163,  164,  170,  186,  187, 

188,  190,   191. 
Selim  m.  133. 
Serbatow  114,  169,  222. 
Serbien  142,  214. 

Sibirien  160,  169,  170,  186,  186. 

Siebenbürgen  104,  106,  106,  118,  126, 
127,  134,  136,  136,  142,  143,  146, 
148,  149,  160,  165,  161,  172,  174, 
176,   180,   181,  182,  186,  187,  188, 

189,  190,  192,  196,  197,  199,  201, 
209,  212,  234,  236,  237,  238,  240, 
264,  266,  268,  264,  269,  274,  277, 
279,  280,  281,  282,  283,  284. 

Sigismund  172,  176,  177,  182. 
Silistria  126,  134,  142,  194,  196,  228, 

229,  230,  260,  266. 
Siret  124,   142,   143,   147,   148,    165, 

160,  166,  173,  174,  197,  216,  218, 
219,  247,  248,  249,  266,  266,  269, 
276,  280,   283. 

Siskowitsch   116,  123,  134,  136,  164, 

187,   188,  216,  231,  233,  240. 
Skala  266. 
Ska¥me  266. 

Skinder  Pascha  176,  177. 
Slatina  148. 
Slavonien  270. 


290 


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MMki,  Kairiff  110,  111,  111  111. 

110,  161,  177,  178. 
-  Jtkob  171 

Kolhua,  OroflTiiir  127,  914. 
8o1m,  Graf  181 
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Todorkasi  13&,  üi 
Tomtt  175, 176. 
Tortiii  »6,  «7. 

217. 
Tnbio^  177. 
Tienbowla  180. 
Trieit355. 
Tiritlka  143,  S7^ 

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»,  180,   181,  183,  184,  186,  202, 

;  214,  222,  224,  226,  229,  230, 

»  246,  262,  266,  270,  277,  280, 

«  284. 

dian   108,    110,   169,    170,   176, 

,  261. 

lergen  y.,  Oberstlientenant  144, 

272,  274. 
Uni  219. 
,a  142,  266. 
110,   119,   120,   126,   136,   141, 
163,   166,  187,  209,  210,  237, 

•  240,  260,  261,  266,  269,  270, 
^    274,   286. 

•  ^^'  87. 
.^*'  1  266. 

X  206. 
w  226. 


Württemberg,   Dragoner  •  Regiment 
123,  216. 

Y. 

Tpsilanti,  Fürst  132,  137,  233 

Z. 

Zaleszczyki  166,  206,  216,  242,  257. 

Zaluski  166,  167. 

Zamoifiki  111,  174,  175. 

Zamosina  199. 

Zbrucz  211. 

ZegeUn  130,  137,  139,  149. 

Zeleneu  160,  163. 

Zinkeisen  118,  119,  130. 

Zink  181,  182. 

Zolkiewski  176,  177. 

Zorawenski  176. 

Zucska  142,  268. 


Beriohtigungen. 


*4  lies  statt  Bokownia:   Bukowina. 
6     „        „     Jassy:   Jassi. 

r8     „       f,     seitens  Oesterreioh:   Seitens  Oesterreichs. 
«2     „        „     M&rz:    May. 
4  o.  266  (Dislocations-Tabelle)  erste  Zeile  oben  lies  stitt  LXni:  LXXUI. 


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InhaltsverzeiohnisB. 


Seit« 

Einleitung 101 

1.  Capitel.    Die  Vorgeschichte  der  Erwerbung  der  Bukowina  bis  zum 

Frieden  su  Kutschuk  Kainardsche  (1772—17.  Juli  1774)   .    .  104 

2.  Capitel.    Vom  Frieden  zu  Kutschuk  Kainardsche  17.  Juli  1774  bis 

zu  der  7.  Mai  1775  zwischen  Oesterreich  und  der  Türkei  ge- 
schlossenen Convention 120 

Bellagen. 

I.  Mieg  an  das  General-Milit&r-Ober-Commando;   Horodenka,  den 

17*«n  September  1778 168 

n.   Seeger  an  Hadik;  Warschau,  den  10t«n  Dezember  1778    ...  166 
in.  Mieg  an  das  General -Militär- Ober -Commando;    Lemberg  den 

23t«n  Decemb.  1778 169 

IV.  Donationsurkunde  des  KOnigs  Johann  Sobieski  an  Holubofeki; 

Javorovi»  die  20.  Mensis  Decembris  1691 161 

V.  Hadik  an  Caramelli;  Lemberg,  den  2öten  Decemb.  1778    .     .     .  162 

VI.  Allerunterth&nigster  Vortrag;  Wien,  den  4ten  Januar  1774    .     .  163 
VII.  An  den  Herrn  Qeneral  der  Cavallerie  Grafen  v.  Hadik,  den  Hof- 
und  Staatskanzler  Herrn  Fttrsten  v.  Kaunitz  Rittberg;  Wien, 

den  8.  Januar  1774 168 

VIII.  Kaunitz  an  Siskovics;  Wien  12ten  Jftnner  1774 164 

IX.  An  das  General-Commando  in  Galizien,  den  Herrn  Hof-  u.  Staats- 
kanzler Fürsten  y. Kaunitz  RiUberg;  Wien,  den  18t«n  Febr.  1774  166 
X.  Barco  an  den  Hofkriegsrath;  Jassy,  den  12t«n  Jänner  1774.    .  166 
XI.  Barco  an  den  Hofkriegsrath;  Jassy,  den  18ten  Jänner  1774  .    .  168 
Xn.   Barco  an  den  Hofkriegsrath;  Jassy,  den  18t«n  Jänner  1774.    .  169 
Xm.  Seeger  an  Hadik;  Warschan,  den  B^Q  Februar  1774    ....  170 
XIV.  Barco  an  den  Hofkriegsrath;  Jassy,  den  20ten  Februar  1774    .    .  186 

XV.   Vortrag;  Wien,  den  6.  Merz  1774 187 

XVI.  Maria  Theresia  an  Siskovics;  (Wien)  den  19t«n  März  1774    .    .  187 

XVn.  Hadik  an  den  Hofkriegs-Rath;  Lemberg,  den  20ten  Martü  1774  188 

XVm.  Barco  an  den  Hofkriegsrath;  Jassy,  den  2öt«n  Marty  1774  .    .  189 

XIX.  Hadik  an  den  Hofkriegs-Rath;  Lemberg,  den  2öten  April  1774  189 

XX.  Vortrag;  Wien,  den  3t«n  May  1774 192 

XXI.  Barco   an    den  Hofkriegsrath;    Hauptquartier  Gura  balta,  den 

28t«n  Juny  1774 193 

XXH.  Barco  an  den  Hofkriegsrath ;  Feldlaager  an  der  Donau  4  Stunden 

unterhalb  Silistria  den  28»««»  Juny  1774 194 

XXm.  Ellrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  den  8t«n  July  1774  .     .    .  195 

XXIV    Ellrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  den  22*«»  July  1774     .    .  196 


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295 

Seite 
XXV.  EllrichBhaasen  an  den  Hof kriegsrath ;  Lemberg,  den  29.  July 

1774 201 

XXVI.   Copie  des  articuls  sur  la  Valachie  et  Moldavie 202 

XXVII.  Copia  Eines  an  S«  Excellenz  Commandirenden  Oeneraln  in 
den  Königreichen  Oallicien  nnd  Lodomerien,  Freyherm  v. 
Ellrichshansen  vom  Herrn  Obristwachtraeister  v.  Mieg  vom 
großen  Qeneralstabe  ddto  Czemowitz  4^°  August  1774  er- 
lassenen Schreiben 203 

XXVni.  Puncten  so  bey  abschickung  in  den  Gräntzangelegenheiten 
zwischen   dem  Kiester  und  Siebenbürgen   zu  beobachten 

seynd;  Wien,  den  8t«n  August  1774 209 

XXIX.  Copia.  Kaunitz  an  Kaiser  Joseph  n.;  äVienne  ce  8^  Aout  1774  210 

XXX.  Kaunitz  an  Maria  Theresia;  (ohne  Datum) 211 

XXXI.  Barco  an  Hadik;  Foksan,  den  24ten  August  1774    ....  213 
XXXn.   Ellrichshansen  an  den  Hof  kriegsrath;  Lemberg,  den  25ten  Aug. 

1774 214 

XXXm.  Ellrichshansen  an  Hadik;  Lemberg,  den  29ten  August  1774.  215 

XXXIV.   Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  Iten  September  1774   .  217 
XXXV.  Mieg  an  seine  Torgesetzte  Behörde;  Czemowitz,  den  l^ten  Sept. 

1774 218 

XXXVI.  Doering  an  Barco;  Sadagura,  den  4ten  September  1774   .     .  220 

XXX Vn.  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  6ten  September  1774    .  221 

XXXVm.  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassj,  den  6ten  7bri8  1774  .     .     .  222 

XXXIX.  Ellrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  den  9ten  Sept.  1774  .     .  223 

XL.   Die  Bojaren  an  Preiß;  Kronstadt,  den  12ten  7bri8  1774    .     .  224 

XLI.  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  13^°  September  1774.  225 

XLH.  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassj,  14.  September  1774    .     .     .  225 

XLIII.  Mieg  an  Hadik;  Czemowitz  15.  September  1774 226 

XLIV.  EUrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  den  16t«n  Septemb.  1774  227 

XLV.  Repnin  an  Barco;  A  Foczany  Le  ||  Sept.  1774.  .....  228 

XLYI.  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  30.  September  1774     .  229 

XLVn.  Ellrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  7.  October  1774   .     .     .  230 

XLVÜL  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  14ten  October  1774     .  231 

XLIX.  Mieg  an  Ellrichshausen;  Czemowitz,  den  16ten  Octob.  1774.  232 

L.  Meldung;  Doraa,  den  17ten  October  1774 233 

LI.  Copia.  Lobliche  Wallachische  Gränitz-Brigade;  (ohne  Datum)  234 

LH.   Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  19t«n  October  1774.     .  235 

Lm.  Ellrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  den  24teQ  8bris  1774    .  236 

UV.  Preiss  an  den  Hof  kriegsrath ;  Hermanstadt,  den  25teo  Oct.  1774  236 

LV.  Kaiser  Joseph  11.  an  Hadik;  Wienn,  den  27.  October  1774  .  237 

LVI.  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  Slten  October  1774.     .  237 

LVIL   Kaunitz  an  Hadik;  Wien,  den  31ten  October  1774.     ...  239 

LVm.  Ellrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  den  7ten  November  1774  240 

LIX.   Ellrichshausen  an  Hadik;  Lemberg,  den  llt«n  9ber  1774      .  241 

LX.  Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  12^"  November  1774  .  243 

LXI.  Barco  an  Hadik;  Jassy,  den  12ten  November  1774       ...  244 

LXn.   Barco  an  Ellrichshausen;  Jassy,  den  15*««  November  1774  .  246 


ZWEI  DENKSCHRIFTEN 


ERZHERZOG  RAINERS 


AUS  DETN  JAHREN   1808   UND   1809. 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


EDUARD  WERTHEIMER. 


ArebiT.  LIZYIII.  Bd.  II.  H&lfte.  SO 


i 


Einleitung. 


Um  Kaiser  Franz  schaarte  sich  eine  Anzahl  geistig  bedeu- 
tender Erzherzoge^  unter  denen  Erzherzog  Rainer  eine  hervor- 
ragende Rolle  zukommt.  Nach  des  Kaisers  Art,  jedem  seiner 
Brüder  den  ihm  passenden  Wirkungskreis  zuzuweisen,  ward 
Rainer  mit  der  Leitung  der  Geschäfte  des  Staatsrathes  betraut, 
in  dessen  Bannkreis  die  inneren  Angelegenheiten  der  Monarchie 
fielen.  Durch  diese  Stellung  in  volle  Kenntniss  der  Bedürf- 
nisse und  Zustände  des  Staates  gesetzt,  verfasste  Rainer  die 
beiden  Denkschriften,  die  wir  hier  veröflFentlichen,  zu  deren 
besserem  Verständnisse  es  gestattet  sei,  uns  ein  wenig  ein- 
gehender mit  der  Wirksamkeit  ihres  Verfassers  zu  beschäf- 
tigen. 

Nachdem  Rainer  in  seiner  Jugend  eine  ausgezeichnete 
Erziehung  erhalten,  bestimmte  Franz  am  29.  Juni  1805,  dass 
sein  Bruder  durch  den  Minister  des  Innern,  Graf  Kolowrat, 
mit  den  Agenden  des  Staatsrathes  bekannt  gemacht  werde.^ 
Von  diesem  Momente  an  war  er  das  designirte  Haupt  der 
obersten  Behörde  ftir  innere  Angelegenheiten.  Der  Glanzpunkt 
seiner  Thätigkeit  fällt  jedoch  erst  in  die  Zeit  nach  dem  Kriege 
von  1805,  IÜ8  die  Verhältnisse  dringend  eine  Reorganisation  der 
Monarchie  erheischten.  Mit  fieberhaftem  Eifer  sucht  er  die 
innem  Zustände  derselben  zu  ergründen;  ebenso  unermüdlich 
widmet  er  sich  dem  Studium  der  Finanzwissenschaften,  um 
mit  deren  Hilfe  die  Mittel  zur  Heilung  des  schwersten  Uebels 
des  Staates  zu  erforschen.  Schon  1807  erklärt  er,  dass  die 
zerrütteten  Finanzen,  die  ihn  mit  Schreck  erftillen,  nur  durch 
einen  ,schnellen  Streich^,  durch  die  sogenannte  ,Devalvirung' 
beseitigt  werden  können.    In  nachhaltigster  Weise  protestirt  er 


^  Fnnx  an  Kolowrat.     Staatsraths- Acten.*    Wiener  Staatsarchiv. 

20* 


300 

gegen  das  Patent  vom  14.  September  1808,  welches  mit  falschen 
Mitteln   die  Aiifrechterhaltung   des  Werthes   der   immer  tiefer 
sinkenden  Bancozettel  verfolgte.^    ,Die  grösste  Kunst  ist  itzt^ 
—  sagt  er  —  ,nicht  das  Streben,  den  angegebenen  findzweck 
des  Patentes  zu  erreichen,  sondern  die  Auffindung  eines  Mittels, 
um    dieses   Patent   zurückzunehmen,    ohne   Seine   Majestät  zu 
compromittiren/ *    Ebenso  nachdrücklich  fordert  er  die  Besei- 
tigung des  Finanzministers  Graf  Carl  Zichy,   und   damit  eine 
durchgreifende  Aenderung  in  den  Principien  der  Finanzgebah- 
rung.     Aber  er  sieht  ein,  dass,  um  zu  diesen  einschneidenden 
Massregeln  schreiten  zu  können,  vor  Allem  die  oberste  Leitung 
der  Verwaltung  selbst   reformirt  werden   müsse.     Seine  Da^ 
legungen,  unterstützt  von  Erzherzog  Carl,  machten  tiefen  Ein- 
druck auf  den  Kaiser,  so  dass  dieser  im  April  1808  Rainer  beauf- 
tragte, seine  Vorschläge  zur  Einführung  einer  ,zweckmä88igen 
Centralverwaltung^  zu  unterbreiten.    Diesem  Befehle  verdanken 
wir  die  erste  der  hier  mitgetheilten  Denkschriften,  deren  Gehalt 
wir  schon  kurz  an  anderer  Stelle  kennzeichneten,'  die  wir  aber 
einerseits   als   ein  Denkmal   der  geistigen  Bedeutung  Rainers, 
wie   anderseits    als    lehrreiches   Material    zur  Erkenntniss   der 
damaligen  Zeit  filr  wichtig  genug  halten,  um  hier  vollinhaltlich 
wiedergegeben  zu  werden.     Fürwahr,   in  der  österreichischen 
Geschichte    wird    es   wenig   Staatsschriften    geben,    die    einem 
Herrscher  seine  bisherige  Regierungsweise  in  schwärzeren  Far- 
ben  malen   als  jene,   die   Erzherzog  Rainer  auf  Wunsch  des 
Kaisers  im  Jahre  1808  verfasste.     Rückhaltios  schildert  er  da 
den    morschen    Zustand    der   Monarchie.      Ebenso    rückhaltlos 
charakterisirt  er  die  Schwächen  der  Personen,  in  deren  Händen 
die  Verwaltung  ruht.     Vor  Allem  muss  man  jedoch  über  die 
Kühnheit  staunen,  mit  der  hier  gegen  den  Liebling  des  Kaisers, 
den  einflussreichen  Staatsrath  Baldacci  zu  Felde  gezogen  wird. 
Aber  wie  beredt  auch  Rainer  auf  die  Fehler  desselben  hin- 
weisen mochte,  es  gelang  ihm  doch  nicht,  den  intimen  Rath- 
geber    des    Kaisers    zu    stürzen.      Erst    1810   wurde    nämlich 
Baldacci  aus  der  Nähe  des  Herrschers  entfernt,  und  wie  dem 
hier  folgenden,  bisher  ungedruckten  Briefe  von  G^ntz  zu  ent- 


^  Beer,  Die  Finanzen  Oesterreiclis  im  19.  Jahrhundert,  8.  36  ff. 

2  Rainer  an  Franz.    Ohne  Datum.    Concept  Hof  bibliothek.    Cod.  Rain.  59. 

'  Wertheimer,  Geschichte  Oetterreichs  und  Ungarns,  II.  Bd.,  8.  21. 


301 

nehmen^  war  es  Graf  Ferdinand  Pälffy^  der  vertraute  Liebling 
der  Kaiserin  Maria  Ludovica,  der  das  schwierige  Werk  voll- 
brachte. ,Ich  habe'  —  schreibt  Gentz  diesbezüglich  an  Pdlfiy 
—  ^neulich  wieder,  und  zwar  von  mehreren  Seiten  her,  sehr 
viel  Rtihmliches  von  Ihnen  gehört;  ich  weiss  auch,  dass  Sie 
es  eigentlich  waren,  der  den  Staatsrath  stürzte/^  Konnte 
Baldacci  aber  auch  nicht  aus  dem  Cabinet  des.  Kaisers  ver- 
drängt werden,  so  war  es  dagegen  ein  grosser  Erfolg,  dass 
Ghraf  Carl  Zinzendorf  zum  dirigirenden  Minister  des  neu  or- 
ganisirten  Staatsrathes  ernannt  wurde.  Es  war  dies  ein  um  so 
grösserer  Erfolg,  als  Zinzendorf  dem  Kaiser  nichts  weniger  als 
sympathisch  war.  Zu  diesem  Siege  über  die  entgegenwirkenden 
Elräfte  hatte  das  Seinige  auch  Erzherzog  Carl  beigetragen,  der 
Zinzendorf  ermahnte,  das  Eisen  zu  schmieden,  so  lange  es 
warm  sei,  damit  man  nicht  wieder  in  den  alten  Schlendrian 
verfalle.*  Niemand  jedoch  war  mehr  erfreut  über  diese  von 
ihm  beantragte  Ernennung  als  Erzherzog  Rainer.  ,Das  Steigen 
des  Curses'  —  schrieb  er  an  Franz  —  ,Alles  zeigt,  wie  sehr 
Alles  damit  zufrieden  und  wie  viel  man  sich  davon  verspricht.' ' 
Wenn  man  das  Handschreiben  liest,  mit  welchem  Zinzendorf 
angewiesen  wurde,  in  seiner  Eigenschaft  als  dirigirender  Mini- 
ster die  von  Rainer  gewünschten  Reformen  durchzuführen,  er- 
hält man  in  der  That  den  Eindruck,  als  stünde  man  vor  einer 
neuen  Phase  im  Leben  der  Monarchie,  vor  einem  Abschnitte, 
der  durch  die  segensreichsten  Neuerungen  gekennzeichnet  sein 
soll.  Nicht  mit  Unrecht  bemerkte  eine  einflussreiche  Persön- 
lichkeit jener  Zeit  von  diesem  kaiserlichen  Handschreiben: 
,Deijenige,  der  es  verfasste,  ist  ein  geschickter  Mann.  .  .  .  Wolle 
Gott  nur  Seine  Majestät  in  diesen  Gesinnungen  guter  Ordnung, 
welche  diese  Billete  athmen,  erhalten.'^  Die  Resolution  des 
Kaisers  selbst  lautet:  ,Ich  will  durch  diese  staatsräthliche  Ver- 
fassung folgende  Zwecke  erreichen:  ein  System,  einen  Geist, 
nach  welchem  und  in  welchem  alle  Geschäfte  der  Monarchie 
sollen  geführt  werden;  Verbindung  aller  Zweige  der  Regierung 
mit  stetem  Hinblick   auf  den  Hauptregierungszweck  und   auf 

^  Gents  an  Graf  Ferd.  PÜffj.    14.  Jänner  1810.   Gräfl.  P&lff/sches  Archiv 

zu  Stübing. 
'  Tagebuch  eines  Ungenannten.    12.  u.  18.  Juni  1808. 
>  Wertheimer  a.  a.  O.  8.  33. 
*  Tagebuch  eines  Ungenannten.    8.  Jnni  1808. 


302 

die  inneren  und  äusseren  Verhältnisse  der  Monarchie;  kraft- 
volle Leitung  im  Vereinigungspunkte,  Verminderung  zeitver- 
splittemder,  kleinftlgiger  Geschäfte  im  Centro  durch  Vermehrung 
des  Wirkungskreises  der  Unterbehörden,  doch  unter  Verant- 
wortlichkeit derselben  und  ihrer  Vorsteher  und  unter  strenger, 
unnachsichtlicher  Ahndung.  .  .  .  Vermieden  sollen  durch  diese 
Verfassung  werden:  Einseitigkeiten,  Widersprüche,  voreilige 
Beschlüsse  und  überhaupt  alles  jene,  wodurch  die  Staatsver- 
waltung compromittirt  wird,  alle  grossen  Veränderungen  in  den 
Verfassungen  ganzer  Provinzen,  einzelner  Stellen  oder  auch 
nur  in  dem  Geschäftsgange,  wenn  solche  nicht  schlechterdings 
und  erwiesen  nothwendig  und  nützlich  sind;  Verschwendung 
der  Staatseinkünfte,  Vermehrung  der  Beamten,  halbe  Mass- 
regeln, Lauigkeit  bei  den  Unterbehörden  oder  nicht  zweck- 
mässige Dienstesbestellungen/  ^ 

Mit  dem  1.  Juli  1808  sollte  die  neue  Organisation  des 
Staatsrathes,  wie  sie  Rainer  in  seiner  Denkschrift  skizzirt  hatte, 
ins  Leben  treten.  Bald  zeigte  sich  jedoch,  dass  man  dem 
Geiste  derselben  nicht  treu  geblieben.  Man  entfernte  sich  immer 
mehr  von  demselben,  und  Rainer  selbst  hat  später  die  Ursache 
bezeichnet,  welche  zum  Anlasse  des  Verfalles  der  von  ihm 
betriebenen  Reform  ward.  ,Seine  Majestät^  —  lauten  seine 
Worte  —  ,geruhten  zwar  Einiges  davon  zu  genehmigen,  aber 
eben  weil  nicht  Alles  begnehmiget  wurde,  eben  weil  das  Wich- 
tigste, nämlich  die  Vereinigung  aller  Zweige  der  Regierung  in 
einer  Zeit  nicht  geschah,  und  im  Gegentheile  noch  späterhin 
dem  Staatsrathe  die  Creditgegenstände  entzogen  wurden,  blieb 
es  dennoch  beim  Alten,  und  der  wichtige  Zweck  der  Aenderung 
ward  dadurch  nicht  erreicht.'* 


^  Handbill  et  des  Kaisers  an  Zinzendorf.  Persenbeog,  7.  Juni  180S.  Staats- 
raths-Acten. 

'  Aus  der  zweiten,  hier  gleichfalls  mitgetheilten  Denkschrift.  —  Offenbar 
einen  Irrthum  begeht  Mettemich  (Nachgelassene  Papiere,  II.  Bd.,  S.  446), 
wenn  er  als  die  letzte  staatsräth liehe  Organisation  jene  vom  Jahre  1807 
bezeichnet;  es  war  dies  vielmehr  die  vom  Jahre  1808,  von  welcher  er 
merkwürdiger  Weise  in  seinem  für  den  Kaiser  bestimmten  Vortrag  gar 
keine  Notiz  nimmt. 


803 

Von  nicht  minderer  Bedeutung  ist  die  zweite  Denkschrift 
Rainers^  die^  indem  sie  alle  Lebensäusserungen  der  Monarchie 
umfasst^  den  Erzherzog  in  einem  noch  ganz  anderen  Lichte 
als  die  erste  zeigt^  wo  er  sich  nur  mit  einer  einzigen  Gestaltung 
des  staatlichen  Organismus  beschäftigte.  Entstand  die  erste 
Denkschrift  fast  unmittelbar  vor  Ausbruch  des  Krieges  von 
1809,  80  gehört  die  zweite  dem  Ende  desselben  an.  Sie  wurde 
einige  Zeit  nach  dem  Schönbrunner  Frieden,  im  December 
1809,  entworfen.  Bis  zu  dieser  Zeit  war  Rainer  der  Stellver- 
treter des  Kaisers,  also  ununterbrochen  in  der  Lage,  gleichsam 
von  höchster  Stelle  aus  alle  Bedürfnisse  der  Monarchie  aus 
eigenste  Erfahrung  kennen  zu  lernen.  Dieser  Umstand  ver- 
leiht seinen  Ausflihrungen  einen  so  hohen  innern  Werth,  weil 
man  aus  denselben  einen  Mann  reden  hört,  der  nicht  von  ferne 
beobachtet,  sondern,  mitten  in  der  Entwicklung  des  Staates 
stehend,  genau  den  Pulsschlag  der  Monarchie  fühlen  konnte. 
Folgen  wir  ihm  in  den  Kreis  seiner  Wirksamkeit  bis  zur  Ab- 
fassung seiner  f)ir  den  Kaiser  bestimmten  Arbeit! 

Als  der  Krieg  schon  sicher  war,  ernannte  Franz  den 
Erzherzog  flir  die  Zeit  seiner  Abwesenheit  zum  Vorsitzenden 
der  ,AIlerhöchst  delegirten  Commission',  deren  Wirkungskreis 
sich  auf  Recratirung,  Approvisionirung  der  Armee,  Finanz- 
massregeln und  dergleichen  erstreckte.^  Voll  Eifer  widmete 
sich  Rainer  seiner  Aufgabe.  Ueberall  ist  er  bemüht,  den  An- 
forderungen zu  genügen.  Als  die  glänzenden  Erfolge  Napo- 
leons diesen  in  die  Nähe  Wiens  ftlhrten,  protestirte  Rainer, 
wiewohl  nutzlos,  gegen  die  Absicht,  die  Residenz  in  Verthei- 
dig^ngszustand  zu  setzen.*  Gleich  Erzherzog  Carl  erwartete 
auch  er  das  Heil  des  Staates  von  einem  raschen  Friedens- 
schlüsse. ,Ich  hege  nur  einen  Wunsch,^  —  schrieb  er  an 
Herzog  Albert  —  ,nämlich  jenen,  dass  bald  Friede  und  die 
Provinzen  von  dem  so  niederdrückenden  Joche  des  Feindes 
bald  befreit  werden  mögen.'*    Rainer  scheute  sich  auch  nicht, 


^  Bainer  an  Zinzendorf.    Wien,  7.  April  1809.    Staatsraths -Acten.    An  die 

Länderche£i.    Ibid.  —  Hock-Biedermann,   Der  österreichische  Staatsrath, 

S.  663. 
'  Wertheimer,  Zur  Geschichte  Wiens  im  Jahre  1809.    Archiv  für  österr. 

Geschichte,  74.  Bd. 
•  Rainer  an  Herzog  Albert.    Concept.   Undatirt,  gehört  nach  Inhalt  in  die 

erste  Hälfte  des  August  1809.    Hofbibliothek.    Cod.  Rain.  59. 


S04 

diese  Ansicht  dem  Kaiser  Torzutragen.  Allein  jedes  derartige 
Bemühen  war  vorläufig  aussichtslos^  da  die  Kriegspartei  noch 
immer  das  Uebergewicht  hatte.  ^Bellegarde^  Bubna^  Duka, 
Majer,  Radetzky^  Kutschera,  Baldacci,  Stadion  sind  die  Fai* 
seurs/  bemerkt  Rainer  in  seinen  Aufzeichnungen.^  Ebrst  im 
September  1809  dringt  die  Friedenspartei  durch,'  und  der  Erz- 
herzog bezeichnet  es  als  ^grossen  Dienst^,  den  Liechtenstein 
der  Monarchie  geleistet,  indem  er  als  Friedensunterhttndler  es 
auf  sich  nahm,  entgegen  der  ihm  ertheilten  Instruction,  unter 
seiner  Verantwortung,  in  die  Zahlung  von  8ö  Millionen  Kri^a- 
contribution  zu  willigen.' 

Nach  dem  Schönbrunner  Frieden  (14.  October  1809) 
erhielt  Rainer  Befehl,  das  Personale  des  Staatsrathes  und  des 
Cabinetes  nach  dem  vom  Feinde  geräumten  Wien  zurückzu- 
senden. Da  Franz  bezüglich  des  Erzherzogs  keine  Entschei- 
dung getroffen,  plagte  diesen  die  Ungewissheit  über  seine  künf- 
tige Bestimmung.  ,Ich  frage  mich  daher  in  aller  Unterthänig*- 
keit  an,^  —  schrieb  er  an  den  Kaiser  —  ,ob  ich  mich  nun,  wo 
alle  Behörden  in  die  Hauptstadt  zurückkehren,  nicht  dahin 
verfügen  und  bei  Wiederkehr  der  alten  Ordnung  in  jene  Wirk- 
samkeit wieder  eintreten  soll,  welche  ich  auf  Ew.  Majestät 
Befehl  schon  mehrere  Jahre  vor  dem  Krieg  und,  wie  ich  es 
mir  mit  voller  Ueberzeugung  schmeicheln  darf,  zur  Zufriedenheit 
Ew.  Majestät  ausübte,  oder  was  sonst  Ew.  Majestät  mit  mir  fbr 
itzt  und  fllr  die  Zukunft  zu  befehlen  geruhen,  indem  ich  vor 
Eifer  brenne,  Ew.  Majestät  und  dem  Staate  noch  femer  meine 
Kräfte  und  Zeit  zu  weihen  und  so  nützlich  als  mOglich  zu 
sein.^  ,Nicht8^  —  lautet  der  höchst  charakteristische  Schluss 
des  Briefes  —  ,würdc  mich  tiefer  kränken,  als  mit  dem  Be- 
wusstsein,  immer  strenge  meine  Pflicht  erfüllt  zu  haben  und 
nützen  zu  können  in  der  gegenwärtigen  Epoche,  wo  sich  so 
viel  thun,  so  viel  verbessern  lässt,  welche  eine  der  wichtigsten 
für  den  Staat  ist,  wieder  in  Unthätigkeit  ver&Uen  zu  müssen.'^ 


*  Notate  des  Erzherzogs.    Cod.  Rain.  59. 

'  Ibid.    jAlles  Frieden,  sogar  Zichy  —  nur  Baldacci  will  Krieg.*  —  Siehe 
auch:  Wertheimer,  Bd.  II,  8.  416  ff. 

*  Notate  des  Erzherzogs.    Hof  bibliothek.    Cod.  Rain.  69. 

*  Rainer  an  Franz.    SO.  November  1S09.    Concept,  gani  eigeohlodig.   Hof- 
bibliothek.   Cod.  Rain.  59. 


305 

Diese  ^Pflichterfüllung^  erblickte  Rainer  in  der  neuen 
Epoche^  die  unmittelbar  dem  Friedensschlüsse  folgte^  in  Vor- 
schlägen zu  einer  gänzlichen  Reform  der  Monarchie.  Schon 
am  20.  October  1809  hatte  er  dem  Kaiser  in  einem  Vortrage: 
,üeber  die  Art,  wie  den  Provinzen  nach  dem  Frieden  aufge- 
holfen werden  könnte/  gesagt:  ,Blos  in  diesem  feierlichen 
Augenblick,  wo  Jedermann  mit  gespannter  Aufmerksamkeit  auf 
die  Schritte  der  Regierung  sieht  und  ihre  Bemühungen  zur 
Regenerirung  mit  Eifer  unterstützt,  kann  man  Reformen  mit 
Nutzen  vollbringen,  die  Versäumung  desselben  ist  unersetzlich.^  ^ 
Was  er  in  diesem  Vortrage  nur  andeutete,  dass  ,Herstellung 
der  Finanzen,  Gleichstellung  aller  Provinzen,  Vereinfachung  der 
Administration  und  aller  Zweige  derselben,  Belebung  der  In- 
dustrie und  des  Handels,  beträchtliche  Reduction  der  Armee, 
Hervorziehung  und  Anstellung  der  talentvollsten  Köpfe  des 
Staates'  die  Hauptreformen  seien,  die  unbedingt  durchgeführt 
werden  müssen,  suchte  er  in  der  Denkschrift,  die  wir  hier 
verdffenUichen,  ausftihrlicher  zu  begründen. 

Man  kann  dieselbe  erst  ihrem  vollen  Werte  nach  wür- 
digen, wenn  man  zugleich  die  Art  und  Weise  kennen  lernt, 
wie  der  Erzherzog  arbeitete.  Seine  Sammlungen,  wie  sie  in 
einer  Unzahl  von  Folianten  in  der  k.  k.  Hofbibliothek  auf- 
bewahrt werden,  gewähren  zu  diesem  Behufe  den  nöthigen  Ein- 
blick. Die  von  ihm  herrührenden,  viele  Bände  zählenden 
Reisebeschreibungen  der  einzelnen  Länder  bezeugen  es  aufs 
Deutlichste,  wie  der  Erzherzog  trachtete,  sich  von  dem  Zu- 
stande der  Bewohner,  der  Verwaltung  etc.  eingehende  Kenntnisse 
zu  verschafiFen.  Obwohl  er  selbst  überall  mit  eigenen  Augen 
prüfte,  liess  er  sich  nichtsdestoweniger  auch  von  den  Behörden 
ausftihrliche  Berichte  vorlegen,  und  so  nehmen  die  statistischen 
Notizen  in  seinem  Nachlasse  einen  sehr  bedeutenden  Raum  ein. 
Der  Eh^herzog  las  ungemein  viel,  und  man  gewinnt  gewiss 
eine  hohe  Meinung  von  seiner  Geistesrichtung,  wenn  er  einmal 
von  sich  sagt,  dass  seine  Bücher  in  den  Stunden  der  Müsse 
sein  grösstes  Vergnügen  bilden.*  Die  Gelehrten,  die  mit  ihm 
verkehrten,   rühmten  seine  bedeutenden  mineralogischen   und 


*  Hof  bibliothek.    Cod.  Rain.  69. 
'  Kotate  des  Erzherzogs.    Ibid. 


306 

chemischen  Kenntnisse.*  Angeregt  von  denselben  ffthlte  er 
auch  den  Drang  in  sich  zu  schreiben^  wie  er  denn  in  den 
^Vaterländischen  Blättern^  unter  dem  Zeichen  ,R/  —  wohl  eine 
äusserst  seltene  Erscheinung  —  einige  Aufsätze  publicirte.* 
Getrieben  von  diesem  schriftstellerischen  Drange,  wollte  er  auch 
eine  Geschichte  der  Regierung  des  Kaisers  Franz  bis  zum  Ende 
des  Krieges  von  1809  schreiben.  Leider  kennen  wir  davon 
nur  das  Skelet  der  Anordnung.  Charakteristisch  ist  daraus 
folgende  Stelle  über  den  Finanzminister  O'Donell:  , Anfangs  gut, 
den  Mantel  nach  dem  Wind,  im  alten  System.'  *  Als  gewandter 
Schriftsteller  entwarf  er  auch  die  vorliegende  Denkschrift  unter 
dem  Titel:  ,Ideen  über  einzuflihrende  Reformen  und  Verbes- 
serungen in  der  österreichischen  Monarchie.  Ofen,  December 
1809.' 

Der  Friede,  sagt  er  da,  macht  es  nöthig,  im  Vorhinein 
auf  die  Ergreifung  eines  Systems  zu  denken,  das  den  neuen 
Verhältnissen  und  dem  höchst  hilfsbedürftigen  Zustande  der 
Monarchie  entspricht.  ,Wie  dieses  zu  bewerkstelligen  sei,'  — 
heiast  es  im  Eingange  —  ,war  mein  immerwährender  Gedanke 
seit  Ausbruch  des  Krieges,  da  ich  den  Frieden  als  einzige 
Gelegenheit  betrachte,  wo  man  nach  einem  unglücklich  ge- 
führten Kriege  mit  dem  Beifalle  aller  Unterthanen  grosse  Staats- 
reformen machen  kann,  jeder  andere  Augenblick  ist,  wie  es 
die  Erfahrung  zeigt,  viel  weniger  dazu  geeignet.  In  jedem 
anderen  Zeitpunkte  sind  wichtige  Reformen  sehr  schwer  und 
nur  langsam  auszuführen.'  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus- 
gehend, bespricht  er  nun  alle  Zweige  der  Staatsverwaltung, 
den  Staatsrath,  das  Cabinet,  das  Departement  der  auswärtigen 
Angelegenheiten,  das  Militär,  die  Finanzen  etc.  Keine  Aeus- 
serung  des  staatlichen  Lebens,  kein  Bedürfiiiss  desselben  ent- 
geht seinem  prüfenden  Blicke.  Er  will  eine  Umgestaltung  von 
Grund  aus,  und  man  muss  ihn  über  Schule  und  Kirche,  über 
die  Polizei,  den  Handel  reden  hören,  um  sich  von  dem  hohen 
Schwünge  zu  tiberzeugen,  der  ihn  bei  dieser  Arbeit  beseelte. 


^  Dies  erw&hnt  SchwiUen  in  seinem  Votum  sn  einem  Vortrage  Runers 
vom  26.  October  1810.    Staatsraihs -Acten. 

*  Vaterländische  Blätter  1811.  ,Ueber  den  projectirten  Ssolnoker  Kanal* 
p.  87,  und  p.  437:  ,Aach  ein  Wort  über  die  Zuckererzeng^ng.*  Die 
Manascripte  der  von  ihm  veröffentlichten  Aufsätze  im  Cod.  Rain.  fasc.  9. 

'  Notate  des  Erzherzogs.    Cod.  Rain.  69. 


807 

« 

Aller  Aberglaube  soll  bekämpft  und  ^aufgeklärte^  Religiosität 
unter  dem  Volke  verbreitet  werden,  dessen  Bildung  er  als  un- 
erlässlich  fUr  den  Staat  bezeichnet.  Nur  dadurch  allein  kann 
der  Bürger  über  seine  Pflichten  belehrt  und  wahrer  Patriotismus 
verbreitet  werden.  ,Blos  durch  die  jedem  Stande  angemessene 
Bildung/  —  heisst  es  an  einer  Stelle  —  ,vereint  mit  wahrer 
Religiosität,  lässt  sich  ein  wohl  geordneter  Staat,  gute  ordnungs- 
liebende Staatsbürger  und  ein  einstimmiges  Zusammenwirken 
zum  Besten  des  Staates  denken,  wodurch  alle  Bemühungen 
der  Staatsverwaltung  erleichtert  werden  und  ihr  von  allen 
Seiten  mit  Eifer  an  die  Hand  gegangen  wird,  welches  der 
wünschenswertheste  Zustand  eines  Staates  ist/  Um  dies  Ziel 
zu  erreichen,  soll  ein  Studienplan  entworfen  werden,  der  allen 
Schichten  der  Bevölkerung  Rechnung  trägt.  Er  ist  dagegen, 
dass  in  den  unteren  Classen  Geistliche  lehren,  ,deren  Unterricht 
immer  einseitig  bleibt,  da  sie  in  den  Klöstern  eine  einseitige 
Erziehung  erhalten  und  selten  mit  dem  Zeitgeiste  vorrückend 
Desgleichen  verlangt  er,  dass  die  höheren  Schulen  ,auf  einer 
Uberalen  Art  organisiret  werden',  dass  ,mehr  Concurrenz  im 
Lehren  über  einen  Gegenstand  erlaubt  werde,  damit  sich  da- 
durch Lehrer  bilden  und  sich  dieselben,  durch  die  Concurrenz 
dazu  gezwungen,  mehr  Mühe  in  ihrem  Vortrage  geben  müssen'. 
Denselben  Geist  athmen  seine  Ideen  über  polizeiliche  Einrich- 
tungen. Und  wenn  man  bedenkt,  dass  nach  dem  kurzen,  von 
Erzherzog  Carl  und  Stadion  begünstigten  freiheitlichen  Auf- 
schwung die  Monarchie  sich  bald  in  einen  Polizeistaat  ver- 
wandelte mit  all  seinen  Auswüchsen,  so  klingen  die  Worte, 
deren  sich  Erzherzog  Rainer  diesbezüglich  vor  den  Stufen  des 
Thrones  bediente,  wie  eine  ernste  Mahnung,  diesen  gefährlichen 
Weg  nicht  zu  betreten.  Nach  ihm  soll  die  Polizei  ,alle  Klei- 
nigkeiten, alles  Einmischen  in  Familienverhältnisse,  alle  ein- 
seitigen und  mangelhaften  Darstellungen  sorgfältig  vermeiden'. 
,lhr  Hauptzweck'  —  sagt  er  ebenso  schön  als  wahr  —  ,und 
die  Bemühungen  ihrer  Glieder  sollen  hauptsächlich  sein,  die 
Menschen  kennen  zu  lernen  und  sie  in  ihrer  wahren  Gestalt 
dem  Landesfbrsten  darzustellen,  alle  Verbrechen,  alle  verbor- 
genen bösen  Handlungen  zu  entdecken  und  die  Verbrecher 
schnell  der  Strafe  zu  überliefern;  mit  Aufmerksamkeit  auf  die 
Verbindungen  des  Auslandes  in  der  Monarchie  zu  wachen  und 
endlich   die  Volksstimmung,   die  Stimmung  und  Meinung  ver- 


808 

• 

Bttadiger  Männer  über  Staatseinrichtangen  und  Anordnungen 
auszuforschen^  den  LandesfUrsten  immer  von  denselben  zu  unte^ 
richten  und  dadurch  auf  das  Mangelhafte  seiner  Anordnungen 
und  die  Mittel^  sie  zu  verbessern,  aufinerksam  zu  machen, 
welches  das  schönste  Recht  der  Polizeibeamten  ist  und  wodurch 
wichtiger  Nutzen  gestiftet  werden  kann/ 

Wie  hoch  wir  aber  auch  diese  von  edelster  Gesinnung 
zeugenden  Ausftlhrungen  anschlagen  mögen,  so  bildet  doch  das 
wichtigste  Stück  der  erzherzoglichen  Arbeit  jener  Abschnitt, 
wo  er  von  Umgestaltung  der  Verfassung  der  einzelnen  Länder 
und  von  den  Beziehungen  Ungarns  zu  den  übrigen  Theilen 
der  Monarchie  spricht.  Vielfach  beschäftigte  man  sich  damiJs 
mit  einer  Reform  des  Verhältnisses  Ungarns  zu  den  deutschen 
Erbländem.  Gewiss  ist  Montgelas  zu  weit  gegangen,  wenn  er 
den  wesentlichsten  Vortheil,  den  Oesterreich  nach  1809  aus 
seiner  neuen  Verbindung  mit  Frankreich  ziehen  werde,  in  der 
Unterwerfung  Ungarns  erblickte.^  Fehlt  es  auch  an  Beweisen 
ftLr  derartige  gewaltsame  Bestrebungen  in  den  massgebenden 
Kreisen,  so  bestanden  unleugbar  doch  Tendenzen,  welche  die 
Monarchie  auf  einer  neuen  staatlichen  Grundlage  regeln  wollten, 
auf  einer  Grundlage,  die  mehr  als  bisher  Bürgschaft  für  eine 
einheitlichere  Gestaltung  gewähren  konnte.  ,Der  Mangel  von 
Einheit  ist  der  österreichischen  Monarchie  äusserst  nachtheilig,' 
schrieb  1810  Freiherr  von  Stein*  an  Stadion,  der  das  Streben 
der  Ungarn  nach  Selbstständigkeit  nur  ungeme  sah.  Fast  um 
dieselbe  Zeit  empfahl  der  Palatin  zum  Zwecke  der  Amalga- 
mirung  der  Monarchie  verschiedene  Mittel,  darunter  die  Aus- 
dehnung der  constitutionellen  Vorzüge  der  ungarischen  Ver- 
fassung auf  die  übrigen  flrblande.^  Das  gleiche  Ziel  verfolgte 
Rainer  mit  den  Vorschlägen,  die  er  unmittelbar  vor  dem  Palatine 
in  der  vorliegenden  Denkschrift  dem  Kaiser  unterbreitete.  Audi 
sie  zielen  auf  den  Einheitsstaat  ab.  ,Unsere  Monarchie,'  — 
sagt  er  —  ,diese8  Aggregat  verschiedener  Staaten  und  Ver- 
fassungen, kann  nie  zu  einem  dauernden  Wohlstand,  zu  einer 
zweckmässigen    Regierung   und    zu    dem   ihr    vermöge   ihrer 


>  Denkwürdigkeiten  des  Grafen  Montgelas,  S.  225. 
»  Pertz,  Leben  Stein's,  II.  Bd.,  S.  432. 

>  Wertheimer,  ^Freymüthige  Oedanken  Über  die  Regenerierung  des  österr. 
KaiserstaatsS  Juli  1810,  in  ,Ung.  Berue'  1881. 


309 

Waffenzahl  und  ihres  Flächeninhaltes  gebührenden  Ansehen 
kommen,  bis  sie  nicht  ans  einem  Staate,  aus  einer  Nation  be- 
steht, bis  nicht  die  verschiedenen  Theile  eine  Verfassung  er- 
halten, bis  nicht  alle  die  Vereinigung  der  Nation  hemmenden 
Umstände  beseitigt  sind/  Und  da  ist  es  denn  im  höchsten 
Grade  interessant,  dass  Rainer  gerade  so  wie  sein  Bruder,  der 
Palatin,  den  Einheitsstaat  auf  dem  Wege  der  Uebertragung 
der  allerdings  reformirten  ungarischen  Verfassung  auf  die  übrigen 
Theile  der  Monarchie  erstehen  lassen  möchte. 

,Es  ist  eine  Frage,*  —  lautet  die  charakteristische  Stelle 
der  Denkschrift  —  ,ob  es  nicht  zweckmässig  wäre,  das  Modell 
der  neuen  Verfassung  nach  den  neuen  Grundsätzen,  jedoch 
nach  der  Form  Ungarns,  zuerst  in  diesem  Lande  aufzustellen, 
dieses  als  Hauptkörper  zu  betrachten  und  dann  die  anderen 
Provinzen  darnach  zu  modeln;  dadurch  wird  sie  in  Ungarn 
leicht  Eingang  finden,  sobald  das  verhasste  Ummodeln  nach 
den  deutschen  Provinzen  nicht  mehr  erwähnt  wird,  und  der 
Ungar  wird  dann  in  dem  Wahn  erhalten,  dass  die  Verfassung 
aller  Provinzen  nach  seinem  Lande  abgeändert  wird,  welches 
ihn  fUr  Alles  empfklnglich  machen  wird  und  zugleich  den  edlen 
Nationalcharakter  desselben  aufrecht  erhält;  wodurch  endlich 
der  Zweck,  den  sich  die  Staatsverwaltung  vorsetzt,  doch  er- 
reicht wird/  Bekanntlich  blieben  sowohl  Josefs  wie  Rainers 
Idee,  obwohl  sie  damals  gleichsam  in  der  Luft  lagen,  unaus- 
geführt, da  die  Furcht  vor  Ungarns  Widerstand  den  Gedanken 
an  die  einheitliche  Gestaltung  der  Monarchie  zu  Falle  brachte. 

Diese  Denkschrift,  welche  des  hier  kurz  skizzirten  Inhaltes 
wegen  fUr  die  innere  Geschichte  der  Monarchie  von  höchstem 
Werthe  ist,  verfasste  Rainer,  als  die  Reaction  gegen  den  Einfluss 
der  Erzherzoge,  wie  sie  nach  den  unglücklichen  Ereignissen 
von  1809  immer  mehr  zur  Geltung  kam,  noch  nicht  das  Ueber- 
gewicht  erlangt  hatte.  Von  diesem  Momente  an  nehmen,  mit 
Ausnahme  des  Palatins,  die  Erzherzoge  fast  gar  keinen  thä- 
tigen  Antheil  an  den  Ereignissen.  So  wissen  wir,  dass  Rainer 
es  jetzt  nicht  wagte,  dem  Kaiser  von  Geschäften  zu  reden,^ 
und  dass  ihn   seine   erzwungene   Unthätigkeit  betrübte.*    Ab- 


^  Tagebuch  eines  Ungenftnnten.    19.  JInner  ISIO.    II  (Rainer)  n*ose  plus 

lai  (dem  Kaiser)  parier  affaires. 
*  Ibid.   26.  Februar  1810. 


810 

gesehen  von  einem  einzigen  Stücke,^  enthalten  in  der  That  die 
Staatsraths-Acten  keine  Ausarbeitungen  mehr  von  ihm.  Erst 
1815^  als  sich  der  Kaiser  zur  Armee  begab^  sehen  wir  ihn 
wieder  als  Stellvertreter  desselben  fungiren.'  Im  folgenden 
Jahre  sendet  ihn  Franz  nach  ItaUen  zur  Bereisung  dieses  König- 
reiches. Die  fast  tägUchen  Berichte,  die  er  von  dort  aus  an 
seinen  kaiserUchen  Bruder  schickt,^  zeugen  von  dem  Eifer,  mit 
welchem  er  dies  Land  studirte.  ,Die  Reise^  —  schreibt  er  am 
26.  September  1816  —  ,wird  sich  wohl  auf  eine  längere  Zeit, 
als  ich  anfangs  glaubte,  hinausdehnen,  aber  ich  hoffe  dann 
auch  den  mir  von  Höchstdemselben  gegebenen  Auftrag  voll- 
kommen erreicht  zu  haben  und  mir  eine  genaue  Kenntniss 
dieses  ganzen  so  wichtigen  Reiches  verschafft  zu  haben,  zu 
welchem  ich  nun  auch  hier  im  Mittelpunkt  alle  Quellen  sammle.'^ 
Er  erfreut  sich  jetzt  des  vollen  Vertrauens  des  Kaisers,  erhält 
sogar  den  Auftrag,  in  aller  Stille  seinen  Bruder  Ludwig,  ohne 
dass  Jemand  etwas  davon  erfahren  dürfe,  mit  den  Agenden 
des  Staatsrathes  bekannt  zu  machen.^  Die  nächste  Folge  dieses 
wieder  erworbenen  Vertrauens  war,  dass  er,  nachdem  vorher 
Erzherzog  Anton  dazu  ausersehen  gewesen,^  zum  Vicekönig  des 
lombardisch- venezianischen  Königreiches  ernannt  wurde.''  Damit 
tritt  die  staatsmännische  Wirksamkeit  Rainers  in  eine  neue  Phase, 
deren  Darstellung  nicht  mehr  in  den  Kreis  dieser  Arbeit  gehört 
Es  erübrigt  mir  noch,  Sr.  k.  und  k.  Hoheit  dem  durch- 
lauchtigsten Herrn  Erzherzog  Rainer  meinen  ehrfurchtsvollen 
Dank  ftlr  die  gnädige  Erlaubniss  auszudrücken,  den  in  der 
k.  k.  Hofbibliothek  befindlichen  Nachlass  von  Höchstdessen 
Vater,  weil.  Erzherzog  Rainer,  benützen  zu  dürfen.  Diesem 
Nachlasse,  der  mir  bereitwilligst  von  der  Direction  der  Hof- 
bibliothek zur  Verfügung  gestellt  wurde  und  bei  dessen  Durch- 


1  Rainer  an  Franz.    26.  October  1810  (in  den  Staatsraths-Acten  des  Jahres 
1812)  Über  Hebung  des  Salzwesens  in  Ungarn. 

*  Siehe  FelgeVs  Artikel  Ober  Erzherzog  Rainer  in  der  »Allgemeinen  deut- 
schen BiographieS  27.  Bd. 

'  Ich  gedenke,  dieselben  bei  anderer  Gelegenheit  zu  veröffentlichen. 

*  Rainer  an  Franz.    Mailand,  26.  September  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

'^  Rainer  an  Franz.    SchOnbrunn,  24.  September  1817.  Wiener  Staatsarchiv. 

*  Handschreiben  des  Kaisers  an  den  Obersthofmeister  Fürst  Trauttmans- 
dorff.   Mailand,  7.  Mftrz  1816.    Staatsraths-Acten. 

»  23.  December  1817. 


311 

forechung  mir  die  Herren  Ciistos  Dr.  von  Göldlin  und  Scriptor 
Henöik  hilfreich  an  die  Hand  gingen,  entnahm  ich  die  hier 
yeröflFentlichte  zweite  Denkschrift  (Cod.  Rain.  fasc.  10). 

Die  erste  Denkschrift  dagegen  gehört  den  im  Staatsarchiv 
befindlichen  Staatsraths-Acten  an  (fasc.  10,  1808). 

Für  die  Gewährung  der  Einsicht  in  dieselben  ftlhle  ich 
mich  Sr.  Excellenz  Herrn  Qeheimrath  Alfred  Ritter  v.  Arneth 
zü  lebhaftiestem  Danke  verpflichtet;  desgleichen  gebührt  meine 
ErkenntUchkeit  auch  Herrn  Staatsarchivar  Dr.  Schrauf. 

Rücksichtlich  der  beiden  Denkschriften  habe  ich  noch  zu 
erwähnen,  dass  die  erste  als  Concept  vorUegt,  die  zweite  als 
Abschrift,  versehen  mit  der  eigenhändigen  Unterschrift  des 
Erzherzogs.  Die  Aenderungen  der  Orthographie  der  beiden 
Actenstüeke  erfolgten  nach  den  jetzt  üblichen  Grundsätzen. 
SprachUche  Eigenthümlichkeiten  wurden  gelareu  beibehalten. 
Sonstige  Verbesserungen  oder  Einschaltungen  im  Texte  sind 
durch  Noten  oder  ELlammem  ersichtlich  gemacht. 


\ 


1.  Denkschrift. 

Organisation  des  Staatsrathes. 

1808. 

L  Abschnitt. 

Allgemeine  Betraohtangen  über  die   gegenwartige  und  Vor- 
schlag zu  einer  zweokmassigeren  Central-Staatsverwaltang. 

Anf  Ew.  Majestät  ausdrücklichen  Befehl  wage  ich  es  hier  einen 
Gegenstand  zu  behandeln,  der  von  der  alleränssersten  Wichtigkeit,  all- 
gemein erkannten  Nothwendigkeit  nnd  grössten  Dringlichkeit  ist;  ein 
Gegenstand,  der  die  Seele  des  Staatskörpers  und  folglich  der  höchsten, 
unerlässlichsten  Bücksicht  würdig  ist.  Dieser  Gegenstand  ist  die  oberste 
Leitung  oder  Leitungsart  der  Staatsmaschine. 

Ich  würde  meines  Erachtens  die  Grenzen  des  höchsten  Befehls 
überschreiten,  wenn  ich  hier  die  ganze  Stufenleiter  der  zur  Erhaltung 
und  Fortführung  der  Staatsmaschine  bestehenden  Behörden  aller  Art 
aufführte,  mich  in  eine  Prüfung  ihrer  dermalen  bestehenden  Organisimng 
einliesse  und  bei  Aufdeckung  mancherlei  Fehler  und  Gebrechen  die  kost- 
bare Zeit  mit  Plänen  zur  Abstellung  derselben  vei'schwendete,  weil  ich 
nach  meiner  innigsten  üeberzeugung  das  ängstliche,  alle  Augenblicke 
erneuerte  Aufsuchen  der  Gebrechen  in  der  Yerwaltungsmanipolation  nnd 
die  daraus  entspringenden  oftmaligen  Organisationsyeränderungen  für 
weit  schädlicher  und  die  Staatsmaschine  zerstörender  halte,  als  es  die 
Gebrechen  und  sich  einschleichenden  Mängel  selbst  sind,  welche  man 
meistens  ohne  alles  Aufsehen,  ohne  grosse  Erschütterungen,  ohne  Be- 
lästigung des  Aerariums  leicht  abstellen  könnte,  wenn  man  unmittelbar 
der  Ursache  oder  Veranlassung  des  Gebrechens  mit  Kraft  begegnete, 
folglich  ein  oft  kleinwinziges  Bad  der  Maschine  ausbesserte,  ohne  sie 
selbst  dieses  Mangels  wegen  ganz  zu  zerstören,  ohne  ein  schönes  grosses 
Haus  bis  auf  den  Grund  niederzureissen,  weil  allenfalls  ein  Thüi'stock 
verfault  ist. 


313 


Ich  glaube  hier  nur  vou  der  zweckmässigsten  Leitungsmethode  im 
Centro  aller  Geschäfte  der  Monarchie,  von  der  Hauptkraft,  welche  die 
g&Aze  Maschine  belebt  und  in  gleichförmiger  Bewegung  erhalten  soll, 
sprechen  zu  dürfen,  weil  es  theoretisch  und  praktisch  gewiss  ist,  dass 
aUe  Hof-.  Landes-  und  alle-  übrigen  Behörden  sicher  ordentlich  und 
zweckmässig  vorgehen  werden,  sobald  die  Impulsion  ex  centro  so  ist,  wie 
sie  sein  soll.  Bevor  ich  aber  meine  Meinung  über  diesen  Gegenstand 
aufstelle,  muss  ich  Ew.  Majestät  bitten,  mir  zu  erlauben,  dass  ich  als 
Basis  meiner  gegenwärtigen  Abhandlung  nebst  dem  vorerwähnten  Erfah- 
nmgssatze  noch  einige  derselben  vorausschicken  darf,  welche  seit  Jahr- 
hunderten bis  auf  die  neuesten  Zeiten  alle  möglichen  Wahrheitsproben 
bestanden  haben  und  folglich  unwiderlegbar  die  allerrichtigste  Richt- 
schnur zu  einer  so  soliden  und  zweckmässigen  obersten  Leitungsmethode 
abgeben  können,  als  man  auf  dieser  Welt  nur  etwas  Solides  giünden  kann. 

Möglichste  Vereinfachung  der  currenten  Staatsgeschäfte  im  Centro 
und  unbedingte  Entfernung  der  grossen  Menge  kleinfügiger  Geschäfte, 
welche  bis  itzt  Ew.  Migestät  die  kostbare  Zeit  rauben,  die  Sie  sonst  den 
weit  wichtigeren,  dringenderen,  das  Gesammtwohl  der  Monarchie  betreffen- 
den Gegenständen,  dem  Ueberblicke  über  das  Ganze  und  der  Erfüllung 
Ew.  Migestät  sehnlichsten  Wunsches,  alle  Hauptbestandtheile  der  Begie- 
nmg  in  eine  Harmonie  zu  bringen,  widmen  würden.  Ew.  Majestät  sind 
überzeugt,  dass  die  Centralgeschäftsführung  nicht  anders  gedeihen  und 
dem  Endzwecke  entsprechen  kann,  als  wenn  die  Hauptbranchen  zusam- 
mengreifen und  die  verschiedenen  Hofstellen  sozusagen  unter  einen  Hut 
gebracht  werden.  Dieses  zu  bewerkstelligen,  liegt  aber  blos  in  dem  Willen 
Ew.  Majestät,  kann  nur  durch  Annahme  eines  soliden,  der  Dauer  fähigen 
Systems,  durch  Festigkeit,  Ernst,  Eiaft,  volles  Zutiauen  und  ausgezeich- 
nete, zweckmässige^  prompte  Belohnungen,  wie  auch  durch  strenge,  all- 
gemein bekannt  werdende  Strafen  ausgeführt  werden. 

Um  Ew.  Majestät  aber  in  die  Lage  zu  setzen,  dass  Sie  Ihre  sehn- 
lichsten Wünsche,  nämlich  die  Wiederherstellung  und  Beförderung  der 
Wohlfahrt  Ihrer  Völker,  die  möglichste  Aufhebung  des  von  allen  Behörden 
und  von  so  vielen  Privaten  mit  allen  seinen  Übeln  Folgen  so  oft  geschil- 
derten Druckes  derselben  und  die  Möglichkeit  Ew.  Majestät  heiliges  Ver- 
sprechen und  kaiserliches  Woii;,  den  gekränkten  Untei-thanen  zu  helfen, 
halten  zu  können,  endlich  einmal  erfüllt  zu  sehen,  muss  nach  meinem 
Ermessen  die  oberste  Geschäftsführungsmethode  eine  von  der  gegenwär- 
tigen ganz  verschiedene  Organisirung  erhalten. 

Diese  Organisation  muss  Ew.  Miyestät  die  oberste  Leitung  der 
G^hftfte  in  jeder  Hinsicht  erleichtern.   Sie  muss  Ew.  Majestät  in  den 

AreUr.  LXIVUI.  Bd.  II.  Hilft«.  21 


■ 


314 

Stand  setzen,  die  Staatsgescbftfte,  welche  zwar  Ihrer  Allerhöchsten  Einsicht 
würdig  sind,  die  ich  aber  dennoch  cnrrente  Staatsrathsgeschftite  nennen 
kann,  täglich  in  der  kürzesten  Zeit  zu  erledigen  und  folglich  niemals 
Bückstände  solcher  Stücke,  welche  zwar  sehr  wenig  Bezug  auf  das  Ganze, 
aber  oft  und  meistens  die  grösste  Wichtigkeit  für  den  Privaten  haben, 
der  in  regula  nur  dann  Geschäfte  anhängig  macht,  wenn  ihn  seine  Selbst- 
erhaltung dazu  zwingt,  daher  die  mindeste  Verzögerung  der  Entscheidung 
über  seine  Angelegenheit  oft  die  grösste  Ungerechtigkeit  wird,  anwachsen 
zu  lassen.  Dadurch  muss  Ew.  Majestät  täglich  ein  grosser  Zeitgewinnst 
für  die  wichtigsten,  das  Gesammtwohl  der  Monarchie  betreffenden  Ange- 
legenheiten zuwachsen.  Wie  stark  die  Zahl  derselben,  wie  gross  ihre 
Wichtigkeit  und  Dringlichkeit  in  der  gegenwärtigen  Lage  der  Monarchie 
sei,  ist  Ew.  Majestät  bekannt.  Sie  wird  Ew.  Majestät  noch  nebstbei 
täglich  mehrere  Stunden  freigeben,  in  welchen  sich  Ew.  Majestät  viele, 
bis  itzt  unbekannte  Daten  über  den  Zustand  der  Monarchie,  von  allen 
Seiten  betrachtet,  wird  sammeln  können,  die  in  den  Eanzleiacten  niemals, 
wohl  aber  in  anderen  Schriften  und  Blättern  erscheinen  und  auch  häufig 
durch  Unterredungen  mit  ganz  anspruchslosen,  oft  nur  von  wenigen  Ge- 
bildeten in  der  Residenz  gekannten,  weit  öfters  vom  Auslande  gerühmten 
und  geschätzten  Männern,  die  geräuschlos  in  Ew.  Mi^estät  Staaten  leben, 
können  erworben  werden.  Ferner  werden  Ew.  Majestät  bei  der  Organi- 
sation, die  ich  gehorsamst  vorschlagen  werde,  mehr  Zeit  finden,  sich  von 
dem  Zustande  der  öffentlichen  Anstalten,  von  der  Nothwendigkeit  so 
mancher  grossen  Unternehmungen  und  Anlagen  zum  allgemeinen  Besten 
persönlich  zu  übei'zeugen,  wobei  nicht  nur  dieser  wichtige  Theil  der 
Staatsverwaltung,  sondern  auch  Ew.  Majestät  unschätzbare  Gesundheit 
durch  häufige  Bewegung  und  Ew.  Majestät  geheiligte  Person  als  Herrscher 
dadurch  noch  mehr  an  Liebe  gewinnen  wird,  weil  nach  einer  durch  alle 
Zeiten  erprobten  Wahrheit  das  Volk  jenen  Regenten  verehrt,  welcher 
öffentlich  sich  aller  Zweige  der  Verwaltung  annimmt,  welcher  oft  und 
wo  möglich  auf  der  Stelle  hilft  und  manchmal  dort,  wo  Litriguen  und 
Privatinteressen  sich  gegen  das  allgemeine  Wohl  fest  verbunden  haben, 
als  Monai'ch  durchgreift  und  die  Bösewichter  schnell  straft,  hingegen 
aber  auch  die  im  Guten  Bewähiiien  grossmüthig  belohnt.  Nach  meiner 
innigsten  Ueberzeugung  werden  Ew.  Majestät  bei  der  nachfolgenden 
Organisation  die  höchste  Gewissensberuhigung  fühlen  und  sich  über- 
zeugen, dass  diese  Geschäftsleitungsmethode  die  einzige  sei,  welche  bei 
der  menschlichen  Unvollkommenheit  die  höchste  Möglichkeit  erzeugt,  dem 
Staatsendzwecke  entsprechend  zu  regieren  und  die  vielen  Klagen,  welche 
beim  ganzen  Volke  geführt  werden,  durch  das  einzig  wahi'e  Mittel,  näm- 


315 

lieh  durch  wirkliche,  nicht  scheinbare,  auch  nicht  palliative,  sondern 
dauernde  Abhilfe  ein  Ende  zu  machen.    Die  vorzüglichsten  Uebel,  welche 
besonders  das  Publicum  der  gegenwärtigen  ßegierungsmethode  zur  Last 
legt,  sind:  Systemlosigkeit,  ungleiche  Behandlung  der  Geschäfte,  Ein- 
seitigkeit, Kleinfügigkeit,  Verzögerung,  Misstrauen  von  allen  Seiten,  Un- 
schlQssigkeit,  Ei'aftlosigkeit,  Mangel  an  Belohnung  und  Strafen,  daher 
grosse  Immoralität  der  Beamten,  freier  Spielraum,  welcher  den  Intriguen, 
Kabalen,  den  gewinnsüchtigen  Staatsbeamten,  den  kriechenden  Heuchlern 
nnd  zudringlichen  Unverschämten  und  der  ganzen  übrigen  Zahl  verächt- 
licher Egoisten,  Planmacher,  Denuncianten,  Vielschreiber  gegeben  wird, 
zu  häufige  Versetzung  höherer  Beamten,   wodurch  der  Dienst  ausser- 
ordentlich gefährdet  wird,  Mangel  an  Eenntniss  der  wahren  Lage  des 
Staates  in  seinen  inneren  und  äusseren  Verhältnissen,  Uneinigkeit  unter 
den  Grossen  des  Eeiches,  wenn  es  sich  um  das  Beste  Ew.  Majestät  und 
des  Staates  handelt,  hingegen  Einigkeit,  wenn  es  darum  zu  thun,  Ew. 
Majestät  foiiwährend  im  Dunkeln  zu  erhalten,  um  dadurch  ihre  Privat- 
vortheile  höchst  möglichst  zu  befördern,  halbe  Massregeln,  welche  immer 
die  verheerendsten  sind,  viel  zu  wenig  Wirkungskreis  der  Präsidenten 
and  obersten  Behörden,  wodurch  die  Kräfte  gelähmt  werden,  nicht  nur 
m'ehts  Böses,  aber  auch  nichts  Gutes  thun,  um  die  Geschäfte  in  der  kür- 
zesten Zeit  abthun  zu  können,  keine  Verantwortlichkeit  der  Beamten 
und  keine  eingreifende  Strafe,  wenn  sich  einer  erkühnen  wollte,  das 
höchste  Zutrauen  zu  missbrauchen.     Dies  sind  ungeföhr  nur  die  allge- 
meinen Beschwerden;  die  besonderen  specifischen  Klagen  und  die  ein- 
zelnen Facta,  welche  Unzufriedenheit  verursachen,  hier  nur  zu  berühren, 
kann  ich  gegenwärtig  nicht  auf  mich  nehmen,  weil  die  vorliegende  Schrift 
yiel  zu  lang  werden  und  ich  zu  sehr  mich  von  dem  Zweck  derselben  ent- 
fernen würde. 

Nachdem  ich  nun  einige  vorzüglichere  Bemerkungen  über  den  vor- 
liegenden Gegenstand  aufgestellt  habe,  schreite  ich  zum  eigentlichen  Plan 
einer  Begierungsmanipulation  im  Centro,  welchen  ich  nach  meiner  Ueber- 
zeugong  für  den  einzigen  halte,  welcher  Ew.  Majestät  die  vollste  Ge- 
wiseensberuhignng  und  die  Versichei*ung  geben  kann,  dass  die  Geschäfte 
gnt  und  zweckmässig  gehen  werden,  dass  bei  dieser  Leitungsmethode  die 
Wohlfahrt  des  Staates  sehr  merklich  gewinnen  und  die  Zufriedenheit  der 
ünterthanen  mit  der  Begienmg  bald  zunehmen  wird. 


21* 


316 

Eine  CoUegialverfassiing  ist  seit  jeher  und  unter  allen  Begiemngs- 
formen  für  die  beruhigendste,  verlässlichste  und  gerechteste  Art  gehalten 
worden,  grosse  und  wichtige  Geschäfte  dem  Endzwecke  entsprechend  za 
behandeln,  doch  unter  der  unerlässlichen  Bedingniss,  dass  die  freie  Deli- 
beration  durch  gar  nichts  gestört  und  kein  Glied  dieses  Collegiums  auf 
irgend  eine  Art  gehindert  werde,  nach  seinem  besten  Wissen  und  Ge- 
wissen, aber  stets  auf  eine  Art,  die  eines  gebildeten  Mannes  wfirdig  ist, 
zu  sprechen.  Ew.  Majestät  geruheten  selbst  zu  bemerken,  dass  das 
gegenwärtig  bestehende  ganz  allein  Beferiren  der  Staatsräthe  Ew. 
Majestät  keine  Beruhigung  verschaffe,  dass  Sie  dadurch  oft  zu  einseitigen 
Resolutionen  verleitet  worden  seien,  dass  Sie  Beschlüsse  zu  fassen  be- 
wogen wurden,  die  schon  manche  traurige  Folgen  erzeugt  und  endlich 
Widersprüche  und  Widerrufungen  der  höchsten  Befehle  verursacht  haben, 
wodurch  Ew.  Majestät  bei  dem  besten  Willen,  Ihre  Begentenpflichten 
möglichst  zu  erfüllen  und  Ihre  hohe  Würde  in  dem  geziemenden  noth- 
wendigen  Ansehen  zu  erhalten,  vor  der  ganzen  Welt  schon  so  oft  com- 
promittirt  wurden.  Ich  finde  es  begreiflich,  dass  Ew.  Majestät  Vorträge, 
die  Ihnen  auf  diese  Ai-t  schon  referirt  worden  sind,  dennoch  unerledigt 
zurückbehalten  und  privative  noch  andere  Sachverständige  darüber  ver- 
nehmen, weil  es  nicht  zu  verlangen  und  schlechterdings  unmöglich  ist, 
dass  Ew.  Majestät  bei  dem  Zusammenfluss  so  verschiedener  Geschäfte 
sich  auf  den  Hergang  eines  jeden  Geschäftes,  auf  die  Verbindung,  die 
dieses  mit  den  übrigen,  wieder  von  anderen  Staatsräthen  bearbeiteten 
und  einzeln  referirten  Staatsgeschäften  hat,  erinnern  können;  dass  Sie 
bei  dem  wirklich  sehr  staatsschädlichen  Schwall  der  zu  Ew.  Majestät 
gelangenden  Gegenstände  jeden  selbst  prüften  und  sich  dadurch  in  die 
Lage  setzten,  sämmtliche  Staatsgeschäfte  nach  einem  Geiste,  nach  einem 
Hauptsysteme,  d.  i.  dem  Regierungsendzwecke  entsprechend,  zu  Ähren. 

Jeder  allein  referirende  Staatsrath,  wenn  er  wirklich  gar  keine 
Nebenabsicht  dabei  hat,  hält  wenigstens  seine  Meinung  für  die  beste  und 
wird,  wenn  er  allein  referirt,  wohl  sehr  wahrscheinlich  seinen  Gründen 
viel  mehr  Gewicht  zu  geben  wissen,  als  die  Gründe  aller  übrigen  Votiren- 
den  nach  seiner  Meinung  zusammen  haben.  Wie  leicht  können  aus  diesen 
kleinen  Conferenzen  Partialitäten,  Personalitäten,  Einseitigkeiten,  th«il- 
weise  oder  gänzliche  Umwälzungen  von  lang  und  gut  bestandenen  Ver- 
fassungen entspringen,  die  nur  hie  und  da  kleiner,  den  gebieterischen 
Zeitläuften  angemessener  Abänderungen  und  Verbesserungen  bedürften, 
um  wieder  ganz  unvermerkt  recht  gut  zu  werden,  die  aber  dennoch  aus 
Nebenrücksichten  umgewälzt  wurden,  wodurch  der  Credit  der  Begierong 
untergraben,  grosse  Unordnungen  in  den  Geschäften,  unnütze  Verschleu- 


817 

denmg  grosser  Sammen  ohne  den  mindesten  Yoriheil  fflr  den  Staat 
henrorgebracht  worden.  Alle  einer  guten  Ordnung  und  zweckmässigen 
Verwaltung  zuwiderlaufenden  Ereignisse  werden  allgemein  von  dem  Pu- 
bUenm  diesen  Privatconferenzen  zur  Last  gelegt,  und  die  allgemeine 
Stimme  lautet:  ,Der  Kaiser  hat  sich  schon  wieder  durch  diesen  oder  jenen 
Staatsrath  irrefQhren  lassen;  das  Schicksal  der  Monarchie  hängt  bald 
Ton  diesem,  bald  von  jenem  Menschen  ab.'  Wenn  nun  Ew.  Majestät  die 
gewiss  gute  Absicht,  die  Sie  bei  Einführung  dieser  kleinen  Oonferenzen 
m(igen  gehabt  haben,  so  geradewegs  vereitelt  und  die  Übeln  Folgen  so 
evident  daraus  entspringen  sehen,  so  müssen  Ew.  Majestät  nothwendig 
misstranisdi  werden.  Das  Misstrauen  verursacht  neue  Vernehmungen, 
das  Stück,  welches  schon  lang  der  Erledigung  benöthigte,  kömmt  in  neuen 
ümtrieb,  die  schriftlichen  Meinungen  fallen  getheilt  aus,  was  vielleicht 
uidit  geschoben  wäre,  wenn  sich  die  Sachverständigen  in  einer  gemein- 
schaftlichen Sitzung  gegeneinander  ofTen  erkläirt  hätten,  Ew.  Majestät 
werden  unschlüssig,  das  Geschäft  unendlich  verzögert,  und  da  demnach 
der  Abfluss  der  Geschäfte  mit  dem  Zuströmen  nicht  gleichen  Schritt  hält, 
so  muss  im  Centro  jene  leidige  Stockung  entstehen,  welche  Ew.  M^estät 
80  sehnlichst  auf  immer  aufgehoben  wünschen  und  deren  Hebung  und 
niemals  Wiederkehr  so  unumgänglich  und  dringend  nothwendig  ist. 
Wenn  ich  wirklich  von  der  allgemeinen  Meinung,  die  über  den  Werth 
dieser  Privatconferenzen  einstimmig  negativ  ist,  abstrahire  und  dieses 
Alleinreferiren  der  Staatsräthe  seiner  Natur  nach  prüfe,  so  kann  ich 
nach  meinem  besten  Wissen  und  Gewissen  in  solchem  nichts  Anders  als 
die  Quelle  von  grossem  Unheil  finden.  Nach  meiner  innigsten  Ueber- 
zengnng  ist  demnach  dieses  Alleinreferiren  der  Staatsräthe  sogleich  auf- 
zuheben und  dafür  sogenannte  grosse  Oonferenzen,  d.  i.  die  förmliche 
Bildung  eines  permanenten  staatsräthlichen  Gremiums,  ein  ad  deliberan- 
dum  et  finaliter  concludendum  unter  Ew.  Majestät  oder  des  dirigirenden 
Staats-  und  Oonferenzministers  Vorsitze  bestehendes  OoUegium  von  Män- 
nern einzuführen,  welche  in  Hinsicht  ihrer  strengen  Moralität,  hohen 
Beamtentugenden)  lang  erprobten  Fähigkeiten,  Geschäftskenntnissen 
und  rflhmlich  geleisteten  erspriesslichen  Dienste  die  allgemeine  Achtung 
und  volles  Zutrauen  besitzen,  welche  sich  nicht  scheuen,  die  Wahrheit, 
m  sie  auch  bitter,  offen  zu  sagen  und  die  Heuchler  und  kriechenden 
Sdimeichler  frei  zu  entlarven. 

Um  aber  diesem  wöchentlich,  oder  so  oft  es  die  Umstände  er- 
heischen, versammelten  Staatsrathscollegium  alles  jenes  zu  benehmen, 
was  ihn  schwerfällig,  folglich  seiner  hohen  Bestimmung,  nämlich  eine 
kraftvolle  prompte  Leitung  im  Vereinigungspunkte  des  ganzen  Staats- 


318 

körpei'B  zu  bilden,  wjdei*sprechend  machen  könnte,  muss  die  gegenwäi-tige 
Zahl  der  Staatsrathsmitglieder  und  die  Menge  der  ad  majestatem  von  den 
Behörden  gelangenden  Actenstücke  beträchtlich  vermindert  werden.  Ueber 
die  Zahl  der  künftig  zu  bestehenden  Staats-  und  Conferenzrathsglieder  und 
über  die  Verwendung  der  gegenwärtig  bestehenden  werde  ich  Ew.  Majestät 
meine  unvorgreifliche  Meinung  weiter  unten  zu  Fössen  legen. 

Die  Verminderung  der  so  zwecklos  grossen  Zahl  der  von  allen 
Seiten  ad  majestatem  gelangenden  Vorträge  und  Noten  kann  zur  grössten 
Beruhigung  Ew.  Majestät  und  zum  Besten  des  Staates  ganz  leicht  und 
den  allgemeinen  Wünschen  entsprechend  bewerkstelligt  werden,  wenn 
Ew.  Majestät  gnädigst  einen  RQckblick  auf  die  ersten  Jahre  Ihrer  Re- 
gierung, auf  die  Begierungen  Ew.  Majestät  nächsten  Vorfahren  und  auf 
den  allgemeinen  bekannten  Erfolg  der  damaligen  Staatsverwaltangs- 
methode  werfen  wollen,  wo  bei  einer  weit  grösseren  Ausdehnung  der 
Monarchie  der  gegenwärtig  so  laut  geführte  Vorwurf  von  Verzögerang 
und  Stockung  der  Geschäfte,  welche  nach  dem  Beispiele  der  obersten 
Staatsbehörde  nun  auch  seit  geraumer  Zeit  bei  den  Hof-  und  Länderstellen 
schrecklich  eingerissen,  nie  gemacht  wurde  und  wo  die  Geschäfte  bei  den 
meisten  Behörden  so  geführt  wurden,  dass  im  Ganzen  wenig  Unzufrieden- 
heit herrschte,  dass  es  mit  der  Wohlfahrt  des  Staates  (selbst  bei  so 
manchen  MissgrifTen,  die  überall  geschehen  und  ewig  geschehen  werden, 
weil  unter  Menschen  keine  Vollkommenheit  existirt)  doch  sehr  vorwärts 
ging  und  dass  die  damalige  Regierung  Liebe  und  VeHrauen  im  Li-  und 
Auslande  besass. 

Wie  weit  unser  gegenwärtiger  Zustand  in  jeder  Hinsicht  von  d^n 
vorbenannten  verschieden,  wie  allgemein  retrograd  er  sei,  empfindet  und 
bestimmt  leider  schon  der  grösste  Theil  der  Nation,  erhebt  schon  laut 
seine  Stimme  dagegen  und  sehnt  sich  nach  billiger,  dauernder  und  Ver- 
trauen einflössender  Abhilfe,  welche  sie  vorzüglich  in  einer  beruhigendem, 
zur  Hebung  oder  möglichsten  Verminderung  aller  obgenannten  Gebrechen 
mehr  geeigneten  Staatsverwaltungsmethode,  in  der  Annahme  und  Erhal- 
tung auf  Erfahrung  aller  Zeiten  gegründeter  diesfalliger  Grundsätze 
möglich  und  sogar  leicht  ausfahrbar  findet.  Wenn  Ew.  Majestät  in  dies- 
fällige  ältere  und  neuere  Voracten,  welche  ich  gesammelt  habe  und  die  ich 
mit  meinen  unterthänigsten  Bemerkungen  hier  beilege,  einen  Blick  xu 
weifen  geruhen  wollen,  so  wird  es  Ew.  Majestät  nicht  entgehen,  dass  man 
von  Vereinfachung  der  Geschäfte,  von  der  zweckmässigem  Behandlung 
derselben  als  dem  einzigen,  dem  allgemeinen  Besten  entsprechenden  Mittel 
immerfort  schreibt,  nichtsdestoweniger  aber  bei  jeder  Reformation  die 
Geschäfte  sich  verdoppeln,  das  Heer  von  Beamten  sich  vermehren  and  die 


319 

Staatsaaslagen  unerschwinglich  sich  vergrössern  sieht; '  dass  man  Instruc- 
tionen auf  Instmetionen  h&uft,  die  aber,  weil  sie  oft  Widersprüche,  Wieder- 
holungen, öfters  nnberechnete,  unausfQhrbare  Weisungen  enthalten,  an 
innerem  Werthe,  an  Achtung  und  Vertrauen  viel  verlieren,  und  ungeachtet 
der  strengsten  Verbote,  über  Allerhöchste  Weisungen  zu  urtheilen,  dennoch 
Stoff  zum  Mitleiden  mit  dem  dadurch  so  sehr  gekränkten  Staat  und  zur 
Aergemiss  über  den  Verfasser  bei  den  Gutgesinnten,  bei  den  Schaden- 
frohen aber  Gelächter  erzeugen;  dass  man  Strafen  ankündigt,  die  aber 
ohne  Wirkung  bleiben,  weil  sie  so  äusserst  selten  realisirt  werden,  oft 
nicht  werden  können;  dass  man  sich  fast  immer  nur  mit  der  Form  abgibt, 
mit  Controlirungsmodalitäten  die  Zeit  verliert,  die  eigentliche  Sache  oder 
die  Wesenheit  der  Staatsgeschäfte  aber  beinahe  als  eine  Nebensache 
behandelt. 

Wie  kann  unter  solchen  Umständen  das  Zuströmen  von  Acten- 
stücken  ad  m^jestatem  vermindert,  wie  die  Geschäfte  beschleunigt,  wie 
das  wahre  Beste  des  Staates  bezweckt,  wie  den  Beamten  Anhänglichkeit 
zu  ihrem  Geschäfte  eingeflösst,  wie  Ew.  Majestät  die  oberste  Leitung 
erleichtert,  wie  das  Aerarinm  geschont  werden?  Alle  jene  traurigen 
Folgen,  deren  ich  weiter  oben  erwähnt  habe  und  die  der  Begierung  im 
In-  und  Aaslande  zur  Last  gelegt  werden,  müssen  aus  der  gegenwärtigen 
Behandlungsart  der  Geschäfte  unausbleiblich  fliessen  und  ganz  unver- 
meidlich Epochen  herbeiführen,  die  freilich  mandie  Kurzsichtige  für  nicht 
denkbar  angeben,  die  sich  aber  dem  wahren  Patrioten,  dem  echten  Ver- 
ehrer seines  Monarchen  und  wahren  Freunde  seines  Vaterlandes  leider 
nor  gar  zu  deutlich  darstellen.  Meiner  unvorgreiflichen  Meinung  gemäss 
dürften  Ew.  Majestät  sich  bewogen  finden,  mit  vollkommener  gegründeter 
Bemhigung  Ihr  volles  Vertrauen  einem  ehrwürdigen,  die  allgemeine 
Achtang  besitzenden  Staatsrathscollegium  zu  schenken  und  das  Wohl  der 
ganzen  Monarchie  unbekümmert  diesem  perpetuirlichen,  nie  sterbenden 
Collegium  von  geprüften  Männern  anzuvertrauen.    Ich  glaube,  dass  es 


'  An  der  Seite  steht  zn  dieser  Stelle  folgende  Bemerkung:  ,E8  kränkt  und 
empört,  wenn  man  den  höchsten  Weisungen,  welche  vor  vier  Jahren  den 
Hof-  und  Lftnderstellen  zur  Pflicht  machten,  alle  Aufmerksamkeit  darauf 
zu  verwenden,  die  Zahl  der  Beamten  so  viel  mOglich  zu  vermindern 
and  die  Angestellten  zu  mehrerer  Thfttigkeit  und  Eifer  anzuweisen, 
durch  Veigleichung  des  Personal-  und  Besoldungsstatus  des  Staatsrathes 
and  sämmtlicher  HofbehOrden  vom  Jahre  1801  mit  dem  dermaligen 
Status  so  sehr  Hohn  sprechen  sieht  Die  Vermehrung  der  Personen 
and  Besoldungen  ist  um  so  schrecklicher,  wenn  man  nebstbei  die  Be- 
standth'eüe  der  Osterreichischen  Monarchie  anno  1808  mit  jener  von  1801 
vergleicht. 


320 

Ew.  Majestät  und  dem  Staate  in  jeder  Hinsicht  besser  berathen  wftre, 
wenn  Ew.  Majestät  jedes  wichtige  Staatsgeschäft,  es  möge  politischen, 
juridischen,  kameralischen,  militärischen,  diplomatischen  Inhalts  sein 
oder  Polizeigegenstände  enthalten,  in  diesem  Colleginm  unter  h(k;hst 
eigenem  Vorsitze  behandeln  Hessen.  Selbst  die  meisten  geheimen  Gegen- 
stände des  Departements  der  auswärtigen  Angelegenheiten  sollten  Ew. 
Majestät  nicht  ohne  Beisein  der  Minister  vorgetragen  werden,  weil  sie 
nichts  Anderes  als  wichtige  Angelegenheiten  der  Monarchie  enthalten 
können,  deren  Eenntniss  diesem  Collegium,  welches  die  oberste  Staats- 
leitung föhren  soll,  unentbehrlich  ist,  sowie  auch  im  Gegentheil  die 
Eenntniss  alles  dessen,  was  in  demselben  behandelt  wird,  um  die  Har- 
monie in  allen  Zweigen  der  Verwaltung  zu  erhalten,  dem  Minister  der 
auswärtigen  Angelegenheiten  unumgänglich  nöthig  ist.  Nun  ist  es  aber 
schlechterdings  und  mathematisch  gewiss,  dass  das  allgemeine  Beste  nur 
durch  Harmonie  aller  Theile  erhalten  und  befördert  werden  kann,  weil 
alle  vorerwähnten  Gegenstände  so  sehr  mit  einander  in  Verbindung 
stehen,  dass  die  beste  Behandlung  des  einen  und  eine  diesem  nicht  an- 
passende, vielleicht  einzeln  und  für  sich  betrachtet  gute,  in  Hinsicht  auf 
das  Ganze  aber  schiefe  Behandlung  des  anderen  sehr  betrflbte  Folgen 
nach  sich  ziehen  kann.  Die  Besorgniss,  dass  dadurch  wahre  Staate- 
geheimnisse verrathen  werden,  kann  nicht  platzgreifen,  sobald  Ew.  Maje- 
stät ausser  dem  Referendar  und  Ministercollegium  Niemanden  in  die 
Eenntniss  davon  setzen.  Sollte  sich  aber  wirklich  der  Fall  jemals  ergeben, 
dass  einer  dieser  Väter  des  Vaterlandes  nicht  reinen  Mund  hielte,  so 
mtlsste  die  diesfällige  Ahndung  und  Strafe  von  der  Art  sein,  dass  sie 
einer  solchen  Geschwätzigkeit  auf  lange  Zeit  das  Ziel  setzte. 

Wenn  das  stabile  Staatsrathscollegium  aus  vier  Ministem  und 
vier  Staatsräthen  besteht;  die  wöchentlichen  unter  Ew.  Majestät  oder  des 
dirigirenden  Staats-  und  Conferenzministers  Vorsitze  abzuhaltenden  aber 
aus  den  vier  Ministern,  erforderlichen  Falles  aus  dem  Chef  des  Militär- 
etats und  des  Ministers  der  auswärtigen  Angelegenheiten,  dem  referi- 
renden  Staatsrath  und  nach  Umständen  mit  Beiziehung  noch  des  einen 
oder  anderen  Staatsrathes,  der  Präsidenten  der  Hofstellen  und  nöthigen- 
falls  auch  des  Hofrathes  gebildet  und  die  grösseren  Staatsangelegenheiten 
dort  discutirt  und  in  der  nämlichen,  oder  wenn  eine  nähere  Beleuchtung 
noch  wirklich  erforderlich  wäre,  spätestens  in  der  nächsten  Conferenz 
resolvirt  werden,  so  ist  nach  meiner  unterthänigsten  Meinung  die  oberste 
Geschäftsleitung  bestens  organisirt  und  consolidirt. 

Ich  enthalte  mich,  meine  Meinung  über  die  bündigste,  zweck- 
mässigste  Geschäftsmanipulationsmethode  im  Staatsrathe  sowohl  als  in 


321 

dem  mit  sr^lehem  eng  verbundenen  Cabinete  Ew.  Majestät,  ttber  die  indi- 
Tidnelle  Art  and  Weise,  die  oberste  CentraWerwaltang  von  kleinfügigen, 
der  höchsten  Beratbnng  nicht  würdigen,  nnr  zeitranbenden  Lappalien  zn 
reinigen  nnd  dafür  den  Hofstellen  jene  Kraft,  Impnlsion  und  jenen  Geist 
zu  geben,  welcher  sie  fähig  macht,  dem  Willen  und  Bestreben  der  obersten 
Verwaltung  zu  entsprechen,  gegenwärtig  abzugeben,  weil  dies  Gegen- 
stände sind,  welche  nur  von  altgedienten,  mit  den  manchfältigen,  seit 
mehreren  Jahren  hier  geschehenen  diesfiUligen  Manipulations-  und  G^- 
schäffcsbehandlungsveränderungen  und  deren  Folgen  genau  bekannten 
Männern,  solid  und  zur  vollkommenen  Beruhigung  Ew.  Majestät  behandelt 
werden  können.  Zu  diesem  Ende  glaube  ich  darauf  antragen  zu  müssen, 
dass  das  vorgeschlagene  StaatsrathscoUegium  mit  Beiziehung  des  schon 
unter  Ihrer  Majestät  der  Kaiserin  Maria  Theresia  im  Staatsrathe  angestellt 
gewesenen  Begistrators  Grftll,^  der  sehr  wesentliche  Data  diesfalls  liefern 
kann,  in  pleno  sämmtliche  diesf&llige  angeschlossene  Instructionen  und 
Weisungen,  wie  auch  jene  von  Ew.  Majestät  mir  zugeschickten  Verzeich- 
nisse der  im  verflossenen  Jahre  in  Ew.  Majestät  Cabinet  gelangten  Vor- 
träge nnd  Noten  genau  prQfe  und  eine  Manipulation  entwerfen,  nadi 
welcher  eine  einfache,  prompte  und  bündige  Geschäftebehandlung  leicht 
möglich  ist.'  Diese  erste  Arbeit  des  StaatsrathscoUegiums  wird  in  kür- 
zester Zeit  abgethan  sein,  wenn  Ew.  Majestät  nach  meinem  Erachten 
folgende  Personalveränderungen  vorzunehmen  geruhen  wollen. 


n.  Abschnitt 

Sohflderong  des  gegenwärtigen  Staate-  und  Conferensraths- 

Gremiums. 

Meines  Erachtens  ist  der  Graf  Kolowrat'  nicht  mehr  geeignet, 
weder  dem  gegenwärtig  bestehenden,  noch  viel  weniger  aber  dem  neu 
zu  organisirenden  Staaterathe  weder  als  dirigirender  Minister  vorzustehen^ 
noch  auch  als  blos  den  stabilen  Conferenzen  beisitzender  Staats-  nnd 
Conferenzminister  erspriessliche  Dienste  zu  leisten.    Ew.  Majestät  sind 


^  Registrator  und  Hofsecretär  Mathias  Grüll. 

'  An  der  Seite  steht,  ohne  Hinweis,  dass  die  hier  folgende  Stelle  in  den 
Text  eingefügt  werden  soll:  ,Noch  zweckmässiger  nnd  kürzer  dürfte  dies 
geschehen,  wenn  blos  Zinzendorf,  Chotek,  Stahl  nnd  Grüll  zusammen- 
kämen.* 

'  Graf  Leopold  Kolowrat-Krakowsky,  Staatsminister. 


322 

seine  Gesnndheitsumst&nde,  seine  änsserste  Beschwerde,  mit  eigenen 
Augen  zu  sehen,  folglieh  die  Nothwendigkeit,  sich  unbedingt  dem  Staats- 
und Conferenzraths-Concipisten  Welzl  ^  flberlassen  zu  müssen,  öfters  die 
physische  Unmöglichkeit,  sein  Haus  zu  verlassen,  dann  die  seinem  hohen, 
durch  viele  und  langwierige  Arbeit  geschwächten  Alter  anhängende 
Apathie,  Kraftlosigkeit  und  der  Mangel  an  warmem,  thatigem  Interesse 
für  das  allgemeine  Wohl  und  endlich  dessen  scheinbares  Bestreben,  die 
noch  wenigen  Tage  seines  Lebens  dem  Besten  seiner  Familie  widmen  zu 
wollen,  hinlänglich  bekannt.  Ich  glaube  demnach,  dass  Ew.  Majestät 
geruhen  dürften,  diesen  alten,  in  hohen  Staatsdiensten  ergrauten  Mann 
auf  eine  ausgezeichnete  Art  in  den  Buhestand  zu  setzen. 

Dessen  Nachfolger  in  der  Direction  dürfte  zur  grössten  Beruhigung 
Ew.  Majestät  und  zum  Besten  des  Dienstes  der  Graf  Zinzendorf '  sein. 
Er  besitzt  nebst  seinen  allgemein  erkannten,  durch  lange  Jahre  erprobten, 
sehr  ausgebreiteten  und  seltenen  Kenntnissen  in  vielen  Fächern,  einer 
unerschütterlichen,  auch  allgemein  bekannten  Bechtschaffenheit  audi  noch 
einen  thätigen  Geist,  ein  warmes  Bestreben,  zum  allgemeinen  Besten 
beizutragen,  und  eine  für  seine  Jahre  seltene  Kraft,  die  er  als  dirigirender 
Minister  zur  prompten  Befriedigung  der  Geschäfte  sehr  zweckmässig 
anwenden  dürfte.  Man  kann  ihm  nichts  als  eine  nicht  immer  wohl- 
geordnete Ideenfolge  aussetzen,  welche  aber  durch  seine  übrigen  guten 
Eigenschaften  mehr  als  hinlänglich  unschädlich  gemacht  wird. 

Die  Verdienste  der  Minister  Mailäth'  und  Chotek,*  wovon  besonders 
der  Letzte  wegen  seiner  gründlichen  Geschäftskenntnisse  in  allen  Zweigen 
sowohl  theoretisch  als  praktisch  äusserst  schätzbar  ist,  sind  Ew.  Miyestät 
bekannt.  Ich  fürchte  nur,  dass  die  Gesundheitsumstände  den  Ersteren 
bald  nöthigen  werden,  sich  nach  Buhe  zu  sehnen.  Der  Verlust  des 
Zweiten  fQr  den  Staatsrath  dürfte  wohl  auch  unvermeidlich  sein,  weil  ich 
bei  der  ehemöglichst  vorzunehmenden  Begenerirung  der  Finanzen  keinen 
anderen  Finanzminister  zu  finden  weiss  als  den  Grafen  Chotek,  welcher, 
obschon  er  den  Titel  eines  Staats-  und  Oonferenzministers  beibehalten 
muss,  für  die  Berathungen  in  den  Conferenzen  ausser  seinem  Fache 
dennoch  verloren  ist,  weil  ihn  die  Finanzen,  besonders  bei  Ausführung 
einer  vorzunehmenden  Operation,  sie  sei  welche  sie  wolle,  vollauf  be- 
schäftigen werden. 


1  Leopold  WeUl  von  WeUenheim. 

'  Carl  Graf  Zinzendorf,  Staatsminister. 

^  Josef  Graf  MaiULth  von  Sz^khely. 

*  Budolf  Graf  Chotek  von  Cbotkowa,  Staatsminister. 


323 

Zorn  yierten  schlage  ich  Ew.  Mi^est&t  den  Grafen  Botenhan  ^  Tor. 
£w.  Majestät  sind  von  dessen  Bechtsohaffenheit  und  aasgebreiteten  scien- 
tiftschen  und  Diensteskenntnissen  sowohl  im  politischen  als  im  Jnstiz- 
fache  überzeugt;  auch  hat  er  schon  rühmlich  beim  Staatsrathe  gearbeitet, 
kennt  folglich  den  Centralgeschäftsgang  sehr  gut  und  besitzt  die  all- 
gemeine Achtung.  Hiemit  wäre  nun  nach  meiner  Meinui^  das  Staats- 
und Conferenzministerium  hinreichend  besetzt. 

Ehe  ich  zu  meinem  Vorschlage  über  die  Wahl  der  zu  dem  neuen 
StaatsrathscoUegium  nach  meiner  Meinung  geeigneten  Staatsrathe  schreite, 
glaube  ich  eine  Schilderung  der  gegenwärtig  bestehenden  zehn  Staats- 
nnd  Conferenzräthe  Torausschicken  zu  müssen,  welche  sich  erstens  auf 
den  der  grössten  Bücksicht  würdigen  allgemeinen  Buf  und  auf  die  Meinung 
nicht  nur  des  gössen  Pnblicums,  sondern  auch  aller  erfahrenen,  sach- 
kundigen Männer  über  die  gegenwärtigen  Staatsrathe,  zweitens  auf  deren 
Benehmungsweise  in  den  Geschäften,  welche  ich  ans  den  älteren  und 
neueren  Acten  und  aus  Zusammenstellangen  und  Yergleichungen  ihrer 
Handlungsweise  in  Terschiedenen  Epochen  entnoqimen  habe,  drittens  auf 
die  Wirkung^  ihrer  Arbeiten  gründet.  Der  letzte  Grund  ist  freilich 
nicht  immer,  aber  doch  sehr  oft  ganz  richtig;  hingegen  ist  der  erste  sehr 
wichtig,  weil  er  den  Grad  des  Zutrauens  oder  Misstrauens  bestimmt, 
welches  das  Publicum  in  die  Staatsrathe  setzt.  Wie  äusserst  erwünschlich, 
ja  unumgänglich  nothwendig  es  sei,  dass  die  Männer,  welche  im  höchsten 
Yerwaltongscollegium  sitzen,  die  allgemeine  Achtung,  das  allgemeine 
Zutrauen  gemessen,  ist  so  eyident,  dass  ich  midi  hier  aller  weiteren 
Beweise  dafür  enthalte. 


Staats-  und  Conferenzräthe  nach  ihrem  Range,  so  wie  sie  im 

Schematismus  aufgeführt  sind. 

Ob  Ew.  Majestät  den  Staats-  und  Conferenzrath  v.  Izdenczy,*  Ton 
welchem  gegenwärtig  keine  Arbeiten  mehr  erscheinen,  der  auch  alters- 
und  gebrechlichkeitshalber  nicht  mehi*  dazu  geeignet  ist,  noch  länger  auf 
der  Liste  der  wirklichen  Staats-  und  Conferenzräthe  belassen  wollen, 
hängt  von  der  Allerhöchsten  Gnade  ab.  Vielleicht  würde  eine  diesfallige 
Aenderung  den  alten  verdienten  Mann  zu  sehr  kränken.  Ich  glaube 
daher,  dass  es  in  Bücksicht  desselben  beim  Alten  zu  belassen  wäre. 


'  Graf  Heinrich  Botenhan,  Staatsminister. 
*  Josef  Izdenczy  von  Mpnostor. 


324 

Der  Staatsrath  Grohmann^  steht  im  Rufe  eines  rechtschaffenen 
Mannes  und  gründlichen  Arbeiters;  allein  er  ist,  wie  es  Ew.  Majestftt 
wissen,  sehr  langsam,  dabei  nicht  fleissig,  hänft  Bttckst&nde  und  behih 
Stocke,  welche  oft  mit  einem  blossen  ,einyerstanden'  abgetiian  w&ren, 
jahrweise  zurück.  Oftmalige  Betreibungen  und  ein  grösserer  Drang  Ton 
Gleschäften  wirken,  wie  es  heisst,  nachtheilig  auf  seine  Gesundheit,  wo- 
durch er  immer  den  Geschäften  entzogen  wird. 

Der  Staatsrath  Lorenz  *  arbeitet  viel  und  schnell,  hat  eine  schnelle 
und  richtige  Fassung,  wobei  aber  manchmal  die  Gründlichkeit,  das  reife 
Durchdenken  wichtiger  Gegenst&nde  und  deren  Beleuchtung  von  allen 
Seiten  vermisst  wird. 

Der  Staatsrath  Somogjri '  ist  ein  langsamer  und  öfters  oberfläch- 
licher Arbeiter,  auf  welchen  Nebenrücksichten  mächtig  zu  wirken  scheinen. 
So  viel  ich  höre,  sind  die  Meinungen  über  seine  Eigenschaften  zum  Staats- 
rathe  sehr  getheilt,  vorzüglich  wirft  man  ihm  Mangel  an  Festigkeit  in 
seinen  Grundsätzen  vor.  Man  glaubt,  er  könne  unter  einer  wachsamen 
Aufsicht  verlässlichere,  gute  Dienste  leisten. 

Ob  der  Staats-  und  Conferenzrath  Baldacci^  jene  Eigenschaften 
besitze,  welche  man  mit  vollem  Rechte  von  einem  Staatsrath  fordern  mnss, 
kann  ich  nicht  wohl  beurtiieilen,  weil  mir  seit  der  Zeit,  als  Ew.  Majestät 
mir  die  Einsicht  in  die  staatsräthlichen  Geschifte  erlauben,  von  seinen 
Arbeiten  wenig  vorgekommen  ist.  Aus  den  früheren,  mir  gelegentlidi 
zugekommenen  Acten  aber  sehe  ich,  dass  er  eine  gute  Feder  und  Kraft 
in  seinen  Schilderungen  habe,  dass  er  sich  hiezu  aber  eines  auf  seinem 
Platze  gar  nicht  passenden  Aufwandes  von  Wörtern  bediene,  dass  er 
mit  jugendlichem,  Leidenschaftlichkeit  verrathenden  Feuer  und  nicht  mit 
der  nöthigen  Gelassenheit  und  kraftvollen  Bündigkeit  schreibe,  dass  er 
bei  wichtigen  Geschäften  eine  falsche,  höchst  einseitige  Absicht  der  Sache 
gehabt  habe,  welche  ihn  zu  höchst  schädlichen  Anträgen  verleitete.  So 
z.  B.  bleibt^  die  auf  seinen  Vorschlag  geschehene  Vereinigung  beider 
Galizien,  deren  höchst  üble  Folgen  so  allgemein  bekannt  sind,  ein  unaus- 
löschlicher Flecken  in  seiner  Geschäftsführung.  Nicht  minder  verräth 
die  so  schädliche  Manie,  die  Geschäftsverwaltungsmethode  so  oft  in  ihrer 
Wesenheit  zu  ändern,  grossen,  unverzeihlichen  Mangel  an  soliden,  prak- 
tischen Geschäftskenntnissen.   Dies  sind  meine  Bemerkungen.    Die  all- 


^  Joh.  Josef  von  Grohmann. 

'  Martin  von  Lorenz. 

'  Johann  von  Somogyi. 

*  Freiherr  Anton  von  Baldacci. 

'^  Es  steht:  bleiben. 


325 

gemeine  Meinung  aber  ist,  dass  er  viel  Fälligkeit  und  mancherlei  Kennt- 
nisse besitze.  Sachkundige  setzen  bei,  dass  er  ein  vortrefflicher  Secretar, 
aber  ein  schlechter  Bath  und  am  wenigsten  ein  Staatsrath  sei,  und  dass 
er  diese  Stelle  nur  nach  vielen  Jahren  und  nachdem  er  sich  von  dem 
natürlichen  Gange  der  Dinge  in  allen  Lebensverhältnissen  mehr  praktische 
Kenntnisse  wfirde  gesammelt  haben,  die  ihm  itzt  ganz  fehlten,  mit  Ehre 
und  Nützen  des  Staates  h&tte  begleiten  können.  Die  zu  frühe  Beförde- 
rung hat  nach  der  allgemeinen  Meinung  die  verborgenen  Keime  der  Un- 
verträglichkeit, Leidenschaftlichkeit,  Eigendünkel  und  Herrschsucht  bei 
ihm  geweckt  und  so  genährt,  dass  man  sie  als  dem  allgemeinen  Besten 
höchst  zuwider  allgemein  fürchtet.  Selbst  die  von  ihm  Begünstigten 
machen  ihm  den  Vorwurf,  dass  er  sidi  nie  an  dem  in  einer  hohen  Charge 
ganz  besonders  festzuhaltenden  Grundsatz  amicus  personae,  inimicus 
causae  halte,  sondern  nur  nach  Leidenschaft  handle  und  den  Werth  oder 
ünwerth  einer  Sache  nur  nach  der  Meinung  beurtheile,  die  er  von  dem 
Menschen,  welcher  diese  Sache  unternimmt  oder  wie  immer  nur  in  solche 
verflochten  ist  oder  sie  gar  nur  vorträgt,  hat.  Man  legt  ihm  auch  zur 
Last,  dass  er  mit  erstaunlicher  Unklugheit  über  die  wichtigsten  Gegen- 
stände seine  Gesinnungen  äussere  und  daselbst,  sowie  auch  in  den  Ge- 
schäften keinen  Widerspruch  vedarage.  Dieses  und  noch  mehr  wird 
sülgemein  wider  ihn  gesprochen,  und  es  ist  beinahe  nur  eine  Stimme,  dass 
dieser  Mann  auf  dem  Platze,  welchen  er  gegenwärtig  einnimmt,  Ew. 
Majestät  und  dem  Staate  den  empfindlichsten  Schaden  zuziehe  und  der- 
malen nur  zur  Dienstleistung  als  Yicepräsident  bei  einer  Hofstelle  unter 
höherer  Leitung  geeignet  sei. 

Der  Staatsrath  Pfleger  ^  hat  eine  sehr  gute  Existimation  für  sich, 
ist  ein  altgedienter,  erfahrener  Geschäftsmann,  nur  wünschte  ich,  dass 
er  mit  der  Arbeit  schneller  vorwärts  käme  und  dass  er  manche  Gegen- 
stände weniger  mit  dem  Blicke  eines  strengen  Justizmannes  und  mehr 
mit  jenem  eines  erfahrenen,  klugen,  massigen  und  billigen  politischen 
Geschäftsmannes  ansehe  und  den  Vorwurf  des  summum  jus,  summa  in- 
juria Ew.  Majestät  nie  zuziehe.  Meiner  Meinung  nach  ist  ein  strenger 
Jnstizmann  ohne  ausgebreitete,  durch  mehrseitige  Erfahrung  gesammelte 
Kenntnisse  im  politischen  Fache  zum  Bathgeber  im  Gentro  nicht  ge- 
schaffen, weil  er  die  oberste  Staatsverwaltung  sehr  leicht  zu  harten, 
einseitigen  Massregeln  verleiten  kann,  die,  von  dem  höchsten  Punkte 
ausgegangen,  ein  sehr  widriges  Licht  auf  die  Begiei*ung  werfen.  Meines 
Erachtens  sind  Gerechtigkeit  und  Härte  sehr  wohl  von  einander  zu  unter- 


^  Anton  Pfleger  von  Wertenau. 


326 

scheiden,  und  kluge  Mässignng  und  richtige  Ansicht  der  Sache  sind  die 
nothwendigsten,  unerlässlichsten  Eigenschaften  zur  Schlichtung  höherer 
Polizeigegenstände;  die  kleinen  cnrrenten  Polizeiangelegenheiten  sind 
aher  sehr  selten  der  Allerhöchsten  Aufmerksamkeit  würdig  und  gehören 
vielmehr  in  den  Wirkungskreis  der  Chefs  der  politischen  und  Polizeihof- 
stellen, welche  Ew.  Majestät  aus  denselben  blos  eine  allgemeine  üeber- 
sicht  vorzulegen  hätten. 

Der  Staats-  und  Conferenzrath  Schittlersberg  ^  verräth  mancherlei, 
besonders  aber  buchhalterische  Kenntnisse  und  einen  wohlgeordneten 
Kopf,  bleibt  sich  aber  in  seinen  Geschäftsgrundsätzen  nicht  gleich  und 
scheint  manchmal  Nebenansichten  zum  Massstabe  seiner  ämtlichen  Wohl- 
meinungen zu  wählen.  XJeberhaupt  aber  scheinen  ihm  Geschäftskennt- 
nisse in  den  Fächern,  besondei-s  in  den  höheren  Finanz-  und  allen  politi- 
schen Zweigen,  welche  nie  von  seinem  Ressoii;  waren,  sehr  zu  mangeln. 

Von  dem  Charakter  des  Staats-  und  Conferenzrathes  Bedekovich ' 
habe  ich  nichts  als  Lobwfirdiges  gehört.  Seine  Arbeiten  deuten  auf  aus- 
gebreitete solide  Kenntnisse,  seine  Vota  sind  gründlich,  deutlich,  er- 
schöpfend. Er  ist  ein  sehr  fleissiger,  giDndlicher,  und  so  viel  als  ich  im 
Stande  bin,  es  zu  beurtheilen,  unparteiischer  Arbeiter. 

Der  Staats-  und  Conferenzrath  Graf  Chorinsky  '  äussert  viele  scien- 
tifische  und  literarische  und  in  den  Geschäften  viele  theoretische  Kennt- 
nisse. Für  den  Platz  aber,  auf  welchem  er  gegenwärtig  steht,  fehlt  es 
ihm  an  praktischen,  nur  durch  vielseitige  Erfahrung  und  manche  miss- 
lungene  Versuche  im  Kleinen,  welche  weder  dem  Staate  im  Allgemeinen, 
noch  insbesondere  dem  Aerarium  schaden,  zu  erlangenden  Geschäfts- 
kenntnissen. Er  scheint  die  Bestimmung  der  obersten  Behörde  und  die 
von  ihr  anzuordnenden  Mittel  nicht  studirt  zu  haben.  Er  wird  weitläufig, 
kleinlich,  einseitig  und  seine  Anti'äge  müssen  nothwendig  Vermehrung 
der  Geschäfte  und  des  Personals  erzeugen,  dadurch  wird  aber  dem  Dienste 
im  Allgemeinen,  dem  Aerarium  aber  insbesondere  sehr  geschadet  und 
nicht  ein  solider  Begierungszweck  verlässlich  erreicht.  In  späteren 
Jahren  würde  Graf  Chorinsky,  nachdem  er  sich  mit  dem  wirklichen,  nicht 
hypothetischen  Gkinge  der  Dinge  unter  allen  Menschenclassen  würde 
vertrauter  gemacht  haben,  gewiss  ein  sehr  brauchbares  Glied  des  Staats- 
rathscollegiums,  wohin  er  meiner  Meinung  nach  viel  zu  früh  gekommen 
ist,  geworden  sein. 


^  Auguflt  Veit  von  Schittlenberg. 
'  Franz  Freiherr  von  Bedekovich. 
*  Ignaz  Graf  Chorinsky. 


327 

Der  Staats-  und  Conferenzrath  Batscbky,^  ein  sehr  redlicher, 
gründlicher  und  fleissiger  Mann,  der  gewiss  in  Hinsicht  seiner  häus- 
lichen Yerh&ltnisse  das  hessere  Schicksal  verdient,  das  ihm  bei  der  Er- 
nennung zum  Staatsrathe  zu  Theil  geworden  ist,  scheint  aber  nicht  jene 
umfassenden,  einem  Staatsrathe  erforderlichen  Eigenschaften  in  Hinsicht 
der  G^chäftskenntnisse  zu  besitzen.  Er  wai*  meines  Wissens  fast  immer 
Bankalist  und  in  seinen  Erholungsstunden  ausgezeichneter  Freund  der 
Literatur. 

Wenn  ich  nun  mit  meinem  Begriffe  von  einer  dem  Endzwecke  ent- 
sprechenden Staatsverwaltung  und  mit  der  deutlichen  Vorstellung  der 
hiezu  anzuwendenden  Mittel  die  Handlungsweise  der  vorbenannten  Staats- 
und Conferenzräthe  vergleiche,  so  muss  ich  frei  bekennen,  dass  ich  keinen 
für  seinen  Platz  in  allen  Stücken  für  ganz  geeignet,  einige  aber  wohl  für 
mehr  oder  weniger  geföhrlich,  staatsschädlich  und  zur  Theilnahme  an  der 
von  mir  unterthänigst  vorgeschlagenen  Centralstaatsverwaltung  schlech- 
terdings untauglich  halte. 

Sobald  ich  Ew.  Majestät  in  dem  folgenden  Abschnitte  meine  Idee 
über  die  staatsräthliche  Geschäftsmanipulation,  welche  mit  der  Einführung 
der  vorgeschlagenen,  bündigem  Staatsverwaltungsmethode  zugleich  an- 
zufangen hätte,  werde  vorgetragen  haben,  werde  ich  zum  Schlüsse  meine 
Meinung,  wie  '  ihr  auf  hohen  Dienstplätzen  stehende  Individuen  für  den 
Staat  brauchbar  gemacht  werden  dürften,  Ew.  Majestät  zu  Füssen  legen. 

Unmassgeblicher  Vorschlag, 

wie  die  höheren  Staatsbeamten  dem  Dienste  Ew.  Majestät 

entsprechender  verwendet  werden  könnten.' 

Die  vier  Minister  habe  ich  schon  im  ü.  Abschnitte  vorgeschlagen. 
Zu  diesem  Vorschlage  erlauben  mir  Ew.  Majestät  in  Folge  höchst  Ihrer 
diesfäUigen  Aeusserungen  die  Bemerkung  beizufügen,  dass  ich  für  den 
Fall,  sJs  Graf  Chotek  das  schwere  Geschäft  der  Begenerirung  der  Finanzen 
übernimmt,  die  Beiziehung  des  Grafen  Zichy^  zum  Ministerium,  wenn  er 
nicht  sonst  irgendwo  gute  Dienste  leisten  könnte,  für  weit  zweckmässiger 
halte  als  dessen  Belassung  auf  seinem  gegenwäi-tlgen  Platze,  wo  er  zu 


^  Joeef  Frans  Batschky. 

*  Offenbar  wollte  der  Erzherzog  zuerst  eine  andere  Satzconstruction  wählen, 
da  er  nach  ,wie':  ,man*  einschaltete. 

*  Erzherzog  Rainer  bemerkt  selbst:  ,ad  Vorschlag  2*. 

*  Graf  Carl  Zichj,  Staatsminister. 


328 

uneingeschränkt  sein  zn  heisses,  stets  brausendes  Blut  wirken  lässt  und 
die  Folgen  davon  in  der  ganzen  Monarchie,  besonders  aber  in  den  deut- 
schen Proyinzen  so  bitter  empfinden  macht,  als:  das  Ansichreissen  zu 
vieler  Geschäfte,  die  daraus  entspringende  zu  leichtfertige,  gar  nicht 
gründliche  Behandlung  so  vieler  wichtigen  Staatsangelegenheiten,  das 
hartnäckige,  aus  falscher  Scham  entspringende  Beharren  auf  der  schnell 
gefassten  Meinung,  wenn  sie  auch  evident  sehr  schädlich  ist,  das  rohe 
Zurückschrecken  derjenigen,  welche  pflichtmässig  mit  dem  besten  Wissen 
und  Gewissen  seinen  Anträgen  und  Beschlüssen  gründliche  Einwendungen 
entgegensetzen,  das  Imponiren  durch  Geschrei  und  einen  Schwall  von 
Wörtern,  die  ohne  Ordnung  und  Zusammenhang  hinausgestossen  nur 
ermüden,  betäuben,  aber  nicht  überzeugen.  In  der  Conferenz  aliein 
können  seinen  Ausbrüchen  von  zu  grosser,  unüberlegter  Lebhaftigkeit 
Schranken  gesetzt  werden,  wenn  ihn  Ew.  Majestät  zur  gehörigen  Mässi- 
gung,  anständigen  Abgebung  seiner  Meinung  und  vernünftigen  Verthei* 
digung  derselben  verweisen.  Der  Umstand  allein,  dass  er  ein  Ungar  ist, 
scheint  mir  schon  hinreichend,  um  ihn  nicht  als  Finanzminister  zu  be- 
lassen, weil  Ungarn  so  wenig  und  die  teutschen  Provinzen  beinahe  alle 
Lasten  allein  tragen,  weil  bei  jeder  neuen  Steuer  oder  Erhöhung  der 
bestehenden  die  allgemeine  Stimme  dahin  geht,  dass  der  Finanzminister 
leicht  neue  Steuern  vorschlagen  könne,  weil  er  nichts  beizutragen  habe 
und  sich  auf  Kosten  der  teutschen  Provinzen  Verdienste  sammeln  wolle. 

Dem  Grafen  Botenhan  weiss  ich  für  den  Fall,  als  ihn  Ew.  Ma- 
jestät zum  Conferenzminister  nicht  geeignet  finden.  Niemanden  zu  sub- 
stituiren.  In  einzelnen  specifischen  Fällen  dürfte  Beiziehung  des  sehr 
talent-  und  kenntnissvollen  und  tief  eifahrenen  Staats-  und  Conferenz- 
ministers  Grafen  Philipp  CobenzP  sehi*  heilsam  und  dem  Staate  er- 
spriesslich  sein. 

Die  zu  bleibenden  Staatsräthe  wären  Grohmann,  Stahl,  Pfleger, 
Bedekovich.  Der  Staatsrath  Batschky  als  Kanzleidirector,  bis  er  nicht 
sonst  irgendwo  untergebracht  werden  kann,  und  Ghorinsky  zur  Aushilfe 
ad  t^mpus.  Sollte  der  Staatsrath  Pfleger  zu  sehr  mit  Bückständen  über- 
laden sein  und  einer  zeitweiligen  Aushilfe  benöthigen,  so  müsste  ich 
dazu  einen  Justizhofrath,  der  aber  auch  im  politischen  Fache  gedient 
hat,  in  der  Person  des  Grafen  Fürstenbusch  vorschlagen,  der  sehr  gute 
Dienste  leisten  und  zur  Herstellung  der  in  Galizien  ganz  untergrabenen 
Ordnung  mit  Sachkenntniss  beitragen  würde,  weil  er  sich  durch  mehi*- 
jährige  Dienstleistung  in  jenem  Lande  im  politischen  Fache  praktische, 


*■  Vetter  des  Grafen  Ludwig  Cobenil. 


329 

f&r  einen  Arbeiter  in  galizischen  Geschäften  so  unentbehrliche  Kennt- 
nisse gesammelt  hat. 

Lorenz  kann  anf  seiner  Pfründe,  oder  wenn  ihn  Ew.  Majestät  einer 
Belohnung  würdig  halten,  auf  einem  Bisthume  seiner  eigentlichen  Be- 
stimmung als  Seelsorger  obliegen. 

Baldacci,  welcher  seine  Diensteslaufbahn  im  Bancalfache  betrat, 
Ton  doi*t  zum  hungarischen  Cameralfache  befördert  wurde,  nie  weder  bei 
einem  Kreisamte  noch  bei  einem  Gubernium  gedient  hat,  hat  die  nöthigen 
praktischen  Vorkenntnisse  nicht,  ohne  welche  man  im  politischen  Fache 
mit  Verlässlichkeit  nichts  anzurathen,  nichts  zu  vei*fügen  vermag.  Dieser 
Mangel  durch  langjährigen  Dienst  nur  zu  erwerbender  Kenntnisse  kann 
weder  durch  dessen  eiifmonatlichen  Aufenthalt  zu  Lemberg  als  Pmsidial- 
secretär  des  Staats-  und  Ck>nferenzministers  Grafen  Mailäth,  noch  weniger 
durch  die  flüchtige  Bereisung  Westgaliziens  ersetzt  worden  sein.  Dieser 
Mann  wird  also  sehi*  wahrscheinlich  politische  Geschäfte  immerfort  in- 
quisitorisch wie  ein  Contrebandverfahren  behandeln,  wodurch  die  Ge- 
müther für  die  Beg^erung  nicht  gewonnen,  die  Geschäfte  selbst  aber  in 
die  Länge  gezogen  werden,  und  politische  Vorschläge  werden  auf  theo- 
retische Träume  basirt  sein,  deren  Güte  zweideutig  und  ihre  Ausführung 
meist  unmöglich  ist;  daher  glaube  ich  den  Baldacci  als  Vicepräsident  bei 
dem  Bancale  am  entsprechendsten  untergebracht. 

Dass  Schittiersberg  nur  zum  Bechnungswesen  tauge,  ist  Ew.  Maje- 
stät erleuchteten  Einsicht  nicht  entgangen;  daher  glaube  ich  auf  dessen 
Uebersetzung  zum  Chef  der  Staatscontrole  mit  Beibehaltung  des  Titels 
Staatsrath  oder  mit  der  Benennung  Präsident  antragen  zu  müssen,  all  wo 
er  sehr  wesentliche  Dienste  leisten  und  eine  bündige  Conü'ole  einführen 
wird,  welche  man  bei  dem  gegenwärtigen  Bechnungsdirectorium  ganz 
vermisst. 

Da  Ew.  Majestät  den  Staats-  und  Conferenzrath  Bedekovich  beizu- 
behalten sich  geäussert  haben,  so  glaube  ich  den  Somogyi  zum  Vicekanzler 
bei  der  ungarischen  Kanzlei  vorschlagen  zu  sollen,  weil  mir  ausser  diesem 
Platze  kein  anderer  für  ihn  schicklicher  bekannt  ist.  Durch  die  Ernen- 
nung des  Baldacci  zum  Vicepräsidenten  bei  dem  Bancale  wird  folgende 
Veränderung  mit  dem  Vicepräsidenten  bei  der  Hof  kammer  nothwendig. 
Bartenstein  hätte  die  Geschäfte  des  Grafen  Pergen  zu  übernehmen, 
welcher  einstweilen  die  tentschen  Hofkammer-  und  Domänengeschäfte 
zu  übernehmen,  Graf  Kohäry^  aber  blos  die  ungarischen  zu  behandeln 
hätte.    Der  Graf  Pergen  müsste  Ew.  Majestät  für  diese  Erleichterung 


*  Frans  Graf  r.  Kohkry. 
▲rehiT.  LXXVin.  Bd.  II.  E&lft«.  22 


330 

sehr  dankbar  sein,  weil  dies  das  einzige  Mittel  ist,  seine  so  sehr  zerrüttete 
Gesundheit  wieder  herzustellen. 

Wenn  einmal  der  Geschäftsgang  beim  Staatsrathe  nach  der  neuen 
Organisirung  desselben  consolidirt  ist,  so  dOrfbe  es  wohl  nothwendig 
werden,  auf  die  zweckmässigere  Besetzung  mancher  wichtigen  Stelle  bei 
den  ünterbehörden  in  der  Residenz  und  in  den  Provinzen  fOrzudenken, 
wozu  aber  reife  Ueberlegung  und  genaue  Prüfung  des  Charakters  und 
der  Benehmungsweise  dieser  hohen  Beamten  nothwendig  ist,  damit  kein 
voreiliger  Schritt  gethan  werde,  welcher  eine  neuere  Uebersetzung  nach 
sich  zöge,  welches  zweckwidrig  wäre.  Vor  allem  Andern  aber  rnüsste  von 
diesem  Augenblicke  an  jeder  Antrag,  der  auf  Vermehrung  der  Beamten 
über  die  systemisirte  Zahl  derselben  deutet,  unbedingt  abgewiesen  werden. 
Schliesslich  muss  ich  noch  beifügen,  dass  für  den  Fall,  als  einer  der  bei 
dem  neuen  StaatsrathscoUegio  zu  verbleibenden  Staatsrathe  dem  beab- 
sichteten  Endzwecke  auf  irgend  eine  Art  nicht  entsprechen  sollte,  eine 
anderweite  bestimmte  Verwendung  desselben  aber  nicht  auf  der  Stelle 
aufzufinden  wäre,  ich  es  für  das  Wohl  des  Staates  für  weit  zweckmässiger, 
ja  selbst  für  unvermeidlich  halte,  diesen  Staatsrath  einstweilen  in  den 
Quiescentenstand  zu  versetzen  (vrie  das  schon  oft  geschehen  ist)  und  ein 
anderes  brauchbares  Individuum  zum  Staatsrathe  zu  ernennen. 


in.  Abschnitt. 

Ueber  die  einsuführende  Oesohaltsmanipulation  im 

Staatsrathe. 

Ohne  dem  Vorschlage  vorgreifen  zu  wollen,  welchen  das  neue 
Staatsrathscollegium  meinem  im  I.  Abschnitte  enthaltenen  Antrage  zu- 
folge über  eine  zweckmässige,  zur  Dauer  geeignete  Geschäftsmanipulation 
beim  Staatsrathe,  dann  über  die  möglichst  genaue  Bestimmung  jener 
Gegenstände,  welche  Ew.  Majestät  Allerhöchst  Ihrer  Entscheidung  ex 
centro  vorbehalten  wissen  wollen,  weil  nur  diese  Bestimmung  der  zur 
Allerhöchsten  Entscheidung  würdig  befundenen  Gegenstände  die  Bestim- 
mung des  Wirkungskreises  der  Hofstellen  möglich  macht,  alle  anderen 
diesfölligen  Veifügungen,  Anordnungen  und  Veränderungen  aber,  wie  es 
die  Erfahrung  lehrt,  die  heilsame  Absicht  Ew.  Majestät  nicht  erreicht 
haben.  Allerhöchst  denenselben  schleunigst  vorzulegen  hätte:  glaube  ich 
nur  meine  Idee  über  den  Geschäftsgang  angeben  zu  müssen,  welcher  mit 
der  Veränderung  der  gegenwärtigen  und  mit  dem  Anfange  der  neaen 


331 

staatsräthlichen  Verfassung  zugleich  einzutreten  hätte  nnd  welche  nach 
meiner  Ansicht  der  Sache  keiner  wesentlichen  Abänderung  bedürftig 
gefunden  werden  dürfte.  Die  Veränderung  selbst  dürfte  nach  meinem 
un?orgreiflichen  Dafürhalten  folgendermassen  ausgeführt  werden. 

Ew.  Majestät  geruhen  den  Grafen  Eolowrat  durch  ein  sehr  Terbind- 
iiches  Handschreiben  in  die  Ruhe  zu  setzen  und  ihm  eine  Auszeichnung 
zn  verleihen.  Welche?  hängt  von  der  Allerhöchsten  Gnade  ab.  Zugleich 
wäre  er  anzuweisen,  seine  ämtlichen  Acten  Ew.  Majestät  zu  übergeben. 

Ein  zweites  Handschreiben  an  den  Grafen  Zinzendorf,  worin  er 
zmn  dirigirenden  Staats-  und  Conferenzminister  ernannt  wird;  in  diesem 
Schreiben  müsste  ihm  ganz  kurz  gesagt  werden,  dass  die  landesväterliche 
Sorgfalt  für  das  allgemeine  Wohl  Ew.  Majestät  bewogen  haben,  eine 
Veränderung  in  der  Geschäftsverwaltung  im  Centro  vorzunehmen.  Schliess- 
lieh  müsste  ihm  der  Tag  bestimmt  werden,  an  welchem  er  sich  bei  Ew. 
Majestät  einzufinden  hätte;  diese  Weisung  müssten  auch  die  übrigen 
Minister  und  die  zu  bleibenden  Staats-  und  Conferenzräthe  erhalten. 
Graf  Botenhan,  oder  wen  Ew.  Majestät  sonst  zum  vierten  Staats-  und 
CoDferenzminister  ernennen  wollten,  müsste  erst  ernannt  werden. 

Am  bestimmten  Tage  hätte  sich  das  neue  Staatsrathscollegium  bei 
Ew.  Majestät  zu  versammeln,  Höchstweiche  entweder  selbst  oder  durch 
jemand  Andern  die  zu  diesem  Ende  verfasste  Schrift,  mit  welcher  das 
neue  Collegium  eröffnet  würde,  ablesen  liessen.  Diese  Schrift  ^  enthielte 
die  Ursachen  der  Veränderung,  die  Absicht  Ew.  Majestät  und  die  nöthigen 
Weisungen  an  den  dirigirenden  und  die  anderen  Minister,  wie  auch  an 
die  Staatsräthe  und  zugleich  den  beiliegenden  Entwurf  zur  künftigen  Ge- 
schäflfimanipulation. 

Zugleich  müssten  den  abzutretenden  Staatsräthen  ihre  neuen  Be- 
stimmungen bekannt  und  sie  zur  ehemöglichsten  üeberreichung  eines 
Verzeichnisses  ihrer  Rückstände  und  zur  ehemöglichsten  Aufarbeitung 
derselben  angewiesen  und  ihnen  aufgeti*agen  werden,  jedes  bearbeitete 
Stück  dem  dirigirenden  Staats-  und  Ck)nferenzminister  einzuschicken, 
übrigens  hätte  alle  weitere  neue  Gommunication  mit  den  abzutretenden 
Staatsräthen  aufzuhören.  Sollten  Ew.  Majestät  aber  geruhen,  dem  gegen- 
wärtigen Zuströmen  von  Vorträgen  dadurch  schnell  Einhalt  zu  thun, 
dass  Sie  den  Hofstellen  untersagen,  bis  auf  weitere  Bestimmung  einen 
anderen  Gegenstand  als  die  folgenden  der  Allerhöchsten  Entscheidung 
zu  unterlegen,  so  könnten  die  zu  anderen  Dienstplätzen  bestimmten 


*  An  der  Seite  steht:    Diese  Schrift  und  die  nöthigen  Handbillete  würden 
erst  dann  verfasst,  wenn  dieses  Alles  genehmiget  ist. 

22» 


332 

Staatsräthe  sogleich  zu  ihrer  neaen  Bestimmung  ahgehen  und  die  Erledi- 
gung ihrer  BQckstände  den  zu  verbleibenden  Staatsräthen  übergeben. 
Die  Yorbenannten  Gegenstände  sind:  Gnadensachen,  neue  Vorschläge, 
ausserordentliche  Auslagen,  Systemalien,  Besetzungen  jener  Bathsstellen, 
welche  bis  itzt  von  Ew.  Msgestät  besetzt  worden  sind,  und  aller  flbrigen 
höheren  Dienstplätze,  und  von  Seite  der  Justiz  alle  Todesurtheile,  Provo- 
cationen  ad  majestatem  und  was  sonst  schlechterdings  ad  majestatem 
gehört. 

Ich  habe  in  meinem  I.  Abschnitte  nur  auf  vier  stabile  Staatsräthe 
angetragen  und  beharre  noch  darauf,  weil  sämmtliche  staatsräthliche 
Civilgeschäfte  in  folgende  vier  Abschnitte  zeif allen  dürften:  in  politische 
und  Polizeigegenstande;  Finanz-  und  Cameral-;  geistliche,  Studien-  und 
Justizsachen ;  Hungarica,  wozu  ich  folgende  Staatsräthe  für  die  tauglich- 
sten halte:  für  das  Erste  den  Staatsrath  Grohmann;  für  das  Zweite  den 
ehemaligen  Staatsrath  Stahl;  für  das  Dritte  den  Staatsrath  Pfleger;  für 
das  Vierte  den  Staatsrath  Bedekovich. 

Da  aber  bei  dem  Uebergang  von  den  voluminösen  Geschäften  zn 
den  zweckmässig  verminderten  der  Drang  anfangs  stärker  sein  dürfte,  so 
wäre  noch  ein  Staatsrath  mehr  ad  tempus  beizubehalten,  welcher  die 
Bückstände  zum  Theil  zu  bearbeiten,  zum  Theil  den  zu  sehr  überladenen 
Staatsräthen  Aushilfe  zu  leisten  hätte,  wozu  ich  den  Staatsrath  Chorinsky 
vorschlage.  Zugleich  halte  ich  aber  auch  einen  eigenen  Kanzleidirector, 
und  zwar  in  der  Person  des  Staatsrathes  Batschky^  wie  sie  vormals 
bestunden,  zur  Erhaltung  der  Ordnung  und  schnellen  Beförderung  der 
Geschäfte  für  unumgänglich  nothwendig.  Dieser  hätte  sich  mit  der  cur- 
renten  Bearbeitung  der  Stücke  gar  nicht  zu  befassen,  sondern  nur  auf 
besonderen  Befehl  solche  zu  leisten  und  besonders  die  von  Ew.  Majestät 
abverlangten  Auskünfte  zu  erstatten. 

Dann  wäre  das  staatsräthliche  Conceptspersonal  allgemach  zu  ver- 
mindern und  auf  jenen  Fuss  zurückzuführen,  nach  welchem  Staatsraths- 
secretäre  zu  höheren  Conceptsgegenständen ,  die  minderen  Kategorien 
zu  minderen  Arbeiten  verwendet  werden  und  jedem  Minister  und  Staats- 
rath nur  ein  subalternes  Individuum  bewilliget  wird.  Alle  übrigen  hätten 
versammelt  unter  der  Direction  des  Kanzleidirectors  zu  extrahiren.  In 
der  Begistratur  und  im  Expedite  des  Staatsrathes  glaube  ich  kaum  eine 
Beform  wünschen  zu  dürfen. 

Die  Bestimmung,  welche  Individuen  des  dermaligen  staatsräthlichen 
Personals  zu  höheren  Conceptsgegenständen,  als  das  sind:  BesolutionB-, 
Handbilletsentwürfe  und  Concopte  zu  anderen  ämtlichen  Correspondenxen, 
welche  blos  zu  den  Vortragsextracten  und  zur  Dienstleistung  bei  den 


333 

Ministem  und  Staatr&then  geeignet  seien,  sollte  meines  Erachtens  dem 
neuen  Staatsrathsgremio  überlassen  werden. 

Entwurf  der  aogleioh  einsutreten  habenden  Qeaohäfta- 

manipolatdon. 

Wenn  Ew.  Majestät  die  gegenwärtige  Verfassung  Ihres  geheimen 
Cabinets,  insoweit  sie  mir  in  Hinsicht  auf  das  Mnndiren  der  Besolutionen 
bekannt  ist,  keiner  Veränderung  unterwerfen  wollen,  welche  mir  doch 
zur  schnellen  und  einfachen  Beförderung  der  Geschäfte  nothwendig 
scheint,  so  dürften  von  dem  Tag  an,  als  der  neue  dirigirende  Minister  in 
Wirklichkeit  tritt,  die  von  dem  Cabinete  an  den  Eanzleidirector  gelangten 
Vorträge  dem  betreffenden  Staatsrathe  zugetheilt  werden,  welcher  solche 
zu  bearbeiten,  bei  allen  Ministem  und  bei  jenen  Staatsräthen  circuliren 
zu  lassen  hätte,  die  davon  Eenntniss  haben  müssen;  in  letzter  Hinsicht 
glaube  ich  eine  Manipulation  vorschlagen  zu  müssen,  welche  ich  in  den 
diesfälligen  Voracten  nicht  finde,  welche  aber  nach  meiner  Meinung 
sämmtlichen  Gliedern  des  Staatsrathes  die  Eenntniss  von  allen  Central- 
geschäften,  welche  sie  haben  müssen,  weil  das  Gentmm  mit  keinem  Di- 
kasterium  verglichen  werden  darf,  sondern  der  Natur  des  Cejtrums 
gemäss  alles  umfassen,  nach  einem  Geiste,  einem  Sinne  in  Verbindung 
arbeiten  muss,  mit  dem  mindesten  Zeitverluste  verschafft. 

Nämlich  der  Eanzleidirector  lässt  täglich  vier  Elenchos  der  einge- 
gangenen Vorträge  verfassen,  wovon  einer  Ew.  Majestät,  der  andere  dem 
dirigirenden  Staats-  und  Conferenzminister  übergeben  wird,  der  dritte 
aber  täglich  bei  den  Staatsräthen  und  Ministern  zu  circuliren,  mit  dem 
vidi  eines  jeden  Individuums  versehen,  wieder  an  den  Eanzleidirector 
zurückzugelangen  hätte,  damit  jedes  Glied  in  die  obbemeldete  Eenntniss 
aller  eingegangenen  Vorträge  auf  die  einfachste  Art  gesetzt  und  jeder 
Staatsrath  insbesondere  jenes  Stück,  welches  mit  seiner  Geschäftsabthei- 
lung  in  Verbindung  steht,  sich  zur  Einsicht  und  nöthigenfalls  zur  Begut- 
achtung mittheilen  lassen  kann,  weil  ich  nur  auf  diese  Art  eine  einför- 
mige, zusammengreifende  und  systematische  GeschUftsbehandlung  ohne 
Zeitverlust  für  möglich  halte.  Bis  itzt  wurde  immer  der  Beferent  und 
Coreferent  dem  Gegenstande  gemäss  bestimmt  (Letztere  passen  nach 
meiner  Meinung  keineswegs  zum  Staatsrathe,  sondem  nur  zu  Dikasterien). 
Dabei  geschieht  es,  dass  manches  Stück  zwecklos  herumgetrieben  wird, 
weil  es  ein  oder  mehrere  Coreferenten  instructionsmässig  lesen  und  begut- 
achten müssen,  wenn  es  auch  von  keiner  Bedeutung  ist;  ein  anderes 
aber  wieder,  das  von  Bedeutung  ist  und  mit  dem  Gegenstand  in  Ver- 


884 

bindnng:  sein  kann,  der  nicht  in  den  Departements  der  zwei  bestimmte] 
Referenten,  sondern  bei  anderen  Staatsrätben  behandelt  wird,  welchen  di 
Eenntniss  desselben  vielleicht  sehr  wichtig  gewesen  wäre,  nur  den  nt 
bestimmten  zukömmt,  den  Ohrigen  Staatsräthen  aber  oft  znm  Nachtlieü 
des  Dienstes  erst  nach  veiüossener  Resolution  bekannt  wird. 

Dieser  Incohftrenz  und  Inconsequeni  wird  durch  den  tSglich  dr 
Gulirenden  Blenchus  abgeholfen,  wenn  der  Staatsrath,  welcher  im  El«n 
chus  ein  seinem  Departement  interessantes  Stück  findet,  auf  diesen  Slea 
chns,  und  zwar  zu  dem  betreffenden  Stücke  eine  Nummer  mit  Beieati 
,Zur  Einsicht'  schreibt  und  somit  hlos  jenes  StQck  erb&lt,  dessen  er  be 
nOthigt;  dabei  aber  sich  auch  niemals  entschuldigen  kann,  dass  ihm  di 
Existenz  dieses  oder  jenes  Vertrages  nicht  bekannt  gewesen  sei.  De 
vierte  Elenchus  sollte,  um  Ew.  H^estät  die  Evidenz  über  die  eingelangte 
Stücke  za  erleichtern,  mir  zukommen. 

Der  61-ste  Votant  setzt  jedem  Stück  bei,  ob  er  es  fftr  ein  currei 
oder  relatum,  i.  e.  znr  Conferenz  geeignet  halte,  die  Qbrigeu  Votantc 
setzen  nach  ihrem  Gutbefinden  auch  currens  oder  relatum  bei,  wodon 
sie  ihre  Meinung  an  den  Tag  legen,  ob  sie  diesen  oder  jenen  G^eustai 
für  wichtig  halten,  die  diesföllige  Entscheidung  des  dlrigirenden  HiniBte 
bestimmt  sonach,  wie  dieser  Gegenstand  behandelt  werden  soll,  wei 
Ew.  Miyest&t  diesfalls  keine  Aendemng  vorzunehmen  geruhen.  Jed' 
von  dem  ersten  Staatsrathe  votirte  Stück  circulirt  bei  Jenem  StaatsraUi 
welcher  es  verlangt,  bei  allen  Ministem  und  kommt  vom  dir^irendt 
Minister  zum  Eanzleidirector,  welcher  die  R«BoliitioasentwOrfe  verfaesi 
läset  und  die  currenten  Stücke  Ew.  Majestät  täglich  znr  täglichen  Erl 
digung  selbst,  und  zwar  nach  dem  Grade  der  Dringlichkeit  unterlegt,  d 
zur  Conferenz  bezeichneten  aber  dem  betreffenden  Staatsrathe  znrückgit 
welcher  sie  sonach  in  der  Conferenz  vorträgt.  Wenn  in  der  wOchentlichi 
Conferenz  per  majora  nicht  entschieden  worden  kann,  so  geruhen  E 
M^eetät  auf  der  Stelle  nach  Ihrer  weisen  und  richtigen  Ansicht  d 
Dinge  flnaliter  zu  entscheiden. 

Des  dirigirenden  Staats-  nnd  Conferenzministers  und  des  KanzU 
directors  Sache  ist  ee,  die  Controle  über  den  Fortgang  oder  die  Üemmui 
der  Geschäfte  zu  ffihren  und  Ew.  M^estät  wöchentlich  hierüber  Beric 
zu  erstatten,  damit  sogleich  Alles  vermieden  werde,  was  m  einer  neui 
Geschäftsstocknng  Anlass  geben  könnte. 

Das  Schreiben  der  Resolutionen  anf  die  Vorträge  hätte  mit  de 
mindesten  Zeitverluste  zu  geschehen. 


336 


Bnheniog  Bttiner  an  Kaiser  'Fvsxle^ 


Erlauben  Ew.  Migestftt,  dass  ich  vor  Allem  den  unterthänigsten 
Dank  ffir  die  neue  Organisirung  des  Staatsrathes  abstatte,  welche  ich  ffir 
den  ersten  Schritt  zur  schnellen  Begenerirung  unserer  Monarchie,  zur 
Yenninderung  der  sa  sehr  angewachsenen  Geschäfte  und  zur  Ermunterung 
und  Anspomung  aller  Stellen  zu  einer  so  nöthigen  Th&tigkeit  und  Schnel- 
ligkeit ansehe. 

Die  allgemeine  Stimme  bei  Bekanntmachung  derselben,  das  Steigen 
des  Curses,  Alles  zeigt,  wie  sehr  Alles  damit  zufrieden  ist  und  wie  viel 
man  sich  davon  verspricht. 

um  nun  diesen  Zweck,  den  Ew.  Migestät  so  rührend  und  landes- 
vaterlich  in  den  an  den  Grafen  von  Zinzendorf  erlassenen  zwei  Hand- 
schreiben zu  erkennen  gegeben  haben,  ganz  zu  erreichen,  scheint  mir 
noch  hie  und  da  etwas  nicht  ganz  vollendet  zu  sein.  Erlauben  daher 
Ew.  Majestät,  dass  ich  meine  Meinung  darüber  mit  jener  ehrfurchtsvollen 
Freiheit  sage,  die  jedes  gutdenkenden  Staatsdieners  Pflicht  ist,  worin 
ich  mich  so  kui'z  als  möglich  fassen  werde.  Nach  den  zwei  Handbilleten, 
die  Ew.  Miyestät  an  den  Gi*afen  Zinzendorf  erlassen  haben,  ist  gar  keine 
Bede  von  der  vorgeschlagenen  Verminderung  der  Staatsräthe,  es  wird 
darin  blos  Schittlersberg,  Bedekovich  und  Batschky  angewiesen,  die 
Bückstände  zu  bearbeiten,  Baldacci  hingegen  bleibt  ganz  in  eben  dem 
Verhältnisse  wie  bisher,  und  Pfleger  soll  ein  Hofrath  von  der  obersten 
Justizstelle  beigegeben  werden.  Von  den  Uebrigen  ist  keine  Bede  darin. 
Ich  halte  es  für  anumgänglich  nothwendig,  so  wie  ich  es  nach  reifer 
üeberlegung  schon  in  meinem  vormaligen  Vorschlage  anführte,  einen 
bestimmten  Befehl  über  alles  dieses  zu  erlassen,  damit  jedermann,  von 
seiner  künftigen  Bestimmung  unterrichtet,  sogleich  an  dieselbe  abgehe; 
wie  leicht  könnten  nidit  die  noch  wenigen  Büokstände  entweder  von  den 
rückbleibenden  Staatsräthen  übernommen  oder  wenn  das  unthunlich  wäre, 
den  zwei  zur  Aushilfe  bleibenden  Staatsräthen  Ghorinsky  und  Batsdiky 
zur  Bearbeitung  überlassen  werden,  die  gewiss  in  kurzer  Zeit  bei  ihrem 
bekannten  Fleisse  dieselben  aufarbeiten  werden.  Die  Bearbeitung  der 
Bfickstände  wird  gewiss  besser  als  von  den  abtretenden  Staatsräthen 
geschehen,  da  diese  unmöglich  mit  Vergnügen  sidi  dieser  Arbeit  nnter- 


^  Zu  diesem  nndatirten,  ganz  von  Bainers  Hand  entworfenen  Concepte 
lieg^  noch  eine  von  anderer  Hand  verfertigte  Abschrift  Tor,  aus  welcher 
rieh  ergabt,  dass  dies  Docnment  mit  dem  Datum:  ,Schönbrann,  14.  Juni 
1808*  SU  Tersehen  ist 


336 


ziehen  können  nnd  bei  der  üngewissheit  ihrer  Lage  noch  können.  Ich 
mnss  daher  Ew.  Majestät  in  Hinsicht  der  ans  dieser  VerfQgnng  ent- 
springenden Nachtheile  dringend  um  die  Bestimmnng  derjenigen  Staats- 
i*äthe,  sowohl  die  abgehen  sollen,  aach  um  allsogleiche  Anstellung  der- 
selben bitten,  wobei  mir  nichts  erübrigt,  als  auf  meinem  früheren  Yor- 
schlage  zu  beharren  und  erstens  den  Staatsrath  Lorenz  zu  jubih'ren, 
zweitens  den  Staatsi*ath  Schittlersberg  zum  Präsidenten  des  Genenü- 
Bechnungsdirectoriums  mit  gegenwärtigem  Titel  und  Gehalt  zu  ernennen, 
indem  ich  sicher  glaube,  dass  dadurch  dem  General-Bechnungsdirectoriom 
ein  besserer  Geist  eingeflösst  wird. 

Was  Ew.  Migestät  mit  Bedekovich  verfügen  wollen,  weiss  ich  nicht, 
ich  kann  mich  aber  nicht  enthalten,  ehrfurchtsvoll  zu  bemerken,  dass  ich 
ihn  wegen  seiner  Unparteilichkeit  und  Gründlichkeit  in  Bearbeitung  der 
staatsräthlichen  Stücke  schätze,  und  dass  es  für  diesen  Mann,  der  sich 
nichts  zu  Schulden  kommen  Hess,  sehr  traurig  wäre,  jubilirt  und  dadurch 
in  seiner  Ehre  gebrandmaikt  zu  werden.  Da  Pfleger  die  meisten  Bück- 
stände hat,  so  halte  ich  die  zeitliche  Beigebung  eines  Hofraihes  von  der 
obersten  Justizstelle  für  sehr  erspriesslich. 

Was  nun  Baldacci  betrifft,  der  in  seinem  bisherigen  Verhältnisse 
bleiben  soll,  so  unterfange  ich  mich,  [mich]  blos  auf  die  äusserst  gemil- 
derte Charakteristik  desselben,  die  ich  in  meiner  Ausarbeitung  lieferte,  zu 
berufen,  wo  ich,  wie  ich  glaube,  vollkommen  bewiesen  habe,  dass  er  auf 
diesem  Platze  gar  nicht  taugt.  Er  ist  um  desto  schädlicher,  weil  er  beim 
Publicum  einen  sehr  schlechten  Credit  besitzt,  welches  an  seiner  Stelle 
wesentlich  ist,  indem  man  alle  Missgriffe  auf  ihn  wälzen  wird.  In  dem 
äussei*sten  Falle  aber,  da  er  immer  ausser  dem  Staatsrathe  arbeitet,  wäre 
er  auch  zu  keiner  Conferenz  beizuziehen,  indem  er  da  nichts  nützen  kann, 
sondern  im  Gegentheile  hinterher  die  zweckmässigsten  Verfügungen 
hintertreiben  kann.  Wenn  er  übrigens  in  seiner  nunmehrigen  Stelle 
bliebe,  so  wäre  der  schöne  Zweck,  das  Einverständniss  und  die  Beschleu- 
nigung aller  Geschäfte,  welche  Allem  hervor-(sic)leuchtet,  ganz  vernichtet, 
indem  er  hinterher  Ew.  Majestät  bewegen  kann,  Stücke  zurückzubehalten 
oder  Handbillete  zu  erlassen,  die  diesen  Verfügungen  ganz  entgegen 
sind  und  dadurch  blos  neuerdings  Stockung  und  Zögernng  veranlassen. 
Ich  glaube  daher,  dass  Ew.  Majestät  denselben  sogleich  an  seine  neue 
Bestimmung  als  Vicepräsident  bei  der  Bancaldirection  weisen  und  die 
übrigen  bei  dem  Vicepräsidium  der  Kammer  dadurch  entstehenden,  in 
meinem  Vorschlag  auseinandergesetzten  Veränderungen  sogleich  anzu- 
ordnen geruhen.  Seine  ausserstaatsräthlichen  Geschäfte  könnten,  so  viel 
sie  mir  bekannt  sind,  an  den  Staatsrath  gewiesen,  die  geheimen  entweder 


387 

durch  die  Minister  selbst  oder  durch  Szyetics^  im  Gabinet  bearbeitet 
werden,  wodurch  AUes  an  Schnelligiceit  gewinnen  und  der  fible  Eindruck 
gehoben  wird. 

Was  nun  die  Minister  betrifft,  geruhten  sich  Ew.  Majest&t  Aber  die 
Jnbilirung  des  Kolowrat  und  Oreirung  des  Zincendorf ,  wovon  ich  mir 
den  glQcklichsten  Erfolg  verspreche,  wegen  der  Kenntnisse,  dem  Eifer 
und  der  Bechtschaffenheit  Zinzendorf 's,  ausgenommen,  nicht  zu  äussern. 
Hier  finde  ich  folgende  wichtige  Bemerkungen  zu  machen. 

Da  eben  itzt  in  jeder  Bücksicht  die  Begeneration  der  Finanzen 
zugleich  zweckmässig  vorgenommen  werden  kann,  so  wäre  es  von  der 
grössten  Wichtigkeit,  dass  Ew.  Majestät  den  Tausch  zwischen  Grafen 
Chotek  und  Ziehy,  von  dem  ich  schon  anderswo  Erwähnung  machte, 
genehmigten;  das  Handbillet  dazu  liegt  meinem  Vorschlage  bei.  Ich 
^ube,  dass  aber  nun  der  beste  2Mtpunkt  dazu  v<^handen  sei,  und  dass 
dadurch  der  Credit  aller  Operationen  um  ein  Namhaftes  steigen  würde; 
Ziöhj  erhält  dadurch  einen  Platz,  wo  er  nützen  kann,  statt  dass  er  nun 
nichts  als  schadet,  doch  davon  habe  ich  schon  in  meinem  Vorschlage 
geredet. 

So  hätte  ich  auch  die  Beiziehung  des  so  talentvollen  als  rechtschaf- 
fenen Graf  Botenhan  gewünscht,  da,  wenn  Graf  Chotek  wegkommt, 
keiner  mehr  da  ist,  der  im  Politischen  der  deutschen  Erblande  bewan- 
dert ist. 

Was  das  untere  Personal  beim  Staatsrathe  betrifft,  so  halte  ich 
es  für  viel  zweckmässiger,  wenn  dasselbe  unter  der  Leitung  des  Eanzlei- 
direetors  versammelt,  nach  der  Beihe,  ohne  einem  Bureau  zugetheilt  zu 
8^,  die  Auszüge  verfasst;  dadurch  wird  viel  Personal  erspart,  alle  Partei- 
lidikeit  vermindert  und  die  Geschäfte  beschleunigt. 

Dieses  sind  die  Bemerkungen,  die  ich  mir  zu  machen  erlaube;  ich 
halte  es  für  Gewissenspflicht,  auf  die  Erfüllung  dieser  Anträge  zu  dringen, 
denn  nur  alsdann  glaube  ich  für  den  guten  Erfolg  der  neuen  Organisation 
bürgen  zu  können. 


'  Jacob  T.  Szvetics,  geheimer  Cabinetssecretär. 


2.  Denkschrift. 

Ideen  Itber  einznfifarende  Befemieii  nnd  Verhessemngen 
in  der  Ssterrelehlaohen  Honarehle. 

December  1809. 


Ideon  Ober  elnEOfOhrende  Beform[en]  und  TeFbeuemngati  In 
der  Sstetrelohlaolien  Uonorohie.  —  Ofen,  im  Deoember  1800, 

Der  nun  sieb  nUernde  Friede  macht  es  nothwendi^r,  vorhineiu  anl 
die  Ergreifni^  eines  Systems  in  allen  Zweigen  der  Staateferwaltang  in 
denkea,  welches  den  nunmehrigeD  Umst&nden  der  Monarchie  and  den 
hilTsbedärft^en  Stande,  in  welchen  sie  dieser  lerheerende  Krieg  nnd  di< 
Abtretungen,  durch  welche  der  Friede  erkauft  wurde,  gesetzt  hat,  voll- 
kommen angemessen  ist.  Nur  durch  ein  solches,  durch  Vereinfschiui( 
der  Administration  in  allen  Zweigen,  durch  namhafte  Verminderung  dei 
Ausgaben,  durch  zweckmässige  Verfügungen  in  allen  Zweigen  der  Staats- 
verwaltung und  dnrch  Einheit  in  der  Leitung  kann  der  Staat  wieder  nacl 
dieser  gewaltigen  und'  ...  zu  Macht  und  Wohlstand  kommen. 

Wie  dieses  zu  bewerkstelligen  sei,  war  mein*  immerwahrendei 
Gedanke  seit  Ausbruch  des  Krieges,  da  leb  den  Frieden  als  die  elniigi 
Gelegenheit  betrachte,  wo  man  nach  einem  anglOcklicfa  gefDbrten  Kri^ 
mit  dem  Beifalle  aller  Unterthanen  gioBse  Staatsrefonnen  machen  kana 
jeder  andere  Aogeublick  ist,  wie  es  die  Erfahrung  leigt,  viel  wenigei 
dazu  geeignet.  In  jedem  anderen  Zeitpunkte  sind  wichtige  Bronnen  s^i 
schwer  und  nur  langsam  auszufflhren. 

Ich  werde  hier,  von  der  Nothwendigkeit  dieser  Haesregel  und  toi 
der  Wahrheit  dieser  Vordere&tte  durchdrangen,  olle  Zweige  der  Staats- 
verwaltung durchgehen  und  bei  jedem  im  Allgemeinen  skizziren,  wu 
nach  meiner  Meinung,  nach  der  wenigen  Kenntniss,  die  ich  mir  dsTOi 
erwerben  konnte,  für  Verbesserungen  aaznbringen  sind. 

Von  dem  Centmm,  nämUoh  von  dem  Btaatsratlie  und  dem 
Oablnete. 

Das  Erste  und  Wichtigst«  ist  die  Bildung  eines  Begiersugscen- 
trums,  in  welchem  alle  wichtigen  Staatsangel^oheiteu  aller  Fächer  vor- 

a  der  Abschrift. 


839 

getragen  werden,  welches  dann  dieselben,  mit  seiner  Meinung  begleitet, 
dem  Landesfarsten  ¥Oi*zulegen  hätte.  Dieses  soll  in  Zukunft  du:  Staats- 
rat h  sein. 

Schon  aus  dem  Worte  ,Staatsrath'  fliesst  der  Begriff  eines  Collegiums, 
welches  in  der  immerwährenden  üebersicht  aller  Zweige  der  Staatsver- 
waltung dem  Monarchen  in  Staatsangelegenheiten  mit  Bath  an  die 
Hand  gehet. 

Dass  der  gegenwärtige  Staatsrath  den  Erwartungen  nicht  entspricht, 
ist  klar;  er  bildet  itzt  ein  Dikasterium,  welches  aus  politischen  und  Justiz- 
indiyiduen  besteht  und  seine  Meinung  nur  über  einen  Theil  der  politischen 
und  Justizgeschäfte  abgibt.  Aber  die  wichtigen  Staatsgeschäfte  des  In- 
landes, der  Finanzen,  des  Krieges,  die  Kenntniss  der  äusseren  Verhält- 
nisse sind  demselben  ganz  entzogen,  daher  es  seinem  Zwecke  nicht  ent- 
spricht und  gai*  keinen  Nutzen  bringt. 

Der  Staatsrath  soll  meiner  Meinung  nach  ein  Ck)llegium  der  geprüf- 
testen Männer  aus  allen  Fächern  sein,  auch  aus  dem  Militär-  und  aus- 
wärtigen Fache,  die  immer  in  der  Evidenz  des  Ganzen  sind  und  eben 
deswegen  äusserst  verschwiegen  und  geprüfte  Männer  sein  müssen.  Alle 
wichtigen  Staatsgeschäfte  aller  Art,  ohne  Ausnahme,  sollen  darin  vor- 
geti-agen  und  Ew.  Majestät  mit  der  Meinung  der  Glieder  vorgelegt  werden, 
nur  die  unbedeutenden  sind  nicht  so  nöthig  dabei  vorzukommen.  Bios 
dadurch  können  Einheit  und  Zusammenwirken  in  die  Staatsverwaltung 
gebracht  werden,  da  bei  diesem  aus  Männern  von  allen  Fächern  beste- 
henden Collegio  bei  jeder  wichtigen  Massregel  alle  Bücksichten  reiflich 
erwogen  werden  können  und  keine  Einseitigkeit,  die  unserem  Staate 
schon  so  viel  Schaden  brachte,  platzgreifen  kann.  Aber  nichts  darf 
demselben  entzogen  werden,  indem  sonst  gleich  die  üebersicht  des  Ganzen 
verloren  und  der  Zweck  seiner  Einrichtung  verfehlt  ist. 

Nebst  einem  Staatsrathe  zu  jedem  Fache  hätten  die  Präsidenten  der 
Hofstelle  auf  jedesmalige  Berufung  ihren  Sitz  in  demselben,  sowie,  wenn 
es  deren  gibt,  einige  ausgezeichnete,  durch  ihre  lange  Erfahrung  und 
grossen  Talente  ehrwürdige  alte  Staatsmänner  als  Minister  Mitglieder 
desselben  wären. 

So  glaube  ich,  ist  die  neue  Organisation  des  Staatsrathes  in  ihren 
Haaptzügen  skizzirt,  blos  auf  diese  Art  ist  seine  Existenz  nützlich  und 
setzt  den  Monarchen  in  den  Stand,  auch  grosse  Beformen  mit  Kraft  und 
Einheit  in  allen  Zweigen  auszuführen;  blos  auf  diese  Art  ist  der  Staats- 
rath von  ausgebreitetem  Nutzen  und  eine  Erleichterung  des  Monarchen. 

Schon  im  Frühjahre  1808  legte  ich  Seiner  Majestät  dem  Kaiser  in 
dieser  Hinsicht  eine  detaillirte  Ausarbeitung  über  diese  neue  Organi- 


340 

sirang  nach  den  hier  oben  angefahrten  Hanptzügen  sammt  i^en  Details 
der  Aasführung  vor.^  Seine  Majestät  gemhten  zwar  Einiges  dayon  ni 
genehmigen,  aber  eben  weil  nicht  Alles  begnehmiget  wurde,  eben  weil 
das  Wichtigste,  n&mlich  die  Vereinigung  aller  Zweige  der  Begienmg  in 
einer  Zeit  nicht  geschah,  und  im  Gegentheile  noch  späterhin  dem  Staats- 
rathe  die  Greditsgegenstände  entzogen  wurden,  blieb  es  dennoch  beim 
Alten,  und  der  wichtige  Zweck  der  Aenderung  ward  dadurch  nicht  erreicht. 

Das  Gabinet,  welches  blos  die  Befehle  Seiner  Majestät  schreibt, 
wäre  mit  dem  ünterpersonale  des  Staatsrathes  ganz  zu  vereinigen,  wotod 
immer  einer  zum  Empfang  von  Seiner  Majestät  Befehl  bereit  sein  müsste, 
wodurch  auch  dieses  ungemein  vereinfacht  wird. 

Zu  den  geheimen  Gegenständen  wären  ein  oder  zwei  Gabinets- 
secretäre  nebst  zwei  Officialen  hinlänglich,  welche  dieselben,  wie  es  bisher 
gewöhnlich,  zu  besorgen  hätten. 

Hier  muss  ich  noch  bemerken,  dass  keine  Verbesserung,  keine 
gi'osse  Reform  ohne  die  Bildung  eines  so  organisirten  Gentrums  mit  der 
nöthigen  Einheit  in  allen  Zweigen  nützlich  ist  und  dieses  daher  allen 
anderen  Massregeln  vorgehen  muss. 

Nun  schreite  ich  zur  Auseinandersetzung  der  einzelnen  Geschäfts- 
zweige und  der  insbesondere  dabei  vorzunehmenden  nöthigen  Beform. 

/.  Departement  der  auswärtigen  Angelegenheiten. 

Dessen  Arbeiten  und  Verfassung  ist  mir  zu  wenig  bekannt,  als 
dafis  ich  Vorschläge  darüber  auch  nur  berühren  könnte.  Nur  zwei  Punkte 
sind  es,  die  mir  dabei  auffallen  und  die  gewiss  Behemgung  verdienen; 
diese  sind:  1.  Das  Monopol,  welches  mit  diesem  Geschäfte  getrieben  wird. 

Bisher  war  immer  nur  Einer,  Einer  leitet  Alles;  nach  seinen  Ideen, 
sie  mögen  wahr  oder  falsch  sein,  ging  Alles;  er  trägt  Alles  dem  Monarehen 
auf  seine  Art  vor,  und  so  kam  es,  dass  diese  Geschäfte  einseitig  behan- 
delt werden.  So  lange  als  das  Genie  des  Eaunitz  '  diese  Stelle  bekleidete, 
ging  es  noch,  aber  seither,  unter  Spielmann,'  Thugut,*  Gobenzl,*  Stadion,* 
sieht  man  leider  aus  den  Folgen,  wie  einseitig  alle  Geschäfte  behandelt 


^  Es  ist  dies  die  vorangehende  Denkschrift 

*  Fürst  Kaunitz-Rietberg. 

'  Freiherr  v.  Spielmann,  Staatsminister. 

^  Freiherr  v.  Thugut,  Staatsminister. 

^  Graf  Ludwig  Gobenzl,  Staatsminister. 

'  Philipp  Graf  Stadion,  Staatsminister. 


341 

worden  sind.  Diesem  (Jebel  würde  dadarch  leicht  abgeholfen,  wenn  ihm 
ein  Adjunct,  anch  Minister,  an  die  Seite  gegeben  würde,  der  anch  über 
alle,  auch  die  wichtigsten  Gegenstände  seine  Meinung  abzugeben  und 
bei  Conferenzen  auch  über  jene  (Gegenstände,  welche  ihres  Geheimnisses 
w^^n  und  weil  sie  keinen  Zusammenhang  mit  den  übrigen  Zweigen  der 
Staatsverwaltung  haben,  nicht  im  Centro  vorzukommen^  geeignet  sind, 
mit  dem  Minister  zu  erscheinen  hätte;  dadurch  wäre,  ohne  dass  das  Ge- 
heimniss,  welches  diese  Gegenstände  billig  umhüllt,  mehr  geföhrdet  würde, 
dem  Monopol  Schranken  gesetzt  und  über  diese  Gegenstände  durch  die 
beiderseitigen  Meinungen  mehr  Licht  verbreitet.  2.  Die  zu  wenigen 
Kenntnisse  von  dem  Zustande  der  Monarchie. 

Dieser  Punkt  verdient  ebenso  sehr  und  vielleicht  noch  mehr  Bück- 
sicht; dadurch,  dass  die  Minister  der  auswärtigen  Geschäfte  den  Zustand 
des  Staates  in  allen  Zweigen,  seine  Kräfte  und  Hilfsmittel,  seine  ver- 
schiedenen Verfassungen  zu  wenig  kannten,  geschahen  viele  Missgriffe 
in  den  letzten  Jahren.  Zwei  Fälle  kennen  hier  eintreten,  die  dem  Staate 
gleich  schädlich  werden  können.  Entweder  hält  der  Minister  aus  ünkunde 
die  Kräfte  des  Staates  und  seine  Mittel  für  grösser,  als  sie  es  wirklich 
sind,  alle  Anstrengungen,  aus  Unkunde  der  Lage  und  der  Verfassung 
der  ProvinzoA,  für  möglich  und  führt  eine  Sprache,  die  dem  Stande  der 
Monarchie  nicht  angemessen  ist,  oder  räth  zu  einem  Kriege,  welcher 
dann,  da  die  Wirklichkeit  mit  seinen  sanguinischen  Ideen  nicht  überein- 
stimmt, zum  Unglücke,  auch  zum  Buin  des  Staates  führt  ;^  oder  er  hält 
den  Staat  für  schwächer,  als  er  ist,  und  lässt  sich  daher  Dinge  gefallen, 
die  sich  mit  der  Würde  des  Staates  nicht  vertragen;  das  Letztere,  wie  es 
uns  die  Erfahrung  so  viele  Jahre  zeigt,  geschieht  selten;  das  Erstere  aber 
leider  desto  öfters,  und  ich  kann  es  auch  mit  inniger  Ueberzeugung  sagen, 
dass  blos  die  Unkunde  des  Standes  der  Monarchie  Schuld  an  unseren  seit 
zwölf  Jahren  immer  wachsenden  Unfällen  ist. 

Der  Minister  der  auswärtigen  Angelegenheiten,  sowie  dessen  Ad- 
jonct  sollen  daher,  wie  es  unter  Kaunitz  war,  von  allem  demjenigen,  was 
auf  den  Stand  und  die  Verfassungen  der  Kräfte  und  die  Lage  der  Mon- 
archie Bezug  hat,  genau  informirt  werden;  sie  sollen  alle  neuen  wich- 
tigen Verfügungen  in  allen  Zweigen  der  Staatsverwaltung  zur  Einsicht 
erhalten;  sie  sollen  bei  allen  (Konferenzen  und  Debatten  des  Centrums 
über  wichtige  Aenderungen  gegenwärtig  sein,  damit  sie,  von  Allem  genau 
unterrichtet,  ihre  Sprache  und  diplomatischen  Vorschläge  nach  der  wahren 


^  In  der  Abschrift  steht:  Toigekommen. 
*  In  der  Abschrift  heisst  es;  herbey  ftlhrt 


342 

Lage  der  Monarchie  einrichten  nnd  dadurch  am  Wesentlichsten  zn  einer 
standhaften  Wohlfahrt  derselben  beitragen  können. 

Ebenso  sollen  durch  den  Staatsrath  dieses  Departements,  in  den 
Conferenzen  des  Centrums,  alle  jene  Gegenstände  oder  wichtige  Verfü- 
gungen, die  auf  die  Monarchie  grossen  Einfluss  haben,  oder  jene,  die  mit 
den  übrigen  Zweigen  in  Berührung  kommen,  vorgetragen  nnd  debattirt 
werden,  wodurch  die  Einheit  in  der  Staatsverwaltung,  das  Wichtigste 
einer  guten  Regierung,  wesentlich  befördert  wird  und  die  Beisitzer  in 
der  Eenntniss  des  Ganzen  erhalten  werden,  indem  es  ebenso  wichtig  ist, 
dass  dieselben  von  den  diplomatischen  Verhältnissen  unterrichtet  werden. 

//.  Militär  in  allen  Zweigen, 

Auch  dieser  wichtige  Zweig  der  Staatsverwaltung  ist  mir  wenig 
bekannt,  jedoch  auch  über  diesen  werde  ich  meine  wenigen  Ideen  zu 
Papiere  bringen,  so  wie  sie  mir  die  Erfahru];ig  an  Hand  gibt. 

Es  ist  einleuchtend,  dass,  sobald  der  Friede  gemacht  ist,  grosse 
Reformen  in  diesem  Zweige  von  der  ersten  Nothwendigkeit  sind,  wovon 
die  erste  die  ausgiebige  Reduction  der  Armee  ist. 

Zwei  Umstände  machen  diese  Massregel  unumgänglich  nöthig. 

1.  Der  Stand  der  Finanzen,  welcher  durch  diesen  Krieg  so  ver- 
schlimmert wurde,  dass  er  die  Erhaltung  einer  grossen  Armee  ganz 
unmöglich  macht. 

2.  Der  grosse  Mangel  an  Pferden  und  an  arbeitenden  Händen, 
welcher  durch  den  fast  20  Jahre  ununterbrochen  dauernden  Eriegsstand 
in  der  ganzen  Monarchie  im  höchsten  Grade  fühlbar  ist  nnd  welchem  nnr 
durch  Entlassung  des  grössten  Theiles  der  Armee  abgeholfen  werden 
kann,  denn  wenn  demselben  nicht  abgeholfen  wird,  so  kann  der  Staat 
nicht  so  bald  zu  seinem  schon  gehabten  Wohlstande  kommen  nnd  lange 
nicht  eine  angemessene  Zahl  Arbeiter  nnd  Landesvertheidiger  erhalten. 

Da  nun  die  Nothwendigkeit  der  Reduction  der  Armee  nnumstösslich 
dargethan  ist,  so  folgt  die  zweite  Frage:  wie  weit  soll  sich  diese  Reduction 
erstrecken  und  wie  ist  die  kleine  zurückbleibende  Kriegsmacht  zweck- 
mässig zu  organisiren?  Zwei  Fragen,  der[en]  Auflösung  sehr  wichtig  für 
den  Staat  ist. 

Die  gegenwärtige  Lage  der  Monarchie,  der  Stand  der  Ohnmacht, 
in  welchen  sie  für  diesen  Augenblick  durch  das  barbarische  Benehmen 
des  Feindes  gesetzt  worden  ist,  erleichtert  die  Entscheidung  der  Ersteren. 
Wir  haben  nach  hergestelltem  Frieden  keinen  Feind  zu  fürchten  ausser 
Franki'eich,  welch  letzterem  wir  ohnehin  nicht  gewachsen  sind.     Wir 


343 

können  m  den  Angelegenheiten  Europas,  fflr  diesen  Augenblick  in  unserer 
Lage  znr  Ohnmacht  herabgesunken,  keine  standhafte  Sprache  mehr  führen ; 
wenn  daher  das  Ministerium  der  auswärtigen  Angelegenheiten  sich  Frank- 
reich annähert  und  sich  an  dasselbe  anschliesst,  so  scheint  dei*  Augen- 
blick gekommen  zu  sein,  wo  wir  eines  langen  Friedens  gemessen  und  Yor 
Anfällen  unruhiger  Nachbarn  ruhig  sein  können. 

Aus  allen  diesen  Ursachen  und  um  den  Staat  schneller  in  den 
Stand  zu  setzen,  bei  sich  ergebender  Gelegenheit  eine  feste  Sprache  zu 
fßhren  und  die  seiner  GrOsse  angemessenen  Streitkräfte  aufzustellen, 
glaube  ich,  dass  bald  nach  hergestelltem  Fiieden  die  Armee  bis  auf  jene 
Anzahl  Krieger  herabgesetzt  werde,  welche  zu  einer  Sicherheit  unum- 
gänglich nöthig  ist,  dabei  aber  alle  Landwehr  und  Insurrection  fleissig  zu 
üben,  um  dennoch  einen  unvermutheten  Anfall  aufhalten  zu  können, 
mit  einem  Worte,  die  Armee  bis  auf  eine  Sicherheitswache  zu  reduciren. 
Ich  glaube,  dass  die  zurückbleibende  Aimee,  wenn  sie  aus  50.000  Mann 
aller  Waffen  zusammengenommen  besteht,  hinlänglich  ist. 

Die  zweite  Frage  können  nur  erfahrene  Militärpersonen  gründlich 
beantworten,  ich  will  aber  deswegen  nur  einige  Ideen,  die  ich  darüber 
mir  sammelte,  hier  anführen  und  sie  weiter[er]  Prüfung  anheimstellen. 

Die  Beduction  der  Aimee  muss  vorzüglich  jene  Branchen  treffen, 
die  leicht  wieder  zu  ersetzen  sind,  als  zuerst  daher  die  Infanterie,  Gemeine 
sowohl  als  Ofüciers,  dann  diejenigen,  die  mehi*  Abrichtung  benöthigen, 
als  die  Cavallerie;  endlich  aber  und  am  letzten,  die  wissenschaftlichen 
Corps,  als:  Artillerie,  Sappeurs,  Mineurs,  Pontonieurs,  das  Ingenieur-  und 
Generalstabscorps.  Am  meisten  könnte  aber  die  Beduction  das  Fuhr- 
nnd  Verpflegswesen,  sowie  das  schreibende  Militärpersonal  treffen. 

Nach  folgenden  Grundlinien  wäre  die  Beduction  fürzunehmen: 
Es  wird  nämlich  als  zurückbleibend  angenommen: 

26.000  Mann  Infanterie 
16.000      „     Cavallerie 

9.000      „     Artillerie 

3.000      „     kleine  Extracorps  und  Officiers 

Summa:  54.000  Mann. 

Das  üebrige  alles  wird  reducirt. 

Die  Infanterie  wird  auf  26  Begimenter,  jedes  zu  1000  Mann  und 
nebst  einem  angemessenen  Stab,  dem  Officiersoorps,  und  die  Chargen  auf 
2  Bataillons  gesetzt,  das  Uebrige  reducirt. 

Die  Cavallerie  auf  82  Begimenter,  jedes  ä  500  Mann,  mit  den 
OfÜciers  und  Chargen  auf  2  Divisionen  bestimmt. 


\ 


844 

Die  Artillerie  auf  4  Begimenter  zu  2000  Mann  mit  dem  ganien 
Of&ciersstande,  1000  Mann  Bombardiere  gesetzt,  das  Uebrige  redncirt. 

Die  fibrigen  Corps  auf  die  Snmme  von  3000  Mann  nacb  einem 
gehörigen  Verhftltniss  gesetzt  und  die  Pioniers  ganz,  wie  gewöhnlich, 
entlassen. 

Die  Generalität,  der  Generalstab  und  das  Geniecorps  werden  nach 
dem  Verhältnisse,  dem  Bedarf  ffir  eine  Armee  von  100.000  Mann  bei- 
behalten. 

Die  übrig  bleibenden  Gemeinen  (eine  Anzahl  von  250.000  Mann)^ 
werden  mit  den  gehörigen  Vorsichten  in  ihr  Vaterland  nach  Hause  ent- 
lassen. Jene,  die  bleiben  wollen,  dann  die  Geschickten  und  Vertrauten 
bis  auf  die  oben  angegebene  Summe,  werden  zurflckbehalten,  sowie  die 
Besten  der  Chargen. 

Was  die  Officiers,  sowie  die  Generale  betrifft,  so  wird  jedem,  der 
darum  einkommt,  seine  Entlassung  ohneweiters  bewilligt.  Alle  diejenigen, 
welche  sich  in  dem  Kriege  schlecht  betragen  haben,  werden  nach  gepflo- 
gener Untersuchung  auch  ohne  Pension  entlassen  und  gestraft.  Aus  den 
üebrigen  wei'den  die  Besten  und  Geschicktesten  ausgewählt  und  bis  auf 
die  oben  angeführte  Concurrenz  bei  der  Armee  behalten. 

Aus  den  zahlreich  übrigbleibenden  Stabs-  und  Oberofficiers  werden 
die  rüstigsten  sowohl  bei  der  Landwehr  als  bei  der  InsuiTection  nach 
Bedarf  angestellt,  alle  Üebrigen  massig  pensionirt  und  bei  Erledigung 
kleiner  Civilstellen  vorzüglich  untergebracht,  wozu  es  unendlich  viele 
Gelegenheit  gibt.   Dieses  betrifft  die  Linientruppen. 

Bei  der  Artillerie,  dem  Generalstabe  und  den  anderen  Corps  wird 
auf  ähnliche  Art  verfahren,  nur  das  Geniecorps  muss  etwas  stärker 
bleiben,  da  es  zum  Festungsbau  dringend  nöthig  ist. 

Auf  diese  Art  ist  die  Beduction  der  Armee  ausgiebig,  einfach  nnd 
leicht  ausführbar  und  dabei  auch  der  wahre  Zweck  der  Beduction  erreicht, 
nämlich  der  Bevölkerung  und  den  Finanzen  aufzuhelfen  und  zugleich 
einen,  wenn  zwar  schwachen  Kern  zurückzubehalten,  aus  welchem  man, 
sobald  es  die  Finanzen  und  die  Lage  des  Staates  erlauben,  wieder  eine 
respectable  Armee  bilden  kann,  indem  man  die  Ungeübten  nnd  Becruten 
unter  die  alten  Truppen  eintheilt.  Ist  dieses  vollbradit,  dann  muss  die 
Sorge  der  Staatsverwaltung  sein,  diesen  Kern  und  selbst  den  Nachwuchs 
zu  üben  und  zu  seinem  Zwecke  zu  bilden,  damit  man  einen  tüchtigen 
Soldaten  und  ein  gebildetes  Officierscorps  habe. 


>  £f  steht:  2,860.000. 


345 

Das  WicktigBte  ist  die  Bildung  Ahiger  Officiere  des  Oeneralstsbes, 
an  welchen  es  bei  uns,  ohngeachtet  so  vieler  blutigen  Erfahrongen,  in 
diesem  Faehe  doch  noch  immer  mangelt,  und  welche  man  auf  einem 
loBneFst  einfachen  und  nichts  kostenden  Wege  herstellen  könnte,  n&m- 
lich  mittelst  der  Ingenieur -Akademie  in  Wien. 

Diese  Tortreffliche  Anstalt  gibt  den  Jünglingen,  die  darin  gebildet 
werden,  den  Unterricht,  der  für  einen  gebildeten  Of&der  im  Allgemeinen 
liothwendig  ist;  ist  der  Gurs  vollendet,  dann  treten  die  jungen  Leute  als 
Cadetten  oder  Officiers  in  den  Begimentem  ein.  Nur  die  Ingenieurs 
müssen  noch  als  Corpscadetten  jenen  Lehrcurs,  der  blos  fflr  den  Inge- 
nienr-Officier  gehört,  hören,  worauf  sie  in  das  Corps  treten.  Man  errichte 
daher  bei  demselben  eine  eigene  Section  ftlr  Generalstabscadetten,  welche 
nadi  geendigtem  allgemeinen  Curs  als  solche  die  fftr  dieses  Fach  nöthigen 
Wissensdiaften  theils  wiederholen,  theils  noch  neu  lernen,  mit  den  nöthi- 
gen Professoren.  D^  Director  der  Akademie  wählt  nach  Beendigung  des 
allgemeinen  Lehrcurses  aus  den  zahlreichen  jungen  Leuten  die  fiUiigsten, 
und  zwar  so  viel  aus,  als  für  den  Nachwuchs  des  Ingenieurcorps  sowohl 
als  des  G^neralstabes  nöüiig  sind.  Diese  treten  dann  nach  ihren  Anlagen 
oder  Neigung  entweder  als  Ingenieurscadetten  in  die  dazu  gehörige  Sec- 
tion oder  als  Generalstabscadetten  in  die  zweite  neu  errichtete  ein,  von 
wo  sie  dann  zu  den  betreffenden  Corps  als  Officiers  kommen.  Durch  dieses 
einüache  Mittel  ist  für  die  Bildung  des  dazu  gehörigen  Nadiwuchses  zweck- 
massig gesorgt;  dass  durch  diese  Meüiode  gute  Subjecte  zweckmässig  zu 
ihrem  wichtigen  Berufe  werden  gebildet  werden,  zeigt  das  ebenso  gebil- 
dete Ingenienrcorps,  welches  vor  allen  anderen  Branchen  sich  so  sehr 
MMeiehnet. 

Die  Bildung  der  Artilleristen  ist  durch  die  Schulen  bei  den  Begi- 
meptem  zweckmässig  eingerichtet. 

Fftr  die  Bildung  der  Officiers  besteht  die  Akademie  in  Neustadt, 
nun  [kommt]  das  Ludoriceum  und  die  neuen  Erziehungshäuser,  wodurch 
dem  Zweck  entsprochen  wird,  welchen  allen  aber  baldiges  Dasein  zu 
wflnschen  ist.  Auch  wäre  durch  die  Stabsc^ders  die  Bildung  der  Sub- 
altemofficiers  wfliMchenswerth  und  leicht  thunlich. 

Die  Hauptleute  hätten  wieder,  sowie  auch  die  übrigen  Officiers, 
Schulen  für  die  Gemeinen  zu  halten  und  sie  unyerdrossen  in  allem  Nö- 
thigen zu  belehren,  damit  sie,  wenn  einst  die  Armee  wieder  verstärkt 
werden  sollte,  als  Chargen  gute  Dienste  leisten  können. 

Ueberfaaupt  wäre  den  Generalen  zur  Hauptpflicht  zu  machen,  auf 
die  Bildung  der  Officiers  sowohl  als  der  Mannschaft  sorgfältig  zu  wachen 
nnd  alle  Mittel  dazu  anzuwenden,  indem  die  kleine  zurückbleibende  Armee 

Arckiv.  LXXVIU.  Bd.  U.  Il41fto.  23 


346 

als  ein  Kern  sn  betrachten  ist,  der  daher  auf  alle  mögliche  Art  zn  seinem 
Zwecke  gebildet  werden  muss. 

Durch  alle  diese  Yerffigungen  wfirde  zwar  die  Armee  ungemein 
vermindert,  aber  im  innerlichen  Gehalte  wesentlich  yerbessert  werden 
und  einen  Fuss  bilden,  um  sie,  wenn  einst  die  Lage  der  Monarchie  es 
erlaubte,  in  eben  dem  Geiste  vermehren  und  ein  in  jeder  Hinsicht  taug- 
liches Heer  bilden  zu  können.  Aber  auch  physisch  muss  die  Mannschaft 
und  selbst  die  Officiere  gebildet  werden;  die  erste  muss  geflbt,  abgehärtet 
werden,  und  ein  Theil  der  Kosten,  die  der  Staat  auf  sie  verwendet,  würd« 
durch  sie  selbst  hereingebracht  werden.  Um  diesen  Zweck. zu  erreichen, 
ist  die  Infanterie  theils  zu  beurlauben,  theils  zu  öffentlichen  Arbeiten, 
Canälen,  Strassen,  öffentlichen  Bauten  zu  verwenden,  welche  OfficierB 
vom  Ingenieurscorps  zu  leiten  hätten«  Die  Gavallerie  hätte  als  Gen* 
darmerie  oder  Maröchauss^e  zu  dienen,  um  in  allen  Gegenden  die  öffen<>- 
liche  Sicherheit  zu  erhalten,  die  Bäuber  auszurotten  und  allen  Excesten 
vorzubeugen.  Die  beträchtliche  Beduction  der  Armee,  welche  meistens 
der  öffentlichen  Sicherheit  gefährliche  Folgen  bringt,  macht  diese  Mass* 
regel  nothwendig.  Die  Artillerie  kann  in  Festungen,  wo  sie  zahlreicher 
ist,  auch  Garnisonsdienste  thun,  so  wie  die  Extracorps. 

Fangen  die  Finanzen  an  zu  Kräften  zu  kommen,  dass  sie  eifieu 
Ueberschuss  ausweisen,  dann,  aber  auch  nicht  eher,  ist  der  Augenblick, 
an  den  Bau  von  Festungen  zu  Beschfitzungen  der  Grenzen  zu  denken, 
um  nicht  so  schnell  um  die  Hälfte  der  Monarchie  gebracht  zu  werden, 
wie  es  bisher  immer  der  Fall  war,  wozu  denn  die  Infanterie  sehr  gut  in 
brauchen  ist.  Auch  ist  es  eine  Hauptsorge  der  Militärbehörden,  vereint 
mit  den  Civilbehörden  gleich  nach  hergestelltem  Frieden  fftr  schnelle 
Emporbringung  der  Pferdezucht,  um  sich  den  Bedarf  für  Gavallerie, 
Artillerie  und  Fuhrwesen  für  die  Zukunft  zu  decken,  auf  alle  Art  in 
wirken.  Die  Vertheilnng  der  Fuhrwesens-,  Artillerie-  und  Cavallerie- 
pferde  in  grosser  Zahl  wird  sehr  viel  dazu  beitragen,  welche  nun  ohnehin 
durch  die  bedeutende  Beduction  der  Gavallerie  und  des  Fuhrwesens  ent* 
behrlich  werden,  dann  die  neue  Dotirung  und  Vermehrung  der  Land^ 
beschälanstalten  in  allen  Ländern,  Aufinunterung  durch  Prämien  und 
uidere  Mittel  mehr. 

Es  muss  die  Hauptsorge  der  obersten  Militärbehörden  nach  voll- 
brachter  Beduction  und  Herstellung  der  Finanzen  sein,  mit  jenem  Ueber^ 
Schüsse,  welcher  ihnen  von  Seite  der  Finanzen  bestimmt  wird,  durch 
gute  Gebahrung  nach  und  nach  Yorräthe  aller  Art  zu  sammeln,  Festungen 
zu  bauen,  Anstalten  fClr  die  Zukunft  zu  gründen,  um,  wenn  einmal  der 
Augenblick  kommt,  wo  die  Umstände  und  die  Kräfte  des  Staates  die  Ver* 


347 

mehrung  der  Armee  wieder  zulassen,  alles  dazu  Ni^thige  beisammen  za 
haben.  Auf  diesen  Gimndsatz  hat  die  oberste  Militärbehörde  ihre  detail- 
lirten  Vorschläge  za  bauen,  aber  ohne  von  demselben  abzuweichen,  die- 
selben darnach  einzurichten. 

Was  nun  noch  die  Landwehr  und  die  Insurrection  betrifft,  so  wäre[n] 
sie  nun  gleich  nach  Hause  zu  entlassen,  damit  sie  ihre  Wirthschaft  zu 
besorgen  im  Stande  wäre[n]  und  aus  der  so  kostspieligen  Verpflegung 
kamen.  Dann  wäre[n]  sie  in  den  ohnehin  bestimmten  Zeiten  fleissig  zu 
äben  und  mit  einer  zureichenden  Anzahl  Offlciers  aus  jenen,  die  in  die 
Beduction  verfallen,  zu  versehen,  wodurch  sie  nach  und  nach  zu  einer 
gaten  Miliz  gebildet  wurden,  ohne  dem  Staate  viel  zu  kosten. 

Einer  wesentlichen  Beform  benöthigt  das  Verpflegswesen,  welches 
seinem  Endzwecke  so  schlecht  entspricht,  dem  Staate  grosse  Auslagen 
verursacht,  für  die  Provinzen  eine  grosse  Plage  ist,  ein  Heer  von  Be- 
amten erfordert,  die  ihr  Amt  bekanntermassen  sehr  einträglich  zu  machen 
wissen,  und  dem  Civil  und  Militär  so  viel  Stoff  zu  Beschwerden  geben. 

IIL  Politische  Staatsverwaltung  in  allen  Zweigen, 

Dieser  so  weitläufige  Zweig  der  Staatsverwaltung  hat  wohl  von 
allen  Zweigen  in  dem  Augenblicke  des  Friedens  die  meisten  Beformen  in 
seinen  verschiedenen  Unterabtheilungen  nöthig.  Schon  lange  zeigt  die 
Langsamkeit  des  Greschäftsganges,  die  wenige  Wirksamkeit  der  aus  dem 
Centro  gegebenen  Befehle,  die  Verzögerung  in  allen  Theilen,  die  Ver- 
wicklung des  Geschäftsganges,  das  Heer  von  Beamten,  dass  in  diesem 
Fache  wesentliche  Mängel  in  unserer  Monarchie  heiTschen,  deren  Abhilfe 
das  angelegentlichste  Augenmerk  der  Staatsverwaltung  nach  hergestelltem 
Frieden  sein  muss,  welches  aber  nun  desto  schwieriger  ist,  da,  um  ein 
zweckmässiges  System  zu  beginnen,  sehr  wesentliche  Beformen  in  allen 
Abtheilungen  geschehen  müssen. 

Die  Grundregeln  einer  guten  Staatsverwaltung  sind:  Einfachheit, 
Schnelligkeit,  Wirksamkeit  der  Befehle,  Einheit  in  allen  Zweigen,  immer- 
währende Uebersicht  des  Zustandes  des  Staates  und  noch  andere  mehr, 
die  wir  zum  Theil  bei  uns  im  hohen  Grade  aber  vermissen.  Ich  werde 
daher  hier  in  Kurzem  meine  Ideen  über  die  zu  diesem  Zwecke  zu  tref- 
fenden Massregeln  zu  Papiere  bringen  und  zuerst  von  jenen  reden, 
welche  nach  Herstellung  des  Friedens  auf  jeden  Fall  zu  baldiger  Wieder- 
herstellung des  Wohlstandes  der  Staaten  nöthig  sind;  dann  aber  auch 
von  den  wesentlichen  Staatsreformen  meine  Meinung  skizziren. 

Das  Erste  und  Dringendste,  was  sogleich  nach  Herstellung  des 

Friedens  geschehen  muss,  ist  ein  bedeutender  Steuernachlass  für  alle 

23* 


348 

jene  Provinzen,  die  der  Feind  in  seinen  H&nden  hatte,  gleichmässig  und 
ausgiebig,^  ohne  Schreiberei,  nnd  ohne  dass  man  den  leider  bisher  immer 
eingetroffenen  Pai-teilichkeiten  ausgesetzt  wäre.  Dadurch  wird  allei 
Classen  der  Staatsbürger  nach  deren  billigsten  VerhlUtnissen,  welche  die 
Staatsverwaltung  in  Händen  hat,  geholfen,  indem  denen  Bürgern,  Bauern, 
Adel,  Herrschaftsbesitzem,  Capitalisten,  kurz  allen  Classen,  die  alle  in 
gleichen  Verhältnissen  vom  Feinde  litten,  aufgeholfen  wird.  Bei  einer 
blossen  Geld-,  Vieh-,  Getreidevertheilung,  wie  sie  bisher  in  ähnlichen 
Fällen  gewöhnlich  war,  wird  nur  dem  Bauer,  nämlich  jener  Classe,  die 
sich  am  leichtesten  selbst  erholt,  aufgeholfen,  die  Anderen  erhalten  nichts, 
welches  sattsam  den  Vorzug  eines  allgemeinen  beträchtlichen  Steuemach- 
lasses  beweist.  Das  daraus  für  den  Staat  noch  entstehende  Deficit  haben 
die  vom  Feinde  befreiten  Provinzen,  oder  wenn  es  ganz  unthnnlich  wäre, 
die  Schwere  der  Bancozettel  zu  tragen. 

Die  Vertheilungen  von  Früchten,  Vieh  nnd  Pferden  sind  zwar 
auch  den  Parteilichkeiten  ausgesetzt,  aber  doch  bei  gänzlicher  Zugrunde- 
richtung der  Provinzen  nothwendig,  damit  sie  sich  bald  erholen.  Eine 
zweckmässige  Vertheilung  der  zahlreich  reducirt  werdenden  Cavallerie- 
und  Fuhrwesenspferde  und  zugleich  beförderte  Einfuhr  von  Vieh  und 
Getreide  aller  Art  durch  Prämien  und  Zollfreiheit  wird  diesem  Uebel 
dauernd  abhelfen.  Jener,  der  ganz  zu  Grunde  gerichtet  ist,  wird  sich 
durch  das  erste  Mittel  aufhelfen;  jener,  der  hingegen  noch  etwas  Ver- 
mögen hat,  wird  sich,  von  der  Steuerlast  zeitlich  befreit,  nach  und  nach 
selbst  den  Fundus  instructus  zur  Wirthschaft  viel  zweckmässiger  mit  dem 
dadurch  erspai-ten  Gelde  beschaffen,  als  er  ihn  immer  durch  Vertheilung 
erhalten  kann,  und  das  Gleichgewicht  stellt  sich  wieder  her. 

Eine  weitere,  nicht  minder  dringende  Sorge  der  Regierung  wird  es 
sein,  die  Menge  der  Beamten  zu  reduciren,  die  Verwaltung  des  Staates 
auf  einfache  Grundsätze  zurückzuführen  und  eine  Gleichförmigkeit  der- 
selben in  allen  Provinzen  einzuführen,  die  Land  wirthschaft  und  Vieh- 
zucht, sowie  die  Fabriken  emporzubiingen,  Talente  aufzumuntern  etc.  etc., 
welches  eben  Alles  zu  den  wichtigen  Staatsreformen  gehört,  auf  welche 
ich  nun  komme. 

Unsere  Monarchie,  dieses  Aggregat  verschiedener  Staaten  und 
Verfassungen,  kann  nie  zu  einem  dauernden  Wohlstand,  zu  einer  zweck- 
mässigen Begierung  und  zu  dem  ihr  vermöge  ihrer  Waffenzahl  nnd  ihres 
Flächeninhaltes  gebührenden  Ansehen  kommen,  bis  sie  nicht  aas  einem 
Staate,  aus  einer  Nation  besteht,  bis  nicht  die  verschiedenen  Theile  eine 


^  In  der  Abaohrift  steht:  wodurch  denselben  gleidimäfsige  und  ausgiebige. 


349 

Verfossung  erhalten,  bis  nicht  alle  die  Vereinigung  der  Nation  hem- 
menden Umstände  beseitigt  sind.  Es  mnss  daher  die  Hauptsorge  der 
Begiemng  sein,  vor  Allem  diesen  Hauptzweck  zu  erreichen,  welcher  sich 
nur  durch  Standhaftigkeit,  Festigkeit  und  Klugheit  erreichen  lässt. 

In  den  deutschen  Provinzen,  deren  Verfassung  in  vielen  Stücken 
ähnlich  ist  und  wo  Ordnung  herrscht,  ist  eine  zweckmässige  Gleich- 
stellung der  Verfassung  mit  Bficksicht  auf  Lage  und  selbst  auf  Gewohn- 
heiten und  Nationalcharakter  nicht  schwer,  desto  schwerer  hingegen  in 
dem  in  so  vielen  Punkten  von  den  übrigen  Körpern  verschiedenen  Un- 
garn und  Siebenbürgen;  langsam  und  mit  vieler  Klugheit  muss  dabei  zu 
Werke  gegangen  werden.  Aber  leichter  wäre  es  bei  einer  allgemeinen 
Beform,  bei  Aufführung  eines  ganz  neuen  Gebäudes,  Ungarn  den  übrigen 
Staaten  gleichzusetzen,  als  dasselbe  nun  nach  der  ihm  ohne  Grund  ver- 
hassten  deutschen  Verfassung  umzumodeln. 

Es  ist  eine  Frage,  ob  es  nicht  zweckmässig  wäre,  das  Modell  der 
neuen  Verfassung  nach  den  neuen  Grundsätzen,  jedoch  nach  der  Form 
Ungarns  zuerst  in  diesem  Lande  aufzustellen,  dieses  als  Hauptkörper  zu 
betrachten  und  dann  die  anderen  Provinzen  dai'nach  zu  modeln;  dadurch 
wird  sie  in  Ungarn  leicht  Eingang  finden,  sobald  das  verhasste  Ummodeln 
nach  den  deutschen  Provinzen  nicht  mehr  erwähnt  wird,  und  der  Ungar 
wird  dann  in  dem  Wahne  erhalten,  dass  die  Verfassung  allei-  Provinzen 
nach  seinem  ^  Lande  abgeändert  wird,  welches  ihn  für  Alles  empfanglich 
machen  wird  und  zugleich  den  edlen  Nationalcharakter  desselben  aufrecht- 
erhält, wodurch  endlich  der  Zweck,  den  sich  die  Staatsverwaltung  vor- 
setzt, doch  eiTeicht  wird. 

Durch  diese  wenigen  Bemerkungen  ist  die  Nothwendigkeit  einer 
Reform  in  den  Verfassungen,  eine  Zusammenschmelzung  aller  Provinzen 
des  Staates  dargethan.  Aber  die  Grundzüge  einer  zweckmässigen  Ver- 
fassung, welche  allen  Provinzen  angemessen  wäre,  zu  entwerfen,  erfordert 
Kenntnisse  aller  Länder  und  ihrer  Verfassungen  und  nicht  gemeine  Ta- 
lente, daher  ich  mich  nicht  darüber  wagen  darf;  nur  durch  eine  aus  den 
gelehi-testen,  sowie  aus  den  geschicktesten  Staatsmännern  der  Monaichie 
msammengesetzte  Commission,  welche  gleich  nach  dem  Frieden  zu  orga- 
nisiren  wäre  und  ihre  Arbeiten  anzufangen  hätte,  kann  nach  reifer 
Ueberlegung  ein  Entwurf  dieser  Art  zu  Stande  gebracht  werden. 

Diese  Commission  hätte  aus  gebildeten  und  kenntnissreichen  Staats- 
männern aller  Provinzen,  auch  aus  Ungarn  und  Siebenbürgen,  welche 
die  Länder  genau  kennen  und  in  Hinsicht  ihrer  vorurtheilsfreien  Denk- 


*  In  der  Abschrift:   ihrem. 


350 

ai-t,  Kenntnisse  und  Anhänglichkeit  rühmlich  bekannt  sind,  zu  bestehen; 
gründliche  Gelehrte  in  allen  F&chern  der  Staatswissenschaften  wären 
nebstdem  auch  beizuziehen.  Der  Präsident,  sowie  der  Yicepräsident 
wären  geprüfte  Männer  von  ausgebildetem  Rufe.  Alle  Hilfsmittel  aller 
Art  stünden  ihnen  zu  Gebote,  in  Allem,  was  sie  dazu  benöthigen,  wäre 
ihnen  volle  Vollmacht  zu  geben.  Es  wären  ihnen  keine  Vorschriften  oder 
Grundi'egeln  zu  geben,  an  welche  sie  sich  zu  halten  hätten,  sondern  Alles 
ihrem  eigenen  Ermessen  zu  überlassen,  nur  wäre  ihnen  aufzutragen, 
zuerst  eine  genaue  Untersuchung  und  Auseinandersetzung  der  yerschie- 
denen  Verfassungen  zu  unternehmen  und  auf  diese  gestützt  dann  ihre 
Arbeit,  jedoch  auch  mit  Benützung  der  Vei-fassungen  fremder  Staaten, 
anzufangen,  das  Zweckmässige  zu  behalten,  dem  ünzweckmässigen  etwas 
Besseres  zu  substituiren,  die  Lücken  auszufüllen  und  so  nach  und  nach 
die  ganze  Arbeit  zu  einem  vollkommenen  Werke  zu  machen,  welches  sie 
dann  dem  Landesfürsten  zur  Genehmigung  vorzutragen  hätten.  Auch 
wäre  ihnen  gestattet,  einzelne  Anordnungen  in  der  Zwischenzeit  vorzu- 
schlagen, welche  die  Provinzen  nach  und  nach  darauf  vorbereiten  und 
dem  neuen  Werke  leichter  Eingang  verschaffen. 

Das  Schwerste  bei  diesem  Gegenstande  ist  die  Wahl  der  Personen, 
die  diese  Commission  zu  bilden  haben,  da  sie  so  vielerlei  Eigenschaften 
haben  müssen  und  ganz  vorurtheilsfrei  sein  sollen.  Ich  bin  bereit,  auch 
hierüber  seinerzeit  einige  Vorschläge  zu  machen  und  nenne  hier  nur 
einige,  die  vorzüglich  hierzu  taugen  würden:  einen  Judex  curiae  von 
Uermönyi,^  Staatsminister  Grafen  Zinzendorf,*  Grafen  Chotek,^  Staatsrath 
Stahl,*  Hofrath  Schwitzen,^  Hauer,^  Hermann,^  Kielmannsegge,*  Sonnen- 
fels,® Pratobevera,*^  Petkovich,"  Almäsy,^*  Zeiller  **  und  mehrere  andere, 
selbst  in  höheren  Stellen;  sowie  von  Gelehrten  Professor  Schwartner,^* 


*  Josef  Freiherr  von  Uerm^nyi. 

*  Karl  Graf  von  Zinzendorf,  Staatsminister. 

'  Graf  Rudolf  Chotek  von  Chotkowa,  Staatsminister. 

*  Philipp  Ritter  von  Stahl. 

*  Sigmund  Freiherr  von  Schwitzen. 

*  Hofrath  Franz  von  Haner. 

*  Johann  Hermann,  Rechnungsrath. 

*  Hofrath  Josef  Freiherr  von  Kielmannsegge. 

*  Hofrath  Josef  von  Sonnenfels. 
*•  Hofrath  von  Pratobevera. 

**  Hofrath  Ludwig  von  Petkovich. 

"  Hofrath  Ignaz  AlmiLsy. 

"  Professor  Zeiller. 

"  Martin  von  Schwartner. 


351 

Egger,^  Eopetz'  nnd  manche  Andere,  jeder  in  seinem  Fache.  Diese 
Auswahl  mnss,  um  dem  Zweck  zu  entsprechen,  mit  äusserster  Vorsicht 
getroffen  werden,  da  von  derselben  das  baldige  Gedeihen  dieses  wichtigen 
Werkes  allein  abhängt. 

Nun  lasse  ich  noch  blos  einige  hingeworfene  Ideen  über  die  Ver- 
fassungen, die  mir  während  dieser  Arbeit  in  den  Kopf  stiegen,  hier 
folgen: 

£in[er]  der  wichtigsten  Gegenstände  derselben  ist  die  Organisirung 
der  ständischen  Körper.  In  den  deutschen  Provinzen  sind  sie  blos 
Ausfflhrer  der  Befehle  des  Monarchen ;  in  Ungarn  und  Siebenbürgen  darf 
der  Monarch  ohne  ihnen  in  vielen  Stücken  nichts  ändern.  Es  liegt  klar 
an  dem  Tag,  dass,  wenn  die  Monarchie  ja  zu  Macht  und  Ansehen  kommen 
soll,  das  Letzte,  welches  nur  alle  Anstalten  lähmt  und  dieses  schöne  Land 
in  jenen  Stand  setzt,  in  welchem  es  jetzt  schmachtet,  aufhören  muss. 

Die  Stände  sollen  in  einem  gut  organisirten  Staate  blos  Bathgeber 
des  Monarchen  sein,  wenn  er  sie  befragt;  sie  sollen,  da  sie  das  Land  am 
besten  kennen,  dem  Landesfürsten  mit  Bath  an  die  Hand  gehen;  sie 
sollen  die  Befehle  desselben  ausführen;  die  Steuern,  die  er  von  ihnen 
begehrt,  nach  billigem  Massstabe  vertheilen  und  einheben,  wovon  weiter 
unten  ein  Mehieres  vorkommt,  und  ihn,  wenn  er  es  verlangt,  mit  Geld, 
Getreide  und  selbst  mit  ihrem  Credit  unterstützen;  sie  sollen  eigentlich 
ein{en]  Ausschuss  aller  Stände  des  Landes  vorstellen,  daher  soll  auch 
jeder  Stand  das  Becht  haben,  Bepräsentanten  beim  ständischen  Aus- 
schüsse zu  haben.  Aus  dieser  Ursache  ist  in  jeder  Provinz  ein  perma- 
nenter ständischer  Ausschuss  nöthig,  der  aber  nur  aus  wenigen  Gliedern 
zu  bestehen  hätte,  wie  es  ohnedem  in  den  deutschen  Provinzen  besteht. 

Am  schwersten  wäre  es  in  dieser  Hinsicht  in  Ungarn;  die  Stände 
müssten  allen  andern  Einfluss  in  die  Begierung  verlieren,  sie  würden 
blos  zu  Executoren  des  landesherrlichen  Willens  herabsinken;  der  per- 
manente Ausschuss  würde  den  Landtag  ausser  ausserordentlichen  Fällen 
ganz  entbehrlich  machen.  Mit  Klugheit,  besonders  wenn  die  Form  bei- 
behalten wird,  wird  diese  Anstalt  auch  dortlands  nicht  viele  Schwier 
rigkeiten  finden,  besonders  wenn  das  Land  die  ihm  dann  durch  die  neue 
Verfassung  zugehenden  grossen  Wohlthaten  empfinden  wird. 

Die  Einführung  eines  einfachen  und  überall  gleichen  Steuerfusses 
ist  auch  ein  wichtiger  Punkt  in  der  neuen  Verfassung.   Die  Grundregeln 


^  Franz  Bitter  von  £^ger. 

*  Es  ist  nicht  deutlich,  ob  damit  Wenzel  Gustav  Bitter  ron  Kopetz  oder 

dessen  Bruder,  Martin  Kopetz,  genannt  ist,  die  beide  su  gleicher  Zeit 

tls  Bechtsgeldirte  wirkten. 


352 

dazü  sind,  dass  alle  Provinzen  und  alle  Stände  dei*8elben  die  Steonn 
nach  eben  demselben  Massstabe  zablen;  dass  die  Steuern  so  einfach  sind, 
dass  Jedermann  leicht  sieht,  was  er  zu  zahlen  hat,  welches  die  beste 
Ck)ntrole  gegen  die  Steuereinnahme  ist;  dass  die  Stände  jeder  Provioz 
die  Steuern  nach  den  Yorgeschriebenen  Grundregeln  einheben  und  an  die 
Staatsverwaltung  abführen. 

Die  Steuern  haben  endlich  nicht  aus  einem  bestimmten  Quantum 
zu  bestehen,  sondern  es  wird  alle  Jahre  von  den  Finanzen  das  Prftliminar- 
sjstem  entworfen,  der  Bedarf  nach  einem  so  viel  möglich  genauen  Mass- 
stabe auf  die  Provinzen  vertheilt  und  jeder  Provinz  der  sie  treffende 
Theil  repartirt  und  den  Ständen  die  Einhebung  nach  der  gegebenen 
einfachen  gleichen  Grundregel  mit  Zuschlagung  der  Einhebungskosten 
aufgetragen. 

Dieses  ist  nach  meiner  Meinung  die  echte  Art  der  Besteuerung; 
alle  Jahre  wird  so  viel  eingehoben,  als  der  Staat  braudit,  dadurch  ent- 
steht nie  ein  Deficit,  man  braucht  zu  keinen  ausserordentlichen  Steuern 
Zuflucht  zu  nehmen,  da  die  ordinäre  Steuer  das  Deficit  unmöglich  macht; 
nie  macht  dann  der  Staat  Schulden  und  Papiergeld,  und  er  ist  im  Stande, 
mit  den  grössten  Anstrengungen  auf  die  einfachste  Art,  ohne  dass  es  den 
Staat  auf  lange  Jahre  zu  Grunde  richtet,  wie  es  bisher  bei  uns  immer 
geschah,  auszuhalten.  Zudem  weiss  Jedermann  im  Anfange  des  Jahres, 
was  er  zahlt;  er  kennt  die  Termine,  welche  die  Stände,  sowie  die  Bepar- 
tirung  nach  ihrer  Landeskenntniss  bestimmen,  und  kann  daher  seine 
Wirthschaft  darnach  einrichten,  statt  dass  er  nun  nie  vor  neuen  Bele- 
gungen sicher  ist  oder  doch  indirect  durch  die  Bancozettelvermehrung 
belegt  wird.  Zudem  ist  Alles  gleich  anzuhalten,  zu  zahlen,  so  dass  alle 
Unbilligkeit  aufhört. 

Die  gleiche  Steuerbelegung  ist  jener  Gegenstand,  der  in  Ungarn 
und  Siebenbfirgen,  wo  der  Adel  zu  keiner  Last  beiträgt,  am  schwersten 
auszuführen  sein  wird;  aber  da  doch  der  aufgeklärte  Theil  des  Adels  wohl 
einsieht,  dass  dieses  Vorrecht  nicht  länger  mehr  bestehen  kann,  so  wird 
es  mit  Klugheit  und  Standhaftigkeit  doch  ausführbar  sein. 

Die  Hauptgrundsätze  der  directen  Steuern,  von  welchen  hier  allein 
die  Bede  sein  kann,  müssen  sehr  einfach  sein.  Jedermann  muss  nach 
seinem  reinen  Einkommen,  welches  ihm  nach  Bestreitung  aller  dazu 
nöthigen  Auslagen  zurückbleibt,  besteuert  werden.  Die  Steuer  kann 
daher  nur  Grund-  und  Classensteuer  sein,  alle  übrigen  hätten  daher 
aufzuhören  und  die  ganze  benötiiigte  Summe  durch  diese  zwei  Gattungen 
einzugehen.  Das  System  der  Besteuerung  muss  von  der  Staatsverwaltung 
bestimmt  und  den  Landesständen  zur  Befolgung  hinausgegeben  werden. 


353 

Ein  wichtiger  Oegenstand  der  Berathung  ist  auch  die  Frage:  ob  die  Feu- 
dalrechte des  Adels  ^  fortan  zu  bestehen  oder  aufzuhören  haben?  Sicher 
ist  es,  dass  in  allen  jenen  L&ndern,  in  weichen  sie  aufgehoben  wurden, 
annoch  glflcklidie  Besultate  daraus  erfolgt  sind,  dass  dadurch  der  Unter- 
than  besser  zu  Theil  kommt,  dem  Staate  mehr  Einkommen  verschafft 
und  die  Landesadministration  sehr  erleichtert  wird.  Sicher  ist  es  aber 
auch,  dass  diese  Rechte  seit  undenklichen  Zeiten  dem  AdeP  zustehen 
und  in  einem  grossen  Theile  der  deutschen  Provinzen  die  Subsistenz 
desselben  davon  abhängt,  dass  durch  diese  Verfügung  daher  eine  Men- 
schenclasse,  welche  sich  durch  ihre  reine  Anhänglichkeit  an  Fürst  und 
Vaterland  so  vielen  Aufopferungen  unterzog,  aus  weldier  dadurch,  dass 
sie  Mittel  zur  Bildung  in  vollem  Masse  hat,  die  geschicktesten  Staats- 
diener aller  Art  entstehen,  gänzlich  ruiniH  wird  und  dadurch  die  stärkste 
Stütze  der  Dynastie  und  der  Verfassung  gestürzt  wird.  Diese  Massregel 
wäre  reifer  Berathung  mit  allen  übrigen  zu  unterziehen;  mir  aber 
sdieinen  die  Gründe  für  Beibehaltung  des  Feudalismus,  der  ohnehin  bei 
uns  so  sehr  gemässigt  ist,  dass  er  keine  schädlichen  Folgen  für  den 
Staat  wie  in  den  übrigen  Ländern  hat,  so  überwiegend,  dass  ich  für 
deraen  Aufrechthaltung,  jedoch  mit  Beschränkung  desselben  in  den  un- 
garischen Provinzen,  wo  er  zur  Unterdrückung  des  Bauers  missbraucht 
wird,  stimmen  würde.  Jedoch  werden  diese  Hechte  zur  Gleichhaltung 
aUer  Provinzen,  die  auch  darin  manche  Ungleichheit  haben,  einige  Modi-  \ 
ficationen  erleiden,  wovon  ich  nur  einige  in  die  Augen  fallende  Beispiele 
anführen  will.  Die  Schuldigkeiten  zum  Beispiel  des  böhmischen  Unter- 
thans  gegen  seinen  Grundherrn  müssen,  da  sie  an  vielen  Orten  zu 
drückend  sind,  regulirt  werden;  in  Ungarn  und  Siebenbürgen  tritt  eben 
dieser  Fall  ein,  dort  muss  dem  Bauer  das  freie  Eigenthum  seiner  Gründe 
gegeben  werden  und  der  willkürlichen  Behandlung  desselben  von  den 
Orundherren  und  Beamten  Schranken  gesetzt  werden,  ohne  welche  der 
schwere  Druck,  der  auf  demselben  lastet,  nicht  endigen  wird  und  an 
keine  Industrie  desselben  zu  denken  ist,  und  so  gibt  es  in  allen  Provinzen 
mancherlei  in  diesem  Falle  zu  treffende  Modificationen,  welche  das 
Schicksal  des  oft  hart  gedrückten  Unterthanen  sehr  erleichtern  und  dem 
Druck  für  die  Zukunft  steuern,  durch  welche  dann  die  Feudalrecbte  so 
beschränkt  werden,  dass,  ohne  dass  Missbrauch  davon  möglich  ist,  alle 
wohlthätigen  Folgen  derselben  für  den  Staat  fortwirken. 


*  Ursprünglich  stand:    des  Adels;    dann  durchstrichen   und  an  der  Seite 
steht  mit  Bleistift  geschrieben:   der  Dominien. 

*  Zuerst:  dem  Adel;  an  der  Seite  steht  mit  Bleistift:  den  Dominien. 


\ 


354 

Die  Vereinfachung  des  Geschäftsganges,  Yereint  mit  Klarheit, 
Schnelligkeit  und  Zweckmässigkeit  ist  auch  ein  widitiges  yon  dieser 
Commission  aufzulösendes  Problem.  Wird  die  Verfassung,  der  Steuer* 
fuss  und  alle  Zweige  der  Verwaltung  auf  einfache  Grundsätze  zurl&ck- 
geftthrt,  so  vereinfacht  sich  schon  dadurch  der  Gang  der  Geschäfte,  der 
sich  aber  noch  durch  zweckmässige  Organisirung  aller  Stellen  n«nhaft 
vereinfachen  lässt. 

Eine  der  Hauptmassregeln  zu  dieser  Vereinfachung  ist  die  Vw- 
minderung  der  Controle.  Ich  habe  fiber  diesen  Gegenstand  viel  nach- 
gedacht und  den  Nutzen  dieser  Anstalten  viel  betrachtet,  aber  immer 
gefunden,  dass  alle  Missbräuche,  die  dadurch  entdeckt  werden,  die  Er- 
sparnngen,  welche  dadurch  bewirkt  werden,  weit^  von  dem  Schaden 
überwogen  werden,  welchen  die  daraus  entstehende  Verzögerung,  die 
Vermehrung  der  Schreiberei  und  die  Erhaltung  einer  so  gi'ossen  Anzahl 
von  Beamten  dem  Staate  macht.  Nur  in  Gassen-  und  Finanzgegenständen 
bleibt  die  Controle  wegen  der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  immer  nöthig. 
Alle  politischen,  Bau-  und  wie  immer  gearteten  Gegenstände  wären  nicht 
mehr  der  Controle  zu  unterziehen  und  alle  Buchhaltereien ,  ausser  der 
Centrale  und  einer  untergeordneten  für  die  Cameralbranchen,  welche  in 
so  viele  Theile,  als  es  Branchen  gäbe,  mit  dem  gehörigen  Personale  ver- 
sehen, einzutheilen  wären,  von  welchen  in  jeder  Provinz  eine  ähnliehe 
abzuhängen  hätte,  wären  aufzuheben.  Die  Schnelligkeit,  die  dadurch  in 
vielen  Geschäften  erreicht  wird,  die  Ersparungen  des  grossen  Beamten- 
heeres, dieselbe'  überwiegt  weit  den  Schaden,  den  die  hie  und  da  zuneh- 
menden Veruntreuungen  dem  Staate  verursachen,  welchen  allen  auf  die 
Spur  zu  kommen  selbst  mit  dem  zahlreichsten  Buchhaltereipersonale 
unmöglich  ist. 

Nun  kommt  die  Verminderung  des  Beamtenheeres  an  die  Beihe. 

Man  kann  mit  Bestimmtheit  sagen,  dass  durch  Beducirung  der 
Beamten  auf  die  Hälfte  die  Geschäfte  ebenso  gi'ündlich  als  bisher  geführt 
werden  können.  Freilich  müssen  dann  blos  fleissige  und  ^ige  Männer 
angestellt  werden  und  alle  jene,  welche  ohne  Talente  und  Fleiss  sind 
und  blos  wie  Maschinen  nach  den  Stunden  arbeiten,  da  es  leider  so  viele, 
selbst  in  den  höchsten  Aemtern  bei  uns  gibt,  beseitigt  werden.  Schon 
dadurch  wird  die  Schreiberei  namhaft  vermindeH,  welche  bisher  immer 
durch  jede  Beamtenvermehining  sich  verstärkt.  Wenn  es  auch  gut  fort- 
geht und  die  Beamtenzahl  für  die  abzuhandelnden  Geschäfte  hinlänglich 


'  Es  steht:  mit,  muss  aber  wohl  ,weit'  heissen. 
3  Es  steht:  denselben. 


355 

ist,  so  werden  alle  Augenblicke  neue  Vorschläge  zu  Personalvermehrungen, 
theils  wegen  des  Geschäftsschlendrians,  theils  um  Verwandte  emporzu- 
heben, gemacht;  wenn  sie  auch  nur  als  provisorisch  angetragen  sind,  so 
weiss  man  schon  sie  zu  stabilen  Anstellungen  zu  machen.  Diese  neuen 
Beamten  wollen  sich  wichtig  machen  und  viele  Nummern  aufweisen,  sie 
ziehen  daher  eine  Menge  Geschäfte  von  der  untergeordneten  Stelle  empor, 
und  so  geht  es  dui'ch  alle  Stufen,  und  sowohl  das  Beamtenheer  als  die 
Schreiberei  wird  ohne  Ende  vermehrt.  Eeducirt  man  nun  die  Zahl  der 
Beamten  auf  die  Hälfte,  behält  die  talentvollen  und  hält  mit  unerbittlicher 
Strenge  darauf,  dass  doch  alle  Ai'beit  geleistet  und  durch  eine  schaife 
Controle  der  Präsidenten  auch  gut  geleistet  wird,  so  sind  dieselben  selbst 
gezwungen,  auf  Verminderung  der  Schreiberei  zu  denken,  da  sie  nicht 
hinreichen,  den  Schwall  der  Geschäfte  zu  bearbeiten;  die  Geschäfte  kom- 
men in  ihr  altes  Geleise  und  werden  schnell  und  zweckmässiger  geschlichtet. 

Auch  die  Entwerfung  einer  einfachen  und  zweckmässigen  Geschäfts- 
manipulation, wodurch  dieser  Zweck  in  hoch  vollem  Masse,  ohne  jedoch 
der  Gründlichkeit  Einti*ag  zu  thun,  eneicht  wird,  ist  eine  Ai'beit  der  Com- 
mission.  Die  Bestimmung  der  Gi-undsätze,  nach  welchen  die  Approvisio- 
nirung  der  grossen  Städte,  die  Satzungen  etc.  bestimmt  und  die  Concur- 
renz  dabei  befördert  wird,  ist  auch  einer  ^  Aufmerksamkeit  nicht  unwürdig, 
da  wir  in  diesem  Zweige  durch  eine  Beihe  der  sonderbarsten  Missgriffe 
in  ein  Labyrinth  gekommen  sind,  aus  welchem  man  sich  nur  durch 
Klugheit  und  schnelle  Benutzung  der  Gelegenheit  winden  kann,  deren 
eine  treffliche  der  Abzug  der  Feinde  aus  der  Hauptstadt  für  dieselbe 
verschafft. 

Nach  meiner  Meinung  kann  blos  durch  Aufhebung  aller  Satzungen 
die  gehörige  Ck)ncurrenz  zu  (sie)  gi-ossen  Städten,  bei  welchen  ohnehin 
die  grossen  Preise  hinlänglichen  Beiz  dazu  geben,  hervorgebracht  werden; 
alle  Approvisionirungsanstalten,  wenn  sie  nicht  nach  staatswirthschaft- 
lichen  Grundsätzen  geleitet  werden,  sind  denselben  schädlich.  Selbst  in 
der  Hauptstadt  wäre,  wenn  es  auch  anfangs  etwas  Lärm  machen  sollte, 
nach  diesem  unumstösslichen  Princip  vorzugehen,  aber  die  Art,  wie  es 
auszuführen,  nur  nach  reifer  Ueberlegung  zu  bestimmen.  Diese  wenigen 
Ideen  glaubte  ich  in  Hinsicht  der  politischen  Gegenstände  hier  anfügen 
zu  sollen. 

Eine  wichtige  Bücksicht  verdienen  nun  noch  die  mit  diesen  enge 
verketteten  Beligions-  und  Studiengegenstände,  welche  nach  Vollendung 
des  Obigen  ein  Gegenstand  der  Leitung  eben  dieser  Commission  mit  Zu- 


1  Hier  ist  ein  Wort  ausgelassen,  wahrscheinlich:  gründlichen. 


\ 


356 

• 

Ziehung  talentYoller  M&nner,  deren  es  in  unserer  Monarchie  doch  manche 
gibt,  aus  diesen  Fächern  sein  können.  Die  Ersteren  nach  Möglichkeit  sq 
befördern  ist  Pflicht,  denn  dadurch,  ohne  andere  als  blos  politische 
Rücksichten  zu  berühren,  wird  das  Band  des  Grehorsams  nnd  der  Anhing- 
lichkeit  des  ünterthanen  gegen  seinen  Monarchen  and  gegen  seine 
Obrigkeit  befestigt,  dadurch  wird  Ordnung  im  Staate  erhalten  nnd  die 
völlige  Befolgnng  aller  yon  der  Staatsverwaltung  angeordneten  Ver- 
fügungen erleichtert.  Um  diesen  Zweck  zu  befördern,  muss  anfgeklftrte 
Religiosität  auf  alle  mögliche  Ai*t,  sowie  auch  Sittlichkeit  durch  die  Staats- 
verwaltung befördert  und  allem  Aberglauben  entgegengearbeitet  werden. 
Das  Wichtigste  dazu  ist  die  zweckmässige  Bildung  der  Seelensorger  aller 
Religionen.  Für  die  Katholiken  ist  gesorgt,  aber  selbst  da  braucht  es 
noch  hie  und  da  Verbesserungen,  die  aber  nicht  von  der  ersten  Dring- 
lichkeit sind;  nicht  so  für  jene  der  übrigen  Religionen,  deren  Bildung 
für  den  Staat  nicht  minder  wichtig  ist.  Seminarien  für  angehende  Geist- 
lichkeit der  griechisch-schismatischen  Kirche  unter  der  Direction  des 
kenntniss vollen  Metropoliten  Stratimirovic,^  Seminarien  für  Protestanten 
und  Calvin  er  zur  Erlernung  der  Theologie,  wenn  es  thunlich  ist  in  der 
Hauptstadt  unter  Aufsicht  der  Regierung,  zweckmässige  Lehransialten 
für  Geistliche  der  unitarischen  Secte  und  der  Rabbiner  wären  nach  einem 
zweckmässigen  Plane,  aber  nicht  auf  Kosten  der  Religionsglieder,  sondern 
auf  Kosten  des  Staates  und  unter  zweckmässiger  Aufsicht  zu  errichten; 
dadurch  wird  der  beste  Grund  zur  Aufklärung  des  Volkes  der  übrigen 
Religionen  gelegt,  welches  nur  entweder  von  rohen,  aller  Erziehung  ent- 
behrenden *  .  .  .  oder  von  solchen  Seelsoi*g6rn  geleitet  wird,  welche  auf 
auswärtigen  Universitäten  falsche  Auf  kläi*nng  eingesogen  haben,  welches 
beides,  wie  es  die  Eifahrung  in  Oesterreichs  Monarchie,  besonders  in 
Ungarn  anschaulich  lehii,  für  den  Staat  in  jeder  Hinsicht  schädlich  ist. 
Würden  hingegen  ähnliche  Anstalten,  die  von  so  grosser  Wichtigkeit 
sind,  von  dem  Staate  ganz  sich  selbst  überlassen  und  deren  Errichtung 
und  Dotirung  ganz  auf  die  Privatwohlthätigkeit  verwiesen,  so  entstehen 
sie  in  Ewigkeit  nicht  und  können  zum  grossen  Schaden  des  Staates  nie 
zu  jener  Blüthe  kommen,  die  so  nöthig  ist,  wie  es  abermals  die  Erfah- 
rung zeigt. 

Der  zweite  Schritt  ist  in  dieser  Hinsicht  die  Sorge  für  den  anstän- 
digen Unterhalt  der  Seelsorger  aller  Gonfessionen ;  für  die  Katholiken 
sorgt  in  Ermanglung  anderer  Hilfsquellen  durch  Stiftungen  des  Religions- 


^  Stephan  von  Stratimirovic. 
•  Hier  fehlt  ein  Wort. 


357 

fondes  der  Staat.  Auch  selbst  diese,  obwohl  schon  Manches  für  sie 
gethan  wurde,  schmachten  noch  hie  und  da,  besonders  in  Ungarn,  im 
Elende,  sowie  auch  besonders  jener  des  griechisch-katholischen  Ritus, 
der  gleiche  BAcksicht  verdient,  besonders  nm  dessen  Glaubensverwandte 
Tom  Abfall  zn  bewahren;  fftr  diese  wäre  daher  zu  sorgen,  dass  sie  einen 
anständigen  Unterhalt  haben,  die  Dotation  wäre  jener  der  übrigen  Pro- 
vinzen gleichzusetzen,  die  Grundherren  und  Patrone  so  viel  möglich 
zu  vermögen,  dieselben  mit  Naturalien  zu  dotiren,  das  einzige  Mittel, 
damit  sie  auf  dauernde  Art  der  Noth  enti'issen  würden,  welches  besonders 
durch  die  reichen  Bischöfe  thunlich  sein  dürfte.  Ebenso  darben  oft  die 
Deficienten,  auch  für  diese  müsste  zweckmässig  gesorgt  werden,  um 
Jünglinge  von  f^higkeiten  durch  eine  bessere  Aussicht  zur  Annahme 
des  geistlichen  Standes  zu  vermögen.  Bei  den  übiigen  Beligionen  können 
die  Gemeinden  angehalten  werden,  nach  einem  bestimmten  Massstabe 
einen  dauernden,  anständigen  Unterhalt  ihren  Seelsorgern  zu  verschaffen 
und  auf  immerwährende  Zeit  sicherzustellen,  da  doch  der  Staat  nicht 
Alles  zu  thun  im  Stande  ist;  nur  dort,  wo  es  die  Umstände  nicht  zulassen, 
wären  dieselben  entweder  ganz  vom  Staate  zu  besolden  oder  die  Ergän- 
zung der  Dotation  zu  bestimmen. 

Endlich  ist  es  noch  Sorge  der  Staatsverwaltung,  für  Besserung  der 
Joden  und  Ausrottung  der  staatsschädlichen  Secten,  als  die  Adamiten,  zu 
sorgen,  welches  zwar  nur  sehr  langsam  möglich  ist,  wozu  aber  nach 
einem  vernünftigen  Plane  bald  Hand  anzulegen  wäre,  um  diesen  für  den 
Staat  und  die  ganze  Menschheit  so  wichtigen  Zweck  endlich  zu  erreichen. 

Auf  diese  Art  wird,  da  ein  aufgeklärter  Seelsorger  viel  wirken 
kann,  viel  zur  Verbesserung  des  Volkes  beigetragen.  Die  Bildung  des- 
selben ist  aber  ein  ebenso  grosses  Bedürfniss,  indem  sich  nur  durch 
wahre  Aufklärung  eine  vollkommene  und  völlige  Erfüllung  dessen  Pflich- 
ten als  Unterthan  und  ein  wahrer  reiner  Patriotismus  erreichen  lässt; 
blo6  durch  die  jedem  Stande  angemessene  Bildung,  vereint  mit  wahrer 
Bdigiosität  lässt  sich  ein  wohlgeordneter  Staat,  gute  ordnungsliebende 
Staatsbürger  und  ein  einstimmiges  Zusammenwirken  zum  Besten  des 
Staates  denken,  wodurch  alle  Bemühungen  der  Staatsverwaltung  erleich- 
tert werden  und  ihi'  von  allen  Seiten  mit  Eifer  an  die  Hand  gegangen 
wird,  welches  der  wünschenswertheste  Zustand  eines  Staates  ist. 

Um  diesen  Zweck  zu  eri'eichen,  soll  die  Staatsverwaltung  zuerst 
zur  Bildung  tauglicher  Schullehrer  zum  Volksunterricht  aller  Nation  und 
Beligion  schreiten.  Dieses  wird  zwar  bei  uns  schon  begonnen,  aber  noch 
nicht  mit  jener  Ausbreitung  betrieben,  als  es  nothwendig  ist;  daher 
kommt  es  zum  Theil,  dass  die  meisten  Schullehrer  unwissende  Leute 


,i 


358 

sind,  oft  blos  elend  lesen  und  schreiben  können.   Es  gibt  sogar  grosse 

♦  _ 

Landesstrecken  und  Orte,  besonders  in  Ungarn  und  Galizien,  wo  es  noch 
gar  keine  Schullehrer  gibt. 

Durch  Schullehrerseminarien,  in  welchen  die  Glieder  aller  Bell* 
gionen,  um  die  Gleichheit  zu  erhalten,  unterrichtet  werden,  welche  in  den 
Provinzen  als  Anhängsel  an  Universitäten  oder  Lyceen  angelegt  werden 
und  aus  dieser  Ursache  keine  grosse  Auslage  machen,  durdi  blosse  An- 
stellung solcher  Männer,  die  den  Lehrcurs  darin  zurückgelegt  haben,  als 
Schullehrer  kann  dem  Uebel  abgeholfen  werden;  sind  dann  diese  Lehr- 
anstalten in  allen  Provinzen  auf  gleiche  übereinstimmende  Weise  an- 
gelegt, wird  in  allen  eben  dasselbe  gelehrt,  so  kann  man  auch  Gleichheit 
der  Begriffe  unter  die  verschiedenen  Nationen  der  Monarchie  bringen 
und  nebst  wahrer  Aufklärung  auch  ihre  gegenseitige  Annäherung  dadurch 
zweckmässig  bewirken.  Durch  zweckmässigen  Unterricht  kann  der  Na- 
tionalhass  nach  und  nach  beseitigt  und  auch  selbst  fleissige  Cultor  unter 
den  Landmann  gebracht  werden. 

Ist  nun  für  den  Unterricht  der  Landschullehrer  gesorgt,  so  muss 
auch  für  ihre  Anstellung  in  allen  Orten  und  zugleich  für  ihren  anstän- 
digen Unterhalt  gesorgt  werden.  In  allen  Dörfern  müssen  auf  Kosten 
des  Grundherrn,  wo  noch  keine  Schulen  sind,  dieselben  errichtet 
und  dieselben  verhalten  werden,  nach  einem  bestimmten  Schema  die 
Lehier  zu  dotiren,  so  dass  sie  anständig  leben  können.  Das  Letzte  ist 
dringend  nöthig,  damit  sie  nicht  mehr,  wie  bisher,  mit  einem  Gehalte 
von  100  Gulden  betteln  und  Alles  thun  müssen,  was  die  Bauern  wollen, 
wie  ich  es  leider  oft  genug  sah. 

Da  dann  der  Staat  in  Zukunft  auch  in  Hinsicht  der  bisher  vom 
Staate  besoldeten  Schullehrer  mit  einer  so  ausserordentlichen  neuen  Last 
nicht  beladen  werden  kann,  so  haben  die  Gemeinden  und  die  Grundherrea 
nach  Umständen  nach  einem  bestimmten  System  jeden  ihrer  Schnllehrer 
—  mag  [er]  von  was  immer  für  Beligion  sein  —  selbst  zu  bezahlen,  was 

;^  um  desto  billiger  ist,  da  sie  von  seiner  Anstellung  selbst  den  grössten 

'  Nutzen  haben.     Das  System  wird  von  der  Staatsverwaltung  nach  der 

.  i  Lage  der  Provinzen  und  den  Umständen  entworfen,  jedoch  so,  dass  jeder 

Schullehrer  anständig  leben  kann,  und  dann  von  den  Behörden  auf  soldie 
Art  in  Ausführung  gebracht,  dass  entweder  der  vorgeschriebene  Gehalt 
sichergestellt  oder  dem  Schullehrer  so  viele  Grundstücke  übergeben  wer- 
den, als  er  zur  Erhaltung  des  bestimmten  Gehalts  nöthig  hat,  und  auf 
die  genaue  Erfüllung  dieser  [Pflicht]  immer  mit  Strenge  gewacht. 

V)  Wie   übrigens   Juden,   Zigeuner  etc.   zu   Menschen   und  guten 

^^  Staatsbürgern  zu  bilden  sind,  ist  ein  Gegenstand  einer  weiteren  Be- 


hh 


i 


359 

mthung  Yon  saohkmidigeii  Männern,  indem  sie  eine  eigene  Behandlung 
erfordern. 

Durch  diese  oberw&hnten  Anstalten  wäre  für  die  so  wichtige  Bil- 
dung des  gemeinen  Volkes  gesorgt;  jeta^  kommt  die  Beihe  an  die  Bildung 
SU  (sie)  höheren  St&nden. 

Vor  mehreren  Jahren '  ward  in  dieser  Hinsicht  ein  Studienplan 
entworfen  und  die  Akademien,  Lyceen  und  üniyei*sitäten  oi*ganisirt;  die 
folahning  zeigt  es  aber,  dass  dieser  Plan  vieles  Gute,  aber  auch  manchen 
Fehler  hat,  die  eine  reife  Untersuchung  und  eine  gründliche  Abhilfe 
bedürfen.  Der  erste  und  wesentlichste  derselben  ist,  dass  alle  Studien 
der  unteren  Classen  wieder  in  die  Hände  der  Geistlichen  gegeben  wurden, 
deren  Unterricht  immer  einseitig  bleibt,  da  sie  in  den  Klöstern  eine  ein- 
seitige Erziehung  erhalten  und  selten  mit  dem  Zeitgeiste  vorrücken,  dann, 
dass  in  manchen  Classen,  besonders  in  der  Philosophie  zu  viele  Gegen- 
stände auf  einmal  gelehrt  werden,  so  dass  der  Schüler  ganz  verwirrt  wird 
und  das  Studium,  statt  raisonnirt  zu  sein,  zu  einer  blossen  Gedächtniss- 
sadte  herabsinkt,  die  dem  Schüler  nichts  nützt,  indem  er  alles  Gelernte 
nach  geendigtem  Curse  gleich  wieder  vergisst;  dann,  dass  eben  einige 
der  f%kr  den  künftigen  Staatsmann  wesentlichsten  Stücke,  als  Staatswirth- 
schaft,  Finanzwissenschaft,  Handel  etc.  etc.  nur  oberflächlich  und  ein- 
seitig gelehrt  werden,  so  dass  Niemand  Gelegenheit  hat,  sich  in  diesen 
wichtigen  Fächern  zu  bilden,  welchem  auch  der  ILangel  an  Finanzkun- 
digwi  bei  uns  zuzuschreihen  ist,  und  noch  andere  Mängel  mehr,  welche 
nnn  schon  durch  die  Erfahrung  mehrerer  Jahre  an  den  Tag  kommen  und 
eine  genaue  Erörterung  und  Abhilfe  bedürfen,  um  dieses  so  wichtige 
Fach  80  vollkommen  als  möglich  zu  machen.  Nur  durch  einen  sowohl 
BMB  Gelehrten  in  allen  Fächern,  als  auch  praktischen  Schulmännern  ent- 
worfenen reif  durchdaditen  Plan,  der  auf  alle  Provinzen  passt,  kann 
allen  diesen  Mängeln  abgeholfen  werden.  Die  Ljceen  und  Universitäten 
mtssen  auf  eine  liberale  Art  organisirt  werden,  es  muss  mehr  Con- 
currenz  im  Lehren  über  einen  Gegenstand  erlaubt  werden,  damit  sich 
dadurch  Lehrer  bilden  und  sich  dieselben,  durch  die  Concurrenz  dazu 
gezwungen,  mehr  Mühe  in  ihrem  Vortrage  geben  müssen;  ebenso  die 
Akademien. 

Die  höheren  Lehranstalten  für  Protestanten  müssen  eine  ähnliche 
Einrichtung  bekommen,  um  alles  Reisen  ins  Ausland  entbehrlich  zu 
machen;  vielmehr  wäre  eine  Lehranstalt  für  Theologie  der  Protestanten 
beider  Oonfessionen  in  Wien  [zu  errichten],  wo  die  Hörer  auf  der  Uni- 

-  ■  -      -    -  —       ■  I  ■  I 

1   1806. 


360 

versit&t  ohnehin  die  fihiigen  Studien  absolviren  können;  eine  tiratidw 
für  Griechen  ebendaselbst  zu  diesem  Zwecke  hinlänglich.  Da  anf  diesen 
Anstalten  Leute  für  alle  St&nde  gebildet  werden,  so  mnss  anch  das  Ein- 
seitige sowohl  der  unteren  Stadien  als  der  Philosophie  aufhören ,  aach 
letztere  muss  mit  Liberalit&t,  jedoch  mit  den  nöthigen  Yorsiditen  tradirt 
werden;  die  Zwangsstudien  müssen  blos  auf  das  Unentbehrlidiste  be- 
schi-änkt,  alles  Uebrige  dem  freien  Willen  der  Sdiüler  überlassen  werden, 
wodurch  die  Instruction  zweckmässiger  wird,  und  auch  Schüler  von  mis- 
sigen  Fähigkeiten,  da  ihnen  der  Kopf  nicht  mit  so  yielen  Gegenständen 
überladen  wird,  erhalten  Gelegenheit,  sich  zu  bilden. 

Ein  anderes  Bewandtniss  hat  es  mit  den  Erziehungsanstalten  fftr 
Geistliche,  nämlich  mit  den  Convicten  und  Seminarien;  für  diese  ist  die 
bisherige  Einrichtung  gut,  jedoch  mit  manchen  Modificationen,  da  diese 
Erziehung  sie  zu  ihrer  Bestimmung  vorbereitet  Jede  Diöcese  soll  ihr 
Seminarium  haben,  wo  auch  die  Stift-  und  KlostergeistUchen  dwselben 
unterrichtet  werden.  Die  Elosterstudien,  die  meistens  unTollkommen  und 
zweckwidrig  sind,  da  man  in  denselben,  ohngeaehtet  der  geechärfken 
Wachsamkeit  der  Staatsrerwaltung,  nie  die  so  wichtige  Gleichheit  der 
Lehren  hervorbringen  kann,  haben  dagegen  au&nhören.  Es  ist  nadi  der 
Art  des  Pester  Seminariums  ein  Generalseminarium  für  die  ganze  Menar* 
chie,  wenn  möglich  in  Wien,  wo  es  an  keinen  Ausbildungsmitteln  fehlt, 
oder  an  einem  nahen  Orte  zu  errichten,  in  welchem  von  jeder  IMöcese 
einige  der  besten  Köpfe  unter  der  Leitung  mit  Sorgfalt  aasgewähher 
Männer  ihre  Studien  zu  machen  hätten.  Diese  würden  zur  Eriialtug 
der  Einheit  der  Lehren,  die  itst,  allen  Anstalten  ungeachtet,  so  s^ 
mangelt,  zunächst  zu  Professoren  für  die  KöcesanseDiinarien  gebildet; 
das  Pester  Generalseminarium,  als  eine  blos  für  Ungarn  dienende  An- 
stalt, hätte  dann,  als  nicht  mehr  nöthig,  aofinihören.  Li  der  Folge 
würden  diese  Schüler  zu  geistlichen  Beamtenstellen  und  Würden  vor^ 
züglich  geeignet  s^.  Auf  eine  ähnliche  Art  in  viel  kleinerem  Massstabt 
wären  die  Bildungsanstalten  für  Pastoren  und  Popen  und  selbst  eine 
für  Rabbis  zu  organisiren,  wodurch  für  den  Unterricht  im  Allgemeinen 
und,  wie  ich  glaube,  befriedigend  gesorgt  wäre. 

Was  nun  einige  wissenschaftliche  Zweige  —  einzeln  genommen  — 
betrifft,  so  bestehen  zwar  schon  «inige  Unterrichtsanstalten,  aber  manche 
nothwendige  mangeln  noch,  deren  Einrichtung  in  der  Folge  zur  W<riilfüirt 
des  Staates  wesentlich  beitragen  wird.  So  besteht  die  Bauakademie,  die 
Maler*  und  Bildhanerakademie,  eine  Forstlehr-  und  Landwirthschafts- 
kanzel;  Manches  wäre  aber  noch  sehr  nöthig,  zum  Beispiel:  eine  ordent- 
liche Forstschule,  eine  Schule  für  Ardiitekten  und  Hydrauliker,  eine 


361 

Anstalt  für  Landesingenieurs,  ein  polytechnisches  Institut,  ein  Institut 
für  Fabrikschemie  und  noch  manche  andere  yon  minderer  Wichtigkeit. 
Die  Auseinandersetzung  dieser  nur  kurz  berührten  Gegenstände  ist  die 
Arbeit  sachkundiger  Männer  und  der  oben  vorgeschlagenen  Commission, 
welche  allein  im  Stande  wäre,  das  Detail  davon  und  die  Modalität  der 
Ausführung  zu  bearbeiten. 

IV,  Jvstiz, 

Was  diesen  Zweig  der  Staatsverwaltung  betrifft,  so  ist  er  wahrlich 
der  bestgeordnete  derselben;  die  Gesetze  sind  zweckmässig,  und  die  neu 
entworfenen  und  zum  Theil  schon  geltenden  Gesetzbücher  werden  selbst 
vom  Auslande  bewundert.  Hier  ist  nur  zu  wünschen,  dass  das  neue 
bürgerliche  Gesetzbuch  ^  bald  in  Ausübung  kommen  möge,  und  dass  auch 
in  diesem  Zweige  der  langsame  schläfrige  Geschäftsgang  etwas  mehr 
Schnellkraft  erlangen  möge,  sowie  auch,  dass  die  Beamten  sich  auch  bei 
diesem  Zweige  vermindern  mögen. 

So  gut  auch  die  Justizverfassung  der  deutschen  Provinzen  der 
Monarchie  ist,  so  schlecht  und  mangelhaft  ist  sie  hingegen  in  Ungain 
und  Siebenbürgen.  Ohne  Anstand^  könnte  die  Justizverfassung  der 
deutschen  Erblande  daselbst  eingeführt  werden,  wenn  die  Zeit  zur  Haupt* 
refoim  gekommen  ist.  Jedermann,  die  Mängel  der  jetzigen  wohl  ein* 
sehend,  wird  es  mit  Freuden  sehen  und  alle  Stände  nur  dabei  gewinnen. 
Ebenso  ist  es  in  Siebenbürgen.  Eine  aus  gewandten  Justizmännern  der 
deutschen  Provinzen  und  vorurtheilsfreien  Ungai*n  zusammengesetzte 
Commission  würde  dieses  gewiss  zweckmässig  bewerkstelligen,  und  selbst 
wenn  die  Umstände  keine  der  übrigen  Beformen  in  jenem  Lande  erlauben, 
I^Dbe  ich,  dass  dieses  selbst  mit  Beifall  der  aufgeklärten  Ungarn  leicht 
eingeführt  werden  könnte.  Die  einleuchtende  Nothwendigkeit  dieser 
Massregel  erfordert  übrigens  keine  ausfühiliche  Auseinandersetzung. 

F.  Finanz, 

Dieser  Zweig  der  Staatsverwaltung  ist  derjenige,  welcher  in  der 
österreichischen  Monarchie  am  übelsten  besorgt  wird,  ohnerachtet  an 
Bessourcen  aller  Art  kein  Mangel  ist.  Die  Hauptursache  davon  ist,  dass 
alle  jene,  welche  seit  einiger  Zeit  die  Leitung  davon  haben  oder  noch 


^  Die  Sanction  desselben  erfolgte  bekanntlich  erst  1811. 
*  Ist  in  der  Abschrift  unterstrichen. 

▲rcUr.  LXXVUl   Bd.  II.  Uülfle.  24 


362 

dabei  angestellt  sind,  nicht  die  mindeste  Eenntniss  von  der  Staatswirtii- 
schaft  haben  nnd  sich  gar  keine  Mühe  geben,  sie  zu  erlernen,  indem  sie 
alle  dem  Werke  gewachsen  zu  sein  glaubten.  Der  Erfolg  zeigt  es  am 
besten,  wie  gut  sie  es  vei-standen,  indem  sie  statt  den  Staat,  ungeachtet 
aller  Opfer,  doch  in  zahlbarem  Stand  zu  erhalten,  was  bei  den  grossen 
Eessourcen  mit  einiger  Kenntniss  der  Staatswii-thschaft  leicht  war,  ihn  in 
Schulden  stüi*zten,  mit  Papiei-geld  überschwemmten  und  endlich  gar  die 
Hei-stellung  der  Finanzen  blos  durch  einen  Krieg  für  möglich  hielten. 
Es  gibt  in  der  ganzen  Geschichte  wenig  Beispiele  einer  auf  irrigen  Wegen 
so  lange  fortwandelnden  Finanzadministration,  als  die  unserige  ist.  Dass 
diese  an  unseren  [Finanzen]  schuld  ist,  und  dass  ohne  Beform  dieses 
Zweiges  und  ohne  Ergreifung  eines  anderen  Systems  gar  kein  Wohlstand 
der  Monarchie  sich  mehr  erwai-ten  lässt,  leuchtet  Jedermann  ein ;  dieses 
sowohl,  als  auch,  dass  diese  Beformen  Ton  Sachverständigen,  welche 
bisher  sich  nie  in  Finanzgeschäfte  mengen  durften,  allein  unternommen 
werden  müsste,  glaube  ich  bei  einer  anderen  Gelegenheit  bis  zur  Evidenz 
dai-gethan  zu  haben,  sowie  ich  auch  oft  meine  Ideen,  wie  diese  Befoim 
vorzunehmen  sei,  ausseifte,  daher  ich  hier  davon  schweige,  mich  auf  einen 
an  Seine  Majestät  den  Kaiser  in  dieser  Hinsicht  gemachten  Vortrag  vom 
26.  October  1809^  beziehe  und  nur  noch  anführe,  dass,  es  mögen  in  den 
anderen  Zweigen  Beformen  geschehen  oder  nicht,  diese  sogleidi  nach 
beigestelltem  Frieden  unausweichlich  ist  und  allein  den  Wohlstand  des 
Staates  nur  gi*ünden  kann,  sowie  auch  im  Gegentheil  ein  in  jenem  Augen- 
blicke voi-genommener  Missgriff  den  Buin  des  Staates  hervorbringen  kann. 
Ueber  Oesterreichs  Finanzverfassung,  die  bisherigen  Fehler  und  die  Art 
und  Weise,  wie  sie  in  Zukunft  zu  vermeiden  und  dagegen  die  bisherigen 
abzuhelfen  seien,  habe  ich  schon  öfters  ausführlich  geschrieben.^  Ich 
trete  daher  mit  üebei*gehung  des  Finanzwesens  zu  jenem  Theile,  welcher 
eigentlich  die  Cameraladministration  genannt  werden  sollte. 

VL  Cameraladministration, 

Da  diese  von  der  reinen  Finanz,  von  welcher  oben  die  Bede  war, 
wohl  zu  unterscheiden  ist,  so  kommt  sie  hieher,  und  ich  will  bei  dieser 
Bubrik  einige  Ideen  über  Verbesserung  und  Vereinfachung  aller  jener 
Zweige,  welche  jetzt  unter  der  Hof kammer  stehen,  anführen. 


1  Siehe:  Beer,  Die  Finanzen  Oesterreichs,  S.  44. 
*  Es  steht:  beschrieben. 


I  sehr  rerschiedeu  von  der 
Wichtigkeit  ist,  in  unserer 
sbh&ngif;  von  einander  lu 
bewährten  Finanzbnndigen 
[•mmission  geleitet  werden, 
behalten  und  bloB  in  Hin- 
mit  dem  ei-eteren  in  Ver- 
,  jeder  Präsident  sicli  ans- 
tre  mit  der  Administration 
in  geholfen  und  dieselben 
ei  aber  sehr  nfltzliche  and 
ini^ng  aller  Caseen  und 
erselben  ungemein  veiein- 
neuen  Anstalten  and  Ver- 
ändern Fonds  rflckg&i^g 
der  Hälfte  der  gegenwärtig 
I  besoi^  werden,  es  wäre 
wäre  die  Cameralcasse,  in 
alle  Ausgaben  anfingen. 
rsitäts-,  Stipendien-,  Bni- 
alle  vei'scbiedenen  Fonds 
und  alle  Zuflflsse  in  das- 
tndere  Anstalt  ans  Unzu- 
'e  dann  Tert^;enheit;  ein 
lecken,  nie  Geld  zu  guten 
.eicfat  zu  übersehen  nnd  zu 
dassregel  so  einleachtend, 
inelligkeit  und  Einfachheit 
Bancozettel,  Hanptotaats- 
lie  Credttswesen  heissen, 
lationen  Bezug  haben,  in 
robei  die  ob^n  Vortheiie 
rt  wird.  Diese  allgemeine 
«ommiBsion  zn  stehen  and 
1. 

unterliegen  die  Cameral- 
gnng  aller  Fonds  werden 
1  alle  anter  eine  Admini- 
je  sehr  wird  nicht  schon 
leichter  üebersicht  entielt, 


(  ^ 


: 


364 


uel)stdem  noch  der  Yortheil  eneicht,  dass  die  Fondsgüter,  welche  jetzt 
unter  den  politischen  Stellen  einer  aus  keinen  Sachverständigen  beste- 
henden Leitung  unterliegen,  unter  eine  solche  gelangen,  welche  dem 
Werke  gewachsen  ist,  wo  sie  besser  benützt  werden  können.  Aber  auch 
alsdann  noch  lastet  eine  grosse  Masse  derselben  auf  dem  Staate,  deren 
immer  zunehmende  Regiekosten  unter  der  Administration  des  Staates, 
die  den  grössten  Theil  der  Einkünfte  verzehren,  und  weiche  wegen  ihrer 
schlechten  Administration  dem  Staate  im  Verhältnisse  bei  Weitem  nicht 
den  angemessenen  Nutzen  bringen.  Sind  daher  die  Güter  alle  unter  eine 
Administration  gebracht,  dann  sind  alle  diejenigen,  welche  aus  besonderen 
Staatsrücksichten,  zum  Beispiel  wegen  der  gi'ossen  Wälder,  wegen  wich- 
tiger Bergwerke,  wegen  der  grossen  Getreideerzeugung,  wegen  besonderer 
Fabriken  oder  wegen  ihrer  vortheilhaften  Lage  beibehalten  werden  mfissen, 
als  unveräusserlich  zu  bestimmen  und  diese  Bestimmung  nach  sü-engen 
Grundsätzen  anzunehmen;  alle  übrigen  wäien  ohne  Unterschied  nach 
und  nach  dem  Meistbietenden  zu  verkaufen.  Der  Staat  gewinnt  dabei, 
indem  der  Eaufschilling,  den  er  erhält,  den  Werth  des  Gutes,  den  es  in 
dem  Augenblicke  des  Verkaufes  hat,  übeiiirifft,  daher  er  die  Interessen 
davon  ohne  Administrations-  und  Regiekosten  bezieht,  nebstdem  gewinnt 
noch  das  Allgemeine,  da  die  verkauften  Güter  besser  administrirt  werden, 
als  sie  es  unter  der  Staatsverwaltung  waren;  dadurch  kann  sich  auch  der 
Staat  einen  so  nöthigen  Geldzufluss  für  seine  Finanzoperation  verschaffen. 
Das  Oekonomische  aller  Herrschaften,  die  dem  Staate  bleiben,  auch 
jene,  die  nur  unter  der  montanistischen  Stelle  stehen  und  von  dort  aus, 
wie  es  auch  bisher  geschah,  schlecht  administiirt  wurden,  hätten  unter 
der  Domänen-Hofcommission  zu  stehen.  Die  Oberleitung  aller  Cameral- 
güter  in  der  Monarchie  wäre  von  derselben  zu  führen,  sie  wäre  dag^n 
auch  mit  sachverständigen  Männern  zu  besetzen,  welche  dem  Werke  in 
jeder  Hinsicht  gewachsen  sind.  Alle  Bergwerke,  auch  jene  auf  den 
Cameralherrschaften  hingegen,  sowie  die  dazu  bestimmten  Wälder  hatten 
unter  der  unmittelbaren  Leitung  der  montanistischen  Hof  kammer  zu 
stehen,  indem  es  die  Erfahrung  lehrt,  dass  die  Bergwerke  auf  den  Ca- 
meralgütern  in  schlechtem  Zustande  sind  und  dieser  Zweig  ohnehin  blos 
von  Sachverständigen  geleitet  werden  kann ;  dadurch  wird  die  der  Sache 
80  angemessene  Grenzscheidung  zwischen  den  ökonomischen  und  mon- 
tanistischen Geschäften  auf  den  Gameralgütern  gebildet  und  diese  zwei 
Gegenstände  nach  der  Natur  der  Sache  getrennt.  Die  Summe,  welche 
der  Verkauf  der  Güter  abwirft,  ist  für  die  Finanzoperation  bei  Ver{siegaBg] 
der  meisten  Hilfsquellen  unentbehrlich.  Die  übrig  bleibenden  Camersl- 
güter  sind  nebst  der  besten  Benutzung  zu  dem  auch  angeführten  Zwecke 


365 

auch  als  Musterwirthschaften  zu  behandeln.  Versuche  aller  Art  sind  in 
der  Oekonomie  daselbst  zu  machen,  Qberall,  nicht  nur  auf  den  Herr- 
schaftsfeldem  und  Wiesen  und  den  übrigen  Rubriken  derselben,  sondern 
auch  durch  Ueberredung  und  unverdrossenen  Unterricht  bei  den  TJnter- 
thanen  eine  verbesserte  Wirthschafk  nach  der  Lage  derselben  als  Beispiel 
für  die  Grundbesitzer  und  Landleute  der  Gegend  einzuführen  und  so  zum 
Beispiel  einer  vollkommenen  Wirthschafk  zu  dienen.  Nicht  nur,  dass  auf 
diese  Art  der  Ertrag  der  Güter  namhaft  erhöht  wird,  so  wird  auch  da- 
durch, dass  sie  in  allen  Provinzen  vertheilt  sind,  gewiss  am  meisten 
durch  das  Beispiel  die  Landwirthschaft  in  der  Monarchie  verbessert,  die 
Producte  vermehii;  und  viel  mehr  Nutzen  als  durch  die  Landwirthschafts- 
kanzeln  gestiftet,  welche  aber  doch  nebstbei  nothwendig  sind.  Ebenso 
ist  die  Forstcultur  daselbst  auf  den  vollkommensten  Grad  zu  bringen  und 
in  dieser  Hinsicht  keine  Kosten  zu  scheuen.  Alles  dieses  läset  sich  nur 
bei  einer  geringen  Quantität  Cameralgüter  von  zweckmässiger  Lage  und 
bei  einer  nicht  blos  dikasterialischen,  sondern  auch  wissenschaftlichen 
Oberaufsicht  erreichen.  Das  Bergwesen  ist  niclit  minder  eine  sehr  starke 
Binnahmsrubrik,  viel  wird  in  diesem  fftr  die  österreichische  Monarchie 
nicht  genug  hoch  zu  achtenden  Zweige  gethan,  viel  ist  aber  noch  zu 
thun  übrig,  um  diesen  Zweig  seiner  Vollkommenheit  näher  zu  bringen 
und  die  Erzeugung  zu  vermehren.  Die  Oberleitung  desselben  durch  eine 
eigene  Behörde  ist  zweckmässig,  nur  ist  die  Massregel  höchst  unangenehm 
und  durch  Vei-zögeiung  den  Geschäften  sehr  nachtheilig,  dass  sie  ganz 
unter  der  Hofkammer,  einer  Stelle  steht,  wo  Niemand  nur  eine  Idee  vom 
Bergbau  hat;  dort  werden  alle  Referate  derselben  organisirt  und  nach 
Gutdänken  Bemerkungen  gemacht,  welche  unter  dem  Namen  des  Mon- 
archen hinabkommen,  dadurch  wird  das  Ansehen  der  Stelle  herabgesetzt, 
die  Schreiberei  ohne  Nutzen  vermehrt;  um  diesem  Uebel  abzuhelfen,  hätte 
die  Hofstelle,  sowie  die  Beamten  der  Hof  kammer,  unabhängig  von  der- 
selben, blos  unter  dem  Präsidio  zu  stehen.  Von  dieser  wären  die  Vor- 
träge zu  unterziehen  und  die  Protokolle  hinaufzubegleiten.  Folgende 
Ideen«  wie  man  den  Bergbau  noch  mehr  emporbringen  und  seine  Leitung 
▼ereinfachen  könne,  will  ich  hier  noch  anführen,  da  sie  nach  meiner 
Meinung  diesen  grossen  Endzweck  bald  erreichen. 

Die  erste  Sorge  zur  Vervollkommnung  dieses  Zweiges  ist  der  Un- 
terricht, für  welche  [dui-ch]  die  Schemnitzer  Bergakademie,  die  jedoch  in 
manchen  Stücken,  besonders  in  den  Professoren  einiger  Reform  bedarf, 
iweckmässig  gesorgt  ist.  Die  Untergebung  aller  Bergwerke  und  die  zu 
denselben  bestimmten  Wälder  unter  die  montanistischen  Stellen  ist  auch 
sehr  wichtig,  indem  sie  allein  im  Stande  sind,  eine  ordentliche  Betreibung 


366 


einzuleiten  und  die  zum  Bergbau  bestimmten  Wälder  darnach  zu  be- 
nutzen, deren  Cultur  die  Bergbeamten  ohnehin  durch  den  Unterricht  in 
der  Forstwirthschaft  an  der  Schemnitzer  Bergakademie  lernen,  wo  hin- 
gegen die  Administration  der  nunmehrigen  montanistischen  Güter  in  den 
übrigen  Zweigen  an  die  Hofkammer  abzutreten,  da  diese  ausser  den 
Wirkungskreis  der  Stelle  schlägt;  dadurch  werden  die  bisher  von  der 
Kammer  geleiteten  Bergwerke,  die  immer  schlecht  besorgt  waren,  in 
guten  Stand  kommen,  sowie  hingegen  auch  die  Güter  vor  Verwahrlosung 
oder  einseitiger  Benutzung  geschützt  werden. 

Nun  Yon  dem  Bergbau  insbesondere: 

Bei  dem  Gold-  und  Silberbei*gbau,  der  nur  durch  die  Zeitumstände 
so  sehr  ins  Stocken  kam,  ist  eine  Auftnunterung  und  die  möglichste  Ver- 
mehrung des  Münzmaterials  zu  erzwecken  dringend  nöthig,  welche  nebst 
dem  lebhaften  und  zweckmässigen  Betrieb  der  noch  Hoffnung  gebenden 
Aerarialwerke  noch  und  vorzüglich  nur  in  einer  billigen  und  anlockenden 
Einlösung  bestehen  kann,  welche  geeignet  ist,  sowohl  Jedermann  Beiz 
zu  diesem  Bergbau  zu  geben,  als  auch  die  besonders  in  Siebenbürgen 
ungeheuren  Goldausschwäi*zungen  zu  hindern;  blos  dadurch  kann  allen 
diesen  Hebeln  standhaft  und  dauernd  abgeholfen  werden.  Nur  auf  eine 
Art  kwin  dieser  Zweck  für  den  Anfang  erreicht  werden,  wenn  nämlich 
die  eingelieferten  Erae  und  Schlichte,  sowie  das  Waschgold  nach  Abschlag 
der  Schmelz-  und  P[i-äge]kosten  nach  ihrem  ^  wahren  Werthe  ganz  in 
Conventionsgeld  eingelöst  werden.  Nur  dadurch  erhält  das  Gewerk  Ent- 
schädigung für  die  so  grossen  Erzeugungskosten ;  nur  dadurch  wird  das 
Ausschwärzen  unmöglich  gemacht,  indem  jedem  Einlieferer  das  Ueber- 
brachte  in  dem  wahi'en  Werthe  vollkommen  ersetzt  wird,  ohne  dass  er 
dabei  Mühe  und  Gefahr,  welche  mit  dem  Ausschwärzen  immer  verbunden 
ist,  hätte.  Durch  diese  Massregel,  wenn  auch  der  Staat  das  eingelöste 
Metall  als  Einlösungspreis  grösstentheils  wieder  hinausgibt,  so  wird  doch 
die  Masse  des  circulirenden  Geldes  ansehnlich  vermehrt,  welches  dann 
der  ^  Staat  durch  Steuern  oder  auf  andere  Arten  bald  wieder  einbringen 
kann  und  dadurch  in  den  Stand  kommt,  das  Papiergeldsurrogat  eher  zu 
entbehien,  indem  sich  die  edle  Metallmasse  des  Staates  namhaft  vermehrt. 

Auf  diese  Ai-t,  aber  blos  auf  diese  Art  allein  kann  der  Gold-  und 
Silbererzeugung  so  aufgeholfen  werden,  dass  die  Summe  des  einkom- 
menden Materials  im  ersten  Jahre  wenigstens  auf  das  Doppelte  und 
Dreifache  des  Gegenwärtigen  kommen  wird  und  in  der  Folge  noch  zu- 
nehmen muss;  nur  daduixh  lässt  sich  die  Menge  der  edlen  Metalle  im 


^  Es  steht:  seinem.      '  Es  steht:  dem  Staate. 


367 

Staate  vermehi'en  oder  wenigstens  der  Abgang,  der  durch  eine  nach- 
theiüge  Handelsbilanz  entsteht,  ersetzen. 

Eben  einer  Aufmunterung  bedarf  die  Erzeugung  des  Kupfers,  wel- 
ches dann,  wenn  durch  eine  gute  Finanzadministration  einmal  die  Kupfer- 
ausmfinzung  aufhören  wii'd,  einer  der  wichtigsten  Ausfuhrsartikel  für 
den  Staat  werden  kann;  auch  hier  ist  das  einzige  Mittel  hiezu,  entweder 
eme  dem  wahren  Werthe  sich  sehr  nähernde  Einlösung  einzuführen  oder 
den  Privatwerken  den  freien  Verkauf  des  Kupfers  zu  gestatten,  welches, 
da  in  der  Folge  die  Aerarialkupferhütten  den  Bedarf  an  diesem  Mittel 
leicht  decken  werden,  ohne  Anstand  erlaubt  werden  kann. 

Die  Erzeugung  des  Eisens  bedarf  keiner  Ermunteining,  eher  einer 
Einschränkung,  da  sie  den  Waldstand  weit  übersteigt,  worauf  von  den 
Hofstellen  ein  wesentliches  Augenmerk  gerichtet  werden  muss,  dass  die 
Erzeugung  nie  den  Waldstand  übersteige. 

Die  montanistischen  sowohl  als  die  Aerarialwerke  sind  sehr  wichtig, 
aber  letztere  sind  meistens  in  schlechtem  Stand  und  können  nur  durch 
üebergabe  an  die  montanistische  Hofstelle  in  Flor  gebracht  werden.  Mit 
der  ungeheuren  Masse  der  Werke  von  Eisenerz,  welche  auch  hieher 
gehören,  hat  es  eine  eigene  Bewandtniss,  sie  bestehen  nebst  dem  Eisen- 
werke und  Hochöfen  aus  einer  grossen  Menge  von  Hämmern,  welche  das 
eigene  Eisen  verarbeiten.  Die  ganze  Masse  stehet  unter  einem  Heer  von 
Beamten,  welche  die  Einkünfte  grösstentheils  verschlingen,  und  doch  wird 
schlechte  Waare  erzeugt.  Die  Begie-  und  Administarationskosten  sind  so 
gross,  dass  ungeachtet  des  so  grossen  und  immer  steigenden  Eisenpreises 
doch  schon  seit  einigei*  Zeit  hier  statt  einer  Einnahme  schon  ein  Deficit 
sich  zeigt,  welches  ähnlich  einzig  ist,  aber  wenn  man  die  ungeheure 
Begie  betrachtet,  sehr  natürlich  ist.  Leicht  liesse  sich  dieses  zum  Besten 
des  Staates  vereinfachen  und  die  Einkünfte  der  Werke  vermehren,  wenn 
blos  das  Bergwerk  und  die  Hochöfen  in  der  Aerarialregie  sammt  dem 
nöthigen  Antheil  von  Wäldern  und  den  Beichenauer  Werken  verbleiben, 
welche  man  leicht  übersehen  und  zweckmässig  administi'iren  kann,  die 
Herrschaft  Donnersbach  ^  und  alle  Hämmer  mit  den  zur  Erzeugung  für 
jeden  angemessenen  Antheil  an  den  grossen  Beservewaldungen  einzeln 
lidtando  verkaufen  und  alle  jene  Hämmer,  welche  ohne  Holzbedeckung 
bleiben,  ganz  aufgelassen  würden.  Da  diese  Hämmer  alle  mit  dem  com- 
petenten  Waldantheil,  was  so  selten  ist,  versehen  sind,  so  werden  sie  um 
»ehr  hohen  Preis  verkauft  werden,  deren  Interessen  gewiss  das  Doppelte 
von  den  bisherigen  Einkünften  tragen  werden.  Das  Werk  wird  atich  dann. 


^  In  Steiermark. 


Iptj8«n  eiofactaer  AdministratioD  iiDd  <Iem  ^schickt  eingeleiteten  Rob- 
iTnrkauf  gewiss  eben  so  viel  eiutragea,  als  hk  jetzt  sanimt  allen  Him- 
1  trägt,  iodem  die  Hämmer  eoast  niif  ends  das  zu  ihrer  Arbeit  nflihige 
•iuen  erhalten  kSnoen,  nicht  zu  gedenken,  was  dae  Land  durch  die 
ero  nnd  induatriCse  Betreibung  der  Hämmer  durch  Private  gewinnt. 
Rneugung  der  übrigen  Metalle  ist  auch  von  Belang,  besonders  Jen« 
Bleiett  und  verdienten  mehr  Änfmunternng  als  jene  des  Gatmeia,  dei 
iH,  des  Kobalts,  hiebet  ist  aber  nichts  von  grosser  Wichtigkeit  in 
lern,  als  dass  die  Erieugung  derselben,  sowie  jene  des  Schwefels, 
ins,  der  Steinkohlen  etc.  so  viel  möglich  den  Privaten  zu  flberlsssen 
nur  muss  die  Staatsverwaltung  immer  die  Oberaufsicht  führen  and 
lin  an  ktlnftiger  Aufmunterung  dabei  fehlen  i^sen.  Diese  Bemer- 
ken betreffen  dits  Bergwerk^efäll,  nun  gehe  ich  eu  den  flbrigen  Ober. 

Das  SalzgefUll  gehnrt  sowohl  wegen  des  Reichthnrns  der  Saliaen. 
luch  w^en  dessen  grosser  1<lrtrSgniBS  zu  einem  der  wichtigsten  def 
tos.  Um  dasselbe  zu  einem  grosseren  Ertrigniss  zu  bringen  nn<1 
elbe  ansehnlich  zu  vereinfachen,  wQrde  ich  den  Salzverschleiss  in 
ade  ganx  freigeben,  wodurch  die  Heere  von  Beamten  erspart,  di) 
ipiilation  vereinfacht  und  das  GefSIl  erträglicher  gemacht  wird,  lü 
le  das  Salz  nach  einem  bestimmten  Preise  an  alle  [Private]  verkaofei 
'  dessen  Verföhmng  und  VerschleisB  den  ganzen  Privatspeculatianei 
lassen.  Dadurch  hätte  der  Staat  ein  reichlich  eintragendes  nnc 
ires  GeßUI,  dessen  Ertrag  kein  Beamtenheer,  keine  Transportkostei: 
alle  Jahi-e  vermindern  und  welches  schon  in  diesem  Augenblicke  viei 
r  als  das  gegenwärtige  Salzmonopol  nach  Abschlag  der  B^ekostei 
Bn  wGrde.  Hie  und  da.  besonders  in  Hauptstädten  wären  gr<)ssen 
irial-Salzmagazine  anzulegen,  um  bei  etwa  eintretendem  Salzmangei 
h  Verkauf  einer  Quantität,  jedoch  nur  um  den  gangbaren  Preis 
eil  helfen  zu  können.  Dem  Wucher  der  Salzverkäufer  könnte  man 
b  eine  billige  Limitation  des  Preises  abhelfen.  Auf  diese  Weise  wirf 
so  schädliche  Monopol  aufboren,  dieses  GeßUl  ausserordentlich  ve^ 
tcht  und  auf  einen  grossen  Ertrag  gebracht  werden.  Ob  aber  dii 
Qhrnng  dieses  Systems  bei  den  au  die  bisherige  Art  gewöhnten  Pro- 
)n  so  leicht  sei,  ist  eine  Frage,  die  wohl  fiberlegt  werden  muss,  sowi« 
lie  Bedingnisse  des  ebeu  at^eschloesenen  Friedens  nicht  diesem 
instande  eine  andere  Richtung  geben. 

Das  Tabaksgefäll  ist  auch  sehr  wichtig,  es  könnte  vielleicht  nacti 
'T  Art  auch  vereinfacht  werden,  jedoch  getraue  ich  mich  nicht  diultbei 

Nach:  ,und'  steht  noch:    ,ea*. 


369 

ZQ  entscheiden,  da  mir  zu  sehr  die  Eenntniss  des  Details  mangelt.  Viel- 
leicht konnte  mit  Beibehaltung  dessen  gegenwärtiger  Verlkssang  blos 
dnrch  Vereinfachung  dessen  so  complicirten  Geschäftsganges  durch  Ueber- 
lassung  des  Verkaufs  an  Privatspeculanten  Manches  erspart  werden. 

Die  Qbrigen  Gefälle  und  indirecten  Steuern  Hessen  sich  auch  un- 
gnnein  vereinfEichen,  theils  indem  man  die  nach  dem  Muster  der  übrigen 
Zweige  Tereinfachte  Regie  mit  jenen  der  wichtigen  Gefälle  und  der  directen 
Stenem  vereinigt,  theils  durch  mit  den  gehörigen  Vorsichten  eingeleitete 
Verpachtungen,  welche  bei  minder  wichtigen  Gefällen  immer  von  Nöthen 
sind.  Wenn  es  auch  nicht  möglich  sein  sollte,  durch  eine  bessere  und 
einfache  Administration  ihr  Erträgniss  sehr  zu  heben,  so  wird  schon  die 
bedeutende  Ersparung  in  den  B^ekosten  ein  reeller  Gewinn  f&r  den 
Staat  und  dessen  Finanzen  sein,  welcher  um  desto  schätzbarer  ist,  da 
durch  denselben  die  ünterthan[en]  nicht  mehr  belastet  werden  und  eine 
zahlreiche  Menschenclasse,  die  nur  dabei  verwendet  wird,  zu  anderen 
Bedürfnissen  des  Staates  anwendbar,  zurückbleibt. 

Sdiliesslich  noch  einige  Ideen  über  Mauthsjstem  und  Handel, 
welche  noch  in  diese  Bubrik  gehören. 

Eine  der  wichtigsten  Sorgen  des  Staates  gleich  nach  dem  Frieden 
moss  den  Handel  betreffen.  Die  möglichste  Vermehrung  der  Production 
muss  Hand  in  Hand  mit  Behebung  aller  Hindernisse  und  Anwendung 
aller  in  staatswirthschaftlicher  Hinsicht  nützlichen  Mittel,  um  den  Handel 
^mporzubringen,  gehen;  blos  durch  die  zwei  Mittel  ist  es  möglich,  die 
dorch  den  Feind  der  Monarchie  in  dieser  Hinsicht  durch  den  Verlust  der 
Meeresküsten  tief  ge8chlagen[en]  Wunden  nach  und  nach  zu  heilen. 

Durch  das  erste  wird  die  Vermehrung  der  Bevölkerung  möglich 
gemacht  und  Producte  aller  Ai*t  erzeugt,  die  allein  durch  die  Ausfuhr 
baares  Geld  dem  Lande  in  Menge  verschaffen  können  und  die  Grundlage 
eines  soliden  Handels  bilden.  Durch  das  zweite  wird  der  Verkehr  zwischen 
den  Fremden  und  unseren  Unterthanen  befördert  und  denselben  jener 
hohe  Grad  von  Blüthe  gegeben,  welchen  er  schon  ohne  die  verderblichen 
Grundsätze  des  Dikasterialschlendrians  und  der  Plusmacherei  bei  uns 
zum  Wohle  des  Staates  lange  haben  könnte.  Beide  gehen  Hand  in  Hand 
nnd  verdienen  gleich  wichtige  Bücksicht.  Was  das  erste  betrifft,  so  hat 
zwar  die  Staatsverwaltung  nur  indirecte  Mittel,  um  die  Production  zu 
vermehren,  werden  sie  aber  zweckmässig  angewandt,  so  verfehlen  sie  nie 
ihren  Zweck,  wie  es  uns  die  Erfahrung  unserer  Zeiten  unter  der  weisen 
Begperung  Josef  II.  lehi*t;  nur  müssten  die  Hindernisse,  die  hie  und  da 
durch  die  Staatsverwaltung  und  die  Landesverfassungen  gelegt  werden, 
eher  behoben  werden. 


370 

Da  die  Auseinandei*setzuDg  ^  aller  wichtigen  Produciionszweige  der 
Monarchie  und  die  Mittel,  ihr  aufzuhelfen,  viel  zu  weitläufig  wäre,  um 
hier  einen  Platz  zu  finden,  so  werde  ich  einige  derselben  als  Beispiele 
ausheben,  wie  viel  da  noch  zu  thun  sei. 

Einer  der  wichtigsten  Productionszweige  ist  der  Ackerbau,  Tor- 
züglich  in  OesteiTeich,  Böhmen,  Mähren,  Galizien  und  Ungarn.  Welch 
weites  Feld  lässt  er  noch  zur  Verbesserung  übrig  und  welch  ungeheurer 
Nutzen  wäre  es  nicht  für  den  Staat,  wenn  nebst  dem  inneren  Verbrauch, 
welcher  nur  oft  kaum  gedeckt  ist,  noch  grossere  Quantitäten,  welche 
bei  einer  nach  wahren  ökonomischen  Grundsätzen  geleiteten  Verbesserung 
leicht  die  Summe  von  4 — 6  Millionen  Motzen  aller  Art  Getreide  erreichen 
können,  au8gefühi*t  werden  und  dafür  Conventionsgeld  ins  Land  kommen 
könnte,  ohne  noch  von  dem  Anbau  so  vieler  Futterkräuter  und  Handels- 
pflanzen zu  reden,  von  welchen  der  Nutzen  auch  ungeheuer  ist.  Durch 
Anlegung  von  landwirthschaftlichen  Anstalten,  durch  Sorge,  dass  blos 
bei  denselben  kundige  Beamte  angestellt  werden,  durch  Anstalten,  wo 
auch  der  Landmann  geläuteiie  Begriffe  von  einer  besseren  Cultur  erhält, 
durch  Anlegung  von  häufigen  Musterwirthschaften  auf  allen  Staatsgütern, 
durch  Aussetzung  von  Prämien  auf  die  beste  Cultur,  auf  den  Anbau 
nützlicher  Handelskräuter,  durch  Vertheilung  guter  Samen  kann  man 
diesem  Zweige  viel  Schwung  verschaffen. 

In  den  deutschen  Provinzen  setzt  die  Verfassung  einer  besseren 
Cultur  keine  Hindemisse  in  den  Weg,  ganz  anders  ist  es  hingegen  iii 
Ungai'n,  wo  der  Bauer  kein  freies  Eigenthum  hat  und  mit  Leistungen 
sehi*  überhäuft  ist;  so  lange  er  kein  freies  Eigenthum  seines  Grundes 
erhält  und  nicht  mehr  zu  leisten  hat,  als  dass  er  doch  daneben  seine 
Grundstücke  zweckmässig  bebauen  kann,  wird  der  Ackerbau  beim  Land- 
mann daselbst  nicht  emporkommen. 

Ein  zweites  Uebel  ist  die  zu  gi*osse  Ausdehnung  sowohl  der  Gründe 
des  Herrn,  als  auch  hie  und  da  des  Bauers,  wodurch  es  ganz  unmöglich 
wird,  sie  zweckmässig  zu  bebauen;  durch  ein  Begulativ  der  Bauergründe 
in  jenen  Gegenden,  durch  eine  Vorsicht  in  den  Gesetzen  in  Hinsicht  der 
grossen  Puszten  liesse  sich  das  Uebel  sehr  mildern.  Durch  Aufmunterung 
der  Privaten,  auf  den  grossen  Puszten  Dörfer  anzulegen  und  sie  mit 
Gründen  hinreichend  zu  dotiren ,  durch  Verkauf  einiger  CameralpusKten 
mit  dem  Bedingnisso,  Dörfer  darauf  anzulegen,  welchem  Beispiel,  beson- 
ders wenn  sie  vom  Souverain  durch  so  vielerlei  Art  aufgemuntert  werden, 
viele  Private  folgen  werden,  würde  auch  viel  geschehen  können.    Eben 


^  Steht:   AuBeinaoBetzung. 


371 

durch  die  nämlichen  Mittel  nebst  der  Aufhebung  oder  billigen  Taxirung 
der  Fleischsatzungy  durch  Aufhebung  oder  Mässigung  alles  Transitos, 
Strassen-  und  Brückenzolles  auf  Vieh  Hesse  sich  die  so  sehr  herabgekom- 
mene Viehzucht  wieder  emporbringen. 

Die  Aufmunteiiing  von  Fabriken,  besonder  von  jenen,  welche  in- 
ländische Erzeugnisse  verarbeiten,  ist  der  zweite,  ebenso  wichtige  Gegen- 
stand, nicht  nur,  dass  dadurch  grosse,  ins  Ausland  gehende  Geldsummen 
erspart  werden,  sondern  auch,  wenn  die  Fabriken  emporkommen,  ver- 
breitet sich  der  Handel  mit  unseren  Waaren,  da  die  englischen  nun  in 
ganz  Europa  verboten  sind,  weit  und  breit  herum.  Durch  Hebung  aller 
Hindernisse,  die  bisher  der  freien  Errichtung  der  Fabriken  im  Wege 
standen,  durch  Bestimmung  von  Prämien  auf  neue  Fabrikate  und  auf 
neue  Erfindungen  in  diesem  Fache,  durch  Ertheilung  von  zweckmässigen^ 
Privilegien  und  Patenten,  durch  angemessene  Unterstützung  jener  Fa- 
briken, die  kostbare  Vorauslagen  verursachen,  durch  Ansiedlung  fremder 
Fabrikanten  und  andere  ähnliche  Mittel  kann  man  diesen  Zweig  der 
Production  bald  emporheben,  wie  es  der  Erfolg  der  deshalb  unter  Josef  n. 
angefangenen  Massregeln  sattsam  beweist.  Die  Verfeinerung  und  Ver- 
besserung der  Eisenfabrikation,  der  Glasarbeiten,  der  Leinwand-,  Kattun-, 
Tuch-  und  Zeugweberei,  der  Spitzenarbeit,  sowie  jene  der  verschiedenen 
Luxusartikel  sind  die,  so  fQr  Oesterreichs  Monarchie  den  meisten  Gewinn 
abwerfen  werden. 

Auf  diese  Art  wiid  die  Production  vermehrt  und  dadurch  der  in- 
ländische Verbrauch  versehen  und  zugleich  Stoff  zum  Handel  mit  dem 
Auslande  erzeugt.  Dieser  Erzeugungsüberfluss  ist  nicht  hinlänglich,  um 
allein  schon  einen  vortheilhaften  Handel  mit  dem  Auslande  zu  begi*ünden ; 
es  müssen  auch  alle  möglichen  Aufmunterungen  für  denselben  angewandt 
und  alle  Hindernisse  auf  die  Seite  geräumt  werden,  damit  derselbe,  frei 
von  allen  Fesseln,  sich  nach  den  Umständen  richten  und  den  möglichsten 
Vortheil  augenblicklich  aus  denselben  ziehen  kann.  In  unserer  nunmeh- 
rigen Lage,  abgeschnitten  von  aller  Verbindung  mit  dem  Meere,  umgeben 
von  Nachbarn,  die  aus  dem  Handel  alle  möglichen  Voi*theile  werden 
ziehen  wollen,  müssen  diese  Ginindsätze  in  allem  vollen  Masse  befolgt 
werden,  indem  sonst  der  Handel  zum  Buin  des  Staates  gleich  stocken  kann. 

Das  Erste  ist  die  Wogräumung  aller  den  Handel  in-enden  Hinder- 
nisse, deren  es  leider,  da  dieser  Gegenstand  auch  selbst  unter  Josefs 
Augen  nicbt  mit  einer  staatswirthschaftlichen  Hand  geleitet  wurde,  in 
unserer  Monarchie  viele  gibt.    Eines  der  wichtigsten  Hindernisse  eines 


*  In  der  Abschrift  steht:  zweckwidrigen. 


372 

frpinn  Haadels  bei  uns  iet  niiEer  Haothsystem  und  der  Zolltarif,  sowohl 
In  der  Einfulir  als  der  ÄDsfohr  und  ancli  in  RiDBicht  des  gezwungenea 
Laufes  des  Handels.  Das  Hauthsystem  soll  nitcb  den  gelänterten  Grnnd- 
sätzon  dei'  Staats wirthschaft  nie  als  eine  Finanzqnelle  betrachtet  werden, 
es  soll  nnr  zur  Beförderung  des  Handels  dienen  nnd  die  Staatsverwaltung 
immer  in  der  Evidenz  des  Handelszu^s  hiitt«n.  Ee  soll  daher  dem  Handel 
keinen  Zwang  anlegen,  welches  besonders  in  diesem  Ängenblicke,  wc 
unsere  Lage  in  Hinsicht  des  Handels  sich  durch  den  Verlust  der  Heer- 
kSsten  so  sehr  verschlimmert  hat,  mit  der  grOssten  Soi^alt  beobachtet 
werden  muee,  um  unseren  Handel  nicht  ganz  zu  zerstören. 

Diesem  nach  sind  die  allgemeinen  Grundsätze  einer  nenen  Hanth- 
ordnung,  eines  neuen  Tarifes  folgende:  dass  alle  Waaren  ohne  Unter- 
schied bei  jedem  Wege  ans-  und  einbrechen  kennen,  wo  sie  wollen;  di 
die  Handelswege  oft  wechseln  und  durch  eine  Beschrinknng  derselben 
der  Handel  mächtig  gehemmt  wird,  dass  die  Ausfuhr  aller  Lebensmitt«! 
und  roher  Materialien,  welche  im  Lande  verarbeitet  werden,  frei  sei;  dass 
die  Einfuhr  aller  halb  verarbeiteten  Waaren  einem  sehr  kleinen  Zoll, 
jener  der  ganz  verarbeiteten  hingegen  einem  mfissigen  Zoll  unterliegen, 
welcher  im  böhern  zu  steigen  hat,  als  dass  die  inländischen  Waaren 
beim  Verkaufe  im  Inlande  um  einige  Procente  wohlfeiler  g^^ben  werden 
k'innen  nnd  daher  den  Ausländern  die  Concunenz  abgewinnen  kennen, 
wodurch  die  Güte  der  Waaren  der  inländischen  Fabrikation  namhaft 
gewinnen  muss,  indem  sie  sich  bemühen  müssen,  durch  Güte  der  Waaren 
und  Industrie  es  den  Ausländern  abzugewinnen,  deren  Waaren  neben  den 
ihrigen,  obwohl  theuer.  doch  auf  dem  Markte  erscheinen  werden,  welches 
ihnen  durch  einen  massigen  Zoll  ungemein  erleichtert  wird:  wird  aber 
der  Zoll  auf  die  Ausländerfabrikate  stark  erb'^ht,  so  hört  gleich  die  In- 
dustrie des  inländischen  Fabrikanten  auf,  von  Concnrrenz  befreit,  gibt 
er  sich  keine  Hübe,  macht  schlechte  Waaren,  welche  dann  im  Inlande 
ans  Hangel  zwar  Absatz  findet,  aber  desselben  Credit  im  Anslande  ver- 
liert, der  ihm  auch,  da  der  Absatz  im  Inlande  stark  ist,  gleichgrltig 
wird,  wo  denn  endlich  zuletzt  die  ausländischen  Waaren  gesucht  und  in 
Menge  he  rein  geschwärzt  werden;  dass  endlich  die  ganz  unnfithigen  Fro- 
ducte  des  Luxus,  als  ausländische  Weine  etc.  nnd  auch  die  Arznei  and 
Colonialwaaren  so  hoch  belegt  werden,  als  es  mf^licb  ist,  ohne  die  Contre- 
bande  zu  beffirdei'n,  da  sie  doch  eingeführt  werden  mflssen.  Wäi-e  ihr« 
Einfuhr  so  beträchtlich,  dass  man  ihr  Schranken  setzen  wollte,  so  würde 
ein  Verbot  des  Genusses  dieser  Artikel  viel  mehr  als  eine  grosse  EibOhang 
des  Zolles  nutzen,  wie  es  die  Erfahrung  der  Jahre  1806  und  1807  deut- 
lich zeigte. 


373 

Was  nua  die  Aisfuhr  betrifift,  dass  jene  aller  rohea  Producte  mit 
einem  massigen  Zoll  belegt  werden,  um  die  inländischen  Fabriken  beim 
Einkauf  derselben  zu  begünstigen,  jedoch  nur  insoweit,  als  dadurch  nicht 
nachtheilig  auf  die  Production  selbst  gewirkt  wird;  dass  im  Gegentheil 
die  Ausfuhr  der  feiügen  Waaren  ganz  frei  sei,  sowie  auch  die  Ausfuhr 
aller  Victualien,  die  Zeit<les  Mangels  ausgenommen;  dass  die  Dnrchfuhi* 
aller  Waaren  nur  insoweit  belegt  werde,  damit  dieselbe  nicht  einen  an- 
deren Weg  nehme  oder  aufhöre,  dass  daher  der  Duichfuhrszoll  für  jeden 
Strassenzug  und  nach  den  eintretenden  Umständen  verschieden  sein  müsse. 

Auf  diese  allgemeinen  Grundsätze  ist  ein  gutes  Mauth-  und  Tarifs- 
system gebaut.  Unser  bisheriges  Mauth-  und  Tarifssystem  müsste  daher 
diesem  gemäss  namhafte  Aendeioingen  erleiden.  Der  Zwang,  dass  so  viele 
Waai-en  blos  bei  einer  Leg-  oder  Hauptlegstadt  nur  dürfen  verzollt  wer- 
den,  der  dem  Handel  so  schädlich  ist,  müsste  aufgehoben  werden  und  die 
Verzollung  aller  Waaren  ohne  Ausnahme  an  der  wichtigen  Handelsstrasse 
bei  den  Einbruchsörtern  angeordnet  werden.  Dann  müsste  der  Tarif,  der 
besonders  in  der  Einfahi*  der  Waaren  so  sehr  von  den  oben  angeführten 
Grundsätzen  abweicht,  diesem  gemäss  abgeändert  werden.  Alle  jene  Zölle, 
die  aus  Finanzabsichten  erhöht  worden  sind,  müssten  auch  nach  den 
obigen  Grundsätzen  regnlirt  werden  und  alle  Finanzrücksichten,  die  sich 
schlechterdings  nicht  mit  reinen  Handelsgrundsätzen  vertragen,  dabei 
ganz  beseitigt  werden.  Der  Durchfuhrstarif  müsste  ganz  aufhören  und 
der  Hofkammer  aufgetragen  werden,  für  jeden  Durchzugsweg  einen 
eigenen,  den  Umständen  gemässen  Tarif  zu  entwerfen  und  ihn  auch 
sogleich  nach  demselben  umzuändern,  um  aus  dieser  Quelle,  ohne  dem 
Handel  zu  schaden,  den  möglichsten  Nutzen  zu  ziehen,  da  die  Duich- 
fuhi'szölle  die  einzigen  sind,  aus  welcher  eine  weise  Oameraladministration 
durch  Benutzung  der  Gelegenheiten  eine  Finanzquelle  bilden  kann. 

Noch  eine  wesentliche  Hemmung  des  Handels  sind  die  noch  be- 
stehenden Zwischenmauthen  zwischen  den  Provinzen  und  besondei-s  die 
Dreissigstämter  an  Ungarns  Grenze.  Diese  wären  allsogleich,  sobald 
Ungarns  Verfassung  geändert  wird,  aufzuheben  und  den  Waai'en  Ungarns 
gleiche  Bechte  und  Gesetze  wie  jenen  der  übrigen  Provinzen  zu  geben. 
Schon  diese  Massregel  allein  wird  den  Handel  beleben  und  dadurch  den 
Staat  blühend  machen. 

Dieses  betrifft  nur  den  Handel,  der  wirklich  die  ersten  Rücksichten 
in  der  Staatsverwaltung  verdient,  und  so  ist  Alles,  was  sich  im  Allge- 
meinen über  Finanzen  sagen  lässt,  abgethan. 


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372 

freien  Handels  Ixi  i 
in  der  Einfuhr  als 
Laufes  des  Haii.If  1> 
Sätzen  der  Staatswi,' 
es  soll  nur  zur  B<  t 
immer  in  der  Evi.l.  • 
keinen  Zwang  an! 
unsere  Lage  in  II, 
küsten  so  sehr  v( , 
werden  muss,  imi 
Diesem  ii;i< 
Ordnung,  eines  ii 
schied  bei  jedem  ' 
die  Handolswop- 
der  Handel  infn  i 
und  roher  MatM; 
die  Einfuhr  al!» 
jener  der  ganz 
welcher  im  h  ^^ 
beim  Verkauf«' 
können  und  A 
wodurch  die  ' 
gewinnen  inn- 
und  Industrie 
ihi'igen,  olnw^ 
ihnen  dureli 
der  Zoll  auf 
dustrie  des 
er  sich  koii 
aus  Mangel 
liert,  der 
wird,  wo  .i 
Menge  hd 
ducte  des 
Colonialw 
bände  zi 
Einfuhr 
ein  Verl 
des  Zol' 
lieh  zoi 


375 

l)i(>8<«8  sind  nun  jene  Verbesserungsideen,  welche  sich  mir  in  der 

•  I  it^lf'genheit  des  geschlossenen  Friedens  aufdrängen ;  sie  sind  nur 

>rt.  ihre  Auseinandersetzung  aber  ist  mit  Müsse  und  mit  Zurathe- 

■lü  vorstandiger  Männer  leicht  thunlich,  sowie  ihre  Anwendung  zum 

iB<  iiüi'  Monai'chie  sich  dui'ch  ein  gut  organisii*tes  Centrum  bald  be- 

iwugeu  lässt. 

4iott«  der  uns  nun  den  Frieden  zum  Wohle  der  Menschheit  gab, 
!•  1  Staatsverwaltung  niir  Müsse,  diese  so  nöthigen  Befoimen  bald 
•.iiiit  u  zu  können,  dann  wird  gewiss  der  Staat,  ohngeachtet  nach  so 
u  ujid  empfindlichen  Aufopferungen,  sich  bald  erholen  und  zu  einem 
laudo  gelangen,  der  seiner  neuen  Lage  angemessen  sein  wird. 
.  .11 'g(*  lange  der  Genius  des  Friedens  mit  allen  seinen  Segnungen 
Tierreichs  Gefilden  schweben  und  nie  mehr  Minister  kommen, 
.    voll  des  Leichtsinns  durch  äusseren  Schein  der  Kraft  geblendet, 
iiikundige  Leiter  der  Finanzen  getäuscht,  ohne  Noth  einen  so  zu 
.    richtenden  Krieg  über  diese  Monarchie  herbeiführen  und  sie  so 
Vi  den  Abgrund  bringen,  sondern  immer  solche  das  Ruder  der 
iren  Angelegenheiten  führen,  welche  friedlich  gesinnt,  dem  mach- 
bar winder  mit  Klugheit  nachgeben  und  dadurch  den  Staat  bis 
.*  Epoche  erhalten,  wo  er  einst  in  späten  Jahi'en  vielleicht  wieder 
I  vorigen  Macht  und  Ansehen  gelangen  kann. 
:<>^^e  aber  auch  diese  Darstellung  nicht  umsonst  geschrieben  sein; 
>  sterreich  nicht  bei  hergestelltem  Frieden  wie  bisher  seine  Hände 
^t'hooss  sinken  lassen  und  Alles  dem  Zufalle,  wie  es  leider  nach 
"ssburger  Frieden  geschah,  überlassen;  schnell  muss  es  die  we- 
ilontvollen  Männer  der  Monarchie  sammeln,  mit  ihnen  ohne  alle 
lit  die  wichtigsten  Stellen  besetzen  und  dann  vereint  zu  der  all- 
1*11  Regeneration  schreiten. 

Xur  so,  nur  mit  Energie,  nicht  durch  halbe  Massregeln  und  blos 

Jilfe  talentvoller  Männer  lässt  sich  schnell  der  verlorene  Wohlstand 

K^narchie  wiedergeben,  welche  sich  sonst,  wenn  nach  dem  bisherigen 

■adrian  fortgefahren  wird,  selbst  nach  und  nach  aufiösen  und  die 

^>  des  schwächsten  Feindes  werden  muss. 


\ 


A 


AUFENTHALT 


DER 


ERZHERZOGE  JOHANN  UND  LUDWIG 


IN     E]SraijA.ND 


(1815  UND  1816). 


NACH  UNGEDRUCKTEN  QUELLEN 


VON 


EDUARD  WERTHEIMER. 


AtcWt.  Bd.  LXIVra.  II.  Hüfte.  25 


Einleitung. 


jbast  unmittelbar  nach  der  Rückkehr  der  Erzherzoge 
Johann  und  Ludwig  aus  England^  gelangten  Mittheilungen  aus 
ihren  Aufzeichnungen  in  die  Oeffentlichkeit.  Nach  dem  Tage- 
buch Johanns  veröffentUchte  1816  Hugo  Altgraf  zu  Salm-Reiffer- 
scheid  Auszüge  aus  demselben  in  Hormayr's  Archiv.^  Im  fol- 
genden Jahre  erschienen  dann  zwei  Aufsätze  über  die  Reise 
der  Erzherzoge  in  der  ^Biblioth^que  universelle^  *  und  im  ,Stutt- 
garter  Morgenblatt^  ^  mit  Zugrundelegung  des  Tagebuches  des 
Erzherzogs  Ludwig. 

AU  diese  drei  Artikel  berichten  nur  vom  Besuche  der 
kaiserUchen  Prinzen  in  den  Fabriken  Englands.  Ihre  poUtische 
Mission,  die  Berührung  mit  dem  Hofe,  den  Ministem,  der  Ge- 
sellschaft und  ihr  Aufenthalt  in  London  blieben  jedoch  un- 
berücksichtigt. Bisher  unbekannte  Quellen  setzten  mich  in  die 
Lage,  diese  Dinge  eingehender  zu  behandeln.  Diese  neuen 
Quellen  sind  theils  dem  Privatarchive  Sr.  k.  u.  k.  Hoheit  des 
durchlauchtigsten  Herrn  Erzhei*zogs  Rainer,  theils  dem  k.  u.  k. 
Staatsarchive  in  Wien  entnommen.  Für  die  Benützung  dieser 
Sammlungen  habe  ich  meinen  Dank  hier  an  dieser  Stelle  Sr. 
k.  u.  k.  Hoheit  dem  durchlauchtigsten  Herrn  Erzherzog  Rainer, 
sowie  Sr.  Excellenz  Herrn  Geheimrath  Alfred  Ritter  von  Ameth 
abzustatten.  Bereitwilligste  Förderung  fand  ich  auch  für  diese 
Studien    bei    den    Herren    Hofeecretär    Dr.   Basilio    Giannelia, 


^  Hormayr^s  Archiv  fUr  Oeographie,  Historie  etc.  1816:  ,Ein  Blick  auf  der 
E^herzoge  Johann  und  Ludwig  Beisen  durch  England*  von  Hugo  Alt- 
grafen zu  Salm-Reifferscheid. 

'  Bibliothöque  universelle,  1817  — 1819:  Journal  in^t  d*un  voyage  en 
Angleterre  en  1815  et  1816. 

•  Jahrgang  1817—1819. 

26» 


( 


Sectionsratt  Anton  Felgel  und  Dr.  Hans  Schlitter.  Der  An- 
hang enthält  zwei  Actenstücte,  eines  von  Erzherzog  Johann, 
das  andere  von  Erzherzog  Ludwig  herrührend. 


Anfentli&lt  der  Erzlierzoge  Jobasn  und  Ludwig 
in  England  (1S15  und  1816). 

Nur  wenige  Mitglieder  des  habsburgisehen  Hauses  habei 
das  Inselreich  besucht.  In  den  Jahren  1559^ — 1568  war  langf 
Zeit  die  Rede  davon,  dass  Erzherzog  Carl,  den  die  damalig« 
spaoisch-habsburgische  Pohtik  zum  Gemahl  der  Königin  E^lisa 
beth  bestimmte,  sieh  an  den  englischen  Hof  begeben  sollte. 
Da  aber  die  Heiratsverhandlungen  zu  keinem  Resultate  fiihrten 
unterbheb  die  Reise.  Später,  während  des  spamschen  Erb 
folgekrieges,  fand  sich  jedoch  ein  anderer  Carl,  dgr  nachmaligt 
Kaiser  Karl  VI.,  in  Schloss  Windsor  ein,  um  auf  seiner  KOnigs 
fahrt  nach  Madrid  seine  Beschtktzenn  und  Bundesgenossin  Ki) 
nigin  Anna  zu  begrüssen.'  Fast  ein  Jahrhundert  verging,  ehi 
wieder  ein  Erzherzog  den  Entschluss  fasste,  nach  England  zi 
reisen.  Dies  war  Erzherzog  Ferdinand,  Bruder  des  Kaisers 
der  1786  mit  seiner  QemahUn  aus  England  zurückkehrte  un( 
so  entzückt  von  Allem  sprach,  was  er  dort  gesehen,  dass  ei 
Josef  n.  —  nach  dessen  eigenem  Ausdrucke  —  den  Munt 
wässerig  machte,  auch  diesen  ihm  noch  unbekannten  Thei 
Europas  aufzusuchen,^  Erst  nach  den  gewaltigen  Umwälzungen 
die  die  Welt  von  1789 — 1815  erschütterten,  betraten  wiede: 
zwei  Erzherzoge  —  Johann  und  Ludwig  —  englischen  Boden 
Schon  im  December  1813,  angesichts  der  friedlichen  Gestaltun; 
der  europäischen  Lage,  hatte  Johann  den  Plan  gefasst,  gemein 
sam  mit  seinen  Brtldem  Rainer  und  Ludwig  neben  einigei 
anderen  grösseren  Staaten,  wie  die  Türkei,  Italien,  Sohweiz 
Frankreich,  Holland,  Norddeutschland,  auch  England  nfthe 
kennen  zu  lernen.^  Allein  in  Folge  der  mächtigen  Ereignissi 
von   1814  muBste  diese  Absicht  unterbleiben,  ihre  AusfUbruni 

'  Wertbeimer,  Heirate verhandluiigen  zwischen  Eliuibetl)  vod  England  ud' 
Erzbersog  Carl  von  Oeaterreich,  UistoriBche  Zeitschrift  HT, 

*  Landau,  Kaiser  Kfirl  VI. 

*  Ameth,  Briafnechael  Joeef  II.  und  Leopold  II.,  U.  Bd.,  8.  S9. 

*  Kronas,  Tirol  und  Erzherzog  Johann,  S.  238, 


381 

konnte  erst  im  folgenden  Jahre  erfolgen.  Und  während  die 
Reise  der  Erzherzoge,  falls  sie  1813  zu  Stande  gekommen  wäre, 
einen  durchaus  privaten  Charakter  gehabt  hätte,  so  erlangte 
sie  jetzt  durch  die  ihr  zugedachte  Mission  hervorragend  poli- 
tische Bedeutung.  Vor  aller  Welt  sollte  durch  sie  das  innige 
Einverständniss  zwischen  Oesterreich  und  England  bekundet 
werden.  Die  guten  Beziehungen,  die  seit  Kurzem  angebahnt 
wurden,  sollten  damit  öflFentUchen  Ausdruck  erhalten,  und  des- 
halb ist  es  nöthig,  uns  hier  die  Verhältnisse  zu  vergegenwär- 
tigen, wie  sie  bis  dahin  zwischen  der  Wiener  und  der  britischen 
Regierung  bestanden. 

Noch  vor  dem  endgiltigen  Sturze  Napoleons  war  es  Oester- 
reichs  eifrigstes  Bemühen,  sich  die  aufrichtige  Freundschaft 
und  Unterstützung  Englands  zu  sichern.  Als  der  englische 
Premier  Lord  Castlereagh  im  März  1815  zur  Eröffnung  des 
Parlamentes  von  Wien,  wo  er  während  des  Congresses  weilte, 
nach  seiner  Heimat  zurückreisen  musste,  sagte  ihm  der  Kaiser  in 
der  Abschiedsaudienz,  er  wünsche  nichts  sehnUcher  als  ein  festes 
Zusammengehen  mit  England,  von  dem  auch  Frankreich  nicht 
au^eschlossen  sein  sollte.^  Die  Spitze  dieser  Allianz  wollte 
Mettemich  gegen  Russland  richten,  von  dessen  aggressiver  Politik 
er  das  Aergste  befürchtete.  Allein  in  England  erfreute  sich 
damals  Oesterreich  keines  besonderen  Ansehens.  Dort  schwärmte 
im  Gegentheile  Alles  für  Alexander  I.  von  Russland,  den  man 
merkwürdiger  Weise,  obwohl  dies  im  Widerspruch  mit  seinen 
wahren  Tendenzen  stand,  ^  für  den  Wiederhersteller  der  Bour- 
bonen  auf  dem  französischen  Throne  hielt '  —  ein  Wunsch,  den 
vom  Prinz-Regenten  angefangen  die  Engländer  aufs  Nachdrück- 
lichste zu  fördern  trachteten.*  Und  da  man  —  wieder  im 
Gegensatz  zur  Wahrheit  —  in  Kaiser  Franz  den  geschworenen 
Feind  der  Bourbonen  vermuthete,^  richtete  sich  der  allgemeine 
Unwille  gegen  dessen  Regierung.^  Kurze  Zeit  nach  dem  Sturze 
Napoleons  schien  plötzlich  von  Seite  des  Prinz-Regenten,  der 
Oesterreich  bisher  gar  nicht  besonders  gut  gesinnt  war,    eine 


*  Vortrag  Metternich's,  12.  Februar  1815.    Wiener  Staatsarchiv. 
^  Metternich  an  Merveldt,  21.  April  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Merveldt  an  Mettemich,  22.  April  1814.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Ibid. 

*  Ibid.  25.  März  1814. 

*  Ibid. 


Aenderong  zu  Gunsten  des  Wiener  Hofes  emzutreten.  Einea 
Tages  druckte  er  beim  Diner  dem  Ostfiireichischen  Botachailer 
Grafen  Merveldt  sein  Verlangen  aus,  den  Kaiser  Franz,  der 
damals  noch  in  Paris  weilte,  in  London  zu  sehen.  Er  wäre 
entztlckt,  sagte  er  zum  Grafen,  Franz  beweisen  zu  können, 
dass  er  Kaiser  in  England  sei,  da  er  sich  noch  immer  —  an- 
spielend  auf  seine  hannoveranische  Stellung  —  als  ein  ihm 
ei^ebener  Kurfürst  betrachte,  der  keiu  eifrigeres  Verlangen 
kenne,  ab  ihm  zu  dienen.  In  ilberschwftnglicher  Weise  schil- 
derte er  dann  die  Details  des  Empfanges,  wie  er  eine  Flotte 
nach  Dover  schicken,  an  der  Spitze  von  30.000  Mann  Franz 
entgegenziehen  and  hernach  zu  Wagen  dem  Kaiser  vorauseilen 
wolle,  um  ihm  einen  glänzenden  Einzug  in  London  zu  bereiten. 
Gleich  dem  Prinz-Regenten  bezeichneten  auch  dessen  Minister 
die  Reise  des  Kaisers  nach  England  ab  eine  England  erwie- 
sene Gunstbezeugung.'  Allein  man  würde  sich  täuschen,  wollte 
man  diese  veränderte  Sprache  der  massgebenden  Persönlich- 
keiten auf  wahre  Gefllhle  der  Freundschaft  für  Oesterreich 
zurückführen.  Nur  egoisUsche  Motive  liessen  den  Prinz-Regenten 
und  die  engUschen  Minister  so  dringend  die  Anwesenheit  des 
Kaisers  Franz  wünschen.  Indem  nämhch  damab  die  Souve- 
räne von  RuBsland  und  Preussen  in  London  erwartet  wurden, 
wollte  man  Franz  bestimmen,  gleichzeitig  mit  denselben  in  der 
englischen  Hauptstadt  einzutreffen.  Die  Versammlung  der  mäch- 
tigsten Herrscher  des  Continentes  sollte  gleichsam  eine  Huldi- 
gung fUr  England  bedeuten,  dem  dessen  Einwohner  die  Rettung 
Europas  vom  Joche  Napoleons  zuschrieben;  aber  es  sollte  da- 
durch auch  auf  den  Prinz-Regenten  und  dessen  Minister  ein 
Glorienschein  fallen,  was  für  diese  bei  der  gegen  sie  bestehenden 
heftigen  Opposition  der  Whigs  von  äusserster  Bedeutung  war.* 
Widerrief  Merveldt  schon  aus  diesem  Grunde,  um  seinen  Herrn 
nicht  als  Aushängeschild  für  eigennützige  Zwecke  missbrauchen 
zu  lassen,  das  Erscheinen  des  Kaisers  in  London,  so  empfahl  er 
noch  aus  einer  anderen  Ursache  die  Ablehnung  der  Einladung. 
Er  befürchtete,  dass  das  engUsche  Publicum,  das  zu  Alexan- 
der wie  zum  Heros  des  Krieges  aufblicke,  den  Kaiser  nicht 
mit  den  gleichen  Auszeichnungen  wie   den   Czaren   empfangen 


'  Merveldt,  29.  April  1814,    Wiei 

» Ibid. 


383 

könnte  *  —  was  unter  allen  Verhältnißsen  eine  Niederlage  Oester- 
reichs  bedeutet  hätte. 

Waren  es  die  Vorstellungen  Merveldt's  oder  war  es  wirk- 
lieh, wie  angegeben  wurde,  die  Nothwendigkeit  der  Anwesenheit 
des  Kaisers  in  seinen  neuen  italienischen  Staaten,  was  von 
Seiten  des  Wiener  Hofes  zu  einer  abschlägigen  Antwort  führte? 
Damit  aber  kam  Merveldt  gegenüber  dem  Prinz-Regenten,  der 
ganz  und  gar  von  dem  Gedanken  erfüllt  war,  Franz  bei  sich 
als  Gast  zu  sehen,  in  eine  sehr  heikle  Situation.  Die  Angabe, 
dass  der  Kaiser  sich  in  Italien  aufhalten  mtLsse,  hielt  er  nicht 
fikr  stichhältig  genug,  um  seine  Einladung  abzulehnen.  Ebenso 
wenig  befriedigte  ihn  die  Bemerkung  des  Gesandten,  dass  sein 
Herr,  gewohnt,  tägUch  8 — 9  Stunden  zu  arbeiten,  um  alle  An- 
gelegenheiten pünktlich  zu  erledigen,  unmöglich  übers  Meer 
verreisen  könne.  Dem  könne  abgeholfen  werden,  erwiderte 
der  Prinz-Regent  voll  Lebhaftigkeit.  Sowohl  in  Dover  als  in 
Calais  wollte  er  Tag  für  Tag  für  den  Dienst  des  Kaisers  ein 
Paquetboot  bereit  halten.  Kniefällig  —  setzte  er  hinzu  —  bitte 
er  nochmals  den  Kaiser,  seinen  Wunsch  ja  zu  erfüllen.  Und 
um  seinen  Worten  den  beabsichtigten  Eindruck  zu  sichern, 
stellte  er  die  Reise  als  das  einzige  Mittel  hin,  wodurch  der 
stets  stärker  anwachsende  Einfluss  Russländs  auf  die  Engländer 
paralysirt  werden  könnte.  Alle  Welt  sollte  auf  diese  Weise  von 
der  zwischen  Wien  und  London  bestehenden  Harmonie  über- 
zeugt werden  imd  Europa  erfahren,  dass  es  seine  Befreiung 
nur  allein  Oesterreich  verdanke.*  Allein  wie  beredt  auch  der 
Prinz-Regent  sein  mochte,  eine  wie  verlockende  Sprache  er  auch 
zu  gebrauchen  verstand,  die  EntschUessung  des  Kaisers  erfuhr 
dadurch  doch  keine  Abänderung.  Nur  um  ihm  einigermassen 
zu  willfahren  und  England  zu  zeigen,  dass  es  auf  dem  Conti- 
nente  keinen  nützUcheren  und  loyaleren  Verbündeten  als  Oester- 
reich besitze,  wurde  Erzherzog  Johann  bestimmt,  als  Stellver- 
treter seines  kaiserlichen  Bruders  nach  London  zu  reisen.^ 

Erzherzog  Johann  war  um  diese  Zeit  kein  Neuling  mehi' 
auf  dem  Gebiete  öflFentlicher  Angelegenheiten.  Seit  den  Schlach- 
ten von  Hohenlinden  (1801)  und  Wagram  (1809)  gehörte  sein 

1  Merveldt,  29.  April  1814.   Wiener  Staatsarchiv. 
>  Merveldt,  17.  Mai  1814.    Wiener  Staatsarchiv. 

'  Instmction  für  Fürst  Esterhäzy,  Paris,  17.  October  1816.    EsterhÄzy  war 
der  Nachfolger  des  am  5.  Juli  1815  plötzlich  verstorbenen  Merveldt. 


nie  der  Geschichte  an  —  freilich  nicht  als  ein  vom  Erfolge 
mgekrönter  Feldherr.    Daillr  aber  galt  er  den  Zeitgenossen 

der  Vertreter  einer  idealen  Richtung,   als   ein  Mann,   der 

die  Bedürfnisse  der  Volker  ein  auirichtig  empfindendes 
rz  besitze.    In  Wien  selbst  stand  er  seit  den  Vorbereitongen 

den  grossen  Befreiungskrieg  im  Verdachte,  dass  er  sich 
u  ,Köoige  der  Gebirge',  d.  i.  Tirols,  machen  wollte,^  weshalb 
Q  ihn  fern  von  den  Geschäften  und  insbesondere  von  diesem 
ade  zu  halten  suchte.  In  Wahrheit  dachte  er  nicht  an  der- 
ige  usurpatorische  Projecte,  sondern  war  ausschliesehch  von 
a  Gedanken  erfüllt,  von  Tirol  aus  mitzuwirken  zur  Befreiung 
1  der  Napoleonischen  Herrschaft.*  Auis  Tiefete  kränkte  es 
,  dass  er  durch  ,Menschen,  die  nicht  im  Stande  sind,  za 
^ifen,  wie  man  fUr  die  Freiheit  Alles  wagen  und  doch 
hts  für  sich  suchen  kann',*  beim  Kaiser  angeschwärzt,  zur 
thätigkeit  in  einem  der  denkwürdigsten  Momente  geschicht- 
len  Lebens  venirtheilt  war.  Gerne  hätte  er  1813  die  Be- 
erung von  Mainz  in  seiner  Eigenschaft  als  Geniedirector 
eitet.*  Zu  seinem  Schmerze  wurde  sein  Anerbieten  abge- 
ut,'  und  er  durfte  nicht  tbeilnehmen  an  dem  Kampfe  gegen 
1  von  ihm  so  sehr  gehassten  Corsen.  Erst  die  Flucht  des- 
ben  aus  Elba  brachte  ihn  in  eine  günstigere  Stellung,  die 
oem  unterdrückten  Thatendrange  einen  grösseren  Wirkungs- 
äia  eröffnete.  Jetzt  ward  er  zum  ,Geniedirector  der  deutschen 
mee'  unter  Schwarzenberg's  Oberbefehl  ernannt  Vorerst 
ir  sollte  er  als  kaiserlicher  ,HuldigUDgscomnii8sär'  die  Hul- 
;ung  des  neuen  lombardo-venetianiachen  Königreiches  ent- 
rennehmen.  ,Wenn  Ew.  Majestät'  —  schrieb  er  nach  seiner 
ikimft  in  Italien  von  Padua  ans  Über  Venetien  an  den  Kaiser 

,dies  schaue  Land  und  die  herrliche  Stadt  sehen  würden, 
fiele  Ihnen  gewiss  die  Bemerkung  auf,  dass  Frankreich  sein 
stem  keine  drei  Jahre  mehr  auf  die  Art  hätte  aushalten 
anen.  —  —   Ueberall  treffen  Ew.  Majestät  Denkmäler  und 

'  EroDM,  Tirol  und  Erzherzog  Johann,  B.  10. 

'  Ibid.      *  Ibid. 

'  Johana  au  Frani,  Wieo,  7.  November  1813.  Wiener  Staatsarchiv.  ^  ist 
mein  Handwerk,  waranf  ich  mich  TorzUf^lich  rerie^te,  and  ^Isnbe  dar- 
innen dorch  Eifer,  TiiHÜgkeit  und  geringe  Kenntniiae  Einiges  beitragen 

'  Id.  ad  eundeni,  Wien,  3.  Deceniber  1819.    Wiener  StaataarcbiT. 


386 

Spuren  des  französischen  Vandalismus^  dessen  Geldgier  nicht 
einmal  die  Erinnerungen  aller  Zeiten  schonte;  so  ist  der  Marcus- 
platz durch  ein  ungeschicktes  Gebäude  verdorben^  so  ganze 
Strecken  von  Häusern  niedergerissen,  um  Gärten  und  Exercir- 
plätze  zu  bilden,  auf  Entschädigung  der  Besitzer  wurde  wenig 
gedacht/^  Von  Italien  aus  reiste  er,  nach  Entgegennahme  der 
feierlichen  Huldigung,  nach  Südwest-Deutschland,  dem  Orte 
seiner  militärischen  Thätigkeit.  Ende  August  gelang  es  ihm, 
die  Grenzfestung  Htiningen  einzunehmen,  und  in  Basel,  wo  man 
ihn  ob  dieser  That  als  Wohlthäter  begrüsste,  erhielt  er  von 
seinem  Bruder  Ludwig  die  Nachricht,  dass  ihm  der  Kaiser 
gestatte,  nach  Paris  zu  kommen,*  wo  sich  ja  damals  die  alliirten 
Fürsten  aufhielten.  Kaum  in  Paris  angelangt  —  15.  September 
—  jlief  er,  so  viel  er  nur  konnte',  die  Sehenswürdigkeiten  dieser 
Stadt  zu  sehen,  die  ihm  wie  ein  ,wahres  Sodom  Europas'  vor- 
kam, und  nach  der  Stille  und  den  reinen  Sitten,  die  er  in 
Basel  gefiinden,  erschienen  ihm  die  raffinirte  Verderbtheit 
und  der  Lärm  in  der  französischen  Capitale  wie  unerträgliche 
Dinge.^  Hier  erfuhr  er  denn  auch,  dass  er  bestimmt  sei,  als  Stell- 
vertreter des  Kaisers  nach  London  zu  reisen,  und  es  ihm 
gestattet  sei,  bis  Ende  April  in  England  zu  verbleiben,  um 
alle  Sehenswürdigkeiten  daselbst  zu  studiren.  ,Ich  bin  ausser- 
ordentlich geschmeichelt  von  diesem  Vertrauen'  —  schreibt  er 
am  23.  September  —  ,und  werde  bemüht  sein,  davon  zu  pro- 
fitiren,  um  Alles  zu  sehen  und  so  viel  als  möglich  zu  lernen.'* 
Mit  ihm  sollte  zugleich  sein  jüngerer  Bruder  Ludwig  reisen, 
der  später  unter  Kaiser  Ferdinand  in  inneren  Angelegenheiten 
Oesterreichs  eine  so  hervorragende  Rolle  spielte.  Zum  ersten 
Male  begegnen  wir  ihm  während  des  Feldzuges  von  1809, 
in  dem  er  von  Napoleon  geschlagen  wurde.  Erzherzog  Ludwig 
gehört  unter  die  Persönlichkeiten  Altösterreichs,  deren  Wesen 


^  Johann  an  Kaiser  Franz,  Padaa,  10.  Mai  1815.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Johann  an  den  Kaiser,  Basel,  10.  September  1815.  Wiener  Staatsarchiv. 
'  Erzherzog  Johann   an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit.     (Unter  dieser 

Bezeichnung  werde  ich  noch  Öfter  von  Johann  Briefe  zu  citiren  haben, 
die  mir  von  privater  Seite  zur  Verfügung  gestellt  wurden.)  Paris, 
23.  September  1815.  Apr^s  la  tranquillit^  de  Basle  et  les  mceurs  pures 
de  cette  bonne  ville,  la  d^pravation  raffin^e  et  le  tapage  de  Paris  sont 
insupportables. 

*  Ibid. 


nicht  zur  G-enüge  gekannt  iat.  Seine  Äafzeichnnngen 
i^nglaud  lassen  ihn  als  einen  strebsamen,  geistig  sehr  be- 
i  Mann  erscheinen,  der  die  Fähigkeit  besitzt,  richtig  za 
und  Beine  Gedanken  in  prägnanter  Ausdrucksweise  zur 
Buimg  zu  bringen. 

'lachdem  die  beiden  Brüder  ihre  Vorbereitungen  zur  Ab- 
getroffen und  Metternich  sie  über  die  Art  und  Weise 
Benehmens,  sowie  über  die  Verhältnisse  in  England  näher 
irt  hatte,  setzten  sie  sieh  in  Bewegung,  um  Paris  so 
l  als  möglich  den  Rücken  zu  kehren.^ 
jizwischen  erwartete  der  Prinz-Regent  voll  Ungeduld  die 
icht  ihrer  Ankunft.  Jeden  Tag  licss  er  nachfrageo,  ob 
an  noch  nicht  angekommen  wären.*  Zu  ihrem  Ekapfange 
ä  er,  wie  der  Österreichische  Botschaftssecretär  Neiunann 
tet,  höllische  Ausgaben.'  Das  Haus,  in  dem  sie  wohnen 
,  Hess  er  vollkommen  heiTiohten  und  mit  neuen  Möhchi 
en.*  Am  20.  October  um  3  Uhr  Nachmittags  trafiin  die 
rzoge  endlich  in  Boulogoe  ein,  wo  sie  durch  stürmisches 
r  bis  zum  22.  zurückgehalten  wurden.  Erst  an  diesem 
um  10  Uhr  Vormittags  konnten  sie  bei  heirlichem  Wetter 
glische  Yacht  besteigen,  ,meinestheil8'  —  wie  Johann  an 
aiser  schreibt  —  ,sehr  froh,  ein  Land  zu  verlassen,  wo 
:hts  als  Elend,  Verderbtheit,  Leichtsinn  gefunden,  welches 
üne  Naturschönheiten  mir  zeigte  und  blos  in  Paris  mau- 
Merkwürdige  darbot'.''  Nach  fünfstündiger  Ucberfahrt 
ten  sie  nach  Dover,  wo  sie  Alles  anmuthete,  als  bcfilndcn 
h  in  einer  neuen  Welt.*  Diese  Empfindung  steigerte  sich 
,Is  sie  über  Canterbury,  Rochester  nach  London  fuhren. 
ann'  —  so  äussert  sich  Johann  zum  Kaiser  —  ,Ew.  Maje- 
cht  den  Eindruck  beschreiben,  welchen  mir  diese  Reise 
i;  ein  Land  von  gleich  schlechtem  Kreideboden  wie  Frank- 
prächtig  bebauet,  die  schönsten  Fluren,  Gärten,  Wälder, 
lume,  herrliche  Heerden  von  Kfastschafcn,  besonders  schöne 


ann   an  eine  hocb^Mtellte  PenOnlichkeit,  London,   2S.  Oclober  1816. 

imann,  chargä  d'tUTairee,  13.  October  1815.    Wiener  StaatsarcbiT, 

II.  October  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

I. 

ann  an  Franx,  London,  25.  October  181&.    Wiener  StaatMTchiT. 


387 

Pferde  vom  schwersten  Schlage  (von  den  Fremden  bisher  so 
wenig  beachtet),  das  Land  voll  Städte,  Dörfer,  Landhäuser, 
überall  Gärten,  die  Häuser  von  Ziegeln  ohne  Anwurf,  hoch 
und  schmal,  von  den  sonderbarsten  Gestalten,  aber  von  einer 
Reinlichkeit  über  alle  Begriffe,  die  innere  Einrichtung  alt- 
modisch, aber  solid,  zweckmässig,  schön,  die  Landstrasse  vor- 
trefflich, die  Postbedienung  ebenfalls,  die  Dihgencen,  Kutschen 
80  schnell  fahrend  wie  die  übrigen  mit  den  "schönsten  Pferden 
und  Wagen,  in  den  Städten  und  Dörfern  schöne  Boutiquen, 
AUes  enthaltend;  vor  Allem  aber  die  Menschen,  viele  und 
ruhig  in  ihren  Aeusserungen,  treuherzig  und  deutsch,  keinen 
Zerrissenen  noch  Bettler,  Alles  gut  gekleidet,  die  Frauen,  so 
wie  man  sie  in  Paris  sah,  meist  von  gesundem  schönen  Wüchse 
und  Bildung,  in  ihrem  Aeusseren  der  Bauer  vom  Bürger,  dieser 
vom  Edelmanne  schwer  zu  unterscheiden/^ 

Nach  ihrer  Ankunft  wurden  sie  in  dem  für  sie  prächtig 
eingerichteten  St.  Albans-House  untergebracht,  wo  sie  als  Gäste 
der  Nation  bewirthet  wurden,  was  Johann  nicht  glaubte  ab- 
lehnen zu  dürfen,  indem  sich  sonst  die  Engländer  beleidigt  fühlen 
würden,  ,da  für  diese  Leute^  —  wie  er  hinzufügt  —  ,so  etwas 
eine  Kleinigkeit  ist^*  Wie  entzückt  auch  fürs  Erste  die  Erz- 
herzoge von  London  waren,  so  gefiel  ihnen  doch  nicht  die  dor- 
tige Art  zu  leben.  Man  stand  ihnen  zu  spät  auf  und  speiste 
demgemäss  zu  Stunden,  die  ihnen  ungewohnt  waren.  Unbequem 
war  es  ihnen  ferner,  dass  man  zum  Diner  um  7  Uhr  Abends 
stets  in  grosser  Toilette  —  nach  damaUger  Mode  in  Schuhen 
und  Strümpfen  —  erscheinen  musste.  Küche  imd  Getränk 
behagten  ihnen,  doch  nicht  die  Suppen,  die,  übermässig  gewürzt, 
fast  den  Gaumen  verbrannten.^ 

Den  Geboten  der  Hofetiquette  gemäss  wurde  der  Prinz- 
Regent  sofort  von  der  Ankunft  der  Erzherzoge  benachrichtigt. 
Diese  Aufgabe  übernahm  der  neue  Botschafter  Fürst  Paul 
Esterhdzy.  Nach  dem  im  Juli  1815  plötzlich  erfolgten  Tode 
des  bisherigen  Vertreters  des  Wiener  Hofes,  des  Grafen  Mer- 
veldt,  hatte  der  Prinz-Regent  den  Wunsch  ausgedrückt,   dass 


*  Johann  an  Franz,  London,  25.  October  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 
'  Id.  ad  enndem,  London,  4.  November  1815.    Wiener  Staatsarchiv. 
'  Erzherzog  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  London,  29.  Oc- 
tober 1815. 


388 

Fürst  Paul  Esterhäzy  zu  dessen  Nachfolger  ernannt  wcrde.^ 
Dies  Verlangen  und  der  Umstand^  dass  Esterhizy  durch  seine 
Frau*  in  verwandtschaftlichen  Beziehungen  zum  englischen  Hofe 
stand,  veranlassten  Metternich,  die  Wahl  des  Prinz-Regenten 
sofort  gutzuheissen.^  Fast  gleichzeitig  mit  den  Brüdern  des 
Kaisers  hatte  auch  Esterhäzy  seinen  Einzug  in  der  englischen 
Hauptstadt  gehalten.  In  der  feierUchen  Audienz,  die  ihnen 
hierauf  der  Prinz-ilegent  bewilligte,  empfing  er  sie  in  österrei- 
chischer Marschallsuniform  mit  dem  jüngst  erhaltenen  Toison- 
orden.  Johann  überreichte  den  Brief  des  Kaisers,  worauf  sie 
für  Abends  zum  Diner  geladen  wurden.  Während  desselben 
sprach  der  englische  Regent  nur  von  seiner  Neigung  filr  Oester- 
reich.  ,Ew.  Majestät^  —  schrieb  Erzherzog  Johann  an  den 
Kaiser,  unmittelbar  nach  dem  Diner,  das  von  7 — Vtl2  Uhr 
gedauert  hatte  —  ,haben  keinen  treueren  Freund,  keinen  Dank- 
bareren als  den  Prinz-Regenten;  er  lebt  und  webt  für  Oesterreich. 
Russland  hat  es  bei  ihm,  der  Nation  und  dem  Volke  verdorben; 
Preussen  erkennt  er  die  gefehrUche  Tendenz,  wo  der  König 
der  Zügel  der  Regierung  nicht  mehr  mächtig  ist,  Frankreich 
hasst  er,  sowie  seine  Nation.  Er,  sowie  die  Herren,  mit  wel- 
chen ich  sprach,  sehen  eine  Spannung  zwischen  Oesterreich  imd 
England  als  einen  solchen  Unsinn  an,  dass  sie  es  nicht  fUr 
möglich  halten,  feste,  treue  Freundschaft  als  nothwendig,  wohl- 
thätig  und  allein  beider  Interessen  entsprechend.'* 

Was  hatte  sich  denn  ereignet,  dass  jetzt  derselbe  Prinz- 
Regent,  der  noch  vor  einem  Jahre  ein  glühender  Verehrer  Ale- 
xanders und  Feind  des  Wiener  Hofes  gewesen,  nun  plötzlich 
sich  als  eifrigsten  Anhänger  des  von  ihm  früher  gehassten 
Oesterreich  entpuppte?  Russland  hatte  ihn  persönlich  beleidigt 
und  dadurch  einen  Umschwung  seiner  politischen  Gesinnungen 
bewirkt*     Er  hatte  es  scheinbar  leicht  hingenommen,  dass  die 


*  Vortrag  Mettemich's,  Paris,  29.  August  1815.    Wiener  Staatsarchiv. 

'  Maria  Theresia,  Tochter  des  Fürsten  Karl  Alexander  von  Thum  und 
Taxis. 

•  Vortrag  Mettemich's,  Paris,  29.  August  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

♦  Erzherzog  Johann  an  Franz,   London,  25.  October  1816.    Wiener  Staats- 
archiv. 

*  id.  ad  eundem,  London,  20.  Februar  1816.  Wiener  Staatsarchiv ,Der 

Aufenthalt   des   Kaisers    (Alexander)    und    der   GrosafUrstin    (Catharina) 
haben  Oesterreich  sehr  genützet.* 


389 

Schwester  Alexanders,  GrossfÜrstin  Catharina,  bei  der  er  fUr 
seinen  Bruder,  den  Herzog  von  Clarence,  warb,  ihm  einen  Korb 
gab.^  Schon  nicht  so  leicht  verwand  er  es,  dass  der  Czar 
während  seiner  Anwesenheit  in  London  Beziehungen  zur  Oppo- 
sition des  Parlaments  unterhielt.'  Mit  tiefem  Hasse  erfüllte  es 
ihn  jedoch,  dass  —  wie  man  behauptete  —  Alexander  bei- 
getragen haben  sollte,  einen  seiner  Lieblingswünsche  zu  Falle 
zu  bringen.^  Der  Prinz-Regent  hatte  nämlich  seine  Tochter,  die 
Prinzessin  Charlotte  von  Wales  überredet,  sich  mit  dem  Erb- 
prinzen der  Niederlande  zu  verloben.  Plötzlich  erklärte  sie 
jedoch,  diesen  nur  unter  der  Bedingung  zu  heirathen,  wenn 
das  Parlament  ihr  ständigen  Aufenthalt  im  Lande  garantire. 
Aber  gerade  dies  verstiess  wider  die  Intentionen  des  Prinz- 
Regenten,  der  seine  ungemein  beliebte  Tochter  aus  England 
entfernt  wünschte,  weil  er  von  ihr  Vergeltung  für  sein  eigenes 
schuldvolles  Benehmen  gegen  seinen  jetzt  von  Wahnsinn  be- 
ÜEÜlenen  Vater  Georg  HI.  besorgte.^  Man  kann  sich  daher  leicht 
vorstellen,  wie  sehr  es  ihn  empören  musste,  als  er  erfuhr,  dass 
hinter  all  den  Intriguen,  die  ihm  so  viel  Kummer  bereiteten, 
niemand  Anderer  als  Alexander  stecke.  Gleich  der  Einladung, 
die  der  Prinz-Regent  im  April  1814  an  Franz  ergehen  Uess, 
entsprang  also  auch  jetzt  seine  begeisterte  Hingabe  an  Oester- 
reich,  ausschliesslich  dem  egoistischen  Gefühle,  sich  durch  Be- 
vorzugung des  Wiener  Hofes  an  dem  Czaren  zu  rächen,  der 
ihn  80  tief  verletzt  hatte.  Diese  Erbitterung  gegen  Alexander  I. 
theilten  aber  die  englischen  Minister  nicht  mit  ihrem  Herrn. 
Bei  den  sehr  heiklen  und  schwierigen  Verhandlungen,  die  um 
diese  Zeit  in  Paris  von  Seite  Oesterreichs  mit  Preussen  und 
Baiem  wegen  der  Abtretung  von  Salzburg  und  Mainz  statt- 
fanden, erfreute  sich  zwar  Mettemich  der  kräftigsten  Unter- 
stützung des  englischen  Vertreters.*  In  der  Stellung  Russland 
gegenüber  verharrte  jedoch  der  englische  Premier  Lord  Castle- 
reagh  in  seiner  Verblendung  für  den  Czaren.  Auch  jetzt  noch. 


^  Merreldt,  London,  5.  Mai  1814.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Esterhäzy,  London,  1.  Jänner  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Ibid.  —  Reise  Erzherzog  Ludwigs  in  England  1816.    (Erzherzog  Rainer- 
sches  Archiv.) 

*  Nach  Berichten  Merveldt's  aus  dem  Jahre  1814.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Ich  behalte  mir  vor,  bei  nächster  Gelegenheit  diese  Dinge  ausführlicher 
darzustellen. 


( 


390 

nach  der  auf  dem  Wiener  Congresse  bekundeten  Absicht  der 
Wiederherstellung  eines  Königreiches  Polen  unter  russischem 
Scepter^  hielt  der  englische  Lord  das  Vorgehen  Alexanders 
nicht  für  besonders  gefährlich.  ^  Dagegen  aber  bedauerte 
Mettemich  aufs  Tiefste,  dass  CasÜereagh  den  russischen  Kaiser 
so  wenig  durchblicke.^  Denn  gerne  hätte  er  sich  der  Mithilfe 
Englands  gegen  die  ehrgeizigen  Pläne  des  Czaren  versichert, 
der  unter  dem  Scheine  des  Liberalismus  sich  in  aller  Herren 
Länder  einen  mächtigen  Anhang  zu  verschaffen  trachtete.* 

Unter  diesen  Umständen  bedeutete  immerhin  die  enthu- 
siastische Verehrung  des  Prinz-Regenten  ftir  Oesterreich  einen 
Fortschritt  in  der  Besserung  der  Lage.  Man  war  daher  sehr 
angenehm  davon  berührt,  dass  die  Beise  der  Erzherzoge  einen 
vortrefSichen  Eindruck  in  England  hervorrief.^  Durfte  man 
nicht  hoffen,  dass  ihre  Anwesenheit  wesentlich  dazu  beitragen 
werde,  den  Engländern  günstigere  Begriffe  von  einem  Lande 
beizubringen,  von  dem  sie  gar  keine  Kenntniss  hatten  und 
welches  die  Gegner  desselben  geflissentlich  in  falschem  Lichte 
zu  zeigen  bestrebt  waren?  Berührt  es  doch  ganz  eigenthümlich, 
zu  vernehmen,  dass  die  vornehmen  Herren  meinten,  die  Erz- 
herzoge seien  nur  gekommen,  ,um  zu  essen  und  zu  trinken^,^ 
und  ihre  Verwunderung  nicht  unterdrücken  konnten,  als  diese 
sich  alle  Gelage  mit  der  ausdrücklichen  Erklärung  verbaten, 
nur  allein  das  Land  und  dessen  Einrichtungen  studiren  zu 
wollen.^  Damit  erzielten  sie  die  beste  Wirkung.  Die  Eng- 
länder, auf  Derartiges  nicht  vorbereitet  und  anfangs  ziemUch 


^  Metternich  an  EsterhÄzj,  29.  Juli  1816.  P.  8.  k  la  dSpSche  seeröte.  Wiener 
Staatsarchiv.  .,  .  .  de  voir  ce  ministre  sortir  de  Tesp^e  d*engouement 
dans  leqiiel  Tont  placö  plosieurs  d^marches  directes  quo  Temperear 
Alexandre  a  faites  vis-^-vis  de  lui  poor  s'emparer  de  son  esprii. 

'  Id.  ad  eundem,  30.  August  1816.    Döpdche  röservöe.  Wiener  Staatsarchiv. 

•  Vortrag  Mettemich's,  22.  Februar  1816.  Wiener  Stadtarchiv.  »Welches 
die  Absichten  des  russischen  Kaisers  sein  mögen,  so  geht  er  nicht  den 
geraden  Gang  des  Friedens,  und  wir  dürfen  keine  Grelegenheit  versftnmen, 
um  ihn  zu  beobachten.* 

•  Vortrag  Mettemich^s  2.  November  1815.  Wiener  Staatsarchiv.  Er  bemerkt 
da  über  ein  an  ihn  gerichtetes  Schreiben  Johanns  ans  London:  ,£8  be- 
stätigt den  vortrefflichen  Eindruck,  welchen  die  Reise  dieser  Prinzen  in 
England  erzengte.' 

^  Johann  an  Franz,  London,  4.  November  1816.   Wiener  Staatsarchiv. 

•  Ibid. 


391 

zurückhaltend^  waren  über  solche  Absicht  der  Erzherzoge  sehr 
erfreat  Nun  sachte  man  ihnen  durch  Mittheilongen  and  Em- 
pfehlungen an  die  Hand  zu  gehen.  Zu  jener  Zeit  war  es  nicht 
so  leicht  wie  heute,  die  Einrichtungen  eines  Landes  kennen 
zu  lernen.  Noch  fehlte  es  an  einem  fUr  ganz  England  giltigen 
Reisehandbuche;  man  war  daher  genöthigt,  falls  man  das  Beich 
besuchen  wollte,  sich  selbst  ein  solches  anzulegen.  Dies  mussten 
die  Erzherzoge  auch  jetzt  selbst  thun.  Auf  Grundlage  der 
Daten,  die  ihnen  von  allen  Seiten  geliefert  wurden,  arbeiteten 
Johann  und  Ludwig  ihren  Plan  aus.  Sehr  behilflich  war  ihnen 
hiebei  ein  Deutscher,  der  seit  Langem  in  London  ansässige 
Kunsthändler  Ackermann.  Ausdrücklich  anerkennen  sie,  wie 
viel  sie  ihm  zu  danken  haben.  ^ 

Von  der  Q^sandtschaft,  die  eigentUch  in  erster  Beihe 
berufen  gewesen  wäre,  den  Prinzen  die  Wege  zu  ebnen,  war, 
da  sie  sich  in  totaler  Unkenntniss  der  englischen  Zustände 
befand,  nichts  zu  erfahren.  Sagt  doch  Erzherzog  Ludwig  selbst, 
dass  die  österreichische  Botschaft  von  London  gar  nichts  wusste 
und  Birmingham  und  Manchester  nur  dem  Namen  nach  kannte.' 
Nachdem  die  Erzherzoge  sich  auf  diese  Weise  zu  ihrem 
Unternehmen  vorbereitet,  blieben  sie  nur  wenige  Tage  in  London. 
Sie  eilten  in  das  Innere  des  Beiches,  um  sich  vorher  mit  den 
in  den  Provinzen  herrschenden  Verhältnissen  vertraut  zu  machen. 
Wie  es  Mettemich  empfohlen,'  wurde  jetzt  der  ihnen  vom  Prinz- 
Begenten  zur  VerfUgung  gestellte  Hofstaat  aufgelöst,  und  nur 
von  wenigen  Leuten  begleitet,  brachen  sie  nach  dem  Norden 
Englands  und  dem  südlichen  Schottland  auf.^ 

Um  den  Eindruck  zu  ermessen,  den  diese  Beise  auf  die 
Erzherzoge  machte,  muss  man  bedenken,  dass  zu  jener  Zeit 
England  ein  dem  Continente  noch  ziemlich  unbekanntes  Land 
war.  Auch  besuchten  Johann  und  Ludwig  dies  Beich  in  einer 
Periode,  wo  die  englischen  Verhältnisse  sich  in  einem  Zustande 
der  Umgestaltung  befanden,  das  Alte  noch  nicht  beseitigt  und 
das  Neue  erst  in  den  Anfangsstadien  der  Entwicklung  begriffen 
war.^     Ihre   Mittheilungen   sind   daher  von   besonderem  Beize 

'  Reise  Erzherzog  Lndwigs  in  England  1816. 

*  Ebendaselbst. 

•  Vortrag  Mettemich's,  Paris,  17.  October  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 
^  Jobann  an  Franz,  4.  November  1815.    Wiener  Staatsarchiv. 

«  Panli,  Geschichte  Englands,  I.  Bd.,  10.  Capitel. 


\ 


nd  auch  fUr  die  englisclie  Culturgeschichte  von  Werth.  Lofai 
B  sich  doch,  zu  hören,  wie  continentale  Reisende  von  so  he 
orragender  Stellung  wie  die  Erzherzoge,  Über  das  Englai 
leorgs  IV.  urtheilten. 

Am  4.  November  1815  verhessen  sie  London,  machte 
1  Beachwood  Station  im  Hause  des  Ritters  Seabrigtli,  d< 
inen  als  das  wahre  Prototyp  eines  englischen  Edelmann! 
rschieu  und  sie  durch  seine  Kenntnisse  und  Bildung  übe 
ischte.  Nicht  wenig  staunten  sie,  da^s  die  ältere  Tochti 
esselben  eich  dem  Studium  der  Chemie  widmete,  wahres 
ie  jüngere  dichtete.  Ueberhaupt  mussten  sie  bald  die  Erfal 
mg  machen,  dass  die  englischen  Frauen  ofl  unterrichteter  a 
ie  Männer  seien.  Die  vornehmste  Quelle  dieser  Bildung  fände 
ie  —  und  nicht  mit  Unrecht  —  in  den  auf  allen  Schlössei 
nd  Häusern  der  besseren  Classen  sich  befindlichen  Bibliothekei 
'o  die  Angehörigen  derselben  einen  grossen  Theil  ihrer  Ze 
erbringen. 

Nachdem  sie  Ritter  Seabrigtb,  dieses  Muster  eines  eiij 
sehen  Landedel  mann  es,  besucht,  hielten  sie  sich  einige  Ze 
n  Schlosse  des  Marquis  d'Anglesey  auf,  eines  intimen  Freundi 
es  Prinz-Regenten.  Anglesey  ist  mehr  bekannt  als  Lord  Pag« 
nter  welchem  Namen  er  bei  Waterloo  die'  Cavallerie  führ 
Jid  ein  Bein  verlor.  Seitdem  konnte  er  nur  auf  KrUcke 
inherschreiten.  In  gewissem  Sinne  bot  diese  Haushai  tun 
chon  eine  Vorstellung  von  den  sittlichen  Zuständen,  die  damal 
lesondere  begünstigt  durch  den  Prinz- Regenten,  in  manch« 
ristokratiscben  Familien  herrschten.  Der  Marquis  lebte  jet 
oit  der  ehemaligen  Marquise  Wellesley,  die  er  entführt  ui 
lachher  geheiratet  hatte,  während  seine  erste  Frau,  von  Ai 
r  neun  Kinder  besass,  nun  die  Gattin  des  Herzogs  von  Argy 
;eworden.  Hier  in  dem  Hause  des  Marquis  bekamen  die  Er 
lerzoge  zuerst  eine  Idee  von  der  Lebensweise  der  vomehmstt 
ind  reichsten  Grandseigneurs  Englands.  Indem  dieselben 
jOndon  sich  nur  kurze  Zeit  aufhielten,  entfalteten  sie  al 
bracht  in  Wohnung,  Einrichtung  und  Küche  auf  ihren  Güten 
lier  wie  bei  den  übrigen  Grossen  verlief  das  Diner,  bei  we 
ihem  die  Damen  nach  französischer  Mode  gekleidet,  die  Herrc 
m  blauen  oder  schwarzen  Frack  erschienen,  in  ganz  eigei 
hümlicher  Weise.  ,In  grösseren  Häusern'  —  erzählt  Erzherzc 
judwig  —  ,beBtehen  die  Tafeln  aus  zwei  Gedecken;  die  Speise 


393 

sind  alle  auf  dem  Tische.  Etwas  Unangenehmes  ist  es^  dass 
man  von  den  Speisen,  die  man  haben  wiU,  begehren  musS;  da 
nichts  als  die  Suppe  herumgetragen  wird;  man  wendet  sich 
an  den,  vor  welchem  die  Speise  stehet,  und  schickt  durch  den 
Bedienten  seinen  Teller  hin,  jener  legt  nun  vor.  Ist  man  zu- 
fiülig  vor  ein  LiebUngsgericht  oder  ein  grosses  Stück  Rind- 
fleisch oder  Schöpsenkeule  zu  sitzen  gekommen,  so  hat  man 
vor  lauter  Begehren  und  Schneiden  und  Vorlegen  beinahe 
keine  Zeit,  selbst  etwas  zu  essen.'* 

Mit  dem  freien  und  zwanglosen  Tone,  der  trockenen  gut- 
müthigen  Höflichkeit  und  der  Gastfreiheit,  der  sie  hier  begeg- 
neten, waren  die  Erzherzoge  sehr  zufrieden.  Auf  ihrer  weiteren 
Reise  besuchten  sie  auch  Roscoe,  den  bekannten  Verfasser  des 
Jjebens  Papst  Leo  X.',  dessen  Landhaus  sechs  Meilen  von 
Liverpool  an  dem  Flusse  Mersey  lag.  Sie  waren  erstaunt, 
dass  er,  obwohl  nie  in  Italien  gewesen,  die  Sprache  dieses 
Landes  vortrefflich  sprach,  wie  dass  in  seiner  Bibliothek  die 
itaUenische  Literatur  vollzähhg  vertreten  war. 

AUein  die  Erzherzoge  blickten  nicht  nur  in  das  Innere 
der  vornehmen  Paläste,  sondern  bemühten  sich  mit  noch  viel 
grösserem  Eifer,  in  die  Werkstätten  der  Industrie  und  des 
Handels  einzudringen.  Mitunter  war  dies  sehr  schwierig  und 
erforderte  ungemein  viel  Takt  und  Vorsicht.  Obwohl  die  Eng- 
länder über  ihre  Einrichtungen  sehr  viel  Bücher  veröffentlicht 
hatten,  aus  denen  man  sich  zur  Genüge  über  dieselben  unter- 
richten konnte,  beobachteten  sie  dagegen  ein  auffallend  tiefes 
Stillschweigen  über  AUes,  was  auf  ihre  Industrie  Bezug  hatte.  ^ 
Mit  Argusaugen  hütete  der  Fabrikant  die  Geheimnisse  seiner 
Manipulation.  Wollte  man  die  Fabriken  besuchen,  so  musste 
man  sich  die  Empfehlung  von  Kaufleuten  verschaffen.  Die 
Befürwortung  der  Minister  konnte  bei  solchem  Vorhaben  eher 
schaden,   da  die  zur  Opposition  gehörigen  Fabrikanten  schon 


*  Erzherzog  Ladwigfs  Reise  in  England. 

'  Erzherzog  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  London,  29.  De- 
cember  1815.  On  ne  peut  se  faire  d^id^  combien  les  Anglois  ont  6crit 
coDcemant  lenr  pays,  chaque  petite  ville  a  son  guide,  sa  description 
qui  sont  d*une  grande  utilit^  pour  le  voyageur,  pour  lui  servir  de  direc- 
tion  dans  tont  ce  qn^il  y  a  de  bean  et  de  remarqoable,  except^  la  partie  in- 
dastrielle  snr  laquelle  il  r^gne  un  profond  silence,  soite  de  cette  Jalousie 
propre  an  fabricant. 
ArebiT.  LXXYin.  Bd.  II.  H&lfte.  26 


\ 


tritt  in  ihre  Häuser  verweigerten,  um  zu  zeigei 

Regierung  njcbta  zu  befehlen  habe.'  Die  Er 
.ckennann  aufs  Beste  berathen,  waren  vorsicfati 
,  sich  mit  Bnefen  tod  englischen  Kau£eaten  i 

so  öfheten  sich  zumeist  vor  ihnen  die  Pforte 
ibriken,  doch  leichter  in  Schottland  als  in  Eii{ 
hnt  an  diese  gewaltige  Entfaltung  von  Hand 
wie  sie  gerade  dapialft  in  Groesbritannien  blüht 
zherzoge  voll  Bewunderong  auf  all  die  Herriicl 
1  ihren  Augen  darboten.  ,Rilckgichtlich  der  L 
andels,  der  Fabriken'  —  schreibt  Johann  vt 
-  ,gibt  es  so  viel  zu  sehen,  dasa  man  gar  nicl 

anfangen  soll.  Die  Fortschritte  sind  so  enon 
Stttdte,  als  eigentliche  Herde  derselben,  jedi 
rgrössem,   dass   man  sie  nicht  wieder  erkenn 

Glasgow,  Manchester,  Liverpool  80.000— lOO.OC 
ui  thut  sehr  viel  für  ihre  VerBchönerung,  ooc 
Spitäler,   die  Erziehung;    überall  trifft  man  ga 

und  hierin  offenbart  sich  der  Öffentliche  Geis 
olfit  Subscriptionen  erbaut  und  erhalten."  Hii 
-ncn  sie  aber  auch  die  Mittel  kennen,  welcl 
lustrie  zu  so  ungeheurem  Aufschwünge  verhalfei 
ihren  sie  die  Anwendung  der  Dampfkraft  ai 
dos  Verkehres.  Zum  ersten  Male  sehen  sie  i 
fschiffo,  die  sie  so  gerne  auch  auf  der  Dona 
an  möchten.^  Als  ganz  merkwürdig  erschi« 
rendung  der  Wasserdämpfe  zur  Treibung  dt 
1  der  es  in  einem  Briefe  heisst:  ,Man  sieht  eine 
aom  Itauchfang  anlangen,  der  12 — 14  Wage 
[,   die  keine  Bespannung   und   keine   Mensche 

haben.'*  Die  Dampfmaschinen,  deren  Anzal 
geben  und  die  Alles  in  Bewegung  setzen,  sowi 
ge  kolossale  Rcichthnm  an  Kohlen,  das  ,gros£ 

Bewegung,  imponiren  ihnen  ganz  gewaltig.' 

Ana  an  eiue  bocbstehende  PenSnlichkeit,  London,  ü.  D 

,  Glsafow,  30.  November  1S16. 

,  Newcastle,  8.  December  1816.    C'est  &  Toir  B'ili  ponnoi 

ir  notre  Danube. 

«og  Johann  an  Fnini,  24.  Dec.  1615,  Wiener  Staatuidu' 


395 

Zurückgekehrt  von  dieser  Fahrt  durch  das  nördliche  und 
östliche  England  und  das  südliche  Schottland,  eilten  sie  nach 
kurzer  Rast,  die  Sehenswürdigkeiten  des  südUchen  Theiles 
dieses  Reiches  zu  besichtigen.  Zuerst  richteten  sie  ihre  Schritte 
nach  Slough,  um  den  grossen  Astronomen  Herschel  zu  besuchen, 
der  damals  80  Jahre  alt,  trotz  seiner  sechzigjährigen  Abwesen- 
heit von  Deutschland  noch  nicht,  ebensowenig  wie  seine  mit 
ihm  arbeitende  Schwester,  seine  Muttersprache  verlernt  hatte.^ 
Herschel  fesselte  die  Erzherzoge  durch  seine  Erklärungen  des 
Himmelsbaues  derart,  dass  sie  sich  ungern  von  ihm  trennten.^ 
Von  hier  gingen  sie  nach  Oxford,  mit  Empfehlungsbriefen  ver- 
sehen an  den  Professor  der  Medicin  Pegge.  Dieser  nahm  es 
anfangs  übel  —  im  Gegensatze  zu  den  Fabrikanten  —  dass 
ihm  die  Erzherzoge  nur  durch  Ackermann  und  nicht  durch 
die  Regierung  empfohlen  waren.  AUmälig  aber  wurde  er 
freundlicher  und  bewährte  sich  als  kundiger  Ftlhrer  in  der 
berühmten  Universitätsstadt.^  Nach  Oxford  besuchten  sie  Glo- 
cester,  Bristol  und  die  bedeutenden  Marineanstalten  von  Ply- 
mouth  und  Portsmouth,  welche  wegen  ihrer  Grösse  und  der 
daselbst  entfalteten  Thätigkeit  sie  mit  Erstaunen  erfüllten.^  Ins- 
besondere sahen  sie  in  Plymouth  den  Steindamm,  dies  unge- 
heure Werk,  das  die  Regierung  aus  Felsenstücken  von  ausser- 
ordentlicher Grösse  errichten  liess,  um  die  Rhode  zu  schliessen 
und  sicher  zu  machen.^ 

G^rne  würden  die  Erzherzoge  auch  einen  Abstecher  nach 
Irrland  unternommen  haben,  dessen  Bevölkerung  man  ihnen 
einerseits  als  roh,  unaufgeklärt  und  aufbrausend,  von  anderer 
Seite  wieder  als  in  gedrücktem  Zustand  lebend  und  voll  guter 
Anlagen  schilderte.  Allein  die  Kürze  der  Zeit,  die  schlechte 
Witterung  und  —  wie  Erzherzog  Ludwig  erwähnt  —  in  noch 
höherem  Grade  die  Rücksicht  gegen  die  Regierung  machten 
ein  solches  Unternehmen  unausführbar.^ 

Nun  erst,  nachdem  sie  die  Umschau  in  den  Provinzen 
beendigt,  kamen  die  Erzherzoge  dazu,  den  Hof,  die  Gesellschaft 


*  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 

*  Ibid.      *  Ibid. 

*  Erzherzog  Johann  an   den  Kaiser,   London,   29.  Jänner  1816.     Wiener 
Staatsarchiv. 

»  Ibid. 

*  Erzherzog  Lndwigs  Reise. 

26* 


\ 


d  die  Hauptstadt  selbst  näher  kennen  zu  lernen.  Freili( 
]on  ehe  sie  nach  dem  stldUchen  England  abgereist  wäre 
tten  sie  für  kurze  Zeit  einer  Einladung  des  Prinz-Regent« 
eh  dessen  Residenz  Brighton  Folge  leisten  müssen,  ,wo'  - 
Q  Erzherzog  Johann  bemerkt  —  ,der  Aufenthalt  von  einigi 
gen  nicht  sonderlich  lustig  isf.*  Die  BerUbmng  mit  de 
ife  und  der  königlichen  Familie  machte  auf  sie  nicht  di 
Bten  Eindruck,  insbeBondere  nicht  der  Verkehr  mit  de 
inz-Regenten  und  dessen  Umgebung  in  Brighton.   Sie,  bish 

das  einfache,  schlichte  Leben  der  Wiener  Hofburg  Jen 
.ge  gewöhnt,  waren  nicht  wenig  erstaunt  über  das  frivc 
Btössige  Treiben,  das  im  Kreise  des  Prinz-Regenten  herrscht 
ilr  einen  Osterreichischen  Prinzen'  —  sagt  Erzherzog  Lud« 

seinen  Aufzeichnungen  —  ,der  das  häusliche,  regelmässig 
lentUche  Leben  gewöhnt  ist,  dem  man  von  trUher  Jngei 
■prägte,  mit  seiner  Zeit  zu  wuchern,  sich  Kenntnisse  zu  < 
trben  und  dem  Vaterlande  nützlich  zu  sein,  mit  Beispiel  i 
iten  voranzugehen,  seinem  Fürsten  Treue,  Gehorsam,  kindli< 
;eben  sich  zu  zeigen  und  nicht  zu  wissen,  was  Intrigue,  C 
le,  Opposition,  Ehrgeiz,  Selbstsucht  ist,   übrigens   ordentlii 

leben,  musste  dieser  Hof  einen  tiefen  Eindruck  machen  ni 
tit  mehr  auffallend  sein  als  der  Nation  selbst,  die  durch  d 
ständige  Sehen  dergleichen  Dinge  mehr  gewöhnt  ist'* 

Beginnt  mit  der  nüchternen  Haushaltung  Geoi^  BI.  eii 
Action  gegen  die  derbe  Roheit  und  Sinnlichkeit,  wie  t 
ch  um  die  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  in  England  herrscht 

flammt  das  ausschweifende  Leben  früherer  Tage  noch  einin 

seiner  ganzen  abstossenden  Nacktheit  am  Hofe  des  Prii 
!genten  auf  Wie  er  dem  Vater  und  seinen  Freunden  vi 
r  Opposition  die  Treue  gebrochen,  so  kannte  er  diese  am 
:ht  in  den  ehelichen  Beziehungen  zu  seiner  Frau,  die  er  a 
nzer  Seele  hasste.  Er  war  ein  Säufer,  der  sich  selbst  a 
ichzeitstage  bei  seiner  Traunng  nur  mittelst  des  Genoss 
n  starken  Getränken  auf  den  Beinen  erbalten  konnte.  Dah 
trieb  er  die  Maitressenwirthschaft^  im  grossen  Stjle  und  stecki 

'  ETzbenogJobann  an  den  Ksieer,  London,  21.  Dec.  1815,  Wiener Staatevch 

'  Erzherzog  Lndwiga  Reise. 

'  Die   berUhmteaten  sainer  Maitrusaen   waren:  Mrs.  Kobinion,  Fibhsrb« 

Ladies  Jersey,  Hertford,   Conjogbain.     Anaserdem  wird   noch  die  sU 

liebe  Anztib)  von  13  Haitresieii  erwähnt. 


397 

so  lange  er  noch  nicht  die  Zügel  der  Regierang  führte^  tief  in 
Schulden^  die  sich  auf  enorme  Summen  beHefen.  Die  Erzher- 
zoge fanden  in  ihm  einen  schönen^  wie  einen  Stutzer  geklei- 
deten Mann,  voll  natürlichen  Verstandes,  der  aber  durch  Aus- 
schweifungen körperUch  ganz  herabgekommen  war.  LächerUch 
erschien  es  ihnen,  dass  er  das  grösste  Gewicht  darauf  legte, 
dem  Fürsten  Schwarzenberg  ähnUch  zu  sehen,  eine  Meinung, 
worin  ihn  Jeder  bestärken  musste,  der  sein  Wohlgefallen  er- 
regen wollte.  Sonst  fiel  er,  wenn  einmal  von  politischen  Gegen- 
ständen die  Rede  war,  von  einer  Idee  auf  die  andere,  wobei 
er  mit  Vorliebe  betonte,  man  müsse  Bemadotte  aus  Schweden 
vertreiben  und  an  dessen  Stelle  einen  Erzherzog  setzen.  Be- 
ständig sprach  er  von  seinem  Wunsche,  das  Ghrosskreuz  des 
Theresienordens  zu  besitzen,  den  entbehren  zu  müssen,  ihm 
viel  Kummer  bereite.  Dann  hob  er  wieder  hervor,  dass,  wenn 
er  nicht  seine  Tage  in  England  verbringen  müsste,  er  am  Ueb- 
sten  in  Wien  wohnen  wollte.  So  lange  er  sich  nur  in  solchen 
Erörterungen  erging  und  zur  Freude  der  Erzherzoge  seiner 
VorUebe  für  Oesterreich  gedachte,  erschien  ihnen  der  Aufenthalt 
in  Brighton  noch  behagUch.  Aber  es  widerte  sie  an,  wenn  bei 
Tische  in  Gesellschaft  des  Prinz-Regenten  und  in  erster  Reihe 
von  diesem  selbst  Reden  so  zotiger  Natur  geführt  wurden,  wie 
sie  —  nach  einer  Bemerkung  Ludwigs  —  kaum  in  eine  Elaseme 
passen  würden.  Neben  übermässigem  Essen  und  Trinken  Uebte 
es  da  der  Prinz-Regent,  einige  seiner  Gäste  zum  Stichblatte  seiner 
Witze  zu  machen  oder  aber,  wie  den  Admiral  Nagel,  unter 
den  Tisch  zu  trinken  oder  gar,  was  ganz  sonderbar  berührt, 
den  bekannten  und  ungemein  geschickten  hannoverischen  Di- 
plomaten Grafen  Hardenberg  zu  bereden,  ,zu  Wette  zu  fressen'. 
Ein  eifriger  Secundant  bei  allen  diesen  eines  Regenten  wenig 
würdigen  Spässen  war  sein  Bruder,  der  Herzog  von  Clarence, 
der  die  Erzherzoge  durch  seine  von  Unwissenheit  strotzenden 
Fragen  stets  in  die  grösste  Verlegenheit  versetzte.  Wie  er  dann 
schUessUch  während  der  Tafel  zumeist  einschlief,  war  er  ihnen 
ein  erbarmungswürdiger  Anblick.^ 

Gerade  um  die  Zeit,  als  die  Erzherzoge  in  England  weilten, 
versetzte  den  Prinz-Regenten  das  Heiratsproject  seiner  Tochter 
Charlotte  mit  dem  Herzog  Leopold  von  Coburg  in  nicht  geringe 


^  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 


'gaag.  Sie  waren  fast  Zeuge  der  Intrigaen  und  Cabaleu 
le  diese  Absicht  im  Gefolge  hatte,  und  befauden  sich  da 
1  ia  der  Lage,  tiefe  Blicke  in  das  FamilieiilebeD  des  kCni; 
1  Hauses  zu  werfen.  ,Da8  Gerücht  verbreitet  sich  imme 
'  —  schreibt  Johann  am  29.  Jänner  1816  an  den  Eaise 
Jid  scheinet  im  Lande   sehr  angenehm  zu  sein,   als  soll 

Leopold  von  Coburg  für  die  Thronerbin  bestimmt  sein.' 
lotte  sah  den  Coburger  zum  ersten  Male  im  Jahre  1814 
nachdem  die  Prinzessin  ihre  Verlobung  mit  dem  Erl 
en  der  Niederlande  gelöst,  warb  er  um  ihre  Hand.  Ib 
lach   dem  Bruche   mit  dem  Niederländer  sich   um  jede 

verheiraten  und  von  ihrem  Vater  sich  unabhängig  mache 
i,  schienen  die  Bemühungen  des  Herzogs  von  Cobnr] 
dem  sie  schon  seit  einiger  Zeit  geheimen  BriefwechBi 
hielt,"  sehr  angenehm  zu  sein.*  Desto  weniger  behagi 
7oburger  dem  Prinz-Regenten,  der  diesem  die  Hand  seini 
ter  verweigerte,  weil  er  ihn  fllr  keine  passende  Partie  fi 
Vinzessin  ansah.^  In  Wahrheit  aber  sträubte  er  sich  gegc 

Ehe,  weil  er  Charlotte,  vor  deren  mächtigem  Anhange  i 
fürchtete,  jetzt  unter  seiner  Aufsicht  behalten  wollte.^  I> 
lessin,  die  Minister  und  einige  wolildenkende  Freunde  mns 
len  Vater  fljrmlich  zur  EinwiUigung  zwingen.    Vor  Alle 

Castlereagh  und  der  persönliche  Freund  des  Prinz-Regente: 
[uis  von  Anglesey,  waren  es,  welche  die  Prinzessin  Cha 
aufs  Kräftigste  unterstützten.''  Wie  wir  von  Johann  selb 
reu,  wäre  es  der  Lieblings  wünsch  des  Regenten  gewese 
jder  Ludwig  zum  Gemahl  für  seine  Tochter  in  Englai 
;kzubehalten,^   aber  wir   wissen   auch    zugleich   von    ihi 

ohanii  an  den  Ktlaer,  39.  JSnner  181G.    Wiener  fiUataarchiv. 
irzherzog  Johann  an  eine  hochgestellte  PerBUnlichkeit,  London,  29.  }i 

er  1810. 

laterhäz;  SD  Meltemicli,  London,  ST.  Jäuner  1816.   Wiener  Staatearchi 

l>id.    La  princoBso  Charlotte   veut  se  marier,   tont  doit   Vy   porter,  el 

ent  UQ  mari,  eile  vent  uns  eiistence.    La  personne  da   prince  Leopo 

li  convieot,  il  r^iinil  ^alement  les  avantages  qu'on  d^sire  dana  le  paj 

Isterhiz;  hat  selbst  über  diese  Din^  mit  Prinzessin  Charlotte  geiprochf 

(erveldt,  London,  22.  Juli  1814.    Wiener  Staatsarchiv. 

Irzhorzog  Joliann  an  Mett«mick,  Calais,  11.  März  1616.    Wiener  Staa' 

t>id. 


399 

dass  er  absolut  kein  Verlangen  darnach  hegte^  die  englische 
Prinzessin  zu  ehelichen.^  Nicht,  dass  ihn  ihre  Erscheinung  ab- 
gestossen  hätte,  vielmehr  lautet  sein  Urtheil  nicht  eben  ungünstig 
flir  sie,  wenn  er  von  ihr  sagt:  ,Sie  wird  Jeden  überraschen, 
der  nicht  vorher  von  ihrer  Art,  sich  zu  präsentiren,  unterrichtet 
war.  Eine  wohlgewachsene,  junge,  schöne  Frau  mit  Geberden 
und  Stellungen  eines  Mannes,  im  Sprechen  Verstand,  Kennt- 
nisse, Witz,  ungebundene  Fröhlichkeit,  Unklugheit,  Derbheit, 
die  einen  überrascht;  sie  scheint  gutmüthig  zu  sein,  aber  auch 
ihrem  Kopfe  zu  folgen  und  ganz  verwahrloset  in  der  nothwen- 
digen  Erziehung,  um  als  grosse  Frau  in  der  Welt  zu  leben/* 
Qerade  die  erwähnten  Eigenschaften  konnten  Johann,  der  mehr 
für  stillere  weibliche  Tugenden  schwärmte,  nicht  anziehen. 
Ausserdem  war  ihm  nicht  unbekannt^  dass  Charlotte  in  den 
Coburger  sehr  verliebt  sei.^  Nicht  gerade  verlockend  war  aber 
auch  die  schwierige  Lage,  in  die  derjenige  gerieth,  der  Prin- 
zessin Charlotte  heimführte.  Indem  diese  ihren  Vater,  ihre 
Gbossmutter  und  die  meisten  ihrer  Onkel  und  Tanten  hasste, 
wusste  Johann  sehr  wohl,  dass  Leopold  die  grösste  Klugheit 
werde  aufbieten  müssen,  um  sich  diese  verschiedenen  Elemente, 
die  auch  ihm  feindlich  gesinnt  waren,  zu  Freunden  zu  machen 
und  seine  Stellung  am  Hofe  erträglich  zu  gestalten.^ 

Nach  den  Schilderungen,  welche  die  Erzherzoge  von  den 
einzelnen  Mitgliedern  der  königlichen  Familie  entwerfen,  muss 
man  gestehen,  dass  es  fUr  die  Erzherzoge  nichts  weniger  als 
verführerisch  sein  konnte,  in  den  Kreis  derselben  eintreten  zu 
wollen.  ,Die  Königin  (Frau  des  blinden  imd  wahnsinnigen 
Georg  in.)^  —  schreibt  Johann  —  ,8ehr  von  altem  Schlage, 
will  geschmeichelt  sein ;  man  wirft  ihr  vor,  dass  sie  sehr  schlimm 
sei,  und  ist  daher  nichts  weniger  als  geliebt.'^  Dazu  trugen 
nicht  wenig  ihre  ledigen  Töchter  bei,  deren  Moralität  sich  nicht 
des  besten  Rufes  erfreute.^  Eine  Ausnahme  machte  nur  Prin- 
zessin Mary.  Der  Herzog  von  Cumberland,  Bruder  des  Prinz- 
Regenten,  fachte  beständig  die  Leidenschaft  der  Eifersucht  zwi- 
schen diesem  und  seinem  andern  Bruder,  dem  Herzog  von 
York,  an.    ,Der  Herzog  von  Cumberland'  —  sagt  von  ihm  Erz- 


'  ErzherEog  Johann  an  Metternich,   11.  März  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 
«  Ihid.       »  Ibid.       *  Ibid.       »  Ibid. 
*  Ludwigs  Reise  durch  England. 


401 

Nicht  weniger  interessant  als  die  Mittheilungen  über  den 
Hof  lauten  die  Aufzeichnungen  der  Erzherzoge  über  die  Re- 
gierung und  deren  MitgUeder.  Voll  Ueberraschung  gewahrten 
sie  hier,  im  Gegensatz  zu  der  schleppenden,  langsamen  Art, 
wie  im  damaligen  Oesterreich  in  den  Ministerien  die  Geschäfte 
betrieben  wurden,  die  Raschheit,  mit  der  in  England  die  ein- 
zelnen Departements  die  Angelegenheiten  erledigten.  ,Es  scheint^ 
—  schreibt  Johann  —  ,da8  System  der  Regierung  besteht 
darin,  den  Gang  der  Maschine  zu  regeln  und  nachher  sie  gehen 

zu  lassen. Man  hat  bemerkt,  dass  zu  viel  regieren  wollen 

ein  Fehler  ist,  der  nur  hinderlich  sein  kann.^^  Das  eben  tagende 
Parlament  bot  ihnen  erwünschte  Gelegenheit,  eine  der  gross- 
artigsten Institutionen  dieses  Landes  kennen  zu  lernen.  Sie 
hatten  sich  daher  beeilt,  yon  ihren  Ausflügen  nach  London 
zurückzukehren,  um  bei  Eröffnung  desselben  anwesend  sein 
zu  können.  Nicht  vollkommen  mächtig  der  engUschen  Sprache, 
wohnten  sie  den  Sitzungen  in  Begleitung  von  Dolmetschen  bei.' 
,Sonderbar  vorkommend  ist  zu  sehen^  —  verzeichnet  Ludwig 
in  sein  Tagebuch  —  ,wie  die  Parteien  mit  der  grössten  Ruhe, 
ohne  den  Fuss  von  der  Matte  zu  bewegen,  sich  die  bittersten, 
oft  gröbsten  Dinge  sagen,  die  manchmal  des  Sprechers  Zurecht- 
weisung nach  sich  ziehen.^*  Unangenehm  berührte  es  ihn,  wenn 
einer  der  Redner  bei  den  ernstesten  Dingen  Spässe  machte 
oder  seine  Gegner  durch  Lächerhchmachen  schlagen  wollte, 
,da  man  sich  bei  Verhandlungen,  die  des  Vaterlandes  Wohl 
und  Wehe  betreffen,  nur  die  ernsthafteste  Behandlimg  denken 
kann^*  Ebensowenig  kann  er  die  Einseitigkeit  und  Unwissen- 
heit billigen,  die  damals  im  Parlamente  über  die  Verhältnisse 
des  Continentes  herrschten,  so  dass  die  Mitgheder  besser  über 
Ost-  und  Westindien  unterrichtet  schienen  als  über  Sitten  und 
Einrichtungen  der  einzelnen  Staaten  des  Festlandes.^   Dagegen 


^  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  London,  20.  Febmar  1816. 

'  Id.  ad  eundem,  London,  29.  December  1815.  .  .  .  il  fandra  pour  cela  des 
interprStes,  car  malheurensement  nons  n'avons  apris  jusqu^ä  pr^ent  rien 
de  la  langne  que  le  plus  n^cessaire  pour  se  procurer  en  voyage  ce  qu^il  faut. 

'  Reise  Erzherzog  Ludwigs. 

Mbid. 

'  Ibid.  ,Für  die  Ausbildung  des  Geistes  ist  hinlänglich  gesorgt,  aber  leider 
klebt  Allen  mehr  oder  weniger,  ich  nehme  Wenige  aus,  eine  Einseitigkeit 
in  den  Begriffen  und  eine  Unwissenheit  in  den  Verhältnissen  des  Con- 


<  •    - 


400 

herzog  Ludwig  — 

Frager  und  Schwiit. 

auch  sehr  nachtluili 
*  von  dem  Ludwi«^;  s( 

Schleicher,  welchen- 
j  und    die   Familienzv. 


♦ 


fj 


• 


—  i2f 


dass  der  Prinz-Rc  <m 

dass  Charlotte  wc(l( 

liebte.^    Unter  soK  ■ 

derbtheit,    Zerfahr. 

gehörte  das  grösbt< 

um  diese  heftigen  ..r^<« 


freuten  sich,  dass  <  .^^  a^ 

seinen  geraden,   s(  ^. 

keiten  zu  werden  -.-^  ' 

genten  und  der  k-  ^  -w-.i 

S'   3  wiss  Deutschland   i 

A     [{'  auch  die  politisch (>  ^.«f^ 

if     Jl  bemerkt  Johann    >  .^  ji 

^     f '  ^  Sachse,  also  nicht  ^  i 

1     jj;     *  Kaiser   sehr    en 

j     •*•    5  Platze;  sein  still 

"      ^^     I  Sprache   des  L; 

*Z    j):^     ;  Die  Hochzeit  fai 

^    »i  .-j  Regenten  zu  In 

i'  5^  4  Unrecht  wurde 


geknüpfte  und 

starb  schon  im  -  ö  ** 


HßJ  _- 

^  trachten  ist,  ai  ^^^»  i 


*4 


Seilschaft  die  .^ 
schmack  wahi- 


*  Erzherzog  I.  ^-u 

*  Ibid.      8  Ib;  .^  »-^^ 

*  Erzherzog  .1  -    "   \ 
1816.     ...                                                                                                   -  ■ 

*  Reise  Erzli'  ■^'* 

*  Johann  an 

'  Pauli,    G(- 
18X6,  I.  IW 


403 


uLM<eu  des  Hofes  ebenso  leicht  fügte,   wie  er,  unter  dem 

ü  der  continentalen  Diplomatie,  keine  Skrupel  empfand, 

.*i-ireite    Europa    der   immer   mehr   sich    hervorwagenden 

.iwa    zu    überlassen.^     Von    diesem    Manne    berichten    die 

^*v-'>ge,  dass  er  wegen  seines  übermässigen  Stolzes,  der  so 

^  cil«:tzte,  nicht  beliebt  sei.   ,Bei  allem  dem'  —  sagt  Lud- 

^i>t   in  ihm  bei  aller  Rechthchkeit  und  dass  man  ihm 

'it'   seines  Benehmens  nicht  beikommen  kann,  viel  Ein- 

s    sein  Gleichmuth  schwer  zu  heben;   seine  ruhige  Fas- 

::iben  ihm  viel  Uebergewicht  über  seine  Gegner  gegeben. 

,jr«    er,  obgleich  nicht  der  erste  Kopf,   einer  der  liebsten 

!i)e  Erhaltung  im  Ministerium  zu  wünschen;   auch  wird 

.Nein,  wenn  er  klug  in  Worten,  sich  durch  keine  persön- 

Beleidigungen    reizen    lässt,    wenn   er  mit  Klugheit  den 

lien  der  Nation  nur  einigermassen  zuvorkommt.'*    Lord 

jt'iol,  den  Premier  des  Torycabinets,  kennzeichnet  Erzherzog 

M   rait  folgenden  Worten:    ,Ein  sehr  schätzbarer,   ebenso 

Khaltender  Mann,  ist  auf  keine  Art  zum  Reden  zu  bringen; 

■heues,  überkluges  Benehmen  ist  oft  zum  Verzweifeln.*' 

■•'Tid  der  Kriegsminister  Lord  Bathurst  als  ein  Sonderling 

•bnet  wird,  der  trotz  seiner  Kenntnisse  nicht  mittheilsam 

'leisst   es   dagegen   von   dem   Minister   des  Innern,   Lord 

•iith,   der  früher  unter  Pitt  Sprecher  im  Unterhause   ge- 

•  :    Jst   nichts    weniger    als    ein    hervorstechendes    Genie, 

Kedlichkeit  im  hohen   Grade,   ein   offenes,   biederes  Be- 

'»m,  ein  Herz,  empfknglich  für  das  Gute,  mit  einem  Aeus- 

welches  einen  gleich  einnimmt;  er  führt  seine  Geschäftig- 

^ut,    mit   Ruhe,    Festigkeit   und   Klugheit.*^    Einer   sehr 

•i^en   Beurtheilung   erfreut   sich   der  Schatzkanzler,   wenn 

•■Ä'ig  von  ihm  sagt:    ,Vansittart,  Finanzminister,  scheint  mir 

■rr   Sache    gewachsen;    ein    Mann    von   vielem    Verstände, 

Innng  und  strenger  Redlichkeit,  der  in  einer  sehr  schweren 

•  lutle  die  Führung  dieses  Zweiges  auf  sich  hat;   seine  Art, 

seine  Geschäfte  zu  zeigen,  war  gründlich;    es  war  gut  mit 


Itüi,  Geschichte  Englands,  1.  Bd.,  8.  125. 

lerzog  Ludwigs  Reise, 
sherzog  Johann  an  Mettemich,  Calais,  11.  März  1816.  Wiener  Staats- 
archiv. 
Erzherzog  Ludwigs  Reise. 


404 

ihm  zu  sprechen^  er  Hess  sieh  gern  ein^  und  man  erhielt  stets 
von  ihm  bestimmte,  deutliche  Antworten  und  Erklärungen.  Schade, 
dass  dieser  Mann  kein  Redner  ist/^ 

Ueber  dem  Studiiun  der  Politik  Englands  yei^essen  aber 
die  Erzherzoge  nicht,  ihre  Zeit  auch  dem  hauptstädtischen  Le- 
ben zu  widmen,  womit  sie  ihren  Aufenthalt  in  dem  Inselreich 
beschlossen.  Drei  Wochen  blieben  sie  daselbst,  wo  ihnen  bei 
ihren  Rundfahrten  Sir  William  Congreve  als  ausgezeichneter 
Führer  diente.*  Mit  der  diesem  Manne  eigenen  Derbheit  öffnete 
er  ihnen  den  Weg  zu  Sehenswürdigkeiten,  die  ihnen  sonst  un- 
zugänglich geblieben  wären.®  ,Hier  in  London^  —  schreibt 
Johann  an  den  Kaiser  —  ,welches  wie  ein  kleines  Land  aus- 
gedehnt ist,  hält  es  so  schwer,  auf  den  ersten  Augenblick  zu 
erfahren,  was  da  ist,  nur  nach  und  nach  und  durch  den  Ver- 
kehr mit  den  unterrichteten  Männern  muss  man  sich  den  Weg 
dazu  bahnen  und  die  misstrauischen,  yerschlossenen  Menschen 
aufthauen  machen.^  ^  Um  nun  Alles  ungenirt  in  Augenschein 
nehmen  zu  können,  liessen  sie  sich  nach  englischer  Mode  yei^ 
fertigte  Kleider  machen.^  Auf  ihren  Wanderungen  durch  die 
Stadt  hatten  sie  dann  nicht , Augen  genügt.  Alles  zu  besichtigen;^ 
sie  waren  erstaunt  über  all  die  ausserordentUchen  Dinge,  die 
es  zu  sehen  gab  und  ,wie  in  jeder  Kleinigkeit  Alles  so  voll- 
kommen ist^''  London  mit  seinen  vielen  Plätzen,  unzähligen 
Strassen,  seiner  Häusermasse  und  einer  über  eine  Million  zäh- 
lenden Volksmenge  musste  in  der  That  auf  continentale  Rei- 
sende jener  Zeit  überwältigend  wirken.  Hatte  doch  die  Haupt- 
stadt im  Laufe  des  letzten  Jahrhunderts  ungemein  zugenommen 
und  sich  verschönert.  Wo  noch  im  17.  Jahrhundert  ein  Park 
stand,  in  dem  gejagt  wurde,  erhob  sich  jetzt  eine  der  schönsten 
Pfarren  Westminsters.  Die  sich  mächtig  entfaltende  Industrie 
regte  die  Baulust  an  und  ermöglichte  die  Einführung  von  Neue- 
rungen, die  fllr  den  Verkehr  von  grösstem  Vortheile  waren. 
Als  die  Erzherzoge  England  besuchten,  fanden  sie  das  Gaslicht 


^  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 

^  Erzherzog  Johann  an  Mettemich,  11.  März  1816.   Wiener  Staatsarchiv. 

'  Id.  an  Franz,  London,  20.  Februar  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Ibid. 

^  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 

*  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  29.  October  1815. 
'  Johann  an  Franz,  4.  November  1815.    Wiener  Staatsarchiv. 


405 

schon  so  allgemein  verbreitet^  ,dass  bald  ein  grosser  Theil  der 
Strassen  und  Boutiquen  von  London  damit  wird  erleuchtet  sein^^ 
Einen  eleganten  Eindruck  machten  freilich  nur  die  Hauptstrassen; 
entfernte  man  sich  aus  diesen  und  bog  in  die  kleinen  Neben- 
gassen ein^  so  glaubte  man  sich  sofort  in  eine  andere  Stadt 
versetzt,  so  triefte  Alles  von  Schmutz.^  Um  diese  Zeit  gab  es 
in  England  —  was  ja  erst  nach  1828  zu  Stande  kam  —  noch 
keine  Polizei  im  continentalen  Sinne,  und  die  Erzherzoge,  ge- 
wohnt an  das  Walten  einer  Alles  beaufsichtigenden  ,PoUzeihof- 
stelle',  waren  nicht  wenig  betroffen,  als  sie  überaU  den  Mangel 
an  Sicherheitsyorkehrungen  wahrnehmen  mussten.  Insbesondere 
empfanden  sie  dies,  als  sie  des  Abends  die  italienische  Oper 
verUessen,  wo  dann  die  Wagen  wüd  durcheinander  jagten  und 
jeden  Augenblick  ein  Zusanmienstoss  zu  beftlrchten  war.'  ,In 
der  guten  Stadt  London'  —  schreibt  Johann  —  ,gibt  es  gar 
keine  Polizei.  Man  hat  das  Vergnügen,  vermischt  mit  aller 
Welt,  im  Foyer  eine  gute  Stunde  auf  seinen  Wagen  zu  warten; 
hat  man  ihn  endhch  gefunden,  so  ist  es  Sache  des  Kutschers, 
zu  sehen,  wie  er  sich  aus  diesem  Wirrwarr  herauswindet,  um 
eine  Strasse  zu  erreichen,  wo  man  endhch  ruhig  fahren  kann.'* 
Leicht  begreiflich,  dass  die  Erzherzoge  unter  solchen  Umständen 
viel  von  Einbrüchen  und  Diebstählen  hörten,  wie  von  eigenen 
Abrichtungsschulen  fiir  Diebe.^ 

Sehr  angenehm  berührte  es  dagegen  die  Prinzen,  bei 
ihren  Streuungen  durch  die  Stadt  überall  trotz  des  herrschenden 
Nebels  und  Kohlendampfes  gut  gefärbte  Gesichter  und,  wie  es 
heisst,  ,mehr  schöne  Frauenzimmer  als  in  irgend  einem  Lande' 
zu  finden.^  Sie  mussten  anerkennen,  dass  diese  günstige  Er- 
scheinung nur  allein  dem  von  früher  Jugend  in  der  freien 
Luft  gewöhnten  Leben  zuzuschreiben  sei.  ,Man  sieht  überhaupt' 
—  schreibt  Ludwig  —  ,aus  aUen  Sitten  und  Gebräuchen,  dass 
es  noch  ein  neues,  unverdorbenes  Geschlecht  ist,  dass  die 
Umgebung    des   Meeres,   jene    wohlthätige   Schutzmauer   ihrer 


*  Erzherzog  Johann  an  Franz,  London,  24.  December  1816.  Wiener  Staats- 
archiv. 

*  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 

*  Ibid. 

^  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  London,  6.  Febmar  1816. 

*  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 
•Ibid. 


406 

Gebräuche,  Constitutionen  und  ihres  Landes,  sie  vor  der  Ver- 
mischung mit  Fremden  und  vor  der  Demoralisirung  bewahrt 
hat/^  Es  ist  merkwürdig,  wie  Erzherzog  Ludwig,  wo  er  doch 
in  den  höheren  Classen  Englands  einen  ziemlichen  Grad  sitt- 
licher Verderbtheit  constatiren  muss,  doch  hervorhebt,  dass  die 
MoraUtät  in  diesem  Lande  sich  reiner  als  in  anderen  Staaten 
erhalten  habe.  ,Im  Ganzen  genommen^  —  sagt  er  —  ,kaim 
man  behaupten,  dass  die  Moralität,  vorzüglich  des  weiblichen 
Geschlechtes  und  der  Dienstboten,  viel  grösser  ist  als  in  jedem 
andern  Lande.  So  lange  die  Mädchen  ledig  sind,  gemessen  sie 
die  grösste  Freiheit,  sie  dürfen  allein  herumgehen,  auch  auf 
dem  Lande  spazieren  reiten,  auch  mit  flehen,  die  nicht  mit 
ihnen  verwandt  sind,  das  macht  Alles  nichts.  Sowie  sie  aber 
verheiratet  sind,  so  tritt  die  grösste  Strenge  ein.  Sie  müssen 
ganz  eingezogen  und  häuslich  leben  und  werden  dabei  am 
stärksten  von  ihren  Dienstboten  beobachtet.  Derjenige  Bediente 
oder  [diejenige]  Dienstmagd  nämlich,  die  bei  einer  ihrer  Auf- 
führung wegen  im  übeln  Ruf  stehenden  Frau  in  Diensten  ge- 
standen, kann  sicher  sein,  nirgends  aufgenommen  zu  werden. 
Daher  beobachten  sie  jeden  ihrer  Schritte  und  würden  das 
Geringste  eher  dem  Manne  verrathen,  als  sich  auszusetzen, 
dienstlos  zu  bleiben.^*  Interessant  ist  es,  wie  der  Erzherzog 
gleichzeitig  auf  zwei  sich  widersprechende  Züge  im  Charakter 
der  Engländer  hinweist:  auf  ihren  grossen  Sinn  für  Wohl- 
thätigkeit  und  ihre  Hilrte,  wie  sie  viel  Geld  für  gemeinnützige 
Anstalten  geben  und  anderseits  kaltblütig  an  einem  umgestürzten 
Wagen  vorbeigehen,  in  welchem  sich  die  darin  BefindHchen  die 
Beine  gebrochen  haben,  wie  sie  auf  offener  Strasse  sich  Leute 
zu  Tode  boxen  lassen  und  mit  wahrer  Wollust  Hinrichtungen 
beiwohnen.* 

Es  ist  leicht  begreiflich,  dass  die  Erzherzoge,  welche  nicht 
genug  die  Freundlichkeit  und  das  zuvorkommende  Benehmen 
der  Engländer  rühmen,*  es  nicht  vermeiden  konnten,  den  ver- 
schiedenen Einladungen  zu  den  vornehmen  Abendgesellschaften, 
den  sogenannten  ,Routs^  zu  folgen.  ,Ehe  wir  London  verliessen' 
—  schreibt  Johann  an  Metternich  —  ,wurden  wir  etwas  mit 


^  Erzherzog  Ludwigs  Bebe. 

*  Ibid.      •  Ibid. 

*  Erzherzog  Johann  an  Metternich,  11.  März  1816.    Wiener  StaatBi|Mt|2a 


407 

Diners  geplagt^  welche,  wie  Sie  wissen,  so  spät  sind;  wären 
wir  länger  geblieben  in  dieser  Jahreszeit,  wo  Alles  in  der 
Stadt  sich  zu  versammeln  anfängt,  so  würden  wir  aus  den 
Tafeln,  Gesellschaften,  Routs  gar  nicht  mehr  herausgekommen 
sein;  so  sahen  wir  von  Allem  nur  so  viel  als  nötbig  war,  um 
es  gesehen  zu  haben/  ^  Und  was  sie  in  dieser  Beziehung  sahen, 
reizte  gar  nicht  zu  häufiger  Wiederholung;  erleichtert  athmeten 
sie  auf,  wenn  sie  derlei  Gesellschaften  glücklich  überwunden 
hatten  oder  an  denselben  nicht  theilnehmen  mussten.^  Erzherzog 
Ludwig  hat  in  seinen  Au£&eichnungen  von  denselben  ein  ganz 
köstliches  Bild  gezeichnet.  ,Diese  Gesellschaften  oder  Routs' 
—  erzählt  er  —  ,sind  auch  etwas  Eigenes.  In  ein  kleines 
Haus  von  3 — 4  Zimmern,  die  nur  um  Leute  zu  empfangen 
bestimmt  sind,  werden  durch  Karten  300 — 400  Menschen  ein- 
geladen, meistens  fangen  diese  Gesellschaften  um  9  oder  10  Uhr 
Abends  an  imd  dauern  die  Nacht  fort  Jedermann,  der 
nicht  durch  wichtige  Ursachen  gehindert  ist,  ßlhrt  dahin.  Die 
Menge  Wagen  machen  oft,  dass  man  die  halbe  Nacht  durch 
im  Wagen  bleibt,  ehe  man  an  das  Haus  kommt.  Ist  man 
endUch  angekommen,  so  trachtet  man  die  Stiege  hinauf  bis  zu 
der  Frau  vom  Hause  zu  kommen,  welche  meistens  an  der 
Thür  des  Einganges  steht.  Sie  empftlngt  da  aUe  Leute,  wel- 
chen sie  nach  englischer  Sitte  die  Hand  reicht.  Ist  man  so 
glückUch,  dies  zu  erreichen,  so  ist  damit  Alles  abgethan;  man 
sucht  sich  jemand  Bekannten  auf,  um  mit  ihm  zu  sprechen, 
oder  trachtet  wieder  fortzukommen,  wo  man  wieder  sehr  lange 
auf  seinen  Wagen  warten  muss,  wenn  man  nicht  die  Vorsicht 
gebraucht,  denselben  in  einer  andern  benachbarten  Gasse  warten 
zu  lassen,  damit  er  aus  der  Reihe  herauskomme.  Sehr  viele 
Leute  bleiben  auf  der  Stiege  und  im  Vorhause,  weil  sie  nicht 
ins  Zimmer  hineinkommen,  es  soll  da  in  den  voUgepfi-opflien 
Zimmern  sehr  heiss  sein.  Oft  geschieht  es,  dass  man  im  Wagen 
bleiben  muss  und  selbst  nicht  bis  an  die  Stiege  gelanget;  dann 
ist  man  genöthiget,  so  wie  wenn  man  nicht  wegen  anderer  Ur- 
Sachen  hinkommen  konnte,  den  folgenden  Tag  einen  Entschul- 
digungsbesuch abzustatten.  Die  Männer  erscheinen  immer  im 
Frack  und  Schuhen,  die  Frauen  geputzt. Bei  diesen  Gesell- 

*  Erzherzog  Johann  an  Metternich,   11.  März  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 
'  Erzherzog  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  London,  20.  Fe- 
bruar 1816. 


408 

Schäften,  welche  ganz  auf  den  stiUen  Charakter  des  Engländers, 
der  nicht  mehr  spricht,  als  er  muss,  berechnet  sind,  sieht  man 
da  sehr  viele  in  der  Ecke  des  Zimmers  stehen  und  den  ganzen 
Abend  nicht  sprechen/^ 

Nächst    den   Gesellschaftien   suchten    die  Erzherzoge  die 
immer  vollgedrängten  Theater  auf.    Man  sagte  ihnen,  dass  die 
drei  Haupttheater:  Coventgarden,  Drurylane  und  Hay market  so 
nahe  zu  einander  lägen,  damit  man  am  selben  Abend  alle  drei 
besuchen  könne.  Wie  in  früheren  Zeiten,  so  benahm  sich  auch 
jetzt  noch  das  Theaterpublicum,  besonders  auf  den  Gallerien, 
äusserst  unruhig.    Man  pfiff,  klatschte,  rief,  kurz,  trieb  allerlei 
Unfug.  Ein  besserer  Ton  herrschte  nur  im  Haymarket-Theater, 
das  zum  grossen  Theile  wegen  der  hier  vorgeschriebenen  Eleganz 
der  Toilette  nur  von  sehr  vermöglichen  Leuten  besucht  werden 
konnte.  Ausserordentlich  gefiel  den  Erzherzogen  die  Darstellung 
Shakespearescher  Stücke  im  Coventgarden -Theater.*    Dagegen 
fanden  sie  die  italienische  Oper  sehr  schlecht,  wie  überhaupt 
rücksichtlich  der  Musik  Ludwig  bemerkt,  dass  keine  gute  in 
London  zu  hören  sei,  ,als  ob  das  Klima  und  die  Ohren  der 
Engländer  der  Musik  ungünstig  wären^» 

Einen  imposanten  Eindruck  machte  auf  Johann  und  Lud- 
wig der  Hydepark,  wo  die  schönsten  Equipagen  und  pracht- 
vollsten Pferde  zu  sehen  waren,  aber  Alles  noch  den  ,altiräte- 
rischen  Zuschnitt'  zeigte.  Insbesondere  gefiel  ihnen  das  Bild, 
das  sich  da  ihren  Augen  am  Sonntage  bot.  ,Hier'  —  schreibt 
Ludwig  —  ,kann  man  sich  eine  VorsteUung  von  dem  schönen 
Menschenschlage  machen.  So  viele  schöne  Gesichter  sieht  man 
nicht  leicht  irgendwo  beisammen,  von  den  höheren  Classen  an- 
gefangen bis  zu  denen  Kindsmädchen.'*  Dagegen  findet  er 
die  Londoner  nicht  besonders  geschmackvoll  gekleidet;  ihre 
Neigung  zum  Auffallenden,  zu  den  sonderbarsten  Trachten  und 
Zusammenstellungen  von  Farben  in  der  Kleidung  können  sich 
seines  Beifalles  nicht  besonders  erfreuen.  ,Das  gemeine  Volk 
hat'  —  schreibt  Ludwig  dagegen  —  ,seine  eigene  Nationaltracht. 
Die  Männer  haben  meist  Caputröcke  und  Stiefeln,  und  bei  den 
Weibern  ist  ein  kleiner  Strohhut  als  Kopfbedeckung,  dann  ein 

^  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 

*  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  London,   6.  Febmar  1816. 
3  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 

*  Ibid. 


409 

rotber  Mantel  ziemlich  aUgemein.  In  London  sieht  man  ausser- 
dem viele  blaue  Mäntel  und  flache,  runde  schwarze  Filzhüte  bei 
den  Höckerweibem  und  bei  denen,  welche  Milch  herumtragen/^ 
Unter  den  vielen  Dingen,  welche  noch  die  Aufmerksamkeit 
der  Erzherzoge  auf  sich  lenken,  nimmt  die  damalige  englische 
Presse,  welche  sie  das  ,Vereinigungsmittel  der  Nation'  nennen, 
einen  hervorragenden  Platz  ein.  Ebenso  gedenken  sie  voll  An- 
erkennung der  Einrichtimgen  der  Post,  wie  des  damahgen  In- 
dustrie und  Wohlstand  in  hohem  Grade  fördernden  Bankwesens. 
Auffallend  ist  es  dagegen,  dass  Johann  und  Ludwig  das  Ute- 
rarische Leben  Englands  aus  dieser  Zeit  in  ihren  Aufzeich- 
nungen fast  kaiun  streifen.  Sie  erwähnen  wohl,  dass  sie  in 
Ackermann's  Lesesaal  die  , vorzüglichsten'  Männer  Londons 
kennen  lernten,  bedauern  auch,  während  ihrer  Anwesenheit  in 
Schottland  Walter  Scott  nicht  zu  Hause  angetroffen  zu  haben, 
senden  femer  eine  Menge  Bücherkataloge  an  den  Kaiser  und 
an  den  Herzog  Albert  zu  Sachsen -Teschen.  Trotz  alledem 
erhält  man  den  Eindruck,  dass  die  Erzherzoge  sich  weniger 
für  das  Uterarische  als  für  das  politische  und  für  das  mit  Ma- 
schine, Gas  und  Locomotive  arbeitende  England  interessirten. 
Mit  Rücksicht  auf  ihre  eigene  Heimat  wollten  sie  neben  den 
poUtischen  Zuständen  die  technischen  Fortschritte  Grossbritan- 
niens Studiren,  wobei  sie  sich  freilich  nicht  verhehlten,  dass  für 
die  Uebertragung  derartiger  Errungenschaffcen  es  noch  an  allen 
nöthigen  Voraussetzungen  fehle,  insbesondere  an  den  Mitteln, 
um  die  grossen  Entdeckungen  Englands  auf  dem  Continente 
auch  zu  verwerthen.  ,So  lange'  —  meint  Ludwig  —  ,Engelland 
Herr  der  Meere  ist  und  so  lange  die  Continentalmächte  nicht 
selbst  ihre  eigenen  Bedürfnisse  aus  selbst  erzeugten  rohen  Stoffen 
wohlfeiler  stellen  als  ersteres  Land,  so  lange  wird  auch  bei 
den  vielen  Wasserstrassen,  die  das  Innere  durchkreuzen,  bei 
den  tiefen  und  trägen  Flüssen,  welche  nur  die  Schiffahrt  be- 
fördern, und  bei  den  Vortheilen,  welche  die  insularische  Lage 
gibt,  dieser  Staat  stets  die  Oberhand  im  Handel  haben.'*  Da- 
gegen ist  es  höchst  interessant,  dass  Erzherzog  Ludwig  schon 
um  diese  Zeit  in  Amerika  den  gefUhrUchsten  Rivalen  der  eng- 
lischen Kaufleute  erbUckt.    ,Wer  die  Oberhand  behalten  wird' 


^  Erzherzog'  Ludwigs  Reise, 
•ftid. 
ArchiT.  LXXVIII.  Bd.  II.  Hälfte.  27 


410 

—  schreibt  er  in  seinem  Tagebuche  —  ,ob  das  cultivirte  Engel- 
land  oder  das  sich  hebende  Amerika  mit  einem  Reichthum  von 
nicht  angegriffenen  Mitteln,  darüber  sind  die  Meinungen  getheilt** 
Nachdem  die  Erzherzoge  alle  Merkwürdigkeiten  Gross- 
britanniens geprüft,  grosse  Sammlungen  angelegt,  erwachte  in 
ihnen  mit  verdoppelter  Kraft  das  bisher  unterdrückte  Verlangen, 
in  ihr  Vaterland  zurückzukehren.*  Sie  sehnten  sich  hinweg 
aus  der  engUschen  Hauptstadt^  wo  sie,  fortwährend  von  Nebel 
umgeben,  nie  die  Sonne  zu  sehen  bekamen.*  Sie  eilten,  vom 
Hof  und  den  Ministem  Abschied  zu  nehmen,  und  sie  thaten 
dies  in  der  vollen  Ueberzeugung  —  wozu  ihr  Aufenthalt  das 
Seinige  beigetragen  —  dass  sie  in  dem  Souverän  und  dem 
Ministerium  Grossbritanniens  gute  Freunde  ihres  Vaterlandes 
verlassen.  ,Es  ist  äusserst  erfreulich  zu  sehen'  —  schreibt 
Johann  in  seinem  Endberichte  an  Mettemich  —  ,wie  Alles  in 
diesem  Lande  Oesterreich  gewogen  ist;  man  sieht  tief  die  Noth- 
wendigkeit  einer  innigen  Vereinigung  dieser  beiden  Mächte. 
Russland  wird  geftlrchtet  und  aufmerksam  beobachtet.  Preus- 
sens  innere  Gährung  ist  hier  nicht  entgangen,  und  es  ist  nur 
ein  Wunsch,  diesen  Staat  ganz  von  Russland  loszureissen  und 
in  den  innigen  Bund  mit  Oesterreich  und  England  mit  einzu- 
ziehen.'* Mit  Befriedigung  las  Mettemich  diese  Zeilen  des 
Erzherzogs,  denn  jener  Staat,  der  berufen  war,  eine  der  Haupt- 
stützen seines  politischen  Systems  zu  bilden,  war  somit  fUr  das- 
selbe gewonnen.  Strebte  doch  Mettemich  durch  eine  Vereini- 
gung Englands,  Preussens  und  Frankreichs  mit  Oesterreich  eine 
gewaltige  Quadrupelallianz  gegen  Russland  ins  Leben  zu  rufen.^ 

^  Erzherzog  Ludwigs  Reise. 

*  Erzherzog  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,  London,  1.  JSnner 
1816.  Nous  serons  trÄs-content«  de  revoir  nos  foyers,  car  malgr^  toutes 
les  choses  remarquables  de  ces  pays,  nous  trouvons  que  chez  nous  c*est 
le  mieux.  Schon  am  24.  December  1815  schrieb  Johann  in  ähnlichem 
Sinne  an  den  Kaiser,  ,um  dann  uns  dem  Vaterlande  wieder  zu  nHhem, 
wo  es  doch  am  besten  ist*.    Wiener  Staatsarchiv. 

'  Johann  an  eine  hochgestellte  Persönlichkeit,   London,  20.  Februar  1816. 

*  Johann  an  Mettemich,  11.  März  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

^  Mettemich  an  Esterh&zj,  26.  März  1817  (reserv^e  et  secrdte).  Wiener 
Staatsarchiv.  La  sauve-garde  morale  la  plus  assur^e,  la  seule  que  je  croye 
utile  k  proposer  aujourd^hui  k  la  tendance  joumellement  plus  marqu^ 
de  Tempereur  de  Russie,  me  paroit  se  trouver  dans  la  r^union  la  plus 
franche  de  vues  et  d'tnt^r^ts  entre  nous,  TAngleterre,  la  Prasse  et  la 
France. 


411 

Aber  diese  Allianz  sollte  auch  als  Waffe  gegen  einen  andern 
nicht  minder  gefllrchteten  Feind  als  Russland:  gegen  den  Geist 
des  Fortschrittes,  den  Mettemich  freilich  den  Geist  der  Revo- 
lution nannte,  benützt  werden.^  Voll  Besorgniss  blickte  der 
Fürst-Staatskanzler  auf  dies  Gespenst,  das  sein  System  von  aUen 
Seiten  zu  bedrohen  schien.  ,Der  Stand  der  Dinge  in  Europa^ 
—  sagt  er  dem  Kaiser  —  ,i8t  heute  kritischer  als  je.  Es  ge- 
nügt, die  Ereignisse,  welche  uns  in  den  letzten  drei  Monaten 
zur  Kenntniss  gelangten,  in  Erwägung  zu  ziehen,  um  sich  zu 
überzeugen,  dass  der  revolutionäre  Gährungsstoff  vielleicht  nie 
in  grösserer  Aufregung  war.  —  Unter  solchen  Verhältnissen 
bat  die  Menschheit  das  Recht,  die  ganze  Weisheit  der  Regie- 
rungen in  Anspruch  zu  nehmen.^*  Indem  er  diesen  revolu- 
tionären Gährungsstoff  schon  seit  Langem  aufs  Aufmerksamste 
beobachtete  und  daher  fUr  Festhalten  an  dem  Gegebenen  unter 
allen  Umständen  plaidirte,  glaubte  er  eine  grosse  That  voll- 
bracht zu  haben,  als  er  sich  des  vollen  Einverständnisses  mit 
allen  seinen  Plänen  von  Seite  jenes  England  rühmen  konnte, 
das  jetzt  Castlereagh  leitete  und  den  ihm  die  Erzherzoge  Johann 
und  Ludwig  als  einen  nunmehr  ergebenen  Anhänger  Oester- 
reichs  priesen. 


^  Mettemich  an  EsterhÄzy,  26.  März  1817  (d6p6che  reserv^e  et  secrdte). 
Wiener  Staatsarchiv.  L^nrope  est  menac^e  aujoard*hui  de  grandes  cata- 
strophes  qui  ne  poorront  etre  6vit^  ou  retard^  qae  par  le  concours 
nnanime  des  poissances  qui  d^irent  avant  tout  le  maintien   du  repos. 

*  Vortrag  Mettemich's,  5.  Juli  1817.    Wiener  Staatsarchiv. 


27» 


ANHANG. 


^zheraog  Johann  an  Fürst  Mettemioh.^ 

CaUu^  11.  März  1816. 

Wir  haben  England  vorlassen  und  kehren  unsere  Schritte  gegen 
Holland;  doi-t  wurde  der  König*  durch  Baron  Binder'  von  unserer  An- 
kunft prävenirt;  sein  Gesandter  in  London,  Fagel,*  hatte  ihn  bereits 
davon  benachrichtigt.  Er  war  noch  im  Haag  und  erwartete  blos  die 
Ankunft  des  Generals  Ozarowsky^  mit  der  Nachricht  der  Heirat,^  um 
nach  Brüssel  zu  reisen,  wo  wir  ihn  vermuthlich  antreffen  werden.  Unserem 
Verlangen  zufolge  werden  wir  ganz  in  der  Stille  reisen  und  das  Ganze 
in  diesem  Lande  mit  ein  paar  Visiten  abgethan  sein.  Von  diesem  Laude 
geht  es  nach  Frankfurt  und  dann  zu  Hause,  wo  wir  mit  Ende  April  ein- 
treffen werden ;  hat  der  Kaiser,  haben  Sie  etwas  an  uns,  so  bitte  ich  Sie, 
es  nach  Frankfurt  an  Wessenberg  ^  zu  senden  Ehe  wir  London  verliessen, 
wurden  wir  etwas  mit  Diners  geplagt,  welche,  wie  Sie  wissen,  so  spat 
sind ;  wären  wir  länger  geblieben,  in  dieser  Jahreszeit,  wo  Alles  in  der 
Stadt  sich  zu  versammeln  an^gt,  so  würden  wir  aus  den  Tafeln,  Gesell- 
schaften, Routs  gar  nicht  mehr  herausgekommen  sein;  so  sahen  wir  von 
Allem  nur  so  viel,  als  nöthig  war,  um  es  gesehen  zu  haben.  Wir  können 


^  Als  Copie  beiliegend  dem  Berichte  EsterhAzy^s  vom  12.  März  1816. 
Wiener  Staatsarchiv. 

'  Wilhelm  I.,  König  der  Niederlande. 

'  Franz  Freiherr  v.  Binder -Kriegelstein,  k.  k.  Gesandter  in  den  Nieder- 
landen. 

*  Baron  Fagel. 

^  Generaladjutant  Alexander  I.  von  Rassland. 

"  Der  Kronprinz  der  Niederlande  hatte  am  21.  Febniar  1816  Grojwfilretin 
Anna  Paulowna,  Tochter  Pauls  I.  von  Russland,  geheiratet. 

^  Johann  Philipp  Freiherr  v.  Wessenberg,  Österreichischer  Gesandter  in 
Frankfurt  am  Main. 


413 

nicht  genug  die  Freundlichkeit  und  das  zuvorkommende  Benehmen  Aller 
loben  und  die  Achtung,  welche  man  un»  überall  bewies,  anrühmen.  Die 
Ministers  geben  das  Beispiel ;  dieses  gab  uns  zuletzt  Muth.  Manches  zu 
begehren,  worüber  uns  Nachrichten  interessant  werden  konnten»  und 
jederzeit  wurde  Alles  zugestanden  und  schnell  beantwortet;  dieses  Zeug- 
niss  muss  ich  den  Lords  Sidmouth,^  Bathurst,  ^  Melville,'  dem  Herrn 
Yansittart^  mit  Dankbarkeit  geben.  Lord  Melville,  als  ich  von  ihm  ein 
Modell  des  hier  so  nützlichen  Bettungsbootes  verlangte,  sendet  nun  ein 
grosses  nach  Venedig,  welches  der  kaiserlichen  Marine  übergeben  wird. 
Viel  haben  wir  in  den  letzten  Zeiten  gesehen:  die  Anstalten  in  London, 
jene  in  Woolwich  und  Chatham,  wo  wir,  ich  gestehe  es,  über  die  Grösse 
derselben  und  die  ausserordentlichen  Vorrathe  an  Kriegsstoff  erstaunten. 
Sir  William  Congreve,  unser  Führer,  hat  uns  Vieles  gezeigt;  diesen  aus- 
gezeichneten Mann  lernt  man  in  seinen  Arbeiten  kennen,  und  ich  hoffe 
durch  die  nähere  Bekanntschaft  mit  diesem  Manne  manches  Nützliche 
zu  erhalten.  Schulanstalten,  Gefängnisse,  Spitäler,  polizeiliche  Anstalten 
besahen  wir  und  trachteten,  sowie  über  die  äusserst  einfache  Art  der 
Geschäftsmanipulation  so  viel  als  möglich  zu  sammeln.  Es  ist  äusserst 
erfreulich  zu  sehen,  wie  Alles  in  diesem  Lande  Oesterreich  gewogen  ist; 
man  fühlt  tief  die  Nothwendigkeit  einer  innigen  Vereinigung  dieser  beiden 
Mächte.  Bussland  wird  gefürchtet  und  aufmerksam  beobachtet.  Preussens 
innere  Gährung  ist  hier  nicht  entgangen,  und  es  ist  nur  ein  Wunsch, 
diesen  Staat  ganz  von  Bussland  loszureissen  und  in  den  innigen  Bund 
mit  Oesterreich  und  England  mit  einzuziehen.  Castlereagh,^  sich  immer 
gleich,  denkt  so;  er  ist  wahrlich  der  Beste;  an  ihn  schliessen  sich  die 
Anderen  an:  Lord  Liverpool,^  ein  sehr  schätzbarer,  ebenso  zurückhaltender 
Mann;  ist  auf  keine  Art  zum  Beden  zu  bringen;  sein  scheues,  überkluges 
Benehmen  ist  oft  zum  Verzweifeln;  indess  stimmt  er  mit  den  Uebrigen 
überein.  Lord  Harrowbj,'  ein  sehr  veretändiger  Mann,  ist  jener,  der 
gern  und  gut  spricht  und  sehr  gut  gesinnt  ist.  Jetzt  haben  diese  Herren 
viel  mit  dem  Parlamente  zu  thun;  die  Opposition,  obgleich  nur  der 
Schatten  der  alten  Opposition,  greift  scharf  die  Ministor  an;  die  Income 
Tax,  die  Finanzen  überhaupt  und  die  gi'osse  stehende  Ki'iegsmaclit  sind 
die  Gegenstände,  welche  sehr  heftig  behandelt  werden.  Der  glückliche 
Erfolg  des  letzten  Krieges  und  die  bewunderungswürdige  Geduld  und 


^  Minister  des  Innern.       ^  Kriegsminister.      ^  Marineminister. 
^  Schatzkanzler. 

*  Lord  Castlereagh,  Minister  des  Aeussem. 

*  Premier  des  Ministeriums. 
'  Präsident  des  Staatsratbes. 


414 

Bohe  Lord  Castlereagh's  werden  die  Minister,  obgleich  nicht  ohne  Schwie- 
rigkeiten, siegen  machen;  er  ist  es,  der  die  Sache  hält  und  durchsetzt; 
schon  höre  ich  einige  der  Ministerialpartei  klagen,  wenn  die  Opposition 
es  durchsetzte  durch  das  Volk,  dass  die  Taxen  abkämen  oder  auch  stark 
vermindert  würden,  so  müsse  man  den  Sinkingfond  angreifen,  und  dies 
sei  das  Gefährlichste.  Sicher  ist  es,  dass  dieses  Parlament  länger  als 
gewöhnlich  dauern  wird,  und  dass  in  der  Opposition  einige  Schreier  sich 
befinden,  von  echt  jacobinischem  Qeist  beseelt,  denen  es  um  nichts  als 
um  ihr  Ich  und  um  Unordnung  zu  thun  ist. 

Ehe  wir  London  verliessen,  nahmen  wir  von  der  Königin^  in  Windsor 
Abschied;  dort  sahen  wir  die  alten,  dicken  Prinzessinnen,  wovon  die 
Prinzessin  Marie'  die  angenehmste  zu  sein  scheint;  da  hatten  wir  endlich 
das  Glück,  die  Prinzessin  Charlotte^  zu  sehen  und  mit  ihr  zu  sprechen; 
sie  wird  Jeden  überraschen,  der  nicht  vorher  von  ihrer  Art,  sich  zu  pi*a- 
sentiren,  unterrichtet  war.  Eine  wohlgewachsene,  junge,  schöne  Frau 
mit  Geberden  und  Stellungen  eines  Mannes,  im  Sprechen  Verstand, 
Kenntnisse,  Witz,  ungebundene  Fröhlichkeit,  Unklugheit,  Derbheit,  die 
einen  überi-ascht;  sie  scheint  gutmüthig  zu  sein,  aber  auch  ihrem  Kopfe 
zu  folgen  und  ganz  verwahrlost  in  der  nothwendigen  Erziehung,  um  als 
grosse  Frau  in  der  Welt  zu  leben.  Ein  sonderbares  Gemische.  In  Brighton 
besuchten  wir  den  Prinz-Regenten,*  welcher,  von  seinem  heftigen  Gicht- 
anfall hergestellt,  nun  auf  Krücken  zu  gehen  anfängt;  er  behandelte  uns 
wie  gewöhnlich  äusserst  gut,  sprach  von  nichts  als  von  seiner  Anhäng- 
lichkeit für  den  Kaiser,  von  seiner  besonderen  Achtung  für  Sie,  sonst 
Alles  untereinander  sehr  unklug  in  Gegenwart  des  Grafen  Lievon,^  da 
er  den  russischen  Kaiser^  nicht  leiden  kann;  zuletzt  schloss  er  damit,  zu 
sagen,  wenn  er  nicht  in  England  sein  müsste,  so  würde  er  blos  in  Wien 
leben;  er  wolle  in  diesem  oder  im  nächsten  Sommer  nach  Hannover,  dort 
sich  wenig  aufhalten  und  dann  nach  Wien  kommen,  um  dem  Kaiser  seine 
Aufwartung  zu  machen;  leider  hen'schten  Vorurtheile  in  England,  und 
die  Religion  habe  ihn  gehindert,  seinem  Lieblingswunsche  nachzukommen, 
einen  von  uns  für  seine  Tochter  hier  zu  behalten.  So  viel  mir  scheint, 
will  er  in  Wien  mit  dem  Begehren  um  das  Grosskreuz  des  Theresienordens 


^  Gemahlin  Georgs  III.,  Sophie  Charlotte  von  Mecklenbarg-Strelitz. 
2  Mary,  Herzogpin  von  Gloucester. 
'  Tochter  des  Prinz-Regenten. 

*  Sohn  Georgs  HI.    Seit  1811  mit  der  Regentschaft  betraut;  nach  dem  Tode 
Georgs  UI.  als  Georg  IV.  KOnig  von  Grossbritannien. 

^  Russischer  Gesandter  in  England. 

*  Alexander  I. 


415 

angestochen  kommen;  diesen  Orden  entbehren  zu  müssen,  macht  ihm 
vielen  Kummer.  Etwas  Sonderbares  ist,  dass  er  haben  will,  dass  alle 
Leute  finden  sollen,  dass  er  dem  Fürsten  Schwai'zenberg  ^  gleichsieht; 
Jeder,  der  diesen  kennt,  wird  darum  gefragt,  worauf  natürlich  die  Meisten 
Ja  sagen.  Prinz  Leopold  von  Coburg*  ist,  wie  Ihnen  bekannt,  vor  12 — 14 
Tagen  hier  angekommen;  da  wir  sehr  gute  Freunde  vom  Gongress  her 
sind,  so  hatte  ich  Gelegenheit,  viel  mit  ihm  zu  sein  und  Einiges  zu  hören. 
Er  kennt  seine  Lage  sehr  gut  und  noch  mehi*  den  wankelmüthigen  Cha- 
YBktev  seines  künftigen  Schwiegervaters;  das  Beste  ist,  dass  die  Prin- 
zessin ihn  sehr  lieb  hat  und  ihm  folgen  zu  wollen  scheint.  Indessen 
herrscht  bei  diesem  Hofe  die  grössto  Uneinigkeit;  die  Königin,  sehr  von 
altem  Schlage,  will  geschmeichelt  sein ;  man  wirft  ihr  vor,  dass  sie  sehr 
schlimm  sei,  und  ist  daher  nichts  weniger  als  geliebt;  die  zweite  Tochter^ 
ziemlich  alt,  scheint  etwas  intrigant  zu  sein.  Die  Prinzessin  Marie  ist 
die  einzige,  welche  mit  der  Prinzessin  Charlotte  gut  ist ;  der  Herzog  von 
Gumberland,'  ganz  mit  seiner  Mutter  brouillirt  seiner  Heirat  wegen,  hat 
das  Ohr  des  Regenten;  leider  herrschen  über  ihn  Gei'üchte,  die  allgemein 
geglaubt  werden,  welche  ihn  verabscheuen  machen;  er  soll  zwischen  dem 
Regenten  und  dem  Herzog  von  York  ^  eine  beständige  Eifersucht  erhalten; 
daher  wurde  auch  dem  Leopold  zu  verstehen  gegeben,  er  solle  die  gute, 
brave  Herzogin  von  York  so  wenig  wie  möglich  sehen,  und  dieser  ihrer 
(gewiss  guten)  Leitung  hat  sich  die  Prinzessin  Charlotte  ganz  ergeben. 
Die  alte  Prinzessin  von  Wales,*  welche  jetzt  alle  ihre  Engländer  abgedankt 
hat  und  mit  Italienern  herumzieht,  ist  von  der  Prinzessin  Charlotte  gar 
nicht  geachtet;  ihr  Einfluss  ist  als  Null  zu  betrachten.  Alle  Hofdamen 
und  ihi-e  Umgebung  will  diese  Letztere  nach  ihrer  Heirat  abdanken,  und 
es  scheint,  dass  ihre  Wahl  auf  die  Tochter  des  Lord-Admiral  Keith,  Miss 
Mercer,*  gefallen  ist,  welcher  schon  von  allen  Diplomaten,  vorzüglich 
vom  Grafen  Lieven,  der  Hof  gemacht  wird.  Ich  kenne  sie;  sie  ist  nichts 
weniger  als  hübsch,  aber  sehr  unterrichtet  und  richtet  ihr  Auge  auf  den 
jungen  Herzog  von  Devonshire,  einen  der  reichsten  Herren  des  Landes. 
Es  heisst,  dass  der  Prinzessin  50.000  ^  ausgeworfen  werden  sollen, 
von  welchen  10.000  ^  zu  ihrem  Spennadelgeld,*  das  Uebrige  zu  dem 
Hausunterhalte,  welches  wahrlich  in  diesem  Lande  nicht  viel  ist;  sie  soll 


*  Marschall  Fürst  Carl  Schwarzenberg. 

'  Nachmaliger  Gemahl  der  Prinzessin  Charlotte. 
'  Sohn  Georgs  IH. 

*  Gemahlin  des  Prinz-Regenten,  Caroline  von  Braunschweig. 

*  Miss  Mercer  Elphinstone,  1817  vermählt  mit  dem  Grafen  Flahault. 
^  Stecknadelgeld. 


416 

dann  ein  Haus  erhalten;  man  spricht  von  jenem  des  Harconrt.  Die  Prin- 
zessin sagt,  dass  in  drei  Wochen  die  Hochzeit  sein  soll,  und  nach  den 
Anstalten  der  Königin  zu  nrtheilen,  sollte  man  es  glauben;  allein  noch 
ist  keine  Botschaft  an  das  Parlament  ergangen,  und  Niemand  weiss,  dass 
eine  Zeit  bestimmt  ist.    Prinz  Leopold  treibt  so  viel  als  möglich;  er  sieht 
die  Nothwendigkeit  ein,  dass  es  bald  geschehe,  und  dass,  bis  dieses  nicht 
vorfiber  ist,  Niemand  ihm  gutstehen  könne  fAr  plötzliche  Aendemng  der 
Meinung;  dieses  um  so  mehr,  da  der  Prinz-Regent  zu  dieser  Heirat  dnrch 
<lie  Tochter,  die  Minister  und  einige  wohldenkende  Freunde  gegen  seinen 
Willen  gebracht  worden  ist.    Er  sträubte  sich  immer  dagegen,  weil  er 
seine  Tochter  unter  Aufsicht  behalten  möchte,  sich  auf  das  Yergeltnngs- 
recht  fürchtend,  sie  könne  Partei  gegen  ihn  werden,  wie  er  es  gegen 
seinen  Vater  gewesen,  wo  er  dann  gewiss  das  Kürzere  ziehen  würde.  Die 
Prinzessin  mag  ihren  Vater,  ihie  Orossmutter  und  viele  ihrer  Onkeln 
und  Tanten  gar  nicht;  so  steht  der  Prinz  Leopold  zwischen  seiner  künf- 
tigen Frau  und  die  ihr  anhängen  (und  dieser  sind  viele)  einerseits  nnd 
andererseits  zwischen  Vater,  Grossmutter,  Tanten,  Onkels,  wo  er  Jeden 
anders  behandeln  muss;  er  hat  die  harte  Bolle  auf  sich,  Frieden  zu  er- 
halten und  Alles  zu  vereinigen;  ich  beneide  ihn  wahrlich  nicht.    Castle- 
reagh  hat  durch  seine  redliche  Freimüthigkeit  nach  einer  heftigen  Er- 
klärung die  Achtung  der  Prinzessin  gewonnen;   er  vorzüglich  und  der 
redliche  Marquis  von  Anglesey,  Paget's  ^  Bruder,  haben  den  Prinzen 
gleichsam  gezwungen,  seiner  Tochter  nachzugeben.    Bis  jetzt  hat  der 
Regent  dem  Prinzen  Leopold  keine  Bedingungen  gemacht;  nur  muss  er 
bis  zur  Hochzeit,  wenn  der  Regent  Brighton  verlässt,  nach  Weymouth 
und  dort  den  Tag  der  Vereinigung  abwarten;  es  bleibt  ihm  nichts  als  der 
Wog  der  Briefe  mit  seiner  Braut  offen.  Dies  ist,  was  ich  erfahren  konnte. 
Der  Prinz  Leopold  ist  ein  Sachse,  also  nichts  weniger  als  preussisch  und 
i-ussisch,  unserm  Kaiser  sehr  ergeben   und  daher  der  Geeignetste  auf 
diesem  Platze;  sein  stilles  Benehmen,  seine  Höflichkeit  und  dass  er  die 
Sprache  dos  Landes  spricht,  gewinnen  für  ihn  alle  Leute;  sehi-  viel  ist  es, 
dass  der  Prinz-Regent  nicht  auf  seinem  alten  Projecte  beharrt,  die  einmal 
Verheirateten  in  Deutschland  zu  otablii'en.    Prinz  Leopold  trug  mii*  an, 
einen  Briefwechsel  mit  mir  anzuknüpfen,  und  ich  ergiiff  diese  Gelegenheit 
mit  Vergnügen;  ich  glaube,  dass  dieses  in  vieler  Rücksicht  nicht  übel  ist, 
und  dass  dann  Manches  auf  diesem  freundschaftlichen  Wege  kann  bei- 
gebracht werden,  was  Sie,  bester  Fürst,  mir,  wenn  Sie  es  für  gut  halten, 
werden  angeben  können. 


*  Früher  Botflchafter  in  Wien. 


417 

Das  Benehmen  des  Kaisers^  in  Italien,  hat  in  England  eine  sehr 
gute  Wirkung  gemacht;  man  war  hier  der  Meinung,  als  wäre  dort  noch 
?iel  Stoff  zn  Unruhen;  diese  sehen  sie  beruhigt  und  hören,  dass  die  Leute 
zufrieden  sind,  welches  gewaltig  mit  den  Nachrichten,  welche  sie  aus 
Preussen  erhalten,  im  Contraste  steht;  überhaupt  suchte  ich  Allen  be- 
greiflich zu  machen,  wie  Alles  bei  uns  auf  ein  väterliches,  mildes  System 
beruht,  wie  dies  ganz  der  Denkungsart  unseres  Kaisers  angemessen  ist, 
wie  gut  das  Volk  und  wie  weit  dasselbe  entfernt  ist,  von  dem  leider  an 
vielen  Oi*ten  sich  zeigenden  Schwindelgeist  ergiiffen  zu  werden;  ich  fand, 
wie  (einige  Wenige  ausgenommen)  die  Anderen  über  Verhältnisse,  Ver- 
fassung, Zustand  des  Volkes  in  den  anderen  Ländern  in  einer  vollkom- 
menen Unwissenheit  sich  befinden  und  wie  froh  sie  sind,  etwas  zu  hören, 
was  ihre  Begriffe  berichtigt. 

Moi'gen  brechen  wir  von  hier  nach  Holland  auf;  unsere  Fahi*t  ge- 
schah bei  heftigem  Winde  bis  vor  Calais  in  der  königlichen  Yacht;  dann 
etwas  mühsam  im  kleinen  Boote;  froh  sind  wir  Alle,  wieder  auf  dem 
Gontinent  zu  sein. 

Nun  schliesse  ich;  Hardenberg'  ist  mit  uns  zugleich  übergefahren; 
er  geht  gerade  nach  Wien.  Ich  wünsche,  dass  Ihre  Augenschmerzen  nun 
ganz  geheilt  sein  werden,  und  freue  mich  recht,  in  Wien  Ihnen  über  Alles 
mündlich  Auskunft  geben  zu  können. 

Erhalten  Sie  mir  Ihre  Freundschaft  und  halten  Sie  sich  von  der 
meinigen  übei'zeugt. 


Aus  Ershersog  Ludwigs  Beisen  in  England.^ 

1816. 

Unsere  Ankunftsvisite  bei  dem  Prinz-Regenten,  zwei  kurze  Auf- 
enthalte in  Brighton,  einige  Besuche  bei  dorn  Prinz-Regonton,  der  Königin 
etc.  waren  die  einzigen  Momente,  wo  wir  den  Hof  sahen.  Was  mir  da 
auffiel,  berichtete  ich  dem  Kaiser  und  dem  Fürston  Metternich;  aber  ich 
gestehe  es  —  für  einen  österreichischen  Prinzen,  der  das  häusliche, 
regehnässige,  ordentliche  Leben  gewöhnt  ist,  dem  man  von  früher  Jugend 
auf  einprägte,  mit  seiner  Zeit  zu  wuchern,  sich  Kenntnisse  zu  erwerben 
und  dem  Vaterlande  nützlich  zu  sein,  mit  Beispiel  im  Guten  voranzugehen, 


*  Franz  I.  von  Oesterrelch. 

'  Graf  Hardenberg,  hannoverischer  Diplomat. 

'  Erzherzog  Bainer*8ches  Privatarchiv. 


418 

soinem  Forsten  treu,  gehorsam,  kindlich  ergeben  sich  zn  zeigen  und 
nicht  zn  wissen,  was  Intrigue.  Cabale,  Opposition,  Ehrgeiz,  Selbstsucht 
ist,  übrigens  ordentlich  zn  leben,  musste  dieser  Hof  einen  tiefen  EindrocV 
machen  nnd  weit  mehr  auffallend  sein  als  der  Nation  selbst,  die  durch 
das  bestandige  Sehen  an  dergleichen  Dinge  mehr  gewöhnt  ist. 

Der  alte  König,  ^  geehrt,  so  sehr  als  man  es  nur  immer  von  einem 
Volke  sein  kann,  ist  blind  und  wahnsinnig,  nnd  nur  seine  starke  Leibes- 
beschaffenheit erhaltet  ihm  das  Leben,  und  es  könnte  wohl  geschehen, 
dass  er  seinen  Sohn  fiberlebte. 

Der  Regent,  ein  Herr  voll  natürlichem  Verstände,  aber  körperlich 
durch  Ausschweifungen  geschwächt  nnd  durch  die  fibeln  Gesellschaften, 
mit  welchen  er  sich  in  früheren  Jahren  umgab,  durch  seine  Lebensari, 
durch  etwas  Vorlautes  in  seinen  Aeussernngen,  durch  ganz  extravagante 
Geschmacke,  z.  B.  für  alles  Chinesische,  durch  seine  schlechte  Wirthschaft 
und  durch  viele  Geschichten  seiner  inneren  Haushaltung,  ist  im  geringen 
Ansehen  bei  der  Nation.  Die  glücklichen  Ereignisse  des  letzten  Krieges, 
der  Ruhm  der  englischen  Waffen  mögen  zum  Theil  gesühnt  haben;  allein 
man  täusche  sich  nicht  dadurch,  dass  Deputationen,  Dankadressen  etc. 
gehalten  werden;  dies  gilt  dem  Amte,  das  er  bekleidet,  und  nicht  seiner 
Persönlichkeit.  Ein  Aufenthalt  von  einigen  Tagen  in  Brighton  entwickelt 
seinen  Charakter.  Wir  fanden  ihn  sehr  gesellig;  er  steht  gewöhnlich  spät 
auf,  frühstückt,  dann  sieht  man  ihn  nicht  vor  7  Uhr  Abends,  wo  man 
sich  in  grosser  Gesellschaft  von  Herren  und  Frauen  versammelt,  um  zur 
Tafel  zu  gehen;  dort  macht  er  äusserst  artig  die  Ehren,  führt  das  Wort, 
erzählt  Geschichten,  nicht  immer  der  besten  Auswahl;  spricht  englisch, 
französisch  und  deutsch  geläufig,  macht  sich  lustig,  öfters  über  die  Ver- 
hältnisse seines  Landes;  ist  sehr  unvorsichtig  im  Reden  und  hat  gewisse 
Fixationen,  die  bis  in  das  Kindische  gehen.  Meistens  hat  er  Einen  oder 
den  Andern  zum  Stichblatte,  die  eine  Gattung  Spassmacher  abgeben;  so 
sitzt  ein  Admiral  Nagel*  —  wahrlich  sehr  vernagelt!  —  meist  be- 
leuchtet zu  Ende  des  Essens,  über  den  es  losgeht.  So  war  Hardenbei^, 
hannoverischer  Gesandtor  in  Wien,  der  zu  Wette  fressen  musste  und 
zuletzt  vor  zu  guten  Speisen  Zeit  hatte,  auf  den  Continent  zu  gehen. 

So  ist  sein  eigener  Bruder,  der  Herzog  von  Clarence,^  ein  guter 
Mann,  aber  von  äusserst  beschränktem  Verstände  und  grosser  Unwissen- 
heit, der  Secundant  in  allen  Spässen  und  Jener,  der  über  Alles  leicht 
zuletzt  einschläft  —  ein  erbarmungswürdiger  Anblick  eines  Prinzen. 

*  Georg  m. 

'  Sir  Edward  Nagle. 

»  Sohn  Georgs  lU.,  später  William  IV.,  König  von  England. 


419 

• 

Zn  Ende  der  Tafel,  wenn  die  Franen  abgehen,  geht  das  Reden  los, 
und  da  kommen  oft  so  obscnre  Dinge  vor,  die  kaum  in  eine  Kaserne 
passen  würden.  Wir  konnten  uns  nicht  darüber  freuen  und  stillschwei- 
gend nur  bedauein,  solches  Zeug  hören  zu  müssen.  Ernsthafte,  wissen- 
schaftliche Gespräche  sind  verbannt,  höchstens  zu  Zeiten  die  Politik,  wo 
der  natürliche  Verstand  einen  Blitzer  macht,  bald  aber  in  extravagante 
Ideen  verfällt,  wo  dann  seine  eigenen  Minister  in  die  Rede  fallen  und 
ihn  zurechtweisen.  Des  Herzogs  von  Clarence  Fi'agen  waren  uns  uner- 
träglich; immer  das  Nämliche  und  oft  solche,  dass  wir  nicht  wussten, 
was  wir  auf  solche  Unwissenheit  antworten  sollten.  Bei  diesen  Gast- 
mahlen,  die  täglich  während  des  Aufenthaltes  in  Brighton  sind,  ist  eine 
fürchterliche  Hitze,  dazu  die  starken  Weine  und  Speisen;  wie  soll  nicht 
die  stärkste  Gesundheit  untergraben  werden?  Nach  dem  Essen  ist  ge- 
wöhnlich Musik,  eine  ti'efifliche  Haimonie  führt  die  besten  Stücke  auf, 
und  da  gibt  er  sich  viel  damit  ab.  Das  Beste  ist,  dass  man  da  nicht 
gebunden  ist  und  reden  kann,  mit  wem  man  will,  auch  in  einem  andern 
Zimmer  sitzen  kann. 

Das  Merkwürdigste  ist  das  Verhältniss  des  Prinzen  mit  der  Ladj 
Hertfoii;^^  einer  Fi-au  bei  60  Jahren,  die  einst  sehr  schön  gewesen  sein 
muss,  die  immer  in  Brighton  sich  befindet  und  die  gleichsam  die  Frau 
vom  Hause  macht,  ohne  es  zu  scheinen:  eine  sehi*  artige,  bescheidene, 
verständige  Frau,  die  dem  Prinzen  ziemliche  Wahi-heiten  sagt.  Dieses 
obgleich  sehr  canonische  Verhältniss  missfällt  der  Nation.  Daher  auch 
die  vielen  Carricaturen,  wo  weder  der  Regent,  noch  sie  geschont  werden; 
auf  einer  eine  Frau  mit  einem  Saukopfe  (Andere  sagten  da,  es  stehe  die 
Frau  Saukopf  von  Manchester  Square,  so  seie  es  eine  nicht  sichtbare, 
äusserst  difforme  Tochter  des  Herzogs  von  Moutron).  Dazu  die  Zwiste 
mit  der  Prinzessin  von  Wales,  die,  obgleich  eine  ausgemachte  Närrin 
und  mehr  als  dies,  doch  besser  wäre,  wenn  sie  alle  Schuld  und  nicht  der 
Regent  einen  Theil  davon  hätte. 

Damals,  als  wir  in  London  wai*en,  hatte  man  in  Wien  einen  gewis- 
sen Griffith  arretirt  auf  Begehien  des  englischen  Hofes  und  sich  seiner 
Papiere  bemächtigt;  dem  Prinzen  lag  viel  daran,  sie  zu  erhalten,  weil  er 
hoffte,  darin  die  Correspondenz  zu  finden,  welche  die  Prinzessin  mit 
Murat*  geführt  und  wo  GriflFith  der  Unterhändler  gewesen  war.^   Durch 


*  1804  lernte  der  Prinz-Regent  die  Lady  kennen,  welche  dann  als  Mai- 
tresse an  die  Stelle  der  Mrs.  Fitzherbert  trat. 

'  Joachim,  Schwager  Napoleons  I. 

*  In  der  That  schrieb  im  Auftrage  des  Prinz-Regenten  wegen  Ueberlassung 
dieser  Papiere  Graf  Hardenberg  an  Mettemich.    Brighton,  30.  December 


420 

Blacas  ^  in  Paris  war  die  Sache  ruchbar  geworden.  Er  hatte  durch  den 
Grafen  Münster  ^  den  Fürsten  Metternich  ersuchen  lassen,  ihm  die  Papiere 
zuzusenden,  und  uns  ersuchte  er,  ein  Gleiches  an  unsem  Kaiser  zu  schrei- 
ben. Aus  allen  seinen  Beden  leuchtete  hervor,  wie  er  nur  wünsche,  Be- 
weise in  Händen  zu  haben,  um  ihr  zu  Leibe  gehen  zu  können. 

Unter  seinen  rhapsodischen  Ideen  war  jene,  Bernadotte  ^  wegzujagen 
und  einen  österreichischen  Prinzen  nach  Schweden  zu  setzen  (vielleicht 
ein  Compliment  für  uns).  Seine  Anhänglichkeit  an  Oesterreich  ist  ganz 
etwas  Besondei'es ;  der  Kaiser  konnte  ihm  keine  grössere  Freude  machen, 
als  den  Feldmarschallsgrad  und  das  goldene  Vliess  zu  übersenden;  wir 
benützten  dies,  ihm  diese  einzige  Ausnahme  in  ihi*er  Art  bemerkbar  zu 
machen,  und  zwar  dass  der  Kaiser  sein  eigenes  ihm  gesendet;  auch 
trug  er  es  bestandig,  sprach  von  Nichts  als  nach  Wien  zu  gehen  und 
wollte  das  Theresienkreuz  haben.  Er  fragte,  ob  man,  um  es  zu  haben, 
dienen  müsste;  auf  die  bejahende  Antwort  meinte  er,  ein  Aufenthalt  in 
Wien  könnte  für  Dienst  angesehen  werden.  Wir  suchten  ihn  redit  in 
der  Meinung,  Oesterreich  betreffend,  zu  bestärken;  wie  gut  es  sei,  Oester- 
reich und  England  innig  vereinigt  zu  sehen,  noch  besser,  wenn  man 
Preussen  dazu  bekommen  könne,  nothwendig  wegen  Franki-eich,  mehr 
wegen  der  Anmassungen  Busslands ;  dieses  letztere  hasst  er.  Der  Kaiser 
Alexander  und  die  Grossfürstin  Catharina^  haben  es  mit  ihm  und  der 
Nation  verschüttet;  der  Geist  der  Intrigue,  das  leichtfertige  Wesen,  die 
Geschichte  der  auseinandergebrachten  Heirat  des  Prinzen  von  Oranien^ 
und  der  Prinzessin  Charlotte  sind  Ursachen  genug  dazu ;  auch  verbarg  es 
keineswegs  der  Prinz  und  so,  dass  es  der  russische  Gesandte  Graf  Lieven 
öfters  sehr  kräftig  muss  verstanden  haben,  und  doch  musste  seine  Frao 
die  Frau  vom  Hause  machen. 

Bei  dem  Abschiede  in  Brighton  sagte  er  uns,  wie  leid  es  ihm  wäre, 
dass  unüberwindliche  Hindernisse  (Religion)  gehindert  hätten,  einen  von 
uns  zu  seinem  Schwicgei^sohne  zu  machen,  welches  ihm  das  Liebste  ge- 
wesen; dies  in  Gegenwart  des  russischen  Gesandten.  Dieses  war  nicht 
so  aus  der  Luft  gegriffen,  da  doch  die  Rede  davon  war  und  selbst  in 
Morning  Chronicle  ein  Artikel   wegen  Aendening  der  Religion  stand, 


1815.    Dieser  Brief  befindet  sich  bei  den   Berichten  aus  England  vom 
Jahre  1816.    Wiener  Staatsarchiv. 

*  Herzog  von  Blacas. 

*  Graf  V.  Münster-Ledenburg,  hannoverischer  Minister. 
'  Karl  XIV.,  König  von  Schweden  und  Norwegen. 

*  Schwester  des  Kaisers  Alexander  L 

*  Wilhelm,  später  Wilhelm  II.,  KOnig  der  Niederlande. 


421 

welchem  sehr  gnt  durch  eine  andere  ministerielle  Zeitung  geantwortet 
Würde. 

Viel  ist  bei  ihm  Sache  des  Augenblickes,  festen  Charakter  hat  er 
nicht,  Kraft  der  Seele  auch  nicht;  ich  glaube,  man  kann  ihn  umsatteln 
machen.  Zu  seinen  Gesellschaftern  gehören  noch  der  Marquis  .von  Hert- 
fort  als  Hof  Charge,^  der  Lord  und  Lady  von  Cholmondeley  und  die  Tochter, 
Lord  Hertfort,  Herzog  von  Moutron  etc.  Bei  ihm  im  Hause  ist  der  Ge- 
neral der  Artillerie  Blomfield,*  der  die  Haushaltung  führt.  Damals,  als 
wir  gegenwärtig  waren,  war  noch  Sir  Thomas  Liddley  mit  seiner  Frau 
nnd  Tochter,  sehr  artige  gute  Leute,  welche  wir  später  in  London  sahen, 
Lord  Melville  mit  seiner  Frau,  Sir  Wellesley-Pole,*  Mönzmeister,  mit 
seiner  Frau,  der  Bischof  von  Bieter  mit  seiner  Frau  und  noch  mehrere 
andere  Leute. 

Unter  seine  guten  Freunde  gehört  der  Marquis  von  Anglesey,  ein 
würdiger  braver  Mann,  der  bei  Waterloo  als  Cavalleriegeneral  sein  Bein 
verlor,  und  die  ganze  Pagetische  Familie;  Sir  Arthur,*  in  Wien  uns  be- 
kannt, der  izt  ausgetobt  hat,  ist  jener,  der  dem  Prinzen  derbe  Wahrheiten 
selbst  bei  Tische  sagt;  Lord  St.  Helens,  einst  Gesandter  in  Petersburg 
vom  Hofe  des  alten  Königs,  ein  sehr  unterrichteter  Mann,  bei  Jahren, 
von  wenig  Worten,  sehr  satyrisch,  voll  Zerstreuungen,  schenkt  ihm  auch 
nichts.  Ich  hörte  ihn  einst  sagen,  als  der  Prinz  ihn  erinnerte,  Napoleon 
sei  gnt  in  Helena  aufbewahrt:  ,Prenez  bien  garde,  on  dit  qu'on  y  vit 
longtems.* 

Wir  unterhielten  uns  in  Brighton,  diese  Umgebungen  kennen  zu 
lernen.  Es  wäre  gut,  wenn  er  blos  solche  Leute  zu  seiner  Umgebung 
hätte;  allein,  es  sind  einige,  die  wirklich  mit  Becht  als  schlechte  Gesell- 
schaft von  dem  Volke  angesehen  werden. 

Um  Mitternacht  kommt  eine  Erfrischung,  es  dauert  bis  1 — 2  Uhr 
Früh,  wo  dann  Alles  vor  Hitze  und  Schlaf  auf  sein  Zimmer  geht.  Der 
Regent,  wie  ein  Stutzer  gekleidet,  lässt  nicht  gerne  Jemand  auf  sein 
Zunmer,  wo  die  Toilette  gemacht  wird  —  darinnen  viel  Kindisches. 

Die  Andern  der  Familie  kommen  wenig  dahin.  Der  Herzog  von 
York,  bekannt  aus  Niederland,  hat  für  sich  die  Achtung  der  Ainuee;  es 
ist  nur  eine  Stimme,  dass  der  Zustand,  in  welchem  diese  sich  befindet, 
ihm  allein  zu  verdanken  sei,  da  er  rastlos  gearbeitet,  sie  so  hinaufzu- 


^  Er  war  Oberstkämmerer. 
^  Sir  Benjamin  Blomfield. 

*  Bruder  des  Herzogs  von  Wellington. 

*  Bir  Arthur  Paget,  frtther  Botschafter  in  Wien. 


422 

bringen  und  eine  gute  Wahl  der  Officiere  gemacht  habe:  auch  ihm  ver- 
dankt sie  die  zwei  Erziehungsanstalten  zu  Chelsea  und  Sandhurst;  er 
soll  sehr  gerecht  sein.  Man  sieht  ihn  sehr  wenig,  und  er  scheint  mehr 
zur&ckgezogen  zu  leben;  wir  begegneten  ihm  bei  einem  Pferderennen  in 
New-Market  und  einigemal  in  London.  Seine  Frau,  eine  preossische 
Prinzessin,^  eine  voi*trefifliche  Frau,  lebt  einsam,  ein  trauriges  Leben  auf 
ihi'em  Landhause  in  Oatland;  wir  sahen  sie  einmal  in  Windsor  bei  der 
Königin. 

Der  Herzog  von  Cumberland,^  einäugig,  kurzsichtig,  ist  ein  lang- 
weiliger Frager  und  Schwätzer,  der  uns  öfters  besuchte  und  zu  welchem 
wir  blos,  weil  wii*  es  nicht  vermeiden  konnten,  und  aus  Bücksicht  seiner 
armen  Fiau  ^  gingen.  Diese  hat  wohl  ein  trauriges  Loos  getroffen.  Die 
Königin  willigt  in  die  Heirat,  ladet  sie  zu  kommen  ein,  und  wie  sie  da 
ist,  will  sie  dieselbe  nicht  sehen.  Für  das  Erstere  bestehen  Briefe,  die 
es  beweisen;  die  Fmu  lebt  einsam  und  häimt  sich  ab. 

Noch  zwei  Prinzen  sahen  wir,  die  Prinzen  von  Sussex  und  Kent;^ 
Beide,  da  sie  von  der  Oppositionspartei  sind,  kommen  nur  zur  Königin. 
Ersteren  kannten  wir  aus  Italien  und  Wien ;  allgemein  hält  man  ihn  für 
einen  Schleicher,  welcher  der  alten  Königin  die  Geschichten  zutiägt  und 
die  Familienzwiste  schürt.  Sein  Benehmen  ist  ohne  der  Würde,  und  seine 
Affeetation  liberaler  Grundsätze  machen  ihn  bei  dem  nur  zu  scharf  sich- 
tigen  Engelländer  gar  nicht  geachtet.  Der^  Herzog  von  Kent,  gegen 
welchen  man  wenigstens  nichts  sagen  kann,  bis  auf  seine  Schulden,  die 
ihn  zwangen,  einige  Zeit  auf  den  Continent  zu  gehen,  ist  deswegen  doch 
nicht  geachtet. 

Alle  diese  HeiTen,  als  Clai-ence,  Sussex,  Kent,  sollen  nicht  nach 
Würde  und  Stand  verheiratet  sein;  Ersterer  mit  einer  Actrice.  Dieses 
Ungeregelte  in  ihrem  Innern  wirket  sehr  nachtheilig  für  sie  bei  der 
Nation,  dazu  keine  hervorstechenden  Eigenschaften,  kein  persönliches 
Verdienst,  dann  die  Familienzwiste  —  wo  soll  so  ein  Haus  geehrt  und 
von  einem  Volke  geliebt  sein,  welches  so  sehr  auf  Sitten  hält. 

Die  Königin,  eine  kleine  Frau,  war  gegen  uns  sehr  freundlich, 
sprach  deutsch,  äusserte  Anhänglichkeit  an  ihr  deutsches  Vaterland. 
Man  sagt,  sie  sei  eine  schlimme  Frau,  die  Manches  untereinander  bringe; 


^  Prinzessin  Friderike  von  Preussen. 

^  Nachmaliger  K($nig  von  Hannover. 

'  Caroline  Sophie  von  Mecklenburg- Strelitz. 

*  Sohne  Georgs  IH. 

^  Im  Texte  steht:  Von  dem. 


423 

dazu  sollen  die  ledigen  Töchter  ^  viel  beitragen,  die,  wie  die  Welt  sagt, 
jede  schon  ein  Kind  hatten ;  die  Prinzessin  Mary  macht  eine  Ausnahme, 
sie  soll  sehr  gut  sein,  allein  in  einem  Alter  zwischen  30  und  40  Jahren. 
Wir  sahen  die  Königin  in  London  bei  unserer  Ankunft  und  in  Frogmore^ 
bei  Windsor  vor  unserer  Abreise;  da  erschien  auch  die  Prinzessin  Char- 
lotte. Es  war  damals  der  Gobui*ger  in  London  und  die  Heirat  entschieden. 

Die  Königin  klug,  fein,  nach  alten  Hofgebräuchen  gewohnt  —  die 
Prinzessin  frei,  offen,  arglos,  stachen  gewaltig  gegeneinander  ab;  sahen 
(sie)  aber  nicht  zusammen,  und  die  Freimüthigkeit  Letzterer  presste  Er- 
sterer  manchen  Schweisstropfen  aus.  Es  ist  aber  wahr,  dass  der  Anstand 
der  Prinzessin  etwas  grell  männlich  ist;  eine  gut  gewachsene,  schöne 
Frau,  ein  angenehm  Gesicht.  Sie  soll  viel  Verstand  haben,  viel  wissen 
und  ein  gutes  Herz,  aber  einen  eigenen,  etwas  hai*ten  Kopf  haben,  wo 
alle  Leute  sagten,  der  Prinz  Leopold  wtirde  zu  thun  haben.  Auch  hier 
war  Lord  St.  Helens,  und  dieser  erfahrene  Mann  beantwortete  mit  seinem 
scharfen  Witze  die  derbe  Freimüthigkeit  der  Prinzessin.  Wir  konnten 
wenig  mit  ihr  reden,  da  sie  mit  Ai*gusaagen  bewacht  war,  obgleich  sie 
sich  wenig  daraus  machte,  uns  ansprach. 

Damals  spielten  Intriguen  ohne  Zahl;  gegen  diese  hatte  der  Co- 
burger zu  kämpfen,  und  nur  sein  Kopf,  sein  kaltes  Blut  und  sein  gerader 
Sinn  machten  ihn  sie  alle  besiegen.  Viele  der  Familie  wollten  nichts  von 
der  Heirat  wissen  wegen  der  Nachfolge:  Cumberland,  der  leider  des  Ee- 
genten  Ohr  hatte  und  auf  York  eifersüchtig  ist,  wollte,  dass  der  Coburger 
sich  mit  der  Herzogin  von  York  nicht  abgeben  sollte,  auf  welche  die 
Prinzessin  Charlotte  Vertrauen  hatte.  Ein  Glück,  dass  des  Regenten 
Frau  von  der  Prinzessin  nicht  geachtet  ist.  Eine  einzige  Dame  war  es, 
von  der  man  sagte,  sie  sei  eine  Freundin  der  Prinzessin,  die  Miss  Mercer, 
Tochter  des  Admirals  Lord  Keith,  sehr  reich,  obgleich  nicht  schön,  sehr 
anterrichtet.  Dieser  hatte  sich  der  russische  Gesandte  genäheii;,  dass  es 
auffallend  war,  und  ihr  machten  der  spanische  und  noch  mehrere  den 
Hof.  Von  einer  Seite,  und  selbst  da  war  das  Misstrauen  des  Prinz- 
Begenten  im  Spiel,  wurde  die  Hochzeit  immer  verschoben;  auf  der  andern 
betrieben  sie  die  Ministers,  damit  es  geschehe  und  nichts  mehr  dieses 
ßreigniss  hintertreiben  könne.  Die  Spannung  wai*  ziemlich  zwischen 
Vater  und  Tochter,  bis  endlich  Friede  wurde.  Ich  zweifle  aber  bei  dem 
Charakter  des  Ersteren,  dass  ein  dauerhafter  möglich  sei. 


'  G^rg  ni.  hatte  sechs  Töchter,  von  denen  Prinzessin  Amelia  schon  1810 

gestorben  war. 
'  Frog^ore-Lodge,  königlicher  Landsitz. 


424 

Castlereagh  benahm  sich  dabei  am  besten,  er  betrieb  die  Angelegen- 
heiten, ging  zur  Prinzessin,  sprach  ihr  frei  heraus,  hatte  eine  ziemUche 
Erklärung,  wo  ihn  sein  kaltes  Blut  nicht  verliess ;  sprach  ihr  über  ihre 
Pflichten  gegen  den  Vater  und  endigte  damit,  als  guter  Freund  zu  schei- 
den. Sehr  populär  war  diese  Verbindung,  auch  die  klügste,  die  geschehen 
konnte,  da  er  der  Mann  ist,  der  diesem  Platze  gewachsen  ist.  Da  er  mein 
Freund  ist,  so  wäie  Alles,  was  ich  seinetwegen  sagen  könnte,  nur  gut, 
wie  er  es  wirklich  verdient;  er  wird  gewiss  Deutschland  Ehre  machen. 

Die  Ministers  sind  jene,  die  ihi*en  Weg  fortgehen;  sie  führen  die 
Sache,  und  da  sie  die  Vernntwoiiilichkeit  haben,  so  muss  der  Begent 
ihnen  folgen. 

Castlereagh  ist  nicht  beliebt:  sein  Stolz  hat  in  manchen  Gelegen- 
heiten der  Nation  zu  wenig  Bücksicht  gezeigt;  entschlüpfte  aufgefangene 
Aeusserungen  werden  nicht  verziehen;  unwissend  über  alle  Continental- 
verhältnisse,  hat  er  in  den  ersten  Zeiten  des  Oongresses  sich  erst  belehren 
müssen,  und  man  fand  an  ihm  bei  seiner  Zurückkunft  einen  grossen 
Unterschied.  Bei  allem  dem  ist  in  ihm  bei  aller  Bechtlichkeit  und  dass 
man  ihm  von  Seite  seines  Benehmens  nicht  beikommen  kann,  viel  Ein- 
seitiges ;  sein  Gleichmuth  schwer  zu  heben ;  seine  ruhige  Fassung  haben 
ihm  viel  Uebergewicht  über  seine  Gegner  gegeben.  Mir  wäre  er,  obgleich 
nicht  der  erste  Kopf,  einer  der  liebsten  und  seine  Erhaltung  im  Mini- 
sterium zu  wünschen;  auch  wird  sie  es  sein,  wenn  er  klug  in  Worten, 
sich  durch  keine  persönliche  Beleidigungen  reizen  lässt,  wenn  er  mit 
Klugheit  den  Wünschen  der  Nation  nur  einigermassen  zuvorkommt.  Sein 
Haus  war  eines  der  liebsten,  da  wir  ihn  schon  von  Wien  aus  kannten 
und  er  gut  mit  uns  war. 

Lord  Sidmouth,  vormals  als  Sprecher  Addington  unter  Pitt^  im 
Unterhause  bekannt,  Minister  des  Innern,  ist  nichts  weniger  als  ein 
hervorstechendes  Genie,  aber  Redlichkeit  im  hohen  Grade^  ein  offenes, 
biederes  Benehmen,  ein  Hei*z,  empfänglich  für  das  Gute  mit  einem 
Aeussern,  welches  einen  gleich  einnimmt;  er  führt  seine  Geschäfte  gut 
mit  Buhe,  Festigkeit  und  Klugheit.  Bei  ihm  fanden  wir  jene  Aufnahme, 
die  uns  wirklich  anzog  und  uns  ganz  für  ihn  einnahm:  er  ist  auch  all- 
gemein geehrt  und  geschätzt.  Eine  liebenswürdige  Familie.  Ihm  haben 
wir  manchen  Fingerzeig  zu  verdanken,  was  wir  in  Engelland  sehen 
sollten,  und  seine  älteste  Tochter  machte  uns  Entwüi*fe  zu  unseren  Beisen. 
Sie  half  uns  das  berichtigen,  was  wir  uns  zu  sehen  vorgenommen  hatten, 
und  half  dadurch  der  totalen  Unwissenheit  unserer  Gesandtschaft,  die 


»  William  Pitt 


425 

nichts  wusste,  weder  von  London  noch  von  den  Provinzen,  als  die  Namen 
Birmingham  und  Manchester,  vermuthlich  der  Waaren  wegen,  nnd  wahr- 
lich nichts  Gutes  uns  that,  als  den  Kunsthändler  Ackermann  zuzuführen, 
welchem  wir  das  Meiste  zu  verdanken  hatten,  übrigens  unbrauchbare 
Leute,  die  schlechtesten  Handwerker  etc.  und  zuletzt  damit  endigte,  von 
uns  die  Bemerkungen,  die  wir  gemacht,  zu  verlangen ;  dies  aber,  da  ich 
Alles  in  Händen  hatte,  wurde  abgelehnt,  da  ich  die  als  Kind  gehörte 
Fabel  der  Krähe  noch  erinnerte. 

Lord  Melville  hat  das  Marine wesen  über  sich;  man  war  über  seine 
Leitung  nicht  znfineden,  und  selbst  Kunstverständige  klagten  über  seine 
Unwissenheit  in  diesem  Fache.  Lord  Bathurst  hat  das  Kriegswesen  — 
ein  Sonderling,  der  aber  Kenntnisse  zu  haben  scheint,  nicht  sehr  mit- 
theilend, wenigstens  nach  dem  zu  urtheilen,  wie  er  uns  sein  Departement 
nnd  seine  Geschäftsführung  zeigte.  Vansittart,  Finanzminister,  scheint 
mir  seiner  Sache  gewachsen;  ein  Mann  von  vielem  Verstände,  Ordnung 
und  strenger  Redlichkeit,  der  in  einer  sehr  schweren  Periode  die  Führung 
dieses  Zweiges  auf  sich  hat:  seine  Art,  uns  seine  Geschäfte  zu  zeigen, 
war  gründlich;  es  war  gut  mit  ihm  zu  sprechen,  er  Hess  sich  gern  ein, 
und  man  erhielt  stets  von  ihm  bestimmte,  deutliche  Antworten  und  Er- 
klärungen.   Schade^  dass  dieser  Mann  kein  Bedner  ist. 

Lord  Harrowby  war  für  uns  eine  sehr  erwünschte  Gesellschaft; 
dieser,  auf  dem  Continente  gewesen,  von  einnehmender  Art,  äusserst 
unterrichtet,  sehr  verständig,  ist  einer  der  Angenehmsten,  die  ich  fand; 
es  ist  ein  Vergnügen,  mit  ihm  über  irgend  einen  Gegenstand  zu  sprechen, 
da  er  gern  die  Sache  erschöpfend  behandelt. 

Lord  Mulgrawe  ist  Vorsteher  der  Artillerie  und  des  Geniefaches; 
wir  sahen  ihn  zu  wenig,  um  ihn  zu  beuiiiheilen. 

Wellesley-Pole,  Münzmeister,  soll  sein  Fach  sehr  gut  verstehen, 
er  zeigte  uns  die  Münze  mit  aller  Freimüthigkeit,  und  da  war  es,  wo  wir 
die  Beulten*  sehe  Pi'ägmaschine  und  ihre  bewegende  Kraft  genau  kennen 
lernten. 

Die  Ministers  überhaupt  leugnen  es  gai*  nicht,  dass  sie  die  Begie- 
ruDg  führen.  Ich  hörte  bei  öffentlicher  Tafel  Sidmouth  dem  Regenten 
nachdrücklich  antworten,  und  den  ersten  Tag  unseres  Aufenthaltes,  als 
wu>  da  speisten,  stutzten  wir  nicht  wenig,  zu  hören,  dass,  als  man  von 
dem  hölzernen  Hause  sprach,  welches  Napoleon  nach  St.  Helena  gesendet 
werde,  der  Prinz-Regent  dem  Bathurst  den  Vorwurf  machte,  er  wisse 
nichts  davon,  wer  es  befohlen  habe,  dieser  trocken  darauf  antwortete:  ,Ich.' 

Eine  Macht,  welche  in  keinem  freundschaftlichen  Ansehen  steht, 
ist  Russland.    Der  berechnende,  für  seinen  Handel  eifersüchtige  Engel- 

ArchiT    LXXVni.  Bd.  11.  H&lfte.  28 


426 

• 

länder  erkennt,  dass  dieses  so  ausgedehnte  Reich,  mit  allen  Hilfsmitteln 
begabt,  alle  Meere  berührend,  einstens  als  Seemacht  auftreten  könnte; 
die  in  den  letzten  Zeiten  wiederholten  Seereisen,  die  weit  mehr  als  Ent- 
deckungen zu  machen  zum  Zwecke  haben  —  Errichtung  von  Ansiedlungen 
in  den  Inseln  zwischen  Asien  und  Amerika,  selbst  Niederlassungen  an 
der  Nordwestküste  dieses  Welttheiles  und  die  Verbindungen  mit  Kam- 
tschatka, dem  Ck)ntinente  Russlands,  die  Gesandtschaft  nach  China  und 
die  gegen  Pei*sien  gemachten  Eroberungen  haben  Engelland  aufmerksam 
gemacht. 

Als  Napoleon  die  Absicht  hatte,  wenn  ihm  der  Krieg  mit  Russland 
gelungen  hätte  und  ein  vortheilhafter  Frieden  erfolgt  wäre,  vereint  mit 
diesem  Staate  gegen  Indien  vorzurücken,  um  dort  die  englische  Macht  zu 
brechen  —  darum  auch  der  französische  Gesandte  nach  Persien  musste, 
um  über  die  Möglichkeit  Nachforschungen  zu  machen  —  entstanden  alle 
die  Reisen  der  Engelländer  in  die  nördlich  und  nordwestlich  gelegenen 
Theile  ihrer  Länder  und  Staaten,  vorzüglich  nach  Beludschistan;  es  scheint, 
dass  die  Resultate  nicht  dagegen  waren,  und  dass  Russland  allein,  wenn 
es  Pei*sien  und  die  kriegerischen,  der  ostindischen  Compagnie  feindlich 
gesinnten  Völker  gewinnen  kann,  ihnen  sehr  gefahrlich  sein  könnte. 

Nebst  diesem  sass  über  ein  Jahr,  unter  dem  Verwände,  seine  Kinder 
einziehen  zu  lassen  und  von  Unzufriedenheit  (sie)  Admiral  Tschitschakoff 
bei  Woolwich,  und  ein  Dr.  Hammel,  vom  Ministerium  des  Innern  aua- 
gesandt,^  bereiste  die  Fabriken. 


*  Beide  Männer  sind  Russen. 


I 


DER 


ANABAPTISMÜS  IN  TIROL 


VON   SEINEN   ANFANGEN 
BIS   ZUM   TODE   JAKOB   HUTER'S 

(1526—1536). 


AUS  DEN  HINTEELASSENEN  PAPIEREN  DES  HOFRATHES 

D>-  JOSEF  B.  VOM  BECK 

TON 

J.     L  O  S  E  R  T  H. 


28» 


Vorbemerkung. 

In  dem  mir  zur  Ausnützung  überlassenen  literarischen 
Nachlasse  des  Hofirathes  Dr.  Josef  Ritter  v.  Beck  befinden  sich 
anter  Anderem  auch  zahlreiche  Urkunden^  Urkundenauszüge, 
Correspondenzen  etc.  —  im  Ganzen  1317  Nummern  in  29  Fas- 
cikeln  —  welche  für  die  Geschichte  der  Wiedertäufer  in  Tirol 
wichtige  Materialien  enthalten.  Hofrath  y.  Beck  hatte  sie  wäh- 
rend einer  Reihe  von  Jahren  im  k.  k.  Haus-,  Hof*  und  Staats- 
archive^ den  Archiven  des  k.  k.  Finanzministeriums^  des  Mini- 
steriums flir  Cultus  und  Unterricht,  der  k.  k.  niederösterreichischen 
Statthalterei  in  Wien,  dann  in  den  Archiven  von  Brunn,  Graz, 
Linz,  Salzburg,  Innsbruck,  Brixen,  Schaffhausen,  Basel,  Zürich, 
München,  Nürnberg  und  Augsbui^,  endlich  in  den  Bibliotheken 
zu  Pressbui^,  Gran  und  Pest  gesammelt.  Das  ftLr  die  Geschichte 
der  Wiedertäufer  in  dön  österreichischen  Alpenländem  reich- 
haltigste Archiv  ist  das  Statthaltereiarchiv  von  Innsbruck,  das 
denn  auch  von  J.  v.  Beck  am  eifrigsten  durchforscht  wurde. 
Von  den  wichtigeren  Stücken  hatte  er  entweder  vollständige 
Abschrift  genommen  oder  nehmen  lassen,  von  anderen  mehr 
oder  minder  ausführliche  Auszüge  veranstaltet. 

Wie  sie  nun  vorliegt,  gibt  die  Sammlung  ein  deutUches 
Bild  von  dem  Entstehen,  der  allmäligen  Ausbreitimg  und  der 
unter  den  mannigfaltigsten  Schwierigkeiten  erfolgten  Unter- 
drückung des  Anabaptismus  in  Tirol  während  eines  ganzen 
Jahrhunderts  (1526—1626).  Von  besonderem  Interesse  ist  der 
bis  zum  Tode  Jakob  Huter's  reichende  Abschnitt  der  tirolischen 
Täuferbewegung,  der  in  den  folgenden  Blättern  zunächst  zur 
Darstellung  gelangt. 

Für  diesen  Abschnitt  lagen  mir  nicht  blos  die  erwähnten 
Materialien,  sondern  auch  zwei  Skizzen  einer  Biographie  Jakob 


430 

Huter's  vor  —  eine  längere  und  eine  kürzere  —  die  sswar 
keineswegs  druckfertig  waren,  aber  doch  über  die  Art  und 
Weise,  wie  J.  v.  Beck  den  Gegenstand  dargestellt  sehen  wollte, 
einiges  Licht  verbreiteten.  Für  diese  Skizzen  war  freilich  weder 
der  gesammte  von  dem  Verfasser  gesammelte  StoflF  benützt,  noch 
behandelten  sie  den  Gegenstand  in  übersichtlicher  Weise,  so 
dass  zunächst  eine  Vervollständigung  und  dem  entsprechend  eine 
Umarbeitung  und  flir  einzehie  Capitel  eine  völlige  Neubearbeitung 
des  Gegenstandes  nothwendig  wurde. 

Mit  Huter's  Tode  hat  die  anabaptistische  Bewegung  in 
Tirol  ihren  Höhepunkt  überschritten;  doch  auch  in  den  folgen- 
den Jahrzehnten  bietet  sie  noch  merkwürdige  Erscheinungen 
genug,  die  in  einem  zweiten  den  Gegenstand  beschliessenden 
Aufsatze  zur  Darstellung  kommen  sollen.  Für  diese  Zeit  (1537 
bis  1626)  liegen  gleichfalls  noch  reichhaltige  Sammlungen  aus 
dem  V.  Beck'schen  Nachlasse  vor. 

Von  den  einzelnen  Abschnitten  der  unten  folgenden  Ab- 
handlung ist  der  erste  im  Hinblick  auf  die  einschlägigen  Arbeiten 
Schönherr's,  Rufs,  Waldner's  u.  A.  knapper  als  die  übrigen 
behandelt  worden. 

Unter  den  Beilagen  bieten  einige  ein  allgemeineres  Inter- 
esse. Das  erste  Stück  zeigt,  wie  das  Verhör  mit  den  Wieder- 
täufern und  den  der  Wiedertaufe  verdächtigen  Personen  vor- 
genommen wurde,  und  dass  es  die  bairische  Ordnung  des 
Processes  war,  die  in  Tirol  angenomme)i  wurde.  Die  Nummern 
2,  7,  15  und  vornehmlich  12  belehren  über  die  unausgesetzt 
auf  die  Ausrottung  der  Wiedertaufe  in  Tirol  gerichtete  Sorge 
des  Landes{\lrsten  und  die  Folgen,  von  welchen  der  Münsterische 
Aufstand  flir  die  Geschicke  der  Wiedertäufer  in  den  übrigen 
Ländern  begleitet  war;  in  den  Nummern  3,  4,  5,  10,  11,  13,  14 
und  16  werden  einzelne  Fälle  von  Bedeutung,  namentlich  der 
Freiberg' sehe  und  Wolkenstein'sche  Process  dargestellt;  Nr.  6 
berichtet  über  das  Verfahren  mit  den  eingezogenen  Gütern  der 
Wiedertäufer.  Bei  dem  Umstände,  dass  die  meisten  sogenann- 
ten ,Urgichten^  (recte:  Vergicht  [von  veijehen]  =  Bekenntniss) 
der  hervorragenderen  Wiedertäufer  verloren  gegangen  sind,  be- 
sitzen die  Nummern  8  und  9  einen  besonderen  Werth.  Luckner's 
Urgicht  belehrt  über  die  Art  der  wiedertäuferischen  Propaganda, 
die  Ausdehnung  des  Täuferthums  und  dessen  Verfolgung,  die 
Kreuz-  und  Querfahrten  Huter's,  seine  Aufenthaltsorte  im  Sommer 


431 

und  Winter,  über  die  Züge  nach  Mähren,  die  Geldeinnahmen 
und  Ausgaben  und  enthält  auch  flir  die  Charakteristik  Huter's 
manches  Brauchbare.  Aus  Nummer  17  —  die  zwar  schon 
öfter,  aber  noch  niemals  correct,  gedruckt  gewesen  —  ersieht 
man  die  jammervolle  Lage  der  tiroHsch-mährischen  Gemeinde 
in  den  Jahren  1534—1536. 

Czemowitz,  am  30.  September  1891. 

J.  Loserth. 


1.  Die  Wirksamkeit  der  Doctoren   Jakob  Strauss  und 
ürbanus  Bhegins  In  Hall.    Protestantische  Regungen  in 

Tirol  in  den  Jaliren  1620—1636. 

Den  Boden,  aus  welchem  der  Anabaptismus  erwuchs,  hat 
er  mit  dem  Protestantismus  gemein.  Wie  in  der  Schweiz  und 
in  Deutschland,  so  zeigte  er  sich  auch  in  Tirol  nur  als  ein  nach- 
geborener, natürlicher  Sohn  der  Reformation.  Die  ,Evangeli- 
schen'  waren  es,  die  ihm  nach  dem  Zeugnisse  Heinrich  Bullin- 
ger's  in  den  Hütten  der  Bauern,  den  Schachten  der  Bergknappen, 
den  Häusern  des  Bürgerstandes  und  den  Schlössern  des  Adels 
vorgearbeitet  haben. ^  Von  der  Lehre  des  neuen  ,ungebundenen 
Evangehums^  erwarteten  alle  Unzufriedenen  im  Lande  ihre 
geistige  und  materielle  Wohlfahrt:  daher  die  Förderung,  die 
man,  ermuthigt  durch  die  Schwäche  des  Ordinariats  und  die 
Verlegenheiten  einer  rath-  und  thatlosen  Landesverwaltung,  die 
erst  nach  dem  ,Bauem-Rebell^  sich  emporraffte,  den  Evangeli- 
schen allenthalben  angedeihen  liess. 

Nachdem  durch  zahlreiche,  vom  Bergsegen  des  Falken- 
steins, Pflundererberges  und  anderer  Schachte  herbeigelockte 
Erzknappen,  durch  reisende  Kauf leute  und  Buchflihrer,  Vaganten 


*  BulÜBger  verwahrt  sich  zwar  in  der  Vorrede  zu  ,Der  Widertöufferen 
Ursprung,  fQrgang'  etc.  (Zürich  1560)  dagegen,  fragt  aber  doch  an  einer 
späteren  Stelle:  ,Wie  kommt  es,  dass  die  Wiedertäufer  nicht  an  jene 
Orte  gesandt  werden  und  predigen,  da  zuvor  das  Evangelium  nie  ver- 
kündigt worden  ist,  sondern  sich  nur  an  jenen  Orten  und  Enden  ein- 
schleichen, da  vorhin  das  Evangelium  mit  grosser  Mühe  und  Arbeit  dem 
Volke  gepredigt  und  die  Kirche  in  eine  Ordnung  und  Reformation  ge- 
bracht worden  ist.  Hier,  wo  biedere  Leute  wohl  zufrieden  sind,  machen 
die  Täufer  Unruhe,  Zwietracht  und  Verwirrung.* 


482 

und  Söldner  den  iandesfllrstlichen  Mandaten  zum  Trotz  ^  eine 
Menge  lutherischer  Schriften  eingeschleppt  und  abgesetzt  war, 
zogen  diesen  allerlei  abenteuernde,  heimatlose,  der  alten  Kirche 
untreu  gewordene  Persönlichkeiten  nach,  die  sich  als  Sendboten 
des  unverfklschten  Wortes  Gottes,  das  bisher  verdunkelt  und 
,gebunden^  gewesen  sei,  ausgaben.  Es  ist  wohl  richtig,  dass  es 
einzelnen  um  die  Sache  ernst  gewesen  ist,  vielen  aber  war  es 
doch  hur  darum  zu  thun,  dass  sie  Aufsehen  machten  und  Brot 
und  Bestallung  erhielten,  und  je  eifriger  diese  Leute  vor  der 
neuerungssüchtigen  Menge  gegen  die  bestehende  Ordnung  und 
Verfassung,  gegen  die  Kirche  und  deren  Einrichtungen  loszogen, 
desto  beUebter  wurden  sie. 

Ein  Sendbote  des  neuen  Evangeliums,  ein  gewisser  Kon- 
rad aus  Schwaben,  zog  in  solcher  Weise  1520 — 1521  in  der 
Gegend  von  Meran,  Brixen  und  Sterzing  herum.  Eine  ähnliche 
Sendung  übernahm  1521  im  Innthale  ,ein  gewesener  Religiös^ 
aus  Berchtesgaden,  Dr.  Jakob  Strauss.^  Von  den  Schwazer 
Erzknappen  berufen,  hielt  er  in  Schwaz  Feldpredigten,  die  zwar 
gut  besucht  wurden,  aber  nicht  von  der  Milde  christlicher  Liebe 
und  vom  Gehorsam  gegen  die  Obrigkeit  durchweht  waren.  ^ 
Nachdem  er  das  Predigeramt  zu  Schwaz  zwei  Mönchen  aus 
Berchtesgaden  überlassen,^  zog  er  im  Juni  1521  nach  Hall,  wo 


^  Mandat  Ferdinands  I.  de  dato  Nürnberg,  1522,  November  6  (vom  Erz- 
herzog und  Salamanca  unterzeichnet)  im  Innabrucker  Statthaltereiarcbiv. 
Von  fUrstl.  Durcbl.  fol.  66:  ,da88  ir  ernstlich  gepot  ausgeen  lasset,  kein 
luther.  Predigt  mehr  zu  thun,  auch  pej  allen  puchtruckhen  und  krämeru 
zu  verfügen,  dergleichen  püecher  nit  mer  zu  tnickhen  oder  feil  zu 
haben^  etc.  Befehl  wegen  der  ,luth.  Lehr*  an  den  Rath  zu  Rattenberg' 
am  Inn.  Nürnberg,  17.  November  1522.  Ebenda.  Von  fürstl.  Durchl.  fol.  56. 
Antwort  des  Regiments  1.  December.  Ebenda  fol.  455. 

'  S.  Ruf,  Dr.  Jakob  Strauss  und  Dr.  Urban  Regius,  Archiv  für  Geschichte 
und  Alterthum  Tirols  II,  67—81.  F.  Waldner,  Dr.  Jakob  Strauss  in  Hall 
und  seine  Predigt  vom  grünen  Donnerstag  (17.  April)  1522.  Ein  Beitrag 
zur  Geschichte  der  Reformation  in  Tirol.  XXVI.  Heft  der  Zeitschrift  des 
Ferdinandeums,  S.  1 — 19. 

'  Näheies  über  seine  Wirksamkeit  in  Schwaz  siehe  ebenda,  S.  8. 

^  ,Sie  wurden  von  dem  Bischöfe  Sebastian  von  Brixen  zwar  gefänglich 
eingezogen  (Angerer^s  Chronik),  aber  von  den  Bauern  befreit  und  haben 
der  Stadt  Brixen  und  anderen  Orten  grossen  Schaden  zugefügt*  Brixen 
und  seine  Umgebung  in  der  Reformationsperiode  1520 — 1525.  XII.  Pro- 
gramm des  Obergymnasiums  in  Brixen,  S.  13.  Buchholz,  Geschichte  Fer- 
dinands I.  (II,  356)  nennt  den  einen  fälschlich:  Christoph  Soll.    Dieser, 


433 

er  aufäiiglich  dem  Cleru»  lateinische  Vorträge  über  das  Evan- 
gelium Matthäi  hielt:  ^Haben  ihm  gross  Zucht  und  Ehren  er- 
wiesen, auch  ihn  fllr  geschickt  und  gelehrt  gekannt/^  Nicht 
lange  hernach  begann  er  in  der  Salvatorkirche  des  Frauen- 
klosters zu  predigen,  und  als  diese  Kirche  für  die  zuströmende 
Menge  zu  enge  wurde,  verlegte  er  mit  Bewilligung  des  Pfarrers 
Dr.  Stephan  Seligmann  und  des  Magistrates  seine  Kanzel  in  die 
Pfarrkirche  zu  S.  Niklas.  Bei  schönem  Wetter  predigte  er  im 
Stadtgarten  oder  auf  dem  oberen  Platze.  Er  besass,  wie  Schwey- 
ger's  Chronik  erzählt,  ,ain  ftlrtreflFlich  guete  Aussprach  und  ist 
dem  gemeinen  Mann  fast  annemlich  gewesen  mit  seiner  predig; 
aber  seer  hitadg  gegen  den  geistlichen,  als  bischoffe,  priester, 
milnichen  und  closterfrauen;  hat  iren  geisthchen  standt  getadlt 
und  verworfen,  auch  ire  misspreich  gross  an  den  tag  geben  und 
sie  spitgeister  genenndt.  Hat  auch  die  Ceremonien  imd  Earchen- 
preich  zum  tail  verworffen*. 

Solcher  Ausschreitungen  wegen  vom  Bischöfe  gegen  Brixen 
citirt,  erschien  er  nicht  und  überliess  dem  Stadtrathe  und  der 
Gemeinde  seine  Vertheidigung.  Diese  versuchten  es  zwar,  ihn 
durch  Abgesandte  vor  dem  Bischöfe  imd  bei  Hof  zu  recht- 
fertigen, allein  ohne  Erfolg.  Der  ,ehrbare  Rath'  hielt  nichts- 
destoweniger auch  jetzt  noch  seine  Hand  über  ihn  und  liess  ihn 
von  einer  Anzahl  bewehrter  Bürger  begleiten  und  bewachen. 
Als  Strauss  am  Sonntage  Este  mihi  (2.  März)  nach  der  Predigt 
die  Annahme  einer  abermaligen  Citation  seitens  des  Bischofs 
,mit  hitzigen  Worten^  zurückwies  und  seine  Begleitung  die 
beiden  bischöflichen  Boten  davonjagte  und  bis  in  des  Herrn 
Haus  verfolgte,*  kam  es  zu  einer  bedenklichen  Zusammenrottung, 
welcher  die  beiden  Bürgermeister  Fuchsmagen  und  Waltenhofer 
,mit  guten  Worten'  ein  Ende  machten.  Der  Rath  versprach 
den  Sendboten,  des  Predigers  Sache  selbst  in  die  Hände  zu 
nehmen  und  eine  Botschaft  an  den  Bischof  zu  schicken.    Nach- 


Batzer's  Gehilfe  in  Strassburg,  ein  gebomer  Brunecker,  war  damals  erst 

5  Jahre  alt.     S.  Rörich^s  Mittheilungen  lU,  231. 
*  Franz  Schweyger's  Chronik  der  Stadt  Hall  von  1303 — 1672,  herausgegeben 

von  Schönherr. 
'  ,15J2  Jar  haben  ihm,   Herrn  Strauss,   zwei  Priester  ain  Citation   bracht 

und  mit  ihm  stark  gestritten,  dahero  die  Bürgerschaft  selbe  sambt  anderen 

Priestern  in  des  Herren  Haus  gejagt.'    Haller  Chronik  im  Ferdinandenm. 

Copie  in  der  v.  Beck^schen  Sammlung.     S.  Waldner  1.  c,  p.  11. 


434 

dem  Strauss  dem  Rathe  eine  Rechtfertigungsschrift  Überreicht 
hatte^  sandte  dieser  eine  Anzeige  ,über  des  Doctors  Jacob  Her- 
kommen^ Wandel  und  Wesen  und  wie  er  sich  beim  Predigen 
gehalten^^  nach  Brixen  und  bat,  ihn  unbehindert  zu  lassen,  da 
,man  seine  Predigten  flir  evangelisch  und  gerecht  erachtet  Die 
Gesandtschaft  ging  am  13.  März  von  Hall  ab,  scheint  ihre  Ab* 
sichten  aber  nicht  erreicht  zu  haben,  denn  sie  wandte  sich  nun 
an  die  Regierung  in  Innsbruck  mit  der  Bitte,  den  Prediger 
unbehelligt  zu  lassen. 

Die  Regierung  ersuchte  den  Bischof,  nicht  zu  drängen, 
denn  die  Sache  werde  sich  nach  und  nach  von  selbst  bessern, 
und  der  Bischof  unterliess  in  der  That  ein  unmittelbares  Ein- 
schreiten, da  ,er  vom  Kaiser  angehalten  sei,  sich  in  diesen 
Dingen  an  den  Rath  der  Regierung  in  Innsbruck  zu  halten, 
aber  er  fügte  hinzu,  wie  schwer  es  ihm  falle,  einen  solchen 
Irrlehrer  das  Predigen  zu  gestattend  Strauss  konnte  nun  seine 
Fastenpredigten  weiterhalten  und  wurde  vom  Volke  und  vom 
Rathe  gegen  etwaige  Ueberflllle  bewacht.^  Bald  darauf  sandte 
der  Bischof  eine  neuerliche  Bitte  nach  Innsbruck:  man  möge 
Vorsorge  treffen,  dass  Strauss  von  Hall  weggethan  oder  nach 
Brixen  zur  Verantwortung  geschickt  werde. 

Auch  dieses  Schreiben  hatte  keinen  Erfolg.  Der  Bischof 
sandte  daher  drei  Monitorien  an  den  Pfarrer  Angerer  in  Inns- 
bruck mit  der  Bitte,  eines  an  der  Pfarrkirche  in  Hall,  das 
zweite  zu  Taur,  das  dritte  in  Innsbruck  anheften  zu  lassen. 
Bevor  dies  noch  geschehen  konnte,  erhielt  der  Rath  am  22.  April 
von  der  Regierung  unter  Hinweisung  auf  das  Wormser  Edict 
und  den  kaiserlichen  Befehl,  dass  alle  und  jede  lutherische 
Schrift  und  Irrlehre  abgethan  werde,  den  Auftrag,  den  Doctor 
Jakob  ,als  gefährlichen  Irrlehrer  imd  Rebellen^  sofort,  und  zwar 
im  Geheimen  abzuschaffen,  damit  keine  Unruhe  unter  dem 
Volke  entstehe. 

Der  Rath  machte  zwar  noch  einen  Versuch,  die  Regie- 
rung ftir  den  Prediger  günstig  zu  stimmen,  aber  der  Bischof 
hatte  die  Angelegenheit  bereits  vor  den  Metropoliten  und  den 
Kaiser  gebracht.  Strauss  selbst  wurde  nun  vor  das  Regi- 
ment geladen  und  der  Rath  bedeutet,  ihn  ausser  Land  zu 
schicken. 


»  Waldner  1.  c. 


435 

Am  Sonntag  Misericordia  (4.  Mai)  hielt  er  a\if  offenem 
Platze  vor  einer  grossen  Volksmenge  ans  Stadt  und  Land  seine 
Abschiedspredigt^  ,in  welcher  er  meidung  gethan  von  seinem 
hinwegg  Baissen  und  das  meiste  volk  heftig  bewegt  hat,  etliche 
zur  traurigkeit  und  zum  wainen,  etliche  zum  Zorn,  etliche  zu 
Unwillen  und  aufruhr  gegen  die  Priesterschaft.  In  der  nächsten 
Wochen  zog  er,  von  zwei  Bürgern  begleitet,  nach  einer  gueten 
Zörung  und  Ehfung  in  der  Gehaimb  von  Hall  auf  den  nächsten 
Wegen  auf  Sachsen  zu^ 

Von  Haslach  aus  schrieb  er  ,an  die  ehrsamen,  heben  Herrn 
und  Freunde  in  Hall^  eine  Abhandlung:  ,Ain  kurzer  christlicher 
Unterricht  von  den  erdichteten  Bruderschaften/^  Von  da  zog 
er  nach  Kembei^,  einem  Städtchen  in  der  Nähe  von  Witten- 
bei^.  Dort  vollendete  er  am  4.  August  die  Predigt:  Eyn  ver- 
stendig  trostlich  leer  |  über  das  wort.  Sankt  Paulus.  Der 
mensch  |  sol  sich  selbs  probieren,  und  alsso  von  dem  |  brott 
essen  und  von  dem  |  kelch  trinken.  Zu  Hall  |  im  Intall  von 
Do|ctor  Jacob  |  Strauss  ge|predigett.  MDXXH.  |  Kauff  und  Hess. 
Es  wirt  dir  gefaUen.     Die  Vorrede  ist  vom  4.  August  datirt. 

Strauss  bemerkt,  dass  er  diese  Predigt  dem  ehrsamen 
Rathe,  der  ganzen  Gemeinde  und  Nachbarschaft  zu  Hall  zu 
Gefallen  imd  auf  deren  Bitte  in  Geschrift  gestellt  habe.  Ver- 
öffentlicht wurde  sie,  als  er  schon  Ecclesiastes  in  Eisenach  war.* 
Sie  richtet  sich  vornehmlich  gegen  die  Missbräuche  bei  der 
Beichte  und  dem  Abendmahl  und  enthält  scharfe  Invectiven 
gegen  die  Franziskaner  in  Hall.  Er  nennt  sie  Verführer  der 
Welt,  die  gar  stockblind  und  ungelehrt  sind  und  ein  ,einigs^ 
Wort  nie  recht  verstanden  oder  gepredigt  haben.  Denselben 
heftigen  Ton  findet  man  auch  in  den  anderen  Schriften,  die  er 
im  Jahre  1523  von  Eisenach  aus  gleichfalls  an  seine  heben 
Freunde  in  Hall  übersandte.^ 

Mit  der  Wittenberger  Reformation  war  Strauss  übrigens 
auch  sehr  unzufrieden:  ,Wenn  die  Lutherischen,^  sagte  er,  , weiter 


•  Waldner  1.  c,  p.  16. 

•  In  4®  in  der  Floss'schen  Bibliothek  zu  Bonn.  Neu  gedruckt  von  Wald- 
ner, p.  17—39. 

•  Siehe  Waldner,  p.  16—16.  Der  Vollständigkeit  wegen  citire  ich  noch: 
Schellhom's  Ergötzl.  U,  241;  Weller's  Repert  2703.  Strickler,  Neuer 
Versuch  eines  Literaturverzeichnisses,  Nr.  97.  Vgl.  Strobel,  J.  Strauss, 
Leben  und  Schriften,  Mise.  III,  1 — 14. 


436 

nichts  wollten^  als  die  Leute  vexiereu,  so  hätten  sie  es  lieber 
unterlassen  sollen/^ 

Die  Haller  verbreiteten  die  Schriften  des  von  ihnen  ge- 
schiedenen Prädicanten  in  so  eifriger  Weise^  dass  sie  der  Tadel 
der  Regierung  traf:  ,Wiewohl  S.  F.  D.  in  den  Erblanden  wider 
Luther's  Neuerungen  und  Lehren  ernstliche  Befehle  habe  aus- 
gehen lassen,  so  hören  wir  doch,  dass  in  Hall  lutherische  Bücher 
und  Tractate  öffentlich  feilgeboten  und  gekauft  werden/  Es 
wird  dem  Rathe  mit  Ernst  empfohlen,  sich  den  erflossenen 
Mandaten  gemäss  zu  halten.' 

An  die  Stelle  des  Doctors  Jakob  Strauss  wurde  vom  Rathe 
der  Stadt  Hall  Dr.  Urban  Rhegius  berufen  und  dem  Bischöfe 
präsentirt.  Die  Schweyger'sche  Chronik  weiss  von  diesem  ,treff- 
lichen,  hochgelehrten  Mann'  nur  zu  sagen,  dass  er  ,ungeßlhrlieh 
zwei  Jahr'  zu  Hall  Prädicant  gewesen,  bis  ihm  seiner  Predigt 
halben  von  dem  Bischöfe  und  dem  Landesfürsten  der  Aufenthalt 
daselbst  untersagt  wurde  und  er  heimlicher  Weise  nach  Augs- 
burg entwich. 

Urbanus  Rhegius  hatte,  als  er  in  Hall  erschien,  bereits 
eine  ziemlich  bewegte  Vergangenheit  hinter  sich.'  Ln  Jahre 
1520  auf  Fabri's  Empfehlung  von  dem  Bischof  Christoph  von 
Stadion  als  Domprediger  nach  Augsburg  berufen,  trat  er  als 
eifriger  Vorkämpfer  der  neuen  Lehre  auf  und  wirkte  in  Hall, 
wo  er  im  September  1522  eintraf,  ganz  im  Geiste  seines  Vor- 
gängers. Er  eiferte  hier,  wie  man  seinen  Predigten  entnimmt, 
voiTiehmlich  gegen  die  Ablasskrämer  und  das  Courtisanen- 
unwesen,  gegen  Kirchweihfeste  und  Feiertage,  gegen  den  Pomp 
und  die  Bilder  in  der  Kirche,  gegen  Bruderschaften  und  den 
Uebrauch  der  lateinischen  Sprache  beim  Gottesdienste,  gegen 
den  Mariencultus,  die  Verehrung  der  Heiligen,  gegen  Weihen, 
Opfer  und  das  Messelesen. 

Zur  Verantwortung  nach  Brixen  vorgeladen,  erklärte  er, 
ohne  freies  Geleit  daliin  nicht  gehen  zu  wollen.  Dieses  wurde 
ihm  auf  Am'athen  der  Regierung  versagt*  und  an  die  Regenten 

^  Schmidt,  Justus  Henitts. 

'  Statthalteroiarckiv  Innsbruck.     Lib.  causarum  domini  I,  fol.  30. 

8  Vgl.  den  Artikel  Urban  Rhegius  im  XXVUI.  Bd.  der  pilgern.  Deutschen 

Biographie*,  8.  374— 37S. 
*  Bericht  vom  9.  November  1623.    Innsbrucker  StatthalteretarcbiT.   Can«s 

Domini  1523—1526,  fol.  30. 


437 

zu  Innsbruck  das  Ansuchen  gestellt,  Rhegius  aus  Hall  abzu- 
schaffen, damit  die  lutherische  Lehre  sich  nicht  in  Hall  und 
dem  ganzen  Innthale  ausbreite.^  Die  Regierung  antwortete: 
ürbanus  sei  zwar  zu  Hall,  habe  aber  in  der  letzten  Zeit  weder 
öffentlich  noch  heimlich  gepredigt,  und  da  Fürstliche  Durchlaucht, 
als  sie  jüngstens  in  Hall  gewesen,*  selbst  des  genannten  Doctors 
wegen  gehandelt,  so  scheine  es  beschwerlich,  mit  ,Verstrickung^ 
seiner  Person  und  GefUngniss  wider  ihn  vorzugehen,  ,damit 
unsere  Handlung  der  des  Fürsten  nicht  widerwärtig  sei^  Ueber 
seine  Streitigkeiten  in  Hall  schrieb  er  seinem  Freunde  Wolf- 
gang Rychard,*  der  Bischof  habe  ihn  erst  durch  Schmeicheleien 
und  dann  durch  Drohungen  gewinnen  wollen,  und  als  ihm  das 
nicht  gelang,  durch  Verleumdungen  den  Zorn  des  Fürsten  wider 
ihn  erregt,  so  dass  er  den  ganzen  Sommer  hindurch  nicht  sicher 
war.  Er  sei  daher  nach  Augsburg  gegangen,  wo  er  ursprüng- 
lich bleiben  wollte,  bis  der  Zorn  des  Fürsten  verraucht  sei. 
Hierauf  nach  Hall  zurückgekehrt,  legte  ihm  der  Bischof  neuen 
Hinterhalt  und  Hess  nichts  unversucht,  ihn,  gestützt  auf  die 
Hilfe  des  Fürsten,  von  Hall  wegzubringen.  Mit  Zustimmung 
der  HaUer  Bürgerschaft  sei  er  in  seine  Heimat  gegangen  und 
warte  hier  ab,  bis  die  Haller  seine  Sache  in  Nürnberg  beendet 
haben  werden;  denn  sie  verhandeln  da  in  scharfer  Weise  durch 
Fabri.  Hierauf  wolle  er  nach  Hall  zurückkehren,  wo  seine 
Mutter  seinen  Haushalt  ftlhre.  Wenn  seine  Sache  ungünstig 
aasfalle,  werde  er  nach  Augsburg  zurückkehren,  wo  ihm  eine 
Stellung  vorbehalten  sei,  nicht  die  eines  Barbiers,  sondern  eine 
fireie^  damit  er  nicht  einen  Pseudobischof  oder  einen  ähnlichen 
Menschen  zu  fürchten  habe.^ 

Ueber  denselben  Gegenstand  schreibt  er  in  einem  1527 
veröffentlichten  Büchlein:^  ,Als  ich  vor  etlichen  Jahren  gehört 
hatte,   dass  Gott  auch  bei  Euch  das  Licht  aus  der  Finstemiss 


*  Ebenda.    Causa  Domini,  fol.  35.    Schreiben  vom  13.  November  1523. 

*  Damals  zog  Rhegius  im  Ornate  nnd  mit  dem  Heilthum  dem  Fürsten  ent- 
gegen.   Ruf  1.  c,  p.  77. 

»  Am  21.  December  1523.  Bibliothek  Bremen,  Cl.  VI,  fasc.  V,  p.  1019. 

*  Ungenaue  Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 

^  Ain  Summa  christlicher  leer,  wie  sy  Urbanus  Rhegius  fcu  Hall  im  Intal 
vor  etlichen  Jaren  gepredigt  hat.  Geben  zu  Augsburg  an  dem  n^a  tag 
de«  Mertz  Anno  MDXXVII  Vol.  875  in  München.  Copie  in  der  v.  Beck- 
schen  Sammlung. 


438 

habe  hervorleuchten  lassen  und  einen  Schein  der  Wahrheit  in 
Euer  Herz  gegeben  habe,  dankte  ich  Gott  und  bat  ihn,  zu  Ende 
zu  fiihren,  was  er  in  Euch  angefangen.  Da  ich  nun  zu  Euch 
erfordert  wurde,  das  EvangeUum  zu  predigen,  erhub  sich  der 
Satan  von  Stund'  an  wider  mich  und  machte  mir  einen  Ruf, 
als  predigte  ich  eine  neue  Lehre  und  verflihrte  das  Volk  von 
der  Bahn  des  alten  Glaubens.  Das  war  eine  Ursache  meines 
Weggehens  von  Euch:  dem  Neid  zu  entweichen.  Ich  hoffte, 
die  Wahrheit  würde  wohl  noch  eine  Stätte  und  ein  Verhör 
finden.  Wisset  denn,  dass  ich  nichts  als  den  uralten  christlichen 
Glauben  bei  Euch  gepredigt  habe,  wie  er  von  Christus  selbst 
und  den  Aposteln  auf  uns  gekommen  ist.^ 

Noch  in  Hall  Hess  Rhegius  einige  Schriften  ausgehen: 

1.  Von  der  Vollkommenheit  und  Frucht  des  Leidens  Christi, 
gepredigt  durch  Dr.  Urbanum  Rhegium,  Prediger  zu  Hall  im 
Intal.     (O.  O.  und  J.)  ^ 

2.  Ein  Sermon  von  der  Kirchweihe.  Gepredigt  zu  Hall 
im  Intal.  1522.« 

3.  Sermon  vom  dritten  Gebot,  wie  man  christlich  feyern 
soll  mit  Anzeigung  etlicher  Misbräuche.  Gepredigt  zu  Hall  im 
Intal.  1522.» 

4.  Ein  Sermon  von  der  Kirchweihe.  Dr.  Urbani  Rhegii 
Prediger  zu  Hall.  1522.* 

5.  Von  Reue,  Beichte,  Busse.  Beschluss,  zu  Hall  im  In- 
tal gepredigt  durch  Urban  Regium.     Anno  1523.^ 

In  dem  Sermon  von  der  Kirchweihe  klagt  er  über  die 
prächtigen  Kirchenbauten:  , Jetzt  sind  grosse,  hoffärtige,  kaiser- 
liche Paläste  zu  Kirchen  gebaut,  hell,  köstlich  mit  Gold,  Silber 
und  Edelsteinen,  theuren  Gemälden,  übergoldeten  Tafeln,  Fahnen, 
Messgewändem,  Kelchen,  Kreuzen,  Orgeln  u.  dgl.  Dingen  über- 
laden, aber  es  gibt  russige,  wüste,  finstere  Herzen,  einen 
schwachen  Glauben,  eine  kalte  Liebe  und  eine  schwankende 
Hoffnung.  Jetzt  gebe  es  nichtsnutzige  Bruderschaften,  die 
besser  thäten,  mit  ihrem  Gelde  den  armen  Leuten  zu  helfen. 
Hölzerne  Götzen  stelle  man  unter  die  Kirchthür  und  umhänge 


»  S.  Weller,  2253—2264. 

*  Urb.  Regü  Deutsche  Schriften  1662  in  fol.  IV,  S.  34—38. 
»  Ibid.  38—46. 

*  Cit.  Zapf,  Aug.  Bib.  H,  667/8. 

^  Weller,  Bepert.  typ.  8623,  citirt  eine  Ausgabe  von  1525. 


439 

sie  mit  Ablassbriefen.  Die  Türken  wolle  man  mit  Spiessen, 
Hellebarden  und  Büchsen  überwinden  und  zum  Glauben  bringen. 
Aber  der  Glaube  ist  ohne  weltUehen  Zwang  allein  durch  die 
Predigt  der  Apostel  in  die  Welt  gekommen,  darum  sollte  man 
auch  heutzutage  ,in  keiner  anderen  Weise  Christen  machend 
jEs  freue  der  Teufel  sich  mehr  auf  eine  einzige  Kirchweihe 
als  auf  tausend  Charfreitage/  Die  Obersten  der  Kirche  sollten 
hier  gute  Wacht  halten,  aber  es  schläft  der  Hirt;  wer  will  dem 
Wolfe  wehren?' 

Der  Sermon  vom  dritten  Gebot  wendet  sich  gegen  die 
allzugrosse  Zahl  der  Feiertage:  ,Etliche  blinde  Hirten  sehen 
gern  viele  Feiertage,  auf  dass  man  zutrage.  Wenn  da  die 
grossen  Glocken  läuten,  laufen  die  Bauern  herzu,  als  sei  etwas 
Neues  erschienen.  Ist  dann  irgend  ein  Heilthum  in  der  Sa- 
cristei,  so  muss  es  heraus  auf  den  Altar  und  muss  des  geld- 
stichtigen  Pfarrers  Kautz  sein.  Es  sprechen  die  Geldgötzen: 
Bauer,  gib  Geld  her.  Ihr  sehet  gern  viele  Feiertage,  wiewohl 
sie  nichts  Anderes  sind,  denn  eine  lautere  Gotteslästerung.' 
,E8  sind  zu  viel  rother  Buchstaben  im  Kalender  und  wenig 
christUcher  Sabbath.'  ,Das  Volk  geht  in  die  Kirche  und  weiss 
nicht,  womit  man  umgeht;  man  singt  und  liest  Latein,  von  dem 
der  gemeine  Mann  nichts  versteht.  Man  predigt  des  Nach- 
mittags^ wenn  der  Bauch  von  Speise  imd  Trank  geschwollen, 
das  Hirn  von  Uebel  und  die  Augen  schläfrig  sind.  So  sitzen 
wir  da,  wie  die  Rohraffen.  Willst  du  ein  Christ  sein,  musst  du 
das  Evangelium  hören,  nicht  allein  die  Regel  des  heil.  Franciscus 
oder  Dominicus.' 

Die  Hoffnungen  des  Doctors  Urbanus  Rhegius,  auf  seinem 
Posten  in  Hall  verbleiben  zu  können,  erfüllten  sich  nicht.  Schon 
am  12.  December  schrieb  der  Bischof  von  Brixen  an  jenen  von 
Trient  nach  Nürnberg:  ,Da  Doctor  Urbanus  noch  immer  in  Hall 
verweilt  und  daselbst  zwar  nicht  predigt,  wohl  aber  auf  viele 
schlechte  Conspirationen  sinnt,  so  möge  er  sich  Mühe  geben, 
dass  ihm  durch  ein  landesfllrsüiches  Mandat  der  Aufenthalt  da- 
selbst untersagt  werde.' ^  Die  Gunst  der  evangelisch  gesinnten 
Rathsherren    Rehlinger,    Langenmantel,    Welser    und    Qt)sser 


^  Velit  B.  y.  operam  daxe,  ut  mandato  Ser™^  piincipis  habitacio  in  illo 
oppido  Uli  interdicatnr.  Original  im  k.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv. 
Corr.  land.  Bist.  Trient. 


440 

erschloss  ihm  den  Pfarrhof  bei  S.  Anna  in  Augsburg.  Dass  aber 
der  Same,  den  er  und  sein  Vorgänger  ausgestreut  hatten,  zu 
Hall  einen  empfänglichen  Boden  gefunden,  sieht  man  daraus, 
dass  noch  während  der  Anwesenheit  des  Rhegius  mehrere 
Nonnen  des  Martinsklosters  das  Ordenskleid  auszogen,  ihm  nach 
Augsburg  folgten  und  ,daselbst  Männer  zur  Ehe  tiberkamen^^ 
Am  16.  December  1523  meldet  die  Regierung  dem  Btirger- 
meisteramte  zu  Schwaz:  ,Man  sei  glaublich  berichtet,  dass  der 
Prediger  des  Barfilsserordens  im  Kloster  zu  Schwaz  auf  der 
Kanzel  ungebührlich  und  aufrührerisch  gepredigt  habe.'*  Am 
22.  April  1524  schreibt  sie  an  Hildebrand  von  Spaur  imd  Hans 
Zott,  dass  dem  ergangenen  Verbote  zuwider  lutherische  Bücher 
und  Tractate  am  Markte  zu  Hall  feilgeboten  werden.  ,Man 
möge  mit  dem  Bürgermeister  und  Rathe  handeln,'  auf  dass 
solchem  Kauf  und  Verkauf  gesteuert  werde;  die  Uebertreter 
mögen  gestraft,  die  Waaren  mit  Beschlag  belegt  werden.'  hi 
der  Gegend  von  Innichen  und  in  Villgraten  wurden  solche 
Tractate  von  dem  Innicher  Chorherm  Mathias  Messerschmied 
verbreitet,  wofiir  er  nach  Brixen  in  Haft  kam.  Am  26.  No- 
vember überreichten  der  Bürgermeister,  die  Rathsherren  und 
Geschworenen  von  Brixen  ein  Ansuchen  an  die  Regierung  um 
die  Befreiung  des  Gefangenen,  wurden  aber  bedeutet,  dass 
ihrem  Ansuchen  nicht  stattgegeben  werden  könne.*  Erst  nach- 
dem er  Besserung  gelobt  hatte,  wurde  er  entlassen.  Er  flüchtete 
in  die  Schweiz. 

OflFenkundige  Hinneigung  zu  Neuerungen  bemerkte  man 
auch  in  Stams.  Am  16.  Mai  meldet  die  Regierung:  Ein  ent- 
laufener Mönch  sei  jüngstens  in  Stams  eingekehrt  und  verhaftet 
worden.  Die  Unterthanen  lassen  sich  vernehmen:  ,Wofem  sie 
ihren  Mönch  bis  Pfingsten  nicht  ledig  erhalten,  seien  sie  wil- 
lens, etwas  Thätliches  vorzunehmen,'  worauf  ihn  der  Admini- 
strator fi^i  liess.^    Fünf  Tage  später  wird  der  Vogtei  Bludenz 

*  Schweyger,  Chronik  79. 

*  Innsbruck,  Statthaltereiarchiv.  Causa  Domini.  Copie  in  der  v.  Beck'schen 
Sammlung. 

'  Innsbruck,  Statthaltereiarchiv.    Causa  Domini,  Lib.  I,  fol.  85. 

*  Orig.  Brixen,  Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  A.  Sinnacher,  Beiträge  zur  Geschichte 
der  bischOf  liehen  Kirche  von  Sähen  und  Brixen  in  Tirol  VII,  194. 

^  Statthaltereiarchiv  Innsbruck.  Causa  Domini.  Vgl.  Schönhorr,  Da«  Lutlier- 
thum  im  Kloster  Stams  im  Jahre  lö24,  Archiv  fiir  Geschichte  mid  AUer- 
thumskunde  Tirols  II,  82—91. 


441 

und  Sonnenberg  gemeldet:  Lutz  MaÜ  habe  sich  kürzlich  mit 
seinen  Predigten  im  Gotteshause  zu  St.  Johann  in  Stams  ,niit 
Verflihrung  des  gemeinen  Mannes  durch  lutherische  Lehren 
freventlich  gehalten'.  Er  sei  aus  der  Herrschaft  Sonnenberg 
gebürtig.  Es  wird  Befehl  gegeben,  ihn  festzunehmen  imd  seine 
Festnehmung  sofort  anzuzeigen.*  Einige  Tage  nachher  wurde 
der  Frühraesser  von  Breitenwang,  der  ,sich  unterstanden, 
die  lutherische  Sect  zu  predigen',  auf  Schloss  Ehrenberg  ge- 
fangen und  an  den  Bischof  von  Augsburg  ausgeliefert.*  Am 
6.  Juni  befiehlt  die  Regierung  dem  Bergrichter  zu  Schwaz,  ,die 
zwei  Mönche,  so  jetzt  zu  Hall  herumgehen,  ihr  Habit  allda  ab- 
gethan  und  weltliche  Kleidung  angelegt  haben  und  nun  um 
Arbeit  ,am  Berg'  ansuchen,  mit  ihrem  Begehren  abzuweisen.' 
Zwei  Tage  später  schärft  Erzherzog  Ferdinand  dem  Regimente 
neuerlich  die  genaueste  Befolgung  der  wider  die  lutherischen 
Lehren  erlassenen  Befehle  ein,  auf  dass  ,die  christliche  Ord- 
nung erhalten  werde'.  Am  17.  Juni  wird  dem  Land-  und  Berg- 
riehter  zu  Rattenberg  der  Auftrag  ertheilt,  dem  Pfleger  auf 
Kropfberg,  bei  welchem  der  gefangene  Leutpriester  Eusta- 
chius  verwahrt  werde,  allen  Beistand  zu  leisten,  falls  die  Unter- 
thanen  im  Zillerthale  ihrem  auf  einer  Volksversammlung  ge- 
fassten  Entschlüsse  gemäss  den  Prädicanten  etwa  mit  Gewalt 
heraus  haben  wollten.*  In  der  Angelegenheit  des  Frühmessers 
zu  Reutte  wird  dem  Hans  Lederer,  Jörg  Paumann  und  Hans 
Pögli  befohlen,  sich  am  Pfinztag  vor  Maria  Magdalena  (21.  Juli) 
vor  dem  Statthalter  und  Hofrath  in  Innsbruck  zu  verantworten.^ 
Es  dürfte  sich  auch  in  diesem  Falle  um  die  Verbreitung  luthe- 
rischer Lehren  gehandelt  haben. 

Am  5.  Juli  wurden  neue  Verordnungen  nach  Schwaz  ge- 
sandt, wie  man  sich  gegen  den  Mönch,  ,so  jetzt  in  Hall  zur 
Marktzeit  in  einem  Garten  vor  der  Stadt  gepredigt  und  dazu- 
mal bei  dem  Erbstollen  am  Falkenstein  ein  Arbeiter  gewesen 
sei',   zu  verhalten  habe.     Neuerdings  wird  befohlen,   dem  Feil- 


*  Ab  regimine  an  Martin  Steinhanser,  Verweser  der  Vogtei  Blndenz   und 
Sonnenberg.  Innsbrucker  Statthaltereiarchiv.  Causa  Domini  I,  Anno  1624. 

*  Bericht  vom  5.  Mai,  ibid. 

'  Statthaltereiarchiv  Innsbruck.     Causa  Domini. 

*  Ibid.    Causa  Domini. 

*  Ibid.  I,  119. 

Archiv.  LXXVIII.  Bd.  II.  Hälfte.  20 


442 

bieten  der  lutherischen  Bücher  und  Tractate  zu  steuern.^  Tags 
darauf  schreibt  die  Regierung  dem  Richter  zu  Rattenberg: 
Man  habe  erfahren,  dass  sich  ein  lutherischer  Priester  zu  Hart 
im  Zillerthale  aufhalte  und  daselbst  auf  der  Kanzel  und  in  der 
jTafem*  wider  die  Ordnung  der  heiligen  christlichen  Kirelie 
predige,  auf  Bischöfe  und  Prälaten  schelte.  Bezüglich  des 
Priesters  Eustachius,  der  in  der  verflossenen  Fasten  zu  Paum- 
kirchen  gepredigt,  möge  er  sich  mit  dem  Pfleger  zu  Kropf- 
berg ins  Einvernehmen  setzen.  jHeisst  der  Prediger  nicht 
Eustachius,  so  möge  er  mit  der  Festmachung  still  stehen,  ihn 
aber  insgeheim  überwachen.'^  Auf  die  Verhältnisse  des  Klo- 
sters Stams  bezieht  sich  ein  Bericht  des  Hofrathes  an  Seine 
Fürstliche  Durchlaucht  vom  7.  Juli  1524.*  Hier  heisst  es,  ,dass 
in  Stams  ein  Laienpriester  sei,  der  in  seinen  Predigten  Luther's 
Lehre  ausgiesse'  und  ,etliche  Mönche  im  Kloster  diesem  Priester 
anhängen  und  sich  mit  der  lutherischen  Sect  befleckend  Auf 
das  hin  habe  der  Hofrath  mit  dem  Dompropst  von  Brixen  eine 
Commission  nach  Stams  geschickt,  welche  den  Sachverhalt 
prüfen  sollte.  Die  Commission  —  sie  bestand  aus  ,etlichen'  der 
obersten  Landesstelle,  dem  Hofrath  zu  Innsbruck  und  aus  dem 
Domprobst  zu  Brixen,  den  der  Bischof  als  Ordinarius  bestimmt 
hatte  —  sollte  dort  nach  ,lutherischen  Bttcheni  inquiriren  lassend 
Die  Gesandten  untersuchten  die  Zellen,  und  mit  Ausnahme  von 
zwei  oder  dreien  fand  sich  in  jeder  eine  Menge  lutherischer 
Bücher  und  Tractätel  vor.  Diese  wurden  von  den  Gesandten 
weggenommen.  Im  Convente  selbst  fanden  sich  sechs  Mönche, 
welche  ,sich  des  lutherischen  Glaubens  erzeigten*.  Allem  Zu- 
reden gegenüber  blieben  diese  bei  ihrer  Meinung:  ,Luther  ist 
noch  nit  überwunden.  In  seinen  Schriften  hätten  sie  nichtB 
geinnden,  als  was  das  Evangelium  enthalte.' 

Ihnen  kamen  die  Bauern  aus  der  Nachbarschaft,  die  durch 
den  Laienpriester  von  dem  Vorgefallenen  verständigt  worden 
waren,  zu  Hilfe  und  verlangten,  dass  dem  Laienpriester  die  ab- 
genonmienen  Bücher  zurückgestellt  und  dieser  nicht  vertrieben,^ 


^  Ibid.  CaoM  Domini.  I.  1624. 

*  Ibid.  I,  112, 118. 
»  Ibid.  217—220. 

*  Die  Einzelnheiten  hierüber  in  dem  Aufsatze  SchHnherr's,  Das  LaÜiertbnm 
im  Kloster  Stams  im  Jahre  1524,  Archiv  für  Geschichte  und  Alterthunu- 
künde  TiioU  II,  82—91. 


443 

sondern  ihm  erlaubt  werden  sollte,  wie  bisher  das  Evangelium 
zu  predigen.  Die  Commission  war  schliesslich  genöthigt,  die 
ganze  Sache  der  Regierung  in  Innsbruck  vorzutragen.  Dem 
Richter  von  Stams  wurde  der  Auftrag  ertheilt,  dem  Laienpriester 
,ein  Gltibd  zu  verfassen^  oder  ihn  gefangen  zu  setzen  und  bis 
auf  weiteren  Bescheid  im  QefUngniss  zu  halten.  Von  den  Mön- 
chen traten  flinf  aus  dem  Kloster.  Sie  stellten  sich  indess  nach 
einigen  Tagen  freiwillig.  Doch  baten  sie,  man  möchte  sie  zum 
Abschwören  nicht  zwingen.  Das  Kloster  Stams  sollte  sofort 
durch  den  Hofrath  einer  Reformation  unterzogen,  das  heisst,  die 
Klosterzucht  verschärft  und  die  Brüder  unter  eine  strenge  Zucht 
gestellt  werden.  Während  der  Wirren  des  nächsten  Jahres 
dürfte  es  hiezu  kaum  gekommen  sein. 

Auch  über  die  Fortschritte  der  neuen  Lehre  in  Brixen 
und  Umgebung,  in  Bruneck  und  Taufers  wird  lebhaft  geklagt. 
In  eben  diesem  Jahre,  sagt  ein  Zeitgenosse,  entstand  auch  in 
Bruneck  und  Taufers  ein  wunderlicher  Rumor  mit  , Ab- 
sagen!^ und  lutherisch  Gesinnten.  Diese  machten  viel  Mühe 
und  Jammer.^ 

Am  10.  August  schreibt  der  Hofrath  dem  Vogte  zu  Bre- 
genz,  der  kurz  zuvor  die  Anzeige  erstattet  hatte,  dass  die  von 
Binden z  zum  Theil  gut  lutherisch  seien:  Was  den  Pfaffen 
Matten  betreffe,  der  sich  unterstanden,  die  Ordnung  der  christ- 
lichen Kirche  abzuwerfen,  so  sei  er  festzunehmen.*  Acht  Tage 
später  erging  ein  Befehl  an  den  Richter  zu  Im  st,  einen  Mann, 
Namens  Hans  Singer,  festzunehmen,  der  sich  unterstanden  habe, 
am  jüngsten  Frauentage  Assumptionis  (15.  August)  in  der  Kirche 
zu  Arzl  dem  Prediger  auf  offener  Kanzel  Schweigen  zu  ge- 
bieten und  wider  die  Ehre  der  Mutter  Gottes  freventlich  zu 
sprechen.'  Am  1.  September  folgte  ein  ausführliches  Mandat 
Ferdinands  I.  an  sämmtHche  Unterthanen  in  den  oberöster- 
reichischen Landen:  ,Wir  haben  uns,'  heisst  es  hier,  ,in  Voll- 
ziehung des  Edictes  von  Worms  und  des  Abschiedes  auf  den 
zwei  Reichstagen  zu  Nürnberg  in  den  Jahren  1523  und  1524, 
betreffend  die  Abstellung  der  Lehre  Luther's  und  aUer  Uebel, 


*  Brixen   nnd   seine  Umgebung    in  der  Reformationsperiode  1620 — 1526^ 
Xn.  Programm  des  Brixner  Obergymnasioms,  8.  14. 

*  Innsbruck,  Statthai tereiarchiv.    Causa  Domini  128. 

*  Ibid. 

29* 


444 

die  hieraus  erflossen  seien,  jUngstens  zu  Regensburg  mit  eini- 
gen geistliehen  und  weltlichen  Fürsten  vereint,  das  Edict  nnd 
die  Mandate  und  Abschiede  anzunehmen  und  zu  halten  und 
nicht  zu  dulden,  dass  das  Evangelium  zur  Verhinderung  des 
christlichen  Herkommens  und  der  Gebräuche  in  verkehrtem 
Sinne  ausgelegt  werde.  Wir  wollen  auch  die  Wsgeloffen* 
Ordensleute,  Weibs-  und  Mannspersonen,  auch  die  Priester,  die 
zu  der  Ehe  greifen,  in  unseren  Landen  keineswegs  dulden.  Da 
wir  finden,  dass  die  verdammten  und  verführerischen  Lehren 
und  Schandschriften  zumeist  durch  die  Druckereien  ausgebreitet 
werden,  so  gebieten  wir,  dass  in  Zukunft  Niemand  ein  Buch 
oder  Gemälde  zu  drucken  wagen  dllrfe,  wenn  es  nicht  zuvor 
mit  Fleiss  examinirt  und  zum  Drucke  zugelassen  worden/* 
Dieses  Mandat  wurde  auch  in  Tirol  aller  Orten  verkllndet; 
doch  vernehmen  wir  schon  aus  der  nächsten  Zeit  von  Processen 
in  Glaubenssachen:  Am  3.  October  schreibt  die  Regierung  an 
den  Richter  Linhard  Nortzen  zu  Rattenberg  und  in  gleicher 
Weise  an  Rudolf  Fuchs:  Wir  haben  gehört,  dass  ein  Schul- 
meister, der  nicht  einmal  Priester  ist,  es  wagt,  zu  Ratten herg 
auf  der  Kanzel  lutherische  Materien  zu  predigen.  Der  Schul- 
meister wurde  auf  den  23.  November  nach  Innsbruck  zum  Ver- 
höre vorgeladen;^  am  12.  October  wird  von  lutherischen  Prä- 
dicanten  berichtet,  die  zu  Stein  ihr  Unwesen  treiben,^  und 
drei  Tage  später  an  den  Bischof  von  Brixen  geschrieben,  mit 
der  Publication  der  Mandate  ,betrefFend  die  geistliche  Refor- 
mation,* auch  die  lutherische  Sect,  wenn  es  nicht  schon  ge- 
schehen, still  zu  stehen'.  Auch  in  Kuf stein  regte  sich  der 
neue  Geist:  Am  27.  October  befiehlt  die  Regierung  dem  Ritter 
Martin  Paumgarten  und  dem  Hauptmann  Fuchs  von  Fuchsperg, 
dem  Caplan  der  vorderen  Stiftung  in  Kufstein,  welcher  ,der 
neuen  Lehre  anhängt  und  gegen  die  Gebräuche  der  alten 
Kirche  predigt,  seine  Lehren  und  Artikel  in  Wirthshäusem 
und  an  anderen  Orten  ausgiesst,  in  keine  Kirche  geht  und  ein 


*  Mandat,  geben  in  unser  Stat  Wien  am  ersten  Tag  des  Monadts  Septem- 
bris  Anno  etc.  im  vierundzwanzigisten;  inserirt  ist  das  Regensburger 
Mandat  vom  6.  Juli  1524.  lieber  die  weiteren  Beschlüsse  des  Regens- 
burger Conventes  siehe  Baumgarten,  Geschichte  Karls  V.,  II,  890. 

'  Innsbrucker  Acten.    Causa  Domini. 
»  Ibid. 

*  Ibid.  Causa  Domini  I,  148.    Notiz  in  der  v.  Beck^schen  Sammlung. 


445 

ärgerliches  Leben  ftihrt^,  das  Land  zu  verbieten  und  an  seine 
SteUe  einen  tauglichen  Priester  zu  setzen.^ 

Noch  immer  klagt  man^  dass  die  lutherischen  Bücher  an 
allen  Ecken  und  Enden  der  Grafschaft  Tirol  allen  kaiserlichen 
Edicten  und  dem  Regensbui^er  Mandate  zuwider  verkauft 
werden,*  und  wird  als  Ort,  wo  diese  Schrifiien  öflfentlich  feil- 
geboten werden,  namentlich  auch  Bozen  genannt,^  woselbst  die 
neue  Lehre  durch  Kaufleute  eingefiihrt  wurde.  Der  Prediger 
Stephan,  früher  Augustiner  in  ,Rotenburg',  sei,  wie  es  in  einem 
Berichte  des  Dr.  Beatus  Widmann  an  den  Bischof  von  Trient 
(de  dato  3.  Juli  1525)  lautet,  von  der  alten  Lehre  abgewichen 
und  soll  in  Innsbruck  Prediger  geworden  sein:  ,er  habe  gegen 
die  Fasten  und  Gebete,  gegen  die  Kirche  und  gegen  den  geist- 
lichen Gehorsam  gepredigt.'*  Auch  von  einer  Versammlung  zu 
,Abson'  zu  Gutisten  der  neuen  Richtung  wird  gesprochen.  Zu 
Ende  des  Jahres  vernehmen  wir  die  laute  Klage  des  Erzherzogs 
Ferdinand,  dass  ,die  lutherische  Secte'  in  Tirol  von  Tag  zu 
Tag  je  länger,  desto  mehr  einreisse.  Man  habe  seitens  der 
Geistlichkeit  geduldet,  dass  auf  den  Kanzeln  wider  Gott,  die 
Gebräuche  der  Kirche  und  die  Obrigkeiten  gepredigt  und  Schmäh- 
schriften ausgebreitet  werden.^  Am  15.  Jänner  befiehlt  er,  die 
lutherisch  gesinnten  Prediger  von  Rattenberg  und  Kitzbüchl 
von  dannen  zu  schaffen.^  Am  2.  März  biUigt  er  in  einer  Zu- 
schrift an  die  Regierung  in  Linsbruck  die  Ausweisung  der  ver- 
heirateten Prediger  aus  Kuf stein  und  Rattenberg:'  ,Sie  seien 
keineswegs  im  Lande  zu  dulden.  Denn  ob  wir  auch  das 
heil.  EvangeUum  zu  predigen  zugelassen  haben,  so  ist  doch  nit 
unsere  Meinung,  dass  solches  durch  verheiratete  Pfaflfen  oder 
andere  untaugliche  Personen  geschehen  soll.' 

Von  Sevilla  aus  schreibt  Karl  V.  (am  4.  April  1526)  an 
die  Landschaft  in  Tirol,  ,es  wolle  ihn  nicht  wenig  befremden, 
wie  sich  Eure  und  andere  Landsausschuss  unterstanden  haben 
soll,  unter  dem  Schein  und  Begehren  des  heil.  Evangeliums  von 


*  Innflbmcker  Statthaltereiarchiv.     Causa  Domini  323. 
'  Ibid.  fol.  208. 

'  Ibid.  Dat.  vom  1.  April  1525. 

*  Original  im  k.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv  zu  Wien. 

*  Innsbrucker  Statthaltereiarchiv.    Causa  Domini  278. 
«  Ibid. 

'  Ibid.  314*». 


446 

unserem  Bruder  zu  wiederholten  Malen  zu  verlangen,  dass  die 
verfilhrerische  Lehre  Luther's  in  denselben  Landen  zu  predigen 
gestattet  werde.  Die  kais.  Majestät  habe  sich  versehen,  dass 
seine  und  seines  Bruders  Mandate  und  Befehle  besser  angesehen 
würden'.^ 

Die  Bulle  Clemens  VII.  (vom  28.  Mai)  an  den  Bischof  von 
Trient  enthält  die  Klage,  dass  in  Deutschland  und  vornehmlich 
auch  in  der  Stadt  und  der  Diöcese  von  Trient  Pfarrer,  Pfarr- 
verweser und  andere  Cleriker  die  ruchlose  Lehre  Luther's,  die 
Brutstätte  aller  anderen  Ketzereien,  Aufsässigkeiten  und  Auf- 
stände, verkündigen,  öffentUch  Ehen  schliessen  und  unerlaubte 
Verbindungen  eingehen,  keine  Messen  lesen,  Leuten,  die  nicht 
gebeichtet,  das  Abendmahl  unter  beiden  Gestalten  darreichen, 
imd  Alles  in  Allem  sich  über  den  geistUchen  Stand  in  schmach- 
voller Weise  auslassen.  Der  Bischof  möge  solche  Pfarrer,  Vicare 
und  Mönche  ausforschen  und  verhören  und  die  hartnäckigen 
der  gebührenden  Strafe  überantworten.* 

Von  Speier  aus  schrieb  Ferdinand  I.:^  ,Den  ergangenen 
Mandaten  zum  Trotz  habe  sich  ein  ausgelaufener  Mönch  gegen 
Sterzing  gethan,  daselbst  ein  Weib  genommen  und  durch 
seine  lutherischen  Lehren  und  Predigten  viele  imgeschickte 
Handlungen  begangen'.  Es  wird  demgemäss  der  Befehl  er- 
theilt,  den  Mönch,  da  das  Kriegsvolk  noch  im  Lande  ist,  aus- 
zuweisen. Am  4.  December  meldet  die  oberösterreichische  Re- 
gierung dem  Cardinal  zu  Salzburg:  ,Wolfgang  Ochsenhauser, 
Priester,  so  zu  Kuf stein  der  Paumgartner  Caplan  gewesen, 
halte  sich  jetzt  zu  Hopfgarten  bei  einem  anderen  Priester  Namens 
Adam  auf,  so  auch  lutherisch  und  der  neuen  Secten  anhängig 
ist.'  Der  Ochsenhauser  habe  ganz  unpriesterlich  seine  ^Kron' 
oder  Platten'  verwachsen  lassen,  reise  mit  einer  Feuerbüchse 
über  Land  und  habe  zu  Kufstein  viel  Meuterei  und  andere  Uebel 
angerichtet;  es  wird  ersucht,  ihm  nachzustellen  und  ihn  unschäd- 
lich zu  machen.* 


^  Copie  im  k.  k.  Hans-,  Hof-  und  Staatsarchiv  zu  Wien.    Regest  in  der 

y.  Beck'schen  Sammlung. 
'  Original  in  der  Correspondenz  des  Cardinais  und  Fürstbischofs  Bernhard 

von  Trient  im  k.  k.  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv  zu  Wien.    Copie  in  der 

V.  Beck^schen  Sammlung. 
'  5.  Juni  1526.  Innsbrucker  Statthaltereiarchiv.  Causa  Domini  357. 
*  Ibid. 


447 

Ausser  den  Geistlichen  nahmen  sich  auch  Laien,  und 
zwar  Erzknappen,  Gerichtschreiber,  Studenten  u.  A.  heraus, 
das  neue  Evangelium  zu  predigen.  Zu  Brixen  liess  sich  ein 
Schneider  aus  Nieder -Vientl  hören,  deo  sein  Unternehmen 
in  den  Thurm  brachte.^  Von  allen  Seiten  loderten  die  Flam- 
men der  Begeisterung  fiir  die  neue  Lehre  empor.  Hauptherd 
der  Widersacher  des  alten  Kirchenthums  war  die  Bruderschaft 
zu  Schwaz  mit  ihrer  zahlreichen  Knappschaft.  Als  dann  die 
Reformation  in  St.  Gallen,  Appenzell  und  Graubündten  durch- 
geftlhrt  wurde,  kamen  zahlreiche  Prädicanten  aus  diesen  Re- 
publiken, durchzogen  in  weltUcher  und  geistHcher  Gewandung 
das  Land  und  predigten  um  Lohn  oder  Wegzehrung,  wo 
man  sie  hören  wollte.  Und  man  hörte  sie  gern,  denn  sie 
sagten  dem  Volke  Dinge,  die  ihm  verständlich  und  zu  ver- 
nehmen angenehm  waren.  So  predigte  in  Heran  ein  Schwei- 
zer im  Sinne  Luther's.* 

Dass  die  neue  Lehre  nicht  weiter  und  tiefer  eindrang, 
dankte  man  weniger  der  Regierung,  die  von  dem  Landesfiirsten 
oft  genug  zu  grösserem  Eifer  gemahnt  wurde,  als  der  Klugheit 
und  Thätigkeit  des  Letzteren.  Auch  brach  sich  die  antikatho- 
lische Strömung  im  Lande  wenigstens  zum  Theile  an  der  Ab- 
neigung Vieler  gegen  eine  Lehre,  welche  nach  der  herrschenden 
Ansicht  den  Bauemaufruhr  und  dessen  Greuel  verursacht  hatte. 
Mit  dieser  Lehre  wollten  zumal  ,die  Stillen  und  wahrhaft  From- 
men' im  Lande  nichts  zu  thun  haben.  Eine  Folge  der  sich 
erhebenden  Reaction  war  es,  dass  jener  Prädicant,  welchen 
Gaismaier  im  Juli  1525  nach  Brixen  gebracht  hatte  und  welcher 
dort  nach  dem  Berichte  des  Domprobstes  ,nichts  als  Aufruhr 
und  Empörung',  nach  anderen  Berichten  ,in  und  um  Brixen 
auf  den  Dörfern,  dann  zu  Sterzing  und  Heran  viel  lutherischer, 
ketzerischer  Lehren  gepredigt'  haben  soll,  auf  die  Liste  derer 
gesetzt  wurde  (21.  August  1525),  die  entweder  in  Haft  genommen 
oder  aus  dem  Lande  geschafft  werden  sollten. 

Es  wtii'de  zu  weit  flihren,  wollte  man  die  Fahrten  aller 
dieser  ,dürren'  Prädicanten  in  Tirol  verfolgen;  nur  einer  ver- 
dient  schon    seines   gefeierten  Namens    wegen   besondere   Be- 


*  Egger,  Geschichte  Tirols  11,  86.    Sinnacher,  Beiträge  zur  Geschichte  der 

bischöflichen  Kirche  Sähen  und  Brixen  in  Tirol  VH,  8.  195. 
'  Siehe  Stampfer,  Geschichte  von  Meran,  S.  69.     Vgl.  ibid.  S.  395. 


448 

achtung  —  Carlstadt.  Nachdem  dieser  im  Sommer  1525  zu 
und  bei  Rothenburg  an  der  Tauber  unter  den  Bürgern  und 
Bauern  seine  Rolle  gespielt  und  mancherlei  Unbilden  erlitten, 
kam  er  —  den  Nachwehen  des  Aufstandes  aus  dem  Wege 
gehend  —  nach  Tirol.  Zunächst  in  das  Lüsnerthal  verschlagen, 
kam  er,  wie  man  einem  Berichte  des  Capitelherm  und  Pferrers 
zu  Clausen,  Ludwig  von  Emershofen,  vom  10.  October  1525 
entnimmt,  um  diese  Zeit  wider  den  Willen  des  Pfarrers  da- 
selbst nach  Clausen,  wohin  ihn  die  Knappen  der  Villander  Erz- 
grubfen  berufen  hatten.*  Sein  Aufenthalt  daselbst  dauerte  nicht 
lange:  nachdem  ihm  der  KurfUrst  von  Sachsen  die  angesuchte 
Erlaubniss  zur  Rückkehr  nach  Sachsen  bewilligt  hatte,  zog  er 
dorthin. 

Mit  der  fortschreitenden  Pacificirung  des  Landes  nach  dem 
Bauernrebell  wurden  die  Zuzüge  fremder  Prädicanten  immer 
seltener.  Die  neue  Lehre,  auf  enge  Kreise  beschränkt,  verlor 
ihren  Halt  im  Lande  und  zählte  allmählich  nur  noch  in  den  grös- 
seren Städten,  in  einzelnen  Edelhöfen  und  Schmelzhütten  heim- 
liche Anhänger.  Offen  trat  sie  nirgends  mehr  auf.  An  ihre 
Stelle  trat  leise  und  allmählich  der  Anabaptismus. 


3.  Die  AnfBnge  der  Wiedertaufo  In  TlroL 

Die  erste  sichere  Kunde  vom  Dasein  des  Anabaptismus 
im  Lande  Tirol  gibt  uns  ,der  Wiedertäufer-Principal^  Hans  Hut 
in  seinem  Verhöre  vom  16.  September  1527  vor  dem  Unter- 
suchungsrichter Peutinger  in  Augsburg.  Hut  bekennt,  am 
20.  Mai  1526  in  einem  Häuschen  am  Kreuzthor  zu  Augsbui^ 
durch  Hans  Denk  die  Taufe  erhalten  zu  haben.  Es  geschah 
auf  den  Rath  und  das  Zureden  des  Caspar  Färber,  der,  ein 
gebürtiger  Innthaler,  in  Augsburg  die  Färberei  gelernt  und 
dem  Hans  Hut  viel  von  der  Wiedertaufe  erzählt  habe  und 
namentlich,  dass  einige  Brüder  im  Lmthale  wären,  die  sich 
hätten   taufen   lassen   imd   nun   ein   christliches  Leben  führten. 


^  Der  Bericlit  boiindet  sich  im  Archiv  des  Brixner  Hochstiftes.  Vgl.  auch 
Sinnacber  VII,  246/7.  J.  v.  Kripp,  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der 
Wiedertäufer  in  Tirol,  S.  27. 


449 

Dadurch  habe  er  den  Denk  und  auch  ihn  bewogen,  sich  taufen 
zu  lassen.^ 

Zu  diesem  Häuflein  Wiedertäufer  gehörte  auch  der  Berg- 
richter Pilgram  Marpeck  aus  (oder  bei)  Rattenberg  gebürtig, 
ein  tüchtiger  Mechaniker  *  in  den  Unterinnthaler  Gewerken. 
,Durch  gottesfllrchtige  Eltern,  wie  er  selbst  erzählt,  im  Papst- 
thum  erzogen,^  wurde  er  ein  Verkündiger  des  Wittfenberger 
Evangeliums.  ,Als  er  aber  befunden,  dass  an  den  Orten,  wo 
man  Gottes  Wort  auf  lutherisch  gepre*digt,  auch  eine  fleisch- 
liche Freiheit  sei  verspüret  worden,  habe  ihn  das  etwas  hinter- 
stellig  gemacht,  so  dass  er  bei  ihnen  keine  Ruhe  hat  finden 
können.  Darauf  habe  er  die  Taufe  als  Zeugniss  des  Gehorsams 
des  Glaubens  angenommen,  allein  auf  Gottes  Wort  und  Befehl 
sehend.^ 

Woher  diese  Wiedertäufer  —  Urbanus  Rhegius  nennt  sie, 
gewiss  nicht  geschmackvoll,  Hundsbader  —  gekommen  sind, 
ob  ans  dem  Salzburgischen,  ob  aus  Süddeutschland,  oder,  was 
am  wahrscheinlichsten  ist,  aus  der  Schweiz,  ist  nicht*  ersichtlich. 
In  Opposition  gegen  die  Satzungen  der  alten  Kirche,  mit  den 
,Evangelischen^  auf  gemeinsamem  Boden  stehend,  kämpften  sie 
wider  deren  allzuleichte  Moral  und  standen  in  vielen  Punkten 
der  alten  Kirche  näher  als  diese.  Sie  hatten  den  Schein  eines 
wahrhaft  christlichen  Lebens  flir  sich,  duldeten  kein  Laster, 
nahmen  sich  der  Brüder  und  Schwestern  mit  Hingebung  an 
und  hatten  gegen  ihre  Feinde  nur  Worte  des  Friedens  imd 
der  Duldung:  ,Dc8  Herrn,  nicht  unser  ist  die  Rache,^  war  ein 
Grundsatz  ihrer  Gemeinde,  dem  sie  freilich  in  der  Folge  zeit- 
weise —  aber  auch  da  nicht  ganz  durch  eigene  Schuld  — 
untreu  wurden. 

Im  Jahre  1527  erhielten  diese  ,Frommen^  einen  namhaften 
Zuzug  aus  der  Schweiz,  aus  Baiern,  Salzburg  und  Kärnten. 
Die  ,Lehrer  imd  Diener   des  Wortes  Gottes'  Hessen   sich   dics- 


*  Wiedertäuferacten  in  Augsburg,  veröffentlicht  von  Meyer  in  der  Zeit- 
schrift des  historischen  Vereins  für  Schwaben,  1874. 

*  Seine  Ernennung  zum  Bergrichter  (de  dato  Innsbruck  1526,  April  20) 
im  Innsbrucker  Statthaltereiarchiv.  Bekennen-Buch  1526,  fol.  81.  Er  hat 
den  Strassburgem  die  für  die  damalige  Zeit  genial  ausgeführten  Wasser- 
leitungen und  Uolzflössereien  im  Kinzigthale  und  Ehnthale  (Klingonthal) 
erbaut  und  hiedurch  der  holzarmen  Reichsstadt  die  Forste  des  Schwarz- 
waldes erschlossen  (Beck). 


450 

seits  und  jenseits  des  Brenners  nieder,  durchstreiften  das  Land 
nach    allen    Richtungen    und    verkehrten    in    den    Hütten   des 
Bauern,    den   Häusern   des  Bürgers    und   den   Schlössern  des 
Adels.     Der  Kuhhirte  Wolfgang  aus   dem  Sarnthale  war  wohl 
auch  nur  ein  Sendbote  ,de8  Wiedertauffs^^     Die  Knappen  (zu 
Clausen)  haben  ihm  gesagt,  er  soll  sich  keineswegs  vom  Evan- 
gelium  beugen   lassen,   sondern  es  ungescheut  predigen.    Der 
Mehrtheil   der  Knappen   habe   mit  ihm  zum  Verhöre  konamen 
wollen.     Der  Pfleger  von  Guffidaun  habe  nach  ihm  gesandt 
Da  habe  er  wohl  viermal   in  den  Häusern   gepredigt.     Wo  es 
eine  Gemeinde   gewünscht  hätte,   wollte   er  in  der  Kirche  ge- 
predigt haben.     In  Bozen,  Taufers   und   anderen  Orten  hätten 
angesehene  PersönUchkeiten,   unter  ihnen  auch  einige  Priester, 
seine  Predigten  gebilligt.     Zum  März  des  Jahres  1527  werden 
Wiedertäufer  in   Rattenberg   erwähnt*    Im  Mai   erhielt  die 
Regierung  Kunde,  dass  sich  in  Glurns  und  Mals  Wiedertäufer 
aufhalten,  und  säumte  nicht,  den  dortigen  Pfleger  Jakob  Trapp 
aufzufordern,  diese  Leute  unschädlich  zu  machen.'    In  der  Er- 
wägung, dass  ähnliche  Irrlehrer  sich  auch  sonst  im  Lande  her- 
umtreiben, in  Wirthshäusern  und  an  anderen  Orten  unchristliche 
Reden  führen  und,  uneingedenk  des  Wormser  Edictes  und  der 
sonstigen  kaiserlichen  Verbote,  wider  das  Sacrament  des  Altars 
und  die  anderen  Sacramente  eifern,  wurde  am  31.  Mai  ein  Man- 
dat des  Inhalts  erlassen,   dass  auf  solche  frevelhafte  Personen, 
sie   seien   hohen   oder  niederen   Standes,   Aus-   oder   Inländer, 
Geistliche  oder  Weltliche,  geachtet  werde  und  sie  im  Betretungs- 
falle  in  Haft  zu  nehmen  und  der  Regierung  anzuzeigen  seien.* 

Die  bedeutendsten  Persönlichkeiten,  die  von  dieser  Mass- 
regel betrofl'en  wurden,  waren  Anton  von  Wolkenstein  und  Frau 
Helena  von  Freiberg,  Herrin  auf  Münichau. 

Anton  von  Wolkenstein,  dessen  Haus  eine  Stätte  theologi- 
scher Disputationen  und  ,ein  Asyl  der  Sectengeister'  gewesen 
sein   soll,   wurde   nach  Innsbruck   zur  Verantwortung  gezogen 


*  Sinnacher  VII,  259.  v.  Kripp,  8.  28.  Seine  Aussagen  vollständig  in  einer 
Copie  der  v.  Beck'schen  Sammlung  nach  dem  Brixner  Protokolle  1526  bis 
1527,  fol.  759  —  761.  Im  Ganzen  werden  31  Punkte  aufgestellt  Ein 
zweites  Protokoll  enthält  27  Punkte, 

«  Haller  Raitbuch.     Im  Tiroler  Boten  irrig  1525  statt  1527. 
'  Causa  Domini,  fol.  27.     Statthaltereiarchiv  Innsbruck. 

*  Ibid.  Clausa  Domini  II,  31. 


461 

und  vermochte  seine  Freilassung  nur  dadurch  zu  erwirken^  dass 
er  sich  im  Juni  1527  vor  dem  Statthalter  und  den  Regenten 
verpflichtete,  in  Zukunft  in  Einigkeit  mit  der  alten  heiligen 
christlichen  Kirche  Gehorsam  zu  halten,  in  seinem  Hause  keine 
latherischen  oder  andere  Secten  predigen  zu  lassen  und  alle 
sectirerischen  Bücher  dem  Unterlandeshauptmann  von  Brunecken 
Georg  Basch  und  dem  Pfarrer  von  Taufers  zu  tiberantworten, 
auch  keine  solchen  in  Zukunft  zu  bestellen,  zu  kaufen  oder  zu 
lesen.  Ueber  seine  weitere  Behandlung  wurde  die  Entscheidung 
dem  Erzherzoge,  dessen  Gnade  er  empfohlen  wurde,  vor- 
behalten. * 

Mit  dem  drakonischen  Mandate  vom  20.  August  1527,  das 
in  Ofen  erlassen  und  in  Tirol  am  20.  November  veröffentlicht 
wurde,^  meinte  man  dem  Täuferwesen  ftlr  immer  ein  Ende  zu 
machen.  Das  traf  wohl  ftlr  Niederösterreich  zu  und  auch  da 
nicht  ganz,  nicht  aber  ftlr  Tirol,  wo  die  Wiedertaufe  viel 
tiefere  Wurzeln  geschlagen  hatte.  Am^l.  October  1527  schreibt 
König  Ferdinand  von  Ofen  an  den  Statthalter  und  die  Räthe 
der  niederösterreichischen  Lande:  ,Wir  schicken  Euch  hier  neben 
unserm  Mandate  in  der  Anzahl  bei  2000,  die  wir  wider  die 
lutherischen  und  anderen  verführerischen  Lehren  und  Gebräuche 
in  unseren  Landen  ausgehen  zu  lassen  uns  entschlossen  haben.' 
Von  diesen  Mandaten  wurden  in  Wien  1655  gesiegelt  und  aus- 
gefertigt, davon  gingen  1200  nach  Innsbruck,  die  übrigen  wur- 
den nach  Steiermark  (200),  Kärnten  (100),  Krain  (88),  Ober- 
österreich (80)  und  Niederösterreich  (150)  gesendet.^  Tags 
darauf  wurde  abermals  ein  Mandat  ^  ,als  abermalige  gnädigste 
Warnung'  wider  ,alle  Lutterisch,  Zwinglisch  und  anderer  ihrer 
Nachfolger  oder  Anhänger  verflihrerische  Lehren^  erlassen. 
Hierin  bemerkt  der  König:  , Allen  ausgegangenen  Mandaten 
zum  Trotz  haben  wir  genugsam  erfahren,  dass  solchen  Man- 
daten wenig  nachgegangen  und  Vollziehung  gethan  werden.' 
,Bisher  habe  man  die  Entschuldigung  vorgeschoben,  dass  der 
gemeine  Mann  unmögUch  wissen  könne,  welche  Lehren  ketzerisch 


*  Bericht  des  Regiments  de  dato  Innsbruck,  26.  Juni.  Causa  Domini  II,  36. 
'  Cod.  Austriacus  I,  641.    Innsbrucker  Statthaltereiarchiv.  Causa  Domini  II, 

92/3. 

*  Archiv  des  Cultusministeriums  IV.   a.  3.    Die   obigen  Ziffern   sind,  wie 
man  sieht,  nicht  genau. 

*  Ibid.  IV.  a.  3.     Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 


452 

und  welche  gerecht  seien;  darum  habe  man  mit  ihnen  nicht 
in  Gemässheit  der  erflossenen  Edicte  strafweise  verfahren  kön- 
nen/ ,Damit  in  Zukunft  solchen  Entschuldigungen  die  Ursache 
genommen  würde,  wird  befohlen,  dass  die  Regierung  bei  allen 
Unterthanen  und  Einwohnern  unserer  Lande  mit  Ernst  darauf 
achte,  dass  sie  den  Mandaten  Folge  leisten/  ^ 

Bestimmte  Nachrichten  von  Wiedertäufern,  die  man  bis- 
her nur  zu  oft  mit  den  Lutherischen  verwechselte,  erhielt  die 
Innsbrucker  Regierung  erst  im  November  1627  durch  die  An- 
zeige, dass  im  unteren  Innthale,  namentlich  um  C alz  ein  und 
Rothholz  sich  etliche  fremde  Personen  aufhalten,  ,so  unsere 
Unterthanen  zum  Widertauff  und  anderen  verführerischen  Ar- 
tikeln aufzuwiegeln  sich  unterstehend  ,DieweU  man  nun  gegen 
die  Wiedertäufer  ernstliche  Mandate  habe  ausgehen  lassen,  er- 
gehe der  Befehl,  bei  dem  Gasteiger  (am  Calzein)  nach  den 
Wiedertäuferpersonen,  ihrer  Kleidung,  ihrem  Alter  u.  s.  w.  zu 
forschen,  auf  sie  fleissigi  Kundschaft  zu  haben,  nach  ihnen  zu 
fahnden  und  sie  im  Falle  der  Betretung  in  Haft  zu  bringen 
und  zu  examiniren  und  über  ihr  Wesen  und  Vorhaben  an  die 
Regierung  Bericht  zu  erstatten/*  Dieser  Befehl  wurde  dem 
Landrichter  zu  Rattenberg,  dem  Bergrichter  zu  Schwaz  und 
den  Landrichtern  zu  Rotenburg  und  Freundsberg  zugesendet. 
An  den  Erzbischof  von  Salzburg  wurde  das  Ersuchen  ge- 
stellt,* den  Pfleger  von  Kitzbüchl,  Hans  Vinsterwalder,  anzu- 
weisen, dem  an  ihn  in  der  Angelegenheit  der  Wiedertäufer, 
,dic  im  Lande  einreissen^,  erflossenen  Schreiben  nachzukommen, 
,damit  solche  Sect  niedergedrückt,  gestraft  und  bei  Zeiten  ein- 
gestellt werde*. 

Das  erste  Opfer  der  vorgenommenen  Streifung  war  der 
frühere  Mönch  und  jetzige  Wiedertäufer  Leonhard  Schiemer 
von  Vöklabruck,  der  erste  Wiedertäuferbischof  in  Oberöster- 
reich. Schon  am  28.  November  schreibt  die  Regierung  an  den 
Landrichter  zu  Rotenburg:  ,Als  du  einen  von  Vöklapruck  und 
ein(en)  Seiler  von  Rotenberg  (Rattenberg  ?)  als  Verwandten  der 


*  In  tergo:   ,Die  Regierung  hat  diesen  bevelch,  sovil  Inen   meglichen  ist, 
volziehung  thun  und  dem  gehorsamlich  leben.* 

'  Innsbr.  Statthaltereiarchiv.    Causa  Domini  II,  89.    Copie  in  der  v.  Beck- 
schen  Sammlung. 

'  Do  dato  Innsbmck,  28.  November  1527.     Statthaltereiarchiv.    Causa  Do- 
mini II,  96. 


453 

neuen  Secte  der  Wiedertäufer  im  GefUngniss  hast,  empfehlen 
wir  dir,  dass  dn  sie  beide  peinlich  fragst  und  sonderUch  den 
von  Vöklapruck,  wer  ihn  ausgesandt  hab,  was  ihr  Seet  und 
Fümehroen,  auch  wer  ihre  Anhänger  und  Förderer  seien  und 
welchergestalt  der  von  Vöklapruck  den  Seiler  zu  solcher  Sect 
^)ewogen  habe;  desgleichen  ob  die  zwei  angesessenen  Bürger 
von  Rattenberg,  die  bei  ihnen  waren,  als  sie  gefangen  wurden, 
auch  ihre  Secte  angenommen  haben/* 

An  demselben  Tage  wird  dem  Landrichter  von  Freunds- 
berg  und  dem  Bergrichter  zu  Schwaz  mit  Missfallen  bemerkt, 
dass  trotz  des  erflossenen  Mandates  dui'ch  fremde  Personen  ,die 
Wiedertauff'  gegen  Schwaz  gebracht  worden  und  eingerissen 
sei.  Man  möge  die  Befehle  fleissiger  als  bisher  zur  Hand  haben. ^ 
Dasselbe  wird  nach  Kufstein,  Battenberg  und  Kitzbüchl  gemel- 
det^ Unter  Schwazer  Wiedertäufern  war  namentlich  Jörg  Vasser 
gemeint,  ein  ehemaliger  Mönch,  jetzt  Wasserheber  am  Triefe- 
stollen und  verheiratet.  Ihm  und  einem  Goldschmied,  der 
kurz  vorher  nach  Schwaz  gekommen,  war  es  gelungen,  zu 
entkommen. 

Die  getadelten  Landrichter  entwickelten  nun  eine  fieber- 
hafte Thätigkeit,  und  bald  waren  die  Gefängnisse  in  Freunds- 
berg zu  klein,  um  die  Gefangenen  aufzunehmen,  so  dass  dem 
Freundsberger  jene  von  Schwaz  zur  Verfügung  gestellt  wurden.^ 
Unter  den  Gefangenen  befand  sich  der  Schichtmeister  Stephan 
Leder,  der  insbesondere  zur  Nachtzeit  überwacht  werden  sollte, 
ob  nicht  etwa  Wiedertäufer  bei  ihm  ein-  und  ausgehen.^  Zu 
den  Gefangenen  kam  anfangs  November  ,ein  echter  Lehrer  des 
Worts  und  Evangehums  Christi'  —  Hans  Schlafi'er. 

Ene  Hauptzufluchtsstätte  der  aus  dem  Salzburgischen 
flüchtenden  Täufer  war  Kitzbüchl.  Der  Pfleger  daselbst  ver- 
sprach dem  Regimente  in  Innsbruck,  dessen  Befehle  ,8tracks' 
nachgehen  zu  wollen.^  Der  Regierung  war  es  vor  Allem  um 
die  Gefangennahme  eines  ehemaligen  Geistlichen  von  Kitzbüchl 


'  Causa  Domini  II,  95/2. 

*  Ebenda. 

'  Desgleichen. 

*  Ibid.  n,  100. 

*  Ibid.  98  und  99. 

^  Reg.-Arcb.  zu  Salzburg.     Copie  in  der  v.  Beck'scben  Sammlung.     Dat. 
9.  December  1627. 


454 

zu  thun,  der  sich  Paul  nannte  und  eine  namhafte  Zahl  von 
Täufern  um  sich  schaarte;  er  ging  im  Schlosse  Münichau^  dessen 
Besitzerin  Frau  Helene  von  Freiberg  sie  offen  begünstigte,  un- 
behelligt ein  und  aus.  Als  ihn  sein  Beruf  in  die  Berge  zog, 
liess  er  Hans  Roth,  einen  Studenten,  zurück,  der  eine  Zeitlang 
,auf  den  Bergen^  herumging,  im  Schlosse  Münichau  verkehrte, 
,sich  hernach  in  das  Reut  gethan,  den  Leuten  predigte  und 
etliche  zu  Münichau  tauftet 

Frau  Helene  von  Freiberg  musste  diese  Begünstigung  in 
der  Folge  mit  dem  Verluste  ihrer  Freiheit  und  ihrer  Güter, 
die  Mehrzahl  der  übrigen  Täufer  im  Kitzbüchler  Bezirk  mit 
Leib  und  Leben  büssen.  Der  Process  mit  Leonhard  Schiemer 
begann  im  December  1527.  Von  seinen  Aussagen  mögen  hier 
nur  jene  —  sie  finden  sich  in  seiner  ,bekandnu8'  vom  14.  Jän- 
ner 1528  —  erwähnt  werden,  welche  sein  Wirken  in  Tirol  be- 
rühren:* Er  sei  durch  das  Baierland  gezogen  und  hätte  Willens 
gehabt,  zu  Schwaz  viel  Volkes  zu  taufen,  doch  habe  er  besorgt, 
der  Bruder  Reinhardt,  den  er  ,erkennt',  werde  ihn  verrathen, 
,denn  die  unteren  Klöster  in  Oesterreich  hätten  viel  Fleiss  an- 
gelegt, ihn  zu  Gefilngniss  zu  bringen*.  Es  sei  ihm  leid,  dass 
er  nicht  mehr  Leute  getauft  habe;  schon  die  erste  Nacht,  als 
er  hieher  gegen  Rattenberg  gekommen  sei,  sei  er  verhaftet 
worden.'  Am  14.  December  richtet  die  Regierung  an  die  ,peden 
Herzogen*  von  Baiem,  den  Cardinal  von  Salzburg  und  die  Stadt 
Augsburg  gleichlautende  Schreiben:  ,Wir  schicken  E.  G.  hier 
eine  Abschrift  der  Urgicht,  so  Leonhard  Schemer  von  Vökla- 
bruck,  ein  Vorsteher  der  neuen  Secte  der  Wiedertäufer,  so  zu 
Ratenburg  gefangen  liegt;  bekannt  (hat),  dieweil  darin  anzeigt 
wird,  dass  etlich  E.  F.  G.  Unterthanen  den  Wiedertauf  durch 
ihn  angenommen.'  Vier  Tage  später  erhält  der  Landrichter 
die  Weisung,  ,mit  dem  Schemer  des  Richten  halber  still  zu 
stehen'  und  ihn  im  Schloss  zu  Ratenberg,  ,wie  er  des  von  dem 
Herrn  von  Liechtenstein  Bescheid  erfahren  habe',  zu  verwahren. 
Am  18.  December  wird  dem  Landrichter  Bartelme  Angst  be- 
fohlen, dem  Kaspar  Leonhard  Schiemer  einen  Recfatstag  anzu- 


^  Vgl.  ttber  ihn  v.  Beck,  Geschichtsbücher  der  Wiedertftufer,  8.  61. 

'  Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 

*  Die  Acten  über  Schiemer  finden  sich  im  Statthaltereiarchiv  ssu  Innsbruck 

und  auszugsweise  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung.     Innsbruck.    Causa 

Domini  II,  100/2,  IUI,  102/2. 


455 

setzen;  in  einer  Zuschrift  von  demselben  Datum  wird  er  der 
,AnfUnger  und  Principal-Ursach'  der  neuen  Lehre  genannt  und 
dem  Richter  befohlen,  nach  Inhalt  der  erflossenen  Mandate 
Recht  ergehen  zu  lassen,  ,auf  dass  der  gemeine  Mann  ein  Eben- 
bild empfange,  sich  hinfÜr  vor  dergleichen  ketzerischen  und 
verführerischen  Lehren  zu  hüten.  Es  sollen  ihm  zwei  Beisitzer 
und  Rechtsprecher  auf  den  Tag,  so  er  Euch  benennen  wird, 
gegeben  werdend  ,Damit  um  so  stattlicher  und  tapferer  gegen 
ihn  Anderen  zum  Ebenbild  gehandelt  werden  möge,  soll  der 
Landrichter  den  Rechtstag  bald  nach  Weihnachten  ansetzen  und 
ihn  mit  20  Beisitzern  versehen,  zwei  aus  der  Stadt  und  zwei 
aus  dem  Landgericht  zu  Rattenberg,  je  zwei  aus  Innsbruck, 
Hall,  Bozen,  Braunegg,  Brixen  und  dem  Landgericht  Freunds- 
berg, aus  den  Städten  Kufetein  und  Kitzbtichl  und  den  beiden 
Landgerichten  daselbst  je  einen/  ^  Ein  besonderes  Mandat  der 
Regierung  *  befahl,  diese  Rechtssprecher  ohne  Verzug  zu  senden. 

Inzwischen  hatte  der  Anabaptismus  auch  jenseits  des 
Brenners  sein  Haupt  erhoben.  Um  die  Mitte  December  kam 
eine  Botschaft  nach  Innsbruck,  man  habe  zu  Sterzing  unter 
den  Bergleuten  und  Stadtbewohnern  Wiedertäufer-Conventikel 
entdeckt  Als  dann  einer  von  diesen,  ein  Zimmermann.  ,aus 
der  Synagoge  des  N.  Mayerhofer  aus  Lüsen',  im  Hause  eines 
Kesslers  ergriffen  wurde,  war  dies  ftlr  die  Regierung  ein  Er- 
eigniss  von  solcher  Wichtigkeit,  dass  man  den  Kammerprocu- 
rator  Dr.  Johann  Vintler  sofort  mit  einer  Credenz  dahin  ab- 
schickte, um  an  der  ,peinlichen  Frage,  die  am  23.  December 
verhandelt  werden  sollte',  theilzunehmen.*  Es  sollte  dabei  ins- 
besondere mit  und  ohne  Folter  inquirirt  werden,  wer  diesen 
Täufer  ausgesandt  habe,  was  ihre  Secte  und  welches  ihr  Vor- 
haben sei. 

Vier  andere  Wiedertäufer,  die  auch  der  ,Synagoge'  in  des 
Kesslers  Hause  beigewohnt  und  ,etliche  zu  der  neuen  Secte  ge- 
bracht hatten',  hatten  sich  rechtzeitig  geflüchtet.  Trotz  Mandata, 
heisst  es  in  einem  Schriftstücke  der  Regierung,*  sei  einer  mit 
Namen  Mayerhofer,  so  des  Mayerhofer  aus  Guffidaun  Bruder 
ist,  und   einen  langen    braunen  Bart  hab    und    einen    grauen 

*  Statthaltereiarchiv.     Causa  Domini  II,  103 — 104. 
'  De  dato  18.  December  1627. 

*  CauBa  Domini  U,  106.     Statthaltereiarchiv  Innsbmck. 

*  Innsbruck,  Statthaltereiarchiv.     Causa  Domini  II,  lOü — 107. 


456 

Wappenrock  antrage,  und  dann  ein  langer  bleicher  Geselle,  der 
einen  langen  schwarzen  verbrämten  Rock  antrage,  auch  ein 
kurzer  Gesell  mit  dtinnem,  rothem  Parti  und  dann  einer 
B.  Messerschmied  genannt,  der  zu  Clausen  einen  bösen  Ab- 
schied genommen  haben  soll,  jüngst  zu  Sterzingen  gewesen/ 
,Solche  Principal  seien  fönglich  anzunehmen/ 

An  den  Fürstbischof  von  Brixen  erging  ein  Schreiben  der 
Regierung  wegen  Lüsen,  und  der  Hauptmann  an  der  Etsch 
ward  beauftragt,  in  Tram  in  Umschau  zu  halten.^  Der  Bischof 
Georg  von  Brixen  hatte  übrigens  schon  am  23.  December  ans 
eigenem  Antriebe  einen  Befehl  ausgehen  lassen,  auf  die  her- 
umstreifenden Aufwiegler,  ,darunter  auch  etliche  sein  sollen, 
so  von  der  neuen  Sect  und  den  Wiedertäufern  in  Winkeln 
predigen',  Acht  zu  haben  imd  sie  ohne  Weiteres  gefangen  zu 
nehmen.*  Mayerhofer,  den  man  zu  Lüsen  bei  seinem  Vater 
suchte,  kam  mit  seinen  drei  Genossen  heimUch  nach  Clausen, 
wo  sie  bei  Ulrich  Müller  Versammlungen  hielten  und  hier  wie 
in  Sterzing  ethche  Personen  in  die  neue  Secte  aufnahmen.^ 
Ehe  dies  bekannt  wurde,  zogen  sie  weiter,  und  als  der  bischöf- 
liche Hauptmann  Ulrich  Wittenbach  bei  Ulrich  Müller  erschien, 
konnten  sie  nur  den  Hausherrn  und  ein  Weib,  die  Gilg  Baderin, 
aufheben.  Ulrich  Müller's  zu  Clausen  abgelegtes  Bekenntniss 
wurde  der  Regienmg  am  26.  December  eingesendet  und  die 
Anfrage  gestellt,  was  mit  dem  Gefangenen  zu  geschehen  habe 
und  wie  es  mit  der  Execution  solcher  Leute  zu  halten  sei. 
Die  Antwort  lautete:*  S.  F.  G.  möge  die  Gefangenen  bis  auf 
weiteren  Bescheid  verwahren  lassen  und  bezügUch  der  Exe- 
cution bei  den  Gelehrten  im  Stifte  Brixen  Rath  suchen.  Was 
diese  aussprechen,  möge  alsdann  dem  Regunente  angezeigt 
werden.  Gleichzeitig  wurden  dem  Bischöfe  alle  gedruckten, 
die  Ausrottung  der  Wiedertäufer  betreffenden  Mandate  mit 
dem  Ansuchen  übersendet,  sie  im  Stifte  Brixen  pubUciren  zu 
lassen.  ^ 


*  Causa  Domini  11,  106—107. 

«  Sinnacher  VH,  262  und  Protokoll  XI,  23,  und  Original  Brixen  (L.  102, 

Nr.  5,  A.). 
8  Protokoll  XI,  21—25,  93—95. 

*  Sie    ist    vom    31.  December    datirt      StAtthaltereiarchiv.     Causa    Doraini 
n,  113. 

'^  Ibid.  Causa  Domini  II,  113. 


457 

Manche  wichtige  Nachricht  über  das  einheimische  Täufer- 
wesen erhielt  die  Regierung  aus  Baiem,  meistens  durch  die 
,Urgichten^  gefangener  Täufer,  und  vergalt  ihrerseits  gern  diese 
Qe&lligkeit  durch  ein  gleichartiges  Vorgehen.  Die  Auslieferung 
Schiemer's,  des  ehemaligen  Vorstehers  bairischer  Täufer,  ,deren 
er  viele  verfllhrt  habe^,  ward  indess  aus  dem  Grunde  verwei- 
gert, weil  dieser  ,Principal'  und  Urheber  der  Secte  auch  in 
Tirol  viele  Personen  verführt  und  man  ihm  bereits  das  Malefiz- 
gericht  angesetzt  habe.^ 

Den  Gerichtsbeisitzern  in  diesem  Processe  wurden  je  zwei 
Pfund  jPerner^  ,von  und  wieder  nach  Hause^  bezahlt,  denen, 
die  Mitte  März  1528  in  Bozen  zu  Gericht  sassen,  ein  halber 
Gulden  täglich  angewiesen.'  In  Rattenberg  weigerte  sich  der 
Bergrichter,  den  Wiedertäufern  nachzustellen,  da  dies  nicht  seines 
Amtes  sei.  Es  wurde  ihm  von  der  Regierung  bemerkt,  dass 
,diese  Weigerung  von  Sr.  Majestät  ungnädig  aufgenommen  und 
beschlossen  worden  sei,  mit  ihm  emstUch  zu  handeln^,  wofern 
er  sich  beikommen  liesse,  in  dieser  Rolle  noch  weiter  zu  ver- 
bleiben. * 

Der  Process  gegen  Schiemer  ging  seinem  Ende  entgegen. 
Am  6.  Jänner  bestätigte  König  Ferdinand,  die  ,Bekanntnuss^ 
des  Gefangenen  erhalt^i  zu  haben.^  ,Dieweil  aus  solcher  neuen 
Tauff  nichts  anderes  zu  besorgen  ist,  denn  fortwährender  Auf- 
ruhr und  Empörung  Seitens  des  gemeinen  Mannes,  wie  man 
es  aus  den  Urgichten  etlicher  Personen  gefunden,  die  auch  zum 
Theil  darauf  gestorben  sind,  so  erfordert  es  die  Notdurft,  dass 
solchem  angezündeten  Feuer  mit  Ernst  gewehrt  werde,  ehe  es 
sich  weiter  ausbreitet,   dass  dann   solches   abzuthun   kein  Rath 


^  Ex  regimine  an  Anguotin  yon  Weinegg  und  Gabriel  Gandrichios  (in 
Baiern):  Was  Dur  dem  Rath  Jakob  Kuen  der  Wiedertäufer  halben  ge- 
schrieben, gefällt  uns  wohl,  und  ist  unser  Befehl:  »dass  ihr  Fleiss  habt, 
des  Principal  Taufen  und  anderer  mehr  sich  an  dem  Pfleger  zu  Aurdorf 
und  an  den  jetzigen  Gefangenen  zu  erkundigen'  (wie  bei  Schiemer  sub 
19.  Dec.  1627).  Innsbrucker  Statthaltereiarchiv.  Causa  Domini  II,  112.  -— 
Das  Regiment  an  beide  Fürsten  Ton  Baiem.  Causa  Domini  II,  116.  Am 
12.  JInner  152S  wurde  dem  Landrichter  zu  Freundsberg  die  Weisung 
ertheilt,  Yon  den  Wiedertäufern  zu  Schwaz  ,Urgichten'  einzufordern  und 
den  Herzogen  von  Baiem  zu  schicken.    Causa  Domini  126/2. 

*  Ibid.  Embietenbuch,  foL  101. 

'  Causa  Domini  II,  117. 

^  Concept  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 

IrehiT.  LXXYIU.  Bd.  II.  H&lft«.  30 


468 

ist/    ,Daher  ergehe  der  Befehl,   gegen  den  Schemer  als  einen 
RedelsfUhrer   und  Principal  der  Wiedertäufer  nach  Inhalt  der 
jüngstergangenen   Mandate    zu   handeln.     Wofern    von   diesen 
letzteren  nicht  genug  hinaufgeschickt  worden  wären,  mögen  sie 
eine  Anzahl  nachdrucken,  mit  dem  Siegel  versehen  und  ordent- 
lich verlautbaren   und   anschlagen   lassen/^     Der   Landrichter 
hatte  dem  Gefangenen  manche  Bequemlichkeit  zukommen  lassen; 
es   wurden   ihm   namentUch  Tinte,  Papier  und  Federn  verab- 
reicht.   Seine  Müsse  benützte  er  zur  Abfassung  einzelner  Schrif- 
ten, die  er  seinen  Freunden  zuzusenden  Gelegenheit  fand.  Von 
seinen  sechs  im  Gefängnisse  geschriebenen  Episteln  sind  einige 
von   besonderer  Wichtigkeit.     Die   erste  ,darin   begriffen,  was 
Gottes  Gnad'  ist',  wurde  1527  am  Pfinztag  nach  Andree  (4.  De- 
cember)  geschrieben.    Sie  zeigt  uns  den  Mann,  der  seine  theo- 
logischen imd  philosophischen  Studien  gemacht,  seinen  Aristote- 
les kennt   und  vom  Ens  cognitum  spricht.     ,Die  ganze  Welt*, 
sagt  er,  ,8chwätzt  und  wirft  im  Maul  hin  und  wieder  das  Wört- 
lein „Gnade",   sonderlich  unsere  Schriflgelehrten.     Sie  merken 
aus  der  Schrift,  dass  etwas  sei,  das  Gnade  heisse,  weil  es  aber 
nicht  in  ihnen  ist,  vermögen  sie  hievon  nichts  zu  sagen.    Sie 
nehmen  das  Wörtlein  „Gnade",   wie  die  hohen  Schulen  sagen, 
aus  ihrem  Aristoteles,  vom  Ens  cognitum,*  das  sein  Wesen  nur 
im  Verstände   hat   oder    solange    man    davon    sagt.     Hat  man 
aber  solche  Rede  oder  Gedanken  vollendet,  so  hat  ihr  Wesen 
auch  ein  Ende  imd  heissen  es  dann  entia  secunde  intentionis  . . .' 
und  sagen,   man   könne  es  nicht  verteutschen,   darum  dass  sie 
so   hohen  Verstand   haben,   zu   dem   die   teutsche   Sprache  zn 
schlecht  sei.    Und  hintennach,  so  man  zusieht,  sind  sie  so  hoch, 
dass   sie   nimmer  Realia   seien,   denn  Res   oder  Realia  heisst: 
Etwas   oder  Ein  Ding.     Es  währt  nur  so  lang,   als  man  daran 
denket.    So  wird  zuletzt  gar  nichts  daraus.    Und  die  Leute,  so 
am  meisten  von  diesem  „Nichtkönnen"  kläffen,  nennt  man  Meister 


^  Siehe  die  Beilage  Nr.  1. 

'  Diese  Wörter  sind  in  den  Vorlagen  oft  sehr  verstümmelt  und  kaum  mehr 
kenntlich.  Man  bedenke,  welche  Hände  diese  Wiedertäuferschriften  ab- 
geschrieben haben.  Vollständige  Copien  der  Schriften  Schiemer's  finden 
sich  in  der  v.  Beck^schen  Sammlung. 

'  entia  secunde  nitontois  im  Cod.  Auch  die  folgenden  lateinischen  Wörter 
sind  ganz  verstümmelt. 


459 

ond  Doctores/  ^  Mehr  als  seine  weiteren  Erklärungen  über  die 
dreifache  Gnade^  in  die  er  eine  sehr  schöne  Erläuterung  des 
Vi^runsers  einflicht,  dürften  hier  einige  Angaben  über  das 
Vorgehen  der  Behörden  gegen  seine  eigene  Partei  interessiren. 
^e  Leute  beten  zu  Gott:  Geheiliget  werde  dein  Name,  und 
speien  ihm  nachher  unter  die  Augen  und  in  das  Antlitz  und 
sind  die  ersten,  die  seinen  Namen  verunehren.  Die  Lehre  Gottes 
verbietet  man:  man  heisst  sie  Ketzerei,  verführerisches  Ding, 
aufirührerische  Lehre.  Deshalb  müssen  vom  Kaiser  Edicte  und 
Mandate  in  alle  Winkel  ausgehen;  hier  rennen  die  Postboten, 
dort  laufen  die  Schergen,  da  kommt  der  Richter,  dort  der 
Pfleger,  da  ist  ein  „Onplatzer^,  dort  ein  Haufen  Reiter,  dazu  ist 
in  jedem  Haus  ein  Veri'äther.  Und  wer  nicht  verrathen  will, 
der  kläfft  sonst  so  viel  davon,  dass  die  Brüder  Christi  verjagt 
und  getödtet  werden.  Welche  aber  nicht  bös  dazu  reden  wollen, 
die  reden  auch  nichts  Gutes  dazu  und  reden  sich  also  aus: 
Ich  thu'  es  nit  gern,  ich  muss  schauen,  dass  ich  nit  komm  in 
des  Fürsten  Ungnad  .  .  /  *  In  einer  zweiten  Epistel  sagt  er : 
,Ich  hätte  noch  viel  mit  Euch  zu  reden  gehabt,  aber  der  Tag 
des  Herrn  hat  mich  übereilt.  Bittet  Gott  auch  ftbr  unseren 
Bruder  Tischler  aus  der  Brirlegg  (Brixlegg),  der  hegt  sammt 
seinem  Weib,  unserer  Schwester,  zu  Lofer  gefangen.  Dem 
Bruder  N.  N.  sollt  ihr  untersagen,  nicht  so  spöttisch  mit  den 
Leuten  von  unseren  Brüdern  zu  reden,  wie  er  zu  Kufstein 
gethan  hat.  Und 'wenn  der  Jörg  Zaunried  zu  Euch  kommen 
sollte,  wollte  ich,  sofern  er  mir  folgen  will,  dass  er  sich  ver- 
heirate. Mein  Bärbel  lasst  Euch  befohlen  sein  und  dass  sie 
einen  ehrbaren  Wandel  führe.  So  mich  der  Herr  erfordert 
aus  diesem  Jammerthal,  lasst  sie,  wenn  sie  will,  heiraten.  Was 
Gott  gut  heisst,  das  sollt  ihr  nicht  bös  heissen.  Wer  den  ehe- 
lichen Stand  fltr  Sünde  hält,  ist  ein  Lehrer  des  Antichrists.^ 
Eine  dritte  Epistel  ,an  die  Gemeinde  zu  Rottenburg^  enthält 
,eine  hübsche  Erklärung  der  12  Artikel  des  christlichen  Glau- 
bens'.   Im  Beschluss  ,ein   kurzer  Grund   des  Tauffs^     Seinen 


'  JEm  solches  Ding  ist^s  um  die  Schriffcgelekrten,  sie  haben  ihre  Kunst  nicht 
«00  Gott,  sind  auch  nicht  von  Gott  gelernt:  air  ihr  Wissen  haben  sie 
▼on  den  Christen  und  aus  ihren  Büchern  gestohlen/ 

*  Das  Verzeichniss  von  Schieiner*s  Schriften  siehe  bei  Beck,  Geschieh ts- 
bücher  der  Wiedertäufer,  S.  62. 

30* 


460 

* 

,TroBtbrief  an  einen  schwachen  Bruder*  schreibt  er,  weil  Paulas 
uns  mahnt;  die  Kleinmüthigen  zu  trösten. 

In  seiner  ^Bekanntnus^  erbietet  er  sich^  seinen  Glauben 
gegen  gelehrte  Doctores  zu  vertheidigen.  Dazu  kam  es  nicht 
mehr.  Nachdem  die  Regierung  dem  Landrichter  zu  Rattenberg 
einen  Verweis  gegeben,  dass  er  dem  Gefangenen  Tinte,  Papier 
und  Feder  ins  Gefkngniss  gegeben,  befahl  sie,^  dass  ,Schiemer 
am  Rechtstage  den  Rechtssprechem  nur  sein  Urgicht  und  Be- 
kanntnuss,  die  er  ordentUch  bestätigt,  und  sonst  andere  Schrif- 
ten, die  er  in  dem  G^fkngniss  gemacht  hat,  vorlege,  und  dass 
man  sie  das  beigeschlossene^  königUche  Schreiben  lesen  lasse. 
Und  so  sie  vom  Leben  zum  Tod  zu  rechten  erkennen  würden^ 
sollen  sie  alsobald  das  Urtheil  —  ausserhalb  der  Stadt  —  ge- 
stracks  vollziehen;  wo  sie  ihn  aber  nit  vom  Leben  zum  Tod 
zu  richten  erkennen  würden,  ihn  wieder  in  das  Ge&ngniss  legen, 
bis  auf  einen  weiteren  Bescheid^  ,Die  Schriften  Schiemer's,  in 
denen  bairische  Wiedertäufer  genannt  werden,  mögen  den 
Herzogen  von  Baiem  eingesendet  werden.*^ 

Zu  einem  ,mehreren*  Grund  der  Wahrheit  hatte  Schiemer 
sich  erboten:  Wenn  ein  Gelehrter  ihn  mit  der  Wahrheit  der 
heiUgen  Schrift  überwinde,  dass  seine  Lehre  nicht  biUig  und 
schriftgemäss  sei,  so  möge  man  ihm  von  dem  Henker  ein  Glied 
nach  dem  anderen  abreissen  und,  wenn  er  keine  GUeder  mehr 
habe,  die  Rippen  ausziehen  lassen.  Wolle  man  ihn  aber  an- 
verhört  und  unüberwunden  tödten,  so  bitte  er  die  Gezeugen 
dieser  Urgicht  und  alle  Umstehenden,  dass  sie  davon  beim 
jüngsten  Gericht  Zeugniss  geben.  ,Hierauf  verurtheilten  ihn 
die  Rechtsprecher  zum  Feuertod.  Doch  wurde  er  zum  Tod 
durch  das  Schwert  begnadigt  (14.  Jänner)  und  sein  Leichnam 
zu  Pulver  verbrannt.'*  Dem  Landrichter  zu  Rattenbeig,  der 
über  Schiemer's  Hinrichtung  an  die  Regierung  berichtet  hatte, 
wurde  der  Befehl  zu  Theil,  sich  am  nächsten  Montag  (19.  Jän- 
ner) ,zu  dem  Regimente  zu  verfügen  und  hier  auch  den  Be- 
scheid wegen  der  übrigen  Ge£Eingenen  in  Empfang  zu  nehmend 
Nach   ihm  haben,   wie  die  Geschichtsbücher  der  Wiedertäufer 


^  Statthaltereiarchiv  Innsbrnck.  Caasa  Domini  II,  122.  Daselbst  die  Notis, 
dass  eben  damals  in  Rattonberg  auch  Linhart  Spitshammer  als  Wieder- 
täufer eingezogen  wnrde. 

'  Die  Qeschichtsbücher  berichten  in  Uebereinstimmang  mit  der  3^^^^!^^ 
nnss*  Schiemer*s. 


461 


melden,  an  diesem  Orte  siebenzig  Glaubensgenossen  ihre  Lehre 
mit  dem  Blute  bezeugt. 


8.  Das  weitere  Eindringen  des  Anabaptismns. 
Massregeln  der  Beglerang  dagegen. 

Das  Jahr  1528  machte  sich,  wie  schon  Kirchmaier  an- 
gemerkt hat,  in  der  Geschichte  der  Wiedertäufer  dadurch  be- 
merkbar, dass  wider  sie  viele  Befehle  ausgingen,  und  dass  um 
ihres  Irrthums  willen  viele  Leute  verbrannt  und  sonst  gestraft 
wurden.  Zunächst  wurde  die  Untersuchung  gegen  Hans 
Schlaffer  zu  Ende  geführt.  Am  15.  Jänner  liess  die  Regierung 
dem  Landrichter  von  Freundsberg  mittheilen :  ,Un8ere  Meinung 
ist,  Hansen  Schlaffer,  der  ein  Priester  gewesen,  „berechten"  zu 
lassen  und  12  Beisitzer  zu  nehmen:  zwei  von  Hall,  zwei  von 
Brixen,  je  zwei  von  Tauer  und  Braunegg  und  die  übrigen  vier 
aus  deiner  Verwaltung.'  ,Er  möge  dieUrgicht^  Schlafferes  be- 
stätigen lassen  und  den  Rechtstag  anberaumen,  auch  die  Schwa- 
zer  Wiedertäufer,  so  in  seinem  Gefängnisse  sitzen,  besprechen 
lassen.'  Auf  die  Frage,  ob  die  Wiedertäufer  etwa  eine  Em- 
pörung im  Schilde  führen,  hatte  er  geantwortet:*  ,Alle  seine 
Tage  sei  kein  Aufstand  oder  Empörung  zu  machen  nie  in  sein 
Herz  gekommen.  Er  kenne  keine  anderen  Anschläge,  als  vom 
Bösen  abzustehen  und  vom  lasterhaften  Leben  der  Welt. 
Nicht  das  letzte  Gebot  seiner  Lehre  sei,  dass  man  der  Obrig- 
keit gehorchen  solle.  Den  Geistlichen  gegenüber  vertheidigte 
er  ,mit  göttlicher  Schrift',  dass  man  ,erstlich  das  Wort  Gottes 
lehren  solle  alle  die,  die  es  hören  und  verstehen,  und  sie  erst 
dann  taufen'.  Auch  seine  ,Urgicht'  wurde  der  bairischen 
Regierung  eingesendet. 

Am  18.  Jänner  sandte  die  Regierung  dem  Landrichter  den 
Befehl,  den  Termin  für  den  Rechtstag  zu  kürzen  und  ihn  auf 
den  Erichtag  nach  St.  Dorothea  (10.  Februar)  anzusetzen.^   Ins- 


'  Schlaffer  hatte  die  ihm  vorgelegten  Fragestttcke  schriftlich  beantwortet, 
und  diese  Rechenschaft  war  am  15.  December  nach  Innsbruck  eingesendet 
worden. 

'  Copien  der  Urgicht  und  Rechenschaft  Hans  Schlafferes  in  der  v.  Beck- 
sehen  Sammlung. 

*  Statthaltereiarchiy.     Causa  Domini  II,  128/2. 


462 

geheim   sollte  er  berichten,   was  er  sich   zu  der  Verartheilung 
des  Hans  Schlaffer  und  Leonhard  Frick  zu  versehen  habe,  ob 
sie  zum  Tode  oder  auf  andere  Weise  verurtheilt  werden  —  ein 
Zweifel,   der  bei  der  Abneigung  der  Richter,   solche  Leute  zu 
verurtheilen,  erklärUch  war.    Der  Spruch  gegen  Schlaffer  wurde 
an  dem  genannten  Tage  zu  Schwaz  gefüllt,  wohin  er  überfährt 
worden  war.^     Seine  Schriften   enthalten  zumeist  Geständnisse 
seiner  Lehren,   wenig  über  seine  Glaubensgenossen.     In  einer 
rühmt  er  sich  seiner  Freunde:    den  Jakob  Wiedemann,  Jakob 
Kautz,  Sigmund  Hoffer  und  Hansen  Hut,   der  jetzt  seit  Maria 
Geburt  gefangen  ist,  kenne  er.     Zu  Nürnberg  habe  er  Ludwig 
Hetzer   und   Hans   Denck,    zwei    treffliche,    in    Gott   gelehrte, 
ernste  Männer  kennen   gelernt,   zu  Regensburg  Oswald  Glaidt 
und  Wolfgang  Brandhuber,  einstens  Pfarrer  zu  I^inz.    Bei  allen 
diesen   habe  er  nichts  wahrgenommen   als  einen  hitzigen  Eifer 
nach  einem  gottseligen  und  christlichen  Leben.    Niemand  habe 
ihn  beauftragt,  nach  Tirol  zu  ziehen.    Mit  einem  Mann  Namens 
Moser,  der  Meissner  Krüge  zum  Schmelzen  hieherführt,  sei  er 
von  Regensburg  gegen  Rottenburg  gezogen.    Leonhard  Hallen- 
stein  in   der   Pritzlegg   sei   seiner  Mutter  Bruder.     Da  dieser 
verdriessUch  war,  zog  er  gegen  Schwaz.    In  seinem  Testamente 
klagt  er  sich   seiner  als  Priester   begangenen  Sünden   an:  das 
üppige  Leben  des  Priesters  und  der  Müssiggang,  es  ist  gerade 
so,  wie  wenn  man  das  Stroh  ins  Feuer  legt  und  ihm  zu  brennen 
verbietet.     Sein  Herz  war  unruhig,   bis  Gott   sich  ihm  eröffnet 
und  Martin  Luther's  Wort  ihn  bewegt  habe,  die  Bibel  zu  lesen. 
Aus  einer  Bemerkung  in  diesem  Testamente  ersieht  man,  dass 
seine   Verfolgung  von   Peter   und   Paul    bis   Nicolai    gedauert. 
Dem  Testamente   sind   die  Worte  angefügt:   ,Ako   seind  diese 
zween    lieben    Brüder   Hans    Schlaffer    und   Leonhard   Flück- 
ger  (sie)   zu  Schwaz   im  Innthale   mit  dem  Schwerte  gerichtet 
worden   und  ihren  Glauben  ritterlich  mit  ihrem  Blut  besiegelt 
und  bezeugt.'* 

Die  nächsten  Processe  betrafen  den  Hans  Schneider  und 
Apollonia  Niedermayer  in  Bozen,*  den  Wiedertäufer  Kohl  zu 


^  Das  Versseichniss  seiner  8chriften  siehe  in  Beck^s  Geschichtsbficher  der 
Wiedertäufer,  S.  64.   Copien  der  Schriften  in  der  v.  Beck'schen  Sammlang. 

«  Siehe  die  Geschichtsbücher,  S.  62/3. 

'  Statthaltereiarchiv  Innsbruck.  Causa  Domini  II,  135,  Passaner  Acten  C/3. 
Excerpt  in  der  v.  BeckVhen  Sammlung.  Causa  Domini  II,  136,  163,  164. 


r 


463 

Gargatzon,  in  dessen  Umgebung  sich  Wiedertäufer  aufhiel- 
ten, Goldschmied  in  Sterzing  und  einen  Schreiner  in  Kotten- 
bürg.  Es  wird  berichtet,  dass  zu  Rattenberg  diese  Secte  mehr 
als  an  anderen  Orten  bei  den  ,Bergwergsverwandten'  einge- 
wurzelt sei.^  In  Kufstein  werden  ,die  Messerschmiedin',  Jörg 
Held  und  seine  Hausfrau  als  Wiedertäufer  genannt.^  An  den 
Hauptmann  an  der  Etsch  wird  gemeldet:  ,Aus  deinem  Schreiben 
vom  4.  Februar  haben  wir  von  der  Synagog  vernommen,  so 
N.  Maierhofer  der  Wiedertauff  halben  auf  dem  Ritten  gehalten 
and  wie  der  Hauptmann  den  Gasser  und  seinen  Haufen  hat 
fänglich  nehmen  lassen/ 

Der  Cardinal  von  Salzburg  wird  aufmerksam  gemacht, 
dass  die  Wiedertäufer  sich  aus  dem  Salzburgischen  gegen  Tirol 
zurückziehen.'  An  die  Gemeinden  von  Innsbruck,  Hall,  Kuf- 
stein, Kitzbüchl,  Rattenberg,  Sterzing,  Meran,  Bozen,  Trient 
und  Glums,  sowie  an  alle  Landrichter  wird  gemeldet,  dass  die 
Wiedertäufer  an  ihren  Kleidern  und  in  ihren  Begiüssungs- 
worten  besondere  Erkennungszeichen  haben,  und  dass  Häuser, 
Städte  und  Märkte,*  darin  Wiedertäufer  wohnen,  mit  Zeichen 
gemerkt  seien.  Auf  solche  habe  man  genau  zu  achten.^  Gegen 
sogenannte  ,Principaltäufer'  wie  Jörg  Tauflfer  oder  Vasser  wur- 
den Steckbriefe*  und  gegen  die  Wiedertäufer  im  Allgemeinen 
neuerdings  scharf  lautende  Mandate  erlassen.  In  dem  ersten 
vom  24.  Februar  ^  1528  wird  bemerkt,  dass  den  mit  der  Wie- 
dertaufe befleckten  Personen  die  Entschuldigung,  sie  seien  vor 
der  Kundmachimg  der  bisher  in  Nieder-  und  Oberösterreich 
ausgegangenen  Mandate  in  die  Secte  gerathen,  nicht  mehr  gelten 
solle.  Solche  Personen  müssen,  wenn  sie  der  gesetzUchen  Strafe 
entgehen  wollen,  sich  bis  zum  nächsten  Palmsonntag  bei  der 
Obrigkeit  melden,  ihren  Irrthum  widerrufen  und  um  Gnade 
bitten,  widrigenfalls  gegen  sie,  falls  sie  verhaftet  würden,  mit 
der  gesetzlichen  Strafe  verfahren  wird;  damit  sich  endlich  nie- 
mand mit  der  Unkenntniss  der  Mandate  entschuldige,  sollen  sie 


^  Causa  Domini,  137. 

2  Ibid.  n,  165. 

»  Ibid.  II,  199/2.     Für  diesen  Wink   erstattet  der  Cardinal    am   24.  März 

seinen  Dank. 
*  Bericht  des  Regiments  vom  23.  Februar.    Causa  Domini  II,  168. 
»  Causa  Domini  U,  216—218. 
'  Gedruckt;  in  der  v.  Beck' sehen  Sammlung. 


464 

bis  zu  Pfingsten  an  jedem  dritten  Sonntage  und  von  da  an  alle 
Quatembersonntage  in  der  Kirche  durch  Gerichtsverordnete 
verlesen  werden.^ 

Das  Fest  der  Palmen  ging  vorüber,  aber  nur  wenige  Pe^ 
sonen  zeigten  sich  selber  an.  Inzwischen  nahmen  die  Processe 
gegen  einzelne  Wiedertäufer  in  Heran  und  Kuf stein  ihren 
Fortgang.*  Der  Pfleger  Hans  Vinsterwalder  berichtet,  dass  sich 
Wiedertäufer  in  nicht  geringer  Zahl  ,in  das  Zillerthal  gethan^ 
Dem  Probst  im  Zillerthal  Georg  Eeutschacher,  dem  Pfleger  von 
Kropfberg  und  dem  Richter  in  Rottenburg  wird  befohlen,  zu 
rathschlagen,  wie  solche  Personen  auszukundschaften  wären. 
Zugleich  wird  gemeldet,  dass  der  Bund  zu  Schwaben  ,400  Pferde' 
zur  Abstellung  und  Strafe  der  Wiedertäufer  aussende;  zu  dieser 
Zahl  sind  ,von  diesem  Lande  53  Pferde  auf  Oculi  zu  Kempten 
auf  dem  Musterplatz  zu  stellen^^ 

Am  5.  März  meldet  die  Regierung  dem  Landrichter  zu 
Schwaz:  Dortselbst  werde  ein  gedrucktes  Büchlein  feilgeboten, 
in  welchem  ,der  Wiedertauflf  gemalt  sein  soll  fllr  jene,  die  nit 
lesen  könnend  Es  wird  befohlen,  das  Büchlein  zu  confisciren 
und  nach  den  Verkäufern  zu  fahnden.*  Dass  trotz  aller  bis- 
herigen Verfolgungen  noch  ,Principal'- Wiedertäufer  in  der  Herr- 
schaft Rattenberg  und  den  Thälem  ,herumschleichen',  liess  sie 
dem  Berg-  und  Landrichter  daselbst  mittheilen.^  Sechs  Tage 
später  berichtet  die  Regierung  an  den  König  (unter  Anschloss 
der  betreffenden  Urtheilsabschriften)  über  die  in  Rattenherg 
eingezogenen  Wiedertäufer  und  wie  mit  ihnen  bisher  vorgegan- 
gen sei.®  Zu  derselben  Zeit  wurden  in  Kitzbüchl  mehrere 
flüchtige  Wiedertäufer  in  Haft  genommen.'  Die  Frau  eines 
,ausgekommenen'  Wiedertäufers  von  Rattenberg  bittet,  ihr  von 
dessen  Vermögen  flir  sein  zurückgelassenes  Kind  etwas  ,zu  ver- 
abreichen'.® 


*  CauBa  Domini  II,  178. 
"  Ibid.  n,  182,  183. 

'  Ibid.  n,  185/2.  Peßtarcbiv:  Im  Marcio  1528  iare  hat  der  pundt  zu  Schwa- 
ben 400  pferdt  zu  straffen  auf  die  W.  T.  erkennt. 

*  Causa  Domini  II,  187. 
»  Ibid. 

*  Citirt  im  kgl.  Erlass  vom  17.  März  1528.  Innsbrucker  Statthaltereiarchiv. 
Von  der  kgl.  Majestät  üb.  n,  fol.  164. 

^  Causa  Domini  11,  199. 
«  Ibid.  202. 


465 

Infolge  der  zahlreichen  Anfragen,  wie  man  sich  in  gewissen 
Fällen  den  Wiedertäufern  gegenüber  zu  verhalten  habe,  erliess 
die  Regierung  (unter  Hinweisung  auf  das  Edict  vom  28.  August 
1527)  am  1.  April  eine  Art  Executionsordnung  ,als  ein  Land- 
satzung und  Recht':  Damach  wird  die  Frist  zur  Selbstanzeige 
bis  zum  Sonntag  Misericordia  (26.  April)  erstreckt.  ,Welche 
diese  Frist  benützen,  ihren  Irrthura  öffentUch  abschwören,  des 
mständigen  Pfarrers  Busse  auf  sich  nehmen  und  ihre  Verführer 
anzeigen,  sollen  des  Lebens  gefristet  und  des  Freimanns  Strafe 
ledig  sein  und  allein  mit  einer  Haft  von  8  bis  14  Tagen  bei 
geringerer  Speise  und  Bezahlung  der  Atzung  gestraft  werden.* 
So  soll  es  auch  denen  gehen,  die  jetzt  im  Gefängnisse  liegen. 
Die  Strafe  derer,  so  sich  vor  oder  nach  Misericordia  in  den 
Irrthum  begeben  und  nach  dieser  Frist  sich  selbst  anzeigen 
oder  ins  Gefängniss  kommen,  bleibt  dem  Ermessen  der  Regie- 
rung überlassen;  die  aber,  welche  jetzt  im  Thurme  liegen  oder 
künftig  dahin  gebracht  werden  und  in  ihrem  Irrthum  verharren, 
ßoU  man  zum  Tode  durch  ,den  Brand'  verurtheilen,  wenn  sie 
aber  nach  der  Verurtheilung  ihre  Sünden  bereuen,  zum  Schwerte 
begnadigen;  doch  bleiben  ihre  Güter  verfallen.  Welche  die 
Anderen  verführt  und  getauft  haben,  die  sollen  ohne  Unterschied, 
ob  sie  widerrufen  wollen  oder  nicht  ,mit  dem  Brande'  hinge- 
richtet werden  und  ihr  Gut  der  Kammer  verfaUen.  So  werden 
auch  die  rückfälligen  Täufer  behandelt.  Die  Güter  der  Flüchti- 
gen sind  aufzunehmen  und  zur  landesfürstlichen  Kammer  ein- 
zuziehen. Eine  besondere  Verordnung  wird  bestimmen,  wie  es 
mit  dem  Verbrennen,  Abbrechen  oder  Absperren  der  Häuser 
zu  halten  sei,  in  welchen  die  Wiedertäufer  ,Nachtmal',  Predig- 
ten oder  Versamndungen  abgehalten.^  ,Denmach  gebieten  wir 
Euch,   Allen   und  Jedem,    dass  Ihr   diese    unsere   Begnadung 

^  Mandat  Ferdinands  I.  vom  1.  April  1528;  gedruckt.  Hinweis  auf  das  Ofher 
Edict,  Cod.  Austr.  I,  642.  Statthaltereiarchiv.  Causa  Domini  II,  211. 
J.  T.  Kripp,  S.  29.  In  dem  Abdruck,  der  sich  in  der  Beck'schen  Samm- 
lung findet,  steht  zu  den  Worten  Sonntag  Misericordia  Domini:  Diss 
wirdt  noch  also  gehalten,  wiewol  der  termin  Misericordia  Domini  des 
1528  iars  lengst  verschinen  ist,  aus  Ursachen  des  speier^schen  abschieds 
de  anno  1529.  Im  Auszug  im  Pestarchiv.  Dort  heisst  es  noch  (XYIII, 
39):  Am  vierten  tag  Aprilis  ist  ain  mandat  ausgangen,  das  die  Obrig- 
keiten, die  recht  sprechen,  schworen  lassen  sollen,  nach  dem  mandat  am 
ersten  tag  Aprilis  ausgangen  und  nit  änderst  zu  urtlen.  Vgl.  Causa  Do- 
mini II,  212.    V.  Kripp  a.  a.  O.,  S.  30. 


466 

allenthalben  in  Städten  und  Gerichten  Eurer  Verwaltung  auf 
den  Kanzeln  dem  Volke  verlesen  und  darnach  öffentlich  an- 
schlagen lasset/  Dasselbe  Mandat  liess  der  Bischof  von  Brixen 
am  8.  April  an  alle  Hauptleute,  Pfleger,  Landrichter  u.  s.  w. 
ausgehen/  Hier  heisst  es  am  Schlüsse;  ,Den  Seelsoi^em  wird 
heimgegeben,  das  Volk  zur  Fasten-  und  Osterzeit  zur  Beicht 
und  Communion  anzuhalten/ 

Mit  erneutem  Eifer  wurde  den  Wiedertäufern  nach- 
gespürt: Am  2.  April  wird  dem  Landrichter  von  Rattenberg 
befohlen,  dem  Priester  Virgil  Plattner,  ,der  ein  rechter  Wieder- 
täufer sein  soll',  nachzustellen;*  gegen  Jörg  Vasser  von  Schwaz 
wird  ein  Steckbrief  erlassen*  und  an  Hans  Vinsterwalder  an 
demselben  Tage  verordnet,  wie  er  gegen  die  Kitzbüchler  Ge- 
fangenen vorzugehen  habe:  diejenigen,  heisst  es  daselbst,  welche 
der  Haft  entlassen  oder  gegen  Bilrgschaft  auf  freien  Fuss  ge- 
setzt werden,  sollen  ein  Jahr  hindurch  ,beim  Umgang  und  beim 
Amt  der  Messe'  eine  brennende  Kerze  tragen  und  ein  Jahr  in 
kein  Weinhaus  und  keine  Versammlung  gehen,  drei  Jahre  nach- 
einander aber  Zeugniss  bringen,  dass  sie  zur  österlichen  Zeit 
das  Sacrament  genommen.  Die  Häuser  in  Oberpannin,  Tauer, 
Sepach,  am  Oberlahn,  am  Püchl,  Pfaffenbei^  und  Mttnichau^ 
,wo  Nachtmal  und  Versammlung  der  Sekt'  stattfand,  sollen,  wo 
es  angeht,  zu  einem  Exempel  verbrannt  oder  niedergeworfen 
werden/  Dem  Richter  zu  Hertenberg  wird  bedeutet,  dass  die 
Wiedertäufer  im  Gerichte  Petersberg  einreissen/ 

Am  3.  April  wurden  nach  Hall  Weisungen  in  diesem 
Sinne  gesandt,*  Tags  darauf  nach  Stain  auf  dem  Ritten'  und 
gleichzeitig  an  den  Landrichter  nach  Bozen  gemeldet:  yEß  haben 
die  Prälaten,  Herren,  Adel,  Städte  und  Gerichte  des  Landes 
an   der  Etsch,   das   Burggrafenamt,   Vientel   am   Eisack   und 


'  Statthaltereiarchiy  Innsbruck.  Cop.-Buch.  Brixner  Documente.  Vgl.  Sin- 
nacher  VII,  264—266. 

•  Causa  Domini  ü,  207. 

®  ,8chwarzer  Bart,  volles  Gesicht,  lange  junge  Person,  tragt  rote  Flaggen 
(sie)  auf  bramtem  Hut  oder  Piret,  dunkelblauen  Wappenrock,  nennt 
sich  etwa  auch  Balbierer*.  2.  April.  Causa  Domini  II,  203.  Embietcn- 
und  Befehlbuch  152S,  fol.  205. 

*  Causa  Domini  H,  206,  207. 
«  Ibid.  204.  de  dato  2.  April. 
«  Causa  Domini  II,  20S. 

'  Ibid.  n,  212. 


467 

Vinschgau,  so  jüngst  zu  Bozen  versammelt;  bei  der  oberöster- 
rcichischen  Regierung  schrifUieh  gebeten^  die  (zu  Bozen)  ge- 
£uigenen  Wiedertäufer  in  Ansehung  ihres  Unverstands  ohne 
Verletzung  ihrer  Ehren  gegen  eine  ziemUche  Strafe  zu  erledigen/ 
Eß  wird  demnach  befohlen,  mit  den  Wiedertäufern,  so  sie  wider- 
rufen, glimpflich  zu  verfahren.^  Der  Fürstbischof  von  Brixen 
erhält  dagegen  einen  gelinden  Tadel,  dass  die  gegen  die  Brixner 
Wiedertäufer  gefkUten  Urtheile  ^u  gering  und  liederUch'  lauten. 
In  Zukunft  möge  man  sich  nach  den  erflossenen  Mandaten 
richten.*  Ueber  Jörg  Vasser  wird  an  die  Richter  zu  Herten- 
bei^  und  Petersberg  geschrieben,  dass  er  in  und  zu  Stams 
etliche  getauft  habe  (die  seitdem  widerrufen)  und  nun  sammt 
seinen  Gesellen  und  einer  Frau  flüchtig  geworden  und  seinen 
Weg  gegen  Telfs  genommen  habe.*  Vierzehn  Tage  später 
wurde  das  Mandat  erlassen,  die  Wiedertäufer  ,nit  zu  hausen, 
herbergen,  atzen  oder  tränkend*  Den  Wiedertäufer  Augustin 
Wurmb  aus  Brixleg,  der  ftinf  Personen  getauft,  wollte  die  Re- 
gierung nicht  begnadigen:  er  soU  vielmehr  festgenommen,  sein 
Hab  imd  Gut  eingezogen  und  wider  ihn  nach  den  Mandaten 
verfahren  werden.*  An  Jakob  Fuchs  wird  die  Weisung  ge- 
sendet, dass  es  ihm  nicht  zustehe,  die  Güter  der  auf  dem  Rit- 
ten gerichteten  Wiedertäufer  zu  behalten,  sondern  dass  er  sich 
diesfalls  nach  den  Satzungen  zu  richten  habe.^ 

Inzwischen  wusste  der  König  den  auf  dem  Landtage  zu 
Znaim  versammelten  Ständen  von  Mähren  die  Zustimmung  zur 
Ausweisung  der  Wiedertäufer  abzuringen.  Viele  Brüder,  die  da- 
selbst ein  neues  Heim  geftmden  hatten,  kehrten  nun  ihre  Blicke 
wieder  der  alten  Heimat  zu.  Als  Ferdinand  hievon  Kunde  er- 
halten, beeilte  er  sich,  die  Innsbrucker  Regierung  in  Kennt- 
niss  zu  setzen  und  aufzufordern,  auf  die  Täufer,  deren  be- 
reits eine  grosse  Zahl  aus  Mähren  entronnen  sei,  guten  Fleiss 
zu  haben.''     Als  Personen,   auf  welche  insbesonders  zu  achten 


^  Causa  Domini  II,  209. 

*  Innsbruck,  5.  April.  Orig.  5  Siegel.    BrLxen,  Lade  112,  Nr,  5,  Lit.  A. 

*  Innsbruck,  7.  April.     Causa  Domini  II,  214. 

*  Pesterchiv  XYII,  39.     Causa  Domini  II,  216.     v.  Kripp,  30. 

^  Innsbruck,  24.  April.     Causa  Domini  II,  219.     Laut  Entschliessung  vom 
8.  Mai  wurde  die  Habe  seinem  Weib  und  seinen  Kindern  überlassen. 

*  Embietenbuch,  fol.  302. 

'  Keacript  de  dato  Deutschbrod,  4.  April  lö28. 


468 

sei,  werden  genannt:  Jörg  von  Passau,  Hans  Hut  von  Bibra, 
Andre  Riess  von  Utzing,  Michael  Milter  von  Schwabthal,  Hans 
Gruber  von  Eggenhof,  Hans  der  Schwab,  Hans  von  Langstadt, 
dann  einer,  genannt  Tauffer  oder  Vasser  von  Schwaz.* 

Mit  dem  Verbote,  die  Wiedertäufer  gastlich  aufzunehmen^ 
war  die  Reihe  der  Mandate  für  dieses  Jahr  abgeschlossen.  Die 
Regierung  hatte  gleichwohl  Gelegenheit,  die  Richtigkeit  von 
Luther's  Ausspruch  zu  erproben:  dass  die  Secte  statt  abzu- 
nehmen, wundersam  wachse  —  ,wachse  durch  den  grossen 
Schein  der  Lebenden  und  die  grosse  Kühnheit  der  im  Feuer 
und  Wasser  Sterbenden^  Bei  ihrem  Bekehrungswerke  hatte 
sie  mit  grossen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen,  von  denen  nicht 
die  kleinste  die  schon  oben  mehrfach  erwähnte  Lässigkeit  ihrer 
Organe  und  des  Volkes  Widerwille  gegen  das  fortwährende 
Blutvergiessen  war.  Die  Lässigkeit  des  Pflegers  zu  Guffi- 
daun  bewirkte  es,  dass  Wiedertäufer  in  seinem  Gerichte  un- 
gestraft umherstreifen  und  Versammlungen  abhalten  konnten. 
Nicht  viel  anders  lagen  die  Dinge  in  Sterzing.  Die  Regierung 
erlahmte  indessen  nicht:  auch  in  den  folgenden  Monaten  fehlte 
es  nicht  an  Täuferprocessen,  so  gegen  Egidi  Marpeck  in  Rat- 
tenberg* und  Hans  Sehwaighofer  in  Kitzbüchl;*  an  dem  letzt- 
genannten Orte  schwuren  am  5.  Mai  106  Personen  die  Wieder- 
taufe ab;  36  von  ihnen  wurden  rückfllllig;  doch  Hessen  sich 
von  den  letzteren  auch  noch  dreizehn  zur  Busse  bewegen.* 
Dem  Richter  zu  Rattenbei^  wird  die  Weisung  ertheilt,  die 
Wiedertäuferinnen  zu  Colsass  auf  den  Pranger  zu  stellen  und 
mit  Ruthen  zu  streichen.^  Am  9.  Juni  wird  über  wiedertäuferi- 
sche Propaganda  in  Vells  berichtet:  Hier  taufte  Jörg  Zaun- 
ried, dessen  Namen  nun  zuerst  erwähnt  wird,  ein  Vorsteher 
der  Wiedertäufer,  den  Michel  Kirschner  ^  und  machte  ihn  gleich- 
falls zu  einem  Vorsteher;  diesen  finden  wir  in  der  Mitte  August 
im  Etschlande  thätig.  In  Hall  wurde  der  ,Salzmaier'  Anton 
Stoss,  Sohn  des  aus  Sachsen  eingewanderten  Protonotars  Ulrich 


^  Von  kgl.  Majestät  L.  U,  173.     Causa  Domini  U,  216. 
'  Causa  Doniini  II,  224  (Mai  6). 
»  Ibid.  n,  222  (Mai  9). 

*  Bericht  vom  13.  Mai.    Causa  Domini  II,  229. 
»  Causa  Domini  II,  229. 

•  Ibid.  n,  422. 


469 

Stoss  der  Hinneigung  zur  seelischen  Partei  bezichtigt.^  Ein 
Schreiben  Clemens  VII.  vom  9.  Juli  an  den  Cardinal  und  Erz- 
bischof von  Salzburg*  verbreitet  sich  über  die  vornehmlich  in 
Niederösterreich  ei^ffenen  Massregeln  gegen  die  Wiedertäufer. 
Am  19.  August  nimmt  die  Regierung  den  Bericht  des  Mathias 
Langer  in  Kitzbüchl  zur  Kenntniss.  Dieser  erzählt,  dass  er 
dem  Befehle  nach  am  10.  August  an  dem  Schweighofer  und 
Aschelbeiger  ,des  Fehls'  wegen  die  Execution  auf  offenem 
Platze  habe  ergehen  lassen  wollen.^  Da  habe  eine  Person, 
Namens  Thoman  Hermann  von  Böhmisch- Waidhofen,  vor  Allen 
etliche  scharfe  freventliche  Worte  geredet,  ,dadurch  er  die  Gte- 
£angenen  gern  abwendig  gemacht  hättet  Hermann  wurde  nun 
eingezogen.  Aus  seinem  Bekenntnisse  wurde  gefunden,  ,dass 
er  ein  rechter  RadelfUhrer  und  Tauffer,  auch  in  diesem  Lande 
viele  getauft  habe'.  Am  28.  August*  vor  die  Geschworenen  ge- 
stellt^ wurde  er  von  diesen  zwar  ,zum  Brande'  verurtheilt  und 
sofort  verbrannt,  aber  die  ,Geschworenen  hätten  ein  Entsetzen 
gehabt,  anzugeloben  und  sich  hören  lassen,  dieweil  sie  nit 
wissen,  ob  solch'  unser  Ordnung  und  Satzung  in  solchem  Fall 
der  Wiedertauf'  von  den  Ständen  der  Landschaft  angenommen 
sei  oder  nit'.  Langer  erhielt  am  2.  September  die  Weisung,  in 
ähnlichem  Falle  firemde  Geschworene  und  Rechtsprecher  beizu- 
ziehen, damit  dem  Rechte  genug  geschehe. 

Von  dem  Richter  in  Kitzbüchl,  ,der  so  viele  verurtheilen 
und  tödten  Uess',  erzählen  die  Geschichtsbücher  der  Wieder- 
täufer, dass  er  später  selbst  als  Ketzer  erftinden  ward,  ,was 
aber  um  keines  Glaubens  willen  geschah,  sondern  dass  er  auch 
hier  vor  der  Welt  musst'  zu  Schmach  und  Unehr  kommen'. 
Auch  den  Gerichtsschreiber  traf  ,die  Rache  Gottes':  ,Als  er 
im  Winter  auf  einem  Schütten  in  der  Stadt  herumfuhr,  warf 
ihn   das  Ross  an  ein  Eck  in  der  Gassen,   dass   ihm   die  Him- 

»  Juni  29. 

*  Gleichzeitige  Copie  in  der  v.  Beck^schen  Sammlung. 

*  Siehe  auch  die  Geschichtsbücher  der  Wiedertäufer,  8.  65. 

^  Causa  Domini  II,  278,  288.  Das  Vergehen  Hermann's  wird  in  den  Ge- 
schichtsbüchern, S.  66,  angemerkt:  Auf  den  Spott  der  Menge:  ,Ei,  wie 
fein  lassen  Eure  Lehrer  das  Leben  für  Euch/  hatte  er  gesagt:  ,Ja,  das 
ist  die  göttliche  Wahrheit,  die  will  ich  mit  meinem  Blute  bexeugen.* 
,8ein  Herz  kunt'  man  nit  verbrennen;  sie  wurfen's  zuletzt  in  einen  See.' 
Ueber  Hennann  als  LiederdicJiter  siehe  Geschichtsbücher,  8.  66. 

*  Ebenda. 


470 

schalen  heraosgangen  ist.  Hat  also  seinen  Kopf  nit  sanft  hin- 
gelegt, wie  der  Bruder  Hans  Kitzbüchler  und  Christian  Häring 
davon  gewusst  haben/ 

Im  Oetober  1528  tauchen  Wiedertäufer  im  Gerichte  Car- 
neid  auf;^  am  22.  erhält  der  Pfleger  auf  dem  Ritten  die  Wei- 
sung, nach  vier  mit  Namen  genannten  Wiedertäufern,  die  sich 
bei  dem  Wirthe  Prior  zu  St.  Piligrim  aufhalten,  zu  fahnden. 
Im  November  und  December  zeigen  sich  Wiedertäufer  im 
Gerichte  Wangen,  im  Gerichte  Vells,  dann  zu  Griess  \md 
Bozen;*  die  auf  dem  Ritten  wurden  im  December  verhört;* 
am  24.  d.  M.  sagt  sich  ein  Wiedertäufer  auf  Prefels  von  der 
Secte  los;  ebenso  hört  man  neuerdings  von  Wiedertäufern  auf 
dem  Ritten  und  im  Oetzthal,*  zu  Kurtatsch  und  Michels- 
berg.^ 


4.  Ausbreitang  and  Abwehr  des  Anabaptfsmas  nOrdlieh 
and  sfidlleh  vom  Brenner  (152&— 1529). 

Zu  den  rührigsten  Wiedertäufern  am  Eisack,  Ritten  und 
Umgebung  gehörte  Jörg  Zaun  ring  (Zaunried)  ,aus  dem  Inn- 
thaP,  Huter's  nachmahger  Gefährte  und  Säckelmeister.  Er 
taufte  im  Sommer  1528  viele  Leute  am  Ritten,  zu  Vils  und  um 
Völs.  Auch  der  von  ihm  getaufte  Kirschner,  von  Haus  aus 
Klesinger  genannt,  unternahm  es,  das  Apostelamt  zu  versehen 
und  lehrte  in  und  um  Teutsch-Noffen,  im  Gerichte  Guffi- 
daun,  Kurtatsch,  Kaltem,  bei  Leifers  und  Clausen,  überall 
der  Gegenstand  eifriger  Nachstellimgen,  bis  es  dem  Richter  von 
Kitzbüchl  am  25.  April  1529  gelang,  ihn  in  einer  nächtlichen 
Brttderversammlung  zu  Kitzbüchl  zu  überfallen  und  mit  sieben 
Genossen  gefangen  zu  nehmen.*  Auf  die  Anzeige  hievon  e^ 
hielt  Mathias  Langer  am  1.  Mai  1529  den  Aufkrag,  ihn,  ,der 
ein  Vorsteher  sei  und  laut  seiner  eigenen  Aussage  über  100  Men- 


^  Causa  Domini  U,  308,  312. 

«  Ibid.  n,  324,  328. 

'  Notiz  in  der  v.  Beck^schen  Sammlnng. 

*  Kath.  Blatter  für  Tirol  1868,  8.  13.    Vgl.  auch  den  Boten  für  Tirol  1862, 

S.  238,  flber  Wiedertäufer  in  Rattenberg  etc. 
»  Causa  Domini  II,  JEnner  1Ö29.  Oeorgii  Registr.  Prot.  XI,  fol.  573.  Brixen. 
«  Causa  Domini  II,  401—402. 


471 

sehen  getauft  habe,  nach  Innsbruck  zu  bringen.  Dort  und  nicht 
in  Kitzbüchl  wolle  man  über  diesen  Principal -Vorsteher  die 
Rechte  ergehen  lassend  Durch  zwei  jAinspenniger^  nach  Inns- 
brack  gebracht,  lag  er  dort,  allen  Bekehrungsversueben  unzu- 
gänglich, im  Kräuterthurm  und  bestieg  am  2.  Juni  bei  der 
Schiessstätte  jenseits  der  Innbrücke  den  Scheiterhaufen.^  Man 
hatte  es  mit  seiner  Hinrichtung  so  eilig,  dass  die  sogenannten 
Geheimartikel,  welche  am  6.  Juni  vom  Hofe  der  Regierung 
eingesendet  wurden,  um  aus  ihnen  zu  entnehmen,  wessen  man 
sich  von  Ktlrschner  zu  versehen  hatte,  nicht  mehr  benützt  werden 
konnten.*  Die  Artikel  waren  dem  Könige  durch  eine  ,treffen- 
lich  glaubwürdig  rittermässige^  Person  überantwortet  worden. 

Von  Seiten  des  Landesfürsten  geschahen  alle  nothwendi- 
gen  Schritte,  um  dem  Umsichgreifen  der  Secte  Halt  zu  gebieten. 
Das  Mandat  vom  6.  Februar  1529  *  erneuert  die  früheren  Er- 
lässe. Wir  finden,  heisst  es  dann  weiter,  ,durch  genugsam 
Unterricht  und  tägliche  Erfahrung,  dass  an  etlich  Orten  die 
Urtheilsprecher  nit  nach  Ausweisung  unserer  Satzungen,  son- 
dern nach  ihrem  eigenen  Sinn  urtheilen  wollen  und  die,  so 
billig  ihrem  Verschulden  nach  am  Leben  zu  strafen  gewesen 
wären,  ledig  erkannt'.  Da  etliche  solche  Personen  ihre  Gelübde 
urid  Eide  verachtet,  ,so  dass  diese  verführerische  Secte  sonder- 
lich im  Land  unserer  Grafschaft  Tirol  auf  diesen  Tag  mehr 
denn  in  einem  anderen  Land  geftinden  werden,  so  setzen  wir 
fest,  dass  hinfliro  alle  und  jede  Manns-  und  Weibsperson,  die 
sich  wiedertaufen  lassen,  so  sie  betreten  wird,  ins  Geßlngniss 
gebracht  und  an  Leib  und  Leben  gestraft  werde  und  dass  auch 
die  Richter  imd  Urtheilsprecher  in  den  Städten  und  Gerichten 
also  und  nit  anders  urtheilen  sollen  und  darum,  ehe  sie  sich  zu 
,den  Rechten'  niedersetzen,  einen  Eid  zu  Gott  und  den  HeiUgen 
schwören  und  keiner  sich  des  verwidem  solle'. 

Man  vernimmt  nichtsdestoweniger  auch  aus  den  nächsten 
Wochen  und  Monaten  von  zahlreichen  Processen  gegen  Wieder- 
täufer:   so    wurde    im    Februar    1529    Wilhelm    Stabmüller   in 


*  Causa  Domini  U,  422. 

*  Von  kgl.  Majestät  des  oberösterr.  Regiments  zu  Innsbruck  ,Wiedertäufer- 
Ärtikel*  LII,  fol.  400. 

*  Statthaltereiarchiv  Innsbruck.    Causa  Domini  II,  »49.    Peetarchiv  XVm, 
39  (mit  Glossen).     Vgl.  die  Geschichtsbücher,  S.  90. 


472 

Rattenburg  gerichtet,^  der  Process  gegen  Hans  Kofier  daselbst 
wieder  aufgenommen;^  den  Geschworenen  zu  Bozen,  die  sich 
renitent  benommen,  eine  Rüge  ertheilt,*  über  Wiedertäufer  in 
Clausen  und  Guffidaun  geklagt.*  Die  Regierung  höre  mit 
Missvergnügen,  dass  der  Pfleger  zu  Guf&daun  etUchen  Wieder- 
täufern in  seiner  Verwaltung  den  Aufenthalt  gestatte  und  dringe 
darauf,  dass  dieser  Pfleger  entfernt  werde.^  Im  Gerichte  Mi- 
chelsberg und  Sonnenburg  machen  sich  Wiedertäufer  bemerk- 
bar.^ Von  Speier  aus  befiehlt  König  Ferdinand,  dass  die  Re- 
gierung 50  Knechte  auf  sechs  Wochen  oder  zwei  Monate 
unterhalte  und  drei  Inquisitoren  einsetze,  damit  man  der  wieder- 
täuferischen Secte  in  der  Gtrafschaft  Tirol  beikomme.'  Einen 
solchen  Vorschlag,  einen  Hauptmann  mit  etUchen  Knechten  gegen 
die  Sectirer  aiiszusenden,  machte  ein  Schwazer,  Namens  Jobst 
Engenst.®  Die  Regierung  verordnete  am  1.  April,  an  einem 
Tage,  an  welchem  von  dem  Auftauchen  von  Wiedertäufern  im 
Zillerthale,  und  zwar  in  Kropf berg  berichtet  wird,*  dass  ,in  den 
verdächtigen  Bezirken^  zwei  Knechte  auf  Kosten  der  Kanmier 
aufzustellen  seien,  ,die  den  mit  dem  Wiedertauf  Befleckten  nach- 
zustellen hätten'. 

Die  bedeutendsten  Herde  der  Wiedertaufe  waren  Ster- 
zing,  Hall  und  Kitzbüchl.  Bürger,  Bauern  und  Knappen 
zählten  zu  den  Tau%esinnten  und  füllten  die  kaum  leer  ge- 
wordenen  Kerker  immer  wieder  aufs  Neue,  begierig,  ,die  blutige 
Rose  zu  pflücken,   nach  welcher  das   treue  Herz   sich   sehnte'. 

Zu  den  Taufgesinnten  in  Sterzing  gehörte  Ulrich  Stadler, 
den  wir  später  als  Lehrer  und  Vorsteher  der  Brüder  in  Mähren 
und  Polen  treffen.  ,Zu  Hall',  meldet  Schweyger's  Chronik,  ,8eind 
vil  Person,  Mann  und  Weib  und  Jungfrauen,  Jung  und  Alt, 
in  die  Sect'  der  Widertouffer  kumen.  Haben  nachmals  diese 
Sekt'  widerruft  durch  Unterweisung  Magistri  Christoffen  LandtB- 


^  Statthaltereiarchiy  Inimbnick. 

*  Cansa  Domini  II,  360. 

*  27.  Febraar.  Causa  Domini  II,  351. 

*  Brix.  Keg.  Pract  11,  fol.  224. 
^  Caasa  Domini  II,  35S. 

*  Ibid.  18.  MÄra. 

*  18.  M&rz.  Speier.  Innsbrucker  Archiv.  Gesch.  vom  Hof,  1629. 
^  Orig.  Hof  kammerarchiv, 

*  Causa  Domini  II,  370. 


473 

perger,  dieser  Zeit  Pfarrherr  und  Prädicant/  Zu  den  Gefangenen 
in  Hall  stellten  die  Ende  August  1529  durch  den  Richter  in 
Hertenberg  in  einer  Au  bei  Mils  aufgehobenen  Täufer  die 
grösste  Zahl.  Unter  ihnen  waren  die  ihrer  Standhaftigkeit 
in  den  Chroniken  und  Liedern  gefeierten  zwei  ,Schwe8tem^, 
Annele  Malerin  und  Urschl  Ochsentreiberin,  die  durch  einen 
Bäcker  und  Tuchscherer  in  Hall  der  Wiedertaufe  zugeführt 
worden  waren.*  Die  Mehrzahl  der  Gefangenen  bequemte  sich 
zum  Widerruf.  Sie  hatten  demnach  zu  beichten,  dann  an  einem 
Sonntag  vor  dem  Umgang  oder  dem  Amte  die  Wiedertaufe  ab- 
zuschwören, an  demselben  und  den  nächstfolgenden  zwei  Sonn- 
tagen ,barhaupt  und  barfuss'  in  der  Procession  vor  dem  Pfarrer 
zu  gehen  und  während  des  ganzen  Amtes  vor  dem  Altare 
khieen  zu  bleiben.  Ausserdem  hatte  Jeder  einen  schriftlichen 
Widerruf  zu  unterzeichnen,  der  also  lautete:*  ,Ich  bekenne, 
als  ich  mich  in  die  verführerische  Secte  der  Wiedertaufe 
und  was  daran  hängt,  bewegen  hab'  lassen,  dass  ich  daran 
unrecht  gethan  und  mir  von  ganzem  Herzen  leid  ist  und 
widerruf  und  verschwöre  dieselbe  verführerische  Sekt'  der 
Wiedertauf*  hiemit  öflFentlich,  zuesag  und  verpflicht'  mich  von 
dieser  Stund  hinfür  mein  Lebelang  der  Einigkeit  der  christ- 
lichen Kirche  anzuhangen  und  mich  davon  keineswegs  weiter 
abzusondern.' 

Eine  noch  grössere  Ernte  als  in  Hall  und  Sterzing  hielt 
die  Wiedertaufe  in  Kitzbüchl,  wo  der  Gerichtsherr  fem  — 
Kitzbüchl  war  damals  dem  Erzbisthum  Salzburg  verpfllndet  — 
und  die  Pfleger  entweder  nicht  eifrig  genug  oder  ohnmächtig 
waren,  der  Bewegung  lEinhalt  zu  thun.  Die  Zahl  der  1528 
daselbst  eingezogenen  Täufer  betrug  über  200. 

Der  Befehl  des  Abtragens  oder  Abbrennens  jener  Häu- 
ser, in  denen  Wiedertäufer  ihre  Versammlungen  abgebalten 
hatten,  weckte  den  Widerspruch  jener,  deren  Privatrechte  hie- 
durch  geschädigt  wurden.  Daher  wurden  mildernde  Erläute- 
rungen des  genannten  Befehles  ausgegeben:  ,Item  als  weiland 
terr  Cristoph  Fuchs,  hauptmann  zue  Kuefstain  bescheids  be- 
gert,  dieweil  er  bevelch  hab',    die  heuser,   so  die  Widerteuffer 


*  Siehe  die  Geschichtsbücher  der  Wiedertäufer,  8.  90.  Vgl.  Chronik  von  HaU. 
Reg.  in  der  v.  Beck'schen  Suramlung. 

*  Causa  Domini  II,  490,  506,  641. 

Archir.  LXIVIII.  Bd.  II.  HOlfte.  81 


474 

enthalten,  verprennen  zu  lassen,  das  sei  den  grundherren  be- 
schwerlich, gibt  ein  regierung  im  bescheidt:  die  heuser  in 
stetten  sollen  nit  abprennt,  sondern  aUein  die  heuser  auf  dem 
gew.^  Wo  auch  zins  und  gultin  auf  einem  haus  lege,  und 
der,  so  die  Zusammenkunft  gestattet,  soll  er  die  zins  ablösen; 
wo  aber  der  hausherr  nichts  darumben  gewisst,  soll  es  nit  ab- 
geprennt  werden/* 

Eine  andere  Sorge  machte  der  Regierung  die  Unter- 
bringung der  zahlreichen  unmündigen  Kinder,  die  von  den 
Flüchtigen  zurückgelassen  wurden.  Im  Gerichte  Kitzbüchl 
fanden  sich  in  solcher  Weise  im  April  1529  an  40 — 50  eltern- 
lose Kinder;  sie  wurden  in  ein  Haus  gethan  und  ihnen  ein 
Vormund  gesetzt.^ 

Ein  solcher  Flüchtling,  der  Weib  und  Kind,  Hab  und 
Gut  verhess,  um  dem  Rufe  ,der  Posaune  aus  dem  Gebirge 
Ephraim  zu  folgen',  war  der  Dichter  des  Liedes:  ,Kommt  her 
zu  mir,  spricht  Gottes  Sohn'  —  Jörg  Grünwald  von  Kitzbüchl, 
,ein  Principalvorsteher'  der  Täufer.*  Er  hielt  sich  im  Septem- 
ber 1529  zu  Lakstatt  in  Baiem  (Gericht  Klingen)  auf.  Die 
Hauptleute  von  Kufstein  und  Rattenberg  und  der  Pfleger  von 
Kitzbüchl  waren  angewiesen,  seine  Heimkehr  zu  überwachen. 
Er  wurde  im  folgenden  Jahre  in  Kufstein  betreten  und  hin- 
gerichtet.^ Am  7.  December  1529  wurden  wieder  20  Wieder- 
täufer gefangen,  die  in  den  Büschen  eines  Berges  bei  Kitz- 
büchl ihre  Zusammenkunft  abhielten.  Unter  ihnen  waren  neun 
RückftlUige,  die  zuvor  am  Friedhofe  zu  Kitzbüchl  widerrufen 
hatten.^  Viele  von  ihnen  waren  durch  Jakob  Partzner,  ,etwan 
ein  Priester,  der  vor  gueter  Zeit  als  ein  Vorsteher  der 
Secte  aus  dieser  Grafschaft  Tirol  flüchtig  geworden^,  getauft 
worden. 


1  Qew  ■=  das  Land  im  Geg-ensatze  zu  den  Städten;  etwa  der  Weiler  Gangs 
bei  Mttnichau;  da  hatte  der  Richter  von  Kitzbüchl  JOrg  Perger  am 
26.  April  eine  Täuferversammlung  überrascht  und,  wie  oben  erwähnt 
wurde,  sieben  Taufgesinnte  gefangen  genommen. 

*  Causa  Domini  II,  395,  402.    Amtlicher  Extract  im  Pestarchiv. 

'  Das  Regiment  an  dftn  Pfleger  von  Kitzbüchl,  25.  Juni  1529.  Caus» 
Domini  U,  437. 

*  Geschichtsbücher  der  Wiedertäufer,  S.  104/5. 

*  Ebenda. 

^  Causa  Domini  U,  547. 


475 

Die  Bewachung  der  Wiedertäufer  im  Zillerthaley  nament- 
lich um  Kropf  berg,  wurde  dem  salzburgischen  Pfleger  auf  dem 
Schlosse  au%etragen.  Eine  gleiche  Weisung  ging  nach  Ratten- 
bei^  und  Rotenburg  gegen  die  vier  Hauptvorsteher:  Hans 
Streicher,  Adam  Steiner,  Paul  Polt  und  Wol%ang  Maier.  ^  Von 
den  Rattenberger  Täufern  wurde  Christian  Gschöl  im  August 
1529  hingerichtet,  seine  und  die  Güter  der  von  Rattenberg 
flüchtigen  Täufer  eingezogen.^  Dreizehn  Kinder,  die  sie  hinter 
sich  gelassen,  fielen  der  Versorgung  durch  die  Behörden  zu. 

Die  grösste  Zahl  zur  Rattenberger  Malstatt  stellten  die 
von  der  Wiedertaufe  ,angesteckten*  Ortschaften  der  Umgebung 
Brixlegg,  Ratfeld,  Kramsach,  Breitenbach,  Puch  und 
Immin g.  Aus  diesen  Ortschaften  stammten  jene  zwölf  Wieder- 
täufer, Männer  und  Frauen,  die  am  20.  September  eingehefert 
wurden.  Von  den  Frauen  gehörten  vier  angesehenen  Familien 
an.  Vergeblich  war  die  Mühe  des  aus  Schwaz  herbeigerufenen 
Barflissers  Reinhard,  die  Gefangenen  zu  bekehren.  Dem 
Richter  zu  Rattenberg  wurde  hierauf  befohlen,  ,ihnen  ihr  Recht 
ergehen  zu  lassen^^  Einige  der  Gefangenen  leisteten  schliess- 
lich den  Widerruf,  die  anderen  wurden  zum  Tode  verurtheilt, 
das  Urtheil  am  12.  December  vollzogen.*  Wiewohl  die  Manns- 
und Weibspersonen  und  namentlich  der  Rückfällige  (Nick- 
hinger) hart  gemartert  wurden,  konnte  der  Hauptmann  auf 
Rattenberg  aus  ihnen  doch  nichts  herausbringen,  denn:  Sie 
wollen  eher  sterben,  ehe  sie  zu  Verräthem  werden  wollten.^ 
Der  ,kleinen  Anzahl'  des  der  Hand  des  ,Meisters  Hansen' 
verfiiUenen  Volkes  folgten  rasch  nacheinander  mehrere  andere. 


• 

^  Causa  Domini  II,  424. 

*  Ibid.  n,  602,  492. 

*  Ibid.  n,  627. 

*  Vgl.  den  Bericht  über  die  Hinrichtung  des  H.  Nickbinger,  H.  Ober  und 
Kath.  Streicherin  bei  J.  v.  Kripp,  S.  32. 

*  Bericht  CristoflF  Philipps  v.  Liechtenstein  vom  22.  December  1529.  Orlg., 
Papier.  Ein  Siegel  als  Verschluss.  Innsbmcker  Statthaltereiarchiv,  Pest- 
archiv, XVIII,  39.  J.  V.  Kripp,  S.  32.  Copie  in  der  v.  Beck'schen  Samm- 
lung. Auch  über  die  Kosten  solcher  «Rechtfertigungen*  finden  sich  im 
Statthaltereiarchiv  zu  Innsbruck  Aufzeichnungen.  Der  Zöllner  zu  Katten- 
berg  Stephan  Wessner  hat  am  23.  October  dem  Landrichter  26  Gulden 
zu  zahlen ;  für  die  «Rechtfertigung*  vom  22.  December  wurden  81  Gulden 
bezahlt.    Gemeines  Missivenbuch  1530. 

81* 


476 

unter   ihnen   die   ,Principal-Täiifer'   Polt,   Steiner   und   Leopold 
Nicking  von  Brugg. 

Ch.  Philipp  V.  Liechtenstein  eröfihete  in  seiner  Relation 
den  Regenten,  ,seine8  Erachtens  gebe  es  auch  in  Schwaz 
heimliche  Wiedertäufer,  unter  ihnen  5 — 6  Vorsteher.  Mit  dem 
blossen  Streifen  werde  da  wenig  ausgerichtet  sein ;  besser  wäre 
es,  etliche  Vertraute  in  Sold  zu  nehmen,  die  sich  taufen  Hessen 
und  so  leicht  alles  erfahren  könnten ;  man  könnte  solchen  Leuten 
,in  der  Stille'  50 — 60  Gulden  verabreichen.  Auch  sei  bei  ein- 
zelnen Kirchen  kein  Priester  zu  finden,  wodurch  die  Unterthanen 
ohne  Gottesdienst  bleiben.  Endlich  möge  die  Pfarre  in  Ratten- 
berg, die  dermalen  durch  einen  ungeschickten  Gesellpriester 
verwaltet  sei,  ordentlich  vereehen  werdend  Solche  Späher 
wurden  in  der  That  angestellt  und  ihnen  für  die  Ausforschung 
jedes  Vorstehers,  der  hiedurch  eingebracht  wurde,  40  Gulden 
Rheinisch  versprochen.'  Dem  Erzbischof  von  Salzburg  wurde 
nahegelegt,  nach  Ileuth  —  zu  welcher  Hauptpfarre  Rattenberg 
(bis  1786)  gehörte  —  einen  gelehrten  und  geschickten  Ordina- 
rius zu  senden,  da  etliche  Filialkirchen  mit  keinem  Priester 
versehen  seien  und  die  Unterthanen  ohne  Gottesdienst  bleiben. 
Ew.  F.  Gnaden  wissen  gar  wohl,  dass  die  neuen  verführe- 
rischen Secten  nicht  weniger  durch  gute,  gelehrte  und  ge- 
schickte Priester,  als  durch  streng  weltliche  Strafen  abgestellt 
werden.« 

Weniger  als  Rattenberg  war  das  Landesgericht  Sonnen- 
berg (mit  der  Pflegschaft  Wellenburg)  von  Wiedertäufern 
heimgesucht.  Dieses  tibte  die  peinliche  Gerichtsbarkeit  auch 
über  die  Stadt  Innsbruck  aus.  Hier  wurden  im  Spätherbste 
1529  der  Buchhalter  Balthasar  Vest  und  seine  Hausfrau  als 
Wiedertäufer  festgenommen.^  Beide  verweigerten  den  Wider- 
ruf (6.  December)  und  wurden  vier  Tage  später  gerichtet 
Dire    Habe,    darunter    Bücher    und    ein    Häuschen    in    Tauer, 


*  Causa  Domini  II,  566.    Erlass  vom  26.  December  1629. 

'  Zuschrift  der  Regierung  de  dato  Innsbruck  25.  December  1629.  Causa 
Domini  H,  666. 

'  Reg.  an  Peter  Braunecker,  Richter  zu  Sonnenburg,  2.  December  1629. 
Causa  Domini  II,  645.  Beide  gerichtet  10.  December  1629.  Hofkammer- 
archiv; daselbst  worden  auch  die  Kosten  fMr  den  Process  venieicbnet. 
Innsbnicker  Archiv.  Embieten-  und  Befehlbuch  anno  1629.  Vgl.  die 
Geschichtsbücher,  S.  90. 


477 

wurden  von  der  Kammer  eingezogen  und  hievon  die  Gerichts- 
kosten bestritten.  Der  Rest  wurde  nicht  den  Verwandten,  die 
darum  ansuchten,  sondern^  dem  Innsbrucker  Bürger  Hans 
Pirger  mit  der  Erwägung  überlassen,  dass  er  sich  früher  in 
der  Kanzlei  des  Kaisers  Maximilian  gegen  geringe  Bezahlimg 
brauchen  Hess,  in  dessen  Kapelle  bedienstet  war  und  sich  in 
diesem  Dienste  einen  ,beinbrüchigen'  Schaden  zugezogen  hatte. 
Begnadigt  wurden  am  26.  und  27.  November  der  Tischler- 
meister von  Innsbruck,  Jörg  von  Werd,  und  der  Tuchscherer- 
meister  Michael  Resch.* 

Weniger  wachsam  war  der  Pfleger  des  Gerichtes  Peters- 
berg, Uhnch  Rungen.  Ihm  waren  von  den  Wiedertäufern,  die 
er  anfangs  JuK  eingebracht  hatte,  in  einer  dunklen  Nacht  fUnf 
entkommen,  woftlr  er  von  Seiten  der  Regierung  gerügt  wurde.' 
Prädicanten  zeigten  sich  zu  Wenns'*  und  um  Flauerling,^ 
besonders  aber  im  Otzthal,  im  Pfarrsprengel  von  ^ilz  und 
zu  Umhausen.  Der  Gesellpriester  dieses  Ortes  neigte  der 
neuen  Lehre  zu  und  soll  im  zwinglisch-täuferischen  Sinne  über 
das  Abendmahl  und  die  Fürbitte  der  Heihgen  gepredigt 
haben.*^ 

Nicht  weniger  tiefgehend  war  die  Bewegung  jenseits  des 
Brenners.  Ende  Februar  wurde  Hans  Kofler,  der  das  Jahr 
zuvor  begnadigt  worden  war,  nach  Sterzing  eingebracht  und 
wenige  Wochen  später  gerichtet;  am  29.  März  folgten  die  bei- 
den Brüder  Steinfelder  und  der  junge  Hofwieser,  am  6.  April 
Heinrich  Goldschmied  und  Blasy  Gengel.''  Dagegen  wurde 
Ulrich  Stadler  aus  dem  Stcrziiiger  Schergenhausc  entlassen. 
Er  leugnete  zu  den  Wiedertäufern  zu  gehören.  Wohl  habe  er 
seit  zwei  Jahren  das  hoch  würdige  Sacraraent  nicht  empfangen, 
aber  nur  deswegen  nicht,  weil  es  ihm  der  Pfarrer,  dem  er 
nicht    zweimal    beichten    wollte,    vorenthalten    habe.     Die    Re- 


*  Kgl.  Erlass.    Prag,  16.  März  1530.    Wiener  Hofkammerarcliiv. 

*  üeber  die  Bedingungen,  unter  denen  Jörg  von  Werd  und  Michael  Resch 
begnadigt  wurden,  siehe  die  Beilagen  Nr.  4. 

*  Causa  Domini  II,  1529. 

*  Ibid.  II,  1529.    Bericht  vom  30.  Mai. 

*  Ibid.    Bericht  vom  9.  September.    Cau«a  Domini  533/J. 

*  Ibid. 

'  Causa  Domini  U,  350,  374.    Missivenbuch  1529. 


478 

gierong  ordnete  hierüber  eine  Untersuchung  an  und  ve^ 
fiigte,  als  sich  diese  ungebührlich  in  die  Länge  zog,  seine 
Freilassung.^ 

Was  die  übrige  Täuferbewegung  jenseits  des  Brenners 
betriflft,  so  finden  wir  im  Jahre  1529  Täufer  erwähnt,  und 
zwar  im  Jänner  im  Michaelsburger  Gerichte  und  zu  Täufers; 
im  Februar  zu  Bozen,  Mölten,  Sterzing,  Samtheim  und  Wan- 
gen; im  März  im  Guffidauner  Bezirke^  dann  um  Michaels- 
burg, Schöneck  und  Sonnenburg;  im  Mai  im  Pusterthale, 
namentUch  um  Metsburg,  Bruneck,  Toblach  und  Michaelshurg; 
im  Juni  bei  Völs,  Bruneck,  am  Ritten,  zu  Brixen,  am  Breiten- 
berg, bei  Bozen  und  im  Michaelsburger  Bezirke;  im  Juli  zu 
Sterzing,  Bozen,  Kurtatsch,  Brixen,  am  Ritten  und  Peytelstein; 
im  August  am  Ritten,  zu  Klausen  und  Guffidaun;  im  Sep- 
tember zu  Vill,  Neumarkt,  Tramin  am  Moos,  bei  Leyfers, 
Klausen  und  Guffidaun;  im  October  zu  Gries  und  Bozen; 
im  November  um  Neumarkt;  im  December  zu  Brixen,  am 
Ritten,  bei  Toblach  und  an  vielen  Orten  des  Pusterthaies,  in 
Kaltem,  in  Deutsch-NofFen  und  im  Fleimser-Thale. 

Im  Michaelsburger  Sprengel  machte  sich  die  Täufer- 
bewegung schon  im  März  derart  bemerkbar,  dass  die  Re- 
gierung den  nachsichtigen  Landpfleger  zu  besonderem  Ernste 
ermahnte.  Ende  April  wurden  13  Täufer  von  hier  an  das 
Gericht  zu  Brixen  abgeliefert^  und  vier  von  ihnen  am  4.  Juni 
hingerichtet;  unter  diesen  befand  sich  ihr  Vorsteher,  der  im 
Pusterthale   vielgenannte  Gregor  Weber  von  Pflaurenz,  Huter's 


*  Causa  Doraini  II,  456,  466.  Reg.- Prot.  11,  fol.  870  in  Brixen.  Causa 
Domini  468. 

*  Unkosten  verzeich  niss  ,auf  die  W.-T.  im  Gericht  Michelsburg  aufgelaufen 
auf  die  15  W.-T.,  so  gen  Brixen  geführt  waren:  1.  als  der  Gregori  Weber 
mitsammt  dem  Wieser  und  drei  seiner  Sohne  gefangen  worden  am  27  Tag 
Aprilis  ...  so  sein  diese  5  gen  Brichson  geführt .  .  .  Zum  andornraal  ist 
gefangen  worden  am  21.  Mai  die  KofÖerin  von  Reischach,  Caspar  Maior 
Pauln;  am  24.  Mai  Wilhalm  Sämsfeuer  in  Pflaurenz,  Marx  in  der  Au, 
Hans  Vischer  zu  Sonnenburg,  Pirchner  zu  Saln,  Agnes  ein  Wittib  zu 
Erspan,  die  Paderin  von  S.  Laurenzen,  die  alt  Wieserin  nnd  ihr  Tochter.* 
Auszug  aus  dem  Orig.  in  Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  B.  Cop.  in  der  v.  Beck- 
schen  Sammlung.  Urgicht  und  Bekauntnus  dieser  Personen  wird  am 
4.  Juni  nach  Innsbruck  gesendet.  Brixener  Archiv.  Georg.  Reg.-Prot  11, 
fol.  845. 


479 

vertrautester  Freund  und  Lehrer.  Er  endete  mit  zweien  seiner 
Brüder  in  Gegenwart  zweier  seiner  Brüder  und  eines  zahlreichen 
Volkes^  auf  dem  Scheiterhaufen.  Seine  Habe  wurde  von  der 
Kammer  eingezogen,  doch  nicht  ohne  Widerspruch  des  Bis- 
thoms,  welches  als  Pfandinhaber  auf  den  Nachlass  des  Hin- 
gerichteten Ansprüche  machte.  Die  Regierung  sprach  am 
11.  Juni^  dem  Bischöfe  gegenüber  den  Wunsch  aus,  es  möchten 
solche  Wiedertäufer  in  Zukunft  an  das  Michaelsberger  Gericht 
znrückgeschickt  werden,  dahin  sie  ordentlich  gehören;  sonst 
würde  Sr.  kais.  Majestät  als  LandesfUrsten  ein  Abbruch  ge- 
schehen. 

Die  Zahl  der  in  den  Gefibignissen  zu  Brixen  liegenden 
Wiedertäufer  erhielt  am  9.  Juni  einen  weiteren  Zuwachs  durch 
einen  Haufen  Wiedertäufer  aus  Kiens  und  St.  Lorenzen,  die 
gleichfalls  durch  den  Pfleger  von  Michaelsburg  aufgebracht 
worden  waren.  Die  Mehrzahl  von  ihnen  wurde  hingerichtet, 
begnadigt  Agnes  Hueterin  von  Moos,  die  leibliche  Schwester 
des  bisher  in  der  OeflFentlichkeit  noch  nicht  genannten  Jakob 
Hueter.^  Nach  Brixen  wurde  nun  auch  der  ehemalige  Brun- 
ecker  Gesellpriester  Benedict  abgeUefert.  Er  war  noch 
Priester,  als  er  gegen  die  Hinrichtung  der  Ketzer  eiferte:  ,dass 
man  die  Christen  von  Glaubens  wegen  ertränke  oder  ver- 
brenne, möge  den  Christen  nicht  kümmern,  das  Werk  Christi 
bleibe  dennoch  ewig  bestehen,  und  Pfleger,  Richter  und  Obrig- 
keiten gleichen  dem  Pilatus,  der  auch  die  Entsetzung  Christi 
vom  Amte  besorgtet  Wegen  solcher  Reden  zur  Verantwortung 
nach  Brixen  gezogen,  wurde  er  wieder  entlassen,  als  er  Besse- 
rung gelobt  hatte.   Aber  der  Muth,  die  Frömmigkeit  und  Zucht 


'  »Es  ist  auch  ein  gross  Welt  von  Volk  hier  gewesen,  allein  die  Jnstitia 
ist  ganz  wol  von  statt  gangen/  Was  sich  dabei  mancher  Zuschauer  gesagt 
haben  mag,  sagt  der  1561  zu  Innabruck  hingerichtete  Jörg  Raik:  ,Er 
habe  mit  eigenen  Augen  gesehen,  dass  mau  zu  Stein  einen,  der  solchen 
Glaubens  gewesen,  verbrannt  habe.  Das  alles  habe  er  zum  höchsten 
beherzigt  und  gedacht,  es  müsste  doch  eine  gewaltige  Gnade  Gottes  bei 
ihnen  sein,  dass  sie  so  beständig  in  ihrem  Herzen  bis  in  den  Tod  ver- 
harren' (Cod.  Gran.). 

'  Orig.,  Lade  112,  Nr.  6,  A. 

'  8tatthaltereiarchiv  Innsbruck.  Causa  Domini  ad  aunum  1629.  Embieten- 
buch. 


480 

der  Wiedertäufer  fUhrten  ihn  bald  ganz  iu  das  Lager  der 
Taufgesinnten. 

In  gleicher  Weise  wie  der  Pfleger  von  Michaelsburg 
räumte  jener  von  Schöneck  in  seiner  Verwaltung  auf.  Eine 
Chronik  nennt  sechs  Personen,  die  ,auf  Schöneck  gerichtet 
worden  sind',  was  wohl  so  zu  verstehen  ist,  dass  sie  da- 
selbst ergriffen  und  in  Brixen  verurtheilt  wurden.  Um  der 
Verfolgten  in  den  Wäldern  und  Einschichten,  wo  sie  zumeist 
ihre  Versammlungen  hielten,  habhaft  zu  werden,  mussten  oft 
zwei  bis  drei  Bezirke  ihre  Streitmacht  aufbieten.  Gleichwohl 
gelang  es  nur  in  sehr  seltenen  Fällen,  das  ,ganze  Nest'  aus- 
zuheben. 

AnsehnUche  Opfer  kostete  auch  die  Malstatt  zu  Bozen. 
Die  Geschworenen  bekundeten  zu  wiederholten  Malen  einen 
heftigen  Widerwillen  gegen  das  fortgesetzte  Blutvergiesseu 
und  verweigerten  unter  dem  Vorwand  den  Gehorsam,  sie 
dürften  sich  nicht  mit  den  Handlungen  von  Personen  be- 
laden, die  nicht  verstockt  oder  malefizisch  sind  und  noch  über- 
dies aus  anderen  Gerichtsbezirken,  wie  Wangen,  Mölten, 
Sterzing,  Sarnthein,  nach  Bozen  gesandt  und  dem  zu- 
ständigen Richter  entzogen  wurden.  Am  26.  Februar  sandte 
der  Landrichter  Jakob  Kuppfer  eine  hierauf  lautende  Be- 
schwerde an  die  Regierung.  Diese  antwortete:  Sage  den  Ge- 
schworenen, dass  es  in  des  Landesherrn  Macht  stehe,  den 
oder  die  Gefangenen  aus  besonderen  Ursachen  einem  jeden 
Gerichte  zu  überantworten.^ 

Der  Ritten  mit  seinen  Einschichten  und  zerstreuten 
Weilern  bot  den  Wiedertäufern  noch  die  meiste  Ruhe  und 
Sicherheit.  Hier  hatten  sie  in  Geraeinschaft  mit  den  Puster- 
thalern  eine  förmliche  Gemeinde  und  einen  Seckelmeister  Jörg 
Zaunring  (Zaunried).  Dieser  hielt  zu  wiederholten  Malen 
auf  dem  Ritten  das  Abendmahl  ab.^  Hier  überfiel  der  Pfleger 
Augustin  Heyerling  eine  Versammlung  und  führte  13  Personen 
gefangen  mit  sich.  Unter  ihnen  befand  sich  Hans  Gasser' 
und  seine  Hausfrau,  beide  schon  1528  beanständet;  nun 
wurde  er  ,des  Widerrufs  und  der  Busse  widcrwilUg  zu  Bozen 


•  Antwort  vom  25.  Februar.    Causa  Domini  II,  351. 

•  Causa  Domini  U,  562. 

•  18.  Juni  1529.    Causa  Domini  ad  annum  1529. 


481 

mit  dem  Schwerte  gerichtet*,^  seine  Frau  mit  mehreren  anderen 
nach  harter  Busse  begnadigt. 

Die  Verfolgung  wurde  mit  um  so  grösserem  Nachdruck 
betrieben,  als  die  Wiedertäufer  in  den  Augen  der  Regierung 
Dicht  allein  als  Ketzer,  sondern  auch  als  Rebellen  und  Auf- 
rührer galten,  deren  Ausrottung  ebenso  sehr  zur  Erhaltung 
des  Friedens  und  der  staatlichen  Ordnung,  wie  des  christ- 
lichen Glaubens  nothwendig  sei.  Darum  wird  in  den  ver- 
schiedenen Mandaten  der  staatliche  Gesichtspunkt  nicht  an  die 
letzte  Stelle  gesetzt.  In  dem  Mandate  vom  1.  April  1528  wer- 
den die  Wiedertäufer  als  eine  Secte  dargestellt,  ,aus  welcher 
nur  Vertilgung  der  Ehre  Gottes,  Verachtung  der  Obrigkeit, 
Ungehorsam,  Krieg,  Verderben,  Blutvergiessen  und  alles  Uebel, 
80  man  leider  seit  mehr  denn  100  Jahren  nicht  so  sehr  wie 
jetzt  gesehen,  erfolgt  ist^  Diese  in  den  Schriften  und  Reden 
des  Hofpredigers  Dr.  Johannes  Fabri  und  aus  den  Handlungen 
der  Regierung  ersichtliche  Unkenntnis  des  eigentlichen  Wesens 
der  Wiedertäufer  erklärt  die  Härte  und  Grausamkeit  der  wider 
sie  angewendeten  Massregeln.  Bei  besserem  Verständnis  ihrer 
Natur  und  Tendenzen  wäre  ,den  Stillen'  im  Lande  zweifellos 
ein  besseres  Geschick  vergönnt  gewesen.  Ein  Aufruhr  lag  ihren 
Bestrebimgen  durchaus  fem,  ebenso  wie  etwa  die  Aufrichtung 
eines  weltlichen  Regimentes,  und  mit  dem  Bauernkriege,  den 
man,  alle  Unzufriedenen  zu  Wiedertäufern  stempelnd,  nur  zu 
gern  auf  ihre  Rechnung  zu  setzen  pflegt,  hatten  diese  dem 
Blutvergiessen  und  dem  ,Schwerte'  grundsätzlich  abholden 
Leute  nichts  zu  schaffen.^ 

Unter  allen  Bezirken  südlich  vom  Brenner  war  der 
Michaclsburger  am  schwersten  heimgesucht,  und  gerade  liier 
war  CS,  wo  der  Hauptwiedertäufer  Jakob  Huter  in  den  schwer- 
sten Tagen  des  Anabaptismus  seine  Wirksamkeit  begann  und 
eine  Thätigkcit  entfaltete,  die  ihm  von  der  wälsch-tirolischen 
Grenze  bis  Kufstein,  von  Eisack  bis  tief  ins  Kärntncrland  alle 
Thore  der  Separatisten  öfinete. 


'  Embieten-  und  Befehlbuch,  1529. 

*  Als  Nachtrag  zu  der  oben  S.  478  gegebenen  Uebersicht  über  die  Aus- 
breitung der  Wiedertäufer  in  Tirol  möge  hier  noch  erwiihut  werden, 
da88  solche  auch  in  Stubai  wahrgonommen  uud  im  September  1529 
aufgesucht  wurden.    Causa  Domini  II,  ad  annum  1529. 


482 


5.  Jakob  Hüter  und  die  Verfolgen ii^  der  WiedertSnfer  In 
Tirol  in  den  Jahren  1529—1530.  Die  Tiroler  In  HXhren. 

Im  Tone  der  Bibel  sprechen  die  Geschichtsbücher  der 
Wiedertäufer  von  Jakob  Huter:  ,In  dieser  Zeit  kam  einer, 
mit  Namen  Jakob/  Er  stammte  aus  dem  kleinen  Weiler  Moos 
bei  St.  Lorenzen  in  der  Nähe  von  Bruneck  im  Pusterthale. 
Auf  der  Schule  zu  Bruneck  nothdUrftig  unterrichtet,  kam  er 
nach  Prags,  um  dort  das  Hutmacherhandwerk  zu  erlernen. 
Dann  griff  er  zum  Wanderstab  und  zog  in  seinem  Handwerk 
hierhin  und  dorthin  und  Hess  sich  endlich  zu  Spital  in  Kärnten 
nieder.  In  Klagenfurt  mag  er  zuerst  mit  den  Lehren  der 
Wiedertäufer  bekannt  geworden  sein,  die  fiir  sein  weiteres 
Leben  so  bedeutungsvoll  waren.  Baiem  und  Schlesien  hat  er 
niemals  betreten.  Von  Gabriel  und  dessen  Schlesien!  hörte 
er  erst  im  Sommer  1529,  als  er,  für  seine  Gemeinde  ein  stilles 
Plätzchen  suchend,  in  Mähren  erschien.^  Nachdem  er  —  man 
weiss  nicht,  in  welchem  Jahre  —  ,den  Gnadenbund  eines 
guten  Gewissens  im  christlichen  Tauff,  mit  rechter  Ergebung, 
nach  göttlicher  Art  zu  wandeln  angenommen,  und  die  Gaben 
Gottes  bei  ihm  reichlich  verspüret  worden  waren,  wurde  er 
zum  evangelischen  Dienst  erwählt  und  bestätigt*.*  In  dieser 
Stellung  durchzog  er  zuerst  das  Pusterthal.  Eine  der  ersten 
kleinen  Täufergemeinden,  an  deren  Spitze  er  stand,  war  jene 
zu  Welsperg.  Sie  versammelte  sich  abwechselnd  im  Hause 
seines  Verwandten,  des  Balthasar  Huter,  oder  im  Hofe  des 
Sensenschmiedes  Andre  Planer.  Bei  dem  ersteren  taufte  er  an 
einem  Tage  zehn  Personen.  Unter  den  ,Brüdcru  und  Schwestern' 
im  oberen  Pusterthale  war  er  unter  dem  Namen  Jakob  Huter 


*  Geschichtebücher,  8.  84.  Dort  ist  auch  die  Meinung  widerlegt,  dass 
Hutor  aus  Welsperg  im  Pusterthale  stammte.  Ohne  allen  Grund  wird 
Huter  von  älteren  Schriftstellern,  wie  Plärre,  Meschovius,  selbst  noch 
von  Hast  (Geschichte  der  Wiedertäufer,  S.  198)  ein  Schüler  des  Nieolau» 
Storch  und  Sohn  eines  Hutmachers  genannt,  der,  wie  noch  neuere  For- 
scher erzählen,  in  Schlesien  und  Baiem  herumgezogen  und  aus  Schle- 
sien vertrieben,  nach  Mähren  gekommen  sei.  Gastius  und  Andere  ver- 
wechseln ihn  sogar  mit  dem  im  Jahre  1527  zu  Augsburg  gestorbenen 
Hans  Hut. 

«  Geschichtsbücher,  S.  84/5. 


483 

von  Spital  in  Kärnten  oder  Jakob  von  Welspei^,  bei  denen  im 
unteren  Pusterthale  und  am  Eisack  als  Jakob  von  Brunecken, 
,wo  er  solcher  Sekt  Verwandschaft  hatte',  bekannt,  bei  allen 
stand  er  in  einem  unbestrittenen  Ansehen.  Von  der  ,Synagoge 
zu  Welsperg'  hatte  die  Regierung  schon  im  Mai  1529  Kunde 
erhalten  und  gab  daher  (am  25.  Mai)  dem  Pfleger  von  Toblach, 
Christoph  Herbst,  welcher  auch  Welsperg  verwaltete,  den  Auf- 
trag, die  Täufer  daselbst  zu  überfallen  und  den  Balthasar 
Huter  und  Andre  Planer  festzunehmen  und  zur  Verantwortung 
zu  ziehen. 

Am  26.  Mai  fiel  Herbst  mit  seinen  Knechten  in  Planers 
Hause  ein,  als  eben  das  Abendmahl  gefeiert  wurde,  und  nahm 
14  der  anwesenden  Brüder  und  Schwestern  gefangen.  Einigen 
gelang  es,  zu  entkommen.  Unter  ihnen  befand  sich  ausser 
dem  schon  von  Kitzbüchl  her  bekannten  Thoman  Schilling  auch 
Jakob  Huter.  Da  der  Pfleger  Herbst  auf  seiner  Burg  eine 
gewaltsame  Befreiung  der  Gefangenen  befllrchtete,  so  wurden 
sie  auf  die  Veste  Peylenstein  ins  Gewahrsam  gebracht  und 
dort  verhört.  Ihre  Aussagen  sandte  Herbst  nach  Innsbruck. 
Man  entnahm  hieraus,  dass  von  den  Gefangenen  zehn  *  wieder- 
getauft und  von  diesen  acht  abzustehen  bereit  waren,  wenn  sie 
des  Irrthums  überwiesen  würden.  Aus  Balthasar  Huters  und 
Planers  Bekenntnis  habe  man  ersehen,  dass  einige  von  weiland 
Gregori  Weber,  die  anderen  von  Jakob  Huter,  so  ein  Vorsteher 
der  anderen,  ,um  Geld^  getauft,  behaust  und  beherbei^  worden 
sind.  Um  Geld  —  d.  h.  jeder  Getaufte  hatte  einen  Beitrag  in 
den  gemeinsamen  Säckel  zu  erlegen.  Das  Abendmalil,  das  sie 
ein  Brotbrechen  nennen,  wurde  in  der  unteren  Stube  gehalten. 
Christian  Huter  war  von  Jörg  Zaunried  von  Ratten berg  im 
Innthal  getauft.  Die  Regierung  begehrte,*  dass  Herbst  die  Ge- 
fangenen durch  zwei  geschickte  Priester  der  zwei  Artikel  hal- 
ber, ,des  hochwürdigen  Sakraments  und  der  Tauflf*  bespreche 
und  die  vier  Männer  und  vier  Frauen,  falls  sie  widerrufen  und 
Busse  thun  würden,   ledig  zu  lassen.     Gegen   die   übrigen  soll 


*  Christian  Huter,  Leonhard  und  Peter  Gayler,  Christian  Planer,  Georg 
Esler  sammt  Hansfran,  Caspar  Schneider,  Erhard  Schmiedknecht  und 
Ursula  des  Tillen  Tochter  aus  Luenz.  Bericht  vom  27.  Juli  1529.  Causa 
Domini  II,  469. 

'  Bericht  vom  24.  Juni  1529. 


484 

dagegen  nach  Inhalt  der  landesfUrstlichen  Mandate  vorgegangen 
werden.  Am  21.  August  meldet  Christoph  Herbst^  dass  er  den 
Baltzer  Huter  und  Consorten  habe  besprechen  lassen:  ein 
jPrincipalvorsteher'  sei  Jakob  Huter.  ^  War  dieser  auch  ent- 
kommen^ so  gelang  es  dem  Regimente  anfangs  December  1529 
seine  Schwester  ^Agnes  Huetterin^  aus  Moos^  aus  dem  Gerichte 
Michelsburg  ^  ,des  Wiedertauffs  halben^  einzubringen.  Diese 
war  vor  einiger  Zeit  begnadigt  worden^  allein  bald  darauf 
wieder  in  den  Irrthum  verfallen.  Damit  war  ihr  Schicksal 
besiegelt  und  es  bedurfte  nicht  erst  der  an  Christoph  Herbst 
am  8.  December  ergangenen  Weisung,  ,sie  mit  und  ohne  Marter 
weiter  bestäten  und  für  Malefiz-Recht  zu  stellen  und  die  Man- 
dat an  ihr  vollziehen  zu  lassen^^ 

Die  Verfolgung  ,der  Frommen  im  Lande'  wurde  nach- 
gerade unerträgUch.  Allenthalben  sah  man  das  Blut  der  ^Mar- 
tyrer'  und  brennende  Scheiterhaufen.  Die  Kerker  waren  mit 
Gefangenen  gefüllt,  daheim  verlassene  und  hungernde  Kinder 
und  nirgends  ein  Hoffnungsstrahl  auf  ein  Ende  der  Trübsal 
als  bei  Gott,  zu  dem  sie  Tag  und  Nacht  insbrünstig  flehteu^ 
sie  aus  diesem  Jammerthal  hinwegzuführen.  Da  erinnerte  sich 
die  Gemeinde,  dass  Gott  ,im  Markgrafthumb  Mähren,  in  der 
Stadt  zu  AusterÜtz,  ein  Volk  auf  seinen  Namen  gesammelt, 
in  einem  Herzen,  Sinn  und  Gemüth  zu  wandeln,  dass  sich 
der  eine  um  den  anderen  in  Treue  annehmen  solle^^  Das 
veranlasste  sie,  den  Jakob  Huter  und  Sigmund  Schitzinger 
sammt  ihren  Geßlhrten  zu  der  Gemeinde  nach  Austerlitz  zu 
schicken,  um  ,sich  aller  Handlungen  daselbst  zu  erkundigen*. 
Und  als  sie  nun  im  Herbste  1529  nach  Austerlitz  gekommen 
waren  und  mit  den  Aeltesten  der  Gemeinde  daselbst,  Jakob 
Wiedemann  —  dem  ,einaugeten'  Jakob  —  eine  Unterredung: 
gehalten  und  übereingekommen  waren,  auf  einer  Gesinnung, 
,Gott  zu  ftirchten  zu  bestehen',  ,haben  sie  sich,  anstatt  der 
Gemeinde  in  der  Grafschaft  Tirol  mit  der  Gemeinde  zu  Auster- 
litz  vereinigt'.*     Huter   kehrte    bald   hernach   in   seine   Heimat 


1  Bericht  vom  24.  Juni  1529.    Causa  Domini  II,  498. 

'  Causa  Domini  II,  550.     Da  Qregor  Weber  schon   vorlftn^t  zu  Brixen 

gerichtet  war,  wie  konnte  er  (v.  Kripp,  S.  36)  nun  mit  Agnes  Huettcrio 

im  December  1527  gerichtet  werden? 
3  Geschichtsbücher,  S.  85. 
*  Ibid. 


485 

zurück  und  ,zeigte  seinem  Volke  mit  Freuden  an,  wie  er  zu 
Austerlitz  die  Gemeinde  der  Heiligen  gesehen,  und  wie  er  sich 
im  Namen  Aller  mit  ihnen  vereinigt  und  in  Fried'  und  Einig- 
keit des  Gemüthes  von  ihnen  abgefertigt  worden  sei'.  Dar- 
über waren  alle  Frommen  hoch  erfreut.  ,Damach  alle,  welche 
oben  in  der  Grafschaft  nicht  Platz  oder  statt  hatten  zu  wohnen, 
von  Jakob  Huter  und  Sigmund  Schitzinger  abgefertigt  wurden, 
zur  Gemeinde  nach  Austerlitz  zu  ziehen'.^  Huter  gab  den  Ab- 
ziehenden einen  Diener  im  Wort,  Jörg  Zaunried,  mit  und 
schickte  nachher  ein  Völklein  nach  dem  anderen  nach  Mähren 
ab,  sammt  allem  ihrem  Vermögen,  um  hier  mit  den  Gläubigen 
Gemeinschaft  zu  halten. 

Während  der  Abwesenheit  Huter's  hat  Georg  vom  Hause 
Jakob,  genannt  Blaurock,  der  Mitbegründer  des  Anabaptismus 
in  der  Schweiz,  der  im  Mai  1529  in  Begleitung  eines  Tirolers, 
Hans  Langecker,  eines  Webers  vom  Ritten,  nach  Tirol  ge- 
kommen war,  um  sich  der  verwaisten  Heerde  Michael  Kirsch- 
ner's  anzunehmen,  seinen  Glauben  mit  seinem  Blute  besiegelt.* 
Er  hatte  an  allen  Orten,  wo  er  bei  seinem  Einzüge  in  Tirol 
Rast  hielt,  in  Glurns  und  Schlaunders,  in  Meran  und  Bozen, 
Spuren  seiner  Wirksamkeit  hinterlassen,  bis  er  in  die  Einöden 
des  Ritten  und  nach  Klausen  gelangt  war.*  Das  Gebiet  seiner 
Mission  reichte  von  da  bis  nach  Neumarkt;  zu  Brausen,  in 
Guffidaun,  am  Ritten,  zu  Völs,  am  Breitenberge  bei  Leifers 
und  in  der  Nähe  von  Bozen  hatte  er  seine  Hauptstationen. 
Seine  Thätigkeit  konnte  bei  der  Menge  der  zuströmenden  Leute 
nicht  lange  geheim  bleiben.  Die  Regierung  sandte  an  den 
Freiherm  Georg  von  Firmian  als  Pfandinhaber  von  Guffidaun 
eine  Erklärung,  dass  man  missfUlHg  vernehme,  wie  der  Pfleger 
zu  Guffidaun,  Hans  Preu,  den  landesfürstlichen  Mandaten  nicht 
nachkomme  und  etlichen  flüchtigen  Wiedertäufern  in  seiner 
Verwaltung  den  Aufenthalt  gestatte.*  Firmian  möge  daher 
diesen  Pfleger  entfernen  und  einen  tauglicheren  bestellen. 
Blaurock   war   so   vorsichtig,    seine  Thätigkeit  rasch   an   einen 


*  Geschichtsbücher,  S.  85. 

*  Die  gesammte  Literatur  über  Jörg  von  Chur  b.  bei  v.  Beck,  Geschichtn- 
bücher  der  Wiedertäufer,  S.  79—80. 

'  V.  Beck  in  einer  (handschriftlichen)  Biographie  Blaurock's. 
'  Causa  Domini  U,  868. 


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487 

fem  auf  dem  Breitenberge  ob  Leifers  bei  Bozen  von  dem 
Landrichter  von  Gries-Bozen  überrascht  und  gefangen  nach 
Bozen  gebracht.  Sie  wollten  nicht  abstehen,  wiewohl  sich  der 
Barfiisser  Guardian  von  Bozen  durch  mehr  als  drei  Wochen 
mit  ihrer  Bekehrung  abmühte.  Es  waren  Leute  vom  Gamper- 
hofe,  wo  sonst  ähnliche  Conventikel  abgehalten  wurden.  Unter 
ihnen  war  Simon  Kob  (Gobi)  von  Breitenberg  mit  seiner  Gattin, 
deren  Schwester  Margareth  und  Andere.*  Die  Mehrzahl  von 
ihnen  wurde  zu  Bozen  hingerichtet.  Kob's  Vermögen  wurde 
auf  die  Vorstellung  des  Landrichters,  der  es  den  verwaisten 
Kindern  hinterlassen  wissen  wollte,  im  Auftrage  des  Königs 
an  die  Erben  ausgefolgt.^  In  der  Nacht  vom  16.  auf  den 
17.  November  wurden  abermals,  und  diesmal  zu  Vill  bei  Neu- 
markt, vier  Brüder  und  vier  Schwestern  der  Blaurock'schen 
Gemeinde  ergriflFen  und  gefangen  nach  dem  Schlosse  Caldirf 
gebracht.  Der  Richter  von  Neumarkt,  Jörg  Tschander,  liess 
sie  auf  den  Befehl  der  Regierung  durch  gelehrte  Priester 
unterweisen;  die  Verstockten  wurden  vor  das  Malefizgericht 
gestellt  und  dessen  Vorsitz  dem  Richter  zu  Eppan,  Hans  Starffen, 
überlassen.*  Der  Process  endete  mit  der  Verurtheilung  der  An- 
geklagten. Auch  in  Kareid  und  Kaltem  wurde  auf  Wieder- 
täufer Jagd  gemacht.  In  Kaltem  fiel  den  Häschern  der  von 
Huter  in  seinen  Episteln  oft  genannte  Phihpp  Koffler  von  Vill 
in  die  Hände.  In  seinem  Hause  zu  Vill  hatte  Benedict  den 
Georg  Frick  und  Andere  getauft.  Im  Angesichte  des  Looses, 
das  ihm  bevorstand,  suchte  er  um  Gnade  nach.  Als  er  aber 
den  verlangten  Widerruf  leisten  sollte,  ,fiel  er  wieder  um^  In- 
folge dessen  wurde  er  vor  das  Malefizgericht  gestellt*  und 
venirtheilt.  Die  hinterbliebenen  Güter  im  Gerichte  Enn,  Caldirf 
u.  s.  w.  wurden  zur  landesftirstlichen  Kammer  eingezogen. 

Die  fortgesetzte  Verfolgung  trieb  die  Täufer  aus  den  nörd- 
lichen Theilen  Tirols  in  das  Stift  Trient.  Am  19.  December 
veranlasst  die  Landesregierung  den  Bischof  gegen  sie  vor- 
zugehen.    Zugleich  erging   an   die  Amtsleute   und   den  Haupt- 

'  Causa  Domini  II,  528,  630—532     v.  Kripp,  S.  36. 

*  Hofkammerarchiv.    Innsbracker  Archiv.    Causa  Domini  II,  518,  530. 

'  Causa  Domini  II,   340.    Tschander  erhielt  den  Vorsitz  ,wegen  Schwach- 
heit* nicht. 

*  Causa  Domini  II,  668. 

*  Gemeines  Missivenbuch,  1630.    v.  Kripp,  S.  36. 


488 

mann  von  Fleims,  Ulrich  von  Spaur,  die  Warnung,  die  Täufer 
keinesfalls  zu  dulden.^  Von  Trient  erfuhr  man  dann  (im  Jän- 
ner 1530):  Wiedertäufer,  im  Begriffe  sich  ins  Venetianische  zu 
fluchten,  zeigen  sich  im  Fleimser  Thale  und  den  henach harten 
Bezirken,  vornehmlich  auf  der  St.  Pelegrin-Alm  (im  Grerichte 
Deutsch-Noffen).  Der  Anzeige  war  die  Klage  beigeftigt,  dass 
,noch  etliche  Amtsleute  und  Pfleger,  namentlich  der  Anwalt 
von  Neumarkt,  gar  liederlich  handeln  und  zum  Theil  diesem 
Glauben  anhängig  sind^  Der  Anwalt  entschuldigte  sich  und 
meldete,  er  habe  einige  Wiedertäufer  zur  Haft  gebracht.'  Dem 
Bischöfe  war  dringend  empfohlen,  ,bei  allen  Pfarreien  und  Seel- 
sorgen ehrbare,   geschickte  und  wohlgelehrte  Leute  zu  haltend 

Um  die  Flüchtigen  auch  jenseits  der  Grenzen  zu  er- 
reichen, bat  die  Regierung  den  König,  ,mit  den  Venedigem 
handeln  zu  lassen,  damit  die  mit  der  Wiedertauff  befleckten 
Personen  in  deren  Gebiete  keine  Unterkunft  finden'.*  War 
man  auf  der  einen  Seite  bemüht,  die  verhasste  Secte  auszurot- 
ten, so  suchte  man  ihr  andererseits  den  Abzug  aus  dem  Lande 
abzuschneiden,  das  Letztere  aus  dem  Grunde,  damit  die  übrigen 
Erbländer  nicht  von  ihr  heimgesucht  würden;  auch  konnten  die 
Grundherren  nicht  wünschen,  dass  ihre  Dörfer  und  Höfe  ent- 
völkert werden.  Daher  wurden  die  landesfürstlichen  Mandate 
nach  wie  vor  mit  aller  Schärfe  gehandhabt.  Nichtsdestoweni- 
ger hielt  sich  die  Secte  diesseits  und  jenseits  des  Brenners 
aufrecht:  dort  um  Schwaz,  Rattenberg,  Kufstein,  Kitzbüchl, 
Steinberg,  St.  Petersberg  und  Ellenbogen;  hier  im  Pusterthale, 
in  Enn,  Caldirf,  Deutsch-Noffen  und  Guffidaun.  Gleich  zu  An- 
fang des  Jahres  1530  wurden  sieben  Wiedertäufer  im  Gerichte 
von  Neumarkt  gefangen,  darunter  zwei  Vorsteher,  Martin  Nauk 
von  Deutsch-Noffen  und  Benedict  Gampner  vom  Breitenberjr, 
die  mit  den  Brüdern  in  Madnisch  und  im  Fleimser  Thale  in 
Verbindung  standen.* 

Im  Michelsburger  und  Sonnenburger  Gericht  wurden 
die  Geschworenen  Gegenstand  besonderer  Missachtung;  dies 
gab  sich  in  Schmähbriefen   kund,    welche   ihnen   zur  Nachtzeit 


'  Causa  Domini  II,  548. 

*  Ibid.  III,  ad  anno  1630,  Jänner  23. 

*  Innshnicker  Stattbaltereiarchiv.    An  kgl.  MajestHt  LIV,  18. 

*  Causa  Do  mini  III,  5. 


489 

ao  die  Thore  geheftet  wurden.  Wenn  nun  im  Laufe  des 
Jahres  1530  weniger  Hinrichtungen  stattfanden,  so  dankten  das 
die  Täufer  nicht  etwa  einer  Aenderung  im  System  ihrer  Be- 
handlung seitens  der  Regierung,  sondern  dem  Umstände,  dass 
die  Verfolgten  einzeln  und  ,kutten weise'  den  Weg  nach  Mähren 
zu  finden  wussten.  Leider  sind  wir  über  die  Einzelnheiten 
dieser  Auswanderung  nicht  genügend  unterrichtet.  Man  findet 
aber  schon  im  Jahre  1530  zahlreiche  Tiroler  in  den  mährischen 
Wiedertäufergemeinden,  üie  aus  der  Grafschaft  Tirol  beschwer- 
ten sich,  dass  ,die  Lehre  nit  so  trostlich  und  erbaulich  sei  als  in 
der  Grafschaft.  Desgleichen  haben  sich  auch  viele  über  das  Ur- 
theil  und  die  Kinderzucht  beklagt.  Solches  klagte  das  Tiroler 
Volk,  seinem  verwandten  Diener,  dem  Zaunring,  welches  seinem 
Gemüth  auch  beschweriich  gewesen'.^  Ihre  Verbindung  mit 
Tirol  blieb  unausgesetzt  bestehen  und  Huter,  der  wieder  dahin 
zurückgekehrt  war,  ihr  Vorstand. 

In  Tirol  ging  mittlerweile  die  Verfolgung  ihre  Wege  weiter. 
In  Schwaz  wurde  am  17.  Jänner  Anna  Gasser,  des  Caspar 
Mayerhofer  Schwester,  als  Rückfällige  eingebracht.  Ausser  ihr 
kam  Hans  Glaser  von  Hall  in  Haft.  Er  erlitt  wegen  seiner 
Hartnäckigkeit  die  Todesstrafe;  ebenso  flinf  Täufer,  die  am 
27.  Jänner  in  Rattenberg  eingezogen  worden  waren. 

In  Stainach  pflegten  ausser  dem  Weber  von  Pangrazen 
die  Vorsteher  Zaunring,  Froner  und  Huter  sich  einzufinden. 
Franz  von  Schneeburg  wurde  beauftragt,  diesem  Unwesen  ein 
Ende  zu  machen.* 

Einen  langwierigen  Process  führte  das  Regiment  mit  der 
Reichsstadt  Augsburg  wegen  der  AusHeferung  des  ehemaligen 
Kitzbüchler  Caplans  Jakob  Partzner,  welcher  das  Jahr  zuvor 
Wiedertäufer  geworden  und  sich  geflüchtet  hatte.  Er  hielt  sich 
in  Augsburg  bei  einem  Buchbinder  auf  und  schickte  von  dort 
zwei  Sendbriefe  und  ein  Lied  an  die  Brüder  und  Schwestern 
in  Kitzbüchl.  Auf  Ansuchen  des  Regimentes  wurde  Partzner 
zwar  festgenommen  und  verhört,  die  Auslieferung  aber  ver- 
weigert, weshalb  die  Zwischenkunft  der  kaiserlichen  Regierung 
angerufen  wurde.  Partzner  wurde  erst  ausgeliefert,  als  König 
Ferdinand   den  Revers  vom  17.  August  1530  ausgestellt   hatte. 


'  Geschichtsbücher,  S.  98. 
'  Caiisa  Domini  III,  101. 
ArchiT.  LXXVIII.  Bd.  II.  H&lftc.  32 


490 

wonach  seine  Regierung  gegen  Partzner  ,in  keinen  anderen 
Weg  dann  mit  Recht  procedieren^  und  in  vorkommenden  Fällen 
Gegenseitigkeit  ausüben  wolle.  Partzner  bekannte  in  Kitzbüchl, 
Ratt(»nberg  und  Kufstein  als  Wiedertäufer  gewirkt  und  viele 
Personen  verleitet  zu  haben,  die  dann  ihren  Irrthum  mit  dem 
Leben  gebtisst  hätten,  was  ihm  vom  ganzen  Herzen  getreulich 
leid  thue.  Nachdem  er  am  29.  August  den  Widerruf  geleistet 
ward  ihm  das  Leben  gefristet.^ 

Besser  erging  es  seiner  Gönnerin,  der  schon  mehrfach  als 
Freundin  der  Wiedertäufer  genannten  Frau  Helena  von  Frei- 
berg. Als  die  Tage  der  Verfolgung  erschienen,  hatte  sie  sich 
von  ihrem  Besitze  Münichau  nach  Baiem  auf  die  Güter  ihres 
Gatten  Onofrius  begeben.  Als  man  sie  hier  fangen  wollte, 
wurde  der  bairischen  Regierung  gemeldet,  sie  habe  sich  auf 
ihr  Schloss  begeben.  Auf  die  hierüber  gestellte  Anfrage  wurde 
dem  Herzog  Wilhelm  von  Baiern  gemeldet,  man  wisse  das 
nicht,  würde  sie  auch  nicht  dulden.  Als  man  erfuhr,  dass  sie 
zu  Eppan  verweile,  erhielt  der  Pfleger  auf  Altenburg  Carl 
Fuchs  den  Auftrag,  die  Gesuchte,  ,weil  sie  der  Täufer  Sekt' 
hoch  angehangen,  Täufer  beherbergt  und  vornehmste  Urheberin 
gewesen  sei,  dass  um  Kitzbttchl  so  viel  Personen  getauft  und 
zum  Theile  gerichtet  worden  seien^,  einzufangen.  Da  man  sie 
in  ihrem  Hause  nicht  fand,  wurde  sie  als  Flüchtige  behandelt 
und  ihres  Besitzes  verlustig  erklärt.  Freunde  und  Verwandte 
bewirkten  indess,  dass  ihre  Güter  ihren  Söhnen  zurückgestellt 
wurden.*  Sie  selbst  wurde  zwei  Jahre  später  begnadigt,  jedwh 
musste  sie  öfFenthch  widerrufen.  Mit  dem  Widerruf  zögerte 
sie  lange  genug  und  erreichte  im  October  1534,  dass  ihr  der 
jöfifentliche*  Widerruf  erlassen  und  auf  einen  solchen  vor  dem 
Statthalter  zu  Innsbruck  beschränkt  wurde.  Hier  erklärte  sie 
denn  auch  ,mit  lauten  klaren  Worten,  von  ihrem  Irreal  ab- 
zustehend 

Schlechter  ging  es  dem  jungen  Sigmund  von  Wolkenstein, 
als  er  die  gleiche  Begünstigung  in  Anspruch  nahm;  es  wurde 
ihm  bedeutet,  ,das8  die  Sachen  der  Freibergerin  und  die  seini- 
gen in  mehr  denn  in  einem  Fall  Unterscheid  haben^:  Jene  sei 


*  Die  ihn  betreffenden  Acten  im  Statthaltereiarchiv  zu  Innabrack.    Cau»» 

Domini  III,  10,  16,  141,  143.    An  kgl.  Majentät  IV,  52. 
'  StAtthahereiarchiv.   Causa  Domini  III,  35,  8i).   Von  kgl.  Majestät  lU,  62 


491 

auf  freiem  Fasse  gewesen,  er  verstrickt,  jene  erklärte  un- 
umwunden, bestimmt  und  deutlich  abzustehen,  e  r  sei  in  seinem 
Gemüthe  ganz  zweifelnd  und  unstandhaft  befunden  worden, 
daher  ,er  der  Gnade,  so  jener  zu  Theil  wurde,  billig  nit  ßlhig^ 
Zur  Unterweisung  der  Irregeführten,  die  man  im  Mai  1530 
in  und  um  Kitzbtichl  entdeckt  hatte,  hielt  der  bewährte  Fran- 
ziskanerbruder Tonauer  aus  Schwaz  vier  Wochen  hindurch 
Missionspredigten.  Am  30.  Juli  wurden  dann  die  Normen  kund- 
gethan,  nach  welchen  die  Obrigkeiten  bei  der  Entdeckung  und 
Ausrottung  der  Wiedertäufer  vorzugehen  hatten.  Sie  gingen, 
an  die  Mandate  vom  2.  März*  und  I.Juli  1530'  anknüpfend, 
dahin,  alle  fremden,  unbekannten,  auf  ungewöhnlichen  Pfaden 
dahinziehenden  Personen  anzuhalten  und  zu  befragen,*  ,wa8  ihr 
Handlung  und  ihr  Vorhaben  sei,  alle  Häuser  durch  ehrbare  und 
geschickte  Personen  zu  durchsuchen,  sie  mit  Tauf-  und  Zu- 
namen zu  beschreiben  und  zu  befragen,  wann  und  wo  sie  ge- 
beichtet und  das  Sacrament  empfangen,  den  Hausvater  oder 
die  Mutter  zu  fragen,  wer  ihre  Kinder  getauft  und  wann  dies 
geschehen.  Wer  sich  nicht  darnach  halte,  der  soll  „gegriflfen" 
und  ernst  mit  ihm  gehandelt  werden.  Auch  habe  man  bei 
den  Priestern  nachzufragen,  wer  gebeichtet  habe  und  wer  nicht. 
Diese  Nachfrage  habe  dreimal  im  Jahre:  in  den  Fasten  oder 
nach  Ostern,  um  Jakobi  und  Lichtmess  zu  geschehen.  Alle- 
mal habe  man  auf  die  fremden  Personen  wohl  acht  zu  geben, 
dürfe  sie  nicht  beherbergen ;  wenn  darüber  hinaus  an  den  Tag 
käme,  dass  sie  „über  die  Warnung  die  verführerischen  Personen 
unterschleift",  dann  sind  deren  Häuser,  wofern  es  ohne  Nach- 
theil der  anderen  jgeschehen  mag,  abzubrennen  und  abzu- 
brechen. Sollten  Leute  sein,  die  an  den  Häusern  Antheil 
haben,  an  dem  Irrthum  aber  keine  Schuld  tragen,  so  sollen 
ihnen  diese  schenkungsweise  überlassen  werdend 


*  Causa  Domini  IV,  145,  189,  212.    Von  kgl.  Majestät  IV,  315,  621. 

'  Gedruckt.  Im  Pestarchiv  XVIII,  39  liest  man:  Am  2.  Marcii  1530  ist  ein 
Mandat  ausgangen,  darinnen  unter  anderem  begriffen,  dass  diejenigen, 
8o  den  Wiedergetanften  Unterschlupf  geben,  mit  Gefängniss  und  billig 
gestraft  werden  sollen.  Causa  Domini  III,  52.  Exemplar  im  Druck  und 
Copie  in  der  v.  Beck^schen  Sammlung. 

*  Bei  Kripp  a.  a.  O.  34,  vom  3.  August  datirt.  Embietenbuch  1530, 
fol.  186. 

*  Ordnung  zur  ausreutung  der  Wiedertäufer.   Lib.  Causa  Domini,  fol.  125. 

82» 


^t 


^lto\u  ^lio  Obrurkeiten  s«>Den  etlichen  vertrauten  Personen 
iusiT^^l»^"»^^^  ^^  ***^  iiul*lec,  x^Ubar  bei  der  Kammer^  versprechen, 
il.Aiiut    5^»v"    vlio  WioiertiutVr,  wo  «sie  in  pirgen  oder  Heusern  zu 

IVv  >i*.l-iw*r^*nr.  Wit^iUrtäiiferfirauen  sind  bis  zur  Geburt 
1  :  _  ...*  *  i  ■:\r,r">  i-i  E:,^I:etL  «Ue  K'>^ten  von  den  Gütern  der 
\\    .-v*    r^-^  -'-*    i*-^^    r^Iuiir::   and  die  ct-cÄscierten  Güter   auf  die 

.'^"»ttiC^  l\,*v*'t  u >  r  Cr:  W;«:d^ rtäntVr  kt  nicfat  öffentlich^  son- 
j ,  #    ^^^-  »■«si<r':'r  Tr  -r  m  KaIt^-c/ 

/;^^»v'  \^  '  -v^  "^  -tlrriAU  lau  >  11-.::  nh  axif  der  Kanzel  durch 
j  ^.  *^*v-<'"^  >*.r»-vr^  -•';rvl  ^irrr'ULiä^Lneil-eT  an  einem  Tag 
..  ^    *»  -^*      •    '    ,  -.  "   -^  irr  U::- rtii-T-   v:<xcilesen  verordnet 


l^»v  V*  :  ^^  ,:  *•  T  iv"*>C: :t,  Rin-rr^frir  -aad  Kitzbüchl 
.;  1  '.  .  '  •  ^»  *-'\  'V-;  "A  \-*  rri  ^-'.r  i-  -c-rri-Titi:^  xix  beschreiben 
^^  ^  ;       ,1     .  .  -      ■     ^  i*  A    ^i  ••       >  --   Hrbts:^   !^^  zu  diesem 

*   '    \\  ^v  H  v-    ;.-   f  ^"^r. .^/t   f  -^-f-rx   jsz  An&ng   des 

t^t.iv^^'x      -  "^^'^       *. -s    T'-^.-::     hT.-:-c-k-L'n.       Hrsüznz    über    die 
j>i      ^v  .1*^'*'    Ab^va-zi  i.*r;t    ;r*^>4:i.»rL*rL*^'n    Eiiü-rifW    ijz.    seine   Ver- 
^^  .^ltiiHi;:^iVcliUs    sandte    er   am    1.  Febmiir'    "i»;    Xole   an   die 
j  j^itvlo.'^»>^*tci^'**^i*ir,  in  welcher  er  beiner  UnxLdrH*;-iiLeit  hierüber 
AiiÄili''^^*^'^    verlieh,    im   Uelmjren   den  Wuits;;*!    i-iasprach,   dass 
laai»     ^^*K^°    die   Sectirer   mit   dem   bi^h*-nir<-i.  Xjprtdjruck   ver- 
lAliiH.^w    mö^^?    wozu    sich    denn   auch    die  Ktur^t^rsLr^  bereit  er- 
kUirtt^-     Ausserdem  wurden  Stattlialter,  Rejrt-iTt-r  ^r J  Kanuner- 
rJithe    ,iö  Anbetracht^    da^-s    die  verdammte  ut.".  Terfuhrerische 
Secte    der  A^iedertaufe  in  iinj&erer  Grafschafi  Tir:i    über   allem 
euren    gehabten    Fleiss   und    vielfältijre   Straf    i-v-<fc   nicht   aus- 
gereutet  ist ,  zur  Aufstellung  von  streifenden  Rc4ieD  beauftragt, 
welche  ,Berge  und  Tliäler,  alle  verdächtigen  Orte  und  Winkel 
abstreifen ,   insbesonders   aber   die    vereinzehen  Hufe  und  Ein- 

1  In  dem  amtlichen  MAndatau»zajr  (PenUrchiv)  heisst  es:  Am  *),  JuH  1530 
int  ein  Miindat  aiutf^angen:  »welicher  ainen  oder  mer  Wi^vrUniFer  an- 
zeigß«  dam  nie  f^ewiiw  zu  betreten,  dem  wolle  man  Tor  der  Camer  von 
30—40  fl.  (ft.),Hn.* 

«  Lib.  Cauna  Domini,  fol.  126. 

•  Embi^'t/'nbtir'b,  H.  30. 

*  HinnflrlHT  \  H^  ^^H. 


493 

schichten  besuchen,  die  befleckt  befundenen  Personen  zu  Ge- 
fängniss  zu  bringen,  die  Rädelsführer  und  Rückfälligen  ,ohne 
weitere  Rechtsbesetzung  und  Vorstellung  ohne  alle  Gnade^  den 
ausgegangenen  Mandaten  gemäss  richten  lassen  sollten.  ,In 
Ansehung  aber,  dass  der  gemeine  Mann  mit  den  anderen 
Ständen  in  unserer  Grafschaft  Tirol  eingeleibt  sei  und  dass  es 
etwa  ein  Geruch  und  Widerwillen  erzeugen  würde,  so  hätten 
wir  auch  einen  zweiten  Weg,  nämlich  den,  dass  etwa  zwei  an- 
sehnliche Personen  aus  Eurer  Mitte  von  unserer  Regierung 
vorgenommen  werden,  um  alle  Gerichte  zu  bereisen  und  allen 
Unterthanen  in  einer  Gemeinde  vorzuhalten,  dass  Se.  Majestät 
die  Secte  keineswegs  leiden,  sondern  mit  gewaltiger  Hand 
wider  sie  vorzugehen  entschlossen  sei^  ,Un8  wird  auch  ver- 
trauter Weise  angezeigt,  dass  etliche  unserer  Amtsleute  und 
vorgesetzten  Personen  derlei  neue  Secten  befördern,  mit  ihnen 
reden  und  disputieren  und  hiedurch  dem  gemeinen  Mann  ein 
schlechtes  Beispiel  geben,  ohne  welches  er  in  seinem  Gehorsam 
geblieben  wäre  wie  seine  Eltern^;  es  soll  demnach  auch  dem 
ein  Ende  gemacht  und  zu  dem  Zwecke  nachgeforscht  werden, 
welches  der  beste  Weg  zur  Ausrottung  der  Secten  sei.^ 

Schon  am  9.  Februar  meldet  das  Regiment,  dass  die  Auf- 
stellung einer  streifenden  Rotte  nicht  zweckdienlich  sei;  ,auch 
der  ander  Weg  will  uns  dieser  Zeit  nit  fUr  gut  ansehen',  denn 
angesichts  der  Stellung,  welche  die  Eidgenossen  und  Grau- 
bündten  einnehmen,  und  bei  der  unter  dem  Volke  verbreiteten 
Meinung,  dass  der  Kaiser  Willens  sei,  mit  den  Spaniern,  welche 
die  bösesten  Leut^  in  der  Welt  seien,  heranzuziehen  und  die 
Seinen  um  des  Glaubens  Willen  zuerst  zu  strafen,  wäre  es 
nicht  wohlgethan,  dass  man  ein  jedes  Gericht  zusammenkom- 
men lasse  und  ihnen  in  einer  so  grossen  Menge  dies  Verhalten 
thue,  ,darumb  sie  ein  Grausen  und  ein  Entsetzen  empfahen 
müssten^  Es  gebe  zudem  ,etwas  Klcinmüthigkeit  zu  vermerken', 
nach  so  vielen  ernsthchen  Mandaten  zu  Mitteln  zu  greifen,  die 
aller  Voraussicht  nach  Leuten  gegenüber  erfolglos  bleiben 
miissten,  die  keine  Nachstellung,  ja  den  Tod  nicht  fürchten, 
von  Unterweisung  und  Bekehrung  nichts  hören  wollen  und  zu- 
meist nur  bald  zu  sterben  begehren. 


Datum    Prag    8.    Februarii    anno    1530.     Von    kgl.    Majestät,    Lib.,     3, 
fol.  17—20. 


494 

Dagegen  halte  ee  die  Regierung  flür  gut,  das8  es  mit  den 
Strafen,   so  in  den  früheren  Mandaten   angegeben   seien,  ernst 
gehalten    und  Niemand    hierin    geschont  werde.     Gegen  fahr- 
Iftssige  Amtsleute   werde   man   einzusehreiten   wissen.    Manche 
derartige  Anzeige   hätte   sich   doch  als  grundlos   herausgestellt 
Man  sei  bisher  mit  genügendem  Ernste  vorgegangen :  Wir  mugen 
Ew.  kgl.  Majestät  unsem   treuwen   mit  warhait  wol  anzaigen, 
das    in   zweien  Jaren   selten   ein  tag  gewest,  dass  nit 
widertaufferisch  Sachen  in  unsern  rat  kommen  weren, 
und   sind   denn   mer  ob  700  manns   und  Weibspersonen 
in   dieser  grafschaft  Tirol   an   mer  orten   zum   tod  ge* 
rieht,  theils  des  Landes  verwisen  und  noch  mer  in  das 
elend  flüchtig  worden,  die  ire  gueter,  aines  teils  auch 
ire  Kinder  waislos  verlassen  .  .  .  Neben  der  gewöhnlichen 
Execution  habe   man    noch   eine  besondere  ,Aufmerkung'  be- 
stellt 

Was  die  Regierung  vorhabe  und  wozu   sie   die  Qenehmi- 
gung   Sr.  Majestät    erbitte,    sei:    Erstens,    an    alle   Hauptleute, 
Pfleger   und   Richter   des   Landes    offene   Befehle    des  Libalts 
ausgehen   zu   lassen,   dass   im  Hinblick   auf  den  Unfleiss,   den 
mancher  Pfleger  gezeigt  habe,   ein  jeder  Pfleger   oder  Richter 
bei  jeder  Pfarre   seiner  Verwaltung  in  eigener  Person   auf  die 
Kanzel  steige,   durch  den  Gerichtsschreiber  die  ausgegangenen 
Mandate  vorlesen  und  das  Volk  ermahnen   lasse,   sich  vor  der 
bösen  Secte  der  Wiedertaufe  zu  hüten.    Ein  jeder  eingefangene 
Wiedertäufer  soll   nach   seinen  Mitschuldigen  gefragt   und    soll 
nach   diesen   gesucht   werden.     Mit   einem  jeden  Wiedertäufer 
soll  ,nach  Gestalt  seines  Bekenntnisses  mit  dem  Rechte  und  mit 
der  Strafe  verfahren   werdend     Dieser  Artikel   sei   neben    den 
Mandaten   in  jeder  Kirche  zu  verlautbaren.     Dies   sei   landes- 
gemäss    und   werde    bei   dem   gemeinen   Manne    abschreckend 
wirken.     Zweitens   wolle   man   dem  Landeshauptmann  an    der 
Etseh   insbesonders  befehlen,   dass  er  alle  Pfleger   und  Richter 
seiner   Verwaltung    überwache.     Wären,    heisst    es    in    diesem 
denkwürdigen    Schriftstücke,    die    Leute    nicht    verstockt,    ,so 
müsste  ihnen  die  grausam  vielfältig  Straf,  so  sie  an  Alten  und 
Jungen,   an  Mann-  und  Weibspersonen,    deren  etliche  noch  nit 
recht  zu   ihren  Tagen   kämen,   schier  alle  Wochen    vor  Augen 
haben,   billig   einen  Schrecken   gebären,   dass  sich  niemand    so 
liederlich,  als  es  geschieht,  in  die  Secte  begeben  würdet 


496 

,Wir  können  Ew.  kgl.  Majestät  nicht  verhalten  die  Un- 
sinnigkeit, die  bei  den  Leuten  jetzt  gemeiniglich  gefunden  wird, 
dnsB  sie  an  der  Strafe  anderer  nicht  allein  kein  Entsetzen 
haben,  sondern  sie  gehen,  wo  sie  des  statt  haben  können,  oder 
begehren,  selbst  zu  den  Gefangenen  und  zeigen  sich  filr 
ihre  Brüder  und  Schwestern  an,  und  wo  ihnen  die  Gerichts- 
obrigkeiten nachstellen  und  sie  betreten,  bekennen  sie  es  ohne 
Marter  gern  und  willig,  wollen  keine  Unterweisung  hören 
und  selten  lässt  sich  eins  von  seinem  Unglauben  bekehren  und 
begehren  meistentheils  nur  bald  zu  sterben/  ,Und  wenn  etwan 
einer  widerruft,  so  ist  ihm  doch  nicht  viel  zu  vertrauen,  so 
dass  weder  gute  Lehre  noch  ernste  Bestrafung  an  den 
Leuten  helfen  will.  Wir  hoflfen,  Ew.  kgl.  Majestät  werde 
aus  diesen  unseren  wahrhaftigen  Anzeigen  gnädigUch  verstehen, 
dass  wir  unseres  Fleisses  in  Nichts  haben  ermüden  lassen.'  ^ 

Der  König  genehmigte  die  Vorschläge,  und  die  Regierung 
machte  sie  am  ,anderen'  Tag  des  März  kund.  Die  Verordnung 
schloss  einen  Tadel  über  jene  Obrigkeiten  in  sich,  die  lieder- 
Uch,  fahrlässig  und  unfleissig  in  diesen  Dingen  gehandelt.  Eine 
zweite,  ebenfalls  unter  dem  Namen  des  Königs  erflossene  Ver- 
ordnung von  demselben  Tage  eröflfnet  allen  Obrigkeiten,  dass 
die  Wiedertäufer  das  Sonderliche  an  sich  haben,  dass  sie  nicht 
zur  Kirche  gehen,  ihre  Kinder  nicht  taufen  lassen,  nicht  beichten 
und  nicht  das  hochwürdige  Sacrament  empfangen.  An  diesen 
Zeichen  vermöge  man  sie  zu  erkennen.  Demnach  werde  allen 
Obrigkeiten  ,empfohlen',  öffentlich  auszurufen,  dass  jeder  nach 
alter  christlicher  Ordnung  an  Sonntagen  zur  Messe  imd  Predigt 
gehe,  zur  Fastenzeit  seine  Beichte  verrichte,  seine  Kinder  taufen 
lasse  und  hierüber  von  dem  Priester  Zeugniss  nehme.  Wer 
solches  unterlasse,  soll  gefänglich  eingezogen  werden.^  Die  Ver- 
ordnung vom  1.  Juli  1530  war  ein  Köder  für  die  Denunzianten, 
von  denen  mehrere  in  den  Chroniken,  Liedern  und  Episteln 
der  Wiedertäufer  gebrandmarkt  werden,  wie  z.  B.  in  dem  be- 
kannten Liede  des  Schulmeisters  Hieronymus  Käls  (f  153G  zu 
Wien):  ,Ich  reu'  und  klag  —  den  ganzen  Tag^^    Die  Summe 


*  Datum  9.  Februar!  anno  1.530.    Au  die  kgl.  Majestät.    Regiment  III,  50. 

*  Causa  Domini  III,  53,  .54. 

^  In  der  Uandächrift  Kilian  Walch's  zu  Gran  und   im  Cod.  2 12  zu  Press- 
barg.   Siehe  Geschicbtsbüclier,  S.  128. 


496 

von  30  -  40  Quldeu  wurde  jenem  ausgefolgt,  der  einen  Bruder 
ausspähte,  so  dass  dieser  in  die  Hände  der  Obrigkeit  fiel. 

Während   das  Regiment  in  dieser  Weise   alle  Mittel  auf- 
bot,   der  Wiedertaufe  Herr  zu   werden,   zog  Jakob  Huter  un- 
ermüdlich und  allen  Gefahren  trotzend   von  Thal  zu  Thal  und 
beglückte   die  Gläubigen   mit   ,dem   verbotenen  Worte  Gottes*. 
Nur  die   Treue   und  Aufopferung   der  ,Geschwi8ter*   bewahrte 
ihn    vor    der    Gefangenschaft.     Nicht    die    strengsten    Martern 
waren  im  Stande,  ihnen  das  Geheimnis   seines  jeweiligen  Auf- 
enthaltes   zu    erpressen.      Es    war    im    Jahre    1530,    kurz   vor 
Pfingsten    und   nach    der   Hinrichtung   des   Bruders  Grünwald, 
als  er  den  Brüdern  in  Mähren  ein  Schreiben  zukommen  liess,^ 
in  welchem  er  sie  ermahnt,  in  der  empfangenen  Gnade  zu  ver- 
harren.    Sie   mögen   in   dem   Kampfe   dieser   gefährlichen  Zeit 
nicht  ermüden.     Er   sendet  Grüsse   an   seine  Brüder  und  Mit- 
helfer Georg  Hau  und  Christel  (Chr.  Alsaider  oder  Chr.  Häring) 
und  berichtet  ,wie  uns  denn  jetzt  abermals  die  Gottlosen  einen 
frommen  Bruder  gar  grimmiglich   hingerissen  und  andere  zwei 
eifrige  mit  ihm.    In  der  Sarastagsnacht,  acht  Tage  vor  Pfingsten 
(28.  Mai),  erzählt  er,   ,haben  wir  wollen  zusammenkommen,  da 
sind    die  Edelleute   von   Enn   mit   einem  Haufen  Schergen  ge- 
kommen und  haben  die  Häuser  umzingelt.     Es  seien  nur  zwei 
Brüder  darin  gewesen^ 

Während  Huter  mit  dem  Aufgebote  aller  Kräfte  fiir  seine 
Gemeinde  sorgte,  entstanden  im  Winter  1530  in  AusterHtz 
Streitigkeiten,  welche  den  Bestand  dieser  Gemeinde  bedrohten 
und  sie  schliesslich  in  zwei  feindliche  Lager  spalteten.  Den 
Anlass  dazu  gab  die  Ungleichheit  in  der  AuflFassung  der  Satzun- 
gen der  Brüder  durch  die  verordneten  Diener  des  Wortes,  ihre 
Ungeschicklichkeit  bei  der  ^Entscheidung  schwieriger  Fälle, 
Ueppigkcit  im  Haushalte  der  Vorsteher,  Heimlichkeiten  in  der 
Vermögensverwaltung  und  der  Ehrgeiz  Einzelner,  die  ihr  Licht 
nicht  unter  den  Scheflfel  gestellt  sehen  wollten,  anderer  Un- 
zukömmlichkeiten nicht  zu  gedenken,  deren  mit  einiger  Ueber- 
treibung  in  dem  Briefe  Reublin's  an  Pilgram  Marpeck  gedacht 
wird:  Wie  einstens  bei  St.  Alban  in  Basel  gegen  die  katho- 
lische  Kirche,    so    fing   Reublin    hier    in    Austerlitz    wider  die 


*  Copie  in  der  v.  Beck*8chen  Sammlung  nach  einer  aus  Levar  stammemlen 
Handschrift  des  Pressburger  Lyceums. 


497 

järgerlichen  Missbräuche  der  Diener*  zu  reden  an.  Bei  seinem 
Vorgehen  standen  ihm  der  Tiroler  Zaunring,  David  von  Schwei- 
nitz  und  Andere  zur  Seite.  Man  zieh  ihn  der  Auflehnung,  und 
ohne  ihn  zur  Verantwortung  zuzulassen,  erklärten  ihn  Jakob 
Widemann,  der  Vornehmste  der  Diener  zu  Austerlitz,  und 
dessen  aus  allen  Haushaben  eingerufenen  Aeltesten  für  gebannt. 
Man  hielt  ihn  und  seine  Genossen  ,gleichwie  abgesundert  und 
gab  ihnen  besonders  zu  essen'.  ^ 

Dies  bestimmte  sie  und  das  zu  ihnen  stehende  Völklein, 
meistens  Tiroler,  Schwaben  und  Rheinländer,  nachdem  sie  zu- 
vor ihre  Kranken  und  Kinder  bei  guten  Leuten  in  der  Stadt 
untergebracht,  traurigen  Gemtithes  von  dannen  zu  ziehen.  Ein 
Theil,  der  weder  mit  ihnen  gehen,  noch  auch  bei  den  Auster- 
litzem  bleiben  wollte,  wandte  sich  der  alten  Heimat  zu. 

In  Demuth  und  Blosse  zog  Reublin  mit  den  Seinen  —  es 
waren  250  Personen  —  gegen  Auspitz,  wo  ihnen  die  Aebtis- 
sin  von  Maria-Saal  in  Brunn  sich  anzusiedeln  erlaubte  und 
das  leere  Pfarrhaus  in  Steurowitz  einräumen  Hess.*  Zugleich 
wurden  zwei  Boten  an  Huter  entsendet,  die  ihm  und  den 
Aeltesten  die  Zertrennung  melden  und  sie  einladen  sollten,  un- 
verzüglich herabzukommen,  um  die  Handlung  zu  untersuchen. 
Ein  Gleiches  thaten  die  Austerlitzer.  Da  kamen  denn  Huter 
und  Schützinger  wieder  nach  Mähron,  untersuchten,  ,wo  der 
Fehler  bei  dem  Zerwürfhiss  wäre,  und  fanden,  dass  die  Auster- 
litzer nicht  Rocht  hatten  und  am  meisten  sträflich  wären'.  Wie 
nun  Huter  sie  darum  getadelt,  ,wollten  sie  ihn  nicht  weiter 
hören*.  ,Er  aber  hat  ihnen  nichtsdestoweniger  ihren  Irrthum 
angezeigt,  und  zwar  erstens,  dass  sie  die  Unschiddigen  also 
verschupft  und  von  sich  gesondert  haben,  zweitens,  dass  sie 
sich  fleischlichen  Freiheiten  hingegeben  und  Sondereigenthum 
zugelassen  und  drittens  Wechselheiraten  mit  den  Ungläubigen 
gestattet  haben'. 

Aber  auch  Reubhn  freute  sich  seiner  Führung  nicht  lange. 
Der  ,Gemeinschaft',    der  er   sich   angelobt  hatte,    uneingedenk, 


*  Hierüber  berichten  ausführlich  die  Geschichtsbücher  der  Wiedertäufer, 
S. 91     102. 

*  Er  nennt  Auspitz  ,eine  reiche  köstliche  Insel,  da  Wein,  Korn,  Fisch, 
Fleisch  und  alle  Nahrung  überflüssiger  ist,  denn  in  allem  deutschen 
Land*.  Sein  Schreiben  an  Marpeck  vom  26.  Jänner  1531  bei  Cornelius, 
Geschichte  des  Münster'schen  Aufruhrs  II,  253 — 259. 


498 

hielt  er  für  unvorhergesehene  Fälle  heimlich  Geld  verborgen, 
wurde  dessen  überwiesen  und  darum  von  der  Gemeinde  aus- 
geschlossen. Deren  Leitung  wurde  nunmehr  dem  Jörg  Zaun- 
ring übergeben,  dem  Burkhard  von  Ofen,  Adam  Schlegel  und 
David  Behem  zur  Seite  standen. 

Nachdem  Huter  und  Schützinger  den  Streit,  um  dessent- 
willen  sie  aus  Tirol  gerufen  worden  waren,  geschlichtet  hatten, 
zogen  sie  in  die  Heimat  zurück,  wo  ,Gott  ein  grosses  Werk  an- 
gerichtet hattet  Nicht  lange  nach  ihrem  Abgange  war  die 
neue  Gemeinde  von  Austerlitz  wieder  ohne  Hirten,  denn  Schle- 
gel und  Burkhard  wurden  ,als  Widersacher  der  Wahrheit^  und 
David  Behcm  ab  eigensinnig  und  keines  rechtschaffenen  Her- 
zens ihres  Amtes  entsetzt  imd  gebannt,  Zaunring  aber  seiner 
Lässigkeit  wegen  seines  Amtes  entsetzt.  ,Ohne  Verzug  sandte 
die  Gemeinde  in  die  Grafschaft  Tirol  mit  schriftlichem  und 
mündUchem  Entbieten,  dass  man  ihnen  mit  Dienern  des  Wortes 
zu  Hilfe  käme.  Auf  das  hin  machten  sich  Huter  und  Schützin- 
ger um  Ostern  des  Jahres  1531  neuerdings  auf  die  Reise,  und 
nun  wurde  an  Zaunring^s  Stelle  Schützinger  gesetzt.  Mit  Gabriel 
und  seinen  Leuten,  die  zu  Rossitz,  mit  Phihpp,  der  in  Auspitz 
hauste,  wurden  Unterhandlungen  angeknüpft,  die  zur  Ver- 
einigung der  drei  getrennton  Zweige  führten,  ein  Ereigniss,  das 
von  den  Chroniken  hoch  gefeiert  wird.  Uuter's  Aufgabe  war 
gelöst,  er  wandte  sich  wieder  der  Heimat  zu,  die  er  in  Noth 
und  Trübsal  verlassen  hatte. 


6.  Höhepunkt  der  Verfolgung  der  Wiedertäufer  in  Tirol. 
Das  Hauptmaiidat  vom  12.  Mai  153'^.  Das  Etseh-  und 
Eisaekiand    und    das    Pusterthal    als    IleimstStten   der 

Wiedertäufer. 

Seitdem  es  Hutcr  gelungen  war,  die  Einigkeit  unter  den 
mährischen  Wiedcrtilufcrn  wieder  herzustellen,  ,hat  sich,  wie 
ihre  Geschichtsbücher  melden,  das  Volk  an  allen  Orten  in  der 
Gemain  tägUch  gemehrt:  Aus  der  Sehlcsing  sind  gen  Rossitz, 
aus  dem  Schwabenländ  und  der  Pfalz  zum  Philippen  gekom- 
men;  aus  der  Grafschaft  Tirol  hat  der  Jakob  Huter  viel  Volk 
zum  Schützinger  gcschickt^^     In  dieser  Zeit  kämpften  die  Ti- 

»  Geschichtsbücher,  S.  102. 


499 

roler  Wiedertäufer  den  Kampf  um  ihr  Dasein.  ,Es  wartt/ 
sagt  Kirchmair,  ,in  diesem  Jahr  die  Sach  im  Reich  und  auch 
hie  in  diesem  Land  mit  den  Ketzern^  sonnderlich  mit  den 
widertauflFem  ye  lenger  ye  erger,  und  ich  glaub',  das  allain  im 
Lannd  der  graveschaft  Tirol  und  Görtz  tausent  Menschen  wol 
darum  verbrannt,  gekopflft  und  ertrennght  worden  sein.  Dann 
die  widertaufer  understuenden  sich  einer  grossen  Hartnäckig- 
keit .  .  .'  ^  Die  Wiedertäuferchroniken  verzeichnen  unter  den 
Opfern  des  Jahres  allerdings  nur  den  Walser  Mayer,  der  mit 
zwei  anderen  Dienern  des  Wortes  zu  Wolfsberg  in  Kärnten  mit 
dem  Schwerte  gerichtet  wurde,*  damit  war  aber  deren  Zahl 
noch  lange  nicht  abgeschlossen.  Das  Regiment  in  Innsbruck 
hatte  die  strengen  Weisungen  nicht  vergessen,  die  vor  wenigen 
Monaten  erst  von  höchster  Stelle  erflossen  waren.  Noch  am 
20.  Mai  1530  waren  folgende  Fragen  an  die  betreffenden  Be- 
hörden des  Landes  gestellt  worden: 

1.  Warum  hat  man  die  lutherischen,  ketzerischen  Secten 
so  lange  im  Lande  einwurzeln  lassen,  oder  wo  hat  man  einen 
Vorsteher  oder  Reichen  oder  einen  Amtmann  gestraft? 

2.  Warum  hat  man  über  so  viel  ausgegangene  Mandate 
die  lutherischen,  verdächtigen  Prediger  in  den  Städten  und  Ge- 
richten, sonderlich  zu  Kitzbüchl,  Rattenberg,  Schwaz,  Hall, 
Innsbruck  und  Sterzing  so  lange  predigen  lassen  und  nicht 
gestraft  oder  Ordnung  gemacht? 

3.  Warum  hat  man  den  Prediger  von  Stams,  den  man 
schon  vorlängst  als  ,lutherisch'  erkannt  hatte,  nach  Schwaz 
genommen  und  ihn  —  wie  auch  einen  zweiten  ,im  Inpach^ 
(Jenbach)  —  wider  unsere  ausgegangenen  Befehle  in  Schutz 
und  Schirm  gehalten? 

4.  Warum  hat  man  den  Barfüsserpredigcr  Bruder  Rei- 
charten (sie)  in  meinem  Namen  verbieten  lassen,  wider  den  be- 
nannten Prediger  von  Stams  zu  reden  oder  zu  predigen? 

5.  Warum  hat  man  etliche  lutherische  Wiedertäufer  aus- 
gelassen,   und    zwar    ohne    alle   Leibesstraf    und    nicht    nach 


*  Fontes  rer.  Austr.  I,  487.  Die  Zahl  Kirchmair's  ist  etwas  zu  hoch.  lu 
dem  oben  citirten  Berichte  an  Ferdinand  I.  wird  von  700,  in  einem  acht 
Jahre  später  eingesandten  Berichte  gar  nur  von  600  Ilingerichteteu  ge- 
sprochen. 

*  S.  105. 


500 

unseren    Mandaten    gehandelt?     Wer    hat    diese    Leute    auch 
absol  virt  ?  * 

Auch  hatte  man  an  allen  Orten  mit  dem  Einziehen  der 
flüchtigen  Wiedertäufer  zu  thun,  woraus  nicht  selten  Conflicte 
mit  den  benachbarten  Landesherren  entstanden.^  Mit  ,dem 
Brande'  wurde  zu  Ende  Juli  Blasius  aus  Crossen  an  der  Oder, 
,ein  rechter  Vorsteher  der  Secte*,  gerichtet  Die  Kosten  der 
Hinrichtung,  acht  Gulden,  trug  die  Kammer.*  Uhnch  Müllner 
von  Ciausen  war  schon  im  Jahre  1528  beschuldigt  worden,  den 
Wiedertäufern  ,UnterschIupf'  gewährt  zu  haben,  wusste  sich 
aber  zu  rechtfertigen ;  diesmal  bekannte  er  sich  oflFen  als  Wieder- 
täufer und  wurde  im  October  1531  zu  Ciausen  enthauptet.  Von 
seiner  Standhaftigkeit  ,und  wie  er  den  Leuten  ganz  treulich  und 


^  Hofkamroerarchiv  sub  Hoffinanzen.    Copie  in  der  v.  Beck*schen  Samm- 
■  lungf. 

'  So  kam  es  aus  Aulass  der  Tbätigkeit  des  oben  genannten  ^Ainspannigers* 
Micbael  Rauch  zu  einem  Streit  mit  Salzburg.  Einige  Daten  aus  dem 
, Unterricht  Michael  Rauches  von  wegen  der  Wiedertäufer  Güter*  nn"5geu 
hier  angemerkt  werden.  1.  Rattenberger  Gericht:  a)  Nickinger^s  Gut 
ist  verkauft  um  140  fl.  b)  Des  Krenhenser  Haus  und  ein  Halblehen 
spricht  ein  Bürger  zu  Rattenberg  an.  c)  Des  Obigeres  Gut  verkauft 
um  103  Gulden.  Weib  und  Kinder  erheben  darauf  Anspruch,  d)  Zu 
Colfass  am  27.  März  Tag  gehabt  puncto  Seh  ortisch  lager's  Gut  —  heim- 
gefallen. 2.  Kufstein  (praes.  19.  September)  betrifft  die  confiscirten 
Güter  des  Wolfgang  von  Elmaw  und  MicheVs  von  Weissenbach.  Auch 
was  den  zurückgelassenen  Kindern  und  Erben  gelassen  wurde,  ist  im 
Inventar  angegeben:  Linhart  (?)  Hofer  hinterliess  zwei  unmündige  Kin- 
der und  einen  blinden  Vater.  Michel  Weissenbach's  zwei  Söhne  hiuter- 
liesscn  drei  Kinder;  Paul  Frauenhofer  (?)  vier  Kinder;  Wolf  im  Rieil  acht 
Kinder  u.  s.  w.  3.  Im  Gerichte  Altrasen:  Inventare  vorgenommen  bei 
Gregor  Weber,  Blasj  von  Crossen.  4.  Im  Gerichte  Schöneck:  Peter 
Getzenberger,  so  gerichtet  worden,  hat  ein  Gut  hinterlassen.  Auch  ein 
Binder  ist  flüchtig  worden.  5.  Im  Gerichte  Bozen:  Simon  Koben'» 
verlassenes  Gut  eingezogen,  ebenso  Ro^ina  weiland  Leotihard  Mayer'«, 
Benedict  Gamperer^s,  Margareth  weiland  Gotthard  in  Se^sa,  Tochter  der 
Gamperin  in  der  Au,  Schwestorantheil  am  Hof  zu  Sassen.  Jöi^  ToUiu- 
ger,  so  eine  Zeit  lang  in  Kurtatsch  gewohnt,  hat  kein  Vermögen.  £« 
folgen  dann  noch  die  Confiscatiouen :  6.  Auf  dem  Ritten,  7.  Alten- 
bürg,  8.  Kaltem,  9.  Vels.  Ein  anderes  Inventar  ist  durch  Ernst 
Brandt  zu  Stibling  aufgenommen.  21  Aufnahmen  finden  sich  vor,  dar- 
unter Sigmund  Schützinger,  ,so  auf  flüchtigem  Fnss  .  .  .*  Geor|; 
Vasser  hat  kein  eigenes  Vermögen.  Copie  (an  vielen  Stellen  undeut- 
lich) in  der  v.  Beck'schon  Sammlung. 

>  Causa  Domini  UI,  224.    Gemeines  Befehlbuch  1531. 


501 

wol  gefallen^,  erzählten  Augenzeugen  noch  nach  30  Jahren  dem 
Jörg  Kotter  von  Innsbruck.^  In  Bozen  und  Kaltem  wurde 
eine  Anzahl  von  Brüdern  und  Schwestern  im  Laufe  des  Juli 
gerichtet;  aus  dem  Gerichte  Schöneck  starb  zu  Brixen  der 
Bruder  Steinheis,  welcher  einen  guten  Hof  hinterliess,  der  nun- 
mehr eingezogen  wurde.  In  Brixen  harrte  auch  Mayerhofer 
von  Niedervientl  seines  Urtheils. 

Brüder  und  Leidensgenossen  fanden  die  Wiedertäufer 
nördlich  vom  Brenner:  in  und  um  Rattenberg,*  unter  den 
Bergleuten  in  Schwaz,*  dann  zu  Imst  und  Petersberg;*  südlich 
vom  Brenner:  im  Etschland,  und  zwar  in  den  Bezirken  Guffi- 
daun,^  Teutsch-  und  Wälsch-Noffen/  Bozen  und  Brixen,'  des- 
gleichen im  Landgericht  Sterzing*  und  im  Sam-  und  Taufers- 
thale,^  ebenso  in  der  Herrschaft  Hohenberg  in  den  Vorlanden.  ^^ 

In  Rattenberg  hielten  sie  in  einem  Kohlenwerke,  im 
Schwazer  Gerichte  in  einem  verlassenen  Stollen,  dann  in  einem 
Hause  auf  dem  Calzein  ihre  Versammlungen.  In  den  Berg- 
werken war  Peter  Schilling  ihr  Prädicant.  Dem  Bergrichter 
von  Freundsberg  stiessen  Bedenken  auf,  wie  er  es  mit  den 
Leuten,  so  zum  Schwert  verurtheilt  seien,  zu  halten  habe.  Er 
erhielt  (am  11.  Juli)  die  Weisung:  Alle  wiedergetauften  Per- 
sonen, die  weder  selbst  getauft  haben,  noch  Vorsteher  oder 
Rückfällige  seien  und  zum  Feuertode  verurtheilt  seien,  dürfen, 
sofern  sie  dies  begehren,  mit  dem  Schwerte  gerichtet  werden. 
,Aber  auch  bei  den  also  Gerichteten  sollst  du  nach  Vollziehung 
des  Urtheils  den  Körper  zu  einem  viehischen  Begräbnisse  weg- 
thun,  wie  denn  bisher  in  unserer  Herrschaft  Rattenberg  und 
Kufstein  auch  gebräuchlich  gewesen  ist.'^^    Zu  Klausen  waren 

>  Causa  Domini  UI,  113;  N.  F.  602. 

*  Bericht  vom  7.  März.    Causa  Domini  III,  205/2. 

'  Bericht  vom  22.  Februar.    Causa  Domini  III,  199. 

*  Causa  Domini  1531.    Bericht  vom  14.  Mai. 
'  Bericht  vom  6.  September. 

*  Causa  Domini  1531.    Bericht  vom  11.  Juni  und  7.  August. 
'  Bericht  vom  26.  September.    Causa  Domini  III,  188. 

*  Bericht  vom  22.  December.  Gemeines  Befehlbuch  1531  und  Brixener 
Acten :  Hans  Tuchmacher  tauft  den  Lamprecht  Qruber  und  dessen 
OaUin. 

*  Causa  Domini  lU,  186. 

^^  Gemeines  Befehlbuch  1531. 
"  Causa  Domini  DI,  240. 


502 

mehrere  Wiedertäufer,  unter  ihnen  Huter's  Vertrauter,  Caspar 
Schmidt  von  Bruneck,  im  Guffidauner  Gericht  namentlich  Leute 
von  Teys  und  Villnöss.  In  diesem  Gerichte  hielt  Jakob  Huter 
,in  der  Höhle  eines  Kofels  einen  Convent  ab,  bei  dem  150  Per- 
sonen anwesend  waren  und  das  Abendmahl  nahmen^  Auch 
zu  Albeins  und  zu  ,Prugg'  bei  der  Schmelzhütte  zwischen 
Brixen  und  Klausen  wurden  zur  Nachtzeit  50— 60  versammelte 
Wiedertäufer  gesehen.^  Ein  Erlass  der  Regierung  vom  29.  Sep- 
tember 1531  spricht  die  Erwartung  aus,  dass  der  Gerichtsherr 
Georg  Freiherr  von  Firmian  im  Stande  sein  werde,  diesem  Un- 
wesen zu  steuern.  Aehnliche  Conventikel,  40 — 50  Mann  stark, 
tauchten  im  Sommer  1531  auch  im  Brantenthale  auf.  Sie  ein- 
zufangen  war  die  undankbare  Aufgabe  des  Herrn  Wilhelm  von 
Liechtenstein,  Pfandinhabers  von  Carneid  und  Lehensherm  auf 
Wälsch-NoflFen,  dann  der  Gerhabschaft  der  Jakob  von  Nieder- 
thor'schen  Kinder,   welche  Deutsch-NoflFen    zum  Pfände  hatten. 

Weniger  düster  als  in  den  Jahren  zuvor  sah  es  im  Ster- 
zinger  Landgerichte  aus.  An  Taufgesinnten  fehlte  es  freilich 
auch  da  nicht.  Wir  finden  solche  im  Pfitschthale,  in  Dulfes 
und  an  anderen  Orten.  Sie  hatten  hier  in  der  Person  des 
Heinrich  Kessler  einen  Vorstand,  welcher,  unterstützt  von  einer 
den  Täufern  wohlgesinnten  Bevölkerung,  der  Wachsamkeit 
spärlich  angestellter  Häscher  stets  zu  entgehen  wusste.  Zu 
seinem  Convente  gehörten  auch  die  Taufgesinnten  von  Ridau.* 
Wie  sie  heimlich  kamen,  so  verschwanden  sie  auch  wieder, 
sobald  eine  Gefahr  nahe  war. 

Die  Regieinxng  unterlioss  keine  Massregel,  die  ihr  zur 
Unterdrückung  der  Secte  geeignet  schien:  Am  19.  Jänner  mel- 
det sie  dem  Hauptmann  Christoph  Fuchs  und  den  Pflegern  zu 
Kitzbüchl,  Rattenberg,  Rotenburg,  Wilten,  Sonnenburg,  Axams, 
Ambras,  Hertenberg,  Freundsberg,  Tauer  und  Steinach:  ,Uns 
gelangt  an,  wie  etlich  Wiedertäufer  aus  diesem  Land  im  Lande 
zu  Mähren  ausgeboten  wurden,  und  dass  sich  diese  wieder  in 
das  Land  Tirol  thun  wollen.  Es  wird  demnach  der  Befehl  er- 
theilt,  solchem  Uebcl  zuvorzukommen  und  allenthalben,  in  Ge- 


1  Causa  Domini  m,  264. 

*  Gemeines  Befeblbuch  1531.    Bericht  vom  9.  September  und  22.  Decem- 

ber.    Causa  Domini  1631. 
^  Causa  Domini  III,  107. 


503 

birg  und  Thal  auf  solche  Wiedertäufer  Kundschaft  zu  haben, 
da  ein  Einzug  nicht  gestattet  werde. 

Grosseren  Schaden  als  diese  brachte  den  Wiedertäufern 
die  im  Namen  Ferdinands  I.  ergangene  Verordnung  vom  8.  Juli 
1531,  in  welcher  die  früher  publicirten  Strafen  wider  Alle,  die 
den  Wiedertäufern  Unterstand  gewähren,  wiederholt  und  dem- 
jenigen, welcher  dem  Regimente  einen  Vorsteher  der  Wieder- 
täufer anzeigt,  neuerdings  eine  Belohnung  von  40  Gulden  ver- 
heissen  wird.  Diese  Zusage  war  verlockend  und  füllte  manchen 
Kerker  mit  wirklichen  und  angeblichen  Wiedertäufern,^  so 
namentlich  in  Klausen,  Guffidaun,  St.  Georgen  und  Michaels- 
burg. Dieser  Verordnung  folgte  am  18.  August  eine  zweite, 
in  welcher  alle  Amtsleute,  Landrichter  und  Pfleger  angewiesen 
werden,  gegen  die  mit  der  Wiedertaufe  befleckten  Personen 
allen  Ernstes  mit  Geßlngniss  und  Strafen  vorzugehen,  Hab  und 
Gut  der  Gefangenen  oder  Flüchtigen  mit  Beschlag  zu  belegen 
und  zur  Kammer  einzuziehen,  die  zurückgelassenen  Eander  aus 
diesem  Vermögen  zu  erhalten  und  erziehen  zu  lassen  und  bei 
den  Pfarrern  und  Prädicanten  allen  Ernstes  darob  zu  sein,  dass 
die  ausgegangenen  Mandate  wenigstens  viermal  im  Jahre  von 
den  Kanzeln  herab  verkündigt  und  das  Volk  imterwiesen  werde, 
sich  vor  ketzerischen  Opinionen  und  Secten  in  Acht  zu  nehmen.* 

In  den  Innsbrucker  Regierungskreisen  hatte  sich  mittler- 
weile die  Ueberzeugung  Geltung  verschafft,  dass  mit  den  bis- 
herigen Mitteln  nicht  viel  erreicht  werden  könne,  und  sie 
wandte  sich  daher  in  einem  Berichte  vom  12.  Jänner  1532 
mit  der  Bitte  an  den  König,  andere  Wege  an  die  Hand  nehmen 
zu  dürfen.  Als  einen  solchen  Weg  empfahl  sie  diesmal  die  im 
Jahre  1529  abgerathene  Aufstellung  einer  streifenden  Rotte  von 
40  Mann  zu  Fuss  mit  einem  Hauptmann  an  der  Spitze,  vor- 
läufig wenigstens  für  den  Gerichtsbezirk  Sterzing,  der  an  sieben 
Meilen  lang  war  und  bisher  nur  zwei  Knechte  hatte.  Die 
Wiedertäufergüter  sollten  hinfort  nicht  mehr  weggegeben,  son- 
dern zur  Kanuner  gezogen  werden.^  Die  Aufstellung  dieser 
Rotte  wurde  bewilligt  und  am  6.  Februar  ein  Mandat  erlassen, 
dass  ,niemand   die  Wiedertäufer  behausen,    noch   ihnen   einen 


*  SiniiÄcher  VU,  293. 

'  Embieten-  und  Befehlsbnch  1531,  fol.  337. 

•  An  kgl.  Migestät,  Lib.  V,  fol.  7. 


504 

„Unterschlupf"  gewähren  dürfe,  dieweil  diese  Leute  schädlicher 
seien  als  Mörder  und  Landesfeinde,  die  ein  Jeder  niederzuwerfen 
und  gefangen  zu  nehmen  willig  sein  soll^^  Da  diese  Mahnung 
nicht  viel  genützt  haben  dürfte,  erging  drei  Wochen  später  ein 
neuerliches  Mandat,  in  welchem  neben  dem  Bedauern,  dass 
man  notorische  Wiedertäufer  in  einzelnen  Gerichten  frei  umher- 
streifen lasse,  die  gemessene  Weisung  ausgesprochen  wird,  sich 
der  Festnehmung  dieser  bösen  und  schädlichen  Leute  zu  be- 
fleissen  und  der  nachforschenden  Obrigkeit  Hilfe  und  Beistand 
zu  leisten. 

Aus  der  Urgicht  des  auf  Rodenegg  im  GefUngnisse  liegen- 
den, später  abgefallenen  Täufers  Jakob  Gasser  entnahm  die 
Landespolizei,  dass  der  Wiedeiläufer  Jakob  Huter  von  Wels- 
perg  sich  anschickte,  aus  dem  Lande  zu  scheiden  und  nach 
Mähren  zu  ziehen,  wo  ,ein  fremder  Glaube  in  ihrer  Gemeinde 
sich  ergeben  habe*.  Dies  und  der  Umstand,  dass  im  März  in 
Sterzing  vier  Wiedertäufer,  mit  ,Pa8sporten'  versehen,  angehalten 
wurden,  welche  nach  Auspitz  lauteten,  bot  der  Regierung  den 
Anlass,  den  Landesfürsten  zu  bitten,  hierin  ,Für8ehung'  zu 
treffen.  Sie  habe  auch  an  die  Obrigkeiten  in  Hall,  Schwaz, 
Rattenberg  und  Kufstein  den  Befehl  ergehen  lassen,  auf  jene 
Wiedertäufer  zu  achten,  die  etwa  ,zu  Schiff  ansitzen  und  auf 
dem  Wasser  aus  dem  Land  fahren  wollen'.*  Gegen  Jakob 
Huter  wurde  ein  Steckbrief  erlassen,  der  folgendermassen  lau- 
tet:' , Jakob  Hueter,  von  Welsperg  genannt,  ain  person,  so  ain 
schwarzen  part  hat,  beklaidet  mit  ainem  schwarzen,  lodein  wap- 
penrockh,  ainem  plaben  wamms,  weissen  hosen,  ainem  schwarzen 
hut  und  der  ain  hackl  am  arm  tregt.'  ,Er  solle  aus  diesem 
Land  in  die  Grafschaft  Mähren  ziehen;  welche  Person  ohne 
allen  Zweifel,  wie  voriges  Jahr  auch  geschehen,  auf  dem 
Wasserstrom  des  Inns  das  Wasser  hinab  nach  Oesterreich 
fahren  und  von  da  ihren  Weg  nach  Oesterreich  nehmen  werde.^ 
Es  wird  demnach  der  Befehl  ertheilt,  besonders  auf  Jakob 
Huter  fleissig  Achtung  zu  haben. 


»  Pesterchiv  XVin,  39.    Kripp,  8.  37. 

*  Bericht  vom  9.  März  1532.    An  kgl.  MajeHtät  V,  fol.  28/2. 

'  StAtthaltereiarchiT  in  Innsbruck.  Lib.  Causa  Domini  IV,  17  vom  10.  M.nrz 
1632.    An  kgl.  Majeiit&t  V,  fol.  28/2. 


505 

Als  dann  aas  dem  Geständnisse  des  in  Sterzing  gerichte- 
ten Wiedertäufers  Peter  Hungerl  ersichtlich  wurde,  dass  mit 
Huter  auch  dieser  nebst  den  mit  ihm  gerichteten  fünf  Brüdern 
Grueber,  Beck,  Schuster,  Planer  und  Thaler  ^  nach  Auspitz 
in  die  Gemeinde  Huter^s  hätten  ziehen  wollen,  säumte  die  Re- 
gierung nicht,  den  Landesflirsten  zu  bitten,  ,darauf  zu  achten, 
ob  der  Hutter,  der  in  diesem  Lande  viel  Personen  in  solche 
Sect'  gebracht,  vielleicht  dort  gefangen  genommen  werden 
könntet* 

Noch  war  das  Mandat  vom  28.  Februar  in  aller  Leute 
Erinnerung,  als  die  Regierung  in  der  Erwägung,  dass  die 
Wiedertäufersecte  ,trotz  aller  Vorkehrungen  kein  Aufhören 
haben  wolle,  sondern  sich  noch  an  mehr  Orten  erzeige',  am 
24.  April  bei  dem  Landesflirsten  um  ein  neuerliches  Mandat 
wider  diejenigen  ansuchte,  welche  Wiedertäufer  beherbergen.' 
Diesem  Einschreiten  verdankt  das  Generalmandat  vom  12.  Mai 
1532  seine  Entstehung.*  Was  in  diesem  Mandate  ausgesprochen 
wird,  entsprach  den  Thatsachen,  nämUch  ,dass,  unangesehen 
der  gesetzten  Pön  und  Strafen,  an  vielen  Orten  die  Wieder- 
täuferpersonen ihre  Erhaltung  stattlich  und  genugsamlich  haben 
und  bekommen,  über  das  sich  doch  niemand  im  Lande  dieser 
unserer  geforsteten  Grafschaft  Tirol  mit  Wahrheit  und  Grund 
entschuldigen  kann',  dass  er  unserer  Satzungen  kein  Wissen 
hätte.    ,Und  diewiel  dann  diese  Sect'  zu  allem  ärgerlichen  und 


^  Von  diesen  Gefangenen  sollte  der  Landrichter  Sebastian  Hofwirth  laut 
Auftrag  vom  15.  März  1532  mit  oder  ohne  Marter  zu  erfahren  suchen, 
wo  Jakob  Huter  und  andere  Täufer  in  und  um  Sterzing  ihre  Zuflucht 
haben,  wer  ihr  Vorsteher  und  Verfasser  des  Schreibens  mit  verborgenem 
Namen  und  Charakter  sei,  das  neulich  bei  einem  gefangenen  Wieder- 
täufer gefanden  wurde,  darin  ein  gewisser  Oswald  Schuster  als  ein  greu- 
licher Verräther  und  Judas  bezeichnet  wird,  der  im  GefKngniss  Alles  an- 
gezeigt, was  er  gewusst  habe,  ,nit  allain  seine  Schwestern  und  bruedem, 
sondern  auch  alle  haiden,  die  sj  behaust*.  Auch  nach  dem  Schlüssel 
der  Geheimschrift  solle  er  forschen.  Causa  Domini  IV,  20.  Dieser  Vor- 
steher war,  wie  man  aus  seinen  Episteln  sieht,  Jakob  Huter. 

«  An  kgl.  Majestät  V,  28. 

»  Ibid.  37. 

*  Gedruckt.  Causa  Domini  IV,  34.  Im  Pestarchiv  im  Auszuge:  Am  12.  maii 
ist  ein  mandat  ausgangen  wider  die,  so  die  Widertauffer  beherbergen,  das 
dieselben  venklich  angenomen  und  gegen  inen  mit  peinlicher  tortar  und 
fragen  furgangen  und  nach  allen  Ungnaden  am  leib  und  guet  gestrafft 
werden  sollen*. 
Archir.  LXXVni.  Bd.  II.  H&Ifte.  33 


506 

lästerlichen.  Leben  kommt,  welche  wir  in  nnseren  Ftirsten- 
thümem  und  Ländern  nicht  weniger  als  zuvor  mit  allem  Fleisse 
und  Ernst  abzustellen  entschlossen  sind,  so  ordnen  wir  an,  dass 
hinfort  alle,  so  Wiedertäuferpersonen  wissentlich  hausen  und 
herbergen  oder  in  einigen  Weg  Vorschub  thun,  stracks  gefäng- 
lich angenommen  und  gegen  sie  mit  peinlicher  Tortur  und 
Frage  vorgegangen  werde,  ob  sie  auch  mit  der  Sect'  der 
Wiedertauf'  befleckt'.  ,Und  hätten  sie  auch  die  Wiedertaufe 
nicht  angenommen,  so  sollen  sie  nichtsdestoweniger  Unterstandes 
wegen  an  Leib  und  Gut  gestraft  und  hierin  niemand  verschont 
werden/ 

Es  war  in  diesem  Jahre  nicht  so  sehr  das  alte  Täufer- 
gebiet von  Rattenberg-Freundsberg  ^  als  das  Etschland,  die 
Gelände  des  Eisack  und  das  langgestreckte  Pusterthal,  in 
welchen  die  Wiedertäufer  ein  kümmerUches  Heim  fanden.  An 
die  Namen  Guffidaun  und  Sterzing,  Michaelsburg  und  Lüsen, 
Rodenegg  und  Peitelstein-Welsperg  knüpfen  sich  für  die  Wieder- 
täufer bittere  Erinnerungen. 

Zu  St.  Georgen  waren  zu  Ende  Februar  vierzig  Wieder- 
täufer ,beim  Brotbrechen'  versammelt,  ab  die  Häscher  mit  be- 
waffneter Hand  über  sie  herfielen  und  sieben  von  ihnen  ge- 
fangen abführten.  Die  übrigen  entkamen,  unter  ihnen  drei 
Vorsteher  und  unter  diesen  ,ein  Hueter  von  Welsperg,  der  ein 
puchsen  tragen  soU^  Die  Gefangenen  wurden  hsLch  Brixen 
gebracht  und  die  fürstbischöflichen  Räthe  angegangen,  den 
Entflohenen  durch  den  Pfleger  auf  der  Michaelsburg  nach- 
zujagen.* 

Die  Regierung  sandte  am  3.  August  dem  Pfleger  von 
Welsperg,  Christoph  Herbst,  einen  Erlass:  ,Wiewohl  wir  dir 
schon  zuvor  ernstlich  befohlen,  auf  Jakob  Hueter  von  Wels- 
perg, den  Vorsteher  der  verftüirerischen  Secte  der  Wieder- 
täufer, fleissig  Achtung  zu  haben  und  ihn  ins  GefUngniss  imd 
die  gebührliche  Strafe  zu  bringen,  so  vernehmen  wir  doch, 
dass  er  neulich  auf  dem  Bad  in  einem  Wald  eine  Versamm- 


^  Doch  erhielt  die  Regierung  im  November  1682  Kunde,  da»  sich  bei 
Freundfiberg-  in  einem  alten  Stollen  30 — 40  Wiedertäufer  yersammelt 
haben,  um  das  Abendmahl  eu  halten. 

«  Causa  Domini  IV,  7.  Datum  24.  Febniar  1632.  Copie  in  der  r.  Beck- 
sehen  Sammlung. 


507 

lung  von  80 — 90  Personen  gehabt,  allda  diese  verführerische 
Seete  gepredigt  und  getauft  habe  und  von  niemandem  gehindert 
und  zur  Strafe  gebracht  worden  sei.  Wir  empfehlen  dir  neuer- 
dings mit  Ernst,  dass  du  auf  den  genannten  Hueter  imd  seine 
Anhänger  äeissig  achtest  und  daran  seiest,  dass  er  gefangen 
werde/ ^  Die  Rüge,  welche  Christoph  Herbst  zu  Theil  wurde, 
hatte  den  Erfolg,  dass  er  schon  nach  drei  Wochen  melden 
konnte,  er  habe  in  seiner  Verwaltung  einige  Wiedertäufer  be- 
treten und  in  festes  Gewahrsam  nach  dem  Peitelstein  ge- 
führt. Unter  den  Gefangenen  war  der  später  hingerichtete 
Friedrich  Brandenberg  aus  Köln,  ein  Begleiter  Huter's  auf 
dessen  Missionsreisen.*  Dieser  bekannte,  wie  die  Regierung 
nach  Brixen  meldete,  dass  Jakob  Huter  zu  Lüsen  sieben  Per- 
sonen getauft  habe;  desgleichen  im  Samthaie.  Der  Bischof 
möge  die  Getauften  zu  ermitteln  suchen.*  Aus  seiner  ,Urgicht' 
entnahm  die  Regierung  noch  weiter,*  dass  Huter  fast  viel  Per- 
sonen im  Lande  in  solches  Irrsal  gebracht  und  ,al8  ein  grosser 
Vorsteher  selbst  wiedergetauft',  dass  er  zumeist  nächtlicher 
Weile  im  Lande  herumziehe  und  seinen  ,Unterschlupf'  bei 
einftlltigen  Bauersleuten  und  sonderlich  bei  einem  Bauern  in 
Schmyren  finde,  Hans  genannt,  im  hintersten  Hause  zu  Schmy- 
ren.  Diesen  Bauer  soll  Friedrich  Franz  von  Schneeburg  ein- 
ziehen und  fragen,  wo  Huter  zu  betreten  wäre.  Schon  lange 
zuvor  war  auch  in  Guffidaun  imd  Klausen  auf  Huter,  Christoph 
Gschöll  und  Hans  Tuchmacher  (Amon)  gefahndet  worden.* 

An  den  Pfleger  von  Guffidaun  erging  am  22.  März  die 
Weisung:  Auf  seinen  Vorschlag,  die  ,Urgichten'  nicht  der  ganzen 
Länge  nach  vorzulesen  und  die  Todesstrafe  statt  mit  dem 
Brande  mit  dem  Schwerte  bei  der  Schranne  vollziehen  zu 
lassen,  könne  man  nicht  eingehen:  Es  sei  Befehl,  die  Urtheile 
dem  Gebrauche  nach  im  Auszuge  vorlesen  zu  lassen.    Bei  der 


^  Causa  Domini  lY,  50.  Eine  gleiche  Rüge  wurde  dem  Landrichter  zu 
Sterzing,  Andre  Flamme  zu  Theil.  Causa  Domini  IV,  50/1.  Vgl.  Seh  fitzen- 
Zeitung  1872,  Nr.  25—27. 

*  Causa  Domini  IV,  54. 

'  Bericht  vom  28.  September  1.  c. 

*  Bericht  vom  28.  September  an  Friedrich  Franz  von  Schneeburg.  Causa 
Domini  IV,  54. 

*  Hans  Amon  soll  schon  t5.Sl  in  Tirol  gewesen  sein  und  daselbst  hie  und 
da,  namentlich  auf  dem  Ritten,  getauft  haben.    Causa  Domini  IV,  69. 

33* 


608 

jAusflihrung^  der  Verurtheilten  sei  darauf  zu  sehen,  dass  sie 
nicht  viel  reden  und  predigen,  auch  möge  das  Volk  mit  den 
Worten:  ,Kehrt  umb,  lasst  Platz,  was  wellt  ihr  da  thun'  ab- 
gehalten werden:  ,ne  audiat  docentes^* 

Die  meiste  Arbeit  fand   der  Nachrichter  in  diesem  Jahre 
in   Sterzing.     Die   Geschichtsbücher   der  Wiedertäufer   nennen 
freilich  nur  sieben,  welche  an  diesem  Orte  fUr  ihre  Ueberzeu- 
gung   in   den   Tod    gingen,    nämlich   Lamprecht   Grueber  und 
seine   Genossen,    dann   Kunz   Füchter,   den   Säckelmeister   der 
Brüder,*  der  ,auch  eine  Epistel  aus  dem  Geßlngniss  an  die  Ge- 
meinde schrieb,   so  noch  vorhanden  ist'.     Aber  der  Opfer  war 
eine  viel  grössere  Zahl.    Noch  vor  dem  Hinscheiden  Lamprechts 
und  seiner  Genossen  wurden  in  Sterzing  vier  Brüder  hingerichtet; 
mit  Kunz  Füchter  starben  einige  andere  und  vor  diesem  noch 
Georg  Schröffl  aus  dem  Mich.aelsberger  Gerichte.     Als  endlich 
dank  der  streifenden  Rotte  im  November  15  Wiedertäufer  ein- 
gebracht   worden    waren,    wurde    zu    ihrer    Unterweisung    der 
Pfarrer   von   Hall,   Christoph   Landsberger,   nach   Sterzing   be- 
rufen.   Es  gelang  ihm  und  seinem  Gehilfen  Leonhard  Menthaler, 
nur  Wenige  zum  Widerruf  zu  bringen,  und  so  erging  an  den 
Landrichter  Flamm  am  13.  December  1532  die  Weisung,  wider 
die  Verstockten   seines  Amtes  zu  handeln.    Vorerst  aber  möge 
er  zu  erfahren  suchen,  wo  die  drei  Vorsteher,  der  Tuchmacher, 
Huter   und  Offerus,   ,dieweil   sie  jetzo   zur  Winterszeit  in  den 
Hölzern   und  Wäldern    nit   wohnen    können,    betreten   werden 
möchten'.     Flamm  möge  ihnen  versprechen,   dass  er  sie,   ,wo- 
fem  sie  die  Wahrheit  sagen,   zur  Begnadigung  fordern  wolle'.  ^ 
Das  Ergebniss  dieser  und  der  späteren  Einvernehmung  des  Bru- 
ders Balthasar  Thal   war,   dass  Jakob  Huter  und   Hans  Tuch- 
macher in  letzter  Zeit  ihre  Wohnung  bei  Hans  Mayer  in  Ant- 
holz,   dann  in  Klausen  bei  Peter  Binder  hatten   und   kurz  vor 
Lichtmess  (1533)  in  Villnöss  in  einem  Hause,  genannt  Pitscheid, 


*  Caasa  Domini. 

'  Füchter  lag  im  Mai  1532  im  Gefängnias.  Hier  sang  er  Lieder  wie:  Ab 
man  mit  dem  Kreuze  ging  n.  8.  w.  Auf  Befehl  der  Regierung  peinlich 
examinirt,  wurde  er  verurtheilt.  Causa  Domini  IV,  37.  Die  Qeschwor- 
nen  muasten  schworen,  über  ihn  wie  über  einen  Vorsteher  su  nrtheileo, 
d.  h.  auf  den  Tod  zu  erkennen.  Innsbrucker  Acten.  Siehe  Geachicht»- 
bücher,  S.  106. 

*  Causa  Domini  IV,  68—69. 


609 

eine  Gemeinde  abgehalten  hatten,  bei  welcher  gegen  70  Per- 
sonen aus  dem  Pusterthale  anwesend  waren.  Diese  Angaben 
wurden  sofort  den  bischöflichen  Beamten  zu  Brixen  mit  dem 
Ersuchen  mitgetheilt,  wegen  der  genannten  Täuf(^r  die  geeigne- 
ten Massregeln  zu  treffen.^  Dass  Huter  in  und  um  ELlausen 
fUr  seine  Secte  thätig  sei,  wusste  man  in  Brixen  schon  im  Jän- 
ner 1533.  Man  sieht  das  aus  der  Rüge,  welche  die  bischöf- 
lichen Räthe  dem  Leonhard  von  Aichach,  Unterhauptmann  auf 
Sähen,  und  dem  Stadtrichter  von  Klausen,  Stephan  Rieder,  des- 
wegen ertheilten,  weil  sie  ,den  Hueter  von  Welsperg,  einen  Vor- 
steher der  Secte,  der  die  Gegend  zu  verführen  suche  imd  sich 
so  oft  in  Klausen  sehen  liess,  nicht  besser  beobachtet  und  fest- 
genommen hätten^  Ausserdem  waren  im  April  und  Juni  mehrere 
Sendschreiben,  die  Huter  und  Hans  Amon  ihren  Mitverwandten 
nach  Mähren  geschrieben  hatten,  der  Obrigkeit  in  die  Hände 
gefallen,  zum  Theile  nur  mit  J  und  H  unterzeichnet*  Die 
Verfasser  suchte  man  vergebens.  Dagegen  wurde  Ludwig  Fest 
aus  Pinnegg,  der  zu  Schwaz  bei  den  Gruben  und  an  anderen 
Orten  Glaubensgenossen  zu  werben  suchte,^  auf  Freundsberger 
Gebiet  festgenommen  und  nach  Schwaz  abgeführt.*  Allen  Be- 
kehrungsversuchen unzugängUch,  wurde  er  der  Weisung  vom 
3.  Juli  entsprechend  in  Schwaz  enthauptet.^  Ihm  folgte  in 
Kitzbüchl  Christina  Häring:  ,Nachdem  sie  aber,'  sagen  die  Ge- 
schichtsbücher von  ihr,  ,gross  Leibs  gewesen  und  schier  Kinds 
liegen  hat  sollen,  haben  sie's  haimb  gelassen,  bis  sie  das  Kind 
ausliege.  Und  wiewol  sie  in  der  Weil*  zehnmal  und  öfter  hat 
entwaichen  können,  ist  sie  doch  nit  gewichen.  Haben  sie  also 
wiederumb  gegen  Kitzbüchl  in  die  Stadt  geführt  und  mit 
dem  Schwert  gericht,  das  doch  nit  gewöhnlich  ist,  mit  einem 
Weibsbild,  und  sie  hernach  verbrannt,  wie  ihre  Brüder  Chri- 
stian und  Thoman  Häring,  so  hernach  lang  bei  der  Gemain 
gelebt,  des  ein  Wissen  haben.' ^ 


*  CaußA  Domini  IV,  86. 

«  Orig.,  Lade  112,  Nr.  5,  Lit.  B.   Brixen. 
»  Causa  Domini  IV,  104. 

*  Ibid.  IV,  109. 

*  Geschichtsbücher   der  Wiedertäufer.     Dort   werden    auch    die    Schriften 
Fest's  angeführt. 

«  Geschichtsbücher,  S.   107—108.     Christian    und  Thoman   Häring   lebten 
dann  als  ,Diener  der  Nothdurft*  in  der  Gemeinde  zu  Mähren. 


i 


510 

Am    Montag    vor    Aposteltheilung .  (14.  Juli)    wiurden  zu 
Brixen  mehrere  Täufer,  Männer  und  Frauen,  mit  dem  Schwerte 
gerichtet:  Leute  aus  Lorenzen,  Gais  und  vom  Götzenberge,  die 
bei  einer  allgemeinen  Streifung  den  Rottenführern  in  die  Hände 
gefallen  waren.*    In  Guffidaun  wurden  im  October  sieben  Täu- 
fer gerichtet:  ,Haben  das  Volk  gewaltig  zur  Busse  gemahnt  und 
aus  ihrem  GefHngniss  etliche  Episteln  geschrieben,  mit  Anzaig, 
dass  kein  unreines,  träges  und  lässiges  Herz  in  der  Probe  be- 
stehen könne.'    Von  den  bezeichneten  Episteln  enthält  die  eine 
die  Mahnung,  dass  jene  Brüder,  welche  Kinder  unter  den  ,6ott- 
losen'  haben,   sie  hinwegfUhren,   damit  sie  nicht  verderbt  wer- 
den; die  andere  Epistel  meldet,  dass  noch  zehn  im  Gefengniss 
liegen,   die  alle   den  Herrn  mit  ihfem  Blute   bezeugen  wollen.* 
Dasselbe  Geschick   traf  in  Brixen   einige  Brüder  und  Schwe- 
stern,   die   Hüter  in   seinem    Sendschreiben   (de   dato  Auspitz, 
21.  November)  zum  Theile  namentlich  anführt:^  ,Mit  erschrocke- 
nem Herzen  und  weinenden  Augen  habe  ich  gelesen,  dass  die 
Verfolgung  bei  Euch  so  gar  heftig  und  gross  ist,  und  dass  man 
uns  abermals  mehrere  von  den  aUerliebsten  Brüdern  und  Schwe- 
stern gefangen  hat,   als  den  Valtan  (Gsäl),*   den  getreuen  und 
meinen  herzlieben  Bruder,  der  mir  überaus  lieb  war,  und  meine 
Kinder,   die  ich  alle  mit  Schmerzen,   Mühe  und  Arbeit  und  in 
grosser  Angst  geboren  habe  durch  Gottes  Gnade:  die  Gretlein, 
die  Christina,  den  Rueplein,  Stofflein  und  Kontzen  und  andere 
mehr,   die   vorhin  gefangen   sein   gewesen    und    auch    bezeugt 
haben.' 

Ausserdem  waren  zur  gleichen  Zeit  zu  Sterzing,  auf 
Schöneck  und  Rodenegg  die  Kerker  gefüllt.  Im  Guffidauner 
Gerichte  hielten  die  Wiedertäufer  Mitte  Juni  1533  eine  grosse 
Versammlung,  um  zu  berathen,  wie  die  Ihrigen,  die  ,im  ganzen 
Lande   an   keinem  Orte   mehr   einen  Platz   und   einen  „Unter- 


»  Sinnacher  VII,  300. 

'  Ausführliche  Berichte  hierüber  finden  sich  in  den  Geschichtsbacheni, 
S.  108  und  109.  Unter  den  Gefangenen  wurde  ein  Wölfl  von  Furcht 
gefasst.  Andere  sechs  Brüder  laden  den  Jakob  Huter  und  Hans  Tuch- 
macher auf  ihre  Hochzeit  zum  Richter. 

•  Huter's  Epistel  an  die  Heiligen  Gottes  im  Pusterthal,  Etschlandt  und 
Innthal  soll  diser  Brieff  zu  banden.  Aus  Mähren  durch  Bruder  Peter 
Veit  gesandt    Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 

*  Der  1533  in  Götzenberg  gefangen  wurde. 


511 

schlupf"  haben',  nach  Mähren  abgefertigt  werden  könnten.^ 
Von  diesen  Leuten  wurden  18  gefangen  eingezogen;  einige 
standen  von  ihrer  Lehre  ab,  aber  eilf  blieben  standhaft  und 
diesen,  lautet  der  Bericht,  «haben  wir  Inhalts  der  Mandate  das 
Recht  verschafft^  Was  das  heisst,  davon  erzählen  die  Ge- 
schichtsbücher. Nichtsdestoweniger  gab  es,  wie  ein  Gefange- 
ner aussagte,  um  Guffidaun  immer  noch  eme  ,Anzahl  von  Ge- 
schwistrigeten^  Diese  Thatsachen  berichtete  die  Regierung  am 
19.  Juni  dem  Landesfürsten.*  Sie  meldet  daneben,  dass  man 
in  den  drei  Herrschaften  Rattenberg,  Kufstein  und  Kitzbüchl 
dieser  Zeit  niemand  mehr  wisse,  der  mit  der  Wiedertaufe  be- 
fleckt sei,  oder  dass  sie  etwa  wiederum  einreisse.  In  Kufstein 
werde  die  Ausreutung  mit  solchem  Fleisse  gehandhabt,  dass 
die  Vorsteher  und  ,sectischen'  Personen  keinen  ,Unterschlupf 
suchen  werden.  Was  die  nach  Mähren  durchziehenden  Per- 
sonen betreffe,  so  werden  sie,  falls  man  sie  fange,  nach  den 
Mandaten  behandelt*  Die  Landesregierung  habe  bisher  an 
allen  Orten  des  Landes  zur  Ausreutung  solcher  Secten  mit 
Ernst  und  Fleiss  gehandelt  und  es  seien  solcher  Personen  in 
Sterzing,  Rodenegg  und  GuiBdaun  viele  gefangen  genommen 
worden,  gegen  die  nun  der  Process  in  folgender  Weise  gefilhrt 
wird:  Jene,  welche  zum  ersten  Male  der  Secte  anheimfallen, 
aber  widerrufen  und  Busse  geleistet  haben,  werden  nach  In- 
halt der  Mandate  begnadigt;  gegen  jene,  welche  nicht  abstehen 
wollen,  ,haben  wir  zuvor  ein  leiblich  disciplin  an  etUch  tagen 
mit  enthaltung  ringer  speis  mid  mit  rutenstreichen  fumemen 
lassen',  eine  Strafe,  die  bei  etlichen  wohl  erspriosslich  gewesen 
ist.  Jene,  die  auch  nach  dieser  Strafe  bei  ihrem  Irrthum  ver- 
bleiben, werden  in  Gemässheit  der  erflossenen  Mandate  und 
Edicte  gerichtet  werden.     Diesen  Process  halten  wir  auch  bei 

*  ,Umb  unsere  Herrn  Fronleichnamstag  des  XXXIII-en  jare  haben  sy,  die 
W.-T.,  die  gemain  gehalten  im  Wald  ob  Erenpurg*,  daselbst  von  den 
Brüdern  der  Umgebung  (sowie  von  Qötzenberg)  mit  Proviant  versehen. 
Hutteri  Interrog. 

•  An  kgl.  Majestät  LV,  203—205. 

'  Der  Verkehr  mit  Mähren  war  ein  reger.  Ausser  den  sBwei  »Missiven*  an 
die  Vorsteher  in  Mähren,  die  man  den  Wiedertäufern  schon  vordem  ab- 
genommen, wurde  ein  gleiches  Schreiben  bei  zwei  ,Brüdem*  in  Kitzbüchl 
vorgefunden.  In  Anspitz  seien  500  Wiedertäufer  in  einem  Hause,  in 
einem  anderen  an  400  in  steter  Conrespondenz  mit  den  Tirolern.  Eis 
wird  gebeten,  ut  ibi  eiciantur.    An  kgl.  Majestät  V,  303. 


512 

jenen  ein,  welche  nun  gefangen  liegen.  Wir  haben  auch  nicht 
unterlassen,  den  Obrigkeiten  einzuschärfen,  Kundschaft  zu  thun, 
wie  man  der  Vorsteher  habhaft  werden  könnte,  und  keine  Kosten 
und  Mühen  zu  sparen,  und  haben  die  zu  diesem  Zwecke  mit 
20—40  Gulden  ausgesetzte  ,Taya'  (Taglia)  auf  60—70,  ja  selbst 
bis  auf  100  Gulden  nach  Beschaffenheit  der  Person  zu  erhöhen 
befunden.^  Dem  Landeshauptmann  und  anderen  Obrigkeiten 
haben  wir  befohlen,  etliche  Personen  zu  bestellen,  die  ,sich  zum 
Schein,  als  wollten  sie  ihrer  Secten  sein*,  wiedertaufen  lassen, 
um  von  ihren  Versammlungen  zu  erfahren.  An  diesen  Bericht 
reihen  sich  einzelne  Vorschläge:  Man  möge  zunächst  den 
Wiedertäufern  in  Mähren  die  Erhaltung  ,abstricken'.*  Dann 
achten  wir,  dass  zur  Abstellung  dieser  Secte  geschickte  Prädi- 
canten  viel  Gutes  schaffen  möchten.  Für  das  Allererspriess- 
lichste  aber  halte  die  Landesregierung,  ,dass  die  ursprüngUche 
Ursache  dieser  Sect  ausgelöscht  werde,  welches  aber  on  ain 
gemain  Reformation  nit  beschehen  mag,  darumb  Ew. 
kgl.  Majestät  Bruder,  die  kais.  Majestät,  von  wegen 
haltung  eines  Conciliums  zue  vermanen  guete  ursach 
hat^  Wegen  einer  ,stattlichen  Gegenhandlung*  ist  unser  6u^ 
dünken,  dass  Ew.  kgl.  Majestät  auf  dem  künftigen  Landtage 
Vorstellung  mache,  dass  man  auf  einen  Wiedertäufer  ein  ,Taya' 
von  50 — 100  Gulden  lege.  Die  Regierung  wisse  keinen  nähe- 
ren und  besseren  Weg,  durch  den  sie  ,eingekehrt,  verjagt  oder 
vertrieben  werden  mögend  Damit  aber  die  Kammer  nicht  allzu- 
sehr beschwert  werde,  sollen  die  vermöglichen  Wiedertäufer  die 
,Taya'  erlegen,  ob  sie  abstehen  oder  nicht.  Sind  sie  zahlungs- 
unfähig, so  soll  sie  aus  dem  Vermögen  der  anderen  Wieder- 
täufer genommen  werden  ohne  Rücksicht  auf  einen  etwaigen 
Einspruch  der  Pfandherrschaften.  Schliesslich  rathe  man,  alle 
confiscirten  Güter  zur  Kammer  einzuziehen. 


^  Erlässe  dieses  Inhalts  de  dato  18.  Juni  1533  gingen  nach  Sterzing,  Goffi- 
dann,  auf  den  Bitten,  gegen  Kodeuegg,  Kitzbücbl,  St  Petersberg  und 
Lienz,  wo  man  die  Wiedertäufervorsteher  vorzugsweise  vermuthete.  Causa 
Domini  IV,  105. 

'  Von  der  Zahl  der  Wiedertäufer  in  Auspitz  hatte  die  Regierung  aus  dem 
Munde  eines  Gefangenen,  des  Offerus  Griesingor  oder  Griesstätter,  der 
jüngstens  zu  Uofgarten  gefangen  worden  war,  Kunde  erhalten.  Steck- 
brief gegen  diesen  wiederentkommeuen  Wiedertäufer  Causa  Domini  IV, 
104,  132. 


513 

Allen  Gefahren  trotzend,  machte  sich  ein  Häuflein  von 
Täufern  aus  dem  Guffidauner  Gerichte,  25  Kinder  mit  sich 
führend,  im  Juli  1533,  heimUch  und  meist  nur  zur  Nachtzeit 
auf  ungewöhnlichen  Pfaden  ziehend,  auf  die  Reise  nach  Mähren. 
Es  gelang  ihnen,  allerdings  nur  in  kleineren  Gruppen,  obschon 
ihnen  der  Pfleger  von  Schwaz  und  der  Landrichter  von  Rattenberg 
die  Wege  verlegten,  bei  den  Brüdern  in  Auspitz  anzukommen.^ 
Nur  vier  Nachzügler  fielen  Anfangs  August  in  die  Hände  der 
Obrigkeit.*  Diese  erhielt  in  jenen  Tagen  auch  Nachricht,  dass 
neulich,  kurz  vor  Petri  Gefllngniss  (1.  August),  in  der  Hegaw 
bei  Rattenberg  eine  grosse  Gemeinde  versammelt  gewesen  und 
eine  zweite  durch  Huter  am  Stamser  Joch  abgehalten  wurde. 
Als  dann  von  der  Regierung  der  Auftrag  kam,  an  Huter  und 
seine  Genossen  die  Hand  zu  legen,  war  dieser  bereits  jenseits 
der  Grenze  auf  dem  Wege  nach  Auspitz.'  Sein  Werk  wurde 
diesseits  des  Brenners  durch  Offerus,*  jenseits  durch  Hans 
Amon,  oder  den  Tuchmacher,  wie  man  ihn  zu  nennen  pflegte, 
forlgesetzt. 

Die  stärkste  Gemeinde  im  Süden  vom  Brenner  war  die 
am  Götzenberge.  Dahin  zogen  an  Festtagen  die  Frommen 
von  Nah  und  Fem:  aus  Sterzing  und  Rodenegg,  aus  dem 
Pusterthale  und  von  Taufers,  während  die  Täufer  des  Inn- 
thales  in  Steinach,  wo  Valentin  Luckner  ihr  Diener  war,  bei 
Vomp,  Brixlegg  und  in  dem  Hegaw  (Hagaw)  ihre  Zusammen- 
künfte hatten.*  Aus  der  Mitte  dieser  ,Geschwister'  wurden 
zeitweise  Gruppen  von  10—15  Personen  nach  Mähren  ab- 
gefertigt. Jeder  Rotte  waren  Orte  und  Personen  genau  be- 
zeichnet, die  sie  zu  besuchen  hatten.  Bei  einem  der  zehn 
Brüder,  die  im  September  am  Götzenberge  ergriflfen  wurden, 
fand   sich    ein    solches    Itinerar,^    welches    Bezeichnungen    der 

»  Causa  Domini  IV,  113-114. 

'  Ibid.  IV,  114—115. 

'  Damit  hängt  auch  der  Befehl  zusammen  (16.  August),  ,niemand  ungefragt 

auf  die  Schiff  sitzen   und   wegfQhren   zu   lassen'.     Pestarchiv   und  Lib. 

Cauwi  Domini  IV,   119;   VI,  65,  66,   103.     Causa  Domiui  IV,   130  »von 

der  gemain  am  Stamser  Joch*. 
*  Prot  XIV,  fol.  419.  Brixen,  an  die  Regierung  1533  September  22.  Brixen, 

Lade  112,  Nr.  5,  B,  vom  26.  September  an  den  Bischof  zu  Brixen. 
'  Causa  Domini   1533,    IV,    131.     September  26.    Bericht  der  Regierung 

nach  Steinach,  Sterzing  und  Freundsberg. 
«  An  kgl.  Majest&t  V,  238. 


514 

Stationen  von  Wasserburg  bis  Mähren  enthält.  Der  Fund 
wurde  von  den  Käthen  zu  Brixen  sofort  an  die  Regierung 
eingesendet,  und  diese  verständigte  hievon  den  Herzog  Wilhelm 
von  Baiern  und  den  Landeshauptmann  von  Oberösterreich.  In 
Linz  nahmen  sie  bei  dem  Partener  Aufenthalt.^  Dem  Bischof 
von  Brixen  wurde  fiir  diese  kostbare  Mittheilung  gedankt^  und 
empfohlen,  auf  Onoferus  und  die  anderen  Wiedertäufer  im 
Pusterthal  Acht  zu  haben.  Dieser  war  damals  freilich  schon 
wieder  am  Inn  und  feierte  noch  das  Weihnachtsfest  in  dem 
glaubensfesten  Hagau.  Eine  zur  Ergreifung  der  Wiedertäufer 
hierhergesandte  Rotte  unter  der  Führung  des  Landrichters 
Ernst  Prandt  kam,  wie  gewöhnlich,  zu  spät.  Nur  ein  altes 
Mütterchen,  Ursula  Holzkirche,  fiel  in  ihre  Hände. 

Einem  völlig  neuen  Falle  standen  die  geistlichen  und 
weltlichen  Behörden  am  Schlüsse  des  Jahres  1533  gegenüber.' 
Der  Bischof  von  Brixen  hatte  nämlich  der  Regierung  angezeigt, 
Jörg  ScharUnger,  der  Landrichter  zu  Sillian,  sei  beauftragt 
worden,  von  den  vier  in  seinem  Gefängnisse  befindlichen  Täu- 
fern die  zwei  Knaben,  welche  widerrufen  hatten,  zu  entlassen, 
über  die  zwei  anderen  Jünglinge  von  16 — 17  Jahren,  Huter 
und  Schuster  genannt,  von  denen  der  eine  zum  zweiten  Male  in 
die  Secte  gefallen  und  die  nun  die  Unterweisung  der  Priester 
ablehnten,  das  Recht  walten  zu  lassen.  Nun  trugen  aber,  wie 
Scharhnger  meldet,  die  Qeschwomen  grosses  Bedenken,  über 
diese  jungen  Leute  nach  den  Mandaten  zu  urtheilen,  ,sowohl 
ihres  unvollkommenen  Alters,  als  auch  wegen  nicht  genüg- 
samen Verstandes';  denn  wo  dieser  fehle,  sei  es  eine  beschwer- 
liche Verantwortung,  den  Menschen  zum  Tode  zu  verurtheilen, 
besonders  in  Dingen,  die  den  Glauben  berühren.  Die  Re- 
gierung wusste  sich  darin  keinen  Rath  und  fragte  (am  3.  De- 
cember)  bei  dem  Landesfiirsten  an,  welche  Strafe  wider  die 
beiden  Knaben  zu  verhängen  wäre,  an  die  Vorlage  die  Be- 
merkimg anfügend:  Junge  Dirnen  seien  bisher  mit  Wasser  ge- 
richtet worden,  andere  junge  Leute  mit  Ruthen  gestrichen. 
Die  Dirnen  waren  aber  älter  und  hatten  auch  Verstand  ge- 
habt.   Die  EntschUessung  (de  dato  Prag,  19.  December)  lautete: 


»  Causa  Domini  IV,  130. 

»  Ibid.  IV,  129. 

'  An  kgl.  Majestät  V.  263.    Sinnacher  VII,  .SOO.    Kripp,  S.  38, 


615 

Gegen  den  Rtickftlligen  sei  nach  dem  Rechte  zu  verfahren, 
man  möge  ihn  sowie  den  zweiten  verwahren,  beide  auf  eigene 
oder  auf  Kosten  der  Verwandtschaft,  und  wenn  das  nicht 
thunlich  sei,  aus  dem  gemeinen  Almosen  erhalten,  bis  sie  18 
Jahre  erreichen.  Inzwischen  soll  man  sie,  selbst  wenn  sie  ab- 
stehen und  Busse  thun  würden,  durch  gelehrte  Personen  fleissig 
unterweisen  lassen.  Erst  wenn  sie  nach  erreichtem  18.  Lebens- 
jahr förmlich  widerrufen  und  Busse  gethan  haben  würden, 
sollte  ihnen  Gnade  erwiesen  werden.  Bleiben  sie  aber  auch 
da  noch  verstockt,  so  soll  ihnen  ihr  Recht  werden.^  Von  Brixen 
aus  wird  ein  ähnliches  Verfahren  dem  Pfleger  Ulrich  Geltinger 
empfohlen:  ,Dass  du  den  berührten  Knaben  mit  christlicher 
Mahnung  und  heil.  Schrift  durch  gelehrte  und  geschickte  Leut- 
priester  und  Laien  und  seine  Freundschaft  besprechen,  und 
sofern  das  nichtig  wäre,  ihn  alsdann  etliche  Mal  mit  Ruthen 
streichen  lassest.'  Sollte  auch  das  nichts  helfen,  so  soll  er  ,des 
Stifts'  verwiesen  werden,* 

Der  eingezogenen  Güter  wegen  kam  der  Fiscus  in  einen 
Streit  mit  den  Pfandinhabem  tirolischer  Herrschaften,  die  auf 
derlei  Güter  Ansprüche  erhoben  hatten.  Anlass  dazu  gab  das 
Höllriglgut  im  Gerichte  St.  Petersberg  und  die  Versuche  der 
Brixener  Stiftsbeamten,  die  Güter  der  gerichteten  oder  flüchtig 
gewordenen  Täufer  mit  Beschlag  zu  belegen.  Die  Regierung 
säumte  nicht,  diesen  Fall  dem  Landesflirsten  anzuzeigen  und 
zu  melden,  dass  nebst  Herrn  Caspar  von  Freundsberg  und  dem 
Bischof  von  Brixen  auch  die  anderen  Pfandinhaber,  wie  z.  B. 
der  Erzbischof  von  Salzburg  als  Inhaber  von  Kitzbüchl  und 
Graf  Firmian  sich  gleiche  Rechte  anmassen.  Der  Erzbischof 
berief  sich  hiebei  auf  eine  Verschreibung  des  Kaisers  Max, 
welche  Erzherzog  Ferdinand  zu  Schwaz  bestätigt  habe.^  König 
Ferdinand  befahl,  vorläufig  den  Bittstellern  die  Beschlagnahme 
solcher  Güter  zu  untersagen,  bis  er  die  Sache  auf  dem  künfti- 
gen Landtage  mit  den  Pfandherren  ausgetragen  haben  werde. 


*  Von  kgl.  Majestät  IV,  367. 

*  Prot.  XIV,  593. 

*  Reg.  an  kgl.  Majestät  V,  215;  1533  August  2;  im  Innsbrncker  Archiv. 
Hofkammerarchiv  in  Wien.  Hierher  gehören:  Hofkammerarchiv,  Hof- 
fioanzen  16,  de  dato  8.  Febmar  1532;  ein  Memoriale  des  Erzbischofs 
von  Salzburg,  ebenda  und  ein  Rathschlag  auf  die  Beschwerde  des  Car- 
dinais von  Salzburg,  ebenda. 


516 

Diese  Austragung  durfte  nicht  stattgefunden  haben^  da  bald 
darauf  die  kgl.  Verordnung  —  sie  wurde  1536  erneuert  — 
eintraf;  dass  aUes  das^  was  künftighin  von  solchen  Gütern 
über  die  Rechtfertigungs-  und  Gerichtskosten  übrig  bleibt, 
nicht  zu  Sr.  Majestät  Händen  eingezogen,  sondern  den  Kindern 
oder  nächsten  Erben  zugestellt  werden  soUe.^ 

Die  Wiedertäufer  meinten,  dass  die  Tyrannei  in  der  Mitte 
des  Jahres  1533  den  höchsten  Grad  erreicht  habe.  Nach  dem 
Inhalte  der  Acten  möchten  wir  diese  Meinung  nicht  Lügen 
strafen.  Die  oben  berührten  Täuferprocesse  betreflTen  wohl  die 
schwersten  Fälle,  die  wider  sie  vorgekommen,  aber  ihre  Zahl 
ist  damit  noch  lange  nicht  erschöpft.  E^  finden  sich  noch  viele 
Angaben,  die  auf  die  Art  des  Vorgehens  wider  sie  ein  helles 
Licht  werfen:  Am  31.  Jänner  rügt  die  Regierung,  dass  der 
Fürstbischof  von  Brixen  einen  Rückfälligen  begnadigt  imd  von 
ihm  eine  Geldstrafe  angenommen.^  Vor  dem  24.  Mai  wurde 
Hans  Gasser  von  dem  Ritten  zu  Bozen  gerichtet.'  Seine 
Tochter  Barbara  und  Margaretha,  Paul  Zimmermannes  Tochter, 
wurden  an  diesem  Tage  einem  Verhöre  unterzogen.  Letztere 
war  an  Caspar  Puchl  im  Samthai  verheiratet;  sie  hält  die 
Kirche  fllr  einen  Steinhaufen,  die  Messe  filr  ein  Greuel  und 
Gestank  vor  Gott.  Die  Priester,  sagt  sie,  lügen  auf  der  Kan- 
zel viel  mehr,  als  sie  die  Wahrheit  sagen.  Ihr,  der  Wieder- 
täufer, Glauben  sei  der  rechte.  Vor  einem  Jahre  sei  sie  in 
Terlan  mit  zwei  Personen  gefangen  worden,  namens  Leonhard 
und  Agnes  ob  Braitenberg,  die  ,mit  dem  Brand'  gerichtet 
worden  seien.  Sie  habe  abgeschworen,  sei  aber  wieder  Täufe- 
rin geworden.  Am  Palmtag  habe  sie  Valten  Schneider,  so 
zu  Guffidaun  gefangen  hegt,  ,in  die  KofeP  auf  Braitenberg  ge- 
führt, da  sie  verjagt  worden,  und  nachmals  in  einen  Wald,  da 
sie  auch  jüngst  verjagt  worden.  Daselbst  seien  ihrer  an  100 
bei  einander  gewesen,  der  Huter  und  Andere.  Sie  wisse,  dass 
dieser  der  rechte  Glaube  und  der  Weg  zur  Seligkeit  sei.  Sie 
haben  alle  miteinander  nach  Mähren  ziehen  wollen.  ,Von  der 
Wahrheit  wegen  wolle  sie  gern   den  Tod   oder  Marter  leiden. 

*  Missivenbach  1533/4.  Doch  dürfe,  hiess  es,  den  flüchtigeQ  Täufern  hier- 
aus kein  Nutzen  zukommen. 

«  Causa  Domini  1633,  fol.  114. 

'  Das  Datum  ergibt  sich  daraus,  dafls  in  dem  VerhOre  mit  seiner  Tochter 
am  24.  Mai  seiner  als  zu  Bozen  gerichtet  gedacht  wird. 


517 

Gott  sei  gelobt/  ^Hans  Tuchmacher  habe  sie  zu  Lichtmess 
(1532)  getauft/*  Noch  mehr  Interesse  haben  die  ,Urgichten 
und  Bekenntnisse'  der  Gertrud  Prezin  von  Sterzing  und  ihrer 
Tochter  Elsbeth  vom  17.  Juni,  Balthasar  Maierhofer's  von  Unter- 
Vientel,  der  Apollonia  Kniehäusser  und  Hans  Sattler's  vom 
21.  Juni,  Hansel  Gremser's  vom  1.  Juli,  Vincenz  Puchler's  vom 
11.  Juli,  Valten  Luckner's  vom  6.  und  Margaretha  Maierhofer's 
vom  10.  October.  Damit  Licht  und  Farbe  nicht  ungleich  ver- 
theilt  sei,  möge  auch  aus  diesen  ,Urgichten^  Einzelnes  mit- 
getheilt  werden;  das  Vorgehen  geistlicher  und  weltlicher  Be- 
hörden gegen  die  Täufer  wird  durch  den  Inhalt  derartiger 
Bekenntnisse  immerhin  erklärlicher,  wenn  andererseits  auch 
zugegeben  werden  muss,  dass  nicht  aUe  Täufer  so  extremen 
Lehren  folgten  wie  diese.  Gertrud  Prezin  und  ihre  Tochter 
bekennen:  An  die  christliche  Kirche  glauben  sie  nicht,  das 
sei  ein  Steinhaufen  und  eine  Mördergrube;  die  Messe  und 
die  Sacramente  seien  ein  Greuel  und  ein  Gestank  vor  Gott; 
die  Kindertaufe  sei  eine  Sudelwäsch.  Jetzt  ein  Jahr  seien  sie 
zu  Falkhanej  durch  den  Onofirius,  der  ihnen  das  Wort  Gottes 
gepredigt,  getauft  worden.  Ihr  Glaube  sei  die  göttHche  Wahr- 
heit und  sei  ein  seliges  Leben,  und  dabei  bleiben  sie.  Sie 
haben  jetzt  in  der  Fasten  dem  Priester,  den  sie  Blindenftihrer 
nennen,  nicht  gebeichtet.  Sie  wollen  sich  nicht  bekehren  und 
begehren  keine  Gnade  und  wollen  mit  Gottes  Hilfe  eher  ster- 
ben. Die  Pfaffen  sagen  in  der  Kirche  kein  EvangeKum,  son- 
dern sie  lügen.  Es  gehen  nur  Hurer  und  Buben  in  den  Stein- 
haufen.* 

Wir  vernehmen  auch  aus  dieser  Urgicht,  Jakob  Huter 
sei  WiUens,  nach  Mähren  zu  ziehen. 

Vincenz  Puchler  bekennt,  von  der  Priestermesse  nichts  zu 
halten;  sie  wollen  das  Abendmahl  nach  ihrer  Weise  nehmen. 
Sie  werden  unterwiesen,  die  Bildnisse  Christi  und  der  Heiligen 
flir  nichts  Anderes  denn  für  Götzenbilder  zu  halten.  Er  habe 
auch  ein  Crucifix  zerbrochen. 

Am  ausführlichsten  ist  die  Urgicht  Luckner's,  die  auf  das 
Leben  und  Treiben  der  Täufer  einiges  Licht  wirft.  Weniger 
wird   von    ihren   Lehren    gesagt:    Als   Christus    der   Herr    auf 

*  Orig.  in  der  v.  BecVschen  Sammlung. 

*  Siehe  die  BeUagen  Nr.  8  und  9. 


518 

Erden  ging,  sei  keine  Kirche  gewesen  als  allein  der  Tempel 
Salomonis.  Der  Pfaffe  sei  der  erste  Hurer:  Weiber  nehmen 
dürfen  sie  nicht,  dafür  aber  Huren  halten.  Die  Messe  sei  zu 
nichts.  Das  Sacrament  sei  nichts  als  Mehl  oder  Brot  und  des 
Teufels  Gaugel  werth.  Der  Papst  hab's  aufgebracht;  der  sei 
ein  Diener  des  Teufels.  Der  Pfaffen  Predigt  sei  zu  nichts. 
Dem  Pfaffen  sei  befohlen,  das  Evangelium  nicht  zu  predigen; 
dem  Huter  sei  dies  aber  von  der  Gemeinde  aufgetragen.  Gott 
habe  befohlen,  die  zu  taufen,  welche  im  Glauben  unterrichtet 
seien.  Die  Pfaffen  sind  falsche  Propheten.  ,Die  Brüder,  die 
im  Qötzenberg  gewesen,  seien  nach  Mähren  verzogen;  nur  der 
Hansel  Derker  und  Hansel  Maurer  möchten  noch  im  Puster- 
thal sein.^ 

Unter  den  Vorschlägen,  die  gemacht  wurden,  die  Hart- 
näckigen zu  bekehren,  ist  wohl  ein  recht  seltsamer  der,  welchen 
die  Regierung  am  31.  Mai  dem  Pfleger  zu  Guffidaun  machte: 
er  möchte  in  den  Trank  der  Wiedertäufer  etwas  Weihwasser 
giessen,  ihre  Speisen  mit  geweihtem  Salz  kochen,  dies  etliche 
Tage  machen  und  sehen,  wie  sie  sich  ,darob'  stellen.^ 

Am  4.  Juni  sandte  Ferdinand  ein  Schreiben  an  den  Erz- 
bischof von  Salzburg  ,wegen  Abstellung  der  Ketzereien  der 
Wiedertäufer  in  der  Gegend  von  Rattenberg,  Kufstein  und 
KitzbüchP;*  am  18.  Juni  befiehlt  er  den  Richtern  zu  Sterzing 
und  St.  Petersberg,  dem  Pfleger  zu  Guffidaun  und  den  Pfand- 
herren  zu  Ritten,  Rodenegg,  Lienz  und  Eätzbüchl  in  Gemäss- 
heit  der  von  der  Regierung  geäusserten  Wünsche,  in  Wäldern 
und  Thälem  und  den  Almen  gut  Acht  zu  haben,  dass  die 
Ketzer  in  Haft  gebracht  werden,  ebenso  die  Personen,  die 
ihnen  Unterkunft  gewähren,  dann  die  Mandate  wegen  Ver- 
brennung der  Häuser  einzuhalten.  ,Nachdem  diese  Sect  nit 
bas  ausgereut  werden  kan,  dan  so  die  Vorsteer  zu  vänknus 
gebracht,  so  wellest  deshalben  auf  eine  vertraute  geschickt 
person  bedacht  sein,  dieselb  dahin  anrichten,  das  sie  sich  zu 
den  Widertauffern  liebe,  in  dem  schein  ir  sect  anzunemen  und 
sich  tauffen  zu  lassen.^  Endlich  wird  die  ,Taja'  in  der  Höhe 
von  60,  70  bis  100  Gulden  bewilligt.» 


^  Causa  Domini. 

•  Innflbnicker  Archiv.    Concept.  Copie  in  der  v.  Beck^schen  Sammlunfr- 

^  Qleicli zeitige  Copie  in  der  v.  Beck'scheu  Sammlung.  Causa  Domiui  IV,  1U6. 


519 

Ein  gleiches  Vorgehen  wird  von  der  Landesregierung  auch 
dem  Bischof  von  Brixen  empfohlen.^  Der  Landeshauptmann 
Georg  Freiherr  von  Firmian  berichtet  am  25.  Juni^  er  habe 
mittlerweile,  ehe  er  noch  den  neuesten  Befehl  der  Regierung 
in  den  Händen  hatte,  die  Auskundschaftung  der  Wiedertäufer, 
die  häufig  auf  den  Bergesrticken  zusammenkommen,  durch 
Hirten  besorgen  lassen.  Wenn  diese  etwas  erfahren,  so  wird 
es  zuerst  den  Pfiegem  gemeldet,  die  dann  ausziehen  und 
Rücken  und  Pässe  besetzen.  Auf  diesem  Wege  werde  man 
die  Vorsteher  am  ehesten  erwischen. 

Einigermassen  ironisch  klingt  das  Schreiben  des  Brixener 
Bischofs  an  die  Regierung  vom  29.  Juni,  in  welchem  es  am 
Schlüsse  heisst:  Wir  setzten  nicht  in  Zweifel,  ihr  seid  nun  in 
einer  guten  Erfahrung,  was  die  Revocation  bei  den  Wieder- 
tänferpersonen  und  sonder  Jakob  Hueter's  imd  anderer  dieser 
Secten  Anhänger  ftlr  Nutz  und  Frommen  gewirkt.*  Tags  dar- 
auf bestätigt  die  Regierung  dem  Bischöfe  den  Empfang  der 
Urgichten  der  auf  Michelsburg  liegenden  (obengenannten) 
Wiedertäufer.'  Am  3.  Juli  wird  dem  Landesftlrsten  gemeldet, 
dass  sich  Täufer  auf  dem  Gebiete  des  Grafen  von  Montfort 
und  des  Abtes  von  Kempten  zeigen.  Se.  Majestät  möge  be- 
fehlen, dass  ihnen  ernstlich  entgegengetreten  werde.*  Die  Re- 
gierung antwortet  dem  Fürstbischof  zu  Brixen,  ihr  Schreiben 
sei  in  Brixen  missverstanden  worden:  ,Unser  Gemüth  steht  nit 
änderst,  denn  dass  gegen  diese  Personen  nach  Inhalt  der  aus- 
gegangenen Mandate  gehandelt  werde/ 

Am  5.  August  lässt  sie  den  fbrstbischöflichen  Anwälten 
und  Räthen  zu  Brixen  melden,  dass  eine,  genannt  Justina  Rum- 
lerin,  Jörg  Rumler's  zu  Innsbruck  hinterbliebene  Tochter  und 
weiland  Gallen  von  Brixen  Hausfrau,  tlber  ,vorbeschehene  Be- 
gnadigung wiederum  in  die  verftlhrerische  Sect  des  Wiedertaufe 
gefallen,  ausgetreten  und  flüchtig  geworden  sei^^  Vier  Tage 
später  wurde  dem  neuen  Landrichter  in  Bozen,  Ludwig  Pock, 
der  Gerichtsstab   übergeben.     Wir   erwähnen   diesen   Umstand 

*  Bericht  vom  21.  Juni  1683.    Orig.  in  Brixen.    Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  B. 

*  Beg.  Prot  Xin,   fol.  248,  256.     Die  Antwort  de  dato  8.  Juli.    Brixen. 
Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  B. 

'  Orig.  Brixen.   Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  B. 

*  An  kgl.  MajestÄt,  Lib.  V,  fol.  207. 

*  Orig.  Brixen.   Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  B. 


i 


520 

deswegen,  weil  er  und  Heinrich  Peringer,  der  ihn  ins  Amt  ein- 
führte und  1335  selbst  Landrichter  in  Bozen  und  Gries  wurde, 
beim  Clerus  der  abgestellten  Feiertage  wegen  schlecht  an- 
geschrieben war.^  Am  9.  September  wird  von  Brixen  an  Wil- 
helm von  Liechtenstein  zu  Cameid  gemeldet:  Es  sollen  jetet 
wieder  im  Pusterthale  Wiedertäufer  in  grosser  Zahl  versam- 
melt sein;  man  möge  auf  sie  Acht  haben  und  sie  zu  Gefäng- 
niss  bringen.*  Dem  Pfleger  von  Michelsberg  wird  befohlen, 
mit  den  gefangenen  Wiedertäufern  still  zu  stehen:  ,Wir  schicken 
dir/  heisst  es  in  dieser  Zuschrift,  ,da8  Btiechl,  so  uns  tiber- 
antwurt,  wiederum  zu  und  ist  unser  Befehl,  mit  dem  Paul 
Ruemer  darüber  zu  handeln,  wer  es  geschrieben  hab;  sonder 
lieh  finden  wir  in  der  letzten  Epistel:  Es  grtissen  Euch  alle 
Brüder,  ein  jeder  insonderheit  zu  viel  tausendmal.  Darin  wird 
von  einem  Fenster  gemeldet,  dadurch  ein  Eichhorn  ausgelaufen . 
sei,  derohalben  wollest  du  den  Ruemer  fragen,  an  welchem  Ort 
dasselbe  Eichhorn  zum  Fenster  ausgelaufen  sei  und  was  Per- 
sonen dabei  gesessen/  ^  Bei  dem  genannten  Wiedertäufer  fand 
man  den  Zettel,  auf  welchem  alle  Herbergen  von  Wasserburg 
bis  Mähren  verzeichnet  waren.  In  dem  Schreiben,  welches 
hierüber  am  15.  September  der  Regierung  zugesendet  wurde 
und  in  dem  über  neuerliche  Wiedertäuferversammlungen  am 
Götzenberg  gesprochen  wird,  bei  denen  Hans  Tuchmacher  ge- 
wesen, heisst  es:  ,Femer  werden  wir  glaubhch  berichtet,  wie 
sich  um  Rattenberg  auch  ein  Haufen  Wiedertäufer  in  guter 
Anzahl  finde,  dabei  Jakob  Hueter  oder  Onofrius.'*  Wenige  Tage 
später  klagt  die  Regierung  in  einem  Schreiben  an  die  Stadt 
Kitzbüchl,  dass  die  lutherische  Secte  daselbst  einreisse  und 
dass  ein  Priester,  Paul  Kessler,  daselbst  gewesen  und  sich  über 
das  hochwürdige  Sacrament  und  die  Kindertaufe  etwas  frevent- 
lich habe  hören  lassen.^  Am  16.  October  übersandte  Brixen  an 
den  Landrichter  die  Aussagen  der  am  Götzenberg  gefangenen 
Täufer:  Ruprecht  Hueber,  Vincenz  Schneiderknecht  und  Chri- 


*  Angabe  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 
«  Reg.  Prot.  14. 

'  Es  dürfte  nach  dem  Stil  ein  Sendschreiben  Huter's  gewesen  sein,  om 
da«  es  sich  hier  handelt  (so  heisst  es  auch  im  ersten  Brief:  Grüasen  wir 
Euch  auch,  einen  jeglichen  in  Sonderheit).    Prot.  14,  fol.  22. 

*  Reg.  Prot.,  fol.  400. 
^  Innsbrucker  Archiv. 


521 

stian  Pediller.  Hueber  zeigt  an,  er  habe  einmal  Kinder  über 
den  Brenner  gegen  Schwaz  getragen;  Schneiderknecht  ist  in 
den  vergangenen  Jahren  mit  ethchen  Brüdern  —  es  sind  ihrer 
gegen  20  gewesen  —  aus  Kärnten  heraufgezogen.^  Aus  den 
,ürgichten^  der  auf  Michelsburg  im  Thurm  liegenden  Wieder- 
täufer sei  zu  entnehmen,  dass  auch  Linhard  Schmidt  zu  Müln 
und  seine  Tochter  dieser  Secte  angehören.  Man  möge  sie  beide 
einziehen  und  verhören.^  Von  dem  Pfleger  auf  Neuhaus  wird 
gemeldet,  dass  er  ein  ,Beherberger^  der  Wiedertäufer  sei ;  na- 
mentlich sei  Hans  Tuchmacher  sein  Gast.*  Dieser  wurde  zu 
wiederholten  Malen  auch  von  dem  Brixener  Bürger  Peter  Lanz 
auf  Nieder-VinÜ  beherbergt,  der  indess  hierüber  eine  ,Be- 
gnadigung^  erhielt.*  Dem  Hauptmann  zu  Puchenstein  und  dem 
Pfleger  zum  Thurm  wird  am  2.  December  gemeldet,  dass  die 
Wiedertäufer  aus  dem  Pusterthal  sich  daselbst  einschleichen. 
Man  möge  Sorge  tragen,  sie  zu  greifen.^  Gegen  den  Pfleger 
von  Neuhaus  wurde  am  3.  December  Hans  Fuger  ausgesendet, 
um  ihn  in  Haft  zu  nehmen.  Am  besten,  schreibt  die  Regierung 
nach  Brixen,  wäre  es,  wenn  man  dort  das  ganze  Nest,  Vor- 
steher, Pfleger,  Brüder  und  Schwestern  aufheben  möchte;^  alle 
Massregeln,  die  hiezu  nothwendig  waren,  wurden  getroffen,  den 
gewünschten  Erfolg  hatten  sie  nicht.  Es  wurde  zwar  der  Pfleger 
Erhard  Zimmermann  ,geßlnglich  angenommen',  aber  gegen 
Bürgschaft  wieder  freigelassen,  was  Fuger  die  Missbilligung 
der  Regierung  eintrug.'  Es  gelang  dieser  weder  Huter's  noch 
des  Tuchmacher's  habhaft  zu  werden.  Der  erstere  hatte  in- 
zwischen den  Schauplatz  seiner  Thätigkeit  nach  Mähren 
verlegt. 


*  Prot.  XIV,  fol.  466-459. 

»  Brixen,  21.  October.    Reg.  Prot  XIV,  fol.  470. 

'  Im  Stiftsregister  findet  sich  zum  24.  October  die  (bei  Rripp.  S.  39)  citirte 
falsche  Nachricht,  dass  der  Vorsteher  Hans  Tuchmacher  unter  den  zehn 
Gefangenen  am  GOtzenberge  gewesen  und  mit  den  anderen  zu  Michels- 
bnrg  hingerichtet  worden  sei. 

*  Brixen,  10.  November.    Reg.  Prot.  XIV,  fol.  678. 

*  Prot.  XIV,  fol.  666. 

*  Iinubmck,  20.  December.  Orig.  Brixen,  Lade  112,  Nr.  5,  Lit.  B.  Herrn 
Caspar  Knnigl  Abschrift  davon  zu  schicken.  Vgl.  auch  Causa  Domini  IV 
vom  12.  December. 

'  Causa  Domini  IV,  142,  de  dato  10.  Jänner  1684. 
ArcbiT.  LXXYIII.  Bd.  II.  H&lfto.  34 


522 


7.  Die  ^Hnterlschen  BrUder^  in  HShren. 

,Am  12.  tag  Augusti  Anno  1533  —  sagen   die  Aufzeich- 
nungen der  Wiedertäufer  —  ist  zu  uns  kumen   aus   gnad  un3 
barmherzigkeit  und  aus   Schickung   gottes   unsere   himmlischen 
vatere    unser    lieber    brueder  und   diener  unseres   herm  Jesu 
Christi  Jakob  Hueter.     Den   hat  die  ganz  heilig  gemain  gottes 
empfangen    und   aufgenommen,    als    den    herren    selbs/    ^e 
Frommen/  fahren  sie  fort,  ,haben  sich  darüber  sehr  erfreut.  Er 
gab  seiner  Freude  gleichermassen  Ausdruck:   ,Nicht  zu  Frem- 
den komme  er,   sondern  zu  seinen  lieben  Brüdern,   den  Wohl- 
bekannten und  Kindern,'  sagte  er  zu  Sigmund  Schützinger  und 
den  Aeltesten  der  Gemeinde.    Alle  waren  damit  einverstanden, 
baten  und  mahnten  ihn,    das  Volk  treulich   und   mit  höchstem 
Fleiss  zu  versorgen,   was  er  auch  zusagte.     Eine  kleine  Gabe 
,im  Zeitlichen',  die  er  mitbrachte,  soUte  zur  Tilgung  der  Schuld 
dienen,  die  man  in  den  Tagen  der  Noth  bei  der  Aebtissin  von 
Maria-Saal  in  Brunn  und  bei  einzehien  Auspitzer  Bürgern  auf- 
genommen hatte.    Ein  Brief,  den  Hans  Amon  an  seinen  Lands- 
mann und  Bruder  Leonhard  Schmerbacher  vorausgesandt  hatte/ 
sollte  Huter  die  Wege  in  Auspitz  ebnen:  ,Ich  bitt'  dich  sunder- 
lich  um  unsers  Bruders  Jakob  wegen,  du  wollest  dir  ihn  lassen 
befohlen  sein.     Ich  schreibe  dir  im  Vertrauen  zu  einer  treuen 
Warnung  um  der  heben  „Geschwistriget"  willen:  Wenn  Bruder 
Jakob  hinabkommen  und  Diener  würde  und  dem  Volke  Gottes, 
wie   ich   hoffe,    vorstehen,   und   die    heben   Kinder   Gottes    ein 
Vertrauen  zu  ihm  hätten,  andere  hingegen  hierüber  kleinmüthig 
oder  verdrossen   werden   woUten,   so   wollest   du  „darob"  sein, 
das  es  nit  geschehe  und  keine  bittere  Wurzel  unter  den  Dienern 
Gottes   aufkomme.'    Was  Hans  Amon   befürchtete,*  Uess  nicht 


*  Etliche  gar  schOne  niid  tröstliche  Epistlen  von  unserem  lieben  bruedem 
und  diener  Christi  Hans  Amon.  Die  erst  Epistel  an  den  Leonhartt 
Schmerbacher.     Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 

'  Wir  folgen  hier  der  ,Anzaigung  über  den  Zwiespalt  der  Gemain  in  HärfaeraS 
geschrieben  von  Br.  (Braitmichl),  die  sich  in  mehreren  Handschriften  der 
Brüder  erhalten  hat:  Cod.  6.  J.  VI,  25  und  Cod.  Q.  J.  X,  8  sa  Gran; 
Codd.  216,  234  und  286  in  Pressburg;  Cod.  VHI,  d  in  Pest  und  im  H.  S. 
Colleg.  S.  J.  Scalic.  (einst  in  der  v.  Beck*8chen  Sammlung;  jetst  wo?). 
Copie  in  der  v.  BecVschen  Sammlung. 


523 

lange  auf  sich  warten  und  war,  mit  Huter's  Worten  zu  reden, 
schon  bei  seiner  Ankunft  vorhanden.  Am  nächsten  Sonntag 
(17.  August)  verkündete  Huter  dem  Volke  die  heil.  Botschaft 
von  den  Geschwistern,  die  ihn  gesandt,  und  die  grossen  Wun- 
derwerke, die  Gott  durch  ihn  und  andere  Heilige  gewirkt  habe. 
Dann  zeigte  er  an,  es  hätten  einige  seine  Hierherkunft  so  ge- 
deutet,* als  würde  er  mit  ihnen  auf  einen  gesonderten  Ort 
gehen.  Dem  sei  durchaus  nicht  so.  Weiter  sagte  er:  Dieweil 
Gott  ihn  hierher  gesandt  habe,  so  wolle  er  seinen  höchsten 
Fleiss  anwenden,  die  Dinge  zu  bessern.  Nach  etlichen  Tagen 
fing  er  an,  einige  Dinge  zu  verbessern.  Das  wurde  ihm  von 
Sigmund  Schützinger  verwehrt,  und  das  war  der  Grund,  wes- 
halb Jakob  sich  an  Gabriel  nach  Rossitz  wandte,  um  zu  er- 
fehren,  ob  sie  ihn  zum  Lehrer  und  Diener  des  Herrn  haben 
wollten  oder  nicht:  ,AJ8o  stille  zu  sein  und  das  von  Gott 
anvertraute  Amt  nicht  getreu  zu  verrichten,  das  könne  er  vor 
Gott  nicht  verantworten.  Bedürfen  sie  seiner  nicht,  so  woUe 
er  weiter  ziehen,  wo  der  Herr  ihn  hinschicke.  Er  sei  Willens, 
dem  Volke  dies  anzuzeigen,  und  was  dies  über  ihn  beschliesse, 
das  wolle  er  thun.'     Gabriel  billigte  diesen  Schritt. 

Während  Huter  in  Rossitz  weilte,  kam  Schützinger  zu 
Leonhard  Schmerbacher  und  Wilhelm  Griessbacher  und  kün- 
digte ihnen  an,  er  wolle  sein  Amt  nicht  preisgeben  und  dem 
Jakob  nicht  gestatten,  viel  zu  reden.  Beide  baten  ihn,  dem 
Amte  in  Gemeinschaft  mit  Huter  vorzustehen,  aber  Schützinger 
ging  darauf  nicht  ein.  Als  nun  Huter  aus  Rossitz  zurückkam 
und  dem  Volke  die  Grüsse,  die  Gabriel  ihm  aufgetragen,  ver- 
melden wollte,  fuhr  ihn  Sigmund  an:  ,Was  er  denn  thun  woUe.^ 
Jakob  zeigte  diesem  und  den  Aeltesten  in  Beisein  Caspars  von 
Rossitz  an,  was  seine  Meinung  und  sein  Begehren  sei,  ob  man 
seiner  bedürfe  oder  nicht.  ,Seines  Amtes  nicht  zu  gebrauchen, 
sei  er  nicht  frei  vor  Gott.^  Da  sagte  Sigmund:  Gott  habe  das 
Amt  ihm  übergeben,  er  gedenke  die  Leitung  auch  fortzufiihren. 
Wiederum  baten  die  Aeltesten  ihn,  nachzugeben  und  in  Ge- 
meinschaft mit  Huter  des  Amtes  zu  walten.  Aber  wieder 
weigerte  sich  Schützinger,  darauf  einzugehen.  Die  Diener  des 
Wortes  hatten  nun  die  Absicht,   die  Gemeinde   schon   auf  den 


^  Die  Worte  lauten  etwas  unklar:  ,Wie  sich  etlich  auf  seine  Zuekunft  ge- 
sogen hinten/ 

84* 


\ 


624 

nächsten  Tag  zusammenzurufen,  das  ward  aber  gehindert,  denn 
,viele  Brüder  waren  aus  in  der  Arbeitt  Man  trat  also  am 
nächsten  Sonntag  (24.  August)  zusammen.  Schützinger  klagte, 
dass  Huter  sich  eindrängen  wolle,  dieser  aber  sagte,  er  begehre 
nichts,  als  dem  Volke  zu  dienen.  Zu  diesem  Zwecke  sei  er 
von  Gott  hierher  gesandt  worden;  die  Obsorge  für  das  Volk 
sei  ihm  ebenso  anvertraut  als  jenem.  Da  sprang  Bruder  Phi- 
lipp auf  und  schrie:  ,Wenn  er  also  dran  wollt,  so  sei  kein 
ärgerer  Teufel  als  er  ins  Land  gekommen.^  Jakob  aber  stand 
fest  auf  seinem  Vorhaben  und  fragte  die  Gegner,  wie  es  ihnen 
gefallen  möchte,  wenn  sie  für  eine  Zeit  wegzögen  und  ihr  Volk 
einem  Gehilfen  anvertrauten,  bei  der  Rückkehr  aber  diesem 
nachstehen  müssten.  Schon  einigten  sich  die  anwesenden  Brü- 
der der  Nothdurft,  Blasius,  Philipp  und  Peter  dahin,  dass  beide 
gemeinsam  das  Amt  versehen  sollten.  Da  fuhr  wieder  Gabriel 
dazwischen  und  hinderte  eine  Einigung.  Huter  begehrte,  die 
Stimm  3  des  Volkes  zu  hören,  und  dies  konnte  ihm  billiger  Weise 
nicht  abgeschlagen  werden. 

Am  31.  August  legte  dieser  den  versammelten  Glaubens- 
genossen die  Gh^nde  seiner  Ankunft  dar.    Sigmund  berief  sieh 
auf  seine  Erwählung,  und  Gabriel   pflichtete   ihm   bei:   ,Wolle 
man  den  Sigmund  minder  halten  als  Jenen  oder  auch  nur  im 
Dienste   gleichstellen,   so   sei   er  bereit,   die  Strasse  wieder   zu 
ziehen,   auf  der  er   gekommen.    Auch   zu  Jerusalem   habe   es 
nur  einen  Hirten  gegeben,  und  das  sei  Jakobus  gewesen.   WoUe 
man  jetzt,  etwa  der  schönen  Reden  wegen.  Huter  höher  stellen 
als  Schützinger,   so  werde  sie  die  Strafe  Gottes   ereilen.     Man 
möge  aus  jenem  keinen  Abgott  machen.     Es  sehe  sich  an,   als 
sei  er  eines  stolzen,   hochfahrenden  Sinnes   und   hätte   für    das 
Hirtenamt  mindere  Gaben  als  für  das  eines  Apostels.^    Schliess- 
lich  ward   nun    die   Gemeinde   um    ein   Urtheil   angesprochen. 
Da  erhob  sich  Peter  Huter:  ,Er  wisse  keinen  höher  oder  nieder, 
grösser  oder  kleiner  zu  halten.    Ihm  gelte  einer  so  viel  als  der 
.   andere.'     In  diesem  Sinne  äusserte   sich   auch  Leonhard:    ,Um 
des  Friedens  Willen  möge  Huter  dem  Schützinger  nachgeben.' 
Das  Volk  stimmte  zu;  einer  aus  der  Menge  sagte:  ,Wenn  schon 
der  Jakob  nit  da  wäre,  wir  hätten  am  Sigmund  gleich  genug.' 
Gabriel  fragte  Hutem,  ob  er  das  Urtheil  annehme.    Dieser  er- 
klärte, sich  zuerst  mit  Gott  und  den  Aeltesten  berathen  zu  wollen. 
Gabriel  aber  sagte,  er  habe  mit  ihm  nichts  weiter  zu  reden. 


636 

Es  war  aber  grosser  Schmerz  und  Herzeleid  unter  allen 
,Geschwistrigeten'.  Auch  Jakob  war  voller  Betrübnis.  Etliche 
Brüder  gingen  zu  ihm^  um  ihn  zu  trösten;  andere  meinten^  er 
habe  die  Absicht,  etliches  Volk  von  hier  weiter  zu  führen.  Am 
,Aftermontag'  (2.  September)  wurde  das  Volk  wieder  zusammen- 
gerufen, und  nun  erklärte  Huter,  er  wolle  das  Urtheil  um  der 
Liebe,  des  Friedens  und  der  Einigkeit,  aber  um  keiner  Ge- 
rechtigkeit Willen  annehmen.  Huter  hatte  sich  entschuldigt: 
,Die  Brüder  hätten  ihn  nicht  recht  verstanden.^  Auf  das  sagt 
Gabriel:  ,Sind  wir  doch  deutsch.  Du  hättest  diese  Antwort 
nicht  zu  geben  brauchen.' 

Vierzehn  Tage  später  wurde  Schützinger  krank.  Da  predigte 
Jakob  das  Wort  des  Herrn,  und  die  Aeltesten  baten  ihn,  dem- 
nächst eine  Predigt  über  die  Gemeinschaft  zu  halten;  das  that 
er  am  Sonntag  darauf  (28.  September)  ,und  sprach  in  der 
Kraft  Gottes  von  der  wahren  Gemeinschaft  Gottes*.  Da  erhob 
sich  jedoch  ein  neues  Griesgramen  unter  etlichen,  imd  diese 
wurden  sehr  hart  gegen  ihn. 

Tags  darauf  wollte  Jörg  Fasser  sein  ,Zeitliches,  so  er  be- 
aass',  der  Gemeinde  Gottes  geben  und  brachte  seine  Betten, 
Truhen  u.  s.  w.  in  die  Gemeindekammer.  Als  die  Diener  die 
Sachen  untersuchten,  fand  sich,  dass  seine  Gattin  ihr  Geld  und 
etwas  von  dem  Gelde  der  Kinder  bei  Seite  geschafft  habe.  Des- 
wegen wurde  sie  von  den  Dienern,  ihrem  Manne,  von  Sigmund 
und  der  ganzen  Gemeinde  hoch  ,vermahnet  und  gestraft'.  Da 
dachte  Huter,  ob  nicht  Schützinger's  Weib  auch  solch'  eine 
Saphira  wäre,  und  sagte  den  Aeltesten,  wofern  sie  ihm  in  der 
Kraft  Gottes  Beistand  leisten  wollten,  wollte  er  die  Sache  an- 
greifen und  untersuchen.  Sie  stimmten  bei:  Er  möge  zuerst  in 
seiner  Kammer  anheben  und  hierauf  bei  allen  Aeltesten  Truhen 
und  Betten  untersuchen.  So  kamen  sie  auch  zu  Sigmunds 
E^mmer.  Da  fanden  sie  ,Leilach,  Pfaidlen  und  anderen  Ueber- 
fluss  nur  zu  viel';  darunter  auch  vier  Pftmd  Bemer  Sechser. 
Die  Frage  Huter's,  ob  Sigmund  von  diesem  Gelde  gewusst 
habe,  bejahte  dieser  und  zog  unter  dem  Dache  noch  etwa  40 
Gulden  hervor,  worüber  Jakob  und  die  Aeltesten  ,fa8t  er- 
schrocken sind',  weil  man  solches  von  ihm,  der  die  ,Gemein- 
schaft'  lehre,  nicht  habe  erwarten  können. 

Huter  zeigte  ihm  ,seine  Schalkheit'  an,  und  Schützinger 
ward  am  nächsten  Morgen  (3.  October)  vor  die  Gemeinde  ge- 


526 

stellt^  um  gerichtet  zu  werden.  Da  erschraken  alle  Kinder 
Gottes;  Brüder  und  Schwestern  fingen  mit  lauter  Stimme  zu 
weinen  an.  Er  ward  ,nach  dem  Wort  Gottes,  wie  billig  und 
recht  ist,  ausgeschlossen  und  dem  Teufel  überantwortet  Er 
bekannte  übrigens  selbst,  es  wäre  ihm  recht  geschehen,  und 
bat  um  Gnade  und  Barmherzigkeit.  An  demselben  Tage  wurde 
dann  auch  die  Fasserin  (die  übrigens  später  wieder  in  Gnaden 
aufgenommen  wurde)  aus  der  Gemain  Gottes  gethan^ 

Dieser  sagte  nun  Huter,  welch'  ungerechtes  Urtheil  sie 
vordem  wider  ihn  geMlt  hätten.  Ihn  hätten  sie  fUr  untaugUch 
erklärt,  dem  Amte  vorzustehen.  Er  ermahnte  sie,  zu  Gott  zu 
bitten,  dass  er  ihnen  ,einen  frommen  Hirten  und  Diener  er- 
wecken möge^  ,Da  hüben  wir  an,  ganze  acht  Tage  und  Nächte 
zu  beten  und  schickten  zwei  Männer  gegen  Rossitz  und  Hessen 
dem  Gabriel  unseren  Mangel  anzeigen.  Er  wies  auf  Huter  hin, 
und  da  wir  fleissig  zu  Gott  gebetet  hatten,  schickte  er  uns  den 
Jakob  und  verband  ihn  in  grosser  Liebe  zu  uns,  dass  er  uns 
Bischof  und  Hirt  sein  solle.'  Das  geschah  am  12.  October.  ,Da 
nun,^  erzählt  Braitmichl,  ,die  Liebe  imd  alle  Gottseligkeit,  auch 
das  rechte  Licht  und  das  wahre  Urtheil  bei  uns  wuchs  und 
die  heilige  Gemeinde  in  Frieden  lebte,  da  mocht'  der  Teufel 
nimmer  feiern,  sondern  trachtete,  Ursachen  zu  finden,  damit  er 
die  Liebe  unter  uns  zertrennen  möchte.'  ,Als  wir  am  Sonntag 
(es  war  der  26.  October)  beisammen  waren,  um  das  Wort  Gottes 
zu  hören,  kamen  in  Schafskleidern,  wohlgeputzt  und  heuch- 
lerisch, hereingeschlichen  Philipp  und  Blasius,  Gabriel  und  Pe- 
ter Huter.' 

Huter  selbst  schrieb  über  diese  Versammlung  in  seiner 
,Epistel  aus  Mähren  an  die  heil.  Gemain  Gottes  im  Pusterthal, 
Etschland  und  Innthal' :  ^  , Wir  haben  die  Gemeinde  versam- 
melt zwei  Stunden  vor  Tags  und  hab'  mit  ihnen  wollen  reden 
das  Wort  des  Herrn  nach  der  grossen  Noth,  die  vorhanden  war 
und  noch  ist.  Ich  stund  aber  in  grossen  Sorgen,  da  ich  spürte 
und  erkannte,  was  sich  in  der  Gemeinde  sehen  und  hören  liess. 
Ich  hatte  den  Willen,  von  der  Ehe  zu  reden,  nachdem  so  gar 
viel  ledige  Brüder  und  Schwestern  vorhanden  sind,  auf  dass 
sich  ein  Jegliches  desto  bass  wisse  zu  schicken,  und  darum  stund 
ich  auch  in  grossen  Sorgen,  denn  ich  sollt'  die  Wahrheit  reden, 


^  Cod.  Poson.  235.    Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 


527 

dass  ich  nit  etlichen  zu  viel  red'.  Doch  sonderlich  forcht*  ich 
den  Philipp  und  Gabriel,  jedoch  forcht*  ich  Gott  viel  mehr  und 
nahm  mir  vor,  zu  reden  mit  rechter  Kunst  und  Bescheidenheit/ 

,Da  ich  nun  das  Volk  vermahnet  hab'  zum  Gebet  und 
haben  auch  alle  wollen  auf  unsere  Kniee  fallen,  da  kamen  zu 
uns  ohne  unser  Wissen  und  Willen  Philipp  und  Gabriel  und 
Blasy  und  Peter  Hueter  von  Rossitz,  die  wir  denn  empfingen 
als  Brüder.  Hab*  sie  geheissen  reden,  was  sie  anzubringen 
haben.  Da  haben  sie  angefangen  und  bezeugt,  wie  sie  da 
seien  um  Fried'  und  Einigkeit  Willen  und  haben  sich  in  Wor- 
ten erzeigt  als  Engel  Gottes  und  Schäflein,  aber  inwendig  waren 
sie  wahrlich  reissende  Wölfe  und  sind  in  der  Folge  erfunden 
worden  von  der  ganzen  Gemain  Gottes  als  Luger,  Schänder, 
Lästerer,  falsche  Hirten  und  Propheten,  darumb  sie  auch  durch 
Gottes  Kraft,  Geist  und  Wahrheit  aus  der  ganzen  Gemain  aus- 
geschlossen und  dem  Teufel  überantwortet  worden  sind.  Das 
Wie  und  Warum,  sagt  Huter,  werden  Euch  die  Boten  sagen.  Wir 
haben  aber  nit  schnell  und  leichtlich  mit  ihnen  gehandelt,  son- 
dern alle  Ding  genug  und  wohl  bei  dem  rechten,  heiligen  Licht 
tibersehen  und  sind  wohl  fünf  Tage  damit  umbgangen  mit 
grossen  Schmerzen  und  Zittern  vor  Gott.' 

Warum  es  sich  gehandelt,  erzählt  uns  Braitmichl:  Jakob 
fragte  sie,  was  sie  anzubringen  hätten.  Da  hub  PhiUpp  an: 
1.  Warum  wii'  den  David  von  Schweinitz  von  uns  gethan  und 
nicht  wieder  aufgenommen  hätten;  2.  warum  wir  den  Bernhard 
Glasser  ausgeschlossen;  3.  warum  wir  sagen,  dass  die  Erwählung 
des  Sigmund  nicht  aus  Gott  sei.  Es  kam  hierauf  zu  hitzigen 
Reden  und  Gegenreden,  ,so  dass  die  Gemain  zu  keinem  rechten 
Grund  nit  kummen  kunt^  Es  hiess  einer  den  anderen  Lügner, 
bis  Gabriel  und  Philipp  den  Schalk,  welcher  sich  immer  ver- 
borgen macht,  ausschütteten.  Denn  der  Jakob  sprach  ihnen 
in  der  Kraft  Gottes  zu:  ,Ihr  habt  die  Gemeinde  beschuldigt, 
und  wenn  dem  also  war,  so  wären  wir  die  ärgsten  Buben.' 
Philipp  aber  leugnete  und  hiess  den  Jakob  einen  Lügner. 
Dieser  aber  sprach:  ,Die  Lüge  wird  auf  deinem  Kopfe  bleiben.' 
Philipp  sprach  weiter:  ,Ich  habe  wohl  gesagt,  du  seiest  ein 
Götz'  und  sie  beten  dich  an,  und  das  ist  auch  wahr.'  Darauf 
ward  ein  grosses  Getümmel  unter  den  Geschwistern,  die  ihm 
wie  aus  einem  Munde  zuriefen:  ,Du  lügst.'  Da  begann  Philipp 
zu  jblümeln'.     Endlich  standen  sie  auf  und  sagten:   Liebe  Ge- 


628 

meiudc,  wir  haben  nichts  wider  Euch,  sondern  nur  wider 
Euren  Diener.  Darum  rathen  wir:  Wählet  einige  Männer  aus 
Euch,  welche  in  dieser  Sache  richten  sollen.  Da  niemand  eine 
Antwort  gab,  gingen  sie  fort. 

Am  folgenden  Montag  wählte  die  Gemeinde  acht  Männer, 
von  denen  je  vier  den  beiden  anderen  Gemeinden  Rechenschaft 
geben  sollten.  Philipp  empfing  die  Boten  mit  Scheltworten: 
Des  Geldes  wegen  hätte  man  aus  Jakob  einen  Götzen  gemacht, 
den  SchUtzinger  aus  Neid  und  Hass  ausgeschlossen.  Tags  dar- 
auf kam  Botschaft  von  Rossitz:  Philipp  und  Gabriels  Gemein- 
den würden  allein  das  Richteramt  üben  und  ihnen  hätten  die 
Huter'schen  Rechenschaft  zu  geben.  Während  nun  diese  zur 
Nachtzeit  in  grosser  Versammlung  über  die  Botschaft  berath- 
schlagten,  kamen  die  Sendboten  der  beiden  feindlichen  Lager 
herangeschlichen  und  horchten,  was  da  verhandelt  werde.  Da 
Jakob  ihrer  gewahr  wurde,  zog  er  sie  hervor  und  eröffnete 
ihnen,  was  die  Gemeinde  beschlossen.  Da  fragte  einer  von 
ihnen,  ob  wir  den  Gabriel  ausgeschlossen  hätten,  und  als  Jakob 
entgegnete:  ,Wir  halten  ihn  flir  keinen  Bruder,  auch  für  keinen 
Diener  mehr;  nun  mochte  es  den  Wolf  nicht  mehr  in  der  Schaf- 
haut leiden,  und  einer  aus  ihnen,  der  Hans  von  Strassburg, 
sprang  hervor  und  hiess  den  Jakob  einen  Lügner  und  falschen 
Propheten.*  ,Da  begehrte  Jakob  ein  Urtheil  der  Gemeinde,  ob 
diese  Männer  den  Frieden  gesucht,  und  ein  Bruder  fing  zu 
reden  an:  Da  diese  nur  unter  dem  Vorwand  des  Friedens  zu 
uns  gekommen,  in  Wirkhchkeit  aber,  um  die  Gemeinde  zu 
schmähen  und  zu  lästern,  so  seien  sie  dem  Gabriel  und  PhiUpp 
gleich  zu  halten.'  Weitere  Verhandlungen  zwischen  den  feind- 
Uchen  Brüdern  fUhrten  zu  keinem  Ziele.  Philipp  und  Gkibriel 
sammt  ihrem  Anhange  wurden  aus  ,der  Gemeinde  Gottes' 
ausgeschlossen.  Diese  sah  sich  veranlasst,  die  Gründe,  um 
deren  Willen  dies  geschah,  au&eichnen  zu  lassen,^  und  Huter 
wurde  aus  demselben  Anlasse  in  einer  eigenen  Apologie*  ver- 
theidigt. 

Nun  hat,   wie   die  Geschichtsbücher  melden,   der  Bruder 
Jakob   Huter    die   wahre   Gemeinschaft    durch    die  Hilfe   und 


»  Cod.  Amsterdam  von  1692,  fol.  75—79. 

'  Ibid.    In   Kürze   werden   diese   Streitigkeiten   auch   in    den  Geschichto- 
büchem,  8.  113,  berührt. 


529 

Onade  Gottes  in  eine  ziemliche  Ordnung  gebracht^  , daher 
man   uns  noch  heut  die  Hueterischen  nennte 

Von  den  einstigen  Brüdern  wurden  die  Hueterischen  auf 
das  Bitterste  gehasst:  ;In  disem  1534  Jar/  sagen  die  Q^schichts- 
bücher^  ^hat  der  Jakob  Hueter  und  seine  Gemain  grossen 
truebsal  von  den  Abtrtlnnigen  mit  vil  schmach  und  läster- 
Worten  erlitten^  auch  sonderlich  vom  Philipp  und  seinem  yolk. 
Denn  —  so  ein  Herr,  Burger  oder  Bauer  —  Brüeder  oder 
Schwestern  von  beiden  G^mainden  nach  notdurfft  zu  seiner 
arbeit  hett  angenommen,  so  haben  die  Philippischen  bei  den 
Hueterischen  weder  arbeiten,  sitzen,  essen  noch  trinken  wollen, 
ungeachtet  dass  es  ihnen  die  Herrn  gaben,  denen  sie  gearbait 
haben.  Wiewol  die  Hueterischen  lieber  an  irer  Arbeit  aUein 
mit  Rue  wären  gewest,  haben  sie  die  Arbait,  dazue  speiss  und 
trank,  wers  ihnen  geben  hat,  mit  grossem  Dank  von  Gott  an- 
genommen, und  haben  an  Zal  der  glaubigen  täglich  zuege- 
nommen/ 

Den  Brief  an  seine  Freunde  und  Genossen  in  Tirol,  in 
welchem  Huter  von  den  jüngsten  Ereignissen  in  Auspitz  Kunde 
gab,  hatte  Peter  Voyt  dahin  gebracht.  Dieser  ftlhrte  die  Woche 
vor  Simon  und  Juda  (28.  October)  ein  Völklein  nach  Auspitz,^ 
das  die  Brüder  Hans  und  Offerus  herabgesandt  hatten.  Gleich 
darauf  kamen  zu  der  Gemeinde  mehrere  yGeschwistriget'  aus 
dem  Inn-  und  Pusterthale  mit  etlichen  Kindern,  dann  der 
Bruder  Klaus  aus  Kärnten  mit  sieben  Brüdern,  die  in  Auspitz 


*  Die  Daten  aus  Hnter's  Brief  vom  November  1533.  Hueter  sagt  im  Be- 
ginn, es  sei  dies  schon  das  dritte  Schreiben,  das  er  an  sie  richte.  Am 
Pfintztag  nach.  Simon  und  Juda  (30.  October)  habe  er  den  Kunz  Maurer 
und  Michael  Schuster  zu  ihnen  abgefertigt.  Die  werden  mündlich  er- 
zählen, was  hier  in  dem  Briefe  nicht  steht,  und  wie  es  in  der  Gemeinde 
geht.  Den  anderen  Tag,  nachdem  die  Brüder  weggezogen  waren,  sei 
Peter  Vojt  mit  allen  denen  gekommen,  die  ihr  mit  ihm  geschickt  habt. 
,Davon  wir  ein  gross  herzliche  Freudt  haben  empfangen  und  unser  herz 
ist  vor  Freuden  gesprungen  .  .  .  Bald  hernach  über  etUch  tag  sein  mer 
Qeschwistriget  kumen  aus  dem  Pusstertal  und  Inntal  mit  etlichen  kin- 
dem.  Ir  wisst  wol,  welche  es  sind.  Es  sind  auch  gleich  denselbigen 
tag  kumen  unser  liebe  Bruder  Clauss  aus  Kärnten  und  hat  mit  im  bracht 
7  personen,  die  seindt  hie  gläubig  worden,  got  sei  lob.  Nit  lang  dar- 
nach ist  auch  kumen  der  Brueder  Stadler  mit  seinen  Kindern.  Bald 
hernach  ist  auch  kumen  der  Brueder  Peter  Hueter  mit  24  seelen  und 
ein  tag  sein  kumen  aus  Hessen  18  Seelen,  dass  wir  vermainen,  der  herr 


530 

gläubig  wurden,  dann  Bruder  Stadler  mit  seinen  Kindern^  Peter 
Hueter   mit   24  Personen;    aus   Hessen   wanderten    18   zu,  so 
dass   der  Herr,   wie  Huter   schreibt,   in    der   kurzen   Zeit  von 
3 — 4  Wochen   mehr  denn   130  Seelen   zu   der  Gemain  herzu- 
gethan,  die  da  getauft  und  aufgenommen  wurden.    An  den  aus 
Hessen  zugewanderten   Genossen   hatte   Hueter    freilich    keine 
besondere  Freude:   ,Els   war^,   berichten   die  Geschichtsbücher, 
,zu  der  Zeit  ein  Diener  des  Wortes  da,   der  ein  Völklein  aus 
Hessen   mit  sich   gebracht   hatte   —   Hans   Both.^     Derselbige 
hatte  im  Sinne,   er  wollte   dem  Herrn   etwas   aus   seiner  Hand 
„zwacken",  aber  er  vermochte  es  nicht:  die  Gemeinde  sah  auf 
den  Herrn  und  nicht  auf  ihn  oder  einen  (anderen)  Menschen. 
Weil  er  nun   einen  verkehrten  Sinn  hatte  und  lehrte,   dass  es 
weder  Engel    noch   Teufel   gebe   und   sich    nicht   unterweisen 
lassen  wollte,  ward  er  und  alle  die,  welche  ihm  anhingen,  aus 
der  Gemeinde  ausgeschlossen.   Und  wiewohl  er  vordem  oft  be- 
kannt hatte,  er  erkenne  wohl,  dass  Philipp  und  Gabriel  unrecht 
gehabt  hätten   und   deswegen  seine  Brtlder   nicht   sein   sollten, 
so   ging  er  dennoch,   nachdem   er   sein  Urtheil  empfangen,   zu 
Philipp  und  wurde  dem  ein  gar  lieber  Bruder.    Man  sah  hier- 
aus  seine  „Schalkhaftigkeit"  am  deutlichsten:   hätte    er  in  die 
Gemeinde  einen  Riss  thun  können,   es  wäre  ihm  eine  Freude 
gewesen.'  * 

Ein  neuer  Zug  von  Wiedertäufern  setzte  sich  im  Jahre 
1534  unter  der  Führung  des  Bruders  Basti  Glasser  ,im  Ober- 
landc'  in  Bewegung.  Sie  erreichten  jedoch  das  Ziel  ihrer 
Wanderung  —  die  heilige  Gemeinde  —  nicht  ungehindert,  son- 
dern wurden  zu  Hohenwarth  in  Oesterreich  (zwischen  Krems 
und   Meissau)   gefangen    und    dann    nach   Eggenburg   geführt, 


hab  in  3—4  Wochen  herzugethan  zu  der  gemain  mer  dann  hundert 
zwanzig  oder  dreissig  seelen,  die  getauft  und  eingeschlossen  sein  worden ; 
die  alle  wir  empfangen  und  aufgenommen  haben  als  den  herren  selber. 
Huter  berichtet  über  eine  seltsame  Naturerscheinung,  die  er  mit  vielen 
Geschwistern  beobachtet:  Was  der  herr  hiemit  maint,  das  weiss  er  allain. 
Mit  Grüssen  an  die  lieben  Schwestern  Gretl  Marbeckhin  und  Urschl 
Puchlin,  beide  im  Rattenberger  Gerichtsbezirke  ansässig,  und  der  Nach- 
richt, dass  die  Jörg  Fasserin  und  die  Bärbl  von  Jenbach  (wieder)  auf- 
genommen worden  seien,  schliesst  dieses  Schreiben. 

»  Vgl.  die  Zeitschrift  für  historische  Theologie  XXIX,  1869. 

«  Geschichtsbücher,  S.  116. 


531 

von  wo  sie  nach  grossen  Martern  entlassen  wurden.  An  sie 
hat  Huter  eine  trostreiche  Epistel  gerichtet.^  Sie  ist  bereits 
trüber  Ahnungen  voll.  Denn  nicht  blos  in  Tirol,  •sondern 
auch  in  Mähi*en  schien  ihre  letzte  Stunde  geschlagen  zu  haben. 


8.  Der  Process  des  Anton  ron  Wolkenstein  nnd  seiner 
Familie  und  die  Wiedertanfe  in  Tirol  im  Jalire  1584. 

Noch  war  der  Process  gegen  Helena  von  Freiberg  nicht 
völlig  beendet  und  jener  gegen  Erhard  Zimmermann,  den  Pfle- 
ger von  Neuhaus  an  der  Ache,  in  vollem  Gange,  als  die  Re- 
gierung die  Kunde  erhielt,  dass  auch  die  Familie  des  Herrn 
Anton  von  Wolkenstein  der  wiedertäuferischen  Lehre  anhänge. 
Erhard  Zimmermannes  Process  bot  keine  Schwierigkeiten.  Die- 
ser Pfleger  war,  wie  es  scheint,  durch  den  ,Tuchmacher'  —  , 
Hans  Amon  —  mit  der  Wiedertäuferlehre  vertraut  geworden, 
und  Hess  gegen  ihre  Anhänger  Milde  und  Schonung  walten; 
ja  er  gewährte  wohl  auch  einzelnen  Mitgliedern  Unterstand. 
Da  er  aber  die  ihm  von  der  Untersuchungscommission  vor- 
gelegten Fragestücke  von  der  Kindertaufe,  dem  Sacramente 
des  Altars,  der  Fürbitte  der  Heiligen  u.  s.  w.  in  befriedigender 
Weise  beantwortete,  so  wurde  Herrn  Friedrich  Füeger  am 
15.  Februar  der  Auftrag  ertheilt,  den  Gefangenen  gegen  Bürg- 
schaft, Ersatz  der  aufgelaufenen  Kosten  und  eine  Caution  von 
zweihundert  Gulden  auf  freien  Fuss  zu  setzen.  Die  Caution 
sollte  verfallen,  wenn  er,  vor  das  Gericht  geladen,  sich  nicht 
stellen  würde.*  Aus  den  ,Urgichten^  des  Neuhauser  Schloss- 
pflegers Zimmeimann  und  der  Köchin  der  Wolkensteiner, 
schreibt  die  Innsbrucker  Regierung  dem  Hauptmann  und  den 
weltlichen  Räthen  zu  Brixen,'  habe  man  entnommen,  dass  diese 
beiden  Personen  auch  Leute  des  Stiftes  als  Anhänger  der  Wieder- 


^  Die  Epistel  von  Jakob  Haeter  an  die  Gefangenen  zu  Hohenwarth.    Cop. 

in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 
'  Die  Acten,  welche  den   Pfleger  Zimmermann  betreffen,  finden  sich   im 

Statthaltereiarchiv  zu  Innsbruck,  Causa  Domini  IV,  142,  146—148,  160/2 

(hier  der  oben  erwähnte  Befehl),  und  Brixen,  Lade  112,  Nr.  5,  Lit  B; 

Nr.  6,  Lit.  C.     In  seiner  Urgicht  sagt  er  mit  Nachdruck:  Er  sei  nicht 

Wiedertäufer. 
*  Brixen,  1.  c. 


i 


532 

täufer  bezeichnen^  namentlich  den  Michael  von  Teutenhofen, 
der;  ab  ihm  durch  Zimmermann  angezeigt  wurde,  dass  sich 
nächst  Neuhaus  in  Pfaffenbach  etUche  Wiedertäufer  aufhalten, 
dem  Pfleger  Stillschweigen  geheissen.^ 

Tiefere  Wurzeln   fasste   die  Lehre   im  Hause  Antons  von 
Wolkenstein,  der  in  dieser  Zeit  im  Kirchspiele  von  Taufers  und 
Bruneck  seinen  Wohnsitz  hatte.    Schon  im  Jahre  1527  hatte  er 
dem  Statthalter  zu  Innsbruck  angeloben  müssen,  sich  der  luthe- 
rischen und  anderen  Secten  zu  enthalten  und  der  alten  christ- 
lichen  Lehre   treu .  zu   bleiben.     Nichtsdestoweniger  schloss  er 
sich  der  neuen  Lehre  an,  und  seine  Hausgenossen  waren  ent- 
schiedene Wiedertäufer.    Eine  anonyme  Anzeige  bezichtigte  auch 
ihn  und  seine  Gattin  der  Wiedertäuferei  und  fügte  hinzu,  dass 
sie  seit  etlichen  Jahren  weder  gebeichtet,  noch  das  Abendmahl 
empfangen  hätten.*    Da  erhielt  Flieger  am  10.  Jänner  den  Auf- 
trag, ,sich  bei  dem  Pfarrer,   dahin  sie  gepfarrt  sind,   eigentlich 
insgeheim  und  mit  gutem  Qrund  zu  erkundigen^,   was  an  der 
Sache  sei.*    Der  Richter  von  Taufers,  Hans  Egel,  meldete  am 
20.  Jänner:   ,Er  habe  bei  dem  Pfarrer  zu  Taufers  und  dessen 
Qesellpriester  so   viel   erfahren,   dass   der  von  Wolkenstein   in 
langer  Zeit  weder  gebeichtet  noch   das  Sacrament  empfangen 
habe.    So  auch  seine  Frau  und  die  Köchin.    Alle  drei  werden 
eine  gute  Zeit  her  der  wiedertäuferischen  Secte   anhängig   ge- 
achtet.' 

Der  Hauptmann  und  die  Räthe  von  Brixen  meldeten  so- 
gar, es  sei  zu  vermuthen,  dass  des  ,Tuchmacher8'  Hausfrau  bei 
Antoni  von  Wolkenstein  ,ihre  Unterhaltung'  habe.  Die  Köchin 
habe  sich  verlauten  lassen,  dass  des  Tuchmachers  Hausfirau 
,im  Kindbett  hege'.  ,Dieweil  uns  bewusst,  dass  bemeldte  Voi^ 
Stehers  Hausfrau  vorlängst  schwanger  gewest,  so  wollen  wir 
Euch  solches  angezeigt  haben/ ^  Auf  das  hin  erhielt  der 
jUntermarschalk'  zu  Innsbruck,  Erasmus  Offenhauser,  den  Be- 
fehl, sich  sofort  mit  zwei  ,Ainspannigen'  hinein  ins  Pustertbal 
zu  thun,  Anton  von  Wolkenstein,  seine  Hausfrau  und  Köchin 
gefangen  zu  nehmen,  die  beiden  letzteren  nach  Schloss  Tau- 
fers,   den    Herrn    von   Wolkenstein    aber   nach    Innsbruck    zu 


^  Caasa  Domini  IV,  142. 

«  Ibid. 

»  Bericht  vom  26>  Jänner.    Prot  XIV,  fol.  693. 


533 

flihren.^  In  Taufers  hatte  Erasmas  in  Gegenwart  des  Schloss- 
heim  Füeger  ,(iie  Frau  mit  Ernst  aber  in  Güte,  die  Köchin, 
fiir  den  Fall,  dass  sie  nicht  bekennen  würde,  auch  peinlich  zu 
befragen',  ihre  Aussagen  und  Bekenntnisse  aufzuschreiben  und 
nach  Innsbruck  zu  bringen.  Um  alles  Aufsehen  zu  vermeiden, 
war  auch  befohlen  worden,  ,benannte  Ainspannige  auf  dem  Weg 
allenthalben  zum  stiUisten  mit  beruerten  von  Wolkenstein  durch- 
zuschleifen,  wie  sie  dann  zu  thun  wol  wissen'.  Die  Hausfrau 
und  Köchin  sollten  befragt  werden,  weshalb  sie  nicht  gebeichtet 
und  das  Sacrament  empfangen,  ob,  von  wem  und  wann  sie 
wiedergetauft  worden,  ob  Anton  von  Wolkenstein  auch  ein 
Wiedertäufer  sei  u.  s.  w.  Herr  Friedrich  Füeger  war  ange- 
wiesen, dem  Untermarschall  hilfreich  zur  Seite  zu  stehen.  Die- 
ser wurde  am  3.  Februar  beauftragt,  auch  den  Sohn  des  Anton 
von  Wolkenstein,  ,Paulsen'  (richtig  Sigismund),  ,so  mit  der 
Wiedertauf  auch  befleckt  sein  soll,  gefangen  zu  nehmen'.*  Zehn 
Tage  später  meldet  die  Regierung  an  Friedrich  Füeger,  sie 
habe  Anton  von  Wolkenstein,  dessen  Frau  und  ehelichen  Sohn 
Paulsen  wegen  Irrsais  im  christlichen  Glauben  ,venklichen  ein- 
gekehrt' und  deren  Hab  und  Gut  dem  zweiten  Sohn  Hans  zur 
Verwaltung  übergeben.^ 

Unter  den  Personen,  welche  anlässlich  des  Wolkenstein- 
schen  Processes  in  Untersuchung  kamen,  waren  auch  zwei 
Polizeiagenten,  die  bei  den  Wiedertäufern  spionirten:  Von  den 
vier  Personen,  wird  von  Brixen  an  die  Statthalterei  berichtet, 
80  angezeigt  worden  sind,  sind  ,zwo  unser  geheimlichen  be- 
stellte Späher  und  Kundschafter',  die  sich  mit  unserem  Wissen 
und  Willen  zu  den  Täuferischen  geschlagen  und  wiedertaufen 
lassen  und  ihnen  vielleicht  etlichemal  Herbei^  und  ,Unter8chleif 
gegeben  haben,  alles  der  Meinung,  dadurch  den  ,Tuchmacher 
und  andere  flüchtige  Personen  zu  Gefkngniss  zu  bringen'.*  Am 
15.  Februar  wird  an  Friedrich  Füeger  der  Auftrag  gesendet, 
die  Köchin   der  Frau  von  Wolkenstein,   da  sie   keine  Wieder- 


*  Landesregierang  an  Friedrich  Füeger  in  Täufers,  28.  Jilnner  1534.  Causa 
Domini  lY,  197—198,  inliegend  die  Instruction,  was  der  Untermarschalk 
ZQ  Innsbruck  handeln  soll,  und  die  ,Frage8tttckS  Regierung  an  Füeger, 
30.  Jänner  1634.    Causa  Domini  lY,  ISd/t. 

*  Causa  Domini  IV,  149. 

*  Innsbrucker  Archiv. 

*  Brixen.   Prot.  XIV,  fol.  546. 


i 


534 

täuferin  ist,  freizolassen^  die  Hausfrau  aber,  ^nachdem  sie  wieder- 
taufft  und  derselben  Sect  anhänglich   zu   sein   bekenntlich  ist, 
durch   der   göttlichen   Geschriflft;   Gelehrte   und  Verständige  zu 
beschicken,  um  sie  von  dem  Irrsal  des  WiedertaulPs  zu  weisen'.* 
An  demselben  Tage   meldet  die  Regierung  nach  Brixen,'  aus 
welchen  Ursachen  sie  genöthigt  gewesen  sei,  Anton  von  Wolken- 
stein und  seine  Gattin  gefangen  zu  setzen.    Beide  Eheleute  seien 
mit  grossem  Irrsal  im  Glauben   befunden  worden.    ,Da  es  der 
geistlichen  Obrigkeit  von  Amtswegen  gebührt,  sie  davon  wieder 
abzubringen,  so  haben  wir  solches  an  Euch,  als  an  die  Ordinarien, 
gelangen  lassen  und  ersuchen,  dass  Ihr  einen  oder  zwei  der  gött- 
lichen Schriften  Gelehrte  verordnet,  sich  hieher  nach  Innsbruck 
und    nach   Taufers    zu  verfügen.     Solches   Zusprechen   soU  in 
Beisein  einer  weltlichen  Person  erfolgen,  wozu  wir  Ulrich  Gel- 
tinger  für  tauglich  erachten.^ 

Anton  von  Wolkenstein  lag  im  Kräuterthurm  zu  Inns- 
bruck gefangen.  Das  Ordinariat  bestimmte  den  Pfarrer  von 
Brixen  und  den  von  St.  Lorenzen  nebst  Ulrich  Geltinger  dazu, 
die  Frau  von  Wolkenstein  von  ihrem  ,Irr8al^  abwendig  zu 
machen.  Mittwoch  den  25.  Februar  zeitlich  morgens  würden 
sie  daselbst  eintreflFen.*  An  demselben  Tage  wurde  das  Verhör 
mit  Paul  von  Wolkenstein  vorgenommen.  Zum  dritten  Frage- 
punkt antwortet  er:  ,Ich  hab'  mich  nit  tauffen  lassen  oder  in 
meinen  sin  nit  genomen  oder  noch  nit  in  willen  han,  kein 
andre  tauf  anzunemen.'^ 

Wann  die  Wiedertäufer  gekommen  seien,  wisse  er  nicht, 
denn  man  habe  das,  wie  vieles  Andere,  vor  ihm  verborgen. 
Auch  sei  er  grösstentheils  nicht  daheim  gewesen.  Seien  sie 
aber  da  gewesen,   so  hätten  sie  im  Zimmer  der  Frau  verweilt 

Einmal  habe  er  in  Auspitz  in  Mähren  einer  Versanmilung 
beigewohnt  ,von  Wunders  wegen'.  Es  habe  ihm  aber  dermassen 
gefallen,  dass  er  davongezogen  sei  und  sich  mit  der  Secte  der 
Wiedertäufer  nicht  eingelassen  habe.  Dazu  bewogen  habe  ihn 
der  Thoman  Liendl   und   der  Schlesinger.     Mit  diesen   sei  er 


^  Caasa  Domini  IV,  160/2. 

•  Orig.    Lade  112,  Nr.  6,  Ui.  C. 

■  Brixen,  22.  Februar  1634.   Prot.  XIV,  fol.  765. 

*  Gleichzeitige  Copie  in  der  ▼.  Beck'schen  Sammlung.   Das  Orig.  in  Brixen, 
Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  £. 


535 

zwar  weggezogen,  habe  sich  aber  mit  ihnen  nicht  eingelassen. 
Der  Taufe  halben  lasse  er  es  bewenden,  wie  Gott  sie  an- 
geordnet habe. 

Drei  Tage  später  sandte  Michael  von  Teutenhofen,  des 
Angeklagten  Schwager,  eine  Bittschrift  an  die  Regierung,  da 
der  Pfarrer  von  Hall,  der  in  Gemeinschaft  mit  ihm  und  dem 
Untermarschalk  zu  Anton  von  Wolkenstein  und  dessen  Sohn 
habe  gehen  sollen,  Geschäfte  halber  wieder  heimfaly*en  musste, 
so  möge  man  ihm,  zumal  er  sich  seines  Schwagers  wegen  gegen 
die  kgl.  Majestät  verschrieben  habe,  bewilligen,  auch  in  Ab- 
wesenheit des  Pfarrers  den  Schwager  zu  besuchen,  damit  ihm 
als  einem  alten  Mann  ,die  Zeit  etwas  geringer'  wäre.*  Die 
Unterredungen  in  Taufers  mit  der  Frau  von  Wolkenstein,  die 
am  27.  und  28.  Februar  stattfanden,  verliefen  zunächst  ohne 
Ergebniss:  ,Man  habe  alle  Mühe  angewandt,  sie  von  dem  Irr- 
sal  wieder  abzubringen,  allein  sie  ist  zuletzt  auf  den  zwei  Ar- 
tikeln des  Sacramentes  des  Altars  und  der  Taufe  stehen  ge- 
blieben. Sie  glaubt  und  hält  anders  nicht  wie  ihre  Vorsteher 
und  Brüder;  auch  wolle  sie  nicht  widerrufen,  doch  bitte  sie, 
man  möge  sie  aus  dem  Gefttngniss  entlassen  und  ihr  daheim 
ein  Jahr  lang  Bedenkzeit  geben.'* 

Auch  Anton  von  Wolkenstein  büeb  den  Bekehrungsver- 
suchen in  der  ersten  Zeit  unzugänglich,  und  so  erstattete  die 
Regierung  an  den  Landesherrn  Bericht  mit  der  Bitte,  sich  der 
beiden  Gefangenen  wegen  zu  entschliessen.^  Am  22.  März  meldet 
sie  Friedrich  Füegem:  Hans  von  Wolkenstein  und  Michael  von 
Teutenhofen  hätten  gebeten,  man  möge  ihnen  eine  Besprechung 
mit  ihrer  Mutter,  beziehungsweise  Schwiegermutter  gewähren. 
Sie  geben  sich  der  Hofinung  hin,  dass  ihre  Bekehrung  gelingen 
werde.  Daher  möge  den  Beiden  immerhin  die  Erlaubnis  er- 
theilt  werden,  doch  müsse  der  Pfarrer  von  Taufers  der  Untere 
redung  beiwohnen.  Am  26.  März  schrieb  König  Ferdinand  an 
das  Regiment:  ,Sollten  die  Angeklagten  auf  alle  Vermahnungen 


^  Bruener  Archiv,  L&de  112,  Nr.  6,  Lit.  C.  Die  Bürgschaft  Tentenhofen's 
und  Hans  von  Wolkensteius  für  die  Angeklagten  ebenda;   ohne  Datum. 

*  Archiv  Brixen.  Prot.  XIV,  fol.  783.  Vgl.  auch  den  Bericht  vom  7.  März, 
Brixen,  Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  C,  in  welchem  die  Regierung  verlangt, 
man  möge  neuerdings  nach  Taufers  senden,  um  die  Oefangenen  zu  be- 
kehren, und  Prot.  XIV,  fol.  823. 

^  An  kgl.  Majestät  V,  293/2.   7.  Mars. 


536 

hin  nicht  abstehen^  so  ist  unsere  Meinung^  dass  alsdann  nach 
Inhalt  der  ausgegangenen  Ediete  mit  ihnen  procedirt  werde. 
Denn  unser  Gemüth  steht  keineswegs  dahin^  gegen  dergleichen 
Personen  in  der  Strafe  einige  Gnade  oder  Mitdung  zu  thun, 
sondern  wollen  sie  darin   dem  gemeinen  Mann  gleich  halten/» 

Dem  Verhöre  Antons  von  Wolkenstein  war  endlich  der 
designirte  Weihbischof  von  Brixen,  Licenziat  Albrecht  Blraus, 
zugezogen  worden.  Auch  der  Kath  Dr.  Johann  Winkler  nahm 
daran  Antheil.  Die  Berichte  über  das  Verhör  sind  vom  26.  März, 
17.  und  21.  April  datirt.*  Was  die  Wiedertaufe  betrifft,  gestand 
er  schon  im  ersten  Verhöre:  ,Er  sei  in  seiner  Kindheit  getauft, 
findt  auch  im  Evangelio  nit,  dass  er  einer  anderen  Tauf»  mehr 
notdürftig.^  Den  Wiedertäufern  habe  er  keinen  Vorschub  ge- 
leistet: ,Vor  drei  Jahren  habe  er  ja  mit  ihnen  geredet  und  sie 
mit  ihm,  ob  er  sich  nicht  wolle  bereden  lassen,  ihrer  Secte  bei- 
zutreten. Seine  Frau  habe  wohl  viel  mit  ihnen  verkehrt,  sei  auch 
getauft  worden,  aber  wider  oder  ohne  seinen  Willen.  Er  habe 
sein  eigenes  Gemach  gehabt,  sich  seiner  Hausfrau  und  ihrer 
Sachen  nit  viel  beladen,  sondern  in  seinem  Gemach  gelesen, 
gebetet  und  gethan,  wozu  Gott  und  sein  Gewissen  ihn  gemahnt 
hat.  Das  Abendmahl  wolle  er  unter  beiden  Gestalten  nehmen, 
sollte  ihm  aber  das  nicht  bewilligt  werden,  so  bitte  er  in  aller 
Demuth,  Se.  Majestät  möchte  dieser  Sachen  eine  Zeit  lang 
still  stehen  und  ihn  zu  der  einen  Gestalt  des  Sacraments  nit 
nöten.' 

Das  zweite  Gespräch  bewegte  sich  vornehmlich  um  das 
Abendmahl  unter  beiden  Gestalten,  worauf  Wolkenstein  Frist 
bis  zum  21.  April  verlangte.  Albrecht  Kraus  liess  ihn  durch 
Teutenhofen  auf  Eck's  Enchiridion  verweisen,  worauf  er  ant- 
wortete, man  möge  ihn  mit  derlei  verschonen.  Auch  im  dritten 
Gespräch  behandelte  man  die  Frage  des  Abendmahls.  Er  er- 
klärte sich  schliesslich  bereit,  in  einem  Vierteljahr  das  Abend- 
mahl unter  beiden  Gestalten  zu  nehmen;  sollte  ihm  dies  von 
dem  Pfarrer  verweigert  werden,  so  wolle  er  es  unter  emer 
nehmen,  und  zwar  öffentlich,  um  der  kgl.  Majestät  genug  zu 
thun.  Schliesslich  wurden  ihm  eine  Anzahl  von  Artikeln  vor- 
gelegt;  über  einzelne  von  diesen   , wollte  er  sich  weder  mit  Ja 


>  Von  kgl.  Majestftt  IV,  826. 

'  Orig.    Brixen,  Lade  112,  Nr.  C,  Lit.  C. 


537 

noch  mit  Nein  aussprechend ^  Inzwischen  hatten  auch  Hans  von 
Wolkenstein,   Michael   von   Teutenhofen   und  Wolfgang  Wiser, 
Prediger  am  Domstift   zu  Brixen,   in   Gegenwart   des  Pflegers 
Egl  mit  Frau  von  Wolkenstein  verhandelt ;   auf  Befehl  Sr.  Ma- 
jestät wurde  noch  Erasmus  Offenhauser  nach  Taufers  gesendet, 
,um  von   den  Wiedertäufern  mehr  „nothdürftige  Erkundigung" 
einzuziehend*    Schon  am  9.  Mai  waren  die  Verordneten  in  der 
Lage,   den  Widerruf  der  Frau  von  Wolkenstein   einzusenden.* 
Hierauf  erhielt  Füeger  am  12.  Mai  den  Bescheid:  Wofern   sie 
auf  ihrem  Vorsatze,   der  Wiedertaufe  abzusagen,   fest  besteht, 
möge  er  sie  im  Namen  Sr.  Majestät  begnadigen;   doch  müsse 
sie   eine  beschworene  Urfehde  geben,   ihren  Irrthum   öffenüich 
und  in  der  vorgeschriebenen  Weise  auf  der  Kanzel   zu  wider- 
rufen,  ihres  Pfarrers  Busse   anzunehmen  und   sich   verbinden, 
der  gedachten   Secte   nimmermehr   anzuhängen.    Im   Falle   sie 
das  nicht  halten  würde,   würde  sie  als  Eine,   die  Eid   und  Ur- 
fehde nicht  gehalten,   mit  Leib   und  Leben   büssen.    Auch  soll 
sie  die  fllr  ihre  ,Atzung^  im  Geßlngniss  zu  Taufers   aufgelaufe- 
nen Kosten  bezahlen.    Der  Einfluss,   den  Teutenhofen  auf  den 
Wandel  in  der  Gesinnung  der  Frau  von  Wolkenstein  genommen, 
ist  ein  unzweifelhafter.    Er  tritt  auch   darin   zu  Tage,   dass   er 
die  Urfehde  mitunterfertigt  hat.    Sie  bewarb  sich  um  die  Nach- 
sicht des  ö£fenüichen  Widerrufes,  wurde  aber  bald  bedeutet,  dass 
ihr  dieser  in  keiner  Weise  erlassen  werden  könne.     So   betrat 
sie    denn  im  Juni    1534  die  Kanzel   der  Kirche   von   Taufers 
und  sprach  dem  Pfarrer  die  von  der  Regierung  formulirte  Ab- 
sage  nach: 

,Ich  Elspet,  Anthonien  von  Wolkenstein's  Hausft*au,  be- 
kenn, als  ich  mich  in  die  verftlhrerische  Sect'  der  Widertauff 
und  was  daran  hangt,  bewegen  hab'  lassen,  so  mir  von  ganzem 
Herzen  leid  ist,  daran  ich  unrecht  gethan  hab'.  Demnach  wider- 
ruf' imd  schwör  ich  hiemit  öffentlich,  zuesag  und  verpflicht 
mich,  von  dieser  Stund  an  hinfliro  mein  Leben  lang  der  Einig- 
keit der  chrisüichen  Kirche  anzuhangen  und  mich  davon  keines- 
wegs weiter  abzusondern.' 


*  Hierüber  wurde  an  den  König  Ferdinand  Bericht  erstattet.    An  kgl.  Ma- 
jestiU  V,  310;  s.  Beilage  Nr.  13. 

*  CjMwa  Domini  IV,   166.    Archiv  Brixen.    Orig.    Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  C. 

*  Orig.  Brixen,  1.  c. 

ArehlT.  LXXYUI.  Bd.  H.  H&lfte.  36 


538 

Die  wiederholten  Besprechungen,  die  Anton  von  Wolken- 
stein mit  seinen  geistlichen  Beiständen  hatte,  und  wohl  mehr 
noch  der  Einfluss  seiner  Freunde  und  Verwandten  führten  auch 
seine  Umkehr  herbei.  In  der  Supplik  Teutenhofen's  zu  Gunsten 
seines  Schwiegervaters  heisst  es,  dass  der  Gefangene  in  allen 
Artikeln,  darin  er  wider  Gebrauch  und  Herkommen  der  christ- 
lichen Kirche  Irrung  gehabt,  verglichen  ist,  von  seinem  Vor- 
haben, das  Abendmahl  unter  beiden  Gestalten  einzunehmen, 
abstehe  und  einwillige,  fortan  das  Sacrament  nach  der  Anord- 
nung der  Kirche  unter  einer  Gestalt  zu  geniessen.  Auf  diese 
Zugeständnisse  hin  bat  Michael  von  Teutenhofen  um  die  Frei- 
lassung des  Gefangenen,  und  da  sich  dieser  hauptsächlich  da- 
durch beschwert  fühle,  dass  er  öffentlich  widerrufen  solle,  auch 
um  die  Nachsicht  des  öffentlichen  Widerrufes,  der  dem  Wolken- 
steiner durchaus  beschämend  erscheine.  Da  Teutenhofen  im 
Namen  des  Gefangenen  die  Zusicherung  gab,  dass  dieser,  ,sobald 
er  die  Freiheit  haben  werde,  innerhalb  eines  Monats  das  Abend- 
mahl nach  der  Ordnung  der  katholischen  Kirche  nehmen  und 
sich  in  Allem  nach  dieser  richten  werde',  entschloss  sich  König 
Ferdinand  I.  am  28.  Juni  1534,*  ,den  Gefangenen  der  Venknuss 
nach  Bezahlung  seiner  Atzung  ledig  zu  lassen*.  Doch  soll  ihm 
vor  dieser  ,Ausla88ung'  zu  Innsbruck  angezeigt  werden,  dass 
in  dem  Falle,  als  er  dem  Erbieten  seines  Eidams  nicht  nach- 
käme, gegen  ihn  alsdann  ,nach  Ungnad'  gehandelt  worden 
würde.  ,Die  Grafschaft  Tirol  und  alle  anderen  unsere  Erblande 
würden  ihm  versagt  und  verboten  sein.' 

Am  17.  Juli  stand  Anton  von  Wolkenstein  in  der  grossen 
Rathstube  der  Statthalterei  und  vernahm  die  Ankündigung 
seiner  Freiheit.  Die  Worte,  die  ihm  zu  seinem  Qelöbniss  vor- 
gesprochen wurden,  lauten:  ,Ihr  sollt  (ge)loben  bei  Eüdelmanns 
Treu,  die  Venkhnus  und  was  sich  darunder  begeben  hat 
gegen  S.  k.  M.  löblich  Regiment,  gemain  Land  der  ftiretl. 
Grafschaft  Tirol  und  allen  denen,  die  an  Ewer  venkhnus 
schuld  haben,  nicht  in  ungüeten  ausserhalb  Rechtens  nymer 
zu  ahnden  noch  zu  rechen,  den  Kosten  und  die  Atzung  zu 
bezahlen  und  vor  Bezalung  von  hynnen  nit  weichen  und 
das,    so   Ewer  Ayden    Michael   Teuttenhofen    der    k.    M,    von 


^  Innsbraeker  Archiv.    Von  k^l.  MAjestftt  IV,  487^488.    GleieliseitiK«  Ab- 
Hchrift  in  Brixen,  Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  C. 


539 

Eaern  wegen  angelobt,  vollziehen  erberlichen  und  nngefer- 
liehen/  ^ 

Nachdem  er  gelobt,  verliess  er  Innsbruck  und  reiste  zu 
seiner  Grattin  nach  Brixen,  woselbst  sie  unter  der  Aufsicht  ihres 
Schwiegersohnes  stand,  der  flir  sie  Bürgschaft  geleistet  hatte. 
Die  Reihe  kam  nun  an  den  jungen  Wolkensteiner.  Er  wurde 
im  Mai  eingezogen  und  auf  die  Veste  Michaebburg  in  Haft  ge- 
tban.  Seine  ,Urgicht'  wurde  nach  Brixen  gesandt.  Das  nahm 
die  Regierung  in  Innsbruck  sehr  übel,'  da  er  hiedurch  dem 
zuständigen  Richter  entzogen  würde.^  Dazu  kam  noch,  dass 
der  Gefangene  seiner  Haft  in  Brixen  entwichen  war  und  erst 
einige  Monate  später  im  Gerichte  Salem  wieder  eingefangen 
wurde.  Nachdem  er  mehr  als  vier  Monate  in  Haft  gewesen, 
meldeten  die  bischöflichen  Räthe  nach  Innsbruck,^  dass  Sigis- 
mund  von  Wolkenstein  um  Erledigung  bitte  und  bereit  sei,  ab- 
zustehen, wenn  ihm  der  Widerruf  erlassen  werde.  ,Wisset,^ 
schrieb  man  zurück,  ,da8S  er  ebenso  wie  seine  Mutter  und  die 
Freibei^erin  nur  gegen  Widerruf  ledig  werden  kann/  Sigis- 
mund  war  hiedurch  noch  nicht  eingeschüchtert  und  brachte 
sein  Anliegen,  das  vom  Brixener  Ordinariate  unterstützt  worden 
war,  vor  den  König.^  Er  berief  sich  auf  die  Vergünstigung, 
die  der  Freibergerin  zu  Theil  geworden,  erhielt  aber  den  schon 
oben  angemerkten  ablehnenden  Bescheid.^  Der  Widerruf  sei 
onerlässlich.  Im  nächsten  Jahre  wiederholte  der  Wolkensteiner 
seine  Bitte,  ohne  ein  besseres  Ergebniss  zu  erzielen.  Nun  er- 
klärte er  sich  zum  Widerrufe  bereit.  Die  Brixener  liessen  ihn 
auf  das  hin  vorzeitig  frei  und  wurden  darum  vom  Landesftirsten 
getadelt  Man  filrchtete,  er  könnte,  ohne  den  Widerruf  geleistet 
zu  haben,  abermals  flüchtig  werden;  auch  könnte  man  bei  dem 
gemeinen  Mann  in  Tirol  leicht  in  den  bösen  Geruch  konmien, 
dass  nicht  Alle  gleich  behandelt  werden. 

Sigismund  von  Wolkenstein  wurde  neuerdings  gefangen 
und  erst  im  Juni  1536  befreit.  Sein  Vorhaben,  mit  einer  Reiter- 
schaar  in  den  Krieg  zu  ziehen,  benützend,  machten  seine  Ver- 

*  die  14.  Juli  1535.    Causa  Domini  IV,  192. 
'  Erlass  vom  20.  Mai. 

'  Siehe  Beilage  Nr.  16. 
^  Bericht  vom  6.  October. 

*  Keg.  Georgü  Brixen.    Prot.  XIV,  1326. 

*  Von  kgl.  Majestät  IV,  621. 

36* 


540 

wandten  abermals  den  Versuch,  ihm  die  Nachsicht  des  Wider- 
rufes und  volle  Freiheit  zu  erwirken.  König  Ferdinand  war 
diesmal  geneigter,  umsomehr,  als  sich  Sigmunds  Vetter,  Wilhelm 
von  Wolkenstein,  bereit  erklärte,  die  Büi^schaft  fUr  ihn  zu 
übernehmen. 

Dass   die  Täuferbewegung  in  Tirol  noch   nicht   zur  Ruhe 
gekommen,   erfuhr   die  Innsbrucker  Regierung  aus  zahlreichen 
Meldungen.    Anfangs  Februar  lagen  vier  Wiedertäufer  gefangen 
im  Thurm  zu  Michelsberg.  ^     Drei  Wochen  später  wird  gemel- 
det,  dass  Nicolaus  Trotter  zu  St.  Jörgen  mit  der  Wiedertaufe 
befleckt  sei.^     Zu   derselben   Zeit   erhielt  man   Nachricht  von 
Wiedertäufern  in  Sterzing.^    Am  26.  Februar  wird  von  Brixen 
an  das  Regiment  nach  Innsbruck  gemeldet:  Wir  sind  berichtet, 
wie  Hans  Tuchmacher  des  Willens  sei,   das  gemeine  Volk,   so 
sie   im  Pusterthal  und  an  anderen  Orten   in  Tirol  in  die  Seele 
gebracht,    auf   kiinf^gen    Frühling,    ,sobald    man    das  Wasser 
fahren  mag',  nach  Mähren  zu  schicken.    Doch  solle  der  Tuch- 
macher und  der  Säckelmeister,  wie  Mrir  berichtet  sind,  im  Lande 
verbleiben.^   Aus  dem  Februar  dieses  Jahres  dürfte  eine  landes- 
fürstliche  Verordnung    stammen,    dass    das,    was   künfdg   von 
Wiedertäufergütem  über  die  Hinrichtungs-  und  Gerichtskosten 
übrig  bleibe,   nicht  zu   Sr.  kgl.  Majestät   Händen   eingezogen, 
sondern   den  Kindern   oder  nächsten  Erben   zugestellt   werden 
solle.     Doch   solle   den   flüchtigen   Wiedertäufern    kein   Nutzen 
hievon  zukommen.^    Der  Bischof  von  Brixen  gibt  am  1.  März 
dem  flüchtigen  Wiedertäufer  Michael  Waldner  auf  Ein,  Michels- 
berger  Gerichts,  auf  Fürbitten  der  Aebtissin  Clara  zu  Sonnen- 
burg sicheres  Geleite  auf  einen  Monat,  ,um  seiner  Verhandlung 
abzukommend^     Die  Bitte  des  Vormunds   der  Kinder,   weiland 
Ulrich  Müller's,  so  in  Klausen  1531  gerichtet  worden,  um  Rück- 
stellung der  confiscirten  Habe  des  Letzteren  wird  von  Brixen  aus 
befürwortet.'    Während  am  3.  März   vom  Regimente   an  Chri- 
stoph  von  Liechtenstein   und  Christoph   Fuchs   berichtet  wird, 


>  Prot  XIV,  729. 
«  Ibid.  XIV,  767. 
'  Causa  Domini  IV,  153. 

*  8t.  Prot.  XIV,  776. 

*  Missiveubucfa  1534.    Erneuert  mit  Mandat  von  Wien  1536,  November  18. 

*  Reg.  Prot.  Nr.  18  ad  annum  1634. 
'  1534,  Mäns  3.    Prot.  XIV,  785. 


541 

dass  sich  die  Wiedertäufer  fUr  den  nächsten  Frühling  zur  Ab- 
fahrt  nach   Mähren   rüsten   und   sich   ihr   Säckelmeister  schon 
erkundigt  habe,   wann  sie  Schiffe  haben  können,*   weshalb  die 
Schiffe  sorgfältig   zu   bewachen   seien,   hören   wir    schon   sechs 
Tage   später,   dass   fast  alle   Thäler   um   Sterzing  mit  Wieder- 
täufern  angefüllt   seien,   und   dass   drei  Vorsteher  aus  Mähren 
gekommen  seien   und   sich  in  dieser  Gegend   und   um  Schwaz 
herum  aufhalten;'  sie  seien  Willens,  gegen  die  Etsch  zu  rücken. 
In  der  Geschichte   der  Täuferbewegung   bildet   der  Mtin- 
ster'sche   Aufstand   wohl   das   traurigste   Capitel   und   sind    die 
Folgen  des  Vorgehens  jener  Schwärmer  und  Unholde  geradezu 
entsetzlich.     Er  gab   allen  der  W^iedertaufe  feindlich  gesinnten 
Mächten  die  schneidigste  Waffe  in  die  Hand.    An  allen  Orten 
erklärte  man:  es  werde  nun  deutlich  gesehen,  wie  das  fromme, 
heilige  Wesen  der  Täufer  nichts   sei    als  Scheinheiligkeit,   ihre 
Furcht  vor  dem  Schwert  nur  eitle  Spiegelfechterei.     Man  ver- 
meint fast  in  den  Schriften   des  Schweizers  Bullinger  zu  lesen, 
wenn    man   die   Actenstücke   liest,   welche   in   Tirol   wider   die 
Täufer  ausgegangen   sind.    Auch  jene  Landschaften   und  jene 
Regierungen,   die   dem  Täuferthum  bisher  mit  weniger  Schärfe 
entgegengetreten  waren,    wandten   sich   entsetzt  von  dem  Bilde 
ab,  welches  das  himmlische  Reich  in  Münster  darbot.    Die  Täu- 
fer   sollten  es  bald   erfahren,    dass   sich   ihnen   auch   die   letzte 
Zufluchtsstätte  schloss,  die  sie  bisher  noch  gastlich  aufgenommen 
hatte   —  die  Markgrafschaft  Mähren. 

In  der  Zuschrift,  welche  der  Landesfürst  am  26.  März  an 
das  Regiment  sandte,  heisst  es:  ,Aus  den  beigeschlossenen  Ar- 
tikeln werdet  ihr  vernehmen,  worauf  der  Vorsteher  imd  Rädels- 
fiihrer  dieser  verdammten  falschen  und  verführerischen  Secte 
Grund  und  Fundament  steht;  nämlich,  dass  es  ohne  alles  Mittel 
auf  die  Zerstörung  und  Vertilgung  aller  Obrigkeit  und  Erber- 
keit  abgesehen  ist,  dass  sie  von  Tag  zu  Tag  sich  erneuen 
und  mehren,  und  wann  sie  nun  in  einer  grossen  Anzahl  zu- 
sammenkonomen  mugen,  dass  sie  sich  gewisslich  unterstehen, 
ihr  blosses  Fümehmen  mit  dem  Werk  zu  vollziehen,  alle  Ober- 
und  Erberkeit  zu  unterdrücken  oder  doch  unter  dem  gemeinen 
Mann  einen  Aufstand  und  Empörung  zu  erwecken.' 


»  Causa  Domini  IV,  155/2. 
*  Ibid.  IV,  156/2. 


542 

Viele    Personen,    heisst    es    weiter,    durch    den    frommen 
Schein    betrogen,    seien   in   diese   Secte   getreten,    ohne    diesen 
wahren  Grund  der  Rädelsführer  zu  kennen.    ,Wir  haben  wahr- 
hafte  und   gewisse   Kundschaft,    dass    diese   Secte    im   Stift 
und  in  der  Stadt  Münster  so  weit  überhand  genommen, 
dass  sich  die  Wiedertäuferischen  in  grosser  Anzahl   gegen  den 
alten  Christgläubigen   in   thätliche  Handlung  eingelassen.     Des- 
halb  die   umbliegenden   Churfttrsten   und   andere   Fürsten,  die 
gleichwol   auch  der  neuen  Secten   (angehörig  sind),   aber  diese 
Secten  (der  Wiedertäufer)  so  wenig  leiden  mugen,   als   andere, 
mit  ihrem  Volk  in  Rüstung  seien  und  ausziehen,  um  die  Sachen 
niederzudrücken.^     ,Wo  wir  nit  mit  Tapferkeit  und  Ernst   zur 
Ausreutung  dieser  Secten  greifen,  würde  daraus  unwiederbring- 
licher Abfall,  Verlierung  und  Verderbung  unserer  Königreiche 
und  Lande  folgen,  wie  es  denn  schon  vor  Augen  ist,   dass  die 
Wiedertäuferischen  aus  dem  Reich,  der  Enden  sie  ausgeschaffen 
werden,   haufenweise   in   unsere   niederösterreichischen   Länder 
ziehen  und  allenthalben  das  Volk  vergiften  und  verfllhren/  Es 
wird  demnach  angeordnet,  dass  alle  bisher  erflossenen  Mandate 
und    Edicte    auf    das   Sorgsamste    eingehalten    werden.     Auch 
möget  Dir,   wird   dem  Regimente  befohlen,   vom  Neuen   unter 
unserem   Titel   und   Secret   allenthalben    in   Eurer  Verwaltung 
Mandate  ausgeben,  sie  auf  den  Kanzeln  durch  die  Pfarrer  und 
Prädicanten  vorlesen  und  anschlagen  lassen,  damit  der  gemeine 
Mann  auf  das  Ziel  dieser  falschen  Lehren  aufmerksam  gemacht 
wird.     ,Wer    sich    gegen    diese   unsere   väterliche  Verwahrung 
noch  fernerhin   in    diese  Secte   begibt,   gegen   den   werde   man 
mit  allem  Ernst  und  ohne  alle  fernere  Begnadigung  verfahren*, 
desgleichen  gegen  Alle,  welche  den  Vorstehern  und  Anhängern 
dieser  Secte  ,Unterschlaif*  geben.    Auch  in  den  Städten    sollen 
Bürgermeister  und  Rath  bei  sonstigem  Verlust  ihrer  Freiheiten 
darauf  sehen,  dass  keine  fremde  Person  behaust  und  beherbei^ 
werde,  man  habe  sich  dann  zuvor  überzeugt,  dass  sie  mit  die- 
sen  Secten    unbefleckt    seien.     König   Ferdinand    drückt   zum 
Schluss   die   Hoffnung   aus,    es   werde   ihm   nunmehr  gelingen, 
diese   Secte    mit   der  Wurzel   auszureuten:    ,Wir   woUen   Euch 
auch   gnädiger  Mahnung    nit  verhalten,    dass   wir    in    emsiger 
Handlung   stehen,   solch'    verführerische    Sect'   in   Kürze    abzu- 
stellen,   und    seien    der  Hoffnung,    mit  Rath    und  Zuthnn 
unserer  Krön   Behaim    dasselb  zu   erlangen:   das  wirdet 


543 

nit  ain  klain  tiirderung  sein^  das  dise  sect  in  andeiii  unsem 
Erblanden  mer  und  bass  ausgereut  werden  mög/^  In  einer 
Nachschrift  liest  man:  Unsere  Meinung  ist  auch,  dass  Ihr  in 
der  fürstlichen  Grafschaft  Tirol  in  allen  Städten  und  Gerichten, 
wo  SchifFloute  wohnen,  so  den  Wasserstrom  der  Donau  fahren, 
gebietet,  dass  kein  Schiffmann  ,eine  Wiedertäuferperson  zur 
Fahrt  annehme  und  einen  jeden,  den  er  aufnimmt,  zuvor  fragt, 
ob  er  nicht  mit  der  Wiedertaufe  befleckt  sei^  Auch  soll  dar- 
auf gesehen  werden,  dass  die  falschen  und  verflihrerischen 
Bücher  weder  feilgeboten  noch  gekauft  oder  verkauft  werden. 
Das  Regiment  Hess  dem  landesflirstlichen  Befehle  entsprechend 
am  9.  Mai  ein  scharfes  Mandat  ausgehen,*  in  Brixen  folgte  man 
am  26.  Mai  nach;  dem  flirstbischöflichen  Hauptmann  und  den 
Käthen  daselbst  hatte  die  Regierung  der  oberösterreichischen 
Lande  auftnerksam  gemacht,  dass  man  nun  umsomehr  auf 
solche  aufrührerische  Personen,  wie  es  die  Wiedertäufer  seien, 
achten  müsse,  als  die  Noth  und  die  Theuerung,  sowie  auch  die 
gegenwärtigen  Kriegsläufte  in  Schwaben  den  gemeinen  Mann 
allenthalben  schwierig  und  zum  Aufruhr  geneigt  machen  dürften.^ 

Dem  Bestreben,  jede  Ansammlung  der  gefürchteten  Wie- 
dertäufer zu  verhindern,  entsprang  der  am  21.  Mai  dem  Pfleger 
von  Steinach  ertheilte  Befehl,  seinen  Richter  mit  Zugebung 
etUcher  Knechte  anzuweisen,  sich  ,zu  Zeiten  beim  Mondschein, 
so  die  Wiedertäufer  am  meisten  umzuwandeln  pflegen,  auf  den 
ftiglichsten  Pässen  in  den  Hinterhalt  zu  legen  und  allen  Fleiss 
vorzukehren,  um  die  zur  Empörung  geneigten  Leute  dieser 
Secte  in  seiner  Verwaltung,  durch  welche  sie  ziehen  müssten, 
niederzuwerfen'.*  Die  ,auf  solche  Aufsehung'  erwachsenen 
Kosten  werden  von  der  Kammer  zui*ückerstattet  werden. 

Man  kann  sich  die  Freude  vorstellen,  die  in  Brixen  laut 
wurde,  als  man  die  Kunde  vernahm,  dass  Jakob  Huter  in  Linz 


*  Von  kg\.  Majestät  IV,  312—316.  Originul  in  der  v.  Beck'schen  Samm- 
\nng.    Siehe  Beilage  Nr.  12. 

'  Causa  Domini  IV,  182.  Auch  gedruckt.  Im  Auszug  des  Pestarchivs: 
,Am  9.  Maij  1584  ist  aber  ain  vermanung  mandat  auf  die  g^eistHchen  und 
weltlichen  obrigkeiten  ausgangen,  dass  die  Widertauffer,  vermüg  voriger 
mandata,  und  die  so  sie  beherbrigen  und  hausen,  gleichmessig  gestrafft 
werden  sollten.* 

*  Innsbruck,  12.  Mai.    Orig.  Brixen,  Lade  112,  Nr.  5,  Lit.  B. 

*  Embieienbuch  1534,  fol.  159. 


544 

^efUnglich^  eingezogen  wurde.  Die  frohe  Nachricht  wurde  so- 
fort (25.  Mai)  nach  Innsbruck  gemeldet.*  Von  dort  erging 
sogleich  eine  Anfrage  nach  Linz,^  und  hier  erfuhr  man,  dass  die 
Sache  auf  einem  leeren  Gerüchte  beruhe. 

Viel  früher  hätte  dies  Geschick  den  Bruder  Offerus  treffen 
können,  der  in  jenen  Tagen  mit  einem  Häuflein,  das  er  aus 
dem  Innthale  wegführte,  in  Auspitz  eintraf.  ,Der  Bruder  Ono- 
ferus,'  schreibt  Huter  an  die  Gefangenen  von  I^genburg,  ,i8t 
auch  kommen  mit  vil  andern  Geschwistrigeten.  Der  Herr  hat 
sie  wunderbarlich  her  durchgeflihret/  Wir  haben  uns  ihrer 
,Zuekunfft^  herzlich  gefreut  und  Gott  darum  gepriesen.  ,E8 
sein  nit  vil  geschwistriget  mer  oben  im  landt.'*  Auch 
diese  wenigen,  die  meistens  im  Etschlande  lebten,  rüsteten  unter 
Führung  des  unermüdlichen  Hans  Tuchmacher  zur  Abfahrt 
nach  Mähren.  Hier  vollzog  sich  mittlerweile  jener  bedeu- 
tende Umschwxmg,  den  Huter  schon  in  dem  genannten  Briefe 
andeutet:  ,Wir  warten  noch  allzeit  grösserer  Trübsal  und  Ver- 
folgung, als  wir  jetzund  leiden.  Der  Herr  lass  uns  ihm  be- 
fohlen sein/ 


9.  Die  Verfolgung  in  MShren. 

Der  von  langer  Hand  vorbereitete,  durch  Huter  oft  an- 
gekündigte Schlag  gegen  die  Wiedertäufer  verzog  sich  bis  in 
das  Frülijahr  1535.  In  der  Woche  des  ersten  Sonntags  in  der 
Fastenzeit  trat  nämlich  in  Znaim  ein  allgemeiner  Landtag  zu- 
sammen,   bei   welchem  König  Ferdinand   persönlich   anwesend 


1  Causa  Domini  IV,  182/2. 

«  Ibid.  IV,  184/185. 

°  Im  Laufe  des  August  wurde  im  Hause  des  Webers  Gozmann  eiu  Winkel- 
prediger, namens  Wölfl  Gayshirt,  sammt  anderen  elf  Personen,  Männer  und 
Frauen,  zur  Nachtzeit  ausgekundschaftet  und  verhaftet,  bald  aber  wieder  frei- 
gelassen, worüber  dem  Amtsrichter  von  Meran  am  26.  August  (Causa  Do- 
mini  IV,  201 — 202)  das  Missfallen  der  Regierung  ausgedrückt  wurde.  Es 
wurde  ihm  der  Befehl  ertheilt,  den  Weber  Gozmann  und  Paul  Glaser  in 
Haft  zu  nehmen  und  zu  verhören,  ob  sie  nicht  etwa  mit  der  Wiedertaufe 
befleckt  seien.  Da  WOlfl  gemeldet,  er  sei  über  Nacht  bei  Barkhart  Gramer 
gewesen  und  habe  da  in  einem  Testament  gelesen,  so  sei  auch  dieser 
zu  vernehmen,  ob  er  auch  ,iu  der  sect  der  Widertauffer  verwonndt  sei*. 
,Wir  seien  bericht  worden,  dass  WOlfl  ein  Ursacher,  dass  Jakob  Hutter 


545 

war.  Hier  wurde  über  ,Ab8ager',  Mass  und  Gewicht,  Juden 
und  Steuern  und  schliesslich  auch  über  Wiedertäufer  verhan- 
delt. In  Bezug  auf  diese  liess  König  Ferdinand  den  Ständen 
durch  den  obersten  Hofmeister  vortragen:  ,Es  sei  eine  bekannte 
Sache  (wiezy  wiedomä),  dass  sich  in  den  Niederlanden  die 
Wiedertäufer  anfUngUch  bescheiden  und  unterthänig  (pokor- 
nie)  verhalten,  allein  in  der  Folge  sich  angeschickt  haben, 
das  Oberste  zu  unterst  zu  kehren.  Nachdem  weder  die  Luthe- 
raner noch  die  ZwingUaner,  noch  endlich  andere  Secten  diese 
Irrgänger  unter  sich  dulden  wollen,  gehe  das  Begehren  und 
der  Wille  Sr.  Majestät  dahin,  sie  auch  in  Mähren  nicht  länger 
mehr  zu  dulden  (aby  jich  takö  zde  v  tomto  markgrabstwi  ne- 
trp6H).^ 

Was  Ferdinand  I.  so  lange  angestrebt  hatte,  erreichte  er 
auf  diesem  Landtage.  Hocherfreut  meldete  er  von  Wien  aus 
der  oberösterreichischen  Regierung:  ,Eine  ehrsame  Landschaft 
in  Mähren  habe  ihm  auf  dem  jüngst  abgehaltenen  Landtage 
zugesagt,  dass  sie  die  Wiedertäufer  hinflir  nicht  mehr  gedulden, 
sondern  austreiben  lassen  wollten.'^ 

Zu  Georgi  sollten  sie  ihre  bisherigen  Niederlassungen 
räumen  ,und  ihr  Brot  anderwärts  verzehren'.  Die  Aebtissin 
vom  Königskloster  in  Brunn  war  der  erste  Grundherr,  welcher 


ain  Voretelier  der  Wiedertauf  worden  seye.*  Wölfl  habe  seine  ,Urgicht* 
zu  gebeUf  dann  sei  er  den  Mandaten  entsprechend  zu  behandeln;  er  sei 
zweimal,  ,zum  ersten  mit  dem  -Finger  (sie)  und  nachfolgend  mit  dem 
Wasser  wiedergetauft  worden*.  Am  13.  September  wird  aber  schon  ge- 
meldet: Man  wolle  zwar  wider  diese  Gnade  für  Recht  üben,  doch  müssten 
sie  die  Atzungskosten  zahlen,  Urfehde  schweren,  an  einem  Sonn-  oder 
Feiertag  dem  Pfarrer  von  Meran  beichten  und  das  Sacrament  empfangen 
(Causa  Domini,  1.  c). 

Brixen,  Orig.,  Lade  112,  Nr.  5,  Lit.  B.  Causa  Domini  IV,  225.  April  4, 
1535,  Gleichzeitige  Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung.  Siehe  Beilage 
Kr.  12  und  15.  MeriiwUrdiger  Weise  wollten  die  mährischen  Stände 
später  und  insbesondere  im  Jahre  1540  von  einem  förmlichen  Landtags- 
beschlusse  zu  einer  allgemeinen  Ausweisung  der  Wiedertäufer  aus  Mähren 
nichts  hören  und  Hessen  dem  LandesfUrsten  erklären,  es  sei  ihres  Wissens 
in  Znaim  auf  dem  Landtage  lediglich  von  jenen  Ständen  die  Zusage, 
die  Wiedertäufer  abzuschaffen,  gemacht  worden,  welche  solche  Leute  auf 
ihren  Gütern  hatten  (Mähr.  Pamatkenbuch).  Dies  ist  der  Grund,  wes- 
wegen die  Wiedertäufer  sich  auch  fernerhin  in  Mähren  behaupten  konnten 
and  behaupteten. 


548 

und  unser  Wandel  ist,  dass  wir  in  Gottes  Wahrheit  und  Ge- 
rechtigkeit friedHch  und  einig  leben  als  wahre  Naejifolger 
Christi.  Wir  scheuen  uns  nicht,  von  unserem  Wandel  Jeder- 
mann Rechenschaft  zu  geben.  Dass  man  aber  sagt,  wir 
hätten  uns  zu  Feld  gelegt  mit  so  viel  Tausenden,  als 
wollten  wir  Krieg  und  dergleichen:  wer  solches  redet, 
der  redet  als  Lügner  und  Bube.  Wäre  alle  Welt  wie  wir, 
so  würde  alles  Kriegen  und  alles  Unrecht  ein  Ende  haben. 

,Wir  können  nirgends  hinziehen.  Gott  im  Himmel  zeige 
uns  an,  wohin  wir  sollen.  Wir  können  ims  das  Erdreich  nicht 
verbieten  lassen,  denn  die  Erde  ist  des  himmlischen  Vaters. 
Der  thue  mit  uns,  was  er  will.^ 

Der  Appell  an  die  mährischen  Herren,  mit  dem  die  Epistel 
schliesst,  blieb  durchaus  erfolglos.  Die  Eingabe  wurde  wegen 
der  in  ihr  vorkommenden  masslosen  Ausdrücke  wider  den 
Landesflirsten  als  eine  Majestätsbeleidigung  angesehen  und 
hatte  nur  eine  Verschlimmerung  der  Lage  Huter's  zur  Folge. 
Man  suchte  nach  ihm  im  Lager  auf  der  Haide,  in  den  Büschen 
an  der  Thaya,  auf  den  Dörfern  in  der  Umgebung,  am  Maiden- 
berge und  in  den  Haushaben  zu  Schäckwitz,  wo  die  Kranken 
zurückblieben,  überall  vergebens.  Da  sie  ihn  nicht  fanden, 
nahmen  sie  den  Wilhelm  Griessbacher  von  Kitzbüchl,  einen 
Diener  der  Nothdurft,  mit  sich  und  führten  ihn  nach  Brlinn, 
wo  er  schliesslich  verbrannt  wurde.  Dies  Schicksal  würde 
auch  dem  Huter  zu  Theil  geworden  sein,  wenn  die  Gemeinde 
nicht  bei  Zeiten  auf  seine  Entfernung  gedrungen  hätte.  An- 
gewiesen, sich  nach  Tirol  zu  begeben  und  daselbst  ,dem  rechten 
Erzhirten  Jesu  Christo  die  Seinigen  zum  ewigen  Leben  zu 
sammeln^,  übertrug  er  sein  Amt  in  Mähren  dem  Hans  Amon 
(Tuchmacher)  und  nahm  Abschied  von  den  Geschwistern,  die 
ihn  mit  Schmerz  und  Trauer  ziehen  Hessen. 

,Nachdem  sich  aber  die  Uebrigen,^  sagen  die  Chroniken 
(S.  118),  ,ohne  Ursache  nicht  leicht  von  einander  scheiden 
wollten,  zogen  sie  von  einem  Ort  in  den  andern  und  wussten 
nicht,  wo  hinaus.  Als  man  ihnen  endlich  allen  Proviant,  auch 
das  Wasser  verbot,  musst'  es  doch  zuletzt  sein,  und  wurden  je 
acht  oder  zehn  Personen  zusammen  geordnet  imd  einem  Bruder 
empfohlen.  So  zogen  sie,  die  einen  dahin,  die  anderen  dorthin, 
ohne  zu  wissen,  wo  sie  in  Frieden  ihr  Haupt  hinzulegen  ver- 
möchten.^   Aus  diesen  Tagen  stammt  das  Lied: 


549 

,Dein  armes  Häuflein  hat  kein  Statt, 

Das  man  jetznnd  verjaget  hat. 
Kein'  Trost  hat  es  auf  Erden, 

Der  ihm  möcht'  hülflich  werden, 
Man  will  sie  nur  ermorden.*  ^ 

Ein  Häuflein  war  glücklich  genug,  zu  Steinabrunn  in 
Niederösterreich  Unterkunft  zu  finden,  und  zog  weitere  Gruppen 
an  sich;  andere  wurden  von  Gutsbesitzern,  die  sich  durch  den 
Znaimer  Landtagsbeschluss  nicht  gebunden  hielten,  auf  ihren 
Meierhöfen  aufgenommen.  Selbst  Johann  von  Lipa  nahm  keinen 
Anstand,  den  Brüdern  für  ihre  Kranken,  Arbeitsunfähigen  und 
Hochbetagten  den  Hof  zu  Schackwitz  zu  belassen  und  im  Ver- 
ein mit  gleichgesinnten  Standesgenossen  den  Taufgesinnten  an 
massgebender  Stelle  das  Wort  zu  reden.  Die  ,Communität', 
das  Ideal  Huter's,  war  zwar  gesprengt,  allein  die  Bruderschaft 
blieb  aufrecht  und  erhielt  sich  in  zahlreichen  Rotten,  die  unter 
gemeinsamen  Hirten  zerstreut  im  Lande  lebten.  Einige,  welche 
die  Noth  und  das  Elend  der  Brüder  nicht  zu  tragen  vermochten, 
oder  die  in  Mähren  kein  Unterkommen  fanden,  wandten  sich 
der  alten  Heimat  zu.  Ein  Versuch,  von  dem  Herzog  Ulrich 
von  Würtemberg  die  Bewilligung  zu  erhalten,  sich  in  dessen 
Lande  niederzulassen,  blieb  ohne  Erfolg,  wiewohl  sie  sich  an- 
geboten hatten,  ihm  mit  Leib  und  Gut  unterthänig  und  bei- 
ständig zu  sein.* 


10.    Die   allgemeine   Verfolgung   der  WiedertSiifer   In 
Oestorreieh   und  den  benachbarten  Ländern   im  Jahre 

1535.  Die  Gefangennahme  Huter^s. 

Um  Jakobi  des  Jahres  1535  hatte  Huter,  dem  Drängen 
seiner  Gemeinde  nachgebend,  Mähren  verlassen,  nicht  ohne  ihr 
das  Versprechen  zu  geben,  bald  von  sich  hören  zu  lassen.  ,Ich 
bin  von  Euch  gezogen  nach  Eurem  Willen  und  Begehren,  nach 


^  Denselben  Gegenstand  behandelt  Caspar  Braitmichel  in  seinem  Klage- 
liede  ,Die  Nachtraben*  nach  dem  Rhythmus  von  ,Dies  irae,  dies  illa*  im 
Cod.  G.  H.  X,  27  zu  Gran. 

*  Innsbmcker  Statthaltereiarehiv.  An  kgl.  Majestät  V,  487.  Das  Regiment 
an  den  König,  1535  Juli  28. 


550 

Eurem  Rath   und  Beschluss/     ,Die  Ursach',   aus   der   das  ge- 
schehen,   wisst   ihr  gar   wohl/     ,Ich   weiss   auch,^    schreibt  er 
weiter,  ,dass  Ihr  mit  grossem  Verlangen  auf  eine  Botschaft  von 
uns  gewartet  habt,   und  es  hat  sich  lange  genug  verzogen:  ja 
ich  weiss   es  wohl,   ich   hab'  Euch   solches   zugesagt,   dass   ich 
Euch  auf  das  AUereiligste  Botschaft  schicken  wolle.    Ich  habe 
hierauf  keine  Stunde   vergessen.    Aber   der  Bruder  Jeronyme 
kennt  die  Wege  dahier  nicht,  zum  Bruder  Kränzler  haben  wir 
auch   lange   nicht    kommen    können,    denn   er  ist   zu  Sterzing 
krank  gelegen;  dazu  weiss  er  auch  nicht  alle  Wege  im  Puster- 
thal.   Wir  haben  uns   beeilt  und   einander  besucht,   um  Euch 
rasch  Meldung   zu  thun.^     ,Der  Herr  hat   unseren  Weg  ganz 
glücklich   gemacht   und  uns  bis  her  in   das  Pusterthal   und    in 
das  Etschland  abgefertigt;   da  sein  wir  kumen   zu   unsem  Ge- 
schwistrigeten;    da   haben  wir   uns   mit   Fried'   und    göttlicher 
Liebe    gegrüsst  und   erzählt,   wie   es  allenthalben   steht.     Nun 
aber  sind  wir  fleissig   hin  und  wieder  gegangen   zu  Berg   und 
Thal  und  haben  die  nach  Wahrheit  Hungernden  und  Dürsten- 
den heimgesucht.^     ,Etliche   haben   die  Wahrheit  angenommen 
und  sich  Gott  ergeben.'    ,Der  allmächtige  Gott  und  Vater   hat 
hier   schon  wieder   eine  Gemeinde  aufgerichtet,   und   der  Herr 
mehrt  sein  Volk  täglich.    Und  wir  haben   fast  viel  zu  arbeiten 
in  dem  Herrn  Tag  und  Nacht,  und  war'  wol  von  Nöten,   dass 
unser   mehr  Diener  wären  und   taugliche  Brüder.'     ,Der    Be- 
schluss,  (dass  ich)  hab'  müssen  heraufziehen,  ist  nit  vergeblich, 
ist  auch  nit  aus  dem  Fleisch  kumen,  sondern  aus  Gott.'  ^   ,Da8s 
aber  unser  mehr  wären  von  unten  heroben,  hab*  ich  nit  darum 
geredt  und  geschrieben,   dass   darum   ein   selber  nach   seinem 
eigenen  Willen    soll    daher   laufen.     Denn   welcher  also   kam, 
den  nähmen  wir  nit  auf.' 

,Die  gottlosen  Tyrannen  aber  und  die  Feinde  der  Wahr- 
heit, die  Gewalt  haben  zu  tödten,  die  wissen  uns  noch  nit 
hie,  als  wir  vermeinen.  Gott  vom  Himmel  geV,  dass 
sie  verblendt  werden  und  solches  lang  nit  innen 
werden.' 

Wie  hätte  dieser  Wunsch  Huter's  in  ErftOlimg  gehen 
sollen?    Seit  Anfang  April  war  ein  Schreiben  nach  dem  ande- 


^  Ein  andere  Epistel  von  dem  lieben  Brueder  Jakob  Hueter,  1536   jar. 
Cop.  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung.    S.  Fischer,  Antwort  J.  III/8. 


561 

ren  an  die  Behörden  des  Landes  ergangen, .  in  denen  in  immer 
dringenderer  Weise  auf  die  Gefahren  der  Ueberfluthung  des 
Landes  durch  diese  mährischen  Brüder  aufmerksam  gemacht 
wurde,  und  noch  vor  den  Tagen,  da  Huter  seine  Schritte  ins 
,Oberiand^  lenkte,  erscholl  von  da  der  Ruf:  Wiedertäufer  aus 
Mähren  streifen  durchs  Land !  ^ 

Besorgt,  dass  die  aus  Mähren  Ausgewiesenen  in  anderen 
Erbländem  ,Durchzug  und  Unterschleif  erhalten  könnten,  be- 
fahl König  Ferdinand  schon  anfangs  April  dem  Regimente  in 
Innsbruck,  auf  die  ein-  oder  durchziehenden  Täufer  gute  Kund- 
schaft zu  haben,  gegen  die  eingebrachten  Vorsteher  und  Rädels- 
führer mit  den  gesetzHchen  Strafen  vorzugehen,  jene  Personen 
dagegen,  die  aus  Einfalt  der  Seele  in  diese  Secte  gerathen 
sind,  des  Landes  zu  verweisen.*  Im  Sinne  dieser  Weisungen 
erliess  Adam  von  Holenegkh,  Landesverweser  in-  Steier,  am 
2.  Mai  von  Graz  aus  den  Befehl,  ,in  allen  Städten  und  Märkten, 
im  Viertel  Voran,  im  Mürzthal,  im  Ennsthal,  gegen  das  Land 
Oesterreich  unter  und  ob  der  Enns,  das  sich  gegen  dem  Mär- 
herischen zeucht,  darob  zu  sein^  Wo  man  die  Wiedertäufer 
betrete,  seien  sie  sofort  in  Haft  zu  nehmen  und  hierüber  un- 
verzüglich an  den  Landeshauptmann  zu  berichten.* 

Im  gleichen  Sinne  erliess  auf  die  Aufforderung  des  Kö- 
nigs Ferdinand  der  Administrator  des  Passauer  Bisthums  am 
22.  April  das  Verbot,  irgend  einem  der  aus  Mähren  abziehen- 
den Wiedertäuferpersonen  öffentlich  oder  heimlich  Herberge 
oder  Unterkommen  zu  geben,  sie  zu  Lande  oder  zu  Wasser 
weiter  zu  befördern,  oder  mit  ihnen  Handel  und  Gemeinschaft 
zu  pflegen.  Auch  bei  dem  Bischof  von  Breslau  und  den 
Fürsten  Schlesiens  blieb  die  Werbung  (Wien,  6.  Juni  1535), 
den  aus  Mähren  infolge  des  Znaimer  Landtagsbeschlusses  ab- 
ziehenden Wiedertäufern  den  Eintritt  zu  versagen  und  sie  über- 
haupt nicht  im  Lande  zu  dulden,  nicht  ohne  Erfolg;  denn  sie 
erboten   sich,    allen   Fleiss   anzuwenden,    dass   diese   Irrgänger 

*  An  kgl.  Majestät  V,  473.    Statthaltereiarchiv  Innsbrack.    Da«  Regiment 

an  den  Cardinal  von  Trient,  29.  Juni  1525, 
«  Von  kgl.  Majestät  V,  42—43.    Vom  4.  April.    Desgleichen  vom  16.  April 

an  Statthalter  und  Räthe  zu  Brixen.    Orig.  im  Archiv  zu  Brixen,   Lade 

112,  Nr.  5,  Lit.  B;  Causa  Domini  IV,  225,  vom  10  April.,  ibid.  IV,  230, 

232. 
'  Steirisohes  Landesarchiv. 


552 

aus  Schlesien  und  .sonderlich  aus  dem  Glogau'schcn,  Schweid- 
nitz' sehen  und  Jauer' sehen  verjagt,  und  wenn  die  Ausweisungs- 
befehle nicht  befolgt  würden,  ausgerottet  werden.* 

Als  sich  einzelne  Rotten  der  Wiedertäufer,  die  in  Mähren 
keinen  Platz  fanden,  zunächst  nach  dem  Norden  wandten,  fanden 
sie  die  Grenze  besetzt  So  hütete  auch  Passau  und  Baiem  die 
Grenzmarken  auf  das  Sorglichste.  Die  Herzoge  Wilhelm  und 
Ludwig  von  Baiem  verordneten  (am  14.  August),  ,auf  die  wieder- 
täuferischen Personen,  so  sich,  eine  Zeit  lang  in  Mähren  aufge- 
halten haben  und  jetzt  daraus  vertrieben,  ihren  Weg  nach  Oester- 
reich  und  Baiem  suchen,  gute  Kundschaft  zu  haben,  sie  in  Haft 
zu  bringen  und  mit  ihnen  nach  Mass  der  Rechte  zu  handelnd 
Dem  Administrator  von  Passau  wurde  eröffnet,  man  gedenke  mit 
solchen  Täufern  so  zu  handeln  wie  er  mit  seinen  Gefangenen.* 

Allen  diesen  Massregeln  zum  Trotz  wussten  viele  der  aus 
Süddeutschland  und  Tirol  stammenden  Brüder  den  Weg  in  die 
alte  Heimat  zu  finden.  Am  19.  Juni  theilt  König  Ferdinand 
dem  Regimente  zu  Innsbruck  mit,  dass  die  aus  Mähren  ziehen- 
den Wiedertäufer  des  Willens  sein  sollen,  ,sich  allenthalben  in 
unseren  Erblanden  auszutheilen  und  unterzuschlaiffen^'  Neun 
Tage  später  meldet  dieses  dem  Cardinal  Bernhard  von  Trieut, 
dass  es  den  erflossenen  Befehlen  entsprechend  ohne  Verzug  an 
alle  Obrigkeiten  im  Lande  entsprechende  Weisungen  habe  gehen 
lassen.^  Am  21.  Juli  wird  von  einem  aus  Mähren  zurück- 
gewanderten Wiedertäufer  berichtet,  der  bussfertig  sei  und  um 
Gnade  bitte.^  Dass  Huter  schon  im  Lande  sei,  davon  hatte 
man  noch  keine  Kunde.  Ende  Juli  taucht  er  im  Schönecker 
Gerichte  auf.^  Seine  ,Gemeinde'  hielt  er  am  Götzenberge, 
dann  in  Hirschwang  in  einem  Keller.  Am  24.  August  fand 
eine  grosse  Versammlung  ob  Erenburg  im  Walde  statt;  bei 
dieser  Gelegenheit  wurden  19  Personen  getauft.  Die  erste 
Nachricht  von  Huter's  Anwesenheit  erhielt  die  Regierang  zu 
Anfang  October  von  Brixen.    Am   10.  October  meldeten  Statt- 


»  BnchholE  IV,  477—478. 

*  München,  Staatsarchiv. 

»  Von  kgl.  Majestät  V,  92. 

*  Orig.  im  Haus-,  Hof-  und  Staatsarchiv.   Correspondenz  mit  dem  Cardinal 
Bernhard  von  Trient. 

»  An  kgl.  Majestät  V,  484. 

*  Siehe  die  Beilage  Nr.  8. 


553 

halter  und  bischöfliche  Iläthe  daselbst,  ,dass  Jakob  Uuter  uud 
andere  fUnf  oder  sechs  Wiedertäufervorsteher  aus  Mähren  sich 
wiederum  in  dies  Land  in  das  Pusterthal,  dann  nach  Sterzing 
and  Bozen  zugekehrt,  auch  schon  zwei  Versammlungen  gehalten 
und  etliche  Personen  zu  ihrer  ketzerischen  Secte  bewegt  haben, 
auch  Willens  seien,  am  künftigen  Allerheiligentag  abermals  eine 
Gemeinde  im  Gerichte  Taufers  .oder  in  Götzenberg  zu  halten, 
auch  dass  sie  ihren  „Unterschleif"  auf  St.  Lienhart  oder  St.  An- 
dreasberg, auch  auf  Lüsen,  Rodenegg,  in  Taufers,  im  Ge- 
richte Rasen,  auf  dem  Götzenberge  und  in  Herschwang  haben, 
dass  Huter's  Frau  gross  schwanger  und  ihre  Geburt  nahe  sei, 
und  hat  sich  in  diesem  Gericht  Schöneck  in  Kindbett  zu  liegen 
einlassend  ^ 

Die  Regierung  liess  sofort  Befehle  an  die  Verwalter  zu 
und  um  Bozen,  Sterzing,  Rodenegg  und  Taufers  ausgehen: 
,Da  zu  gewärtigen  ist,  dass  Huter  und  Genossen  sich  noch  an 
den  Grenzen  aufhalten  imd  sich,  wenn  man  ihnen  nachstellt, 
ins  nächste  Gericht  flüchten,  so  sei  die  Verfolgung  auch  auf 
fremdem  Gebiete  zu  dulden  und  gegenseitig  zu  gestatten/  ^  Am 
26.  October  meldet  die  Regierung  von  Brixen  an  die  Landes- 
regierung, es  sei  an  alle  Hauptleute,  Pfleger  und  Richter  Befehl 
ei^angen,  ,wie  und  wasgestalt  sie  sich  weiter  puncto  der  Wieder- 
täufervorsteher verhalten  sollen,  haben  auch  dem  Pfleger  zu  Guf- 
fidaun  angezeigt,  wie  dass  sich  die  Wiedertäufer  zu  und  um  Guf- 
fidaun  seiner  Verwaltung  aufhalten,  und  dass  er  gleichermassen 
wie  andere  seine  Getreuen  fleissig  Aufsehen  haben  wolle'.' 

Am  5.  November  schärfte  die  Landesregierung  dem  Pfle- 
ger auf  Guffidaun  noch  insbesondere  ein,  auf  die  Vorsteher  und 
den  Jakob  Huter,  so  aus  Mähren  vertrieben  worden  und  sich 
wieder  in  dies  Land  in  das  Pusterthal  und  andere  Orte  ge- 
than,  auch  ,Unterschleif ,  Zuflucht  und  Zured  um  Guffidaun 
haben  sollen,  zu  achten.* 

Getreue  Stimmungsbilder  enthalten  die  letzten  drei  Briefe 
Huter's,   die  er  an   die   auserwählte  Gemeinde   in  Mähren  ge- 


*  Brixener  Archiv.   Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  G.    Prot.  XIV,  fol.  304.   Wird  an 
Se.  kgl.  Majestät  gemeldet. 

«  Causa  Domini  IV,  280,  281. 

»  Brixen.  Prot.  XIV,  fol.  326,  ibid.,  fol.  324. 

*  Lib.  Causa.    Domini  IV,  285. 

Archiv.  LXXVIII   Bd.  II.  Hälfte.  36 


554 

schrieben^  und  in  denen  er  sie  mahnt,  auszuharren  bis  an  das 
Ende,  gleich  jenen,  die  jüngstens  —  er  meint  wohl  den  zn 
Brunn  gerichteten  Wilhelm  Griessbacher  —  treu  geblieben  und 
die  Wahrheit  ritterlich  bekannt  haben.  Hier,  so  schreibt  er, 
haben  wir  auch  Traurigkeit  und  Schmerzen  empfangen,  da- 
durch, dass  die  grosse  Unbilligkeit  und  Ungerechtigkeit  über- 
hand nimmt.  Trotzdem  grünen  die  Kinder  des  Herrn  und 
wachsen  in  göttlicher  Gerechtigkeit  und  Wahrheit  wie  rin 
schöner  Garten  nach  einem  Maienregen. 

Aber  schon  tritt  ims  in  diesem  Briefe  der  ganze  Ernst 
der  Lage,  in  der  sich  Huter  mit  seinen  Genossen  befand,  mit 
aller  Deutlichkeit  entgegen:  ,Weiter  thu'  ich  Euch  kund  und 
zu  wissen,  dass  wir  dahier  nicht  mehr  heimlich  oder  verborgen 
sind,  sondern  die  gottlosen  Menschen  wissen  uns  fast  feindlich, 
und  ist  ein  gross'  Geschrei  von  uns,  denn  die  gottlosen  diebi- 
schen Pfaffen,  die  Wächter  und  Boten  des  Teufels,  die  grau- 
samen Höllenhunde,  sie  schreien  auf  den  Kanzeln  von  uns  und 
warnen  das  Volk  und  sagen,  wir  seien  im  Land  und  auf  den 
Bergen,  und  gebieten  zu  ihrem  verfluchten  Gottesdienst,  Götzen 
und  Sacrament  zu  gehen.  Sie  drohen  mit  Henker  imd  Scher- 
gen; das  gottlose  sodomitische  Meer  tobt  und  wüthet:  ich  flircht' 
wohl,  es  wird  keine  Ruhe  finden,  bis  der  fromme  Jonas 
hineingeworfen  wird  und  ihn  der  grausame  Walfisch  ver- 
schluckt' 

Wie  schon  in  dem  obenerwähnten  Briefe,  so  zieht  er  auch 
hier  in  masslosen  Ausdrücken  gegen  den  Landesfürsten  und 
den  Papst  los:  , Dieser  Walfisch  ist  der  grausame  Tyrann  und 
Feind  der  Wahrheit,  Ferdinandus  mit  allem  seinen  Anhang, 
und  der  verfluchte  Papst  mit  seinen  verfluchten  Höllenhunden. 
Aber  Gott  wird  diesem  Meere  gebieten  und  die  Seinigen  wer- 
den von  der  Gewalt  der  gottlosen  Menschen  erlöst  werdep.' 

,Herzliebe  Brüder  und  Schwestern:  Wir  erwarten  nun 
täglich,  stündlich  und  augenbUcklich  die  Schergen  des  Rich- 
ters und  die  Knechte  des  Henkers  imd  alle  Trübsal.  Wir 
haben  uns  auch  dahin  gerichtet  und  setzen  uns  nichts  Anderes 
vor.  Der  Herr  gebe  uns  Kraft  und  Stärke,  in  seiner  Wahr- 
heit zu  bleiben.' 

Er  mahnt  schUesslich  die  Gemeinde,  sich  vor  Verräthem 
in  Acht  zu  nehmen.  Zwei  von  diesen  seien  herab  nach  Ster- 
zing;  in  Innsbruck  haben  sie,  was  sie  wissen,   dem  Regimen te 


555 

verrathen.^  Die  Verräther  haben  im  Sinne^  in  kurzer  Zeit  nach 
Mähren  zu  kommen.  Diese  Gottlosen  wollen  sie  zu  Euch 
schicken.  Darum  trauet  ihnen  nicht  und  sehet  Euch  vor.  In 
diesen  Verräthem  wird  man  zweifellos  die  ^Lockspitzel^  sehen^ 
von  denen  in  den  Acten  der  letzten  zwei  Jahre  öfter  die  Rede  ist 

Der  dritte  Brief,  der  aus  dem  Etschland  und  dem  Puster- 
thale  nach  Mähren  abging  und  durch  den  Bruder  Christi  Schmidt 
dahin  überbracht  wurde,*  klagt  nicht  weniger  über  die  herr- 
schende Noth:  ,Es  ist  auch  hier  grosse  Noth  imd  die  Verfol- 
guDg  angegangen  und  ein  gross'  Geschrei  von  uns,  wiewohl 
uns  Gott  noch  täglich  ein  Auskommen  gemacht  hat.  Wir  war- 
ten an  vielen  Orten  alle  Stunden  und  Augenblicke  der  Scher- 
gen und  Richter,  am  Tag  und  bei  der  Nacht.  Sie  drohen  uns 
auch  und  wissen  die  „Geschwistriget"  fast  wohl  an  etlich  Orten. 
Es  hat  auch  der  gottlose  Richter  Peter  Maier  zu  Vientl  seine 
eigene  Tochter  und  seinen  Eidam  und  ihre  Dirne,  drei  hebe 
„Geschwistriget",  gefangen.  Die  Dim'  ist  aber  von  Schöneck 
aus  dem  Geschloss  auskommen  „mit  reiner  Seele**.  Er  liegt 
noch  auf  Schöneck.  Sie  aber  hat  Paul,  der  Schalk,  ihr 
Fleischbruder,  gen  Greifenburg  in  Kärnten  gefuhrt,  da  ihn  der 
Teufel  zu  einem  Pfleger  gemacht  hat.^  ,La8st  Euch,^  schliesst 
Huter,  ,nicht  verführen  oder  abschrecken  von  der  göttlichen 
Wahrheit.^ 

Der  dritte  Brief  Huter's  aus  diesen  Tagen  und  der  letzte, 
den  er  kurz  vor  seiner  Gefangennahme  durch  den  Bruder  Je- 
ronyme  im  November  1535  nach  Mähren  sandte,*  zeigt  uns 
bereits  die  grosse  Gefahr,  in  der  Huter  schwebte.* 


^  Die  ander  Epistel  von  Jakob  Hneter  an  die  Gemain  in  Mähren.  Ge- 
schrieben ans  der  Grafschaft  Tirol  durch  W{)lflin  Zimmermann.  Anno  1535. 
In  den  Handschriften  Nr.  190,  212  und  219  des  Pressburger  Domcapitels; 
im  Cod.  VIII  g,  39  zu  Pest.  Cop.  in  der  v.  Beck'sohen  Sammlung.  In 
dieser  befand  sich  auch  der  Cod.  Reslig  (?),  der  daselbst  nicht  mehr  vor- 
handen ist. 

'  In  den  Handschriften  Nr.  190,  212  und  219  zu  Pressburg  und  in  einer 
Levarer  Handschrift  des  evang.  Lycenms  zu  Pressburg;  in  dieser  wird 
irrig  Wolfgang  Zimmermann  als  der  Bote  bezeichnet.  Cop.  in  der  v.  Beck- 
seben Sammlung. 

'  In  den  Pressburger  Handschriften  Nr.  190  und  219  und  in  der  Pester 
Handschrift  V,  9.    Cop.  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 

*  Die  bezeichnendste  Stelle  ist  von  Beck  in  den  Geschichtsbflchern,  S.  121, 
Note,  abgedruckt. 

36* 


556 

So    vielen  Nachstellungen    gegenüber   vermochte  er  sich 
nicht  zu  halten.    Als  er,  von  Häschern  umstellt,  am  Sanct  An- 
dreasabend mit  seiner  schwangeren  Gattin  zu  Klausen  in  dem 
Hause  des  gewesenen  Messners  Hans  Steiner  jenseits  der  Eisack- 
brücke  übernachtete,  wurde  er  zur  Nachtzeit  und  in  aller  Stille 
von  dem  fürstbischöflichen  Pfleger  auf  Sehen  und  dem  Stadt- 
richter Rieder  mit  bewehrter  ELand  überfallen,   niedei^eworfen 
und   sammt  seiner   Gattin,    dann   einer  ,fremden   Dim^,  Anna 
Steiner  von   St.  Georgen,    und   der  alten   Messnerin   gefangen 
und  auf  die  nächst  Klausen  gelegene  bischöfliche  Veste  Brand- 
zoU   gebracht.     Die    Gefangennahme   war   das   Resultat   eines 
zwischen  der  Regierung  und  den  bischöflichen  Amtsleuten  ver- 
abredeten ,Anschlags,  in  etHchen  Gerichten  und  Orten,  wie  im 
Pusterthal,   um  Bozen,   Sterzing  und  Klausen,   da  die  Wiede^ 
täufer  ihren  Zukehr  und  Unterschlaiff  hätten,  auf  St.  Andreas- 
tag   zu   Nacht   einzufallend     Durch    Betrug    und  Verrätherei, 
sagen  die  Geschichtsbücher,  ist  Bruder  Jakob  Huter  gefangen 
worden.^     Diese  Thatsache   wurde   unverzüglich    nach  Brixen 
und  von   da  mittelst  Eilboten   nach   Innsbruck  gemeldet,   wo- 
selbst man  die  Nachricht  von   der  Gefangennahme   des  ,Prin- 
cipalvorstehers^   mit   Dank    und    ,Hochgefallen^   entgegennahm 
und  gleichzeitig   anordnete,  dass  Huter,   da   er  kein  gemeiner 
Gefangener,  sondern  ein  Vorsteher  sei,   an  dem  sehr  viel  li^e 
und  von  welchem,  da  er  etUche  Jahre  hier  im  Lande  viel  Un- 
rath  erweckt,  viel  zu  erfahren  wäre,  von  Brandzoll  nach  Inns- 
bruck  geschafiPt  werden   solle.     Es   wurde   zu   diesem  Zwecke 
der  Untermarschalk  Offenhauser  mit  einem  ,Einspannigen^  ab- 
gesandt,  um  ihn  auf  Brandzoll   aus   den  Händen  des  Pflegers 
zu    übernehmen.     Der   Letztere,    sowie    der   Landrichter    von 
Sterzing  waren  insgeheim  angewiesen  worden,  ihm  der  grösse- 
ren Sicherheit  wegen  ,in  aller  Stille  etHche  vertraute,  wohl  be- 
wehrte   verlässliche    Personen,    soviel    er   begehren    mag,    bei- 
zugeben,  die  ihm  helfen  sollten,   den  Gefangenen    sicher   nach 
Innsbruck  zu  bringend*   Das  Verhör  der  Gattin  Huter's  sollte  in 
Klausen  vor  dem  Stadtrichter  stattfinden. 

In  Anbetracht  der  Bedeutung  Huter's  billigte  die  Landes- 
regierung den  Eingrifi*  der  bischöflichen  in  die  fremde  Gerichts- 

>  8. 122. 

«  Causa  Domini  IV,  294. 


557 

barkeit  ^  und  fand  in  der  Angabe^  dass  die  Gefängnisse  in 
GKtffidaun  nicht  wohl  verwahrt  seien  ^  einen  hinreichenden 
Grand,  die  Gefangenen  nach  BrandzoU  statt  nach  Ghiffidaun 
zu  bringen.  Weniger  waren  hievon  die  Pfand-  und  Gerichts- 
herren von  GufEdaun,  Georg  Freiherr  von  Firmian  und  seine 
Mitverwandten,  befriedigt;  allein  die  Regierung  beschwichtigte 
sie  am  7.  December  mit  der  Erklärung:  ,Die  Regierung  habe 
sich  vor  etUch  Tagen  mit  dem  Bischöfe  dahin  verglichen,  dass 
alle  landesflirsthchen  und  bischöflichen  Pfleger  im  Pusterthale 
und  an  anderen  Orten  in  einer  Nacht  in  die  verdächtigen  Häu- 
ser einfallen  und  allen  Fleiss  „fUrkehren  sollen,  den  obgedachten 
Hueter,  dieweil  man  wahre  Kundschaft  gehabt,  dass  sich  der- 
selbe an  berührten  Orten  aufhalten  soll,  gefangen  zu  nehmen".* 
Es  sei  zudem  in  vorhinein  ausgemacht  worden,  wenn  ein 
Gericht  in  das  andere  fallen  sollte,  dies  dem  letzteren  in  seiner 
Gerichtsbarkeit  keinen  Abbruch  thun  solle.  Nun  sei  allerdings 
auch  bestimmt  worden,  dass  die  Gefangenen  dem  Gerichte,  in 
welchem  sie  betreten  werden,  zu  tiberantworten  seien.  Da 
aber  Huter  kein  gemeiner  Gefangener,  sondern  ein  Vorsteher 
sei,  der  viele  Personen  verführt  und  zu  Tod  und  Marter  ge- 
bracht und  Angesichts  des  schlechten  Zustandes  der  Gefkng- 
niase  in  Guffidaun  nur  der  grösseren  Sicherheit  wegen  auf 
Brandzoll  gebracht  worden  ist,  und  dieser  Fall  den  Gerecht- 
samen der  Herrschaft  Guffldaun  nicht  abträglich  sein  soll,  so 
versehe  sich  die  Regierung,  dass  er  solches  nit  anders  wie  seine 
fkirstliche  Gnaden  verstehen  werde.^ 

In  Huter's  Reisetasche  befanden  sich  Briefe  des  Hans 
Amon  (Tuchmacher)  aus  Mähren.  Sie  wurden  sammt  den  ,Ur- 
gichten^  der  gefangenen  Frauen  und  einem  Bericht  des  Michels- 
burger Pflegers  über  die  Ansammlungen  von  Täufern  im 
Walde  von  Onach  und  Herschwang  von  Seiten  des  Bischofs  an 
die  Innsbrucker  Regierung  eingesendet.^  Diese  traf  folgende 
Bestimmungen:^  Der  Pfleger  auf  Guffidaun  sei  zu  beauftragen, 


^  Brixen,  December  4.    Brixen  entschaldigt  sich  bei  JOrgf  von  Firmian. 

Prot.  XV,  fol.  284. 
'  »Firmiaii,  vengklich  annemung  Hutter's  yorsteers  in  Gericht  Qnffidaun.* 

Causa  Domini  IV,  296/1-2. 
'  Verhör  der  Katharina  Hueter   3.  December  1535  zu  Clausen,  s.  unten. 
*  10.  December  1535.    Causa  Domini  IV,  296.  An  den  Bischof  su  Brixen. 

Orig.  in  Brixen,  Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  F. 


568 

Huter's  Hausfrau  aus  Brandzoll  zu  übernehmen  und  bis  auf 
Weiteres  in  Guffidaun  zu  verwahren.^  Da  die  alte  Messnerin 
mit  der  Wiedertaufe  nicht  befleckt  ist,  so  ist  sie.  gegen  Urfehde 
und  Zahlung  der  Kosten  ledig  zu  lassen.  Bezüglich  der  dorch 
den  Pfleger  von  Michelsburg  iind  Caspar  Künigl  von  Emborg 
angezeigten  Wiedertäuferversammlungen  soU  man  mit  dem 
Ueberfall  verziehen,  bis  Jakob  Huter,  der  hier  seinen  ,Unte^ 
schleif  gehabt,  nothdürftig  verhört  sei.  Der  alte  Fischer  in 
Prags,  bei  welchem  Huter  etliche  Jahre  zuvor,  ehe  er  in  die 
Secte  kam,  im  Hutmacherhandwerk  gearbeitet  und  einen  bösen 
Leumund  zurückgelassen  habe,  soll  hierüber  befragt  werden. 
Mit  diesen  Anordnungen  trat  die  Angelegenheit  Huter's  in  die 
letzte  Phase. 


11.  Der  Process  und  die  Hlnrielitaiig  Hnter^s. 

Schon  am  vierten  Tage  nach  ihrer  Gefangennahme  wurde 
Huter's  Gattin  durch  den  Stadtrichter  Lienhard  Mair  am  Creuz 
zu  Klausen  einem  Verhöre  unterworfen.  Die  Fragepunkte,  16 
an  der  Zahl,  waren  ihm  von  der  Regierung  zugestellt  worden. 
Katharina  Huter  war  eine  eheUche  Tochter  des  Lorenz  Purrt. 
Sie  hatte  im  Jahre  1532  bei  Paul  Gall  in  Trens  gedient  und 
war  hier  durch  Gall  und  Paul  Ruemer  und  andere  Leute,  von 
denen,  wie  es  in  ihrer  Aussage  heisst,  nun  schon  einige  ge- 
richtet, andere  nach  Mähren  flüchtig  geworden  seien,  zu  der 
Secte  gekommen.  In  Trens  habe  Jakob  Huter  sie  getauft. 
Dann  sei  sie  mit  nach  Mähren  gezogen,  wo  sie  um  Pfingsten 
1535  von  Hans  Tuchmacher  mit  Huter  getraut  wurde. 

Um  Jakobi  seien  sie  in  Begleitung  des  Schulmeist^« 
Jeronyme,  der  auch  durch  Huter  getauft  wurde,  aus  Mähren 
weggezogen  und  über  die  Tauern  wieder  heraufgekommen, 
nach  Taufers  gegangen,  woselbst  sie  sich  eine  Zeit  lang  in 
den  Wäldern  aufgehalten.  Von  hier  suchten  sie  den  Waldner 
auf  Ellen  heim;  aber  dieser  sei  ,abgestanden^  und  wieder  ein 
,Zeichenmensch^  geworden.  Dann  seien  sie  zu  Ober  nach 
Herschwang  gekommen,  der  sich  ihnen  als  ein  lieber  Bruder 

*  Causa  Domini  IV,  297/2.    Befehl   an  Adam  Prew,  die  Gefangenen  anf 
Guffidaun  gut  zu  verwahren. 


569 

erwiesen.  Auch  dessen  Gattin^  zwei  Knechte  Namens  Marion^ 
Wolf  Junghans  und  seine  Hausfrau  seien  von  Huter  getauft 
warden.  Von  Herschwang  seien  sie  gegen  Lüsen  gekommen 
zu  Prader,  der  sei  aber  nicht  Wiedertäufer,  dagegen  seine 
Frau  und  sein  Sohn.  Hier  fanden  sie  und  Jeronyme  oft 
Wohnung  und  Unterhalt.  Die  genannten  Personen  wurden 
von  Huter  zu  Lüsen  in  einem  Walde  getauft.  Vor  ungefUhr 
14  Tagen  (demnach  um  den  19.  November)  habe  Huter  zu 
Trens  im  Hause  eines  Wagners,  genannt  zum  Schaffer,  der 
aber  nicht  Wiedertäufer  gewesen,  sieben  bis  acht  Personen, 
es  sollen  Knappen  gewesen  sein,  in  einem  Keller  getauft.  Von 
hier  wären  sie  mit  Steiner's  Tochter  Anna  wieder  nach  Hersch- 
wang zu  Ober  gegangen,  hätten  sich  aber,  als  sie  erftihren, 
,wie  man  allenthalben  ein  Aufsehen  auf  sie  habe^,  wieder  auf- 
gemacht, in  die  Wälder  begeben  und  wären  bei  der  Nacht  auf 
der  Strasse  gegen  Klausen  zu  gezogen.  Um  Mitternacht  kamen 
sie  zu  des  Messners  Haus,  Willens,  ,von  Stund'  weg^  zu  gehen, 
wussten  aber  nicht  wohin.  Huter  habe  ihnen  wohl  gesagt,  er 
wolle  zum  Niclauer  gen  Vilnöss  oder  zu  Jöi^  Müllner  ,oder 
wohin  sie  Gott  behülen  werde,  denn  die  Niclauerin  sei  ihre 
hebe  Schwester  und  Jörg  Müllner  sammt  seiner  Hausft*au  seien 
im  Herbste  getauft  worden.  Auch  Niclas  Niederhofer  im  Ge- 
richte Schöneck  und  ein  „Dirndel",  so  zu  Kiens  im  Dienst, 
seien  Wiedertäufer  geworden;  bei  Ersterem  hätten  sie  wieder- 
holt Unterstand  gehabt^ 

Was  Jakob  Huter's  Vermögen  betreffe,  so  ,thue  er  sein 
Geld  aus  an  arme  Witwen  und  Waisen  oder  andere  arme 
Brüder  und  Schwestern,  die  dessen  bedürftig  seiend  ,Ihres 
Wissens  seien  keine  Vorsteher  der  Brüder  derzeit  im  Lande, 
alle  in  Mähren.^  ^  Die  Aussagen  der  übrigen  Gefangenen,  die 
am  3.  December  verhört  wurden,  bieten  nichts  Bemerkens- 
werthes. 

Am  9.  December  wurde  Huter  bei  strenger  Winterkälte 
nach  Innsbruck  geftihrt.  Der  im  Jahre  1561  zu  Innsbruck  bei 
der  Schiessstätte  —  der  Richtstätte  Huter's  —  enthauptete 
Wiedertäufer  Jörg  Rock  (Mayer)  erzählte  (und  diese  Angabe 
findet  sich  auch  in  den  Geschichtsbüchern  der  Wiedertäufer:*) 


*  Verhör  der  Katharina  Huter. 

*  8.  122,  Note. 


,Han  V'M.  «i»  «r  t^t;:<i'==''t:.  ^ea  Haler,  mb  nan  um  g^ 
luffpmrrk  hat  f^Ji.n.  «:a  Kk^U  iis  Mnl  erben  luboL  dunä 
w  dj«  W»rl'-'t  CT  aezÜ!«'B  ksBL-  *  la  d«m  Bcrieltte,  wetchen 
da«  Rfr^duKrnl  *Ea  13.  I>^f>-rQber  sn  den  K3«is  erataute»,*  beiast 
et:  ,Wir  ha\>fm  Qtn  zoent  fne^cber  Fragen  nnd  tob  we- 
f^en  *finfr»  \mah  dorcb  den  Pred^«r  Dr.  GaBen  drränal  nacb- 
eiiiaii>l*;r  onterwets^D  laaera:  aber  dieveO  er  solch  seine  Unter 
w«Mang  gar  vemjcht  nnd  nit  angenommen  and  nichts  anderes 
denn  s(;heheD  nnd  flachen  gethao.  haben  wir  w^ter  anf  etliche 
f;e«tellt«  FrageMflcke  mit  ihm  handeln  lassen;  welches  sein  Be- 
kenntnisH  and  Urgicht  wir  Ew.  M.  hiernach  aach  anschicken. 
I^eweil  ans  aber  von  dem  Bischof  (von  Brixen)  diese  bei- 
liegenden' .Schreiben,  so  der  Hans  Tachmacher  and  andere 
SOS  Mahren  an  gemelten  Jakob  Hneter  gethan,  zugeschickt 
worden  M;in,  wir  aach  in  desselben  Haetters  gaetiger  und 
[>einlieher  Examination  und  Frag  befanden  haben,  dass  er  alle 
chriittenliche  Ordnnng  der  Kirchen,  als  die  peicht,  hailig  Sacra- 
menten  und  anders  Temicht  and  verwirft  and  doch  sonst 
bei  ihnen  auf  erstlich  beschehen  zuesprechen  nach- 
malen nit  befunden  wirdet,  dass  er  und  andere  Vor- 
steher des  gemUetB  und  mainung  seien,  solch  ihr  vor- 
haben mit  Pflanzung  der  wiedertaufe,  wo  es  ihnen 
gcrathen  sollte,  mit  gewalt  hindurch  zu  drucken, 
wellen  wir  darnach  und  ehe  wir  weiter  mit  ihm  verfahren, 
von  £w.  Mt.  Bescheid  erwarten,  dieweil  er  ein  BiscboGT  nnd 
Vorsteher  und  oben  lang  in  Märhem  hin  und  wider  zi^n  und 
bekannt  ist  und  darinnen  gepredigt  hat,  ob  Ew.  M,  ihn  anf 
etliche  Artiggel  derselben  seiner  gethanen  Handlang  in  Mir- 
bem  auch  fragen  lassen  uud  was  sonst  Ew.  M.  geruet,  seinet- 
halben  sein  welle.* 

,It«m,  dieweil  die  andern  Vorsteher,  so  noch  in  Märhem 
sein  sollen,  als  der  Tuchmacher,  Onoflfrus,  Zaunried  und  andere 
mehr  der  weg  und  Steg  im  landt  wohl  bericht  sein  and  zu  be- 
sorgen ist,  so  sie  erfahren,  dass  gemelter  Huetter  gefangen, 
dass  sie  sich  zum  Tail  wieder  heimlichen  in  das  Landt  tiinen 
nnd  ihre  8ect  weiter  darin  bei  dem   gemain  Manu  einpflanzen 


«  C.^.  G-  J.  X.  9  in  Gran. 

•  luushnirker  Sulthultoroiiin'liiv  V,  fol.  536. 


561 

werden:  welle  Ew.  Mt.  gnädigst  bedacht  sein,  in  Märhem  ernst- 
lich Ordnung  und  Befelch  zu  geben,  denselben  Vorstehern  und 
W.-T.  nachzustellen,  damit  sy  nit  also  wider  in  diss  Landt 
komen  und  darin  weiter  bösen  Samen  einwerffen/ 

Der  Fürstbischof  von  Brixen  beeilte  sich,  der  Regierung 
die  Aussagen  des  alten  Fischer  von  Prags,  die  Huter  nicht 
belasteten,  und  einige  Sttlcke  einzusenden,  über  welche  Huter 
gleichfalls  befragt  werden  sollte.^  Eine  dieser  Fragen  lautete: 
Ob  er  nit  verschines  iar  geraisig  und  wie  ein  kaufrnann  gen 
Braunegg  khumen,  zu  herm  Steffan,  derselben  zeit  gesellen- 
briester  daselbs  Predig  gangen,  und  als  er  die  selb'  Bredig 
gehört,  wider  in  die  herberg  khumen  und  geredt:  der  pfaff 
wiss  die  recht  warhait  wol,  aber  im  sey  das  maul  verschopt 
das  er  die  warhait  nit  reden  durfft ...  So  ist  auch  wissentlich, 
das  ime  der  gemain  man  in  disem  Landt  ein  gross  guet  an 
parschaft,  silber^eschir  und  klainatt  angehenkht  und  zugestelt 
und  wol  zu  gedenken,  er  habe  das  nit  alles  under  sein  brueder 
oder  Schwestern  ausgetailt.^ 

Da  ihm  der  Tuchmacher  aus  Mähren  geschrieben,  dass 
er  ihm  die  Brüder  und  Schwestern  an  der  Etsch  und  im  Puster- 
thal grüssen  soll,  so  sei  er  zu  befragen,  wer  diese  seien.  Zu- 
letzt sei  er  zu  befragen,  wie  viele  Personen  er  überhaupt  ge- 
tauft habe.  Die  Regierung  antwortete  dem  Bischöfe  am  24.  De- 
cemberr*  Man  habe  den  Angeklagten  seit  zwölf  Tagen  nicht 
weiter  besprochen  noch  sonst  mit  ihm  gehandelt  und  nur  den 
Prediger  Dr.  Gall  Müller  bei  ihm  ab-  und  zugehen  lassen,  ,ob 
er  von  seinem  Irrsal  der  Wiedertaufe  nit  mit  Grund  der  Schrift 
abgewendet  werden  möchte,  allein,  sowie  die  hl.  Zeit  der  Weih- 
nachten vorübergehe,  wolle  man  weiter  gegen  ihn  handeln  lassen 
und  was  er  bekennen  wird,  gegen  Brixen  anzeigen.^ 

Kurz  nach  Weihnachten  war  auch  die  königliche  Ent- 
schliessung  (de  dato  Wien,  24.  December)  eingetroffen  und  damit 
das  Geschick  Huter's  besiegelt:  ^  Wir  tragen,  heisst  es  daselbst, 


*  Interrogfatoria  und  Fragstuckh  auf  Jacobn  Huetter  den  W.-T.  Vorsteer, 
was  er  im  Landtgericht  zu  BüchelBpurg  begangen  und  vollbracht.  Con- 
cept  ex  1536  im  Brixener  fürstbischoflichen  Archiv.  Lade  112,  Nr.  6, 
Lit  F. 

'  Innsbrucker  Statthaltereiarchiv.    Lib.  Causa  Domini  IV,  298 — 299. 

'  Statthaltereiarchiv  Innsbruck.  Von  der  kgl.  Majestät.  Lib.  V,  1535, 
fol.  814—316. 


562 

Eures  Schreibens  wegen  ein  besonderes  Gefallen  und  sind  der 
Zuversicht,   dass   die  Gefangennahme  Huter's   nicht  wenig  zur 
Ausrottung  der  wiedertäuferischen  Secte  beitragen  werde:  ,dar- 
umb  wir  auch  endlich  entschlossen  sein,  gedachten  Hueter,  ob 
er  gleichwol  von  seinem  irrsal  absteen,   denselben  widerrtiefen 
und  puess  thun  wollte,   in   kainem  weg  zu  begnaden,  son- 
dern gegen  ime  als  dem,    der  in  unsem  filrstentumben  und 
lannden  und  an  mer  orten  vil  personen  verfuert,   sie  in  abfahl 
unscrs  waren  heiligen   christlichen  glaubens  zu  verlierung  irer 
Seelen   säligkhait,   auch  umb  eer,   leib  und  guet  gebracht  hat, 
mit   der  straff,   welche  er  hoch  und  vilfeltig  verschul- 
det hat»  furgeen   zu   lassend     Da  dieser  Huter,  heisst  es 
weiter,  lange  Zeit  her  —  etwa   acht  bis   neun  Jahre  —  nicht 
nur  allein  in  unserer  Markgrafschaft  Mähren,   sondern  auch  in 
anderen    unseren    niederösterreichischen    Landen,    als   in    den 
steirischen  und   kärntnischen  Gebirgen,   in  Oesterreich  ob  und 
unter  der  Enns  hin  und  wider  gezogen  und  allenthalben  seine 
verführerische   Secte    eingepflanzt   hat,    so    setzen    wir    keinen 
Zweifel,   ihr  habet  verordnet,   dass  Huter  befragt  werde,  wie 
er  in  diese  Secte  gekommen,   in  welchen  Ftirstenthtimem  und 
Ländern   er  die  Jahre   her,   Monat  für  Monat,   herumgezogen, 
welche  Personen  vom  Adel  er  getauft  und  bei  wem  er  seinen 
,Unter8chlaif  und   seine  Unterhaltung  gehabt  habe.    Auch  soll 
er  peinlich  befragt  werden,  was  die  Ziffern  in  einem  Schreiben 
der  Gemeinde  in  Mähren  an  Huter  zu  bedeuten  haben. 

In  der  Markgrafschaft  Mähren  sei  bereits  angeordnet 
worden,  dass  nach  den  Vorstehern  gefahndet  werde,  damit 
,der  Unrath*  durch  sie  nicht  nach  Tirol  oder  an  andere  Orte 
geschleppt  werde.  Sache  des  Regimentes  werde  es  sein,  jener 
Personen  habhaft  zu  werden,  welche  in  den  Briefen  genannt 
werden  und  den  Dr.  Gall  ,zum  fürderlichsten'  an  die  Etsch, 
ins  Pusterthal,  nach  Bozen  und  überhaupt  dahin  zu  schicken, 
wo  es  Noth  thut,  damit  das  gemeine  Volk  gewarnt  werde. 

Es  scheint,  dass  man  die  schliessliche  Bekehrung  Huter's 
erwartete;  es  Uegen  uns  ,Fragestuckh  auf  den  Vorsteer  N.  der 
Widertäufer  gestellt'  aus  dem  Jahre  1536  vor,  denen  ein  ,Wider- 
täufer  widerruf  angeschlossen  ist.^  Das  wurde  bei  Huter  nicht 
erreicht.    Wochenlange  sass  er  im  Kräuterthurm  gefangen;  hier 


»  Pestarchiv.   Innsbruck  XVIII,  39. 


563 

besuchten  ihn  der  Stadtpfarrer  von  Hall  und  andere  Theologen^ 
auch  gelehrte  Laien,  alle  auf  das  Eifrigste  bemüht,  ihn  zu 
Geständnissen  zu  bewegen,  es  war  Alles  umsonst.  Da  griff 
das  Regiment  zu  schärferen  Massregeln.  Am  Neujahrstage  1536 
erhielt  der  Hauptmann  von  Kufstein,  Christoph  Fuchs,  den  Auf- 
trag: ,Dieweil  wir  bisher  Jacoben  Hutter,  der  W.-T.  Sect  Vor- 
steher durch  guet  christenUche  Leer  von  seinem  irsal  abzustehn 
(nicht  vermocht  haben),^  so  möge  Fuchs  die  beiden  Knechte, 
80  ,8eine  gefangenen  W.-T.  mit  Ruetten  geschlagen^,  ohne  Ver- 
zug nach  Innsbruck  senden  und  wenn  mögUch  selbst  dahin 
kommen,  um  bei  der  Züchtigung  anwesend  zu  sein.^  Aber 
Huter  war  fest  entschlossen,  weder  in  Sachen  des  Glaubens 
nachzugeben,  noch  auch  seine  Genossen  zu  verrathen.  Mit 
Erlass  vom  26.  Jänner  erhielt  der  Landrichter  von  Sonnenburg 
den  Auftrag,  den  Gefangenen  zu  übernehmen  und  ihm  sein 
Recht  angedeihen  zu  lassen,  vorläufig  ihn  aber  nochmals  über 
die  genannten  Artikel  peinlich  zu  befragen.  Die  ,Gichtung' 
solke  an  einem  von  dem  Landrichter  zu  bestinunenden  Tage 
um  7  Uhr  vormittags  stattfinden  und  der  Landgerichtsschreiber 
und  die  sonstigen  erforderlichen  Personen  beigezogen  werden.* 
Damit  war  das  ordentUche  Schlussverfahren  eingeleitet.  Es  wird 
denn  wohl  nur  eine  Fabel  sein,  die  sich  mehrfach  in  den 
Schriften  der  Wiedertäufer  und  so  auch  in  den  Geschichts- 
büchern findet,'  dass  Huter  in  eiskaltes  Wasser  gesetzt,  her- 
nach in  eine  heisse  Stube  geführt,  mit  Ruthen  gestrichen,  ihm 
Branntwein  in  die  Wunden  gegossen  und  dieser  angezündet 
worden  sei.  Auch  das,  was  von  sonstigem  Narren-  und  Affen- 
spiel erzählt  wird,  das  mit  ihm  ausgeführt  wurde,  mag  vielfach 
übertrieben  sein.  Sicher  ist  nur,  dass  er  alle  Grade  der  ge- 
setzlichen Tortur  überstanden  und  bis  an  sein  Ende  ,beständig^ 
geblieben  ist. 

Das  Urtheil  sprach  ihm  die  verschärfte  Strafe,  den  Tod 
durch  ,den  Brand*  zu.  Vor  seiner  Hinrichtung  erhoben  jedoch 
die  Vollzugsorgane  das  Bedenken,  ob  es  rathsam  sei,  das  Ur- 
theil öffentlich  zu  vollziehen,  und  hielten  es  für  zweckmässiger. 


^  Ibid.    Causa  Domini  IV,  299.    Am  8.  Jänner  wird  der  Lohn  der  beiden 
Schergen  mit  6  fl.  43  kr.  rheinisch  angewiesen.    Embietenbuch,  fol.  448. 
*  Causa  Domini  IV,  311. 
'  8.  122. 


564 


ihn  Früh,   noch  vor  Tagesanbruch,  in  Abwesenheit  der  Volks- 
menge, durch  das  Schwert  zu  richten.    Die  Entschliessong,  die 
an  allerhöchster  Stelle   hierüber  eingeholt  wurde,   lautete,  dass 
,S.  M.  keineswegs  zulassen  wolle,   dass  Huter  in  der  Stille,  vor 
Tags,   mit  dem   Schwerte,   sondern   nach  ergangenem  ürtheil 
und   dem  Inhalt  der  Mandate  öffentUch  und  mit    dem  Feuer 
gerichtet  werden  müsse^,   was  denn  auch  geschehen  ist^    Der 
Wiedertäufer  Jörg  Vasser  erzählt  in  einem  Schreiben  (Möd- 
ling,   1.  Juni  1536):  Eine  Erämerin  sei  bei  ihm  gewesen  and 
erzählte  ,yon  der  RedUchkeit  des  Bruders  Jakob  und  wie  über 
alle  Massen  viel  Volk  dabei  gewesen^*    Er  starb,  ,nachdem  er 
die    Gemain    drei  Jahre    regiert,    am   Freitag   vor    der  ersten 
Fastenwoche*  (sie)   im  1636  Jahr   und   hat   durch   seinen  Tod 
eine   grosse    Lehr   gethan,    denn   Qott   ist    mit   ihm   gewesen' 
(Hans  Amon). 

Ein  vertrauter  Bruder  brachte  die  Kunde  von  Huter'B 
Abscheiden  den  Brüdern  in  Mähren. 

Am  Tage  nach  seinem  Tode  wandte  sich  die  Regierung 
an  die  landesfUrstliche  Kanmier:  ,Nachdem  Jacob  Hueter,  wider- 
tauffer  den  29.  des  monats  November  des  nagst  verschinen 
fUnf-  und  dreissigsten  Jar  in  k.  k.  M.  vengknus  allhie  im 
kreuterhaus  gepracht  und-  jetzo  den  25.  tag  dits  monats  Fe- 
bruarii  widemmb  daraus  genomen  und  mit  urtl  und  Recht  zum 
Tod  gericht  worden,  welche  zeit  also  derselb  Hueter  alhie  im 
vengknus  gelegen  ist  und  87  tau  (sie)  laufft,  und  unser  Ratiss- 
dienor,  Martin  Hayler  beruerten  Hueter  die  bestimmte  zeit  mit 
spoiss  und  trankh  underhalden  hat  und  für  jeden  tag  12  kreut- 
zer  begert  —  denmach  wellet  verordnen,  das  demselben  Martin 
Hayler  solche  17  gülden  und  vier  und  zwanzig  kreutzer  be- 
zahlt werden.^* 

Noch  am  29.  April  1536  klagt  die  Kammer  über  die 
groHHon  Kosten,  die  bei  dem  Processe  ,wayland  Hueter's^  auf- 
gewachsen sind. 

Huter*s  Frau  war  auf  wiederholte  Beschwerden  des  Frei- 
lu^rrn    von  Firmian   und   des  Pflegers  Adam  Prew  hin  endlich 


»  CttnM.  Domini  V,  168. 

«   VüKiiHr'ii  EpiBt.  Cod.  190,  fol.  498—600. 

■  (1.  I.  *24.  F'ebruar,  richtiger  am  26.  Februar,  s.  nnten. 

*  Kiiiblütonbuch,  fol.  449—460. 


565 

nach  Guflidaun  abgeliefert  worden.  Dort  sollte  ihr  ein  gelehr- 
ter, verständiger  und  andächtiger  Mann  beigegeben  werden, 
um  sie  von  ihrem  ,Irrsal^  abzubringen.  Aber  noch  bevor  dieser 
eintraf,  gelang  es  ihr,  mit  Hilfe  ihrer  Freunde  und  der  Fahr- 
lässigkeit des  Hüters  aus  dem  Schlossthurme  zu  entkommen. 
jDes  Jakob  Treindl,^  schreibt  Hans  Amon  am  15.  Mai  an  Jörg 
Vasser,  ,iBt  auskommen,  auch  die  Schwester  von  Michelsberg, 
und  seien  beide  fromm  blieben.^  Dagegen  war  die  Regierung 
über  solche  Nachlässigkeit  sehr  ungehalten  und  behielt  sich 
vor,  gegen  die  Schuldtragenden  mit  geziemender  Strafe  vor- 
zugehen.^ In  einer  Zuschrift  vom  5.  Februar  hatte  die  Regie- 
rung an  den  Pfleger  von  GufBdaun  den  Auftrag  gegeben,  sich 
zu  erkundigen,  wie  es  sich  mit  dem  Widerruf  verhalte,  den 
Jakob  Hueter's  Weib  zu  Rodeneck  gethan,  worauf  sie  be- 
gnadigt worden  sei.  Ob  diese  Angabe  richtig  ist,  lässt  sich 
nicht  sicher  sagen.  Die  Hüterin  fiel  zwei  Jahre  später  aber- 
mals in  die  Hände  der  Obrigkeit  und  wurde  auf  Schöneck 
gerichtet 

Dem  Wiedertäufer  Jakob  Huter,  der  unter  seinen  Glau- 
bensgenossen zu  besonderem  Ansehen  gelangt  ist,^  haben  diese 
das  grosse  Verdienst  zuerkannt,  die  imter  den  mährischen 
Wiedertäufern  locker  gewordene  Zucht  und  Ordnung  wieder 
hergestellt,  die  vielfach  durchbrochene  Gemeinschaft  den  ein- 
reissenden Sondergelüsten  gegenüber  befestigt,  die  Gemeinde 
von  unreinen  Elementen  gesäubert  und  den  Missbräuchen,  die 
anderen  Ortes  die  Auflösung  der  Gemeinden  nach  sich  zogen, 
gesteuert  zu  haben.  Seinem  erbitterten  Gegner  Gabriel  Ascher- 
ham*   war   Huter    fi'eilich    nur  ein  aufgeblasener,    ehrgeiziger 

*  Causa  Domini  IV,  307,  335/2,  375. 

*  Er  wurde  auch  im  Liede  gefeiert: 

Die  gmain,  die  christlich  muetter) 

die  hat  vil  sön  verlorn 
bis  auf  den  Jacob  Hnetter, 

den  hat  gott  auserkom. 

Lied  des  Wiedertäufers  Jörg  Bmckmaier,  der  50  Jahre  später  zu  ^ed 
in  Oberösterreich  gerichtet  wurde. 

*  In  Gabriel  Kirschner's  Chronik:  ,Was  sich  verloffen  hat  unter  den  Brü- 
dern, die  aus  aller  teutschen  Nation  vertrieben  —  umb  des  Glaubens 
willen  —  in  das  Mährenland  kommen  su  Aufenthalt  ihres  Lebens  von 
dem  1528  Jar  biss  auff  das  1541  Jar.*  Eine  fast  ganz  verschwundene 
Druckschrift,    nunmehr   nur    noch   in    einem    Auszuge    bekannt   in    Dr. 


566 


Mensch,  der  ,den  Sigmund  verstochen  und  seinen  Ehrgeiz  nicht 
habe  verbergen  können.  Die  angeblich  so  grosse  Frucht  seines 
Amtes  und  seiner  aufgerichteten  Gemeinschaft  sei  die  Zerstörung 
der  Liebe  und  Einigkeit  der  Völker  gewesen,  die  vorhin  einig 
waren.  Man  möge  von  Huter  sagen,  was  man  wolle,  er,  Ga- 
briel, behaupte,  dieser  Huter  sei  ein  böser  Mensch  gewesen* 
und  ,habe  er  sich  gleich  sieden  und  braten  lassen,  so  wisse 
er  doch  von  ihm  nichts  zu  sagen,  als  dass  er  dies  in  Mähren 
nicht  bewiesen,  vielmehr  nur  Rache  gegen  Alle  geübt  habe,  die 
dem  Sigmund  das  Wort  geredet.  Er  habe  mit  seinem  Polter- 
geist die  Gemeinde  tiberfallen.  Das  war  nicht  der  Geist  des 
hl.  Paulus,  dessen  er  sich  gerühmt  habe,  sondern  der  Geist  des 
Teufels,  wie  ihm  ein  Weib  einstens  sagte.  Solche  Polterei  aber 
mttssten  andere  Leute  entgelten.  Huter  sei  umgekommen  unter 
dem  Deckmantel,  als  ob  es  um  des  Evangeliums  Willen  ge- 
schehen sei,  welches  aber  nit  die  Ursache  war,  sondern  um 
seines  Scheltens  Willen.^ 

Gerechter  urtheilt  der  ebenfalls  einer  feindlichen  Partei 
angehörige,  aber  viel  gebildetere  Philipp.  Dieser  bekannte 
öffentlich,  es  habe  in  der  Zeit  seines  Wirkens  in  Mähren  keiner 
so  treulich  ftlr  das  Volk  im  Zeitlichen  und  Geistlichen  ge- 
sorgt wie  Jakob.  Nie  sei  er  als  treulos  befunden  worden  und 
immer  habe  er  dem  Herrn  getreu  und  mit  Erfolg  gedient.  Denn 
durch  ihn  habe  der  Herr  sein  Volk  gesammelt  und  erhalten. 

Schlimmer  als  bei  Gabriel  kommt  Huter  bei  seinem  Lands- 
manne,  dem  aus  Hall  gebürtigen  salzburgischen  Rath  und  Theo- 
logen Christoph  Erhard  weg.*  Ihm  folgen  Curaeus,  Meschovius, 
Fischer  und  Andere.  Erst  unseren  Tagen  blieb  es  vorbehalten, 
das  Wirken  Huter's  in  einer  der  Wahrheit  näher  kommenden 
Weise  zu  zeichnen.* 

Fragt  man,  was  Huter  eigentlich  gelehrt  habe,  so  möge 
hier  auf  die  den  gemässigten  Wiedertäufern  Süddeutschlands 
und  Oesterreichs  gemeinsamen  Schlattner  Artikel^  hingewiesen 


I   t 

1 


Fischer's:  Hueter-wiedertouf.   Tanbeukobel.   Ingolstadt  1607  und  in  Ottü 
Ann.  Anabapt.  Bas.  1672. 

•  Gründliche,    kurzgefasste    Historia    von    Mün^ter'schen    Wiedertäufern. 
Mtlnchen,  1689  in  4°. 

•  V.  Kripp,    Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Wiedertäufer  in  Tirol.    Inns- 
bruck 1867  (vergriffen);  Adam  Wolf,  Gesch.  Bilder  aus  Oesterreich  I,  72. 

•  Geschichtsbücher  der  Wiedertäufer,  8.  41 — 44. 


567 

werden.  Des  ,Jeronyme  Kräl's  Bekanntnuss  und  Rechenschaft 
etliche  Artikel  christlichen  Glaubens  betreffend^  welche  dieser 
im  Jahre  1536^  mit  seinen  Mitgefangenen  dem  Richter  und 
der  Obrigkeit  in  Wien  überreicht  hat,  können  als  Reflex  der 
eigenen  Worte  Huter's  angesehen  werden.  Huter's  Geist  zeigt 
sich  ebenfalls  in  der  ,Rechenschaft  und  Zeugnuss'  der  Anno 
1540  von  Steinabrunn  nach  Triest  abgeführten  und  für  die 
Galeeren  bestimmten  Brüder;*  den  vollständigen  Abschluss 
findet  das  Lehrgebäude  in  der  von  Peter  Riedeman  im  Jahre 
1543  zusammengestellten  ^Rechenschaft  unserer  Religion,  Lehr 
und  Glaubens'  (gedruckt  1565).* 

Die  Hoffnung,  welche  Ferdinand  I.  in  seinem  Schreiben 
ausgedrückt  hatte,  dass  nunmehr  der  Anabaptismus  in  Tirol 
völlig  niedergehalten  und  ausgerottet  werden  könne,  ging  zwar 
nicht  in  ErftQlung.  Wir  finden  noch  in  denselben  Jahren  deut- 
liche Spuren  anabaptistischen  Lebens  in  Weissbach,  Lüsen,  Hersch- 
wang und  an  anderen  Orten,  gleichwohl  ist  nicht  zu  verkennen, 
dass  in  der  Propaganda  eine  augenblickliche  Ermattung  ein- 
getreten, und  vielleicht  hängt  es  mit  dieser  Wahrnehmung  zu- 
sammen, dass  das  Regiment  der  Errichtung  einer  ,streifenden 
Rotte^  abermals  Hindernisse  in  den  Weg  legt  tmd  auf  der  ande- 
ren Seite  Jeronyme  Käls  die  Klage  erhebt,  es  seien  so  wenig 
Diener  des  Wortes  bei  der  Gemeinde. 


*  Im  Cod.  Vm  g,  27,  fol.  374  in  Pest  und  im  Cod.  190,  fol.  16  des  Press- 

bnr^r  Domcapitels. 
'  Im  Cod.  234  zu  Pressburg  und  Cod.  VIII  g,  27  zu  Pest.   Copien  hievon, 

wie  auch  von  den  vorigen,  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 
'  Mittheilungen    aus   Calvary's  Antiquariat  I,    Berlin    1870.    Von  Huter's 

Schriften   haben   sich   nur   die   obenangeführten  Sendschreiben   erhalten. 

Andere  sind  aufgefangen  worden  und  kamen  in  die  Untersuchungfsacten, 

die  auch  nicht  mehr  erhalten  sind.   FälschUch  werden  ihm  zugeschrieben : 

1.  Riedemanu's  ,Uechenschaft*  etc.,  s.  Arnold,  Kirchen-  und  Ketzerhistorie; 

2.  die  Schrift  ,Anschläg  und  Fürwenden  der  blinden  verkerten  weit  und 
aller  Gottlosen  gegen  die  Frommen*  (Cod.  G.  I,  VII,  31.  Strigon,  ex 
1576);  3.  die  Abhandlung  ,Von  den  sieben  Siegeln  des  verschlossenen 
Buchs*;  unter  dieser  Schrift  ist  entweder  Sebastian  Franck's  »Das  ver- 
bütschiert  mit  sieben  Siegeln  verschlossene  Buch*  oder  wahrscheinlich 
Hana  Uut's  Büchlein  «Von  dem  Buch  und  den  sieben  Siegeln,  wie  in 
der  Apocalypsi  stünde*  und  das  die  Brüder  das  Buch  mit  den  sieben 
Siegeln  nannten,  zu  verstehen. 


BEILAGEN. 


Nr.  1. 

Bairische,  in  Tirol  angenommene  Generalordnung,  betreffend  da, 
Verhör  und  die  Verurtheilung  der  Wiedertäufer, 

Yerzaichnns  etlicher  gemainer  artigl  und  fragetuckh,  darauf 
die,  so  der  widertauff  auch  anderer  verfueriecher  Secten  hal- 
ber zu  verdacht  steen,  bespracht  werden  sollen  (1528). 

Anfanglich  ainen  jeglichen  mit  sonderm  vleiß  ze  fragen ,  was  er  Ton 
den  heiligen  Sacramenten  und  besonderlich  von  der  Hess  und  dem  hoch- 
wirdigen  Sacrament  des  Altars  halte. 

Furter,  ob  er  jedes  Jars  bisher  zu  österlicher  zeit  nach  christen- 
licher  Ordnung  gepeicht  und  darauf  das  hochwirdig  Sacrament,  wie  ainem 
Cristen  gehurt,  emphangen,  ob  er  auch  seinem  pharrer  die  schuldigen 
opher  und  zehent  albegen  geraicht  hab. 

Item,  so  ainer  auf  solch  hie  obbestimbte  haubtfrag  ain  oder  mer 
Irthumb,  Unglauben  oder  widerwärtig  Majnung  bekhomen  wurde,  sol  zu- 
erst aigentlich  und  verständlich  aufgeschriben  und  nach  volgent,  alsdann 
zum  vleissigisten  weiter  underschidlich  bespracht  werden,  fumemlich,  wie 
er  anfangs  in  solch  Irthumb  oder  verfuerisch  Majnung  kumen  sej,  wie 
und  von  wem  er  die  gehört,  gelerent  und  angenomen,  wie  lang  er  auch 
also  darin  verhart  und  was  missetaten  oder  ungeburlichs  er  bisher  in 
solchem  schein  darunder  begangen  habe. 

Zum  andern,  was  newerung  er  dai'auf  in  seinem  glauben  furge- 
nomen,  gejebt,  und  sonderlich,  ob  er  sich  mit  an  (sie)  newerung  der 
widertauff  auch  befleckt  habe. 

Zum  dritten,  von  wem  er  getaufft,  wie  und  mit  was  Worten  er  auch 
darzu  bewegt  sej. 

Zum  vierten,  ob  er  von  Ime  selbs  umb  solchen  widertauf  gebeten  hab. 

Zum  funfften,  wer  sich  mit  ime  widertauffen  lassen,  mit  was  Worten, 
zaichen  und  eusserlichen  geparden  auch  solche  widertauf  beschehen,  wie 
es  zuegangen  und  sonderlich  ob  der  Tauffer  was  er  darzue  gebraucht,  ob 


569 

er  ioe  auch  damit  begossen  oder  allain  bezaichnet,  was  er  daninder  geredt 
und  wie  die  wort  gelaut  haben. 

Zum  sechsten,  wer  sonst  ausserhalb  des  Tauffers  seine  aufruerer, 
Prediger,  vorsteer  und  brueder  gewest,  wie  die  all  und  ir  jeder  in  sonder  mit 
namen  haissen,  wo  sy  auch  gesessen  und  jetzt  ires  achtens  zu  finden  sein. 

Zum  sibenden,  zu  warhait,  wo  und  an  welchen  ort,  auch  wie  oft  sy 
ror  und  nach  der  angenomen  widertauf  haimlich  versamlung  und  winkel- 
predig gehalden,  wer  ine  gebredigt  oder  gelesen  und  was  ir  zaichen,  dabey 
sy  einander  erkhennen,  gewest  sey. 

Zum  achten,  ob  er  selb  nit  ander  auch  widergetauft  oder  ine  ge- 
predigt, gelesen  understanden  habe,  die  in  seinen  Unglauben  und  irthumb 
zu  bringen,  wer  auch  dieselben  durch  ine  verfuerten  personen  seyen  und 
wo  sy  wonen. 

Zum  neunten,  was  ir,  der  gemainen  bruederschaft,  regl,  Ordnung  und 
Satzung,  ob  auch  die  guetter  under  inen  gemain  gewest  und  ob  ine  ver- 
poten  worden  sey,  das  sy  nit  mer  peichten,  möss  geen,*  das  hochwirdig 
Sacrament  emphahen,  noch  in  die  kurchen  geen  sollen,  und  wie  sonst  in 
gemain  ire  anslag  und  förnemung  gestanden  und  sonderlich,  ob  sy  wider 
die  geistlich  und  weltlich  obrigkhait  auch  wider  die  priester  und  reichen 
fermuglichen  pei*sonen  kain  haimliche  pnndtnus  und  Conspiration  ge- 
macht haben. 

Zum  zehenden,  weiter  ainen  yedem  in  sonder  zu  fragen,  aus  was 
Raitznng,  Ursachen  und  bewegnussen  er  doch  auff  solch  sein  Maynung 
kumen,  und  was  damit  für  sich  selbs  sein  fumemen,  wil,  gemuet  und  hof- 
nung  gewest.  Zu  was  zeit  er  die  angenomen,  und  wie  lang  er  die  also 
gehalten  habe. 

Zum  aindelfften  und  letzten,  ob  er  solche  sein  angenomene  May- 
nung noch  für  gerecht  halt,  ob  er  auch  darauf  bleiben  und  sterben  oder 
dieselb  widerruefen,  berewen  und  sich  wider  zu  ainigkhait  der  gemainen 
mstenlichen  kirchen  wenden  wolle. 

Diese  hieobgestimbte  frag  und  besprach  werden  yetzo  allenthalb  im 
furstentumb  Bai  er  n  gegen  den  ketzerischen  und  sonderlich  widerge- 
taufften  personen  gebraucht  und  welcher  seins  Irthumbs  widerruefft  und 
das  hochwirdig  sacmment  empfacht,  der  wird  mit  dem  schwort,  und  die 
auf  irem  fumemen  verharren,  mit  dem  prandtvom  leben  zum  tod  ge- 
richt.  Es  wirdet  auch  hierin  kain  gerichtlicher  process,  noch  ainiche 
rechtfertigung  gehalten,  sondern  der  ketzerischen  personen  alain  für  das 
Bathaas  gefnei*t  und  ir  jedes  urgicht  ofifenlich  verlesen  und  nachgestalt 


•  Im  Text  möphern.    Vielleicht:  opfern. 
Archir.  LXXVIII.  Bd.  II.  Hälfte.  37 


570 

ains  yeden  verprechens  die  straff  offenbar  auf  form  und  maynwig,  wie 
hernach  steet. 

Dieweil  nu  die  widertauf  furnemblich  den  gotlichen  evangelischen, 
auch  apostolischen  schi'ifften  und  sonst  an  mitl  allen  der  heiligen  cristen- 
lichen  kii'chen  hergebrachten  vil  hundeiii  jaren  Ordnungen  und  gebrauchen 
gestracks  entgegen,  deshalben  auch  in  den  geschriben  kayserlichen  und 
des  Beichs  rechten  durch  ain  sonder  außgedruckte  lobliche  ßatzung  bey 
Vermeidung  beindlicher  todtstraf  offenbarlich  vei-poten,  auch  sonst  aus 
solchen  und  dergleichen  secten  Conspiration,  Bruederschaften,  haimblichen 
versamblungen,  Winkhelpredigen  und  ergerlichen,  verfuerischen  und  der 
Seelen  verdamlichen  leren  bisher  anders  nichts  dann  zwayung,  widerwill 
und  uncristlichen  zerspaltung  in  unserm  heiligen  glauben,  und  darzu 
schwär '  aufrueren  und  gefarlich  empörung  wider  die  von  got  gesetzten 
und  geordenten  gaistliche  und  weltliche  obrigkhait  gevolgt  und  erwachsen, 
auch  wo  nit  zeitlich  dagegen  gehanndlt  wurde,  daraus  noch  taglich  volgen 
und  erwachsen  möcht  haben,  demnach  hochgedacht  unser  gnedig  herren 
als  christenlicher  Religion  anhengig  und  liebhabend  fursten  des  heiligen 
Reichs  zu  verhQetung  solches  abfalls  und  unrats  und  am  vordristen  zu 
bestanndlicher  erhaltung  unsers  langk  herkhumen  waren  und  ganz  un- 
zweifenlichen  cristenlichen  tauffs  und  glaubens  auch  anderer  Ordnung  und 
gesatze  der  heiligen  cristlichen  kirchen,  darneben  auch  zu  schuldiger 
und  verpflichter  handhabung  Kais.  M.  edicts  auf  der  vilfeltigen  allenthalb 
in  irer  gnaden  furstentumb  hievor  außgangen  Warnungen  und  Landtpoten 
nach  gehabter  ir  offenlicher  beratslagung  in  craft  und  nach  ausweisung 
oben  angezogener  kaiserlicher  geschribner  recht,  geordent  und  bevolhen, 
das  der  obgenannt  umb  sein  uncristenliche  missenthätig  verprechen  mit 
dem  Schwert  vom  leben  zum  tod  gericht  werden  soll. 

Gleichz.  Copie  in  der  v.  Beck*8chen  Sammlung,  2  Bll.  fol. 

Nr.  2. 

König  Ferdinand  befiehlt  der  Regierung  zu  Innsbruck  aus  An- 
lass  des  Lienhard  Schiemer  sehen  Processes,  mit  allen  Mitfein 
wider  die  Neutaufe  gemäss  den  jüngst  erßossenen  Mandaten 
vor:[ugehen,  und  wenn  die  Zahl  der  zugesandten  Mandate  nicht 
ausreichen  sollte,  neue  zu  drucken,  mit  dem  ,Secret- Siegel*  ver- 
sehen und  anschlagen  zu  lassen.  —  Oran,  1528,  Jänner  1, 

Edlen  .  .  .  Wir  haben  Euer  schreiben  und  dabay  Lenharden  Schy- 
mers  von  Vecklapruck,  der  zu  Rattenberg  in  fenghnus  kumen  ist,  bekantuus 


571 

emphangen  und  aus  solcher  mit  beschwertem  gemuet  vernomen,  dass  sich 
die  New  teuff  dermassen  in  den  Erblanden  einreissen  und  einreitten  soll. 
Und  dieweil  nu  aus  solcher  newen  teuif,  wie  die  gepraucht  wirdet,  nichts 
anders  zu  sorgen  ist,  dann  allerhand  aufrueren  und  emperung  von  dem 
gemeinen  man  gegen  der  Ober-  und  Erberkait,  wie  dann  in  vilher  personen 
urgichten  befunden  und  anzeigt  ist,  die  auch  zum  teil  darauf  gestorben 
sein,  so  erfordert  die  gi-oss  unvermeidlich  notturfft,  dass  solchem  ange- 
zündet feuer  in  der  erst  mit  ernst  gewert  werde,  ehe  es  sich  erweitert 
und  überhand  nimt,  das  darnach  khein  rat  ist  solches  abzutilgen:  dem- 
nach empfelhen  wir  Euch  ernstlichen,  das  ir  verr  alls  thuet,  damit  zum 
ehisten  gegen  demselben  Schemer  als  ainen  Redelfuerer  und  pnncipal 
derWiderteuflf  und  gegen  andern,  auf  die  er  bekent  hat,  wo  die  beti'etten 
werden  mugen,  nach  Inhalt  des  jungst  ausgegangen  Mandat  mit  straff, 
andern  zu  ainem  exempel  und  beispiel,  gehandelt  und  verfarn  werde,  und 
also  ob  denselben  den  ausgegangen  Mandaten  ernstlichen  und  vestig- 
lichen  haltet.  Und  wo  Ir  derselben,  so  wir  jungst  hinaufgeschickt,  nit 
genug  betten  (sie),  uberal  in  den  Lannden  und  herschafften  zu  den 
pfarren  zu  geben,  alsdan  dei'selben  noch  ain  anzal  truckhen  und  mit 
dem  anfgetruckten  Secret  Sigl  verpreiten  lasset  und  also  wie  obsteet  verr 
antwai-ten,  verkünden  und  uffschlagen  lasset  und  also  mit  ernst  und 
«lapferkait  in  solcher  erschröcklicher  sach  thut,  wie  die  gross  notturft 
eraiscbet,  damit  sy  ausgereit  und  underdruckt  und  der  gemein  und  un- 
verstendige  Mann  nit  also  in  geverlicheit  seiner  seele,  leibs  und  guets 
gefuert  werde. 

Gran  den  ersten  Januarij  Anno  XXVUI. 

An  die  Regierung  zu  Innsbruck. 

Ck>iicept  in  der  v.  Beck*schen  Sammlung.    Schlecht  erhalten. 

Nr.  3. 

Andre  Walcher,  Landrichter  zu  Sterzing,  berichtet  der  Landes- 
regierung in  Innsbruck,  wie  er  mit  dem  lutherischer  Lehren  ver- 
dächtigten Ulrich  Stadler  aus  Stullfes  gehandelt,  —  Sterzing, 

1529,  Juli  6. 

• 

Wolgeboren  .  .  .  Als  Eu.  6n.  mir  ainen  bevelch,  am  27.  tag  Junij 
aasgangen,  zugesandt,  von  wegen  des  Ulrich  Stadler,  E.  G,  deshalb  bericht 
zu  thun  .  .  .  thun  E.  G.  darauf  zu  vernemen.  das  ich  auf  E.  G.  bevelch 
bericht  sein  sollt,  wie  der  gemelt  Ulrich  Stadler,  und  nit  der  Steiner  ge- 
nennt, im  dorff  Stullfes  meiner  gerichtsverwaltung  sesshaft  sich  offenlicb 

37* 


572 


understee,  der  lutherischen  und  andern  verfuerischen  Secten  mit  ver- 
uichtung  des  Sacraments,  Verachtung  der  muetter  gottes  und  anderer 
hailigen  vast  zugebrauchon  und  anhengig  zu  machen,^  und  so  der  pfarrer 
in  der  kirchen  predige,  das  er  dann  in  andern  hewsern  haimlich  be- 
rueflFungen  und  winkhlpredigen  wider  cristenliche  Ordnung  halte.  Auf 
solchen  E.  G.  bevelch,  wie  derselbig  vennag,  hab  ich  gemelten  Stadler 
von  stund  an  vankhlich  angenomen  und  in  in  beywesen  der  geschworen 
aufs  höchst  befragt  und  besprechung  gegen  ine  gehalten,  mich  seines 
furnemens  erlernet  und  erfaren,  kann  ich  aber  in  beysein  der  geschworen 
bey  im  gar  nichts  anders  befinden,  erfaren  noch  befragen  mugen. 

Er  besteet  auch  kainswegs,  das  er  der  Lutherrischen  und  anderer 
verfuerischen  Secten  mit  Vernichtung  des  Sacraments  gebraucht  haben 
sollt,  er  zaigt  wol  an,  er  hab  das  wirdig  Sacrament  zu  der  österlichen  zeit 
yetz  und  zway  jar  lang  verschinen  nit  empfanngen  aus  ursach,  der 
pfarrer  hat  im  das  nicht  geben  wellen,  er  beichte  dann  auch  zwaymal, 
wie  ain  annderer  Cristenmensch,  hab  er  aber  nur  ainmal  peichten  wollen. 
Darauf  ist  ime  das  sacrament  versagt  worden,  auch  nye  wider  das  hailig 
wirdig  sacrament  zu  empfachen  gewert  oder  dasselbig  zu  schmechen, 
sondern  alles  das  glauben  und  darauf!  halten,  das  ain  annder  Cristen- 
mensch darauf  halt  und  gehalten  hat,  der  muetter  gottes  und  anderr 
hailligen  halben  etc.  zu  gebrauchen  und  anhengig  zu  machen ;  und  so  der 
pfarrer  in  der  kirchen  predige,  das  er  dan  dieweil  in  anndem  hewsern 
haimliche  beruefungen  und  winkhelpredigen  wider  die  cristenliche  Ordnung 
halten  solle,  besteet  er  sollichs  alles  gar  kains  weges,  das  er  die  muetter 
gottes  und  ander  hailligin  geschmecht  oder  ainicherlay  in  winkeln  davon 
gepredigt  haben  sollt,  auch  kain  versamblung  an  kain  ort  weder  in  winkeln 
noch  sunst  nie  gepraucht,  dann  er  sey  selbst  zum  dickernmal  an  die 
predig  in  die  kirchen  gangen,  er  woll  auch  den  mit  äugen  gern  ansehen, 
das  er  ainicherlay  winkhelpredigen  gethan  oder  sollich  Lutherisch  ver- 
fuerische  Secten  gefuert  oder  gebraucht  haben  sollt,  dann  das  ye  zu  Zeiten 
ainer  zu  im  komen  und  in  darumb  gepetten,  er  soll  im  das  heilig 
Evangelium  lesen,  das  hab  er  nit  anders  gepraucht,  dan  wie  das  in 
der  kirchen  gepredigt  sey  worden.  Des  widertauffs  halben  sey  er 
wol  angelangt  gewest,  hab'  aber  nie  nichts  daraufgehalten, 
und  zu  sollichen  tauflfen  nit  khomen  wellen.  WelJicher  anders  von  ime 
rede,  verunglimff  oder  außgeb,  derselbige  thue  im  gewalt  und  unrecht  und 
soll  sich  sollichs  nimmermer  mit  kainer  warhait  im  grundt  befinden, 
dann  man  mus  mer  anzaigen,  weder  an  im  selbs,  es  soll  auch  menniglich 


^  Hier  scheiut  im  Texte  etwas  ansgefalleu  zu  sein. 


673 

nit  anders  von  im  sechen  noch  erfarn,  dann  alle  cristenliche  ordnnng  zn 
gebrauchen,  wie  dann  er  und  ander  Cristenmenschen  bisher  lange  zeit 
und  vil  jar  gepraocht  haben;  erfundt  sich  aber  änderst,  dann  wie  er  an- 
zaigt,  des  sich  mit  kainer  wahrhait  befinden  wiii;,  so  soll  man  in  an  leyb 
und  an  guet  straffen. 

Sollichs  alles  seinß  anzaigens  und  bekennen  hab  ich  E.  G.  in  aller 
nndei-thenigkeit  unangezaigt  nit  wollen  lassen,  mich  alzeit  underthanig 
gnediglich  zn  bedennkhen  bevelchendt;  auch  widerumb  von  Ew.  6.  gne- 
digen  bevelch  wartende. 

Geben  zu  Stertzing  den  6*®°  tag  Julii  anno  etc.  im  XXVIIII  von 

Anndre  Walchen, 
Landrichter  zu  Stertzingen. 

An  die  Begierung  zu  Ynnspiiig. 

Orig.  Pap.  2  Bll.  in  der  v.  Beck^schen  Sammlung. 

Nr.  4. 

Der  Wiedertäufer  Jörg  von  Werd,  Tischler  und  Bürger  von 
Innsbruck,    wird  von    Ferdinand   I.    begnadigt    —   Innsbruck, 

1629,  Nov.  26. 

Ferdinand  . . .  Geti*eue.  Nachdem  wir  aus  Jörgen  von  Werd,  Tischler, 
gethane  Ui-gicht  befunden,  das  Er  ab  der  Widertauflf,  so  Er  Empfangen, 
ain  wäre  Kew  und  Misfallen  und  umb  gnad  und  Pueß  angeruefTen,  haben 
wir  in  ansehung  der  fürbit,  so  ettlich  von  der  burgerschafiFt,  auch  Weibs- 
personen hie  für  Ine  gethan.  Ine  solcher  seiner  Misshandlung  nachvol- 
gender  gestalt  begnadt,  nemblich  das  er  solchen  seinen  gehabten  Irsal 
drey  Sonntag  die  negsten  nacheinander  in  der  Pfarrkirchen  hie  under 
dem  Ambt  der  heiligen  Meß  Offonlichen  widenueflFen  und  des  Pfarrers 
Pneß  hie  aufnemen  und  vollbringen,  Auch  ain  geschworn  Urfehd  Über 
sich  geben  solle,  sich  sein  lebenlang  weitter  damit  khainswegs  zu  be- 
fleckhen  und  einzulassen.  Und  wo  Er  solches  nit  hielt  und  vorbrech,  das 
zu  seinem  leib  und  leben,  Gericht  werden  solle,  weiter  das  er  auch  von 
dato,  solcher  seiner  entledigung  aines  Jarlang  des  negst,  aus  dem  Burckh- 
fiiden  der  Statt  Innsprngg  nit  khomen.  Und  so  das  Jar  aus  ist,  nach- 
folgend sein  leben  lang  aus  diser  Grafschaft  Tjrol  nyndei-t  änderst  wohin 
ausser  Landts  Baysen  und  Wandern  soll.  Und  emfhelchen  dir  darauf, 
das  du  Ime  Georgen  von  Werd,  solches  alles  wie  obbegi'iflFen  ist,  für- 
baltest  und  so  er  des  alles  zu  halten  und  zu  vollbringen  durch  ain  orden- 
lich Urfehd  und  Yerschreibung  aufriebt  und  schwöret,  Alßdann  Ine  gegen 


574 

betzallung  der  Atzung,  so  über  Ine  bis  zu  solcher  seiner  Erledigung  auf- 
lauffet  ledig  lassest.    Daran  thuest  du  unser  ernstliche  Majnung. 

Geben  zu  Innsprugg  am  sechsundzwanzigisten  tag  No?embris 
Anno  etc.  XX Villi,  unser  Reiche  des  Hungerischen  im  dritten  und  des 
Behaimischen  im  vierten  Jare. 

Buedolff  Graff  zu  Sultz,  Commissio  domini  Begis 

Stathalter.  in  Consilio. 

Bai  düng,  Canc.  Tyrol. 

Unserm  getrewen  Conraden  Manngen,  Stattrichter  zu  Innsprugg. 

Zweites  Blatt:  Stattschreibers  Handtschrift  jetzt: 

Am  26  Novembris  1529  ist  gedachter  Jörg  von  Werd,  Burger  hie 
auf  sein  geschworne  Urfhed  ausgelassen  worden.  Sigler  derselben:  Hans 
Bas  von  Wilthan.  Testes:  Simon  Linder,  Jacob  Zeller,  Mail  Ferner,  all 
drei  Burger  zu  Innsprugg,  Gibt  Püchler  im  Geiicht  Eastlbell,  Jas  Majr 
zu  Eastlbell,  Sigmund  Lejtner  aus  dem  Särntal  und  Peter  Sclunid  ab 
Sennsen  Perg. 

Orig.  Pap.  y.  Beck*0che  Sammlung. 

In  der  gleichen  Weise  wird  Tags  darauf  Michael  Resch,  Tuchschererf 
begnadigt.  —  Orig.  Pap.  Ebenda. 

Nr.  5. 

Partzner's  ,Widerrueff'  (1530  August  29). 

Ich  Jakob  Partzner  beken  hiemit  offenlich  vor  menigklichen,  dass 
ich  vor  guetverschiner  Zeit  von  dem  Priesterlichen  Ambt  und 
stannd  abgewichen  und  mich  nit  allein  in  die  verfüerisch  Sekt  der 
wideiiiauff,  und  Vernichtung  des  hoch  wird  igen  Sakraments  und  der  heili- 
geu  meß  auch  ander  großen  Irsal,  so  dai*an  hangt,  gethan  und  begebn.  Sind 
an  mer  dann  ainem  ort  und  sunderlichen  in  der  Herrschaft 
Kitzbüchl,  Ratemberg  und  Euefstain  soliche  lersal  vil  lautver- 
khundt;  gepredigt,  und  dahin  bewegt,  dass  sy  sich  auch  in  solich  groß 
Sekt  der  widertauff  und  Vernichtung  des  hochwirdigen  Saki*aments  und  der 
heiligen  Apostel  begeben,  und  durch  mich  von  neuem  tauffen  haben 
lassen,  und  zum  tail  auf  solichem  Irsal  bis  an  ir  End,  als  sy  vom  leben 
zum  tod  mit  Recht  verurtailen  und  gericht  worden,  verharrt  und  beliben 
sein,  welch  mein  gehabter  großer  Irsal  und  Verfüerung  derselben  menschen, 
die  wie  vorsteht,  bis  in  ir  sterben  darauf  beliben  sein,  mir  von  ganzem 


576 

Herzen  nnd  gemüet  getrewlich  leid  ist.  Und  dieweil  ich  nun  von  und 
durch  die  Weltlich  Obrigkait,  in  der  Verstrikhung  und  Pand  ich  da  stee 
und  bin,  auf  mein  hochfleissig  urtl  und  erkanndtnus  meiner  Ii*8al, 
wider  zu  der  Ainigkait  der  Christenlichen  Ejrchen  und  Haltung  des 
hochwirdigen  Sakraments  des  Altars  und  der  heiligen  Apostel  und  ander 
Christenlichen  Ordnungen  aufgenomen  bin,  das  ich  got  dem  allmechtigen 
lob  und  dankh  sag:  So  widerruef  und  verschwör  ich  hiemit  offenlich 
frej,  nnbezwungen,  solich  vorgemelt,  verfQrisch  Sekt  der  widertanff  und 
was  wie  vorsteht  daran  hangt,  und  zusag  und  verpflicht  mich  hiemit,  ob 
ich  gleich  lenger  leben  solt,  das  ich  der  Christenlichen  Kirchen  anhängen 
und  mich  davon  kainswegs  absundern,  auch  in  solichem  guetem  fürsatz 
mit  der  gnad  und  hilf  gottes  sterben  und  bleiben  will.  Also  bitt  ich  mir 
got  zu  helfTen  und  all  heiligen.  Actum  29.  August  1530. 

Innsbr.  Statth.-Arch.,  Catisa  Domini  IH,  14S/2. 

Nr.  6. 

Die  oberösterreichische  Raitkammer  bittet  den  König  Ferdinand 
in  Anbetracht  der  aus  den  Wiedertäuferprocessen  für  sie  er- 
wachsenden Kosten  ihr  die  eingezogenen  Güter  der  Wiedertäufer 
für  die  täglichen  Ausgaben  in  diesen  Angelegenheiten  zu  über- 
lassen, —  Innsbruck,  1531,  August  4. 

Allerdurchleuchtigister.  Großmachtigister  Khunig,  allergnedigister 
Herr.  WirTernemen  aus  etlichen  E.  E.  M.  Befelhen  an  uns  ausgegangen, 
daß  etwann  Finantzen  und  Expectantzen  auf  der  widorteuffer  gueter,  so 
zu  der  chamer  hannden  eingezogen  werden,  und  die  doch  klain  sind, 
nrsach,  daß  vil  dai'under,  so  nicht  klaine  unerzogne  kinder  und  weder 
ligendts  nach  varendts  verlassen,  und  doch  vil  und  grosser  cosstung  auf 
die  Personen,  so  sich  der  widei*tauf  tailheflFtig  machen,  mit  zu  wegen 
pringen  yerer  person  und  sonnderlich  der  vorsteer,  darauf  besonder  knecht 
und  leut  mit  dargebung  der  Tay  gelegt  und  bestellt  werden,  darnach  mit 
Haltung  und  versehung  der  fengkhnus  auch  rechtfertigung  und  feiTer 
Tolziehung  zu  straf  irer  personen,  wie  sich  dann  dem  Rechten  nach  ge- 
pnrt,  auferlaofft,  sonnder  auch  mit  einziehung  irer  gueter,  so  der  etwaß 
gefunden  und  verlassen  werden,  auch  vil  cosstung  geet,  der  aller  E.  K.  M., 
wo  anders  dieselb  solch  haimgefallen  gueter,  als  pillich,  haben  will,  und 
wo  die  begert  und  ersucht  werden,  dagegen  bezalen  soll  und  mueß,  der 
doch  noch  bisher  nicht  so  gar  vil,  noch  groß  eingezogen  noch  gefallen 
ist,  als  doch  der  chamer  ain  gi*oße  tagliche  und  merere  außgab  auferlegt 


576 

wuerdet,  dai*zu  die  auf  solch  und  ander  dergleichen  ausgab  mit  gelt  nit 
alzeit  gefasst  sein  mag:  in  ansehung  desselben  wir  E.  £.  M.  und  der 
Camer  zu  guet  verursacht,  solche  E.  K.  M.  anzuzaigen,  ain  gnedige  ein- 
sehung  zu  thuen^  der  gestallt,  daz  E.  M.  dieselben  guetter  und  gefeil,  auf 
solche  täglich  ausgab  furan  unverhindert  solcher  Expectanzen  erfolgen 
liess  und  weiter  niemands  zu  geben  verwilligte,  wie  ungezweifelt  K  M. 
derselben  camer  notturfFt  hier  inn  wol  zu  bedennken  hat,  uns  damit  E.  M. 
underthenigist  befelhendt. 

Datum  Ynnsprugg  am  vierten  tag  Augusti  anno  etc.  XXXI. 

E.  K.  M.  underthenigist  gehorsame 
Räte  der  Oberösterreichischen  Baitcamer. 

Gleichzeitige  Copie  in  der  ▼.  BecVschen  Sammlung. 

Nr.  7. 

König  Ferdinand  befiehlt  den  Richtern  zu  Sterzing  und  St  Pet^rn- 
berg,  dem  Pfleger  zu  Oufidaun  und  den  Pfandherren  zu  Sitten, 
Rodeneck,  Lienz  wnd  Kitzbiichl,  mit  mehr  Ernst  als  bisher  die 
Wiedertäufer  auszurotten,  ihre  Häuser  unter  Umständen  nieder- 
zubrennen, ihre  Vorsteher  auszukundschaften  und  auf  ihre  Ge- 
fangennahmt Preise  von  60,  70  bis  100  Gulden  auszusetzen,  — 

Innsbruck,  1533,  Juni  18. 

Ferdinand  von  gottes  gnaden  .  .  .  Getrewer.  Wir  vernemen,  daß 
über  die  vilfeltigen  unsere  ausgegangne  mandata  und  bevelh  die  verfurisch 
Sect  der  widertauff  noch  kain  aufhör  habe,  besonder  dieselb  im  gericht 
Stertzingen,  dergleichen  anderr  ort  mer,  von  tag  zu  tag  einwurtzle  und 
sich  weiter  einreisse,  daraus  uns,  unsern  Furstentumben,  Landen  und 
Leuten  auch  aller  oberkait  und  orberkeit  nit  klaine  soi'g  und  ferlichait 
steet;  Uns  gelangt  auch  an,  daß  über  unser  gesetzte  straffen  bemelten 
widei-taufferischen  personen  etwan  in  deiner  Verwaltung  underschlaiff 
und  herberg  gegeben  werde,  sich  auch  die  vorsteer  solcher  Secte  darinn 
enthalten  sollen,  das  alles  uns  nit  zu  klainem  mißfallen  raicht,  daz  zu 
handthabung  unserr  mandata  nit  mit  mererm  vleiß  und  ernst  gehandlt 
wii'dot:  demnach  ist  unser  ernstlicher  bevelh  an  dich,  daß  du  zu  aus- 
reittung  dieser  verfurischen  Sect  nu  hinfur  mit  mererm  fleiß  und  ernst, 
dann  bißher  beschehen  ist,  handlest,  und  dorohalben  in  den  Wäldern, 
Höltzern,  auf  den  Alben  und  Telern  allenthalben  gut  aufsehen  und 
kundtschafft  habest  und  bestellest,  damit  die  pei*sonen  zu  vängknus  ge- 
bracht, auch  gegen  denen,  so  inen  underschlaiff  geben,  innhalt  der  man- 


577 

data  mit  8ti*aff,  auch  y6i*pr6DnQng  der  hewser  oder  wonungen,  darynn  die 
beBamblungen  gehalten ,  stracks  fargangen  werde,  auch  sonderlich  in 
guter  gehaim  vleiß  habest,  ob  du  ain  tag  irer  besamblung,  so  sy  zu  halten 
vorhetten,  erfarn,  daboj  die  vorsteer  auch  betretten  werden  möchten  und 
in  solchem  kaine  costen,  müe  noch  arbeit  sparest;  und  nach  dem  diese 
Sect  nit  baß  ausgereut  werden  kan,  dann  so  die  vorsteer  zu  yänghnus 
gebracht,  so  wellest  deshalben  auf  ain  vertraute  geschickt  person  bedacht 
sein,  dieselb  dahin  anrichten,  dass  sy  sich  zu  den  Widertauifem  liebe,  in 
dem  schein  ir  Sect  anzunemen  und  sich  taufTen  zu  lassen,  und  daß  dann 
dieselb  person  dir  anzaig  und  wegwais  gebe,  wie  und  welcher  gestalt  die 
vorsteer  anzunemen  und  zu  betretten  seyen.  Wir  bewilligen  auch  hiemit, 
welcher  ainen  vorsteer  anzaigt  und  zu  vänghnus  bringt,  daß  dem  oder 
denselben  von  ainem  yeden  ain  Suma  gelts,  nemblich  von  sechtzig,  sibentzig 
und  biß  in  hundert  gülden  nach  gelegenheit  der  peraon  und  der  mue,  so 
deshalben  gehalten  worden,  bezalt  werden  sollen.  Daz  wir  dir  des  wissen 
zu  haben  nit  wellen  verhalten;  beschicht  auch  an  dem  unser  ernstliche 
maynung. 

Datum  Ynsprugg  am  XVIU.  tag  Juny  Anno  domini  1533. 

X..  , .  f  Stertzingen. 

An  Eichter  zu  <  ^     ^  ^  ° 

[  Sant  Petersperg. 

An  Pfleger  zu  Gufidawn. 

/  Bitten. 

In  simili  an  die  pfandtherren  zu  <  ^ .    ^ 

1  Lientz. 

l  Eitzpuhel. 
Gleichz.  Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 

Nr.  8. 

Vermerckht  Valtein  Luckhners  aus  Taufers  vrgiht  und  be- 
kantnus,  so  er  an  und  mit  marter  verjechen  hat.  Vor  Lien- 
harten  Mair  am  Creuz  Statrichter.  In  beisein  Godthardtn 
Widenman,  Hainrichen  Lofflholtz  und  Cristoffen  Moser  als 
geschwornen  am  sechsten  tag  Octobris  Anno  im  XXXIII^'*. 

Anfanncklichen  hat  er  bekant,  das  ain  schuechknocht ,  genant 
Mathe 8  des  messners  an  der  phar  in  Taufers  brueder,  so  beym  Petter 
schuester  gedient,  Ime  Valtein  in  seinem  haus  ietzt  Weynachten  vier  jar 
lang  gearbait,^  der  nachmals  im  Pairlandt  gestorben  ist.    Da  hab  er, 

>  1629. 


\ 


678 

Valtein»  ain  Testamentpuechl  gehabt,  offten  darin  gelesen,  hab  gemelt^r 
Mathess  schuechknecht  zu  ime  Valtein  gesagt,  ob  er  dem  aber  also  nach- 
kome,  wie  er  llss  nnd  angetzaigt.  Man  mues  glauben  in  ainen  got,  wie 
es  dan  der  glauben  ausweist. 

Darauf  er,  Valtein,  geredt,  er  glaub  also.  Darwider  Mates  ge- 
antwurt:  Es  geher  mer  darzue;  man  mueß  nach  dem  willen  gottes  leben 
und  nach  dem  glauben  getauft  werden.  Und  der  Eindertauf  sey  vom 
Pabst,  aber  die  ietzig  tau  ff  sey  Ton  got  gesetzt,  und  er  Valtein  mueß  sich 
tauffen  lassen,  dem  bevelch  gottes  nachfolgen.  Er,  Valtein,  den  Matessn 
geforst,  wo  er  ainen  mecht  bekomen,  der  ine  tauffet.  Mates  geantwurt: 
ZuAugspurg  und  ime  also  ful  woi*t  gottes  furgehaltn. 

Damach  hab  er,  Valtein,  kain  rue  gehabt,  sonnder  der  sachn  für 
und  für  nachbedacht. 

Und  über  ain  zeit  sey  Peter  Gerber  sein  brueder  mit  sambt  dem 
krumpen  schuester,  so  auch  mit  disem  glauben  begossen  gewesen,  seind 
zu  ime  Valtein  komen  und  gleicheimassen  solche  reden,  wie  Math  es 
schuechknecht  ime  Valtein  vorgesagt,  er  sy  gefragt,  wo  er  dan  ainen  fnr- 
brächt,  der  ine  tauffet;  sy  geredt:  wellen  ime  wol  ainen  diener  gotes  zue- 
senden. 

Nach  solchem,  als  etwo  die  herschafft  dise  handlung  erfarn,  sey  er» 
Valtein,  durch  den  Lienhardtn  am  Creutz,  als  dazumals^  Bichter  in 
Tauffers,  für  ine  eiforderth  und  ime  Luckhner  verpotn  des  Peter n 
Gerbers  muessig  zu  geen,  dann  er  war  vertribn  worden. 

Nach  solchem  sey  sein  fleyschbrueder  Peter  Gerber  und  Hannsl 
Kr  um  schuester  weg  getzogen,  widerrueft  und  sich  dem  teufl  ergeben. 

Und  im  monat*  vor  dem  Auffertag  (Mai  26)  letzt  verschinen  dreu 
Jar  sey  der  Jacob  Huetter  und  ain  tischlor,  der  seidmals  zu  Kopfstain 
oder  Ratenborg  gericht  worden,  zu  ime  Valtein  in  sein  hausung  komen, 
essen  und  trinckhen  begert,  des  er  Inen  geben.  Huetter  under  anderm 
zu  ime  gesagt,  ob  er  die  götlich  warheit  wissen  welle.  Er  geantwurt: 
Ja,  wan  er  nur  ainen  hytt,  der  nue  die  saget,  und  also  so  vi  11  mit 
einander  beret  und  beschlossen,  daz  sy  aus  dem  haus  in  Au  gangen 
soindt  und  nachmals,  als  der  Huetter  mir  die  gotlich  warhait  und  tanflT 
furgehalten,  derselben  nachzuleben;  darauf  er,  Valtein,  nider  knuet,  got 
gebotn,  ime  seine  syndt  zu  vertzeichen.  Darnach  hab  Huetter  gerodt, 
ob  er  glaub  in  got  dem  herrn,  in  Jesum  Cristum  und  in  die  heiligen 
cristenlich  Kirchen,  er  geantwurt:  Ja.  Darauf  Huetter  gesagt:  Jetzt 
seyen  dir  deine  sundt  von  got  vergeben,  und  er  mues  seinem  vleisch  und 


»  Nov.  1530.         2  April   1530. 


I 


579 

plnet,  weib  und  kindt  absagen,  verlassen,  nnd  darnach  ain  wasser  ge- 
nomen,  Ine  Valtein  getauft  im  namen  vaters,  suns  und  heiligen  geists. 
Darnach  sey  er  Valtein  Ton  inen  anhaim  gangen  und  sy  lang  nit  gesehen. 

Dann  zu  sand  Martein  tag  (11.  Nov.),  als  sein  Diern  auch  der  sect 
halben  in  Tauffers  gefangen  worden,  habe  ine  der  richter  dahaim  ge- 
snecht,  aber  er  sich  auf  die  padstnben  verporgen,  daß  der  richter  ine, 
Valtein,  nit  gefunden.  Dieselb  nacht  sey  der  Jacob  Huetter  und  Hansl 
Mai r  zu  ine  Valtein  in  sein  haus  komen  und  ine  Luckhner  dieselb  nacht 
hin  zu  seinem  pruedem  Petter  Gerber,  so  im  obern  dorff  zu  Prauneggen 
in  ainem  sondern  haus  gewesen,  gefuert  und  alda  beliben,  bis  sein  brueder 
in  Märhern  getzogen  ist. 

Nachmals  er,  Valtein,  mit  seinem  bruedern  als  Jörgen  Vasser, 
Jeronimen  Schreiber  zu  Eopfstain,  seiner  hausfrauen,  Lamprechtea,  der 
seydmals  zu  Stertzingen  gericht  worden,  und  andern,  der  merer  tail  aber 
in  Märhern  gezogen,  allenthalben  in  den  waldern  umbgangen,  gemain 
gehalten.  Wann  sy  zu  ainer  gemain  gangen  seindt,  alle  sachn  schon 
Torhin  durch  den  Hansl  Mair  und  ander  brueder,  die  er  darzue  verordent, 
berait  gewesen. 

Beym  Schraffl  zu  Michelspurg,  so  ir  brueder  gewest  und  gericht 
worden  ist,  haben  sy  ir  undterhaltung  gehabt.  Jacob  Huetter,  Hans 
Tuchmacher,  Hannsl  Mair  seindt  auch  beym  Schraffl  gewest. 

Sy  seind  sonst  nyndterth  dan  bey  iren  bruedern  in  heusern  ge- 
wesen als  beym  jungen  Hu  eher  zum  ersten  ain  Jar,  und  darnach  als 
derselbig  yerkaufft,  bey  dem  alten  Hueber  in  Gdtznperg  seinem  vattern 
auch  ain  iar  underhaltung  gehabt. 

Darnach  sey  er  mit  ainem  diener  Cristl  genant,  so  zu  Guffidaun 
gericht  worden,  gen  Rasen  gezogen  aber  nyemandt  gefunden,  sonnder  Ir 
brueder  achtzehen  gefangen  worden,  darnach  als.  sy  niemandt  gefunden, 
seyndt  sy  in  der  gemain  Käser  gangen,  prot,  schmaltz  essende,  speys, 
so  ir  brueder  daselbst  verlassen,  gesehen,  dieselbig  genomen,  in  staunden 
verporgen;  in  dem  haben  sy  die  schörgen  gehört,  seind  sy  geflochen. 

Die  brueder  und  Schwestern,  so  zu  Rasen  gehaust,  als  Cristl  Contz, 
sein  weib,  so  widerumben  abgestanden,  Martein  Steinckhler  sein  weib, 
ainer  genant  Kaiser,  sein  weib,  so  all  vier  in  Märhern  gezogen,  die  alt 
Stainklerin  ist  abgestanden  und  der  dasigen  brueder  knecht  und  diernen, 
so  er  mit  namen  nit  anzuzaigen  wais,  die  haben  den  andern  biniedern 
und  Schwestern  profant  (sie)  zuegetragen. 

Darnach  widerumben  zum  Schraffl,  nachmals  zum  Hueber  im 
Götznperg  gangen,  ainer  da  gewesen  Michel  Hueber  genant,  und  der 
Bla^y  hat  das  wort  gottes  gepredigt  und  das  gantz  hausfolkh  getaufft. 


580 

Der  Hueber  ist  mit  weib  und  kint  in  Märheiu  getzogou. 

Nacbmals  seind  sy  zu  Pblaurentz  zu  der  Baderinn  gangen,  sy  ge- 
taufft.   Ist  nacbvolgendt  in  Märbern  abgestorben. 

Darnacb  zu  Vilnes  undter  ainem  koffl  zu  der  gemain  getzogen, 
alda  ir  achtzig  ongeverlichen  brueder  und  Schwester  drey  tag  bey  einander 
gewest,  welche  dann  zum  merern  tail  in  Märhem  getzogen  und  ir  Til 
gericht  worden.  Und  am  tritten  tag  seyen  ungeverlichen  yiertzig  haiden 
zu  Inen  komen,  Ir  gespot. 

Als  solche  gemain  ausgewesen  und  sich  geendet  hat,  seyen  sy  Yon 
einander  zu  iren  pruedern  und  Schwestern  in  daz  Pustertal  und  allent- 
halben umbgetzogen. 

Platzer  auf  Gulfidaun  ist  auch  in  disen  secten  getaufft  worden 
und  in  Marhern  getzogen. 

Darnach  ist  er,  Yaltein,  mit  dem  Jacob  H netter  gen  Stei*tzingen 
gangen  auf  den  Tulffer  zum  Taler,  inen  die  warhait  furgehalten,  den 
Tulffer  Taler  und  sy,  nachmals  die  tochter  biß  in  die  zechen  personen 
getaufft.  Ainer  gehaissen  Niclas,  so  zu  Qufiftdaun,  aine  genant  G^rdraut, 
80  zu  Stertzingen  gericht  worden  seindt,  und  aine,  Anna  genannt,  ist  zu 
Stertzingen  gefangen  gelegen,  die  andern  seyndt  in  Mähern  gezogen. 

Nachmals  seyen  sy  zum  Caspar  am  Puchl  gangen,  Ine  und 
sy,  ir  tochter  und  aiden  oder  sun  getaufft.  Der  vater  und  die  mueter 
seynd  in  Märhern  verruckht,  aber  die  andern  zwo  personen  wyder- 
umben  abgestanden. 

Beym  taler  haben  sy  gemain  gebalten.  Darbey  ist  Tom  an  Weber 
gewesen,  so  zu  Stertzingen  abgestanden  ist.  Nach  diser  gemain  seynd 
sy  ganngen  auf  Schunders  zum  Bernhardt,  allda  ine  und  sy  getaufft, 
80  dann  mit  «liner  dochter  in  Märhern  verruckht  seind.  Aber  die  sun 
disen  glauben  noch  die  tauff  nit  annemen  wollen. 

Im  Pusstertal  in  ainemwaldhinder  Michelspurghat  JorgVasser 
von  Kutzpuchl  gemain  gehalten  und  in  kain  haus  dann  zum  Schrat 
gangen,  darbey  ongeverlichen  zwainzig  oder  dreissig  personen  gewest,  als 
der  Tuechmacher,  Onofrus,  Lamprecht,  Hännsl  Mair,  Schraffl  und  Stoffl  sein 
knecht,  so  beide  gericht  worden  seyndt.  Die  andern  hab  er  nit  all  erkeant. 

Wynters  zeitten  haben  sy  sich  bey  iren  Schwestern  und  pruedern, 
so  unvertriben  gewesen,  aufenthalten,  als  zum  Schafifer  bey  Stertzin^n 
und  Martein  Bad  1er,  die,  dann  auch  ire  hausfrau,  alle  in  disem  glauben 
gewest  und  widerumben  abgestannden  seind,  alda  lange  zeit  sich  ent- 
halten und  zum  Schaffer  zwaymal  gemain  gehabt,  darbey  Paul  6  all 
sein  weib  und  ander  mer,  die  seydmals  gencht  worden  und  in  Marhern 
getzogen  gewesen  seind. 


581 

Nachmals  ob  Praitenperg,  ob  Leuffers  undter  Potzen  gelegen, 
gemain  gehalten,  die  speis  vom  Mair  anf  dem  Bitten  genomen.  Uli  auf 
Praitenberg  hat  sich  und  sein  weib  tauffen  lassn,  aber  sy  widerumben 
abgestanden. 

Cristl  AI  sei  der  aus  Y  ilnes  ist  allenthalben  wol  bekannt  gewesen, 
der  hat  inen  essen  und  trinckhen  znegetragen. 

Darnach  haben  sy  sich  in  ainem  Waldt  of  Guffidaun  nidergelassen, 
acht  tag  gmain  gehalten,  ongeverlich  ir  achtzig  gewesen;  seind  die 
Schergen  komen,  etliche  gefanngen  und  die  andern  vertriben. 

Der  Jacob  Hu ett er  ist  14  tag  vorhin,  emals  sy  gmain  gehaltn,  zu 
sein  des  Luckhners  schwager  und  Schwester  Hainrich  und  Trondi  genant, 
so  beym  Weissen  in  Guffidauner  gericht  an  der  herberg  gewesen  und 
nachvolgendt  in  Märhern  verruckht,  komen,  inen  bevolhen,  sy  sollen  zue- 
richten,  er  welle  gemain  halten.  Aber  der  Weis  hat  nicht  darumben 
wissen  gehabt. 

Beym  Peter  Pinder  zu  Clausen,  so  gefangen  worden  und  wyder- 
rueft  hat,  desgleichen  bey  sein  des  Luckners  Schwester  Trondi  ir  aufent- 
haltung  gehabt. 

Zween  ochsen  haben  sy  beym  Mail-  ob  dem  Ritten,  als  er  weg- 
gangen, genomen  und  zu  der  gemain  yei*praucht. 

Beym  Paul  Gallen,  emalen  er  zu  Sterzingen  gefangen  worden, 
haben  sy  gmain  gehalten,  darpey  30  personen,  so  zum  tail  vorgemelt  ge- 
wesen, der  hab  inen  essen  und  trinken  geben,  seind  bey  der  nacht  aus 
und  ein  gangen,  daz  die  nachperschafft  kain  wissen  gehebt. 

Im  Freyenperg  seind  sy  ongeverlichen  acht  oder  neun  wochen 
gewesen,  gemain  gehalten,  ire  naiung  aus  Pias  bey  Serntall  in  das 
gericht  Sinesy  (sie)  gehörig,  genomen  und  fünf  haushaben  als  zum  Epp, 
Wegman,  alten  Pigauer,  zu  der  Maurerin  und  noch  eins  des  namen 
er  ietzt  nit  wais,  ausgelert,  die  speis  in  freyen  getragen  und  zween  eyn 
zum  Eppen  genomen,  die  sich  durch  Durnholtz  heraus  getriben  und 
abgeschlagen. 

Beym  Pecklhauben  haben  sy  in  dem  stall  gmain  gehaltn,  seind 
irer  bey  sibenzig  personen  gewesen,  aber  der  Pecklhauben,  der  nit, 
sonder  sein  weib  wol  wissen  gehabt,  er,  Valtein,  sey  offt  hinab  zum  Peckl- 
hauben umb  profant  gangen  und  bezalt.  Seydmals  aber  der  Peckhlhauben 
gefencklichen  gelegen  und  (als  er  gebort)  umb  ainhunderth  gülden  gesti'aft 
worden,  hab  der  Peckhlhauben  inen  verrer  nicht  mer  geben  wollen. 

Beym  untern  Salier,  in  Neustiffter  hei-schaflPt  gesessen,  haben 
sy  zu  zeit  ain  hin-  und  hergeen  ir  zueker  und  underhaltung  gehabt  und 
beym  obern  Salier  nur  ain  mal,  die  inen  essen  und  trunkhen  umb  das 


582 

gelt  geben y  auch  bede  wissen  getragen,  daz  sy  des  glanbens  und  brueder 
sein.  Ain  pueb,  so  der  ündtersaller  hof  znegebört,  der  ist  im  Jauffen 
tal  getaufft  worden  und  in  Mäi'hern  verruckht,  der  hab  sj  alda  zu  den 
Salem  gefuert.  Seydmals  aber  die  Salier  durch  den  Probst  in  der  Neu- 
stift, der  inen  getrot,  ire  heuser  zu  vei*prennen,  gestrafft  worden  seindt, 
haben  sy  inen  auch  nicht  mer  geben  wellen. 

Als  die  Paul  G all  in  noch  bei  haus  gewesen,  haben  sy  die  essen 
der  speis  von  ir  genoroen  und  in  die  walder  getragen.  Er,  Valtein,  sey 
ainsmals  zum  Oberseber  zu  varen  komen  und  geredt,  ob  er  inen  nit 
etwas  guets  tun  welle.  Er  Seher  geantwurt:  hab  vormals  ain  dim  des 
glaubens  gehabt,  aber  er  des  nit  gewist,  ander  lent  wol,  und  habs  der- 
halben  muessen  wegtun  und  sy  sollen  von  ime  gen,  er  kam  in  schaden. 
Er  sey  sonst  arm. 

Zum  Stockner  am  Cleusle  sey  er,  Valtein,  auch  ainsmals  umb 
profant  komen,  aber  ime  nicht  geben  wellen,  geredt,  er  mocht  in  schaden 
dardurch  waxen. 

Zum  Platner  seind  sy  seines  wissens  nicht  komen. 

Der  wirt  zum  Mittenwaldt  ist  zu  Stertzingen  gefangen  gelegen, 
umb  gelt  gestrafft  worden,  der  hat  ainen  knecht  Waltzl  genannt,  so  ge- 
rieht  worden  ist,  und  ain  Köchin  Margreth  gehabt.  So  ist  beym  Hansen 
Man,  der  zu  Stertzingen  gfangen  und  gestrafft  worden,  ain  diern  Katerina 
gehaissen,  gewesen;  die  dreu  personen  seind  seines  bedunckens  durch 
den  Huetter  getaufft  worden,  die  haben  inen  ain  hin  und  her  ziehen, 
haimlichen  furschub  und  underhaltung  in  stal  zuegetragen. 

Lechner,  Pungleider  zu  Grasstein  haben  inen  vormals  wol  essen 
und  trunckn  geben,  aber  seydmals  daz  sy  zu  Stertzingen  gefangen  ge- 
legen und  um  gelt  gestiafft  worden,  haben  sy  inen  nicht  mer  geben  wellen. 

Die  nachpauren  auf  Spiluckh  haben  inen  nicht  geben  wellen,  wie 
er,  Valtein,  von  seinem  bruedern  bericht  worden.  Sey,  haben  sy  geredt  zu 
den  bruedern,  sy  sollen  weg  ziehen  oder  aber  sy  wollens  der  herschaft 
anzaigen.  Er  wais  nit,  wie  die  nachpern  mit  namen  haissen ;  er  ist  selbst 
nit  auf  Spiluckh  gewesen. 

Aus  Flackh  in  des  Gärtners  alben  haben  sy  14  haubt  vich  jerig 
und  zwayjerig,  ain  kue  so  des  Gaismairs  von  Stertzingen  gewesen,  ge- 
nomen  und  über  Baffen  Stainer  alben  getriben,  abgeschlagen  und  zu 
der  gmain  verzert. 

Des  Baismers  sun  von  Stertzingen  unter  Mauls,  vater,  muetter 
unnd  tochter  seind  in  disem  glauben  und  in  Märhern  gezogen. 

Er  Valtein  ist  bey  der  gmain  im  Götzenberg  gewesen,  habn 
Hueter  und  Tuechmacher  gepredigt  und  Hueter  daselbst  von  inen 


583 

Urlaub  genomen^  in  Märhern  zu  verruckn  willens  gewest.  Dai-nach  ist  er 
widerumben  sambt  dem  Hänsl  Decker  in  Freyberg  gangen  und  die 
andern  seindt  zu  Märhem  yerrueckht. 

Aus  dem  Freyenperg  haben  sy  die  geschwistritn  gen  Mährhern 
gesandt  und  der  Tuechmacher  sey  zu  ime  komen,  ine  Valtein  in  das 
Pustertal,  die  geschwistritn,  so  tuechmacher  daselbst  gewist,  zu  schicken, 
fueren  wellen,  seind  si  über  Bindlerpruggen  und  über  Bodnegger  alben 
gangen,  vormals  und  ietzt  daselbst  irn  weg  im  Götznperg  gehabt. 

Verrer  bekannt,  als  der  Tuechmacher  und  er,  Valtein,  ongeverlichen 
umb  mitternacht  gen  Nidervintl  komen,  sey  der  Tuechmacher  zu  dem 
neuen  haus  gangen,  er  Valtein  dieweil  beym  Getzntempel  beliben,  nach- 
mals der  Tuechmacher  widerumben  zu  ime  komen,  ine  mit  ime  gefuert 
und  über  den  scheutterkasten  auf  hin  in  das  haus  eingestigen  in  die 
kamer,  zu  der  Mairin  und  ir  tochter  gangen.  In  dem  sey  Baisar  Mair- 
hofer  ain  mal  zu  inen  komen,  fro  gewesen,  aber  der  Fetter  Lantz  hab 
sy  bede  nit  gewist.  Und  wie  sy  also  bey  einander  gewest,  hab  die  alt 
Mairin  zu  ainem  Falckhen  hinausgeschaut  und  darnach  inen  gesagt:  es 
lanffen  die  schergen  unten  im  gaii;en  umb,  sy  wellen  euch  fachen.  Auf 
solches  hab  er  wie  sie  fliehen  wellen,  hab  er  Valtein  den  haubtmann 
gleich  auf  dem  östrich  vor  der  stuben  gesehen  und  nit  fliehen  künden. 

Weitter  bekannt,  daß  er  durch  seine  prueder  den  merern  tail  in  das 
Etschlandt  geschickht  und  ime  bevolhen  worden,  allenthalben  wo  er 
brueder  wis,  samtzusuechen;  was  dann  die  andern  brueder  in  der  mitler  zeit 
seines  abwesens  gehandlt  oder  profant  genomen  haben,  ist  ime  nit  wissent. 

Er,  Valtein,  sey  ain  Zeitlang  kranckh  gewesen  und  seinen  ge- 
schwistriten  kain  undterhaltung  zuetragen  mugen. 

Der  Jacob  Huetter  hab  ime  Valtein  ongeverlichen  bey  ainem  jar  ver- 
schinen  hunderth  gülden  geben,  die  hab  er  den  bruedern  und  Schwestern, 
so  in  Märhern  gezogen,  ausgetailt. 

Und  wan  ains  ain  prueder  oder  Schwester  worden  ist,  hat  ains  zu 
Zeiten  im  1  oder  2  gülden  geben,  die  hab  er  darnach  auch  undter  inen 
widerumbn  ausgetailt. 

Als  Baisar  Mairhofer  und  sein  häufen  nach  der  erstem  irer  ge- 
fangnus  noch  nit  vertriben  und  cristen  gewesen  seind,  ist  er  Valtein 
und  ein  Schneider  aus  Kärntn,  der  auf  Guffidaun  gericht  worden,  zu  dem 
Mairhofer  in  das  elter  haus  gangen,  alda  beliben,  bis  auf  die  ander  nacht 
und  darnach  weg  geschiden. 

Ain  diem,  so  des  Talers  aus  Tulfer  tochter  ist,  dergleichen  ain 
knecht,  der  nachmals  gericht  worden»  und  baide  des  glaubens,  seindt 
dazumal  beym  Mayrhofer  zu  Nidervintl  dienstweise  gewesen. 


584 

Bey  der  gmain,  so  letzt  zam  iungsten  im  Qötzenperg  gehalten 
worden,  ist  er,  Yaltein,  auch  erschinen,  aber  krank  gewesen,  hat  Taech- 
macher  inen  gepredigt  und  ist  alle  sachen  ain  und  anders  schon  beraitt 
gewesen  durch  den  Hannsl  Mair,  dem  es  bevolchen  ist.  Wo  sy  den  oxn 
genomen  haben,  wais  er  nit. 

Dem  Brueder  Conntzen  hab  man  gelt  in  Marhern  zue  tragen  auf- 
gebn,  wes  es  aber  gewesen,  wis  er  nit  aigentlichen,  wol  vermain  er,  es 
sey  des  Baiser  Mairhofers  gelt. 

Als  Christus  der  herr  auf  erdrich  gangen,  sej  kain  kirchen  ge- 
Wesen,  sonder  alain  der  templ,  den  Salomon  zu  Jhernsalem  zu  pauen 
bevolhen  hat. 

Der  pfaff  sey  der  erst  hnerer,  sy  bedurffen  nit  weiber  nemen  aber 
hueren  wol  halten. 

Die  möss  sey  nicht. 

Das  sacrament  halt  er  für  nicht;  es  sey  nichts  anders  dan  ain  mel, 
ain  prot  und  des  teuffies  gangl  werth.  Der  pabst  habs  aufpracht,  der 
sey  ain  diener  des  teuffls. 

Der  pfaffen  predigt  halt  er  für  nicht;  sy  predigen  das  evangelium 
nit,  so  sey  es  den  pfaffen  nit  bevolhen,  aber  dem  Huetter  sey  es  von 
der  gmain  gotes  bevolhen. 

Die  kindertauff  halt  er  für  nicht.  Cristus  hab  nit  bevolhen,  die 
kinder  sonder  die  glaubigen  zn  tauffen.  Die  kinder  werden  durch  den 
heiligen  geist  getaufft. 

Der  priester  peicht  halt  er  für  nicht,  sonder  Christus,  der  herr  hab 
zu  dem  ainen  aussatz,  so  gerainigt  worden,  gesprochen.  Er  soll  sich  dem 
priester,  das  er  rain  sey,  erzaigen. 

An  die  Junckhfrau  Maria  glaubt  er,  daz  sy  Jesum  Cristum  geporn 
und  vor  auch  nach  der  gehurt  ain  rain  Junckhfrau  ist. 

Die  pfaffen  halt  er  für  falsche  propheten. 

Die  prueder,  so  im  Götznperg  gewesen,  seind  in  Mäi*hem  ge- 
tzogen,  aber  der  Hannsl  Decker  und  Hannsl  Maurer  möcht  noch  im 
Pustertal  sein. 

Er,  Valtein,  wil  von  disem  glauben  nit  absteen.  DaiTor  welle  ine 
die  gnad  gottes  behueten,  sonnder  mit  der  hilff  und  craft  gottes  darin 
verharren,  den  todt  leiden  und,  das  es  di  getlich  warhait  sey,  mit  seinem 
pluet  und  leib  bezeugen,  als  war  im  got  helf. 

Und  was  man  sich  an  ime  verrer  zu  gichten  veraunden  welle,  er 
stee  doch  nit  ab. 

Orig.  Pap.  9  Ell.  fol.  t.  Beck^sche  Sammlung. 


585 

Nr.  9. 

Vitzentzon   Puchlers   Wyderteuffers  Bekantnuss. 

(1533  Nov.  11). 

Nemblichen  das  er  pey  aim  Maister  dient  und  do  haimat  in  seines 
vattiers  hauss  zwen  Widerteuflfer,  der  ain  Hannss  Tuechmacher,  der  ine 
Chentzen,  nachmals  in  Yilless,  wideiiiaufft,  der  ander,  Paul  Pekh  ge- 
nant, gefunden,  die  ine  ongeverlich  in  der  ersten  Vastwochen  dits 
XXXIII*®*  jars  mit  inen  von  Haymat  aus  aufiF  Khlausen  zue  gefuert  Die 
erst  nacht  zum  Weyssensee  bey  aim  wiei*t  ubernacht,  die  ander  zu 
Lnentz  in  der  Statt,  in  aim  hauss,  dohin  sy  bey  der  nacht  khumen  und 
ain  gantzen  tag  in  aim  gwelb  verpoi*gn  gelegen.  In  welchem  hauss, 
hausswii-t  und  sein  hausfraw  paide  alt  Leut  gewesen  und  zwo  stubn  auf- 
nander  sein,  des  er  aber  nit  nennen  noch  anzuzaigen  wiss.  Davon  aus 
aber  bey  der  nacht  gangen.  Die  drit  nacht  gen  Wynnenpach.  Aber 
bey  aim  Schneider  über  nacht  gewesen.  Die  vierd  Nacht  zue  Sand  Geor- 
gen bey  Andreen  Zimerman;  doselbs  sein  aber  meer  widerteuffer  zu 
inen  khumen,  nemblich  Casperl  Grembss  ainer  khlainen  person  auch 
desselben  Grembsen  Schwester.  Die  fünflft  Nacht  sein  sy  zue  Vintl  bey 
Walthasarn  Grembsen,  die  sechst  nacht  zu  Khlausen  pey  aim  pinter,  der 
ain  alter  gi'osser  man  sey,  so  er  nit  nennen  khund,  ubernacht  gewest, 
und  von  dannen  in  Lusen  aufif  die  Alben  khumen.  Davon  man  sy  veriagt. 

Verrer  bekhenter,  das  Jacob  Huetter,  irVorsteer,  ain  gelbsludens 
Bökhl,  praun  hosen,  ain  schwai-tzn  Mantl  und  ain  schwartz  schlappl  aufftrag. 

Auch  der  Hannss  Tuechmacher,  Vorsteer,  ain  grauen  Wappn  Rockh, 
lang  Münchner  tuechs  und  ain  schwartz  schlapl  auftrag. 

Er  bekhent  das  sy,  auch  er,  von  des  priesters  Mess  nichts  gehalten, 
sunder  das  abentmal,  obangezaigt  gepraucht,  für  die  recht  mess  halten. 

Bekhent  Mai'iam  die  Mueter  gottes  für  ain  raine  Junkhfraw  vor 
und  nach  der  gepurd,  ßuch  heylig  sein,  sy  sol  von  den  menschen  geert 
werden,  dan  got  hab  sy  auch  geert. 

Verrer,  das  in  irer  Sect,  auch  er,  dermassen  unterwisen,  die  pild- 
nuss  Cristi,  Marie  und  der  lieben  heyligen  für  nichts  anders  als  für  gotzen 
zn  halten.   Er  hab  auch  ain  Crucifix  zerprochen. 

Weyter,  der  peycht  und  zaichnuss  der  heuser  und  gruess  auch 
ansprechens  halben  hat  er  bekhent  und  daiTon  geredt,  wie  in  Hansel 
Grembsen  bekhantnuss  geschriben  steet. 

Er  acht  auch  nicht  für  guet,  Mariam  oder  die  lieben  heyligen  an- 
zupetten  oder  anzurueffen,  allain  got  anzuruffen  und  anzupetten. 

Orig.  auf  einem  Bogen  Papier,  v.  BecVsche  Sammlang. 
Archiv.  LXXVIIT.  Bd.  II.  Hälft«.  88 


586 

Nr.  10. 

König  Ferdinand  theilt  der  Regierung  in  Innsbruck  die  Be- 
dingungen mit,  unter  denen  die  mit  der  Wiedertaufe  befleckte 
Frau   Helena   von    Freiberg    (Münichau)    begnadigt   wird.    — 

Prag,  1534,  Jan.  6. 

Ferdinand  .  .  .  Wolgeborner,  Edlen  etc.  Wir  haben  Ewer  schreiben 
für  Helena  Anofferussen  von  Frejberg  hausfrawen,  so  mit  dem  widertanff 
beflect  ist  nnd  aber  von  Irem  Irsal  sten,  widermeffen  und  puess  thuea 
will^  alles  Innhalt  vemomen  nnd  weren  gleichwoi  bemelter  Freybergerin 
in  gedacht,  das  sy  nnd  ir  hauswiei*t  ansehenlichs  geschlecht  vom  adl,  daz 
sy  auch  bey  einandern  etliche  Son,  die  sich  in  irem  stannt  erlich  und 
redlich  halten  sollen,  erworben  haben,  für  annder  gemain  personen  gnad 
zu  erzeigen  gnediglich  genaigt,  aber  zu  verhuettung  des  gemainen  mans 
Nachredt  und  das  es  auch  denselben  desst  mer  scheuchenns  und  ain 
Ezempl  gebe,  sich  dest  weniger  in  dise  Secten  zu  begeben  oder  einze- 
lassen,  sieht  uns  für  pesser  an,  das  bemelte  Freybergeiin  wie  ander 
widertaufFte  personen  ainen  offennlichen  widerruef  thue,  welchen 
Ir,  gedachter  Freybergerin,  zu  volbringen  auflegen  sollet,  wo  sy  aber  zu 
demselben  offenlichen  widerrueff  ye  nit  bewegt  werden  mochte,  so  lassen 
wir  zue  und  bewilligen  hiemit,  daß  sy  den  widenuf  allain  vor  euch  thue 
und  nach  beschehen  widerruf  dise  secten  verschwere,  derselben  hinfur 
ir  lebenlanng  nit  mer  anzehangen,  sich  auch  des  nottuiftigklich,  doch  on 
purgschafft,  zu  verschreiben,  das  sy  auch  cristen lieber  Ordnung  nach 
peichte,  das  hochwirdig  Sacrament  emphahe  und  gebuerliche  puess  thue. 
Das  wolten  wir  euch  zu  anntwnrt  und  damit  ir  die  Fi*eybergerin  darauf 
abberuerter  massen  widerumben  zu  iren  guettern  einkomen  ze  lassen 
wisset,  nit  verhalten. 

Datum  Prag  den  sechsten  tag  des  Monats  January  anno  etc. 
im  1534. 

An  die  Regierung  zu  Insprug 

Nr.  11. 

Paul  von  Wolkenstein(s)  Anntwurt  auf  seine  fragestuck  am 

25  tag  Februari  (1534)  über  ander  sein  aigen  handgeschrift 

sambt  der  anhanngenden  Supplicacion. 

Erschtlich  das  ich  nit  zum  sacramendt  pin  gangen,  ist  daz  die  ur- 
sach,  das  ich  gehoil  hab  Spaltung  darin.  Da  pin  ich  dieweil  darin  stil 
gestanden,  ist  meine  nachlässigkait  schuld  gewesen. 


587 

Zum  andern  daz  ich  nit  in  kirchen  pin  gangen,  daz  gestee  ich  nit, 
dan  ich  nie  von  der  kirchen  pin  abgefallen,  wie  manigklich  wol  wais. 

Zum  3.  hab  ich  mich  nit  tauffeu  laussen  (sie)  oder  in  meinen 
sin  nie  genomen  oder  noch  nit  im  willen  han,  kain  andere  tauff  an- 
zunemen. 

Zum  4.,  was  ich  von  den  7  sacramenten  holt;  die  lass  ich  beleiben 
in  allen  eren  und  wirden,  wie  sy  sein,  und  hats  nie  änderst  gepraucht 
oder  noch  nit  prauchen  wollen  dan  wie  von  alter  her. 

Zum  5.,  wen  sy  (Wiedertäufer)  kumen  sein,  das  ist  mir  nit  wissen. 
Dan  man  hats  vor  mir  verporgen  als  vil  man  verpergen  hat  mugen.  So 
pin  ich  den  wenigen  tail  daheim  gewesen.  Aber  wen  sy  da  gewesen 
sein,  so  hat  sy  die  frau  in  irem  Zimer  gehalten. 

Zum  6.,  wo  ich  pey  ainicherlay  versamlung  der  Widertauflfer  ge- 
wesen pin;  das  hab  ich  zu  Auspitz  in  Merhern  gesehen  von  wunders 
wegen,  aber  es  bot  mir  dermassen  gefallen,  dass  ich  darvon  gezogen  pin, 
und  ich  mich  keinswegs  mit  irer  secten  der  Widei-tauflf  eingelassen. 

Zum  7.,  wer  mich  anfankhiichen  dartzue  bewegt  hat,  das  hat  dan 
der  Doman  Liendl  und  der  Schlesinger.  Mit  denselbigen  pin  ich  hierin 
abgezogen,  aber  mich  nit  mit  inen  eingelossen,  weder  mit  der  tauff 
oder  mit  kainerlay  sachen,  die  mir  möchten  zuegemessen  werden  von 
meinen  mißgunern.  Ist  auch  noch  meins  willens  oder  gemuets  nit  dahin 
zu  begeben. 

Zum  8,  was  ich  von  der  junkhfrau  Maria  und  den  lieben  heiligen 
halt;  dieselben  lass  ich  beleiben  in  allen  eren  und  wirden,  wie  sy  got  der 
allmechtige  verordnet  hat  und  die  cristenlich  kirchen  holt.  Der  tauff 
halben  der  kinder  lass  ichs  auch  beleiben,  wie  sy  got  der  allmachtig  ver- 
ordnet hat. 

Gleichz.  Copie  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung.  Das  Original  befindet 
sich  im  Brixener  Archiv,  Lade  112,  Nr.  6,  Lit.  £. 

Nr.  12. 

Ferdinand  L  tkeilt  dem  Statthalter  und  den  Regenten  des 
Regimentes  der  ober  österreichischen  Lande  die  Artikel  der 
Münster  sehen  Wiedertäufer  mit  und  befiehlt,  gegen  die 
Wiedertäufer  und  deren  Gönner  nach  Inhalt  der  ausgegan- 
genen Mandate  aufs  Ernstlichste  vorzugehen,  die  Verfolgung  der 
Wiedertäufer  ,als  grösste  und  toichtigste  Angelegenheit  zu  be- 
trachten* und  drückt   die   Hoffnung   aus,   da^s  mit  Hilfe  ,der 

38* 


588 

böhmischen  Krone'  nunmehr  auch  den  Wiedertäufern  in  Mähren 
ernstlich  begegnet  werde,  —  P^ag^  1634,  März  26. 

Ferdinand  .  .  .  Wolgeborner,  Edlen  .  .  .  Wir  schickhen  Euch  hierin 
etliche  Artiggl  der  widertaufferischen  personen  pundtnnss,  daraus  werdet 
ir  vernemen,  waraof  der  vorsteer  und  Radelf uerer  diser  verdampten 
falschen  und  verfuerischen  Secten  grundt  und  fundament  steet,  nemlich, 
das  dasselb  on  alles  mitl  zu  ersterung  und  Vertilgung  aller  ober-  und  er- 
berkhait,  gericht,  angefangen  und  furgenomjn  ist,  und  das  sy  sich  von 
tag  zu  tag  meren  und  hawffen,  und  wenn  sy  nun  in  ainer  gi'ossen  anzal 
zusamen  khumen  mugen,  das  sy  sich  gewisslich  understeen,  ir  böss  fur- 
nemen  mit  dem  werckh  zu  volziehen,  alle  ober-  und  Erberkeit  underzu- 
drucken  oder  doch  under  dem  gemainen  Man  einen  Aufstand t  und  En- 
porung  zu  erwerkhen,  dardurch  sich  die  vorsteer  und  Radlfuerer  in  ein 
obrigkhait  oder  herschung  eindringen  möchten.  Und  wiewol  wir  hievor 
gut  wissen  getragen,  dass  dise  falsch  verfuerisch  Sect  aus  obberuerten 
bösen  grundt  und  furnemen  entsprungen  ist,  von  deswegen  wir  dann 
nach  wol  erwogner  und  trefflicher  beratslagung  im  anfang,  als  dise  Sect 
eingerissen,  so  ernstliche  Edict  und  Mandata  allenthalben  publicieren 
und  ausgeen,  auch  den  unrat,  so  daraus  volgen  werde,  wie  der  yetzt  er- 
scheint, in  unsern  ausgegangen  Mandaten  notturfftiglich  angezaigt  und 
deshalben  das  cristlich  volkh  zum  offtermalen  genediglich  verwarnen  und 
vermanen  lassen,  sich  vor  solchem  (sie)  falschen  und  veifuerischen 
Secten  zu  enthalten  und  zu  verhueten,  welche  verfuerung  bey  dem  ge- 
mainen Man  ungezweifelt  aus  dem  ervolgt,  das  sy  von  den  Vorsteern 
und  ßädlfuerern  diser  Secten  in  ainem  gueten  schein  Ires  fui'nemens 
falschlich  und  listiglich  betrogen  werden,  das  erscheint  offenbar  aus  dem, 
das  ausserhalb  der  vorsteer  gar  wenig  personen,  so  sych  gleichwol  in 
solche  sect  begeben,  von  den  Aiiiggeln  irer  pundtnuss  und  vrarauf  irer 
pöser  ginindt  und  furnemen  steet,  nit  wissen  haben,  sonnder  inen  das- 
selb verhalten  wirdet,  und  on  allen  zweifei  dai'umb,  das  die  vorsteer  wol 
wisten,  wann  sy  den  grundt  ires  pösen  furnemens,  denen,  so  sy  in  ire 
secten  bewegen,  anzaigten,  das  sich  wenig  personen  verfueren  liesen. 

Das  wir  auch  ain  zeyt  hero  an  vilen  orten  gegen  disen  personen 
auf  anlangen  und  ersuechen  inethalb  an  uns  bescheen,  so  genediglich 
und  miltiglich  hanndlen  und  allen  menschlichen  und  müglichen  vleiß 
furkeren  lassen,  die  abgefallen  personen  widemmb  zum  rechten  warn 
cristlichen  glauben  zu  bringen  und  bey  dem  leben  zu  erhalten,  und  das 
an  etlichen  orten  zu  handhabung  unserer  ausgegangen  Edict  und  zu 
außreytung  diser  secten  durch  die  obrigkaiten  gar  lesslich  und  absamiger 


689 

weise  gehandlt  worden,  aus  welcher  lesslicben  handlung  nnd  ungehor- 
same entspringt,  das  sich  dise  valsch  Sect  weiter  einreissen  und  der 
gemain  man  je  lenger  ye  mer  in  verfuerung  bringen  lassen  will. 

Dann  wir  haben  warhaft  und  gewiss  kundschafte  das  dise  Sect  im 
Stifft  und  der  Stat  Münster  so  weit  uberhandt  genomen,  das  sich  die 
widertanfferischen  in  grosser  Anzall  gegen  den  cristglanbigen  in  thatliche 
Handlung  eingelassen,  deshalb  die  umbsitzenden  Chnrfürsten  und  andere 
fursten,  die  gleichwol  der  newen  Secten  sein  nnd  die  aber  dise  Sect  so 
wenig  leiden  mugen  als  andere,  mit  irem  volckh  in  Busstung  sein,  und 
die  sach  niderzudruckhen  zneziehen,  aus  welchem  zu  besorgen  yil  bluet- 
yergiessens,  auch  anderer  noch  grosserer  unrat,  verderben,  schaden  und 
nachtail  Yolgen  mag;  das  alles  wo  im  anfang  gegen  etlichen  wenigen 
Personen  mit  der  straff  fui*gangen  worden  und  das  man  dise  sect  nit  so 
weit  einwurzlen  lassen  woi  fnrkhomen  und  yerhuet  werden  mugen,  so 
wir  dann  augenscheinlich  sehen,  des  auch  warhaftiglich  erinnert  und  be- 
richt  sein,  wo  wir  nit  mit  tapferkait  und  ernst  zu  ausreuttung  diser 
secten  greyffen,  das  daraus  unwiderbringlicher  abfall,  verlierung  und 
verderbung  unserer  kunigreich  und  lande,  auch  undertruckhung  und  Zer- 
störung aller  ober-  und  erberkait  eiTolgen  wurde;  wie  es  dann  schon  vor 
äugen  ist,  das  die  widertanfferischen  aus  dem  Reich,  der  ennden  sy  ausge- 
schaffen werden,  und  von  andern  orten  hauffenweiß  in  unser  nideroster- 
reichische  Lannd  ziehen  und  sich  allenthalben  das  volkh  zu  vergifften 
und  zu  vei-fueren  understeen. 

Deshalb  wir  ernstlich  entslossen,  ist  auch  unser  ernstlich  will 
und  maynung,  das  ob  unsern  derhalben  hievorauß  gegangen  Edikt  und 
Mandaten  mit  sonderm  Ernst  und  vleiß  gehalten  und  alle  mitl  und  wege, 
die  zu  ansreutung  diser  Secten  fnichtber  und  dienstlich  sein  mugen,  ge- 
sucht und  furgenomen  werden,  das  wir  Euch  dann  hiemit  ernstlich  auf- 
gelegt und  bevolhen  haben  wellen,  nemlich  das  ir  von  newem  under 
unserm  titl  und  Beeret  allenthalben  in  Eur  Regiments  verwalltung  offen 
Mandata  ausgeen,  dieselben  auf  den  Canzlen  durch  die  phan-er  und  Pre- 
dicanten  verlesen  auch  anslagen  lasset.  In  welchen  mandaten  das 
cristlich  volkh  erinnert  und  bericht  werden  sollte,  worauf  der  Vorsteer 
und  Rädlfuerer  diser  falschen  verfuerischen  Secten  grundt  und  fur- 
nemen  stee,  also  dass  sy  sich  selbs  erheben,  den  gemainen  man  in  be- 
swerlich  verderben  fueren  und  allem  erbern  wesen  und  wandl  zuwider 
handien.  Darumb  wir  mit  allem  Ernst  solche  verfuerische  Sect  auszu- 
reutten  entslossen  seyen. 

Deshalb  wir  menniglich  nochmalen  genediglich  und  vatterlich  ver- 
warnet haben  wellen,  das  sich  niemands  die  vorsteer  mit  irem  betrieglichen 


690 

und  falschen  fornemen  verfueren  lassen^  sonder  menniglich  bey  unserm 
alten  wol  hergebrachtem  cristlichen  glauben  bestendiglich  verharren  und 
^sich  vor  yerliernng  der  Seeleo,  leibes,  lebens,  Eren  und  guets  verhueten 
welle;  dann  welcher  oder  welche  sich  über  dise  unser  gnedige  und 
yatterliche  Terwai*nung  weiter  in  dise  sect  begeben,  gegen  dem  oder  den- 
selben werde  man  mit  allem  Ernst  laut  der  hievor  ausgegangen  Edict 
und  Mandata  verfarn  on  alle  ferrer  begnadung,  das  auch  niemand  diser 
Secten  vorsteem  oder  andern  widerteuffern  personen  haimlich  noch 
offenlich  herberg  noch  underschlaif  geben. 

Gegen  wem  sich  aber  dasselb  befinde,  der  soll  darumb  an  Leib  und 
Leben  gestrafft  werden,  und  die  unwissenhait,  als  ob  jemand  der  wider- 
taufften  personen,  das  sy  getanfft  wäin,  khain  erkanntnuß  gehabt  bete 
und  sich  damit  ausreden  wolte,  niemand  entschuldigen,  sonder  sollen 
alle,  die  dabei  befunden  wirdet  (sie),  das  sy  den  widertaufften  under- 
schlaiff  geben,  in  der  straff  geleich  gehalten  werden.  Das  auch  in  den 
stetten  ain  Ordnung  furgenomen  und  solches  Burgermaister  und  Bäte 
yeder  Statt  bey  verlierung  irer  freyhaiten  eingepunden,  das  khain  fremde 
person  behausst  und  beherbergt,  man  hab  dann  zuvor  Wissens,  dass  sy 
mit  disor  secten  unbefleckt  seyen,  und  wo  ain  Wideiiiauffer  person  ge- 
funden, dieselb  gestracks  der  obrigkhait  angezaigt  werden.  Deshalb  ir 
auch  allen  nnsern  Lanndhaubtleuten,  Haubtleuten,  Phlegern,  Landt- 
richtern, Richtern  und  allen  andern,  so  ambt  und  Verwaltung  haben,  in 
dem  newen  Mandat  mit  allem  Ernst  einpinden  und  auflegen  sollet,  das 
sy  in  den  Stetten  und  auf  dem  Land  allenthalben  guete  khundtschafft 
und  nachforschung  haben,  das  sich  dise  veifuerisch  Sect  weiter  nit 
auspraite  oder  einreisse,  die  so  damit  befleckt  sein,  von  stund  an 
vencklich  annemen  und  laut  der  mandata  gegen  inen  ernstlich  ver- 
fam  lassen. 

An  welchem  ort  oder  bey  welcher  obrigkhait  Ir  aber  hierinn  ainiche 
ungehorsame,  nachlassigkhait  oder  unfleiß  befindet,  alsdann  dieselb  unver- 
zugenlich  für  Euch  erforderet  und  mit  der  straff  vermag  unser  aus- 
gegangen Mandat  gegen  denselben  ungehorsamen  procedieret  und  hierinn 
niemands  verschonet,  es  seyen  hochs  oder  niders  Stannds,  Mannß  oder 
Weibspersonen ;  dann  entlich  unser  gemuet  und  maynung  ist,  das  gegen 
allen  denen,  so  sich  in  dise  sect  einlassen,  ain  gleiche  straff  gehalten 
werde.  Darumb  sollet  ir  in  Eur  Verwaltung  gegen  denen  so  hoch  Stannds 
und  diser  Secten  verwandt  sein,  gleicher gestalt  wie  gegen  mindern  per- 
sonen, nach  vermeg  der  Mandata  handien  lassen  und  Euch  dise  sach 
von  unsern  wegen  als  für  die  grösst  und  wichtigst  handlung 
anligen  lasset  und  mit  solchem  Ernst  und  Vleiß  darin  handlet,  wie  wir 


691 

uns  zu  Euch  in  bedenkhung  des  unwiderbringlichen  abfalls  und 
Verderbens,  so  darauf  steet,  gnediglich  und  gentzlich  versehen. 

Wir  wellen  Euch  auch  gnediger  maynung  nit  verhalten, 
dass  wir  in  emsiger  Handlung  steeA,  solche  verfnorische  Sect 
im  Land  zu  Märhern  in  khurz  auszereutenund  abzestellen,  und  sein 
der  gnedigen  Hoffnung,  mit  Bat  und  zuthun  unserer  Cron  Beheim  dasselb 
zu  erlangen  und  das  auch  den  frembden  die  aufenthaltung  der  Enden 
abgestrickht  werden  solle.  Das  wirdet  unsers  achtens  nit  ain  klain  für- 
druog  sein,  das  dise  Sect  in  andern  unsern  Erblanden  und  fursten- 
tumben  dest  mer  und  paß  ausgereut  werden  mag. 

Ir  sollet  auch  in  den  Mandaten  allen  obrigkhaiten  ernstlich  em- 
binden  und  aufladen,  das  ainer  yeder  in  seiner  verwalltung  sonder 
achtung  und  aufsehens  habe,  das  die  falschen  verfherischen  puecher  und 
schrifften  nit  vail  gehallten,  khaufft  oder  verkhaufft  werden,  das  auch 
sonst  in  andern  Artiggin,  so  der  religion  zu  Verachtung  und  verschmahung 
khemen,  ernstliche  einsehung  gethan,  die  so  darwider  handien  mit  allem 
Ernnst  Innhalt  der  Edict  und  Mandata  gestrafft  werden.  Derhalb  Ir  für 
Euch  selbs  nichts  weniger  gut  aufsehen  und  erfarung  haben  sollet,  wie 
sich  die  obrigkhaiten  in  solchen  fällen  halten.  Und  wo  Ir  ainen  unfleiß 
oder  ungehorsame  befindet,  alsdann  gegen  denselben  vorgehorter  massen 
handlet.  An  dem  allem  beschicht  unser  Ernstliche  Maynung. 

Geben  in  unserm  Sloss  zu  Prag  den  XXVI  tag  Marcij  anno  etc.  im 
XXXIIII,  unserer  Reiche  des  Romischen  im  vierdten,  und  der  andern 
im  achten. 

Ferdinand. 

Ad  mandatum  domini  regis  in  consilio 

Nauner. 
R.  Car^*  Trid.  (vm  anderer  Hand), 

In  simili  an  die  Regierung  in  Tirol.  Adresse:  Den  wolgebornen, 
edlen,  ersamen,  gelerten  und  unsern  getrewen  unserm  Statthalter,  Re- 
genten und  Reten  unsers  Regiments  der  oberösterr.  Lande.  Folgen 
Inhalts-  und  Eanzleivermerke. 

Orig.  Pap.  mit  eigenhändiger  Unterachrift  des  KOnigs  in  der  t.  Beck'schen 
Sammlung. 

Daran  sckliesBt  sich  (a^f  einem  eigenen  Blatt  Papier):  Unser 
Mainung  ist  auch,  das  Ir  in  der  Fürstlichen  Graveschaft  Tirol  in  allen 
Stetten  und  Gerichten,  darin  Schifleut  wonen,  so  den  Wasser  Stram 


592 

der  Thnnaw  ze  farn  gebrauchen,  gebieten,  solches  auch  offenlich  bei-ueflfen 
lassen,  das  kain  Schif-Man  kain  widertauffer  Person  ze  faem  anneme. 
Besonder  ainen  jeden,  den  er  ze  fuern  annimbt,  zuvor  frage,  ob  er  mit 
diser  Sect  nit  befleckht  seye.  Welcher  Schifman  aber  darüber  ain  oder 
meer  widertauffte  Personen  ze  fueren  annemen  wurden,  derselb  solle  in 
die  straff  so  gegen  den  Widertauffern  gesetzt  ist,  gefallen  sein,  auch 
dieselb  gegen  ime  vollzogen  werden.  Ir  sollt  auch  dis  unsers  BevelhB 
Oopey  unser  Regierung  zu  Ensishaim  ubersennden,  sambt  ettlichen 
Mandaten,  so  Ir  unserm  Bevelch  nach  stellen  lassen  werdet.  Und  der- 
selben unsern  Regierung  ernstlichen  Bevelhen,  das  ir  disem  unserm  Be- 
felh  in  Irer  Verwaltung  also  nachkhomen  und  mit  allem  ernst  darob 
hallten.  —  Actum  ut  in  literis. 

Or.  Pap.  6  Bl.  y.  Beck*sche  Sammlnng. 

Zu  Nr.  12. 
Beilage  zu  dem  Actenstücke  de  dato  Prag  1534  März  26: 

Die  Münsterschen  Artikel. 

Dise  nachvolgennd  Artiggl  auf  die  Pundtnuss  muessen  sy  leben 
und  sweren,  diejhenigen,  die  sich  von  Bernhart  Botman  zu  Munster 
und  den  seinen  widertauffen  lassen. 

Zum  ersten,  den  Thumija  und  alles  was  man  Gotzdienst  nennet, 
muessen  sy  versagen. 

Zum  andern,  den  Crisen  und  alles  was  man  segnet. 

Zum  dritten,  das  hochwirdig  Sacrament,  das  sy  nennen  den  gi'ossen 
,Belanndt*,  nit  zu  sehen  von  Briesters  hannden,  auch  in  einer ^  Mess 
zu  sehen. 

Zum  vierdten,  die  ganntze  weit  zu  verleuckhnen. 

Zum  funfften,  mit  den  Qotlosen  nit  zu  handien,  khauffen  oder  zu 
verkhauffen,  auch  nit  zu  griessen. 

Zum  sechsten,  all  Sonnabent  ime  Bechenschafft  zu  thun  von  Über- 
fluß irer  gueter,  dasselbig  im  christlichen  Bruedern,  die  in  irem  glauben, 
mitzutailen. 

Zum  sybenden,  khainer  obrighkait  underthenig  zu  sein. 

Zum  achten,  muessen  sy  verloben  nit  zu  glauben,  das  Cristus  die 
menschliche  natur  von  Maria  emphangen  hab. 

Zum  Newndten,  alle  Sonabent  legen  sy  sich  creutzweiß  auf  den 
Bauch. 


*  So  im  Text.        ^  Text:  auch  meiner. 


693 

So  bat  der  Widertauffer  vil  unkbeuscbhait  mit  demselben  wider- 
taufferiscben  weibem.  Darnacb  nimbt  Er  ain  wasser,  damit  so  geusst 
er  sieb. 

(Dem  oben  genannten  Actenstück  auf  einem  Bogen  Papier  beige- 
scblossen.) 

Nr.  13. 

Ferdinand  L   befiehlt   dem  Statthalter   und   den   Regenten   der 
oberösterreichischen  Lande,  dass  sie  der  Frau  von  Wolkenstein- 
Bekenntniss  zugleich  mit  einem   Gutachten  in   Betreff  des   ge- 
fangenen Wolkenstein  einsenden.  —  Prag,  1534  Mai  6. 

Ferdinand  .  .  .  Wolgeborner,  Edlen  .  ,  .  Was  mit  dem  gefanngen 
von  Wolkbenstain  seines  Irrsais  balben,  darinn  er  von  wegen  empbahung 
oder  niessung  des  beiligen  bocbwierdigen  Sacraments  steet,  dnrab  die 
gelerten  gebandlt  worden,  ancb  was  sein  antwort  ist  und  warauf  er  be- 
barrt,  das  alles  baben  wir  aus  Ewrem  scbreiben  am  dato  den  XXm  tag 
Aprilis  ausgangen  und  den  daneben  gesanndten  scbrifften  vernomen. 
Und  dieweil  wir  uns  (sie)  die  Articl  bemelts  von  Wolkbenstain  gefanngen 
bausfrauen,  darauff  sy  nocb  gefragt  werden  sol,  oder  villeicbt  nume  ge- 
fragt ist,  übersenden,  wellen  wir  derselben  von  Eucb  gewarten.  Dar- 
zwiscben  wellet  den  von  Wolckbenstain  nocb  vermanen  lassen,  ob  er 
sieb  ains  andern  bedacbt  bette  und  uns  dan  der  frawen  bekanntnus 
sambt  Ewrem  Bat  und  guetbedunckben  sein  und  irentbalb  underscbidlicb 
in  Sebrifft  bericbten.  Dann  wir  kbonnen,  wie  Ir  selbs  zu  ermessen  babt, 
dem  von  Wolkbenstain  in  khainen  weg  zuelassen,  das  er,  wie  sein  fur- 
nemen  steet,  in  dem  fall  ain  sonndrung  babe.  Das  weiten  wir  eueb  auf 
Eur  Scbreiben  diser  zeit  zu  Anntwoi-t  nit  verbalten. 

Geben  in  unserm  Sloss  zu  Prag  den  seebsten  Maij  Anno  etc.  im 
XXXnn  unserer  Eeiebe  des  Römischen  im  vierten  und  der  andern  im 
acbten. 

Ferdinand. 

Ad  mandatum  domini  regis  in  consilio: 

Nauner. 

Adresse:  Den  wolgebornen,  edlen,  ersamen,  gelerten  und  unsern 
lieben  getrewen,  unsern  Statbalter,  Regenten  und  reten  unser  oberoster- 
reicbiscben  Lannde.  Folgen  Eanzleivermerkungen. 

Orig.  Pap.  mit  theilweise  erhaltenem  Siegel  in  der  v.  Beck*schen 
Sammlung. 


594 

Nr.  14. 

Michael  von  Teutenhofen  bittet  Statthalter  und  Räthe  zu  Brixen, 
da  sein  Schwager  Sigmund  von  Wolkenstein  nunmehr  zum  Theil 
auf  einen  guten  Weg  gebracht  ist,  um  eine  Erleichterung  seiner 

Haft.  —  (1534  August.) 

Edl,  Erwirdig  .  .  .  Nachdem  mein  seh  wager  Sigmund  von  Wolken- 
stain  der  Widerteufferischen  Seckht  halben  nun,  wie  ich  bericht  pin, 
drejtzehen  wochen  in  meines  gn.  herrn  und  fürst  zu  Bricbsen  fronnfest 
swärlichen  gefanngen  ligt,  als  ich  aber  yetz  kurtz  verschiner  tag  auf 
Ew.  herlichkait  und  gunst  verwilligen  mit  ime  in  pejsein  des  statrichters 
geret  und  im  so  vil  bewegt,  das  er  (hoff  ich)  zum.  tail  auf  ain  guetten 
weg  gepracht  ist,  der  ganzen  Zuyei*slcht,  er  werde  sich  ymer  zue  pass 
weisen  lassen,  damit  er  der  freuntschafft  nit  zu  verrenn  spot  khum,  die- 
weil  ich  mich  dan  guetter  bekennung  bei  ime  numalen  versieh  und  er 
furwar  vil  schwächlich,  wie  Ew.  herrlichkait  und  gunst  ungezweifflet 
wissen,  geffangen  ligt:  ist  an  Ew.  herrlichkeit  und  gunst  mein  und 
meiner  hausfrauen  hochfleissig  ansuechen  und  pit,  Ir  wellet  uns  und 
zuvor  der  meinen  freuntschaft  zu  sondern  gunstigen  gefallen  und  .  .  . 
also  zu  guetem  angezaigten  mein  schwager  Sigmunden  solcher  seiner 
schwären  gefanknus  in  annseung  seiner  freuntschafft,  auch  seins  langen 
ligens,  auch  seines  leibs  der  zeit  schwachait  halben  und  auch  damit  er 
sich  dest  ennder  (als  ich  hoff),  wie  aim  guetten  crist  gepurt,  auch 
schickhen  wurde,  gnediglich  ringern.  Des  wil  ich  sambt  den  meinigen 
umb  E.  H.  und  gunst,  wo  ich  mög,  zu  verdinen  nit  vergessen  und  mich 
hiemit  Ew.  H.  und  gunst  sambt  mein  schwager  mit  gnaden  zu  bedenkhen 
gehorsamlich  bevolhen  haben. 

E.  H.  u.  G. 

g.  M.  V.  T. 

Concept;  schlecht  erhalten;  in  der  Mitte  durch  einen  Fleck  zeiBtOrt, 
V.  Beck'sche  Sammlang. 

Nr.  15. 

Die  Innsbrucker  Regierung  an  Christoph  Fuchs  von  Fuchsperg: 
Da  die  Wiedertäufer  nunmehr  auch  aus  Mähren  av^sgetrieben 
werden  und  gemeldet  tvird^  dass  sie  neuerdings  rottenweise  in 
die  Erblande  kommen,    um   da   Zuflucht   zu   suchen,   so  möge 


595 

ßeissig  Kundschaft  auf  sie  gemacht  werden,  —  Innsbruck  1Ö3Ö, 

April  10. 

An   herrn  Cristoffen  Fuchsen  von  Fuchsperg   von   der  Regierung  zu 

Ynnsprugg. 

Nachdem  uns  von  I.  K.  M'.  etc.  unserm  allergnedjgisten  herrn 
aus  Wionn  den  vierten  dits  Monets  geschiiben  und  anzaigt  worden  iat, 
wie  ain  Landtschafft  in  Märhern  auf  jungst  gehalten  Lanndtag  under 
anderm  bewilligt  und  zuegesagt  haben,  das  sy  die  widertauffei*,  sovil  in 
derselben  Margarfschafft  (sie)  weren,  hinfüro  nit  mer  gedulden,  sonder 
allenthalben  austreiben  lassen  wollten,  alles  ferrer  vermeldens  und  be- 
velhens,  ob  die  anderer  ortt  und  sonderlich  in  Irer  M.  Erblanden  rotten- 
weiß komen,  oder  sonst  iren  durchzug  oder  villeicht  underschlaipf  suchen 
möchten,  das  wir  allenthalben  in  den  herrschafften  und  obrigkaiten  unser 
Verwaltung  ernstlichen  verfliegen  und  guet  kuntschaflften  machen  und 
bestellen  sollen,  dieselben  widertaufferischen  personen,  so  die  betretten, 
fänncklichen  annemen  und  gegen  den  vorsteern  und  Radlfuerern  laut 
Irer  M'.  vorausgangen  Mandata  mit  gopurlicher  strafT  zu  vollfuren  und 
dann  die  andern  personen  so  aus  ainfalt  in  solche  secten  gewachsen  und 
komen  sein,  aus  dem  Lanndt  diser  fürstlichen  Graflfschafft  Tirol  hinweg- 
zuschaffon:  bevelhen  wir  Euch  in  namen  Irer  K.  M'.  ernnstlichen,  das 
ir  in  still  und  gehaim  Eur  vleissig  aufmerkhen  und  kuntschafft  in  Eurer 
Verwaltung  auf  solh  wideiiaufiferisch  volkh  und  sonderlich  die  vorsteer 
und  Rädelfuerer  haben  und  bestellen  und  gegen  Inen  wie  solcher  yetz- 
bemelter  der  K.  M.  boveih  uns  gethan,  veimag,  mit  ernnst  und  dapferkeit 
handien  lasset,  damit  solch  widertaufferisch  Sect  nit  einwurzle  sondern 
verhuet  werde.  Daran  thut  Ir  in  namen  Irer  K.  M.  unser  ernstliche 
Mainung. 

Datum  Ynnsprugg  am  10'®°  tag  Apprilis  Anno  etc.  XXXV. 


In  simili  \ 


An  herrn  Veitten  Freiherm  zu  Wolkhenstein. 
An  Friderichen  Fueger. 

Concept  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 


Derselbe  Befehl  (mit  unbedeutenden  stilistischen  Aenderungen)  am 
28.  Juni  1535  a)  an  die  Landvögte,  Vögte,  Hauptleute,  Städte  in  den  Vor- 
landen, b)  an  die  Landrichter  und  Pfleger  in  Tirol. 


596 

Nr.  16. 

Ferdinand  L  theilt  der  oberösterreichischen  Regierung  die  Gründe 
mit,  weshalb  Sigmund  von  Wolkenstein  nicht  einfach  begnadigt 
werden  könne.  Da  man  ihn  zu  Brixen  gegen  Ver Schreibung^  den 
Widerruf  zu  leisten,  ausgelassen,  er  ihn  aber  nicht  leisten  dürfte, 
so  sei  er  wieder  gefänglich  einzubringen  und  zum  Widerruf  zu 

verhalten.  —  Wien  1595,  Juni  4, 

Ferdinand  .  .  .  Wolgeborner  .  .  .  Wir  sein  abermals  von  wegen 
Sigmunds  von  Wolkenstains,  denselben  des  Widertauffs,  umb  daß  er  in 
die  Sect  der  Widertauif  gefallen,  zu  erlassen,  angelangt  und  ersuecht 
worden.  Nun  seyen  wir  ingedenckb,  daß  dise  hanndlung  hievor  mermals 
furkomen  und  daz  wir  Eucb  jungstlich  in  der  sach  geschrieben,  daz  wir 
ine  des  Widertauffs  nit  erlassen  mugen,  aus  Ursachen,  nemblich  daß  er 
nun  zum  andern  mal  diser  Sect  halben  fennglich  einkomen,  daz  erstmal 
einem  seinem  freundt  vertraut  worden,  der  sich  für  ine  angemechtigt, 
ine  von  seinem  Irrsall  zu  weisen,  dem  er  aber  nit  gehalten,  zum  andern 
daß  es  bei  dem  gemainen  Man  in  Tyrol,  nachdem  die  recht  durch  die- 
selben ofTenlich  besessen  werden,  ain  böss  geruech  bringen,  so  nit  in 
dem  faal  ain  glaichait  gehalten  werden  sollte.  Und  zum  dritten,  daß 
dem  von  Wolkenstain  zu  seiner  Seel  Seligkeit  ain  offenbare  bekanntnus 
und  Rew  hoch  von  noten  ist.  Dise  Ursachen  dann  bey  uns  noch  hoch  er- 
wogen sein. 

Nachdem  aber  die  von  Brichsen  den  von  Wolkenstain  über  solchen 
bevelch  auf  ain  verschreibung  außgelassen,  daß  er  auff  Pfingsten  negst 
verschinon  den  Widerruef  thun  oder  sich  widenimb  in  venknus  stellen 
solle:  bedencken  wir,  daß  er  sich  nit  leichtlich  stellen,  wo  man  ine  des 
Widerrueffs  nit  erlassen  sonder  ehe  fluchtigen  fneß  seyen  werde.  Dar- 
umb  so  ist  an  Euch  unser  ernstlicher  bevelh,  daß  ir  gedachten  Sigmunden 
von  Wolkenstain  mit  allem  Vleiß  nachstellet  und  den  widorumb  zu  fenck- 
nus  bringet  und  ime  aufleget,  daß  er  den  Widernieff  laut  ersten  unsers 
außganngen  bevelhs  unverzogenlich  thue.  Wo  er  sich  des  aber  widern 
und  auf  seinem  versteckten  weg  verhan'en  wurde,  dann  gegen  ime  nach 
laut  unserr  außganngen  Edict  und  Mandat  handlet  und  verfaret.  Daran 
thuet  ir  unsern  ernstlichen  willen  und  maynung. 

Datum  Wien  den  vierten  tag  Junii  anno  etc.  XXXV*®". 

An  Statthalter,  Begennten  und  Bäte  der  oberosterreichischen  Lande. 
Gleichz.  Copie  in  der  ▼.  Beck^schen  Sammlung. 


597 

Nr.  17. 

Ein  abgeschrifft  od- 
er Sendbrüeff  so  Jacob 
Huetter  für  sieb  selbs  vnd 
an  stat  aller  Brüeder 
dem  Lanndts  Haubt- 
man  in  Märhern  zue- 

gescbriben  hat. 
Anno.  1 .  5.  35.  Jar. ^ 

Datum  Auspitz.  Steurowitz. 

■ 

Wier  Brneder  vnd  Uebhaber  Gotes  vnd  seiner  Götlichen  Warhait, 
vnd  warhafftige  Zeugen  vnsers  HeiTn  Jesu  Christi,  die  wier  vertriben 
seindt  aus  villen  landen,  vmb  des  namen  gotes  vnd  vmb  seiner  götlichen 
warhait  willen  vnd  hieher  ins  Märherlandt  komen  ynd  yersamlet  vnd 
gewont  haben,  vnder  dem  herrn  Marschalckh,  durch  den  schütz  vnd 
schirm  des  allerhöchsten,  dem  wir  auch  allein  eer  vnd  preiß  Geben  vnd 
sagen,  Im  lob  Ewigklich. 

Wir  lassen  euch  wissen,  lieber  Herr  Haubtmann  des  lands  Mehr- 
hern, das  eure  dienner  zue  vns  komen  seindt,  vnd  vns  ain  beuelch  vnd 
botschafft  bracht  haben,  wie  auch  woll  wissent  ist,  darauff  wier  geannt- 
wort  haben,  mindlich,  vnd  geben  sie  auch  letzt  schrifftlich,  nemlich  also, 
das  wir  die  weit,  alles  vnrecht  vnd  gotloß  wessen  haben  verlassen, 
glauben  in  den  almechtigen  und  in  seinen  sun,  unsern  Herrn  Jesnm 
Christum,  der  wirt  uns  hinfür  ewiglich  vor  solchen  allen  behüeten,  und 
wir  haben  vns  got  den  heiTen  ergeben  vnd  geschenckht  zu  leben  nach 
seinem  götlichen  willen,  zu  halten  gebot  nach  dem  ebenbilt  vnsers 
HeiTen  Jesu  Christi.  Nun  aber,  das  wir  Ime  dienen,  seinen  willen  thuen, 
halten  seine  gebot,  lassen  alle  sfind  vnd  vngerechtigkait,  darumb  seindt 
wier  verfolgt  vnd  veracht  von  der  ganzen  weit,  vnd  beraubt  aller  vnserer 
güeter,  Gleich  wie  es  allen  Heiligen  vnd  propheten  auch  Christo  selbs 
ergangen  ist.  Sonderlich  der  fürst,  der  künig  Ferdinandtus,  der  fürst 
der  finsternus,  der  Graussam  tirrann  vnd  feindt  der  göttlichen  wahrhait 
vnd  gerechtigkait,  der  hat  vill  der  vnsrigen  vnschuldig  on  alle  barm- 
hertzigkait  lassen  vmbringen,  ei*töden  vnd  ermördern,  der  hat  vns  auch 


^  Aus  der  ältesten  Handschrift  von  1577.  Cod.  Brickm.,  f.  1 — 11.  Das 
Schreiben  findet  sich  ausserdem  in  den  Codd.  Poson.  215,  219,  Pest, 
VIII  g.,  39  und  Cod.  Michniay,  ebenda;  die  (uncorrecten)  Drucke  siehe 
bei  Beck,  Geschichtsbücher,  S.  117  Note.  Das  Schreiben  wurde  der  ober- 
österreichischen  Regierung  mitgetheilt. 


598 

gnomen  vnd  beraubet,  hauß,  hoff  vnd  alle  vnsere  güeter,  auch  vertriben 
vnd  vervolgt  erschreckhenlicb,  nun  aber  seindt  wier  hieber  komen,  durch 
gotes  gnadt  vnd  hilff  in  das  Märherlandt,  vnd  ein  zeit  hie  gewont,  vnd 
zuletzt  auch  vnder  den  herrn  Marschalkh,  wir  sein  aber  vnbeschwerlich 
vnd  an  schaden  gewessen  allen  menschen,  vnd  haben  vns  treulich  mit 
harter  Arbait,  in  grosser  forcht  Gotes  aufFenthalten,  das  vns  alle  menschen 
mit  der  warhait,  Zeugknus  geben  müssen.  Nun  aber  hat  vns  auch  der 
Marschalckh  vrlaub  geben,  mit  grossem  gwalt  von  vnsern  heüssern  vnd 
güetern  vei-triben,  nun  sind  wir  da  in  der  Wüeste  auff  einer  wilten 
haiden,  vnder  dem  Hechten  himel.  Das  aber  nemen  wier  an  mit  grosser 
gedult,  vnd  loben  Got,  der  vns  wirdrge  gemacht  hat,  zu  leiden  ums  seines 
namen  willen,  wie  wol  es  vns  eurenthalb  ein  schmertz  vnd  hertzenlaidt 
ist,  das  ir  so  vbel  thuet  an  den  fromen  vnd  kindern  gotes,  vnd  wir 
clagen  Got  eur  ellendt  vnd  den  grossen  vnbill  vnd  ungerechtigkaitt,  die 
teglich  vberhandt  nimbt,  vnd  wir  schreien  zu  got  tag  vnd  nacht,  das  vns 
got  der  herr  behüet  vnd  bewar  vor  allem  vbel ;  vnd  wir  befelchen  im  alle 
unser  sach,  das  ers  hin  ausfür  nach  seinem  göttlichen  willen  vnd  nach 
seiner  väterlichen  barmhertzigkait,  vnd  er  wirts  auch  thuen,  vnser  haubt- 
mann  vnd  schirmer  sein  vnd  für  vns  streiten.  Aber  es  hat  der  heilig 
prophet  Esaias  vorhin  geredt  auch  der  frumb  Esdnis,  nemlich  das  alle, 
die  vom  bössen  aller  vngerechtigkait  lassen  vnd  absteen,  Got  von  hertzen 
lieben,  fürchten  vnd  dienen,  vnd  seine  gebot  halten,  die  selben  müessen 
beraubt  vnd  von  iren  heüssern  vertriben  vnd  Verstössen  werden,  darbei 
wier  erkennen,  das  wier  gotes  kinder  seindt  vnd  er  vnser  vater  ist,  vnd 
das  wir  seindt  miterben  seiner  henligkait,  vnd  das  wir  im  vom  Hertzen 
lieb  vnd  angenehm  seindt,  wie  alle  heilligen,  darumb  leiden  wir  solches 
gern  mit  grosser  gdult,  vnd  sein  getrost  in  vnserm  hertzen,  durch  sein 
heiligen  geist.  Ach  vnd  wee  vnd  abermals  wee  allen  denen,  die  vns  on 
vrsach  allain  vumb  der  Götlichen  warhait  willen  verfolgen  vnd  vertreiben, 
vnd  hassen,  dan  ir  verderben,  straff  vnd  verdamnuO  nahet  sich  herzne, 
vnd  wirt  on  alle  bai'mhertzigkait  erschreckhenlicb  vnd  Grausamme  über 
sie  komen,  hie  vnd  dort  ewigklich,  dan  Got  will  vnd  wi]*t  alles  vnschnldig 
bittet  vnd  alle  trübsall  seiner  heilligen  erschrecklich  von  Innen  fodern, 
nach  dem  woi*t  seiner  heilligen  propheten.  Nun  aber  wie  ihr  vns  ent- 
boten habent,  on  allen  verzug  wegzuziehen,  Geben  wier  euch  diesse  ant- 
wort,  das  wier  nindert  wissen,  wo  hinaus,  vnd  vns  das  schwer  ist,  aus 
vrsach,  das  des  Künigs  landt  vmb  vnd  vmb  vns  feindt,  vnd  wo  wir  hin- 
außziehen,  so  ziehen  wir  den  raubern  vnd  tirannen  in  den  rächen,  wie 
die  schaff  vnder  die  reisen ten  wölff  vnd  grümige  lewen;  dar  zue  haben 
wier  auch  eilender  wittwen  vnd  waisen,  vil  krankben,  kleine  vnertogene 


599 

kindlen,  die  Innen  selbs  mit  helffen  künnen  und  zue  züehen  und  wandten 
vngeschickht  seindt,  welcher  väter  vnd  müeter  der  Gotloß  tirrann  vnd 
feindt  der  götlicben  gerechtigkait,  der  Ferdinandus  zum  tail  hat  er- 
mördern  lassen,  innen  Ire  güeter  gnomen,  vnd  sy  bei*aubt,  dieselben 
Witwen  vnd  waisen,  krankheu  vnd  klainen  kinder,  so  vns  von  6ot  befolhen, 
vnd  ist  vns  auch  von  dem  aln^ecbtigen  6ot  geboten,  das  wii*  sie  sollen 
speissen  vnd  beklaiden  vnd  beherbrigen,  vnd  zu  dienen  von  Heiiizen  in 
allen  dingen.  Darumb  künnen  und  mugen  wier  si  auch  nit  also  ver- 
lassen vnd  verschupffen,  ja  got  woll  vns  in  ewigkait  darvor  behüeten 
vnd  bewaren,  wir  megen  gotes  gbot  nit  verlassen,  vmb  der  menschen  ge- 
bot willen,  ob  es  gleich  gilt  leib  vnd  leben;  den  man  sol  vnd  mueß  Got 
mer  gehorsam  sein  den  den  menschen.  Nun  aber  haben  wir  auch  do  hauß 
vnd  hoffe,  vnsere  güeter,  die  wir  mit  vnserer  hörten  arbait,  im  schwaiß 
vnseres  angesichts  treulich  gwunen  haben,  die  vns  vor  Got  vnd  den 
menschen  billich  zngehören,  die  seindt  vnuerkaufft,  darzne  wier  auch 
weil  vnd  zeit  bedörffen,  dan  wier  derselben  güeter  zu  gi'osser  not  be- 
dürfifen  vmb  der  krankhen,  witwen  vnd  waisslen,  auch  vmb  der  klainen 
kindlen  willen,  der  wir  nit  wenig  sonder  vil  haben,  Got  sei  gelobt,  schir 
so  vil  als  der  gsunden. 

Nun  liegen  wier  auff  der  weiten  Halden,  Gott  will,  Jederman  an 
schaden;  wier  begeren  vnd  wollen  kainen  menschen  laidt  oder  vnbille 
nit  thuen,  Ja  vnsern  grössten  feinden  nit,  weder  dem  Ferdinando  noch 
jemandt  andern,  klein  oder  groß;  es  ist  auch  alle  vnser  thuen  vnd  lassen, 
wort,  werckh,  leben  vnd  wandl  allen  menschen  offenbar  vnd  am  tage. 
Ja  ee  wir  ainem  mit  wissen  umb  einem  pfening  vnrecht  thetten,  ee  Hessen 
wir  vns  vmb  hundert  Gulden  berauben,  vnd  vnrecht  thuen,  vnd  ee  wir 
vnsern  grösten  feinden  einen  stiaich  geben,  mit  einer  handt,  geschweigen 
mit  spueß,  schwort  vnd  helleparten,  wie  die  weit  thuet,  ee  stürben  wir 
vnd  Hessen  vns  vnser  leben  ee  nemen ;  wir  haben  auch  kain  eüsserlich 
Waffen,  weder  spieß  noch  pixen,  das  jederman  wol  sieht,  vnd  am  tag  ist: 
In  sume:  vnser  predigen,  reden,  leben  vnd  wandel  ist,  das  man  in  gotes 
warhait  vnd  gerechtigkait  fridlich  vnd  ainig  leben  soll,  als  die  waren 
nachfolger  Christi.  Wir  reden  vnd  wandlen  auch  öffentlich  vor  Jederman, 
vnd  schämen  vns  nit,  rechenschafft  zu  geben  vor  allen  menschen;  das 
man  aber  vill  vbels  vnd  böses  von  vns  redet  vnd  sagt,  das  hat  Christus 
uns  vorhin  gsagt  vnd  angezaigt,  das  es  also  ergeen  werde,  dan  von  an- 
fang  der  weit  ist  es  allen  heiligen,  Christo  selber  vnd  allen  seinen 
apostlen  also  ergangen. 

Das  man  aber  sagt,  wier  haben  vns  zu  velt  gelegt  mit  souil  tausent, 
alls  wollten  wier  krüegen,  und  dergleichen,  wer  solches  redt,  der  redt  als 


600 

ein  viinatzer  vud  ynerfarner,  als  ain  lugner  vnd  als  ain  bueb;  wir  klagens 
aber  got,  das  der  fromen,  als  wier  in  der  warhait  sein,  so  wenig  sindt, 
wier  sagen  vni  woilten,  das  alle  weit  war  wie  wir,  vnd  mechten  ieder- 
man  zu  disem  glauben  bringen  vnd  bekeren,  so  wurt  alles  kriegen  Tnd 
vngerechtigkait  ain  end  haben.  Nun  geben  wier  weiter  antwort,  das  wier 
ietz  dismall  nindert  hinaus  aus  dem  landt  wissen  oder  künen  ziehen. 
Got  der  Herr  im  himel  geb  ynd  zaige  vns  noch  an,  wo  hin  wir  solten; 
wier  künen  vns  auch  das  landt  vnd  das  erdtrich  nit  lassen  yerbüeten, 
dan  die  erdt  vnd  alles,  was  darinen  ist,  ist  ynsers  gotes  im  himel,  darzu 
wan  wir  euch  zue  ziehen  zusagten  vnd  solches  im  sin  haben,  mechten 
wir  villeicht  solches  nit  halten,  dan  wir  seint  in  der  haut  gotes,  der  ihuet 
mit  vns,  waß  er  wil,  vnd  villeioht  will  vns  got  in  diesem  landt  haben, 
vnd  vnsern  glauben  probieren»  welches  wir  aber  nit  wissen,  sonder  wir 
bevelhens  dem  ewigen  vnd  warhafftigen  got. 

Herwiderumb  aber  sagen  wir,  also  die  weil  man  vns  veruolgt,  ver* 
ti'eibt,  vnd  die  sach  also  vmb  vns  stet,  wen  vns  nun  got  der  almechtig 
von  himel  vrsaeh  anzeigte,  oder  gnugsame  Zeugnus  gebe,  etwas  anders, 
wohinaus,  aus  dem  landt  zu  ziehen,  das  solches  sein  wil  wer,  wollen 
wir  solches  gern  thuen.  Ja  an  alles  gebot,  vnd  wir  wolten  nit  saumig 
sein,  wan  wir  wisten  nach  gotes  willen  wo  vns  got  haben  wölt;  wir  biten 
auch  got  tag  vnd  nacht,  von  hertzen,  das  er  vns  für  wohin  er  will,  wir 
wollen  vnd  künen  auch  seinem  götlichen  willen  nit  widerstreiten,  vnd  ir 
werdt  es  auch  nit  thuen,  ob  ir  auch  solches  vnderstunden ;  es  mechts 
aber  der  allmechtig  got  gleich  halt  schickhen,  vber  nacht,  und  vns  solches 
zu  erkennen  geben,  vnd  offenbaren,  das  wir  sollen  oder  müessen  dan 
auch  ziehen,  Ja  wir  wolten  nit  saumig  erscheinen,  vnd  vns  schickhen 
nach  dem  willen  gotes  zu  leben,  zue  ziehen  oder  zu  sterben,  dan  ir  mecht 
villeicht  nit  wirdig  vnd  werdt  sein,  das  wir  weiter  vnd  länger  sollen  bei 
euch  wonen.  Darumb  Ach  vnd  wee  vnd  abeimals  wee  in  ewigkait  euch 
Merherischen  herren,  das  ii*  den  graussamen  tirannen  vnd  feindt  der 
göttlichen  warhait,  Ferdinandum,  habt  zugsagt  vnd  verwiligt,  die  fromen 
vnd  gottfürchtigen  zu  vertreiben,  aus  euren  landen,  vnd  fürchtet  den 
sterblichen  vnützen  menschen  mer  den  den  allmechtigen  got  vnd  herren. 

Das  ir  die  kinder  gotes,  klein  vnd  groß,  die  elenden  vnd  betrüebten, 
Witwen  vnd  waislen,  des  herrn  also  wollent  ou  alle  baimhertzigkait  ver- 
treiben, vnd  sie  dahin  geben  in  beraubnng,  angst  vnd  not,  in  schmertzen, 
trübsal  vnd  ellendt,  vnd  grosse  armuet,  es  ist  gleich  souil  als  erwirgt  ir 
sie  mit  euren  aignen  henden,  es  war  vns  weger  vnd  vil  lieber  zu  sterben, 
vnd  eimordt  zu  werden  vmbs  herren  willen,  dan  solchen  jamer  zu  ver- 
suechen,  vnd  anzusehen  an  den  vnschuldigen  vnd  gotsferchtigen  heiizen, 


L  " 


601 

68  wirt  auch  warhafftigelich  nit  lär  hin  geen,  vnd  wirt  anch  kain  ausredt 
nit  helffen,  als  wenig  als  pillatum,  der  auch  den  herren  Jesum  nit  gern 
wolt  Creützigen  vnd  teden,  aber  aus  schreckhen  ?nd  foreht  des  Kaisers, 
wie  im  von  den  Juden  getroet  wardt,  verhengt  vnd  verurtailt  er  das  vn- 
schuldige  bluet,  gleich  also  wollet  ir  auch  thuen,  vnd  auch  mit  dem 
Etinig  ausreden,  dan  got  redt  durch  den  mund  seiner  heilligen  propheten 
das  er  das  vnschuldig  bluet  gar  erschreckhlichen  wirt  suechen  an  allen 
denen,  die  ire  handt  darzu  bemälligen  vnd  besudlen;  darumb  groß  vnglick, 
jamer,  angst,  not  vnd  marter  geet  vber  euch  daher,  vnd  wirt  von  got  im 
himel  vber  euch  angeschlagen,  hie  vnd  doii;  imer  vnd  Ewigklichen. 

Bas  sagen  vnd  verkündigen  wir  auch  in  dem  namen  vnseres  herren 
Jesu  Chnsti,  das  auch  das  gewisslich  vnd  in  der  warhait  nit  ausbleiben  wirt, 
vnd  ir  werdts  in  kurtzem  sehen,  vnd  innen  werden,  das  wir  die  götliche 
warhait  in  dem  namen  vnsers  HeiTn  Jesu  Chi'isti  gered  haben  auch  zu 
ainer  Zeugnus,  vnd  allen  denen,  die  wider  got  thuen  vnd  wandlen,  vnd 
sündigen;  wir  wollten  aber  gern,  das  ir  von  solchem  abstuendt,  vnd  auch 
bekeren  zue  dem  lebendigen  got,  damit  ir  solchem  allem  mecht  entt- 
rünen,  vnd  wer  vnser  wünsch  vnd  begeren,  das  ir  vnd  aJle  menschen  mit 
vns  s&llig  wurdt,  vnd  das  ewige  leben  erwerbent.  Wir  biten  euch  aber, 
vnd  ist  vnser  hertzliches  begeren  umb  gotes  willen,  das  ir  Gotes  wort, 
vnd  vnser  redt  wollet  im  gueten,  vnd  zu  besten  an£fnemmen,  vnd  zu 
hertzen  fassen,  dan  wir  reden  vnd  zeugen,  was  wir  wissen  vnd  was  die 
warhait  ist  vor  got,  vnd  wir  thuen  solches  aus  reiner  warer  gütlichen 
foreht,  die  wir  tragen  zu  Got  dem  herren,  vnd  zu  allen  menschen.  Damit 
befelhen  wir  vns  Got  dem  ewigen  hen-en,  vnder  seinem  schütz  vnd 
schirm,  der  woll  vns  gnedig  vnd  in  allen  dingen  mit  vns  sein,  durch 
Jesum  Christum  Amen.  —  Euch  aber  woll  got  der  hen*  sein  väterliche 
Haimsuchung  vnd  warung  zu  erkennen  geben  vnd  sein  barmhertzigkait 
mittailen  durch  vnsern  Herren  Jesum  Christum  nach  seinen  göttlichen 
willen,  Amen. 

Nr.  18. 

Aus  einem  Schreiben  des  fürstbischöflichen  Kanzlers  an  den  Fürst- 
bischof von  Brixen.  Wiewohl  man  lange  Zeit  von  Wiedertäufern 
nichts  gehört,  so  dass  man  meinen  mvsste,  sie  seien  bereits  ausge- 
rottet, seien  jüngstens  in  Lüsen  wieder  siebzehn  Personen  ,abge- 
wichen'  und  treibe  sich  Hans  Tuchmacher  (Amon)  wieder  im 
,Stifte'  herum.  —  Brixen,  1536  April  28. 

Hochwirdiger,  hochgebomer  fürst  etc.  Uns  hat  E.  F.  G.  Rath- 
secretaij  Sebastian  Sauerzapf  vergangner  tag  zu  banden  mein  Sigmunden 

ArchiT.  LXIVIII.  Bd.  U.  H&lfte.  .H9 


602 

Han  Cantzlers  etc.  geschrieben  und  ander  andern  angezeigt,  das  E.  F.  6. 
unser  schreiben,  so  wir  derselben  am  jüngsten  gethan,  znkomen  und  sj 
des  gnedigen  willen  and  gemüets  seye,  uns  zum  beldesten  darauf  ant- 
wurt  zuschreiben  ze  lassen,  welches  wir  dann  (nachdem  wir  etwa  lang 
kain  schreiben  von  E.  F.  6.  emphangen)  ganz  gern  gehördt  haben  und 
sein  also  E.  F.  G.  'gnedigen  Vorhabens  nach  Antwurt  und  bescheids  ge- 
wartendt. 

Verrer  gnediger  fürst  und  herr,  wiewol  wir  uns  endtlich  verhoflft 
betten,  die  verfuerisch  und  verdambt  Sect  des  widertaufs  solte  (weil  wir 
von  derselben  ain  gute  Zeit  her  sonder  nichzit  vernemen  mugen) 
erloschen  und  fen'er  nit  eingewurzelt  sein,  der  halben  wir  dann  E.  F.  6. 
in  nnserm  jungst  gethanen  schreiben  neben  andern  angezeigt  haben, 
das  es  diser  sect  halben  ganz  still  sey  etc.,  so  fnegen  wir  doch  £.  F.  G. 
in  underthenigkeit  zu  wissen,  das  wir  glaubwirdig  bericht  sein,  wie  Hans 
Tuchmacher  vorsteer  wider  in  diser  fürstlichen  Graveschafft  Tyrol  und 
£.  F.  G.  Stifft  zukhördt,  sein  verfuerische  Sect  ausgebrait  und  das  sledit 
ainfeltig  volck  damit  bewegen  soll,  wie  wir  dan  gewisse  und  warhaffüge 
gute  kuntschafft  haben,  das  aus  £.  F.  G.  gericht  in  Lüsen  bei  den 
Sibentzehen  Personen  abgewichen  und  sich  solcher  verdambter  Sect  auch 
anhengig  und  theilha£ftig  gemacht,  darunder  etlich  personen  sein,  so 
hiefar  von  wegen  dises  Irrsais  in  fankhnus  einkhomen  aber  in  ansehen 
das  sie  widemieft  und  sich  zu  unseim  heilwertigen,  unzweifelichen,  rechten, 
waren,  christenlichen  glauben  gekhördt,  solcher  gefäncknu3  widerumb  er- 
ledigt und  entlassen  also  daz  angezeigt  abermols  abgewichen  sein:  des- 
halben  wir  von  stunden  auf  bei^irten  vorsteer  und  andre  auch  obange- 
zeigte  obgewichne  personen  und  namen  unsre  getrew  fleissig  und  gute 
kundschaft  gemacht  und  fürderlich  fünf  personen  in  Lüsen  verordent 
und  etlich  behausungen,  aus  denen  dann  ainsthails  die  wider  abge- 
wichnen  sich  zu  den  widertauffern  geslagen,  besichtigen  und  zum  thail, 
was  vorhanden  gewest,  inventieren  lassen.  Auch  denselben  fünf  personen 
im  namen  E.  F.  G.  ganz  ernstlich  eingebunden  und  befolhen,  daz  sy  auf 
angezeigte  ausgetretne  und  ander  widei*thauferische  Personen  insonder- 
heit den  Tuchmacher  ir  getrew  und  fleyssig  aufsehen,  spehde  und  kunt- 
schafft haben  und  machen  und  sovil  ymmer  muglich  zu  gefenkhnus  und 
geburliche  straf  pringen;  so  hat  uns  E.  F.  G.  Landtiichter  und  Ambt- 
mann  zu  Michelspurg  Christoph  Ochs  heut  dato  angezeigt,  das  in  M  u  1- 
w  a  1  d  auch  etlich  personen  hinweg  und  zu  den  widertaufferischen  ge- 
zogen sein. 

In  dem  allen  wollen  wb-,  was  zu  ausreutung  und  Vertilgung  diser 
verdambten  Sect  dienlich  sein  khan  und  mag,  in  massen  wir  dann  E.  F.  G. 


603 

zu  mermaln  zugeschriben  haben,  dhainen  fleis,  muehe  oder  arbait  under- 
lassea,  das  sich  E.  F.  G.  zu  uns  endlichen  versehen 'soll.  .  .  . 
Datum  Brixen  den  28  tag  Aprilis  1536. 

Concept  auf  zwei  Blättern  Papier  in  der  v.  Beck'schen  Sammlung. 


INHALT. 


Cap.  Seite 

1.  Die  Wirksamkeit  der  Doctoren  Jakob  Strauss  und  Urbanus  Rhegius 

in  Hall.    Protestantische  Regungen  in  Tirol  in  den  Jahren  1520 

bis  1626 431 

2.  Die  Anfllnge  der  Wiederteufe  in  Tirol 448 

3.  Das  weitere  Eindringen   des  Anabaptismus.     Massregeln  der  Regie- 

rung dagegen 461 

4.  Ausbreitung  und  Abwehr  des  Anabaptismus   nördlich  und  südlich 

vom  Brenner  (1628— 1629) 470 

6.  Jakob  Huter  und  die  Verfolgung  der  WiedertÄufer  in  Tirol  in  den 

Jahren  1629—1630.     Die  Tiroler  in  Mähren 482 

6.  Höhepunkt  der  Verfolgung  der  Wiedertäufer  in  Tirol.    Das  Haupt- 

mandat vom  12.  Mai  1632.     Das  Etsch-  und  Eisackland  und  das 
Pusterthal  als  Heimstätten  der  Wiedertäufer 498 

7.  Die  ,Huterischen  Brüder"  in  Mähren 522 

8.  Der  Process  des  Anton  von  Wolkenstein  und  seiner  Familie  und  die 

Wiederteufe  in  Tirol  im  Jahre  1534. 531 

9.  Die  Verfolgung  in  Mähren 644 

10.  Die  allgemeine  Verfolgung  der  Wiedertäufer  in  Oesterreich  und  den 

benachbarten  Ländern  im  Jahre  1535.  Die  Gefangennahme  Huter*s    549 

11.  Der  Process  und  die  Hinrichtung  Huter*8 558 

Beilagen. 

1.  Bairische,   in  Tirol  angenommene  Generalordnung,   betreffend  das 

Verhör  und  die  Verurtheilung  der  Wiedertäufer 568 

2.  Schreiben  Ferdinands  I.  an   die  Regierung,    betreffend  die  Unter- 

drückung der  ,NeuteufeS     Gran,  1528  Jänner  1 570 

3.  Verhandlung  des  Landrichters  Andre  Walcher  mit  dem  der  Wieder- 

teufe verdächtigen  Ulrich  Stedler.    Sterzing,  1529  Juli  6    ...     571 

4.  Begnadigung  des  Innsbrucker  Bürgers  Jörg  von  Werd.    Innsbruck, 

1529  November  26 573 

5.  Partzner's  Widerruf.     1530  August  29 674 

6.  Die  Raitkammer  bittet  um  Ueberlassung  der  den  Wiedertäufern  ge- 

nommenen Güter.     Innsbruck,  1531  August  4 575 

39* 


604 


• 


Cap.  Seite 

7.  Neuerlicher  stren^r  Befehl  Ferdinands  zur  Ausrottung  der  Wieder- 

täufer.    Innflbruck,  1533  Juni  18 576 

8.  Valentin  Luckner's  Ȇrgicht*.  1(^3  October  6 6^7 

9.  Vincenz  Puchler's  3^kantnti8s'.     1533  November  11      .....    585 

10.  König  Ferdinand  über  die  Begnadigung  der  ,mit  der  Wiedertaufe 

befleckten'  Frau  Helena  von  Freiberg.    Prag,  1534  Jftnner  6      .    586 

11.  Paul  von  Wolkenstein's  ^Antwort*.     1534  Februar  25 — 

12.  KOnig  Ferdinand  sendet  die  ^ünster'schen*  WiedertäufSer- Artikel  mit 

dem  Befehle  an  das  Regiment,  die  Verfolgung  der  Wiedertäufer 

als  grösste  und  wichtigste  Angelegenheit  des  Landes  zu  betrachten    587 

13  und  14.    Actenstücke  zum  Wolkenstein*schen  Process.    Prag,  1584 

Mai  6 693 

Prag,  1634  August 694 

16.  Das  Regiment  an  Christoph  Fuchs  von  Fuchsperg:  Er  mOge  Achtung 
haben,  dass  die  mährischen  Wiedertäufer  nicht  ins  ,Land*  ein- 
dringen.    Innsbruck,  1636  April  10 — 

16.  Ferdinand  I.   theilt  dem  Regimente   die  Bedingungen   mit,   unter 

denen  Sigmund  von  Wolkenstein  begnadigt  werden  könne.    Wien, 
1536  Juni  4 696 

17.  Hnter*s  Sendbrief  an  den  Landeshauptmann  von  Mähren.     1535     .     697 

18.  Aus  einem  Schreiben  des  Kanzlers  an  den  Fürstbischof  von  Brizen 

über  das  neuerliche  Auftreten  der  Wiedertäufer 601 


Ausgegeben  am  26.  November  1892. 


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DATCDUE                          1 

STANFORD  UNIVERSTTY  LIBRARIES 
STANFORD,  CALIFORNIA    94305-6004